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Full text of "Realencyklopädie für protestantische theologie und kirche"

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^ßakncyflopäbie 

für  proteftantifdjc 

3n  ^ritter  oerbefferter  unb  oermel^rter  Auflage 
unter  ZHitipirfung 

ricicr  Ct^cologm  un6  anbcrcr  (ßclct^rtcn 

t^erausgegeben 
von 

Ptofeffor  in  £eipii0 

:i^cn'c  —  JlcruifiimcH 


Akdover-Harvard 
Thbologigal  Library 

CAMBHIDOE.  MASS. 


2Iüe  ^ediie,  insbcfonbere  bas  ber  Überfc^ung  für  jeben 
eiit5elneit  2(rttfel  oorbet^alten. 


fl.  b.  i^o\m  u.  ntH».«8ud»bni(rerel  bon  «Vr.  ^niifle  (^nnee  &  6o(n),  ^rlattflen. 


^etieti^ttid  «Ott  ji6lltlr)tttt0ett. 


1.  »illiff^e  »ii^ev. 


a>t 

Sa 


9f. 


ejrobud.  $Tb 

SRumcri.  3cf 

3)cutcrono!nium.  3cv 


3«>fU(L 

Samuelid. 

Röntge. 

Sf^ronita. 

|>iob. 
$falmen. 


3)a    : 

*0  : 
30Cl: 

$(m  : 

Ob     : 

3on  : 

W.  : 
^a  : 
^b  : 


^rotocrbicn. 
^Tcbigcr. 
^o^ed  lOieb. 
3cfaia8. 
3crcmia§. 

S)anicl. 

3ocI. 

ObabJQ. 
3ono. 

^abocuc 


3c 

609  ; 

@ac^  : 

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30 


3cj)§ania. 

tftggai. 
ad)aria. 
"Sflaitadji. 
3ubit^. 

Xobio. 

^atfobäer. 

Marcus. 
:SucQd. 
3o^amicS. 
«poftelgcft^. 


SRO 
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Äorinttjcr. 

@)QlQter. 

epl)cfcr. 

?t)il\pptr, 
oloffcr. 
X^cffalonic^ei. 
2:imot^eu§. 

^^ilcnton. 

^cbräcT. 

3alobu8. 

3uba8. 


2.  B^^^vificVf  @aiiiiiie(iiPCtfe  nnb  bg(« 


«SÄ®  = 

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Du  Cange 

3)3«R  = 

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Jaff^  = 

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3PtX^  = 


ÄO  = 

SC«  = 

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SS  = 


«vtlfcl.  MSG 

^Ibl^anblungen  ber  berliner  9(fabemie.  MSL 

Allgemeine  beutfd^c  ©iograp^ie.  HRt         : 

«bl^anblungcn  bcv  ©öttinger  ©efeUft^.  9W1 

ber  ©iffenf(6aftcn.  iRg 

«rc^iD  für  fiitterahir    unb  Äirt^en*  iR3b2:^  - 

gef(^i(^te  bed  Mittelalter^.  97f3 

^fb^onblungenb.Münc^ener^fabemie.  ^% 

Acta  Sanctoram  ber  ^oQanbifteu.  $3 

ActaSanctorum  ordinis  8.  Benedicti.  Potthast : 

9(b^anblungen  ber  ©«(^ftfc^en  ®efea«  9lO@      : 

ftftoft  ber  SBijfenft^aften.  ©»« 

«Ite«  teftomctit.  @3Jl«     = 

IBanb.    lBbe  =  S9änbe.       [dunensis.  @»$( 

Bibliotheca  maxima  Patrom  Lug-  SS 

Codex  diplomaticus.  Xl^3^     = 

Corpus  Reformatorum.  X^S!99     = 

Corpus  scriptorum  ecclesiast.  lat.  X^23      = 

Dictionary  of  Christian  Antiquities  X^O®    = 

von  Smith  &  Cheetham.  X^@t^    = 

Dictionar^r  of  Christian  Biography  XU         = 

von  Smith  &  Wace. 

S)eutf(6c  ßitteratur*Äeitung  U»         = 

=r  Glossarium  mediae  et   infimae  "B^       = 

latiniutis  ed.  Du  Cange.  SS  (S9(  = 

3)eutj^e  3eitf*rift  f.  Äirc^enrcc^t.  3SSS?l  = 

gforfqungen  jur  beutfd&en  ©cfc^ic^tc.  R^tSB 

(Söttinaift^e  gelehrte  ^Cn^eigen.  Ab^t 

^iiftorif4e«3o§rbu(ft  b.  ®  örrcSgefeD  W.  flbm® 

iftortfcfte  Seit^rift  oon  ö.  @^bcl.  Ab^S 

egesta  pontif .  Rom.  ed.  Jaffö  ed.  II.  3^^ 
Ja^rbüAer  für  beutfc^e  X^eologic. 

d^rbü^er  für  proteftant.  ^eologi 

■  -    —  ^m 

jIX^Ä 


:  Patrologiaed.  Migne,  series  graeca 

:  Patrologia  ed.  Migne,  series  latina. 

:  ^Mitteilungen.  [®efc^i(^t8!unbc. 

:  iReue«  9Ir(^iü  für  bie  ältere  beutfc^c 

:9Jcue  Solge. 

:  9^euc  3ö6r6ü(^er  f.  beutfd^eX^eoIogie. 

:  i«eue  rir4Ii(^e  3eitf(^rift. 

:  iReued  Xefiantent. 

i^reuftifd^e  3ö^^büd|er.      [Potthast. 

:  Regesta  pontificum  Romanor.  ed. 

:  $Römifd|c  Ouartaifcftrift. 

:  6t(ungdbertd)te  b.  berliner  9tfabcniie. 
,,  b.  ^ünt^ener  „ 

„  b.  SBiener        „ 


:  Script ores. 
:  '^I}corogifcijcr 


:r  proteftont.  2:^eoIogie. 
,    igefc^li^te. 
SHrd^enorbnung. 
Siterarifij^«  dCentralblatt. 
Coliectlo  conciliorum  ed.  Mansi. 
iXaga^in. 
Monumenta  Germaniae  historica. 


ia^reSberit^t. 
litcraturblQtt. 
1 1] c  L> f L^ g i f d)c  ßiteratur jeitung. 
Xljcoiügifdic  Ouartalf^rift. 
Xl)eoloijit£^c  Stubicn  unb  ^itilen. 
Icftc  unb    Unterfu(ftungen    ^rauS* 
geg.  )?on  ü.  @(eb^arbt  u.  ^amad. 
Urfunbenbud^. 
Serfe.     93ei  ßut^er: 
Serie  (Srianger  9(udgabe. 
Serie  Seimarer  ^tudgobe.      [fd^aft. 
3eitfc^rift  für  altteftamentl.  Siffen* 

„    für  beutfc^ei»  ^Itert^um. 

„    b.  beutf(^.  morgenl.  ®cfeUf(^. 

„    b.  beutf*.  «Palöftina  »erein«. 

„    für  biftorift^e  2:^eologie. 

„    für  Äirc^engeftfti^te. 

„    für  Äird^enred^t. 

„    für  lot^olHdjc  X^eologie. 

„    für  ürt^I.  Siffenfc^.  u.  i*eben. 

„    für  lutl^er.  Xl^eologie  u.  fttrt^e. 

„    für  ^roteftantiSmu«  u.  Äirc^. 

„    für  X^cologie  unb  ^rd^e. 

„    für  joiffenfrtiaftl.  X^cologlc. 


6.  7H0  3.  57  (Sine  alte  fatciiiiWc  Übcrfc&ung  ift  in  bcr  ^olimpfeft^aiibfc^rift  LV  (5^)  ber 
Äa^itularbibliot^cl  toon  Verona,  acfdjricben  co.  a.  500,  ermatten,  ©ic  umfaßte 
u.  a.  bic  flanjc  SIpoft.  ÄO.;  erholten  ift  c.  18,5—30.  ^Jfll.  Didascaliae  apos- 
tolorum  fragmeDta  VeroDcnsia  latina.  Acoedunt  cauouum  qui  dicuntiir 
apostolorum  et  Aegyptiorum  reliquiae.  Primum  edidit  Edmundus  Haulcr. 
Fase.  L  Lipsiae  1900. 

6.  T^b  3-  20  3^re  SSorlage  war  aufÄ  cnaftc  Dcrtoanbt  mit  bcm  alten,  lotcinifdjcn  Codex 
canonum  in  SSerona,  ben  fauler  bort  auffanb.  ^enn  berfelbe  ent^fiU  bie 
f^rifc^e  ^ibadfalia,  bie  9(poftoUf4e  ^tT(f)enorbnung  unb  bie  ^tg^ptif^e  SHrc^en« 
orbnung.  ^n  i^rem  grtec^if^en  Original  ftanb  an  Dor(e6ter  @teae  noc^  bie 
©c^rift  beg  ^ippol^tud  siegi  xagtofidiwr.  3)ic  lateinif(^e  Ueberfe^ung  ift  natö 
fauler  »o^I  no4  im  vierten  ^at^r^unbert  entftanben. 

8.  735  3.  32  a)ic  lateinifc^e  Überfejung  in  Verona  enthält  ungefähr  brei  9tc6tel  ber  3)ibaS* 
falia,  unb  jeigt  u.  a.,  ba6  i^r  urfprünglit^er  Xitel  Aidaxrj  töjv  ajioaroXoiv  ober 
Atdaxh  xai^oXixt)  »or.    ^gl.  bie  genannte  SluSgabe  ^aulcrg. 

©.  737  3.  25  a)ie  lateinifc^  Ucbcrfe|ung  in  ©erona  enthält  etwa  bic  ^älfte  ber  9igt)ptifd)en 
Äird^enorbnung,  mit  fe§r  intereffantcn  9lbn)eic^ungen.  83gl.  mein  SReferat  in 
ber  5t§a3.  1900.  $.  «djelig. 

3.  Saitb« 

8.  817  3-  39  ^te  d^orgeric^te  pnb  feine  fpejiftfc^  ^ernifdje  Einrichtung,  aud)  nic^t  nad)  beut 
S^orl^errengebäube  in  ^ern  fo  benannt.  @ie  finb  uielmel)r  einfach  bie  (£t)C' 
geriete  ber  reformierten  fdmjeijcrifcften  Äirtfien,  an  ©teile  ber  alten  66orgevirf)te 
an  ben  bifd^bflic^en  Furien.  $)a$  erfte  @^egeri(6t  ber  ©dbiuei^er  9leformation 
fd)uf  Süric^  burd)  bie  e^eorbnung  ü.  10  3Rai  1525  (ßgli,  ?(ctenfammhing  711) 
unb  e^  mürbe  au4  in  3üri(4  ber  iRame  (£^orgerid)t  neben  ber  ^ejeit^nuug 
(5()egericöt  gebraust  (Egli  831.  847.  »uningcr.  9?ef. •©€[*.  I,  287).  3)a« 
©erner  e^orgerid^t  ift  mie  bie  ganje  bortige  ^Reformation  feit  1528  Äopie  be? 
3üri(öerifien  3Rufter8.  fBegen  bcr  Drganifation  bcÄ  ©eric^tS  reifte  ber  S3erner 
yiil  3KanueI  ©nbc  3Rai  1528  na*  3üri(ft  gu  SmingU  (3m.  SBerfc  VIII,  190  f. 
ogl.  ©trlcflcr,  5(ctenf.  II,  415  om  ©djlufe).  egli. 


©.  112  3.  26  I.  1222  ft.  1122. 
^  269    „   43  I.  survey  ft.  surrey. 


5.  »attb. 


6.  Sanb. 


©.  315  3.  41  I.  «bt  ^^ilipp  ©djent  ju  ©Aroeindberg  ft.  Mi  So^anne».  S)icfer  ^t)ilipp 
©c^enf  511  ©Ämein^berg  ift  nic^t  ibentifd)  mit  bcm  gleichnamigen  ©prögUng 
biefe«  «belSgefcftlec^teg,  ben  bie  erfte  ^orburger  3Jlatritc(  ü.  1527  alä  ©tu- 
bierenben  ber  neu  geftifteten  eoangclifc^en  Unioerptät  anführt  (fo  ^eppe,  ^ird)en- 
gefd).  beiber  Reffen  I  ©.  199).  3)cr  tejtere  ift  ein  SJermaubter  beS  fpdteren 
©tift«abt».  ^.  S(.  Äijftlin. 

©.  51  ft  3-  9  füge  bei:  3)en  apologetifdjen  SJerfucften  gegenüber  ßrufcft  reiben  ficft  ferner  an: 
®b.  Äoljler,  La  vie  de  S.  Genevifeve  est-elle  apocryphe?  (Rev.  hißt.  1898, 
282—320)  foroie  H.  Les^tre  ($fr.  an  ©t.  ®cnoo.  in  ¥ariÄ),  Sainte  (ienevi^vc, 
Paris  1900  (jur  ßecoffrefcften  ^agiolog.  ©ammtung  „Les  Saints"  gcprig).  ^0= 
gegen  ftimmt  ber  ^rufc^'fdjcn  Äitil  ju,  inbem  er  gleicftjeitig  bie  tJiguv  ber 
feeiligen  gonj  in§  ^Wijt^ifcfte  oerflüdjtigt  (®cnoücfa,  glelc^  ber  SSerena  bcr 
^(amannen,  eine  j^orn-  ober  gflug^ciligc  2C.):  @.  ^.  IBernouQi,  ^ie  ^eiligen 
bcr  Werooinger,  2:übingen  1900,  ©.  191  ff.  3ijcfler. 

(Sri'ttfe^ung  am  ©c^Iug  bed  IBanbe^.) 


^tffe,  ^riebrid^  §crmann,  geft.  1888.  —  SJgl.  qjrot.  Äir(ft.-3tfl.  1886,  ißr.  13; 
1888,  "Slv.  44  unb  45;  g.  ißlppolb,  S)ie  t^cologifc^e  (£inaclf(öulc  im  «cr^ältni«  jur  eoongc* 
lifc^cn  l^lrd)c.  3)rfttc  unb  oicrte  ^Ibteilung,  93raunfcött).  1893;  S3.  ©tobe,  3)ic  SRcorganifation 
bcr  t^eologifcftcn  SfafuItSt  ju  ©icftcn  in  bcn  Sauren  1878—1882,  (äJicfecn  1894;  S.  SBciffcn- 
bac^,  ^crrn  Dr.  ©tobe«  5Sa^r§cit  unb  S)i(^tun9,  ©raunfcftro.  1894.  3)ic  nat^fte^cnbcn  $cr*  6 
fonalongabcn  fmb  bcn  Äftcn  entnommen. 

rcbric^  ^ermann  §cffe  tourbc  aU  Qof}n  be^  ©c^ulle^ret^  unb  Äantor^  ^icbric^ 
§cffc  am  20.  gebruar  1811  ju  S3arut^  bei  ^auü^m  in  bcr  Dbcrlaufife  geboren. 
aSon  1831—36  ftubierte  er  ju  ©reölou  iJS^eoIogie,  tourbe  1836  jum  35oftor  bcr  $j[|iIo* 
]op\)k,  1837  jum  Sicentioten  ber  Si^eologie  t>romobiert,  jj^obilitierte  ftd^  1838  oI«  ^ßribat«  lo 
bo^ent  bei  ber  etHmgelifc^-tl^eoIogifäen  ^fultöt  )u  SSredlau  unb  tvurbe  1842  ol^  au^er^ 
orbentlid^cr  ^rofeffor  no^  ©iefeen  berufen.  S3ereit«  1843  jum  Uniberfitätg})rebigcr  befteHt 
^at  er  biefed  3lmt  bo(^  erft  1848  angetreten  unb  bi^  1866  bertvaltet.  3um  orbentlid^en 
^rofeffor  iüurbe  er  unter  bem  29.  ÜKärg  1844  ernannt.  35ag  SReftorat  befleibete  er  bon 
1857—1858.  1863  tourbe  er  mit  ben  gunftionen  be«  ©tii)enbiaten-@))^oru«  betraut,  is 
3)cn  litel  (äe^etmer  Rird^enrat  erhielt  er  1872.  Slm  6.  ä})ril  1878  tourbe  er  in  ben 
Slu^eftanb  berfefet  unb  ftarb  am  23.  Dftober  1888  ju  Äe^I. 

Sorgfalt,  ©rünblid^teit  unb  Älar^eit,  in^befonbere  in  bcr  SBiebcrgabe  frembcr  Sin« 
fd^auungen  unb  ©^»fteme,  ^ben  ben  afabemifd^en  Scl^irer,  aufri^tige  SJreunblic^feit  bei 
rüd^oltlofer  Offenheit  im  amtlichen  unb  })erfönli(^en  SSerfe^r  ben  ÜKenfqen  au^ejeid^net,  20 
unb  bantbare  Schüler  l^abcn  toieber^olt  bezeugt,  toag  fie  an  §effe  ate  fie^rcr  gehabt  l^oben. 
2)0«  fieiben  ber  ©(^toer^örigfeit,  mit  bem  behaftet  er  fc^on  in  fein  Slmt  eingetreten  tpar, 
fyit  in  ft>äteren  ^af)xm  feine  öffentlid^e  SBirffamfeit,  jumal  bei  ben  SSer^anblungen  in  ben 
afabemifc^en  ÄoHegien,  ftart  beeinträd^tigt.  .  SSielleic^*  ^«^  ^  «wd;  ni^t  o^nc  ßinflu^  auf 
feine  in  ©utad^ten  unb  anberen  amtlid^en  Su^crungen,  iüie  auc^  in  feinen  iDiffcnfc^aftlic^en  26 
arbeiten  ^ertjortretenbe  5Weigung  jur  Umftänbli(^fcit  unb  ^ebanterte.  33en  §auj)tgcgens 
ftanb  feiner  alabemifd^en  ^ätigfeit  bilbete  ba«  (bebtet  ber  @sedefe,  bod^  tft  ^.  au^  oI« 
2)ogmatifcr  unb  ©tl^ifer  tl^ätig  getoefen  unb  ^at  gelegentlid^  über  Äated[^ettt  unb  Äirc^en* 
ret^t  gelefen.  35ie  3<^I  f^^^^  SBeröffentlic^ungen  ift  Hein,  unb  feine  ift  barunter,  bie  m 
bem  Urteil  bered^tigen  toürbe,  ba^  ,^.  bie  t^eologifc^c  2Bijfcnf(^aft  um  neue  ®cftd[>t«})unlte  so 
bereichert  ober  ba^  fein  ipori^ont  größere  aufgaben  umjjjannt  ^ätte  ate  bie  ber  gelehrten 
^JKonograt>^ie.  Slbgefe^en  bon  feiner  älntritt«i)rcbigt  al«  Uniberfität^^rcbiger  (Sieben  1848) 
unb  ben  greunbe^toorten  am  (ärobe  Änobete  (ebb.  1863)  t>eröffentUd[>te  §effe:  bie  Ziffer* 
tation  de  psalmis  maccabaicis,  Sre^Iau  1837;  bie  SRcftorat^rebe  über  „ba«  erftc  ^af^x- 
hunbert  ber  t^eologifc^en  gafultät  in  ©iefeen",  ©ie^en  1858;  ben  äuffa^  ,,2)er  ^Ifenss 
^Jetri  —  fein  pfeifen"  in  ben  „3^^^-  w*^^  Streitfragen"  öon  g^.  öon  ipoljenborff  unb 
SB.  DndEen,  34.  §eft,  Hamburg  1874;  bie  größeren  ÜKonogra})^ien  über  „bo«  ^Kura* 
torifc^e  %xaQmmV\  ©iefeen  1873,  unb  über  ben  „terminiftifc^en  ©treit"  ebb.  1877.  35iefe 
ätrbeiten,  jumal  bie  Ic^tgenannten,  bienen  jur  Scftättgung  be«  über  bie  ©igenfc^aften  §cffe« 
ate  afabemifd^en  fielj^rer«  ©efagten.  35ie  freilid^  breit  unb  umftänblid^  gefd^riebene  3)ars  40 
ftettung  ber  t^eologifc^en  §a^nenfäm^)fe  um  1700  barf  iebenfaH«  nid^t  aüein  nac^  Slitfc^te 
abf})re$enber  SRejenfton  in  ber  1^23  (1877,  3lx.  13,  Qp.  365  f.)  beurteilt  iüerben,  unb 
mit  ber  ©c^rift  über  ba«  SKuratorianum  ^oben  bie  ®efd^ic^t«fd^reiber  be«  neuteftament* 
Ud^en  5lanon«  fid^  noc^  immer  au«einanberjufc^en.  2)ie  nad^  §.«  Xobe  erfd^ienene,  Dom 
93erfaffer  für  ben  35rudE  boÜftänbig  Vorbereitete  Unterfuc^ung  über  ,,bie  ßntfte^ung  ber  46 
neuteftamentlic^en  Hirtenbriefe",  ^aUe  1889  (ögl.  §.  §oI^mann  in  l^SR  1889,  3lx,  13, 
©t>.  326  ff.),  jeigt  beutlic^e  ©t>uren  be«  älter«,  bür^c  aber  mit  i^ren  5?a^h)eifcn  über  ben 
f om^ilatorifc^en  ß^arafter  berS3riefe  unb  mit  ber  §erau«fc^älung  be«  in  i^nen  erfennbaren 
poulinifc^en  Eigentum«  fic^  änfpruc^  auf  bauembe  ©eac^tung  ertoorben  ^aben.   ®.  Ärüger. 

ffitaUikntttUop&hit  fflr  X^eologic  unb  ftir(^e.    3.  9(.  Vlll.  X 


2  ^cffel« 

^effefd^  3^'^^'^"^'^/  9^P-  156G.  —  Potr.  F.  X.  de  Kam,  Mrmoire  sur  la  part  que 
le  elerge  de  Belgique  et  specialeinent  les  doct<^urs  de  runiversit^  de  Loiivain  ont  prise  au 
Concile  de  Trente,  Trüffel  1841;  fiinfenmann,  SBojuS  u.  bie  (Örunblegung  be^  3anfeniömuö, 
2:übingcn  1867;  ^urtev,  Nomenclat.  lit  rec.  theol.  cath.  I,  p.  30f. ;  Sdjecbcn,  9(.  „.^effcl^" 
6  im  m2^  V;  4)crgcnrütf)er,  S)bb.  bcr  aüijem.  ^ird)cn9e|c6.,  3.  5lufL  III,  352 f.  SSgl.  Qud)  bcn 
91.  „93aiu§''  in  biefer  Giic.  II,  363 ff. 

3ol^.  .^cinrid^  ^t^eflel^  (Hesselinus  —  ntd^t  etiüa  Hasselinus,  aU  \växc  er  ibmtifd^ 
mit  Seonbarb  ^oi),  ian  .öaffelt,  feinem  1551  geftorbenen  älteren  3^itgenoffcn,  mit  lüeld^em 
er  in  ^aÜaöiciniig  Istoria  del  Concile   di  Trento  irrtümlicfiertreife   bertüed^felt  tüirb), 

10  iDurbe  im  Saläre  1522  geboren  ju  3lrra^,  ober  md)  anberer  Singabc  in  2öh)cn.  Gr  lef^rte 
juerft  8  gabre  lang  in  bem  ^rämonftratenferflofter  $arc  untreit  £ijh)en,  bann  Irurbe  er 
^^Jrofeffor  in  ber  tl^eologif^en  gafultät  biefer  .^oc^fc^ule  (1559),  aU  5?ac^foIger  be^  auf 
ben  neu  errichteten  Sifcbof^ftuf;!  ?)pern  überfiebeinben  ÜKartin  Salbuin  Slit^obe  (t  1582). 
Gr  fd^Iofe   fid^   l^icr   angelegentlich  ber  toon   feinem   älteren  MoHegen  Sajuig  Vertretenen 

16  auguftinifc^-antifcbolaftifc^en  3ticf>tung  an,  inbem  er  über  bie  mittelalterlicf^e  @nth?icfclung 
ber  abenblänbifd^cn  il^eologie  auf  bie  großen  Stird^entoäter  be«  3.  bi^  5.  ga^rlj^unbert^,  toie 
ß^jjrian,  3lmbrofm^,  ^ieron^muig  unb  üor  allen  2luguftinu^  jurüdfgriff,  ^uglcid^  aber  bem 
Sluguftini^mu^  ber  ^roteftanten  in  fc^arf er  $olemif  gegenübertrat.  3"!^"^'"^"  mitSaju« 
unb  mit  bem  älteren  ßorneliu«  3^"f^"  (nachmaligem  Sifc^of  üon  ®ent,  f  1576)  ging  er 

20  1563  al^  i^ertreter  ber  2öh)encr  gaJEuItät  gumirienter  Äon^il,  an  beffen  legten  ©effionen 
er  nod;  tl^ätigen  2lnteil  na^m.  Gr  fcbeint  l^ier  ju  ben  toorbereitenbcn  arbeiten  für  bcn 
Catechismus  Romanus  l^injugcjogen  trorben  ju  fein,  ©id^er  ift,  baj  er  baö  in  bcr 
25.  Seffton  berfünbete  2)efret  „De  invocatione  et  reliquiis  Sanctorum  et  sacris 
imaginibus"  ate  Sleferent  Vorbereiten  ^alf  —  au^  änlaj  iDoVon  er  fpäter  nocb  ben  Xraftat 

25  De  invocatione  Sanctorum  et  de  eorum  vitis  atque  legendis  censura  (erfc^iencn 
1568,  gh)ei  ^af)x^  nad)  feinem  S^obe)  Verfaßte.  —  ©d^on  in  2:rient  Von  ber  fcbolaftifc^en 
Partei  ber  .Wonjiteüäter  ^art  angegriffen,  fa^  er  fic^  aud^  nac^  feiner  Slüdffel^r  Von  ba 
nocb  JU  mand&en  abtre^renben  Äunbgcbungen  nad)  biefer  ©eitc  Ij^in  genötigt.  3We^r  im 
beffen  aU  baö  Gintreten  für  feine  auguftinifc^=baianifc^e  3lid[>tung  gab  i^m  iüäbrenb  feiner 

80  brei  legten  gal^re  bie  "ilJolemit  gegen  ben  ^rotcftantiömu^S  unb  gegen  bie  JJrieben^t^eologie 
Gaffanber«  ju  t^un.  SJie  er  benn  faum  al^  ein  entfc^iebener  unb  unbebingter  Vertreter 
be^  Sajani^mu^  gelten  fann,  Vielmebr  auf  manchen  ^^unften  Von  bem  eine  fonfecjuenterc 
C>)pofition  gegen  bie  Sc^olaftif  unb  ba^  furialiftifcf^e  ©vftem  bet^ätigenben  älteren  Äollegen 
abtvic^.    33ejeid^nenb  ift   in   biefer  «s^infic^t,   ba^,   träbrenb  Saju^   bie  neuerbinge   burc^ 

35  ^^iu^  IX.  bogmatifierte  granji^tancrlel^re  von  bcr  unbefledften  Gm>)fängni^  3Rariä  auf^ 
fd^ärffte  befämpft  i}at,  §effete  vielmel^r  ju  ben  notorifc^en  3?orläufem  unb  3Serbrcitcrn  be^ 
Von  bcmfclben  ^JJa^fte  ex  cathedra  Vertünbeten  Unfel^lbarteit^bogma  gehört,  ba  bie  Von 
i^m  gegenüber  ben  'ißroteftanten  be^au^jtetc  indefectibilitas  cathedrae  Petri  (f.  u.)  Von 
bem,  h)a^  man  jc^t   ))äj)ftlidbe  3"f«öibilität   nennt,  fid^  faft   in   nic^tg  unterfc^eibet.  — 

40  t<peffel^  ftarb  bereite  1566,  erft  14  ^a^rc  alt.  3?on  feinen  ©d^rif ten  cntftammt  bie  befou= 
ber«^  reicbl^altigc  ®rup)3C  ber  ©treitfdSjriften  Iriber  bie  Gvangelifd()en  unb  tviber  Gaffanbcr 
gröfetenteite  bem  legten  Iriennium  feinet  3Birfcng,  mäbrcnb  bie  arbeiten  eEcgctifcf»en  3"= 
^alt^  mcift  älter  finb,  aber  —  tvie  auc^  ber  baig  bogmatifcl)e  %ad)  repräfentierenbe  Cate- 
chismus  —   erft  nac^   feinem  2;obc   veröffentlid()t   lüurben.     31B   jur   crften   ber   brei 

45  ©nHJpen  geljörig  finb  (au^cr  ber  oben  crtoälmtcn  Censura  de  invocatione  Sanctorum) 
JU  nennen:  Probatio  corporalis  praesentiae  corporis  et  sanguinis  dominici  in 
Eucharistia,  Colon.  1563;  Confutatio  confessionis  haereticae,  teutonice  emissae, 
qua  ostenditur,  Eucharistiam  esse  sacrificium  propitiatorium,  Lovan.  1565; 
Confutatio  novitiae  fidei,  quam  specialem  vocant,  adversus  Joh.  Monheniium, 

60  ib.  1565.  Gincn  2tnl?ang  ju  biefer  ©trcitfc^rift  tribcr  ben  2)üffelborfer  ©c^ulreftor 
'^oi),  "SJonlj^cim  (f.  b.  21.)  bilbet  ber  oben  bervorgcbobenc  infadibiliftifd^c  2^raftat :  De  per- 
petuitate  cathedrae  Petri  et  eins  indefectibilitate  (fpäter  auc^  aufgenommen  in 
S3b  VII  be^  Thesaurus  theologicus  beö  Vcnetianifc^cn  3<Jfuiten  ^anj  2lntpn  ^^ccaria, 
1762).    gemcr  bie  anti=Gaffanberfc^cn  2^raftate :  Oratio  de  officio  pii  viri  exsurgente 

55  et  vigente  haeresi  (Lovan.  1565):  imb:  Declaratio,  quod  sumtio  Eucharistiae 
sub  unica  panis  specie  neque  Christi  praecepto  aut  institutioni  adversetur 
(ib.).  —  2)ie  ejegetifd^e  @ru)3j)e  rev>räfenticren:  Commentarius  de  passione  Domini, 
Lovan.  1568;  Comm.  de  I.  Tim.  et  I.  Pet.,  ib.  1568;  Comm.de  ev.  Matthaei, 
ib.  1572;  C.  de  epistolis  Johannis,  Duaci  1599  (Antv.  1601).  —  2)ie  bogmatifc^e 

GO  $au))tleiftuitg  ^effetö  ift  fein  Catechismus,   ein   mel^r  biblifd^-crbaulid^   ate   fd^olaftifc^ 


gehaltene^  Sebrbud^  bcr  &lauhm^'  unb  ©ittcnlcl^re,  erfc^icncn  gu  2öh)cn  1571  (2.  ed. 
1595)  unb  in  öier  3:cile  geQÜcbert:  1.  De  symb.  apost.;  2.  De  orat.  dorn,  et  salu- 
tatione  angelica;  3.  De  decalogo;  4.  De  sacramentis  (toobon  bcr  biertc  %^H  um 
üoQcnbct  blieb),  ©eine  auöuftinifqsantijci^olaftifc^e  ©runbric^tung  tritt  in  bicfcm  SBerfe 
gumeift, ^crt)or.  ^intereffant  ift  bagfclbc  toegen  feine«  SSerlj^ältniffeig  mm  Cat.  Rom.,  toon  6 
beflcn  Clonomie  ^,  bei  jonftiger  teiliüeifer  St^nlic^feit,  barin  abtüeidpt,  ba^  e«  bie  ©afra* 
ment^Ielj^re  ate  ©c^Iu^teil  be^anbelt.  <85cf(er* 

Reffen,  (Stiifülirnng  bei»  eijrifteiitttm«  f.  »onifatiu«  S3b  III  ©.  301. 

Reffen,  Orofe^erjogtum.  Äird^Iic^e  ©tatiftü.  —  SBic^tlöfte  ßittcrotur: 
9lc.  fi.SRt4tev,  ÄDC,  1846;  (Svcbner,  <P^iLb.®r.  ie.  JHef.0. 1852;  öcnj,  ©rieftuecftfel  fianbgr.  lo 
$^il.  mit  93uter,  3  93be,  1880—1891 ;  ÄD  ^Harburg  1566  (aud)  cb.  Don  $i.  ^ebcr  1847); 
Ägenba  b.  i.  SJO  ^Rarburg  1574  (babci  „Orbnung  unb  SRef."  jc.  1572),  tincbcröoU  unüer* 
Snbcrt  1662  unb  1724;  g.  «3.  .&QffcnrQmp,  ^cffifcfte  Äir(t)engef*i*te,  2.  ?l.,  1864;  »lichter, 
®cf(Ij.  bcr  Ä.-SSerf.  J85t;  C)eppe,  ^®  beiber  C)effcn  1876;  (5Jc|d)icfjtc  ber  ^effifcften  Ocncrol* 
fijnoben  1847;  3)ic  ßinfü^rung  ber  SScrbefferungöpunfte  1849;  ^ilnmr,  ®e[d)id)te  beSÄon*  16 
feffion^ftanbcS  In  Reffen  1868;  fiuciu§,  S)ie  ^effifdjen  g-rogeftücfc  1868;  griebrt*,  Sut^er  u. 
bic  Älrdjentjerf.  ber  Ref.  eccL  Hass.  1894;  3B.  mtjkv,  ©eff-  ßircftenücrf.  im  8?I.  bcr  5»ef. 
1894;  2S.  25ieM,  3ur  ©ef«.  ber  Äonfirm.  1897;  6.  e()r.  «cbcll^,  Sct)rb.  ber  pr.  2:f)eoI.  2.91. 
1898;  e.  2B.  Äö^Icr,  ^anbb.  ber  firc^l.  ®efet\gebung  b.  ©r.Men  1847;  ^.  SJö&Ier,  Äir*en* 
redit  b.  eu.  Ä.  b.  ®r.  C)effcn  1884  (9?ad) träge  1890);  W.  ©c^mibt.  Äirc^enrcc^tl.  OueOen  b.  ®r.  20 
Reffen  1891;  griebbcrg,  SSevfaffungögefeJe  1885,  1.  ^Jlbt.;  S)eut(d)e  Beitf^r.  f.  Äir^enret^t; 
8d)ütt,  Fingern,  ^ircftenblatt,  Stuttgart;  ^crorbnung«Jb(Qtt  f.  b.  (Sü.  II.  bcS  ®r.  ^.*a)arm* 
ftabt;  ^abid)t,  C)Qnbbud)  f.  b.  ©.  i^.  |).  4.  9(.  1898;  2)ieö(,  8ur  ®efd)id|te  beS  ®otteSbicnfte« 
in  Reffen,  1899;  berfelbe,  SJic  alten  ^eff.  S)efinitoriaIürbnungen  (2)3Ä$R  9.  83b) ;  Pieper. 
Äirdjltc^e  Statiflit  ©cutf^Ianbd  X,  1899.  26 

33ie  ßnttoicfelung  ber  l^effifc^en  cb.  Äirc^e  im  16.  ^a^r^unbert  ift  burd^  ba^  perfön^ 
lic^e  (Singreifen  bc^  Sanbgrafen  5ß^Uipp  unb  feiner  t^eologifc^en  Statgeber  (^Keland^tl^on, 
3h)ingli,  Su^er,  §^periuö)  im  ©inne  einer  SSermittelung  jtrifd^en  fäc^fifc^en  unb  obers 
beutfc^cn  ätnfc^auungen  ftarf  beeinflußt.  2)oc^  ift  in  Reffen  bi^  jur  ÄO  bon  1566  (ein* 
fc^Iießlic^)  eine  eigenartige  S8erbinbung  cpi!^fopaIiftifd)er  unb  preäb^terialer  Sienbenjen  mit  so 
ber  fürftlic^cn  Hird^engelDalt  ju  fonftotieren.  3)ie  firc^lid^en  Drbnungen  berufen  auf  bcm 
3ufammeniüirfen  be^  fianbgrafen  unb  ber  fird)lic^en  ©tänbe.  DJac^bem  bic  auf  bcr 
©^nobe  t)on  ^omberg  an  ber  ßfjc  (1526)  beru^cnbe  Ref.  eccl.  Hass.  fiatnbert«  (9lid;terl, 
56  f.)  nid^t  jur  ©infü^rung  gefommen  trar,  folgte  man  in  ber  ©otteöbicnftorbnung  bi^ 
3um  5Dlarburger  Slcligion^gefpräc^  gunäc^ft  SBittenberger  (Sinflüfjen.  ©eit  1531  (1527/8?)  35 
orbnen  (fpäter  6,  gclpä^ltc)  ©uperintenbenten  bie  fir^li^en  S8er^ältniffe,  feit  1537  0ßi\u 
tation^orbnung)  unter  3JJith)irfung  ber  (Scnerolf^nobe,  cine^  einmal  im  ^af)x  jufammens 
tretenben  älu^fc^uffc«  bcr  gciftlic^^cn  ©pejialf^noben.  '^n  ben  breißiger  fahren  ift  ÜKartin 
Suj^er  ber  buri^  t>erfönli4>c  Beratung  unb  regen  Sriefh)ec^fcl  einflußreic^ftc  Slatgcbcr 
$E^ilipp^.  3^9^'ff^  ^^  ©traßburger  ©influffc^  finb  bie  erfolgreid^en  Drbnungen  be^  40 
3alj^rcö  1539:  bie  3if g^n^ö^ner  Ä.  3uci^torbnung  unb  bie  fürÄaffel  beftimmtc  Ä0(9tic^tcr, 
I,  290 f.,  295 f.):  ©infü^rung  ber  tcite  bom  diät,  teil^  toon  ber  ©emcinbe  geh)äl^lten,  im 
©otteebienft  ,,bcftätigten"  ^p^e^b^ter  aU  3luffe^er  unb  3)iit^elfer  be«  ^farrer^  in  Äir^en* 
juc^t,  ,,gemciner  ©eelforge  unb  §irtenbienft" ;  erftc  Crbnung  ber  Konfirmation  inl)eutfci^5 
lanb,  bic  in  §.  auc^  im  17.,  18.  ^al^rljunbcrt  fic^  erhalten  l)at  (3)ie^l  a.  a.D.)  unb  für 45 
©pener  borbilblid^  getoorben  ift.  G^^ibitibe  gormel  jur  ^anbauflcgung :  ,,9Jimm  ^in  ben 
Ij^eil.  ®cift"  u.  f.  h).  bei  gefunb  eüang.  -  firc^l.  ©efamtanjc^auung !  Um  bcr  bei  bem 
gcl^lcn  einer  2lgcnbc  für  ba^  ganjc  Sanb  cingeriffenen  Ungleid^l^eit  in  ben  gottc^bicnftlid^en 
Öebräud^cn  ju  ftcucrn,  gaben  1566  bic  ©uperintenbenten  bic  mefentlid^  Don  2lnbrea^§^s 
pmix^  in  Harburg  aufgearbeitete,  caltoinifc^  unb  öfumcnifcf»  gcbac^te,  au^  ©d^rift  unb  so 
©cfd^ic^tc  bcr  alten  Äird^c  mit  gelehrter  ©rünblid^fcit  motiöierenbe  SÜD  ^erau^.  2)ie  ©a^ 
framentcnle^re  ift  bcrmittelnb.  ^r  bie  brei  älmter :  ©upcrintenbenten  ober  33ifd;öfe,  'Jlltefte 
(^^Srebiger  unb  Saien)  unb  3)iafonen  (2lrmenpflegcr)  ift  Drbination  mit  §anbauflcgung 
öorgefe^cn.  3lad}  bcm  S^obe  ^^ilipp^  (1567)  Irurbe  bon  ben  üier  Sanbgrafcn  1574  bie 
bii  in^  19.  3^1^^^"^^^^^^  '"  ©cltung  gebliebene,  1662  unb  1724  un^jcränbcrt  toicber^olte  65 
„ägenba  b.  i.  KD"  u.  f.  to.  j^crau^gegeben.  5Die  KD  beruht  auf  ben  Drbnungen  toon 
1539  unb  1566,  ift  maßtooH  in  ben  formen,  bejcid^net  jeboc^  auc^  burd)  ba^,  lt>aö  fie 
übergebt,  gegenüber  jenen  eine  Sffienbung  gutn  ftrengcren  Sut^crtum,  ba^  f\d)  ^infort  an 
bcr  k)crmittclnbcn,  mclanc^t^onijc^'bu^crif^cn  Haltung   ^^^ilipp^  bci^   @roßmütigcn   unb 


4  ^tffeit,  Krd|I.  StaHftit. 

feiner  ^üt  im  S3c!enntniö  (SBittenb.  Äonforbie,  C.  A.  variata,  Corpus  doctrinae  SRc* 
land)ti)on^)  nid^t  mc^r  genügen  liefe,  inbeffen  bod^  bie  Form.  conc.  in  §.  nic^t  jur  Slm 
erfennung  )u  bringen  Dermod^te  (Sanbgraf  SubtDig  unb  äg.  $unniu^).  ä)a^  lanbe^err^ 
Kc^e  Äir^enregiment  toöd^ft  f\d)  in  p.  erft  jc^t  unb  befonber«  infolge  ber  b^naftifc^en 
6  ©treitigfeiten  oEmä^Iic^  ju  ber  in  rein  luti^erifd^en  2änbem  längft  errungenen  Stellung  au^. 
35ie  TOeber^effen  unter  Sanbgraf  SBU^elm  (bem  älteften  ber  ©ö^ne  ^^iüjjj)^)  folgten 
ber  in  ©ac^fen  atö  h^i^tocafoiniftifd^  bezeichneten  Slic^tung;  bie  Dber^effen,  gefc^ü^t  öon 
2.  £ubh)ig  ju  ÜKarburg,  vertraten  bie  lonfcffioneß  Iut^erif(|e  Slnfd^auung.  35er  Sanbgraf 
bon  3)armftabt  (®eorg  I.,  ber  jüngfte)  ftanb  mit   feinen  X^eologen   auf  ber  ©eite  ber 

10  le^teren.  33er  immer  fc^ärfcr  h^erbenbe  lonfeffioneüe  Oegenfo^  führte  jum  Sluf^ören  ber 
©encralf^noben,  beren  le^te  1582  ftattfanb.  3)ie  böHige  Söfung  be^  lirc^Uc^en  (Semein^ 
fc^aft^banbeg  erfolgte,  feit  nac^  bem  äbftcrben  ber  beiben  mittleren  S3rübcr  nur  nod^  bie 
Sinien  Äaffel  unb  3])annPabt  übrig  toaren.  Rh)ifd^en  beiben  fam  e^  toegen  ber  obers 
^efftfd^en  (Srbfd^aft  ju  j^eftigen  Ääm})fen,  toel^e  fd^Iiefelid^  in  ben  großen  Strubel   be^ 

16  breifeigiöi^rigen  Äriege^  einmünbeten  unb  erft  mit  biefem  jum  äbfc^Iufe  famen.  2)a  S.  Sub« 
toig  in  feinem  Xeftamente  ben  ßrben  bie  untocränberte  3lufrec^t^altung  be^  unter  i^m 
aufgerid^teten  Sefenntniöftanbe«  jur  ^flid^t  gemacht,  2.  ÜKorij  bon  Äaffel  aber  burc^  bie 
bon  il^m  berfu^^te  Sinfü^rung  feiner  33erbefferungg)?unfte  (1604)  in  feinem  Slnteil  bon 
Dber^effen  (5Warburg)  bagegen  berftofeen  f)aiic,  fo  na^m  bie  barmftäbtifc^e  Sinie,  um  i^ren 

2oänf})ru(^  auf  bag  gange  6rbe  gu  ftü^en,  nun  bie  ©tellung  be^  unberrütften  Se^arren^ 
auf  bem  alten  Sefenntniöftanbe  an.  3:l^atfäc^Iid^  l^atte  unter  S.  Subtoig  ber  Ubiquiti^mu^ 
ge^errfd^t,  unb  fo  nimmt  je^t  bie  ^effen-barmftäbtifc^e  Sanbeöfird^e  im  (äegenfa^  ju  Äaffel 
ein  immer  fc^ärfer  au^e})rägteö  lut^erifd^e^ ®e})räge  an;  unter  ben  Sanbgrafen Subtoig  V. 
(1596—1626)  unb  ©eorgll.  (1626—1661)  boUjie^t  fij^  biefer  ^proxefe.    3)aneben  tourbe 

26  bie  altl^effifd^e  2^rabition  mit  unberfennbarer  3lbfx(|tlid^feit  möglid^ft  feftgel^alten.  3)er  fe^r 
ftreng  gehaltene  Steligion^reber^,  h?eld^er  ben  ©eiftlic^en  je^t  borgefd^rieben  irurbe  (juerft 
1617)  enthielt  bie  a3er))fK(^tung  auf  bie  ungcänberte  ä.  Äonf.  unb  3lj)oIogie,  bieSEtttem 
berger  Äonforbie,  bie  ©c^malfolb.  ärtifel  unb  ben  Catechismus  Lutheri.  —  3)er  lut^. 
Äatec^iömu^  toax  bereite  unter  $^ilij)})  bem  ©rofem.  olj^ne  offijiclle  Sorfc^rift  borl^errfc^enb 

ao  (baneben  S3renj)  im  Sanbe  gebraucht  h)orben,  3)aneben  enthielt  bie  fiirc^enorbnung  bie 
fog.  ^effifc^en  grageftüdfe,  Äonfirmation^fragen,  h)c((^e  fic^  in  ber  S)i^))ofition  an  bie  lutl^. 
§au))tftücfe,  im  Sejt  bielfac^  an  ben  größeren  Äatec^ii^mu^  bon93renj  (ben  fog.  .^aHifc^en) 
anfc^liefeen  unb  bie  ©alramentenlebre  im©inne  ber  bermitteinben  meIand^tf^onif(|en  i^eo= 
logie  barfteßen.    ©ie  toaren  bon  Sanbgraf  ÜKorij  ju  Äaffel  bei  ber  bon  i^m  bollgogenen 

86  SRefonn  feiner  Sanbe^firc^e  in  ben  lut^erifc^en  Äateq^ii^mu«  aufgenommen  toorben.  3)icfem 
Sanbe^fated^i^mu^  für  TOeber^effen  tritt  loä^renb  be^Äami)fe^  ber  beiben  Linien  (feit  1625; 
berÄD  beigegeben  1662)  ein  analog  gearbeiteter  §effens3)armftäbtifc^er  ftated^iiJmu^  gegen^ 
über.  3)erfelbe  enthält  gleichfalls  bie  ^effifd^en  gtagcftüdfe,  h)eld(>e  als  einStüdf  alt^effifc^er 
Irabition  nic^t  angetaftet  toerben  burften,  fo  jebo^,  bafe  bie  entfprec^enben  genuin  lut(>e- 

40  rifd^en  Scftanbteile  ftelj^en  geblieben  fxnb  (bal^er  mehrere  ^^agen  boi}i)elte  3lntioortcn  ^aben), 
unb  aufeerbem  nod^  eine  9teiJ[^e  neuer  ^^ageflüdfe  bon  auSge))rägt  lut^erifd^em  6l?arafter. 
©tatt  ber  (äeneralf^nobcn  tritt  bem  ©u))erintenbenten  an  bie  ©eite  baS  |og.  3)efiuitorium 
(1617  für  Dber^effen,  jeboc^  in  ber  Dbergraffd^aft  Äa^cnelnbogen  fc^on  im  16.  3^^^^- 
befte^enb),  eine  Slrt  SluSfd^ufe  an^  ber  ®eiftlic^>feit,  an  beffen  3)iith?irfung  ber  ©uperintens 

46  beut  bei  ber  Prüfung  unb  älnfteHung  ber  ©eiftlic^en  gebunben  loar.  (Sin  Äonfiftorium 
gab  eS  1634  noc^  nicfat;  gum  erftenmal  erfc^eint  eS  aftcnmäfeig  1638,  1654  gab  cS 
gtoei  Äonfiftorien,   ju  3)armftabt  unb  j;u  (Siefeen. 

3)ie  Snfto'Etion  für  bie  ü)letrobolitane  (ßnbe  beS  18.  ^al^r^unberts  Q^fP^^torcn  ge- 
nannt)  unb  bie  Drbnung  ber  älmtSfirc^enfonbentc  (SejirfSfoUcgien  für  (Sl^e-  unb  Äirc^cn= 

60  juc^tSfac^^en  unb  bgl.)  (1668)  orbneten  bie  älufgaben  ber  erfteren,  foloie  bie  immer  me^r 
fd^toinbenben  (geiftlic^en)  Scfugniffe  ber  ©u))erintenbenten  unb  bie  loac^fcnbcn  ber  Äon= 
fiftorien.  35ie  ©rünbung  ber  Uniberfttät  ®iefeen  im  ^ö^re  1607  (1625  mit3)Jarburg  ber= 
einigt,  1650  h)ieber  fonftituiert)  biente  ben  je^t  bortoaltenben  lutJ^erifcfjen  2:enbcnjcn.  3)afe 
inbeffen  ber  ®eift  ber  Drbnungen  bon  1539  unb  1566  noc^  nid^t   gefc^lounbcn  war,  be- 

66toeift  bie  auf  ®runb  ber  (Srgebniffe  ber  ©eneralfirc^enbifitation  bon  1628  bcröffcntlid^te 
„ßrflärung"  ®eorgS  II.  bon  1629  (u.  a.  über  Äird^cnjuc^t,  ©onntagS^eiligung,  Ä^anbel 
unb  Äleibung  ber  Pfarrer,  aud^  über  bie  je^t  einjufü^renbe  ^^Jribatbeic^te),  foioie  bie  noc^ 
bebeutfamere  „Drbnung  bon  flcife.  Übung  beS  ßatedfiiSmi,  ber  Äinberlel^r,  mel^rcr  Äird;en= 
biSji))lin"  u.  f.  h).  (1634  —  bgl.  glöring  in  2)entfd^rift  beS  ^rebigerfeminarS  griebberg 

eol898,  399  ff.),    ©ie  orbnet  bereits  fpontane  feelforgerlic^e  ^auSbefucpe  bei  ®eiunben  unb 


^t^tn,  htdil  Statift»  5 

Äranfen  an,  ferner  in  ben  Stäbten  jum  3^^*  intenpberer  ©eetforge  Silbung  Itrinerer 
©eelforgebejirf e  unter  SKittoirfüng  bcr  Silteflcn,  ^  beren  jebcm  befttmmte  ®a^m  bejonberö 
jugeteilt  toerben,  in  ©eelforge,  Sittenjuc^t  unb  ÜberlDac^ung  berÄatec^i^muöte^re  unb  be« 
pier  juetft  burd^aefü^en  ©c^utjtoang«,  monatliche  Äonbente  ber  Pfarrer  unb  Senioren. 
i>ie  ilj^ränenjeit  beö  großen  Kriege«  brachte  bie  altJj^effxfc^en  Settage  gu  ^o^er  Slüte  (35ie^l  6 
in  3.  f.  })r.  2;^.  1899, 11  f.).  SBä^renb  ber  ^Regierung  ©ruft  £ubh)ig«  (1678—1739)  tarn 
ber  ^ieti^mu^  nid^t  olj^ne  fc^lDere  Ääm})fe  jur  ^errfc^aft  (ffiincHer  in  2)annftabt;  9)tai, 
®.  ämolb,  3-  3-  5Hatubac^  in  ®ie^en;  ©e>)aratiften,  3lnf>)irierte,  ß^^J^'^'^^f  ^^  Dba:^ 
Reffen)  unb  fanb  auc^  in  ben  firc^Iid^en  ®rlaf[en  biefe^  fianbgrafen  manchen  c^arafteri* 
ftijd^en  Slu^rudf.  33a^  gro^e  ®armftäbter  ßantional  (bonSriegel  1687)  unb  bc^  ©arm^  10 
ftobtcr  „©eijte.  ©efangbud^"  (1698)  jtnb  afe  Sieber^  unb  ÜKelobienjammlungen  an  ber 
©4lh)eIIe  einer  neuen  ^Ät  bon  h)eit^in  reid^enbem  Sinflufe  getoefen.  ®ie  jiüeite  .§älfte  be« 
18.  3«^^u*^t)ert^  erh)ei(^tc  bie  beftel^enben  firc^Iid^en  Drbnungen  unb  33er})ffi(^tungen. 
^od)  tonnte  ein  auf  3Seranlaffung  ber  ,,gro6en  Sanbgräfin"  Caroline  Jj^erau^egebene^ 
„jeitgemä^e«"  ©efangbud^  im  ^aiftt  1772  in§.  nod^  nid^t  burd^bringen.  (Srft  ba«  S^^i^  ^^ 
1814  brachte  ben  meiften  (äemeinben  be^  Sanbeö  ein  ungemein  bürftige^  rationaliftifc^e« 
®efangbu4,  ba^  feit  1880  burd^  ein  bon  D.  ©(^lt>abe  bearbeitetet  berbrängt  ift. 

3)ie  ©ebiet^eränbcrungen,  h)elc^e  burc^  ben  3leid^be>)utation«^auj)tfc^Iufe  (1803)  unb 
bie  SR^einbunb^fte  (1806),  bann  bie  Serträge  bon  1815  ^erbeigefüM   tüurben,   burd^^ 
brad^en  bie  fonfeffxonette  ©in^eit  be^  Biaat^,    Serlj^ältni^mäfeig  beträchtliche  Sanbe^teile  20 
mit  reformierter  unb  fat^olifcfier  SeböBerung  lamen  Ij^inju.    33urd^  ba^  Drganifation^bift 
t)on  1803  tourben  für  bie  brei  ^robinjen,  mli)c  ba«  2anb   nun  umfaßte  (©tarlenburg, 
Dber^en  unb  ba«  bi^^er  hirlölnifd^e  §erjogtum  SBeftfalen),  brei  Äirc^en«  unb©c^ulräte 
auf  böttig  territorialiftifc^er  ©runblage,  gemeinfam  für  Sut^eraner,  Sieformierte  unb  Ra- 
t^olifen  errichtet.    Sl^einl^effen  (1815  ate  Srfa^  für  SHJeftfalen  ertrorben)   erhielt  f})äter  26 
einen  Äird^enrat  in  9Kainj.    3)a«  S'^f^^*  ^^  ©ujjerintenbenten  fam  auf  ben  äu^fterbe* 
etat.    2)ie  oltl^effifc^e  älgenbe  iüurbe  auf  bie   neu  erworbenen  ^)roteftantifd^en  Sanbe^teite 
nid^t  au^ebel^nt,  lam  bielme^  feit  1803  auc^  in  ben  alten  Sanbe^teilen  aufecr  ©ebrauc^, 
mit  il^r  ba«  barin  entl^altene  Drbinationgformular.    35cr  Sleligiongreber«  Wax  bereitgl775 
au^er  äntoenbung  gefommen.  ©leic^ertoeife  famen  auc^  bie  fonftigen  in  ben  neuen  Sanbe^^  30 
teilen  bor^anbenen  2lgenben  unb  Äird^enorbnungen  tl^atfäc^Iid^   aufeer  ©ebraudb.    ®^  ift 
beren  eine  beträdbtlid^e  ^a!f)l    ^xx  ertoäl^nen   fmb  bon   (ut^erifc^en :  bie  Slgenbe  für  bie 
©raffc^ft  erbad^  (^ule^t  1753  gebrudft),   für  .^anau^Sic^tenberg  (1573),   für  bie  Sleid^«^ 
ftabt  ^ebberg  (1700),  für  bie  Surg  ^Jriebberg  (1704),  für  ©toIberg-.Oebem  (1719);  bon 
reformierten:  bie  (pfäljifd^e  Äird^enorbnung  bon  1563,  bie  für  §anaU'5Künjenberg  (1688),  86 
ferner  eine  Steige  jum  Xeil  ungebrudEter  Drbnungen  für  bie  ifenburgifd^en  unb  folmftfc^en 

terrfcHtcn  (3fenburg  1598,  §fenburg=Sübingen  1690,  ©olm^^Sraunfete  1582  u.  a.). 
)ie  reformierten  Untertlj^anen  toaren  gleid^  bon  2lnfang  mit  ben  lutl^erifd^en  berfelben 
firc^Iic^en  äbminiftration  unterfteHt.  ^od^  gab  e^  nocf>  befonbere  reformierte  3nfi)eftorate. 
®ie  t^atfäd^Iic^e  Serfc^mel^ung  ber  Äonfefftonen  bolljog  fxd)  rafd^.  35ie  Union«beh)egung  40 
feit  1817  teilte  fic^  aud^  Reffen  mit.  Ünion^ftiftungen  fanben  ftatt  in  einer  5lei^e  bon 
ober^efftfd^en  ©emeinben  bi«  1822  olj^ne  förmliche  Urfunbe  burc^  gemeinfame  3lbenbmaf)fe 
feier,  in  ganj  SR^ein^effen  (burd^  oemeinfc^aftlic^e  Urfunbe  1822),  in  ober^effifd^en  unb 
ftarlenburgifd^  ©emeinben  (u.  a.  ®armftabt,  Cffenbad^)  fett  1822  burd^  örtliche  Urfunben, 
fotoie  in  1866  ertoorbenen  naffauifc^en  unb  fur^cfftfc^en  ©emeinben.  daneben  na^m  in  46 
ben  onberen  ©emeinben  bie  t^atfäc^Iid^e  Serfc^meljung  ber  Äonfefjtoncn  (2lbenbma^fe 
gemeinfc^aft,  SReligion^unterrid^t,  unterfd^^iebölofe  änftettung  ber  ©eiftlid^en  unb  Se^rer) 
i^ren  tjortgang. 

3)a«  fird^lid^  Drganifation^ebift  bom  6.  3uni  1832  fe^te  an  bie  ©teile  ber  Krc^« 
liefen  ?ßrobinjiaIbe^örben  ein  gemeinfame^  Dberfonftftorium  a(^  abminiftratitoe  SKittet  so 
be^örbe  unter  ber  Äufftc^t  unb  Seitung  be«  ÜJliniftcrium^  unb  [teilte  ba«  Slmt  bcr  ©u))ers 
intenbenten  toieber  ber.  ®a^  gleichzeitige  ©c^ulebift  trennte  bie  Sertüaltung  ber  Sotf^s 
fc^ule  bon  ber  firc^lid^en.  35ie  ebangelijd^e  Äirc^e  be^  Sanbe^  umf afet  nac^  Slrt.  1  be« 
Äirc^enebifted  „bie  lut^erifd^e,  bie  reformierte  unb  bie  burd^  gcgenfeitige  Übereinfunft 
unierte  Äonfef jton" j  im  übrigen  nimmt  ba«  ßbift  gleid^  ben  e^  begicitenben  3inftruftionen  66 
auf  bie  fonfeffbneUe  2)iffcrenj  feine  SRüdfftd^t.  2)ementfj)rcc^enb  toar  ba§  Scrfal^ren  be« 
ftirc^enregimentg  toä^renb  ber  folgenben  ^öl^r^el^nte.  Sin  ciHen  fünften,  \üo  bie  fon= 
fefjionelle  Trennung  ^ätte  toirffam  trerben  fönnen,  blieb  biefelbe  aufeer  Setrac^t,  fo  bei 
ber  Drbnung  ber  Konfirmation  (1834),  be«  Slltarbienfte^  (1836),  bei  ber  (grrid^tung  be« 
$rebigerfeminar«  in  griebberg  (1837,  baig  bortige  ©d^uHel^rerfeminar  bereinigte  fc^on  feit  60 


6  Reffen,  hxd^l  StatifHf 

1817  oKe  cöanaeKfc^c  3lf}3iranten)  bei  bcr  Gintcilung  bcr  2)cfanatc  (1838),  ber  Scl^anb^ 
lung  ber  ^aroc^taberl^ältniffe,  bcr  ainftcHung  bcr  ©eiftlid^cn  unb  Se^rer.  ®er  babifc^c 
Äatcd^tömu^  t)on  1834  lüurbc  1839  amtlid^  enHjfo^Icn  unb  fam  barauf^in  fc^ncH  jur 
aßöcmctncn  3lnnal^me.    ©tatt  feiner  tourbc  1860  ber  lut^erifc^c  Äated^i^muö,  unb  ^toax 

6  in  bcr  gaffung  ber  ägcnbc  toon  16G2,  für  bic  lut^erifd^en  (Semeinben  ipieber  au^fc^Iiefes 
lic^  toorßefc^ricbcn.  2)a^  in  bemfclben  S^i^^  eingeführte,  auf  bem  alten  agenbarifc^en  gor^ 
mular  ru^enbe  Crbinationöformular  öcrj^flid^tet  auf  bie  c^riftlid^e  Sef^re,  \r>di)^  in  ben 
Sudlern  be«  31  unb  9KC^  ,,cntbaltcn"  unb  „in  ben  refomtatorifdien  Scfenntniffen  unferer 
Äirc^e,  befonberg  ber  älug^b.  Äonfefpon,  bejeugt"  ift;  eine  fonbcr^onfeifioneBe  Sejiel^ung 

10  enthält  e«  nic^t.  — 

®ie  heutige  Drganifation  ber  Sanbegfird^c  ru^t  auf  bem  3Serfaffungöebift  Dorn 
6.  S^^war  1874.  2)agfelbe  begrünbet  eine  ©^nobcJöerfaffung  nad^  mobemem  %\}pu^, 
am  näd^ften  an  ba^  babifc^e  ÜBorbilb  ftd^  anfc^liefeenb.  2)a^  Äird^enrcgiment  be^  „etoan* 
gelifd^en"  Sanbe^^erm  bleibt  erhalten  (ber  3^1^  „et)angelif(^"   ift  t)on  prinzipieller  Sc- 

16  beutung) ;  ba^  Dberf onftftorium  bilbet  bie  ^öc^f^^  fird^Ii^e  Stegicrungöbe^örbc,  für  inner* 
tird^Iid^e  Angelegenheiten  unmittelbar  unter  bem  Sanbe^^erm  fte^enb.  ©eine  geiftlic^en  3R\U 
glieber  (baneben  3  toeltlid^e,  barunter  ber  ^räfibent)  finb  jugleicb  ©uperintenbenten  für  je 
eine  ber  brei  ^roöinjen  ©tarlenburg,  Cberf^effen  unb  St^einl^effen.  ®ie  Sanbeöf ird^e  umfaßt 
nad^  §  1  „fämmtli^e  etoangelifc^e  (Iut^erifd()e,  reformierte,  unierte)  ®emeinben  beö  Sauber 

20  unbef^abet  be^  Sefenntniöftanbe^  ber  eimelnen  ©emeinben".  Site  ©c^u^toe^r  fonfeffio= 
neUer  Sefonber^eiten,  toeld^^e  fie  ftc^  ju  erhalten  toünfd^en,  ift  ben  ©emeinben  (§  3)  für 
©egenftänbe  ber  £e|^re  unb  be^  Äultu^  ba^  SRed^t  ber  3lble^nung  tird^engefe^licber  Sin* 
orbnungen  (burd^  bie  ©emeinbetoertretung)  eingeräumt.  2)ie  paro^iale  3wö^t>örigfeit  be= 
ftimmt  ftd^  nac^  bem  SBo^nfi^,  fofem  nid^t  eimelne  aug  fonfeffioneflen  ©rünben  bie  ^u- 

26  pfarrung  ju  einer  ©emeinbe  i^re^  befonberen  Selenntniffe^  ijerlangen  (§  9).  2)ie  ©naben* 
mittel  bürfen  feinem  ©emeinbegliebe  auö  bem  ©runbe,  bafe  e«  bem  befonberen  Sefenntni^ 
ber  betreffenben  ©emeinbe  nid^t  angehöre,  toerfagt  Serben  (§  10).  ©ine  geftftellimg  be^ 
35elenntni^ftanbe^  ber  Pfarreien  erfolgte  jeboc^  auf  baö  SL^erlangen  ber  lonfeffioneHen  9lid^= 
tung  im  ^aifxi  1896.  —  2)ie  Organe  be^  Dberfonfiftorium^  fmb  bic  ^on  ben  3)cfanat^s 

80  fynoben  gctoäf^lten  35elane  unb  l^infid^tlid^  bcr  fird^lid^en  SJcrmögcn^Dcrtoaltung  bic  Ärci^= 
ämter.  2)ie  Organe  bcr  fird^lid^cn  ©clbftbertoaltung  finb  in  ben  ©emeinben  bcr  Äirc^cn* 
toorftanb  (au^cr  ben  ©eiftlic^en  je  nad^  bcr  ©rö^c  ber  ©emeinbe  4 — 12  iJaien,  auf 
10  ^al)xc  gctoöl^lt)  unb  bic  ©cmeinbctocrtrctung  (12—70  3Ritgliebcr),  in  ben  a^ctanaten 
bie  2)cfanat«f^nobc  (geiftlid^e  unb  loeltlid^e  ÜKitgliebcr  in  gleicher  Sln^al^l)  unb  ber  ^da- 

36  nat^au^fd^ufe,  in  ber  Sanbe^fird^c  bic  £anbegfi;nobc  unb  bcr  ©i;nobalau^fd;u6  (,,@rh)citertcg 
Oberfonfiftorium").  2)ie  ianbeef^nobe  tritt  regelmäßig  aBe  5  Ija^rc  jufammcn  unb  bcftcl^t 
au^  je  einem  geiftUd^cn  unb  einem  locltlid^cn  Slbgcorbnctcn  bcr  2)c!anat^fi;nobcn,  3  gcift= 
liefen,  4  toeltli^en  toom  ©rofe^crgog  ernannten  SWitglicbcm  unb  bem  Prälaten,  ber  aud)  njic 
ber  fatf^olifd^e  Sifd^of  2)Jitglicb  bcr  erften  Kammer  ift.  —  2)ic  (Einführung  bcr  2>crfaffung 

40  gab  Slnlafe  jur  Slcnitenj  unb  Slmtöcntlaffung  einiger  lutl^crifc^cr  Pfarrer  unb  ^ur  Silbung 
ftaatlid^  anerlanntcr  ©cparation^cmeinbcn.  ^m  ^ai)x^  1875  tourbcn  Äirdjcn  unb  ^Hcli= 
gion^emeinfc^aften  ba^  Siecht  ber  Seftcuerung  i^rer  3JJitglicbcr  ^u  fird()lic^cn  3*^^'^^"  9^= 
loä^rt  (Sanbe^s  unb  ^arod^ialfircbcnftcuer).  ©eine  erfte  Slntocnbung  (1876)  erfolgte  ^um 
gtocdf  einer  bie  ^farrgc^altc  \>on  bem  ßinfommcn  ber  ^frünben  unabl^ängig  macbcnbcn 

46  Älaffifilation  ber  ©eiftlid^en  in  9Älaffen  (gegenwärtig  aufecr  3Bol)nung  1800— loOu  Sit., 
®r^öl;ung  fte^t  beöor).  2)er  Gcntralürd^enfonb^  reguliert  bic  5ülel>r'  unb  Sünbcrcinnabmen 
ber  ^farrftcHen  nad^  ber^f^ö^c  bcö  flaffififation^mä^igcn  ©cl^alt^  unbgal^lt  (fett  1890)  alle 
©ehalte  au^.  2)ie  (J'rl^ebung  ber  Sanbcefird^cnftcucr  l^atte  im  ^ahxt  187()  in  ^)ibcinbcffcn 
bie  ©eparation  bcr  „^ciproteftanten"  jur  ^olgc;    bamate  4800  ^crfoncn,  fcitbcm  ftctig 

60  jurüdgegangen. 

Ueber  bic  Slnftcllunggfä^igfcit  bcr  ©ciftlid^cn  entfd^eibet  bie  nacb  tl)atfäd)Iid;  minbcftcn^ 
7femeftrigem©tubium  an  einer  beutfd^en  ^odftfdftulc  Dor  ber  tl^eol.  5öifultät  gu  ©icfjcn  ju 
bcfte^enbe  gafultäteprüfung,  fotoie  bie  toon  einer  befonbern  (auö  ben  geiftli4>en  ^Jtttviltcbcrn 
be^  Oberfonfiftorium^  unb  ben  ^Profefforen  bcö  ^rcbigerfcminare  bcftcbcnbcn)  '^>rüfinu3ö= 

66  fommiffion  in  3)armftabt  abju^altcnbe  35cfinitorialprüfung,  bcr  ein  einjähriger  Öcjuc^  be^ 
^rebigerfeminar«  ju  griebberg  vorausgegangen  fein  mu^.  2)ic  theologifd)c  J^^tultät  ^u 
(äie|en  iä^lt  5  orb.,  1  a.^o.  ^rofeffor,  1  Stepetent  unb  (©ommer  1898)  59  Xhcoloßtc= 
ftubierenoe;    baS  ^Prebigerfeminar  3  orb.  ^rofefforen,  2  a.=o.  Seigrer  unb  im  2)urd;fd;nttt 

•    10—15  Äanbibaten.   —   3)ie  2)ienftber^ältniffe  ber  ©ciftlic^cn  fmb   burd)   ba^  ©taat^= 

60  gefe^  betr.  SJorbilbung  unb  3lnftcllung  ber  ©eiftlic^cn  (1887),  burc^  bie  fird;lid;c  3}icnft= 


^fffftt,  ttrd^I*  @tatifHf  7 

))racjniatil  (1879),  unb  ba«  3)t^;iit)Imar9efefe  (1883)  öcregclt.  35ie  Sefc^unß  bcr  ©teilen 
erfolgt  feit  1888  nad)  ain^örung  ber  antrage  be^  Äird^enöorftanbe«;  bur^  baö  Dber^ 
fonfiftorium.  2)ie  ©tolgebü^ren  lüurben  1891  aiifgel^oben.  —  ^n  ber  i^oltefc^ule  erteilt  ber 
©ciftlid^e  tröc^cntlid^  3—4  ©tunben  3ieliöion^unterric^t.  3"  ®runbe  liegt  aufeer  ber  Sibl. 
©efd^ic^te  (1884)  in  lut^erifc^en  ©emeinben  ber  [ut^erifä»e  Hated^i^mu^  mit  ^eff.  ^yrage^  6 
ftüden,  in  einer  Slnjal^I  t)on  reformierten  (Semeinben  bcr  .'ocibclberger  j^atec^i^mu^,  in 
unicrten  ©emeinben  ber  beibe  ijereinigenbe  unierte  Seitfaben  öon  1894.  3Kit  ber  fon^ 
finnierten  S^Ö^"^  ^^^"^  ö"  ^^"  meiften  Orten  nad)  alt^effifd^er  6itte  in  ber  2:rinitati03eit 
Hatec^i^mu^Ie^re  gegolten.  6ine  ein^eitlid^e  Siturgie  unb  !^anbe^genbe  beftebt  nic^t, 
nur  (linjelbeftimmungen  über  fird^licbe  ^anblungen.  DffijieU  ift  noc^  baö  Württemberg,  lo 
Äirc^enbud;  als  ©ebetfammlung  im  ©ebraud^.  2)oci^  tourbe  in  ben  legten  SabrjeF^nten 
burc^  einzelne  ©eiftlid^e  ber  überfommenc  nüd^teme  fübh)eftbeutfc^e  ©otteöbienfttt^pu^  inxd) 
auiggefü^rtere,  bem  ÜKepfd^ema  ftd^  annäl^embe  ©otteebienftorbnungen  an  mehreren  Orten 
öcrbrängt.  ^\ix  3(uöarbeitung  eine^  o^nc  agenbarijd^en  3^^"Ö  ^^"  ^^^'  ®^off  in  reicher 
älu^toal^l  frei  barbietenben  fiird^enbud;ö  ift  eine  Äommiffton  gegenh)ärtig  in  l^ätigfeit.  —  is 
2)ie  firc^Iid^e  Orbnung  in  Se^ug  auf  iaufe,  Äonfinnation  unb  Trauung  fann  (©efe^ 
t)on  1883)  gegenüber  ben  l^ierin  ^flic^ttoergeffenen  burd^  3lberfennung  fird^Iic^er  gieren- 
redete  {3äa\)U  unb  ^atenred^t)  gefd^ü^t  toerben.  3)a^  Krd^Iid^e  Seben  h)urbe  u.  a.  ge^ 
förbert  burd^  ^S^f^W^"  ^^  ^i^  tirc^Iid^e  Slrmenjjflege  (1879),  burd^  ^Paroc^ialeinteilung 
größerer  ©emeinben,  burcb  ßrbauung  ^aj^lreirfjer  itird^en  (Sirc^enbaumeifter),  burd^  ^Rafe«  20 
nof^men  gegenüber  feftiererifd^enSeftrebungen  (u.  a.  ^rt)ingianer)unb  folc^en  „©emeinjc^aften", 
bie,  teütoeife  i^re  geiftlid^e  Seitung  Don  aufeerl^alb  (6^rijd)ona,  Slböentiftcn  u.  a.)  em^fangenb, 
fid^  gegen  bie  Sanbe^fird^e  ab(c^nenb  ober  angreifenb  berl^alten,  burd^  Berufung  eine^ 
fiirc^enmufifmeifter^  (1891),  burd^  ein  Don  3.  ©.  öcrjog  bearbeitetet  6(?oraIbud)  (1888) 
unb  ein  ^rälubienbuc^  (1897).  2)er  Äird^engefang  ift  an  Dielen  Orten  im  ^ntereffe  eineö  25 
Dolfetümlic^  belebten  St^^^t^mu^  reformiert.  2)ie  Äird;engefangDerein^beh)egung  fanb  in§. 
feit  1878  fräftige  i^ertretung  unb  toeite  Verbreitung  (im  ^a^re  1898:  106  Ort^Dereine 
mit  4482  aftiDen  SDiitgliebem ;  ferner  G^orfd^uten).  —  Äinbergotte^bienfte  mit  ©rujjpens 
fbftem  giebt  eö  29  (308  §elf.,  6200  Äinber),  ol^ne  baöfelbe  55  (5000  Ä.).  ©emeinbe^ 
häujer  giebt  e^  an  3  Orten  5,  9?ercin^(;äufer  an  5  Orten  7.  (Sinen  5Reifej)rebiger  für  ^Jiu^ere  30 
SJiiffton  unterteilt  bie  Safeler  5Kijfton.  §ür  innere  SKiffion  beftel^t  ein  oberf^effifd^er  SSerein, 
im  übrigen  bilbet  ß.  einen  3^^'9  ^^  Sübh)cftbeutfd;en  Äonf.  f.  3-  3)1.  mit  eignem 
eefretär.  3)agS)iafomffen^au^3)armftabt  (feit  1858)  ^at  97  3trbeitöfelbcr,  249©c^meftem; 
e^  befte^en  26  Äranfen:;  unb  ©ied^cnl)äujer  ber  ^.  501.  (120  Pflegerinnen),  62  ©emeinbe- 
J)f legen  (92  Pflegerinnen),  2  Ariden,  120  Äleinfinberfdjulen  (mit  103S)iaf.),  15Äinbcr=35 
$orte,  5  3lettung^=  unb  Srjie^ung^anftalten,  15  Qüngling^-,  5  £ebrling^=,  58  Jungfrauen-, 
2  2abnerinnen=3}ereine  (mit  804,  360,  1400,  105  aWitgliebem),'  4  .^auö^altungöfc^ulen, 
6  Verbergen  j.  •^.,  1  3lrbeiterIolonie  (9Jeu=Ulric^ftein),  3  3Kägbel?erberaen,  2  ©tabtmiffionen, 

5  (TD.  SlrbeiterDereine  (1250  SR.),  an  54  Orten  ©emeinfc^aftcn.  —  35on  fird^lid^en  Stättem 
finb  5U  nennen :  §eff .  Sird^enblatt,  Äorref^jonbenjbl.  ber  ^cbb.  Äonf .,  bie  93litteilungen  40 
bcr  granff.  fionfereng,  Äorrefponben^btatt  be^  Äirc^engefangDerein^,  9)Jonat^blätter  f.  3).  ^v 
ö.  eb.  ©onntageblatt,  ©D.  Söod^enblatt.  —  3)ie  ^al}l  ber  erUjad^fenen  fiird^enbcfud^er 
betrug  1897  in  ©tarfenburg  16,  Oberl^effcn  34,  in  SR^einbeffen  23  ^^Jrojent,  ber  Mom= 
munitanten  in^efamt  388  542  (©t.  114417,  0.  204937,  9W;.  69188);  laufen  21205 
©eborene  22  338),   konfirmierte  13  522,   o^ne  ©eiftlid^en  Seerbigte   im  3tlter   Don  über  45 

6  gabren  172,  ©etraute  in  rein  eDang.  ©bc  5154  (ß^ejcf^lie^ungen  5245),  in  SRifd^s 
ebe  554  ((^^ejc^lie^.  1201).  SSon  ben  Sinbem  au^  3Rijc^e]^en  tourbcn  15  mcbr  al^  bie.'oalfte 
eDangcIifc^  getauft;  Übertritte  jur  eDang.  Äird;e  186,  Slu^tritte 38.  3tn  fird^lic^cn  Siebeö^ 
gaben  famen  ein  für  SSereine  unb  3lnftalten  178155aRf.,  burcf^Äirc^enfoUeften  30478  3RI., 
aU  Strc^enoDfer  für  bie  2trmen  51 606  9)11,  an  fonftigen  freitrilligen  fird^lic^en  Seiftungen  60 
136  785  9Rt.,.burd^  ©c^enfungen  unb  ikrmäd^tniffe  109  436  5!Rf.  Jür  bie  SJereine  ber 
Jnnem  unb  ^lu^em  9Rijfion  unb  ba^  3)iatoniffenbau^  tourben  gcfjjenbet  ca.  82  000  9)JI. 
2)er  heff.  ,s5au}3tDerein  ber  ©uftaD  2lbolf=©tiftung  l;atte  eine  @innal;me  Don  99  626aRf. — 

3)ic  einnjol^nerjia^l  be^  ©rofe^erjogtum^  bcred^net  fic^  für  1898  auf  1062859,  unb 
itüar  714  758  ßDangelifd^e  (barunter  986  fep.  Stltlutb.),  315211  Äatl^olifen  (^al^l  bcr  65 
Stitfatbolifcn  ipirb  nid^t  befonber^  ermittelt),  3131  a^eutfd^tatboliten  unb  ^eireligiöfe, 
2970  ^eiJ)roteftanten,  680  5Rcnnoniten,  375  Sajjtiften  unb  Sarb^ften,  120  aRet^obiften 
unb  Duäfer,  239  fonftige  G^riften,  unbeftimmt  unb  ol^ne  Slngabe  ber  9leligion  193, 
25  182  S^raeliten.  2)er  ^^romillela^  ber  tatl)olifc^en  (SiniDol^ncr  ftieg  Don  1880—1898 
Don  288  auf  296.  —  2)er  etaat^^jujc^u^  an  bie  cDangelifc^e  Kird^e  beträgt  für  3  Ja^re  go 


8  Reffen,  fhrc^t.  StattfK«  ^ePufen 

(1897—1900)  240000  5K!.,  an  bic  fat^oltfc^c  Äird^c  137872  5W!.  (barunter  40  000  3)«. 
befoiü)ere  S^W^ffe  für  5ßfarrcr  mit  einem  ®e](>alt  unter  1800  3Kf.),  ber  ©rtrag  ber  etmug. 
Sanbeigtirc^enfteuer  480000  3KarI.  —  2)ie  eöangelifd^c  2anbe«fird^e  umfaßte  (1.  Januar 
1898)  3  ©uj)erintenbenturen  (ajarm^abt,  @it^m,  3Kainj),  23  ®e!anate,   430  ^aro^ien, 

6  466  ^farrfteßen,  barunter  28  reformierte,  135  unierte.  10  Sljftftenten  fielen  in  öröfeercn 
(Semeinben  ben  ^Pfarrern  ju  ©eite.  3)efimtit)  angefteHte  ©eiftlic^e  giebt  e^  402,  aufeer^ 
bem  3  ©uj)erintenbenten,  2  ^ofprebiger,  1  3)it)ifionö}3farrcr  nebft  Slffiftent,  1  ®afoniffens 
J)farrer,  3  ©efängni^ljfarrer,  21  Slcliflion^lcl^rer  (i^eol.)  an  l^iöl^eren  ©d^ulen. 

3)ie  fat^olifc^e  Äird^e  in  Reffen,   jum  33igtum  5Kainj  öe^örig,  jä^It  19  2)efanate, 

10  161  Pfarrämter,  15  ^farrfuratten,  74  5latolaneien,  11  anbere  ©eiftlic^e;  bie  meiften  Äa* 
^olifen  loo^nen  in  Sl^eini^effen,  bie  toenigften  in  Dberl^ef[en.  @nbel898  gab  e«  154  bef. 
©eiftlid^e,  57  i?a))läne,  31  anbere.  —  ®em  aSerl^iältni^  ber  fat^olijc^en  Äirc^e  jum  ©taate 
logen  ju  ®runbe  bie  Süßen  Provida  solersque  (1821)  imb  Ad  dominici  gregis 
custodiam  (1827),  ba§  lanbe^l^errlid^e  SSeftötigungöebilt  t)on  1829,  bie  SJerorbnung  bom 

15  30.  3|ÄWuar  1830,  abgeänbert  1853,  femer  bie  1866  aufgel^obene  Übereinlunft  jtoifc^en 
SRegierung  unb  »ifd^of  (1854).  2)ie  Äulturlam}3fgefe^e  toom  23.  äH)nI  1875  fmb  burc^ 
bie  (Sefe^e  betr.  SSorbilbung  unb  SlnfteHung  ber  ®eiftlid^en  toon  1887  unb  betr.  ÜJli^s 
brau^l  ber  geiftlic^en  Slmt^eloalt  toon  1889  rebibiert.  ©tatt  be«  3iä]^rigen  ©tubium« 
an  einer  ©taatöuniöerfttöt  toirb  unter  geloiffen  SSorau^f^ungen  aud^  baö  in  einem  in  §. 

30  befinblid^en  fird^Iid^en  ©eminar  jugelaffen.  2)ie  2ln||eigei)jli(^t  bei  Ernennung  eine«  ®eift= 
liefen  mit  bem  Siedet  eine«  (ju  begrünbenben)  @inf))ruqg  be«  ©taatg  unb  bic  Seftimmungen 
über  ben  ÜKi^braud^  ber  geiftlid^^en  3lmt^ch)alt  unb  über  bie  religiöfen  Drben  unb  Äon= 
gregationen  fmb  feftgcf^alten.  3"  ^^"^  ®^^^  ^^-  ^^^  rec^tlid^e  ©teHung  ber  5tird^en  k. 
bon  1875   ift  ben  Äirc^en  ©elbftftänbigfcit  unter  SSorbe^oIt  ber  ftaatlicben  ©efeftgebung 

26  unb  Dberaufftd^t  jugeft^roc^en.  ©eit  1873  erfennt  ber  ©taat  bic  altfatbolifc^e  Äirc^c 
unb  bie  Suri^biltion  i^re«  »ifc^of«  an.  (Ä.  ftö^Icr  f)  8r.  Sriörtng. 

^ffffti^  Sieformation  f.  b.  21.  $^ilij)j),  Sanbgraf  unb§omberger  ©^nobc. 

.^fPtifcti,  3: il cm  an n,  geft.  1588.  —  .^ouptqucne:  3ü^.  öJcovgfieucffelb  (^oftor  prim.  in 

(SJröningen),  historia    Heshusiaua,  Oiieblinburg   unb  ?(fd)er§Icben  1716.    ferner:  Äarl  Don 

BOßcImoIt,  %.  $).  unb  feine  fieben  exilia,  ficipjig  1859;  2öilfen§,  X.  ^.,  ein  Strettt^eologc  ber 

Sut^er!ir(^e,  ficipjig  1860.    S3gl.  aufecrbem   bie  ®efd)ic^tSnjerfc   oon  $Ianf,    ^e\>pc,   Saufen. 

anbere  einft^logcnbe  ©Triften  finb  an  ben  betr.  Crten  oerjeic^nct. 

Xilemann  §e^l^ufen,  ber  ftreitbarfte  unter  ben  SSerfed^tern  bc«  ftrengen  Sutl^ertum« 
im  nad^reformatorifd^en  3^'^^""^/  ^^rbe  am  3.  9?ot)ember  1527   ju  9iieber^aBe|eI   im 

85  §>erjogtum  Gleöe  geboren.  3lte  ©o^n  lool^I^abenbcr  ßltem  gum  Äaufmannöftanbe  bc= 
ftimmt,  gog  er  bie  Ideologie  toor  unb  begab  fid^  nac^  Söittenberg,  h)o  er  5KcIand^t^on« 
©d[|üler,  greunb  unb  lifd^genoffe  lourbc.  SBä^rcnb  be«  3*^^^"^^  ^^^\^^  ^  ^^^  3luölanb. 
3n  Drforb  ^örte  er  5ß.  aJlart^r,  in  5ßarig  feffelte  i^n  Satable.  5Rac^  SBittenberg  gurüdE= 
gefel^W^,  tourbe  er  1550  5Kagifter  unb  la«  juerft  über  aigricola«  S^o^if  unb  über  ^H^etorit, 

40  f J)äter,  al«  bie  Unitoerfitöt  burc^  bie  5peft  nac^  2iorgau  berfd^Iagen  toorben  h)ar,  über  9)Jc= 
iand^tl^on«  loci  unb  über  neuteftamentlid^e  ©d^riften.  1553  erhielt  er  auf  jcine^  Sef^rerö 
6nH)fei^Iung  bie  ©teile  eine«  ©uj)erintenbenten  unb  5ßaftor  primarius  in  ©oölar.  (Sr 
berbeiratete  fufi  mit  2lnna  93ert^en,  ber  Xoc^ter  be«  Sürgermeifter«  feiner  SSatcrftabt.  2tm 
5.  3Jlai  1555  lourbe   er  auf  Äoften  ber  ©tabt  ®o«Iar  jum  3)oftor  ber  2:f)eoIogie  t)ro= 

45  mobiert;  ba^  ber  „Äe^er  unb  Sügengeift  Dr.  ®eprg  SKajor"  jein  ^romotor  toar,  emj^fanb 
er  fjjäter  al^  ein  fc^toere«  ber  Äird^e  gegebene^  2trgcmi^.  Gr  geno^  ieboc^  nur  furjc  3cit 
bie  ®unft  beö  9Jlagiftrat^.  ©ein  ßifer  für  Slcformation  ber  ÄoBegiatftifte  unb  ^aucn= 
Höfter  mad^tc  il;n  unbeliebt ;  fein  3^9"^^  hjiber  bie  ürd^Iic^en  Übergriffe  ber  Sürgermeifter 
unb  loiber  ba^  berbred^erifd^e  Senel^men  beö  ©o^ne«  be^  erften  Sürgermeiftcr^  erregte  ben 

60  Ijieftigften  3otn.  Slm  6.  5Kai  1556  lourben  feine  Ginfünfte  mit  SeJc^Iag  belegt.  (Sr 
tooHte  trofebem  bleiben,  liefe  fid^  aber  burd^  ÜKeland^t^on  beftimmen,  bie  ©tcKc  nicber= 
julegen.  S^^^^^f^  '^^Ö^^  ^  fi^  ^^^  SKagbeburg,  h)o  er  an  ben  (Senturicn  mitarbeitete 
unb  an  ben  äu^leid^^berfud^en  jtoijc^en  ^Keland^t^on  unb  glaciu^  eifrigen  Slntcil  nabm. 
B6)on  nad)  loenigen  SBod^en  folgte  er  einem  SRuf  nad^  SRoftod,  al«  ^rofcffor  unb  "i^^aftor 

65  ju  ©t.  S^fob,  an  ©teile  be^  toegen  ^a^iömuö  entladenen  ^oi^.  .öeinecf.  6r  fanb  bieje 
©tabt  in  ber  größten  Slufregung.  3)er  ^rebiger  ^eter  ®ggerbe^  ^atte  einen  bcftigen 
Äamjjf  begonnen  toiber  bie  Unfittc  ber  Trauungen  am  ©onntag  unb  ber  bamit  üerbun= 
benen  §o^jeit«fc^mäufe  (©onntaggföfte),  femer  gegen  bie  Beteiligung  ebangelifd^cr  (S^riftcn 


^f^^tifett  9 

an  fatl^oltfd^en  SSegräbninen  unb  btc  Sw^teJ^ung  fatf^olifd^er  "ijiaten.  ©.  ftcHtc  fid^  foglcid^ 
auf  feine  ©eite,  lüäl^renb  go^.  3)raconite^  in  nid^t  minber  heftiger  SBeife  bie  „©abbatl^ 
fned^te"  befänH)fte  („toer  ben  (Sänften  ba«  ©efeft  prebigt,  läftert  (Sott.  Xxoüt  V\d),  aWofe«, 
trotte  bic^!").  3wle^t  ejfomniuntjierte  §.  bie  beiben  Sürgemteifter,  ben  einen,  toeil  er 
t>on  i^m  5ß^rifäer  gefd^olten  lüorben  toar,  ben  anberen,  toeil  berfelbe  in  feiner  eigenen  5 
gamilie  eine  ipoil^jeit  am  ©onntag  abgehalten  l^atte.  Dbf^on  bie  jtoei  Siferer  einen  großen 
äetl  ber  Sürgerfd^aft  unb  ben  §erjog  Ulud)  für  fid^  Ratten,  tourben  pc  bennod^  bom 
9late  abgefegt,  au^elüiefen  unb  am  9.  Dftober  1557  getoaltfam  Vertrieben  (Dgl.  SBig« 
ger«,  %.  §.  unb  ^o\).  ©raconite^,  SRoftodt  1854).  3)er  iperjog  toar  barüber  fef^r  untoitttg 
unb  Verlangte  ©d^abenerfa^.  3)urd^  ein  ©treiben  vom  17.  Dftober  1557  fud^te  berSKa^io 
gifhot  bie  gan^je  ©dfjulb  auf  ba§  fanatifd^e  ©ebal^ren  ber  5ßrebiger  ju  fd^ieben.  §.  unb 
ßggerbe^  antworteten  mit  ben  fdj^redflid^ften  Slnflagen  h)iber  ben  3lat  (,,2lnth)ort  auf  ba^ 
lügenhafte  SKanbat  ber  Sürgermeifter'O-  SBä^renb  biefer  fianH)f  noc^  loberte,  erf^ielt  ^. 
bim^  2ReIan(^t^on,  ^u  bem  er  fic^  geflüd^tet  $atte,  eine  neue  böc^ft  e^renVotte  3lnfteUung. 
Äurfürft  Dtto  ßeinrid^  ernannte  i^n  nod^  im  9?ovember  biefe^  ^a\)x^  jum  erften  $ro=  16 
feffor  ber  Ideologie  ju  iQ^Mb^a,  jum  Pfarrer  an  ber  ^I.  ©eiftlirc^e  bafelbft  unb  mm 
®eneralfuj)erintenbenten  ber  $faifj.  fiier  getoann  er  aber  aud^  h)enig  greunbe.  ®en 
ÄoDegen  an  ber  UniVerfität  mad^te  er  ben  (linbrudE  eineö  ^ab-  unb  ^errfcbfüc^tigcn  SKam 
ne^,  bie  Oeiftlic^feit  Hagte  über  bie  93eVorj;ugung  von  2lu«Iänbem  unb  über  bie  SSer« 
brängung  be^  SSrenjfd^en  Äated^iömu^,  bie  Sürgerfdjaft  ärgerte  fi^  an  ben  lut^erifd^en  20 
Oebräuqen  bei  ber  Äommunion,  bie  er  einführte,  unb  nal^m  e^  übel  auf,  bafe  er  bie 
ottgemeine  ©ntrüftung  über  ba^  9}JaufoIeum  nid^t  teilte,  ba^  fic^  ber  Äurfürft  im  6^or 
ber  Äird^e  errichten  lie^.  Dtto  §einrid^  ftarb  am  12.  ^ebruar  1559  unb  nun  brad^  ber 
©treit  lo«.  3n  3:^efen,  bie  fein  ®ia!on  SBill^elm  Älebifc  Veröffentlicht  ^atte,  erfannte  §. 
ben  calviniftif^en  ©auerteig.  Sr  befämj^fte  il^n  auf^  H^öf^^  wnb  verbot  i^m  bei  ber  25 
Stbenbma^tefeier  ju  affiftieren,  menn  er  e«  bod^  verfuc^te,  fo  toürbe  er  i^m  ben  Äeld^  au^ 
ber  ^anb  reiben.  S^lM  t^at  er  i^n  in  93ann.  Äurfürft  griebrid^  III.  (vgl.  ÄIudE^o^n, 
f^ebrid^  ber  fromme,  9lörblingen  1879)  toar  bem  ftrengen  Sut^ertum  abgeneigt.  (£r 
fud^te  juerft  in  einer  j)erfönUd^cn  Sefpred^ung  bie  ©cgner  verföF^nlid^  ju  ftimmen,  bann 
verbot  er  i^nen  iai  öffentlid^e  3^"^^^  wnb  verlangte,  fie  follen  fic^  an  bie  3luguftana  ao 
(variata)  galten.  Slber  biefe  3wmutung  machte  §.  nur  um  jojomiger.  2)a  fe|tc  if^n 
ber  Äurfürft  ab  (16.  ©e})t.  1559),  inbem  er  fic^  jugleid^  an  3KeIan^t^on  toanbte  unb 
um  beffen  Urteil  bat.  5KeIand^tl^on,  ber  nod^  big  in  bie  Ie|te  3eit  n^i^  §•  freunblid^en 
Srieftved^fel  get)flegt  ^atte,  gab  bem  Äurfürften  red^t,  jtoeierlei  DJteinung  über  ba^  Slbenb« 
mai)l  fei  nid^t  ju  bulben  (1.  9?oV.  1559.  C.  R.  IX,  960),  unb  legte  feinem  ©rief  ein  35 
furjeö  ®utad^ten  bei,  in  Iveld^em  er  bie  3lnfid^t  ate  abgöttifd^  vertoarf  ate  fei  ber  Seib 
ß^fti  im  Stbenbmal^föbrot  toirflic^  enthalten.  9?un  brac^  $.  VöUig  mit  ber  milbern  Slid^« 
tung.  6r  fc^tieb  „toiber  bie  ejjifureijd^e  Seigre  (Salvinö  unb  3*^i"9li^"  ^^^  2B^f  ^ 
praesenüa  corporis  Christi  in  Coena  Domini,  Voll  heftiger  3luiJfäUe  gegen  feinen 
früheren  gteunb  unb  Se^rer.    3)ag  S3uc^  tourbe  in  ber  ^falj  verboten.  40 

®Iei^  barauf  tvurbe  §.  in  einen  anberen  nod^  heftigeren  ©treit  über  baö  Slbenb« 
mal^I  Vertoirfelt.  ^n  SJremen  trug  D.  3ltbert  §arbenberg,  ^rebiger  am  3)om,  bel^utfam 
ben  ^^ili}3))i«mu3  Vor.  1556  batte  ^ol^.  limann  il^n  in  feinem  Farrago  förmlid^  be^ 
21bfattg  bejid^tigt.  3)a§  3)om!ai)iteI,  baö  auf  ^arbenbergö  ©eitc  ftanb,  unterbreitete  ben 
Streit  ber  SBittenberger  j?afultät.  35ieje  entfd^ieb  gegen  Simann:  bie  gormel  93rot  unb  46 
SJein  ift  ber  tvejentlid^e  Seib  unb  ba^  Slut  be^  §erni  fei  ate  Steuerung  j\u  Verwerfen. 
3^imann  tvar  tvä^renb  bem  Äam))f  geftorben,  bie  ©eiftlid^feit  \al}  ftd^  nac^  einem  iJ^eo* 
logen  um,  ber  im  ftanbe  toäre  gegen  öorbcnberg  bie  %af^m  beö  Sutl^ertum^  l^od}  gu 
Balten,  auf  ben  SRat  be«  Sraunfc^toeiger  ©uj^erintenbenten  '3)JörIin  berief  fie  .s;-).,  ber  nid^t« 
33efiere«  begel^rte,  al«  „mit  bem  leufefebuben  cf^arbenberg  unb  feinem  ©elic^ter"  ben  Äamj)f  so 
aufzunehmen.  3KeIand^t^on  ^atte  §arbenberg  Vor  biefem  ®egncr  getoamt  unb  il^m  i^or^ 
fic^t  anbefohlen  (oro  ut  multa  dissimules,  CR  VIII,  736).  Um  il^n  blo^jufteUen, 
veranlagtet.  benSlat,  eine  öffentliche 2)i«^)utation  anjuberaumen.  S)iefe  foUte  amlO.ÜRai 
ftottfinben.  §.  toar  mit  brei  ©efinnung^enoffen  auf  bem  ^lan.  §arbenberg  erfc^ien 
jebod(^  nid^t,  ba«  3)omIa))itel  ^atte  e^  i^m  verboten.  3)er  eble  Sürgenneifter  3)aniel  Von  66 
Suren  Verteibigte  i^n  nid^t  ol^ne  (äefd^id  (Vgl.  über  Joarbenberg  :öb.  VII  ©.108  unb  bie 
biogra})]^!.  SSäerle  Von  ©d^toerfenbid,  (Smben  1859,  unb  Von93.©picgel,  33remen  1 869.  JJerner 
ÄotJ^Iänber,  3)aniel  von  33üren  unb  bie  ^arbenbergifd^en  Sleltgion^änbel,  ©öttingen  1893). 

3)a  vorläufig  ^arbenberg  nod^  in  feiner  ©tcBung  blieb,  nal;m  .<q.  bie  ^Berufung  be« 
$orftanb«8  ber  3ol^nne«firc^e   in  aWagbeburg  jum  5Ra^folger  beiS  nad^  furjer  Sffiirffam^  eo 


10  ^e^ttfeti 

feit  mit  Xobc  abßcgangcncrt  ©arcctiu^  an  unb  trat  anfangt  1560  in  bic^  fein  toierteö 
ämt.  3Son  SKagbeburg  a\i^  fe^te  er  junäc^ft  ben  ÄanH)f  gegen  ben  ,,9lottengeift  ^u 
Sremcn"  fort,  ber  ben  2)om  ju  Sremen  in  eine  SKorbgrube  üertpanbclt  f^obe.  6r  iuo^ntc 
im  ^bruar  1561  bem  Kreistag  ju  Sraunfc^h)etg  bei  unb  erlebte  ben  Xriumpl^,  ba$  fein 
6  SBiberfad^er  afö  turbator  be^  gemeinen  ^iebeng  abgefegt  unb  bc^  Sanbe^  berh)iefcn 
lüurbe.  ferner  fc^rieb  er  gegen  SJlelancbt^onö  ©utad^ten  (responsio  ad  praejudicium 
Ph.  M.),  toerteibigte  feine  Schrift  über  bie  Slealpräfen^  gegen  (Safoin«,  Se^ag,  Soquimg 
unb  Älebi^enö  Singriffe  (defensio  verae  confessionis)  unb  erliefe  gegen  Strigel  bic 
©d^rift  de  servo  arbitrio  (1562).   Seine  ftrengen  älnfid^ten  über  Äird^cnjud^t  enth)i(fclt 

lobieSc^rift:  aSon3lmt  unb®eh)alt  ber  ^Pfarrl^erren  (1561,  neu  I^erau^gcgeben  bongriebrid^ 
äuguft  ©d^ü^,  2ei}35ig  1854).  1557  \)ati^  bie  ftäbtifd^e  »e^örbe  bem  fatbolifd^en  ©tift«^ 
Heru^  gu  SBoImirftebt  üertraggmäfeig  S^ulbung  unb  ungeftörten  Seft^  ber  ©üter  jugcfagt. 
§.  \ai)  barin  eine  und^riftlid^e  5iad^giebigfeit.  3luf  bem  im  ^nl\  1561  ju  Süneburg  ab^ 
gel^altenen  Äonöente  ^atte  jtpar  §.  bem   ftrengen  Sutbcrtum  j^um  ©iege  ber^olfen,   aber 

16  ber  nieberfäd^fifd^e  Äreiötag,  ber  im  Stnfc^Iufe  an  ben  Äonbent  gelf^alten  njurbc,  na^m  bic 
Sefd^Iüffe  be^felben  nur  an,  inbem  er  jugleid^  ben  ^Prebigem  ba^  gegenfeitige  SJerbammen 
unlerfagte.  ^nbeffen  \vax  3oi^.  SBiganb,  Don  ©trigel  auö  gcna  bertrieben,  naö)  SKagbc? 
bürg  gefommen.  §.  tooUte  i^m  eine  SlnfteUung  an  ber  Ulric^^firc^e  ijerfd^affen  unb  fud^tc 
Ml  biefem  R\V(ti(t  ben  ^Prebigcr  Sebaftian  SBemer  gu  bertreiben.    3)ag  liefeen  fic^  iebod[)  bic 

ao  äSürgcrmeiftcr  nic^t  gefallen.  $.  bdfd^ulbigtc  fte,  bafe  fie  au^  gcinbfc^aft  gegen  bie  reine 
Seigre  h)iber  i^n  feien  unb  fprad;  i^nen  ba^  Siedet  ab,  ficb  in  bie  Slngelegenheit  etnju- 
mifd^en.  ©g  fam  ^u  einem  ©trafeentumult.  2)er  dlat  liefe  einige  äTnbängcr  be^  .s5.  ein= 
fj)erren.  ^afür  ii^urbe  er  bon  |).  in  ben  Sann  getrau.  3lun  überfanbte  ber  ßrjbifcbof 
©iegmunb  ba^  Süncburger  Äreii^manbat.    §.  bertoeigerte   i^m   ben  ©cborfam.    2)arauf 

26  berbot  i^m  ber  'Slat  ba^  ^rebigen.  §.  unterwarf  [\d}  fdjeinbar,  aber  an  feiner  ©teßc 
betrat  ber  Äa^jlan  Sartl^ol.  ©trete  bie  Äanjel  unb  fprad^  fomo^I  über  ben  diät  atö  über 
bie  ©eiftlid^feit  ber  Äirc^e  ben  grofeen  93ann  an^,  toobei  e^  gefd&a^,  bafe  einer  ber  ge= 
bannten  ^^Jfarrer  mit  bem  3Keffer  auf  ben  ÄaJ)Ian  guf))rang.  9iun  tourben  foloobl  .n.  al^ 
©trele  ber  ©tabt  bcrn^iefen.    .s>.  erllärte,  er  fcbe  ben  9{at  nic^t  mehr  aU  d^riftlid;c  Obrtcj^ 

80  feit  an  unb  toerbe  feine  ^farrfinber  nic^t  berlaffen.  3Da  betrat  in  ber  9Jad;t  bom  21.Df= 
tober  1562  ber  SDlarftmeifter  mit  30—40  behjaffneten  bürgern  ben  ^^.^fanf^of,  ioäl^renb 
500  anbere  bie  anliegenben  ©trafeen  befe^t  hielten.  §.  iourbe  mit  feinem  ^crfjfcblüangem 
SBeibe  um  8  Ubr  morgend  getoaltfam  ergriffen  unb  bor  bie  ©tabt  gcfefet. 

^.  fanb  junäc^ft   in  feiner  SJaterftabt  SBefet  3wf' w^^-    ®^^^  '^^^^^  f^^^^   M^   V^^ 

86  an  ber  ^eft.  2)er  SRat  bon  3Kagbeburg  (iefe  bereite  am  28.  Dftober  eine  Sd^rift  auö= 
ge^en,  in  mefd^er  er  fein  33orgeben  gegen  ö.  gu  redjtfertigen  fucbtc.  fy.  toiberlegte  fic 
(9loth)enbige  (?ntfd^ulbigung  unb  grünblid^e  58eranttoortung  loiber  ben  crbicbtcten  Seri(^t 
beö  9lat^  bon  9R.),  h)orauf  ber  9tat  lieber  antnjortete.  ^^  irurben  nod)  biele  ©d^riften 
in  biefer  3lngelegenbeit  geh)ec^felt.    3"  3Kagbeburg   mufete,   Ujcr  jur  33eid^te  ioolltc,  bie 

40  SJertreibung  beö  §.  gutF^eifeen,  fo  bafe  mandbe  jal^relang  nic^t  mehr  jum  Slbenbmabl 
gingen.  §.  benü^te  femer  bie  unfreihjiHige  9!JJufee  in  Söefel,  um  gegen  ^)iDm  unb  bic 
tribentinif^en  Sef^Iüffe  ju  fd^reiben  (bon  bem  Unterfc^icb  jtoifAen  ber  ioa^ren  tatholtfc^en 
fiel^re  ber  Äird^e  unb  ben  ^i^T^in^i^n  ^^  ^o^iftcn  1564).  Slüein  ber  Ä^cr,^og  bon  ^i^iiixd) 
na^m  bie  Sejeid^nung  be^  ^ajjfte«  afe  be^  Slntic^rift^  ungnäbig   auf  unb  brang   in  ben 

46  9lat,  bafe  er  §.  entferne.  2)er  9lat  j^ögerte  um  fo  ioeniger,  aU  fid&  K}.  burcb  fein  fd)roffc€J 
35enef^men  gegen  bie  Sieformierten  mifeliebig  gemact»t  hattt  unb  fo  trat  §.  jum  fimften= 
mal  in^  (gjilium,  mit  3urüdfaffung  feiner  kinber,  bie  er  ber  rauben  ^abree^cit  toegen 
nid^t  mitnef^men  fonnte.  9?on  Jytanffurt  a.  3)1  lüanbte  er  fid)  am  1 6.  2)c,^cmber  brieflid; 
an  Tlaxbaä),  ben  l^orfi^enben  be^  Äirc^enfonbcntö  ju  ©trafeburg,  mit  ber  Öitte,  ibm  ju 

60  einer  ainftettung  in  ©trafeburg  be^ilflid)  ^u  fein  ober  ibm  h)enigftenö  bie  (rrlaubni^  ju 
crtoirfen  ftc^  in  ©trafeburg  aufguF^alten  unb  mit  bem  i^erfj)redben  concordiae  studebo. 
%xo^  ber  toannen  ^ürfprad^e  ber  ©trafeburger  2F^eologen,  loollte  ber  ^Hat  bon  .s>.  nid>t!g 
tbiffen.  .?).  fam  anfange  1565  perfönlid^  nacb  ©trafeburg  unb  fu*tc  mit  JH^tcucning  fetner 
Unfd^u(b  ben  Slat  günftiger  ju  ftimmen.    SDod^   Wax   awd)   biefer  ©cl)ntt   crfolglo^g,   bic 

66  ©trafeburger  Se^örben  hattm  ibm  fein  Senebmen  in  9Jiagbcburg  ^u  übel  bcrmerft.  ^^n 
^anffurt,  Ibol^in  er  jurüdfebrte,  brobte  man  ibm  ebenfalls  mit  Sluetoeifung.  i^luiS  bicjer 
traurigen  Sage  errettete  if?n  ber  ^fal)\graf  SBolfgang  bon  gtoeibrüdcn,  inbcm  er  ibn  im 
5Kai  1565  burd^  ben  Sanbbogt  SJoIf  bon  Söteri^  ,^um  Mof^rebiger  in  Nienburg  berufen 
liefe.    §.  ^olte  nun  feine  Äinber  unb  fu^r  mit  il;nen  rl^einauftoärt«^  nad;  ber  neuen,  ibm 

60  fo  unbermutet  eröffneten  SBirfungeftätte.    .^ier  Iburbe  er  aU  35erfolgter  um  Gbrifti  tuillen 


mit  örofeen  gieren  aufgeitoinmcn.  6r  bcrd^clid^te  fid^  jum  jtocitenmalc  mit  ber  3:o(^tcr 
be^  bamaUßcn  ®eraer  ©uj)erintenbciiten  ©imon  3Kufäu«  (4.  j?cbruar  1566).  3)er  ^fol^- 
9raf  crtüie«  i^m  ba«  SScrtrauen,  i^n  im  3Kai  1566  auf  bcn  Stcid^^tag  ju  Slugöburg  mit^ 
^unc^mcn.  3)er  ^olcmi!  f^eint  er  fid;  cntl^altcn  ju  ^aben.  gür  feinen  Seiben^enoffen 
^laciu^  öertvanbte  er  fid^  in  gena,  äußerte  aber  balb  barauf  fein  9Jli^faUen  an  beffen  6 
fie^rc  bon  ber  6ünbe.  3lm  11.  ^uni  1569  ftarb  ber  ^faljgraf  in  granfreic^.  a)amit 
tüurbc  bie  ©teflung  §.«  in  Nienburg  unftc^er.  ßubem  febnte  er  fid^  nac^  alabemifc^er 
3:^äti9leit.  ©o  mar  e^  i^m  lüiBIommen,  bafe  ber  9luf,  ben  er  für  %lac\\x^  erbeten  \^aii^, 
i^m  5U  teil  tourbe.  3lm  10.  Dftober  1569  ernannte  i^n  ^erjog  ^of)am  SBil^elm  jum 
^rofeffor  in  Qena,  mit  ber  f))ejiellen  Aufgabe,  bag  Sanb  bem  Sutl^ertum  jurücfjuerobem.  lo 
5ölit  feinen  Äotiegen  3Biganb  unb  ßöleftin  unterwarf  er  bie  Dom  ©^"^^0^^*"^^  angeftedtc 
©eiftUd^feit  2;i^üringeng  einer  ftrengen  SJifitation,  atö  beren  grud^t  er  f}3äter  (9iot)ember 
1570)  bo^  Examen  theologicum  beriJffentUd^te,  ba^  aBcrl  unfcre«  ^^^eologen,  baö  am 
^öupgften  toieberaufgelegt  h)urbe.  (S^arafteriftifd^  für  ben  Slbftanb  biefer  Drt^obojie  bon 
bem  ©lauben  Sut^er^  ift  bie  2)efinition  ber  Äird^e:  coetus  visibilis  hominum  com-  i6 
plectentium  salutarem  filii  Dei  doctrinam  et  utentium  sacramentis.  211^  Äenn^ 
^eicben  ber  toa^ren  (fic^tbaren  Hird^e)  erfd^eint  neben  SBort  unb  ©aframent  ber  ©el^orfam 
gegen  baö  ämt.  2lu^  ^ier  toirb  ba^  ßjfommunifation^red^t  ber  ©eiftlic^feit  unb  bie 
5ßf(ic^t  berDbrigfeit  bie  reine  Se^re  ju  ftü^en  ftar!  betont.  1572  enttoidfelte  er  biefe  ®e* 
banfen  ipeiter  in  De  vera  ecclesia  et  ejus  autoritate  11.  II  mit  burd^gängiger  Se-  ao 
rufung  auf  Äird^enböter  unb  Äonjilien.  ^m  gebruar  1570  fam  ^atob  3lnbreä  nad^ 
Jöeimar,  um  ben  §erjog  für  bie  Äonforbia  ju  gewinnen.  Sllfobalb  trat  §.  in  ber  ©c^Io^^ 
fa))elle  gegen  biejenigen  auf,  bie  einen  falfd^en  Rieben  fud^en  unb  baö  Äreuj  Gbrifti  toers 
fc^mä^en.  Stnbreä  befd^irerte  [\d)  beim  öcrpg,  inbem  er  fid;  auf  feine  l^of^en  ®önner, 
ben  fiianbgraf  i)on  §effen  unb  ben  C'^erjog  toon  Sraunfd^meig,  berief.  S)er  ßrfolg  biefe«  26 
©c^ritte^  lüar,  ba^  fd^on  am  folgenben  35ien«tag  lo-  nod^  toiel  beutlic^er  gegen  bie  Slänner 
lo^^og,  bie  ß^riftu^  unb  35elial  bereinigen  h)oUen.  2)arauf^in  bielt  e^  3tnbreä  für  an« 
gezeigt,  SBeimar  ju  berlafjen.  S)er  .<oerjog  entliefe  i^n  jiemlic^  furj.  2)er  Sanbgraf  bon 
|)efjen  mad^te  noc^  einen  3Serfuc^.  Slber  je^t  ftefitc  fid^  Der  .^er^og  ganj  auf  feiten  be« 
ö.  unb  lüoUte  and)  bann  nic^t^  bom  Union^toer!  lüiffen,  ate  ber  Äurfürft  bon  ©ad^fen  ao 
mit  SSJaffengetoalt  bro^te.  3loi)  fc^rieb  $.  gegen  ben  2lbiaj)^ori^muö  unb  e))ifureiömu§ 
ber  Unionömänner  feine  ©d^rift:  3Som  Sefenntniö  be^  9Jamen«  Q^fu,  1571.  ÜRe^rerc 
2!raftate  fmb  gegen  ben  1570  erfc^ienenen  2i5ittenberger  Äated^i^mus^  unb  gegen  ben  S)re^s 
bener  Äonfenfu^  gerichtet.  ©egen^Hom  ftreitet  bie  Sluölegung  be^  19.  ^falmö  (1571)  unb 
bie  ©<^rift  De  600  erroribus  pontific.  ecclesiae  1572.  ©eine  §auj)tftreid^e  fielen  86 
jebod^  auf  feinen  früheren  ^eunb  unb  ©efinnung^genoffen  glaciu^  unb  beffen  Seigre  bon 
ber  ©ubftantialität  ber  ©ünbe.  2(1«  Söiganb  unb  5Rörlin  gegen  biefen  lo^brad^en,  ber= 
öffentlid^te  er  feine  Analysis  argumentorum  Flaeii  1571,  bie  er  bi«  je^t  nur  ^anb« 
fc^riftlic^  berbreitet  J^atte.  Sluf  be^g  ^laciuö'  „Äurje«  Scfenntni«"  antlüortet  er  2lpril  1571 
mit  einem  energifd^en  „©egenberid^t  bon  ber  ©rbjünbe  toibcr  ^laciu«".  S)er  Orthodoxa  io 
confessio  be«  ^^laciu«  fteHt  er  im  2luguft  bie  Clara  et  perspicua  testimonia  Augu- 
stini entgegen,  für  bie  er  fj)äter  eine  Defensio  erfd;einen  liefe.  2lm  umfangreid^ften  unb 
f(^rfften  ift  ba«  Antidotum  contra  P'l.  dogma  1572,  1576,  am  em^jfinbli^^ften  für 
^laciu«  bie  „3^"9»iff^  Sut^erö,  bafe  bie  ßrbfünbe  nic^t  fei  ba«  SBejen  be«  SDJenfd^en" 
(bgl.  $reger,  §laciu«  SK^ricu«  II,  329  ff.).  « 

2lber  biefe«  fröl^li^e  ^olemifieren  unb  2lnatbematifieren  nabm  ein  jähe«  ßnbe.  3lm 
3.  3Märj  1573  ftarb  go^ann  SBil^elm  mit  §interlaffung  unmünbiger  ©ö^ne.  Äurfürft 
2tuguft  übernahm  ate  23ormunb  bie  3Serh)aItung  be^g  fiänbe«  unb  i)attc  felbftberftänblid^ 
nid^t«  Giligere«  ju  t^un  a(«  ^.  unbffiiganb,  fotoie  an  ^unbert  ©ciftlic^e  unb  2^l^eoIogen 
auöälmt  unb  2anb  ju  bertreiben.  §.  unb  2Biganb  rid^tetcn  il;re©d)ritte  junäd^ft  nad^  Ummen-  50 
borf  m  i^rem  greunbe  3lnbrea«  bon  3)lcienborf  unb  bon  ba  nac|  Sraunfd^meig,  h)0  G^em* 
ni§  i^nen  3"P"c^^  ^^^'  '^^^  eröffneten  fic^  ben  beiben  ©julanten  glänjenbe  3lu«fid()ten. 
2)a«  2lmt  eine«  Sifd^of«  bon  ©amlanb  njar  fd^on  feit  23.  SDJai  1571  burc^  bcn  SCob 
bon  ÜJlörlin  bafant.  3RörUn  ^atte  auf  bem  2;otenbett  ,<^.  af«  9Jacbfolger  em))fo^len,  aber 
bamate  ^atte  ber  .^enog  biefen  nic^t  jieF^en  laffcn.  ^e^t  hjutbe  ibm  bie  fürftli($  botiertc  66 
unb  etnflufereid^e  ©teuung  auf«  neue  angeboten  unb  er  griff  mit  beiben  .N>änben  ju.  ^ür 
9Biganb  fanb  fid^  bie  erfte  tl^eologifc^e  ^JJrofcffur  in  Hönig^berg.  51m  7.  Quii  crt^ielt  .§. 
bie  Sofotion,  fünf  Söod^en  barauf  bie  üBeftallung  unb  am  21.  ©eptember  Ujurbe  er  im 
Äönig«berger  3)om  mit  grofeem  ©e^jränge  jum  i^ifd^of  geioci^t.  2(m  10.9?obembcr  folgte 
i(^m  2öiganb  nad^.   3luf  biefer  ^o^en  ffiäartc  !onnte  §.  beffer  al«  je  feinem  Seruf  al«  oq 


12  ^ePtifctt 

^ionölüäd^tcr  obliegen.  I)er  ,§of  twar  i^m  ergeben,  in  ber  Äird^e  ^errfc^te  Sel^rreinl^eit. 
Sin  äbelifler,  griebrii  bon  äfulacf,  ber  fid^  jur  Ißel^re  ßatoin^  befannte,  lüurbe  in  ben 
Sann  get^an,  bie  böpmifd^en  Srüber  an^  bem  Sanbe  üertoiefen.  ^lu«  ber  ^Jeme  untere 
ftü^te  ^.  bie  §erjogin=2Bitn)e  in  ihrer  Slenitenj   gegen  ben  Äurfürften.     SBiber  bie  ber= 

6  ^ngnidöoHe  Exegesis  perspicua  fd^rieb  er  1574  feine  Assertio  testamenti  Christi, 
ßl^entnife  gab  pc^  grofee  9Kü^e,  i^n  für  ba«  fionforbienlüerl  ju  gewinnen,  ßernog  Sllbert 
griebriq  forberte  SBiganb  unb  i^n  gu  einem  ©utad^ten  über  ba«  Xorgauif(|e  S5uc^  auf. 
am  12.  ©e<)tember  1576  erlldrte  er  fic^  im  allgemeinen  mit  bem  SBeri  lufrieben  (er 
bema^m  au^  i^m,   lüie  er  gegen  ß^emni^  ftd^  äußerte,  Sut^er«  unb  ber  Sirene  ©timme), 

10  ober  Slnbreä  unb  feine  ©enoffen  müßten  juerft  Äird^enbu^e  if)un  toegen  i^rem  früheren  un= 
lauteren  SSerfal^ren  unb  toegen  i^rem  greulid^en  Säftem  auf  fromme  unb  eifrige  Se^rer 
(änbreä  l^atte  be«  §.  3Sorge^en  gegen  ben  ©^nergi^mu^  mißbilligt),  ^ann  müßten  bie 
SSerfedJ^ter  falfc^er  Se^re  mit  9Zamen  genannt  unb  in^befonbere  SKelanc^t^on,  burc|  beffen 
©driften  immer  nod^  bie  t^eologifd^e  ^ugenb  vergiftet  toerbe,  Aar  unb  beftimmt  ate  ^vx- 

16  klarer  bejieid^net  toerben.  3»"  allgemeinen  ließ  i^n  iebod^  bie  Angelegenheit  fü^l.  ^ier 
nun  in  Äönig^berg  traf  iJ^n  ba^  ©d^idffal,  baß  il^m  mit  bem  ÜRaße  gemeffen  tourbe, 
mit  bem  er  gemeffen  ^atte.  3n  feiner  assertio  f^atte  er  ben  ©a$  aufgefteUt:  Non 
tantum  in  concreto  recte  dicitur:  Chr.  est  omnipotens,  vivificus,  adorandus, 
sed  etiam  in  abstracto  recte  dicitur:  humanitas  Christi  est  omnipotens,  vivi« 

30  fica,  adoranda.  3)er  ©ebanfe  i)attt  xf)n,  toie  auö  feinem  Srieftoed^fel  mit  Gl^emni^  er« 
^eUt,  fc^on  lange  befd^äftigt  unb  f oHte  ein  ©d^ad^jug  fein  gegen  bie  catoinifd^e  Self^re.  SJatür^ 
lid^  berftanb  il^n  §.  nid(it  fo  afö  toürben  baburc^  ber  menfrf)lid^en  9?atur  toirflid^  göttlid^c 
©igenfdpaften  beigelegt;  bie  9Jleinung  toar  nur,  man  fönne  auf  ®runb  ber  ©in^eit  ber 
jtoei  SJaturen   bie  gleite  SRebetoeife  fo  gut  gebraud^en  toie  bie  erfte.    ßinige  ))reußif(^c 

26  (Seiftlid^e,  an  ber  ©J)i^e  3Korgenftem,  griffen  ba^  auf  unb  beuteten  baö  in  abstracto 
fo,  al«  loäre  bie  menfd^Iid^e  9?atur,  nac^  §.^  9Jleinung,  ani)  lo^gelöft  t)on  ber  göttlichen 
SRatur,  göttlic^.    ?lJlit  berfelben  unbarmherzigen  Äonfequenjmad^erei,  mit  ber  §.  einft  bem 

Elaciu«  bie  Se^re  unterfd^ob,  ber  3^eufel  fei  ©d)öj)fer  loie  ©ott,  bebaujjtete  man  ie|t,  §. 
j^re  jtoei   aHmäd^tige  göttlid^e  SBefen.    2)a^  fc^Iimmfte  unb   unbegreiflid^fte  loar,   baß 

»fein  frül^erer  Äamjjf-  unb  Seiben^enoffe  SBiganb,  ber  injtoifd^en,  nad^  ©.  33enetu§'  3:ob, 
35ifd^of  toon  ^omefanien  geworben  toar,  unb  ber  tüiffen  mußte,  toie  §.  ben  ©a|  berftanb, 
fid^  an  bie  ©J)i$e  ber  Setoegung  fe^te.  SQäar  er  neibifd^  auf  bie  böigere  ©teHung  be« 
§.  ober  groHte  er  i^m,  toeit  berfelbe  bie  ©teile  eine^  Sifc^of«  bon  •ijjomefanien  juerft 
feinem  ©^toiegertoater  gugebad^t  ^attt,  ober  toar  i^m  über  ben  Äamj)f  um  ©j)i^finbig= 

86  feiten  jebeg  menfd^Iid^e  ©efübl  vergangen,  h)ie  bem  aud^  fei,  ffiiganb  berfammelte  am 
16.  S^^war  1577  eine  Heine  3lma^I  bon  2^l^eoIogen  unb  ©eiftlid^en,  bie  bie  angefül^rtc 
93el^aul)tung  berbammten,  unb  afö  §.  ben  ©a|  nid^t  ate  falfc^,  fonbcm  nur  afe  miß= 
berftänblid^  jurüdfuel^en  lootlte,  enthob  ij^n  ber  «t^erjog  o^ne  toeiterc^  feiner  ©teflung  am 
27. 3lJ)riI  1577.   SBiganb  lourbe  Slbminiftrator  toon  ©amianb  unb  l^atte  mit  ben  ^^eunben 

40  be«  §.  ein  leichte«  ©J)iel. 

Der  Sanbtoeg  über  $oIen  toar  burc^  ben  Ärieg  bertüe^rt,  fo  jog  ö.  mit  ffieib  unb 
Äinb  auf  ftürmif^er  ©ee  nad^  Sübedf.  SQäieberum  toar  e^  Gi^emni^,  ber  ibm  gu  einer 
©teHung,  feiner  ad^ten  unb  legten,  DerMf-  «O^jog  3"^"^  ernannte  ihn  ^juin  gtoeiten 
^Profeffor  primarius  an   ber  neugegrünbeten  .^elmftebter  Uniberfttät.    ^ier  fubr  er  fort, 

^  P^  0^0^  f^i"^  J)reußifc^en  Serfe^erer  ju  bertoal^ren  (33e!enntni^  bon  ber  })erfönüd^en  äSer^ 
einigung  beiber  9Jaturen,  1580)  unb  günftige  t^eologifc^e  3^fwren  ju  beranlaffen.  ^m 
aSerein  mit  ben  Äurfürften  toon  ©ad^fen  unb  Sranbenburg  betraute  §erjog  '^xdm^  bie 
ju  §erjberg  öerfammeften  If^eologen  mit  ber  Slngelegenbeit.  3)iefe,  2lnbreä  an  ber  ©pi^e, 
gaben  am  25. 3luguft  1578  SQäiganb  unred^t  unb  beurteilten  ben  ©treit  aU  ein  unnötige^, 

60  ärgerlid^eg  SBortge^änfe.  3^0'^^^^  emj)fal^len  fie  bie  ©infü^rung  ber  ħ.  in  "JJrcußen, 
bie  Slbfd^affung  ber  bifAöfüc^en  3Bürbc,  bie  einem  einzelnen  ^u  biel  9)lad)t  berleihen,  bie 
©rfe^ung  berfelben  burdp  Äonfiftorien,  einer  Sei^örbe,  toeld^e  nid^t  megen  jcber  Alteinigleit 
,,einen  großen  Äeffel  überbängt",  unb  bießinfül^rung  „lateinifc^er  öifd^öfe",  b.  ^.  t>on  ©u^er^ 
intenbenten.   3luf  ©runb  biefeö  l^umortjollen  ®uta^ten<S  lüurben  bie  preußifd^cn  ©ciftlid^en 

66  auf  bie  ÄJ.  t)ert)Pic^tet ;  bie  Siötümer  tourben  jebod^  erft  nac^  ffiiganb^  ^obe  (1578) 
aufgehoben,  älud^  in  Sraunfc^meig  lourbe  bie  Äg.  eingefül^rt  unb  e^  ift  tooW  bem  günftigen 
Urteitöf}3rud^  2lnbreäg  unb  beffen  ©enoffen  ju  öerbanlen,  baß  §.  biefelbe  corde,  ore  et  manu 
unterfc^rieb,  afö  ein  cbriftlid^,  tapfer,  l^errlic^  unb  nü^Ii^  Öucb,  für  ba^  man  ©ott  nid^t 
genug  banfen  fönne.    Salb  barauf  h)urbe  bem  §ergog   ein  mit  .^eßbufen«  5?amen  untere 

60  jeic^eter  Srief  jugefanbt  tooH  heftiger  Slu^föüe  gegen  3lnbreä  unb  baö  Äonforbtenbud[^. 


^,  crHärtc  bo^  ©{^reiben  für  eine  gälfd^uitö,  afö  beten  Urheber  er  bie  ßafeiniftcn  ber« 
mutete,  benn  ,,bie  ßalDiniften  fmb  nid^t  aUein  treulos  unb  betrüglic^,  fonbem  bie  golfd^ 
l^ieit,  Untreue  unb  Setrug  felbft"  (Sefenntni^  Don  ber  Äg.  iriber  ba«  gottloje  unb  läfter- 
lid^e  ©ebid^t  be«  falfd^en  ©riefe«,  1578).  3llö  jeboc^  bie  Äg.  gebrucft  erfc^ien,  toerglid^en 
Ö.  unb  fein  Äoüeflc  2)an.  §ojfniann  forgfältig  ba«  eingefanbte  ©jeni^jlar  mit  bem  ge*  6 
f^ricbenen  ^^ejte  unb  fanben  eine  ganje  3Kengc  Slbtoeic^ungen,  über  bie  fie  ftd^  bei  ß^emni^ 
befc^tüerten  (23.  Dftober  1580).  ?lJlit  ben  erüärungen,  bie  ß^emni^  gab,  toaren  fie 
lüenig  jufrieben.  Slfe  e«  fic^  borum  ^anbelte,  bie  Äg.  gegen  bie  reformierten  3lngriffe  )u 
öerteibigen,  loar  ß.  untüittig  barüber,  ba^  bie  bamit  betrauten  Xl^eologen  (ß^emnä, 
©eineder  unb  Äir^ner)  i^n  nid^t  gteid^  anfangt  l^eranjogen.  Sluc^  ber  §er^og  toar  mifes  lo 
ftimmt.  er  l^attc  boig  Unglaubliche  begangen,  einen  feiner  6ö^ne  nad^  römifc^em  9titu« 
gum  Sifc^of  öon  ^alberftabt  toeil^en  ju  laffen  (5.  ©ejember  1578),  unb  bamit  grofee 
©ntrüftung  erregt;  bie  gwrften  toanbten  [xd)  öon  i^m  ab;  bie  ©eiftlid^feit,  ß^emni^  an 
ber  ©J)i|e,  eiferten  gegen  i^n,  nur  §.  fd^toieg  unb  geirann  fo  an  (Sunft,  toa«  G^emni^ 
unb  ba«  Äonforbientoerl  Derlor.  2lfö  im  ©ommer  1582  bie  brei  genannten  3:^eoIogen  i5 
mit  bem  „(Srfurter  Suc^"  na(^  Sraunjc^toeig  famen  unb  pd^  an  §.  h)anbten,  ba^  biefer 
mit  il^nen  eine  le^te  SRetoifion  beßfelben  öomel^me,  fd^ricb  i^nen  ber|)erjog,  ^.  fönne  toegen 
£eibeigfd[)h)äd^e  tixqt  erfd^einen  (aüerbingg  i}atU  ^  jiüei  S^^re  Dörfer  einen  93einbruc6 
erlitten,  t)on  beffen  golgen  er  fid^  nie  erl^olte).  ^k  ^^^eologen  erflärten  fid^  bereit,  fid^ 
nac^  ^elmftebt  gu  begeben  unb  ba«  SBerf  §.  borjulegen.  §.  ermiberte,  fein  Sanbe^^err  20 
Verbiete  i^m,  mit  il^nen  in  eine  ^ritoatunterrebung  einmge^en,  ber  SBunfd^  be^felben  gelj^e 
bol^in,  bafe  fid^  in  §elmftebt  eine  äln^a^l  ^er^oglic^er  xl;eologen  unb  SRäte  toerfammle  unb 
mit  ber  Slngelegenl^eit  befd^äftige,  ßl^emnife  unb  feine  ©enoffen  feien  l^erjlid^  eingelaben, 
fic^  an  biefem  Äontoente  ju  beteiligen.  2)ie  il^eologen  erfannten  barin  mit  Sle^t  eine 
a3ertDerfung  il^rer  2lrbeit  unb  toaren  fe^r  erbittert.  3luf  bem  jur  SBiebergeioinnung  be«  26 
iper^g«  Don  bem  ilurfürften  toeranftalteten  Äonüente  ju  Queblinburg  (Januar  1583)  for- 
berte  ä.  im  3Serein  mit  ben  übrigen  braunfc^h)eigifd^cn  Slbgeorbneten  eine  ©eneralf^nobe 
fämtlic|er  Untergeid^^ner  ber  St%.,  SBieber^erftellung  be«  urf))rünglic^en  lejte«,  namentlid^e 
SSerbammung  ber  3irrlei^rer,  föinfc^ränfung  ber  )üe^re  öon  ber  Ubiquität,  unb  ßntfemung 
„etlid^er  unbequemer  SReben  Sut^eri".  6«  tourbe  il;nen  fo  jiemlic^  alle«  jugeftanben,  tro^-  30 
bem  unterf^rieben  bie  35raunfc^lt)eiger  nur  mit  ber  ^laufel,  ba^  ber  ^erjog  feine  3"- 
ftimmung  gebe.  3)er  §erjog  geigte  ftd^  jebod^  baju  nid^t  geneigt,  unb  fo  iDurbe  bie  Si^o^ 
logie  in  feinem  Sanbe  nid^t  angenommen.  SDiit  i^r  berlor  auc^  bie  Äg.  i^r  änfe^en, 
„oblüo^l  ber  §erjog  fid^  bie  Slbfaffung  berfelben  einen  Scitrag  toon  40000  Sl^ater  ^atte 
foften  laffen".  ss 

3^ro^  june^menber  Äränllic^feit  ^örte  §.  nid^t  auf,  gegen  bie  Se^re  öon  ber  Ubiquität 
5u  fämpfen,  teil«  in  SSorlefungen,  bie  er,  ber  SÖid^tigleit  ber  Qai)^  toegen,  fogar  ©onn» 
tag«  nic^t  unterbrad^  unb  beren  3)iftate  ^anbfc^riftlid^  jirfulierten,  teil«  in  befonberen 
©Triften  (Verae  et  sacrae  Confessionis  de  praesentia  corporis  Christi  pia  de- 
fensio,  1583.  SSefenntni«  t)on  ber  J)erfönlic^en  ^Bereinigung  beiber  5laturen,  1586  u.  a.).  40 
6r  le^c,  ba^  ß^riftu«  im  Slbenbmal^l  toa^r^aftig  gegentoärtig  ift,  aber  h)eil  e«  fo  fein 
aOBiHe  fei,  nid^t  al«  toürbe  er  mit  feiner  3JJcnfc^l;eit  alle«  erfüllen.  35ie  in  ben  ßinfe^ung«^ 
toorten  gegebene  g^W^'^'^Ö  ^^  §^i^^  9cnüge,  jebe  ßrtlärung  fei  Slnma^ung.  3)en  Xü- 
bingem,  bie  bel^aupteten,  nur  toer  an  bie  Ubiquität  glaube,  betenne  toirflic^  bie  h)a^rc 
©egentoart,  fteHt  ö-  ben  ©a^  entgegen,  mit  bem  er  unbeioufet  ben  gangen  Setrieb  ber  45 
Drt^obojie  öertoarf,  bafe  e«  nid^t  geftattet  ift,  logifc^e  Schlußfolgerungen  au«  ©lauben«« 
lehren  ben  ®lauben«le^ren  felbft  gleic^juftcllen  (non  licet  ex  mysteriis  texere  con- 
sequentias  judicio  rationis  congruentes).  2)te  ßalüiniften  fallen  in  biefem  äJor« 
gelten  eine  3lnnä^erung  an  i^re  2lbenbma^l«le^rc.  S^er  reformierte  ©uperintenbent  Sffiolfs 
gang  Slmlung  gu  3^^f^  Ke|  fogar  2lu«ft)rüc^e  be«  §.  toiber  bie  Ubiquität  abbrudten.  50 
5?atürlid^  üertoa^rte  fxd)  ^.  auf«  ^öc^fte  gegen  biefe  greunbfd^aft,  ioie  er  benn  aud^  ben 
calt)iniftifc^  gefinnten  §o^rebiger  3){alfiu«  gu  einer  Jyeftung«ftrate  Verurteilen  ließ.  3)ie 
Tübinger  i^rerfeit«  toaren  gegen  §.  erbittert.  ,,6«  jft  alle«  ijergeblic^,  loa«  man  mit 
biefem  3Ranne  Vornimmt",  fd^rieb  Slnbreä,  „ber  feine«  Slrgerniffe«  ad^tet,  fonbern  mit  feinem 
^«ftarrigen  Rop^  l^inburc^fä^rt,  e«  ge^e,  loie  e«  tooHe ..."  56 

aiu«  biefen  Ääm})fen  h)urbe  §.  am  25.  ©et)tember  1588  burd^  ben  lob  abgerufen. 
3n  ber  ©te<)l^an«Iird^e  gu  ^elmftebt  ift  er  beftattet.  ßr  lj»intcrlie&  fecl[>«  5tinber.  ©einen 
©(^toiegerfol^n  Dleariu«  l^atte  er  an  Äird^ner«  ©teile  beförbcrt.  ©ein  3:eftament  (1591 
gebrudEt)  ift  nid^t  o^ne  religiöfe  SBJärme;  er  behauptet  ftet«  von  perfönlic^em  §aß  frei  ge« 
tiefen  gu  fein  unb  bereut  nur  ba«  eine,  baß  er  bie  ^ottengeifter  nic^t  noc^  entfter  geftraft  eo 


14  ^f^^ttfftt  ^ff^d^afieti 

^obc.  @^  ift  begreiflid^,  bafe  ein  fo  [trcitbarer  2;i^eoIo(^c  \m  $.  t)tel  gc^afet  h)urbc ;  man 
bcrbrc^tc  feinen  SJamen  in  Solemann  ©e(fl[^ui^.  2)ie  ^F^ili))l)iften  bel^am)teten  (C.  R. 
IX,  995),  er  ^abe  nur  um  ber  ßf^re  unb  beö  ©etüinnc^  Tillen  ber  milberen  Slid^tung 
ben  SRürfen  gefeiert ;  biefe  2lnf läge  lä^t  ftd^  jebod^  nid^t  aufredet  galten,  h)enn  man  bebenf t, 

6  h)ie  toiele  glängenbe  Stellungen  er  um  feiner  Überzeugung  lüiUen  in  bie  ©d^an^e  fd^Iug. 
6«  liegt  in  feinen  fieben  „exiliis"  unleugbar  ettoa^  ^eroifd^e^.  §art  unb  ungered^t  ift 
§cj3j)e^  Urteil:  einer  ber  h)iberh)ärtigften  lutl^erifd^en  ^^Sfaffen  feiner  3^i^/  Pol^  unb  frie« 
^erifc^,  jelotifd^  unb  h)ettem)enbifd^.  6r  irar  ber  ©o^n  einer  3cit/  bie  t>a^  reine  ®oan^ 
gelium,  toeld^e^  Sut^er  ber  G^riftenl^eit  lüiebergefd^enft  l^atte,  in  ein  ©^ftem  fd^olaftifd^cr 

10  ©ö^e  ßeibete  unb  fo  bem  ^olijeifAu^e  ber  bürgerlichen  SRegierung  emj)fa^l,  ober  bie  ben 
red(^tfertigenben  ©tauben  mit  £e^r!orreftl;eit  gleid[^ftellte  unb  biefe  mieberum  jur  Unter= 
t]^anen))flic^t  mad)k,  3)ie  ÜRafeloftgfeit  in  ber  älbtoe^r  frember  Slnftd^ten  i^attc  er  t)on 
einem  ©röteren  gelernt,  unb  bie  Äonflifte,  bie  er  au^foc^t,  toaren  oft  fein  ©d^idffal,  nid^t 
feine  ©c^ulb.    3)a6  er,  faum  toon  einer  ©teile  entfernt,  ju  einer  anberen,  oft  fe^r  e^ren= 

15  Dollen,  berufen  tourbe,  ift  ein  3^'^.^/  ^*^  ^^^  f^'"^  ffliffenfc^aft  unb  feine  praftifc^e 
%üd)t\QU\t  gefd^ö^t  tourben.  3)ie  SBeife,  tvk  er  bie  ©unft  be^  ^er^ogö  \>on  Sraunfc^toeig 
gewann  unb  gegen  baö  Äonforbienmerf  auefpielte,  unb  fein  fc^roffe^  3Ser|alten  gegen  ß^emni^, 
bem  er  fo  biel  ju  toerbanfen  ^atte,  Werfen  freilid^  ein  fc^limme^  Sic^t  auf  feinen  G^arafter. 
%ixx  feine  ^^l^eologie  ift  bejeic^nenb,  ba^  er  bie  Sibelüberfe^ung  Sut^er^  für  ein  SKer!  bc^ 

20  ^eiligen  ©eifte^  anfal^,  unb  ben  d^riftologifd^en  Sluöf^jrüc^en  ber  gried^ifd^en  3Säter  biefelbe 
95eh)eigfraft  gufc^rieb  toie  ber  ^l.  ©d^rift.  3lu^er  ben  an  ben  betreffenben  ©teilen  an« 
geführten  ©treitf^riften  ^at  .^.  nod^  Äommentare  (ju  ben  ^falmen,  ^u  ben  ))aulinifd^en 
©riefen),  fed^^Süc^er  de  justificatione  (1687)  unb  mehrere  ^rebigtfammlungen  öeröffent^ 
lid^t  (je^n  $rebigten  Don  ber  Slec^tfertigung,    ac^t  toon  ber  ©rfenntni^  ©otte^,   bier  bom 

25  Slbenbmal^l,  ^oftiHa  über  bie  gefteüangelien  u.  f.  h).).  2lte  ^rebiger  ift  er  nid^t  o^ne 
aSolfötümli^Ieit  unb  ©d^toung,  aber  o^ne  Originalität  unb  Xiefe.       D.  $ai!enff^ittibt. 

^ffqc^afitftl.  —  Sittcrotur:  S)ie  Ucbcrfic^t  über  bie  Ducflen  om  beften  üon  (S^r^arb 
bei  Ärumbacöer,  ®ef(6.  ber  339i.  Sitt.  M897.  S^arfteßungen:  ©ngcl^arbt,  2)ie  ^Irfcniancr 
unb  ^cf^cbaftcn  in  Sögcn^  8l)Xb  'ob  VIII;  Stein,  @tubien  über  bie  §cfi)d)aften  beS 
30  XIV.  Söljr^.,  Söien  1874;  ©afe,  De  CJaustris  in  monte  Atho  sitis  commentatio  historica 
(©ifjencr  UniuerfitätSprogramm)  1865;  '^t).  ^JKei)cv,  3TO  XI;  beif.,  5)ic  ^aupturfunbcn 
für  hie  ®efd)i(^te  ber  ?lt()o3!löftcr  1894;  ^oU,  ©ntl)ufia4muö  unb  Sufegcmalt  bei  bem  griec^. 
SWöndjtum,  1898. 

Selanntlid^  gehört  biefer  9?ame  in  bie  ©efd[^icl^te   be^  ?9Jönd^^tum^   unb   ber  9)J^ftif 

86  be^  öierjebnten  3al^rl;unbert^  unb  be^eid^^net  bie  lefcte  größere  ©treitbeh)egung  ber  gried^if(^en 
Äircbe  innerhalb  be^  b^jantinifc^en  3^italter^.  uöir  geben  juerft  einen  furjen  c|uellen= 
mäßigen  Öerid^t  ber  Slngelegenl^eit  unb  ioerben  bann  auf  ben  ^i^^alt  unb  (lnth)irfelung 
ber  ©ac^e,  bie  bogmen-biftorifc^e  Sebeutung  be^  geführten  ©treite^,  fohjie  auf  bie  toeitcre 
©ntn^icfelung  ber  3lngelegenl;eit  genauer  eingeben.  —  ©eit  ber  Erhebung  ber  $aläotogen 

40  auf  ben  Saifert^ron  befanb  fic^  bie  griec^if^e  Äirc^c  in  bauernbcr  Unrul^c  unb  Uneinig^ 
feit.  2)ie  arfenianifd^e  Partei,  ^ert)orgegangen  au^  bem  Äonflitt  jmifc^en  bem  "ijjatriarcben 
ärfeniu^  unb  bem  Ufurpator  2)lid^aeP4?aläologue,  i^aite  gro^e  SJerbreitung  gefunben,  unb 
befonber«  bie  3}Jönd^e  unb  bie  ©egner  jeber  Slnnäl^erung  an  bie  lateinifd^c  Ätrc^e  für 
[xd)   gewonnen.    3"  '^^  ^Regierung  l^errfc^ten  fc^toanfenbc  ©runbfä^e,   balb  ber  Union, 

45  balb  ber  5einbfrf)aft  gegen  bie  Sateiner,  unb  bie  ^atriarrf)en  ber  §aut)tftabt  folgten  bicfem 
SBed^fel.  gn  ber  erften  ipälfte  be^  Dierjel^nten  .^al^rljunbert^  brad)  ber  bcftigfte  Sürger« 
jh)ift  au^,  infolgebeffen  ber  jüngere  Slnbronifu^  ben  SEbron  befticg,  nad;  feinem  3;Dbe 
aber  ber  fräftige  gol^anneö  ßantacujenuö  ftd;  ber  Slegierung  bemäd?tigte  xinD  ben  Äampf 
gegen  bie  Äaiferin  Slnna,   bie  SBitme  be^   älteren  Stnbronifu^,   fortfe^te.    3"   ^i^f^  S^^^ 

eofäut  ba^  Sluftreten  ber  §efl;d^aftcn,  unb  ba  bie  ^jolitifd^cn  ©cgcnfä^e  aud^  mit  firc^lic^en 
berbunben  toaren:  fo  bürfen  mir  un^  nid;t  hjunbem,  ba^  baö  auffaUcnbc  ^l;änomen  be^ 
5Wönc^leben^  fe^r  berfc^icbcn  beurteilt  tourbe  unb  ben  borbanbenen  ^artcibeftrebungen 
ntuü  Dial^rung  gab.  6^  finb  bie  gKönd^c  be^  «erge^  Sltl^o^  (f.  b.  2t.  »b  II  ©.  209), 
bie  mit  ber  bamal^  ungetool^nten  ^^^^^  '^^^  3JJt)ftit  l^erbortraten.  ©ie  fprad^cn  t>on  einem 

66  etoigen  ungefc^affenen  unb  bod;  mitteilbaren  göttlid^en  2ic^t,  trelc^e«^  auf  bem  23erge  ber 
aSerflärung  geleud^tet  unb  ba^  aud^  il^nen  aufgegangen  fei.  3)er  gübrer  biefer  öef^^aften 
(7)ovxaoTai,  fjovxäCovreg)  unb  i^erteibiger  i^re^  Sic^tjjrinjipg  Ujurbe  ©rcgorio^S  ^^alama^, 
nochmaliger  (grjbifdbof  bon  SE^effalonid^.  2)oc^  fallen  fie  fid^  balb  angegriffen  i?on  bem 
geleierten  unb  fc^arffmnigen  Wond)  Sarlaam,  ber  unter  Slnbronicu^  III.   au^  ßalabrien 


^ff^d^aftett  15 

uad)  Sonftantino))eI  (jelommen  tvar.  Dicfer  erflärte  bie  Seigre  jener  Cluietiften  für  irrig 
imb  l^äretif(^  unb  begrünbete  feinen  SBJiberfjjrurf^  in  Untcrrebungen  unb  Sd^riftftücfen,  @r 
6e^ai^)tete,  ein  fo  befcbriebene^  fiid^t  toürbe  ba^  SBefen  ®otte^  felber  fein  muffen,  toelc^ed 
aber  alebann  gegen  oUen  Äird^englauben  in  ben  Ärei^  menfc^lid^er  SBa^mc^niung  jj^erab« 
gepgen  n^erbe.  Unb  ald  i^m  nun  ^Palama«  borf)ieIt,  jene^  ungefd^affene  ©öttlic^e  fei  in  feiner  6 
^{itteilbarfeit  nur  eine  göttliche  SBirffamfeit  unb  ©nabe,  feineömeg^  bie  abfoIuteSBefen^eit: 
entgegnete  er,  ba^  burd;  biefc  Unterfd^eibung  ein  boJ)t)eIteö  ©öttlic^c,  ein  9?a^bare«  unb  Un« 
nal^bare^  anerfannt,  aljo  eineälrt  Don  3h)eigötterei  eingeführt  tperbe,  unb  er  liefe  fufi  aud^ 
nic^t  überzeugen  burd^  bie  ftnnlid^e  älnalogie  ber  ©onne,  an  n^elc^^er  man  bie  Strahlen 
Don  ber  ©cbeibe  unterfd^eiben  muffe,  o^ne  einen  bojjpelten  SonnenIör))er  anjunel^men  (ügl.  lo 
bie  Urfunbe  in  (Sngel^arbtö  2lb^anblung  ©.  74).  93ei  ber  Slutoritöt  ber  9Jlönd^e  unb 
i^rc^  am  .Qofe  bod^gead^tetcn  ©egner^  fonnte  bie  Qaci)z  nidE)t  berborgen  bleiben ;  Sarlaam 
f elbft  trug  auf  fir^lic^e  9[}enic^mung  ber  ÜKeinungcn  bei  bem  $atriard;cn  ^o^önne« 
an.  2)iefe  erfolgte  1341  auf  ber  erften  S^nobe  gu  Äonftantinot)eI  unter  Sorft^  bc« 
Äaiferd  älnbronicu^  unb  beö  ^atriard^en;  Sartaam  liefe  ftd^  einfd^üd[^tem,  n?iberrief2o 
unb  ging  nad^  Qj^^^"^^^  ^urüd.  Gine  gUjeite  ©t)nobe  ijerurtetite  feinen  Slnl^änger  ©res 
goriu^  Slcinbvnuö,  ber  biefelbe  ^olemif  gegen  bie  .^^^f^^^^^en  fortfe^te.  3)ie  änfid^t 
ber  ^Kajorität  n)urbe  nid^t  toenig  babur^  beeinflufet,  bafe  Sarlaam  atö  3*^0''"Ö  ^^ 
latcinijd^en  2beoIogic  im  9?erbad^t  ftanb  unb  ba«  o>ntereRe  ber  Drt^obojie,  toelc^er 
auc^  bie  5Könd^c  meift  angehörten,  gegen  ftd^  I;atte.  SlUgemeinere  ©unft  ober  3lbgunft  25 
f^rac^en  auf  bciben  Seiten  mit  unb  l^aben  auc^  eingelüirft  auf  bie  im^  toorliegenben  95e? 
richte  teilfg  tc^  ßantacugenuö,  teil^  be^  ^Jicepf^oru^  ©regora^.  3)er  erftere,  obgleid^ 
anfangt  bem  Sarlaam  jugetl^an,  ergab  fiel)  boc^  nacbl^er  ber  tjolitifd^  il^m  unentbe^rlid^en 
aWönc^^artci  unb  ftedte  i^re  ©acbe  in  günftige^  iiic^t  (Joh.  Cantac.  Hist.  lib.  II,  39. 
IV,  23.  24).  ^sl^m  ftel^t  im  ijnterefje  be^  Sarlaam  mit  fc^arfer  bod^mütiger  Ärifif  90 
©regora^  gegenüber,  er  bel^anbelt  bie  ^ef^cbaften  äufeerft  geringfd^ä^ig  unb  erjäl^It  ben 
Hergang  Don  biejem  ©tanb^junft  mit  manchen  abu^eid^^enben  9Jebenumftänben  (Niceph. 
Greg.  Hist.  lib.  XV.  XVIII.  XIX.  XXII.  an  ijielcn  ©teDen).  2)er  ungünftigen 
©timmung  ungeachtet  öerme^rtc  [\d)  injhjifd^en  ber  Sln^ang  ber  Sarlaamiten,  unb  ba 
änbronicuö  fd^on  1341  geftorben  mar,  bätten  fie  unter  bem  (Jinflufe  ber  Äaiferin  anna, .% 
tüclc^e  in  ber  jogenannten  britten  ©^nobe  ben  ^atriard^cn  3*>^<in"^  abfegen  liefe,  leidet 
obftegen  fönnen,  toenn  nid^t  in  bem  folgcnben  Äriege  Gantacujenu^  bie  Oberl^ianb  ge« 
toonnen  i}düc.  35iefer  ate  §err  be^  Sleic^ö  brang  auf  Sntfd^eibung ;  3lcinb^nu^  to'xd) 
jeber  3Sorlabung  au^,  bod;  fam  1351  bie  vierte  ©^nobc  ju  ftanbe,  Wo  ftatt  feiner  ein 
©rgbifc^of  ijon  ©p^efu^  unb  neben  i^m  5?icej)f)oru^  ©regora^  bie  ©egenjpartei  Vertraten  40 
(f.  bie  Urfunbe  in  .sjarbuin.  Acta  Concil.  XI,  p.  283  sqq.).  S)ie^mal  tourbe  in  mehreren 
©i^ungen  grünblid^  auf  bie  Sontrobcrfe  über  3^ejen  unb  35Jir!famfeit  eingegangen,  unb 
bie  ©timmenmel^rF^eit  erflärte  fid)  nac^  ^erbei^ie^ung  älterer  fird^lic^er  9lu^jprüd^e,  jumal 
bc^  fec^ften  ijfumenifc^en  Äon^ilig  unb  ja^Ireic^er  ^)atriftifd;er  Selegfteßen,  in  aßen  ijier  auf^ 
gcfteüten  ^ag^junften  für  bie  Sluffaffung  ber  2)iönd^e.  3!)ie  2e|rc  ber  .^efl;c^aftert  toarb  45 
bcmnac^  genehmigt,  ber  ßrjbifd^of  t)on  ß^jj^eju«  nebft  anbcren  abgeje^t,  über  Sarlaam  unb 
acinb^nu^  bie  ©rfommunifation  gcfJ)rod}en.  ^lad)  ber  iJarftcUung  bc^  ©regora^  foßen 
Unrec^tmäfeigfeitcn  biefcn  3lu^gang  erleichtert  haben,  bcnn  er  bemerft,  bafe  bie  ^alamiten 
bie  il^nen  ungünftigen  ©teilen  aixQ  ben  ©d^riftcn  ber  3?ätcr  au^gemerjt,  ber  Äaifer  aber 
n?ä^enb  ber  äSerl^anblungen  fic^  t^arteüjc^  unb  l;enifc^  betragen  ^abe  (Greg.  XVIII,  3 — ,  60 
XIX,  1—3).  3)aö  le^terc  fd^eint  bic©a4»lagc  nac^  je^r  glaublid;,  tocnn  glei^  Gantacujenu^ 
felbft  (lib.  IV,  23.  24)  ba^  ©egenteil  t>erfid)ert.  3lud^  nad;  ber  ©i^nobe  foUert  9iice})^oru« 
unb  bie  ©einigen  nad^  beffcn  ^erid^t  (XXI,  3.  XXII,  1—3)  Seleibigungen  unb  SKife^ 
l^anblungen  au^efe^t  geirejen  fein. 

fragen  toir  ferner  nac^  bem  ©inn  unb  ber  ©efd()id^te  biefer  Seigre  folüie  ber  burd^  50 
fie  angeregten  ©treitigfeit.  SBag  bie  §ef^c^aften  hJoHten,  tüar  eine  neue  Slüte  bei^felben 
m^ftifd^en  Iriebe^,  ber  ftc^  üon  altera  l^er  in  ber  gried^ijdfien  'X^eologie  fortge))flangt 
iHitte.  ©eit  Giemen^  t>on  Sllejanbrien  ftebt  c^  feft,  bafe  man  burc^  Steinigung  jur  (gr* 
leuc^tung  fommen  tann.  ^|eubo=Dionl)fiu^  fud)te  nac^  einem  Crgan  ber  3lnnäl;erung  an 
©Ott,  toelc^e^  über  bie  gemö^nlic^en  3J{ittel  ber  ßrfenntni^  unb  3(nbac^t  ^inau^gel^e ;  er  55 
befdj^rieb  ein  .^ellbunfcl,  ein  ijerborgcne^  £id)t,  in  ba^  bcrjenigc  eintrete,  ber  ©Ott  ju 
fcfyauen  gen)ürbigt  irirb;  äl^nlic^eSiufeerungcn  unter  ä^nlic^em  'JJamen  feieren  bei  2Karimuö 
toieber.  S^erjenige  unter  ben  älteren  aber,  ber  am  meiftcn  baju  beigetragen  t;af,  bie 
X^eorie  bon  bem  ©c^aucn  be^  göttlidS^cn  Sicljt^  ^u  einer  prinjipicllen  Slnfid^t  in  ber 
gricc^ifc^en  Il^eologie  ju  erlj^eben,   h?ar  ©i;meon,  ber  neue  X^eologe,  ber  um  baö  ^ai)x  eo 


16  ^ff^d^afKen 

1000  blül^tc  (t)0l.  ^oü  a.  a.  D.).  Sr  fa^tc  ba«  Stauen  ®otte«  unb  bie  baburd^  ^cr* 
gcftettte  SBerbinbung  mit  bem  lebenbigcn  ©ott  in  origineller  unb  tiefreligiöfer  Söeifc  aU 
lba&  attgemeine  ^xd  jebe^  SJ^riften  auf.  Um  ba«  3^^'  J"  erreichen,  forbert  er  für  jebcn 
eine  Jjlanmäfeige  erjie^ung,  bie  an  bie  Saufe,  at^  baö  Jöab  ber  SSÖiebergeburt  anfnülpfenb 

5  unter  ber  \p^küm  Seitung  eineiS  „geiftlic^en  SSater«"  in  Übungen  ber  Sufee  unb  ber 
Sl^fefe  unb  mit  2lnh)enbung  bon  faframentalen  §anblungcn  fxd)  bolljie^en  foHte.  ®ic  ®e= 
banfen  ©^meon«  liegen  aud^  ber  3;^eorie  ber  §ef^c^aften  auf  bem  Slt^og  gu  ®runbe. 
S)oc^  ift  ba^  9Jeue  bei  biefen,  bafe  fte  eine  fünftli(^e  5Ket^obe  antüenbeten,  um  ber 
©d^auungen  teilhaftig  ju  toerben.   35iefe  SJeuerung  ift  toa^rfd^einlid^  k)on  ©inai  ^er  burc^ 

10  ben  5Wönc^  ©regorio^  ©inaiteiS  im  13.  S^^r^unbert  eingeführt  (5BgI.  33^j.  3^*tf^-  IV, 
©.  200  unb  5Ke^er,  2)ie  $au})turfunben,  ©.  74,  3lnmerf.  2).  2lu^erbem  aber  tourbe  bamal^ 
bie  Sid^tt^eorie  unter  eine  bogmatifd^e  Beleuchtung  geftellt,  bie  il^r  urfj)rünglid^  fremb  h)ar; 
baju  führten  bie  angriffe  be^  Sarlaam.  35aö  2ic^t  foHte  ein  überirbifd^eö  unb  göttUc^e^ 
fein,  burfte  aber  nid^t  mit  ©Ott  ibenttfijiert  h^erben,  loeil  jonft  bie  bel^aui)tete  2BaJ^rnel^m= 

15  barleit  bla^^emifd^  getoefen  toäre ;  jur  ©rflärung  biente  ba^er  ber  Unterfd^ieb  t)on  SQäefen 
unb  SBirIfamleit.  ^alama^,  ber  öome^mfte  äJerteibiger  ber  aJlönd^e,  berftd^ert  nac^brürf:; 
lid^,  ba^  ba«  SQäefen  ©otte^  atö  fd^Ied^t^in  unerreichbar  red^tgläubig  bon  i^nen  anerfannt 
toerbe.  „2lu^  ©Ott  ju  fein,  gelte  bon  allem  ©efd^affenen ,  auö  ber  ©ubftanj  ©otte^  ju 
fein,  bon  feinem."    2lber  nä^er  ftel^e  xin^  bie  SBirffamleit,   ber  ^^nbegriff  aller  göttlid^en 

20  S^P^R^  wnb  Äraftäu^erungen  (ivegyeta  ydg  iouv  ^  wvoiHt]  iHdaxrjg  ovoiag  dvvajbUg 
TS  xai  xlvrjoig,  §arbuin,  1.  c.  p.  303),  unb  loie  biefe  nad^  oben  in  eine  aUumfaflenbe 
©efamtloirffamfeit  jufammenlaufen,  fo  teilen  fxe  ftd^  na6)  unten  in  eine  unbeftimmbare 
Slnja^l  einzelner  Energien  ber  SBei^^eit,  Äraft,  be^  9tat^,  ber  ©rleud^tung,  be^  Seben^. 
6^  fmb  bie  bon  ©Ott  auöge^enben  unb  bod^  unlö^^Iid^   mit  i^m   berbunbenen  ©ott^eiten 

25  (^Eoxrjreg),  bie  äuöftra^Iungen  ber  in  fid^  gefd^loffenen  2:rinttät,  unb  ba  in  i^nen  bad 
^eiligfte  ©nabengut  gefpenbet  loirb,  müjfen  fie  in  ben  Sereid^  ber  menfd^Iid^en  ©inne 
einbringenb  gebac^t  toerben.  3"  ^*<^f^  "Sitil)^  gel^ört  auc^  ba^  S^aborlic^t,  überirbifd^  unb 
[id^tbar  jugleid^,  e«  ift  etoig  unb  ungefc^affen,  e^  ^at  aber  aud^  bie  ßigenfc^aft,  ba«  bon 
i^m  ®urc^brungene  ju  bergöttlid^en   unb   in  bie  SHegion   be«  Üngefd^a^enen   ju  ergeben 

30  (Niceph.  Greg.  XI,  10).  35ag  ^räbifat  äxriorov  tvax  alfo  abfic^tlid^  getoä^It  unb 
foUte  gleid^fam  bie  9JlitteIftufe  be«  ©öttlic^en  bejeic^nen,  toelc^e«  au«  bem  Slbfoluten 
ftammenb,  bod^  eine  SerülS^rung  mit  bem  ©üblichen  möglich  mac^t  unb  biefem  feine  ^ö^ere 
9?atur  einbilben  fann.  —  2luf  biefe  3Serteibtgung  Ratten  bie  ^freunbe  bc«  Sarlaam  unb 
Slcinb^nu«,  befonber«  ber   fritifd;e  9?icej)^oru«  ©regora«,   folgenbe«   ju  anttoorten.    35ie 

35  S3el[^ai^)tungen  ber  ^alamiten  finb  toiberft^red^enb.  2)a«  ungefcj[^affene  Sicljt  mü^te  ent* 
toeber  fubftantieU  ober  al«  blo^e  ßigenfc^aft  gebadet  toerben;  in  jenem  5^lle  toäre  e« 
eine  befonbere,  au^er^alb  fte^enbe  SiSefenl^eit,  eine  bierte  §^poftafe,  in  biejem  fönnte  e« 
nic^t  oJ^nc  ©ubjeft  ejiftieren.  3)er  Unterfd^ieb  bon  SBefen  unb  aBirffamfcit  fäUt  ju^ 
fammen,  toeil  er  enttoeber  ju  ber  giftion  neuer  §^))oftajen,   ober   ju   ber  Slnnal^me  fub^ 

40  jeltlofer  Qualitäten  Eintreibt.  3)amit  Serben  in  anftöfeiger  SBeife  jiDei  ©ötter  eingeführt, 
ein  jenfeitiger  (vjieQxei/uevog)  unb  ein  untergeorbneter  (vq)€iiiievog),  beffen  man  burc^ 
fxnnli^e  2lnfc^auung  teilhaftig  irerben  fann.  33on  bem,  toa«  ©ott  ift,  barf  man  nid^t 
ba«  eine  in«  3lbfolute  em}3orrüdEen  unb  ba«  anbere  al«  blofee  3Birffamteit  niebriger  fteßen, 
fonft  fäme  ba«  eine  erft  mm  anberen  l^inju,  unb  tbir   l^ätten   ein   an  ftc^  toirtungelofe« 

45  3Befen.  ©erabe  bie  SBirffamfeit  bebingt  unb  erfüllt  ben  Begriff  ber  göttlid^cn  ©ubftanj, 
fie  lä^t  fid^  nic^t  al«  ein  gtbeite«  baneben  ober  barunter  fc^en.  I)ie  beiben  nottüenbigften 
älttribute-  ©otte«  finb  bie  ber  Sinl^eit  unb  be«  ©uten.  2)a«  erftere  jd^Ue^t  jebc  Rn- 
fammenfe^ung  au«,  ba«  jtoeite  irirb  gar  nic^t  gebac^t,  toenn  man  e«  nic^t  im  innigften 
3ufammenfein  bon  SBcfen  unb  SBirfen  benfen  toiß.    9?ein,  beibe  fmb  in  ©ott,  cUn  toeil 

wer  ©Ott  ift,  nid^t  berfd^icben;  er  i)at  nic^t,  fonbern  ift  felber  bie  ävToevegyeia,  nur  ba« 
mannigfaltige  ©etoirfte  mufe  bon  i^m  bem  älHioirffamen  unterfc^ieben  U)erbcn.  35iefe 
©rünbe  ^t  ©regora«  (XXII— XXIV,  p.  1050  sqq.  ed.  Bonn.)  in  einer  2)i«J)utation 
mit  bem  Äabaftla«,  ber  ebenfaU«  ju  ben  9)lbftifern  gehörte,  mit  S3ejiel;ung  auf  ©äfee  be« 
Slriftotele«,  $roflu«  unb  SKajimu«  au«fü^rlic^  bargelegt  unb  ben  ^alamitcn  einen  ftarten 

65  SDlangel  an  3)ialeftif  borgetoorfen,  loe«l^alb  fie  burd^  aKipberftanb  t)latonifd;er  i^bcen  irre^ 
geleitet  tborben. 

©0  ber^ielten  [vi}  bie  ^nfid^ten,  jtoijd^en  benen  bie  ©^nobe  ju  toäblcn  i}atU,  unb 
toarum  ^at  fie  fo  geioä^ltV  3Kan  fte^t  leidet,  ba^  bie  Äontroberje  ein  bop^jcltc«  9J?oment 
entl[lält;  ba«  eine  ift  bie  Unterf^eibung  bonaüejen  unb  SBirffamfeit  übcr^auj)t,  ba«  anbere 

60  lag  in  ber  befonberen  3lrt,  loie  bie  ^cf^c^aften  i^rc  ungefc^affenen  Snergien  al«  ^eortjTeg 


bcrfelbftftänbiaten  unb  gum  5ßrtnji}3  einer  gel^eimni^oHen  SSergöttlici^unö  erl^oben.  $ätte 
baö  leitete  allem  in  %taQt  geftanben:  fo  toürbe  tro^  aller  SBorliebe  für  bie  SKönd^öpartei 
beren  ©ad^e  fc^toerUc^  gu  f)altm  getocfen  jetn.  StHem  bie  ©^nobe  fteHte  bog  allgemeine 
fpefulatiüe  5ßrobIem  öoran,  o^ne  ben  eigentümlichen  ©tanb^junft,  Don  bem  e^  auö= 
gegangen  toax,  für  fid^  xu  J)rüfen.  .  2)ie  2)iftinItion  t)on  ovola  unb  heQyeia  toar  be-  5 
tannt  unb  in  relativem  ©inne  juläfftg,  fie  aufzugeben  jc^ien  gefäl^rlid^er  al^  fte  unter 
ber  SJorau^fe^ung,  ba^  beibe^  untrennbar  fei,  ju  bcftötigen.  S)ie  t^eologifd^e  ©}3rad^e  ber 
gried^if^en  SSäter  !am  ben  93eurteilem  }u  §ilfc,  unb  anbere  SKittel  ol«  bie  ber  Slutorität 
^a\Xt  eine  bamalige  lirc^Iid^e  3Ser^anbIung  toenig  in  Äänben.  3)a^er  lüurben  ja^Ireid^e 
©teilen  ber  älteren  ®eh)ä^r3männer,  eine^  ät^anafmg,  S^regoriu^,  Saftliu^,  ßj^r^foftomu«,  lo 
©op^roniuö,  3)ion^fiu«  jufammengel^äuft,  nt^t  gerabe  mit  forglic^er  äluötoa^I  no^  mit 
Seac^tung,  ob  fte  für  ben  fraglid^en  3^^*  ausreichten.  3Son  je^er  Ratten  bie  gried^ifd^en 
SSäter  bie  ©jjifee  ber  göttlichen  3^ranjcenbenj,  ate  baS  2lbfolutc,  baS  Unnennbare  unb 
Uniugängli^e  bejeid^net,  an  baS  fein  SRame  unb  fein  Slu^e  beS  ©eifteS  ober  beS  SeibeS 
reicht.  Um  fo  mel^r  lüurben  fie  betoogen,  anbererfeitö  bie  2lnerfennung  beS  toon  bem  15 
Slbfoluten  au^e^enben  SebenS  unbSBirfenS  ju  ))flegen;  biefer  göttlid^en  ©ffeftiöität  gelten 
alle  9iamen  fotüie  alle  2^eilungen  göttlid^er  Äräfte  unb  übernatürlicher  ®naben,  fte  barf 
nid^t  fehlen,  toenn  nid^t  baS  ©nbli^e  auS  ber  lebenbigen  SSerbinbung  mit  ©ott  beraub« 
fallen  joH.  S)ie  fc^led^t^in  abftrafte  3)efinition  beS  ©otttoejenS  ^atte  bie  %^\^i,  ba^  alle 
fonfreten  3lnfd^auungen  in  eine  jmeite  Kategorie  ber  SBirffamfcit  öertegt  unb  in  biefer  2) 
eine  SKannigfoltigfeit  öon  ^otenjen  nad^geiriefen  tourbe,  für  toeld^e  ba«  Ureinfad^e  felber 
feinen  9laum  bot.  ©S  hjar  nic^t  fc^toer,  für  biefe  noc^  jel^r  flüffigc  Unterjc^eibung,  bie 
aber  aud^  ber  SBl^ftif  rinen  3lnfnüi)funggpunft  bot,  3^w0"^ff^  J"  finben.  Sogifd^  tourbe 
bie  I)ifferenj  barauS  gered^tfertigt,  bafe  baS  C>abenbe  mit  bem,  toaS  eS  )^aif  nic^t  ju^ 
fammenföBt,  jene«  alfo  in  gelüijfer  Sejie^ung  über  biefem  fte^en  mufe.  35ie  ©c^riften  be^as 
2lreot)agiten  lieferten  SelegfteHen  genug,  nac^  irelc^en  baS  2Befen  ©otteS  in  eine  }3räbifat= 
lofe  ©}3ifee  ber  ©in^eit  auslaufen  foHte,  an  bie  fid^  fein  Jßerl^ältni«  jum  anberen  an-- 
fnü^jfen  liefe;  fold^e  ©ä^e  bienten  baju,  aHeS  SJlitteilbare  in  eine  jtoeite  ©tufe  beS  gött^ 
lid^en  SBirten«,  ba«  nid^t  bem  SKefen  ate  folc^em  zufällt,  ju  »erlegen.  3luf  biefe  Einlei- 
tungen grünbete  bie  ©^nobe  i^ren  bogmatifd^en  Sefc^tu^  (§arbuin  I.e.  p.  302.331).  ©^30 
loar  ein  Urteil  in  SBaufd^  unb  Sogen,  ol;ne  SRücffid^t  auf  ben  in  ben  m^ftifc^en  Kon* 
fequenjen  ber  ^ef^c^aften  entl^altenen  ^l^ilofoj)l^ifd^en  55^^^9'^^ff-  ^'^  mcld^em  SHec^t  bie 
:g>ef^d^aften  i^rer  befonberen  Sntbedtung  be«  X^aborlic^teS  fic^  rül^mten,  maS  bon  gnofti^ 
fxerenben  Sefd^reibung  berSnergien  ju  l^atten  unbUjie  ber  2Biberfpruc^  cineS  ungefc^affenen 
©ic^tbaren  ju  löfen  fei,  blieb  unerörtert.  Unb  ebenfo  gelangte  bie  J^age  über  baS  SSer-  35 
^ältniS  toon  ©ein  unb  ffiirfen  nid^t  ju  einer  flaren  jjaffung.  ©regoraö  ^atte  jebe  SJifferenj 
5U)ar  fallen  lafjen,  bod^  aber  eingeräumt,  ba^  jtoifcf^en  bem  3lnfic^fein  ©otte^g  unb  feinem 
SSerl^lältniS  auf  baS  anbere  unterfd^ieben  Serben  muffe;  er  ^atte  im  SBefen  felber,  twelc^eS 
immer  jugleid^  ein  SBirfen  fei,  boc^  eine  2)ui)lijität  beS  3^eil^aften  unb  Unteil^aften,  beS 
aJlitteilfamen  unb  SRid^tmitteilfamen  anerfannt  unb  bamit  bie  bem  3^^^"^  "^^  ^alamiten  40 
unterliegenbe  SBal^r^eit  auSf^rec^en  lüoHen.  @ö  fehlte  nic^t  an  Slnlafe,  bie  Äontroöerfe 
fc^ärfer  ju  Verfolgen,  aber  in  ben  SSerl^anblungen  felbft  h)irb  ber  fd^micrige  ^uvXi,  ob 
etma  ber  ganje  Unterfd^ieb  nur  im  menfd^lid^en  Dcnten  begrünbet  fei,  pyax  gclegentlid^ 
berül^,  aber  nid^t  gehJürbigt  (§arbuin  1.  c.  p.  310).  ßnblic^  h)ar  man  babci  aud;  über 
mand^^erlei  logifd^e  Ungenauigfeiten  nic^t  l^inau^cfommen.  2)cr  Segriff  ber  SBirf jamfeit  45 
fd^toanfte,  SiJirfenbeS  unb  ©enjirfteS  mürben  tjermecbfelt,  unb  n^enn  gefragt  hjurbe,  ob  bie 
göttliche  93orfe^ung  gefc^affen  ober  ungefd^affen  ^ei^en  foUe,  fo  fe§te  fc^on  bieS  eine  Un^ 
flarbeit  beS  3)enfen3  öorauS.  ©effenungcad^tet  ift  bie  griec^ifc^e  Äird^e  mit  biefem  un« 
genügenben  SRefultat,  hjeil  ^  ber  SRic^tung  i^ret  il;eologie  großenteils  entfprac^,  gufriebcn 
getoefen,  unb  gleid^jeitige  h)ie  f))ätere  ©d^riftfteHer,  $l;ilot^euS,  9)iarcuS  (SugenicuS,  \:)ohtn  50 
eS  in  ©d^u^  genommen,  bie  Se^re  beS  Sarlaam  aber  als  golge  einer  ^iJcrirrung  ber 
Lateiner  jurürfgetoiefen.  3)er  le^tgenannte  j.  33.  fül?rt  in  ,4^'H'^9if^if^^''^  fta^jiteln"  toeit^ 
läufig  aus,  baß  toenn  man  feinen  Unterfc^ieb  jiDtfc^en  SlWfen  unb  SBirffamteit  me^r  be= 
fte^en  laffe,  bie  XrinitätSle^re  üertoirrt  unb  bie  fc^limmften  origeniftifcf^cn  ßonfequcnjen 
i^erbeigefü^rt  Serben.  9?ur  einige  ©riechen  blieben  in  ber  Dt)j)ofition,  mic  ^JJJanuel  ÄaletaS,  55 
h>elc^er  nac^toeift,  baß  bie  3)ifferenj  toon  ovoia  unb  hiqyeia,  n^enn  fie  überl^au))!  Se» 
ftonb  ^abe,  bod^  bon  ben  ^fjalamiten  jebenfallS  berfannt  toorben  fei.  3)enn  tocnn  ftd^ 
beibe  beredten  tote  5ßrimäreS  unb  ©ctunbäreS,  Urfacbc  unb  aiMrfung,  Unteilbares  unb 
heilbares,  UnbetoegliAeS  unb  Seiregtic^eS,  Unfid^tbarcS  unb  ©id^tbareS,  fo  treten  ßigen- 
fc^en  in  ben  95egriff  ber  SBirffamfeit,   bie  teils  ©ott  gar  nic^t  jufommcn,   teils  gerabe  oo 

9leaI4hic))riopabie  für  X^eologie  unb  Stirere,    s.  SI.  viir.  2 


18  ^ef^d^afKfti  ^cf^d^iui^^  ^rrdb^ter 

eine  2Bcfcn«bebeutung  ^abcn  (Sngel^arbt^  SlbJ^anblung  ©.  131).  ßbenfo  l^at  fjjöter  bic 
lateimfd^c  Äird^e  bic  Äritif  be^  Sarlaam  gegen  5ßalama^  gebtüigt,  ja  ftc  bat  in  i^r  ben 
äu^brudf  eine^  lüirHid^en  ©treitfa^e^  jlüifd^en  beiben  Äird^en  au^gebrüdft  gefunben,  toeld^cr 
barauf  l^inauölaufe,  ba^  nad)  ber  einen  Se^rtoeife  bie  genannte  3)ifferenj  nur  eine  gc= 

ö  backte  fein,  nac^  ber  anberen  aber  an  fti  gütige  unb  objeltiüe  SBal^r^eit  ^aben  foffe. 
3n  SBirllic^feit  l^at  aber  bie  gried^ifd^e  Äird^e,  inbem  fte  für  bie  ^ef^d^aften  ^arlei  na^m, 
i^re  eigcnart  j)rinji))iell  gegen  bie  ber  römifc^en  fiird^e  öerteibigt.  35er  Äam}3f  für  bcn 
^efvd^a^muö  ift  ber  Ramp^  für  bie  edjit  gried^ifd^e  änfd^auung,  ba^  ber  ®eift  ®otte«  toic 
in  ber  a^oftolifc^en 3cit  aud^ Je^t  nod^  neufd^ölpferifd^  in  berÄirc^e  t^ätig  i[t($oü  a. a.D. 

10®.  221).  3^0'^^^  iP  ^^  Äam})f  be«  §ef^d^aömuö  ein  Äamjjf  gegen  bie  abenblänbifcbc 
©c^olaftif  geworben,  bie  bamafö  grunbfä^Iic^  unb  für  immer  Don  ber  gried^ifd^en  Äircpc 
abgelel^nt  ift  (g^^arb  bei  Krumbac^er  a.  a.  D.  ©.  43). 

Sluö  biefer  ))rinji))icllen  Sebeutung  be«  ^ef^c^a^mu^  erflärt  ^  ftd^,  ba^  bie  Seigre 
Dom  ©d^auen  be«  göttlid^en  Sid^t^  nod^  immer  in  ber  gried^ifd^en  Il^eologie  aufredbt  er« 

16  galten  h)irb.  9?amentlic^  l)at  bie  @ad)c  im  Vorigen  S^i^i^unbert,  afe  bie  gried^ifc^e  «ird^e 
fxd)  lieber  auf  fid^  felbft  befann,  einen  neuen  Sluffc^toung  genommen.  SSor  ödem  ift  ba 
ber  ät^oömönd^  SfJifobemo^  ju  nennen,  ber  in  Derfd^iebenen  ©d^riften,  namentlich  in  feinem 
'Eyxetoidiov  ovjußovXevrixöv  1801  bie  ^ef^d^aftcn  Vertreten  \)al  3lber  auc^  3)ogmati!er 
toie  eügenio«  93ulg.  (f.  b.  a.  S3b  V,  588)  in  feinem  SeoXoyixov  Sb.  2ontot)uIo«  1872  unb 

20  ät^anafio«  $ar.  (f.  b.  ä.  93b  II,  205)  in  feiner 'JEjriTo/i^  Don  1806  l^aben  bie  Seigre  Don  bem 
©d^auen  be^  Sid^t^  in  alter  SBeife  unterftü^t.  3)aö  le^te  SBerf  über  bie  voega  jigooev^ij, 
bie  jur  Sic^tDifion  fül^rt,  ift,  fo  Diel  id^  lt)ei|,  bie  ©(^rift  beg  älrd^imanbriten  ©o))^oromo^ 
Dom   3lt^o^fIofter  §agiu  5Pah)lu:    Noegä  ovvoyug  —  rfjg  voegäg  jiQooevyijg,   9(t^en 


f. 


1854.  m^  t)  **.  ^t^tt. 

26  ^efljc^itlö,  93ibel!ritiler. —  filtteratur:  Sarben^cnjer,  Patrologia,1894,@.163f.; 

@(^ürer,  ®cfc^.  bc§  3üb.  SBoIfg  im  8ettaltcr  3cfu  ß^rifti  1898,  ©b  III,  @.  314  ff.  boju  bic 
größeren  Einleitungen  in  bQ§  91.  unb  ^IX. 

9Jeben  Sudan,  bem  befannten  ^re^b^ter  Don  Slntiod^icn   unb  ftanb^aften  SKärt^rcr 
(f.  bcn  airtifel)  n^irb   ein  §ef^>^iug   ate  »erbefferer  beg  ^cfte«  ber  LXX  unb  be«  31%^ 

80  genannt.  (Sufebiu«  bejcic^net  i^n  VIII,  cap.  13  neben  ^l^ilcaö,  $adtomiu^,  X^eoboru^ 
afö  äg^ptif^cn  Sifd^of,  ber  unter  SKajiminu«  gelitten  l^abe,  unb  bag  9Kart^>roIogium  Der* 
legt  feinen  24)b  auf  ben  26.  5JoDember;  auf  Slg^pten  unb  bie  bort  gebraud^ten  SibeU 
^anbfd;riften  foU  bal^er  bie  Don  il^m  angegangene  fogenanntc  SHejenfion  bc^  gried(^if(^en 
%0^  cingeiDirtt  l^aben.    Seiber  aber  erfal^ren  toir  nid^t^  über  ba^  babei   cingejd^lagene 

86  SJcrfa^ren,  ba^er  i}ahtn  immer  nur  äJennutungen,  nic^t  beftimmtc  SRefultate  auf  biefe 
5Hotij  gebaut  tücrbcn  tonnen.  3)ie  einzigen  3^wgen  finb  §ieron^mu^  unb  ba^Decretum 
Grelasii.  35cr  erftere  fagt  Praef.  in  Paralip. :  Alexandria  et  Aegyptus  in  LXX 
8uis  Hesychium  laudat  autorem,  Constantinopolis  usque  Antiochiam  Luciani 
exemplaria  probat.     Mediae  inter  has   provinciae  Palaestinos  Codices  legunt, 

40  totusque  orbis  hac  inter  se  trifaria  varietate  compugnat.  ^n  93cjug  auf  bie 
©e}3tuaginta  mögen  alfo  biefe  Derbefferten  3;ei-te  ju  bebeutenbem  3lnfel;en  gelangt  fein,  fo 
ba^  in  3lg^t)ten  unb  ällejanbrien  bie  Don  §e|Vd^iu^  ]^errü^renbc  Bearbeitung  ebcnfo 
^enfc^te,  Ujic  bie  be^  fiucian  Don  Honftantinotjcl  bi^  2lntiod(^ien  (Dgl.  Hieron.  ad  Rufin. 
II,  26.    De  vir.  illustr.  77).    2lber  aud^   auf  ba^  ^%,   minbeften^  bie  ©Dangelien, 

46  muffen  [xd)  biefe  SRe^enftoncn  erftredt  ^aben  nad^  ben  oft  citierten  9Borten  be^  Hieron. 
ad  Damas.  praef.  in  Ew. :  Praetermitto  eos  Codices,  quos  a  Luciano  et  Hesy- 
chio  nuncupatos  paucorum  hominum  asserit  perversa  contentio,  quibus  utique 
nee  in  V.  Instr.  post.  LXX  interpretes  emendare  quid  licuit,  nee  in  Novo 
profuit  emendasse,  quum  multarum  gentium  unguis  scriptura  antea  translata 

60  doceat  falsa  esse  quae  addita  sunt,  ba^u  Decr.  Gelas.  cp.  6.  n.  14.  15 :  Evan- 
gelia  quae  falsa vit  Lucianus  apocripha,  evangelia  quae  falsa vit  Hesychius 
apocrypha.  §iemad^  fannte  §ierom;mu£J  eineSlu^gabe  auc^  be^  ncuteftamentlic^en  Jejtc« 
nad^  §eft)d[^iu^,  hjcl^e  Don  einigen,  aber  hjcnigen  fel^r  eifrig  bcDorjugt  tpurbe,  aber  er 
Dertoarf ,  fte,  ba  nac^   feinem  Urteil   i^re  (Smenbationen  unb  3"!^^^   ^^^  3luftorität   ber 

55  älteren  Überfc^ungen  aegen  fic^  l;attcn.  2)amit  h)irb  bie  ©jifteng  einer  folc^en  ^efDd^ianis 
fd^en  Bearbeitung  auc^  be^  31X^  ebcnfo  au^cr  3^cif^^  BcftcHt,  h)ic  \v\x  über  bcren  6^a= 
rafter  DiJUig  in  Ungcmifel^cit  bleiben.  (@ö§  f)  *^.  »U^cr. 

^ef^c^ittd,   ^rc^b^ter,   geft.  um   bag   3a^r   430.  —  i!ittcvatur:eaDe,  Hist. 
lit.    Script,  eccl.  Ed.  Oxon.  1740,  I,  570 ff.;    Süiiflc  in  (Svfd)  unb  ö)vubcr,    ^JUlgcm.  ©nct)!!. 


ber  a3if|enf(^aftcn  unb  Äünftc,  ©cftion  II,  ©b  VII,  6.222;  a3orbcn^cn)cr,  Patrologia  1894, 
©.  351  unb  353;  Änimbo(^er  •©^^antmif^c  öittcraturgcfc^iic^tc,  namentUdö  @.  147. 

2)ag  unter  bem  5Ramen  bcö  §efVc^iug  gcl^enbe  unb  bon  MSG  33b  93  jule|t  ges 
fammelte  Kttcrorifd^c  SKatcrial  ift  nod^  ^u  fid^ten.  ßinem  ^re^b^ter  §.^  beffen  %o't>  um 
430  anjufc|en  ift,  barf  jugefd^ricben  toerben  eine  bcrioren  gegangene  Äir^engcfd^id^te,  au^  6 
ber  auf  bem  5.  allgemeinen  Äonjil  555  k)orgeIcfen  tourbe  (Mansi  IX,  248—249).  2)ie 
bei  ?Wignc  abgebrutften  ©tüdfe  finb  unftd^erer  §er!unft.  2)ie  Explanationes  in  Levi- 
ticum  (a.  a.  D.  787—1180)  gel^iören  überl^au^jt  feinem  ®ried^en  an,  ba  il^nen  ber  SBut 
gatotcjt  ju  ©runbe  liegt.  2)ie  jtoei  ßenturien  a^fetifc^er  3lu«ft)rüci^e  (1480— 1544)  ge^en 
nac^  Angabe  einiger  Gobice«  auf  einen  ©tnaimönd^  ^eftodj^iu«  jurücf.  2)ie  übrigen  ©d^riften  lo 
bebürfen  nad^  if^rem  Urfjjrung  nod^  ber  2lufflärung.  9iamentKd^  6at>e  bertritt  bie  änftd^t, 
bafe  aU  3Serfaf|er  biefer  ©d^riften  ber  ^reöbi;ter  ^cfvd^iuö  anjufel^en  ip,  ber  um  600  in 
Serufalem  lebte  unb  bann  bort  33ifd^of  tüurbe.  3SieIe  anbere  ganj  objnire  §ef^c^ii  nennt 
Fabr.  Harl.  Bibl.  Gr.  VII,  ©.  544.  (@a6  t)  **•  ^t^tx. 

^etcritiö  f.  b.  a.  Slboj)tianimu«  S3b  I  ©.  181,8.  i6 

^c«er  f.  »b  VII  ©.  325. 

^fttter  f.  Aanaaniter. 

^fttfitter^  ^tinx'xd}  fieonl^arb,  geft.  1853.  —  ^.  ©(^mieber,  ^Jefrolog  in  b.  ©o. 
«3.  1883,  @.  289  ff.  (Qud)  feparat  erfd)lenen);  3um  öJcbfi^tnig  Dr.  fi.  ^.8,  jum  ©cftcn  ber 
^cubnerftiftung  öcrou^g.  üon  ben  ^itgliebern  bed  Ägt.  ^rebigerfeminar«,  ©ittenb.  1853;  20 
@.  9flictfd)cl,  ^.  fi.  ^.,  ein  brenncnb  unb  ftfieinenb  fiidjt  auf  bem  fieud)tcr  Sittenberg.  ®c* 
bactitniÄprebigt  beim  lOOiä^rigen  ©eburtStog  (mit  biogr.  ^^otijen),  SBittcnb.  1880;  «.  Äoc^, 
D.  ^.  ß.  $>•  in  Sittenberg.  3üge  unb  3eug«iffe  ou8  unb  ju  feinem  ficbcn  unb  3Birfen, 
*^ittcnberg  1885;  iRippoIb,  9?id)arb  JRot^eS  fiebcn  in  33ricfen  »Jegifter  s.  v.  ^.;  SBangemonn, 
S)ie  fird)t.  ftablnettöpoliti!  beS  J^ijni^«  griebr.  5BiIf).  III.  k.  ©.  171  ff.  182  ff.  26 

§eubner  h)ar  eine  jener  ürd^Iid^cn  ©rö^en   ber  neueren  ^^\t,   treidle  mel^r  toärmte, 
ate  leuchtete,  h)eniger  in  ber  gerne  befannt,  ate  in  ber  9?äl^e  bere^rt  mar,  Weniger  burd^ 
bie  ©^rift  jeugte,  al^  burd^  bad  lebenbige  2öort,  unb  Weniger  burA  biefe«   alö  bur^ 
ba^  SSorbilb  beiS  Seben«.    @r  fear  am  2.  3uni  1780   im  §Ierfen  Sautcrbad^   im  Srj« 
gcbirge  geboren.    5Rad^bem  fd^on   im  britten   ^aijxt  ber  SSater,   ein  ^rebiger,   geftorben  30 
tt>ar,  lüurbe  burd^  bie  ÜRutter  ber  ©ame  ber  grömmigfeit  in  ba«  §erj   be^  ftnaben   ge? 
pflanzt,  unb  bi«  in«  f))ätefte  Sllter  leud^tete  ba«  3luge  bon  baalbarer  Siebe,  fo  oft  er 
i^rer  gebadete.    1793   fam  ber  unter  fe^r  bürftigen  Serl^ältniffen   aufgetoad^fene  Änabe 
nad^  ©(^ulpforte  mit  einer  Slöbiafeit,  bie  i^n   aud^   al«  5Kann   nid^t  berlaffen,  aber 
oeifiig  getoerft  unb  burd^  ba«  jartefte  ®eh)iffen  für  religiöfe  ßinbrüdfe  ennjfänglid^.    gm  35 
^^t  1799  bcjog  er  bie  Unitoerfttät  SBittenberg,  too  ©c^rödf^  al«  gelehrter,  Äart  Subtüig 
3?rfefd^   al«  bogmatifc^er  unb  jjraftifc^er  2^eoIoge   am  ftärfften  auf  i^n  h)irften.    ©el^n= 
fücptig  ftredfte  ber  innig  fromme  Jüngling  in  jener  froftigen  unb  bürren  3^'^  feine  %üf}U 
fgben  nac^  SJa^ng  au«:   feine  anbere  äl«  bie  einer  lantifd^en  5KoraI  unb  einer  barauf 
begrünbeten   Slpologetil  tourbe   il^m  bargeboten.    2)em  ©(^retber  biefe«    l^at   ber   3Sers40 
etoigte  ba«  3Sertrauen  gefd^enft,  i^m   feine  2kigebüd^er  au«  jenen  ©tubienja^ren  mitju« 
teilen:   toie  oud^   au«    bem    faftlofeften  §oIg    ein    fe^nfüd^tige«   religiöfe«  (Semüt    fi(^ 
?Ra^ng  ju   fangen  toeife,  bafür  geben  fie  einen  rü^renbcn  Setoei«.    3)ie  trorfene,  ber 
^entliq  religiöfen  ©p^äre  fo  abgetüenbete  fantifc^e  3JloraI,   aufgefaßt  t)on  bem  religio« 
l^etuegten  ©emüte,  übte  eine  religio«  erbauenbe  unb  befrud^tenbe  Äraft, ,  bancben  geirä^rte  45 
ker  Stein^arbfc^e  ©uj)ranaturali«mu«  einen  Sln^alt  für  bie  bogmatifd^e  Überzeugung,    ^m 
^(ä)xt  1805  ^ilitierte  ftc^  iQtahntt  al«  afabemifd^ier  2)ojent  unb   eröffnete  feine  SSor« 
lefungen  mit  bebeutenbem  SeifaD;    1808  erhielt  er  ba«  britte  35iafonat  an  ber  SBittem 
berger  ©tabtlird^e  unb   lüirlte  nun  bon  biefer  3^^  <^^  ^^^  \imm  x\)m  eigentümlid^en 
jorten  2lmt«geh)iffen  in  beiberlei  Seruf,  mit  einer  manchem  faft  unberftänblid^en,  raftlofen,  60 
oft  peinlid^en  2^reuc.    ®rft  im^a^re  1811  iDurbe  er  au^erorbentlid^er  ^Profeffor  unb   be- 
too^rte   ^ier  feine  feltene  Slmt«treue,  inbem   er  im  ©ommer   1813,   al«  n)äF^renb  be« 
Rrieg«getümmel«  unb   ber  Belagerung  ber  ©tabt  aUc  übrigen  ÄoIIegia  gefc^Ioffen  maren, 
nod^   bor  einem  Keinem  Slefte  ©tubierenber  afabemifc^c  SSorlefungcn  ^ielt  unb  aud^  bie 
®otte«bienfte,  al«  bie  Äird^e  für  militärifd^c  3^^*^  i"   Sefc^Iag   genommen  tvax,   bor  55 
einem  Keinen  $äuflein  änbäd^tiger  in   einem  §örfate  ber  ©u))erintenbentur  mit  ©ifer 
fortfe^e. 


20  ^entuer 

Site  bei  bcr  ©äfularfeier  bcr  ^Reformation  1817  bie  SBittenberger  Unibcrfttöt  mit  ber 
^aHefc^en  toerbunben  unb  ftatt  beffen  Don  ber  ))reu^ifc^en  Stegierung  ba^  SBittcnber^er 
^rebigerfeminar  gcgrünbet  Sorben  toar,  erhielt  §cubner  anfangt  afe  britter  I)ireftor  etnc 
©tcDung  an  bemfelben,  nai)  bem  Xobe  toon  ©c^Ieuöner  unb  3l\^\d)  1882  aU  cx\Ux,  too^ 
5  mit  er  jugleic^  In  bie  toon  3l\^\6^  erlebigte  ©ujjerintenbentur  einrücfte.  ^n  biefer  ©teflung 
l^at  er  bi^  an  ba«  6nbc  feinet  Seben^  bef^arrt  unb,  bon  ^.netäteboUer  Siebe  ju  feinem 
SBittenberg  befeelt,  alle  2Inträge  auf  Berufungen  nad^  au^en  au^cfd^lagen. 

2Ite  2:l^eoIoge  nimmt  er  bi^  ettoa  1817  ben  Slein^arbfd^en  ©tanbjjunit  ein:  too 
irgenb  fid^  i^m  ©elegen^eit  bot,  benfelbcn  ju  befeftigen,  tourbe  fie  bon  i^m  mit  Slngelcgen^ 

10  ^eit  ergriffen.  6in  mütterlicher  D^eim  in  ffiien  \)attt  i^m  einen  3lufentl^alt  bafelbft  für 
einige  ^^it  vergönnt;  er  bereid^erte  ftc^  l^ier  mit  ber  Kenntnis  unb  f^iätcr  mit  bem  ©tu* 
bium  berjentgen  atjologetifd^en  ©d^riften  bon  ^int,  (Salura,  ©ailer,  toetc^c  aud^  jur  ©tör? 
lung  unb  gum  grommen  mancher  bem  ®Iaubcn  treugebliebener  ^roteftanten  am  anfange 
be^  ^öt^^^wnbert«  bie  fat^oIifd[^e  Sl^eologie  l^atte  au^el^en  laffen.   3lod)  in  f^äterer  3rit 

16  gebadete  er  banibar  ber  9?ä^rung  feinet  ©laubeng  au^  biefen  ÖueHen.  3Kit  ©ailer  (Sifd^of 
öon  Slegenäburg)  ftanb  §eubner  in  engem  freunbfc^aftlid^en  Sriefn)ec^fcl,  obglcid^^  beibc 
ftc^  J)erfönnd^  nie  !ennen  lernten,  liefen  ju}3ranaturaIiftifd^=apoIogctif4en  Stanbj)unlt 
^at  §eubner  in  ber  Il^eologie  aud^  in  ber  ft^äteren  ^eriobc  feinet  Seben^  nid^t  toer- 
laffen.    Site  befannter  SSertreter  ber  äl^jologetif  ift   er  öeranlafet   lüorben,  ben  9lrtifel 

20  über  biefe  SBiffenfd^aft  in  ber  ßrjd^-  unb  ©rubcrfd^en  Gnc^flopäbic  ju  toerfaffen  unb  bie  neue 
fünfte  Slu^abe  Don  9leinl;arbg  $lan  g^fu  1830  mit  eigenen  2lnl^ängen  bermel^rt  ju  be* 
forgen,  a\x^  ru^t  bie  ©teinfc^e  l^iftorifc^e  2(})oIogetif  großenteils  auf  feinen  3!?orlefungen.  3Bie 
i^m  bie  neueren  p^ilofo))l;if4en  3^i*beU)egungen  fem  blieben,  fo  hjurbe  aud^  bie  ©d^leier^ 
mac^erfd^e  unb  bie  §egelfc^e  2;i^eologie  bon  il^m  nur  mit  3)lißtrauen,  be^iel^ungsmcife  mit 

26  3tbfdj>eu  betrachtet,  ©o  trug  benn  feine  Ideologie  einen  ciWa^  Veralteten  gbarafter,  toie 
bieg  and)  ber  erfte  93anb  feiner  praftifd^en  SluSlegung  beS  9US  geigt,  aber  unter  biefem 
abgetragenen  t^eologifc^en  (Setoanbe  jd^lug  baS  c^riftlic^e  §erj  feit  bcr  ^Äi  beS  rcligiöfen 
ßrtoac^enS  in  ber  ^eriobe  ber  Sefreiungefriegc  immer  h)ärmer  unb  lebenbigcr.  ©d()on 
k)orl^er  ^atte  eine  greunbfc^aft  mit  einem  oberlauft^ifcf^en  ^rebigcr  §eubnem  in  Sßerbinbung 

80  mit  ber  Srübergemeinbe  gebracht  unb  ba«  ©tubium  bcr  3i"Jc"borffc^cn  ©d^riften  lüar 
i^m  befonberS  teuer  unb  toert  geworben.  3)amit  l)attc  fic^  baS  feit  bem  SHeformationS- 
Jubiläum  toieber  in  2tufnal)me  gefommene  ©tubium  ber  Sut^erfcf^en  ©c^riften  öerbunben ;  eS 
lam  bie  SSefreunbung  mit  ^erfönlic^feiten  auö  ben  neu  ertoedtten  berliner  Greifen  l^inju. 
2)urd^  alle«  biejeS  ^atte  fid(^  bie  ^ergenSfrömmigteit  ju   einer  Ijnniö^^'it   unb  2Bänne  ge- 

ssfteigert,  hjeld^e  über  bie  gönnen  bcS  erlernten  Sc^ulji^ftemS  meit  l^inauSging. 

2)ie  ioirfenbe  firaft  bcö  33ereh)igten  lag  über^aut)t  nic^t  in  feinem  Äatt^eberöortrag, 
felbft  nic^t  in  ben  ^}5rebigten.  ©eine  ^rebigten  \vaxtn  jtoar  ioarm,  cinbringlid^,  öolfös 
mä^ig,  aber  hod)  trugen  fie  noc^  guöiel  Don  ber  ©d^ule  an  fic^,  aU  bap  eine  tief  ein« 
greif enbe  ffiirlung  Don  benfelben  l)ätU  ausgeben  tonnen,  .^eubneri^  näl)rcnbe  unb  jeugenbe 

40  Kraft  lag  ganj  in  ber  ^^Jcrfönlic^teit  bcö  2)Janneg.  Äcine  tl^eologifct^e  ^crfönlicl^feit  l}abm 
toir  in  bem  befd^räntten  Umfreife  unferer  Sebene^erfa^rung  Icnnen  gelernt,  treld^er  eine  fo 
allgemeine  unb  fo  unbebingte  SJerel^rung  Don  allen  älltcrn  unb  ©tänbeu,  Don  ben  greunben 
unb  felbft  Don  ben  ©egncm,  bie  il;n  fürchteten,  gu  teil  gclüorbcn  tr>ärc,  aU  bie  §eubncrfd^e. 
Sürger,  Seamte  unb  DJJilitärS,  Kanbibaten  unb  ^^Jrcbigcr,  ftinber,  3Jlänner  unb  grauen, 

46  tDcnn  fie  auf  ben  ©trafen  SBittenbergS  ober  auf  feinen  häufigen  ©tjagiergängen  i^m  be= 
gegneten,  feinen  fal^  man  an  bem  ,,55ater  §cubner",  toie  er  allgemein  genannt  tourbe, 
Dorüberge^en,  in  beffen  Begrüßung  nid;t  jc^on  bcr  Sluöbrudf  bcr  (£*l)rerbictung  gu  erfennen 
getoefen  toäre.  Unb  biefeS  öefül^l  bcr  (Sl;rerbictung  \vax  eS,  bas  bis  gu  ben  ©pi^en  bcr 
Sel^örben  l^inaufreic^te.    Unter  aüm  ©c^tDanfungen  bcr  rcligiöjcn  Senbcngcn  ber  firc^lic^en 

60  Beworben  ^reußenS,  Don  bem  2Rinifterium  2lltcnftein  bis  ju  bem  3Jtiniftcrium  Sabcnbcrg, 
galt  §eubner,  felbft  als  er  nur  nocb  2)iaf onuS  an  ber  2lUttcnbcrgcr  Äircbc  Joar,  glcic^fam  als 
eine  gel^eiligte  ^}5erfönlic^feit,  toeld^er  niemanb  ju  nahe  gu  treten,  niemanb  n)c^e  gu  tl^un 
toagte.  2llS  3)Jann  beS  Vertrauens  iourbc  er  im  älnfang  bcr  gtoangigcr  ^al^re  biefcS  '^af^x^ 
l^unbertS   nac^  Komment   gejanbt,   um   bie   religiojen  Beiücgungen,   bie   bie  ©cfal;r   ber 

66  ©eftenbilbung  unb  ©eparation  in  fic^  fd;loffcn,  gu  unterfuc^en  unb  in  bcfonncnc  Salinen 
gu  leiten.  Unb  bod^  toar  biefer  SlUDcre^rtc  mit  augenfälligen  ©c^mad;l?citcn  bcl;aftet: 
feinem  tl^eologifd^en  ©tanb^untt  nac^  erfd^ien  er  bem.  jüngeren  ©e)c^led)t  als  ein  3"i^üdE- 
gebliebener,  feine  Unfäl;igfeit,  fiel)  auf  frembc  ©tanb^junftc  gu  Dcrjc^en,  ließ  ihn  —  gumal 
bei  ber  §i$e  feines  ß^aratterS  —  gegen  mancl)e  ^er|önli4>feiten   ungerc^t  h)crben;   bie 

60  95efc^ränfung  auf  fein  SQäittenberg,  iooDon  er  fid;  nur  ettoa  bei  Sabereijen  entfernte,   unb 


in  SBittenberfj  ft)icbcrum  auf  ben  eitoften  ^amiltcnfrete  gab  il^m  für  bicie  ©rfd^etnungen 
unb  S5crl^ä(tniffc  einen  biel  ju  engen  unb  f)}ie^bürgerlicl^en  ©tanbjjunft  ber  Settad^tung. 
Slber  ber  SSeretoigte  \üax  ein  3Rann  be^  GJebetei?,  ein  üJlann  rüdffid^tölofefter  ©elbftt)erleugs 
nung,  ber  in  feiner  §infi4>t  fid^  felbft,  fonbem  allein  bie  Ba6)c  feinet  Sottet  fud^te.  3ft 
jemate  einer  getoefen,  bei  bem  bie  Stimme  be^  ©etoifjen^  ben  unbebingteften  GJe^orJam  b 
fanb,  fo  h)ar  e^  ber  35ereh)igte.  SBie  unberrüdEt  i^m  felbft  bie  ©egenhjart  ®otte^  bor 
äugen  ftanb,  fo  fam  ein  ©efüi^I  berfelben  über  jeben,  ber  fic^  in  feiner  9läl^e  befanb. 
Rein  SBunber,  h)enn  ein  fold^er  SRann  aud^  unter  feinen  Äanbibaten,  unter  feinen  üJlit^ 
bürgern  ate  ein  h)anbelnbe«  ©etoiffen  uml^erging.  3)er  Sinbrudf,  h)a^  e^  ^eifee,  in  ber 
®egenh)art  ®otte«  leben,  fein  geiftlid^e^  2tmt  in  ber  ^urd^t  be^^erm  führen,  ift  ber®es  lo 
h)inn  getoefen,  ben  getoife  bie  grofee  ?Re^rjal^I  ber  bielen,  toeld^e  bem  SBittenberger  ©e« 
minar  angehört,  atö  bie  föftlid^fte  grud^t  babongetragen  l^aben.  2lU  im^al^re  1845U^Iid^ 
auf  feinen  lid^tfreunblid^^en  SRiffion^reifen  aud^  in  SBittenberg  ftd^  3ln^ang  ju  ertoerben 
tjerfuc^te,  befanb  fid^  §eubner  gerabe  in  *leijli^;  Don  bort  l^er  tourbe  Don  il^m  ein  in 
beiligem  ©otte^eifer  flammenbc^  ©d^reiben  an  feine  ©emeinbe  erlaffen,  nad^  feiner  SRüdf- 16 
febr  trat  er  in  einer  erfd^üttemben  $rebigt  über  ^o  6, 66  f.  toieber  auf  feiner  Äanjel  auf 
unb  allen  toül^Ierifd^en  2?erfu4>en  toar  ber  Soben  entzogen,  fo  ba^  bei  einem  nod^maligen 
Serfud^c  ber  Sid^tjjrebiger  bor  ben  erzürnten  Sürgem  fein  §eil  in  ber  glud^t  fu4>cn  mu|te. 

SKa^  §eubner^  fonfeffioneffe  ©tellung  betrifft,  fo  n)offte  er,  toie  Sleinl^arb,  aud^  auf 
feinem  fu^jranaturaliftifd^en  ©tanbpunfte  nid^tö  anbere^  fein,  afö  ein  ber  Äird^e,  in  ber  er  20 
geboren  toar,  getreuer  lut^erifd^er  Ideologe.    6r  ^at  felbft  bezeugt,  bafe  er  niemals   in 
feinem  Seben  3h>eifel  an  ber  2e^re  ber  ©d^rift  unb  ber  Iut^enf4>en  Äird^e  gehabt  ^abe. 
Pietät  toar  ein  ©runbjug  feinet  ß^arafter^.    SKand^e  unferer  3^it  unberftänblid^e  ^ü^^ 
berfelben  liegen  an^  feinem  Seben  bor:  fo  bat  er  bi^  anö  6nbe  feiner  2^ge  aug  ?Pietät 
für  ben  berftorbenen  3Sater  einen  ererbten  fc^toarjen  fieibrodf  berfelben  ftetö  auf  ber  Äanjel  25 
unter  feinem  lalar  getragen.    2)iefe  ^ietät  toar  e^,  toeld^e   e^   il^m   auc^  unmöglich   ge= 
mac^t  ^ätte,  einen  ^ngerbreit  t)on  bem  angeftammten  Sefenntniffe  feiner  Äird^e  ju  toeid^en. 
6r  ^atte  fi*  getoeigert,   ber  Union  beijutreten,   bie  neue  2lgenbe  anmne^men:   bie  ehr- 
erbietige ©d^eu  ber  fird^Iid^en  33el^örben,  toeld^e  [xi)  nid^t  getraute  i^n  anjutaften,   l^atte 
i^n  getoäl^ren  (äffen,  ©olange  inbe^  bie  fonfeffioneffen  SBirren  in  ^reufeen  nod^  nid^^t  ein=  30 
getreten,  toar  aud^   bei  i^m  biefer  Äonfeffionaliömu^   nur   im   ^intergrunbe  geblieben, 
ylac^bem  jeboc^  bie  lut^erifd^e  Slealtion  begonnen,   trat  aud^   bei    il^m   in   biefer  §inftd^t 
eine   größere  ©d^ärfe   ein.    ®ie  SJerfammlungen  be^   lutfjerifd^en  Serein^  in  SBittenberg 
batten  in  ben  legten  ^ai}xm  x^n  j^u  i^rem  55räfe^  ertoäl^It.    §eubner  ftarb  am  12.  ^ebr. 
i853.    ättjä^rlid^  toirb  noc^  jefet  an  feinem  ©terbetage  eine  fird^Iid^e  ©ebäd^tni^feier  in  85 
ber  SBittenberger  ^farrfird[;e  gehalten. 

3n  bie  geklärte  SBelt  ift  er  toenig  ^inau^etreten ;  unabläffig  ftubierte  er  unb  fammelte 
eine  umfangreid^e  Sibliot^ef,  toeld^e  bei  feinem  SCobe  tjon  bemÄönige  angefauft  unb  bem 
Seminar  ^um  ©efd^^enf  gemad^t  toorben,  aber  auöbrücflidS)  lag  in  feinen  ©runbfö^en,  ni4>t 
fotoo^I  burd^  Sucher,  atö  burd^  ba^  lebenbige  SBort  ju  toirfen.  ©0  befd^ränfen  ftd^  benn  40 
feine  geleierten  Süerfe  auf  jtoei  Stb^anblungen  bom  ^a^re  1805  unb  1807 :  historia 
antiquior  dogmatis  de  modo  salutis  tenendae  unb  miraculorum  ab  evange- 
listis  narratorum  interpretatio  grammatico-historica  asserta,  tooju  nodfi  bie  er- 
toä^ntc  neue  2lu^abe  bon  SReinl^arbg  5p(an  ^^f"  fommt  unb  eine  t)on  i^m  mit  3wfci^cn 
berme^rte  Slu^abc  bon  Süd^nerö  ,f)anbfonforbanj,  7.  31.  1845.  Slud^  mit  §erau^gabe  46 
feiner  ^rebigten  l^ielt  er  jurüdf,  unb  nur  jtoei  ^rebigtfammlungen  finb  bon  i^m  erfd^ienen. 
äu^  feinem  litterarifc^en  9lac^Ia^  unb  auö  §eften  feiner  Rui^örer  tourben  bie  t)on  i^m  im 
?5rebigerfeminar  gehaltenen  93orIefungen  ,,$raftifrf^e  (grffärung  be^  '^Rmtn  3!eftament^" 
1856  unb  „6f)riftli4>e  Xop'xt  ober  2)arfteIIung  ber  c^riftlic^en  ©laubenöle^re  für  ben  ^0- 
miletifd^en  ©ebrauc^"  1863  herausgegeben.  X^otucf  f  (($J.  mietfc^iel),     w 

tettc^elet.  33ei  ben  3lttifem  ^ci^t  vnoxoivEoüdi  im  ©4>aufj)icl  züma^  barftcBen, 
oHc  fj)ielen;  v7ioxQm]g  ift  ein  ©d^aufpiefer,  ber  eine  ^erfon  barftefft,  bie  er  nid^t 
ift.  2luS  ber  3SorfteIIung  einer  fremben  ^erfon  ging  imoxQioig  über  in  ben  Segriff  ber 
Öeuc^elei.  3Hit  bem  SBorte  §euc^elei  toirb  jeber  ©c^einjuftanb  bejeid^net,  in  bem  man  66 
bor  ber  ©efellfc^aft  afö  zVma^  gelten  toill,  toaS  man  t^atfäd^lic^  nic^t  ift.  @g  ift  ein 
SRi^berftänbniö,  toenn  §eud^elei  nur  ba  gefeiten  toirb,  too  man  ftd;  „mit  Setou^tfein"  aö 
Vertreter  bon  ©efinnungen  ober  Überzeugungen  gebärbet,  bie  man  nur  borfpiegelt,  aber 
im  3nnerften  nic^t  l^at:  biefe  3luffaffung,  bie  toefentlid^  baS  Sluffallenbfte  bead^tet,  gel^ört 
einer  oberfläc^lid^en   ^f^d^ologie  an,    33ielme^r   liegt  ^euc^elei  überall  ba  bor,   too  ber  eo 


22  ^enc^elft 

gtoief^alt  jtoifd^en  bem  bcanfjjrud^ten  ©d^ein  unb  bem  tJ^tfäd^Kcl^cn  ©ein  ba«  $er« 
fonleben  bcr  ßinJ^ettltd^feit  bc«  öefd^Ioffenen  6|^arafter«  beraubt.  Unfer  Äuttur»,  ©efcK* 
fd^aftg::  unb  ^oUtifdS^e«  Seben  ift  öoD  ^eud^clei.  SMel^r  bcad^tct  toirb  jte  auf  ftttlidj^cm, 
am  meiften  auf  religtöfem  (Sebtct  (©d^einl^eiliöfeit). 

6  S)cr  ®runb  bc«  3*^i^fr^'^^  gtDifd^en  ©ein  unb  ©d^ein  im  SMenfd^enleben  liegt  in 
bem  3*^i^f^öl^  jtoifd^en  ©ein  unb  ©einfoDenbem  in  ber  Sejd^affenl^eit  unb  Seftimmung 
be«  et^ifd^en  ^Perfonleben«.  gjnbem  ba«  ftttlid^e  unb  religiöfe  Setoufetfein  Iraft  ber  jeelifd^en 
Drganifation  ber  urfj)rünglid^en  anläge  bem  ^i^bibibuum  ein  geiftige^  Silb  gottgetooDtcr 
$Rormalität  i)or  äugen  fteüt,  bie  Selbftfu4>t  ober  (mit  ©infc^Iu^  ber  ©innlid^feit)  ber  SSer^ 

10  toirflid^ung  be^jelben  ftd^  entgiel^t  ober  toiberftrebt,  ft)irb  SSJille  unb  ©tnbilbungOTaft  i)iet 
fad^  beranla^t,  tro$  be«  tl^atfäd^lid^en  33el^arren«  in  ber  jünbl^aften  Sebenöbeftimmt^eit  ftd^ 
ein  getüiffe«  ©d^einbilb  gottgetPoDter  5RormaIität  in  ber  Slugjjrägung  be«  Seben«  öoqus 
teiegeln  unb  banad^  fid^  fo  ju  gebärben,  atö  \ümn  biefe«  ©d^einbilb  SBirflid^feit  toöre, 
^Diefe  ^jbd^ologifd^e  ©runbform  ber  ^eud^elei  ift  ungemein  toeit  Verbreitet.    Unb  ba  c« 

16  fittlid^e  Stufgabe  be«  9Renfd^en  ift,  fic^  in  ba«  fittlid^e  ^Ual  ^ineinjubenfen  unb  ju  ber^ 
fe|en,  aber  e«  nic^t  fittlid^e  ^orberung  ift,  jjebem  boö  eigene  innere  blo^julegen,  fo  beborf 
e«  5Rüd^teml^eit,  3lufrid^tigfeit  unb  S35al^rl^eit<8Uebe,  um  ftd^  nid^t  bor  fid^  felbft,  bor  (Sott 
unb  bor  9Renf^en  in  täufd^enbem  Sichte  barjufteDen,  o^ne  [xd)  felbft  toegjutoerfen,  fid^ 
§erjen«blö^en  gu  geben  ober  bie  ©elbftad^tung  ju  gefäl^rben.    2)iefe  ©efa^r  ber  i^eud^elci 

20  lauert  alfo  neben  bem  nottoenbigen  ?Proje^  be«  moralifd^en  SBerben«,  h)ie  er  au«  bem 
fittlic^en  triebe  ertoäd^ft.  Unb  toie  im  ftttlid^en  33etou^tfetn  neben  bem  fittlid^en  triebe 
ber  fittlid^e  ©inn  in  SSetrad^jt  fommt,  fo  fann  ber  lej^tere  bem  erfteren  in  feiner  Silbung 
fo  borauöeilen,  ba^  ba«  ftttlid^e  Urteil  ein  fe^r  enttoidfelte«  ift  bei  jurüdEbleibenber  Seben«« 
geftaltung,  unb  ein  3h)ieft)alt  jtoifd^en  ©d^ein  unb  ©ein  fo  entftel^t,  ba^  ber  3Kenfd^  fic^ 

26  entfjjredbenb  feinem  urteil  al«  moralifd^e  ?PerfönIid^feit  giebt,  n)äl^renb  biefe  ^infid^tli^  ber 
Äräftigleit  be«  ftttlid^en  triebe«  biel  ju  toünfd^en  übrig  lä^t  (3Kt  7,  3—5;  m  2,  21  ff.). 
3inbem  femer  bie  ©efeUfc^aft  für  bie  ®eltung  in  il^r  beftimmte  Slnforberungen  fteiOlt,  ber^ 
leitet  fte  fold^e,  beren  fittlid^e  ©efmnung  nid^t  Iräftig  genug  ift,  eine  il^r  entf)}red^enbe 
Sebenggeftaltung  ju  erzeugen,  fid^  toenigften«  bor  ber  Öffentlic^feit  afe  jenen  Slnforberungen 

80  entfjjre^enb  barjufteüen,  um  bie  nottoenbige  Stellung  in  ber  ©efeüfd^aft  ^u  bel^au<)ten. 
Unter  fold^er  SJer^üHung  toerben  nid^t  nur  ja^Ilofe  Safter  berftedtt,  fonbem  aud^  unenbli(^ 
biel  innere  Barbarei  unb  JRo^eit  ben  Slugen  ber  äJienfdE^en  fo  entzogen,  bafe  fie  fid^  toegen 
be«  3?id^t^erbortreten«  bem  ©elbftbetoufitfein  berbirgt  ober  ber^üHt  ober  toenigften«  be* 
fd^önigt.    2luf  religiöfem  ®ebiet  enttoäd^ft  bie  ^eud^elei  (abgefel^en  bon  ben  mit  in  33etra(^t 

86  fommenben  fd^on  berüJ^rten  ®eftd^t«t)unften)  am  meiften  bem  fojialen  ßl^arafter  ber  SRe« 
ligion.  3e  inbibibualiftifd^er  bie  SReli^iofität  ift,  befto  weniger  Slnlafe  jur  §eud^elei  gicbt 
fie.  Slber  je  au«gebilbeter  bie  Drganifation  einer  9teligion«gemeinjd^aft  ift,  unb  je  gefe^«* 
lid^er  \i)x^  ^orberungen  fmb,  befto  me^r  Slnlafe  giebt  fie,  o|ne  innere«  i)urd^brungenfein 
mit  ber  bon  i^r  geforberten  ®efinnung  bie  Seben«berfajfung   in   äußere  Übereinftimmung 

40  mit  ber  2)ur(^f4>nitt«normalität  unb,  toenn  e«  bie  SlüdEfid^t  auf  ben  eigenen  35orteil  ge« 
bietet,  mit  ber  ^öd^^ften  3?ormalität  ju  fefeen.  Unb  au4>  abgefel^en  bon  bem  fojialen 
gtoang  ober  2)rucf,  fann  jebc«  religiöfe  ^beal  in  bem  Äreife,  in  bem  e«  gilt,  ba«  Semül^en 
erjeugen  (2  %x  3, 5),  ben  9Jimbu«  be«felben  o^ne  feinen  gn^alt  [xdj  anzueignen  (21®  5, 3  ff.). 
3ia,  im  Sid^te  toal^rl^after  SReligiofttöt  liegen  überall  ba  religiöfe  ©c^ein^uftänbe   bor,   too 

46  ba«  SMotib  be«  religiöfen  $anbeln«  baburd^  berunreinigt  ift,  bag  biefe«  nid^t  Icbiglid^  bem 
religiöfen  93eh)u^tfein,  fonbem  egoiftifd^en,  alfo  ber  tval}xm  SReligiofität  entgegengeje^tm 
SCriebfebem  entf)3ringt  (5Wt  6,  2.  5.  16;  7,  15.  20;  15,  7 ff.;  %xt  1,  16).  geber  ^ana= 
ti«mu«  ift  alfo  infofem  l^eud^lerifd^,  al«  er  eifrige«  religiöfe«  §anbeln  au«  bcr  3Serbinbung 
ber  §errfd^fu4>t  mit  ber  SReligiofitöt  erjeugt,  alfo  religiöfe«  ,§anbeln  l^at,  ba«  ber  Sleligiofität 

6onad^  il^rem  inneren  33egriff  h)iberf))ri4>t  (^o  5,  42 ff.;  16,  2 f.).  Unb  infofem  h)a]^rl^afte 
Sleligiofttät  unb  ©elbftfuc^>t  in  2Biberf}jrud^  gu  einanber  fte^cn,  bie  ©elbftfud;t  aber  boll= 
fommen  nur  in  ber  d^riftlidf^en,  ebangclifd^m  ^ömmiglcit  au^  bcr  ^Religion  au«gefc^icben  ift, 
ift  leine  aufeerd^riftlid^e  Steligiofttät  frei  bon  §eud^elei  (3Jlt  24,  51;  15,  7  ff.),  bcr  f^JC^ififd^ 
fatanifd^m  ©ünbe  (4  Äo  11,  14). 

66  2Benn  in  biefer  §infid^t  ba«  93erh)erfung«urtcil  be«  §errn  bie  ^p^arifäer  bcrartig  ge* 
troffen  ^at  (Sc  12,  1),  bafe  5pbarifäi«mu«  unb  ^euc^clci  unter  un«  faft  glcid^bcbcutcnbe 
Segriffe  getoorben  finb,  fo  barf  man  ni4>t  bcrgeffen,  bafe  e«  ben  ^^arijäcm  mit  bcr  (£r- 
füllung  be«  SBiDcn«  ®otte«  l^eiliger  6mft  fear,  ba^  alfo  ber  biblifd^e  Segriff  bcr^cuc^clci 
ein  unglcidj^  tieferer  ift,   al«  ber  gen)öl^nli(f>e  bcr   fd^cin^ciligen  ^ömmclci,  toic  il;n  9Jlo= 

60  liöre  in  feinem  berül^mtcn  Xartüffe  gcjcid[?nct  l)at,   fo   ba^,   toa«  ÜJJoli^rc  bcr  2:artüffcric 


^ettc^elet  23 

al«  ed^te  grömmiöfett  cntgcgenftdlt,  uint  grölen  %c\l  auä)  unter  bcn  neuteftamcntfid^en 
»egriff  bcr  ^cud^eW  fotten  toürbe.  (33ecf,  gt^il  II,  101 :  „^n  bcr  Sd^rtft  Reifet  ^eud^elei 
atte^  33encl^men,  bei  toelc^^em  ber  ©inn  nid^t  auf  baö  SBefen  be^GJuten  unb  auf  bie  mU 
fprct^enbe  ©teDuna  be^  eigenen  inneren  baju  gerid^tet  ift,  fonbem  nur  auf  bie  ^orm, 
auf  Slu^cntperl,  Jcebenfäd^Kd^e«  uJf.  to.  93ei  fold^er  SRic^tung  toirb  bann  oud^  baö  äußere  6 
SSerl^en  nid^t  Dom  SEBefen  ber  SBal^r^eit  unb  nid^t  gcmä^  bemfclben  beftimmt,  fonbem 
e^  odRommobiert  [id^  nur  formeD-unb  accibentieD.  Sgl.  SMartenfen«  (Stl^if  II,  96ff.)  2)er 
®runb,  tpe^l^alb  bcr  $err  bie  ^^arifäer  al«  ^eud^Ier  branbmarft,  liegt  nid^t  barin,  baj 
fie  fu^  nur  fromm  angefteßt  l^ötten  —  fie  toaren  toirflic^  fromm  — ,  ®ott  unb  SKenfd^en 
nur  mit  einem  ©d^ein  l^ätten  betrügen  tooBen  —  fte  fud^ten  emftlid(i  bie  Oered^tigfeit  — ,  lo 
fonbem  j^ujjtfäc^lid^  barin,  ba^  fte  ftd^  felbft  betrogen  burd^  bie  3Serbinbung  ber^römmig^ 
feit  mit  toeltlid^-irbifd^segoiftifd^em  ©inn  (SKc  12,  15)  ju  einer  ©elbftfud^t^religion,  bie  ju 
bcr  hKil^ren  Siebe  )u  (Sott  in  au^fc^Iiefeenbem  ©egmfa^e  ftanb  Qo  5,  42),  ftd^  alfo  tro$ 
oße^  gifer«  afe  ©d^einreligiofttät  ertpie«  (3Kt  23,  27—33),  unb  fo  aud^  anbere  in  bie 
3rre  fül^rtm.  ÄmngeiAm,  bie  fonft  afö  SKertmale  ber  §eud^elei  angeführt  toerbm,  bie  is 
$ra^Ierei  in  bm  jübifc^m  „gutm  SBerfen"  (Seten,  gaften,  2tImofm  9Rt  6),  bie  aud^  ba« 
(Sebet  h)ie  ba«  ganje  Ser^ältni«  ju  Oott  berfe^renbe  ©elbfkgcred^tigfeit  (2c  18, 11  f.),  bie 
mit  ©elbfüjenärtelung  berbunbene  ©trmge  gegen  anbere  (Mt  23,  3  f.),  ber  ^fanatiömu« 
ber  $errfd^fu(^t  (22,  18)  unb  bcr  ^ro)}aganba  (23,  13  f.),  ba«  Verlieren  be«  3Hafeftab« 
für  §auj)tjad^en  unb  5Rebenbinge  (23,  23)  unb  bamit  ba«  jercmonialgefc^lid^c  2tufbaufd^en  20 
öon  5Ueinigfeiten  unb  ©eltenbmad^en  Don  SKenfd^enfo^ungen  (15,7;  23,25;  9Rc  6, 6 ff.; 
2c  13,  15),  ber  SBerluft  be«  gefunben  religiöfen  Urteiteftnn«  (Sc  12,  56),  finb  3lu3toüd^fe 
au«  jener  SEBurjel,  ber  bie  Unbufefertigfeit  unb  bie  Slble^nung  be«  Sleid^  ®otte«  entfj)rang 
(3Rt  23,  13).  S3ibltfd^  fommt  in  bem  33egriff  bortoiegenb  ber  ©egmfofe  ber  grömmigfeit 
bc«  Sieid^  ®otte«,  in  bem  bie  ©elbftfuc^t  aufgehoben  h>irb  bur^  bie  SBiebergeburt,  gegen  25 
bie  egoiftifd^  verunreinigte  ^ömmigfeit  jum  2tu«brud,  bie  bor  ®ott  SBert  bcar\]pnid)t, 
aber  nid^t  ^ot,  bor  ben  aKenfd^en  ©d^cin  l^at  unb  in  ®otte«  äugen  nid^t«  ift  (3Kt  23, 27  ff.). 
2)afe  bann  im  d^riftlid^en  ®emeinbeleben  jebe  h)iberft)rud^«boIIc  Verleugnung  ber  Über^ 
jeugung  (®a  2,  13),  jebe  falfd^e  ©dbftbarfteBung  (1  ^t  2,  1),  jeber  ^o^lc  ©citung«:: 
anfprudp  (3Kt  7,  15),  jebe  trügerifd^e  ©c^ein^eiligfeit  (1  Zi  4,2)  mit  bem  SBJorte  geftraftao 
toirb,  ergiebt  fu^  au«  ber  Sertoerfung  aDer  ©d^einjuftänbe,  alle«  Uned^tcn,  5Wad^geäfften 
unb  ®cmad^tm  (2  %x  3,  5),  bie  im  Sleid^e  ®otte«  ebenfo  ber  SBa^rl^eit  toie  ber  Siebe 
cntf)>rid^t. 

geinc  ^eud^elei  religiöfm  ©d^eintoefen«  giebt«  überall.  ®robe  §eud^elei  gebeizt  am 
meiften,  h>o  bie  ®eltung  ber  gnJmmigfeit  ®eh)inn  berfj)rid^t.  Da  bie  ^ad^U  unb  3h)ang«s  35 
mittel  be«  römifd^m  Jtat^oliji«mu«  bie  $eud^elei  gerabeju  grofeüc^tcn,  entbehrt  man  in 
i^m  jebe«  tieferm  33erftänbnif[e«  berfelben,  noc^  abgefel^cn  babon,  ba^  bie  fat^olif4>e  Scr« 
binbung  ber  Rrömmigfeit  mit  t)olitijd^er  unb  flcrifoler  §errfd^fud^t  unb  mit  SBerfgcred^tig* 
feit  unb  felbftertoöl^lter  ^eiligfeit  burd^  biefen  S3egriff  in  i^rer  SBurjel  getroffm  tpirb 
(Slj)ot.  11,  46.  13,  4.  16.  25 f.;  ei^mall  ä.  3,  3,  18.  27).  40 

9in  ber  ^rotejiantifd^m  S)ogmatiI  ift  bie  ^eud^clei  feit  33aumgarten  in  bm  ©tufen 
be«  fünbigen  ^uftanb«  (status  servitutis,  securitatis,  hypocriseos,  indurationis) 
cai  britter  ©teile  bcl^anbdt  (Sleinl^arb«  SKoral.  I,  §  171),  unb  biefe  S3el^anblung«h)eife  ift 
in  ber  gorm  bon  ®rabm  ber  $eil«able]^nung  bi«  in  bie  ®egmtoart  mit  5Dlobififationm 
bcibe^altm.  SKartmfen  l^at  in  bcn  „Snth)ictelung«ftufcn  unb  3wf^än^^"  ^^  Sünbm«  45 
lebm«"  bie  SReibmfolge:  1.  ©id^erl^eit,  ©clbftbehju^te  Äne4>tfd^aft.  2.  Selbftbetmg. 
3.  §eud^elei.  4.  SBerbärtung  unb  teuflifd^er  egoi«mu«  (ßt^if  II,  ®ot^a  1879,  ©.119  ff.). 
93ei  ber  unfi^erm  ätbgrmjung  bon  2)ogmattf  unb  ßt^if  toirb  ber  ^unft  teil«  in  ber 
35ogmatif,  teil«  in  ber  ßtl^il  be^anbelt.  2)ie  facbgemäfee  ßinglicberung  ift  mit  bcr  ^onero« 
logie  in  bie  erftere  2)i«ji^lin.  S)od^  läfet  ftd^  ^infic^tfic^  ber  falfc^cn  Stbtocge  d^riftlid^er  00 
^ömmigleit  bie  Serü^mng  be«  ^unlte«  in  ber  St^if  nid;t  ganj  bermeibm.  ^n  biefer 
©egie^ng  J^tSed  i^  im®egmfa^  jur  toabren  ^ömmigfeit  neben  ber  falfd^en  ^römmig» 
feit  unter  bem  Jitel  ber  ©d^etnfrömmigfeit  be^anbclt;  er  fie^t  fie  barin  (II,  100),  baj^ 
„noc^  innm  unb  aufem  auf  bie  Sejie^ung  jum  ©öttlic^m  nur  bie  formelle  3:^ätigfeit 
Dertoanbt  toirb".  („Siac^  innen  fmft  ba«  nod^  beibehaltene  ®öttli4>e  unter  fol4>er  SBel^anbs  66 
lung  ^erab  jum  Dbjeft  bereinjelter  )}fvc^ifd^er  ^nhionm;  bie  ^ömmigfeit  geftaltct  fid^ 
ba  nic^t  al«  innere«  ?ßerfonleben  ober  al«  ^erjen«gemcinf^aft  mit  ®ott,  fonbem  teil«  nur 
oI«  tote«  ffiiffm,  teil«  al«  ^l^antafieleben,  al«  Snt^ufiafterei,  al«  ßrlünfteln  bon  frommen 
©efülj^len  unb  ®ebanlm:  lauter  3Kommte,  bie  amßnbc  jur  abficbtlic^en  .§cu4>elei  fül^ren. 
5Ra(^  au^m  fe^  fu^  bie  fromme  ©clbftbet^ötigung  cbcnfaß«  immer  mel(^r  um   in  bereinseo 


24  ^etti^elei  ^eutitatiti 

jcltc  J)raftifd^c  gunftionen ;  —  bcn  natürlidS^^^  ßerjen^auöbrucf  unb  ßl^araftcrau^brucf  bcr 
grömmigfeit  bcrbrängt  tinc  ^^Srofefjion  unb  SKcc^amf  ber  ^Jrömmiöfctt,  rine  geh)ol^nl^ctt«= 
mäfetgc  unb  eiiünfteltc  9lad^al^mung  bon  formen,  ein  äggregat  äußerer  Übungen  unb 
SBerte  ber  ^ömmigfeit;   eg  giebt  nad^  unb   nad)   eine  geiftlic^e  ?ßlugmaci^erei,  too   ber 

6  aJienfd^  me^r  borfteUen  tv'xü,  aU  er  \%  unb  mel^r  inö  SBerf  fe|en,  afe  er  bermag,  too 
Sieben  unb  2^^un  über  baö  materielle  Ser^ältni^  ^inau^gefteigert  ft)irb  unb  ber  innere 
üJlangel  nur  mit  ber  äußeren  3^l^ätigfeit  berbeit  toirb".)  Sin  äJ^nltd^  lebenbige^  Serftänb^ 
nid  ber  ^ömmigfcit,  in  ber  „eine  äußere  Äird^Iic^feit  an  bieStefle  ber  h)al^en  innerlid^en 
©eredS^tigteit  tritt",  jeigt  SRartenfen  an  (II,  95  ff.)/  ber  bem  ^P^arifäidmuö  fein  ©)}iegelbilb  in 

10  ber  ®egenn)art  jeigt.  ©eine  Unterjd^eibung  jh)ifc^en  JjartieUcr  §eud^elei,  bie  er  in  ben 
berfdbiebenen  fiebendber^ältniffen  auftoeift  („j)artiene  ^eud^elei  finbet  jtd^  im  Orunbe  überall 
im  Öeben"),  unb  $eu4>elei  ate  J)erfönlid^er  (gjiften^form  ober  afeOrunbjug  be§  ßl^aralterö 
berührt  ftd^  mit  ber  Unterfd^eibung  ber  i^eud^elei  aU  %f)ai  unb  aU  Sw^^'^t  9^^f*  <^^^ 
über  fie  ^inaud.    ®er  Unterfd^ieb  jtoifd^en  grober  unb  feiner  ^eud^elei  ift  auf  )}roteftans 

16  tifd^em  33oben  ftetö  gemad^t ;  aber  bie  Sinftqt  in  bie  mannigfad^en  formen  ber  le^teren 
(bgl.  Subbeuö,  theol.  mor.  c.  1  §§  30.  34)  ift  fe^r  berfd^ieben  nad^  bem  5Wa^e  ber 
^ä^igfeit  ber  Unterfc^eibung  ^toifd^en  3^almi  unb  ®olb  in  Sleligion  unb  ©ittlid^Ieit.  2)0^ 
^eu4>Ierifd^e  ^Jrömmigleit  einen  biel  glänjenberen  ©d^ein  ^at  unb  barum  bon  bieten  ^öl^er 
gefd^ä^t  n)irb  ate  e4>te,  ^at  Sutl^er  oft  l^erborgel^oben. 

20  ^n  ber  Sitteratur,  namentlid^  ber  erjä^Ienben,  ift  ber  §eu4>ler  eine  beliebte  t^igur. 
2)cr  mobeme  Slealidmud  liebt  ed,  ber  gefeüfd^aftlid^en  §eud^elei  in  allen  i^ren  gormen 
bie  SKaefe  bom  ®efi4>t  ju  nel^men.  ®te  ^olemif  gegen  ©eftaltungen  ber  grömmigicit, 
bie  man  für  ungefunb  ober  übertrieben  ^ölt,  Heibet  ftd^  gern  in  bad  ©etoanb  ber  Se^ 
fämjjfung  ber  ^cuc^elei. 

26  2)a|  ed  nid^t  blo^  eine  ^eud^elei  ber  ©ittlid^feit  unb  ^ömmigfeit,  fonbem  in3«ten 
unb  33er4;ä(tnif[en,  n)o  bad  ©egenteil  ate  R^\d)m  ftarfer  ©eifter  gilt,  aucf^  eine  §eu4>elei 
ber  Seid^tfertigfeit,  ßw^^^^^Pö'f^i^  ""^  griboTität  giebt,  bebarf  faum  ber  @rh)äl;nung.  S)er 
©ojialidmug  ift  minbeftend  ju  neun  g^^ttt^'tn  §eud^elei.  ^.  fiemme. 

^eumatiti,  ß^rifto})^  2luguft,  geft.  1764.  —  du  eilen  für  fein  fieben  unb  feine 

30  Uttcravijd)e  ?Birffamfcit  finb  üor  oflem  feine  eigenen  ^tiifjeic^nungen,  feine  S3ricfe  unb  ®üttingcr 
llniüerfitötSaften;  ferner:  g.  3.  ^Küfers  fiejifon  ber  je^t  lebenben  Xfeeologen,  @.  275 ff.; 
©öttcnö  ®el.  Europa  I,  488  ff. ;  ©(ftmerfol)!.  ®efd)icf)te  je^t  lebenber  ®otte«geI.,  II,  146  ff.; 
3eit»  unb  ®ef(6id)tdbef(^reibung  ber  ©tabt  ®bttingen,  4jött.  unb  ^annoüer  1734  ff.,  bercn 
britter  2:cil,  bie  ©(f)ulgef(6i(ftte  ©öttingen«,  üon  €>•  fcl^ft  oerfofet  ift,    unb  6.  126-300  baö 

36  Seben  ^.§  ate  ®i)ttinger  6d)ulreftor  enthält,  ^eijne,  Memoria  Heumanni,  (iJöttinflen  1764; 
®.  W.eaffiu^,  ^lugfüdrl.  fiebcnöbefcftr.  J&eumannö,  Gaffel  1768  (mit  üoKft.Sc^riftenucrjeit^ni«); 
a^eufel.  Sejüon,  t.  V;  ®.  ©•  ^offmann  in  ber  SlOg.  enc^fl.,  Sect.  II,  2:17,  ©.  4t2ff.  ®.  $>. 
Klippel,  ^eiitjcf)c  fieben«*  unb  (5^ara!terbilber.  1,276  ff.;  ®.  fjranf,  ®ef(^i(^te  ber  prot. 
^t)Cül.  111,  120  ff.;  .£)alni§  9lrt.  ^eumann  in  ber  5lbS3  12,  327 ff. 

40  Gl^rifto))^  äuguft  ^eumann,  j)roteftantifd^er  2:^eolog,  ©d^ulmann  unb  ^Pol^l^iftor  be^ 
18.  ^al)xi).  bur4>  Sielfettigleit  be^  ffiiffenö  unb  foloffale  litterarif4>e  ^robuftibität  ebenfo 
befannt  h)ie  burc^  5Wangel  an  G^arafterfeftigfeit  unb  tl^eologif4>er  Sebrbeftimmtl^eit.  @r 
tourbe  ben  3.  2luguft  1681  ^u  2tlftäbt  im  3:^üringifd^en  geboren,  Wo  fein  Später  SJia- 
fonuö    unb    jugleid^  ^rebiger  be^    benad^barten    3)orfe^   5Wönc^J)föffel   tvax.    ©d^on   in 

46  frü^eftcr  3^0^"^  ^^n  f4>h)eren  ©d^idEfalen  betroffen,  geriet  er  nic^t  nur  felbft  mel^rmate 
in  Scben^gefal^r,  fonbem  berlor  au4>  tüenige  äBod^cn  nad^  feiner  ©eburt  feinen  3Sater 
unb  fed^g  @efc^h)ifter  an  einer  peftartigen  Äranfl^eit.  ©eine  erfte  ßr^ie^ung  unb  Silbung 
berbanfte  er  bem  3tacbf olger  feinet  i^ater^,  3Jl.  3lnbrea^  Slofe,  ber  feit  bem  ^ahxz  1683 
ate  ©tiefbater  gen)iffcnl)aft  für  i^n  forgte.     1684  raubte  il^m  ber  Stob  aucb  biefe  ©tü^e, 

60  tborauf  fid^  fein  älterer  SSruber  ^oi^^nn  ©amuel,  ber  nun  in  bie  erlebigte  ^farrfteHe  be^ 
Saterö  einrüdfte,  nad^  Äräften  feiner  annal^m.  2eb^aften  ©eifte^  unb  bon  glüdlic^en  Sin* 
lagen  untcrftü^t,  l^atte  er  e^  in  ber  ©c^ule  feiner  SSaterftabt  fo  h)eit  gebrad^t,  bafj  er, 
laum  15  Sollte  alt,  ba^S^mnaftum  5U  ©aalfelb,  feit  1697  bie  unter  bem  Sieftor  ©leit^* 
mann  blü^enbe  ©d^ulc  ju  3ei$  befud^en  lonnte,  h)obei  er  fid^  bie  SJJittel  ^u  feinem  Seben^ 

66  unterhalte  unb  bie  nötigen  Sucher  teilhjeifc  burc^  ^ribatimtenid;t  unb  ©ingen  im  6^or 
berbienen  mufete.  3Kit  bem  ^^^Ö^^ff^  ^^"^^  f^^^  gelehrten  ^üngling^  (literatissimi  ju- 
venis)  ging  er  um  ?DJidbaeli^  1699  ^ur  Uniberfttät  ^ena  ah,  um  bafelbft  Stf;eologie  unb 
?P^ilofoj)l^ie  5u  ftubieren.  ^t  iDeiter  er  bei  feinem  raftlofen  glci^  in  bcn  SBiffenfcbaften 
fortfd^ritt,  aber  aud^  je  mehr  e^  i^m  jum  Sctoufetfein  fam,  ba|  er  nidE^t  aUc^  simpliciter 

CO  glauben  fönne,  h)aö  bie  Äird^e  glaubt:   befto  entf4>iebencr  ging  fein  ©trcben  auf  ein  afa- 


^eutitantt  25 

bemif^e^  Scl^ramt.  3Jad^  cmer  bor  ber  j)l^iIofo)3l^ifci^cn  ^fultät  crftanbenen  Prüfung  unb 
naä)  öffentlicher  3Serteibigung  fetner  3)iffertation  de  duellis  principum  erlangte  er  1702 
bic  9Ragiftertüürbe,  unb  begann  im  folgenben  3ia^re  ate  ^ritjatbojent  j)^i(ofo)3l^ifcl^e  äSor» 
lefungen  ju  l^alten,  bie  er  mit  fteigenbem  Seifall  btö  Dftem  1705  fortfe^te,  n>ä]^renb  er 
gleichzeitig  atö  Ti)toloQ  m  ber  afabemifdf^en  Äird^e  in  24  Äan;\eIborträgen  bie  33ergj)rebigt  6 
3cfu  erllärte.  3"^^^^^  überzeugte  er  ftd^,  Z^g^^^^^  lel^rcnb  unb  lernenb,  ba^  h)if[enfd^afts 
lid^er  %U'\%  attein  gu  einer  gebiegenen  3lu<8bilbung  nod^  nid^t  genüge.  6r  unterbrad^  bal^er 
feine  glücflid^  begonnene  afabemifd^e  fiaufbal^n  auf  einige  3^'^/  ^^  (2t}jril  bi^  Dftober 
1705)  zu  feiner  SBeiterbilbung  mit  einem  befreunbeten  M.  S^renberger  eine  Steife  burd^ 
einen  leil  bon  3)eutjd^Ianb  unb  §offanb  zu  mad^en,  auf  iuelc^er  er  nid^t  nur  bie  be^  lo 
rü^mteften  ©elel^rten  feiner  3rit,  namentlid^  5p.  SSa^Ie,  SSa^nage,  Surieu,  Sredfling,  $oiret, 
SBitfiu^,  9lo§tt,  ®ronob,  Surmann,  6oj,  ban  Dale,  le  Giere,  Simborc^,  Sitringa,  Srau« 
niu«,  ©bzarb,  ^eterfen,  ben  gitterar^iftorifer  ^o^.  3llbert  gabriciuö,  ben  ^^iIofoj)^en  2eibni$, 
fonbem  aud^  bie  ©emeinfd^aften  ber  Dualer,  SKennoniten,  Sababiften  k.  jjerfönlid^  lennen 
lernte,  unb  feine  Seobad^tungen  unb  SBSal^rne^mungen  in  einem  genau  gefül^rten  2^ges  i6 
buc^e  (StuiSzüge  barau^  bei  ßafftu^  ©.  34  ff.)  auiSfü^rlic^  aufzeid^nete.  an  ftörper  unb 
Oeifi  geftänt  unb  mit  mannigfad^en  ©rfa^rungen  bereid^ert,  lehrte  er  Dftober  1705  nad^ 
^ena  zurüdf,  too  er  mit  neuem  ßifer  feine  afabemifd^e  i^ätigfeit  tüieber  begann  unb  ben 
Krei^  feiner  Sorlefungen  nun  aud^  auf  einige  3*^^'ö^  ^^  Ideologie  unb  auf  ben  latei« 
nifc^en  ©til  augbe^nte.  2)a  er  aber  burd^  feine  freifinnigen  Slnftcf^ten,  befonberg  burd^  ao 
feine  S)ifiertation  de  facto  uxoris  Loti  non  miraculoso  (^ena  1706  unb  1708)  bei 
ber  3^^ufer  Drtl^obojie  Slnfto^  erregte  (fiel^e  ßaffiu^  S.  298)  unb  bei  feiner  Setoerbung 
um  bie  äbiunftur  ber  j)l^ilofo))|ifd^en  ^Jafultät  einem  anberen  33en>erber  nad^gefe^t  tourbe: 
übernahm  er  im  ^ai)xt  1709  bie  feinen  Söünfd^en  unb  gelehrten  SSefd^äftigungen  ent^ 
fprec^enbe  Stelle  eine^  JufP^Wor«  be^  t^eologifc^en  ©eminar^  unb  Äoffaborator^  be^  O^m^  26 
noftumg  in  Sifenad^.  3(m  Seminarium  theologicum  f^attt  er  aud^  ÄoIIegia  über  $^iIos 
fo})^te,  Sjegefe  unb  de  stilo  au  lefen  unb  fanb  fo  täglid^  ©elegen^eit,  feine  brei  summa 
bona,  h)ie  er  fidb  au^brüdfte,  ba^  Studium  theologicum,  philosophicum  unb  philo- 
logicum  zu  treiben.  3^ro^bem  folgte  er  gern  ad)i  ^a\)x^  flpäter  (3Rai  1717)  bem  Stufe 
be«  ©öttinger  SMagiftrate^  ate  3nfj)eItor  unb  ^rofeffor  an  ba^  bortige  ®V"^"^r^um  an  ao 
bie  ©tette  be^  befannten  ^äbagogiarc^en  ^uftu^  bon  Dranöfelb  (ftel^e  über  il^n  Älibbel, 
35eutfc^e  £eben^=  unb  ß^arafterbilber  I,  258).  ^n  biefem  erlbünfc^ten  aBirfung^treife 
burc^  ein  reid^Iid^c^  ©inlommen  gegen  9lal^rung^forgen  gefiebert,  ern>arb  er  fid^  bi^  ^nx 
©rünbung  ber  Uniberfität  mit  au^gezeid^neter  Umfid^t  unb  unermübeter  3:^ätigfeit  aU 
Seftor,  Se^rer  unb  ©clriftftcller  gro^e  SSerbienfte.  ©r  führte  (1728)  eine  neue,  hm^^xt-BS 
crforbemiffen  angemeffene  ©d^ulorbnung  ein  unb  brachte  burd;  eigenen  (Sifer  im  Untere 
richten  unb  burc^  feinen  förbernben  ßinflufe  auf  bie  übriger  Se^rer  bie  ©d^ule  balb  fo  in 
Sufnal^me,  ba^  bie  Släume  faum  auörei^ten,  äße  ©d^üler  zu  faffen  unb  eine  classis 
selecta  eingerid^tet  tperben  mufete.  2)a  er  bei  biefem  toad^fenben  Sufe  oft  bon  angefe^enen 
@ltem  au^  ber  gerne  gebeten  tourbe,  i^re  ©öl^ne  in  ^enfton  zu  nehmen,  jo  ber^eiratete  ^ 
er  ftc^  1719  mit  ber  19iä^rigen  a:od^ter  be«  ©tabtf^nbüu«  SKinicfer.  Dießl^e  blieb  linber* 
lo«,  unb  fd^toere  Seiben  ixixhi^  biele  3ia^rc  ba«  ®lüct  berfelbcn;  benn  bie  fräftige  unb 
bon  9iatur  leben^frol^e  %xa\i  tüurbe  nic^t  lange  nac^  il^rer  3Ser^eiratung  bon  einem  un- 
^ilboren  ©id^tübel  befallen,  toeld^e«  fie  an  |)änben  unb  ?füfeen  läl^mte.  ^.  ertrug  bad 
*  fc^tücre  ©efd^idf  mit  großer  ®ebulb,  bicie  ©tunben  bradE>  er  feinen  ©tubien  ab,  um  bie « 
Seibenbe  zu  tröften  ober  i^r  burc^  fromme  ®efj)räd^e  unb  ©ebete  bie  i^r  berfagte  Äirc^e  zu 
erfe^en.    ©ie  litt  bid  an  i^ren  iob  1750.    2)ie  Qfyt  tvax  ünberlo«  geblieben. 

©iebenze^n  ^a^re  ^atte  ,§eumann  mit  bcftem  Grfolg  feiner  ©c^ule  borgeftanbcn,  ate 
er  im  Sl^ril  1734  bon  bem  fgl.  I^annoberfc^en  ©rofebogt  ®erlac^  Slbolf  bon  SWünd^^aufen 
ben  Sefe^l  erl^ielt,  ba«  im  ^aulinerflofter  befinblicfe  ©^mnafium  zu  eraugurieren,  bamit  60 
bie  ®ebäube  be^felben  bei  ber  beborftebcnben  Eröffnung  ber  ©eorgia  3lugufta  zu  afa« 
bemifc^en  ^to^m  benu^t  toerben  fönnten  (f.  feine  Primitiae  Goettingae  academicae 
1738,  unb  Slöfeler,  ©rünbung  ber  Uniberfität  ®ottingen  1855).  SSeftimmt  l}aiU  .fr  er= 
toortet,  bei  ber  ©mennung  ber  orbentlic^en  ^rofefforcn  ber  2:I^eologie  berüdfficf^tigt  zu 
toerben,  ba  er  fc^on  im  anfange  be^gal^re«  1728  zu^elmftebt  nad^  rül^mlic^  beftanbener  66 
Prüfung  (öffentlid^  gleid^jcitig  mit  Wos^eim)  bie  SBürbe  cineö  tl^cologifc^cn  Doftor«  er^ 
langt,  fid^  ate  t^eologifc^en  ©(^riftfleller  in  ber  gelebrten  2öelt  rübmlic^  befannt  gemad^t 
unb  mebrere  Berufungen  (nad^  .^elmftebt,  ^ena,  Sln^bad^)  an^  Siebe  ^u  ®öttingen  ab- 
gelel^nt  ig^atte.  2)ennod^  fal^  er  fxd)  in  feiner  ßrtoartung  getäufc^t ;  benn  er  hjurbe  burcl^ 
fgl.  9lef!ri})t  bom  12.  Dftober  1734  zum  orbentlic^en  ^^rofeffor  ber  Sitterar^iftorie  in  berfio 


26  ^etttitanii 

^l^ilofo^j^ifd^en  unb  banebcn  jum  aufecrorbentlid^en  ?ßrofcffor  in  bcr  t^cologifd^en  golultät 
mit  Seibe^altung  feine«  bi^^erigen  ©eJ^alte«  ernannt.  SKan  toollte  il^n  für  feinen  regten 
2:^eolo0en  gelten  lafjen  unb  traute  i^m,  toeil  er  bi^l^er  mit  fo  berf(^iebenen  fingen  jtd^ 
befd^äftigt,  nid^t  ju,  bafe  er  ben  t^eologifc^en  SBijlenfd^aften  genugfam  gehmc^ffen  fei  (MS. 

6  @'6tt).  ©leiitoo^l  Ke|  er  [\d)  burd^  biefe  ^urüdfe^ung,  fo  fel^r  fte  aud^  feinen  ß^rgeig 
fd^menen  mod^te,  in  feiner  raftlofen  S^ätigfeit  nid^t  ^emmen ;  er  jeid^nete  fu^  bielme^ 
foh>ol^l  burd^  bie  ^ai)l  feiner  33orIefungen  unb  3«^örer,  al«  inxd)  bie  Slbfaffung  öon  ?ßro= 
grammen  unb  burd^  ben  SSorfi^  bei  öffentlid^en  t^eologifd^en  ®igj)utationen,  olj^ne  bagu 
ber})flid^tet  ni  fein,  felbft  bor  ben  Don  auötoärt«;  l^er  berufenen  orbentlic^en  ?ßrofefforen  ber 

10  Ij^eologie  (geuerlin,  Srufiug,  Dporin)  fo  fel^r  au«,  bafe  tl^m  bie  SRegierung  burd^  frei* 
ft)UIige  ®e]^altj«ulage  unb  mand^e  anbere  a3en>eife  be«  ffläo^ItooDen«  i^re  3«trieben^eit  gu 
erlennen  gab.  Sturer  einigen  j)l^iIofoj)l^if(^en  Sorlefungen,  mit  benen  er  abh>e(^felte,  lo« 
er  regelmäßig  über  bie  ßjegefe  be«  31  unb  9fl2:«,  fotoie  über  Sitteratur«  unb  Äirc^cus 
gefd^id^te.    ^ie  anregenbe  Sebenbigfeit  feine«  Vortrage«,  t)erbunben  mit  feiner  grünbli^cn 

16  unb  umfaffenben  ©ele^rfamfeit,  führte  i^m  mit  jebem  ^d^xt  eine  größere  Slnjal^l  bon 
3ul^örem  gu,  unb  in  bemfelben  ®rabe,  in  toeld^em  fein  S3eifatt  auf  ber  UniDerfttöt  ju« 
nal^m,  Verbreitete  ftd^  aud^  fein  SRu^m  unter  ben  au«h)ärtigen  ©elel^rten  burd^  feine 
©d^riften.  ^m  ^al^re  1745  jum  orbentlic^^en  ^rofeffor  ber  Ideologie  ernannt,  fo^  er 
enblid^  ba«  3^el  erreid^t,  nad^  bem  er  fo  lange  geftrebt  i}aa^,  aber  fc^on  im  ^oii)Xi  1758 

20  fal^  er  fid^  genötigt,  Dom  alabemifd^en  Sej^ramt  jurüdf^utreten,  tocil  er  bie  nad^  feiner 
eigenen  3lngabe  fd^on  bon  me^r  al«  fünfjig  ^Qi)xtn  gen)onnene  aber  bi«lber  au«  äußeren 
®rünben  jurüdfge^altene  Überzeugung,  baß  bie  Seigre  ber  reformierten  Jlirc^e  über  ba« 
äÜbenbmal^l  rid^tig,  Sut^er«  an^  bem  $at)fttum  behaltene  Seigre  bagegen  folfc^  fei,  auS 
ainlaß  feiner  erflärung  be«  1.  Äorint^erbriefe«  (lu  1  Äo  10,  16.  17  unb   11,  23—25) 

26öffentlid^  au«jufj)red^en  fid^  betpogen  fanb.  —  5Die  Slbfic^ft  i^eumann«  tpurbe  fuig  t>or 
bem  ©rfd^einen  bc«  ffierfe«  ber  Stegierung  in  ^annoDer  befannt,  h)e«^atb  er  e«  für  ae« 
roten  l^ielt,  in  einem  au«fül^rlic^en  ©d^reiben  an  ben  Äurator  ber  UniDerfität,  ben  9leic$«s 
freil^erm  bon  SMünd^l^aufen,  feine  3lbn>eid^ung  bom  Se^rbegriff  ber  lut^crifd^en  Äird^e  felbft 
offen  barjulegen  —  mit  ber  Sitte,  i^n  glei^tüo^l  in  feinem  tl^eologifd^en  fiel^ramt  ju  U- 

30  laffen,  eventuell  i^m  feine  frühere  ©teDe  in  ber  )}J^ilofo)}^ifd^en  ^afultät  n)ieber  ju  geben 
(ben  31.  Sluguft  1758).  2)ie  SSerfud^e,  i^n  ^um  Slufgcben  feiner  3lnfic^t  ju  belegen, 
blieben  erf olglo«.  3)agegen  bcrftanb  er  ftd^  baju,  bie  anftößigen  ©teilen  auf  brei  nod^  nidj^t 
ebierten  3)rudEbogen  feine«  SBerfe«  ju  faffieren  unb  umbruden  ya  laffen.  5Rad^bem  aber 
inxjoifd^en  aud^  eine  Älage  ber  t^eologifd^cn  ^fultät  tüegen  Serlc^ung   be«  3lmt«gel^eims 

36  niffe«  gegen  il^n  beim  Äuratorium  eingelaufen  n)ar,  tourbe  ip.  heranlaßt,  um  feine  Smeri^ 
tierung  m  bitten,  bie  i^m  benn  aud^  unter  rü^mltd^er  2lnerfennung  feiner  Seiftungen  unb 
Serbienfte  mitSelaffung  feine«  9langc«,  ©ehalte«  unb  anbcrer  aSergünftigungen  ^ulbt)onft 
erteilt  tourbe,  nad^bem  er  „^eiliglic^  unb  untert^änigft  berfJ)roc^en,  baß  er  feine  Stnfid^t 
lünftig^in  toeber  öffentlid^  nod^  l^eimlicf^  lehren   unb  berteibtgen,  —   au^   fonft  in  theo- 

40  logicis  nid^t«  Jjublijieren  toolle,  h)a«  ber  sanae  et  in  ecclesia  Luth.  receptae 
doctrinae  im  minbeften  entgegen  ju  fein  aud^  nur  fd^einen  möchte"  (nad^  ©öttinger 
atlten  bon  Sluguft  bi«  Df tober  1758).  ©eitbem  befd^äftigte  er  ftd^  in  ungeftörter 
9Kuße  teil«  mit  ber  93ollenbung  einiger  litterarifc^er  arbeiten,  teil«  mit  Drbnung  feine« 
5Ra4>laffe«.    ©eine  frül^er  äußerft  fräftige,  burd(>  ftrenge  ®iät  unb  regelmäßige  S3eh)egung 

16  fonfert)ierte  ©efunb^eit  erlitt  ^ule^t  me^rfad^e  Störungen  burd^^  fc^lagä^nlid^e  anfalle ;  er 
ftarb  nad^  fur^er  Äran%it,  faft  83  ^a^re  alt,  am  1.  3Kai  1764. 

§eumann«  litterarifc^c  2:^ätig!eit  toax  fo  umfaffenb,  baß  bie  2lufjäl^lung  feiner 
©c^riften  bei  feinem  S3iogra})^en  Gaffiu«  nic^t  toeniger  al«  134  ©eiten  einnimmt;  fte  er^ 
ftredte  fic^  auf  3:^eologie,  auf  bie  Äritif  (Parerga  critica,  3j^n<^1712,  8^),  auf  bie  p^u 

60  lologifc^e  ^Bearbeitung  einiger  ©4>riftfteller  au«  ber  römif4>en  Sitteratur,  auf  bie  (Sefd^ic^te 
ber  ^l^ilofopl^ie  (Acta  philosophorum,  b.  i.  grünblid^e  9ia4>ric^ten  au«  ber  historia 
philosophica  (§alle  1715—1727,  18  ©tüdte  in  3  Sänben,  8"),  unb  tjorjüglic^  auf  bie 
Sittcrärgefc^id^te,  um  bie  er  fid;  burd^^  ba«  Schediasma  de  anonymis  et  pseudo- 
nymis  in   2  Sudlern  (Qena  1711,  8"),   bie  Epistola   de   circulatoria   litteratorum 

66  vanitate  (Amstel.  1716,  8*"),  bie  Bibliotheca  historicä  academ.  (1738),  bie  ^erau«- 
gäbe  ber  SiograJ)l^ien  einiger  ©cle^rten  unb  bor  allem  burd^  feinen  fel^r  gefc^ä^ten  unb 
toieber^olt  neu  aufgelegten  Conspectus  reipublicae  litterariae  s.  via  ad  historiam 
litterariam  (Hannov.  1718,  ed.  7,  ibid.  1763,  8^  unb  ^ule^t  noc^  t)on  e^rin^  in 
2  8änben,1791— 1797)  große  aSerbienfte  erworben  f^at  35on  feinen  tl^eologifd;cn  ©d^nften, 

ßo  loeldS^e  l^ier  ISföul)tfädS>lidS>  in  Setrad^t  lommen,  t>erbient  junäc^ft  feine  Überfe^ung  be«  511« 


^ettmautt  27 

(§annot)er  1748,  2.  aiuggabe  1750,  2  Sbe  8**),  l^crborgel^oben  ^u  Serben,  toeil  er  mit 
berfclben  ntd^t  nur  in  einer  Mt  auftrat,  in  \vdd)QX  bie  SebenfUc^feit,  ob  e^  über^auj)t 
erlaubt  fei,  ber  Überfe^ung  ^ut^er«  eine  neue  an  bie  ©eite  ju  ftetten,  nod^  leine^toeg« 
übertounben  h>ar,  fonbem  aud^  beftimmt  ben  ©runbfa^  an^pxad),  baft  ber  Überfe^er 
neben  ber  treuen  Übertragung  bc«  ©innc^  jugleid^  ber  möglid^ften  ^eutlid^Ieit,  fotpie  einer  6 
ni^^t  nur  reinen,  fonbem  aud^  feinen  unb  üerlid^en  ©d^reibart  fid^  befleißigen  muffe. 
S)iefcr  berbienftlid^en  unb  tro^  mancher  tabeinbcn  angriffe  (toorüber  bgl-Gafftu«©.  414  ff.) 
im  ganzen  mit  SeifaH  aufgenommenen  arbeit  (bgl.  Acta  hist.  eccl.  73,  ©.  103 ;  ©d^röd^  7, 
6.  603 f.;  aRe^er,  ©efd^id^te  ber  ©c^rifterfl.,  IV,  389)  ne|  er  bie  erllärung  be«  9i^« 
folgen,  todc^fe  Don  1750  bidl763  ju  ^annoDer  in  12  Dltabbänben  erjd^ien  unb  feine  Über-  lo 
fe$ung  im  einzelnen  begrünben  unb  red^tferttgen  fottte.  Stu^e^cnb  bon  ben  ©runbfäjen 
ber  grammatijd^-l^iftorif^en  3interJ)retation,  tvk  er  ftc^  biefelben  gebilbet  l(^atte,  beurteilt  er 
bie  Meinungen  frül^erer  (Sjegeten,  erörtert  ben  S35ortfinn  unb  geigt  Vertrautheit  mit  bem 
©prac^ebraud^e  ber  Sibel  unb  eine  grünblid^e  Äenntni«  ber  ©efd^ic^ite  unb  ber  Sllter* 
tümer.  2)od^  ^at  er  fid^  feine^toeg«  bon  aller  bogmatifc^en  Sefangenl^eit  frei  erhalten  unb  i5 
giebt  nid^t  feiten  t)araboje  unb  gefud^te,  jum  teil  unl^altbare  Deutungen.  Site  9Jad^trag 
unb  ergänjung  ju  biefem  SBerfe  fmb  bie  nad^  feinem  3^obe  erfd^ienenen  „Stnmerfungen 
über  feine  feruärungen  be^  9J2:«"  (®öttingen  1764)  unb  bie  „succincta  interpretatio 
apocalypseos  Joannis"  (Francof.  et  Lips.  1764,  8'),  ju  betrad^ten.  3Siele  einzelne 
gtagcn  au«  bem  ©ebiete  ber  alt^  unb  neuteftamentlid^en  ßjegefe  unb  ber  biblifd^en  SÖters  ao 
tümer  ^ai  §eumann  in  feinen  Programmen,  3)iffertationen  unb  3lbl^anblungen  bel^anbelt, 
f.  ßajfiu^  unb  bie  unten  ju  nennenben  ©ammlungen.  9Jeben  ber  Sjegefe  ^at  er  fid^  auc^ 
mit  fird^en^iftorifd^en  ©tubien  fleißig  befd^äftigt  unb  t)iele  bunlle  unb  jtoeifel^afte  fünfte 
(au^  ber  ^atriftil,  SReformation^^,  ^Pa^ftgefd^i^te,  t^eol.  Sittcraturgefd^i^te  u.  f.  to.)  burc^ 
einzelne  feiner  jaijilreic^en,  teite  in  geitf^riften  ober  Oelegenl^eit^fc^riften  jerftreuten,  teite  26 
in  ©ammlungen  bereinigten  Programme  unb  Slbl^anblungen  ani  bem  ©d^a^  feiner  im- 
menfen  SelefenJ^eit,  unb  nid^t  jelten  mit  glüdlid^^em  Erfolg,  aufzuhellen  berfud^t.  3m 
ganjen  toirb  bie  gal^l  jeiner  3)i^utationen  auf  71,  feiner  Programme  auf  117,  feiner 
geleierten  Slbl^anblungen  in  3<^itf4^f*^"  ß^f  153  angegeben:  ba«  meifte  babon  ift  ent* 
lolten  in  ben  brei  bon  i^m  felbft  beranftalteten  ©ammeltoerfen:  Poecile,  3  t.,  $alleao 
1722—1731;  Sylloge  diss.  4  Partes,  ©öttingen  1743—1750;  Nova  sylloge  diss. 
p.  I  unb  II,  SloftodTunb  SBi^mar  1752  unb  1754.  —  SSon  bleibcnbem  SBerte  ift  feine 
©öttinger  ©d^ulgefc^id^te,  bie  oben  in  ben  Duellen  citiert  h)urbe. 

Dogmatil  l^at  §.  in  ©öttingen  niemals  gelefen  „au^er  im  3lnfang,  ba  fein  anberer 
ba  toar",  unb  gtoar  nad^  bem  Äom^enbium  be^  33ubbeu«;  auc^  unter  feinen  ©d^riften  36 
befinbet  fid^  faft  feine,  toorin  er  eine  bogmatifc^e  3Katerie  au^efül^rt  f)ätU,  ®efto  größere« 
auffeilen  erregte  bie  furg  nad^  feinem  lobe  erfd^ienene  ©d^rift:  D.  6.  3t.  $eumanng  Sr* 
toeife,  ba^  bie  Se^re  ber  Sieformierten  ftird^e  Don  bem  ^eil.  Slbcnbma^le  bie  rechte  unb 
too^e  fei,  ßi^leben  unb  SBittenberg  1764,  8^  80  ©.  ^afe  bie  beiben  2)rudforte  ftmu* 
liert  feien,  um  „burd^  biefen  toi^lofen  3Kutn>illen  mit  bem  Slnbenfen  Sutl^erg  Bpott  ju  40 
treiben",  erfannte  man  fofort;  aber  aud^  ber  ungenannte  §erau^eber  n>urbe  balb  be* 
lannt  —  ber  berliner  $ofj}rebiger  unb  Äonf.=5lat  21.  ^r.  2ß.  ©adf,  bem  ß.  fein  9Ranus 
ffri^jt  fd^on  1762  mit  bem  Serlangen  jugefd^idEt  l^atte,  baöfelbe  bruclen  ju  laf[en,  unb  ber 
nun  nad^  be^  Serfaffer^  3:ob  ftc^  für  berpflid^tet  ^ielt,  „ben  au^brücfli^en  legten  SBiHen 
be«  feiigen  9Rannc«  ju  erfüllen",  tiefer  felbft  l^attc  gtt)ar,  tvk  er  ©.  27  feiner  ©d^rift  4& 
befennt,  im  ^afyci  1758  bei  feiner  ©meritierung  feinen  Dbttn  bie  S^f^Ö^  Ö^öcben,  „feine 
5Weinung  nid^t  anberen  ju  fagen  unb  nic^t  fortjupflanjen" ;  aber  er  ift  fo  nait),  l^injuju- 
fe^en:  id  tarnen  ut  perpetuo  facerem,  a  me  impetrare  non  potui.  iUelme^r 
i)ublijiert  er  je^t  nid^t  blo|  bie  früJ^er  auf  Sefe^l  be«  Äuratorium^  faffierten  äbfd^nitte 
feiner  ßrflärung  be«  1.  Äorint^crbrief^,  fonbem  fud;t  aud^  feine  33c^au))tung,  bafe  bie  lu«  öo 
t^erifd^e  äbenbmai^tölel^re  eine  im  ^öd^ften  ©rabc  abfurbe,  bie  reformierte  aber  bie  ber« 
nünftige  unb  ^ugleidj^  fd^riftmägige  fei,  no6^  toeiter  ju  erh)eifen  —  freilid^  nid^t  folDO^l 
burd^  ejegetifcpe  ober  bogmatifd^e  ©rünbe,  ate  Dielmcpr  burc^  eine  ^öd^ft  oberflä^lid^e  unb 
leichtfertige  3wfö"^*"«nft«lf«"9  bon  angeblid^en  2luftoritäten,  öon  alten  unb  neuen  3:^eo= 
logen  unb  Saien,  bie  teite  öffentlid^,  teite  l^eimlic^  für  bie  reformierte  ober  gegen  bie  lu^  66 
t^erifc^e  älbenbma^telel^re  ftd^  au^ef)}ro4>en  ober  aud^  nur  burcf^  i^r  ©c^n)eigen  i^reÄtn« 
neigung  )u  erfterer  berraten  ^aben  follen.  ^um  ©d^Iu^  ma4>t  §.  ben  prattifd^en  ^or« 
f^lag,  ba^  ©c^iöma  ^toifc^en  Sieformierten  unb  Sutl^eranem  baburd^  ^\i  l)cbm,  bafe  jene 
i^  decretum  absolutum,  biefe  bie  lutl^erifd^e  Slbenbma^tele^re  aufgeben.  Sein  SBunber, 
ba^  biefe  ©d^rift  —  nic^t  burc^  bie  Sieul^eit  ober  ©d^ärfe  xi)x^  Setüei^fü^rung,  too^l  aber  co 


28  ^eumanu  ^eufc^reife 

burd^  bic  Äccf^eit  tl^rer  ScJ^auj^tunflen,  burd^  bic  Sd^toäd^c  i^rcr  Soflü,  bie  Unjart^eit 
i^rer  ^orm,  bcfonber^  aber  burd^  bic  gcrabcju  mölitiöfc  Scrbäd^ttgung  angefcl^encr  lut^e^ 
rifd^cr  3:^coIogen  uuflcl^cure^  3(uffc^en  erregte  unb  eine  %l\xt  bon  ©ntgeöttungen  unb  2Bibers 
legunggfd^^riften  ^erDorrief  —  t)or  allem   eine   Öffentliche  Srflärung   ber  ©öttinger   ^^o: 

B  logenfafultät  in  ben  ©g2l  t)om  5.  S^H  1764  (©tüdSO),  tüorin  bie  §eumannf^e  Schrift 
ol^  eine  ber  Uniberfität  toie  beren  Äuratorium  zugefügte  Seleibigung  auf«  tieffte  beflagt 
unb  ^öc^ften^  aug  ber  bei  bem  STerfafJer  in  feinem  ^o^en  3Hter  eingetretenen  ©d^toäd^c 
ber  Serftanbe^fräfte  entfd^ulbigt  tüirb.  Unter  ben  tüeiteren  Streitfd^riften,  bie  ber  .&cu- 
mannfd^e  Srtpei^  l^eröorrief  (t)on  31. 35.  ©rulid^,  6.  ®.  .^ofmann,  ©.  £.  Sflbani,  3. 2).  6ube, 

10  ©.  ©.  gange,  3-  3-  ^K**,  6.  3t.  griberici,  6l^r.  93auer,  nebft  berfd^iebenen  anonymen, 
bgl.  (Smefti,  2:^eoI.  g3ibl.,  33b  5  u.  6)  finb  h)o^I  bie  beiben  bebeutenbften  bie  Don  bem 
genenfer  3-  ®-  3BaId^,  gena  1765,  unb  bie  Don  3.  3t.  Smefti,  Brevis  repetitio  et 
assertio  sententiae  Lutheranae  etc.,  2eiJ);\ig  1765,  4^  unb  in  beffen  Opusc.  theol. 
p.  135  ff.    3«  geringer  be^  S3uc^e^  hjifjenfd^aftlid^er  2öert,  bcfto  mebr  iuar  e«  bun^  bic 

16  3lrt  feinet  ©rfd^cinen«,  burd^  ben  3Bibcrf)}rudE^,  ben  eg  I^erborrief,  aber  aud^  bie  teiltoeifc 
3uftimmung,  bie  e^  fanb,  ein  3^^^"  ^^^  3^'^  ""^  ^^"  3?orgeid^en  ber  jc^t  (feit  1765  ff.) 
über  bie  beiben  et)angeltfc^en  Äird^en  gleid^mä^ig  ^creinbred^enben,  äße  fonfeffioncHcn  Untere 
fd^eibungölcl^ren  ^intücgreifeenben  %lut  ber  3lufflärung.  —  3Son  §eumann^  übrigem  littc^ 
rarifd^en  9Ra4>Ia^,  über  ben  er  berfc^iebene  teftamentarifd^e  3Serfügungen  traf,  ^at  fi^  nur 

20  fein  gel^altrcid^er,  mel^rere  taufenb  Sriefc  au^  ganj  2)eutfc^Ianb  umfaf[cnber  35riefh)cd^fcl 
erhalten,  ber  auf  ber  fgl.  33ibIiot^ef  ju  A^annoöer  aufbetDahrt  n>irb.  33riefe  t)on  tl^m 
felbft  fmb  gebrudft  in  bem  Thesaurus  epist.  Gesnerianus  ed.  Klotz  unb  a.  a.  £)., 
anbere  j^anbfcf^riftlic^  auf  ber  ©öttingcr  35ibIiot^ef.  {»Vtpptlf)  ?.  Xfi^aifert. 

^eufc^reife.  fiittcratur:  ^otftart,  Hierozoicon  11,  4,  1;  Srcbner,  5)cr  ^ropW 
26  3oeI,33eilQge  6.161  ff.;  9?ofenmüaer,  3llte§unb  neueS  ^Diorgcnlanb  IV,  6.370  ff.,VI,©.289ff.; 
bcrf.,  3nicrtumS!unbe  IV,  8.  386  ff.;  23urft)arbt,  ^öemerfungen  über  bic S3ebuincn,  8.375 ff.; 
bcrf.,  ^trabien,  8.162;  Seesen,  JReiten  1,8.346;  3BcJftein,  SReifeberidjt  über  ben^auranjc, 
8.  43;  berf.  in  3)eli6fcf)  Äommentar  ^u  .{lo^elieb  unb  ^rebigcr,  8.  446;  Nobler,  Sf^ajoret^, 
8.  23 f.;  Xriftrani,  Natural  history  of  the  bible,  8.  306 ff.;  5)inniann,  Kommentar  ju  fieo. 
30  11,  22;  9?üiuaff,  ^ebr.  3(rc^äüIüC|ic  I.  8.  85  unb  115;  bic  ?ht.  ber  53ibchoörterbüd)er  Don 
8d)enfef,  ^^icner,  $Hict)m.  —  gär  iucitcve  Sittcvniur  tjgl.  ^iflmann  ju  2eö.  11,  22. 

I)ie  §eu(d^rcdtcn  hjcrbcn  Don  bem  ©^ftematifer  ber  3:ierh)elt  in  Set).  11,22  gcred^nct 
j\u  ben  33ögeln,  genauer  im  Unterfd^ieb  t)on  anberen  SSögeln  gu  ben  „f leinen  geflügelten 
gieren,  bie  auf  t)ier  5^ü^en  gc^en".    Diefe  ganje  ®ruj)j)C  t)on  3:ieren  ift  unrein  mit  )äu^ 

36  naf^mc  berer,  „treidle  jtüci  über  il^re  Jyüfec  enn^orragenbe  .Hinterbeine  baben,  um  bamit 
auf  ber  (grbe  ju  Rupfen";  t)ier  3lrten  biejer  3:iere  (f.  u.)  finD  ben  3^i^<*^^it^"  jw  ^f\^ 
erlaubt.  3)amit  f^at  ber  Serfaffer  ba^  am  meiften  in  bic  3lugen  fjjringcnbe  c^araftcriftifc^e 
3KerImal  ber  .^eufc^recten  richtig  angegeben :  ba^  l^intere  ^^aar  il^rer  ferf^^^Jüfee,  bieSpring^ 
fü^c,  ift  bebeutenb  länger  al^  bie  anberen.    Sonft   ift  für  bie  ,s5euf(^rede   nod^  c^arafte= 

40  riftifd^  ber  fenfred^t  niebcrgebogcne  Süj)f  mit  ftarfen  ^rcfehjcr^^cugcn  unb  jtüci  gül)l^ömem, 
bie  grojien  3lugen,  ber  .^al^fcf^ilb  unb  ber  a\i^  neun  Stingeln  gebilbcte  Seib.  2)ie  Dier 
^lügcl  finb  jiemlid)  gletd^  lang,  bic  l)intercn  finb  bebeutenb  breiter  al^  bie  borbercn  (f. 
3lbb.  bei  SRiel^m,  .öanbtüörtcrbud;  ©.  624  f.). 

3lad)  ber  33egattung  legt  baö  SBcibrf^en  mit  bem  Scgcftad^cl  feine  Sier  in  bie  lodtcrc 

46  @rbc.  3^"  ?fcül>ial^r,  tücnn  bie  Sonne  ben  ©oben  burd;h)ärmt  hat  (in  ©^rien  nad;  aBe|= 
ftein  bei  Deli^fd^  .s>obclicb  ©.  446  fcbon  -Dlitte  '^Mx^),  jdBlüjjfcn  bic  tpcifeen  ober  fc^lt>ar= 
jen  ober  grünlid^  gefärbten  3""9^"  ^"^  "^  ^cr  ©rö^c  lr>ic  fliegen,  in  ber  ©cftalt  fd^on 
gan^  tüie  bic  auögclDacbJcncn  ,v>cufd»rcdcn,  nur  oljnc  bic  äußeren  ©cjc^lccbt^teilc ;  and}  bic 
^lügel  feilten  i^nen  noc^,  unb  nur  ein  $aar  Rn5j)fd^en  bcjeid^ncn  ibre  jufünftige  Stelle. 

60  Si^  ju  il^rer  DoHfommenen  Slu^bilbung  muffen  fic  üicr  .sSäutungcn  burcbmac^cn,  nac^  ber 
britten  treten  bic  äu^ertidben  ©cjcblcc^t^tcile,  namcntlid»  beim  3Bcibc^eu  ber  ficgeftad>et, 
^ert)or;  aud^  bic  ^lügel  erbeben  fid;  fentrccbt  auf  bem  ^)lüdcn  ber  «C^eufc^rede,  aber  fic 
finb  nod^  in  jtüci  leberartige  Scbciben  gebüßt.  6rft  nac^  ber  Uicrten  \^äutung  fönnen 
fic  fliegen.    9cac^  3Be^ftein  (a.  a.  D.)  i^oH^^icbt   fid)   bicfcr  i)ierfad>c  .»päutungi^^roi^c^   in 

66  Serien  fo  rafc^,  bafj  bic  ,^cufd^redenJd;on  bon  SJJittc  2fpril  an  ^ur  Segattung  fc^rciten 
fönnen;  in  ^ci^eren  Säubern,  j.  35.  3igvj)tcn,  gebt  bicfc  ßnttüidctung  nod^  tiWa^  rafc^er 
bor  fic^. 

3?on  ben  Dcrfd^icbcncn  Strten  ber  .?)eufd^rcdc  fommcn  für  ^^aläftina  unb  Serien  gc^ 
rabe  bie  gefä^rlid^ften,  bie  beiDcn  .^>auptartcn  ber  ^u^-  ober  2Banbcrl^cufd;rcdcn  üorjug^ 


tDcifc  in  Sctrad^t:  Acridium  peregrinum,  bie  tartarifd^c  SBanbcr^cufd^rcde,  unb  Oedi- 
poda  migratoria  (f.  2lbb.  bei  SRic|m,  §anbh)örterbud^  625).  2Ba^  bicfc  Spiere  jur  gc* 
fö^rlid^en  $Iage  mac^t,  ift  i^rc  gro^e  ©cfiä^igfeit,  bic  in  allen  ©tabien  i^rcr  @ntn>icfelung 
glei(^  ift,  unb  bie  3J?affen^aftigteit  i^re^  Sluftretenö.  2Benn  ber  au^  ber  SBüfte  fommenbe 
SBinb  (Sj  10,  13)  ben  nad^  SKiHionen  jä^lenben  gejd^Ioffencn  ©d^toarm  {Bpx  30,  27)  6 
burc^  bic  £uft  fü^rt,  t)erfinftcm  fie  bie  ©onne  hjie  jd^hjere  Söolfen  (^[oel  2,  2).  ®a3 
laut  fd^narrenbe  ©etöfe,  toelc^e^  ba^  ^wf^mmenfc^lagen  ber  Slügel  ^ert)orbringt,  tönt  toie 
aBagengeraffel  ober  ^agclgepraffel  (goel  2, 5 ;  Dffcnb.  9, 9).  2Bo  fid^  ein  fold^er  ©d^toarm 
nicberlä|t,  ba  ift,  n>ie  ic^  jelbft  fc^on  ju  beobad^ten  ©clegenl^eit  ^atte,  in  Klrjefter  ^ft 
aHe^  ©rün  ber  ©arten  unb  ©aaten,  ber  Säume  unb  ©träud^er  aber  aud^  ganj  t)olIftänbig  lo 
öerfc^tounben,  fogar  bie  nod^  ^arte  SRinbe  ber  33äume  toxxh  abgenagt.  „3Sor  i^m  (bem  §eus 
fc^redfen^eere)  ift  ba^  Sanb  ein  ^Parabiefe^arten,  hinter  i^m  eine  öbe  Sßüfte"  (3ioel2, 3). 
3)ie  jungen  ©enerationen  aber,  bie  nod)  ungeflügelt  finb,  marjd^ieren  in  bid^ten  3"Ö^  ^m 
Soben  toeitcr.  ©ie  bebecfen  bie  @rbe  boUftänbig,  oft  noc^  übereinanber  fried^enb;  nic^t 
einmal  für  ben  §uf  bc^  5ßferbe^  ift  freier  ^la^.  Äein  .'pinbemi^  Vermag  'H^x  Sorbringen  is 
aufzuhalten:  in  ©räbcn  toerben  bie  Dorberen  einfadfi  l^inuntergebrängt  fo  lange,  bi^  fie 
aufgefüllt  finb  unb  bie  nad^folgenben  ebenen  gufee^  über  bie  ^ineingeftürjten  ^intoegjiel^en 
!önnen;  3Jlaucm  unb  ©e^ege  toerben  überftiegcn;  burd{>  Drtjcf^aften  gel^t  c^  in  geraber 
fiinie  ^inburd^,  in  bie  §äufer  bringen  fie  burc^  2!^üren  unb  »Jenfter  ein  (6job  10,  6; 
3oeI  2,  9);  nid^t^  bringt  fie  t)on  ber  einmal  eingefc^lagenen  3^id^tung  i^rc^  3^0^  ^^  20 
(3ocI  2,  7). 

Unter  biefcn  Umftänben  rid^tcn  aud^  bie  mand^erlei  ?!Kittel,  mit  benen  bie  Säuern 
ibre  Pflanzungen  gu  fc^ü^cn  t)erfud;en,  auf  bie  3)aucr  nid;t^  au^.  ©ro^e  ©räben,  bie 
man  jicl^t,  unb  mächtige  gcuer,  bie  man  anjünbet,  vermögen  am  el^eften  ben  Bd)Waxm, 
toenn  er  nic^t  ^n  mäd^tig  ift,  abui^alten.  3luc^  bie  natürlichen  geinbe  ber  §euf^reden,  26 
befonber^  ber  Stötl^elfalf  unb  bie  3lojenbroffel  (Turdus  roseus),  bie  ben  3^g«n  folgen 
unb  eine  gro|e  9)lcnge  §euf4jreden  berfc^lingen,  rid^tcn  ber  SJJaffe  gegenüber  nid^^t  t)iel 
au^.  3lm  gefä^rlic^ften  h)irb  i^nen  ber  Siegen;  bie  9Wffe  t)ernic^tet  bie  @ier  unb  tötet 
bie  au^gen)a(f|fenen  iiere.  2lber  bie  t)ern)efenben  fieid^name  berj)eften  bann  bie  Suft  unb 
^  cntftel^en  firanf^eiten  (bgl.  ^od  2,  20).  3tm  grünblic^ften  toerben  fie  beseitigt,  toenn  so 
ber  2öinb  fie  padt,  bem  gegenüber  fie  toe^rloö  fmb  (bgl.  ^j.  109, 23)  unb  in«  9Keer  ober 
in  ©een  toirft  (bgl.  ßjob  10,  19 ;  Qoel  2,  20). 

3)ie  .^eufc^rerfen  finb,  toie  ertoä^nt,  in  &i)  11,  22  ate  reine  eßbare  3:iere  bexeid^net; 
cbenfo  toerbcn  fie  bann  im  31%  aU  ©peife  ^oi^anneö  be^  2^äufer^  erh)äl;nt  (5IJct  3,  4; 
9Rc  1,  6).  9?o(^  je^t  n)erben  im  Orient  in  5DJi^ia^ren  au^  älrmut  §eujd^reden  gegeben;  86 
man  brät  fie  in  Sutter,  ober  fod^t  fie  in  ©alzh)affer,  ober  börrt  fie,  mac^t  fie  ju  SKe^l 
unb  üerbadt  biefe^  m  Äuc^en.  ©en)ö^nlic^  ioerben  Äo)}f,  plügel,  ^fee  unb  ©ingetoeibe 
entfernt.  Sei  ben  2lff^rem  tourben  fie  aU  fiedferbiffen  gef^ö^t,  n>ie  eine  älbbilbung  im 
5|?alaft  ©anl^erib^  ju  Äuiunbfd;if  jeigt,  h)0  neben  JJrüc^tcn,  2BilbJ)ret  u.  a.  aud^  getrodnete, 
an  Stäben  aufgereil^te  $eufd;reden  jur  föniglid^en  a^afel  gebrad^t  toerben  (fia^arb,  9Jinit)e  40 
unb  Sab^lon,  beutfc^e  Slu^g.  bon  3cnfer  ©.  259  u.  SEafcl  XIV).  ©eröftete  §eufd^reden 
fc^ecfen  auc^  h)irtlid^  gar  nid^t  fo  übel. 

Sei  bem  häufigen  Stuftreten  ber  §eujd^rcden  in  ^aläftina  ift  eö  felbftberftänblid^,  bafe 
fie  im  312^  i^äufig  genannt  unb  ju  bilblid^en  2tuöbrüden  üerloenbet  Serben,  namentlich 
in  ben  $ro»)l;eten.  ©0  fmb  fic  ein  Silb  ber  ^a^llofcn  5Kenge  CJli6,5;  7, 12;  3ier46,23;  45 
9?e^  3,  15;  ©ir  43,  17;  ^ubit^  2,20),  ber  Älcin^eit,  Unbcbcutcnb^eit  unb  Scrgängli4>= 
feit  (diu  13,  34;  3ef  40,  22;  «Pf  109,  23;  5Re^  3,  17),  ber  ©ier  (3ef  33,  14;  SDeut 
28,  38),  be^  Serberben«  (9li  6,  5;  ^er  26,  43;  2tm  7,  1  u.  a.).  3^r  (gin^erjie^en  in 
gefcblofjenen  ©d^^aren  toirb  $rob  30,  27  befc^rieben,  il^r  ©))ringen  §i  39,  20;  n>ie  im 
Si)nngen,  fo  in  ber  ©eftalt  öerglid^  man  fie  mit  ^f erben  föoel  2,  4;  Wpol  9,  7).  3)ie  60 
§cu|c^recfen)}lage  gehört  fte^enb  m  ben  angebro^ten  göttlichen  ©trafgeric^ten(Deut28,38; 
1  Äg  8,  37 ;  Slm  4,  9  u.  0.).  6ine  ^od^))oetif4>e  ©d;ilberung  eine«  §eujc^redEenjc^toarme« 
unb  ber  bon  i^m  angerid^tcten  Serh)üftung  giebt  ber  ^ro^jl^ct  3loel  {^a^.  1  u.  2). 

2)a«  311  l^at  jur  Sejeic^nung  ber  §eufc^reden  eine  ganje  SBienge  9lamen.  ®er 
^upgfte  ift  ~?7^,  ba«  al«  Sejeic^nung  ber  .^eufd^recfe  über^auj)t  (j.  S.  @j  10,  4  ff.),  66 
toie  aU  Sejeic^nung  einer  einzelnen  2lrt  ftel^t.  ^ann  ift  bamit  toa^rjc^cinlicl;  bie  piegenbe 
^ugl^eujc^recfe  (gryllus  migratorius)  gemeint,  h)elc^e  nacf^  9üebul;r  (Strabien  XXXVII) 
noc$  jei^t  biefen  3?amen  in  Sagbab  unb  3Kaefat  fül;ren  foll.  Seü  11,  22  h)erben  ba^ 
neben  c^^c,  b:.^n  unb  ^?n  genannt.  Der  3^1^^  '^^r*;^  „nad^  jeiner  3lrt"  ^eigt  beutlicl^, 
ba^  nidj^t  bie  berfc^iebenen  ©nttoidelungeftabien  ber  §eufd^rcde  gemeint  finb,  fonbem  öer^  eo 


30  ^atfc^reite  ^ecen  ttnk  ^q[eii)m)e{fe 

fiicbene  arten  Don  fold^en.  Übrigen^  foinmt  aud^  ^n  afö  angcmeinbejeu^nunö  ber  §eu= 
f^recfc  t)ar  (9lu  13,  34  u.  o,).  S)ie  9?amen  in  3ocl  ct;,  ns-^,  pb;:,  b-cn  (i^  4;  2,25) 
batf  man  toeber  auf  bte  »erfAiebcnen  ©nttüidfclung^l^afen  (h>te  bte  öofd^icbcne  Änotbnuna 
in  beiben  ©teilen  geigt),  nocp  aud^  auf  berfc^fiebene  arten  ber  ^eufc^rofe  beuten.    3taq 

6  2)eut  28,  38  ift  ^''Qn  ein  bon  ber  ©efrä^igfeit  be^  Spiere«  hergenommener  öolfötümlid^er 
au^brucf  für  bie  ^euid^rede:  ,,ber  Treffer"  (t>gl.  1  Äg  8,  37;  $f  78,  46).  S)a«felbe 
toirb  aud^  i)on  ben  beiben  anberen  äu^brürfen  gelten,  bie  ebenfall«  fonft  ate  8ejei(^s 
nung  ber  ^eujd^retfen  überhaupt  bienen  (2lm  4,  9;  3la^  3,  16;  ^n  51,  27).  ©o  pxo^ 
faif(9  ^ier  eine  naturtoiffenjd^aftlid^  forrefte  SlufjäJ^lung  ber  ^eujd^redfenarten  ober  QnU 

10  toicfelungdftabien  toärc,  fo  toirifam  ift  bie  Häufung  bon  folc^en  t)oIfötümIid^en  3[u«brüden, 
um  bur^  fie  ben  allgemeinen  Segriff  §eufd^recfen  ju  erfc^öpfen.  9le^men  h)ir  baju  nod) 
:a^^  unb  :iv.  Qef  33,  4;  am  7, 1;  5Ra^  3,  17  unb  Diefleid^t  auc^  b^'*:!??  „ber  ©d^toarm" 
(3)t  28,  42,  bielleid^t  Scjeid^nung  einer  Ääferart),  jo  je^en  toir  in  biefem  ©tüd  einen 
au^erorbentlid^en  SReid^tum  Don  ©^non^mcn  in  ber  ©j)rad^c,   h)ie  bei  toenig  anberen  85 

r^  griffen.  S)a3felbe  erllärt  ftd^  aber  leidet  au«  ber  SloIIe,  toelc^e  gerabe  bie  ^eufd^rede  für 
alle  £anbe«teile  jj)ielte.  3)ie  Vermutung  legt  fid^  übrigen«  na^e,  bafe  biefc  Slamen  jur 
3eit  urfj)rünglid^  Derfc^iebenen  2)ialeften  x^p.  öerfc^iebcnen  ®egenben  angehörten,  unb  man 
toirb  juJ^  fragen,  ob  nicbt  aud^  bie  3?amcn  in  Set)  11,  22  öpnlid^en  Urfi^rung«  fmb  unb 
erft  fröter  t)on  bem  ©^ftematifer  unb  (Sele^rten  gu  Slrtbejeid^nungen  geftem))elt  tourben. 

20  JBensinger. 

^entla  f.  S3b  I  S.  765,62. 

^eUtter  f.  Jtanaaniter. 

^tfoH^la  f.  Drigene«. 

^rjen  utib  $r£eti)iro}effe.  —     l.   Slllgm.  fiittcratur:    eberl^.    ^amb  Raubet. 

26  Bibliotheca,  acta  et  scripta  magica,  ober  ^{ac^ric^ten  von  {oId)en  ^üc^ern  unb  ^anblungen, 
n)cl(6e  bie  3)^0(6!  be§  Xeufel«  in  leiblichen  SDingen  betreffen,  fiemgo  1738—1741,  H  »bc  8'; 
®e.  Äonr.  ^orft,  3)ämonomQgie  ober  (^efc^idjtc  bed  ©laubenö  an  3ouberei  nnb  bftmonifcöc 
©unber,  mit  bef.  S^erücffit^tigung  be§  ^ejcnprojeffe«  feit  Snnocen^  VIII.,  grantf.  1818, 
2  «be;  beöfelbcn  3auberbibliüt^et,  6  33be,  Wain^  1821—1826,  unb:  3)eutcrof!opie  (öeilogc 

30  ju  ben  beiben  oorigen),  granff.  1830,  2  23be ;  ^.  ®l.  Solban,  ®efc^ic^te  ber  C>cjenprojef|c, 
Stuttgart  u.  3:übingen  1843;  neue  33earbeitung  uon  ö-ÖW^  2©be  1880;  S.  @.  o.  ©ädjtcr, 
3)ie  gcrit^tl.  SBerfolgungen  ber  ftejen  unb  Sauberer  in  S)eutfc^lanb,  in  feinen  S3eitrSgen  jur 
®ef(l).  be«  beutfcöen  6trafre(6t«,  Jüb.  1845;  ®uftao  $Ho§!off,  ®efcl).  be§  Seufclö,  ^^eip^.  1869, 
SBbll,  ©.206-364;  ^öudjmann,  Unfreie  unb  freie  ^irdje  in  itjrcn  ©cjic^ungen  jur  ©tlaoerci, 

35  jur  ®lauben§*  unb  ®eiuiffen«t^rannei  unb  jum  S)ftmoni«mu«,  5)re§lau  1873;  g.  9f?ippoIb, 
vbk  gegenwörtige  SSieberbelebung  be«  ^ejenglaubend;  mit  einem  Utterarifc^»frit.  §lnbang 
über  bie  Cuellen  unb  ^Bearbeitungen  ber  ^ejenprojeffe,  ©erlin  1875  (in  ^olfenborff«  unb 
Dncfen«  S)eutf(^e  Seit-  unb  Streitfragen,  ^b  IV,  ^eft  57 f.);  ®.  3)icfcnbac^,  ^cjemoa^n  oor 
unb  nac^  ber  ®lauben§fpaltung,   granfft.  1886,  —  eine  giftige  ultromontane  Xenbenjfd^rift, 

40  fiut^ern  unb  ber  D^eformation  alle  ©(^ulb  nn  ben  QJieucln  ber  ^ejcnprojeffe  aufbürbenb. 
®egen  fie:  QJeorg  iJängin,  9f?cligion  unb  ^ejcnprojelj.  3"^^  ^^ürbigung  be«  400jälär.  Subi* 
läum«  ber  ^ejenbulle  unb  be«  ^ejentjamnierS  foroie  ber  neueften  tatl).  ®efd)icl)tfct)reibung 
auf  biefem  Gebiete,  fieipjig  1888  (ugl.  ben  ^lu^jug  ou«  biefem  ^^cvfe:  S^riftl.  Bell  1890, 
@.  794—798.  805—810).    —    ?ll§  me^r  ober  »oeuiger  reicfjt)altig  (obfc^on  nidjt  ben  ganzen 

46  6toff  crf c^öpfenb)  gel)ijren  ferner  t)iel)er :  ©.  o.  ^albbrül)l,  9iatuvforfd)ung  unb  4)ejcnglaube, 
inSSirdjoro  unb  ^ol^enborff«  „Sammlung  gemeinucrftänbl.  iuiffenfc^aftlicl)er  SBorträge,"  9ir.  46, 
©crlin  1863 ;  Äircbbof,  Säejie^ungen  bed  3)ömoncn-'  unb  ^cjemoefenö  jur  beutjdjen  S^rcn* 
pflege,  in  ber  ^IQg.  3eitfc^r.  f.  ^fijc^iatrie,  33erl.  1888;  3.  ^anfcn,  ^nquifition  unb  ^ejen« 
Verfolgung  im  3Jlittelalter:  ^3,  S3b  81  (1898),  $).  III,  385—432    (bie   reid)l)altigfte   neuere 

60  ^Monographie,  inSbef.  für§  14.  bis  16.  Satjr^unberl).  SBgl.  aud)  SRiejler  (unten  "iilx,  2),  fo» 
»le  bie  (5ammelfd)rift :  „3ur  Oefd^.  ber  ^ejenprojeffe",  ^^eimar  189«  [auö  ©.  ©teinboufen« 
©citrägen  j.  ^lturgefcf)id)te,  IIJ.  —  ©on  ni(^t*beutftften  S^erfaffcrn:  ^artpole  J^ecft),  ®efrf). 
beS  Urfprungö  unb  (Sinftuffcö  ber  ?lufflärung  in  Europa,  a.  b.  fengl.  oon  goloroicij.  2.  ?(ufl. 
1873  (inSbef.  Aap.  I:  „"iD^agier  unb  fiejerei");   H-  Ch.  Lea,  History  of  the  Inquisition  in 

Mthe  Middle  Age,  9?eiu*?)ort  1888,  vol.  II,  p.  379—549;  «Inbr.  3)i(ffon  3Bl)ite  (norbamcrit. 
©otft^after  in  ^Berlin);  The  Warfare  of  Science,  Sonbon  1876,  fpäter  in  enociterter  iReu« 
bcarbeitung  unt.  b.  iitcl:  A  history  of  the  warfare  of  science  with  thcologj'  in  Christen- 
dom, 2  vols.,  London,  Macmillan,  1890  (barin  bcf.  bie  Äapitel:  Witchcraft;  Demoniacal 
poBsesaion  and  insanity;   Diabolism  and  hysteria  —  pröjifer  unb  reic^^alt.  al^  ;^ecfl},  beffen 

60  angaben  bef.  in  iBe^ug  auf  ^eutf(^lanb  an  UnooUftänbigteit  leiben). 


^tftn  nttb  ^r£eii)nro)e{fe  31 

2.  Xcrritorial*  unb  lofolgcft^idjtlitftc  ßittcratur.  Äu«  bcr  foft  iincrmcg* 
liefen  gfüllc  ^ic^cr  (jcprigcr  6pcjialfcöriftcn  (—  f.  bcn  Ucbcrblicf  »cnigftcn»  über  einen  Xeil 
bcr  auf  S)eutjd)Ianb  unb  bie  ©(ftweij  bezüglichen  hd  9iippoIb  a.  o.  D.,  @.  76—80)  fei  ^ler 
einige«  ^auptfäd)li(^  ©it^tige  ^erDorge^obcn. 

gür  Oftcrreit^:  ©ormoijr«  Xafdjenb.  f.  ualerlänb.  ®eWi(^te  1831;  fi.  Äopp,  ^ie  ^ejcn*  5 
projeffc  unb  l^re  ®cgncr  in  2:QroI,  3nn«6rudt  1874;  ©olbon*^eppc  I,  493—498;  II,  90 
bid  93.  133—137.  269-278.  JJerner  ^ot^inger,  3iir  9?aturgc((^)id|te  bcr  ^cjcn  (mit  bef. 
53eg.  auf  Steiermart),  ®raj  1883;  5B.  ^Rulonb,  8tcirifd)c  ^cjenprojcffc,  in  i^.  ©tein^aufen« 
.©eitrÄgc  j.  Shilturgcft^it^te".  q.  0.  0.  1898  (befonber»  über  bcn  großen  ^ejenprojefe  in  bcr 
l^errfc^aft  ©leitftenberg,  htm  gegen  90  ^erfonen  auf  einmal  erlogen).  10 

2für  bie  @(^meia:  fjlfdier,  3)ic  ©aSIcr  ^cicnproacffc,  ©afell840;  Jrc^fel,  3)a8^ejen. 
mefen  im  Äonton  ©ern  (im  „»cmer  Xafcftcnbud)"  1870)  u.  a.  m.  (fie^e  mppolb  @,  78  f.). 
grcrner  Solban-^ppc  I,  498-511;  II,  137—144;  315—327. 

grür  93at)ern:  diie^Ier,  @ef4.  bcr  C^e£enpro,^effc  in  $ai)ern,   im  Sichte  bcr  aUgem.  @nt« 
löidclung  bargeftcßt,  Stuttgart  1896    (ein  bef.  rcit^^altiged  ©erf ;   ugl.  bie  JRcc.  ö.  C^rouft:  I6 
3)8®  1897.  3RonatS^.  7/8). 

gür  bcn  ©Aioarjttjalb  unb  ©reiSgau:  ©t^reiber,  im  Xaft^cnb.  für  ®ef(^ic!6te  unb 
«Itertum  in  ©übbeutfcftlanb  1846. 

5ür  ©ürjburg,  ©amberg,  gulba:  ©ropp,  ü.  ©amberg  u.  a.  filt.  CueHen,  Der* 
arbeitet  bei  @oIban»^cppe,  bef.  II,  37 ff.;  \)g(.  JHodfoff,  1.  c).  20 

tJür  Sommern:  ^.  D.  ©tojcntin,  ^Iftcnmäfeigc  ^a&jx\6)ttn  Don  ^ejcnprojeffcn  unb 
3aubereien  im  e^emaliaen  ^^cr^ogt.  ?ßommern,  in  ©tein^aufenö ,, Beiträgen  2C.  a.a.O.  (1898). 

gür  Äurtvicr:  fiinben,  Gesta  Trevirorum  III;  3Rary,  ®ef(^.  be8  (SraftiftS  Xrier  u.  a. 
ältere  'öcrfe;  @oIban*$).  II,  23 ff.);  «.  SRicfeel,  3njci  ^ejenproaeffc  au8  bem  16.  3a^r^unbert 
(fpciicQ  aiiö  bcn  3.  1581—89),  in  ©tein^aufen«  ©eitr.  1.  c.  26 

3rür  bcn  92iebcrr^cin:  (S.  $aul«,  Ucber  Saubernjcfcn  unb  ^ejemoa^n  am  Sf^ieberr^ein, 
in  bcn  ©eitrSgen  j.  ®ef(^.  bc8  Sf^icberr^cin«,  ©b  XIII,  1898 ;  bcSglcic^en  ©.  ©inj  in  bcr 
unten  anjufü^renben  Sonographie  über  fBier. 

Sür  bie  SfJieberlanbc:  SWoH,  3)te  Dorreformator.  Äirtftcngcfcft.  bcr S^icberlanbc,  beutft^ 
ü.  3uppfe,  fipi.  1895,  ©.  681  ff.;  ©olban-^cjp.  I,  511-514.  ao 

gür  grantreid):  Esquirol,  Des  maladies  mentales,  2  vols.  ^ari»  1838;  Calmeil, 
De  la  Folie,  ibid.  1845;  ©olban*^.  I,  223-258.  522—524;  II,  163-174. 

Sür  ©panlen:  filorente,  ®ef(^.  bcr  fpan.  3nquifition  II,  c.  15;  III,  c.  37;  IV,  c46; 
©olban.^eppe,  I,  517  f.;  II.  162f.  314f. 

5ür  Stallen:  Daru,  Hist.  de  Venise,  I,  463;  ©olban*^.  I,  514-517;  II,  328 f.        86 

5ür  ©(^weben  (inSb.  betr.  bcn  berüdjtigtcn  ^roje^  oon  ?Kora  u.  ßlfbalc  uom  ^af^xt 
1669):  ^orft,  3aubcrbibIiot6.  I,  212ff.;  ©olban-^.  II,  175-178. 

5ür  ©nglanb:  H.  Tuke,  History  of  Insanity  in  the  British  Isles,  fionb.  1882;  @oU 
bon«^ppc  I,  518-522;  II,  144—152. 

gür  9iorbamcrifa:  Drake,  The  witchcraft  delusion  in  New  England,  3  vols.,  unb  40 
Upham,  History  of  Salem  witchcraft,   2  vols.  (bcibc  üicifatft  benu^t  uon  3B^ite  1.  c);  Dgl. 
©olban'^pc  II,  152—160. 

35ag  SBort  §eje  (altl^b.  hazes,  hazus;  ml^b.  hecse,  hexse;  bgl.  engl,  hag  unb 
ntebcrl.  heks)  ift  tool^I  bon  hac  „©ebüfd^,  ^acig"  l^erjuleiten,  bebeutet  alfo  „ein  Sufd^- 
ober  a3SaIbn>eib"  (fo  SBetganb,  3)eutf(^c«  SBörterb.,  2.  31.,  s.  v. ;  äl^nKcl^  5K.  $e^ne  in  46 
örimm«  SQ3örterbud(>  IV,  2,  1299:  „bie  ba«  Sanbgut,  ^elb  unb  ^lur  ©d^öbigenbe"). 
3m  uralten  SJoßgglauben  erfd^eint  bie  §cje  ftet^  nur  ol^  eine  ^erfon,  bie  bur^  übers 
natürliche  3Ritte(  bag  Sefi^tum  bcr  9laci^bam  unb  eintoo^ner  eine«  Swirfe«  f^äbigt  unb 
namentlid^  il^re  gerftörenbe  SC^ätigleit  auf  Äorn  unb  2Bein,  auf  ba«  25ie^,  feine  SBeibe 
unb  feine  5DJaft,  bie  (Sicheln  rid^tct.  —  S^w^^^^i  if^  ^^^  §anbeln,  in  toelc^em  ber  ^an-  so 
beinbe  cd  berfud^t,  buri^  bie  §ilfe  übernatürlicher  Äräfte,  inöbefonbere  untergeorbneter 
©ciftcrtoefen,  cttoa«  m  behjirlen,  unb  barum  mit  bicfcn  irgenb  eine  ©emeinfc^aft  ein^u^ 
ae^cn.  ©0  fd^Iie^t  fte  ben  ©tauben  ein,  nid^t  nur,  ba^  fol^e  untergeorbnete  SMäd^te  eji« 
^crcn,  fonbcnt  oud)  ba|i  fie  ftd^i  finbcn  laffen,  ba^  c«  üJlittel  unb  SBege  gebe  in  ein 
folc^  (3emem((^aft^t)cr^ältnie  ju  l^ncn  ju  treten,  unb  eine  SBiffenfd^aft  ber  ÜRagie  (f.  b.),  66 
toie  man  ibrc  Untetftü^unt^  ftd^  bienftbar  machen  fönne.  SEBa«  nun  auf  bem  ®runbe 
folc^er  i^orauöfe^iuiigcn  gcfct!:e(?t,  bag  fann  aud^  au«  anbercn  (Srünben  ftrafbar  fein,  j.  33. 
Befc^äbigiing  mi^ä  anbctn,  Uiijuc^t  u.  f.  f.,  unb  c«  fann  barum,  auc^  abgefe^en  bon 
jenen  ä^ütau^fc^ungen,  bom  ti}cIllirf»CTi  9iid^ter  beftraft  tücrben.  6«  fann  aber  auc^  allein 
um  jener  'linrau^^f cljvmc^en  triKcn  ftrafbar  gefunben  tücrbcn ;  bie«  Untere  aber  tool^I  nur  go 
Don  bcn  Vertretern  ber  Dffenbarungörcligion,  tüenn  bon  bcren  eigenen  Sefennem  bie 
3auberei  Derfud^t  toirb.  Unb  l^ier  rann  bann  enttocber  nur  ber  Slbfall  bon  ®ott  unb 
ber  Unael^orfam,  bie  3lbgötterei,  toelc^e  in  ber  ßöwbcrei  liegt,  ftrafbar  gefunben,  aber2)a- 
fein  ttnb  3Raift  ber  äBefen,  ioelc^en  fte  t)ertraut,  geleugnet  ober  bal^ingefteUt  geladen 


32  ^eceu  uub  ^ecett^rojeffe 

tDcrbcn;  ober  ba^  ^afcin  bcrjclbcn  jn>ar  jugegcbcn,  aber  ein  fold^er  Serle^r  mit  il^nen 
unb  ein  Dienftoer^öltni«  ju  i^nen  t)erh)orfen  Serben.  So  öertparf  fd^on  bie  mofaif(^e  ®ef^ 
gebung  bie  Räuberei,  5  5Rof.  18,  10  ff.  u.  a.  Sbenfo  t^at  bon  Sllter«  ^er  bie  c^riftlic^e 
Äirc^e,  unb  gtoar  in  jener  ^toicfac^en,  nic^t  immer  trennbören  SBeife,  bafe  fte  enttoebcr  bie 

6  SJorau^fe^ungen  berer,  hjelc^e  göuberei  üerfu4>ten,  aU  inig  unb  il^re  Äünfte  ol^  nid^tig 
anfal^,  ober  j)ofitiDe  ©ottlofigfeit,  'i&bkifx  t)on  (Sott  unb  Eingabe  an  ben  Teufel  barin 
erblidfte.  3)ie  erftere  SJorfteUung^toeife  unb  bamit  eine  milbere  ^rajiö  gegen  S^wberri 
^errfc^t  im  früheren  ?!KitteIaIter  (bi^  ^um  13.  3<^&rN"^^rt)  entf^ieben  nod^  bor.  3)ie 
©^nobe  JU  Sleiöbac^  799   forbert  jtoar  ÜJia^regeln  ber  Kirc^enbu^e   gegen   ber  ^anbtxtx 

10  überfül(^rte  Söeiber,  fc^t  aber  au^brücKid^  l^inju:  am  Seben  bürfe  i^nen  nid^td  gefd^e^en 
(Synod.  Reispac.  c.  15,  ögl.  §efele  III,  730).  2luf  ä^nlid^em  StanbJ)unft  fte^t  nodj^ 
^ol^anne^  ^ama^ccnuö,  beffen  ©c^rift  „Über  3)rac^en  unb  §ejen"  {IJegl  ÖQaxovzcoVf 
Tiegl  argvyycüv,  MSG  t.  94,  p.  1599—1604)  [xi)  gegen  ben  bei  S^ben  unb  Sarazenen 
Derbretteten  Aberglauben  tüenbet,  tüonac^  I)ra(f|en   fic^   in  3J?enfc^en  bertüanbeln  lönnten 

15  imb  burd^  bie  Suft  fal^renbe  SBeiber  allerlei  ©reuet  be^  Slutfaugen^,  Seberüerfd^lingen«, 
be^  ©rhjürgen«  bon  Änaben  2c.  ju  tjoübringen  öermöc^ten;  ftel^t  be<^Ieid^en  Slgobarb  öon 
S^on  (geft.  840)  afö  Sefämj)fer  be^  Slberglauben^  feiner  ^dt\  fte^t  jener  in  bie  SRec^t^s 
büc^er  eine^  Surfarb  unb  ^tjo,  ja  in^  Decret.  Gratiani  (c.  26,  qu.  5)  übergegangene 
t)feubosanc^ranifd5>e  Äanon,  toelc^er  ba^  aSoII  über  bie  Jiic^tigfeit  be^  ^ejentoefenö,  ate 

20  auf  leeren  SEBal^n  ^inauölaufenb,  ^u  belehren  gebietet  (t)gl.  ^öBinger,  3)a^  ^a})fttum  [5?eus 
bearbeitung  bc^  „3anu«"  üon  %.  griebrid^,  ÜHünd^en  1892],  @.  123  f.  424),  fte^t  3o^. 
toon  ©aliöburv,  geft.  1180,  beffcn  Policraticus  (I,  c.  9—13)  t)on  teufltfd^er  3Jlagienod^ 
nid^t^  hjeife,  Dielme^r  bie  üerfd^iebencn  Strten  beö  3^wberglauben§  ju  ben  gabeln  unb 
gUufionen  rechnet  (3!)öIIinger  ebb.).  —  ßrft  alö  jeit  bem  Seginne  be^  13.  ^al^r^unberl^ 

26  ba^  berfc^ärfte  3Sorge^en  ber  Äirc^enjuc^t  gegen  §ärefie  unb  Sluflel^nung  jur  (Sinric^tung 
ber  3"^wifi^on  fül^rte,  erftrerfte  biefe  ftet^  il^re  ^lufmerffamfeit  aud^  mit  auf  3öwberei. 
Unb  Dorjüglid^  toirifam  tourbe  bie  F^ierburc^  beJoirlte  SJerbinbung  bon  SDlagie  unb  ^ärefie 
baburd^,  ba^  nun  bie  eine  jugleic^  ol^  ber  anbem  toefenööerhjanbt  unb  ate  ^cxd^m  ber 
anbem,  beibe  al^  2tbfaII  Don  ©ott  ju  böfen  ©eiftem,  unb  bcibc  aU  picfac^  ftrafbar  be^ 

30  trachtet  hjerben  fonnten.  ©erabe  bie  ^"^uifition  toar  e^,  toelc^c  biejcn  Slberglauben  im 
SSoltc  ausbreitete  unb  bcfeftigte.  ©ic  unb  i(;re  c'rjerren,  bie  ^äpftc,  tragen  eine  §au^t= 
fd;ulb  an  ber  baburd;  betoirften  Vergiftung  beS  ^^olfeS  (bgl.  überhaupt  3)öBingers^ebrid^ 
1.  c,  ©.  125—131  unb  ©olban-'öe^jj^e  I,  189—223).  ©c^on  ©rcgor  IX.  forbert  in 
einer  Öutte  bon  1231   (bei  MansiXXllI,  323)   baS  toeltli^c  ©d^mcrt  jur  Ausrottung 

35  bon  fefecrifcben  3:eufelSbünbnem  auf,  in  bereu  iJerfammlungen  ber  ieufel  balb  alS  Äröte, 
balb  als  bleiches  ©ef))enft,  balb  als  fd[imarjer  Äatcr  ju  crfd^einen  J)flege  (toelc^e  S3ulle 
fälfc^lid^  auf  bie  ©tebinger  belogen  toorben  ift,  j.  2)öl(.  ©.  444).  (£r  berbantte  biefe 
Information  bor^ugsmeife  bem  Äonrab  bon  39Jarburg  —  äl;nli4>  h)ie  \päUx  ßlemenS  V. 
bei  feinem  äJorge^en  gegen  bie  ^^cmjjler  t)urdb  feine  ^nquifitoren  bon  9JimeS  berartige  un- 

40  ge^euerlid^e  SEeufelSgefc^id^ten  (bom  2:eufcl  alS  fc^n)ar5en  Äater,  bon  toeiblid^en  3infubuS- 
35ämonen  2c.)  erfuhr.  2)ominifanifcf)e  2:beologcn  mürben  bie  ^aujjtfäc^lid^en  görberer 
biefeS  Aberglaubens  an  2^eufelSbünbniffc  unb  an  33u^lerci  ber  .^c^cn  unb  3<^w&^r^^  ^^ 
Snfubi  unb  ©uffubi  —  hjofür  fie  bef.  Auguftin  De  Civ.  Dei  XV,  23  als  Autorität 
geltenb  mad^ten.    3"^  3^^^^  ^^'^^  fd;rieb  ber  3)ominifaner  unb  ^nquifttor  3li!o(auS  (S^s 

46  merituS  fein  Directorium  inquisitorum,  n)elc^cS  für  bie  erfte  auefül)rli|^ere  Antoeifung 
ber  3n^"ifi^«^rci^  5"  il^rem  ©cjc^äftc  gilt,  unb  toorin  bereits  faft  jcbe  magijc^e  Übung  o^ne 
toeitereS  als  le^erifc^^  betrachtet  unb  |c^on  barum  bor  baS  J»^^*""^  ^^  ^nquifition  gebogen 
ift.  Alle  3^"^^^^  fi"^  ^^^  biejem  „©olbcnen  53ud;  ber  ©laubenSmäd^ter"  (bgl.  »&an|en, 
a.  a.  D.,  S.  400)  infideles,  superstitiosi,   apostatae,    fallen  alfo  alS  äc^te  ^äretiter 

50  unter  bie  Äompetenj  ber  ^nquifitoren.  ^ann  nad)  borüberge^enbem  i>erfall  ber  ^rajiS 
unb  nad;  einem  Sefc^lu^  bon  1398,  burc^  locld)cn  baS  ^Parifer  "iparlamcnt  ben  §ejen= 
J)roje^  bom  geiftlid^en  Stic^ter  an  ben  meltlidicn  berh)icS,  gab  gunocenj  VIII.  1484  in 
feiner  SuBe  Summis  desiderantes  affectibus  ^tvax  nx6)i  eine  erfte  Öegrünbung  bcS 
^ejenJjrojeffeS,  aber  boc^  eine  nacl)brüdlid;e  tmcucrung  ber  |d)on  älteren  Überioeifung  beS- 

65  felben  an  bie  ^"^uifilion.  2)ie  33uBe  beftätigt  bie  2:beorie,  toonac^  9)}agie  unb  ^ärefie 
als  eng  bertoanbt  gelten  joBten,  unb  fie  berfcS^ärft  bie  Aufiorberung,  bie  aufeerorbentlic^en 
Sefugniffe  ber  ^nouifitoren  anjuerfennen  unb  ii?r  (Sin)d;reiten  gegen  3ouberei  aBer  Art 
in  ben  3)iöcefen  yJorb^  unb  ©übbcutfd;lanbS  (inSbef.  ber  auSbrüdlic^  f^crborge^obenen 
2)iöcefe  ©tra^burg)  ju  unterftü^en.  2)ie  ©cgncr  biefer  3)Ja^regeln,  toeld;en  ©tanbeS  ober 

60  loeld^er  SBürbe  fie  antS}  fricn,  ioerbcn  mit  ''ßann,  ©uS^jenfion,  gnterbilt  u.  a.  furd^tbaren 


^titn  nnb  ^esttMnrojeffe  33 

Strafen  bebrol^t;  nötigenfalls  foD  ber  toeltltc^e  2lrm  gegen  fie  angerufen  Serben  (f.  ben 
öoßfiianbigen  lejt  ber  »utte  bei  SRoöfoff,  ©.  222—225,  bejto.  bie  äudjüge  bei  ©olbon, 
SSud^mann,  Sängin  Jc).  3)iefe  J)äj)ftli(^e  9la(i^l^ilfe  toar  befonber«  ben  bamate  in  2)eutf(^5 
lanb  aU  ^nquifitoren  angefteHten  2)oniiniIanern  ^atob  ©prenger  unb  ßeinric^  Ärämer 
OnfütoriS)  jugebad^t,  toeldSie  benn  aud^  ber  33uIIe  atebalb  ein  größere«  SBerl  jur  SRec^t«  6 
fntigung  eined  folc^en  ^nquirierend  auf  3^^^^^^^  berbunben  mit  ä(nleitung  jum  richtigen 
äierfo^en  babei,  folgen  li^en.  SieS  ift  ber  Malleus  maleficarum,  guerft  gebrudft  in  Jtdln 
1489,  bann  bi«  in«  17.  §a^rl^unbert  l^inein  öfter«  neu  aufgelegt  (Äöln  unb  3lümberg 
1494,  Äöln  1496.  1511.  1520;  S^on  1599.  1620;  —  bgl.  auc^  bie  ©ammlung  Malle- 
orum quorundam  maleficorum,  tomi  duo,  ^antfurt  1582).  ^m  ^itel  ftel^t  nid^t  lo 
malefioorum,  obtpobi  männlid^e  ^aubtt^  nic^t  auSgefc^lofjen  unb  geleugnet  finb,  fonbem 
nac^  ber  größeren  5IJcenge  ber  gäue  unb  ber  im  93ud^e  felbft  lib.  I,  quaest.  VI  ani^ 
füjj^Iid^  behaupteten,  übertoiegenben  3leigung  be«  h)eibli4>en  ®efd;led^te«  jur  ©emeinfc^aft 
mit  bem  2^ufel,  maleficarum  (f.  p.  95  ber  le^tertuä^nten  SluSg.  „dicitur  enim  femina 
a  fe  et  minus,  quia  semper  minorem  habet  et  servat  fidem,  et  hoc  ex  natura")*  16 
5Da«  3Berl  giebt  in  feinem  crften  93ud^e  (tria  continens,  quae  ad  maleficium  con- 
currunt,  ut  sunt  daemon,  maleficus  et  divina  permissio,  tpeld^er  Ie|te  Segriff 
ber  göttlid^en  ^^^^ff^^S  ^^""  ^^^  3)ua[i«mu«,  ber  mit  fo  auSgebe^nter  SBirffamleit  be« 
%oxfd^  aufgenc^tet  toirb,  berbedfen  muf;),  ben  SJac^toei«  be«  33orfommen«  be«  SSerbrec^en« 
unb  feiner  Sertoerflid^feit  nac^  5  SKof.  18;  3  5Dlof.  19  u.  20,  beggl.  nac^  ©teilen  be«20 
äuguftin  unb  be«  a;^oma«  unb  nad^  ber  ©rfa^rung.  ©old^er  ©tfal^ngen  fü^rt  ba« 
jtDeite  93uc^  iDeitere  an,  fügt  aber  aud^  fd^on  9Ser^altung«regeln  bei,  unterfud^t  juerft 
quibus  maleficus  nocere  non  potest  (bie  ^nquifitoren  ober  ade,  toelc^e  fonft  „officio 
fdiquo  publico  contra  maleficos  insistunt",  fmb  nad^  @.  212  fc^on  burcp  t^r  9tmt 
gef^üfet),  unb  bann  bie  modos  tollendi  et  curandi  maleficia.  3"  ^^^  eigentlichen  26 
$roge|t>erfa^ren  toirb  erft  im  britten  33ud^e  Anleitung  gegeben.  SBenn  aud^  bie  Äom- 
pttmi  ber  orbentlic^en  geiftlid^en  unb  h)eltlid^en  Stid^ter  jum  SJerfa^ren  gegen  maleficas 
et  earum  fautores  jugegeben  toirb,  fo  toirb  boc^  anbererfeit«  burd^  bie  3?ad^toeifung  be« 
3ufammen^ange«  gtoifd^en  3öuberei  unb  §ärefie  ben  Snquifitoren,  toelc^e  gegen  bie  le^tere 
}u  Derfaj^  öer})flid^tet  finb,  aud^  jum  ©infd^reiten  gegen  bie  erftere  toieber  me^r  Rn?  so 
jtänbigleit  Dinbijiert.  ©ie  follen  bann  nid(>t  erft  auf  einen  Slnuäger  toarten  muffen, 
fonbem  auf  anzeigen  fogleic^  öon  2lmt«tt>egcn  berfal^ren;  bie  S^u^^n  braud^en  nid^t  ge« 
nannt  ju  toerben;  ein2)^enfor  ift  nid^t  immer  nötig,  ein  m  eifriger  2)efenfor  aber  ift  felbft 
ol«  be«  SSerbrec^en«  berbäd^tig  anjufe](|en,  h)eld^e«  er  entfcpulbigt.  ©d^on  tuerben  aud^  für 
ben  ®ebraud^  ber  gelter,  für«  ätbfd^nciben  aller  §aare  bom  Rötp^  ber  i^eje  u.  f.  f.  fo  86 
grünblic^e  Sorfc^ri^en  gegeben,  baf;  felbft  l^ierin  ber  fpätem  3^^^  ^^^^  ^id  l^injujut^un 
geblieben  toöre,  h>äre  |ie  nid^t  gerabe  in  biejer  ^inftd^t  bejonber«  erfinberifd^  getoefen. 
—  5Die  am  reid^lid^ften  in  bem  SBerle  al«  gelehrte  Slutorität  zitierte  ©d^rift  ift  ber  For- 
micarius  be«  SDominifaner«  3*^^- ^Jiber  (geft.  1438),  toorin,  anfnüjjfenb  an  ©t)r.  ©a  6, 6, 
in  gorm  eine«  ®efpräd^  jtoif^en  einem  Raulen  unb  einem  Ideologen  jal^lreid^e  anet  «o 
botenl^fte  SKitteilungen  über  3ierbred^en  ber  ^ejen  mit  2)ämonen  Jc,  fotoie  über  ba«  ttu 
quifitorifd^e  33orge^en  bagegen  geboten  finb.  SBie  biefe«  3lmeifcnbud^  berfc^iebenen  Slu«* 
aaben  be«  ^ejen^ammer«  in  öoUftänbigem  a^ejte  al«  ^nl^ang  beigegeben  ift,  fo  fte^t  bem« 
felben  ein  enH)fe^lenbe«  ©utad^ten  ber  Äölner  tl^eol.  ^afultät  regelmäßig  Doran  (toelc^e 
Kölner  3lj)brobation«fd^rift  übrigen«  neuerbing«  burd^  3-  ^CLW^^n  [in  ber  SBeftbeutfc^en  46 
3tf(^.  f.  ©efd^id^te  unb  Äunft,  Sb  17,  ©.119—168]  al«  einegälf^uhg  erliefen  toorben 
ift).  Sgl.  nodf  ©olban-'§et)t)e  I,  267—289,  fotoie  betreff«  5Wiber«  bie  SKonogra^jJ^ie  bon 
©t^ieler,  3Kag.  3o^.  5Rieber,  aJlainj  1885,  ©.  226  ff. 

©0  h>urbe  toenige  ^a^rjel^nte  Dor  ber  9leformation«ej)od^e  eine  unl^eimlid^e  ©teigerung 
be«  ^esentoo^n«  unb  ber  graufamen  93e^anblung  ber  angeblichen  ^e^en  betoirft,  unb  jnmr  so 
teil«  unmittelbar  i)on  Slom  au«,  teil«  unter  3uP^w^"^«ng  unb  Segünftigung  ber  ^äpfte. 
Sergeben«  ^en  neuere  3l))ologeten  be«  $a})fttum«  bie  unheilvolle  Sebeutung  jener  $ejen- 
bulle  Snnocenj'  VIII.  möglic^ft  abjufc^toäc^en  berfud^t  (©auter,  ®ie  ^esenbulle,  Ulm 
1884;  ^aOer,  Xaä),  ©d^toeiaerblätter  VIII,  1892;  ginfe  im  $3®  XIV,  341  f.;  Dgl. 
^ojior  in  ganffen«  ©efd^ic^te  be«  beutfd^en  3Solf«  VIII,  495.  507  unb  in  Oef^.  ber  66 
$a^fie  III,  250  ff.).  Siaß  in  bem  ©prengcr^Ärämerfd^en  SBerlc  ber  richtige  Kommentar 
}u  jener  Sülle  geliefert  toorben  h)ar,  jeigt  ni^t  nur  bie  toefentlic^e  Übereinftimmung  be« 
m  ber  golge  bon  pö^jftlid^en  i^oft^eologen  toie  ©ibefter  5Dlauolini  ^ßrieria«  (De  strigi- 
maganim  daemonumque  mirandis  1.  III,  9lom  1521),  Sartl^olom.  ©pina  (Quaestio 
de  strigibus,  1523  u.  cl,  über  ba«  3öuber5  unb  ^ejentoefen  (Sele^rten,  fonbem  oben?  eo 

Rca(>«nciino)^bie  für  Zfitolo^k  unb  üir^t.   3.  3(.  VIII.  3 


34  ^VStn  nttb  ^rsett^rojeffe 

brein  bcr  Umftanb,  ba^  fd^on  2Kejanber  VI.,  ^wK"^  I^v  S^o  X.  unb  ^abrian  VI,  alfo 
biet  bcr  nädWtcn  päjjftltd^en  5la(i^fol0cr  jenciS  ^nnocenj,  gegen  bie  3Kagte  gerid^tete  Süßen 
bon  toefentlid^  gleid^er  Haltung  tpic  bie  feintge  erlaffen  l^aben  (f.  bie  3^e  berfelben  nebji 
nod^   anbeten  berartigen   bei  $eter  S3in«felb,   Tractat.  de   confess.  maleficarum   et 

ösagarum,  Srier  1596,  p.  762  ss.,  unb  bgl.  über^aut)t  SDöa.^griebrid^,  ©.  128  ff.).  — 
S)a^  bon  ben  35orfäm}jfcm  ber  reformatorifd^en  S3eh)egung  feine  Jjrinji^ieße  C)|))jofition 
gegen  ben  in  SRebe  ftcl^enben  SBa^n  etl^oben  tourbe  unb  [o  ba^  SEBüten  ber  $ejent)roge^ 
föt>ibemie  bie  Sänber  ber  SDangelifd^en  jiemli4>  ebenfo  l^eftig  unb  anl^altenb  h)ie  bie  bc^ 
Äat^oKciömuö  ^eimgefud^t   i}at,  berul^te  barauf,  ba^  überl^autot  ber  gciftige  ^orijont  ber 

10  abenblänbifd^'d^riftli^en  2BeIt  feinen  h)ä^renb  ber  legten  ga^r^unberte  be«  3)1^«  erlangten 
g^arafter  nur  Je^r  langfam  gu  änbem  bermod^te  (f.  u.)  unb  ba^  namentlid^  in  Sejug 
auf  bad  SRed^tötüef en  bie  überlieferten  ^uftänbe  unb  Seftrebungen  auf^  MM*^  eingeh>urjelt 
toaren.  2)ie  fürftlid^en  ©c^irm^erm  ber  ^Reformation  famt  i^ren  toeltlic^en  SRäten  tragen 
in  biel  l^öl^erem  ®rabe  ate  il^re  Ideologen  bie  93eranth)ortung  für  bie  betreffenben  @reuel. 

iB  ©ie  tooHen,  angeftd^t^  be«  ftrengen  Sorgcl^en^  ber  Sif^öje  gegen  ba^  ß^ens  unb  Raubet: 
tpefen,  i^rerfeit«  nic^t  untl^ätig  bleiben  unb  treten  fo  in  ber  Oraufamleit  ber  SRaferegeln 
ju  birfem  3^edfe  mit  benfelben  in  Äonfurrenj. 

Jturfürft  Sluguft  bon  ©ad(ifen  fe^t  in  feiner  Äriminalorbnung  bom  ^a^re  1572  ben 
geuertob  barauf,  „fo  3i<^»"önb  in  SSergeffung  feine«  d^riftKd^en  ©laubeng  mit  bem  2:eufel 

20  ein  Serbünbni«  aufrid^tet,  umgebet  ober  ju  fd^affen  ^at".  „93ig  in  baö  15.  Sö^'^^unbert", 
fagt  SBäd^tcr  (f.  ob.  1)  „famen  in  3)eutfd^(anb  tüof)l  ba  unb  bort  ^rojef[e  tpegen  3öuberei 
bor  unb  h)urben  3^^^^^^  w"^  3^uberinnen  t)erurteilt;  aber  h)enn  toir  bie  gölle  au^^ 
nel^men,  in  tocld^en  bie  ängefd^ulbigten  nebenbei  toirffid^e  33erbred^en  begingen,  h)ie  ®ifts 
mifd^erei,  Äinb^morb,  Setrug  u.  a.,  fo  n>aren  folc^e  Verurteilungen  burd^  toirfüd^e  ©e^ 

26  richte  feiten.  9Run  aber,  bom  6nbc  be«  15.  3^^^^""^^^^  ^^f  fc^eint  3)eutjd^Ianb  i)on 
einer  toaf^ren  §ejenet)ibemie  ergriffen  n)orben  ju  fein;  bie  §ejen}jrogeffe  famen  h>al^rl^aft 
an  bie  3^age«orbnung ;  taufenbe  t)on  Unglürfli4>en  tourben  t)on  ba  an  bi«  in  ben  Slnfong 
be«  18.  3ö^r^«n^«rt^  Verbrannt  unb  aUe  —  auf  i^r  ©eftänbni«  l^in".  2)ie  nur  allgu 
jal^lrcid^en  unglücflid^en  Dpfer  bieje«  Scrfaj^ren«  (nac^  mäfeigfter  ©d^ä^una  gegen  100000, 

80  nad^  l^öfjer  greifenben  Slnnol^mcn  mehrere  ÜRiUionen),  nid^t  nur  an^  ber  fat|oIij4>cn,  fonbem 
aud^  au«  bcr  jprotcftantifc^cn  Äirc^c,  nid^t  nur  an^  2)cutfc^Ianb,  fonbem  auc^  au^^ranfreic^, 
Italien,  ©))anicn,  ben  5iicbcrlanbcn,  ßnglanb  2C,  tonnen  ^ier  nid^t  einmal  in  einer  3lu«h>al^l 
gegeben  n)erbcn  (f.  o.  b.  2itt.,  3lx.  2).  3)ic  $au^)tfd^ulb  am  3wne^men  ber  SKenge  ber 
gäUc,  befonbcr«  feit  ben  legten  '^al)xicl}ntm  bc«  16.  3^^^^""^^?*^^   trägt,   n)ie  fd^on  an* 

86  gebeutet,  bie  „©äfularificrung"  bc«  §CEcnj)ro}effe«,  b.  1^.  feine  Übertragung  an  toeltlid^e 
iKic^ter,  n)ic  bie«  t)ome(;mIid[^  in  ben  J)rotcftantifd)cn  fiänbern  gejc^a^,  unb  bie  ^ier  jugleid^ 
feit  bem  15.  3iö^^^unbcrt  eingetretene  änbcrung  im  SSerfal^rcn,  ba^  man  nun  and)  ^ier 
„ba«  alU,  rein  formelle  SSchjeief^ftem  ju  öcrla^en,  alle«  bom  ©eftänbniffc  ber  Stngcfc^ut 
bigten  abhängig  ju  machen,  biefe«  auf  ade  SBeife  ^erbcijufül^rcn",  unb  barum  „nadji  bem 

^  Vorgänge  ber  geiftlid^en  (Seric^te  unb  bcr  italieniJ4>en  ^ra^i«  unb  2)oftrin"  aud^  in 
S)eutfd^Ianb  burd^  bie  Wolter  ^crbcijufc^affcn  anfing,  ^n  gleid^cr  SRid^^tung  hjirtten  feit 
bem  Verfall  ))^ilofo))^ifd^cr  unb  J^umaniftijd^er  Silbung  in  3)euttelanb  bie  bermel^rte  Sci^t* 
gläubigfeit  unb  bie  Vorliebe  für  mögli4»ft  to^  unb  ))^antaftifc^  au«gefci^mücftc  3)oftrinen. 
3)ie  erlcuc^tetften  Il^cologcn  ber  bcrf4>icbcnftcn  Äonfejfioncn  hingen  mit  Übcrjcugung  an 

46  einem  berben  §ejenglaubcn  unb  t)crtcibigtcn  il^n  al«  ein  ©tüdt  ber  aufrccf^t  ju  erbaltenben 
Ortl^obojic.  iiut^cr  —  in  beffen  ^terbcr  gcl^örigen  2lu«j}3rüd^cn  übrigen«  aud^  manche 
SBamung  bor  Seid^tgläubigfcit  gegenüber  ben  ©crüd^tcn  über  3^w'^crci  u.  bgl.  an3utreffen 
ift  unb  bie  Vc^ielj^ung  auf«  .r^e^cniücfcn  übcr^auj^t  tjintcr  bie  Sluf^crungcn  über  ben  2:eufel 
unb   fein  SRcic^  im  attgemeinen   ftart   gurüdttritt  —  ftanb   in   bicfcr  ^infic^t    fcine«iDeg« 

60  allein.  6r  tourbe  biclmcl^r  an  §ärte  ber  betr.  2lnfcf)auungen  unb  Urteile  burd^  bie  2:l^eos 
logen  be«  SReformiertentum«  bur^fd^nittlic^  übertroffen;  —  gegenüber  Scdt^  I,  47 ff.-,  ber 
bie«  berfennt  unb  bie  Vorurteile  lutl^erfeinblid^er  Ültramontanen  mef^r  ober  hjcniger  teilt, 
f.  fogar  SB^ite  [in  bem  cit.  Äaj3.  über  Demoniacal  possession,  geg.  6.]  unb  befonber« 
Sängin  a.  a.  D.   (bgl.  ßl^riftl.  SSSelt,   ©.  798).    ©eitcn«   bcr  9Jaturforfd^ung   ging   nod^ 

66  feine  burd^  toirfU^e  Srfcnntni«  geftü^tc  ©cgcnh)irfung  au«  unb  bcr  int  Volle,  befonber« 
feit  bem  30  jährigen  Äriege  junel^mcnben  fittlid^en  Vertüilberung  unb  Jto^eit  cntfprad^ 
jener  ®laube  nur  ju  fcl^r.  3)ic  Volf«maffe  untcrftü^te  ben  Vollzug  ber  bon  allgemeinem 
Vorurteil  biftierten  Urteil«j)}rüd^c  imb  bie  gurd^t  bor  bicfcm  j^errfc^cnbcn  Vorurteil  fc^tofe 
lange  aud^  ben  SßJenigen  ben  3Kunb,  hjcld^e  bie  greulid;c  Vcrirrung  al«  fold;c  erfannten. 

60  $Rur  in  feltenen  gäUen  fc^eint  ben  unglüctlic^en  D))fern  ber  Vlutrid^ter  bcr  fic^    regenbe 


^tftn  ttnb  ^cgen^rojeffe  35 

SoIföuntPtttc  ober  bie  bcfjerc  ©inftc^t  einjclner  33cl^örben  ^u  §i(fc  gcfommen  ju  fein 
(h)ie  bie^  1594  ui  9iörblingen  ö^l^^^^  ^'^  ^'^  ©tanb^afttgfeit  einer  Unfd^ulbiöen,  bie 
tro$  56  maliger  ^olterung  fein  ©eftänbni«  abgelegt  f)aitt,  jur  Urfad^e  ber  ©inftcHung 
ber  feit  bier  ^^xm  ^icr  n>ütenben  5ßrojefegreueI  tourbe;  bgl.  SBeng,  2)ie  6eEen))rojef[e 
in  9lörbl.,  1838,  fotoie  6^.  SBelt,  ©.  794).  —  Unter  ben  3:^eoreti!em,  \x>dqz  ba^  Ser^  6 
fa^en  in  ben  §ejenj)rojej|en  mit  feinen  3Sorau^fe$ungen  nod^  im  16.  3^^^^"*^^^^^  i^ 
red^tfertigen  Derfuc^ten,  h)aren  unter  ben  Äat^olifen  bie  borne^mften  ^^an  33obin  (Mago- 
rum  Daemonomania  1579),  ber  fd^on  erh)ä^nte  Irierer  SBei^bifd^of  $eter  33in^felb  aud 
fiujemburg  (gcft.  1598)  unb  bomel^mfic^  bie  3^fuiten  3Kartin  3)elrio  ani  Slnttoerj^en,  geft. 
1608  (Disquisitiones  magicae  1599)  unb  ®eorg  Stengel  ju  ^ngolftabt  (geft.  1651),  lo 
(De  Judiciis  divinis  u.  ö.)  —  t)on  toeI4>en  beiben  namentlid^  ber  erftere  auf  biefem 
®ebiete  eine  traurige  Serü^mt^eit  erlangt  i)at  Slu^  bem  Jjroteftantifd^en  Sager  gel^ören 
^ier^er:  ber  §eibelberger  2lrjt  I^oma«  draftu«  (f.  b.  ä.  S3b  V  ©.  444  f.),  Serfafjer  einer 
Repetitio  disputationis  de  lamiis  seu  strigibus  (Safel  1578),  Äönig  ^ahh  I.  t)on 
©nglanb  (Daemonologia),  fotpie  an^  bem  17.  ^a^rl^unbert  bor  ollem  Senebift  6arj)joD  15 
(geb.  1595,  geft.  1666),  ber  fic^  bergöHung  bon  nid^t  n)eniaer  ate  20000  3:obe«urteilen 
rühmen  fonnte  unb  jur  l^ierl^er  gel^örigen  fiitteratur  namentli^  eine  Practica  nova  rerum 
criminalium  (1635)  beigefteuert  l^at. 

Sin  bie  ©J^i^e  ber  neueren  Seftreiter  be^  Untoefen^  ber  §esen|projeffe  l^P^^n  big 
bor  turpem  ))roteftantifd^e  toie  lat^olifd^e  ^arfteHer  (j.  33.  3""Ö"^<^"^  i^  ^atl^ol.  Ullagajin,  20 
SDlünfter  1847,  Sb  3;  §ergenröt^er,  Se^rb.  ber  R®  III  ^  382  f.)  mit  Vorliebe  bie  3e= 
fuiten  2xmner  unb  ©J)ee  —  mit  SJennung  ettoa  nod^^  einiger  fat^olifd^en  Vorläufer  ber^ 
felben  (h>ie  ßorneliu«  £00^  k.),  ju  fteUen.  6«  ift  ba^  5}erbienft  be^  S3onner  SWebiun- 
jjrofeffor«  6.  Sinj,  biefer  Sinfeitigfeit  burc^  ben  3?ad^h)eig  einer  Steige  j)roteftantifc9er 
^ejenjnrojefegegner  aud  noA  früherer  3«it  ate  bieje  Äatl^olifen  entgegengetreten  ju  fein.  25 
®em  ßut^eroner  ^jol^ann  SBeier  (Wierus),  ^erjogl.  Slebefd^em  Seibar jt,  geft.  1588,  S?er= 
faffcr  ber  ölteften  lateinifd^en  ©egenfd^rift:  De  praestigiis  daemonum  (1563;  2.  2lufl. 
1564;  7.  2lup.  1567),  finb  —  tok  S3inj  in  ber  auf  i^n  bejüglid^en  3Jlonograp^ie:  Dr. 
3ob.  SSäeier,  ein  rJ^einijci^er  Slrgt,  ber  erftc  33efämj)fer  be^  ^^ejenn)a^ng  (2.2t.  9erlinl896) 
nac^tocift  —  nod^  im  Saufe  be^  16.  ga^r^unbertg  mel^rere"  tüchtige  5IKitftreiter  gegen  tbtn-^  30 
benfclben  3Bal^n  gefolgt.  ©0  bie  beutjc^en  ^roteftanten  ^ol}.  ®h)id^,  Slrjt  ju  Sremen 
(1584),  30^.  ®eo.  ®öbelmann,  «Prof.  juris  in  SRoftocf  (1584  bejlto.  1590)  unb  äuguftin 
Öert^^eimer  (eigentl.  §ermann  SBiteÜnb),  ^Profeffor  in  ^eibelberg,  SSerfaffer  bon  „ß^riftlid^ 
Sebenden  unb  Srinnerung  bon  g^wberei  k.,  §eibelberg  1585  (—  ber  erftcn  beutfc^  ab- 
gefaßten Äontrobcr^fd^rift  für  bie  in  SRebe  fte^enbe  ©ac^e,  neu  ^erau^gcg.  bon  3t.  SSir^  35 
linger  unb  6.  S3inj,  ©traßburg  1888);  femer  ber  englifd^e  ®utgbert^er  SReginalb  ©cot 
(gcft.  1599),  SSerf affer  be^  auf  Jöeier  fid^  ftü^enben  33uc^eg  The  discovery  of  witch- 
craft,  1584,  ba«  mit  befonberer  ©nergie  gegen  bie  ^ejenberbrenner  ju  ^elbe  jie^t  unb 
im  folgenben  ^öl^^^unbert  jtoei  toeitere  2tuf lagen  (1651  unb  1655)  erlebte.  Stuc^  ber 
arminianifd^  geri^tete  reformierte  Pfarrer  ^ol).  ®rebe  ju  2tml^eim  in  $oIlanb,  beffen  40 
Tribunal  reformatum  1622  in  erfter  Slufl.  aniS  Sid^t  trat  (f.  barübcr  Sinj,  SBeier  2C. 
S.  117—119),  gel^ört  ju  biefen  ))roteftantifd^en  93orgängem  ber  ^^fwi^^"  Sanner  unb 
Spce.  S)enn  beö  erfteren  Theologia  scholastica  erfdfjien  crft  bier  Ija^re  nac^  bem 
®rebef(^en  93u4>e  (gngolftabt  1626,  4  voll,  f.),  unb  fomo^I  in  biefem  SBerfe,  loie  in 
bem  nac^  Weiteren  fünf  ^a\)xm  erjd;ienenen  ©^eefc^en  n)trb  nic^t  fohjoj^l  ber  ^ejentoa^n  46 
ald  nur  ba«  graufame  ^rojefeberfa^ren  gegen  bie  §ejen  befäm))ft.  2öa^  bie  ©c^rift  be^ 
Älen  griebrid^  bon  ©t)ee  (geft.  1635)  betrifft,  bie  Cautio  criminalis  seu  de  processi- 
bu8  contra  sagas  (juerft  anonym  ju  Stintcin  1631  gebrudtt,  in  2.  Stuft,  fc^on  1632 
;u  fjronffurt  unb  bann  noc^  öfter),  fo  befte^t  it^re  ^erborragenbe  Sebeutung  in  ber  fü^nen 
Energie,  tbomit  fie  gegen  bie  ^aujjtbcrteibiger  be^  bi^^erigen  §ejenj)roje^berfa^ren^  (nament=  so 
lid^  Sinöfetb  unb  ^elrio)  ju  5^Ibe  ^iet^t,  foU^ie  in  il^rcm  glüdlid^cn  f4>riftftclterifc^en  Gr^ 
folge,  fcaft  beffen  fie  juerft  „auc^  ben  5"tf^^"  bie  atugcn  über  ben  h)a^ren  ©tanb  ber 
Sac^e  gei)ffnet  l^at".  2lm  ßnbe  be«  17.  3«^^^""^^^*^  folgte  bann  Saltf^afar  Scfter 
(f.  b.a.  »b  II  ©.545f.),  ber  Serfaffer  ber  „Sejaubcrten  ffielt"  (1691  u.  ö.),  fotüie  ju 
änfong  be«  18.  ß^riftian  Il^omafiu^  (Theses  de  crimine  magiae  1701).  3tucl^  bicfesö 
beiben  ftie^en  nod^  auf  beftigen  2i5iberf)}ruc^  unb  SBiberftanb.  Setter,  hjelc^cr  ben  leufel 
nad^  ber  ^I.  ©c^rift  j^öc^ften«  at^  einen  mac^tlofen  gefaflenen  ®eift  anerfcnnen  tooHte, 
hmrbc  h>egen  feine«  Suc^e«  nod^  abgefegt,  unb  awd)  gegen  2:F;omafiu^,  tvdd^cx  l)kx  biet 
me^r  eingeräumt  l^atte,  erhoben  fid^  nod^  3"^if^^"  wnb  Sf^cologen.  3tber  burc^  ba^,  toa« 
jie  erreicht  ij^en,  um  ben  SSorau^fe^ungen  be«  §eEenJ)roiejfc«  il^ren  ®runb  ju  ent^iet^en,  co 


36  $e£ett  ttttb  ^esett^rojeffe  ^e^nltit 

ift  bod^  feit  bem  Slnfange  bc«  18.  gobrl^unbert«  bie  S^xajA^  be^fetten  aDma^Gc^  übcratt 
gelinber  gelDorben  bid  jum  enblid^en  (Srlöfd^en. 

Snierbing«  f}at  anq  ba«  gal^rl^unbcrt  ber  aufflärung  nod^  dnjelnc  amtlid^e  $«S«ns 
morbc,  fclbft  auf  beutfd^em  unb  beutfc^^fd^toeijcrifd^cm  Sobcn  erlebt,    ©o  1749  in  SBütg* 

6  bürg  bie  Sßerbrennung  ber  9?onne  9JJarie  SRenate  Singer  (f.  3-  tJi^iebridj^,  3fl«-  *>•  35öIKngcr, 
Sb  I,  gjJünd^en  1899,  6.  10);  1775  in  9JJemmingen  bie  ent^am)tung  ber  a:aglöl^erin 
2lnna  Ttaxxa  ©(^toägelin  unb  nod)  1782  bie  ber  2)ienftmagb  Slnna  ®ölbi  m  ®Iantd 
(f.  überl^aut)t  »inj,  Dr.  3.  SBeier  2C.  ©.  128  f.  unb  ©oIban^et)t)e  II,  281  ff.  315  ff.). 
©eitbem  ift  bie  unl^eimlid^e  ej)ibemie,  toie   e«  fc^eint  toenigften«  auö  bem   curoi)äif(^en 

10  itulturbereid^e  Derfd^tounben.  fettpaigen  auf  i^re  gwrücfrufung  l^injielenben  Sefirebungen 
be«  Ultramontani^mu«  toürbe  ber  mobeme  ©taat  fein  brachium  saeculare  tjerfagen. 
2)a6  aber  im  fat^olifd^en  9JJitteU  unb  ©übamerila  nod^  in  ber  2.  $älfte  unfereg  3a^ 
l^unbert«  Derfc^iebene  ber  §ejerei  angeflagte  ^erfonen  lebenbig  Derbrannt  toorben  ftnb  — 
1860  eine  0rau  ju  ßamargo  in  Tttpto;   1874  eine  grau  unb  il^r  ©ol^n  ju  ©.  3uan 

lobe  3flCobo  im  mejifanifd^en  ©taat ©inaloa ;  1888  eine^Jrau  nac^  mehrmaliger  ®ei^eluna 
auf  bem  5Karfti)Ia5  einer  ©tabt  in  $eru  —  fc^eint  glaubtoürbig  überliefert  m  fein  (t)gL 
3lxppoVt>  ©.  11  f.;  6l^r.  Söelt  a.  a.  D.,  ©.813).  Unb  ein  fortleben  be^  foldj^en ©rcueln 
urforünglic^  ju  ®runbe  liegenben  Söal^ng  finbet  l^ier  unb  ba  im  l^eutigen  SRomani^mu« 
ftcberlid^  nod)  ftatt.    9JJögen  Serfud^e  jur  9lel)riftination  be«  $ejenglauben«  mit  l^iftorif^en 

20  3JlitteIn,  toie  u.  a.  3.  ©örre«  (in  Sb  III  unb  IV  feiner  ,;6l^riftl.  5K^ftiI'0  fte  fcinerjeit 
angeftrengt  l^at,  feiten«  ber  bcutfc^en  fat^olifc^en  SBiffenfc^aft  abgelehnt  toerben,  unb  mag 
beögleid^en  biefe  Söiffenfd^aft  in  ber  9JJe^rjal^[  il^rer  Vertreter  Dielleid^t  nidj^t  auf  bem 
©tanbj)unft  folc^er  Tutoren  ftel^en  toie  j.  8.  Sifd^oföberger,  ber  SSerfaffer  be«  berüchtigten 
Su(^d  über  bie  „SSertpaltung  be«  ©jorciftat«  nad^  äJlafegabe  be«  römifd^en  Senebiftionole" 

26(DgI.  barüber  31.  SBäeitbred^t  in  ben  beutfd^^eD.  Slättem,  5RoD.  1884;  auc^  ttj^on  ^lippolb 
a.  a.  D.,  ©.18 ff.):  für  bie  tl^eoretifd^en  ©runblagen  be«  in  Siebe  fte^enben  Sffialj^nglauben« 
bilbet  ba«  tl^omiftifc^e  ©^>ftem,  bie  offijieHe  9JormaItl^eologie  unb  sj)l^iIofo^l^ie  ber  heutigen 
itird^e  SRom«,  eine  Safi«  Don  bi«  je^t  burc^  ni^t«  erfc^ütterter  geftigfeit.  Unb  bojj 
mm  gcft^alten  felbft  an  ben  bebenflic^ften  ®ä|cn  biefe«  ©^ftem«  forttoä^enb  bie  ftäriftc 

30  Steigung  in  Slom  öor^anben  ift,  ^at  erft  jüngft  toieber  ba«  Serl^alten  £eo«  XIII.  unb 
feiner  Umgebung  bei  bem  berüd^tigten  2i£il=§anbel  mit  erfd^recfenber  3)eutlidj^feit  ju  tage 
treten  laffen.  Sfcur  ber  glauben«fcfte  ainfd^Iufj  an  bie  reine,  unDerfälfc^te  unb  unüerfürjte 
SBa^rl^eit  be«  eöangelium«  Dermag,  toie  Don  aHer  ®eifte«fne(^tf(^aft  fonftiger  2lrt,  fo  aud(^ 
Don  biefer  traurigen  gorm  be«  Aberglauben«  frei  ju  machen.  {fßiltt  f)  gBiller. 

86  ^e^nltn,  3ol^anne«,  be  £at)ibe,  geft.  1496.  —  Slograp^ifc^e«:  Trithemius, 
Über  de  scriptoribus  ecclesiasticis  1494,  mit  einer  SSorrebe  uon  <>el)nlin,  geitgenöffifcftcÖueHc; 
Athenae  Rauricael778  (fetilcrftaft) ;  gr.  &if4cr:  go^onnc«  ^etjnlin,  S3afel  1851  (ungenQu) ; 
SBilt).  S3if*cr,  ©cid).  berUniuerfitöt  ^afcl,  93QieI  1860,  @.  157—166  (nur  biograp^ifdjc  SKije, 
aber  grunblcgenb).     „®ine  grünblicf)e  ^onogroptiie   über  ^eijulin  luftre  eine  fcbr  roünfc^cn«» 

40  werte  unb  belobnenbe  ?lrbeit"  (S3i|d^er).  —  (Sinjeltejte  unb  ©tubien:  Ueber  |)e^nlin« 
Anteil  an  ben  looifcöen  8lvcitigfeiten:  ^rontl,  ®ef4id}te  ber  iiogif,  ©b  4,  ©.  186  ff.  unb 
299;  ügl.  beffen  Vlrtifel:  „&et)nlin"  in  ?12)33.  lieber  $ci)nlin^  SBei^iebun^en  gur  Unioerfität 
^Qri« :  DcDifle  unb  Chätelain,  Auctarium  Chartularii  Univorsitatis  Parisiensis.  Laber  re- 
ceptarum   natioDis  Alemanniae,  T.  II,  col.  003.  907.  013.  016  917.  921).     Ueber  4)e\)nlin« 

45  ^erbicnfte  um  bie  SBud)brucfer!iinft :  A.  Claudin,  The  first  Pais  Press,  an  account  of  the 
books  printed  for  G.  Fichet  and  J.  Heynlin  in  the  Sorbonne  1470—1472  (lUustrated 
MoDographs  issued  by  the  Bibliographical  Society  '^r.  VI),  fionbon  1898  p.  35—87,  unb 
'Slot  2.  3.  8.  0.  lieber  .J)cl)nlin  ai^  iÖüd)erfrcunb  f  (Sari  et)riftüpl)  SBernouUi,  «ofel«  ßloftcr* 
bibliotWen.    lieber  ^ct)nlin«  Stellung  qIö  "iprebigcv :  3of)onneö  S3ernou(li,  S)ie  Äirctjengemcin* 

60  ben  SBoJel«  uor  ber  SHeformation.  (S3eibc^  in:  SBodler  3Q()rbu(ft  1895.)  2)a§  SBritifcftc  mfeum 
befi^t  eine  ©animlung  üon  ctioa  16  oerfcftiebenen  2)rucfen  üon  ^et^nlinö  Straftat  gegen  ben 
Wigbrauc^  ber  ^effe. 

SSon  3ol^önne«  §et^nlin  be  £ai)ibc  fmb  bon  Doml^erein  gtoei  ober  brei  gleid^namige 
unb  gleid^jeitige  ®elel?rte  beutlid^  ju  fonbem:  1.  ein  ßnglänber  Qo^annc«  be  2a})ibe,  ber 

66  1418  in  ^Jari«  ftubierte  (3)enif[e  unb  G^ätclain,  Auctarium  Chartularii  universitatis 
Parisiensis,  Liber  procurationis  nationis  Anglicanae,  ^ari«  1897,  tom.II,  col.  242); 
2.  ein  3ol&anne«  be  Sa^jibe,  ber  1422  al«  lic.  leg.  unb  bacc.  jur.  canon.  in  Äöln 
immatrifuliert  toar  (Äeuffen,  aWatrHel  ber  Uniberruät  Äöln  I,  189)  unb  1430  al«  ma- 
gister  artium  ba«  Sleftorat  ber  Unit)errität  Scipjig  bctleibete  (griebbcrg,  Da«  Collegium 

60  juridicum,  ein  Seitrag  jur  Oefd^ic^te  ber  £eii)5iger  3"^^f^«"föt"ltät,  S.  98) ;    3.  ein  3^* 


^e^tiHit  37 

Banne«  be  Sa))tbe,  abeltger  ©cburt  au«  bcr  2)iöccfe  Äonftanj,  bieffetd^t  toon  Stein  am 
Ä^ein,  ber  1461  ber  artiftenfafultät  Don  ^eiburg  i.  Sr.  angehört  unb  1463  mit  ©eiler 
toon  Äaiferöberg  bafelbft  t)romoDierte  (©(^reiber,  ©efd^ic^te  ber  SlIbrecbt^Subtoia^sUniDerTitöt 
ju  Sreiburg,  %l  I,  S.  234). 

35ie  §eimat  be«  3j<>'^ö""^  $c^nlin  ift  nad^  mel^r  ate  einem  urfunblid^en  Seleg  bie  6 
3)iDcefe  ©jje^er.    be  Sap\\>t   toirb  bal^er  am  beften  auf   bie   babifc^e  Drtfd^aft  ©tein, 
jtDifc^  $fonlS>eim,  SJurladj^  unb  Sretten,   al«  ben  ©eburtöort  §e^nlin«  belogen,    ©ein 
®eburt«jal^  rönnen  toir  nur  burd^  Vermutung  jtoifd^en  1425  unb  1430  anje^en.    1452 
ftubierte  er  in  2^m  unb  fd^rieb  bamate  feine  Slbl^anblung  ju  ben  brei  Sudlern  be«  2lris 
ftotele«  t>on  ber  ©eefe.  2lfe  Saccolaureu«  ftebelt  er  bann  1454  nad^  $ari«  über,  ift  1455  lo 
2icentiat,  1456  SRagifter,  1457  ^rolurator  unb  1458  3lejel)tor  ber  Sfiamannennation  unb 
toirb  1462   ©ociu«  ber  ©orbonne  unb  bor  1463  Saccalaureu«  ber  3:l^eoIogie.    2)ann 
lam  er  im  ©ommer  1464  nad^  Safel,    tourbe  bort  unter  SReltor  ^ol^ann  Shd^erob  Don 
®otba  immatrifuliert  unb  toufete  alfobalb  burdj^  ©nergie  unb  organifatorif^e«  Oefd^idE  bem 
SReafemu«,  ben  er  ftd^  in  ^ßari«  angeeignet  l^atte,  in  ber  Slrtiftenfafultät  jum  2)urd^brud^  i6 
m  öer^elfen.    ©r  ftanb  bamal«  einer  Surfe  bor  unb  tourbe  bei  ber  Safultät«ft)altung  ber 
^arteibelan  ber  SRealiften.    1466   jebod^  fe^rte   er  toicber  nad^  $an«  gurüdf  unb  tourbe 
am  28.  5Wärj  1467   ein  erfte«  9RaI  ^ßrior  ber  ©orbonne,   trat  bann  aber  bereit«  einen 
3Konat  fjKiter  toegen  äugenfc^toäd^e  jurüdf.    3lm  24.  ÜRärj  1469  tourbe  er  Sleftor  ber 
Umt>erraät  5ßari«,  am  25.  ÜRärj  1470  jum  jtoeitenmal  5|Jrior  ber  ©orbonne  unb  ertoarb  20 
^   bie  ibm  nodj^  fel^lenben  tl^eologifdj^en  ®rabe,   1471    ben  Sicentiaten  unb  1472  ben 
3)oftor.    @r  l^at   neben  feiner  afabemifc^en  Sffiirffamfeit   nod)  ba«  grofee  3Serbienft,   bie 
Suc^brudferfunft  in^ari«  eingefüi^rt  gu  l^aben,  unb  jtoar  burd^au«  al«  ^Pritoatuntemel^men, 
gemcinfam  mit  ©uiltaume  ^c^et,  l^inter  bem  ein  ml^Iung«fä^iger  ©önner  ftanb;  §e^nlin 
bogcgen,   ber  in  Safel  bie  3)rudferpreffe  fennen  geifemt  ^atte,    befc^affte  jum  Setrieb  bon  25 
öflrfel  bie  ©e^er,  feinen  ^eunb  5Wid^aeI  gre^burger  unb  ju  beffen  Slfftftenten  jtoei  jüngere 
®ele^e,    Ulridj^  ®ering   Don  Äonftanj   unb  3Rartin  6ran$  Don  ©tein ;   e«   toaren  bie 
fogenannten  alamannifd^en   Srüber;    aud^    S^^^»^"^   ämerbad^,    ber   berühmte  Sa«Ier 
SÄucfer,  bat  unter  ^el^nlin  in  ^ßari«  ftubiert  unb  [\i)  nod)  fi)äter  ftet«  feine«  Seiftanbe« 
erfreut    3n  bem  großen  ©daläge,  ben  balb  barauf  ber  9leali«mu«  gegen  ben  9iominaIi«s  so 
mu^  fü^e,  toar  §e^nlin  beteiligt;   benn  in  bem  (Sbifte  Dom   1.  älärj  1473,  toomit 
gubterig  XI.  ben  5RominaIi«mu«  in   ganj  ^Jranfreic^  unterbrüdfte,   ift  unter  ben  2)oftoren 
ber  t^logifd^en  g^fultöt,  bie  ftd^  ju  ®unften  be«  9lcali«mu«  gegen  ben  9lominaIi«mu« 
au«geft)ro($en  l^atten,  aud^  S^^^^'^"^  *>^  2a})ibe  genannt.  2lu«  unbefannten  Setoeggrünben 
liebelte  §«^nlin  1474  abermal«  nad^  Safel  über,  bie«mal  jebodj^  toirfte  er  nic^t  im  35ienft  86 
ber  Uniberfität,   fonbem  im  2)ienft  ber  Sirene.    3lm   erften  2lbDentfonntag  1474  in  ber 
tird^e  ju  ©anit  Seonl^arb   begann  er  feine  l^erDorragenbe  3^ätigfeit  al«  $rebiger  unb 
eWe  fie  in  Derfd^iebenen  Äird^en  ber  ©tabt  fort  bi«  gum  ga^re  1478,    too  er  oI«  ^ßro^ 
effor  ber  2:^eologie  an  bie  ba«  ^a!l)x  Dörfer   geftiftete  UniDerfttät  2^übingen  überftebelte 
unb  f(bon  im  §erbfte  beren  Steftor  tourbe.    2)o(^  Derleibete  il^m  ber  SBäiberftanb  ber  5Ro=  40 
mtnoliften  ©abrief  Siel  unb  ^aul  ©frijjtori«  ben  auf  enthalt,    1579   ift  er  3leftor  be« 
©tift«  in  Saben^Saben  unb  1580  entfaltete  er  eine  ftrenge  fittenreformatorifd^e  unb  pä? 
bagoflifdj^e  ll^ätigfeit  in  Sem.    2)a  er  aber  bort  nid^t  ben  getoünfd^ten  ©rfolg  fanb,   jog 
er  Jt$  erft  toieber  nadj^  Saben  unb  1484  bleibenb  nad^  Safel  jurüdt;  ^ier  toar  er  ß^or^ 
^err  unb  ^ßrebiger  am  5Wünfter,   na^m  aber  bann,   ba  gerabe  bamal«  ber  ^Rominaliften«  46 
ifeeit  ben  ^ödj^ften  ®rab  ber  Sitterfeit  erreid^t   l^atte,  be«  treiben«  mübe,   am  2^age  Dor 
3Kariä  ^immelfai^rt  1487  Don  fdnen  ^\il}'6xtm  3lbjd^ieb,  um  ber  SBäcIt  für  immer  Sebe* 
too^I  ^u  fagen.    6r  tl^at  5ßrofe^  unb  DerbraAte  nun   feine  legten  2eben«ia^re  mit  ®cbet 
unb  emfamer  litterarifd^er  31^ätigfeit  in  ber  Kart^auje  Don  Äleinbajel.  3)er  ftrenge  ^ßrior, 
Solob  iJauber  erlief  bem  berühmten  Untergebenen  nid^t  ba«  geringfte  Don  ber  l^arten  eo 
Drben^udj^t,   nid^t  einmal  in  ber  ©tabt  ))rebigen  burfte  er  mel^r,  jum  grofjen  Sebauem 
feiner  Sere^rer,  bie  ba  meinten,  „er  ^ätte  nü^cr  mit  ^rebigen  mögen  f^n".    Slber  Öe^n« 
lin  ertoiberte,  er  l^e  nur  eine©eele  unb  für  il^r^eil  gu  forgen.    Sit«  er  am  12.ÜJlärj 
1496  ftarb,  burfte  i^m  aud^  bie  UniDerfttät  nic^t  ba«  ®rabmal  errid^ten,  beffen  ©tiftung 
namentlid[^  ©ebaftian  Srant  nad^  Gräften  betrieb,    ©eine  anfe^nlid^e  Sibliotl^ef  tam  au«  66 
ber  Äart|SK»ufe  nadj^  beren  ©ntbölferung  burd^  bie  SHeformation  auf  bie  UniDerfität«bibIio5 
Üfd.    ©ie  beftonb  au«  233  gebunbenen  unb   59  ungebunbenen  Sudlern,  barunter  fmb 
feine  eigenen  ©elften. 

§ei?nlin    toor   ungemein  Dicifeitig.    3)a«   jeigt  fid^  and)  in  feinen  ©d^riften.    2)er 
Iroftot  }u  Slriftotele«,  fein  Seipjiger  gwfl^nbtoerf,  blieb  feine  j)^ilofot)^if(^e  §au))tleiftung.  eo 


38  $e))ttUtt  ^teralad 

©r  l^iclt  ftreng  an  2lriftoteIc«  fcft  unb  toolltc  toeber  toon  ber  bie^feiti^en  noäf  t>on  ber 
jenfcitigen  SBirflid^Icit  ber  ^h^m  ettoa^  toiffen.  Über  ben  9Reteorftetn  Don  ©nfi^i^eim 
fd^rieb  er  eine  naturtoiffenfd^aftUci^e  Slbl^anblung.  ^^I^eologifcij»  toar  er  ein  eifriger  SBcrtretcr 
ber  unbefledten  enH)fän0nt^  gegenüber  bem  2)omtntfaner  SWeffret.    £iturgifd|   toirfte   er 

6  für  SHeinigung  be«  3Ref;fonnuIar«  Don  ben  älu^toücij^fen  ;  feine  1492  »erfaßte  Schrift  gegen 
biefe  3Ki^bräuci^e  fanb  jal^rje^ntelang  bie  größte  3Serbreitung.  1492  leitete  er  bie  ämbrofui^:: 
aa^aU  be^  So'^^"'^^  älmerbad^.  ©eine  J^anbfd^riftlid^en  ^ßrebigten  fmb  auf  bie  genauere 
SBeftimmung  feiner  fird^Iid^en  unb  t^eologifd^en  ©efmnung  l^in  noc^  unerforfd^t  ^m  aü=^ 
gemeinen  jeigt  er  eine  mcrf toürbige  ^Bereinigung  Don  Äonferüati^ntuö  in  tl^eoretifdj^en  SMngen 

10  mit  rabifaler  Energie  für  gortfd^ritt  unb  Sfleform  auf  l)raftifcl^em  (äebiet.  6r  t>erje|rte 
M  Dor  3lrbeitgeifer  unb  fonnte  ber  großen  Unruhe  feinet  Seben«  fc^Iie^Iid^  nur  baburc^ 
fteuern,  ba^  er  Wond)  tourbe.  9lirgenbg  toar  feinet  Sleiben«  lange ;  unb  bod^  l^at  er 
überall,  too  er  toar  unb  |)anb  anlegte,  bebeutenbe  ©))uren  l^interlaffen.  „Sr  toor/'  fagt 
SBifc^er,  „eine  jener  faft  tragifd^en  ©rfc^einungen,  bie  nod^  furj  Dor  ber  SReformation  einen 

15  befferen  S^ftanb  innerhalb  ber  @d^ran!en  ber  römifd^en  Äirc^e  erftrebten,  jule|t  ober 
reftgniert  ftd^  jurüdEjogen,  ol^ne  be^^alb  umfonft  gearbeitet  ju  l^oben." 

(^ersog  t)  ^^^^  9Ib.  »entoiitti. 

^tcrafaS  ttnb  bte  ^ierafiten.  --  fiitteratur:  SBal«,  ^ift.  b.  Äctcrcicn I,  @.  815 
bi«  823;  ^ieonber  m  I,  2,  ©.  1231-1236;   meine  «lltcbriftl.  fittt.«®ef*.  I,  6.  467f. 

20  ^aujjtquette  für  $.,  beffen  (Srjd^einung  für  bie  3Sorgefd^id^te  be^  9JJönc^tum^  Don 
Sntereffe  ift,  ift  Qpi'pf).,  haer.  67  (bgl.  55,  5  unb  69,  7,  fotoie  Ancorat.  82  unb  bie 
äbfd^reibcr  äuguftin,  h.  47  unb  Praedest.  47).  3lber  fd^on  Slriug  in  bem  Don  5lilo- 
mebien  an  2llejanber  D.  2tlej.  gefd^riebenen  Srief  (6t)it)^.,  h.  67,  7 ;  atl^anaf.,  de  synod. 
Arimin.  16)  ertoä^nt  neben   ben  ßl^riftologien  be^  Valentin,  5Kani,  SabeHiud  bie  eineö 

26  $ierafa^,  bie  er  nid^t  für  bie  rid^tige  i)cit  (ovo'  cbg  'legaxag  Xvpov  äjiö  Xvxvov,  ij  (bg 
Xajujidda  elg  ovo).  2lIfo  muft  fd^on  bamate  ber  5Diann  unb  ferne  Seigre  befannt  getoorben 
fein,  e^  ift  fein  ®runb  Dorl^anben,  in  jenem  ^ierafa«  einen  anberen  al«  ben  Don  6j)i- 
i)^aniu^  h.  67  befämt)ften  ju  erblidfen,  gumal  ba  biefer  c.  3  unter  Berufung  auf  ®e= 
h)ä^r«Jmänner  erjäl^It,   §.  fei  über  90  ^al)xt  alt  gelDorben.    3ltfo  toirb  er  ft)ätefteng  um 

30  275  geboren  fein.  SBa^  @})ij)^aniu^  Don  i^m  ju  erjä^len  toeife,  ift  folgenbe« :  §ierafa« 
lebte  in  2eonto))olig,  ein  3Rann  Don  ber  au^gebreitetften  unb  Dielfeitigften  ©elel^rfamfeit, 
gleid^betoanbert  in  ber  gried^ifd^en  toie  in  ber  äg^ptifd^en  Sitteratur,  in  ber  5Kebijin  unb 
ben  anberen  ejalten  Sßiffenfc^aften  (Dielleidj^t  auc^  in  ber  älftronomie  unb  5Kagie,  fügt 
6t)ii)^aniu^  bo^^aft  ^in^u):   d^vv  xaxä  navta  rgonov  nennt  i^n  6i)ii)l;aniu«.    ®ad  31 

36  unb  31%  !onnte  er  faft  au^lDenbig  unb  feine  glän^enbe  ©eleWö"^^^^^  befunbete  eine  SRei^e 
Don  Äommentaren  in  gried^ifd^er  unb  äg^t)tifcber  ©t)rad^e  (alfo  too^I  to\>tx\d)  —  eineö  ber 
ölteften  3^9"iff^  f^^  ^^^f^  ©prad^e).  So  bat  er  ein  größere«  SBerf  über  ba«  ©ed^^tage^ 
toerl  gefd^ricben,  aud^  ^falmen  gebidt^tet  u.  f.  \v.  3)en  Seben^unter^olt  ertoarb  er  fxd) 
burd^  Saßigrajj^ie,  hjeld^er  Äunft  er  aud^  nod^  im  l^öc^ften  älter  obliegen  tonnte,    ©eine 

40  !^cbcn^h?eife  \vax  ftreng  asfetifc^ :  6t)ij)^aniu«  Dermag  fic  nid^t  genug  gu  rüj^men.  3Som 
$Kein  cntj^ielt  er  fic^  ganj,  genofe  übcrl^auj)t  nur  ba«  9?oth?cnbigfte,  ebenfo  blieb  er  el^elo«. 
3luf  ä^nlidt^  geftimmte  ©cmüter  übte  er  einen  Qxo^m  (^m^n^  {dvvdjuevog  TteTaai  ywxdg), 
unb  fo  fammelte  fid^  um  i^n  ein  3t«tetenDerein ;  aber  ovdelg  fiei'  amcbv  awäyerai 
äUd  €1  eh]  jTQQ&evog  rj  juovdCcov  tj  iyxQaTi]g  fj  ;^w^a  (^auen  im  3l«fetenDerein  c.  8). 

46  (Sinige  feiner  ©c^üler  —  @t)ij)^aniu«  hjitft  i|ncn,  nid^t  bem  Se^rer,  .^euc^elei  Dor  —  ftei= 
gerten  nod;  bie  3l«fetil.  35iefetbe  rul^tc  auf  einer  t^eoretifc^  f^jefulatiDen  ©runblage.  §. 
erlannte  in  bem  ®ebot  ber  äyveia,  lyxQdreia,  Dor  allem  ber  (S^clofigfcit  ben  toefent* 
liefen  Unterfd^ieb  jlDifd^en  benv  91  unb  9M.  „SBa«  ifCkX  benn  berSogo«  neue«  gebrad^t?" 
fo  fragte  er,  ,,ober  h?a«  ift  benn  ba«  9Jeue,  lüa«  ber  ßingeborcne  Dertünbet  unb  eingefe^t 

60  ^at?  etlüa  über  bie  '^urd^t  ®otte«?  ba«  ifCiik  fc^on  ba«  ®efe|.  Ober  über  bie  ©l^e? 
Don  il^r  l^abcn  fcbon  bie  ©c^riften  (=  ba«  Wl)  grfünbct.  Cber  über  ?Jeib,  ^abfud^t  unb 
Ungerec^tigleit?  ba«  äße«  enthielt  fdt^on  ba«3li,  o'^e  ^lovov  rovxo  xarogSajoai  rik^e, 
t6  Ti]v  iyxQdxeiav  xrjov^at  iv  reo  xoojuo),  xal  mvm)  drakeSaoOai  dyveiav  x.  iy- 
xpdreiav.    ""Arsv  de  rovrov   fit] '  dih'aodai  Ci]v'\    (Sr  berief  fid^  l;ierfür  auf  1  Ho  7 ; 

66§br  12,  14;  3JJt  19,  12;  25,  21.  3)ie  3luferftel^ung  fafete  er  geiftlid^  {TTvev^ianxij 
juv^okoyia  fagt  (Sj)ij)()aniu«)  unb  Uljniz  bie  restitutio  carnis  au«brüdflic^  ab ;  l^ierfür 
fud^te  er  einen  umfaffenben  ©c^riftbeh?ei«  ju  geben,  ben  er  auc^  für  anbere  bogmatifc^e 
günblein,  um  mit  G))i^)^aniu«  ju  rcben,  beizubringen  untenia^m.  35on  einem  fmnli^en 
$arabie«  tooHte  er  nic^^t«  Joiffm;  noc^   h)id^tiger  ift,   ba^   er  auf  ®runb  Don  1  Xi  2,  5 


{^ieratad  ^teroHed  39 

bic  ©cligfrit  and)  bcr  Qttan\t  fterbcnbcn  Äinbcr  in  SlBrcbe  [teilte ;  benn  ol^nc  „®rfenntni« 
fein  ÄanH)f,  ol^ne  Äamjjf  fein  Sol^n".  ©eine  Drtl^obojie  in  ber  2:rinitätael^re  befd^einigt 
i^m  e))ij)l^amu«  au^brüdflic^.  35ie«  [tel^t  mit  ber  9Jotij  be«  ariu^  nid^t  in  SBiberfi)rudj^ ; 
benn  au«  be«  äriud  95rief  ift  ju  fd^Iie^en,  bafj  §ierafa«  einer  gemilbert^mobaliftifd^en 
3)enfh)eife  l^ulbigte,  bie  belanntlidj^  in  ber  erften  §älfte  beö  4.  3ö^'^^u«1>«^^  ^on  ben  b 
^^rögem  ber  Drt^obojie  nic^t  immer  beanftanbet  tourbe.  2)oci^  teilt  et)it)l^aniu^  mit,  Äierafo^ 
^abe  ftc^  befonberen  ©j)efuIationen  über  ben  ^I.  ®eift  l^ingegeben  unb,  toie  e«  f^eint  in 
einer  befonberen  ©c^^r  öwf  ®runb  Don  $br  7,  3  fombiniert  mit  9lö  8,  26  unb  Ascens. 
Isaiae  9  (Dgl.  35iIImann,  Asc.  Isaiae  1877  j.  b.  ©t.),  geleiert,  b.  1^.  ®eift  fei  in  WlAd^U 
febel  erfd^ienen.  lo 

(^ieju  Dgl.  Äunjc:  SRorcuä  dremita,  1895,  @.  76  ff.  82  ff.).  3)q6  eS  einen  Ärei«  oon 
,,^icrQfitcn"  minbcftcnS  bi«  gegen  ßnbe  bcS  4.  Softr^unbertö  gegeben  l^at,  bezeugt  un8  9Rq» 
cariuS  2lcg^pliu8  (^reufc^en,  $aIlQbiu§  unb  9?upnu«,  1897,  ©.  124),  ber  fic  au4  (ftorafterl- 
ficrt:  @in  ħfct  im  orftnoitifcftcn  ®au  oerfü^rte  gegen  300  ©laubige  jur  ßc^rc  iwv  Xeyo/tU' 
i'coy  'hoaxizäii'f  oTxivfs  kiyovoi  fATixe  xov  aoyifjQa  xai  xvgtov  TJfiwv  *Irjoom'  Xqiötov  drügd}-  16 
ritvov  avEikrirpevai  oibfia,  firfre  fitjv  x6  ^/nerFQOv  aviozao^ai  acöfta,  xai  Jtd?AV  Xiyovai  xgeTg 
rTvai  dgxdg '    ^eov   xai    vXrjv    xal  xaxiar,    xai    JioXXd  hega  eoxi    xd    xijg    dvoosßeiag   avxdjv 

ngtaxevjLiaxa.  SSgl.  baju  Äattenbuf*,  9(|)oft.  @i)mboI.  II,  1,  6.  242  ff. ;  ihinje  i.  b.  9?ßlidjen 
3eitf(ftr.  VIII,  7,  1897,  8.  550  ff.). 

§ierala«  ift  ein  alejanbrinifd^er,  c^riftlid^   fird^Iid^er  ©elel^rter  getoefen,  ber  ben  bon  20 
Drigene«  ausgegangenen  3*"J>wU^  Ö^fo^öt  ift.    ©otool^I  fein  ftrenger  SibliciSmuS,  ber 
i^n  JU  SluSlegungen  toie  ber  toon  §br  7,  3  gefül^rt  l^at,  al«  feine  t^eoretifd5>=h)eItfIü(^tigen 
Steigungen  unb  ©t)ehiIationen,   laffen  fidb  bon  bort^er  erflären.    ßbenbal^er  ftammt  fein 
©piritualiSmu«  unb  gnteHeftualiSmu« ;   legerer  tritt  in  ber  Seugnung  ber  ©eligfeit  ber 
Äinber  befonber«  ftart  ju  2:age.    Sludj^  fein   gemäßigter  aJlobaliSmuS  brandet  nid^t   al«  2b 
äbfaff  üon  DrigeneS  gebeutet  ju  toerben.    2)en!h)ürbig  ober  ift,  baß  berfelbe  SWann  ftd^ 
nic^^t  nur  toie  Drigene«  unau^ef(^t  mit  ben  gefamten  2öiffenf(^aften,    aud^   ben  ejaften, 
befd^äfttgt,   fonbem   aud^  einen  9Könd^Derein  gegrünbet  l^at.    3)arf  man  annel^men,  baß 
feine  3Rönd^e  jugleid^  feine  ©(^üler  toaren,  fo  l^aben  toir  l^ier  auf  ägVj)tifd^en  95oben  eines 
ber  erften  Seif))iele  eine«   aud^  toiffenfd^aftfic^   gerichteten  2lSfetent>ereinS.    2)ie  nur  teil=  so 
toeijen  Übereinftimmungen  beS^ierafaS  mit  ben  f og.  ^^l^eobotianem  (Sefd^äftigung  mit  ben 
ejarten  Sffiiffenfd^aften,  5Kel(^ifebeff))eIuIation)  fmb  als  jufälKge  ju  beurteilen;  bieSenu^ung 
ber  Asc.  Isaiae  alS  l^eiliger  unb  aut^entifd^er  ©c^rift  ift  für  bie  ©efd^id^te  biefeS  95ud^eS 
t)on  28i(^tigfeit.  ^bolf  $arnaif. 

^ittatifit  f.  Jtird^e.  86 

6ierofle0,geft.ni(^t  bor  306,  Gi^riftenDerf olger  unb  litterarifd^er  Seftreiter  bcSGI^riftentumS, 
hHil^c^einlid^  ibenttfd^  mit bem  ©offianuS §ierocIeS  einer ^jalm^renifc^en^nfc^rift  CLL. III 
133  =  III  1661  aus  ber  3eit  jtoifc^en  bem  1.  ÜRärg  293  unb  bem  l.SWai  305,  bem 
©tatt^alter,  bem  praeses  ber  ?5rot>iin,  ju  ber  ^alm^ra  bamalS  gel^örte,  nadj^  5Dlommfen 
ärabia  SibanenfxS,  nac^  SWarquarbt  ^ß^oenice  Sibanefia.  9Jad^  Sactanx  de  mort.  pers.  40 
16,  4  ift  §.,  e^e  er  praeses  tourbe,  vicarius  getoefcn,  toomit  baS  SJilariat  einer  mel^- 
rere  ?Proöinjen  umfaffenben  2)iögefe  nid^t  gemeint  fein  fann;  man  l^at  an  bie  auS  C.  L 
ti.  VI  1704  belannte  ©teHung  eines  vicarius  a  consiliis  sacris  gebadet,  über  bie 
SKommfen,  Memorie  dell'  inst.   arch.    II,  1865,  p.  327  sq.   unb    6uq,  M^moires 

Sr^sent^s  ä  Tacad.  des  inscr.  I.  s^rie  t.  IX  p.  474 — 479   gel^anbelt   I^aben.    2)ie46 
Seranttoortung  für  ben  SluSbruc^  ber  bioIIetianifcf)en  Verfolgung  toirb   bem  §.   in   ^er^ 
öorragenbem  ffllaße  jugef d^rieben ;   de  mort.  pers.  a.  a.  D.  toirb   er  auctor  et  consi- 
liarius   ad   faciendam   persecutionem  genannt,   Sact.   div.    inst.  5,  2,  12   fogar 
auctor  in  primis  faciendae  persecutionis.   ©ben  alS  ©tattl^alter  bon  Sit^^nien  toar 
er  in  Slicomebien  am  2luSgangS})unIte  unb   im  9JlitteI^)unfte  ber  Verfolgung;   er  befanb  60 
fxö)  in  biefem  ämte,  als  am  23.  ^ebruar  303  bie  R\x6)^  in  9Jicomcbien  jerftört  unb  am 
folgenben  3:age  baS  erfte  ßbift  gegen  bie  (S^riften  angefc^Iagen  tourbe.    2)ie  Slnfid^t,  ba^ 
malS  fei  glaccinuS  ©tatt^alter  öon  Sit^^^nien  unb  Jr^ierocIeS  erft  jein  9Jad^f olger  gelüefen, 
ru^t   auf   einem  9JJißk)erftänbniS   Don  Sact.   de  mort.  pers.   16,  3;   ber   praefectus 
glaccinuS  toar  nic^t  ©tattl^alter,  fonbem  praefectus  praetorio,  ügl.  SBorgl^efi,  Oeuvres  56 
complätes  X,  $ariS  1897,  p.  154.    §.  mar   tum   e  numero   iudicum  (2act.  inst. 
5,  2,  12),  unb  SDonatuS,  an  ben  bie  ©d^rift  de  mort.  pers.  fid^  toenbet,   fiel   in  feine 
Öonbe.    SlIS  Slad^folger  in  ber  Statt^alterfc^aft  bon  Vit^^^nien  erhielt  §.  ben  ^riScittia= 
nuS  (de  mort.  pers.  16,4),  toäl^renb  er  fclber  jumDberftattl^alter  bon  ganj  2i[gl;t)ten,  jum 


40  ^ieroHed  ^ierott^titttett 

praefectus  Aegypti,  em})orftic0 ;  Euseb.  mart.  Pal.  bcr  au^fül^Kd^en  Raffung  211  XIV,4 
@.  44  f. ;  Epiph.  haer.  68, 1 .  Slud^  l^ier  Verfolgte  er  bie  Sl^riften  unb  fc^ritt  ü^  jur  SSertoeifung 
d^riftlidj^er  grauen  unb  affetifd^er  Swnßfraucn  in  Sorbette.    3)afe  Seomte,  bie  bergleid^en 

Säten,  ntdj^t  auf  ®runb  allgemeiner  Slnorbnungen,  fonbem  au^  Übereifer  banbelten,  fyit 
tommfen,  SRöm.  ©trafred^t  ®.  955  mit  Siecht  bemerft;  ©ufebiuö  bejeidjnet  bo^  S8er« 
fahren  be«  $.  al«  Tiegav  xcav  jiQoorjxövzcov.  2)er  ßl^rift  ^bejiu«  fonnte  ju  SDeionbria 
bem  &,  „auf  Orunb  ber  ®efö|e  nad^toeifen,  bafe  er  fte  überfd^ntten  ^e" ;  er  ohrfeigte 
ben  präfeften,  toarf  il^n  ju  Soben  unb  J)rügelte  il^n.  ^befiu^  toirb  gefoltert  unb  in« 
aUeer  geworfen  (Euseb.  mart.  Pal.  5,  3;  211  XIV  4  ®.  44 ff.);  fein  aRort^rium  er» 

10  folgte  mrje  3^^^  ^^^  bem  feine«  Sruber«  3lmt)l^ianu«  üom  2.  2li)ril  be«  3.  So^re«  ber 
SBerfoIgung  (Euseb.  mart.  Pal.  4,  15;  5,  2.  3;  SCU  a.  a.  D.  ©.  28.  42  f.  3Rart^oI. 
^ieron^m.  4  non.  Apr.).  93on  biefem  SDatum  l9at  bie  jeitlic^e  Seftimmung  ouc^  ber 
ägb))tifd^en  ^räfeftur  be«  $.  au^jugepen.  Über  $.  unb  ba«  ^art^m  be«  9(t)oDoniu« 
ügl.  vorläufig  ällarb,  La  pers^cution  de  Diocl^tian  II  p.  56—58. 

16  §.  ift  einer  ber  beiben  litterarifd^en  Seftreiter  be«  ßl^riftentum«,  bie  nad^  Saci  inst. 
5,  2,  2  im  grü^ial^r  303  auftraten,  jur  3^*  *>^  3^*örung  ber  nicomebifc^en  Äirc^e 
unb  ber  beginnenden  93erfoIgung.  @r  fd^rieb  bamal«  jtoei  libelli  non  contra  Ghristia- 
nos,  sed  ad  Christianos  (Sact.  inst.  5,  2,  13);  ju  bem  dXi]^  Xöyog  be«  Selfu« 
ber^ölt  fein  Jigdg  Xguniavovg  (pdaXrj&rjg  Xöyog  a  ß'   fid^  im  iitel   toie   bie  (piXo- 

30  oowla  be«  ©olrate«  %\x  ber  älteren  o(xpia,  2)ie  tuenigen  erhaltenen  ^ogmente  ber 
®d9rift  finben  ftd^  bei  2act.  inst.  5,  2.  3  unb  bei  ©ufebiu«  gegen  §ierocle«  Jtaj).  2 
$.  erfdj^eint  l^ier  al«  Vertreter  eine«  j)^iIofot)^ifd^en  9Konotl^ei«mu«  (Sact.  inst.  5,  3, 25), 
ber  ja  ben  })oI^>tJ^eiftif(^en  Äult  nid^t  auöfd^Iofe.    %xo%  feiner  ©rinnerung  (m  gelfu«  hmr 

S.  in  erfter  Sinie  ))on  $or))^^riu«  abl^öngig.  92ad^  bem  9lbfd^(ufje  be«  neuteftamentlic^en 
anon«  gel^t  bie  l^eibnif^e  $o(emit  f^ftematifd^  barauf  au«,  SBiberf))rüd^e  in  ber  l^eiligen 
©d^rift  JU  finben,  beren  ©rmittelung  fi(^  Dor  allem  5Port)l^^riu«  angelegen  fein  liefe; 
bierin  (Sact.  inst.  5,  2,  14)  ift  §.  i|m  gefolgt.  9?eu  toar  bei  ü^m  nur  bie  genauere 
älu«fül^rung  einer  ©egenüberfteHung  be«  3lt)oIIoniu«  bon  X^ana  unb  ^efu  unb  einer 
Überorbnung  be«  Sl^joffoniu«,   mit  ber  bereit«  5Por})^^riu«  begonnen  l^atte  (bei  aJlacariu« 

80  aJlagne«  3,  1  p.  52  ed.  Slonbel).  35ie  3SergIeid^ung  biefer  ©teile  mit  Sact  inst.  5, 
3,  9  ergiebt  S5enu|ung  be«  ^^ilofojj^cn  bei  üJlacariu«  burc^  §.,  nid^t  gbentität  mit  i^m, 
toie  2)u(^e«ne,  De  Macario  Magnete,  $ari«  1877,  p.  17  sqq.  angenommen  l^atte.  3)ie 
©tüdfe  bei  SWacariu«  ftammen  öielmel^r  au«  5Por})^^riu« ;  Söagenmann,  3353:1^23,1878, 
©.  287;  Sleumann,  Prolegomena  in  Julianum  p.  21.  —  5Kit  §.   lüirb  bie  bi«^ei 

86  nur  tj^eoretijc^e  Äritif  ber  5Reu^)latoni!er  t)raftifd^  unb  gewinnt  ®influfe  auf  bie  Slegierung. 
35ie  Sfeürbigung  ber  $erfon  be«  .§.  ergiebt  ftd^  au«  bem  ©(^eine  be«  SBSobltooHen«  gegen 
bie  ß^riften  im  2itel  feine«  Söerle«,  fonfrontiert  mit  ber  ^Ka^ofigfeit  feiner  ^anblungen 
)U  älcjanbria.  2)a«  2.  §eft  ber  Scriptores  Graeci  qui  Christianam  impu^aye- 
runt  religionem  toirb  au^  bie  gragmente  be«  §.  orbnen   unb   erlöutem  unb  m  ben 

40  3wfammenl^ang  ber  neuJ)latonifd^en  $olemif  gegen  ba«  ß^riftentum  einreil^en. 

S^.  9[«  9leitmaiitt* 

^terott^mtten  (Hieronymitani;  Eremitae  s.  Hieronymi).  —  1.  $etr. 
be  la  SBega,  Chronicon  Fratrum  Hieronymitani  Ordinis,  Compluti  1539.  Constitucionee  y 
extravagantes  de  la  erden  de  san  Geronimo,  con  annotaciones  y  avertancias,  ^abrtbl613; 

46  ^el^ot,  Hist.  des  ordres  III,  423 — 447.  —  2.  Eusebio  Cremonese,  6  vero  della  e  pro- 
gressi  de'  Monaci  GieroDimiaDi  etc.,  (Srcmona  1645.  Eegula  d.  Augustini  cum  statutis  et 
ordinario  monachorum  d.  Hieronymi,  ^aüia  1614;  ^elQot,  III,  447 ff.  —  3.  ©onnacioU, 
Pisana  Eremus,  s.  vitae  et  gesta  Eremitarum  d.  Hieronymi,  qui  in  religione  b.  Petri  de 
Pisis  floruerunt,  S3enebia  1692;    9lnt.  ^ax.  S3onuccl,    Istoria  della   vita   e  miracoli   del  b. 

60  Pietro  Gambacorti,  fondatore  della  congrcg.  de'  Romiti  di  s.  Girolamo,  Sflom  1716.  Con- 
stitutioni  delle  Frati  Eremitani  di  s.  Girolamo,  congregazione  del  b.  Pietro  di  Pisa,  9Si» 
terbo  1614  (oucft  lat.,  ebb.  1642);  C)elQot,  IV,  1—17.  —  4.  Vita  b.  Caroli  de  Romena, 
comitis  de  Monte  Granello,  ASB  7.  Sept.;  $6tin,  Diction.  hagiographique  s.  Gar.  de 
Montegranelli;   $)cI^ot,  IV,  18  ff.    —   Swlönimenfoffenbe  83cri(ftlc   bei  ©acftg  s.  v.  im  ÄÄß\ 

66  V,  2014—2017  unb  bei  $eimbu(^er,  Orben  u.  ^ongreg.  I,  481—486. 

^ieron^miten  ober  Eremiten  be«  ^I.  ^ieron^mu«   l^ei^cn  mel^rere   nicf^t  nöi^er  mit 

einanber  jufammenl^ängenbe  Drben,   bie  ben  1^1.  §ieronl;mu«  al«  ©cbu^i)atron   tool^lten, 

nadj^  änguftinersgl^or^errens  ober  ßremitenrcgel   lebten   unb  teil«   in  ©^janien  unb  $ors 

tugal,  teil«  in  Italien  i^re  äu«breitun0  unb  Slüte  fanben.    ^i)x^  ßntftcbun0«jeit  fällt 

60  jufammen  mit  ber  ©rünbungge^jod^e  ber  95rüberfcf»aft  Dom  gcmeinfamen  iJebcn,  an  toeld^er 


^teron^mitett  41 

iDenigftcn«  afö  fiofolbejctd^nung,  bcr  5Rame  Hieronymiani  gletd^fatt«  l^oftct  Q,  S.  ©d^ulje 
in  bem  betr.  »rt.  III,  486,  3.  57;  487,  3.  21;  495,  3.  12  u.  ö.).  Ob  bcm  Umftanbe, 
bofe  fte,  tote  and)  bie  genannten  Srüber,  jiemltd^  genau  1000  ^af)xt  nad)  bem  3«it>wnlt, 
too  bcr  ^eil.  ^teront^mu«  in  ber  ©efd^ic^te  l^erDorjutreten  begann  (c.  1370—1390),  ge* 
lüftet  tourben,  eine  ©efularerinnerung  ju  ©runbe  liegt,  bürfte  einer  näheren  Unterfudfiung  6 
toert  fein. 

1.  3)te  fj)anif(i^en  §ieron^miten  tourben  geftiftet  um  1370  im  Äirci^f))iele  öon 
2^olebo  burd^  ben  })ortugiefif^ien  granjiöfanerslertiarier  Sa^co  unb  burc^  ben  Kammerl^erren 
beö  caftilianifd^en  itönig«  $eter«  be«  ©raujamen,  $ebro  ^emanbo  ^ed^a  au«  ©uabala« 
iora  (gefr  1402).  ^a)jft  (äregor  XI.  betätigte  1374  ben  Drben,  ber  [xi)  m  Bpanxm  10 
unb  5ßortuaaI  fd^neU  ausbreitete,  felbft  nac^  Slmerifa  fid^  berj)flanjte  unb  Dorjug^eife  ben 
SBiffenfd^aften  ft(^  toibmete.  ©eine  §aut)nlöfter  tourben:  ©.  5Waria  be  ©uabel^je  (^ßros 
toinj  6acere«),  ©an  ^ufte  (too  Äarl  V.  1558  ftarb),  ©.  Sfibor  in  ©ebiKa  unb  ba«  mit 
befonberö  großartiger  ^fSrad^t  t>on  ^i}xl\pp  II.  erbaute  ©an  Sorenjo  be  SReal,  genannt 
ö^rial  (eigentlidj^  ein  ®ebäube!omj)Ie5  Don  17  Älöftem  mit  ©(^ulen  2c.,  jugleicb  jum  is 
ilönig«})alaft  beftimmt,  für  6  SWiKionen  2)ufaten  errid^tet  1563—1584  —  feit  beriUöfter* 
auf^ebung  1835  nur  noc^  afe  5ßalaft  bienenb);  femer  in  Portugal  ba«  1497  bon  ©ma« 
nuel  b.  ©r.  nal^e  bei  Siffabon  mit  grofeer  ^xad)t  errichtete,  aß  Segräbnigftätte  für  bie 
portugieftfdbe  ilönigöfamilie  bienenbe  Älofter  Selem  (Setl^Iel^em).  Site  beborjugte  Seid^t= 
bäter  ber  Äöni^e  @panm^  unb  $ortugafö  bilbeten  biefe  fj)anifd^en  §ieronbmiten  eine  retd^  20 
botierte  unb  mit  l^o^en  SBürben  geeierte  §ofgeiftUd^feit.  ^bxt  Drbenötrad^t  ift  ein  toeißer 
Jlod  bon  grobem  ©toffe,  eine  Heine  Äaj)uje  unb  ein  ©fa)julier,  beibeig  bon  fc^toaner 
garbc;  betm  3lu^el^en  toirb  nodj^  ein  langer  SWantel  bon  gleicher  ?Jarbe  übergetoorfen 
(f.  bieÄonftitutionen  be^  Drbeng  in  i^er  legten,  mit  „Sjtrobaganten"  bermel^rten  unb  burd^ 
$at)fi  eiemen«  XII.  im  ga^re  1729  beftätigten  ©eftalt,  bei  $oIfteniug^SrodRe,  Cod.  26 
regg.  monast  tom.  VI,  Addidament.  I,  p.  10—87).  —  2)er  Drben  erl^ieU  auc^ 
©^toeftem,  bie  ^ieron^mitinnen  ober  5Ronnen  be«  ^I.  §ieron)?mu«,  geftiftet  burd^  SWaria 
©orda«  bon  3:oIebo  im  Älofter  ©t.  $aul  1375  (o^ne  feierlidj^e  ©elübbe,  mit  einem 
toeißen  Slodf  unb  braunen  ©fa^julier  aU  DrbenöHeibung).  3^  feierlid^en  ©elübben  tour« 
ben  biefelben  erft  unter  $aj)ft  SwKuö  II.  berjjflid^tet  unb  jugleid^  ber  Slufftd^t  ber  ^ie«  30 
ronl^miten  unterfteHt.  ^fyct  legten  Äonbente  erlagen  bem  allgemeinen  itlofterfturm  be^ 
3a^re«  1835. 

2.  ^ieroni^mug'gremiten  bon  ber  Dbferbanj.  2)er  britte  ©eneral  ber 
fj)antfd^en  ^ieron^miten,  £ut)u^  Dlibctu«,  {2opt  b'DImebo)  an^  ©ebiHa,  geft.  1433  (bilbete 
oud  ©liebem  be«  bi^^erigen  Drbeng  eine  für  fi(^  beftei^enbe  Kongregation  unter  bem  9(tas  86 
men  „ilongregation  ber  Sremitm  be«  ^l.  ^ieron^mu«  bon  ber  Dbferban^  auf  ©mnb 
einer  axi^  ben  SBerfen  be«  ^ieron^mu«  (f.  b.)  gezogenen  SRegel.  $abft  3Rartin  V.  be« 
[tätigte  biefen  3^riöotben  1426,  toie«  i^m  bie  3llepu«fird^e  auf  bem  3lbentin  gu  unb  be« 
förberte  überl^aut)t  feine  9lu«breitung  in^talieit.  Söä^renb  er  in©t)amm  unter  ^^ilit)})  IL 
mit  bm  übrigen  §ieronbmiten  (1595)  toieber  bereinigt  tourbe,  erhielt  er  [xd)  in  gtalim  4o 
oI«  „Kongregation  be«  ^l.  §ieron^mu«  bon  ber  Sombarbei"  in  einigen  5Höftem  bi«  gegen 
bie  Slitte  unfere«  Sai^l^unbert«.    ©eine  Siegel  f.  bei  ^olftening^Srodie  t.  III,  Add.  26 

(p.   43  88.). 

3.  Sn  Stalim  fammelte  Steter  ©ambacorti  ober  $etm«  be  ^pifi«  (geft.  1435)  im 
^afyc^  1377  in  einer  (Sinöbe  bei  SWontebcHo  au«  befel^rten  SRäubcm  bie  ©enoffenfdj^aft  46 
ber  6remitm  be«  1^1.  §ieron^mu«  (Pauperes  Eremitae  s.  Hieronymi)  nad^  einer  be* 
fonbcr«  fhrengen  Siegel,  bie  inbe«  fc^on  1444  5WiIbemngen  erfuhr  unb  im  ^ai)x^  1568 
mit  ber  äuguftinifc^^en  Siegel  bertaufd^t  tourbe.  3)ie  Stiftung  fanb  eine  toeite  Verbrei- 
tung; im  17.  SoJ^'f^wwb^  traten  mehrere  (Sinfieblerbereine  in  ^a\)mi  unb  2^^[roIju  ibr 
über,  boc^  befte^t  pe  je^t  nur  nod^  in  einigen  Älöftem,  in«befonbere  einem  in  SSiterbo  ^ 
unb  einem  in  9lom.  ^f)x^  Äonftitutionen  f.  bei  ^olftcniu«'SrodEte  t.  VI  p.  88—128. 
SBcgm  i^rer  ungetoöl^fnlic^en  gaftenftrengc  (4  jä^rlic^e  Duabrageftmalfaften !)  f.  Sloi^ere« 
bei  3WH[er,  a«fefe  u.  aJlönd^tum,  1897,  ©.  504  f. 

4.  6ine  bierte  Kongregation  bon  §ieron^miten  ftiftete  im  gal^re  1406  Äarl  bon 
SKontegroneßi  ju  S'^f^'l^r  ^'^  Congregatio  Fesulana,  aud^  Clerici  apostolici  S.  Hie-  w 
ronymi  Jesuati  genannt  (alfo  mit  bemfclbcn  9iamen  be^eid^net,  toelc^en  ^ol^.  ßolom* 
bini«  3^w^^  If-  ^-J  urf})rünglid^  gefül^rt  l^atten).  ©ie  tourbe  aber  fc^on  unter  ßle^ 
men«  IX.  1668  toieber  aufgelijft,  toorauf  bie  meiften  il^rer  3WitgIieber  in  bie  Kongregation 
bed  $etnt«  be  $ift«  eintraten.  S^ältx. 


42  ^terotDfmttd 

^icronJ)mit«,0cft.42O.—  LÖefamtouSgobcn  feiner  ?Ber!e :  3). @ra8mu8,  S3QfeI1516 
bi§  1520  u.  öv  9  tom.  fol.;  3ÄQrianuS  S3ictoriu§  (Sifc^of  ü.  SRieti),  SRom  1565-1572  u.  ö., 
9  t.  fol.;  g.  Ulr.  eolijtu«  unb  ?lbam  Xribbetftoüiu«,  Srantfurt  u.  fieipjiö.  1684—1690, 
12  t.  fol;  g.  "iWartianQ^,  0.  S.  B.,  «Pariö  1693-1706,  5  t.  fol.   (gumeilen  qu*   unter  bcn 

6  9?amen  Q.  ^Kartianat)  u.  51.  ^ounet  citiert;  bocö  ftarb  biefer  OrbenSgenoffe  ^.8  fdjon  nacj^ 
ßrfcfteinen  üont.I);  5)onunit.  S^aOarfi,  3Serona  1734— 1742,  11  t.  fol.,  unb  normal«  SJeneblg 
1776-1772,  11  t.  4«  (abgebrucft  in  MSL,  t.  XXII— XXX).  3u  CSEL  ift  mit  ^tvau^» 
gäbe  bicrün\)niif4er  ©(ftriften  bi§  je^t  nod)  fein  9hifang  gemocht,  too\)i  raegcn  ber  befonberen 
©(ftmierigfeiten,  welche  ber  mangelhafte  Buftanb  ber  —  nicftt  einmal  Doüftönbig  befannten  — 

10  Uebertieferung  ben  Unternel^mern  einer  tritifcften  Bearbeitung  bereitet  (ugl.  in  biefer  C>inncöt 
91.  SReifferfcfteib,  in  b.  Biblioth.  Patr.  lat.  Ital.  I,  66.  90.  278).  —  9?ur  eine  fe^r  befrfiränttc 
9luätt)at)l  ber  3öerfe  (bauptfödilidö  immer  nur  bie  mitfttigeren  ©riefe,  foroie  einzelne  ber 
fleineren  Schriften)  bieten  bie  Ueberfe^er  in  neuere  Sprachen,  wie  %  fieipelt  in  ber  fat^ol. 
öibliot^ef  ber  ^^^.,  i^empten  1872—74  (2  S3be),   ©.  aJiatougeS  (Oeuvres   de  St.  J^rAme, 

15  publi^s,  Par.  1858,  1  vol.  8''),  $B.  ^,  gremantle  (Select  Library  of  the  Nicene  and  Post- 
nicene  Fathers  of  the  Chr.  Church,  Ser.  II,  vol.  VI,  9^em  ^orf  1893).  —  (fBegen  ber 
?(u§gabcn  einzelner  ©ücfter  f.  unten  im  2;ejt), 

2.  S3iograp^ien:  Xiflemont,  M^moires  pour  servir  k  Thist.  eccl^s.  etc.  t.  XII,  $artd 
1707;  ©eiHicr,  Hist.  g^n^rale  des  auteurs  eecKisiastiques,  t.  X,   $ariS  1722   (roieber^olt  in 

20  t.  VII  ber  neuen  9(u§g..  ?5ariö  1861);  SSaQarfi,  Vita  Hieronymi,  in  t.  XI  ber  Opp.  H. 
(f.  0.);  3ü§.  Stllting  (©tiltincf)  in  ASB.  t.  VIII  Sept.,  1762;  ©ngelftoft.  Hieronymus  Stri- 
donensis  interpres,  critieus,  exegeta,  apologeta,  historicus,  doctor,  monachus,  ^opcn^agen 
1797;  3f.  3-  ©otlombet,  Hist.  de  S.  Jeröme  etc.;  sa  vie,  ses  Berits  et  sa  doctrine,  $arid 
unb  2X)on  1844,  2  vols,  (beutfd)  bur*  g.  Sauc^ert  u.  91.  ^noü)  2  Sbe,  SRottmeil  1846-1848). 

26  0.  3öciEJcr,  i)ierom)mu§,  fein  fieben  unb  5Birfen  aud  feinen  Schriften  bargefteUt,  Ootfta  1865; 
Slm^b^c  Xbicrrl),  Saint  Jeröme,  la  soci^t^  chr^tienne  ä  Rome  et  P^migration  romaine  cn 
Terre-Sainte  (au8  b.  Rev.  des  deux  Mondes  1864,  Sept.-D6c.),  2  vols.,  $ariö  1867; 
nouv.  ^it.  refondue,  1875  (1876).  —  9Ke6r  nur  erbaulid):  ©ebaftian  ^olci,  Maximus  Hie- 
ronymus, vitae  suae  scriptor,  ?lncona  1750;    3K.  @d)ubad),   Ueber   bie  ©riefe  beS  6«  ^icro* 

30  nl)mu§  ald  Ouefle  ber  ®ef(bid)te  bcS  4.  unb  5.  Sö^^öunbertS  unb  al3  erbauenbe  ßeftüre, 
Äoblenj  1855  (?rogr.);  ®obe§carb,  Vics  des  P^i-es,  Martyrs  etc.,  t.VII,  ?5arid  1863;  (gbio. 
8.  6utt§,  St.  Jerome  (Fathers  for  English  Readers),  i^onbon  1878;  6.  Wartin,  Life  of 
St.  Jerome,  ßonbon  1888;  %  iiargent  (Pr^tre  de  POratoire),  Saint  Jöröme,  ^oriS  1898 
(ju  ber   bei   58ictor  iiecoffre  erfcl)eincnben  Sammlung   „Les  Saints"    gel)i)rig  —  im  ganjcn 

36pröji§  gearbeitet,  aber  tuefentlid)  bocft  nur  un!rtt.  ^anegl)ritud;  ugl.  X^fi^l  1899,  9?r.  9). 

3.  Äritifc^e  Sonographien  (befonber§  jur  SBürbigung  ber  e^eg.  unb  ^ift.  9(rbelten 
beS  ^.)-  3oÖ-  (SIericud,  Quaestiones  Hieronymi anae,  ^Imfterbam  1719;  ^llfr.  @(ööne,  Quae- 
stionum  Hieronymiarum  capita  selecta,  ©erlin  1864;  ^l,  JRabmer,  ^ie  ^ebr.  Jrobitionen 
in  ben  ©erfen  be§  $)ierout)mu8.   burd)  SSergIeid)ung   mit   ben   jübifd^en  Duellen  fritifcö  be* 

40  leuchtet,  ZI  I,  öreSlau  1861;  XL  II  in  ber  Sonatdfd)rift  f.  ®efd).  u.  3Biffenfd).  beSSuben- 
tumS,  S^^r^-  1865  ff.  (nod)  unüoOftftnbig;  be()anbelt  nur  bie  Quaestt.  in  Genesin  unb  bcn 
Comm.  in  Osee  — .Jooju  jüngft.  nacft  langer  ''l^aufe  [1868—98]  aud)  ber  Comm.  in  Joel 
bingugetreten  ift);  ^Imil.  fiübecf,  Hieronymus  quos  noverit  scriptores  et  ex  quibus  hauserit 
(über  Umfang  unb  "3®ert    ber  Sllaffiferfcnntnid  bc§  $.)  2eipi\ig  1872;    ^.  ^owad,  3)ie  ©c« 

46  beutung  be$  .Jiierom)m.  f.  bie  altteft.  X^ejtfritif,  ®öttiugen  1875;  S.  ^aurfer,  De  latinitate 
b.  Hieronymi  obsen'ationes  ad  nominum  verborumque  usum  pertinentes,  Berlin  1870;  ed. 
auctior  1880;  ^.  GJoeljer,  fitude  lexicographiquc  et  grammaticale  de  la  latinitö  de  S.  J6- 
röme  (Thbse),  $arid  1884  (472  pp.  8^  —  überaus  rcirf)baltig.  in  eti)moI.  luic  ftjutaft.  ^in* 
fi4t);  (I.@iegfrieb,  gWibrafdjiftifdjeS  ju  feieron.  u.^:pfeubol)ierom)mug:  3p«5:t).  1883,  @. 346 ff.; 

Boberf,  ^ie  ?(uMpra4e  beö  ^ebräifdien  bei  öieront)muö:  3at5B.  1884,  ©.  34—83;  ®.  ßobcrg 
(fatl).),  De  S.  Hieronymi  rationc  intcrprctandi,  ^3onn  1886;  9(.  9tö^rid),  Essai  sur  St.  Je- 
rome ex^göte,  (SJenf  1891  (%i}.). 

(^onograpbifc^c  Citt.  ju  einzelnen  SebenÄumftänbcn,  Schriften  unb  6c^riftengnU)pen 
be^  C").  f.  im  Xejt.  —  3Sgl   aucft  bie  fiitteraturoer^ieic^niffe  bei  lU.  S^eoalier,  Repertoire  des 

66  sources  historiques  du  Moy.  Agc,  p.  1263—1265,  aud)  2689)  unb  bei  SBorben^eroer,  ^atro« 
logie,  grreiburg  1894,  8.  440-445). 

1.  Sebcnögang.  ßufcbiu^  ©ot^l^roniu^  §kron^mm§,  ©ol^n  beö  ©ufebiu^,  Jüurbc 
im  2.  Siertd  be«  4.  5>af^i^^bt§.  in  ber  pannonifd[|=balmatifd)en  ©rcnijftabt  ©tribon  geboren. 
S)a  biefe  ©tabt  im  ;;^s.  377  burd;  bie  (Soteii  völlig  ^crftört  hjurbc,  lä^t  fic^  if;re  Sage  nic^t 

60  me^r  fidj^er  beftimmen.  3?on  ben  mancherlei  SRutmafeungen  betrcffiS  berfelben  (j;.  S.  bei 
^.  ©tancobid^,  Della  patria  di  S.  Girolamo  etc.,  SJenebig  1824;  bei  %.  5K.  '^ppm^ 
hm,  Esame  critico  della  questione  intorno  alla  patria  di  S.  G.,  ^axa  1833;  bei 
S?.  Sulic,  Säo  lag  ©tribon?  |gcftf^#  f-  D.  Sennborf.  SSien  18g8])  bürfte  bie  öon 
>Danf6,   tnelc^e  auf   einen   jluifäen   ben  ^tüftcn  3)lur  unb  3)rau  gelegenen  Drt  lautet 

6'»  Qo\'  ^cmfö,  Divum  Hieronymum  oppido  Stridonis  in  regione  Interamna  (Mu- 


^terott))tiiitd  43 

raköz)  Hungariae  anno  331  p.  Chr.  natum  esse,  SKamj  1874),   bcfonbere  Sead^« 
tung  Dcrbiencn.    Äinftc^tlid^,  bc«  ©eburt^jal^rö  folgt  biefer  SBicner  ©elcl^rte  bcr  auf  $ro«s 
perg  Chronicon  fu^enbcn  Überlieferung,  toeld^e  331  al^  bicfe«  ^(ä)x  angiebt.     Dagegen 
mad^en  Derfc^fiebene  Äußerungen  be^  &.  fclbft  in  feinen  ©d^riften  (fotoie  eine  5Rotij  $ro«s 
per«  5um  Söl^i^  420)  e«  h)a|rf(^einli^,  bafe  er  um  9—10  Saläre  jünger  toar,   alfo  erft  6 
ca.  340  geboren  tourbe  (f.  mein  aJlonogr.,  ©.  21—24).    @r  entftammte   c^^riftlid^en  ®U 
tem,   tourbe  jeboc^  toä^renb  feiner  in  ©tribon  Verlebten  SwQ^bjeit  nod^  nic^t  getauft, 
fonbem  en^jfing  erft,  nad^bem   er  jufammen  mit  feinem   ^wßcnbfreunbe  Sonofu^  |\um 
Setrieb  grammattfc^er  unb  rl^etorifd^-t)^ilofot)l^ifc^er  ©tubien  nad^  5Rom  übergefiebelt  toar, 
im  reiferen  Jünglingsalter  (ca.  360)  bie  Saufe.    Daß  Sifd^of  SiberiuS  felbft  eS  toar,  ber  lo 
biefe  I^L  iganblung  an  il^m  boDgog  (i^m  bie  vestis  Christi  barreid^te,  lüie  er  bieS  au^ 
brücft  f.  Ep.  15  unb  16  ad  Damasum),    läßt  bieHeic^t   auf  feine  bome^e  2lblunft 
f4>Iießen,  toal^rfc^einlic^er  jeboc^  barauf,  baß  feine  reid&en  ®aben  unb  fein  alü^enber  toiffen« 
Waftlic^er  ©ifer  —  genäl^rt  burd^  tüchtige  Seigrer  toie  ben  ©rammattier  Sleliu«  Donatu«, 
üielleic^t  aud^  ben  Jll^etor  unb  ^^^ilofo^^en  SSictorinuS  2lfer  —  i^m  frül^jeitig  einen  9las  i6 
men  gemac^^t  Ratten,   fo  baß  fein  befinitiöer  (Eintritt  in  bie  d^riftlic^e  Oemeinbe  afö  ein 
toid^tigcr  ©etoinn  für  biefelbe  galt.    9?ä^ered  über  bie  Dauer  biefeS  feineö  erften  Sluf^ 
ent^altS  in  Slom,  fotoie  über  bie  9lrt,  toie  er  benfelben  ju  feiner  äluSbilbung  öertoenbete, 
ift  nid^t  befannt.    ^n  ber  §aui)tfa(^e  bürfte   er  toä^renb  benfelben  nur  toeltlid^e  ©tubien 
betrieben  l^ben  —  ob  bloß  auf  ®runb  lateinifdj^er  Älajfifer,  fönnte  toegen  einer  Semer^  30 
lung  3flufing  (Inveet.  in  Hieron.  II,  p.  635)  ungewiß  fd^einen;   bo^   ft)red^en  über« 
toiegenbe  ©rünbe  bafür,  baß  er  auc^  bie  ©ried^en  bamafö  fd^on  lennen  gelernt  ^at  (f.  m. 
^icr.,  ©.  33  f.).    Der  Seitüre  gried^ifd^er  Äirc^enbäter,  toie  überl^au))t  d^riftlid^er  ©c^rift^ 
fetter,   fd^etnt  er  furo  ®rfte  nod^  fem  geblieben  ju  fein.    Dodj^  muß  fein  ÄreiS  geiftiger 
Sntereffen  immerl^in  and)  auf  6^riftli(^eS  fi(^  erftredtt  l^aben,  toie  feine  2lngabe  im  ßjec^ieU  26 
lommentar  (1.  XII,  c.  40):   er  fei  an  ©onntagen  ju  ben  ©räbem  ber  SJlärt^rer  in  bie 
Ratalomben  l^inabgeftiegen,  bieS  gu  erlennen  giebt.  —  Die  jufammen  mit  jenem  ^Jreunbe 
Sonofuö  ou^efü^rte  SReife  nac^  ©aHien,  toel^e  il^n  u.  a.  auc^  nad^2:rier  brachte,  fd^eint 
ouf   ben  mehrjährigen  römifd^en  3lufentl^alt  unmittelbar  gefolgt  ^u  fein;   baß  fte  in  ben* 
felben,  als  ein  jeittoeiliger  Slbftec^er  bon  ber  ^aujjtftabt  m  bie  $robinj,  mitten  l^ineinfiel  so 
ober  gor  nod^  Dor  6mj)fang  ber  2mife  bon  il^m  unternommen  tourbe,  ift  eine  unmöglidj^e 
annähme  einiger  älteren  Söiograp^en,  toelc^e  ber  Dratorianer  Sargent  (1.  c.  p.  5)   ol^ne 
jeben  ©runb  erneuert  ^at.    ^ieron^muS  betreibt  toä^renb   biefeS  2lufenti^altS  im  öftlic^en 
@allten  unb  „ad  Rheni  semibarbaras  ripas"  (Ep.  3  ad  Rufin.  c.  5)  bereits  tl^eo- 
logifc^e  arbeiten ;   er  fd^reibt  u.  a.  für  feinen  ^eunb  SRufin  ben  ^Pfalmenlommentar  beS  86 
§UariuS  unb  beffen  ©d^rift  De  synodis  ab   (Ep.  5  ad  Florent.  c.  2)  —  eine  95es 
fc^äftigung,  bie  feinen  ©intritt   in  bie  d^riftlidt^e  ©emeinfc^aft  unb  fein  ni(^t  me^r  ganj 
einfeitigeS  ßingenommenfein  für  ^rofanftubien  beutlid^  genug  borauSfe^t.  3ln  bie  gattifd^e 
Seife  fc^lofe  fi^  mel^rmonatlic^er  ober  öieHeid^t  me^rjäl^riger  Slufent^alt  in  SlufinS  Sater« 
ftabt  Slquileja,   too  er  außer  mit  biefem  ^eunbe  mit  einem   größeren  Äreife   c^riftlid^er  40 
3Wänner  (toie  gl^romatiuS,  ber  fj)ätere  Sifd^of  bon  Slquileja,  beffen  ©ruber  (SufebiuS,  ^o^ 
öinuS,  9?iceaS,  3>^"«>centiuS  2c.)  freunbfd^aftlid^en  Serle^r  ^flog.    ©inige  biefer  ^eunbe 
Begleiteten  i^n  auf  ber  Drientreife  burd;  il^racien  unb  Äleinafien   nad)  bem   nörblid^en 
Si^rien,  toeld^e  er  bann  (ca.  373)  antrat.    3"  2lntioc^ia,   too   er   bei  biefer  SReife   am 
längften  Dertoeilte,  betrafen  il^n  mcl^rere  emfte  (Srlebniffe.   6r  berlor  ^toei  ^eunbe  fönnos  46 
centiuS  unb  ^la^)  \>wcd)  be«  lob  unb  tourbe  felbft  mit  toieberl^olten  Äranl^eitSanfäHen 
beimgefud^t.   Söä^renb  eineS  berfclben  (eth)a  im  Söinter  373/374)  erlebte  er  baS  berühmte 
anti^ciceronianifc^e  Iraumgefid^t,  toeld^eS  i^n  bemog,  bem  ©tubium  ^eibnifd^er  ©d^riftftetter 
für  längere  3^t  gänjlic^  ju  entfagen  unb  fid^  auefd^ließlid^  mit  göttlid^en  Dingen  gu  be* 
^äftigen.    d^riftuS  erfd^int  bem   an  fd^toerem  gieber   bamieber  Siegenben  als  göttlidj^er  eo 
SltAter,  fragt  i^n  nac^  feinem  ©tanb  unb  Beruf  unb  bonnert  i^m  als  Slnttoort  auf  fein 
SefenntniS,  er  fei  ein  ßl^rift,   bie  Söortc  entgegen:  Mentiris,    Ciceronianus  es,   non 
Christianus;   ubi  enim  thesaurus  tuus,    ibi  et  cor  tuum!    SBoran  [li),  bon  un« 
fic^^tbarer  §anb  tooHjogen,   eine  fd^toere  ^üd^tigung   mit  ©eißcl^ieben  anfc^ließt,   bie  ben 
um  ©rbarmen  glcl^enben  ju  bem  ©elöbnis  treibt,   niemals   h)ieber  toeltlic^e  Siüd^er  (co-  66 
dices  seculares)  lefen  gu  tooHcn  (Ep.  22  ad  Eustochium,  c.  30;  —  bgl.  §eumann, 
De  ecstasi  Hieronymi  anti-Ciceroniana,  in  f.  Sylloge  dissertationum  I,  655  sq. ; 
oud^  Djanam,  Histoire  de  la  Civilisation  an  V'^  siöcle,  I,  p.  301  sq.).    Daß  biejcS 
bifionäre  ©rlebniS  ü^m  baS  öor^er  leibenfd[|aftltc^  betriebene  Älaffilerftubium  jcbenfaHS  für  ^ 
eine  Steige  bon  ^ci)xm  berkibet  l^at  (bgl.  Praefat.  1.  III  Commentarii  in  Galat.,  too  «) 


44  ^terott^mttd 

er  üon  einem  löjäl^gen  ^^mbleiben  bon  ber  Seftüre  Gicero«  unb  SSergtl«  rebet),  Kftt 
fid^  fd^toetlic^  bejtoetfeln,  mag  immerl^in  ba«  ßafc^^t  nad^  r^etorifc^em  ßffeft  tl^  öeron^ 
la^t  l^oben,  bie  Sebeutung  be«  3Sor0ang«  me|r  ober  Weniger  übertreibenb  borjufteHen. 
auf  jcben  gaH  fielet  man  in  ber  näd^ften  ^txt  nac^  bem  antiod^enifc^en  Jlran!fein  i^n  fic^ 

6  ind  ©tubium  ber  1^1.  ©(^rift  toertiefen,  tooju  er  bon  bem  bamaß  ju  äntiod^ta  lel^renben 
(unb  toofjl  nod^  ntc^t  mit  bem  3Jia!e(  ber  ^ärefte  bel^afteten)  9l))oIIinartd  bon  Soobicea 
Anregung  erhalten  l^aben  toitt  (Ep.  84  ad  Pammach.  c.  4).  S8on  einem  ftarlen  ©rang 
)u  aigfetifd^em  ©überleben  ergriffen,  begiebt  er  ftd^  für  einige  ^txt  in  bie  füböftlic^  toon 
atntiod^ia   gelegene  SBSüfte  bon  G^alfig,  bie  „f^rifd^e  ^^l^ebai^",   too  •  jal^lreic^e  ©nftebler 

10  l^auften.  ®od^  fd^eint  er  inmitten  ber  l^arten  Äafteiungen,  toeld^en  er  fic^  l^ier  unterzog, 
aucb  Süc^erabfd^reiben  unb  geleierte  ©tubien  betrieben  ju  l^aben.  2)ie  erften,  alterbtngd 
nod9  fd^toad^en  anfange  im  ©rlemen  be«  §ebräifd^en  berbanfte  er  ber  Anleitung  eine« 
um  biefe  ^Ät  il^n  unterrid^tenben  befel^rten  ^vü>m  (f.  Ep.  125  ad  Rustic.  c.  12 :  cui- 
dam  fratri,    qui  ex  Hebraeis   crediderat,   me   in  disciplinam  dedi  etc.).    9(ud^ 

16  mit  ben   in  ber  fi^rijc^^en  ©tabt  lebenben  nagaräifd^en  ^wbend^riften  l^at   er  bamal«  Se* 

iiiel^ungen  angetnü^ft  unb  bieUeid^t  fd^on  um  jene  3^it  burc^  biefelben  älnregung  jur  Se« 
d^äftigung  mit  bem  bei  i^nen  l^od^ge^altenen  §ebräerebangelium,  bem  bermeinten  Urtejt 
be«  fononifd^en  ÜRattl^äu«,  em^jfangen  (De  viris  ilL,  c.  2  u.  3;  Comm.  in  Matth.  c.  12). 
9iad^  ber  f^rifc^en  §aut)tftabt  jurüdEgefel^rt,  emjjfing  er  (378  ober  379)  ani  ber  §anb 
30  be«  ortl^obojen  (anti^meletianifdj^en)  Sifc^of^  ^aulinuö  bafelbft  bie  ^re^b^tertpei^e  —  bie^ 
freilid^  nur  ungern  unb  auf  ba«  bon  bem  Drbinotor  i^m  erteilte  93erf})re(^en  l^in,  bafe  er 
aud^  be«  ferneren  2l«fet  bleiben,  b.  1^.  jur  Slu^übung  jeelforgerifd^er  3:^ätigfeit  nid^t  ge* 
nötigt  toerben  follte  (Contr.  Joann.  Hierosolymit.  c.  41).    35erfelbe  ftarle  3^9   J^ 

Sele^rtst^eologifdj^em  Seben  unb  ©treben,  ber  il^n  biefe  Sebingung  ftetten  lie^,  tneb  i$n 
olb  nad)^tt  bon  äntiod^ia  beg  nad)  Äonftantinot)eI,  um  l^ier  ju  ben  ^feen  be«  grofeen 
Äaj)j)aboderg  ©regor  bon  Slajianj  fein  SBSiffen  in  ber  ©c^riftauölegung  ju  erweitern  unb 

ju  bertiefen  (De  vir.  ill.  c.  117:  Greg.  Naz ,  praeceptor  mens,   quo  Scrip- 

turas  explanante  didici  etc.).  @«  fd^eint  ^ier  —  too  er  auc^  in  ^erül^rung  mit 
©regor  bon  9l^ffa  fam  unb  bicfen  einft  ©tüdfe  au«  feinem  Sffierf  gegen  Sunomio«  bem 

80  5Rajianjer  borlefen  ^örte  (De  vir.  ill.  c.  128)  —  gegen  jtoei  ^af)xt  bertoeilt  ju  l^aben. 
Snefe  au«  biefer,  für  feinen  toiffenfc^aftlid^en  Silbung«gang  iebenfab«  fel^r  toid^tigen  ^cit, 
l^aben  ftdj^  nic^t  erhalten.  —  3"  i^^Herer  Seleud^tung  liegt  bie  bann  gefolgte  ^tit  ferne« 
jtoeiten  römifc^en  Slufentl^alt«  bor  un«.  SDerfelbe  erftredfte  fic^  bon  382—385,  fäDt  alfo 
ungefähr  jufammen  mit  ben  testen  $ontififat«jal^ren  be«  35amafu«  unb  ift  bon  Sebeutung 

86  toegen  ber  engen  Sejiel^ung,  in  toeld^e  §.  ju  biefem  ^cüp^it  unb  bamit  ^n  ben  leitenben 
Äreifen  ber  ßpriftengemeinbe  Slom«  trat.  6ingelaben  junädj^ft  nur  jur  5Kittt)irfung  bei 
ber  jur  Beilegung  be«  antiod^enifd^en  Äird^enjtoief^alt«  (Schisma  Meletii)  nad^  3lom  be^ 
rufenen  ©^nobe  be«  S^l^re«  382  (an  ber  and)  6t)it)l^aniu«  bon  ©alami«  unb  $auKn  bon 
äntiod^ia  teilnahmen),  tou^te  er  fid^  bem  $a})fte  unentbe^rüd^  ju  mad^en  unb  nal^m  fortan 

40  in  beffen  State  eine  ein^u^reic^e  ©teHung  ein.  3"  SSerbinbung  mit  fonftigen  ^ilf«* 
leiftungen  in  Sejug  auf  bie  fird^Iid^e  Sertoaltung,  tooju  er  bon  i^m  bertüenbet  tourbe 
(bgl.  ben  2lu«brudt  „i^  chartis  ecclesiasticis  adiuvare'',  Ep.  123  ad  Ageruchiam, 
c.  10),  erl^ielt  er  u.  a.  ben  Sluftrag,  einen  rebibicrten  2^ejt  ber  lateinifd^en  Sibel,  auf 
®runb  be«  griec^ifd^en  9leuen  leftament«  unb  ber  LXX  l^er^uftellen,  um  bamit  bem  ÜbeU 

46  ftanbe  ber  ftarfen  3Serfd^ieben^eitcn  ber  umlaufenbcn  abcnblänbifd^en  ©d^rifttejte  abju^elfen. 
6«  Jüurbe  bamit  feiner  gelehrten  Sl^ätigfeit  auf  ^^J^^^^^^^nte  l^in  il^re  Slid^tung  borgejeid^net 
unb  il^m  j|ur  toic^tigftcn  Seiftung  feine«  Seben«  bie  erfte  3(nregung  gegeben.  35ie  mittet 
alterli^e  irabition  ^at  au«  biefer  feiner  Stellung  ju  35amafu«  junädt^ft  ba«  Slmt  eine« 
))ä})ftKd[>en  Strdt^ibar«  ober  Sibliot^efar«  (fo  guerft  Stnaftaftu«,   ber  ^n^aber  biefe«  3lmtc« 

60  unb  ^at)ftbiograt)^  im  9.  ^^^^^^^n^crt),  ft^äter  ba«  eine«  Rarbinalfefretär«  ju  mad^en 
berfuc^t,  ol^nc  ba^  irgenblDclc^c  urfunblic^e  ©emäl^r  für  ettoa«  2)erartige«  borläge.  ^m: 
merl^in  übte  er  h)ä|renb  ber  bezeichneten  brei  ^af^xz  einen  beträd^tlid^en  ©influfe,  iDogu  ou^er 
feiner  für  bie  bamalige  ^Ät  ungelDöl^nlid^en  ®ele^rfam!eit  ber  bon  i^m  betl^ätigte  ßifer 
für  a«fetifc^e  ©ittenftrenge  unb  für  bie  SSernjirflid^ung  be«  mönc^ifd^en  2eben«ibeal«  nid^t 

66  toenig  beitrug  (bgl.  3-  6^a))nian,  St.  Jerome  and  Rome  —  in  The  Dublin  Review 
1898,  p.  42—73).  ©n  Krei«  ^od^geftcßter  unb  fein  gebilbeter  ^auen,  bie  er  für  biefe« 
3beal  JU  begeiftem  iDufete,  fd^arte  fid^  um  i^n,  barunter  3)amen  au«  ben  bome^mften 
$atriciergefd^Ied^tem  toie  bie  fflitioen  5KarceUa  unb  ^ßaula  famt  beren  löc^tern  Slä|iQa 
unb  (Suftodt^ium,  mie  femer  $rincij)ia,  gabiola,  SlfeHa,  ©o^jl^ronia  k,    2)a  ber  bon  t^m 

60  mit  benfelben  gej)flogene,  teil«  münblic^e,  teil«  briefliche  3Serfe^  bei  bloßen  Selel^ngen 


^ierott^ittitd  45 

über  biblifd^e  SJragcn  u.  bgl.  nid^t  ftcl^cn  blieb,  fonbem  mit  nur  ju  gutem  ©rfolge  auf 
Seförberung  ifrer  flöfterli(|en  Steigungen  abhielte  unb  in  ber  nebenbei  Don  i^m  am  Söelt« 
Herud  geübten  ©ittenlritil  manche«  §crbc  unb  Serle^enbe  ju  Jage  treten  lieft,  \o  tourbe 
er  baß)  mm  ©egcnftanb  toad^fenber  2lnfeinbungcn,  befonberg  feiten^  ber  ©ciftlic^feit.  Sc^on 
bolb  naq  bem  %oh  feineig  ®önnerd  2)amafu«  (10.  2)cjember  384)  reifte  ba^er  in  i^m  6 
ber  6ntfd(^lu6,  biefer  aHmäJ^lid^  unerträalic^  toerbenben  Situation  ju  entrinnen  unb  bem^ 
gemöfe  „t)on  Sab^^lon  l^eimjufe^ren  nac^  ^^^f^^^»""  (Ep.  45  ad  Asellam  c.  6).  35er 
Orient,  too  er  bie  3Bonnen  eine«  frommen  ßinfieblerleben«  juerft  fennen  gelernt,  jog  ij^n 
mit  untDiberftel^lic^er  ®eh)alt  h)ieber  an  ftc^.  Unb  jtoar  Wax  e^  ^unäd^ft  h)ieber  älntiod[^ia, 
tDo^in  er  [xdf  — -  begleitet  Don  feinem  ©ruber  ^aulinianu^,  feinem  ^eunbe  SSincentiud,  lo 
unb  einigen  anberen  g^eunben  —  im  Sluguft  be«  ^a\)x^^  385  begab. 

§ierl^in  folgte  ettt>ad  f))äter  bie  reic^fe  Slömerin  $aula  mit  i^rer  3^od^ter  ®ufto(^ium 
i^m  nadj;.  ©ie  beibe  —  aud^  ßuftod^ium,  toelc^er  $.  einige  3^ü  Dörfer  bie  ®p\\td  „9Jon 
ber  9eh>alS>rung  ber  ^ungfräulic^feit"  (Ep.  22)  getoibmet  ^atte  —  hwren  unter  feiner  6in* 
iDtrhing  ju  bem  ßntfc^lu^  gelangt,  ü^re  Dome^me  Umgebung  in  ber  3Beltftabt  be«  SBäefteng  ifi 

fionj  JU  Derlaffen  unb  in  ber  9?ä^e  ber  ^eiligen  ©tätten,  Wo  ber  §eilanb  gelebt  unb  ge« 
itten,  il^re  ^ge  ju  befc^lie^en.  ^ieron^mud  tDurbe  nun  bon  älntioc^ia  aud,  too  man  im 
aSinter  385/386  gen  ©üben  aufbrach,  jum  3leifebegleiter  unb  geiftlid^en  gül^rer  feiner 
romifien  ^eunbin,^u  ber  er  in  ein  äl^nlid^e^  3Ser^ltniö  trat  toie  16  ^a^xt  jubor  SRufin 
jur  iDcelonia.  ^ie  äBaSfal^rer,  toeld^en  auc^  S3if(^of  ^aulinud  bon  Slntioc^ia  ftd^  anfc^log,  ao 
befuc^ten  na^  Überf^reitung  bed  Sibanongebirgeig  junäd^ft  ^erufalem  unb  Setl(^le^em,  bann 
(nod^mate)  bie  ^eiligen  Örter  ©aliläa«,  bann  ^ggpim,  ba«  $eimatlanb  unb  ben  §aut)tfi§ 
ber  großen  $eroen  ber  äöfefe.  ^n  Sllejanbria  öertpeilte  §.  ungefäl^r  einen  5Wonat  lang 
in  geirrtem  SSerfe^r  mit  bem  blinben  Äated^etcn  35ib^>mu5,  beffen  Vorträgen  jur  3lu^ 
legung  be^  $ro})l^eten  $ofea  er  ju^örte  unb  beffen  ©rjö^lungen  Dom  großen  äntoniu«,  36 
feinem  30  3^^^  jut)or  üerftorbenen  ^eunbe,  er  anbäc^tig  laufc^te  (Ep.  68  ad  Castrut.). 
äud^  in  5Ritria  toertoeilte  er,  toie  früi^er  auc^>  Stufin  getrau  ^atte,  einige  ^txt  ald  Setoun« 
bcrer  be«  a^fetifc^  geregelten  ®emeinf(^aftölebenö  ber  ja^lreid^en  ßinfiebler  biefer  „©tabt 
bed  6erm"  (oppidum  Domini),  l^inter  beren  ßl^ören  er  übrigeng  fd^on  bamalg  „Der= 
fkedtc'  Slattem",  b.  f).  bad  ®ift  ber  origeniftifd^en  ^ärefie  Wahrgenommen  ^aben  hjottte  ao 
(Inv.  contr.  Rufin.  III,  22). 

3m  ©jKitfommer  386  nadj^  bem  ^eiligen  Sanbe  gurüdfgefe^rt,  liefe  er  fw^  nal^e  bei 
Set^le^em  al«  Setoo^ner  einer  ©infiebler^elle  für  ben  9teft  feiner  3^^^^^  nieber,  umgeben 
öon  einigen  ©efäl^rten  feiner  mönc^ifd^en  Sebenöfoeife  unb  fotoobl  biefen,  toie  ben  eben« 
bafelbft  ate  5Ronnen  lebenben  greunbinnen  au^  SRom  alö  })riefterlid^er  Seiter  unb  Seigrer  86 
borftejpenb.  SSon  ^ula  mit  ben  nötigen  Sebenöbebürfniffen  foh)ie  mit  ben  SWitteln  gur 
©rtoeiterung  feiner  Süd^erfammlung  au^iebig  toerforgt,  fül^rte  er  fortan  jene^  gelehrte 
©infteblerleben,  beffen  raftlo«  t^ätigen  unb  litterarifc^  l)robuttiDen  ßl^aralter  ©ul^jiciu^ 
©eücru«  (Dial.  I,  4)  mit  ben  SBorten  fd^ilbert:  Totus  semper  in  lectione,  totus  in 
libris  est;  non  die,  non  nocte  requiescit;  aut  legit  aliquid  semper,  aut  scri- 40 
bit  etc.  2)ie  naml^afteften  unb  berbienftlic^ften  feiner  2Berfe  entftammen  biefer  34iäl^rigen 
bet^Iebemitifd^en  ©4>lufi()eriobe  feiner  Seben^Iaufba^n :  bie  Überfe^ung  be^  312!.«  au«  bem 
©runbtcjt,  jju  toelc^^er  er  [vi),  nic^t  o^>ne  reic^lid^e^  Se^rgelb  bafür  ju  jaulen,  burc^  bei 
bem  Slobbi  Sar  änina  genommenen  bebräifcben  ©J)rad^unterridt^t  vorbereitete  (Ep.  84  ad 
Pamm.  e.  3 ;  contr.  Ruf.  I,  13),  bie  beffercn  feiner  biblifc^cn  Kommentare,  ber  Äatalog  45 
d&riftli4[er  ©c^^riftfteHer,  burc^;  toeld^en  er  jum  5)a^nbrec^er  unb  früj^eftcn  93orbilb  für  bie 
2)i«ji})lin  ber  tl^eologifc^en  Sitteraturgefd^i^te  geworben  ift,  ber  35ialog  toiber  bie  ^ela« 
gianer,  beffen  f4>riflftellerifc^e  ©(^ön^eit  (mira  venustas)  fogar  ein  bogmatifd^er  ®egner 
rü^menb  anjuertennen  genötigt  toar  (f.  3wKanug  öon  Sclanum,  bei  Stuguftin,  Op.  im- 
perf.  contr*  Julian.  IV,  88).  Slber  aud^  bon  ben  6rjeugnif|en  feinet  leibenfdj^aftlic^en  so 
))oIemifc^en  Siferg  imb  ber  eigentümlich  bitteren,  biffigen  5tam})fegn)eife,  bie  ü^n  öor  am 
beren  ort^obojen  SSätem  au^jeid^net,  gel^ört  bie  üJlel^rga^l  ber  bet^le^emitifc^en  g^t  an. 
©0  t)OX  allem  bie  burdj^  ben  ©treit  über  bie  3lec^tgläubigfeit  be«  Drigene«  beranlafeten 
©elften  toiber  Sifc^of  3o^anne«  Don  3^"föl^n^  unb  toiber  feinen  3u0wbfreunb  Slufis 
nu«  (f.  u.).  —  ®elegentli^  be«  ©treitö  mit  ben  ^elagianem  ift  er,  nidt^t  febr  lange  Dor  66 
feinem  2ibe,  audj^  jum  ®egenftanb  l^anbgreiflidE^er  Verfolgungen  feiten«  ber  ob  feiner  an* 
griffe  erbitterten  pars  Pelagii  geworben.  Seibenfc^aftlid^  erregte  ©cnblinge  berfelben 
(^nc^e,  niebere  Äleriler  unb  allerlei  lanbftreid^erifd^e^  ®efmbel)  brad^en  um  ben  2lnfang 
bed  ^aijt^  416  in  bie  Äloftergebäube  bei  Set^le^em  ein,  ftedften  fie  in  Sranb,  mij^^an* 
bdteii  ii^re  3>^M^  —  ^^  bwfelben,  einen  a)iaf on,  fogar  bi«  jum  2^obe  —  unb  nötigten  eo 


46  ^terott^mttd 

bcn  §.  fclbft  jur  gluckt  in  einen  benad^bartcn  fe[ten  2!urm  (Ep.  138  ad  Riparium; 
ögl.  §nnocenj  I.,  Ep.  137  ad  Joann.  Hierosolym.,  fotoie  2luguftin,  De  gestis  Pe- 
lagii,  t.  X  p.  227  ed.  Antverp.).  —  2lte  2^obe^tag  bee  greifen  ßinftebler^  giebt  bic 
$ro^t)erfcl^e  ß^ronif  (ed.  SKommjen  in  M6  Scr.  antiquiss.  X,  469)  ben  30.  ©ej)tembcr 

5  be«  3^!^^^  420  an.  Seine  anfangt  in  Set^Iel^em  beigefe^ten  Oebeine  foffen  fräter  na* 
SRom,  in  bie  itird^e  ©.  SKaria  üJlaggiore  gebrad^t  toorben  fein.  35o(i^  rül^men  ftc^  aud9 
noc^  anbere  abenblänbifc^e  Drte  be^  Seft^e«  bon  ^ieron^mu^^Sleliquien ;  j.  S.  toiJtt  bie 
Äatl^ebrale  ju  3ltpx  in  ©üb^ßtrurien  ba^  ^avCpt  be^  berül^mten  Kird^enlel^rer«  beft^en, 
baö  nad^   anbetet  3:tabition  fic^  im   ©gcutial   befinben   foH  (Stilting   in   ASB  I.e., 

10  p.  41 8  sq.). 

2.  35ie  ©d^tiften  be^  §.  etftteden  fic^  übet  faft  alle  §aut)tlel^tgebiete  d^tiftlid^cr 
S^eologie,  jeboc^  fo,  bag  a)  bet  ©c^tif tt Geologie  bie  jal^lteid^ften  unb  nam^afteften 
aOäetfe  angel^öten.  ©o  bot  allem  bie  ätbeiten  gut  Setbeffetung,  bejto.  Übetfe^ung  bcg 
lateinifc^en  Sibeltejte^,  bie  i^m  füt  bie  bottefotmatotifc^e  ^eit  bet  abenblänbifd^en  Äitc^e, 

16  unb  gtoat  nidj^t  ganj  unbetbientettoeife,  einen  ä^nlid^en  m\ü)m  Detfd^afft  l^aben,  wie  bet 
eine^  Sutl^et  in  bet  beutfc^en  Slefotmation^gefd^idj^te  (f.  ba^  SJäl^ete  im  Sltt,  „Sibelübetf., 
latein."  III,  ©.  36 — 41).  ©eine  Äenntni^  be«  §ebtäifd^en,  bie  in  etftet  Sinie  biefen  Se* 
mül^ungen  um  bie  biblifdj^e  lejtbeatbeitung  ju  gute  fam,  betleij^t  aud^  feinen  ejegetifc^en 
Söetfen,  namentlidj^  benen  an^  bet  3^'*  f^i^  386,   mand^e  3Sotjüge  bot  bet  5!Kel^na]^I  bet 

20  übrigen  Äitc^enbätetfommentate.  '^n  boHet  ©elbftftänbigleit  fteiliq>  l^anb^abt  et  bie  Äenntni« 
bet  altteftamentlic^en  ®tunbf})ta(9e  toebet  afe  6jcget  nod^  afö  3!ejtbeatbeitet.  ®t  etfc^eint 
übetoU  ju  fel^t  gebunben  butd^  jübifd^e  Itabitionen  unb  etgel^t  [\d)  nut  ju  oft,  tto^  feinet 
bogmatifd^en  2lbneigung  ^egen  Dtigeneö,  in  SlHegotien  unb  müßigen  ©J)ieleteien  nac^ 
$^iIo«  unb  bet  Sllejanbnnet  2ltt  (f.  bie  nä^eten  5Za(^h)eife  bei  ßlericu^,  Qu.  Hieron., 

25  fotoie  in  m.  5Wonogt.,  ©.  343—353 ;  aud^  bei  Slal^met,  ©iegfrieb  unb  §obetg  a.  a.  D.). 
Slnetfennung  betbient  bie  Seftimmtl^eit,  toomit  et  ben  SBettuntetfd^ieb  jtoifd^en  ben  atl. 
3tpoit);})(>f}m  unb  ben  uit  Hebraica  veritas  be«  äX.^  gehörigen  Süd^etn  ettannte;  f. 
feine  aSotteben  ;u  ben  SS.  ©am.,  ju  ben  ©alomonifd^en  ©Triften,  ju  3^ob.  unb  Subiti^. 
S)od^  betful^t  et  auc^  in  biefet  §infic^t  nid^t  immet  fonfequent  (bgl.  übetl^auj)t  m.  „^ie* 

soton^m."  ©.357—359;  aud^  m.  Äomm.  ju  ben  %poix,  unb  ^Pfeubejjigt.  311.«,  ©.13  f.). 
2)abei  fc^abete  foh)ol[)l  ben  bie  9lj)ott^})^en  betteffenben  toie  ben  auf  fanonifd^e  Stid^ct  be* 
jüglid^en  ätbeiten  bie  Silfettigfeit,  toomit  et  fte  bielfad^  abtl^at;  mie  et  benn  in  jenen 
^täfationen  fotoo^l  bei  iobit  toie  bei  S^bit^  bie  glüdt^tigfeit  biefe«  feine«  SSetfa^ten« 
offen  eingeftel^t  unb  ä^nli^e  ©eftänbniffe  audt^  betteff«  feinet  ejegetifd^en  3ltbeiten  melj^tfadj^ 

86  mac^t  (j.  33.  am  ©d^Iug  feine«  Äomm.  in  Abdiam,  too  et  bemetft,  et  fei  toegen  3RangeI 
an  ^dt  genötigt  getoefen  „dictare  quodcunque  in  buccam  venerit",  äl^nlic^  Praef. 
1.  III  Comm.  in  Gal.,  folüie  Praef.  1.  II  Comm.  in  Eph.).  —  SBa«  feine  kommen« 
tote  unb  fonftigen  ejegetifdj^en  Sltbeiten  (enthalten  in  t.  III — VII  feinet  Opp.  ed.  Vallarsi 
—  =  t.  XXIII— XXVII)  bettifft,  fo  jetfatten  fie  in  btei  ©tujjben: 

40  a)  Übetfe^ungen  obet  Seatbeitungen  bon  SBetlen  gtied^ifc^et  SSotgänget.  35a|^in 
gelobten  bie  bon  i^m  au«  Drigene«  übetfe^ten  14  §omUien  ju  S^emia  unb  ebenfobiele 
ju  6jec^iel  (beibe  ca.  380  in  Äonftantinot^el  entftanben) ;  2  §omilien  be«felben  jum  $ol^en= 
lieb  (übetfe^t  in  SRom  ca.  383),  fomie  39  jum  2ufa«ebangelium  (übetf.  ca.  389  in  Setl^s 
leidem).    Unecht  finb   bie  untet   feinen  SBetfen  (t.  IV  ed.  Vall.,  p.  1097—1144)  übets 

46  liefetten  Homiliae  novem  Origenis  in  Isaiam,  beten  §.  mebet  in  c.  135  feine« 
©d^riftfteHetfatalog«,  noc^  in  feinem  f^jätct  betfafeten  gto^en  ^^f^i^tommentat  gebeult.  — 
getnet  gel^ött  ^et^et  fein  al«  Seittag  jut  %o)poQxapf^k  be«  l}.  jöanbe«  nic^t  untoic^tige« 
Suc^  De  situ  et  nominibus  locorum  Hebraicorum  —  eine  Übetfe^ung  be«  (Sufebfc^cn 
Dnomaftifon   (Jlegl  rcbv  tonixcov  dvojudrojv  rwv   iv   m   ^eia  ygcKpfj)   mit  einigen 

60  etgängenben  ^injufügungen,  abet  auc^  mit  bebauetlid^en  Slßcglaffungen  unb  Jlütjungen 
(t.  III  ed.  Vall.,  p.  121—290;  bgl.  bic  frit.  2(u«gabe  bei  Satfotü  unb  ^attl^e^,  Eusebii 
Pamph.  Onomasticon  urbium  et  locor.  Scr.  S.,  Setiin  1862,  fotoie  bei  Sagatbe, 
f.  u.).  3lu«  betfclben  ^^\t  h)ie  biefc  2ltbeit  übet  bic  biblifdE^en  Dtt«namen,  nämlic^  ettüa 
au«  bem  ^al)Xi  390,  flammt  ba«  Ie:ii!alifd^  gcattcte  Sud^  „Son  bet35eutung  bet  ^ebtäi^ 

66  fc^en  6igcnnamen"  (Liber  interpretationis  nominum  Hebraicorum,  ed.  Vall.  t.  III, 
p.  1—120).  3>^"^  'i^0t  ^"^^  angeblich  auf  ^^l^ilo  gutüdfgel^enbc  ©c^tift  übet  bie  l^ebtäifc^en 
(Sigennamen,  bie  bann  bon  Dtigenc«  (burd;  Seifügung  bon  ^Deutungen  neuteftamentliqct 
9lamen)  ethjcitett  tootbcn,  gu  ®tunbc.  Son  bcn  in  gtofect  ^al}l  barin  l^etbotttetenben 
$toben  bon  Unftitif  unb  mangelbaftct  l;ebtäifd;ct  ©t^tac^fenntni«   faßen  jtoat  mand^e 

eo  fd^on  bet  gried^ifc^en  Sotlage  jut  Saft,  bod^  ttägt  §.,  bet  and)  l^iet  fe^t  flüchtig  geotbeitet 


fydtt,  am  fcl^Ierreid^en  ^n\)alt  fc^r  toefcntltd^  SRitfd^ulb  (bgl.  bic  Irit.  X^tan^aht  beiber 
aSerfe  in  Sagarbe«  Onomastica  sacra,  ©ötttngcn  1870;  2.  Slu^g.  1887). 

ß)  (Sigene  Kommentare   ju   altteftamentlic^en  ©d^riftcn.    S)er  3^*  bor  ber  ^lieber« 
laffung  in  Sct^Iel^em,  fotoie  bcn  erftcn  5  3<i^^^  "«t^  berfclbcn  gel^ört  bie  Sleil^e  flcincrer 
otl-sejegctifd^er  arbeiten  an,  h)el(^e§.  in  c.  135  feinet  Äatalogö  aufjö^It:  De  Seraphim  5 
(Hu^legung  Don  ^t\aia  6,  bem  $a))fte  2)amafu«  getoibmet   unb  ^erlömmlid^   unter  bie 
»riefe  gefteDt,  al«  Ep.  18  ad  Damas.);  De  voce  Osanna  (=  Ep.  20  ad  Damas.); 
De  tribus   quaestionibus  Veteris  Legis  (=  Ep.  36  ad  Damas.);   Quaestiones 
hebraicae  in  Genesin  (bgl.  bie  bef.  Slu^abe  biefer  ©(^rift  Don  Sagarbe,  2ei})gig  1868); 
femer  ein  Commentar.  in  Ecelesiasten ;    Tractatus  Septem  in  Psalmos  X— XVI 10 
(t)erIoren,  aud^  in  ben  jüngft  bon  ®.  SJlorin  entbedttcn  $falmentraftaten  nid^t  mit  ent* 
polten;  bgl.  unten);  Explanationes  in  Michaeam,  Sophoniam,  Nahum,  Habacuc, 
Aggaeum.    2luf  biefe  minber  umfänglid^en  3?erfuci^e  folgte   in  ber  3^*  f^^*  ^^^  396 
eine  Steige  größerer,  freiließ  immer  nur  ftüdtlüeije  unb  mit  S)a^h)tf(i^entritt  längerer  Unter« 
brec^ungen  au^earbeiteter  Kommentare,  nämlidp  ju  ben  übrigen  fieben  fleinen  ^ro})l^eten  ib 
(in  ber  Slei^enfolge:   '^om,  Dbabja,  ©ac^arja,  3}laUad)\,  §ofca,  ^od,  2lmog),  ju  S^faja 
(attmä^Ii4>  entftanben;   juerft  bie  decem  visiones  Äo)).  13—23  [ca.  395],  bann  nad) 
unb  nac^  bi«  ca.  400  bie  übrigen  Äaj)itel;  ba^  ©anjc  in  18  Sü(^er  geteilt),  ju  2)aniel 
(um  407  gefd^rieben  unb   ber  5KarceHa  gemibmet),   i\x  ©jed^iel  (in  15  Sü^em  Derfa^t 
jtoifc^en  410  unb 415)  unb  jugeremia  (unboßenbet  geblieben;  in  feinen  6  feit  bem3jäl^reao 
415  »erfaßten  Sudlern  nur  bie  32  erften  RalpM  be^anbelnb).  —  Sinige«  ©rgämenbe  ift 
ju  biefen  groben  feiner  atl.sejegctifc^en  I^ätigfeit  jüngft  burd^  ben  Senebiftiner  ©ermain 
ÜRorin  in  3Warebfou^  (Selgien)  ^iniugcfügt  loorben,  nämlid^  einige  feiner  Heineren  Xxah 
tote  ober  commentarioli  ju  ben  $falmcn,  g.  %l.  ^erau^gefc^ält  au^  einem  mit  uned^ten 
3ut^en  ftarf  üerfe^ten  „Breviarium  in  psalmos",    baö  unter  ben  t)feubo^ieronVmia5  26 
nif<^  ©d^riften  überliefert  ift  (bei  Saß.,  Opp.  Hieronymi  t.  VII,  p.  1—588).   ©ie^e 
hierüber  SKorin  in  f.  Anecdota  Maredsolana  I,  3  unb  III,  2  (1895—1897). 

y)  $Reuteftamentti(^e  Kommentare,  ©ie  betreffen  nur:  einige  ber  fleinen  $aulu^ 
briefe  C^JI^ilem.,  ®al.,  Qp\),  unb  2:it.  —  gefc^rieben  387/88,  unb  gtoar  fe^r  eilfertig,  Dgl. 
oben),  ba«  ©bangelium  3Watt^äi  (feinem  ^eunbe,  bem  ^rc^b^ter  ©ufebiu^  au^  ßremona  so 
binnen  14  Ziagen,  alfo  gleid^faD^  in  l^ö^ft  flüchtiger  gaffung  biftiert  im  ^ai)x^  398 ;  f. 
t.  VII  ber  93allarfif(^en  3lu^.  [=  ÜRigne  t.  XXVIJ),  baö  aWarluiSebangelium  (toorauf 
ftt^  einige  jüngp  Don  5Dlorin,  Anecd.  Mareds.  III,  2,  ebierte  Sraltate  ober  ^rebigten 
bejielJKm),  einzelne  Slbfd^nitte  be«  Sufa^eöangelium^  (f 0  baö  ©leid^ni«  Dom  Verlorenen  ©ol^n, 
q^etifc^  be^anbelt  in  Ep.  21  ad  Damasum,  de  frugi  et  luxurioso  filiis,  unb  bie  35 
©rjä^lung  Dom  reid^en  SRann  unb  armen  Sajaru^,  —  ein  jüngft  Don  3Worin,  33b  III,  2, 
ebterter  Sraftat),  ben  Prolog  beig  ^oi^annc^  (Straftat,  f.  3Jlorin  ebb.),  fotoie  enblic^  bie 
Stpolal^^fe.  Da«  lefetcre  Su(^  ^at  §.,  gemäfe  feiner  flüd^tigen  älrt,  fo  bel^anbelt,  ba^  er 
auö  einem  äj)ofal^i)fefommentar  be«  SJorbafrifaner«  2:ic^oniu«  einen  lurjen,  ungleid^* 
mäfeig  gehaltenen  (in^befonbere  bie  brei  erften  Äa})itel  be«  Suc^e«  mit  nur  einigen  Söorten  40 
abt^uenben,  erft  gegen  ba«  ©nbe  ^in  tt)n)a^  au^fü^rlic^er  toerbenben)  2lugjug  fertigte, 
toeli^er  fid^  al«  „Summa  dicendorum"  an  ber  ©Jji^c  bc«  umfängliclicn  Kommentar«  be« 
f})anif(^en  $re«b^ter«  Seatu«  D.  Sibana  erhalten  ^at  (f.  ^aufjleiter,  3)ie  Kommentare  be« 
aJictorinu«,  lic^oniu«  unb  §ieron^mu«  jur  aijJofal^H^,  in  ber  3f2B2  1886,  ©.239—257). 
©ine  anbere,  glcidj^fall«  fummarifc^  gehaltene  unb  an  bie  e^egetifc^e  2:^tigleit  eine«  älteren  46 
Sorgänger«  anfnüjjfenbe  Bearbeitung  ^atte  §.  fd^on  ^ttva^  frül^er  biefem  legten  bibli« 
fd^en  Suc^e  getoibmet,  nämlic^  infofcm,  al«  er  bem  2l^)ofal^}3|efommentar  be«  3Sictos 
rinu«  D.  ^ettau  (geft.  303),  mit  beffen  dfiiliaftifd^er  Haltung  er  nid^t  übereinftimmte,  eine 
jiemlic^;  getoalttij^ätige  Überarbeitung  toiberfal^ren  lie^,  bcfte^enb  in  (Sntfemung  be«  c^ilia« 
ftifc^  ®<(>luffe«,  ben  er  burc^  eine  f^jiritualifierenbe  äu«legung  eigener  2lrbeit  erfe^te,  in  60 
Sorfe^ung  eine«  ^rolog«  unb  in  Anbringung  nodj^  einiger  Änberungen  im  S^ejte  (f.  §au^s 
Wter  ebb.,  ouc^;  in  bem  Sluffa^:  „3)er  d^iliaftifc^c  ©d[^lu^abfc^nitt  im  ed^ten  3ll)ofal^>})fes 
fommentor  be«  93ictorinu«  D.  ^ettau,  %f)2^  1895,  9Jr.  17,  unb  Dergl.  bie  bemnöd^ft  er^: 
f^einenbe  fritifd^e  aSictorinu«au«gabe  §au^lcitcr«  in  CSEL). 

3.  §iftorif(^e  arbeiten.  Siner  ber  frül^cften  l^ier^er  gehörigen  f(^riftftellerif(^en  66 
Serfuc^  be«  ^.  ift  fein  um  380  ju  Konftantinoj)el  Derfa^te«  „Sud;  ber  3eiten"  (Tem- 
porum über,  Ep.  18  ad  Damas.  c.  1),  b.  \).  feine  lateinifc^e  Bearbeitung  ber  ben 
gtoeiten  2eil  ber  eufebianifc^en  Sl^ronif  bilbenben  geittafcln,  nebft  gortfc^ung  Dom  ^ai)x 
325  bi«  379  —  al«  Chronicon  omnimodae  historiae  Don  i^m  bejei^net  in  c.  135 
be«  Catal.  vir.  ill.;  in  ben  bi«l^erigen  3lu«jügen  feiner  SBerfe  unter  bem  2:itel:  Chro- eo 


48  ^terott))tititd 

nica  Eusebii  s.  Canones  historiae  universae  Hieronymo  interprete  (t.  VIII 
Vall.  =  t.  XXVII  M.).  Sro^  bidcr  au«  ©ufebiu«  übernommener  gel^ler,  bie  er  nod^ 
mit  eigenen  bermel^rte,  ^at  biefe«  SBerf  hoi)  manchen  9Ju^en  geftiftet,  fc^on  babun^,  ba^ 
e«  fpöteren  ß^roniften  toie  5Pro«j)er,  Gaffioboriu«,  3Sictor  D.  ^unnuna,  3^^""^  Sicla^ 

6  rienfi«  k.  Slnregung  ju  i^ren  gortfe^ungen  feiner  ^a^r^jal^Ienreil^e  gehjäl^rte.  ©.  bie  2lu^ 
gaben  bon  9Ufr.  @^oene :  Eusebi  chronicorum  canonum  quae  supersunt,  vol.  II, 
Berlin  1866  (nebft  ben  oben  genannten  Quaestt.  Hieronym.  aU  SJortoort)  unb  t)gl. 
bie  Irit.  SRad^träge  in  vol.  I  ber  2.  »u^.  (Serlin  1875);  an6^  ^ottl^aft,  Bibl.  bist, 
m.  aevi  *,  I,  595.  —  3)rei  toeitere  l^ier^er  gehörige  arbeiten  gehören  jur  ^agiologifdj^en 

10  fiitteratur.  ©c^on  bor  bem  Äonftantinoljlcr  Sufent^alt,  toäl^renb  be«  erften  Sertoeilen« 
in  ^ntiod^ia,  (ca.  376)  Derfafete  er  feine  Vita  Pauli  monacbi,  eine  a^fetifd^e  lenbenj- 
fc^rift  Don  Dolfetümlid^er  §altung,  beren  legenbarifd^er  ©toff  übrigen«  nid^t  frei  t>on  il^m 
ei^nben  ift,  fonbem  ani  älterer  äg^l)tifdj;5mönci^ifcl^er  Überlieferung  ftammt  (f.  bie  t)on 
älmäineau  1892  befannt  gemad^ten  ^araiOleltcjte  in  fojjtifc^er  ©t)ra(^e  unb  t)gl.  6.  Sutler, 

16  The  Lausiac  History  of  Palladius,  ßambribge  1898,  ©.231  f.).  Diefem  erften  S8er^ 
fud^e  folgten   einige  3^*  ^^^  *>^  5RieberIaffung  in  Sctl^Iel^em  (ca.  391)  jh>ei  toeitere 

teUigenleben :   bie  Vita  Malchi  monacbi  captivi   (enö^lt  angeblid^   auf  @runb  bon 
litteilungen,  toie  er  fie  frül^er  in  ber  Söüfte  bon  6^al!i«  bon   bem  greifen  3[«feten 
5WaId^u«  felbft  bemommen  l^aben  to'xü,  in  SBirllid^feit  aber  tool^I  auf  ®runb  irgenb  einer 

20  fdS^rifÜid^en  Vorlage ;  f.  3.  Äunje,  S^SSI  1898,  3lx.  34)  unb  bie  Vita  Hilarionis  — 
biefe  le^tere  reicher  an  ^iftorij(^-biogra})^ifc^em  ©toffe  afö  bie  beiben  borgenannten,  unb  jjpar 
auf  ®runb  einer  §iIarionsSiograt)|ie  be«  6j)i})l^aniu«  unter  9Ritbcnu|ung  münbU4>er  Xra« 
bitionen  über  ben  füb))a(äftinifd^en  ^eiligen  gearbeitet;  bgl.  ^i^dUt,  ^ilarion  bon  ®Ci]fit 
eine  SRettung,  in  ben  3l^\>%^  III,  1894,   too  über^aujjt  bie  bon  3«rael  [in  ber  ßtox^ 

26  1880],  bon  Steingarten  unb  anberen  bertretene  ännai^me  eine«  rein  romanhaften  Snbajte 
unb  ß^arafter«  biefer  brei  Vitae  jurüdEgetoiefen  ift.  —  Äleinere  Seben^bilber  frommer  ($rift« 
lid^er  3^^^^*^^^*  ^^^  ä^nlid^er  l^alb  erbaulicher  3^enbenj  h)ie  biefe  SSiten,  finb  in  ®e* 
ftalt  mel^erer  5RefroIoge  in  ber  Srieffammlung  be«  $.  entl^alten;  fo  bie  et)itat)l^ien  be« 
5Rel)otianu«  (Ep.  60),  ber  ^abiola  (Ep.  77  u.  78),  ber  $aula  (Ep.  108),  ber  SKarcetta 

80  (Ep.  127).  93gl.  bie  über  biefe  ganje  ©(^riftengnii)))e  l^anbelnbe,  nid^t  l^iftorifc^-lritifdj^, 
fonbem  mei^r  nur  erbaulid^  gehaltene  3Ronogra)jbi«  ^on  3-  §ub.  9lein!en«,  3)ie  Sinfiebler 
be«  1^.  ^ieron^mu«  in  freier  Bearbeitung  bargeftettt,  ©d^aff Raufen  1864,  fotoie  teiltoeife 
ä.  i^ierrV  in  ber  oben,  ©ingangig  be«  2lrt.,  citierten  ©(^rift.  —  Unedj^t  ift  ba«  fog. 
Martyrologium  S.  Hieronymi  (bei  VaU.  t.  XI,  2,  p.  545—608;  bgl.  MSL  XXX, 

86  435—486).  e«  erfd^eint  aU  eine  im  §inblii  auf  Vit.  Malchi  c.  1  (too  §.  ben  ?pian, 
eine  ^eiligen«  unb  9JJärtVrergef(^id^te  bon  ber  2l^)ofteljeit  an  fc^eiben  ju  toouen,  anbeutet) 
bon  einem  Wlönd)  beö  3lbenblanb«  gefertigte  Äomj)ilation.  Über  ^eit  unb  Ort  feiner 
©ntftel^ung  toirb  geftrittcn.  SBö^renb  6.  3)ud^e«ne  (ber  jufammen  mit  be  Sloffi  in  ASB 
t.  II  Nov.  eine  Iritifdj^e  älu^gabe  feine«  Sejte«  geliefert  l^at)  ba«  Sffiefentlic^^e  feine«  3*^ 

40  l^alt«  f(^on  bem  ßaffiobor  unb  ®regor  b.  ®r.  befannt  fein  unb  ba«  Oanje  furi  bor  bem 
3ial^re  600  in  2lujerrc  jur  l^eutigen  ®eftalt  rebigicrt  toerben  lä^t,  be^au))tet  Sr.  5truf(^ 
ba«  ßntftanbenfein  be«  SBerf«  im  '^a^xt  627  ober  628,  unb  itpar  ni^^t  in  äu^erre,  fon« 
bem  in  Sujeuil  (f.  feine  Slec.  ber  genannten  3:ejtau«gabc  im  m%  Sb  24,  ©.289—337; 
bgl.  35uc^e«ne«  ©ntgegnung:  Anal.  BoU.  1898,  p.  421  ff.).  —  SBegen  einer  auf  5ßad^o= 

46  miu«  bezüglichen  3lrbeit  be«  §ieron^>mu«  f.  unten  ben  3(bfd^nitt  über  feine  ©riefe. 

äl«  h)i(^tigfte  ber  ^iftorifd^en  Slrbciten  be«  $.  I^at  fein  392  gu  »etl^le^em  berfaftte« 
unb  bem  Praefectus  praetorio  Dejter  gehjibmete«  Süd^lein  De  viris  illustribus 
(VaU.  t.  II,  821  ff.;  MSL  t. XXIII,  601  ff.)  ju  gelten,  (gr  bietet  in  biefem  na4>  bem 
SWufter  ber  gleichnamigen  ©d^rift  ©ueton«  betitelten  unb  eingerid^tetm  (^rifüic^en  ©c^rift« 

50  ftellerf atalog  für  je  biogra})^ifd^e  unb  litterarifc^e  SJotijen  über  135  Tutoren,  beren  erfter 
ber  ^iH)oftelfürft  $etm«,  ber  le^te  §.  felber  ift.  pr  bie  erfte,  bi«  ju  9lr.  78  reid^cnbc 
6älfte  be«  Söerfc^en«  bilbet  ©ufebiu«  (h.  e.  I— VIII)  bie  l(^au})tfäd^ltd^  bon  il^m  benuÄte 
Duelle ;  in  ber  mit  2tmobiu«  (9?r.  79)  unb  Sactanj  (9ir.  80)  beginnenben  jtoeitm  ^ölfte 
bietet  er  tocfentlic^  ßigene«,   ergänjt  übrigen«   auc^  fc^on  jenen   au«  ßufebiu«  gef^öj)ften 

66  ©toff  mit  manchen  toertboHm  angaben,  befonber«  ba,  Wo  e«  fid^  um  abenblanbifc^^ 
©c^riftfteller  l^anbelt.  Irol  bieler  glüd^tigfeit«berfe^m,  35efefte  2c.  unb  troÄ  i^re«  nur 
nomenflatorifdg^m  S^arafter«  fommt  ber  älrbeit  boc^  eine  erl^eblic^e  SQäic^tigfeit  ju.  ©ie 
bilbet  ben  erftm  SSerfud^  einer  t^eologifd^en  Sitteraturgefd^ic^te  ober  eine«  Slbriffe«  ber  ?ßa* 
triftif  unb  l^at  —  öi^nli^  h)ie  bie  gortfe^ung  ber  eufebianifc^m  Gl^ronif,  ja  in  nod^  ^öbe» 

flo  rem  ®rabe  al«  fie  —  fd^on  um  i^rer  anregenbm  (gintoirfung  auf  bie  Slat^folger  toium 


{>ierott))ittttd  49 

ate  tocttooH  ju  gelten,  ©iei^e  bte  i^ren  2^ejt  mit  bem  biefcr  Slad^folgcr  (©ennabiu^, 
Spborug,  S'^^f^^M  K.)  i>ereimgt  barbietenben  ÄoUeftibau^öaben,  tpie  namentlich  3-ä[.^a= 
bricing,  Bibliotheca  ecclesiastica  (Hamburg  1718)  unb  Dgl.  bie  neueren  ejegettfc^=fritis 
fd^en  ©})e5ialbearbeitungen  bon  ®t.  ö.  ©^c^olD^fi  (^ieron^muö  afe  Sitteratur^iftorifer, 
SRünfter  1894)  unb  ß.  21.  »emoum  (3)er  ©d^riftftcnerlatalog  be«  $.,  a3afeI1895;  and)  6 
bcöf.  Iritifc^e  ^anbau^obc :  §ieron^mu^  unb@ennabiu^  De  viris  inlustribus,  ^^eiburg 
unb  £ei))^tg  1895).  —  @ine  Überfe^ung  be^  Süd^leinö  inö  ©ried^ifd^e  fd^rieb  fd^on  balb 
nac^  beffen  SoDenbung  be^  §ieron^mu^  greunb  Bopf)xonm^ ;  f.  barüber  ®.  SBäen^el,  3)ie 
0ried^tf4«  Überf.  ber  Viri  inlustres  beö  $.  (2:11X111,3,  £ei})3ig  1895),  fotoie  SemouUi 
in  ^£3  1895,  3lx.  20).  —  Über  eine  erft  jüngft  entbecfte  aSorläuferin  biefer  Schrift  f.  lo 
unten  (d). 

c)  2)ogmatifd5>sj)oIemifd^e  ©d^riften.  ©otoeit^.ba^  firc^lid^sbogmatifd^e  £el)r= 
gebiet  berül^rt  ^at,  tragen  feine  einjd^lägigen  SSerfuc^e  nid&t  ben  ß^arafter  t^etifi^cr  ober 
ft)eIulatiJoer  3)arfteIIungen,  fonbem  mel^r  ober  minber  erregter  ©treitfc^riften  ober  Ser^ 
teibigungen  be«  ort^obojen  Dogmas,  ©elbft  ber  Übertragung  ber  ©c^rift  beö  3)ibt^mu^  ib 
„gSom  1^.  ©eifte"  in«  £ateimf(|e  (Didymi  über  de  Spiritu  S.  [Vall.  t.  II;  MSL 
t.  XXIIIJ,  begonnen  in  Slom  384,  üoUenbct  erft  in  S3et^lel^em)  liegt  a>)ologetifc^=^oIe5 
mifc^e  S^enbenj  gegenüber  ben  3lrianem  unb  ^neumatomad^en  ju  ©runbe.  ^^nlid^e«  gilt 
t)on  feiner  Überfe^ung  üon  Drigene«  De  principiis,  iDeld^e  bie  ungenaue  Überfe^ung 
biefe^  ffietfe«  burd^  SRufin  Derbrängen  foHte  (gefc^rieben  ca.  399),  aber  bi«  auf  geringe  20 
^agmente  toerloren  ift  (f.  biefe  Überrefte  in  ber  Ep.  124  ad  Avitum,  quid  cavendum 
in  libris  juqI  ägxcov :  t.  IVall.  p.  916 — 922).  —  Die  im  engeren  ©inne  polemifd^en 
ÄAeiten  »erteilen  ftd^  über  alle  ^auJ)tleben«ej}oc^en  be«  .ö.,  an^ebenb  mit  ben  Slufent^alten 
in  ^ntio<^ia  unb  itonftantino^)el  unb  fclilie^enb  mit  ben  legten  ^a\)xzn  be«  3Köuc^«lcben« 
in  Sct^Ie^em.  ^n  ben  erften  berfelben  erfdt^cint  er  beteiligt  am  arianifc^en  ©trcit  ober  25 
inelme^r  an  ben  bie  ©c^iömen  be«  üJleletiu«  unb  be«  £ucifer  betreffenben  Äontroberfcn. 
3n  jtoei  anzapft  2)amafu«  gerichteten  ©c^reiben  au«  Stntiod^ia  (Ep.  15u.l6adDamas.) 
fü^  er  Älage  über  bie  einanber  heftig  fic^  befel^benben  antioc^entfd)en  Parteien  ber  9)le= 
Ictianer  unb  ber  ^aulinianer,  Joel^e  i^n  in  il^ren  ©treit  über  ben  ©inn  unb  bie  83erec^= 
tigung  ber  3tu«brücfe  ovoia  unb  vjiöaraoig  in  älntoenbung  auf  bie  Srinität  l^ineinjujie^en  30 
fuc^ten  (i>gt.  unten  3.).  Sttoa  gleid^^eitig  l^iemit,  ober  um  Söenigc«  \päUx  (379)  »erfaßte 
er  feinen  S)ialog  toiber  bie  £uciferianer,  toorin  er  mit  gef^idfter  ^anb^abung  ber  ©e^ 
fpräc^form  bie  fc^roff  feftiererifc^en  ©runbfä^e  biefer  Partei,  namentlid^  i^re  9lid^taners 
lennung  ber  ©iltigfeit  ber  §äretilertaufe,  bcläm})ft  (Altercatio  Luciferiani  et  ortho- 
doxi,  s.  Liber  contra  Luciferianos,  Vall.  II,  171  sq.;  MSL  XXIII,  155  sq.).  —  35 
Ungefähr  toier  ^af}xt  ft)äter,  iDäbrenb  er  bei  2)amafu«  in  SHom  oertoeilte  (ca.  383),  ridbtete 
er  gegen  einen  öeftreiter  be«  fatl^olifd^en  ©lauben«  an  eine  beflänbige  ^ungfräulic^feit  ber 
aRoria,  ben  $elDibiu«  (angeblid^  einen  ©d^üler  be«  mailänbifc^en  älrianerbifd^of«  Slnjen^ 
üuä)  eine  ©treitfc^rift  bon  leibcnfd^aftlic^er  ^eftigfcit,  toorin  er  bie  perpetua  virginitas 
ber  ®otte«mutter  eifrig  berteibigt,  bie  in  ben  ®öangelien  ertoäl^nten  „$)rüber  bei^  §erm"  40 
für  SSettem  (cognati)  ^^n  erflärt  unb  ba^  gute  SRe^t  ber  Äat^olifen  bcl;auj)tet,  bie  burd^ 
bad  SJorbilb  ber  ^eiligen  Jungfrau  geheiligte  SJirginität  ate  einen  benCS^cftanb  anJpcilig* 
feit  unb  ©ottiöo^lgefäHigfeit  übertreffenben  ©tanb  ju  betradj^ten  (Liber  adv.  Helvidium 
de  perpetua  virginitate  b.  Mariae,  Vall.  II,  205—230;  ögl.  bie  3tnal^>fc  in  m. 
SWonogr.,  ©.  94—99).  —  6in  ©egner  ä^nlic^en  Stanb})unft^  tük  §elt)ibiu^,  nur  nod^  45 
lonfequenter  alg  er  gegen  ben  überfpannten  3t^feti^mu^  unb  bie  2Bcrfl?eilig!cit  ber  SEatho^ 
Ufer  m  g^be  jie^enb,  hjar  ber  bon  §.  ^u  95etl^le^em,  ijiemlic^  balb  nac^  3lbfaffung  be^ 
@(^ftftetter!atalogd  (nod^  392)  befäm^jfte  ^obinianuö.  3^m  gegenüber  greift  «ö-  bie  bollere 
Serbienftlidj^feit  ber  SSirginität  im  S^ergleid^  mit  ber  ®^e  in  übcrfc^menglid^cn  Slu^brüdfen 
(felbft  mit  ©ä^en  toie:  Petrus  sordes  nuptiarum  abluit  cruore  martyrii  [I,  26],  w 
jotoie  mit  £ob^reifung  l^eibnifd^er  Jungfrauen,  bie  jur  SJÖal^rung  i^rer  ijungfräulid^feit 
©elbftmörberinnen  getoorben  feien  u.  bgl.  m.);  aufeerbem  tocnbct  er  fid^  gegen  {eine  3ln= 
griffe  auf  bie  befonbere  Serbienftlid^feit  ber  fatl^olifcf^en  ^aften,  foioie  gegen  getoiffe  bon 
i^m  berteibigte  fj)iritualiftifd^e  £el^ren  h)ie  bie  bon  ber  Unfünblid^fcit  ber  ©etauften  unb 
inm  ber  böUigen  ©leic^^eit  be^  l^immlifd^en  £o^nc!g  für  bie  boßenbeten  ©erec^tcn  (Adv.  56 
Jovin.  1.  I  &  II,  —  nebft  ber  fjjäter  an  feinen  ^^eunb  ^ammad^iu^  gerichteten  ©d^u^5= 
fd^ift:  Ep.  48,  seu  Apologeticus  ad  Pamm.  pro  libris  c.  Jovin. ;  f.  überl^aupt  m. 
ßteron.,  ©.  194—207,  unb  bgl.  SB.  Rätter,  Jobinianu^,  in  XU;  g?5  11,2  [1897]).— 
%>df  gegen  einen  britten  3tngriff  ^at  §.  fpäter  bie  bulgär=tatbolijcl)e  5\tömmigteit^übung 
famt  feiner  oäetifierenben  5Koral  bertei'bigt  in  ber  im  ^a^re  406  bcrfa^ten  lleinen,  aber  00 

9lcaU<inc9r(0)»abic  fflr  X^eologie  unb  ftirc^e.    3.  ?(.  Vi  11.  4  ^ 


50  ^ieron^mitd 

überaus  l^cfttgcn  ©treitfc^rift  toiber  bcn  fj)antfc^cn  ^ßre^b^tcr  aSigilantiu«,  toorin  er  flegcn* 
über  biefem  ©eifte^Dertüanbten  goDtnianö  in^befonbere  ben  tird^Iid^en  SRärtt^rer«  unb  Sle^ 
liqutenhtlt  unb  berfd^^iebene  mit  bentfelben  )ufammenl^ängenbe  ©ebräuc^e,  namentlich  bie 
Sigilicnfeiem,  Derteibigt,  aufecrbem  aber  and)  freitoittige  2lrmut  bcr  3)lönc^e  fotoie  ben 

6  Älerifercölibat  in  ©dj^u^  nimmt  (Contra  Vigilantium,  t.  II  Vall. ;  tjgl.  a\x^  bie  biefer 
©treitfdj^rift  DorJ^ergcganöene  et)iftel  an  3li})ariu«,  ben  SSerlläger  beig  SSigÖfantiu«:  Ep.  109 
ad  Riparium).  —  S^W^  *^i^^  ^l^ben  mit  ^otoin.  unb  SSigil.  fäDt  ber  Streit  bcg  $. 
mit  95if(^of  gol^anne«  Don  3^ölem  fotoie  mit  Slufinu«  über  bie  Ortl^obojie  be«  Dn« 
gened,  bem  einige  feiner  (eibenfc^aftlic^ften  unb  üugleici^  umfänglic^ften  ))oIemtf(^en  %xa!b 

10  täte  entftammen.  ©o  ba«  Sud^  Contra  Joann.  Hierosolymitanum,  geter.  398  ober 399 
(früber  ate  Ep.  38  unter  $.«  ©riefen  fte^enb,  aber  t>on  SSaHarft  mit  Siecht  üon  ba  in 
bie  Steige  ber  t)oremifd^en  Jrattate  feine«  Sb  II  (=  MSL  XXIII)  berfe^t;  bann  bie 
}h)ei  eng  jufammenge^örigen  Sucher  gegen  Stufin  bom  ^al^re  402  (Apolojriae  contra 
Rufin.  1. 1  et  II)  fotoie  bad  einige  5Wonate  ft)citer  benfelben  gefolgte  ,,£e^te  fflSort"  gegen 

16  benfelben  (Liber  tertius  s.  Ultima  Responsio  adversus  scripta  Rufini).  9lct|ere8 
über  ben  3Serlauf  biefer  ÄontroDerfe  f.  im  Slrt.  „Drigeniftifc^fe  ©treitigfeiten".  —  Igm 
legten  feiner  })olemif(^en  3Berfe,  toiber  bie  ^elagianer  (415),  fe^rt  §.  ju  ber  bereit«  jfüt 
eine«  ber  erften  üon  il^nen  angetoenbeten  bialogifc^en  3)arftdD[ung«form  jurüdf  unb  ertotrbt 
bamit  fogar  im  gegnerifAen  Sager  (f.  oben  1.  j.  6.)   ein  in  2lnfe^ung  feiner  gefc^idften 

20  unb  angenehm  lesbaren  Jiom))ofttion  nic^t  unt)erbiente«  Sob  (Dialogus  contra  Peiagia- 
nos,  11.  III,  t.  II,  693—806  VaU.,  =  t.  XXIII,  495—590  M.). 

d.  Die  S riefe  be«§.  —  fc^on  im  Si«l^erigen  in  Dielen  i^rer  5Rummem  citiert  — 
bilben  toegen  ber  ungemein  großen  Sielfeitigfeit  i^re«  S^^^^^I*^  f^h)'^  ^^^^  f^ofj^cn  ftiliftifc^ 
SSorjüge  bie  anjie^enbfte  ©(^riftengnH)})e  unfere«  Ä25.    6«  fjjiegelt  fid^  in  biefen  mit  rA« 

26  feiiger  @legan)  gefd^riebenen  unb,  tro^  teiltoeifer  Überlabung  mit  falfd^em  Sombaft,  Don 
®eift  unb  SB3i$  jeugenben  6})ifteln,  in  benen  er  balb  gelehrte  Probleme  erörtert,  bolb 
®eh)iffen«fragen  beai;itft)ortet,  balb  Setrübte  tröftet,  balb  Söeltentfagung  unb  ©infteWers 
leben  emt)fiel(;lt,  balb  jeitgenijffifd^e  Safter  unb  3;^orl^eiten  geifjelt,  balb  ©egnem  bie  ©j)i^}e 
bietet,  balb  ^eunben  ober  Qteunbinnen  fdbmeid^el|afte  ^inge  fagt,   einerfeit«  bie  gonje 

30  ©efmnung  be«  SrieffteUer«  felbft,  anbererfeit«  ba«  ^i^talter  mit  feinen  eigentümlich 
Sebürfniffen,  feinen  toal^ren  unb  falfd^en  3^ugenben,  feinen  tounberlid^en  ©egenfcr^en  bon 
toeltlid^er  Üi)t)igfeit  unb  ftrengfter  a«fetifd^er  ßntfagung.  ©otool^l  bie  d^ripiid9e  ©ttten« 
gefc^id^te  al«  an^  ba«  eigene  Sl^arafterbilb  unb  ber  Seben«gan^  be«  $.  getoinnen  au« 
li^nen  mannigfad^e  ßrläuterung  unb  Beleuchtung.    Sefonber«  in  i^ren  auf«  TOönd^leben 

86  bej^üglic^cn  9Jummem  bat  biefe  ©ammlung  Don  alter«  l^er  auf  toeite  Äreife  ber  fat^olifc^ 
SBelt  anjiel^enb  getoirlt.  S^cil«  bie  ganje,  gegen  120  SJummem  umfaffenbe  ©ammlung, 
teil«  bem  flöfterlid^en  @rbauung«bebürfni«  angei)a^e  ßl^reftomat^ien,  toeldj^e  bie  Sriefe  ge* 
leierten  ober  einfeitig  toeltlid^en  ^i^M^^  toeglaffen,  fmb  bi«  ^erab  in  bie  jüngfiegrit  eine 
Siebling«leltüre  frommer  Äat^olifen  geblieben,  älufjer  ben  oben  (unter  b)  beröorge^obenen 

40  6t)ita})9ien  ober  9?efroIogen  fmb  e«  befonbcr«  bie  Sriefe  J)aränetifd^en  ^npalt«,  toelc^e  in 
Derfürjte  ober  lonbenfierte  ©ammlungen  biefer  2lrt  überjugc^en  t)flegen ;  fo  Ep.  14  ad 
Heliodorum  de  laude  vitae  solitariae,  Ep.  22  ad  Eustochium  de  custodia  vir- 
ginitatis,  Ep.  52  ad  Nepotianum  de  vita  clericorum  et  monachorum  (eine  Slrt 
^aftoraltl^eologie  in  nuce,  Dom  a«fetifc^en  ©tanb))un{t  an^  entworfen;  Dgl.  bie  oü^ 

46  fül^rlic^e  3n^alt«ffigje  in  m.  SKonogr.,  ©.  448—456),  Ep.  53  ad  Paulinum  de  studio 
Scripturarum,  Ep.  58  an  ebcnbemfelben  de  institutione  monachi;  Ep.  70  ad 
Magnum  de  scriptoribus  eccle'siasticis ;  Ep.  107  ad  Laetam  de  institutione 
filiae  (biefe  aHe  famt  bem  Epitaphium  Nepotiani  [Ep.  60]  u.  ben  beiben  ©riefen  an 
3)amafu«  [Ep.  15  unb  16J  —   aufgenommen   in  bie  in   nieblic^em  2^af(^enformat   er» 

60  fd^icncne  6^reftomatl)ie  Don  $.  §urter  S.  J. :  S.  Eusebii  Hieronymi  Stridonensis 
presbyteri  Epistolae  selectae,  3>«n«brudt  1870  u.  ö.).  —  35ie  in  33b  I  Don  SSaHarfi« 
2lu«g.  (=  MSL  t.  XXII)  bur^gcfü^rte  5Jumerierung  ber  ©riefe  ift  bie  bermalen  aSU 
gemein  gebräuchliche,  ©ie  ift  in  c^ronologifd^er  §infi^t  jtoar  nid^t  überall  eintoanbfrei 
(Dgl.  ba«  unten  über  bie  Äorrcf})onbenj  mit  Sluguftin  ju  ©emerlenbe),  leiftet  aber  Sterin 

66  boc^  erl^eblic^  Sefferc«  al«  bie  frül^eren  ^erau«geber  unb  Derbient  namentlidj^  oud^  toegen 
il^rcr  3RitaufTta^me  Don  ungefä(>r  15  Snefen  Don  Äorref^jonbenten  be«  $.  in  bie  ganje 
Steige  (toeld^c  baburd^  auf  149  9Jummem  gebrad^t  ift)  anerfannt  ju  toerben. 

(Sine  toertDoHe  Srgänjung  bat  be«  §.  brieflidt^er  S^ac^lafj  feit  5Dlitte  biefe«  Soi^ 
^unbert«  burd^   ^br.  9iitfd^l«   DoQftänbige  $erau«gabe   einer   Epistola  ad  Paulam  et 

«0  Eustochium  de  scriptis  Varronis  et  Origenis  (tooDon  bie  Ep.  33  ad  Paulam  in 


^ierott^mitd  51 

ber  bte^eriflen  Srieffammlung  nur  ein  bürftige«  ^agment  btibete)  gefunben ;  f.  ba«  5ßrogr. 
,,2>te  ©c^ftpetterei  bc«  3K.  %tt,  SSarro  unb  bie  be«  Drigene^  nad^  einem  ungebrudften 
ÄotalDfl  be«  ^ieron^mu«,  Sonn  1847  (baju  3lebej)enning  in  ber  ^l)^  1851,  ©.  66  ff.). 
Som  §n^alt  biefer  gelehrten  6j)iftel  —  lüeld^e  fpäter  auc^  ^itra  im  Spicileg.  Soles- 
mense  III  [1855junb  neuerbing«  gric^  Äloftermann  (©3321  1897,  9Jr.39,  ©.  855—870)  6 
l^audgaben  —  ift  ber  auf  Drigene^  bcjüglid^e  3^eil  bon  bebeutenbcm  t^eologifd^en  ^n^ 
tereffc.  6r  bietet  t)on  ben  überaus  ja^Ireid^en  SBerlen  be^  großen  3llejanbrmerg  (be= 
Idnntlid^  6000,  nad^  ber  freilid^  too^I  Übertreibenben  2lngabe  bei^  (Sp i))^aniu^,  haer.  64, 63) 
ein  tnd  einge^enberc«  unb  genauere«  Seräeid^ni«,  ate  9lr.  54  be«  Catal.  viror.  illustrium, 
f}at  alfo  ein  Siecht  barauf  in  gelüiffem  ©inne  ate  ein  SSorläufer  ebcnbiefe«  Äatalog«  ju  lo 
gelten.  %ixx  bie  Seranftalter  f))äterer  SJeuau^goben  ber  ^teron^mianifc^en  ©riefe  bilbet 
btefe^  neue  gunbftüd  einfttoeilen  bie  lüid^tigfte  ber  eimufügenben  ©rgänjungen.  —  SDlanc^e 
anbere  ^tngufügungen,  toie  fte  bon  biefen  ober  jenen  ©elel^rten  beantragt  Sorben  —  j.  S. 
t>on  ^^der,  ber  ben  bi^^er  öon  ben  §erau^ebem  ate  uned^t  betrachteten  S3rief  Ad  ami- 
cmn  aegrotum  für  ec^t  er!tärt;  bon  ®.  ^orin,  ber  bie  Ep.  ad  Praesidium  de  i6 
oereo  paschali  für  ec^t  ^ält,  2C.  —  bürften,  bebor  fie  bofljogen  tocrben,  nod^  genauere 
(ritifc^  ©rtoägungen  nötig  machen.  Sgl.  über  biefe  33or((i^Iäge :  Sarbenl^elüer,  ^ßatrol.  ©.  443. 
Screc^ttgt  ift  jebenfall«  ber  Sorfd^Iag  biefe«  ©ele^rten  (a.  a.  D.  ©.  437),  ber  JRei^e  ber 
©riefe  ou«  ber  näc^ften  3^*  ^^^  ^ßaula«  lob  (26.  S«""«'^  404)  jene  bon  §.  für 
SufUx^m  gefertigte  Überfe^ung  ber  Regula  S.  Pachomii  einzufügen,  bie  er  ber  ge^ao 
nannten  greunbin  bamafe  (unter  Beifügung  auc^  einiger  ©riefe  bon  ^Pad^omiu«  unb 
Ibeoboru«)  toibmete.  33gl.  über  biefen  l^^ieron^mianifd^en  le^t  ber  5ßad^omiu«regcl  (in 
MSL  XXIII,  p.  61—100)  @.  ©rüfemac^er,  ^Pa^omiu«  u.  ba«  öltefte  Älofterleben  (greibg. 
1896),  ©.  Ulf.,  fotoie  Sikller,  2l«f.  u.  3Könc^tum,  ©.  200 ff. 

e.  3QSa«  bie  uned^ten  SBerle  be«§.  betrifft,  fo  ^at  eine«  ber  toid^tigften  berfelben,  26 
bo«  fog.  Martyrologium  Hieronymi,  bereit«  oben  ©ef))rc(^ung  gefunben.    ®leid^  biefem 
^Mttdi  jur  §agiologie  ^at  ein  unferem  Ä33.  beigelegte«  liturgifd^e«  SBerf,  ber  fog.  Gome« 
(Über  Comitis  seu  Leetionarius  per  circulum  anni,  cum  Praefatione  s.  Epistola 
Hieronymi  ad  CJonstantium,  bei  Vall.  t.  XI,  pars  2,  p.  606—656)  eine  loeite  ©er^ 
btetamg  gefunben  unb  toirb  nod^  je^t  nid^t  feiten  unter  be«  §.  Flamen  citiert.    93ie3cug=  so 
niffe  fiir  §.  al«  ©erfaffer  biefe«  Sefttonar«  für  römifc^e  ^Priefter  („Comes"  genannt  loegen 
feiner  ©ef&mmung  ben  ^Prieftem  al«  beftänbiger  ©egleiter  für  i^r  fultifd^e«  §anbeln  ju 
Wenen)  reiben  bi«  in«  5.  g^^^^nbert  hinauf;   bo^  fe^lt   e«   an  toirflid^  jeitgenöffif^en 
Xngoben  in  ©ejug  auf  bie  ©erfafferfc^aft  be«  §.,  ebenfo  toie  an  ©elbftjeugniffen  bc«- 
fdben.    ®er  in  ber  Epistola  praefatoria  angerebete  ßonftantiu«  fofl   nad^   ber   ^er^  86 
fömmKd^en  3Jleinung  ©ifd^of  bon  Äonftantino^el  getoefen  fein  —  gegenüber  toel^er  l[|iftorifd^ 
tmmdglid^en  annähme  neuerbing«  ®.  Worin  ben  ©orfd^lag   gemad^t   i}at,  biclmel^r  an 
einen  Sifd^of  t>on  Gofenja  (el[iemal«  Gonftantia)  in  Unteritalien  ju  beulen  (f.  ®.  Worin, 
Constantius,  ^v^que  de  Oonstantinople  et   les  origines  du  Comes  Romain,  in 
ber  Revue  WnÄiietine  1898,  Juin,  p.  241— 246).    SKegcn  ber  l^anbfc^riftlid^en  Über=  40 
nefetung  unb  ber  ®rudEau«gaben  be«  Gome«  f.  b.  31.  „$erifo))en".  —  93on  ben  fonftigen 
^feubo^ieron^miana  feien   ^ier  genannt:   Homilia  S.  Hieronymi  ad  Monachos  (ein 
alter  Gento  a«Ietifd^er  ©entenjen  au«  ben  ©riefen  be«  §.,  —  bei  SSaß.  1.  c.  p.  398—408); 
R^^ula  Monaehorum  et  Monacharum  (ebb.  p.  407—529  —  eine  erft  im  15.  ^a^r* 
^bert  bom  ^ieron^mitenj^rior  2of e  be  Dlmebo  gefertigte  Äomjjilation ;  bgl.  b.  21.  „§iero-  46 
nJ^iten'O;  Epistola  ad  Geruntii  filias  (^errü^enb   Don   einem   ^rc«bvter  Gutrojjiu«; 
f.  ebb.  p.  36 sq.);  Epistola  ad  Demetriadem  Virginem  (ebb.  p.  1 — 35)  — ,  ein  bem 
^agiu«  ongel^örige«  ©d^riftftüdf,  gleic^loie  cbm  biefem  tool^l  auc^  bie  Commentarii  in 
Epp.  Pauli  (t.  XI,    p.  3  Vall.,  p.  133—436)  angehören ;   f.  barüber  u.  a.  %.  Älafen, 
^e  innere  (gnttoidfelung  be« 5ßelagiani«mu«,  greiburg  1882,  ©.  34f.,  unb  bgl.  b.  21.  „^e- 60 
lagiu«'0-  ®^w^  ejegetifd^en  (Sebiete  gel^ört  über^au})t  bie  TOe^rja^l  ber  5ßfeubol^ieron^miana 
an;    fo   noc^  CJommentarii  in  Evangelia   (Vall.  t.  XI,  3,  p.  1—132);    ein   Liber 
nominum  locorum  ex  Actis,  ber  tool^l  e^er  Seba  bem  ß^rtoürbigen  ober  einem  ^t\U 
genoffen  be«felben  angehört  (Vall.  t.  III,  Append.,  p.  758  sq.) ;  eine  Expositio  inter- 
linearis  libri  Job  (ebb.  p.  895—988),  l[|errü^renb,  loie  e«  jc^eint,  bon  be«  $.  ©c^üler  66 
$^tti)))ni«  unb  bann   bon  Seba  ertDeitemb  überarbeitet,  u.  f.  f.  (f.  überl^.  ^ödltt,  ^ieron., 

e.  471  f.). 

3.  I^eologifd^eSebeutung.  3)a«  2lnred^t  barauf,  al«  ber  ©elebrtefte  aller 
obenblänbifc^  Äird^enbäter  ju  gelten,  lann  bem  ^teron^mu«  unmöglid^  beftritten  toerben. 
Sbnnentlidb  feine  mit  taj>ferem  gld^e  ertoorbene  unb  ni(^t  ungefc^iit  bon  i^m  bertoertete  eo 

4* 


52  ^ieroti^mttd 

Ä'enntniö  and)  ber  alttcftamentlid^m  ©runbjfrad&e,  hjoburd^  er  jum  „trilingiiis"  tourbc, 
t)crfd^affte  tl^m  einen  3?onang  \>ox  ben  übrigen  älteren  a:^eolo0en  ber  lateinif^en  Äirc^e. 
6r  ift  fid^  biefe«  äJorrange^  hjol^l  belüu^t  getoefen.  Ego  philosophus,  rhetor,  gram- 
maticuSy  dialecticus,  hebraeus,  graecus,  latinus,  trilinguis,  faat  er  einmal  bon  ftd^ 

6  gegenüber  SRufin  (Apol.  adv.  Ruf.  II).  ^Proben  bon  feiner  ßitelfeit  bieten  feine  Schriften 
in  güUe  bar;  auc^  hinter  mannen  Sinterungen,  lüeld^e  bemütig  Hingen  —  5.  35.  jener 
Sergleid^ung  feinet  ©tite  mit  bem  eine^  ^ertuJDlian :  „Quaeso,  ne  meam  stillam  illius 
üumini  comparetis ;  non  enim  magnorum  virorum  ingeniis,  sed  meis  sum 
viribus  aestimändus  (Ep.  64  ad  Fabiolam,  c.  23)  — ,   Verbirgt  fi^   ein   nic^t  ge^ 

10  ringet  ©elbftbch)u^tfein.  SJon  jener  Oelel^rteneiferfud^t,  bie  ben  f^riftfteHerift^en  Slibalen 
übermäßig  ^art  beurteilt  unb  möglid^ft  ju  berlleinem  fud^t,  fann  er  nid^t  frei  geftotod^en 
toerben.  Sefannt  jtnb  feine  berftedEten  Spöttereien  über  ämbrofiu^,  ben  er,  mit  Slnfpie^ 
lung  auf  ben  lomj^ilatorifd^^efleftifd^en  Gl^arafter  feiner  ejegetifd^en  arbeiten,  ate  oscen 
corvus  crocitans,  mirum  in  modum  de  cunctarum  avium  coloribus  ridens  etc. 

16  be^cic^net  (Prolog,  in  Orig.  homill.  39  in  Lucam)  unb  beffen  fdjiriftftellerifd^ 
fieiftungen  er  im  «atalog  ber  Viri  illustres  (c.  124)  faft  mit  ©tillfc^hjeigen  übergebt. 
®abei  bietet  hod)  fein  eigene^  gelel^rte^  gorfd^en  unb  ©d^riftfteUem  fo  man^e  Slö^en 
unb  ©d^attenfeiten,  ba^  aud^  i^m  gegenüber  ber  ©jjott  be«  auf  gleid^em  ©ebiete  arbeiten* 
ben  nur  aUju  leicht  fi^  einfteUen  fann.    ©eine  33elefen^eit  in  gried^ift^en  unb  loteinifc^en 

aoäutoren  bc^  Ilaffifd^en  Slltertum^  hjie  beritird^e  ift  gro^,  aber  feine^lüeg^  frei  bon  Surfen 
unb  bon  ©))uren  eine^  oft  red^t  oberfläd^lid^en  fiefen^;  fein  l[[ebräifd&e«  ©prac^toijfen  bietet 
ber  neueren  Äritil  unjäl^lige  2lngriff^))unfte.  gaft  überall  ift  e^  mebr  bie  bilberreid^fe 
©legan^,  ber  beifeenbe  3Bi^,  ba^  routinierte  §anbl^aben  fpridE>h)örtlid^er  3lebcn^rten,  über- 
\)aupi  ber  angcftrcbte  unb  erhielte  r^ctorifd^e  (Sffeft,  ald  ethjaige  tüiffenfc^aftlid^e  ©ebtegeus 

26  ^eit,  iDoburd^  er  glänjt.  ^gl.  baS  befannte,  !aum  ^u  ^arte  Urteil  tint^  Slericu^:  Si  se- 
ponas  multam  Graecorum  et  praesertim  Latinorum  lectionem,  coniunctam  cum 
facultate  acriter  declamandi  aut  declamatorie  scribendi,  pro  eins  aevi  palato, 
cetera  omnia  öunt  mediocria.  Non  modo  hebraicae,  sed  et  graecae  linguae 
modica  cognitione  fuit  tinctus.     Theologiam  ceterasque   disciplinas  degusta- 

80  verat  potius  quam  exhauserat.  In  inventione  quidem  nihil  propemodum 
habet  exquisiti,  in  ordine  nihil  ferme  accurati.  In  ratiocinatione  vero  et  col- 
lectione  consectariorum  plus  multo  pompae  rhetoricae  atque  exaggerationis 
invenias  quam  roboris  et  iudicii  (Quaestt.  Hieron.  p.  6  sq.). 

3lm  bemerfbarften  treten   bie  ^ier  gerügten  ©dfilüäd^en  unb  SKängel  ba  ^ertoor,  too 

86  i^m  9Kitarbeit  an  ben  bogmatifd^en  ^Problemen  feinet  3^'^^^^^^  jugemutet  tourbe,  too  er 
fid^  alfo  ate  2;^eologen  im  engeren  unb  eigentlid^en  ©inn  bet^ätigen  fottte.  §.  toar  in 
fo  geringem  3)la6e  Dogmatifer,  bafe  er  nur  ganj  mittelbarertoeife  —  aU  gefc^idter, 
r^etorifdSi  getoanbter  Slntoalt  ber  Crtl[|obojie  feiner  ^Ät,  nid^t  ate  Urheber  eigner  bogma= 
tifc^er  ©ebanfenarbeit  —  für  bie  Gnttoidelung  ber  abenblänbijdE>en  Äirdfienlel^re  eine  gcs 

40  toiffe  Sebeutung  erlangt  ^at.  ?yaft  ,,fann  man  in  einer  95ogmengefdE>id^te  öon  i^m 
fd^toeigen"  (,t)arnadt,  Se^rb.  ber  2)©  III^  ©.  27).  Unb  gleich  ber  Dogmatil  tjerbanft 
auc^  bie  anbere  6au))tbi^jit)lin  be^  fl;ftematifc^en  2e^rberei(^  i^m  beö  ®uten  nur  toenig. 
2!)ic  ©teile  eigentlicher  etl^ifc^er  Sel^rbegabung  tjertritt  bei  i^m  ungefunber  a^Ietifd^er  Sifer 
unb  leibenfc^aftUAe^  ©c^toärmen   für   mönd^ifc^e  l^beale.     2!)ie  ftarfe  2lbneigung,  toclc^e 

46  fiutl^er  —  bei  aller  Slncrfennung  „be^  ©rofeen,  ba^  er  im  Dolmetfdfien  getrau"  (lifc^. 
3lx.  2994)  —  bod)  gegen  il^n  ate  Sobrebner  fatl^olifd^er  ffierl^eiligfeit  unb  3Jlön(^erei 
emt)fanb,  begreift  fid&  jur  ©enüge.  ©.  befonber^S  lif^r.  5Rr.2650,  6^62,  120:  „Sc^toei» 
leinen  unter  ben  öe^rcm,  bem  ic^  fo  feinb  bin  ate  §ieron^mo,  benn  er  fd^reibet  nur  Don 
gaften,  ©peifc,  ^ungfraufd^aft  k.     2Benn   er  boc^   auf  bie  SBerte  be^  ©lauben«  brängc 

60  unb  triebe  biefclben,  fo  toäre  e^  ^i^ioa^l  3lber  er  le^rt  nid)t^,  toeber  bom  ©lauben  nod) 
t)on  .^Öffnung,  tüeber  t)on  ber  Siebe  noc^  bon  anberen  ^üd^ten  be^  ©lauben^!"  (togl. 
auc^  ba^  ebenster  üon  Sutl^er  citierte  Urteil  feineö  Sel^rer^  ©taupi^:  „^d)  toottte  gern 
tDiffcn,  h)ie  §ieroni;mu^  h)ärc  feiig  toorben!  ^d)  l)äüz  traun  §ieron^mum  nit^t  mögen 
jum  ^rebiger  haben;  erft  ift  Wo^l  fo  toünbcrlic^  getoefen"). 

65  6ö  ift  namentlich  bie  Unfclbftftänbigfcit  be^  §.  ate  bogmatifc^en  Sel^rerö,  feine  Um 
fä^igfeit  unb  Unluft  ju  eigener  fpcfulatiüer  ©eifteiSarbeit,  fein  äu^erli^e«  ^ingegebenfetn 
an  bie  ort^oboje  irabition,  tooburc^  etjangelifd^  gerichtete  Sefer  feiner  ©c^riften  pd^  jurucfs 
geftofeen  füllen  muffen.  3""^^^  ^^/  ^^  ^^  f^'"^  Se^iel^ungen  jum  römifd^en  ©tu^Ie  1^= 
t)ortreten  läfet,  fotoie  ba,  Wo  er  mit  toirflic^  großen   burc^  ©ebanfenttefe  unb  S^atter^ 

60  feftigfeit  il?m  überlegenen  t^eologifc^en  ^^Serfönlic^Ieiten  jufammentrifft,  getoumt  man  Wefm 


^ieron^mtid  53 

ghtbrud,  ba^  t^m  ate  21^coIogcn  rigcntlid^  nur  geringe  Sebeutung  jufotnme.  2lug  feiner 
Rorreft>onbenj  ftnb  in  biefer  Sejiel^ung  einerfeiti^  bie  Sriefe  an  Dantafu^,  anbererfeit^  bie 
Überrefte  feine«  litlerarifc^en  3Serfe^r«  mit  äuguftinu«  \>on  lel^rreid^em  ©einölt,  ©einem 
>)ä))ftlid^en  Oönner  ®amafuö  näl[|ert  er  [\d)  \vk  ein  unterwürfiger  §öfling,  ol^ne  and)  nur 
einen  SBerfud^  jur  3tufeerung  einer  eigenen  bogmatifd^en  Stnftd^t  ju  madj^en.  9lom,  bie  6 
auf  ben  ^etruöfelfen  gegrünbete  Rird^e,  foK  cntfd^eiben,  ob  (mit  ben  TOeletianem)  brei 
§^l)oftafen  in  ber  6inen  göttlichen  ovoia,  ober  (mit  ben  ^aulinianem)  6ine  göttüdf^e 
vTiöoraoig  mit  brei  ngogcbnoig  ober  ^erfonen  ju  lehren  fei.  Sine  eigene  (Sntfc^eibung  in 
biefer  Streitfrage  ju  treffen,  unternimmt  er  nid^t,  fonbem  „jum  ©tu^Ie  ^etri  nimmt  er 
feine  3"P"4* ;  ^  begehrt  bon  bal^er  ©))eife  für  feine  ©eele,  lüo  er  einft  bie  Kleiber  be«  lo 
^cilg  erlangt  ^t."  ßingebenl  beffen,  ba^  „loer  nid^t  in  9Joal^  3lrd^e  ift,  bei  nal^enber 
§lut  untergeht",  befd^hjört  er  ben  9iad^folger  $etri,  il^m  eine  ftd^ere  Sel^rentfc^eibung  ju 
geh)a^ren.  „Decernite  obsecro,  si  placet,  et  non  timebo  tres  hypostases  dicere! 
SBenn  bu  e«  gebieteft,  f o  möchte  felbft  ein  ganj^  neuer,  bom  nicänifd^en  berfd^iebener  ®laube 
gele^  toerben:  h)ir  SRec^tgläubigen  mürben  bann  in  gleid^en  SBorten  toie  bie  3(rianer  ib 
befennen",  u.  f.  f.  (Ep.  15  ad  Damas. ;  bgl.  ben  ganj^  äl^nlid^en  ^xüfali  be«  folgenben 
Srief«,  unb  f.  tiberl[|ai4)t  $oi\^,  §ier.  ©.  70—75).  —  SBie  er  fid^  ^ier  al«  ben  rid^tigen 
Sorganger  be«  bem  ©runbfa^e  „Roma  locuta  est^  causa  finita  est''  l^ulbigenben 
mobemen  Ultramontani^mu«  ju  erfennen  giebt,  ja  m  geloiffer  SBeife  bem  jefuitifc^en 
Rabat>erge^orfam  j)rälubiert,  ber  ba«  SBei^e  fc^h?arj  unb  ba«  ©c^toarje  toei^  ^u  nennen  20 
bereit  ift,  äl^nlid^,  "mmn  a\xij  nic^t  in  ganj  gleichem  5Kafee  unfelbftftänbig,  berl^ält  er  fic^ 
in  feinem  Srieftoed^fel  mit  auguftin.  äfe  eng|)erxiger  3lnbänger  be«  für  ortl^oboj  ge* 
^Itcnen  Überlieferten  unb  überl^au})t  ate  fleiner  unb  fteinlid^er  ®eift,  ber  bor  einer  über^ 
legcnen  lirc^lid^en  Autorität  fid;  gern  beugt,  erfd^eint  er  auc^  bei  biefer  (Sclegenl^eit  — 
nur  ba^  fc^on  feine  (Sele^rteneitclfeit  i^m  bie  Setl[|ätigung  einer  glcid^en  Untertoürfigfeit  25 
gegenüber  bem  afrifanifd^en  Sifd^of  h)ie  gegenüber  bem  SRömer  Verbietet.  S3on  ben  beiben 
©trcit>)unlten,  toelcl^e  in  biefem  »rieftoecbfel  (f.  bie  Epp.  56,  67,  102—105,  110—112, 
115,  116  laut  aSattarftfci^er  äö^lung,  ober  bei  Sluguftin«  »riefen:  Ep.  28,  89,  40,  67, 
68,  71—75,  81,  82)  jjloifcf^en  ben  berühmten  93ätem  be^anbelt  toerben,  lä^t  ber  eine  bei 
auguftin,  ber  anbere  bei  ,,§ieron^mu^  einen  ftärferen  3wg  ju  ftrengem  2^rabitionalif mu^  so 
bertoortreten.  3^  \timxK  äufeerungen  über  ba^  i^ieron^mianifd^e  Unternehmen  einer  Über^ 
fe|ung  be^  313^^  au«  bem  l^ebräifd^en  ©mubtegt  erfc^eint  ber  Sifd^of  t)on  $i))f 0  al^  ber 
f onfert)atit)ere ;  er  rät  bem  §.  anfänglid^  ganj  bon  biefem  Unternehmen  ah,  berteibigt  bie 
©ej)tuaginta  ate  bie  beffere  ©runblage  für  ben  2;ejt  ber  lateinifd^en  Äird^enbibel  unb 
giebt  erft  gan^  jule^t  (in  Ep.  82  inter.  Hier,  epp.)  infotüeit  nac^,  ba^  er  eine  Sered^^  35 
tigung  be^  ^MxM^lfm^  auf  ben  Urtext  feinem  (Segner  jugeftel^t.  dagegen  fielet  man, 
hKiö  ben  anberen  flontrot)ergj)unft  betrifft,  bielmel^r  ben  gelehrten  6injiebler  t)on  Set^^ 
(e^em  fic^  alö  jä^en  SSerteibiger  einer  älteren  S^rabition  ber^atten,  ber  2innal^me  nämlid^: 
in  ®a  2, 11—14  loerbe  nid^t  ein  toirflid^er  ©treit  jtoifd^er  ^auluö  unb  $etru^  erjäl^lt, 
fonbem  ein  blofee^  ©d^eingefec^t,  ein  dispensatorium  certamen  —  für  \oA6^^  2tuffaffung  40 
er  ftc^  auf  Drigene^  unb  (El^r^foftomu^  aU  ältere  (Sctüäl^r^leute  beruft,  ^rotcftantifd^c  Sefer 
Iperben,  tüäi^renb  fie  bei  jener  erftercn  ©treitfad^c  mit  i^ren  ©^mjjot^ien  mel^r  auf  §.^ 
(Seite  ftel^en,  betreffe  be^  jloeiten  ©ifferenjtjunfteö  unbebingt  feinem  bifd^öflic^en  ©cgner 
rec^t  geben  unb  in  ber  olofe  afiomobatiben  Raffung  ber  'iEabetoorte  bc^  $aulu^  eine 
a\xi^  in  fittlid^  §tnfic^t  bebenllid^e  ^älfc^ung  be^  ed^ten  ©d^riftftnnö  erblidfen.  SBic  benn  46 
ccd^  §.  felbft  fj>äterl^in  —  aHerbing«  ni^t  fd^on  toäFjrenb  ber  2)auer  feinet  bamaligcn 
Sricft^el^  mit  äuguftin  —  gur  rid^tigeren  3lnnaJ)me  übergegangen  unb  ber  einfacheren 
unb  gefünberen  ©jegefe  bon  (Sa  2  beigetreten  ju  fein  fd^eint  (Dial.  adv.  Pelag.  I,  22). 
6^  moi^ten  tüol^l  romaniftifd^e  ^etru^f^m^atl^ien  gctoefen  fein,  bie  i^n  gur  jeittoeiligen 
SeDorjugung  einer  fo  abenteuerlichen  3lnnal^me  tüie  jene  origeniftifcf^c  3:;^eoric  Dom  nur  50 
bi^tmifatorif^en  ©inn  ber  $aulu^h)orte  in  ®a  2,  14  mit  beftimmt  l^atten  —  toic  benn 
aud^  flHiter,  im  16.  ^o^^^^wnbert,  ber  9Jiann  ber  2'rabition  ßra^mnö  für  bie  origeniftifc^= 
offornobatibe  Stuffaffung  be^  aSorgang^  eintrat,  loä^renb  Sutl^er  unb  aKe  et)angclifd[>en 
Aufleger  ber  3:^eorie  äuguftin^  folgten.  93gt.  überl;au^3t  3-  ^^-  SKö^ler,  §ieron.  unb 
»ug.  im  ©treit.  über  (Sa  2, 14  —  in  f.  ©efamm.  ©cl^riften  unb  Sluffä^en  I,  ©.1—18;  55 
3h^.  Dt«rbed(,  Über  bie  3luffaffung  be^  ©treit^  bc^  ^auluö  mit  $etru^  in  2lntiodE)ien 
bei  ben  ÄSS,  33afel  1877,  unb:  Slu«  bem  »rieftüec^fcl  be«  »ug.  unb  §ier.,  §3  1879, 
©.222—259  (too  bie  teitoeifc  Unrid^tigleit  im  d^ronotogifcl^cn  Arrangement  ber  betreff em 
ben  $ieroi^muöbriefe  bei  aSallarfi,  foh)ie  bie  barau^  geflogenen  Sßerfe^en  in  meiner  3)ar- 
Mung,  i&ier.  ©.  267—275,  nad^geloiefen  finb).  eo 


54  ^ieroti^ttttid  ^Uariott 

äfler  l)xtt  berül^rtcn  einfeitigleitcn,  ©d^lüäd^en  unb  SKängcI  ungca^tct,  hd^auptü 
§ieron^mu^  and)  im  Urteil  ber  Steueren  eine  ber  borberften  ©teilen  unter  ben  SSötent 
be^  ätbenblanbd.  ©d^on  aBein  ber  unermeßliche  ßinfluß,  toelc^en  er  burd^  feine  Sotein* 
Bibel  auf  bie  lirdblic^e  unb  t^eologifc^e  ßntlüitfelung  ber  ^olgejeit  geübt  fyii,  \ittnpdt  if^n 

5  m  einer  j)atriftifd^en  ©röfee,  unb  läßt  ben  ßj^rentitel  eine^  Doctor  Ecclesiae,  toomit  ber 
f)}ätere  lat^oßfd^e  ©^rad^gebraud^  i^n  gefd^mücft  l)Qt,  aU  nic^t  unberbient  erf^einen.  ^aß 
er  biefen  ß^renjjla^,  in  33erbinbung  au^  mit  bem  5ßräbilat  ber  §eiligleit,  für  bie  ©eft^id^td^ 
auffaffung  be^  Äatl^olici^muö  bi^  in  bie  Oegentoart  be^au^tet  l^at,  berbonlt  er  ollerbing« 
nur  feiner  feit  ben  ©trcitigleiten  mit  SRufin  ^erfelt  getoorbenen  ßo^fagung  bon  ber  tbeo^ 

10  logifd^en  ©d^ule,  lüeld^er  er  urf^rüngIidE>  angehört  j^atte  unb  bon  toelc^cr  er  ein^ne  SKei* 
nungen  unb  Slngetoö^nungen  —  inlonfequentertoeife  —  bi«  an  fein  Snbe  feft^ielt  9lur 
toeil  er  feine  SWege  gulefet  grünblid^i  toon  benen  ber  Drigeniften  getrennt  ^ot,  ift  il^m  bie 
©tcUe  eine^  §ort^  ber  §le(|tgläubigleit  unb  einer  ©äule  ber  Kir^e  eingeräumt  toorben, 
bie  il^m  anberen  %aüt^  tro|  ber  SSielfeitigleit  feiner  SSerbienfte  niematö  juerlannt  tüorben 

16  toäre  (ögl.  §amacl,  95®  a.  a.  D.,  auc^  Sb  II,  ©.  472).  —  3n  ber  fünftlerifd^en  Übcr= 
lieferung  feiner  Äird^e  lorref^onbiert  biefer  feiner  ^luffaffung  aU  be^  5ßatron«  ber  Ü^ 
logifd^en  SBiffenfd^aft  unb  be«  UrtV))ui^  latl^olifc^er  ©ele^rfamleit  ber  belannte  35rau(^,  in 
i^m  (neben  bem  Sifd^of  auauftin,  bem  ©rjbijd^of  ämbrofuiö  unb  bem  ^at)fte  ©regoriuö) 
ben  Äarbinal  ber  römifd^en  Äird^e  ju  öerl^errlid^en.  ^ud^  ba,  h)o  er  ate  ^attnadtter  Süfter 

20  in  ber  ßinfieblerjeUe,  mit  Rreuj,  ^^otenlo^f  unb  SJibel  neben  ftd^,  bargeftcttt  toirb,  pfUq;t 
ber  rote  $ut  ober  fonfttoeld^ed  auf  feinen  ^o^en  Slang  in  ber  ^ierard^ie  i^inkDeifenbed 
emblem  nid^t  leidet  ju  fel^len.  B^^itlct. 

^ieroti^mud  tiou  $rag  f.  ^ui. 

High  chnrch  f.  S3b  I  ©.  544,53. 

25  ^tlarioti^  ber  §eiliae,  geft.  371.  —  OueU.cn  unb  Sitterotur:  ^leron^mu». 
Vita  S.  Hilarionis,  opera  ed.  Valarsi  II,  13  ff.,  ed.  MSL  23,  29  ff.,  ed.  AS  Oft.  IX,  16 
bis  59 ;  Sozomenos,  Historia  ecclesiastica  III,  14  unb  V,  10  (ed.  Huseey  I,  272  ff.  unb 
II,  466 ff.);  2Ö.  S^rael,  S)ie  Vita  S.  Hilarionis  be8  ^icron^mu«  QlSOueac  für  Mc  Auffinge 
beg  2Kön*tumS  frltif«  unterfu*t  ötoSt^  23,  129 ff.  1880;     O.  göcfler,  ^ilorion  üon  ©ajo, 

30  eine  SRctlung  Sfl^hZi)  3,  147  ff.  1894. 

^r  ba$  Seben  bei^  l^eiligen  ^i(arion  bon  ®aia  beft^en  toir  afö  DueQen  bie  um 
390  abgefaßte  Siogra))^ic  be^  §ieron^mu«  unb  einen  Seri^t  be«  ©ojomeno«.  6tn  lurjer 
35rief,  ben  ber  Sifd^of  ©pi^i^aniu^  öon  ©alami^  balb  nad^  bem  2;obe  beS  i^m  befannten 
^eiligen  ^u  feiner  Serl^errli^ung  fd^rieb,  ift  berloren  gegangen  (Prologus  Vitae  S.  H.), 

35  bod^  l^at  \\)n  §ieron^mu«  für  feine  Vita  benu^t.  3*"  toefentlid^en  fmb  toir  für  ba«  Seben 
§iIarion«  auf  §ieron^muS  angeiriefen,  baneben  bcrbanlen  mir  bem  ©ojomeno«  einige  angaben, 
bie  er  an^  ber  münblid^en  Srabition  gefd^ö^ft  l^at,  im  übrigen  ift  aber  fein  ^erid^t  ou« 
ber  griec^ifc^en  Überfe^ung  ber  §ieron^mianifc^en  Vita  be«  ^Uarion,  bie  ©opl^roniu«  berfofete, 
gefloffen  (Hieron.  de  vir.  illust.  c.  134).    35iefe  gried^if^e  Überfe^ung  be«  ©o})l^niuS  ift 

40  bielleic^t  in  ber  bem  ©imeon  SDtetajjl^rafte«  jugefd^riebenen  Überarbeitung  erhalten  (lateinifd^ 
l^erau^egeben  öon  fiijjomannu«,  Vitae  SS  VI,  360  ff.,  f.  über  5ßarifer  unb  SBiener  6o* 
bice«,  bie  jie  griec^if^  mi^altm,  ^obriciuö,  Bibl.  graec.  IX,  294  unb  X,  235).  S)ie 
Vita  Hilarionis  be«  ^ieron^mu«  ift  aber  bon  ^^xad,  bem  SBeingarten  (^316  *  X,  789) 
beiftimmte,  für  gefd^ic^tlid^  böHig  iüertlo^  erflärt  hjorben;   fie  fei  bott  bon  abenteuerlichen 

46  SBunbererjä^lungen,  eine  $Rad^al^mung  ber  f))ätgried^ifd^en  SReiferomane,  ein  gef^id^tlid^er 
Äem  fei  nid^t  mel^r  ^eraugjufd^älen,  felbft  bie  S^iftenj  be«  §Uarion  bliebe  jtoeife^KifL 
tiefer  ^^t)erlrittfd^en  Scurteilung  ift  3ödtler  mit  3le(|t  entgegengetreten,  inbem  aud^  er  ben 
ginflu^  f^eibnifd^er  unb  d^riftlid^er  Sorbilbcr  bor  aÖcm  ber  Q!potü)pf)m  Slpoftelgefd^id^ten 
anerfennt,   aber  bod^   in  ber  Vita  „bon  ©agen  überiüud^erte  ©ef^id^te"  fte^t,  jumol  ba 

60  bie  neu  aufgefunbene  f^rifd^c  Vita  be«  Mär  Awgtn  (ßugeniu«)  geft.  363  ÄenfoBte  ^ilo« 
rion  neben  Slntoniuö  afe  ,5au))tl^eiligen  be«  Cften«  ertoä^nt  (Sebjan,  Acta  martyrum 
syr.  III,  376  ff.).  Sid^er  l^at  oHerbing«  ^ieron^^mu«  bie  Sebeutung  feine«  ^eiligen  ftar! 
übertrieben,  um  ba«  j)aläftinenfifc^e  3Könd^tum,  bem  er  felbft  angel(;örte,  ju  toer^errlic^ 
unb  ihm  einen  bem  äg^i^tifd^en  Stntoniu«  ebenbürtigen  ^atriard^en  ju  geben.  2)a|  i^ilarion 

55  lebiglid;  in  engen  Äreif cn  ©üb^aläftina«  befannt  tvax,  betoeift  ba«  ©d^toeigen  anberer  8e» 
ricbterftatter  über  ba«  ))aläftinenfifd^e  3Könd^tum  mie  ^PaUabiu«,  ßaffwn«,  SBafiRu«  unb 
ß^riH«  \)on  S^tufalem.    2;ro^  2lnerfennung   eine«  gef^id^tlid^en  Äerne«  bleibt  c«  bo^ 


'  ^Uorion  55 

im  einjflnen  oft  jtoeifel^aft,  tocld^e  3^9^  «I^  ^iftorifd^  ju   fldten  ^oben,  ba  eine  jubcrs 
lafftge  ©runblage  ber  Rxxtxt  fel^It. 

^t  bie  ß^ronolo^ie  bed  Dilation  bi(bet  bie  ädtgabe  bed  ^ieron^mud  ben  3(u^an9d^ 
J)unft,  bafe  ber  ^eilige  im  2:obe«ial(;r  be«  äntoniu«  (geft.  356)  65  ^oi^re  alt  toax  (c.25), 
er  toax  bemnad^  291  geboren,  lüurbe  löjäl^rig,  306  (Sremit  unb  ftarb  SOjäl^irig,  371.  6 
®er  ®eburt^ort  §iIariong  ift  %abati)a,  fünf  römifc^e  3DleiIen  füblid^  bon  (äa^a  gelegen. 
©eine  @Item  toaren  l^eibnifd^.  !3n  2ßejanbria  emjjpng  er  ben  erften  Unterricht,  ^ier  er* 
lernte  er  au^  tool^I  bie  griedfiifd^e  Bpxa6)c,  ber  er  fi^  fj)äter  nd)m  feiner  aWutterf^^ra^e 
bem  }>aIäfSnenfif(^en  Slramäifc^  mäd^tig  ^eigt  (c.  22).  3n  ätlejanbria  trat  er  jum  Gl^riftens 
tum  über  unb  ol^  er  bon  bem  l^eiligen  Slntoniu^  unb  feinem  ©remitenleben  ^örte,  fachte  lo 
er  i^n  auf  unb  t)ertoeUte  jtoei  3Ronate  bei  il^m.  ^ann  feierte  er  in  bie  ^eimat  gurüd 
unb  begann,  nad^bem  er  fein  Vermögen  berteilt  ^atte,  ein  ©remitenleben  in  9Jad^a^mung 
be^  ägj^tjtifc^en  ^eiligen  tn  ber  SRäl^e  ber  §afenftabt  (äa^a^,  SKajuma.  ©ein  ßremiten« 
^it  beftanb  au^  brei  ©tüden,  bem  groben  l)äxmm  Untergetoanb  (saccum),  bem  au^ 
grellen  t)erfertigten  Dbergetoanb  (ependytes),  ba^  H)m  3lntoniu^  gefd^en!t  ^aben  fott,  15 
unb  bem  lurjen  3KanteI  (sagum),  loie  i^n  bie  ^irten  trugen.  ®leic^  ben  äg^i^tifd^en 
Sremiten  bejqfäftigte  er  fu^  mit  bem  gled^ten  bon  Äörben  au^  Sinfen,  um  bamit  feinen 
Unter^lt  )u  ertoerben.  ®abei  beoba(|tete  er  bie  ftrengfte  5?aftenbi^ji})lin,  inbem  er  erft 
nac^  ©onnenuntergang  fein  färglid^e«  aJlal^l  einjuncl^men  t)flegte.  ©einen  äufent^alti^ort 
bilbete  eine  Heine  nac^  ©ojomeno^  au^Sleifig,  3*^9^"  unb  i^onfc^erben  ^ergeftettte  §ütte.  20 
Ädufige  ©ämonenerfc^einungen  fud^ten  i^n  l^eim,  balb  aber  nf)xdt  er  bie  ®abe  ber  Teilung 
®ämonif(^er  unb  anberer  Äcanter.  SSor  allem  burd^  bie  i^eilung  ber  ©ö^ne  einer  bors 
ne^en  ^au  Striftänete,  ber  ®attin  bed  praefectus  praetorio  @l^ibiu^  lourbe  er  be« 
fannt,  unb  bie^  gab  329  ben  Stnfto^  jur  Silbung  einer  ßremitenlolonie  in  feiner  Um* 
aebung.  2)a^  bamald  fc^on  in  gan^  ^aläftina  unb  aud^  bi^  nac^  ©^rien  l^in  (Sremiten-  25 
folonien  entpanben,  bie  fel^r  ftarl  beböllert  toaren,  unb  bie  ^ilarion  bon  ^txt  ^u  ^^xt 
infpijierte,  ifi  fic^er  eine  ungef^id^tlic^e  Übertreibung  be«  ^teron^mu«,  au^  giebt  er 
ferne  fonireten  3^atfac^en  axx,  au^  benen  eine  über  ©üb^aläftina  fic^  ^inau^  erftredfenbe 
ffitrffamleit  be^  §iIarion  gu  folgern  toäre.  5Kit  bem  l^eiligen  3lntoniu^  foU  ^ilarion 
eine  Äorrefj)onbenj  unterl^alten  l)abm,  toa^  nid^t  unmöglich  ift,  ba  aud^  bie  ^Pac^omianis  30 
fc^en  Älöfter  be^  xlf^ebai^  mit  bem  berül^mten  ©remiten  33ejiel[;ungen  unterl^ielten  (f.  b.  21. 
^Soc^omiu^).  ©inmol  befud^te  §iIarion  auc^  bie  f^eiligcn  ©tätten  in  S^^I^n^  (Hieron. 
ep.  58  ad  Paulinum).  SSiel  loei^  aud)  §ieron^mu^  bon  ben  S3efel[|rungen  jum  Gl[;riftens 
tum,  bie  $ilarion  betoirlte,  ju  erjä^Ien,  fo  foH  er  bie  ©arajenen  ber  ©tabt  glufa  in  ber 
SSäupe  Äabe^  bem  G^riftentum  jugefü^rt  l)ab^n,  eine  5Rad&ric$t,  bie  an  bem  Übertritt  fara«  35 
^tfc^  ©tämme  bereit«  bor  bem  9legierung^ntritt  be«  Äaifcr«  9SaIen«  (©ojom.  VI,  38) 
t^  ®tü|fe  finbet.  Stud^  berid^tet  ©ogomeno«,  bafe  fein  eigner  E^cibnifc^er  ©ro^bater  famt 
feinem  Sertoanbten  3Ua<)ion  in  Setl^elia  burd^  ^ilarion  jum  G^riftentum  bcfel^rt  fei  (V, 
15,  14  ff.),  älngeblid^  nac^  aSorl(;erfage  lommenber  trauriger  Mim,  ber  Verfolgungen 
ber  Giften  unter  Äaifer  Julian,  berlie^  §ilarion  für  immer  $aläftina.  ^n  Setilium  40 
(Set^ia)  nal^m  er  äbfd^ieb  bon  ben  ©enoffen  feine«  Gremitcnleben«  unb  tüanbte  fid^ 
nod^  liigqptm.  Über  ß^no«  gelangte  er  na4>  castrum  Theubätum  (21^aubaftum)  un^ 
toeit  be«  ©eraj>eum«  an  ben  Sitterfeen,  loo  er  ben  feiner  DrtI;obojie  falber  bon  Äaifer 
Äonftontiu«  berbannten  Sifd^of  Drafontiu«  befuc^te  (loo^I  fidler  ibentifd^  mit  bem  bon 
SCt^aftu«  jum  Sifc^of  bon  $ermoj)oIi«  erl[;obenen  3Könd^  f.  SiKemont,  M^moires  ec-  45 
cl^iasüques  VIII,  145  ff.,  171,  697).  ^n^ab\:}lonbd'iBl^m)(>i}x^  traf  er  einen  anbereu 
berbannten  Sifd^of  unb  Äonfeffor  ^P^ilor  an,  bielleic^t  ibentifc^  mit  bem  Sifd^of  ^.  bon 
&^rene,  ber  fu^  ben  Suciferianem  anfd^Io^  f.  2;iIIemont,  M^m.  eccl  Vlll,  172,  234, 
697).  ©eine  Pilgerfahrt  füi^rte  i^n  hjeiter  nad^  ber  SJilftabt  2t^l[|robito))oIi«  unb  nad^ 
brcitägiger  onftrengenber  äöanberung  jum  2lntoniu«bcrge,  um  l^ier  an  ber  (Stätte,  an  ber  00 
ber  beruhte  ßremit  jule^t  gelebt  l^atte  unb  geftorben  toar,  einige  3^^  ju  beriüeilen. 
^ad^  S3eft^tigung  be«  bere^rung^loürbigen  Drte«  Unterführung  be«  früheren 2) olmctfc^er« 
be«3lntüniu«,  Sfaac  (f.  betreff  ber  95oImetfc^er  3ödtler,  Gbagriu«©.  102)  unb  be«5Könd^e« 
$elufianu«  toanbte  fxd)  §iIarion  nad^  Siorben  unb  fam  nad^  ber  Sorftabt  älejanbria«, 
9ni4fium.  ^ier  erl^ielt  er  bie  Äunbe,  ba^  bie  ©tabt  ®aia  gegen  il^n  unb  feinen  ©d^üler  55 
ßefV^«  (©oj.:  ^ef^d^a«)  einen  ^aftbefe^I  beim  Äaifer  ^nlxan  tocgen  3öw6erei  ermirlt 
^atte  (f.  über  bie  d^riftenfcinblid^e  Gattung  ®aiai  unb  i^re  Giferfud^t  auf  bie  d^riftlic^e 
i&ofenftobt  3Raiuma=Äonftantia  ©oj.  II,  5;  VII,  28);  bie«  beranlafete  feine  glud^t  in  eine 
lib^fc^  Dafe.  3lfe  er  fid^  bann  f))äter  in  ber  Äafenftabt  ^araitonion  in  ber  äg^t)tif^en 
SRormorica  nad^  ©ijilien  einfd^iffen  tDottte,  traf  er  mit  feinem  ))aläftinenrifd^en  ©d^üler  eo 


56  ^Uorioti  ^Uariud  tion  9r(ed 

§abrianu§  ^ufammen,  bcr  xi}n  naä)  ^oläftina  mrtidEfül^ren  foKte.  35o  bie^  bcm  ^abrianu« 
md)t  gelang,  bcriicfe  er  Dilation  unter  SRttnapmc  ber  SReijemittel,  bie  er  öon  J)aläfttnens 
fifd^en  ßl^riften  für  il^n  erhalten  ^atte.  .|)iIarion  gelangte  nun  i^unäd^ft  nac^  ©igilicn  unb 
lebte  einige  RAt  in  ber  9Jä^e  be^  SorgeSirge^  ^ad^^num  aU  (gremit.  §ier  fanb  il^n  auf 

6  tounberbare  SSeife  fein  ©c^üIer  ipef^c^iug,  ber  il^n  lange  gefud^t  unb  bon  einem  3:röbler 
feinen  Slufent^alt  gufättig  erfal^ren  l[|atte.  ®ang  in  ber  3lrt  ber  gried^ifdE^en  Slomane  folgt  eine 
obligate  SRül^rfjene  bei  ber  2luffinbung  be^  ^ilarion  burd^  §ef^cl^iu^.  Salb  Verliefe  ^Ua^ 
rion  ©ijilien,  ba  fid^  l^ier  lüie  an  ben  Orten,  an  benen  er  frül[|er  öertoeilt  ^atte,  eine 
SKenge  bon  ©d^ülem  um  il^n  fammelten  unb  er  fo  nic^t  mel^r  einfam  al^  (Sremit  leben 

10  fonnte.  @r  begab  fic^  nad^  ®))ibauru«  in  ©almatien,  too  man  no4>  ju  be^  §^^on^"^uö 
3eiten  feiner  tocgen  ber  tounberbaren  $ilfe  gebac^te,  bie  er  cinft  bei  einem  großen,  inö 
^al^r  366  faUenbenben  ®rbbeben  ben  ^etDol^nem  gebrad^t  l^aben  fott  (f.  über  biefeö  ©rb« 
beben  ©ojom.  VI,  2;  ©oaate^  IV,  3;  ämmianuö  5KarceD[inu^,  rer.  gest.  lib.  26,  10, 
15  ff.).    5Die  legten  ^al^re  feineig  Seben^  brachte   er  auf  (^ijpttn  ju,   erft  in  ber  9Jäl^e  ber 

16  ©tabt  $at)^oö,  bann  an  einem  einfamen,  im  ^nnem  ber  gnfel  gelegenen,  untoegfamen 
Ort,  beffen  9Jamen  Sarb^ri^  un^  nur  ©ojomeno^  überliefert  ^at  '^n  feinen  c\}pxx\d)tn  2lufs 
enthalt  fällt  aud^  fein  SSerIel(;r  mit  bem  Sifd^of  e^i})l^aniu^,  bon  bem  un^  bie  mand^t 
alte  9Jac^ric^ten  entl^altenbe  2lj)o))l[|tl^egmenfammlung  ju  berichten  toei^  (Verba  Senio- 
rum,  auctore  Graeco,  interprete  Pelagio  diacono  bei  §^-  Slo^toe^b,  de  vitis  pa- 

20  trum  1.  V,  MSL  73,  866  f.  aud^  bie  legenbarifc^e  Vita  Epiphanii  bei  ^etru^  Oper. 
Epiph.  II,  319  ff.).  9?ad^bem  er  furj  bor  feinem  3:obe  feinen  einzigen  Sefi^,  3;unila, 
Aap u^e  unb  TOantel,  feinem  Siebling^fc^üler  §efVd^iug  öermac^t  l(;atte,  ftarb  er,  ac^tMgjä^rig. 
3n  ber  9Jä^e  ber  ©tabt  ^Pajj^oe  tourbe  er  begraben,  ober  ©ef^d^iu^  \tai)l  feinen  fieic^nam 
unb  brachte   i^n  jum  grofeen  ©d^merje  ber  6^))rioten   nad^  SKajuma,   ber  ©tätte   feine« 

25  erften  SBirfen^.  \j^n  ^aläftina  erhielt  fid^  fein  änbenfen  noc^  lange  lebenbig  unb  ©0^0= 
meno«  erjö^lt  öon  glängenben  ^eften,  bie  il[^m  ju  Qfyctn  gefeiert  tourben.  Sr  nennt  aud^ 
eine  ^al)l  feiner  ©(|üler,  ©alamane«,  ^P^^^Ion,  9Kalac^ion  unb  Ärigt)ion,  bie  in  SJa^^ 
a^mung  be«  §ilarion  in  ber  9Jäl^e  Setl^etia«  ein  ßremitcnleben  fül[|rten  (VI,  32,  4  ff.), 
gebenfate  fommt  bem  Äilarion  bcr  Stul^m  ju,  al^  einer  ber  erften,  lüenn  auc^  getoi^  nxdft 

30  aU  ber  einzige  fd^on  fel^r  frü^  in  ber  erften  §älftc  beig  4.  5i^i^^u«i>^^  i>ö«  ßremiten* 
leben  nad^  ^aläftina  berjjflanjt  ju  l^aben.  ©eine  SBirffamfeit  erftredft  ftd^  aber  lebiglid^ 
auf  ©übjjaläftina,  unb  auc^  ^ier  l^at  er  nur  ba«  ßremitcnleben  in  ber  älteften  ägqpii\d)in 
gorm  eingebürgert,  ol^ne  irgcnb  toelc^e  Umbilbung  ober  SBeiterbilbung  an  il^m  borm« 
nel^men.    Die  fd^netle  93erbreitung  be«  Sremitentum«  unb  bie  ßntftel^ung  jal^lreic^cr  Älöfter 

86  in  ^aläftina  im  Saufe  be«  4.  3ö^i^^u"i>^t^/  über  bie  toir  burd^  Saftliu«  (ep.  207,  223, 
226)  unb  ^ieron^mu«  (ep.  82)  unterrid^tet  finb,  ge^t  Ieine«toeg«  auf  §ilarion  allein  ober 
nur  in  erfter  Sinie  jurüdt.  ^rü^mac^er. 

^ilortttS,  SBifc^of  bon  ärle«,  geft.  um  450.  —  MSL  50,  @.1213ff.  ASB  Sßtai 

2.  93b  @.  25ff. ;   m\^r,  S).  djr.  röm.  St^eologte,  tarier.  1837  6.  338;  ©bert,  fiitt.  bc«  W^ 
40  I,   2.?hifl.    Seip^ig  1889,   ©.  449;  «rnolb,    (Säfariu«  üon  9(retatf,    Seipjig  1894  passim.; 
Sungmann,  Instit.  patrol.  11,2  Snn^brucf  1896  ©.336;  ©arbcn^eipcr,  ^atrologic,  5^"eiburg 
1894  6.  489  ff. 

.^ilariu«  ift  loalirfc^eintid^  im  Seginn  be«  5.  g^^^i^^w"^^^  '^^  nörblid^en  ober  mitt^ 
leren  ©allien  geboren.    @r  loar  ein  Jsertoanbter  be«  ^od^  angefcl^enen  Slbte«  ^onoratu« 

45  t)on  Serinum  unb  lourbe  bon  i^m  für  ba«  a«fetifc^e  Seben  gewonnen,  V.Hon.  23  ©.  1262, 
V.  Hil.  3  ff.  ©.  1223,  er  fd^lofe  ftd^  ben  3Rönc^en  in  bem  Älofter  Serinum  an.  Damal« 
mu^  er  nod^  in  jugenblicben  ^abren  gcftanben  fein;  .^onoratu«  l^at  bie  legten  ^a^rc 
feine«  Seben«  nid^t  bort  ^ugebra4>t;  er  loar  t)om  ^al}xi  426—429  Sifc^of  bon  ärlc«. 
311«  er  ftarb,  trurbe  ber  t)on  il^m  emjjfol^lene  .f^ilariu«  ju  feinem  9Jad^f olger  geloöf^lt.'  ©ein 

50  bifd)öflid)c«  SBirfen  trirb  bon  feinen  Siogra^j^en  l^od^  ge^riefen ;  auc^  (SJennabiu«  de  vir. 
ill.  70  ©.  85  \px\d)t  fe^r  anerfenncnb  babon.  ©afe  er  al«  ^rebiger  ft^  bon  bem  rl^es 
torifd^en  ©cfetüulft  frei  l}\di,  ben  feine  ßeitgenoffen  für  fcfjön  l^ielten,  jeigt  feine  im  ganzen 
cinfad>c  Sobrcbe  auf  feinen  3Sorgänger  ,f)onoratu«.  2)ie  ßl^arafteriftif  be«  J[^ilariu«  al« 
^rebiger  in  bcr  vita  14  ©.  1231  ift  bemnarf^  irrefü^renb.    2)a«  a«fetifd^e  ^htoX  i}klt  er 

56  aud^  al«  Sifd^of  feft :  bem  cntfjjracb  e«,  bafe  er  ben  Älcru«  feiner  Äirc^e  ^u  gemeinfamcm 
Seben  bereinigte,  V.  Hil.  10  ©.  1229 ;  bgl.  aud^  (Senn.  1.  c. 

2ltlgcmeincre  Sebeutung  bat  er  burd^  feine  ©teUung  jum  2luguftini«mu«.  2lu«  bem 
»riefe  ^ro«))cr«  an  Stuguftin,  2tug.  ep.  225  ©.  624  ff.,  loiffen  mir,  ba^  er  ftd^  ber 
auguftinifc^en  $räbeftination«lel^re  fd^roff  ablc^nenb  cntgcgenftellte :  er  fal^  barin  eine  Slb- 


^tlarittd  tioti  ar(ed  ^iluriitd  tioti  ^ottierd  57 

ipctcimng  t)on  bcr  überlieferten  Sffia^rl^eit.  äuguftmö  Schrift  de  correptione  et  gratiä 
getoann  il^n  nid^t ;  fte  [tiefe  V)n  bielme^r  ab.  @r  urteilte,  äluguftin  Uf)x^  fataliftifd^.  ©eine 
eigene  änf(^auung  fafete  ^ro^er  in  folgenben  Sö^en  jufantmen:  Omnem  hominem 
Adam  peccante  peecasse.  Et  neminem  per  opera  sua  sed  per  Dei  gratiam  re- 
generatione  salvari.  Universis  tamen  hominibus  propitiationem  quae  est  in  b 
sacramento  sanguinis  Christi  sine  exceptione  esse  propositam,  ut  quicunque 
ad  fidem  et  ad  baptismum  accedere  voluerint,  salvi  esse  possint.  Qui  autem 
credituri  sunt,  quive  in  ea  fide ,  quae  deinceps  per  gratiam  sit  iuvanda, 
mansuri  sunt,  praescisse  ante  mundi  constitutionem  Deum  et  eos  praedesti- 
nasse  in  regnum  suum,  quos  gratis  voeatos,  dignos  futuros  electione  et  de  lo 
hae  vita  bono  fine  excessuros  esse  praeviderit.  Ideoque  omnem  hominem 
ad  credendum  et  ad  operandum  divinis  institutionibus  admoneri,  ut  de  appre- 
hendenda  vita  aeterna  nemo  desperet,  cum  voluntariae  devotioni  remuneratio 
Sit  parata.  ^roö^er  erfannte  bie  35ebeutung  biefe^  ©egner^  fofort.  Slber  bie  bon  xl)m 
öeranlafeten  ©c^riften  Sluguftin^  de  praedestinatione  sanctorum  unb  de  dono  per-  i5 
severantiae  öermoc^ten  bie  ©aUier  nid^t  ju  überzeugen.  SSJenn  ©aUien  junäd^ft  bem 
Sluguftini^mu«  berfc^Ioffen  blieb,  fo  toar  bai^  mit  bem  (Sinflufe  be«  arelatenfifc^en  äifc^of« 
jujuf^^reiben. 

2Benn  §ilariu«  in  biefem  %aü  bie  Unabl^ängigfeit  feiner  ©efmnung  axxd)  einer  grofeen 
äutorität  gegenüber  hja^rte,  fo  in  einem  anberen  bie  Unabl^ängigleit  feiner  ©teKung.  2)ie  20 
©if(^öfe  bon   3lrle«    nal^men   infolge    ber    t)Dliti|d^en   Sebeutung,    bie   bie   ©tabt   im 
5.  gal^^unbert  l^atte,    unter  bem  gaUifd^en  @t)iffoi)at  bie  erfte  ©teUe    ein.    3)arauf^in 
baut  f(^on  8.  ^atroclu^  ben  SSerfuc^  gemad^t,  ben  Primat  über  ganj  ©übgaUien  für 
^rle«  gu  gewinnen.    §ilariu§  ^at  il^n,    anfangt  mit  großem  (Srfolge,  erneuert,  traf  aber 
ft^IiefeUd^   auf  ben  mäd^tigen  SBiberftanb   Seo«  b.  ®r.,  f.  Sb  II    ©.  58, 9  ff.    ßr  ^atteae 
ouf  einer  gaUifd^en  ©^nobe  einen  Sifc^of  9Jamen^  ß^eliboniu^  feiner  ©teUung  entfe^t,  vit. 
Hil.  21  ©.  1236.    3)iefer  ajjjjeHierte  nac^  SHom.  Söäf^renb  2eo  bie  3lt)))eIIation  annal^m, 
erllärte  fie  §ilariu^  für  unbered^tigt  unb  fügte  fic^  aud^  bem  Urteil  einer  römifdfien  ©^nobe 
in  btefer  ©a^^e  nid^t  I.e.  ©.1237  f.  2eo  ^at  \i}n  infolgebefjen  feiner  ©teUung  ate  gaDifc^er 
^rima«  entfe^t,  auc^  SSatentinianI  II.  ju  einem  ßrlafe  gegen  il^n  t^eranlafet.  ©^ätere  Ser-  90 
Ij^anblungen  fd^einen  ein  leiblid^e^  S?erl[|ältni«   jtoifd^en  beiben  5Kännem  lieber  l[iergefteHt 
ju  l^aben,  vit.  ©il.  22  ©.  1238. 

35on  ©(^riften  be^  .^ilariu«  ift  jtüeifello«  ed^t  bie  ertoäl^nte  Sobrebe  auf  §onoratug, 
bie  oI«  vita  Honorati  citiert  ju  iüerben  (pflegt,  ein  unbebeutenber  ©rief  an  guc^eriu« 
t)on  2t)on  bei  MSL59  ©.1271;  möglicberhjeife  gel^ört  i^m  an  ba^  metrum  in  Gene- 36 
sin  (f.  33b  VI  ©.  409,  isff.),  bod^  l^alte  id^  e^  nic^t  für  toaj^rfd^einlid^.  ©ic^er  nid^t 
toon  ibm  ift  ba^  Carm.  de  provid.  (f.  a.  a.D.  3-i^ff)-  3"  f^^^^"  Siograjjj^ien  toerben 
folgenbe  ©d^riften  aufgejäl[|It :  Vita  Honorati,  homiliae  in  totius  anni  festivitatibus, 
Symboli  expositio,  epistolae,  versus  fontis  ardentis,  14  ©.  1232.  ^omilien  bon 
il^m  vermutet  man  unter  ben  homil.  56  ad  populum  et  monachos  MB  VI  ©.618  ff.,  40 
Dgl.  Sarbenl(;eh)er  ©.  222. 

.^ilariu«  ftarb  um  bie  9)Jitte  be^  5.  ^a^rl^unbert«  (®ennab.  de  vir.  ill.  70)  Valen- 
tiniano  et  Martiano  imperatoribus).  ^aitif. 

I^ilmriitd   \>on  ^^oitier^,    geft.  367.    —  Ouellcn  finb  tjorne^mlirfi  bie3öerfebe« 
^ilariud:  S.  Hiiarii  opera  ed.  mou  Ben.  (cur.  P.  CJoustant,  ogl.  Tassin,  ®elel)rlcn9efc^.  ber  46 
ftongregation  öon  @t. 'äWaur.  ?luö  bem  JJran^öfifcbeii.  granffurt  1773  unb  74.  II,  33  u.  40), 
^arid  1693,  1  vol.  fol.  —  über  bie  altern  9lu^gaben  f.  6.  %.  ®.  Scöönemonn,  Bibliotheca 
hi8torico-litteraria  patrum  iatinorum  2  5Bbe.   ficip^ig  1792—94  (I,  273-294  =1  MSL  IX, 
207—222)  — ;  S.  Hiiarii  opera  ed.  raon.  Ben.  .  .  .  nunc  vero  libris   de  trinitate  et  com- 
mentariis  in  psalmos.  .  .  locupletatis  (cur.  Scip.  Maffei;  vgl.  Tassin,  II,  42),  ?3erona  1730,  W 
2  voll.  fol.  (Qbgebrucft  «enebig  1749  unb  MSL  IX  unb  X,  1844  unb  45) ;  Opera  .  .  .  re- 
cudit  5.  £)bcrtt)ür,  ®ür.^burg  1785-88,  4  voll.  8*»;   S.  Hiiarii  tractatus  de  mysteriis  .  .  . 
ed.  J.  F.  Gamurrini,    3?om  1887    (Biblioteca    deli'  accademia  storico-giuridica   vol.  IV): 
S.  Hiiarii .  . .  tractÄtus  super  psalmos  cd.  91.  Singcrlc,  1891  (CSELXXII;  ogl.  bie  p.  VII 
«nm.  1  genannten  53oravbeiten,  ferner  ^leufcficn  It)28  1892  col.  132tf.  unb  Bingevle  62B51  55 
128.  1893.  «bljanbf.  X;    ju  ben  ©cftriftcitatcn    bcs^  .^i^ariu^   baö  Xf)36  18,  242    genannte 
Programm  üon  g.  6d)eQauf).    6obann  Sulpicius  Sevcrus    (chron.  II,    39—45;    cd   $alm 
CSEL  I,  93—99),  Hieronymus  (passira,  nornc^mlid)  de  vir.  ill.  100;  ugl.  8t.  ü.  8l)c^oiü§fi, 
Öicront)mu§  al«  fiittcrürt)iftürirer,  fünfter  1894,  8.   181  f.)  unb  bie  Cuellen  beS  arianifcf)en 
Streitet  (ogl.  bie  selecta  vetcrum  testimonia  de  S.  Hilario,  opp.  ed.  Vcron.  I  p.  CL  VII  sq.  ßo 
=  MSL  IX,  203—07).    l)k  etwa  200  Sa^re  mdj  bem  Zoht  be§  ^ilariu«  gcfcftriebene  vita 


58  ^tliiritid  tioti  ^oUterd 

Hilarii  bc8  [VenantiusJ  Fortuoatus  (opp.  ed.  Veron.  I  p.  CXLI— CLII  =  MSL  IX,  183  bi« 
199;  ed.  93.  Stuf«,  MG  auct.  antiquiss.  IV,  2.  1885  p.  1—11)  ift  faft  o^nc  jebcn  ©crt.— 
©itiert  finb  bie  fßerfc  beS  ^ilariuS  im  folgenben  Sl.  nocö  bcr  93cronc|er  ^tuögobe,  bereit 
©eitenja^Ien  bei  MSL  In  ben  ^e^'t  cingcbrucft  finb. 
6  Sittcrotuv:  AS  San.  I,  1643  p.  782—803;  P.  Ck)ustaDt,  Praefatio  geoeraUs,  ed. 
Veron.  I,  I— LVIII  =  MSL  IX,  11—26  (üornebmii«  bopmenflefcbtcbtii«),  unb  vita  8. 
Hil.  ex  ipsius  scriptis  etc.  I,  LXXXIX— CXXXIX  =  MSL  IX,  126—184);  Tillemont, 
M^moires  VII  ^d.  de  Vönise  432—469  unb  745—758.  —  ©eitere  ältere  ßitterotur  bei  3. 
^.  JReinfen«,  ^ilariu«   ü.  «Poitier«,   ©cbaffftaufen  1864  (p.  XXIX— XXXVII;    9l.ö  eigne« 

10  dnc^  ift,  n)enn  au4  6ie  unb  ba  breit,  bod)  forgfältig,  nur  biograp^ifd),  nic^t  au4  bogmen« 
gef*i*tli*  intereffiert);  «l.  Gbert,  m^.  ®ef Siebte  ber  fiittcratur  be«  Mittelalter«  im  «benb- 
lonbc  1,  2.  «ufl.,  ficipjig  1889  @.  134—142;  ®.  S)reüe«.  S.J.,  ^q«  $)Qmnenbucb  be«  bl-  ^. 
(3f2:ö  XII,  1888  ©.  358-361);  O.  93arbent)en)er,  ^atrologtc,  Sfreiburg  1894  (wo  @.  382  f. 
no(!b  einige  mir  unjugfinglicbe  fatfjolifcbe  ßitterotur  genannt  ift).  —  ^ogmengef(bi(btIi(ft 

15  oufeer  ben  93b  IV,  752,  53  ff.  genannten  fiebrbücbern  unb  ben  93b  IV.  16, 30  f.  angefübrten 
©erfen  von  93aur  unb  5)orner:  3.  93.  ©irtbmüller,  ^ie  fiebre  be«  ftl.  ^ilariu«  \>.  ^.  über 
bie  @elbftentäu6erung  Sbnfti,  uertbeibiget  gegen  bie  ©ntftettungen  neuerer  proteftontifAer  ZljtO' 
logen.  (Sine  ^abiIitation«f(brift  (IV  unb  83  @.),  9flegen«burg  1865;  93alter,  5)ie  X^eologie 
be«  ^.  üon  %  (Programm   be«  QJ^mnafium«  ju  iRottweil  1879);    %fi.  &örfter,  3ur  2bco- 

30  logie  be«  ^ilariu«  (XftStÄ  1888,  @.  645—686);  93al6er,  5)ie  ©briftologie  be«  ©.  ü.  % 
(^roaramm  be«  ®^mn.  ^u  JRottweil  1889);  3.  @tij,  8um  @<)racbgebrou(^  be«  bl.  €>il-  «•  % 
in  feiner  @d)rift  de  trinitate  ($rogromm  be«  ®Qmn.  ju  IRottroeil  1891,  —  pbilologiftb). 

§ilariu«  \>on  5ßoitier«,  „burc^  S^l^atcn,  Reiben  unb  Sd^riften  ber  Slt^anaftu«  be^ 
SCbenblanbe«"  (fo  —  jucrft?  —  §afe,  Äird^engcfd^.)  tritt  erft  na^  ber  ©^"«'bc  öon  5IRai' 

25lanb  (355;  bgl.  SJb  II,  30,  so  ff.)  unb  nur  für  tütoa  jei^n  ^al)x^  in  ba«  2\d)t  ber  ©c^ 
fd^ic^te.  SSon  feinem  Seben  bor  biefer  3rit  totffen  toir  fe^r  toenig.  6r  toar  al«  ßctbe 
(Tillemont  VII,  747 f.;  t)fll.  in  psalm.  146,  13,  CSEL  XXII,  853, 9 f.)  in  ^JoUier« 
(Hieron.  praef.  in  IIb.  II  comm.  ad  Gal.  Vall.  VII,  1  p.  427*^;  Ven.  Fort.  carm. 
lib.  VIII,  carm.  1, 13  f.)  offenbar  in  too^I^abenbena3cr^ältniffen(9leinIen«©.  7änm.3) 

30  geboren  unb  —  feine  §eimat  fonnte  bie«  bieten  —  forgfältigft  crjogcn  toorben  (Sieinlen« 
©.  7  f.).  9Ja(^  ber  l[|icrin  bermutlid^  glaubtoürbigen  vita  be«  Fortunatus  (l,  3  unb  6 ; 
ed.  Ärufd^  p.  2  unb  3)  \)att^  er  —  toal^^rfd^einlic^  noc^  al«  §eibe  (SReinlen«  ©.31  2lnm.  2 : 
in  psalm.  143,  13  p.  822,6)  —  fid^  »erheiratet,  toar  bann,  anfc^einenb  burc^  bie  ^ß^ilo« 
fo^E^ie  l^inburd^,  ju9Kofe«  unb  ben  ^rojjl^eten  gefül^rt  (de  trin.I,  1—5,  opp.  II,  1 — 4), 

36  l^tte  fu^  taufen  laffen  unb  toar  banac^,  geraume  3rit  bor  355  (de  syn.  91,  II,  518  A. 
aliquantisper),  Sifc^of  bon  ^oitier«  getoorben.  ßr  lann  jurg^it  berÜRaiIänber©^nobe, 
obtool(;I  er  leine  13  ^al^re  mel^r  gelebt  \)at,  nad)  einer  gelcgentlid^en  Säuberung  ou«  bem 
3a^re  360  (ad.  Const.  2,  2fin.  II,  544  A)  l^öc^ften«  ein  SSicrjiger  getoefen  fein.  3n 
ben  arianifd^en  ©treit  toar  er  noc^  nic^t  berflod^ten  iDorben.    3^/  ^i^  toiffen   bon  i^m 

iofelbft  (de  syn.  91,11,  518 A),  ba^  er  bi«  ^u  biefer  3^it  ba«  nicänifd^e  ©^mbol  garnid^t 
Icmnte,  t)on  „Homousion"  unb  „Homoeusion"  nod^  nic^t«  gel[|ijrt  l^atte.  Sin  abenb» 
länbifc^er  Sifc^of  öon  fold^er  9Jaibetät  gegenüber  ber  ben  Orient  betoegenben  grage,  ift, 
felbft  toenn  toir  i^n  nic^t  genauer  lennen  ju  lernen  bermöd^ten,  eine  lel^rreic^e  Srfc^einun^. 
©ie  betoeift,  toie  toenig  tro^  ber  ©^nobc  üon  ©arbifa  ber  Dccibent  bor  353  in  ben  ©treit 

45  jj^ineingejogen  toar;  fie  lel^rt,  toie  fidler  ber  Dccibent  oE^ne  ©treitt)crl[ianblungen  im  33cft| 
ber  catholica  veritas  fi^  fül^Ite.  9Jod^  toicl  intereffanter  unb  le^neid^er  ober  toirb  bicfe 
©rfd^einung  baburc^,  bafe  tt)ir  im  ftanbc  ftnb,  bie  älnfd^auungen  biefe«  naiben  obcnb^ 
länbifd^en  Sifd^of«  nod^  l(;eute  ju  ftubieren.  3)enn  ber  unter  ben  SBerfen  be«  §ilartu« 
—  leiber   im  Eingang   (bgl.  Cassian  c.  Nest.  7,  24   CSEL  17,  383,  Iff.)  unb   im 

w©d^(u6  (opp.  I,  811)  berftümmelt  —  auf  un«  gelommene  Commentarius  in  Mat- 
thaeum  (opp.  I,  655—811),  an  beffen  ©c^tl^eit  nid^t  im  geringften  ge^toeifelt  toerben 
lann  (bgl.  bie  6itate  bei  Hieronymus  ep.  20, 1,  Vall.  1,1  p.  64  C  =  in  Matth.  21,3 
p.  772D,  unb  bei  Augustin  de  nat.  etgr.62,  72  MSL  44,283A=  in  Matth.  4,  7 
p.  681C),  ift  bereit«  bon  ben  3Kaurinem  (I,  661  f.)  unb  nod^  entfd^iebener  bon  Sleinlenö 

65  (©.59 f.)  berßeit  bor  355/56  jugetDiefen.  Unb  toenn  aud^  ben  SKaurinem  ber  Setüci^ 
bafür,  ba6  bcr  Kommentar  lurj  öor  355/56  gefd^ricbcn  fei,  nid^t  geglüdtt  ift,  —  fo  ift 
bod^  übrigen«  bie  bon  il^nen  Vertretene  2;i^efe  gctpi^  rid^tig;  \a  toa^rfd^einlid^  ift,  fd^on 
in  Slüdfft^t  auf  bie  3llter«t)erl^ältniffe  bc«  §ilariu«,  auc^  ba«,  bafe  bcr  Kommentar  nid^t 
gar  lange  bor  bcm  Übertragen-3Berben   be«   arianifd^cn  ©trcite«  in  ben  Dccibent,   alfo 

flo  tttoa  in  bcr  3rit  jtoifd^en  350  unb  353  berfafet  toorbcn  ift.  Sebcnft  man,  ba^  toir  au« 
ber  ^txt  bor  bem  feit  356  im  SBeften  ftarl  tDcrbenbcn  gried^ifc^cn  ginflu^  nur  berfc^totns 
benb  toenige  3^Ö"if!^  ^'^»er  bie  abcnblänbifd^e  Ortl^obojic  bc«  bicrten  ^al^r^unbert«  i^oben, 


^aartitd  t>on  ^ottierd  59 

Jo  ift  m  bet  D^at  ba^  bogmengefc^id^tKci^e  S^tereffc  bc«  5Kattl^u^fommentarö  be^  ^ila* 
riud  fe^r  grofe.  6^  genügt  nic^t,  in  biefer  S^tift  mit  Steinten«  (©.  59)  „unbefangene,  im 
3ufammen]^ange  richtige,  aber  bon  arianijc^er  ©j)^finbigleit  leidet  berbre^bare  äufeerungen" 
anjucrtennen  unb  baneben  ju  bel^aiH)ten,  ba«  redete  3Ser[tänbni«  beffen,  too«  ba«  „Ho- 
mousion"  befagen  tDoQe,  l^abe  ^ilariu«  bamal«  au«  ber  @d^rift  fc^on  gehabt,  ^reitid^  5 
InäjDft  ba«  leitete  Urteil  an  ein  SBort  be«  ^ilariu«  jelbft  an  (de  syn.  91  p.  518  A), 
^iloriu«  ift  fic^  eine«  3Keinung«n)ec^feI«  nid^t  betoufet  ^toefen;  allein  toir  lönnen  beut* 
ud^cr,  oI«  er,  erlennen,  toeld^e  Stellung  er  in  feinem  9Katt|äu«Iommentar  fju  ber  frühem 
unb  f^Mitem  Snttoidfelung  einnimmt.  6«  ift  bie  alt^abenblänbifd^c  [tertuDianifd^^]  noöo* 
tiantfc^e  ß^riftologie  (ögl.  Sb  IV,  41,36—44),  bie  im  5IRattl^äu«Iommentar  be«  ^''^^^^^ 
fi^  geigt  —  o^ne  bie  leifefte  ©J>ur  einer  (Sintoirfung  be«  5Ricänum  unb  ber  (Schlagwörter 
ber  3eit;  benn  bie  SeJj^au^Jtung  ber  communio  paternae  substantiae  (8,  8  p.  706  C 
unb  12,  18  p.  731 B),  fotoie  ber  eadem  utriusque  substantia  (11,  12  p.  725E) 
ftammt  nid^t  au«  bem  5Ricänum,  fonbern  a\i&  ber  tertuDianifc^snotjatianifc^en  3^rabition. 
©elbft  übet  bie  ©toigleit  be«  ©ol(;ne«  benft  §ilariu«  bamal«  nod^  gan^  noöatianifd^  (ögl.  i6 
31,  3  p.  801 C:  scirent  verbum  in  principio  deum,  et  hoc  in  principio  apud 
deum,  et  natum  esse  ex  eo  qui  erat,  et  hoc  in  eo  esse,  qui  natus  est,  quod 
is  ipse  est,  penes  quem  erat  antequam  nasceretur:  eandem  scilicet  aeterni- 
tatem  esse  et  gignentis  et  geniti,  unb  16,  4  p.  748  E:  est  ergo  filius  dei  exdeo 
deus,  unus  in  utroque;  theotetam  enim,  quam  deitatem  Latin!  nuncupant,  ao 
aetemi  ejus  parentis,  ex  quo  nascendo  est  profectus,  accepit.  accepit  autem 
hoc,  quod  erat,  et  natum  est  verbum,  quod  fuit  semper  in  patre.  atque  ita 
filius  et  aeternus  et  natus  est,  quia  non  aliud  in  eo  natum  est,  quam  quod 
aetemum  est),  älud^  bie  gleic^faQ«  ber  tertuQianifd^snoDatianifd^en  2!rabition  ange^örigen 
5Ra^toirIungen  be«  uralten  ^riftologifd^en  ©d^ema«  xatä  odgxa  unb  xatä  Twevfxa  (bgl.  26 
33b  IV,  23,44)  finben  fid^  [toie  im  fog.  symbolum  Sardicense  bei  Mansi  III,  85  B, 
unb  bei  ^a\^n,  Sibliotl^el  3. 2tufl.  §  157,  fo  auc^]  im  aJlatt^äu«fommentar  be«  §ilariu«, 
unb  itoar  mit  bem  gleichen  naiben  SBed^fel  ber  Segriffe  corpus  (caro)  unb  homo  (ögl. 
).  93. 4, 14  p.  683  E  :  Jesus  domino  nostro  nomen  ex  corpore  est ;  12,  17  p.  731 A: 
consistens  in  eo  paterni  Spiritus  substantia;  31,  3  p.  801 B:  spiritus  passio  so 
cum  corporis  passione;  3,  1  p.  677A:  libertas  spiritus  sancti  hominem  suum  . .  . 
diabolo  offerentis;  33,  6  p.  808  CD:  clamor  ad  deum  [9Kt  27,461  corporis  vox 
est  recedentis  a  se  verbi  dei  contestata  dissidium),  \a  gelegentlich  Hingt  noc^  bie 
binitarifd^  (t)gl.  35b  IV,  26, 36  ff.)  GJIeid^fefeung  öon  verbum  unb  spiritus  burc^  (ögl. 
au^er  ber  eben  citierten  ©teBe  33,  6  j.  33.  3,  3  fin.).  Überbie«  ift  ba«  c^riftologif^e  86 
3nteref[e  längft  nid^t  ba«  einzige,  ba«  m  bem  3Dlatt|äu«Iommentar  feffelt.  Eigenartig 
abenblonbifc^  ift  aud^  bie  ©tärle  be«  ^^aulinifd^en  ßinflufje«,  bie  ®egenüberfe|ung  bon  lex 
unb  evangelium,  bie  33etonung  ber  fides  justificans  (fides  enim  sola  justificat 
8,  6  p.  705  D)  u.  a.  ®«  toürbe  fic^  lohnen,  biefe  ältefte  ©c^rift  be«§ilariu«  unter  ^u» 
l^fena^me  be«  symbolum  Sardicense,  ber  ©c^riften  Sucifer«,  ber  ©riefe  be«  Sibenu«  40 
unb  ber  antiarianifc^en  ©d^rift  be«  5ß^öbabiu«  öon  3tginnum  (bgl.  33b  II,  34,6)  jum 
©cgenftonbe  einer  bogmengefd^id^tlic^en  TOonograt)l^ie  ju  mad^en.  ©c^lüierig  ift  bie^age, 
bie  in  einer  foId[^en  2lrbeit  au(^  borgenommen  trerben  mü^te  —  bie  ^age,  au«  locld^en 
jQueden  $ilariu«  bie  in  feinem  aJlatt^äu«fommentar  fid^  jeigenbe  t^eologifd^e  35ilbung  ^t. 
3)0«  nodj^  in  unfere  3eit  ^ineinragenbe  alte  SKifetjerftänbni«  öon  Hieronym.  cat.  100, 46 
bemgufolge  ßilariu«  auc^  im  9Jlatt^äu«fommentar  bem  Origene«  gefolgt  fein  fotlte,  ift 
longft  toiberlegt  (opp.  I,  655  Nr.  II  unb  III;  Steinlen«  ©.  70 ff.;  t)gl.  aud^  ben  grie^: 
^\]^  SEejt  be«  fog.  ©ojj^roniu«  311  XIV,  1*»  ©.  54).  aiUein  blofe  auf  ein  ®elel(;rt* 
fein  burc^  bie  ©dfirift  barf  man  fic^  auc^  nid^t  jurüdtjiel^en.  2;ertullian  unb  ß^^rian  er« 
tDO^nt  ber  fonft  mit  9Jamennennungen  fjjarfamc  SDiann  eben  im  3Kattl^äu«fommentar  (5, 1  60 
p.  689  D)  al«  33erfaffer  i^m  befannter  3lu«legungen  be«  SSaterunfer«.  Unter  bem  9Jamen 
eine«  biefer  beiben  h)irb  er  aud^  5Rot)atian«  „de  trinitate"  gelefen  l^aben.  3)a^  ^renöu« 
bem  ^ilariu«  nid^t  unbefannt  geloefen  fei,  bie  SSermutung  legen  einjelne  Oebanlenreü^en 
no^;  bod{>  fte^t  foldber  ^^jjotl^efe  audfi  mand^erlei  entgegen,  ©ried^ifd^eßinflüffe  irgenb= 
toelc^er  Art  fmb  nic^t  nad^ijuloeifen,  ja  burd^  ba«  ^e^len  jeber  StePegion  auf  ben  gried^i^  66 
f(^  33ibeltejt  au«gef(^loffen.  ß«  ift  bie«  le^terc  auc^  biogra<)l^ifd^  für  §ilariu«  toic^tig. 
3)enn  neben  ber  Unbefanntfc^aft  mit  ben  lermini«  ojuoovoiog  unb  ofxoiovoiog  macpt 
biefer  Umftanb  e«  ^er^lid^  unloal^rfd^einlic^,  bafe  §ilariu«  fd^on  burc^  feine  Sugenbbilbung 
eine  „gute  Äenntni«"  be«  ©ried^ifc^cn  erl^alten  ijobt  (bgl.  bage^en  auc^  Tillemont  VII, 
748  not.  3).    @rft  fein  ^ineingejogen^aßerben   in  ben   arianifc^en  ©treit  ^at  §ilariu«  60 


60  ^Uorittd  tion  ^ottterd 

ttjm  ,,ät^anafiu«  be«  äbenblanbe^",  crft  fein  ©jtl  im  Orient  il^n  ju  einem  gräjifterenben 
%\)toioQm  be«  SBeften^  gemad^t. 

2.  ate  ^aulinu«  bon  SCrier  (353  in  arie«,  bgl.  33b  II,  30, 4«),  gufebiu«  bon  Ser^ 
ceHi,  Sucifcr  bon  galari«  unb  3)ion^  b.  5WaiIanb  (355  inWailanb;  böI.Sb  II,  31,8  ff.) 

6  ejiltert  toaren,  begann  für  §ilariu^,  ber  toeber  in  ärle^  nod^  in  5DlaUanb  gegentoärtig 
getocfen  lüor,  ber  arianifd^e  ©treit.  3h)arl[|atte  er,  h)ie  er  fagt(contraConst.  2,11, 562  B), 
eine  ©efal^r  für  ben  Olauben  fd^on  lange  \>xol)tn  fe^en;  allein  erft  je^t  fam  für  il^n  bie 
5Kögfi(^Ieit  eigenen  eingreifend.  5D?it  anberen  gaüifd^en  Sifd^öfen  fagte  er  ben  S3if(^öfen 
Urfaciu^  unb  SSalen«,  bie  in  3JlaiIanb  bie  Situation  bel(;errfd^t  Ratten  (t)gl.  S3b  II,  30,59), 

10  unb  i^rem  gallifd^en  §elfer«l^elfer  ©atumin  bon  Strieö  bie  Jtirc^engemeinfc^aft  auf.  @Uxd^' 
jeitig  (nod^  355  ober  ^n  95eginn  be^  ^al)xt^  356)  fd^rieb  er  feine  erfte  ©c^rift  ad  Con- 
ßtantium  (opp.  II,  535—40 ;  bie  3^t  folgt  au^  c.  8,  fohjie  barau^,  ba^  §ilariu«  felbft 
offenbar  nod)  nid^t  berbannt  ift;  bie  ©c^rift  ift  nid^t  boDfiänbig  erl(;alten,  bgl.  bie 
SRanbnote  bei  c.  8  p.  540  C  unb  ba«   „gragment"  6,  opp.  II,  713A).    @«  ift  bie« 

16  opusculum  eine,  bermutlid^  bon  ben  Oefmnung^genoffen  §.«  mit  unterfc^riebene,  ßingabe 
an  ben  Äaifer,  bie,  ol^ne  auf  (Erörterung  ber  bogmatifd^en  g^age  einjugel^en,  über  ba« 
treiben  ber  2lrianer  flogt  unb  um  ^inftetlung  ber  Verfolgung  fotoie  SRüdEberufung  ber 
Verbannten  bittet,  ©iefe  ©ingabe  ertoö^nt  ba«  9?icänum  (c.  8  p.  540  C),  betoeift,  bafe 
§ilariu«  nun  t)on  bem  3:reiben  ber  3lriancr  genauere  Äunbe  erl^olten  l^atte  (5  p.  538  A): 

30  §ilariu^  fal^  fic^  jefet  aü  S^b^ologe  für  ba«  9Jicänum  engagiert,  toeil  e«  nur  au«fj)rad^, 
too«  er  ftet«  geglaubt  ju  l}ahm  meinte  (de  syn.  91,  II,  51 8  A).  3luf  ber  ®egenfeite 
mufe  man  e«  geloürbigt  ^aben,  toa«  ein  i^ilariu«  afö  gül^rer  ber  SBiberfad^er  bebeutete: 
man  fe^te  alleö  boran,  il^n  aud^  in  ba«  ©^idtfal  ber  Verbannten  l^ineinjujiel^en.  ©atumin 
eneic^te  bie^  3^^'  9l^4>  ^^^  ^^  ©^nobe,  bie  er  im  ^cii)xt  356  ju  Biterrae  (Beziers; 

26nörblicf^  \>on  Narbonne)  abhielt  (Hieron.  cat.  100,  chron.  a.  Abr.  2372;  Tillemont, 
not.  5  p.  749).  §ilariug  hjar  [öielleic^t  burd^  ein  jjrobojierte«  gingreifen  be«  ßäfar« 
3ulian,  bgl.  ad  Const.  II,  2  p.  543  C]  genötigt  Sorben,  ju  erfd^einen,  berfud^te  aber 
hergeben«,  feine  ®egner  ber  §ärefie  gu  überführen  (contra  Const.  2,  II,  563  A),  — 
offenbar  ^at  man  f)i^,  toie  in  TOailanb  (bgl.  S3b  II,  30,59),  jebe  bogmatifc^e  3Serl^nb= 

80  lung  abgefd^nitten  — ,  unb  nad^  ber  ©^nobe  erhjirften  ©efanbte  berfelben  bei  bem  Äaifer 
bie  Verbannung  be^  §ilariu^  (contra  Const.  1.  c;  ad  Const.  II,  2.  II,  543  C).  SBo 
ber  Verbannte  interniert  hjerben  foDte,  blieb  mnäd^ft  gel^eim  (de  syn.  2.  II,  459  A: 
exilii  secretum) :  nad^  einer  Steife  burd^  Diele  ^rot)injen  (de  syn.  1  p.  457  A)  gelangte 
er  in  bie  95iöcefe  Slfta ;  bort  blieb  er  (de  syn.  63  p.  498  B)  bi«  nac^  ber  ©^nobe  in 

36©eleucia  (bgl.  Vb  II,  36, uff.);  unb  Wmn  §ierom;mu^  (cat.  100;  chron.  a.  2372) 
t)on  einer  „Verbannung  nad^  ^^r^gien"  rebet,  fo  loirb  biefe  genauere  Vegrenjung  be^ 
Verbannunggorte«  barau^  ju  erflären  fein,  bafe  §ilariu«  bomcl^mlic^  in  ^pi^r^gien  ftc^  aufs 
^ielt  (Sulp.  Sev.  chron.  II,  42,  2).  —  Diefe  esitejeit  ift  für  §ilariu«  eine  ßeit  be« 
©tubium^  unb  eine  3^*  reid^fter  unb   einfd^neibenbfter  Seben^erfa^rungen  geloefen.    ®in 

40  urlunblic^e^  3^9"^^  f"^  ^^^  ßrftere  ift  ba^  §au})tn)erf  be^  §ilariu^,  feine  libri  XII 
„de  trinitate",  toie  je^t  nad^  bem  3^w0"i^  einiger  §ff.  ber  ^itel  lautet  (II,  1—444), 
bie  Vüc^er  „contra  Arianos",  hjie  fte  öicron^mu^  nennt  (cat.  100;  bie  ^bentitöt  be^ 
toeift  ep.  55,  5  Vall.  I,  1  p.  299  D),  bie  libri  „de  fide"  ober  „fidei",  toie  fte  bei 
Slufin  (h.  e.  1,  31  MSL  21,  501  B),   bei  Saffian  (contr.  Nest.  7,  24;   aud^  l^ier  (S.U 

46  täte)  unb  anberen  (bgl.  bie  praefatio  9Jr.  2  ff.  II  p.  Vsq.)  l^ei^en;  —  toelc^er  litel 
urf J)rünglic^  ift,  ift  m.  ß.  nic|t  auöjumac^en.  ©ic  Vüd^cr  fmb  nac^  genauem  5ßlane  (bgl. 
1,  20  ff.),  ba^er,  h^enn  auc^  nic^t  o^ne  Slbfä^e  (ügl.  4,  1  unb  praef.  3h.  22),  fo  boc^ 
ate  ein  aud^  jeitlic^  jufammengel^örige^  ©anje^  in  ber  ©jil^jeit  be«  §ilariu^  (ögl.  10,  4 
p.  323 B)  gefc^riebcn,  unb  jtDar,   \vk  mir  fäcint  (gegen  praef.  Ben.  in  libr.  de  syn. 

6o9lr.  1,  II  p.  446),  t)or  ber  ©c^rift  de  synodis,  e^e  §ilariu^  ben  [in  de  trinitate 
m.  3B.  nirgenb^  crtpä^nten]  ^omoiufiani^mu^  fennen  lernte,  —  alfo  bor  ber  ©^nobe  in 
änc^ra  im  ^^ni^i^l?!^  358  (ügl.  Vb  11,34,2.0.  Verglei^t  man  biefe  umfangreid^e  ©d^ift 
mit  bem  3Wattl^äu^fommentar,  fo  jeigt  fid^  freiließ  bic^bentität  be^  Verfaffer«  auc^  barin, 
bafe  bie  eigentümlid^  abenblänDifc^c  d^riftologifd^e  SCrabition   auc^   in   de  trinitate   nod^ 

66  nad^tüirft :  tro^  beö  natürlich  me^rfac^  üorf ommenbcn  Vegriffe^  „trinitas"  Hingen  bini= 
tarifd)e  Slnfc^auungen  ftarf  burc^ ;  ber  spiritus  sanctus  gel^ört  jtoar  ju  bem  „totum" 
(2,  29  p.  43  B),  aber  ber  Vater  ift  ber  ®eift,  unb  ber  ©o^n  ift  ber  ®eift  (2,  30 ;  togl. 
auc^  10,  15  p.  330  C:  virgo  ex  suo  [seil.  VerbiJ  sancto  spiritu  genuit);  e^  ge« 
nügt  bem  ^ilariu^  m  n>iffen,  bafe  ber  ^l.  ®eift  ®ottc«  ®eift  ift  (12,  56  p.  443  B:  Dgl. 

Gogörfter  ©.  650  f.),  für  eine  felbftftänbige  §^t)oftafe  fd^eint  er  i^n  nid^t  ju  l^alten  (t)gl.  2,  2 


^ilarind  non  ^oitierd  61 

p.  27A:  adorare  patrem  et  venerari  cum  eo  filium,  sancto  spiritu  abundare) ; 
audi  bog  „suscepti  hominis  sacramentum"  (10,  16  p.  331 A)  f)at  abenblänbif^ 
gärbunfl.  Jloc^  bcutlidSier  aber  ertennt  man,  ba|  ^ilariuö  tngh)ifd^m  bon  griccl^ifqer 
X^eobgie  gelernt  l^at:  ba^  ,,Homousion''  ift  \f)\n  je^t  belannt  unb  überaus  toertboQ 
(4,  4 — 7);  an  SteDe  ber  noüatianifcben  ^Jaftung  ber  etuigleit  be«  ©ol^ne«  treten  Kare  6 
äu^fü^ngen  über  bie  ehjiöe ^«wöung  (12,  15—32;  ögl.  35b  IV,  41, 48 ff.);  anftatt  nur 
t)om  „corpus"  ß^rifti  ju  reben,  h)ei|  ^ilariuö  je^t  —  freiließ  ol^ne  flar  ojJoHinariftifc^ 
©ebamen  au^jutoeicl^en  —  bon  einer  burc^  ben  Sogo^  gefd^affenen  „anima"  ß^rifti  neben 
bcm  t)on  bem  £ogo^  au^  ber  SKaria  gebilbeten  Seibe  (10,  22  p.  334  D) ;  unb  tro|  äße« 
Sieben^  t)on  bem  susceptus  homo  üermag  §ilariui^  ^rqife  bie  ^bentität  beö  fiogo^fub*  lo 
jeftS  in  bem  men{c^geh)orbenen  Sogo«  ^u  tDal^ren:  natus  est,  non  ut  esset  alius  at- 
que  alius,  sed  ut  ante  homlnem  deus,  suscipiens  hominem,  homo  et  deus 
posset  intelligi  (10,  22  p.  335  B),  ja  (o  fe^r  nähert  fi(^  §ilariu^  alejanbrinifc^en  Sin- 
fc^auungen,  bafe  infolge  ber  ^jräjifen  ©leic^ftettung  bei3  gefc^ic^tlid^en  ©^riftu«  mit  bem 
[aud^  im  äbenblanbe  ftet^  für  leiben^unfäl^ig  gel(;altenen]  Sogo^  „bem  I)ofetifc^en  toiber  i6 
SBUIen  eine  ©teDe  bleibt"  (3)omer  I'  ©.  1078;  görfter  ©.  662 ff.;  ^arnacf  35®  II*, 
301  3lnm.  1);  gugleic^  öerfcl^hjinben  bie  im  SRatt^äuiäfommentar  (5,  8  p.  692A)  unleug« 
baren  ätemini^cen^en  an  bie  ftoifc^e  (tertuQianifc^e)  älnno^me  Don  ber  Hör))erlic^leit  au^ 
be^  ©eiftigen.  @d  toürbe  bon  nic^t  geringem  ^ntereffe  fein,  feftjufteHen,  toelc^e  griet^if^en 
2:^eoIogen  bei  ^ilariu^  biefen  gortf^ritt  ber  ©rfenntni^  ^erbeigefül^rt  ^aben ;  boc^  bin  i^  20 
aufeer  ftanbe,  auf  biefe  ^rage  Stnttoort  gu  geben,  ^arnact  (3)©  II'  ©.  243  Änm.  2) 
nimmt  ftar!e  „2lbl[|ängigfeit  öon  ält^anafiuiJ"  an.  Sfter  ber  Setoei^  bafür,  baft  fieftüre 
ot^onafumifc^er  ©c^riften  ber  2lbfaffung  ber  Schrift  de  trinitate  borangegangen  ift,  bürfte, 
fo  glaublich?  biefe  Slnna^me  ift,  boc^  fc^loer  ju  führen  fein.  3)afe  Drigene^©tubien  bei 
§ilariu^  borauöjufe^en  jtnb,  mac^t  bie  ]pätttt  2(nle^nung  be^  gjegeten  §Uariu^  an  Dn-  26 
gene^,  ma^t  auc^  mancherlei  in  ben  ©ebanlen  ber  ©c^rift  de  trinitate  loa^rft^einlic^. 

3)eutlic^  aber  fmb  bie  gattoren  aufjutpeifen,  ipeld^e  ben  loeitem,  bomei^mlic^  ber 
firc^en^olitifd^en  ©infic^t  gu  gute  fommenben  JJortfc^ritt  in  ber  grlenntni^  be^  §ilariuig 
bebingt  ^en.  SfitU  aufmerffamer  Seobac^ter  Verfolgte  ^ilariud  ba^  erregte  firt^enpolitifd^ 
treiben  im  Orient:  bie  ©^nobe  ber  ^ofbifc^öfe  in  ©irmium  im  ^ai)xt  357  (»gl. 95b  II,  so 
33, 2  7  ff.),  beren  d^arafterlofe  gormel  (bie  fog.  2.  fmnift^e)  felbft  ein  ^ofiu^  unterfc^rieb 
(ögl.  de  syn.  3  unb  10  f.  II,  460  unb  464  f.),  ba^  auftreten  ber  ^omoiufwner  auf  ber 
©Vnobe  ju  änc^ra  (bgl.  S3b  II,  34,25;  de  syn.  12  ff.  p.466),  ben  Äampf  be«33afiliu« 
öon  Slnc^ra,  guftat^iu«  bon  ©ebafte  unb  ßleufiu^  bonßyjifu«  (de  syn.  p.  90  p.516B) 
mit  ben  $ofbif(^öfen  (S3bII,  34, 35  ff.),  bie  5Hcje))tion  ber  Äirt^toei^formel  auf  ber  firmifc^en  a> 
©^nobe  bon  358  (95b  II,  34, 3 7 ff.;  bgl.  de  syn.  29 ff.  p.478),  bai^  aSJieberl^ocl^fommen 
ber  arionifierenben  S^enbenjen,  bie  ^^Sldne  einer  neuen  ©imobe  in  9iifomebien  (95b  II,  50  ff. ; 
de  syn.  8  p.  462  E).  ^n  biefer  ^txt  ttl)'\dt  ^ilariu^  enblic^  3lad)xxd)t  an^  ©aßien: 
auc^  bort  ^atte  man,  unb  jloar  in  benfelben  2!agen,  in  benen  bie  ©^nobe  bon  Slnc^ra 
tagte  (de  syn.  28  p.  477C),  alfo  Dftem  358,  bie  finuifc^e  Jormel  abgetoiefen  (de  syn.  2  40 
p.  459  B);  ©atumin  bon  ärle^,  bem  man  nad)  ber  afiailänber  ©bnobe  (alfo  frü^eften^ 
©ommer  355)  bie  Äirc^engemeinfc^aft  aufgcfagt  ^atte,  loar,  obmo^l  inglpifd^en  brei  boBe 
^afyct  bergangen  toaren  (de  syn.  2  p.  459  B),  noc^  nid^t  loieber  in  günftigere  ^ßofition 
gelommen.  3e  beforgter  ^ilariu^  gegenüber  bem  bii^^crigen  ©c^toeigen  feiner  Sanbeleute 
getoefen  toar  (de  syn.  1  p.  458),  befto  me^r  erfreuten  i^n  biefe  Jiac^rid^ten.  2!)od^  toecften  45 
fic  gugleic^  95eforgniffe.  2)er  ^^Slan  einer  neuen  ©^nobe  in  Sit^^nien,  ju  ber  auc^  bon 
ben  ©aUiem  [fd^on  bor  i^em  SriefcJ  einige  citiert  maren  (de  syn.  8  p.  462 f.;  bgl. 
not  a),  botte  fidf  gtoar  nad^  bem  (Srbbeben  bom  24.  2luguft  358  jerfc^Iagen  (95b  II, 
34,56);  aUein  ber  ©ebanfe  einer  neuen  ©^nobe  überF^upt  blieb  lebenbig  —  unb  erfüllte 
^iloriu^  mit  ©orgen.  6r  ^atte  injtoifc^en  über  bie  noc^  Heine  (de  syn.  63  p.  498B)eo 
^omoiufianij^e  ^Partei  be^  Orient«  tro^  i^reö  älUberftreben«  gegen  ba«  „Homousion" 
günftig  beuten  gelernt;  aber  er  tou^e,  ba^  feine  greunbe  in  ©atlien  meinten,  überall 
au|er^!alb  ©aHien«  gäbe  e«  nur  .^äretifer  (de  syn.  8  p.  463  A):  mu^te  nic^t  bei  einer 
neuen  ©^nobe  ba«  gegenfeitige  3)ft|trauen  ber  äbenblänber  unb  ber  §omoiufianer  (de 
syn.  8  p.  463  B)  ben  ärianem  ju  gute  fornmeni*  ^iefe  ßrtoägung  ^at  bem  §ilariu«,  66 
al«  ftott  ber  einen  ©^nobe  fc^on  eine  Soj)t)elfbnobe  in  Slnc^ra  unb  Stimini  in  äußfid^t 
genommen  toor  (de  syn.  8  p.  463  A;  bgl.  95b  II,  34,:>9),  ßnbe  358  ober  älnfang  359 
—  toifl  man  biefe  alte,  au^  allem  Obigen  ftc^  ergebenbe  2)atierung  (Coustant,  vita  51) 
lUH^  tnröjirieren,  fo  fc^eint  mir  „Anfang  359"  (d^eintens  ©.  174)  riäitiger  al«„enbe  358" 
(Gwatkin  ©.  164)  — ,  bie  9[}eranlaffung  gegeben  ju  bem  3)oj)j)elfenbfd^reiben   an  bie  oo 


62  ^tliirind  tioti  foitia» 

©attier  unb  an  bie  ^omoiuftaner,  ba^  ^icron^mu«  (catalog.  100)  oI«  „liber  de 
synodis"  citiert,  toä^rmb  e«  gcgentoärtiö  unter  bem  jumS^eil  bon  ben  Senebiltmem  gcs 
fqaffcncn  (praef.  9h:.  5  I,  447)  %\ttl  „de  synodis,  seu  de  fide  Orientalium" 
bflannt  ift  (opp.  II,  457—520).    ®te«  Heine  ©d^riftc^en  ift   eine  ber  mterejfantcfien 

5  Urlunben  be«  arianifd^en  ©treite«,  eine  Oclegen^eitöfd^rift,  bie  öon  ber  ebenfo  treuen  unb 
eJ^rlid^en  atö  fingen  unb  h)eitjt4tigen  ,,8efenner"-®röfee  beö  ^iloriu«  ein  rü^menbe^ 
^eugnt«  ablegt  unb  ^ugleid^  bie  $arteit)er^ältniffe  i^rer  3^*  \o  fq^arf  beleuchtet,  ba^  erft 
bie  neuere  ^orfd^ung  (ögl.  8b  II,  32, 52  ff.)  i^r  in  hjac^fenbem  3Rafee  f}at  gerecht  toerben 
lönnen.    3)te  ©d^rift  (ögl.  ba«  SReferat  bei  SReinfen«  ©.  173—183)  ift  ein  (Segcnfttic!  ju 

10  ber  faltifc^  arianifierenben  „^eben^formel"  ber  ^ofbif^öfe,  ber  fog.  2.  firmifc^en  gonnel : 
ein  aWanifeft  %ux  Einigung  ber  3lnti=2trianer,  ber  §omouftaner  be«  Dccibent^  unb  ber 
ßomoiufianer  be«  Oriente.  3lai)  einer  bon  feinen  ßrfal^rungen  unb  ben  IirdS^t)oKttfdben 
Ser^öltniffen  im  allgemeinen  au^el^enben,  bel(;utfam  ba^  SBo^Itootten  feiner  gallifcpen 
greunbe  ftd^  erbittenben  ©inleitung  (1—9)  toenbet  ftd^^ilariu«  in  bem  erften  Seile  feine« 

15  ©enbfd^eiben«  (10—15)  an  bie  Dccibentalen,  um  biefen  Ilar  m  mad^en,  boft  bie  $omois 
uftaner  be«  Orient«  im  ®runbe  ba«felbe  tooflen,  toie  pe.  3u  bem  ^}^^  erläutert  er 
nad^  SBoronftettung  ber  „bla«))^emifd^en"  jhjeiten  firmifd^en  gormel  bie  biefer  entgegen^ 
gefÄten  älnat^emati^men  bon  Slnc^ra  (S3b  II,  34,28  ff.),  bie  Äird^toei^formel  bon  am 
tiod^ien  [bie  bon  ber  britten  firmifc^en  ^ormel  aufgenommen  toar,  S3b  II,  34, 40],   ba« 

20  SJefenntni«  ber  Orientalen  bon  ©arbila  (S3b  II,  27,29)  unb  bie  [gleid^faB«  358  in  Sir- 
mium  acce^tierte]  fog.  erfte  firmifd^e  ^ormel  bon  351  (Sb  II,  30, 11  unb  34,3^).  @^ 
legentlic^  biefer  Erläuterung  bef^riAt  §ilariu«  bie  bifferenten  Sermini  mit  itm^toti,  bie 
toefentlid^  gleid^e  abftd^t  bcrfelben  ilar^uftetten,  unb  fd^lie^t  nad^  3lu«fü^rungen  über  bie 
SDlangel^aptigleit  aller  gormcln  —  non  enim  infinitus  et  immensus  deus  brevibus 

25humani  sermonis  eloquiis  vel  intelligi  potuit  vel  ostendi  (62  p.  497  B)  — ,  mit 
abermaligem  ^intoei«  auf  bie  2Birren  im  Orient  (c.  63)  unb  mit  einem  eignen,  burc^u« 
ort^obojen  S3elenntni«  (64.  65),  ba«  ol(;ne  SSertoenbung  ber  Sermini  djLioovaiog  unb  6- 
fjLoiovoiog  ben  älbftd^ten  beiber  gerecht  gu  n)erben  fuc^t  (non  unum  subsist^ntem, 
sed  substantiam  non   differentem,   c.  64  p.  499  B).    gm   jtoeiten  Seile  (66—92) 

90  toenbet  ful^  §.  an  bie  Orientalen,  fpejieH  an  bie  „sanctissimi  viri"  Saftliu«  b.  änöjra, 
©uftat^iu«  bon  ©ebafte  unb  @leufiu«  bon  G^jifu«  (c.  90  p.  516  B),  jeigt  i^nen,  ba^ 
ba«  öjuoovoiog,  ob  e«  gleich  irrig  berftanben  toerben  fann,  feinen  guten  ©inn  f)at,  er* 
örtert  bie  gute  Slbfid^t  be«  öjuowvaiog,  tabelt  freimütig  bie  Sertoerfung  be«  Sfioauoiog, 
redj^tfertigt  ba«  5Wicänum,  bef^ri^t  bie  Verurteilung  h^öfxoovaiog  auf  ber  antiod^enifd^en 

86  ©^nobe  gegen  5ßaul  bon  ©amofata  (bgl.  S3b  II,  34, 38)  unb  bie  ©efal^ren  be«  Serminu« 
öfwiovoiog,  um  mit  ber  energif^en  Sitte  um  änf^lu^  an  ba«  rec^tberftanbene  ö/xoovaiog 
2U  fd^lie^en:  oro  vos,  fratres,  adimite  suspicionem ;  .  .  ut  probari  possit  homoe- 
usion,  non  improbemus  homousion  (91  p.  517  A).  polest  inter  nos  optimiis 
fidel  Status  eondi  (ib.  p.  518B).  —  ©iefe  ©c^rift  beö  ^ilariu^  eilte  ber  Snttoidtelung 

40  um  mel^rere  ^a\)xt  borau«,  occibentalifc^e  ßiferer  —  fiucifer  bon  ßalari^  bor  anbem  — 
l^aben  fie  angegttffen,  ^ilariu^  l)ai  eine  apologetica  ad  reprehensores  libri  de  syno- 
dis responsa  fd^reiben  muffen,  bon  ber  nur  toenige  gragmente  auf  un«  gelommcn 
ftnb,  toeld^e  bie  gorm  biefer  33erteibigung^fc^rift  ni^t  mc^r  erfennen  laffen  (opp.  II, 
521—24). 

46  Sermutlid^  nod^  e^e  §ilariu^  ju  biefer  apologetica  responsio  genötigt  tourbe,  jog 
er  felbft  bie  ))raltifd^e  Äonfequenj  auö  feinen  irenifc^cn  3lugfü^rungcn :  tüä^renb  ber  ©^nobe 
in  ©eleucia  (Sb  II,  36, 35)  fanb  aud^  er  —  toie  ©ul))iciu«  ©eberu^  (chron.  II,  42,  2) 
berid^tet,  aufSefe^l  be«  Sifariu«  —  bort  fic^  ein  (contra  Const.  12,  II,  572  AB)  unb 
^at  l^ier,   fo   fe^r  er  bon  ben  arianifierenben  §omöem  unb  bon  ben  änl^omöem  ftc^  ab« 

60  geftofeen  füllte  (contra  Const.  13  p.  573  B ,   bgl.  33b  V,  579,  11 ;  ae^nlid^eg  ib.  14 

!).  574),  offenbar  mit  ben  §omoiufianem  fic^  jufammengefunben,  toä^enb  ber  SSer^Ktnbs 
ungen  bei  i^nen  „j^o^jjitiert"  (Sulp.  Sev.  II,  42,  5;  bgl.  contra  Const.  12  p.  573  A). 
6r  begleitete  aud^  (Sulp.  Sev.  II,  45,  3)  nad^  ber  ©l^nobe  bie  j^omoiuftanifc^en  ®es 
fanbten  (93b  II,  37,22)  in  bie  §aut)tftabt.    .§icr  toetltc  er,  n)ä^renb  bie  95ej3utierten  bon 

66  ©eleucia  mit  benen  bon  Stimini,  gu  bcnen  auc^  fein  ©egner  ©atumin  bon  Slrled  gehört 
)u  l^aben  fd^eint  (benn  nac^  ad  Const.  II,  2.  II,  543  D  ift  er  unter  ben  „ceteris"  bei 
Hil.  fragm.  10,  1.  II,  693  B  ju  fud^en),  auf  ©runb  be«  blaffen  ^omöifd^en  »elcnnt* 
niffe^  ^xd)  bereinigen  mußten  (93b  II,  37,25—35).  9Jod^  loäl^rcnb  ber  Äonftantinopolitoncr 
©^nobe  bom  ganuar  unb  ^Jebruar  360   (ad  Const.  II,  8.  II,  548 A)  toar  er  in  Äon= 

00  ftantinopel  (ad  Const.  II,  8.  II,  548  A).    ^amali^  (ad  Const.  1.  c.)  f^rieb  er  feine 


^aonttd  tiott  ^mtt»  63 

jtoeitc  ßtngabe  an  bcn  Äaifer  (ad.  Const.  II.  II,  543—550).  S3efd^eiben,  \a  xxxäfi  Qoni 
ofyxt  Äurialfttl  (t)0l.  4  p.  544  C:  optime  ac  religiosissime  Imperator),  ober  unter 
mutigem  §inh)ete  auf  bie  ^eillofe  SSertoirrung  ber  ©cgenlüart  —  bie  c.  5  p.  546A  er« 
toa^nten  öier  gormein  „beiS  aSorjjoi^re«"  fmb  m.  @.  bie  bierte  jtrmif^e  (^a^n*  §  163), 
bie  definitio  ber  Dccibentalen  in  Slimini  (Mansi  III,  298  DE),  bog  ©V'"''^*>I  ^^  Slcos  6 
cianer  in  ©eleucia,  auf  bcffcn  Slnfang  Äilariuö  m.  ®.  beutlic^  auffielt  (^a^n*  §  165), 
unb  ba^  Jlonftantinoj)oIitanum  ber  ©^toeftemac^t  359/60  (§a^n'  §  167)  —  unb  unter 
d^attert^oQer  ^iptOigung  bed  b(a{fen  ^omoi^mu^  (ber  miserabilis  nostri  temporis 
fides,  5  p.  546  B)  bittet  ^ier  $.,  bor  ber  berfammeltcn  ©^nobe  in  ©egentoart  bed 
Äaifer«  mit  ©atumin  fonfrontiert  ju  toerben  unb  über  ben  ©lauben  reben  ju  bürfen.  lo 
®iefe  ©ingabe  ^at  ba«  ©ii^idfal  beö  §ilariu«  getoanbelt  (Hieron.  chron.  ad  ann.  Abr. 
2375):  e^  toarb  il^m,  loie  ©uljjiciu^  ©eberu^  fagt  (chron.  II,  45,  4),  „befohlen",  nad^ 
®allten  jurüdjufe^en,  nid^t  toeil  man  ba«@jil  i^m  erlaffen  l^abe(©inn?  bgl.  CJoustant. 
vita  82;  Tülemont  VII,  453),  fonbem  toeil  man  il^n  al^  „discordiae  seminarium 
et  perturbator  Orientis"  anfa^.  ^ieron^mu^  (chron.)  fagt  nur,  §ilariug  fei  nac^  einer  i6 
Singobe  an  ben  Jtaifer  nac^  ©oQien  jurücfgelel^rt,  aucf^  ©ult)iciud  toeig  in  ber  vita  Mar- 
tini (6,  7.  CSEL  1,117)  nur  öon  „erloubnt«"  inxdlMUfyc,  unb^ilariu«  felbft  fc^eint 
onjubeuten,  ba|  er  [au^  Äonftantino^el]  entflogen  fei  (contra  Const.  11  p.  570  C,  t)gl. 
unten).  Stuf  ben  fbon  ^ieron^mu^  abhängigen]  Serid^t  be^  ©u^)iciu^  barf  man  be^j^olb 
fc^toerlic^  bauen.    @enug,  ^ilariu^  !ebrte  gurüdf.  3o 

3.  Sn  toelc^er  ©timmung  er  jurüclfel^rte,  geigt  fein  jomige«  ©dbreiben  an  feine  [gallifd^en] 
9)litbif^öfe,  ba^  unter  bemütel  contra  Constantium  —  unboUftänbig  (gegen  praef.  15 
p.  559),  aber  j.  3:.  mit  einem  au^  de  trinitate  jufammengeftüdften  ®rfa^©(^Iuffe  —  er« 
iKiIten  ift  (opp.  II,  561—586  bejlo.  583).  §ilariu^  ruft  ^ier  auf  gu  tobe^utigem 
Äampfe  gegen  ben  „3lntid^rift"  Äonftantiu«  (c.  5  p.  564  D),  fritifiert  in  rl^etorifd^er  Sin?  25 
rebe  an  ben  Äaifer  felbft,  beffen  gefamte  Äird^enj)oHtiI,  bomel^mlid^  (c.  21  p.  578)  ben 
t>on  i^m  eingeführten  ^omöi^mu^,  mad^t  ben  Äaifer  beranttoortlic^  bafür,  bafe  bie  Äir^e 
bani  ben  fteten  Snberungen  im  ®lauben  (c.  23  f.)  unb  bani  ber  ©efmnung^lofigleit  ber 
Sifd^öfe  (c.25.  27)  jum  „©efjjött  h)irb"(25p.581C).  3Ran  E^at  früher  ben  gemäßigten, 
ben  ^omoiuftanem  entgegen!ommenben  ^ilariui^  l)m  nic^t  toieber  er!ennen  ju  lönnen  ge«  so 
meint  (bgl.  praef.  1  p.  553).  allein  einen  3Biberf))rudE>  ju  ber  freunblid^en  Beurteilung 
ber  §omoiuftaner  in  de  synodis  ^at  man  nur  gefunben,  loeil  man  bie  ?$olemiI  gegen 
bie  „simüitudo"  nic^t  )pxäix\t  al^  ^olemil  gegen  bai^  bloße  Sjuoiog  faßte  (auc^  praef.  2 
unb  p.  579  not.  b  ift  nic^t  rid^tig)  unb  loeil  man  ben  ©pott  in  c.  25  nic^t  t>erftanben 
fyd  (hierüber  Slid^tigeö  in  praef.  2):  —  eine  „pia  intelligentia"  (apologetica  p.  521  C)  86 
be«  SjiAotovoiog  lennt  auc^  bie  ©d^rift  contra  Constantium  (t)gl.  12  p.  573  A). 
„aWilbe"  unb  „gemäßigt"  freilid^  ift  bie  ©c^rift  nid^t.  TOit  einer  Serebfamleit,  bie  toie 
ein  übert>ofler  ©ebirg^bac^  bal^inftürmt,  fä^rt  §ilariu«  gegen  ben  Äaifer  lo^.  Mein  baö 
gereift  i^m  h)a]^rIidE>  nid^t  jur  Unel[|re.  (Gegenüber  ber  elenben  „griebeng"5^olitif  eine« 
Äaifer«,  ber  bur^  feine  aDer^öd^fte  ®unft  bie  ©eloiffen  ertötete  —  intra  palatium  ho-  40 
norat  ad  servitutem  .  .  .,  unitatem  procurat,  ne  pax  sit  (c.  5)  — ,  toirlt  „ber 
30m  ber  freien  SRebe"  erfrifd^enb,  loie  ein  ©eioitter  in  fc^loülcr  3)unftatmof))l^äre.  S^^t 
toäre  bie  ©c^rift  nac^  Äonftantiu«'  3:ob  gefc^rieben  (Hieron.  cat.  100 ;  baß  mit  bem 
,,aliu8  libellus  in  Constantium"  unfere  ©d^rift  gemeint  ift,  ift,  abgefei^en  bon  ber  frag- 
lichen 8etoei«feaft  ber  ep.  Hieron.  108,  13  Vall.  I,  2  p.  703  cf.  not.  c,  m.Q.  fic^er),  45 
fo  yoare  pe  nid^t  mel^r  toert,  al«  ber  Iritt  be«  ßfete  auf  ben  toten  Sötoen.  Slttcin  bie 
Schrift  felbft  betoeift,  baß  fte  fünf  Sal^r  na^  ber  SRailänber  ©^^nobe  (c.  2  p.  562  B), 
ju  ber  k^  gefd^rieben  ift,  ba  Äonftantiu«  ben  Orient  unter  bie  g'^rmel  bon  Äonftan« 
tinopcl  beugte  (c.  15.  25.  27)  —  ^rti^ia^r  360  (9leinlen«©.234:  2)eaember  359;  irrig, 
bcnn  c.  7  jtoingt  nic^t,  unb  bie  3lbfaffung  nac^  ad  Const.  II  ift  jloeifello«).  2)ie  so 
„^erou^gabe"  in  bie  3^^  ^<^^  Äonftantiu«'  3:ob  berjögert  j\u  beulen  (Bened.  praef.  14), 
mad^t  ber  Irrtum  be«  §ieron^mu«  nid^t  nötig,  ber  ßl^arafter  be«  §ilariu«  nid^t  rätlic^. 
^iloriu«  toar,  ate  er  biefe  ©4rif t  fc^rieb,  noci^  „Verbannter"  (c.  2  p.  563  A),  toußte  [16) 
„Derfolgt"  (c.  9  p.  568  A):  ba^  läßt  im  3Serein  mit  bem  rätfel^aften  „fugere  mihi 
sab  Nerone  licuit"  (c.  Const.  11  p.  570 C;  bgl.  oben)  barauf  fc^Iießen,  baß  bie» 
©c^rift  auf  ber  me^  eigenmäd^tigen  al^  „befoE^lenen"  SlüdEreife  bon  Äonftantino^el  nac^ 
(Soilien  entftanben  ift.  gn  biefe  ©ituation  pa^i  ber  3:on  bortrefflid^.  Übrigen«  loiffen 
toir  )^on  biefer  SRüdEreife  nur,  baß  §ilariu«  —  unb  ba«  J)aßt  ju  i^rem  nic^t  befohlenen 
ß^tahcr  —  }u  ©d^iff  Äonftantino^el  öerlaffen  f^ben  muß;  benn  bie  SBeiterreife  fü^e 
i^  über  %>m  (Sulpic.  Sev.,  vita  Mart.  6,  7 ;  Dgl.  chron.  11^  45,  5 :  permensus  ao 


64  ^ilorittd  tioti  ^oitierd 

orbem  paene  terrarum).  SBann  er  nad^  5ßoitierg  jurüdflel^rte  —  ob  noc^  360  (toa^ 
mir  fei^r  untoa^rfd^dnlic^  ift),  ober  erft  361  (fd^on  bor  Äonftantiuö*  lob  machte  ^ulian^ 
©rl^ebung  bie^  unßefäl(;rlic^)  —,  lä^t  fic^,  je  unfic^erer  bte  Umftänbe  ber  Slüdtlel^r  fmb, 
befto  tocniger  fagen.    3)a^  aber  toiffen  toir,  ba^  ^ilariu^  —  unus  Hilarius,  fagt  ©ul= 

6  piciu^  ©ebcru^  (chron.  II,  45,  7)  —  nad)  feiner  SHücffel^r  in  ©oDien  bie  ^örefte  gu- 
rücljubrängen  bermoc^te  (Sulp.  Sev.  chron.  II,  45, 5  ff. ;  Hieron.  chron.  ad  ann.  2376). 
3)ie  ben  Satumin  ejlommuni^ierenbe  ©^nobe  in^ari^  (100^1361),  beren  SV"«^^^^'^^^" 
toir  noc^  l^aben  (Hilar.,  fragm.  11  opp.  II,  697  ff.),  gehört  in  bicfen  gef^ic^tUd^en  3«= 
fammen^ng:  §ilariu^  too^nte  ibr  an  (1  p.  698  B  unb  4  p.  700  A),   unb   feinen  ©eift 

10  atmet  ber  ©^nobalbrief.  Unb  nid^t  auf  GJaHien  allein  befd^ränlte  §ilariu«  feine  antis 
^öretifc^e  3^l^ätigfeit.  ^n  Italien  reid^te  er  ju  ö^nlid^em  2^un  bem  au^  bem  ® jil  jimitfs 
gelehrten  ßufeb  öon  SerceUi  bie  §anb  (Rufin.  h.  e.  I,  30  fin.  MSL  21,  501 A;  bgl. 
Sb  V,  623, 55  ff.).  aiDein  i^r  ^au^jtgegner,  2lujentiu«  toon  3JlaiIanb  (geft.  374),  ber  ^o= 
möifc^e  5Ra4folger  be^  ®ion^pu^  feit  ber  5Railänber  ©^nobe  (tjgl.  35b  II,  31,«),  tou^te 

16  fie  bem  im  Jlobember  364  (Qoyau,  Chronologie  p.  507)  in  3JlaiIanb  einjie^enben 
neuen  Äaifer,  3Jalentinian,  al^  ©törenfriebe  J^injufteHen  (bgl.  contra  Aux.  7.  II,  597  B 
mit  ben  f^ätem  äu^fagen  be«  aujentiu«  ib.  13  unb  15  p.  600  D  unb  602  C):  aSalen^ 
tinian  berbot  nun  „edicto  gravi"  ben  ^rieben  ber  [bon  il^m  für  ortl^obog  angefel^enen] 
ÜRailänber  Äirc^e  gu  ftören  (1.'  c.  7;  bgl.  Sleinleni^  ©.  258  not.  5).  §ilariu^  aber  machte 

30  „ino^j)ortune",  ben  Slugentiu^  anflagenbe  ©egenüorfteHungen,  unb  Salentinian  liefe  barauf 
beibe  in  (Segenloart  bon  jel^n  anberen  $if(^öfen  Don  bem  Quaestor  [sacri  palatii]  unb 
bem  Magister  [officiorum]  ber^ören:  atusentiui^  bequemte  fic^,  aU  ^erfönlit^e  SSerbäc^s 
tigungen  nid^t^  öerfd^Iugen,  loie  §ilariuö  fagt  —  unb  er  beruft  fid^  auf  ein  ^ProtofoD, 
ba^  er  nebft  einer  neuen  Eingabe  burc^  ben  Duäftor  bem  Äaifer  überreid^en  liefe,  -—  gur 

26  Slnerlennung  ber  ^omoufie  (c.  Aux.  7  p.  597  D),  toufete  bann  aber  —  ettoa  2lnfang 
365  (^umeift:  noc^  364;  aDein  bie  ©ac^e  fann  fic^  red^t  too^I  länger  ^ingejogen  i^abm, 
unb  baö  „ante  decem  annos"  in  c.  13  p.  600  D  toeift  auf  ^l^jal^r  365)  —  in 
einer  Singabe  an  ben  Äaifer  unter  boHeren  gormein  auf  l[;omöifd^en  ©lauben  [\d)  jurüdE= 

äujiel^en  (c.  14  —  $a^n^  §  134)  unb  ben  §ilariu^  unb  ßufebiu«  auf^  neue  ju  t)er= 
►äd^tigen  (ögl.  95b  V,  623,58).  Site  barauf  ^Uariuö  bie  3;rügereien  be«  aiujentiuö  — 
offenbar  in  mtinblic^er  3lgitation  —  aufjubedfen  berfud^te,  tourbe  er  angeloiefen,  5KaiIanb 
ju  berlaRen  (c.  9  p.  598  C).  3)ag  offene  ©d^reibcn,  in  bem  er  (jloeifello«  365)  aßen 
rec^tgläuoigen  35ifd^öfen  unb  fiaien  üon  biefen  ®efd[>e]^niffen  Äunbe  gab  (opp.  II,  593 
bi^  602),   ift  ate  „elegans  contra  Auxentium  libellus"   fc^on   öon  ^ieron^mu^   er* 

a6h)ä^nt;  t)on  ben  Beilagen,  bie  §ilariu^  Derfjjrid^t  (c.  7  p.  597  D  unb  10  p.  598  D), 
ift  bie  ßingabe  be^  Slujentiu^  erhalten,  bie  be^  ^ilariu^  famt  bem  ^Protofott  über  bie 
Ruftimmung  be^  2lujentiu^  jur  §omoufte  berloren.  —  3)ic^  ©(^reiben  betreffe  bed 
Sujentiu^  ift  ba^  le^te  batierbare  ßreigni^  au^  bem  Seben  bc^  ^ilariui^.  ©ein  iob  [in 
^oitierö]  ioirb  Don  ^ieron^mu^  in  ber  ßE^ronif  in  ba^  [elfte  ^a^x  t)or  feinem  ©c^lufeio^r 

40  378,  in  ba^]  vierte  ga^r  be«  iklcntinian  unb  Salen^  (b.  i.  ^rü^ja^r  367  bi«  grü^* 
iQi}x  368)  gefegt,  bon  bem  [übrigen^  tocniger  öerläfelic^en]  ©utjjiciu^  ©eüerug  (chron.  II, 
45,  9)  in  baiS  fec^fte  "^al^x  „postquam  redierat".  35eibe  3lngabcn  brauchen  nic^t  ol^ 
bifferierenb  gebad;t  ju  »erben,  loenn  man  annimmt,  bafe  ^^^lariuö  erft  361  in  ^oitierö 
toieber  eintraf  (bgl.  oben).    2)ie  Äalenbertage  ber  ^^rabition  —  ber  13.  gönuar  ^ier,  ber 

45  1. 9lobember  bort  (Coustant.  vita  1 13)  —  erfc^eincn  n>enig  berläfelid^,  unb  ber  13.  3«= 
nuar  368  pafet  leineefall^,  ber  1.  5Rot)ember  357  (fo  Coustant,  vita  114)  fc^toerlic^  )u 
ber  älngabe  bei3  ©ul))iciu^  ©eberu^.  ''Man  loirb  o^ne  nähere  2lngabe  bei  bem  ga^re  367 
fte^en  bleiben  muffen. 

4.  Über  bie  äKerfe  be^  ^ilariui^   giebt  ^ieront^mu^   (cat.  100)   eine  fd^endtoerte 

60  Überfielt.  Qx  nennt  1.  duodecim  adv.  Arianos  libros  (^=  de  trinitate),  2.  librum 
de  synodis  ad  Galliarum  episcopos,  3.  in  psalmos  1.  2.  51—62  unb  118 — 150 
commentarios,  4.  ad  Constantium  libellum,  5.  alium  in  Constantium,  6.  einen 
liber  adversum  Valentem  et  Ursacium,  historiam  Ariminensis  et  Seleuciensis 
synodi  continens,  7.  ad  praefectum  Salustium  sive  contra  Dioscorum,  8.  einen 

65  über  hymnorum,  9.  —  bafe  8  unb  9  ju  trennen  finb,  ift  offenbar  (gegen  6bert  I, 
142  Slnm.)  —  einen  über  mysteriorum,  10.  commentarios  in  Matthaeum, 
11.  tractatus  in  lob,  12.  ben  libellus  contra  Auxentium,  13.  nonnullas  ad 
diversos  epistolas.  3[}on  biefen  Opera  Hilarii  finb  9]r.  10,  1<  2,  4  (=  ad  Constant.  II ; 
bgl.  chron.  ad  ann.  2375),   5  unb  12,  foipie  ber  bem  §ieron^muö   unbelannt   geblie^ 

öo  benc  ober  Ijon  i^m  mit  ju  13  gered;netc  libellus  1  ad  Constantium  unb  bie  glei^folte 


^Uortud  t>ou  ^ottterd  65 

J?on  ,g)ieronVuiuö  nic^t  ertoä^ntc,  ober  bielleid^t  ani)  gu  13  gercd^ncte  apologetica  re- 
sponsio  ad  reprehensores  libri  de  synodis  im  SJorigen  fc^on  au^rcid^enb  bcfj)roc^en. 
äu^crbcm  finb  Don  bcn  burc^  ^ieronbmu^  bezeugten  SÖcrfen  erl^altcn  3lx,  3,  teiltoeifc 
9?r.  9,  Fragmente  öon  8  unb  11.  2)ie  tractatus  in  psalmos  (9Jr.  3)  bcfi^cn  h)ir 
(opp.  I,  1—654;  ed.  3i"9^I^  CESL  22)  fogar  boUftänbigcr,  aU  §ieronVmu^  fic  6 
fanntc  (^f  1.  2.  9.  13.  14.  51—69.  91.  118—150).  |)«ariu«  gel^t  in  bicfcr,  feinen 
lefeten  Sebenöja^ren  angel^örigen  (admon.  2)  ^falmenerflärung,  freiließ  jelbftftänbiger  aU 
^leron^muö  e^  barfteHt  (apol.  in  Ruf.  1,  2,  Vall.  2,  1  p.  459  C),  aber  o^ne  felbft* 
ftänbigc  Kenntnis  be^  .Oebräifd^en  (bgl.  Hieron.  ep.  34,  3,  Vall.  1,  1  p.  156  D),  in 
ben  33al(;nen  beö  Crigene^ ;  feine  Gjegefe  ift,  obglei^  fie  ben  Söäortfmn  nidbt  burc^aui^  lo 
ignoriert,  a\x6)  ^ier  toefentlic^  (tric  im  3Katt|äuöfommentar  auöfd^liefelic^)  auf  ben 
t^^jifdfien  unb  aDegorifc^en  ©inn  gerid^tct.  —  2)er  liber  mysteriorum  galt,  obtüo^l 
ä.  3Kai  nod^©))uren  einer  §anbfci^rift  in  ^Hontecafftno  fanb  (Nov.  Bibl.  Patr.  1, 1,  SRom 
1852  p.  472),  nod^  für  SReinlen^  al^  t)erIoren;  man  bermutete  mit  ßouftant  (vitalU) 
tn  i^m  eine  drläuterung  ber  griec^ifdE^en  Siturgie.  ^m  ^a!i)xt  1887  aber  l)at  ©amurrini  i6 
(ögl.  oben  bei  ber  Sitteratur)  au^  einem  codex  Arretinus,  toenn  aud^  unboUftänbig, 
einen  [in  ber  §anbfc^rift  in  ^iüei  Sucher  geteilten]  tractatus  mysteriorum  S.  Hilarii 
t>ubli}tert,  beffen  S^^^i^öt  mit  ben  bon  ^ieron^mu^  crtoä^nten  ßbert  (I*,  142  2lnm.),  toie 
mir  fc^eint,  mit  Unredfit,  jebenfallö  mit  unjureidE^enben  ©rünben  beftritten  l^at.  2)ie  fieberen 
jn^ot^efen  über  ben  ^nl^alt  beö  ^ilarianifc^en  liber  mysteriorum  (SReinlen^  ©.  267)  ao 
^at  biefer  ^unb  grünblic^  beifeite  gefc^oben:  bae  Sud^  erflärt  bie  „©el^eimniffe",  toelc^e 
bic  ^Vt^ologie  in  ben  3^^aten  unb  ©rlebniffen  ber  3Hänner  bc^  313:  „ab  Adam  usque 
ad  Noe,  deinde  Abraae,  Isaac"etc.  (subscriptio  cod.,  Gamurrini  p.28)  finbet.  2lu^er 
bcm  §inh)eife  auf  bie  ^ebräifc^e  unb  griec^if^e  Sebcutung  be^  3Borte^  Slbam  (Gam. 
©.  4)  loeift  in  bem  Gr^altenen  m.  6.  nic^t^  in  bie  ft)ätere  Sebenöjeit  bc^  §ilariu^.  26 
aSon  ben  ^l^mnen  (9Jr.  8),  bie  unter  bem  9iamen  beö  Jpilariu^  gcl^^,  galt  bi^  auf  ®a= 
murrini^  %nn\>,  feiner  für  ec^t,  auc^  nic^t  (t)gl.  Seinfen^  S.  313  f.)  ber  ÜKorgen^^mnuö 
„Lucis  largitor  splendide"  (opp,  II,  529  f.)  unb  ber3lbenbl(;^mnuö  „Sed  coeli  clara" 
(Mai,  Nova  Bibl.  patr.  1,  1  p.  491  f.).  ©eit  ©amurrini  ^at  (tro^  (gbert  I,  412  3lnm.) 
ber  t)on  i^m  [nic^t  ganj  boUftänbigj  publijicrte  trinitarifcfic  Slbecebariu«  (©.  28—30 ;  30 
and),  unb  beffer,  bei  2)reüe^  ©.  360  f.)  Slnf^rurfi  barauf,  ai^  e(^t  ju  gelten,  bi^  —  \vai 
bislang  nic^t  gefc^el(;en  ift  —  bie  Unmöglid^feit  biejer  Slnnal^me  bqrget^an  toirb.  ©egen 
bie  5h?ei  anbem  §^mncn  aber,  bie  im  fiober  t)on  Slrejjo  unter  ber  Überf^rift  „Incipiunt 
hymni  ejusdem"  bem  ertüö^nten  Slbecebariu^  nac^  einer  Südfe  t)on  12©eiten  folgen  (Gam. 
®.  30—32 ;  2)reDe^  a.  a.  D.),  taffen  \xd)  Sebenfen  geltenb  machen  ((Sbcrt  a.  a.  D.),  bie  35 
and)  2)rebeg  nodfi  nic^t  befeitigt  l^at.  3}on  ben  tractatus  in  lob  (5lr.  11),  „quos  de 
Graeco  Origenis  ad  sensum  transtulit  (Hieron.  cat.  100),  ^at  Sluguftin  jloei 
gragmente  erhalten  (opp.  II,  7 1 1  ff .).  ©ie  muffen  toegcn  il^rer  Slb^ängigfeit  bonDrigene« 
(ögl.  aud^  Hieron.  Apol.  adv.  Ruf.  1,  2,  Vall.  2,  1  p.  459  C)  ber  ßeit  nac^  ber  SSer« 
bannung  be^  §ilariu«  angehören.  3)er  brevis  libellus,  quem  scripsit  [Hilarius]  40 
contra  Dioscorum  medicum,  [in  quo]  quid  in  litteris  posset  ostendit  (Hieron. 
ep.  70,  5,  Vall.  1,  1  p.  430  A,  oben  ^ir.  7),  ift  f^jurlo«  bcrloren.  33on  ©riefen  be« 
^ilariuö  (oben  9?r.  13)  ift,  abgefel^en  bon  ben  fd^on  ertoäl^nten,  ^umeift  aud^  t)on  ^iero^ 
n^muig  befonber^  genannten  briefartigen  35}erfen,  nic^t^  er(^alten,  njenn  bie  epistula  ad 
Abram  filiam  (opp.  II,  525—528)  tro^  ^ortunatu^,  mit  beffen  vita  fie  famt  bem  45 
oben  ertoä^nten  SBJorgen^l^mnuö  l^anbfc^riftlic^  berbunben  ift,  für  uned;t  gehalten  werben 
mufe.  Gouftant  (p.  523)  unb  au^i  lillemont  (VII,  448  unb  not.  10  p.  751)  ^aben 
freilid^^  biefcn  ©rief  gegen  altcgtoeifel  t)erteibigt;  allein,  berec^tigtemjeife,  mit  loenig  6rfolg 
(Sleinlenö  ©.  227 ff.;  Ärufc^,  MG  auct.  antiq.  IV,  2  p.  VI).  Db  ber  bon  gortunatu« 
ertDol^nte  ©rief  an  bie  Stbra,  ben  man  in  feiner  ßeit  „mit  ber  eigenen  Unterfd^rift  be^  50 
ipUariuig"  in  ^oitiere  aufbetüal^rte  (vita  6),  ein  mit  bicfem  JJalfifilat  ibentifd^e^,  ober  ein 
öon  i^m  ju  unterfc^eibenbe^  Falsum  (fo  Ärufc^  p.  VI),  ober  td)i  geipefcn  ift  (f.  Sleinfenö 
231  f.),  lann  m.  6.  nic^t  mit  ©id^erl^eit  entfd^ieben  werben.  —  CSinc  überaus  fd^tüierige  J^age 
giebt  5Rr.  6  ber  §ieroni9mianifd^en  i^ifte  auf  (t)gl.  Skinfen^  ©.  210  ff.).  2Bir  ^aben  —  jum  min- 
beften  (t)gl.praef.  2  fin.,  opp.  II,  603)  burc^  jtoei  ^anbf^riften  —  15  ^agmente  „ex  opere  66 
historico"  erl^olten  (opp.  II,  617—710),  mit  ß^Hc^e^bcmerfungen  berfel^ene  Urlunben, 
bie  biö  in  bie  ^eit  beö  Äonjil^  toon  ©arbifa  jurüdfgel^en  (Fragm.  II)  unb  nod^  einen 
Srief  be«  Urfaciu^  unbSalen^  t)om  18.  ^ejember  366  unb  bie  Slnttoort  be^  ©erminiu^ 
b.  ©irmium  (Fragm.  XI ;  Dgl.  83b  II,  39,  2.  i:j)  mit  umfaffen.  3)ie  ^agmente  1,  2, 
4,  12,  14,  15,  6  unb  10,  bie  in  ben  Jpanbfc^riften  hinter   ben  mit  i^nen  nic^t  orga-  oo 

»eaUdncpriopäbie  ffir  iT^eoIogte  uub  Stirere.    3.  21.    Vlll.  5 


66  ^Üariui^  Hott  ^oitttri^ 

nxjd)  tocrbunbcncn  Fragmenten  11,  Vo,  ;>,  8,  9,  5  unb  7    i^ren  $Ia^  ^aben,   fmb  burc^ 
Üoerjc^rift  (Incipit  liber  S.  Hilarii  Pictavensis  . .  .,    in    quo    sunt  omnia,    quae 

ostendunt  vel  quomodo,  quibusnam    ex  causis  etc factum  est  Ariminense 

concilium  etc.  opp.  II,  617)  unb  Unterfc^rift  (Explicit  liber  S.  Hilarii  ex  opere 
5  historico,  praef.  2  p.  603)  bem  §ilariu^  jugcf daneben ;  bic  erfte  Steige  bcr  ^xa^mtnic 
ift  anont^m,  aber  i^rer  Slrt  nac^  ber  jtoeiten  burd^au^  toeriüanbt.  ©inb  oDc  bicfe  ^oq- 
mente  ober  hjenigften^  einige  öon  i^nen  gragntente  be^  bem  §ieron^mug  befannten 
liber  adversum  Valentem  et  Ursacium,  historiam  Ariminensis  et  Selcuciensis 
synodi  continens"  V    ober  fmb  e^  ^ragmente  einer  anberen  ©c^rift  ?  ober  5Katerialien 

10  ^u  einer  ©c^rift  '^  2)ie  le^tere  SKöglic^feit  ift  bem  ^anbfc^riftlid^en  3^"9»^i^  gegenüber 
(„ex  opere  historico")  m.  (S.  beifeitc  ju  laffen ;  aud^  bie  jtoeitc  öerbient  nad)  bem  g^uflni^ 
ber  Überfc^rift  ber  .^ff.  nic^t  toertolgt  ju  Serben.  2)ocl^  felbft  toenn  bieg  zugegeben  U)trb, 
bleiben  nod^  Diele  F'^agen.  Gouftant  leitete  alle  ^wgmente  au«  ber  ©dS^rift  gegen  Urfaciu« 
unb  93alen«  ab ;    auf  mobem^römifc^er  ©eite  ift,    toeil  Fragm.  IV  unb  VI  (=  3aff6  * 

ib3lx.  207  unb  217—219)  für  bie  Siberiu^grage  toon  Sßic^tigfeit  ftnb,  bie  ^H«  be«  3e^ 
fuiten  ©tittincf  (AS  Sept.  VI,  754—80)  beliebt,  ba^  nur  bo«  erfte  gragment  ein 
^(i)M  Fragment  ber  ©c^rift  gegen  Urfaciu«  unb  SSalen«  fei  (fo  auc^  SorbenJ^toer 
©.  378 ;  ba«  ftirc^enlesifon  toon  SBJefeer  unb  SBelte  2.  Sufl.  V,  2051  Iä|t  oud^  ba« 
gtoeite  gelten,  ©tiltincf  toar  felbft  ^ier  f<|n)anfenb);  Sleinfcn«  f(^ieb  in  ber  [m.  ß.  gänglid^ 

20  unnötigen]  5Weinung,  ba^  3Berf  be^S  §itariii6  jei  in  Äonftantinoj)el  tooHenbet,  alle  jüngeren 
^agmente  (XI— XV)  au«,  ^ielt  aber  (©.  2 18  f.)  ^ragm.  IV  unb  VI,  ganj  obgefc^en 
batoon,  ob  fie  ed^te  Briefe  be«  Siberiu«  gäben,  für  ec^te  Fragmente  be«  §ilariu«.  3"  ber 
SC^at  ift  bie^rage  nac^  ber  ßc^t^eit  bcr  £iberiu«^8riefe  (^aff^  207,217—219)  öon  bcr 
IJrage  ju   fd^eiben,   ob  Fragment  IV   unb  VI  §ilariu«=5ragmente  fmb;   benn  felbft  ba« 

26  toäre  bentbar,  ba|  .öilariu«  Fragment  IV  al«  gdlfd^ung  jur  Slo^ellung  ber  tJ^lfd^er 
mitgeteilt  ^ätte  (fo  Coustant  p.  667  not.  g).  35enno(^  ift  eine  6ntf(^eibung  fc^toer. 
3)0^,  bi«  bie  neue  9lu«gabe  im  CSEL  vorliegt  —  erft  bann  h)irb  einbringenbe  Unter- 
fud^ung  lol^nenb  fein  — ,  mu^  m.  @.  bie§W^^^^f^/  ^^6  ^^^  15^agmente  toon  §ilariu«, 
unb  jtoar  an^  bem  liber   adversum  Valentem   et  Ursacium  ^errü^ren,   aU  bie  un^ 

90  anfecptbarfte  gelten.  —    33on  einem  Äommentar  jum   §obenliebe,  toon  bem  ^ieron^mu^ 

(cat.  100)  fagt,  ajunt  quidam  scripsisse  cum  et  in  cantica  canticorum,   sed  a 

nobis  hoc  opus  ignoratur,   l^aben  toir  feine  toeiterc  Äunbe;  toielleic^t  liegt  eine  Ser^ 

toec^^lung  mit  ben  tractatus   in  cantica  graduum   (in  psalm.  opp.  I,  414  ff.)  toor. 

Seftätigt  fic^  in  bicfem  ^e^len  jeglid^er  9iad^rid^t  über  einen  Kommentar  be^  ^ilariuö 

35  jum  §o^enlicbe  bie  [burcb  9üd^terh)ä^nung  be«  liber  I  ad  Const.  unb  ber  apologetica 
—  togt.  oben  —  faum  bceinträd^tigtej  SJollftänbigteit  be^  ©c^riftentoerjei(^niffe«  be^  $iero= 
n^mu^,  fo  ift  e^  begreiflich,  ba|  alle  biejenigen  im  Saufe  ber  legten  brei  S^^^^S^ww^^^ 
al^  ^ilarianifc^  jjubli^ierten  ©d^riften,  ioelc^^e  bie  au^  ^ieron^mu^  belannte  ^interlaffcn« 
fc^aft   be^  §ilariu^  toerme^ren  fodten,   fic^  al^  unecht  ertoiejen  l^aben :  togl.  i&er  bie  l>on 

40  (Souftant  in  bie  appendix  Uerioiefenen  brei  ©tüde  beffen  praefationes  p.  715,  719 
unb  723 ;  über  ben  ijon  2)ligne  ^ier  angefc^loffenen  [übrigen^  anonym  überlieferten]  gunb 
Irombellig  „epistula  seu  libellus"  (MSL  X,  733—750,  bejh).  mit  änm.  727—878) 
togl.  -Hcinfen^  ©.  271;  über  ben  "oon  bemfclben  'Xrombclli  Veröffentlichten  sermo  de 
dedicatione  (MSL  X,  878—884)  XrombeUiö  eigene  l^orrebe  (ib.  879  A);  über  bie  öon 

45  21.  Tlax  (Nov.  Bibl.  Patr.  I,  1,  9tom  1852  p.  477—489)  ebierten  äb^anblungen  über 
bie  Slnfänge  bcö  3Jlatt{?äuö=  unb  be^  3>^'^^"«^^=^^<^"9c^i""^^  bgl.  Sleinfen^  ©.  276—279 ; 
über  bic  ebenfalls  Don  ÜKai  (a.  a.  D.  p.  490)  Veröffentlichte  ßrflärung  toon  3Kt  9, 2  ff.  bgl. 
Sleinfen^  279 f.;  über  bie  burcb  ^itra  (Spicil.  Solesm.  I,  ^ari«  1852,  p.  49—159) 
al^  ^itarianifcf)  gebnidftcn  [faftifcb   bem  SLI^eobor   öon  a}?o})fuefte   gel[^örigen]  Srflärungen 

50  jum  ©alatcrbrief  unb  ^n  ben  fleinen  ^^aulinen  f.  S^einfen^  ©.  274 ff.  unb  Theodori... 
in  ep.  Pauli  commentarii  ed.  H.  B.  Svvete,  Gambribge  1880  unb  1882 ;  toad  bei 
ptra  (©.  159—170)  nod;  folgt,  ftebt  biefcr  jclbft  nic^t  für  ed^t  an  (SReinlen«  ©.275  f.). 
Unter  bicfcn  Umftänben  haben  bie  ^Hüdtf^lüffe  auf  Verlorene  Äommentare  be^  §Uariii^ 
j;u  J)aulinifc^cn  ©riefen  (^einfcn^  ©.  272)  m.  (S.  toenig  Überjeugungöfraft ;  ■—  bc^  felbft 

55  ein  2tuguftiu  irrig  citicren  tonnte,  jeigt  ba^  untet  ben  Fragmenta  ex  aliis  operibus 
Hilarii  an  le^ter  ©tcUc  (opp.  II,  714  B)  gcbrudfte  Fragmentum  dubium. 

i^on  bem  ©til  be«  c^oilariue  fagt  ^ieronmnuiS  (ep.  58,  10,  Vall.  1,  1  p.326BC): 
Hilarius  (lallico  cothurno  attollitur,  et,  cum  Graecis  floribus  adometur, 
longis    interdum    periodis    involvitur    et    a   lectione     simpliciorum    fratrum 

CO  procul  est.    35a^    ift    nic^t  gan^  unrichtig,   ti^ut  aber   bem  i^Uariu^  )u   gunften    bed 


^ilariitd  Hon  ^ottterd  $ilbebtrt  67 

Sj)icgcUbcafe,  an  bcm  §icronl;inu'^  mi^t,  Unrecht.  iJccrc^  ^at^o^  ift  bem  .^ilariu^ 
ficmb;  er  iji  nic^t  jcitcn  fc^tocrfäHig,  btetoeilen  unburc^fid^tig,  ober  nie  ixxvxal,  öiel- 
mel^r  fcmig  unb  d^araftertjoll ;  —  h)o  er  fic^  hjirflic^  berebt  jeigt,  h)ic  in  contra  Const., 
ba  l^t  i^n  me^  bie  ©ac^e,  bie  i^n  erregte,  ate  bie  SR^etorif  berebt  gemacht. 

Über  bo^  gelegentlich  Semerlte  ^inau^el^enbe  Slu^fül^rungen   über  bie  G^riftologie  6 
be^  ^ilariuö  toerbcn  bcm  ä.  fienoft«  toorbel[^alten. 

tier  |ei  nur  ba^  noc^  Qcfagt,  bafe  §ilariu«  gu  ben  Äirc^enöätem  gel^ört,  beren  Diad^ru^m 
teinlemS  S.  321  ff.)  nic^t  belrittelt  gu  Serben  braucht.  (Sr  hjar  toirllidji  ein  „disci- 
pulus  veritatis"  (contra  Const.  12  p.  572  A),  ein  ^inb  toon  aü  bem  ©(|einh>ejen,  an 
bem  bicÄin^e  feiner  3cit  fo  reic^  h>ar.  3loä)  l^eute  be^erjigen^hjert  ift  baö  c^aralteriftifc^e  lo 
SBort,  bod  er  (contra  Aux.  12,  II,  600  A)  glatteren  3:^eologen  ber  toerbenben  Staates 
bxdft  entgegenhielt:  Male  vos  parietum  amor  cepit,  male  ecclesiam  dei  in  tectis 
aedificiisque  veneramini,  male  sub  his  pacis  nomen  ingeritis.  fioofi^. 

^üütinS,  röm.  3)iafon.  —  SSgl.   @.  Itriiger,   fiucifcr   uon  6a(ari§,   ßeipjig  1886, 
S.  13  u.  88f.  16 

ßteron^mu«  gebenft  im  Dialogus  contra  Luciferianos  cp.  21,  2()  unb  27  eine« 
römif^en  SHoIonen  §ilariu«,  ber  aU  3lnf;änger  bc«  Sifc^of«  Sucifer  \>on  Salari«  (f.  b.  31.) 
ftc^  l>on  ber  Äirc^e  getrennt  ^at  unb,  ate  ein  Deucalion  orbis,  bei  Strianem  bie  SEBiebers 
taufe  angetDanbt  tDtffen  tvoUte;  er  i}attt  bicfe  9(nftc^t  ani^  in  libelli  de  rebaptizandis 
haereticis  öerteibigt,  bie  Wxt  nic^t  me^r  befiften.  ^nx  3^it  ber  SUbfaffung  be«  2)ialogeg  20 
toax  ^,  nid)t  mcfyc  unter  ben  Sebenben.  ©c^ule  ^at  er  nic^t  gemadbt,  benn  §ieront;mu« 
fagt:  cum  homine  pariter  interiit  et  secta.  2)a6  er  ein  geborener  ©arbinier  ge^ 
tpefen  fei  (foßaöe,  Hist.  Litt.  1,  Safel  1741,  217  u.  a.),  berichtet  leine  Cueflc;  bie  am 
nähme  berul^t  Ipo^l  nur  auf  einer  Sertoec^felung  mit  bem  ^a))fte  §ilaru«  (f.  b.  31.). 
aSJa^c^etnlic^  toax  e«  unfer  §ilariu«,  ber  ben  Sucifer  355  nac^  3JlaiIanb  begleitete  unb  25 
bort  neben  bem  Sifiof  ftanbl^aft  au^^ante.    3"  "^^^  Stnna^me,  bafe  er  toor  feinem  lobe 

Stt   fat^olifc^en  Äirc^e  jurücfgefe^rt  fei  (fo  bie  Srüber  (Soleti  in   ben  ^rolegomena  if^rer 
uS^abt  ber  SBerfe  Sucifer«  p.  XXXVI  5W.  2),   ift  fein  (Srunb  toor^anben.   ©anj  unbe= 
rec^tigtertDcife   |^at  man  in  §.  ben   fog.  Slmbroftafter  (f.  b.  21.  S3b  I  442, 2)   erfennen 
tDoIIen.  Stuguftin  (togl.  adv.  Pelag.  4,  4,  7)  toürbe  einen  Sucifcriancr  unb  aOBiebertäufer  so 
niemol«  sanctus   genannt  l^aben.  ®.  S^rfiger. 

filom«,  ?Jaj)ft,  461—468.  —  S8gl.  bed  ^apfte«  ©riefe  unb  S)e!rete  in  IVISL  58, 
unb  (fritifc^)  bei  91.  3:t)iel,  Epp.  Pontificum  Romanorum  1,  l^runsb.  1868, 120-174; 
bcutfd)  üon  @.  ©cnjIoiüSh)  in:  ©riefe  ber  "ipäpfte  u.  f.  m.,  6.  ©b  (53ibl.  ber  ^ircbcnu.), 
Kempten  1879,  1—98;  Liber  Pontificalis  ed.  Zt).  aRommfcn  1,  Bcrol.  1898,  107— 111;  35 
G.  3.  «•  ^feJc,  ßonAiIien9ef*id)te  2%  grcib.  1875,  vv.  11.;  3.  ©armbt)  in  DchrB  8,  fionb. 
1882,  72—74;  Ph.  Jaff^,  Regesta  Pontif.  Roman.  1*,  Lips.  1885,  75-77;  JJecbtrup  in 
ftfi  5,  8rrcib.  1888,  2052-56. 

a)er  ©arbinier  (Lib.  Pont.  107,  1)  §ilaru^  tourbe  toa^rfc^einlic^  am  17.  9totoember 
461  ol^  5Wa(^folger  2eo^  I.  jum  römif^en  Sifc^of  getoä^lt  unb  am  19.  9Joöember  ton-  40 
fefriert.  (Sr  ^atte  aK  Seo«  Strc^ibiaton  449  (ögl.  Theodoret.  Ep.  118.  MSG  83, 1328) 
ber  jtoeiten  ©^nobe  ju  6})l^efuö  beigetoo^nt,  ber  3SerurteiIung  ^lauian^  energifd^  toiber^ 
ft^ro^en  unb  fic^  ber  i^m  bro^enben  33ergehjaltigung  nur  burd^  bie  glud;t  entjiel^en  fönnen 
(t>gL  Ep.  1  =  Ep.  46  ber  Sriefe  2eo«).  311^  5ßapft  f;at  er,  in  2eo^  (Bpmm  ge^enb,  bie 
9nf)>räq)e  bc«  römifd^en  ©tu^le^  fräftig  geltenb  gemacbt.  3"  ^^^  orientalifc^en  Söirren  45 
ctnjugretfen,  ^t  er  —  tro$  ber  Lib.  Pont.  107,  4  crmäl^nten  2)efretale  —  feine  SSer^ 
anlaffung  genommen.  2)agegen  befd;äftigten  il^n  mef^rfac^  bie  3lngelegen^eiten  ber  fübs 
gattifc^  Äirc^e.  3öie  2eo  §ilariu^  öon  3We«  (f.  b.  31.)  feine  9)lacbt  füllen  lie^,  fo 
^ilaru^  ben  SKamertu^  toon  l^ienne  (ijgl.  Ep.  10  toom  25.  i^ebruar  464).  2eontiu^  Don 
Ärle^  hxnr  fein  gefügige^  SBcrfjeug.  3lud)  ber  fpanifc^cn  Äirc^e  ^at  er  ©efe^e  gegeben  50 
(t)gl.  Epp.  13—17;  befonber«  bie  aU  Ep.  15  bezeichneten  3t{ten  ber  am  19.  5?oüember 
365  abgel^Uenen  römifd^en  ©i;nobe,  ber.  erften,  beren  XJer^anblungen  erl^alten  fmb).  3)a^ 
^fkbu4f  rül^mt  it^m  grofee  SJcrbienfte  lim  römifc^e  Äird;en  unb  Älöfter  burc^  Sc^enfungen 
Otter  Art  na4  gr  ftarb  nac^  einer  3(mt^jeit  uon  6  3^^^^".  3  9)lonaten  unb  10  2:agen 
(Üb.  Pont.  107,  3)  am  28.(?)  ?februar  468.  (ä>.  »rüger.     66 

^Ubebert  Hou  fianarbin^   Sifdtjof  üon  2e  aKan^,  Grjbifd;of  toon  Xour^, 
geji.  1133.  —    Opp.  ed.  Antonius  Beaugendre,  ^ari§  1708,  um   einige  ©lüde  ueij 

5* 


68  ^ilbebert 

luib  loiebcv  ^erauägeg.  üoii  J.  J.  Bourass^^  MSL  t  171,  p.  1— 1486;jur  ^riti!  bicfcr  fe^v 
idjiedjten  unb  unjuüerlnffigeii  9lu§flabe  ugl.  B.  Haur^au,  Notices  et  Extraits  de  la  biblio- 
th^ue  nationale  XXVIII,  2,  p.  289-448;  XXIX,  p. 231— 362;  XXXI,  2,  p.  126-140; 
XXXII,  2,  p.7,  84-106  unb  bejonberS  p.  107-166;  XXXIII,  1,  p. 257 ff.:  einen  jünoft 
6  entberften  53ncf  $.ö  an  33ilt)elm  II.  uon  (Snglanb  f.  bei  Dieudonn^,  Hildebert  etc  p.  206-  2(S ; 
ebb.  p.  115—147,  219—232  fritifd)c  SBemerfungen  ju  ber  (Sbition  ber  epistolae;  bie  ©riefe, 
bic  ficö  auf  bic  ®efangenfc^aft  ^afcftaliS  II.  be^ie^en,  II,  21,  22  je^t  in  befferer  ^uSgabe 
MG.,  Libelli  de  lite  imp.  et  pont.  II,  p.  668.  —  S)ie  für  bie  iöiograp^ie  in  ©etrodjt 
fommenben  Ur!unben  ücrjeicftnet  3)icubonn^  a.  a.  D.  p.  1—14  unb  ^a&jlva%  289;    uon  ben 

10  erjiätjlenben  Clueflen  finb  bie  roicftligften  bie  vita  Hildeberti  in  ben  Acta  episcoporum 
Cennomannensium,  abgebrucft  uon  ©eougenbre  unb  ©ouroff^  in  ber  Einleitung  i^rer  9lu§* 
gaben;  Ordericus  Vitalis,  bist,  eccles.  ed.  Le  Pr^vost,  II,  p.  250f ,  576;  iV,  p.  41  ff.; 
103,  374;  Wilhehn  von  Malrasbury,  de  regum  gestis  Anglorum  III,  §  284;  IV,  §  351 
ed.  W.  Stubbs,   Rolls  Series  nr.  90,    p.  338—340,   402  f.    3)arfteUungen:   bie    älteren 

16  (Le Corvaisier,  bist,  des  ^v^ues  du  Maus;  Bondonnet,  vies  des  ^vdques  du  Maus;  Mäan, 
bist.  eccl.  metrop.  Turon ;  53eaugenbre  in  feiner  ^uägabe:  bist.  litt(5raire  de  la  France  XI, 
p.  250—412,  XX,  p.  20;  Piolin,  bist,  de  l'^glise  du  Maus;  Haur^au  in  feiner  bist,  litt^r. 
du  Maine  II,  Galüa  cbrist.  XIV,  p.  78  ff.  377  ff. ;  Nouvelle  biograpbie  g^n^rale,  XXIV, 
667  ff.;  H^bert-Duperron,  Tb6se  deCaen;  D^servillers,  un  ^v^ue  auXIe  siMe,  H.  deL. , 

20  ¥ari§  1876)  finb  alle  antiquiert  burd)  Dleudonn^,  Hild.  de  L.,  ^vöque  du  Maus,  arcb^vöque 
de  Tours.  Sa  vie.  Ses  lettres,  <ßarig*:iD?attiperg  1898.  kluger  biefcm  SBerfe  ift  nod)  ja  uer» 
gleichen  Freeman,  tbe  reign  of  William  Rufus  and  tbe  accession  of  Henry  tbe  first,  vol.  II, 
p.  191-245,    274—302,  625-645,  654-656. 

§ilbcbert  tourbe  um   ba^  :;^^a^r  1056  auf  bem  ÄaftcH  Saüarbin  bei  ÜKontoirc    am 

26  Soir  (3)6j)art.  2oir  unb  6^cr)  alö  ber  ©ol^n  bc^  ,<oili>ebert,  2)ien[tmannen  be^  ©eigneur 
Salomo  bon  Sabarbin,  unb  ber  Serfenbi^  geboren.  ^üf;e  fc^on,  toie  e^  fc^eint,  tourbe 
er  bon  ben  finberrei(^cn  unb  tuenig  begüterten  @ltcm  jum  geiftüc^cn  ©tanbc  beftimmt. 
SBeld^e  ©c^ule  er  befuc^te,  ift  nic^t  überliefert,  ©a^  Serengar  bon  2:our«  fein  Se^rer 
getoefen   fei,    melbet   nur   SEBil^elm   bon   3)lalm^bur^,    finbet    aber  barin    eine   ©tü§e, 

aobafe  er  ein  (Sebic^t  auf  ben  2:ob  be^  3)leifter^  berfa^tc.  ^ad)  1085  begegnet  er  un^ 
ate  ©d^olaftifug  am  2)ome  bon  2e  9Kan«.  1091  tuarb  er  ebenbafelbft  bon  SBifc^of 
§oel  jum  airc^ibiatonen  beförbert.  3la6)  bem  S^obe  biefe^  feinet  ©önnerd,  am 
28.  ^uli  1096,  tuä^lte  i^n  bie  SKajorität  be^  Äleru«  in  überftürjtem  3Serfal^ren  jum 
Sifd^of.   2)er  §err  bon  2e  3Ran^,  §elia^  be  la  gtöc^e,  ftimmte  nac^  einigem  ^ö^ttn  ju. 

86  Slber  eine  3Jlinorität  be^  Äleru^,  bie  auc^  $^bo  bon  G^artre^  jeitlueilig  für  ftc^  ju  gewinnen 
tuu^te,  unb,  tuag  toid^tiger  toar,  ber  berjeitige  Dberle^en^^err  be^  ÜKaine,  Äönig  SBiU 
l^elm  II.  SRufu^  bon  ©nglanb,  erhoben  2Biberf})ruc^.  3»^föl0€i>cffen  ber^ögerte  ftc^  nic^t  nur 
§.^  Äonfefration  bi^  äBei^nac^ten  1096,  fonbem  l^atte  er  aud^  bi^  gu  SBJil^elm^  2:obe  fe^r 
biel  unter  bem  ÜbeltuoHen  be^  englifc^en  §ofe^  ju  leiben.  3laä)  Seenbigung  be^  gleiten 

io^elbjuge^  gegen  SÖlaine,  1099,  toarb  er  fogar  genötigt,  bem  Äönig  in  falber  ©efangcn^ 
fc^aft  nac^  ©nglanb  ju  folgen,  tueil  er  in  SSerbad^t  ftanb,  bon  ben  lürmcn  ber  Äas 
t^ebrale  au^  ba^  föniglid^e  Äaftell  in  2e  3)lan^  bcfd^offen  ju  ^aben,  unb  man  il^n 
jtDingen  tuolltc,  bie  Stürme  abzutragen.  Slber  ^ilbebert  50g  fic^  burc^  fluge^  S^em* 
j)orifiercn  au^  ber  Schlinge  unb  lüufete  noc^  bor  bem  2.  ätuguft  1100   feine  ^eilaffung 

46  burc^jufe^en.  Äurj  nad^  bem  genannten  Termine  unternaj^^m  er  bon  2e  9Ran^  aui  eine 
Steife  nad^  3^^^^^-  2B'^  ^^  \^^W  angiebt,  iDoHte  er  in  9lom  um  gnt^ebung  bon 
feinem  Slmte  nad^fuc^en  (epst.  III,  7  gegen  2)ieubonn6).  Slber  ^afd^ali«  II.  ging  nid^t 
auf  feine  Sitte  ein.  —  6r  beftätigtc  biclme^r  §.,  tuie  A>.  lüo^l  crtoartet  unb  beabfic^tigt 
^atte.    3)lit  reid^en  5)iilte(n  jur  ^ortfe^ung  be^  33auc^  ber   Äat^ebrale   berfel^en  —  er 

60  ^attc  felbft  in  Stpulien  unb  Sizilien  gu  bem  ^tv^ic  gefammelt  —  fe^rte  er  bann  na^ 
"^fingften  1101  nac^  2c9Jlan^  gurüct  unb  betrieb  nunmel^r  ungefäumt  ben  Slu^bau  bon 
©t.  3"li^"/  ^i^  ^Hcorganifation  ber  berh)üfteten  unb  ucrfallencn  bifc^öflid^en  ^errfc^aft, 
ben  Sau  einei^  Äajjitel^aufe^,  in  bem  er,  tuie  e^  fd;eint,  ben  2)omfleru^  ju  gemeinfamem 
2eben  bereinigte  u.  f.  \v.    2)iefe  rührige  abminiftratibe  il^ätigfeit  tuurbe  nur  unterbroc^ 

66  burd^  Steifen  beö  Sifcf^ofö  ju  größeren  fran^öfifc^en  Alonjilien  unb  burc^  eine  me^rmonot^ 
lic^e  ©efangenfd^aft  in  bem  ©^loffe  ?Jogent4e=9flotrou  be^  ©rafen  9totrou  bu  ^erd^c 
(1112),  auig  ber  er  h)ol;l  erft  im  3)iärj  1113  infolge  beiS  englifd;'fran3öftfc^en  grieben^J 
befreit  iDurbc.  ^n  eine^  ber  folgenben  ^a^xc,  luo^l  in  ba^  ^a^r  1116,  faßt  ba^  auf» 
treten   be^  apoftolif4)cn  SKanbcrprebiger^  A^einrid)  uon  2aufanne  in  2e  9Jlan«.    §.  ftanb 

60  ^hcn  im  Segriff  nad;  3tom  gu  reifen  —  luobl  jum  Sateranfongil  bom  9Jlärj  1116  — , 
al^  am  Slfd;ernütth)oc^e  jiuei  ©enbboten  ^einri^^  uor  i(;m  erfc^ienen.  @r  empfing  fte 
freunblic^  unb   befahl,   i^rem  ^teifter   tuä^renb  feiner  Slbtuefenl^eit  aQe  mögliche  Stüc^tdS^t 


$t(bettrt  69 

ui  teil  tocrbcn  ju  laRcn.  Silber  ^einrici^  täufd^te  feine  ßrtüartungen.  @r  jjrebigte  rü(f= 
fic^t^Io^  halber  ben  f)ol)tn  Äleru^.  'Sin  Stoff  baju  fel^lte  e^  i^m  nic^t.  §.ö  äJorleben  War 
n\d)t  mafello^  gctoefen.  6r  haiU  jubem  bie  5Jaibität  befeffen,  feinen  natürlid^en  ©obn  ®ers 
twftu^  mm®oml^erm  an  feiner  eigenen  Äird^e  gu  ernennen.  Unb  noc^  Weniger  mi\pxad)  ber 
SBonbel  bei^  Äleru^  ben  3^ealen  bc^  a})oftoRfd^en  5ßrebiger^.  3)a^  beh)eift  nic^t  nur  bag  5 
bcrbe  Urteil  ©ottfrieb^  bon  3?enb6me,  fonbcm  auc^  bie  2^atfac^e,  bafe  einer  ber 
Stabtgeiftlic^en  ben  bejeic^nenben  Seinamen  Quinonbibitaquara  führte.  2)a^  3Sol!  be- 
grübe bo^er  mit  Segetfterung  bie  antifterifale  Slgitation.  2)afe  ba«  RapM  über  ßein« 
rid^  ben  33ann  »erlangte,  machte  feinen  ©inbrucf.  2lte§.  um  5ßfingften  jurücKe^rte,  ent- 
lüicb  itoax  §einric^  nad^  Saint=6alai^  füböftlic^  bon  2e  'SSlan^,  aber  ba^  3?olf  berlie^  10 
tro^bcm  feine  Sac^e  nid^t:  e^  emtjftng  ben  frülf^cr  fo  beliebten  Dber^irten  mit  SSer« 
toünfc^ungen.  e^.  fuc^te  für«  erfte  eine  Unterrebung  mit  §einricl^  nac^.  ©iefelbe  berlief 
erfolglos,  ßr  erlief  ba^er  einkehret,  burc^  hjelc^e«  ber  „^äretifer"  au«  berStabt  unb 
©töcefe  für  immer  üerbannt  hjurbc.  Slber  bie  Aufregung,  bie  §einric^«  Sluftreten  ber- 
utfac^t  ^atte,  gitterte  noc^  lange  mi^.  2)a«  giebt  aud^  unfer  flerilaler  ®eh)ä^r«mann  I6 
fc^on  5u.  —  2lm  25.  2l})ril  1120  l^atte  ^ilbebert  bie  ^eube,  bie  boUenbete  Äat^e^ 
brale  toei^en  ju  fönnen.  3"  35eginn  be«  3ial;re«  1123  reifte  er  jum  brittenmale  nac^ 
9lom,  |\u  Äalijt«  II.  gro|em  Sateranlonjile.  1125  hjurbe  er  gegen  feinen  SEBiHen 
burd^  SubhJtg  VI.  bon  granfreid^  jum  (Snbifc^of  bon  SCour«  erl^oben.  2)a«  neue  3lmt 
t)em?icfelte  i^n  fofort  in  neue  langhJterige  .Kämpfe :  mit  Äönig  Subtoig  um  bie  Sefe^ung  20 
ber  ftiftifc^en  2)igmtäten,  mit  bem  Sifc^of  bon  3)ol  um  bie  ^wti^biftion  über  bie  bre* 
tonifc^en  3)iöjefen  u.  f.  \v.  ^n  bem  römifd^en  ©d^i«ma  bon  1130  nal^m  er  junäc^ft  im 
j^inblidfe  auf  bie  6^nH)at^ien  be«  englifc^en  Äönig«  für  3lnaflet  II.  eine  abtoartenbe 
Haltung  ein.  6rft,  aU  e«  Sem^arb  bon  ßlairbauE  gelungen  toar,  jenen  ju  gewinnen, 
liefe  auc^erfic^  ^erbei,  3""<>cen;i  II.  amuerfenncn.  3lm  5,  ^ebruar  1133  begegnet  er  un«  2b 
no^  einmal  bei  einer  Äirc^loei^e  ju  Sitebon.  einige  ^JRonate  banad^,  am  18.  2)e5ember 
1133,  ift  er  ju  2:our«  geftorben. 

in.  ^at  fic^  in  Se  5Kang  ein  gute«  Slnbenfen  geftiftet  burc^  feine  großartige  Sau^ 
tbätigfeit  unb  feine  ungetoöl^nlic^e  abminiftratibe  Segabung.  6r  l^at  femer  leine  geringe 
Siolle  gef})ielt  in  ben  })olitifc^en  unb  fircblic^en  fiämljfen  feiner  ^^\t  älber  berül^mt  ge*  90 
toorben  über  bie  ©renken  feiner  2)iöcefe,  ja  ^anfreid^«  f^inau«  ift  er  bod^  nur  burc^  fein 
litterarifc^e«,  ober  genauer  burd^  fein  bic^terifd^e«  ©(Raffen.  —  33eaugenbre,  ce  moins 
sagace  6diteur,  ^at  nun  leiber  in  feiner  3lu«gabe  alte  anoni^men  ©c^riftcn,  bie  i^m 
unter  bie  §änbe  famen,  unb  bie  er  feinem  gelben  jufc^reiben  ju  bürfen  glaubte,  auf« 
genommen,  öouraff^  If^at  feine  ^^ler  nur  toenig  berbeffert  unb  jum  leile  fogar  nod^  35 
Dcrmel^rt.  S)ie  fritifdS^en  öemerfungen,  in«befonberc  §aur6au«  ju  beiben  3lu«gaben  aber  fmb 
fe^  j^rftreut  erfc^ienen  unb  nid^t  leicht  jugänglic^.  ^'^f'^'ö^^^ff^  ^^^^  ^^  "^^'9  f^i^f 
erft  turj  barjulegen,  loa«  in  bem  umfänglid^en  Sanbe  ftd;er  ober  mutmafetic^  bon  §. 
feerrti^rt,  e^e  ber  ^erfud^  geh)agt  tDirb,  fein  litterarifc^e«  ©4)affen  ^u  c^arafterifieren. 

I.  ffierfe  in^rofa:  1.  bie  Epistolae,  Souraff^  ©.141—312,  bon  Seau^  40 
genbre  nic^t  in  ber  Drbnung  ber  §bff.  herausgegeben,  audb  nic^t  c^ronologifd^,  fonbem 
nac^  einem  unjulänglic^en  fiac^lic^en  ©d^ema  georbnet.  Il)  3lx.  45  ift  bon  .^ieront^mu«, 
I,  !Rr.  17,  III,  32—33  ftnb  bon  3lbt  Dbo  bon  ©aint=^^re=b'3lu5erre  ober  ©anft  ©e= 
nofeba  in  ^ari«,  III,  34  n)a^rfc^cinlid^  Don  §ugo  bon  Se  3Jlan«.  3)ie  übrigen  finb  ec^t, 
tjgl.  2)ieubonn^,  ©.  715  ff.  —  2.  3)ie  Sermones,  Souraffö  ©.  339—904,  in  ©umma  46 
144  9lummem.  3lber  bie  beiben  9?r.  143  unb  114  bilben  t^atfäc^Iid)  einen  sermo,  ber 
nid»t  bon  §.  ^errü^rt,  142  ift  ibcntifd^  mit  5Jr.  101,  Don  ben  übrigen,  fc^on  Don  "idtaxi- 
genbrc  abgebrucften,  finb  2  ebenfalt«  j\n?eimal  bon  bem  ©bitor  l^erau«gegeben(9Jr.  127  -= 
Slx  44;  137  =  3lx.  65):  bleiben  139.  3)abon  rühren  narf»  bem  3^ii9"iff<^  ^^^  §ff- 
r>on  ^.  ftc^er  l^er  nur  4  (9Jr.  42,  88,  105,  141),  möglid)  ift  bie  2lutorf^aft  §.«  bei  toei=  eo 
teren  2  (9Jr.  54,  97).  3?on  ben  reftierenbcn  133  fmb  53  berfafet  bon  ©obofrieb  Sabio 
(9lr.  1,  10,  11,  15,  If),  18,  22,  2(>— 28,  30,  31,  31,  37,  38,  40,  41,  44,  46—49, 
51,  52,  56,  65,  71,  79,  81—84,  91,  92,  94,  95,  96,  98  ['4  104,  106—110,  113, 
116,  118,  120,  123,  124,  126,  128);  25  bon  "»^Jetru«  Sombarbu«  (5Rr.  4,  6—9,  12, 
13,  21,  23—25,  32,  35,  26,  ,43,  45,  55,  57,  58,  72,  78,  80,  99,  111,  112,  115);  b5 
24  bon  ?5etru«  ßomeftor  (9Jr.  5,  14,  20,  29,  39,  50,  53,  59,  60,  62—64,  68,  69,  70, 
73,  85,  90,  93,  102,  119,  lll,  125,  132);  7  bon^Wori^  be©ull^  (5Wr.2,  61,  74—77, 
86).  2)er  Seft  ift  anonym.  3"  beachten  ift:  ber  befanntc  sermo  3lx.  73,  in  bem  ber 
terminus  transsubstantiatio  borfommt, ftammt  nicbt  bon  .^ilbebert,  fonbem  bon 
$etru«  (Someftor;  bgl.  bier^u  bor  allem .^t^ur^ciu  a.  a.  D.  XXXII,  2,  p.  107—166.  —  no 


70  $ilbettrt 

3.  Vita  8.  Radegundis   unb    vita  Hugonis   abb.    Cluniac.   p.  965—998    cd^t.  — 

4.  Liber  de  queriraonia  et  conflictu  carnis  et  spiritus  seu  animae,  p.  989—1004, 
cd^t,  tocrfa^t  ca.  1100. —  5.  Moralis  philosophia  de  honesto  et  utili  p.  1004 — 1056. 
fi^cr  nid^t  toon  §.,   fonbcni  tüal^rfc^cinlid^  Don  Sßil^elm  toon  Sonc^eö,  ^aur^au  a.  a.  £., 

B  XXXIII,  1,  ©.  257  ff.,  aber  ftd^cr  nxd^t,  Wk  §.mctnt,  ca.  1153  für  §cmric|  II.  anjou^^lan^ 
lagertet  toerfafet.  —  6.  Traetatus  theologicus  p.  1065—1150,  nic^t  üon  §.,  fonbem 
ein  Xeil  ber  ©entenp  be^^ugo  bon  ©t.  SSiltor,  togl.  Siebner  in  Xf^iSt  1831,  ©.254, 
unb  neuerbing^  3)enif(e  in  2lS5t®  3,  p.  637  f.  —  7.  Brevis  traetatus  de  sacramento 
altaris  p.  1149—1154,  t)on  Seaugenbre  nur,   hjeil  in  bemfelben  Äobej  auc^  ^rcbigten 

10  §.^  ftanben,  ß.  jugetoiefen.  —  8.  Liber  de  expositione  missae  p.  1158 — 1176,  toegen 
angeblid^er  Übereinftimmung  in  ber  3!)iftion  toon  Seaug.  §.  beigelegt.  —  63  verbleiben 
mithin  bon  5ßrofah)erfen  alg  unjhjeifet^aft  ^t  bcm  §. :  4  ^ßrebigten,  de  querimonia  etc., 
bic  beiben  .^eiügentoiten. 

II.  35 le  ©ebic^te.    §ierbon    fmb  giüeifelloö  ec^t  nur  bie  Versus  de  sacrificio 

16  missae  p.  1177 — 1194,  de  operibus  sex  dierum  p.  1213—1218,  inscriptionum 
christianorum  libellus  p.  1281 — 1288,  vita  Mariae  Aegyptiacae  p.  1321—1340; 
öon  ben  carmina  miscellanea  p.  1381—1442:  5Rr.  40,43,  50—52,  54,  58,  63,  64, 
71,  75,  79,  106,  110,  112,  127,  139,  140;  bon  ben  carmina  indifferentia  p.  1441 
—  1448:   5Rr.  2,  4,  14;  bielleid^t  rül^ren  bon  .^.  ^er:  bie  historia  de  Mahomete 

20  p.  1343—1366;  toon  ben  carmina  miscellanea:  9lr.  55,  56,  59,  60—62,  111,  113, 
114,  118,  119,  121,  122,  128;  bon  ben  carm.  indiff . :  3lr.  3,  7,  11—13;  bon 
bem  Supplementum :  3lx.  8  de  rota  fortunae,  bgl.  I^ierju  bor  oDem  §aur6au,  a.  a.  D. 
XXVIII,  2  p.  289—448.  3loä)  nid^t  unterfuc^t  ift  bie  ©d^tpeit  bon :  de  ordine  mundi, 
Carmen  in  libros  regum,  versus  de  s.  Vincentio,   de  inventione  s.  Crucis,  la- 

26  mentatio   peccatricis  animae.    älUe^  Übrige   ift  unecht,  b.  i.   nx^t  t?on  &.,   fonbem 
bon  5ßetru«  Sliga,  5ßetru«  ^ßiftor,  3:ibalb  (Physiologus),   Seml^arb  ©ifeeftrt«  (Mathe 
maticus  ed.  §aur6au  mit  ber  passio  s.  Agnetis  be^  ?ßetru^  Sliga,  bie  öon  Seaugcnbre 
ebenfalls  §.  jügefd^rieben  toorben  ift,  ^ßari^  1895),    ?JI^Ut})})  toon  8onnes®f})6rance,  Sal^ 
berief  bon  Sourgeuil,  Dbib  (!),  Slufoniu^  (!),  ober  tjon  biglang  nod^  nid^t  ermittelten  äutoren. 

30  2lug  biefer  Überfielt  ergiebt  fid^  ^ur  ®enüge,  bafe  man  §.«  gruc^tbarfeit  biö  je^t 
bebeutenb  überfd^öfet  ^at.  3lber  ba^  toürbe  nid^t«  au^mac^en,  toenn  ber  i^m  i>erblcis 
benbe  SReft  bie  üblid^e  ^o^e  SEBertung  feiner  Seiftungen  red;tfertigte.  2)ag  ift  nun  nid^t 
ber  %aä.  §.  toar  h)efentlic^  ein  gormtalent.  6r  ift  ber  erfte  mittelalterlid;e  ©d^riftfteDcr, 
ber  ba^  Satein  toieber  h)ie  eine  lebenbe  ©>)rac^e  bel^errfc^te.    Qx  toerbanfte  biefe  §errf(^ft 

36  bem  eifrigen  ©tubium  ber  beften  antif en  3)lufter,  gicero^,  ©enecag,  2:erenj«,  35ergite, 
§oraj«  unb  in^befonbere  Dbib^,  beffen  anmutige  ©lätte  unb  Klarheit  ü^m  h>o^I  al«  un= 
erreichbare^  SBorbitb  öorfc^tDebte.  Slfö  incomparabilis  versificator  ^at  er  barutn  ben 
l^öc^ften  SRu^m  erlangt.  Stber  er  ift  immer  mef^r  versificator  aU  poeta.  9Jur  feiten  ber^ 
f})ürcn  toir  in  feinen  SJerfen  —  fo  j.  93.  in  bem  ©ebic^t  auf  ben  a:ob  Serengar«,  in  ben 

40  2)iftid^cn  auf  bic  SRuincn  Slom«  (Par  tibi  Roma  nihil)  unb  in  bcm  Xrium})^lieb  auf 
ba«  ^äj^ftlic^e  SRom  (Dum  simulacra  mihi,  mit  bem  c^arafteriftifc^en  SBerfe :  Plus 
aquilis  vexilla  crucis,  plus  Caesare  Petrus)  —  einen  §aud^  toai^rl^aft  bic^terif^cn 
em})finben«.  —  9Jäd^ftbem  ift  §.  berühmt  getoorben  afö  S3rieff(^reiber.  ©eine  ©riefe, 
frü^c  ^efammelt  unb  tocit  berbreitet,    tourben   in  ben  framöftfc^en  ©c^ulen  gerabeju  jum 

45  Unterrichtsmittel,  ^ßeter  öon  Sloi«  g.  93.  tourbe  als  S^ngling  baju  angel^alten,  fie  loört^ 
lic^  fid[)  einju})rägen.  6r  rü^mt  i^re  elegantia  unb  suavis  urbanitas.  2)ieS  Sob  ift 
berechtigt,  tro^bem  ober  öielme^r  h)eil  §.  nic^t  fllat)ifcf)  bie  Sllten  nac^a^mt,  fonbem 
bie  ßigentümlic^feiten  beS  ©aUolateinS  mafetJoD  pr  ©eltung  fommen  läftt.  aber  bie 
©c^ön^eit  unb  ej)igrammatifc^e  ßi^lic^f^it  ber  ©J)rac^c  paaxt  fid^  nur  pi  oft,  h)ie  in  ben 

60  metften  93riefn)ec^feln  biefeS  an  ber  ungcmol^ntcn  §errfc^aft  über  bic  gorm  ftc^  beraufd^en^ 
ben  3cil«^t^^/  bgl.  bic  93riefe  93edfctS,  mit  toerfältniSmä^iger  2)ürftigfeit  beS  :3nl^altS. 
%üx  ben  ^iftorifcr  ift  barum  bic  ©ammlung  Diel  tDcnigcr  tDcrtboU,  aU  j.  95.  bie  lange 
nid^t  fo  bcrül^mt  gcn)orbcnc  Äorrcfj)onbcnj  :^^^^»"^  bon  ©alisbutb.  —  Leiter  ift  §.  be= 
fannt  gctoorben  burc^  feine  93iügraj)f;icn  ocS  §ugo  bon  ßluni  unb  ber  SWabegunbiS.  3lber 

55  biefe  Siograt>l^icn  finb  nichts  als  ftiliftifcf^c  Überarbeitungen  ber  älteren  Siten  (ß^clp 
unb  bcfonberS  ©ilo  für  §ugo,  bgl.  l'^uillier,  Saint  Hugues  de  Cluni  p.  565  ff.,  unb 
^^ortunatuS  unb  93aubontbia  für  StabcgunbiS,  bgl.  Ärufd;,  M.  G.  SS  rerum  Meroving.  11,^ 
p.  ;»60).  Gnblid;  l}ai  fid^  §.  nod^  einen  5Kamcn  gemad;t  als  ^rebiger.  6r  })rebigte  fran* 
^fifcf^  unb  latcinifd^.   Stber  eS  ift  d;araraftcriftifc^  für  i^n,  ba§  er  nad^  bcm  Urteile  feineS 

60  93iogral3l;cn  latcinifc^  leichter  unb  Icbl^aftcr  rcbctc,  als  in  ber  33olfSJl)iac^c. 


^übeBert         $tibegark  71 

3Öir  würben  jjeboc^  Unred^t  ti)m,  toenn  ft)ir  in  feinen  ©d^riften  unfer  Slugenmerf 
blofe  auf  bie  gönn  xÜfMm.  %ixx  un^  ift  ani)  ber  gnl^alt  überaus  mcrihjürbig.  C'^-  ip 
ber  erfte  ^erbonagenbe  9lej)räfentant  jener  lücltfreubigen,  am  ©eifte  ber  Sllten  fic^  nä^? 
renbcn  Slic^tung  beö  rcrtnanifc^en  SBeltftcru^,  bie  man  al^  eine  SBorläuferin  ber  roma=  5 
nifc^  Sienaiffancc  betrachten  barf,  unb  beren  tüeitere  Ausbreitung  nur  burd^  ben  toor» 
ne^t^  an  ben  Slamen  beS  ^I.  Seml^arb  fic^  fnüjjfenbcn  Sluffc^toung  beS  3Könc^tumö 
unb  bann  bur(^  bie  Jöirffamfeit  ber  Settelorben  gel^emmt  toorben  ift.  6r  benft  bo0= 
motifc^  burc^auS  forreft.  @r  [tel^t  auc^  in  bem  großen  SBiberftreite  )tt)ifd^en  Jtaifertum 
unb  ^Pajjfttum  burc^auS  auf  ©eiten  beS  lefeteren,  mcnn  er  ftc^  aud^  nac^  ber  ©efangen?  10 
nabmc  ^afc^aliS  II.  einem  itolienifc^en  Äorrefi)onbenten  gegenüber  fe^r  toorfid^ttg  über 
§etnru^  V.  äußert  unb  bereits  fel^r  lebhaft  über  baS  Untoefcn  ber  3lj)})eUationcn  flagt.  9lber 
fein  SBanbel  entfjjrad^,  hjenigftenS  t)or  feiner  (Sr^ebung  auf  ben  bifc^öflic^en  ©tul  leineStüegS 
ben  Qbealen  ber  Äird^e,  unb  feine  SBcItanfc^auung  ftanb  eben  fo  ftarf  unter  bem  (Sinfluffe 
ber  Sitten,  toic  unter  bem  (Sinfluffe  ürc^Iid^er  SSorfteHungen.  ©in  Seleg  .bafür  ift  fein  be- 16 
rü^mter  Iroftbrief  an  §einrid^  I.  toon  Snglanb  nac^  bem  lobe  beS  Ät^elingS  SBU^elm 
(I,  12) :  biefer  Srief  atmet  mel^r  ben  ©eift  beS  ©eneca  unb  ber  ©toa  aU  ber  33ibel. 
aber  ä^nlic^eS  finbet  fid^  in  aü  feinen  ©d^riften.  (Sr  berbinbet  immer  in  ganj  naiöer 
3Öeifc  c^ftli(^e  unb  antife  ©ebanfen,  unb  man  i}at  oft  ben  (Sinbrucf,  bafe  bie  (enteren 
fto  i^n  me^r  bebeuten  ate  bie  erfteren.  $.  »ö^mer.     20 

^tlkegarb^  bie  l^eilige,  geb.  1098,  geft.  1178.  —  3)lc  mufter^aft  genauen  unb 
umfaffcnben  bibltograpiifcften  ^J?a^»cifungen  betr.  ^.S  @d)riften  in:  0.  b.  Sinbe,  ^ie  ^anb» 
fc^rlften  ber  fgl.  ßanbeSbibliottief  in  5SieSbaben  (ebb.  1877)  ge^en  rocit  über  baS  f)inau§,  idq8 
Potthnst  (Bibiioth.  bist.  med.  aevi,  s.  v.  Vitae)  bietet.  SJon  Bearbeitungen  finb  fteröorju- 
^cben:  ^rcgcr,  @ef4icbte  ber  beutfcften  ^l)ftif  I,  1874,  6.  13—34;  Stinting.  De  S.  H.  25 
(AS  ad  17.  Sept.);  S)at)I,  3)ie  5I.  ^.,  ^ainj  1832;  fi.  (SlaruS,  iJebcn  ber  ^I.  ^.  (im  1.  SBbc 
ber  9?egcn«burger  9(u8g.  o^ne  S^riefe,  1854);  8cf)mcläei«,  ßebcn  unb3Birfen  ber  ^I.  §.  1879; 
berf.:  «rt.^.  in233ö  83b  5;  ec^neeganS,  3)ie  ^I.  ^.  (©armen,  0.  3.)  ^)ot)ulär. -•  2)ie  „Vita 
&  Hildegardiß"  bcr^iöndic  ®obfrib  unb  Xfjeoboric^  bei  A.S.,  ©uriu§  unb  MSL  179;  bort 
ou4  bie  Acta  Inqnisitionis.  30 

^ilbegarbS  ©(Triften.  3"  ben  ÄanonifattonSaften  üon  1232  h)crben  alS  folc^e 
aufgejä^It :  1.  Scivias  (Sci-vias  sc.  Doinini);  l.  vitae  meritorum;  1.  divinorum  operum; 
l.  expositionis  Evangeliorum ;  J.  cpistolarum:  1.  simplicis  medicinae;  1.  compositae  medi- 
cinae;  cantus  cum  lingua  ignota  (ugl.  AS  ad  17.  Sept.  p.  007;  MSG  II,  1.  197, 
col.  131).  ^a^u  fommen  nocft:  Solutiones  triginta  octo  quaestionum;  cxplanatio  EeguJae  86 
S.  Benedicti,  Explanatio  Symboli  S.  Athanasii,  Vita  S.  Ruperti,  Vita  S.  Disibodi,  Physica 
(9  93üd^cr),  welche  fämtli^  bei  TOgne  a.a.O.  col.  145—1352  abgcbrurft  finb,  wä^renb*  oon 
ben  obigen  bort  nur  Scivias  (frühere  9lu§gabcn:  Paris.  1513,  Coloniae  1628),  1.  divinorum 
Operum  (Baluz.  Miscell.  cd.  Mansi  t.  II,  p.  336  sq.)  unb  bie  SBricffammlung  (CoL  1566, 
1()i8  9?ummcrn;  Bibl.  max.  vet.  Patrmn,  p.  537— 6()0  [Lugd.  1677];  Marlene  et  Durand,  40 
Vet  Scriptt.  ampl.  Coli.  [<Parig  17248q.],  II,  p.  1012— 1138  gaben  ba^n  nod)  84  unebierle 
©riefe  an  ^.  ncbft  ben  ?Intwortcn)  fic^  finbcn.  '2)ie  bi^  batjin  nicbt  ebierten  ©djriften  it.^ 
bei  Pitra,  AnaL  Sacra  VIII  [1882];  aud)  ©riefe.  5)ic  SBriefjammlung  ift  au(ö  in  beutf(^er 
Ucbcrfe^ung  oon  2.  6(aru8  [SBoId]  crfcfticnen  (53ricfe  ber  1)1.  ^.,  2  SBbe,  JRegcn^burg  1854). 
$rcger  bat  a.  a.  O.  8.  13  ff.  aug  ber  oon  il)m  mit  iHec^t  ^eroorgct)obenen  SScrfcftiebcu^eit  46 
jroiftöen  bem  ©tu  ber  53riefe  —  ober  ulclmc^r  einc^  einzigen  oon  biefen  —  unb  bem  6ti(e 
ber  übrigen  ©Triften  ber  ^.,  fomie  aud  bem  Sn^alle  be«  ©ciüiaö  aüjumeit  geftcnbe  Solge* 
rungen  gegen  bie  (St^t^eit  ber  fftmtlicben  ©c^riften  gcjogen.  Senc  SSerfc^iebcnt)eit  erflftrt  fic^ 
f(6on  barauö,  bafe  bei  bem  9?ieberfd)rciben  ober  gijicven  ber  „Offenbarungen"  ^.^^  bie  uer* 
mittcinbe  2^^8tigfeit  be§  ©c^reiberd  eine  anberSgeartetc  war,  al§  bei  bem  S^ieberf^reiben  üon  50 
^.d  ©riefbiftatcn.  ©ejüglid)  ber  oon  ^reger  urgierten  (Erörterung  fcjueller  58cr()ältniffe  im 
©düiaS  ober  mu6  im  5luge  qef)a(tcn  werben,  baft  biefe  ^(udfüfirungen  bocb  einen  ernft-parö* 
netifc^en  G^araftcr  unb  S^vcd  ^aben  unb  bafj  ^,§  ©teflung  foiuic  bie  bamalige  minber  fpröbc 
?lnfd)ouungSttjeife  c§  erflftren,  loie  man  berartigeS  au§  bem  ^unbe  einer  frommen  9?onnc 
ftören  fann.  ^regerS  JTufftellung  ift  mit  ftarfen  änderen  ©rünben  unter  53ejie^unö  auf  ben  ^ 
SJieöbobener  ^auptfobej  non  ^.§  ©cftriften  burd)  0.  b.  Sinbe  (f.  u.),  fowie  mit  äußeren  unb 
inneren  S3emeiSmitteIn  burd)  ^fr.  ©djmeljeid  ju  (SiOingen  (^iftor.'politifc^c  ©Ifttter,  1875, 
53b  76,  ©.604-628,  659—689),  jurüdgewiefen  iporben.  —  lieber  bie©c^nftcn  mebijinifc^en 
3n^alt§,  fofern  [\t  gebrudt  finb,  ogl.  (Sfoulant,  SBüd)crfnnbe  für  bie  ältere  ^iebijin,  üeipjig 
1841,  @.  302  ff.  00 

3"  ^^"^  toeftlid^en  ^eutfc^lanb  regte  fic^  im  ?iKittcIa(ter  juerft  ba^  geiftigc  2^bm, 
getragen  Don  einem  freifinnigen  Sürgertume,  melc^e^,  an  ber  großen  Söeltftrape  angeficbclt, 
ollen  Anregungen  t)on  au^h)ärt^  j^ugänglid;  toar.  ^ier  niad)te  fic^  auc^  juerft  unb  am 
emtjfinWid^ften   ber  SRücffd^lag   geltenb,   aU   im  11.  unb   12.  g^^r^unbert  bie   laifcriicbe 


72  $Ubfgarb  ^ilbed^eim 

©etoalt  unb  bie  alteDrbnung  imSeid^c,  bonSlom  au^  unterminiert,  langfom  jcrBrödfcltc, 
tüäl^renb  jugleid^  bic  Dl)})ofition  auf  bem  fird^Iic^en  ©cbiete  Icbl^aft  ^ertoorbrad^.  §ilbc5 
garb^  SQäcfen  unb  SBirfcn  ift  nur  auf  bem  ^intergrunbe  biefer  geitgenbjftfc^en  ©nth^irfe^ 
lungen  toerftänbltc^.    „2Bag  Sem^arb  toon  ßlairtjaur  für  ben  größeren  «rei^  ber  abenb- 

6  länbifc^en  Äirc^e  in  l^ö^erer  SBeife  hjar,  nämlid^  ber  j)ro))^etifc^e  Suftjrebiger,  ber  ©iferer 
für  ben  tüieber  auf juric^tenben  berfaHencn  93au  ber  Äirc^e,  ba«  iüar  ^.  für  einen  S^eil  ber 
beutfd&en  Kirche"  —  fo  jcic^net  $reger  treffenb  bie  Sebeutung  ber  5Keifterin  ber  Spönnen 
toom  2)ifibobenberg  unb  toom  9lu})ert^bcrg  bei  Singen,  ©eboren  auf  ber  Surg  Sörfet 
l^eim  unb  jtoar   nac^   eigener  Sttngabe   unb   ber   i^re^  Siograj)l^en  2:^eoboric^  1098  ober 

10  1099  (bagegen  fte^t  eine  Slngabe  ber  3lnnalen  t)om  2)ifibobenberg  [Söl^mer,  Fontes  re- 
rum  Germ.  III,  ad  a.  1136],  lüelc^e  auf  1104  ate  if;r  ©eburt^jal^r  führen  Ipürbe), 
ift  $.  burc^  bie  fromme  ^wtta  öon  Bponl)c\m  in  bem  Senebiftinerinnenflofter  ©ifiboben- 
berg  erjogen  ft)orben  unb  biefer  1136  al^  Säbtiffm  bort  gefolgt.  ScJ^on  ate  Äinb  ^ell^ 
fel^enb,  begann  fte  mit  bem  S^^re  1141  bie  SSiftonen  aufzeichnen  ju  laffen,  tüelc^e  burcb 

15  ba«  „innere  Sid^t"  il^r  ju  teil  tourben.  ^f)x  3uftanb  fc^eint  babei  nid^t  efftatifd^,  fonbem 
nur  toifionär  getoefen  ju  fein,  unb  jahrelang  ^abm  bie  einzelnen  SJifionen  fte  befc^äftigt, 
bi^  fie  in  il^ren  öerfc^iebenen  Schriften  niebergelegt  toorben  pnb.  Diefe  ©d^riften,  bie 
älteften  SJenhnäler  im  Sereid^  beutfd^er  SK^ftil,  finb  nic^t  aDein  für  ^3  eigene  Seur^ 
teilung  öon  SBert,  infofem  fte  SRic^tung  unb  Umfang  il^rer  2^^ätigfeit  bejeic^nen,  fonbem 

2n  aud^  ate  3^w9^^ff^  f^^  ^^^  religiöfen  unb  lird^Iic^en  3wftänbe  il^rer  ^t\t  Über  beren  ^ox- 
urteil  ergaben,  forbert  fte  ftrenge  ©ittlic^Ieit,  bie  ftd^  nic^t  in  mönc^ifc^er  Sl^fefe  aHcin 
finben  fott;  bie  SJerberbni^  ber  (Seiftlic^en  ftraft  fie  ebenfo  fd^arf,  toie  ben  fe^erifd^en  3(b' 
fall;  fte  toerfünbigt  fd^toere  ©eri^te,  aber  auc^  ben  fd^Iiepc^en  ©ieg  unb  bie  Säuterung 
ber  Äir^e.    (Sine  toeitreic^enbe  2ßirffamfeit   nac^   aufeen  ^in  übU  fte   auf  Steifen   nac^ 

25  tJj^anlreic^,  nad^Äöln  unb  bem  5Rieberrl^ein,  nad^irier,  9Ke$  unb  burcpSc^toaben;  jugleid^ 
Surc^  einen  au^gebe^nten,  über  lird^lic^e  unb  ©etoiffenöfragen  aller  2lrt  ft^  t)erbrettenben 
brieflichen  3Serfe|r,  in  toelc^em  Äaifer  unb  $ä})fte,  Äarbinäle,  Sifd^öfe  u.  f.  h).  big  gu  bem 
einfachen  Älofterbruber  ^inab  ate  ©d^reiber  unb  Slbreffaten  begegnen,  ^m  Qia^rc  1147 
ftiftete  §.  bag  Älofter  auf  bem  Slujjertgberg,  too  fte  noc^  big  1178  ^o^toere^rt  in  pvo^ 

30  i)IS>^ttfc^5reformatonfc^er  äBirffamfeit  gelebt  ^at  „SReine  §errin,"  fcfjrieb  i^  bie  ^l.  ©lifa^ 
betj^  bon  ©d^önau,  „mit  Siecht  ^ei^eft  bu  ipilbegarb  —  b.  l},  ©tacf^el  beg  ©treiteg  — , 
toeil  ber  göttliche  ©tac^el  in  bir  h)irfet  mit  h)unbafamer  Äraft  ^nx  ©rbauung  feiner  Äird^e" 
CPreger,  ©.  34).  —  Dblpol^l  §.g  9tame  im  15.  3al;rl^unbert  in  bag  SKart^rologium  ber 
fat^olifd^en  Äird^e  aufgenommen  h)orben  ift,  fo  l^at  boc^  toeber  t)orl)er  noc^  nad^^er  eine 

35  eigentliche  Äanonifation  ftattgefunben,  ©c^on  gu  ©regorg  IX.  ^txt  wax  biefelbe  beantragt 
toorben;  aber  bie  1232  eingereichten  Sitten  erfc^ienen  ate  „non  satis  accurata",  unb 
f})ätere  SJerfuc^e  blieben  gleichfalls  erfolglog.    §.g  ©ebenftag  fällt  auf  ben  17.  ©e})tember. 

^tlbcS^rim^  S  igt  um.  —   Sanife,    U93.  bcg  ^ocftftiftg  ^ilbeg^eim   I,    1896;    Gesta 

40episc.  Hildcsh.  MG  SB  VII  @.  845;  VIII  @.  845;  S3ifc!)ofgfatnIo9C  SS  VII  @.  848  unb 
XIII  e.  342,  mi  XIII  ©.  624;  S3eräeid)nig  ber  eti(t«t)erren  Scr.  VII  @.  847;  Annal. 
Hildesh.  SS  III  @.  18  ff.  3)ic  Oucücn  jur  (^cfcft.  33erniüarbg  unb  ©obe^arbg  f.  bei  bicfen 
mi  SBb  II  @.  643,25  unb  93b  VI  ©.  743.38;  Xlün^el  91.,  SDie  öltere  3)iöcefe  ^ilbcgfteim, 
ßilb.  1837;   berf.,  ®ef4.  ber  2)iöccfe  unb  ©tobt  ^ilbeg^eim,    2  93be,  $ilb.  1858;    JRettberg, 

45  m  3)eutfc6tanb§  II,  mit.  1848,  @.465;  ^aucf,  m  5)eutfcblanb§  II,  2e\pi,  1890,  @.  620; 
SBcrtram,  S)ie  SBifcb.  üon  ©ilbeö^eim,  .i^i{b.  1896;  berf,  ®c((ft.  b.  ©igt.  .t)ilbcg^cim,  1  93b, 
4)i(b.  1899. 

^ilbeg^eim   ift  bag  Sigtum   für   bie   oftfälifd^en  &a\xt  im  9Jorbtoeften   beg  §arjeg. 
Über   feine  ©tiftung   fehlen   juöerläffige  9?acf)ric^ten ;    bcnn   bie   fjjäteren  eingaben,   bafe 

50  Äarl  b.  ©r.  ein  ©tift  in  ölje  gegrünbet  \}ab^,  bag  bann  nacb  ßilbegl^eim  berlegt  unb 
^um  3!)omftift  umgebilbet  Sorben  fei,  Uerbienen  feinen  ©lauben  (f.  9lettberg  II  ©.  466 
unb  93ent^eim  9J31  XX  ©.  62  unb  74).  5Kit  großer  3Bal^rfd;einlic^feit  ift  anjune^men, 
ba^  bie  ©tiftung  in  bie  erfte  ^^\t  Subtoigg  b.  %x.  fällt.  3)enn  ber  §ilbegbeimer  Sifc^ofgs 
fatalog  fennt  itoei  Sif^öfe  Uor  6bo.    2)cr  (entere  aber   l}at  bag  93igtum   turj   Uor   ber 

r^Tt  SKain^er  ©^nobe  Don  847,  an  ber  er  alg  .^ilbegbcimer  Sifd;of  2lnteil  nabm,  erl^altcn. 
©egen  bic  9lamen  ©untar  unb  Slembert  alg  erfte  Sifcböfe  bon  ,?)ilbcgbeim  beftej^en  leine  93c= 
benfen ;  fie  finb  nid^t  nur  burdf»  bic  (Eintragung  in  bag  ,^ilbcg^cimcr  9^efrologium  gefc^ü^t, 
fonbem  jtcmbert  aud^  burcb  bie@rn?äbnung  im  3kicf)cnaucr  SSerbrüberunggbucf),  ©p.  22,24 
©.  159.    S)ie  berborragcnbften  imtcr  ben  §ilbcg^eimer  33ifc(ü>fen  finb  ber  toielfad^  })olitifcb 

«K)  tl^ätige  Slltfrib,   ber  grbaucr  beg  ^ilbcebcimcr  T>omg  (gch)cil;t  872  Ann.  Hild.  j.  b.  3.), 


^tlbei^^etm  $Ubntu  73 

unb  ©rünbcr  bc«  ^aucnflofter^  effen  in  ber  3)iöccfc  Äöln  (ehr.  Hild.  4  MG  SS  VII 
©.  851 ;  bic  etiftungeurlunbe  i^acomblet  U»  I  ®.  34  9Jr.  69  ift  unecht),  SemtDarb, 
f.  b.  ä.  »b  II  ©.  643  unb  ©obe{?arb,  f.  b.  21.  Sb  VI  e.  743.  2)a«  toic^ttgftc  Älofter 
in  ber  §ilbe^^cimcr  2)iöccfe  ift  ©anber^^cim,  852  in  Srun^^aufcn  gegrünbet,  856  nad) 
©onbcr^beim  toericgt.  6 

Sif(^of«Iiftc:  ©untar,  JRembcrt,  6bo,  ältfrib  geft.  874,  Subolf  875,  aJlarfhjart  geft.880, 
m^tvt  880—908,  2BaH)Ctt  geft.  919,  ee^arb  919—928,  SC^icb^art  928—954,  Dttoin 
954—984,  C^bag  985—989,  ©crbag  990— 992,  Scmhjarb  993—1022,  ©obcl^arb  1022 
bi^  1038,  Sö^ietmar  1038-1044,  %lin  1044—1054,  .e^cjelo  1054—1079,  Ubo  1079 
bi^  1114,  Sruning  1115—1119,  ScrtMi>  1119—1130,  »cm^arb  1130—1153,  Sruno  lo 
1153—1162,  »öermann  geft.  1170,  3lbcIog  1171—1190,  S3em  1190—1194,  Äonrab  I. 
1194—1198,  §artbert  1199—1216,  Sigfrib  I.  1216—1221,  Äonrab  IL  1221—1246, 
Öeinric^  I.  1246—1257,  ^o^annl.  1257—1260,  Otto  I.  1260—1279,  Sigfrib  IL  1279 
bi^  1310,  .t^etnric^II.  1310—1318,  Otto  IL  1319—1331,  i^einric^  IIL  1331—1363, 
3o^mm  IL  1363—1365,  ©etf;arb  1365—1398,  ^o^ann  III.  1399—1424,  3Ragnu«  i6 
1424—1452,  ernft  1458—1471,  §cnning  1471—1481,  »art^b  1481—1502,  @ric^ 
1503,  Sobann  IV.  1504—1527.  «aucf. 

^tlbutn,  äbt  bon  ©t.  ©eni«,  geft.  840.  —  Quellen:  MßL  106  8.  109ßq. 
MG  Epist.  V,  8.  32r)ff  ;  Ermoldus  Nigellus,  1.  III  v.  2708q.  1.  IV  v.  412;  Einhardi 
transJatio  SS.  Marcellini  et  Petri,  })a8sio  St.  Dionysii ;  Gerhard  Vossius  de  historicis  Graecin  20 
8.  V.  Aristarchus;  91.  euifcn,  gur  (iJcjc^iclite  ^U^cnö  in  ben  ®öttinger  @tubicn1847,  2.916- 
tcilung,  ©.  808  «Inm.  2;  91.  gHommfen,  Athen,  christianae,  8.  42  unb  43;  JRanfe,  ^clt- 
gefdjidjte  4.  «b  @.  64 ff.;  Übcnoeg,  ®efd)id)tc  ber  ^^iIofopt)ie,  1.  %i,  @.  170;  ©ngelfjorbt, 
3)ion^fiu8;  C>JP^cr,  2)ion\j|iu§  ^trcopagito,  9?cgen§buvg.  Wonj  1861;  erigcna  Scotu8,  MSL 
122  @.  1127  ff.;  S)üntmlcr,  ®efd)id)te  beS  Dftfränfi|d)cn  JReidieS:  ©imfon.  fiubnjij  b.  2rr.;  26 
D.  9Joorben,  ^Incmar;  8d)rörS,  ^incmar;  gofe,  9lbt  i)ilbuin  üon  @t.  S)cn!8 :  3)ioni)fiu8  Ärco* 
pagito,  ^rooramm  beö  iluifenftöblifc^en  9?fQl9l)mnQfiunid  ju  Berlin,  Dftern  1886;  ©efel 
unb  fBelte,  fer^enle^ifon. 

^ilbuin  (Äam})fe^h)onne)  gel^örte  einer  borne^men  fränfifd^en  ^^milie  an,  üon  ber 
toir  au^er  il^m  nod)  brei  Srüber  lennen.  ffiann  unb  h)o  er  geboren  ift,  lönnen  toirao 
nic^t  angeben.  @r  fear  ein  ©d)üler  2llfuin^  unb  ein  gelehrter  5Kann,  bem  SRabanuö 
5Wauru^  feine  Schriften  fanbte  unb  ben  Sßalafrieb  ©trabo  al^  einen  magnum  Aaronem 
Jjreift.  ©ein  ©c^üIer,  ber  berül^mte  §incmar,  Grjbifd^of  Don  SReim^,  ^ing  ftet«  mit  großer 
Siebe  an  i^m.  6nbe  814  ober  Slnfang  815  tourbe  er  Slbt  toon  ©.  2)eni^,  obhjo^l  er 
noc^  nic^t  5Könc^  iüar  unb  erft  biet  fpäter  bie  ©elübbe  ablegte.  819  ober  nad^  anberen86 
822  tourbe  er  ®rjla))cllan  bei  Subtoig  beni  frommen.  311^  ©eiftlic^er  ift  er  toenigcr  be* 
beutenb,  benn  al^  ©taat^mann.  6ö  fd^eint,  al^  ^abe  er  feine  ^itbtei  nid^t  befonber«  toer* 
toaltet,  toenn  man  i^n  aud^  nic^t  für  aüe  3Kifebräud)e  beranttoortlic^  machen  fann,  bie 
ftc6  bort  l^erau^fteÜten.  Sei  bem  ©treit  um  bie  Silberberel^rung  unb  bie  $räbeftination«s 
lebre  ©ottfc^alt^  ^ören  toir  nic^tg  üon  i^m  unb  toenn  toir  öemel^men,  bafe  er  826  für  40 
ba^  Älofter  ©t.  SKcbarb  in  ©oiffon^  bie  ©ebcinc  bee  SWärt^rer^  ©t.  ©ebaftian  ertoorben 
bat,  fo  fc^eint  c^,  afö  i}aU  er  bem  ^uQt  ber  ^c'it  nachgegeben.  Äarl  b.  ©r.  ^ielt  nic^t 
öiel  öon  Iran^Iationcn,  bod^  tourbe  ba^  anber^  unter  Subtoig  b.  %i.,  ber  bem  @influ| 
Senebift^  bon  Slniane  folgte.  3SicI  mäd;tiger  ift  .v^ilbuin  baburc^  getoorben,  bafe  er  eine 
vita  Sancti  Dionysii  fd^rieb.  @inc  bt^jantinifc^c  ©efanbtfrf^aft  be^  Äaifer^  3)li^ael  93al-  45 
bue  bxadjU  827  bie  SBcrfe  bc^  S^iont^ftue  3lreo^agita  aU  ©cfc^ent  Subtoig  b.  ^.  mit. 
2!/iefcr  überliefe  fie  bem  §ilbuin,  al^  bem  9lbte  Don  ©t.  3^eni^.  3)a  im  Slbenblanbe  nur 
tpenig  Seute  griec^ifc^  berftanben,  fo  ijeranlafete  Äarl  ber  Äa^lc,  ber  fic^  fe^r  für  Silbung 
intereffierte,  ben  drigena  ©cotu^  um  850,  bafe  er  bie  2ßerfc  be«J  2)ioni;fiu^  2(reoj)agita 
in«  Sateinifc^e  überfe^te.  60 

5m  3a^re  835  erhielt  .sMlbuin  Don  Subtoig  b.  gr.  ben  3luftrag,  ba^  Seben  be^  ^l. 
lion^ftu«  ju  fc^reiben^  bem  fid)  ber  ßaifcr  ganj  befonber^  bervflid^tet  füllte.  3!)iefe 
Slrbeit  ^ilbuin^  ift  nun  baburc^  toic^tig  getoorben,  bafe  er  ben  1)1.  2)ionl;fm^  unb  ben 
5Eion^fiu«  3lreo>)agita  ai^  ein  unb  biefclbc  ^crfon  betrachtete.  Dbgleid^  fd^on  nic^t  alle 
3eitgenoffen  bicfe  3(nficf>t  teilten,  fo  fiegte  bod^  .^pilbuin^  3Heinung.  2)a^  ganje  3)littelalter  66 
blieb  in  bem  3^""^  befangen,  ben  erft  Saurentiu^  ^aüa  unb  ©i^monbi  aufbedften  (f.  b. 
a.  3o^anne^  ©cotue).  3^icfe^  SBerf  Derfafetc  .«nilbuin  nac^bem  er  feine  j)olitifd^e  JRoHe 
ou^efjjielt  ^atte.  -  'Ji^ie  fd;on  bcmcrtt,  tourbe  er  819  ober  822  (Sr^fajjcllan.  i]^mn  xi) 
nun  annelf^me,  bafe  er  eö  822  tourbe,  fo  fü^re  id)  bafür  folgenbe^  an.  Gr  geborte  al^ 
2.<ertoanbter  be^  laif erliefen  A^aufeö  bem  Greife  fräntifc^er  .sjerm  an,   bie,   toie  er,  ju  ber  v*) 


74  ^Ubitiu  ^iOri 

rcgtcrenbcn  ^amilic  gehörte«.  6^  tüarcn  ba^  äbal^arb,  SBala,  2)ro0O  unb  .§U0O.  2ltö 
fte  im  3jö^^^c  822  am  ßofc  bic  Dberl^anb  erlf^ielten,  mu^tc  e^  il^ncn  toid^ttg  fem,  einen 
©efmnung^öenoffen  aU  erjfaj)cttan  alfo  aU  Äultu^minifter  bort  ^u  tüiffen.  6ie  alle  tooDten 
bie  (Sin^eit  ber  SKonarc^ie   erhalten.    2)e^^alb  iüurbe  ipilbuin,  Ipie  aud^  ade  Diefe  §erm 

6  in  ben  Äam})f  Subtoig^  b.  %x.  mit  feinen  Söhnen  Uerhjicfelt.  6r  toerlor  bobei  830  feine 
©teile  ate  6rjfa})eIIan,  unb  mar  eine3cit  lang  in  ber  Slbtei  Sorbe^  gefangen,  ^a  man 
na^m  i^m  831  auf  bem  Sleid^^tage  ju  Slac^en  feine  älbteien:  ©t.  3)eni«,  ©t.  ©ermain 
be^  ^r^  ju  ^ari«,  ©t.  3MÄarb  in  ©oiffonö  unb  ©t.  Duen.  Slber  balb  fourbe  er  toon 
fiubtüig  b.  ^.  begnabigt  unb  erhielt  einige  jener  älbteien  hjieber.    SQäeber  ©imfon,   nod^ 

10  9?oorben  unb  ©c^röriS  l^aben  mel^r  aU  bie  Ij^atfac^en  beigebrad^t,  bie  naiveren  ©rünbe  aber 
nic^t  Ilar  legen  lönnen.  ©eitbem  finben  h)ir  §itbuin  nid^t  toeiter  in  bem  ^ßarteilamjjfe, 
fonbern  er  toibmete  ftd^  feinen  geiftlic^en  5Pflic^ten.  3""^^f*  reformierte  er  feine  Slbtei 
unb  foH  and)  ba  erft  fein  5Kön^^elübbe  abgelegt  l^aben.  @r  ftanb  mit  Subhng  b.  ^. 
unb  3ubit^  gut  unb  erhielt  mehrere  $rit)ilegien  für  fein  Älofter.  2)en  lob  Subtoig^  b.  %v. 

16  erlebte  er  no^,  benn  er  ift  erft  am  22.  9lot)ember  840  geftorben.  8foS- 

^tBcI.  —  filtteratur:  lieber  bic  Schule  ^\M^  bbti  n^n  unb  bie  ©*ule  ScöammaiS 
ögl.  ^b.  8(^10015,  3)ic  ÄontroDerfen  ber  6c^ammaiten  unb  i£)incliten  I  [2)ie  ©rieidjtcrungen 
ber  @*.L  ÄarlSrti^e  1893  (HO  ©.);  ©d)ürer,  ÖJefcfi.  *II.  297 f.  =  »361  f.;  Äbr.  ®eiger, 
3)0«  gubcnt^um  unb  feine  ®efd|id)lc,  2.  9(uff.,  93reglau  1865,  I,  99—107:  $>.  ©räf,  ©et*. 

20  ber  guben,  2.  9lufl.,  fieipj.  1863,  III,  172;  Örrj.  S)eli0f(ö,  3eM  unb  4)iacl,  Erlangen  1866; 
8.  «ufl.,  1879;  «lej.  ^if4,  ficbcn  unb  Söirfen  Riffel  beä  (Srften,  3Bicn  1877  [unbcbculcnb] ; 
®.  ®oitein,  ^ng.  f.  bic  ^Iff.  beö  Subt.  1884,  1-16.  49—87;  ®.  SBatftcr,  3)ic  %aba  ber 
Xannaiten  I,  Strasburg  1884,  @.  4—14;  15.  @d)ürer,  ©cf«.  bc«  jüb.  ^olfeg  im  Beitaltcr 
3efu  (Jferlfti  *I1,  295—299  =  »359-363. 

26  2)er  9lame  §illete  toar  noc^  im  anfange  be^  jtebenten  3<J^rj^^E>"t^  ^J"  i"  ßj^riftcn^ 
Ireifen  tüenig  genannter,  ©a  öerl^alf  i^m  1863  ^u  fc^nettem  Selannthjerben  ß.  SHenan 
burd;  fein  Vie  de  Jesus  betitelte«  ^^antaftegemälbe,  in  toelc^em  ^  u.  a.  f)Äit:  „Qx 
[3efug|  fd^lo^  ftd^  jumeift  an  ^iHel  an.  ,,^illel  l^atte  50  ^a^xc  öor  i^m  3[t)|iori«men 
au^ef^roc^en,  toelc^e  mit  ben  femigen  toiel  S|nlid^feit  l^atten.     Vermöge  feiner  bemütig 

30  ertragenen  Slrmut,  ber  ©anftmut  feine«  G^arafter«,  ber  D>)>)ofttion,  bie  er  ben  5ßrieftem 
unb  .g)cu(^lem  machte,  Wax  §illel  eigentlid^  ber  toal^re  Seigrer  ^^^n,  ft)enn  man  ba  toon 
einem  Seigrer  fjjred^en  fann,  h)o  e«  ft^  um  eine  fo  erhabene  Originalität  ^anbelt".  5Rod^ 
toeiter  ging  1864  abr.  ©eiger,  nac^  beffen  anficht  ^illel  „ein  echter  Sleformator"  ift 
(Subentum  u.  f.  ©ef4  I'  [1865],  ©.104:  „Seftaurator  ober  ein  ^Reformator  be^^ubem 

86  tum«";  106:  „reformatorifc^e«  SSBirfen  ^iHel«";  109,  151),  toäl^renb  er  gefum  „einen 
5ß^rifäer"  nennt,  „ber  in  ben  Söegen  ^iHcl«  ging"  (©.  117),  unb  toon  unferem  ©rlöfer 
fagt:  „einen  mnm  ©ebanlen  fj^radft  er  Ieinc«toeg«  au«"  (baf.).  2)a  biefe  Beurteilung 
$ittel«  unb  feine«  3?er^ältniffe«  ju  S^fu  ben  ^uben  ba«  »Jeftl^alten  i^re«  ©egenfo^e«  gum 
E^riftentum  fe^r  erleid^terte  unb  i^rer  ßigenliebc  fd^meic^elte,  ^at  fte  [xd)  rafc^  S5al^n  gc^ 

40  brocken,  togl.  g.  93.  Sßeife,  ©efc^.  b.  jüb.  Irab.  I  (1871),  ©.  233:  ir^*^"!«  l-^-r:  dö^ 
trcnn  n^in  nr:N  ■':d  ns:-::  [^efuj ;  ©man.  ©c^reiber,  2)ie  $rinji»)icn  be«  ^ubentl^um«, 
fiei))^.  1877,  ©.  8  (togl.  ©.  25:]):  „3efu«  —  ber,  en  passant  oemerft,  nur  bie  Seigren 
i^ittel«  toerbreiten  iPoHte" ;  Äifc^,  §iBcl,  ©.  4 :  §.  f)aU  bie  gel^re  in  ^^xad  „jum  mäc^= 
ttgen  2eben«baum"  erftarfen  gemad^t,  „ber  feine  SEBur^eln  über  bie  gan^e  6rbe  au«ftrecfte, 

45  in  beffen  ©chatten  fid^  aber  auc^  ^eute  bie  ganje  gefittete  SBelt  birgt".  2)a^  burt^  ber^ 
artige  3lu«fj)rüd)e  §.  ungebül^rlid^  überfd^ä^t,  g^fu  einzigartige  Scbeutung  toöHig  toerfannt 
ft)irb,  ^at  2)eli^fc^  in  feiner  3Jlonograj){?ie  „Sefu«  unb  Rillet"  überjeugenb  barget^ian. 
©egen  bic  3lnnal^mc  einer  Secinfluffung  ^efu  burd^  §.,  ber  aUerbing«  „faum  noc^,  aber 
bod;  noc^  eine  toordt)riftlid)c  ©röfee"  mar,   fjjtid^t  nidbt  nur  ba«  %t^m  jebe«,   fei  e«  nod^ 

60  fo  unbebeutenbcn  ^^ugniffe«,  fonbern  aud^  bie  bei  gcnauer^Setrac^tung  beutlid^  fid^  jeigenbc 
toöUige  SSerfc^iebenl^eit  ber  3!)cnfmeifc  Seiber. 

§illel,  5um  Untcrfd^iebc  toon  anbercn  ^^crfoncn  bcefclben  9?amen«  fc^on  in  ber  SKifc^na 
ha-zaqen  „ber  Sitte"  genannt,  ftammtc  au«  einer  armen  bab^lonifd^cn  ©tulantenfamilie, 
bal^er  aud^  ha-Babli,   bie   il^rcn  Stantmbaum   auf   ben  Mönig  ^atoib   jurüdfül^rte   (jer. 

66  SCalm.  la'anitl?  4,  2,  «(.  OB,  1;  Scrcfc^ill^  »iabba,  Slbfcbn.  98).  SDiefe  Überlieferung  ift 
aber  nid^t  rid)er,  f.  Revue  des  6tudes  juives  XXXI  (1895),  202—211;  XXXIII 
(189()),  14:]  f.  ^ad)  ©ipl^re  ju  3)t  34,  7  (l>(u«g.  to.  ^ricbmann  150*)  l)atte  er  fc^on 
ein  2llter  toon  40  3^^^^'"^  ^^^  ^^  ^"^  f^^^^^  §eimat  nacb  ^aläftina  ioanberte,  um  ft^  in 
^erufalcm  bem  ©tubium  ber  ©cfc|c«funbc  ^u  ioibmcn.    ©eine  xHrmut   nötigte   il^n,  ftc^ 

m  al«  'iagli)l|ner  ju  tocrbingen.    äBic   bie  Sarajtl^a  ^oma  35  ^   erjä^lt,   toertoenbete  er  bic 


.^iHcI  75 

.C>älftc   feiner  ßtnna^me,   ein   Xroj)aifon   (Victoriatus  =  '/i  3)enar   oba  35  ^f.),  ju 
jeinem  ober  feiner  Äamilie  Unterhalt;  bie  anbcre  ^älfte  beanjj)ruc^le  ber  §au^nicifter  bcö 
öon  i^m  befud^ten  Öet^  ^a=mibrafd;,   in  hjcld^em  bamafe  ©d^emoTja  unb  2lbtalion,  bic 
berül^teften  ©efefeeöfenner  i^rer  ^c\i,  iBorträge  hielten.    Sil«  er  eine^  Slbenbö,  am  %aQC 
obne  SSerbienft  geblieben,  ben  §auemeifter  ni^t  bcj^al^Ien  fonnte  unb  ba^er  toon   biefem  6 
^lirücfgehjiefen  tourbe,  flettcrte  er  gu  bem  in  ber  flauer  befinblid^en  ^^nfter  em})or,   um 
öon  bort  au^  ben  ©i^fuffionen  ju  laujd^en.    3!)ie  SBinterfätte  aber  —  e^  toar  im  3Konat 
2ebetl^  (2)ej.;3ön.)  —  lie^  i^n  m  ßrftarrung  DerfaDen,  fo  ba|  er  balb  bom  ©(^nee  be^ 
bedt  h)urbe.    6rft  in  ber  ^^c  be^  näc^ften  SWorgen^,  mt^  ©abbatl^^,  gctoa^rte  man 
ben  UnglüdEIic^en,   l^olte  i^n  eilig  ^erab  unb  brachte  i^n  burc^  angeftrengte  Semül^ungen  lo 
toieber  jum  geben;   benn  „er  fei  e^  toert,  ba^  man  um   feinettoiticn  ben  ©abbat|>   ent« 
toei^e".    Sei  fold^em  SBiffenöburfte  ertoarb  er  ftc^  aufeerorbentlic^eÄenntniffe;  boc^  i[t  bie 
Semerhmg,  er  l^abe  au^  bic©j)raci^e  ber  Serge,  Kräuter,  a:iere  unb  2)ämonen  öerftanben, 
nic^t  tüörtlici^  gu  nehmen  (©o})(;erim  16,  9;  ögl.  bie  3lu^abe  Don  ^od  3KüBer,   2ci})jig 
1878,  ©.  219).    Unglaubtoürbig  ift  bie  2lngabe,  er  fei  an  ©teile  ber  untoiffenben  Sen§  i6 
Set^era  «""rn  -^rs  ^um  5ßräfibenten  be^  großen  ©^nebrium^  gemacht  toorben.  ®egen  bie 
auf  ungenügenba  jübifd^er  Irabition  rul^cnbc  3lnna^me,   bie  fünf  „5ßaare"  ^^^"^t  (Mittel 
unb  ©^ammai,  unb  i^re  Vorgänger)  feien  ^räfibenten,  bejio.  3Sice]präfibenten  im  ©^ne^ 
brium  getoefen,  f.  Slbr.  Äuenen,  ©efammelte  älb^anblungen  jur  bibl.  3öiff.,  ^eiburg  i.S. 
1894,  56—61;  ©c^ürer,  ©efc^.  be^  jüb.  SSolfeö  *II,   155—158  =  »202—206.    5Ki(^t  jo 
au^reic^enb  fmb  bie  (Segengrünbe  toon  3).  ^offmann   in  ber  Slbl^anblung  „®er   oberfte ' 
©cric^t^^of  in  ber  ©tabt  be«  §eiligt^umö"  (gal^reeberic^t  be^  9labbiner5©eminar^  für  bo^ 
ort^oboje  Subentl^um  pxo  5638  [1877/78J,  Serlin).  Qx  foU,  toie  9Kofe  unb  SR.  äfiba  ein 
aitcr  toon  120  Sauren  erreicht   ^aben  (©i})^re  a.  a.  D.,  Screfc^it^  SRabba  äbjd^n.  100). 
—  Slber  nic^t  nur  toegcn  feinet  ©trcben^  nac^  Söiffen  berbient  §illel  2ld)tung,   fonbem  26 
au(^  iüegen  feiner  großen  ^lerfönli^en  ©ebulb  unb  ©anftmut,  bie  er  in  SBort  unb  3Berf 
bct^ätigte.    2)ie  ©Jjrüd^e   ber   i^äter  ($irle  3tbot^  1,  12—14;   2,  4»>— 7)   unb   anberc 
Duetten  !;aben  \xn^  manche  fc^önc  ©entenj  mit  ^illel^Jlamen  beloa^rt;  mand^e^  Seif>)iel 
für  ba^  SSorl^anbenfein  ber  genannten  ßigenfd^aften  bei  i^m  ift  im  lalmub,  bef.  ©abbatl^  31, 
berichtet  (ber  9Kann,  hjeld^er  um  400  ©ug  [2)enare|  ioettete,  ba^  er  im  ftanbc  fei,  §ittel  ao 
in  3«>^  jw  bringen,  unb  bie  SBette  berlor;   ber  ,^cibe,   toeld^er  5ßrofeI^t  toerben  hjottte, 
toenn  er  nur  bie  gefc^riebene,  nic^t  bie  münblid^c  Se^re  amune^men  brauche;    ber  §eibe, 
toelc^er  jum  ^ubentum  überzutreten  bereit  toar,  ioenn  er  .^ol^ejjriefter  loerben  tüürbe,  u.  a.). 

§iuefö  ©utmütigfeit  aber  ging  über  baö  richtige  3Wa|  ^inauö.  ©o  toirb  Äetl^ubot^  67  ^ 
erjä^lt,  ba^  er  für  einen  Verarmten  Slcid^en  nid^t  nur  ein  $ferb  unb  einen  2^rabanten  ge=  36 
mietet  ^abe,  fonbem  aud^,  ate  einmal  ein  Säufer  nic^t  ju  ^aben  toax,  felbft  brei  3Kiglien 
toor  i^m  hergelaufen  fei.    3^  ft)gar  gur  SSerle^ung  ber  Söa^r^eit  liefe  §.  burc^  feine  ^e* 
beneliebc  fid^  herleiten,  Seja  20*.  —  Setrac^ten  toir  nun,   toie   ^ittelö  3Ser^ältni^  gum 
©efe^e  in  ben  Duellen  gefqilbert  toirb,  fo  erfennentoir  balb,  bafe  er  auf  ben  ß^rennamen 
SHeformator  feinen  2lnf})ru4  machen   fann,  bafe   feine  Stuffaffung^ioeife  eine   „tafuiftif(^e  40 
unb  national-beengte"  toar,  bie  mit  ber  3^fu  ftd;  in  feiner  SSeife  meffen  fann.  2)ie  fieben 
^ermeneutifc^en  Siegeln  ober  SÖlibbot^,  toelc^e  auf  6.  jurüdfgefü^rt  toerben  (f.  meine  ©in« 
lätuna  in  ben  2:almub\  2eit)jig  181)4,  ©.  99 f.;  ©d^ürcr,  ©efd^.  ^11,  275 f.),  fmb  nic^t 
l>on  i^m  erfunben,   fonbem   er  ^at  nur  baö   bamal^  übliche  SeU^ci^üerfa^rcn   in   biefen 
Sä^en,  bie  rid^tige  ©ebanfen  enthalten,  mit  beren  .s)i(fe  aber  aurf>   logifc^  Unbegreifliche^  46 
beloiefen  loerbm  fann  unb  beiriefen  tourbe,  jufammengefafet.    3)en  ©eift,  in  h)eld;em  bie 
^lac^ifc^m  3)i^fuffioncn  jener  ^cit  geführt  tourben,  crlennt  man  gut  au^  bem  berül^mtm 
©(^ulftreit   über  ba§   ©   (Deli^fcb  ©.  20—22).    2öie   man   ben  5J]ro^boI   (jigoopokrj 
2)Hf(^na   ©d^ebi'it^   10,  3.  4),   burd>   n)eld>en   ba^  ®efe§  Dt  15,  1.  2   faftifd^   befeitigt 
tourbe,  für  ba^  SBerf  cineö  9kf ormator«;  erf lärcn  ,^u  bürfen  geglaubt  ijat,  ift  unberftänbli(|.  co 
Unb  eine  h)ie  nicbrige  Sluffaffung  ber  C5^e  ift  e^,  tocnn  ber  ©c^eibung^mnb  "■'"^^'  "^"^ 
2)t  24,  1  t)on  $illelö  ©d^ulc  gebeutet  irirb:   „auc^  fd[>on,  iocnn  bie  grau  ba^  6ffm  ber« 
brannt  ^at"  (aJlifd^na  ©ittin  9,  10)!    ^Ittcrbing^  I;at  3.  2)erenbourg,  SKonat^fc^rift  für 
©ef4  unb  SBiff.  be«  Jiubcnt.  1880,   ©.  180,   biefm  ©a|  für   „©c^er^"   unb  „©J^afe" 
erflärt.    2)agcgen   mit  Siedet  33en  ©ceb,   ^^süb.  i^itbl.  1880,   ©.  115,  barauf  Soeto^   in  66 
-7T:rrn  r-ip-  «ßl.  105ff.  bcfonberö  auf  5.krcfd;itb  diabba  17  mwci\t. 

3Kit  befonberem  9Jad>brud  ift  oon  jübifc^er  ©citc  barauf  ^ingetoiefcn  ioorben,  bafe 
ber  au^fj)mc^  3^f"  (3)U  7,  12):  „9lttc^  nun,  ba<ö  iljr  tooUet,  bafe  eud;  bie  Seute  tl^un 
fotten,  ba^  tl^ut  i^r  il;nen  aud);  ba^  ift  ba^  ©efe^  unb  bie  $ro})l;eten"  fd^on  Dörfer  Don 
.§ittel  Qti^an  ioorben  fei.    2lber  crftcn^:   ber  ©})rud;  ift  Uiel  älter  alö  §iflel,  f.  Jobia^eq 


76  ^tOd  ^iOtr 

4,16;  j;h)ctten^:  fclbft  hjcnn  aUc  moraltfc^en  ©ifta  ht^^lZ  ftd^  bei  älteren  (NB)  jübifcbcn 
Slutoritäten  nac^tücifen  liefen,  trärc  bamit  nodj  teineehjegö  bie  auf  gan;;  anberem  ©ebietc 
liegenbe  Drtginalität  unb  ehjige  Sßa^rt^eit  be«  Sf;ri[tcntum^  triberlegt.  Slud^  abgefe^en 
toon  biefer  aÖgememen  Semerfung  ^at  bie  Sergj)rebtgt   in  bem   toorliegenben  ^Üe  (nur 

5  biefen  betrauten  tDir,  toeil  auf  \f}n  befonber«  oft  refurrtert  toirb)  feinen  Sergleid^  m 
fctfeuen.  (Sin  §eibe,  fo  toirb  ©abbat!)  31  *  erjä^lt,  lommt  ju  ©d^ammai  unb  üerfj^ric^t, 
$rofelt;t  JU  toerben,  toenn  er  ba^  ganje  ®efe^  auf  ßinem  gu^e  ftef;enb  lernen  fönne. 
©d^ammai  treibt  i^n  entrüftet  ^intüeg.  3!)er  §eibe  fommt  ju  ^illel.  3!)iefer  ertoibert 
auf  biefelbc  3lnrebe:  „SBJa^  ©ir  öer^a^t  ift,   tl^ue  ©einem  Diäc^ften  nic^t  —  bie«  ift  ba« 

10  ganje  ®efe$,  ade«  anbere  ber  Äommentar  baju:  gef^e  ^in,  ba«  lerne!"  ^r  §.  gi>)felt 
alfo  bie  jübifc^e  Sieligion  in  einem  3Horalfj)ruc^e,  ber  in  biefer  So^eriffen^eit  öon  allem 
©öttlic^en  and)  in  bebenflic^er  SBeife  Uerftanben  iüerben  fann.  —  3^"  9tuöf})ruc^  ^in= 
gegen  „ftel^^t  in  tiefem  religiöfem  3ufö"^"^^'&önge,  inbem  bie  ^flid^t  ber  Släc^ftenliebe  au« 
ber  barmherzigen  Siebe  (Sottet  al«  bem  3Sorbilbe,   bem  toir  ä^nlid^  iüerben  muffen,   l^er^ 

16  geleitet  h)irb".  3Biß  man  ^iUel  unb  '^Q\\im  dergleichen,  bann  fe^e  man  neben  ^illete 
augfprud^  bie  Slnttoort,  toel^e  3efu«  (W  12,  29  ff.)  auf  bie  ^age  erteilt,  toelc^e«  ba« 
toomel^mfte  (Sebot  toon  allen  fei.  $.  ß.  ©trocf. 

^tOer^   ft)ürtt.  ©ic^ter^    unb   3:l^eologen'familie.    —    Sitteratur:  ad  1. 

@oI.  $fifter  im  Hierophyticon  Utredjt  1725;  ad  2.  ^orrebe  ju  „5)enfmQl  ber  @rfenntni8" 
20@tuttflQrt  1711;    ^od),   ©efc^ic^le   bc8  ÄircftenliebS   2.  ?l.  IL  186;    3.«.  V,  59ff.;    ad  3. 

D.  2rr.  ^örncr,   9?Q(^rid)ten    üon  Sieberbicfttern  be§  ^liig^b.  ®e[angbu4S,    2.  91.,   ©(ftiuabac^ 

1775,  @.  119— l'J9;    ^og.  gr.  JRooS.   S^riftl.    4)auöb.,    ^Jürnberg  1808,   SSorrcbe    @.  V; 

?llb.  ^mpp,  e^riftoterpc  1842;  berf.,  «Itmürttcmb.  6^ara!tcre,   Stuttg.   1870,  @.  78—142. 

ficbenöabri^  in :  ^ö.  fjr.  $.§  fämtliie  geiftlicfte  Sieber,  fterouSg^  t»on  S^.  6ör.  @ber^.  Sämann, 
26  9fJeutl.  1844;    (£b.  ©m.  Äocft,  in  ^ipcrg  (So.  Äalenber  1853,  @.  199 ff.;   bcrf..  ©eft^icfttc  bcö 

IKr^enliebS,  1  «ufl.,  ©b  I,  314  ff.,  2.«.  II,  225ff.,  3.  91.  V,  107ff.;  JJ.  $ipcr,  Beugen  ber 

Salftröcit,  IV,  466  ff.;  3iiL  ©ogeninann  in  gb^ft  1870,  207  ff.;  ©ert^cau  in  WbÖ  12,  425ff.; 

©.  aiouä,  SBürtt.  Säter,  Stuttgart  1887,  I,  257 ff. 

1.  3)latt^äu«  §iller,  geft.  1725,   einer   ber   erften  Drientaliften   be«  vorigen 

80  Sfl^t^unbert«,  geboren  in  Stuttgart  15.  g^bruar  1646,  1677  2)iafonu«  in  §errenberg, 
1685  Älofterj)räje^tor  in  Sebenl^aufen,  1692  $rofeffor  ber  l^ebräifc^en  ©})rac^e,  1698  ber 
2:i^eologie  in  a:übingen,  1716  3lbt(^rälat)  in  Äönig^bronn,  h)0  er  S.gebruar  1725  ftarb. 
äu^er  toerfd^iebenen  fleineren  ©c^riften  ^ur  ^ebräifc^en  ©rammatif  unb  ben  biblifc^en  Sflters 
tümem,  jur  ©jegefe  be^  91  unb  31%^  tüaren  gu  feiner  geit  berühmt  fein  ^ebräifc^4ateinifc^e« 

86  Sejifon,  feine  ©c^rift  de  arcano  Keri  et  Kethib  (1692),  bie  SBagenfeil  fogar  für 
inf})iriert  erHärte;  fein  Onomasticon  sacrum  (1706),  eine  ett^mologifd^e  (Srflärung  ber 
biblifc^en  (Eigennamen,  unb  fein  Hierophyticon  (1725),  eine  (Srflärung  ber  biblifd^en 
^flangennamen.  —  2.  griebrid^  Äonrab  .filier,  Sieberbid^ter,  geboren  1662  in 
Unterötoi^^eim  bei  Srud^fal,  Surift,   langjähriger  l^erjoglid^er  Äangleiabtoofat  in  ©tuttgart, 

40  gejtorben  bafelbft  1726,  bietete  172  geiftlic^e  Sieber,  tüorunter  g.  S5.  bie  Äemlieber  ^d) 
lobe  bid^,  mein  2luge  fc^auet;  D  ^^erufalem,  bu  fc^öne;  Stülpet  iüo^l,  il^r  2^otenbeine, 
gefammelt  ^erau^egeben  unter  bem  iitel :  2)enfmal  ber  ßrfenntni^,  Siebe  unb  Sob  ®otte« 
in  neuen  geiftlid^en  Siebem",  ©tuttgart  1711.  —  3.  ?ßl^ili})))  griebric^  filier, 
Sieberbic^tcr,  geboren   6.  Januar  1699   ju  3Hübl^aufen    an  ber   @nj   afö  ^farrer^fol^n, 

46  gebilbet  in  ben  Äloftei-fc^ulen  2)enfenborf  (unter  SengeO  unb  3HauIbronn  unb  bem  Tü- 
binger ©tift,  nad^  me^rjä^riaer  33ifariat^jcit  .sjauöle^rer  in  9lünibcrg  (1729—31),  too  er 
fämtlic^e  (Sebete  be«  Stmbfcben  „$arabie^gärtlein^"  in  Sieber  brachte  unter  bem  litel: 
3ol^. Slmb^^arabieögärtlein  toon  neuem  angelegt,  l.u.  2.3^1.  9Jümbg.  1729,   3.  u. 

4.  3:eil  bafelbft  1731;  1732  ^faner  in  9Je(fargröningen,  1706  in  aJlü^l^aufen  a.  ©ng, 
60  1748  in  ©teinl^eim  a.  2llbud^,  Wo  er  am  24.  3l^ril  1769  ftarb.    2)iefer  le^te  Ort  feine« 

SBirfen«  \vax  für  i^n  eine  befonberc  Ärei^e^fd^ule,  ba  er  feit  1751  feine  ©timme  faft 
toöllig  toerlor  unb  fein  ^itmt  auf  ber  Mangel  nid^t  me^r  üertüalten  lonnte.  Um  fo  lauter 
unb  nad^l^altiger  toirfte  „ber  ftimmlofe  Pfarrer"  burc^  feine  jabtreic^en  Sieber  (im  ganjen 
1073),  beren  meifte  unb  befte  in  biefer  ^c'xt  inelfad^er  äußerer  unb  innerer  Slnfe^tung 
56gebid^tet  finD.    ©ie  finb  niebergelegt  in  feinem  „(^kiftlid^en  Sieberläftlein";    1.  2^cil: 

5.  gum  Sobe  ®otte«,  beftel^enb  an^  366  Meinen  Oben  über  biblifc^e  ©Jjrüc^e,  ©tuttgart 
1762;  j\h)eitcr  3:eil :  Setrad^tung  be«  lobe«,  ber  ^^funft  G^rifti  unb  ber  ©toigfeit,  baf. 
1767.  Slufeerbcm  öerfafetc  er  nod>  ein  „Seben  ^q]\i  (Sl)rifti"  in  2lle]ranbrinem  (1.  Seil 
^eilbronn  1752,  2.  3:eil  Tübingen  1752);  furjc  unb  erbaulicfje  3(nbad)ten  bei  ber  Seidjit 

«10  unb  bem  l^eiligen  2tbenbmabl  (Xübingen  unb  ©tuttgart  o.  3al;r) ;   ^Korgen^  unb  2tbenb- 


^tQer  ^iltalittger  77 

anbackten  naä)  bein  ©cbet  be^  §errn  (©tuttgart  1785);  enbUc^  ein  j)ro|aifc^e^  SBcrl: 
Sßcue«  ©vftem  aller  SSorbilbcr  3efu  Sf^rifti  burc^  ba«  ganje  as  in  jtoci  2:cilen  (©tutt* 
gart  1758—68).  Se^nbcn  fic^  glcid^  unter  ber  großen  3Kaffc  feiner  2)ici^tun0en,  bie 
R.  Gl^r.  6b.  ermann  gebammelt  ^^txani^ab  (f.  o.),  aud)  manche  matte  Sleimereien,  |o  jeidj^nen 
fic  fic^  boc^  ber  3Ke^rga^I  nad)  au^  burd^  Irarme  3""igi«it^  «c^te  SSoIfötümlic^feit,  be=  6 
fonben^  aber  —  eben  im  (Seift  ber  Sengelf^en  ©d^ule,  beren  ßauptfänger  er  ift  —  burc^ 
biblifd^e  ßinfalt  unb  gefunbe  ©c^riftmäfeigieit.  3)urc^  biefe  etgentümlic^feit  ift  er  in«« 
befonbere  ber  geiftlic^e  2iebling^bi(^ter  be«  eüangelifc^en  3llth)ürttemberg  geworben;  fein 
8ieber!äftlein  ift  ^ier,  unb  jtoar  bei  ben  üerfd^iebenften  religiöfen  Parteien  in  jai^Uofen 
äu^aben  verbreitet  unbgente^t  unter  ben  ßrbauung^fd^riftcn  ber  lut^erifd^en  Rircpe  näd^ft  lo 
ämb^  „toabrem  S^riftentum",  h)oI;l  ba^  größte  3lnfe!;en.  Äemlieber  h)ie:  ©ie^  bein 
Äönig  !ommt  ^u  bir;  2Bie  lieblid^  flingt^  ben  D^rcn;  3«fu^  6l^riftu«  ^errfd^t  ai^  Äönig; 
SJlir  ift  grbarmung  toiberfabren ;  ffiie  gut  ift'«,  Don  ber  ©ünbe  frei;  6«  lammre,  h)er 
ni(^t  glaubt;  2)ic  Siebe  barf  too^l  toeinen;  3Bir  toarten  bein,  o®otte«©o^n,  finb  h)O^I 
in  bie  meifteit  beutfc^en  ©cfangbüc^er  übergegangen;  ba«  toürttembergifc^e  toon  1841  jäl(^lti6 
unter  651  2iebem  51  Don  bem  „fc^toäbifd^en  ©erl^arbt".  ^cnttaim  ^ofa)i)i. 

^tltaltngcr^  3;ol^ann,  geft.  1392.  —  9R.  gr.  9lnton.  ^ö^n,  Chrouologia  pro- 
vinciae  Rheno-Suevicae  ordtuis  f.  eremitarum  s.  p.  Augustiui,  sSüvjburg  1744,  ®.  65 ff.; 
J.  Trithemius,  De  scriptoribus  ecclesiasticis,  Colon.  1540,  S.  293;  Qo.  gel.  Dffinflcr,  Biblio- 
theca  Augußtiniana,  Siigolftübt  u.  5lugeburg  1768,  ©.  440f.-  3-  5llb.  gobviciu^,  febliotheca  20 
I^tina  mediae  et  infimae  aetatis.  Vol.  Iv,  ^aiiib.  1735.  6.149  unb  277;  ^ertn.  4>öupt, 
Soöanncä  ^QÜan,  in  8TO  VI.  3H4ff.;  58*2;  bcrf.,  3)aS  @ct)iöma  be«  ouSgciienben  14.  3a^v^. 
in  feiner  einiuirfumi  auf  bie  oberrljcin.  fianbfd)aften,  in  ber  S^iUcfir.  f.  b.  öJefd).  b.  Ober» 
röein^  9ig  V,  291/296,  318f.;  9?5  VI,  8.212,  231;  (£.  (Subel,  3)ie  Provisiones  praela- 
torum  roö&rcnb  be«  großen  84iöma§,  in  ber  SRÜS  f.  c^riftl.  ^lltcrt.^Ä.  u.  Ä®  S5b  VII  25 
(1893)  @.  412  unb  SBb  VIII  (1894)  ©.261  f.;  Denifle-Chatelain,  Chartularium  universitatis 
Parisiensis  Tom.  II,  ^ariS  1891,  ©.  684  unb  Tom.  III  (1894)  6.  302,  319,  395,  411  ff. 
5)ic  eingaben  ber  älteren  bibliogravljifdjen  5Serfe  über  3.  ^.  pnb  jum  Xcil  ^ötftft  irre» 
fü^renb.  9Jbcr  oud)  nocft  .£).  4>urter,  Nomenciator  liter.  receut.  theologiae  catholicae  T.  IV, 
Oenip,  1899,  @.  555,  609  modjt  auö  .^iltalingcr  jtuei  oerfd)iebene  .^erfönlic^feiten,  einen  so 
?luguftincr  93QfiIiu§  (!)  ^iltalinger  unb  einen  ^ominifancr  3oWnn  uon  iafel  (im  Änfc^Iu^ 
an  ben  3rrtuni  Quetifs,  Scriptores  ordiuis  i)redicatorum  I,  695). 

gol^anne«  §iltalinger  (auc^  S^^^onne^  Don  ^iltelingen,  3<>^onne«  toon  Safel,  30= 
banne«  ängelu«  genannt)  toax  im  jtoeiten  ^a^rjef^nt  be«  14.  ^a^r^unbert«  ju  Safel  ge« 
boren,  tourbe  ©lieb  be«  Drben«  ber  2luguftiner-@remiten,  beren  ©tra^burger  Älofter  er  86 
längere  ^At  al«  Seftor  angehört  ^u  ^aben  f^eint,  unb  ertoarb  1371  in  ^ari«  ben  t]^eo= 
logifc^en  5Kagiftergrab.  ©c^on  frü^jeitig  trat  feine  Sebeutung  innerhalb  feine«  Drben« 
^eröor;  er  galt  al«  ber  SJertreter  unb  ^Ratgeber  be«  Drbendgenerate  I^oma«  öon  ©tra^^ 
bürg  (geft.  1357);  t)on  feinem  Orben«bruber  S^rban  bon  ©ac^fen  (geft.  1380)  tourbe 
i^m  beffen  SBerf  „Vitae  fratrum  ordinis  s.  Augustini''  geiüibmet.  Som  3a^re40 
1371—1377  befleibete  §.  ba«  Slmt  be«  ^roüin^ial«  ber  r^einifd^^fc^lpäbifc^en  Orben«^ 
t)roöinj,  gu  h)eld;er  SBJürbe  er,  nad^bem  er  unterbeffcn  al«  ©eneral='ißrofurator  feine« 
Crben«  nai^  SRom  berufen  tüorben  loar,  1379  lüiebert^olt  erhoben  iourbe.  Sei  3lu«bru(^ 
be«  großen  ©(^i«ma«  ^at  fic^  §.  offenbar  fofort  auf  bie  ©cite  be«  ©egen^jajjfte« 
Giemen«  VII.  geftcUt,  ber  am  18.  ©ej)tember  1379,  nad^bem  ber  Drben«general  ber  46 
Sluguftiner  SBonaöentura  mit  einem  2:cil  ber  Drben«font)ente  fid)  ber  Cbebienj  Urban«  VI. 
angefd^loffen  l^atte,  ^oi^anne«  §iltalinger  jum  ©enera(j)rior  be«  Sluguftinerorben«  ernannte; 
no^  1380  ^at  §.  biefe  ©tellung  betleibet.  2^em  iJienftc  be«  ^a})fte«  Giemen«  VII.  ^at 
§.  fu^  in  ber  golge  mit  raftlpfem  ßifer  gelDibmet.  ©einem  ßinflufe  toirb  e«  uigefd^rieben, 
ba^  §erjog  2eoj)olb  III.  üon  ßfterreic^  ft^  für  bie  Dbebicn^  tjon  2ltoignon  erttärte.     Sil«  60 

1388  für  ben  öfterreici^ifd;en,  jur  Cbebienj  Giemen«'  VII.  I^altenben,  SEeil  ber  Äonftanjer 
2)iocefe  in  greiburg  ein  befonbere«  ilirc^ienregiment  errid^tet  mürbe,  finben  iüir  ^o^anne« 
Öiltalinger  bafelbft  toieber^ott  in  leitenber  ©tettung  unb  al«  })ät)ftlici^en  a5ertrauen«mann. 
Jm  3a^re  1384  erl^ält  er  tjon  Giemen«  VII.  ben  Stuf  trag,  ben  Urbaniften  in  ber5ßrot)inj 
Si^cim«,  ba«  l^eifet  tüo^t  in  ben  flanbrifc^en  33i«tümem  2)oomif  unb  2;eru?aan,  entgegen*  65 
jutpirlen.  3«  ^M^"  3wf<*"^"^c"^öng  bürfte  ipof^I  aud^  bie  il^m  jugefc^riebene  grieben«ftifs 
tung  jtpifc^en  ben  ^erjogen  Uon  Sotbringen  unb  Öurgunb  gel^ören.  Sluc^  mit  ber  $arifer 
Unii>erfität  feigen  toir  i^n   in  biefer  3eit  enge  »ejie^ungen  unterhalten.    2lm  10.  Tläx^ 

1389  belohnte  Giemen«  VII.    §iltalinger«   treue  3)ienftc   burc^   feine   Gmennung   jum 
Sifd^of  öom  2omb^  {Xtp.  ©er«)  füböftlic^  toon  3luci^),   bie  i^n   inbeffen   nid^t  ^inberte,  oo 


78  ^iltalinger  giften 

am  Dbcrrl^ciu  für  bic  ©ad^c  9lt)i0non^  fortgcfcfet  ju  tüirfcn.  ©o  ftnbcn  W'ix  \l)n  1:390 
in  ©trapurg,  Wo  er  mitßrfolg  für  bcn  9lnf^(u^  bicfcr  3)iöcefc  an  bic  9lt)ignonefif(^e 
Dbcbienj  eintritt  unb  bie  ©cfangcnfc^ung  bc^  eifrigen  Urbaniften  ^^^^'^'^^^  SRalJEau 
burc^auje^en  U)ei^.  3"  ®"^^  ^^  !3a^rc^  1891  tüirb  er  Don  Slemeng  VII.  mit  bcr 
6  ©ntfcpeibung  in  ber  @^efc^eibung^=2lnge(egenl;eit  be^  3)larfgrafen  95emf;arb  I.  öon  Saben 
beauftragt.  Äurj  barauf,  toor  Df tober  1392,  ift  §iltalinger  ^oc^betagt  geftorben;  feine 
©rabftätte  ^at  er  in  ber  Sluguftinerlirc^e  ju  Jreiburg  im  ^reiigau  gefunben.  Son  feinen 
©c^riften  Serben  u.  a.  „Commentaria  in  libros  sententiarum"  erh)ä{^nt. 

^ermatt  $att)it. 

10  ^iltett,  3<^M"^/  5^^"J^^^ö"^^"^önc^  ju  ßifenac^,  geft.  c.  1500.  — 
du  eilen:  Söcric^t  eine?  ^öndjc^  au?  ^^angenfal^a  unb  5öviefe  beö  ^i)coniuö  an  iJut^cr 
ncbft  ?«ad|fc^rift  in  (6.  ^.  ^eumann)  Parerga,  Goettingae  1736  I  Hb.  III  @.  Iff.;  ba^u 
Sm  III,  305 ff.;  XIII,  163  ff.;  unb  Unfdjulb.  9Mr.  1744  S.  317;  —  Apolog.  art.  XIII 
de  vot  Mon.  (Symbol.  Söücfter  ed.  ^üUer  8.  270 ff.);    i!ut§er:  ©^^(551  25,325;  60,286. 

16  Sf.  ^cr.  u.  be  3Bette  III,  514,  522;  VI,  563.  g3riefiücc^|.  ^er.  uon  ©urf^arbt  6.  36,  136; 
Jifc^r.  fter.  uonSörftemannlll,  252;  —  CR  I,  1108,  IV,  780  [•=  Script,  publ.  propr.  I,  62 
bei  be  3Bettc  unb  Surf^arbt],  VII,  053,  999,  1006,  1112;  XIV,  841;  XXIV,  64,  225; 
XXV,  14,  80;  XXVII,  627;  g.  ^Katt^efluö,  D.  ^IKarttn  Sutt)er^  Scben;  1.15.  16.  $rcb.; 
©rief  beö 'äÄl)Coniuö  o.  21.  fjebr.  1549  on  ^^J.iSbcr  (in  P.  Jenisius,  Annabergae  Misniae  urbis 

2ohi8toria,  Drcsdae  1605,  II,  12  b.).  ^ie  l)anbfd)riftlicöe  ®cfd)id)te  ÜRafcbergcr«  über  öut^er 
unb  feine  ^c'it,  f)cr.  uon  9?eubc(fcr,  3ena  1850;  ^.  9lbam,  Vitae  germanorum  theologorum, 
Francof.  1653,  p.,3  ff. 

fiitteratur:  9Ib53  XII,  431ff.  (3ü4cr  II,  1611.  ®roM  UnimfQlIcjifon,  Scip^ig 
1735,  XIII,  98:   (Srfd)  u.  ®ruber  II,  6,  VIII,  190);   ^.  (S.  ßöfd)cr,   SSoUftänbigc   JKefor. 

26  mationS^^fta,  fieip^ig  1720,  ©.  148  (3.©.  ©öfc,  Observationes  hiet.-theol.  de  J.  Hiltenio, 
Lubecae  1706  ift  nad)  Xen^el,  Guricufe  S3ibIiot^ef,  grantf.  1706  III,  777f.  nur  (Erläuterung 
ber  @tefle  in  ber  Apologie;  Ä.  ^ngclu^,  Äurjer,  jebocft  geiüiger  unb  flriinblid)er  Scricftt  t)on 
3o^.  4)ilten  unb  feinen  feeißagungen,  granf f.  a  £5.  1597,  ^anbfcbriftlit^  auf  bcr  S3ibliot^ef  beS 
9Wagiftrot§  ju  53erliu,  entljält  fo^lic^  baöfelbe  wie  beefclbcn  S^crfafferS:    Annales  marchiae 

80  Brandenburgieae,  granffurt  a.  0.  1598,  ©.  299  f.).  Gleitete  Sitteratur  bei  91.  Xopp,  ^iftorie 
bcr  <Stabt  (Sifcno*  8.  27  f.  in  ©&.  Suncfer,  ©inc^  «noni}nti  8taat,  ^ifenadf)  1710;  ©.  ^. 
Sabriciu«,  Centifolium  Lutheranura,  Hamburg  1728  S.  18,  345,  779;  bcöf.  Bibliotheca  mediae 
et  inf.  lat,  4)amburg  1735,  VII/VIII,  @.  789. 

3ol^ann  ,§ilten  (gilben,  §ielben,  Riehen,  §iltin,  3^*^"/  3"^^"'"^)  *>on  SKeland^t^on 

86  in  ber  Sljjologie  afö  ^ro})l^et  auf  bie  Sleformation  angeführt,  feitbem  oft  ertoäl^nt,  hjirb 
unter  bie  testes  veritatis  ge^ä^It.  Sut^cr,  ber  fc^on  al^  ©d^üler  in  ©ifenad^  burc^ 
.Oeinrid^  ©c^albe  (CR  XXVII,  627  •  ,v  Äöftlin,  3Kartin  Sut^er  I,  39, 777)  öon  feiner 
§aft  gel^ört,  forberte,  nad^bem  in  Harburg  ba^  ®c\pxäi^  auf  .^ilten  gefommen,  am 
17.  Dftober  1529  (©riefe  ^er.   t)on    be  9üette  III,  514),  unterftü^t  bur(|  9»eland^t^on 

40  (CR  I,  1108)  aWvconiu^  ju  9taci^forfc^ungen  auf.  Unb  biefer  üerfc^affte  ben  Sleformatoren 
bie  getoünfc^te  älu^Iunft. 

(Seboren  im  erften  Viertel  be^  15.  Söf^^^"»^^^'^^/  angeblid;  im  ©tifte  gulba  (CR 
I,  1108  2lnm.),  trat  §ilten,  nac^bem  er  in  ßrfurt,  bcfonber^  ^^biIofo})(^ie  ftubiert  unb  in 
Sitolanb  get)rebigt  l^atte,   in  ba^  gran^i^fanerfloftcr   ju  9J?agbeburg.    3"  ^^"  Älöftem  ju 

46  2ßeimar  unb  ßifenac^  hjurbe  er  feit  1477  in  .?)aft  gel^alten.  "ülad)  bem  Sangenfal^aer 
2Rönc^  —  toieüeic^t  Sartolb  ©runjebacf)  (3Kattf;cftuö  I)  —  tüurbe  er  „t)äterli(^"  be^ 
toac^t,  bamit  er  nic^t  bon  bem  einfältigen  Solle  für  einen  ^roj)f;eten  gel^alten  toürbe. 
3lai)  anbem  W6nd)cr\,  beren  Slu^fage  SDl^coniu^  Sügcn  ftraft,  mar  er  toegen  Slu^fa|e« 
eingefd^Ioffen.    3!)ie  ^^atfad^e,  baf;  bie  SKönci^e  nicbt  mit  ber  ©Jjrad^e  ^erau^  iDottten,  bie 

60  Urtunben  über  .seilten  ju  öerbeimlid^en  fuc^ten  unb  au^  bem  bon  SR^^coniu^  eingefe^enen 
3)lanuftri})tc  bie  Slätter  auf  benen  §ilten  feine  Seiben^gefd^ic^te  er^äl^It  ^atte,  i^nau^- 
geriffen  l)aücn,  ^cugt  bafür,  bafe  er  in  fc^arfer  §aft  gehalten  iourbe,  iDcnn  er  auc^  nid^t 
^unger^  geftorben  ($eucer,  Praefatio  S.  Aiiy  ju  Omnia  opera  Melanchthonis,  Witte- 
bergae    1562)   nod^    lebenbig    eingemauert   ij't   (fo   nod^   Söttc^er,   Germania    sacra, 

66  £p^.  1874,  ©.  699).  ^ad)  bem  Serid^te  t)on 'JJJcIanc^tfjon  in  ber  Sinologie  ^at  §ilten,  im 
Äerfer  erfranft,  ben  ©uarbian  ju  ftc^  bitten  (äffen,  il?m  feine  ©c^loac^^eit  angejeigt  unb  bann 
ate  er  öon  biefem  f;art  angefahren  tourbe,  erflärt,  bafe  er  bie^  Unred^t  um  G^rifti  mitten  gern 
tragen  lootte,  mietoo^l  er  nic^t^  bem  5JJönd^tum  ?Jarf^tciIigc^  gelehrt,  fonbem  nur  noto= 
rifc^e  3Ri^bräud^e  angegriffen  i)ab^.    3)arauf   l)at   er  bie  angcfül^rte  SBei^^fagung  über  bie 

CO  Sieformation  gef})rod^en.  2)er  Sangenfaljaer  9JJöndb,  meld^cr  Slugcn^euge  feinet  Xobe« 
mar,  berid^tet,  ba^  §ilten  in  bie  ilranfenftube  gebrad^t,  im  Seifein  beg  ©uorbian  $einrid^ 


^ilteit  79 

ftunc  unb  bct  seniores  loci  (iüo^I  bcr  älteren  3)lö«c^e)  mit  ber  (e|tcn  Ölung  berfe^en 
in  gticbcn  gcftorbcn  fei.  3!)ie  Srüba  habe  er  hjegen  bc^  uon  i^m  gegebenen  Slnfto^e« 
um  3Serjei^ung  gebeten,  jeboc^  erflärt,  bafe  er  feine  äöei^fagung  nic^t  bereuen  fönne.  ®^ 
ift  fein  ®runb  nur  bie  Sluöfage  be^  3Könci^e^  p  ®runbe  gu  legen,  hjie  3lb93.  2)er  3Kön(^ 
toor  \a  nur  einen  SRonat  in  ßifenac^  unb  erflärt  au«;brüdtic^,  bafe  er  nur  ben  Slu^gang  5 
be^  ichm^  öon  §ilten  gefet^en.  Seibe  Serid^te  finb  tüo^I  ju  bereinigen,  hjenn  man  bo^ 
öon  3Rdca\ä)Ü)on  ßrjä^lte  bor  ba«  üon  bem  SKönc^e  berichtete  fe^t.  9ßir  tbiffen  ouA  gar 
nic^t,  tote  lange  3^^*  jtoifc^en  beibe«  faßt.  SJon  einer  befonber^  bebeutfamen  SBei^s 
fagung  toei|  and)  ber  9)lönc^.  §ilten^  3:obe«ia^r  ift  unbefannt.  Sutl^er  fagt,  ba^  Eilten, 
ol«  er  in  Sifena^  toar,  nod^  gelebt  f)ahi  ober  fürjlic^  geftorben  fei  (CR  XXVII,  627 ;  10 
aBaSea  60,286).  SDemnad^  toürbe  §ilten^  2ob  in  bie  legten  Sa^re  be^S  15.  ^a^r* 
^unbcrt  ober  ben  Slnfang  be^  16.  fallen. 

^ilten  l^at  Kommentare  jum  2)aniel  unb  ^ur  3l})ofal^})fe  gefc^rieben,  bon  benen  je^ 
boc^  nur  gragmente  jur  Äenntni^  ber  ^Reformatoren  famen.  5ül.  2lbam  fülf^rt  au^  il(^nen 
©tdlen  an  unb  bii}au!pi^,  bafe  bie  3)Januffri})te  im  33efi^e  toon  Slbr.  ©cultuö  getoefen;  16 
bicfer  aber  beruft  fi(^  nur  auf  ÜKeland^t^on  (Annales  evangelii,  §eibelberg  1618  p.  5). 
Se^tercr  bejeugt,  bafe  er  bie  3Kanuftrii)te  eingefel^en  (CR  VII,  1006  f.).  fiilten,  ein 
3Kann  t)on  toiffenfc^aftlic^em  ßifer  unb  mufter^aften  SBanbel,  befc^äftigte  ftc^  eifrig  mit  bem 
©tubium  ber  Sibel.  95ie  ßntfte^ung  ber  ^ärefie  leitete  er  an^  ber  ^i^aci()tung  ber  beiben 
©runbfä^e  ^er,  ba^  ber  6cbrift  feine  ©etoalt  angetl^an  toerbe,  unb  bafe  in  ber  (Sjegefe  20 
ftetiS  eine  aSergleid^ung  ber  Sc^riftfteHen  ftattfinben  muffe,  ßr  ftubierte  bie  SBeiöfagungen 
ber  ^l.  Sirgitta  unb  bie  feinet  3^'^9^"^ff^"  3^^^*^"  2id;tenberger,  beffen  Sßeigfagungen 
Sut^er  1527  mit  einer  93orrebe  ^erau^gab  (2022  621  63,  250  f.).  @r  griff  firc^lid^e 
3Rifebräuc^e  an  unb  berfünbete  auf  ©runb  feiner  aj)olali^i>tifci^en  Stubien  gro^e  llm= 
toäljungen  in  ©taat  unb  Äirc^e.  6r  beitagte  bie  Unterfc^eibung  t)on  Äleru^  unb  Saien  25 
unb  befteitt  ben  3lnfpruc^  be^S  ^a))fte^  ©tattl^alter  S^rifti  ju  fein ;  in  9lom  \ai}  er  bie 
ai)ofalV})tifc^e  §ure  unb  fejte  ba^  ©infen  ber  })ä^ftlicl^cn  5Kac^t  nac^  ^K^coniu^  in  ba^ 
3al^r  1514,  toorüber  biefer  fein  (Srftauncn  äußert,  nad)  ajleland^t^on  in  ba^  3^^^  1^16 
(CR  IV,  780,  VII,  1006  f.)  bie  ^errfc^aft  ber  dürfen  in  &\xxopa  beftimmte  er  nad) 
SDtoconiu^  für  bie  3^^  toon  600—1570,  nad^  SRelanc^tl^on  i}ai  er  bie  3Wac^t  ber  3:ürfen  so 
ol^'  be^  ©og  unb  aJlagog  (CR  XXV,  14)  in  $Deutfc^lanb  unb  Italien  auf  ba«  ^a^r 
1600  toerfünbet  (CR  VII,  999.  1006.  1112;  XXIV,  64).  33arauf  ertoartete  er  eine 
SJeformation  ber  ßl^riften^eit  unb  eine  Vernichtung  be^  5Ku^amebani^muö.  2)er  le^te 
römifd^e  Äaifer  toerbe  refignieren  unb  G^rifto  feine  3Kad^t  gurürfgeben;  nac^  bem  gatte 
Som^  toerbe  ber  Slntic^rift  erfcf^einen.  5Da«  (Snbe  ber  2yelt  berlünbigte  er  für  ba«  i^a^r  86 
1651.  3)ie  SBei^fagungen  fmb  toielfac^  angefochten  iuorben.  ©0  erllärte  ber  .^ofj)rebiger 
Äarfe  V.  ai))^.  23irtoefiu^  (Philippicae  disputationes,  Colon.  1545  ©.  Eeij  2)  bie 
SiJeiefagung  §ilten«  über  Öut^er  für  „^offen"  (toogegen  3.  33.  6art)jot),  Isagoge  in 
libr.  Symbol.  £ei})jig  1665,  p.  719),  toä^renb  ^ilten^  Drben^enoffe  ber  el^emalige 
Sc^eibergefeBe  unb  fpätere  2Bei^bifd^of  toon  Srijen,  '^^o^ann  9Jafe,  geft.  1590,  (ba«  anbere  40 
^unbert  ber  ©uangelifc^en  toal^rl;eit,  SnQolftabt  1570  ©.  228)  bie  über  bie  Xürfen  ate 
„erbic^tete  $ro})^ece1^"  ber^öl^nt.  211^  irrig  ift  feine  2Öeiefagung  aud)  toon  §eumann 
(Lutherus  apocalypticus,  ^annotoer  1717  p.  160  f.)  I^ingeftellt,  (toogegen  Unfc^ulb. 
«ac^ric^ten  1718  ©.  664  ff.). 

SRa^eberger  legt  §ilten  nod^  ben  2lu^fprud^   in    ben  2Jlunb;    Sub  Leone  exoritur  45 
Hieremita,  qui  reformabit  fidem  Romanam;    hiergegen  ift  ^u  toergleid^en:  2lmolb, 
Un}jartl^eiifd[>e  Sitd^m-   unb  Re^erl^iftorie,  ©c^afff^aufen  1740,  I,  ©.  917.    3"0cf^'^^^'^^" 
toirb  i^m  auc^  eine  oft  angeführte  SBeißfagung  über  ba^  ©c^ictfat  ber  brei  ftlöfter  3Kagbe= 
bürg,   2öeimar'  unb  gifenac^^.     Xai  3Kagbeburger   follte   in   eine   ©c^ule  (©.  Subotoici, 
S<^uI--§iftorie,  £eit)jig  1708,  IV,  74  f.,  92  f.),  ba«  2Beimarer  in  einem  aSiel^ftaH  (armen- m 
tarium,  nic^t  armamentarium,  2lugcrlef.  2:^eol.  Sibliotl^el,   iJeipjig  1732  V,  1040 ff.; 
%  SBolff  bei  ©edfenborf,  Comraentar.   de   Lutheranismo,  ^ei^jig  1694   schol.    ad 
indic.  I,  9lr.  XXVI),  ba^  ju  2\}ittenberg   in   ein  Äoml^auö   toertoanbelt   toerben.     ©0 
3R.  2lbam,   anber«  ©ectenborf  III,  62.    2lufeerbem   ge^t   aud^   unter  feinem  9Jamen  bie 
fficidfagung  Dxaüp^  (Unfd;.  9iad;r.  1706   ©.  :]18),  nac^  einigen  2lbbretoiatur  für  Omnia  55 
redibunt  in  pristinum  statum  (3^©  III,  30621),  nad^  anberen  für  Ora  pro  nobis 
ate  Sejeic^nung  für  baö  &tbct  ju  ben  ^eiligen  (2lrnolb  a.  a.  D.  I,  572). 

2lu^  mi^erftanbenen  DJacf^ric^ten  bilbcten  fid;  um  ,^iltcn  ©agen  (togl.  9)i.  3Kerian, 
Topographia  superioris  Saxoniae,  ^anffurt  1650  I,  56  f.),  toeld^e  noc^  in  neuerer 
3eit  toon  eijenac^  Sofal^iftorifem  Q.  ^.  ajle^,  2}aterlanb^funbe,  ßifenac^  1823  ©.  83  f.)  go 


80  ^ilteit  ^tmmel 

flet)flcgt  tvurben.  ©o  bcrlegt  fd^on  SRanlu^'  (Locorum  communium  collectanea  Basileae 
1563,1,  p.  76),  feine  SBetefagungen  m^  ®oü}a.  2)er  märlifc^e  ß^ronift  Slngelu^  (Annal. 
S.  299  f.)  mad^te  i^n  gu  Sut^er^  Seigrer,  iDte  nad)  §eumann  (Lutherus  apocal.  ©.  163, 
Parerga  I  libr.  III,  3  3lnm.)   fc^on   Dornet  ©locceru^   in   feiner  Vita  Lutheri,    unb 

5  noc^  3.  $.  5Jle^  (3cits  unb  Slegentengcfc^ic^te  ber  ©tabt  unb  bed  ^^^^ftentum^  ßijenac^, 
eifenac^  1826  ©.  144)  fagt,  baf  Ritten  auf  Sutl^erig  SSUbung  ©nflu^  geübt.  6l^r.2öiner 
toerfertigtc  auf  i^n  eine  Dbe  unb  bie  a5Jitn)e  be^  ^er^og^  S'^^ö""  ®i^P  ^^^  ßifenat^, 
S^riftine,  liefe  i^m  in  ber  ©eorgenfirc^e  ju  ©ifenad;  ein  6pitat)^ium  mit  einer  toom  3leftor 
aSal.  SBcinri^,  (geft.  1622)  toerfafeten  Snfc^rift  fe^en  (PauUini  Syntagma,  granff.  1698, 

10©.  122;  6.  aß,  ©c^umac^er,  aJlerfiDürbigfeiten  ber  ©tabt  @ifcnad&,  (gifenad^  1777,  ©.23, 
73,  94). 

§ilten  fann  nic^t  atö  ein  „5?orläufcr  ber  Sieformation"  noc^  ate  ein  „Sefenner 
cbangelifc^er  2e^re"  angefe^en  Iperben,  hjie  benn  -Dlvconiu^  feine  Unfic^er^eit  in  ber  Slec^t^ 
fertigung^Iel^rc  bebauert,  aber  er  gehört  in  bie  Steige  jener  ÜRänner,   toelc^e   eine  SReform 

16  ber  Äird^e  crfel^nten  unb  ba^  Verlangen  bana(^  burc^  SBei^fagungen  lebenbig  ju  erl^alten 
juchten.  6r  ging  auf  bie  ©c^rift  ^urürf  unb  beflagte  ben  SKiberfprud^  ber  ^terarc^ifc^en 
atnfprüc^c  unb  be^  ürd^Iic^en  Seben«  mit  ber  Sibel.  6ine  9leform  ertoartete  er  jeboc^ 
allein  burc|>  ba«  gintreten  ber  in  ber  3lt)ofal^})fe  getoeiöfagten  (Serid^te  ©otte^. 

20  ^immcl.     ©(ftoettgen,  hör.  hebr.  et  talm.  p.  718 sqq.;  §.  3Beber,  3üb.  J^cologic  auf 

®runb  be«  2:almub  unb  Dcrmanbter  8d)riften,  2.?tuf[.  1897,  §33.44;  Sedier,  2)cr  ^immel 
bc8  9?aturforfcl)erd  unb  ber  ^immel  bc§  ©Triften,  ^eibelberg  1882;  SRic^m,  $lrt.  ^Immel  im 
^anbttjörtcr bud)  be^  bibtifcftcn  9lltcrtum3;  Ää^ler,  5)09matifc^c  3citf ragen,  2.^eft:  jur  öc^rc 
Don  ber  SSetjö^nung,  fieipjig  1898,  @.  300 ff.;  ''^J^. ^.C^otju,  ®ebanfen  00m  $>imme!.  hinter« 

26tiurl780  (in  „cincS  ungenannten  Sc^rlftforjc^cr^  uermifcftte  t^eologifc^e  Schriften",  4.33anb); 
3.  5.  Dberlin.  3ion  unb  3erufatem,  ein  S^ermäc^tnid  für  bie  öJIäubigen,  bie  in  ß^rifto  loan« 
bcln  unb  fic^  nac^  ber  oberen  ^eimat  fernen,  Stuttgart  1841. 

3)ie  altteftamentlic^e  ©d^rift  ^at  nod)  leinen  einheitlichen  Slu^brud  für  ba^  Sßelts 
gange  ober  ©^öpfung^ange,  fonbem  begeid^net  ba^felbe  aU  Jpimmel  unb  6rbe.    ^n  ben 

30  2lj)oIrV})^en  hjirb  guerft  im  35.  ber  SBei^l^eit,  fotpie  im  2.  S.  ber  SKaffabäer  ber  bei  ben 
©ried^en  angeblich  feit  ^^t^agora^  gur  Segeic^nung  be^  SBJeltgangen  aufgelommenc,  ieben« 
fatt^  juerft  toon  ber  Sleflejion  in  biefem  ©inne  öcrlüenbete  älu^brurf  xoojuog  gebraui^t 
2Bei^^.  1,  14;  5,  21;  7,  17;  9,  9;  11,  18.  23;  13,  2;  16,  17;  17,  19;  18,  24; 
2  3Kc  7,  9.23;  12,  15;  13,  14;  8,  18.    Suc^  im  5R2  toirb  xoo/iiog  in  biefem  ©inne 

36  gebraud^t  Slct  17,  24;  SRöm  1,  20;  30  17,  5;  21,  25 ;  togl.  auc^  ben  aiu^bruct  «jto  xa- 
raßoXfjg  (aWt  24,  21 :  an'  äQxfjg)  xoafiov  ÜJlt  13,  35 ;  25,  34;  2c  11,  50 ;  gpH,  4; 
§br  4,  3;  9,  26;  1  p  1,  20;  ä[»)1 13,  8;  ^o  17,  24.  ©onft  aber  bejeic^net  xoofiog 
bie  SBelt  ate  ©tätte  ber  3Kenfd9^eit,  in  bie  ©ünbe  unb  3:ob  eingebrungen  ift,  beren  $ert 
unb  Äönia  barum  nic^t  me^r  ©ott  ift,  lüeil  ber  ^aian  fid^  baju  bi^  i^ur  3^^^  \Än^  ©e« 

iorid^te^  aufgeiüorfen  l^at,  —  im  Slnfd^lufe  baran  bann  bie  öon  ©ott  abgetoanbte,  j^u  i^m 
unb  feiner  Offenbarung  fic^  gegenfä^lic^  toer^altenbe  3Jlenfc^^eit,  f.  b.  21.  3Belt.    ätl^  8c= 
geid^nung  beö  ©c^ö})fung^anjen  ift  ber  3lu^brud„§immel  unb  (Irbe"  beibehalten  3Ht  5, 18 
24,  35;  2Rc  13,21;  Sc  12,56;  16,  17;  Slct  14,  15;  3a  5,  18;äct4,  24;  ögl.  6^)^1,10 
Äol  1,  16.  20;  2  p  3,  7.  13;  2lpo!  21,  1,  gang  toie  Pato  Euthyd.  296,  D  fagt:  ngiy 

46  ovgavöv  xal  yijv  yeveo&m.  2)ie  SBurjel  be^  ^ebräifc^en  cr^'f  ift  ebenfo  unflar,  h)ie 
bie  be^  gried^ifc^en  ovQavog,  toetc^e^  $ott  auf  var,  bedfcn,  jurücffü^rt,  Värunas  ber 
©Ott  be^  SBafferg,  „Umfaffer  be«  2111^",  toä^renb  ©c^ioeijer  e^  öon  varsh,  regnen,  ah^ 
leitet  (gurtiu^,  ©runbjüge  ber  gried^ifd^en  ßt^mologie,  5.  Slufl.,  ©.  350).  3)ag  beutfc^e 
aCBort  „§immel"  gebt  nad^  ©rimm  Don  ber  Söurgel  ham  =  bedfen  auö   „unb  l(^at  bie 

60  eigentliche  ©ebeutung  einer  2)ecfe  ober  eine^  3)ac^e«  ber  6rbe",  h)ä^renb  ba«  nieberbeutfc^e 
heben,  englifc^e  heoven  auf  bie  SQäurjel  hab  =  ^ebcn,  galten  gurüdfgel^t  unb  ben  §im= 
mel  alö  Umfd^lie^er,  §alter  ber  ßrbe  bejeid^net  (3Jl.  -öe^ne  in  ©rimm^  beutfc^em  SBiJrterb.). 
2)a^  §ebräifd^e  C'?;"^  ift  toal^rfc^einlid^  ein  $lurat  ber  äbftraltion  mie  ="r»'-^,  C"^?n^  tm^r^, 
unb  cm  biefen  5ßlural  fnüj)ft  bann  ba^  jübifc^e  Il^eologumenon   toon  einer  3Kel^r^eit  öon 

66  Fimmeln  an,  toie  oxk  biefe^  toieber  im  beutf^ien  ^Jlittelalter  ftc^  bie  S^orftellung  toon  je^n 
Fimmeln  anfc^lie^t. 

3unäc6ft  bejeic^net  ber,öimmel  im  J)^^ftfd^en  ©inne  ben  Ort  ber©eftime,  ©en  1, 14;  15,5; 
3er  33,  22;  ©en  22,  17;  5Rt  24,  29;  §br  11,  12;  Slpl  6,  13  u.a.,  berSBJolfen,  ®enl,9; 
7,  11 ;  2)t  28, 23 ;  ^f  147,  8 ;  148,  4;  3Rt  24,  30  u.  a.,  beffen  Gräfte  unb  (Srfc^einungen 

60  bie  erbe  beeinfluffen  ^i  38,  33;  SKt  16,  2.  3;  24,  29;  3a  5, 18.    Unter  biefem  ^immel 


^immcl  81 

ift  bic  (grbc,  ff  M  ovgavov  $roD  8,  28;  §i  2,  2;  18,  4;  U,  13,  bon  i(;m  olö  eine 
Sm^eU  umfc^lofien  fto^el  1,  13;  2,  3;  3,  1 ;  3lct  2,  5;  4, 12;  Sc  17,  24;  Äo  1,  23.  ©e^: 
bac^t  ift  er  ol«  eine  gefte,  rPT  ®en  1,  6.  8;  iM'  19;  2;  1^0,  1,  bie  über  bcr  ßrbe  ftel^t, 
geftü^t  bon  ben  Sergen  afö  ©äulen  §i  22,  14;  26, 11.  ÜJiit  i^m  gufammen  gel^ört  bic 
an  i^  gebunbene  6rbe,  bie  mit  i^m  bo«  ©anje  ber  ©c^ötjfung  bilbet  unb  mit  il^m  ber?  5 
geben  toirb,  um  einem  neuen  §immel  unb  einer  neuen  ßrbe  ^la$  j^u  machen,  in  melden 
(Screc^tigfeit  too^,  $f  102,  27;  3icf  13,  10.  12;  34,  4;  3;oel  3,  3f.;  2^t3,  7.  10; 
a»)f  6,  12  f. ;  £c  21,  33 ;  3ief  65, 17 ;  66,  22 ;  2tpf  21,  1. 

^ier  fe^t  nun  jofort  eine  gleite  Scbeutung  beiS  SBortc^  ein,  inbem  bie  religiöfe  Se^ 
trac^tung  mit  bem  §immel,  tocld^cr   bie  6rbe  überragt,   bie  2?orftettung   ber  3Öo^nung  lo 
©ottc^  berbinbet,   toie  ö^nlic^  Aristot.  de  mund.  2  fagt:   rov  xoojuov  t6  ävco  '&€ov 
oixTjxrJQiov,  de  coel.  2, 3 :  Jidvreg  yäg  äv&Qaynoi  negl  ^ecbv  e^ovoi  v7i6h]ifHv,  xal 
Jidvzeg  löv  ävcotäto)    reo    deUo  rojzov  änodidoaoiv,    xal  ßdoßaQoi   xal   ikkrjvEg, 
ooouieg  dvai  vo/jlICovoi  '&€Ovg,    drjXovon   cbg  reo  ä^avärco  xö  äi^dvarov  ovvtjqt^]' 
fieyov.    ajer  ^immel  ift  ®otte^  Sf^ron  $)  2,  4;  11,  4;  20/  7;  ^^ej  66, 1;  ^cf  1/  1;  i^ 
3Kt  5,  34;   Slct  7,  49;  §br  8,  1,  im  |)immcl  ift  fein  2:emi)cl,  fein  A^eiligtum  ;^cf  6; 
äpt  11, 19;  15,  5,  ba^  Sorbilb  beö  irbifc^en  ^eiligtum^  (gj  25,  40;  26,  30;  Slct  7,  44; 
Sybx  8,  5,  bie  äÖol^nung  ®otte«  %\  115,  3;  5lo^d  5,  1;  2  (Sl^ron  20,  6;  bom  §immel 
i^erob  fc^t  ber  $en  $f  14,  2;  33,  13;  53,  3;  80,  15;  102,  20;  3ef  63,  15;  2^ren 
3,  50;  bom  ^immel  ^erab  rebet  er  35eut  4,  36;  9ief^  9,   13,  h)e^(;alb  auc^,  h)a«  Dom  20 
§immcl  ^erab  gerebet  ift,  unbergönglid^c  etoige  ®eltung  beanf^jruc^t  ^f.  73,9;  §br  12,25, 
benn  toa«  bom  §immel  ftammt,  ba^  ftammt  bon  ©Ott  unb  gilt  uubcbingt  für  bie  6rbe 
unb  für  bie  gum  ^immel  l^in  geloiefene  bejU).  auf  ben  ^immel  angetoiefcnc  aJtcnfc^^eit, 
aRt21,  25  f.;  30  3,  13;  Sc 3,  22;  a)k  1,  11.  2)arum  fommt  e^  bei  bem,  ioa^  auf  ßrben 
gefc^ie^t,  inöbefonbere  bei  ber  bon  6^rifto  erteilten  ä^ergebung  bcr  ©ünben  (ü)tt  9,  6  bgl.  25 
m.  16,  19;  18,  18 f.;  23,  9),  auf  bic®eltung  an,  bie  eg  im  §immel  ober  bei  ®ott  l^at. 
gjom  ^immel  ^er  erhört  ®ott  ®cbcte  1  Hö8,  30ff.;  2  6^r  6,25.  35.  39;  3icl?9,27f.; 
%\  33,  13;  Seil,  13  u.  a.    SJon  l;ier  au^  erhält  ba^  SBort  ^^5auli  miber  fx^  felbft  ober 
ben  @ngel  üom  ^immel,  ber  ein  anberc^  (Soangelium  Dcrfünbigen  njerbe,  ®a  1,  8,  feine 
ganje  grofee  Tragweite.  2Bo  ®otte^  §oI;cit  unb  unbebingte  §crrfd^aft,  feine  unumfc^rönftc  so 
SRac^t  J^crtjorge^oben  tocrben  foU,  Reifet  er  ®ott  bc^  §immcl^  3Rcl;  1,  4.  5;  2,  4;  ®en 
24,  7;  ^f  96,5,  beffen  30m  über  alle«  gottlofe  ffiefen  ber  aJienfd^cn,  bic  bic  3Öa^rl?cit 
in  Ungerec^tigfeit  aufhalten,  Dom  §immcl  ^er  geoffenbart  hjirbStö  1,  18,  Dgl.2  ^ü}  1,7. 8; 
1  2^  4,  16.  ^Mm  §immel  fd^rcien  bie  Sünben,  bie  ®otte6  ®eric^t  unb  ©träfe  ^crauö- 
forbem  2c  15,  18.  21  Dgl.  mit  ®cn  4,  10;  1  ©a5,  12.    3um  §immcl  \)'m  tocnbct  fic^  35 
ber  Setenbe  aWc  6,  41;  7,  34;  :Jo  17,  1  u.  a.    (S^  ift  nirf^t  bic  abftraftc  :3cnfeitigfcit, 
bie  unnai^bare  3:ran^enbenj  unb  ^eme,  bie  bamit  auögcbrüctt  toirb,  ba^  ber  Jpimmel  al^ 
©otte^  SBol^nung  angefei^en  toirb,  —  eine  folc^c  fennt  nur  bie  Ideologie  ber  ©^nagoge, 
nic^t  ober  ba«  313:  — ,  fonbem  mit  feiner  Grl^abenl^eit  über  allem,   ma^   auf  (Srbcn  ift 
9)a  4,  23;  $f  68,  15,  ftel^t  aud^  fein  ben  2Kenfc^en  gcltcnbcr  ffiille  2)t  4,  36  unb  gmar  4.) 
infonber^eit  fein  ^eil^toittc  unbebingt  feft  SDt  33,  26;  %\  hl,  4;  89,  3,  unb  bie  Scncn^ 
nung  ®otte^  alö  6  naxrjQ  fioVf  vjucöv  6  ev  xoig  ovQavöig  bei  3JJatt^äu^  unb  ^JJtarcuö 
0Kt5,16.  45.48;  6,1.9;  7,11.21;  10,32f.;  12,5U;  16,17;  18,10.  11.  19;  23,9; 
ajic  11,  25  f.),  tücld^e  ß^riftu«  gebraucht,  cntrürft  il;n  unö  nid;t,  fonbem  crmcrft  basJ  'JBers 
trauen  ju  feiner  SJaterfc^aft  unb  feinem  väterlichen  crlofcnbcu  Jpanbcln  um  fo  mcl^r,   aU  45 
„ber  öimmel  ^öl^er  ift  benn  bic  ßrbe  unb  feine  ©ebantcn  ^ö^er  bcnn  unfcrc  ©cbanfen" 
%\  103,  11;  3^!  ^öf  9  ff-    3)eiSl^alb  toirb  gu  i^m  gebetet,  ba&  er  bie  .§immcl  jctrci|en 
mächte  3«f64, 1.    Da^er   bie  gorberung   eincö  3^i^<^"^   bom  Jpimmcl   jum  (Srtoeiö  ber 
aReffianitöt  Sefu  2Rtl6, 1  Dgl.  m.24,30;  Sc  9,  54.  3)cr  Eingang  ß^rifti  in  ben  §immel 
bebeutet  feine  ©r^ö^img  gu  göttlicher  e^re  unb  ßenlid^feit  Sc  24,51;  ::Uctl,10f.;  2, 34  50 
bgl.  m.  30  3,  13;  6br4, 14;  8, 1 ;  9,  24;  1  $t3,22,  unb  begrünbet  bie  unbebingte  Sln^ 
erfennung  unb  Unterorbnung  feiten^  ber  ^})ienf(^en,   fotoic  feinen  $)cfi^   göttlicher  3Jlac^t 
}ur  Sluöfü^rung  feine«  ^eil^toillcn«,  bgl.  2lct2,34-36mit(Sp^  1,20— 22;  ^:iJl?t2,9— 11. 

3)iefe  änfc^auung,  bafe  ber  »öimmel  ©otteig  3Üol;nung  unb  ©otte«  2^ron  fei,  fc^lie^t 
aber  auf  ber  anberen  ©eite  bie  Slnfc^auung  Don  ber  an  feinen  Ort  gebunbenen  Öciftigteit  66 
©otte«  ni(^t  au«;  im©egenteil  1  fiö8,27  f bricht  c«  bcutlic^  au«,  bafe  „bcr  §immel  unb 
aller  §immel  §immel  il^n  nic^t  faffen  mögen"  ober  toie  3^)"^  \<^%^,  ba^  ©ott  ©eift  ift, 
nu^t  axi  Slaum  unb  Ort  gebunbcn  unb  barum  Don  icbcrmann  ju  finbcn,  bcr  il;n  cmftlid; 
„in  ®eift  unb  SBa^r^eit"  anrufe  unb  anbete.  2)arum  l^abcn  toir  in  CS^rifto  bie  naQQjjoia 
«nb  nQooaymyji  }u  i^m  in  ber  ^wberfic^t  be«  ©laubcn«  Öpl?  2,  18;  3,  12;  3tö  5,  2.  üo 

»eaIs<hici>fIopäbic  für  a:öcoloßlc  unb  Äirdjc.    3.  Sl,  Vlll.  f:  ■ 


82  Fimmel 

©Ott  ift  bcrSBelt  überall  ßCöcntDärtii^,  »Denn  er  aud)  nid^t  überall  ba$  öleid^c  h)irlt;  aber 
JDie  er  jeben  an  jebem  Orte  finben  lanw,  fo  fann  er  bou  iebennann  an  jebem  Orte  erlebt 
toerben,  ^f  139;  145,  18;  gjer  23,  23  f.  3)amit  ift  nic^t  au^gefc^Ioffen,  fonbem  eim 
gefd^loffen,  ba^  jeine  ©emeinbe,  bie  in  ber  3BeIt  i^re  Statte  \)at,  ein  xaroixrjri^Qiov  rov 

5  -»eov  h  Tivevjuan  ift  (g))^2,22,  ein  %mpti  ®otte^  1  Äo  3, 16.  SSon  ^ier  auö  ergiebt 
ftd^,  in  toelc^em  ©inne  ber  ^immel  ate  ®otte«  SiBo^nung  unb  ®otte«  2:^ron,  bie  ®rbe 
ali  fein  f5wfeW«n«I(3^f  6(),  1)  anjufe^en  ift,  nämlic^  atö  ber  Ort  ober3:eiI  ber  ©(b(Jt)fun0, 
an  toe^en  ber  Offenbarung  feiner  §errli(i5)feit  nic^t«  im  SKege  fte^t,  toie  bie«  auf  ßrbcn 
burd^  bie  ©ünbe  ber  %aü  ift. 

10  SDenn  —  unb  bie«  ift  ber  britte  für  bie  biblifd^e  änfc^auung  unb  3lu«bru(f«tDctfe 
mafegebenbe  ^unft  — ber  §immel  ift  im  Unterfc^iebe  üon  ber  (Srbe  eine  l^öl^ere  Drbnung 
ber  SDinge,  bie  ©tätte  etoiger  unbergänglic^er  ®üter  aWt  6,  20;  iic  12,  33;  Sic  10,  21; 
2  Äor  5,  1 ;  Äo  1, 5;  ^^i  3,  20;  1  ^tr  1,  4;  -öbr  10,  34;  12,  28,  barum  bie  ©tätte  be« 
Urbilbe«  für  bie  abbilblic^e  §eil«orbnung  unb  i^rer  (Einrichtungen  auf  ©rben  ßj  25,  40 ; 

16  2(),  30;  äct  7,  44;  öbr  8,  5,  bon  ber  ^er  bie  ÜKitteilung  ber  toirflic^en  $eil«güter  erfolgt 
3o  6,  31  ff.  bgl.  1  Äor  15,  47  ff.;  ;^so  1,  52.  (Sr  ift  bie  ©tätte  ber  toal^rbaftigen  unb 
elüigen  §eil«güter  5Kt5,  12;  10,  21;  Äo  1,  5;  l^tr  1,  4,  ber  Ort  ber  jc^on  öoüenbeten, 
am  ^ki  angelangten  ©erec^ten,  .^br  12,23  bgl.  £c  10,20,  unb  barum  ber  Ort  ber  ©e= 
ligen  toie  ber  Ort  ber  Sngel  ober  ber  m  ihrem  35ienft  berorbneten  jtvevjuara  Xenovgyixd, 

•j()  ber  einft  auf  ber  erneuerten  ©rbe  erf(|cinen  toirb  3l})f  21,  1  ff.;  3Sli  24.  30;  SRc  12,  25; 
Sc  2,  15  u.  a.  SSon  ^ier  au«  barf  gefc^loffen  toerben,  ba|  fc^on  bie  Sienennung  be« 
©c^öj)fung«ganjen  al«  „§immel  unb  ©rbe"  auf  bie  Seftimmung  be«  SKenfd^en  für  bcn 
^immel  ^inmeift,  inbem  er,  burd^  ©eift  bon  ©otte«  ©eift  lebenb,  fein  ^id  in  biefer  ^ö^e« 
ren  Drbnung  ber  2)inge  finben  foHte,  beren  ©in^eit  mit  ber  (Srbe  toieber  ba«  ©nbergebni« 

25  be«  aufgeführten  ®rlöfung«ratf(^luffe«  bilbet  31^)121,2.10.  SJenn  ba«  gegenwärtige  SSer« 
l^ältni«  ber  ©rbe  jum  .§immel,  h)ie  e«  burc^  bie  ©ünbe  geworben  ift,  ift  nid^t  blo^  nic^t 
ba«  t)ollenbete,  fonbem  über^au))t  nic^t  ba«  normale,  fo  ba^  t)on  ^ter  au«  ftd^  eine 
Umgeftaltung  begU).  ©meuerung  ergiebt,  toenn  erft  ba«  ©öangelium  aller  Äreatur  gc* 
J)rebigt  unb  bamit  ba«  @nbe  ber  gegenwärtigen  SBeltjeit  gefommen  fein  Wirb,    ©o  Wirb 

8ofie  auc^  berftänblic^,  ba^  im  ©ebet  be«  §erm  gebetet  Wirb:  yevrj'&rJTü)  xb  ^Ürj/Lui  oov 
(bg  h  ovgavcß  xal  hu  yfjg  ÜKt  6,  10,  bafe  ba«  SReic^  ©otte«,  bie  ßaadeia  rov  ^eov, 
in  Welcher  bie  ÜKac^t  ©otte«  für  Stecht  unb  ©erec^tigfeit  ju  ©unften  feine«  bebrängtcn 
Solle«  eintritt,  al«  im  §immel  bor](^anben  betrachtet  Wirb  35a  2, 44,  bgl.  ^f  103, 19 ;  97, 6, 
alfo  eine  ßaoihia  x&y  ovgavcbv  ift.  Wie  ber  3(u«bru(!  bei  3)2att^äu«  lautet,   bi«  ba| 

a6  e«  burc^  ben  aJlejfxa«  ©cgenwart  auf  (Srben  gewinnt  SRt  3,  2;  4, 17;  5,  3  u.  a.  Diefe 
feine  ©egeWart  auf  ®rben  f)ai  e«  bort.  Wo  feine  ©üter,  ©ered^tigfeit,  ^ebe  unb  greube 
im  l^eiligen  ©eift  9lö  14, 17  Sefi^  ber  5IBenjc^en  fwb,  bi«  ba^  c«  beremft  in  ^errlic^feit 
offenbar  Werben  Wirb,  Wenn  alle  5IBacf^t  be«  Söfen  unb  aHe«  Übel  ^inWegget^an  Werben 
Wirb  m  25,  31  ff.;  6,  10.  13.   ©o  ift  e«  ber  ^immel,  in  ben  ß^riftu«  er^ö^t  ift  unb  in 

40  ben  biejenigen  berfe^t  fmb,  bie  mit  ß^rifto  auferWedt  finb  (ßp\^  2,  6;  Äol  3,  1—4),  unb 
in  bem  fte  x\)x  jioMrevjua  l^aben,  ba«  ©emeinwefen,  bem  fie  angel^ören  ^^i  3,  20. 

3Ka«  bie  ^luralbe^eic^nung  anbetrifft,  fo  ergiebt  eine  Überfielt  be«  ©j^radjigebrauc^, 
ba^  bie  LXX  mit  berf^winbenben  äu«na^men  (l  ©a  2, 10:  2  ©a  22, 10;  1  Äö  8,  27; 
2  6^r  2,  6;  6,  18.  23;  3ef  44,23;  49,  13;  ^ab  3,3;  ^roö  3,  19;  8,  26,  foWie  in 

46  einigen  ©teilen  ber  ^falmen  2,  4 ;  8, 1 .  3 ;  33,  6 ;  50,  6 ;  57,  5.  10.  1 1 ;  69,  34 ;  96, 5. 1 1 ; 
97,  6;  102,  25;  107,  26;  108,  4.  5;  113,  4;  144,  5;  148,  4)  c^-'^  ftet«  burc^  ben 
©ingular  Wiebergegeben  ^aben;  auc^  in  ben  3(t)ottVt)^en  finbet  ftc^  mit  9(u«na^e  be« 
»uc^e«  ber  SBeiel^eit  (9,  10.  16;  18,  15)  ftet«  ber  ©ingular.  (g«  ergiebt  fic^,  bafe  ber 
Plural  nur  in  befonber«  gehobener  j)oetifc^er  ©prac^e,   aber  auc^  ba  nxd^t  einmal  immer 

50  gebraucht  Wirb.  (Sine  SJeeinfluffung  burc^  bo«  jj)ätere  jübifc^e  2DI[|eolpgumenon  t)on  einer 
30iel;r^al^l  üon  .öimmeln  l)at  aljo  nic^t  ftattgefunben.  2)a«  gleiche  bürfte  gelten  für  ba« 
neueXeftament,  Wo  allerbing«  bei  SWatt^äu«,  ^^Jaulu«,  ^ebräerbrief  unb2.  $etri  ber^lurol 
fid^  häufiger  al«  ber  ©ingular  finbet,  Wäl^renb  bei -öiarcu«  ber  ^lural  nur  9)tcl,lü.  11; 
11,25.  26;  i:],  25,  bei  Suca«  unbeftritten  nur  3lct2,34;  7,  56  unb  Wa^rf<^einli<^  noc^? 

65  2c  10,  20;  21,  26  borfommt;  ^o^önne«  i}at  im  ßöangelium  unb  ben  Sriefen  ben  ^lural 
gar  nic^t,  in  ber  Sljjofal^pfe  nur  12, 12  in  ber  poetifc^en  2lj)oftroj)^e:  evq^Qoivea^e  ol 
ovQavoi.  (Sin  Unterfd^ieb  in  ber  S)ebeutung  lä^t  ftc^  auc^  ^ier  nic(|t  nac^iweifen,  ögL 
a)et5,  12;  22,  30  mit  ^3Jic  10,  21;  12,  25;  ferner  ögl.  1  %\i  4,  16  mit  1,  10,  fotoie 
2  Äo  5,  2  mit  3?.  1.    3)ie  einzige  ©teile,  Wo  Wirflic^  bon  einer  ÜKe^r^eit  ber  ^immel 

GO  bie  9{ebe  ift,  ift  2  5to  12,2,  Wo  ber  älpoftel  bon  feiner  S^ergüdung  ^co?  iQixov  ovqovov 


^tmmcl  83 

rcbct,  iüofür  er  i^.  4  fjoTTcrp]  «V  rov  TragadFiaor  cinjcfet,  tücld;cö  utd;t  aU  eine  Über- 
bittung  ber  äu^fagc  S.2,  fonbem  aU  eine  nähere  (Srllärung  berfelben  anjufc^en  tft. 
Stuf  feinen  goH  fann  barau^  gefd^Ioffen  toerben,  ba^  ^aulu^  ba«  I^eologumenon  bon 
ber  ©ieben^a^l  bcr  §immel  geteilt  habe,  jumal  nac^  bem  3^"9"^^  ^^  Stabbinen  bie 
■IRetnungen  au^nanberoingen,  SR.  3<^^w^ö  nur  2,  91.  ©c^imcon  bm  2at\\d)  bagegen  5 
7  §immel  onnal^m  (f.  SBeber  a.  a.  D.  ©.  204)  —  lefetere^  bie  getüö^nlic^e,  and)  in  ba^ 
test.  XII  patr.  übergegangene  9(nfc^auung.  ^a  $aulud  üon  feiner  33er}üdung  a(^  bon 
einem  ©c^en  ober  |)ören  (Sottet  rebet,  fo  ift  eine  nod)  barüber  ^inau^ge^enbe  3^^^ 
ou^ef(^^Ioffen.  3)ann  fragt  [xdß  nur,  U)ie  er  auf  ben  Slu^brucf  ecog  tqItov  ovgavov 
gefommen  ift.  Die«  bürfte  fxd)  fo  erfiären,  ba|  er  ben  §immel  im  Jj^^fijc^en  ©inn,  ben  10 
^immel  im  allgemein  religiöfen  ©inne  unb  in  biefem  mieber  bie  ©tätte  ber  eigentlichen 
©cgcntoart  ®otte«  in  feiner  Offenbarung  unterfc^eibet. 

J^ierouf  toeift  \a  and)  bie  breif ad^e  93ebeutung  be^  .^immelo  im  biblifc^en  ©^rac^^ 
gebraud^  i^.  3)a^  ju  unterfd^eiben  ift  jloifci^en  bem  .H>immel  ber  2öoI!en  unb  ®eftime 
uiü)  bem  ©immel  alö  ber  ©tätte  ber  etoigen  ®üter,  bem  Orte  ber  ©eligen  unb  bem  3n=  16 
begriff  aller  ©eligfeit  berfte^t  fid^  öon  felbft.  35a|  biefer  le^tere  01'  ravrtjg  rijv  xrioeojg 
^%  fogt  $br  8,  11  auöbrtirffic^.  SDa^  feine  Überorbnung  über  bie  bie^feitige  2öelt  burc^ 
eine  bon  ber  Sotalitot  hergenommene  $rät)orttion  ^um  Slu^rud  gebracht  to'xxb,  liegt  an 
ber  ©ebunben^eit  unferer  ^orfteHungen  an  ben  irbifc^en  Slaum,  h)cl(be  e^  au4>  mit  fic^ 
bringt,  bafe  ber  Ort  ber  a:oten  be^to.  ber  SBerlorenen  im  Ser^ältui^  jur  ®rbe  aU  bem  20 
^immel  entgegengcfe^t  unb  alfo  aU  „unterhalb"  bejeic^net  h)irb,  ijgl.  $bi2,  9;  6^)^4,9. 
®a^  ober  t)on  biefem  §immel,  in  toelc^em  bie  .^cnlid^Ieit  (Sottet  ober  aü^,  toaö  er 
®ute^  für  un^  ift  unb  ^at,  anberd  offenbar  n)irb,  aU  auf  Qrben,  nod^  bie  abfolute  Über- 
orbnung ®otte«  über  alle^,  toa^  ift,  alfo  auc^  über  biefen  ,^immel  ju  untcrfc^eiben  ift, 
unb  baft  ba^er  eine  äu^brud^meife  toie  2  Äo  12,  2  möalic^  ift,  ift  unbeftreitbar.  SDenn  26 
toie  h)tr  unterft^^eiben  muffen  jtoifc^ien  ber  allgemeinen  2Öeltgegentt)art  ®otte^  unb  feiner 
^etldgegentoart  unb  feiner  Offenbarung,  fo  muffen  toir  auc^  unterfd^eiben  ^toifc^en  bem 
fdigen  ©ein  bed  fjiovog  uaxäoiog  ^Fog,  (pojg  oIhcov  äjigoairov,  ov  Elöe%'  ovdelg 
ärdgcoTKov  ovre  IöfTv  övvatai  (1  %x  fJ,  15  f.)  unb  feiner  Cfjfcnbarung  im  §immel.  3" 
tDciterge^enben  9(udfagen  fmb  mir  aber  nid^t  befähigt,  fonbem  märten  auf  ba^  ©d^auenao 
jiQ6oa)7ior  ngog  jigoaconov  1  Äo  13,  12,  Womit  au*  2  Äo  12,  2—4  ftimmt,  fo  ba^ 
jeber  ©ebonfe  an  eine  rabbinift^  i^eorie  ate  söeftanbteil  ber  t)aulinif(^en  2)ogmatif  ^ier^ 
bun^  au^cfc^Ioffen  ift. 

9(u(b  im  S^rief  an  bie  Hebräer   liegt  bie  Bad)^  nxd^t  anber^.    9(uf   ben  Unterfc^ieb 
jtoifc^en  bem  ®ebrau<^  be«  Singulare  (9,  24;  11,  12;  12,  2G)  unb   bem   be«  Pural^36 
(1,  10;  4, 14;  7,  2G;  8, 1 ;  9,28;  12,  28.  25)  ift  fein  ®eh)ic^t  ju  legen;  toa^  ber  i^er^ 
faffer  9,  24  fogen  tooHte,   erforberte  ben  ©ingular,  obmobi  33.  28  ber  ^lural  gebrandet 
toor,  aber  er  unterfc^bet  ni^t  ahov  rov  ovoavöv  üon  ben  ovoavoL    ^m  .^immel  ift 
bad  Urbilb  be^  irbif^en  §eiligtum^,  ov  Tnrrrjg  rtjg  xrioeog  -  -  ^h)0  ju  beachten  ift,  ba^ 
er  mit  biefem  äu^brud  nid^t  bie  ®ef(^affenl^eit  beefelben  überbauet  auefd^Iie^t,  fonbem  4o 
nur  feine  3w9*örigfeit  ju  „biefer  ©^öpfung."  2)iefe^  ni(bt  mit  .nSänben  gemachte  Urbilb 
be«  irbifc^  ^r>eiligtum«  befmbet  fid»  ir  rötg  ovoavolg,  ift  für  \m^  jenfeitig.     3^  biefe« 
JOeifigtum,  bie  ®o^ung  ®otte«,  bejm.  entfjjrec^enb  bem  Unterf(^iebe  ijmifcben  bem  .>SeiIigen 
unb  SWeri^eUigften  im  irbifcben  .^eiligtumc,  in  baö  5MlIerbciIigitc        bics  foK  «V  avrov 
xifv  ovgaviv  jum  Suebrud  bringen  —  ift   3^"^   cmgegan.]cn   in  ftraft  feine«  33Iute«,  45 
um  ju  erfc^nen  bor  bem  ängefiAte  @otte«  für  nm,   um  burcb   fein  Eintreten  für  un« 
jugleic^  un^  ben  S^^Ö^^Ö  S"  öffnen  (10,  19—28;.    Crr   ift  in  biefer  feiner  @emeinfd;aft 
mit  ®ott  {nptjloreQog  xorv  ovoavoiv  7,  20  de  einer  ber  öieh]h)d()ig  rohg  ovoavovg 
ift  4,  14,  alfo  erboben  über  alle,  bie  im  §immel  fmb  unb   bie   auf   ibre  aiufnabme  in 
benfdben  toarten  12,  28,   toomit  jtoar  toobi   bie  Unterf(^iebenbeit  ©otted  öom  ©immel,  b^ 
nic^t  ober  ein  Unterfd^ieb  in  „ben  igimmeln"  ou^efagt  ift.    Xic  'Varufte  toirb  .<&immei 
unb  6rbe  betoegen  unb  ein  neue«  fc^anen,  fo  bafe  mir  bann  eine  ßanihia  äodXe^^rog  ^ben 
12, 27.  28. 

a)o6  1  «g  22,  19-22;  .^Si  1,  G  ff.;  2,  1  ff.;  Zad>  8,  1  ff.;  31»}f  12,  7  f.  ber  ©atan 
bejto.  bie  böfen  ©ftfter  im  §immel  üor  ©otte«;  Ängeficbt  erfcbeinen,  foU  nid»t  befagen,  66 
bo^  fie  cbenfo  toie  bie  beiligen  Gngel  ihre  Stätte  bort  haben,  fonbem  ift  nur  ber  2lu^ 
hud  boför,  bof;  au<b  Re  nid>t  anbers  ale  mit  ©ottee  ©illm  unb  unter  ©ottc6  3ulafiung 
toirfen  fönnm.  3?afe  au<^  „bie  »f»immel  nicht  rein  finb  t^or  ©Ott"  «.{Vi  15,  l-'>)  foU  nicht 
6ei^,  bofe  ,,6nge(  unb  ^immel  mblid^e  unb  alfo  nicht  über  bie  3Bibglichfeit  ber  ©ünte 
unb  Scfledung  fc^Cec^t^  erhobene  £$efm  feien'',  toad  gegen  'S.  14  toäre,  fonbem  ift  ein  •» 

G* 


84  ^imtncl 

übertriebener  Slu^bruc!  be«5  6Hi)f)aö  bou  Ifjcman,  um  $iob  feine  gejc^ö^jflid^e  9?ic^tigfcit 
unb  Sünbigfcit  (©.  10)  jur  förfenntni^  gu  bringen.  50lit  ©ebanten  trie  »<obr  9,  23  f}at 
bie^  nid^l^  m  tl^un,  bie^  um  fo  toeniger,  ate  bie  l^immlifc^e  ©(^öpfung  ate  biejenige  cr= 
fd^eint,  toelc^c  md)  2c  16,11;  §br8/2;  9,24  rd  äXr]'»ivd  in  fxc^  befafet. 

6  6^  fragt  fic^  noc^,   ob  jemate  ber  ^immel,  toie  jule^t  nod^  gd^ürer  jur  ßrflärung 

be«  älu^brud^  ßaaiXeia  rcbv  ovQavcov  eingenommen  (9i>>Ä^  1870, 166  ff.  ©efc^ic^te  beö 
jübifd^en  Solfe«  im  3eitaller ^efu 6^fti >, 2, 539)  unb  toofür  man  fic^  auf  2cl5, 18.21 
berufen,  aU  ßrfa^  be^  ©otte^namen«  erfc^eine.  9)afe  Sc  15,  18.  21  ettoa«  ganj  anbere« 
au^^fagt,   nämlid^   ein  35e!enntni^  l^imntelfc^reienber  6ünbe   ift  unb   ber  t)erIorene  Bofyn 

10  jagen  hjill :  ic^  Ijah^  nic^tö  anbere^  gu  ertoarten,  aU  ©otte«  ©eric^t,  liegt  auf  ber  .^anb 
unb  ift  fc^on  oben  au^efü^rt.  3)a^  aber  in  fj  ßaodeia  tcov  ovgavcbv  baö  le^terc  natur- 
gemäß für  ©Ott  fteJ^en  foD,  ift  angeftc^t^  bon  ^t6, 10;  5,34  nic^t  faltbar,  ertlärt  ouc^ 
nic^t^,  fonbem  ift  offenbar  nur  aud  bem  Sebürfni^  nac^  einer  möglidjft  „j^eitgefc^ic^tlid^en" 
(Srflärung  biefe^  äu^brucf^  ^crborgegangen  unb  h)irb   nic^t  burd^  bie  3:^atfa4c  geftü^t, 

16  ba|  C"^7:a  unb  öipr  in  2^almub  unb  ÜKibrafd^  bie  ©teile  be«  göttlichen  9?amen^  t?ers 
treten,  bie  man  nic^t  entl^eiligen  tooDte.  SSgl.  mein  SBörterbuc^  ber  neuteft.  ©räj.  unter 
ßaaiXeia. 

6«  fmb  große  ©runbanfc^auungen,   toelc^e  bie  Dffenbarung^religion  mit  il^rem  än^ 
f^ruc^,  bom  §immel  ju  ftammen  unb  gum  ^^immel   ju  toeifen  unb   ju  jiel^en  berbinbet. 

20  ©0  tote  fie  unterfd^eibet  leine  SReligion  jtoifc^en  §immel  unb  6rbe,  —  fo  toie  fie  binbct 
leine  bie  6rbe  unb  ba«,  toa^  auf  ©rben  gefc^ief^t,  an  bie  ©eltung,  bie  c^  im  §immel 
^at.  gür  fie  ift  ber  §immel  ©otte^  SBo^nung  unb  ©otte^  I^ron,  unb  boc^  ioirb  ©ottc« 
©eiftigleit  nic^t  bom  Jpimmel  umfc^Ioffen,  fonbem  in  i^m  toirb  nun  aüe^,  toa^  er  ift, 
ungef^emmt  unb  ungel^inbert  offenbar,    ^m  ^wf^ntmen^angc  bamit  ift  er  bie  ©tätte  ber 

25  toai^r^aftigen  unb  etoigen  ©üter  unb  be^  unauflödlid^en  Seben^ ;  mit  ^immlif(ben  ©ütem, 
bie  bon  oben  ftammen  unb  be^  ^immel^ärt  an  fic^  tragen  (@p^  1,3),  toerben  toir  burd^ 
ß^riftum  fc^on  l^ier  gefegnet,  biö  er  bereinft  bom  §immel  ^er  mieberfommt  unb  fein  l^imm^ 
lifd^e«  SReid^  ben©ieg  bef^alten  toirb  über  atte^,  toaö  toibcrftrebt.  gn  bem  toaö  bie  ^eilige 
©c^rift  üom  §immel  fagt  unb  toie  fte  toon  i^m  rebet,  pxäQt  ftc^  SBefen  unb  SBert  ber 

80  Dffenbarungöreligion,  ber  Steligion  ber  ßrlöfung  auö,  unb  fo  unjureic^enb  auc^  bie  38or- 
fteßung  ift,  bie  h)ir  mit  bem  aKorte  berbinben,  fo  ift  e«  boc^  ba^jenige  SiBort,  o^ne 
toelc^e^  ba«  ßf^riftentum  faum  fagen  fann,  toa^  e«  bietet  unb  forbert.  Creme?. 

^immelanbeter,  Coelicolae.  —  S3gl.  3.  «nbr.  Scömibt,  Historia  Coelicolarum, 
^clmft.  1704;  6^r.  S.  g.  ^ald),  Historia  Patriarcharum  Judaeonun,  3en.  1752,  5ff. ; 
35  3.  9K.  ©dirörft),  Sftriftl.  Äirc^engefc^ic^tc,  ob  7,  fietpi.  1780, 442—444 ;  e.  6d)ürer,  a)ic  Subcn 
im  bo^poranifc^en  SRcidjc  unb  bie  ©cnoffenfdjaftcn  ber  aeßd^tevoi  xdv  i>e6v  vytoTov  ebcnbafclbft, 
in  63321  1897,  200—225  (bcf.  223 f.);  f.  auc^  bie  «.  3KeffaIianev  unb  4)^pfiftarier  unb  bie 
üor  biefem  W.  anflegebenc  Öitteratur. 

3n   einem  ©rlaffe  ber  Äaifer  §onoriu«  unb  I^eobofiu«  II.  bom  ^af^xt  408  (Cod. 

40  Theodos.  16,  5,  43)  toerben  bie  gotte^bienftlic^en  ©ebäube  mehrerer  Parteien,  barunter 
aixi)  bie  ber  Coelicolae,  qui  nescio  cuius  dogmatis  novi  conventus  habent,  ber 
fatf^olifc^en  Äirc^e  gugefprod^en.  3"^  Saläre  borauf  verfügt  ein  @ria|  berfelben  Aaifer 
(Cod.  Theodos.  16,  8,  19),  ba^  bie  Coelicolae  enttoeber  binnen  einem  3^^^  ^ 
c^riftlic^en  ©lauben  annef^men  ober  ber  auf  Äe^erei  gefegten  ©träfe  berfallen  foUen.  3)abei 

45  toirb  i^nen  ein  ^auj)tbcrbrec^en  auö  propaganbifiifc^en  Umtrieben  gemacht,  mit  benen  fie 
einige  ß^riften  jüm  Slbfatt  jum  3ubentum  »erführt  Ratten.  3luguftin  (Ep.  44  al.  168 
Opp.  Ben.  2,  80)  bezeugt  bie  (Stiften j  ber  ©e!te  in  9iorbafrifa,  too^in  auc^  bie  faifer= 
lid^en  (Sriaffe  hjeifen  bürften.  9?a^  il;m  übten  fte  eigene  3^ufe  unb  Ratten  einen  maior 
an  ihrer  ©pi^e.    Offenbar  l^anbelt  e^  fxc^  bei  biefen  Slngaben  um  eine  neu  aufgetaud^te 

60©e!te,  bie  ben  3"^«"  ^^^^  ft^nb  unb  ate  beren  Slnalogon  im  Dften  bie  ^i^pfiftarier 
(f.  b.  2t.)  erfc^einen.  3)en  5lamen  „§immelanbeter"  mögen  fie  ber  gegnerifc^en  ^olemif 
uerbanfen.  Sie  felbft  tocrben  baö  §auptgert)ic^t  auf  bie  bilblofe  ©otteeöere^rung  gelegt 
baben.  SJieüeic^t  geigt  ber  Serfaffer  ober  (Jmenbator  ber  lateinifd^en  Überfe^ung  ber  2® 
in  Cod.  Cantabr.  D  Sefanntfc^aft  mit  unferer  ©efte,    ba   er  an  gtoei  ©teflen  (13,  60 

66  unb  17,4)  baö  griec^ifc^e  oeßo/nevoi  (töv  '&e6v)  mit  coelicolae  toiebergiebt,  unb  jÄen« 
faÜ!^  fjanbelt  e^  fxc^  babei  um  Dernjanbte  ©rfd^einungen.  ®.  ÄrÄget. 

^immelfttljrtöfeft.  —    alte  2:ag  ber  Himmelfahrt  ß^rifti  ift  31©  1,  3  ber  bienigfle 
2ag  nad^  ber  ätuferfte^ung  genannt.  3"  ^P*  Barnab.  c.  15  bagegen  toirb  bie  toöc^ent' 


^tmmdfal^rtdftft  85 

Kc^  gcier  bc^  6onntag^  bamit  bcgtünbct,  ba|  am  „ad^tm*'  %aqc  „xal  S  ^Irjaovg  Mxnrj 
hc  vexQwv  xal  <paveQ(o^ek  äveßrj".  Cb  bcr  Serfaffer  mit  bicfcn  SBorten  äufcrftc^ung 
unb  Himmelfahrt  aU  an  einem  unb  bemfelben  3^ge  gefd^e^en  bc^cid^nen  w'iü,  ober  le^terc 
ate  an  einem  f})äteren  Sonntage  erfolgt  anfielet,  lann  au«  bem  SBortlaut  nic^t  crjc^en 
toerben.  aKenn  biefe  ©teile  mit  bem  Seric^t  ber  21®  angeglichen  toerben  foD,  fo  lönnte  6 
nur  angenommen  toerben,  ba^  £ufa«  bier  SBoc^en  ate  bier  35efaben  gejault  ^at,  loic  ja 
f^Kiter  in  ber  Kirche  auc^  bie  ©onntage  bor  ber  ^afftonöjeit  nad^  ®efaben  al«  Dom. 
Quinquagesima,  Sexagesima,  Septuagesima  ungenau  ge^ät^lt  tourben.  2)o(^  lauten 
bie  „bicrjig  3^age"  bei  üufa«  gu  beftimmt,  fo  ba^  biefer  3lu«h)eg  nic^t  möglid)  erfd^eint. 
9{eanber  (Ä® '  1,  508)  nimmt  an,  ba|  bie  fad^Iic^c  jkrbinbung  bon  Sluferftel^ung  unb  lo 
^immelfa^  ben  3?erfaffer  be«  35amaba«briefe«  gu  biefer  jeitlic^en  SSerbinbung,  auf  bie 
fen  ©ehjid^t  gelegt  toerben  bürfe,  berleitet  l^at.  Die  Äird^e  ](^at  ftet«  na^i  ber  2lngabe 
ber  ä®  auf  ben  3)onnergtag  ber  fed^^ten  SQSod^e  nac^  Dftem  baö  geft  ber  Himmelfahrt 
gcfe^.  ^od)  fonnte  bie  ^eier  biefe«  3^age«  erft  erfolgen,  nacbbem  ba«  2luferfte^ung«5 
unb  ?5fingftfeft  feftgelegt  toaren.  Drigene«  (ct.  Geis.  VIII,  23)  lennt  ba«  geft  no^i  ni^t.  i6 
S^ogegen  finben  ioir  e«  bezeugt  in  Const.  ap.  V,  19;  VIII,  13.  gn  ber  le^tgenannten 
©teUe  ifk  beftimmt,  ba|  bie  ©Haben  am  Sage  ber  ^immclfal^rt  (rijv  dv(xXrniHv)  bon 
ber  ä(rbett  ru^  foHen  „did  rd  negag  tijg  xarä  Xqiotöv  olxovojulag''.  Son  Gbr^fos 
ftomu«  ift  eine  jebenfall«  ed^te  §omiKe  (neben  anberen  uned^ten  Opp.  ed.  Montf.  III, 
©.  957  ff.)  bom  ^immelfal^rt^feft,  ba«  au^erl^alb  ber  ©tabt  äntio^ien  in  ber  ilirc^e  ju  20 
Sftomonepa  gefeiert  tourbe,   überliefert  (1.  c.  II,  ©.  529).    2lud()   erioöl^nt  6br.  in  ber 

ftoeiten  bon  i^m  un»  überlieferten  ^fingfi^rebigt  au^brücf lic^  ba«  borau^gegangene  ^immet 
ol^rt^fcft  (1;  c.  II,  ©.  555).  3n  ber  cat)})abocifc^en  Äirc^e  ift  ba«  ?feft  ate  ^eft  ber 
bottenbeten  ßrlöfung  ioo^l  mit  bem  SRamen  1)  emocoCo/Lievrj  bejeic^net  toorben  (Greg. 
Nyss.  Opp.  II,  p.  873.  33gl.  £eo  SlHatiu«,  de  dominic.  et  hebdomad.  Graec.  25 
§  XXVIII;  Sing^am  1.  XX  ep.  VI  §  5).  3luc^  bei  ßf^r^foftomu«  finbet  ftc^  eine  ^o-- 
milie  t^  xvgiax^  Tfjg  intacoCo/LiSvrjg.  Db  aber  bamit  ber  ©onntag  nac^  Dftem  (Opp. 
Chrysost.  ed.  Savil.)  ober  ber  ©onntag  nac^  H'"^"^^^f<*N  gemeint  ift,  ift  nic^t  beftimmt 
fcftjufteßen  (über  bie  Sebcutung  be«  5Jamcn«  iTziocoC-  bgl.  Slugufti,  35enIU)ürbigfeiten 
1,  ©.  169  f. ;  2,  ©.  356).  —  ©ofrate«  (bist.  eccl.  7,  26)  berichtet  bom  3ia^re  390,  ba^  30 
ba«  Soll  ba«  ^ft  ber  Himmelfahrt  in  einer  33orftabt  Jtonftantino})efe  au^  alter^etoo^ns 
^eit  (i^  ^ovg)  feiere.  —  ^m  älbenblanbe  ift  bie  ^ier  be«  ^immelfai^rt^fefte^  bielleic^t 
burd^  ben  can.  43  ber  ©^nobe  ju  ßlbira  306  bezeugt  nad)  ber  aÜerbingö  bunflen  J^ffung 
bei  Mansi  II,  p.  13  (bgl.  SReanber  a.  a.  D.,  ©.  518).  3lad)  einer  anberen  Raffung 
bed  betr.  Äanon  (Srunö  II,  ©.  7)  ift  nur  bie  ^ier  be«  ^fingftfefte«  o^ne  Segie^ung  auf  35 
ben  biergigften  3^g  eingefc^ärft.  g^^^f^^  ^^^^  2luguftinu«  ba^  geft  ber  ^immelfal^rt 
atö  ein  längft  eingebürgerte^,  fo  ba|  er  e^  auf  a^joftolifd^c  ©infe^ung  ober  Äonfen^  ber 
gefamten  Äirc^e  jurücffü^rt  (Ep.  54  fal.  118]  ad  Januar.  MSL  33,  200).  —  2)a^ 
^immelfo^rt^feft  lourbe,  mit  befonberem  ©lange  gefeiert.  3?gl.  bie  ©c^ilberung  bemfelben 
in  ber  Ährc^e  auf  bem  Ölberg  am  @nbe  be^  7.  3.^^^"«^^^  ^^^  Adamanus  Hyensis,  40 
de  loc.  sanct.  1,  22  (MSL  88,  792).  ^>auj)tfäd)lic^  loar  auc^  bie  ^rogeffipn  an  biefem 
gefte  bon  Sebeutung,  bie  ben  ®ang  be«  $erm  mit  ben  Jüngern  auf  ben  ölberg  abbilben 
foUte,  h>cl(^e  ^rogeffion  nac^  ber  Slnftc^t  fpäterer  mittclalterlid^er  ©d^riftfteHer  fpäter  auf  bie 
Sonntage  berlegt  toorben  fei  (©icarb  bon  ßrcmona.  Mitrale  VII,  8.  MSL  213,  373 f.; 
»eletl^uö,  Ration.  Div.  off.  e.  7.  MSL  202,  20;  Durand.,  Rat.  div.  off.I,  IV,  6).  45 
iie  Cfterlerge,  bie  biergig  Sage  lang  bei  jeber  SDleffe  gebrannt  toirb,  toirb  am  ^immel^ 
fa^rt^feft  nadj^  ber  93erl^ung  bc^  ßbangelium^  au^elöf^t.  Diefe  Drbnung  ift  burc^  bie 
Kongregation  ber  Sliten  feit  bem  19.  5Kai  1697  für  bie  gange  Äirc^e  borgefc^rieben,  nac^s 
bem  fie  fc^on  feit  1263  im  ?^angi^fanerorben  üblicb  toar  (5öabbing,  Annales  min.  s. 
trium  ord.  etc.  IV,  219).  —  Über  bie  ©ittcn  bei  bem  ^yefte  im  3KittclaIter  bcnd()tet  50 
I^omo«  Slaogeorgu^  (Äirdbbauer),  regn.  papist.  IV,  bgt.  audb  §of)[)inian,  de  festis 
Christ,  p.  72.  ein  gefc^ni^teö  6&riftu^bilb  tourbc  in  ben  Äirc^boben  burc^  eine  Üffnung 
^inaufgegogen  unb  eine  brennenbc,  ben  ©atan  borfteHenbe  ©tro^jjuploe  fobann  l^erab- 
gelDorfen.  ^tlic^e  SDlablgeiten  tourben  gel^alten,  bei  benen  barauf  geachtet  tourbe,  bafe 
jeber  ®aft  einen  gangen  Nyogel  berge^re.  Die  l^crmäblung  beö  Dogen  gu  93enebig  mit  66 
bem  3Reere,  bie  an  biefem  Xage  bi^  gum  ^afjxc  1798  (2luflöfung  ber  Slcjjublif  iknebig) 
ftattfanb,  ^at  feine  fird>lic^e,  fonbem  nur  jjolitifc^e  Sebeutung.  —  Die  lutb.^beutfcbe  JHc^ 
formation  bel^ielt  baö  ^immclfal^rt^fcft  aU  auf  ber  ©d^rift  rubenbe«  ^errcnfcft  überall  bei. 
3lur  bie  Ulmer  ÄD  1531,  bie  reformierten  %\)pui  trägt,  fdbaffte  alle  J^eiertage  aufecr  bem 
Sonntag  alfo  aud^  biefe«  %^\i  ah,   ^sn  ^reufeen  tourbe  im  Ji^l^^^  1773  burc^  föniglid^eg  eo 


86  ^ttnmelfa^rtdfeft  ^inhnar  tion  St^eitnd 

SDcIret  ba«  Jpintmclfa^rt^feft  aufgcl^oben,  im  ^al)xc  1789  aber  auf  gleichem  SGBegc  toicbcr 
eingeführt.  ®cor8  »lletfi^er. 

^tmmdf flirrt  3ilaxi&  f.  3)taria. 

^immelreid^  f.  Sleici^  ©otte^. 

o  ^itt  f.  3Ka^e  unb  ©etoic^te. 

^infmar,  erjbifd^of  bon  St^eim«;  geft.  882.  —  Hincmari  opera  ed. Sirmond, 
^jQriöl645;  ^ufäud,  HiDcmari  Rhemensis  archicp.  epistolae,  Moguntiae  1602;  MSL  Tom. 
]25/6;  MG XIII, 412- 599;  BMXIV;  Mansi  XIV/XVI;  Hist.  lit.  de  la France  tom.IV/V; 
351®  1888,  X,  6.  92-145;  ©cfe,  9Kcr!mürbip(eiten  aud  bcmfieben  unb  ben  84riftcn  ^int* 

loniarö,  ©öttingen  180fi:  $ri(t)arb,  The  life  and  times  of  Hincmar,  fiittlemore  1849;  ?Bcij' 
fäcfcr,  4)infmar  unb  ¥feubo*3ftbor,  in  92icbner«  ©3  1858,  ©.  327-430;  3)iej,  de  vita  et 
ingenio  Hincmari,  9((\enbici  1859 ;  SciAfSrfer,  ^8  1860,  93b  III,  8.  42—96  ;  üon  9?oor« 
ben,  4)3  1862,  S3b  VII,  6.  310—350,  ebo  ©infmar  unb  $feubo  gpbor;  berfelbc,  |)infmar, 
(Srjbifdjof   Don  9tbcim^,  SBonn  1863;  Loupot,  Hincmar  archevöque,  de  Reims,   sa  vic,  ees 

15  ceuvres,  son  influence,  SRcimö  1869;  Vidieu,  Hincmar  de  Keims.  Etüde  sur  le  IX.  siMe, 
^ari§  1875;  @bro(erf,  ^infmorS  nun  SRcimö  fononiftifcbeö  ®uta(tjtcn  über  bie  CS^cfcbcibung 
beö  ^önlgd  iJotböt  II,  Srciburg  1881;  ©cbrörS,  ^infmar,  (Srjbiidjof  uon  9leim§.  fjreiburg 
1884;  Brissaud,  Etüde  sur  Hincmar,  archev^qnc  de  Reims  in  ben  Travaux  de  TAcad^mie 
de  Reims  1841  ff.,  ^a^rg.  VI,  571  f.;  ebenba  Slb^anblungen  über  ©tufmor  XLI,  1 ;  XLV,  46; 

20XLVI,  1.  ^«Mufeerbem  finb  ju  üerflleldjcn :  ©cftrörff),  ©ftriftl.  t®  XXIV;  ®frörer,  ®efc^.  bcr 
oft»  unb  «jcftfrönfifc^cn  Äarolinflcr,  grciburg  1848;  ©end,  2)aÄ  oftfrönfifdje  SReicb  nocb  bcm 
»ertroge  \)on  ^erbun,  fieipatg  1851 ;  ^efele,  tonjilicngcfcö.  1860,  »b  IV;  Tümmler,  ®efd). 
beö  oftfrönf.  SRcidiS  1887/8. 

^tnlmar  entftammte  einem  eblen  frönlifc^en  ©efcbled^te  unb  tDurbe  zitoa  um  bod 

25  gal^r  806  geboren,  ©c^on  frül^geitig  h)arb  er  bem  Älofter  ©t.  Denig  gur  ©rjiel^ung  über^ 
geben,  too  3lbt  §ilbuin  fein  Seigrer  toar,  ein  3Kann,  ber  fic^  ber  befonberen  ©unft  bc^ 
Äaifer«  fiubtnig  b.  %t,  erfreute,  ©o  lam  e^,  ba|,  al^  berfelbe  im  ^ai}x^  822  an  ben 
laiferlid^en  §of  nac^  Stachen  berufen  tDurbe,  aud^  ber  junge  ^intmor  il^n  bort^in  begleitete, 
^r  §infmar  foDte  biefer  äufent^alt  in  ber  faiferli^en  5PfaIj  t)on  einfc^neibcnbfter  93e= 

30  beutung  fein ;  benn  ^ier  lernte  er  ba^  ©etriebe  ber  ftaatUc^en  ^olitif  an^  näc^fter  Um- 
gebung tennen  unb  machte  ftc^  jene  bit)lomatifc^e  ©etnanbtl^eit  unb  jenen  ))olitifc^en  ©c^arf^ 
blicf  ju  eigen,  bie  tnir  fpäter  fo  oftmafe  an  ibm  betüunbem  fönnen.  ©o  ^er^Iid^  ba^  Ser» 
l^ältnt^  jtoifc^en  2lbt  §ilbuin  unb  feinem  ©c^üIer  Inar,  f o  na^m  boc^  ^intmar  leinen  Slnteil 
an  ben  politifc^en  Umtrieben  feine«  Seigrer«,    tüie  fie  fid^  feit  bem  ^af)xt  828   am  taifcr^ 

35  liefen  §ofe  regten  unb  bie  bal^in  ftrebten,  bie  Sleic^^einl^eit  unter  be«  Äaifer«  ölteftem 
©o^ne  Sot^ar  ju  Ina^ren.  3)agegen  fträubte  ftd^  fein  Slec^t^efül^I  unb  fein  Vertraute« 
SBer^ältni«  jum  Äaifer.  35oci^  bie  unitariftifd^e  9leid^«t)artei  unterlag  unb  auf  bcmSReid^ 
tag  gu  5RVmh)egen  830  hHxrb  ©rjfa^eHan  §ilbuin  nac^  6ome^  verbannt.  ^eitniHig  ging 
§in!mar  bort^in  mit,   unb    feine  Sitten  beim  Äaifer  bracj^ten  e«   ju  tüege,   ba^  ^ilbuin 

4<)  fc^on  balb  n?ieber  begnabigt  tourbe  unb  bollftänbige  SSerjei^ung  erlangte,  auc^  feine  äbtei 
©t.  Deniö  jurücferf^ielt.  §ier  pnben  ton  benn  beibe  auc^  toäbrenb  be«  fturmbetoegten 
^af)x^  833,  h)o  ein  neuer  äufftanb  ^\x  gunften  Sot^arö  lo^brac^,  ber  nac^  ben  traurigen 
Vorgängen  auf  bem  Sügenfelbe  beißolmar  mit  bem  fieittoeiligen  ©turj  be«  Äaifer«  enbete. 
35ie«mal  Wieb  §ilbuin  jeboc^  burd^  ^infmar  biefer  Setoegung  fern,    aber  noc^  einmal 

45  fiel  berfelbe  fpäter  ^ium  ©^merj  ^infmarö  jur  Partei  fiotl^ar«  ab,  840  nac^  Äaifer  Sub« 
toig«  lobe,  ftarb  jeboc^  balb  barauf.  SBä^renb  ber  ganj^en  3^t  f<Jf*  ^(^^  833  ^otte  fic^ 
§inlmar  in  ber  flöfterlic^en  Slu^e  gu  ©t.  2)eni«  aufgehalten  unb  ^ier  ^at  er  fid^  bie  um 
geheuere  Sclefenl^eit  ertoorben,  bie  toir  an  i^m  behjunbem  muffen  unb  j^u  ber  i^m  fem 
fj)ätere«  äeben  faum  ^txt   gelaffen  ^ätte.    3"  älnerlennung   ber    treuen  3)ienfte,    bie  er 

5(>  feinem  XJater  geleiftct,  berief  i^n  Äönig  Äarl  b.  Ä.  balb  in  feine  9iäl^e  in  befonberer  $er= 
traueneftellung,  unb  feinen  befferen  Berater  l^at  Äönig  Äarl  toäbrenb  feiner  langen  9les 
gierung^jeit  gehabt  aU  ^infmar.  3"^  Selol^nung  für  feine  Streue  öerlie^  il^m  ber  Jtönig 
ben  galanten  erjbifc^öfltc^en  ©tu^l  bon  Sibeim«.  2)iefen  ©i^,  ber  ber  glän^enbfte  toar  in  ber 
ganzen  gollifc^en  Ätrc^e,   l^atte   borbem  CSrjbifc^of  ßbo  inne   gel^abt.    3)erfelbe   aber  Unn: 

:>5  toegen  feine«  Sreubruc^«  gegen  ben  Äaifer  833  gu  3)iebenbofen  835  feine«  Slmte«  ent^ 
fe^t  unb  nac^  %uU>a  in  ©cma^öm  gebrad^t.  Sei  Subtoig«  iobe  n?ar  er  jebod^  reftituiert 
unb  nad;  ^l^eim«  j^nrücfgefel^rt,  l^atte  l;ier  ba;\unml  auc^  mehrere  firc^licbe  SBeilj^en  erteilt, 
toaö  f})ätcr  ju  erbitterten  unb   langen  Äämpfen   mit  §infmar  führen  folltc,    bi«  er  beim 


^intmar  tion  St^dtnd  87 

Xnniden  StaxU  841  obecmold  flüd^ten  mu^e.  !Run  beftgniert  ber  jfönig  ^infmar  für 
ben  erlebtgten  Stu^l,  unb  nad^bem  feine  9Ba^(  burc^  ^olt  unb  5t(eru^  )u  Seauüaid 
(18.  älptil  845)  otbnung^mö^ig  boH^ogen  tft,  tüirb  er  am  3.  37tat  845  feierlich  in  fein 
er^bifc^öflic^ed  9mt  eingefül^rt.  SSon  biefem  ä(ngenblicl  an  finben  tuir  ^infmar  in  l(^ers 
öorragenber  SBeife  an  ben  ©reigniffen  feiner  3cit  in  Staat  unb  Äirc^e  beteiligt  unb  faft  6 
t)ifr  3[Ä^ifJ«^  *^^  «  cntfc^eibenb  in  ben  @ang  berfelben  eingegriffen.  2UI  bie  Ään^jfe, 
bie  jene  betoegte  3^  bon  ber  SKitte  be^  9.  gal^r^unbertd  an  bur^jogen,  breiten  fid^  um 
feine  ^erfon  ober  ftanben  boc^  mit  berfelben  in  engfter  93ejie^ung. 

Sc^on  bülb  nac^  feiner  erjbifc^öflid^en  ©r^ebung  tüarb  er  in  einen  ©treit  ^ineingejogen, 
ber  bie  ©emüter  bamatö  oufd  ^eftigfte  cnegte  unb  gleich  einem  öer^eerenben  geuerbranb  lo 
burc^  bie  gonje  gadifc^e  Jtirc^e  ^og,  biefelbe  in  i^ren  innerften  @runbbeften  erfc^ütternb, 
ber  ^räbeftinotioni^ftreit.  Serfelbe  toax  burc^  ben  föc^ftfd^en  Tlönd^  ©ottfd^olf  beranla^t 
(f.  b.  «.  Sb  VII  6.39).  Slaban  ^atte  i^n  bor  eincS^nobe  ;u  aWainj  (848)  gefteKt  unb 
bamt  feinem  (Srjbifc^of  i^intmar  aur  93eftrafung  überfanbt.  unb  nur  ^u  gut  entlebigte 
fic^  ber  Sl^imfer  ^rölat  biefe«  Auftrag«.  2luf  ber  ©^nobe  ju  ßl^ierfe^  849  fülj^rte  er  lö 
eine  neue  Verurteilung  ©ottfc^olfö  ^erbei  (f.  93b  VIT  ©.  40, 4i).  ®od^  mit  ber  ein= 
terterung  bed  unglüAidjien  SJlönc^ed  mar  biefe  Streitfrage  feine^toeg^  beenbet.  3)läc^tige 
©ttmmen  erl^oben  ft(^  bon  allen  Seiten  für  ben  auguftinifc^en  Se^rbegriff  (f.  S5b  VII 
©.  41,5).  ©0  mufe  aud^  ^infmar  in  biefen  toiffenfc^aftUc^en  Jtam})f  eintreten  (f.  ©.  41,  ii). 
2)a  t&  bem  @r)bif(|of  nid^t  gelungen  ift,  burc^  toiffenfd^aftlid^e  Erörterungen  be^  n)ogenben  20 
©tretted  $err  p  toerben,  fo  berfuc^t  er  e^  nun  mit  ft^nobalen  3)lac^tmitteln.  ^JDcit  ber 
©i^nobe  m  G^terfe^  853  eröffnet  §inlmar  ben  fi^nobalcn  Rartxpl  unb  j^ier  toar  e«,  too 
er  feine  belonnten  4  ärtifel  in  ©ac^en  ber  ^röbeftinatlon  auffteUte,  bie  im  ioefentlic^en 
einem  gemäßigten  ©emi))e(agiani^mu^  ^ulbigen.    Sem  aber  trat  eine  ©^nobe  }u  ^arii^ 

858  unb  bomd^mlid^  bie  bon  SJalence  855  mit  i^ren  6  ä(rtileln  entgegen,  toorauf  ^inlmar  26 
fein  erfted  ®erl  über  bie  ^räbeftination  fd^rieb.    !Rac^bem  bie  2lrtim  bon  Salence  bon 
ben  Xn^ngem  ber  auguftinifd^en  9(uffaffung  einer  bot)^e[ten  ^räbeftination   }u  Sangre^ 

859  bon  neuem  gebiQigt,  eine  859  p  ©abonni^re^  berfuc^te  Einigung  aber  fel^(gefd^lagen 
toar,  Derfa|te  §infmar  auf  SSeranlaffung  be«  Äönig^  feine  gtocite  grofee  ©treitfc^rift  über 
bie  ^^räbeftinotion.  Da«  Äonjil  bon  2:ouf^  860  foHte  über  bie  Streitfrage  entfd^eiben ;  30 
ober  auc^  ^ter  toarb  leine  förmliche  ßinigung  erhielt.  Dod^  toar  man  beiberfeit«  mübe 
be«J  langen  ©treite«  unb  mitSlbfaffung  beg©^nobaIfc^reiben«  l^at  §in!mar  faltifc^  ba«  le^te 
SBort  gef})ro(^  in  bem  lange  l^in  unb  ^er  toogenben  itam})fc.  Steilic^  fipäter  brol^te  ij^m 
no<^  einmal  eine  emfte  ©efoi^r  ob  biefc^  ^anbel^,  aU  ^a)>ft  9(ifo(au«  fic^  be«  unglüd- 
lid^  @efangenen  bon  ^autbidier«  annehmen  unb  bamit  ben  laum  beigelegten  ©treit  35 
toieber  aufnehmen  gu  toollen  fc^ien;  unb  mit  emfter  Scforgniö  fal^  ber  ©nbifc^of  bem 
fc^on  entgegen:  aber  befonbere  3^itber^ältniffe  ließen  ben  ^ajjft  babon  abfte^en  unb  bie 
bro^enbe  ®efa^  ging  glüdtlic^  an  §infmar  borüber.  —  Unb  noc^  in  einen  anberen  ©treit 
^at  Oottfd^If  ben  3lJ^eimfer  grjbifc^of  bertoicfelt,  über  bie  Srinität.  3n  einem  alten 
Äirc^enlieb  fanb  fid^  nämlid^  bie  ©top^e  „te  trina  deitas  unaque  poscimus".  §inf*  4o 
mar,  ber  hieran  änftoß  najS^m,  änberte  ben  jtoeibeutigen  3lu«bruc!  in  „summa  deitas", 
mußte  fic^  aber  ob  biefer  eigenmöd^tigcn  Sinberung  bon  feinen  (oräbeftinatianijc^en  ©egnem, 
boran  bon  ©ottfd^all  mit  feiner  2lb^anblung,  schedula  betitelt,  auf«  ^eftigfte  angegriffen 
fe^,  fo  baß  er  ouc^  bagegen  ftd^  jur  äbtoe^r  genötigt  fie^t  mit  feiner  ©c^rift  de  una 
et  non  trina  deitate".  45 

Snjtoifc^^  aber  toar  ein  anbcrer,  toeit  l^eftigerer  unb  gefährlicherer  Äamfof  gegen 
|)infmar  entbrannt,  ber  if^n  faft  in  feiner  ß^ftenj  bebro^te.  3lad)  feiner  Slcftitution  ju 
3ngel^m  840,  bie  i^  auf  lurje  ßeit  auf  ben  Sl^eimfer  ©rjbifd^of^ft^  jurücffü^rte,  l^atte 
&)o  fir4»fic^e  SBeii^  an  mehreren  Älerilem  boUjogcn  unb  fxd)  baburq)  in  benfelben  einen 
bertrauten  Stn^ang  in  ber  St^cimfer  Diöcefe  gefc^affen.  311«  nun  §inlmar  i^nen  bie  äu«*  60 
Übung  i^rer  geiftUc^en  3imter  unterfagte,  begegneten  fte  i^m  mit  feinbfeliger  Agitation. 
Um  biefem  i^irem  treiben  ein  6nbe  ^u  machen,  ftcDt  ^infmar  fte  bor  bie  ©^nobe  ju 
©oiffon«  853.  Sorgeforbert  legen  fie  eine  Sejc^toerbefc^rift  ein,  in  ber  fte  bie  SReftitution 
6bo«  rec^tlid^  begrünben  auf  ber  ©runblage  pfeubo4fiborifc^er  ^rinüijjien,  bie  ^ier  au« 
biefem  Äreife  ber  Sl^eimfer  Äleriler  ^erau«  jum  crften  äWal  al«  fanonifc^e  9lec^t«quene  auf^  55 
tauchen.  Unb  al«  bie  ©^nobe  bie  Slbfe^ung  @bo«  für  giltig,  feine  Sleftitution  bagegen 
für  ungiltig  unb  bamit  bie  Drbination  §infmar«  jum  ©rjbifc^of  bon  Sl^eim«  al«  legal 
—  le^tere«  ift  ber  eigentli^c  3'^*^""^^  ^^^^  too^lbercc^neten  3Sorgel^en«  —  unb  i^re 
9Bei^  al«  ungefe^lic^  erflärt,  ba  legen  fte  eine  neue  ©d^rift  bor,  in  ber  fte  bifdböflic^e 
3eugen  für  bie  legal  ftattge^abte  Steftitution  CSbo«  in  ber  Äat^ebrale  ju  Stl^eim«  bor-  eo 


88  ^infmar  tidit  St^tintd 

bringen.  3lxm  trifft  ftc  toegen  falfc^cr  StnßaBcn  ba«  SScrbammung^urtetl  bcr  ©^nobc,  über 
bog  fie  aber  —  toiebcrum  nac^  ^feubo-Sfibor  —  2lj)t)cIIation  an  ben  römifd^en  ©tul^I 
einlegen.  ÜKit  i^nen  toenbet  fic^  auc^^inlmar  bort^in  um  93eftätigung  bc^  ©^nobalurteitö, 
bie  inbe^  erft  93enebilt  III.  erteilt  unb  axxi)  nur  unter  bem  au^brüdlic^en  SSorbef^olt,    si 

6  ita  est".  —  Xod)  bantit  toax  biefe  <Sai)z  leineötoegS  erlebigt.  6iner  Don  jenen  Sifc^öfen, 
bie  nad)  Angabe  ber  5R^eimfer  Älerifer  ber  feierlid^en  2Biebereinfe|ung  6bo«  in  ber  Sl^eimfer 
Äat^ebralc  beigetüo^nt  j^aben  foDten,  toax  Stfc^of  Slot^ab  Don  ©oiRon«.  Serfelbe  ftanb 
fc^on  bon  früher  ^er  nic^t  im  beftcn  (Sintoeme^men  mit  §infmar  unb  er  ift  e«,  ber  fic^ 
nunmehr   öl^  SBortfül^rer  jener  abgefegten  Älerifer  annimmt  unb  i^re  Jjfeubosiftborif^en 

10  Orunbfö^e  Derfi4>t.  g"'"  öffentUd^en  Srud^  ^toifd^en  ü^m  unb  ^inlmar  fam  e«  jeboc^ 
erft  im  ^afycc  861,  aU  §infmar  einen  Don  Siotl^ab  abgefegten  Äleriler  eigenmächtig  toieber 
cinfe^t.  Site  er  fic^  bicjer  ^Kaferegel  feinet  3Ketro})oIiten  nic^t  fügt  unb  bei  feiner  Dppo^ 
fition  be^arrt,  toirb  er  862  ju  ^ifte^  feine«  2lmte«  entfe^t  unb  ju  HöfterKc^er  §aft  Derur^ 
teilt.    2)er  unbotmäßige  Siifqiof  toar  fo  Dom  9Wetro})oliten  gu  Soben  geworfen ;   boc^  an 

15  feiner  ftatt  erfte^t  i^m  nun  ein  tüeit  gcfäl^rlic^erer  ©egner  in  bem  getoaltigften  ^aj)fte 
jene«  S^^i^^wnbert«,  einem  SRilolau«  I.,  unb  ber  nun  ani^ebenbe  5lam})f  ift  einer  ber  ent« 
fc^eibenbften  unb  folgenreic^ften  aller  3^^  getoefen.  §anbelte  e«  fid^  boc^  in  bemfelbcn 
um  nic^t«  geringere«,  al«  um  bie  päijftlic^e  ©anftion  ber  })jeubo-ifiborif(^en  gälfc^ung,  auf 
ber  bann  fortan  bie  t)äj)ftli(^e  Äirc^e  il^ren  tüeiteren  ftoljen  Silufbau  begrünbete  unb  DoUjog. 

20  alte  Slifolau«  Don  ber  Verurteilung  Siotl^ab«  tro^  feiner  an  ben  römifd^en  ©tul^l  eins 
gelegten  SljjJjeDation  bur^  ®egner  §inlmar«,  bie  lot^ringifc^en  Sifc^öfe,  l^örte,  forberte  er 
ben  gema^egelten  Sifc^of  Dor  fein  gorum  nac^  3lom;  unb  tool^l  ober  übel  mußte  ber 
ßrjbifd^of  bem  nac^fommen,  tüenn  auc^  mit  fc^toerem  §erjen  unb  in  ber  getüiffen  SSor- 
au«fid^t,   baß   ü^m  bamit  neue  Äämpfe   erfte^en  n?ürben.    Slot^ab   langte  864   allein  in 

26  Slom  an ;  unb  bie  nun  folgenben  ©reigniffe  machen  e«  jur  ©etoiß^eit,  baß  er  ben  ^aUß^i 
in  fein  ^wtereffe  ju  xie^en  Derftanb  unb  in  ü^m  einen  mächtigen  SSerfed^ter  ber  Don  i^m 
überbrad()ten  })feubo4fiborifd^en  ^älfd^ung  getüann.  SBäie  ^ätte  ber  ^ajjft  auc^  einen  fo 
mächtigen  35unbe«genoffen  jur  ^ebung  ber  t)äftlic^en  3Rac^t,  tüie  er  fic^  in  ^feubo-^iftbor 
tl^m  bot,  Don  ftc^  toeifen  mögen,    ©eit  Slotl^ab«  Slntoefenl^^eit  in  Slom  gelangt  ^feubo- 

80  Sfibor  ate  Duelle  be«  fanonif^en  Siedet«  })äj)ftlid&erfeit«  jur  3lnh)enbung.  Unb  auf  biefer 
©runblage  toarb  benn  auc^  SRot^ab  toieber  in  fein  Slmt  Dom  ^(Oß\t  feierlich  eingefe^t. 
§infmar  aber  toar  in  biefem  Jtamj)fe  gegen  bie  ^feubo4fiborifc^e  $artei  unterlegen. 

5Jac^bem  aber  Slotl^ab«  ©ac^e  fo  h)o^l  au«gej(blagen  tüar,  ba  regen  ftc^  aud^  alfo* 
balb  tüieber  jene  Sll^eimfer  Älerifer,  bie  mit  il^m  um  biefe  großartigfte  aller  gölfd^ungen 

86  lüußten  unb  an  berfelben  jebenfaD«  felbft  mitgearbeitet  Ratten.  Site  ba«  §auj)t  biefer 
35etretalenfäl|d^er  erfd^eint  je^t  ein  getoiffer  SBäulfab.  3luf  i^re  SlppeUation  nimmt  !Rifos 
lau«  auc^  i^re  3lngelegenl^eit  tüieber  auf  unb  Deranlaßt  »^inlmar,  Don  neuem  über  i^re 
Steftitution  ju  Der^anbeln.  6ine  ©^nobe  vn  ©oiffon«  866  fpric^t  fic^  auf  j^inJtnar«  38ers 
anlaffung  nid^t  au«  9le(bt«grünben  für  i^re  SReftitution  au«,  ba  bie«  lei4)t  gefc^rlid^  für  il^n 

40  au«fd^lagen  lonnte,  ^onbem  emjjfie^lt  biefelbe  lebiglic^  ber  ®nabe  be«  Sßapfte«.  35od^  !Ritos 
lau«  burd()fc^aut  §inlmar«  ^olitif  unb  Derlangt  lategorijc^,  bie  Sleftitution  ber  Älerifer 
enttüeber  al«  eine  re4>tlic^e  anguerfennen,  ober  i^re  3lbfe^ung  al«  eine  gefe^mäßige  nac^s 
gun?eifen.  3)a  muß  fidb  .^infmar  bem  J>äj)ftlid^en  SJlac^ttüort  beugen  unb  unterwerfen. 
3)od^  ba«  ©d^tüerfte  jottte  i^m  erfj)art  bleiben.    35ie  Ääm)}fe  mit  ber  orientalifc^en  Äirc^e 

46  Deranlaßten  9Kf olau«,  gegen  ben  SH^eimfer  53letropoliten,  beffen  Seiftanb  i^m  hierbei  äußerft 
tüic^tig  erfd^ien,  milbere  2^öne  anjufdj^lagen,  unb  balb  barauf  fanf  er  in«  ®rab  am 
13.  SloDember  867.  ©ein  9?a(^folger  ^abrian  aber  ^ielt  e«  für  geraten,  Don  einer  Weiteren 
Unterfucbung  bcr  6bo-3Bulfabfd^en  ©ad[)C  abjufe^en  unb  bie  Sleftitution  ber  Älertter  ein^ 
fac^  gut  JU  Reißen,    ©o  Ratten  auc^  biefe  bebro^lic^en  SBulfabjc^en  §änbel  für  ^infmar 

eonod^  ein  letblid;  gUm)[)flic^e«  @nbe  genommen. 

2luc^  in  ben  ©l^e^anbel  Äönig  Sot^ar«  II.  griff  öinfmar  entfc^eibenb  ein.  3)erfelbe 
l^atte  feine  legitime  ©enmblin  3:^eutberga  Derftoßen  unb  feine  Sudlerin  2öalbrabe  gee^elic^t. 
SDa  War  e«  .^infmar,  bcr  ft^  in  feiner  35entj(^rift  „de  divortio  Lotharii  regis  et 
Tietbergae  reginae"  ber  bebrängten  Unfd^ulb   in   encrgifcber  SfiJeife   annahm   unb   bie 

66©eit>iffen  Wedte.  ©einem  ßingreifen  ift  c«  jumcift  ju^ufd^reiben,  baß  bie  e^ebrec^rifd^en 
©elüftc  biefe«  Äönig«  nic^t  bie  3"f^"^"i""9  ^^  fränfifc^en  Jperrfd^er  erhielten,  noc^  auc^ 
bie  v<ii>ftH(^e  SiHigung  fanben.  Dbne  ittoa^  Don  ber  einen  ober  anberen  Seite  erreicht 
JU  l)aben,  ftarb  Sotl^ar  auf  feiner  5Homfa^rt  869  ju  ^iaccnja. 

2)ie  Sl^cimfcr  Älerifer  Ratten  in  bem  langen  Äanij)fc  gegen  .öinfmar  obgefiegt;  unb 

60  bie   Wuchtige  Jßaffe,   an   bcr  aller  SBibcrftanb   bc«  Grjbif^of«  mad;tlo«  ab})ralltc,   War 


^tntmar  tiott  St^etmd  89 

$fcubo=3fibor  gctocfcn.  ®o  öerfuc^en  ftc  c^  nod^  einmal,  beffcn  SEcnbcnjcn  tücitcr  jur 
©eltung  ^u  bringen,  unb  bicönial  ift  c^  ber  eigene  9Jeffe  be^  ©rjbifc^ofg;  ber  i^rc  ©ac^e 
bertritt,  SBifd^lof  §inlmar  bon  Saon.  gn  nod^  jugenblid^eni  SlUer  f^atte  berfelbe  auf  bic 
gürf^ac^e  feinet  O^eim«  l^in  baö  Si^tum  £aon  etbalten  (858).  SBalb  aber  jc^on  tüar 
er  mit  i^m  verfallen  unb  berfagtc  i^m  fd^lie^lid^  in  eigenfmnigcm  2ro$  bcn  bifc^öflic^en  6 
®e^orfam.  ßbenfo  h)ibcrfj)enflig  tritt  er  gegen  ben  Äönig  auf.  ^ur  Sled^enjc^aft  aejogen, 
t>er^gt  er  ben  Sann  über  feine  2)iöccfe  unb  ajjpeUiert  gleid^jeitig  nac^  Slom.  Sfcad^bem 
er  bann  auc^  nod^  ben  ä^erbac^t  bed  ^od^berratd  auf  fic^  gelaben,  ift  fein  ©efc^id  be« 
fiegelt.  auf  ber  g^obe  gu  I)ou5e  871  h)irb  er  tüegen  Ungel^orfam«  gegen  bie  itrone 
aibgefe^t  unb  f})äter  geblenbet.  9Jur  einmal  boren  tüir  bann  nod)  bon  bem  unglücfs  lo 
Hc^n  3Kann,  auf  ber  ©^nobe  ju  %xo)^^  878,  h)o  er  mit  einer  S5efc^toerbejc^rift  bor 
bem  bort  anloefenben  5ßai)ft  erfdbeint  unb  i^n  um  Erbarmen  anfleht.  Unb  bie  ©^nobe 
toilligt  barauf  in  eine  teiltoeijc  Sleftilution,  aber  fc^on  im  folgenben  3^^  ftarb  er. 
3n  biefem  aufregenben  ©treit  mit  feinem  Dieffen  fd^rieb  Jpinfmar  fein  umfangreiche« 
(55  Äaj)itel)  SQäerf  „opusculum  LV  capitulorum",  ba«  ^inlmarö  ©tellung  ju  $feubos  15 
gfibor  genau  erfennen  lä^t.  ^i^m  gilt  aU  fanonifcbe  Stetbt^ueDe  au^fc^lie|Iid9  ber  bio* 
n^fios^brionifc^e  Äobej.  Site  i^m  nun  bie  neue  i)feubo5ifiborif(i^e  ©efe^e^jammlung  ents 
gegentrat,  ba  füllte  er  too^l  me^r  ober  minber  il^re  Uned^t^eit;  ja  bei  einigen  Defretalen 
toeift  er  fogar  i^re  Unterjd^iebung  nad^:  aber  eine  flare  Äenntni«  biefer  großartigen  %äU 
f{^ng  ^t  er  boc^  nic^t.  Unb  n)cil  er  alfo  il^re  Srbic^tung  nic^t  fc^lagenb  nad^toeifen  20 
fann,  fo  b^iorifelt  er  auc^  im  allgemeinen  toeniger  il^re  ßd^t^eit,  fonbem  beftreitet  biel- 
mcbr  i^e  gcje^lid^e  ©iltigleit.  ^n  bem  Äampfe,  ben  i^m  biefe  ©ammlung  aufbrängte, 
fyd  er  biel  ©eiftei^fc^ärfe  aufgetoenbct,  ben  33etrua  ju  entlarven ;  unb  n?enn  einer  feiner 
3eit  ba«  ^ätte  aufbedten  fönnen,  fo  l^ätte  e«  §in!mar  gelingen  muffen  —  aber  eben,  er 
k>ermo(^te  e«  nic^t;  unb  barum  mußte  fein  gange«  berxtDeifelte«  2lnfämj)fen  bagegen  Ders26 
geblt(^^  fein  unb  bamit  fonnte  er  i^re  ©inbürgerung  nic^t  aufhalten.  —  3)te  ©teüung  ^inU 
mar«  jum  $ai)fttum  f}abm  toir  mm  2^eil  j^on  erfe^cn.  3)em  geiftgehjaltigen  9li!olau« 
muß  fu^  ber  ftolge  9WetroJ)olit  fc^ließli^  in  ber  Sotl^abfc^en  unb  SBulfabJc^en  ©ac^e  nac^ 
langem  loergeblic^en  ©träuben  fügen  unb  beffen  $ol;eit«re(^te  über  bie  gallifc^e  Äirc^e  uns 
bebmgt  anerlennen.  3lnber«  aber  loirb«  unter  bem  greifen  §abrian  II.,  ber  ftc^  gar  so 
mancpe«  fül^ne  SQäort  bon  bem  getoaltigen  3Wetroj)oIiten  fagen  laffen  muß.  3)o(^  neue 
3)emütigungen  lourben  il^m  bur^  3o^<^""  VIII.,  afö  berfelbe  im  ^ai)xt  876  al«  pöp\U 
liefen  SJifar  im  ^anfenlanbe  bcn  jungen  6rgbif4>of  Slnfegifu«  bon  ©en«  ernannte  unb 
bobei  §tnfmar  umging,  ber  ba«  erfte  3lnred(>t  auf  biefe  SBürbe  gel^abt  ^ötte.  Unb  biefe 
Äräniung  ^^at  §inlmar  benn  bem  ^aj)ft  aucb  nie  bergeffen  fönnen.  35 

3U«  ^olitifer  ^at  ^infmar  eine  große  SHoDe  gefj)ielt  unb  e«  giebt  lein  toic^tigere« 
jHjRtifc^c«  ©reigni«  feiner  3cit,  an  bem  er  nic^t  in  l^erborragenbem  3Waße  beteiligt  getoefen 
toare.  9Son  frü^  an  in  befonberer  aSertraueneftcDung  jur  Krone  ftebenb,  ift  er  ber  treuefte 
Serater  ber  toeftfränfifc^en  Äönige  burc^  mel^r  benn  brei  (Senerationen  getoefen.  (Sine 
felfenfefte  Sirene  jum  angeftammten  iperrfc^erbaufe  fennj^eid^net  biefen  3Wann,  ber  mel^r  40 
benn  einmal  ba«  gefäl^bete  ©taat«fc^iff  burd^  gcfä^rlid^e  Slii)pcn  mit  funbiger^anb  pd^er 
^inburc^fteuerte  unb  be«  h)eftfränfif4)en  91eic^c«  Scftanb  bor  bro^enbem  Untergang  rettete. 
Sliemal«  \)at  er  feinen  Äönig  berlaffen,  mocbte  i^m  berfelbe  feine  treue  Eingebung  auc^ 
no<^  fo  oft  mit  fd^nöbem  Unbanf  lohnen.  (Sr  \vax  e«,  ber  in  ber  fäl)rlic^en  ^6t  be« 
erften  beutfc^en  ßinfaH«  858,  al«  alle«  für  Äarl  bcrlorcn  fdbien,  burdb  feinen  SBibcrftanb  45 
im  SJerein  mit  ben  toeftfränfifcben  Sifc^öfcn  fiubtbig  jum  SRüdjug  gtoang  unb  fo  ba« 
Mdf  rettete.  Qx  geid^net  ber '  tbeftfränfifd^en  qiolitif  Äarl«  in  ben  ^a^ren  860—870 
ibre  Sonnen  bor,  bie  gur  ßrtüerbung  Sotl^ringen«  führen.  Unb  er  tbicber  ift  c«,  ber, 
nac^bem  er  ben  Äönig  bergeblidf)  bon  feinem  jjbantaftifdben  SHömerguge  875  abgemahnt, 
einem  erneuten  Sorbringen  Subtoig«  b.  2).  (£inbalt  gebietet,  unb  fo  feinem  Könige  ba«  50 
8anb  abermal«  erhält.  Unb  gerabe  bicr  geigte  fic^  fo  rec^t  König  Karl«  fdbmä^lid^er  Un^ 
banf  gegen  feinen  treuergebenen  Äangler:  benn  auf  feine  Seranlaffung  toarb  bei  biefer 
Slomfo^rt  änfegifu«  gum  ^ä^ftlid>cn  Sifar  ernannt,  toäbrcnb  gu  eben  jener  ^dt  ßinfmar 
al«  getreuer  ^labin  be«  Steidbc«  (^rengmarf  fdjüljtc.  Unb  auc^  ben  9?acbfommcn  Karl« 
auf  bem  I^rone  blieb  .^infmar  mit  ber  gleichen  Xrcuc  ergeben,  obfdbon  er  auc^  l^ier  66 
bafür  bielfac^  nur  löniglic^cn  Unbanf  erntete;  unb  nod[)  einmal  toarb  er  ber  Setter  be« 
9iei<^  bei  bem  ßinfall  ber  Seutfcben  im  J;abrc  870. 

Üflicbt  minber  ^erborgubebcn  ift  «öinfmar«  Ibättgfeit  al«  Kirdbenfürft.  Gr  h?ar  ein 
3Renf(^enalter  lang  ber  ancrfannte  Jyübrcr  ber  gallifcbcn  Kirche,  bcrcn  nationale  ©c(bft= 
flänbigfett  er  in  bem  Kampfe  gegen  baö  allmäcbtig  tDcrbcnbe  9lom  gu  retten  fud^tc.  SBe«-  m 


90  ^tnfmar  tioit  St^etmd  ^tnfd^ttid 

f}alb  i^m  ba«  nic^t  gelang,  fallen  h)ir  oben.  SDer  föniglic^en  ©ctüalt  gegenüber  berfi(^^t 
er  mit  eifemer  Energie  ben  ®runbfa$,  ba|  ber  geiftltc^en  aRad^t  bcr33orrang  gebührt  Dor 
ber  tveltlic^en  unb  feine  Übergriffe  ber  (enteren  in  erftere  bulbet  er.  ©einem  Sl^eimfer 
©prengel  mar  er  ein  treuer  geiftlid^er  ^irte,  ber  überall  auf  §ebung  be«  fird^Iic^sftttlic^en 

6  Seben^  bebac^t  tüar. 

3n  feinen  tJ^eologifc^en  2(nfc^auungen  ift  ^infmar  ein  Äinb  feiner  ^cit.  ©eine 
Stellung  jum  ^räbeftination^ftreit  fallen  U)ir  bereite,  ^n  ber  2lbenbma^tete^re  l^ulbigte 
er  ber  fmnli(^en  äuffaffung  eine^  ^afc^afiu«  SRabbert.  @benfo  nimmt  er  teil  an  bem 
aHgemeinen  9Öunberglauben  feiner  ^eit,  in  ber  ja  bie  Se^ren  üon  ber  tounberbaren  ®eburt 

10  au^  ber  ^ungf^^öu  unb  ber  Himmelfahrt  ber  aRuttergotte«  fid^  bereite  borfinben ;  tüö^renb 
er  in  ber  Silberbere^rung  bem  feit  Äarte  b.  ®r.  geiten  in  ber  fränfifc^en  Äirc^e  allgemein 
^errfc^enben  nüd^temen  Stanbpunfte  juneigt. 

91B  ©ele^rter  überragt  ^intmar  olle  feine  ß^itg^^^offen.  ©eine  Selefen^eit  ift  ge^ 
rabe^u  erftaunlic^  unb  man  mufe  fic^  faft  hjunbem,  tüie  ein  SJlann  in  feiner  arbeit^reic^^en 

16  ©teÖung  ftc^  fo  üiel  aSBiffeneftoff  ^abe  aneignen  fönnen.  SDocb  finbet  fic^  auc^  bei  i^m 
toenig  ©elbftftänbigleit  ber  ©ebanfen;  gemä^  ber  ganjen  Slic^tung  jene^  3^^^<*'^^  'f* 
auc^  bei  i^m  tüijfenfc^aftlid^e  Slrbeit  faft  nur  eine  ^Het)robuftion.  Slfö  §iftortfer  bagegen 
fte^t  er  über  allen  anberen,  unb  feine  Steic^^nnalen  fmb  eine  ber  toerttJoUften  Quellen  jur 
Kenntnis  jener  3ciiö^^^<ilt'^iff^- 

20  SBäa^  bie  ganje  ^erfönlid^feit  biefe«  2Kanneö  anlangt,  fo  ftnb  il^m  nur  toenige  feiner 
3eit  ju  öerglei^cn.  @r  gehört  ju  ben  getoaltigften  3Kännem  be«  9.  ^a^rl^unbertg,  neben 
einem  Äarl  b.  ®r.  unb  5JiIolau«  I.  ßin  bebeutenber  (S^aralter,  ber  aÜerbing^  nic^t  frei 
bon  ©c^toäc^en  unb  gärten  ift,  in  bem  aber  boc^  bie  lichten  ©eiten  bie  bunleln  toeitübcrs 
[trauten;  eine  im)}onierenbe  ®eftalt,  bie  fic^  lid^tboH  abgebt  bon  bem  bunfeln §intergrunb 

26  ii^te«  3ia^r^unbert^. 

SBie  §infmarö  ganje^  Seben  bon  Rantp^  umgeben  tüarb,  fo  tüar  e«  au(^  fein  @nbc. 
3lte  bie  5Wormannen  bei  einem  i^rer  Slaubjüge  882  felbft  bi«  in  bie  unmittelbare  !Rä^c 
bon  Sl^eim«  borbrangen,  flüchtete  fic^  .^inimar  mit  ben  ^Reliquien  be^  ^l.  Slemigiu^  unb 
ben  Sl^eimfer  Äirc^enfc^ä^en  nac^  bem  jenfeit«  ber  3Rame  gelegenen  ®el^öft  ß^jema^  unb 

30  ^ier  legte  er  bann  am  21.  3)ejember  882  fein  mübe«  $au})t  jur  legten  SRu^e  nieber. 
©eine  ®cbeine  tourben  jpäter  beigefe^t  in  ber  bon  i^m  fertig  geftellten  Äot^ebrole  }u 
SR^eim«.  «Uert  8rre9pebt. 

^infd^tnd,  ^aul,  Äirc^cnred^t^le^rcr,  geft.  1898.  —  ^rje  «utobiograp^ie  in 

@d)ultc,  ©ejdiidjtc  ber  Cucflcn  unb  fiitteratur  bei  !anonifd)cn  SRecftt«,  S3b  8   ^bt  2,   1880, 

86  ©.240.  —  9?ad)rufc  in  oüen  großen  Xaoe^aeitungen  3)eutjcölanb8  uom  13.,  14.  ober  15. 3)e5. 

1898,  djaraftcriftifdj  ©crmania  uom  14.  3)ej.:  ferner  U.  ©t(u^)  in  ber  Sonntagsbeilage  ber 

91  üg.  6(tj»eiicr  3eitung  oom  25.  3)ciiembcr  1898;  ®.  @tampcr  in  ber  SUnftrierten  ^eitung 
Sf^r.  2896  uom  29.  5)ej.  1898  (mit  ©ilbnife);  (5.  ©edel  in  ber  3)eutf4cn  Suriften-Seitung 
Sa^rg.  4  9h*.  1  oom  1.  Sanuar  1899  @.  14.  15;   Ä.  X(aranger)  in  ber  nonoeaifdjen  Tids- 

40  8krift  for  Retsvidenskab,  J^af)rg.  12,  1899,  @.  92—94;  fj.  SRufflni,  Paolo  Hinschius,  in 
ber  ito(ienif(f)en  3citjcl)rift  Filangieri  1899,  ©51,  ©.  1-6  (mit  ©ilbniS);  (5.  griebberg  in 
^3Äm  S3b  9.  1899,  ©.  1—3;  ^ift.  183©d)r.  S3b  2,  1899,  ©.  292  fg. 

©diriften.  I.  9?acf)rid|ten  über  luriftifcbe  (inöbefonbere  fanoniftifc^c)  ^anbfc^riften  in 
italienifdien  93ib(iot^efen  I  (9?eapc().   II  uwb  III   (?Rom,  ^Diobena)   in  3.  f.  SHe(I)t§ge|d)td)tc, 

46  83b  1,  1861,  ©.467—480,  »b  2,  1863,  ©.455-473;  3)ie  frü^te  »cnujung  be«  ©rotioni. 
fdjen  5)cfrete§  in  ber  9{iJmifd)en  Äurie  in  einer  biStjcr  nidjt  befannten  2)efretale  ©ugend  III., 
in  3Ä9?,  ©b  2.  1862,  ©.  219—232;  Ucbcr  $feubo^3fibor*$anbfcf|riften  unb  Äanonenfornm- 
langen  in  jpanifdjen  iöibIiot6e!en,  in  i\m.  93b  .3,  1863,  ©.  122-146;  Decretales  Pseudo- 
Isidorianae  et  Capitula  Augilrarani,  Lipsiae  1863 ;  3"^  (Erinnerung  an  %em.  Subio.  5Ri(ftter, 

60  in  3.  f.  iHed)tögcid)ict)te,  33b  4,  1865,  ©.  350-379;  3)er  93ciname :  Mercator  in  ber  5Sorrebe 
'ilJfeubo.gfibüvö,  in  3ft:H,  S3b  6,  1866,  ©.  148—152;  3)ic  fanoniftifcben  ^anbfdjriften  ber 
.^amiltoujcfjcn  ©ammlung  im  Äupfcrftidj  Kabinett  beö  fgl.  3Kufcum«  ^u  ©erlin,  8^^®^  53b  6, 
1884.  ©.  193—246;  lieber  iBufefanoneö  in  einer  C>anbi(t)rift  ber  Äommunalbibliot^t  ju 
«ßalevino.  in  3.^<H.  ^^b  22  (9^5  7).  1889,  ©.  433-435;   ©in  Formular  be«  öerbaft«befebld 

55  ber  fi^ilianifcbcn  gnquifition,  in  3)3ftSR,  S3b  6.  1896,  ©.  230—232;  ^ie  ?ln»eijungen  für 
bie  ipani|d)c  :;\nquifition  vom  3nbrc  1561,  in  5)8^9?,  ^b  7,  1897,  ©.  76—121.  203-247. 
II.  De  iure  patroiiatim  regio.  Disöertatio  iiiauguralis,  quam  ...  die  X.  m.  febr.  a.  1855 
.  .  .  dcfcndet,  Berolini  ».  a.;  3)aö  Ianbe§^crrlid)c  ^atvonatrecbt  gegenüber  ber  fat()oli|d)cn 
Sl^irc^c,  5öcrlin  1856;    iBcitrftgc  juv  i!el)rc  oon  ber  Gibeöbelotion  mit  befonberer  9?ücffidjt  auf 

(w  baö  fanonifdjc  ^Kccljt  i.£)abiIitationöf(l)rift),  ©erlin  1860;  3)a«  Gt)efd)eibung«recöt  na(ö  ben 
ongclfftdjfifdicn  unb  frnnfifdjcn  ©uftorbnungcn,  in  3-  f-  beut|d)eS  ^Herfjt,  brSg.  oon  ©efeler, 
iKci)jcj)cr  unb  ©tobbc,    Süb  20,    1860,    ©.  66—87;    Beiträge   jur  OJef^idjtc   be«  a)efcrtion»- 


^infd^ittd  91 

^rojcffcd  nad)  cüangelifdjcm  Äirdjenre*»,  in  3.^.  ^h  2,  186'2,  @.  1—38;  lieber  btc  6uc- 
ceffion  in  ^atronatre^te  {öfularifierter  petftlid^er  ^nftitute.  ^it  SRüdfidlt  auf  ben  fog. 
fiölner  ^atronalSftreit,  in  3^9*,  ob  2,  1862,  S.  412—436;  3)qS  ^otronotrcdit  unb  bie 
mobcrne  (Skftallung  bc«  (Sirunbeigcntumö,  in3Ä5R,  33b  1,  1867,  3.  1-55;  3)a§  Äirdjenrecftt 
ber  Üat^oliten  unb  $Toteftanten  in  ^eutfd^Ianb.  (Softem  bed  tat^oHMen  Stirc^enrecfatd  mit  5 
bffonbcrer  »üdfi^t  auf  5)eutfd)lanb,  «b  1.  «erlin  1869;  «b  2.  1878;  «b  3,  1883;  »b  4, 
1888;  «b  5  «bt.  1,  1893;  »b  5  «bt.  2,  1895;  »b  6  «bt.  1,  1897;  3ur  ®cfd)id)tc  ber 
Sntorporation  unb  be«  ^atronatrec^ted.  in:  geftgaben  für  %.  ^.  £>effter  i^um  3.  9(ug.  1873, 
Öerlin  o.  3.,  8.  1—28;  «er  ift  ^(^  6ubjeft  bcd  (Siflentums^  bei  ®runbftüden  inforporierter 
Pfarreien  in  ben  öffentlichen  (©runb-  unb^l)pot^e(en»)«ü(6em  ciniiitraflen,  in  3^91,  ©bl9,  lO 
1884,  6.  223—238;  3)ie  9Rentolrefertjalion  bei  ber  e^efd)lie&unfl  nadi  fatbolif(l)em  Äird)en» 
rerf)t,  «rdj.  f.  b.  cio.  ^rojri«,  S3b  83,  1894.  3.  321-335.  III.  «e.  Ö.  3ii4ter,  ©eitröge 
jum  preufeifc^en  ÄirrfKnrecöte.  ?lu§  bcffen  9?Qd)laB  bg.  uon  ¥..&.,  iicipjig  1865;  Xie  ctjon* 
geltfd)e  SanbeÄfirdje  in  ^reußen  unb  bie  (Jinverleibung  ber  neuen  ^roüin^en,  ©erlin  1867; 
['Änontjni:]  5)er  (Sinflufe  ber  neuen  ®ebietöcrwerbungen  ^reufecns  auf  bie  Union  unb  bie  15 
lut^erifdie  ÄirdK-  ©on  einem  Suriften,  in  9?euc  ©0.  t3.  Sabrg.  9  9?r.  3  unb  4,  1867, 
3p.  37—40.  55-59;  3)ie  preufiifdjen  fiirdjengefe^e  bc«  gabres  1873.  herausgegeben  mit 
(Einleitung  unb  Äommcntar  von  %  .&.,  ©erlin  1873;  3)ic  Crben  unb  Äongregationen  ber 
lat^oUfdKn  ifird)c  in  '©rcufeen.  Sbrc  Verbreitung,  tljre  Crganifation  unb  ibre  3rocrf'^-  Unter 
©enu^ung  amtlidKr  iRaterialien,  ©erlin  1874;  ^ie  Crben  unb  Kongregationen  ber  fatbo' '.i> 
liidjcn  Äir4e  in  ^reu&en,  $3  ©b  34.  3.  117—148;  Xaö  preumfcöc*  (SJefeft  über  bie  ©eur« 
funbung  beS  $erfonenftanbed  unb  bie  gomi  ber  (Ebefc^ließung  üom  9.  *^5rj(  1874  mit  Korn» 
mentar  in  ?lnmerfungen,  bg  t)on  $.  ^.,  ©erlin  1874;  5^aö  preu6if(6e  ©efe^  über  bie  ©er» 
roaltung  erlebigter  totbolifdjer  ©iötümer  fom  20.  Wai  1874,  in  ^artmannS  3-  f-  ®efejgebg. 
unb  ^royiS  auf  bem  öebiete  beä  Teuifcben  öffentlidjen  3?et6teS,  ©b  1,  1875,  3.  241— 267;  25 
Xic  prcuftifdjen  Äirdjengefe^e  ber  3ö^re  1874  unb  1875  nebft  bem  Steicödgefe^e  Dom  4.  "Kai 
1874.  ^raudgegeben  mit  Einleitung  unb  Itommentar  Don  ^.^.,  ©erlin  1875;  ^aS^teic^^ 
geff^  über  bie  ©eurtunbung  beS  $erfonenftanbed  unb  bie  ^befc^liegung  üom  6.  gebr.  1875 
mit  Kommentar  inSInmerfungen  berouögegcben.  1.9lufl.  ©crlin  1875;  2.  Aufl.  1876;  3.  ?(ufl. 
1890.  ©erglcid)enbe  Ueberfid)t  ber  neuen  preumfcben.  bobifd)en,  beffifdien  unb  öfterreic^if(t)en  ao 
^fe^gebung  über  bie  ^Regelung  bed  ©erbfiltnijTeS  beS  3tQateä  jur  fattiol.  &ird)e  in  .i^art« 
mannd  3- f.  ©efeftgebung,  ©b  2,  1876.  3. 131-16n.  533-571;  Äo4,  «flgemeineS  fianbrecftt 
für  bie  preu§if(öen  3toaten.  brög.  mit  Äommentar  in  Änmerfungen.  y?acö  be§  ©erf.  ^^obe 
beorb.  üon  g.  jörfter,  9».3oboro,  %  ^infdiiue.  ^r.^cbiöeö,  «.  Talrfe,  ©b  1*.  2—4»,  ©erlin 
1874—76;  ©b  1^  2— 4V  1878—80;  8.  «.  mit  befonberer  ©erüdfiditigung  ber  »ieidjdgefet^  35 
gebung  beorb.  Don  «.  «(biaeS,  $.  4)infdiiuS.  :M.  Joboro,  ^.  ©ierbauS,  ©b  1—4,  1884—86; 
i)k  ftrafre^tlidK  ©erantmortIid)feit  ber  KircbeU'  unb  ^eligiondbeamten  nad)  ben  neueften 
beuti^en  Spejialgefe^en,  in;  ü.  C)»>l&enborff,  ^anbbud^  beS  'beutfd)en  3trafre*tä.  4.  (3upple* 
mcnt-)©b,  ©erlin  1877,  3.  499ff.;  Xo*  preumfcbe  Siräjengefe^  üom  14.  3uli  1880  nebft 
ben  ®efe(en  oom  7.  3""^  l^^ß  ""b  13.  JVebruar  1878  berauÄgegeben  mit  Äommentar  oon  40 
¥-  ^.  9?ad)trag«^ft  ^u  ben  Äommcntoren  ber  prcufeifdjen  Äiräjengefe^e  ber  3öÖ«  iHl^, 
1874  unb  1875,  ©erlin  unb  Seipi^ig  1881;  2a«  prcu&ifdje  ®efc^  betrcffenb  ^bfinberung  ber 
fircftenpolittfdien  d^efefie  x>.  31.  "iRai  1882  in  feiner  Ginmirfung  auf  bic  bisherige  ftaatSfirtb* 
lidK  »efe^gebung  ^reußene,  in  3fi^.  ©b  17,  1>^HX  3.  166-187;  Xie  preü&ifdien  ®^ai. 
gefe^  unb  ber  «u^leid).  in;  2)eutfd|e  9?epuc  IV,  3,  1883,  3.  281-308;  Xae  preufeifdje  46 
Äir(ienre(6t  im  (Gebiete  bee  9lflgemeinen  fianbredjte.  9tbbrud  uon  Teil  II  litel  11  ou§  ber 
H.  Aufl.  pon  (L  er.  fiodjö  Äommcntar  jum  ?lfiiH.,  ©crlin  1884 ;  lieber  bic  juriftifcbe  ^cr» 
ionItd)feit  ber  3))nobal«Aajien  in  ber  cDangcl  l'anbevfird)e  ber  ölteren  prcußifd)en  ^rooin^^en, 
in:  Suriftifdie  Äbbanblungen,  SJeftgabc  für  ®.  ©efelcr,  ©erlin  18«S5,  3.  31—47;  Xoö 
preuBifcfee  Äircftengefe^  betrcffenb  ?lbSnbcriingen  ber  ürcbcnpoliiifdjcn  O^cfc^ic  oom  21.  ^ai  ^) 
1886,  erlfiutert  oon  ?.  ^.,  ©erlin  unb  Seip^ig  \>^f^:  Xa?  prcußifdjc  ftircbcngcfc^  betrcffenb 
^bfinbentngen  ber  firdjcnpolitifdjcn  ÖJefc^c  üom  29.  Slpril  1>i87,  crlSutcrt  von  $.  ^.  "^lad^* 
tragebeft  ju  ber  91u^abe  bcS  preuBifcben  Äird)cngefe$ic5  pom  21.  IVai  \f<^(\,  ©crltn  unb 
Seipi^ig  1887:  Xa«  ?erfonenrcd)t  ber  Gbcgattcn  im  Gnlrourf  eines  ©®©  für  bae  bcntfcbc 
3leid),  in  «rdj.  f.  b.  ciü.  ¥ra^ie.  ©b  74.  18^9,  3.  55—96;  Xie  3nfel  öelgolonb  unb  bie  oTj 
Sorfcbriften  be«  ©ö©.  über  bie  C£befd)licBung.  in:  Xeutfcfac  ^uriftfn*3citung,  3abrg.  2  9?r.  24, 
15.  Xfj.  1897,  3.489.  IV.  Tic  3teÜung  ber  Xcutfdjcn  3lQat«rcgicrungen  gegenüber  ben 
©efd)lüffen  be?  oatitanifcben  Äon^ib.  ©crlin  1^71:  Xic  pöpfilidje  Unfcblbarfeit  unb  ba^  oati* 
tanifdje  Äoniil.  ©ortrag,  Äiel  1.S71 ;  9irUKmeine  XarftcUung  ber  ©crboltnifie  pon  3taat  unb 
Äirdie.  in  IRarquarbfen«  Jpanbburfi  tes  önentlidifn  rHcd)te  bei  ©egenroart,  ©b  1.  Rrciburg  ix) 
unb  Xübinpen,  3.  187—372.  1^^:";  italicniicbc  Ucl'f rfe^ung :  E.sfK>«izione  generak?  delle  re- 
iazioni  fra  lo  Stato  e  la  Chiesa.  in:  Biblioteca  dl  Scienzo  politiche.  diretta  dal  IJrunialti, 
vol.  8,  Torino  1892.  p.  583  S2H:  Ucber  bon  GrlaR  bce  i^ürftbifAofv  pon  ©rcelau  pom 
19.  «firj  1883.  in:  $oliiifd)c  :3Wo(bcnfd)rift.  ^alin^ang  2  ^??r.  2'»  r©erlin  23.  3un!  \''f<'M 
6.  2<»l— 202:  3)er  3taat  unb  bic  fatbolifcbc  Äirtbc  in  iircuf>on,  in:  Xie  C^cgcnioart,  ©b  31,  ».- 
«T.  21  (21.  «üi  1887)  3.  321— :>24.  V.  Öcf^idjte  unb  Cucücn  beö  fanonifdien  iHedjtö. 
in  D.  ^ol^enborff«  Gncijflopöbie    ber  rHidiifiuin'cnidwft    in    iuftcmatifdjci    ©earbcitung    von 


92  ^tnfi^iud 

ber  1.  91.  an,  anlegt)  b,%,  1889,  6.  185—211;  3)aS  Äircficnrcdjt,  cbcitba  (oon  bcr  l.?I.  an, 
julejt)  5.  9t.,  1889,  @.  857—907.  [eine  äönlidjc  enci)!Iopäb!fd)c  Xarftcflimg  be«  Äirtftcn- 
retftt«  mirb  bcmnädjft  in  einem  ©ammeliuerfe  —  al§  einzige  poftumc  Scfjrlft  —  erfcfjeinen.] 
3a6lreid)c  9(rti(el  in  biefer  9{G,  2.  unb  3.  9(uf(age;  in  t».  .^ol^enborffö  9?ecötS(ejifon;  in 
ü.  Stengel^  ©örtcrbucö  bc§  beutfc^en  SScripaltungSrcrfjtö ;  in  ©rfd)  unb  ©ruber,  ^lUgcmeinc 
ena)fIopäbic  bcr  SBiffenWaften  unb  fünfte.  Smcitc  @e!tion,  »b  36  (1884).    VI.  9?ccenfionen 

5  !ircf|cnrc(^tlid)er  (unb  anbcrcr,  gcrmaniftifcfjer,  romanijtifdjcr)  ©crfc  in  3^3'*'  ©3'  S^^»  ^• 
fiit.8.,  3.  f.  SRcdjtSgefc&icöte,  3.  b.  6auignt)«@tiflung  für  5Redjt§gefcöid)tc,  ®erm.  u.  rom.  2lbt. 
—  3)ie  übrigen  8(f)riften  uon  ^in|d)iu#,  bie  bicr  nicftt  in^rcffieren,  ftaben  xum  ©cgenftanbc 
(Jiuilretöt,  inäbefonbcrc  preu&ifdjeö,  einfcöliefelid)  9(utorrecöt;  (£it»iIproi^eft;  SücrroaltungSredjt. 
^ie  einfc^Iägigen  9luf|ä{^e    unb  $efpred)ungcn    finben    fi(^    in:   $rcugifc^e   91nroalt§^eitung, 

10  öerauög.  uoii  g.  unb  $.  ©infc^iuS  1862-1866,  3citf4rift  für  ©cfe^gebung  unb  9?ed)töpfleflc 
in  breiigen,  öeranSg.  oon  fj.  unb  $.  ©infcftiu«  1867.  1868;  im  ^Ircftiu  f.  bie  ciö.  ^rayi^*, 
«b  47.  1864,  6.  101—132,  in  36ering§  3a^rb.  33b  26.  1888,  @.  185-197.  ©cnannt  fein 
mögen  noA:  3)ic  3)i§ijiplin  über  bie  ^rioatbo^jenten  an  bcn  preufjifcöen  llniüerfitälen,  1896, 
unb  ©uarej,  ber  ©c^öpfer  be«  prcugificn  fianbre(ftt§  unb  ber  ©ntmurf  eineS  93®^.  für  ba8 

16  beutfd)e  SRcid),  SRebe  bei  Uebemol^me  be«  SReftorat«,  Berlin  1889  (=  ^reufe.  Sa^rb.  Sb  65, 
1889.  @.  289—300). 

grang  6arl  ^aul  ipinfci^iu«  i[t  geboren  in  Scrlin  am  25.  Sejember  1835  ateSol^n 
be«  ^ec^t^ntoaltö  unb  Slotarö,  ©el^eimcn  ^wf^ij^^*^  ^^'  j^r.  (h.  c.  Berol.)  granj 
©ale«  Siuguft  »^infc^iuS.    ©eine  ©c^ulbilbung  fc^Io|  er  auf  bem  ©^mnaftunt  juni  ©rauen 

aoÄIofter  in  Sertin  ab  aU  einer  bcr  beftcn  Schüler,  ber  ingbefonberc  für  alte  unb 
neue  Sprachen  unb  ©efd^ic^te  glänj^enbc  Segabung  betoiefen  ^otte.  3Wit  16  V4  3^^^^ 
6^og  §infc^iuS  im  ©ommer  1852  bie  »^o^f^ule;  er  ftubierte  fed^  ©emeftcr  ^nxa,  jtoci 
in  §eibelberg  (©ommer  1853  unb  54),  bier  in  Serlin.  Unter  feinen  fie^rem  ftettte  er 
Äefler  aU  ^uriftcn  am  böc^ftcn;  auf  feine  lanoniftifc^cn  ©tubien  tüar  Slic^ter  (f.  b.  31.) 

26  Don  cntfc^etbenbem  (SinPu^.  Site  berliner  ©tubiofu^  löfle  §.  eine  romaniftifc^e  ^rei^= 
aufgäbe  (über  bie  Serec^nung  ber  folcibifc^en  Quart  bei  bopjjelten  Xeftamenten).  3Kit 
19  ^ai}xm  jjromobierte  er  in  35erlin  am  10.  ^bruar  1855  magna  cum  laude  mit  ber 
Differtation  De  jure  patronatus  regio,  bie  Don  Slid^ter  überaus  anerlennenb  genfiert 
hjor,  jum  SDoftor  beiber  Siechte.    SSon  1855  an  arbeitete  er   in  ber  ^raji«   ate  äußful- 

90  tator  (5Kärj  1855),  »leferenbar  (1.  ©ejember  1856)  unb  ®eric^t«affeffor  (L  ®Q.  1859) 
big  }iU  feiner  Beurlaubung  am  1.  gebruar  1860.  9?oc^  ate  2lfjeffor  l^abilitierte  er  ftc^ 
am  10.  2)e5ember  1859  ate  ^ribatbojent  für  ffiirc^cnrcd^t  unb  (SiDiljjrojel  auf  ®runb  bcr 
©d^rift  über  bie  ßibc^belation.  9Son  2lnfang  1860  bie  (Snbe  1861  untemal^m  er  auf 
Äoften  feinet  SSaterg  eine  grofee  tüiffenfd^aftlici^c  Steife  jur  3?orbercitung  ber  fritifc^cn  Slu^* 

36  gäbe  ber  jjfcuboiftborifc^en  SDcfrctalcn;  fxc  fül^rte  il^n  burd^  3^^^^^/  ©J)anicn,  ^anfreid^, 
(gnglanb,  ©4iottlanb,  ^rlanb,  ^oHanb,  Selgien.  ^m  ^erbft  1862  folgte  eine  Steife  in 
bie  ©d^tücij,  um  ben  toic^tigen  ©angaDcnftS  gu  dergleichen.  3Kit  bem  ©rfc^cinen  be« 
^Jfeubo^^fi^or  (1863)  faßt  §infd^iu«*  ßmennung  jum  aufeerorbcntlid^en  ?ßrofeffor  für 
fitrd^enred^t,   beutfc^e«  Siedet   unb  Gibilproi^cf;  an  ber  Unibcrfitöt  .^aOc  (18.  3lt)ril  1863 

40  auf  1.  Oft.)  jufammen.  2lm  15.  3""i  l^^ö  tourbe  er  in  gleicher  ßigcnfc^aft  an  bie 
Unibcrfität  SSerlin  berfe^t.  ^on  §erbft  1868  (emennung:  29.  ^uni)  an  beflcibetc  er 
eine  orbentlic^e  ^rofcffur  ber  Siechte  (auc^  für  prcufeifc^c«  (Sibilred^t  unb  §anbcterec^t)  in 
Äiel;  big  er  am  27.  SRärj  1872  auf  1.  äj)ril  gum  orbentlic^en  ^rofefjor  an  berSertiner 
guriftenfafultät  ernannt  tourbe.    ©eine  Berufung  erfolgte  auf  Betreiben  gälte,  nac^bem 

46^infd^iuö  1871  ju  bcn  Bcfc^lüRcn  be^  batifanifd^en  Äonjite  öffentlich  ©tellung  genommen 
l^atte  (f.  oben  ©d^riften  unter  VI).  %Qlt  tvu^t^  xi)n  and)  bon  bem  i^m  1872  übertragenen 
Drbinariat  in  ©trafeburg  freijumad^en.  gn  Berlin  l^at  ipinfd^iu«  53  ©emeftcr,  biö  gum 
©ommer  1808  cinf(|lie^lic^,  mit  grofecm  ®rfolgc  bor  banf baren  ^örem  gclcfen;  er  loertrat 
Äirc^enrcct»t  ncbft  (g^crcd()t,  (Sibili^rogc^,  ^)reu6ifc^cg  ßibilrcc^t,  gulc^t  auc^  gamilicnrec^t  bc^ 

60  Bürgerli4>en  ©cfcöbuc^^.  —  3)cn  ©(orud^foDcgicn  bei  bcn  Snriftcnfafultötcn  gcl^örte  ^in« 
]6)xn^  in  §allc  (bom  9.  5Jot).  1863  ab)  ate  au^erorbcntlic^c^,  in  Atel  unb  Berlin  ate 
orbcntlicbeg  2)Jitglicb  an.  3Rit  ßifcr  tüibmcte  er  fic^  bcn  Bcrlüaltung^cfc^äften  ber  Uni- 
berfität  Berlin,  in  bencn  er  h)ie  h>cnigc  fac^funbig  mar,  ate  3)elan,  Slcftor  (1889—90), 
Bertretcr   bc^  Unibcrfität^rtctitcr!?,   TOitgltcb   be^  afabcnüfc^cn  ©cnatcö,   ate   langjälj^riger 

66  Borft^cnbcr  bcr  ^rofeffürcn-3i$itn?cn-  unb  =2öaifcnfaffc  unb  Borftanb^mitglicb  bcr  burc^ 
i^^n  in  feinem  Stcftorat^jobrc  bei  bcr  Unibcrfxtät  begrünbeten  .^pilf^Iaffc  mm  Beftcn  bcr 
Hinterbliebenen  bcr  Dozenten  unb  Beamten.  6r  mar  ftellbcrtrctenbcr  3Sorfi^cnber  bciS 
littcrarifc^cn  unb  93fitgltcb  bc^  gch)crblid^cn©ad^bcrftänbigcnbcreing.  2lm  fircf^lic^en  fieben 
beteiligte   er  fic^  ate  3)Jitglicb  fird^Uc^cr  Äört)crfcbaften:    ber  ^robinjialfvnobe  ju  SRcnb^ 

fio  bürg  1871,   Wo   er   einer  bcr  gü^rer  bcr   liberalen  ^artci  ioar,   bcr  branbenburgifc^cn 


$tot>tnjialfvnobe  unb  bcr  ©cmcinbcDertrcturig  bei  bcr  Scrlincr  3^i>ölf-3lpüftcl-  unb  Sut^cr- 
Rn^.  ^lamcntarifd^  toat  er  tJ^ätig  aU  Sleic^^^tag^öeorbneter  für  ^Icn^bw^Ö'3li)enrabe 
1872—78  unb  1880—81  unb  ate  Ü)iitglieb  be^  J)reufeif(^en  Jperrcn^aufe«  für  bic 
UntocrfUät  Äiel  1871—72  unb  für  bie  Unibcrruät  SBerlin  1889  bi«  ju  feinem  lobe. 
Unter  galf  ^t  ^infc^iu«  im  preufeifc^en  Äultu^minifterium  1872—76  an  ben  ©nt*  6 
toürfen  ber  ßrd^enpolitifc^cn  ©efe^e  mitgearbeitet.  —  3lm  13.  ^ebruar  1884  tüurbe  i^m 
ber  (SJ^olter  eincö  ©e^eimen  ^uftigrat«  beigelegt,  ^m  guni  1888  empfing  er  ate 
Slbgefonbter  ber  Setliner  UniDerfxtät  in  Säologna  bie  2ßürbe  eine^  doctor  universi- 
tatis  Bononiensis;  am  16.  gebruar  1897  berlief^  i^m  anläyici^  ber  3Welanc^t^onfeier 
bic  berliner  tl^eologifc^e  galultät  (Jl^ren  f^alber  ben  tl^eologifd^en  2)oftorgrab  ate  „ecde-  lo 
siastici  juris  investigatori  accuratissimo  scriptori  praeclarissimo  praeceptori 
doctissimo  eidemque  de  universitatis  nostrae  litterarum  salute  caute  promo- 
venda  varia  per  tempora  egregie  merito".  —  5Ja(^  längerem  fieiben  entf erlief 
$inf(^^iu«  eine«  fanften  Sobe«  am  13.  SJejember  1898  ju  Serlin,  faft  63  Sa^re  alt. 

^infc^iu«  mar  eine  au^eprägte  ^erfönlic^feit.    ^n  bcr  SBiffenfc^aft  tüie  im  Seben  is 
betl^igte   er  rürffic^tfilo«  ben  3Wut  ber   eigenen  Überzeugung,   bie  d^arafteröoUe  Selbft^ 
ftanbigfeit  be«  3)enfen^  unb  SäJoDen«,  ol^ne  fic^  burc^  Stüdfit^t  auf  ©unft  ober  Ungunft 
\>on  tDclii^er  ©eite  immer  beirren  gu  laffen.    ©einen  ^eunben  toax  er  ein  treuer  greunb, 
fielen  jungem  Seruf^enoffcn  ein  tool^lhjoltenber,  gütiger,  ftet«  j^ilf^bereiter  ^örberer,  ber 
ba«  i^m  entgegengebrachte  SJertrauen  auf«  reic^fte  vergalt,    ^eilic^  fc^lo^  ftc^  feine  fpröbe  ao 
9tatur  nic^t  jebem  änlömmling  auf,  unb  nid^t  ^cb^nnann  füllte  fid^  bon  feiner  Off en^eit 
unb  ©erob^eit  im   crften  ÜHomcnte  angezogen,    ^embcm  ©c^affen  bie   Derbiente  Slner« 
fennung  ju  teiltoerben  ju  laffen,  machte  il^m  aufrichtige  ^eubc ;  feinen  eigenen  fieiftungen 
flonb    er   mit   faft   übergroßer  Sefd^eiben^eit    gegenüber,    ^m   gefeiligen  SSerlel^r   jeigte 
^infc^iu«  gro|e  fiiebenetoürbigfeit.    3)e«  SBorte«  mar  er  in  ^ol^em  ©rabe  mächtig,  mi^ig  26 
unb  fc^togfertig  floß  i^m  bie  SRebe  öom  3)lunbc.    §inter  ber  oft  farfaftifc^en  atußenfeite, 
hinter  bem  Seftrcben,  nid^t  meic^  ju  erfd^eincn,  Derbarg  fic^  ein  tiefe«  ©emüt,  ba«  fic^  im 
glücflicl^ften  Familienleben  au«ftral^len  tonnte. 

3U«  Se^rer  jäl^lte  ^infd^iu«  gu  ben  l^crborragenben  S^^^^^^^n  ber  berliner  3iui^iften- 
folultät.  ©eine  Vorträge  toaren  lebenbig,  mi^ig,  oft  mit  beißenber  3lronie  gemürgt  —  so 
eine  3)lenge  ^nefboten  laufen  um  — ,  prägife,  in^altreic^,  ettoa«  abftraft.  Siefonberen  ©r* 
folg  ^e  er  in  feinem  ©eminar,  ba«  nic^t  nur  jal^lreic^e  ©tubentcn  tro^  ber  an  i^nen 
geübten  f(^onung«lofen  Kritif,  fonbem  auc^  reifere  §örcr,  barunter  fatl^olifci()e  2^l^eologen 
unb  öiele  2lu«länber,  angog.  3tu«  feiner  ©d^ule  gingen  j.  9.  eine  9ieil)e  l^eute  mirfenber 
italienifc^er  fianoniftcn  ^ertjor  (Sluffini,  ©cabuto,  ©^iappoli,  ©alante).  ©eine  ©d^üler  86 
toußte  er  mit  feinem  ©eifte  ju  erfüllen  unb  ben  Fälligen  unter  il^nen  feine  Slrt  be«  3lrs 
beiten«  beizubringen.  6ine  ultramontane  ©timme  atteftierte  il^m  bemgemäß  im  9ieIrologe, 
baß  ,4^  SBirfen  al«  afabemifc^er  Seigrer  fein  fegen«reic^e«  mar";  feine  Se^rtötigleit  ift 
tod^renb  be«  Äulturfampf«  unb  nad^^er  bon  feinen  firc^enpolitifc^en  ©egnem  mißtrauifd^ 
t)erfolgt  morben.  40 

^r  ben  ©pegialiften  be«  Äir^enrcc^t«,  fall«  er  fic^  nic^t  auf  monograpl^ifd^e  Se^ 
^anblung  abgegrenzter  3:eile  befc^ränfen,  fonbern  ba«  ©efamtgebiet  felbftftänbig  erobern 
mitt,  finb  außerorbentlic^e  ßigenfd^aften  erforberlid^.  Jpinfc^jiu«  mar  Don  bcr  größten  Siel« 
feitigfeit  in  feiner  Silbung,  )Öefä^igung  unb  33ctbätigung  al«  S^rfc^cr,  ©d^riftftcllcr,  Sc^rer 
unb  ^olitifcr  bc«  Äirc^enrec^t«.  itx  verfügte  über  eine  gcmaltige  0elel;rfamfeit  auf  ben  ^ 
in  fein  gac^  einfcf^lagenben  ©cbictcn  bcr  :3urieprubenz,  ©efc^ic^te,  ^^.l^ilologie.  Der  Äanonift 
bebarf  bor  allem  ber  juriftifc^en  3)ictl^obe  unb  einer  )öcbcrrfc^ung  bcr  4)egriffe  unb  0runb= 
fä^e  aller  juriftifc^en  2)i«ziDlinen,  ba  bie  Mirc^e  ibr  eigene«  i}erfaffung«=,  Jßcrmaltung«^, 
Strafe,  ^rojeß-,  $riüat=  (Scrmögen«=,  (S^c^,  ®enoffen|^aft«'9tec^t  au«gebilbet  l^at;  ^im 
fc^iu«  befaß  üon  feiner  ©tubentenzeit  l^er  ein  fort  unb  fort  fic|^  me^renbe«,  unglaublich  ßo 
au«gebe^nte«,  ftet«  J)räfente«  juriftifd^c«  SBiffen,  unb  in  romaniftifc^er  &i)uk,  in«befonbere 
in  Retler«  berühmtem  ©eminar,  \)attc  er  ftreng  juriftifc^e«  2)enlen  gelernt.  i)ic  anregenbe 
^Ikrfönlic^Ieit  SHid^ter«  gab  feiner  Slrbeit  bie  fpezicUe  ^ic^tung ;  Don  feine«  Se^rer«  fanoni- 
ftifc^en  Übungen  fagt  §infc^iu«  felbft:  „jjeber  ber  bamaligen  ©enoffen  .  .  .  mirb  mir  barin 
beiftimmen,  baß  mir  jene  ©tunben  nic^t  nur  zu  ben  glüctlid^ften  unb  fc^önften,  fon*  66 
bem  au(^  z"  ^^  folgenreic^ften  unferer  crften  miffcnfc^aftlid^en  33eftrebungen  recf^nen 
fönnm".  3"  ^^  re(^t«bogmatifcben  ^ertigfeitcn  müfjen  bie  Dirtuofe  öel^errfc^ung  ber 
^iftorifc^Iritifd^en  SWet^obe  unb  aller  ^iftorif^en  $ilf«miffcnjd^aften,  ein  Doller  ©inblid  in 
bie  SlflgemeinentmidEelung  ber  politijc^cn,  Äirc^en^  unb  Kultur5©ef(^ic^te  jcit  ben  Reiten 
be«  Urd^riflentum«,  eine  lüdenlojc  Ä^enntni«  bc«  ungeheuren  duellenmatcrial«  ber  Äirc^en=  w 


94  ^tufd^ind 

rccl^t^ef(f)id;tc  Einzutreten;  .r>infdnu^  ^iclt  fein  ^iftorifd^e^i  SBiffcn  burc^  anbaucrnbe  axi^' 
gebreitete  Seftüre  auf  beni  neueften  ©tanbe  unb  raffte  ju  jebem  Äaj)itel  feinet  grofeen 
^aupttoerfe^  bon  ben  crften  c^riftüc^en  Duetten  bi^  ju  ben  jüngften  SDetreten  ber  Äurie 
ben  ©toff  jelDeife  in  überrafc^enb  fc^neller  3lrbeit,  für  bie   im  Semefter   h>enige  Xage^= 

5  ftunben  gur  Verfügung  ftanben,  jufammen.  Sei  all  bem  tarn  ii)m  eine  DoUfommene 
^errfc^aft  nid^t  blo^  über  bie  alten  Haffifc^en  ©J)ra(Een  unb  ba^  mittelalterliche  fiatein, 
fonbem  auc^  über  fämtlic^e  h)efteuroj)äifci^en  mobernen Sprachen  ju  gute;  jumal  ba«3^= 
lienifd^e  U?ar  i^m  jur  jtoeiten  SDlutterffjrad^e  gctoorben.  —  3)ie  i^m  eigene  ©efd^äft^^ 
getüanbt^eit  unb  bie  fiebere  SSertraut^eit  mit  ber^raji^  bi^  in  ba«  fleinftc  Seifert  hinein 

10  toaren  il?m  anerzogen  auf  ben  berliner  @erid;tcn  unb  in^befonbere  in  bem  Süreau  feinet 
afö  Sled^t^antüolt,  S^nbÜu^,  SJermögen^bertDalter  bielbefd;äftigten,  funbigen  l^ater^,  ben 
er  in  feiner  Dorafabemifc^en  3^^*  ^^^  mcl^rmalö  bertreten  l^at.  §ier  liegt  ber  Urfprung 
feiner  3Sorliebe  für  baö  jJreu^ifc^e  ^riüatrec^t  unb  ben  preu^ifc^cn  (Sioilpro^e^,  bie  xi)n  ber 
6ibilj)rojefeorbnung  unb  bem  Sürgerlid^en  ©efe^buc^  bc^  Steid^e«  gegenüber   eine  gemiffe 

16  Iritifd^e  Stimmung  feft^alten  liefe.  ^^JJraftifc^e  Sefc^äftigungen  gingen  bei  ^infd^tu^  immer 
neben  ber  atabemifc^en  Se^rt^ötigfeit  unb  ber  ©d^riftfteßcrei  ^er,  tüie  un^  fein  Seben^lauf 
bereit«  gcjeigt  ^at;  ja  er  trug  fic^  einmal  mit  bem  (Sebanfen,  ben  Scl^rftul^l  mit  bem 
Si$  in  einem  (^öd^ften  ©erid^t^^of  ^u  bertaufc^en.  Urteil^enthjürfe  i}at  er  in^befonbere  im 
.^ouefc^en   ©prud^foUeg   in    großer  ^a^    au^earbeitet ;   ate   ©utac^ter    toar  er   ^äufig 

ao  für  ba«  preufeifc^e  Rultu^minifterium,  für  aufeerpreufeifc^e  beutfc^e  Slegierungen,  für 
beutfc^e  Sif^öfe  unb  für  bie  ©ac^üerftänbigenbereine,  benen  er  angehörte,  t^ätig,  für  ^ri« 
)DaU  nur  in  ^^atronat^fac^en.  —  §inf^iu«  tüud^«  auf  in  93erlin,  too  er  biig  auf 
8 »;,  ^ai}xt  fein  gan^e«  geben  jugebrac^t  ^at ;  aufeer^alb  ^reufeen«  »ar  er  nie  amtlich 
t^ätig.    ©eine  Segeifterung  für  ben  nationalen  fouberäncn  ©taat,  bem   aud^   bie  Äirdf^e 

26  fic(i  unterjuorbnen  ^at,  jog  i^re  Sla^rung  axi^  ben  großen  ©reigniffen,  bie  jur  ©rünbung 
beiJ  SReic^e«  führten.  3)ie  aftibe  Beteiligung  an  ber  ^olitif  fc^ärfte  feinen  ©lief  für  bie 
politifd^en  galtoren  be«  firc^lic^en  Seben«.  ©eine  freiefte  proteftantifd^e  Sßeltanfc^uung 
toar  Don  bem  tirc^lic^en  unb  bogmatifc^en  Siberaliömu«  getragen,  in  bem  er  aufgetoac^fen 
toar  unb  bon  bem  er  im  3Banbel  ber  3^iten  feinen  ©c^ritt  ^urücfgetoic^en  ift.    3)em  in 

80  audfc^liefelid^  ebangelifc^e  Umgebung  hineingefteOten  ^roteftanten  toirb  e«  nic^t  leidet,  mit 
bem  fat^olifc^en  ®ogma  unb  ben  ßinric^tungen  ber  latl^olifd^en  Äirc^e  fic^  bertraut  ^u 
machen ;  ^infc^iu«;  beffen  9?ater  Äat^olif  toar,  erfaßte  in  Slid^ter«  ©c^ule  SBcfen  unb 
SBirlEfamleit  ber  latl^olifd^en  Äirc^e  unb  fertigte  auf  feinen  Steifen  in  ©panien  unb  auf 
toieber^olten  SSefuc^en  Italien«  feine  lebenbige  Slnfc^auung  be«  romanifc^en  Äat^oliciömu«. 

86  —  ©eine  inbibibuelle  ^Veranlagung  für  ben  ©elel^rtenberuf  toar  eine  überaus  glüdtlic^e. 
(Sifemer  pfeife,  nie  ermübenbe  Slrbeitefraft,  ein  treffliche«  ©ebäcf^tni«,  fiebere«  unb  rafc^c« 
Urteil,  freubige  aufopferung^boDe  Eingabe  an  ba«  fieben^toerf  ermöglichten  i^m  eine  fruc^t^ 
bare  fc^riftftellerifc^e  ^robuftion.  atUe  feine  SBerle  geigen  unbebingte  guberläffigfeit  unb 
©enauigfeit,  boUe  ©toffbe^errfc^ung  unb  erfc^öpfenbe  ©rünblic^feit,  ©inn  für  ba«  SBefent- 

40  lic^e,  gefc^ic^tlic^e  Intuition,  prattifc^en  ©c^arfblirf,  leben^boHe  änfd()auung  ber  realen 
aSerl^ältniffe,  flare  georbnete  gebrängte  Sarfteüung,  ^räjifion  ber  Formulierung,  ©legang 
ber  Sonftruftton,  energifc^e  3wffl"^»n^nf^ff«"9  ""^  jw^if^l^  einbringenbc  Sur^arbeitung. 
!Rie  berläfet  il^n  bei  Beurteilung  ber  örfcbeinungen,  bie  nüchterne  Äüljle  unb  Slu^e,  bie 
toiffenfd()aftlicEe  Dbjeftibität,  toie  fie  nur  proteftantifcber  aSorurteilölofigfeit  gegeben  ift.  3)ie 

46  größte  Betounberung  berbient  feine  au«  bobem  fittlic^em  ©mft  geborene  ftrengfte  Unpar^ 
lic^feit,  ber  SBJal^rEeit«'  unb  ©erec^tigfeit^finn,  bei  i^m,  ben  au^gefproc^enen  firc^enpoli- 
tifd^en  ^arteimann,  in  feinen  toiffenf^aftlidbcn  ©c^riften  bie  Stefultate  j^inftellen  läfet,  ol^ne 
Slücfftcbt  barauf,  ob  fte  greunb  ober  ^einb  frommen.  (Sin  d^arafteriftifc^e«  Seifpiel  bafür 
bietet  feine  rec^tlic^e  Beurteilung  be«  ^ltfat^olici«mu«. 

60  3)ie  erfte  epoc^emad^enbe  Seiftung  bon  §infct)iu«  ift  bie  9(u«gabe  ber  falfc^en  3)efres 
taten  $feubo:=Sfibor«  (1863).  Bor  ibm  gab  e«  feine  fritifc^e  ©bition.  Da«  fritifcl^e 
^roblem  lag  fel^r  bertoidclt  einmal  toegen  ber  ^^üHc  ber  .^anbfc^riften,  bon  benen  einzelne 
bi«Eer  überfd;ä^t  toaren,  bann  toegen  be«  Borliegen«  mel^rerer  Stecenftonen,  enbüc^  toegen 
be«  bon  ben  fintil^em  Autoritäten  unrichtig  beftimmten  Berl^ältniffe«  bon  5ßfeubos3ft^o^f  jw 

66  Senebiftu«  Sebita.  Unter  ben  übrigen  6inleitung«fragen  ift  berüchtigt  bie  nad^  ber 
§eimat  $feubo-9jfibor«.  Die  2lu«gabe,  auf  bie  unget^eurer  gleife  (j.  B.  burc^  Bergleic^ung 
ber  ettoa  10  000  Gitate)  bertocnbet  ift  unb  bie  ber  ©a^^funbe  be«  $erau«geber«  ein 
glänjenbe«  3^"9"i^  au«fteUt,  ift  bie  ©runblage  für  .^^infc^iu«'  toiffenfc^aftlic^en  9lul[^m  ge^ 
toorben.    9Jur  in  einem  fünfte  toirb   fie  ben  ju   fteUenben  ätnfprüc^en  nic^t  bott  gerecht: 

6<»  fie  giebt  bie  Jlonjilien  unb  eckten  Defretalen   in   erfter  Sinie  nacb  ben  gebrucften  2^en 


^tnfd^titd  95 

cc^^tcr  ©ammlungcn  (Hispana  u.  f.  \\).\  iDäbrciib  5Maa|en  in  fetncii  ^fcubos^r^bor-Stubtcn 
naf^etDiefcn  ^t,  bafe  ^4Jjeubü=!j5fibor  eine  eiöentümlid^e  ^icbaftion  ber  .öijj)ana  benufete, 
bte  öon  i^m  ^elbft  bereit«  mit  ilerfälfdbungen  unb  falfc^en  BiMtn  burc^^fc^t  toar.  2)ie 
älefultale,  gu  bencn  i&infc^iuö'  treffliche,  noc^  l^eiite  grunblegenbe  Praefatio  gelangt,  finb 
^am  %til  unangefochten  geblieben,  fo  bie  (Ermittelung  beg  Ser^ältniffe«  ber  faljc^en  5)es  b 
tretalen  ju  ben  fatfd^en  Kapitularien ;  bie  bon  .^injc^iu«  getroffene  Älaffififation  ber 
Sobice«  toirb  bon  ber  l^errfd^enben  Se^re  feftge^alten ;  bie  c^ronologifc^e  ^jierung  ift 
emtgermanen  berid^tigt  toorben;  bie  SBermutung,  bafj  bie  gäl|c^ung  in  SReimi^  entftanben 
fei,  tft  tool^l  nod^  feft^u^olten  tro^  ber  geleierten  unb  fci()arffinnigen  Singriffe,  bie  in  ber 
au^iebigen  feit^er  ^injugefommenen  iJitteratur  gegen  fie  gerichtet  toorben  fmb.  ^infc^iu«  lo 
felbp  ftanb  ber  ipVJ^ot^ejc  bon  £e  dJlan^  minbeften«  ntit  einem  Non  liquet  gegenüber. 

3)er  ®efc(|i^te  nic^t  blofe  ber  aüiffenfc^aft,  fonbern  auc^  ber  ®efe^gebung  ^reufeen« 
unb  be«  Sleid^e«,  gel^iW  ^inf^iue'  Beteiligung  am  ÄuUurfampf  an.  2)ie  $au})tfrage,  bie 
ber  Äirc&enpolititer  $infc^iu«J  t^eoretifd^^  unb  praftifc^  inSMngriff  genommen  ^at  (1871— 76, 
1883),  ift  bie  be«  äJer^ältnifjc«  öon  Staat  unb  fat^olifc^er  ftirc^e.  (Sr  bertrat  ben  ©tanb^^  i6 
pnntt,  baft  ber  Staat  feine  ^ngelegenbeiten  Dom  tirc^lic|[)en  ®ebicte  fac^lic^  fc^eibe  unb 
feinerfett«  gur  mafegebenben  SSeftimmung  ber  toec^felfeitigcn  Sejiel^ungen  jiüifc^cn  Äirc^e 
unb  Sftaai  berufen  fei.  3)iefen  backte  er  ftc^  nicbt  al«  fd^lecbt^in  omni)30tent,  too^l  aber 
atö  ben  für  bie  äbgrengung  feiner  Äompetenj  allein  ^uftänbigen  ^aftor.  SDa«  entgegen^ 
gefegte  ultramontane  Softem  berh)arf  er  für  bie  mobeme  ©efe^gebung,  unb  er  toufete  ftc^  20 
bomit  im  (SinÜang  mit  bem  ^jraftifc^en  Sjert^alten  aller  heutigen  beutfc^en  Staaten.  5)ie 
Jtirc^e  fte^t  nic^t  aufeer^alb  be«  Staate«  gleic^fam  in  ber  iiuft,  fonbern  fxe  lebt  im  Staate 
al«  «nftalt  be«  öffentlichen  Siecht«.  3lxd)t  alle«  SWed^t  gel?t  Dom  Staate  au«;  „e«  mu^ 
ol«  eine  falfc^e  Stec^tspolilit  begeic^net  toerben,  trenn  ber  Staat  bei  ber  rechtlichen  ©eftal- 
tung  feine«  3Jer^ältnifje«  ^u  ben  großen  c^rtftlic^en  Ätrcf>en  il^rer  l^iftorifc^  entioicfelten  25 
Serfoffung  unb  ij^^rer  t^atfäc^lic^en  SDlac^tftellung  gegenüber  i^ren  3lnl?ängem  feine  Hkd)- 
nung  trägt."  SDer  Staat  ^t  bie  etl^ifc^e  ^flic^t,  bie  Äirc^e  i^re  innem  äSer^ältniffe  unb 
einric^tungen  felbftftänbig  autonom  regeln  gu  laffen,  fotoeit  nic^t  baburd^  ber  ftaatli^e 
®nmbfa^  ber  ®eh)iffen«frei^eit  unb  bie  ftaatlicl?e  ainerlennung  ber  Berechtigung  anberer 
jtirc^en  unb  9leltgion«gcfellfc^aften  berieft  toirb  unb  fotoeit  nic^t  barau«  für  ben  Staat  so 
felbft  unb  für  bie  ben  einzelnen  ^ufte^enben  ftaat«bürgerlid^en  Siechte  ©efo^ren  entftel^en. 
2)iefen  ©efa^ren  l}at  ber  Staat  burc^  energifc^e  5Hcj)reffion  unb,  unter  t^unlic^fter  SJtci« 
bung  gel^äffiger  Setjormunbung,  burd^  ^^räüentibma^regeln  borjubeugen.  ÄoUibiert  ber 
5led^t«fa^  be«  Staate«  mit  ber  Sa|ung  ber  Äirc^e,  fo  gelten  für  ben  Staat  nic^t  beibe 
totberfpre^enben  Siormen  (tra«  >)rattifcb  unmöglid^  ift)  unb  nic^t  bie  tirc^lic^e  5lorm  bor  S6 
ber  ftaotlic^ien,  fonbern  bie  ftaatlic^e  bor  ber  firc^licben;  ber  Staat  unb  nic^t  bie  Äird^e 
ift  fouberön.  S)ie  ganje  ^age  ^at  §infc^iu«  in  bem  93uc^e  über  Btaat  unb  Äird^e 
(1883)  nad^  allen  Seiten  l^in,  ^iftorifc^,  juriftifc^,  rec^t«bergleid^enb  unb  })olitifc^,  beleuchtet 
in  J)laftifc^er,  einbringlic^er  3)arftellung,  mit  ruhigem  leibenfc^aft«lofem  Urteil,  nac^  ber  })05 
fitibiftifc^en  SKet^obe,  bie  auc^  de  lege  ferenda  ben  ^iftonfc^  gegebenen  Berl^ältniffen  40 
unb  ben  realen  Sebürfniffen  gerecht  toerben  tpill.  —  9)üt  ben  lirc^enpolitifc^en  ©efe^en 
ber  ^af^xt  1873—75  (SSiaigefe^e,  $erjonenftanb«gefe^),  an  beren  tecbnifc^er  unb  ftoffliqier 
äu«arbeitung  er  ^erborragenben  Slnteil  ^at,  fc^ien  .vSinfc^iu«  für  ^reufeen  bie  ftaatlic^er- 
feit«  ertbünf^te  Siegelung  be«  Ber^dltniffc«  bon  Staat  unb  tatleolifd;er  Äird^c  im  all= 
gemeinen  erreicht  ^u  fein.  3)afe  man  in  ben  adbtjtger  3^^^^"  ^^^  ,^u«gleic^*  ^erbei=  45 
fü^e,  l^iclt  er  für  eine  })olitifc^)e  Äur^ftc^tigfeit.  3)er  Äulturfam>)f  ift  ein  etoiger,  nur 
burc(i  3Baffenru|^e  unterbrochener,  ^n  t>m  „prinzipiell  bcrfc^iebenen  unb  unberföt^nlic^en 
änfd^uungen  liegt  eine  nic^t  ju  befeitigenbe  Duelle  ju  Äonfliften,  toelc^e  jeben  ^Äugen^ 
blitf  jtbifc^en  Staat  unb  Äird^e  au«brec^en  tonnen" ;  bie  Äirc^e  fann  ben  3Jloment  toä^len, 
„in  tbelcj^em  e«  i^r  borteil^aft  erfc^eint,  bie  blofee  tF)atfäc^lic^e  Söaffenru^e  ju  brechen".  50 
9iac^  bem  äbbau  ber  Sc^ufgefe^e  tpirb  5|ireuften,  ber  Staat,  tbelc^er  „nac^  feiner  QnU 
tbicfelung  unb  feinem  SBefen  ber  Äurie  ber  aUerberl^afetefte  ift",  „ben  Äampf  bon  9?euem 
unter  ungünftigeren  33er^ältniffen  al«  früher  aufnehmen  muffen".  „6«  tbirb  fic^  tbieber 
ber  alte  Sa^  betoal^r^eiten,  bafe  man  ber  Äuric  gegenüber  nur  burdji  jä^e  unb  fefte  Äom 
fequem  jum  ^kk  gelangt".  66 

3u  ben  preufeifdjien  firc^enpolitifcben  ©efe^en  1873—87,  ju  bem  lirc^enred^tlic^en 
litel  be«  preufeifc^en  fianbrec^t«,  ju  ben  ^erfonenftanb«gefe^en  ^at  .^^infc^iu«  (Sr^ 
läuterungen  gefc^rieben.  2)en  guten  ©efe^e«fommentator  ma^en  bie  bolle  Stoff^^ 
be^errfcl^ung  unb  bie  ^He  ber  praftifcf^en  ^ilnfd;auung.  3)a  ^infc^iu«  beibe  in  ^^er^ 
borragenbem  3Ra|e  befafe,  f)ai  er  al«  Äommentarberfaffer  anertcinnt  SKuftergiltige«   ge-  no 


96  ^infrffiitd 

Icifte^.    Unter   feinen  Äommaitaren  erlangte  in^bcfonbcrc  ber  3um  iReic^i^-^erfoncnftanb^= 
gefe^  großen  ©influ^. 

5Da^  :&au})tn>erf   feinet  äAcn^,   mit   beRen  crftem  S3anbe  §infc^iu^  1869   ^crt>or= 
getreten  toar  unb  ju  bem   er  r\ad)  1876,   nai)  bem   firct^en^jolitifc^en  gnterme^jo   feiner 

5  Saufbal^n,  für  immer  jurüdtfet^rte,  ift  t>a^  Äirc^enrec^t  ber  Äat^olifen  unb  ^roteftanten 
in  3)eutfd^Ianb.  2)aö  SBert,  5  Sänbe  unb  ein  §albbanb,  gufammen  4600  Seiten  großen 
pormate^  unb  engen  2)rudte^,  ift  ein  2;orfo  geblieben.  SoIIenbet  ift  bom  Softem  be^ 
rotl^olifc^en  Äird^enrec^t^  ber  erfte  §auj)tteil:  ,3)ie  §ierarc^ic  unb  bie  Seitung  ber  Äirc^e 
burcl^    biefelbe'   big    auf  jtoei    Äapitel    (aSertoaltung    ber    ©eriti^tebarfeit    m   ftreitigen 

10  firc^Iic^en  3lngelegenl^eiten,  3Sermögengre4t),  toäl^renb  ber  jtocite  §auptteil  (bon  ben 
Steckten  unb  ^fli^ten  ber  Äirc^englieber,  g.  93.  ßberec^t  unb  toon  ben  firc^lic^en  ®e- 
noffenfc^aften)  unb  ba^  Softem  beö  ))roteftantif(!^cn  Äircl^enrec^tö  fehlen. 

3)ag  SEBerf  ift  eine  toiffenfc^aftli(!^e  Seiftung  erften  Stange^,   bon  unbergänglicl^er  Se- 
beutung  für  bie  fanoniftifti^e  9lwi^tögefc^i(!^te  unb  JRecI^tebogmatif,  ba^   „fül^renbc  SBerf" 

16  (®tu^)  ber  firc^enred^tlid^en  SDiöjipIin,  bag  für  bie  arbeiten  ber  jungem  heutigen 
Äanoniftenteule  im  gn^  unb  Slu^Ianb  toorbilblic^  getoorben  ift,  unb  borau^fid^tlid^  auf 
3Wenf(!^enalter  l^inau^,  toie  nur  bie  toornel^mften  feiner  3SorIäufer,  bie  grunblegenbc  3)ar= 
fteHung  beö  fat^olifc^en  Äirc^enreti^tg  bleiben  toirb. 

§infc^iud'  Äird^enrec^t  inauguriert  nic^t  einen  3lbfc^nitt  in  ber  ©efc^ic^te  ber  SBiffen- 

20  fc^aft,  aber  er  fü^rt  einen  Slbfc^nitt  auf  feinen  ööi^e^>unft.  SDag  93uc^  trägt  ben  ©tem^^el 
be«  3^italterg,  in  toelji^em  e^  entftanben  ift.  2)ie  ^eriobe  be^  9Jatunec^tg  toar  über= 
tounben,  ebenfo,  feit  SRid^terg  SBirfen,  bie  ber  „bürren  älet)robu!tion  ber  im  Corpus  iuris 
unb  im  Xribentinum  enthaltenen  Sted^töfä^e".  ^ofitiüe,  mal^r^aft  ^iftorifc^e  unb  toa^r^ 
l^aft  prahijc^e  SBiffenfti^aft  finb  bie  neuen  ^beale. 

28  6in  ,©^ftem*  be^  Äirc^enreti^tg  im  großen  ©tile  fonnte  fic^  felbftt)erftänblic^  nic^t 
befd^änfen  auf  au^fc^lie^Uti^e  5Dogmatif  be^  geltenben  Slet^teiJ  mit  furjen  l^iftorifc^en  6in= 
leitungen,  e^  mu^tc  toielme^r  ba^  geltenbe  Siecht  aU  bie  oberfte  Sagerung  auf  Dem  breiten 
gefc^icptlic^en  Untergrunbe  erfc^einen  taffen,  ol^ne  beffen  Kenntnis  fic^  ein  botteö  SJerfte^en 
be^  l^eute  ©eltenben  nicl^t  eröffnet.    „3n   unfcrm  ^^^^i^^^^^^^  ift  ^i«  ^^^  ^^  ^iftorifc^en 

80  Schule  juerft  für  baö  römifc^e  ?fttö)i  angetocnbete  SKet^obe  in  3)eutfc^lanb  au^  auf  bie 
Se^anblung  beö  Äirti^enrec^tiS  . . .  übertragen  toorben ;  bie  beutfc^e  Äirc^cnrec^tdtoiffenf(!^aft 
ift  baburt!^  in  unferm  ^al^r^unbert  an  bie  Qpx^t  getreten  unb  nimmt  ^eute  bie  erfte 
©teile  ein"  (§.)•  ^Jreilic^  gilt  bieg  einmal  nur  für  bie  unbefangene,  Jjroteftantif^^e  toie 
fat^olif(!^e  go^c^ung,  bie  auf  „rein  un^3arteiifc^e  SSorfü^rung  ber  SRed^töfo^e  o^ne  Streben 

86  nac^  3ier^enlic^ung  ber  Äirc^e"  (^.)  augge^t,  nic^t  für  bie  tenbenjiöfen  ultramontanen 
Sßerfe  unb  für  bie  Sucher  getoiffer  in  üerte^rt  ibealifierenber  5ti(!^tung  üorge^enber  Äa- 
t^olilen,  bie  „toiele  ©runbfäfee",  toelc^e  „erft  nac^  unb  nac^  fic^  enttüicfelt  l^aben",  „in  bie 
erften  anfange  ber  c^riftliqen  Äirti^e  jurüdtoerlegen"  (§.)  toollen  unb,  toenn  fie  bem 
S)ogma  treu  bleiben,  jurüiüerlcgen  müRen.  Unb  toeiter  gilt  jener  felbftbeiuu|tc  äugfpru^^ 

10  noA  nic^t  für  bie  Seorünber  ber  j^iftorifti^en  Qö^nU  in  ben  erften  gal^rjclS^nten  unfereg 
gaprl^unbertg,  bie  il^r  Programm  befanntlit!^  auf  aüm  SRec^tggcbieten  nur  gum  fleinften 
leile  felbft  au^gefül^rt  l^aben.  Sticbter  juerft  l^at  bie  geftellte  Slufgabc  in  Slngriff  ge- 
nommen, ü^ne  freiließ  in  feinem  2cl?rbuc$  me^r  aU  l^iftorifc^e  Stijjen  liefern  ju  fönnen. 
auf  Stic^terg   (Schultern   tritt  ^inf^iug.     (Sr   juerft  l^at  mit    ed^t   gefc^ic^tlic^-fritifc^cr 

46  SWet^obe  eine  realiftifc^e,  aufgeführte  ©c^ilberung  gegeben  toon  bem  „für  bie  9{ec^t0=  toie 
bie  allgemeine  fiulturgefc^i(!^tc  gleicl^  intereffanten  ^roje^  ber  Serfc^meljung  romanifc^r, 
germanifc^er  unb  fanonifc^er  Stnfc^auungen"  (§.);  er  juerft  ^at  bag  ungeheure,  fpröbe 
©efamtmaterial  mit  untrügli(!^em  fritif(!^en  Sc^arfblid  tooüftänbig  burc^muftert,  bie  c^^arat 
teriftifc^en  Selege  mit  ftc^^erer  §anb  l^erauggefc^ölt,  mit  feinfmnigem  Serftänbnig  bie  Der^ 

60  bedEten  gef(^i(^tlid^en  äluggangg^unfte  flargelegt,  ben  ®efamtt)erlauf  mit  glüdtlic^em  labe 
tjeriobifiert,  bie  IcbengtooUen  praftifc^en  (Sinjell^eiten  aufgebedt,  bamit  erftmalg  eine  an- 
fc^auung  geliefert,  toic  unb  too  bie  großen  ©runbfä^c  in  bie  Sreite  gctoirft  l^aben. 
UeberaU  ift  bie  fpejififd^  juriftifc^c  Seite  ber  ßnttDidelung  ^crüorgel^oben.  Unfer  SBBiffen 
Don   9le(!^tggefc^id^te,  Äirc^engefc^iti^te,  Äultur-  unb  ©taatengefc^ic^te   toirb   um   tocrtDoHe 

66  ©efamtanfc^auungen  (fo  j.  S.  nocl^  jule^t  um  ben  Öctpeig  üom  firc^lic^en,  nid^t  ftaat= 
liefen  6l^ara!ter  ber  fpanifd^en  ^nquifition)  unb  unjöl^lige  neue  ©injel^eiten  bereid^ert. 
SDabei  ttjar  §inf(^iug  auf  langen  StredEcn  ein  einfamer  Arbeiter;  nur  toenige  mono« 
grapl^ifd^e  Vorarbeiten  erleid^terten  bie  gortfül^rung  feinet  öanbbuc^eg. 

gür  Jpinf(^iug'  Si;ftematifierung  ift  bejeic^nenb  bie  fc^arfe  ©(i^eibung  jtoifc^  loti^o- 

eo  lifc^em  unb  et>angelif^em  Jlir4>enrec^t.    ©ie  bejtpectt  bie  Befreiung  beg  le^tem  a\i^  ben 


^tnfii|htd  «^tob  97 

^nben  bcr  fanonifc^cn  Überlieferung  unb  feine  felbftftänbige  ^erau^Jarbcitung  auö  ben 
ibm  eigenen,  burd^meg  ))artifularen,  Cluetten  unb  in  bem  i^m  eigenen  Seifte.  —  3)ic 
©nteilung  bcö  fat^olifcl^en  ÄirdS^enrec^t«  im  ©ingeinen  ift  eine  3Wobififation  be^  SRic^terfc^en 
S^jiemg,  toeld^e  einzelne  ©lieber  in  beffere  Seleucbtung  rüit,  aber  aui)  ibrerfcitö  nid^t 
Dor  ieber  SBieber^olung  fcl^ü^t.  3?on  ber  l^eute  noc^  bielfad;  an.^iitreffenben  Übcrfc^ä^ung  5 
bcö  f^ftematifd^en  SKomcnt^  ift  §infc^iuö  tDoF;!  freijufpred;en.  3)a6  ber  2lu^fü^rung  be^ 
©^ftemö  in  §infc^iu^'  $anbbuc^  bie  ein^eitlidbe  unb  fünftlerif^e  ©eftaüung  bielfa(|  ab= 
^d^t,  toirb  man  jugeben  fönnen;  bie  3)lo(e^  be^  Stoffe^  ift  oft  ju  gro^,  um  aufgebaut 
ftatt  aufgetürmt  gu  merben,  unb  ber  35erfaffer  f elbft  ift  mit  bem  ^Jortgang  beö  SBerfe^  ge« 
txHid^fen.  SDaig  ©^ftem  ^at  fic^  immer  tnel^r,  tro^  ber  äufeerften  ©ebrungenl^eit  ber  3)ar=  u) 
ftettung,  ju  einer  ^olge  umfänglicher  3)lonogra)){^ien  ertüeitert,  fo  über  ^atronatred^t, 
ftongilien,  ©trafrec^t  unb  ©trafprogeg;  ,felix  culpa*  (barf  man  mit  Sluffini  fagen),  ba 
gcrabe  bie  ing  ©injelnfte  au^gefüF;rten  2(bfc^nitte  ju  ben  größten  fanoniftifAen  Seiftungen 
aller  3riten  gel^ören.  ^JJanc^mal  ^at  §infct^iu^  feine  ©ä^e  jum3tt)edE  ber  Komprimierung 
ftofflic^  überlaben  unb  biefem  ^\ütdc  bie  I)urc^fic^tigfeit  geopfert ;  im  übrigen  toirb  in  15 
reichem  2Ra^e  bem  Sejcr  auct^  äftl^etif^eiS  SBe^agen  bereitet  burc^  bie  meifter^afte  Direftion 
ber  3Kaffcn  unb  bie  leuc^^tenbe  itlar^eit  ber  Segriffe,  Semei^fü^rungen  unb  3)ebuttioncn. 

2)ie  3)arftettung  be«  geltenben  SRec^t^  im  ©^fteme  geigt  un^  ^infc^iu^  tüieberum 
ate  ftrengen  ^^ofitiüiften.  W\t  borne^mer,  Ieiben|c^aft^Iofer  SRu^e,  o^ne  SBorurteile  unb 
o^nc  Senbenj,  auc^  o^ne  ,geiftbotte'  '^^ßaraboja,  giebt  er  ben  ^^il^^'t  ^cr  Slec^t^fä^c  au^  20 
bem  oft  bertoidtelten  SHueffenbeftanbe  in  Dotier  2luöfül^rlid;feit  tüieber.  3)a^  juriftifc^e 
ffiefen  ber  einzelnen  ^inftitute  tuirb  mit  fieserer  i^onftruftion  gu  plaftif4>er  2lnfc^auung 
gebracht.  3)ic  Uonfequengen  finb  mit  praltifc^cm  %atU  gejogen,  unb  ber  ©rab  ber 
prottifc^en  Sebeutung  \)on  loirllid;  ober  fc^einbar  t)eralteten  Sä^en  ioirb  auö  ber  le- 
benbigen  Äenntui«  be^  firc^lic^en  unb  ftaatlid^en  Slec^teleben^  ^erau^  abgetönt.  —  25 
3)0^  Äirc^enre(^t  al^  foI(!^ei§  fc^ien  §infd;iu^  (ioie  ber  ^errfc^enben  Se^re)  üon  bem  aüefen 
ber  Äirc^e  geforbert,  nid^t  mit  bem  SBefen  bcr  Äirct^e  im  SBiberfpruc^  m  fein;  er  J^ielt 
bafür,  ba|  o^ne  eine  beftimmtc  äußere  Drbnung  bie  2lufgaben  be^  ß^riftentum^  inmitten 
be^  h)eltlic^en  Seben^  nietet  bertt)irtli(^t  tüerben  fönnen. 

3)ie  ebangelifc^en  2^^eologen  unb  ^irc^en^iftoriter  n?erben  ^  bem  ^u^ften  .^ginfc^iu^  ao 
jum  befonbem  SSerbicnfte  anred;nen,   bafe   er  ber  protcftantijc^en  fflclt  einen  tiefern  (gim 
blirf  in  baö  ma^re  SBefen  unb  bie  tpal^re  ßntiindelung  ber  tat^olifcben  Äird;e  gewonnen 
^t.    aäJo  ba^  §aupttoert  berfagt,  treten  gum  Seil  $inf(^iu^'  Gingelfc^riftcn  in  bie  Südte. 
©0  h)irb  öon  einem  äluöfd^nitt  auö  bem  firc^lic^en  ©enoffenfc^aft^rec^t,   \>on  bem  Steckte 
ber  Drben  unb  Äongregationen   in  ^reufeen  „nac^   burc^au^   fidleren   unb   autl^entifc^en  86 
CueDcn"  erftmal^   ,,ein  geifaue^  unb   betaillierte^   33ilb"   entloorfen;   inebefonbere   tüirb 
bem   gurüdEgegangenen  3JJönd^tum   gegenüber   ber  Segriff   ber  Kongregation,   il;r  SBefen, 
i^re  raffinierte  Organifation,  il^re  praftifc^e  Sebeutung,  Verbreitung   unb  Krc^enpolitifc^c 
©efö^rlic^Ieit   in   l^elleö   Sic^t   gerüdt.    Die  Äurie  l^at    für   ba^   fleine  Suc^   quittiert, 
inbem   fie,    cd^  einzige    bon  §infd;iuö'  ©d^riften,    biefeö    ,opus    praedamnatum    ex  40 
reg.  II.  Ind.,   sicuti  omnia  similia   opera  haereticorum,  Decr.  11.    Dec.  1874* 
auf   ben    Index  libroruni  prohibitorum    (tjgl.  neuefte  2lu^gabc  Aug.  Taurin.  1895 
p.  185)  fe^te. 

©ein    monumentale^   .^aupttrert   giebt   §injc^iuö    ba^S    ■•Ked^t,    unter    ben    l^erbor= 
ragenbften  Vertretern   ber  3öiffenfd;aft  in   bcr   jtocitcn  .t^älftc   bc^   19.  3«^^^;ii"^crt^  ge=  45 
nannt  ju  toerben  aU  eine  bcr  ©röfecn,  bcncn  2)eutfc^lanb  unb  bcncn  bcr  "^irotcftanti^mu^ 
bie  fü^renbe  Stolle  auf  geiftigcm  ©cbictc  tocrbanft.  (J.  8ec!el. 

^tob.  —   I.  Cittcvatuv:   A.    Xcitau^gabcn:    @.  iöaev.    Über  Jobi  1875  (()ebr. 
2:ejt  noc^  bcr  mofforetifdieu  Ucberlicieruuö) ;    Siegfrieb,  the  b<Jok  of  Job  1893  in  %  .^auptö 
Sacred  books  of  the  Old  Testament  (mit  .t'>erüürt}ebuiig    bcr   aU    urjpriinfllid)  unb  ber  alö  60 
nidjt  uriprünglic^  augefcl)eueu  XcitelemeiUe  burd)    ueif(t)iebenc  Sorben);    ^Dierj,  3)aö  (Öebicftt 
oon  4>iob,    3ena  1Ö71  (()ebr.  le^t   unb  bcutjct)e   Ucbcvfctjung   auf  ©ruub  fvitifdier  Gvmittc* 
lungen);  alö  SScrtretung  triti)cl)er  Xejtausgabeu  fi3uucn  gelten  bie  Ucberfejjungen  uon  ©aetbgen 
1895  (in  füulfüfeigcu  ganibenjeileu),    uou  ^ut)ni  1897  (und)    bem    llmid)Iage    in    bcu  55er§' 
maftcn  ber  Urfdjrift.  nad)  p.  XII,   ^<?lumertung,  in  ^^erfeu.    bie  um  eine  .^ebung  länger  finb,  56 
alö  bie  bcr  Urfdjrift),  namentlid)  üon  ÖJeorg  .^poffmnnn.  iliel  1891  fmit  begrünbenben  9|?oten 
unter  bem  %cpt  unb   einer   an   eigenen  (äcbanteu   reidjen    unb    auf    ben  ®ruub  ber  ^i\ö:it 
jiclenben  (Sinlcitung).    (Sine  befonbere  Steflung  nehmen  bie  9luögaben  löirfeflö  ein:    cnriuina 
veteris  tcetamenti  metrice,  Qnn^brurf  1882,  p.  151—187,   luo  bie  Sieben  unfeve«^  5Bud)e'5  in 
latcinifd)er  Umft^rift,    ftidjifdj  unb  unter  a3e5cid)nung  bei  4)ebunQen   (mit  gelcgentlid)en  fri*  eo 
ffttaU9nctftio\>&hit  für  I^eoloßlc  unb  «ir*e.    3.31.  Vllf.  7 


98  ^tob 

tijc^en  ?Innierfungen  »uicbergcgebcn  finb;  fobann  bic  ert)c61icl)  abiueicftenbe  „fritifc^c  93corbci« 
tiing  beö  QobbialügcS"  im  6.  *u.  7.  53onbc  bcv  SBicner  geitfdjr.  f.  b.  SÜunbc  b.  ^bigculanbc^ 
(bcginnenb  VI,  @.  137),  in  ber  bcr  fritifd)  ermittelte  Xcjt  in  ^cbv.  fictlcrn  ol)nc  ^^unftc  in 
ber  einen  unb   bie   bic  ridjtigc  5)etIamQtion   fic^ernbc   lateinifc^e  Umfc^vift    beSfelben  in    bcr 

6  anberen  (Kolumne  geöcben  finb,  roä^renb  iRoten  unter  bem  2:cjte  \)Ci^  in  i^m^egebenc  red^t» 
fertigen.  3)icfe  tHrbeiten,  nl§  beren  ertrag  ber  bcutfdie  2:ejt  in  be^felben  S^erfS  „^ud)  3ob 
noc^  9ln(ettiing  ber  ©trop^it  unb  bcr  Septuaginta  . . .  überfc^t",  SEBicn  1894,  angcfe^en  loer* 
ben  barf,  toerbienen  wegen  ber  (Energie,  beö  S^cifee«  unb  beö  Scharf finned,  bie  fic  offenbaren, 
©erounberung ;   aber   inbem  balb  bie  öorbejopIariHc  ©eptuagintaiibcrfefung,   balb   bic   me» 

10  trifc^c  9?otn7enbfgfeit,  batb  \>a^  eigene  Urteil  über  bic  Intention  bed  ^icf)ter§  imb  bad  i^r 
?lngcmeffenfte  bic  ^a^I  bcr  5:ejtgeftalt  bcftimmt,  forbcrn  fie  ben  felbftftänbigen  fiefer  ju 
ffcptild^er  9iact)prüfung  ^erau§.  —  (Bofern  eine  tünftigc  2:ejtou§gabe  aüc  SSariantcn,  bic  bie 
alten  Ueberfefungcn  barbieten,  in  i^rcm  Apparat  ipirb  mitteilen  muffen,  ift  5Bcerö  „bcr 
Xcjt  be«  ©H(t)e§  ^iob''   in  iiuei  ^eftcn  1895.  1897  bic  befte  SSorarbeit.      ^Rit   umfaffenbem 

15  unb  gemiffen^aftcm  Sficißc  ift  bier  jufammcngeftellt,  maö  bic  SScrfioncn  für  Äonftituierung  unb 
5)cutung  beS  S^ejtcS  barbicten;  Icibcr  fc^It  ju  Einfang  ober  ju  ©nbc  eine  S^arafterifierung 
bcr  Uebcrfefiingen  im  ©roften  nacft  i^rem  Söcr^ältniS  jum  l^cbr.  3^ejtc  unb  untercinanber. — 
S)a  für  bic  Xcftfritil  bie  ©eptuaginta  fomo^l  in  i^rer  ^ejaplarlfcften  al«  in  i^rer  \)or» 
origenianiid)cn  ^eftalt  bic  grögte  93erücffi^tigung  uerbient,    feien   ^ter   a(S   neue  ^ilfdmittct 

20  für  bic  (Sruierung  unb  Untcrfd)cibung  jener  beiben  ©eftaltcn  cnoä^nt:  1.  bie  fabibifd)e  lieber* 
fefung,  roeHe  mit  auf  ^(uregung  33icfenö  Ciasca  im  2.  ©anbe  bcr  Sacrorum  Bibliorum 
fragmenta  Copto-Sahidica,  JHom  1889,  mit  einer  lebrreicften  (Einleitung  ucrüffcntlid)t  bat; 
\)a\\a&i  Am^lineau  in  bcm  franj(i)fifcb  gcfcl)riebenen  ^uffa^c  the  Sahidic  translation  of  the 
book  of  Job  in  Transactions  of  the  8ociety  of  Biblic.  Archaeology  IX,  2,  1893,  p.  5  ff. 

25  ?(u6cr  oon  SBicfefl  ift  fic  alS  g^uö"^^  9^9^"  ^te  Urfprünglicl)feit  unfcreö  C)ebrfier«  bcnu^t 
Würben  üon  ^atdj,  essays  in  biblical  Greek,  1889,  auSjübrlic^  befprocben  unb  an  3Scrt 
l^cruntcrgcminbert  öon  S)itlmann  in  ben  @©?l  1890,  @.  1345  ff.  2.  3)ic  uon  bc  fiagorbe 
im  2.  »anbe  bcr  9Rt  1887,  @.  189  ff.  ucröffentlicfttc  neue  9(uSgabc  bcr  Ueberfe^unq  beS 
grie^if.dien  3ob  burcb  J&ieron^mu§  nad»  ber  fd)on  löngft  bcfanntcn  ^anbfc^rift  in  iour§ 

30  unb  einer  fc^on  uon  Q^rabe,  banad)  \>on  ©icfell  herangezogenen  bob(ejanifd)en.  9?ad)  melcben 
®runbfä0en  bc  fiagarbe  ucrfabren  ift,  fann  id)  nid^t  ertenncn.  ©alb  folgt  er  im  iejtc  mit 
bcr  ©efung  ber  fritifcben  Seitiicn  ber  einen,  balb  ber  anberen  ^anbfc^rift,  üfjne  auf  bie  ©c« 
glaubigung  9?ücffi(6t  ju  net)men,  mclcbc  \>cn  Cbeli  unb  ^fteridfen  bcr  einen  ober  ber  anberen 
aus  ben  fünft  überlieferten  ^cjaplarifd^en  9?otijen  criüa(f)fen.  92a4  ber  SSorrcbe  8.192  fd)eint 

35  er  in  bem  S)rangc  ju  brucfen  fi4  bie  auf^altenbc  ?(rbeit  ber  Ermittelung  be§  Urfprünglidjcn 
crfpart  ju  babcn;  aber  bei  bcr  Sorgfalt,  mit  bcr  bic  3)ifferenjen  ber  beiben  ^anbfijriftcn 
unter  bem  iejte  angegeben  finb,  ift  für  ben  bie  iWoten  bcacfttenben  fiefer  bcr  Sdftabc  nic^t 
groß.  3m  übrigen  ift  als  umft(fttig  unb  bele^renb  bic  G^araftcrifierung  bcr  8cptuaginta 
jum^iob  in  ber  Warburi^er  3)o!torbiftertatiün  ©icfcOö  oom  Sa^rc  1862:  de  indole  ac  ratione 

40  versioDis  Alexandrioae  ju  empfeblen.  S)ic  längft  oon  ibm  aufgegebene  SWeinung,  bai  bie 
Äbroeidjungcn  ber  Scptuaginta  oom  ^ebröer  lebiglicft  ßwS  error  vel  licentia  vel  consilium 
ioterpretum  abzuleiten  feien  (§1  S.  1),  t^ut  bem^erte  feiner  53ef(breibung  feinen  ©intrag. — 
B.  Xejterfl&rungcn.  '©er  bic  reiche  ejegetifc^e  i?itteratur  über  baS  ©ucft^iob  fcnnen  lernen 
miH,   finbet  auSreicbenbc  SSerzcitöniffe    in   9?ofcnmüllerS  @d)olien    unb    bei    bem    $)onfinbcr 

45  3Rattt)e«,  het  boek  Job  vertaald  en  verklaard  1865  u.  2.  Aufl.  1877.  iWadjträge  giebt  ^ill- 
mann  in  ber  2.  9lufl.  unb  ju  biefem  mieber  93ubbe  in  feinem  Kommentar.  9luS  bem  ?llter* 
tum  enuft^nc  icb  befonberS  ben  bei  fiomma^fd)  (Origenis  opp.  tom.  XVI)  abgcbrucften  pfeubo* 
origcnifdjcn  Kommentar,  bcr  (nacb  unbegriinbetcr  SBermutung  burd)  Sfibor  überfc^t)  nur 
lateinifd)  crl}altcn  Icbiglicft  bie   brei  evften  Äapitel  unfercS  ©ud^eö  bebanbclt,  unb  jwar    mit 

50  ©cmerfungcn,  bic  bod)  mit  ben  geringen  iRcften  origenianifcber  (Srfärung  biefer  ftapitel  in 
ben  ^iobfatenen  oermanbt  fcbeinen.  (Ir  ift  einmal  beSbalb  intercffant,  loeil  bcr  oon  ibm 
citicrte  2^ejt  bic  fignififanten  fiefungcn  beS  9llej:anbrinuS  aufmeift.  (j  S.  $)i  1,  21  +  in 
saecula  p.  120  =  fk  rois  aiwrug  Alex.;  quarc,  ober  nacb  p.  191:  cur,  ut  una  ex  in- 
sipientibus   mulieribus   locuta    es    (p.   190)    z=    Iva    li  beS  Alex,  in   ^i  2,  10;  neque   in 

55  conspectu  domini  neque  in  labiis  suis  ^i  1 ,  22  (p.  123)  =  ovx  ijftagrFv  'Iwß  ovdh 
(fd)r.  ovdf)  Fvnvti  xvQiov  ovde  iv  Totg  /fiV.foo*  aviov  Alex. ;  cublid)  l)ci6t  p.  237  ber 
jßater  .J)iobS  Zareb,  maS  gewife  auS  be§  Alex.  Zag^O  ^'\  42 ,  17  c  burd)  ^errocc^fclung 
oon  li  u.  6^  entftanben  ift).  Breitens  bcS^alb,  weil  er  I^eigt,  loie  oiel  gciftrcidjc  Üicflcjion  baS  (ftriftl. 
^lltertum  an  unfer  Sud)  getuanbt,  unb  mie  oft  cS  fd)on  audgefprod)en  \)Ci\,  roaS  Unerfabrenen 

GO  als  (Entbedung  ber  ^^cuzcit  crfc^einen  fann.  3d)  lege  fein  Semicbt  barauf,  bog  bie  üblid)en 
©emerfungen  oon  ^enbeioerf  ju  Qef  1  biS  auf  ©enjinger  (9^@  s.  v.  6fel)  über  bic  ^ÖJunter« 
feit  ber  palftftinif djen  (£fel  ibr  ^orbiTb  in  bem  8afe  babcn  (p.  24):  quod  nunc  equi  et 
muli  perficiuDt,  hoc  nihilominus  asini  impiebant,  praesertim  tales  quales  sunt  in  regione 
Arabiae  et   Palaestinorum    asini,   qui  veloces  sunt   similiter  ut   equi,    ober   bafe     bic  @r« 

05  fc^ung  oon  illuc  (p.  115  ^i  1,  21)  burd)  sub  terram  (p.  114),  mie  bei  einigen  Steueren  burc^ 
ben  ©cbanfen  gcredjtfertigt  loirb,  bafe  terra  raator  omnium,  omnium  domus  fei.  Aber  wenn 
^ubm  im  ^Sibcrfpruc^  gegen  ben  Kommentar  (@.  8,  mo  er  „fluchen"   übcrfcj^t)  in  ber  oben 


angeführten  Ucterfe^ung  für  'rpi  1.5  (()icr  aud)  im  Äommentav);  1,11  u.  f.  lu.  „fegneu" 
wiebcrgiebt,  unb  bann  roieber  im  Ä^ommcntare  (S.  VIII)  biefe  ehrbare  llmfcftrcibung  bem 
ängftlic^en  ?(utür  beS  „^olfSbudjcö"  bcilcßt,  bem  gegenüber  ber  S)icftter  „fein  ©lott  tjor 
ben  ^unb  nimmt",  fo  fdjeint  mir  jener  alte  ^u^Ieger  mit  befferem  ®rnnbe  ben  frommen 
9tutor  brS  Sud^ed  unb  bcu  rebenben  Satan  felbft  51t  unter{d)etbcn.  ^ewcx  non  ita  scripsit  r» 
sicut  diabolus  locutus  est,  sed  decentius  et  benigDius,  utpotc  Dei  famulus.  Diabolus  enim 
cnideliter  ac  nequiter  locutus  est  et  .  .  non  dixit :  si  non  in  faciem  te  benedixerit,  sed,  si  non 
in  faciem  tibi  maledixerit.  ^er  ^utor  t)abt  biefe  iliicita  vox  abgeäubert  in  bcncdicet. 
Sieberum,  wenn  nocft  in  unfercm  Sa^rftunbert  ber  Stoff  beö  ®ebid)te§  für  ebomitifc^,  unb 
na(6  talmubifcftem  unb  patriftifdjem  ^Jorgangc  ^ofe  für  ben  Bearbeiter  gehalten  morben  ift,  10 
n>enn  9{euere  au^  bem  ^egenfa^e  ^luifc^en  bem  auf  ben  ^immet  unb  ben  Satan  refurrieren« 
ben  $rolo0  unb  bem  baoon  nid)tS  at)nenben  Dialog  auf  uerfct)iebene  9Iutoren  gefc^Ioffen,  unb 
wenn  einzelne  in  bem  3)ulber  ^io6  ha^  leibenbe  3^rael  gefefeen  baben,  fo  finbet  fid)  bicfe^ 
alle«  auc$  in  unferem  Kommentare.  92ac6  Sepluoginta  fei  ba§  Budj  au§  bem  fi)rifd)en, 
welc^ed  ou(ft  bie  Sprache  ber  C£bomiler  ift,  überfej^t,  unb  jnjar  in  9(egl)pten  burd)  ^JKofc.  ir> 
(^d  fei  }u  untertreiben  jioif4en  bem  Urbuc^c  unb  bem  Bearbeiter,  ber  iijm  feine  je^ige  Q^c* 
ftalt  aeaeben.  Erat  nimirum  pridem  Syriace  ex  parte  scripta  non  ita  diligenter,  neque 
ita  vigilaDter,  quemadmodum  postea  a  Mose.  Solac  enim  rcsponsiones  atque  replica- 
tioDes  a  primordio  scriptae  sunt  35ie  Unterrcbner  lüußlcn  md^\^  uon  ben  t)immlifc6en 
Sjenen;  uon  biefen  fonnte  nur  ber  burd)  bie  Offenbarung  beö  t)eiligen  QJeifteö  unterricbtete  20 
iHofe  er^aijlen  (p.  4.  5),  unb  er  bat  ba^  93u(ft  ^iob  feinen  in  ^2tcgi)pten  gebrücften  Bolf«* 
genoffen  gcf(ftenlt,  bamit  fie  am  Beifpiele  beS  gelben  fid)  jur  (S)ebulb  im  iüeiben  aufrichteten: 
Dolite  fieri  desperantes,  sed  sustinete  constanter  .  .  .  erit  namque  et  vobis  liberatio,  quem- 
admodum et  iUi  (p.  7)  ...  erit  vestra  inspcctio,  sicut  et  illius  facta  est  ...  reddetur  vobis 
tolerantiae  remuneratio,  sicut  et  illi  reddita  est  (p.  8).  (^nblid)  loenn  neuere  ^uSleger  2r> 
wie  i.  33.  Birfett,  ^offmann,  5)u()m  u.  a.  ^i  27,  7  ff  al§  eine  JRcbe  be«  So\>^^^  binfteflen, 
bamit  bie  3)reija^I  ber  Eingriffe  auf  .J)iüb  and)  im  brittcn  9?unbgange  beS  ®eipväd)e8  crjielt 
werbe,  fo  gölten  fie  fid)  auf  p.  209  berufen  fönnen.  luo  uoni  Sntan  gefagt  luirb.  er  babe 
bie  brei  S^^eunbe  angetrieben  novem  rcsponsiones  blasphemiae  ad  versus  Job  dicere,  unum- 
quemque  tres,  aber  ^iob  fei  ibnen  nid)t  gcmid)en,  fonbcrn  l)abe  totidem,  quin  imo  potius  30 
pluribus  et  majoribus  omnibus  illis  . .  .  il)re  ungered)ten  Befdjulbigungen  miberlegt.  BieU 
leitet  Rotten  fie  bann  gefcbloffen,  in  ber  Septuaginta  biefcö  3Kanned  b^tte  nod)  bie  britte  9kbe 
3op6ard  i^ren  9?amen  getragen  unb  fo  einen  urfunblidjen  Beleg  für  ibre  .£)V)potbefe  gc* 
Wonnen.  ?inerbing§  ba  ber  oon  (£.  5lIoftermann  C^lnalefta  S.  68)  unter  b  augcjogene 
Senebiger  i^obej  bem  Sopbar  nur  jioci  hieben  beilegt,  luie  aud)  bie  Sl)nopfc  be^  ®bvl)fofto-  36 
mud  (MSG 6,  p.  362  u.  366 :  tujxhi  notKOhrcg  Tor  2'.  To/ro)s),  f 0  wirb  nufer  Berf.  wabr- 
f(^cinli(ft  unter  ber  9.  SRebe  bie  fonft  alö  uier  gejäb^ten  3iebcn  be§  Gtibu  uerftanben  böben, 
bie  aucb  bie  S^nopfe  a.  a.  O.  neben  ben  bvci  beS  @lifa^.  bax  jwei  be^  Sopbar.  ben  brei 
be«  ^albab  (fo  orbnet  fie)  nur  al§  eine  jöljtt.  —  Ot)nc  burc^  92id)tnennung  ein  abf(bnljigeS 
Urteil  ou^brürfen  ju  woflen,  füt)re  id)  atö  für  it)re  3^^t  bebeutenb  ober  burcb  iljre  9ln«  40 
regungen  fortwirfcnb  ober  alö  nocft  ()eute  bcad)tenöwert  an:  ben  .Kommentar  be§  iJaiboIifen 
3obanne8  bc  Spineba  ^abrib  1597;  be<J  9lrabiften  91.  Sd)ultenö  fieiben  1737,  9?cisreöi  cou- 
jecturae  1779;  bie  Äomm.  oonStubImann  iQamb.  1801.  Umbreit  1824.  töfter  1831,  (Swalb. 
35i(ftter  be8  91.  B.  III.  1836,  bie  Bearbeitung  §ir,^el§  burd)  01§baufen  im  furjgefafjten  ej. 
i^onbbut^e  1852.  ber  5)inmann§  Kommentar  1869.  2.?r.  1891  gefolgt  ift;  ferner  oon  Stiefel  46 
1842,  oon  Scbtottmann  1851.  üon2)eli&fdj  in  ÄeiU  unb  3).  bibl.  5t'ommentar  1864,  2  9liif(. 
1876,  bem  am  nSd)ften  fte^t  Botcfö  Bearbeitung  in  bem  Stracf-3iJrfffi^fc6cii  ^''"intcntar  Bb  7. 
1889;  ber  Kommentar  con  Bubbe  1896  bilbet  ben  j^weiteu  Bnnb  beö 'il?üwacfid)en,  ber  nenefte. 
oon  ^u^m  1897,  bie  jweitc  fiieferung  bc8  'üJtartifd)cn  furjcu  ,&anbfümmentnr^.  --  C.  ?luö 
ber  fJüQe  ber  (Slnjelabbanblungen  über  bie  S^ompojition  be-S  Biid)C5^  ober  fd)iüierige  bo 
Partien  bc^felben,  oon  benen  man  bie  über  (£tibu  bei  Bubbc  l)inrcid)cnb  fenncu  lernen  fann. 
feien  befonberd  ^eruorgeboben:  $upfelb.  Stellnug  unb  Bebeutung  beö  B.  .J).  in  3eiifd)r.  für 
djriftl.  ®.  1850.  Stuber,  über  bie  3ntegrit«t  be§  B.  i^xob  in  SpVXl)  1875;  unb  fein  (Gegner 
Subbe,  Beiträge  jurÄritit.  Bonn  187G;  oon  anbcrem  (iJciid)t^5pun!te  auö  begrünbet  «eiftlei^ 
bie  (Jcbtbeit  ber  ©Hbureben  Beftmann  in  bem  '!?Ibfd)nittc  über  baö  Bn(^  ^iob.  S.  132  ff.  feiner  56 
Gntwicfelung«gefd)iite  beS  ?Rcid)e«  ©ottcd  1S96  Bb  I.  Serner  ift  ju  erwftbnen  beö  fein» 
finnigen  ®ie|ebred)t,  „ber  3Senbepunft  bed  B.  ^iob"  1879.  9n§  aUerneueftc  finb  mir  befannt 
geworben  fiaucS  Ä^ompofition  bed  Bucbeö  C)iob,  ^laHe  obnc  3"bvcÄQngabc,  unb  be§  9tabbiner8 
äönigöberger  ^iobftubien,  Breslau  1896.  woju  ugt.  It)l*B  1899  ')h.  37.  38. 

II.  Stellung  tmÄanon.  Unter bcnJt«tl;ubim (über bcrcnSlnorbnungSb IV,  S.87,7  eo 
m  t)al.)  beg  i^ebräifc^enS^cjte^  fte^en  bie  brei  burd^  gleiche  ^itfjentuation  au^gcjcic^ncten  Sucher 
^falmen,  Bpvü6)C,  §iob  immer  ^ufamtnen,  unb  iwax  m  biefcr  golgc  (vox  mem.  rriN)  in 
ben  §anbf(i^riften  beutfc^er  Älaffe,  tüofür  bie  ßufammenge^örigfeit  üon  Daüib  unb  ©alomo 
mafegebenb  getoefen  fein  tüirb,  ober  nac^  ber  vox  mem.  3«^  fo,  bafe  .sjiob  jlüifd^en 
?ßfalmen  unb  ©prüfen  fte^t,  \m  ber  lalmub  (in  Baba  bathra  14 '0  orbnet  unb  bie  «.5 
^nifc^  §anbfc^riften,  bermutlic^  nac^  ber  aud)  fonft  beobachteten  Sc^reiberfittc,  ba^  unt= 


100  ^tob 

f angliedere  93uci&  bor  beut  iüeniger  umfänglichen  anzugreifen.  ''Jlad}  be^  .C^ieron^mu^  prol. 
gal.  (ügl.  GaffioboriJ  l.Drbnung  bei  3a^n,  ®efc^icl^te  be^  9?2;.  II,  272)  l)at  bei  ben 
Hebräern  §iob  aber  auc^  bor  bem  ^falter  geftanben,  toeil  man  i^n  für  älter  aU  2)abib 
l^ielt.  äBieberum  fc^eint  nac^  Drigene^  (bei  ßufeb.  Ä®  VI,  25)  bei  ben  ^uhtn  einmal, 
6  toä^renb  bie  ^falmen  unb  bic  brei  falomonifc^en  ©c^riften  ^tüifd^en  ben  l^iftorifd^en  unb 
j)rojpl^eti|(!^en  erfc^einen,  .yiob  l^inter  ben  mit  3)aniel  unb  ßjec^iel  fc^lie^enbcn  $roj3l)eten 
bor  eft^er  geftanben  ju  l;aben,  eine  Drbnung,  toelc^e  ^um  2:eil  auc^  bei  Gaffiobor 
(2.  Drbnung)  unb  im  Stmiatinu^  ju  beobachten  ift,  too  auf  bic  legten  ^rop^eten  (Sla- 
lad^ia^)  §iob   unb  auf  biefen  2obia^  folgte,  toä^renb  ^falmen  unb  ^rob.  —  SBeiöbeit 

10  ©irac^«  bor  ben  ^ro))^eten  fte^en.  3Welito  bagegen  (ßujeb.  IV,  26)  ftettt  §iob  l^inter 
ben  ^falter  unb  bie  3  falom.  Sucher  unb  lä^t  biefe  5  bie  Glitte  jtoifc^en  ben  mit  ß^ron. 
enbigenben  ^iftorifc^en  unb  ben  ))ro})l^etijc^en  Suchern  einnel^men.  ß^  ift  überflüffig  auf 
alle  Äataloge  ber  biblifcfjcn  Süci^er  ein^ugel^en,  bie  unö  überliefert  finb;  ic^  bemerle  nur, 
ba^  bie  SRüific^t  auf  bie  ftici^ifc^e  ^orm  ber  ©cl^riften  bei  ß^riH  (S^^n  178  f.),  bei  Oregor 

2o3lai.  (baf.  ©.216),  bei  älm))f|iloc^iu«  (©.218)  ber  anlafe  getüefen  ift,  tüenn  fte  §iob 
^f.,  ^rob.,  effl.,  (Sant.  in  biefer  golge,  toelci^eauc^  ber  o)).  Äanon  85  (©.  191  f.)  unb  bie 
©^n.  bon  §i})))0  barbieten,  ben  ^ift.  unb  ben  \>xop\).  S3üc!^ern  entgcgenfe^ten.  Ü)iit  biefer 
SBerbinbung  ftimmt  ber  Saobicenifc^e  Äanon  (©.  201)  unb  Slt^anafiu^  (©.211),  toelcbe 
$iob  bie  le^te©teHe  geben,  be^l.  ber  cod.  B  ber©e>)t.,  femer  9Jice|)^oruö  (©.298)  unb 

26  ber  cod.  A.,  nur  ba^  biefer  toic  ber  2^almub  .v>iob  jtoifc^en  ^falter  unb  falomonifc^en 
©c^riften  einfc^altet. 

2luf  ber  anberen  ©eite  ^at  bie  3?ertoanbtfc^aft  ber  ©efc^ic^te  be^  frommen  ^iob  mit 
ber  anberer  ^ommer  Slnlafe  gegeben,  :^iob  mit  lobia^,  3"^i^^/  ©ftl^er,  aucl^  Q^xa  unb 
3Raffabäem  gufammenjuorbnen.  ©o  bei  Gaffioboriu^  (2.  Drbnung  ©.  272),  toelcber  bie  ^olgc 

30  §iob,  2;obiaö,  öftrer,  ^ubitj^  an  bie  ^iftorifc^en  Sucher  anfd^lie^t,  ebenfo  toie  ber  can. 
Momms.  (©.  144),  bei  ^nnocenj  I.  (©.  241),  toelcf^cr  ate  historiarum  libri  biefe  bier 
nennt  unb  9Kaffabäer,  6^ra,  G^ronif  auf  fie  folgen  läfet,  unb  im  Äatalog  be^  Claro- 
montanus  (©.  158  f.),  h)elc^er  :&iob  unb  %obxa^  nac^  S^^^^^r  6^^^/  6ft^er  auf  bie 
$ro))^eten  folgen   löfet.    3um  ©^lu^   fei  (bgl.  916  III,  170)   noc!^    ertoäbnt,    bafe   ber 

:j5  f^rif^e  Äanon  baö  93uc^  §iob  nebft  ^ofua  an  bie  ©^i^e  bc^  auf  ba^  ©efe§  folgenben 
2;eileö  ftellt,  toelc^er  über  sessionum  ^ci^t,  toie  e^  auc^  §ieron^mu«  in  feiner  Üeberfid^t 
in  ber  ep.  ad  Paulinum  bei  ^eife-Xifc^enborf  p.  XXX  get^an  ^at,  offenbar  bon  ber 
annähme  a\xi^,  ba^  e^  bon  3Kofe  berfa^t  fei,  ober  fein  §elb  ber  mofaifd^en  :^t\t  ebenfo 
angel^öre,  h)ie  Sileam,  ber  nac^  bem  ))feubol^icron^mifc^en  Kommentar  jum  §iob  (ed.  Migne 

40  VII,  721  f.)  fic^  hinter  b^  ^gur  be^  ©li^u  berftectt.    Slu^  bem   allen  ergiebt  ftc^,   ba^ 

bie  Sücfftd^t  auf  bie  gleiche  poetifc^e  ^orm,  ober   auf   bie  SJertoanbtfc^aft  be^  3"^^^*^/ 

ober  enblic^   auf  bie   borauögefe^te  d^ronologifc^e  ©teile  be«  Slutor^   ober  feinet  gelben 

für  bie  berfd^iebene  gufammenorbnung  be^  Suc^e^  mit  anberen  beftimmenb  getoefen  ift. 

III.  lejt.     1.  3)q«  bcfte  Hilfsmittel  ben  überlieferten  Hebräer  ju  fontroßieren,  l^aben 

46h)ir  an  ben  bireften  Überfe^ungen:  bem  S^argum,  ber  öftere  3)oJ)J)cIüberfekungen 
unb  bercin^elt  j^aggabifd^e  ^u^äi^t  giebt,  toie  menn  er  .^iobö  SBeib  mit  3)ina,  ber  Xoci^ter 
3iafobS  ibentifi^iert,  ber  ^ejd^itta,  ber  Überfe^ung  beö  §ieron^muS  unb  ben  grtec^ifc^en  Über^ 
fe^ungcn,  an^  benen  Drigeneö  bic  bon  il?m  ju  ©runbe  gelegte  alte  ©et)tuagintageftalt  beS 
§tob  jur  Gbenbürtigfeit  mit  bem  .<ocbräer  ergänjte.     3)ie  l;ebräifc^e  Vorlage  biefer  Über- 

60  fe^ungen  barf  als  ©neugniS  berfelben  SKe^enfion   betrad(^tet  tücrben,   auf  bie   auc^    unfer 

tcbräer  jurüigel^t.  Sagegen  entfernt  fic^  bon  i^m  in  befremblic^er  SSJeife  ber  icjt  ber 
e})tuaginta  unb  ber  auS  i^r  gefertigten  altlateinifc^en  33erfion,  nic^t  blofe  burc|  3"' 
fä^e,  h)ie  bie  Siebe  beS  SBcibcS  §iobS  ÜcOp,  2,  bon  ber  leicht  cinjufe^en  ift,  ba^  fte  baS 
bom  Hebräer  allein  bargebotene  furje  9Bort  jjf^c^ologifc!^  bermitteln  foH,  unb  ben  an  bic 

60  ©cb(u|bemer!ung  bon  H^^bS  fünftiger  Slufcrftc^ung  angefc^loffenen,  au^  „bem  f^rifd^en 
33uc^e"  entnommenen  ßpurS,  toelcf^er  bem  §iob  burc^  ^bcntifi^ienmg  mit  bem  altibumäifcben 
Äönige  '^sobab  (®en  36, 33)  feine  ©teile  in  ber  biblifc^en  (Scfc^ic^te  anhjcift,  fonbem  bor 
allem  burcl^  baS  crl^eblic^e  3)linuS  ber  Slebetejte.  Ilähv  re  av  (fo  flagt  DrigcneS  im  Sr. 
axK  ^\x\.  3lfrifanuS   g  4  ed.  gomma^fd^  tom.  17)  Tikeloxd  re  Soa  did  neoov  okov  rov 

bb'Iü)ß  Jiag^  'Eßgaioi';  fxhv  xeirai,  nag*  i'j/buv  de  ovx^,  xal  nokXdxig  jukv  enrj  rio- 
oaga  fj  rgia  eaü'  (ke  de  xal  dexareooaga  xal  dexaevvea  xai  dexae^  (fo  be  la  SRue, 
toal^rfc^einlid)  xal  e^t]g).  xal  ri  jlif  dei  xaiaXeyeiv  ä  /nerd  ttoXXov  xa^idrov  äve- 
keSdjueßa  vjieg  rov  juij  kar&dveiv  iifiäg  rrjv  diaqpogdv  rcor  Jiagd  Uovdaloig  xal 
rjfur  dvTiygdcpcov.   Dem  ^at  bic  altlateinifc^e  Überfe^ung  entf})rod^en,  toelc^c  $ieron^muS 

60  juerft  burc|  feine   lateinifd^e  SBiebergabe  ber  ©e^>tuaginta  iuxta  Graecos,  nac^^er  burd^ 


$tob  101 

feine  editio  iuxta  Hebraeos  ^u  erfe^cn  fud^tc.  2)enn  in  bcr  ÜBorrcbe  ;ju  jener  an  $aula 
iinb  ®u[tDC^ium  jagt  er,  er  ^abc  bcm  feltgen  §iob  burc^  feine  loteinifd^e  älu^abe  feinen 
toeriomen  Sefife  toieber  erftattet  unb  ba^  toaö  in  il^m  entftellt  unb  finnlo^  getoorben  mit 
angeftrengtem  ^^lei^e  Derbeffert;  benn  adhuc  (beatus  Job)  apud  Latinos  iacebat  in 
stercore  et  vermibus  scatebat  errorum.  Unb  in  ber  Sorrebe  ju  biefer  toeift  er  auf  5 
ba^  3€Wfl'^^  ^^  ^^  Sücfenl^aftigfeit  ber  ©e))tuaginta  l^in,  toelc^e^^  Drigenc^  burc^  feine 
ergänjungen  ani  bcn  anbern  Ueberfe^em  ablege,  unb  fc^üc^t,  ba^  eine  Überfe^ung,  toeld^e 
fotoicl  au^elaffen  l^obe,  notgebrungen  aud^  in  bem,  toa^  fie  giebt,  ^in  unb  toieber  mit 
^e^Iem  behaftet  fein  muffe,  befor^erd  in  Job,  cui  si  ea  quae  sub  asteriscis  addita 
sunt,  subtraxeris,  pars  maxima  detruncabitur  et  hoc  dumtaxat  apud  Graecos.  10 
Geterum  apud  Latinos  —  ante  eam  translationem,  quam  sub  asteriscis  et 
obelis  nuper  edidimus  —  septingenti  ferme  aut  octingenti  versus  desunt,  ut 
decurtatus  et  laceratus  corrosusque  liber  foeditatem  sui  publice  legentibus 
praebeat.  3Kan  lönntc  in  bicfen  jebenfate  nad)  oben  abgerunbeten  ^al)lcn  eine  arge 
Ucbertreibung  vermuten;  aber  erften^  ftettt  in  ben  angeführten  SQäorten  §ieron^mu^  bie  is 
oltlateinifd^e  Überfe^ung  ate  noc^  lücfenl^after  unb  entfteßter  ber  griec^ifd^en  Vorlage 
gegenüber,  unb  jtoeiten«  übertreffen  feine  S^i}Un  bod^  nur  um  toenige«  bie  ftid^ometrifc^en 
angaben,  toel^^e  über  ben  Umfang  be^  griec^ifd^en  ^iobtejteö  in  feiner  urfprünglic^en  unb 
in  feiner  berbefferten  ©eftalt  überliefert  fmb.  9lac^  ber  labeHe  bon  3^^"  (H/  If 
©.  394.  95)  fd^toanfcn  bie  Angaben  für  bie  erfte  ©eftalt  jtoifd^en  ber  3abl  1800  (3tu  20 
ctp^ütni,  eine  §anbfd^rift  be^  can.  Momms.),  1700  (Column.  7.  8.  10  unb  bcr 
©t  ©aüener  cod.  be«  can.  Momms.  nac^  II,  2,  ©.  1008)  unb  1600  (ber  cat.  Cla- 
romontanus).  3)ie  3^^^^  1600  tüirb  beftätigt  burd^  bie  Untcrfd^riften  be^  cod.  Barb. 
III,  36  (6.  Äloftermann,  älnalefta  ©.  81),  be«  Vat.  gr.  346  (§oIm«  248),  be«  cod. 
Dresd.  A  170,  toeld^e  alle  ,ax'  ^aben  (f.  g.  Äloftermann  S.  45),  unb  tüclc^e  für  ben  25 
burc^  bie  Slfteri^fen  berme^rtcn  %^t  bie  ^af)i  2200  (jßo')  ariQ^hm,  ^amd)  barf  bie 
angäbe  be«  bon  Slrebalu^  abgcbrudtten  Äatalog«  bei  3al^n  II,  1,  S.  410,  toclc^er  1700 
vers.  sine  asteriscis  unb  2700  cum  asteriscis  angiebt,  burc^  UnterbrüdEung  beö  auf 
aSerfe^en  beru^enben  ^a^}^Äd)m^  D  auf  Den  Unterfc^ieb  bon  1700  unb  2200  berab= 
geminbert  Serben.  Denn  bie  großen  Äobije^  B  mit  2153  (toelc^e  Slngabe  nac^  meiner  so 
3ä^lung  genau  ben  Stid^en  be«  ©tüetef^cn  3)rude^  cntf))ric^t),  S.  mit  2126  beftätigcn 
burc^  i^re  ©(^lu^angaben  über  bie  Sänge  be^  §iob  bie  runbe  ^al^l  2200,  unb  auc^  A 
mit  2021  fommt  i^r  nal^e;  auf  ber  anberen  ©eite  ftimmt  mit  xljx  bie  mafforetifd^e  älm 
gäbe,  bafe  §iob  1070  l^cbräifc^e  SSerfc  cntl^alte.  Da  bicfelben  übertoiegenb  au^  2  ©ticken 
hefteten  unb  bie  breiftic^ifc^en  jum  großen  SEeil  burd^  bie  einftidbifc^en  angeglichen  toerben,  36 
fo  lann  man  aud^  ben  ^cbr.  4ejt  auf  runb  2200  Stielten  beranfd^lagen.  SQäenn  alfo 
nad^  biefen  3<Jwgniffen  ber  bem  Hebräer  angeglichene  griec^ifc^e  i^iob  um  500  ober 
rid^tiger  (auc^  nac|>  öef^d^iu^)  600  ©tid^en  umfänglid^er  toar,  al^  bcr  §iob  bcr  alten 
S^tuaginta,  fo  toirb  beö  §ieron^mu^  Angabe  über  ben  noc^  ärmeren  Lateiner  nicl^t  ju 
fe^  übertrieben  erfd^einen.  Über  bie  Differenj  ber  obigen  ©tid^enjal^len  unb  über  i|)r  40 
»er^tni«  ju  ben  373—  ca.  400  3ufapd^en,  iüclc^e  SidEctt  (Differt.  p.  30),  unb  mit 
3u^ilfenal^me  ber  fal^ib.  Überf.  ßia^ca  unb  Dillmann  gc|jä^lt  l^aben,  ift  c^  unnötig  ftc^  bcn 
ftoJ)f  lu  gerbrec^cn.  Denn  erftenö  iüiffen  toir  nic^t,  h?ic  jene  Angaben  gefunben  ftnb,  ob 
burc^  Sergleic^ung  eine^  Äobej  ber  alten  ©eptuaginta  mit  einem  folc^en  ber  neuen,  ober 
burc^  3^^'wng  ber  burc^  äfterigfu^  au^gegeic^neten  3ufö^5^I^  i"  ^^^^^  ß^em^lar  ber  46 
neuen  äu^abe  unb  ©ubtraftion  berfclben  t)on  ber  ©cfamtjal^l  ber  Mlcn,  ober  burc^ 
3ä]^lung  ber  ettoa  am  SRanbc  einer  ©et)tuagintal^anbfd^rift  angcbraqten  ^craj)larifc^cn 
ergönjungen  ober  burd^  3.^ergleic^ung  ber  berfcl^icbencn  Äolumnen  in  ber§cra))la.  3^«iten« 
fyit  ^  ©eftalten  ber  ©ej)tuaginta  gegeben,  tüclcbe  t)on  ber  bon  Drigeneig  ju  ®runbc  ge- 
legten  an  Umfang  abtüid^cn.  aSenn  ba^  bei  ClVmj)iobor  unb  bei  einem  3lnon^mu«60 
be^  3uniu«  erl^altcnc  ^agment  ju  §i  32,  11  mit  bc  la  ^nc  auf  Drigcnc^  felbft  jurüdE^ 
jufül^ren  ift,  fo  ^at  er  .^anbfcf^riftcn  gcfannt,  in  tüclc^cn  auf  igco  yäg  v/umv  axot^ovrov 
bie  gVoei  ©ticken  folgten:  idov  fjxovoa  lohg  köyovg  r/uorv,  ijvconod^rjv  ä/gi  oin'e- 
oeoyg  vjllcov,  bie  noc^  ^eute  im  c.  Alex,  abgcfe^en  t)on  juexQ'^  t^t  ä/gi  crl^alten  ftnb, 
unb  Don  toeld^en  er  fagt,  nacb  i^rem  xcjte  unb  ben  baDon  au^brüdEli'^  unterfc^icbcncn  65 
Dolmetfcl^ungen  ber  anberen  i^crfionen  lüürbe  öli^u  fagcn:  „nac^bem  ic^  euc^  i)ab^  an^^ 
reben  laffen,  !önnt  il^r  auc^  mir  einmal  ^ubörcn" ;  bagcgen  nacf>  ben  jing'  f}f.uv  ävri- 
yga(pa  fage  er  nur :  igo)  ovdev  vmQoyxoVy  aXk'  o  dvvao&f  doxi^idoai,  natürlich,  tücil 
i^  mit  Derftänbigcn  Obren  {vjiKhy  dxovovron')  babei  feib.  Dritten^  finb  bie  xin^  übcr^ 
lieferten  l^ejajjlar.  9Jotcn  (über  bie  5^unbftätten  togl.  %kM  ^^a)pla  II,  praef .  ^n  ^ob)  eo 


102  $tob 

toeber  boUftänbig,  nod^  überall  rid^ttg,  nod^  immer  red^t  Derftanben.  SEBenn  e^  §i  9, 8  l^ei^t 
ov  jui]  VTiaxovou  avrco  iva  ßxrj  ävtebifj  Jigög  iva  X6yov  ix  xiXiioVf  fo  liegt  e^  für 
ben,  bcr  unbetüu^  ben  überlieferten  l^ebräifdjen  ie^  jumaiuggang^unftbe«  Urteil«  nimmt, 
fel^r  nal^e,  l^ter  eine  3)ot)t)elüberfe^un0  Don  ■'--3^-  ^  ju  feigen  unb  bie  ^esoj^Iarifd^e  9?otc, 

5  toeld^e  lautet:  2.  0.  ov  jurj  vjiaxovofj  avrco.  dmXt]  ygatpi]  ovd*  ov  jurj  dvreiJiij,  fo 
gu  beuten,  ate  ob  bie  bor  ^Vou^  ftepenben*  3Borte  ber  ©elptuaginta  au«  biefen  lieber* 
feiern  eingetragen  feien,  ^n  2iBtrHic^!eit  bebeutet  aber  jene  9lotij:  erften«  bie  anberen 
Ueberfe^er  l^aben  blofe  ben  ©a^  ov  ßiij  vnaxovofj  aircco,  nid^t  auc^  ba«  iva  ßirj  ävtebif] 
ber  ©et)tuaginta,  bem  ja  auc^  im  Hebräer  nid^t«  entfjjric^t;  unb  gleiten«:  neben  iva  fifj 

10  Avtebiri  finbet  fic^  al«  Variante  ovd^  ov  urj  ävt.  3)iefe  ^uffaffung  beftätigt  bie 
fa^ibipe  Ueberfe^ung;  unb  ftatt  ju  fagen,  i}m  fri  ein  j^ejojjlarifc^e«  ©lement  in  i^re 
gricc^ifd^e  Vorlage  eingebrungen,  foHte  man  anerlennen,  bafe  bie  ©et)tuaginta  gtoei  burd^ 
iva  ober  burd^  ovd'  ov  Dcrbunbene  Serbaiformen  au«gebrürft  unb  toa^d^einli^  in  i^rer 
aSorlage  l^inter  "i^^T'^  «b  noc^  (irp^^i:^  «bi  gelefen  l^at.  —   auf  atte  Äöae  barf  man  ben 

16  griet^ifc^en  §iob  ber  alten  ©et)tuaginta  minbeften«  um  ein  Viertel  lürjer  fc^ä^en,  afö 
unfer  ^ebräifd^er  ift.  ©el^t  man  Don  ber  trabitioneEen  äSorau^fe^ung  au«,  ba^  ein  un- 
ferem  Hebräer  entf})rcd^enber  Urtejt  bem  Überfe^er  vorgelegen  l^abe,  fo  toirb  man  ba« 
aWinu«  ate  Serlürjung  ju  begreifen  fu(^en,  fei  fie  jufäHig,  h?ie  5.  33.  toenn  ein  ^omoiote- 
leuton  ba«  2luge  unb  bie  ^ber  be«  ©d^reiber«  etliche  SBorte  ober  ©ä^e  überft)ringen 

20  liefe,  fei  fie  abfid^tlid^,  toie  toenn  bem  Überfefeer  ber  ^n^ali  eine«  ©a^e«  anftöfeig  ober 
bie  SBorte  il^m  nic^t  berftänblid^  toaren,  00er  etn>a  aud^  ju  lang,  ©iel^t  man  ba* 
t)on  ab,  bafe  in  mel^reren  folc^er  JJöIIe  aud^  rein  innergriec^ifc^e  3Serberbni«  Vorliegen 
lann,  fo  läfet  fid^  unjtoeifell^aft  einige«  fo  erllären.  aber  toenn  man  bie  ©efd^icHid^feit 
ertoägt,  mit  ber  ber  Übcrf^er  bunflen  ©orten   einen  für  ©ried^en   öerftänblid^en  ©inn 

36  beilegt,  unb  bie  gwtl^aten,  burd^  bie  er  ber  Äürje  be«  l^ebräifd^en  3tu«brudt«  abl^ilft,  h?ie 
gjil  (paTvtjg  l';cft)v  rd  ßgcüjuara  (6,  5)  =  ^^^-^  ^^ ,  h)0  bie  brri  erften  SBorte  bem  l^ebr. 
br  unb  "i"  entfjjred^en,  fo  toirb  man  Sebenlen  tragen  muffen,  ju  fagen,  er  l^abe  au« 
©treben  nad^  Äürje,  unb  er  l^abe  fold^e«,  n>a«  un«  fd^ti>ierig  fd^etnt,  tueggelaffen,  h^eil  e« 
auc^  il^m  o^ne  ©inn  ober  un|)affenb  erfc^ien. 

80  Sluf  ber  anberen  ©eite  l^at  man,  gu  fel^r  in  ber  auf  bie  anberen  gried^ifd^en  33erfionen 
unb  §ieron^mu«  jurüdfgel^enben  2;rabition  über  ben  ©inn  be«  Hebräer«  befangen,  bei 
ben  ©et)t.  freie  ^l^antafie  gefunben,  too  il^re  ^ara))l^rafe  bod^  toie  bei  ben  largumen 
beutlid^  burd^  l^ebräifc^en  SBortlaut  beftimmt  ift.  SEBenn  e«  6,  5  Reifet:  ri  ydg ;  jurj  did 
xevfjg  xexQa^etai  dvog  äygiog,  dXX'  fj  id  oira  C^wVf   fo    ift  Jtoeifello«   ba«  an  ^^^ 

86  anflmgenbc  <UA'  tj  mitfamt  Cr}ra>v  eine  $ara})l^rafe  jene«  einen  Ser^ältni«n>orte«,  aber 
diä  xevrjg  ebenfo  gut  toie  9,  17  Überfe^ung  Don  Q^n^  b.  1^.  ftatt  ptirti  f^at  bie  Vorlage 
eine  ©eftalt  gel^abt,  toeld^e  bie  Deutung  {^^)V  Q?"^  Deranlafete.  Ober  6,  7,  Wo  ftatt 
ögyi^  getoife  ögurj  ju  lefen  unb  al«  Deutung  t>on  ""'»zde:  im  ©inne  ber  Segierbe  be« 
junger«  anjufel^en  ift,   ßgcb/biov  ydg  6gcb  rd  ahd  juov  dioTieg  ^oji^v  liovrog,   hwi« 

40  im  ^ufammen^ange  be«  griec^ifd^en  ^iejte«  nur  bebeuten  lann :  bie  äBal^mel^mung,  bafe 
meine  ©})eifcn  bem  (nac^  ben  alten  Äatenen  j.  b.  ©t.  atte  2:iere  au«  feiner  9lä|^e  tw* 
treibenben)  ®eftanle  be«  fiötoen  an  eflem  SDuftc  gleichen,  l^inbert  mid^  meine  SSegierbe  ju 
ftillen.  2)ie  Überlabung  biefe«  ©a|e«  ift  nid^t  barau«  au  erflären,  bafe  eine  ©loffe  in  ben 
2ejt  gebrungen  fei,  fonbem   au«  bem  Seftreben,   in  ber  ^ara))^rafe  bod^  bie  ^ebräifcl^en 

46  3lu«brüie  aufrecht  ju  erl^alten.  3)enn  fo  ^toeifello«  id  ohd  fwv  unferem  '^t^\  entfjjrid^t, 
fo  getüife  ßgcö/biov  einem  ^^^  (unfer  l^ebr.  i^"-")  unb  (äoneg-Xeovrog  einem  mit  bem 
^ebr.  ""!"»-  iorreft)onbierenben  ■""»-  ober  "^s^-.  3)iefem  l^ebr.  ©a^e:  „lötoengleic^  ©tin^ 
fenbe«  ift  meine  ©peife"  l^aud^te  ber  Überfe^er  burc^  erlaubte  t)ara})l^raftifc^e  3wfä|e  Seben 
ein,   inbem   er  au«  ßgcb/tiov  ben  Segriff  ber  do/^ij  al«  tert.  compar.   in  bem  Der* 

60  fürjten  Sergleid^e  (h?ie  ber  fiötue  =  toic  be«  fiötoen)  au«brüdlid^  l^crau«^ob,  unb  ba 
e«  ficl^  nur  um  bie  fubjeftibe  6mt)finbung^iob«  l^anbelte,  ben  ganzen  ©a^  unter  ba« 
SBort  6go)  ydg  fteHte.  2lud^  bie  fo  freie  Überfe^ung  4,  12:  „toenn  ettoa«  SBa^re«  in 
beinen  SBorten  getoefen  toäre,  fo  toürbe  bir  nid^t«  t)on  biefen  Übeln  Jjaffiert  fein",  ift  nur 
$ara))^rafe   eine«  fjebr.  le^te«  "??;  *"^"^^  "^=^1  "^  c^'l   b.  i.  „fo  toürbe  bid^  biefer  '«  '"» 

56  fc^ü^cn".  3).  l}.  ber  ägt;j)tifd>e  .^ebräer  i}aiU  ben  3Mf^^  ^'^f  ^^  ^"^  ^^^^  Hebräer 
»ertragen  fann:  er  la«^":^^  flatt  -:^"'  unb  beutete  ^-^i  =  ^^'^«"  nac^  bem  3ufö"tn^W' 
l^angc  in  ba«  fonfrete  "b  dn:  um.  2)iefe  8eifj)iele,  bie  ic^  leicht  toerme^ren  lönnte,  jeigen 
nid^t  blofe,  bafe  ber  ©e^tuagintate^  eine  felbftftänbige  unb  genauere  SBürbigung,  d«  er 
bi«^er  erfahren  ^at,  bcrbient,  fonbern  bor  allem  biefe«,  Jpie  berfei^rt  e«  ift,  fic^  ben  Über- 

60  je^er  bor  unferem  bcbräifc^en  lejte   fi^enb  ju  beuten  unb  i^n  unter  ber  ^J^age  ju  ftriti- 


^ioi  103 

fieren,  toad  er  mit  i^  angefangen  l^abe.    @r  l^at  ftc^  t>ielmel^r  um  {eine  ^ebräifd^e  SSor^ 
läge  bemüJ^t,  unb  biefe  toax  jvoar  unjerem  jr^ebräer  auf^  engfte  i>erh)anbt,  bot  aber  fotool^I 
jum  Sejferen,  ald jum  Schlechteren  erJ^eblic^e  äbtoeid^ungen,  unb  oft  erh>ei«Kc^  Urfjjrüng* 
lic^ere^.    SBBer  g.  83.  ba«  ?^c:n  4^  2,  an  bem  bie  ©jegeten  toergeblic^  fid^  abquälen,  nad^ 
©<l)t  in  ns'-n  toieberl^erftettt  unb  "n^^i  auiSf^ric^t,   erl^ält  ben  für  biefe  erfte  Siebe  be^  6 
güfaj  aEein  jmffenben  ßingang :  ,,Dir  lange  Sieben  galten,  ift  jtoar  eine  leibige  aufgäbe, 
aber  id^  barf  gu  beinen  SBorten  nic^t  fd^toeigen."    3)amit   fällt  aber  auc^  ber  ©intoanb 
Sidfctt«  gegen  bie  ©d^t^eit  be«  unentbel^rlid^en  Sa|e«,  ba^  ©lifaj  rebe,  aU  ob  fc^pn  Dorl^er 
SBorte  an  ^iob  gerichtet  toorben  feien.    SBelci^e  ©d^toierigfeiten  bereitet  6, 6  rn7:bn  ^.-^nn, 
ob  man  ed  nun  afö  Sd^Ieim  be^  Sibotter^  ober  aU  Jtrautbrül^e  faf[e,  )u  fd^tveigen  Don  10 
ber  Ungel^euerKc^Ieit,   ba^  §iob  in  biefem  ganjen  SDbfd^nitte   feine  Dualen  mit  einer  ge* 
fc^modtlofen  ©t)eife  Dergleic^e,   bie  er  effen  foue,   aber  nic^t  gerne  möge!    3)er  3^ejt  ber 
ScJ)t  ^Krtte  ri'Td'n  ''"i^'i^  b.  1^.  in  2^raumreben;    unb  bie  5Ileinung  ^iob^  ift,  ba|  bie 
greunbe  Unrecht  t^un,  inbem  fie  feine  ^ieberreben,  bie  bocl^  nur  2(uÄrudE  eine^  au^  ber 
»offung  gebrachten  ©emüte«  pnb,.auf  bie  fritifc^e golter  fjjannen,  afö  feien  fie  ber  befini«  15 
titoe  äu^rudf  feiner  })rinjit)ieHen  Überzeugung.    Sluf  leinen  gaH  lann  bem  Überfefeer  ju$ 
getraut  toerben,  ba^  er  l^ier  bie  unberftänbhc^en  SBorte  unfereö  2^ejte«  burc^  tüittmrlic^e 
8ef[erung  ober  überlegte  Äonjeftur  gu  il^rem  nottoenbigen  Serftanbe  gebracht  l^abe.    Sluc^ 
üon  biefer  ©eite  ber  Betrachtung   ^er  fommt  man  gu  ber  2tnna^me,  bofe  bie  in  ©ejjt. 
fel^lenben  ©ä^e  unb  ©tütfe  unfere«  ^ebräerg,  fotoeit  fie  nic^t  nac^toei^lic^   ober  nac^  er«  20 
laubter  SSermutun^   erft  innerhalb  ber  ^ortjjflanjung  be^  griec^ifci^en  ^iob  abl^anben  ge? 
lommen  fmb,  bereit«  in  feiner  l^ebräifd^en  3}orlage  nic^t  geftanben  ^aben.  ®«  ift  bemnac^ 
anjuerlennen,  ba^  e«  neben  unferem  ^ebräifc^en  §iob,  ben  toir  ben  paläftinifd^en  nennen 
fönncn,  im  Saterlanbe  ber  ©e^>t.  einen   jtoeiten  gegeben  l^at,  ben  toir  ber  Äürje  toegen 
ben  ägVJJtifd^en  nennen  motten.    Seibe  gelten  auf  einen  33ater  ober  ®ro^t)ater  fd^liefelid^  25 
^urüct.    S)enn  beibe  f^abm,  toenn  auc^   ber  äg^ptifc^e   in  tttoa^  bereicherter  ©eftcilt,  ben 
t)on  einigen  Steueren  beanftanbeten  Prolog  unb  @))ilog ;  beibe  ^oben  nic|t  bie  Don  einigen 
Sieueren  »erlangte  britte  9^ebe  be«  S^^ox,  fonbem  ftatt  berfelben  eine  fold^e  §iob«;   beibe 
^en  bie  Don  einigen  Steueren  ate  nic^t  urfj)rünglic^  auiSgemerjten  Sieben  be«  Slil^u,  unb 
über^auj)t  benfelben  Stufrig  be«  bialogifc^en  ieile«.    ©treientoeife  ge^t  bie  au«  ber  toört*  ao 
ticken  ober  |jara))^aftifc^en  Überfe^ung  ju  ermittelnbe  Siebe  be«  äg^j^tifc^en   bem  palä\ix^ 
nifd^en  2^ejte  fo  tjaroHcl,  ba^  man  fie  aneinanber  f ontrollieren  unb  au«  beiben  ben  ©runbs 
tqrt  J^i^erfteÖen  fann,  au^  bem  fie  entftanben  finb.    5Dagegen  jeigt  gerabe  im  3)ialog  ber 
^ebräifd^e  öfter  ein  5piu«,  bem  im  äg^))tifc^en  nic^t«  ober  nur  einzelne  Slubimente  ent^ 
fprec^en.    ©0  Derfe^rt  e«  ift,  toenn  man  Don  Doml^erein  annimmt,  ba«  ^lu«  fei  urfjjrüng-  86 
lic^,  fo  falfc^  toäre  feine  unbefel^ene  äluefd^eibung   al«   eine«  fpäteren  3"f<^^   ^^^  ^^ 
Siegel,  bafe  ba«  Äürgere  al«  fold^e«  urfj^rünglid^er  fei,  al«  ber  längere  2;ejt.    3)iefe  SSor« 
au«fcftung  fyd  Dorbem  tJ^W«^^  Urteil  über  bie  2:ejtgeftalten  be«  93uc^e«  2^obia«  grünb« 
lid^  in  bie  Qrre  geführt.    3Son  Doml^erein  ift  nac^  ber  ©rfal^rung  fotool^l  möglid^,  bafi 
ber  ))aläftinijd^e  Xegt  burd^  3"f^l^  bereichert,   al«  aud^   ba^  ber  äg^Jjtifd^e  burd^  SJerlup  10 
Derarmt  ift,  unb  e«  fann  auc^  beibe«  jugleic^  ftattgefunben  ^aben.   3)ie  Verarmung  fann 
toieber  burd^  getoaltfamen  gufall,  burd^  Slac^läffigfeit  ober  and)  burc^  3lbfic^t  l^erbeigefül^rt 
fein,   mag  biefe  nun  i^en  ©runb  barin  l^aben,  bafe  ber  3lbfd^reiber  Slnftofe  am  ^i^^^ölt« 
nalj^m  ober  baft  er  ba«,  h)a«   er  nicbt  me^r  entziffern  fonnte,  nid^t  fortjupflanjen  toagte. 
Unter  biefen  Umftänben  l^aben  toir  jtoei  älufgabcn  Dor  un«,  beren  ©rjfüHung  nur  gelingen  «6 
fann,  tomn  toir  fie  —  foDiel  toir  aud^  ben  paläftinifc^en  %tjct  beijiel^en,  um  au«  bem  grie^ 
(^ifc^en  ben  äg^jjtifc^en  Hebräer  ju  ermitteln,  unb  ben  griec^ifc^en,   um  ben  Jjaläftinifc^en 
^u  toürbigen  —  getrennt  ju  löfen  fuc^en.  3)ic  eine  ift,  ben  un«  überlieferten  i)aläftinif4cn 
Hebräer  mit  atten  ju  ®ebote  fte^enben  §ilf«mitteln  ju  beuten  al«  bie  le^te  2lu«gabe  eine« 
ärc^et^jju«  für  bie  paläftinifc^e  ©emeinbe,  ber  auc^  ber  St^nl^err  be«  äg^jjtifc^en  §iob  ge^:  öo 
toefen  ift.    Der  Umftanb,  ba^  er  getoiffc  ©tücfe  ^at,  bie  biefem  fel^len,  barf  ba«  fritifc^e 
äuge  tool^l  fc^^ärfen,  aber  ni(^t  unluftig  ju  bem  SSerfuc^c  machen,  fie  al«  organifc^en  S3e= 
flanbteil  be«  ®anjen   ^u   begreifen.    2)ic  jiueite  ift,   in  bem  griec^ifc^en  §tob  ber  ©ejjt. 
mit  au«merjung  aller   innergriec^ifd^en  Serberbniffc   (man  benfe   an  vovg  ftatt  ovg  in 
12,  11    unb   beim  c.  Alex,  auc^  34,  3;    ober  an   bie  äotga  ftatt  aojQanai  20,  25!)  66 
%n  fd^eiben,  toa«  SBiebergabe  ^cbräifc^cr  SBBorte  unb  toa«  umfc^reibcnbe  3"*^^^  ^^  ^^^'^'' 
fe^er«  ift,  unb  ben  ju  erfc^lie^enbcn  l^ebräifc^en  S^ejrt  barauf   ^in   ju  Jjrüfcn,   ob   er   mit 
feinem  ÜRinu«  in  fid^  felbft  beftebcn  fann  unb  ber  i^^bce  be«  ®crfe«  fongruentcr  ift,   al«    ' 
ber  ^Hilöftinifc^e  Hebräer,  ober  ob  er  ben  ßinbnicf  ber  Sücfcn^aftigteit  unb  be«  ^agmen^ 
tarifc^^  madj^t.   3)ie  jtoeite  Slufgabe  ift  ^eute  nur  in  anwerft  befc^ränftem  5Jlafec  ju  löfcn.  eo 


104  ^ioi 

äJon  bcr  .^cjöl^to  l^abcn  \t)\x  nur  reid^lid^c  ^agmentc;  einen  gried^ifd^en  Icrt,  bcr  nur 
bie  ©et)t.  be^  §iob  unb  biefc  ganj  lüiebergäbe,  toenn  and}  nur  eine  ^anbf^riftlid^e  ®e= 
^talt  berfelben,  beft^cn  h?ir  nicl^t;  ber  fal^ibifc^e  $iob,  ber  ber  SSetu«  Satina  finb  au^  grie^ 
d^ifd^en  .^anbfd^riften   mebr  ober  Weniger  gut  überfe^t,   bon  benen  h?ir  nid>t  tpiffen,   unc 

B  fte  ftc^  ju  bem  urf))rünglicl^en  Se})tuagintatejte  ber^alten.  3Rit  jeber  Slüdüberfe^ung,  bic 
toir  mad^en  müfjen,  ift  eine  neue  ^fel^lerquefte  gegeben.  3)aju  !ommt,  bafe  ber  aleyan^ 
brintjc^e  Überfe^er  in  feinem  SSerftänbniö  beö  Hebräer«  burc^  einen  aramqifc^en  Xargum 
beftimmt  geh)cfen  ju  jein  fd^eint.  6^  ^at  fc^on  jur  ^Ät  ©amaliete  be«  ^Jl.  einen  folc^en 
gegeben  (f.  93ul^I,   Äanon  unb  %tp  u.  f.  W.  S.  171);   bie  öaggaba   eine«   „fl;rifcben 

loSud^e«"  jiej^t  ber  6d^Iufe  in  beutlid^er  Unterfc^eibung  bom  eigentlid^en  .?)iob  an;  an 
bie  targumifc^e  Slrt  erinnert  bie  l^äufige  ))ara^^raftifd^e  SBiebergabe  ber  furjen  ton= 
fceten  ©ä^e  be«  Urtejte«.  3^  f^^^^  5"  ^^  Seiegen  im  l^eol.  Sitteraturblatt  1899, 
©.  446  f.  ^inju  einige  ©tetten  an,  too  nid^t  l^ebräifd^e,  Jonbem  aramäifc^e  SBörter  über^ 
fe^t  finb.    3)a«  ißotj^oa  am  Snbe  bon  29,  12  ift  Überfe^ung  eine«  bem  ^ebr.  r^^*- 

16  38.  13  entftjred^enoen  aramäifd^en  rip^ic  =^  ic^  i)abt  gerettet,  unb  ift  üon  Drigene«,  alö 
er  33.  13a  an^  ben  anberen  Überfe^em  na^m,  ftel^en  gelaff en ,  h)orben.  3)a«  feltfamc 
Tiagä  rov  biioxonov  20, 29  ift  =  aramäifd^em  ^t"'^^?.r  (l^ebr.  ''?N":"i'"'?:n).  gnblic^  ba«; 
in  42, 11  l^ingugefügte  xai  aorjutyv  (refj).  äatjjuov)  ift  =  aramäifd^em  N""Ci,  ©über, 
benn  baö  gel^ört  gum  ®oIbe.    3)iefe  SBa^mel^mung  fom))lijiert  bie  ^age  nac^  ber  S3or= 

20  läge  ber  ©e})t.  noc^  mel^r.  Slber  e«  ift  gut,  ber  äfufgabe  beftänbig  §u  gebenfen,  bamit 
h)ir  nic^t  burd^  unfer  bermeintlid^e«  SBiffen  um  ben  äg^j)tifc^en  ^iob  un«  berleiten  (äffen, 
au«  bem  ^ebräifd^en  %tpt  eine  ^igur  l^erau^^ufd^ölen,  bie  nie  ejiftiert  l^at. 

2.  6in  h)eitere«  §ilf«mittel  für  bie  Beurteilung  be«  %0^   l)at   man  gefunben  in 
ber  j)oetifc^engorm,  unb  fidler  mit  Stecht,  fofem  man  fic^  auf  bie®runblage  ber  })oes 

26  tifc^en  Siebeform,  auf  ben  fogen.  parallelismus  membronim  befd^ränft.  3)ie  flar  cr^ 
fannte  ©trultur  ber  einen  ^tiU  ift  ein  fieserer  2eitfaben  für  bie  Beurteilung  ber  i^r  ju^ 
gel^örigen  jtoeiten,  fotool^l  in  ipinfic^t  be«  ©inne«,  afö  auc^  be«  Umfang«.  ®e^t  tnan 
aber  über  biefe  2^atfac^e-l^inau«,  um  bie  jtüei^  ober  aud^  breiglieberigen  ©ä^e  ju  ben 
größeren  ©inl^eiten  ber  ungtoeifetl^aft  in  ben  l^ebräifd^en  Siebern   ju  bcobad^tenben  tetra= 

90  ftid^ifc^en  ober  ^ejaftic^ifd^en  ober  nod^  mel^rjeiligen  ®ixopf)m  jufammenjufaffen  unb  jtoi- 
fc^en  mel^reren  folc^er  ein  fefte«  Äorref})onbenjberl^äItni«  gu  ftatuieren,  fo  betoegt  man  [xd} 
auf  einem  ganj  unftc^eren  33oben,  unb  l^at  iebenfall«  fein  Siedet,  au«  bem  t)orau«gefefeten 
©d^ema  einen  fritifc^en  Äanon  für  bie  ©d^eibung  be«  UrfJjrüngKc^en  unb  be«  Unedpten 
l\u  mad^en.    3)enn  erften«,  ba  bie  -Weben  ber  unterfdf^iebenen  $erfonen  augenfid^tlict^  tjer^ 

86  fd^ieben  lang  finb,  fo  ift  e«  bon  boml^erein  untoa^rfc^einlid^,  ba^  f^e  alle  biefelbe  [tro^jj^ifc^e 
?form  getragen  l^aben  f ollen;  unb  gtoeiten«  fann  bie  ftro})l^ifc^e  ^orm,  bie  toir  an  einem 
©tütfe  entbedtt  ju  l^aben  glauben  unb  bann  al«  ?Ka6ftab  für  ein  jugel^örige«  jtoeite«  an= 
toenben,  boc^  em  irriger  ©c^ein  fein.  2)enn  tüir  l^aben  gar  feine  Sürgfc^aft  bafür,  bafe 
bie  Slejenfenten   unfere«  ^^ejte«  unter  allen  Umftänben  bie  Äunftform  intaft  miebergeben 

40  fonnten  unb  hjoHten,  toelc^e  ber  3)id^tcr  feinen  SQäorten  toerlie^en  l^atte.  ®a«  fic^  burc^ 
bie  h)ed^felnben  ©d^icffale  langer  Reiten  ju  il^nen  burc^gerettet  batte,  ba«  gaben  f^e  fo 
tüieber,  bafe  e«  ber  ©emeinbe  berftänblic^  unb  erbaulid^  fein  fonnte.  Dafe  fie  aud^  ba« 
©el^ör  unb  ba«  3ji^^^^«  für  bie  3)tetrif  unb  ©troj)^if  l^ötten  beji^en  unb  bei  ber  ©e= 
meinbe  befriebigen  tüoHen,   al«  fie  ben  %^  l^erau«gaben,  ift   gänjlic^  untüal^rfd^einlic^. 

46g?a4>bem  Äöfter  ftrojj^ifc^e  Drbnung  fuc^en  gelehrt,  unb  toä^renb  Sei^  ba«  .§ebung«fc^ema 
be«  beutfd^en  38erfe«  al«  ©^lüf|el  für  bie  üRetrif  ber  »«oebräer  gebrauchte,  l}at  Sicfell  in 
unermübeter  SSerfud^rbeit  bon  rid^tigen  ©runbgebanfeh  au«  unb  met^obifc^  borge^enb 
ein  fefte«  unb  flare«  gormgefe^  für  ben  Vortrag  ber  §iobreben  gefc^affen  (fiebenfilbigc 
feilen   mit  brei  Hebungen,  ju  2;etraftic^en  gufammentretenb)  unb  bamit  ba«  ?ficd)t,  ba« 

60  aSiberftrebenbe  au«  bem  urfj)rünglicben  Sterte  au«jufonbem.  Slber  er  M  ba«  3^^^  5" 
fernen  genommen.  S)enn  bie  2lu«fj)rad^c  unb  bie  33etonung  bcr  ^ebräifd^en  SBörter  unb 
©ilbcn  i^ur  3^^^  be«  2)ic^ter«  ift  un«  fo  gut  h)ie  unbefannt.  5öenn  BirfeH  ffanbiert  unb 
f})rid»t :  Jobäd  jom  ivval^d  bo,  fo  balte  idb  jöbad  jöm  ivväld  bo  für  ebenfo  berecbtigt 
unb  möglid(),   unb  toenn  xd}  mir  ben  3Bec^fel  ber  ©timmung   in  ben  Slebeergüffen  ,^iob« 

w  unb  ben  feierlich  patbetifd^en  unb  lüicber  lüilb  bro^enbcn  '^nl^alt  ber  Sieben  ber  ^eunbe 
bergegcniüärtige,  fo  toiü  e«  mir  unmöglich  crfd^einen,  ba^  ein  gcfc^macfooHer  SDid^ter  in 
ber  an  ficb  munteren,  aber  burd>  etoige  SBieber^olung  monotone  @efd>h?ä$igfcit  anneb^ 
menben  ^orm  lüic  „^3Jicin  ^erje  gc^t  in  ©prüngen"  ober  „6«  giebt  fo  manct^e  SBeine" 
ben  ganjcn  ,?)tobbiaIog  erftmalig  borgetragen  l^abe.    3)aju  fommt   bie  ©etoaltfamfeit  ber 

60  !Durd)für)vung  bc«  tetraftidbifcbcn  ©d(>ema«,  ioo  bcr  Icrt  fid)  nidbt  fügen  toill.    5le^mc  xd) 


/Qioh  105 

bic  jcbcnfate  forgfam  übctlcfltc  Gröffnunf^^frcbc  Ä.  3,  fo  finbc  id;  nai)  bcr  loflifd^m  @lic^ 
berung  ber  Siebe  beutlic^  3  ebenmäßige  l:cHc  untcrfc^iebcn:  93.3—10,«.  11  (""-^)  —19;- 
äj.  20  (n?2b)  —26;  benn  bie  jlüct  aBarum'^  fmb  beutltd)e  SBegmarfen.  gäl^Ie  \dt)  bic 
Seilen,  fo  l^ölt  ber  erfte  äbfdbnitt,  bon  35.3  als  Sluftalt  abgefebcn,  18  feilen,  ber  jtoeite 
ebenjotoiel,  hwiö  jtoeifello«  auf  abftc^t  bcrul^t,  ber  britte  aber  nur  14.  2Benn  id&  benerften  ö 
abfc^nitt  anal?fiere,  fo  finbc  ic^,  fobalb  man  in  23.  6  wNi~  z-r-  ftatt  „biefc  9iac^t" 
n>tcber^erftellt  —  benn  c«  ift  im  folgenben  bon  einem  SBefcn  bie  Siebe,  ba^  in  „bie  Ra\)l 
ber  läge"  gel^ört  unb  beffen  Dlatur  ba^  2)un!el  tDiberfpric^t  —  9  geilen  auf  bie  ^Ber* 
pUi(^ung  be«  %aQ^  (9S.  4—6)  unb  ebenfobiel  auf  bie  ber  9lac^t  bertoanbt  QU,  7—10). 
äuc^  biefe«  ift  fidler  äbfidbt,  unb  mieber  finbc  ic^  e«  d^aratteriftifd^,  baß  bic  glud^formel,  lo 
atö  fofie  fie  möglid^ft  boUftänbig  unb  n^irffam  fein,  in  lemaren  bon  g^ii^^^J^  beginnt, 
lüclcbe  h)a^(i^einli(i^  bei  aßen  ©e^en«^  unb  5Iu(itft)rü(^en  ftiliftifd^c  Sitte  toaren.  2)enn 
in  3  mal  3  jufammengcl^örigen  ^axkn  abfotoiert  ftc^  ber  %i\idi)  über  ben  Sag  in  3?.  4—6, 
unb  too  ber  in  93.  8  angefünbigte  über  bic  9lad^t  formuliert  tuirb  (93.  9),  tritt  tuicbcr 
ber  2:emar  ein.  ^d)  finbc  alfo  ben  SÖcd^fcl  j;h)ifc^en  ben  Iriftic^cn  bc«  SKnfang^  unb  is 
ben  3)iftid^cn  ber  auf  ben  ^lucb  folgenben  Sicflejionen  in  bcr  9latur  be^  3J^f>«'^*^  ^^ 
grünbet  unb  ben  aSerfud^  SirfcU^,  burcb  !onfequente  äuMcrjung  je  einer  geile  bic  2:ri= 
fti4>en  in  gtocijcilcr  ^u  bern^anbcln,  burcb  nic^t^  ate  burcb  fein  i^orurtcil  gerechtfertigt. 
auf  ber  anberen  Seite  Joirb  man  burc^  ba^  genaue  ©benmaß  ber  beiben  erften  drittel 
ju  ber  grage  genötigt,  toe^^alb  baö  britte  mit  feinen  14  ^a'xUn  an  Umfang  mcrflid^  ba^  20 
gegen  ^urücfblcibt.  3Ran  fönntc  f^c  gelaffen  mit  bem  33cfenntni^  beifeite  fcbieben,  baß 
tütr  ba^  nic^t  h)iifen.  3lbcr  eine  bom  rein  cjregctifcbcn  ©tanbjjunftc  au?  gcfül^rtc  Untere 
fuc^ung^be^  britten  Sbfc^nitte^  läßt  fomo^l  bor  bcm  3?.  23,  bcfjcn  ""^^i"  unmöglid;  bem 
in-  TT^  in  93. 20  nac^  allem  baj^h^ifcben  licgcnben  unterfteHt  hjcrbcn  lann,  al^  aud;  bor 
93.  24—26,  tbo  bie  erfte  ^erfon  mit  einem  unerllärlic^cn  "'S  ganj  unbermittelt  unb  bie  26 
Segriffe  be«  Srotcs  unb  be^  2öaffer«  h)ic  ein  reiner  gufaH  erfcbeinen,  eine  fleinc  Sude 
bermuten,  bic  burd^  ben  3luöfall  bon  2  mal  2  geilen  cntftanbcn  fein  mag.  ©roßer 
S^abe  für  ba«  ®anjc  ift  baburct^  nid?t  berurfac^t;  aber. für  bie  2:e]ctgejcl)i(!^tc  ift  eg  be- 
mer!cngn>ert,  baß  aud^  bcr  gemeinfc^aftlicl?c  3lrd^ctt;j)u^  bei8  ^aläftinerö  unb  be^  lÜg^))* 
ter^,  oUenfaHö  bi^  auf  cinjelnc  Sjiurcn,  ba^  fo  3>crmißtc  ni^t  mel^r  bcfeffen  ^at.  30 

3.  ©iemafforetifd^c  ^unhation  ift  bcr  tDcrtbotlfte Äommentar gum §iobtcrtc  unb 
in  Slnbetrad^t  ber  großen  Sdbmierigfeit  bcsfclben  ein  burd^tbcg  gclungcncig  SÖcrl.  3Ranc^e 
äu^t)rad^en  berftc^cn  h)ir  jhj'ar  ni^t,  h)ie  ""::  ftatt  ""~^:  19,11;  '^-■^=?r:.  ftatt  '^"Vr^'^r^ 
20,26;  :i>n  ftatt  nbn  21,24;  aber  ba^  hjunbcrlic^c  "J~  1,18  ftatt  ^r  beruht  jiloeifelloö 
auf  ber  9Keinung,  baß  bcr  fflcc^fcl  in  ber  Äonfonantenfd^reibung  gegen  "^-  1,  16.  17  35 
ein>a^  bebeuten  muffe,  gleict)h)ic  bic  bcfeftibc  Schreibung  bon  'l"^^  ^^  h)ic  fcl^r!  in  19,13 
%u  ber  Deutung  >"?  Slnlaß  gegeben  l^at;  cbcnfo  tuirb  n-.:^  ftatt  -■^:^  6,  20  ober  r"'^" 
ftatt  "ipn-^ri  19^  13  barauf  bcnibcn,  baß  ber  Äonfonantentcrt  ba^  au^lautenbc  ü  nid^t 
eigen«  burc^  gefemuttcr  au«gcbrüdt  battc.  gbenfo  ift  über^^PTr  ^z  -7  ftatt  bc^  not^ 
hjcnbigen  ^P'^'^  ju  urteilen.'  Gbenfo  33, 6  -^t.  ^^cil  nicbt  '-^^  x?  (ic^  bin  tbie  bu  „fein  40 
©Ott",  fonbem  ein  fterbltc^er  SKcnfd?)  gcfcbricbcn  n^ar.  2Bicberum  tft  19,  29  V^'^  ju 
fprec^en  befohlen,  bamit  man  V"  nic^t,  Wk  es  fein  muß  =  'CJ  -^  9lid>ter,  fonbem  = 
-f-;  =  ©erid^t  auflege.  2)cm  "'^r^:  =  er  fpä^t  39,  8,  mie  bic  ^Ncrfioncn  ricl?tig  beuten, 
ftnb  bie  SJofalc  bon  *-'^^';  gegeben,  n^cil  man  bic  ^form  für  ein  ÜJomcn  anfab,  ba^  im 
gufammen^angc  nur  ben  ^uttcrertrag  bcr  Serge  bejcicbnen  fonnte.  SDic.93ofalifation  45 
=?rP15,  29  bcrul^t  auf  einer  2)cutung'bicfc^  Umbortc^,  bei  U^eldier  -7  — -  ~;  genommen 
h)urbe  =  bon  bem  tva^  i^r  eigen  ift;  bie  Scfung  '^-^  (),29  auf  bcr  ^ilnalcgic  bc«  3tn= 
fang^Vborte«,  tbcil  man  bie  mit  '©cn24,  14  ju  bcrgleictjcnbe  Sonftniftion  be^  Sa^c«  „baß 
ic^  h)ieber  umfcl^rc,  bar  in  folt  bann  meine  ©creci^tigfctt  bcftcbcn"  nid)t  berftanb.  9Beil 
man  9,  15  nid^t  auflegte,  tbie  e^S  fein  muß  „;;u  feinem  guten  'Siidjtc  bin;\u  fid^  nod^  so 
auf«  Sitten  legen,"  fonbem  „fein  l'KeclU  aufleben",  crfanb  man  in  frommer  Sieflerion  bie 
uner^ijrte^oelform  ""^vw*:  ftatt  ^::r:f-: ;  benn  ^u  ©ottc,  feinem  3{icl)ter,  barf  ber  "iDtcnfc^  flebcn. 
auf  ä^nlid^e  fromme  Scbeu  führe  id)  9,  21  ■^^*  ftatt  '^^*  ('^.^efc^.  unb  arrog  ber  Se^t.) 
jurürf.  Se^r  tba^rfcbeinlidb  hat  bcr  Honfonantcntcrt  aucb  3lbfür|\ungen  unb  2)oi3j)ellefungcn 
enthalten,  bie  bann  aU  bolle  SBortcr  ober  al^  gleid>  notn^cnbige  Sa^tcilc  angefeben  hjcr-  66 
ben  fonnten.  So  ift  bermutlid)  ^*'  29,  29  aii  C'-)^'^,  unb  nic^t  ^*'-  gemeint;  baig  un- 
ertlärlic^e  i^''"«  12,  1,  tocnn  nid;t  —  "•^^\  ,;;ufammcngcfcf)oben  au^  ""^n  (bgl..s>of  13,10) 
unb  "!5< :  ,,h)o  l^ätte  c^  je  einen  gegeben,  bcr  ,^u  ©Ott  fd>ric  unb  bem  ba^  .C^ohngcläditcr 
J^ommer  anttbortete" ;  cbcnfo  finb  in  12,  8  ''^"  —  „benn"  unb  ^^^  -  „ob  cttoa"  ,^ur 
95}a^l  geftcHt,  unb  42,  !)b   bctocift   für   bic  größere  Urfprünglicbleit  bcr  (enteren  i'cfung.  üo 


106  $toi 

3tocifell^aft  lann  man  barübcr  fein,  ob  falfd^e  SBorttetlungcn  erft  ben  ^unftatoren  ober 
fd^on  bem  Äonfonantentejte  jur  Saft  ju  legen  ftnb.  ©o  ift  13,  13.  14  bie  burc^  3lna- 
logteen  gebeAc^ormel  i^'^  ^y  i^^  =  quidquid  id  est  burd^ :  l^inter  bem  erften  ^'-  j^er- 
ftört  unb  f)ai  93.  14  ein  ©lement  befommen,  toelc^e^  bort  abfolut  Dertoirrenb  toirft.    3n 

6  19,  14.  15  ift  "r-n  ^^  öon  feinem  9Serb  ^^ihdo  in  93.  14  burd^:  fälfc^Iid^  gefd^ieben. 
ebenfo  ift  34,  17.  18:  „toittft  bu  ben  t)erurteilen,  ber  ha  fjjrid^t  p'^wsn  ftatt  '^^:^?-)" 
au^inanbergejerrt,  inbem  l^inter  -'•c^n  ein:  gefegt  n>urbe;  unb  in  40,  24  ift  in  bem 
©a|e:  „er  nimmt  il^n  auf,  aU  h)äre  e^  ©})reu,  ein  SJleer  fangt  er  in  feine  SRafc" 
'■?SN2;  p::  0;  ti]?  t:2  burc^  SSerbinbung  ber  brei   erften  SBörter  gu  a-^jpi-in  unb  burd^ 

10  Slnfd^Iufe  Don  -  an  P^-  ber  unmöglid^e  ©a|  cntftanben :  „mit  ^ftridfen  burc^bol^rt  er 
SRafe." 

4.  3)er  ältereÄonfonantentejt  ift  im  großen  unb  ganzen  anjufel^en  aU  bie  Don 
einer  gemeinblid^en  2(utorität  Deranftaltete  SBiebergabe  eine«  teitoeife  in  mehreren  ©jemj^Iaren 
DorKegenben  noc^  älteren  5Eejte«,  bei  h)el(^er  bie  5Ereue  ber  3lei>robuItion  gefceujt  tourbe 

16  erften«  burd^  ba«  Streben,  ber  (Semeinbe  eine  Derftänblid^c  Siebe  ju  geben,  aucb  too  bie 
95orIage  unbeutlid^  ober  entftettt  toar,  jh)eiten«  burc^  bie  ©orge,  änftö^c  für  ba«  religiöfe 
®efül^I  be«  Sefer«  m  befeitigen.  9iene«  mac^t  fid^  gum  2;eil  geltenb  in  ber  Don  bem 
3Ra6e  be«  eigenen  93erftänbnifje«  ber  Sbitoren  eingegebenen  B^f^ung  ober  UnterbrüdEung 
ber  fiefemütter  unb  in  ber  Sd^eibung  ber  SBörter.    ©o  ift  bem  .in  ber  9Sorlage  toa^r^ 

»fc^einlid^  befeltib  gefc^riebenen  "i-  1,  16—18  bie  %ni\pxa6)t  "fy  burc^  SwI^^^^Ö  ^^^ 
Waw  in  ben  beiben  erften  95erfen,  aud^  für  ben  analogen  britten  gefiebert,  unb  nad^bem 
34,  23  "^^-  feinen  2(nlaut  in  bem  auslaute  Don  Q*'^''  Derloren  l^atte,  tourbe  ba«  übrige 
bleibenbe  ^^  burd^  biefelbe  Sefemutter  gegen  bie  mögfic^e  ^Deutung  ^y  =  einen  3^0^ 
gefd^ü^t.    eine  falf4>e  2:eilung  l^at  ftattgefunben,  toenn  "P^by  i8,  20  burd^  ©infd^iebung 

26  Don  Waw  in  bie  2  SBörter  '^•^2^-'^?  gerfättt  tourbe;  bc«gleic^en  ift  r73(N)Nn  6, 13  =  „foO 
id^  glauben  (©e))t.  inenol&eiv),  meine  §ilfe  fei  bei  il^m,  toä^enb  alle  '^  au«  mir  fortgetrie* 
ben  ift?"  unter  ©infe^ung  Don  «  Dor  T  in  jtoei  in  il^rer  golge  unDerftänblid^e  3Börter 
1^  ONH  jerlegt  unb  infolge  beffen  ^2i  in  -a  Dertoanbelt.  Denn  bei  ber  SWac^Iäffigfeit 
ober  ber  lompenbiarifd^cn  ^orm,  in  toelc^er  bie  frül^eren  ©dj^reiber  bie  äffije  unb  ©uffije 

ao  ber  SBörter  fc^rieben,  toar  bei  i^rer  SBiebergabe  bie  größte  ^reil^eit  unb  bamit  befonbere 
®elegcn^eit  jum  ^^l^lgreifen  Dorl^anben.  m  genügt,  auf  ''^1«  ftatt  "iJ^fi^  14,  3,  auf 
■^3  ftatt  "^2  19,28,  auf  "pw-^  ftatt  '^'^yr  9,  19  ^ingutoeifen,  too  bie  britte  ^erfon  burt^ 
ben  ^araHelt^mu«,  burd^  ben  logifd^en  g^^'^Ö  ^^  ©a^e«,  burc^  bie  93erfionen  gef(^ü|t 
ift;  ober  auc^  auf  19,  29,  too  in  ^:  "«^"Jn  (=  «pf  58, 12):  „i^r  fottt  toiffen:  e«  giebt 

35  einen  SHid^ter"  ftanb  unb  burd^  93erlefung  in  ^  ba«  3^^  jwm  ©c^luffe  be«  SBorte«  ^^nn  unb  ba« 
übrigbicibenbe  '«^  jum  2(nfange  Don  7"!  gemad^t  toorben  ift.  (Sinen  93etoei«  bafür,  bafe 
bie  fiefemütter  al«  5ProbuIt  ber  Deutung  angefel^en  tourben,  liefert  ber  altrabbinifc^e  ©a^ 
ju  12,  2 :  \)pxMj  nid^t  r\rzr\^  fonbem  ri^'^r».  Son  ber  Sluffaffung  au« :  „il^r  feib  eine  ®e- 
feHfc^aft,  bei  ber  bie  333ei«l^eit  bem  §enIertobe  überanttoortet  toirb,"  ift  l^ier  gefagt,   bafe 

40  man  mit  ri?:n  beffer,  al«  bie  aud^  bekannte  3lu«fprad^e  P^rr  (=  fie  ftirbt  au«),  bie  anbere 
n^nn  (=  fie  toirb  getötet)  Derbinbe.  Slber  awö^  für  3tnberungen  au«  religiöfer  ©c^eu  l^at 
bie  jttbifc^e  Überlieferung  beutlic^e  (Erinnerung  betoal^rt.  ©ie  fielet  7,  20  ^^?  al«  einen 
2^iqqun  ©ofcrim  für  "^^?,  eine  Don  ©ej)t.  erl^altenc  2e«art,  an.  "^aii  bem  ^aratteli«^ 
mu«  tonnte  §iob  nid^t  in  bem  günftigen ©inne  Don 3^  46,  2.3  für  ®ott  ein  fi*'«^?:  fein; 

46  aber  im  ungünftigen  ©inne  Don  ®ott  gu  fagen,  bafe  ber  JJtomme  il^m,  anftatt  fic^  felber 
gur  Saft  getoorben  fei,  ba«  toar  gegen  ba«  religiöfe  3)e!orum.  3!)e«gleid^en  fagt  fie,  in 
32,  3  l^ätten  au«  bemfelben  ?l!KotiDe  bie  ©c^riftgelel^rten  ^t"«  rix  für  urft)rünglid^e« 
D-'nbN  rx  eingefe^t.  9Bie  aud^  fonft  in  biefen  2^rabitionen,  liegt  l^ier  ein  ?Ki^Derftänbni« 
Dor.    ^^ai)  ©e})t.  ftanb  -i^x  TwS  ^jidmel^r  urfjjrünglic^  l^inter  n:r?:  i«i:^:  «b  unb  tourbe 

50  toal^rfd^einlid^  fortgefal)ren  •r^r'nrib.  gife  aber  au«,  "i^y-^r-^nb  getoorben  toar  TT'd-'i,  lag 
e«  für  ben  fiaien  na^e,  ba«  folgenbe  "n^bw^i  =  z^rfbx  al«  Dbjeft  ju  tt^td-"^-)  m  begießen, 
unb  um  biefen  3lnfto6  au«jufc^lie^en,  fe^te  man  ^-i^n  nx  ^on  feiner  urfDrünglid^en  ©teile 
toeg  l^inter  ir-'C-^-^i,  um  i^m  fein  rid^tige«  Objett  ^u  fidlem,  ©leid^tool^l  ift  biefe  Über= 
lieferung  Don  93ebeutung,   benn  fte  fe^t  Dorau«,  bafe  e«  notorifd^  fei,   bie  ^reunbe  ^aben 

66  .&iob  für  gerecht  tariert  unb  bamit  fttUfc^toeigcnb  Sott  in«  Unrecht  gefegt.  ®a«  toar 
aber  nur  notorifd^,  toenn  ber  Slutor  be«  8ud)e«  in  32, 1  gefagt  ^atte,  toa«  er  nad^  ©et)t. 
gefagt  ^at:  „.^iob  toar  gerecht  in  ij^ren  3lugen"  =  sn-r-^rn,  unb  nic^t  TT^y^,  toie  ber 
je^ige  Hebräer  l^at.  G«  ift  unbegreiflich,  toie  man  ben  ©a^,  ba^  ,^iob  fic^  felbft  für  ge^ 
rec^t  gehalten,  al«  5JiotiD  für  ba«  nunmel)rige  ©c^tocigen  ber  ^freunbe  ijdX  anfeilen  lönnen, 

00  nad^bem  eben  biefelbe  Ibatfad^e  fie  bi«^er  umge!e^rt  jum  Sieben  Deranla^t  ^t.  3P  ^^^ 


^toi  107 

„in  il^ren  Slugen"  rid^tig,  fo  fättt  bic  Scfunß  „in  feinen  älugen"  in  bic  Äategoric  ber 
33<ffeninflen  aud  frömmer  gd^eu,  ju  benen  bie  iübifd^e  Überlieferung  bie  ©infe^ung  Don 
nr«  r«  in  ba«  ©nbe  )Don  33.  3  red^net  unb  d^riftl.  3191.  Don  ben  ölteften  geiten  an  bie 
SSertoufd^ung  be«  „®ottberfIuc^end"  in  ein  „Segnen"  im  ^rolog.  S8iettei(!^t  ani)  bie 
feltfame  ©d^reibung  n-^rcn  :::  unb  "■"- c  r:  in  38,  1 ;  40,  6,  toeld^e  ftc^  nur  auö  ber  6 
Unterbrücfung  eine«  mit  =  anlautenben  SBorte«,  j.  S.  n^;^^"  „au«  bem  Slaujcl^en  be«  ©türme«" 
erHoren  lä^t  6«  ift  nid^t  unmöglich,  bafe  man  in  ""^^^^  anber«  al«  in  ^^^  9, 17,  too  2:arg. 
ba«  ßaar  öerfte^t,  nid^t  benSBinb  al«  9?aturerfd^einung,  tooju  ba«3laufd^en  pa^i,  fonbem 
ben  ©etoilterftinnn  ber  %f)top\)ank  berftanb,  in  bem  @Iia  gum  Äimmel  gel^olt  h)urbe,  unb 
beö^olb  bie  finnlic^e  HTin:  nic^t  gu  toieberl^olen  toagte ;  in  anbererSBeife  l^at  ^c^  S^org.  gel^olfen,  lo 
inbem  er  unter  Sejugnal^me  auf  «""^  „au«  bem  ©türme  ber  ©d^merjen"  beutete.  Sieben 
änberungen  folc^er  Art  mufe  man  natürlid^  and^  auf  alle  bie  gufcUIigen  SJerftümmelungen 
in  ber  Vorlage  be«  Äonfonantentejte«  ober  in  i^m  felbft  gefaxt  fein,  toelc^e  alle  Xejte 
be«  äüertum«  bei  il^rer  gortjjflanjung  erfahren  ^aben.  ©o  finb  Suc^ftaben  berfe^enüic^ 
au«gefatten,  toie  in  Tinnir  ftatt  "s  nnnn  ein  c  in  13,  6  (nac^  bem  ^araUeIi«mu«  unb  n 
©e^t.),  be«gleic^en  ein  '2  hinter  a^'^^  in  34, 23,  toorüber  fc^on  oben,  ein  n  in  ^•i^x  ftatt 
^rroz^  9,  27;  unb  in  bem  42,  3  nottoenbigen  unb  ber  gormel  i^T  nr«  ©cn  27,  21  ent^ 
ft)red^ben  ht  ^:n  =:  ^^ic^  j^jer"  ^at  erft  ber  SBerhift  be«  «  bie  Umtoanblung  Don  "•-  in 
•'^  nadj^  38,2  t>erurfa(!^t.  6«  finb  aber  auc^  ganje  ©üben  au«gefanen,  toie  21,  32,  too 
nad^  5,  26  ri-^s  ftanb  unb  je^t  "^^l  übriggeblieben  ift;  in  12,2,  too  ba«  unberftänbUd^e  20 
er  al«  Slefl  üon  ^^Ti  mö)  34,  2  ju  ertlären  ift:  „^l)x  feib  bie  3ii^^ö^«^  ber  SBiffen^ 
fc^ft,  unb  mit  euc^  toirb  bie  35Jei«^eit  au«fterben";  ober  Söörter,  toie  N^bor'^ST^  11,16 
(ögl.  2.  ©.  14, 14  unb  ©et)t.)  unb  rirrb  in  32,3,  toelc^e«  ©e})t.  bor  2rN  PwS  no(^  in  i^er 
Vorlage  l^atte.  —  6«  fmb  femer  einanber  fei  e«  in  ber  alten,  fei  e«  in  ber  Duabrat« 
fc^rift  ä^id^  au«fe^enbe8ud^ftaben  ober  auc^  ä^nlic^  ftingenbe  Saute  bertoec^felt  tooroen.  3)a«  26 
erfte  ifk  ber  gaU  in  bem  unerflärlid^en  -"IvN  30,  3,  toeu^e«  au«  n^?^  =  i^re  SKutter  (Q« 
(teilte  fd^on  §offmann  ^er)  berfc^rieben  ift.  5Da«  britte,  )n)^n  7,  9  nbs  ftatt  ^^^  (benn 
ba«  t)Iö|lid^e  ©c^toinben  einer  auffteigenben,  ©d^atten  ober  Siegen  Derl^ei^enben  SBBolIe  ift 
bo«  tert.  comp.),  ober  toenn  21,32  Tipw-  =  ,,cr  toad^t"  ftatt  z^P^''  =  „er  lommt  gur 
9lul^",  ober  toenn  36,  8  c^i  ftatt  sn-i  gefdbrieben  toorben  ift.  Unter  ben  jtoeiten  gall  so 
gehören  35ertoed^«lungen  im  Sin  taut,  toie  "^"^  ftatt  ''"s^  24,24  (ironifd^e  äufforberung 
au«  bem  ©inne  ber  ^eunbe:  „^abt  nur  ein  toenig  ©ebulb"),  ober  ^"«^"''!  ftatt  '"^  n:T 
in  14,  6  (©et)t.),  ober  '^•n:  ftatt  "J^^"*  20,  17  (Säc^e  Don  Öl);  femer  im 3 n laut, 
tote  33-^«  ftatt  nrc«  7,  21  (©et)t.),  ober  ^™3*n  ftatt  W^l^^  23,  9  (©^.);  enblic^ 
im  3lu«laut,  toie  toenn  30,5  V;  T?  ftatt  "A^;  l^erborgebrac^t  ift.  SJle^rfa^e  Ser^ss 
toec^Iungm  bietet  nr:  ^t~-  is,  13,  too  r>n  -2-1  («pf  9I,  3)  ftanb  unb  ber  SBer« 
lautete:  „er  fri^t,  fo  Diel  fein  ^ff  faffen  fann  (V^  nad)  ©^r.  unb  bem  2.  3;ars 
gum),  e«  fri^t  feine  cigmm  ©lieber  eine  tüdfifc^e  ^eft."  Sluf  ungenaue«  ©el^m  ober 
^ören  fü^en  [\d)  Umftettungen  jurüdf,  toie  8,  13  rn-wS  =:  ^pf^^e,  ftatt  n^nx  =  ba« 
(£nbe,  ober  20,23  rrnbn  (in  feine ©})cifc)  ftatt  =->?n  (©tridte,  ddvvai  ber  ©et)t.),  ober« 
enbli^  in  35,  11  ■i:cb:':  (al«  fei  biefe«  =  "i:^^«^:  =  ber  un«  Ic^rt)  ftatt  "^^^  (bon^bsn) 
=  „ber  un«  au«jeid^nete  bor",  6  öioqICmv  bcr©eft.  911«  ein  Seif})iel  bafür,  toie  falfd^e 
Xeilung,  SSertoed^felung  unb  SSerfteHung  einen  unmöglic^m  ©a^  ergeben  l^abcn,  möge 
29,  23  bienen :  „fie  toerben  meiner  barreti,  toie  be«  Siegen«,  unb  il^ren  3)lunb  ^aben  ^e 
aufgef))errt  gegen  ba«  ©c^auer"  w-p7:b  T^rs  ürrzi^  obtoobl  boc^  ber  Siegen  nid^t  mit  46 
bem  burftenben  SKunbe  aufgefangen  toirb  unb  nic^t  ba«  jur  Diebe  fte^t,  toie  pe  ben  Siegen 
begrüben,  fonbem  bafe  fie  §iob«  3Borte  toie  ber  Soben  einen  erquicfenben  Siegen  banfbar 
über  fid^  ergeben  laffen.  §ier  ift  nad^  ©e})t.,  toelc^e  ba«  tert.  comp,  in  ojoTieg  yfj 
diy^cboa  erhalten  l^at,  ftatt  ''^i  ^er^ufteßen  ""^f  unb  au«  ^"-^  t="  ba«  Slomen  m5:":i":n, 
fo  bafe  ber©a|  lautet:  „©ie  toerben  meiner  Darren,  toie  be«  Siegen«,  toie  bie  ätferf (Rotten  50 
auf  ba«  S(^auer". 

6nbli(^  ftnb  auc^  burd>  3lufna^me  )oon  Slanbgloffen  ober  ficfungen  anberer  3lbs 
fd^riftm  mand^e  ©ä|e  überlaben  unb  uuDerftänblict^  gemad^t.  ©0  ift  in  16,  8:  „Unb  er 
^ot  mic^  l^ingeftettt  ju  einem  türfifd^en  3^9^""  ^v  i-  "?"  "^"^  "r.r"?.;:  ba«  erfte  Jl^ort 
unter  @intoirtung  Don  falfc^em  r-:-:;-  ftatt  ^n  ccrr  Dörfler  unb  "r:::^'^"  nac^^er  (2.^.  9)o6 
in  "':::^pp'i  beriefen,  bann  bic  rid^tigc  2efung  ^:":7"^  Dom  Slanbe  an  ben  ©c^lufe  be« 
©a^  aufgenommen  unb  fjjäter  unter  bem  3^anö^  ^^^  falfd;en  2)eutung  "^"  "J--  =  ba« 
tourbe  jum  3^0^/  i"  ^-  ^""''  gemobelt  —  „unb  trat  gegen  mid>  auf'.  ®anji  äbnlid;  ift 
ber  gaU  18,3;  l^ier  lautete  ber'©at3:  „SKarum  finb  toir  toie  ba«  i^ie^  geachtet  C^-"";!?) 
in  beinen  3lugen",  toorauf  fortgefahren  toirb  „eine«  3)lanne«,  ber  (t^öric^ter  al«  baeÄ^iel^)  (üj 


108  $ioi 

in  feiner  SUut^  fic^  felbft  jerfleijci^t."  ßu  bem  2«ortc  •:-:•:  (bgl.  Se})t.)  gab  e^  bie  äJa- 
riante  ober  bie  3KarginaIbeutung  "-wh:;  bicfe  tourbc  bor  r:-:n2z  hx  ben  Xejt  aufge^ 
nommen  unb  fo  ein  boHer  ©a^  ^ergefteHt,  bem  pr-::  '.r*:-:  a(^  ein  gU^citer  nur  ent- 
ft^red^en  fonnte,  tvmn  man  ba^  formale  i-"""!;  in  ba^  in^alt^reic^ic  ^:""-^:  umivanbelte  — 

6  ,,ftnb  h)ir  unrein  getoorben  in  beinen  3lugen."  I)a^  ift  jugleid^  ein  Reiner  93elcg  bafür, 
tüie  ber  ^ebräifc^e  S^ert  an  Umfang  gegen  ben  äg^})tifd^en  gen)ad;fen  ift.  —  3d^  fc^Iiefee 
mit  einem  t)on  ben  Sluölegern  überfe^enen  ^^atte,  U^o  ber  .^erau^eber  be^  Sonfonanten= 
tejte^  unb  toa^rfc^einlic^  anö)  bie  ^unttatoren  mit  Setoujtfein  ^tüci  Sefungen  in  ber  !om- 
))cnbiarifc^en  gorm  afö  t)or^anben  bezeugt  unb  ^ur  3Bal^I  borgelegt  l^aben,  bie  an  Dielen 

10  Stetten  be«  31SC«  beobadbtet  toerben  fann.  ®a«  ift  ba«  2öort  nrrs-::  42,  13 ;  ba^  fott 
nid^t  bebeuten,  ba^  ber  3lutor,  ber  bie  7  Söl^nc  §iob«  -  "tr**^  nennt  (1,  2),  fie  ^ier 
fpaffe^l^atber  mit  bem  nie  erl^orten  ^»Jal^ltüorte  ^=--P  beziffert  l^abe,  fonbem:  ,,in  ber  ^JSor- 
lage  fte^t  '\^^'4  D.  ^.  ein  2)oj)})elfiebenb  (—  i:^-'^  ref)).  ^rl^'^);  nad^  anberer  Übers 
lieferung  Reifet  eg  ~r'*^"-    S^bem  ba^  ",  burd^  toeld^c^  bie  eine  gorm  üon  ber  anberen 

16  bifferierte,  hinter  ba^  ©c^tu^nun  biefer  gefteHt  tüurbe,  befam  ber  Sorlefer  baö  5Wed^t,  fic^ 
bie  eine  ober  bie  anbere  au^jutüäl^len.  ^n  ber  2^l^at  pa^t  ba^  aU  Siomen  emj)funbcne 
abftratte  3)ot)})elfiebenb  gu  bem  ftngularifd&en  "'~^",  unb  fein  2i5ert  fte^t  in  richtiger  ^^Jro:: 
poxüon  ju  ber  Doppelung  be^  3}iel^^  im  3S.  12;  unb  ba^  e^  biefe  gefung  gegeben,  bezeugt 
ber  liargum  mit  feinen  14  ©ö^nen  Jpiobg.  3)a6  e^  aber  aud^  bie  fiefung  ~:?-w  gegeben, 

20jcigt  ber  le^t  ber  ©et)t.;  bennod^  ertoedft  f^e  ben  3}erbad(^t  au^  ber  SReflejion  eriuad^fen 
ju  fein,  bafe  bei  ber  ©teic^l^eit  ber  3^'^^^"  ^^  ^tten  unb  ber  neuen  S^öc^ter,  auc^  bie  ber 
alten  unb  ber  neuen  Sö^ne  einanber  entf})rec^en  muffen,  unb  aug  ber  anberen,  toelc^e 
toie  bie  griect^ifd^en  SSciter  ber  Äatene,  fo  auc^  bie  ^uben  anftetten  lonntcn :  ba^  verlorene 
3Siel^  toar  auf  immer  verloren,   bie  frommen  Kinber  aber  blieben,   toeil  in  ©Ott  für  bie 

25  äuferftel^ung  geborgen,  tro§  il^re^  Sobe^  $iob^  Eigentum.  Um  il^m  fein  frül^ere^  Eigen- 
tum boppelt  p  geben  42, 10,  mufete  ®ott  jtoar  fein  3Siel^  auf  ben  bo})})elten  Seftanb 
bringen,  aber  ju  feinen  frül^eren  10  Sinbem  nur  10  neue  Ijinjufd^enlen. 

3Rad^  biefem  allen  lönnen  tüir  fagen,  ber  bcbr.  itonfonantcnte?t  ift  bie  SBiebergabe 
eine^  ©jremplare^,  tüelc^e^,  toir  toiffen  nic^t  burc^  toic  biet  5!Rittelglieber,  auf  einen  Slrd^e- 

30  i\)pn^  jurüdgel^t,  ben  aud^  bie  ^ebräifd^e  äJorlagc  be^  griec^ifc^en  ^iob,  toir  toiffen  nid>t 
burc^  tüie  toiele  3^if4^^nglieber,  ate  ibrcn  Sl^nberm  gu  erfennen  giebt.  3)er  3lrc^etVJ)u^ 
\oax  fc^on  burc^  Sefefe^ler  unb  Äorrefturen,  burc^  SüdEen  unb  älu^toüd^fe  entftettt.  ^m 
Saufe  ber  gefonberten  5vort))flanjung  l^aben  biefe  ßntfteHungen  pc^  fo  gemehrt,  ba^  bie 
beiben  2lblömmlinge  tro^  ber  größten  gamilienäl^nlic^Ieit   oft  im  eimelnen  einanber  ^an§ 

35  frcmb  erfc^einen.  ^n  bemfelben  SWa^e,  al^  e^  un^  gelingt,  biefen  3lrc^ett;})u^  auö  feinen 
S)e^5enbenten  ju  refonftruieren  unb  mit  feinen  ^el^lem,  Sluölaffungen  unb  3wf^^  }M 
üerfte^en,  nähern  h)ir  un«  ber  ©eftalt,  bie  ber  3)ic^tcr  feinem  2Ber!e  gegeben  bat.  ^eilid^ 
liegt  nad)  ber  anficht  ber  meiften  Äritifer  t)on  l^eute  gtoifd^en  beiben  noc^  eine  einfc^nei« 
benbe  SBenbung  in  ber  ®efd>i(^te  be^  lejte^,  nämlid^  bie  ©rtoeiterung  ber  Urgeftalt  be^ 

40  §iob  burd^  bie  ginfügung  ber  4  Sieben  ©lil^u^  .^.  32—37.  2lber  ber  Umftanb,  bafe  ber 
übrige  lert  tueber  Dorl^er,  nod^  nad^ber  auf  ba«  auftreten  ßli^u^  Se^ug  nimmt,  biefer 
§au))tgrunb  ber  ißerbäd^tigung  i^rer  Ürfprünglic^Icit,  bem  er  mit  h)cnigen  Störten  bätte 
juborfommen  tonnen,  betoeift  bann  eben,  ba^  ber  ©infügcr  bem  lerte,  in  ben  er  einfügte, 
mit  ref))eftt)oller  3w^rf^<Jf^""Ö  gegenüberftanb,  unb  bürgt  bafür,  bafe  man  in  ber  älteften 

45  3^it  ben  .öiob  al^  baö  unberle^lirf^e  ©igentum  eine^  gotterlcuc^teten  3)ic^ter^  anfa^,  für 
baö  er  felbft  bie  3[}erantn)ortung  trage.  6rft  aU  er  jum  ©emeinbelefebuc^e  geworben  toar, 
für  beffen  ^Mitteilung  an  bie  ©emeinbe  i^re  leitenben  2lutoritäten  bie  Sieranttoortung 
trugen,  nabm  man  fic^  ju  änbernben  ßingriffen  bie  ^ei^eit,  too  ber  3*^^*  ^^  ©rbauung 
ber  Wcmeinbe  e«  unabtüeiöbar  gu  verlangen  fc^ien. 

£0  IV.  Einlage,  ^^^cjlt  unb  3tbfic^t.  1.  Glibu.  G^e  man  bie  fünftlerifd^e  3lm 
läge  be^  ^43ud;c^  hJürbigt,  mufe  man  über  ^ic  ?frage  im  ^Keinen  fein,  ob  bie  bier  Sieben 
(Siibuö  Si.  :V2  37  urfprünglic^  ober  ein  fpätercr  ßinfc^ub  feien.  Dem  untoeigerlic^en 
ßinbrucfc,  ba^  fie  einen  abh?eid^enben  ©prad^d;arafter  »erraten,  fann  man  fic^  burd^  bie 
Slnnabmcn   ent,^ieben,   baj^  fie  unfertiger  Veröffentlicht,  unb  ba^  fte    in  ber  Überlieferung 

66  t)ielfaci[>  torrumpiert  feien,  "ibcr  33ebauJ)tung,  (Slibu  bringe  gegen  bie  greunbe  n\ci)tö  neue^ 
unb  nebme  Dortueg,  Wa^  bem  :,^abt>c  ^u  fagen  üorbebalten  fei,  lä^t  fid|  mit  gutem  ©runbe 
entgcgcnbaltcn,  bafe  CSlibu  ju  ,sMob  unb  feinem  Reiben  fid()  boc^  anber^  [teilt,  afö  bie 
^eunbe,  unb  ba^  er  auf  ber  anberen  ©eite  ben  menfdblic^en  ßljarafter  feiner  Siebe  be^ 
tonenb  (:J:>,  fJ),  beftimmtc  'JiufKrungen  .<Siob^  einer   an^  ber  menfdj>lic^en  ßrfal^rung  ge- 

•i-»  fc^öj)ften  5lritif  unter^iebt.    Dagegen    fällt   in^  ©eioidS)t,   ba^   nad^  2,  11—13  ber  Sefer 


^ioh  109 

nur  barauf  Vorbereitet  tft,  Sieben  ber  (genannten  brei  J^reunbe  an  .s^iob  §u  ^ören,  bafe 
be^Ib  32,  4  toie  ein  3[$erju(^  erfdbeint,  bem  (Sli^u  na^träglic^  -Maum  |;u  fc^affen,  unb 
bafe  3^^^  i*^  42/  7.  8  nur  ju  ben  Sieben  §iob^  unb  benen  ber  brei  greunbe  urteilcnb 
Stellung  nimmt,  ober  mit  anberen  ®orten,  bafe  ber  Ü^erf.  be^  'ünci^t^  in  bem  Sefer  jtoar 
ba«  natürliche  Serlangen  borau^fe^t  ^u  erfal;rcn,  ob  §iob  ober  bic  brei  greunbe  SHed^t  5 
gelobt,  aber  in  feiner  SBeife  ba^J  anbere,  tüeld^er  SBert  in  @otte^  Slugen  ben  3)arlegungen 
bc^  Sli^u  jugefommen  fei.  Unb  bo(^  ijäik  ber  l^erf.  bur^  bie  Öinfü^rung  biefe^  neuen 
9Ranne!^,  ber  jid^  üermifet,  burc^  feine  ojjarte  Ginftd)t  beibe  ^4Jarteien  inö  Unrecht  ju  fe^n, 
alle^  getrau,  um  bem  Sefer  bie  Jrage  in^  ßerj  unb  auf  bie  Si^jjen  ^u  brängcn,  ob  bie 
Sieben  biefeö  3J?anne^,  h^elc^er  ,^iob  hjegen  feiner  berfe^rten  Öel;auptungen  blo^ftellt,  ben  10 
Seifatt  ober  ben  2^abel  be^  ®ottc^  gefimben  fjabcn,  ber  ^iob  baß  bie  greunbe  blo^« 
fteHenbc  geugni^  giebt,  ba^  er  ibnen  gegenüber  bie  -iöat^r^eit  vertreten  l}ab^,  unb  ba^  er 
nur  auf  bie  gürbitte  biefe^  von  ibnen  gefolterten  ffia^r^eitöjeugen  il;nen  il^re  berfel^rten 
Sieben  Vergebe,  ©el^ört  (Sli^u  j\u  biefem  SBafir^eiti^jeugen,  fo  ba^  er  von  felbft  frei  au^= 
ge^t,  er  ber  ben  .<piob  befc^ulbigt,  bafe  er  ju  feiner  ©ünbenfc^ulb  nod^  religiöfen  3lbfatt  15 
burc^  feine  Sieben  hinzugefügt  I?abe  (34,  37),  ober  gef>ört  er  auf  bie  Seite  ber  ©egner, 
von  benen  3a|^Ve  für  il^re  Sieben  Su^e  Verlangt  V  SDiefe  ^rage  brängt  fid)  bem  Sefer  beö 
Suc^e^  unentrinnbar  auf.  SÜenn  ^^^be  biefen  angeblichen  3Öa^rI?eitöjeugen  neben  feinem 
Jhied^tc  §iob,  ober  biefen  5ßerurteiler  ^iob^  neben  ben  brei  anberen  ©egnern  ignoriert,  fo 
^ei^  ba^  nic^t^  anberen  al^:  ber  SSerf.  be^  !öuc^e^  unb  bie  Sefer,  benen  er  e^  in  bie  20 
§änbe  gab,  fjaben  ben  (Slii^u  auch  ignoriert;  jener  l^at  für  biefen  3^^f^^nfömmling  fein 
Sntereffe  in  3lnfj)nic^  genommen,  unb  bie  von  i^m  gebac^ten  Sefer  ^aben  auc^  fein  ^n^ 
tereffe  an  i^m  ftnben  fönnen,  mit  anberen  Söorten:  e^^  bat  eine  ^axt  gegeben,  loo  ba« 
85uc^  §iob  o^ne  bie  Sieben  be^  @libu  gelefen  tourbe,  tDO  auf  ba^  Sc^meigen  ber  greunbe 
unb  bie  le|te  Siebe  öiob^  ®ott  felbft  belebrenb  unb  ^^urect^ttoeifenb  auftrat,  unb  biefe  3cit  25 
liegt  ber  (Sntfte^ung  ber  Sieben  ober  ber  ^igur  be^  Glibu  Vorauf.  Seftätigt  toirb  biefer 
an  ficb  nottoenbige  ©ct^lu^  burd;  baö  auöbrüctlic^e  ^^^9"^^  ^^^  ^^^  H^f^  6ei  ber  Ses 
grünbung  feinet  föintritte^  in  bie2)i^fuffton:  „ic^  geioa^re,  ba^  feiner  Von  Qud)  mü}x  afö 
3urec^tU)eifer  auftritt  (32,  12).  Sagt  nicbt:  toir  fmb  auf  Söeiö^eit  geftofeen,  nur  ©ott 
mag  i^n  ettva  nod;  tverfen,  SKenfd^en  nic^t !  (v.  13)  ba  er  bod;  mit  mir  nod^  nic^t  bi^  so 
pnüctt  ^at,  ber  tc^)  gebenfc  mit  anberen  Slrgumenten  il^n  ju  hjiberlegen,  ate  i^r  fie  ge« 
braucht  l^abt"  (v.  14).  3)a  bie^eunbe  mit  feinem  Slöorte  gefagt  l}abm,  ba^  .^xob  i^nen 
unb  allen  SWenfd^en  an  Älugljeit  fo  überlegen  fc^eine,  ba^  nur  ©ott  i^n  tUva  noc^  be<J 
3rrtum^  überfül^ren  fönne,  fo  fann  (Jlibu  nur  unter  bem  ßinbrude  fo  reben,  bafe  in  bem 
Suc^e  $iob  nacb  ber  ^«^^ntion  unb  Crbnung  feinet  iWrfafferö  unb  nac^  ber  S}abmel^=  35 
mung  feiner  Sefer  je^t,  h)o  bie  ^reunbe  auf  bie  le^te  ^Hebe  §iob«J  Vcrftummen,  ©ott  felbft 
mit  bem  ©rfolge  ba^  SBort  ergreift,  ba^  io'xob  bie  X^or^eit  feiner  Sieben  befennt.  3)a^ 
^ält  er  für  einen  9)langel,  Joeil  bie  ^eunbe  mit  i^ren  (Sintoenbungen  feine^gtoeg^  baö  er= 
fc^öpft  l^aben,  tva^  fic^  gegen  .^iob^  ?3eti)ei^fübrungen  au^  bem  (Srfenntni^fc^a^e  erleud^teter 
unb  gebilbeter  5)lenfct^en  inö  ^elb  fteHen  lä^t.  2)em  3)ic^ter  aljo  unb  feinen  Semunberem  40 
gilt  inbireft  jene^  -t-7:Nr  'z  (v.  13) ;  @lif;u  ioirb  fic^  ioie  überhaupt  burc^  feinet  TOenfc^en 
änfeben,  auc^  nic^t  burc^  ba«  Slnfeben  bcö  2)ic^»terö  in  bem  irre  mad^en  laffen,  toaö  e^ 
ibn  brängt  vonutragen  (v.  18—21),  unb  ebcnfoiocnig  in  ben  Vom  2)ic^ter  Vorgefe^enen 
ä^fcbler  (13,  7  ff.)  Verfallen,  ©otte  gu  fcbmcid^cln  unb  il?m  |^u  liebe  bq^  für  &oti  unvor^ 
teil^ft  fc^einenbe  ju  ignorieren  ober  ju  bcfd;önigcn  (v.  21  fc^jr.  wX  .xb  Vn  rw\r).  '$i^\\n  er  45 
$arteilic^feit  überl^aupt  in  biefem  Sinne  üben  tooUte,  „bann  mürbe  mic^  mein  Sc^öj)fer 
alebalb  verfc^n)inben  laffen  (v.  22)",  b.  h.  ber  Slutor,  ber  mid;  erfunben  l^at,  toürbe 
micb  mieber  jurüdjiel^en.  SJialeacl^i  fagt  von  ben  guten  alten  ;^ctten,  bafe  bie  Ji^ommen, 
h?enn  il^r  eigne«  Unglüd  unb  ba^  ©lud  ber  grevler  fie  bcbrüdte,  ^u  gemeinfamer  Se^ 
rcbung  jufammengetreten  feien  (3,  IG);  unb  §al)Ve  babe  ihre  äi>orte  in  ein  33ucl^  be«  w 
©cbä^tniffe«  eingetragen,  um  i^nen  an  feinem  Xage  fein  Erbarmen  unb  bamit  ben  Unter= 
fc^icb  be«  Soofe«  jtoifcljen  feinen  treuen  Hned)ten  unb  ben  frevlem  §u  erjeigen.  Q^  ift 
nnmöQlxd),  babei  nicl?t  an  baö  53ud;  .piob  ju  benfen,  in  ioeicf^em  6iob  tüünfcht,  fein  Ver^: 
fannte«  Stecht  möge  bocl?  für  bie  ferne  3w^w»^ft  in  ein  Sud^  gejc^rieben  merben  (19,  23), 
unD  ©lil^u  (37,  20)  bie  grage  aufioirft,  ob  Jiahve  einen  Sofer  (fo  Sept.)  habe,  ber  von  55 
Ämt^toegen  notiere,  h)ae  &xhn  rebet,  ober  oh  baö  ii>ort  eine^  ehrlid;en  (lie^  "?  für  ^^) 
TOanne«,  e^e  eö  gur  i^ormerfung  tonime,  Verfd;lungen  ioerbe.  3luf  alle  ?^älle  fennt  3)la= 
Icac^i  consessus  ber  /vrommcn  alter  ^c'xt,  in  toelchen  verfudn  tourbe,  ben  Übeln  beö 
SBcItlaufe«  gegenüber  ju  einer  l:heobicee  ju  gelangen.  2iseun  irgenb  ein  iöuc^  bal)in  ge= 
^örte,  fo  tvar  c«  ha^  33uc^  ,s)iob,  unb  toenn   irgenbloo,   fo   mufete   bei   folc^en  i^erl;anb=  go 


110  ^tob 

lungen  and)  jur  ^Jrage  fommen,  ob  c^  genüge,  ob  c^  mit  tcm  ^ortfd^rittc  bcr  ßrlenntni^ 
ntc^t  aufgehört  ^abe,  bag  toofffommenc  üJlufter  einer  I^eobicee  m  fein.  3)enn  ha  6ü^u 
ft4>  al^  ben  Don  neuer  @r!enntni^  erfüHten  unb  barum  au^  feiner  2ncfcrt)e  ^erau^gegmunge- 
nen  jungen  3Rann  ben  änberen  ate  ben  2llten  unb  il^rer  alten  SBei^^eit  gegenüberfteüt, 
5  fo  fann  fein  3^^^H  f^'"/  ^^fe  ^^  ^^^  ^"^<^  ^}^  ^rebigt  ber  ^ro})I^eten  gewonnene  6r= 
!enntni^  Don  ber  jiäbagogifc^en  Sebeutung  ber  Übel  für  bie  ©emeinbe  ©otte^  bem  alten 
93uc^e  §iob  gegenüber  aU  eine  folc^e  Vertreten  foll,  bie  in  i^m  nic^t  nad^  ©ebü^r  ^u 
SfiJorte  gelommen  fei.  @ö  bleibt  nur  bie  S^age,  ob  berjenige,  bcr  bie  5^9^^  (Slil^u^  ein= 
fc^ob,   [\d)   felbft  mit  i^r   ibentifijiert  ^at,    ober  ob  er   fic^  Don  ibr  unterfc^iebcn  toijjen 

10  tvxÜ.  SBcnn  in  ber  ©elbfteinfü^rung  be^  ©li^u  mit  Siedet  bie  gcfpreijte  ©itelteit 
em})funben  toorben  ift,  mit  ber  bcr  Siebner  im  SSorau«  ba«  9leue,  ba^  aöict^tige,  ba^  Un- 
toiberleglid^e,  ba«  er  beibringen  toerbe,  anfünbigt  unb  Dor  ben  ^wi^örem  [xdi)  fc^abet,  fo 
toirb  man  ftd^  ju  ber  le^teren  Slnna^me  bequemen  müfjcn  unb  fagcn:  bcr  Ginfüger  l^at 
bie  gigur  beö  6Ii^u  gef^affen  unb  fte  hinter  bie  Sieben  §iobö   unb   feiner  g^^eunbe  ai^ 

16  einen  baDon  ^u  fd^eibenben  (31,  40  *»)  älnl^ang  eingefc^oben,  um  bem  gebü^renbe  3Rec^nung 
ju  tragen,  h)a^  Don  ben  jüngeren  SBei^l^citj^fc^uIen  an  SBiberlegung  anftöfeiger  ätu^erungcn 
$iob§  unb  an  (SrHärung  auffälliger  Seiben^fc^^idtfale  im  alten  93u^c  Dermifet  tourbe,  unb 
toa^  nac^  i^rer  3Jleinung  o^ne  ben  deus  ex  machina  am  Gnbe,  noc^  Dom  menfc^Iic^^en 
©tanbpunfte  au«  ^ätte  geltenb  gemacht  toerbcn  fönnen.    3)lit  Siedet,  toenn  e«  ftc^  barum 

20  ^anbelte,  bad  Su^  ^iob  ju  einem  Stufter-  unb  Srbauungebud^e  für  aße  auf  ben  erften 
Slidf  ol^ne  erfi^tlic^en  ®runb  ge})Iagte  gal^Degläubigen  gu  mad^en;  unb  infofem  marcn 
bie  33erfuc^e  ber  Srgänjung  e«  toert,  jum  Slu^brudEe  gu  fommen.  SJlit  Unrecf^t,  toenn 
man  bie  im  ^rolog  fo  beutlid(^  ate  möglich  ^crDorgcl^obene  ©ingularitöt  be«  JJaHe^^iob« 
in«  äuge  fa^t,  toelc^e  c«  unmöglich  mati^t,  ba|  ber  toieberJ^ergefteHte  §iob  toie  ber  Don 

26  @lil^u  gebac^te  burd^  Seiben  ä3efel^rte  ^ätte  Don  feinem  ©c^icffale  fagen  fönnen,  e«  fei  barum 
über  i^n  getommen,  toeil  er  fid^  Derfünbigt  unb  ba«  Siecht  gebeugt  l^abe  (33,  27  f.).  3n= 
bem  ber  Sinfüger  bal^er  ben  ©li^u  mit  ben  größten  5}erfpre^ungen  auftreten  unb  nacbj^er 
in  crfd^redEter  Serfaffung  mit  bem  Sefenntni«  ber  Unfinbbarfeit  ©otte«  fd^Iiefeen  läfet, 
h)o  ba«  Slufjie^en  be«  brol^enben  (37,  1)  2Better«  i^n   befonber«  nal^ejubringen  fc^eint 

30(37,  23),  im  übrigen  aber  ben  ©d^Iu^teil  bc«  urfprünglic^en  ^iob  fo  toiebergiebt,  Jme  er 
Dor  ber  Einfügung  ßlil^u«  toar,  giebt  er  ^u  Derfte^cn,  ba^  ba«  93ud^  §iob  richtig  auf= 
gefaxt  Don  ber  burd^ßli^u  re})räfentierten  inbireften  Äritif  nic^t  tangiert  tocrbe.  3ft  ba« 
richtig,  fo  bürfen  toir  i^n  für  einen  bem  urfDrünglid^en  Siebter  ebenbürtigen  ©eift  ^Iten 
unb  bie  Sieben  feine«  ßlil^u  für  ebenfo  ber  Slufnal^me  in  bie  ^eilige  ©c^rift  toürbig,  toie 

36  bie  Sieben  ber  brei  greunbe;  benn  hjie  fie  Dertritt  er  unbeftreitbare  SBa^r^eiten,  aber  bie 
9lrt,  toie  er  fte  auf  $iob  anioenbet,  ift  eben  fo  Derfe^rt  tüie  il^re. 

SJac^  biefem  mu^  man  alfo  6Ii^u  toegbenfen,  toenn  man  bie  Anlage  unb  bie  W)- 
jtoedfung  be«  urf})rünglic^en  §iobgebi(!^te«  Derfte^en  toitt.  SBelc^e  Umbeutung  ber  gigur 
be«  §iob  gegeben  h)erben  mu|,  toenn  man  ßli^u  für  einen  integrierenben  Seftanbtcil  be« 

loSud^e«  l^ölt,  fann  man  am  beften  bei  S3ubbe  fc^en,  tüclc^er  mit  unermüblic^^cr  arbeit 
unb  erfinbcrifd^em  ©c^arffinn  il^n  für  ben  3!)i(^ter  ju  Dinbi^ieren  gefuc^t  ^at. 

2.  2)er2lufri6  be«  bialogifd^cn  leile«.  SDen  eigentlid^m Äör})er  bc« ©ebic^te« 
bilbet  bie  Untcrl^altung  ber  Dier  in  2, 1 1  aufgcftedten  greunbe,  in  ber  man  Don  alten  3eiten 
l^er  brei  Slunbgänge  be«  ©efpräct^e«  unterfcbicben   bat  (Ä.  3—14;    15—21;   22—26); 

46  nac^  i^rer  Seenbigung  rebet  nod^  je  ^tücimal  erft  §iob  (Ä.  27.  28  unb  29—31),  bann 
Sal^De  au«  bemStauf^en  be«  SQäinbe«  (R.  38.  39  unb  10,  6—41,  26).  3)a  ber  «erf.  in 
3,  1  ben  bie  ganje  Untencbung  cröffnenbcn  unb  beftimmenben  ©c^merjen«au«bruc^  $iob« 
burd^  ba«  SBort  „banac^"  in  bie  engfte  jeitlic^c  Sejic^ung  ju  ben  fieben  S^agen  unb 
3tädi)Un  bc«  ©d^toeigen«  (2,  13)  geftedt   l)at,   unb   bie  Scgrenjung   be«  ©d^toeigen«  ber 

60  ^eunbe  auf  bie  fieben  "J^age  einer  2öodf>e  nur  Derftänblit!^  ift,  tocnn  am  ati^ten  3:age  ober 
am  erften  ber  jlüciten  äöod^e  jene  ba«  ©d^toeigen  gebrochen  b^^en,  fo  bürfen  toir  al« 
fic^er  annebmen,  bafe  mit  ber  Älage  :&iob«  aud^  bie  baburc^  Deranlafeten  brei  Sieben  ber 
greunbe  unb  i^rc  erlüibcrungen  burc^  öiob,  b.  f}.  ber  crfte  Slunbgang  be«  ©efpräd^e« 
ben  erften  lag  ber  gleiten  ffioc^c  angefüßt  l}at.    3lad)  ber  älnalogie  toirb  man   geneigt 

66  fein,  ben  jtoeiten  Ä.  15—21  auf  ben  jttjeiten  lag,  unb  ben  britten  Ä.  22—26  auf  ben 
britten  lag  ju  legen,  ^n  ber  2:^at  fagt^iob,  Wo  er  im  britten  Slunbgänge  jum  erften^ 
male  ba«  Sßort  ergreift  (23,2):  ,,auc^  Freute  finb  meine  ©ebanfen  bitter  (I.  "^^);  meine 
^anb  ift  fc^tücr  gcmorben  bei  meinem  ©d^merjgeftöl^n".  an  bem  'Xejte  ift  abgefelj^en  Don 
"•"^-,  beffen  ^  ein   fleine«  "  h)ar  unb  bie  2efung  "i"'-  neben  ""-  jur  SBal^I   ftälte,  nidj^t« 

eo  JU  änbem ;   benn  ba«  f(^einbar  unbeftimmte  „i^n"  in  v.  3  Derfte^t  fic^  nad^  ber  ÜRa^« 


^i»i  111 

nuna  beö  SKfaj  „Ic^rc  jum  ällmäci{|tt0en  jurücf"  (22,  23),  „ergebe  ju  Sloal^  2)em  ätm 
gcji^t"  (v.  26)  o^nc  ©^hjierigfeit.    ®a^  ©c^hjcrhjcrben  ber  $anb   ift  gemeint  toie  bei 
3Jlofe  @j  17,  12;  bie  §anb  ift  au^eftrccft  gu  ®ott,  um  Sinberung  unb  8efci{|h)ici{|ti0un0 
ber  hap  ®eftö^n  Derurfadf^enbcn  ©df^merjen  Don  i^m  inßmpfang  ju  nehmen,  mic?ßf77,3 
(too  JT^?;  nad^  ©ej)t.  ju  lefen).    S3eibe  3KaIe  ftcßt  ftc^  ber  Seter  bar  aU  einen,  ber  bie  6 
gange  Siac^t  Dergeblidti  jju  ®ott  um  §ilfe  gefleht  ^at.    6^  ift  feine  Sinberung  eingetreten, 
be^^b  ift  auc^  ^eute  jeine  Stimmung  eine  folc^e  ber  Serjtoeiflung.    ^c  natürlid^er  biefe 
SSorte  lauten,  befto  ftd^erer  ift  e^,  ba^  ^iob  ben  heutigen  %aQ  geitlid^  Don  bem  geftrigen 
unterfc^tbet  unb  inl^altlic^  mit  i^m  gleic|ftellt.    @r  beftätigt  dfo  bie  Dom  Serf.  an   bie 
©anb  gegebene  Slnna^me,  ba^  bie  brei  ©efprädf^e  auf  ben  erften  bi^  britten  S^ag  nac^  ber  lo 
SSSoc^^e  be«  ©c^meigen«  Derteilt  ju  benfen  jeien.    2)a^   ift  aber  Don  SOSidfitigfeit  für  bie 
S5eanth>ortung  ber  t^age,  toe^^alb  ber  2)id^ter  bie  nai)  SBeenbigung  be^  ©ef^jräd^e«!  fol« 
genben  beiben  Sieben  §iob^  27.  28  unb  29—31  burc^  bie  an  3,  1  anfniH)fenbe  gormel 
„ba  t^t  $iob  einen  Weiteren  älu^fpruc^  unb   fagte"   (27,  1;  29,  1)  Don  ben  früheren 
unb  Don   einanber  gefd^ieben,  unb   hjeöl^alb   er  jmei  Sieben  gal^De«  au«  bem  raufc^en=  i6 
ben  ©turmtoinb   mit   gleicher  (Einleitung   (38,  1;    40,  6)  ftatuiert  unb   mit   jeber  ein 
Sefenntni^    ber  ©elbftbemütigung  §iob^,   gemifferma^cn    afe  Sleflej  be^  ©inbrucfe«   ber 
Siebe  Derhiüt)ft  ^at  (40,  1—5  unb  42,  1—6).    ,Sh)^iHl«>^  nämlid^  mit  ber  2lbfi^t,  ba^ 
ber  Sefer  bie  beiben  fclbftftänbigen  Sieben  ^iob^  5i.  27—31  ate  am  4.  unb  5.  iage,  bie 
3al^Dcd  am  fedf^ften  unb  fiebenten  3:age  erfolgt  benfen  foH,  toie  benn   auc^  nad^  ben  20 
fieben  3:agen  fieben   (42,  8),   unb   nic^t  nad)   ber  Hojjfjal^l  (toie  1,  5)  brei  Dpfer  Don 
ben  greunben  geforbert  Serben.    2)ann  fte^cn   ben  genau   bemefjenen  fteben  Ziagen  be« 
S<^h)eigen^,  beren  golter  ben  .§iob   Deranla^t,  in  milber  ßtregung  fein  fieben  ju  Der^ 
iDünfd^,  ebenfo   genau   bemefjene  fieben  3:agc   beö  Siebend  gegenüber,  an  beren  6nbe 
fic^  §iob   in   bemütiger  ©elbftDerleugnung  C^^-  ^^i-^  =  iq)avltaa  efiaviov  S)  bem  26 
(Sötte  an^eimgiebt,    ber  fic^   il^m   in   feiner    bie  trabitioneße  SJorfteBung   überragenben 
Oröfee   gqeigt   ^at,   unb  bod{i  ba^   3^WÖ^^^^   em^jfängt,  ridf^tiger   Don  Sott   gerebet  gu 
^ben,   atö   jeine  brei   i^m   toiberf^jrec^enben  ^reunbe.    SJlit   abfic^tlic^er  Äunft  ift  alfo 
ba^  SBcrben  ber  neuen  religiöfen  erfenntni<^  burc^  ba^  3RitteI  einer  fiebentägigen  SJer^anb« 
lung  Deranfc^aulic^t,  bie  ftc^  an  ben  )öejudfi  ber  ^eunbe  unb  i^r  ftebentägige«  ©c^meigen  so 
anf^Ke|t.    SKit  Siecht  l^at  beö^alb  fd^on  Il^eobor  Don  SJlopfuefte  ba«  33ud^  $iob  mit  ben 
3)ramen  ber  ©riec^^en  Derglidf^en,  in  h)elc^cn  bie  Sieben  ber  auftretenben  ^erfonen  ber  freien 
Äunft  be«  2)id{|ter«  i^re  ©ntfte^ung  Derbanten.    3lud^   unfer  Siebter  l^at  bie  Unterrebner 
ate   inbiDibueH  ge})rägte  ^erjonen  crjc^aut,   auc^  bie  brei  ^eunbe,   tro^bem  ba^  fie  bie= 
felben  ©runbfä^e  Dertreten,  toie  bem  aufmerfjamen  3"^örer  nid;t  entgegen,  ^ier  aber  nxä^i  35 
bargelegt  toerben  fann.    SJlan  l^at  bagegen  eingehjanbt,  e^  fe^le  bie  §anblung.    Silber  ba« 
SBerben  neuer  religiöjer  erfenntni«  be^  3){enjd?en  im  Äam^jfe  ber  SJleinungen,  im  ffliber« 
ftreitc  ber  ©efül^le,  im  SBcd^fel  ber  affefte,  bie  burc^  ein  uner^örte^  ©d^icfjal  erregt  fmb, 
in  flarem  gortfd^ritt  Dorgefül^rt,  toeel^alb  foB  baö  nic^t  al^  §anblung  betrachtet  hjerben, 
ba  bo<^  ba«  religiöfe  ©rfennen  aud;   ein  .^anbeln   ift?    3)a|  §iob   ben  ©d^merjenefc^rei  40 
bc^  Ä.  3  in  6,  2—7  felbft  al^  ein  burc^  ba^  SBunbfieber  feinet  Scibenö  i^m  abgepreßtem 
3rrcreben  ^jreiägiebt,  bofe  er  in  ft.  27—28  ben  biöputatorifc^en  Slusfü^rungen  gegenüber, 
bie  bie  ^^eunbe  erjc^reoen,  feierlich  beteuert,  bei  ber  grömmigteit  al^  Seben^grunbja^  Der^ 
^arrcn  ju  toollen,  bafe  er  am  ©c^luffe  ben  Äontraft  ^toifc^en  feinem  früheren  ©lüde  unb 
ber  graufamen  SRi^^anblung,  bie  i^m  tro^  bcö  beioa^rten  reinen  ©etoiffen^  gegen  ®ott  45 
unb  bie  SRenfc^en   Dom  ©d^idfal  ioibcrfal;rcn    ift,   mit  garbcn   jeic^net,   meiere   nur   bie 
©c^nfuc^t  bem  ^erjenm  nac^  bem  tebenbigen  (^ott  mifc^en   fonnte,   bam  allem  jeigt   boc^, 
bafe  Dor  unferen  D^ren  innerlich  gearbeitet  mirb,  ba^    ein  Strom   bem  Sebenm   Dor  unm 
toogt,  ber  nad^  Übertoinbung  aller  ^inberniffe  bam  '^xzi  feinem  iJaufem  erreid^t. 

3.  3)ie  Sieligion  §iobm  unb  feiner  (Senoffen.  ^iob  ift  fein  ^ro^jj^et,  w 
ben  ©Ott  unmittelbar  unterrichtet,  er  ^at  feinen  religiöfen  Unterricht  Don  3Jlenfc^en  em« 
j)fangen  unb  bamit  eine  öefc^ränft^eit  feinem  2)enfenm  unb  Urteilenm,  Don  ber  i^n  erft 
bie  ureigne  ®rfa^ung  Don  ©Ott  nac^  42,  5  befreit  \:}ai.  (Sr  ^at  feine  frühere  ©rfennt^ 
nim  nic^t  aufgegeben;  berfelbe  ©ott,  ber  i^m  bim^er  burc^  Xrabition  funb  getDorben 
Xwa,  ift  em,  Don  bem  er  jagt,  je^t  ijaU  er  i^n  mit  eignen  2(ugen  gefd^^aut.  (Sm  l)anbelt  66 
Svi^  olfo  um  einen  gortfd^ritt  in  ber  älnfc^auung  Don  ©ott,  bei  toelci^em  bie  frühere 
©tufe  ni<^t  alm  S'^"'"/  ober  alm  UnDolltommen^eit  erfc^eint,  fofem  ©ott  nid^t  in  feiner 
ganjen  ©röfee,  ber  Segriff  ©ottem  nicl)t  in  feiner  Dollen  2:iefe  erfaßt  Sorben  ift.  3)ie 
SleUgion  §iobm  unb  feiner  greunbc  ift  feine  i^olfmreligion,  fonbem  fte  ift  bie  Sletigion 
ber  SBeifen,   ber  gebilbeten  ©ro^en,    meldte  ju  einer   ^armonifc^en  a^eltanfic^t    gelangt  00 


112  $tob 

finb  unb  fic  aU  bcn  örtraij  x^xcx  Sebcn^erfa^ruug  unb  iücit  uinfd;aucnbcr  Scobad;= 
tung  in  Stegcln  unb  ©entcnjcn  i^ren  ßrbcn  übermitteln.  3Kan  fann  fic  mit  bem  5?ür= 
fc^ung^glauben  ber  griec^ifd^en  unb  römifd^en  3Beifen  (j.  93.  ^lutarc^^  unb  Senetaö) 
toergleicben,  iDenn  man  nur  nicbt  bie  Energie  überfielt,  mit  ber  bic  ®ottf)eit  ate  ber  per- 
6  fönlid^e  3Beltfönig  bem  ^jerfönlic^en  9Jlenfc^en  gegenüber  gefaxt  ift,  unb  bie  Sebenbigteit 
be^  religiöfen  ©efü^le^,  toeld^e^  in  allem  ®ejcbel;en  'Üu^erungen  biefe^  ©otte«;  fielet  unb 
fic^  bur^  bie  güDe  ber  3JJittelurfac^en  nid^t  ^inbern  lä^t,  fie  al^  fold^e  ju  empftnben. 
©Ott  ift  ber  unbergleic^lid;  2öeife  unb  3Käc^tige,  ber  bie  SiJelt  be^  9Jlenfd;en  l^ert)orgebrad>t 
l^at,   ihren  Sauf  na6)  beftimmten  ©runbfä^en    lenft.    @r    ift   ba^   fitttic^e    Urbilb    be^ 

10  3Renfc^en,  fofem  er  mit  ^reunblid^teit  unb  (Srbarmen  feinen  ®ejd;öpfen  guborfommt,  ba« 
Unrecht  fei  e^  burc^  natürliche  Äonjequen^  fic^  felbft  h)ieber  aufl?eben  ober  burd^  pl?äno= 
menalen  (Singriff  in  ben  Sauf  ber3)inge  gehjaltfam  beseitigt  Serben  läjt.  dagegen  ru^en 
feine  2lugen  tüo^lgefäHig  auf  benen,  tüelcbe  i^m  aU  i^rem  S^iöpfer  unb  iserforger  bie 
ei^re  geben,  nac^  feinem  Silbe  ©erec^tigteit  unb  barmherzige  Siebe  üben,  in  3:rübfal  auf 

16  feine  §ilfe  ^offen ;  unb  er  beftätigt  if)nen  il;ren  ©lauben  unb  SBanbel  burc^  Fügungen  ber 
©rrettung  au^  ber  9lot  unb  huxd)  Sicherung  inneren  unb  äußeren  ®lücfe«{.  3)er  t)om 
SBeibe  geborene  9Kenfd^  toieberum  ift  jhjar  um  feiner  natürli^en  Sünbl^aftigfeit  h)itlen 
unb,  h)eil  ©ott  unb  ben  ©eiftem  gegenüber  au^  irbifd;em  Stoffe  geworben,  bem  Soofe 
ber  )8crgängli(^feit  untertüorfen ;    in  beftimmten  3^it»^<i6cn  erfc^öpft  fic^  jeine  Seben«fraft, 

20  f obafe  er  au^^auc^t  unb  in  ba^  3leic^  be^  3)unfel^  entfc^toinbet ;  unb  auc^  o^e  baö  ift  er 
toel^rlo^  gegen  ba^  SJerl^ängni^  eine^  plöftlic^en  unb  gemaltfamen  3:obe^.  3lber  jtoifd^en 
feiner  (Smpfängniö  unb  feinem  (Snbe  ^at  (Sott  bem  3Jlenfc^en  eine  grift  be^  ^eranmac^fen^, 
be^  SBirfen^  unb  be^  ©cnuffe^  toerftattet,  meiere  ba^  Seben  boc^  lebeneioert  madj^t.  SKit 
liebet)otler  ^wrforge  bilbet  ©ott  fic^  ben  ü)tenfd^en   ate  ein   über  ben   anberen   fmnlic^en 

25  Scbemefen  fte^enbe^  ftunftmert  l^eran,  unb  erjie^t  i^n  ju  bem  redeten  Seben^Derftanbe.  3Dcr 
aber  bcfte^t  barin,  ba^  er  ©ott  aU  feinen  unb  aller  ajiitmenfc^en  Sc^öjjfer  unb  al^  ©eber 
aUeig  ©Uten  erfennt,  in  2)emut  auc^  ba^  Übel  l^innimmt  unb  auf  (Sott  al^  Sletter  t)er= 
Iraut,  bafe  er  um  feineth)itlen  fic^  rein  erl;ält  t)on  ber  93eflecf ung  't>uxd)  fünblic^e  33egierben 
unb,  in  bem  SelDufetfein  Don  ©otte^  öergeltenber  ©credj^tigfeit  unb  ©rbarmen,  im  3ierfel^r 

30  mit  ben  3Renfd[)en  ba^  Stecht  ma^rt  unb  ber  93ebrücfung  unb  9Jot  meiert.  Db  er  bitfen 
SJerftanb  lernen  tüitl  ober  berac(>tet,  baüon  ^ängt  ©erec^tigfeit  unb  gret)el,  ©lud  unb 
SSerberben  ah,  n)etc^e  al^  unmittelbare  Sleaftion  beö  göttlichen  SBo^l-  ober  3)iifegefallen^ 
erfdfieinen.  SBer  burc^  ©otte^furdj^t  unb  a)kibung  beöSöfen  afe  burc^  bie  h)a^re  menfc^= 
lic^e  SBeie^eit,  fid[)  in  bie  auf  ©otteio  unbegreiflicher  SBeii^^eit  beru^enbe  ®utajie  be^  3Bclt:: 

86  all^  ^armonifdf)  eingefügt  j[)at,  ber  fommt  too^lbe^altcn  burc^  bie  SBelt  unb  glüdlid^  ju 
feinem  ^kU.  2)a^  aber  ift,  bafe  er  Dom  ©enu^  eine^  befriebigten  SebemS  gejättigt,  am 
6nbe  feiner  3:age  jur  SRu^e  be^  ©rabe^  eingebt,  gleich  bem  SBci^en,  Der  abgefc^nitten  auf 
bic  3:enne  gebracht  mirb,  nac^bem  er  in  bem  reifen  Äorne  ba«  3^^^  f^^"^^  Öeftimmung 
eneic^t  ^at. 

40  (^^  liegt  auf  ber  §anb,  ba^  eine  folc^e  SBeltauffaffung  fid^  nur  ba  bilben  fonnte, 
too  blo^  ein  eng  begrenjter  2:eil  be^  ^JJienfcb^eit^leben^  ©egenftanb  be^  3;"^^^^ff^  h)^^^ 
too  ber  'JJienfc^  nodb  in  unmittelbarer  äBec^felioirtung  mit  ber  t)on  ©ott  erfüllten  9iatur 
ftanb,  too  eine  einfad;e  unb  burc^ficl)tige  Don  ben  HidUxn  ^er  überlieferte  Orbnung  ba^ 
©emeinleben  regierte,  h)0  ber  §auet)ater  für  fiel?  unb  bie  ©einen  ftd;  (Sötte  birett  t)erant= 

45  toortlid^  Jou^te,  h)o  nod^  nic^t  bie  fomplijierten  iser^ältniffe  ber  großen  ©täbte  unb  bie 
el^irgei^ige  unb  geipalttbätige  ^olitif  ber  äüeltb^Haftien  fic^  \m  eine  fflanb  jtoifc^en  ben 
(Singeinen  unb  feine  $flid^t,  jiüijcl^en  ben  3){enf4>^n  unb  ©ott  gefdj^oben  b^tte.  Unter 
fold^en  einfachen  Sebenebebingungen  beloäl;rt  fic^  mciftenteite  burc^  ben  t^atfäc^lic^en 
erfolg    ba^  3,^erl)alten   ber   ©otte^furc^t   unb    ber  3){eibung    be^  Söfen    alö   bie   jum 

60  ©lüde  fübrenbe  Älug^eit,  ba^  SBiberftreben  gegen  i^re  ©runbjä^e  unb  bie  barauf  ge- 
bauten Crbnungen  al^  felbftmörberifdbc  3:l)or(;eit.  3lu^  3)Jufterfällen  unb  burc^fid^tigen 
©c^idfalet)ertettungcn  erfennt  man  bie  juücrläjfige  ©erec^tigteit,  mit  ber  ©ott  ha^ 
Seben  ber  '3Jienfcben  regiert,  unb  in  ber  ©c^neUigfeit  unb  ^iegelmä^igteit,  mit  tüclc^er 
ber   be^  3)ienfd;en  3i>erf   bebingenbe   Dkturlauf   au^  'ilberrationen,   loie   ^JJii^mac^s^   unb 

66  Neuerung,  ©ehjitterfdniben,  ©turmfluten,  geueröbrünften,  äJultanauöbrüc^en,  (Spibemien, 
jum  normalen  ÜBege  unb  ©tanbe  gurüdfe^rt,  nac^bem  er  in  bem  betroffenen  Sanbe 
bie  ©otte^furc^U  neu  bcgrünbet,  bie  :3^<^"ben  äurüdgcbracl)t,  bie  I^rannen  ju  fc^anbcn 
gemacht,  bie  grontmen  in  bemütigem  ä^ertrauen  beioäbrt  l^at,  fonnte  man  nid^t  blo^ 
bie    gerechte    unb    ergiebenbe  §anb  ©otte^,    fonbcrn   auc^   eine  ^^Jrobe  barauf  erbliden, 

CO  ba^  bem  3)ienfd^en  noc^  bei  Seibeeleben  toiberfä^rt,  ma^  i^m  nad^  göttlid^er  SRe^töorbnung 


^iob  113 

^ufontmt.  SBa^  man  fo  gelernt,  toenbet  man  natumotlDenbig,  toenn  man  fie  nxd)t  ab^ 
f^tlic^  ignoriert,  um  jic^  ntd^t  irre  madf^en  ju  (äffen,  and)  auf  bie  galle  an,  bte  nic^t 
bur(^fi(^tig  finb.  3Ran  fann  [\d)  auf  ba^  unbefannte  S^^'^^Cf  ^uf  berborgene  ©ünben  ber 
Umgefommenen  berufen,  toelc^e  bem  atte^  burd^fd^^auenben  ©otte  offenbar  ftnb.  3Kan  fann 
ben  etnjetnen  3Kenfc^en  im  3wf^"^"^^'&ö"9^  /"^  \mm  Siac^fommen  faffen,  unb  fo  6 
bie  3^'^f"^  ^^  ^^  ^^^  §immcl  ber  göttlid^en  ©ered(>tigfeit  jur  boHen  Älar^eit  ^urü* 
fe^rt,  über  ben  3:ob  be«  einzelnen  l^inau^  verlängern.  9Äan  fann  ba«  lange  bauembe  ®Iüdf 
be^  gteöler^  burc^  bie  aufeerorbentlic^e  ^eftigfeit  (einer  enblid^en  Äataftropl^e,  ba«  Seiben 
beö  grommen  burc^  bie  ade  feine  SBünfd^e  überfteigenbe  Orö^e  feinet  fd^Kefelic^en  ®lüdfe«, 
man  fann  beibe  burc^  bie  innere  '']im  unb  3lngft  be^  böfen  ©etüiffen^  bort  unb  bie  lo 
friĀt)oIIe  (Selaffen^eit  bed  guten  Oetoiffen^  ^ier  fom))enrtert  benfen  unb  fo  fid^  gegen  alle 
Stngriffe  ber  ©jpötter  unb  Ungläubigen  gebedtt  mahnen.  3)iefe  2lnfd{iauung  \)at  toiel  SJer« 
toanbtfd^  mit  ber  Sieligion  3^rael^,  unb  bie  Sieben  ber  g'^eunbe,  hjenn  mir  i^nen  bie 
aftueHe  SSejie^ung  auf  ben  perfönlid^en  ^U  §iob^  nel^men,  fönnten  jur  ©eite  ber  bibaf« 
tifc^en  $falmen  einen  ^la^  im  2ieberbud^e  ber  i^raelitifc^en  ©emeinbe  beanfpruc^en.  i6 
Iro^bem  ift  fie  d^arafteriftifc^  babon  berfc^ieben,  toeil  i^r  ber  Segriff  ber  5Wenf(^^eit  unb 
i^  ©efd^ic^te  fe^lt,  in  ber  fid^  ®ott  fortfc^rcitenb  offenbart,  um  fie  an  bae  i^rer  @r« 
fd^affung  ju  ©runbe  licgenbe  S^d  ju  fül^ren;  eö  fel^lt  bie  33erl^ei^ung,  toel(^e  ^^xatl  be« 
^rogramme^  ber  göttlidf^en  2Beltleitung  ^jofitib  getoi^  mad^t,  fobaf  e^  felbft  ben  ©egenfa^ 
bon  Sieben  unb  2:ob,  bon  3lufblü^en  unb  3^^örung  aud^  be^  au^erforenen  3Solfe  ge*ao 
bulbig  ertragen  unb  al^  nottoenbige^  3Kittel  bem  erfannten  3*ücdfe  ®otte«  einorbnen  fann. 
6^  fe^lt  ber  grofee  lag  3Äl^t)e^,  toeldf^er  alle  im  Saufe  ber  5üJenfc^^eit^efc^id)te  gefd^ürjten 
Änoten  löft,  alle  ungeftillten  J^ränen  abh)ifdE)t,  alleiS  unterbrüdfte  SRed^t  mieber^erftellt,  alle« 
Unfraut  unb  alle  ©preu  befeitigt,  alle  Äcime  gotterfüHten  Seben«  jur  t)ollen  Entfaltung 
brinat,  ollem  gragment  ®ebliebenen  bie  SoHenbung  fc^afft  unb  ba«  ©eufjen  ber  Äreatur  26 
burc9  SSerflärung  ber  9latur  in  ^vbd  unb  ^^ud^jen  ioanbelt.  2lber  jene  Sieligion  ^at 
Äeime  in  fu^,  tozl^t  nur  entfaltet  m  toerben  brauchen,  um  fte  ^u  bottenbcn,  unb  J^anb* 
greiflic^e  Söiberfprüc^e,  bie  burc^  ©rmeiterung  unb  Vertiefung  il^re«  porttit)en  ^rinjij)« 
gelöft  toerben  muffen.  3"  i^"^  gel^ört  in  erfter  Sinie  bie  energifd^^e  ©rfaffung  ®otte« 
ol«  be«  lebenbigen  perfönlid;en,  mit  feiner  ganjen  ^^eilnabme  bem  3)Jcnfc^en  jugemanbten,  90 
unb  ber  Sejie^ung  bee  TOenfc^cn  ju  i^m  al€  einer  fold^en  bon  3^  wnb  2)u,  tvtl(i)t  bem 
J^ommen  ermöglid^t,  in  i^m  ^eube  ju  ^aben  unb  auf  i^n  ju  Vertrauen  in  aller  ^txi. 
©obonn  ber  fefte  ®laube,  bafe  ber  Staturlauf  unb  bie  Äette  ber  ©c^idffafefügungen  mit 
aßen  i^en  fonft  ba«  3)enfen  berioirrenben  5)unfel^eiten  cntfelbftftänbigt,  in  ®ott  gefegt, 
alö  ©elbftbet^ätigung  ®otte«,  be«  fittlic^en  Urbilbe«  be^^  SJlenfc^eu  aufjufaffen  feien.  Slber  35 
eben  ^ier  liegen  auc^  bie  nieberjurei^enben  ©df^ranfen,  bieSöfung  ^eifc^enben  aSJiberfprüc^e. 
3ft  ber  ben  Slaturprojefe  unb  bie  SKenfc^enfd^idffale  allein  hjirfenbe  ®ott  jugleic^  ber,  ber 
ben  J)erfönlic^en  SKenfc^en  bilbet,  gu  einem  bei  atter  Jurc^t  hoi)  fo  gu  nennenben  Vertrau- 
lich SJer^ältni«  burd^  liebenbe  ^ürforge  ^eranjie^t,  hjie  fann  ber  lobei^^uftanb,  ber  boc^ 
aui^  ein  bon  bemfelben  ©otte  gefegter  ift,  al«  ein  enblofe«  ffleilen  ber  gottentleerten  40 
©ccle  im  abfoluten  2)unfel  gebac^t  toerben'c^  Reifet  eig  nid^t  ben  aUmäc^tigcn  ®ott,  ben 
man  gefegt,  toiebcr  aufgeben,  tomn  ber  Stob  bie  ÜDlenfd^cn  feiner  §anb  cnt^ie^t'f  §ei^t 
e«  nid^t,  bie  tröftlic^e  SBal^r^eit,  ba^  ber  gronime  ©otte  pcrfönlid)  mert,  ein  SDloment  im 
göttlichen  33eh)u^tfein  ioerbcn  fann,  n)iberrufen,  ioenn  ber  in  feiner  perfönlid;en  ©emein= 
f(^»aft  Slu^ereifte,  fobalb  er  gcftorbcn,  ber  Öetbätigung  ©otte^  an  ibm  eiitriffcn  ift  unb  45 
©Ott  boc^  nad^^er  berfelbe  ©ott  bleiben  foH,  ber  er  juvor  gcioefenY  Ünb  meieren  ©c^ein 
h)irft  biefe«  ßnbe,  fobalb  e^  al«  Von  ©ott  feftvjeftellte«  3iel  gebadf^t  toirb,  auf  bie  Voran- 
gegangene ©emeinfc^aft'^  3>f*  c«©olte  perfönlict^cr  (Srnft  bamit  getoefen,  l^at  er  fic^  h)irtlicb 
bem  Slenf^^en  aU  fein  bcfeligenbe^S  ©ut  gegeben,  ober  tvar  eö  nur  eine  leere,  no6)  baju 
von  ®ott  felbft  ^ervorgebraci^te  ßinbilbung  be«  ^Kenfc^eni*  SlUeberum  bie  SSertraulic^feit » 
bc«  3Ser^ältniRe«,  in  toelcbcm  ber  fromme  ju  bem  äUtoeifen  unb  3lllmäc^tigen  ftel^t,  ber 
nac^  ben  ©runbfö^en  urbilblicber  ©ittlid^^feit  ben  Sauf  ber  Statur  unb  ber  SKenjc^en^ 
gefc^icfe  lenft,  erh)edt  naturgemäß  ben  2rieb,  nacb  bem  S)ia^c  ber  eignen  fittlid^en  (Sr^ 
fenntni«  bei  aller  bemütigen  %nxd}t  Vor  ber  überragenben  Süei^l^eit  ©otte«  bie  göttlid()en 
Fügungen  nad^jurec^nen  unb  al«  gerecht  ju  erproben.  2lu«  Slettungen  unb  au«  ÜJer*  55 
tilgungen,  bie  biefelbe  ©eneration  erlebt,  bie  auc^  bie  Unterbrücfung  be«  Unfc^ulbigen  unb 
ba«  ©ebei^en  be«  frevler«  mit  angefel^en  ^at,  ift  ba«  geredete  ©erid;t  ©otte«  ju  erfennen, 
baburc^  le^rt  ©ott  bie  SJlenfd^beit  ba«  Slccbt.  CSr  lä^t  fidi  bie  So«l?eit  entmideln  unb 
bie  ©erec^^tigfeit  \xi)  im  Seiben  voücnben,  aber  er  ^at  beibc«  in  fefte  'Ü)ia6e  gefaxt,  unb 
man  barf  feine«  eingriffe«  in  gebulbigem  SSertrauen  l^arren.    2lber  n)ie  lange  fann  man  ♦» 

«caUdnctjflopäbic  für  ^bcoloflie  mib  «Irdjc.    3.  %.    VIII.  g 


114  $tob 

garten  V  2)od)  nur  biö  an  baeßnbc  bciSSebcn^,  \)ox  bcm  man  niemanb  oIücHid;  pXQ^cn, 
über  feinen  ein  befinititoe^  Urteil  fallen  !ann.  2lber  lüenn  nun  ber  lob  ben  erfolgreichen 
gebier  ber  ftrafenben,  ben  unf(^ulbig  ©e^lagten  ber  rcttenben  .^anb  ®otte^  entjiel^t,  toenn 
mit  ber  Oeneration  auc^  ba^  2tnbenfen  an  bie  nodfi  ungebü^te  ©c^ulb,  an  bie  nod^  nid^t 
6  gerec(^tfertigte  ttnfc^ulb  ftirbt^  foQ  man  aud^  ba  nod^  auf  ba^  geredete  @ertc^t  @otte^ 
^offen  unb  toem  fommt  e^  ju  gute'c^  ®ie  33öfen  unb  bie  UnfAulbtgen  felbft  trifft  e^ 
nid^t  me^r,  bie  fünftigen  ®enerattonen  toerfte^en  e^  nic^t  me^r;  lurj  bie  fo  fic^  etma  er= 
geigenbe  ©ered^tigfeit  be«  nic^t^  bergeffenben  ®otte^  ift  bann  eine  fpejififc^  anbere,  aU 
bie  er  bon  ben  aWenfc^en  forbert,  bie  er  fie  leiert,  bie  er  ber  2^^efi^  nac^  i^nen  burc^  feine 

10  gügungen  beftätigt.  gft  fte  aber  eine  fl^ejififd^  anbere,  bem  3Kenfd^en  tro^  feiner  ©otte^- 
bilblic^feit  unberftänblid^e,  fo  fann  fic  auc^  alö  bie  auf  ben  llnterfci()ieb  t)on  böfe  unb  gut  in 
ber  3Kenfd^^eit  ^ar  feine  SlüdEfic^t  ne^menbe  ©elbft^errlid^teit  be^  abjoluten  SDeöpoten  gefaxt 
toerben ;  unb  bie  ga^lreic^en  ^^lle,  in  benen  gan^e  3Renfc^engrui)pen  tro§  be^  unter  i^^nen 
befte^enben  ©egenfa^eiS  t)on  ©c^ulbigen   unb   relatib  Unfc^ulbigen,  toon  33eranth?ortlic^en 

16  unb  Unberanttüortliqien  burc^  biefelbe  ^lage  ^ingcrafft  hjerben,  ober  ein  burc^  blutige  (Sr= 
oberungen  i^nen  aufgenötigte^  entU)ürbigcnbe«J  ©flabenjodfi  tragen  unb  auf  Äinber  unb 
Äinbe^finber  Vererben,  ate  toäre  eö  immer  fo  gehjefen  unb  toürbe  auc^  f o  bleiben,  unb  anbere 
mel^r  fönncn  bann  afö  getoic^tige  ^nftan^cn  bienen,  um  bie  gölle  loieber  aufju^eben,  in 
toeldf^en  ber  ©laube  baö  geredete  ©crid^t  ©otte«  erjd^aut  l}at,  unb  fo  brol^t  bie  f lare  3?er= 

20  traulic^feit  be^  SSer^öltniffe^  gu  ©Ott  fic^  in  beängftigenbe^  2)unfel  ju  berhjanbeln.  6^ 
ift  flar,  bafe  toenn  biefer  ©laube  burci;  eflatante  (Srfa^rung  erjc^üttert  toirb,  er  fidj;  felbft 
aufgeben  ober  \\(i)  bertiefen  unb  erweitern,  bie  Äeime  ber  SBal^r^cit  entfalten  mufe,  bie  id^ 
oben  aufzeigte.  @r  mu^  baju  fortfd^reiten,  ba«  perfönlid^e  93erl^ältni^  be^SKenfd^en  fo  ju 
benfen,  bafe  auc^  ber  2;obe^juftanb  il;m  alö  ein  3)urc^gangeftabium  jur  äJoHenbung  cin= 

26  georbnet  toirb,  unb  ba^  bie  3Jienjd^l^eit  barum  für  einen  bie  ©efc^id^te  abfc^liefeenben  Jag 
aufbelDa^rt  hjirb,  too  olle  SQSege  ©otte^  fic^  bor  i^r  rec^)tfcrtigen,  toie  fie  e^  in  inbibi- 
bueß  unb  jeitlic^  befd^ränften  ^rälubien  erlebt  unb  barauf  l^in  geglaubt  f)at. 

4.  3)ie  ben  2)ialog  umra^menbe  ßrjä^lung.    3tber  toie  follen  toir  un^  ben 
eflatanten  gall  benfen,  ber  geeignet  ift,  ben  altt)äterlic^en,  ba^  irrationale  3Dogma  t)on  ber  Se= 

90  enbigung  ber  3tngel^örigfeit  be^  3Henf4en  an  ©ott  burc^  ben  3:ob  mit  fi^  fü^renben  ©lauben 
JU  erfc^üttem,  unb  jum  Sangen  nac^  trofttootterer  SDSa^^eit  ju  reijenV  Offenbar  am 
beften  fo,  ba^  ein  ejemjjlarifc^er  S3efenner  biefed  ©lauben^,  beffen  2Banbel  in  ©otteefurd^t, 
in  ftttlid^er  (Selbftguc^t,  in  ®erec(^tigfeit  unb  ä3arm^er;igfeit  allgemein  befannt  unb  i^m 
felbft  h)ie  allen  anberen  burd^  ftet^  ftc^  gleidf^bleibenben  Segen  bed  ©rge^enö  göttlich   be= 

36  Jfötigt  ift,  plö^lid^  burd^  eine  auffallenbe  Häufung  ungetoö^nlid^er,  fid^  aU  birette  göttliche 
Ser^ängniffe  barfteHenber  Äataftrop^en  aller  feiner,  auc^  ber  bem  §ergen  teuerften  ©lüd^^ 
guter  graufam  beraubt  toirb;  toenn  eben  berfelbe,  nac^bem  er  in  bemütiger  Selbft^ 
bejc^eibung  [xi)  unter  bie  gehjaltige  §anb  ©ottei^  unb  i^re  ©erläge  gebeugt  l^ot,  h)ie  jum 
So^ne  bafür  plö^lic^  bon  einer  quafooHen  unb  efel^aften,  unj^eilbaren  unb  ju  einem  ent=: 

40  fe^lic^en  iobe  fü^renben  ßranf^eit  befallen  mirb,  bie  aU  eine  ©otte^ftrafe  gilt  unb  bie 
man  bem  93erfluc()ten  antoünfc^t.  fflenn  bann  enblic^  berfelbe  ©laube,  ben  er  mit  SßJort 
unb  ffianbcl  befannt  ^nt,  um  biefe^  feineö  Sc^idfal^  toillen  gegen  ij^n  auftritt,  i^n  al^ 
))raftif^en  SHenegaten  auflagt,  auf  bie  Wolter  legt  unb  fid^  anjt^idt,  i^n  ben  flammen  ber 
menfc^Uc^en  aSerbammung  alö   einer  Jjflic^tmä^igen  Seftätigung  be«  göttlichen  Urteile  ju 

46  übergeben.  Xamx  fommt  in  ber  Seele  ber  ©laube,  ber  boc^  gelebt  unb  ate  SBal^r^eit 
erfahren  toorben  ift,  in  Äonflift  mit  ber  unaufgebbaren  inbiöibuellen  fittlic^en  Selbft- 
getoi^l^eit,  ol^ne  bie  er  felbft  nic^t  SBal^r^eit  h)äre;  eö  ergebt  fic^  ein  Äampf  ber  ©efü^lc 
unb  ber  ©ebanfen,  in  h)eld;em  ber  ©laube,  fofem  er  ^raftifc^c  SBal^r^cit  ift,  ftc^  jmar 
be^auj)ten  mag,  aber  ba^  ©emanb  ber  tl^eoretijd^en  Äonfequenjen  ober  §ilfeborfteUungen, 

60  ba^  er  bi^l^er  getragen,  ber  3^^f^^""9  P^ci^Ö^^^"  ^^'^  T^^  au^i^^cn  laffen  mu^,  um  ein 
beffere^  ju  fuci^en.  3)enn  nic^t  ber  ©laube  felbft,  fonbem  bie  Sc^ranfen  unb  bie  ^^«l^ler 
feiner  bogmatijc^en  g-affung  haaren  ^,  bie  unter  ber  3Ka«fc  be^  ©lauben^  bie  inbibibueHe 
fittlid^e  Selbftgetoi^l^eit  ju  bernic^ten  fuc^ten. 

^nbem  er  biegigur  be^^iob  erfann  —  benn  nac^  bem  alten  talmubifc^en  Spruc^ 

BßNin  Vw":  NbwN  ws-n:  wN^t  rrn  n::  (ßab.  bath.  15^)  ift  §iob  feine  ©eftalt  ber  ©cfc^id^te, 
fonbcrn  ber  bid^terifc^en  ©rfinbung  —  unb  il^m  in  einem  beftimmten  3Romcnte  feinet 
©rgcl^enö  bic^wunbe  jugefetlte,  fc^uf  er  bem  C^robleme  eine  ergreifenbc  ^jerfönlid^e  ©eftalt 
unb  ben  Slrgumenten  ju  feiner  Söfung  perfönlic^e  2:räger;  barum  ift  beibe«  hja^r,  ba^ 
bie  getüaltigfte  ßrregung  bc^  inneren  Seben^  in  bem  gelben  ber  §anblung  bor  un^  bo^in^ 

60  flutet,  unb  auc^  ba^,  h)a^  2:^eoboruö  unb  §offmann   bon  ber  r^etorifc^en  3)cflamation 


^iob  lt5 

fa^en,  bic  bcn  Dialog  (^araltcririert.  2)enn  bcr  S^^tcllclt  fuc^jt  [;icr  im  aSäettbctocrb  ber 
Sntcrcffcntm  ein  auföegebcnc«  (Sjemi^el  au^mrec^nm ;  ^  ift  natürlich,  bafe  mit  r^ctorifd^en 
Slitteln  ber  eine  SJerfud^  ben  anbeten  nieoer^  ober  übertrunHjft.  316er  ba^  ?ßrobIcm  ift 
fein  rein  t^eoretijd^  aufgegebene^,  fonbem  eö  ^at  ^^eifc^  unb  Slut  angenommen,  e^  tritt 
in  ber  ©eftalt  ^\oH  auf  bie  93ül^ne,  ber  ficb  jelbft  gum  SWätfel  gelDorben  ift,  beffen  2ö*  6 
fung  er  fudf^en  mu^,  um  ftd^  in  feinem  SBerte  ju  bc^au)jten,  unb  ba«  feine  greunbe  unb 
©lauben^enojfen  in  bem  SenjufetWn  ju  entziffern  fuc^en,  bafe  c^  fic^  um  Seben  unb  %o\> 
^nbelt,  toeil  um  bie  Jrage,  ob  fic  bon  ®ott  rid^tig  ober  bcrle^rt  reben. 

SBer  bie  organifc^e  SSerbinbung  ber  fieben  Jage  be^  Siebend  mit  ben  fieben  Jagen 
bed  @^h)eigen^,  in  bie  bie  er^äl^knbe  @inleitung  ausläuft,  ertannt  unb  bie  Überzeugung  lo 
gewonnen  \)at,  ba^  nur  bie  gigur  unb  ba«  ©c^icffal  §iob«,  toie  fie  in  Ä.  1  unb  2  ge- 
jei(^net  fmb,  ben  Slnlafe  ju  ber  ©cbanfenbeloegung,  hjeldt^c  bie  eigentliche  §anblung  bilben, 
gegeben  ^aben  fönnen,  toirb  l^üben  unb  brüben  bie  ©d;ö^fung  ciiie^  unb  beöjelben  ^ii)- 
terd  fe^en  unb  bie  Serfuc^e  für  t^öridf^t  galten,  bie  man  gemad^t  ^at,  um  bie  Sieben  für 
fid^  unb  al^  bag  SQäerl  cine^  anberen  3Kanne^  ju  berfte^en,  aU  ber  3?erf.  ber  Einleitung  i6 
toar.  Unter  i^nen  l^at  ncucrbing^  äJerbrcitung  gefunbcn  bie  3tnna|^me,  bie  gefd^ic^tli^en 
Xeile  Ä.  1  unb  2  unb  in  Ä.  42  feien  bie  Überbleibjel  eine«  felbftftänbigen  „äJolföbu(^e«". 
S^iefe  ©ntbedung  ](i)im  fo  neu  unb  intereffant,  bafe  bie  ännal^me  fidb  unt)erjel^en«  in  eine 
fonfeete  litterarifd^e  J^atfac^e  umtoanbelte,  auf  bie  man  anbere  annahmen  bauen  fonnte. 
3Ran  ifoi  \d)on  gefragt,  h)ie  ba«  ©tüdf  too^l  au^efel;en  l)abi,  ba«  ber  bic^terifc^e  33e«  20 
arbeitet  jtoijd^en  Ä.  2  unb  42  toegbradfi,  um  e«  burc^  feine  freie,  überaus  toertboHere 
ßrftnbung,  nämlid^  burc^  bie  langen  SReben  ber  3DJen}d{ien  unb  ^ai}t>^  ju  erfe^en,  unb  l}at 
barin  ben  ©egenfa^  alter  bolfetümlic^er  unb  mobemer  gcbilbeter  S)enfrt)cife  geh)ittert.  SJlan 
hat  bem  SSolitebuc^e  feine  l^iftorifd^e  Stelle  in  bcr  altt.  Sittcratur  angeh)iefen  unb  ju  fagen 
getoufet,  ba^  ejedf^iel  c«  fd^on  unb  noc^  gcfannt  l^abe,  bafe  al)o  ber  2)id^ter  bc«  S^ialoge«  25 
in  bic  3^'i  ^i"^^  ßjed^iel  gehöre.  3"^^^^»^  "^w  ift  biefe  anfielt  nic^t.  Sieben  ^Pfeubo^ 
Origene«,  ber  umgefel^rt  bie  Sieben  für  älter  ate  ben  bon  3)lofe  gejc^riebenen  ^rolog  ^ielt, 
nenne  ic^  I^eoboru«,  auf  beffen  3tutorität  hja^rfc^einlic^  S"*^^^^"^  ^^"^  ^^^^^  i^^"^  ©teile 
unter  ben  l[^iftorifd^en  unb  unter  ben  Suchern  mediae  autoritatis  angeh)iefen  f)at  @r 
fc^eibet  bie  ^iftorifc^e  internationaler  SJcrbrcitung  ftc^  erfreuenbe  ßrgä^tung  bon  bem  so 
geredE^ten  $iob  (MSG  66,  p.  697  unb  698)  auf«  fc^ärffte  t)on  ben  Sieben,  bie  ein 
e^getgiger  r^etorifc^er  Sitterat  erfonnen,  unb  mit  bencn  toie  mit  anberen  ^ufö^en  er 
ben  gerechten  §iob  öerune^rt  unb  bie  einfache  historiam  secundum  divinae  S.  et  sim- 
plicitatem  et  subtilitatem  propositam  burd^  verba  superflua  et  ad  probationem 
coDficta  uneingebenf  ber  multa  differentia  gtt)ifc^cn  bcibcn  total  öerl^ungt  ^abc.  SBie  35 
tonnte  bcr  lüirüic^e  $iob  bie  unfmnigcn  ^lüc^e  Ä.  3  au^f^jrec^en,  ober  ©Ott  folc^c  aben- 
teuerliche Sieben  über  bie  ffiaffcrbcftien  l^alten ''!  Ober  toic  tonnte  §iob  feine  eine  Jo^ter 
nac^  bcr  3i^9^Ämme  be«  ^m^  „ba«  §orn  ber  älmaltl^ea"  nennen  V  3)icfe«  Öeifjjiel 
bch>eife,  ba^  er  bei  ben  j[)eibnifc^en  3)icl)tcm  in  bic  ©dj^utc  gegangen  unb  be«  SBiHen«  ge^ 
tDorbcn  fei,  e«  i^nen  gleich  gu  t^un.  3)a«  tann  ic^  berfte^cn.  3)agegen  ba«  nid^t,  toie  40 
man  bon  einer  richtigen  SBürbigung  ber  Sieben  au«  bcn  ^^Jrolog  für  cthja«  anbcr«  galten 
tann,  al«  für  ba«  notmcnbigc  Söcrt  bcefclben  2*ic^ter«.  2)cnn  formcH  offenbart  bcr 
SgcncntDCc^fel  jtoifc^cn  .^immcl  unb  6rbc,  bic  SJcrgcgcntoärtigung  bc«  bcn  ßrcigniffen 
t)orangel[^cnben  ^eimlic^eri  göttlichen  Slatc«  unb  bc6  it;ncn  folgcnben  3Scrl^altcn«  bc« 
SRcnjd^en  biefclbc  bramatif^e  Äunft,  wk  ber  2)ialoo.  5)urc^  bic  SJlonotonie  in  bcr  46 
SBicbcr^olung  ber  bier  Unglücf«fällc  burc^  bic  S3otcn  (1,  13  ff.),  in  1,  6  ^  2,  1,  in  bcr 
Siebe  Satan«  1,  11  =  2,  5;  1,  7  =  2,  2,  burd^  bic  fc^cmatifd^cn,  in  fcftcr  ^^Jropor^ 
tion  gu  cinanber  ftc^cnbcn  ^ahUn  für  bic  ölücf«gütcr  §iob«,  burc^  i^rc  2)iultiplifation 
mit  2  bei  feiner  SBiebcr^crftcUung  gicbt  er  bcutlid;  gu  crtomcn,  bafe  er  bic  gigur  eine« 
Vc^  geic^ne ;  unb  bie  6infül?rung  bc«  2efcr«  in  bic  l^immlifct^cn  Sgcncn  fc§t,  mie  ber  w 
euri^jibeifc^e  SDramenprolog,  ibu  in  bcn  Stanb,  für  fic^  fclbft  bic  i^crhjictclung  t)on  l^öl^ercm 
®efic^t«^)untte  au«  gu  übcrfc^aucn  unb  guglcic^  ba«  h)a^rl;aftc,  in  gurc^t  unb3Kitlcib  bc- 
ftc^^e,  tragifc^e  SRitgcfü^l  mit  bem  in  Untcnntni«  bc«  göttlichen  Slatc«  Icibcnbcn,  ringen^ 
bcn,  trrenben  gelben  gu  crgcigcn.  6«  ift  bod^  eine  ftartc  Zumutung,  ba^  toir  glauben 
foDcn,  ba«  fei  nic^t  bic  ^Vorbereitung  auf  bic  un«  jcfet  borliegcnbc  .§anbtung,  gu  bcr  66 
jie  unentbe^rlid^  ift  unb  Jja^t,  fonbem  gu  einem  angeblich  hjcggcbroct^cnen  unb  abfolut 
unbetanntcn  Stücte  bc«  ^Vpotbetifc^cn  ^l>olt«6uc^c«.  Gntfprid;t  e«  uid^t  bcr  oben  gegebenen, 
ou«  ben  Sieben  gefd^ö^jften  Stijgc  t)on  bcr  Stcligion  .C^iob«  unb  feiner  greunbc  al«  einer 
bcr  t«raelitifd^en  eng  bcrhjanbtcn,  unb  boc^  ioeit  unter  i^r  ftc^enbcn,  locnn  bcr  bcn 
3a^tjc  bcfcnnenbe  i«raelitifd^e  2)ic^tcr  bcn  §iob  unb  feine  greunbe  al«  ©bomitcr  borfteüt,  go 

8* 


116  $tob 

ate  ängc^örigc  einc^  Solfc^,  befjen  Sl^n^crr  ein  33rubcr  '^citob^  unb,  Wk  '^atob,  ein 
@rbe  ätbral^am^  unb  feinet  SWeligion,  nur  ol^ne  bie  auf  gafob  befc^ränltc  fpejielle 
©otte^berJ^eifeung  über  bie  S^fwnft  mar,  unb  ba^  ber  §elb  toie  ein  §trtenfürft  erfd^eint,  ber 
ba«  Seben  ber  ßrjbäter  fortfe^t?  2ln  einem  fol(^en  gelben  allein  fonnte  ber  2)i(^ter 
6  jeigen,  bafe  bie  aufrichtige  ©otteöfurc^t  aufeerl^alb  ^^^raeU  unbetou^t  nac^  ber  in  Si^'^ö^^l 
ertoadflfenen  ßrlenntni^  aU  nad)  i^rer  SJoHenbung  tafle  unb  lange,  ober  ba^  biefe  2ln= 
fnüt)fung^))unfte  unb  offene  ©teilen  in  jener  finbe,  gleic^toie  bie  Stpologetai  feit  2^ertutlian 
ein  ^iofitibe^  3?er^ältni«  ber  c^riftlid^en  Dffenbarung^ma^r^eit  ju  ber  fd^ö^jfung^mä^igen 
anläge  be«  üHenfc^engeifte^  nac^getoiefen  unb  bamit  ben  ®ert   jener  um  fo  gemiffer  ge= 

10  mad^t  l^aben.  Slber  aui)  einzelne  ^ü^^,  Wie  ba^  ©ül^no^fer  |)iob^  unb  feiner  fiinber 
(1,  5),  bie  fd^roffe  3w^rf*^^fwng  be^  SJerlangen^  feiner  grau,  er  foHe  unter  |)o^n  gegen 
©Ott  burd^Selbftmorb  fid^  bem  Slllgetoaltigen  entjie^en  unb  feine  n)citeren  ^enfereabfid^ten 
vereiteln  (2,  9),  laffen  fid^  nur  barauö  erflären,  ba^  $iob  nac^^er  mit  Srlec^t  foU  fagen 
fönnen,  er  fei  lein  ©otte^berleugner  (6,  10;  13,  16;  23,  11  f.)  unb  »ilbab  nur  mit  Um 

16  rec^t,  ba^  fotoeit  eö  fic^  um  feine  Äinber  l^anblc,  i^r  3:ob  berbiente  ©träfe  i^re^  ^ebeU 
fei  (8,  4). 

®en  §au})tanla^  jur  Slnna^me  eine«  älteren  SJoltebuc^e^  fc^eint  mir  bie  gigur  beö 
©atan^  gegeben  ju  ^aben,  bie  man  mit  bem  2^eufel  gelDiffcr  beutfc^er  ©agen  jufammen= 
[teilte,  unb  be^^alb  für  eine  bem  SJolf  befonber^   ergö^lid^e  ^l^antafiegeftalt  anfal;;   benn 

20  bann  bot  fic^  Don  felbft  ber  ©c^lu^  bar,  bafe  loie  ©oet^e  na6)  bem  SSorgange  älterer 
3)ic^ter  au^  bem  SBuc^e  Dom  35o!tor  gauftug  feinen  %au\i  ^ergefteßt  ^at,  fo  auc^  bem 
^id^ter  unfere^  Suc^e^  ein  SJolföbud^  bom  Kampfe  &xoM  mit  bem  leufel  baö  SKaterial 
für  fein  SQSerf,  inöbefonbere  bie  Unterlage  für  bie  ©c^affung  feinet  rebnerifd^^en  3lbfc^nittei^ 
geliefert  ^abc.  Seiber  trifft  bie  2lnalogie  gar  nic^t  ju.  3)enn  |)iob  unb  feine  ^eunbe  Joiffen 

26  bon  einem  ©atan  gar  nid^tg,  unb  ber  .§elb  l^at  gar  fein  8eh?ufetfein  baöon,  ba^  er 
gegen  ©atan  ^u  fämj)fen  unb  burc^  fein  3?erl^alten  jenem  ben  Säftermunb  ju  fdj^liefeen 
^(Ae,  ©Ott  felbft  fämjjft  gegen  §iob,  geioi^  geredf^t  —  fo  meinen  bie  greunbe  —  graufam,  o^ne 
giltigen  9ted(|t^runb  —  f o  meint  §iob.  2)ie  Vorgänge  in  ber  ^immlifd{icn  Stateüerfammlung 
©otte^,  unb  beßl^alb  aud^  bie  %'\QVix  ©atan^,  h)el(|e  allein  in  ben  proj^^etifd^^en  35ifionen 

aober  i^ra clitif 4 en ©ei^cr,  h)ie3)iidfia  ben  Simla,3iefaja  unb ©adf^arjai^r Slnalogon  ^aben, 
fmb  i^nen  t)erborgen;  ber  barin  au^e})rägte  ©ebanfe,  ba^©ott  bieSef^ic^te  be^  3Jlenfd()en 
mit  9lücffid^t  auf  bie  SBelt  ber  ©cifter  über  il^m  unb  auf  bie  Äreatur  unter  i^m  rat^ 
fd^lu^mä^ig  leitet,  biefe  im  2t  toie  im  9KE  bezeugte  ©rlenntni^  gel^ört  eben  ju  ber  3Q3elt= 
anfd^auung  be^  i^raelitifd^^en  SDic^ter^  unb  ju  ben  c^arafteriftif^en  Ü){erf malen,  burc^  bie 

86  fie  fid^  Don  ber  feinet  gelben  ate  bie  ^ö^ere  unterfc^eibef.  9S^t  ein  3Solfebuc^,  ettoa  gar 
ein  ebomitifc^e^,  fonbem  bie  nad^benJlic^e  ©rtoägung  ber  in  ^^xad  lebenben  Offenbarung^- 
erlenntni^  ^at  ben  3)i(^ter  in  ben  ©tanb  gefegt,  ben  §iob  ju  erfc^affen  unb  fein  ©c^iidfal 
für  ben  Sefer  hmi)  bie  Vorgänge  im  §immel  in  bie  redete  Selcu^tung  ju  fteHen.  ^ene 
l)at  fofort  ben  ))erfönlid^en  2lnfang  aller  2Renfc^engefc^id{|te  in  9tb^ängig!eit  Don  bem  gött= 

40  liefen  State  geftellt.  3tuf  einen  im  göttlid^en  diaU  gefaxten  Sefc^lu^  (©en.  1,  25)  ge^t 
bie  ©rfd^affung  be«  3Rtt\\i)m  ate  be^  gotte^bilblic^en  ßrben^errn  jurüdt,  auf  einen  cbm 
fold^en  (©en  3,  22)  bie  Vertreibung  beö  fünbig  getüorbenen  au^  bem  ©otte^arten.  2lber 
Slbam  ift  ni^t  blofe  ber  ©tammtoater  ber  natürlid^en  3)Jenfd{i^eit  unb  alö  folc^er  ein 
%\^pn^  be^  anberen  3lbam«,  G^riftu^,  fonbem  er  ift  nac^  bemfelben  ?ßaulu^  aud^  ein  33or= 

46  bilb  jebe^  einzelnen  3Kenfd^en,  ber  burc^  bie  ©ünbe  mittelft  ber  S3egierbc  um  ba^  ©lücf 
feinet Seben^  betrogen  h)irb.  Slbam  l^at  bie 3?erfuc^ung  burc^  ba^®lücf  nic^t  beftanben 
unb  ift  ber  3"^^^9"^Ö  ^"^^  ^^^  Unglürf  herfallen.  SJerfuc^t  lourbe  er,  inbem  er  an^ 
geleitet  tourbe,  fein  ©lud  aU  ein  angeborene^  Siedet  ju  betrachten,  unb  nid;t  aU  ein  reinem 
©efd^en!  ber  juDorfommcnben  ©üte  feine«  ©c^öj)fer«,  unb  barum  bie  ©d^ranfen  beefelben 

60  aU  eine  n)illfürlid^e  Drbnung,  bie  bie  neibifc^e  ©iferfud^t  einer  nur  auf  fic^  bebad^ten 
2)e^potie  gefegt  l}abc.  ^Ran  fann  nic^t  uml^in,  biefem  3lbam  ben  $iob  gegenüberjufteUen, 
ber  angefid^t«  be«  3Serlufte«  aller  feiner  ©lüd^güter  befennt,  ba^  er  nadt  unb  abfolut  rec^^tlo« 
in  bie  SBelt  getreten  fei,  ba^  ©otte«  freie  ©üte  i^m  aü^  gcf^enft,  unb  bafe  ©Ott  nur 
\)on  feinem  ©d^öpf errec^te  ©ebrauc^  gemad;t  l;abe,  n)enn  er  e«  i^m  h)ieber  na^m  (1,  21). 

66  §iob  ift  alfo  ba«  pofitibe  ©eitenftüd  ju  3lbam ;  bie  SJerfuc^ung  burc^  ba«  ©lud  ift  i^m 
feine  geU^efen;  biefe^  ^at  in  il;m  bie  Öegierbe  nic^t  gu  erzeugen  Dermod^t,  bie  über  ba« 
3Ra6  be«  t)on  ©ott  ©eftattetcn  ^inau«  miß  (Dgl.  K.  31).  Unb  mä^renb  Sbam  auf  bie 
©timme  feine«  lüftem  geworbenen  SiScibe«  ^örte,  um  bie  ©timme  ©otte«  ^u  bergeffen,  l^at 
$iob  fic^  burc^  bie  ©timme  feine«  Derjmeifelnben  3Beibe«  nic^t  herleiten  laffen,    bie  eben 

60  bejeic^nete  ©teßung  ^u  ©Ott  aufzugeben  (2,  10).    2)a^  aber  3lbam  fiel,   \oai  bie  Scr- 


^iob  117 

toirllicbunö  ber  5l6ft(^t  bcr  Kftigen  ©d^Iongc,  hjelc^c  bcm  SRmfd^cn  burd^  i^en  ä^fP'^"^ 
ben  gütigen  Schöpfer  ai^  einen  neibifdf^en  unb  auf  feine  ^rit)ilegten  eifetfü^tigen  2^^rannen 
öDtgegaufelt  ^atte.  2)arin  betüie^  [xt  [xi)  aU  ben  SBiberfadf^er  Ootte«  unb  be^  2Renfd^en, 
toeld^er  ©Ott  bie  JV'fCwbe  an  bem  3Renfd^en  alö  bem  gelungenen  ä^bfc^Iufe  feiner  ©d^ö^Jfung 
t>erber6en  hjiH.  ittan  broud^t  nur  ben  ©atan  be^  Suc^e«  §iob  baneben  ju  galten,  ber  5 
bem  3a^De  bie  greube  an  feinem  frommen  nic^t  gönnt  unb  biefen  baburc^  ju  g^H  ju 
bringen  fuc^t,  bo^  er  i^m  ftatt  h^  gütigen  unb  geredeten  SKenfd^engotte«,  an  ben  er 
geglaubt,  ba^93ilb  eine«  launenl^aften  unb  graufamen  2^t;rannen  bor  bie  äugen  malt,  um 
JU  erfennen,  tool^er  ber  2)id^ter  ben  ©atan  unb  feine  SRoHe  in  bem  l^immlifd^en  dlaU  ge^ 
fd^öj)ft  ^at.  6«  bcbarf  nur  einer  geringen  Überlegung,  um  bem,  hja«  nad)  ®en  2—3  10 
auf  Erben  [xi)  ereignet  ^at,  eine  ^immlij^e  ©cene  boranjubenfen,  in  ber  (Sott  fagt:  fie^e, 
i(^  fyibt  bem  Slbam  gottgleid^e  §crrlid^feit  gefd^enft,  unb  er  banft  mir,  inbem  er  ftd^  ge^ 
^orfam  in  ben  ©d^ranfen  meiner  Crbnung  bält;  in  ber  ber  Batan  antwortet:  hjie  foute 
er  h}ol[^l  anber«,  ba  er  nur  beine  ©timme  gehört  l^at,  bie  i^n  für  bie  Überfd^^reitung  beiner 
Crbnung  mit  bem  2^obe  bebro^te  ?  2a^  ilin  einmal  eine  ©timme  l^örcn,  bie  i^n  in  bie  16 
entgegengefe^te  9tid{|tung  lodft,  ob  er  nic^t  beiner  unb  beiner  Drbnung  bergeffen  h)irb, 
unb  in  ber  bann  (Sott  fagt:  e«  fei  bir  ber  Serfuc^  geftattet,  nur  ^üte  bic^  jener  ©timme 
ben  Älang  meiner  ©timme  ju  geben,  al«  ob  id^  ba«  ®ebot  hjiberriefe,  ba«  id^  i^m  ju 
^ören  gegeben,  auf  alle  gäHe  iourjelt  bie  gro^artiae  unb  gar  nid^t  t)olf«mä^ige  Slm 
fc^ouung,  bafe  (Sötte«  nolvnoixdog  aocpla  in  ber  Seitung  be«  SBeltlaufe«  auf  bie  DoH^  20 
fommcn  gerec^fte  3Kenfd^^eit  ge^e,  um  ba«  S33erf  ber  3Kenfq>enfd^ö^)fung  bor  ben  (Seiftem 
p  rechtfertigen,  bie  i^m  bei  ber  §erborbringung  ber  ffielt  behjunbemb  lufc^auten  (38, 7), 
in  ber  Offenbarung,  au«  ber  toir  ®en  1—3  ju  begreifen  ^aben;  be«glei(^en  bie  babon 
unzertrennliche  eine«  großen  ^rojcffe«  jtoifd^en  ®ott  unb  ©atan,  in  melc^em  biefem  Der^ 
ftottet  ift,  ®ott  ber  $arteilid^feit  ju  berbäc^tigen,  toeil  er  burd^  nod^  unberbiente  ®aben  25 
ben  ÜKenfd^en  für  fid^  ju  geh)innen  fud^^t  (9tbam),  toeil  er  ben  au«gejeic^neten  kommen 
burc^  ein  au«gejeic^nete«  ®lüdf  Dor  ben  £eiben«Derfuc^ungen  betüa^rt,  bie  er  ioi)  über 
anbcre  3Renfc^en  fommen  läfet  ($iob),  toeil  er  enblid^  unter  3wt>^wi^Ö  f^"^^  ©ünbe  ben 
3Wenfd{ien  au«  berbientem  Serberben  rettet  unb  in  einen  neuen  Slnfang  fteUt,  h)ie  hjenn 
ein  angebrannte«  ©d^eit  au«  bem  ^euer  gebogen  toirb  (3|ofua  in  ©ad^  3),  unb  too  ®ott  so 
feine  Un})arteilic^eit  barin  erzeigen  mufe,  bafe  er  bem  ©atan  geftattet,  feinen  9led^t«fd^ein 
bur^  feine  Äünfte  ju  rcalifieren,  um  bod^  }d()lie^lid{i  befc^ämt  gu  toerftummen.  öat  aber 
ber  2)i(^ter  im  ®ebanfen  an  3lbam,  ben  burc^  bie  ©d^meid^eleien  be«  ©atan«  ben  35ers 
fud^ungen  be«  ®lüdfe«  ertegenen  SReufd^ent^tJu«  (benn  nad^  31,  33  fennt  er  fogarälbam« 
geigenblatt  unb  fein  befc^önigenbe«  Seugnen),  bie  ®eftalt  be«  §iob  gefc^affen  al«  ben  86 
%)ifpn^  be«  im  ®lücfe  betüä^rten,  toom  Satan  beneibeten  unb  angefcinbeten  unb  barum 
buni^  ba«Unglücf  gu  Derfuc^enben  3Kenfc^en,  fo  berftel^en  h)ir  auc|,  bafe  er  feinen  Reiben 
nicbt  h)ie  feine  ^^eunbe  nad^  feinem  ®efc^led{|te,  fonbem  mit  einem  9iamen  bon  appeHa^ 
tit)if(^er  3)urd^fi^tigleit  bejeid^net,  ber  au«  ber  ®efd^ic^te  Slbam«  gefc^öpft  ift.  B(i)on  ber 
Xalmub  (Bab.  bathr.  16*;  Nid.  52»)  tüeife,  ba^  :="i^ö<  ber  ®cgen))ol  ju  ^s^''«  ift;  ® Ott  40 
bejubelt  ben  §iob  tüie  feinen  =1'^''«  (13,  24,  t)gl.  19,  11),  ber  er  bod^  nid^t  ift.  Slber 
ber  Sefer  iDeife  au«  bem  Prologe,  ba^  nid^t  ^einbfd[)aft  ®otte«,  fonbem  bie  be«  Batan^ 
in  bem  ©c^idfal  gum  3tu«brudf  fommt,  ba«  il^n  umfangen  l^ält ;  ^iob  ift  ber  Slngefeinbete 
^tan«,  an  i^m  fann  man  in  concreto  fehen,  loa«  bie  geinbfd^aft  ©atan«  jutoege 
bringt.  SEBenn  man  ermägt,  bafe  ®en  3  bie  ®efc^ic^te  be«  SD3eibe«famen«  unter  ben  ®es  45 
ft(^t«j)unft  ber  J^^^^  gtüifc^en  il;m  unb  ber  ©d^lange  geftcHt  h)irb,  tüctc^e  fc^lie^lidf)  tro^ 
oller  3Serh)unbung  be«  5Wenfdf)cn  mit  ber  3wfd(?metterung  ber  ©erlange  enben  foH  (v.  15), 
fo  gab  e«  für  ben  Reiben  unfere«  Suc^e«,  meld^er  tgp^d)  biefe  "7^^  getragen  unb  tro$ 
aller  SBunben  ficgreic^  barau«  l?ert)orgegangen  ift,  feinen  fignififanteren  9Jamen  al«  ben 
öon  berfelben  SBur^el  abgeleiteten  ^1^^.  Um  ber  übrigen  9iamen  toiHen,  bie  fo  nic^t  ju  60 
begreifen  finb,  eine  3}olf«fage  ober  ein  SSolfebuc^  anjunebmen,  ba«  toäre  gerabe  fo  be? 
re^tigt,  toie  hjenn  einer  ben  Umftanb,  bafe  ^^\u^  ben  5Reid)en,  in  beffen  ©eele  h)ir  bod^ 
^incinfe^en,  jikovoioo  ng,  bagegen  benSlrmen,  beffen  ©eele  un«  Derfc^Ioffen  bleibt,  (Stea* 
jor  genannt  i^ai,  au«  bem  @ebraud)e  einer  ©cfc^id^te  be«  Sajaru«  erflären  tüoHte. 

5.  3)  i  e  31  b  f  i  d^  t.  3ft  «b^  ber  er5äl^lung«ral^men  ganj  unb  gar  bie  planboHe  (Srfinbung  66 
unfere«  Siebter«,  fo  mufe  man  auc^  Icbigtid)  il^m  cntnef)men  toa«  er  h)itl.  ^d)  l^alte  e«  für 
t>erlel^,  toie  3)elifefc^  in  bcr  2. 9lufl.  ber  St®  nacb  ber  Sibel  ein  ©c^ema  ber  Seiben  auf jufteHen, 
bie  ®ott  über  ben  uRenfdben  fommen  läfet,  unb  ju  fragen :  ift  ba«  Seiben  .^iob«  ein  ©trafs,  ein 
3flc^tigung«',  ein  ^riifung«letben,  unb  h)a«  n)itl  bcr  Siebter  barüber  lehren  '■  2)enn  bie  ©renken 
fliegen  in  einanber,  unb  jotoic  bcr  Prolog  ®otte  ba«  aßiffen  um  .^iob«  Sauterfeit  beilegt  unb  go 


118  $tob 

bem  Satan  bcn  ^^^^^f^"'  lönntc  man  bteltiic^r  jagen,  ba«  Selben  §iob^  \)at  feinen  ®runb 
barin,  ba^  ®ott  i^n  aU  jütdQxvg  gebraud^cn  toiH,  um  ben  Satan  feiner  Süge  unb  feiner 
Dl^nmaci^t  ju  überführen,  er  leibet  toie  ein  SKärti^rer  um  (Sottet  toitten  unb  j^u  (Sottet 
Sobe  (bgl.  Subbe).  3lo6)  tounberlic^er  ift  e^,  toenn  man  im  S5uc^e  Äiob  bie  ^agc  bejaht 

6  pnbet,  ob  e«  ,,Iol^nIofe  g^ömmigleit"  gebe.  SBir  glauben  ber  SBal^r|eit,  toeil  fie  unferen 
®eift  befriebigt,  aber  toir  fc^eibcn  biefe  Sefriebigung  nid^t  afö  feine  Selol^nung  bon  bem 
SJer^alten  be^  ®lauben«  an  fie ;  fie  ift  bielmel^r  bie  lebcnbige  SBirlung  ber  SBa^rl^eit  f elbft, 
unb  niemanb  glaubt  an  ci\t>a^  al«  toa^r,  o^ne  ba|  e^  i^n  bcfrtebigt.  SBir  glauben  an 
®ott,  toeil  un«  ber  ®laube  befeligt ;  bie  Seligfeit  ift  nic^t  ber  ßo^n  be«;  ®lauben«,  fon- 

10  bem  ift  bie  lebenbige  SBirfung  bed  im  ®lauben  erfaßten  ®otte^  felbft,  benn  in  feinem 
SSegriffe  liegt  biefe^,  ba^  er  ha^  feligmac^enbe  ®ut  für  ben  3Renfcl^en  ift.  6«  ift  bie 
größte  I^I^or^eit  bon  einer  unintereffiertenSfrömmtgleit  ju  f^jret^en,  ba  fie  bod^  bie  SBSa^r- 
nel^mung  be«  l^öc^ftcn  ^"tereffe^  ber  bon®ott  unb  ju  ®ott  gefd^affenen  Seele  ift.  9iic^t 
nac^  feinen  t)erlorenen  Sd^afen  unb  Äameelen  berlongt  §iob,    ol^  nac^  bem   fc^ulbigen 

Iß  So^ne  für  feine  ^ömmigfeit,  fonbem  nac^  ber  ®etoife|eit,  einen  gnäbigen  ®ott  ju  l^aben, 
b.  1^.  nac^  bem  lüol^ren  ®ott,  beffen  ®eftnnung  geaen  $iob  ber  ^rolog  jeid^net;  jene  ift 
\i)m  erfc^üttert,  toeil  er  nur  3»tn  bon  ®ott  ju  erfahren  glaubt.  2lu^  ba^  ift  toerfel^rt, 
h)enn  man  ba^  S3uc^  $iob  atö  eine  @ta^)J)c  in  bem  ®ebanIcnt)roje^  begreifen  to'xü,  ber 
burc^  bie  ?ßrop^etie  angeregt,   bie  angeblidfie  ftarre  SJergeltung^le^re  be«  312;«  ober  be^ 

20  alten  ^^rael^  }u  ertveic^en  ober  ju  bred^en  gefud^t  l^abe.  2)er  ^id^ter  l^at  $iob  au^er^ 
^alb  bc^  ®ebiete«  be«  göttlidf^en  SBerl^ei^ung^toorteö  gcbat^t,  in  toeldf^em  er  felbft  mit 
feinen  Sefem  fte^t,  auf  einer  Sleligionefftufe,  too  ber  lebenbige  ®otte^laubc  be^  3"^ibi- 
buum^  bie  Stufen  feiner  Selbftgetoi^^eit  in  ben  ©rfai^rungen  beö  bon  ®ott  geleniten 
finnlid^  toa^mel^mbaren  SBeltlauf e«  fu^te,  unb  ber  S3lidf  über  ben  Job  nid^t  ^inau«reid{|te. 

26  gben  barum  fagt  Satan  fofort,  bie  ®otteöfurc^t  $iob^  fei  ni(^t  afö  bie  fittlid^e  2^^at 
freier  Selbftunterorbnung  be«  ®efc^öpfed  unter  ben  urbilblic^en  Schöpfer  ertoiefen.  2)ie 
bon  ben  SSätem  überlommene  unb  ol^  Jltugl^eit  emt)fol^lene  Seben^form  \)abt  er  beobad^tet 
unb  burd^  aufterorbentlid^e  ®lücf^fügungen  ate  pxobai  beftätigt  bekommen.  Sobalb  ®ott 
bon  feinem  abfoluten  S^öpferrec^te  toiber  i^n®ebrauc^  mac^e  unb  julaffe,  bafe  bie  finn^ 

30  lic^e  ®eftalt  feinet  Sd^id^ate  feinem  ®lauben  h)iberfj)red{ie,  iDerbe  $iob  biefen  toie  einen 
eitlen  SBal^n  bon  fid^  tlj)un  unb  h)ie  einen  entbedten  35etrug  ®otte  bor  bie  %ü^z  toerfen. 
Slber  inbem  §iob  ®otte  bemütig  bie  6l^re  giebt,  afö  il^m  fein  Sefi^  geloaltfam  genommen 
ift,  unb,  al^  er  barauf  bon  ber  entfe^lic^en  firanfl^eit  gequält  h)irb,  fein  gegen  ®ott  em- 
pörte« 2Beib  toegen  il^rer  ®otte«leugnung  \i)\Ü  unb  ben  SBiBen  befunbet,  bon  ®ott  anä) 

36  ba«  Übel  ^innel^men  ju  trotten,  betoeift  er,  ba^  bie  ®otte«fur(^t  in  feinem  perfönlidf^en 
Innenleben  tourjelt  unb  bafe  er  fic^  nic^t  bon  tl^r  abbringen  laffen  toirb,  toa«  ®ott  and) 
über  il^n  toerl^ängen  möge.  SBäre  er  nun  geftorben,  fo  ißtt^  ®ott  ben  Satan  al«  über^ 
füj^rten  Sügner  fd^^elten  fönnen;  aber  für,öiob  felber  unb  feine  ®enoffen,  bie  nxd^t  in  ben 
§immel  l^ineinfa^en  unb  leine  §offnung  ber  äuferfte^ung  l^atten,   h)äre  ba«  ®nbe  §iob« 

40  ein  quälenbe«  SRätfcl  geblieben.  Unb  bod^  l^at  ber  2)ic^ter,  ber  ben  2^ob  §iob«  burc^ 
einen  befonberen  SJorbe^alt  ®otte«  (2,  6)  ber^inbert  toerben  lä^t,  fic^erlic^  zbcn  be«^alb 
auc^  ben  %aü  ben!en  tonnen,  ba^  ein  ^ommer  am  2lu«fa|c  bal^inftirbt.  2)amit  aud^ 
für  folc^e  %ä!Ht  bie  Seigre  unb  ber  2^roft  gelte,  bie  er  an  §iob  beranfc^auli(^tc,  ^at  er 
bie  Äranf^eit  feine«  §elben  al«  eine  fold^e  gejeic^net,  h)el(^e  nac^  beffen  eigener  @m))finbung 

46  unter  ben  peinlid^ften  Dualen  bem  borjeitigen  iobc  fidler  entgegenfül^rt  unb  nac^  menfc^^ 
lid^er  ©rfal^rung  unl^eilbar  ift.  ®er  franle  $iob  fül^lt  fid^  ol«  bem  Stachen  be«  Sobe« 
anheimgefallen.  6«  toürbe  alfo  nid^t  iDeiter  führen,  toenn  ber  SDic^ter  un«  nac^  ber  9lna- 
logic  ber  beiben  erften  eine  britte  Sjene  im  $immel  borfül^rte.  2)enn  Satan  toürbe  fagen : 
lieber  ein  lebenbiger  .'punb,  al«  ein  toter  Sötoe  (Äol^  9,  4),  rül^re  nur  einmal  fein  Scben 

60  an,  ob  er  bir  ni^t  flud^en  toirb !  2)enn  über  ben  2ob  ^inau«  gu  erjä^len  unb  bie  SBicber- 
l^erftcüung  au^  i^m  ju  beranfc^aulic^en,  h)äre  gegen  alte  bid^terifc^e  a(oq)Qoovvrj  getoefen. 
2)ie  3Säter  ber  ftatene  fagen  be«l^alb  mit  SRed^t,  ba«  SSerbot  an  ben  Satan,  §iob«  Seben 
JU  nel^men,  fei  be«^alb  ergangen,  bamit  ®ott  Slaum  bleibe  für  eine  bie«feitige  2Bieber= 
lerfteKung   feine«  ^ommen  bor  ber   allgemeinen  Sluferftel^ung.    äöieberum   eine  britte 

66  ^immel«fjcne  ein^^ufügen,  in  tDelc^er  bem  Satan  bie  jeittüeife  geftattete  3Ra(^t  über  ^iob 
burd;  feierliche«  Urteil  ioieber  entzogen  h)ürbe,  toar  abgefel^en  bon  bem  eben  ®efagten 
überflüffig,  h?eil  nac^  2,  3.  7  jeber  Sefer  imftanbe  toar,  in  ber  göttlichen  %i)at  ber 
fflieber^erftcUung  42,  10  ff.  ben  gefc^id^tlid^cn  SSoHjug  folc^en  Urteile«  ju  erfcnnen. 

6.  2)ie  organifci^e  5?erfnü})fung  be«  3)ialog«  mit  ber  ©rgä^lung.  3lber 

6«>  bie  i^erfud^ung  §iob«  ift  bamit  nic^t  jußnbe,  bafe  er  feinem  SBeibc  gegenüber  ba«3Kurren 


$iob  119 

gegen  ®ott  Don  [xd)  iDeift  unb  fxd)  in  ®ebulb  bem  göttlid^en  S^er^ängniö  unterwirft. 
Sei  ber  Autorität  be«  9Ranne^  gegenüber  bem  SBeibe  unb  ber  offenbaren  Unfrömmigfeit 
bc«  aCu^brud^e«  il^rer  SSerjtoeiflung  fonnte  biefe  93erfuc^ung  an  feiner  ©eele  nic^t  Soften 
unb  feine  ©ebanfen  unb  Sieben  beirren.  33icl  fc^tperer,  ja  ber  ®i^)fel  ber  SSerfud^jung  ift, 
ba^  i^m  SlutoritäteU;  h)ie  er  felber  eine  \oax,  Autoritäten  unb  Vertreter  beöfelben  ©lau*  6 
bcn^,  ben  auä)  er  befannt  unb  geteert  ^at,  nämlic^  feine  greunbe  burc^  fiebentägigcö 
©(^toeigen  ju  erlennen  geben,  ba|  iF^r  ©laube  für  fein  ©d^idtfal  feinen  3:roft  i}at,  ba^ 
e^  ein  Slätfel  ift,  beffen  Unl^eimli^feit  bem  natürlid^en  3JlitIeibe  ben  3)tunb  f^lie^t,  h)eil 
e^  fürchten  mu^,  fi4>  gegen  ®ott  ^u  toerfünbigen,  ber  ben  notorijd^en  frommen  ioie  einft 
2(bam  burc^  jä^en  ©turj  au^  bem  ^^iarabiefe  feiner  ®unft  bertrieben  unb  burc^  entfe^::  lo 
Ii(^e  Äranl^eit  aU  SSeute  einc^  borjeitigen,  quabotten  2^obe^  gejeid^net  ^at.  Unb  bollenb«, 
toemt  biefe  felben  Autoritäten  ben  nod^l^er  toon  i^m  felbft  aU  fiebembe^  3^^^^^  ^^ 
5ei<^neten  äu^bruc^  be«  ®efü^Ie«  ber  ®ottt)erIaffenF^eit,  ba^  i^r  ©df^hjeigen  ertüedft  f)ai 
unb  in  toelc^m  er  ba^  2^bm  bertoünfd^t,  ba^  in  fold^e^  ©d^icffal  auslaufen  fottte,  ate 
einen  Setoei«  bafür  feftnageln,  ba^  bic  iroftgrünbe  feinet  eigenen  ®Iauben^  nad^  feinem  i6 
eigenen  ®eh)iffen  auf  i^n  nid^t  antoenbbar  ftnb  (4,  3  ff.),  unb  bafe  eine  gebeime  SJerfün« 
bigung  im  SJerte^e  mit  ®ott,  j.  S.  eine  unmutige  SelbftbertDünfd^ung  h?egen  gehäuften 
Übermutes  (5,  3,  too  mit  ©e})t.  bie  3.  ^ßerfon,  alfo  JP^i  ^erjuftellen  ift),  ®ott  Deram 
lofet  l^aben  fönne,  i^m  ad  oculos  ju  bemonftrieren,  \t)dd}  ein  3l\d)t^  ber  fterblic^e  SJlenfc^, 
ber  Se^m^üttenbetoo^ner  bor  i^m  fei  (4,  17—21).  ^e  me^r  e«  bie  ©ä^e  beg  eigenen  ao 
©laubenö  fmb,  bie  il^n  Verurteilen,  ber  feiner  Unfd^ulb  geh)i^  ift,  je  geredf^ter  ber  ©c^ein 
beg  SRebellen  gegen  ®ott  ift,  ben  fein  untoerbiente«  ©d^idEfal  auf  il^n  mirft,  befto  geh)at 
tiger  ift  berÄamJjf  ber  h)iberftreitenben  ®efü^Ie  unb  ©ebanfen,  bie  fid^  nun  in^iob«  ©eele 
ergeben  unb  bie  ber  2)ic^ter  mit  unbergleid^Iid^er  Äunft  in  bem  bialeftifd^en  Äampfe  ber 
Siebenben  jum  Slu^brudt  bringt.  2)er  ®laube,  in  beffen  ^ffung  er  mit  ben  gteun«  26 
ben  übereingeftimmt  ^at,  unb  bie  ®en)i^^eit  ber  Sauterfeit  feiner  ^römmtgfeit  finb  in  bie 
feinbfeligfte  ©pannung  geraten,  ^enen  fann  er  nic^t  aufgeben,  loeil  er  bie  £eben^h)urjel 
feine«  fittli(^en  SSerl^alten«  Joar,  burd^  ba«  er  ein  gute«  ®eh>iffen  \)ai,  unb  biefe«  toieber 
J)rei«mgeben  bor  bem  i^m   entgcgengel^altenen  93erbifte  be«  ®Iauben«,   toürbe  biefen  jur 

teucpelei  mad^en.  9tad^  bem  gemeinfamen  ®lauben  ift  in  bem  engen  3lu«fc^nitt  be«8o 
Seitlaufe«,  ber  bem  Slidfc  be«  fterblic^en  3J?enfd^en  unterliegt,  bie  ®erw^tigfeit  be«  SEBelt« 
regenten  offenbar,  unb  ba«  bie«feitige  fenbfc^icffal  be«  SKenf^^en  ift  ber  erfc^öpfenbe  Stu«« 
brucf  für  feinen  fflert  bor  ®ott.  Unbcfc^abet  alfo  unb  bielme^r  fraft  feiner  ®ered^tigfeit 
^at  ft^  ber  gütige  ®ott,  ber  fid^  bor  ben  3)Jenfd^en  ^u  il^m  al«  feinem  untabeligen  Änec^^te 
belannte,  in  ben  unerbittlid^en  ©trafric^ter  bertranbelt,  ber  i^n  oI«  verurteilten  3Serbred^er  86 
bor  ben  3nitmenfd{ien  an  ben  oranger  fteHt.  aber  §iob  l^at  feine  ®otte«furd{|t  unb 
Ireue  nid^t  Verleugnet;  alfo  l)at  ®ott  fid^  o^ne  gerechten  ®runb  gemanbelt,  unb  foH  er 
beibe  ©eftalten  ®otte«  al«  2lu«brudf  eine«  fontinuierlid^en  Ü\5illen«  benfen,  fo  graut  il^m  Dor  ber 
unentrinnbaren  9?otmenbigfcit,  bie  frühere  greunblid^feit  al«  bie  blo^c  5Wa«fe  ber  enblic^ 
offenbar  geworbenen  geinbfeligfeit  auf^iufaffen.  6r  ber^e^rt  fid^  bielmel^r  in  ©e^nfud^t  40 
noc^  bem  freunblid^en  ©otte,  beffen  Silb  er  noc^  im  S3ufen  beiDal^rt  unb  beffen  ffla^r« 
^eit  i^m  iuxi)  feine  frühere  ©eligfeit  Verbürgt  ift.  3tber  auc^  ben  geredeten  ©Ott  fann  er 
nic^t  laffen;  jje  beutlid()er  auf  fein  ftdbtbare«  SSerfabren  gegen  ,6iob  ^in  bie  ®lauben«- 
genoffen  o^ne  eigenen  S3ch)ei«  i^n  Verurteilen  unb  bie  öffentliche  ^JJleinung  einen  ^n^ixi- 
morb  an  il^m  begebt,  befto  nothjenbigcr  ift  i^m  ©Ott  al«  ber  einzige  au|er  i^m,  beffen  45 
untrügliche«  SBiffen  feine  Unfd^ulb  fennt.  ^n  ber  at^cHation  an  ben  im  öi"^"^«l  ^^'^o- 
nenben  @ott,  ber  nic^t  bulbcn  fann,  ba^  fein  gegen  §iob  ungercd^te«  SBalten  auf  6rben 
Von  ben  SJlenfd^en  al«  3tec^t«grunb  für  eine  ungerechte  Einrichtung  be«fclben  9)Janne«  i^rerfeit« 
au«genufet  Ivirb,  bemeift  .f^iob  nic^t  blo^  feine  ©e^nfuc^t  nacb  bem  Icbenbigen  ®otte,  fon= 
bem  aud9,  ha^  tro^  aller  anber«  lautcnben  bi^utatorifdben  Ibefen  unb  ai^agogifd^en  ©d^lu^^  60 
folgerungen  fein  §er2i®ott  nicbt  o^ne  feine  untrügtidf^e  ©crcc^tigfeit  bcnfen  fann,  fo  fel^r 
er  aud^  barüber  f lagen  mufe,  ba^  ©Ott  für  fein  ©efcljrci  über  ©eh)alt  fein  Df)x  babe. 
©etoife  ^at  ber  fieberfrante  Mann,  h)ie  ber  2)tc^ter  burcl)  '"r^'^^n  anbeutet  (2,  10),  hjie 
§tob  felbft  nid^t  blo^  ©otte  gegenüber,  fonbem  aud^  im  ©efpräd^e  jugiebt,  in  ber  .fM^e 
be«  Äampfe«  unb  be«  Vergctraltigten  guten  ©etriffen«  'Jlufterungen  getrau,  ioeld^e  bem  66 
frommen  decorum  al«  titanifd^e  Übcr^^ebung  ober  ineligiöfe  Rritif  be«  .^eiligen  flingen ; 
aber  bann  ftel^t  i^m  nic^t  fein  ©ott,  ber  lebenbige,  ioahre  ©Ott  Vor  Slugen,  fonbem  ber 
®ott,  ben  bei  ber  älnioenbung  ber  alten  ©lauben«theorie  auf  fein  ©d^idffal  bie  logifd^e 
Äonfequenj  erzeugt  l}at,  ein  ©cbantenbing,  ein  3Babngebilbe.  ^JJid^t  ©otte,  nicl)t  bem 
®otte«glauben,  ben  er  al«  befeligenbe  iisal^rl;eit  er))robt  bat,  gilt  fein  f^ampl  fonbem  bero«» 


120  $to6 

üergängKdfien  Bd)aU,  in  bcr  er  noc^  ftecft ;  jcin  ®Iaubc  rüttelt  unb  pod)t  an  ben  Sliegeln, 
bic  il^n  gefongcn  galten.  6«  ift  unbcgreiflirf),  tote  man  l}at  fagen  fönnen,  in  ben 
Sieben  i)abt  §io6  feinen  äbfall  Don  ®ott  tjonjogen  (2am) ;  bo  boc^  ber  ^ii)tix,  fo  lange  man 
feinem  §io6  nic^t  einen  neuen  felbftgebi(^teten  fubftituiert,  am  6nbe  be^  Dialoge«,  ba  bie 

6  greunbe  öerftummen,  feinem  Selben  einen  feierlichen  ©d^tour  be^  3"^^^*^  ^"  ^^  3)Junb 
legt,  ba^  er  bi«  ^um  lefeten  Sltemjuge  an  bem  feft^alten  h)erbe,  toa«  feine  3:ugenb,  feine 
®ereci{|tigfeit  getoefen  unb  toorin  er  ftc^  befeligt  gefüllt  (27,  1  ff.),  b.  i.  ber  ©anbei  in 
©otteöfurd^t,  ba^  fei  bie  einzig  hjal^re  SBeiiS^eit  für  ben  in  ben  unergrünbbaren  Äo^mo^ 
®otte«  geftettten  aJlenjc^en  (28, 28).   ^nbem  ber  S)id^ter  burc^  biefe^  feierlid^e  Selenntni« 

10  bie  SSerl^anblung  mit  ben  greunben  abfcifiKefet,  giebt  er  beutlid^  ju  berfte^en,  ba^  Jpiob 
ebenfo  h>ie  bie  leid^tere  SSerfud^ung  burd^)  ba^  Söeib,  ani)  biefe  fc^tüerfte  burd^  ba^  ©c^toeigen 
unb  burc^  bie  Sieben  ber  ^eunbe  fiegreic^  überftanben  l^at,  o^ne  ba^  ba^  Slätfel  feinet 
©d^icffale^  [i6)  gelöft  l^ätte.  6^  bebarf  be^^alb  nur  no4  ber  Slefapitulation  biefe^  9lätfel^ 
in  einem  gefammelten  unb  bod^  Dom  ©d^merje  ber  ©el^nfud^t  erfüllten  SRücfblide  auf  ba^ 

16  fo  befdfiaffene  ßrgel^en  unb  ba«  fo  bef^affene  fUtlic^e  SSer^alten,  in  beren  Seieinanber  bie 
Harmonie  einer  ba«  SQSiberftrebenbe  jufammenfnü))fenben  "^^  bermi^t  tüirb,  um  ba«  @tn= 
treten  be«  rebenben  ®otte«  Dorjubereiten. 

7.  2)ie®otte«reben.  SJlit  betoufeter abftdf^t  ^ält  berSDiAter  bie  SSorfteHung  einer 
2^eo))l^anie  ober  einer  SJifion  ferne,  toie  fie  ber  i«raelitif(^e  ^ro))9et  erlebt,  um  ben  ^imm^ 

20  Kfc^en  diai  in  berftänblidbem  Silbe  ju  erfd^auen.    2)enn  §iob  fte^t  nx(i)t  im  ®ebiete  ber 

teU«offenbarung,  fonbem  auf  bem  ber  Slaturoffenbarung.  3)iefer  ift  e«  eigen,  ba^  ber 
lenfd^  in  einem  äugenblidfe  ba«  3Siele  ber  Slaturerfc^einungen  in  feinem  lebenbigen 
etoigen  ®runbe  xufammenfd^ut,  unb  ba^  emporgel^oben  burc^  biefe  Intuition  er  in  ber 
SelDegung  ber  ©rfc^einungen  bie  Stimme  ®otte«  bemimmt.    Vorbereitet  jur  ©rl^cbung 

26  über  ba«,  toa«  bie  2lugen  feigen  unb  toa«  bie  3Kenfc^en  fagen  lönnen,  laufest  ba«  geiftige 
Df)x  §iob«  gef^jannt  auf  ben  Sltl^em  be«  lebenbigen  ®otte«,  unb  fie^e,  ba«  9laufd{ien  be« 
SBinbe«  hjirb  il^m  jur  Deme^mlic^en  ©prad^e  ®otte«.  2lber  toa«  er  bemimmt,  ift  bann 
nid^t  ettoa  ein  göttlicher  Unterricht  über  bie  änfc^hjärjungen  ©atan«  unb  bie  unDeränber= 
lid^e  Siebe  ®otte«,  bie  i^n   eine  furje  3^^^  ^^be  leiben  laffen,   um  i^tn  gu  toiberlegen, 

30  unb  bie  i^n  nun  um  fo  l^enlic^er  tröften  tooHe.  33ann  ^tte  ©atan  mit  ®runb  über 
foul  play  Hagen  fönnen;  nein,  toenn  ©atan  al«  falfc^er  Slnfläger  erfd^einen  foHte,  fo 
mu^te  fic^  $iob  unter  benfelben  93ebingungen  beloä^ren,  unter  benen  feine  grömmigfeit 
ftonb,  al«  ©atan  fte  berbäcptigte.  ^iob  lernt  unb  erfolgt  be«^alb  im  einzelnen  gar  nic^t«, 
toa«  er  ni^^t  toüfete  ober  im  geh)ö|nlic^en  Saufe  ber  3)inge  nic^t  ergrünben  fönnte,   aber 

36  er  h)irb  gu  einer  3wfammenttau  be«  ibm  offenbaren  SQSelttoalten«  ®otte«  al«  einer  loun- 
berfamen  Öfonomie  emporgehoben,  toelc^e  fittlic^c  unb  natürlid^e  3^^dfe  jur  SSerl^enlic^ung 
®otte«  »erfolgt,  unb  toelc^e  ®ebiete  umfaßt,  bie  über  ben  §orijont  ber  SBeltfenntni«  unb 
SBelttl^ätigfeit  be«  3Renfd^en  ju  toeit  l^inau«Iiegen,  al«  bafe  er  fte  nad^rec^nen  fönnte. 
SBon  il^r  ju  fagen,  bafe  fte  auf  feinem  toeife  unb  gerecht  entlDorf enen  $lane  berul^e(38,2), 

40  unb  bafe  fte  ju  feinem  ber  a5}ei«l^eit  unb  ®erec^tigfeit  ®otte«  entfpredjienben  3^^^^  9^= 
langen  fönne,  ba«  fönnte  nur  einem  anberen  ®otte  jufte^en,  ber  ber  ®rünbung  unb 
Senfung  ber  2Belt  bon  3lnfang  mit  überlegener  Äritif  gugefel^en  i:}ätk  unb  bie  3Ra6)i  bc- 
fä|e,  eine  beffere  SBelt  gu  fc^affen;  nid^t  bem  3Kenfc^en,  ber  bem  attgetoaltigen  ffielt^ 
fd^öpfer  unb  ©rl^alter  fein  2)afein  berbanft.    3?ac^bem  biefe  Siebe  ®otte«  nac^  ber  Jraum^ 

46  beutenegel  ®en.  41,  32,  um  befinitibe  ®etoi^l^eit  ju  fc^affen,  ftd^  toieber^olt  ^at,  ergiebt 
fid^  $iob  in  ber  ßrfenntni«,  ba^  fein  ®ott  atte«  fann,  aud^  ba«  Don  i^m  in  feiner  SJer^ 
gtoeiflung  für  unmöglich  ®e^Itene  unb  bod^  ©rfe^nte,  mit  bem  unumlDunbenen  Sefennt* 
niffe,  baf  er  getabelt  habe,  toa«  er  nic^t  öerftanb,  freitoißig  in  bie  ©teDung  gurüdf,  bie  bem 
®efci^öpfe  gejiemt,  ba«  feinen  Schöpfer  e^ren  mill  (42,  2  ff.).    Unb  ®ott  toieber  fe^t  i^n 

50  in  bieSteHung  feine«  Änec^te«  unb  2i}al(^r^eit«jeugen  toieber  ein,  inbem  er  an  feine  gür^ 
bitte  bie  SSerfd^onung  ber  brei  5^eunbe  binbet,  ein  beutlic^e«  S^ii)tn,  ba^  il^re  SSerfün^ 
kißwng  gegen  ®ott  in  il^rer  Slnfeinbung  §iob«  beftanben  l^at.  311«  ber  Vertraute  ®otte« 
fungiert  §iob,  inbem  er  für  feine  greunbe  bittet,  al«  folc^en  erfcnnen  fte  il^n  in  berfelben 
®eftalt  an,  bie  fie  Dörfer  tjeranlafete,  il^u  für  einen  Siebellen  gegen  ®ott  gu  galten.  SBenn 

66  erft  banac^  bic  äußere  ffiieberl^erftettung  gefc^ie^t,  fo  leiert  ba«  inbireft  auf«  unghjcibeutigfte, 
ba|  §iob,  aud^  h)enn  er  ftatt  beffen  geftorben  h)äre,  im  3;obe  bon  ®ott  für  eine  ben 
SBiberfprud^  feine«  ©d^idtfal«  toor  il^m  unb  feinen  ®enoffen  auflöfenbe  SBieber^erftellung 
aufbebalten  fein  h)ürbe.  "^tnc  ift  nur  ein  bie  etoige  VoHenbung  al«  9tngclb  Derbürgenbe« 
3eic^en.    ^m  übrigen  foU  bie  Siebe  ©otte«  an  (Jlifag  42,  7  t)on  ber  im  aBinbe«raufd^en 

<;o  ergangenen  an  &\ob  getrennt  unb  al«  ein  Drafel  gebac^t  hjerben,   ba«  an   einer  ^eiligen 


^\oh  121 

®tä!Ut  erfragt  ober,  nad&  ber  Slnoloöie  bon  4,  12  ff.,  bein  ®Ufaj  in  einem  2^roumöefic^te 
ber  fflaä^t  ju  teil  geh^orben  ift. 

§tob  l^at  alfo  gelernt,  feinen  alten  ®ott  toiel  größer  unb  mächtiger   lu  benlen,  i^m 
üielmd^r  jujuglauben,    afe  bie  ^fjung  feine«  bi^berigen  ®lauben«  jugelaffen  ^t,   il^m 
alfo  tn^befonbere  <md)  bie  SRcalifterung  beffen  jujjutrauen,  toa«  er  aU  befriebigenbe  Söfung  6 
feined  Äreuge«  erfel^nt,  in  freier  ^^antafie  entn)orfen,  aber  afe  unbegrünbet  unb  unmögli^ 
jurücfgetoiefen  ober  aud^  al«  ^oftulat  im  S'^i^^^  betoa^rt  ^at. 

8.  2)ie  SSerfudf^e  §iobö  fein  ©d^idfal  ju  begreifen.  3"^  Seftätigung 
beffen,  toa«  id^  oben  über  ba«  iaften  unb  Sangen  nad)  l^öl^erer  äBal^r^eit  in  ber 
©ebonfenbeloegung  §iob«  gcfagt  ^abe,  mu^  \d)  m\i)  an  biefcr  ©teile,  ioo  eine  3lnas  lo 
I^fe  be«  Dialog«  nid^t  gegeben  toerbcn  fann,  auf  loenige  furje  3lnbcutungen  be^ 
fd^ran!en.  $iob  erflört  feinen  toilben  9(uffc^rei  jtap.  3  in  ber  @m>iberung  üaüp.  6  au« 
ber  unerträglichen  ©d^hjere  jciner  §cim}uc^ung  (6,  2—6),  toelc^e  feine  ©eele  jebe« 
grieben«  beraube  (v.  7),  loeil  bie  Sern  ©laubigen  pftel^enbe  Hoffnung  einer  fünfs 
tigen  @rieici{|terung  burd^  ba«  unaufl^attjame  ©(^toinben  feiner  2eben«Iraft  (v.  11  bi«  is 
13)  abfolut  unmöglich  gcmad&t  ift.  6r  fann  fein  Seiben  be«^alb  nic^t  me^r,  toie 
er  e«  nac^  bem  ®ebote  ber  grömmigicit  (4,  3—7)  bi«l^er  get^an  l^at,  al«  eine  bor^ 
überge^enbe  ^eriobe  ber  3üc^tigung  anfeilen,  hinter  h?elc^er  eine  anbere  ber  Befreiung  au« 
ber  fc^Iagenben  §anb  ®otte«  (6,  9),  ber  Stufatmung  unb  ber  ©r^olung  toinfe  (v.  10»). 
3n  bem  %a\i^  Mrbe  er,  ftatt  t)erjtoeifelt  gu  fdf^reien,  ol^ne  toeic^  ju  h)erben  (I.  mit  ©ej)t.  20 
T2n^\  bie  geftigleit  unb  Unerfd^ütterfic^feit  einer  aJlauer  erjeigen  (I.  -?:inD  6, 10).  Sllfo 
bie  in  feinem  -goUe  offenbare  Unmöglic^feit  einer  bieefeitigen  aBieberJ^erftellung  jufammen 
mit  bem  3)ogma,  ba^  ber  2^ob  au$  ben  glommen  bem  2luge  unb  ber  §anb  ®otte« 
entgiebe  (7,6—10),  mad^en  e«  i^m  unmöglich,  bie  3w*'^Pc^t  ^wi  Seiben  ju  erzeigen,  bie 
ber  ®laube  forbert  (4, 3  ff.)  unb  ermöglicht.  Unb  boc^  le^rt  bie  ®rfat;rung  biefe«  25 
®lauben«,  bofe  ®otte«  3«>ntaffeft  fid^  erjc^ö^jft  unb  ber  ©timmung  be«  3RitIeibe«  mit  bem 
®ef(^ö))fe,  ba«  fo  lange  gelitten,  $la^  mad^t  (4, 17 ff.;  8,  21  f.  u.  ö.).  ©ollte,  hjenn 
ber  3Rm\d)  juDor  bem  3:obe  erlegen  ift,  ®otte«  neu  ertoad^tem  SJlitleibe  ba«  Objeft  fehlen, 
an  bem  e«  pd^  erzeigen  mu^  (7,8.21)?  Unb  barf  nid^t  fmieH  ^iob  auf  eine  folc^e 
SBonblung  in  ®ott  rechnen,  er,  bem  ®ott,  tocnn  er  nic^t  tücfifcp  jeine  ^einbfeligfeit  hinter  90 
ber  9Ra«fe  ber  greunblic^feit  barg  (10, 13),  ho6)  einen  Stnfang  be«  Seben«  bereitet  ^ai, 
tDO  er  bie  $ulb  unb  ßut  feine«  ®otte«  (10,  12),  h>ie  bie  liebenbe  prforge  be«  Hünftler« 
für  ba«  ®ebilbe  feiner  §anb,  erfuhr  (10,  8— 11)?  3Benn  berfelbe  ®ott  nun  toä^renb  er 
ben  Unlauteren  ba«  Seben«lic^t  erhält  (10,  3),  gerabe  ben  §iob,  beffen  Sauterleit  er  bod^ 
lennt  (10,  7),  aljo  ba«  gelungene  SBerf  feiner  öänbe  unter  bem  ©c^eine  ^erfoltert,  al«36 
gelte  e«  feine  ©ünbe  ju  ^nben  (10,  3—6),  ba«Srtec^t  ber  93ergebung  md)t  braucht  (7,21), 
bagegen  ba«  Siecht  ber  Sergeltung,  auc^  ber  in  jebcr  (SnttoidEelung  fid^  jinbenben  ^wgenbs 
fürten  (13,  26)  gegen  §icb  fo  ftrenge  ^anb^abt,  al«  tooHte  er  au«  bem  natürlich  unreinen 
SRenfd^en  burc|  feine  3"^^  einen  abjolut  reinen  ^erftetten  (14,  4),  fo  be^anbclt  er  il^n 
faftifd^  ni(^t  toie  ba«  Don  fclbft  fallenbe  Statt,  bem  ber  natürlidbe  2Kenfc^  boc^  gleid^t  4o 
(13,  25;  14,  1.  2.5.  6),  unb  bem  man  billig  fein  e})^emere«  3)afein  gönnt,  fonbern  toie 
ein  ^ö^ere«  SOSefen,  Don  bem  ©ott  abfotute  Seranttoortung  forbem  fann  (14,3),  an  bem 
er  leinen  gtedten  butbcn  toiH,  bcfjen  ©c^ritte  er  eiferfü^tig  betoac^t,  beffen  gebltritte  er 
forgfättig  toormcrft  (v.  16,  Wo  mit  ©e})t.  "-'t  ft.  ^'-^^  ^u  lefen),  um  boHe  Sufee  ba« 
für  gu  ermatten  (v.  17).  äöctd^^en  SKert  mufe  für  ®ott  ein  SBefen  ^aben,  um  beffen  45 
Steinigung  er  fw^  fo  bemül^t?  ©oUte  man  ba  nic^t  meinen,  ®ott  merbe,  h)enn  mit 
bem  Eintritte  in  ben  3:obe«juftanb  bie  Su^e  be«  3J{enfc^en  DoHenbet  unb  ®otte«  ^oxn 
gegen  i^n  erf(^ö))ft  fei  (14,  13),  inget^nfucbt  feine«  ©cfc^öpfe«  fic^  micbcr  erinnern  unb  e« 
in  neuer  Seben«geftalt  au«  ber  Unterhjelt  ju  ungetrübter  ©emeinf^aft  mit  il^m  h)ieber  l^er^ 
üorrufen,  er  ber  boc^  ben  trertlofen  S3aum,  toenn  er  abgebauen  ift,  ju  neuem  Seben  unb  so 
aSac^tum  gelangen  lä^t  (v.  7.  8.  13—15)?  3"  ^^m  ^aüc  toürbc  öiob  l^offnung«DoD[ 
bi«  mm  6nbe  be«  ganzen  Setbcnö^jroj^efje«  tragen  unb  t^arren  (v.  14).  3Ran  fie^t  ^ier 
beutiic^,  ba|  ^iob  auf  bem  SKegc  ift,  ben  alten  ©laubensja^:  „toarte  beine«  ©otte«  in 
©ebulb,  hjeit  bu  feine  $ilfe  noc^  erfahren  h)irft",  Don  bem  er  Ä.  6  ertlärte,  er  f önne  il^m 
nic^^t  nadt^fommen,  toeil  angefidbt«  feine«  na^en  2:obe«  für  il^n  feine  .!pilfe  met^r  möglid)  fei,  66 
babur(^  m  erweitern,  baft  er  auc^  ben  2^obc«;\uftanb  in  bie  Äategorie  ber  Seiben  begreift, 
auf  h)cl($c  bie  §ilfe  ©otte«  folgt ;  unb,  ira«  fcl^r  bemerfen«njert  ift,  nicbt  in  ber  Strt,  ba^ 
er  ein  finguläre«  ^oftulat  für  feinen  fingulärcn  ?^all  aufftellt,  fonbern  in  ber  gorm  ber 
allgemeinen  SReflejion,  ob  c«  für  ben  2)ienfci^cn  überhaupt  ein  getoiffen  ^JiaturDorgängen 
analoge«  SBiebererioac^en  aue  bem  ^obe  geben  fönne  (v.  10. 12  Dgl.  mit  v.  14*).  Stbereo 


122  $to6 

er  mu|  bicjc  SReflejion  iDicbcr  aufgeben,  \ml  nad)  bem  3)ogma  feinet  olten  ©laubcn^  ber 
2ob  ein  enbgtltige^  ©otte^geridf^t  auf  immer  ift,  eine  Sierftofeung  an^  ®otte^  ©emein- 
fd^aft,  h)ie  bie  Vertreibung  äbam^  au^  bem  ^arabiefe  (v.  20  bgl.  ®en  3,23). 

Offenbar  l^at  ber  SDid^ter  ^ier  ben^iob  in  ber  Dual  ber  ©rbrüdtung  burd^biefe^  2)ogma 
6  eine  bejfere  S3egrünbung  ber  Hoffnung  auf  Übertoinbung  be^  2^obc^  a^nen  laffen,  al^  fte 
bie  5ßl^ilofopl^en  Don  ^laton  bi«  Seibni^  in  berSe^re  bon  ber  Unjerftörbarfeit  ber  unteil= 
baren  unb  immaterietten  ©eelenfubftanj  gefunben  i}abm,  I)a^  ift  ber  ©ebanfe,  bafe  ber 
aWenfc^,  ein  Äunftgebilbe  be«  ©c^ö^Jfer«  unb  afö  folc^e«  (Sötte  h)ertt)on,  burc^  bie  ftrenge 
fUtlidS^e  3"^*/  ^^^  ®^^^  ö"  ^^*"  ü^*  w"^  ^^^  ^^  SKenfc^   fic^   in  gebulbigem  ©e^orfam 

10  unb  Vertrauen  bi^  in  ben  lob  hinein  gefallen  läfet,  ju  einem  unaufgebbaren  })erfönlic^en 
SBerte  unb  für  ein  neue^  Seben  unter  DoHIommeneren  Sebingungen  njürbig  hjirb.  "Hon 
ferne  rü^rt  baran  ber  Sa^  be«  2;imäu^,  bafe  bie  Seele  eine  Äom^jofition  fei,  bie  für  ben 
t^,  ba^  fte  gut  gerate,  nic^t  aufgelöft  toerbe ;  unb  ya  bem  Verl^ältnid  bed  im  ^obe  ^u 
®nbe  ge^enben  Seben^  ber  göttlid^en  3üc^tigungen  ^u  bem  neuen,  bem  göttlid^en  gome  ent= 

15  nommenen,  fann  man  ben  9Jl^tl^u«  be^  ©ofrated  im  ^l^äbon  Dergleichen,  nac^  h>elc^em  toir 
im  bie^feitigen  Seben  un^  ju  benSeligen  Der^alten,  toie  bie  auf  bem  ©d^lammboben  be^ 
aWcered  SBol^nenben  gu  ben  im  fetten  Sonnenlichte  auf  ben  ^i^feln  ber  2Keere^oberfIäd^e 
Sebenben. 

Slber  noc^  anbere  Verfud^e  mai)t  bie  geängftete  ©eelc  §iob^  in  bem  S3eh?u^tfein,  ba^  fie 

20  auf  bie  SBieber^erfteHung  nic^t  l^offenbarf,  toeil  er  ber  Sotentoelt  fc^on  angehört  (17, 13. 14), 
unb  fein  §offen  unb  fein  §arren  (v.  15)  angemachter  SKa^en  nid^tmit  il^m  (v.  16  1.  mit  ©e|)t. 
■'1'^5'n)  jufommen  in  ben  ^abe«  l^inabfteigen  unb  fic^  bort  afe  feine«  ©rfolge«  ftc^ere« 
33erl^alten  fortfe^en  lönnen.  ®r  felbft  erllört  fie  für  abenteuerlich,  bemSpotte  ber^eunbe 
ijerfollen  (v.  10),  bie  ba  fagen,  er  »erlange  bamit  nic^t«  ©eringere«  al«  eine  VerrüdEung 

26  ber  SEBeltorbnung  um  feiner  5ßerfon  toiHen  (18,4);  aber  fo  oft  er  feinen  ©cbanfen  freien 
Sauf  läfet  0-^??  ^r?),  fprengen  fie  bie  %t^An  feine«  ^erjen«  (l.  mit©ej)t.  •'r'?^:  17, 11), 
fie  machen  bie  bunfle  3lad)t  um  il^n  tage«l(>ell  unb  getüä^ren  i^m  tröftlid^e«  Sic^t,  cbe  bie 
bräuenbc  ginftemi«  tooDenb«  ^ercinbrid^t  (v.  12).  ©o  rebet  er  felbft  über  bie  ^ßj^antafiebilber, 
bie  bod^  im  3*^ange  ber  gehjaltigften  ©eelenerregung  entftanben  finb.  SDenn  ©otte«  ©erläge, 

80  bie  ben  2lnfd^ein  fatanif c^er  grinbf eligleit  tragen  (16,  7—9),  fmb  ben  SKitmenfc^en,  bei  benen 
er  2^roft  unb  Seileib  ju  finben  erwartete,  jum  l^inreic^enben  SRec^t^grunbe  gelDorben,  i^n 
iJoHenb«  afö  übertoiefenen  SSerbred^er  abjut^un  (v.  10),  i^n,  beffen^anb  mit  ifeinem  ^J^eDel, 
bef[en  ©ebet  mit  leiner  Süge  befledft  ift  (v.  17).  ©o  foH  benn  fein  unfc^ulbige«  S3lut  mit 
il[^m  begraben  toerben,  ba«  ungefül^nte  ber  Vergeffenl^eit   an^eimfatten   unb   fein  ©efc^rei 

85  über  Unrecht  ungel^ört  Derl^atten  (v.  18)!  ®a«  ift  für  fein  fromme«  Sehju^tfein  unmög- 
lid^ ;  benn  er  f}at  \a  einen  3Rittoiffer  um  feine  Unfc^ulb  in  ber  Verborgenheit  be«  §immel« 
(v.  19.  20),  e«  fann  nic^t  anber«  fein,  al«  ba^  biefer  bereinft  nod^  für  ben  ©terblic^en  bei 
bem  ©otte  eintritt,  ber  il^n  al«  Verbrcd^er  gef4>lagen  ^at,  für  il^n  eintritt,  h>ie  ein 
5Kenfd^  e«  für  feinen  SKitmcnfd^en  t^ut,  toie  e«  bem  §iob  aber  bon  feinen  ^^^eunben  ge= 

40  toeigert  h)urbe  (v.  21,  mo  mit  2^arg.  P^  ju  lefen).  aber  mie  mag  ba«  gef^^e^cn,  toenn 
$iob  geftorben,  fein  jum  Ungetüm  Derunftalteter  Seib  beftattct  ift?  §ier  fe^t  nun  bie 
$l^antafte  ein:  ©ott  möge,  toenn  bie  2^otenflage  beginnt  (v.  22  h)o  "^sp';*^  r^'^^a  nai) 
©en  50,4  ju  lefen),  h)enn  ber  SBinb  fein  Seben  entführt  \)ai  (17,1  "b-^n-^h  n'i-i  ©cj)t.), 
bie  Veftatter  jufammengerufen  finb  (^P- t:),  ba  er  feinen  anberen  3lec^t«freunb  I^K^t,    feinen 

46  Seib  hjie  ein  i^m  anvertraute«  3!)ej)ofitum  (v.  3  l.  mit  Dl«^aufen  "'P-t^)  ^^^  ^^  natür^ 
Hd^en  Vertoefung  unb  fonftiger  3ctftörung  bemal^ren,  um  burc^  biefe«  ?ß^änomen  ber  Slac^toelt 
ba«  Setoufetfein  ju  ertDecfen,  ba^  e«  mit  bem  toten  §iob  eine  befonbere  Setoanbtni«  l}abt 
unb  fein  ©d^idEfal  ber  äufflärung  nod^  ^arre.  ^mn  er  nimmt  in  3lu«ric^t,  ba^  er  fo 
für  tocite  3Wenfc^enfreife  ein  portentum  fein  h)erbe(17, 6  J^?^-),  ba«  bie  ^tommen  ftu^ig 

ßomad^t,  bie  ©erec^ten  famt  ben  gretolcrn  in  (grregung  berfe^t,  jene  mit  bem  ©rfolge,  ba| 
fie  im  §inblidfe  auf  bieje«  SBunber  um  fo  getrofter  bei  il^rem  geredeten  SEBanbel  toer^arren 
(v.  8.  9).  3)ann  ift  ba«  3^ugni«  be«  ©otte«,  ber  ben  lebenben  §iob  berbammt  unb  ben 
ungerechten  OJlenfd^en  al«  ^ia^rid^tem  prei«gegeben  ^at  (16,  11),  burc^  ba«  3^ff!^i^  ^<^ 
.§immel«gotte«,  ber  auf  feine  Stplpellation  über  feinem  Seidf^nam  hjac^t,   für  bie  5lac^h)elt 

66  toieber  aufgel^oben.  aber  bie  ©eele  §iob«  l}ai  nid^t«  babon.  (£«  ift  be«^alb  ein  not- 
toenbiger  jjortfdfiritt,  toenn  er  bei  ber  abfoluten  Verlaffenl^eit  Don  allem  menfc^lic^en  3:rofte 
fid^  in  bie  ferne  3«^""?*  flüchtet  unb  in  bem  (Sebanfen,  bafe  fein  $roje^  bort  noc^  jur 
©rtebigung  fommen  muffe  (19,  23.  24),  fic^  ben  alten  i^m  Vertrauten  ©Ott  feine«  ©lüde«, 
ben  er  im  ©d^reine  feiner  Vruft  feftgel^altcn  ^at  (v.  27  too  ^•?"b^  '^2  ju  fpr.),  gum  Ver:: 

♦i<»  treter  ertpä^lt.    SBä^rcnb  jonft  oft  ber  ©oel  nod^   crft  geboren  toerben  mu^,  ftel^t  feiner 


$iob  123 

fc^on  im  Scbcn  unb  tDirb  für  i^n  ben  längft  gcftorbcnen  cnbKc^  öffentlich  ouftrctcn  (v.  25, 
too  ^ET^sr  j^ufteHen);  unb  cntfi^redSienb  feiner  äppeUation  an  biefen  ®ott  p  J^thä^  ^px 
V.  27),  toirb  §tob  i^n  auc^  ju  fe^en  bcfommen  ( ^  nrnx  v.  26),  nac^bem  er  cntlcbigt 
ifi  (^-3^  *nK,  Snf.Don  ""•^,  fonftr.  toie  21,  3)  bicfer  Umlnebelunö  (ncp:  ipie  ^ef  3,  24, 
b.  i.  feine«  ijerunftalteten,  i^n  an  jcber  SelDegung  ^tnbernben  Selbe«)  unb  öon  feinem  6 
Meifc^.  §ier  ift  offenbar  eine  SJejie^ung  gefegt  jhjifd^en  bem,  toa«  ®ott  ^ier  oben  auf 
erben  tbut,  um  ba^Snbenfen  be«  frommen  ju  reinigen,  nnb  jtoifc^en  bcr  im  $abc« 
toeilenben  nadften  ©eele;  bie  lefetcrc  erfäl(^rt  eine  i^r  ©eignen  ftillenbe,  bie  Stimmung  ber 
Scfricbigung  l^^erfteHenbe  ßintoirfung  bon  i^rcr  SRedjitfertigung.  ©d^toerüc^  beult  ßiob  fie 
aber  auf  [xi)  befd^^ränft;  untoiDfürlid^  toerben  boc^  auc^  bie  nac^  il^m  geftorbenen  §reunbe  lo 
afö  boijon  betroffen  gebac^t,  toenn  er  i^nen  fofort  juruft,   auf  il(^re  eigene  Seele  bebac^t 

S[  nehmen  unb  nic^t  tötlic^e  Sc^ulb  auf  [xi)  ju  laben,  e«  gebe  einen  SRid^ter  (v.  28. 29). 
ud^  ^ier  ift  offenbar,  ba^  bie  in  ber  Hoffnung  3«raete  Verbürgte  Setoa^rung  be«£eibe« 
unb  ber  Seele  für  eine  fünftige  befinitiöe  Selbftbetoeifung  Ootte«,  bei  ber  bie  ©erec^ten 
fein  ängeMt  ju  fd^^auen  befommen,  Don  bem  unter  bem  ^annt  be«  l^offnungölofen  i6 
33ogma«  jtel^enben  ^iob  langenb  unb  taftenb,  aber  mit  fteigenber  ^uberftc^t  geahnt  loirb. 
®er  %mb  baju  ift  bie  lebenbige  religiöfe  ©eioi^^eit  bon  bem  geredeten  ®otte  unb  bem 
Jjerfönlid^en  SJerl^ältniffe  be«  glommen  ju  il^m;  unb  bod^  lönnen  toir  bei  §iob  aDe  bie 
©ebanfenelemente  hjieberfinben,  bie  Siant  in  feiner  froftigen  unb  mül^famen  Slec^nung  Dom 
unenblic^n  gortfc^ritt  ber  ©rfüHung  be«  fategorifc^en  3mperatit>«  burc^  bie  2^ugenb,  Don  20 
bem  ens  re^issimum,  ba«  bie  $rot)ortionalität  Don  Xugenb  unb  fmnlic^em  äßo^Ifein 
verbärge,  unb  bon  bem  hierin  bcfte^enben  Bummum  bonum  toertoenbet  ^at. 

3ulc^t  iftnod^berÄritil  ju  gebenfen,  bie  an  bem  3)ogma  toon  ber  bie«feitigen  fid^ts 
baren  SSer^eltung  be«  geredf^ten  ®otte«  geübt  toirb.  33a«  augenfc^einlic^e  ®lücf  be« 
^eöler«  toirb  nic^t  burqi  ba«  ettoaige  Unglücf  feiner  5Jad^fommen  toieber  gut  gemacht;  25 
i^m  felbft  foHte  Dergolten  toerben,  aber  bcr  2:ob  rettet  i^n  ja  bor  bem  Unglürfe  feiner 
9ia^fommen  (21,  7—21).  fflenn  man  bebenft,  bafe  bcrfelbeSiob  be«  glürfUc^cn  J^rannen 
unb  be«  unglüdlid^en  2lrmen  Seben  befinitit)  enbet,  toie  fann  man  bann  nocb  fagen,  ®ott  lel^re 
bie  SMenfd^en  bur(^  bie  ®eftaltung  i^rcr  ®efd^idte  ba«  SRed^t  (v.  22—34).  9tun  gar,  toenn 
®ott  bagegen  gar  ni(^t  reagiert,  bag  ettoa  eine  getoaltfam  unterjod()te  93et)öuerung  ein  so 
barbenbe«  Sllaöenleben  in  i^rer  §eimat  fül^ren  mu^,  too  an  jebem  5pia^e  ba«  ungefül^nte 
SSlut  i^rer  ängel^örigen  jum  §immel  fc^reit  (24,2—12);  ober  toenn  er  einen  notorifd^en 
®etoaltmenfd^en  Don  böfer  ßranf^eit,  bie  fd^on  al«  ®ottc«geric^t  Don  ben  3^tgenoffen  begrübt 
toor,  unertoartet  toicberberfteHt,  unb  jtoar  mit  bem  Erfolge,  bafe  feine  begei^rlid^en  2lugen 
toieber  i^e  alten  3Bege  einf^^Iagcn  (v.  18—23),  fo  toirb  ber  Sprurf)  be«  ®Iauben«:85 
„toartet  nur  ein  toenig,  ®ott  toirb  balb  eingreifen"  jum  §o^ne  (v.  24.  25).  2lber  biefe  ganjc 
aiu«fül^rung  ftel^t  unter  ber  ^age(24, 1):  „toarum  fmb  Dom  äUmäd^tigcn  l)ct  nid^t  fcfte 
^eitmafee  erf^ä^t  ("i'|"'s:l::)  toorbcn,  unb  toarum  ^abcn  feine  ^eunbe  feine  Stage  m6)t  ju 
feigen  beIommen"(^Tn)>'  2).  j^.  ^iob  toürbe  ba«  unt^ätige  3wfci^öuen  ®otte«  beim  3:oben 
bcr..2^rannen,  beim  Seiben  bcr  Unfd^ulbigen  Derftc^en  tonnen,  loenn  bie  3Renfc^engefd^id{|te  40 
in  äonen  DerUefe,  bie  burc^  göttli(()e  SCagc  ber  ®cric^t«cntfc^cibung  ibr  pofitiDc«,  feiner  ®üte 
unb  ®ered^tigfeit  entfpred^enbe«  (Snbe  fänbcn,  unb  toenn  bie  ®ottDcrtrauten  biefe  Don  ®ott 
in  2lu«fic^t  genommenen  3:age  auc^  im  'isorau«  fcbauten.  3Jun  toobi,  ^^xatl  l}ai  ^^^^ 
unb  ünn^  Die  toie  beftetttc  SBJäc^ter  auf  ben  2:ag  i^al}\)c^  toartcn  unb  fein  fiebere«  5?aben 
Derfünben,  um  bie  Sünber  j\u  fcbrccfen  unb  bie  (Gebeugten  ^u  trijften.  Sllfo  and)  nai)  40 
biejer  Seite  Deranfc^aulid^t  .^iob,  toie  ba«  gottgcfd;affcne  SDienfd^enber^  fic^  nac^  ber  Offene 
barung«toa^r^eit  in  3«rael  ftrcdtt;  unb  gctoi^  l)ai  bcr  3)ic^tcr  biefe  pofitiDcn  iscrfud[)c,  ben 
alten  ®otte«gIauben  ju  Dctticfcn  unb  j^u  ertocitcm,  im  3(uge,  toenn  er  Sott  urteilen  lä^t, 
im  ©egenfafe  ju  feinen greunben habe cC^ob  ri^^tig  über  ihn  gercbct.  3)cnn  bamitJann 
er  nicbt  «t^iob«  Unfd^ulbbctcucrungcn  meinen,  aucb  nid^t  feine  SKcben  über  ®otte«  9JJac^t  —  eo 
jene  finb  feine  Sieben  über  ©Ott,  unb  an  i^crbcnlidE>ungcn  ®ottc«  ^aben  c«  bie  Jyreunbe 
caid)  nic^t  fel[^Ien  laffen  —  fonbcrn  nur  bie  3lu«tübnmgcn,  in  benen,  toie  ))b^ntaftifd()  auc^ 
bie  SJorfteDungen  ftd^  au^ncl^mcn,  bcutlid)  ^u  2age  tritt,  bafe  ben  gütigen,  gerechten 
ÜWenfd^engott  aud^  bie  lotcntoclt  unb  ba«  ^a^infd^toinbcn  ber  ©cncrationcn  nic^t  ^inbem 
lann,  fic^  al«  fold^cn  an  ben  9}Jcnfcbcn  ^u  ibrcr  fd^lic^licben  SJcfcligung  ^u  ertoeifcn.         56 

V.  38  er  f  äff  er  unb  (5ntftebung«5cit.  2)a  unfcr  Öu4>  tocbcr  feinen  i^erfaffer 
nennt,  no<^  ein  i)atum  feiner  älbfaffung  Dcrrät,  unb  ba  eine  unabhängige  Überlieferung 
über  beibe«  nid^t  ejiftiert,  fo  tann  e«  anA  fein  2lUffen  Dom  i^erfaffcr  unb  bcr  (Snt^ 
ftel^ung«jeit  feine«  SBerte«  geben.  ^Jtur  bem  Ikrlangcn  ^xi  toiffen,  loa«  fic^  nicbt  toiffen 
iäfjx,  fmb  bieSJermutungcn  cnlf^rungcn,  toctd;e  bem  iserf.  in  bcr  großen  ^^1^1  bcr  ^abrl^unbcrte  eo 


124  ^tob 

jtüifc^en  5Wofc  unb  bcmßnbe  bcrpcrftfc^en^cit  feine  ©teile  anireifen.  2)ie  naiDe  Slefle^ion, 
bo^  mW  .^iob  ber  fünfte  bonSlbra^am  geh>efen,  aud^  berfelbe  3)lofe,  ber  über  älbra^am^ 
Siad^fommcn  gefc^riebcn  f}at,  fic^  Don  felbft  aU  ben  SJcrf.  be^  in  feinem  erjä^Ienben  2:ei( 
an  bie  ^atriard^enbilber  ber  ©eneftö   erinnemben  S3ud^e«(  barbiete,   öerbanft  i(;re   6nt= 

B  fte^ung  ber  ajjofr^^jl^en  ©leic^fe^ung  \)on  §iob  unb  bem  ßbomiterfönigc  ^ohab.  2)ie 
SKeinung,  ba^  bog  Sud^  ber  falomonifd^en  3eit  angehöre,  Don  ß^r^foftomug  big  auf 
©eliftfc^  vertreten,  berul^t  auf  ber  ©rtDägung,  bafe  bamafö  (1  Äg  5, 16)  S^'^öefe  SÜeig^ 
l^eit  bie  ber  Sip  ^:s  überragt  ^abe,  ju  bencn  aud^  §iob  ^ä^It  (1,  3),  unb  auf  bem 
^ufammenHang  mand^er  Oebanfenrei^en  jh)ifd{ien  ^iob  unb  ben  falomonifc^en  Sprüchen ; 

10  ober  biefe  SEBeigl^eit  ift  mit  ©alomo  nid^t  auggeftorben.  5Wod^  naiöer  ftnb  bie  SBerfuc^e, 
in  ben  Unglücfgfd^Uberungen,  bie  ber  3)ic^ter  bem  ©bomiter  §iob  in  ben  3)iunb  legt, 
3uftänbe  beg  i^raelitifd^^en  SSolfeg  in  ber  Slff^rerjeit  ober  unter  bem  SWegiment  SWanaffeg 
toieberjuerfcnnen.  ^mn  ber  3Kann,  ber  bie  S5erid^te  SReifenber  anfül^rt  (21,29),  ber  bie 
2^tertoelt   3(gV)^teng  jeic^net,    lonntc  feinen   gelben  bon  Ärieggelenb,    bag   fo    alt   h)ie 

16  bie  SBelt  ift,  reben  laffen,  h)o  eg  fw^  fd^idtte,  unb  nid^t  erft  bon  ba  an,  h)o  er  eg  am 
Selbe  feine«  eigenen  SSolfeg  erful^r.  ©i(^  auf  bie  33ergleid^ung  ber  Drt^ograjj^ie  beg 
Sud^ed  mit  anberen  berufen,  ^ei^t  ben  ort^obo^en  3opf  anftedEen,  nac^  h>elci{iem  bie 
heutigen  S3ud{iftaben  birelt  Don  ber  §anb  beg  Slutor«  abftammen;  in  fflirflid^feit  beruht 
bie  Sßerfd^iebeni^eit  ber  Drtl^ograj}^ie  auf  ber  Serfc^iebenl^eit  ber  Sec^nif  ober  ber  ^Jä^igJeit 

ao  ber  2lbfd^reiber  unb  auf  ber  me^r  ober  Weniger  großen  2luf merffamfeit,  bie  bie  Se^rer  ber 
©emeinbe  bem  Xtjct^  ber  in  il^rer  3)ignität  berf^ieben  eingefc^ä^ten  ^eiligen  93üd{ier  ju^ 
iDanbtcn.  Slud^  bem  ©prad^gebrauc^e  ift  fein  5WerfmaI  ber  (Sntfte^ungg^eit  abjulaufd^en ; 
benn  obgefel^en  ^on  ben  ®ntftellungen  unb  SSerbefferungen,  bie  bie  heutige  ©eftalt  beg 
Suc^eg   berrät,   ift   eg   in   Slnlage,  ^ni}aü   unb   ^\o^i  fo   eigenartig,  ba^   eg    felbft 

26  gegen  jeitgenöjftfd^e  ©d^riften  anberen  gn^ölteg  abftec^en  mü^te ;  unb  über^auj)t  giebt 
eg  leine  ©efc^ic^te  beg  bibl.  ^ebr.  ©j)rac^gebraud^eg,  tüeld^e,  fieser  begrünbet  unb  allgemein 
anerfannt,  bie  offene  ©teile  umgrenjte,  in  bie  bag  Suc^  §iob  allein  unb  botlfommen 
^incin^ja^te.  2lm  nid^tgnu^igften  fmb  bie  SBehjeife,  bie  man  an^  bem  ißer^ältnig  ber  Se^r^ 
tbeen  beg  Sud^eg  §iob  ju  ber  Oefc^id^te  ber  religiöfen  SSorftellungen  in  ^grael  entnimmt. 

90  3n  einigen  Äöjjfen  mag  jtoar  ein  d^ronologifc^  beftimmteg  ©d^ema  für  bie  lefetere  bor^ 
Rauben  fein,  aber  bag  ift  boc^  feine  Urfunbe,  nac^  beren  3)aten  man  anbere  Rö^jfe  nötigen 
lönnte,  bag  ^nd)  §iob  in  ein«  ber  bort  eingerichteten  ^eitfäd^er  ju  fd{|iebcn.  Unb  tüic 
bie  Ronfequenj  ber  Ort^obojcie,  ba^  alle  ^eiligen  ©c^rif^teUer  biefelbe  §eiföerfenntnig  be= 
jeugen,  aufgegeben  ift,  fo  mufe  auc^  bie  fie  nac^a^menbe  aSorftellung  au^er  93raud^  gefegt 

86  tperben,  ba|  bie  ^ebräifd^en  Genfer,  ftatt  il^rc  ßeit  überragenbe  3lnbiDibuen  eignen  SBerteg, 
lauter  5HeIruten  gehjefen  feien,  bie  nur  bie  Uniform  unb  bie  ©atnitur  i^reg  3^'^^'^' 
unbertg  getragen  laben.  SBieberum  h>er  fpejieH  ben  ©atan  beg  §iob  mit  ben  jtüei  anberen 
©tetten  feine«  Sortommen«  fombiniert  unb  \>anad)  augrec^net,  toie  unfer  Sud^  fidb  gu  ben 
litteraturgefd^ic^tlic^  annä^emb  gu  fijierenben  anberen  ©teilen  jeitlid^  ftette,  ber  ^ulbigt  in 

40  Ignorierung  ber  offenfunbigen  2^^atfad^e,  ba|  unfere  biblifd^en  Sudler  nur  ber  fümmer= 
Ud^e  Überblieb  au«  einer  untergegangenen  reichen  Sitteratur  finb,  bem  alten  3^Pf^/  f^^ 
ben  biefe  gragmente  ein  gefd{|loffene«  ©toftem  bilbeten.  3Kan  jie^t  gtoifd^en  ben  einanber 
entfpred^enben  fünften  biefe«  jc^einbaren  ©Vfteme«  bie  geraben  SJcrbinbung«linien  unb 
bilbet  ftc^  ein,  biefe  O^jeration  bialeltif(^er  SRedf^enfunft   erfaffe   bie   ganje  2Bal^r^eit  unb 

46  fei  obenbrein  bie  genaue  SReprobultion  i^re«  gcfc^ic^tlic^en  SBJerben«. 

6«  giebt  nur  ein  ÜRittel,  inbireft  ju  einer  allgemeinen  Umfd^reibung  ber  6nt= 
ftel^ung«jeit  p  gelangen,  nämlic^  bie  litterarijd^e  SBed^felbejie^ung  jh)if(^en  §iob  unb 
anberen  batiertcn  ©d^rtften.  2)enn  nid^t  batierte,  h)ie  bie  le^r^afte  (Einleitung  in  bie 
^rotoerbien,  t)on  ber  9iiemanb  tüei^,  tüann  fic  entftanben  ift,  tüenn  e«  fic^  auc^  ber  eine 

60  ober  ber  anbere  ju  miffen  einbilbet,  ober  ber  „.^ejateud^"  ober  feine  jum  2^eil  blo^  an^ 
geblichen,  jebenfaü«  rnd^i  ju  retonftruierenben  CueHenfd^riften,  muffen  folange  aufeer  93e= 
trac^t  bleiben,  al«  ber  ©runbfa^  nod^  nic^t  abgefc^afft  ift,  ba^  Unfic^ere«  nur  t>\ixi)  feine 
ertannte  Sejiebung  gu  abfolut  ©id^erem  ertennbar  toirb.  3"  ^^  batierten  gehören  ^ere^ 
mia  unb  (S.^ec^iel ;  gmifc^en  ber  3lrt,  h)ie  jener  feine  ©eburt  Derfluc^t  (20,  1  ff.),  unb  tüie 

66  e«  .t)iob  Ä.  3  tut,  beftel^t  ein  jtoeifellofcr  3wfammen^ang.  älber  ber  eine  fagt :  ba  ic^ 
bei  lebhaftem  ©c^mcrge  eigne  3Borte  finbe  unb  nid)t  na^  folc^en  greife,  bie  anbere  no= 
torifc^  in  ä^nlic^er  Sage  befinblirf^e  bor  mir  gcfprod^en  ^aben,  unb  ^ewmia  mir  barin 
gleicht,  fo  fann  er  \\d)  nic^t  l^aben  hnxi)  ^emini«cen^  an  §iob  3  beftimmen  laffen. 
33er  anbere  jagt:  mir  unb  Dielen   anberen   ift   e«   bei   fc^toerem  ©Aiifal  natürlidfi,  nac^ 

60  einem  flaffifd^cn  SBorte  alter  (Slauben«|\eugen  ju  greifen,  j.  33.  §i  1,  21;  ic^  ne^me  ba« 


$tob  125 

@Iet6e  für  ^[ercmia  an.  Bei  bcm  ic^  aud)  fonft  bcobad^te,  ba^  er  längft  ausgeprägte  SSerfe 
unb  3leimc  amg  nac^toetöbar  älteren  3lutoren  in  suum  usum  fonbertiert.  ©ubjeftibc 
®cf(^niadE6urteiIe  ^aben  für  bie  ffiiffenfc^aft  leine  SetoeiSfraft;  unb  für  bcn,  ber  fid^  auf 
feinen  ®efci{imacf  toerlä^t,  toirb  eS  immer  Slueflüc^te  geben,  um  fid^  bem  3h>^"0^  tüiffen« 
f^aftlic^er  Setoeife  ju  entjiel(^en.  3lber  bie  g^^f^^^i  ""^  3^^"^^^  ^f*  l^  unnötig,  h)enn  s 
Sge^iel,  fein  jüngerer  ^>^eitgenoffe,  bei  feinen  gw^örem  ben  §iob  aU  ebenfo  belannt  Dor? 
au«fe^,  h)ie  3locS}  unb  3)aniel  (14,  14 ff.);  benn  bann  barf  er  aud^  aU  bem  ^eremia 
befannt  gelten.  3lber  ^ier  ergebt  ftd^  nun  baöfelbe  ©piel ;  benn  toä^renb  bie  einen  fagen, 
unfer  93ud^  fei  bcm  6;icc^iel  befannt  gelDefen,  bel^aupten  bie  anberen,  nic^t  unfer  §iob, 
fonbern  bie  angebliche  Solfefage  ober  baS  ol^ne  aegrünbeten  Stnlafe  angenommene  SJolfe  lo 
bu(^  fd{|h)ebe  bem"  ^ro})l^eten  t)or.  5?^eilid^  ßgec^iel  miß  nic^t  ©eredf^tc  fc^ledf^t^in  auf^ 
jagten,  fonbern  fol(^e  tüunberbar  gerettete  ©erec^te,  um  berentmiHen  ober  auf  beren  gür^ 
bitte  mit  i^nen  auc^  ii^te  Angehörigen  ober  fonft  bem  2?erberben  berfallene  ©cnoffen  au« 
bcm  ©eric^te  gerettet  fmb.  Um  3loa\)^  toilten  ift  feine  ^amilie,  auf  SDaniete  J^^bitte  fmb 
jeinc  greunbe  unb  bie  d)albäifd^en  SBeifen,  auf  §iobS  ©cbet  feine  brei  3Kituntcrrebncr  i6 
gerettet  hjorben.  ®aS  „3Solföbuc^"  (Sjec^ieB  muj  alfo  nid^t  blo^  bon  ber  gürbittc 
Öiob«,  fonbern  auc^  bon  ben  §iob  gegenüber  unridf)tigen,  ©otte«  ©eric^t  toerbienenben 
Sieben  ber  g^cunbe  eine  ätnfd^auung  gegeben  unb  alfo  ungefäl^r  toie  unfer  §iob  auS* 
gcfc^cn   ^abcn. 

Stuf  ade  gäße  toirb  unS  burd^  feine  h)irflic^e  SDäiffcnfd^aft  berboten,  anjunel^men,  20 
ba^  SWalead^i  (3,  IG  ff.)  unfer  $3ud;  im  Sluge  l}at,  ba^  ©jec^iel  e«  tannU,  bafe  3^^<^ 
bie  ba«  ganje  ®ef})räd^  toeranlafjenbe  bittere  Älage  §iobg  Ä.  3  im  ^er^en  trug,  unb  alle 
3^cnfübungen,  toelc^^e  aufgeboten  toorben  finb,  um  ^icb  in  bie  ejilifd^e  ober  nac^egilifcbe 
3eit  cinjuloeifen,  jtoar  alö  frud^tbare  Äeime  eine«  fünfttgen  l^iftorifdj^en  SHoman«  }^v^  be* 
tounbem,  aber  au«  bem  ©ebiete  ber  nüd^temen  ©efc^ic^teforfd^ung  auS^ufd^eiben.  @S  25 
^bclt  ftc^  nur  noc^  barum,  bie  obere  ©renje  für  bie  ^eriobe  iu  ^nben,  innerhalb  bercn 
nac^  ©^lüffen  au«  littcrarifc^en  ^atm  bie  öntftebung  beS  ^iobgebid^te«  angefeilt  toerben 
borf.  ^i)  ^abe  fold^er  für  bie  obere  ©rcn^e  feine  anbere,  ate  baS  fc^on  befonberS  bon 
3)clt^f(^  betonte,  bafe  baS  ergreifenbe  i^lagcgebet  eine«  Sluefäfeigen  5Pf  88,  meldte«  toir 
au(^  im  SWunbe  ^iob«  bor  K.  3  begreifen  fönnten  (bgl.  6,  8),  bem  berühmten  Siebter  90 
unb  ©änger  §ßman  beigelegt  n)irb,  unb  ^hjeiten«  ein  bon  mir  fc^on  bor  12  ^a\)xm  im 
Äommentare  ju  1  fig  5, 11  ^erborgel^obencS.  ^ugenfd^eintic^  auf  ©runb  einer  alten  ^^rabition 
ber  betr.  Sängerfamilie  fagt  nämlic^  bie  ßl^ronif  (1, 25, 5)  bon  $dman,  er  fei  „ein  ©e^er 
bcö  Äönig«  getoefen,  ber  in  göttlid^e  i^orgänge  ^ineingefc^aut  ^abe,  um  $orn  ^u  ergeben", 
unb  ©Ott  \)abt  i^m  14  Söl)ne  unb  3  2:ö(^ter  gegeben.  Wxö^  tounbert,  ba^  bie  ßrfinber  35 
bcd  alten  SolfSbuc^eS  l^ierbon  feinen  ©ebrauc^  gcmad^t  ^aben.  2)cnn  ba«  Sl^jarte  be« 
Sucres  $iob  befte^t  barin,  ba^  fein  3Jerf.  bie  Sefer  in  93orgänge  in  ber  ©eiftertoelt 
^ineinbliden  lä^t,  bamit  fxe,  h)enn  fie  aud^  bis  jum  lobe  unberbient  fc^mer  leiben,  nic^t 
an  ©otteS  ©erec^tigfcit  unb  Siebe  Derjtoeifeln,  fonbern  ben  3Rut  auebauember  ©ebulb  unb 
ßubcrfui^t  erzeigen;  unb  toenn  §iob  fd;liefeli(^  mit  14  ©ö^ncn  (t)gl.  ©...108)  unb  3  3:öc^tem  4o 
bcfd^cnft  toirb,  fo  mufe  man  entiueber  fagcn :  unfer  Dichter  \}aht  bie  Überlieferung  ber  $§s 
maniben  über  il;ren  3l^nl;en:n  benu^t,  um  ben  öiob  ju  fcl^affcn,  ober  in  jener  Über^ 
(teferung  befunbe  fic^  bie  Stnnal^me,  baj  Ajeman  tjeranlafet  burcb  fein  eignes  ©c^idtfat  ben 
jpiob  gebic^tet  l}aU,  unb  bie  natürliche  Dicigung,  baS  bem  §iob  geworbene  ©efc^enf  ber 
14  ©ö^ne  unb  3  lödj^ter  in  ben  1 4  ©ängcrn  .^jemanS  mieberjuerfennen,  beren  le^te  7  \>ux6)  45 
i^c  Flamen  befanntlic^  ben  ganj^cn  ^^Jro^e^  einer  im  ©laubcn  ficgrcid^  überftanbenen  SeibenSs 
Prüfung  barfteHen;  ober  enblicj^,  ^ernan  haU  ein  ©ebic^t  gcfdmffcn,  toelc^eS  in  fo 
iDcfentlic^en  ßügen  mit  unferem  §iob  jujammenftimmte,  bafe  biefcr  nur  als  eine  erioeiternbe 
Umbi^tung  jeneS  gebac^t  njerben  fönne.  2)a  berßbronift  gar  fein  eignes  Öemu^tfein  bon 
ber  93ejiel^ung  jtoif^en  §eman  unb  §iob  berrät,  fo  n)erbe  ic^  midE>  tüol^l  lauten,  baS  et)entuelle  eo 
SBcrf§dmanS  unb  unjercn§iob  obne  iueitereS  ^u  ibentifijieren.  §at  aberJpeman  ein  ilf>m 
ä^nlic^^eS  ©ebic^t  Derfa^t,  fo  ift  eS  nicbt  fo  pl)antaftifcl),  ioie  Senjinger  meint,  in  1  Äg 
5,  11  bie  bem  iliijam  als  ,,Söbnc  beS  SiunbgangeS"  gegenübergefteHten  „.§eman,  Äalfol 
unb  Darba"  als  Figuren  eines  ©ebid;teS  auf^ufaffen,  bie  im  Stunbgange  eineS  ©efpräc^eS 
i^rc  SBciS^eit  ju  ^ören  geben,  hjie  bie  Cilifa^,  Silbab  unb  ^o\ax  im  5)ucl>e  A^iob.  3tuf  66 
oJDfc  %öüt  barf  man  fagen,  bie  (S'ntftehung  unfereS  ^iob  liege  bieSfeitS  §emanS  unb  fte^e 
in  urfäc^lid^er  Schiebung  ju  bcnt,  \m<6  biefer  alte  Siebter  erlebt  ober  gebid^tet,  ober  auf 
©runb  feiner  SebenSerfabrung  in  einem  bic^terifcl)en  SSierfe  bargeftcUt  baben  foU.  3)a^  h)ir 
fo  gor  nid^tS  über  i^erf.  unb  (rntftcbungSjcit  hjiffen  unb  nur  fo  unbcftimmteS  unb  h^eit^ 
f^i^^tigeS  auS  litterarifdien  2)aten  erfc^liefeen  fönnen,   ift   bei  einem  bon  aller  ^iftorifc^en  eo 


126  $tob  $t^)iol4tttd 

Dricnticrung  abfcl^cnbcn,  einem  rcligiöfen  Probleme  ö^^^ibtiictcn  Äunfth)erfe  ein  ))roi)iben= 
tictter  SBSinf  für  un^,  e^  mit  aller  Äraft  rein  in  fic^  felbft  gu  genießen  unb  rein  a\i^  [\d) 
felbft  ju  beuten.  2)afür  gi^bt  e«  nod^  Diel  ju  lernen  unb  ju  leiften.      *.  Älojtermatiti. 

6  ^i^J^loI^tn«.  —  ?l umgaben:  erfte  ©efamtouSgabc  ber  ©cftviften  ^.S  üon  3.  ^(.  ga* 

briciuS,  S.  Hipp,  episc.  et  mart.  opp.  gr.  et  lat.,  ^amb.  1716  unb  1718,  2  SBbe;  ©aHanbi, 
BibJ.  vet.  patr.,  i8b  2  (1766);  MSG  Söb  10,  1857;  $.  91.  be  fiogorbe,  Hipp.  Rom.  quae 
feruntur  omnia  graece,  fieipjig  unb  ßonbon  1858;  moju  ©rgänjungen  in  be  fiogarbe,  Ana- 
lecta  Syriaca,  ebenbo  1858,  ®.  79  ff.,    unb  Appendix  @.  24  ff.;    aucft  ^atcr.  jur  ®ef(^.  u. 

lOÄrit.  b.  $cnt.,  2,  fieipgig  1867;  ©.§  ©crfe  C^liiäg.  ber  SBerl.  «fab.),  S3b  1,  üon  9?.  SBou' 
wetfd)  unb  §.  ^d^cli«,  üelp^ig  1897,  S3b  2  üou  ©.  9ld)en«  in  SBorbcrcitung.  3ucr[t  gebrurft 
lüorb  bie  p(eubo^ippoI\jtif(6e  ©c^rlft  De  consummatione  mundi  burcft  Qo^.  ^icuö,  ^oriö  1557; 
^offeüinug  üeröffcntUtibtc  Adv.  ludaeos,  )öcn.  1603;  SÄarqu.  ®ubiud  ebierte  gucrft  bic  De 
oonsumm.  gu  ®runbc  Hcgcnbe  8c6rift  De  Antichristo,  $ari§  1661.    Sie  lourbe  tDicber^oIt, 

16  ncbft  g-vagmenten  onbcrcr  ^erfe  ^.§,  biird)  gr.  ©ombefiS,  Bibliothecae  graec.  patnim  aiicta- 
rium  novisfiimum,  S3b  1,  ^ariS  1672.  9?ur  cinjcinc  neue  e(^tc  gragmcnte  ^.^  bei  8lmon 
be  ^agiftri«,  Acta  martyrum  ad  Ostia  Tiberina,  SRom  1795.  Um  fo  umfongrcicöcre  ba* 
gegen  bot  ?(ng.  ^Woi,  Scriptor.  veter.  nova  collectio  I,  2  166,  5Rom  1825  unb  I,  3,  5Rom 
1831;    jum  Xeil    fef)rcn  biefclben    loieber    bei   ^itro,  Anal,  sacra,  ®b  2  (1884)  6.  218ff.; 

20  bort  ober  oucft  {Qrifd)e  unb  armen.  @tücfc  ©b  2  u.  4.  5)q§  erfte  ©ucft  ber  Philoeophumena 
gob  juerft  ^erouS  3ttf.  ®ronouiuÄ,  Thesaurus  graec.  antiqu.,  S3blO,  1710;  in  ben  Drigeneö-» 
ausgaben,  De  la  ßue  I,  872.  üommofft^  ©b  25,  279;  ncuefte  ^uÄgabe  üon  ^.  S)iel^,  Do- 
xographi  graeci,  ©crlin  1879.  3)q3  gonjc  3Scrf  Auerft  ebiert  oon  (£.  Miller,  Origenis  Philo- 
sophumena  sive  omnlum  haeresium  refutatio,  Öjf.  1851 ;   befte  ^uSgabe  üon  S)uncfcr  unb 

25  ©d^neibemin,  S.  Hipp.  ep.  et  mart.  refutationis  omn.  haeresium  Über  X  quae  supersunt, 
®ött.  1859,  Qbgebructt  in  MSG  16,  3,  ^Qri§1860.  (Sine  Ucberfcfung  uonDeAnt.  tjeranftaltete 
not^  ben  «uSgoben  üon  Sabriciu«  unb  (JombcfiS  ®röne  in  ©ibl.  b.  Ä©S3,  Kempten  1873. 
S)ie  altflatjifcfte  Ueberfe^ung  üon  De  antichristo  (üon  De  consumm.  einen  9lbbrucf  ber  9Wo§« 
fauer  Äu^goben  üom  ^af^xe  1647  unb  1701)  ebierte  9?eüoftrujeü,  SHogfou  1868  (boju  ©arnod 

30  8Ö2:§  1875  @.  38  ff.),  (gbenfo  3.  ©rejncüSfij,  S)ie  8agen  oom  «ntidjriften  in  floüifcften 
Ueberfe^ungen  ber  SBerfe  be«  1)1^.  (ruff.),  @t.  ^eterSb.  1874;  hierin  jugleidj  ba^  2.  SButft 
unb  Xeile  bc«  1.  be§  2)QnieIfommentQrS  in  Qltflaüifd)er  Ueberfcfung.  (Sine  bcutfdje  5Bicber- 
gäbe  ber  altflauifcften  Ueberfe^ung  üon  De  antichristo  üon  ©onroetfcb,  91®®  83b  40  (1895). 
©riec^ifcft   gab   boS  4.  SBucft   bicfcS  ^ommentard  GJeorgiabeö   in  ber  'KxxlrjoinoTtxtf  'AX/jOria 

36  1885.  1886  ^eroug;  obgcbrucft  üon  (S.  83ratfe,  JBonn  1891.  Fragmente  ber  Capita  adv. 
Caium  ^crou^geg.  burcft  3-  ®n)t)nn,  H.  and  his  ,,Heads  against  (Saius",  Hermathena  VI, 
1888,  S.  397ff.;'aud)  bei  ^ornacf  2U  VI,  3,  121  ff.  unb  8ae)n,  ®efd).  b.  ntl.  Sfanou«  11,2, 
973  ff.  3)ie  (Söronit  guerft  ebiert  burcft  (Sanifiu«,  Lect.  antiqu.  S3b  2  1602;  julejit  üon 
2^.  ^ommfen,  9(bt  b.  fäc^f.  ®ef.  b.SSiff.  1850  unb  Chron.  min.  s.  4— 7  (MG  Auct.  antiq.9) 

40  I,  ©erlin  1892,  78  ff.  unb  üon  (£.  &rid.  Chronica  minora  I,  Seip^ig  1893.  ^ie  Canones 
arabifc^  mit  (atein.  Ueberf.  üon  ü.  .^aneber^,  ^D2ünd)en  1870  (banac^  beutfd)  üon  ®r5ne a.a.O. 
1874),  in  üon  ^iel^aber  unb  Stern  reüibierter  Ueberf.  beutfcft  bei  ^.  9lcfteli§,  3)ie  älteftcn 
Ouellen  be§  orlental.  Äircftenredjt«  I.XU  VI,  4  (1891).  ©eitere  eingaben  f.  in  ber  ©erlincr 
Aufgabe,  ferner  bei  ©a^pari  (f.  u.);   i^.  9iicbarbfon,  Bibliographical  Synopsis  (The  antenic. 

46Fathers),  53nffalo  1887;  Chevalier,  Rupert.,  des  sources  hist.  1067 f.  26.50 f.;    ^arnarf,  9IIt» 
djriftl.   Sitter.   I,    605ff.;   893ff.;    iiigl)tfoot    ().  u.);    ®arbent)eiüer,    <|JatroIogie    S.  135  ff.; 
^.Shüiier,  ®efd).  b.  altd)r.  IMtteratur,  J>reib.  u.  ficipaig  1895.  6. 201  ff.  unb  ^«atfttrag  8. 27  ff . 
»onmetfd),   ^iacftricftten  b.  i^&  1896,  1  (aucft  XU,  "i)25  I,  2);    «c^eliS,  $)ippoIt)tftubien,  XU 
«Rg  I,  4,  1897;  $.  ©enblanb.   ©erme«  1899  @.  412ff. 

60  ßitteratur  fict)e  an  ben  genannten  Cvtcn.  S3gf.  befonberS  3-  3)öUinger,  ^.  unb 
ÄrtfliftuS.  SJcgcnöb.  1853;  g.  (5.  Cüerbec!.  Quaestion.  Hippolytearum  specimen.,  3ena  1864; 
e.  %  ßadpari,  Ouellen  j.  (SJefcfi.  beS  Xaufjl)mboU  u.  b.  ©laubcnöreg.  III,  (J^riftiania  1875, 
8.377ff.;  S3arbcn6eiDer,  5)e§  Ijl.  ©.  ü.  SHom  Kommentar  j.  93.  Daniel,  grcib.  1877;  ®.  Sal- 
mon  in  DchrB  III,  85  ff.    The  Cross-References  in   the  Philosophumena,  Hermathena  V 

56  (1885),  389ff.  unb  The  comm.  of  H.  on  Daniel,  Hermathena  VIII  (1892)  161  ff.;  6t5^elin, 
3)ie  gnoft.  CueUcn  $).§  in  f.  ^auptfc^r.  gegen  b.  .J)«rctifer:  XU  VI,  3  (1890);  üig^tfoot, 
H.  of  Portua  in  St.  Clement  of  Rom.  II,  31 7 ff.;  (Srbe^,  3)ie fiebcnäjeit  bc«  $>.  k,  3prX^ 
1888  6.  611  ff.;  ^.  3.  92cumann,  Xer  rbm.  ©taat  u  bie  aOg.  ^ird)e  biö  auf  S)iocIetian  I., 
Scipgig  1890,   @.  21 3 ff.  257 ff.;   ^.  ^icfer,  Stubien  ^ur  iM^ßg^  Seipjig  1893;    »onmetf*, 

60®g?l  1894,  753ff.;  ^a*r.  (ö(^  1895,  515ff.  „Xic  S)aticrung  ber  (SJeburt  ß^rifti  in  bem 
3)an.  fomm.  ^.^"  (f.  bafelbft  aucb  über  bie  betreffcnben  Untcrfud)ungcn  üon  91.  ^ilgenfelb, 
StoZf)  1892  6.  257  ff.  1893,  I,  116ff.;  Q.  SBratfe,  ebb.  1892  u.  a.).  etubien  ju  ben  tom* 
mentaren  ,§  §  jum  iB.  Xanlel  unb  ^ül)en  fiieb,  XU,  9^5  I,  2;  aucft  X^fi^I  1892,  257  f.; 
^.  ?(c^eli§,  ebcnb.  I,  4.  Xic  älteftcn  Ciieüen  bee  orlental.  Üirc^enrcdjt^  I.  Xie  Canones  ^., 

CT,  XU  VI,  4  (1891).  ^.  im  Äircftenrec^t  S^®  15,  1894.  Uebcr  ^.^  Dben  unb  feine  Schrift 
„3ur  großen  Cbe",  9?a4r.  ®(S  1896,  @.  272 ff.;  unb  93b  I,  736 ff.;  g.  X.  gunf,  3)a«  a(^te 


^i^Miol^tnd  127 

»ucö  ber  ^oft.  eouftit.  iKottcub.  1891,  8.  254 ff.;  I^DS  1893  @.  594  ff.;  ^ift.  3a^rb.  b. 
®örr.  ®ef.  1895,  1  ff.  473 ff.;  ?(.  ^arnatf  StÄi  1893  6.  403 ff.;  3)räfcle,  ®efamm.  patrift. 
Untcrfucö..  «Itona  u.  ficipaig  1889  @.  56  ff.  (öcron  u.  «Pfeubo-^.);  o.  ©utfdjmib,  3ur  Äritif 
be«  dta^Füioftog  Tt-jg  yf-jq  9i^cin.  3Ruf.  1858  ©.  377  ff.  unb  Stleinc  ©djriftcn  V,  240  ff.; 
4).  ©eljerrScjt.  3ul.  ^Ifrifonu«  u.  b.  b^j.  e^ronograpljic  II  (ßcipjig  1885),  Iff.;  «fbcrgcr,  6 
@cf4.  bcr  *nftl.  efc^QtoIogie,  grcib.  1896,  8.271;  ©ouffct,  S)cr  ^Inticftrift,  ®öttingcnl895; 
e.  9lolff«,  Urhinbcn  qu§  beni  ontimontaniftifctjen  Äampf  beö  ^bcnblanbcä,  XU  12,  4,  1895, 
©.99  ff.;  fjr.  3)icfamp,  2)lc  bem  bl.  ^.  t».  9?om  gugcfdjriebenc  ©rflörung  uon  ?(pof.  20,1—3, 
2^8  1897,  ©.  604 ff.;  $».  o.  Stbebcn,  3Rünfter  1898;  ^.  SRiebcf,  3)ic  ^ircftenrec^t^qucaen 
bc^  ^Qtr.  «lejanbricn,  §  32  ^ic  Äanonc^  bc«  ^.,  ßcipjig  1900.  lO 

Si^  üor  einem  falben  göi^tl^unbert  lonnte  §it)t)oI^t  mit  Siecht  ol«  ber  gro^e  Unbe* 
fanntc  bcr  Äirc^e  bc^  Slltertum«^  bejeic^net  toerben.  5Rur  toenn  h)ie  bei  ©imon  be  SDita- 
giftri^  (f.  o.)  Sebenbigleit  bcr  $bantafie  ben  SKangcl  gefiederter  ßrtenntni«  €rfe|te,  lie^ 
fidj?  cttoa^  über  feine  ^erfönlid^fcit  Jagen.  •  SKac^t  bod^  felbft  ©ufebiu«  jtoar  ac^t  feiner 
©elften  nam]S;aft  unb  gcbenit  bc^  SSorl^anbenfein«  öieler  anberer  (Ä®  VI,  22),  ober  ben  is 
Ort  jeincig  6j)iftot)at^  bermag  er  nic^t  ju  nennen;  er  bemerft  bielme^r  nur  (ĮVI,20): 
biioHonag  dh  oinog  (BiJQvXXog)  ^v  xcbv  xaiä  Booigav  'Agdßcov.  (baavrcog  de  xai 
'biTidkvTog  hegag  nov  xaX  avrog  ngoeoiibg  ixxXt]oiag.  ^em  entjpre^fenb  ^ieron^s 
mu^  in  6ufeb^  6()ronit  (ed.  ©c^önc  II,  179):  Geminus  presbyter  Antiochenus  et 
Hippolytus  et  Beryllus  episcopus  Arabiae  Bostrenus  clari  scriptores  habentur.  20 
^ieron^mu^  nennt  mel^r  Schriften  §.«  aU  ßujebiug,  aber  äud^  er  erflärt :  H.  cuiusdam 
ecclesiae  episcopus,  nomen  quippe  urbis  scire  non  potui  (De  vir.  inlustr.  (>1). 
3m  äbenblanb  berichtet  ber  6i;ronograi)b  bom  '^al)x^  354  (Chronica  minora  saec.  4—7 
ed.  %ff.  üKommfen  I,  MG  Auetor.  antiquiss.  IX,  74 f.):  Eo  tempore  Pontianus 
episcopus  et  Yppolitus  presbiter  exoles  sunt  deportati  in  Sardinia  in  insula  26 
vocina  (L  nociva)  Severo  et  Quintiano  cons.  (235)  in  eadem  insuia  discinctus 
est  (cntfagte  feinem  2lmt)  IV  kal.  Octobr.  et  loco  eins  ordinatus  est  Antheros 
XlkaL  Dec.  cons.  ss.  (285),  eine  angäbe,  bic  ber  Liber  pontificalisl,  24ed.3Komm5 
Jen  cth)a^  umgeftaltet  ^at.  ^Jerner  ^ci^t  e^  bon  il^rer  SSeife^ung  in  jenem  S^ronos 
grojj^en  (©.  72  ed.  3J?ommfen)  idus  Aug. :  Ypoliti  in  Tiburtina  et  Pontiani  in  90 
CaUisti.  »ifc^of  S)amafu^  (366—384)  l^at  §.  an  feiner  ©rabftätte  eine  ^ufd^rift  ge:= 
fe^t:  Hippolytus  fertur,  premerent  cum  iussa  tyranni,  Presbyter  in  scisma 
semper  mansisse  Novati;  Tempore  quo  gladius  secuit  pia  viscera  matris, 
Devotus  Christo  peteret  cum  regna  piorum,  Quaesisset  populus  ubinam  pro- 
cedere  posset,  Catholicam  dixisse  fidem  sequerentur  ut  omnes.  Sic  noster  35 
meruit  confessus  martyr  ut  esset.  Haec  audita  refert  Damasus,  probat  omnia 
Christus  (Damasi  epigramm.  rec.  M.  Ihm  S.  42).  Unter  Äenntni^  biefe^  ßpigramm^ 
^ot  ^rubentiu«  im  11.  §^mnu^  be^  (Sebic^t^c^Ku^  negl  aieipdvwv  ben  SJlärt^rer  §. 
gefeiert,  jum  3:eil  im  Slnjc^Iufe  an  ©eneca^  Phaedra  (bgl.  gicter  a.  a.  0.;  6.  SÖSeV« 
mann,  ©encca  unb  ^rubentiuö  [Commentationes  Woelfflinianae,  2tipi\Q  1881])  unb  40 
tpo^I  auc^  on  eine  Übertragung  be^  Sd^idtjal^  be^  If^efeuöjo^ne^  auf  ben  3}iärt9rer  §. 
burx^  bie  Segenbe.  ^m  2lbcnblanb  befi^t  man  fortan  faft  nur  ftunbe  bon  ber  l^egenbe 
über  ben  J^eUigcn  §.  2)ie  römijc^c  Segenbe  cr^äl^lt  fein  3Jiartt;rium  al^  berbunben  mit 
bem  bed  Sourentiu^;  boUftänbig  bei  %.  S.  ©uriu^,  De  probatis  sanctorum  historiis 
coilectio,  IV,  581  ff.,  Äöln  1573  (cmc^  bertür5te,  umgeftaltet  auc^  griec^ifc^  bor^anbene,  45 
Raffung  bei  Sagarbc,  .OW^I.  ©•  XIII  ff),  fie  flingt  aber  fc^on  bei  ©reger  bon  Xoxxxi 
unb  anbermörtd  nac^  (bgl.  atcl;eli^,  iji^jjjolbtftubien  47  ff.).  i)ic  ^jortucnfif^c  Segenbe  ^at 
bagegen  §.^  3Warti;riuin  mit  bem  ^at^lreic^er  ^JJiärt^rer  au^  ber  Sofaltrabition  bon  Dftia 
unb  ?5ortu^  berlnüpft  (3lc^eli^  a.  a.  C  ©.  54),  jpe^ieU  .^.  mit  bem  portuenfifc^eu  3)iärs 
törer  9Jonnu^  ibentifijiert  (bgl.  ,,Hippolytus  qui  et  Nonnus  dicitur",  AS,  3luguft60 
IV  %  506  D).  SJertoertet  Serben  bic  Sd^rifteu  .hS.^  bon  ältubrofiu^  (bie  ßrflärung  jum 
ßo^el.,  Sontoetfc^,  ©tubien  ®.  10  ff.  17  f.;  Hieron.  ep.  84,  7.  MSL  22,  749:  Am- 
brosius  sie  Hexaemeron  illius  [be^  Crigenee]  compilavit,  ut  magis  Hippolyti 
sententias  .  .  sequeretur),  ^icronbmuö,  tool^l  auc^  l^coniu^,  aber  bie  (Erinnerung  an 
ben  ^iftorifc^en  §.  ift  erlofd;en.  —  ^m  Drient  finb  bie  Slngaben  über  .§.  burd^iocg  au^  66 
ber  Settüre  feiner  Schriften  crmac^fen.  at^joUinari^  bon  Saobicea  ertoäl^nt  feine  {'InnöX,  6 
äyuotarog  inioxonog  'P(J)fii]g)  2)eutung  bon  I)an.  2  unb  7  (löiai,  Script,  vet.  nova 
coli.  I,  2,  178).  SCf^eoboret  nennt  il?u  im  3tnfd;lu6  m  ^gnatiuö,  "i^üolbcar)),  ^^^enäu^ 
unb  Suftin,  bie  jumeift  er,:^pricfter  \vk  3JJärti;rer  genjefen  (ep.  145.  MSG  83,  1384), 
Seontiu^  bon  ''^'tiiCiXKi  (De  sectis  :],  1.  MSG  86  I,  1213)  unter  ben  borfonftantinifd^en  00 


128  $i)^lol4ttt^ 

äc^rem  uub  äJätern  (Sönat.;  Sren.,  ^u\t,  Jticm.,  IjrnoXvTog  biioxonog  P<üjüit]g,  3)ion^f., 
SJlet^ob.,  ®rc0or.  %l)aum.,  ^etru^).  $jeuboc^r^f.  gcbcnft  feiner  ('InnöX.  6  ykvxinatog  xal 
evvovmaiog)  neben  ßuobiu^,  39"^^^"^^  S3afiliu^;  Sltlfianafiu^,  (Sre^oriu^  2^eol.,  @j)^räni 
(Chrys.  opp.  ed.  Monf.  VIII  ©.  79).  Ä^riH  toon  Sct^t^opoU^  beruft  fic^  auf  i^n  d^  C^rono= 

5  Qtctp}^m  (Vita  Euthymii  unb  Vita  Sabae,  Cotelerii  Ecclesiae  graecae  monum. 
IV,  82.  III,  353).  'O  fxoLQxvg  xal  tiioxojiog  'Pwjurjg  Reifet  er  bei  ßuftrotiuö  (um 
582 ;  ebcnfo  bei  gafob  bon  (Sbefifa,  (Seorg  Sifc^of  bcr  Araber  (f.  b.  a.  VI,  525, 26)  unb 
bei  Decumeniu^  (um  1000),  IjuioX.  'Pcojurjg  beim  Patriarchen  ©ermanu^  (geft.  733). 
©eine^  2)anielfommentar^  gebenft  auc^  ^o^anne^  ber  ©t^lite  (§.g  SBerfe  I,  1,  XV  f.). 

10  SBieberl^olt  nimmt  auf  il^n  (^IhtioL  legog  (pdöoocpog,  enloxonog  IIöqtov  tov  xard 
TTjv  Tio/Lirjv  I,  674)  ber  ^xonoQxaüp^)  ©eorgiu^  S^ncedu^  Sejug  (§.«SBer!eI,  l,XVIf.; 
ac^eli^,  Stubien  16  f.  25;  bem  ©^nfeDen  folgt  3onara«,  Epit.  histor.  12,15.  111,123 
ed.  2)inb.).  ^^otiu^  nennt  il^n  einen  ©c^üIer  be^  3^^"^"^  {/Lia&mrjg  dh  Etgrjvatov  6 
^InnoXvTog  Bibl.  cod.  121,    Eigrjvalog    6  '  Aovydovvwv   xal    IjiTidXvrog   6    amov 

ib  ua&r]TYig  De  spir.  s.  mystagogia  ed.  ^ergenröt^cr  ©.115)  unb  fagt,  bafe  bie  SBiber- 
legung  ber  §äreften  in  .§.  ©^ntagma  ojudovvrog  Eigrjvaiov  erfolgt  fei  (Bibl.  a.a.O.; 
bie  3lb^ängigfeit  be^  ©^ntagmaö  bon  S^^^^u^  ^oc^  tDO^I  ftc^cr  eine  littcrarifd^c).  5bd) 
6beb  3^fw  ^^  14:.  ^ai}xf).  fennt  felbft  bon  (Sujebiu^  unb  ^ieroni^mu^  nic^t  genannte 
SBerle  $.^  (äc^eli^  17  f.).    ©omit  ift  §.,  obtool^l  3lbenblänber,  toeil  griec^ifc^  fc^reibenb, 

20  im  Orient  biel  unb  lange  gelefen  toorben ;  bon  toem  im  einzelnen  ift  nod^  nic^t  unter= 
fud^t  (ögl.  für  ben  3!)anielfomm.  [=  3)Ä]  Sarben^eber  a.  a.  0.  unb  m.  ausgäbe,  für 
ben  §ol^eliebfomm.  [=  ^Si]  m.  „©tubien"  ©.  8  ff.),  ©ein  ©^ntagma  l^aben  ^feubo= 
tertuüian,  gitafter  unb  ßpip^aniu^  benu^t;  ber  te^tere  aucb  anbere  polemifc^e  ©c^riften 
.§.^.    2)aö  10.  Suc^  ber  ?}^ilofol)^umenen   ift  bon  3:i^eoboret   ftarf  t)erh)ertct   Sorben. 

26  ^I^otiu^  fonnte  über  berfd^iebene  SBerfe  §.^  Serid^t  erftatten,  unb  noc^  2)iont)fiu^  Sar 
©alibi  (12.  3^'^^^)  äu^jüge  au^  §.^  Capita  adv.  Caium  bieten,  ^n^  ©^rifc^e,  3lr^ 
menifc^e,  ilot)tifd^e,  3lrabifc^e,  2lltflat)if(^e  ftnb  ©c^riften  §.^.  gang  ober  teiltoeifc  überfe^t 
iporben.  ^n  tirt^enrec^ttid^en  fragen  galt  §.  Äo^iten  unb  ät^iojjen  für  eine  Autorität; 
in  e^c^atologifdjien  ma^te  er  SKet^obius  Äonturrenj. 

30  $W  ^a^xt  1551  tuarb  in  ober  bei  bem  Coemeterium  §.g  an  ber  via  Tiburtina 
eine  3Karmorftatue  (je^t  im  d^riftlic^en  3Jlufeum  be^  Sateran;  bcr  leiber  fe^lenbe  Obers 
tötptt  ift  ergänzt)  ausgegraben,  iüetc^e  ben  §.  auf  einem  ©effel  fi^enb  barfteüt,  auf  beffen 
beiben  ©eiten  fein  Ofterranon  eingegraben  ift,  ebenfo  ein  SJerjeid^niS  feiner  ©c^riften  „auf 
ber  abgerunbeten  fc^matcn  ^läd^c,  h)el(^e  bie  linfe  ©eiten-  mit   bcr  SlüctenPäc^e  bcr  Äa= 

35  tl^ebra  berbinbet"  (Slc^cliS  ©.  3,  bort  ©.  4  auc^  eine  SBiebergabc  ber  ^nfc^rift).  2)ie 
fünftlerifc^e  Se^anblung  ber  ©tatue  h)eift  nacb  ßrflärung  ber  Äunbigcn  ebcnfo  in  baS 
3.  3ö^^f?w"^^t  ^i^  ber  Umftanb,  bafe  nur  unmittelbar  nac^  bem  3:obe  §.S  ein  Slnlafe 
loar,  il^m  bicS  3)enfmal  gu  fc^en,  unb  bafe  §.g  Ofterfanon  fic^  balb  ungenügenb  jeigte. 
2)ic  crften  3rilen  finb   ni^t  me^r  Icfcrlid^,   bie  folgenbcn  nennen  9  ober  10  ©c^riften, 

40  benen  fj)äter  noc^  2  ^injugefügt  h)orben  finb. 

3:ro^  bicfer  einzigartigen  SluSjcid^nung  unter  ben  Äird^enbätem  ift  ,§.  bod^  erft  burd^ 
bie  ßntbcctung  ber  fog.  ?}(?iIofop^umcna  in  ein  gcfc^id^tlic^cS  Sid^t  gcrüdt  toorben.  3)aS 
erfte  33u(^  mar  unter  biefem  iitel  fc^oit  trüber  baannt,  aber  erft  1842  tourbc  baS  bicrte 
bis  10. 35u(^  in  ©ricc^entanb  in  einer  .t>ö"bfcttrift  14. 3al^r^.  aufgefunben  unb  baSSange 

46t)on  e.'^Killcr  aU  9Berf  beS  OrigeneS,  Oj:foTb  1851,  herausgegeben;  2)under  unb©c^nci= 
betoin  l^aben  cS  bann  als  9Bcrt  ^.ö  forgfältig  cbiert.  93erfoc^t  anfänglid^  namcntlid^ 
Säur  ben  ^reSb^ter  (SajuS  als  iHTfaficr^  |o  tft,  j^unäc^ft  burc^  3)öllinger  (f.  o.),  $.  2lutor= 
fc^aft  faft  aHgcmcin  anertannt  (IH3L  bcf.  gun!,  %i)£ie  1881  ©.  42^  ff-).  2(n  i^r  ift  auc^ 
nic^t  gu  gtDcifcln.    ^fvax  ^^otiuS   nennt   als  SJerfaffcr   beS   Don   i^m  als  iJab^rintl?  bc^ 

öT)  zeichneten  10.  55ud^eS  ßajuS  unb  toeift  biefem  aud^  bie  Schrift  jiegl  xfjg  xov  nay^og 
ovoiag  ju  (aber  bieS  le^tcrc  nur  auf  (ärunb  einer  -Kanbbemertung  in  einer  ^anbfc^rift, 
Bibl.  cod.  48).  2)iefe  aber  ift  bielme^r  na^  bem  ©c^riftberjcic^niS  ber  ©tatue  ein 
aBert  §.S,  unb  auf  fie  bcgiel^t  ftd^  ^l^ilof.  10,  32  ©.  536,  19  ber  $erf.  als  auf  fein  ffierf. 
3tac^  ©.  2, 19  f.  l}at  ber  SBerf.  bcr  ^^ilofo^^umcna   einft  eine  furje  ©c^rift   gegen   bie 

66.t)ärefien  gefc^riebcn,  h)ic  §.  nac^  gufebiuS  6,22.  Qx  ift  SRömer,  ift  33ifdS>of  (©.  4, 52  f. 
^jLuTg  .  .  jH£T€xoit€g  ägxiegareiag),  feine  Sieben  baben  auf  3^^^^^"  Ginbrud  gemacht 
9,11  ©.450,  76  ff.,  aus  JKüdtftd^t  auf  i^n  l^at  «aHift  ben  ©abcHiuS  ejtommunizicrt 
9,  12  ©.  456,  72.  Sine  fold^e  ©tellung  na^m  bamalS  nur  §.  ein.  3)ieS  SHcfultat 
h)irb  beftätigt  burdj   bie   inl^altlid^c  Übercinftimmung   mit  ©d^riftcn  §.S ;   ügl.  g.  35.  Ad 

eoGraec.  ©.  68,15ff.,  70,  3  ff.,  71,11  (ixßgdaocov),   72,  8 ff.  mit  ^^ilof.    ©.544, 31  ff., 


^t)i|iol4titd  129 

536,  14 ;  C.  Noet.  ®.  56,  4  (aui)  ju  «JJf  2,  7,  I,  2,  146,  3  f.),  50,  27,  56,  20  f.,  52,  28, 
51,1  mit  5ß^Uof.  544, 13ff.,  536,  3,  450,  62  f.,  458,78,  538,50;  2)Ä  2,  18.  19 
mit  ^ü.  e.  494 ff.;  De  Ant.  I,  2,5t.  mit  ?P^il.  540,  79 ff.  a)ie  ^^Uofop^umcna 
eröffnen  nun  ober  einen  (Sinblid  in  bie  Sebeneüerbältniffe  .V).^.  Über  fein  Sier^älts 
ni«  ju  3renäu^  fagen  fte  nic^t^.  Sic  geigen  .s^.  in  9lom,  h)o  er  fc^on  jur  3«it  be^  6 
»ifd^of«  3epl^^rinu«  «Pre^b^ter  getoefen  fein  mufe.  3iad^  ßufcbiuj^  K®  VI,  14, 10  meilte 
Drigene«  unter  3^^^^.^"  ju  9lom  (nad^  ßafpari  a.  a.  D.  III,  352  einige  ^jal^re  öor  216), 
bomafe  ober  1^  er  einer  ^rebigt  §.^  angetoo^nt  (Hier.  De  vir.  illustr.  61 :  Uqooo- 
fiuiav  de  laude  domini  salvatoris,  in  qua  praesente  Origene  se  loqui  in  ecclesia 
significat).  auf  ^t\>f^\jfm\x^  folgte  ÄoHift.  3^  *N  ^^^^  \^^^^  §•  ^m  fc^rofffteu  (Segen-  lo 
fa|,  f otool^I  in  ßinfic^t  ber  ß^riftologie  h)ie  bcr  ©emeinbebi^^ij^ün,  unb  e«  tarn  jum  Sruc^ 
ber  Krd^lic^en  ©emeinfc^aft  (§.  ^^ilof.  9,12  ©.458,  99  ff.  bon  ÄaUift  awear^oaio 
didaoxaXeiov,  ögf.  ©.  458,  6,  462,  38,  458,  8  ff.  unb  bajtu  gicfer  S.  73),  lüetc^er  [\d)U 
lidf  audf  bei  beffen  Diac^folgem  forbauerte.  3)amit  ftimmt  bie  §.  in  ben  SHeften  feiner 
JBcrlc  toie  burc^  bie  au^  biefen  Schriften  fc^öjjfenben  griec^ifd^en  3^w0"'fl^  juerfannte  Säe^  i6 
jeic^nung  al^  römifc^er  Sifc^of  unb  feine  3w^^^if""9  ^^  ^^^  noijatianifc^e  ©c^i^ma  burd^ 
bie  ©omafu^infc^rift:  ^.  Wax  fd^i^matifd^er  Sifd^of  t)on  9lom.  ßufebiu^  unb  §ieront;mu« 
lonntcn  ba^er  feinen  Sifc^of^fife  nic^t  au^finbig  machen,  benn  innerhalb  bef  if;nen  be- 
tonnten  römifc^en  Sifc^oföUfte  fehlte  §.  3Ran  fann  i^n  bal^er  and)  nic^t  mit  be  Stofft 
nur  5Preöb^ter,  ober  mit  Sig^tfoot  Sifc^of  ber  fluftuicrenben  ßl^riftengemeinbe  t)on  ^ortu^  ao 
fein  loffen;  äi^nlic^  3Kommfen,  fo  bafe  §.«  SJejeic^nung  ate  römifd;er  Sifc^of  nur  un= 
genau  toäre,  unb  auf  einer  leicht  möglichen  ä5erh)ec^felung  beruhe  (3Jiommfen,  Chron. 
min.  ©.  85  2lnm.).  ^n  feiner  ^d^tcn  ©4rift  l^eifet  §.  Sifid^of  Don  $ortu^,  bie^g  ift  alfo 
nur  gele^jrte  SSermutung,  fie  finbet  fid^  bann  au4>  in  ben  Fragmenten  ber  ^affac^ronif 
unb  bei  ©^nleOo«  (bgl.  31®®  1891  ©.  756).  5P^otiu6,  Bibl.  Cod.  48  berichtet  atter^  20 
bingö  öon  6aj[u^,  ben  er  ^ier  mit  §.  bermec^fctt,  x^^Qo&fjvai  de  aurdr  xai  tlh'cbv 
biioxonoVf  aber  bieg  borf  nid;t  ate  ^eibenbifc^of  gebeutet  unb  mit  ^aa)n  (@efc^.  b.  ntl. 
Äonon^  II,  988)  unb  gicter  (©.  86  ff.)  au^  ^^ilof.  X,31  crHärt  h)crt)en,  fonbcm  ift  toie 
bei  ber  gleic^lautenben  Benennung  öon  ©eorg  bem  äraberbif^of  (f.  Sb  VI,  523,  48)  afö 
„93ifc^of  ber  SSölter"  b.  ^.  arabif^er  Stämme  ju  t)crftc^cn;  folglid^  ift  §.  bamit  ebenfo  ao 
ol^  33ifc^of  Don  33oftra  begeic^net,  mie  bie^  burc^  ein  ÜKi^toerftänOni^  Don  6uf.  VI,  20 
Qudf  fonft  Dielfa^  gefc^e^en  ift,  Dgl.  ®g3(  1897  ©.  753  f.  —  2Begen  ber  SJerlegung 
feinet  SKart^rium^  an^  3Reer  ober  ber  ^.  befonber^  in  ^ortu^  ermiefenen  SBere^rung  h)arb 
er  mit  Slonnu^  ibentifigiert  unb  fo  jum  33ifc^of  Dom  ^ortu^.  —  ©d^i«matifd>er  33ifd^of 
bcr  römifc^en  ©emeinbe  ift  §.  geblieben,  bi^  er  235,  burc^  bie  Verfolgung  3)iaEiminö  85 
(f.  b.  ä.)  betroffen,  mit  bem  33ifc^of  bcr  ©ro^firc^e  ^ontian  jufammcn  nad^  ©arbinien 
Derbannt  tourbe.  2)o^  auf  biefer  ,,nociva  insula"  il^n  ebenfo  mie  ^ontianuö  bcr  Xob 
ereilte,  toirb  burd^  bie  3lngabe  be^  ß^ronograpl^en  (f.  0.)  über  il^rc  gleichzeitig  batiertc 
©eife^ung  toa^rfc^einlic^.  2)ie  93erbinbung  6.^  mit  bem  noDatianifc^cn  ©djiöma  in  ber 
3nf(^ft  beg  3)amafu^  unb  bei  bem  i^r  folgenben  ^rubentiu^  erflärt  fid^  leicht  au^  ber  40 
nur  unbeutlic^en  Äunbe,  über  bie  2)amafu^  Derfügte.  9iad;  6uf.  Ä®  6,  16  ^at  jtüar  2)io- 
n^fiu^  Don  SUej.  nac^  Stom  eine  ©c^rift  burc^  einen  ,H^.  übcrfanbt,  unb  cö  liegt  nal}^  an 
ben  berühmten  ju  benfen,  aber  ©ufcbiu^  bürflc  bo^  li>o^l  nur  ben  5Jamen  §.  afö 
Überbringer  genannt  gefunben  l)ahtn.  Über  ben  antioc^cnifc^cn  9Jiärti^rer  fy.  (Martyrolog. 
syr.  jum  30.  ganuar)  erlaube  ic^  mir  lein  Urteil,  nod;  iocniger  über  ben  unter  ben  46 
„gried^ifc^  SKärt^rem"  genannten  H.  monachus,  qui  habitabat  in  Cryptis  (Dgt. 
jule^t  «^elijf  ©.  51). 

§.  ift  ein  fe^r  frud^tbarer  fird^licl)er  ©c^riftfteller  geioefen.  "Hox  allem  Wax  feine 
ejcgetifc^e  S^tigfeit  eine  aui^gebrcitete ;  bie  iWcftc  ber  ejcgetifcben  äiSerte  im  crften  53anb 
btr  ©erliner  3(u^gobe.  9Jur  jioei  biefer  ©d^riften  finb  nod^  Dollftänbig  erl^alten:  De  so 
Antichristo  unb  ber  (fjjätere,  Dgl.  2)SE  4,  7,  1)  2)anielf ommentar ;  nur  bie  erftere  noc^ 
gon}  im  griec^ifc^en  Urteyt,  in  brei  §anbfd^riften  bev  10.,  15.  u.  IG.  y^aijxh.,  ba^u  in 
einer  oltftaDifc^en  Ueberfe^ung  h)obl  bcö  11.  :r>abrl;.io  unb  burd)  inbirefte  Überlieferung  in 
Morilegien,  in  De  consummatione  unb  anberh)ärt^.  :3"^ö^^^i^  ^f^  ^^^  3lnfd;lufe  an 
grenöud  nic^t  gu  Derfennen  (Dgl.  au^  3l^berger  a.  a.  D.).  >Der  I)auielfommentar,  einft  66 
bod  gelefenfte  ejegetifd^e  SBerf  .v).ö,  ift  nur  Don  öuc^  1,29  an  in  einer  3ttl)oebanbfc^rift 
bed  10.,  Sud^  4  auc^  in  einer  (J^alfil?anbfd;rift  bc^  15.  3ii(>^^^i»n^crt^  Dor^anben,  ba^ 
Skmje  in  ber  gleichen  altflaDifAen  Überfe^ung ;  ba^u  tommt  dud)  bier  eine  inbirefte  Über= 
(ieferung  namentlich  in  ben  (Satenen,  aber  aucb  burc^  ©lüde  in'fvrifc^er  unb  armeitifcber 
Überfe^ng.  ©efc^ricben  ift  ber  ibmmentar  nic^t  gu  lange  nad^  einer  heftigen  SSerfolgung  co 

dUaUüntr^tiopmt  für  ^ijeologie  unb  Sitrd)C.    3.  %.  VIII.  9 


130  ^t^^ol^titd 

(4,  50  f.) ;  ba^er  fd^tocrlic^  geöcn  (Snbc  bc«  Scbcn^  ^.^  (jo  ©.  Balmon,  «öcrmat^cna 
8,  161  ff.;  baöegen  ^al}n  a.  a.  D.  II,  1020 ff.),  fonbem  too^l  noc^  gcöen  mfang  be^ 
2.  SJfli^t^unbcrtig.  S3on  ber  bequemen  Sreite  biefe^  Äommentar«,  toeld^cr  fid^  faft  nur  am 
©^lufe  ber  einzelnen  Sudler  ju  l^ö^erem  Sd^toung  ergebt,   fliegt  ber  r^etorifc^e  Gl^araltcr 

6  beg  Äommentar«  jum  $2  mcrflid^  ab.  §ier  \px\d)t  §.  einmal  ouc^  au^brüdflidji  a\i^, 
bafe  eben  ba«  Ofterfeft  fei  (I,  1,  ©.  355, 26  ff.),  ^uc^  iJom^Ä.  befx^en  toir  öome^mlic^ 
Fragmente  einer  altflaöifd^en  Überfe^ung,  baneben  folc^c  einer  armenifc^en;  anbere^ 
ormenifc^  (Sr^altene  ift  (gam  ober  faft  ganj)  unecht,  ^agmente  jur  ®enefi«  i}at  bejonber^ 
bie  Dftateuc^catene  be^  $rou)))  öon  ©am  aufbch)al^rt.    ©ie  gehören  nur  ju  ®enl,  5.  7; 

io2, 7ff.;  3,7.21,  fonft  gu  ®en49;  bopcr  fann  ^rolo})  ben  toon  §ieron^mu^  naml^aft 
gemad^ten  Äommentar  jur  ©eneftg  nic^t  gefannt  ^aben.  ^ieron^muig  ^at  ein  Ji^ogment 
m  ®en  27, 1—28,  5  mitgeteilt  ($.«  fflerfe  I,  2,  54  f.)  unb  ouf  Semerfungen  über  bie 
aird^e  3loai)^  (ögl.  auc^  $^iIof.  10,30  ©.  534,60)  unb  über  SReld^ifebel  Segug  ge= 
nommen  (2lc^eH«,  SU  91^  1,4, 109  f.).     3Son  bem  unter  bem  Sitel  „§.  ber  Su^Icger 

16  be^  Xargum"  arabifd^  ©r^oltenen  gehören  $.  Don  ©eneftöfragmenten  (au^cr  ettoa 
©.  90, 10  ff.,  91,  7  ff.,  92,  8  ff.)  tool^l  nur  bie  ju  ®en  38, 10  ff.  on,  unb  auc^  Don  ben 
©rflörungen  gu  Slumeri  unb  3)euteronomium  ift  nur  6inige^  cc^t.  3lad^  6u jebiu^  VI,  22 
l^at  §.  Elg  rrjv  i^arjfiEQov  unb  Elg  xä  fxexä  xrjv  i^arifxeQov  gefc^rieben.  5Jac^  ben 
Fragmenten  mu^  ^.  auc^  gum  ^faate^  unb  galob^fegen  gefc^rieben  ^aben,  Seontiu«  l^at 

20  ein  j^agment  ^um  ©egcn  Sileamö  betoa^rt,  2:^eoboret  brei  folc^e  jum  ©egen  SJJoje^ ; 
bo(^  ift  ein  ein^eitlic^eg  SQäerl  §.ö,  toelc^^em  biefe  Ji^agmente  entftammen  fönnten,  nic^t 
belannt.  Äieron^mu^  l^at  aud^  eine  ©c^rift  in  Exodum  aufgefül^rt.  2)urc^  ein  üon  3lc^eli^ 
entbedte«  gragment  in  einer  2ltl^o^I?anbjd^rift  toarb  bie  erfte  Äunbe  Don  einem  Äommentar 
§.^  ju  9lut^  (I,  2, 120).    Sei  a:^eoboret  begegnen  ßitate  auö  Elg  tov  ^EXxaväv  xal 

26  dg  xfjv  ^Awav.  Sine  ©(^rift  Elg  iyyaoTQifivbov  ertoäl^nen  bie  Snfc^rift  unb  $ieron^- 
mug  (De  Saul  et  pytonissa),  ober  ba«  nur  burc^  einen  (SinfaD  Don  be  3Kagiftri^  ö. 

ijugefc^riebenen  gragment  ift  unecht.  2)ie  ©c^rift  Elg  tpdXfjLovg  toax  Jc^merlic^  ein  DoÜ= 
laubiger  ^falmenfommentar  (äc^eli^,  ^.ftubien  125 f.);  f^rifc^j  erl^alten  ift  bie  Einleitung 
in  bie  ^falmcn  mit  gejd^ic^tlid^em  ^n^^lt  I,  2, 127  ff.,  griec^ifc^  einige  Fragmente  burA 

aoS^eoboret  (Dgl.  I,  2,146,  3  f.,  10  f.  mit  C.Noet,  ©.56,4.20  unb  146, 21  f.  mit  5DH 
4,  24,  3.  5.  1, 1, 246,  4. 10)  unb  ju  «PJ  3,  8,  in  benen  jeboc^  Qxk\paxx  ©.  378  Dielmel^r 
ßomilien  erblicfen  möchte.  2lu«  bem  Äommentar  gu  ben  ^roDerbien  l^aben  bie  ßatencn 
^ruc^ftücfe  aufbetDa^rt  (einiget  auc^  bie  Duaeftionen  bed  9tnaftafiui^),  bei  tDeld^en  noc^ 
eine  in«  Singelne  ge^enbe  Unterfuc^ung  ben  nic^t  ganj  geringen  eckten  Seftanb   feftju« 

86  ftellen  ^at.  ©el^r  unbcbeutenb  bagegen  fmb  bie  Sftefte  au«  De  ecclesiaste,  Elg  irjv 
AqXV^  rov  'Hoatov  unb  Elg  juigtj  xov  IsCexii^X;  au«  In  Zachariam  fel^len  fie  gang. 
3um  3Jlattl^äu«tommentar,  beffen  ^ieron^mu«  gebeult  MSL  26,  20,  bürften,  fofem  unb 
fotoeit  fte  ec^t  fmb  (I,  2,200,  30  ff.  entfjjric^t  nic^t  3)Ä  4,52  1,1,320, 17  f.),  bie  bo= 
peirifc^,  ätl^iot)ifciS>  unb  arobifc^  erl^altenen,  tooi^l  ber  gleichen  Gatene  entftammenben  (Slc^eli«, 

*o^.ftubien  165  ff.)  Fragmente  ju  aJlt  24  gehören,  unb  ju  aJlt  25, 24  ff.  l^at  Il^eoboret 
ein  ^agment  aufbetoo^rt.  fflie  jene  Fragmente  fo  Ratten  e«c^atologiJc^en  3"^fllt  ^^^ 
ber  Äommentar  jur  2li)o!al9})fe  (baDon  noc^  ec^te  arabifc^e  Fragmente  Dor^anben),  bie 
RanpM  gegen  ßaju«,  Don  benen  ®h)^nn  Sruc^ftüie  DeröffentUc^t  ^t,  in  anberer  ^inftc^t 
aud^   Über  bie  Sluferfte^ung  an  bie  Äaiferin  3Kammaea  (baDon  noc^  einige  f^r.  u.  griec^;. 

46  Fragmente),  boc^  too^l  ibentifd^  mit  ber  IJegl  &eov  xal  aagxög  dvaordaecog  auf  ber 
©tatue  bejeid^neten  unb  mit  jener  Ilegl  ävaordoecog  xal  äcp^agalag,  au«  ber  änaftafiu« 
ein  ^agment  mitteilt.  2:^eoboret  l^at  toie  fo  mand^e«  $i})pol^tifc|>e  auc^  einige«  au«  ber 
SHebe  auf  bie  beiben  SRäuber  beioal^rt.  dagegen  fönnen  bie  gricdSiifc^  unb  j^ifd^  erhaltene 
Siebe  Elg  xov  xexgarjjuegov  AdCagov  (f^tif^  „2lu«  bem  Äommentar . . .  jum  ©Dangelium 

60  be«  ^ol^anne«  unb  ber  Slufertoedfung  be«  Sajaru«")  unb  nod^  toeniger  bie  Elg  xd  äyia 
^eowdveia  (tro^  il^rer  SSeileibigung  burc^  Slutoritäten  mie  fiig^tfoot,  ©almon,  3^^" 
[in«befonbcre  auc^  burc^  Äteinert,  3ur  c^riftl.  Äultu«*  unb  ©ittengefc^.  1889  ©.21  ff., 
267 ff.];  Dgl.  bagegen  $.  ac^eti«,  .^-ftub.  197 ff.,  ^Mutoei«  auf  folc^e«,  loa«  jur  ^erfon 
§.«  nic^t  ftimmt)  nic^t  ed^t  fein,   ba  fie  nac^  ^^rm  unb  Sn^alt  Don  ber  SBeife  ^.«  ab- 

66  toeic^en.  2)ie  ©dj^rift  Ilegl  xov  dyiov  jidaxa,  Don  ber  griec^ifc^e  unb  f^rifc^e  33ruc^ftü(fe 
überliefert  finb,  ift  gu  unterfc^eiben  Don  jener  bei  ©ufebiu«  Ä®  6,22  gleichnamigen  an^ 
beren,  bie  auf  ber  ©tatue  'Ajiödei^ig  xQovojv  xov  ndoxa  l^eifet  unb  ben  fectf^e^njö^rigen 
Dfterfanon,  mit  bem  1.  3ja^r  be«  Sllejanber«  ©eDeru«  (222)  beginnenb,  entl^ielt.  —  SBon 
ben  polemifc^en  ©c^riften  .^.  ift  bie  Ilgog  Maqxiwva  ft)urlo«  Derloren.  3)a«  ©Dntagma 

eo  gegen   alle  §ärefien,   toelc^e«  nac^  ^^otiu«  (Bibl.  121)  32  ^ärefien,  Don  3)ofU^  bi« 


^t)Mio(4tttd  131 

3lßei,  eittl^telt,  ift  bic  ö^nirinfame  DucBe  für  ^PfeubotcrtuDian,  (S})i})^amu^  unb  Jilafttiu«, 
tone  bffonbet«  2ip^u&  fiejetöt  i^at  (\>qI  8b  V,  418,  6  ff.,  420,  id— sr,),  ba^cr  ipcniöften« 
Me  3leil5>enfoIgc  bcr  barin  bc^anbdten  §ärefien  nod^  fcftjuftettcn.  Sluf  bteje  ©d^rift  be* 
jid^t  jt^^  §.«  Scmerfuiig  iß^ilof.  ©.  2,  19 f.  cov  (bcr  .^äretiler)  xal  jidkai..  rd  doy- 
/iora  i^e&i/JLe&a,  ov  xard  XcTtidv  biidei^avteg,  dXXä  ädgojueQÖJg  ikh^avteg.  %taQi  6 
lid^  aber  bleibt,  ob  ettoa  ben  ©c^Iufe  bicfe^  ßißXiddQiov  bie  nodji  erhaltene  „§omtKc" 
gegen  9lo§t  ßebilbet  fyit  (t>gl.  ßaf^jari  399  ff.).  3)ocl^  ift  \)on  einer  felbftftänbigen  gegen 
bie  9Dlonar(i(;ianer  feiner  3^  gerichteten  ©4rift  §.ö  (ate  beren  Seftanbteil  vermuten  fie 
ajolfmar,  §.  unb  bie  röm.  3«tgenoffen  ©.  94.  136,  Äamacf,  Qa]paxx  [ber  eine  6on- 
tamtnotion  mit  bem  ©c^Iufe  be^  ©^ntagmaö  annimmt]);  ^i^^^'^J^^'^f^^'^'^^^^f  SRolff^io 
©.  130  [t>gl.  auc^  beffen  2lu^fül^rungen  über  ben  Sraltat  gegen  9loet  ©.  127  ff.]  u.  a.) 
nic^  betannt  (ögl.  auc^  jiaöai  roaavrai  algiaeig  C.  Noet.  8,  ©.  50,  14  f.  unb  ba^ 
ej)ij)l^iui^  ÄaJ).  1—8  ber  „§omilie"  au^efc^ricben  ^at).  3"  3*^*  <^^  beftel^t  bie 
Vermutung,  ba^  §.  ber  SSerfaffer  be«  Don  3:^eoboret  (Haer.  fab.  2, 5)  afö  Heine«  Sab^^ 
rint^  bejeic^neten,  Don  ^l^otiu«,  Bibl.  48  aud^  Saju«  gugefd^riebenen  Znovdaoua  xard  rfjg  i6 
^Agtefjubvog  algiaecog  fei  (öuf.  Ä®  5, 28),  toenn  auc^  ungetoife  bleibt,  '  ob  ^^otiuö 
t^äc^Iid!;  Bibl.  48  biefe  ©d^rift  im  äuge  ^at  (ßa\paxx  404 ff.);  fte  mufe  fjjäter  ol«  bie 
$^Uofot)^umenen  fein,  ba  ^ier  ^rtemon  nod^  nidjit  ertoä^nt  toirb.  ^atk  ^.  gegen  Saju« 
bie  8[i>olttI^>3fe  Derfoc^ten,  fo  l^at  er  auc^  gegen  bie  ©^ner  ber  jol^anneifc^en  ©c^riften 
Td  vTtkq  Tov  xard  ^I(odvi]v  evayyeUov  xal  dnoxaXvxpecDg  (fo  bie  S^f^^^f^)  ^'^^  \^^^  ao 
„8tj)ologie  ber  Offenbarung  unb  ber  SSerfünbigung  be«  :3ö^^""^^  be«  31)).  u.  (Söang." 
(fo  ®beb  3^fw)  ^«föfet:  ben  gnl^ah  fönnen  toir  teiltoeife  au«  @))i))^aniu«  haer.  51,  too 
too^l  fu^er  $.  au^gefcprieben  ift,  erfennen.  (£benfo  toirb  aber  anbererfeit«  in  Epiph. 
haer.  48  §.«  ^ßolemil  gegen  bie  SRontaniften,  über  toeld^e  ©tej)l(^anu«  ®obaru«  bei 
^^otiu«  Bibl.  232  berid^tet,  loieberfe^ren  (bgl.  meine  ®efc^.  b.  aKontan.  ©.36  f.  unb  36 
^olff«  ©.99  ff.).  2)a«eini|ige  faft  gang  erifialtene  unb  öieDeic^t  bebeutenbfte)3oIemifc^ea33erI 
^ J  jtnb  ober  feine  $l^iIofo))^umenen,  fein  Kaxd  naocbv  aigioecov  eXeyxog,  t)icnei4t  au(^ 
iaßvQiy&og  ^pi^ilof.  10,  5  (3:i^eoboret,  ?P^ot.  Bibl.  48)  genannt.  §icr  unternimmt  er  e«, 
hm  Urfiming  ber^ärefien  in  ben  5P^iIofoj)I?ien  nad^^umeifen.  9Jad^  3)iete  (f.  o.)  ©.  144  ff. 
fyA  er  babei  für  bie  Seigren  ber  5pi^ilofo)i^en  bürftige  6jcer})te  benu|t.  Suc^  2.  3  unb  so 
Slnfong  be«  4.  ftnb  berloren,  bon  ben  älftrologen  ^anbett  ber  SReft  be«  4.  35u(^.  2ludb 
bei  ben  ^ärejten  begnügt  fx^  §.  faft  nur  mit  il^rer  ©arfteDung  ol^ne  emftlid^e  ^olemtl. 
©eine  ©d^ilberung  ber  gnoftifc^en  ©^fteme  fd^lic^t  fic^  gum  3:eil  an  ^xcnäu^  unb  2:ers 
tuttion  on.  Dort,  h)o  er  felbftftänbig  berfäl^rt,  \)at  man  geglaubt  eine  aUgu  bertrauenöüolle 
Senu^ung  gefölf Ater  ©d[;riften  annehmen  ju  muffen  (©almon  unb  nad^  il^m  ©tä^elin  36 
f.  0.),  aber  eine  (Srbid^tung  jum  2;eil  fo  frefulatiüer  ©^;fteme  toie  g.  S.  be«  be«  Saftübe« 
bleibt  untoa^c^einlic^.  änerfannt  unecht  ift  bie  ©c^rift  Kard  Brjqcovog  ober  Ilegl 
i^eoXoyiag  xal  oagxcooecog.  —  2ln  bie  Reiben  toenbct  fic^  bie  ©d^rift  Ilgdg  ""EXXrjvag 
xal  Tigdg  IIXdx(ova  fj  xaljiegl  Toi5  7rarTog(fobie;3n|d^rift)  ober  Ilegl  rfjg  xovnavxbg 
odaia^  CPI^ilof .  10,  32  ©.  536,  19)  ober  Ilgog  'EXXrjvag  xard  ükärojvog  Tiegl  tfjg  tov  40 
Tuxvtdg  ahiag  (^^otiu«  unb  ba«  ^agm.  ©.  68  ff.  ed.  Sag.) ;  ba«  erl^altene  ^agment 
^belt  „t)om§abe«  unb  bem  bop))elten  Ort  in  i^m,  bem,  too  bie  ®erec^ten,  unb  bem,  too  bie 
Ungerechten  toeilen,  Don  ber  3luferfte^ung,  bom  ®end^t  unb  i)on  ber  etoigen  UnfeKgfeit  ber 
©ottlofen  unb  ©eligleit  ber  kommen"  (ßajtjari  347).  3ln  bie  gwben  bagcgen  gerid^tet 
ift  bie  lAnodeixTixrj  jigög  'lovdaiovg ;  be«  erlf^altenen  Sruc^ftücfe«  ^n\}alt  ift  ber  „9Jac^=  46 
toei«,  ba^  bie  3"ben  fic^  mit  Unred)t  rül^mcn,  3efum . . .  jum  2^obe  Derbammt  unb  il^m 
effig  unb  ®aDe  ju  trinJen  gegeben  gu  ^aben,  inbem  bie« .  . .  furchtbare  (l)ro))I?etifc^e) 
Drohungen  unb  fc^recflic^e  Seiben  (bie  ))artieUe  Erfüllung  jener  3)rol^ungen)  jugejogen 
bttbe",  toek^erSRacbtoei«  au«  ^:pf  68  (69)  unbaBei«^eit  2.  5  gefül^rt  toirb  (ßafpari  ©.395). 
iuf  ber  S^f^rif*  ^^  ©tatue  ift  allerbing«  feine  ©c^rift  Ilgög  rovg  'lovdatovg  ju  Icfen  eo 
{tjfli.  Sld^eli«,  ^.ftuD.  5  f.),  auc^  fann  ganj  in  ber  borUegenben  ®eftalt  §.  bie  ©c^rift 
nid^t  gefc^rieben  ^aben  (avrdg  ydg  ioriv  6  reo  Txargl  ovvatöiog  7  ©.  66,  12 ;  immerlfiin 
bebenüidj;  erfd^eint  auc^  bie  Betonung  be«  dia  jiavtog  [^^Jj  69,  24]  für  bie  je^ige  Sin^U 
f^aft  3«rael«),  tocil^renb  anbere«  (j.  8.  S.  64,  29.  65,  2)  an  §.  erinnert.  2)afür,  bafe 
$.  eine  ontijübifc^e  ©c^rift  berfafet  ^abe,  fpric^t  aud^  bie  33erh)ertung  bon  ^.ifc^em  9)JateriaI  65 
in  f^Kiteren  antijübifd^en  ©c^riften  (togl.  meine  „©tubien  2C."  ©.  13  f.  19). 

aSon  ben  ©c^riften  Kaxd  judycov  (W^lvl  6,  39  ©.  298,  47),  Ilegl  ^eoXoyiag 
(Slftcn  ber  ßateranf^nobe.  Sag.  8),  Ilegl  xdya&ov  xal  nd^ev  rö  xaxov  (^nfc^rift, 
Ilegl  olxovofiUxg  (©beb  ^^f")  fcnnen  toir  faft  nur  ben  "Xitel.  Die  Ilegl  xf^gtajudxcov 
lAer  Ilegl  x^^Q^ß^^ov  dnooxohxi]  Jiagddoaig  (je  nac^bem  man  bie  2lngabe  ber  S^^f^^^ft  ^ 

9* 


132  $t)MioIt|titd 

bon  einer  ober  Don  jtoei  ©(^ritten  t)erftel^t)  bürftc  iuo^l  in  bic  AidaoxaUa  rcov  ayiwv 
djioaxokcüv  Tiegi  vagiajudrcov  übergeöanöcn  fein  (f.  and)  Sb  I,  736,  :^  ff.).  ^.  2lc^cli^  l}at 
bcn  SJerfuc^  ßema^t,  feftjufteUen  ioa«  ^.  anöelf^ört  {XU  VI,  4  ©.  269  ff.),  aber  bie  SBe^ 
nterlunöen  bqu  Don  ^.  ®.  SSoißt,   (Sine  berjd^oHene  Urfunbe  beö  antimont.  Äamjjfe«, 

5£eiJ)gi9  1891  S.  179.  200.  215ff.,  anerfannt;  DöI.  auc^  ^arnacf,  £®.  I,  643f.  5Die 
Aiard^eig  xwv  avröjv  ayiwv  äjioaröXcov  Jiegl  xsiQOiovicbv  did  ^Ijuzokikov  =  Apost. 
Const.  8, 4  ff.  finb  ein  Stu^gug  au«  einer  älteren  gaffunfl  ber  3lt)oft.  Äonftitutionen  unb 
ge^en  md)  äc^eli^  (auc^  33b  I,  737,  10  ff.)  unb  §ama(f  auf  ec^te  Äanonc«  §.^  ^urücf, 
bon  toelc^en   eine  Überarbeitung  in  bem   arabifd^en  Canones  Hippoliti    nod^   borließt, 

10  toä^renb  g.  X.  guni  biefe  le^teren  auf  ber  fog.  äg^Jjtifc^en  Kirc^enorbnung  unb  auf  ben 
Äonftitutionen  berul^en  läfet;  bgl.  baju  bef.  3lc^eliö,  ßÄ®  15,  1.  5iac^  ac^eli^  ift  bie 
©c^rift  Uegi  xctQ^f^j^d^cov  bon  §.  nod^  al^  ®lieb  ber  lat^olifc^en  ©emeinbe  gefd^rieben 
unb  gilt  bie  äu^fül^rung,  ein  unmiffenbcr  ober  fittenlojer  Sifc^of  fei  fein  toal^rcr  33ifc^of, 
3e})^^rin,  toöl^renb  bie  «anone^  bie  fejjarierte  ©emeinbe  §.^  orbnen  foUen;  trifft  bie^  gu, 

16  fo  fmb  fie  bon  l^o^ein  gefc^ic^tlic^em  2öert.  Äirc^enred^tlic^er  arbeiten  X),^  gebeult  aud? 
^ieron^mug  ep.  71,6:  De  sabbatho. . .  .,  utrum  ieiunandum  sit,  et  de  eucharistia, 
an  accipienda  quotidie,  quod  Romana  ecclesia  et  Hispaniae  observare  perhi- 
bentur,  scripsit . . .  Hippol.,  vir  dissert.  —  33ejonbere^  Slnfe^en  genoffen  §.  d^rono= 
grap^ifd^e  arbeiten,  toie  f(|on  bie  Dftertafet  mit  fed^je^niä^rigem  6l;Hu^  für  222—233 

20  auf  ber  Statue  jeigt.  2tuf  fie  berloeift  bie  3"l^^if^  AnodeiSig  xqovojv  tov  ndoxa  xal 
rd  iv  xcp  mvaxi,  unb  offenbar  biefetbe  jäl^^lt  ©ufebiu^  Ä©  6,  22  in  erfter  Stelle  al^ 
d^ronologifc^e  Sd^rift  Uegi  tov  ndoxa  aujf,  mit  ber  S3emertung,  ba^  fie  bi^  jum  crften 
^Qiji  Sllejanberö  ge^e.  Salmon  begrünbet  bag  ^oijx  224  al^  ba^  ber  .^erau^gabe  be^ 
Cfterlanon^.    3)ie  Sdjirift  Xgovixcöv  (fo  bie  3»^f^^iW  ift  nur  nod^  in  lateinif^en  S3e= 

26  arbeitungen  erhalten,  unb  ^toar  im  Liber  generationis  (biefer  fotool^l  in  §anbfc^riften 
tote  im  15.  äbfc^nitt  be^  ß^ronograp^en  bon  354)  unb  im  fog.  Barbaras  Scaligeri 
(über  biefen  ^oebeler,   Sonn  1895,   Äöln  1896).  ©egen  gricfö  33eftreitung   ber  (S^ronit 

t.^  afö  SJorlage  für  ben  Liber  generationis  bgl.  üJlommfen  (f.  o.)  S.  86  f.  93on 
eljer^  fc^arfem  Urteil  über  §.  afe  (5^ronograj)^en  (II,  23)   erfc^eint   biefer  burc^  feine 

90  angaben  im  2)Ä  4,  3,  5  jum  2:eil  gerechtfertigt.  Über  ^.^  Serec^nung  be^  35atumg 
ber  ©eburt  (J^rifti  bgl.  SJac^r.  ©©  1895,  S.  515  ff.  iDh  auf  einen  3ufammen^ang  mit 
§.^  6l^ronograj)l^ie  bie  Se^eid^nung  be«  in  3)iefam})!g  forgfältiger  Unterfuc^ung  bem  7.  unb 
8.  ^al^r^unbert  jugetoiefenen  6^ronogra))l^en  atö  .§.  bon  3;^eben  ^inbeutet,  ift  minbe^ 
ften^  jtoeifel^aft. 

86  älm  Sd^lufe  ber  ^J^ilofojj^umenen  —  alfo  in  ber  ^üt  obfc^liefeenber  Steife  —  giebt 
§.  eine  lompenbiarifc^e  3)arftellung  beffen,  toad  il^m  ben  ^r\f}alt  toal^r^aft  d^riftlid^er  (Sr= 
lenntni^  bilbet.  2)a^  ganje  3Jlenfc^engefc^lec^t  möge  bon  ben  ßl^riften,  ate  nac^  (Srtenntniig 
unb  2:ugenb  ben  greunben  ©otte^,  lernen,  rl  rd  ^eiov  xal  <^xlg»  f}  tovtov  evraxxog 
drjfiovgyia  (bgl.  X,  .32  S.  536,97;    34  S.  544,  25  f.  ed.  Gotting.).   3)er  9Ba^r^eil^= 

40  befi|j  ber  ß^riften  ift  i^r  äBiffen  um  ben  ßinen  ©Ott,  ben  Sd^öt)fer  unb  $erm  be^  2111^. 
äHein  etoig  f)at  er  au^  freiem  SBillen  {^eXi^oag,  bgL  C.  Noet.  10  S.  51,  1  ff.),  ol^ne 
materielle^  Subftrat,  baö  nur  in  feiner  SJorauefid^t  jubor  ejiftierenbe  Seienbe  gefc^affen,  guerft 
bie  bier  ©lemente,  ba^  SBeitere  au^  i^nen ;  fobiet  babon  jufammengcfe^t  ift,  ift  lö^lic^,  alfo 
fterblic^.    3)ie  §ellenen  aber   ^aben,   bie  etoigen  Urfac^en  be«  Sein^  nic^t  fennenb,  leile 

46  ber  Sd^ö})fung  berel^rt,  bon  il^nen  bie  ^äreftarc^en  il^re  ^ärefien  überfommen.  3)er  6ine 
©Ott  \)at  juerft  ben  fiogo^  benlenb  erjeugt,  ben  i^m  innerlichen  ©ebanlen  beö  äU^,  unb 
jtoar  au^  ftc^  felbft  bem  allein  toa^rbaft  Seienben.  2)a^  Sffiollen  beffen,  ber  i^m  erzeugt, 
in  fic^  tragenb  unb  feinet  Sinnet  lunbig,  ift  ber  2ogo^  jugleic^  SJJittler  aller  ^et^ätigung 
beefclben,  bie  Urfac^e  ber  Seit,  in  fic^  bie  3Beltibeen  befaffenb ;  alle«;  einzelne  in  ber  äöelt 

60  ift  in  feiner  Stufenfolge  unb  3lrt  bon  il^m  gemä^  bem  aSillen  ©otte^  erfc^affen.  älli^ 
^enn  über  bie^  alle^  ober  fc^uf  er  ben  SRenf^cn  auö  allen  gufammengefe^ten  Subftanjen 
(S.  538,  51),  -toeber  al^  ©ott  toie  ben  fiogoö,  noc^  al^  ßngel.  „SBiUft  bu  aber  aucl^ 
©Ott  toerben,  fo  gel^orc^e  beinem  Sd^öj)fer";  ,,im  ftleinen  treu  befunben,  toirb  bir  ba^ 
©ro^e  anbertraut  toerbcn."    „Sein  2ogo^  allein  ift  au^  il^m   felbft,   bee^alb  auc^  ©ott, 

66  bie  Subftanj  ©otte^  feienb.  2)ie  3Belt  aber  au^  nic^t«,  be«l^alb  nid^t  ©ott."  SBeil  gut, 
l^at  ©Ott  nur  ©ute^  g^fc^affen;  aber  ber  3Renfd^  felbftmäc^tig,  jeboc^  nic^t  felbftl^^errlic^ 
(Ccbov  avxE^ovoiov  .  .,  dXXd  dovXov),  \)at  a\i^  feinem  SBillen  ba^  33öfe  baju  gejeugt. 
Sffiegen  feinet  freien  ffiillen^  aber  em^jfdngt  er  mit  gutem  ©runb  ein  (äefe|  (540,  69) : 
juerft  burd^  gerec^)te  5Känner,  bann  burc^  SJlofe,  bann  burc^  ^eunbe  ©otte^,   bie  $ro= 

«0  ^^eten,  fo  genannt  did  xö  7igo(paiveiv  xd  fieiXovxa,  ba  fie  burc^  olle  ©enerationen  ^in- 


^t)»)ioh|tiid  133 

burd^  ia^  ^xilm^ii^t  berfünbigt  l^obcn ;  atte«  unter  SSertüaltung  unb  in  Äraft  be«  Sogog, 
ber  nad^  ®oUc^  Sefel^l  btc  SKcnfc^en  bom  Unge^orfam  jurticfgefül^rt,  ov  pia  dvdyxtjg 
(bgl.  Stcnäud  5,  1,  1  „secundum  suadelam")  dovXaycoycbv,  äil'  in  iXety^egiav 
ixovaup  ngoaigioei  xaXcov  (542,  93  f.).  ^wl^t  fanbtc  bcr  SSater  bcn  Sogo^  felbft,  bcn 
er  nun  nid^t  mc^  burc^^  einen  ^ro^^cten  berl^üUt  reben,  f onbem  \>on  änöeftc^^t  offenbaten  6 
unb  geöentoärtig  fc^^auen  laffen  h)oIIte.  2)a^er  rovrov  syvwfxev  ix  nag^hov  ocbua 
aveiXtitpora  xal  xdv  naXaiov  äv&gcDTtov  dwL  xaivrjg  nXdoewg  netpoQrjxöra,  iv  pUp 
diä  Jtdatjg  ^Xixlag  iXrjXv&öraf  tva  jidofj  '^hxia  avxbq  vöfiog  yevrj&fj  xal  axonov 
TÖv  idiov  äv^Qcojiov  Tiäatv  dv^gwTtoig  ijiidel^rj  Tiagchv  (542,  1  ff.).  Sr  ^at  bamit 
jugleid^  betoiefen,  bafe  ®ott  nic^t«  93öfe«  gefc^affen  unb  ber  3Kenfc^  felbftmäc^^tig  ba«  lo 
®oIIen  unb  Slid^ttooDen  in  feiner  §anb  l^at.  SKit  ung  berfelben  iRa\m  (qwgdjuaTog), 
ba  er  nur  \o  unö  il^m  afe  bem  Sefrer  nadj^forgen  l^eifeen  lann,  l)at  er  auc^  alle  3Rti^faIc 
unb  Seiben  ber  menfc^Kc^en  9?atur  erbulbet,  bamit  ber  SJlenfc^  fid^  auc^  nun  ba^  (Sletd^e 
erhoffe,  ©o  forbert  benn  §.  oI«  menfc^enfreunblid^er  ©c^üIer  beö  mcnfc^enfreunblid^en 
2ogDö  nod^mote  auf,  ftd^  bon  ber  fc^Iic^ten  Iird(^Iic^en  2Ba^rl(^eit  über  ben  toabren  ©ott  i6 
unb  bejfen  too^rgeorbnete^  ®c^öt)funggh>erf  belehren  gu  laffen,  um  l(^ierbur(t>  bem  brol^enben 
@eri(^t  ju  entrinnen.  Unb  er  öerl^eifet:  ^edv  röv  ovra  diday&eig  ^^eig  .  .  d&dvarov 
tö  ocüjna  xal  äcp&agxov  &jiia  yfvxfj,  «xaJ»  ßaodelav  ovgavfTjv  djioiiyy^/y,  6  iv  yn 
ßiovg  xal  ijiovgdviov  ßaodea  imyvovg,  eorj  de  djbuXrjrrjg  'deov  xal  ovyxXrjgovo- 
fiog  XgwTOV,  ovx  ijii&vutaig  i)  nd^eai  xal  vöaoig  öovXovfievog .  yiyovag  ydg  20 
^eog '  .  .  i&eonovfi^g,  dudvarog  yew?y^f/c  .  •  Xgiarog  ydg  iariv  6  xaxd  ndvxoyv 
^e6g,  8g  rrjv  äfiagxiav  i^  dv&gwjicov  äjionXvveiv  Tigooha^e,  veov  xov  naXaibv 
äv^QConov  dnoxeXcbv,  etxova  xovxov  xaXeoag  dji*  dgyfjg,  .  .  xal  dyadov  dya'&bg 
ytvopLfvog  fii/jifjxrjg  ?of]  öjuoiog  M  avxov  xijurj^eig.  ov  ydg  Ttxcoj^eim  '&edg  xal  of. 
deov  Ttoirjaag  elg  dö^av  avxov  (10,  34  ©.  544,  34  ff.).  25 

®ie^  finb  in  ber  %}^at  bie  ^.  eigentümlid^en  Slnfd^auungen,  nur  bafe  in  ben  früheren 
Schriften  ber  (Sinflufe  ber  ^^ilofojj^ie  fd^toäd^er,  bagegen  ber  gwfömmen^ang  mit^tenäuö  beut= 
lic^  ift,  unb  beffen  e^atologifc^e  Stimmung  unb  m^ftifdber  Sleali^mu^  ftärler  t^inburc^Hingen 
(über  bie  in2)Ä  unb  $K  niebergelegten  ©ebanlen  bgl.m.  „Stubien",  2:11,91^1,2).  2Bie 
$^f.  10,  33  fo  forbert  ^.burc^toeg  auf,  im  ®egcnfa$  jur  irbifd^en  SBei^eit  ber^eHenen  so 
(aber  auc^  ju  einem  t^öric^ten  ©ic^=3Serrajfen  auf  ©efid^te  ®Ä  IV,  21,1;  ^l^iloj.  8, 19.  10, 25 
unb  ju  eigenen  ©^Dogi^men,  (Suf.  Ä®  5,  28)  ftc^  gujutDenben  xoTg  ^eonvexfoxoig  ngo- 
wrjxaig  xal  ^eov  xal  Xoyov  i^rjyrjxaig  (Ad  Graec.  ©.  72,  17 f.  ed.  Sag.;  bgl.  3!)Ä 
in,  2,  2,  3),  bie  in  ber  ©c^rift,  bcr  ^eiligen  Duelle  c^riftlid^er  ©rfenntni«  (De  ant.  1), 
bie  göttlid^e  SfBal^rl^eit  niebergelegt  l^aben  (C.  Noet.  9  elg  \%6g^  8v  ovx  äXXa&ev  intyi-  S6 
voHJxouey  ,  .  f)  ix  xcbv  dyiwv  ygatpwv,  a)Ä  I,  31,  3.  IV,  15,  1.  18,  2.  19,  1.  20, 1 ; 
®uf.  ft®  V,  28).  ©ie  ^erfaßt  m  ba^  2(  unb  5R2:  (2)Ä  II,  36,  7;  bgl.  §«  ©.  344. 
345.  348)  ober  toirb  aud^  oX^  „ba^  ®efe^  unb  bie  ^ro^j^eten,  bie  ßbangelien  („ber  §err") 
unb  bie  ät)ofter'  bejeic^nct  (De  ant.  58;  2)Ä  IV,  49,  2  f.),  ober  aud^  einfach  „bie 
^ro^j^en  unb  bie  aq^oftel"  (2)Ä  IV,  12,  1).  Slud^  bie  ntl.  ©c^riften  toerben  bon  §.  40 
einfach  oi  ^eiai  ygacpai  genannt  (Ä®  V,  28,  3);  anbererfeit^  loerben  boc^  auc^  „bie 
beiltgen  ©c^riften"  ben  uaxdgioi  evayyeXioxai  an  bie  ©eite  geftellt  fip^ilof.  5,  23 
S.  214,  98).  Über  bie  ^orm  ber  Se^ugna^me  auf  bie©c^rift  bgl.  „©tubien"  ©.  21  ff. 
SBome  an  unter  ben  ntl.  ©c^riften  fte^t  für  §.  loie  für  3^^"öuö  ^^^  „vierteilige  ^oan- 
gclium"  (3)Ä  I,  17,  11).  ©einer  ©ammlung  J)aulintfd)er  Sriefe  fc^lt  ber  bon  i^m  46 
jd>od^  nic^t  feiten  („©tubien"  ©.  25)  bcrtoertete  .öebräerbrief  (^^otiu^  Cod.  121).  §.ge= 
broud^t  ouc^  ben  2.  ^etru^brief  (DJ?  III,  22,  4.  IV,  10,  4),  unb  m.  6.  DA  III,  6,  9. 
IV,  12,  2  a\x6^  ben  Safobu^brief  (über  SBeitereö  „©tubien"  ©.26  f.).  —  Die  ^ro^j^eten 
finb  i^m  auc^^  nac^  De  ant.  2.  DA  II,  22,  4.  4,  8,  8.  3,  8,  2  bie  ba^  3ufünftige 
t>oraud  ©(^auenben  (De  ant.  2  xaxd  xiva  Xoyov  6  jigocpmrjg  jrgotp/jxrjg  Xex^iioexai,  60 
d  utj  Sxi  Txvevfiaxi  Ttgoewga  xd  fxüXovxa),  bercn  SBort  bie  ßrfüHung  aU  göttlich  er* 
toetft  (DU  4,  24,  9.  5,  5.  25,  1).  3Rur  bie  ®nabe  aber  erfc^liefet  ba^  aSerftänbni«  ber 
©c^rift  (De  ant.  2.  DA  3,  16,  4.  19,  4.  4,  12,  1);  bagegen  ift  \m  bem  Teufel  (DA 
1,  6,  3.  4),  fo  auc^  ben  Ungläubigen  biele^  in  ihr  üerfd^loffen  (Dil  4,  33, 6.  34,  1).  — 
3)er  ^nf}<dt  aber  ber  ©c^rift  ift  @ott  aH  ber  ©c^öj)fcr  ber  SBelt,  bem  gegenüber  fxc^  65 
rndji^  ai^  ungetoorben  unb  anfang^flo^  rübmen  barf  (DA  2,  30,  4).  3JJittler  aber  ber 
©d^^jfung  ift  ber  Sogo^  (ebb.)-  ©eine  ^)erfönlid^e  Üntcrfc^iebcnl^eit  Dom  3?ater  (jigoxö- 
xoxog  ix  {^eov  tva  Öeihtoog  juexd  xov  Jiaxega  inög  deov  o\r  ^o^^a;^^^/;  D5?4, 11,  5) 
^  ^.  toie  gegen  ©abeUiuS  unb  ÄaHift  ($^iloj.  9,  11.  12),  jo  fc^on  juijor  gegen  9io6t 
bcrtreten.    Den  35orti>urf  bc^  Ditbei^mu«   le^nt  §.  ab ;  burc^  Clonomie    ift  ber  eine  eo 


134  $t)Miob|tttd 

©Ott  i\m  ^rofo>3cn,  bam  afö  brittcö  bcr  1^1.  ®eift  (C.  Noet.  11  nagimaro  [6  '&eog\ 
avTcp  eregog .  Biegov  de  Xiycov  ov  ovo  ^eovg  Xiyco .  14  ©.  52,  28  ff.  dvo  fikv  ovx 
igd)  &eovg,  äXk^  f}  eva,  Ttgoocona  de  dvo,  olxovofiiq.  de  rgirrjv  rrjv  x^Q^'^  ^^^ 
ayiov  nvevuaxog.   Tiarijg  /ih  yäg   elg,  ngöocoTia    de   dvo  ön   xai  6  vlog,  x6  de 

hxgixov  t6  ayiov  Ttvevjua.,'  oixovofiiq  ovjuqpcovta  ovvdyetai  eig  Iva  ^e6v.  elg  ydg 
iaziv  6  '9e6g,  6  yäg  xeXevcov  naxrig^  6  dk  vnaxovcov  6  vlög,  x6  de  oweril^ov 
äyiov  nvevfxa  .  .  [53,  16]  diä  yäg  xrjg  xgiddog  xavxtjg  jiaxrjg  do^dCexai,  8  ©.  50, 
1  ff.  xaxä  xrjv  di'fvajbuv  elg  ioxi  ^eög,  .  .  xaxä  xrjv  otxovo/buav  xgixrjg  ^  änödei^ig. 
3totfd^en  Sogo^  unb®etft  bcrftc^t  babci§.  nur  unbeutlic^  gu  f(i(;etben(C.  Noet.l6  ©.54, 

10  24 ff.;  über  bic  Sogo^lc^re  J&.«  ögl.  3)öamöer  ©.206 ff.).  Stlletn  feicnb  unb  nic^t«  ®leic^= 
ctoigeö  l^abenb  (bic  Sejctd^nunö  bc^  Sogo^  atö  xcß  naxgl  <wvatdiog  Adv.  lud.  7  ©.  66, 12 
lann  nid^t  l^it)t)ol^tifd^  fein  [f.  o.]),  toar  ®ott  boc^  nidjft  äXoyog  nod)  äoocpog,  ddvvaxog, 
dßovlevxog.  6r  trägt  öielmei^r  ber  ^otcnj  nad)  ben  Sogo«  unb  bog  3lu  in  fxd^.  3lad) 
feinem  SRatfc^lufe  (C.  Noet.  10  ©.  50,  27.  51, 1)  \)at  er  juerft  ben  2ogo«,  ben  er  ^ubor 

16  il^m  allein  ftd^tbar  olö  feinen  vovg  (bgl.  axxi)  49,  9  f.)  in  fic^  trug,  ol^  SKitberater, 
SBerlmeifter  unb  ^errn  ber  393elt  erjeugt,  ngoxigav  (pcDimv  (r^eyyöjLievog  xal  (pa>g  ix 
^^dg  yewcov  (ebb.  51,  6 ff.);  biejer  ift  i^m  fo  gegenftänolidj;,  toie  Sid^t  Dom  Sic^t, 
2Baf|er  bon  ber  Duette,  ber  ©tra^l  auö  ber  ©onne,  eine  Jlraft  ou«  bem  ®anjen,  ba« 
®anit  aber  ber  SSoter  (ebb.  11  ©.  51,  12  ff.),  attc^  ift  burc^  i^n,   er  attein  au^  bem 

30  aSater  (51,  16).  2)er  ©inblicf  in  ba«  „SBie"  be«  ©rjeugtfein«  beg  2ogo^,  Svjieg  ßovXrj- 
^eig  6  'äedg  naxfjg  iyewrjaev  (bg  fj&elrjoev,  ift  ung  noc^  borbel^alten  (ebb.  16).  2)ie 
ganje  atl.  Dffcnborung  ift  burd^  i^n  geworben  (S)Ä  3,14.  7.  36,  4.  5;  C.  Noet.  11. 12). 
SD&er  obfc^on  xeXeiog  Xöyog  ift  er  afö  Xoyog  äaagxog  noc^  ni(i(;t  xiXeiog  vlög  (C.  Noet. 
15;  baju  ^arnod  ®®^  I,  475  21.),  jonbem  erft,  na^bem  er  ate  äv&gcojiog  ivaagxog, 

26  ^iugleic^  ®otte«^  unb  SKenfc^enfol^n  (i)Ä  4,  39,  5.  57,  2.  11,  1  u.  o.)  in  ber  äBelt  er= 
fc^ienen.  3)a  l^at  ber  erftgeborene  Sogog  fidji  mit  bem  erftgeborenen  SKenJd^en  in  ber 
Jungfrau  berbunben(De  pascha  1.  1,2,267,  2  ff.  unb  m3)t  33.1,2,83),  ift  afe  §elfer 
be^  beficgten  3Kenfc^en  erfc^ienen  unb  l^at  ate  ber  etoig  Sebenbige  ben  burc^  Ungel^^orfam 
©eftorbenen  l^eimgefud^t,  aU  ber  greie  burc^  feinen  (Self^orfam  ben  ©Haben   frei   geigen 

80  tootten  (a.  a.  0.  I,  2,  83).  S^nlic^  fagt  Ä.  De  ant.  4,  ber  Sogo«,  gubor  äaagxog, 
l^abe  ba^  ^I.  gleifc^  (bie  unbertoeölid^e  1)1  Sooe  2)Ä  4,  24,  3.  5)  au^  ber  Sw^öf^^"  ^^' 
gebogen,  ftc^  in  bem  Äreuje^Ieiben  ein  Äleib  toebenb,  onojg  avyxegdoag  xb  '&vrjxdv 
'^ucbv  acöua  xfj  iavxov  dwduei  xal  jM^ag  xö  (p&agxdv  xcp  ä(p&dgxcp  xai  x6  da&e- 
veg   xcp  loyvgcß  ocoau  xöv  ojioXXvfxevov  äv&gojnov   (bgl.  C.  Noet.  17).    ®er   bor 

86  ottem  au«  oeg  SSoter«  §erjen  geborene  Sogo«  (De  ant.  26.  ^9,  17.  I,  358,  18)  ^at 
ft(^  geeint  mit  ber  <xvi^  bem  ®ejd^led^t  ber  altl.  SJöter  ftammenben  (3)Ä  2,  27,  6  ff.  ju 
a)t  5  I,  2,  ,111,  2  ff.  Ad  graec.  ©.  96,  22)  odg^  unb  baburd!;  bie  dvdnXaoig  be« 
burc^  feine  Übertretung  fterblid^  geworbenen  (3)Ä  2,  28,  5)  SJlenfd^en  gum  33ilbe  ®otte« 
bottgogen  (De  ant.  26  ävdgaynog  iv  äv&gconoig  iyewrj^f  ävanXdoooyv  dC  kavxov 

4ßx6v  "Addfi,  §Ä  15.  I,  353,  14)  Seugnung  bcr  ®ot^eit  toie  bcraJlcnW^cit  ß^rifti  mac^t 
ba^er  bc«  Äeite  bcrluftig  (ju  üKt  25,  24  ff.  I,  2,  209).  —  3ft  für  bie  (Srlöfung  f>3e?|ien 
ber  a:ob  6|rifti  bon  Sebeutung  (2)Ä  2,  36,  8;  De  ant.  26  diä  ^avdxov  Mvaxov 
vixrjoag),  fo  legt  bod^  $.  ba«  entfc^cibcnbc  ®eh)i(^t  auf  bic  burc^  (S^^riftu«  erfolgte  SSott^ 
enbung  ber  Jc^on  in  5Ratur  (3)«  2,  27,  10)  unb  ©efdj^ic^te  (3)Ä  3,  4,  4 ff.),  befonbcr« 

46  aber  burc^  (Sefe^  unb  5pro>3l^eten  gegebenen  ®otte«erfenntni«  (DA  4,  24,  6.  32,  2.  6. 
34,  1  ff .  41 :  dXi^i9eta  iv  xcp  xdofxcp  (paveig  dXi^^eiav  idlda^ev).  3lun  lönnen  bie, 
loeld^e  cinft  burc^  i^ren  freien  *2BiUen  gefünbigt,  toieber  burd^  benfelben  ju  gottgcfättigcm 
SBanbel  ^ergeftettt  (2)Ä  4, 59, 6)  burc^  i^re  guten  SBcrlc  jum  Himmelreich  gelangen  (Ad  Graee. 
©.  73,  13  f.  71,  15).    6«  gefd^iel^t  bod(^  burc^  eine  fo  innerlidfic  Aneignung  be«  Sogo«, 

üObafe  biefer  ipcilige  gebärcnb  fclbft  bon  i^nen  toieber  geboren  toirb  (3)Ä  1,  10,  8;  De 
ant.  61).  2)enn  bie  Äirc^e  ift  „bie  ^eilige  SSerfammlung  ber  in  ®erec^tigfeit  fiebenben, 
.  .  ba«  geiftlic^e  ^au«  ®ottc«,  auf  ßi^riftu«  .  .  gepflanjt"  (S)Ä  1,  17,  5  ff.),  ^  xXfjatg 
xcbv  äyicov  (2)Ä  1,  14,  5).  Gl^riftu«  „burd^  ba«  Dierteiliae  Sbangelium  in  ber  gangen 
aBett  t)erfünbigt"   „^eiligt  atte   an  i^n  ©laubenbcn"  (5DÄ  1,  17,  11),  erfüttt  bie  nac^ 

66  ®otte«gemeinfd^aft  bürftenbe  ©eele  (§Ä  ©.  3433.)  unb  mad^t  SBo^nung  im  gunerftcn 
bc«  bergen«  (M  15.  I,  352,  4  ff.).  2)argereid^t  toirb  ber  ber  etoigen  Duette  entft)rubelnbe 
2:ranf  ber  Unfterblic^feit  gunäd^ft  burc^  bie  Saufe  (guSRutl^  I,  2,120,  7 ff.;  bgl.  gu  ®en 
38,  19.  I,  2,  96,  13.  16)  mit  i^rer  3lcinigung  bon  ©ünben  (3)Ä  1,  16,  2.  4,  36,  4), 
aber  aud^  2luMftung  mit  bem  ®eift  (De  ant.  59.  3)Ä  1,  16,  3).    3m  äbeubmabl  ift 

60  Gl^rifti  2eib  unb  Slut   ein  llnter})fanb   cioigcn  geben«  (ju  ®en  38,  19).    3e|t   ift  bic 


$t)Mioh|tttd  $t)Mioh|ttt96tfiber  135 

Äin^e  au«  bcn  Reiben  auf  ba«  ©efc^Icc^t  ber  Sätcr  gefolgt,  ggrad  f)at  burd^  Unglauben 
haS  ßetl  betloren  (De  ant.  57.  $Ä  4.  7.  16.  I,  345,  8.  346,  5ff.  355,  25ff.).  (Srft  in 
bcr  ©nbjett  toirb  ^,  jubor  noc^  bem  äntid^riften  jugefaUen  (De  ant.  54.  ®H  4,  49,  5. 
50,  3),  pc^  belelfnren  (ju  ®en  49,  8.  I,  2,  58,  14  f.).  3ur  Ätrd^e  aber  gehört  nur,  toer 
bic  ®ebote  betoal^rt;  fonft  ift  er  „beraubt  be«  ^eiligen  ©elftem"  „ou^etrieben  au«  ber  6 
flirc^e"  (3)Ä  1,  17,  14).  3)enn  mag  er  i^r  auc^^  noö)  äu^erlid^  angel^ören,  il^m  ntiftt 
boc^  bie  ©emetnfc^aft  ber  heiligen  nid^t«  (®Ä  4, 38, 2) ;  bielme^r  toirb,  toer  „fid^  gläubig 
ncrnit,  aber  bie  SBerle  bcr  Ungläubigen  boUbringt  .  .  bon  ®ott  bojjjjette  SJerurteilung 
enH)fangen"  (S)Ä  1,  24,  4  f.).  mn  9Jamenc^riften  leibet  bie  Äird^e  nid^t  toeniger  (DA  1, 
21,  2),  ate  bon  ^äretilem  (35Ä  1,  22,  5.  ^R  14.  I,  349,  18  ff.).  3)a^er  \)at  §.«  lo 
Dp>3ofttion  ebenfofe^r  unb  h)ol(^l  noc^  me^r  ÄaDift«  (f.  b.  a.  Sb  III  ©.  640)  firc^en* 
bi«jij>Iinarifc^er  9Jac^fic^t  toie  beffen  monarc^ianifterenber  2^l^eologie  gegolten  (^pi^ilof.  9, 
12.  ©.  458,  1  ff.),  aiber  ungcad^tet  eigener  SBertung  ber  2lölcfe  unb  tro$  feiner  Segeifte« 
ning  für  ba«  ^Kart^rium  (3)«  2,  19,  7.  21,  Iff.  38,  4.  36,  7.  3,  23,  1  ff .  24,  4), 
tritt  §.  ioi)  ben  montaniftifc^en  neuen  ©eboten,  namentlich  in  33euig  auf  ^ftenbi«jii)lin,  i6 
entgegen  (^l^ilof.  8,  19.  ©.  436,  79;  2)Ä  4,  20,  2).  SBie  im  ©t^ntagma  unb  in  ben 
^^iIofot)^umenen  l^at  er  fie  auc^  in  einer  befonberen  ©d^rift  befäm})ft  (f.  o.  unb  Slolff« 
0.  a.  D.),  freiließ  aud^  il^re  e^remen  ©egner,  bie  Seftreiter  ber  jo^anneifc^en  ©d^riften 
(f.  0.).  3luc^  gegen  unbcfonncne  e^d^atotogifd^ie  ©rtoartungen  toenbet  fxc^  §.  im  S^^^^ff^ 
(^riftlid^er  9lü(^teml^eit  (2)Ä  4, 18.  19).  ©ein  eigene«  e«<^atologif(^e«  ^ntereffe  belunben  20 
feine  jal^lreic^en  ©c^riften  e«(^atologijc^cn  ^^^^Ite«  (über  benfelben  bgl.  Souffet  unb  31^^ 
berger  a.  a.  D.);  im  ©egenfa^  ju  ©aju«,  für  toelc^en  bie  Sinbung  be«  ©tarlen  bereit« 
Ttjoi^aä^t  ift,  Mt  Ä.  bem  aKillennium  nod^  entgegen  (35^  4,23,  4  f.  60,  2.  37,  4  [bie 
leilna^me  baran  5ßrärogatiDe  bcr  ^ro>3^eten,  Wpo^td  unb  SJlärij^rer]).  3lber  er  benit 
ba«felbe  möglic^ft  geiftig  (3)Ä  4,  60,  1  f.).  S^ax  berechnet  er  bie  3^*^  in  toelc^er  bie  25 
$antfie  ß^nfJi  ju  ertoarten  ift,  aber  er  je^t  fte  erft  in  eine  ferne  B^iunft  unb  betont  bie 
iobegftunbe  be«  einzelnen  al«  bie  be«  ©eric^t«  (3DR  4,  18,  7).  Si^bt  §.  nod^  in  ganj 
anberem  SDla^c  in  jener  Slidjitung  auf  bie  c^rifttid^e  3u^nft«I?offnung  toie  bie  folgenbe 
3eit,  fo  bod(;J[c^on  nic^t  me^  in  einer  SBcife  toie  noc^  ^renäu«.  ©in  abbiegen  bon  bem 
un^riftlic^fen  9teali«mu«  eine«  ^renäu«  ift  aud^  in  biefem  ©ebiet  nid^t  gu  bertennen.  90 
2)c<)<)elfeitig  ift  aud^  §.«  ©tellung  jum  römifc^en  ©taat.  ©0  fc^arf  er  über  bie  3SdU 
reic^  urteilt  (S)Ä  2,  4,  2)  unb  in«befonbere  über  ba«  römifd^e  (De  ant.  49.  2)^4,  5, 2  f. 
7,4.  8,  7.  9,  2  ^  ßaodEla  <^^vvv»  fjrig  xgarei  xax*  ivigyeiav  rov  aaxava),  fo  ftelf^t 
i^  boc^  bie  33lüte  SRom«  in  Sejicl^ung  jum  2)afein  ber  ÄirdS^e  (3)Ä  4,  9,  2)  unb  l^ält 
ba«  römifd^e  Sleid^  bie  §errfd^a^  be«  »ntic^riften  noc^  auf  (S)Ä  4,  6,  4.  7,  6.  14,  1);86 
eine  ih)ieft)ältige  Beurteilung,  bic  ftd^  boc^  aud^  fc^on  in  ben  früheren  ^zxiza  ber  Äirc^e 
na^toeifen  löfjt.  S3on  §.  aber  fann  in  ieber  ^inftc^t  gejagt  toerben,  ba^  er  einen  fflenbes 
t)unft  ber  firc^lid^en  unb  t^eologifc^en  ©nttoicfelung  rej)räfentiert.  »ottwetfc^. 

^iW«>I^tn«brüber  («ruber  ber  c^riftl.  2iebe  bom  ^l.  Äijj^jol^t).  —  ^.  ©c* 
rt|ot,  Äloflcr-  unb  Üitttcrorbcn  IV,  174-178;  ©t.SBeiffel  imÄÄS*,  VII,  1999;  ^eimbud)cr,  40 
Crben  unb  ftongregat.  I,  8.  496. 

SHefe«  fjKmifd^^mcjilanifc^e  ©eitenftüd  gum  Sannl^crjigensSrüber^Drben  3oi^«n^^^ 
bon  ©Ott  tourbe  1585  bon  Semarbino  3tlbarej  mit  bem  3(amcn  Congregatio  fratrum 
S.  Hippolyli  in  bcr  ©tabt  3Jlejifo  gcgrünbet  unb  mit  ber  Seitung  eine«  cbcnbafclbft 
bon  il^m  errichteten  §oft)ital«  betraut,  toeld^c«  er  bem  ^l.  §it)^)ol\^t  tücil^te,  al«  bem  ©c^u^  45 
^eiligen  be«  Sag«  bcr  Scfi|crgreifung  3)lqnfo«  burc^  ßorte^  (13.  2luguft  1521  —  bgl. 
bie  ASB  t.  III  Aug.  p.  4—15).  Die  ©lieber  be«  l^ereinc«  traten  al«  „Srüber  ber 
dS^nfllid^en  Siebe  bom  Ifil.  §ippolt;t"  mit  bcn  an  einigen  anberen  ©^jitälcm  SWcjifo« 
toirfenben  Sleligiofcn  ju  einer  flöfterlid^  Icbcnbcn  33crbinbung  (mit  äl(^nlid>cr  2^rad^t  toie 
bie  jener  Jjortugiefifc^cn  „53armbcr|\.  93rübcr")  jufammcn,  inbcm  i^nen  3llbarcj  eine  feiner  60 
©ü^ng  entf^jrec^cnbe  fionftitution  <^ob,  bie  er  an  %a\^\i  ©regor  XIII.  jur  ©ene^migung 
einfanbte.  ®ie  SBeftätigung  bc«  ©tatut«  erfolgte,  ba  ©rcgor  XIII.  bereit«  geftorben  toar, 
burc^  feinen  9Jac^folgcr  ©ijtu«  V.  I)a«  ©tatut  enthielt  namentlich  bie  Seftimmung,  ba^ 
jd^  ^Kitglieb  au«  ber  Kongregation  auc^  toicbcr  au«trcten  fonnte  unb  nur  bie  ©elübbe 
ber  ärmut  unb  ber  c^riftUcbcu  Ji'icbc  ablegte.  2)cr  Orbcn«general  ^iefe  „3)laior"  unb  66 
imirbe  bon  ben  20  ältcftcn  Srübcm  geh)äl)lt.  I)ic  Kongregation  berbreitete  ftd^  balb 
immer  me^  unb  erfreute  fid>  mand^cr  Scgünftigung  bom  pä))ftlic^en  ©tu^le:  namcntlid^ 
berlte^  i^  ßlemcn«  VIII.  einige  ^^Jribilcgicn.  2Dod^  führte  ber  frei  gelaffene  3lu«tritt  au« 
ber  Äongregation  ju  mand^cr  Unorbnung,  ioclc^e  ber  genannte  ^JkH)ft  baburd^  ju  befeitigcn 


136  ^ippoltfiu»ttiitt  ^tram 

fud^te,  bafe  er  bcn  Srübcm  burc^  ein  Sretoe  bom  1.  9Jotoember  1594  nocf)  bic  3?erj)flt(i^= 
hing  lium  beftänbigen  ©c^orfam  unb  jur  beftänbigen  ©oftfrei^eit  auferlegte.  3)ie  (Störungen 
unb  Unorbnungen  bauerten  fort,  tette  meil  e«  an  einem  Drbenötoorfte^er  fehlte,  ber  feinen 
ßinflufe  auf  bie  SSrüber  geltenb  gu  machen  touftte;  teite  toeil  biefe  ftc^  nic^t  für  eigcntlid)e 

6  5!Könd^e  l^ielten.  3)er  ®eneraI^)roIurator  beö  Drben^,  3«^^^""  ßabrera,  glaubte  bie  Ur^ 
fad^en  biefcr  fortbauernben  Störungen  baburc^  ju  befeitigen,  bafe  er  bei  Snnocenj  XII. 
(1700)  nic^t  nur  auf  eine  neue  unb  geeignetere  SBal^Iorbnung  für  ben  SWaior,  fonbem 
auc^  auf  bic  ßinfü^rung  ber  Siegel  bc«  1^1.  äuguftin  antrug.  3)er  $a|)ft  ging  inbeö  auf 
ben  2lntrag  nirf^t  ein,   fonbern   beftimmte  nur,   bafe   bie  Srüber   mit  ben  ©elübben  be^ 

10  ©el^orfam^,  ber  ©aftfreil^eit  unb  2lrmut  auc^  baö  ber  üeufc^l^eit  ablegen  foBten.  Um 
ben  3tnfang  bc«  Vorigen  Sal^r^unbertö  gehjö^rte  i^nen  ßlemen«  XI.  bie  Privilegien  ber 
Settelorben.  Sie  foHen  ate  ben  Sarml^erjigen  Srübern  go^ann«  bon  (Sott  aggregierter 
SSerein  —  nur  burc^  bie  bunllere  (nämlic^  braune)  garbe  il^rer  2;rad^t  toon  benfelben  fid^ 
unterfc^eibenb  —  biö  in  unjer  ga^rl^unbert  l^inein  beftanben  ^aben.  3öcf(cr. 

16  ^tram,  Äönig.  —    g.  e.  3Koucr«,   3)ie  ^Ijön^icr  II,  1,   «Berlin  1849,  ©.  326 ff.; 

«Bictfdjnmnn,  ©efcöicöte  ber  ^^öni^icr,  Jöerlin  1889,  6.  294  ff.;  $).  (Siualb,  ÖJcfcftidjte  beS 
SSoIfeä  garoel  III  (.3.  ^Tufl  1866)  306  f.  379  f.  400.  S^gl.  überhaupt  bie  SJarfteüungen  ber 
®cfrf)idite  3^t-ael§  Uim  ^ö^ler,  ©tobe,  Äittel  u.  f.  iu.  unb  bie  Kommentare  ^um  ÄiJniQöbud) 
unb  jur  (5t)ronif.    ©benfo  bic  S(rt.  in  ben  bibliWcn  C^önbtoörterbüdjcrn  uon  9?tc^m,  ©^enfel 

30  (öon  Srißfc^e)  u.  f.  nj. 

§iram  ift  ber  5Wame  eine«  mit  3)abib  unb  Salomo  befreunbeten  Äönig«  bon  2:vru«. 
Diefer  SJaine  lautet  ^ebräifc^  ^T^  (2  Sa  5,  11 ;  1  Äg  5,  15.  21  f.  u.  a.)  ober  C-T 
(1  Äg  5,  24.  32.  bgl.  aff^r.  Hirummu)  ober  auc^^  a:^'n  (2  6()x  2,  2  u.  a.).  gbenfo 
toirb  ber  gleid^namige  t^rifc^e  SKetallfünftler  balb  Chiram  (1  Äg  7,  13),   balb  Chirom 

25  (lÄg  7,  40),  balb  Churam  (2  6^r  4,  11)  genannt.  Sluf  j)l^i>ni;iTfc6en  Snfc^riften  finbet 
fid^  ber  9Jame  3"n  CIS  5.  ^tm  3?erfc^iebenl^eit  ber  !?k$(i>rat^e  ^thm  and)  bie  unter 
\xd)  ftarl  bifferierenben  gried^ifc^en  ^rmen  toieber:  LXX:  XrAod^i  (Xigd/x),  Sei  ^o^ 
\^f)\x^  fcbtoanlen  bie  SKffr.  ftarl.  Sliefe  beborjugt  ETgco/üLog  (c.  Ap.  1,  17  f.  u.  fonft) 
ober  EiQcojuog  (Ant.  8,  3,  4)  ober  'legojfiog  (Ant.  7,  3,  2);  für  ben  Äünftler  bagegen 

30  XetQCüjuog,  anbere  Xiga/tiog,  2)agegen  l^aben  anbere  ^anbfd^riften  für  ben  Äönig: 
EigajLiog,  Xelgajuog  u.  f.  f.  Sei  §erobot  (7,  98)  l^eifet  §iram  II  Zigtofiog,  fo  auc^ 
bei  S^nceBu«  für  beibe  Äönige  p.  243  ff.  (Snblic^  eu})olemo«  bei  dufebiu«  Praep. 
evang.  9,  34  fd^reibt  Zovgcov,  —  2)er  5Rame  ift  tool^l  3lblürjung  bon  Achi-räm, 
„mein  ©ruber  (Umfd^reibung  ®otte«)  ift  erl^aben".  SSgl.  äbiram  u.  &. 

86  Äönig  ^iram  ju  Z\)m^,  beffen  Slegierunggjeit  noc^  nid^t  genau  ermittelt  ift  (SBiner 
1023—990  t>.  e^r.;  ßtoalb  1033—999;  SKober«  980—947;  (Sb.  üKe^er  969—936), 
loar  einer  ber  berüf^mteften  unb  ift  nod^  ^eute  einer  ber  belannteften  pl^önijifd^en  Äönige, 
ba  un«  au^er  ben  biblifd^en  Slngoben  aud^  fold^e  au«  t)l^önijifc^en  Duellen  erhalten  fmb. 
Slamentlic^   giebt  3öfe})bu«  Ant.  8,  5,  3   unb  contra  Apion.  1,  17,  18  Slu^jüge  au« 

40  ben  freilidj  jungen  Scfiriftftetlem  ?Dlenanber  unb  2)io«,  toelc^e  alte  ^j^önijif^^e  äuf^eidSi^ 
nungen  bcnü^t  ^aben.  äu«  3ofe})l^u«  l^aben  biefe  SJotijen  aud^  S^ncellu«  (p.  344)  unb 
©ufebiu«  (Chron.  I,p.  1 13ff.  ed.  Sd^öne)  gefd^ö))ft.  ffienig  SBert  l^aben  f})ätere  fagen^afte  SKit-- 
teilungen  ber  üird)ent)äter  au«  ben  Serien  be«  Gl^ätu«,  ^l^eo^j^ilo«  unb  ©i^jolemo«.  3?ad^ 
aRenanber  unb  2)io«  ^at  §iram,  ber  So^n  2lbibal«,  toäl^renb  feiner  34iä^rigen  ^Regierung 

45  (er  erreichte  ein  älter  bon  53  S^^^^^»^)  f^i"^  ipaiH)tftabt  in  großartiger  Seife  ertoeitert 
unb  berf^önert,  inbcm  er  einen  neuen  Stabtteil  im  Dften  ber  ^n\d  anlegte.  (Sr  berfab 
bie  tiirifcbcn  .{Heiligtümer  mit  ßebembebad^ung  bom  §olje  be«  Sibanon  unb  crrid(^tete  u.  a. 
eine  biel  betounberte  (bgl.  nod^  öerobot  2,  44)  golbene  Soule  im  Heiligtum  be«  „ol^m- 
t)ifd)en  3^"^'^  ^-  ^-  ^^^  33aal  dU  §immel«gott.  3lad)  f>3äter  Sage  berietet  fogar  ßujjos 

60  lemo«,  Salomo  l^abe  biefe  golbene  Säule  nac^  2^^ru«  gefanbt;  ä^nlid^  3:^eoi)l?ilo«,  Sa= 
lomo  babe  fte  au«  bem  bei  ber  2lu«ftattung  be«  lemjjel«  übrig  gebliebenen  ®olbe  gemad^t. 
Sie^e  Sufeb.  Praeparatio  evang.  9,34.  3ludf^  nac^  außen  regierte  ber  J)rad^tlicbenbe 
^irarn  fraftboD  unb  glücflic^.  ©r  jtoang  ^.  S9.  burd^  einen  Ärieg  bie  rebeüifc^cn  Äittier 
(Setüol;ner  bon  ßbpem)  bie  bertoeigerten  Steuern  toieber  ju  entri^ten.    Überl^au})t  toußte 

66  er  bie  Hegemonie  ber  Stabt  2:^ru«  über  ^^önijien  unb  bie  Kolonien  ju  befeftigen. 

3u  bem  neu  cmjjorgefommenen  Königtum  S^wel«  ftellte  fid^  §iram  freunblid^,  toofür 
er  gute  Orünbe  haiU.  Sotoo^l  3)abib  al«  Salomo  ^aben  mit  i|m  in  freunbfc|aftlic^er 
8ej\iel)ung  geftanbcn.  äiJenigften«  fc^eint  e«  nac^  1  Äg  5,  15  unb  noc^  beftimmter  nac^ 
2  ßbr  2,  2,  baß  ber  langj[ä|rige  ^cunb  Salomo«  berfelbe  toar,   ber  fc^on  al«  einer  ber 


^tram  137 

erften  Wtai)ti)Qbn  3)atoib  ate  ebenbürtigen  Äönig  anerfannt  unb  ü^n  bei  feinem  ^alaftbau 
unterfttifet  l^atte  (2 ©a 5, 11  f.;  1  6l^r  14,.  1  f.).  Dabei  entfielt  jeboc^  eine  c^ronoIoflifdSje 
©(^toicnaleit.  ^lai^  1  %  9,  10  lebte  §iram  noc^  24  ^a^re  mä)  ©olomo«  2:^ronbefteis 
«tnß.  SDonn  fönnte  er  aber  nac^  ber  oben  angeführten  SRotij  be^  5Wenanber,  ber  feine 
OTegiening  ju  34  ^a!^xm  angiebt,  nur  in  ber  Testen  Qtxt  2)abib«  mit  biefem  regiert  ^aben.  6 
3li>d)  enger  lüürbe  biefer  3^toaum  begrenzt  bur^  bie  Angabe  be«  3ofe>)^ug  (au^  toeld^er 
Duette?),  bafe  ber  3:em))elbau  im  12.3a^r  .^iram^  begonnen  f)abt  (Ant.  8,3,1;  contra 
Apion.  1,  18,  5).  ©o  entfielen  nur  7—8  ga^re  auf  §iram^  SWegierung  mit  3)at)ib. 
9iun  l^at  man  jtoar  aRoöer«  ^ujugeftel^en,  bafe  gerabe  betreffenb  bie  SHegierung^gefd^ic^te 
3)abibö  bie  Speisenfolge  ber  ßrjä^lungcn  feine  rein  c^ronologifc^e,  fonbem  öielfad^  burc^  lo 
fad^Iid^e  ©efK^töpunfte  beeinflußt  ift.  Slber  ate  unnatürlich  mu^  man  bie  annähme  be^ 
jcid^nen,  bafe  2)abib  erft  fo  fjjät  an  ben  33au  feine«  ^alafte«  gegangen  fei.  Dem  toiber^ 
flprid^t  axii),  ba^  2  6a  7,  2  (bor  ber  Oeburt  ©alomo«)  ber  ^alaftbau  fd^on  fertig  ift. 
©iel^c  Äöl^Ier,  ©efc^.  II,  300  f.  ©o  bleiben  nur  jtoei  äu^toege.  9JJan  mufe  enttoeber  jene 
Angaben  SKenanber«  t>crh)erfen  unb  bem  Äönig  §tram  eine  längere  £eben«=  unb  SRegie«  10 
rung^xeit  jufc^reiben  (Äeil  unb  ßrbmann  ju  2  ©a  5,  11)  ober  aber  bie  S^entität  be« 
^eunoe«  Dabib«  mit  bemjenigen  ©alomo«  aufgeben.  Die  bann  jujugebenbe  Ungenauig* 
feit  ber  biblifc^en  DarftcDung  mag  fo  ju  erflären  fein,  bafe  ber  berühmte  ^xxam  einen 
toeniger  befannten  .^errfd^er  in  ber  Dat)ibgefd^i({ite  berbrängt  ^at.  6«  ift  aber  aud^  mög« 
lic^,  ba^  ^  ftc^  um  gleichnamige  Äönige  ^anbelt.  ©0  benft  ftd^  ©toalb,  bafe  auc^  ber  2 » 
©ro^öater  be«  falomonifd^en  .^iram  biefen  Flamen  fül^rte  unb  ber  ^eunb  Dabib«  toar, 
toäl^renb  onbere  Vermuten,  bafe  Slbibal,  ber  Sater  §iram«  aud^  biefen  5Ramen  führte  (fo 


Il^eniug  ju  2  ©a  5,  11;  Sert^eau  ju  2  ß^r  2,  2). 

^''      "  "       6l^r  14,  If.)  erfennen,  bafe  e«  jur  Mi 

t^rifc^^c  Äönig   toar,  ber  au«  ^)olitifd^em   unb  merfantilem  QS'^^ereffe  beffen  ^eunbfc^^aft  25 


Deutlich  lä^t  2  ©a  5,  11  f.  (1  ß^r  14,  1  f.)  erfennen,  bafe  e«  jur  ^eit  Datoib«  ber 


fuc^te.  6r  ^ettte  i^m  für  ben  ^alaftbau  in  ^erufalem  Sau^olj  unb  Saulcute  jur  Ser^ 
fügung,  toa«  Daöib  in  3tnbctrad^t  ber  Überlegenheit  ^j^önijifd^er  led^nif  (1  Äg  5,  20)  fxdf 
gefatten  lie^.  Sluö  bemfelben  ®runb  h)ar  ber  untemel^menbe,  bautuftige  ©alomo  bon  am 
fang  an  befliffen,  bie  ^eunbfd^aft  mit  bemfelben  loarm  ju  galten  unb  ftd^  bor  aüzm 
feiner  Unterftü^ung  jum  %tmpdba\x  ju  berftci[^em,  1  Äg  5,  15 ff.  §iram  ertoiberte  feine» 
©efonbtfc^aft  ebenfo  berbinblic^  unb  madbte  ftc^  anbeifc^ig  für  jene«  Unternehmen  ba« 
nötige  ?5erfonal  unb  59laterial  ^u  beftfcaffai,  nanicnllid)  Gebern  unb  ß^Jjreffen  bom  Sibanon, 
bie  in  ^löfeen  ber  Äüfte  entlang  naöi  S«*>^o  (S^iffa)  beförbert  tourben  (2  6l^r  2,  15).  3«« 
©egenletftung  l(^atte  ©alomo  ben  tt^rtfcfien  A^of  mit  ©etreibe  unb  Öl,  auc^  mit  SBein  ju 
berfel^en,  an  toeld^en  ^ßrobuften  ba^  ^jbönij^ifc^e  Üaub  arm,  ba«  iöraelitifc^e  reid^  tüar.  36 
Diefe  SSer^anblungen  finb  ol^ne  3^iJ<^it^I  fcI^riftUd)  geführt  loorben,  loa«  Gl^ron.  au^brüdtlic^ 
fagt.  $^ofej)Su«  be^aujjtet  fogar,  ba|  bi^  bctrcffeitben  ©c^riftftücfe  ober  i^re  3lbfd^riften, 
h)ie  über^au)3t  ber  Sriefmedpfel  j^toifc^en  §iram  unb  ©alomo,  nod^  ju  feiner  R^it  im 
ard^ib  ju  I^ru«  aufbetoa^rt  toürben  (Ant.  8,  2,  6 ff.;  cAp.  1,  17,6).  Dod^  ift  bie«, 
toenn  auc^  Slufjeic^nungen  über  ben  SSerfel^r  biefer  Äönige  bort  borl^anben  fein  mochten,  40 
nic^^t  genau  ju  nehmen,  ba  nid;t  einmal  bie  ebenba  au«gefj)rod^ene  8cl^auJ)tung  zutrifft, 
bafe  bie  Swben  noc^  bie  2lbfcf>riften  biefer  Briefe  bcfä^en.  3luc^  einen  in  9)letattarbeiten 
befonber«  gefd^icften  3Reiftcr  (nic^t  Slrcbiteften),  um  toelc^en  ©alomo  nad^  2  6^r2,6  eben^ 
fall«  gebeten  l^alte,  fc^idtte  §iram  nac^  ^i^^f^I^"^-  Derfelbc  ^iefe  ebenfatt«  .^iram  (nad^ 
2  6^r  2,  12  Churam-abi,  toa«  ©tabe  borjiebt)  unb  tüar  ber  ©obn  einer  äöittoe  bom  45 
©tamm  5Wapl^t^ali,  nac^  ß^ron.  au«  (ber  ©tabtV)  Dan,  unb  eine«  t^rifc^en  33ater«. 
©d^toerlid^  mit  SRed^t  taffcn  bie  Slabbinen  biefen  nur  al«  ©tiefbater  gelten,  unb  3ofei)M 
(Ant.  8,  3,  4)  nennt  i^n  ©ol^n  eine«  S^^öc'tit^n  Uria«,  fo  ba^  bie  SBitme  il^n  au^  erfter 
(S^  mitgebracht  l^aben  müfetc.  Dod^  fprid^t  auc^  ber  5Jame  .^iram  für  t^rifcbe  3lbtunft. 
Diefer  gefd^idfte  Äünftler  fertigte  bie  eisernen  |il5rac^tftüdfe  für  ben  %cmpd  an,  j.  53.  bie  50 
beiben  ©äulen  bor  bemfelben,  ba«  bon  12  SRinbern  getragene  eherne  3Jicer,  unb  bie  me« 
tottenen  (Seräte  unb  Ornamente.  1  Äg  7,  13  ff.;  2  (Sbr  2,  12  ff.;  4,  16.  —  äufeerbem 
^at  §iram  eine  beträd[)tlic^e  5Dienge  ®olbe«  geliefert,  nad;  1  Äg  9,  14  (bon  Äloftermann 
freili^  beanftanbet)  120Äiffar  (Solbe«,  mofür  i^m  ©alomo  fj)äter  (md)  20  '^)ai}xm  1  Äg 
9,  10  ff.)  20  nörblic^  gelegene  ©täbte  abtrat.  Diefe  geborten  jium  urfj)rünglid^en  £anb  b6 
©alil  in  ber  ®egenb  bon  Äebe«  in  5?a))btali,  too  meift  ^eibnifcl^e  Sebölterung  lüo^nte. 
Der  ^l^önijier  toar  übrigen«  bei  ber  Öefic^tigung  biefer  ©täbte  nic^t  lufrieben,  toomit  ber 
9Solf«h)i^  ben  Flamen  be«  2anbe«,  Äabul,  in  SBerbinbung  brachte.  Der  ßlfironift  (2  6^r 
8,  1  f.)  erjäl^lt  freiließ  \tatt  beffen  umgefe^>rt  eine  älbtretung  bon  ©täbten  burd>  .<oiram 
an  ©alomo,  ber  fie  bann  au«baute.  Die  Stabbinen  bereinigen  beibe«  burd;  bie  3lnna^me,  go 


138  ^hram  ^trfc^au 

eö  l^abc  jtoifd^en  ben  befrcunbeten  gürftcn  ein  Sanbtaufd^  [tattgefunbm.  2(ber  e^  toärc 
feltfam,  Wmn  ba«  Jtöntö^buci^  nur  bic  eine,  ber  S^ronift  bie  anbere  §älfte  be^  Xau^d}^ 
berid^tet  l^ötten,  beibe  mit  tüörtlid^  berfelben  d^ronologifd^en  ©infül^rung.  93ermutlic^  $at 
[\d)  bielme^r  bie  Serfxon  ber  Gl^ronil  gebilbet,   ba  man  nicf^t  gerne  bon  aibtretung  iörae= 

6  litifc^en  Sanbe«  an  Reiben  la«  unb  biefer  Strich  Jlabul  f})äter  toirfli^  ju  g^rael  gei^örte 
(2  ftg  15;  29).  Äloftermann  meint,  §iram  l^abe  ba^  ©ejc^enl  ©alomo^  nid^t  angenom^ 
men:  „toa^  Jollen  biefe  ©täbte?"  3lber  ber  ©inn  ift  beutlic^:  toa^  fmb  fie  toert!  3)iefe 
aiufeerung  jeigt,  bafe  ber  2:5rier  feinen  Vorteil  forgfältig  toal^mal^m  unb  ftd^  feine  Dienfte 
gut  bega^Ien  liefe,    ^ntfy  feine  §ilfleiftungen  bei  ben  JJ^i^rten  nad^  Djj^ir  (f.  b.  21.),  toofür 

10  er  ^immerleute  unb  Seeleute  fc^idfte  (1  Äg9,26ff.;  10, 11.  22;  2  6^r  9,  10.21)  toaren 
getoife  gut  bered^net,  ba  e«  gar  fel^r  in  feinem  ^ntereffe  liegen  mußte,  ben  in  S^^^eU 
Seft$  befinblic^^en  §afen  @tat^  am  roten  3Keer  für  feine  ^anbeföfal^rten  benü^en  ju 
lönnen.    ©o  jog  er  an^  biefer  äffogiation  nid^t  toenig  (Setoinn. 

2(ud  ))^önijifc^en  Duellen  ftammt  bie  bei  ^^fcp^u^  (c  Ap.  1,  17  f.)  erhaltene  Sage 

16  toon  SRätfeltumieren,  bie  ;|h)if(^en  ©alomo  unb  ^iram  ftattgefunben  l^ätten  unb  toobei 
guerft  ©alomo  ©ieger  toar,  fo  bafe  i^m  §iram  biel  (Selb  bexal^len  mufete,  big  ein  ge= 
toiffer  äbbemon  ober  beffen  jüngerer  ©ol^n  bem  §iram  beiftanb,  loorauf  ba^  S^^tn  an 
©alomo  fam.  3"  ^^^  jüngeren  Duellen  {&}ätu^  unb  SJlenanber  bon  ^ergamu«  bei 
Xatian,  Or.  c.  Graec.  §  37,  Giemen«  ailej.,  Strom.  1,  21,  §  14;  bgl.  I^eo^j^ilu«  bei 

20  @ufeb.,  Praep.  evang.  9,  34)  berlautet,  bafe  ©alomo  eine  2^od^ter  bc«  §iram  gel^eiratet 
l^abe,  toa«  bei  ber  ®e))flogen^eit  befreunbeter  §öfe  an  fw^  nid^t  untoa^rfd^einlid^  toäre, 
artnol  ©ibonierinnen,  b.  1^.  $l^önijierinnen  in  ©alomo«  ^arem  erfd^einen  (1  Äg  11,1.5). 
aBeitere  toertlofe  ©agen  über  §iram  f.  bei  SRober«,  $^ön.  II,  1,  338  f.  2)em  großen 
Äönig  folgte  fein  ©ol^n  Saleagar  auf  bem  2;^ron.    ©ein  ®rab  tüirb   eine  ©trecfe   füb= 

26öftlid9  öon  ber  ©tabt  %\)xn^  gcjeigt.  35od^  ift  biefe«  Kabr  Hiräm  jloar  mit  einem 
mächtigen  ©arlo^j^ag  au«geftattct,  ermangelt  ober  jeber  S^W^f*  ""*>  feetoä^r  für  bie 
©c^ti^eit.  ©iel^e  bie  Sefd^reibungen  bei  3tobinfon,  5Paläfttna  III,  658  f. ;  SWitter,  ßrbfunbe 
XVI,  792  f.;  Säbeler,  ?Paläftina*  276.  —  (Sin  jtoeiter  t^rifc^er  Äömg  5Ramen«  §tram 
lebte  gur  ^Ät  be«  (S^ru«  unb  regierte  20  3a^re  (551—532?)   nac^  SDcenanber  bei  ^of. 

80C.  Ap.  1,  21;  t>gl.  §erob.  7,  98.  ©ie^e  über  i^n  SKober«,  5P^ön.  II,  466  f.  —  ä)en 
9lamen  Churam  fül^rt  noc^  ein  Scöit  1  6^r  8,  5.  ».  Dretti. 

^trfc^  f.  3agb  unb  jagbbare«  SBilb. 

^trfc^au.  —  Duellen;  Vita  bc« 5lbtc« ^ilMm  üon  ^.,  na*  1091  üon  ^rior^Qt)mo 
üerfofet,  cap.25ff.   nja^rfc^cinllc^  fpätcrcr  SufaJ  MG  SS  XII,  209—25  ed.  ©attcnbo* ;  ba« 

86  ^irfd^QUcr  2^VQbitton«bui,  Codex  Hireaugieneis,  begonnen  im  12.3at)rf).  mit  fpfttercn  92qcö* 
trögen,  am  ©nbc  be«  16. 3a^r^.  unter  Senu^unq  Xritlieim«  überarbeitet  unb  üollenbet, 
«ibi.  b.  Sitter.  «er.  in  ©tuttg.  ®b  I,  1842,  MG  SS  XIV,  254-65;  Constitutiones  etcon- 
suetudiues  monachorum  Hireaugiensium,  furj  nocft  1080  abgefaßt,  .^crgott,  Vetus  discipÜDa 
monastica,    $ari«  1726,    8.  37—132;    Johannes  Trithemius  (f  1516),  Chronicon  insigne 

40  Hirsaiigiense  üon  830—1370,  ©afel  1559  unb  Annales  Hirsaugienses  btd  1513.  ©t.  ®aUen 
1690  2«be;  3ot)annc§  ^arfimoniuö,  Collectanea  gut  (äJcfcftidjte  üon  ^.  1579,  im  ^anuffript 
ju  8tuttgoTt  unb  ^olfenbüttcl,  WuSjüge  bei  ficffing,  ^Beiträge  ^ur  ©efc^icftte  unb  Sitterotur 
1773  (©erfe  V,  242  ff.,  «luögabe  uon  1855).—  fiitteratur:  SÄ.  Werfer,  5Bilf)eIm  ber  ©elige, 
«bt  ju  ^.,  2:übingcn  1863   (®g9l    öon  ^agcnmann  1863);    ^elmebörfer,    gorf (jungen  jur 

46  ®efc6irf)te  be§  SlbteÄ  3B.  üon  ^.,  ®öttingcn  1874;  Sitten,  3)cr  fei.  5S.,  9lbt  üon  ^.,  ©onn 
1890;  e^r.  3).  ß^riftmann,  ®efd).  bed  ÄlofterS  $.,  Stübingen  1782;  g.  @tec!,  2)a«  tloftcr 
^.,  ^iftor.'topogTap^lfdj  befc^riebcn,  ßalw  1844;  ^.  ®ifcte,  9(u§breitung  ber  ©.*$Regel  burcft 
bie  ßlöftcr  5)eutfct)lonb«J,  ©Qmn.^^rogramm  ^alle  1877;  ^.  (öifefc,  ^ie  4)irfct)auer  lon^renb 
be«  3nueftiturftreitc§,  ©otlja  1883;  Ä.  ^aiber,  ^loftev  ^.,  Tübingen  1886;  O.  ^afner,  9te» 

60  gcften  jur  ©efd).  be«  fdjtuäb.  ^(oftcr^  .^.  in  Stub.  u.  ^t  ou?  b.  SBencbift*  unb  Siftcrjienfcr* 
orben,  1891—95,  XII,  244ff,  XIII,  64 ff.,  XIV,  74 ff.,  XV,  82 ff..  XVI,  54 ff.;  ß^r.  gr. 
Statin,  Sirtcmbcrg.  ÖJejcftidjtc  33b  1—4  Stuttgart  1841—73  u.  ©efcftrcibutig  beö  DberamtS 
CaliD,  Stuttgart  1860,  S.  236 ff.;  ^.  JJr.  Stölin,  ®efd)icftte  SSürttembcrgS'l,  lu.2,  ®ot^a 
1882  u.  87;  33.  ?llberg.  ^.  unb  feine  ©rünbungcn  oon  1073  an.  geftfdjrift  juni  llOO* 
jährigen  3nbiI8um  bcd  bcutfcften  Cainpo  Santo   in  5Rom,  Srciburg  1837  S.  115—29. 

66  ^n  ber  9iä^e  ber  jefeigen  lüürttembergifc^en  Dberamt^ftabt  gallo,  in  einem  ber  an- 
mutigften  Xl^äler  be^  ©c^tDarjloalbe^  liegen  bie  jjrac^tboHen  unb  malerifd^en  Sluinen  be^ 
e^emate  berül^mten  Senebiftinerflofter^  ^irfd^au  ober  ^irfau,  ba«  jum  Si^tum  ©^je^er 
geborte.  Über  bie  angeblid^e  erfte  ©tiftung  burd^  eine  Söittoe  .^elicena,  bic  645  in  ber 
9Iä^e  be«  f)}äteren  Klofter«  ein  5tir^lein  bei^  1^1.  9Ia)ariud  famt  einem  ^auiS   für  bier 


^irfdiait  139 

5Wönd^e  gebaut  l^aben  fott,  berichtet  erft  eine  beut?c^e  Urfunbe,  bie  1534  au«  bem  älteste 
be«  a)omla<)iteK  Don  ©^je^er  bent  Slbt  ^o^ann  II.  bon  §.  überfanbt  tourbe.  ®afe  toir  e« 
l^ier  mit  einer  böBig  toerllofen  Segenbe  gu  ll^un  ^aben,  bie  ben  Urf})runö  be«  Älofter« 
möglidl^fi  l^inaufbatieren  tuill,  ift  je^t  allgemein  jugeftanben.  Über  bie  jtueite  (Stiftung  bed 
Rlofter«  im  ga^re  830  gelten  bagegen  bie  3Keinungen  nod^  au^einanber.  6«  lann  gu«  6 
näcpft  feinem  3h)eifel  unterliegen,  bafe  Iril^eim  \vx  bie  ältere  ©efdj^ic^te  be«  Älofter«  nidj^t 
me^r  afö  Duelle  bertoanbt  tocrben  barf.  ©eine  au«fü^rli(i(;e  ©rgö^Iung  ber  ®ejd(;id^te  ^.^ 
bon  830—1049,  für  bie  er  ftc^  toor  allen  auf  eine  angeblid^e  ^Jutbaer  ß^ronil  üKeginfrib«  beruft, 
ift  in  allen  ©ingeli^eiten  mit  ber  gangen  Slbtöreil^e,  ben  SJamen  ber  berühmten  ©c^rifts 
fteOer,  Sifc^öfe  unb  ^eiligen  ^.«,  ber  »tüte  ber  Älofterfc^ule  freie  (Srfinbung  (6.  SBolff,  lo 
Sol^anne«  2:ritl^emiu«  unb  bie  ältefte  (ScfdS^ic^te  be«  Klofter«  §.,  SBürttemberg.  ^a^rbüc^er 
1863  ©.  229—81 ;  ^.  SKüCer,  DueCen,  h)elc^e  2lbt  Stritl^eim  im  erften  (gleiten)  Seil 
feiner  Äirfauer  2lnnalen  benu^t  l^t,  Sei^jg.  1871  (^atte  1879);  333.  SBattenbad^,  S)eutfd^c 
©efd^ieft^quetten  im  SKittelatter,  "Sertin  1886  II,  45—46).  3)enno(|>  ift  e«  unrid^tig 
bo«  Seftepen  eine«  Älofter«  in  ä.  bor  1065  über^auj)t  gu  leugnen  (®ifele  ©.7;  §elm«*  i6 
börfer  ©.110),  ba  ber  laiferlicfe  SSeftötigungöbrief  bom  9.  Dttober  1075,  bie  t)ä^ftlicl^e 
SuBe  Urban  II.  bom  8.  3Kärg  1095,  unb  ber  §irfd^auertrabitionenfobej  e«  bezeugen  unb 
bie  äudgrabungen  im  ^a\)x^  1892  bie  ©runbmauem  einer  au«  bem  Äarolingifc^en  Qtii^ 
alter  flammenben  Kirche  aufgebedft  ^aben  (Setlage  3lllgem.  MiQ.  ^ai^x^an^  1892  9lr.  252 
unb  §afner  ©tub.  u.  SKt  XVI,  436).  SSon  biefer  ©rünbung  be«  Älofter«  toiffen  toir  30 
aber  nic^t«  toeiter,  al«  bafe  ®raf  ßrlafrib  toon  6alh)  830  eine  Äirc^e  m  S^ren  be«  l^eil. 
$etru«  unb  be«  armenifd^en  Sifc^of«  äureliu«  (geft.  383),  beffen  ©ebeine  fein  ©ol^n 
Sifci^of  Spotting  bon  SSerceÖi  nad^  3)eutfd^lanb  gebracht  ^atte,  erbaute  unb  ba«  Älofter 
mit  3Jlönd!;en  au«  ^Iba  beftebelte.  SBa^rf({ieinlid^  trat  balb  ber  SSerfatt  be«  Älofter«  ein, 
ffleltgeiftlic^e  Rauften  im  ülofter  ftatt  ber  SRönc^e,  bie  ®rafen  toon  6ath)  erbauten  f>3äter  26 
eine  9urg  an  ©teile  be«  Älofter«  unb  nal^men  bie  bem  Älofter  gefc^enlten  ®üter  toieber 
in  33eft^.  ®ie  Slnregung  gu  einer  9leugrünbung  be«  Älofter«  ging  bon  ^aj)ft  fieo  IX., 
einem  Dl^eim  be«  ®rafen  Slbalbert  II.  bon  Gallo  au«.  3m  §erbft  1049  befud^te  er 
feinen  Steffen  in  $.  unb  mal^nte  i^n  gur  SBieber^erftellung  be«  abgegangenen  äureliu«« 
Hofter«  (f.  ben  2:rabitionenfobej  bon  §.,  Sambcrt  bon  6er«felb  MG  SS  V,  134,  Hermanni  so 
Contracti  Chronicon  bei  Uffermann  Prodr.  1, 162).  3)oc^  erft  1059  tourbe  ber  Sau 
ber  3lureliu«fird(;e  bom  ®rafen  auf  3)rängen  feiner  ®emal^lin  SSäiltrube  begonnen  unb 
1065  lamen  au«  bem  Älofter  ginftebeln  bie  erften  9Könd^e,  an  il^rer©)3i^e  3lbt  griebrid^ 
(SRtngl^otg,  2)e«  Senebiftinerftifte«  ßinftebeln  Il^ätigleit  für  bie  SReform  beutfc^er 
5«öfter  bor  bem  mu  SB.  bon$.  ©tub.  u.3Kt  b.  »eneb.  u.  Gift.  Drben  1886  VII,  50  ff.).  86 
©4^on  106Ö  tourbe  W)t  ^ebri^  auf  berleumberifc^e  Slnflagen  feiner  SKönc^e  bom  ®rafen 
Slbalbert  abgefegt,  er  berliefe  ba«  Älofter  unb  fanb  älufnal^me  auf  bem  ©t.  3Kid>ael«berg, 
bem  l^eutigen  §ciligenberg  bei  .^oeibelberg,  too  er  1071  ftarb.  ©ein  Dlac^^f olger  tourbe 
aaSil^elm  (1065—91),  ber  ba«  Älofter  gur  ^öc^ften  Slüte  unb  gu  loeitreit^enbem  (ginflu^ 
er^ob.  335ill^elm  toar  in  Saiem  geboren  unb  i)atti  im  Älofter  ©t.  ©mmeram  in  JRegen«*  40 
bürg  eine  grünblic^e  toiffenfc^aftlid^e  Silbung  erl^alten.  311«  Äruc^t  biefer  ©tubien,  bon 
beren  ft)äterer  gortfe^ung  toir  nic^t«  ^ören,  liegen  un«  bie  beiben  ©d(>riften  de  astro- 
uomia  (nur  ber  Prolog  gebrurft  bei  ^eg,  Thesaur.  anecdot.  nov.  Tom.  VI  pars  I, 
259 ff.)  unb  de  musica  (bei  ®erbert  SS  eccles.  de  musica  II,  154 ff.  unb  tritifd(;e 
3tu«gabe  mit  beutjc^er  Überfe^ung  bei  §.  SKüDer,  bie  aKufi!  SB.  b.  §.,  granffurt  1883)45 
bor.  airibo  ©^olaftilu«  (MG  SS  V,  462)  fd^reibt  bem  2lbte  SB.  aud^  bie  Grfinbung 
einer  eigenttimlid^en  9JJeffung  ber  ^löte  gu,  unb  fein  treufter  ©c^üler  3lbt  SDietger  bon 
©t.  ®eorgen  l^at  ebenfaU«  ein  Suc^  über  ^Kufif  (®erbert  SS  eccl.  II.  182  ff.)  getoi^ 
nid^tol^ne  Anregung  bon  feiten  SB.«  berfafet.  2)icbem2lbte  2B.  b.  §.  gugefd^riebene  Philo- 
sophia  Wilhelmi  ift  aber  ftc^er  nic^t  fein  SBerf,  fonbcm  ftammt  it)a|r|c^einlid^  bon  SBill^elm  60 
bon  Gonc^e«  (§elm«börfer  ©.  72  ff.).  311«  SSorftef^er  .s>.«  mar  gunäc^ft  bie  3lbrK^t  SB.«  auf 
Befreiung  be«  Älofter«  bom  ^atronat  be«  ®rafen  3lbalbert  unb  auf  Umtoanblung  ber 
5laftbogtei  in  eine  ©c^u^bogtei  gerid^tet.  Seibe«  erlangte  er  1075,  freie  3tbt«=  unb  Sogt«^ 
tüa^l  tourbe  bem  Älofter  bom  ®rafen  jugeftanben  unb  burc^  bie  faiferlic^e  Seftätigung 
bon  .^einric^  IV.  am  9.  Dftober  1075  gctüäl^rleiftct  (SBürttem.  Urfunben  B.  I,  276—80).  60 
©leic^geitig  tourbe  §.  bem  päpftlic^cn  ©c^uft  unlerflellt  unb  SB.  ging  })erfönlid^  nad^  SRom, 
um  bon  ®regor  VII.  auc^  bie  t)ät)ftlic^c  Slnerfennung  ber  Siechte  be«  Älofter«  im  §erbft 
1075  gu  erlangen  (3aff6  3979).  3)urc^bnmgen  bon  bem  Sebürfni«  einer  SReform  be« 
aSenebiftinerorben«  in  ^eutfc^Ianb  enttoarf  SB.  nac^  bem  3Sorbilb  ber  Gluniacenfer  Gin* 
rid^tungen  feine  Constitutiones  Hirsaugienses.  85i«  1077   l^atte   man   im   Älofter  §.  eo 


140  ^trfc^au 

bic  Stegel  ©enebift^  mit  ben  ©etüo^nF^eiten  ©t.  (Smmcramig  beobachtet,  bor  )3ä))ftlid)e  Scgat 
Sem^arb,  Slbt  be^  mit  Gluni  eng  berbunbenen  Äloftcr^  St.  93iftnr  ju  ^KarfeiÜe,  ber  ftc^ 
1077  ein  ^an^^  '^af}x  in  .<o.  auf(?ielt,  tüufete  ben  eifrigen  2lbt  toon  ber  9iottüenbigfeit  ber 
ßinfü^rung  ber  (Sluniacenfcr  ©etool^nl^eiten   ju  überzeugen  unb   ber  I3ugenbfreunb  2B.ö, 

ö^rior  Ulrid^  bon  SeH  (6.  ^aubifler,  ll.b.6Ium;,  9Künfter  1896)  jd^rieb  auf  Sitten  3B.^ 
bic  ®ebräud{>e  Gluni^  für  il^n  nieber  (f.  21.  Sb  III,  ©.  184, 37).  2)ie  (Selüol^n^eitcn  §.0 
unterfc^eiben  fid^  nur  toenig  bon  benen  ßluni^,  bie  ^Hnberungen  finb  burd^  ba«  anber«- 
ortige  Älima  unb  bie  Slücfftc^t  auf  aliz  Älofterfttten  bebingt.  "äJlit  ben  neuen  filoftcr^ 
bräud;en  nahmen  bie  3Jlönc^e  eine  beränberte  Irac^t  an,  fte   trugen   je^t   tüei^e  fileiber 

10  unb  anftatt  be«  alten  Obergelpanbe^  ber  cuculla  toie  inßluni  ben  froccus,  ein  toollene^ 
®eh)anb  mit  toeiten  Jtrmeln,  barunter  ein  gtoeite^  Äleib,  ba^  alte  Scapulare,  unb  für 
bie  garten  SBinter  bc^  ©d^marjtoalbe^  fül^rte  S8S.  nod)  ba^  stamineum  ein  ipoHeneiS 
.^emb  unb  baö  pellicium  einen  ©c^af^elj,  ber  unter  bem  Dbergetoanb  getragen  tDurbe, 
ein.    2lud^  trugen  bie  "Bfönc^e  femoralia,  $ofen,  bie  für  ben  SBinter  au^  ©d^af=  unb 

16  Äa^enfeB  l^ergefteHt  h)aren.  5Die  grofee  5Eonfur,  bie  corona  monastica,  h)ic  fte  in  Gluni 
Srauc^  toar,  unterfc^ieb  bie  ^irfd^auer  bon  ben  nic^t  reformierten  Senebiftinem.  Strenget 
©tinjc|h)eigen  tourbe  im  Älofter  beobachtet,  unb  nur  eine  eigentütnlic^e  3«c^^nfJ)raci^e  biente 
ben  größten  2;eil  be^  2:age^  ben  3Jlönc^en  jur  gegenfeitigen  Serftänbigung.  Dläc^tlid^e 
ainba^ten  unb  ba^  galten  be^  Äa^jitefe,  ba«  au^  ^rebigt,  Seichte  ber  Serfäumniffe  unb 

20  Seftimmung  ber  ©trafen  bafür  beftanb,  tourbe  ebenfalls  nac^  bem  Sraud^^e  ßluniö  in  §. 
eingeführt.  9leben  ber  Äerftellung  einer  ftrengen,  bi^  in^  einjelnfte  unb  Ileinfte  geregelten 
Dbfertoanj,  toie  fte  bie  Äonftttutionen  SB.ö  borfd^rieben,  mad^te  fic^  SB.  um  bie  Organi* 
fation  be^  gnftitut«  ber  Saienbrüber  berbient.  2)iefe  ßaienbrüber  ftnb  ni^t  nac^  bem  ?Dtufter 
ßluniö  in  «ö.  erft  eingeführt,  2B.  fanb  fic  bereite  bor  (®ifelc  ©.  49),  nur   too^nten  fie 

26  urft)rünglic^  nid^t  im  ülofter  unb  trugen  loeltlid^e  Srad^t.  ©ie  fül^rten  ben  5Wamen  fra- 
tres  laici,  conversi  ober  man  nannte  fie  barbati,  toeir  fte  im  Unterfc^ieb  bon  ben 
monachi  literati  einen  Sart  trugen,  ober  exteriores,  tocil  fie  alle  äufeeren  ©efd^äfte 
für  bie  mit  bem  ©otte^bienfte  befc^äftigten  5Könc^e  beforgen  mußten.  3)ie  Saienbrüber 
lebten  unter  ber  3lufftd^t  eine«  eignen  SReifter«  (magister),   ftanben    unter  ber  Älofter= 

aobi^jiplin,  Ijklim  aber  nur  ein  abgelürjtr«  officium,  um  il^ren  ©efc^äften  nicifit  aHju 
lange  entxogen  ju  toerben.  ^n  biefen  Äonberfen  befaf;  ba«  Älofter  eine  allzeit  bereite 
atrbeiterfc^ar,  bie  ftc^>  befonber«  nü|Iid^  auc^  für  bie  Kirc^^en-  unb  Älofterbauten  ertoie«. 
5Roc^  fel^r  umftritten  ift  e«,  ob  c^  ncb^n  ben  beiben  genannten  Klaffen  bon  3Jlöndben  nod) 
eine  britte  gab.    2)a6  bie  fogenannten  oblati  ober  donati,  bon  benen  Iritl^eim  berid^tet, 

86  nic^t  ejiftiert  l^aben,  ^at  |)elm«börfer  (©.  55)  nac^getoiefen.  ©id^er  ift  e«  aber,  bafe  bie 
religiöfe  Segeifterung  in  ©c|tt)aben  bamate  mrSilbung  religiöfer  Sruberfc^af ten  ftnb^auen= 
gemeinfd^aften  führte,  bie  fic^>  unter  bie  Seitung  eineg  reformierten  5)lönc^e«  ober  ftreng- 
gläubigen  ^riefter  fteüten,  ftc^  ber  Ilöfterlic^en  Siegel  fügten  unb  in  Sleinl^eit  ber  ©itten 
miteinanber  Wetteiferten  (f.  SuIIe  Urban  II.  bon  1095  3aff6  4149). 

40  3)ie  SWeform  blieb  aber  nid^t  auf  ba«  Älofter  §.  befd^ränlt,  neben  bem  fd^toäbifd^en 
Jöofter  ©t.  Slaften  tourbe  6-  eine  J&aujjtftätte  ber  Älofterreform,  gal^lreid^e  Älöfter 
bcfonber«  tourben  bon  .<3.  a\x4  gegrünbet,  ober  mit  5)tönc^en  unb  Siebten  berfelfien  ober 
reformiert,  fo  in  Somburg,  SHei^enbad^,  ©t.  ©eorgen,  Slaubeuren,  3*^i^f^f^^"/  Erfurt, 
©d^aff^aufen,  ^ßeter^l^aufen,  SBeillfieim,   fj)äter    na^   ©t.  ^eter   auf  bem  ©c^^toarjtoalb 

46  berlegt  (3.  3Ra^er,  Die  SSenebiltinerabtei  ©t.  ^eter,  ^eiburg  1893).  2)er  S3ifd^of  Otto 
bon  Bamberg  reformierte  ebenfalls  mit  §irfd^auer  W6nd)m  bie  ülöfter  feine«  ©jjrengete. 
äuc^  in  5Rorbbeutjd^lanb  tourben  bie  Consuetudines  Hirsaugienses  bielfac^  eingeführt. 
®ie  Silbung  einer  Äongregation  nad^  bem  93orbilbe  ber  bon  Ituni  gelang  aber  2B.  auf 
beutfc^em  35oben  niAt  (gegen  ^elm«börfer  ©.  106).    6«  tann   leine  grage  fein,  ba^  er 

60  fte  jtoar  angeftrebt  l^at  C^rolog  b.  Cons.  Hirs.),  aber  fel(^r  balb  macbten  fic^  bie  refor* 
mierten  Älöfter  bon  ber  Seitung  .sj.«  nidfit  obne  Unterftü^ung  ber  Sifd^öfc  frei.  2)ie 
etngige  SSerbinbung,  bie  ftd^  auf  bie  Dauer  erhielt,  aber  auc^  gtoifc^en  ben  reformierten 
Rlöftem  Dcutfc^lanb«  unb  Gluni  unb  anberen  SMeformcentren  be«  äuelanbe«  beftanb,  toar 
bie  ber  Äonfraternitäten,  burc^  bie  man  fid^  j^um  gemeinfamen  ®ebet  für  lebenbe  unb  ber- 

66  [torbene  ©lieber  ber  einzelnen  Älöfter  beri)flicbtete.  ^n  allen  biefen  reformierten  Älöftem 
ttmrbe  bor  allem  a^fetifd^e  ^ömmigfeit  gepflegt,  ba^  ein  2luffc^toung  ber  toiffenfd^aftlict)en 
SWeit  bon  biefen  Älöftern  ausgegangen  ift,  ift  böllig  unrichtig,  ba«  gnterejfe  für  ©ele^r= 

iomfeit  fel^lte  faft  ganj,  man  bef^äfttgte   ftd^  nur  mit  Süd^erabfc^reiben  unb  be«  Ootte«- 
nenfte«  falber  mit  3)lufif  unb  ©efang.  9Jur  bic  SBaufunft  erlebte  eine  SBlütejeit  (®.  §agen, 
eo  Die  ^irfdl^auer  filoftenefonn  unb   bie  romanifd^e  Saufunft  S5at»em«,  5Konat«fc^rift  b. 


^irff^att  141 

Kft  aSerdnö  Don  Dberbal;cm  III,  120 ff.;  6.  ^.  33aer,  3)ie  §.  33aufc^ule,  ©tubien  gur 
Saugefd^id^te  be«  11.  gja^r^unbcrtö,  greiburg  1897).  2)ie  1091  fertiö  öcfteUtc  ^eter«* 
Itrc^e  §.^  JDar  im  romanijc^cn  ©til  aufgcfül^^^^f  ^^^  ^^"^  Ulmer  SKünfter  ba^  größte 
®oUc«^au«  ©übtücftbcutfc^Ianbö. 

äuc^  an  bem  fird^Uc^en  Ramp\  gtoijd^en  Äaifcr  unb  ^ajjft  nal^m  2B.  Don  §.  einen  6 
bebentfamen  Slntcil.  (Sr  ßel(|örte  gu  ben  treuften  Stn^änöem  bcr  (Sregorianifc^en  Partei 
2)eutfd[|Ianb^  (5ßaul  t>.  Semrieb,  Vita  Gregorii  VII.,  2öatterid^  I,  453).  SBal^rfd^einlic^^ 
toax  er  üon  ©regor  VII.  bei  feinem  römifd^en  2lufent^alt  1075  für  ieine  ©ac^e  ge^ 
toonnen  toorben.  1077  finben  toir  ben  ©egenfönig  Slubolf  Don  SRI^einfelben  in  .'o-  unb 
1081  toanbte  fid^  ©regor  VII.  an  Siic^of  älltmann  Don  5ßaffau  unb  SB.  Don  $.,  um  lo 
fiur  bie  SBa^l  eine^  bem  a^oftolif4>en  ©tu^I  ergebenen  Äönig^  gu  tüirfen  (Mansi  Collect. 
XX,  342 — 344).  SEBag  aber  ben  fittenftrenaen  unb  eifrig  frommen  Slbt  auf  bie  ©eite 
®regor$  führte,  toar  ba^  3"^^«ff^  ö"  ^^  Mirc^enreform,  ber  Äamt)f  gegen  Ünjud^t  unb 
©imonie,  nic^t  bie  Unterhjerfung  be^^  Äaifer^  unter  bie  2BeItl(ierrfd^aft  be^  ^}}a))fttum«. 
2)a^er  fd^eute  er  fic^  nic^t  ben  mit  bem  ^ßopfte  an^  poM\d)m  ^ntercffen  Derbunbenen,  i6 
antifaiferfid^en  Sifd^öfen  ©ac^fen^  in  einem  S3riefe  an  ben  ©egenfönig  ^ermann  Don 
Äijemburg  bie  fc^toerftcn  SSortoürfe  toegen  il^rer  ben  3leformforberungen  ni(|t  entfpred^en* 
ben  ürc^lic^en  Spaltung  ^u  machen  (©ubenborf  Registrum  I,  50  ff.),  toorauf  bann  Sifc^of 
SBJoIram  Don  Naumburg  namens  bc^  jäc^fijd^en  et)iffo})at^  gegen  ben  frechen  Plebejer  unb 
fein  niebrige^  ÄaJjujenDolf  re>)lijierte.  ao 

©d^on  mit  bem  2;obe  ber  im})onierenben  SPerfönlic^Ieit  be^  Stbte^  SB.  begann  ber 
firc^lic^^e  unb  })olitifc^e  Ginflu^  ,^J  ju  finfen,  tro^bem  ba^ftlofter  burc^  gal(|lrei(^e  ©c^en« 
fungen  ju  gro^ent  SReic^tum  gelangte,  ©ein  Ütad^folger  Slbt  ®ebl(|arb  1091 —1105  aui^ 
bem  ©efd^Ie^^te  ber  ©rafen  Don  Urad^  gab  ben  ©ebanfen  ber  ©rünbung  einer  Äongre= 
gation  DöQig  auf  unb  ^.  l;örte  aud;  je^t  auf  im  ^nDeftiturftreit  ber  ^auptfi^  ber  Oppo^  25 
jüion  ju  fein,  nur  ber  2tbt  2)ietger  Don  ©t.  ©eorgen  blieb  ein  unDerfö^nlw^er  ©egner 
auc^  t^einric^ö  V.  I)er  e^rgeijige  ©ebl^arb  (geft.  1107)  nal^m  bagegen  ba^  Si^tum 
©j)e^er  ouö  ber  §anb  bc^  Äaifer^  unb  erlangte  al^^  Sifc^of  burc^  bie  graufame  Sel^onb- 
lung  ber  fieic^e  be^  gebannten  Saijerö  .sjeinric^  IV.  eine  traurige  Serü^mt^eit.  Dbtoo^I 
bie  beiben  folgenben  Sbte  »^.^,  SJruno  au^  bem  $aufe  ber  ©rafen  Don  SBürttemberg«  ao 
Seutetebad^  1105—1120  unb  SJoImar  1120—1156,  tüd^tige  unb  fromme  3Känner  toaren, 
fo  liefen  boc^  bie  neuen  Crben  ber  (Sifterjienfer  unb  ^Jßrämonftratenfer,  in  benen  ein  le^ 
benbigerer  ©eift  })uirierte,  ben  ^irfc^auem  ben  Stang  ab.  ©c^on  ^a^\t  ^nnocenj  II.  mu^te 
ben  Siebten  be^  ßifter^ienferorben«;  bie  Slufnal^me  Don  a)tönc^en  au^  ^irfc^auer  Älöftem 
»erbieten  (^mifc^en  1130—43,  SBürtt.  Urfunbenbud^  V,  348).  3lad)  bem  SEobe  beiS2lbtc«86 
3Kangolb  1157—65  begann  bie  gcit  beiS  fittlid^en  unb  öfonomifd^en  3ierfalte  be^  Älofte»8, 
obtoo^il  ^ä>)fte  unb  Äaifer  l?äufig  bie  alten  ^riDilegien  betätigten.  1215  übernahm  JCaifer 
^iebric^  II.  bie  ©4>irmDogtei  be^  0ofterö  unb  biefe  blieb  fortan  bei  bem  jetoeiligen 
Äaifer,  bod^  übten  ftettDertretenbe  ©c^u^Dögtc   feine  SHec^te  an^  (äBürttemb.  USIII,  27). 

3uerft  ioaren  e^  bie  ^faljgrafen  Don  Tübingen,  feit  1342  bie  ©rafen  Don  3öürts  40 
temberg,  bie  f})äter  bie  Sanbee^eaen  be^  Älofter^  tourben.  Si^  1428  hjaren  alle  SJer« 
fud^e  bie  Ilöfterlid^e  ^xxd^i  ^er^uftellen  Dergcblic^.  2lbt  ^iebric^  1400—28  toar  jtoar 
eifrig  auf  eine  Sleform  beö  Älofter^  bebad;t,  loo^nte  bee^alb  1417  bem  5ßroDin}ialIai)itel 
beö  Senebiftinerorben^  ju^eterel?aufen  bei  Äonftan^  bei  unb  befc^toorbie  SReformoorfd^läge 
be^  Äonftan;\er  Äonjil^,  Dermo4>te  aber  feine  'Ünberung  tocgen  be^  älUberftanbeö  feiner  46 
3Jlönd^e  burc^jufefeen  (Strit^eim,  Annales  II,  348—50).  1418  erl^ielt  er  Dom  ^ajjfte 
aWartin  V.  baö  ylec^t  bie  ^ontififalinfignien  tragen  unb  bie  bifc^öflic^e  Senebiftion  er* 
teilen  ju  bürfen.  6rft  bem  älbte  SÜolfram  1428—60  gelang  ^  1457  burc^  (Sinfü^rung 
ber  SBur^felber  DbJerDan^  in  §.  bie  ^uc^t  unb  ©itte,  SÖermögen  imb  ätnfe^en  ju  lieben. 
3)0^  Älofter  erlebte  je^jt  biö  ju  feiner  >)roteftantifd^en  ^Reformation  1534  eine  jtoeite  60 
S3lütegeit  unb  fanbte,  n?ie  ^u  ben  :^t\im  ätbt^  SB.  o.  §.  feine  Sleformfolonien  in  anbete 
Älöfter.  äbtSlafiu^  1484—1503  fdt^mücfte  bie  brei  Äreujgänge  be^  Älofterö  mit  J^errlid^^en 
©la^emälben  auö  ber  biblifc^cn  ©ef4>ic^te,  bie  me^r  als  300  ©olbgulben  fofteten  unb 
bie  Setounberung  ber  3^i^g<^noffen  erregten  (Iritl^eim  Ann.  II,  545).  3)er  le^tgenannte 
äbt  unb  fein  5Rac^f olger  ^o^ann  I.  1503—24  Deranlafeten  auc^  ben  berühmten  äbt  Don  66 
©panl^eim,  :3ol[^ann  2:ritl^eim  (geft.  1516)  ^ur  3lbfaffung  ber  beiben  oben  genannten  SBerle 
über  bie  ©efc^ic^te  be^  Äloftere  §.,  in  benen  er  für  bie  3)lönc^e  feiner  ^Ät  mit  })^antaftifd^er 
gölfc^ung  ber  ©efd^ic^te  ein  alte^  rul^mgefrijnteö  §.,  ein  Eldorado  für  a^fetif4>e  ®e= 
mtiter,  fdj^ilberte  (§afner  XV,  463).  "äbt  ^o^ann  II.  1524—56  erlebte  1525  ben 
öaucmhieg,  in  bem  ba^  Älofter   erftürmt  unb   fc^toer  gefc^äbigt  mürbe.     Derfelbe  2lbt  60 


142  ^be^itm  ^trfd|c 

mufetc  ^  aui)  bulben,  ba^,  ate  bic  SReformation  im  ^crjogtum  äBürttcmberg  burd^ 
Ulric^  cingcfüj^rt  tourbc,  1535  ein  cöangelifc^cr  Sefcmeiftcr  nac^  ^.  h)ie  in  anbete 
5llöftem  gefc^icft  tourbe.  3)iefer  gefeierte  etoangelifd^e  2:i(|eolo0e,  3:^eobor  SRai^mann,  gab 
ben  5Rot)ijen   unb   18  ÄonDentualen  Seftionen    in  ber  ^eiligen  ©c^rift   unb  ben   alten 

6  ©brad^en  unb  })rebigte  auc^  mit  SeifaD  Dor  bem  35oß.  S)ie  5Könci^e  iüie  ber  lot^olijd^e 
Slbt,  ber  allein  im  Jtlofter  bleiben  burfte,  erl(|ielten  1535  ein  Seibgebing. 

3la^  35erfünbigung  be«  3>"^^"^^  ^^  22.  guli  1548  lehrten  nod^  einmol  lat^olifc^e 
üJlönd^e  in  ba^Älofter  jurücf,  aber  nad^  bem  ©iege  3)tori|'  üon  ©ad^fen  über  ben  Äaifer 
Ke^  $erjog  6^riftoipj[|  am   11.  ^uni  1552  ben  Sefe^l  an   feine  3ibte   ergeben,  ber  bie 

10  äufnal^me  Don  SfloDijen  unb  latl^olifd^en  ®otte«bienft  toerbot,  unb  burc^  feine  Älofter^ 
orbnung  bom  ^al^x^  1556  rid^tete  er  in  §.  eine  ber  Dier  l(|ö^eren  Älofterjd^ulen  feineiS 
Sonbe^  jur  §eranbilbung  eöangelifc^cr  (Seiftlid^er  ein.  3^^^  erl^ielt  ber  äbt  ^[o^ann  II. 
in  bem  alten  ÄIofterj)rior  Subtoig  3Selberer  1556—1560  noc^  einen  fatl^oUfc^en  Siad^- 
folger,  aber  1558  tüurbe  i^m  tro§  aUer  ©inreben  ein  proteftantifd^er  Äoabjutor  in^einri^ 

16  SBeidEer^reuter,  3)efan  in  ßalto  gefegt  {Qi}x.  ^Jr.  ©tälin  IV,  142)  unb  biefer  nac^  bem 
3^obe  SSelberer^  gum  erften  ebangclifd^en  3lbt  ernannt,  ©ein  9lac^foIger  toar  ^[o^anneig 
^Porfimoniug  (Äarg)  1569—88,  ein  ©c^üIer  fintier«  unb  5KeIanc^>t^ong,  gebürtig  an^ 
SKug^burg,  Don  too  er  burd^  ba^  3"*^^"^  bertrieben  toar;  er  machte  fic^  aud^  um  bie 
©efd^id^te  be«  Jtlofter«  Derbient  (f.  oben).    3m  brei^igiä^rigen  Äriege  tourbe  infolge  be« 

20  SReftitution^cbift  bon  1629   baö  Ä'Iofter  1630   bon   faiferlid^en  Irujjpen  befe^t  unb  ber 

Soteftantifd^e  älbt  älbrec^t  Saul^of  mufete  toeic^en.  SBon  1630—31  ^ielt  ber  fatl^olifd^e 
&t  änbrea«  ®eift  ba«  Älofter  befe^t  unb  nac^  bem  Slu^ange  ber  ©c^Iac^t  bei  5Rörb' 
Knaen  1634  fonnten  bie  Äat^olifen  ba«  Älofter  bi«  1648  be^au))ten.  3)er  Ie|te  fat^o-- 
lijc^e  Slbt  2BunibaIb  3^^^^^  1637—48  toeigerte  ftc^  fogar  ben  toürttcmbergifd^en  ^erjog 

26  ab  Sanbed^erm  anjuerfennen  unb  nal}m  für  fein  Älofter  SReic^unmittelbarldt  in  2ln= 
fj)tud^.  ©eit  bem  toeftfölifc^en  ^rieben  btente  §.  feiner  neuen  fegen^reid^en  Seftimmung 
old  ebangelifd^e  5lIofterfc^uIe,  bi«  am  20.  ©ej)tember  1692  ber  franj^öfifc^e  ®eneral  SRelac 
mit  banbalifc^er  3lo^eit  ba«  Älofter  in  SBranb  ftecfte  unb  ben  ebangelifc^en  2lbt  3)re^er 
cii  ©ei^el  nac^  üJle^  fd^Iej)|)te,   too   er  im  ©efängni«  umfam.    3)ie  Älofterfc^ule  itjurbe 

80  ^^ierauf  nad^  2)enIenborf  berlegt.  (Sbangelifd^e  litularöbte  bon  §.,  bie  aber  ni(^t  mel^r 
bort  refibierten,  gab  e«  nod^  bi«  1815.  ^iebri^  SödE,  ^rälat  unb  ®eneralfuj)erintenbent 
in  lübingen  h)ar  ber  le^te  befignierte  äbt  bon  §.  3Son  bem  e^rtoürbigen  3)enfmal 
d^riftlid^er  Äunft  unb  grömmigfeit  ift  nur  noc^  ber  Äreuggang  be«  Älofter«,  ein  Äirc^turm 
ber  ^eter^firc^e  au^  bem  elften  S^^^J^^^nbert  unb  bie  bon  2lbt  ^o^ann  I.  1516  erbaute 

86  5Karienfapene  erhalten,  bie  je^t  ber  ebangelifc^en  ®emeinbe  §.  alö  Äirc^e  bient.  ^n  ber 
Sluine  be«  1592  bon  §ergog  fiubtoig  erbauten  S^Ö^f^löffe«  befinbet  \xd)  bie  berühmte, 
bielbefungene,  bor  allem  burc^  Vi\}larit>  betannte  Ulme.  ^rft^mac^er. 

$trfc^c,  ®eorg  Äarl,  geft.  1892.  —  S^gl.  3o^.  (Sropp  im  a)eutf(^en  «Protcftantcn- 
blatt  1892,  ^Jir.  32;  ^.  Ütieflcl  in  ber  ^rot.  ^irc^enicituiig  1893,  i«r.  25. 

40  ®eorg  Äarl  ,§irfc^e  lourbe  am  19.  Wßxxl  1816  gu  Sraunfd^toeig  geboren;  feinSater 
iiHir  SädEermeifter.  (£r  befuc^te  ba«  DbergVmnafmm  feiner  SJaterftabt;  nac^bem  erl^/jg^^^^ 
©d^üter  ber  ^rima  biefer  Slnftalt  getoefen  nnb  namentlich  burc^  ben  berühmten  2)ireftor 
berfelben,  ^rofeffor  ®eorg  2l^eobor  äuguft  Ärüger  (geb.  1793,  geft.  1873),  in  bie  flaffifc^en 
©J)rad^en   eingeführt   h)ar,    trat   er  um  SRic^aeli«  1831   in  ba«   l^ergoglic^e  Äoüegium 

«Sarolinum  über,  auf  toeld^em  er  Sorlefungen  über  berfc^iebene  ®egenftänbe  ber  ^^ilo= 
logie,  ®eograj)l^ie,  3)iat^ematif  unb  ^l^ilofopl^ie  ^örte.  ®ang  befonberen  (Sinflu^  getoann 
^|ier  auf  i^n  ber  noc^  jugenblid^e  ^rofeffor  extraord.  ©ruft  Submig  Il^eobor  $ente  (geb. 
1804,  bon  1828  biö  1833  am  ßarolinum  in  »raunfd^meig,  bgl.  »bVII  ©.  677),  bei 
toelc^em  er  ®efc^ic^te   ber  ^^ilofo})^ie,  ®ef(^ic^te  be«  ß^riftentum«   unb  t^eologifd^e  Qn- 

60  c^flo))äbie  ^örte.  §enfe  ioar  e«,  ber  nac^  ^irf^e«  eigener  Slngabe  in  i^m  ben  (Sntfc^lu^, 
Geologie  gu  ftubieren,  gur  Steife  brachte;  bon  i^m  \'pxad)  §irf(|e  immer  mit  großer  !^iebe 
unb  !ßerel)rung.  Um  Cfteni  1833  begog  §.  gum  ©tubium  ber  Ideologie  bie  Uniberfttät 
®öttingen.  §irfd^e  ^örte  bier  au^er  ben  S^orlefungen  bon®iefeler,  (gtoalb  unb  S3o^§(9leligion«= 
J)^|ilofo))^ie)  namentlid^  :^üdEe,  geb.  1791.  gricbrid^  Sücfe,  feit  1827  ^ßrof.  ber  i^eologie  in 

65®öttingen,  feit  1832  Äonfiftorialrat,  ftanb  bamal«  auf  bem  §ijl^e})unf t  feiner  tl^eologifd^en 
SBirIfamfeit ;  er  toar  o^ne  eJ^age  bamalg  ber  bebeutenbfte  ber  bortigen  S^eologen.  ^irfc^e 
^örtc  gleich  in  feinem  erften  ©emefter  Sütfe«  35orlcfung  über  bie  go^anneifc^en  ©c^riften 
unb  tparb  aUmä^lic^  ein  begeifterter  ©c^üler  Sücfe«,  beni  er  balb  and)  ))erfönlic^  näl(;er 
ttat.    @r  nannte  ftd^  nod^^  in  feinem  ällter  mit  SSorliebe  einen  ©c^üler  Südte«,  tuie  benn 


^trfdie  143 

au(^  fiüdci^  SUb,  bic  bcfanntc  £it^09ral)^ie,  toenigftcng  toä^renb  §irfc^ed  §amburöer  g^t 
bejiänbiö  über  feinem  ©d^reibtifd^e  f)mQ,    ^n  ©öttingen  blieb  ^irjc^e  bi«  SKid^aeli«  1835, 
alfo  im  ganjen  fünf  ©emefler.    2)ie  größeren  gerien  brachte  er  too^I  immer  gu  §aufe 
ju.   atudS^  ben  aSinter  bon  1835  auf  1836  Verlebte  er  im  §aufe  feiner  (Sltem  §u  S3raim= 
fd^toeig ;   er  erteilte  l(|ier  ^ritjatunterrid^t,    toie  er  aud^  „fd^on  feit  bem  breije^nten  ^aÜ^t  s 
big  jum  aibgange  jur  UniDcrfität  au|erorbentlid^  öiel  unb  in  ben  mannigfoltigften  Segen« 
ftänben  unterrichtet"  ^atte,  unb  befd^äftigte  ftc^  namentlich  grünblid^er  mit  Äird^engefc^id^^te 
unb  Dogmatil.    6r  toünfc^te  bann,  toenn  irgenb  möglid^,  auf  längere  3^'*  ^^^  Serlin 
m  geilen,  „um  forttoäl(;renb  eine  tüiffenfd^aftlid^e  Anregung  gu  genießen,  bie  mir  jur  Se« 
förberung  meiner  ©tubien,  h>ie  id^  befonber«  biefen  Söinter  in  bem  leeren  Sraunfd^toeig  lo 
gefül^lt  tyibt,  nottoenbig  ift".  „Um  biefen  SBunfc^  aber  au^fül(|ren  ju  lönnen",  fo  fagt  er 
in  einem  ©d^reiben  an  &Mt  üom  7.  äl})ril  1836,  bem  auc^  feine  fc^on  angefül^rten  SBorte 
entnommen  fmb,   „fel&e  id^  mid^  burd^  meine  aSer^oltniffe  genötigt,   fobalb  ate  e^  ange^^t, 
ate  $au«lel^rer  in  äerlin  ein  Unterfommen  gu  fuc^en",  unb  er  bittet  £üdEe,  ü}m  gu  einer 
folt^en  ©teittung   ju  Der^elfen.    ©r  reifte  bann  (Snbe  älj)ril  1836   nad^  Serlin,   lonnte  i6 
^ier  aber  nur  bi«  ßnbe  ^ulx  bleiben,  ba  er  tro$  Südfe«  em|)fe^lungen  bie  erfe^nte  §au«s 
le^erfteHe  nic^t  fanb.    ©d^leiermac^er  (geft.  1834)  ^at  er  nid^t  mel^r  gehört ;  er  toar  auc^ 
f})äter  entfc^ieben  ber  SlnfiAt,  ba^  Sd^leicrmac^er^  Ideologie  auf  ü}n  leinen  6influ|  ge= 
l^abt  \)abt,  Qx  ^örte  brei  Kollegien,  unter  benen  ftd^  Srbmann«  ©efd^id^te  ber  5p^ilofoj)|ie 
befanbj  bie  anbercn  bciben  ftnb  nid^t  nac^toeißbar.    ^m  übrigen  bereitete  er  ftd^  auf  ba^20 
tij^eologifd^e  ßjamen  öor;  am  16.  ^uni  fc^rieb  er  feinen  „ßltem,  ba|  er  noc^  nie  fo  Diel 
unb  mit  fo  großem  (Srfolge  l;abe  arbeiten  tonnen".    3lm  1.  Sluguft  1836  toar  er  toieber 
in  Sraunfc^toeig ;    toal^rfd^cinlic^  burt^  ben  ©influ^  §enle^,  ber  je^t  Äonfxftorialrat  in 
SBolfenbüttel  toar  (togl.  S3b  VII  ®.  678,  8),  tourbe   er  befonber^  fd^neU  gum  gjamen  gu« 
aelaffen;   fc^on  am  4.  9?oöember  1836  beftanb  er  bie  fog.   „Vorläufige  t^eologifc^e  ^rü^as 
fung",   b.  ff,  bag  erftc  ßjamen,   in  SBolfenbüttel.    ^m  Söinter  1838   auf  1839  toor  er 
bei  äbol})^e  SKonob  in  SBJontauban;  er  unterrichtete  l^icr  in  einer  Änabenj)enfion  im  Sa« 
teinifd^en  unb  2)eutfc^en.    2lm  7.  Sluguft  1840  beftanb  er   in  SSJolfenbüttel  ba«  t^eolo« 
gifc^  „Jg)au))tejamen",   „too^l  unb  in  toiffenfc^aftlid^er  ^inftd^t  infonber^eit  mit  Slu^geic^s 
nung",  toorauf  am   5.  SJoDember  1840   bie  Prüfung  ate  Äanbibat  be^  ^ö^eren  ©d^ul«  ao 
amte«  folgte.    3)ie  erfte  amtliche  ©teDung,   bie  bem   jungen  Äanbibaten  gu  teil  tourbe, 
taKtr  bie  eine^  fiel^rerö  an  ber    erften  Änabenllaffe  ber  neu    errid^teten  35ürgerfc^ule  gu 
^olgminben;  bie  2Bal^l  erfolgte  am  20.Dftober  1841.  5Wit  biefer  ©teile  toar  bie  38er))fli^s 
tung  Derbunben,   alle  ad^t  ^od^en  gu  ^olgminben   ober  gu  älltenborf  gu  ))rebigen ;    bo^ 
®ebalt  betrug  250  I^aler.    2lm   13.  Dftobcr  1846  toarb  $.   gum  britten  ^rebiger  ju  86 
©t  SKarien  in  D^nabrüd  getoäl^lt.    3U^   ber  SKagiftrat  beim   geiftlid^en  SKinifterium  m 
^annober  bie  Seftätigung  ber  SSai^l  nac^jud^te,  legte  er  gugleic^  eine  Eingabe  Don  t^ielen 
(an  ^unbert)  a^tbaren  bürgern  bor,  toelc^e  bie  Seftätigung  gu  berfagen  beantragten ;   fte 
Ratten  Slnftofe  an  feiner  ffia^lprebigt  genommen,    ^a  ba«  ©tabtf onfiftorium  in  Dönabrüd 
an  ber  ©ac^>e  felbft  bet^eiligt  toar,  übertrug  ber  Äönig  bon  §annobcr  bie  Unterfud^ung  40 
bem  ^annöberifd^en  Äonfiftorium,   auf  beffcu  S5eric^t  bin  bann  ber  Äönig  bie  Seftätigung 
t>erfagte.  5Rac^bem  biefe  ßntfc^cibung  burc^  ein  3Jiiniftcrialrcffri})t  bom  17.  3)egember  1847 
bem  SKagiftrat  gu  Dönabrücf  mitgeteilt   toax,    toanbten   fi^   337  5Kitglieber  ber  bortigen 
©t.  Äat]((arinengemeinbe  am  24.  Januar  1848  an  ben  SQiagiftrat,  er  möge  bei  bemÄönige 
um  ^.^  Seftätigung   })ctitionieren.    Der  Wagiftrat  folgte  biefer  Slufforberung,   unb   ber  45 
ingtoifd^en  an  ©teDe   bed  ©rafen  bon  333ebel   gum  Äultu^minifter  ernannte   Dr.  S3raun 
ft^lug  bem  Äönige  bie  Seftätigung  bor,  bie  benn  auc^  am  27.  3Kärj  1848  erfolgte.    ®d 
loar  biefe«  bie  erfte  3:^at  be«  neuen  Äultu^minifter^,   bic  bon  ben  liberalen  Parteien  al^ 
eine  offigielle  2lnerfennung  be^  SRationaliömu^  in  ber  ^annöberifd^en  Sanbe^firc^e  bweic^net 
tourbe.    §irfd^e  tourbe  barauf  bom  ©enat  gu  O^nabrücf  am  9.  3Wai  1848,  19  Monate  w 
nad^  feiner  SBal^l,    berufen  unb  trat  fein  3lmt  bort  balb  barauf  an;    er  tooDte  übrigeng 
fc^ion  bamate  nid^t  gern  fo  einfad^   für    einen  Siationaliften  gelten  unb  Ivar   iebentaflg 
\pattx  aui)  felbft  ber  Slnfic^t,   baft  bie  beanftanbeten  ©teDcn   in  feiner  2Ba^l))rebigt  un* 
borfic^tige  Siu^erungen  entl^alten  Ratten,    ^m  SKärg  1855   tourbe   er  gum  3)ireftor  ber 
Sürger-  unb  §reifc^ulen,  ber  ffiaifenl^aug'  unb  ©amifon^fc^ule  unb  be«  ©d^ulle^rerfeminar«  66 
in  SJolfenbüttel  ertoäl^lt  unb  fobann  am   31.  S^nw^^  1858  in  Stnerlennung  feiner  SSer^ 
btenfte  um  ha^  ©d^ulmefen    gum  ©eiftlidf^en  diät  am   ^ergogltc^en  Äonfiftorium  ernannt. 
3)oc$  ging  er  ni6t  ungern  toicbcr   in  ein  geiftlic^e«  2lmt  gurüd.    3tm  15.  gebruar  1863 
toarb  er  atö  5Rad^f olger  bon  6äfar  SBill^.  Sllcj.  ftraufe  (geft.  ben  12.  3iuli  1862  in  S3ab 
^omburg)  gum  ^aui)tt)aftor  gu  ©t.  9ticolai  in  Hamburg  getuä^lt.    (£r  trat  biefe^  3lmt  60 


144  ^itrff^c 

im  '^nni  1863  an  unb  iüirtte  in  i^m  nod;  langer  aU  28  ^af)x^.  ^fe  .^auptpaftor  imx 
er  gugleic^  5Kitölieb  bed  ©c^olarc^atc^  unb  fonnte  fo  feine  ©rfal^rungen  auf  bcm  ©ebtete 
be^  ©c^ultoefen^  bermerten.  Sei  ber  Umgeftaltung  be^  ©cf;ultoefen^,  namentlich  be^  SSoIfe- 
fd^ulmefen^  in  Hamburg,  ift  er  bann  in  ^erborragenber  Süeife  tf^ätig  gctoefen;  er  tüurbe 
6  bei  ber  ©infe^ung  ber  neuen  Dberfc^ulbef^örbe  im  ^l^^re  1871  3)iitglieb  berfelben.  Um 
bicfelbe  3^^^^  ^^^^  «^  öud^  in  ben  Äirc^enrat  getoä^lt.  '^n  beiben  Stellungen  üerblieb  er 
fo  lange,  aU  er  amtlich  tJiätig  tüar,  b.  1^.  biö  jum  Sc^lugi  be^  ^a\}xt^  1891.  Ulm  8.  Cf= 
tober  1879  iparb  er  bom  Kir4>enrat  jum  ©enior  3Jtinifterii  ern)ä^lt;  al^  folc^er  h)ar  er 
35orfi^enber  beö  3Kinifteriumg  (b.  f),  ber  Stabtgeiftlic^teit)    unb  Der  ÄoDegien   ber  £anb= 

10  geiftlid^en.  (Sr  erfreute  fid^  in  feinen  üerfd^iebenen  Stellungen  unb  Ämtern  einer  großen 
Seliebtl^eit,  namentlich  in  ben  bürgerlid^en  Streifen,  aber  auc^  bei  feinen  ÄoUegen,  maö 
eine  ^olge  feiner  5Kilbe  unb  feinet  ernften  Semül^enö,  nur  toon  fac^lid^en  ©efic^t^puntten 
fid^  leiten  ju  faffen,  toar.  Slnfang^  h)ar  er  in  Hamburg  ÜKitglieb  beö  ^^{roteftantenüerein^ ; 
ol^  er  aber  ©enior  tourbe,  trat   er  au^  bicfem  3Jercin  au<§,   um   auc^  ben  ©c^ein  einer 

16  3Soreingenommenl^eit  feinen  ÄoUegen  })ofitiüer  SRic^tung  gegenüber  gu  bermeiben.  ©eine  biel= 
foc^en  omtlic^en  Sefc^äftigungen  liefen  i^m  aber  noc^  ^tii  ju  toiffenfd^aftlicl^en  arbeiten. 
6^  fmb  ^ier  befonberg  ^erbor^ul^eben  feine  Unterfuc^ungen  über  2^oma^  bon  Äemj^en 
unb  beffen  Sucher  „l)on  ber  9Jac^folge  6^)rifti".  2)iefen  ©tubicn  ^at  ^irfc^e  einen  großen 
2^eil  feiner  ^Ät  unb  Äraft  getoibmet;    i^re  Slnfänge  fallen    in  bie    erften  ^aj^re    feinet 

ao  äufent^alte^  in  «Hamburg ;  er  l^at  bann  fo  lange,  al^  er  arbeiten  lonnte,  nic^t  toieber 
bon  i^nen  gelaffen.  Q^  tarn  ü}m  babei  ^au))tfäc^lic^  auf  jmeicrlei  an :  er  tooHte  ba^  SBerf 
„bon  ber  9Iac^folge  ß^rifti"  genou  in  feiner  urfj)rünglic^en  (Seftalt  ^erau^eben,  unb  er 
tüoDte  ben  SeioeiiS  bafür  erbringen,  ba^  2^oma^  ber  SSerfaRer  be^  SBerfe^  fei ;  bie  Sö^ 
fung  beiber  Slufgaben  griff  üielfac^  in  einanber  über,  unb  gcrabe  ba^  öerlic^  ben  @rgeb- 

26  niffen  feiner  ©tubien  i^re  überjeugenbe  Äraft.  3Jian  toirb  fagen  bürfen,  bo^  '\l}m,  ob- 
too^l  er  feine  arbeiten  nid^t  DoUenbet  ^at  ober,  ri^tiger  gefagt,  ben  2lbfcl)lufe  berfelben 
nid^t  rm^x  jum  2)rucf  au^carbeitet  i:}at,  beibeiS  gelungen  ift.  ^n  ben  ^al}xm  1866  unb 
1867  reifte  er  nac^  Selgien,  um  in  Srüffel  unb  an  anberen  Drten  bie  33ibliot^efen  für 
feine  ©tubien  ju  burd^forfc^en.    Die   freunblid^e  2lufna^me,   bie   ü^m   bon  ben  bortigen 

30  ©ele^rten,  namentlich  »on  bem  Äonferbator  an  ber  fönigl.  Sibliot^ef  ju  Trüffel,  ß^arle« 
SRuelen^,  ju  leil  iourbe,  tou^te  er  nic^t  genug  ju  rühmen,  ^n  Srüffel  lernte  er  ein 
äutogra^)^  ber  Imitatio  bon  i^omaö  au^  bem  3;al^re  1441  fennen;  an^  i^m  erfa^  er 
bie  urf))rünglidf)e  ©eftalt  he6  SBerfe^,  bie  bie  §erau^eber  M  SBerfe^  biö^er  überfe^en 
f)atUn,  üor  allem,  bafe  fidf;  in  i^m  3teime  unb  Sl^t^t^mu^  fonben.    S)iefe  (Sntbecfung  t)er- 

36  anlaste  i^n  gur  2)urd^forfd^ung  ber  übrigen  ©c^riften  be^  3:l)omaö  unb  ber  ganjen  ber= 
toonbten  Sitteratur,  toa^  aUerbing^  feinen  arbeiten  einen  üor^er  ungeal^nten  Umfang  gab, 
aber  fic^  jur  Söfung  ber  gefteHten  2lufgabe  al^  uncrlä^id^  ertoie^.  SSon  biefen  ©tubien 
unb  il^rem  ßrgebniffe  berichtete  er  fobann  juerft  im  l.Sanbe  ber  „^rolegomena  ju  einer 
neuen  3tu^abe   ber  Imitatio  Christi  nac^  bem  Slutograt)l^  be^  ä^oma^  üon  Äcm})en", 

4oS3erlin  1873  bei  (Sari  §ebel,  unb  in  bemfelben  Verlage  erfc^ien  im  ^«^re  1874  bie  neue 
äiu^abe  felbft.  (^^  folgte  fobann  fein  Slrtifel  über  bie  „Srüber  be^  gemeinfamen  Seben^" 
im  2.  »anbe  ber  ^3l(£-  1878.  Dbfc^on  biefer  3lrtifel  für  bie  StealencVtlopäbie  üiel  ^u 
aro^  toar,  er  umfaßt  mehr  al^  fünf  33ogen,  —  ba  §irfc^c  bie  einzelnen  Sogen  feinet 
^onuffript^  crft  toä^renb  be^  2)rucfe^  lieferte,    iuar  ^^litt  i^m    gegenüber   mad^tloö  unb 

46  mu^te  bructen  laffen,  toa^  fam,  bamit  ber  3)rucf  nur  überl^aupt  ni^t  gänjlic^  ftocfte,  — 
fo  toar  er  boc^  in^altlid^  l)on  großer  Scbeutung ;  unb  für  »'pirfc^e  ioar  c^  gut,  ba^  er, 
tüeil  er  bodf;  nun  ben  l)erf>)rod^enen  X^lrtifel  liefern  mufete,  ge^toungen  toarb,  biefe  ©tu- 
bien, bie  für  feine  arbeiten  bon  3:^oma^  nur  Vorbereitung  unb  ©runblage  maren,  einmol 
abjufc^liefeen.    (£r  l^at  l^ier  ^um  erften  3)lal  in  2)eutfd^lanb  eine  toirtlic^  au^  ben  Quellen 

60  gearbeitete  unb  jugleid^  bie  neueften  nieberldnbifc^en  arbeiten  benu^enbe  ®efd^ic^te  biefer 
für  ba^  iJerftänbni^  be^  firc^lid^en  Seben^S  im  auege^enben  SJiäl  fo  tüic^tigen  ßrfd^einung 
geliefert,  unb  e^  ift  ioobl  ju  berfte^en,  bafe  biefer  ärtifel  für  üiele  toerttjollcr  ift,  al^  feine 
einge^enben  St^omaeftubien,  beren  Stefultat  gtoar  jebem  toic^^tig  ift,  benen  aber  in^  Gin= 
jelne  gu  folgen  nicl^t  jeber  5Jeigung  unb  3*-'^^  W-  %^^  ^i^<^c  toarb  biefe  2lrbeit  boburc^ 

66  befonber^  tuic^tig,  bafe  fie  ihn  üöUig  babon  überjeugte,  ba^  bie  33rüber  be^  gemeinfamen 
Sebeng  nic^t  im  eigentlichen  ©inne  iJorldufer  ber  Steformation  feien  (bgl.  5ß9l6-  II, 
©.  759  f.);  c^  toax  ba^  für  feine  Beurteilung  beöXl^oma^  unb  für  feine  eigene  t^eologifc^e 
Stellung  bon  großer  Öebeutung.  2)en  Jortfc^ritt  feiner  arbeiten  am  3:^oma^  ^emmte 
jtoeierlei:    einmal  toarb  ber  Umfang  feiner  amtlid^en  arbeiten  fel^r  erhjeitert,   afö  er  im 

eo  ^<ii)xc  1879  ©enior  hjurbe  (»gl.  oben) ;  fobann  ober  fteHte  fic^  um  biefe  3^'*  fd^on  ba« 


^trff^e  ^irff^et  145 

äu^cnfcibcn ,  eine  ^olge  feiner  cingel^enben  Sefd^äftigung  mit  Dielen  äu^crft  Hein  fles 
fd^nebcnen  SKanuffnpten  (ööI.  bie  ©ci^riftt)roben  am  6nbe  bed  2.  S5anbe^  ber  ^Pro^ 
legomeno),  bei  i^m  ein,  baö,  n)enn  eö  auc^  too^I  einmal  gu  tüeid^en  fc^ien,  il^n  boc^  nie 
toieber  öerlaflen  i)at  unb  i^n  aCmä^Iid^  faft  DöDig  blinb  toerben  (ie^.  @r  l}at  biefeö 
fd^toere  Seiben,  ba^  i^n  bei  feiner  Seb^aftigfeit  gang  befonber«  ^art  traf,  mit  ^riftlic^er  6 
©ebulb  getragen;  junäd^ft  lonnte  er  ja  and)  nod^,  toenn  auc^>  mit  üielen  Unterbrechungen, 
feine  Slrbeiten  fortfe^en.  6ine  gro^e  ^i^eube  hjar  ^  i^m,  ba^  i^n  in  Slnerfennung  ber^ 
felben  am  15.  Stuguft  1881  bie  t^eolcgifd^e  ^afultöt  gu  (Sieben  honoris  causa  jum 
35oftor  ber  2;^eo(ogie  ernannte.  3m  ^ö^re  1883  (bie  aSorrebe  ift  toom  13.  Dejember 
1882)  erfc^ien  ber  2.  93anb  ber  ^rolegomena  mit  bem  5Webentitel  „Äritifc^seEegetifd^e  Q\n=  lo 
leitung  in  bie  SBerle  beö  3^oma^  t>on  Äemjjen" ;  toö^renb  be^  2)rurfed  biefe^  Sanbed 
tourben  auc^  fd^on  bie  erften  Sogen  be^  3. 33anbe^  gebrurft,  in  iuelc^em  §irfdf)e  auf  ®runb 
ber  früheren  Unterfuc^ungen  ben  inneren  unb  ben  äußeren  Setoei^  bafür  bringen  tüoUte, 
ba|  %\)oma^  ber  SJerfaffer  ber  Imitatio  fei.  2lbcr  er  fonnte  bie  älrbeit  nic^t  DoHenben. 
©ein  Slugenleiben  na^m  fo  ju,  ba|  er  jule^t  nur  noc^  mit  §Ufe  frember  2lugen  arbeiten  i6 
lonnte.  Unter  großer  Seteihgung  feierte  er  am  15.  gebruar  1888  fein  Hamburger  2lmt^5 
Jubiläum.  6r  l^at  bann  noc^  eine  j^eite  2luf(age  feiner  2lu^abe  be^  X'l^oma^  (Dftober 
1890)  beforgt.  3"^^  Derfu^te  er  feiner  jtoeiten  grau,  bie  i^m  in  feinen  legten  2eben^ 
jähren  in  jeber  §infic^t,  au4  bei  feinen  arbeiten,  eine  treue  unb  nie  ermübenbe  §ilfe 
toax,  eine  beutfdE^e  Überfe^ung  ber  Imitatio  gu  biftieren  unb  lain  barin  bi^  gum  @c|lu^  ao 
be«  fog.  erften  Suc^eiS,  ba^  er  im  Urtejt  faft  toörtlic^  au^toenbig  tou^te ;  ba  fonnte  er 
nic^t  me^r.  Segen  ßnbe  be^  ^af^xti  1891  legte  er  auf  ben  1.3Änwö^lö92  feine  Sämter 
nieber.  6r  i)ai  bann  noc^  einige  SKonate  auf  feinem  Sanb^aufe  gelebt.  3lm  14.  ^ulx 
raubte  i^m  ein  Sdf^lagflu^  bie  ©})rac^e;  am  23.  S^^I^  1892  ift  er  rul(|ig  eingefc^lafen. 
äu^  erfter  6l^e  überlebten  il(in  gtoei  ©ö^ne  unb  eine  cai  ißrofcffor  §ermann  Sliegel  in  25 
Sraunfc^ioeig  oerl^eiratete  loc^ter.  —  2)en  fc^on  unter  feiner  3tuffic^t  öor  ge^n  3^^^^ 
gebrucften  Sogen  bed  britten  Seilet  feiner  ^rolegomena  ^at  ber  Unterzeichnete  biejenigen 
Slbfdjnitte  be^  2Berfc^,  bie  fidf;  in  §irfdf)e^  9tadS;lafe  brucffertig  ijorfanben,  fotoie  bie  oben 
ertpd^nte  Überfe^ung  be^  erften  Suc^e^  hinzugefügt  unb  ba^  ®ange  atö  3.  93anb  ber 
^Prolegomena  unter  bem  ©cparattitel  „(Srmei^  ber  Slutorfdf^aft  bed  3:^oma^  au^  bem  so 
gn^alte  unb  au^  ben  §anbfc^riften  ber  Imitatio",  Serlin  1894  l(;erau^egeben ;  l^ierburc^ 
^ot  bad  gro^e,  toeitläufig  angelegte  unb  eine  güHe  Don  ©})ejialunterfuc^ungen  entl^altenbe 
SBerf,  tüenigftenö  fotueit  alö  möglich  toar,  einen  2lbfc^lu^  erhalten;  tva€  §irfc^e  noc^> 
namentlich  über  einen  leil  ber  §anbfc^riften  ^injugufügen  ^atte,  ift  nic^t  fo  toejentlid^, 
ba|  ba^  üon  i^m  gewonnene  SRefultat  nic^t  auc^  o^ne  Vorlage  biefer  Unterfud^ungen  86 
bcutlic^  l^erauiSgeftellt  toäre ;  unb  infofem  barf  gefagt  Serben,  bafe  biefen  arbeiten  ^irfd^eig 
für  bie  S^oma^forfc^ung  eine  bteibenbe  33ebeutung  jufommt.  Gorl  IBert^eau. 

^irfi^er,  3  o  ^  a  n  n  S3  a  J3 1  i  ft ,  geft.  1865.  —  »gl.  ben  Ü^ichrolog  oou  3Kac!  in  X6Ü@ 
1866,  298 ff.;  Söeccft,  ©abifc^c  «iograp^ie,  I,  272 ff. 

3-  S3.  $irfd^er,  geboren  20.  3<^»^wöt  1788  gu  2lltergarten  bei  5Ral)en^burg  in  Dber=  40 
fd^toaben,  ftubicrte  in  greiburg  i.  Sr.  fatl^olifc^e  ^Ideologie,  tourbc  1812  ate  Stcjjetent  an 
bie  üon  ber  hjürttembergifc^en  Regierung  in  (SDitjangen  erridf^tete  t^eologifc^e  gafultät  be- 
rufen, 1817  am  oberen  GJ^mnafium  in  Slotttoeil  a.  9B.  unb  hierauf  im  gleid^en  g^^re 
an  ber  nad^  Tübingen  Verlegten  tl^eologifc^en  gafultät  ate  ^^Jrofeffor  ber  "Sloral  unb 
^aftoralti^eologie  angcftcUt,  1837  alö  ^rofeffor  nac^  grciburg  für  Ü)toral  unb  3(eligion^=  45 
Ic^c  berufen,  1839  gum  i)omtapitutar,  1850  gum  2)ombefan  bafelbft  ernannt.  Die  ^ro^ 
feffur  l^at  er  1863  niebergclegt  unb  ift  1865  geftorben. 

§irfc^er  l^at  in  3:übingen  1819  biel^D©  mitbegrünbet  unb  toar  eifriger  5Ritarbeiter 
an  berfelben.  ©eine  ©d^riften  gel^ören  öorgüglic^  bem  ©ebiete  ber  SKoral,  fobann  ber 
j>taftifc^en  Ideologie  an,  aufecrbem  ift  er  in  3«^^f^<i0ci^  mc^rfad^  öffentlid;  aufgetreten,  ßo 
©eine  d^riftlid^e  SDioral  ate  &l;re  öon  ber  aSermirtlic^ung  be^  göttlid^en  Steid^^  in  ber 
üKenfd^l(;eit  ift  guerft  1835  erfd^ienen,  bie  Sated^etit  ober  ber  33eruf  bei^  ©eelforger^,  bie 
i^  anvertraute  S^g^nb  im  ß^riftentum  gu  unterrid^ten  unb  ergießen,  guerft  1831.  S3eis 
träge  gur  §omiletif  unb  Äatec^ctit  1852.  ^n  bie  })raftifc^e  S^eologie  gehören  feine  „Se« 
tra^tungen  über  bie  ßbangelien  ber  ^Jaften"  guerft  1829,  über  bie  fonntäglic^en  ©»an-  66 
gelien  feit  1837,  über  bie  e>)ifteln  feit  1860.  S)ie  ®cfc^icl)te  gcfu  1839.  a)ag  Seben 
3Rariä  1854.  2)ie  §auptftücfc  beö  d{;riftlic^en  ©lauben^  1857.  9lu^  anberen  ©ebieten 
mag  noc^  ertoäl^nt  ioerben :  Missae  genuinam  notionem  eruere  ejusque  celebrandae 
rectam  methodum  monstrare  tentavit  etc.  1821.   Über  bad  ä^erl;ältni^  be^  (^oan- 

mtaUf^ctttlopühit  für  ZfftoloQic  unb  Stir^e.   3.  9(.  Vlll.  IQ 


146  $M<^er  ^irttitftab 

geliumg  gur  tlj^eofogtfcl^cn  ©c^oloftil  bcr  neucftcn  ^cit  im  fat^oKfd^en  ©eutfcfjlanb 
1823.  Slnftd^ten  bon  bem  3iu6iläum  unb  unmaßgebliche  Slnbeutungen  gu  einer  gtoedf= 
mäßigen  geier  bc^felben  1826,  umgearbeitet:  bie  fatl(;oIifc^e  Seigre  l)om  2lblaß,  })ragmatif(f) 
bi\)anMt,  1829. 

6  3«  ^^  5Kora(  unb  ))raltifcl^en  X^eologie,  toie  über^au))t  in  ber  ©efamtauffaffung 
gel^ört  er  im  Weiteren  ©inne  ber  Sailerif(|en  Sd^ule  ju.  6r  l^atte  einen  feinen  (Seift 
unb  ein  toarme«  ^erj  für  bie  Sad^e  beö  ß^riftentum«  unb  fa^  im  SReid^e  Sottet  bie 
ebelfte  SKenfd^enbilbung.  3Bag  an  ftrenger  toiffenfc^aftlic^er  3Jlet^obe  toermißt  toerben 
fann,  ift  reic^lid^  erfe^t  burd^  bie  ^bealität  unb  l^umane  Slid^tung  beiS  gangen  Strebend. 

10  ©eine  ibeale  2luffaffung  bed  Äot^olici^mu^  unb  ber  emfte  SBunfc^  einer  religiöfen  9legenc= 
ration  führte  il^n  \d)on  in  ben  ghjanjiger  unb  breißiger  S^^ren  mit  ber  fübbeutjd^en  Ia= 
tl(|oIifd^en  9leform})artei  jufammen.  Sber  e«  geigte  fi^  überall,  baß  er  Äonf ertjatiüer  h)ar ; 
bei  allem  ))raftifc^em  Drange  toar  er  bod^  gu  ariftofratifd^  unb  äft^etifd^  angelegt  unb 
fd^eute  bie  Äonfequengen   alfer  einfd^neibenben  ^Reformen.    ®o(^  ^atte   er  eine  ©tellung 

16  eingenommen,  toeld^e  bie  Äurie  toeranfaßte,  bie  Seftätigung  gu  Dertoeigem,  afö  bie  toürttem^ 
bergifd^e  ^Regierung  il^n  gum  Äoabjutor  be«  Sifd^ofg  Don  Slottenburg  toünfdf^te. 

©d^on  bor  ber  SReboIution  bon  1848,  aber  toorgüglic^  burd^  biefe,  tourbe  |)irfdf)er  Ver- 
anlaßt, im  öffentlichen  Seben  aufgutreten,  teiU  mit  ber  geber,  teife  l^anbelnb  al^  5WitgIieb 
ber  babifd^en  Sanbe^toertretung.    §ierl^er  gehören  bie  (Erörterungen  über  bie  großen  reli= 

20  giöfen  gragcn  ber  ©egentüart,  1846,  1847,  1855,  ^Rottoenbigleit  einer  lebenbigen  Pflege 
beg  })ofttiüen  ß^riftentum^  in  allen  filaffen  ber  ©efeüfd^aft.  3)en  beutjd^en  Jlcgierungcn, 
junäc^ft  bem  beutfc^en  Parlamente  gur  ffiürbigung  borgelegt  1848,  unb  anbererfeit^  feine 
5Wotionen  in  ber  erften  Äammer  1848  unb  1850.  $irfc^er  toitt  bie  Säumer  ber  ^^\t 
mit  Sfleligion  belän^jfen,  bie  8eh)egung  ber  3^t  ift  i^m  ber  tüiDfommene  2lnlaß,  für  bie= 

26  felbe  einzutreten,  hinter  ber  ibealen  ^üDe  religiöfer  SBilbung  unb  (Srgie^ung  mit  i^ren 
tool^Itl^ätigen  folgen  für  ba^  gange  öffentlid^e  Seben  birgt  fid^  aber  aUerbing^  giemlidfj 
burc^fic^tig  bie  gorberung  einer  mieber^ergefteHten  ^errfc^aft  ber  Äird^e,  gu  toelcber  ber 
©taat  (reifen  foU.  2lber  §irfc^er  h)ar  nid^t  ber  3Jleinung,  baß  bie  Sirdf^e  o^ne  Sieform 
an   fid^    jelbft  bagu   gelangen  lönne.    6r  fc^rieb  1849 :    „2)ie    lirc^Ud^en  3wftänbe  ber 

80  ©egentoart".  2)ie  in  ben  beutfd^en  ©runbrec^ten  für  bie  Äird^e  ertüorbenen  ^eil^eiten 
fc^ienen  i^m  auc^  mit  großen  ©efa^ren  gu  bro^en,  toenn  eben  nid^t  aDe  Äräfte  ber  lird^= 
li^cn  ©efamt^eit  fic^  Dereinigen,  für  fie  eingufte^en.  ®agu  fottten  nun  öor  allem  2)iö' 
cefanjl^noben  tüirlen,  in  tüdd^en  ^riefter  unb  Saien  gur  Äird^enregierung  beigegogen 
toürben.    ^irfd^er  tüxü  bie  Äirc^e  ftärfen,  aber  er  toxü  fie  mit  ben  3RitteIn  ftärfen,  toelc^e 

86  bamate  im  3^i^9^^P  ^^Ö^"  •  5Re})räf entation,  ©elbftregierung.  3Bo  er  bann  bie  tjtagc 
oflenfaDfiger  SReformen  ber  Äirc^enorbnung  unb  be^  Äultug  be^anbelt,  gotteebienftli^e 
©})rac^e,  Seichte,  Slblaß,  §eiligenl)ere^rung  u.  a.,  ba  ift  er  gtüar  äußcrft  Dorftc^tig  unb 
fc^onenb,  bringt  aber  boc^  ber  Äfage  genug  öor  über  ba^  befte^enbe,  um  toeiter  ^inau^ 
gu  leiten,    ^irjc^er^  ©df^rift  fam  ba^er  auf  ben  römifd^en  3"^^#   ""^   ^  f^'^ff  ^^^  f^^ 

40  unterworfen,  äußerbem  l)at  er  aber  im  folgenben  beutfd^en  unb  babifc^en  Jtirc^enftreit 
bie  fogenannte  f^ei^eit  ber  Äirc^e  in  ber  belannten  SBeife  mittoertreten,  fo  in  ber  ©c^rift  : 
gur  Orientierung  über  ben  bergeitigen  Äird^enftreit,  1854.  ©eine  eblen  ©efmnungen  ^aben 
ju^  bamit  nidf^t  geänbert,  er  Vertrat  nur  feine  eigene  anfielt,  man  lann  audf;  fagen,  feine 
§a(bl^eit.  g^benfaH«  toar  er  in  ber  (enteren  immer  guten  ©lauben«.    (S.  Söeiafocfct  f, 

46         ^ivi,  bcr  gute  f.  (Sl^riftu^bilber  Sb  IV  ©.  73,i9ff. 

Ritten  bei  ben  Hebräern  f.  Siel(;guc^t  bei  ben  Hebräern. 

^irtcnbricf  ift  ein  öffentlid^e«  (©enbs)©c^reiben,  tüelc^e^  feiten^  eine«  Sifc^ofö  an 
bie  Säten  ober  ben  ßleru^  feiner  2)iöcefe  ober  an  beibe  gemeinjc^aftlic^  erlaffen  ioirb,  jo= 
fern  er  bie^  für  notmenbig  ober  auc^  nur   angemcffen  erachtet,  um   bie  erfteren   über 

60  ©laubenötüa^r^eiten  ober  il^re  religiöfen  ^flid^ten  gu  belehren,  fie  Vor  ®efal(;ren  gu  bc= 
tüa^ren  ober  t^nen  3?erF?aItung^maßregeIn  bei  befonberen  änläffen  gu  geben  ober  i^nen 
3:roft  gu  fjjenben,  bem  Ic^teren  Slntoeifungen  über  baö  priefterlicf^e  unb  feelforgerlic^e  3}er= 
galten,  über  feine  ^flic^ten,  über  bie  3?ertoaltung  be^  ©otte^bienfte^  gu  erteilen,  ©olc^e 
Hirtenbriefe  toerben  aud^  in  regelmäßiger  9Bieberfe^r  gu  beftimmten   firc^Iic^en  3^^^^"/   W 

66  namentlich  gu  Seginn  ber  gaftengeit  (fog.  gaftenmanbate)  erlaffen.         ¥•  ^infc^iuSt» 

^irtcuftab  f.  Äleiber  unb  S^fißi^i^Wf  geiftlid^e. 


^idtia  147 

tiöKa,  Äöntg  Don  3uba.  —  2  Äg  18-20;  3ef  36-39;  2  df^x  29-32.  -  %I. 
.259  3. 2-7  angeführten  ^crfc:  Äö^Tcr,  11,2.  ©.429-450;  ©tobe,  1,6.606-624; 
Äittcl.  n,  @.  301-314;  ^Bett^aufen,  6.  85-88.  91;  ^mdcx,  II,  ©.  320f.  351—366; 
iRcQcr,  1,6.433.466— 469.567;  ferner  SBcttfiaufcn  in  ©leef,  ©inl.  in«  91X*.  1878,  ©.254 f.; 
ftucnen,  ©oböbienft  Dan  ^hxad,  1,  ©.  86-88;  Dieuft,  ®ef4.  bcr  beil.  ©Triften  §IX.  1883,  6 
©.  329 ff.;  aWein^oIb,  3).  Sefajaeriö^lungen  3ef  36—39,  ©öttingen  1898. 

^mxa,  i^^pTH,  3cf  36,  1  u.  ö.  2  %  18,  9.  13.  17  ff.;  19,  1  ff.;  20,  1  ff.;  1  G^r  3, 
13  u.  ö.;  ^:P.n  2  Äg  18,  1.  14—16,  in'jpm:,  2  Äg  20,  10;  ^ef  1,  l;  ^er  15,  4; 
1  6^r  4,  41  u.  ö.,  n^ptn^,  §of  1,  1;  üJli  1  1;  aff^r.  Hazakija'u;  'ECexiag,  Vulg. 
Ezechias,  ein  So^n  bc^  Sl^a^,  i}at  nac^  früherer  Sered^nung '  727—696,  nad)  Rödler  lo 
724  —  696,  nac^  SJuncfer  728—697,  nad^  SBcDj^aufcn,  Ram})^oufen,  3Rc^er,  ©tobe 
714—686  regiert.  2)ie  Sc^toierigleit  ber  g^^'^^f^wimung  befte^t  bartn,  ba|  in  ben 
Scrid^ten  be«  Äönig^buc^e^  über  ^i^Iia  jtoei  angaben  Dorfommen,  toclc^e  bie  ge^ 
nauefte  Serec^nung  julaffen,  ftt^  ober  miteinanber  nic^t  Vertragen.  Slämlid^  2  Äg  18, 10 
fkel^t,  bo^  im  6.  3^^^  §i^Kaö  Somalia  gefallen  fei,  toorau«  fxd)  ergiebt,  bafe  er  728  ben  15 
X^ron  beftiegen  \)at,  ^n  93.  13  aber  toirb  gefagt,  ba|  in  feinem  14.  ^ai)xt  Bani}mh 
nad)  ^nha  gefommen  fei.  5Run  fte^t  auf  ®runb  ber  leilfd^riftlid^en  5Rad^ri^ten  bollftänbig 
feft,  ba^  biefer  ^«9  ©an^erib«  701  ftattgefunben  \)at,  fobaft  fid^  bon  ^ier  au«  715  ate 
antnttöja^r  be«  ßi^Iia  ergiebt.  3)ie  Slngabe  in  2  Äg  18,  13  toirb  burc^  bie  ©rgä^fung 
Don  $i«Ka«  Ärani^eit  in  Äaj).  19  einigermaßen  beftätigt,  benn  bicfe  Gegebenheit  ift  m^  20 
19,  1,  DgL  33.  6,  um  biefelbe  3eit  gefd^e^en,  toie  ba«  in  Ä.  18 ;  19  erjä^ltc,  in  35.  6 
aber  toirb  bem  Äönige  eine  S3crlängcrung  feine«  Seben«  um  15  ^ai^xt  pgefagt,  tooburc^ 
toir,  ba  er  29  ga^re  regiert  l)at  (18,  2),  ebenfall«  auf  701  al«  fein  14.  ga^r  gefül^rt 
tocrben.  2)ie«  toirb  öon  SBea^aufen  (^bSC^  XX,  1875,  ©.  631  ff.),  (Sb.  3KeVer,  ftanH)= 
^ufen,  ©tabe  feftge^alten.  ®ie  angäbe  18, 9  f.,  toonac^  ©amaria  in  feinem  6.3«^^^  0^  as 
fallen  fein  foll,  toirb  babei  für  unrid^tig  angefe^en,  toa«  auc^  ol(;ne  ©c^tüierigfeit  ange= 
nommen  toerben  fann,  toeil  bie  ©^n^roniömen  ber  i«raelitifd^en  unb  jübifd^en  ®efd^ic$te 
nic^t  überliefert  toaren,  fonbem  nad^träglid^  bered^net  toorben  fmb.  ®ie  Bad)t  ift  freiließ 
unftc^er,  toeÜ  e«fein  fönnte,  baß  bie  ä^i^^ngabe  in  18,  13  nid^t  quettenmäßig  tüäre,  fons 
bem  nad^träglid^  auf  ®runb  baöon  an  ©teile  eine«  „3n  feinen  lagen"  getreten,  baß  bie  ao 
toegen  19,  1  in«  gleiche  3a^r  gefegte  ©efd^ic^te  19,  1—11  im  14.  ^a\)x  be«  5tönig« 
fpiät  ^od)  ift  bie  ^al)l  15  in  19, 6  bieDeid^t  umgefel^rt  erft  auf  ®runb  ber  ßcitangabe 
in  18,  13  au«  urf})rüng(id^er  10  l^ergefteDt,  f.  unten  ©.  151,  unb  e«  bleibt  aud^  be«l^alb 
tDo^d^einlid^,  baß  §i«fia  erft  nadf;  722  ben  2:^ron  beftiegen  l}at,  toeil  gtoifc^en  ^t\)u^ 
3^onbefteigung,  bie  toa^c^einlid^  842  ftattgefunben  l)at,  unb  bcr  3^ftörung  ©amarien«,  35 
722,  bie  jtoift^enge^örigen  3^itbeftimmungen  be«  Äönig«buc^e«,  bie  für  3uba  eine  ©umme 
toon  165,  für3^rael  bon  143\/n  3^^^^"  betragen,  nic^t  ^la§  finben,  unb  unter  ben  Sln^ 
na^en,  tooburd^  ber  9lu«glei(^  gelingt,  laum  bie  ju  entbehren  ift,  baß  2l^a«  le|te  unb 
§i«fia«  erfte  6  3^^^  ^i^^  ^^^^  i"  ^i«  ^eriobe  bor  722  gehören. 

$i«fia  h)or  bei  feinem  9legierung«antritt  nac^  2  Äg  18, 2  fünfunbjtoanjig  3^^^^^  oltf  40 
bo(^  fd^eint  ba  ein  Schreibfehler  tjorjuliegen  unb  er  erft  15  3^*'^'^^  ^^^  gctoefcn  m  fein, 
ol«  er  5tönig  toarb.  ®enn  fein  Sater  2l^a«  ftarb  nadf;  2  ffg  16,  2  im  Slltcr  t>on  :563abren, 
ober  fall«  er  20  ^af)xi  regiert  ^at  (nac^  Äamj)j[iaufen,  tjgl.  8b  I,  ©.  262  ^)  toierjigiä^rig, 
unb  i^i«fia«  ©ol^n  SKanaffe  ^at  29  '^ai)xt  fpäter  ben  2:i;ron  mit  12  '^al}xm  beftiegen, 
baß  aber  Sl^a«  bei  ber  ©eburt  be«  Il^ronf olger«  15,  §i«fia  42  3^^^^  ^^^  getocfen  fei,  45 
ift  beibe«  toenig  toa^rfd^einlidf).  .^i^lia  ift  einer  ber  tüdiligften  Könige  feine«  SSolfc«  ges 
toefen.  6r  befaß  2Bitlen«fraft  unb  3Rut,  toar  flug  unb  t^ätig,  auc^  mit  ©inn  für  geiftige 
©uter  begabt.  Dagu  geidf^neten  i^n  ®otte«furd^t  unb  ®ottt)ertrauen  au«.  2lußer  ^o[ia 
ift  er  ber  einjige  Äönig,  Don  toelc^em  ba«  Sönig«bu^  fagt,  baß  er  ganj  toie  ©atoib  ge« 
t^  l^ab^,  toa«  3^^^  too^lgeficl,  2  Äg  18,  3.  SBa«  il^n  öor  anberen  frommen  Königen  60 
toie  äfa  unb  3ofapl^at  au«3eid^nete,  toirb  in  35.  4  angegeben:  „Sr  fc^affte  bie  §ö^en 
ob,  er  jertrümmerte  bie  9Jialfteine,  er  ^ieb  bie  älfc^era  (ob  mit  ben  alten  Überfe^em 
ber  ?piural  ju  lefen  ober  bcr  ©ingular  be«  ^3M  beizubehalten  fei,  ift  jtocifell^aft)  um  unb 
er  jerf^lug  bie  el^eme  ©erlange,  bie  3Kofe  angefertigt  ^attc,  benn  bi«  bal^in  Ratten  bie 
3«raeliten  i^r  geräud^ert,  unb  man  nannte  fic  „ben  ©l^emen"  ('»"^r^^?)-  3)^  ®cbraudf)  55 
toon  mehreren  $erfeften,  bie  mit  „unb"  aneinanbcrgcreil^t  fmb,  crflärt  fid)  ^icr  au«  bem 
ß^arafter  be«  ©afee«  al«  einer  ätuf^äl^lung,  fo  baß  toir  barin  leinen  gcnügcnbcu  ®runb 
für  bie  Slnnai^me  finben,  nur  bie  Ic^te  biefer  2lu«fagcn  fei  urf))rünglid),  bie  üorl^crgc^cnben 
fpoter  jugefe^  hinfällig  finb  audf;  bie  fac^lid^cn  ®rünbe,  toclc^e  man  Dafür  gcltcnb  gc^ 
moc^t  pot.    ä)aß  Jpi«Iia  gegen  ben  §öl(ienbienft  eingefd^ritten  ift  unb  e«  burc^^ufc^cn  tocr^  eo 

10* 


148  ^ima 

fud^t  l)atf  ba^  blofe  beim  Icmpel  auf  3»on  D|>fcrbienft  ftattfänbC;  toirb  auf  ©runb  unfcrer 
©teile  im  3wfön^wi€n^olt  ^^^  3)?t  1, 5  um  fo  me^r  ju  Uijaxipttn  fein,  afö  g^f^^j^^  Q^W 
Slrt,  Don  3ö^h)^f  bem  einen  ^eiligen  ©ott  g^taelö  unb  öon  feinem  Heiligtum  auf  3^«>" 
JU  reben,  e^  außfd^Iie^t,  ba^  il^m  bie  Slltäre  au^er^alb  S^ujalem^  mit  ihren  Silbern  unb 

5  oft  ^alb^eibnifc^en  ©ebräuc^en  aU  richtige  S^^hj^^Itäre  gegolten  Ratten,  toenn  fid^  auc^ 
in  ben  un^  erhaltenen  Sieben  fein  SBort  Don  i^m  gegen  fie  finbet.  i^orau^efe^t  toirb 
bie  Sefeitigung  ber  §ö^enaltäre  burd^  §iöfia  and)  in  ber  folgenben  ßrjäl^Iung,  f.  18,  22, 
unb  toenn  biefe  aud^  nid^t  öon  einem  Slugenjeugen  gefd^rieben  ift,  fo  l^aben  boc^  i^re  an- 
gaben 2lnf))rud^  auf  Seac^tung.   SBa^rfcbeinlid^  genug  ift  eg  übrigen^,  bafe  bie  6ntftef;ung 

10  be^  2)euteronomium^  über  bie  3^^^  §i^tiaö  jurüctrei^t  unb  ba^  feine  ^orberung,  ba^  nur 
an  einem  l)on  ^ai)\v^  ertoä^Iten  Drte  geo))fert  toerbe,  bamafe  nid^t  juerft  aufgeftellt  Sor- 
ben ift  (ög(.  aud)  ©teuemagel,  bie  ©ntfte^ung  be^  beuteronomifc^en  ®efe$e^,  1896, 
©.  99  ff.).  6^  tüirb  bemnac^  richtig  fein  anjune^men,  ba^  ^iefia  bie  in  2  Äg  18,  4  i^m 
gugefdf^riebenen  3Ra^regeln  toirflid^  getroffen  f}al    3)a^  bebeutet,  ba|  er  ben  Suftu^  üon 

15  folc^en  Seftanbteilen  gu  fäubem  unternommen  ^ot,  toeld^e  er  aö  ber  redeten  ßrfenntniö 
unb  33erel^rung  S^^toe^,  beö  ^eiligen  übertoeltUc^en  ®otted  teite  jutoiber  (Slfdf^eren,  9le= 
d^ufd^tan)  teite  geföJ^lid^  (§öl^enaltäre  mit  i^ren  SKaffeben)  erfannte. 

S)ie  ^rage  ift  nun,  ob  §igfia  bie^  getrau  ^abe  im  Slnfang  feiner  Slegierung  ober 
erft  f|)äter.   3^"^  if*  t^i^  SKeinung  be^  35erfafferd  be«  Äönigöbud^e^  fotoie  be^  (S^roniften, 

20  toeld^er  eine  auöfü^rtid^e  Sc^ilberung  ber  Don  ^i^Iia  im  erften  in  jeine  Slegierung  faHenben 
5Rifan  Vorgenommenen  2;em})elreinigung  unb  einer  im  folgenben  SKonat  abgcl^altenen 
(9Jac^-)^affal^feier  giebt.  ^uc^  in  ber  ©an^eriberjöl^Iung  ift  18,  22  Dorau^efe^t,  baft 
^iefia^  Äultu^reformation  öor  bem  Slff^rereinfatt  ftattgefunben  l^ötte.  3Ilan  |at  freiließ 
gemeint,   ba^  fic^   bie  SHeform,  toeld^e  &\^tia  im  Sinne  3^äjo^  bun^gefül^rt  l^at,  „nur 

26  au^  ben  ßreigniffen  be^  ^^Ij^red  701,  toeld^c  bie  Sluffaffung  beiS  $ro})^eten  beftätigt  Ratten", 
„ungejtüungen"  erllöre  (©tabe,  ©efc^id^te,  I,  ©.  608).  SlHein  bad  fann  nic^t  jugegeben 
toerben.  ^m  ©egenteil  fe^t  bie  2lrt,  toie  §ii3lia  in  ber  9lot  fic^  an  ^z\a\a  anttammert, 
Vorauf,  ba^  er  fd^on  Voriger  i^m  folgfam  getoefen  tpar.  Slu^erbem  ift  e^  gemi^  toa^r- 
fd[>ein(ic^,   ba^  ber  Untergang   bei^  9leic^e^  ^^xaü  in  ^uba  eine  ©trömung  erzeugt  ^atte, 

30  bie  auf  Serbcfferung  ber  fittlic^-religiöfen  ^uftänbe  Einging,  bamit  man  ni(^t  toie  ^örael 
Don  ga^toe  Derlaffen  hjerbe,  unb  bafe  ber  junge  Äönig  gerne  barauf  einging. 

3)em  äBo^toerl^aften  §i^Iia^  gegen  ®ott  ffaUn  bann  aud^  bie  ©efc^icfe  feinet  2e= 
ben«  entfj3rod[>en.  S)a«  Äönig^buc^  fü^rt  2  Äg  18,  7  f.  ate  Setoeife  für  fein  ©lürf  an, 
bafe   er  ba^   aff^rij^e  ^od)  abgeworfen  unb   bie  ^^ilifter  gefc^Iagen  ^abe.    3)er  2lbfaU 

86  Don  Slffur  toar  aDerbing<«J  gegen  ^^öja^  'Siat  unb  SBillen  gefd^el^en  unb  l^atte  bie  fc^toerften 
SBebrängniffe  jur  ^Jolge,  aber  bie  fc^limmftc  ©efa^r  ging  glürflic^  Dorüber,  unb  toenn  audE> 
bie  Sage  '^v!ta^  nad^l^er  ben  gel^egten  Hoffnungen  gar  nic^t  entfprac^,  fo  toar  bod^  ein 
Iriumj)]^  be^  ©otte^reic^e^  erlebt  toorben  toie  nie  juöor. 

3)er  Slbfalf  Don  älffur  ^at  toal^rfc^einlid^  nac^  bem  705  erfolgten  getoaltfamen  2^obc 

40  ©argonö  ftattgefunben.  ältö  beffen  5Rad^foIger  ©an^erib  fogleid^  burd^  einen  neuen  iJerfuc^ 
5Ulerobac^baIabang,  fid^  gum  §erm  33abete  ju  machen,  in  3lnf|)ru(^  genommen  toar,  regte 
[xd)  and)  im  Söeften  ber  grei^eitgtrieb  ber  ^^ölfer  toieber.  äu^  ber  2  Äg  20, 12—19  er= 
iäl}ltcn  ©efc^id^te  ift  toof^l  ju  entnehmen,  ba^  3Ilerobadf)ba(aban  ©efanbte  gefc^irft  ^atte, 
um  fie  jur  älbfc^üttelung  be^  aff^rifc^en  ^od}t^  amutreiben.    3)enn  ba^  bie  babt^Ionifd^en 

46  ©efanbten  ju  §iefia  gefommen  feien,  um  il^m  ©lücfmünfd^e  jur  ©enefung  nac^  ber 
fc^meren  Äranf^eit  gu  bringen,  toirb  man  fic^  tool^l  erft  jpäter  gebac^t  ^aben,  al^  ber 
toa^re  ©ac^Der^alt  Dergeffen  War.  SBenn  bann  erjäl^lt  toirb,  ba|  ^^\aia  bamate  bem 
§i^fia  gctoeiefagt  l)aU,  bie  Sc^ä^e,  Welche  er  ben  Söab^Ioniern  gegeigt  l^atte,  mürben  einft 
nac^  Sabel  fortgefd5>le})})t  toerben,  fo  bürfen  h)ir  barin  bie  richtige  ©rinnerung  finben,  ba^ 

60  ber  ^}}ro>)^et  burc^  eine  bro^enbe  SBeiefagung  bie  burc^  ben  S3efuc^  ber  Sab^lonier  unb 
bie  Don  \i)mn  eröffnete  älu^fid^t  auf  bie  Sföiebererringung  feiner  DoHen  ©clbftftänbigfeit  in 
$i^fia  ertüedfte  ftolje  ©timmung  gebäm})ft  l}at  SBörtlidf;  fo,  toie  e^  \päUx  txiä^t  toarb, 
fann  ^^\a\a  md)t  toobi  gefjjroc^en  {^aben,  benn  nac^  ber  Sranbfc^a^ung  burc^  ©an^erib, 
2  Äg  18,  14—16  t^at  ^istia  feine  Don  feinen  2Jätem  angel^äufte  ©c^ä^e  me^r  ju  jeigen 

66  gel^abt,  Dörfer  aber  ^dtte  ^i\a\a  fe^r  falfc^  angefünbigt,  ba^  biefelben  nac^  S5abel  toeg^ 
geführt  toerben  foUten,  ba  i^nen  bie  SÖäegfüi^rung  na^  -JttmDe  beDorftanb.  ffiol^l  aber 
fann  feftge^alten  toerben,  ba^  Sl^f^i^  ^^^  biefem  Slnlafe  überl^au))t  getoei^fagt  ^abe,  ba^ 
Sabel,  toenn  ^  fünftig  einmal  gur  2Beltmac^t  erftarft  fein  toürbe,  fic^  für  ^n\>a  ti)o= 
mögli^   noc^  gefäl;rlicf>er  ertoeifen  mü^te  al^  jc^t  Slffur.    ®ie  fd^arf  S^f^^i^   ^^^   2lufs 

eo  lelj^nung  gegen  bie  aff^rifc^e  Dber^errfc^aft  befäm^ft  ^at,  fe^en  toir  au^  ben  un^  erhaltenen 


^ima  149 

Sieben,  3ef  14,  29—32  unb  S.  29—32.  §töfia  mag  anfang«  gefc^toanft  l^aben,  aber 
am  enbe  Itc^  er  fid)  bon  feinen  ©ro^en  jum  2lnfcl^(u^  an  ben  2lufftanb  bcr  Slac^bats 
toölfer  beftimmen.  6r  fd^eint  fogar  l^ertjorragenben  änteil  baran  genommen  m  l)abm, 
benn  ber  toegen  feiner  ireue  gegen  ben  ©ro^önig  abgefegte  Äönig  $abi.  toon  ©fron  toarb 
i^  in  ©etoo^rfam  gegeben.  2lu(f)  fd^eint  er  bie  aSerl^anblungen  mit  liggpim  befonber«  5 
eifrig  betrieben  ju  ^aben,  bgt.  3i^f  30;  31. 

3laci^bem  San^erib  ben  5Kerobad)baIaban  niebergetoorfen  ^atte,  gog  er  701  au«,  um 
feine  ^errfd^aft  om  5KitteImeer  lieber  gu  begrünben.  SBir  beft^en  über  ba«,  toaö  gtüifd^en 
i^m  unb  §i«!io  bamate  borgegangen  ift,  jtoeierlei  9Jad^rid^ten:  1.  bie  biblifc^en  in  2  Äg 
18,  13—19,  37  Qef  36;  37),  2.  bie  aff^rifc^en  in  ber  ^ri^mainfd^rift  (unb  einer  anbem  lo 
im  toefentlid^en  gleid^lautenben)  be«  ©an^erib.  ©id^ergefteHt  ift  burd;  bicfe  DueHen,  ba^ 
$i«fia  Durd^  fc^toere  2)rangfa(e,  tücld^e  bie  golge  feine«  älbfalle«  bon  Slffur  hjaren,  geleiert 
belommen  l^at,  toie  fe^r  red^t  ^z\a\a  gel^abt  ^atte,  ate  er  biefen  toiberriet,  bafe  er  bie 
Dberlj^errfd^aft  Slffur«  Don  neuem  anerfennen  unb  einen  ^o^en  2:ribut  f^at  entrid^ten 
muffen,  ba|  aber  auf  ber  anberen  Seite  gemä|  bem  SQSort  ^^\a\ai  ©an^erib  tüirflic^  15 
nac^  9Jinit)e  l)at  jurüdfel^ren  muffen,  o^ne  g^nifalem,  h)ie  er  e«  tooHte,  eingenommen  gu 
^en.  SBie  jeboc^  ber  Serlauf  ber  2)inge  im  einzelnen  ftc^  geftaltet  ^at,  bleibt  einiger« 
ma^en  bunfel,  toeil  oße  öorliegenben  Serid^te  unboDftänbig  fmb  unb  i^re  35erbinbung  gu 
gegenfeitiger  ©rgänjung  nid^t  ganj  befriebigenb  gelingt.  3"^  Äönig«bud^  finben  h)ir  ju« 
näc^ft  in  2  Äg  18, 13  bie  Slngabe,  ba^  San^erib  l(|eraufgejogen  fei  unb  alle  feften  ©täbte  ao 
3uba«  (aufeer  S^nifalem)  eingenommen  l^abe.  Da«  in  35.  14—16  folgenbe,  toa^rft^einlid^ 
au«  bem  fiönig«annalenbud^  ftammenbe  ©tüdfd^en,  burdf;  ben  ©ebraud^  ber  furgen  5Ramen' 
form  ^rpm  au«gejeid^net,  teilt  mit,  ba|  §i«Iia  an  ©anl^erib  nad^  Sad^i«  bie  Sitte  um 
©d^onung  gerid^tct  unb  il^m  bann  einen  fepr  l^o^en  Iribut  beja^lt  f^abz.  Darauf  tüirb 
in  18,17—19,37  au«füfi»rlid^  ergäl^tt,  toie  ©an^erib  bie  Übergabe  3«^^wM^^  berlangt,  25 
j&i«fia  aber  auf  ^^\aia^  3ufage  Ifin,  bafe  bie  ®otte«ftabt  nic^t  merbe  erobert  toerben,  fte 
öertoeigert  l^abe,  unb  ba|  ©anl^erib  baburc^  gu  .f^cim!e^r  gegtoungen  tüorben  fei,  bafe  ber 
©ngel  ^a^toe«  185000  SRann  in  feinem  §cere  gefd^lagen  ^abe.  SQSo^er  ber  Urheber  be« 
Äönig«bud^e«  (au«  toeld^em  erft  fxe  in«  Sefajabu^  gelommen  fmb)  biefe  ßrjäl^lungen  ge= 
nommen  \)abi,  ift  nic^t  feftuiftcllcn.  Die  Slnna^mc,  ba^  eine  Sefajagefd^id^te  ber  ^nbort  so 
getoefen  fei,  ift  unfic^er.  Da«  ©tüdf  ift  inbe«  nic^t  ein^eitlicf),  fonbem  au^  ^toei  Steilen 
lufammengefe^t:  18,17-19,8  unb  19,  9—37  (bgl.  ©tabe,  S^^  1886,  ©.  172 ff.; 
ÜRein^olb  a.  a.  0.) ;  ber  Ur(>cber  be«  König«bud^e«  l^at  biefe  fo  auf  einen  unb  benfelben 
3ug  ©an^erib«  belogen,  ba^  19,  9  ff.  bie  grjä^lung  be«  bor^erge^enben  ©tüdte«  fort= 
fe|en  foß.  ^zi^i  nel^men  manche  an,  ba|  e«  eigentlid^  gtoei  öon  einanber  abtoeid^enbe  ss 
^arallelerjäl^lungen  feien  (©tabe,  9JJein^olb),  beren  eine  ben  ©an^erib  feine  Sotfc^aft 
münblic^  bcftellen  unb  ben  Sefaja  toerfünben  laffe,  ba^  ©an^erib  auf  ein  (Serüdf^t  ab« 
jiel^en  toerbe,  tüä^renb  in  ber  anberen  ©an^erib  einen  Srief  fd^reibe  unb  ein  J}lö^lid^e« 
©terben  im  aff^rifc^en  §eere  ^erufalem  rette,  ^n  ber  %^ai  ift  nid^t  rec^t  toal^rfd^einlic^, 
bofe  Sefaja  lurj  nac^  einanber  bie  Sefc^eibe  19,  5—7  unb  20  ff.  erteilt  l^abc  2lber  e«  40 
ift  bo^  aui)  fc^toer  ju  glauben,  bafe  über  benfelben  SSorgang  jtüei  fo  toeit  au«einanber 
gel^enbe  S3erid^te  Vorliegen  foHten.  Denn  toenn  auc^  bie  beiben  ©rgäl^lungen  nicbt  Don 
äugenjeugen  ^errü^ren  fönnen,  fo  ift  boc^  fein  ®runb  borfjanben,  fte  für  blo^e  Se* 
genben  gu  erflärcn  (©tabe,  Du^m,  aJleinl^olb),  toietmebr  burc^au«  tüa^rfd;einlic^,  ba^ 
i^en  gute  Überlieferung  ju  (Srunbe  liegt.  De«^alb  ift  Söincfler«  3tnficl)t  ((Sefcl).  Sab.  45 
unb  aiff^rien«,  1892,  ©.255—258;  ältteftamentl.  Unterfuc^ungen,  1892,  ©.26  ff.),  bafe 
bie  (Srjä^lung  2  %  19,  9  ff.  öon  einem  anbem,  in  feinen  fj}citeren  ^al^ren  unternommenen 
3ug  ©an^erib«  nac^  bem  Söeften  ^anbele,  aller  Seac^tung  tüert.  5Rur  mufe  abgekartet 
toerben,  ob  biefer  t)on  2Bindfler  fjauptfäc^lic^  au«  einer  äufjerung  Slfar^abbon«  über  einen 
erfolg  feine«  Sater«  gegen  bie  äribi  (jtoifc^en .  (gupl^rat  unb  $aläftina)  im  3ufammen=  so 
^alt  bamit,  ba^  §erobot  II,  141  ben  gegen  3lg^bt«^  jiel^enben  ©anl^erib  ,,Äönig  ber 
aff^rer  unb  äraber"  nennt,  crfc^loffcnc  fbätere  3ug  gegen  Stir^ala,  ber  nad^  ffiinrfler  erft 
feit  691  §err  \>on  äg^btcn  getoefen  ift,  al«  2:i^atfad^e  toerbe  beftötigt  toerben.  ^n  ber 
biblifd^en  grgä^lung  fpric^t  für  biefe  2lnnal^me,  bafe  nadf;  2  Äg  19,  35  ff.  ©an^erib  balb 
nacb  ber  Slücfle^r,  öon  ber  ba  berichtet  ift,  ermorbet  toorben  ju  fein  fc^eint,  toa«  bod^  ee 
erft  20  3ia^re  nadj^  701  gefcf^e^en  ift;  femer,  bafe  19,9  üon  einem  §erangug  be«  lirl^ala 
bie  Siebe  ift,  bcr  nid^t  toobl  ftattge^nben  l^abcn  fann,  elje  er  ^pi^arao  üon  'Jlg^jjtcn  ge« 
toorben  toar  (691).  aiUerbing«  bat  man  bie  au«fage  33. 19a  „al«  er  aber  über  2:irl^afa 
bie  Äunbe  berna^m"  al«  erfüllung  ber  aBei«fagung  in  33.  7  tocrfte^en  unb  be«l^alb  jur 
erften  (Srjäl^lung  jiel^m  toollm,  berm  äbfdf^lu^  burd^  3S.  36  f.  gebilbet  Sorben  fei.    3tber  eo 


150  ^i9Ka 

btcfe  ©ä^e  ftnb  and)  aU  2lbfc^lu^  bc^  anbeten  ©tücf eg  ntd^t  ju  entbel^ren  (ögl.  bef.  5?.  28  — 
38. 7b  bürfte  nad^  ber  ßuiöntmenfügung  ber  beiben  6rjäl(|(ungen  jj^injugeje^t  toorben  fein  — ) 
unb  bie  3w0^^öng!eit  l)on  SS.  9a  gur  erften  ©rgäl^lung  ift  be^l^alb  nic^t  toa^rfc^einlic^, 
toeil  bie  Ißad^ric^t  bom  §eranjug  %\xi)ala^  einen  San^erib  nic^t  tüo^f  gut  5Rücffe(>r  mi) 

6  aifl^rien  beftimmen  fonnte.  „Unb  ^ötte,  Sefaja  in  bicfem  %aüt  nid^l  lieber  angefünbigt, 
ba^  ©anl^erib  fid^  bor  ben  3ig^})tem  (ät^io^jen)  jurücfjie^en  toürbe?  3Kan  mu^  bei  ber 
„Äunbe"  93.  7  an  eine  SZad^rid^t  aud  bem  Dften  benlen  unb  fann  mit  SBinrfler  anne^- 
men,  ba^  Sanl^erib  burd^  bie  9Jad^rid^t  bon  ber  @m|)örung  be^  Selibni  in  S3abel  gurütf= 
gerufen  toorben  fei.    2)ie  betreffenbe  Slngabe  ift  im  biblifd^en  3:ejte   too^l  bei  ber  3"= 

10  fammenfügung  ber  ©rjä^lungen  au^gefaDen. 

©an^eribg  ©arftellung  ber  ©rfolge  feine«  3.  gelbgugeg  im  ^ja^re  701  (Äeilfdf^riftl. 
93ib(.  II,  ©.91  ff.)  berichtet  über  bie  Seträltigung  oer  |)l^önififd^en  ©täbte,  über  bie  S3e= 
jtüingung  ^x\>ta^  bon  äl^falon,  über  bie  Sroberung  bon  Gfron  tro§  bem  älnjug  eine« 
äg^j)tifc^sät^iopifd^en  ßrfa^^eere«,   toefd^eiS   bei  SUtafu  jurüdEjefd^Iogen  toarb,   unb  enblid^ 

16  über  bie  (Srfolge  gegen  §töfia.  3)iefe  befte^en  aber  nur  bann,  ba|  §i«fia  toie  ein  Sogel 
im  Ääfig  in  S^^ifalem  eingef))ent  toorben  unb  jur  aiu^Iieferung  be«  ^abi  genötigt  toor^ 
ben  ift  unb  ba^  er  bem  (Sropönige  einen  ^o^en  2^ribut  nac^  5Rinibe  nad^gefanbt,  aud^ 
einen  ©efanbten  jur  §ulbigung  gefd^icft  l^abe.  2)er  SSergleid^  biefcr  Slngoben  mit  ben 
fonftigen  ©iege^berid^ten  ©an^enb«  jeigt  beutlic^,  ba^  ba«  Unternehmen  gegen  §i«Iia  in 

20  ber  §au})tfac^e  mit  einem  3Jli^erfoIg  geenbigt  \)at  ©anl(;erib  ift  eiS  nid^t  gelungen  ^S^rus 
falem  in  feine  (Setoolt  ju  befommen;  er  ift  nac^  SRinibe  jurüdfgefel^rt,  ol^ne  §iöfia  fo  ge= 
güc^tigt  ^u  ^aben,  toie  e«  feinen  Steigungen  entf^roc^en  ^ötte.  Sticht  einmal  ba«  fann 
richtig  fem,  ba^  bie  ^^ributjal^lung  .^iöfia«  ben  äbfc^lu^  ber  ©ad^e  gebilbet  l^ätte.  3)enn 
bie  Slngabe  2  Äg  18,  14  ff.,  ba^  bie  Jributleiftung  ftattgefunben  ^abe,  ate  ©an^erib  ftc^ 

25  in  Sad^i«  befanb,  leibet  leinen  3^eifel,  unb  ba^  erft  na^l^er  ©anl^erib  jur  SRücffe^r  nad^ 
5Rinibe  unter  JJerjic^t  auf  bie  Eroberung  3i^^f<»I^w^  fi^  I^^n  gejtoungen  gefe^en  ^aben, 
ergiebt  fid^  au«  ber  ©acf^lage. 

SBal^rfd^einlid^  l^at  ©an^erib,  toöbrenb  er  mit  bem  §au))t^eer  in  ^^iliftäa  lämjjfte, 
eine  Abteilung  nad^  ^v!t>a  gefanbt,  toelc^e  ba«  Sanb  befe^te  unb  ber^eerte  unb  3icnifalem 

30  einfc^lo^.  ^i^Iia  gab  nun  ba«  Unternehmen,  an  beffen  ©|)i^e  er  mit  aeftanben  l^atte, 
bertoren.  Sfcad^  Sad^i«,  alfo  too^l  nad^  ber  ©c^lad^t  bei  ©Itele,  jebod^  toaprfc^einlic^  nod^ 
bor  bem  %aü  bon  Sfron,  fanbte  er  bie  Sotfd^aft  feiner  Unterwerfung,  inbem  er  jugleic^ 
ben  *;pabi  ^erau^gab.  ©an^erib,  ber  in  ^^iliftäa  ftarf  befd^äftigt  toar  unb  tro$  bem 
too^l  nic^t  entfd^eibenben  ©ieg  bei  gltefe  feine  Äräfie  noc^  für  ben  $auptfam))f  mit  ben 

86  ägi^ptem  fd^onen  ju  muffen  meinte,  toar  bamit  junäd^ft  jufrieben.  $ßac^bem  aber  ©fron 
eingenommen  toar,  unb  nun  fübtüärt«  gegen  Sg^j)ten  9i^o§^  toerben  follte,  fanb  er  e« 
boc|  nid^t  gut,  bie  ungebrochene  fefte  ©tabt  §igfia«  im  Slüdfen  ju  behalten,  unb  berlangte 
burd^  ben  ^abfafe  bie  Übergabe  S^^ifalem«.  §i«fia  geriet  barüber  in  gro^e  Seftürjung. 
3)ie  einnähme  ^^^^^^"^^  ^w^^  ^^^  2lff^rer  ^ötte  bem  3left  bon  ©elbftftänbigfcit,   ben 

40  man  nod}  befa^,  ein  6nbe  gemad^t  unb  ben  bei  ©an^erib  übel  angefd^riebenen  ^iöfia 
bcrfönlic^  in  bie  fc^toerfte  ©efa^r  gebrad^t.  6«  gab  inbe«  fein  menft^lid^e«  9Kittd  ber 
älettung  me^r.  2)a  Ivanbte  fid^  §i«fia  benn  an  feinen  ©Ott.  SBa«  äll(ia«,  ber  gottlofe, 
nic^t  bermod^t  l^atte  (bgl.  33b  I,  ©.  262, 42  ff.),  toar  bem  gotteöfürd^tigen  §i«fia,  too  er 
nun  enblid^  eingefe^en  l^atte,  ba^  ber  Serfuc^,   burc^  toeltlidbe  ^olitilf  gegen  bie  S5}elt= 

46  mäd^te  ettoa«  au^jurid^ten,  unred^t  gctoefen  toar,  je^t  möglich :  gu  glauben,  ba^  ©otteiS 
SSolf  burc^  ©otte«  3Jlad^t  gerettet  Werben  fönnte,  auc^  Wo  e«  für  SRenfc^enaugen  ber= 
loren  ju  fein  fd^ien.  Unb  Wie  ^^aia  barin  Siecht  bel^alten  ^atte,  ba^  3^^^^'  "wr  ©df^a^ 
ben  babon  haben  fönnte.  Wenn  e«  fic^  an  ben  3Belt^änbeln  beteiligte,  fo  erWie«  fid^  nun 
and)  bie  SSerl^eifeung,   bie   er  gu  geben  ermächtigt  War,  aU  rid^tig.    ©an^erib  l^at  nac^ 

BO  feinem  eigenen  ©eftänbni«  nidf^t  me^r  afö  ba«  erlangt,  Wa«  er  fd^on  früher  in  Sac^ie 
entgegengenommen  ^atte.  6r  mu^te  nadf;  ^aufe  jurücffe^ren,  ol^nc  ^^^lem  in  feine 
©cWalt  befommen  ju  ^aben.  Die  Urfad^e  babon  War  Wol^l  gemä^  2  Äg  18,  7  bie9Jac^= 
ridfjt  bom  Sluebrud^  neuer  Unruhen  in  93abl;lonien.  3)aju  Wäre,  Wenn  2  Äg  18,  9—19,36 
ebenfall«  bon  bem  ^anbeln  follte,  toa^  701  gefc^e^en  ift,   ein  fd^Were«  SKi^gefd^idt,  Wal^r= 

66  fd^einlicf)  eine  $eft  gefommen,  bie  fein  |)eer  befiel,  al«  er  Weiter  nad^  äg^pten  ^in  bor5u= 
bringen  fucl)te.  i)af  eine  folc^e  Jpeimfu^ung  eine«  §eere«  be«  ©anl^erib  an  ber  ©c^Welle 
ätgvpten«  Wirflid^  ftattgefunben  f)at,  Wirb  burt^  bie  bon  Äerobotll,  141  mitgeteilte  ©age 
bestätigt,  Wonadf;  auf  ba«  ©ebct  be«  burc^  ©anl^erib«  3fngriff  ratio«  geworbenen  ägop- 
tifc^en  ^ricfterfönig«  ©et^on  ftc^  bei  SZac^t  ein  ©d^Warm  bon  gelbmäufen  über  ba«  affi^= 

60  rifc^e  Säger  ergoffen,  bie  Äöd^er,  Sogen  unb  ©d^ilbJ^anbl^aben  jemagt  unb   fo   ba«  §eer 


^idtta  161 

toe^Io^  0cmad)t  i}abt,  fo  ba|  e«  fliegen  mu^te  unb  eine  üKenge  öon  2:oten  Derlor.  5Kafl 
ba  nac^>  ber  getüöldnUc^en  Slnftc^t  bie  2Raug  gcrabeju  ate  ©^mbol  ber  ^eft  (ögl.  1  ©a 
6,  4)ju  beuten  fein  ober  nidbt  (SKeinl^ofb  a.  a.  D.  S.  34  ff.):  ba^  ein  §eer  Sanl^erib« 
üor  3i[ipV|>ten  Durc^  ein  plöi^iidf^^  Unheil  gum  Slücfjuö  genötiöt  toorben  ift,  mu^  afö 
©runblage  biefer  ©age  ongenommen  toerben.  6 

2)o|  aber  bie^  ßreignte  nid^t  701  fonbem  crft  fpäter  ftattaefunben  l^abe,  al^  ©an* 
^erib  no^  einmal  gegen  atg^jjten  unb  jtoar  bie^mal  gegen  lir^ala  gog,  ift  tüie  toir  ge* 
feigen  ^aben,  nic^t  untoa^rfc^einlid^..,  5Raci^  SBtnrfler  ift  ©an^erib  ba  nidjt  burd^  ^alöftina, 
fonbem  bon  Arabien  au^  gegen  3i[gV>)ten  gejogen  unb  f)at  öon  ©üben  l^er  an  §igfia  bie 
äiufforberung  gerid^tet,  il^m  je|t  Serufalem  ui  übergeben.  3)od^  "l^at  eben  toegen  be^  Um  lo 
glücfö,  ba«  über  fein  §eer  lam,  ein  Singriff  auf  3^^!^"^  nid^t  ftattgefunben,  fonbem 
nur  ütva  ein  Sinfall  in  bie  füblidj^ften  2:eile  ^ubaiS.  3)aju  ftimmt  bie  SBei^fagung  3e* 
faja«,  2  Äg  19,  32  f.  (33.  34  ift  too^I  nid^t  urfprünglic^),  toonac^  ©an^erib  nic^t  nur 
nid^t  in  bie  ©tabt  einbringen,  fonbem  fte  nid^t  einmal  einfd^Iie^en  unb  berennen  fottte, 
auf«  befte.  dagegen  bürfte  bon  33.  29—31  anjune^men  fein,  ba^  fte  in«  ^Qi}x  701  is 
ge^örm  unb  hinter  SS.  7  fte^en  foHten. 

®enn  e«  ®oti  aber  aud^  nid^t  bal^in  f)Qi  fommen  laffen,  ba^  3^^^"^  bon  bm 
affVrem  eingmommen  Iväre,  fo  ift  §i«Iia  bod^  ein  SSafaH  Slffur«  geblieben,  er  l^atte  ja 
toieber  Iribut  bejal^lt,  unb  e«  lann  aud^  leidet  fein,  bafe  er  fd^lie|lic^  einen  ©efanbtm 
nad^  Slinibe  gefc^idt  unb  au«brüdftic^  toieber  ge^ulbigt  ^at,  toie  ©an^erib  am  ©c^lu^  ao 
feine«  33eric^te«  behauptet.  9Jur  eine  getoiffe  §albfelbftänbigleit  ift  too^l  bie  golge  be« 
(jtoeimaligen?)  Slbjuge«  ber  2lff^rer  au«  bem  Sanbe,  o^ne  3^^!^"^  eingenommen  gu 
poben,  getoefen.  6«  fd^eint  infolge  babon  mbglic^  getoefm  ju  fein,  ba|  §i«fia  um  bie 
jubäifd^en  ®ebiet«teile,  toelc^e  ©an^erib  ben  Äönigm  bon  2l«bob,  ßlron  unb  ®aja  gu* 
getoiefen  gu  l^aben  berid^tet,  mit  biefm  einm  fiegreid^m  Ärieg  fül^rte.  3)enn  nur  in  biefe  26 
3eit  lä^t  fid^  bie  Slngabe  2  Äg  18,  8  gut  unterbringen.  SJle^r  toert  toar  ber  ©etoinn 
on  ®lauben«feaft,  bm  bie  frommm  3uben  au«  jenen  9löten  baöongetragen  l^abm.  3)a« 
33olf  fc^eint  fxd)  übrigm«  jiemlic^  raf^  toieber  leiblid^  erholt  gu  l^aben,  fobafi  bie  SRaffe 
balb  ber  Sel^rm  ber  fd^toerm  ^dt  bergab  unb  in  ba«  unftttli(|e  3Befm,  toelc^em  ßi«fia« 
guter  SffiiHe  nid^t  ftmem  lonnte,  böHig  jurütffiel,  unb  unter  SKanaffe  bie  ftttlid^^refigibfm  ao 
ßuftänbe  in  jeber  Segiel^ung  toieber  fc^limmer  toerben  lonnten,  at«  fi«  .^i«fia  borgefunben 
$atte.  2)al^er  ift  benn  fd^on  unter  ^i«!ia  (bgt.  3^  26,  17—19)  bon  3Jlid^a  getoei«fagt 
toorbm,  ba^  bie  3^^  ^^^^f  ^^  ^cxn\altm  bon  ®ott  ber  3^^ömng  toürbe  })rei«gegebm 
toerbm  (SRi  3, 12). 

$i«!ia«  innige«  33erl^ältni«  gu  feinem  ®otte  toirb  begmgt  burd^   bie  Srgöl^lung  bon  86 
ber  Äranf^eit,  bie  ii^n  bem  2:obe  nal^e  brad^te,  nad^  einem  brünftigen  ®ebete  be«  Äranfen 
aber  burd^  ein  bon  ^^f^i^  angetoanbte«  5Kittel  rafc^  geseilt  toarb.    ®er  ^ro))^et  burfte 
bem  Äönige  fogar  anfünbigm,   ba|  ®ott  feinem  £ebm   nod^  eine  9leil(ie  bon  ^af^xm  ju« 
gelegt  ^abe.    35ie«  (fd^toerlic^  bie  ®mefung,   toie  ber  SBortlaut  unfere«  2:ejte«  atterbing« 
fagt,  ba  biefe  al«  fofort  eintretmbe  bod^  leiner  SSerbürgung  beburfte)  toarb  i^m  burc^  ba«  40 
3eidS>en  berbürgt,  ba^  ber  ©d^atten   an  einer  bon  2l]^a«  aufgefteHtm  ©onnenul^r  (unbe= 
wnnter  ©inricf^tung)  10  ©tufen  rüdftoärt«  ge^en  mu^te.   33ielleic^t  barf  man  ffimiaä)  ber« 
mutm,  baft  in  33.6  urfbrünglid^  „10^a\)x^*^  aeftanbm  f)at  unb  bafe  jemanb  bie  3^^^  10 
in  15  berbeffem  gu  muffen  gemeint  l^at,   toelqer  toä^nte,   biefe  ®ef^ic^te  gehöre  toie  bie 
borl^ergel^mbe  in«  14.  '^ai^x  be«  $i«!ia.  2)a«  ^'^'^^  u^-i-^n,  20, 1,  geftattet  aber  fie  mel^rere  45 
Solare  fpäter  gu  fe^en.    3^re  3Serfnü))fung  mit  ber  bon  ber  ®efanbtfc^aft  SKerobad^bala- 
ban«  bem^t  o^ne^m  tool^l  auf  einem  ^^f^un^  i>^  Überliefemng. 

3m  3«f^ö'&wcl^^  toirb  ein  Sieb  mitgeteilt,  ba«  $i«fia  nad^  biefer  Äranf^eit  gebid^tet 
^aben  foD.  SKan  urteilt  barüber  je^t  meiftm«,  ba^  e«  bie  Slrt  jüngerer  3)idf)tung  an  ftc^ 
trage  unb  einer  ©ammlung  religiöfer  §^mnm,  bie  gum  liturgifc^en  ®ebraud^  beftimmt  60 
toarm  (bgl.  33.  20b),  entnommen  gu  fein  fd^eine,  toe«l^alb  man  feine  2lbfaffung  burc^ 
Öi«Iia  begtoeifelt.  6«  fann  inbe«  nic^t  geleugnet  toerbm,  ba|  e«  ein  ber  bamaligen  Sage 
^i«fia«  burc^au«  angcmeffme«  (bgl.  bef.  S.  15)  3)anllieb  ift  unb  in  feiner  fd^lic^ten  Slu«« 
bmdf«toeife,  bie  fid^  an  bie  3trt  anlel(|nt,  toie  man  im  Semijjclgefang  £ob  unb  3)anf  au«* 
guf))re(^m  ))flcgte,  gerabe  fo  befdf^affen  ift,  toie  man  e«  ertoarten  mu^,  tocnn  ber  SSerfaffer  66 
gtoar  lein  3)ic$ter  aber  ein  '^xturio  ber  l^eiligm  2)id^tfunft  toar,  toie  e«  bon  $i«fia  an* 
gune^men  ift. 

t  ©id^erlic^  mit.Unrec^t  toirb  bon  bm  Dimeren  aud^  bie  Überfd^rift  ber  ©))mc^fammlung 
Qpx  25—29  mttoertet :  „Studf;  bie«  finb  ©))rüd^e  ©ciomo«,  toelc^e  bie  3Känner  §i«Iia« 
gufammengefteHt  l(|abm."    Sic  ift  ein  unbertoerflic^e«  3^wgni«  bafür,  ba^  $i«Iia   eine  eo 


162  ^töNa  ^iftoriettBüd 

Äommiffton  einöefc^t  bat,  jur  SSeranftaftung  einer  fieje  falomonifd^er  Bpxixd^t.  2)a^  bic= 
jelbe  and)  onbere  htterarifd^e  Slufgoben,  infonber^eit  bie  ber  ©ammlunö  öon  ^fafmücbem, 
gelobt  l^abe,  barf  toermutet  tüerben. 

6c|lie|Ii^  ift  ju  ertoä^nen,  ba^  md)  2  Äg  20,  20;  2  SE^r  32,  30  (St  48, 19)  §iöfia 

6  einen  unterirbi|d^en  Äanal  bom  ©il^on,  ber  l^eutigen  3)?arienqueIIe,  am  Oftabl^ang  be^ 
füblid^en  Slu^Iäufer«  be^  ^ion  nad^  einem  2^eicl^  am  unteren  6nbe  be^  I^ropoiont^ale^ 
geleitet  l)at,  ®a^  SBebürfnid  nad^  einer  fold^en  bog  SBäafler  bor  bem  geinb  fid^emben 
JJorfe^rung  l^atte  fic^  in  ben  aff^rifd^en  Ärieg^Iäuften  geltenb  gemad^t  (Dgl.  9;^f22,9— 11; 
2  &}x  32,  3.  4).    2)ie   in  biefem  iunnel  1880  aufgefunbene   fogenannte  Siloal^infd^rift 

10  gilt  oI«  au^  ber  ^Ät  §iöfag  ftammenb  für  bie  ältefte  befannte  i^raelitifcfje  ^infd^rift.  2)orf) 
glaubt  ^pildfjer  in  Proc.  Soc.  Bibl.  Arch.  1897  S.  165—182  fie  nac^  i^rem  paläo-^ 
graj)l^ifdE>en  ßl^arafter  in  bie  le^te  ß^t  bor  ßl^rifti  ©eburt  fe^en  unb  biefen  lunnel  für 
eine  Slnlage  be^  §erobeg  onfel^en  ya  follen.  ®ann  h)äre  §igfiaö  SBäaffevIeitung  noc^  nidf^t 
aufgefunben.    g^^^f^Il^  ^^  ^P  ^^  3^f  Ö,  6  ertoä^nte  Silool^  ein  SBajJerlauf  getüefen, 

16  ber  fd^on  bor  §igfia  beftanben  l^atte.  mi^tim  £o^. 

^iporienbibeL  —  fi.  Runj,  ©otteSbtenftlidftc  SJortrögc  ber  3ubcn,  SBerlin  1832 ; 
(äJübemann,  ^aggaba^  unb  TObrafd^-^aggaba^,  3ubelf(ftr.  j.  90.  ©eburtStag  t).  fi.  S^^h 
©erltn  1884;  3).  ^.  ^HüIIer  unb  3.  ü.  Scftloffcr,  S)ic  ^agqaba^  oon  ©arajeoo,  SBien  1898. 
e.  SReu6,  3)ic  beutfrfic  ^iftorienbibcl,  3cna  1855  (»citr.  5.  b.  tfteol.  3Biff..  VI) ;  berf.,  ®efd); 

aob.^eil.  @d)riften  SflZ^,  6.  Sl.,  1887,  §  463  f.  (roofclbft  bie  ältere  Sitteratur);  %\).  gj^erjborf, 
©Ibliot^efarifd^cUnter^altungen,  DIbcnburg  1850;  bcrf.,  3)ic  beutfcfje  ^iftorienbibel,  Siübingen 
1870,  2  93bc ;  ^.  ?^alm,  (Sine  mlttel^otftbcutf^c  ^iftorienbibcl,  SrcSIau  1867 ;  5S.  5BaItt)er, 
3)ic  bcutfcbe  Sibelüberfe^ung,  ©raunfc^tüeig  1889—1892,  3  ©be;  Les  Quatre  livres  des 
Bois,  tjerauSgeg.  üon  fie  SRouj  bc  fiinctj,   $art§  1841 ;  9f?cu6,  Rev.  de  th^l.  et  de  philos., 

25  XVI,  1857,  6.  1  ;  @.  SBerger,  La  Bible  fran^aise  au  moyen  Äge,  $ari§  1884;  berf.,  Les 
Bibles  castillanes,  Bomania  XXVIII,  1899;  3»  93onnarb,  Les  traductioDs  de  la  Bible  en 
vere  fran^ais,  ^ariS  1884 ;  Le  roman  de  S.  Fanuel,  berau«gcg.  oon  ®.  (£f)abQneau,  $ari§ 
1889;  %  ^Äe^er,  Bomania  XV,  @.  334;  XVI,  @.44,  214  u.  248;  XVII,  6.121;  XXI, 
@.  3. ;  L.  Delisle,  Livres  d'images  destin^  ä  riDstruction  religieuse  des  laiques,  55ari§  1890 

30  (Hist.  litt,  de  la  France.  XXXl);  @.  SBcrger,  Les  manuels  pour  rillustration  du  Psautier, 
M6m.  de  la  Soc.  des  Antiq.  de  Fr.,  LVII,  1898;  J.  Th.  Berjeau,  Biblia  paupenim,  fion* 
bon  1859;  fiaib  u.  d.  ©c^roarj,  Biblia  paupenim,  23ürjburg,  0.3«  ^gl-  oui  b.  9t.  3)eut(rf)e 
unb  ?Romantfc^c  Sibelüberfejjungcn. 

§iftorienbibel  nennt  man  belanntlicf)   im  allgemeinen   jebe  Bearbeitung   ber   l^eiligen 

86  ©d^ri^  tüelc^e  borjug^toeife  bie  gefd^id^tlid^en  äbfd^nitte  berfelben  berücffic^tigenb,  fei  e«  burc^ 
einfach  treu  toicberl^olenbe  ©rjä^lung,  fei  e^  burd^  tiefer  eingreifenbe  Umgeftaftung  in 
äu^lDa^I  be«  Stoffel,  in  ^cnrfteHung  ber  2:i^atfac^en,  in  erbaulid^er  äntoenbung,  jenen 
2:eil  be^  ©d^riftge^alte«  ben  ß^edfcn  ber  35olföerjie^ung  bienftbar  mad^t.  3)a  biefe  SKet^obe 
nid^t  nur  burd^  unfere  neuere  c^riftlic^e  Sitteratur,  fonbem  felbft  im  ©d^ofee  ber  gamifien 

40  eine  oDbelannte  unb  toielgeübte  getoorben  ift,  auf  ber  anberen  ©eite  aber  unfer  2öörterbuc^ 
nid^t  baju  beftimmt  ift,  fritifd^e  unb  J)raftif^e  Siegeln  über  aingelegenl^eiten  be^  firdj^Iid^cn 
unb  l^äu^lic^en  Seben^  auf^ufteDen,  toie  tüid^tig  biefe  aud^  fein  mögen,  fo  tüoßen  tüir 
biefen  2lrtifel  auf  bag  ©ebiet  ber  Äird^engefc^id^te  bertoeifen  unb  befc^ränfen,  innerE^alb 
beffen  ii^m,    toie  fo  mand^em  öertoanbtcn,  nod^  nic^t  bie  gehörige  3tufmer!famfeit  ju  teil 

46  getoorben  ift. 

3)a«  aSefen  ber  §iftorienbibel  ift  ber  SReligion^unterrid^t  im  ©etoanbe  ber  (Sefd^ic^te. 
3ln  unb  für  fxd)  lönnte  ein  folc^er  überatt  borfommen,  too  jene  beiben  Elemente,  ®Iaube 
unb  Überlieferung,  überl^aupt  ©egenftanb  einer  betoäl^rten  unb  metbobifd^en  3)Jitteilung 
an  ba§  jüngere  ©efc^ted^t  toären.    SlDein    nic^t  nur  ift  le^tere«   bei  ben  SRenfc^en  bon 

60  jel^er  feltcncr  getoefen,  aU  h)ir  nad^  unferer  jjerfönlid^en  (Srfa^rung  beulen  follten,  e^  fmb 
aud^  jene  Elemente  bei  toeitem  nid^t  überall  in  einem  innigen  toec^felfeitigen  Ser^ältniffe 
geftanben.  3)ie  ^eibnifd^e  3%tbologie  l^at  bon  ber  ©efd^i^te  nur  bie  §orm;  fie  toar 
unb  blieb  ^ocfxe  unb  SlUegorie,  unb  tourbe  barum  auf  bie  2)auer,  h)0  nid^t  ganj  h)eg= 
loeggetüorfen,  bod^  aufgelöft.    ®ie  toirllid^e  9Jationalgefd^id^te  aber  h)ar  nirgenbg  al^  bie 

66  göttliche  i^at  aufgefaßt  unb  fül^rte  barum,  fotoeit  fie  ©emeingut  unb  (Srjiel^ung^mittel 
tourbe,  eben  auc^  nic^t  auf  rcligiöfe  ^totdi  unb  SBirfungen  ^inau«.  Se^tere«  gilt  nun, 
h)ie  fd)on  ber  9tamc  fagt,  bon  allem,  toa^  man  fonft  ^rofangefc^id^te  nennt,  ffia^  alfo 
aufeer  bem  95ereid^  ber  bon  3^^ödit^n  u«^  ß^riften  (bem  „SSolfe  be^  S3u(^"  nadf;  aJJo^ 
^ammeb<§  treffenbem  auebrudf)  al«  l^eilig  bereden,  b.  \),  al«  einer  unmittelbar  unb  aufeer- 

«0  orbentlic^  bon  ©ott  geleiteten  ©efc^id^te  liegt,  mag   too^l   in   feiner   einftigen  J)raftifd^en 


^tporiettBtbel  153 

SSertDcnbung  einjclnc  St^nlid^fetten  mit  unferem  üorficgcnbcn  ©egcnftanbe  Bieten,  bleibt 
i^m  aber  in  biefer  §infic^t  boc^  fo  fremb,  bafe  tüir  eö  gerabeju  ate  ba^  au^jeid^nenbe, 
d^arofteriftifd^e  beö  eben  genannten  Sölferfreife^  betrod^ten  bürfen,  ba^  berfelbe  feine  ©es 
fd^ic^te  in  i^ren  tüefentltdf^en  Seftanbteilen  jur  Söürbe  einer  Selbftoffenbarung  ®otte^ 
erE^oben  unb  in  biefer  ßtgenfd^aft  ate  bie  unüerficgbare  Duelle  ju  bem  geiftigcn  Seben  b 
ju  erfennen  unb  ju  benü^en  Derftanben  ^at.  3"^  einzelnen  mac^t  babei  nid^t  ber  33egriff 
felbft  einen  Unterfc^ieb,  fonbem  ber  Umfang  feiner  Slntoenbung. 

ffiir  tootten  unö  I;ier  nid^t  toeiter  bei  ber  S^atfoc^e  aufl^alten,  bag  fotüol(;l  im  21 
ate  im  dl%  bie  Offenbarung  ber  SBal^r^eit  felbft  toefentlid^  an  eine  Sleil^e  t>on  äußeren 
2^atfad^en  gebunben  ift,  toeld^e  bor  allem  ote  folc^e  bargeftellt  toerben  mußten.  %ixt  lo 
unferen  gegenwärtigen  befonbcren  3^^*  Genügt  eg,  nad^jutüeifen,  inwiefern  früi^e  fcpon 
biefe«  aSer^ältni^  bie  gorm  be^  Unterricbtö  bebingte.  ©o  toeit  bie  ^ebräifd^e  Sitteratur 
l^inaufreic^t,  entE^ält  fie,  unb  jhjar  gu  J)rahifd^er  Slntoenbung  beftimmt,  ^intoeifungen  auf 
bie  frühere  ®efdE>ic^tc,  in  einer  3Beife,  bie  un^  jeigt,  ba^  biefe  le^tere  im  SSolfe  gelaunt, 
alfo  burc^  Dielfad^e  münblidf^e  SBieber^oIung  bem  ©ebäc^tniffe  unb  ©etoiffen  einge})rägt  i6 
trar.  ßg  ift  übcrflüfftg,  Selege  baju  an^  ®efe|  unb  ^rop^eten  ju  fammeln.  aber  je 
größer  ber  äbftanb  jtoifdf^en  ber  ©egentoart  unb  ber  alfo  beüorjugten  ©efdf)id^tSj)eriobe 
tourbe,  bcfto  me^r  tourbe  für  bie  äuffrifd^ung  be^  Slnbenfen^  biefer  le^tercn  geforgt;  befto 
au^f^lie^lidf^er,  möd^te  man  fagen,  fonjentrtcrte  ftc^  bie  Slufmerlfamfeit  ber  Sd^ule  auf 
ben  au^  i^rem  6rbe  ju  jicl^enben  ©etoinn.  ^Regelmäßige  SSorlefungen,  toelc^e  au^brücf«  20 
lid^  fd^on  3l^i}  S,  Dgl.  ®t  31,  11,  ertüä^nt  Serben  unb  öon  ba  an  getoiß  nid^t  toieber 
aufgei^ört  ^aben,  brad^ten  ©efd^id^te  unb  9Ju§antüenbung  bem  SSolfe  na^e,  unb  nid^tg  l^at 
getDtß  me^r  bam  beigetragen,  bai^  ®efe^  fo  tief  in  beffen  ©emüte  tourjeln  ju  laffen,  al3 
eben  ber  biftorifd^e  Stammen,  ber  i^m  ntdf^t  nur  ^rbe  unb  S^^tereffe  lie^,  fonbem  auc^ 
eine  ftet^  lebenbige  Sürgfdf^aft.  3""^^^  ^^^  i^"^^  SRal^men  ein  engerer  unb  begriff,  toenn  26 
iüir  Don  ben  Uroffenbarungen  an  bie  ^atriard^en  abfegen,  „  nur  bie  normale,  in  brei  ©e* 
famtbilber  fid^  orbnenbe  Scenenreil^e  t)om  Slu^jug  auö  ^gl^J)ten  burd^  bie  SBüfte  nac^ 
bem  gelobten  Sanbe,  hjoran  fic^,  abrunbenb  unb  üoUenbenb  unb  mit  Übergebung  ber  ba« 
jtüifc^enliegenben  ©cfc^ic^te,  bie  2^em})elh)ei^e  auf  9Roria  fdf^loß.  ©0  liegt  bie  „i^eilige 
©efc^id^tc"  il^rer  früf^cften  gaffung  nad^  teite  in  poetifd^em  ©etoanbe  t)or  (9ie^  9,  ^f  68,  so 
78,  105,  106  u.  f.  h).),  unb  toenn  babei  über  bie  angegebene  ©renje  l^inau^  ber  93lid 
fid^  auf  bie  tJolgejeit  rid^tete,  fo  gefc^ie^t  bie^  eben  nid^t  im  3^one  ber  (Srjä^lung,  fonbem 
lebiglic^  mit  ©ünbenbelmntni^  unb  &^tt. 

2lber  au^  bie  jüngere  ©efd^id^te  3^^«^^^  ^on  ber  (Eroberung  Äanaanö  abtoärt^  bi^ 
iur  3€^tömng  S^uf^^Iem^  tourbe  jum  Sel^ufe  be«  religiöfm  Serftänbniffe^  unb  ber  er=  ss 
aulicbm  Slntoenbung  niebergefd^rieben,  unb  toa^  toir  je^t  (mit  Slu^fd^luß  be^  S3udE>e^  S^fua, 
toelcf^e^  jum  ^entateuc^  gcl?ört)  unter  bem  3:itel  ber  erftm  $ro})l^etm  im  311  finben,  ift 
toirflid^  ein  j^toeiter  ©efd^id^töfatec^iömu^,  eine  ^iftorienbibel  über  bm  angegebmen3citraum. 
5D{it  §ilfe  älterer  })rofaner  Slnnalen  unb  jerftreuter  anbertoeitiger  Überliefemngen  ift  ber 
Serlauf  ber  Gegebenheiten  fo  bargeftellt,  toie  er  ber  tl^eofratifd^en  Setrad^tung  erfd9einm  io 
mußte  unb  ber  görberung  ber  geiftigcn  ^jntereffen  be^  Sollet  bienen  fonnte,  mannigfaltig 
unb  ungleich  ?itoar  in  feinen  3:eilm  unb  formen,  ebm  toeil  öon  älteren  Quellen  ao« 
bängig,  aber  fonfeqMent  unb  ein^eitlid^  bem  ©eifte  ber  (Sr^ä^lung  nac^.  ^n  äl^nlic^er 
SBeife,  toenn  auc^  (i\x^  einem  ettoaö  tocrfd^iebcnen  ®eric^t^J)unfte,  fmb  bie  fogmanntm 
Sucher  ber  ßl^ronif  mit  i^rm  Sln^ängen  (S^ra  unb  9le^emia,  beffer  gefagt  bie  britte  ^e*  45 
bräifd^e  ^iftorienbibel,  ci?;';n  V.^p,^  gefd^rieben,  toelc^e  il^rem  äufteren  SlaJ^mm  nac^  Don 
(Srfd^affung  ber  SBelt  biö  faft  gum  4.  go^^^^w^bert  öor  &}x.  reicht,  bie  ältere  ^^xt  aber 
mit  bloßen  ©efc^led^t^regiftem  abfertigt,  fobaß  Der  fd^önfte  ©^murf  be«  Silben  Derlorm 
gebt  unb  bie  praftifd^e  Sebeutung  be^  ffierfe^  großenteils  aud^. 

®ie  äJergleic^ung  ber  beiben  lefttgenannten  SBerfe  untereinanber  jeigt  nn^  aber  nic^t  so 
bloß  bie  fortbauembe  Sebenbigfcit  beiS  Sebürfniffeö  nac^  l^iftorifc^em  SReligionöunterrid^t, 
toaS  fub  ja  nebenl^er  noc^  burc^  mand^e  anbere  (Srfc^einung  in  Sitteratur  (©i  44  ff.), 
JRebcn  (91®  7,  13)  unb  überl^au))t  in  taufenb  Scjie^ungm  auf  bie  ®cfd^ic^te  3^^<irf^  in 
allen  teilen  beS  9^IS  unb  beS  ialmubS  betunbet,  fonbem  jugleic^  bie  relative  ^eil^eit 
in  ber  Se^anblung  eine«  ©toffeS,  ber  jtoar  auf  ber  einm  Seite  eben  burc^  bie  SÖieber^  B6 
l^olung  fefter  unb  f))röber  tourbe,  öielfad^  bie  $oefte  in  $rofa,  baS  93ilb  in  I^atfad^e  Der* 
toanbelnb,  auf  ber  anbem  aber  in  gleid^em  3)laßc  ber  Sereic^emng  unb  SluSfdgfmüdtung 
jugänglicf)  toar,  ja  beibe  glcic^fam  ^erüorrief,  je  mc^r  bie  gciftige  S^eilnafjme  ber  ßr^ler 
unb  §örer  mc  lebenbige  toar.  2)al^er  im  ajjoftolif^en  3eitalter  fotool^l  im  3Kunbe  be« 
SSolfeS  aU  in  f^riftlid^en  3luf jeid^nungm  manche  altteftammtlic^e  ©efc^id^te  in  einer  gorm  eo 


154  ^tftorititbtbel 

erfd^ctnt,  tücld^e  fic  urfj)rün0ltcl^  nid^t  öcl^obt,  mit  ©lemcntcn,  bic  tfjr  frcmb  gctücfen  unb 
bereit  ^injutreten  balb  ate  ein  untoittfürlid^e«  unb  r^etortfd^e^,  balb  ate  bie  %xud)t  ber 
SRefIejion  unb  be^  ©tubiumg,  balb  ald  ein  (Srjeuöni^  beö  frei  bic^tenben  Solf^eifte^  er= 
lannt  toerben  mag.  ©o  f)od)  h)ir  in  ber  robbinifd^en  Sitteratur  hinaufbringen,  fmben  toir 

6  bie  Selege  ju  bem  ©efagten,  ba^  übrigen^  nur  eine  natürlid^e  parallele  ju  ber  gleichen 
3:i^atfacl^e  bilbet,  toelc^e,  toie  männiglid^  befannt,  auf  bem  ®ebiete  ber  ©efe^bilbung  fic^ 
enttoidtelt  l)at  aintoenbung  beö  ©efe^ed  auf  bie  3wpä»^t>«  i>^  jübifd^en  SSolfe^  in  ber 
3erftreuung  l^iefe  §alac^a  0^^-"),  iur  ^aggaba  (p^^"^,  ^"J^n)  tüirb  bagegen  aBc^  gercc^= 
net,  tüag  jur  Sereid^erung  beg  gefc^id^tlid^en  3)?ateriate  gehörte ;  bal^er  toir  getoo^nt  finb, 

10  unter  Äaggaba  Dorjug^toeife  eben  biefe  oft  ^öd^ft  anfjjre^enben,  oft  tüirllic^  überrafc^enb 
le^neic^en  ©rjä^Iungen  ju  berfte^en,  tüeld^e  jum  Urtejte,  f})orabifd^  ober  bertooben,  ^inju= 
gelommen  ftnb,  unb  in  tüefd^en  e^  mand^mal  fd^loer  ift,  ju  unterfd^eiben,  tüa^  ®ejc^i(|te 
fein  fottte.  2)ie  nod^  je^t  in  unferen  Sibeln  fte^enben  S^\ät^  ju  Daniel,  e^ra,  ßft^er 
fmb  aDbelannt.    Slud^  im  31Z  finben  fid^  jal^Ireid^e  ©J)uren  biefer  au^bilbenben  Ij^ätig^ 

16  feit  (bgl.  SKt  1,  5;  5.  12 ;  2c  4,  25;  1  Äo  10,  4;  ®a  3,  17;  a©  7  unb  §br  11, 
passim ;  §br  12,  16;  ä®  13,  21 ;  2  SEi  3,  8  u.  a.  m.).  3n  fj)äterer  ^eit  treffen  toir 
Seren  immer  mehrere  an,  unb  e«  ift  ci^  eine  beflagen^toerte  ^ücfe  in  unferer  aBiffenfc^aft 
ju  betrad^ten,  ba^  bie  Slufmerffamleit  einer  jugleic^  billigen  unb  fd^arffinnigen  Kritif  biefem 
©toffe  in  neuerer  ^t\t  fid^  nid^t  in  berbientem  5Ka^e  jugetoenbet  l^at. 

20  äbgefe^en  bon  biefem  ^aggabifd^en  Gl^arafter,  hjelc^en  bie  Bearbeitung  ber  ®efc^ic^te 
jum  Se^ufe  be^  Unterrid^tö  unb  ber  (Srbauung  in  ganj  natürlicher  SSJeife  annahm,  ift 
nod^  gu  bemerfen,  bafe  aud^  in  Sejiel^ung  auf  Umfang  unb  ®renjen  biefelbe  toec^fclte. 
§iftorienbibeIn  nämlicf  bxad^U  anä)  bad  fpätere  3«^^^"^  "od^  mand^e  |^ert)or,  aber  toon 
berfd^iebener  2lnlage  je  nad^  ben  3h)^dfen  unb  SKitteln  ber  SSerfaffer.  3Bäl^renb  g.  33.  ba^ 

36  alte  S5ud^  ber  Jubiläen  unb  be«  ^^f^i^^wd  Slntiquitöten  bie  gange  altl^ebräifd^e  ®efc^ic^te 
umfaßten,  erftrerft  ftd^  ba^  biel  jüngere  ©efer  ^ajafd^ar  C^'^'ri  'O  [n.  ^ja^r^.])  nur  über 
ben  gri^öwwi,  toeld^er  urfprünglid^  bie  ^eilige  ®efd^id^te  begrengt  f^aitt,  bom  atnfang  ber 
SBelt  bi^  auf  bie  ©roberung  Jtanaan^*  Dagegen  mifd^t  ba^  befannte  SBerf  be^  ^feubo= 
3ofet)^ug  ober  ©orionibe^  (ve^dt'  —  bem  3ofe))i^ug   im    10.  ^a^r^unbert  nad^gebilbet), 

80  aud^  bie  $rofangefdf;ic^te  hinein  unb  fü^rt  bie  (Srgä^lung  tief  \üoer  bie  3^törung  '^^xn- 
falemg  ^erab.  äUe  aber  unb  mand^e  i^nen  äl^nlid^e  bringen  ber  fagenl^aften  3"^^^^^  ^^" 
reid^lic^e«  3Ra%  Die  alejanbrinifc^e  Sitteratur,  bejonber«  bie  ®efd^id^t^n)erfe  be^  Deme= 
triu^  unb  be^  (Supolemog,  fönnte  l^ier,  neben  bem  im  3K31  alg  SKufter  allgemein  gelten^ 
ben  S3ud^e  bed  ^^^f^^^^f  ^^^^  ^^^  Unred^t   ertoöl^nt  toerben.    S^beffen  liegt  un^  ^ier 

86  biefer  ®egenftanb  gu  fem,  afö  ba^  toir  nä^er  auf  benfelben  eingel^en  follten.  Säir  tootlten 
nur  bie  Übergeugung  gewinnen,  ba^  atte  einfd^lägigen  ©rfd^einungen,  bie  \xn^  auf  df^rift- 
lid^em  Soben  begegnen  Serben,  ii^re  Vorbereitung  unb  Siegel  getoifferma^en  fd^on  im 
Subentum  gcfunben  l^aben.  SBer  fid^  über  bie  ©jjj^äre  be«  lefeteren  genauer  unterridf^ten 
totH,  finbet  teil«  in  ben   belannten  (Sammlungen  bon  ^abriciu«  (Codex   pseudepigra- 

40  phus  V.  T.)  unb  Dtl^o  (Lexicon  rabbinicum),  tva^  ben  ©toff  betrifft,  für  bie  ilitterär= 
gefd^id^te  felbft  aber  befonber«  bei  3w"J  reid^lic^e  unb  fidf^ere  äuöfunft. 

Snbem  loir  nun  gu  bemjenigen  übergel^en,  loa«  bie  ^n^^^ff^  unferer  Äird^e  nöl^er 
berül^rt,  fo  bebarf  e«  räum  noc^  ber  allgemeinen  ßrinnerung,  ba^,  tüte  bie  religiöfe  än= 
fc^auung  ber  DffenbarungSgefd^id^te,  fo  audf;  bie  35ertt)enbung   berfelben  gum  Solföunter^ 

46  richte  bon  vorneherein  ^ier  bie  nämlid^e  h)ar  unb  fein  mufete,  h)ie  in  ber  ©^nagoge.  3« 
e«  mu^te  beibe«  in  um  fo  ^ö^erem  ®rabe  ftattfinben,  ate  burd^  ba«  §ingutreten  be«  eban= 
gelifd^en  glementeg  afö  eine«  beftätigenben,  erfüCenben,  erflärenben  unb  namentlid^  ab= 
f(^lie^enben,  bie  2lufforberung  gu  folc^em  ©tubium  eine  bringenbere  getoorben  toar.  6« 
begegnen  un^  ba^er  fc^on  im  9(3;  felbft  3lngeidf)en  genug  bon  fold^er  Sertoenbung  ber  ®e= 

60  fd^idf^te,  unb  mit  bem  gortfd^ritte  ber  ^zxt  feigen  toir  auf  biefem  neuen  ®ebiete  unb  gum 
2:eil  in  üermel^rtem  SKafee  alle  bie  bereit«  beobachteten  i^atfad^en  mieber  erfd^einen.  Die 
SSorlefungen,  gunäc^ft  ^iftorifc^er  ©d^riften,  toerben  frü^e  angeorbnctj  bie  {^eilige  ®efc^ic^te 
bleibt  ober  tt)irb  ©emeingut  be«  Solfe«  unb  ©runblage  be«  Untemd^t« ;  fie  toirb  mti}X' 
fad^  unb  in  Derfc^iebenem  ©eifte  bearbeitet  unb  mhtn  bie  jübifd^en  §aggaben  fteDen  fic^ 

66  d^riftlic^e  Segenben.  9lur  eigentlid^  unb  fpegiell  fo  gu  nennenbe  §iftorienbibeln,  b.  l).  c^rifts 
lid^c  SRebaltionen  ber  gangen  biblijd^en  ©efd^icf^te  31  unb  9tl«  al«  9Solf«büd^er  ^aben  toir 
im  ©runbe  leine  neue  gu  nennen  an^  ben  erften  ^^^^^w^iberten  ber  Äird^e,  man  müfete 
benn  an  SBerfe  tt)ie  be«  ©uljjiciu«  ©eberu«  historia  sacra  beulen  tooUen,  befjen  erfte« 
S5ud^  ^ier  allerbing«  genannt   gu  tüerben   berbient.    6^er   möd^ten   h)ir  an  ben  glabiu« 

60  Sof^l^u«  erinnern,   ber  öon  frü][>e  an    bi«  faft   in«  borige  3<^^^uw*>^  ^^<^  i"  *>i^fw 


^iftorititbtBcI  165 

Sitteratur  ben  erften  ^(a^  einnehmen  bürftc,  toa^  bie  @un[t  betrifft,  hjomit  il^m  bie 
öffentlid^c  5Kcinung  entgcgenfam.  9tac^  aiu^füJ^rlid^Ieit,  Sd^retbart,  Scrbinbung  ber  alten 
©efd^td^te  mit  ber  ajpoftolifd^en  ^At  öenügte  er  mand^er  fonft  unbefriebtgten  änforberung, 
bie  fe^lenbe  etoangelifd^e  ®efc^ic^tc  toar  fonft  belannt  genug  unb  bie  d^riftlid^c  ^a^forte 
tourbe  mit  leichter  9Kü^e  il^m  an  geeigneter  ©teile  in  bie  %a\(i}t  gefc^oben.  3)ag  5K31  6 
citicrt  il^n  unbebenflic^  in  gleicher  ßinie  mit  ben  Äird^entoötem. 

Snbeffen  ift  nid^t  ju  öergeffen,  ba^  bie  ältere  d^riftlid^e  Sitteratur  boc^  tüefentlid^ 
ober  toorl^errfd^enb  eine  tl^eologifc^e  toar,  im  l^öl^eren  Sinne  beöSBäorte^,  unb  gtoar  in  bem 
®robe,  ba|  felbft  bie  ©efdfjid^te  öon  ber  ©Jjefulation  aufgeföft  unb  gu  einem  bloßen 
B\)mbol  ber  3ibee  tjerflüd^tigt  tourbe.  Diefc^  SSerfal^ren,  tüelc^e^  bon  bem  })l^iIofo})^ierens  lo 
ben  Subentum  fd^on  beliebt  h^ar,  lam  namentlid;  burd^  bie  alqranbrinifd^e  ©c^ule  and)  in 
ben  d^riftlidf^en  Untenit^t  unb  jog  bie  S5lidfe  gerobe  ber  begabteren  lange  toon  berjenigen 
Slic^tung  be^  ©tubium^  ab,  toeldpe  auf  ))0))ulär5erbaulid^e  Bearbeitung  ber  (Sefd^id^te  l^ätte 
füllen  fönnen.  aBa«  gelegentlid^  in  J^omiletifc^er  ®eife  baDon  öorfam,  ift  ^ier  nid^t  in 
betrad^t  ju  jie^en.  6ö  ift  üielmel^r  eine  intereffante  %i}at\a^^,  bie  ftc^  aber  nur  bann  is 
offenbart,  toenn  man  bie  Sibelgefc^id^te  nid;t  lebigfid^  mit  bem  lanbläufigen  fritifd^en 
gfad^trerf  abti^ut,  fonbem  fie  in  il^ren  Bedienungen  gum  Seben  ber  ©emeinbe  auffaßt, 
ba^  jene  ^iftorifc^^erbaulid^e  Betrad^tung^tüeife  erft  m  ber  3«t  ^u  il^rem  Siedete  fam,  too 
ba^  38olI  f elbft  anfing,  §anb  anzulegen  an  ba^  SBerf  feiner  geiftigen  unb  religiöfen  ßman^ 

äit)ation,  ober  boc^  feine  Sebürfniffe  neben  benen  ber  ©d^ule  jur  änerfennung  lamen.  ao 
!itterarifdie6rfdE>einungen,  h^eld^e  toir  jum  teil  hjenigften^  unter  ben  Segriff  ber^iftorien* 
bibel  ftellen  bürfen,  begegnen  un^  fofort  h)ieber,  inbem  man  anfing,  bie  Solfefprad^en  ber 
reKgiöfen  Silbung  biencn  ju  faffen.  Unb  bie«  gefd^al^  befanntlid^  im  farolingtfd()en  ^txU 
alter  für  bie  beutfc^e  Station,  früher  inbeffen  fc^on  für  bie  Stngelfac^fen.  3"^i^f^^  ^'^ 
gotifd^e  unb  bie  flaöifd^e  Sibelüberfe^ung  fotoie  bie  orientalifd^en  einer  ganj  anberen  26 
Bpf)äxc  angel^ören,  ^abe  icf)  in  ber  (Sefc^id^te  beS  31%^  gejeigt.  SBir  begnügen  un«  l^ier, 
ol^ne  tiefer  in«  (Sinjelne  einjugel^en,  an  bie  S)id^tungen  ßäbmon«  (f.  b.  21.)  ju  erinnern, 
toeld^e  in  il^rcr  Urgeftalt  bie  gan^e  biblifd^e  ®efdf)id^te  bi«  jum  lünftigen  SBeltgerid^t  um* 
fa|t  ^aben  foUen;  an  Dtfrieb«  toon  SBei^enburg  Ärift  unb  an  ben  nieberfäc^fifdf^en  §e? 
lianb,  trelcfje  bei  l^erfdS^iebcnem  Äolorit  bie  §au))tfad^e  mit  einanber  gemein  ^aben,  bafe  ao 
bie  l^eilige  ®efd()id^te  nid^t  nur  im  ©d^mudfe  ber  gebunbenen  SRebe,  fonbem,  tüa«  toefent« 
lid^er  ift,  in  einer  ben  ®eift  be«  SSolfe«  anfjjrec^enben,  malerifd^cn  äu^fül^rlid^feit  bor« 
getragen  toirb.  ©old^er  j}oetifd^en  ^iftorienbibeln  größeren  ober  geringeren  Umfang«  l^ot 
e«  fjjäter  nocf)  mcbrerc  gegeben ;  am  befannteften  fmb  bie  beutfdfjen,  über  toelcbe  man  au«* 
fül^rlid^e  SJac^ric^tcn  im  britten  33anbe  öon  'üJlafemann«  2lu«gabe  ber  Äaiferd^ronif  finbet,  86 
unb  unter  iocldf^en  bie  Slrbeit  t)on  Slubolf  toon  ^ofjenem«,  tüie  e«  fc^eint,  bie  toeitefte  Ber* 
breitung  ^atte;  toeniger  ift  e«  ^atoh  t).  5JJaerlant«  SReimbibel,  mit  toeld^er  bie  ^oHänbifc^e 
93ibellitteratur  beginnt.  äSiel  h)eiter  l^inauf  geigen  bie  ^a^lreic^en,  oft  ^ödf^ft  anjiel^cnben 
poetifd^en  Bearbeitungen  ber  alt^  unb  neutl.  ®efd^idE>te  in  franjöfifc^er  ©^racf^e,  namentlid^ 
be«  ^erman  toon  SSalencienne«  biblifd^e  ©efc^ic^te  unb  ber  tt)ettt)erbreitete  Roman  de  S.  40 
Fanuel,  toelcber  bie  eüangelifd^e  ®efd(>idE>te  in  ber  ))ifanteften  JBeife  mit  apofrtopl^ifd^en 
Sffiunberer^ä^lungen  ju  verflechten  tjerftel^t.  3lber  aud^  j}rofaifd^e  Bearbeitungen  äl^nlid^en 
©eifte«  \)at  e«  frü^e  gegeben ;  ja  man  fann  eigcntlid)  be^auj^ten,  ba^  bie  ftreng  bud^ftäb« 
lid^e  SKetj^obe  ber  Überfe^ung  nur  langfam  ft^  Ba^n  hxai)  unb  erft  im  ga^^^unbert  ber 
Sfleformation  fid»  abfolut  geltenb  machte.  Biele«  üon  bem,  h^a«  bi«  jefjt  t)on  mittelalter=  46 
liefen  Bibeln  unterfud^t  ift  —  unb  e«  mu^  bemerft  h^erben,  ba^  bie  bibaltifd^en  Büdner, 
^falmen  au«genommen,  t)iel  feltcner  in  betradfjt  gejogen  tourben  —  ift  nid^t  fotoo^l  genau 
überfe^t  al«  ^iflorifiert,  b.  n.  teil«  abgefürjt,  teil«  au«gefül^rt,  teil«  mit  aj)ofr^j)bifd^er 
3utl^at  ober  boc^  mit  ®loffen  üerfe^t.  3)oc^  ift  nic^t  ju  ijerfennen,  ba^  Don  ber  SRitte 
be«  13.  ^al^rbunbert«  ah  eine  anbere  SRid^tung  anfängt,  fid^  in  ber  Be^anblung  ber  §©  60 
in  toerfd^iebenen  ©egenben  geltenb  ju  mad}m,  nämlic^  bie  be«  ftrengeren  ^eft^alten«  an 
bem  (felbftüerftänblicb  lateinifchen)  Bibeltejt,  Hnc  benn  aud^  ni^t  toenige  toörtlic^e 
Bibelüberfe^ungen  be«  5)t2t  in  beutfc^er,  franjöftfd^er,  l^roüenjalifd^er,  italienifc^er  unb  fafti* 
lianifc^er  ©prac^e  au«  bicfer  >^cxt  ^errübren.  älHein  bie  3^it  tüar  für  bie  bud^ftäblid^e 
Übertragung  be«  biblifc^cn  Sterte«  nod^  nic^t  reif,  unb  bie  eigentlicfjen  Bibeln  in  ber  Bolfe  55 
fprad^e  lonntcn  ftd;  nod)  für  geraume  ^^i  in  allen  Sänbem  (bie  fat^arifdf^en  unb  toat 
benftfcfjen  Streife  aufgenommen)  nur  baburcb  bem  d^riftlidben  Bolfe  annehmbar  macf^en, 
baft  fie  fid^  mit  ben  in  üerfcbiebenfter  aäJeife  mit  allerlei  frembartigem  ÜJJaterial  belabenen 
Bibelgefd)id)ten  berfdf^mel^en  liefen,  unb  auf  biefe  SBeife  entftanb  bie  eigentlid^en  .öiftorien« 
bibel  be«  9Jm.  eo 


166  ^iftortenbiBel 

3DlerftDürbt0  tft  junäd^ft,  bafe  bie  ©efd^id^te  be«  3i%^  überall  bei  fold^en  Untemc^= 
mungen  mel^  berücfftc^tigt  tüutbe,  atö  bie  be^  Steuert;  boc^  \üoi)l  gctpife  nic^t  aU  bie 
toic^tigere,  e|er  alö  bie  femer  liegenbe,  unbefanntere,  ber  freieren  Bearbeitung  zugänglichere. 
Unb  jtüar  tüirb  bie  ©enefi«  meift  in   untjerl^ältniömäfeiger  3tugfül^rlic^feit  bel^anbelt   unb 

6  mit  frember  ^uti^at  öermifc^t,  h)äl^renb  in  ben  übrigen  Suchern  baö  gefc^ic^tlic^e  ßlement 
getoöl(inlici^  ganj  toegföBt  ober  bod^  fel^r  rebugiert  tüirb,  bagegegen  bie  jüngere  ©efc^ic^tc 
3^raefö  toieber  mit  3SorIiebe  eriäl^lt,  unb  gtoar  in  bem  ÜJlafee  freier  unb  lebenbiger,  ate 
tpre  Elemente  fd^on  in  ber  autpentifd^en  ^orm  reigenber  unb  anf)3red^enber  erjd^einen.  §in 
unb  toieber  tourbe  ber  3Serjuc^  gemacht,  ba«  SBenige,  h)a«  man  t)on  ber  ^rofangefc^id^te 

10  h)u|te,  f^nc^rontftifc^  einjureil^en.  (Sinjelne  3trbeiten  fuc^ten  aud^  bie  l^iftorifc^en  SJotijen 
ber  anberen  Sudler  ju  benü^en,  fo  ba|  j.  93.  t)on  S^^^i^g  wnb  ©xec^iel,  bejonber^  aber 
bon  2)aniel  berichtet  h)urbe,  tvai  ya  finben  toar,  t)on  $iob  toenigften^  ber  gefc^icbtlic^e 
Slol^men  beibel^alten  tourbe.  ©ie  erjö^lungen  t)on  lobia^,  3"^^^^^  ^^"  3Kaüabäem  ge^ 
l^örten  natürlid^  jur  ©ad^e,  aber  au(|  au^  S^f^J^^"^  gefd^öj^fte  Jlac^ric^ten  Don  Sllejanber 

16  unb  beffen  SRad^folgem  unb  t)on  bem  Urfl^runge  ber  gried^ifd^en  95ibel.  SDie  c^ronologifc^e 
ätnorbnung  toar  in  biefem  leile  toiHfürlicl  unb  öerfc^ieben. 

35Ja«  bie  Duellen  biefer  SBerfe  betrifft,  {o  mögen  too^I  manche  fagenl^afte  (SIemente 
fw^  auf  bem  2Bege  ber  öolfötümlid^en  Überlieferung  öon  älterer  ^üt  l^er  fortgejjflanjt 
tyibtn,  toenigftenö  ftnb  mir  mand^e  Dorgelommen,   bie  in  ben  fonft  belannten  mittelalter^ 

2oIid^en  ©ammeltoerlen  nid^t  ju  finben  finb.  S3ei  ben  meiften  mufe  unb  barf  aber  eine 
fd^riftlid^e  DueHe  borau^efefet  toerben  unb  bei  ber  bamaligen  5IRetl(|obe  gu  arbeiten  ift  bieg 
aud^  bag  natürlid^ere.  3"  ^^  ^ö*  ^ft  ^^^  5Katerial,  fo  toeit  e^  nid^t  unmittelbar  auf 
bie  3Sulgata  gurüdEgefü^rt  toerben  fann,  ol^ne  biele  ÜJlüi^e  in  ber  Verbreiteten  ®loffenfamm= 
lung  beö  SBalafrieb  ©trabo,   ober  in  ben  ©efc^id^t^toerfen  be«  Sincentiuö  bon  SeauDai^, 

26  beg  ©ottfrieb  öon  3Siterbo  u.  a.  ju  finben,  unb  felbft  bie  Vielen  ßitate  von  älteren  @e= 
toä^r^männem,  bie  ^in  unb  toieber  borfommen,  finb  einfach  bort  abgefc^rieben.  ^a  bie 
jüngeren  arbeiten  benü^ten  bie  älteren,  namentlich  ift  bie  urft)rünglic^  lateinifd^  verfaßte 
^iftorienbibel  be«  ?Petru«  ßomeftor  (f  1179)  bie  unmittelbare  Quelle  für  mehrere 
beutfd^e  unb  franjöfijc^e,  nid^t  einfach   barauig  überfe^te,  getoorben.    Ober  aber  j)octifc^e 

80  arbeiten  finb  bie  näc^fte  Duelle  für  jüngere  i^rofaifd^e  getoorben,  toie  namentlich  eine  biet 
Verbreitete  beutfc^e  ^iftorienbibel  in  tocfentlic^en  ©tüdEen  auf  Slubol))!^  von  »^obenem^ 
jurüdEgel^t,  toenn  ana^  nid^t  in  ber  SBeife,  ba|  man  fte  mit  ÜJlafemann  gerabmi  afe  eine 
„?Profaauflöfung"  be«  le^teren  betrachten  bürfte.  SJenn  e^  fmb  bebeutenbe  (§tüdEe  teiliS 
jufammen^ängenb,    toie   ^falmen,   3"^^*^/    ^^"^   fragmentarifd^,    h)ie   $iob,   ^rebiger, 

86  genau  auö  ber  SSulgata  überfe^t  unb  auc^  in  ben  anberen  Sudlern,  übercäl  h)o  ber  SSer^ 
faffer  nid^t^  l(|injujufügen  h)u|te,  finben  fid^  un^ä^lige  Qpnvtn  eine^  aleic^en  Urjprungö. 

2lud^  in  ber  franjöftfd^en  Sitteratur  begegnet  man  folc^cn  $rofaauflöfungen  ber  älteren 
Sleimbibeln,  unb  felbft  in  ber,  bi«  in  ba«  12.  3^^^'^""^«^^  hinauf  reid^enben  l^rofaijc^en 
Bearbeitung  ber  Quatre  livres  des  Rois  finben  fic^  jutoeilen  SReime  ober  felbft  längere 

40  Verftfixierte  ©teCen,  an^  toelc^en  beutlid^  l^ervorge^t,  ba|  bie  urft)rünglic^e  gorm  ber 
biblifc^en  ©efd^id^te  in  ber  3Solfölitteratur  bie  j)oetifc^e  ift,  au«  ber  fic^  erft  aßmäl^lic^ 
bie  l^öl^ere  tl^eologifd^e  Silbung  ben  2Beg  gur  SlüdEfel^r  gu  bem  eigentlichen  Sibelte^ 
bol^nen  mu^te. 

§ier  tft  ber  ©t)rad^gebraud^  be«  SOSorte«   „Jpiftorienbibel"   genauer  ju   beftimmen. 

46  3«  unterfd^eiben  ift  nämlid^  ^toifd^en  ben  fog.  „^iftorifterten  Sibeln"  (frang.  bibles 
historiöes),  toeld^e«  SBort  eigentlich  nur  „Silberbibeln"  bebeutet,  unb  ben  „§iftorien= 
bibeln"  (bibles  historiales)  im  ftrengen  ©inne.  Von  toelc^en  aJDlein  ^ier  bie  Siebe  ift. 
®od^  ift  e«  nid^t  jufäHig  gefd^cl^en,  ba^  jtoei  grunbverfd^iebene  (Sattungen  in  ber  biblifc^en 
Sitteratur  einen  äl^nlic^en  9?amcn  tragen,  unb  bafe  jtoifd^en  beiben  oft  faum  unterjc^ieben 

60tt)erben  fonnte.  Histoire  bebeutet  im  altfranjöfifdpen  foviel  ate  „93ilb",  unb  jtoar  be«- 
h)egen,  toeil  bie  ©efc^ic^te  in  ber  Silbform  (laicorum  biblia)  bem  bamate  toenig  gebil- 
beten  33olfe  am  Icid^teften  jugänglic^  toar.  Bibles  bien  histori^es  l^eifeen  in  ben  3n= 
Ventarien  ber  fürftlidbcn  Sibliot^efen  be«  14.  toie  be«  15.  g^^^^^^wt^^'^  ^^^  ^^^  >)ra^t= 
Vollem  33ilberfcl)muct  bereicherten  Sjentplare  ber  §©,   aud^   toenn  ber  i^nen   ju  ©runbe 

66  tiegenbe  a:ejt  feine^iregg  ber  eigentlichen  Sibel  entfjjric^t,  fonbem  au«  furzen  Slu^jügen 
unb  moralifd^cn  Slnloenbungen  befte^t,  h)ie  in  ben  fogen.  bibles  moralis^es  (fte^e 
2)eli«le  a.  a.  0.),  loelc^e  ben  SSorttjanb  für  bie  reic^lid^fte  Serjierung  geliefert  ^aben.  Bible 
historiale  Reifet  bagegen  Vor  allem  bie  fran^öftfc^e  (p>ax  nic^t  toörtlic^c)  Übertragung  ber 
Historia  seholastica  be«  ^ctru«  ßomeftor,  ttjelc^e  ©u^arb  2)c«moulin«,  Äanonifu«  Von 

60  äire  in  3trtoi«   im  ^a^xt  1295    in   }}iiEarbifd^em  2)ialefte  Verfaßte.    Bible  historiale 


^xftoxitnbiitl  157 

nennen  foxx  im  toeiteren  Sinne  ba^  im  fjjäteren  ÜJ12I  t)iel  Verbreitete  Sammeltoerf,  in  toelc^em 
©u^arbö  SBerl  mit  bem  2. 3:eil  ber  toörtlic^en  S5ibelü6erfe^ung  au^  bem  13.  ^al^rl^unbert 
berftod^ten  tüurbe.  ^falmen,  falomonifd^e  Schriften  (inf l.  SQäeii^l^.  unb  Sir.),  bie  $ro)3l(|eten, 
bie  3Kaffabäerbüc^er  unb  baö  gange  31%  oft  auc^  ber  boflftänbige  3;est  ^iob^  (le  grand 
Job)  unb  mel^rere  l^iftorifd^e  Sucher  beö  312^^,  bilbcten  alfo  jujammen  mit  bem  erften  6 
3:eile  ber  Histoire  6colätre  ein  g^^S^^^^^unberte  lang  tocitDerbreitete^  Sibeltoerf. 

3m  Steic^e  6aftilien  i)aiU  [xd),  fc^on  t)or  ber  ^txt  3)umoulin^,  eine  §iftorienbibeI 
gebilbet,  toelc^e  fic^,  unter  föniglic^er  ^rforge  entftanben,  al^balb  ber  größten  Slner- 
fennung  erfreute :  toir  meinen  bie  Historia  general,  an  toelc^e,  tool^I  nid^t  unberbienter- 
tüeife,  ber -Käme  be^  geleierten  Äönigig  Alfonso  el  sabio  (1252—1284)  je^t  noc^  l^aftet.  lo 
auf  ©runb  ber  Historia  scholastica  {;atten  bie  @elel(|rten,  toeldjen  ber  Äönig  bie  aufs 
gäbe  [teilte,  biefe^  großartig  au^eftattete  Söcrf  ju  [tanbe  gu  bringen,  ein  ^iftorifd^eö 
Sammeltoerf  fongi^iert,  in  ireld^em  bie  gange  SQäeltgefc^ic^te  in  bem  Stal^men  ber  biblifd^en 
enäl^lungen,  mit  §ingufügung  langer  äbf^nitte  au^  ben  ^rofanfc^riftfteBern,  erfc^einen 
foUte.  SDer  fiönig  ftarb,  e^e  bas5  Stiejentüerf  boHenbet  tourbe,  unb  biefe^  gelangte  too^I  nie  i6 
gur  33ottenbung;  aber  tva^  in  ^anfreic^  ©ul^arbiS  §iftorienbibeI,  bie  frül^jeitig  mit  ber 
älteren  tüörtlic^en  Sibelüberfe^ung  berfc^molgen  tourbe,  baö  toibcrful^r  auc^  ber  caftilifd^en 
Historia  general,  beren  §ff.  mit  bud^ftäblid^  übcrfe^ten  Sibciteilen  oft  beinal^ie  ungertrenn* 
lic^  bertooben  finb. 

^r  bie  bcfonber^  intercffanten  unb  oft  fel^r  anmutigen  beutjc^en  ^iftorienbibeln  ber«  20 
tüeije  \i)  auf  mein  SBerfc^en:   „2)ie  beutfc^e  §iftorienbibel",   fotoie  auf  SKergborf«  gro^ei? 
Queßentüerf. 

3Bir  teuren  nun  für  einen  21ugenblirf  jum  ^ubentum  jurüdt,  um  bie  Sefer  auf  eine 
mcrftüürbige,    bisher  unbeachtete  (Srfc^einung  aufmerfjam  gu   machen:   SBir  meinen  ben 
©ebrauc^   ber  Silberbibel   feiten^    ber  ^w^^   ^^  mittclalterlid^en  g^milienfreiö.     Unter  26 
bem  3iamen  .öaggaba  tourbe   nämlic^   im   f})äteren  ÜJlittelalter  ein  ©ebetbuc^   Verbreitet, 
toel^e^,  neben  ber  Siturgie  be^  ^au^otte^bienfte^   für  ben  ^affa^abenb,   bie  6rjäblung 
ber  gluckt  au^  3igV})ten  entl;ielt.     Solche  ^aggaba^anbfd^riften  tourben  oft  reic^licp  mit 
^iftorifc^en   unb    gotteßbienftlic^en    Scenen    bemalt  (f.  SKüfler   unb   Sc^loffer  a.  a.  0.). 
9Jic^t  nur  bie  §aggaba,  fonbern   auc^  ba^  35uc^  ©ftl^er  unb  mehrere  anbere  SSibelteile  so 
tüurben  nic^t   feiten   mit  forgfältig  gemalten  SSilbem  (toa^rfc^einlic^  Don  c^riftlic^er  §anb, 
aber  getoi^  unter  jübijd^er  Seitung)  gefc^mücft.  ^a,  toir  fennen  eine  Dollftänbige  l^ebr.  Sibel, 
toelc^e  Don  einem  italienif d^en  ^teifter  aui  bem  6nbe  be^  15.  ^a^r^unbertö  auf  ba^  ^x^ 
Keifte  gefc^müdt  n?urbe,  fo  ba^  baö  5DJ2llic^e  ^u^^ntum,  toie   an  ber  biblifc^en  ©efc^w^te, 
fo  aud^  an  ber  33ilberbibel  fid^  erfreuen  burfte.     2)iefe  geirife  unerwartete  SBal^me^mung  86 
lüirft  ein  neue^  Sic^t  auf  bie  ©efc^ic^te  ber  Silberbibel  im  Wä. 

2)ie  Biblia  pauperum  ift  l)'xtv,  alö  bem  fireife  ber  ^iftorifc^en  93ibeln  angeiei)renb, 
in  Äürge  gu  erlüä^nen  Unter  biefem  9?amen  irurbe  nämlid^  eine  3"ffl^"^^f^$wJ^9  öon 
J)aarh)eife  nebeneinanbergcfteUtcn  Silbern  au^  bem  21  unb  bem  31%  Verbreitet,  beren  bi^ 
je^t  erl^altene  ^anbjc^riftlid;e  6Eem)3lare  in  ben  Slnfang  be^  14.  ^^^J^^""^^^  hinauf*  40 
reidjen  unb  \odd)c  afö  ^3"^""^^'^'^  i"  Verfc^iebenen  ?^lograi)l;ifc^en  2lu^aben,  je  mit  la« 
teinifc^em,  beutfd;em  unb  frangöfifc^em  Sejte  (Ic^terei  bei  Sänt.  Särarb,  Les  figures  du 
Vieil  Testament  et  du  Nouvel)  öfter«}  bur^  ben  2)rudE  Vervielfältigt  irurbe.  SDer  ©e^ 
banfe  einer  berartigcn  9iebeneinanberftellung  von  SeiiSfagung  unv  (grpillung,  irelc^er  an^ 
gcblid^  Vom  2lpoftcl  be^  ^JiorbenjJ  Sln^far  ober  Von  bem  ^^egemfeer  3Jiönc^  äÖeml^erAö 
(1061—1091)  I;crrül)ren  foll,  irar  ein  in  ber  c^riftlic^cn  Äunft  von  jel^er  überlieferter. 
Sd^on  gegen  700  brachte  ber  angelfäd^fifc^e  Slbt  Geolfrib  Von  Som  gum  Sc^mudEe  ber 
Älofterfirc^e  in  ^arroto  ba^  3JJufter  eine^  folgen  Silberlreife^  mit,  unb  nod^  in  unferer 
3«t  ^at  ^ipj).  glanbrin  biefe  tieffinnige  religiöfe  ^hct  ben  ^errlic^en  SBanbmalereien  ber 
^.  ©ermain=be^''!Jir6^=Äirc^e  gu  ©runbe  gelegt.  60 

2)er  3^tefonnation  toar  e^  Vorbehalten,  bie  ganje  §S  nac^  ben  ©runbtejten  ol^ne 
©lofjen  unb  3"^^^^^"  ^^i"  c^riftlid^en  Solfe  in  bie  $ahb  gu  geben,  unb  toenn  auc^  )u 
feiner  ^cxt  Sibclejtrafte  für  ben  Jpau^gcbrauc^  fehlen  burften  (j.  S.  bie  fat^.  Bible  de 
Royaumont,  1670,  Bible  des  familles,  auö  bem  §oll.,  ©enf  1875  ff.,  6  Sbe),  fo  ift 
boc^  bie  ©efd^ic^te  ber  §iftorienbibel  Von  biejcr  ^itxi  an  abgefc^lofjen.  65 

(£.  men§  t  (<B.  »evgev). 

p'^¥(^f  gcrbinanb,  eVangelifc^er  Sibelforfc^er,  geb.  23.  ^uni  1807  ju  ^auingen 
bei  fiörrac^  im  babifdicn  Cberlanbe,  geft.  22.  Januar  1875  ju  §eibelberg.  2)er  äufeere 
Seben^lauf  bie)e<^  aus^gejeic^neten  a)tanneö,  ber  feit  1833  al^  orb.  ^rofeffor  ber  Ideologie 


168  ^\^xi 

an  ber  jungen  gürid^er  ^od^fd^ule  faft  30  ^al)x^  lang  bcr  fd^toeijcrifd^cn  Äird^e  biencn 
füllte,  btö  er  t)on  Oftem  1861  an  Umbreitg  SRac^folger  in  ^eibelberg  tourbe,  toar  nad^ 
airt  ber  beutfc^en  ©eieren  ein  jiemlic^  einfacher.  3^  entn(^me  meine  angaben  ber  Don 
3[.  §au^ratl^  gehaltenen  ©ebäc^tniörebe,  toelc^e  in  ber  S5etlage  jur  Slugöb.  2lDg.  gtg.  1875 

b3lx,  30  gebrudft  unb  in  bem  ebenfo  }}ietät^öottcn,  aber  auöfüJ^rlid^eren  SRefroIog  benu^t 
ift,  ben  Lic.  Äneudter  in  ber  ^roteft.  Äirc^enjtg.  1875,  Äol.  181—188  Veröffentlichte;  ^u 
le^terem  öer^ält  ftd^  Äneuderö  Keiner  2Iuffa|  über  §^ig  in  bem  t)on  ^iebr.  t>on  SBeed^ 
l^erau^egebenen  Sammeltoerfe  (Sabifc^e  33iograj)l^ien,  ^eibelberg  1875,  I,  ©.377—380) 
tote  ein  öom  9}erfaffer  felbft   beforgter  Stuöjug.    3"^^!^   ^^^  ^rofeffor  Äneurfer   feiner 

10  banfenötoerten  SSeröffentlid^ung  bon  §i^ig^  ^orlefungen  über  Siblif^e  2^^eologie  unb 
SKefftanif^c  ffieiigfagungen  (Äarterul^e  1880),  bie  224  Seiten  umfaßt,  aufeer  bem  8ru[t= 
Mibe  ^i^ig«  eine  „Seben^s  unb  ß^araftersSfigge"  (6.  1—35)  öorangefcl()ic!t,  ber  ali  93ci= 
lagen  nid^t  nur  bie  Segräbni^reben  folgen,  fonbem  aud^  (6. 43—64)  intereffante  8ruc^= 
Jäldte  aui  breifeig  ©riefen,  bie  §.   in  ben  ^af)xtn  1829  bi^  1871  an  feine  iante,  ^rau 

16  3liemenfc^neiber  in  ?Pforjl(|eim,  unb  an  xtoei  Jreunbe,  ben  arjt  Äaifer  in  Sörrad^  unb 
feinen  Verleger  S.  §irjel  in  Seij^jig,  gefcprieben  f^at 

Site  Sol^n  eine«  ber  rationoliftifc^en  ®enfart  l^ulbigenben  Pfarrer«  geboren,  toarb  §. 
burd^  feine  erften  Se^rer  in  biefer  Slic^tung  befeftigt.  Jlac^bem  er  auf  bem  ^äbagogium 
)u  Sörrac^  ben  Unterricht  be«  Äirc^enrate«  %,  SB.  $i$ig,  feine«  Ol^ieim«,  unb   auf  bem 

20  ©l^mnafium  ju  Äarterul^e  ben  be«  Prälaten  3-  ^-  -Ö^bel  genoffen  l^atte,  ging  er  ^um 
©tubium  ber  Ideologie  im  §erbft  1824  nad^  §eibelberg,  too  er  ben  Dr.  $aulu«  l^örte. 
lieferen  (SinbrudE  mad^te  auf  ben  1825  nac^  §alle  übergefiebelten  ©tubierenben  ber  be= 
rühmte  ©cfeniu«,  ber  il^n  bi«  Oftem  1827  in^aHe  feftl^ielt  unb  bleibenb  für  ba«  ©tubium 
be«  äU«  getoann.    ©o  Derjid^tete  benn  ber  20iäl(|rige  Äanbibat,  ber  im  $erbft  1827 

26  m  Äarteru^e  fein  ©taat^ejamen  rüi^mlid^ft  beftanben  i)attt,  auf  ben  )3raftifc^en  Äirc^en* 
bienft  unb  gog  Dftem  1828  jur  toeiteren  Vorbereitung  auf  ben  toiffenfc^aftlic^en  55eruf 
nad^  ©öttingen,  um  fic^  ^ier  befonber«  an  §einric^  Stoalb  an^ufc^liefeen,  bem  er  fjjäter 
afö  „bem  SReubegrünber  einer  SBiffenfd^aft  l^ebräifc^er  ©jjrac^e  unb  baburc^  ber  ß^egefe 
be«  aa:«"  im  §erbft  1833  fein  erfte«  größere«  SBerf  toibmete,  bie  Überfe^ung  unb  2lu«= 

80  legung  be«  ^?5ro})l;eten  ^efaja  (§eibelberg  1833,  XLII  unb  650  ©eiten  8').  2)ie«  be= 
beutenbe  93uc^,  toelc^e«  §ui)felb  (bie  ^falmen,  ©ot^a  1855,  I,  ©.  XVIII)  für  bie  bcftc 
ejegetifd^e  2lrbeit  §i^ig«  erflärte,  tourbe  in  ^eibelberg  t)erfa|t,  aber  erft  in  S^xxd)  ab- 
gef^loffen.  2)en  raf(|en  ehrenvollen  SRuf  an  bie  1832  gegrünbete  ßwric^er  Uniöerfität 
berbanfte  §.,  bem  bie  2lb^anblung  de  Cadyti  urbe  Herodotea  1829  ^uOöttingen  al« 

86  ?ßromotion«fc^rift  gebient  ^atte,  ber  an  ben  ©öttingcr  äufent^alt  ftc^  anfc^liefeenben  2^^ätig= 
feit  in  §eibelberg,  too  §.  afe  ^ribatbojent  in  ber  ti^eologifc^en  ^afultät  mitßrfolg  lehrte 
unb  burc^  gehaltvolle,  f^arfftnnige  ©c^riften  balb  bie  2lufmerffamfeit  ber  geleierten  SKelt 
öuf  ftc^  jog.  3m  ^ai^xt  1831  erfd^ienen  nämlic^  gu^eibelberg  öi^ig«  „Segriff  berÄritif, 
am  aS  jjraftifc^  erörtert"  (VIII  unb  207  ©eiten  8")  unb  „3)e«  ^^Jroj)^eten  3ona  Dralel 

40  über  3Koab,  fritifc^  öinbigiert  unb  burc^  Überfe^ung  nebft  2lnmerfungen  erläutert" 
(54  ©eiten  4'»).  '^n  biefer  2lbl^anblung  fc^rieb  §.  bie  bon  ^t]a\a  in  ^p.  15,  16  be= 
nu^te  ältere  3Bei«fagung  bem  2  Äg  14,  25  genannten  ^ropbeten  ^ona^  ^u;  boc^  be= 
gleiten  toir  gunäcbft  unferen  (Selel^rten  auf  feinem  toeiteren  Sebcn«lauf,  el>e  ic^  mir  einige 
SBemerlungen  über  bie  S5ebeutung  feiner  fc^riftftcHerifc^en  arbeiten  erlaube. 

46  ^n  S^xxd}  entfaltete  §.  eine  unermüblid^e  ßebrt^ätigleit,  bie  ftc^  nic^t  nur  über  baö 
m  unb  orientalifct^e  ©jjrac^en,  fonbem  balb  (Dgl.  31.  §au«rat^,  2).  g.  ©traufe  unb  bie 
2^eologie  feiner  3^it,  ©eibelberg  1876,  I,  ©.  412  f.)  auc^  über  bie  neuteftamentlic^en 
^cber  erftredfte.  2Bie  J?o^e  Sichtung  §i$ig  al«  3Kmfc^  unD  (Selel^rter  in  3^nc^  genoß, 
burfte   er   al«  SRcftor  ber  UniDerfttät   bei   berm   25iäl(|ngem  Jubiläum   erfal^ren.    3)er 

60  fc^neibige  unb  tü^nc  Ärititer  l^attc  toegen  feine«  felbftlofen,  e^rlic^en,  bieberen  ß^arafter« 
unb  toegen  feiner  intponiermben  ©ele^rfamteit  auc^  bei  folc^en  3wl;örem  toarme  2tnerfen= 
nung  gefunben,  bie  feiner  ti^ieologifc^en  Stic^tung  al«  einer  rabifalcn  burc^au«  ab^olb 
toaren.  2lber  auf  bie  erfcl^nte  S3emfung  nad)  2)eutfd;lanb  mußte  ber  fembeutfc^e  SKann, 
ber  offen  für  bie  SQBabl  Don  ©trauß  in  ^ixxid)  eingetreten  toar,  unb  ber  al«  ©d^riftfteller 

66  immer  unerfc^roctcn  \xd}  ju  leicht  bcbenflic^  erfc^einenbm  Slnftc^ten  befannte,  fc^r  lange 
toartm,  obgleich  er  ficb  ber  9Öie()rjal?l  feiner  beutfcben  gac^genoffm  geiftig  überlegen  toußte. 
^r  bie  Sejiebungen  Don  §.  ju  bem  toenige  äRonate  jüngeren  ©trauß  bgl.  §au«ratb 
a.a.D.  I,  ©.  194,  317,  341  f.,  347,  366,  393;  Beilagen  ©.15  ff.  26,68;  II,  ©.273, 
289.    3^  ertoäl(|ne  nur,  baß  $.  in  feinem  ©ejjaratDotum  erflärte:   „3ld^  toürbe,  toofem 

eo  ©trauß  bie  ^erfönlic^feit  ®otte«  unb  bie  inbibibueDe  gortbauer  ber  menfd^lic^en  ©eifter. 


b.  f).  bie  bciben  GJrunbfäuIcn  ber  Sleligion,  in  äbrebe  ftetttc,  il^n  nid^t  einmal  für  eine 
^rofeffur  ber  t^eologifd^en  ^ilfölriffenf^aften  in  SSorfc^Iag  ju  bringen  tüagen",  unb  bo^ 
unfer  alter  ^^eunb  unb  ©önner  Don  ©traufe  fid^  Jc^Iiefelic^  burc^  biefen  ju  ben  SRarfu^ 
löh)en  unb  gwfunftömufifem  gerechnet  \ai).  6rft  nac^  Umbreitö  (f.  b.  21.)  %o\>  burfte$. 
jeinc  Äraft  ber  ^eimifc^en  2anl>egunit)erfität  toibmen,  unb  er  Ijat  feit  1861  in  §eibeI6erg  6 
faft  14  ^af^xt  lang,  auc^  aU  bie  ^equenj  ber  bortigen  tl^eologifc^en  gafultät  unter  ben 
fird^lic^cn  SSJirren  mel^r  unb  mel^r  abnahm,  mit  unberbroffener  Streue  fein  2c^xamt  öer* 
tualtet,  inbcm  er  mgleic^  nac^  altgelro^nter  SBeife  größeren  (Sinflufe  auf  tüeitere  Äreife 
burd^  feine  fleißig  fortgeje|^te  fd^riftfteHcrifc^c  ^^l^ötigleit  ausübte. 

§.  gehörte  ju  ben  yKännern,  bie  man  nid^t  nur  au^  'if^xtn  Suchern,  fonbem  }}erfönlidb  lo 
fennen  lernen  mu^,  um  fie  richtig  5U  toürbigen.    Obgleich  er  afö   ein  burc^   unb  burc^ 
guDerläJfiger  ß^arafter  ftd^  immer  offen   gab,   toie  er  toar,   unb   aDer  SRüdftc^telei   feinb, 
toaä  xf}m  geredet  unb  toafjr  fdfjien,   ol;ne  3Jienfc^enfurc^t   au^\pxa6),  fo   trat  boc^   neben 
ber  fd^arfen  ^olemif,  toelc^e  er  mit  fauftifd^em  SBi^  ju  ühm  Derftanb,  bie  gemütlid^e,  um 
nid^t  JU  fagen  gutmütige  Seite  feinet  SBefen«  leicht  jurüct.    SBie  er  in  jeinem  Äommentor  iß 
über  hai  58uc^  2)aniel  (©.  168)  ben  fd^lec^ten  SBife  über  bie  ^^^^d^en  nid^t  ju  unter* 
brüdfen  öermod^te,  fo  begreift  e^  fic^,  ba^  er  mand^em  ßefer  ben  ©nbrurf   einer  j)ietät^ 
lofen  9?atur  mad^en  fonnte.    9Iber  bei  allem  ©Jjott  über  ba«,   hjaö   il^m  olö  ^ömmelei 
unb  3:i^orbeit  ber  3lu^leger  erfc^ien,  irar  ,p.  ein  innerlich  frommer  ÜJlenfc^;   er  l^atte  fein 
3tl  unb  bie  gange  Sibel  Don  .^er^en  lieb  unb  fud^te  an  feinem  2ieilc  bur^  feine  ©d^rift*  20 
forfc^ung  bem  9lcid;c  ©otte«  ju  bienen.    SDer  aufrichtigen  Sichtung,   toelc^e  §.  in  feiner 
Umgebung  geno^,  bie  ®egner  feiner  SHic^tung  nic^t  aufgenommen,  entf})rac^  auc^  ba«  })er* 
fonlid^e  SSertrauen,   ha^  ü)m  fein  ©rofi^erjog  jc^enfte;   biefer  öerliel^  il^m  nic^t  nur  ben 
3:itel  eine^  Äirc^enratö,   ber  fic^  fpäter  in  ben  ©e^eimcn  Äirc^enrat  öertoanbelte,  fonbem 
ernannte  i^n  auc^  brcimal  gum  2ßitgliebe  ber  ebangelifc^en  ©cneralfl^nobe  93aben^.    SBie  25 
fem  §.  Ileinlid^e  (Sitelfeit  lag,  bie  ftd^  geltenb  gu  machen  fuc^t,   jeigt  audb  bie  intereffante 
3^atfad^e,  bafe  Don  feinen  bielm  Süd^em  niemals  eine^  in  ben  litterarifc^en  2lnjeigen  ber 
i^m  bo(|  nal;e  befreunbeten  55toteft.  ^irc^engeitung  jur  Sefjjrec^ung   gebracht  h)orbm  ift. 
2)ie  entfc^iebene  ©jjrac^e,  toelc^e  §.  in  feinen  ©c^riften  gu  fül^rm  t)flegte,  erflärt  ftc^,  fo- 
tüeit  fie  ni^t  einfad^  afö  eine  il^nf  mit  Dielen  ©elebrten  aller  SRid^tungen  gemeinfame  Un-  ao 
fitte  ber3cit  ju  betrachten  ift,  ireniger  aug  einem  berec^tigtm  ©elbftgefübl  ober  aug  feiner 
5Weinung  (Segriff  ber  Äritif,  ©.  VII),  bap   mand^er  3i^^^w   ^Dein  fd^on  burd^  unums 
tounbene  8e^auj)tung   bef  ©egmteife   geftürgt  toerbe,  ate  Dielme^r  auö  ber  ^eubigfcit 
feiner  frifc^  gewonnenen  Überjeugung  unb  au^  ber  aßerbingig  mit  feinem  tai)ferm  SBage* 
mut  gujammenl;angenben,  aber  bcnnoc^  beflagen^toerlen  läufc^ung  über  bie  ©ic^erl^eit  unb  35 
bie  ©renken  be^  menfc^lic^en  SBiffen^.    2Iber§.  lernte  auc^  gerne  Don  anbem  unb  fonnte 
in  SBal^r^eit  Derftc^em  (Daniel,  ©.  VI):   „2Biber|)3ruc^,  Don  bem  angune^men,  ba^  fein 
Url^eber  bie  ©ebanfen,  über  toelc^e  er  ben  ©tab  brid^t,  auc^  felber  l^aben  fonnte  ober  jte 
gleichfalls  einmal  gefaxt  unb  Dermorfen  f)at,  toirb  mir  immer  ber  l^öc^ften  Seac^tung  toert 
fein",    eine  SBod^e  fpäter,  ate  .f).  feine  treue  Seben^efä^rtin  Derloren   J^attt,  tourbe  er,  40 
faum  Don  eigener  (Srfranfung  toieber^ergefteHt,   burc^   eine  ©el^imentgünbung  im  Januar 
1875  bem  irbifc^en  geben  cntriffen;  aber  in  ber  )3rotcftantifc^m  JBiffmfc^aft,  bie  für  feine 
grofeen  3Rängel  nic^t  blinb  ift,  toirb  er  als  einer  il^rer  ebelften  ©ö(ine  fortleben.    2)a^er 
barf   ic^   biefen  furgen  gebenSabri^  mit  ben  SBorten   fc^lie^en,   toelc^e  2:l;eob.  Äeim   im 
Januar  1875   ber  2.  Sluflage   feiner  3.  Bearbeitung   ber  ©efc^ic^te  3^fu   als  SBibmung  46 
mit  auf  ben  SBeg  gab:   „ßunt  ©ebäc^tniS  Don  ^erb.  §i^ig,  bem  fc^lic()ten  SKanne  ol^ne 
^rc^t,  bem  treuen  ^eunbe  ol^ne  galjc^,  bem  9lul?me  3ünd^S  unb  ßeibelbergS,  bem  fül^nm, 
raftlofen  Bauherrn  biblifc^er  SBiffenfcbaft". 

®el^m  toir  je^t  gu  §i§igS  ©c^riften  über,  fo  fann  ic^  ^ier  bie  auc^  bei  Äneudfer 
Dermifete  2lufgä^lung  all  feiner  gebrucftm  2lrbeiten,  felbft  ber  fleinften  2luffä$e  unmögtid^  go 
gebm.  SSieleS,  toie  bie  Don  .ö.  in  ©c^enfelS  93ibel=2eEifon,  in  §ilgenfctbS  ^tü%t}  unb  in 
bie  3^^®  eingerüdften  3lrtifel  unb  9)iitteilungen,  finbct  jeber  ©ud^enbe  leicht.  2)ie  ©c« 
toci^nung  ber  in  ©malbS  S^^^^^.  ber  biblifc^en  SBiffenfc^aft  auf  §.  bejüglid^en  ©teDrn 
(I,  ©.  llOf.;  III,  ©.229ff.;  IV,  ©.50f.;  VI,  ©.88f.,  160;  VII,  ©.  128ff.,  146ff., 
215,  242;  VIII,  ©.  165ff.,  254f.,  266;  IX,  ©.  174ff.;  X,  ©.  228;  XI,  ©.  230)66 
toirb  manchem  2efer  lieb  fein ;  abgefel;m  nämlic^  Don  bem  ^f^^d^ologifc^m  ^ntercffe,  toelc^eS 
ber  SBanbel  ber  ©timmung  bietet,  ber  (Slralb  feit  1855  in  feinem  alten  ©c^üler  §ij|ig 
einen  eckten  ©eifteSbruber  $engftmberg«  erfennen  lie^,  enthalten  jene  ©teilen  nü^lic^e 
Jloc^toeifunam  unb  tro^  beS  befannten  ©ubjeftiDiSmuS,  irclc^en  §.  toürbig  ertrug,  Dide 
objeftiD   ri^tige  Urteile,    ©c^on  ber   oben    ermähnte  „Segriff  ber  Äritif "   geigte  §i$igS  eo 


160  ^i^ig 

glänjenbc  Segabung,  aber  auc^  feine  3Kängel.  $.  tooDte  bie  ^^ejte^fcitit  unb  bie  Äritil 
ber  ©efc^td^te,  fotoie  bie  auf  beiber  Schultern  ru|enbe  fogenannte  l^ö^ere  Äritif  nic^t  nur 
in  negattDer,  fonbem  auc^  in  pofttiöer  ^orm  getrieben  toiffen,  ba  er  mit  Stecht  bie  SEritif 
für  leine  nur  gerftörenbe,  fonbem  aud^  für  eine  aufbauenbe  5IRac^t  ertlärte.  ^nU\n  er 
6  fo  ber  übertüiegenb  negativen  Äritif  be  SBette^  feine  tJofitiDe  firitif  entgegenfe^te,  ift  feiner 
grünblic^en  ®elel[irfamieit  unb  feiner  burc^  unbeftec^lic^e  SQSal^rl^eit^Uebe,  raftlofen  gleife 
unb  ungehjöl^nlic^en  ©c^arffinn  getragenen  Äombination^abe  aflerbing^  Dielet  gelungen, 
namentlich  auf  bem  ©cbiet  ber  $ejtfntil;  aber  nod^  öiel  größer  ift  bie  SKenge  ber  Don 
$.  geh)öl;nlic^   mit  grofeer  gwi^erftd^t  aufgefteflten  unl^altbaren  SSermutungen.    3"   ^^"^ 

10  ^u(|e  über  ^^a\a  betoäl^irte  fic^  §.  mit  feiner  ,,männlic^en,  marligen,  bünbigen  (Bpxad)c'' 
($u»)felb  a.  a.  D.)  alö  ein  9)leifter  in  ber  Äunft  be«  Überfe^eng.  2)ieftel  (®efc^.  be«  312, 
Sena  1869,  ©.  643,  657)  lobt  mit  ©runb  an  ber  2lu«lcgung  be«  ^efaja  neben  ber 
grammatifc^en  2lfribie  ben  feltenen  geinfinn  ^i^ig«  für  logif(|*f^ntaftifc^e  aSerl;ältniffe,  ber 
bielfac^  mu^  Slidte  eröffne,  unb  bemerft  bon  bem  ©c^arffinn,  mit  toeld()em  §.  in^infic^t 

16  ber  ^iftorifc^en  S5ejie](|ungen  Diel  genauere  Ermittelungen  üerjuc^e,  bafe  berfetbe  leichter  Sc= 
tounberung  at«  ^uftimmung  abnötige.  SDabei  tritt  ber  „9Kangel  rechter  SCiefe"  in  ber 
©rfaffung  be«  religiöfen  ©eifte«  ber  ©c^riften  bc«  311«  nic^t  feiten  unberfennbar  ^ert>or, 
tote  benn  §.  aud^  noc^  ft)äter  in  ©t)r  11,  31  ben  ©inn  finben  lonnte:  „©ott  bqa^lt 
feine  ©c^ulben;  toie  Diel  mel^r  toirb  er  feine  gorberungen  eintreiben".    3;reffenb   fd^ilbert 

20  ©ieftel  (©.  694f.),  toie  in  ß.  (2)er  «ßropl^et  Sefaja,  ©.  IX—XXXIII)  ber  alte  3latio^ 
nali«mu«,  ber  3«rael  lebiglicb  al«  orientalifc^e«  3[5olt  anfa^,  mit  ben  burc^  eine  tiefere 
})l(|Uofo}}^ifc^'l^iftorif^e  Betrachtung  ber  3fleIigion«gefc^ic^te  angebal^nten  (Srtenntniffen  ringt, 
„ol^ne  ftc^  ber  Äritit  betonet  ju  toerben,  toeld^e  biefe  an  i^m  Dolljiel^en".  Übrigen«  mu^ 
fc^on  bie  blofee  2ll^nung  ber  getoaltigen  ©c^toierigleiten,  toeld^e  ftc^  einer  toal^r^aft  toiffen= 

25  tc^aftlic^en  ©efc^tc^te  ber  altteftamentlic^en  SRcligion  entgegenfteQen,  unfer  Urteil  milbe 
ftimmen.  3)al^er  bürf en  toir  $.,  bei  bem  ber  l^ebräifc^e  ©eift  unb  ber  5!Kofai«mu«  einanber 
fc^roff  gegenüberftel^en,  feinen  aHjufc^toeren  SSortourf  barau«  machen,  ba^  fein  Dffen= 
barung«begriff  (ögl.  S^f^I^/  ®-  XXIV)  gu  äufeerlic^  gefaxt  toar,  unb  ba^  e«  i^m,  ber 
mit  Siecht  al«  ^orfc^er  burc^  bie  firc^lic^  überlieferte  ©d^ä^ung  be«  312:«  fic^  nid^t  tooHte 

30  beeinffuffen  lafjen,  toie  fei^r  er  auc^  im  allgemeinen  bie  toeltgefc^ic^tlic^e  Sebeutung  ber 
^Religion  3fwel«  anerfannte,  boc^  im  einjelnen  oft  nid^t  rec^t  gelang,  bem  etoigen  äßal)r= 
l^eit«ge{;alt  im  312:  gerecht  gu  toerben.  ©o  meinte  §i$ig  (©efc^ic^te  be«  SSolfe«  3«rael, 
©.  82),  bafe  ber  toa^re  ©Ott  „burc^  eine  ftärfere  SDentfraft"  gefunben  tourbe.  Sil«  tenn= 
jeic^nenb  für  §i^ig«  el^rlid^e  Unerfc^rodfen^eit  ertoäl;ne  ic^  feine  Semerfung  ju  gef  7, 11: 

35  ,,D^ne  c«  ju  toiffen,  fpielt  ^^\aia  f)\ct  ein  gefä^rlici[)c«  ©Jjiel ;  benn  l^ätte  3l^a«  bie  ^ro- 
i)ofition  angenommen,  fo  l^ätte  g^^oDal^  Dermutlic^  feinen  3)iener  im  ©tic^  gelaffen". 

3:ro^  ber  angebeuteten  3Jlängel  ift  ber  Kommentar  gu  Qefaja,  toeil  barin  ba«  eje^ 
getifd^sfritifc^e  ©efc^äft  mit  einer  im  ganzen  ein  befonnene«  v)lai  ein^altenben  Umfielt 
boHgogen  toirb,  too^l  bie  befte  3lrbeit  ^i|ig«.    Seiber  mu^  man  e«  mit  §uj)felb  (a.  a.  D.) 

40  Beilagen,  bafe  ber  fo  ungctoö^nlid^  begabte  ©ele^rte  immer  me^r  bie  SReigung  jeigte,  „fic^ 
in  bie  logifd^en  SSer^ältniffe  gu  Derbeifen,  fpi^finbig  barüber  ju  grübeln,  ba«  femliegenbfte 
ju  fe^en  unb  barüber  ben  näc^ften  cinfac^ften  ©inn  unb  ben  lebenbigen  öoHen  3ufömmcn= 
pang  ber  ©ac^e  au«  bem  3luge  ju  verlieren".  2)ie«  gilt  noc^  nid^t  Dom  erften  leil  ber 
in  2  ©anbeten  jerfaHenben  unb  „2)ie  ^Pfalmen"  betitelten  ©c^rift,  toelc^er  1835  gu  §eibel^ 

45  berg  erfc^ien  unb  eine  fel^r  toerlDotle  beutfc^e  Überfe^ung  nebft  fritifc^er  ^erftellung  be« 
©runbte^e«  enthält,  DoUfommen  aber  Don  bem  bie  ^iftorifd^-tritifc^e  Unterfuc^ung  bringen^ 
ben  jtoeiten  3:eit  (§eibelberg  1836),  toorin  ber  äJerfaffer  allen  6mfte«  in  ber  2)leinung, 
nic^t  fubjeftiöe,  biöinatorifc^e,  fonbem  tl;atfäc^lic^e,  objeftibe  Sritif  gu  üben,  bie  meiften 
?ßfalmen  t)on  ber  3«it  5)ök>ib«  bi«  in«  erftc  Dorcfjriftlic^e  ^öi^rl^unbert  l^erab  au«  originellen 

eo  ©rünben  ganj  genau  nac^  i^rm  Sntfte^ung«bcr^ältniffen  beftimmt,  faft  al«  lönne  er  ba« 
®ra«  toac^fen  ^ören  (Dgl.  »leef«  Einleitung  in  ba«  312,  3.  3lufl.,  ©.619  3lnm.).  Äein 
SBunber,  bafe  neben  feinm  Semertungen  ober  boc^  anregenben  ©ä^en  in  biefer  Jjofitibm 
böl(|eren  ^falmcnfcitit  maffcn^aft  bie  tounbcrlic^ften  3Serirrungen  borfommen;  toaltct  boc^ 
^ier  nic^t  mel^r  ein  befonnener,  ber  ©c^ranten   alter   gefc^id^tlic^en  SBJal^rfc^einlic^feit  fic^ 

66  Aar  betou^ter  {;iftorifc^er  ©inn,  fonbem  man  mu^  fagen,  bafe  ein  ungefunbc«,  toUfül^ne« 
^iftorifieren  auf  einem  ©ebiete,  toelc^e«  gum  größten  2:eile  über  bie  ©rengm  be«  menfc^^ 
lullen  SQSiffen«  ^inau«liegt,  fein  bel;aglic^e«  ©l^iel  treibt.  9Jlit  großer  S^\)iQtÄt  bielt  ^. 
ouc^  in  bem  toic^tigen  jtoeibänbigen  Älommentare  (3)ie  ^^Jfalmen,  überfc^t  unb  au«gelegt, 
£ei))gig  unb  ^eibelberg   1863,    1865)   ben  frül^er   eingenommenen    tritifc^en  ©tanbjjunft 

eo  toefentlic^  feft,  foba|  ^ier  leiber  biel  eble  Araft  t)erfd^toenbet  ift  (t)gl.  @.  9lie^m«  Slnjeige 


*t«i9  181 

im  ©armftäbtcr  21^233  1864,  S.98f.);  olletn  nid^t  umfonft  ^at  §.  mit  ben  bebcutenben 
9Ritteln;  bic  i^m  ^u  ©ebote  [tanben,  gerabe  auf  biefe  Sludlegung  ber  ^falmen,  für  toeld^e 
er  ba^  £o6  ber  SSoflftänbigfcit  in  änfpruc^  nal^m,  öielleid^t  md)x  gleife  ol^  auf  irgenb 
ein  anberc^  S5ud^  Dertoenbet,  benn  tro^  atter  Serfel^rtl^eiten  l^at  bie«  SJerf  im  einzelnen 
bie  ^falmenerflärung  um  ein  gutc^  ©tüd  t)orh)ärtö  gebracht  (ögl.  ©elifefd^,  S3ibl.  6om=  6 
mentar  über  bie  ^falmen,  Seijjjig  1867,  S.  VI).  3"  ö^nlit^er  SBeife  |at  ftc^  $.  burd^ 
feine  aKitarbeiterfc^aft  an  bcm  öon  6.  Jpirjel  in  £eit)jig  berlegten  „fungefa^ten  ejegetifc^ 
Öanbbuc^  jum  äi",  toelc^e«  er  1838  mit  feiner  (grflärung  ber  jtoölf  Keinen  ?ßro}}l^eten 
eröffnete  (2.  2Iufl.  1852,  3.  Sfufl.  1863),  ein  grofee«  Serbienft  ertoorben.  SRur  nod^  bie 
Bearbeitung  be^  3i^^»"^<*  (1841),  bei  toelc^em  S3u(^e  §.  noc^  me^r  ate  bei  ©jed^iel  ben  lo 
lejt  ber  LXX  überfc^ä^tc,  erlebte  eine  jtoeite  Auflage  (1866).  ©jed^iel  erfd^^ien  1847, 
©oniel  1850,  ber  ^rebiger  1847  unb  ba«  §o^eUeb  1855.  ©e^r  toertöoH  ift  bie  1854 
unter  bem  3:itel  „5Die  l3roJ)(?etifc^en  33üd^er  be^  2tl"  aU  felbftftänbige  Seilage  jum  ^anb« 
bud^e  erfc^ienene  Überfe^ung  ber  prophetae  posteriores,  unb  l^ö^^er  aU  bie  genannten 
^ile  be^  ^anbbud^e^  fc^ä^e  ic^  auc^  bie  auger](|alb  bedfelben  Veröffentlichten  Überfefeungen  15 
unb  3tuölegungen  ber  Sprüche  ©alomo«  (S^xxd)  1858)  unb  beö  S5uc^e«  §iob  (£eit)jtg 
unb  §eibelberg  1874).  Unter  ben  größeren  arbeiten  §i^ig«  ift  enblic^  mx^  feine  oud 
alabemifd^en  ^orlefungen  entftanbene  „Sefc^ic^te  be«  SSolfeö  S^rael"  (2ei))5ig  1869)  )u 
nennen,  toelc^e  in  2  leiten  ober  je  6  Supern  auf  ©.  1—320  bie  ^Ät  bon  änbeginn 
bi«  gum  ßnbe  ber  tjerfifd^en  Dberl^errfc^aft,  bann  auf  ©.  321—629  bie  geit  bon  älejan^  20 
ber  b.  ®r.  bi«  ^ur  Sroberung  5Kafaba«  im  ^af)xt  72  nac^  6^r.  bej^anbelt  unb  befonber« 
für  bie  legten  3a^r^unberte  toertbofl  ift;  eine  ©efd^ic^te  ber  ^Religion  S^raete  barin  )u 
geben,  tag  nic^^t  in  ber  abfid^t  be«  SSerfaffer«.  3n  biefer  (Sefd^ic^te  (©.  121)  le^rt  bie 
3ufammenftellung  be«  ^'?'^"^  ®en  3,  17  mit  ägovQa  toieber  mit  mand^en  feltfamenSr« 
gebniffen  au^  §i§ig^  „Urgefd^ic^te  unb  SDl^tl^ologie  ber  ^pi^iliftäer"  (SeijJjig  1845),  ber=  26 
me^rt  burc^  Diele  nic^t  Weniger  auffatlenbe  $^J)otl^efen,  j.  35.  über  bad  SerJ^ältni^  bed 
3)tofe  )u  jenbifc^er  Seigre,  unb  burc^  neue  (Srflörungen  altteftamentlid^er  äBörter  au^  bem 
©an^frit  (»gl.  ©.  42,  66,  96),  gelegentlich  aud^  au«  bem  iürlifc^en  (@.  100),  toelc^ 
too^l  für  immer  baö  Privateigentum  be«  fc^arffinnigen,  aber  bie  l^eterogenften  S)inge  toie 
in  einem  Äaleibo^Ioj)  jufammentoerfenben  ©elei^rten  bleiben  toerben.  äte  S3eijt)iel  bon  so 
§i$igg  })ofitiDer  Äritif  fei  nur  crtoä^nt,  toie  er  (®efd^.,  ©.  67,  78,  95)  bie  Seben^bouer 
be«  3Rofe«  auf  84  ^aü^xz  berechnet,  ba  bie  6j  7,  7  genannten  80  ^äi)xt  gan^  unberfäng« 
lic^  feien,  ber  SBüftengug  aber  nur  4  ^al^re  gebauert  l^abe. 

e^e  ic^  fd^liefelic^  ben  SSerjud^  tüage,  ein  jufammenfaffenbe«  Urteil  üb^  §i$ig«  Se* 
beutung  ate  ©c^rittfteller  ju  geben,  finb  noc^  einige  bi^^er  nic^t  ertoö^nte,  meift  fleinereae 
©c^riften  beiSfelben  gu  nennen.  2)te  beiben  ©enbfc^reiben  „Dftem  unb  ^Pfingften.  ^ux 
3eitbeftimmung  im  21  unb  91X"  crfd(|ienen  1837  unb  1838  ju  $eibelberg,  bie  ^um  '^ubU 
läum  ©utenbergö  Verfaßte  2)enffc^rift  „5Die  (grfinbung  be«  älpl^abet«"  1840  ju  3^«^- 
33on  ßiöig«  e})igra})l^ifc^en  arbeiten  nennt  Äneudter:  „2)ie  (Srabfc^rift  be«  3)ariu«  )u 
92affc^i^SKuftam"  (^üric^  1847);  „2)ie  ©rabfc^rift  be«  (gfc^mune^"  (Sei»)jig  1855)  unb  10 
„S)ie  3«Wrift  be^  SKefc^a"  (^eibelberg  1870).  Slud^  ber  neuteftamentlic^en  gorfdbuna 
tarn  §i^ig«  Selefen^eit  unb  iritifc^er  ©c^arfblidE  ju  gute,  unb  tüenn  auc^  ba«  35u<$ 
„Über  So^anneö  3Rarfuö  unb  feine  ©c^riften,  ober  toel^er  ^obanne«  l^at  bie  Offenbarung 
verfaßt  V''  (3ürid^  1843)  unb  ba«  ©c^riftc^en  „3ur  Äritil  ^Jaulinifc^er  ©riefe"  (2eit>jig 
1870)  bcrfc^iebene  2lufna^me  fanben  unb  jumSeil  fel^r  berechtigten  2Biberfi)ruc^,  fo  ^abcn« 
fie  boc^  förbcmb  unb  anregenb  getoirft;  vgl.  Sleefö  SSorlefungen  über  bie  2t})oIall^t)fe 
(Berlin  1862),  ©.  64,  292  f.  unb  bie  Von  §.  ^ot^mann  in  feiner  „Rritif  ber  (£})l^efer* 
unb  Äolofferbriefe"  (^eijjjig  1872,  ©.  306)  gegebenen  5Rad^h)eifungen.  äuc^  vor  Äom 
jefturen  im  31%  fct^rectte  $i^ig  feine^toeg«  jurüä;  von  allen  biefen  SSorfc^lägen  finbet  aber 
mit  Vollem  Siedet  ^ol^mann  (Einleitung  in  ba«  3fU  1892,  ©.  73)  nur  bie  SSertoanblung  go 
Von  fiav&dvovai  1  %\  5,  13  in  kav&dvovoi  (3Wonat«jd^rift  be«  toifjenfc^aftlic^en  3Ser* 
ein«  in  3"ric^  1^56,  ©.  62  f.)  frapjjierenb.  6«  toar  §.  geloi^  ein  ^erjen«anli^en,  oI« 
er  1865  ^ur  Orientaliftenvetfammlung  in  $eibelberg  (3bm©  1866,  ©.  IX)  von  ber 
©)3rac^e  Balaibalan  rebete,  bie  aff^rifc^sbabl^lonifd^e  ^orfct^ung  „Vor  bem  Weiteren  gort« 
fc^ritt  auf  Verhängnisvollem  g^^^^Ö^"  Ju  betoa^ren,  unb  auc^  feine  ©d^rift  „©t)rac^e  unb  55 
©Jjrac^en  Slff^rien«"  (2eit)jig  1871)  verteibigt  bie  Von  alten  ©ad^Iennem  Vertoorfene 
5Dieinung,  ba|  bie  ©jjrac^e  ber  Äcilinfc^riften  feine  femitifc^e,  fonbern  eine  inbogermanifc^e 
fei.  2)er  Verhängnisvolle  gif^um  toar  auf  feiten  ^i^ig«,  befjen  toiffenfc^aftlic^e«  3lnfel(^ 
über^aui)t  in  loeiteren  Äreifen  burc^  feine  unbefugte  SSertoertung  be«  ©anSfrit  unb  burc^ 
bie  3wverftd^tlic^leit,  mit  toelc^er  er  l(|anbgreifli^e  3^^^'"^'^  vortragen   fonnte,  tief  er^  eo 

9lca(«(^c9tlopäbic  ffir  ^(»coloaU  unb  IHrd^c.    3.  %.  VIII.  1 1 


162  $t^tg  ^oc^matttt 

fc^üttert  toorbcn  ift.  Site  S5ctf)3tcl  cinc^  fold^cn  S^^^w»"^  ertüä^nc  id^  .^i^tB^  2)eutun0  bc^ 
(SJcbetö  be«  ßlsai  in  ben  ,,ärabtfc^cn  änalcftcn"  unb  il^rc  gwtec^tftdlung  in  ber  ^\>m® 
1858,  S.  318  unb  712.  ^i^ig  ^altc  bie  SBörtcr  My?d^  '^Wd  Mcoiß  Ncoxt}^  Aaaol/i 
*Avr\  für  arabifc^  crflärt  unb  überföbt:  ,,ßnttoic^en,  gefd^tüunbcn  ift  ba^SBaffer  be^Slcfte^; 
6  bie  SKagere  mad^c  fett,  fpenbc!"  ä)a  lamen  ^toci  jübifc^e  ©cle^rtc  unabl^ängig  t)on  ein= 
anbcr  auf  ben  ©ebanfen,  bie  SBörter,  ftatt  mit  Jp.  öon  ber  Sinlen  jur  SRec^len,  nac^  ber 
getDö^nlid^en  SBeife  ber  femitifc^en  ©c^rift  öon  ber  9le(^ten  gur  Sinfen  ju  lefen,  unb 
fo  fanben  fie  in  «^a^  N3"^t  "^ro.  v^-^br  nnc^:  i^rö«  gam  einfache«  fogenannte«  ßl^älbäifc^, 
beffen  Überfe^ung:   „3^  V^V^  P*^  ^^  ^"^  großen  ©eric^tiStagc"  feinem  ^\ot\\A  unter* 

10  liegen  lann. 

5IRan  l^at  lein  Siecht,  $.  ate  einen  l^erborragenb  rabifalen  Äritiler  ju  bejeid^nen;  er 
betrachtet  j.  8.  ben  ®efaIog  (®efci^.  ©.  84)  ate  mofaifd^,  ift  öon  ber  (gc^tl^eit  be^  Siebe« 
ber  ®ebora  feft  überzeugt,  toenn  er  auc^  mit  bem  nüchternen  Urteil,  ba«  Sieb  fei  „un= 
freie  SRaturbic^tung,  ber  Sängerin  abgerungen  bon  bem  grollen  (greigniö"  (®efc^.,  ©.  130), 

16  feinen  SRangel  an  poetifc^em  ©efd^mad  berrät,  unb  ft)ric9t  eine  gange  SReil^e  t)on  ^falmen 
ber  öorejilif^en  '^zxi  ju,  meift  mit  befferen  Orünben,  ate  biejenigen  fmb,  tüelc^e  i^m  gur 
Slac^tüeifung  bon  ^eremih«  ©c^Iammgrubc  unb  gur  Unterbringung  ettoa  be«  falben  ^fal= 
ter«  in  ber  ÜJlallabäeriieit  bienen  muffen.  3Reine«  ©rächten«  liegen  §i^igö  bleibenbc 
3Serbienfte  l^aujjtfäc^lic^  auf  bem  rein  ^^ilologifc^en  ®ebiete  ber  2^e£tfritil  unb  ber  einjel= 

20  ejegefe.  ©etoi^  l^at  Jp.  fel^r  biele  Äonjefturen  ba  angebrad^t,  too  gar  feine  nötig  toaren; 
too  aber  toirflid^  3:ejtberberbm«  borliegt,  l^at  er  \Aix  oft  mit  glüdlic^er  §anb  ba«  ®e= 
brcd^en  gel^cilt.  3)abei  h)ar  er  toeit  entfernt  bon  bem  SBal^ne  mancher  neuerer  3;eEtfritifer, 
al«  liefen  fic^  ungegäl(|lte  ®olbIömer  ed^ter  Überlieferung  burc^  fllabifd^e«  Sletroüertieren 
o.\x^  ben  alten  Übcrfe^ungen  getoinnen;    fo   bemerft   er  in  feiner  ßrflärung  be«  Suc^e« 

26  $iob  (S.  V)  bei  aller  änerfennung  ber  ÜJleryfc^en  Slrbeit:  „Setreffenb  übrigen«  bie  ^JJe* 
tl^obe  ber  firitif,  fo  trenne  ic^  mt^  bon  9Ker|  be«  ®änglici^en;  mir  mangelt  aWut  unb 
Suft,  ben  SBagen  ^l^aeton«  ju  befteigen."  SKit  feinem  anerlannten  ®cfd^ic!  ateüberfe^er 
ftel^t  bie  oft  beflagte  3:batfaci9e  nic^t  in  SSJiberfi^ruc^,  ba|  $.  fein  SKeifter  in  lic^tt)ouer 
©arfteHung  Xoox\   bielleic^t  trug   bie  Äür^e,  nad^   toeld^er  er  im  ejegetifd^en  .t>«nb&"c^« 

80  flrebte,  nic|t  toenig  baju  bei,  feiner  Schreibart  l^äufig  ettoa«  6dtige«  ober  äJerfc^robene«  gu 
geben.  6rft  bie  3wl^unft  fann  leieren,  tüie  öiel  brauchbare  93aufteine  ^,  für  ben  lemj^cl 
ber  aBiffcnjc^aft  gebrochen  unb  jurec^tgemac^t  l^at;  ic^  befc^eibe  mic^  gerne,  ba^  manche«, 
toa«  mir  ate  „gerbrödtelnber  Se^m"  (§.  ju  ©^r  12,  12)  erfc^eint,  ftc^  fjjäter  noc^  ate 
fefte«  unb  nü|lic^e«  3Katerial  ertoeifen  mag.    läufd^e  ic^  mic^  aber  vXi/t.,   fo  irar  e«  ein 

86  getüiffer  ÜJlangel  an  common-sense,  ber  biefen  eminent  begoJbten  unb  tt)a^rl;eit«liebenben 
gorfq>er,  ber  bielfac^  aud^  burd^  feine  3^^^"^^  "od^  anregenb  toirft,  in  fo  merfmürbigem 
®rabe  baran  berl^inbert  ^at,  ein  mufterl(^after  Gjeget  unb  ein  jubcrläffiger  §iftorifer  gu 
ju  toerben.  SDer  berühmte  2luffa&  über  „2)a«  Königreich  SKaffa"  (fetter,  SE^eol.  gal^rbb. 
1844,  ©.269  ff.)  lieft  ftc^  toie  ein  ^übfc^er  3loman ;  ju  tDunberbar  fd^ön  ftimmt  l^ier  alle« 

40  Ulfammen,  al«  ba^  toir  un«  auf  bem  raul(|en  ä9oben  ber  gefc^ic^tlic^en  äBirfUd^feit  be^ 
fmben  fönnten.  2)iefer  §ang  jur  Äünftlic^feit  führte  nic^t  nur  gutoeilen  (Dgl.  ÜJli  6,  5; 
©ac^  12,  10;  §i  37,  7)  gu  ec^t  rabbinifd^en  2lu«legungen,  fonbem  lie^  ^.  auc^  gang 
leichte  ©teilen,  g.  S3.  ben  ©d^lufeber«  be«  S3uc^e«  2)anicl,  grünblid^  mi^üerftel^en  unb  in 
gufammenfaffenben  Unterfuc^ungen  bie  gröbften  9)ii|griffe  t^un.    ü)iit  bollem  Siechte  llagt 

46  gtoalb,  ba|  §.  ba«  toirflic^e  SJerl^ältni«  be«  ß^roniften  gum  ^falter  gerabegu  auf  ben 
Äot)f  ftelle  unb  in  faft  unglaublicher  SBeife  bie  erften  9  Äajjitel  für  ben  älteften  2^eil  be« 
©t)ruc^buc^e«  erfläre.  2lber  toir  bürfen  feine  Älage  barüber  führen,  ba^  ^.  nic^t,  toie 
man  e«  Don  feiner  fo  feltenen  33egabung  ^ätte  erlparten  mögen,  nod^  Diel  mel;r  geleiftct 
l^at,  al«  er  toirflic^  getrau.    Überfielt  man  im  großen  3Serlauf  ber  ©efc^id^te  berS5iffen= 

60  fc^aft,  irie  gering  ber  auf  ben  einzelnen,  auct;  ben  au«ge5eic^neten  ®ele^rten  fallenbe  än^ 
tetl  ox\,  ber  görberung  be«  ®amen  ift,  fo  bleibt  §.  unter  feinen  3^it9^"öffen  für  immer 
eine  ^erDonagenbc  ©tellung  gefiebert,  unb  noc^  auf  lange  l^in  follten  feine  gal^lreic^en 
©d^riften  für  Diele  eine  Duelle  ber  Selei^rung  unb  Slnregung  bleiben. 

^bplf  ^amti^anfeit. 

66         ^obbed  f.  3)ei«mu«  »b  IV  ©.  536, 43 ff. 

^oc^amt  f.  5Keffe. 

^oc^mattit  bon  $ol^enau(§od^enau),  (Srnft  6^riftot)^(1670— 1721).  —  §lu6et 
ben  befannten  3öerfen  Don  S(.  JRitfdjl  unb  namentlich  ^i.  öiocbel  ift  ju  üeripeifen  auf.5.3ung« 
(6tiüing«)  Xftcobalb  joioie  auf  bie  Unfc^ulbigen  iRac^ric^tcn  auf  ba«  3at)r  1708. 


^oc^matttt  163 

6g  ift  tpcntg  bamit  f^ch)onncn,  h)cnn  einem  ?lWannc  toic  §.  ba§  6ttfett  „m^^ftifd^er 
©ej)aratift"  ober  „fcjjaratifttfc^er  3}t]9ftifer"  angel^eftet  ober  ioenn  er  mit  ben  anberen  ^xu 
iKitc^riften  jufammengefafet  toirb,  bie  glcic^  i^m  bamate  in  ben  SBittgenfteinfc^en  Sanben 
eine  3^f'"^^  gefunben  f^aben.  S^  ftnb  irefentlidj)  englifd^e  (Sinjttiffe,  bie  W'ix  bei  faft 
allen  Sejjaratiften  jener  3^^*  mächtig  je^en,  unb  ^foax  bei  jebem  in  befonberer  3lrt.  ^n  6 
toelc^er  gorm  biefe  einflüfle  an  fie  gefommen  finb  unb  tüie  jeber  einjelne  fte  berarbeitct 
f)at,  baö  iftö,  iva^  Wxx  fragen  foUten,  um  fo  ernftlic^er  foDten,  aU  e^  tüieber  gerabe  eng« 
lifd^e  GinflüRe  finb,  bie  i^nen  aUjäf^rlic^  mobemc  ©egenbilber  in  unferer  5IRitte  ertpeden  — 
toiefleic^t  bie  bebeutfamfte  (Srfc^einung  ber  firc^Iid^en  ©egentoart,  aber  nid^t  o{;ne  Analogie 
in  ber  fird^lid^en  35ergangenbeit.  Seiber  ift  un^  ba«  innere  SBerben  §.«  öerfc^Ieiert  unb  lo 
fd^eint  e^  bleiben  ju  muffen,  ci^  fei  benn,  ba^  ba^  Duellenmaterial  noc^  ertüeitert  toürbe. 
gebenfaß^  tourbe  man  bei  unb  burc^  21.  ö-  tJranrfe  nid^t  ^nbejjenbcnt.  Sidf^tlic^  toar 
ba^  aber  fc^on  ber  ©tubiofu«  §.,  alfo  ber  .^.,  ber  mit  @.  Slrnolb  nod^  nic^t  in  ©emein^ 
fd^aft  ftanb.  9Ben  l^atte  er  benn  bamate  bon  englifc^en  ©d^riftfteDern  gelefen'^  tüxxUxd) 
nur  ^obarge  unb  bie  Seabe':*  3JieIIeic^t  h)irb  man  bie  ^age  rid^tiger  bapin  ftetten :  toa^  ib 
battcn  bie  Ungenannten  gelefen,  burc^  beren  perfönlic^en  ©influ^  ber  Sleuerttjedfte  fic^  ü\üa 
beftimmen  liefe?  SBeiter  toäre  ju  fragen,  tüie  ftc^  au^  biefer  eigenen  ober  frembcn  Seftüre 
im  3"fö»"^^"^i*"  "li^  ^^'^  bon  ^andEe  au^gel^enben  pietiftifd^en  3lnregung  unb  mit  §.g 
ettoa  bereite  fertiger  Sigcnart  feine  bann  eingenommene  ^ofition  berfte^en  läfet.  aber 
ba^  ift  eine  grageftetlung  ber  3"f""f*^  wnb  §.  tüirb  faum  berjenige  fein,  an  bem  fie  ^um  3o 
auftrage  lommt.  5iad^  ©oebel  lüenigften^,  bem  lüir  aUe^  gefc^ic^tlid^e  3Biffen  um  §.  ber* 
bauten,  fielet  e^  fo  au^,  alö  ob  ba^  SBerben  be^  9Wanne^  fid^  nic^t  aufhellen  laffe.  ©o 
fommen  nur  feine  ©t^irffale,  ber  ßinbrudf  feiner  ^erfönlic^ieit  unb  bie  jiemlid^  unbeut« 
lid^en  Umrifje  feiner  hjo^l  nie  ganj  auögebilbeten  Se^re  in  Betrachtung. 

Q.i  Sater,  fäc^fifd^er  3ottamtmann  in  Sauenburg,  fpäter  Ärieg^fd^reiber  in  Slümberg,  26 
lüar  Öutl^eraner,  aber  fein  SL^eib  unb  bie  Sfiatm  biefe«  feine«  jüngeren  Sol^ne«  fämtli^ 
fat^olifc^.  2!)a«  ift  nic^t  nur  ein  Äuriofum.  3)ie  fat^olifd^e  3Rutter  biefleic^t.  9lber  bie 
burc^tüeg  fatl^olifc^en  Xauf))at^en  finb  bei  bicfem  Sutheraner  bon  biogra))^ifc^em  ©etüid^t. 
2)iefe  2lnomalie  feiner  eigenen  3^aufc  l}at  e«  i^m  leid(^t  gemacht,  ©egner  ber  Äinbertaufe 
iu  toerben  unb  biefe  ©egnerjc^aft  mit  bem  ©a^e  ju  begrünbcn :  ©laube  unb  2^ufe  ge^  so 
^ören  beifammen.  Ober  ioäre  er  überl;aul3t  fatl^olifc^  getauft?  ^Jebenfatt«  genofe  er  in 
3Rümberg  lut^erifd;e  @rjiel;ung.  ©ein  älterer  ©ruber,  ber  9iümberg«  ©efc^äft«träger  am 
taiferlid)en  .§ofe  mar  unb  naö)  bem  frühen  "lobe  be«  Sater«  fein  Sormunb  tourbe,  lüoHte 
gemäfe  ben  abeligen  Irabitionen  be«  .f)aufe«  einen  ^u^iftcn  au«  i^m  machen  unb  fanbte 
i^n  ju  2:bomafiu«  nad^  §alle,  anfang«  ber  00er  ^al)xe,  alfo  nod^  bor  ber  förmlichen  86 
©rünbung  ber  bortigen  Uniberfität.  Iljomafm«'  lird^lic^e«  Urteil  lüar  bereit«  feftgclegt, 
er  tüar  f^on  bamal«  fo  geftimmt  n?ie  einige  ija^re  fpäter,  al«  er  Slrnolb«  Äe^ergefd^id^te 
mit  überfc^mänglid^er  Segeifterung  begrüßte.  2i[ber  noc^  größeren  Sinflufe  auf  p.  fd^eint 
^andfe  gewonnen  ^u  ^aben,  avi\  ben  er  felbft  feine  (Irtüectung  ^urücffü^rt,  toä^renb  er 
ben  eigentlid^en  2)urc^bruc^  einem  lüunberbaren  ©rlebni«  auf  ber  jjagb  üerbanfen  tüitl.  40 
©ein  bamal«  gefaxter  ©ntfd^lufe,  „Seib  unb  Seben,  ©ut  unb  Slut  um  ßbrifti  iritlen  gu 
tüagen  unb  babei  toebcr  ©cf^toert  noc^  gcuer,  toeber  SRab  noc^  ©algen  um  6^rifti  tüiflen 
ju  jc^euen",  braucl^t  nid^t  anjubcuten,  bafe  er  fofort  feinen  2eben«beruf  in  ber  Saienprebigt 
unb  ^©eelforge  ftatt  in  ber  ijurifterei  gefucbt  ^abe.  3^ar  Derfc^hjinbet  er,  1693  liegen 
inbc})enbentifd;er  aiu«laffungen  Don  öaüe  relegiert,  auf  Dier  ^al^re  unfercm  2(uge,  aber  45 
bafür,  bafe  er  in  ber  3^ifcf)enjieit  feine  juriftijc^en  ©tubicn  nic^t  einfad;  an  ben  ^3tagel 
gel(^ängt,  fonbent  irgenbtoie  jum  2lbfc^lufe  gebrad^t  ^aben  mufe,  läfet  fic^  ba«  Slngebot 
geltenb  machen,  ba«  noc^  1698  bon  S^lümberg  au«  an  il^n  ergieng,  bort  ©tabtft;nbifu« 
^u  tuerben.  lilad)  bem  „"I^eobalb"  tüäre  §.  üon  ben  9lieberlanben  au«gegangen.  2tbcr 
ber  umgebenbe  3"fö»n^cn^ang  ^eigt,  bafe  9iung=Stilling  ba«  nur  vermutet,  tocil  il^m  b«i 
fidlere  Äunbe  über  §.«  §erfunft  fe^lt.  ^c«^alb  empfiehlt  e«  ftc^  auc^  nid^t,  biefe  bier 
3a^re  ber  Verborgenheit  unter  Berufung  auf  3ung=©tiUing  burc|  einen  nieberlänbifd^en 
äufentl^alt  au«5u^flen.  3)a«  anber«n)o,  etlüa  in  2lltorf,  fortgefe^te  juriftifd;e  ©tubium 
^at  minbeften«  bie  gleiche  9Ba^rfcf)einlic^feit  für  fic^  h)ie  „bie  ©d^ule  ^oiret«,  in  ber  §. 
5u  feinem  eigentlid^en  Seruf  gebilbet  toorben".  66 

1697  finben  tüir  i^n  in  ©iefeen  h)ieber.  Wo  er  na^en  Umgang  mit  Slrnolb  unb 
2)i>)t)el  l)atti,  im  3;a^re  barauf  fc^en  h)ir  i^n  in  granffurt  a.  5)^  ftc^  al«  ^ubenmiffionar 
öerfuc^en.  I)a«  Ratten  anbere  tüie  ©ic^tel  unb  SBel«  bor  i^m  getban,  aber  nic^t  frember 
Vorgang  \)at  ihn  jur  3?ac^eiferung  gereijt,  fonbem  ber  Don  i^m  geteilte  6^ilia«mu«  feiner 
ftreife,  bie  bon  ber  ©efamtbelel^rung  ^^xadi  ben  2Inbruc^  be«  taufenbjä^rigen  9leic^e«  ßo 

11 


164  ^oc^mantt 

crtoartetcn,  l)at  il^n  beftimmt,  ben  2)icnft  ßl^rifti  gcrabc  an  bicfem  fünfte  auf^und^mcn. 
©ein  originelle^  Sttuftreten  in  ber  ©l^nagoge  blieb  nic^t  o^ne  ©inbrud,  aber  bon  greifs 
baren  ©rfolgen,  h)iÖ  fagen  Don  getauften  S^ben,  ^ören  Jt>ir  nic^t«.  ©eine  äu^toeifung 
auö  granffurt  fc^nitt  eine  folc^e  &xnU,  toenn  fte  über^aujjt  ju  ertvarten  toar,  ab.    ®a| 

5  er  felbft  bie  9(rbett  fc^on  l)or^er  aU  l^offnung^lo^  angefei^en  unb  be^l^alb  aufgegeben  l^obe 
(fo  fiel)J)e,  21.  |)oc^mann  in  2lbS3)  bermag  ic^  nic^t  gu  belegen.  3*^fflnö  ^äre  fte  tl^ 
atoölf  ^a\)xt  f)3äter  h)ieber  au^fic^teöoH  erfc^ienen,  alö  er  ju  $alle  in  ber  ©^^nagoge  feinen 
SJerfud^  toieber^olte.  SBie  bem  auc^  fei,  eine  aügemeine  ^Pietiftenöerfotgung,  bie  in  ^ranfe 
fürt  au^brad^  unb  'if)n  bon  biefer  ©tätte  feiner  2lrbeit  Vertrieb,  fe^te  auc^  ber  Slrbeit  felbft 

10  ein  Vorläufigem  3'^^-  3^^  ^^"^  benachbarten  3)armftabt,  Jpo^in  er  fic^  junäc^ft  hmnbte, 
tüar  feine«  Sleibenö  ni^t,  ba  ber  ßanbgraf  bon  feinen  Untertl(|anen  einen  eiblid^en  SRe^ 
ligionöret)erg  auf  bie  Augustana  »erlangte,  ben  §.  nic^t  mit  gutem  ©etoiffen  leiften 
fonnte.  ©o  jog  er  in«  SWittgenfteinj^e  na4  Serieburg  unb  fjjra^  t)on  bicfem  ftd^eren 
Slfl^l  avi^  in  gloei  ge^amifd^ten  ©(^reiben,   bie  er  aber  nic^t  unter  bie  ^ßreffe  gegeben  ju 

16  i)abm  fc^eint,  bem  gi^anffurter  ÜJlagiftrat  unb  bem  Sanbgrafen  ba«  SRcd^t  ab  ju  einer  Sn- 
toleranj,  toie  fie  fie  geübt  l^atten.  6r  fufet  barin  auf  ber  Überzeugung,  bafe  ber  bürgere 
liefen  Cbrigfeit  über^aujjt  fein  Stecht  in  ©etoiffen«^  unb  3leligion«fac^en  jufte^e.  2)iefe 
Überzeugung  mag  er  fc^on  in  ber  ©c^ule  bc«  I^omafiu«  gctoonnen  l^aben.  SBon  biefen 
^rotefteingaben  abgefel^en,   lebte  er  in  Serieburg  ber  Sefc^auung   unb  einer  2l«fefe,   bie 

30  ftc^  bi«  XU  einem  3Serfu^  bierjigtägigen  gaften«  md^  biblifc^en  5Kuftem  berftieg.  3)er 
feltfame  ®aft  blieb  aud^  im  gräflichen  ©c^lojfe  nic^t  unbemerft,  er  getoann  bie  ätd^tung 
unb  greunbfc^aft  be«  gangen  SBittgenfteinfc^en  $aufe«,  befonber«  ber  Dertoittüeten  $ebtoig 
©ol^^ie  öon  Berleburg.  Um  fo  abgeneigter  toar  il^m  beren  93ruber,  ®raf  SRubolf  3|uäij)t)e= 
93racte,  ber,  öon  feinem  ©tanbj)unfte  au^  nic^t  ganj  mit  Unrecht  —  im  §auje  9Bittgen= 

26  ftcin  finb  h)enig  fjjäter  })ietiftifd^e  SKife^eiraten  ber  xöc^ter  an  ber  3:age«orbnung  — ,  jebe 
SBcrtraulic^feit  feiner  noc^  jugenblid^en  ©d^toefter  mit  ^.  beargtüöl^nte.  5lur  gab  er  bi^em 
ebcnfo  berftänblic^en  toic  unbegrünbeten  ärgtool^n  einen  unentfc^ulbbar  brutalen  3lu«brucf. 
SOSie  e«  il^m  gelang,  §.  in  feine  (Setoalt  ju  befommen,  bleibt  bunfel.  Jpebtüig  ©o})^ie 
regierte  felbftftänbig   für  i^ren  unmünbigen  ©o^n  ßafimir,  unb   in   i^ren  Sanben   l^atte 

30  bal^er  ®raf  Slubolf  nic^t«  gu  fagen.  3)a|  er  fid^  einen  (Singriff  in  bie  lanbe«fürftlic^en 
Siechte  feiner  ©c^toefter  erlaubt  l)at,  bleibt  übertoiegenb  toa^rfd^einlic^.  ®enug,  er  lie|  ^. 
aufgeben  unb  ^ielt  i^n  in  l^arter  §aft.  ^ann  gab  er  i^n  frei,  toom  er  ftc^  nic^t  gut* 
toiltig  t)erftanben  ^^aben  h)ürbe,  loenn  fein  ©etoiffen  in  bem  §anbel  rein  gelpefen  toäre. 
2)er  SWobu«  biefer  ^eigabe  Derrät  fte  al«  3"8^fr^"^"^^  ^^  ^'^  ^orberung  eine«  ©ritten, 

86  unb  Jtüar  too^l  ber  in  i^ren  Siechten  gefräniten  ©räfin-SBittoe.  §.  tourbe  nämlic^  au« 
bem  Sanbe  getrieben,  inbem  er  ftunbenlang  bor  einem  il(|m  auf  bie  %tx\tn  tretenben  Sleitcr 
l(ierlaufen  mu^te  (1700).  3)a  er  in  Berleburg  auc^  unter  bem  ©c^u^e  feiner  regierenben 
©önnerin  nic^t  ftc^er  toar,  l^at  er,  Don  Dorüberge^enben  Sefuc^en  abgefel^en,  ba«  2anb 
gemieben,  bi«  i^m  §ebh)ig  ©o}}^ie  enblid^  1709   nac^   bem  2^obe  il^re«  ©ruber«   einen 

40  bleibenben,  bon  il^m  freilid^  junäc^ft  nur  al«  ©tanbquortier  au«genu$ten  3wPw^^^«>^^  i« 
©c^toarjenau  bieten  fonnte.  ®oebel  rechnet  bon  l^ier  ab  (1700—1711)  bieget  ber  ?ßiU 
grimage,  be«  unftäten  UmJ^erfc^tüärmen«  burc^  ganj  SBeft^  unb  Sfiorbbeutfc^lanb  fotüie 
nad^  ©üben  bi«  in  bie  ?ßfalj  unb  bi«  ?Prag.  SRid^tiger  toirb  biefe«  Sffianberleben  fc^on 
bon  1697  an  batiert,  feit  $.  tbieber  in  ba«  Stc^t  ber  ®efc^ic^te  tritt,    ©c^on  bon  ba  ob 

46finbcn  h)ir  il^n  jebc«  ^a^x  anber«h)o,  1697  in  ®iefeen,  1698  in  ^anlfurt,  1699  bon 
ba  getoic^en  unb  auf  Umtüegen  Serieburg  crreic^enb,  ba«  er  fc^on  1700  toieber  berltefe. 
®etoi^  toirb  fein  ^tinerar  fortan  noc^  betocgter,  aber  i^m  felbft  ift  e«  auc^  feitbem  nic^t 
um  möglic^ft  l^äufigen  SBec^fel  be«  Drtc«  ju  t^un.  SQ3o  er  ein  3lrbeit«felb  für  ftc^  fanb, 
toäre  er  gern  länger  geblieben,  toenn  feine  3lrbeit  gebulbet  toorbcn  tuäre. 

50  2)iefe  3lrbeit  toar  bie  Pflege  be«  innerlichen,  lebenbigen,  jjerfönlid^en  ßl^riftentume«, 
unb  bie  fcl;en  toir  Jg).  nic^t  nur  in  unfirc^lic^er,  fonbem  in  au«gefproc^en  antilirc^lid^er 
gorm  berrid^ten.  Sturere  Äir^lic^feit  unb  S3elenntni«treue  galten  i^m  nic^t  für  nic^t  au^ 
reic^enb,  bielmel;r  gerabeju  für  bom  Übel.  6«  finb  berfc^iebene  ßrtoägungen  geioefen,  bie 
bie  bamalige  ^ömmigfcit  in  folc^e  Sonnen  brängten;   tüelc^c  unter  i^nen  gerabe  bei  §. 

66  toirffam  gcioorben  finb,  lä^t  fid^  nic^t  ermitteln.  SDer  2^1^omaftu«fcf)e  ®egcnfa§  gegen  ben 
Se^rftanb  toar  ein  ^^ftor,  aber  faum  ber  au«fd^laggebenbe  unb  fieser  nic^t  ber  einzige. 
3lu«  ber  gemeinen  Duelle  be«  ©e}>arati«mu«,  bem  $oc^mut,  läfet  fic^  biefe  ©teüungnal^me 
^.«  nic^t  erflären,  benn  ber  ganje  ÜJlann  atmet  35emut,  unb  nic^t  gemachte.  Slber  and) 
ba«  toill  ftd^  gu  ber  ^eiteren  unb  gelaffenen  ärt,  toie  er  Verfolgung  ertrug,  unb  ju  feiner 

60  aJlilbe  gegen  alle  Seleibiger  nic^t  h)o^l  fc^idten,  ba^  ettoa  erft  ber  aSiberftanb  ber  auf 


^odjmaittt  165 

i^rc  au^fd^ItefeKd^e  ^rebigtbefugntö  eifcrfüd^tigen  ©ciftltd^Ieit  xf)n  erbittert  nnb  fo  ju  biefer 
©tcHungnal^me  geführt  l^abe.  (©o  ettoa  ^wwgsStiHmg.)  Ober  f)ätU  er  tt)n)a  erft  Don 
©.  ämolb  fein  antifird^Iic^e«  ©epräge  em})fangen?  6ine  Söfung  fann  man  ba«  nid^t 
nennen,  toa^  nur  auf  neue  SRätfel  fü^|rt.  .^.  eifert  öon  Anfang  an  gegen  Ätrd^entum  unb 
Crtf^obojie,  ntc^t  nur  im  fidleren  itreife  feiner  betüunbemben  2In^änger,  fonbem  er  untere  5 
bricht  bie  ^rebiger  auf  ben  Äangeln  u.  f.  to.  SJiefe  Störungen  be^  ©otte^bienfte«  trugen 
i^m,  tüie  ba^  nid^t  ausbleiben  fonnte,  mel(|rfad^  Unterfuc^ung«^*  unb  ©trafl^aft  ein,  fo  in 
9Detmolb,  $annoDer,  Sremen,  §attc,  ÜJlannl(|eim.  Die  SJetmoIber  §aft  (1702)  ift  baburd^ 
t)or  anbercn  hjid^tig,  bafe  er  i^rer  nur  gegen  ein  fd^riftlid^e«  ©laubenSbefenntniS  (9.  ©e))^ 
tember)  entlebigt  tourbe,  unfere  §auj)tqueD[e  für  baS,  t»aS  tüir  §.S  Se^re  nennen  fönnen,  10 
auSjüglic^  mitgeteilt  bei  ©oebel  unb  in  ben  Ünfc^ulbigen  9Jad^ri^tcn,  bon  $.  felbft  1703 
in  ben  2)rudf  gegeben,  in  biefer  üottftänbigen  gorm  mir  nid^t  erreichbar.  6r  befennt  fid^ 
junäc^ft  jum  3lt)oftolifum,  mufe  ftc^  aber  öon  bem  Unfd^ulbigen  9?ac^rid^ter  eine  t)er* 
fc^toommene  S^rinitötigle^re  bortüerfen  laffen,  bie  über  ber  ©ini^eit  ®otteS  bie  brci  ^ßer« 
fönen  öerliere;  bann  bel^anbelt  er  fünf  einjelt)unfte :  bie3:aufe  nur  für  bie  ©rtüad^fenen;  16 
ba«;  3lbenbma^I  nur  für  bie  auScrtoäl^Iten  S^^^Ö^^  3^f";  ^^^  SKögltc^feit  einer  boDIom« 
menen . Heiligung  fc^on  auf  Grben,  bie  er  aber  felbft  nod^  nid^t  erreid^t  ju  l^aben  befennt; 
bag  Slmt  be«  ©eifte«,  b.  f).  ba^  ßl^riftug  ate  ba«  §au^}t  ber  ©emeinbe  allein,  unb  feine 
menfc^Kd^e  Dbrigfeit,  ^rebiger  unb  Se^rcr  einfe^en  unb  tüd^tig  mad^en  lönne;  bie  Dbrigs 
feit  bem  iHeid^e  ber  Statur  ange^örig  unb  innerhalb  beSfelben  göttliche  Orbnung,  ge^or*  ao 
famStoürbig  in  ^WxU  unb  äufeerli^en  3BitteIbingen,  aber  nid^t  in  Dingen,  bie  toiber 
©otteS  aOäort,  ba«  ©etoiffen  bc^  einzelnen  unb  bie  ^Jreil^eit  ßl^rifti  ftreiten;  bie  2lpofata- 
ftaft«  auf  ©runb  bon  SRö  5  unb  1  Äo  15,  22.  Der  ©raf  mr  &xpp^,  ber  §.  gefangen 
^ielt,  fanb  biefe^  Sefenntni^  nod^  nid^t  genügenb,  fonbem  Verlangte  im  ^inblicf  auf  feine 
Safe  §ebtüig  ©ojj^ie  ober  öieHeid^t  auc^  nur  auf  ©erüd^te  Don  ©räueln  tüie  bie  Suttlar«  26 
f(^en  au^brüdtlic^  bie  ©rgänjung,  bafe  §.  auc^  nod^  feine  3tnfid^ten  über  bie  ®^e  barlegte. 
Um  biefen  ^unft  ift  e^  alfo  bem  ©rafen  befonber«  ju  tl^un  getoefen.  §inter  il^m  mag 
^.«  alter  ^einb,  be^  ©rafen  Setter  SRubolf,  geftanben  ^ben.  ^.  entfjjrac^  auc^  biefem 
änftnnen  (22.  Dftober)  unb  unterfd^ieb  fünf  Slrten  Don  ß^e:  eine  befttalifd^e;  eine  e^r» 
bore,  aber  bod;  noc^  ganj  ^eibnifc^e  unb  unreine;  eine  d^riftlid^e;  eine  jungfräulid^e  (mit  so 
einer  fog.  ß^efc^toeftcr) ;  bie  6^e  mit  ßl^rifto  bem  feufd^en  fiamme  allein.  „2Bie  bie 
3Kenfc^en  fmb,  fo  finb  aud^  iJ^reg^en."  Die«  Scfenntni«  fann  aU  pxbiat^  nid^t  „toid^tig 
fein  für  bie  Beurteilung  be«  m^ftifd^en  ©et)arati«mu«"  (fo  ßetJjje),  fonbern  nur  für  bie 
Seurteilung  §.«  unb  feiner  j)erfönlid^en  än^änger,  unb  felbft  .^.«  unterfd^eibenbc  ©igenart 
barf  faum  in  feinem  Sefenntni«  gefud^t  toerben,  mag  immer  ber  ©raf  jur  Zippt  fte  bort  86 
gefuc^t  ^aben,  al«  er  e«  il^m  ablocfte.  §.  I^at  feine  ©onberlel^ren  nie  gur  i^au>)tfad^e  ge* 
mac^t.  3SieIme^r  jielte  feine  ?Prebigt  auf  bie  ©eligfeit  }}erfönlic^er  ©emeinfc^aft  mit 
ßl^riftu«  unb  auf  bie  5Roth)enbigfeit  ber  Heiligung  burd^  benfelben  g^riftug,  ber  auc^  bie 
baju  nötige  Äraft  im  ^eiligen  ©eiftc  barreid^t.  Unb  biefe  feine  ?Prebigt  toar  fc^Iid^t  unb 
getüaltig.  ©eine  ^w^örer  glaubten  ftc^  too^I  Don  ber  ®rbe  emjjorgel^oben,  unb  e«  toar  40 
i^nen  nic^t  anber«  ju  3Rute,  ate  tüenn  ber  STOorgen  ber  ®tüigfeit  im  2Inbred^en  iräre. 
ajon  einem  folc^en  3Keifter  be«  SBorte«  ift  e«  toenig  glaublid^,  bafe  er  in  ,^annot)er,  ate 
i^m  SBorte  unb  ©rünbe  Derfagt  l^ätten,  in  ber  SSerlegenl^eit  a  verbis  ad  verbera  über« 
gegangen  fei.  Diefe  3Serfion  ber  Unfd^ulbigcn  Slad^rid^ten,  fd^on  öorl^er  münblid^  im  Um« 
lauf,  erlebigt  ftc^  bur^  bie  änmerfung  ©oebete,  ©.  825.  *ß 

Da«  gtinerar  §.«  ift  ^ier  nid^t  ju  verfolgen.  SRu^e  gönnte  er  fid^  aud^  bann  nid^t, 
ald  er  ftc^  feine  „^ieben^burg"  (1709)  erbaut  f)att^,  eine  befc^etbcne  ^ütte  auf  einfamer 
95erge«l^albe  bei  ©c^tüargenau.  3SielmeJ^r  trieb  e«  i^n  immer  tüieber  ^inauö,  bie  ^in  unb 
1^  gewonnenen  ^eunbe  ju  ftärfen  unb  ntu^  gu  tüerben.  ®in  93ebürfnig,  feinen  Slnl^ang 
JU  organifteren,  f^eint  er  n\i)t  getannt  ju  ^aben.  Darum  f)at  er  nic^t  Weniger  nad^^  60 
laltig  gewirft,  benn  ^jung^tiHing,  ber  ^  Wiffen  fonnte,  nennt  i^n,  mit  X'ippd  jufam« 
men,  „bie  ,öauj)ttriebfeber  ber  ©d^Wärmerei,  be«  ^ieti^mu«,  be«  ©eparatiömuö  unb  mit* 
unter  auc^  ba^rlid^!  be«  Wahren  ß^riftentum«  in  Deutfc^lanb".  SBol^l  aber  ift  bamit 
gegeben,  bafe  Wir  9lad^lebenben  bie  Don  i^m  angegangenen  SBirfungen  feiten  mit  ©id^er^ 
^eit  auf  if^n  jiurücfjufü^ren  Vermögen.  3*"  SBittgenfteinfd^en  Würbe  fein  ©influfe  burd^  m 
ben  anberer  ^rfc^einungen,  bie  fi^  bort  jufammenfanben,  }}aral^riert.  3Rögen  fte  aud^ 
mit  älu^Jna^me  be«  Suttlarfc^en  UnWefen«  fämtlid^  burd^  ibn  mit  angeregt  fein,  fo  treten 
fie  bod^  felbftftänbig  neben  i^n.  9Jur  am  Stiebenl^ein  laffen  fid^  feine  ©puren  genauer 
»erfolgen,  ©r  ift  ber  geiftlid^c  ©rofeöater  ^^erfteegen«  geworben,  ^m  ^ahxc  1705  fam 
er  jum  erftenmale  in  jene  ©egenben,  1709—1710  l^at  er  feinen  S3efud^  wieber^olt.    (Sr  w 


166  ^oc^matttt 

trat  ^icr  in  eine  reife  ßrnte  ein.  3Jie  5DJencniten  in  Grefelb,  bic  iJababiften  in  ÜJlüU 
l([eim,  SJuieburg,  SBefel,  bie  (Sic^telianer  unb  lut^crifd^en  SR^ftifer  im  GIcDefc^en,  bie  ^ie* 
tiften  in  ßffen,  nic^t  jum  toeniöftcn  bie  ©c^riften  fiobenftein^  unb  SJitringa^  Ratten  ibni 
tjorgearbeitet.    2Iuf  ber  erften  Steije  erlebte   er  in  2)utöburfl,   auf  ber  ^meiten   in  SBefel 

5  einen  Äonflift  mit  SKagiftrat  unb  ©eiftlidbteit.  2)ag  SDuieburger  3Ser{;ör,  über  ba^  fein 
eigener  Seric^t  vorliegt,  jeigt  feine  Äirc^enfeinbfd^aft  auf  bem  §ö^e})unfte:  SJie  5ßrebiger 
j)rebigten  öffentlich  Säfterungen,  Sügen  unb  Unlpal^rl^eiten ;  barum  ge{;e  er  nic^t  in  bie 
Sirene,  benn  er  mü^te  fonft  folc^en  ^rebigem  öffentlich  h)iberfj)rec^en ;  bie  Äirc^e  bürfe 
nur  auö  lebenbigen  ©liebem  unb  iCinbem  ®otte«  beftel^en,   toelc^e  man  an  ber  Siebe  er= 

10  fenne;  toeber  bei  ben  Sut^eranem  nod^  bei  ben  Sieformierten  feien  tiefte  be^  toa^ren 
(Sotteebienfte^  bor^anben;  barum  muffe  man  nac^  1  iio  6  au^e^en  bon  biefer  Äircbe. 
2)er  SBefeler  Streit  ging  um  einen  ©rief  §.ö  („eine«  berufenen  Jtned^te«  3i^f"  CSbrifti 
unb  untoürbigen  Wiener«  ber  aUgemetnen  c^riftlid^en  Äirc^e")  an  ba«  3}Jinifterium,  be« 
gn^alte«,   ,,bafe  atte  äußerlichen  ©eften  unb  Sieligionen  au«  ber  SSertoirrung  au«  Säbel 

16  il^ren  Urfprung  ^aben,  fintemal  gur  ^<Ai  ber  Sieformation  bie  große  S5abel  nic^t  gefallen 
ober  gar  aufge^öret,  fonbern  ftc^  nur  in  brei  Steile  geteilet  l^abe.  ©ie  möchten  fi(|  n)ol^t 
t)rüfen,  ob  fie  toal^re,  gefalbte  5|iriefter  be«  §erm  feien  i?  ob  fte  t)on  ®ott  felbft  unb  ßl^rifto 
3efu,  bem  aUerglortoürbigften  .^aujjt  ber  ©emeine,  gefanbt  feien,  ba«  6t>angelium  öon 
3cfu  Gl^rifto  an  bie  SKenfd^en  o^ne  einige«  3fnfel(|en  ber  ^erfon  ju  berfünbigenV  6r  \^ah^ 

20  bie  Seute  in  SOSefel  auf  nid^t«  anbere«  getoiefen,  al«  baß  fie  ben  ®ott,  ber  fie  gefc^affen 
l^be,  unb  ben  ^t\\xm,  ber  fte  ertöfet  i}aU,  bier  in  ber  ©nabenjeit  foDten  mit  toa^rem 
lebenbigem  ©lauben  im®runbe  be«.öerjen«  annehmen".  2In  bie  münblic^e  3Serl^anblung, 
ju  ber  §.  auf  biefen  S3rief  l^in  öorgelaben  Ipurbe,  fd^loß  fid^  ein  ©c^rifttüed)fel,  in  ben 
auc^  §.«  greunb  ^\!ppd  öon  §ollanb   au«  eingriff,  unter  bem  ^fcubon^m  Äleinmann 

26  unb  unter  ber  9)la«fe  eine«  älteften  ber  reformierten  Äirc^e.  Über  bie  SBcfeler  ^rebigcr 
unb  bie  beftel^enbe  Sirene  ergießt  3).,  toie  Da«  bon  i^m  nic^t  anber«  m  ertoarten,  bie 
gange  Sauge  feine«  ©t)otte«,  für  feinen  tjr^nb  aber  tritt  er  ein  mit  aller  Screbfamfeit, 
bie  i^m  ju  Oebote  ftanb:  er  jeige  ben  emjig  rid^tigen  SBeg,  auf  bem  ®ott  gu  finben, 
unb  fei  ber  treuefte  SRac^folger  3^fw   fl"f  "^^^  fireuge«h)ege.    2)er  ©treit  jog   fic^   lange 

ao  l^in  unb  ift  nie  ganj  jum  3lu«trage  gebracht,  ^^x  aber  ift  auc^  fj)äter  noc^  nac|  ffiefel 
gelommen,  um  bort  ba«  ßöangelium  bon  ß^riftu«  für  un«  unb  in  un«,  toie  er  e«  Der^ 
ftanb,  unter  großem  ^nlan^  gu  Jjrebigen. 

SBid^tiger  al«  ber  SBefeler  ffirc^enftreit  ift,  baß  §.  auf  feinem  gleiten  Sefud^e  am 
Slieberr^ein  (1710)  ben  Äanbibaten  Sodann  SBil^elm  §ofmann  ertoedEte,   ber  fpäter  ber 

36  geiftlic^e  3Sater  eine«  lerfteegen  iourbe  unb  für  ü)lül^eim  unb  Umgegcnb  ber  gortfefeer 
bon  $.«  SBerf.  ©er  9Kann  in  ber  „$ilger^ütte"  ju  aJlüll^eim  tourbc  ber  (grbe  be«  Sc^ 
tool^ner«  ber  „grieben«burg".  Ob  er  in  biefem  38erl^ältni«  nic^t  nur  ber  (Smjjfangenbe, 
fonbern  gugleic^  ber  ©ebenbc  getoefen  ift,  fte^t  haf^in,  3wng=©titling  nämli^  meint,  baß 
$ofmann  al«  ftubierter  3:i(|eologe  getoo^nt  geioefen  fei,  ,,ric^tiger  ju  fc^ließen   unb   gu 

40  beulen  al«  anbere  unb  al«  .{^od^mann  f eiber;  mitl^in  reinigte  er  ^oc^mann«  Seigre  unb 
9lrt  gu  lel(|ren.  2)iefer  ließ  ftd^  auc^  toiHig  unterrid^ten  unb  reifte  enblic^  felbft  gebeffert 
bon  SJlül^eim  ab".  Slun  ift  e«  richtig,  baß  toir  §.  im  testen  3Äl^^5<^)[)"t  feine«  Seben« 
milber  toerben  feigen,  aber  ob  ba«  auf  be«  jungen  «iSofmann  ßinfluß  gurüctgefübrt  tocrben 
barf,  ift  fraglic^.    ®oebel  folgt  einem  anberen  ^raigmati«mu«  unb  fc^reibt  biefe  SSJanb^ 

46  lung  Dielmel^r  bem  einjälf^gen  ©efängni«  in  Slümberg  (1708—1709)  unb  bem  beru^i= 
genben  2lufentl^alte  auf  ber  ftiHen  ^ebcn«burg  ju,  au^  feinem  reiferen  ßl^riftenalter  unb 
bem  fd^merjlid^en  (Srlebniffe  einer  ©(Haltung  unter  feinen  ätn^ängern  im  Sübingenfc^en 
unb  SßJittgenfteinfc^en.  @«  toar  ja  nur  natürlich,  baß  in  einem  Greife,  ber  bie  2^aufe  an 
ßrtoac^fenen  öoUjogen  feigen  tooute,   bie  5^age  ber  SBiebertaufe  früher  ober  fjjäter  auf- 

60  taud^en  mußte.  §.,  bem  e«  nic^t  fo  fepr  um  bie  äöaffertaufe  al«  um  bie  SJac^folge 
ß^rifti  gu  t^un  toar,  in  ber  jene  erft  ftäftig  toerbe,  ^ielt  bie  an  bem  Minbe  bolljogenc 
8ef})rengung  fc^on  für  gültig  unb  genügenb,  ioenn  nur  \pätcx  bie  ®cifte«taufe  ^ingu 
lomme  unb  ftc^  in  ber  Slad^folge  Gl^rifti  betoeife.  ©ein  öertrautefter  Slnbänger  bagegen, 
älejanber  3Jlact,  unb  mit  il^m  öiele  anbere,  forberten  Sffiieberl^olung  ber  SBaffertaufe  im 

66  ertoacbfenen  9llter,  tourben  alfo  eigentliche  SBiebertäufer  unb  brachen  barüber  gan;(  mit  ^q,, 
ben  fte  nun  einen  §euc^ler  unb  ^rrgeift  fc^alten,  toeil  er  ibre  Äonfequenj  nietet  teilen 
tooHte.  $.,  ber  an  biefer  (Srfa^rung  fc^toer  trug,  ging  ben  älbtrünnigen  bi«  in  bie 
©d^loeij  nad^,  jeboc^  t)ergeblic^:  Don  feineit  einftigen  2tn^ängern  h)urbe  er  ärger  be^anbelt 
al«  je  bon  ben  aSertretem  ber  organifierten  Äirc^e.    9lber  eben   unter  biefer  bitteren  Qx- 

eu  fo^rung  toäre  nac^  ®oebel  bie  milbere  ©eftnnung  au«gereift,  bie  §.«  le^te  S^^re  fenn= 


^oc^mantt  ^odjmitt  167 

jeic^net  unb  fic^  am  beutlid^ften  in  bcm  ©enbfc^rciben  au^  ber  grieben^bur9  Dom  3.  3)es 
jembcr  1714  auöfprid^t.  Seine  frül^ere  Äirc^enftürmerei  ift  ^ier  burd^  ben  GJebanfen  be^ 
„intoenbigen  S5abel"  übertounben.  ^^^at  bleibt  er  babei,  ba|  bie  J)roteftantifc^e  Jttrd^e 
arg  im  ißerfaH  fei,  aber  nic^t  er  toill  fte  reformieren,  öon  ®ott  ertoartet  er  Sefferung, 
eine  ^Reformation  ber  ganjen  G^riftenl^eit.  S)urc^  menfc^Kd^e  SWad^t  toerbe  „ba^  unter  6 
allen  Selten,  unter  großen  unb  Keinen,  fid^  felbft  aufgetoorfene  Sabel"  geloil  ni(^t  ge* 
ftürjt.  3)ie  3lad^e  über  S3abel  ^abe  ©Ott  ft^  felbft  Vorbehalten.  SBoDen  aber  bie  Äinber 
(Sottet  Säbel  ftürjen  l(|elfen,  fo  fönnen  fie  bie«  nur  fo  t^un,  ba|  fie  fic^  emftlic^  mit 
bereinigten  ©ebetwäften  ®otte  naiven:  er  tooHe  fic^  bo4  felbft  aufmachen  unb  loolle 
„ba«  innere  unb  au|ere  Säbel,  ba^  in  ber  gangen  SBelt,  au^  unter  ben  meiften  jjrom«  lo 
men,  bie  ftc^  rühmen  aui  Säbel  au^eaangen  }u  fein  unb  über  bie  anberen  l^oc^  l^er- 
fa^en  tootlen",  burc^  feine  gro^e  Äraft  ftünen.  —  SRic^t,  ba|  $.  in  ben  ©c^ofe  ber 
jnroteftantifc^en  Äird^e  gurüdgefe^rt  toäre.  2lber  er  toirb  bel^utfamer  in  feinem  urteil, 
bef(^eibener  in  feinen  g^elen.  3)ie  t)roteftanttfcl^e  Äird^e  ift  i^m  immer  noc^  ein  2^eil  bed 
äußeren  Säbel.  3tber  nic^t  bon  bem  gilt  e^  lo^ufommen,  fonbem  t)on  bem  intüenbi^en,  i6 
ba«  man  fo  leicht  untjerfel^en^  mit  l^inau^nimmt,  tüenn  man  ba^  äußere  berlä^  Diefer 
3Kann  ift  immer  nod^  unfird^lid^,  offen  unfir^fli^,  aber  mit  bem  Äir^enfturm  ift  e^  öor« 
bei.  6r  }}rebigte  feine  älbfonberung  md)x  „aU  nur  öon  allem,  toa&  (Sott  jutoiber".  SDa« 
le^te  überlieferte  SBort  auö  feinem  3Kunbe  toar:  „2lffe«  berfc^toinbet,  unb  nid^t^  ate^^w« 
bleibt  auc^  in  ber  ginftemi«  ba^  Sid^t."  ao 

^nfjel^n  ^af)x^  nad)  $.^  Heimgänge  befuc^te  lerfteegen  ba«  ®rab  in  ©d^loarjenau, 
unb  ba  er  einen  £eicf;enftein  t^ermi^te,  ging  er  bie  alte  ^ebtoig  @o})bie  um  einen  fold^en 
für  §.  an.  Sie  ftellte  bie  Sebingung,  bafe  2:erfteegen  bie  ©rabfc^rift  berfaffe,  unb  ot^^ 
balb  l^atte  er  ben  SReim  bei  ber  §anb: 

SBie  606$  ift  nun  ber  aR2l5R5R,  ber  l^ier  ein  Äinblein  gar,  26 

t erginnig,  üoHer  Sieb,  boc^  auc^  boH  ©lauben«  lt>ar; 
Ion  3^0*^^  Äönigd  ^rac^t  er  geugte  unb  brum  litte; 
©ein  ®eift  flog  enblic^  ^in,  unb  l^ier  gerfiel  bie  §ütte.  »»ffe. 

^oc^mitt.  —  gbenfo  toie  ba^  S33ort  2)emut  lann  bag  SBort  §od^mut  in  religidfem 
toie  e^ifd^em  ©inne  berftanben  iüerben.  Söö^renb  im  gegentoärtigen  ©})rad^ebrau(^  berao 
Untere  beborgugt  toirb,  überwiegt  im  biblifc^en,  namentlid^  312;«,  ber  erftere.  Seibe«  l^ängt 
freilid^  ena  mit  einanber  gufammen,  ba  ber  gügellofe  $oc^mut,  ber  fid^  gegen  ®ott  aufs 
lel^nt,  aucp  feine  ©t)i$e  gerftiJrenb  gegen  bie  ©efeUfd^aft  rid^tet,  unb  bie  egoiftifd^e  §offart, 
bie  fic^  feinblic^  gegen  bie  5Rebenmenfc^en  toenbet,  fid^  eben  barin  auA  gegen  ®ott  fe^ 
SBo^enb  nun  bie  gried^ifd^e  ^ömmigfeit  ber  gügellofen  ©elbftentfeffelung  ber  vßgig,  in  86 
ber  ro^e  Segierbc  unb  toilbe  fieibenf^aft  bie  bon  ben  ®öttem  aufgerichteten  Orbnunaen 
getoaltt^ätig  burc^bric^t,  bie  SRegel  ber  ma^altenben  aay^Qoavvrj  entgegenfteßt,  in  oer 
bie  überlegenbe  Semunft  angefid^t«  ber  ©egentoirfung  ber  ®ötter  ©elbftbefmnung  unb 
©elbftbefc^eibung  leiert  unb  ben  ^^rieben  ©d^ranlen  auferlegt,  fteßt  bie  altteftamentlid^e 
®ottegoffenbarung,  nad^  ber  ber  aHmäd^tige  @<^ö}}fer  unb  §err  ber  SBelt  ba«  ®ange  toie  40 
ba«  ©ingelne  lenft,  alle  ®üter  f}}enbet  unb  olle  Übel  öerl^ängt,  al«  SRic^ter  unb  Sergelter 
über  ber  Seobad^tung  feine«  SBiHen«  tüad^t  unb  in  Sarml^erji^feit  unb  ireue  bie  ©einen 
fegnet,  bem  felbftifc^en  ^oc^mut  ber  grebler  al«  normale  relwiöfe  Serfaffung  be«  ©ettffc 
gefül^l«  bie  SJemut  entgegen  (<Bpx.  8, 13),  bie  ftd^  im  Setou|tfein  ber  eigenen  ärmut  unb  ^ilf«« 
bebürftigfeit  bor  ®otte«  SKflmac^t  unb  ®nabe  beugt  „ipope  SKugen"  l^affet  ber  $err  Q>pt.  46 
6,  17.  „SBa«  l^oc^  ift  unter  ben  ÜRenfd^en,  ift  ein  ®reuel  bor  ®ott".  Sc  16,  15.  Sjjl. 
5Pf  75,  5;  101,  6;  3ef  ©ir  10,  Uff.  2)erÄoc^mut  ber©tolgen  ifk  barum X^orl^eit  (^er 
49,  16),  toeil  er  feinem  SBefen  nac^  bie  niÄertoerfenbe  ®egentoirlung  ®otte«  l^erbeigiel^t 
3ef  13,  11 ;  Cb  3).  gm  31X  toirb  ber  altteftamentlid^e  ©egenfa^  bon  §od^mut  unb 
abemut  al«  ber  ®egenfafe  ber  ©timmung  be«  ©elbftgefüi^l«  in  folfc^er  unb  toa^rer  Sie»  go 
ligioptät  aufgenommen  (Sc  1,  51.  62 ;  1  ?ßt  5,  5).  äbgefel^en  babon  aber,  bafe  er  fo 
ben  Unterfc^ieb  ber  j)l(|arifäifc^en  ^römmigleit  bon  ber  be«  SReic^e«  ®otte«  femtgeid^net, 
lann  er  im  31%  nic^t  mel^  eine  centrale  ©teile  einnel^men,  ba  gegenüber  ber  ^ftibität 
ber  ®nabe  ®otte«  in  3efu  ß^rifto  ba«  entfd^eibenbe  ®etoid^t  auf  ba«  Ser^alten  gu  i^r 
in  ®lauben  ober  Unglauben  föSt.  ^ie  ^emut  ift  alfo  \)m  bie  ben  ®lauben  unb  bie  66 
Siebe  begleitenbe  Serfaffung  be«  ©elftoefü^l«,  ba«  ftc^  fd^led^tl^in  abl(|ängig  toeife  bon  ber 
göttlichen  ®nabe,  beren  ßrfal^ng  aber  ein  freubige«,  felftgetoiffe«  Slül^men  ber  Siebe 
®otte«  nic^t  au«fc^liefet.  2)em  gegenüber  lommt  ber  ^oci^mut  religü)«  in  Setrac^t  in  gorm 
ber  falfc^en  ©elbftüberfc^ö^ung,  toeld^e  bie  ®nabe  ®otte«  in  ^^u  Gl^rifto  ablehnt,  meil 


168  $od|mitt 

bte  eingcbtlbctc  ©dbftgerec^ttgf eit  il^rer  ntd^t  bcbarf  (9Kt5,  5;  Sc  15,7),  tüeil  ber  felbfttfd^c 
Scbenötrieb  fu^  burd^  eigene  Äraft  ©ered^tigfeit  ertoerben  tüitt  (SRö  4,  2 ;  9,  31 ;  10,  3), 
toeil  man  im  Wi  ba«  $eil  fd^on  j^u  l(|aben  glaubt  (SRö  2,  17  ff.),  toeil  man  tüeltlid^e 
®röfee   ^ö^er  fc^ö^t  al«  bo«  unfd^einbare  ©bangelium  (So  5,  42.  44;  11,  48;  12, 43; 

6  SDW  23,  5  ff.)  unb  Don  trbifd^em  Olanj  ftd^  nid^t  Io«mac^en  fann  (3Kt  19.  23.  24), 
ober  toeld^e  bie  fd^on  angeeignete  ®nabe  ®otte^  gefö^rbet  ober  l)erliert,  toeil  man  ftd^  auf 
®runb  be«  gewonnenen  Seftfee«  in  falfd^e  ©ic^erl^eit  einbiegt  (Slö  12,  21;  1  Äo  10,  12) 
ober  auf  bie  bon  ®ott  em})fangenen  ®aben  ungegrünbete«  Selbftlob  baut  (9Jlt  7,  22 ; 
1  Äo  4, 7 ;  1  Äo  13, 1  ff.),  ober  ftd&  in  ben  ffial^n  be«  gertigfein«  eintoiegt.  (St^ifd^  betrachtet 

10  befte^t  ber  $od^mut  in  ber  ©elbftüberl^ebung,  bie  lieblofe  ^erabfe^ung  anberer  in  ftc^ 
fd^Iie^t,  rul^e  fie  nun  auf  eingebilbeten  Sorgügen,  auf  Begabung,  SBeft^,  ß^renfteHung  ober 
auf  religiöfer  Äräftigfeit.  3^^  offen  biefen  gormen  finbet  er  bie  Verurteilung  c^riftlid^er 
®efinnung,  jeige  er  ftd^  in  SDlienen  unb  ©eberben  ober  in  SBerfen  ober  in  %i)atm  (3a! 
2,  6  ff.  u.  f.  h).).    S)enn  er  berieft  unb  »erbittert,  fd^äbigt  alfo   bie  Siebeggefinnung  an^ 

16  berer  unb  fäet  ^^ietrad^t  unb  Unfrieben  (5pibi  2,  3).  3lm  fd^Iimmften  öon  allen  formen 
be«  J&od^mutg  i|t  ber  geiftlid^e  §od^mut  (1  5to  8,  1  ff.),  nic^t  nur  toeil  er  in  Slnbetrac^t 
beffen,  bafe  äffe  ®nabengaben  emjjfangene  finb,  in  ftc^  toiberfijrud^^boff  ift,  fonbem  befon= 
bei«  toeil  biefer  innere  SBiberf})rud^  bie  ®efal^  ber  ^euc^elei  mit  ftd^  fü^rt  (Sc  18, 11—14). 
geber  §od^mut  ftel^t  öor  bem  ^ff  (3Kt  23,  12). 

20  3!)a  bie  5RormaIität  be«  reiigiöfen  Setoufetfein«  fd^led^tl^inige«  Vertrauen  ju  ®ott  in 
ftd^  fd^Iiefet,  unb  ba  ber  ^oc^mut  folfd^e«  ©elbftbertrauen  bejei^net,  fo  ift  biefer  ein  ents 
fd^enbe«  §inbemi«  ber  Ergreifung  be«  §eite.  Der  Übergang  t)om  ©ünbenftanb  jum 
®nabenftanb  ift  ba^er,  toie  Sutl^er  im  Straftat  bon  ber  d^riftlid^en  ^ei^eit  (Dgl.  meine 
2lu«g.  ber  brei  grofeen  3fleformation«fd^riften  bon  1520,  ®ot^a  1884,  ©.  287),  befonberö 

26  in  ber  Slu^Iegung  ber  Vu^falmen  betont,  nur  boffjie^bar  in  ber  Erfahrung  be«  eigenen 
UnbermiJgen«,  in  ber"  man,  „red^t  gebemütigt  unb  ju  nid^te  getoorben  in  feinen  3lugen, 
ntd^t«  in  fid^  finbet,  baburd^  man  möge  gercd^tfertigt  unb  felig  toerben".  ^"f^^f^'^  ^^^ 
§od^mut  Unbufefertigfeit  in  ftd^  f(^Iie|t,  urteUt  Sut^er  über  il^n  (Äird^en^joft.,  $reb. 
t&er  Sc  18,  9 ff.):  „®ott  bergiebt  alle  ©ünbe,  affein  bie  ^offart  fann  unb  loiff  er  nic^t 

ao  bergeben ;  too  §offart  ift,  ba  lann  nid^t  fein  Vergebung  ber  Sünben".  SQ3o  aber  mit  bem 
negativen  5Koment  be«  ^u^ammmhxtdfza^  be«  $oc^mut«  fic^  bag  t)ofitii^e  5Koment  be« 
bertrauen^offen  Ergreifen«  be«  §eite  berbinbet,  l^at  ber  Staube  im  gufammenfc^lufe  mit 
ber  giJttlid^en  ®nabe  bie  Vejal^ung  be«  3lb^ängigleit«ber]^ältniffe«,  toelc^e  bie  2)cmut  er- 
forbert.  3)er®Iaube  fd^fie^t  alfo  ben^od^mut  fo  }}rinjij)ieH  au«,  toie  biefer  jerftörenb  auf 

86  bo«  ®Iauben«[eben  toirlen  mu|i.  Xro^bem  erzeugt  ber  ^od^mut  auf  bem  Voben  be« 
d^riftlid^en  Seben«  immer  neu  bte  felbftertoäl^Iten  Veftrebungen  einer  ba«  einfädle  ßl^riften- 
tum  Überfliegenben  felbftti^ätigen  ©eiligfeit.  Unb  ber  §od&mut  erzeugt  auf  firc^lid^em 
Soben  immer  neu  ba«  ©treben  na^  Umfe^ung  be«  Sleid^e«  ®otte«  in  ein  §errlic^Ieit«retc^ 
Don  biefer  3BeIt.    Unb  ift  in  bertoeltlid^ter  ^ömmigteit  unb  Jlirc^e  ber  ^od^mut  unau«: 

40  bleiblic^e  Äranf^eit«erfd^einung,  fo  regt  er  ftq  bei  gefteigertem  Eifer  ber  Heiligung  toieber 
im  3Sonfommen^eit«h)a^n  angeblid^er  ©ünblofigfeit.  ^arum  mac^t  Sut^er  im  großen 
Äated^i«mu«  gegen  jjeben  ?ßerfe!ti«mu«  bie  fünfte  Sitte  geltenb:  „©otd^e«  aber  fofl  nu 
bagu  bienen,  bafe  un«  ®ott  ben  ©tolj  bred^e  unb  in  ber  2)emut  ^alte.  ^tnn  er  f^at 
'iifm  fürbel^olten  ba«  Vorteil,    ob  jemanb  toöffte  auf  feine  grommfeit  })od^en  unb  anberc 

46  berad^ten,  bafe  er  fid^  felbft  anfeile  unb  bie«  ®ebot  bor  äugen  fteffe,  fo  toirb  er  finben, 
bafe  er  eben  fo  fromm  ift  al«  bie  anbem,  unb  muffen  äffe  für  ®ott  bie  gebem  nieber^ 
fd^Iagen  unb  fro^  toerben,  bafe  toir  ju  ber  Vergebung  fommcn,  unb  bente  e«  nur  nicmanb, 
fo  lange  toir  l^ie  leben,  bal^in  )u  bringen,  baf  er  fold^er  Vergebung  nic^t     bürfe." 

Eine  böffige  Verfd^iebung   erlitt  ber  Vegriff  burt^   bie  Entfte|ung  unb  äu«bilbung 

60  be«  Äatl^olici«mu«.  3"t>em  nämlidj^  burd^  ba«  ®eltenbtoerben  ber  2Iuftorität  ber  .^ierarc^ic 
unb  ber  3:rabition  an  bie  ©teffe  be«  (Slauben«gel^orfam«  im  ©inne  bon  SRö  i,  5  ber 
®el^orfam  gegen  bie  Äirc^e  unb  i^re  Seigre  trat,  erjc^ien  bieSo«löfung  bon  i^r  al«  frebel= 
bofte  ©etbftüber^ebung  inbibibueffer  2Bifffür,  ber  ^od^mut  al«  ©runbbergel^en  im  firc^- 
Kcpen  ©inne.  Unb  inbem  in  ben  mönd^ifd^en  Vereinigungen  ber  ©e^orfam  ba«  toic^tigftc 

66  Srforbemi«  ber  Drganifation  tourbe,  getoann  in  ber  ÜJlönd&«moral  bie  Demut  ben  ©inn 
be«  Verjid^t«  auf  }}crfönlid^e  ©etbftbeftimmung,  eigene«  ®etoiffen  unb  eigene  E^re,  unb 
oI«  $od9mut  galt  bie  ftd^  nit^t  einfügenbe  ©elbftftänbtgfeit.  Von  ber  fir^lid^en  toie  bon 
ber  miJnd^ifd^en  SJloral  an^  tourbe  fo  burc^  bie  UnterbrüdEung  ber  ^erfönlic^feit  bie  su- 
perbia  in  ba«  Sic^t  ber  fd^limmften,  ber  eigentlichen     SOSurjel-Sünbe  gerüdtt.    Sluguftin 

6o(8enn.  46  de  past.  )u  &}  34)  fagt  bon  ben  ©elten:  ,,una  mater  superbia  omnes 


^oc^mnt  169 

genuit  .  .  .  non  ergo  mirum,  si  superbia  parit  discissionem,  Caritas  unita- 
tem".  3)ie  obedientia  feiert  Sluguftm  (c.  adv.  legis  et  pr.  1, 14)  ate  maxima  virtus, 
afe  omnium  origo  materque  virtutum.  3BteberlS;oIt  ^at  er  bie  superbia  ateSrunb« 
unb  §aiH}tfünbe  ^tnßeftellt;  Enarr.  II  ^u^f.  18  fü^rt  er  au^,  bon  i^r  feien  atteSünben 
ausgegangen,  fte  l^abe  au^  einem  (Sngel  ben  3!eufel  gemad^t,  fte  ^abc  (toie  fc^on  Drigene«  6 
gelehrt  ^atte)  ben  ©ünbenfaD  Deranlafet,  biefer  ©ünbe  iregen  ift  ®ott  SKenfc^  gehjorben 
in  3)entut;  „propter  hoc  Vitium  dedignantur  coUa  subdere  jugo  Christi,  ob- 
ligati  artius  jugo  peecati,  non  enim  servire  non  eis  continget .  .  .  nolendo 
servire  nihil  aliud  agunt  quam  ut  bono  deo  non  serviant,  non  ut  omnino 
non  serviant,  quia  qui  noluerit  servire  caritati,  neeesse  est  ut  serviat  ini-  lo 
quitati."  §atte  f(^on  ^rubentiuS  bie  superbia  ate  ©runbfünbe  l^ingefteHt,  fo  geid^- 
nete  ®regor  fte  ate  radix  cuneti  mali.  Unb  biefe  2luffaffung  tourbe  in  ber  Sd^olafttf 
burd^  ^etruS  Somb.  in  ben  Sentenzen  burd^gcfül^rt,  tnbem  er  fte  afö  bie  erfte  unter  ben 
7  vitia  capitalia  vel  principalia  J^infteHt,  auS  benen  omnia  mala  bertoorge^en :  auS 
ber  superbia  aber  follen  bie  übrigen  6  ©runbfünben  entfjjringen ;  auf  fie  führte  er  alfo  is 
aud^  ben  %aü  ber  ^rotoj)laften  unb  toeiter  j^urüdfgreifenb  ben  %ali  beS  ieufefe  jurüdt. 

2Bcnn  nun  ^etruö  2.  bon  bem  %aü  ber  ^ßrotoplaften  urteilte,  bafe  er  toieber  gut* 
gemacht  tüerben  fonnte,  h)eil  er  unter  bem  Sinflufe  fatanif^er  SSerfü^rung  erfolgte,  öon 
bem  %aü  beS  ©atanS,  bafe  er,  ireil  nur  eigenem  antrieb  entfprungen,  enblofer  SSer^ 
bamniö  an^eimlieferte,  fo  ergebt  fid^  bie  S^ttjierigfeit,  h)ie  ein  gut  gefc^affener  (Sngel  über-  20 
^aui)t  ber  superbia  ^ugängli^  fein  lonnte.  2)a6  aber  ber  2ieufel  ein  gefallener  ßngel 
fei,  toar  fc^on  jur  ^^\t  be«  Drigene«  toeit  Verbreitete  Slnfid^t  unb  lourbe  im  ^Mittelalter 
allgemein  geleiert.  2lnfelm  in  ber  Sd^rift  de  casu  diaboli  fülS;rte  ben  goD  auf  ben 
SBillen  beS  ©atanö  jurüdf,  ber  ®ott  gleid^  fein  unb  ftc^  in  abfoluter  ©elbftftänbigfett 
über  ©Ott  ergeben  tooHte  („appetiit  illud,  ad  quod  pervenisset,  si  stetisset"),  26 
fonnte  freilid^  in  feiner  SBeife  anfc^aulic^  madfjen,  toie  ein  guter  ßngel,  bem  ®otted  Slb« 
folutl^eit  unb  Mmac^t  flar  fein  mufe,  einen  folc^en  ©ebanfen  überl^ai4)t  faffen  fönnte,  unb 
h)ie  bei  ber  rein  geiftigen  9latur  ber  ©ngel  ein  gwtereffe  beS  ©ünbigenS,  ba«  eine  au^ 
reic^enbe  2iriebfeber  ergäbe  (in  einem  commodum,  baS  einen  ^öl^eren  ®rab  ber  (Slüdfs 
feligleit  berf^jräd^e),  aufgetoiefen  toerben  lönnte.  if^oma«  bon  Slquino  erfannte  bie  l^ier  ao 
borlicgenbe  ©d^toierigleit  unb  poftulierte  bie  ©rflärung  beS  %aü^  au^  ber  geiftigen  9?atur 
ber  ßngel,  fam  boc^  aber  nur  ^u  einer  Äomt)ilation  ber  beiben  au«  ber  alten  Äirc^e  über« 
fommenen  6rfIärungSh)eijen,  inbem  er  i^n  an^  ber  9lic^tunterh)erfung  be«  geiftigen  SQSillen^ 
unter  ben  abfoluten  Spillen  ableitete,  alfo  au^  Stolj  berbunben  mit  5Reib,  ba  ber  Stolg, 
toaS  er  ift,  au^  eigener  Äraft  fein  toiH,  unb  ba  ber  SReib  baS  ®ute  an  anberen,  ba«  er  s6 
afö  t)erfönlic^eS  ,f>inbemi«  anfielt,  nid^t  leiben  lann:  ber  ©atan  tooHte  fein  h)ie®ott  unb 
göttliche  ©eligfeit  l;aben  burc^»  feine  eigene  SRatur.  S5ei  einem  ßngel  aber,  ber  bollenbete 
®üte  unb  ©eligfeit  ^at,  unb  ber  in  boHenbeter  Slnfc^auung  ber  göttlid^en  §errlid^feit  ftel^t, 
läfet  ftd^  mit  folc^en  SluSfagen  ebenfotoenig  eine  SBorfteDung  berbinben,  toie  mit  ber  Seigre, 
bafe  aus  folc^em  ätnlafe  ein  guter  (Sngel  xu  ber  baö  Söje  ate  folc^eS  ttJoHenben  SBelt*  40 
mad^t  getoorben  fei.  Äann  man  mit  bem  Segriff  guter  6ngel  nur  ben  natürlid^er  3)emut 
tjerbinben,  unb  behält  ber  §oc^mut  ftetS,  ba  er  nur  unter  ben  Sebingungen  beS  ftofflid^cn 
Organismus  erflärlic^  ift,  einen  ftnnlid^en  Älang,  fo  toerben  burd^  bie  3wriidffül^rung  beS 
JaHS  beS  ©atanS  auf  bie  superbia  bie  borliegenben  ©d^toierigfeiten  nid^t  gelöft.  6S  ift 
baS  ein  $unft,  an  bem  bie  ?lWangell^aftigfeit  ber  mittelalterlid^en  ^onerologie  unb  bie  46 
unrichtige  ßinglieberung  beS  ^od^mutS  gu  Jage  tritt.  2Benn  trofebem  alt})roteftantifc^e 
3)ogmatifer  teilloeiS  auf  bie  fd^olaftifc^e  aibleitung  beS  gallS  ber  Böfen  ßngel  auS  su- 
perbia ^urücfgrtffen  (Saier,  Comp.  th.  pos.),  fo  gefd^a^  eS  auS  SRatloftgfeit  (93ater: 
qualenam  fuerit,  non  satis  darum  est)  bei  ber  Serlaffenl^eit  bon  ©c^riftauSfagen. 
2)ie  neuere  3;^eologie  l^at  erfannt,  ba^  bie  ^eilige  ©c^rift  über  einen  gaH  beS  ©atanS  60 
unb  feiner  ßngel  nichts  Ic^rt.  3lber  ber  ©ünbenfaH  ber  ^rotoplaften  toirb  nod^  öielfadj^ 
an^  ^oc^mut  („fein  trotten  tüie  ®ott") 'abgeleitet,  toobei  freiließ  baS  ju  ©rflärenbe  jum 
grflärungSgrunb  gemad^t  toirb:  benn  toenn  bie  ®ntftel^ung  ber  ©ünbe  erflärt  toerben  fott, 
unb  ber  ^od^mut  jtoeifelloS  ©ünbe  ift,  fo  mü^te  ja  bocp  aufgezeigt  toerben,  too^er  ber 
.^oc^mut  entftanben  ift.  66 

33eftel^t  baS  SBefen  ber  ©ünbe  in  ber  ©elbftfuc^t,  bie  tjermöge  beS  ®egenfa^eS  beS 
3biocentrifd^en  unb  i^eocentrifd^en  il^re  ©t)i^e  gegen  ®ott,  t)ermöge  beS  ®egenfa|eS  beS 
ßgoiftifc^en  unb-beS  3lltruiftifrf)en  gegen  ben  SRäc^ften  feiert,  fo  ift  ber  §oc^mut  feine 
ft)ejiette  ©ünbe  nad^  ber  einen  ober  ber  anberen  Slidjitung,  fonbem  bejeid^net  in  beiben  Se^ 
gie^ungen  bie  ©t)iegelung  ber  eigenen  ßuftänblidj^feit  im  ©elbftgefü^l,  nac^  toelc^er  biefer  eo 


170  $od|mttt  $obge 

ein  SBcrt  jugcfc^ricbcn  toirb,  b'er  i^r  in  SBirflic^feit  nid^t  julommt.  ©otoo^I  in  bcr  nega^ 
tiben  ^rm  bcr  abgefc^Ioffeneren  ^uriid^altung  toie  in  ber  ^ofitiDen  gorm  ber  Stufecrung 
b'urc^  ffiSort  unb  X^at  fann  ber  §oc^mut  fojialer  (auc^  l^oKtifc^er),  moralifd^er  unb  rcli« 
ßiöfer  ärt  fein    unb  fann  in  bi^en'2(rten  fel^r  öerjc^iebene  ü)lifc^ungen  eingel^en.    ©er 

5  fojiale  Jpoc^mut  flü^t  ftc^  auf  enblid^e  ©üter  ober  Sc^eingüter ;  in  3Serbinbung  mit  3Sof)U 
tooHen  ift  er  ^erablaffung.  3)er  moralifd^c  ^oc^mut  giebt  ftd^  ate  3:ugcnbftoIj  unb  ©clbft^ 
gerec^tigleit,  in  feiner  Äel^rfeite  aU  libertiniftifd^e  ober  ftarfgeiftige  SÖIafierl^eit.  3)er  reli* 
giöfe  §oc^mut  jeigt  ftd^  nad^  ber  einen  ©eite  im  2)ünfel  ber  fultifc^en  Seiftungen,  ber 
grömmigfeit,    bcr  aSoHfommen^eit  ober  im  3leIigion^=,  Äirc^cn^  unb  ©eftcnftolj,  nad^  bcr 

10  anbercn  ©eite  in  fjjöttifd^er  (SIeicbgiltigfeit,  frechem  %xo^  unb  Säfterung  ©otteö.  3luf 
d^riftlic^em  S5oben  ift  ber  geiftlic^e  §o^mut  nidfjt  blofe,  toie  SButtlc  meint,  „baö  lüg^ 
ncrifc^c  $od^en  auf  ben  öermeintlid^en  93efi^  bcr  ©otteefinbfc^aft  bei  noc^  unbcfel^rtem 
§crjen",  fonbem  fann  aud^  bei  h)irflic^cr  Sefefirung  ftatt^aben,  ift  aber  in  iebem  %aU 
pxx  ben  S5eftanb  beg  ©laubenölcbcn«  gefä^rlic^,  al«  bem  ©nabenftanb  in  ftc^  tt)iberf})re(^cnb 

15  (1  Ro  4,  7  f.).  ß-  ßemmc. 

^obgr,  ei^arH  geft.  1878.  —  The  Life  of  Charles  Hodge,  DD.  LL.  D.,  $rofcffor 
in  the  Thcological  Semioary  Princeton,  N.  J.,  By  his  Son  A.  A  Hodge,  iWcro^orf,  Charles 
Scribners  Sons  1880. 

Äarl  §obge  tourbe  um  bieSBenbc  beg  27.  unb  28.  ©ejembcr  1797  in  ?ßl^ilabclj)]^ia, 

2o5pa.,  geboren.  6r  entftammte  einer  im  5!ö^rc  1730  au«  ^rlanb  eingeJüanbcrten  gamilic. 
©ein  3Sater,  ber  ftc^  toä^renb  be«  Unab^ängigfeitigfriegc«  al«  Slrjt  au^ejeid^net  l^attc, 
bon  ben  (Snglänbcm  jum  Äriegggefangenen  gemacht,  auf  ®corg  SBafl^ington«  3ntcrt[)ention 
befreit  toorben  toar,  ftarb  bereit«  1798,  bie  ©attin  mit  jtoci  Änaben  t)on  2  3a^ren  bcjU). 
6  9)ionatcn  jurüdtlaffenb.     3)ie  beiben   ©ö^ne  erfreuten   fi(^  bcr    trcuften   mütterlichen 

2ö  ©orgfalt.  2)cn  erften  ©d^uluntcrric^t  em)3fingcn  fie  in  5piS;tIabeIJ)l^ia,  auf  2Inorbnung  ber 
SWutter  lernten  fie  ben  SQSeftminfter  Äated^i^mu«  auötocnbig,  ben  bcr  gamiIiei4)aftor  Dr. 
Slf^bcC  ®reen  i^nen  abl^ören  mufetc.  3^  ^Cii}x^  1810  ging*«  nad^  ©omert)iIIc,  5R.  3v 
in  bie  Satcinfd^utc,  1812  im  ^l^ja^rc  nac^  ?ßrinccton,  too  5?arl  ipobgc  in  bie  ätabcmic 
eintrat,  toelc^e  er  im  ©c})tcmber  bc«  gletd^cn  ^a\)xt^   mit   bem  ßoUcg  öcrtaufd^te.    3lm 

80  13.  Januar  1815  legte  er  ein  öffentliche«  ©Iauben«befenntni«  ob  unb  fc^Iofe  fic^  ber 
}}re«b^terifc^cn  ©emeinbc  al«  ©lieb  an.  3"^  ^a!f)xt  1816  tourbe  er  in  bem  Dier  ^a!l)xz 
öor^er  gegrünbeten  t^cologifc^en  ©eminar  in  ^Princeton  immatrifuliert ,  an  tocld^cm 
Dr.  9lrc|ibalb  2llejanber  unb  Dr.  ©amuel  SKiHer,  gtoei  ÜJlänner  Don  großer  ©clcl(|rfams 
feit  unb  l^crjlic^er  ^ömmigfeit,  al«  ?Profefforen  toirften.     2)er  ßrftcrc  ^atte  ftc^  um  Äarl 

HB  $obgc  fd^on  licbcDott  angenommen,  folange  biefer  noc^  im  EoHeg  ftubierte,  er  leitete  feine« 
(§ct;üler«  tl^eologifd^c  ©tubien  unb  na^m  ibn,  nod^  cl^c  berfelbe  ba«  ©d^Iu^CEamcn  ab- 
gelegt l^tte,  jum  5Jlitt)rofeffor  in  äuöftc^t. 

2lm  27.  ©e})tember  1819  beftanb  öobgc  ba«  ©jamen.  hierauf  ging  er  nac^ 
?P^iIabel))l^ia,   too  er  auf  SBunf A  be«  Dr.  älcjanber  bei  ^rofeffor  Sanf«  nod^  eingel^enb 

40  §ebräifcl^  ftubierte,  nebenbei  and)  fein  Söiffcn  im  ©riec^ifc^en  bcreic^ernb  unb  auc^  in 
mebijtnifc^en  gäd^em  ancrfennen«h)erte  Äenntniffe  fic^  crtoerbenb.  ^m  Sö^rc  1820  tourbe 
er  gum  Slfftftcntcn  für  bie  ©runbf)3rad^en  ber  93ibel  am  ti^eologifc^en  ©eminar  in  ^rim 
ceton  ernannt,  1822  tüurbe  er  bon  bcr  ©eneralbcrfammlung  ber  j)re«b^terifd^en  Äirc^e 
gum  ^rofcffor  für  oricntalifc^e  unb  biblifc^e  ßitteratur  beförbert. 

46  6r  toarf  fic^  nun  auf  umfangreid^e  ©tubien.  SBä^rcnb  er  3SorIcfungen  über  ben 
SRömerbrief  unb  bie  Äorint^erbriefe  ^ielt  unb  Slbl^anblungcn  über  ben  Urfprung  ber  ©t)rac^e 
unb  bie  ©runbfö^c  ber  ^ermencutif  fd^rieb,  ftubierte  er  ^cbräifd^,  ©torifc^,  2trabifc^, 
^angöftfd^  unb  SJcutfc^.  ®ie  le^tgenanntc  ©J)rac^e  mag  il^m  fauer  genug  getoorben  fein; 
er  nennt  fte  eine  „exceedingly  difficult  language"  unb  fc^reibt  einmal  öon  „thedull 

60  task  of  learning  German".  3!)oc^  ^at  i^m  bie  aufgelranbte  5Kül^e  bie  fc^önftcn 
^c^te  getragen,  ^m  ^af)xc  1825  grünbctc  er -bie  g^tfc^rift  „Biblical  Repertory,  a 
collection  of  tracts  in  Biblical  Literature",  bie  er,  tciltoeifc  in  SSerbinbung  mit  an= 
beren  Sil^cologcn,  unter  me^rfad^  ücränbcrtcm  5Ramen  (1829 :  „Biblical  Repertory,  a 
Journal    of    Biblical    Literature  and    Theological    Science",    1830:    „Biblical 

66  Repertory  and  Theological  Review",  1837:  „Biblical  Repertory  and  Prin- 
ceton Review)  l^crau«gegcbcn  unb  ju  tüclc^cr  er  felbft  im  ganjen  142  JÄrtifcI  bei- 
gcftcuert  bat 

3n  bem  ©efül^Ic,  bafe  il^m  ju  einem  gebei^Iic^en  SBirfen  noc^  öiel  fcl^lc,  bat  ßobgc 
im  ^al^re  1826  um  einen  {tocijä^rigcn  Urlaub,  ber  i^m  auf  93e^rtPortung  feiner  beiben 


^obge  171 

ÄoHcgeii  bercittDilliöft  ßcitjä^rt  iüutbc.  2)tcfcn  Urlaub  bcnu^tc  er  ju  einer  6uroj)areife. 
3)en  SBintcr  1826  27  brad^te  er  in^ari«  ^u,  h)o  er  bei  ^rofeffor  2)e®ac^  ärabifc^  unb 
©^rifc^  ftubierte.  S)aö  eommerfemefter  1827  Ijerlebte  er  auf  Dr.  3flobinfon«  (f.  b.  31.) 
SRat  in  §allc  unter  eifrigen  ©tubien  bci®efeniu^,  SWeifig,  2)]^oIuI,SBe0fc^eiber;  ber  fpätere 
SBaifentiater  in  SBriftoI,  ©eorg  9JJüIIcr,  \vax  fein  3l"ftniftor  in  bcutjc^er  ©^rarf^e.  3Rit  o 
3;l^oIuI  fnü))fte  .^obge  inniae  Jreunbfc^aft  an,  bie  toäl^renb  be^  ganzen  Seben^  beiber 
3Känncr  anbauerte.  ^m  Drtober  toanbte  er  fid&  nad^  Berlin.  2)ort  lebte  er  im  Um« 
gange  mit  Otto  unb  Subtoig  i?on  ©crlad^,  33aron  Äotttüi^,  ^rofeffor  ^oUtoeg,  Ijor« 
jüglid^  aber  mit  9?eanber  unb  §cngftenberg  (f.  Sadj^mann,  Seben  §engftenberg^  11,  ©.30). 

3lai)  einer  Sleife  burc^  ganj  3)eutfc^lanb,  ©d^toei^,  granfreid^  unb  ßnglanb  fe^rte  lo 
§obgc  im  .^erbfte  1828  nac^  ^ßrinceton  jurücf.  ©e^r  jur  fjreube  feinet  Sel^rerd 
Dr.  Sllejanber,  ber  in  beftänbiger  Slngft  gefc^tüebt  ^atte,  fein  ©d^üler  möchte  in  2)eutfdS>s 
(anb^  ,/giftiger  3ltmo(})^äre"  ein  SRationalift  tüerben,  War  ber  ^\imiQdtl}xt^  bem  alten 
©lauben  treu  geblieben  unb  beabfic^tigte  nun,  auc^  feine  ©c^üler  in  jold^em  ^u  lehren. 
@r  begann  mit  einer  33orlefung  über  bie  (iraftifc^en  SBal^rl^eiten,  »Deiche  bie  Umftänbe  is 
frember  ©taaten  unb  Sänbcr  il^m  eingejjrägt  l^atten.  6r  prie^  barin  ba«  in  Slmerila 
Ijorl^errfc^enbe  Scftreben,  bie  Set^ölferung  aller  ©tänbe  geiftig  ju  ^eben  unb  bie  Rirdj^e 
freijufeien  Ijon  ben  Seffeln  be^  ©taate^.  2)abei  fe^le  freiließ  bie  religiöfe  älu^bilbung  ber 
Sugenb,  h)ie  fie  in  S)eutjc^lanb  ju  finben  fei.  ©eine  2;^ätigfeit  erftrecfte  fid^  bann  auf 
orientalifd^e  unb  altteftamentlic^e  Sitteratur,  neuteftamentlidj^e  Sitteratur  unb  Sibelhritif,  20 
Unterridj^t  in  ^ebräifc^er  @pxai)t,  §ermeneutif,  f^ejielle  Einleitung,  ^eilige  ©eograp^ie, 
ßtegefe  be^  31  unb  31%^.  Der  3lnfängerflaffe  be^  Seminar^  ^ielt  er  fünfjig  '^aifxt  lang 
SSorlefungen  über  bie  paulinifc^en  ©riefe.  2lufeerbem  jjrebigte  er  in  ber  Äirc^e  be« 
©täbtlein^  unb  im  Oratorium  be^  ©eminar^.  ©eine  5Prebigten,  bie  er  feiten  frei  \)\At, 
foHen  äu^erft  anjiel^enb  unb  oftmals  t)on  Jjacfenber  ©etoalt  getücfen  fein.  25 

3m  3a^re  1834  erhielt  er  ijon  SRutgerä  ßollege,  9?eU)  »rungtoitf,  9?.  3.,  ben  litel 
SJoftor  ber  it^eologie.  ^m  9Jtai  1840  h)urbe  er  jum  ^rofeflor  ber  f^ftematifc^en  2;i^eos 
logie  ernannt,  bie  gäd^er  ber  biblifc^en  unb  orientalifc^en  Sitteratur  gab  er  an  3<>f^^ 
aibbifon  aileranber  ab.  Slufeerbem  befleibetc  er  eine  Sln^abl  toic^tiger  SertrauenöfteDungen 
in  feinem  Äirc()enlörj)er.  1868  jog  er  [xd)  l)on  ber  Slebaftion  be«  „Repertory"  jurücf,  so 
1872  feierte  er  unter  h)ettrei(|enber  Slnteilnal^me  fein  fünf^igjäl^rigeg  Jubiläum  afe 
^rofeffor  am  ^rincetoner  tl^eologifc^en  ©eminar,  1877  übergab  er  feine  5Profeffur  an 
feinen  ©o^n  3t.  31.  §obge,  h)eld^er  fcfion  feit  mehreren  ^Qi)xm  fein  ®el^ilfe  gehjefen  toar. 
3lm  19.  Sw'^i  1^78  ftarb  er  mit  bem  2;rofte:  „3lufeer  bem  Seibe  fein  ^ei^t  beim  §erren 
fein,  beim  Ferren  fein  Reifet  ben  §enen  fe^en,   ben  Ferren  feigen  Reifet   i^m  gleich  fein."  as 

2)ag  geben  biefe^  9Jianne^  flo^  bal^in  h)ie  ein  ©ilberftrom.  2)ie  §anb  be«  ^öd^ften, 
ber  er  alle^  an^eimfteUte  toon  frü^efter  3^0^^  <^"/  W  i^^  ficbtlic^  freunblic^  geleitet, 
^eilic^  fehlte  e^  auc^  nic^t  an  Seib.  ©d^on  in  feinen  jungen  ^a^ren  feit  1822  ber* 
fjpürte  er  in  feinem  rechten  Seine  eine  getDiffe  ©c^tüäd^e,  bie  i^n  am  ©e^en  be^inberte. 
2)a«  Übel  i?erfcf|toanb  faft  t^öHig  n)äl^renb  feine«  3tufen^alte«  in  6uro}3a,  fo  bafe  er  ol^ne  40 
Sefdj^tüerben  in  ber  ©d^^toeij  93erge  befteigen  lonnte.  (Srft  im  ^al^re  1833  trat  ba«  Uebel 
in  ein  afutc«  ©tabium.  ^^ünf  ^ai}xc  lang  fonnte  er  gar  ni^t  ge^en.  3la^  i?iclen  er* 
folglofen  §eiltjerfud^en,  teitoeife  befd^merlic^en  Auren,  begann  feit  1838  burc^  toarme 
8äber  unb  falte  2)ujd^en  ba«  Übel  ju  fc^tüinben,  fo  ba^  c^obge  tüieber  in  ©ebrauc^  feine« 
Seine«  fam.  greilic^  beburfte  er  hjäl^renb  feine«  ganjen  ferneren  geben«  eine«  ©torfe«i6 
Ol«  ©tü^e. 

3m  ^a\)xt  1849  ftarb  feine  ^^au,  eine  Urenfelin  Senjlamin  ^anflin«,  mit  ber  er  feit 
1822  verheiratet  getoefen  h)ar;  im  '^ai}xt  1852  ging  er  eine  neue  &)t  ein  mit  einer 
^eunbin  ber  ijerftorbenen  ©attin. 

9Son  §obge«  geiftungen  ift  fein  SSirfen  al«  t^eologifc^er  gel^rer  obenan  ju  nennen.  50 
@r  ftcllte  bie  Ideologie  in  ben  S)ienft  be«  ©lauben«  unb,  fo  fe^r  er  auf  grünblid^e 
Äenntniffe  brang,  ging  il^m  bie  Srjie^ung  feiner  ©tubenten  ju  lebenbig  gläubigen 
^rebigern  über  alle«.  SSon  feinen  Sorlefungen  rühmen  feine  ©cfiüler,  fte  feien  flar,  auf- 
richtig, fc^riftgemäfj,  gcifterfüÜt  geioefen.  ©ie  nennen  feine  3:^eologie  eine  cfiriftojentrifc^e. 
35ie«  gieltborjüglic^bon  feiner  f^ftematifd^en1beologie,beren3nM^  er  nodf^  in  feinem  ^o^en  66 
Sllter  (1868—1872)  für  ben3)rucf  au«arbeitetc  (Systematic  Theology,  erfc^icnen  1872). 
3)a«  9Berf,  ba«  er  bann  aud^  feinen  2?orlefungen  ju  ©runbe  legte,  ift  Ijollftänbig  im 
©tnflang  mit  ßaltoin«  Ibeologie  unb  ber  SBeftminfter  Sonfeffion  gefcbrieben.  6«  umfaßt 
nac^  einer  ßinleitimg  über  93{et^oben,  2J;eologie,  9lationali«mu«,  5R^fti5i«mu«  i?ier  2;eile; 
eigentliche  X^eologie,  3lnt^roj)ologie,  ©oteriologie,  (S«c^atologie.  @ine  au«fü^rlic^e  Se^anb^  co 


172  ^obge  ^0e  tiott  ^9tttegg 

tung  bcr  Seigre  \>on  bei  ÄtrdS^c  fel^tt  barin;  in  bem  Seftreben,  baö  2öcrf  auf  bic 
§ö^c  ber  S}^i  ju  führen,  fmb  manche  ber  neucften  (Sr^c^einungcn  auf  bcm  ©ebicte 
ber  Ij^cologie  ju  eilfertig  burd^gelefen  n)orben,  tooburcp  einige  3^^^»"^  beranlafet 
toorben   ftnb.    ^er  lut^erifdS^en  Il^eologie  lä^t  ba«  SBerf  mel^r  ate  getoöl^nlid^e  ©erec^tig^ 

6  feit  tüiberfa^ren. 

©ie  grüc^te  feiner  ejegetifc^en  arbeiten  finb  bie  Kommentare  ju  bem  Slömerbriefe 
(1835),  bem  (Sjjl^eferbriefe  (1856),  bem  erften  (1857)  unb  bem  ^toeiten  (1859)  Äorintl^er^ 
briefe.  3)er  d^riftlic^en  ^ugenb  follte  bienen  ein  für  bie  amerifanifc^c  ©onntag^fd^uls 
Union  gefd^riebene«,  nad^l^er  in  unjä^Iigen  ßjemjjlaren  ^verbreitete«  ©dS^riftd^cn  „The  Way 

10  of  Life".  35ie«  ©d^riftc^cn  tourbe  t)on  ber  London  Religious  Tract  Society  nac^^ 
gebrudft  unb  fjjäter  erfd^ien  gar  eine  Überfefeung  in«  ,§inbuftanifc^e.  fiubtoig.bon  ©ertad^, 
bem  ba«  Heine  '^nä^  JuföKig  jufam,  fd^rieb  bem  35erfaffer  ein  ^erjlid^e«  Snerfennung«^ 
fdj^reiben. 

Sebeutenb  toar  §obge«  Sf^ätigleit  in  feinem  Äird^enförj)er.    ®iefem  leiftete  er  einen 

16  großen  2)ienft  burc^  fein  1839  erfd^ienene«  S3ud^  „Constitutional  History  of  the 
Presbyterian  Church  in  the  United  States",  in  toelc^em  er  überjcugenb  nad^toie«, 
bafe  bie  })re«b^terifd^e  Äirc^e  Slmerifa«  nic^t  bon  ben  Äongregationaliften  abftammt,  fonbem 
birelt  \)on  ©c^ottlanb  naä)  2tmerila  bertjflanjt  tourbe.  Sluf  bie  (Snttüitfetung  ber  ^re^b^« 
terifd^en  Sxx^^  in  Slmerifa  im  19.  3^^^^«"^^  W  ©obge  burd^  SBort  unb  ©d(^rift  be= 

20  beutenben  (Sinflufe  ausgeübt.  ®r  unb  feine  ^rincetoner  ÄoUegen  unb  ^eunbe  („Prin- 
ceton  Men")  ftanben  auf  ©eite  ber  „Old  School  Presbyterians",  ol^ne  inbejfen  aUe 
©d^ritte  berfelben  gutjul^eifeen.  ©r  toar  für  3lbfc^affung  be«  „Plan  of  Union"  bon 
1801;  toeil  berfelbe  in  feinen  folgen  ber  ^re«b^terifd^en  Äirc^e  ©emeinben  unb  ©lieber 
entfrembete  unb  ber  Äongregationaliftenfird^e  jufü^rte.    6r  tüar  aber  nid^t  mit  ber  3[rt 

26  unb  SQäeife  einberftanben,  toie  bie  Slbfc^affunö  bon  ber  ©eneralberfammlung  bon  1837 
bolljogen  tüurbe,  burcfi  bcren  Übereilung  bie*  „New  School  Presbyterians"  jur©eceffton 
getrieben  tourben.  6r  tooDte  3"^^  ""^  auffielt  in  ber  Seigre  getoa^rt  toijfen;  bod^^ 
foHten  fold^e  abtoeic^enbe  Se^rmeinungen,  burc^  toelc^e  bie  Äird^enlel^re  nicfit  irritiert  tocrbe, 
fein  ©egenftanb  ber  ©i^jijvlin   fein,     ©ie   „new   measures",    toelc^e,   bon  ber  fongre^ 

30  gationaliftifc^en  ©eite  ftammenb,  bon  ben  „New  School  Presbyterians"  angenommen 
tourben,  bertoarf  er.  Site  im  3a^re  1867  eine  SBieberbereinigung  ber  beiben  S^cxQt  ges 
plant  tourbe,  toar  §obge  ein  ©egner  be«  ^rojefte«.  3"  feinem  „Reperi;ory"  brad^te  er 
bon  1835—1867  Serid^te  über  bie  ©eneralberfammlungen,  in  benen  eraHe  Sefc^Iüffe  be* 
gutac^tete  ober  bertoarf,  je  nac^bem  fie  mit  ben  Se^ren  ber  ^eiligen  ©d^rift  unb  berÄirc^e 

36  übereinftimmten  ober  benfelben  ju  n)iberf})rec^en  fd^ienen.  2Bar  er  felbft  auf  einer  ©eneral« 
berfammlung  anioefenb,  fo  toar  fein  äBort  bon  großem  ©etoic^te. 

©ein  5Rame  h?irb  für  aUe  3^'*^"  ^^  i)o\)m  6I;ren  mit  ber  })re«b^terifd^en  Äird^e  unb 
bem  5Princetoner  t^eologifc^en  ©eminar  berbunben  bleiben. ,  ß.  83reitbeL 

pit  bon  $denegg,  3Wa  tt  |(^  i  a«,  geft.  1645.  —  ®Iei(ft,  AnnalesEcclesiastici  1730;  Selfetcr, 
40  ©efdjidjtc  bcr  fäd)f.  Oberf)ofprebigcr  1856;  ßubrolg  ©cfiroabe,  ^rfädjf.  ^irtftenpolitif  im  dienen 
9lrcf)iu  f.  födjf.  ©ef*.  SBb  XI,  1H90;  (grnft  Otto,  2)ie  @(ftviftcn  be«  erften  furf«d)f.  Cbcrf)of- 
|)rebl9er«  ^.  ü.  ^.  (^roöromm  bc8  SSi^t^umfdjcn  ®\)mnQfium«  in  3)rc§ben)  1898. 

§öe  bon  ^öenegg,  ber  ^ur  3^^^  be«  breifeigjäl^rigen  Kriege«  einflußreiche  Dberl^ofs 
})rebiger,  ber  erfte  biefe^  litete,  am  furfäc^ftfc^en  ,^ofe.   ©eboren  in  SBien  am  24.  ^ruar 

46  1580  ate  ©o^n  eine«  bortigen  ^rofeffor«  ber  düid^tz  unb  toirf liefen  3fleid^l^ofratd  lutij^e- 
rifc^er  Äonfeffion,  bcr  1592  mit  bem  ^\x]aii  „bon  §öenegg"  geabelt  tourbe,  tbar  er  afe 
5linb  bon  fe^r  fc^mäc^lic^er  Äonftitution,  aber  mit  ©aben  au^erüftet,  bie  minbeften«  er 
felbft  nic^t  unterfc^ö^te,  fc^reibt  er  boc^  fjjäter  über  feine  rafd^  auffteigenbe  Saufba^n :  „ob 
bieg  aüc^  möglich  getoefen  toäre,  toenn  ©Ott  nic^t  bor  anbem  mic^  mit  einem  bome^men 

60  ingenio  begabt  ^ätte,  ba«  laffe  ic^  ^u  berftänbiger  fieute  5Rac^bcnfen  gefteHt  fein".  S)ie 
Sefuitenfünfte,  bie  ben  Änaben  auf  ffiien«  ©tepl^anef c^ule  m  befted^en  fu(^ten,  unb  bana^ 
ber  ©cgenfa^,  in  toelc^em  ber  Unterricht  ber  ganj  calbiniftifc^en  Seigrer  be«  ©^mnafium« 
ju  ©te^r  ju  bem  feine«  früheren  ganj  flacianifc^en  §au«lel^rer«  ftanb,  mögen  nid^t  o^ne 
ßinfluß  auf  feine  f^ätere  fonfeffioneHe  §altung  geblieben  fein,    ßnblid^  —  fo  fd^reibt  er 

bs  in  ber  ©elbftbiograp^ie,  beren  3Wanufmj)t  D.  ©leic^  auf  bem  Slittergut  Sungtoi^  bei 
2)re«ben  feinerjeit  eingefe^en  ^at  —  bin  ic^  auf  bie  Uniberfität  unb  jtoar  nad^  9Bitten= 
berg  berfc^ictt  Sorben,  toclc^e  ic^  h)egen  be«  ©ebäc^tniffe«  be«  fetigen  Sutl^eri  bon  Kinbe« 
Seinen  an  geliebet.  3Kit  boHer  3wftimmung  feine«  3Jater«,  ber  tro^  ber  Vorurteile  femer 
@tanbe«genoffen  fic^  freute,  baß  „an^  feinem  ©efc^lec^t  einer  ©Ott  am  SBorte  bienen  unb 


$0e  tiott  ^0enegg  173 

ben  politifc^cn  Stanb  ^intanfefecn  tooHc",  crtpä^Itc  er  ba^  ©tubium  bcr  2^l^coIogie,  unb 
h)enn  er  auc^  ebcnjo  in  bei  ^J^ilofojj^ie  fic^  fleißig  übte  unb  „boe  Studium  juris  gu« 
glcic^  mit  ber  Il^eologtc  auf  ein  ^al}x  trafttrtc",  fo  tüorb  er  bod^  burd^  bie  SSer^eifeung 
5)a  12;  3  in  feiner  abfielt,  bei  ber  i^eologie  ju  bleiben,  toef entließ  beftärft.  5Wöc^te  man 
aber  fd^on  in  biejer  bon  i^m  felbft  bezeugten  Il^atfac^e  ben  ß^arafterjug  be^  Streben«  6 
nac^  ©lang  unb  Qf)xt,  't>c^  ©tolge«  unb  ber  §offart,  t^ermuten,  fo  gicbt  ba«  toeitere  fieben 
^6^  folc^er  3)eutung  nur  aUjufel^r  Siedet.  2Bir  toerben  e«  getoife  nic^t  tabeln  tooHen, 
h)enn  er  ben  au^erorbentlic^en  ^leife,  ben  er  bamate  aU  ©tubiofu«  betoiefen,  f})äter  feinen 
©offnen  jum  SJorbilb  ^infteUt;  toir  lönnen  aud^  begreiflich  finben,  toenn  er  mit  einem 
getoiffen  §o^gefül;I  ^erborl^ebt,  ba^  er,  erft  21  ^al^re  alt,  Sicentiat  ber  Il^eologie  gc«  lo 
toorben  unb  balb  barauf  bei  feinen  ^riüatüorlcfungen  jebe^mal  (?)  200  3u^örer  in  feinem 
JloBegio  gehabt;  aber  toenn  un«  jc^on  bie  SBic^tigleit  nic^t  besagt,  bie  er  feiner  aKer« 
erften  ^rebigt,  gef^alten  ju  Äemberg  bei  SBütenberg,  beilegt,  fo  t^erbriefet  e«  erft  red^t,  ba| 
er  bei  bem  Slegierung^antritt  beiJ  18  jährigen  ß^riftian  II.  fid^  bei  biejem  burd^  einen 
^aneg^Iu«  ju  infmuieren  unb  eine  Seförberung  an  ben  2)reöbener  §of  gu  erreichen  i6 
fuc^t,  „bamit  er  nic^t  fein  Seben  elenbiglid^  Einbringen  muffe  unb  ben  ^^Jopiften  Segens 
ftanb  be«  ©potte«  hjerbc".  3"  ^^  2:F^at  toirb  er  1602  jum  britten  ^ofprebiger  in 
3)re«ben  ernannt,  bcrfic^ert  aber  nun,  bafe  er  fid^  „niemal«  unterfangen,  bergleic^en  toic^s 
tige«  3lmt  ju  fuc^en."  3)ocE  fc^on  1603  folgte,  toeil  er  too^l  be«  nötigen  2:afte«  feinen 
älteren  Stmtßbrübern  gegenüber  entbel^rte  unb  be«  ©trcite«  fein  ©nbe  toar,  feine  Berufung  ao 
jum  ©utjerintenbentcn  in  flauen.  1604—1611  ^at  er,  ber  mit  finanjietter  Unterftü^ung 
bcö  i^m  fe^r  hjo^ltootlenben  Surfürften  balb  nacb  bem  ^lauener  9lmt«antritt  bie  SBürbe 
eine«  S)oItor«  ber  Il^eologie  gu  SBittenbcrg  erlangte,  bort  im  SBoigtlanb  in  großem  ©egen 
getoirft.  gern  bon  ber  feinem  ©trebertum  gefäl^rlic^en  ^ofluft  fonnten  feine  fc^önenöaben 
fic^  ungeftörter  jum  SBo^l  ber  ©emeinbe  entfalten.  SlÜerbing«  blieb  er  in  lebl^aftem  3Ser=  26 
lel^r  mit  3)re«ben  unb  fuc^te  ber  ©tabt  5piauen  burd^  feine  Sefanntfc^aft  am  fäc^fifc^en 
§ofe  mannigfad^  gu  bienen ;  ber  Äurfürft  erl^ielt  il^m  auc^  feine  ®unft,  bejjeugte  fie  burc^ 
t)er{cEiebene  ©}>cnben  unb  erlaubte  il^m  1611  nur  unter  ber  Sebingung,  bafe  er  auf  ®rs 
forbem  in  ben  2)ienft  be«  fäc^fifc^en  £anbe«l;erm  jurüdtreten  tooUe,  bie  Slnna^me  be« 
Stufe«  al«  Sireftor  ber  Stmngelifc^en  Jtirc^en  unb  ©c^ulen  in  $rag.  Sort  blieb  er,  bon  ao 
ben  Sut^erifd^en  Dere^rt,  öon  ben  Äat^olilen  berfolgt,  bi«  go^^«"  Oeorg  I.  1613  i^n 
al«  DberEoft)rebigcr  nac^  2)re«ben  jurürfrief.  S)iefem  3lmt,  ba«  er  32  S^^re  lang  bi« 
ju  feinem  3:obe  befleibete,  tou^te  er  mit  bem  neuen  litel  auc^  neue  SKac^tfüBe  ju  erringen. 
3toar  galt  c«,  et;e  fein  näc^fter  2lmt«genoffe,  ber  ftreitbare  §ofprebiger  ^änic^en,  fic^  ber 
ungetool^ntcn  ^errfc^aft  fügte,  einen  5  3lal^re  lang  toäl^renben  Äam^f,  an  bem  bie  fogar  85 
burd^  ärgerliche  ©trafeenfcenen  jtoifc^en  beiben  2:beologen  aufgeregte  äürgerfc^aft  2)rc«ben«, 
in  jtoei  Sager  geteilt,  lebl^aften  9lnteil  nal^m ;  aber  al«  biefe  §el;be  mit  ber  (Entfernung 
«tjänic^en«,  ber  nadj^  $rag  berfe^t  tourbe,  fiegreic^  beenbet  toar,  fonnte  §öe  al«  Äirc^ens 
fürft  ober  ^o^erpricfter  —  bie  ®egner  fpöttäten  §öepriefter  —  feinen  ©nflufe  in  un« 
befd^ränfter  3Beife  geltenb  machen.  40 

(g«  barf  nic^t  t^erfannt  toerben,  bafe  §öe  ein  aRann  toar,  bem  ba«  SBo^l  bonÄirc^^e 
unb  ©d^ule  toirllic^  am  §ergen  tag,  unb  ber  bal^er  aud^,  fomeit  e«  i^m  in  ben  balb 
burdj^  bie  Ärieg«ftürme  jerrütteten  3uftänben  be«  Sanbe«  mi)glid^  tvax,  feinen  toielbermögen* 
ben  (Sinflu^  bei  bem  pvax  ba«  Sefte  tooHenbcn,  aber  geiftig  befc^ränften  dürften  jum 
©eften  t)on  Äirc^e  unb  ©c^ule  benu^te.  (S«  ift  njo^ltl^uenb  ju  fe^en,  toie  er  t)or5ug«h)eife  46 
bie  gj^eunbjc^aft  bcrjenigen  unter  ben  bamaligen  2:l;eologen  fuc^t,  in  benen  bie  ®aben  be« 
Seifte«  fic^  am  meiftcn  mit  frommem  ©inn  toerbanben,  toie  er  mit  toa^r^after  ß^rfurc^^t 
um  ba«  SBo^lmoUen  3<>^ä""  ©erwarbt«  mirbt,  toie  er  in  ba«  freunblid^fte  SJerl^ältni«  ju 
3Rännem  toie  3Rei«ner,  SRen^er  unb  ©eubert  tritt,  unb  toie  er  in  feiner  Äorrefj)onbeng 
mit  biefen  e«  in  t^ergbetoegenben  äUorten  beflagt,  ba^  fic^  feinem  emften  SBoDen  jum  öü 
•Öeil  ber  Äirc^e  fo  toielc  ^inbemiffe  entgegenftetlen.  äluc^  ber  (Sörli^er  2:Eeofo})l;  ^olob 
öö^me  toitl  i^m  offenbar  feine  |)erfi)nlid^e  grömmigleit  attcftieren,  toenn  er  fc^reibt,  ba| 
.^öe  bie  neue  (Geburt  unb  ben  neuen  SDJenjc^en  jc^t  felbft  leiere.  (S«  unterliegt  ebenfo 
leinem  3^^^f^^#  ^^fe  ^  ^^"^  lut^erifc^en  SSefenntni«  \)on  ganjem  $erjen  juget^an  toar, 
l^at  er  boc^  nic^t  nur  bereit«  in  einer  1600  erfc^ienenen  3Bittenberger  2)i«^utation  ben  66 
rijmifc^en  ^^Jontifej  al«  älntic^rift  bejeic^net  unb  ba«  guerft  1603  t)eröffentlicEte  „Q\>an^ 
gelifd^e  §anbbüd^lein,  barinnen  untoiberleglic^  au«  einiger  ^eiliger  ©c^rift  erliefen  n)irb, 
toie  ber  genannten  Sutl^erijd^en  ©laube  re^t  fatl^olifd^,  ber  S3ä))ftler  Se^re  aber  im  ©runbe 
irrig  unb  toiber  ba«  ^eiOle  SBort  ©otte«  fei",  immer  toieber  in  neuen  Stuflagen  au«gel^en 
laffen,  fonbem  auc^  1605  einen  Äommentar  jum  ©alaterbrief  mit  ber  befonberen  älbfid^t  00 


274  ^0e  non  $0enegg 

Ijerfafet,  bic  aflcd^tfcrttgunö^le^rc  in  Iut^crif*cm  ©innc  flanutcgcn,  unb  cbcnfo  in  jabU 
rcid^en  ©c^riften  gegen  bie  6a(bintften  feinen  lut^erifd^en  ®laubcnöftanb})unft  unjtoeibeutifl 
^erüorgel^oben.  äfe  ber  SBeit^bifd^of  bon  Äöln,  ^etruö  Gutfemiu^,  bie  ©ad^jen  jur  Slücfs 
le^r  in  ben  belannten  ©^afftall  aufgeforbcrt,   gicbt  §öe  1622   in  feiner  ©egenf^rift  ein 

6  Kare«  9liemafe  mx  2tnth)ort;  aud)  bcrteibigt  er  im  hierein  mit  anberen  3:i^eoIogen  1628 
unb  1631  bie  Sluguftana  aU  ^oc^itjerteften  äugapfel  unb  t^eure^  Äleinob.  Unb  mnn 
er,  ber  burdj^  feinen  eigenen  Seben^ang  fc^on  al^  ^ünling  in  ben  Äamjjf  mit  ben  Sie- 
formierten  ^ineingebrängt  toar,  aUjjufc^arf  unb  aHjul^eftig  biefen  ©trcit  fortfe^te,  inbem  er 
nic^t  ettüa  nur  nac^  bem  1613  erfolgten  Übertritt  be^  branbenburgifc^enRurfürften  ©igiömunb 

10  bon  ber  lutl^erifc^en  jur  reformierten  Äirc^e  ,,bie  lut^erifd^en  ß^riften,  fo  ju  SSerlin  unb 
fonft  in  ber  6^ur  unb  3J?ar!  SSranbenburg  fi6)  aufl^alten,  treu^erjig  erinnerte,  bafe  fie  \a 
um  i^reö  §eifö  unb  ©eelen  ©cligfeit  toiHen  fid^  mit  ber  neulich  angegangenen  ©tümt)et 
fonfeffion  auf  leinerlei  SBeife  nod^  SOBcg  einnehmen  taffen  möchten",  fonbem  ben  i;raftat 
be«  ^ot^Iart)  genfer  auf«  neue  ^erau^ab :  „ob,  mie  unb  toarum  man  lieber  mit  ben  $ai)iften 

16  ©emeinfd^aft  l^alten  foHe  benn  mit  ben  ßalt^iniften"  unb  beffen  ^n^alt  nod^  überbot  burd^ 
ba«  eigene  SBerf  \)on  1621 :  „Slugenfd^einlic^e  5Probe,  toic  bie  ßatoiniften  in  99  fünften 
mit  ben  2trianem  unb  2^ürfen  übereinftimmen",  fo  toerben  toir  geU)i^  biefe  Äamjjfe^toeife 
nid^t  red^tfertigen,  l^öd^ften«  bebauern,  ben  ftäm})fer  felbft  aber  bod^  in  Stüdfid^t  auf  ben 
®eift  jener  3^it  milbe  beurteilen  Knnen. 

20  9Die  bebenllic^fte  ©eite  an  §öe«  SBirffamfeit  ift  bie  |)olitif(^e.  2)iefe  mu^  afe  l^od^? 
bebeutfam  anerfannt  toerben.  Srec^er  in  ber  StUg.  beutfc^en  Siograpl^ie  Sb  12  ©.  542 
fü^rt  ein  SSoBölieb  jener  ^Ät  an:  ,,2)iefe«  la^  mir  brei  ftolje  Pfaffen  fein",  ba«  ben 
großen  ©influ^  ber  fürftlic^en  8eid^tt)äter  jener  2;age  befunbet  unb  neben  „3[ob", 
bem  Äatlj^olifen,  unb  „3Sater  Slbra^am"  (©cultetu«),  bem  ßalt^iniften,  „§erm  ÜRa|"  b.  1^. 

25  SKatt^ia«  §.  b.  ^.  aU  toid^tigften  SSertreter  ber  Sut^eraner  nmnt  Unb  toenn  .§öe  felbft 
f^reibt:  „3n  ^olitifd^e  9{atf(|läge  menge  id^  mid^  ntc^t,  e«  toirb  mid^  aud^  nicmanb  in 
ber  |)olittfc^en  Slateftube  benfelben  beimoi^nen  gelegen  traben",  fo  fommt  in  biefen  SBorten 
tool^l  nur  fein  UntoiUe  barüber  jum  Stu^ruct,  bafe  in  ben  offiziellen  Beratungen  be^Qe- 
l(^eimen  3late^,  an  benen  er  felbftberftänblic^   nid^t  teilnehmen  tonnte,   feine  $läne  fo 

80  mand^e«  3Kal  gefc^eitert  feien,  unb  man  barf  e«  i^m  glauben,  bafe  er  nic^t  immer  für  bic 
bort  gefaxten  ^efc^lüffe  Derantioortliic^  gemacht  Serben  fönne.  ^'^"^^^i"  f^^^  gunäd^ft 
beibe«  feft,  fotoo^l  ba^  fein  Sanbe^^err  ibn  in  allerlei  2)ingen,  auc^  in  i)olittjd^en  e^^agen, 
ju  SRate  ^og,  afö  and)  bafe  ,^öe  feinen  3flatfd^lägen  einen  augerorbentlid^en  Diimbu«  gu 
üerleil^en  trefflich  berftanb.  3)a«  ßrfte  finbet  §öc  felbftoerftdnblic^,  Ratten  boc^  auc^  Äönige 

86  3^raete  auf  bie  ©timme  ber  ^Propl^eten  geachtet.  2)afe  e«  fid^  aber  bei  ben  JRatfc^lägen 
an  ben  Äurfürften  aud^  um  politica  ge^anbclt,  babon  jeugen  |)öeö  politijd^e  ©c^riften. 
Unb  toenn  er  borgibt,  ba^  er  in  folc^en  fragen  allemal  nur  „bie  ©eh?iffen«fac^cn  theo- 
logice  refolbiere",  fo  ^ebt  er  bie«  ©ort  jclbft  baburc^  auf,  bag  er  gelegentlid^  ganj  au«= 
brüdlic^  neben  ben  religiöfen  bie  politijc^en  ©rünbe  nennt,  bie  für  feine  anficht  \pxt6)tn. 

40  2)a«  ^tü^iU  aber,  baft  er  feinem  SRat  großen  TOmbu«  berlie^,  toirb  niemanb  leugnen 
tooHen  gegenüber  ben  ftoljen  3Borten,  in  benen  §5e  fic^  al«  5Diunb  bc«  §erm  unb  feine 
Slatfc^läge  al«  oracula  Spiritus  sancti  bezeichnet,  ^it  fold^en  ääorten  ftimmt  auc^ 
ba«  Silb,  ba«  un«  bon  feinem  ganjen  auftreten  gejcic^net  ioirb.  2)er  3J?ann,  ber  mit 
golbenen  Äetten  unb  auffallenber  flleibung  einl^erfc^ritt,  ber  in  ber  ©efelligfeit  ber  großen 

46  SBelt  ju  §aufe  ioar,  ber  ben  Äurfürften  unb  anbere  ©lieber  be«  §ofe«  nid;t  feiten  an 
feiner  Jaf el  fa^,  ber  feinen  Ämbem  eine  Slei^e  fürftlic^er  ^erjonen  ni  ^at^en  gab :  er 
toollte  eben  nid^t  nur  ber  Dber^ofjjrcbiger  fein  (er  l)atte  ja  aud;  bie  SBürbe  eine«  faifer^ 
lid^en  ^faljgrafen  erlangt),  er  Sollte  al«  cbangelifc^er  Äirc^cnfürft  c«  ben  l^öc^ften  Söürben^ 
trägem  ber  römifc^cn  Rirc^c  gleich  tt^un.    ©o  gcn)i6  nun  bie   größten  fragen  jener  ^^it 

60  ba«  lirc^lic^c  ©ebiet  berührten,  fo  geU)i^  h)ar  c«  für  einen  3J{ann  bon  folc^cm  (S^rgeig 
au^erorbentlic^  fc^mer,  bie  jarte  ©renglinie  inne  ju  {galten,  bie  bem  cbangelifc^en  ©eift= 
lid^en  burc^  bc«  §erm  ffiort:  „3)lein  Sleic^  ift  ni^t  bon  biefer  SBelt  I"  gebogen  ift.  6r 
\)at  fie  in  ber  %^at  toeit  überfc^ritten,  ^at  fid^  in  berSloUe  eine«  ^olitifer«  gefallen,  bem 
alle  ^^arteien  um  feine«  ßinfluffe«  toiUen  SJea^tung  fc^enften,   unb  l^at   burc^  bie«  fein 

65  })olitifc^e«  SBirfen  fomol^l  feiner  jäd^fifc^en  ^eimatl^  al«  ber  ebangelifc^en  ©ac^e  Unt^eil 
bereitet. 

Tlan  ioirb  e«  biHigertoeife  mit  in  SWed^nung  gießen,  ba^  in  Jturfac^fen  bie  älbneigung 
gegen  bie  Reformierten  längft  trabitionell  geioorben  toar  unb  ba^  man  bei  bem  Cfterreic^cr 
^öe  eine  bejonbere  ©^mpatj^ie  für  fein  alte«  iBaterlanb  bcrftel^en  lann,   aber   ob  ber  lu= 

60  t^rifc^e  Dber^of^rebiger  feinen  l(^ö^eren  ®efu^t«j)unft  tannte  '<  Db  ba«  Sw^'I^u"^  ^cr  Stcs 


^0e  tiott  $0tttegg  175 

formation,  ba«  er  mit  großem  ^ornj)  ijom  31.  Dftobcr  bi«  2.  9?oi?cmber  1617  in  ©cene 
fe|te,  für  be(fen  rechte  ^eier  er  in  einer  ,,Parasceue  ad  solemnitatem  Jubilaeam 
Evangelicam"  allen  ©eiftlid^en  be^  Sanbe^  Anleitung  gab,  unb  an  bem  er  felbft  3  ^ubd* 
fe[tj)rebigten  l^klt,  i^m  nic^t  ba«  etoangelijc^e  Setüufetfein  gegenüber  }3erfönlici^en  ©^m- 
tHxt^ien  unb  fleinlid^en  3?orteiIen  ^ätte  ftarf  macf^en  joden  V  Äurj  bor  bem  geft  toar  ber  6 
Äaijer  9Jlattt;ia«  mit  feinem  So^ne  gerbinanb  in  3)re^ben  gemefen,  furj  nad^^er  famen 
bie  Äurfürften  bon  ber  $falj  unb  bon  SSranbenburg  —  Sigue  unb  Union  bemühten  fid^ 
um  bie  greunbfc^aft  Äurfac^fenö:  nodj^  tooUte  e^  §öe  mit  feinem  berberben,  barum 
fc^toanfte  auc^  ber  Äurfürft  unb  fud^te  nac^  Sluöbruc^  be^  Kriege^  nur  ju  bermitteln.  2)a 
galt  e«  bie  Söfung  beö  Streitet  um  bie  bö^mifd^e  Äönig^frone ;  §öe  toar  ber  3Keinung,  lo 
ba  burcfi  ben  Iutl;erifc^en  ©rafen  ©c^lict  ein  Seit  ber  bö^mifc^en  ©tänbe  i^n  gebeten 
l^atte,  eö  burc^juje^en,  bafe  S'^^ö'^"  ®eorg  bie  bö^mifd^e  Ärone  annähme,  e«  löge  bie 
fentfd^eibung  in  feiner  §anb:  toeld^e  Snttäuf^ung  für  ben  ehrgeizigen  3Kann,  ate  bie 
9lad^ric^t  anlangte,  ba^  man  in  ^rag  ben  cafeiniftifd^en  ^faljgrafen  getoäl^lt  ^abe;  nun 
lä^t  er  an  ben  ©rafen  eine  (Spiftel  loö,  in  ber  fein  gefränfter  ©tolj  unb  fein  3Rut  gegen  15 
bie  ßalbiniften  gleic^erh?eije  fo  überjd^äumen,  ba^  er  ben  Söl^men  bamit  eine  bebenfüc^e 
aSaffe  in  bie  ^anb  gab;  ber  Srief,  oft  gebrudft,  in^  ßjed^ifd^e  unb  Sateinifc^e  überfe|t, 
toar  j^umal  mit  feiner  inbireften  SJtufforberung  jur  Untreue  gegen  ben  Sanbe^l^erm  ein 
böfed  S)enlmal  für  ben  lut^erifc^en  Dber^ofprcbiger  unb  crful(^r  in  „einem  tool^lmeinenben 
?KiffHj"  eine  fd^arfe  3lbmel;r,  beren  ©inbruct  burd^  eine  unter  3iol^ann  SK^liu«'  SRamen  au«-  20 
gel^enbe  SBiberlegung  laum  gemilbert  toerben  fonnte.  2Benn  nun  aber  ©ad^fen  ganj  auf 
bie  ©eite  bc«  fatl^olif^en,  bon  S^uiten  be^enfc^ten  5tai|er«  trat  unb  in  feinem  2)ienft  bie 
toegen  Slec^t^bruc^«  fxd)  aufle^nenben  ^Proteftanten  befäm^fte,  t)on  benen  allerbing«  nur 
ein  Xcxl  bem  lut^erifc^en,  ber  übertoiegenb  größere  bem  reformierten  SSefenntni«  angel^örte, 
fo  ift  biefe  Il^at  ^iol^ann  ®eorg«  ^um  guten  leil  auf  §öe«  Äonto  ju  fe^en.  9li^t  nur  35 
berietet  ber  faiferlic^e  ©efanbte  bon  (Stoern  unter  bem  22.  unb  23.  ^bruar  1620  nac^ 
SBien,  bafe  §öe  bem  Äurfürften  täglich  mit  auflagen  gegen  bie  Sö^men  in  ben  D^ren 
liege,  bie  ßabiniften  mit  ben  fd^toärjeften  färben  male  unb  in  eignem  ^romemoria  feinen 
Äerm  aufgeforbert  ^abe,  bem  Äaifer  §itfe  ju  leiften :  nein,  toir  beft^en  §öe«  eigne  S)ars 
fegung,  in  h?elc^er  er  bie  offenbar  noc^  befte^enben  Sebenfen  feine«  Äurfürften  ju  be«  ao 
feitigen  unb  bicfem  ju  bemeifen  fud^t,  bafj  er  nic^t  ettoa  ®eh)if[en«  balber  üerbunben  fei, 
ben^enen8öl)men  bcijufte^en,  bielme^r  mit  gutem  ©etoiffen  bem  römifc^en  Äaifer  äffiftenj 
leiften  fönne  unb  joHe.  2öa«  fotl  man  aber  baju  fagen,  bafe  in  bie  l^ierüber  entfd^eibenben 
3:age  bie  (Ernennung  be«  Dberl;of))rebiger«  §öe  jum  faiferlid^en  Comes  palatinus  mit 
bem  ditd}t  ber  3Sererbung  biefer  9Bürbe  auf  einen  feiner  ©öl^ne  fällt !  unb  bafe  fid^  biefer  35 
in  aßermärmfter  ffieife  mit  ber  3wfid^crung  unt^ergängtic^er  Streue  unb  mit  bem  SBunfc^, 
e«  möge  ®ott  Äaiferlic^er  3Kaieftät  mutmiÖige  geinbe  auf  bie  SSacfen  fc^lagen,  i^re  ^öä^n^ 
j^erjc^mettem,  fie  jurüde  feieren  unb  fläglid^  ^u  ©c^anben  toerben  laffen  für  bie  erfahrene 
faijerlic^e  ®nabe  bebanft!  ©c^on  unter  ben  3c«t9^"«>f[^  0<ib  fic^  bie  ßntrüftnng  funb; 
me^r  ober  minber  beutlid^  mad;en  toerfd^iebene  ^lugfd^riften  .§öe  für  ba«  fommenbe  SSer«  40 
berben  beranttoortlic^,  einen  erften  35}amung«ruf  lie^  bie  SBittenberger  Uniberfität  ergel^en, 
unb  ba«  bon  toarmcr  33aterlanb«liebe  erfüllte  „©cnbfc^reiben  an  ben  Äurfürften  t)on  ©ad^fen", 
ba«  unter  bem  fingierten  9?amcn  ^^afob«  t)on  ®rüntl)al  erfc^icn,  fäHtc  über  ben  Dber^of« 
Jjrebiger  ein  tjernic^tcnbe«  Urteil  unb  riet  bem  Sanbe«^errn  bringenb,  biefen  hochmütigen 
^JJlann,  ber  ®ciftlic^e«  unb  2Öeltlid^e«  bermifc^e,  balbigft  ju  entlaffen  ober  toenigften«  t)on  46 
polttifd^en  @efd)äften  fem  ju  galten.  ®er  jc^on  bamal«  offen  au«gef}3roc^enc  3ierbac^t, 
§öe  fei  Don  ber  faijerlic^en  unb  ^äpftli^en  Partei  burc^  ©clbfpenben  beftod^en  Sorben, 
ift  bi«  ^eute  nic^t  Derftummt.  %\xx  ba«  3a^r  1620  möchte  ic^  eine  anbere  Seftec^ung  oI« 
bie  3Serlei^ung  ber  'iPfalzgrafenmürbe  entfc^ieben  in  älbrebe  fteHen.  3)afür  birgt  mir  §öe« 
eiblic^e  SJerfic^erung,  nic^t  einen  einzigen  ©rofc^en  empfangen  ju  l^aben :  „ba«  fann  i^  fo  50 
getoi^  fagen  unb  bet^euem,  al«  id^  begel^re  in  ®otte«  §immelreic^  ju  fommenl"  2)aft 
aber  tro|  jotcber  bünbigen  erflärung  ber  SSerbac^t  immer  lieber  auftauchte,  fann  nic^t 
befremben,  tvax  boc^  §öe  ju  anberer  ^txt  nic^t  nur  für  golbene  Äetten  unb  bergleic^en 
ß^rengaben,  nein  auc^  für  birefte  ®elbgefd^enfe  fe^r  em})fänglic^  unb  machte  fid^  fein  ®e* 
toiffen  barau«,  fte  aud^  bom  Äaifer  immer  anjunel^men,  obfdj^on  „ba«2äftem  unb  bleiben  66 
ber  ßolbinifc^en  ?ßa«quiDanten"  il^n  tool^l  l)ätte  beranlaffen  follen,  minbeften«  ben  böfen 
©(^ein  JU  meiben.  Unb  aixi)  ber  Slac^toelt  l^at  bie  %\)at]ad)t,  ba^  §öe,  ber  toeber  bon 
feinen  ßltem  noc^  burc^  feine  ^rau  irgenb  toeld^e«  Vermögen  gehabt,  bei  feinem  3:obe 
aufeer  anjel^nlidf^er  Sarf^aft  bie  Rittergüter  Sungtoi^,  ©öe^borf.  Ober?  unb  9?ieber=3lo(^h)i^, 
feinen  Äinbern  al«  ßrbe  ^interliefe,  biel  ju  benfen  gegeben.  eo 


176  $0e  tiott  $0enegg  $0f(ing 

®ie  Äaifcrli4>en  l^atten  i^n  gebraud^t,  um  burc^  feinen  ©influ^  ben  fäc^fifc^en  ftur^ 
fürften  ju  getoinnen;  olö  aber  §öe,  in  bem  ba^  ®eh?ifien  fid^  regte,  gegenüber  ben  uner- 
l^örten  SBerfolgungen  bc^  ^roteftanti^mu^,  bie  fid^  ber  Äaijer  aßen  Stbmac^ungen  gutoiber 
namentlid^  in  Sö^men  erlaubte,   mit  Sitten  an  ben  Äaijer  toanbte,  bead^tete  man  feine 

6  Sorfteßungen  gar  nidj^t.  ©o  machte  e^  benn  ijerle^te  (Sitelieit  il^m  leidster,  ber  ©d^toenfung 
feine«  Sanbeöl^erm  ftc^  ju  affomobieren,  ben  einerfeit»  ba«  SReftitution^ebift  unb  anberer- 
feit«  bie  unerwartete  ©rfc^cinung  ®uftaö  äbolf«  auf  beutfc^em  ©oben  ba^u  brängten,  jur 
Bd)u^\oü)x  1631  eine  SSerfammlung  ber  }>roteftantifd^en  ©tänbe  nac^  Seijj^ig  einxuberuten 
unb  bort  ben  2ei})jiger  })roteftantifc^en  33unb  ju   errid^tcn.    6«  fönnte  al«  too^It^uenbe 

10  SKilbe  erfdjieinen,  tvmn  e«  nic^t  nad^  allem  3>orau«gegangcnen  toie  c^arafterlofe  ©d^toäd^e 
audfä^e,  in  toelc^er  §öe  bei  biefem  Stnlafe  mit  ben  ann)efenben  reformierten  2:^eoIogen 
nid^t  toie  mit„2trianem  unb^^ürfen"  t^erlei^rte,  fonbem  toerföl^nlid^  einen  leiblich  günftigen 
Slejefe  fc^Iofe,  nac^  toelc^em  bie  bciberfeitigen  Ideologen  in«fünftige  einanber  c^riftlic^e  Siebe 
erjeigen  Wollten,    ©d^toer  genug  mag  e«  i^m  geworben  fein,  folc^  3Bort  ju  ^Iten;    faft 

16  Wie  ein  ©euf^er  Hingt  e«  1635 ;  „fo  l^abe  ic^  nun  in  ba«  liierte  Qa^r  Wiber  bie  ßatoi- 
niften  feine  ©treitfc^rift  au«gel;en  laffen".  Unb  e«  fann  un«  auc^  Wenig  gefaDen,  ba^  er 
m6)  bem  SCobe  ©uftat)  Slbolf«  an  ^eiliger  ©tätte,  in  ber  ®re«bener  ©c^lo^Iird^e,  ftdt^  in 
£obe«er^ebungen  ergebt,  bie  mit  feinen  fonftigen  SWeinungöäu^erungen  in  fc^roffem  SBiber= 
j3ru(^  fte^en.    Sin  bem  unf eligen  ©d^Wanlen  be«  Rurfürften  Wirb  bie  mangeinbe  geftigfeit 

20  feine«  Seic^tt^ater«  offenbar.  2)a6  ber  ^rager  griebe,  ben  ber  Äurfürft  1635  mit  bem 
laifer  fd^Io|[,  burc^  Sefted^ung  §öe«  eueic^t  fei,  mijc^te  id^  ol^ne  Weitere«  nic^t  glauben; 
ilr  ben  ^rei«  be«  erblichen  Sefi^e«  ber  Saufi^  War  bie  fäc^fifc^e  Stegierung  Wo^l  ju  ge= 
Winnen ;  aber  auffaUenb  ift  e«  aUerbing«,  bafe  ^öe  bie«mal  ganj  gegen  feine  ©eWo^n^eit 
ben  erneuten  Vorwurf  mit  Wenig  SBorten  unb   o^ne  Jebe  fc^WerWiegenbe  Beteuerung  ab- 

26  tl^.  ein  Slnon^mu«,  ber  fu^  §öe«  im  ©el^eimen  SKat  abgegebene«  ©utad^ten  über  be« 
Äurfürften  Iird^enj)oIitifd^en  ©tanbjjunft  ^u  toerfc^affen  gewußt  l^at  unb  e«  nic^t  ol^ne  eigne 
3ut^at  im  Oraculum  Dodonaeum  an  ben  ^rangcr  fteUt,  lEann  nid^t  al«  unjjarteiif^er 
3euge  gelten.  2tber  bo^  fc^eint  e«,  al«  ob  biefe  3}eröffenttid^ung  einer  gel^eimen  ©d(>rift 
§öe  fel[^r  emjjfinblic^  getroffen  ^ätte ;  feine  ©egenfc^rift  ift  bie  Ie|te  Seiftung  feiner  })olitifd^en 

30  §eber ;  l^infort  giebt  er  Wol^I  noc^  afßiffenfc^aftlid^e«  ^erau«,  aber  in  ©ac^en  ber  ^JJoIitif 
^at,  Wie  e«  fd^eint,  entWeber  ein  böfe«  ©cwiffen  ober  ba«  ©efübl  gänjlic^en  aHi^crfoIg« 
i^n  jum  ©d^Weigen  gebrad^t. 

e«  erübrigt  noc^,  feiner  fpejiell  t^eologifc^en  älrbeit  ju  gebenfen.  3)a^in  gehört  feine 
ÜRitWirfung  jur  decisio  Saxonica,  Welche  1623  in  2)re«ben   ben  c^riftologifd^cn  ©treit 

85  ber  2;übinger  unb  ©ie^ener  Jl^eologen  fd^Iic^tete,  fein  fc^on  erwähnte«  et)angclif^c«  §anb= 
büc^lein  Wiber  ba«  5P(a)|ttum,  ba«  fogar  noc^  1871  eine  neue  Sluflage  bei  Quftu«  Siau- 
mann  in  2)re«ben  erlebte,  unb  fein  ^Weibänbiger  Äommentar  gur  äpolal^pfe,  ber  fic^  al« 
^(^t  30iä^riger  3lrbeit  barfteHt.  ©eine  fonftigen  jal^lreic^cn,  oft  in  für^efter  S^ft  ent^ 
flonbenen  ©c^riften  fül^rt  Dtto  a.  a.  D.  an. 

40  3lm  4.  tflaxi  1645  ftarb  §öe,  Bvüp,  ©trauc^  l^ielt  il^m  bie  Seic^enjjrebigt,  in  S)re«ben« 
©ojj^ienfirc^e  ift  feine  fterblic^e  §üße  beigefe^t.  D.  gtoitj  ^ibeHud. 

^JfHnOf  3o^.  aßil^.  griebrid^,  geft.  1853.  —  3um  ©ebäc^tni«  3.  m  &.  ^öf« 
ling«  2C.  oon  Dr.  9f?«gcI«bQd)  unb  Dr.  X^omafiu«,  1853,  56  8. 

3.  2B.  %.  §öfUng  ift  geboren  1802   in  2)ro6etifeIb,  einem  3)orfe  jWifc^en  Äulmbac^ 

45  unb  Sa^reut^,  ©o^n  bc«  bortigen  Äantor«  unb  ©^uUe^rer«,  ber  na^^cr  ^faner  unb 
Äaj)itel«fenior  gu  SBe^enftein  Würbe;  Den  erften  Unterrid^t  erl^ielt  er  in  ber  ©^ule  feine« 
SSater«,  feit  bem  11.  ^4^^  awf  bem  ©bmnafium  m  Sattreutl^,  bejog  1819  bie  Uniberfität 
erlangen.  Wo  er  aud^  ©c^eBing  l^örtc,  beffen  SJorlefungen  feine  Sichtung  t)or  ber  iiefe 
be«  l^iftorifj^en  6l?riftentum«    beftärften.     ©obalb  er   ba«   t^eologifc^e   ßjamen  gemacht 

60  (1823),  crl^ielt  er  ba«  ©tabtt)ifariat  SBürgburg,  b.  ^.  bie  3Kitijertretung  ber  }>roteftantifd^en 
Äirc^e  am  fat^olifc^en  Sifd^of«fi^e.  ^m  ©ommer  1827  Würbe  er  ol^ne  fein  Stnfuc^en 
jum  Pfarrer  Don  ©t.  gobft  bei  Stümbcrg  ernannt  unb  trat  in  bemfelbcn  '^aljxc  in  bie 
e^e,  bie  mit  12  Äinbern  gefegnet  Würbe,  Woi?on  nur  fünf  it;n  überlebten.  S^f^I?^  ^^ 
$erau«gabe  jWeier  Heiner  gebiegener  ©c^riften.   Worin  er  ben  l^errfc^enben  3lationaH«mu« 

66  befämp^e  unb  bie  Baö^t  be«  }3ofitit)en  e^riftentum«  toertrat.  Würbe  er,  auf  ben  SSorfc^Iag 
be«  Dberfonfiftorium«,  tjon  Äönig  2ubWig  I.  gum  orbentlid^en  ^rofeffor  ber  prattifc^cn 
Ideologie  in  erlangen  ernannt  (1833)  unb  erhielt  auc^  ba«  bamal«  errichtete  unb  bi« 
1848  befte^enbe  ej)^orat  über  bie  inlänbifd^en  ©tubierenben  ber  2:^eoIogie.  er  l)at  biefe 
3tmter  mit  großer  ireue,  ©ewiffen^aftigfeit  unb  mit  erfolg  ücrWaltet,  bi«  er  1852  bei  ber 


$0f(tng  ^S^ntbienfit  ber  ^thxitt  177 

9?cu0cftaltun0  ber  lird^Uc^en  DSerbcI^örbe  jum  Dberfonftftorialrat  in  3Rmd)m  berufen  tourbe. 
6r  M>ax  in  jeber  Sejie^ung  ju  blefer  ©teile  geeignet,  unb  c«  fnüt)ften  fic^  an  feine  ©r^ 
nennung  grofee  unb  hjo^lberedptigte  Hoffnungen;  auein  am  12.  SRotoember  1852  \)on  (Sriangen 
abgegangen,  tourbe  er  \d)on  am  5.  2lpril  1853  ber  Jlirc^e  burc^  ben  lob  entriffen,  burd^ 
einen  Jjlö^lic^en,  h)ie  er  oft  a^nunaöboll  ijorauggefagt  I^atte.  6 

iie  t^eologifd^en  arbeiten  ^öflingö  bejiel(^en  fi^  auf  bie  SSerfaffung,  ben  Äuitu«  ber 
Äird^c  unb  einige  ber  bamit  jufammen^ängenben  2)ogmen.  ^on  ben  arbeiten  au^  früherer 
3eit  nennen  \vix  feine  3lb^anblung  de  symbolorum  natura,  necessitate,  auctoritate 
et  usu,  1835,  2.  2tu^abe  1841,  bie  liturgifc^e  2tb^anblung   ijon  ber  Äombofttion  ber 
c^riftlic^en  ©emeinbegotte^btenfte  1837,  iüoburc^  er  ba^  SBefen  be^  d^riftUdSien  Äultu«  jum  lo 
toiffenfdS^aftlid^en  SSerftänbniö  ju  bringen  fud^te,  eine  güHe  bon  geleiertem  SQäiffen  unb  frud^t* 
baren  gbeen  ent^altenb ;   fobann  t^erfc^iebene  Programme  über  bie  Seigre  ijom  D})fer  (bed 
Suftinu«  3R.,  Srenäu«,  Drigene«,  Giemen«  3llejanber,  2:ertuaian),    1839—1843  erftmafe 
einjeln  erfdj^ienen,  jufammen  ^erau^egeben  1851,  für  bie  Äenntni«  be«  fat^olif d^en  Djjfer- 
lultu«  in  feinen  crften  Stabien  t)on  toefentlic^er  Sebeutung.   ©eine  umfangreid^fte  arbeit,  i5 
toel^er  er  ein  gleichartige«  äßerl  über  ba«  älbenbmal^I  an  bie  ©eite  gu  fteßen  beabfic^tigte, 
betrifft  bie  2:aufe:  3)a«  ©alrament  ber  laufe  nebft  ben  übrigen  bamit  jufammen^ängen« 
ben  Slften  ber  Initiation,  boamatifc^>,  l^iftorifd^,  liturgifc^  bargeftellt,  1.  S3b,  1846  :  2.  Söb, 
bie  ®arftetlung  unb  SBeurteilung    ber  lirc^lid^en  ^Praji«  l^infid^tlid^   ber  laufe  unb  be« 
Rated^umenat«  ent^altenb,  1848,   ein  SBerf,    au^gejeic^net  burd;  erfc^ö})fenbe  Darlegung  20 
be«  gelehrten  3Jlateriafö,  fotoie  burc^  umfic^tige,  toenn  aud^  fel^r  gebrängte  Formulierung 
be«  lut^erifc^en  3)ogma«.    ^öfling  l)at  am  meiften  bie  Slufmerffamfeit  auf  fic^  gejogen 
burc^  bie  ©runbfä^e  ebangelifd^-luti^erifc^er  Äird^ent^erfaffung ;  eine  bogmatild^sfird^enr^t- 
lic^e  Slb^anblung,  toot)on  ^on  1850  bi«  1852  brei  auflagen  nötig  tourben.    2)icfe  f leine, 
aber  gebiegene,    toa^r^aft  ß^oc^e  mac^enbe  ©dbrift,  gleicpertoeife  au^gejeid^net,   tüa«  ben  25 
gn^alt  unb  n)a«  bie  Älarl^eit  unb  ©urd^fic^tigieit   ber  2)arftellung  betrifft,  tourbe  burd^ 
bie  fird^lic^en  Semegungen  be«  '^ai)xt^  1848  |ert)orgerufen.    6«  brängte  fid^  bantafö  bie 
3}erfaffung«frage  in  ben  Sorbcrgrunb  unb   e«  machte  fid^  and)  in  Sägern  eine  Sflid^tung 
geltenb,  toelc^e,    um  ber  Kirche  bie  nötige  grei^eit  ju  berfc^affen,  ben  lanbe«berrli^en 
Summej)iffopat  angriff  unb  jugleid^  in  SSerbinbung  bamit  einen  bem  ebangelifd^cn  ^Pro-  30 
teftanti«mu«  n)iberftreitenben  Segriff  bom   geiftlid^en  Slmte   aufftellte.    Höfling   ift  burc^ 
jeine  ©c^rift  ber  ©timmfü^rer  getoorben  für  äße  biejenigen,   benen  e«  angelegen  ift,    ben 
toa^rl^aft  eöangelifci^en  99egriff  t)om  geiftlic^en  Stmte  unb  ©tanbe  feft^u^alten.  5Bir  führen 
no^  an,   bafe  Höfling  eine  3Kenge  bon  Sluffä^en   in   bie  Don   i^m  mitgeftiftete  ßrlanger 
3eitfc^rift  für  $roteftanti«mu«  unb  Äirc^e  geliefert,   ba^   er  auf  ber  3ln«bac^er  ©eneral-  35 
j^nobe  (28.  3«"«^^  ^^^  22.  g^bruar  1849)   bie   t^eologifc^e  gafultät  toon  ©rlangcn  t)er= 
treten  ^at,   unb  bafe  feine  ©ebanfen  bie  ©runblage  für  bie  SSorfd^läge  jener  ©^nobe  be* 
treffenb   bie  fünftige  Drganifierung   ber   eüangelifc^4ut^erifc^en  Äirc^e  Sägern«  gemorben . 
fmb.    3lu«  feinem  9lac^laffe  ift  erjc^ienen:   liturgifc^e«  Urlunbenbu(^,  ent^altenb  bie  9lfte 
ber  Kommunion,  ber  Drbination  unb  ^ntrobuftion  unb  ber  3:rauung,  l^erauögegeben  t)on  40 
Sl^omafiu«  unb  ^arnarf,  1854;   gragment  eine«  größeren  üom  SSerfaffer  beabfid^tigten 
fficrfe«,  tüofür  er  fc^on  t^iele«  gefammelt  ^atte.    §öfling  geno^  im  Greife  feiner  Kollegen 
grofee  äc^tung  unb  SSertrauen.    Qx  ^ing  mit  Siebe  an  feiner  Rird^e,   o^ne  ben  ©inn  für 
anbere  ©eftaltungen  be«  lirc^lic^en  geben«  gu  toerfc^liefeen,   o^ne  in  @ngl(^eriig!eit  ju  ber- 
fallen.  ^erjog  t-     4^"'> 

^ö^enbicnft  ber  Hebräer*  —  G^eor^e  Redner,  Du  culte  sur  les  hauts-lieux  chez 
les  ancicns  H^breux,  Tn6sc  d'arch^ologie  Bibliquc  prdsent^e  ä  la  Facultas  de  Thöologie  de 
Strasbourg,  ©traftburg  1836  (unbcbeutenb).  —  S3gl.  ble^rtitcl  „C)öt)en''  in'^Biner«  SR^B  1H47, 
öon  3.  ®.  3Küaer  in  ^erjog«  Die»,  VI,  1856,  üon  @tcincr  in  S(ftcnfel«  ©S,  III,  1871, 
unb  Wrt.  „^m"  üon  SHie^m  in  beffen  ^n,  7.  fiiefer.,  1877,  2.  ?l.  53b  I,  1893,  Slrt.  High  GO 
Place  üon  ©.  G.  9lUcn  in  C>an»n9«'  Dictionary  of  the  Bible  II,  1899;  (Swalb,  3)le  Filter* 
t{)ümer  bed  Sßolfe«  Söroel»,  1866,  6.  156-174,  ogl.  6.  420ff.:  Äcil, C)Qnbbu*  ber  biblifcften 
?lrd}äolo9ic^  1875,  8.  451-454;  C).  @*ul6,  ?Uttc(tanientlid)cXt)cologicM878,  8.155—157, 
5.91.1896,  S.  143-149;  ©rncnb,  fie^rbut^  ber  oltteftamcntlicöcn  äieIigiou§gcf(^id)tc  1893, 
©.  28  ff.  38  ff.  133  ff.  279  ff.  (2.  91.  1899).  65 

3u  §§  I  unb  II:  Soubiffin,  ©tubien  jur  fcmitifdjen  »icligionggcfdjidjte, II,  1878  @.  143 ff.: 
,,^ciItQC  ®ewfiffcr,  ©äume  unb  .t)öt)cn  bei  ben  Semiten,  inöbefunbere  bei  ben  Hebräern" 
(bof.  ©.232,  252  bie  öltere  Literatur,  luoju  norf)  lebiglid)  ber  SßoUft8nbifl!eit  megen:  ©co. 
filebufc^,  ©fi)tf)ifQ  ober  .  .  .  ©emerfungen  über  alte  SBergreligion  unb  fpfiteren  getifdji^mu«, 
Gamenj,  gebrucft  bei  ©.  ©.  Äraufdje  1833);  ©tabe,  ö)cfcl)i(l)lc  bcö  »olfcö  Sfrael,  33b  I,  1887,  co 
»ealsiS^ct^riopäbie  für  X^eoroflie  unb  Dirdie.    :i.  IH.  VIII.  ]2 


178  ^iiftnhitnfi  ber  Hebräer 

8.  446-467:  „Sa^iueS  ©oftnung.  3)lc  dultftättc  unb  i^re  Einrichtung'' ;  O^nefQlftft^Sii^ter, 
Ä^prog,  bic  ©ibcl  unb  ^omtx  lö9H,  @.  234—238  («3)te  »&m6t");  Jöenainflcr,  ijebräifd^e 
«[rtftäologie  1894,  @.  364-383:  „3)ie  ältcjten  ©tammeSöeiügtümcr  ber  ßenß  Jisrft'M  öor 
ber  $(nfieb(ung.    ^ie  altifraelitifd^en  Heiligtümer  auf  bem  IBuben  ^anaand";    ^oroad,  fie^r* 

5  bucö  ber  ^ebräiMcn  Archäologie,  S3b  II,  1894,  @.  1—25:  „C>cilige  Orte  ou«  ber  toorpolfifti* 
nifd^cn  Seit  S^rael«.  3)ic  pQläftinenfifcften  ^eiligen  Orte  gsrael«.  ?lu8ftattung  ber  (Jult* 
ftätten'';  SB.  »tobertfon  ©initö,  The  religion  of  the  Semites,  -new  edition,  Sonbon  1894, 
S.489f.:  High  places  (S)cutfd)c  WuSgabe  üon  91.  Stpc  1899);  ^.0.  ®recne,  Hebrew  rock 
altars,  in :  The  BibHc»!  World,  «b  IX,  5, 1897,  @.  329—340. 

10  SSgl.  über  ^ö^cnbicnft  überhaupt:  5-  S^l^r.  ü.  Slnbrion,  35er  ^ö^encuItuS  aftatifcber 
unb  europäif^cr  JBöIfer,  ©ine  etftnolooifcfte  @tubie  1891  unb  baju  8*.  ©eer,  C>ciligc  ^ö^cn 
ber  alten  ©riechen  unb  JRömer,  @ine  Srgänjung  ju  Anbrian'«  @d)rift  „^ö^encultuä"  1891. 
Sfcmer  ügl.  SSolfg.  SRcicftel,  Über  üor^eneni|d)e  ®ötterculte  1897,  8.  33  über  benSufornmen^ 
^ang  beS  t)on  htm  $erf.  angenommenen  „i^roncultud''  mit  ^ö^enbienft;  baju  noc^  Steic^el, 

15  „(gin  angeblicher  Zf)von  beg  Xcrjeä",  in  ber  Scftfc^rift  für  Otto  ©ennborf,  SBien  1898, 
@.  63—65. 

3u  §  III:  ^laftuS  Ugolinud,  Altare  exterius,  in  beSfelben  Thesaurus  antiquitatum 
sacrarum,  ®b  X,  1 749  (I,  2 :  In  loco  uno  et  \in\co  Altar!  sacrificanduin,  3 :  De  Excelsis, 
C.  DXXX — DXCII) ;   be  ©ctte :  Dissertatio,  qua  Deuteronomium  a  prioribus  Pentateuchi 

20  libris  diversum  .  .  .  esse  monstratur,  Jenaer  ^iffertation  (in  Opuscula  theol.  1830. 
@.  163—165);  bcrf.,  »eiträge  jur  Einleitung  in  baS  ^üte  Xeftament,  »b  1, 1806,  @.  223-261 : 
„Ueber  bcn  ä^ß^"^  ^c8  DleligionScultuS  ber  g^^QC^iten  in  ^inftcftt  auf  bic  ®efejgebung  beS 
^entatcuc^«",  8.285—299:  „©efefe  üon  ber  Einheit  bc8  Ootte^bienftcS";  ®eo.  fior.  ©auer, 
©efc^rcibung    ber  gotteSbicnftlicficn  S^crfaffung   ber    alten  C)cbräer,  ©b  II,  1806,  8.  1—143 

25  (^©on  ben  gotteSbicnftficften  Orten");  ©ramberg.  ^itifcfte  ®cfd^id)tc  ber  9?eIiaion8ibecn  beg 
«.  Xeftament«,  ©b  I,  1829,  8  5-94  („$)eiligtt)ümer") ;  ©eorgc,  2)ie  älteren  gübifcften  Srcfte 
1835,  8.38—45:  „(ginl^eit  be«  ^ciligt^um«  —  8!ift§^ütte'' ;  8aalfct}ü6,  S)a8  ^ofaif^e  Siecht «, 
1853,  8.  297—306;  berf.,  Archäologie  ber  Hebräer,  ©b  1, 1855,  8.  233-236;  Dgl.  ©b  II, 
1856,  8.  318ff.;  8»ief)m,  3)ie  (äJcfefgebuna  ^oFi«  imSonbc  3Roab  1854,  8.24-31.  89-93. 

30  118-120;  ®raf.  De  templo Süonensi,  Misn.1855;  berf.,  ßbm® XVIII,  1864,  8.309-314: 
„^ad  bebeutet  ber  ^tu^brucf:  t)or  (äJott  erfc^einen  u.  f.  m." ;  berf.,  2)ie  gefctjic^tlic^en  ©üc^er 
beS  Sl.^eftomentg  1866,  8.51— 66.100f.  125. 138. 143 ;  ©leef,  Einleitung  in  ba««l.  Jcftament», 
1860,  8.188-190.295-299;  be^ettc,  Sc^rb.  ber  6ebr.MÜbifcften^rcftöoloöie,4.?l.t3on  SRaebigcr 
1864,  8.  274  f.  327—329:  Dort,  De  Heiligdommen  van  Jehovah  te  Dan  en  te  Bethel  v6or  Je- 

35  robeam  I.,  in :  Theologisch  Tijdschrift  I,  1867,  8.  285— 306  •^.  ^ierfon,  De  tempel  te  Silo, 
cbenb.8.425— 457  (freie 3fJcprobuftion  üon®rafg Tempi.  Sil.);  9?ölbcfe,Unterfucftungcn  jur Ihritif 
beS9l.  Xeft.  1869,  8. 127 f.;  ö.  ©oneberg,  S)ie  rcUgiöfen  Slltertümcr  ber  SBibeP,  1869,  8. 161 
big  168.  208—215,  togl.  8.  80 f.;  «ucnen.  The  religion  of  Israel,  fionbon  1874 f.  (Ijollänb. 
Originalauög. :    De  Godsdienst   van  Israel,    ^aartem  1869  f.),    ©b  I,   8.  80-82;   93b  II, 

40  8.  25  f.  166—168.  256;  $oul  Äleincrt,  S)a8  3)eutcronomium  1872,  8.  85— 87 ;  ®.  5- Oe^ler, 

X^eologie  beS  91.  %t\t.\   93b  I,  1873,  8.  393  f.  (3.  91.  1891);    9lug.  Stat}Ux,  5)aä  üorejilifcfte 

»ucft  ber  Urflefcfticf)tc  gsrael«  1874,   8.  153 f.;    3)u^m,  a)ie  X^eologie   ber  $ropbcten  1875, 

•  8.47—54;  8menb,  Moses  apud  prophetas,  Hai.  S.  1875,  8.  49— 63;  8einecfe,  ©efctjicfttc  bc« 

»olfeS  3«rael  1876,  8.  159—167;  91.  I^öt)ler,  ficirb.  b.  »ibl.  ©cfcfiidjtc  91.  ^leftomcnte«,  U,  1 , 

46  1884  (1.  Sicfcr.  1877),  8.  10-14;  ©efl^aufcn,  ©cfdiicfttc  S^rael«,  53b  I,  1878,  8.  17-53 
(„S)er  Ort  beS  ®otte«bicnfteä-),  5.«.  1899  (^rolegomena  jur  ®cf c^ic^te  3§racl«) ;  Mittel,  a)ie 
neueftc  3Senbung  ber  pcntateuc^ifcöcn  Sragc,  in:  ä^öeologifdftc  Stubien  au§  5Bürttemberg  II, 
1881,  8.  33—47  („3)er  Ort  be«  ©ottcSbienfteä") ;  3Ä.  ^crncS,  Les  plus  anciens  sanctuaires 
des  Isra^lites,   in  ber  Revue  de  l'histoire    des  religions,  93b  V,  1882,    8.  22—48;   ^lat)» 

^  bäum,  a)ie  gerftörung  be«  XempclS  unb  bc«  ¥rop^etcnt)aufc«  ^n  8il6,  in  ber  3eitfcftrift 
für  93ölferpft)d)ologic  XVII,  1887,  8.  290—315;  ^.  ©rae^,  The  Central  Sanctuary  of 
Deuteronomy,  in:  The  Jcwish  Quarterly  Review  III,  1891,  8.  219-230  (bie  Xcnbcnj 
beä  2)euteronomium§  foll  fein  bie  S)egrabierung  SerufolemS  unb  beS  ^oria'S  unb  bie  6r« 
bebung    uon  8ic6em  mit   bem    ©ari^tm    jum   ^^entralpla^  bed  ^ultud);    (St).  $iepenbrin^, 

55  Histoiro  des  lieux  de  culte  et  du  sacerdoce  en  Israel,  in  ber  Revue  de  Thistoire  des  reb- 
gions,  93b  XXIV,  1891,  8.  1-60.  133—186;  8c^latler,  3ur  2:o|)ograp5ie  unb  ©cfcfticftte 
$atäftina«  1893,  8.  62-85  („3)0«  4)eiligtum  auf  bem  SamuclSberg") ;  91.  uan  ^oonacfcr, 
Le  lieu  du  culte  dans  la  l^gislation  rituelle  des  H^breux,  ®anb  1894;  6.  91.  $oclS,  Le 
sanctuaire  de   Kirjath-Jearim,    fiöroen  1894;    berf.   in:    De  Katholiek,   Dl.  LIX,    1896, 

60  8. 479—485 ;  berf.,  Examen  critique  de  l'histoire  du  sanctuaire  de  Tarche,  93b  I,  Sörocn 
1897;  3)riocr,  A  critical  and  exegetical  commentary  on  Deuteronomy,  ©binburg^  1895, 
8.  XLIIIf.  136 ff.;  8.  91.  grieS,  Den  Israelitiska  Kultens  Ontralisation,  lH)fola  1895; 
ftloftermann,  Beiträge  ^ur  ^ntfte^ungdgefc6id)te  beS  ißentateud)d,  7.  ^ie  ^eiligtumd«  unb 
Sagerorbnuna,  in:    9f?cue  Äirc^licfic  Scitfcfirift  VIII,  1897,  8.  48-77.  228-253.  298-328. 

65  353-383;  Ä.  8fr^r.  o.  ®ofl,  9llti8raclitifcöe  Äultftätten  1898;  9S.8taerf,  8tubien  jur  9le- 
ligionS«  unb  8))rac^gefc^ic6te  bed  alten  ^eftament^,  $ft.  2,  1899,  barin:  „S^ultudftätten  unb 
Ortsnamen''  (nic^t  eingefe^en). 


$0l^ettbteit{i  ber  ^tititt  179 

Unter  bcii  ßoinuicntaren  jum  ^ejateud)  notft  üor  anbcrn  bcr  uon  S)inmann  (1875  ff.),  über 
m^Ux  üon  «ert^cau  (2.  VI.  1ö83),  ®.  g.  ^J^oorc  (1895)  unb  «ubbe  (1897),  über  bie  ©ücfter 
©amueli«  üun  X^cniu^  (2.?t.  18G4,  3.  VI.  oon  fiö^r  1898).  Äloftermonn  (1887),  C>-^refcrücb 
©mit^  (1899),  5um  Xejtc  bie  Unterfucftungen  oon  SBeÖ^Qufen  (1871),  3)riüer  (1890)  unb 
bie  9(u§0Qbe  oon  S3ubbc  (1894),  ferner  bie  Kommentare  über  bie  ©üdjcr  ber  Könige  oon  6 
X^cniaä  (2.  VI.  1873),  Äloftermonn  (1887),  SBcnjinoer  (1899),  Kittel  (1899),  über  bie  S^ronif 
oon  ©ertöeau  (2.  VI.  1873^;  ^ur  S^ronif  ferner  SRooerS,  Krltlf(ftc  Untcrfutftungen  über  bie 
bibüfcfte  e^ronif  1834,  befonber«  ©.  285—301. 

I.  §  e  i  l  i  0  e  Serge.  Sei  tüo^l  aßen  SSößem,  bie  (Sebirg^länber  betool^nen 
ober  an^  fold^en  au^etoanbert  fmb,  lajfen  jtd^  ^eilige  Serge  nac^toeijen.  Die  ©ntfte^ung  lo 
ber  §eiligleit  ber  Serge  mag  bei  ben  toerfc^iebenen  SJöIfem  unb  in  ben  einjetnen  Kulten 
öerfc^iebene  SSeranlajfungen  |aben.  SBenn  nic^t  ettüa  urf}3rüngli(^  überall,  fo  liegt  boc^ 
öielertDärt^  ben  Sergfulten  bie  SorfteHung  ju  ©runbe,  bafe  ber  SBol^nfi^  ber  ©ott^eit  im 
§immel  über  ber  ©rbe  ju  fuc^en  fei.  3Kan  glaubte,  auf  ben  gen  §'"^"1^  ragenben  unb 
tjon  ben  aSolfen  um^ogenen  Sergf}3ifeen  ber  ©ott^eit  nä^er  gu  fein.  (SetDiffe  befonber^  is 
l^o^e  Serge,  too  ^immef  unb  ©rbe  fi^  ju  berühren  fd^ienen,  galten  bei  inbogermanifc^en 
Sölfem  aU  SBo^nfife  ber  ©ott^eit.  ©o  h)ar  ben  ^nittn  ber  SWeru,  ben  ^Jerfem  ber 
aiborbfc^,  ben  ©riccpen  ber  Dl^mj)  ein  ©ötterberg.  —  3Wit  ber  §eiligleit  ber  Serge 
Rängen  toa^rfd^einlid^  gufammen  bie  „^ö^en"'  bämöt  atö  ä(nbetung^ftätten  bei  ben  t)or? 
eyilifc^en  S^raeliten  (f.  unten  §  II).  ao 

1.  ^eilige  Serge  bei  ben  l(^eibnifci^en  ©emiten.  2Bie  anbcre  Sölfer,  fo 
Ratten  auc^  namentlich  bie  ben  Hebräern  bertoanbten,  bie  fogenannten  femitifc^en  Si)lfer, 
getoiffe  Serge  ju  Äultu^ftätten  erforen.  6^  fd^eint  bie«  ju  berufen  auf  bem  gerabe  i^nen 
ober  boc^  me^rem  bon  i^nen  eigenen  ®otte«begriff,  ber  bie  ©ottl^eit  alö  ^oc^  über  ber 
6rbe  unb  bon  i^r  getrennt  in  ben  fernen  $immel«räumen  unb  beren  ©eftimen  too^nenb  25 
backte.  3)er  ©ott  ber  ölteften  Hebräer  fc^eint  borgug^toeife  al«  im  ©etoitter  [\d)  offen« 
barenb  borgefteHt  toorben  j\u  fein.  35amit  ftimmt  überein,  bafe  man  i^n  auf  l^o^em  Serge 
fud^te,  too  bie  ®eh)ittem)olfen  bie  ©rbe  berül^ren. 

5Ra(^  SDt  12,  2 ;  5Ru  33,  52  toar  ber  ©ottegbienft  auf  l^o^en  Sergen,  ^ügeln  unb 
^ö^en  lanaanitifc^e  ©itte.  ©in  ©Ott  bcr  3Jloabiter  l^ie^  Saal  5Peor,  unb  im  3Koabiter=  so 
lanb  gab  e«  einen  Serg  ^cor,  toa«  —  mag  nun  ber  Serg  bon  bem  ©ott  ober,  tüa& 
toa^rf^einlid^er,  ber  ©ott  bon  bem  Serge  ben  SJamen  ^aben  —  iebenfaU«  auf  ^eiltgfeit 
be«  Serge«  im  Äultu«  biefe«  ©otte«  bertoeift  (bgl.  31.  Saat,  Sb  II,  334,4off.).  «uf 
bem  Serge  $eor  lä^t  bcr  ^eibnifc^e  ©e^er  Sileam  burc^  ben  3Roabiterfönig  Salat  fieben 
aitäre  errichten  (9lu  23,  28  ff.) ;  eben  ba«felbe  toirb  auf  einem  ©il)fel  be«  $i«ga'«  bor*  86 
genommen  (9Ju  23,  14),  unb  nod^  auf  einen  ungenannten  Äal;l^ügel  begiebt  fic^  Sileam, 
um  ben  ©otte«f})rud^  ju  bemet^men  (9lu  23,  3  f.).  S)er  Serg  9lebo  an  ber  ©renje  be« 
?KoabiterIanbe«  toirb  ein  Äultuöberg  getoefen  fein,  ba  bcnfelben  9?amen  ein  bab^lonifc^« 
afl^rifc^er  ©ott  trägt  (3ef  46,  1 ;  für  ben  9lebo  al«  l(^eiligen  Serg  ber  3Woabiter  bgl. 
3ef  15,  2  •  f.  überbauj)t  %  9?ebo).  40 

2)er  Serg  ©inai,  beffen  §eiligleit  nad^  ber  in  biefem  fünfte  burc^au«  glaubtoürbigen 
3^rabition  a\x^  bormofaifd^er  Reit  ftammt,  ba  er  fc^on  in  Stg^pten  ben  Hebräern  afö  ^xd 
i^rer  äu^toanberung  borfc^toebt,  fc^cint  feine  Sebeutung  bon  einem  fcmitifd^en  SoH  er« 
^Iten  JU  ^aben.  ©ein  3?ame  toirb  abzuleiten  fein  bon  bem  be«  babt^lonifc^en  unb  ^im« 
jarifc^en  TOonbgotte«  ©in.  2)er  Serg,  ben  man  aU  ben  ©inai  be«  31X  anjufel^cn  }>flcgt,  45 
mar  noc^  in  ben  testen  ^a^r^unberten  b.  6^r.  unbfj)ätcr  ba^^iel  aud^  ^eibnifc^er  (naba* 
täifc^er)  ^ilger,  toie  au«  ben  ^at^ltofcn  ^i^fci^rift^n  bc«  SQäabi  50lulattab  gu  erfe^en  ifi 
Son  bem  einftmaligen  häufigen  Sefuc^  be«  geheiligten  ©ij)fel«  jeugen  bie  am  ©erbftl 
erbaltenen  geteftufen,  unb  noc^  neuerbing«  tourben  bafelbft  bon  ben  umtbo^nenben  2lrabem 
Opfer  bargebrac^t.  —  3)er  9Jame  be«  Orte«  Saal=§ermon  am  Serge  §ermon  ift  berfürgt  50 
au«  Set*Saal=$ermon,  „3;cmt)el  be«  S.  $.",  unb  bermeift  auf  einen  ©ott  be«  Serge« 
§ennon  (f.  31.  Saal  ©.  335, 9  ff.).  3(n  ben  äbl^ängen  biefe«  Serge«  unb  auf  feinem  füb« 
liefen  ©i}3fel  ftel^en  no(^  je^t  iemjjclruinen.  2)em  §ieron^mu«  (Onomast.  s.  v.  Aermon) 
berichtete  man,  bafe  auf  ber  ©pi^e  be«  §ermon«  bei  ?ßanea«  ein  bon  ben  ;^eiben  bere^rter 
%tmpd  ftänbe ;  bgl.  6ufebiu«,  Onomast.  s.  v.  'Aeq/lkov.  $^ilo  S^bliu«  (Fragm.  55 
histor.  graec.  ed.  6.  3Jlütlcr,  Sb  III,  fragm.  2,  7,  ©.  566)  nennt  in  euemeriftifc^er 
SinHeibung  ben  3lntilibano«  (b.  i.  §ermon  V)  neben  Sibano«,  Äaffio«  unb  Srat^^  ol« 
^eiligen  Serg.  35er  Saal  be«  Sibano«  ("^^b  brn)  j^irb  aud^  in  einigen  fe^r  alten  auf 
G^J)em  gefunbenen  }>^öni}if^en  ^nfc^riften  genannt  (Corp.  Inscript.  Semitic.  n.  5),  unb 
bie  §eiligfeit  be«  Sibano«  ift,   mit  unrid^tiger  Übertragung  auf   bie  ^vi)m,   im  Etymo-  eo 

12* 


180  ^ifttnVttnfi  ber  Hebräer 

logicum  Magnum  (s.  v.  Äißavog)  beieugt.  3m  Äenod^bud^  (c.  6),  ebcnfo  in  bcn 
„©cJ^eimniffen  ^cnod^"  (ed.  Soniüctfc^,  91®®,  9?.  %.  »b  I,  1896  c.  18,  5)  i[t  bcr  §er= 
mon  ate  ber  Scrg  J^ctbmfd^er  ®ottl^eitcn  ju  bem  ber  abgefallenen  ßngel  getoorben  (t)gl. 
ßUariuö  ^xcta\),  ju  $f.  132).  —  2tu(l^  ber  Äannel  galt  ben  Umtoo^nem  afö  l^eiltg,  ba 
su)n  h)ie  6Ua  fo  aud^  bie  Saal})riefter  ^ur  Dj)f erftätte  toä^tten  (1 5lg  c.  18).  3la^  %adtii^ 
(Histor.  II,  78  [bilbloje  3Serel^rung  be«  ®ottcg  Äarmel  unter  freiem  §immel])  unb 
©ueton  (Vesp.  5)  l^at  noc^  Raifer  SBef^afian  auf  biefem  Serge  geopfert  (p^l  aud)  3am= 
blic^,  Vit.  Pythag.  3 ;  ©Maj  ®.  42  ed.  §ubf. ;  Droftu«  c.  9,  ©.  478  ed.  ^aljerc). 
SBa^rfc^einlic^  gehört  einer  SBei^einfd^rift  an  ba«  an  ben  Slbl^ängen  be«  Äarmetö  gefunbene 

10  ^agment  einer  pl^önigifc^en  3"f^rift,  ba«  aßerbing«  nur  ^erfonennamen  enthält :  „.  .  . 
©o^n  be«  abKofir),  .  .  .  be«  ©o^ne«  be«  (9l)bbeKm,  be«  ©ol^ne«  be«  3lri«  .  .  .,  ber 
©(^reiber  C-p]^),  unb  S3aal  ..."  (6Iermont5®anneau,  Rapports  sur  une  mission 
en  Palestine  et  en  Ph^nicie  entreprise  en  1881,  in  ben  Archives  des  missions 
scientifiques  et  litt^raires,   Sörie  III,  S3b  XI,  5Pari«  1885,  ©.  173). 

16  SBenn  1  Äg  20,  23  (ügt.  v.  28)  bie  i?on  9lbab  im  ®ebir5e  gefd^Iagenen  Slramäer 
bie  „®ötter"  ber  ^ebräer  für  „Serggötter"  erHären,  fo  geigt  bie«,  ba^  ben  3tramäem 
ober  bod^  bem  ßrgä^ler  be«  Äönig^bu^e«  bie  SSorftellung  ijon  bergbetoo^nenben  ©ottl^eiten 
geläufig  tvax. 

SBa^rf^einlic^   ift  bab^tonifd^  bie  3!e{  14,  13  bem  ftönig  i?on  Säbel  in  ben  ÜRunb 

30  gelegte  SSorftellung  i?on  einem  Serge  ber  (GJötter*)  Serfammlung  im  äu^erften  9lorben,  toie 
au(^  ßjed^iel  (c.  28,  14.  16)  i)on  einem  burd^  ben  Cherub  betoad^ten  „®ötterberg"  rebet 
(»gl.  bie  Übertragung  ber  SorfteHung  ijom  Serge  be«  „9lorben«"  auf  ben  3ion  5P[  48, 3). 
aJlit  ijoller  ©id^erl^eit  ift  ber  bab^lonifd^e  Urfjjrung  biefer  Sorfteßung  noc^  ni^t  nad^= 
geh)ie|en ;  e«  ioäre  nidj^t  unmöglid^,  ba^  ^ier  eine  ^erübemabme  ber  })erfijd^en  Sorfteßung 

26t)on  bem  im  5Rorben  befinblic^en  ®ötterberg  Sllborbjc^  ijorliegt.  ÜRan  i^at  freilid^  neuere 
bing«  ba«  ^Protot^})  be«  Serfammlung«berge«  im  Suc^e  ^efaja  auf  aff^rifd^em  ober  aud; 
auf  bab^lonifc^em  Soben  ju  finben  geglaubt.  9?ad^  5?riebr.  ©eli^fd^  (2Bo  lag  ba«  ^ara= 
bie«?  1881,  ®.  117—122)  tüäre  in  ber  3efaia=©telle  gemeint  ber  „grofee  Sänberberg", 
in  beffen  Sel^ufung  nac^  ber  Ä^orfabab-^njc^nft  ©argon«  bie  ®ötter  ©a,  ©in,  ©ama«, 

£0  (5labu),  SRaman,  9cinib  unb  il^re  ®ema]^linnen  geboren  tourben.  %x.  Senormant  (La 
magie  ehez  les  Chald^ens,  ^ari«  1874,  ©.  156 — 163 ;  Les  origines  de  l'hi- 
stoire  Sb  II,  1,  ^ari«  1882,  ©.  120—138)  ^ält  ebenfaß«  ben  „großen  Sänberberg" 
für  ben  „Serfammlung«berg"  be«  Sud^e«  ^^]a\a  unb  ibentifijiert  i^n  mit  bem  Serge 
be«  Dften«   in   ber  bab^lonifd^en  5lo«mologie.    9la(^  3enfen  [fto«mologie  ber  Sab^lonier 

36  1890,   ©.  201—212:    „2)er   (grofee)  Sänberberg   unb  ber  (gro^e)  Serg   be«  ©onnen^ 

aufgang«";    ijgl.  ©.  185—195:    „2)a«  Serg^au«  unb    ba«    ©ebei^^au«   (Ikur  unb 

isara)"]  ift  bagegegen  mit  bem  „Sänberberg"  fein  einzelner  Serg  gemeint,  fonbem  bie 
al«  Serg  gebac^te  @rbe,  unb  e«  toürbe  bann  ein  Swfömmen^ang  be«  „Sänberberg«"  mit 
bem  „Serfammlung«berg"  be«  Suc^e«  Sefaja  nid^t  beftel(^en,   ebenfomenig   mit  bem  311= 

40  borbf^.  3ebenfaß«  fennt  bie  babtolonifc^e  5lo«mologie  reinen  ®ötterberg,  ben  fie  im 
9lorben  ber  @rbe  gebadet  ^ätte.  ®er  3wf<»"^"^^^^"0  be«  „Sänberberg«  mit  bem  al« 
Aralü  bezeichneten  %oiinxtid)  (f.  Deli^fc^  a.  a.  D. ;  3llfr.  ^I^emia«,  3)ie  bab^lonifc^= 
aff^rifd^cn  Sorfteßungen  ijom  Seben  nad^  bem  SCobe  1887,  ©.  121—126 :  „®ie  Sor= 
fteßung  üom  'Serge  ber  Serfammlung*"";    t)gl.  ©.  60 f.)  mag   ^ier  babingeftcBt  bleiben; 

46  er  toirb  \)on  Senfen  (©.  230  ff.)  beftritten.  ^enjen  jeinerfeit«  (©.  22  f.  älnmfg.)  ljer= 
ftel^t  ben  nörblic^en  Serfammlung«berg  be«  Sud^e«  '^t^aia  al«  eine  -JJac^bilbung  be« 
al«  Serg  gebadeten  5Rorbj)ol«  am  §immel  (t)gl.  3^"^"^«^  bei  ®unfcl,  ©c^öjjfung  unb 
6^ao«  1895,  ©.  132,  aiumtg.  7).  SDann  l)atU  \\ä),  mm  3ef  14,  13  mirfli^  eine 
bab^lonifc^e    Sorfteßung    toiebergiebt ,     auf   bab^lonifc^em    Soben    au«   ber   urfjjrüng- 

60  lidj^en  Sorfteßung  t)om  §immel  al«  bem  SBo^nort  ber  ®ötter  bie  anbere  i?on  i^rem 
SEBo^nen  auf  einem  für  ben  §immel  fubftituierten  \)ol}tn  Serg  enttoidelt.  Die  in  ©tagen 
aufgeführten  Turmbauten  ber  bab^lonifc^en  2;emj)el  (f.  über  ben  lurmbau  be«  ?Jebo= 
Xmptl^  e^iba:  2tlfr.  ^eremia«,  3t.  9?ebo  in  Slofc^er«  Sejifon  ber  SK^t^ologie  III, 
51.  52  ff.  [1898])  muffen   nic^t    gerabe  3?ac^bilbungen   eine«   auf   ber  ßrbe  befinblic^en 

66  ©ötterberg«  fein,  fonbem  fönnen  auf  ba«  SQäo^nen  ber  ®ötter  in  ber  $immel«^öl)e 
bertoeifen.  ^ann  ift  aber  ber  ^immel  al«  ein  Serg  gebaut,  ©benf o  lommt  ^ier  in  Setra^t 
bo«  babvlonifc^e  e^itl^eton  ber  ®ötter  äadü,  fo  in  ber  Sejeic^nung  be«  ®otte«  Sil  al« 
Sadü  rabü  (Delifefc^,  3tff^r.  $903.  s.  v.).  2)a«  SBort  Sadü  fd^eint  ^ier  nic^t«  anbere« 
gu  fein    al«  ba«felbe  SBort  in   ber  Sebeutung   „Serg"  (^enfen    a.  a.  0.,    ©.  207  f. ; 


$0^eitbtetift  ber  ^thtitt  181 

§ommcI,  2)ic  3lltigraclitifci^e  Überlief erunß  1897,  ©.  109),  bertndft  alfo  irgenbtoie  barauf, 
bafe  bie  ©Ortzeit  ate  Serg  ober  aU  auf  einem  Serge  tool^nenb  t)or0eftellt  tourbe,  mag 
nun  an  ben  §immel  ober  an  einen  beftimmten  S3erg  (ijgl.  21.  3^^"^iöö/  2*^  ^^^  ^^»w 
3^obe,  ©.  69,  Slnmlg.  2),  ober  an  bie  afö  Serg  ijorgeftcttte  6rbe  (Stufen)  babei  gu 
benfcn  fein.  —  3lad)  allem  liegt  alfo  bielleid^t  auf  babt^lonifd^em  ©oben  nid^t  ein  ur^  5 
fj)rünglic^er  3wf<i»«"^^"^Ä^9  bon  ©ott^eit  unb  93erg  toor ;  aber  fei  e^  au^  ber  SSorftellung 
be^  ^immetö,  fei  e«  an^  ber  ber  @rbe  aU  eine^  Serge«  ^at  fic^  jene  Äombination  ent* 
toicfeft.  Slnber«  tourjelt  bei  ben  inbogermanifc^en  Söllern  bie  SSorftellung  bom  ©ötter« 
bcrg  be«  5Jorbend  in  bem  Sorl^anbenfein  eine«  toirflid^en,  im  9lorben  ober  9Jorboften  ge* 
legenen  ©ebirge«.  Slber  audj^  bie  Sab^lonier  fennen  einen  Serg  be«  Dften«,  ben  fie  mit  10 
ben  ©Ottern  ber  aufgel^enben  Sonne  gufammenftellen  (^jenfen  a.  a.  D.,  ©.  236  ff.).  — 
Sluf  bie  ^age,  intoiemeit  ber  „l^o^e  3?orben",  ber  ©^  be«  Sic^tlönig«,  bei  ben  ^Jlan« 
bäem  (f.  Sranbt,  2)ie  3Kanbäifd^e  Sieligion  1889,  ©.  69  ff.)  unb  bie  fieben  Serge  be« 
Sud^e«  $eno(^,  bon  benen  ber  mittlere  bi«  in  ben^immel  reid^t,  „toie  ber  Sl^ron  ©otte«" 
(c.  18,  6  ff. ;  24,  2  f.),  mit  bab^lonifc^en  ober  aber  mit  ijerfif^en  SorfteDungen  in  3«*  10 
fammenl^ang  fte^en,  lann  ^ier  nidjit  eingegangen  tüerben  (bgl.  über  bie  aff^rifd^^bab^lo« 
nifd^en  SorfteHungen  unb  i^re  SBeiterbilbungen  t).  3lnbrian  ^.261  ff.), 

3lo6^  anbere  im  312^  nic^t  genannte  beftimmte  Serge  finben  fic^  in  f|)ätem  Quellen  afe 
bei  femitifd^cn  Söllern  ^eilig  gebalten  ertoäl^nt.  Sielfad^  begeugt  ift  ber  Äultu«  auf  jtüei 
Sergen  be«  Slamen«  ftafio«  (Äaffio«),  ber  eine  an  ber  f^rifd^en  Äüfte  bei  2tntiodS>ia  gelegen,  20 
ber  anbere  jtoifd^en  ©^rien  unb  2tg^}3ten  bei  5Pelufu)n  (f.  bie  Selege  in  m.  ©tubien  II, 
©.  238  ff.).  2)a«  Heiligtum  auf  bem  Serge  bei  ^elufton  toar  bermutlic^  bon  f^ro=j)l^ös 
nijifd^en  Seefahrern  begrünbet.  3Kit  bem  bermeintlid^en  ®otte«namen  t^^P  in  nabatäifj^en 
unb  ^auranifd^en  gnfd^riften  (f.  31.  ©bom  Sb  V,  ©.  166  f.)  ^at  ber  9?ame  ber  beiben  ^eiligen 
Serge  metleid^t  nic^t«  ju  ti^un ;  freiließ  fönnte  biefer  menfd^lidj^e  ^erfonname  urfjjrünglic^  26 
ein  ©otte«name  unb  bann  ber  9lame  be«  l^eiligen  Serge«  fein.  Über  ben  Serg  Kas- 
jün  bei  a)ama«cu«  (©tubien  II,  ©.  239,  2lnmfg.  1)  bgl.  t).  änbrian  ©.  284.  Sft* 
gebilbet  toirb  ber  „3eu«  Äafio«"  auf  ^ünjen  bon  ©eleufia  in  5pierien  unter  bem 
©^mbol  eine«  ©teine«,  aufgestellt  in  einem  %tnipd,  über  bem  ein  3lbler  fd^toebt,  ber 
Sogel  be«  ©onnen-  ober  §immel«gotte«.  2)er  3)ienft  be«  Äafio«  tüurbe  bon  })^önijifd^en  ao 
Äoloniften  nac^  ber  3nfel  Äorf^ra  berj)flanxt,  tüo  bei  Äaffio})e  ein  2:emj3el  be«  Jupiter 
Cassius  ftanb.  ©er  9?ame  be«  ©otte«  Äapo«  ift  enti^olten  in  bem  Slamen  Cassio- 
dorius  (Sflenan,  Histoire  du  peuple  d'Isragl,  Sb  I,  5Pari«  1887,  ©.  186).  —  ©er 
9lame  eine«  Sorgebirge«  am  Sibano«  Oeov  tiqöocotiov  bei  ©trabo  (XVI,  2,  15  f.),  ba« 
heutige  9la«  ejc^=©d^affa  (^ietfc^mann,  ©efc^i^te  ber  ^pi^önijier  1889,  ©.  45f.),  bertoeift  35 
auf  ein  bafetbft  befinbli^e«  Heiligtum,  bgl.  ^enu-'ßl  „3lntli§  ©otte«"  ©en  32,  31  f. 
SieDeic^t  ift  bie  Senennung  $en=Saal,  „3lntlift  Saal«",  für  bie  lart^agifc^e  ©öttin  „Sanit" 
mit  §al6bl9  barau«  m  erllären,  bafe  bie  ©öttin  urfjjrünglidji  auf  einem  Sorgebirae  biefe« 
9lamen«  bere^rt  mürbe  (f.  31.  Slftarte  Sb  II,  ©.  151,  7  ff.).  3|n  |)^önijif(^en  Äoloniat 
länbem  tberben  eine  Steige  bon  Sorgebirgen  genannt,  benen  ©otte«namen  beigelegt  finb ;  40 
hod)  ift  ber  ^l^önijifc^e  Urf^rung  biefer  Senennungen  nid^t  überall  fo  beutlic^  toie  in  bem 
5lamen  be«  ficilifc^en  §eraflea,  ba«  auf  SKünjen  „Sorgebirge  be«  3Kelfart"  (n^pb73  -^n) 
genannt  toirb  (bie  Selege:  ©tubien  II,  ©.  245 ff.).  —  ©er  fart^agifc^e  Saturnus 
Balcaranensis  ift  jtoeifello«  entftanben  au«  c-'np  brn  „Saal  be«  ©o}3j)ell^om«",  b.  ^. 
ber  ^oppdi)'6\)t  (f.  g.  ©.  5Koore  in  bem  Journal  of  Biblical  Literature  1898, 46 
©.157).—  Über  ben  ^eiligen  Serg  ß^adt;  (?)  bei  ^^ilo  S^bliu«  f .  m.  ©tubien  II,  ©.197. 
235.  247.  —  9Jod^  au«  f^äter  3eit  ift  Sergfultu«  in  ©^rien  bejeugt:  eine  nac^riftlic^e 
3nf(^rift  bei  ©aiba  ift  bem  Zei^g  ögeiog  getoibmet,  unb  auf  berfd^iebenen  Sergen  ©^rien« 
^t  man  gotte«bienftlid^e  Silbtoerle  gefunben.  3aIob  bon  ©arug  gebenft  ber  ©ö^em 
temj)el  auf  ben  ^ügeln,  unb  ©mSlebim  berid^tet  bon  ben  Sabiem,  bafe  fie  ©onne  unb  60 
^laneten  auf  einem  Serge  berel^rten.  ©ie  no<^  befte^enbe  f^rifc^e  ©elte  ber  9Jofairier, 
bie  biel  alte«  ^eibentum  betoa^  ^at,  toä^lt  borjug«toeife  Sergfj)i^en  ju  Orten  ber 
Slnbetung. 

©er  bon  Äaifer  §eliogabal  nad^  Slom  berj)flanjte  f^rifd^e  deus  Sol  Elagabal  fdj^eint 
ein  Serggott  getoefen  ju  fein.  ^ebenfaH«  ift  ber  9lame  gu  erllären  au«  ^'?n  „©ott"  55 
unb  ^5>  aJlit  bem  jtodten  Seftanbteil  fann  ein  Ort  ©ebal  gemeint  fein,  ettoa  ba«  p\)f^ 
nigifc^e  S^blo«,  too^er  ber  ©ott  bon  6mefa  urf}>rüngli(^  ftammen  fönnte,  ober  ba«  SBort 
ift  bie  Segeic^nung  be«  Serge«  (^^^).  ©ie  le^tere  3lnnal^me  ift  toa^d^einlic^er,  ba  ba« 
Silb  be«  ©otte«  ein  fonif<^er  ©tein  toar,  ber  ein  Slbbilb  be«  ^eiligen  Serge«  fein  möd^te.  — 
©er  3«w^  Sltab^rio«,   ber   auf  einem  Serge  ber  ^n\d  Sl^obo«  unb  auf  einem  ficilifd^en  eo 


182  ^a^enbienft  bcr  Hebräer 

Serge  bereis^  tourbe,  ift  jtoetfello«  ber  üon  }>l^önijifc^en  Äoloniften  bort^tn  ber^flanjte 
(Sott  eineö  Serge«  %abox,  toa^rfc^einlid^  be«  belannten  Serge«  in  ^aläftina,  ben  3ofe^)l^u« 
unb  ©e})tua9inta  (^o  5,  1)  ^Ixaßvqiov  nennen. 

Db  ber  SRame  be«  arabifc^en  ®otte«  ©ufare«,  2)^u=lg(i^arä  {{jJ^\^o,   f.  über 
5  il^n  SQäeH^aufen,  Slefte  arabi|ci^en§etbentum«*,  1897,  ©.48  ff.)  mit  bem  Sergnamen  ©d^erä 

(ö  f -AvJf)  jufammenl^ängt,   mu^  ba^ingefteßt  bleiben.    3l^^^"f^^  ^^^  lennen  axxij  bie 

Slrober,  obgefel^en  ijom  ©tnai,  ^eilige  Serge,  beren  Sebeutfamleit  fj)äterl^in  au«  ber  ®e- 
fd^ic^te  3Ku^ammeb«  begrünbet  tourbe  (©tubien  II,  ©.250  f.).  ®er  9lame  be«  arabifdj^en 
®otte«  SQäabb  h)irb  öon  ben  Slrobem  teittoeife  ate  ber  9lame  eine«  Serge«  erflärt  (Ärel^l, 

10  Über  bie  Sieligton  ber  bori«Iamifci^en  äraber  1863,  ©.  61).  SDer  ®ott  Sag^ut^  fc^eint 
feinen  ©i^  urf))rünali(l^  gel^abt  ju  l(^aben  auf  einem  $ügel  in  ber  9tci^e  ber©tabt®urafd^ 
(SBelll^aufen  ©.  20  f.).  9lac^  3bn  oI^Äalbi  toar  ber  ®5§e  „atgal«  ein  roter  Sorfj)rung  in  ber 
SKitte  be«  Serge«  SBoa,  \>on  menfc^enäJ^nlid^em  ä[u«fel^en"  (SBell^aufen  ©.  51  f.).  2)er 
9?ame  eine«  Serge«  Slammän    im  Sanbe  ber  2:aiji  (SBeÜI^aufen,  Slefte',  1887,   ©.  7) 

15  !önnte  ettt^a  mit  bem  aramäifc^en  ®otte«namen  (f.  31.  Slimmon)  jufammen^ängen.  Über 
ben  Serg  Käf,  ©tubien  II,  ®.  251  f.  au«f%lid^er  \>.  Slnbrian  ©.  284  ff. 

2.  ^eilige  Serge  bei  ben  Hebräern.  9luc^  ben  Hebräern  toaren  beftimmte 
Serge  ^etlig.  ©o  bor  allem  ber  ,,®otte«berg"  ©inai  ober  ^oreb.  3lu«  feiner  Sebeutung 
gel^t  beutlid^  ^erbor,  ba^  bie  Hebräer  bie  SorfteUung  bon  ^eiligen  Sergen  fd^on  bei  il^rer 

30  Sintoanberung  in  Äanaan  mitbrachten  (ügl.  oben  §  1).  2tnbere  Serge  übemal^men  fie  al« 
l^eilige  bon  ben  frül^em  Setool^nem  Äanaan«.  ©o  ben  Äarmel  (f.  oben  §  1),  too  6lia  opfert  (bie 
eEilifc^e©tellea)li7, 14  gel^ört  toa^rfc^einlid^  nic^t  ^ier^er,f.  31.  §aineSbVIl,  ©.350,2^  ff.), 
^er  iabor,  bermutlic^  fd^on  ben  bori«raelitifd5>en  Sanbe«beh)o^nem  ein  l^eiliger  Serg  (f.  oben 
§  1)  fc^eint  bie«  a\xii  bei  ben  Hebräern  getoefen  ju  fein,  ba  §o  5,  1  bon  ben  ^rieftem 

25  bie  Siebe  ift,  bie  bem  Solf  auf  bem  S^abor  „ein  au«gefi)annte«  5Refe"  toaren.  @ben  al« 
5lultu«ort  toirb  man  biefen  Serg  in  ber  Slid^terjeit  für  $eere«berfammlungen  getoä^lt 
\^i^  (9li  4,  6.  12.  14).  3"  2)öbib«  ^tiX  i)flegte  man  auf  bem  Ölberg  anzubeten 
(2  ©a  15,  32 ;  bgl.  1  Äg  11,  7).    ©abib«  Stltar  unb  f»)äter  m  beffen  ©tette  ber  jeru^ 

Slemifd^e  %m'pt\  ftanben  auf  bem  l^öc^ften  fünfte  ber  3)abib«ftabt,  auf  ber  %mm 
ratona«,  unb  e«  ift  bebeutfam,  bafe  ba«  jerufalemifdj^e  ^eligtum  fo  gern  al«  ber  „Serg" 
^ion  au«brüdlic^  begeid^net  tbirb.  iRoc^  bie  ©amaritaner  hielten  e«  nottoenbig,  al«  QiMt 
i^re«  mit  bem  jerufolemifc^en  ribalifterenben  3:emj)el«  einen  Serg,  ben  ®arijim,  ^u 
tbä^len. 

©c^on  3lbra^am  foH  auf  einem  Serge,  einem  ber  Serge  be«  Sanbe«  SWoria,  geojjfert 

85  l^aben  (®en  22,  2).  S)ie  (Srjä^lung  f})ielte  urfj)rünglic^  fdjfhjerlic^  auf  ben  2:em})elberg 
an,  ba  fic^  ^intüeifungen  auf  3^<^^"^  ^^  Äultu«ort  im  je^obiftifd^en  Suc^e  fonft  nid^t 
finben  (anber«  ®en  14,  18—20).  S)er  Semjjelberg  toirb  im  3li  nur  ein  einjige«  SWal 
in  einer  fj)äten  ©teile  (2  S^r  3, 1)  SWoria  genannt,  liefen  5lamen  entlel^nte  man  bieHeic^t 
eben  jener  ®rjäl^lung,  toenn  nic^t  ettoa  in  biefer  ber  9lame  SRoria  für  einen  anbem,  Xodix- 

40  fc^feinlid^  einen  e})^aimitifd^en,  l^eiligen  Serg  fubftituiert  toorben  ift.  3ln  bie  ©rgö^lung 
tbirb  al«  eine  gd&röud^lic^e  Slebetoenbung  bie  3lu«fage  gelnüt)ft,  ba^  „y^^^^^  öuf  bem 
Serg  erfd^eint"  (v.  14).  —  2)eutli(^  ift  an  -ein  beftimmte«  Serg^ciligtum  ju  beuten  bei 
bem  Dj)fer  ^afob«  auf  bem  ®ebirge  ®ileab  (®en  31,  54);  ju  aKij))a  (®ileab«),  toie 
bie  ©tötte  bon  Saban  genannt  toirb  (v.  49),  beftanb  in  fpäterer3rit  ein  ga^toe^eiligtum 

45  (f.  unten  §  III,  1  a  unb  b).  Sgl.  auc^  ben,  toie  e«  fd^eint,  auf  einem  Serge  gelegenen 
Slltar  Slbra^am«  bei  Setel  (®en  12,  8 :  „na^  bem  Serge").  —  2)ie  3lngabe,  bafe  bie 
^atriar^en  auf  beftimmten  Sergen  geopfert  Ratten,  beruht  ebenfo  toie  bie  Kombination 
beftimmter  l^eiligen  Säume  (f.  31.  §aine)  ober  Srunnen  mit  ben  ^atriard^en,  auf  ber  3lns 
fc^auung,   bafe  biefe  Äultu«ftätten  alt  feien,    ©ie  tourben  bon  ben  .^ebräem  bei  i^rer 

50  ®ir^tpanberung  fc^on  borge^mben  (bgl.  SRi  6,  25  f.).  3)e«^atb  füJ^i^^e  bie  l[^ebräifc^e 
2:rabition  fie  jurüd  auf  bie  nac^  il^rer  Darftellung  bormal«  in  Äanaan  ^aufenben 
$atriard^en. 

'^^m  bem  ©inai  lommen  in  ber  ®efd^ic^te  3Jlofe«  nod^  anbere  Serge  al«  ^iäiXzti 
^eiliger  §anblungen  bor:  auf  bem  ®ipfel  eine«  §ügel«  betet 3Rofe  um  ben  ©ieg  S^rael« 

55  über  3lmalel  (gj  17,  9  ff.).  ÜRofe  giebt  ben  Sefel^l,  bei  ber  (Sinioanbcrung  in  Äanaan 
auf  bem  Serg  6bal  einen  3lltar  ^u  errichten  unb  bom  ®arijim  ben  ©egcn  ju  erteilen 
(S)t  c.  27;  bgl.  ^of  8,  30  ff.). 


^d^tttbienfit  bcr  ^thtitt  183 

a)a^  aiaron  auf  bcm  Serge  $or  [tirbt  (9?u  20,  22  ff.),  3Wofe  (auf  bem  9?ebo  (3)t 
34,  5 ;  bfll.  ©tabe  ©.  453),  l^ängt  jtoeifello«  aufammen  mit  ber  SBorfteDung  ijon  ber 
^etUgleit  ber  Serge.  2)arau^  fann  man  aber  räum  entnel^men,  bafe  „bie  (Sräber  gern 
auf  änl^ö^en  angelegt  tourben"  (©dj^toaD^,  2)a^  Seben  nad^  bem  2:obe  nac^>  ben  Sor* 
fkeÜungen  be«  alten  g^rael  1892,  ©.  58  f.),  toa^  bamit  jufammenl^ängen  foH,  bafe  eben  5 
bie  ©räber  l^eilige  ©tötten  toaren  (bgl.  ©tabe  ©.  450  f.).  aJlofe  tüirb  öielme^r  in  einem 
%fyd  im  Sanbe  aWoab  beftattet  (2)t  34,  6).  ©onft  ift  im  ^%  fo  toiel  ic^  fe^e,  beutlic^ 
boc^  nur  2  Äg  23,  16  bie  Siebe  t)on  ©räbern  auf  einem  Serge,  nämlic^  ju  Setel.  3er 
7,  29  fmb  bie  Äa^I^öl^en,  too  Älage  erlauben  tuerben  fott,  fd^toerlidb  genannt  al«  ©räber* 
ftatten,   fonbem  ol^  bie  Orte  be«  ©öftenbienfte«  (3er  3,  21).    ä&er  bei  ben  Sebuinen  10 

?eniefet  aUerbing«  ba^  ©rab  auf  einem  Serg  einen  SBorjug  (3-  3Be|ftein,  Steife  in  ben 
eiben  Srac^onen  unb  um  ba^  Haurän=©ebirge,  in  ber  g^^ft  für  attaemeine  ©rb« 
funbe,  9^  Sb  VII,  1859,  ©.  134  f.  144;  togl.  bie  2)eutung  ber  i^aelittfc^en  Samot 
atö  ^roj)l^etengräber  bei  ben  SRuglimen,  fflettl^aufen,  SRefte*,  ©.  15  f.,  Slnmi^.  4). 
3R5g(id^ertt>eife  ^at  ftd^  in  bem  l;)on  älarond  unb  SRofed  %o\)  (Srjäl^Iten  boc^  eine  Srinne«  is 
rung  erl^olten  biefer  einftmafö  tjießeid^t  aud^  bei  ben  Hebräern  l^errfc^enben  SSorfteßung. 

3n  ber  ?}eit  ber  ©efel^aftigfeit  S^raete  lommen  neben  ben  fc^on  genannten  ganj  bc* 
fonberd  atö  heilig  geltenben  Sergen  nod^  anbere  ci^  5lultu$jtätten  i)üx:  ©ibeon  erhält  \)on 
3al^h)e  ben  Sefd^l,  auf  ber  ©j)i^e  einer  Sergfefke  einen  älltar  gu  erbauen  (Sli  6,  26), 
unb  bie  Setoo^ner  bon  Äirjats^earim  bringen  bie  Sabe  ga^toe«  in  bog  ^aud  SlbinabaW  30 
„auf  bem  §ügel"  (1  ©a  7,  1).  3luc^  ba«  Heiligtum  t)on  ©ibeon  (f.  unten  §  III,  1  a) 
lag  auf  einem  Serge.    2)a«  ergiebt  fid^  nid^t  nur  au^  bem  SRamen  be«  Orte«,  fonbem 
2  ©a  21,  6  ift  gelDife  mit  Sl^eniu«,  SlBelll^aufen,  ®rit)er,  $oefe  (Sanctuaire,  ©.  16  f., 
Examen,  ©.212),  $.?{$.  ©miti^  ftatt  b6htr  au  lefen  nac^  v.9  bö-har  „auf  bem  Serge 
Sal^toe«"  unb  bann  toa^c^einlic^  „©ibeon"  ftatt  „©ibeat  ©aufe"  (3BeII^aufen,  35rü)er,  26 
Subbe,  Ißö^r,  §.  5p.  ©mitl^;   eine  anbere,   ber  ©a^e  nad^  auf  ba^felbe  ^inauölommenbe 
Serbefferung  bei  ©(glatter  a.  a.  D.,  ©.  80  Slnmlg.).  9luf  bem  l^eiligen  Serge,  „ijor  bem 
angefügt  gal^hJe«"  tourbe  öon  ben  ©ibeonitem  bie  Äreugigung  ber  ©auUben  öoBgogen.  — 
9la^  2)t  33,  19  laben  bie  ©tämme  ©ebulon  unb  ^\c^^ax  Sölfer  „nac^  bem  Serge", 
unb  fie  „ojifem  bort  D>)fer  ber  ©erec^tigleit".    9Ran  toirb  l^ier,   toenn  ber  bon  LXX  so 
abtoeid^enbe  maforetifc^e  iejt  rid^tig  ift,  an  irgenb  ein  Serg^eiligtum  ju  benfen  l^aben; 
e«  bleibt  jtoeifel^aft,  an  toeld^e^.  —   Sli  11,  40  ift  tool^I  bie  ÜKeinung,  bafe  bie  Xöd^ter 
SJ^raetö,  bie  „gingen",  um  bie  3:od^ter  3l^^*<^^  i^  tJreifen,  fic^  auf  bie  Serge  um3Rijt)a 
bt^abm,  too  bie  Slod^ter  3^^^<i^  "^it  i^ten  ©efj)ielinnen  iljre  gungfraufd^aft  beioeint  \)aUt 
(v.  37).    2)a^  mag  bann  barauf  bcrtodfen,  bafe  urfjjrünglid^  bie  D})ferung  ber  3w"9'  86 
frau  al^  auf  einem  ber  Serge  bolljogen  gebac^t  tourbe  (31.  ©mit^  ©.  490). 

2)er  Äultu«  auf  Sergen  unb  .§5l^en,  bertii^enb  auf  ber  SJatur  be«  ©otte«  ber  alten 
Hebräer  afe  eine«  ßimmel^otte«,  lonnte  unter  ben  Sleften  be«  SJaturbienfte«  bei  ber  Ser* 
geiftigung  ber  i^raefitifd^en  Steligion  feit  ber  SJlofaifc^en  3rit  am  unbebenllic^ften  beibel^alten 
toerben,  ba  gerabe  jene  il^m  m  ©runbe  liegenbe  Sorfteuung  ber  9lnIniH)fung^unft  tourbe  40 
für  bie  Umtoanblung  be«  alten  mit  bem  SRaturleben  berhmd^fcnen  ©tammedgotte«  in 
ben  über  bie  ©rbtoelt  fc^lec^t^in  erl^abenen  &oü  ÜKofei^  unb  ber  $roj)IS^eten.  9lber  in  ber 
fj)ätem  Äönig^geit  tourben,  toie  bie  ^eiligen  ©tötten  unter  Säumen  (f.  91.  ^aine),  fo 
aud^  bie  Serge  unb  §ügel  mel^r  unb  mebr  bem  ©ö^enbienft  überladen,  inbem  ber 
So^toebienft  bafelbft  ftc^  mit  ^eibnifc^em  vermengte,  2)er  reine  ^a^toefultu«  l^atte  fj)äterl^in  46 
feine  au^fd^liefelic^e  ©tötte  im  jerufalemifd^en  Heiligtum.  Son  $ro})^eten  unb  ©efc^iqts 
fd^reibem  toerben  ate  Orte  be«  ®5|enbienfte«  tn*efonbere  Serge  unb  §ügel  genannt  (§0 
4,  13;  3er  2,  20;  3,  6.  23;  17,  2;  ®g  6,  13;  18,  6.  llff.;  20,  28;  22,  9;  ^ef 
57,  7;  65,  7;  1  Äg  14,  23;  2  ftg  16,  4;  17,  10;  2  6l^r  28,  4).  3tad)  3er  3,  2 
(bgl.  V.  21-  c.  7,  29  unb  „^ügel  im  gelbe"  c.  13,  27;  auc^  9lu  23,  3)  fd^eint  maneo 
befonber«  „Hal^l^ügel"  jumÄultu«  getod^lt  m  l^oben  —  getoife  be^i^alb,  toeil  oafelbft  ber 
äufblicf  gum  ^immel,  ber  SBol^nftätte  ber  (Sötter,  frei  toar. 

II.  2)ie  Sämöt.  S)ie  Äultu^l^öl^e  unb  toeiter^in  bag  Heiligtum  über^aujjt  toirb 
im  313:  mit  bem  SBorte  ^?^  bejeic^net,  bog,  aufeerl^alb  ber  ftultudf})rad^e  nur  in 
})oetif(^er  Siebe  t^orfommenb,  ol^ne  R\oÄ^tl  „$öl^e"  bebeutet ;  benn  in  })oetifc^en  ©tüdfen  66 
toirb  e«  öon  irgeubtoeldj^en  Serg^ö^ien  (Slu  21,  28 ;  2)t  32,  13 ;  SRi  3,  12  unb  3er 
26,  18  [l.  an  bciben  ©tetten  Ig-bfimat  LXX,  fo  aSett^aufen  ju  SRi  3,  12]  unb  fonft), 
bon  SBolIen^ö^en  (3ef  14,  14)  unb  bon  ben  Äöl^en  be«  SJleere«  (§i  9,  8)  gebraust, 
dagegen  fann  orrsa  @j  43^  7  nic^t  ben  ©rabl^gel  bejeiinen,  fonbem  mufe  nac^  bem 
3ufammenl^ang  berftanben  toerben :    „in  i^em  ^^obe",  falte  man  e«  nic^t  (mit  GomiD  eo 


184  ^d^enbienfit  ber  ^ebrSer 

j.  b.  ©t.)  umftellen  unb  bann  ijon  ben  fulttfd^cn  Samot  ijerftel^ien  toitt.  ÄemenfoHö  ift 
3|ef  53,  9  in  bem  bicUeid^t  i?erberbten  %^z  für  "'"'ri?::!  an  bic  äblcitung  t)on  bämäh 
ju  benicn  unb  bieg  t)om  ®rab|^ü0el  ju  öetftel^en.  Slber  gegenüber  ber  an  anbem 
©teilen  beutlic^en  SSebeutung  „$öl^e"  für  bämäh  fann  eine  anbere  bem  SQäorte  beigelegte 

5  Sebeutung  („Sag"  =  „abge|})errter  5pia|",  %t,  Söttc^er,  3:i^eniu«)  nic^t  in  »etrac^t 
lommen,  unb  bie  ©e^tuaginta  toar  im  Siedete,  toenn  fie  (too  fie  nid^t  ßäfjia  ober  äßa/^d 
ftel^en  liefe  unb  mit  äu^nal^me  be«  ^Pentateud^«,  tüo  bafür  on^Xrj)  ba«  SBort  überfe^te 
mit  vyrjXi^f  vyjrjXov,  vy^og^  ßco/xög  (baneben  fteHenlDeife  nod^  anber^,  f.  bei  3lllen  ©.381) 
tDte  bie  3$u(gata  burd^  excelsum. 

10  6in  zugehöriger  SSerbalftamm  läfet  ftc^  in  feinem  femitifd^en  2)ialelt  nac^hjeif en  ;  ba^ 
l^ebräifc^e  SBort  mit  feftem  ä  fd^eint  einen  ©tamm  ein  t)oraugjufe|en.  Slufeerl^alb  be^ 
teg  iEommt  bag  SRomen  auf  bem  2)enfftein  be^  moabitifc^en  Äönig^  SWefd^a  i?or  (s^'--). 
6«  ift  auf  bem  ©teine  t)on  ,,biefer  S3ama"  bie  Siebe ;  alfo  enttoeber  lt)irb  ber  ©tein  für 
]M  aHein   ober  auc^   ber  2lltar  ober  ba^  Heiligtum,   ju  bem   er  gehörte,  fo  bejeid^net. 

lövlad^  ben  ®rtoäl^nungen  ber  moabiüjd^en  Samot  im  Sil  toar  nämlid^  bieg  SBort  auc^ 
bei  ben  aKoabitem  Sejeic^nung  beg  D>)ferorte«.  9lad^  3ef  15,  2 ;  16,  12 ;  9ier.  48,  35 
bienten  bie  ÜRoabiter  t^en  ®öttem  auf  ben  Samot ;  bgl.  ben  moabitifc^en  Ort  Samot^ 
S3aal,  too  Silcam  3ntäre  erbauen  läfet  unb  mit  SBala!  Dj)fer  barbringt,  3lu  22,  41 ; 
23,  U,  baju  3of  13,  17  unb  ben  moabttifd^en  Ortsnamen  ©amot  9?u  21,  19  f.    2)afe 

20  bag  SBort  bämäh  in  ber  5lultugf}3ra(^e  noc^>  anberer  SSöIferfc^aften  Äanaang  gebräud^lic^ 
h>ar,  gel^t  bod^  tool^il  baraug  ^eröor,  bafe  an  öerfc^iebenen  ©tetten  be«  ^%^  öon  ben 
Samot  lanaanitifd^er  (SRu  33,  52;  1  Äg  11,  7 ;  2  Äg  17,  11 ;  23,  13)  ober  „frember" 
©Otter  (3!er  32,  35)  bie  Siebe  ift.  aSielleid^ft  ift  bag  SBort  bämäh  enthalten  in  bem  ^cu^ 
tigen  Slamcn   be«  alten   Slemjjel^ügetö  ijon  Äition  auf  StoJ)em,  Bambula,   ettoa  ent- 

26ftanben  an^  bämat-Ba'al  (f.  31.  Saal  Sb  II,  ©.  337, 44  ff.).  3|m  2lfj^rifc|en  bebeutet 
bamätu,  faft  nur  im  ^lural  bamäti  öorlommenb,  bie  ©ebirgg^öl^e  im  ®egenfa$  jum 
a;i^ale  (35eli§fd^,  §anbh)örterb.  s.  v.).  S)ag  f^rifdj^e  N?-^=i  ber^Pefc^itto  ift  bem  grie^ifcfien 
ß'^fjia  nad^gebilbet.  2)afe  bag  SBort  aug  ber  Äultugfjnrac^e  eine«  arifd^en  SSoIfeg  entlel^nt 
toorben  fei  (t)gl.  ß^jMx,  ßa/xa,  ßco/idg,  ©efeniug,  Thesaurus  I,  188)  ift  untoa^fe^ein^ 

30  Ixd),  ba  eg  ni^t  nur  t)on  ben  Äultug^ö^en  gebrandet  toirb. 

2)afe  bie  33amot  urfjjrünglic^  toirflid^e  än^ö^en  toaren,  ift  beutlic^  nic^t  nur  aug 
ber  Sebeutung  beö  SBorteg  au^erl^alb  ber  Äultugfj^rad^e  fonbem  auc^  baraug,  bafe  gerebet 
toirb  öom  §inauffteigen  auf  bieSamot  loie  öom  ^erabfteigen  i?on  il^nen  (3ef  15,  2;  3^- 
48,  35;  1  ©a  9,  13  f.  19.  25;  10,  5)  unb  bafe  gj  20,  28f.   ^^  unb  nrn?  ,,§ügel" 

söalg  ©^non^ma  gebraucht  toerben;  bgl.  nod^  (gj  16,  24  f.  31.  39,  too  ^'tT  „(Sr^öl^ung" 
offenbar  bagfelbe  bebeutet,  toag  fonft  5i7:a  (v.  16).  3)ie  auf  ben  §ügeln  gelegenen  „®e= 
treibetennen  fmb  tool^I  jugleid^  bie  93amot^,  gam  })affenb  toegen  ber  naiven  SBc^ie^ung 
jtoifd^en  ®mte  unb  ©ottegbienft"  (Söeü^aufen,  Äleine  «ßrojj^eten »,  1892  ju  §o  9,  1). 
3)ie  2:enne  Slratonag,  bie  2)abib  jum  Orte  be«  Heiligtum«  ertoä^lte,  toar  bann  too^I  fd^on 

40  ate  a;enne  eine  l^cilige  ©tätte. 

S)a  bei  ben  aSeftfemiten  Serge  jtoeifellog  Jeit  uralter  ^cxt  afe  l^eilig  angefe^en  tourben, 
h>irb  bie  ©itte,  auf  einer  Slnl^öl^e  \>ox  ber©tabt  ^u  op\ttn,  mit  biefem  alten  ®Iauben  gu= 
fammen^ängen.  ®etoife  ift  bie  ©itte  nic^t  erft  f})äter  aug  Jjraftifc^en  SHüdfid^ten  ent^ 
ftanben,  toie  91.  ©mitl^  annimmt.   6r  benit  fie  ju  ber  3rit  aufgelommen,  ate  beim  D})fer 

46  ftatt  ber  ©d^Iac^tung  bie  Verbrennung  be^  D^fertier«  ber  §aut)taft  ber  Di)f erl^anblung  gc= 
loorben  fei;  bie  fa^le,  unbefuc^te  .^ügelfj^i^e  über  ber  ©tabt  f^abe  ftdj^  atö  ber  geeignetfte 
5ßla$  für  bie  Verbrennung  bargeboten  unb  l^abe  erft  burdjj  ben  SSoBmg  biefer  §anblung 
ben  G^aralter  einer  l^eiligen  ©tätte  erlangt.  3luc^  toenn  eine  }>raftifd9e  Slüdffu^t  bei  ber 
Seftimmung  ber  „^öl^en"  ^u  D}>ferftätten  obgetoaltet  l^aben   foßte,   toürbe  bod^  bie  Sage 

50  biefer  D^ferftätten  an  bie  ^eiligen  Serge  erinnert  unb  eben  baburd^  bem  Orte  felbft  ben 
6]j>arafter  ber  ^eiligfeit  ijerliel^en  l^aben. 

SBenn  Ijon  Samot  in  %f)cizm  bie  SRebe  ift  ©er  7,  31;  19,  5;  t)gl.  v.  2;  32,  35; 
6j  6,  3),  fo  fann  babei  nur  ettoa  an  fünftlic^e  ^ügel  gebadet  tocrben,  ober  and)  ba« 
SiSort  bejcic^net  ^ier  in  toeiterm  ©inn  ein  ^eiligtum,   einen  aitar  ober  einen   ben  Serg 

66  nad^a^menben  ©teinfegel  nac^  Slrt  ber  fonif d^en  Heiligtümer,  bic  auf  J)l^önijijc^en 
SKünjen  abgebilbet  finb.  (Sbenfo  toirb  e«  fid^  öer^alten  mit  ben  Samot  in  ©täbten 
(2  Äg  17,  9;  23,  5).  Vottenb«  fonnte  bie  Sama  im  ©tabtt^or  (2  Äg  23,  8;  ögl. 
a.  gelbgeifter  Sb  VI,  ©.  2, 48  ff.)  nid^t  ein  $ügel  fein,  unb  (gj  16,  16  ift  bie  SRebe 
t>on  geltartigen,    au«  3:ej)^id^en  unb  ®ch)änbern  angefertigten  Samot  (bgl.  2  Äg  23,  7). 

6o9lur  auf  irgenbloeld^e  fiinftUd^en  Heiligtümer  pa^i  e«  femer,    toenn  öom  Vertilgen  unb 


^d^enbietift  ber  ^thtitt  186 

3erftötcn  bcr  §ö^en  bic  91ebc  tft  (Sc  26,  30 ;  5Ru  33,  52 ;  6^  6,  3;  2  %  21,  3),  ebenfo 
öom  TOebcrreifeen  (2  %  23,  8.  15;  2  6l^r.  31,  1 ;  bßl.  %  16,  39)  unb  35erbrennen 
(2  Äg  23, 15) ;  mi)  tocrbcn  SBamot  „öema^t"  ober  „öebaut"  (3cr  7,  31 ;  19,  5 ;  32,  35; 
2  Ä0  23,  15  u.  a.  ©t.;  cbcnfo  auf  beut  3Wcfcl^a=©teinc).  SBeiter  nötigt  jur  Unterfd^ei* 
bung  bcr  33ama  ijon  bcm  ^eiligen  Scrg  ober  ^iigel  btc  (Srtoä^nung  bcr  Samot  auf  Sergen  6 
ober  bügeln  (gj  6,  3;  1  Äg  11,  7;  14,  23  u.  a.  ©t.;  2  (S^r  21,  11  tft  mit  LXX 
ftott  „auf  ben  SBcrgcn"  ju  lefcn :  „in  ben  ©täbten").  S^'^^  0^^  ^  33amot  unter  Säumen 
(1  Äg  14,  23).  S)ad  2Bort  niin  tüirb  alfo  in  tociterm  ©innc  i?on  Heiligtümern  gc« 
braud^t  unb  ift  bann  fürjcrer  3lu«bru(f  für  „§öl^en^äufer"  (1  Äg  12,  31 ;  13,  32 ;  2Äg 

17,  29;  23,  19).    Sin  einen  blofeen  3lltar  (Ugolinu«  Ä.  588)  ol^ne  ©aceUum  fann  man  lo 
h)cnigften«  nic^t  überall  bcnfen,  ba  ber  3lltar  öon  ber  Sama  unterfc^ieben  h)irb  (2  Äg 

18,  22  -=  3ej  36,  7  ;  2Äg  23,  15;  2  G^r  14,  2;  31,1).  SRad^ San §oonatfer  (Zoro- 
babel  et  le  second  temple,  ®anb  1892,  ©.  106  f.)  ift  ©«r  3,  3  n^rwsn  ju  i?erftcl^en 
al^  bag  f^rifd^e  N'^'^^.  ober  N"-"N3,  b.  i.  ba«  ^ebräifc^e  bämäh,  unb  e«  toäre  \)\n  baDon 
bie  SRebe,  bafe  bic  Sölferfc^aften,  bie  S^^lem  umgaben,  auf  ben  gunbamenten  be«  alten  i6 
Sranboj)fcraltar«  eine  Sama  errichtet  Ratten,  an  bercn  ©teDe  S^Jua  unb  ©erubabcl 
ben  neuen  Sranboj)feraltar  auf  ben  alten  gunbamenten  l^crgefteut  l^ätten.  $ier  toorc 
bann  bcutlid^  bic  „Sama"  nic^t«  anbere«  al«  ein  Slltar.  2)er  ©ebraudj^  ber  aramäifc^en 
SBortform  in  bcm  fonft  ^ebräifc^en  Äontejt  tüäre  einigermaßen  auffaKenb;  überbie«  ift 
f^rijc^c«  N-2'^3  nic^t«  anbere«  ate  ba«  grie^ifd^e  ßfjfjia.  3lber  bie  ßrllärung  t)on  h^''ö«3  20 
„in  ©c^recten"  ift  freilid^  toenig  bcfriebigenb  (f.  baju  ©c^^latter,  ^ux  %opoffccCp\)i^  unb 
©cfc^id^tc  ^aläftina«,  ©.419  f.). 

Son  fünftlid^en  ^ügcln   afe  Samot  ift  nirgenb«  au«brücflid^  bic  Siebe;   ftc  toerben 
inbe«  tDal^rfd^einlid^  gemacht  burd^   ba«  Sor^anbenfein  fünftlic^cr  $ügel  al«  ^ultu«ftätten 
bei  anbern  Sölfem  unb  burc^  6^16,  24  f.  31,  tvo  bie3lebc  ift  \)om  ßrrid^ten  unb  Sauen  26 
einer  ™";  „Srl^öl^ung"  an  allen  ©trafen  unb  ©trafeenedten,  ba  l^ier  im  3wföw"^^"'^<*wg 
"^  nic^t  too^l  ettoa«  anbere«  fein  fann  al«  n;:3  v.  16.  2llte  ©tein=3lltärc  (bi«l^er  8  an 
3a^l)f  au«  teil«  bc^auenen,  teil«  unbehauenen  ©tcinblödcn  aufgebaut  ober  aud^  au«  bem 
lebenbigen  gelfcn  getrauen,  glaubt  man  neuerbing«  in  bcr  (Segenb  jlDifd^en  3[alo,  bcm  alten 
äljalon,  unb  ©ara,  bem  alten  Roxa,  alfo  im  ©renjtanb  ^Äa«,  aufgefunben  ju  l^aben.  ao 
©ie  liegen  alle  in  I^älern,  niqlt  auf  2ln^öl^en  (f.  ©reene  a.  a.  D. ;  jtüci  biefer  „Slltäre" 
tüurben  fc^on  bcfc^ricbcn  t)on  ©c^idf,  3b$S  X,  1887,   ©.  140  ff.),    ©ie  gel^ören  ju  ben 
fogenannten  ©d^alenftcinen.    2tuf  ^aläftini|c^em  Soben  l^at  man  auc^  fonft  nod^  ©d^en» 
fteinc  gefunben,  b.  i).  ©tcinc  mit  fdj^alcnartigcn  3lu«l^öl^lungcn.    S)ie|c  ©teinc  l^abcn  teit 
tücifc  bie  gorm  eine«  2)ijd^e«  (Dolmen).  6«  ift  tool^l  möglidjj,  baß  bie  ©egalen  bcm  Äultu«  86 
bienten,   ettoa  bcr  aufnähme  \)on  3:ranfo}>fem.    3""^  ^^^  bejeic^nen  bie  ©d^alenfteine 
bießcic^t   ©rabftätten    (®utl)c,   ©d^atenfteine  in  «Palöftina  unb    im  Sil,    3b^S  XIII, 
1890,  ©.  123—132).—  3flenan  (Mission  de  Phönicie,  $ari«  1864,  ©.691  f.)  glaubte 
an  einem  auf  einem  §ügel  geleaencn  Orte  3Kaßiel^  auf  bem  SQäcgc  t)on  2)eir  Äanun  9la« 
el-3lin  nad^  Äleile  in  ber  Sanbfc^aft  \)on  2;^ru«,  cthKi  im  ©tammgcbiet  äfc^cr,  alte  fünft*  40 
lid^e  Samot  ^u  erfennen  in  brei  langgeftrccften  ßrl^öl^ungen  mitten  jtoijc^cn  SRuinen. 

III.  ©ie  Samot  im  Ser^ältni«   jur  ©tift«l^üttc  unb   jum  XtmpzL 

1.  2)a«  jcl^^oljiftifc^e  Suc^  unb  bic  altern  ®efd^id^t«büd^cr. 

a)  2)er  ^ö^enbienft  bi«  auf  ©alomo.  3n  ber  altem  3^*  ^«^  ^^  Äultu« 
auf  ben  Samot,  b.l;.  an  öerjd^iebcncn,  meift  l^od^gelcgencn  Orten  l^in  unb  l^crimSanbe  (in  46 
biefem  f>)ätem  Weitem  ©innc  „Heiligtümer"  ift  im  golgenbcn  bon  ben  „$öl^cn"  bic  Siebe), 
allgemein  bei  ben  ^^^a^Kten  i?erbreitet.  6rft  ber  ©alomonif^c  2)em})el  tourbc  Slnlafe  ber 
Sefd^ränfung  bc«  Äultu«  auf  einen  einzigen  Ort,  unb  fo  öiel  barf  al«  fieser  gelten,  ba| 
bie  in  bem  ßäremonialgefe^  bcr  mittlem  Sudler  bc«  ^entateud^,  im  fogenannten  ^riefter» 
fobej,  gegebene  2)arftellung,  toonad^  bcr  Äultu«  an  einem  einzigen  Orte  (bor  ber  ©tift«*  go 
^ütte)  ^u  boHjic^cn  ift,  bor  bcm  Sefte^en  bc«  jcmfalcmifc^cn  ^Eem})el«  nid^t  aufgefommcn 
ift.  Sor  bcm  icm}>clbau  unb  noc^  nac^l)er  ojjfcm  3Jlänner,  bon  bmen  man  bie  Ser« 
le|ung  einer  bcfte^mben  Drbnung  nic^t  em)artm  fann,  toie  j.  S.  ©amucl  unb  ®lia, 
an  berfc^iebenen  Orten,  too  fid^  tocbcr  bie  ©tift«^ütte  noc^  ber  Icm^el  befinbet.  (©d^on 
Ugolinu«  Ä.  DLIX :  .  .  .  nescio  quo  jure  non  solum  ceteri  Israelitae,  sed  66 
sanctissimi  quoque  viri,  qui  sacerdotali  ministerio  non  erant  insigniti,  extra 
tabernaculum  ubivis  locorum  in  Palaestlna  saerificare  potuerint.)  9lu(^  fonnte 
bie  gorbemng  ber  Äultu«centraliftemng  erft  auffommen  baburd^,  ba^  bic  3Re^r^eit  ber 
Äultu«orte  fi^  unter  befonbem  Ümftänbm  al«  unftattl^aft  crtüie«;  benn  in  bcm  SQäefen 
ber  3«^&tbercligion  ift  bie  ßin^clt  be«  Äultu«orte«  nic^t  gcgrünbct.    2)e«l^alb  ift  unhaltbar  eo 


186  ^ilitniitnft  ber  ^ebrSer 

bie  ältere  änfd^auung  (bei  ©old^en,  lueld^e  ^Priorität  ber  Jjriefterlid^en  ©d^rift  be^  ^enta= 
tcud^S  toor  bem  iej^otoiftifd^en  Sud^  annel^men,  Sliel^m,  Sleel  u.  31.),  bie  in  ber  SKofaifd^en 
geit  an  bie  ©tift^^ütte  fl€fnü>)fte  fjorbcrung  eine^  einjigen  Äultu^orte^  fei  fjjäter^in  in 
Sergeffenl^eit  geraten,  ober  man  f)abt  fxe  ate  nur  für  bie  ^At  be«  3yüftenjug«  geltenb 

6  ongefel^en.  Unbegreiflid^  aber  ift,  h)ie  be  3&tttz  u.  21.  jene  in  ber  Sorouöfe^ung  eine^ 
emjigen  Äultu^orte«  in  ber  ganjen  J}riefterlicl^en  ©d^rift  imioücite  entl^altene  fjorberung 
etneä  fold^en  (neben  ber  birelten  gorberung  c.  17)  toerlennen  lonnten  (f.  unten  §  3). -— 
Unftatt^aft  fanb  man  bie  Samot  erft  in  ber  fioätern  Äönig^jeit  um  ber  an  ben  bielen 
Orten  nid^t  ju  lontrofierenben    SSermifd^ung  bei^  S^lE^hJebienfte^  mit  bem   ®ö|enbienft 

10  toiHen.  Slud^  bxai)U  bie  üRe^r^eit  ber  ßultu^orte  bie  ®efal^,  ben  einen  (Sott  ^a^loe 
nad^  ben  toerfd^iebenen  Orten  feiner  SSerel^rung  in  eine  3Kel^rl^eit  toon  Oöttem  )u  toertoan^ 
beln.  2)agegen  bot  ber  jerufalemifd^e  %em\>A,  beffen  ^riefterfd^aft  bi^  gegen  ba«  6nbe 
ber  Jlönig^jeit  ben  3öi^h>ebienft  toerJ^öItni^mä^ig  rein  erl^alten  j^aben  mufe,  bie  befte 
SKögKc^feit  einer  Äontrole,  unb  bie  93ejd^ränfung  be^  Äuitu«  auf  btefen  ^^emiod  fc^Iofe  bie 

16  Sertoielföltigung  be^  einen  ^af}\o^  au8.  9lur  au«  biefem  ©ad^toerlj^alt  erllärt  ftd^,  bafe 
bem  SRebaftor  be«  Äönig^bu^e«,  ber  toon  bem  §öl^enbienft  ber  nad^falomonifd^en  3^^ 
mit  ftänbigem  bertoerfenben  Urteil  berichtet,  in  ber  ^tit  bor  bem  S^emjielbau  ber  ^öl^en- 
bienft  unanftöfeig  ift  1  Rg  3,  2:  „2)a8  Soll  oj}ferte  auf  ben  §öl^en,  benn  bamate  toar 
nod^  lein  $au«  bem  3?amen  Sal^loe«  gebaut",    ©benfotoenig  toie  bie  Srjö^ler  be«  ©a- 

ao  mueli«bud^  nafim  aud^  fein  SRebaftor  an  bem  §ö^enbienft  ©amuel«  unb  feiner  ßeitgenoffen 
«nftofe. 

t)afe  in  ber  altem  itönig«jeit  ba«  ®ebot,  nur  an  einem  einzigen  Orte  ju  opfern, 
nid^t  beftanb,  gel^t  befonber«  beutlid^  barau«  ^erbor,  ba^  bie  ßrjä^ler  be«  iebobiftifd^en 
8ud^c«,  bon  benen  leiner  ber  borfalomonijd^en  ßrit  angehört  l^aben  fann,  bie  ^atriardS^en, 

26  jene  33orbilber  i«raelitifd^er  ^römmigleit,  unbebenflid^  an  berfd^iebenen  Orten  Kanaan«, 
bie  un«  in  fj}ätem  3^iten  al«  Äöl^enorte  lieber  begegnen,  Ol)fer  barbringen  laffen.  SBa« 
biefe  ßrjälj^ler  al«  Jjatriard^alifcfe  ©itte  fd^ilbem,  toar  ol^ne  ß^eifel  ju  iprer  eigenen  gett 
legale  Äultu«übung.  Unter  ben  ^eiligen  Räumen  bon  Hebron,  ©id^em  unb  Seerlaba 
J}flegen  äbra^am,  3faat  unb  galob  be«  Äultu«  (f.   31.  §aine).   3n  ber  3läf)z  bon  »etel 

a)(®en  12,  8;  13,  4)  erbaut  3lbral^am  einen  Slltar.  3luf  einem  Serge  be«  Sanbe« 
gjloria  (f.  oben  §  I,  2)  bringt  Slbral^am  ba«  erfa$ol}fer  für  3;faaf  (®en.  c.  22),  auf 
bem  ®ebirge  ®ileab  3aIob  mit  Saban  ba«  S3unbe«o>)fer  bar  (®en  31,  54).  Su  8etel 
gelobt  3afob  bie  ®rünbung  eine«  Heiligtum«  (®en.  28,  22)  unb  errid^tet  einen  3lltar 
(urforünglid^  loar  lool^l  bon   einer  3Ra^jeba  bie  SRebe,  SBeH^aufen,  ^Prolog.  \  ©.  30 ; 

86  gjiumann  j.  b.  ©t.)  ju  ©id^em  (®en  33,  20),  loo  jd^on  3lbral^am  geo})fert  f)am  (®en 
12,  6  f.).  2)iefe  ©tätten,  an  benen  bie  5ßatriard^en  geojjfert  l^aben  foHen,  finb  al«  bie 
ölteften  Heiligtümer  S^wel«  an^ufel^en  (f.  oben  §  I,  2). 

3Rofe  felbft  erbaut  einen  Slltar  nac|  bem  ©ieg  über  Slmalef  (®?  17,  15) ;  er  giebt 
ba«  ®ebot,  auf  bem  93erg  6bal  einen  ältar  ju  erbauen  (2)t  27,  5  ff.),  unb  3jofua  fü^ 

40  e«  au«  (Sof  8,  30  f.),  o^ne  ba^  bod^  an  beiben  ©teilen  bie  ©tift«l^ütte  ftanb ;  bon  ^ofua 
toirb  Leiter  ber  Saum  ju  ©id^em  al«  ^eilige  ©tätte  anerfannt  (3of  24,  26 ;  bgl.  v.  1)  — 
angaben,  bie  fämtlid^  bem  je^obiftifd^en  93ud^  angel^ören,  ibäj^renb  bie  })riefterli(^c  ©(^rift 
fonfequent  bon  l^eiligen  Orten  neben  ber  ©tift«l^ütte  fc^loeigt.  3)eutli(^  nimmt  femer 
bie  ©inleitung,   bie  bem   älteften  ®eje$Iobej,   bem  im   je^obiftifd^m  ®efd^i(^t«bud^   auf« 

«genommenen  fogenannten  9unbe«buc^  (®5  21,  1—23,  19),  borangeftcHt  ift,  eine ^JlelS^'^l^eit 
bon  3lltären  gja^toe«  an  berfd^iebenen  Orten  al«  ju  3ted^t  befte^enb  an  (©i  20,  24).  ®« 
ift  burd^au«  toiHIürlic^,  bie  93eftimmung  ©j  20,24  auf  ben  culte  populaire  domestique 
ou  priv6  (3San  §oonacfer  ©.  27  ff.)  ju  befd^ränfen;  bielmel^r  ift  barin  ganj  allgemein 
bie  Siebe  bon  3lltären,  auf  benen  ber  mit  „bu"  angerebete  S^welit  feine  Ol)fer  überl^auj)t 

60  barbringt  (toa«  auc^  3}an  ^oonacfer  nic^t  entgangen  ift,  ber  be«l^alb  an  ber  Integrität 
be«  Xejte«  ^meifelt).  2lu(^  ba«  8unbe«buc^  fclbp  fe^t  eine  ÜRe^r^eit  bon  §eiligtümem 
borau«,  inbem  c«  bie  ßntfc^eibung  felbft  unbebeutenbcr  9led^t«ftreitigleitm  „bor  ßlo^im", 
b.  f).  am  .Heiligtum,  berlangt  (c.  22,  7  f.).  ^m^  ©tift«^ütte  mit  bem  2lnf>)mc^  ber  eim 
jigen  legalen  Äultu«ftätte,  toie  fic  nur  in  ber  })riefterli(^en  ©c^rift  befd^rieben  h)irb,   ^at 

66  in  ber  ?0lofaif(^en  ^üt  nic^t  beftanbm  (5Jölbefe,  Äuenen,  SfficU^aulen  u.  21.).    (Sin  Oralel^ 

gelt,  h)ie  c«  im  jel^obiftifc^en  Suc^e  befc^riebm  loirb  (@j  33,  7  ff.),  eine  einfache  93eberfung 

ber  ol^ne  ^tvti^d  an^  ber  aJlofaiJc^en  ^At  ftammenben  ^eiligen  Sabe,  mag  man  fc^on  auf 

bem  äBüftmgug  uml^ergetragcn  l^aben  (bgl.  2  ©a  7, 6) ;  aber  jenen  3lnf^)m(|  erl^ob  e«  nid^t. 

äu«  ber  Slic^terjeit  toirb  bon  einer  ganjen  SRei^e  l^eiliger  Orte  mit  boUfter  Unbefangen^ 

eo  l^eit  berichtet,    ^a^  e«  berf(^iebene  Heiligtümer  mit  berfd^iebenen    ^eiligen  Saben  gegeben 


$91)fitbtenfit  ber  ^tbtitt  187 

^c  (5}em«J  ®.  28),  ift  aHerbing^  nxd)t  ju  erfcl^en;  t)iclmcl5>r  laffen  fic^  bic  Änfloben 
ber  QucHcnfc^riftm  über  eine  Ij^cUige  Sabe  toerftei^en,  h)ie  e«  jebenfoH«  bie  f))ätere  alttefla* 
mentlid^e  3^it  getrau  l^at,  t)on  ben  SBanberungen  einer  einjtgen  Sabe,  obgleid^  toir  nid^t 
im  ftanbe  pnb,  i^re  äufentJ^altöorte  in  eine  ununterbrod^en  fortlaufenbe  Serbinbung  )u 
bringen.  3"»"  i^eiligen  Orte  gel^örte  nic^t  nottoenbig  bie  ^eilige  Sobe  afö  S^i^^n  ber  6 
©otte^egentoart;  c«  genügte  baju  ein  ältar  unb  nä>^  il^m  ^\oa  bie  ÜRajjeba  ober  ein 
©ottedbiö).  3)er  Drt,  h)o  fic^  bie  ßabe  befanb,  h)irb  aö  ba«  $am)tl^etligtum,  bie  eigent* 
lid^e  SCßojg^nftdtte  ^a^tped,  gegolten  l^aben. 

Einige  ber  befte^enben  Heiligtümer  loaren  ^ritoat^eiligtümer ;  an  anbem  toerfammelte 
[vä)  bie  gejamte  Umtool^nerfd^aft  jum  0})ferbienft,  noc^  anbere  tourben  aui)  öon  feml^er  lo 
befuc^t.  ©ibeon  o>)fert  auf  einem  ältar  auf  ber  Bpif^t  ber  SSergfefte  feine«  SBol^norteä 
Dpi}xa  (dix  6,  25  ff.),  SRanoal^  ju  3orea  in  "S^an  (9li  13,  19  f.).  SBäer  fot)iel  aufjutoenben 
toermod^te,  befteHte  jur  Pflege  feine«  §au«altar«  einen  ^riefter,  loie  jener  ®j)^raimit  ?IKid^a, 
ber  fein  «Heiligtum  junäd^ft  feinem  ©ol^n  unb  bann  einem  toanbemben  fiebiten  übergab 
(9li  c.  17);  ß>)^ob  unb  3:eraj)l^im  biefe«  Heiligtum«  bienten  bem  ^a^toehiltu«  (v.  3. 13;  is 
c.  18,  6).  3)ie  2)aniter  entführten  ba«  ©otte«bilb  unb  ben  ßertten  biefe«  ©aceHum« 
nac^  fiajifd^  unb  grünbeten  bort  ein  Heiligtum  mit  leöitifd^er  ^riefterfd^aft ;  e«  blieb  be* 
ftel^en  bi«  auf  bie  ©efangenfül^ng  ber  2anbe«beh)0^ner  burd^  bie  äfforer  (jRx  18.  30  f.). 

3u  „Sod^im"  bei  ©ilgal  bringt  ba«a3ol!3«rael  im  änfang  be«  äufent^alte«  in  Ramm 
bei  beftimmter  SSeranlaffung  ^al^toe  D})fer  bar  (Srli  2, 5).  3)ie  angäbe  ftel^t  ganj  toereinjelt  •  mit  ao 
^IJoel«  (Examen,  ®.  84—117)  lamx  man  fxe  etloa  anfe^en,  nid^t  al«  beru^enb  auf  ber 
Äunbe  t)on  einem  Heiligtum  an  einem  fo  benannten  Orte,  f onbem  ol«  eine  au«  bem  SBorte 
boklm  „loeinenbe"  frei  gebilbete  ßrjälj^lung  mit  bibaftifd^er  S^enbem.  —  ©legerer  finb 
anbere  l^eilige  Drte  bejeugt.  3"  3Riü)a  in  ®ileab  beftanb  ju  3i^9t<^^  3^'*  ^^  $eUig* 
tum  (9li  11,  11).  e«  liegt  fein  ©runb  öor,  in  SRi  11,  11^  mit  5ßoel«  (Examen,  as 
©.  82  f.)  eine  auf  ÜRi^öerftänbni«  beru^enbe  3Jlarginalbemerfung  ju  erfennen,  fobafe  bann 
ba«  Heiligtum  ju  üRi^a  in  (Sileab  in  SBegfaH  ju  fommen  ^ötte.  2luc^  in  bem  toeft« 
jorbanifc^cn  Tti^pa  öerfammelte  man  fxc^  „toor  ^a^toe"  (3ti20,  1:  21,  5;  bgl,  1  3Rat 
3,  46).  ©benfo  fanben  in  ber  SRid^terjeit,  ioie  e«  fcbeint,  ju  Setel  gotte«bienftlid^e  SSer* 
fammlungen  unb  Dralelerteilungen  ftatt:  SRi  20,  18.' 26;  21,  2 ;  1  ©a  10,  3.  ÜJlanao 
lann  aUerbing«,  ba  b§t-'el  bie  aj)))eHatit)e  Sebeutung  „®ottc«^au«"  l}at,  jtoeifeln,  ob  bie 
Sejeic^nung  in  ben  angefül^rten  ©teilen  al«  ber  ©igenname  be«  belannten  Drte«  ober 
nid9t  öielme^r  in  aj)})ellatit)em  ©inne  öon  irgenb  einem  Heiligtum  ju  toerfte^en  ift  (fo  nament* 
lid^  5Poel«,  Examen,  ©.  14  ff.,  ber  an  ba«  ®otte«^au«  bon  ^a^aWi^loa  benit  ©.  23  [bgl. 
m.  ©tubien  II,  ©.  260]  unb  biefe«  mit  bem  bon  ©ilo  ibentiftjiert  ©.  32).  SBa$r*  85 
fd^einlid^  fmb  in  9li  c.  19—21  mit  »ubbe  (S^ie  Sudler  3ti(^ter  unb  ©amuel  1890, 
©.  150  ff.)  gloei  Duellen  gu  unterfc^eiben,  bon  benen  bie  eine  Setel,  bie  anbere  5KijJ)a 
al«  ba«  ßentrallj^eiligtum  nennt.  —  3«  ©amuel«  3eit  loirb  eine  Sama  in  ber  9Jäl^e  bon 
®ibea  ermahnt  (1  ©a  10,  5);  bon  biefem  Heiligtum  trug  ®ibea  bie  SSejeid^nung  „®ibea 
eiol^im«"  (bgl.  2  ©a  21,  6.  9,  f.  baju  oben  §  I,  2).  dagegen  ift  1  ©a  10,  13  io 
Tvz:2n  (poxx  $oel«,  Sanctuaire,  ©.  40  beibehalten),  jebenfaK«  ju  emenbieren  {^m\u&, 
Äloftermann),  bieHeic^t  mit  2öell^aufen,  S^riber,  2öbr,  §.  %  ©mit^  in  nn^nrj.  —  3u 
©amuel«  3eit  o})ferte  ba«  aSoH,  aud^  ©aul,  ju  ®ilgal  (1  ©a  11,  15;  13,  9;  15,  21; 
bgl.  V.  33  unb  LXX  v.  13).  3u  ©aul«  ^eit  toar  femer  in^Jiob  ein  ^a^toe^^^eiligtum 
mit  au«gebilbetem  Äultu«  unb  ja^lreid^er  ^riefterfc^aft  (l©a21,2ff. ;  22,  9 ff.).—  a5a«4ö 
bebeutenbfte  Heiligtum  toar  in  alter  3^*  ®W<>  ^^^  ^^^^^  M*^  ®otte«l^au«  ober  2)enH)el 
unb  lebitifd^er  5Priefterfd^aft  (9li  18,  31 ;  1  ©a  c.  1  ff. ;  bgl.  SRi  19,  18).  3)ort  be« 
fanb  fic^,  al«  (gli  5ßriefter  h)ar,  bie  ^eilige  fiabe  (1  ©a  3,  3;  4,  4).  aUjä^lid^  hjurbe 
bafelbft  ein  %^i  ^al^toe«  gefeiert  (3li  21,  19;  bgl.  1  ©a  1,  3).  ©ie  »ebeutung  be« 
lemjjel«  bon  ©ilo  toar  fo  gro^,  ba^  3^^"^^«  ^^^  ^^^  f^*/  Sial^toe  ^abe  bort  im  am  w 
fang  feinen  Flamen  mo^nen  lajfen,  unb  biefen  Xemjiel  bamit  in  ^ßaraJDlele  ftellt  ju  bem 
Xemj)el  bon  3i«nifalem  al«  bem  an  bie  ©teile  be«  untergegangenen  2enH)el«  bon  ©ilo 
getretenen  (3er  7,  12.  14 ;  26,  6,  9).  ©er  Xemloel  bon  ©ilo  fcbeint  aber  fd^on  frü!^« 
jeitig  untergegangen  ju  jein,  bieDeic^t  bor  bem  2luf!ommen  be«  Heiligtum«  bon  9lob 
(f.  unten  §  III,  1  b).  55 

3Ke^rere  biefer  al«  SSegeic^nungen  Ij^eiliger  ©tätten  genannten  Flamen  ibentifijiert  $oeI«. 
6r  berfu^t  ju  betoeifen,  ba^  bie  l^eilige  Sabe  immer  ^u  ©ilo  geftanben  l^abe  bi«  auf  ben 
UnglüdE«tag,  an  bem  fie  in  bie  $änbe  ber  ^^ilifter  fiel.  3"  9ti  c.  19—21  ibcntifijiert 
er  Setel,unb  aSi^a  beibe  mit  ©ilo  (f.  oben)  unb  lieft  in  ^o\  c.  24  \iatt  ©ic^em  (p:^'^) 
©ilo   (cru:^    Examen,   ©.  68  ff.).    5lad^   ber  ©d^lad^t  bon  ®ben-l^a=ejer  fei   bie  Sabe  eo 


188  ^a^mbtenft  ber  Hebräer 

nai)  Rix\aUitaxm  unb  toon  bort  unter  2^at)ib  auf  bcn  3ton  gelommcn,  o^ne  jemals  juerft 
ben  ßüael  toon  Kirjatsjcarim  unb  frötcr  bcn  toon  3i^uM«wi  ^u,  toerlafjcn  (Examen,  ©.  12). 
35oeß  ^ält,  mit  Äjftimmung  ^an  ^oonad^  (S.  34.  66  f.)  bic  Flamen  ^eiliger  ©tätten: 
©ibcon,  9lob,  l5>a=9Kijj}a  unb  ^a-Silgal  für  anbcrc  Scnennungm  ber  einen  l^eiligen  ©tätte 

5  ju  Äirjat*^earim  unb  (h)ie  fd^on  toor  il^m  Slnbcre)  ®i&ea  für  tm  anbere  gorm  be^  SJamen^ 
®ibeon.  Kurj  bor  5poetö'  erfter  2)arftellung  l^atte  fc^on  ©d^Iatter  (a.  a.  D.)  bie  Heiligtümer 
bon  (Sibeon,  l^a=ÜRijl)a,  3?ob  unb  Äiriot^jearim  ibentifijiert.  5Poefö  feinerfeit«  gelangt  auf 
biefem  SBege  ju  bem  SRefultat,  bafe  ed  auc^  nad^  ber  &a©ilo«  unb  bor  berg^cilem« 
nur  ein  einzige«  bon  ber  ^riefterf^aft  3^^^^^^  bebiente«  Heiligtum  gegeben  ^abe,    ^cnn 

10  man  nun  aud^,  loa«  nur  mit  ben  3JlitteIn  betaillierter  geogra^)|^ifc^er  unb  tejtlritifcl^er 
Unterfuc^ungen  ftd^  entfd^eiben  läfet,  jene  lonn^Kjierten  g^^tifiji^^nö^n  jujugebcn  im 
ftonbe  h)äre,  fo  loürbe  bamit  iebenfaH«  nid^t  me^r  geloonnen  afe  eine  jufammenl^ängenbe 
Änfd^auung  bon  ben  ©d^idEfalen  ber  ^eiligen  Sabe  (einen  anberdartigcn  33erfuc^,  eine 
folc^e  älnfd^auung  ^erjufteQen,  l^at  Jtofter«  gemacht,  De  verbalen  over  de  ark  in  Sa- 

ismuel,  in:  Theologisch  Tijdschrift  1893,  ©.  361—378).  2)a«  Sor^anbenfein  einer 
9Re^r}a^(  bon  j{u(tu«ftätten,  unb  jtDar  nid^t  nur  ))ribater  fonbem  aud^  öffentlicher,  toöre 
boburd^  nic^t  au«gefd^Ioffen.  3)ie  93ama  ju  Slama,  auf  ber  unter  ©amue(«  Settung  ein 
D})ferma^I  gefeiert  h)irb  (1  ©a  9.  12  ff.),  h)ar  bon  jenem  einen  ßentral^eiligtum  jeben- 
fatt«  berfd^ieben.    SBir  l^ben  leine  Berechtigung,   biefe  8ama  anjufe^en  atö  einen  Ort 

20  für  lebiglid^  „nid^tj)riefterlic^en"  Äuitu«  (^oefe,  Examen,  ©.  405);  bon  Orten,  bie  nur 
für  einen  folc^en  im  Unterfc^ieb  bom  ))riefterUc^en  Äuitu«  beftimmt  getoefen  toären,  ift 
überl^auj)t  nici^t«  belannt.  SBo  man  an  irgenb  einem  ber  fleinem  Heiligtümer  einen 
^ßriefter  ^aben  lonnte,  jog  man  il^n  einem  anbem  Dj)ferer  bor.  3)er  ßebit  am  Heilig= 
tum  be«  ©lol^raimiten  9Kid^a  3li  c.  17  gilt  bem  ©rjälj^Ier  afe  5ßriefter,  unb  ber  (Srj\ä^ler 

25  nimmt  letnerlei  älnftoft  baran,  ba^  biefer  Sebit  an  bem  ^ribat^eiligtum  einen  ^rieftertic^en 
ÄuUu«  einridjitet.  Sfbgefe^en  ^ierbon  ift  e«  bon  bom^erein  toenig  toal^rfc^einlidji,  bafe 
ein  einziger  Ort  für  ben  nationalen,  bon  5Prieftern  boHjogenen  Äultu«  unter  jtoei  ber« 
fd^iebenen  Jlamen  (Äirjatsjearim  unb  3lob)  unb  brei  ober  bier  berfc^iebenen  a^)})ellatiben 
Benennungen  ber  l^eiligen  §ö^e  (®ibeon,  ®ibea ;  ^a-3Kijloa ;  ^a=®ilgal)  borfommen  follte, 

ao  obgleich  man  in  abstracto  bie  3KögKc^Ieit  jugeben  mu|,  ba|  eine  einjige  ^eilige  ©tötte 
nac^  berfc^iebenen  Drtfc^aften,  bie  auf  bemfelben  93erge  lagen  (5Poefö,  Examen,  ©.  205. 
284),  genannt  tourbe.  Slidjitig  ift  an  biefer  3)arftellung  jtoeifello«  fo  biel,  ba|  mei^rere 
jener  Ortsnamen  urfj)rünglic$  nid^t  ßigennamen  toaren,  fonbern  bie  ^eilige  ^öl^e 
a¥>J)ellatibifd^  bejeid^neten :  ®ibeon,  ®ibea  (®eba)  ben  (l^eiligen)  §ügel,  eben  biejen  ÜRijjoa, 

86  fiänbig  (aufgenommen  ^o  5,  1,  \üo  tool^l  Wtxpa  in  @ileab  gemeint  ift)  mit  bem  3lrtilel 
gebraucht,  unb  ba«  ebenfall«  immer  mit  bem  Itrtifel  unb,  toie  auc^  3Dli5})a,  bon  berfc^ie* 
benen  Orten  gebrauchte  ®ilgal  toa^rfdjieinlid^  ben  ^eiligen  ©teinirei«  ober  Äromled^  (®ut^e, 
3b?ßaS  1890,  ©.  129). 

3Serfd{>iebene  fold^e  Heiligtümer  toerben  bon  bem  5ßro))l^eten  ©amuel,  bem  eifrigen 

40  8elänH)fer  alle«  gö|enbienerifd^en  SBefen«,  anerfannt,  nämlic^  minbe[ten«  brei  (3ftijJ)a, 
Sloma  unb  33etle|em,  ebenfo  ®ilgal,  ba«  aber  möglid^ertoeife  mit  'SJlxüia  ibentifd^  fein 
fönnte).  3"  3Rx^a  berfammelt  ©amuel  ba«  3Solf,  um  für  e«  ju  ^a^toe  gu  beten  unb 
p  oiofem  (1  ©a  7,  5.  9 f.);  bort  toirft  er  „\>ox ^af)\vt"  ba«  ^eilige  £o«  unb  legt  bafelbft 
Die  SBerfaf{ung«urfunbe  be«  neuen  Äönigtum«  „bor  S^l^loe",  b.  1^.  an  ber  il^m  getoei^ten 

4BBt&tit,  nieber  (1  ©a  10,  19  ff.).  3u  ®itgal  beabftd^ttgt  ©amuel  Olofer  banubringen 
(1  ©a  10,  8).  Unter  feiner  Seitung  finbet  ein  0>)fermal^l  be«  93olIe«  ftatt  ju  Stama  auf 
ber  93ama,  einem  $ügel  aufeer^alb  ber  ©tabt,  ber  ein  ®ebäube  trug  (1  ©a  9,  12  ff.). 
Stuf  eben  biefer  ^ö^e  ftanb  toal^rfc^einlidf^  ber  bon  ©amuel  ju  9lama  errid^tete  3lltar 
(1  ©a  7,  17 ;    nai^  ^oel«,  Sanctuaire,  ©.  136  f.  ni^t    ein  loirf lieber  Slltar  fonbem 

wein  „3)enfmal,  errichtet  jur  e^re  Sa^toe«"  —  aber  mizbeah  bebeutet  boc^„Oj)ferftätte"I). 
SWit  ber  gamilie  ^fai«  opfert  ©amuel  ju  Betle^em  (1  ©a'l6,  3  ff.;  bgl.  c.  20,  6).  — 
Slud^  loenn  ^u  ©amuel«  3^'^  in  Betfeme«  bor  ber  2abe  3iö^h>e«  auf  einem  großen  ©teine 
geo))fert  loirb  (1  ©a  6,  15),  ftel^t  bie«  nic^t  in  ©inflang  mit  Den  Beftimmungen  ffm? 
fic^tlid^  ber  ©tift«^ütte,  ba  biefe  mit  il^rem  3tltar  ftd^  bort  nidfet  befanb.  —  2öeit  entfernt, 

u  bafe  man  in  biefen  Äultu«l^anblungen  an  berfd^iebenen  Orten  ^ttoa^  Bebenflic^e«  ge« 
funben  hätU,  fügt  bielme^r  ber  ßr^cil^ler  bem  Bericht  über  bie  ßrbauung  eine«  älltar« 
burd^  ©aul  1  ©a  14,  35  l^inju:  „2)a«  toar  ber  erfte  Slltar,  ben  ©aul  Dem  ^al)\üc  er- 
baute", h)omit  er  offenbar  biefen  toieberl^olten  ällt  al«  rü^mlidjien  barfteHen  \ü\ü. 

RvL  3)abib«  3eit   toar  ber  Ölberg    änbetung«ftätte  (2  ©a  15,  32),    aber  bielleic^t 

eo  nic^t  oe«^alb,  toeil  bort  ein  Heiligtum  ftanb,  fonbem  ctioa  tocil  man  bort  anbetete  in  ber 


^S^enlitenft  ber  ^tixitt  189 

SRid^tung  nad^  bcm  Heiligtum  auf  bcm  3i«>n  CPoete,  E;xamen,  ©.410  f.).  3)ie  Slngobe 
h)ärc  bann  2  ©a  15,  32  iorolej)tifcl^.  S)aöe0en  ift  iebcnfaH«  bcjeid^nenb,  bafe  2)at)ib  einen 
Slltat  auf  ber  3^enne  2lratonaö  erbaute,  nod^  e^e  bie  ^eilige  Sabe  fic^  bafelbft  befanb 
(2  ©a  24,  18.  25).  ©in  Heiligtum  beftanb  ju  a)at)ib«  3eit  (angeblid^  feit  ber  patttaf- 
c^alifd^en,  f.  %  §aine)  ju  §ebron,  too  3)at)ib  mit  ben  ältcften  S^raete  einen  SSunb  s 
fd^Iofe  „t)or  3a^h)e"  (2  ©a  5,  3),  h)o  äbfalom  t)orgcbIic^  ein  ©elübbe  löfen  tooffte  (2  ©a 
15,  7  f.)  unb  eine  Dloferma^ljeit  feierte  gur  3i"öugurierung  feine«  Königtum«  (v.  12). 
a)a^  2  ©a  15,  7  ftatt  "p-^sn  ju  lefen  fei  V^^na  (^ßoefe,  Examen,  ©.  403  ff.),  ift  fe^r 
untoal^rfd^einlid^,  ba  e«  fid^  in  ber  ©rjä^Iung  öon  3lbfalom  jonft  um  §ebron  unb  in 
feiner  9Beife  um  ©ibeon  l^anbelt  unb  ein  Heiligtum  ju  §ebron  aud^  abgefe^en  bon  biefer  lo 
Srjäl^lung  bejeugt  ift.  S)ie«  Heiligtum  lä^t  fid^  nid^t  burc^  bie  Semerfungen  t)on  ^oel« 
(Examen,  ©.  82,  Slnmfg.  2 ;  Sanctuaire,  ©.  73  ff.)  toegbeuten,  beffcn  forgfältig  ge« 
fammelte«  SRaterial  öielme^r  fc^r  beutlic^  bafür  ^\>xx6)t,  bafe,  Wo  e«  flc^  um  einen  mit 
religiöjen  ßäremonien  öoHjogenen  äft  l^anbelt,  ft>ie  eine  93unbfd^Iie|ung  e«  ift,  ber  äu«* 
bruä  „Dor  3^^^?^"  (2  ©a  5,  3)  auf  ba«  Sor^anbenfein  eine«  Heiligtum«  öerlueift.  i6 

äud^  burc^  bie  Überbringung  ber  £abe   unter  35abib  auf  ben  3i«>«  tüurbe  anbem 
^eiligen  Drten  i^re  Sebeutung  nid^t  genommen.    Slbonia  giebt  gegen  ba«  6nbe  ber  Sie*- 
gierung«geit  jeine«  33ater«  ein  Dt)ferfeft  bei  ber  SRogetDueKe  öor  ^erufalem  (l  Äg  1,  9). 
SBie  über^al^)t  unter  ©alomo  noc^   nac^  bem  Seric^t  be«  5tönig«buc^e«   (1  %  3,  2  f.) 
ganj  allgemein,  auc^  bon  ©alomo,  auf  ben  §ö^en  Opfer  bargebrad^t  h)urben,  fo  beftanb  20 
gu  feiner  ^cxt  namcntlid^  eine  „gro^e  33ama"  gu  ®ibeon,  auf  beren  Slltar  ©alomo  felbft 
oioferte,    loorauf  i^m  eine  ®otte«crfc^einung    gu   teil  iourbe  (l  Äg  3,  4f.)  —  ein  beut« 
lic^e«  S^xd)^,   baj  in  biejer  ^anblung  nic^t«  göcßöl^  erfannt  tourbe.    ©aöon    ift  in 
bem  Seric^t  bc«  Äönigebuc^e«  leine  3tebe,   ba^  ftc^  gu  ®ibeon   ober,  toa«  auf  ba«felbe 
^inaußlommen  foU,  gu  Äirjatsjearim,  bamal«  ba«  ßentral^eiligtum  befunben  f)ätU,  ba«  bort  25 
nod^  bi«  auf  ben  ^empelbau  Derblieben  toäre  tro^  ber  ^erbringung  ber  ^eiligen  Sabe  auf 
ben  3ion  (fo  5Poel«,  Examen,  ©.  270  ff.,   ber  nac^  bem  5!Ruftcr  berß^roni!  bie  ©tift«« 
l^ütte  in  ©ibeon  öerioeilen  läfet  unb   mit  ber  93oHenbung  be«  S^em^jelbau«  „abgefdjfofft" 
[©.157]  benit;  bann  alfo  bod^  [tro^  Examen,  ©.  258J  bi«  ba^in  eigentlid^  jtoei  ßentrat 
Heiligtümer).  ao 

b)  3)er  ^ö^enbienft  öon  ©alomo  bi«  auf  S^fia.  2ll«©alomo  fpäter  über 
ber  ^eiligen  Sabe  ben  J}räc^tigen  3ion«temj}el  erbaute,  i}attz  er  o^ne  S^^^d  bie  3lbftd^t, 
bie«  Heiligtum  jum  §au>)tl^eiligtum  feine«  Solle«  gu  ergeben,  um  burc^  bie  an  ben 
großen  g^ttagen  jufammenftrömenben  SJolfömaffen  ben  ©lang  feine«  Äönig«fi^e«  gu  er« 
böj^en.  3lllen  anbem  Äultu«orten  bamit  ein  6nbe  gu  machen,  lag  getoife  nic|>t  in  feinem  S5 
©inne,  unb  c«  fclj^lte  toiel,  ba^  i^re  Sefeitigung  ber  unmittelbare  (Srfolg  be«  Iemj}elbau«  ge= 
loefen  toäre.  3)er  %^m)pd  gu  ©ilo  gtoar  fc^eint  fc^on  in  ber  toorfalomonifc^en  3^it  unter» 
gegangen  gu  fein,  t)ielleicHt  in  ben  Äämt)fen  mit  ben^^iliftem  gu  ©amuel«  3«it,  aU 
bie  ^eilige  Sabe  in  bie  §änbe  ber  gremben  fiel;  toenigften«  fommt  biefer  Stempel 
f^jäter^in  in  ber  ©efc^id^te  nic^t  mel^r  t)or,  unb  e«  mag  fein,  bafe  jene«  Heiligtum  gu  9lob  40 
an  feine  ©teile  getreten  loar  (Sleef-ffieH^aufen,  (Einleitung*,  (§.  210;  bagegen  l^aben 
^i^ig  unb  ©raf  au«  3ier  7,  12.  14  f.;  26,  6.  9  [ögl.  Si  18,  30 f. J  gef^loffen,  ba| 
ber  Xemj}el  t)on  ©ilo  bi«  auf  ben  Untergang  be«  SRcic^e«  ©p^raim  beftanben  l^abe). 
Snbere  ber  alten  Heiligtümer  aber  behielten  il^re  93ebeutung. 

?Ha6)  ber  9lei(|«fj)altung  lam  nic|t  einmal  im  ©übrcic^  ber  ierufalemijc^e  3:emj)el  46 
gur  ©eltung  ber  eingigen  Cj}ferftätte.  3)a«  Heiligtum  )oon  S3cerfaba  erhielt  ftd^,  unb  e« 
ioallfa^rteten  bortl^in  felbft  bie  SJürger  be«  3lorbreid{f«  (3lm  5,  5;  8,  14).  3m  3?orbrei(^ 
machte  i^erobeam  I.  bie  alt^eiligen  ©tätten  gu  ä3etel  unb  ^an  gu  5lultu«mittel))unlten, 
inbem  er  an  jebem  biefer  Orte  in  ober  öor  bem  ^ö^enl^au«  (1  %  12,  31 ;  2  Äg  03,  15) 
einen  golbenen  ©tier  al«  Sa^ioebilb  aufftellte  (1  Äg  12,  28 f.;  Dgl.  am  4,  4;  5,  5;60 
8,  14;  §0  4,  15;  10,  5).  2)a«  3:em})el^au«  gu  »etel  —  unb  felbftt)erftanblid^  aud^  ba« 
gu  <S)an  —  ^attc  einen  ailtar  (1  Äg  12,  32 f.;  13,  Iff.;  2  Äg  23,  15 ff.);  jpätcr  ftanb 
in  bem  Heiligtum  gu  Setel  eine  älfc^era  (2  Äg  23,  15).  3)ie  ^Wac^f olger  g^o^^w»^ 
blieben  biefem  Äultu«  treu;  t)on  alten  —  nur  mit  nic^t  lociter  bcbeutfamer  3lu«naHme 
be«  blofe  brei^ig  Xage  regierenben  ©allum  unb  be«  legten  Äönig«,  §ofea  —  berid^tet  ba«  65 
Äönig«bucH,  bcjfen  9(cbaItor  Don  feinem  fj}ätem  ©tanb})unft  au«  biefen  ©otte«bienft  für 
öertoerflic^  l^ält,  bafe  fie  „loanbelten  in  ben  äöegen  ij^^obeam«  unb  in  feiner  ©ünbe". 
Eine  britte  ^eilige  ©tätte  be«  ^lorbreic^«  ioar  noc^  gur  3^'*  ^^^  $roj}Heten  3tmo«  unb 
Öofea  ba«  fcbon  an^  ber  SJic^tergeit  al«  ^ö^cnort  befannte  ©ilgal  (3lm  4,  4;  5,  5;  $0 
4,  15;  9,  15;  12,  12).   ^Jemer  jc^eincn  auc^  3Kig})a  (in  ©ileab)  unb  ber  Siabor  (f.  oben  co 


190  ^9|eitbteiifit  ber  Hebräer 

§  I,  2)  ÄuUu^ftätten  flebliebcn  ju  fein  {^^o  5,  1).  3)a«  Äönig^bud^  berichtet  Don  bcn 
SctDO^nem  be«  5Rorbrei(i^:  „©ic  bauten  ftd^  §öl^en  in  allen  i^ren  Ortfc^aften,  t)om 
aBäd^tertumt  an  bi«  auf  bte  fefte  ©tabt,  unb  fie  errichteten  fid^  ©äulen  unb  3(jd^eren  auf 
jebem   ^o^en  $üflel  unb  unter  jebem  grünen  S3aum  unb  räucherten  bafelbft  auf  aßen 

öi&ö^en  gleich  ben  Reiben,  bie  3<^ft>e  t)or  i^nen  vertrieben  l^atte"  (2  Rg  17,  9  ff.).  3">" 
3:eil  toaren  e«  frembe  ©ötter,  bie  in  biefen  Samot  toerel^rt  tourben,  jum  Seil  toirb  ^a\)to^ 
bienft  unb  ®ö|enbienft  ftd^  bafelbft  öermifd^t  l^aben.  ©ofe  aber  burd^au«  nid^t  alle  l^eiligen 
©tätten  be«  5Rorbreid^«  —  h)ie  e«  nad^  ber  Jtlage  be«  Stebaftorö  be«  Äönig^bud^e^  fc^einen 
fönnte  —  einen  Abfall  toon  bem  reinen  i^raelitifd^en  3a^ft>^^iwft  bejeid^nen,   geigt  beut= 

10  lid^  ber  Umftanb,  ba^  ber  ^roj)^et  6lia  über  bie  gu  feiner  Mi  gerftörten  aitäre  ^a^hje^ 
Hagt  (1  Kg  19,  10.  14),  ben  jerfaHenen  aitar  be«  Serge«  Äarmel  l^erftettt  unb  auf  i^m 
ein  S>fer  barbringt  (1  Äg  18,  30  ff.).  3)a^  ju  Setel  Satoe,  nic^t  ein  frember  ®ott  t)er= 
el^rt  iDurbe,  geigt  ber5Rame  be«  5Priefter«  toon  Setel  gu  9lmo«' 3eit,  Slmagja^  (21m  7, 10  ff.). 
®em  Äönig  S^^u,  ber  bod^  mit  blutiger  ©raufamleit  bem  Saalbienft  ein  ßnbe  mad)U 

16  unb  ben  Saaltemipel  in  ©amarien  jerftörtc  (2  itg  10,  18  ff.),  um  bie  3Serel^rung  3al^h)c« 
in  feinem  SReid^e  toieberJ^ergufteHen,  lam  eö  nid^t  in  ben  ©inn,  bie  ©otte^bienfte  toon  Setel 
unb  "^an  aufgugeben  (2Äg  10,  29.  31).  5«a^  ber  gKefc^a=3nfd^rift  (3.  Uff.)  befanb 
fid^  gu  5Rebo  (":a-)  im  Dftjorbanlanb  bi«  auf  bie  3ett  3Jlefd^a«,  b.  i.  bi«  auf  bie  Sl^a^ja« 
toon  S^rael,  ein  Heiligtum  9ial^h)e« ;  benn  3Refc^a  beridjitet,  bafe  er  )oon  bort  bie  "^«'^x(?), 

20  b.  i.  „2lltarauffä|e",  ^abtoe«  genommen  unb  toor  feinen  ®ott  Äemofc^  gebrad^t  l^abe. 
SebenfaH«  l^anbclt  e«  fidp,  tro^  ber  unbeutlid^en  ©d^reibung  be«  betreffenben  SBorte«,  um 
We  ^piünberung  eine«  3a^h)el^eiligtum«.  9lod^  bie  Äolonipen  im  gerftörten  Sleic^e  ©a= 
marien  toerel^rten  in  i^ren  §öl^enbienften  neben  anbem  ©öttem  aud^  ben  £anbe«gott  ^a^hje 
(2Äg  17,  32  ff.,  togl.  v.  29).    Slbgefe^en  toon  ben  Dielen  ftänbigen  ®otte«bienftorten  er= 

25  l^ielt  ftdji  ber  33rauq,  bei  befonberm  änla^  aud^  o^ne  ein  Heiligtum  C^fer  bargubringen : 
©lifa  o})fert  auf  bem  gelbe,  too  er  gum  ?l5ro))l^eten  berufen  toorben  (1  Äg  19,  21). 

Sbenfo  beftanben  aud^  in  ^vba,  abgefe^en  Don  Seerfaba,  anbete  minber  bebcutenbe 
$öl^enorte  im  SaJ^toebienft  fort.  2)a«  aHerbing«  toax  eine  Äongeffion  an  frembe  Kulte, 
bafe  ©alomo  für  feine  au«länbifd^en  SBciber  9amot  erbaute  auf  bem  Serg   öftlid^  Don 

aoS^nifalem  (lÄg  11,  7f. ;  2  Kg  23,  13).  2ln  ©öfeenbienft  auf  ben  $öf;en  benft  auc^ 
ber  Seric^t  be«  Jtöniggbud^e«  unter  ber  ^Regierung  Sfel^abeam«:  „Unb  auc^  fte  (bie  ^u- 
bäer)  bauten  fic^  §ö^en  unb  ©äulen  unb  Slfd^eren  auf  jebem  ^ol^en  §ügel  unb  unter 
jebem  grünen  Saume"  (1  Äg  14,  23).  3lber  toenigften«  gum  Seil  toaren  bie  Samot  in 
3uba  fold^e,  too  3ia^h)e  Dere^rt  iDurbe;  benn  bei  ber  Slngabe,  Dafe  ^iefia  bie  öö^en  be^ 

86  feitigt  ^abe,  toirb  berid^tet,  ba^  bie  ätfj^rer  biefe  93efeitigung  al«  eine  3Kinberung  ber  6(^re 
be«  2anbe«gotte«  SaJ^lue  angefe^en  Ratten  (2  Äg  18,  22  =  3ef  36,  7).  9luc^  Don 
frommen,  ^i^^^^  Dere^renben  Äönigen  toirb  h)enigften«  bie  5Ric^tbefeitigung  be«  ^ö^en- 
bienfte«  berichtet:  Don  Slfa  (1  Äg  15,  14),  Don  3iofat)^at  (1  Äg  22,  44),  Don  Hmagia 
(2  Jtg  14,  4),  Don  Ufta  (2  Äg  15,  4)  unb    Don  ^otam   (2  Äg  15,  35).    ©ogar  al« 

40  tDäl^renb  ber  ^Kinberjä^rigfeit  be«  ^oa^  ber  ^riefter  ^ojaba  ba«  ^Regiment  führte,  tourben 
bie  Samot  nic^t  abgefd^ajtt  (2  Äg  12,  4).  —  Slu«  2  Äg  23,  8  f.  fc^eint  l^erDorgugel^cn, 
bafe  leDitifd^e  $riefter  an  biefen  Samot  bienten. 

2)urd^  biefen  ©ac^Derl^alt  ift  für  bie  3^'^  Dor  ^o[\a  au«geWloffen,  ba^  bie  3[n= 
Mfauung  t)on  ber  Alleinberechtigung  eine«  eingigen  Heiligtum«  beftanb,   ober  bod;,  iDenn 

46  fte  ettoa  bem  Äönig  §i«Iia  belannt  getoefen  fein  foHte,  bafe  fie  gu  allgemeiner  ©eltung  lam. 
©c^on  frü^geitig  aber  mu^  fic^  bie  annähme  geltenb  gemacht  l^aben,  ba|  unter  ben  Der- 
teiebenen  Heiligtümern  eine«  ben  33orrang  l^abe  unb  bafe  biefe«  al«  bie  eigentliche  2öol^n= 
fkätte  3ö^h)e«  angufc^en  fei.  2)a«  „S3unbe«bud^",  ba«  bem  5Prot)l^eten  Slmo«  Dorgelegen 
iu  ^aben  fd^eint,  DieHeid^t  um  Diele«  älter  ift  al«  biefer  ^rojj^et,  ftcHt  bie  gorberung  auf, 

60Da|  breimal  im  ^al^r  alle  aJlänner  S^rael«  „Dor  3<»^h)^"  erfd^einen  f ollen  ((Sj  23,  17). 
S)abei  fann  nicbt  gu  benfcn  fein  an  ba«  (Srfd^einen  Dor  irgenb  einem  ber  Dielen  ^^eilig^ 
tümer,  beren  e«  iDol^l  in  jebem  anfe^nlic^cm  Ort  eine«  gab.  3)ann  toäre  ba«  feierliche 
®ribot  be«  breimaligen  ßrfc^einen«  auffaUenb,  ba  man  biefe  Heiligtümer  ol^ne  Unbequem^ 
Bc^Ieit  unb   öfter  auffuc^en  fonnte.    D^ne  ^rage   ift   ^ier  ein  beftimmte«  eingigartigc« 

66ßeiligtum  gemeint.  S)arauf  l^at  neuerbing«  mit  befonberm  3lad^brudf  SanHoonadter  richtig 
^gelDiefen.  ßr  fte^t  aber  unbered^tigt  bie«  Heiligtum  al«  ba«  eingige  offizielle,  bie  an- 
Utn  nur  al«  ^riDataltäre  für  bie  al«  Djjfer  geltenben  ©c^lad^tungen  gu  priDaten  3h>cdten 
m*  Sbenfo  ^atte  fd^on  3MoDcr«  (©.  286  f.)  angenommen,  ba^  nad^  bem  %^rt^>dbau 
bU  ßö^en  nur  „bei  bem  großen  Haufen  be«  Solle«"  Derhjenbet  iDorben  feien  für  Cjjfer 
fflnDatangelegenl[^eiten.  —  3)er  ®efe^eber  be«  Sunbe«bud^  meinte  tool^l  fd^on  feiner^ 


^a^enbienft  ber  ^ttthtt  191 

jeitö  bcn  ierufalemtfd^en  Xmpd  al^  ba«  (Scntrall^ciligtum.  SlBer  bereit«  toor  biefcm  nafmt 
ber  %tm!ptl  toon  ©ilo  eine  centrale  ©teUung  ein,  obne  gtage  bcdl^alb,  hjeil  er  ba«  ßrö^te 
^riligtum  SiJraete,  bie  £abe,  ba«  llntet))fanb  ber  öijttlid^en  ©egenhjart,  entl^ielt.  SSielleid^t 
^ot  bon  allem  3lnfang  an  ber  Ort,  h)o  bie  l^eilige  2abe  ftanb,  ate  ba«  eentral^eilißtum 
gegolten.  3)abon  aber,  bafe  biefer  ober  irgenb  ein  anberer  Ort  ba«  einjiae  ^eiKg«  6 
tum  fein  folle,  fei  e«  auc^  nur  für  ben  nationalen  Äuitu«,  ioufete  man  nod^  lange  nad^ 
©alomo  nid^ft«. 

3uerft  öon  $i«fia  ioirb   berichtet,   ba^   er  bie  §ö^en   entfernte  (2  5tg  18,  4).    @« 
lann  bie«  aber,  ioenn  ber  Serid^t  über^au})t  gefd^ic^tlic^  ift  (toa«  t)on  aBeU^aufen  u.  ä. 
bejtoeifelt  toirb),  nur  ein  SSerfuc^  geioefen  fein ;  nad^l^altige  Sßirfung  l^atte  bie«  SSorge^en  lo 
tocnigften«  nid^t.    i^n  §i«fia8  3cit  mod^te  bie  3Keinung,  ba^  ^^^^l^'^»"  ^^^^  ^^^re  SBol^* 
nung  3^^*^^«  fei,  beftärft  hjerben  burc^  ben  J}löfelic^en,  nic^t  burd^  menfd^lid^e  9){ad^t  ber« 
anlasten  2lbjug  be«  aff^rifd^en  ,^eere«  toon  g^^ufalem,    loorin  man  eine  Setoa^rung  ber 
Sßol^nftätte  S^J^toe«  ertennen  !onnte.    §i«fia«  SJac^fotger,  ber  abgöttifd^e  3Kanaffe,  baute 
bie  aSamot  toieber  auf  (2  Äg  21,  3),  unb  in  ben  SBegen  be«  Sater«  ioanbelte  aKanaffe«  i6 
©ol^n  ämon  (2  Äg  21,  20  ff.),    ©rft  ämon«  5Rad)f olger,  Sofia,  fe^ritt  energifc^   gegen 
ben  ^öl^enbienft   ein.    Slac^bem    unter  feiner  Slegierung  ba«  „©efe^bud^"  aufgefunben 
toorben,   na^m  er  eine  Steinigung  be«  3^ein))cl«  unb  be«  gefamten  ^ultu«  toor;    „er  ber* 
unreinigte  bie  Samot,  h)0  bie  ^Mefter  SRäuc^crungen  bargebrac^t  l^atten,  bon  ®eba  bi« 
nad^  SSeerfaba  unb  jerftijrte  bie  93amot  ber  I^ore  (?)  an  ber  Pforte  be«  Jofnatl^or«"  (2  5tg  ao 
23,  8;  bgl.  v.  13).   äluc^  bie  Sama  bon  «etel  mit  i^rem  Slltar  tourbe  jerftört  unb  bie 
S3ama  berbrannt  (v.  15) ;    ebenfo  foHen  alle  anbem  §ö^en^äufer  be«  alten  3leid^e«  ©a* 
marien  befeitigt  toorben  fein  (v.  19).    S)ennod^  fd^eint  §ö^enbienft  aud^  noc^  f>)äter  bor* 
gelommen  ju  fein  (Sj  6,  3  f.).  —  93t«  auf  '^ofxa  toax  ber  Samotfultu«  nic^t  au«fc^lie^lid^ 
@ö|enbienft;   anbemfaU«  ^ätte  bamal«  bie   Sertoenbung  ber  abgefegten  $ö^en)}riefter  36 
im  3:emi)elbienft  nid^t  in  ^agc  fommen  fönnen  (2  %  23,  9,  bgl.  v.  5.). 

2.  S)ie  5Proj}^eten   unb  ba«  S)euteronomium.    @«  ift  beutlid^  genug,  mit 
toeldjfem  Seftonbteil  be«  ^entateud^«  jene«  unter  ^ofxa  aufgefunbene  ©efefebuc^  ibentifd^ 
ift.  3«  ^em  Meinen  ©efe^tobej  be«  je^obiftifd^en  33uc^e«,  bem  S3unbe«bud{>,  tft  ba«  ®ebot, 
bie  ^d^en  )u  gerftören,   nic^t  gegeben ;    e«  fteUt  bielme^r  ben  ^ultu«  auf  berf^iebenen  so 
ältören  al«  burc^au«  berechtigt  bar  (f.  oben  §  III,  1  a).    ^n  ber  J}riefterlid^en  ©(^irift 
ift  bon  Heiligtümern  3i^tael«  aufeer  ber  ©tift«bütte  gar  nic^t  bie  Siebe  (über  £e  26,  30 
f.  unten  §  3;  biefe  bereinjelte  ©teile  fann  nic^t  in  Setrac^t  fommen).    dagegen  ift  eine 
Hauj)ttenbenj  be«  3)eutcronomium«,   al«  ©ebot  SRoje«  barjuftellen  bie  gorberung,  ba^ 
!3«rael,  nac^^bem  c«  in  Äanaan  jur  SRu^e  gefommen  fei,  allein  „an  bem  Orte,  ben  ^a^toe  86 
ertoö^Ien  toerbe",  feine  Opfer  barbringe  (c.  12,  4  ff. ;  bgl.  c.  14, 22  ff. ;  15, 19  ff. ;  16, 1  ff. ; 
17,  8 ff.;   18,  6;  26,  2;  31,11).    S)e«^alb   h)irb  in  Softae  ©efc^bud^  ba«  2)euteronos 
mium  iebenfall«  mitent^alten  gehjefen  fein.  —    3)ie  S3efc^rän!ung   be«  gefamten  Äultu« 
auf  einen  einzigen  Drt  im  ©euteronomium  h)irb   in  abrebe  gefteHt  bon  Rleinert.    äudb 
grie«  (®.  71  ff.)  nimmt  an,   bafe  ba«  3)cuteronomium  px\)oaU  ©c^lacbtoiofer  aufeerl^att^o 
3erufalem«  ni^^t  abfc^affen  looHe,  inbem   er  ba«  SSerbum  zbh  überall  bon  einer  Obfer« 
fc^lad^tung,  nirgenb«  bon  lebiglic^  })rofaner  ©c^la(^tung  berfte^t.    älber  inbem  ba«  i)eu5 
teronomium  (c.  12,  22)  beftimmt,  bafe  bie  au^er^alb  genitalem«  gefd^lad^teten  3tinber, 
©<^fe  unb  Siegen  bon  Unreinen  unb  Steinen  gegeffen  toerben  foHen,  h)ie  ©ajeHe   unb 
«t^irfc^,   b.  1^.  nu^ft  oj}ferbare  Siere,  beftimmt  e«  boc^  beutlid^,  ba^  bie«  ©c^lad^ten  (zbh  « 
V.  21)  nic^t  al«  ein  Dt)fem  gelten  foUe. 

S)a«  in  Seremianifc^em  ©eifte  gefd^riebcne  3!)euteronomium  fann  nic^t  too^l  lange 
bor  ber  3eit  S^fw^  abgefaßt  hjorben  fein.  a)ie  Steligion«berberbni«,  bie  fic^  in  bem 
§ö^enfuUu«  offenbarte,  in  bef onber«  ftarfer  SÖeife  unter  gofia«  jtoeitem  Vorgänger  3Kanaffe, 
gab  bem  ben  ^ro))l^etenfreifen  ange^örenben  SJerfaffer  biefe«  ©efe^buc^e«  Slnla^,  auf  bie  Gen^  so 
traliperung  be«  Äultu«  in  bem  „bon  göl^toe  ertoä^lten"  ^^e^ufalem  ju  bringen.  6r  toor 
in  btefem  S3eftreben  nic^t  o^ne  3}orgänger.  ©d[)on  bie  altem  ^rojj^eten  traten  für  ben 
Äultu«  in  Senifolem  im  ®egenja|  jum  §ö^enbienft  ein.  CS«  ift  aber  ibol^lju  beachten, 
bofe  fie,  anber«  al«  ber  2)euteronomifer,  nic^t  bcn  §ö^cnbienft  an  ficb,  bie  3)cel^rl^eit  ber 
ÄuItiUorte,  ol«  bertberflic^^  barfteUen,  fonbem  nur  ben  .^ö^enbienft  in  ber  gorm,  bie  er  66 
foftif^l  erlangt  l^atte,  bie  SSermifd^ung  nämlid^  be«  g^^hjebienfte«  mit  gö^enbienerifc^em 
ffiefen.  6ine  ^pnx  bon  bem  beuteronomifd^cn  3)ogma  ber  nottoenbigen  ßinbeit  be« 
ÄuItu«orte«  finbet  ficb  bei  il^nen  nic^t  im  geringften. 

SImo«  (c.ö,ö)  forbert  aUerbing«  bie  Seh)o^ner  be«  SJorbreid^«  auf,  nid^t  93etel  auf* 
jufuc^,  nic^t  noc^  ©Ugal  ju  t)ilgem  unb  nic^t  nad^  33eerfaba  ^inübergujie^en ;  allein  er  ^ 


192  ^ai^ftibtmft  ^tt  ^thvitt 

ftcttt  bcm  fcineölDCg^  ben  icrujaleniijd;en  Kultur  afö  bcn  aUcin  ted^tmäfetgcn  gegenüber, 
jonbem  nur  bie^:  ^ai}\r)t  felbft  auRufudjien  (v.  4.  6),  ba  in  i^m  aHein  bad  |)eil  be^ 
grünbet  ift,  nid^t  in  jenen  Orten,  bte  bem  SJcrbcrben  beftimmt  jinb,  toeil  an  il^nen  ^ahtvt 
h)a](ir^aft.nic^t  gefud^t  toirb.  2lmo«  Hagt  (c.  7, 9)  über  bie  3^'^^örung  ber  S3amot  ^\aaU, 
6ol^ne  ein  3Bort  barüber  l^injujufügen,  ba^  biefen  Kultug[tätten  olg  an  unb  für  fic^  un- 
rechtmäßigen folc^e^  h)iberfa^ren.  äud^  c.  8,  14  tpirb  nur  ber  Äultu^  ©amarienö,  ber 
bon  2)an  unb  Seerfaba,  afe  eitel  unb  ate  Serfc^ulbung  bargefteßt,  o^ne  Slüdffic^t  auf  bie 
Äultu^orte  (ebenfo  c.  4, 4).  ©e^Ieic^en  fjjric^t  auc^  §ofea,  totnn  er  c.  10, 8  bie  S3amot  öon 
8etel  „§öl^en  ber  5Ri(^tigfeit"  nennt  (bgl.  bie  Benennung  33etaft>en,  „§au«  ber  3lic^tig= 

10  leit",  für  Setel  „®otte^^au«"X  lebiglid^  feine  ÜRifebilligung  be^  bort  getriebenen  Äuitu«, 
nic^t  be^  Äultu^orte^,  au«,  unb  h)enn  nad^  c.  8,  11  6>)^ratm  bie  ßrric^tung  t)ic(er 
3ßtäre  jur  6ünbe  gereicht,  fo  mufe  nic^t  jene  33iel^eit  bie  ©ünbe  au^niad^cn,  fonbem  bie 
©ünbe  fann  in  bem  auf  ben  Slltären  ©eübtcn  befielen  (bgl.  v.  12  f.).  3)er  3)ienft  toon 
Setel  gilt  bem  5ßroj)^eten  aU  ®ö|enbienft  (c.  13,  2),  toe^^alb  er  beffen  5Priefter  nic^t  ate 

16  Äo^anim  ber  Samot  be^eid^net,  h)ie  bie^riefter  getDö^nlic^  genannt  hoerben,  fonbem  mit  einem 
au«  bem  aramäifc^en  §eibentum  entlehnten  9Jamen  Äemarim  (c.  10,  5),  ber  fte  al« 
®ö|en})riefter  c^arafterifiert.  S^f^jö  gebeult  ber  Samot  niemate,  too^l  aber  Hagt  er  über 
ben  @otte«bienft  unter  ben  ^eiligen  Säumen,  bod^  aud^  er,  ol^ne  ba^  fein  Xabel  bie  ^ei- 
ligen Drte  al«  fold^e  träfe  (ögl.  21.  §aine).    ?IKi  1,  5  ftellt  bie  8amot  3uba«  gu  3;eru= 

20  falem  in  parallele  mit  ber  „SJerfc^ulbung  S^^ob«",  ©amarien,  b.  1^.  bem  Äultu«  öon 
iSamarien.  Sllfo  auc^  biefem  ^roj)l^eten  gölte  nac^  bem  maforetifc^en  3^ejte  ber  cf^ö^em 
bienft,  fo  tDie  er  getDorben  \üax,  aU  unftatt^aft;  ba«  SBort  bämöt  ift  ^ier  aber  fraglo« 
nad^  LXX  ju  emenbieren  (f.  3to\oad  g.  b.  ©t.).  —  2)ie  borjoftanifdjien  5ßropl^cten  öer- 
toerfen  bemnadji   ben  Äultu«  ber  §ö^en,   nid^t  aber  bie  ^öl^en  felbft.    ©ie  ge^en  bamit 

26  bereit«  einen  ©d^ritt  über  bie  ©r^ler  be«  jel^obiftifd^en  Suc^e«  toie  über  ba«  SSunbe«- 
bud^  l^inau«,  h)o  an  ben  Dielen  Elitären  nod^  leinerlei  9J{afel  gefunben  h^irb.  @«  fann 
bemnac^  laum  einem  3^^if^I  unterliegen,  bafe  jene  erjjäl^ler  unb  biefe  ®efe|e«f(^rift  älter 
finb  al«  2lmo«  unb  ^ofea.  —  SBeiter  ift  beutlic^,  baß  (tomn  Wxx  bon  gjoel  abfegen, 
bem  nur  noc^  SBenige  eine  ©teile  unter  ben  alten  ^ro})^eten  einräumen)  fc^on  feit  3lmo« 

80  (c.  1,  2)  ber  Xemjjel  Serufalem«  ol«  Sa^toe«  SBäobnort  galt  (Dgl-Sef  11,9 ;  30, 29  u.  f.  to. ; 
f.  ©menb,  Moses,  ©.  58  ff.),  nic^t  be«^alb  aber,  lüeil  ^ai)m  ni^t  auc^  an  anbem  Ijeiligen 
©tätten  gefunben  luerben  fönnte  unb  gcfud^t  luerben  bürfte,  fonbern  toeil  man  i^n  an 
ben  anbem  ©tätten  nic^t  in  ber  ric^tigm  SBJeife  fuc^te,  lueil  faftifd^  allein  in  S^^^ufalem 
reiner  3;ö^>^>«^i^ft  Ö^^t  hjurbe.  2)a«  3)euteronomium  fe^t  öorau«,  baß  jeber  feiner  Sefer 

86  unter  bem  toon  ^a})toc  jur  SBol^nung  ertoä^lten  Ort  unmittelbar  ben  jemfalemifc^en  %tmpd 
berfte^e.  6benfo  ift  aber  beutlid^,  baß  bie  Slnfd^auung  be«  3)euteronomifer«  fortgefc^rittcner 
ift  al«  bie  ber  altern  ^ro})^eten,  ^^aia  unb  SRid^a  eingefd^loffen,  ft>enn  er  3«^l^k"^  öl« 
ben  feit  ber  SRieberlaffung  in  Äanaan  einzig  pon  ^af)m  erlDä^ltm  Ort  barftcHt.  3lod) 
Sefaja  ^atte  einen  3lltar  3<»^>J><^  ^^  2^^^  3i[g^))ten  unb  eine  ^eilige  ©äule  an  feiner 

40®renje  gen)ei«fagt  (c.  19,19)  unb  tt>ußte  nid^t«  bat)on,  baß  bie«  ein  gefe^h)ibriger  jtultu« 
fein  iDürbe. 

2tuf  bem  ©tanb})unlt  be«  2)euteronomium«  fielet  ber  im  6?il  lebenbe  Slebaftor  be« 
Äönig«buc^e«,  toenn  er  allen  §öl^enbienft  feit  ber  iemj)elerbauung  al«  Jünbl^aft  barfteHt 
unb    bamm  bie   92id^tbefeitigung    ber   $ö^en   auc^  ben  frommen  ßönigm  al«  ©ünbe 

46  anred^net.  3)ie  S3amot,  bon  benen  ber  3«itgenoffe  ^o[xa^,  ^^tmxa,  rebet,  fmb  ©tätten 
be«  ®ö|enbienfte«  (c.  7,  31;  19,  5;  32,  35;  t)gl.  c.  3,  2;  11,  13;  17,  2  f.),  unb 
bem  ^ro})^eten  ejec^iel  gilt  ber  ^ö^enbienft  einfach  al«  ®ö|enbienft  (c.  6,  3  f.  6;  20, 28  f.), 
ebenfo  einem  \päUxn  ^falmiften  (78,  58). 

3.  3)ie  >)ricfterlic^e  ©c^rift  be«  ^entateuc^«  unb  bie  ß^ronif.    33om 

60  ©euteronomium  abgefei^en  toirb  nur  nod&  gtoeimal  im  ^entateud^  ber  Samot  mit  ©ejie^ung 
auf  ^^xad  gebadet.  3"  ^^^^  ©teile,  bie  öon  SSeftanbteilen  ber  >)riefterlic^m  ©c^rift  um= 
aeben  ift,  $Wu  33,  52,  toirb  ben  3«raeliten  geboten,  bie  §öl^en  ber  Äanaaniter  gu  jer= 
ftören,  unb  Sc  26,  30  ben  3«raeliten  gebro^t,  baß  ^aijtot  i^re  öö^en  jerftören  unb  i^re 
93aalfäulen  t)emic^ten    toerbe.     3)ie  erfte  bicfer  ©teilen  ift  ioa^rfc^einlic^,    ba  fie  in  ber 

66  ))riefterlic^en  ©c^rift  feine  2lnalogie  f)ai,  au«  einer  anbem  dueUenfc^rift  abzuleiten.  3)ic 
jtoeite  ©tcHe  gehört  einem  befonbem  ®efe§fobej  £e  c.  17—26  an,  ben  ein  ©>)ätercr 
m  bie  })riefterlid^e  ©c^rift  einarbeitete.  3"^  3^^^  ^^'^  Slbfaffung  biefe«  Keinem  Äobej  be= 
ftanb  alfo  in  ^^xad  J^ö^enbienft,  ber  bem  3?erfaffcr  al«  gleid^toertig  gilt  mit  bem  3)ienftc 
be«  Saal.  Sf*  ^i^f<?  ©efe|e«fd^rift,  loie  nac^  allen  Slnjeic^m   anjunel^men,  älter  al«  bie 

60  große  pricfterlic^e  ©d^rift,   fo   lann  man   nic^t  urteilen,  baß  ber  3Serfaffer  ber   le^tern 


^Bl^mbtfnft  ber  febriler  193 

3U  einer  ^t\i  gef (^rieben  Ijahc,  aU  ber  ^öl^enbien[t  noc^  allgemein  für  unbebenlUc^  galt,  unb 
bafe  be^l^alb  biefer  ©efe^geber  fic^  nirgcnb^  über  ben  3ial^h)cbienft  auf  ben  ^ö^en  au^ 
gcfJ)rocl^en  ^abe.  äud^  abgelesen  baöon  tft  bie  Slnnajime  ööHig  unftatt^aft,  bafe  ber  Ser« 
faffer  fic^  ben  öiclen  ^Heiligtümern  gegenüber  gleicbgiltig  berl^alte;  bcnn  inbireft  forbert 
bie  ganje  ©c^ilberung  ber  ©tift^J^ütte,  toie  fte  im  5Priefterfobej  entworfen  toirb,  ©ar-  5 
bringung  aller  Dt)fer  bor  ber  ©tift^l^üttc.  2)iefe  ift  in  i^rem  Sau  nad^  bem  3Jlufter  bc^ 
jerufalemifc^en  3:empeli3  gejeid^net  (®raf,  3?ölbefe,  SBefll^aufen  u.  a.;  bagegen  fie^t 
nod^  Äloftermann  bie  ©tiftö^ütte  biclme^r  ate  ba^  Sorbilb  be^  %impd^  an  unb  benit 
an  eine  ec^t  SRofaifc^e  „itonjeiotion  eine«  toeil  bon  ®ott  gezeigten,  barum  befinitiö  gut 
tigen  Silbe^"  für  ba«  i^raelitifd^e  Heiligtum,  ©.  380  f.,  unb  an  eine  SRcf onftruierung  10 
bieje«  5)ilbc«  „au^  ben  a)littcln  ber  loriefterlid^en  Überlieferung"  in  ber  3rit  S)at)ib!g  ober 
be«  ©alomonifc^en  Xtmpdbau^,  ©.  ;i82f.).  3)ie  ©tift^^ütte  ift  in  i^rer  gangen  Se* 
fc^affen^eit  barauf  angelegt,  ber  cinjige  red^tmäfeige  Cj}ferort  ju  jein. 

2e  17,  Iff.  toirb  au^brücflic^  bie  S^arbringung  aller  0})f er  öor  bem  Heiligtum,  näm« 
lic^  ber  ©tifte^ütte,   geforbert.    3)ie  ^orberung  gel^ört  in  biefer  %oxm  ni^t  jenem  altem  16 
©efe^buc^  2e  c.  17—26  an,  ba«  nur  bon  bem  „Heiligtum"  (mikdaä)  rebete  unb  babei, 
h)ie  e«  jd^eint,  an  eine  üKe^rja^l  bon  Heiligtümern  backte  (fo  S^iHmann  ju  b.  ©t.  1880 ; 
m.  ©efc^ic^te  bc«  altteftamcntlic^en  ^rieftertum«  1889,  S.  47 ;    S^riber   ©.  138).    ©ie 
Übertragung  biejer  gorberung  auf  bie  ©tiftd^ütte  rüi^rt   ^er  t)on  bemjenigen,  ber  ba« 
ältere  ©efe^bud^  in  ben  5Priefterfobej  einarbeitete  unb  bon  bem  SSerfaffer  be«  5ßriefterfobej  20 
gu  unterfd^eiben   fein  toirb.  —   9Jid^t  richtig  ift,    toaä  93an  ^oonadfer  annimmt  (©.  42), 
ba|,   abgefel^en  öon  £e  17,  Iff.,  ber  ^riefterfobej  ?ßribatoj}fer  aufeerl^alb   be«  Gentral* 
l^eiligtum«  fenne  unb   billige.    2e  7,  22  ff.  (bgl.   c.  3,  16  f.)  ift  bie  SRebe  )oon  ©d^lad^^ 
tungen  aufeerl^alb  be«  Heiligtum«.    2)iefe  ©d^lac^tungen  gelten  aber  in  feiner  Sffieife  atö 
£p\ct,  fonbem  e«  toirb  nur  beftimmt,  bafe  bon  ben  opferbaren  Sieren  bie  gettftüdfe  unter  26 
!einen  Umftänben  gegefjen  toerben  bürfen,  toeil  fie  al«  ettoa«  ^eilige«  gelten  auc^  in  bem 
gaUe,    ba|  fte   nic^t  auf  ben  aitar  !ommen.    3lad)  ^an  §oonadfer  (©.  44.  46.  86 f.) 
beftänbe  bie  9leuerung  be«  beuteronomijd^en  ©efe^e«  barin,  ba^  e«  bie  bom  ^riefterlobej 
noc^   gebilligten  $ribato})fer  unb   ^ribat^eiligtümer   abgefc^afft    ^abe.     3)aran    ift   nur 
richtig,  ba^  jene  33eftimmung  in  Se  c.  7  au«  einer  ^t\t  ftammt,  too  nod^  an  me^rem  ao 
Orten  geojjfert  tourbe,    aljo  ein  älterer,   ju  bem  Softem  be«  ^riefterfobej  nic^t  j)affenber 
Seftanbteil  be^felbcn  ift;   benn   e«  toirb  nic^t  gefagt,  toa«  mit  ben  gettftüdfen  gejc^el^en 
foU,   toenn  fte  nic^t  gegeffen  toerben  bürfen  unb  bo*  aue^  nic^t  geopfert  toerben  foUen 
(Dgl.  Äittel  ©.  42  ff.).    Sben  bie  Seftimmung  bon  Öe  c.  7  toirb  burc^  ba«  S)euteronos 
mium  c.  12  aufgehoben  mit  feiner  3lnorbnung,  bafe  man  öon  allen  ©c^lac^tungen  au^er=  ög 
l^alb  ^erufalem«  efjen  bürfe  toie  Don  ben  nic^t  opferbaren  reinen  lieren. 

S5eil  bie  priefterlid;e  ©c^rift  legale  Opfer  nur  an  bem  einen  Heiligtum  fennt, 
toerben  in  il^ren  ©rgä^lungen  gar  feine  Opfer  ertoäl^nt  in  ben  ^Attn  bor  bem  Sefte^en 
ber  ©tift^l^ütte,  al«  ob  bie  5ßatriard{>en  Opferfultu«  überhaupt  ni^t  geübt  Ratten!  6ben 
beöl^alb  nimmt  nur  nae^  ber  jel^obiftifcben  ßrgä^lung  9Joa^  öon  ben  reinen  (opferbaren)  40 
Vieren  mel^r  ßjemplare  in  bieSlrd^e  auf  al«  bon  ben  unreinen;  benn  o^ne  ba«  SScftel^en 
be«  Opfer«  toar  eine  größere  2lnga^l  jener  nid^t  erforberlic^.  Sine  3lu«na^me  in  ber 
jonft  fonfequenten  S)arftellung  ber  priefterlid)en  ©d^rift  bilbet  allein  bie  Slufric^tung  be« 
©albftein«  burd^  3^^^'^  S^  S3etel  (®en  35,  14  f.),  benn  biefer  ©tein  c^arafteriftert  olj^ne 
3toeifel  ben  Ort  al«  l^eitigen ;  aber  ber  örgä^ler  bleibt  feinem  5ßlane  boc^  infofem  ge^  45 
treu,  al«  er  nic^t  öon  einem  (blutigen)  Opfer  Qi^fob«  bei  biefem  ©teine  berichtet.—  2)er 
ftultu«  ju  ©ilo  toirb  bon  bem  ßrjä^ler  ber  priefterlic^en  ©c^rift  bamit  begrünbet,  bafe 
bort  öon  ^ojua  bie  ©tift«^ütte  aufgeftettt  toorben  fei  (:5of.  18,  1 ;  19,  51).  Son  eben 
bemfelben  ßrjäl^ler  toirb  gof  22,  1 1  ff.  ber  bon  ben  oftjorbanifc^en  ©tämmen  jur  ^txt 
3ofua«  errichtete  Slltar  ni^t  ctWa  al«  Opfcrftättc  bargefteHt  fonbem  unglaub^aftertoeife  w 
lebiglic^  al«  ein  (Srinnemng«mal,  al«  mnn  fd^on  bamal«  ber  ©ebrauq  einer  gtoeiten 
Cpferftätte  (neben  ber  gu  ©ilo  beftel^enben)  einen  Slbfall  bom  S^^toebienft  bejeid^net  ^ätte. 

Sei  biefem  ©ac^öerl^alt  fd^eint  e«  mir  feinem  ^mx^A  gu  unterliegen,  bafe  ber  Scr- 
faffer  ber  priefterlid^m  ©d^rift  jünger  ift  al«  bie  ßrjäl^ler  bc«  je^oöiftifc^m  33u^c«,  benen 
ber  Äultu«  an  berfc^iebenen  Ortm  nod^  unbebenflic^  erfc^eint  (f.  oben  Jj  III,  1  a) ;  frag* » 
lic^  aber  bleibt,  ob  barau«  ba«  3^^^^^^^^^"^^  ^^  priefterlid^en  ©c^rift  lum  ©euterono* 
mium  fw^  beftimmen  läfet.  3)a«  fd^eint  mir  allerbing«  jiemlid^  fidjier,  ba|  bem  Serfaffcr 
be«  beuteronomifc^m  ®efe|e«  (ber  berfc^ieben  ift  Don  bem  Serfaffer  be«  ergä^lenben  ^roö* 
mium«  ber  beuteronomifd^en  5lebe)  ber  ^riefterfobq  nidjit  Dorlag.  2)ie  anfc^einenben  an* 
geid^en  für  S3efanntfc^ft  mit  ber  priefterlic^en  ©(^rift  im  3)euteronomium  finben  fic^  teil«  eo 

9ica(^(^icDr(opftbic  für  X^eologie  unb  Siird^e.   3.  «.  VIII.  13 


194  $9l|ftilitfnfit  ber  ^tbtitt 

nur  in  ben  jünflem  ScftanbtcUen  biefe«  SSud^e^  (bie  fteBjig  ©cden  mit  ^^atob,  bie  Sabc 
au«  Slfajien^olj),  teite  betreffen  fte  ältere,  in  ben  ^rieftenobej  aufgenommene  3:orot  (bie 
2:ora  t)om  äuöfa|,  bie  2ora  bon  ben  reinen  unb  unreinen  3:ieren).  ^ebenfaß«  fannte 
ber  SSerfaffer  be«  beuteronomifc^en  ®efe§ee  ben  ^rieftertobej  nic^t  ate  eine  anerfannte 
6  ©efe^e^fd^rift;  benn  bann  toäre  für  il^n  nid^tö  bequemer  getoefen  bei  feiner  gorberung 
eine«  einzigen  §eiligtumö  ate  bie  3lnlnüj)fung  an  bie  ©tift^^ütte  ber  >)riefterlid^en  ©d^rift. 
5Rirgenb«  aber  im  3)euteronomium  flnbet  fi^  eine  Sejiel^ung  auf  bie  ©tift^^ütte;  im 
®egenteil  fefet  e«  borau«,  bafe  jur  ^eit  ?IKofe8  Sinl^eit  beö  Äultu^orte«  nic^t  öor^anben 
toar,  bielmel^r  bamate  jebermann  mit  feinen  Dpferbarbringungen  nac^  freiem  ©utbünfen 

10  öerful^r  (c.  12,  8).  2)agegen  lä^t  fte^  ^^(i  ber  ^ßriefterlobej  toerftel^en  ate  eine  fd^on 
öor  bem  3)euteronomium  ejiftierenbe  ©c^rift  ))rit)aten  ß^arafter«.  Sffiie  au«  jenem  93e= 
ftreben  ber  ^ro))l^eten,  ben  Äultu«  in  ^erufalem  ju  centralifieren,  bie  lategorifc^e  gor- 
berung  eine«  einzigen  Heiligtum«  bei  bem  S)euteronomiIer  ^erborging,  fo  lonnte  ba« 
gleiche  S^rac^ten  im  5lreife  ber  jerufalemifc^en  ^riefterfc^aft  fd^on  früher  ba«   in  JJorm 

15  ber  ©tift^^ütte  gezeichnete  ^t^wilbilb  be«  einjigen  Heiligtum«  erzeugen.  3?id^t«  ift  tüai^x- 
fd^einlic^er  ate  bie«,  bafe  bie  jerufalemifd^e  ^Sriefterfd^aft  fd^on  frü^jeitig  barauf  ausging, 
bie  D})ferl^anblungen  möglid^ft  auf  il^  Heiligtum  ju  befd^ränlen.  Unter  biefen  ®efic^t«= 
bunftcn  fe^en  3?ölbefe,  2)illmann  u.  31.  ben  5ßriefterIobej  bor  bem  3)euteronomium  an. 
jWir  ba«  umgefel^rte  A^itber^ältni«  i[t  nic^t  unbebingt  entfd^eibenb  ber  Umftanb,  bafe  ber 

20  SDeuteronomifer  auf  ^ncrlennung  eine«  eineiigen  ^eiligtum«  bringt,  ber  SBerfaffer  be« 
5ßriefterfobej  biefe  Slnerfennung  in  feinem  3l^^ölbilb  borau«fe$t  (SßJeH^aufen).  6«  folgt 
barau«  noc^  nic^t  fxc^er,  bafe  ber  SBerfaffer  be«  ^riefterfobej  in  ber  nad^joftanifd^en  ^^\t 
fc^rieb,  ate  bereit«  ^erufalem«  einzige  Berechtigung  jum  ßuItu«ort  Slnertennung  erlangt 
^atte.    @r  lönnte  bie  $olemit  jurüdfgebrängt  ^aben,  um  befto  nad^brüdflic^er  ben  ibealen 

26  gwftanb  jur  ©eltung  ju  bringen.  2)ie  J}riefterlic^e  ©d^rift  giebt  nirgenb«  ux  erfennen, 
öüfe  bie  ©ini^eit  be«  ÄuItu«orte«  ber  jur  geit  be«  SBerfaffer«  befte^enbe  S^f^^"^  *bar,  fon= 
bem  ftj^ilbert  bie  ßinl^eit  ate  ben  Swf*^»^^  ^"^  ibealen  Vergangenheit.  3)ie  ©tift«l^ütte, 
ba«  S3ilb  be«  ibealen  Heiligtum«,  Yä^t  fid^  fc^toer  begreifen,  toenn  bem  SBerfaffer  biefe« 
^bealbilbe«   ba«  anbere   be«  Sjed^ielifc^en  3ufunft«tem^el«  belannt   toar.    dagegen  ift 

80  ©jcc^iele  ibealer  %m,ptl  leine  müßige  SBieberl^olung,  auc^  toenn  ber  ?Proj)^et  bie  ©tift«= 
glitte  ber  ))riefterlic^en  ©d^rift  lannte.  6r  mujte  fte,  faß«  fte  üj^m  betannt  toax,  anfe^en 
al«  eine  ben  3lnfängen  S^rael«  ange^örenbe  ©nrid^tung,  bie  burd^  ben  ©alomonifc^en 
Semioel  erfe^t  toorben  toar ;  biefen  lä|t  Sjec^iel,  nac^bem  er  jerftört  toorben  toar,  in  feinem 
neuen  3w*w"ft^*^"^t>^l  toieber  aufleben. 

85  SBa«  ber  5ßriefterfobej  im  2Biberfj)rud^  mit  ben  je^obiftifc^en  5ßentateud^beftanbteilen 
unb  ben  borejilifd^en  ^iftorifc^en  93üc^em  geltenb  mad^t:  ein  bon  SRofe  ^errü^renbe« 
rinjig  legitime«  Clpferjelt,  ^at  ber  ßl^ronift  in  feine  ©c^ilberung  ber  altem  ©efc^ic^te  auf- 
gmommen.  3)ie  ?ßrärogatibm  biefer  ©tift«l^ütte  lä^t  er  bireft  auf  ben  ©alomonifc^en 
2^emj}el  übergeben;   jebod^  l^at  er  fid^  in  ber  g^^wung  bieje«  fünftlid^en  ®efd^ic^t«bilbe« 

40  bor  3Q3iberf>)rüd{fm  nid^t  immer  ju  behjal^rm  gehjufet.  S)ie  bielm  Äultu«orte  ber  borfalo- 
monifd^en  3^it  fuc^t  er  baburc^  ju  rechtfertigen,  bafe  er  fie  au«  bem  jeittoeiligm  Stufwt- 
l^alt  ber  l^eiligen  iiabe  an  biefen  Orten  erflärt,  inbem  bie  Berechtigung  jum  Äultu«  an 
jebemDrte  nur  gerabe  fo  lange  gebauert  ^aben  foH,  al«  bie  ftänbig  toanbembe  2abe  ba^ 
felbft  bertoeilte  —  ein  fc^on  an  fic^  unglaubhafter  ©ac^ber^alt,  bon  bem  überbie«  bie 

45  altem  ®efc^ic^t«büc^er  nic|t«  hjiffen.  3)abib«  Ci)ferbarbringungen  auf  ber  2:enne  Slratona« 
iu  einer  3^t,  al«  bie  ©tift«l^ütte  auf  ber  §öbe  ju  ®ibeon  geftanben  l^aben  foH,  lüerben 
el^  infonfequent  auf  eine  6ngelerfd()einung  jurüdfgefül^rt,  bie  ben  Äönig  bermafeen  er= 
d^redft  ^abe,  bafe  er  nic^t  toagte,  fic^  nac^®ibeon  ^u  begebm  (1  6^r  21,  30);  ber®otte«' 
bienft  ©alomo«  ju  ®ibeon  h)irb  bamit  begrünbet,  ba^  bafclbft  bie  ©tifte^ütte  berbliebm 

60  fei,  nac^bcm  2)abib  bie  £abe  auf  ben  gJon  berbrad^t  unb  i^r  bort  ein  neue«  Mi  errichtet 
batte  (1  6l^r  16,  39;  21,  29;  2  6^r  1,  3.  13)  —  3lu«funft«mittel  ber  ?Berlegen^eit, 
bei  benen  immerhin  bie  erftrebte  ßinl^eit  be«  Äultu«orte«  einer  SBerjloiefad^ung  tüeic^en  mufe 
(bgl.  mobeme  3Bieberaufna^me  biefer  2)arftellung  be«  ßi^oniften  oben  §  III,  1  a). 

3)er  Seric^t  be«  ß^roniften  über  bm  göj^enbienft  unter  bm  Jtönigen  3uba«  ftimmt 

66  nic^t  burc^au«  mit  bem  be«  Jtönig«buc^e«.  Sä^renb  biefe«  juerft  bon  ^t«fia  ben  ^erfuc^ 
einer  33efeitigung  ber  §öl^en  au«jagt,  foDen  nad^  ber  ßl^ronil  jd^on  äfa  unb  9iofat)^at 
bie  ^öj^en  abgerafft  ^aben  (2  6^r  14,  2.  4 ;  17,  6).  ^n  fd^einbarem  aBiberf})md^  mit 
biefer  il^rer  eigenm  Slngabe  berid^tet  bie  ß^ronif  anbertoärt«  (2  ß^r  15,  17 ;  20,  33), 
ba|   unter  3lfa   unb  3ofat)bat   bie  ^öl^en   nicbt   befeitigt   tourbm   (bgl.  1  5tg  15,  14: 

w  22,  44).    ajiejer  a5}iberft)mdj  ift  fc^toerlidjf  mit  SKober«,  a;^eniu«,  »ert^eau  u.  a.  baburd^ 


^Bl^ettbtcnft  ber  Hebräer  ^oetftra  195 

aufjulöfen,  ba^  man  bic  Scfcitigung  t)on  bcn  abgöttifd^cn,  bic  S^ic^tbefcitigung  Don  ben 
bem  ^Ä^^i^^^i^ft  öetoetl^tcn  ^öl)cn  Derftc^t;  benn  einmal  ift  an  allen  ©teilen  Qani  all- 
gemein öon  ben  Samot  bie  Siebe,  unb  jtoeiteng  fonnte  3[ofa})l^at  nic^t  befeitißen,  toad 
\d)on  burd^  feinen  Später  3lfa  beseitigt  tDorben  toax.  SSielleic^t  tt>ill  ber  S^ronift,  \[vmn 
er  nic^t  etipa  2  g^r  15,  17;  20,  33  gcbanfenlo«  ba«  Jtönigjgbuc^  abjd^rieb  (®raf),  t)on  5 
8tfa  toie  öon  3«>föt>^öt  ben  mißlungenen  SJcrfuc^  einer  93efeitigung  ber  §öl^en  berichten 
(Shjalb,  ©efd^id^te  III  ^  S.  504,  Äeil,  ©menb  [Moses]),  eine  Slngabe,  ber  inbe«  ntbm 
bem  93erid^t  be^  Jlönig^bud^e^  fc^h)erlid^  (älauben  ju  f^enfen  ift.  92ac^  ber  angeblid^en 
SSefel^rung  be^  Äönig«  3Wanaffe  foll  jtoar  ber  ©öjenbienft  befeitigt  iDorben  fein,  „nur 
oj)ferte  t>a^  Soll  noc^  auf  ben  SSamot,  aber  3^^*^^/  '^^^>"  ®ott",  nid^t  anbem  ©öttem  10 
(2  6br  33,  17). 

3lai}  ber  ^arfteQung  ber  ß^ronif  ift  bie  trabitioneQe  Slnfc^auung  h^ie  Dom  i^raeli^ 
tifc&en  Äultu^  über^auiot,  fo  auc^  Dom  Äultu^ort  gebilbet  (anerfannt  Don  3.  ®.  3Rüller,  Äeil, 
Äö^ler,  35an  §oonadfcr,  $oelö).  (Sine  anbere  3lugfunft,  bie  SSeric^te  ber  altem  ^ifto- 
rifc^en  Sucher  mit  bcn  pcntateuc^if^en  S3eftimmungen  ju  Dereinbaren,  ergriffen  Die  %aU  16 
mubiften,  inbem  fie  ^Atm  unterfd^ieben,  loo  bie  §ö^en  erlaubt  (bie  Dorfalomonifd^e  3^* 
gum  großen  Seil)  unb  loo  fie  Derboten  toaren  (3Jlif(^na  Sebad^.  14,4—8;  Dgl.9Regill.  1, 11 ; 
bie  fj}ätem  Slabbincn  f.  bei  Ugolinui^  a.  a.  0.). 

3)em  nac^e^ilifc^en  ^iubentum  blieb  auf  @runb  ber  beuteronomifd^en  Seftimmungcn 
ber  3:empel  ^u  3<^föfem  ber  Ort,  ba  man  anbeten  foH  (3o  4,  20),  unb  in  ber  %mit  ao 
toeilenb,  toanbte  man  ftc^  im  ®ebet  in  ber  Slic^tung  nad^  bem  Xempel  (3)a  6,  11). 
38ielleid^t  ift  bie  ©itte  ber  ©ebet^ric^tung  nae^  bem  Stempel  fd^on  Dor  bem  ßjil  auf* 
gefommen;  benn  bie  SJerfe  1  Äg  8,  44.  48,  Wo  fie  Dorau^efefet  ft>irb,  fd^einen  Dor- 
ejilifdji  5u  fein,  ba  ber  2em>)el  ^ier  aU  bcfte^enb  gebac^t  toirb.    @ine  2lrt  ®rfa|  für  bie 

tö^en    boten  bie   erft  in  ber  nac^ejilifc^en  Qtxt  auflommenben  ©^nagogen,    m  ®ebet,  25 
orlefung    unb  ^rebigt   beftimmt.    SSon    ber   fonft  allgemein   eingehaltenen  äJorfd^rift, 
Ot)fer   nur   ju  ^erufalem  barjubringen,  erlaubten  fic^   bie  ägDiotifc^en  ^u\)tt{  eine  3lu^5 
na^me   feit   ©rbauung  be^  Sempete  Don  2eonto})oli^  föofepp.,    Antiq.  XIII,  3    unb 
fonft).  i£^olf  S^oubifflti* 

^octftro,  ©^tfe,  geft.  12.  ^uni  1898.  —     Sitteratur,  fritifdi  unb  biogvap^if^:  ao 
Cd.  Busken  Huet  in  de  Gids  1858  @.  622  ff.:  A.  Pierson  in  de  Gids  1858  6  493  ff.  unb 
1895  6.  245  ff.;    J.  H.  Schölten,  De  vrije  wil,  fieibeu  185!«;   A.  M.  Gramer,   Beginselen 
cn  leer  der  oude  Doopsgezinden   in  Godgeleerde  Bijdragen  1864;    L.  W.  E.  Rauwenhoff 
in  Theologisch  Tijdschrift  II  ©.  257  ff.  unb    in  Wijsbegeerte  van  den  godsdienst,    Selben 
1887,  I.  Ptap.  2b  unb  5^ap.  2  §  1 ;   L.  H.  Slotemaker  in  Theol.  Tijdschr.  XV,  ©.  265  ff.;  35 
A.  BniiDing  „Prof.   Hoekstra's  Zedenleer*'  in   Tijdspiegel  1894;    W.   Scheffer   in  Theol. 
Tijdschr.  XXXI  S.  302  ff. :  I.  Molenaar  in  Mannen  en  Vrouwen  van  beteekenis   in  onzc 
dagenl897,  S.öief.;  P.  H.  .  Hugenholtz  Jr.  in  De  Amsterdammer,  Weekblad  voor  Nederland, 
19.3unl  1^98:  P.  Feenstra  Jr.  in  De  Zondagsbode,  IH.  guni  1898;  S.  Gramer  in  Theol. 
Tijdschr.  XXXII  @.  448  ff.,  unb  in  Doopsgezinde  Bijdragen  1898  8.  150  ff. ;  I.  v.  d.  Bergh,  40 
„Ghristelijk  geloof'  in  Tijdspiegel,  ?lug.  1898.    S)ie  Biographien  in  ben  ^Innalcn  ber  „Maat- 
schappij  van  Letterkunde"  ju  ficiben  unb  ber  „Koninklijke  Academie"  ju  ^Imfterbam,  oon 
iüel(^cn  (äJefellfctQften  ©.  SWitglieb  xoax,  finb  im  ©egriffc  ju  erf^cinen. 

S.  $oe!ftra,  Sjn,  3)oItor  ber  2^eologie  h.  c,  lourbe  geboren  20.  Sluguft  1822  ju 
SBieringeripaarb  in  ber  nieberlänbifc^en  5ßroöinj  9Joorb  §otlanb,  ftubierte  Ideologie  ju  45 
ämfterbam  am  ©eminarium  ber  „Allgemeene  Doopsgezinde  Societeit",  \vax  öon 
Citober  1845  bi«  ä>)ril  1852  ^rebiger  ber  3Kennoniten  in  Slffrum  unb  3totterbam, 
lourbe  3?ot)embcr  1856  jum  5Wa(^f olger  ©.  SJlüHer^  in  bie  ^rofeffur  am  oben  erh)ä^nten 
©eminarium  ertoä^lt  unb  betleibete  biefe  ©teile  öom  17.  gebruar  1857  bi^  3""^  1892, 
feit  1877  aber  aud^  ba«  5ßrofefforat  in  ber  t^eologifc^en  ^^fultät  ber  bamate  ju  aimfter«  so 
bam  geftifteten  Uniöerfxtät.  ©eine  Sorlefungen  über  ßt^il,  3)ogmatiI  unb  SReligionö^ 
J}^ilofoj}^ie,  fj)äterl^in  t)on  il^m  umgearbeitet  unb  befonberiJ  in  Wxd\xd)t  auf  feine  früheren 
©d^üler  ^erau^egeben  (Zedenleer,  3  S5be;  Geschiedenis  van  de  Zedenleer,  2  8be; 
Wijsgeerige  Godsdienstleer,  2  S5be;  Christelljke  Geloofsleer,  2  S3be,  Slmfterbam 
1894—98)  geloöl^rten  feinen  3lnfc^auungen  (Sinflu|  unb  ©eloalt  in  feiner  Äirc^engemein«  bs 
fd^aft,  inbem  er  fie  bem  ®eift  feiner  S^v^ter  ein})rägte,  bencn  er  in  einer  5ßeriobe  fd^tDan« 
Icnben  ©ujjranaturali^mu«  unb  „öom  ©tanbj)unfte  ber  neueren  SBiffenf^aft  au«"  ben 
unerfc^ütterlic^en,  öon  ben  Slefultaten  be«  toiffenfd^aftlid^en  gorfc^en«  immerhin  unabs 
bängigen  S5oben  ber  ®lauben«geh)ife^eit  enthüllte:  ba«  })f^d^ologif(i^e »Jaltum  toom  „®lau- 
im  be«  SRenfc^en   an   bie  üöa^r^eit   feine«  eigenen  Sßcfen«",    nacp  $.  bie  Duelle  unb  eo 

13'^ 


196  ^oftfhra 

ba^  SBcfen  be^  refigiöfcn  ©laubcnö,  toon  bcm  er  befonber^  in  feinen  SBerfen:  Bronnen 
en  Grondslagen  van  het  Godsdienstig  geloof  unb  de  Hoop  der  Onsterilijkheid, 
3lmfterbam  1864  unb  1867,  ettoa  im  ©eifte  Setter«  w"*^  ^Jcuerbac^^,  jeboc^  mit  ööUiger 
©elb[tftänbig!cit  unb  großem  ©c^arfftnn,  barjulegen  fid^  bemühte,  bafe  er  auf  jebcr  Stufe 

6  feiner  6nth)idfelung  au^  bem  toon  ben  Dualen  be«  SebeniJ  hervorgerufenen  @rlöfung^= 
bebürfni^  be^  3Kenfc^en  unb  feinem  SRingen  nac^  ber  S3etl^ätigung  feiner  ^erfönlid^feit 
l^erborgegangen  unb  folglich  ba^  ^JJoftulat  eine^  normalen  geifligen  Seben«  fei.  a)a|  näm= 
lic^  bag  t)on  unferen  ©innen  entworfene  S3ilb  be^  SBeltaH^  unmöglid^  baö  rid^tige  fein 
fönne,  bagegen  bic  SBeltorbnung,  tro^  bem  ©d^einc  be^  ©egenteilö,   einen  überfinnlid^en 

m  ßl^arafter  trage,  unb  alfo  bie  33erh)irflic^ung  unferer  fittlic^en  ^beale  t)erbürge,  ergiebt  fid^ 
nad^  §.  mit  logifc^er  Slotloenbigfeit  au^  ber  im>)eratit)en  Jlatur  biefer  ^beale ;  toäre  baig- 
felbe  nid^t  ber  %aU,  fo  toürbe  ba^  3)afein  unö  ju  unerträglichem  fieibcn  unb  unauflö^= 
Kd^em  JRätfel  luerben  unb  folglid^  ber  ÜRenfd^  —  biefe  äbfurbität!  —  ein  33lenbtoerf 
ber  ©c^öpfung  fein. 

16  33on  rein  toiffenfc^aftlid^em  (Sefid^t^unlt  au«  toar  bie  93ebeutung  biefer  ©ä§e  l^auj)tf  äc^lid^ 
barin  gelegen,  bafe  fte  ba«  im  3«teBeftuali«mu«  ©djiolten«  (f.  b.),  befonberö  aber  im  ßm^jiri«- 
mu«  Dt)joomcr«  (f.  b.)  befangene  religion^^ilofopl^ifd^e  3)enlen  be«  „mobem"5t^cologif(ben 

toflanb«  einem  neuen  5ßringij3  entgcgcnfü^rtcn  unb  jtoar  bem  eine«  3^eali«mu«  im  ©innc 
ant«,  fofern  §.  mit  lefetcrem  jh)ar  nid^t  ben  fategorifd^en  3>w>>^ötit),  bennoc^   aber  bie 

ao  t)raltifc^e  ©eitc  unfere«  Söefen«,  namentlich  bie  3Q3ertfd^ä|ung,  genauer  gefagt,  ben  Segriff 
ber  S^^tfw^äfe'ö'fri^^  fü^  ^'^  ©runblage  be«  ©lauben«,  bagegen  bie  tbeoretifc^c  ©eite  be«= 
felben,  namentlich  bie  Beobachtung,  genauer  gefagt,  ben  Äaufalität^begriff,  für  bie  be« 
SBiffen«,  unb  folglich  ©lauben  unb  SBifJenfd^aft  für  qualitativ  t>erfc^ieben  ertlärte,  h)orau« 
bann  erften«  bie  Unmöglic^feit  folgte,  bie  ®lauben«getoife^eit  ))ofitii)  loiffenfd^aftlic^  ju  be^ 

26  grünben  ftatt  ju  rechtfertigen,  jtoeiten«  aber  auc^  bie  älbfurbität,  legerer  irgenb  einen 
fd^lDäc^eren  Überjeugung«grunb  beijumeffen,  ba  im  ©egenteil  ^btn  mit  ber  ©ubjeftiöität 
bie  ©eloife^cit  june^me,  folDie  man  benn  überl^au))t  nur  toon  ben  eigenen  Setoufetfcin«- 
^uftänben  fic^  DoUftänbig  toergetoiffem  fönne  (Gedachten  over  het  wezen  en  de  me- 
thode  der  godsdienstleer,    Theol.   Tijdschr.  VI),    unb   namentlid^   bie  9Kat^ematiI 

30  eben  bcö^olb,  toeil  fic  bie  SBiffenfc^aft  nic^t  ber  em))irifc^en,  fonbem  ber  ibealen  ®rö^en 
ift,  untrüglid^c  ©eloi^^eit  verbürge  (Het  jaarcijfer  1881  als  getuige  des  geloofs, 
Slmfterbam  1881).  —  SBJenn  aud^  §.  jeben  3lt)riori«mu«  mit  fo  gro|er  ßntfd^ieben^eit 
bertparf,  ba^  er,  fc^on  in  De  weg  der  wetenschap  op  godgeleerd  en  wijs- 
geerig    gebied,    3lmfterbam    17.  gebruar   1857,    unb   in    Christelijk  Wijsgeerige 

86  Aphorismen,  Godgel.  Bijdr.  1857,  ba«  religiöfe  S3eh)u|tfein  alö  ben  einjig  mög= 
U^en  3lu«gang«l)un{t  be«  ti^eologifd^en  3)enfen«  betrad^tete,  ja,  fogar  bie  religiöfe  Sin* 
läge  al«  eine  reine  ^otenj  unb  bal^er  ouc^  ba«  religiöfe  ®efü^l,  in  bem  C)})joomer 
ba«  Organ  unb  bie  Duelle  ber  religiöfcn  ©rfenntni«  erblidtte,  ^.  aber  eine  t)ermummte 
,,idea  innata''  entbedte,    al«   einen  3Sa^n  bezeichnete  (lets    over  het   godsdienstig 

iogevoel,  Godg.  Bijdr.  1864),  —  fo  tourbe  bo^  bie  rein  inbuftitoe,  in  ben  aiatur^ 
h)iffenfd[;aften  befolgte  9Ket^obe,  bie  Dpjoomer,  eben  mit  ber  ,f)offnung  unb  bem  33erfj)rec^en 
burc^  fie  bie  ©laubenögcmife^eit  auf  einem  unbeloeglid^en  ©oben  ju  grünben,  aud^  in  bic 
rationalen  aSiffenfc^aften  ^ineinjufü^ren  eifrig  bemüht  toar,  Am  im  5Jamen  ber©laubcn«s 
geloife^eit  fclber  mit  grofeem  6mft  unb  t)orjüglid^em  ©c^arffmn  t)on  il;m  befämioft,  benn 

46  foHte  aud^  loirflic^  ba«  religiöfe  ©efü^l,  toie  Ct)joomer  behauptete,  ein  cm})irif^e«  3)atum 
fein,  fo  lonnte  ba«felbe,  nac^  §.,  bod^  jebenfaH«  nur  mit  ben  |)ilf«mitteln  be«  3^eali«mu« 
al«  folc^e«  crtpicfen  toerben  unb  au«  bem  ^xxUl  be«  (Sm^jirifc^en  l^inau«fül^ren ;  bie  auf 
bem  naturh)iffenfc^aftlic^en  6m})iri«mu«  aufgebaute  ©ctoife^eit  bezeichnete  er  als  locfentlic^ 
feine«  befferen  ©el^alt«  al«  bie  be«   auf  eine  Sleil^e  t)on  äufecrlid^en  unb  ba^er  niemal« 

60  genau  ju  fontroHierenben  3^9«^^"  T*^  ftü^enben  ©uj)ranaturali«mu«. 

3)ie  im  etl^ifc^^pf^c^ologif^en  3ibeali«mu«  §.«  entl^öltene  ant^roj)rocentrifd{>-teleologifc^e 
(über  ben  33cgriff  ber  leleologie  t)erl^anbelte  er  u.  a.  in  einem  SSortrag  über  Pessimisme 
en  Optimisme,  Slmfterbam  1880)  2öeltanfd^auung,  an\iati  fid^  t)on  ber  SBurjel  ber 
d^riftli^en  Überzeugungen   lo«geriffen  ju  ^aben,  loäre  im  ©egenteil  t)ielme^r  al«  d^rifto- 

56  centrifc^  ^u  be^eid^nen,  toeil  l^ier  mit  ber  ÜRa^gabe  ber  3)inge  ß^ftu«  felber,  ber 
2)^pu«  be«  normalen  SKenfc^en  (De  Zondeloosheid  van  Jezus,  Slmfterbam  1862), 
unb  nur  ba«  menfc^lic^e  S'^^'^^^wum  gemeint  ift,  fofern  e«  bie  ^üqc  be«  Silbe« 
3efu  in  fic^  trägt.  Slud^  ^oefftra«  Slb^anblungen  über  ben  3:ob  3«fu  (Historische 
beteekenis    van  Jezus'  dood,    Godg.  Bijdr.  1866,    unb    Blijvende    beteekenis 

QO  van  het    evangelie   des  kruises   op  modern  standpunt,  TheoK  Tijdschr.  VII 


^oftftra  197 

en  VIII),  foiüie  and)  nod)  feine  legten  SBcrtc,  möpen  fie  übrigen^  bie  5!RerfmaIe  be^ 
6influf|e8  ber  raftio«  fortgefc^rittenen  neuteftamentlic^en  Äritil  auf  feine  d^riftologifc^en 
3been  jur  Sd^au  tragen,  fe|en  bie  3ibentttät  be«  d^riftlid^en  unb  be^  religiöfen  Sehju^t* 
fein^  ebenfo  unöerfennbar  t)orau^  h)ie  feine  ))0pulären  ©d^riften  (Qeloof  en  leven  des 
Christens;  De  leer  des  evangelies;  Het  geloof  des  harten;  Grondslag,  wezen  5 
en  openbaring  van  het  godsdienstig  geloof ;  Des  Christens  godsvrucht  u.  f.  h)., 
^Hotterbam  unb  älmfterbam  1856—66)  unb  feine  Haren,  tieffinnigen  ^Prebigten  (ertoäl^nt 
feien  l^ier  nur  bie  jtt)ölfe:  de  Zoon  des  menschen  de  Heiland  der  wereld, 
äCmfterbam  1861),  in  benen  er  „nadjibenfenben  unb  gebilbeten  gl^riften"  bie  Seigre  be« 
St)angeliumd  ber  ®nabe  ju  entfalten  unb  bie  ®lauben«h)elt  unb  ©lauben^etoi^s  10 
l^eit  be^felben  aU  bie  in  i^rem  eigenen  ©emüte  ftd^  uorfinbenben  barjufteHen  ftd^  be» 
ftrebt  l^atte. 

ßbenjo  h)ie  baö  religiöfe,  lann  nac^  §.  aud^  ba^  fittlid^e  SSetou^tfein  nur  baju  bienen 
ben  ©lauben  an  bie  Slealität  einer  l^ö^eren  SBeltorbnung  gu  beftötigen.  ©eine  fna)}})en 
©tubien  über  etl^ifc^e  Probleme,  infonber^eit  bie  gur  SBiberlegung  ber  „morale  indöpen-  16 
dante"  unb  bed  Utilitari^mu^  (Godsdienst  en  Zedelijkheid  unb  Beoordeeling  van 
het  Utiliteitsbeginsel,  Theol.  Tijdschr.  II  ©.  117  ff.  unb  390  ff.)  unb  bie  gur  (gr^ 
Härung  be^  5ßfli§tbeh)ufetfein^  (Grondslag  van  het  besef  van  onvoorwaardelijken 
plicht,  aimfterbam  1873),  ein  SRufter  fc^arffmniger  änal^fe,  ^aben  unfhieitig  ben  ßnb« 
jtped,  bie  Ungulänglid^Ieit  jeglicher  @rflärung  bed  ftttlid^en  93eh)u^tfein^  au^erl^alb  ber  20 
Sorau^fe^ungeinedmetaj)^VfW^®^"^^w*^[^^2Befen^barguIegen.  3*^ar  fd^reibt  er  ber 
©ittUd^feit  em})irifd^  eine  eigene,  bon  ber  SReligion  unabl^ängige  §ertunft  gu,  inbem  er  fie  ftdjf 
auf  bem  93oben  ber  gefellfd^ftlid^en  38erlS>^tniffe  enttoidfeln  unb  erft  nac^l^er  toon  ber  ebenfo 
auf  eigenem  SBege  ^erborgetretenen  Sieligion,  namentlid^  3^^^^^^  wnb  3efu,  in  bie  ©})l^äre 
ber  l^ö^eren,  prinjiipiellen  ©ittlidjifeit  überfül^ren  lä^t  (Ontwikkeling  van  de  zedelijke  25 
idee  u.  f.  \v.,  3lmfterbam  1862)  —  >)otenjielI  aber  follen  bie  SSeiben  i^ren  ®runb  l^oben 
in  ber  ibealen  9Jatur  unfere^  geiftigen  3Befen^,  ))on  bem  jebe  nur  eine  anbere  ©eftalt  ber« 
tritt,  —  toe^l^alb  aue^  bie  ©lauben^^  unb  bie  ©ittenlel^re  immerju  in  einanber  l^inüber« 
greifen,  loeil  fie  toefentlid^  nur  ba^  nämlid^e  Objelt  |aben :  bie  ftttlid^e  SBeltorbnung, 
toeld^e  fic,  jebe  t)on  einer  anbem  ©eite,  betrad^ten :  bie  ©laubenäe^e  bie  meta^jlj^vW^  » 
9Sorau^f4ungen,  auf  benen  ba^  fittlid^e  Setoufetfein  berul^t,  bie  ©ittenle^re  ben  S'^ölt 
be«  ftttlid^en  Selou^tfeinig  ober  ba«  fittlid^e  gt^eal.  3luc^  bafe  $ocfftra  ben  fc^on  in 
feiner  1858  Ij^erau^egebenen  ©d^rift:  Vrijheid  in  verband  met  zelfsbewustheid, 
zedelijkheid  en  zonde,  gegen  ©c^olten  berteibigten  „tenH)erierten"  ober  „Jjfvd^olo* 
gifd^en"  3inbeterminigmu«,  inbem  er  bie  X^ätigleit  be«  freien  SBBiUen«  auf  bie^eriobe  be«86 
fd^toanfenben,  toeil  fie^  bilbenben  fittlid^en  ßlj^arafter^  begrengt,  niemals  l^at  prei^eben 
tooflen,  toar  ungtoeifel^aft  l^aujjtfäd^lid^  eine  golge  feiner  Überjeugung,  bafe  folc^e^  nur 
auf  ein  ^rei^eben  ber  felbftftänbigen  geiftigen  5ßerfönlid^Ieit  unb  folglid^  be«  gangen  3in* 
l^alt^  bed  religiöfen  ®lauben^  l^inau^laufen  lönne. 

3Jlit  mand^er  litterarifd^sj^iftorifd^en  SlbJj^onblung  ift  aujerbem  bie  tl^eologifdjie  SBiffen^  4o 
fdjiaft  bon  §.  bereichert  toorben:  ©jegefe  bon  Sj})^  4,  7;   3tö  5,  12;  1  Äo  15,  29,  30; 
(S^riftologien  bon  ?Karcu8  unb  ber  3[J)oIal^lofe ;  SSergleidjiung  ber  ©riefe  an  bie  (Sjjl^efer 
unb  Äoloffer;    über  bie  ©c^t^eit  bon  ^^ilip}).  (Theol.  Tijdschr.  I,  II,  III,  IV,  V, 
IX,  XXIV);  über  bie  neuteftamentlic^e  Benennung:    de  Zoon  des  menschen,  ärnfter« 
bam  1866;   über  ^o^anne«  ben  SCöufer  unb  ba«  6l[^riftentum  (Theol.  Tijdschr.  XVIII  46 
©.  336  ff.)  auf  anlafe  ber  $^})ot^efe  31.  3).  Soman«  (f.  b.).   Sefonber«  toic^tig  fmb  aud) 
feine  ©tubien  über  §iob,   eine  (grilärung,  unb  über  ba«  §ol^elieb,   eine  Überfeftung  unb 
erllärung  be^  SSuc^c«;    beibe  tragen  fdbftftänbige  ^\)poti}^m  über  ben  ^n^alt  be^  be- 
treff enbcn  SSud^e^  bor;  ^iob  toirb  begeid^net  afö  ber  leibenbe  Äned^t  ®otte^  bon  3^f  53 
(Theol.  Tijdschr.  V  ©.  1  ff.),    ba^  §ol^elieb   al^   ein  ßobgefang   auf  bie   treue  ß^e«  go 
liebe  (De  triomf   der  liefde  in   alle  beproevingen  u.  f.  h).,   Utred^t  1856).    ©eine 
Beginselen  en  leer  der  oude  Doopsgezinden,  Smfterbam  1863,  ^atte  baburc^  äBid^s 
tigfeit,  bafe  e^  ben  erften  mfammenl^ängenben,  auö  ben  eigenen  ©d^riften  ber  alten  SBieber^ 
töufer  gefammelten  Überblii  i^rer  religiöfen  unb  firc^lidpen  ®runbfä§e  lieferte,  borgüg* 
lic^  mit  bem  3*bedfe,    biefelben   ate  bie  SSertreter  ber  loraltifc^en  ©eite  be^  ß^riftentumö  66 
unb  il^r  "^heal  ber  fledflofen  ©otte^emeinbe  barguftetten. 

9[m  12.  3juni  1898  nal^m  nad)  längerer  (Srlranfung  ba^  bon  arbeiten  unb  3)enlen 
überfüllte  Seben  ^oefftra^  ein  ©nbe.  ®r  ftarb  gu  ßUecom  in  ber  5Probing  Selber* 
lanb,  tbo  er  feine  le^en  Seben^ja^re,  toie  früher  ^äufig  feine  getien,  gugebrac^t  l^atte. 

3«  SRoUnaar.     eo 


198  ^aiemanit 

i^Slemantt,  |)  ermann  ®uftato,  geft.  1886.  —  &ür  bcn  i*cbcndöO"fl  würben 
bcnu^t  bic  9?e!rologe  in  ber  allgemeinen  fiutfer.  Äirc^enjeitung  1886  9?r.  46  unb  im  Sfidö* 
fifdjen  Äirc^en»  nnb  Sc^ulblatt,  bcffen  erfter  SRebaftcur  ^.  gemcten  roor,  9ir.  41  beöfelben 
gQ^rgong«. 

5  ^ermann  (Suftaö  §i)lemann,  Dr.  theol.  unb  phil.  jub.,  h)urbe  ju  Saube  bei 
©ro^en^atn  (©ad^jen)  ate  äItefter©o^n  be«  bortigen  Äirc^fc^une^rer«  am  8.  äugu[t  1809 
geboren.  6r  erhielt  feine  äu^bilbung  nad^  lurjem  Sejuc^e  beö  3)re^bener  KreujgVm= 
nafium«  auf  ber  gürfienfdjiule  gu  3Keifeen.  Sei  ber  Sel;ämj}fung  be^  auf  biefer  3lnftalt 
berrfc^enben  fraffen  ^cnnoliömu^  jetgte   er  frti^e  fdjion  pttlic^en  6mft  unb  mannl^aften 

loSRut.  ^n  Seijjjig,  too  er  t>on  1829  an  3!l^eoIogie  ftubierte,  fc^loj  er  ftc^  befonber^  an 
$rof.  3:^eile  an,  obgleich  er  too^I  fd^on  bamate  beffen  rationaliftifc^e  SRid^tung  nid^t  teilte. 
SJad^bem  er  bereite  1832  eine  ejegetifc^e  älbl^anblung  „de  interpretatione  sacra  cum 
profana  feliciter  conjungenda"  geliefert  ^atte,  habilitierte  er  fie^  juerft  in  ber  ))l^ilo= 
foJ)l^ifd^en  g^^htltät  unb  gab  eine  l^ebräifc^e  äntl^ologie  mit  fiejibion  J^crau^.  Salb  barauf 

15  folgte  eine  lateinifd^e  @r!lärung  bc«  ^ßrojp^eten  3?al^um.  2lud{>  l^ielt  er  imSBinter  1834—35 
SSorlefungen  über  Benfofen  unb  ben  93rief  an  bie  ^l^ili))j}er.  3!)en  le^tem  be^anbelte  er 
einige  3^^^^^  fr^^^  iw  einem  lateinifd^en  fljommentar.  3"^®*^*""^^  1^35  afe  Sleligiong- 
leerer  an  baö  neuorganifterte  ©^mnaftum  ju  3^i^öu  berufen,  toirlte  er  bort  10  '^ai}xt 
l^inbure^  mit  üielem  ©egen.  S)ann  aber  nötigte  i^n  ein  §afeleiben,  feine  bortige  ©tdiung 

20  aufzugeben.  6r  lehrte  nac^  Seipjig  jurüdf,  too  fxd^  ba^  Übel  balb  toerlor.  9lun  erft 
fanb  feine  §abilitation  in  ber  t^eologifd^en  galultät  ftatt.  2lc^t  Sa^re  lang  blieb  er  ^Priöat- 
bojent.  ^m  ^a})xz  1853  tourbe  er  jum  aufeerorbentlid^en  ^rofeffor  ernannt  unb  erlangte 
im  folgenben  ^ai}xt  bie  tl^eologijdjie  3)oftorh)tirbe.  3)ie  bei  feiner  Promotion  gu  ®runbe 
liegenbe  ^if|ertation    l^anbelte  „de  evangelii  Joannis    introitu  introitus  Greneseos 

25  augustiore  effigie".  3)a^  ^aÜ^  1867  brad^te  i^m  enblid^  bie  Seförberung  jum  ^ro= 
feffor  Ordinarius  honorarius.  2lfö  foldjfer  ftarb  er  unöermälj^lt  nad^  einem  Äranfen- 
tager  toon  wenigen  Sagen  am  28.  ©ej)tember  1886. 

©eine  afabemif^e  2^atigf eit  erftredfte  fid^  faft  gleichmäßig  auf  ba«  ä  unb  ^%.  Slu^ 
bem  erfteren  be^anbelt  §.  I^<ui})tfäd^lid{[  ©enefi«,  $iob  unb  Ileine  ^rojo^eten.    3!)aö  le^tere 

30  toar  burd^  Collegia  über  ©Vno)}fe,  5ßl5>ili))})erbriefe,  S^effalonie^er-  unb  ?Paftoralbrief e  t)er= 
treten.  §ier  bebiente  fid^  §.  meift  ber  lateinifd^en  ©})rad^e,  bie  er  mit  fold^er  3Jleifterf(^aft 
l^anb^abte,  baß  il^n  fein  ßel^rer,  ^rof.  SBäiner,  einft  ,,ben  lej^ten  3tömer"  nannte.  ^^ 
l^öl^er  er  biefe  ®ele^rtenf))rad^e  aU  ein  befonbere^  ß^ari^ma  fäd^pfd^er  S^eologie  fd^ä^te, 
befto  lebl^after  bebauerte  er  beren  immer  feltneren  ©ebroud^.    ©eit  1846  leitete  er   eine 

85  l^ebräifc^e  ©efellfd^aft,  beren  lOjäl^rige^  Seftel^en  er  burc^  bie  §erau«gabe  feiner  ,,Ärone 
be«  §of>enliebc«"  (2eit)gig,  S)örffling  unb  jjranle)  feierte,  ^m  Qal^re  1861  übemal^m  er 
bagu  au^  ben  §änben  feinet  fc^eibenben  ÄoHegen  b.  3^W*^i6  ^'^  ^'^^ft  ^"^^  SBiner  be- 
grünbete societas  exegetica  Lipsiensis,  in  ber  S^iqe  ©teilen  teilmeife  in  bi^utato^ 
rifd^er  ^orm  befj)rod^en  tourben.  3^r  SOjä^rige^  3iw^ilö""^  beranlaßte  loieberum  bie  ^erau^- 

40  gäbe  einer  ^tjd^rift,  „de  justitiae  ex  fide  ambabus  in  vetere  testamento  sedi- 
bus  ter  in  Novo  testamento  memoratis".  Seibe  ©efeUfc^aften  toarcn  übrigen^  feit 
1864  JU  Sinem  ejegetijc^en  93erein  toerbunben,  beffen  SRitglicber  il^rem  öere^rten  Seigrer 
bielfad^  aud^  J}erfönli^  nai)C  ftanben  unb  fid^  feiner  toarmen  Seilnal^me  ju  erfreuen  l^atten. 
SBar  unb  blieb  bie  ^aijl  feiner  gw^örer  eine  mäßige,  fo  l^atte  bie^  feinen  ®runb  junäd^ft 

45  tDol^l  in  feinem  ettoa^  monotonen  Vortrage,  ber  me^r  nod^  ben  ©inbrudf  eine^  ftill  für 
ftdjf  3Jlebitierenben  afö  ben  eine^  3)ojierenben  machte.  3)agu  lam  eine  firc^lic^e  unb  tl^eo^ 
logifc^e  ©teHung,  bie  ate  eine  feftgefc^loffene  unb  toon  innerfter  Überzeugung  getragene 
tDol^l  für  ieben  ßmftgefmnten  tttüa^  '^mponxtvznhc^  l^atte,  aber  bod^  nic^t  o^ne  hjeitere^ 
einem  jeben  einleuchtete,   bem  t)on  anberer  ©eite  l^er  eine  mel^r  ober  loeniger  abloeic^enbe 

60  3lnfc^auung  entgegengetreten  loar.  $.  bertrat  eben  gang  unb  Dott  ben  ftrengften  3"fpi^ö= 
tion^begriff,  ber  i|n  —  abgefe^en  bon  ber  autl^enjität  be^  ©c^rifttejrte^  —  jebe  Jtritif  aU 
unberechtigt,  \a  toermerflic^  erfd^einen  ließ.  3)a«  herleitete  i^n  bei  aHer  ©elel^rfamfeit  unb 
bielfeitigen  Silbung,  loie  fte  in  feinen  ©d^riften  mitunter  faft  in  erbrüdfcnber  güHe  gum 
äu^brudt  fommt,   ui  einer  getoiffen  ©infeitigfeit  bei   ber  Beurteilung  Wtifd^er  unb  über= 

bbf)aupi  tJ^eologiJd^er^agen.  hieben  ja^lreid^en  feinfinnigen  S3emerlungen  unb  3lu^fübrungcn, 
bie  jur  toirtlid^en  ^örberung  eine^  gläubigen  ©c^riftöerftänbniffe^  geeignet  erfc^einen,  finbct 
ftdjf  boc^  aud^  mancf)c«  ©efud^te  unb  Unhaltbare.  * 

Slußer  ben  oben  angefül^rten  ^ublifationen  fmb  noc^  folgenbe  gu  nennen,  bie  fämt= 
lic^  ben  Xitel  „S3ibelftubien"  tragen.    2)ie  1.  unb  2.  2lbteilung  bofelben  erfc^ien  1859 

60  unb  1860  (SSerlag  bonßbuarb  ^e^nel,  £eit)gig).  3m  3a^re  1866  folgten  afö  ^ortfe^ung 


^aiemann  $saenfa|rt  Sl^rtfK  199 

,,neuc  Sibclftubien";  1875  „neucftc"  mit  ben  Sieben  ©atan«  in  ber  1^1.  ©c^rift  (Seifjig, 
§inri(i^).  ®en  ©d^Iufe  bilben  bie  „legten  Sibelftubien",  mit  benen  fxd^  ber  SSerf.  1  ^afyc 
öor  feinem  Heimgänge  öon  feinen  g^eunben  unb  ©<^ülem  berobfd^iebet  (SSerlag  bon 
®uftat)  SBolf).  Unter  ben  barin  entl^altenen  13  ärtiWn  befinben  fu^  jtoei  früher  erftattete 
©utad^ten  über  bie  ©c^riftlel^re  bon  ber  (S^e,  ©c^eibung  unb  SBiebertoer^eiratung,  —  unb  b 
über  aSBud^er  unb  3inö.  2)ie  le^te  Heinere  §älfte  bietet  lurje  „©«^olien  jum  81 
unb5R3:."  a:^-  9xäa. 

^afle  f.  @t\)tnna  35b  VI  ©.418,  §obe«  95b  VII  ©.^95  unb  §öllenftrafen. 

^Saeiifal^rt  SJ^rtftL  ^ür  ben  biblifc^en  Stoff  ift  auf  bie  Kommentare  unb  bie  neu* 
tcftQmcntlirfien  2:^cologten  ju  ocrwclfen,  fpejictt  für  1  ^t  B  auöcrbem  auf :  öon  S^jW^it^»  lo 
Petri  apoetoli  de  Christi  ad  inferoß  descensu  sententia  1857 ;  Ä.  ©(fitocljer,  ©inabgcfo^ren 
jur  ^öüe.  aU  *äRt)t^u«  o^ne  bibl.  ©egvünbung  burd)  ÄuSlcgunfl  ber  ©tette  1  ^t  3,  17—22 
na^gcnjtffen  1868;  3-  m,  Ufteri.  ^inobgcfo^ren  jur  ^öUc  1886;  5.  ©pitta,  S^riftl  $rcbigt 
an  bie  ©elfter  1890  (in  ben  jttjel  le^tgenannten  ölcle  weitere  Sittcraturangabcn);  3®ramcr, 
exeeetica  et  critica  II.  Het  gloesematisch  karakter  van  1  Pt  3,  19—21  en  4, 6  1891 ;  neuere  i6 
«uflape  oon  Spicfer  in  Luth.  Church  Review  1892;  ©temlcr  in  3:^@t,  Utre^t  1894;  3o. 
fepeifon  in  ©em.  b.  Olaubcnd  1897;  ©rinet)  in  Christ  Quarterly  1897;  ©röfe  in  9lcue  flrd&L 
3eitfd)r.  1898.  ^ür  bie  ße^re  oon  ber  Höllenfahrt  ©^rlfti  überhaupt  pnb  nebft  ben  bogmen- 
gef(bi^tltd)cn  unb  bogmatifc^en  SBerfen  }u  nennen:  ^ietelma^r,  Historia  dogmatis  de  desc. 
Christi  ad  inferoe  1741,  bann  roteber  1762;  3-  fi.  Äönig,  3)ic  ße^re  t)on  ©öriftl  ©offen- ao 
faftrt  1842;  (£.  ®über,  3)ie  fie^rc  oon  ber  (£rfd)cinung  3efu  S^rifti  unter  ben  Xotcn  1853; 
©riefme^fel  ^lotfÄen  oon  ©ofmann  unb  ^elit^fd),  ^craudg.  oon  ©olcf  2. 9(uf(.  1894  (ogl.  6eni. 
b.  Glauben«  1893,  @.  230  ff.);  Bruston,  La  descente  du  Christ  aux  enfers  etc.  1897.  An« 
bere  ©d^riftcn  pnb  im  Xejt  angeführt. 

2)er  ©a|  descendit  ad  inferna   bejh).  ad  inferos   afe  Slu^foae  einer  auf  3efu  as 
Sob  unb  Segröbni«  folgenben  c^riftologifdj^en  a:i^atfad^e  flnbet  ftd^  im  SÄpoftolifum  (f.95bl, 
755, 8  ff.),  atö  beffen  Seftanbteil  er  aber  erfl  im  8.  ^a^unbert  böCig  feftftanb,  unb  im 
ätJ^naftanum,    fe^It    bagegen  im   TOcäno^Äonftantino^olitanum  toie  er   auc^  im  alt« 
römifd^en  ©^mbol  nod^  toermifet  toirb.    ©ie  erfte  offtjiette  gijieruna,   bie  toir  batieren 
lönnen,  gefd^a^  359  unb  360  auf  ben  ju  ©irmium  in  5ßannonien,  vlitä  in  2:i^racien  unb  90 
Äonftantinopel  unter  Ij^omöufianifd^em  ßinflu^  abgespaltenen  ©^noben  (elg  rä  xaxax^6vui 
xateXMvxa);   toenige  S^^Q^^nte  fpäter  bezeugt  Slufin  (exp.  symb.  Aquil.)  ba«  3Sot* 
lommen  be«  5ßaffu«  im  ©^mbol  ber  Äird^e  ju  äquileja.    Db  bie  3lrt,  toie  Stritt  bon 
Serufolem   im  3a^re  347  ober  348  in  feinen  Stcdti^^n  ben  Descensus  bef^md^t,  ben 
9lü(ffd^Iufe  geftattet,  bafe  berfelbe  bamate  auc^  bem  jerufolemifd^en  ©^mbol  fd^on  eintoer«  86 
leibt  toar,  ift  jtoeifel^aft  (bgl.  ^atnai,  2)®  II,  66).    ©ele^rt  tourbe  er  ober  fc^on  toeit 
früher  öon  ben  berfdjiiebenften  lirc^Iid^en  ©c^riftfteHem.    SBo«  ba«  3Kotit>  jur  aufnähme 
biefe«  ©lieber  in  bie  »elenntniffe  betrifft,  fo  ift  bie  ältere  S5el^auJ)tung  eine«  babei  mafe« 
gebenben  anttaj)j)oIinariftif(^en  ^ntereffe«  längft  toiberlegt  (©über  171  ff.),  loenn  aud^  jum 
SetDeig  ber  bemünftigen  ©eele  ß^rifti  gelegentlich  eine  Berufung  auf  ben  Descensus  40 
erfolate,    ^an  bat  e«  toielmel^  einfad^  mit  bem  TOeberfdj^Iag  einer  fc^on  feit  langem  un= 
angefod(ften  beftelpenben  d^riftlid^en  2:rabition  )u  tl^un. 

91  euteft  am  entließ  läfet  fic^  aUerbing«  junäc^ft  nur  bo«  belegen,  bafe^efu«  nad^  fei« 
nem  %ohz  ba«  aUgemetn  menfc^üd^e  Soo«  auc^  barin  geteilt  l^abe,  bafe  feine  ©eele  auf  eine 
aBeile  bem  Sotenreid^  t^erfiel.  2)a8  ß^arafteriftifd^e  für  i^n  ift  mi^  ä®  2, 27.  31  nid^t,  45 
bafe  er  in  ben  §abe3  ftieg,  fonbem  baft  er  au«  bemfelben  balb  toieber  burd^  feine  auf* 
erfte^ung  ^ertoorging.  SBoi^rfc^einlid^  mmmt  audji  ?ßaulu«  9lö  10,  7,  inbem  er  im  3u= 
fammen^ang  mit  ber  Slufertüerfung  ßl^rifti  bon  ber  äßvaoog  \pxxd)t,  feine  reale  äntoefens 
^eit  im  jtoifd^njuftänblid^en  Ort  ber  SSerftorbenen  an.  SBeit  weniger  begrünbet  ift  bie 
^erbeijiel^ung  ber  ©teile  6^)1^4,8—10,  in  toe^er  gejeigt  toirb,  ba^  ba«  öon  bemSaben*  60 
fj}enber  ^anbelnbe  5PfalmtDort  nur  auf  3^"^  belogen  tDerben  fönne;  xaraßaiveiv  be* 
jeid^net  nid^t  ba«  ^inabfteigen  in  bie  ©^eol,  fonoem  entlueber  ba«  grunblegenbe  %altam 
ber  ÜRenfd^toerbung  (bgl.3o3, 13)  ober  nad^  ö.  ©oben  \>ad  ilommen  be«  berHärten  ßerm 
JU  ben  ©einen.  2)agegen  ift  bie  3ufid^erung,  toeld^e  3efu«  felbft  2c  23, 43  bem  ©<^äd^er 
giebt,  gemäfe  ber  Sebcutung  be«  SBorte«  Ttagddeiaog  im  bamaligen  jübifd^en  ©iprad^*  66 
gebrauch  (f.  ©df^ürer,  ®efd^.  b.  jüb.  3SoBe«  3.  aufl.  ©.  548),  ein  hjeUerc«  3eugni«  für 
ben  äufentl^alt  ber  ©eele  3efu  im  3:otenreid^,  nö^er  in  ber  für  bie  ®ere(^ten  beftimmten 
Slbteilung  bemfelben.  ßu  bead^ten  ift,  bafe  in  biefen  tocnigen  ©teilen  ein  descensus  ad 
inferos  nid^t  eigentlid^  gelehrt,   fonbem  al^  ütoa^  bem  h)irlli(^en  %oi  naturgemäß  ^oU 


200  ^SOenfa^rt  S^rif^i 

gcnbc^  öorau^cfc^t  toirb.  3^WIo^  fwb  btc  ©teilen  bcö  31%^,  tüeld^e  in  ftrcng  bibal= 
tifd^em  3"f^"^"^^i^Ä"Ö  ^'^  ^eitötbatjad^en  be^  Sobc^  unb  ber  äluferftet^ung  (S^rifti  un= 
mittelbar  anetnanber  reiben,  o^ne  ettoa^  3)aj\h)tj(^enKegenbe^  ju  ertDöl^nen. 

Db  tn  ben  Sereic^  be«  9J2:«  auc^  äuöfagen  über  bie  SBirffamfeit  ßl^rifti  im  ,f)abei^ 

6  fallen  unb  toenn  \a,  luele^er  9lrt  fie  feien,  ba^  l^ängt  jumeift  toon  ber  2)eutung  ber  öiel- 
umftrittenen  ©teilen  im  1.  $etru^brtef  (3,  18  ff.  unb  4,  6)  ab.  3^  nac^bcm  in  ber  erft= 
genannten,  bem  ,,h)unberlicl^en  Xtjct  unb  finftem  ©))ruc^"  (!^ut^er)  jivEVjuaTa  bon  ben 
©eelen  Derftorbener  3Kenfd^en  ober  aber  öon  toirflic^en  ©eiftent,  b.  1^.  gefallenen  ßngeln 
toerftanben,  unb  je  nad^bem  bie  an  bicfe  ober  jene  ergangene  3Berfünbigung  bem  menf4»' 

to  geworbenen  ober  bem  ))räejiftenten  6l^riftu«J  jugefc^rieben  loirb,  ergeben  fic^  bie  folgenben 
bier  Srflärungeberfuc^e,  btc  überbieg  noc^  mancherlei  SRobififationen  im  einzelnen  untere 
tüorfen  fmb:  1.  ß^riftug  l^at  nad^  feinem  2obe  ben  abgefc^iebenen  ©eelen  ber  imgläubigen 
3eitgenoffen  9loal^  gejjrebigt.  ^ür  eine  folc^e  Sebeutung  bon  TtvevjuaTa,  ftatt  beffen 
el^er  (nac^  31^)16,9;  20,4;  ä©  2,27  u.  a.;  bgl.  ©uicer,  thes.  eccl.  ^u  §abeg)  ywynl 

16  crtoartet  toürbe,  beruft  man  fic^  auf  §br  12,  23,  loo  aber  t)on  t)oIIenbeten,  alfo  tohlji 
engeläl^nKc^en  (Serec^ten  im  §immel,  nic^t  bon  unerlöften  ©ünbem  im  §abeiS  bie  9lebe 
ift.  Überbieg  müßten  toir  nac^  biefer  älnalogie  erlüarten:  rölg  nvevjuaoi  tcov  djiei^]- 
odvTcov  710TE,  ®ie  loeitere  ©rflärung  jtüeigt  fofort  in  gtüei  2tfte  ab.  a)  SBenn  nic^t 
ben  bure^gängtgen  ßrfola,  fo  bod^  jebenfaUg  ben  3^^*  ^^  ^ßrebiat  fafjen  Drig.,  33engel, 

ao  Äönig,  ©über,  Sbrarb,  8.  Sßeife,  ßül^I,  Ufteri,  b.  ©oben  u.  a.  aw  einen  erlöfenben,  in- 
bem  fie  pd^  befonberg  barouf  ftü|en,  baß  nac^  neuteftamentlidjiem  ©Jjrac^gebraud;  (boc^ 
fic^e  ©a  5, 11 ;  31©  10,  42 ;  15,  21 ;  3l>)f  5,  2)  xrjQvaoeiv  in  ber  3tegel  bie  §eitet)erfün= 
bigung  be^eid^net  unb  in  biefem  ©innc  auc^  ^toa  abfolut  borfommt.  tiefer  l^eutgutage 
fe^r  beliebten  äuglegung  ftel^t  bie  ©c^loierigfeit  entgegen,  bamit  einen  befriebigenben  Äon= 

26  te^t  JU  gelüinnen.  3)ie  ^Parallele  jtüifd^en  ber  ^^utj^eit  unb  ber  ©egentoart,  mit  bem  .^aupt^ 
gebauten  ber  alleinigen  ßnettung  bort  ber  adbt  ©eelen,  l^ier  ber  ©etauften  toäre,  beöor 
fte  nur  ^ingepeUt  ift,  gelöl^mt  burdji  bie  ftarle  ^erbor^ebung  beg  ben  in  ber  glut  Um* 
gelommenen  jugebad^ten  ^eileg.  3!)er  93rief  betont  über^au})t  ben  ©eric^tgcmft  (Dgl. 
4,  17  f.)  unb  läßt  ftd^  auf  leine  Slbfc^toäd^ungen  ein.    3)a  bei  jener  Sluffaffung  qndaxtj 

80  ber  ipabeg  ift,  mitl^in  bie  9load{>itcn  nid^t  bie  einzigen  „©elfter  im  ©efängnig"  fmb,  foHte 
bor  äjiei^oaoi  ber  ärtifel  ftel^en,  Joeil  bann  bon  einer  beftimmten  Älaffe  innerhalb  ber 
§abegbeh)ol^ner  bie  Siebe  toäre.  3)aß  biefe  nur  beifj)ieteloeife  angefül^rt  fei,  ift  burd^  nid^tg 
angebeutet;  unb  eg  bleibt  unerflärt,  Warum  gerabe  benen,  toelc^e  bie  fiangmut  ©otteg  in 
befonberem  3Kaße  auf  üRutWiHen  gebogen   Ratten  unb  barum   nae^  ^verbreiteter  iübijc^cr 

86  Slnfe^auung  bon  ber  ©eligfeit  ber  juninftigen  SBelt  auggefc^lofjen  bleiben  foKten  (©anl^ebr. 
X,  1—4,  anberg  freilid^  Serefd^.  rabba  28),  eine  ^eilgberfünbigung  im  §abeg  foHtc 
ju  teil  geworben  fein,  ba  bod^  unjäl^ligc  anbere  berfelben  ebenfo  bebürftig  wie  Würbig 
waren,  b)  3m  Unterfc^ieb  bon  biefer  Slnna^me  einer  i&eilg})rebigt  an  Stbgefc^iebene  ^aben 
feit  ^aciug  unb  Galob  biele  lut^erife^e  äugleger  (3^ft^^i^ ;  ©c^ott ;  Äeil ;  ^ölemann,  le|te 

40  Sibelftubien  1886,  ©.  581  f.)  unb  2)ogmatifer  (X^omaftug,  ^^ilippi,  grant)  unfere©teac 
bon  einer  bamnatorifd^en,  „burdj^  bie  unbermutete  ©rfc^einung  ber  t)neumatij4>en  §errlid^!eit 
biefcg  ^rebigerg  furdj^tbar  überfül^enben"  ©eric^tgmanifeftation  gegenüber  ben  Unjeligen 
öerftanben,  in  bem  offenbaren  Seftreben,  ben  biblifd^en  lejt  ber  fird^lid^en  ^afjung  bcg 
Descensus  alg  eineg  irium^l^eg  G^rifti  über  bie  SRad^t  beg  ©atang  (f.  unten)  anju^jajfcn, 

46  Wag  bod^  nur  unboHIommen  gelingen  fonnte,  ba  bie  3ri^^offen  9Joal^g  tro^  il^reg  Un= 
glaubeng  nod^  lange  nic^t  boUgüItige  Vertreter  ber  l^öHifc^en  üRäc^te  fmb.  2.  3)en  ©{jurcn 
Slugufting  (ep.  ad  Euod.  unb  ep.  164)  folgenb,  berftanben  2:^omag  3lq.,  93eja  unb  Diele 
Sieformierte  nac^  i^m,  aber  aud^  ^of}.  ©erwarb,  in  neuerer  ^ixt  befonberg  bon  §ofmann, 
ä.  ©e^Weijer  u.  a.  ben  ftreitigen  ^Paffug  im  ©inne  einer  ^rebigt  beg  Jvräejiftenten  6l;riftug 

6o(A'  ö>  =  ^  TtvetJ^an,  cf.  1,  11),  bie  entWeber  burc^  ben  SRunb  Sloal^,  beg  x7]qv^ 
dixaioovvrjg  (2  ?pt  2,  5),  erging  ober  aber  (©c^Weijer)  mit  ber  „langmütigen  9lettungg= 
Offenbarung  ©otteg"  bon  33.  20  in  eing  jufammenflel.  2)er  Slugbrudf  roig  ev  (pvkaxfi 
Tivevjuaoiv  ift  bann  balb  bilblic^  auf  geiftige  ©ebunben^eit  gebeutet,  balb  bom  ©tanb- 
bunit  beg  Srieffc^reiberg  aug  alg  röic  vvv  h  (fvL  nvevju.   erflärt  Worben.    2)ie  5)ei- 

55  [ügung  bon  noQev^eiqy  Welc^eg  bod&  natürlic^erWeije  mit  ber  Drtgbeftimmung  in  3?erbinbung 
gefegt  werben  möchte,  bereitet  aber  nic^t  geringe  ©c^Wierigfeit.  Unb  eine  birefte  ©egeninftanj 
bilben  bie  ©teDung  beg  naie  bei  äjreiihjoaoi  ftatt  bei  ixfjgv^ev  unb  ber  3ufön^nienl^ang, 
ber  bors  unb  na^^er  Don  bem  menJdpgeWorbenen  ß^riftug,  jubem  noc^  mit  ©etonung 
feiner  bure^  fieiben  l^inburc^  erlangten  ^erflänmg,  rebet.    „&ani  ablijfen  nämlid^   wirb 

60  man  bag  ev  oT  bon  jeber  Sejiel^ung  auf  bag  mit  jivev^u  unlöglic^  Derlnü^>fte  i^wo- 


^SOenfal^rt  S^rifK  201 

noirj&eig  nid)t  lönncn"  (Uftert).  3.  2)a^  jule^t  ©efagtc  gilt  and)  gegen  bie  öon  Bpitta 
öotgejc^Iagene  Söfung  be^  ejegetifc^en  ^Problem^:  ber  ^)räe£iftente  SReffia^  l^abe  in  ber 
3eit  Dor  ber  ©ünbflut  ben  gefallenen  (Sngeln,  h)elc^e  na^  ®en  6,  1  ff.,  §en  6—8  fu^ 
mit  ben  SMenfdf^entöc^tem  öerbanben  unb  ba^  SDlenfd^engefd^Ie^t  fomimi)ierten,  gej)rebigt, 
h)a^  ibentifd^  fei  mit  ber  ©trafanfünbigung,  mit  h)elc^er  §enoc^  nac^  bem  feinen  9lamen  6 
tragenben  SSud^e  (c.  12  ff.)  an  jene  betraut  h)urbe.  2)iefe  Snein^fe^ung  fei  um  fo  be* 
re^tigter,  ba  in  bem  öord^riftlic^en  ^ubentum  ba^  Silb  ßenod^  öftere  mit  bem  be^ 
3Keffia^  jufammengefloffen  fei.  ^infi^tli^  be«  Äontejte«  ift  biefe  aiuffaffung  befonber« 
übel  baran,  W^f)(ilb  gramer  33. 19—21  jttjar  ebenfalls  auf  bie  ßenod^^jrebigt  beutet,  aber 
erft  burc^  einen  ©loffator  l^ier  eingef^altet  unb  baburd^  auf  ßfriftu^  belogen  fein  läfet  lo 
2)odj  felbft  bei  biefer  SSerlegenl^eit^auöfunft  bleiben  ber  6inh)enbungen  Diele;  f.  M|l. 
©oDiel  aber  ift  Bpitta  unbebingt  jugugeben,  bafe  bie  äu^brüdfe  nvevfiaia,  h  (pvkaxfj 
unb  ämidrioavTa  auf  jene  ßngel  unb  ba«  in  2  5pt  2,  4;  3u  6  unb  ber  atjofe^^l^ifc^en 
Sitteratur  über  fie  ©efagte  Dortrefflid^  t)affen.  ^\ixt  il^at  toirb  aö  Ungel^orfam,  Übertretung 
eine«  ®ebote«,  Überfd^reitung  ber  gefegten  ©d^ranlen  in  3"  6;  ^^^  106,  13  f.;  S3uc§  i6 
ber  Subil.  c.  4,  guftin  2lt)ol.  II,  c.  5  bejeic^net.  ^Xaxri  ift  nad^  ber  einzigen  öer« 
gleic^baren  Stelle  im  912;  2I})I20,  7  ein  Ort  vorläufigen  ©ettjal^rfam«  bi«  jur  enbgültigen 
Seftrafung,  h)ie  er  nad^  ber  jübifc^en  2rabition  in  ber  2l^at  jenen  ©eiftem  angetoiefen 
tourbe.  3lu^  Äü^l  giebt  je^t  (ffomm.  6.  Slufl.)  ju,  lejilalif^  betrad^tet  liege  bie  I)eutung 
Don  ©eifth)efen  nä^er  afö  öon  ©eelen  SSerftorbener  unb  (pvXaxrj  toürbe  befonber«  gut  20 
))affen  bei  ben  im  lartaru«  gefeffelten  6ngeln.  4.  Si«l^er  toeniger  afe  öerbient  beachtet  ift  bie 
burd^ 33aur,  2^393  1856,  ©.214ff.,  neuteft.  2l^eol.©.291  Vertretene  Slnftd^t,  e«  ^anble fxdj  «»« 
tmxYiQvneiv  gegenüber  ben  foebcn  c^arafteriperten  ©eiftem,  ba«  jeitlid^  nac^  bem  ^(oojiotrj' 
t^vai  ß^rifti  ju  benfen  ift,  h)oju  öielleid^t  1  2i  3,  16  Dergli^en  h)erben  fann.  Dh 
CcDonom^ek  jtvEvuaxi  bann  auf  bie  Sluferftel^ung  ober  einen  fd^on  Dorangel^enben  3w- 25 
ftanb  ftcp  bejie^t,  ift  fd^h)er  ju  entfd^eiben;  tüal^rfc^einlic^er  bleibt  boc^  ba«  erftere.  3Son 
einer  ©naben))rebigt  an  jene  (Sngel  (SBolfmar,  3^21^  1861,  ©.  115,  427 f.;  Smmer, 
S3rufton)  fann  nac^  allem,  tra«  \o\x  fonft  über  pe  erfal^ren,  nid^t  bie  Siebe  fein,  ^r  ftc 
bebeutet  ber  ^erolb«ruf  unb  bie  fteg^afte  (Srfc^einung  be«  §erm  nic^t«  anberc«  al«  ba« 
©eric^t,  h)o^f  in  ber  SSeife,  bafe  biefe«  je^t,  nac^  öollbra^ter  6rlöfung«tl^at  unb  beim  30 
^erannal^enben  (Snbe  be«  alcov  ovxog  (4,  7),  tl^nen,  toie  einft  burd^  $eno^  bie  ^)roöifos 
rifc^e  93eftrafung,  al«  nal^e  beöorftel^enb  angelünbigt  h)irb.  ©egen  ©Jjitta  ©.  28  mufe 
bemerlt  toerben,  bafe  aud^  ba«  $enoc^buc^  eine  Aburteilung  be«  2ljajel  unb  feiner  ©e- 
noffen  burd^  ben  ÜKeffta«,  unb  ^toax  öor  bem  ©eric^t  über  bie  irbifc^en  Äönige,  öorftel^t, 
55,  4;  69,  27  f.;  90,  24  ff.;  Dgl.  ^ef  24,  21.  5Rac|>  bem  3ufammen^ang  unferer  ©tettess 
ertoeift  fic^  bie  ^errlic^e  ^udgit  be«  unfc^ulbigen  Seiben«  Gl^rifti  in  bem  ©ieg  über  bie 
üJJenfd^enDerberber,  ber  bem  ngoodyeiv  tm  ^bm  SS.  18  entf^)ric^t.  2)ie  ©efd^ic^te  il^rer 
einftmoligen,  lüie  in  2  5pt  2,  4  al«  befannt  öorau«gefe|ten  SSergel^ung  gii)felt  in  ber 
©ünbflut  (®ru>)t)e,  3ataB  1889,  135  ff.);  unb  toie  ©en  6,  2  f.  bie  21^at  ber  ßngel  unb 
bie  bon  ©Ott  in  feiner  Sangmut  gegebene  ^ift  unmittelbar  neben  einanber  genannt  finb,  40 
laxm  a\x6^  l^ier  beibe«  al«  in  bie  nämlid^e  $eriobe  faHenb  unb  innerlich  ^ufammen^angenb 
mit  noTE,  Sie  aneinanber  gereift  fein.  2)ie  jLiaxgo&vjLua  &eov  gilt  freiließ  nid^t  benen, 
toeld^e  ft^  unge^orfam  geigten,  fonoem  ben  bur(^  fte  verführten  SKenfc^en  unb  l^ai  il^re 
^Parallele  an  ber  in  ber  ©egcntoart  immer  noc^  geübten  Sangmut  2  5pt  3,  9.  15.  2)ie 
So«l>eit,  toelc^c  bie  ©ngel  jur  3^1  be«  erften  Söeltuntergang«  auf  Srben  Derurfac^ten,  45 
toar  fo  grofe,  bafe  tro^  ber  Sangmut  ©otte«  nur  ac^t  ©eelen  errettet  tourben.  2lu«  bem 
gegentoärtigen  SBeltDerberben,  toelc^e«  ttjenigften«  mittelbar  ebenfall«  auf  jene  ^av^U 
anftifter  menfdE^li^er  SSerfe^rtl^eit  fic^  jurüdEfü^ren  lä^t  (—  nac^  §en  15,  '^\xh\\.  10  ber* 
fte^t  noc^  ^\x\\xa  Slt^ol.  II,  5  bie  in  ber  SBelt  toirlenben  2)ämonen  al«  ©ö|ne  au«  jenen 
(gngele^en  — ),  enettet  feaft  ber  glorreichen  2luferfte^ung  ß^rifti  bie  2aufe,  ba«  ©egenbilb  50 
ber  2lr4?enrettung.  ^rinjijiiell  fmb  bie  überirbifc^cn  feinblic^en  9Mä^te  übcrtounben,  if^re 
"^ai^i  ift  für  alle,  toeld^e  bem  auferftanbenen  §errn  angehören,  gebrod^en  (tjgl.  25. 22 ;  ßj)l^ 
1,20 f.;  Äo  1,  13;  2,  15;  ^jo  12,  31;  5P^i  2,  10),  toenn  aud^  fort  unb  fort  noc^  ge^en 
fie  gefäm))ft  toerben  mufe  (Vgl.  ®^^  6,  12)  unb  bie  2aufe,  toie  93.  21  erinnert,  ntc^t 
med^anifc^  rettet.  2)ie  ätuferftel^^ung  G^rifti  unb  fein  ©ieg  über  bie  böfen  ©eifttoefen  (Vgl.  66 
1  Äo  2,  8)  garantieren  immerl^in  ben  ©etauften,  ba^  aud^  fie  jum  nämlid^en  ©ieg  ge« 
langen  fönnen.  33gl.  bie  fc^on  burd^  2ertullian  de  spectac.  4,  de  cor.  mil.  3  bezeugte 
3lbfagung«formel  bei  ber  2aufe:  nos  renuntiasse  diabolo  et  pompae  et  angelis 
ejus.  —  3)a^  nun  toeiter  in  1  ^t  4,  6  nic^t«  Von  einer  §abe«))rebigt  enthalten  ift,  toirb 
nic^t  nur  Von  ben  ©egnem  ber  unter  la)  bef})roc^enen  2lnftd^t,  fonbem   felbft   au^  von  ea 


202  ^iütnfafftt  St|rifU 

mcl^rercn  i^rer  Slnl^änger  loie  Sengcl,  Uftcri,  Sutgcr,  öon  ©oben  attcrfannt.  Die  juföUige 
Slä^e  beiber  ©tetten  l^at  beiben  übel  mitgef^jielt.  2)ie  y^x^o/  fmb  93.  5  unb  93.  6  ®e= 
ftorbene  in  bem  3dtt)unlt,  h)o  ba«  ganj  nal^e  erlrartete  ©eric^t  ftattfinbct.  9lnfniH)fenb 
an  bie  ttjal^rfc^einlic^   fc^on  feftfte^enbe  ^ormel  öom  SRid^ter  über  fiebenbe  unb  3:ote  h)irb 

6  bon  ben  3:otcn,  toel^e  unter  bem  ®influfe  be«  Sbangelium«  geftanben  tüoren,  gefagt,  bafe 
|te  burd^  ba«  über  jte  ergangene  3:obe^crid^t  feineötoeg«  bom  enbgültigen  ©erid^t  unb 
mefftanifd^en  §eile  auggefd^Ioffen  feien,  fonbem  eben  im  ßbongelium  bie  ®eh>äl^r  eine^ 
ben  a^ob  überbauemben  Seben^bejt^e«  ^aben  fotten,  —  eine  beru^igenbe  9lebenbemerfung 
(bergleic^bar  1  2^  4,  13  ff.),  bie  na^  ber  furj  vorangegangenen,  in  biefem  5Punfte  nid^t 

10  genau  jutreffenben  ^Parottelifterung  ber  Soften  unb  ber  in  ber  Slrd^e  93etüal^rten  um  fo 
naiver  lag. 

Oefd^ic^tlid^ nac^h>ei«bar  ift,bafel5pt3,18ff.für biegnttoicfelung  ber  firc^lic^en 
Seigre  bon  einer  rettenben  SBiiflamfeit  ß^rifti  im  §abeg  feine^me^«  ben  ®runb  abgegeben 
l^t.    3^  ben  ja^llofen  bejüglid^en  Slu^fagen  ber  ^riföic^en  ©c^nftfteller  ber  erften  ^^l^r- 

16  l^unberte  (bgl.  §amadf,  Patr.  ap.  III,  232  f. ;  am  boHftänbtgften  Fr.  Huidekoper,  The 
belief  of  the  first  three  centuries  concerning  Christas  Mission  to  the  Under- 
world,2.  ed. New- York  1876)  finbet  fid^  iene©telle,  abgefel^en  bon  einer  möglichen  3lnft)ielung 
bei  Element  Strom.  VI,  6,  meinet  SBiffen^  einjig  citiert  bei  Drigene«,  ber  fro^  ift,  an^ 
\fy[  unter  J)eutung  auf  eine  93efe^rung«t)rebigt  einen  feiner  93eh)eife  für  bie  toieberbringenbe 

20  Siebe  ®otte«  ^erauSjulefen  {Tlegl  ägx-  de  la  Rue  180),  unb  bei  $ilariu^  bon  ^oitier« 
in  fel^r  beiläufiger  SBeife  (in  Psalm  118),  toöl^nb  ho^  anbere  alt«  unb  neuteftamentlic^e 
Seugniffe  für  ben  Descensus,  barunter  auc^  burd^au«  unjjaffenbe,  in  großer  5Menge  bei- 
gebracht  toerben.  9lic^t  einmal  5Dlardon,  ber  nac^  Iren.  haer.  I,  27,  3  bie  ©rf^einung 
2^u  im  $abeg  bon  feinem  ©tanbt)unft  au^  folgerichtig   ben  geinben   be^  35emiurgen, 

26Äain,  ben  ©obomitem,  SägVJjtem  unb  il^re^leic^enjugute  fommen  läfet,  tl^ut  babei  ber 
Slooc^iten  6rh)ä^nung.  3)ie  l^errfc^enbe  fir^lid^e  Slnfc^auung  fc^ränlte  bie  birefte  §eife 
bebeutung  be^  pescensus  auf  bie  in  ©erec^tigleit  ober  minbeften^  frommer  ©e^nfuc^t 
93erftorbenen,  befonberd  bie  i^raelitifd^n,  ein  unb  berbanb  im  übrigen  bie  93orftenung  bon 
il^rer  ßrrettung  mit  einem  3:riumbl^  über  ben  ^öHenfürften  unb  feine  SSerbünbeten,   toa^ 

80  nun  bo^  in  ber  Stic^tung  ber  ridptig  berftanbenen  ©teQe  1  $t  3  liegen  lönnte. 

35afe  infolge  be«  3:obe^  3efu  unb  feine«  bamit  natürlic^ertbeife  jufammenl^ängenben 
ßingang«  jum  §abe«  für  biele  entfc^lafene  §eilige  eine  93efreiung  au«  ben  93anben  be« 
Xobe«  ftattgefunben  unb  mit  ber  Sluferfte^ung  G^rifti  ftd^  boHenbet  l^abe,  gel^t  fd^on  au^ 
5Wt  27,  52  f.  ^erbor.    93on  einer  leiblichen  ätufertvedfung  ber  $rot)^eten  unb  altteftament^ 

86lid^er  frommer  ift  jtoar  fonft  nur  nod^  bei  Ignat.  (Mgn.  9),  Acta  Thadd.  (Eus.h.e. 
1,13)  unb,  unter  btrelter  Slnle^nung  an  3Wt27,  Evang.  Nicod.  17  bie  Siebe,  allgemein 
aber  in  ber  alten  Äird^e  bon  einer  3wh>enbung  be3  bur^  G^riftum  erttjorbenen  .^eile«  an 
jene,  unb  jtoar  in  ber  ^Ät  jtoifc^en  G^rifti  3^ob  unb  2luferftel^ung,  nur  ganj  berein^elt 
nad^  feiner  Sluferfte^ung   (Epitomae  ex  Theodoto   bei  Clem.  AI.  Opp.  Pott.  973). 

loiS^ftu«  ift  nämlic^  humana  lege,  aber  boc^  (S^f^^)  "^^^  ^^  xoivog  än^gcoTTog  im 
$abe3  getreten,  fonbem  auc^  bort  in  feinem  eigenartigen  93erufe  ate  §eilbringer,  h)ie 
analog  na^  ^erftreuten  3^rabitionen  and)  bie  3lt)oftel  (Herrn.  Sim.  IX,  16,  Clem. 
Strom.  II,  9),  go^anne«  ber  S^äufer  (Hippol.  de  antichr.  45,  Ev.  Nicod.  18)  unb 
bie  ?Pro))l^eten  (Orig.  in  1.  Reg.  28)  bafelbft  i^re  obertoeltlic^e  geiftlic^e  93eruf^t^tigfeit 

46  fortje|ten.  ©d^on  ba^  J^agment  be3  ?Petru^ebangelium«  (,§amadf  33.  41  f.)  bezeugt,  ba^ 
El^ftu«  an  bie  xojuco/Lievoi,  Worunter  offenbar  ^ered^te  jü  berftel^en,  eine  93erfünbigung 
gerietet  l^abe.  SQ3o  bie  9leigung  beftanb,  ben  @m^)fang  fold^er  SBol^ltl^at  möglid^ft  au^ 
auf  emjjfänglid^e  Reiben  au^jube^nen,  toie  bei  Giemen^  unb  Drigene«,  toirb  an  eine  h)irf= 
lic^e  5Prebigt,  bie  gläubig   ober  ungläubig  aufgenommen  toerben  fonnte,  ju  beuten  fein. 

60  ©onft  aber  legen  bie  nid^t  eben  l^äufig  borfommenben  2lu^brüc!e,  bie  bon  einer  frol^en 
S3otf^aft  reben,  el^er  ben  ©ebanlen  an  eine  einfädle  5lunbmac^ung  ber  gefc^el^enen  Gr= 
Idfung  na^e  (^renäu^:  evangelizans  adventum  suum),  auf  toelc^e  bie  altteftament^ 
lieben  kommen  bereittbiüigft  eingingen.  ^\}xt  Grrettung  ^at  bortüiegenb  objeftiben  6l^a= 
ralter.   ^nh^m  bie  ©eele  ^t\n  mit  ber  bon  il^r  (trie  übrigen«  auc^  bom  Seibe  im  ®rabe) 

66  unablö^baren  ®ott^eit  (3lt^anaftu«)  im  §abe«  erfd^ien,  tourbe,  toie  fc^on  Drigene^  gc= 
Jd^ilbert  l^atte  unb  bie  folgenben  ^obr^unberte  einftimmig  lehrten,  bem  Teufel  feine  bisher 
tm  §abe«  unbefc^ränft  ausgeübte  Ober^errfd^aft  in  fiegreic^em  Äam})fe  entriffen  (bgl.  fc^on 

Sbr  2,  14),  unb  Gl^riftu«  fann  bie,  bie  auf  il^n  gebarrt,  an  einen  befferen  Ort  ^linfül^ren. 
•tereotVJ)  ftnb  bie  Slu^brüdfe,  bafe  bie  eisernen  ^Pforten  gef^)rengt,  bie  eifemen  Sliegel  jer- 
60  brocken  (^f.  107, 16),  bie  ®efangenen  befreit  toorben  feien.    3?ad^  ?Petru«  Gl^r^fol.  l^at 


^SOenfatirt  Sifttfit  203 

beim  ©türm  auf  ben  ioob^  ba^  Ärcuj  G^rifti  ate  aries  gcbtcnt  (bgl.  ^etrudeJ)an0.  9i.  42). 
3n  btamatifdE^er  Slu^füJ^rlic^feit  unb  Rwf^w^'^^'^föRw^ß  ^^  meijien  trabittoncllen  Momente 
h)trb  bcr  ganje  Hergang  im  jtoeitcn  xeil  bc«  9lifobcmui8eban0cUum«  (c.  17—27)  etjälj^lt. 

.f)inftc^thci^  bcr  genaueren  Seanttoortung  ber  ^a^e,  toclc^en  äbgefc^iebenen  bie  ®t' 
rettung  jugebad^t  unb  juteil  gettjorben  jei,  ftellt  ft^  eme  J)ifferenj  jmifc^en  ben  Dcctben«  6 
talen  unb  ben  Orientalen  l^erau^.  2)te  le^teren  badeten,  tool^l  unter  ber  5lad^h)irlung  ber 
ollen  Slejanbriner,  in  ber  Siegel  unit)erfahftifd^er;  ^oi^ö^n  öon  3)ama«f  (De  fide  orthod. 
III,  29)  rebet  j.  S3.  Jo,  toie  toenn  bie  grieben«botf<^aft  bun^  ßl^riftu«  unb  bamit  bie 
3KögIic^Ieit  ber  ßrlöfung  allen  toäre  nal^egebrac^t  toorben.  J)ie  t^tfäc^Uc^e  3lettung 
lonnte  aber  bod^  in  le^r^aften  9lu«einanberfe^ungen  nur  ben  ©laubenben  juerfannt  toer«  lo 
ben,  unb  bie  f))ätere  f^mbolifd^e  Se^e  (Cont  orth.,  t>gl.  au<^  ba«  Sefenntni«  be«  3Re* 
tro^il^ane^  Ärito^)ulo^)  l^at  fte  fogar  h)ieber  toie  bie  römifd^e  fur^toeg  auf  bie  1^1.  3Säter 
ober  bie  um  ber  ßrbfünbe  tüiÖen  gefangenen  altteftamentlid^en  ©laubigen  eingefc^ränlt. 
J)iefe  Serben  in^  ^arabie^,  ba«  nunmel^r  bem  §immel  affiliiert  ift,  eingefüllt. 

3)ie  3lbenblänber  l^ielten  tro^  ber  in  biefem  5Punfte  merltotirbig  fc^hKinlenben  Slu^^  15 
fagen  2Iuguftin«  Diel  lonftanter  an  jener  Sefd^ränfung  feft,  folüol^l  toa«  bie  Slbfic^t  al« 
toag  ben  ßrfolg  be«  Descensus  betrifft,  ^pi^ilaftriu«  Don  Sre^ia  im  4.  S^i^^^unbert 
lonnte  bie  SWeinung,  ber  §err  ^abe  allen  in  ber  Untertoelt  gejjrebigt,  unter  ben  §ärefien 
aufjä^len.  ®regor  I.  betont  in  feinem  bejügli<^en  ©treit  mit  Gi^rialu«  bon  Äonftanti^ 
no^)el,  ßl^riftu«  fönne  nur  bie  l^aben  befreien  h)olIen,  toelc^e  fd^on  in  il^rcm  irbifc^en  fieben  ao 
mit  ber  ©offnung  auf  ben  5Wejfta«  bie  entf))red^enbe  fittlic^e  Seh)äl^rung  Derbunben  l^ätten. 
@benfo  fomen  bie  ©d^olaftifer  be«  SKitteloIter«  nac^  il^ren  fubtilen  Unterfuc^ungen  immer 
toieber  barauf  ^inau«,  bafe  ber  Sefreiung^jug  Gl^rifti  nac^  bem  §abe^  bem  limbus  pa- 
trum  gegolten  l^abe,  unb  hJoUten  toeber  für  bie  unfromm  Verdorbenen  nod^  für  bie  gn« 
faffen  be«  limbus  infantium  eine  Hoffnung  au3fj)red^en.  3lad)  i^er  rechtgläubigen  as 
iJe^e  unb  bem  Cat.  Rom.  (§  100—105),  ber  bi^e  getreu  toiebergiebt,  ift  g^fhi«, 
toäl^renb  fein  Seib  im  ®rabe  lag,  ber  ©eele  naö^  in  bie  Untertoelt  (ad  inferos)  ge^ 
gangen,  h)o  bie  ber  l^immlifc^en  ©eligfeit  ermangelnben  ©eelen  ftc^  aufbalten.  J)ie^  ge» 
fd^$  bei  il^m  afe  bem  ©ünblofen  niä^t  humana  lege,  toie  bie  ältere  Jlird^e  lehrte,  Jon* 
bem  burti^aug  freiwillig,  um  bie  Dämonen  ju  überwältigen,  hjeld^e  lebiglic^  um  ber  (Srb*  so 
f^ulb  Witten  bafelbft  auc^  bie  ^eiligen  unb  gtommen  gefangen  l^ielten,  i^nen  auf  ®runb 
feinet  Seiben^  unb  ©terben«  il^re  ^znU  ju  entreißen  unb  bie  Befreiten,  Welche  foglei* 
bei  feinem  Slnblidf  Dom  ewigen  £ic^t  unb  ber  ©eligfeit  burd^brungen  Würben,  mit  fw^ 
in  ben  $immel  ju  fül^ren.  3)ie  „93orbötte  ber  SSäter"  Würbe  baburc^  entleert  ober  jer« 
ftört.  2lte  ©egenftüdf  ju  bem  für  bie  G^riften  beftintmten  5?^9f^^  nabmen  übrigeng  naäf  86 
bem  Vorgang  Don  Stöbert  ^Putte^n  bie  fjiäteren  ©d^olaftifer  auc^  ein  altteftamentlidje« 
?Purgatorium  an,  Wo  biejenigen  kommen,  bie  bei  i^rem  aibf<^eiben  no<^  etwa«  ^u  Der* 
guten  unb  ju  begablen  l^atten,  geläutert  Worben  feien,  unb  be^nten  bie  rettenbe  SBirfiam* 
Feit  beg  befcenbierenben  Srlöfere  aud^  bal^in  au«.  35agegen  ift  eigentlid^e  SlbWeic^ung 
Don  ben  fird^lic^en  äufftettungen,  abgefel^en  Don  ber  geifitgeren  S^ffung  ber  receptacula  40 
be«  S^nfeite  bei  ben  SK^ftifem,  im  f})äteren  5Mittelalter  etwa«  ©eltene«.  35uranbu«  Don 
@t.  $orciano  unb  l^emad^  $ilug  Don  SKiranbula  Derftanben  ben  Descensus  nur  metos 
J)l^orifd^  (quoad  effectum,  non  quoad  realem  praesentiam)  Don  einer  3"^0*^**^9 
ber  %tüi)t  be«  lobe«  ßl^rifti  an  bie  abgefc^iebenen  ©eelen,  Wäl^renb  Slilolau«  Don  (Sufa 
bie  f^)ätere  3le})infc^e  3^^eorie  Dorbereitete.  45 

3luf  J)roteftantifc^er  ©eite  DerWarf  man  mit  bem ^urgatorium  auc^  benSimbu^, 
ftatuierte  nur  jWei  jenfeitige  ßwftänbe  unb  l^ielt,  nad^  anfänglid^em  furjem  ©c^Wanlen  in 
biefer  ßinftc^t,  eine  Befreiung  ber  altteftamentlid^en  frommen  für  unnötig,  ba  i^nen  ber 
$imme!  ol^nel^in  geWi^  fei.  6«  erWad^te  bie  2^enbenj,  bem  Descensus,  ber  ate  im 
3[t)oftolifum  bezeugte  §eitetl^atfad^e  ftel^en  blieb,  eine  Sebeutung  für  bie  c^riftlic^en  ©lau«  w 
bigen  einzuräumen.  Wobei  bie  beiben  j)roteftantifd^en  Äonfefftonen  bal^in  gelangten,  inferi 
ate  eigentlid^e  „§ötte",  b.  1^.  93erbammung«ort  bexW.  =juftanb  ju  Derftjben. 

^r  bie  lutl^erijd^e  Äirc^e  fmb  nic^t  bie  fe^r  Derf4>iebenartigen  Stufeerungen  äutl^er« 
über  1  $t  8  in  ejegetifd^en  ©elften,  wol^I  aber  bie  9lu«fül^rungen  in  feiner  3:orgauer 
^rebigt  1533  ma^gebenb  geworben:  ß^riftu«  fei  nad^  feiner  ganjen  5Perfon,  ®ott  unb  56 
3Renf^,  mit  Seib  unb  ©eele  ungeteilt,  Wirfli^  unb  Wa^rl^aftig  jur  ^ötte  ber  33erbammten 
gefal^ren  unb  l^abe  ben  S^eufel  überWunben  unb  il^m  atte  feine  ®eWalt  genommen,  olfo- 
„bafe  mi^  unb  atte,  bie  an  il^n  glauben,  Weber  $ötte  nod^  2:eufel  gefangen  nel^men  no(3^ 
f^aben  fann.  SBie  fold;e«  jugegangen,  lä^t  fid^  nid^t  erbenfen;  aber  in  ein  Silb  faffen 
lie^e  e«  [xd),  Wie  er  „ift  l^ingangcn  unb  bie  ga^ne  genommen  atö  ein  ftegenber  i^etb  unb  eo 


204  ^^Sttenfal^rt  (S^rifti 

bamit  bic  Il^orc  aufgcftofecn  unb  unter  ben  3:eufeln  rumort,  bafe  l^ier  einer  ^um  ?fenfter, 
bort  jum  Sod^  hinausgefallen  ift."  ©egenüber  2le^)in  (Sb  I,  230,Hiff.),  hjeld^er  meinte, 
3ur  9luSh)irfung  einer  (rein  objeftiD  gebadeten)  satisfactio  plenaria  l^abe  Gl^riftuS  nad^ 
feinem  3^obe  im  Drte  ber  Dual  an  feiner  ©eele  bie  ^öüenftrafe  \iatt  unfer  erbulbet,  trat 

5  üKeland^tf^on  im  SBittenberger  ©utac^ten  1550  (Sretfc^netber,  Corp.  Ref.  VII,  666  ff.) 
auf  Seite  ber  3^orgauer  5Prebigt:  hanc  victoriam  certo  modo  filius  Dei  diabolis 
ostendit,  et  non  dubium  est,  diabolos  sensisse  suam  potentiam  ab  hoc  Vic- 
tore fractam  esse.  2Iuf  ben  nämli<^en  Soben  ftellte  fid^  auSbrüdftic^  bie  Äonforbien- 
formet  (2lrt.  IX),  toelc^e  übrigeng  Dom  2)i«j)utieren  unb  ©rübeln  über  biefen  ©egenftanb 

10  abmahnte,  ba  bie  genauere  (SrfenntniS  beS  3Bie  alteri  seculo  ju  refert)ieren  fei.  2ut^e= 
rif^erfeitS  mar  bamit  bie  ©ac^e  entfd^ieben,  auc^  in  ©übbeutfc^Ianb,  too  nod^  nac^  1565 
3ol^.  3Watfj)erger  in  2lugSburg  feinet  SlmteS  entl^oben  Sorben  toar,  toeil  er  h)ie  Sut^er 
in  S^orgau  geleiert  ^atte.  2)en  nad^folgenben  35ogmatifem,  unter  benen  nur  ©erl^arb  fe^r 
jurüdfl^altenb  ift,   öerblieb  befonberö  bie  aufgäbe,   mit  SRürfjtc^t  cinerfeitS  auf  2t  23,  43, 

16  anbererfeitg  auf  bie  bogmatifd^  fc^on  feftftefenbe,  ^riftoIogif<|[  l^ier  h)obIbegrünbete  3JJit= 
betetligung  beS  SeibeS  ß^rifti  am  Descensus  bie  S^i^^'^^^I^iff^  ^^^f^^  le^teren  genauer 
)u  beftimmen.  2)anad^  füÜte  er  nur  ben  furjen,  burd^  jenes  ßrbbeben  am  Oftermorgen 
ausgezeichneten  Slugenblicf  jttjifd^en  ber  vivificatio,  b.  i).  SBiebertjereinigung  ber  ©eele 
mit  bem  Seib  unb  ber  2Iuferftel^ung  auS,  toäl^renb  bom  3;obe  ^intreg  bis  jur  Ccoonoirjoig 

20  SljfriftuS  im  ?Parabiefe  geseilt  ^atte.  3)ie  ^ößenfal^rt  ift  bie  erfte  ©tufe  im  status 
exaltationis ;  l^ier  mac^t  ber  ©ottmenfc^  ^um  erftenmale  öon  feinen  göttlichen  S^iomen 
uneingefd^ränrten  ©ebrauc^,  inbem  er  f\d)  in  gewaltiger  berbammenber  Xl^^at^jrebiat  bem 
leufel,  ollen  böfen  ©eiftem  unb  ben  Deriüorfenen  üKenfc^enfeelen  als  ©ieger  unb  Slic^ter 
geigt  unb  über  bie  ^öllifc^en  üKäd^te  trium>)^iert.    35iefe  ort^oboj  lut^erifd^e  Raffung  beS 

25  SJogmaS  h)urbe  bis  um  bie  3Witte  beS  18.  Sö'^'^J^wnbertS  in  jal^Uofen  ©^riften  bargefteüt 
unb  gegen  allerlei  Slbtreic^ungen  berteibigt;  auc^  35ietelma^r  gab  il^r  Seif  aß. 

3)ie  Sieformierten  toaren  fc^on  burd^  il^re  nüd^teme Setrac^tungStoeif e  an  ber  ^u- 
ftimmung  gu  Sutl^er  gel^inbert,  unb  ba  eS  i^nen  bei  i^rer  9Jeigung,  ßl^riftum  möglid^ft  in 
ainalogie  mit  ben  äuSertoä^Iten  ju  beuten,   unb  im  $inblidf  auf  £f  23,  43.  46   felbft* 

80  berftänblid^  erfc^ien,  baft  feine  ©eele  bom  2:obe  bis  jur  Sluferftel^ung  bereits  beim  35ater 
im  .t^immel  geseilt  ^abc,  fonnte  auc^  bon  ber  9let)infd^en  SBorfteHung  l^ier  nic^t  bie  Siebe 
fein.  2)aS  descendere  ad  inferos,  tooöon  reformierterfeitS  immer  gern  betont  trurbe, 
bafe  es  im  2I))oftoIihim  einft  gefel^It  ju  ^aben  fd^eine,  berftanben  bie  ^üxi)tx  S^eologen 
ber  erften  3«^*  sunäd^ft  Dom  toa^r^aftigen  ©eftorbenfein,  räumten   aber  ber  Doneforma= 

86  torifd^en  anficht  noc^  fo  Diel  SRed^t  ein,  bafe  fie  bamit  bie  felbft  nod)  Don  (SolDin  juge- 
laffene,  Don  ben  ©))äteren  jjreiSgegebene  ^it^  einer  erfreulichen  SBirJEung  auf  bie  Dor= 
d^riftlid^en  frommen  Derfnü))ften  (3^ingli  an  ber  S3emer  3)iSt)utation  unb  bic  Äatec^iSmen 
Don  Seo  Subä,  SKeganber  unb  Suttinger).  35agegen  lag  natürlid^  ber  ©ebanfe  an  eine 
S9efel^rungSt)rebigt  auc^  il^nen  DöHig  ferne,   inbem   nac^  gemein))roteftantifc^er  Slnfc^auung 

lobaS  bieSfeitige  2Am  über  ©eligleit  ober  Unfeligleit  bepnitiD  entf^eibet;  unb  mit  1  ^U  3 
toufeten  fie  ebenfo  toie  Sutl^er  meift  nur  fo  ettoaS  anzufangen,  bafe  fie  bie  Slbreffatcn  jener 
Sotfd^aft  als  im  ©runb  fromme,  für  baS  §etl  em^jfängli^e  ©eelen  fic^  Dorftellten,  eine 
ejegetifc^e  ©eiüatttl^at,  bie  burc^  bie  lange  ®eh)i)^nung  an  ben  3)unfleS  noc^  mel^r  Der- 
bunfeinben  SSulgatatejt  (quum  exspectabant  Dei  patientiam)   etttjaS  gemilbert  toirb. 

46  ßolDin  (Inst.  II,  16,  8—12)  l^at  fobann  bie  als  reformiert^ortl^oboj  ju  betra^tenbe  Seigre 
oufgeftettt.  9lac^  il^m  l^at  1  ?pt  3  feinerlei  Sejiel^ung  jum  Descensus.  2)oc^  lüirb  biefer 
otterbingS  im  ©^mbol  ettoaS  SefonbereS,  Don  iob  unb  SegräbniS  Unterfd^iebeneS  be- 
beuten,  unb  gtoar  ettoaS,  baS  mit  unferm  §eil  in  na^er  SBerbinbung  fte^t:  Gl^riftuS  l^at 
als  unfer  S3ürge  bie  ganje  ©trenge  ber  giJttlid^en  ©träfe,  nid^t  nur  leiblid^en  SEob,   fon- 

50  bem  bie  „©c^mergen  beS  SobeS",  ttjelc^e  bie  ©eele  als  SluStoirlung  beS  ß^nieS  ©otteS 
emj)finbet,  erbulben  muffen,  um  unS  bie  SBerföl^nung  gu  Dermitteln,  unb  l^at  biefeS©d^h)erfte 
bor  feiner  Sreugigung  unb  bis  gum  ©terbenSmoment  burd^gefoftet;  Domel^mlic^  gel^^ört  ber 
aiuSruf  9)lt  27,  46  ba^in.  2)iefe  c^pöHenfa^rt  im  meta^)borifc^en  ©inne  beS  SBorteS  fällt 
mithin  gang  in  baS  bieSfeitige  Seben  beS  ©otteSfol^neS  unb  toirb  ^emac^   Don  ben  2)og' 

56  matifern  im  ©egenfa^  gur  lut^erifd^en  Seigre  als  ber  tieffte  ^unft  beS  ©miebrigungS- 
ftanbeS,  trorin  bie  oboedientia  passiva  \xä)  Dollenbet,  gefaxt.  5?on  i^r  als  bem  toid}- 
tigften  2:eile  ber  ftellDertretenben  ^Präftation  ge^t  bie  ftärffte  fübnenbe  3Wad^t  auf  baS  er= 
löfungSbebürftige  ©emüt  auS.  2öie  toeit  aud^  biefe  calDinifc^e  unb  bie  lut^erifc^e  SJor^ 
fteffungStDeife  in  jebem  Setrac^t  auSeinanberliegen,  fo  läuft  boc^  erftere  fd^liefelic^  auf  eine 

60  gang   ä^nlid^e  ^raltifd^e  ©d^lu^folgerung   l^inauS:    Ita   cum  diaboli  potestate,  cum 


^SOenfa^rt  (Sf^tifti  206 

mortis  horrore,  cum  inferorum  doloribus  manum  conserendo  factum  est,    ut 
et  referret  de  illis  victoriam  et  triumphum  ageret,   ne  iam   in  morte  ea  for- 
midemus,  quae  Princeps   noster  deglutivit.    ©^mbolijc^   fijiert  ift   btc   calöinifd^c 
35cutung  im  Catech.  Genev.  („horribiles  angustiae")  unb  im  ^eibelberger  Äatccpid« 
muö  („unau^f))rec^(ic^c  Slngft,  ©^merjen  unb  Sc^rccfcn").    SSöHige  einmütigfeit  ^errfc^lc  r> 
ieboc^  bcinal^c  niemals.    3)lc]^rerc  ^anefer  ^Profcfforen  feierten   jur  Sbentifijierung  be« 
Descensus  unb  bcö  Segräbni^^uftanbe«  jurücf,   ttjä^renb  SÖlänncr   toic  ^i^cator,  2lrmt= 
niu^  mit  manchen  feiner  Sln^änger  unb  bie  ^Puritaner  in  il^rem  größeren  Äated^t^mu^  bie 
burc^   baö  Se^rftüc!  au^gebrücfte   niebrigfte  ©tufc  ber  humiliatio   in  bem  f(^imj)fUc^en 
©e^altenjein   be^  Seben^fürften  sub  potestate  mortis   erblicften.    ^ie  Repetitio  An-  lo 
haltina   unb  baö  Seipjiger  Kolloquium   fc^toenften  ^ur  lut^erifc^en  2luffaffung  ab.     3)ie 
fc^loerften  Streiche  jomol^l  gegen  bie  Slotnjenbigfeit  atö  gegen  bie  SKögüd^Ieit  eine«  ®r=. 
bulben«  ^ößifdSier  ©c^merjen  burdSi  Gl^^riftu«  tourben  im  17.3;<^i^^unbert  in  (gnglanb  burd^ 
Sig^tfoot  unb  ^Pearfon  geführt,  tnbem  fie  unter  3urücflenfen  auf  ben  urJt)rünglidE)en  ©inn 
t)on  inferi   bie  ©eele  ß^rifti  nac^  ber  Trennung  öom  £eib   im  SlufentJ^altöort  ber  ab^  is 
gefc^iebenen  frommen  SWenJc^en  ol^ne  befonberen  Stettung^jtoec!  einfe(;ren  liefeen. 

©rft  in  ber  5periobe  ber  Slufflärung  ttjanbte  man  ber  ©teile  1  5pt  3  größere  ej^e« 
tijc^e  aiufmerffamfeit  ju  unb  fanb,  burc^  ben  ©egenfa^  ju  ben  fonfeffionellen  Seftim« 
mungen  je^t  e^er  geloät  aU  abgefc^recft,  eine  ßöangelium^rebigt  an  SSerftorbene  barin. 
2)iefe  ioie  bie  |)öllenfal5^rt6{^rifti  über^ai^)t  faxten  ober  bie  Stationaliften  aß  blo^e  jübifd^e2o 
3eitöorfteBung  auf,  toogegen  nad;^er  2)ogmatifer  lote  3)c2Bette,  SJRarl^einefe,  §afe  jul^ 
^ühe  gaben,  barin  alö  in  einem  üJJ^t^u«  eine  unvergängliche  c^riftlic^e  Ijbee  ju  entbedten. 
©c^ieiennac^er  freilid^  bielt  bie  fraglid^e  X^atfac^e  nic^t  nur  für  „ganj  unbejeugt",  fonbcm 
au^,  ba  jene  »öaut)tftelle  auf  alle  gällc  nur  öon  öor  G^rifto  ©eftorbenen  rebe,  für  ein 
ööflig  ungeeignete«  ©^mbol  einer  jenfeitigen  Il^ätigfeit  ßl^rifti  öon  allgemeinerer  Se«  25 
beutung.  ®k\6)Wol)l  \)at  feit^er  eine  ganje  Sleil^e  öon  2^^eologen,  bie  S^atfäd^lidbfeit 
eine«  3*^ifcl^cn^uftanbe«  öorau«fe^enb,  gerabe  biefe  §eil«j)rebigt  ß^rifti  an  unfelig  SJer« 
ftorbene  al«  ein  trefentlic^e«  ^aftum  t)roflamiert,  mittelft  beRen  bie  Uniöerfolität  be« 
G^riftentum«  fic^  realifiere,  unb  burc^  ©über,  ben  grünblic^ften  unb  fonfequenteften  unter 
i^nen,  ift  jener  ©c^leiermac^erfc^e  (Sintoanb  burd^  bie  übrigen«  fc^on  im  Slltertum  Der*  so 
einjelt  aufgetauchte  Slnna^me  einer  im  $abe«  feit  ßl^rifti  äntrefen^eit  bajelbft  fid^  fort« 
fe^enben  c§eit«Derfünbigung«anftalt,  bie  ben  irbifd^en  äJer^ältniffen  ganj  analog  fei,  ent* 
fräftet  toorben.  allein  biejenige  Deutung  öon  1  5pt  3,  bie  babei  ftet«  al«  biblifd^e 
©runblagc  biente,  l^at  il^r  aileinred^t,  ba«  fie  eine  ^t\t  lang  ju  beft^en  fdjfien,  neuerbing« 
ttjieber  Verloren,  ^n  ben  neueren  ®ogmatifen  toirb  bie  Höllenfahrt,  iocnn  nic^t  übergangen,  85 
fo  boc^  mit  großer  3wrüdt^altung  be^anbelt;  am  meiften  Serüdfic^tigung  finbet  fie  nod^ 
auf  lut^erijd^er  ©eite. 

©liefen  toir  jurücf,  fo  treten  jotoo^l  in  neuteftamentlic^er  al«  auc^  in  bogmengefc^id^tlic^er 
^infic^t  j  h)  e  i  ju  unterf  c^eibenbe  SRomente  ftärf  er  ^ertoor  :ba«aBeilen6^rifti  imiobe«« 
juftanbe  unb  ber  3:rium^l^  über  bie  l^öllifd^en  3Käc^te.  2)a«  erfte  brüdt  ettoa«4o 
jeitlic^  öiel  S3eftimmtere«  au«  al«  ba«  ^loeite.  5Der  in«  3t})oftolifum  aufgenommene  ©oft 
„descendit  ad  inferos"  bat  junäc^ft  nur  Sejug  auf  ba«  erftere.  SBiH  man  bamit  eine 
i^ätigfeit  Derbunben  benfen,  fo  giebt  ber  Äonjenfu«  ber  alten  Rirc^e  bie  lebenbringenbe 
SBirfung  auf  bie  be«  (Srlöjcr«  l^arrcnben  ©laubigen  an  bie  §anb.  S^f^f^^  j^^^w  ber 
§abe«,  au«  bem  bie  Säter  ju  befreien  traren,  unter  ber  Dberherrfd[?aft  be«  leufel«  ge^  46 
bac^t  mürbe,  galt  e«  eine  Übertoinbung  be«  §öllenfürften ;  unb  biefe  fonnte  um  fo  e^er 
aümä^lic^  in  ben  SSorbergrunb  treten,  ba  einerfeit«  ba«  3"^<^^^ffc  an  bem  Soo«  ber  bor= 
c^riftlic^en  grommen  mit  ber  ^i\t  ftc^  verringerte,  anbererfeit«  ber  3lu«brudE  inferi  in  ber 
t)olf«tümlic^en  unb  auc^  in  ber  t^eologifc^en  SJorftellung  nac^  unb  nad^  jum  Ort  ber 
Serbammten  unb  ber  böfen  ©eifter  tourbe.  3^  ^^^  lutl^erifc^en  Sebre  ift  bie  SSerfd^iebung  50 
DöHig;  bie  §öHenfabrt  bebeutet  l)kx  nic^t«  anbere«  al«  ben  3^rium^)l^  über  ben  Xeufel 
unb  feine  ©enoffen.  3)agegen  faßt  bie  reformierte  Se^re  au«  jebem  gefd^id^tlic^en  Äu« 
fammenl^ang  ^crau«  unb  ^at  barum  tro^  i^rer  religii)«  h^ertDoBen  3Kotit)e  fein  eigentlidje« 
Bürgerrecht  im  Se^rftürf  Dom  Descensus.  2)ie  2lnnal^me  enblic^  einer  6t)angelium«s 
j)rebigt  im  jmifc^enjuftänblic^en  Ort  ber  3:oten,  ftc^  ftü^enb  auf  bie  fel^r  fraglid^e  2lu«5  66 
legung  einer  einjigen  biblifc^en  ©teile  unb  mit  mand^en  anberen  3lu«fagen  (2  Äo  5, 10 ; 
®a  6,  8;  3lö  2,  6;  üKt  25,  41  ff.;  §br  9,  27  u.  a.)  fc^trer  vereinbar,  giebt  f4  mit 
Unre^t  al«  unentbe^rlid^  für  bie  2tufrec^terl?altung  be«  ®runbfa|e«  göttlid^er  ©ered^tigleit 
unb  Siebe  au«;  benn  ber  ©laube,  bafe  ©ott  allen  5Wenfd(ien  irgenbtoie  ©elegen^eit  gdbe, 
jum  Dollen  §etl   in  G^rifto  ju  gelangen,   ift  unabhängig  Don  jener  beftimmtcn  3(rt,   [xd)  eo 


206  ^SOenfa^rt  (E^riftt  ^SOenftrafeti 

ba^  Dertoirfltc^t  m  bcnfen.    ©te  birgt  aber  j^ubem   bie  ))ofttiDe  ©efa^r,   bafe  ba^  ®ch)i(^t 

J)ie  bogmatifc^c  Sebcutung  unjereö  Se^rftücfc^  orientiert  fi^  an  jenen  beiben  3Jlo= 
menten  unb  ift  bemnad^  bo))^eIter  2Irt.  SSBo^  ben  eigentlid^en  ßingang  jjum  §abe^  be= 
5  trifft,  fo  bejetd^net  berfelbe  bie  nottoenbige  unb  Döttige  Sluöiüirfung  be^  lobe^ereigniffc^ 
für  bie  Seele  ß^fti  unb  ift  fomit  bem  Segräbni^,  toeld^e^  ba^  nämli(^e  für  ben  2eib 
auöfagt,  ganj  paxcäitl  ®ranl).  SOäeil  aber  ber  2)ejcenbierenbe  ber,  Sobe^übertoinber  ift, 
fo  ift  ber  finftere  ^^obe^juftanb  nic^t  nur  für  il^n  felber  ein  blofeer  Übergang  Don  ber  (Sr= 
niArigung  ^ur  @rbö^ung,   fonbem  aud^  für  aÜe,  bie  im  ©lauben  i^m  mge^örcn,   burd; 

10  bie  getoiffe  Hoffnung  be«  etoigen  Seben^   erl^eHt  unb  baburc^   ba^  Sterben   ein   anbere^ 

getoorben,  benn  e«  Dor  ßl^riftu^  getoefen  ift.  —  2)ie  ©iege^manifeftation  fobann  gegenüber 

.  ben  toibergöttlic^en  ©eifttoefen,  jeittoeilig  in  bie  Sebre  öon  ber  $abe^fa^rt  eng  öerfIo(^ten, 

aber  im  1.  ^etru^brief  unb  bann  loieber  bei  Sut^er  felbftftänbig  geioertet,  ift  feineetoeg^ 

nur  atö  ^ßrobult  a})oIr^^)l^ijc^er  Irabitionen   ^u  beurteilen.    2)ie  §äufigfeit  Derioanbter 

16  aiu^fagen  in  neuteftamentlic^en  ©c^riften  (t)gl.  bie  oben  angeführten  ©teilen)  toeift  ^in  auf 
bie  SSebeutung  biefer  SBorfteßung  im  urd^riftlic^en  ©ebanfenfreiö.  ©ie  ift  bie  burd^  jübijc^e 
^eologumena  aderbingd  mitbestimmte  ^orm  ber  bleibenb  h)ertt)oIIen  SBa^r^eit,  ba^  ba^ 
unfc^ulbige  Seiben  unb  ©terben  be^  $erm  im  3wfön^menl^ang  mit  feiner  glorreichen  auf- 
erftel^ng  nebft  ber   barin  bomel^mlid^  entl^altenen   fü^nenben  SKac^t   aud^   eine  objeftiöe 

20  3urilcfbrängung  unb  Sannung  be«  öerfü^rerifd^en  ©influffe«  böfer  ©eifter  jur  ^olge  ge= 
l^obt  l^abe.  tR.  JJanterlmrg. 

^SOetifhrafen«    —    Sitteratur:   @.  blc  ST.  @«(^atoIoflic   93b  V  @.  490,    ®c^enna 

»b  VI  6.  418    unb  C)abc*  53b  VII  @.  295;  3.  5>.  (Sotta,  Hist.  succincta  dogm.  de  poe- 

narum  infemalium  duratione  1774;  (&.  e^-  ^napp,  (S^r.  ©laubcnSl.  1827,  2  ©.  567—591; 

25^.  erblam.  Ucbcr  b.  fi.  o.  b.  cm.  SBerbaminni«,  X^StÄ  1838  S.  384 f.;   SRob.  Salfc,  3).  2. 

0.  b.  ew.  SJcrbammni«  1892.     ^ßclterc«  fiut^arbt,  3)oöm.  §  79 »). 

3)ie  Sel^anblung  einzelner  e^atologifc^ier  tJ^agen  pfLzQt  innerhalb  ber  2:^eologie 
jjtoifc^en  biblifc^^t^eologifd^er  ©tatiftit  unb  |pl^ilofo})^ifd(ien  ©rörterungen  ^in  unb  l^er  j^u 
fd^toanfen.     iSRan  ftellt  bie  einzelnen  biblifd^en  3ludfprüc^e   jufammen,   erörtert   fte   cje- 

80  getif (^  unb  Dergleid^t  fie ;  bie  ©rgebniff e  ge^en  fe^r  au^einanber.  3lufeerbem  f e^t  man  fid; 
mit  ben  5Meinungen  au^einanber,  toelc^e  bie  ))l^ilofoi)l^ifc^e  Sitteratur  über  bergleid(ien 
barbietet.  35iefe^  SSerfa^ren  lann  be^^alb  gu  feinem  befrtebigenben  (grgebniffe  führen,  toeil 
bie  biblifc^en  älu^fagen  in  i^rer  übertoiegenben  älngal^l  biefe  ©egenftänbe  nur  gelegentlich 
berühren  unb  be^^alb  babci  auc^  lebiglid^  beffen  ßrloä^nung  tl^un,  loa^  bem  je  öor^anbencn 

86  3wfönttnen^ange   bient.    3)agegen   il^re  toenigeit   gufammen^ängenben  ©c^ilberungen    ab- 

id^lie^enber  Vorgänge,  bie  man  neuerbing^  al^  ©toff  ber  2l^)oIal^j)tif  gu  begeic^nen  pflegt, 
inb  jugeftanbenermagen  burc^ge^enb  bilblic^  gel^alten,  unb  au^  biefem  @runbe  bleibt  ber 
aBert  ber  einzelnen  ^^ge  unb  bie  ßwfammenorbnung  berfelben  ju  einem  ©anjen,  gumal 
unter  bem  ©efid^töpunfie  ber  geitlic^en  2lbfolge,  immer  unfxc^er.    Se^uf^  einer  erfprie6= 

40  lid^en  ©rörterung  folc^er  fragen  toirb  e^  bei  biefer  ©ac^lage  Dor  allem  auf  eine  fw^erere 
SKet^obe  für  bie  ßr^ebung  unb  befonberö  für  bie  ©c^ä^ung  be«  biblifc^  j)ro^)lJetifc^en 
©toffe«  anfommen  unb  biefe  mufe  namentlich  jenem  ©c^toanfen  über  ben  ©tanbpunft  ein 
®nbe  mad^en,  bon  bem  au^  bie  entfdjfeibenben  Urteile  über  bie  mafegebenbe  Sebeutung 
ber  gewonnenen  älnfc^auungen  at  getoinnen  fmb. 

46  3w"^^ölb  ber  c^riftli(|en  Seigre  toirb  nun  ate  ©runbfa^  gelten  muffen,  ba^  jebe 
mo^gebenbe  e^atologifd^e  älu^fage  auc^  eine  foterologifc^e  fein  mug,  toiQ  fagen:  eine 
Slu^fage  öon  ber  Sebeutung  3efu  ß^rifti  für  bie  ßrrettung  ber  ©ünbcr.  3)amit  fmb 
bann  öor  allem  fämtlic^e  Betrachtungen  au^efd(|loffen,  für  toeld^e  bie  ©ünbe  unb  il^rc 
Übertoinbung  nur  eine  ©pifobe  ober  eine  unöermeiblic^e  ©eite  an  ber  ©ntioicfelung  bilbet, 

60  fo  hai  älu^ang  unb  Rxd  biefer  (Snttoidelung  o^ne  9tüdftd^t  auf  ba^  nic^t  nur  t^eo- 
retifd^e  fonbem  im  bollften  ©inne  ^)raltif<^e  Problem  ber  ©ünbe  feftgeftellt  toerben  lönnten. 
©er  f^efulatibe  2)enler  ift  frol^  fu^  biefe«  läftigen  ©toffe«  axi^  ber  berben  2Birflic^!eit 
jHjrfönlid^en  Seben«  entfc^lagen  ju  fönnen  unb  Jc^toelgt  bei  ber  g^atologie  in  bem  aß^ 
feitig  offenen  ©ebiete  abftrafter  ober  p^antaftifd^er  3Jleta})l^^fiI.    2)a«  l^at  aber  nic^tö  mit 

66  ber  @rfenntni«  bed  geoffenbarten  ^eile«  gu  tl^un.  3)aran  ift  namentlich  bei  bem  Dor- 
üeaenben  fie^rpunfte  gu  erinnern;  benn  er  erfreut  fic^  ber  befonberen  Ungunft  t^eologifc^er 
uno  })l^ilofot)l^if<^er  3Ketat)l^^fifer,  bie  afö  folc^e  immer  übertoiegenb  ^pj^^f^ter  bleiben,  jumal 
biejenigen  t)on  tJ^eofop^ifc^er  älrt. 

©uc^t  man  ben  ©toff  nac^  ber  Sejetc^nung  „©träfe"  jufammen  unb  fie^t  babei. 


^SUenflrafeii  207 

tote  felbftloerftänblicl^,  bon  bcn  cttoatgen  gefc^td^ttic^en  ©endeten  unb  ©trafen  (tjgl.  93b  VI 
©.570)  ob,  fo  finbet  man  in  berSibcl  ]^i}x  toenige  ©teilen;  muffen  boc^  äße  ^x^'ipxüi^ 
beifeite  bleiben,  bie  jtoeifello^  öon  erjie^enben  Sintoirfungen  toölS^tenb  be^  irbifd^en  Seben^ 
l^nbeln.  3u  SKt  25,46  bgl.ettoaSc  12,47;  2  SEM .  8.  9;  §br  6,2  fönnten  nod^  bie 
bielfac^  überfel^enen  ©teßen  gefügt  toerben,  too  ogyi^  im  ©inne  bon  diai)^,  ©träfe  bor*  6 
lommt  3Rt  3,  7;  go  3,  36  (?);  fRö  2,  5.  8.  3,  5.  5,  9  (bgl.  13,  4.  5);  dp^  5,  6; 
Äol  3,  6;  1  2;]^  1,  10«  ©ie  blieben  immerhin  bereinjelt,  toenn  fte  fic^  nid^t  in  eine 
reid^lid^er  Vertretene  Steige  bon  felbft  einfügten ;  eine  folc^e  Slei^e  bilben  eben  bie  3luSfagen 
über  bie  grunblegenbe  änfd^auung  bon  bem  beborftel^enben  @nbgeric^te  (93b  VI  ©.569  f.). 
aSenbet  man  auf  biefe  ben  93lid,  fo  ergiebt  fic^  atö  borläufige  Seftimmung  be«  l^ier  be«  lo 
l^anbelten  ©egenftanbe^:  bie  eine  ber  folgen  beg  bie  ©ünber  fc^eibenben  ©nbgeric^teö. 
2Rit  biefer  geftfteUung  ertoeitert  ftc^  bie  Snjo^l  ber  in  grage  fommenben  biblifc^en  aiu^ 
f^rüc^e  erßecfli^,  toeil  jebe  ©rinnerung  an  ben  bop^jelfeitigen  2lu«gang  jene^  ©eridjte« 
^injutritt,  namentlich  alfo  bie  jumeift  überfel^enen  3ludft)rü(|e  bed  $aulud  toie  diö  2,  6 
bi«  12.  3,  5—8:  1  Äo  (3,  17)  6,  9.  10.  (8,  11)  11,  32;  2  Äo  5,  10;  ®a  6,8;  @J)I^  is 
5,  5.  6.  6,  8.  9;  ?PM/  lö;  5toI  3,  25.  93oran  treten  bie  ©leid^niffe  3efu  mit  i^ren 
©erid^t^fc^ilberungen  ober  furjen  .^intoeifungen  auf  bie  unausbleibliche  ©c^eibung.  3)e« 
toeiteren  begegenen  ßrinncrungen  an  altteftamentlid^e  änfd^auungen  toie  ^a  5,  3;  ^br 
10,  27.  31 ;  12,  29  bgl.  6,  4—8,  ber  a})ofaI^^)tifc^en  ©efxd^te  ju  gefc^itoeigen. 

©0  fte^t  junäd^ft  ber  3uffln^"^«nJ&on0  i>^  ©träfe  mit  bem  ©erid^te  ate  beffen  be* » 
bingungetoeifc  unabtociSlid^en  Slu^angeS  unb  ©rfolge«  feft.  2)emjufolge  fommt  nottoenbig 
für  bie  toeitere  93eftimmung  in  93etrad^t,  ba^  ß^riftuS  baS  ©eric^t  boU^iel^t  unb  juglei^ 
ben  aJlafeftab  für  bie  ©Reibung  bilbet.    3)a«  ift  am  einfad^ften  bon  i^m  felbft  9Rt  7,23 
au^ef^rod^en ;  aber  auc^  in  ben  anbem  ©eric^tSgleid^niffen.    Über  bie  fd^einbar  einanber 
auSfdj^lie^enben  3?ormen  beS  ©eric^teS  nad^   bem  ©lanbtn   an  ßl^riftuS   unb   nac^  ben  26 
SBerfen  bgl.  93b  VI  ©.  572;  Ääl^ler,  SBiffenfd^.  b.  c^riftl.  2.  §  536—537.  SBenbet  man 
bierauf  bie  l^erfömmlidS^e  Unterfd^cibung  ber  ©trafen  in  natürliche  unb  ))ofitibe  ober  toitt« 
nirlid^e  an  (bgl.  Rnapp  a,  a.  0.),  fo  toürbe  bie  enbgeric^tlid^e  ©träfe  im  ©runbe  nur  bie 
eine  natürlid^e  fein,  nämli^  ber  enbgiltige  äluefc^lug  bon  bem  Sieid^e  ©otteS  unb  Sl^rifti 
1  5lo  6,  9  f.    e«  toirb  eben  nur  feftgeftcllt,  bafe  ben  93etreffenben  bie  plj^igleit  für  bie  an 
©otte^emeinfc^aft  fel^It,  unb  bie  ^olge  babon  ift  biefer  Sludfd^lu^.    ^aS  ift  bie  unab» 
toenbli^e  ßmte  ber  äuefaat  ©a  6,  8. 

©otoeit  man  nun  nic^t  entfd(|loffen  genug  ift,  bad  biblifc^e  (S^riftentum  in  eine^on« 
tl^eiftifd^e  (SnttoidelungStl^eorie  mit  bem  einzigen  edd^atologifd^en  ©a^  auf julöfen,  „bieSBelt^ 
gef^id^te  ift  baS  SBeltgerid^t",  ^at  man  auc^  nie  unb  nirgenb  unternommen,  ein  ßnb«  86 
gerieft  o^ne  ftrafenbe  folgen  m  k^xtn,    35oc^  liefe  fid^  eine  Slbtoanbluna  be«  ©ebanfenS 
eben  an  ben  93egriff  ber  ©träfe  fnü))fen.    §at  bod^  gerabe  bie  ^l.  ©d^rift  ben  ©ebanlen 
ber  eniel^enben  ©träfe  bargeboten  unb  toeiter^in  in  ber  c^riftlid^en  (Snttoidelung   geltenb 
gemacht,    ßrjie^enbe  ©trafen  toeifen  aber  über  il^ren  SSotljug   l^inauS  auf  baS  ©rgebniS, 
in  toeld^em   fte  afe  foldj^e   jugleidji  3^^*  wnb  ©nbe  finben.    ©inb   nun  im   biblifc^en  40 
3)enfen  bie  Übel  Ji^Ib^"  ^^  ©ünbe  unb  biefe  Übel  jugleid^  in  ©otte«  SQäalten  2Rittel, 
um  ju  ©inne^nberung   unb  jtttlic^er  SSoüfommen^eit  ju  fü(^ren,  foll  eS  fic^  nid^t  ebenfo 
mit  ben  ©trafen   be«  ©nbgeric^te«  berl^alten -f    5Mit  biefer  @rtoägung  ift  biejenige  grage 
gcfteDt,  um  toelc^e  fic^  bie  ßrörterungcn  biefeS  2e^rftüc!eS  bomebmlid^  ju   breiten  ))flegt 
unb  bie  ftd^  an  ba«93eitoort  „etoig"  !nü>)ft  ÜRt  18,  8.  25,46;  3Kc  9,43.  45(?);  2  11^ « 
1,  9;  $br  6,  2;  ^nh  6.    5Kun  lann  aber  über  bieSBä^rung  ber  SQäorte  für  „etoig"  um 
fo  me^r  geftritten  toerben,  aU  für  nn^  bon  biejer  93orftellung  bie  3^^^ö"f^öuung  nur  in 
entfd^loffener  äbftraftion  trennbar  toirb.    J)arum  mufe  bie  ^age  beutlid^er  ba^in  gefteHt 
toerben,  ob  bie  ßntfc^eibung  beS  ©eric^te«  ßl^rifti  enbgiltig,  unabänberlidj,  befinitib  fei 
$ier  Ireujt  fic^  bie  93etra^tung  mit  ber  Snnal^me  ber  „SBieberbringung  aller  Dinge" ;  go 
bgl.  b.  31.  apofataftafiS  93b  I  ©.  616. 

3)er  9l))ofataftatiter  fielet  ben  leibli^en  %ot>  nur  als  einen  jtnoten^unft  in  ber  Snt» 
toidtelung  beS  ^erfönlid^en  ©efc^ö^feS  an  unb  ertoartet  ba^er  bon  ben  peinlichen  $ol(jen 
biefeS  ßreigniffeS  eine  förbembe  ©intoirlung  biefer  ©nttoidtelung  jum  3^^^^  *>w  ©emein» 
fc^aft  mit  ©Ott.  3:ritt  babei  tbtn  ber  ©trafdj^araltcr  biefer  folgen  in  ben  9Sorbergrunb,  66 
fo  toirb  ber  G^rift  t)agegen  eintoenben,  bafe  boc^  bie  abtoeifenbe  Überführung  bur^  bie 
©otteSfeme  nid^t  ein  toirlfamereS  ©nabenmtttel  fein  tonne  als  bie  Slnbietung  ber  freien 
©nabe  in  ber  ©ünbenbergebung.  3)emjufolge  ^^eben  bie  c^riftlid^en  SnttoidteifungSt^eore* 
tifer  bei  bem  3wftanbe  naä)  bem  3:obe  aud^  me^  bie  „^rebigt  beS  @bangeliumS  an  bie 
loten"  l^erbor.    ©0  toirb  baS3)afein  nac^  bem3:obe  }u  einer  ffiieberl^olung  beS  irbifc^enao 


208  ^Saenftrafen 

2ebcn^  unter  gcänbcrtcn  Scbittgungcn.  3)ann  aber  bilbet  bicje  älnftc^t  bcn  Übergang  ju 
ber  SSorfteHung  öon  ber  ©eelentoanberung ;  biefe  finbet  neuerbingö  SJertreter;  ertlärltd^ 
genug,  toeil  ba^  bem  ßi^riftentume  entfrembete  unb  felbftftänbiger  Stntriebe  entbebrenbc 
S)enlen  toie  in  ber  3^'^  be^  au^e^enben  griec^ifc^-römifc^en  §eibentume^  fic^  2lnregungen 

5  bei  ben  öerfc^iebenen  l^eibnifd^en  Sieligionen  fuc^t.  3{gl.  ^riebric^,  Seffing^  Seigre  D.  ber 
©eelenttjanberun^ ;  6.  2lnbrefcn,  3)ie  Üc^re  öon  ber  SBicbergeburt  2.  Slufl.  1859;  ^alk 
©.  59  f.  93ei  btefer  ^)^antaftif4en  2lnnal^me  i)at  noc^  niemanb  einen  3wfömmen^ang  be^ 
S3eh)u|tfein^  jtoifd^en  ben  einanber  folgenben  ßinjeelungen  (@m)[)f^)c^ofen)  eine^  3»^^^^^^ 
buum^  be^auj)tet;   folglid^  fe^It  auc^  bie  Sebingung  für  einen  fittli^en  J^ttjc^ritt  burcb 

10  i^re  Slufeinanberfolge  |in  unb  bamit  iüirb  e^  beutlic^,  bafe  ^ier  feineetoeg^  eine  etl^ijci^c 
Setrad^tung  bie  Sluffaflung  beftimmt,  öielmel^r  eine  ^)^^[ifc^=  (ober,  hjenn  man  miü,  mcta^ 
J)I^Vftf(^')önt^'^o>)oIogij(^e.  6ö  toaltet  ber  ©ebanle  be^  unvergänglichen  Sltom^  unb  einer 
bom  ScttJufttfein  unabhängigen  jac^lic^en  6nth>icfelung  Dor.  Unb  jo  berüi^rt  fic^  biejc 
ätnfd^auung  mit  ber  anbem,  nämlid^  ber  a})oIataftatifc^en  Seigre,  ttjelc^e,  mit  flarcr  ©inftc^t 

15  ober  mebr  inftinltiv,  nac^  bem  ^)^^pfalifd[>en  ®efe|e  öon  ber  Untjergänglic^feit  ber  ilraft 
für  bie  aSoüftänbigfeit  beig  Uniberfum^  bie  SSoIhal;!  ber  ju  il^rem  ^kk  gelangten  $^nbiüi= 
buen  forbert.  3lnt^ro^)ologie  h)ie  Kosmologie  ftel^en  bann  lebigtic^  unter  ontologifd^em 
©efid^tebunfte;  bafe  man  babei  öon  ber  ©^öj)fung  ©otteS  unb  il^rer  ©c^ön^eit  unb  ß"- 
tammenftimmung  ]pxxd)t,  änbert  nichts  baran,  bafe*  bie  ^^^fijc^en  ®efi(^tiS))unfte   in   ber 

20  Setrad^tung  Dorttjiegen.  35aS  jcigt  fid^  in  ber  übertüiegenben  Betonung  ber  3Wac^t  unb 
aOSeid^eit  ®otte«  anftatt  be«  Sobe«  ber  §enlic^feit  feiner  ®nabe  Qpi)  1,  6. 

35iefc  Setrad^tungSart  ift  geioi^  ber  c^riftlid(ien  fo  fremb  ate  irgenb  möglic^.  3)a^er 
fteDen  bie  nic^t  entfc^loffen  t^eofo^)l^ifc^en  3l))ofataftatiIer  bie  Segrünbung  burc^  bie  Siebe 
®otteig  in  ben  Sorbergrunb,  inbem  fie  ben  §intoeiö  auf  bie  ©c^ö})fer^errlid(|feit  nur  jur 

25  Unterftü^ung  ^erbeijiel^en.  2)ie  Siebe  fann  bie  ©trafen  nur  ate  SKittel  ber  (Srjiel^ung 
fc^ö^en  unb  bertoenben.  35er  biblifc^e  33eleg  toirb  in  ben  ftarfen  äluSbrücfen  für  ben  Unis 
berfaüömuS  be«  §eile«  im  31%  gefunben.  6S  ift  aber  unleugbar,  bafe  biefer  Unit)erfaliS= 
muS  junäc^ft  nur  bem  ^artifulariSmuS  be5  312^  gegenübertritt,  mithin  nur  in  bemfelben 
3Ka|e  auf  SJolIjä^ligfeit  ber  gnbibibuen  au^el^t,  als  baS  öon  ber  ©rioä^lung  beS  SJolfeS 

30  S^rael  gilt ;  unb  bafe  er  femer  nur  baju  bient,  bie  auSf(^lie|enbe  ©ingigteit  ber  §eileber= 
mittlung  burc^  S^riftum  feft  unb  tlar  ju  [teilen.  2)iefer  UniöerfaliSmuS  jielt  auf  eine  in 
ß^rifto  bollenbete  SBJcnfd^^eit  ab,  ol^ne  beS^alb  ju  Dertoe^en,  bafe  ft<^  einzelne,  feien  eS 
toenige  ober  Diele,  Don  i^r  auSfc^liefjen  ober,, öereinjeln''(t). §ofmann©(^riftbeh).  1  ©.221). 
S)iefer  ßrtüägung  fommt  bann  bie  annähme  entgegen,  bafe  ber  2luSfc^lufe  auS  bem®otteS- 

35  reid^e  für  bie  Soten  im  SJerfolge  bie  Sluf^ebung  beS  35afeinS  nac^  ftc^  jie^e ;  bie  biblifd^e 
äjicbXfia  tüirb  alS  SJemid^tung  betrad^tet;  fo  unter  ben  Steueren  j.  33.  91.  Slot^e,  ^ölfc 
©.  25  f.  3)iefe  3lnnal^me  l^at  [xö)  emi)fo^len,  toeil  fie  ben  2öiberfprudSi  bejeitigt,  melc^er 
in  bem  enblofen  3)afein  fold^er  ^erfonen  für  jebeS  ^iac^benlen  liegt;  benn  fotool^l  bie 
Seretoigung  beS  3h)wftoibrigen  h)ie  anä)   bie  Unfeligteit  als  g^li«  unb  boc^  toieber  als 

40  33eeinträ^tigung  ber  ©eligfeit  in  ber  äJoUcnbung,  tvk  enblic^  auc^  bie  SSorftellung  eines 
bleibenben  3^^>>öI^^^  ^^  ^^"^  göttlichen  SBirlen  lä^t  ben  3^^^*^  fc^hjer  jum  ©c^toeigen 
lommen.  Äann  boc^  fein  ®efc^ö^)f  bafein  aufeerl^alb  ber  erl^altenben  SBirfung  bcS 
©d^öpferS,  unb  in  bem  angenommenen  gatle  loärc  biefe  ^ugleic^  tl^atträftige  ßrttjeijung 
ber  perjönlic^en   Slbfto^ung,  beS  ®egenteileS   ber  Siebe,  .o^ne  bie  äuSftc^t  barauf,   ba| 

45  biefer  SSJiberfprudSi  als  bienfameS  5Wittel  für  feine  eigene  Übertoinbung  fic^  in  il^r  aufgebe. 

©olc^en  ©c^toierigleiten  gegenüber  toirb  bie  entfc^eibenbe  Setra^tung  bie  antl^roj)o= 

logijc^en  unb  loSmologifc^en  ®efid(|tspunfte  burc^auS  bem  allein  mafegebenben  foterologifc^en 

unterorbnen.    gür  feine  Derläpc^e  §anb^abung  bebarf  cS  Dor  allem  beffen,  bafe  man  ftc^ 

bon  ber  ©cbrift  bie  Slic^tung  geben  laffe;  fobann  beS  3f{üdEgangeS  auf  bie  ®runbjüge  ber 

60  in  fic^  gefcl^ioffenen  d^riftlic^en  einfielt.  —  ®ie  ©c^riftauSfagen  über  bie  „gloigteit"  beS 
ouSfc^lie^enben  ®eric^tSurteileS  fmb  nun  nic^t  jtoeibeutig,  toie  baS  atterbingS  ber  Dern)en= 
bete  aiuSbrudt  alwviog  ift;  fte  fte^en  immer  ben  entfprec^^enben  äluSfagen  öom  „ehjigcn" 
Seben  gegenüber.  2)er  SluSbruc!  !ann  in  folc^en  (Sntgegenftellungen  too^l  nur  ben  gleichen 
3Bert  l^aben;  ba^  aber  bie  3wteilung  bcS  SebenS  in  jenen  ©teilen  nid^t  befinitii)  gemeint 

55  fei,  toirb  niemanb  nad^loeifen  toollen  unb  fönnen.  2)aSfelbe  meinen  boc^  bie  bilblic^en 
aSäenbungen  öon  bem  unlöfc^baren  geuer  9)ic  9,  43  Dgl.  3Rt  18,  8  unb  bem  nidj^t  fter= 
benben  2öurm  3Rc  9,  48.  2)aS  meint  ber  jtoeite  Job  Dffb.  20,  15.  21,  8,  ber  gemife 
als  ber  le^te  entfdj^eibenbe  gebadet  ift,  aber  fo  toenig  bie  ®eifter  Demic^tenb,  toie 
ber  erfte.    ^on  einer  Vernichtung  in  berftd^em,  ba^  fie  für  lange   ober   ol^ne  2lufl;bren 

60  baure  2  2:1^  1,  9,  toäre  fo  jiemlic^i  ber  ®^)fel  ber  ©ebanlenlofigfeit  I  3lm  entfc^cibenbften 


^SUenfihraf^n  ^Od 

bütftc  3Kt  26,  2i  fein;  benn,  toer  fc^Ke^fid^  bod^  ju  feinem  3i^I<^  lommt,  ober,  toer  nur 
ein  geittDeilige«  irbifd^e^  2)afein  ^u  fül^ren  ^ot,  um  bann  in  ba^  3?id^t^  ju  öerfinfen, 
toarum  foBte  e«  bem  bejfer  fein,  nie  geboren  jufein?  —  6rh)ä0tman  ferner,  in  toeld^en 
3ufammenl;än0en  bie  fraglichen  Sluöfagen  get^an  toerben,  fo  finb  ba«  nid^t  Setrad^tungen 
über  ba^  SBeltjiel,  in  bem  ba«  forfd^enbe  unb  jufammenfaffenbe  Slac^benlen  S3efriebigung  6 
fud^t  unb  ütoa  für  S^l^eobiceejtoeifel  Seru^igung  in  bem  ätu^blidf  auf  ben  unau^bteib« 
liefen  umfaffenben  ©rfolg  ®otte^  finbet,  bem  auc^  feine  ©trafen  bienen  muffen;  bielmel^r 
begegnen  jene  ßintoeifungen  immer  in  ber  ?|3araIIefe;  fte  fteHen  ben  ßmft  ber  SSeronl« 
toortlic^Ieit  in  ^eUfted  Si^t.  %\iö)  tragen  fie  nirgenbd  bie  3(rt  ber  ®eban!en  über  bad 
gegfeuer  an  fid^  (f.  ben  31.  S3b  V  ©.  788).  ©ie  fe^en  nic^t  für  bie  öon  ben  ©trafen  lo 
betroffenen  ben  Sefi|  beö  §eile^  öorau^  unb  l^anbein  nic^t  öon  fortfd(ireitenber  Heiligung, 
fonbem  fie  fprec^en  Don  bem  Eintritt  unb  ber  Stu^fto^ung  rüdfidj^tUc^  be^  ©otte^reid^e« 
unb  ber  ßwfl^^örigleit  ju  ßi^rifto.  S)iefem  ®runb^uge  ber  biblijc^en  Slu^fagen  toiberJt)ri(^t 
ntd^t  minber  alg  bie  3H)oIataftart^  i^e  gaffung,  ttjeldj^e  fid^  an  bie  im  31%  nid^t  nacptoeii^ 
bare  »cbeutung  bon  ancbXeia  inüt)ft,  bgl.  Sremer,  6.  3:|.  953.55.  ©.  701  f.  6ben  biefer  i6 
jufammenftimmenbe  ©inn  ber  biblijc^en  2luöfprü(^e  bitbet  bie  ©tü^e  gegen  bie  fonft  fd^toer 
\\x  enttourjelnbe  Steigung,  bie  Söfung  in  ber  SSemid^tung  ber  „fi^  SSereinjelnben"  ju 
fud^en. 

®el^t  man  bann  auf  ben  3wfÄ»^»"^nl^ö*^Ö  d^riftlic^er  ßinfic^t  ein,  fo  legt  bie  eben 
^erau^gel^obene  paiafletifdf^e  SBenbung  ber  ätu^jagen  e«  nal^e,  fic^  gegen  bie  befj)ro^enen  20 
ätblel^nungen  etoiger  SSerbammni^  auf  bie  et^iÄe  3lnt^ro)}ologie  ju  ftü^en,  toie  ßrbfam, 
galfe  u.  a.  3)o^  ift  ba^  bebenllic^,  toeil  fic^  ec^t  eöangelifd^e  Raffungen  be^  §eile^  ju 
Derfd^iebenen  Seiten  fel^r  tool^I  mit  bem  2)etermini^mu^  »ertragen  ^aben.  3Wan  mag  biefe 
anti^rot)ologifc^e  ^Jrage  bon  ber  §eiföle^re  Oiw^  ju  entfc^eiben  fuc^cn,  aber  man  toirb  tl^re 
ßntfc^eibung  nid^t  jum  SRa^ftabe  für  bie  S3eurteitung  innerl^alb  ber  35ogmatif  mad^en  26 
bürfen.  S)iefer  mufe  fd^lw^terbing^  foterologifc^  fein.  2)amit  ift  aber  gefagt,  ba^  bie  Öx- 
reic^ung  be^  %\t\^  für  bie  ©ünber  nur  im  3wfÄntmenl5^ange  mit  ber  gej(^ic^tKd(ien  §eil^s 
Offenbarung  möglich  ift,  jugleic^  aber,  ba^  bieje  gefc^ic^tUc^e  3^^atfad(ie  in  il^rer  Sebeutung 
über  i^ren  rein  ge|c^ic^tliAen  3Birfung^frei€J  ^inau^greift.  35ag  eben  bergegentoärtigt  bie 
Slu^fid^t  auf  bad  ßnbgericpt,  inbem  fie  verbürgt,  ba|  fein  3Wcnfc^enIeben  au|er  Sufammen«  so 
^ang  mit  6l(>rifto  m  feinem  enbgiltigen  ätbfc^luffe  fommcn  lann,  toie  immer  ^  auc^  feiner 
gef(^id^tlid(ien  SJacptoirfung  fem  geblieben  fei.  ftämen  nwx  bie  einzelnen  3Jlenfd(ien  nur 
alö  Derloenbbareö  3Katerial  für  eine  3Menfd^^eit  ®otte^  am  6nbe  ber  3^ge  in  Setra^t, 
bann  ^ätte  man  gegen  bie  SSorfteUung  öon  ber  93ernid(|tung  ber  ©ottlofen  fc^toerlic^  ettoa^ 
einjutoenben,  abgelesen  öon  ben  biblifc^en  Karen  Sluöfagen.  ^awn  aber  fönnte  ba^  ©nb*  86 
gerieft  ouc^  lebtglic^  bad  @rgebnid  ber  big  jule^t  t>artifulariftifc^  Derlaufenben  irbifc^en 
^eil^ejc^ic^tc  fein.  SP  ^  P^^  ^^jfen  bielmel^r  burc^au^  uniöerfal  öorgefteßt,  bann  ber^ 
gegentoärtigt  e«  bie  ©c^ö^ung  ber  einzelnen  ^erfonen;  fie  erfc^einen  ni^t  nur  alö  ©toff 
für  ©Ott  ^ö  9,  21,  nic^t  nur  ate  SJlittel  für  feine  ^^td^,  fonbern  fie  Serben  an  il^rem 
Ürbilbe  nad^  il^rem  ©elbftjioerf  gemeffen.  §at  fid^  ®ott  bi^^er  i^rer  afö  3Kittel  für  feine  40 
Senfung  ber  ®efc^ic^te  bebient,  o^ne  fie  in  i^rem  ©elbftbeftanb  ju  Dergetoaltigen ;  l^at  er 
i^r  SSer^ältnig  gu  i^m  felbft  bur4  gefc^ic^tlic^  Dermitteltc^  SBerben,  eben  burd^  ba^  SBort 
Dom  Äreug  unb  nij^t  burc^  entl5^ufiaftif4[  mec^anifc^e  Überloöltigung  J^erfteÜen  toollen; 
toie  fottten  fie  i^m  im  3Serlaufe  ber  @nth)icfelung  ju  bloßen  ©egenftänben  feiner  jerftdren^ 
ben  3Rad^t  toerben?  3)er  S^biDibnali^mu^  ber  §eilggnabe  ^at  gu  feinem  ©egenftüdf  ben  45 
gnbiDibuoIi^mug  be^  SSerberben^.  —  ®a«  finb  ^eilic^  nur  bie  legten  unfic^eren  Sinien, 
in  toelc^c  bie  foterologifc^  beftimmte  2lnt^ro})ologie  ausläuft,  ^n  il^nen  j)rägt  fid^  ber 
öoDe  @mft  ber  SSeranttoortlid^feit  be^  ©ünberiS  gegenüber  ber  Berufung  burc^  ba^  6ban« 
gelium  avi& ;  ba^  ift  ber  berechtigte  jtem  bon  ber  blo^  ant]^ro^ologifd(ien  äSegrünbung  btefed 
propl^etifc^en  Se^rfa^e«.    3Sgl.  übrigen«  b.  31.  UnfterWid^feit.  60 

35oc^  toirb  man  i^n  nic^t  feft^altcn  fönnen,  ol^ne  mit  bem  ajjoftolifd^en  ex  juigovg 
7iQO(prp[€voju€v  1  Äo  13,  9  boHen  @mft  gu  machen.  3)aran  mal^nen  auc^  bie  Se« 
beirfen,  tpelc^e  gegen  i^n  erl^oben  fmb,  toeil  man  bie  SSorfteübarfeit  be«  ^wf*^*^^^  ^^'ö 
XJerbammter  bestreitet,  rid^te  man  babei  ben  SlidE  auf  ba«  öoüenbete  ®otte«reid^  ober  auf 
bie  aSertuorfenen  felbft.  » 

3n  erfter  2inie  ioeift  man  auf  bie  UnDerträgtid^feit  ber  3:i^atfad^e  enbgiltig  3Serh>orfener 
mit  ber  3SoUIommenl^eit  be«  ©d^öpfer«  unb  feinem  Setoufetjein  um  fie  l^in.  ©tünbe  ibm 
boc^  bie  SSerfe^lung  feiner  3^^^^^w^9  ^n  einem  leile  feiner  ®efc^öj)fe  unauf^örlid^ 
gegenüber,  ^an  mag  anttoortcn,  ba«  ttjerbe  eine  ©törung  feiner  ©eligfeit  nur  unter  ber 
??orauefe|ung  fein,  toenn  il^m  feine  3Rac^t  über  alle«  gcl^e;  benn  lebiglid^  in  ber  jtoingenseo 

9leat'0nci)r(opäbie  für  Z^eofogU  unb  ftirt^e.    3.  «.  Viil.  ]4 


210  ^SOenfhrafen 

bcn  5Mac^t  fönnc  btc  Sürgfc^aft  für  unau^bleibli^c  SScrtoirflid^unö  bc^  3^^*^  crfannt 
tocrbcn.  ^-rcilic^  ))flc0t  man  bann  gcöcnteitö  gu  erinnern,  bie  erbarmenbe  Siebe  ^abe  boc^ 
ate  btc  mäd^tiöfte  unb  unabtoeiölic^e  Sebingung  cbttt  be«  0ef(^ö})Pic^en  2BiBen^  ju  gelten 
unb  afö  folc^e  erfal^re  fie,  toer  fic^  burc^  bie  freie  ®nabe  ertoä^It  unb  belehrt  ttjei^. 
5  ©teUt  man  fxä)  inbe^  l(;iemit  auf  ben  ©tanb))unft  c^riftlic^er  (grfal^rung,  fo  i)ai  man  e^ 
aud^  nic^t  mel^r  mit  ber  göttlid^^en  ®nabe  in  abstracto,  fonbem  mit  il^rer  Darbietung 
in  bem  gefd^ic^tlic^en  G^riftu^  ju  t^un  unb  biefe  trägt  nic^t  ben  ^uq  au^nal^mglo^S 
jh)ingenben  ßrfolged  an  fid^.  ^inter  jener  gorberung  allumfaffenben  ©rfolge^  in  8e= 
giel^ung  auf  bie  einzelnen  lüirb  [\d)  boc^  eine  ^enftoeife  erfennen  laffen,  h)eld^cr  bie  äft^c= 

10  tifc^e  älnfd^auung  ber  Harmonie  über  bie  et^ifd^e  ©c^ö^ung  ber  Orbnungen  be^  p^ön- 
lid^en  Seben«  ge|t  (Dgl.  3.  gWüHer,  ei^r.  2.  D.  b.  ©ünbe  33.  2  Ä.  4),  fofem  fte  feine 
Sefriebigung  in  ber  enbgiltigen  ©eltenbmad^ung  be^  ©ittengefe^e^,  unb  jjpar  auc^  in  ber 
berurteilenben,  anjuerfenncn  Dermag.  —  SBirb  ju  bemfelben  dnbe  auf  bie  mc^ftenliebe  Der= 
lüiefen  unb  in  bem  ffiiffen  um  ben  ©tanb  ber  SSerbammten  eine  jrübung   ber  ©eligfeit 

15  für  bie  (Srlöftcn  angenommen,  fo  bilbet  ba^  genau  jugefel^en,  feine  neue,  felbftftänbigc 
Snftanj  neben  ber  foeben  erörterten.  6^  fann  \xä)  mit  ber  ©eligfeit  ber  ©rlöften  nic^t 
anber^  Derl^alten  ate  mit  berjenigen  ©otte^,  benn  Don  il^nen  toirb  gelten,  toa^  2)ante  in 
tieffinnigem  Silbe  fagt.  ^n  feinem  ^arabicfe  fc^auen  bie  SSoüenbeten  aüe  lebiglid^  auf 
©Ott  unb  in  feinem  ^erxen  fd^auen  fte  aße  35inge  fo,  toie  fie  ftc^  bort  f})iegeln.    ©ehjife 

2oh)irb  im  öoüften  SKa^e  für  bie  ©eligfeit  gelten:  toer  n\ä)i  l^affet  SSater,  S3ruber  u.  f.  h). 
£c  li,  26. 

SBenbet  bie  Setrad^tung  ftc^  bem  ©tanbe  ber  3SerIorenen  gu,  fo  ift  bie  grage  nac^ 
bem  Ort  Diel  erörtert.  SSgl.  b.  a.  ©e^enna  Sb  VI  ©.  418.  ©0  gciüife  „$tmmel" 
in  ber  enthjidtelten  neuteftamentlic^en  ©J)rac^e,  tt)o  bon  ©Ott  unb  unferer  Sejie^ung  auf 

25  \i)n  bie  Siebe  ift,  mä)i^  anbere^  bebeutet  aU  ©tätte  ©otte^  unb  ungehemmter  ©otte^näl^e, 
fo  geh)i^  fann  |)ötte  in  bem  l^ter  Dorfommenben  ©ebrauc^e  nur  fagen  tooBen:  enbgiltigc 
©d^eibung  Don  ©Ott,  unb  bamit  35afein  in  einetn  3wftanbe,  ber  bem  Seben  im  biblifc^cn 
©inne  gerabeju  entgegcngefe^  ift.  Über  bie  ÖrÜid^feit  ift  e^  bergeblid^,  nad^juftnnen, 
ba  un^  aUe  ^uJittel  fel^Ien,  um  un^  ben  ©tanb  ber  3)inge  jenfeit  ber  je^igen  ©innlic^fcit 

30  borjufteHen.  Damit  Jjflcgt  man  bie  ^age  nac^  ber  !^etbK(^fcit  in  3wf<^"^w^^n^ö"0  i^ 
bringen.  Wan  ftü^t  fic^  auf  bie  biblijc^en  Slugfagen  über  bie  allgemeine  Sluferhjccfung 
(Sbll  ©.  221,r,ff.),  gerät  bann  aber  in  gro^e  ©d^toierigfetten.  3)enn  für  bie  Seiblic^feit 
ber  ©lieber  ßl^rifti  ift  ber  Slnl^alt  an  feinem  ätuferftel^ung^leibe  gegeben,  lüä^renb  ba^  für 
bie  Seiblic^feit  ber  SSerbammten  böUig   fel^lt.    3)a^er   bt\Uf)t  Diel  ©c^toanfen   barüber, 

85  toelc^en  Seib  fte  bei  ber  2lufertt)edfung  erhalten  foHen,  ob  ben  alten,  ober  einen  geiftigen, 
bem  geiftlid^en  Seibe  ber  (grlöften,  freilid^  unter  entfc^eibenber  SSerfc^icbenl^eit  äl^nlic^en ; 
ob  fte  benjelben  nur  erlangen,  um  feiner  fogleid(i  im  gtueiten  3:obe  lieber  beraubt  ju 
luerben,  ober  ob  fie  il^n  behalten,  bamit  er  Ipen  anö^  äufeerlid^e  dualen  Dermittele;  fo 
namentlich  bie  ältere  35ogm.   (^.  ©c^mib,  2)ogm.  ber  eD.-lut^.  Ä.  §  (i?  91.  4;    §ej)j)e, 

4o3)ogm.  b.  eD.  ref.  Ä.  ©.  518  f.).  2)a  bie  neuteftamcntltc^en  äuöfagen  rürffid^tlic^  biefer 
Dualen  unDcrfennbar  bilblic^  finb  (f.  b.  31.  ©el^enna  ©.  421),  ber  nagenbe  SQäurm 
(3Kc  9,  48  gef  66,  24)  aber  übertoiegenb  auf  ba^  3"*^^^  bejogen  h)irb,  fo  ift  l^ier  über 
bie  fieib^aftigfeit  getoife  nic^t^  ©teuere«  pi  getoinnen.  Die  ©cfc^ic^te  Dom  armen  Sajaruö 
fann  um  fo  Weniger  in  Setrac^t  fommen,  al^  ber  „©c^oo^  älbra^ame"  (einenfaß^  feine 

46  3Sorauöfefeung  an  ber  leiblichen  2(uferftel^ung  nad^  bem  ©erid^te  l^at.  3lu^  toirb  anerfannt, 
ba^  ba^  vi%  nirgenb  auf  eine  anbere  Seiblid^feit  atö  biejenige  ber  S3rübcr  ß^rifti  eingeigt ; 
e^  toirb  mithin  ein  3*^^*M  ^n  einer  Seiblic^fett  anberer  berechtigt  bleiben.  %üx  toeitcrc 
SSeftimmung  be^  äwf*^'^*^^^  ^^^  f^^  ^^^  bogmatifc^e  ^l^antape  abgemül^t,  inl^altreid^e  3üge 
m  erfinnen,  ol^nc  bo^  in  bie  3tbh)ege  ber  mittelalterlichen  materialiftifc^en  Draftif  ju  Der- 

50  faßen.  Daö  faltbare  lafet  ftc^  auf  ben  ©runbjug  ber  fog.  poena  damni  jurüdfül^ren. 
Äommt  bie  Verfehlung  be^  Sebenöjtoecfe^  in  bem  unaufl^ebbaren  3h>iefpalte  jlüifd^en  feiner 
unabmeieltc^en  (jrfenntniö  unb  ber  i^m  DöBig  lüiberfpre^enben  SSJirflic^feit  ju  Sehjufetfein, 
fo  ift  barin  ein  unermc^lic^e^  ßlenb  au^efagt.  6«  fann  nac^  ben  Derfc^tebenen  ©eitcn 
ber  menfd;lid^en  anläge  jur  ©otte^gemeinfcj^aft,  jur  ßl^arafterDoBenbung  unb  jur  £iebe^= 

65  gemeinfcbaft  mit  gleichartigen  ^erfonen  au^einanbergelegttoerben;  aber  e«  bleibt  tm  ©runbe 
baö  eine  unb  felbe;  —  biblijd^  —  ein  Dafein  ol^ne  Seben,  im  einigen  ^obe,  toeil  ävä- 
•&Efxa  djTo  Tov  xQioTov  9lö  9,  3;  ©a  5,  4.  ©erabe  barau^,  ba^  auc^  bie  ©c^cibung 
Don  ©Ott  burc^  ben  öeitemittler  Dermittelt  erfd^etnt,  bürfte  m  folgern  fein,  biefer  Xob, 
ber  ba^  ©efc^idbtlicb-^erfönlic^e  angebt,  fc^liejie  nid^t  bie  Sluftebung  be^  Dafein^  in  fic^. 

60  ©egen  biefe  Slnna^me  toeift  man  noc^  auf  bie  biblifc^n  ©teilen,  toelc^e  bie  Sefeitigung 


^Bli^nfihrafen  ^ofaitcr  211 

be«  ^obc«  ate  gtel  bcr  ^cilggcfd^td^te  bejetc^nen  1  Äo  15,  26;  bgl.  Dffb.  20,  14.  Die 
Ie|tc  unterfd^eibet  ben  jtociten  SEob  öon  bcm  erften,  unb  jtoat  fo,  ba^  bie  SScrfenhina 
öon  2:0b  unb  ^abcMammt  ben  SSertoorfenen  eben  bicfen  jtDeiten  %ot>  au^moc^t;  e«  ift 
beuütd^  «n  bilbfic^er  Siugbrucf  für  bie  Unterfc^cibung  be^  borläufigen  S^obc^ftanbe^  bon  bem 
enbgUtigen.  ^m  1  Äo  l^anbelt  e^  fic^  um  ben  lob,  ben  legten  ^inb,  nur  infofem,  ol^  5 
er  mai)t  über  ol  rov  xQ^^^ov  ^at  bgl.  93.  54  f.  §icr  lommt  e^  barauf  an,  einjufe^en, 
bafe  2:0b  jumal  im  31%  nic^t  bie  Slufl^ebung  be«2)afein«  bebeutet,  fonbem  ba^Segentetl 
bon  Seben,  fofem  biefe«  SQäort  bag$cil«gut,  ein  ©ein  in  ber  ©otte^gemeinfc^ft  bgeic^net 
bgl.  6remer,  S3.  tl^.  SBb.  ©.  450  f.  —  J)er  3Serfu4  ein  folc^e«  SJafein  borjjufteUen  er^: 
öffnet  freiließ  eine  Slu^ftc^t,  um  ben  ©inn  fc^toinbeln  ju  moid^en,  unb  nur  erträgtid^,  toenn  10 
man  fie  an  ber  erl^obenen  ®rö^e  mifet,  mit  toeld^er  SBcrt  unb  SSerantttJortlid^Ieit  ber  fttt^ 
fielen  ^Perfönlid^feit  unb  ber  mit  il^r  geftellten  Stufaabe  in  biefer  legten  golge  l(;erau«tritt 
SQäirb  bieje  33eftimmung  ate  bie  entf<^eibenbe  anerfannt,  bann  läfet  fic^  auc^  über  ba^ 
ajerl^ältni^  ber  SSerbammni«  ju  bem  lobe^ftanbe  ber  nic^t  ©rlöften  big  gum  ®eric^te  ur« 
teilen.  35ie  SSertoanbtfdS^aft  liegt  in  bem  damnum,  ber  tl^atfäc^lid^en  ©otte^feme  unb  is 
bem  34)be«ftanbe.  35ie  jtoeifellofe  Unterfc^iebenl^eit  liegt  in  ber  bollen  Setoufet^eit  biefe« 
5KangeIg  unb  bem  S3ett)ufetfein  um  bie  unbebingte  ßnbgiltigteit ;  beibe^  ift  burd^  bie  @t' 
fal^ng  be^  ©nbgerid^te«  bermittelt  ju  beulen.  ©d^Iie^lid^  ift  noc^  erörtert  loorben,  ob 
eine  SSerfc^iebenl^eit  ber  ©trafen  nac^  ®rab  unb  3lrt  anjune^men  fei.  ©in  §inh)eig  auf 
jübifd^e  3lnf Aauungen  über  bie  berfc^iebenen  ©ebiete  be«  §abei8  fann  fetbft  unter  S3e*  ao 
rufung  auf  £c  16,  19  f.  nid^t  berfangen;  ift  boc^  in  biefer  äu^malung  ber  jcnfeitigen 
33ergeltung  nur  bon  einer  ©c^eibung  jtoifd^en  Seftraften  unb  93efcligten  bie  Siebe,  unb 
bamit  fäHt  jebe  Slntuenbung  auf  ben  ©tanb  enbgiltig  Serbammter  bal^in.  @g  toirb  barüber 
tool^l  JU  urteilen  fein  toie  über  bie  ©tufen  ober  ®rabe  ber  ©eligleit  (f.  b.  31.  unb  SBiffenfc^. 
§  798  b).  (Sine  fc^ärf ere  ©rtoägung  toirb  barauf  fül^rcn,  bafe  bie  aüm  gemeinfame  poena  25 
damni  ft^  in  ben  einzelnen  ebenfo  inbibibueU  geftalten  toirb,  aU  e^  }ubor  mit  ber  ©ünbe 
unb  ber  Änec^tung  unter  fie  ber  %ciä  geloefen  ift. 

SSielfac^  tourbe  barüber  ber^anbelt,  ob  ^S^fu^  in  feinem  geiben  fteffbertretenb  bie 
§ößenftrafen  getragen  l^abe.  ©ofem  in  il^nen  nur  ba^  Sottmafe  ber  unausbleiblichen 
§oIge  ber  ©ottloftgfeit,  bie  unbebingte  ©otteSferne  ju  erfennen  ift,  toirb  baö  anjuerfennen  30 
fein  (Ääl^Ier,  2)ogm.  3^^-  2  ©.  385  f.).  SBirb  aber  babei  in  äußerlicher  SBeife  gemeffen 
unb  gejät^lt,  fo  barf  —  eriftifc^  —  eingetoenbet  toerben,  baß  er  nid^t  fteDbertretenb  ge* 
tragen  l^^aben  fönne,  toaS  bie  Serbammten  tl^atfäc^Iic^  jelbft  an^\^\ttifm  l^aben,  toä^renb 
jene  ©trafen  ben  ßrtoä^Iten  nie  jugebad^t  finb  (ebb.  ©.  410  f.).  Süenn  man  aber  aipo^ 
fataftatifc^  beult  ober  bie  Vernichtung  ber  Sertoorfencn  ertoartet,  bann  fäUt  biefe  5^age  35 
fclbftberftänblic^  in  fid^  jufammen.  3».  mt^ltt. 

$ofatfer,  Subttjig,  geft.  1828,  unb  SBil^elm,  gcft.  1848.  —  3ur  fiittcratur: 
fiubu).  4)ofacferä  ^^frcbigten,  ©tuttgart,  ©tcinfopf,  42.  «up.  1892;  SIu«gcroä^Uc  ^rebigten, 
herausgegeben  oon  gr*  6emmann,  ^ipiig  1892;  (StbauungS«  unb  (S^ebetbuc^,  ^erauSgeg.  oon 
@.  ÄIctt,  5.  «bbrurf,  ©tuttgart  1893 ;  Öubwlg  C)ofacferS  ficben,  üon  %.  ^napp,  ©eibclbcrg,  40 
föinter,  5.  ?lufl.  1883  •  6.  ^2luf(.  ©altu.  1895 ;  9i.  i«effelmann,  »u«  bcr  ^rebigtcn,  (Slbcr* 
fclb  1862,  (5inleilunfl;33römel,  ^omil.  e^oraltcrbilbcr,  »erlin  1869 ;  SBil^elm  ^ofacferS  ^re* 
btgten,  mit  'äWitteilungcn  über  feinen  fiebenSgang,  ^erausJgeg.  uon  Slopff,  Stuttgart,  3.  ^uff. 
1880 ;  ©ilft.  ^ofacfcrö  fieben,  t)on  feinem  @o^nc  Subiuig  ^ofacfcr,  Pfarrer  (ber  ouc^  bcm 
Unterzeichneten  in  banfcnSmcrter  ©eife  (Sinficftt  in  bie  ()interlaffcncn  93riefc  ber  SBeiben  u.  f.  ro.  45 
geftattcte),  Stuttgart,  ©teinfopf  1872. 

Subtoig  unb  aBilj^clm  §ofader,   ein  felteneS  Srüberj)aar,  an  fir^engefc^id^tlic^er  SSe^ 
beutung   allerbingS   nic^t   mit  bem  ber   alten  griec^ifd^en  Äird^e,   ©regor  unb  S3aftliuS, 
JU  bergleic^en,    aber  boc^,  toaS  tiefge^enbe  3Birffamfeit  für  baS  Äeil  bon  ^^aufenben  bes 
trifft,  in  aller  ©tiHe  c^riftlic^  einflußreicher,  als  manche  bielbefprocpene  gelben  ber  Äirc^-  50 
gefd^ic^te. 

©c^r  berfd^ieben,  toie  2lrt  unb  g^arafter  i^rer  ^erfon  unb  ?Prebigth>eife,  ift  auc^  ber 
®ang  i|>reS  SebenS.  fiubtoig  §ofarfer,  geboren  15.  Slpril  1798  gu  SBilbbab,  SBillS^elm 
.^ofoder,  geboren  16.  gebruar  1805  ju  ©ärtringen,  erhielten  bon  il^ren  ©Item,  Äarl 
^ebric^  §ofarfer,  gule^t  ©tabtpfaner  unb  3)efan  ya  ©tuttgart,  unb  ^eberile,  gebome  55 
Klemm,  eine  emfte  unb  ftrenge  (Srjie^ung,  obgleich  burd^  ben  ed^t  fAioäbifd^en,  gemütlid^ 
l^eiteren,  mand^mal  berb  l^umoriftifc^en  ®eift  beS  Familienlebens  alle  eigentliche,  toel^e« 
t^uenbe  $ärte  berbannt  blieb.  SubioigS  SebenSlauf  ift  furj,  burc^  eine  plö|lid^e,  rüdt^alt^ 
lofe  SSelebrung  in  jtoei  ganj  berfd^iebenc  $älften  geteilt,  immer  aber  gefcnngeid^net  burifc 
einen  Iräftigen,  fantigen,  fein  ^\il  rüdtfic^tSloS  unb  gerabeauS  berf olgenben  Sl^arafter.  6rft  «o 

14* 


212  ^ofaiter 

mit  bem  bierjclj^nten  Scben^jal^te  für^  ©tubium  beftimmt,  cntngt  er  [xä)  burd^i  cifernen 
gict|  bic  3lufnal^mc  in  ba^  6eminar  ©d^önt^ol,  baö  er  ein  3^1^^  fi>ät^  ^^^  t>^»n  ju 
Slaulbronn  unb  im  $erbft  1816  mit  bem  ©tift  in  Tübingen  bcrtaufdS^t.  ^trei  S^i^re 
long  ift  er  ^ier  ein  jtoar  leinen  groben  Unarten  bienenber,  ober  gon^  toeltmäfeiger,  flotter 

6  ©tubent,  ober,  toie  er  felbft  fagt,  „ein  Äned^t  be«  RtxU  unb  ©tubentengeifte^,  bem  bic 
SQ3ei«^eit  biefer  SQäelt  boUenb«  ben  Rop\  Derrücfte".  mtt  fc^on  al«  ISjä^riger  Jüngling 
toeife  unb  belennt  er:  „i^  mu|  midj^  belel^ren",  unb  bod  tl^ut  er  im  $erbft  1818  in 
^)aulu^artiger  SBeife,  er  toirb  mit  rafd^em  S3ru(^  ein  entfc^iebener  ßl^rift,  ein  „^ßietift", 
tl^ut  fic^  iix  ben  frommen,  ift  längere  3rit  in  ©efa^r,  fc^toärmerifc^em,  namentlich  SöJ^me= 

10  fd^em  SDl^ftiji^mu^  gu  berfaÜen,  bleibt  lange  in  gefe^lic^er  ©fru^jiilofiiät  gefangen,  bi«  er 
enblic^  3ur  ^ei^eit  ber  Äinbcr  ®otte«  burc^bringt  im  ©lauben  an  ^^wm,  ber  il^m 
immer  in  3inj^borffif(^er  SQSeife  ate  ba^  iJamm®otte^  öorälugen  fc^toebte  unb  im^erjen 
lebte.  Slber  fdS^on  in  Tübingen  beginnt  oudb  bie  l^arte  ©(^ule  be«  Äreuje«,  roeldj^e  biefer 
frül^gereifte  S^ngling  burd^laufen  foHte,  ein  «o})fnert)enleiben  nötigte  i^n  öfter,  in  ber  SSer^ 

15  toaltung  bed  geiftliqen  älmte^  }u  ))au{teren,  ba$  er  old  Sitar  in  ^lieningen  unb  ©tutt- 
gart,  jule|t  atö  ^^Jfaner  in  Slieling^^aufen  bei  SWarbac^  öom  1.  3uli  1826  bi«  18.  5Ro= 
öember  1828  belleibete.  2^ufenbe  ftrömten  bon  loeit  l^er  feinen  ^rebigten  m,  unb 
S^aufenbe  l^aben  in  i^m,  toä^renb  feine«  jufammen  nur  4Vjiä]^rigen  SBirfen«  auf  6rben, 
unb  nad^  feinem  Xobe  burd^  fein  in  l^unberttaufenben  bon  @|em))laren  in  ber  falben 

20  2Belt  Verbreitete«  ^rebigtbuc^  il^ren  geiftlt<^en  9Sater  unb  ^ü^er  gefunben.  3lad)  l^artem 
Setben,  mit  ben  ©orten  „^eilanb,  §eilanb"  auf  ben2i})t)en,  ftarb  er,  nur  30  Sa^re  unb 
7  SKonate  alt,  ein  eöangelifc^er  freitoilliger  ßölibatär,  ein  „3^8^"/  ^^^  ^^^  Äir^e  loenigc 
gefe^en  l^at. 

3n  rul^iger,  fteter  ©nttoidfelung  berflie^t  bagegen  ba«  2eben  be«  jüngeren  ©ruber«, 

25  aSil^etm  ^ofadfer.  SSon  änfang  jur  3:^eologie  beftimmt,  fd^on  im  ©^mnafium  in  ©tutts 
gart  burc^  oHerl^anb  @inflüffe,  namentlich  ben  be«  ebrtoürbigen  ^riDatle^rer«  l^eremia« 
glatt  (bem  9lnapp  ein  fd^öne«  2)enlmal  gefefet  l^at)  cpriftlid^  angeregt,  bei  feiner  Äon= 
firmation  t)ofitib  ertoetft,  bann  burt^  feinen  Sruber  Subtoig  im  entfc^iebenen  G^riftentum 
immer  neu  ermuntert  unb  befeftigt,   füi^rt  SBil^elm   fd^on   auf  ber  Uniberfität  1823—28 

80  einen  c^riftlid^en  ffianbel.  ©ein  Se^rer  unb  nachmaliger  ©d^loager,  ber  befannte  neutefta= 
mentlid^e  3:^eologe  Dr.  ©d^mib,  feine  greunbe  93edE,  Äa))ff  u.  a.  finb  mit  il^m  in  biefem 
©treben  eng  berbunben,  baneben  aber  jeigt  ber  aUfeitiger  al«  Subtoig  begabte  Jüngling 
nid^t  blo^  ben  regften  ioiffenfd^aftlidffen  2^rieb,  ber  il^n  g.  33.  an  ©c^leiermac^er«  aOSerfen 
biel  finben  lie^   (fc^reibt  er  boc^  bei  beffen  Sobe^nac^rid^t :    „ic^  fegne  feine  älfc^e,  benn 

86  er  bat  auc^  mir  an^  ber  ä9egriff«bürre  l^erau«ael^olfen'0/  fonbem  aud^  {ein  äft^etifc^e«  äSe- 
bürfni«  unb  Talent  fudj^t  er  möglic^^ft  ju  befriebigen  unb  au«jubilben.  3lad)  au«gejeic^= 
netem  (gjamen  toirb  er  für  ac^t  SKonate  SSilar  feine«  hänfen  Sruber«  unb  Dertoaltete 
ebenfolang  nac^  beffen  lob  fein  ^Pfarramt,  begiebt  fid^  bann  auf  feine  loiffenfc^ftlict^c 
fianbibatenreife,  too  er  namentlid^  bei  f^ebr.  Ürummad^er  biel  gelernt  }u  l^aben  betennt. 

40  3)enn  toö^renb  e«  fiubtoig  „erbärmlid^  öorfommt,  toenn  fo  ein  Äanbibat  in  ber  SBelt 
j^erumftoljjert  unb  ftc^  alle  berühmten  Seute  auf  bem  ^^d  ^ält  unb  bon  einem  jum 
anbern  gel^t,  um  ju  ^tcn,  ob  er  rebe  toie  ein  üKenfc^",  pnbet  aSill^elm  „einen  ^avlpU 
getoinn  einer  fold^en  Sleife  barin,  bafe  man  ettoa«  fe^en  barf,  baöon  einem  ba«  $crj  auf= 
ge^t,  e«  toeiter  unb  größer  unb   ber  innere  £eben«Iem  unenblic^  gelräftigt  toirb".    3"^ 

«ga^re  1830  trat  SQSil^elm  in  ba«  9le>)etentenIollegium  in3^übingen  ein,  too  er  tro$  feine« 
feinfoHenben  J)ietiftifc^en  ^anati«mu«  boc^  burc^  feine  §eiterfeit  unb  toiffcnfc^aftlic^e  iüc^= 
tigfeit  ftc^  allgemeine  äld^tung  ertoarb.  @inen  9luf  an  bie  Uniberfttät  Harburg  fc^lug 
er,  um  feine«  geifte«franfen  SSruber«  9Kaj  toiüen,  beffen  ^Pflege  er  glaubte  fein  §au« 
öffnen  ^u  muffen,  au«,    unb  tourbe  1833  3)iaIonu«  ju  Saiblingen,    al«  toeld^er  er  ftd^ 

60  mit  Sutfe  aSed^erlin  öerel^elid^te,  gab  mit  Äaj)ff  unb  $ofmann  1834  eine  ?Prd)igtfamm5 
lung  ju  gunften  ber  ©emeinbe  2Bil^elm«borf  l^erau«,  tourbe  1835  3)taIonu«  an©t.£eon5 
l^arb  ju  Stuttgart,  aU  toelc^er  er  neben  ungemeiner  Slrbeit  in  Äird^e,  ©c^ule  unb  ©eel- 
forge  (über  7000  Seic^tfinber  ^ten  fid^  bei  il^m  einfc^reiben  laffen !)  1840  mit  Dr.©c^mibt 
ein  ^Prebigtbuc^,  ,,3^0niffc  ebangelifc^er  SJBal^r^eit",  ebierte,  ju  berfelben  3eit  gegen  3Wärf= 

55  lin«  ffritif  be«  5pieti«mu«  ein  „8efenntni«  unb  SSerteibigung"  ju  gunften  be«  $ieti«mu« 
fc^rieb,  1844,45  mit  mel^reren  Kollegen  ?Prebigten  gegen  be«  Sft^etiler«  SBifc^^er  afabe- 
mifc^e  3lntritt«rebe  brucfcn  liefe  unb  1842—43  in  ber  Äommif fion  für  eine  neue  toürttem^ 
bergifd^e  Siturgie  mitarbeitete.  Unter  biefer  SKenge  bon  Slrbeit  brad^  enblid^  Der  ilörper 
jufammen,  unb«am  lO.äuguft  1848  ftarb  er,  toie  ÄnciJ)})  fagt,  al«ein  „prft®otte«,  SBorte 

qo  be«  etoigen  Seben«,  befonber«überba«töni0lic^e^o^c|)neftertum:3^fu^^f^i  ^uf  ben£i))))en''. 


^ofaiftr  213 

3Kcm  fielet  auf  bcn  erftcn  S3Iic!,  bafe  SQäUl^elm  ^ofocfcr«  aOBirffamfcit  tool^I  eine  ötel« 
fettigere;  aber  aud^  leine  fo  gen^altige  getoefen  ift,  h)ie  bte  Subtuigd.  &nä)m  h)ir  juerft 
Subtuig  ^^i'f^^^  ^(^  ^rebiger  )u  d^aratterifteren,  fo  tonnte  bie  ungel^eure  äBtrffamfeit 
biefe«  Jüngling«  auffällig  erj^einen,  ba  er  bei  oller  guten  Begabung  bod^  nid^t^  au|ers 
orbentlic^eg  an  S^alent,  gefc^toeige  ein  djriftlid^eg  ®enie  getoefen  ift.  2luc^  feiner  ^ßrebigt«  6 
toeife  merft  man  e«  fofort  an,  bafe  e^  ^toar,  mit  3?effe[mann  ju  reben,  „ein  ©eiüaltiger 
ift,  ber  l^ter  rebet,  aber  ein  fold^er,  bem  nid^t  geit  gelaffen  toar,  erft  burc^  Übung  aWeifter 
ju  toerben".  Slber  ba^  mu^  jebem  ©e^er  unb  $örer  unmittelbar  Har  toerben,  ba^  l^ier 
ou^  bem  Seben  unb  für  ba^  Sebcn  mit  geben^Iraft  ge})rebigt  toirb.  ®er  ©temjjel  eigenfter 
perfönlid^fter  2eben«erfa^ng  unb  Seben^überjeugung,  ber  l^eiligfte  unb  rüdf^alt^  toie  rüdf-  lo 
fid^t^lofefte  @ifer  für  ba^,  toa«  ij^m  unbebingte  unb  alleinige  ffia^rl^eit  ift,  ift  allem  auf* 
getfn:ägt;  alle  SRac^e,  aUed  ftubierte,  manirierte,  fc^ematifierte  ift  ferne;  tt>ad  im  üRittel- 
alter  einem  SertBolb  bem  ^anji^Ianer,  tua^  in  ber  Sleformation^jeit  t)or  allem  Sut^er 
feine  Äraft  unb  SBirffamfeit  gab,  ba«  giebt  ftc  audj  2.  §ofac!er :  bie  lebenbige  Unmittel* 
barleit  i^rer  ^rebigt  SSebenlt  man  nod^  hierbei,  bafe  bie  geit,  in  toeld^er  2.  ^ofadfcr  i6 
))rebigte,  gerabe  biefe  $rebigth)etfe  faum  me^r  gemöl^nt  h)ar,  ba^  man  itoax  bie  fetd^teften 
©eftolten  bed  Stationaltömu«  unb  ©uf)ranaturaltömu«  hinter  fic^  ^ttt,  aber  nur  um  bie, 
in  ii^  SlBeife  \a  auc^  berechtigten,  „feinen"  ^ßrebigten  ä  la  Sleini^arb  ober  aud^  ©c^leier» 
mad^  —  Slaud  $arm«  lam,  iebenfaH«  bamal«,  für  ben  ©üben  2)eutfd^lanb«  faum  in 
Setrac^t  —  ju  l^ören,  fo  ift  e«  fein  SBunber,  ba^  fic^  faft  ettoa«  toie  revivals  an  2.  $ofs  20 
odfer«  aSort  fnüj)ften. 

©uc^en  toir  aber  2ubh>ig  §ofadfer«  ^rebigttoeife  naiver  ju  ffijjieren,  fo  betoe^t  fid^ 
i^r  Snl^alt  faft  einjig  um  jene^Äinjenborfffc^e:  „tc^  l^abe  nur  6ine  ^Paffton,  bie  tft  ®r, 
nur  ®r".  ©ünbe  unb  ®nabe,  oa«  ift  fein  ®in  unb  Sllle«.  ©eine  ©tärfe  ift  einmal, 
ba«  ©ünbenberberben  in  feinem  ganjen  3^""»"^  ergreifenb  ju  fc^ilbem,  bie  ©ünbe,  na«  26 
mentlid^  bie  ©elbftgerec^tigfeit,  bi«  in  il^re  legten  ©d^lut)ftt)infel  ^fl^c^ologifc^  unb  t)raftifd> 
JU  berfolgen,  al«  ein  echter  ^o^^nne«  Sufee  ju  t)rebigen.  3)abei  bebient  er  ficb  nic^t  fo* 
tool^l  be«  ©efefte«  ol«  eine«  naidaycoydg  elg  j^Qiatdv,  fobafe  er  tttoa  (h>ie  bie«  j.  S9. 
33ed  in  Tübingen  in  mufter^after  3ßeife  t^at)  bte  öerfc^iebenen  Seftrebungen  eine«  eblen, 
gerecht  fein  tooUenben  ß^arafter«,  bie  nic^t  jum  ßiele  be«  ^eben«  fül^ren,  fc^ilberte  ober  so 
gar,  ganj  in  Bud^tmeifter^Silrt,  junäc^ft  aufforberte,  ba«  ®efe|  ju  l^alten,  um  bann  bon 
ber  Unmdglic^feit  ber  @rfüllung  au«  auf  S^riftum  m  leiten,  ^a«  toäre  für  il^n  ein  )u 
toetter  Umtoeg:  „ic^  gel^e",  fc^reibt  er,  „im  ©turmfd^tt  auf  bie  ©eelen  lo«",  er  fu^t 
ganj  unmittelbar  bie  2eute  bon  il^rem  Serberben  ju  überfül^ren,  toirft  nic^t  fotool^l  auf  bie 
©rfenntni«,  al«  auf«  ®eh)iffen  unb  ©efül^l,  toobet  er  auc^  —  ba«  muffen  toir  geftel^en,  er  86 
felbft  tft  fid^  beffen  aber  nid^t  betonet  —  Übertreibungen  nic^t  bermeibet  unb  in  einer 
mand^mal  an^  SKetl^obiftifd^e  ftretfenben  SBetfe-  ben  Sibgrunb  jtoifd^en  Sefe^rt  unb  Un* 
bele^  mögli<Mt  grofe  mac^t  (bgl.  j.  8.  bie  ^ßrebigt  3tx.  47 :  „SJer  ©ienft  ber  ©ünbe 
unb  ber  ©eredptigfeit").  ^n  ber  ©c^tlberung  ber  ©ünbe  ^ält  er  \\d)  fonfret,  greift  einzelne 
©ünben  berb  an,  aber  teil«  fann  man  aud^  l^ier  bod^  manchmal  ba«  ®efü^l  ber  Üeber«  40 
tretbung  ntc^t  ganj  abfc^ütteln  (fo  ).  9.  in  ber  berühmten  ^o(^)eit})rebigt  gegen  Xanj^ 
^o(^jeiten,  f.  Rnapp  ©.  136),  teil«  fe^ren  bod^  immer  toteber  biefelben  aUgemetneren  m&ps 
tigen  $iebe  gegen  bie  ©ünbe,  ol^nc  feinere«  ßinge^en  auf  bte  inbibibueDen  Unterfc^iebe 
unter  ben  ©üiü>en  unb  ©ünbem,  toieber.  ©0  ift  benn  aud^  \a  freiließ,  um  jur  entgegen* 
gefegten  ©eite  überkugelten,  bie  9lnt)retfung  ber  ©nabe  unb  jtoar  ber  freien  unb  ganjen  45 
®otte«gnabc  in  6^fto  bie  ©tärfe  2.  §ofader«,  bie  Serföl^nung  burc^  ßl^rifti  Slut  tft 
ba«  ßentrum  aller  feiner  ?Prebigten ;  auc^  too  er  jum  2:eil  in  ergreifenb  fd^öner  3Betfe, 
anberc  ©eiten  am  SSilbe  ^n  fc^ilbert,  j.  8.  güge  an^  bent  irbifc^en  2eben  3efu,  toie  bo« 
SBetnen  über  Serufalem  ($rebigt  3lt.  50),  bre^t  ftc^  bo<^  juld^t  alle«  um  biefe«  (Sine, 
hxi  ba«  ©ünbererbarmen  3«fu.  Unb  getoife  fd^eibt  ftc^  ber  gro^e  ©nbrudf  feiner  ^ßre*  so 
bigten  namentlid^  auc^  babon  l^er,  bafe  er  immer  unb  immer  biefe  eine  ßentraltoal^^ 
treibt  unb  biefe  fetlartig  in«  ^erj  l^ineinjufenfen  berftel^t.  Slllein  ber  nüd^teme  ^omile« 
tifer,  ber  bod^  nur  barin  bie  rechte  ^rebigttoeife  finben  fann,  bafe  ba«  ganje  ®otte«toort 
ju  feinem  SRed^te  fommt,  bermifet  boc^  auc^  in  biejer  Sejie^ung  ba«  6ine  unb  Snbere. 
9lid9t  nur  toirb  l^ie  unb  ba  in  ^tnjenborfffd^er  3lrt  ber  Sater  neben  bem  ©o^n  in  ben  hinter*  66 
grunb  gepellt  (bgl.  bie  unbibltfd^en  3lu«brüdfe  in  ?Prebigt  9lr.  50:  „unfer  ©c^öt)fer,  unfer 
$err  unb  ®ott  —  ^at  getoeint"),  nid^t  blofe  treten,  toa«Srömel  (l^om.  6^ar.  I,  ©.  154) 
befonber«  tabelt,  bie  objeftiben  ®nabenmittel  unb  i^e  Sebeutung  jiemli^  jurüdf,  jonbem 
6aut)tfäc^lid^  in  feiner  3)arftellung  ber  Slneianung  be«  in  ßl^rifto  erfd^ienenen  $eil«  fel^lt 
"trjgefagt  ba«  9Jloment  ber  ©nttoicfelung  faft  ganj.   ®«  ift  ein  „©^)rung",  ben  ber  tl^ut,  eo 


214  ^ofatfer 

bet  ßläubig  toirb;  unb  toenn  aud)  $.  natürlid^  fe^r  gut  hjctfe  unb  fagt,  bafe  bic  auf  bic 
Stcd^tfcrtigung  folgenbc  ßeiligung  ein  Äampf,  alfo  ein  ^voje|  ift,  biefe  aHmöl^licl^c  äu^= 
geftaltung  be^  ©^iftenleben«  tritt  bod^  neben  ber  Segrünbuug  be^felben  fe^r  jurüd.  SKit 
mufter^after  Ärofl  bringt  er  auf  bte  ©ntfc^eibung  für  ß^riftum  mtber  bie  SQSelt,  leidet  aber 

6  fommt  ber  (ginbrucf  ju  ftanbe,  afe  ob  bamit  aHe^  ^tti^an  tuäre.  dagegen  lönnen  tpir 
Srömel  nid^t  beiftimmen,  luenn  er  fagt :  §.  fül^re  nur  jum  ß^arfreitag,  nid^t  p  Dftem, 
laffe  alfo  nit^t  ju  Dotier  c^riftlidS^er  tJreubigleit,  fonbern  blofe  ^ur  ©el^nfud^t  nad^  §eite- 
getoife^eit  fommen.  3^en  gtieben,  bie  ©eligfeit  einer  begnabigtcn  ©eele  l^at  ^.  fo  gut  toie 
6iner,  l^ie  unb  ba  faft  übertreibenb,  gefc^ilbert.    35oc^  erlaubt  ber  Staunt  nic^t,   toeitere^ 

10  über  ben  ^l^l^alt  feiner  ^rcbigten  ju  fagen.  3?ur  ein  furge^  SBort  über  i^re  S^orm.  §. 
ift  ein  SBolförebner  im  eblen  ©til,  ^)a(fenb,  braftifc^,  lebenbig  unb  fräftig,  mc^  berb,  ^ic 
unb  ba  faft  ju  berb,  tjgl.  (5Prebigt  3?r.  29):  „lieber  möc^t  id^  ein  ?Pferb  fein,  ba^  man 
an  feinem  Äanen  ju  SCobe  fd^inbet,  lieber  ein  Stier,  ben  man  mäftet  auf  ben  ©c^lac^t- 
tag,  al^  ein  3Kenfc9,   ber   im  3:ob  feinen  ^eilanb   l^at".    ®abei  fel^It  e^  ni^t  an  ec^t 

16  rl^etorifc^^fc^önen  3Benbungen,  bgl.  j.  8.  ben  einfad^en  ©afe  (^ßrebigt  3ix.  25) :  ,,too  ber 
eigene  %vi^  unb  nur  ber  eigene  ^6  raufest,  ba  loirb  ber  leife,  aber  gewaltige  %xxtt  be^ 
§erm  überhört".  Iro^bem  aber  feblt  faft  burc^au^  bic  le^te  geile,  bie  freilid^  S.  §of= 
acfer  in  ber  Äürje  ber  xl^m  gegebenen  Mi  nid^t  anlegen  tonnte.  6in  anberer  SKangel 
aber,  ber  fotool^l  bie  ^orm  afe  ben  ^r^alt  feiner  ?Prebigten  trifft,  mufe  umfomel^r  betont 

20  toerbcn,  ba«,  mit  toentgen  ätu^nol^men,  ^errfd^enbc  §el^len  aller  eigentlid^en  ©jegefe.  SBo 
e«  in  §ofadEer«  ev  xal  näv,  bie  @4>ilberung  ber  ©ünbe  ober  ®nabe,  J)afet,  nimmt  er 
aud)  be«  3^ejt  genauer  bor,  aber  ber  lejt  an  fic^  ift  il^m  nur  SWittel  uim  Rtoec! ;  in  ibn 
an  fid^  einjufül^ren,  bie  ©d^ftgebanlen  afe  fold^e  ju  enttoidfeln,  ba«  ift  ni^t  feine  ©ac^e. 
Unb  f 0  bleiben  biejenigen  ^örer  ober  Sefer,  toeld^e  nid^t  erft  ben  ®runb  be«  neuen  Seben« 

26  gelegt,  fonbern  barauf  toeiter  gebaut  h)if|en  toollen,  boc^  auf  bie  Sänge  unbefriebigt.  Unb 
ber  einbruc!  geiftlic^er  Sleife,  öoDer  d^nftlid^er  ©eflärtl^eit  unb  §armonie  toirb  {^toerlic^ 
l^ertoorgebrad^t. 

S3eh)egt  ftc^  2ubh)ig«  2eben  unb  SQäirfen  ganj  um  ben  ©egenfa^  bon  ©ünbe  unb 
®nabe,  6^ftu«  unb  SBelt,  fo  ift  SQäil^elm  §ofader«  Seben  unb  ^rebigen,  fo  fel^r  beibe« 

ao  auc^  auf  ber  ßrfa^ng  ber  ®nabe  ru^t,  bo^  fein  fold^e«,  toeld^em  biefer  ©egenfa^  mit 
feiner  Unruhe,  bielmei^r  ein  folc^e«,  bem  bie  Stulpe  unb  Harmonie  einer  me|r  ftetigen 
c^ftlid^en  Snttoirfelung,  berbunben  mit  aDfeitigerer,  auc^  bebeutenber  toiffenfc^aftlic^er  Se^ 
gabung  unb  3lu«bilbung,  aufgej)rägt  ift  6ben  bamit  l^ängt  e«  freiließ  aud^  jufammen, 
ba^  Subtoi^   ein  $elb   unb  Sal^nbred^er  auf  d^ftlic^em  ©ebiet  geioorben  ift,   SQäill^elm 

86  me^  ein  m  ben  getoöl^nlic^en  Salinen  toanbelnber  Se^rer  ber  SQäa^rl^eit,  jener  mel^r 
2ut^er,  biefer  mdfx  SKeland^t^on  )u  bergleic^en.  2Ba«  f^Jejiell  feine  ^rebigten  betrifft,  fo 
ftel^t  auc^  SBill^elm  ^ofarfer  burd^au«,  toie  fein  S3ruber,  in  bem  ec^t^c^riftlid^en  Gentrum 
ber  3Serfö^nung«lel^re.  3luc^  il^m  ift  bie  ®nabe  be«  ©ünberl^eilanb«  ba«  ©in  unb  Stile«, 
auc^  er  toiH  ertoedEen  unb  befel^ren,  aber  er  tl^ut  e«  nid^t  blo^,  toorüber  fogleic^  me^r,  in 

40  anberer  Sorm  al«  fein  Sruber,  fonbern  er  treibt  au^  biefe  aufgäbe  nic^t  fo  einfeitig,  toie 
biefer.  ®r  f<^lägt  nid^t  blo^  immer  auf  ben  einen  ^eil  lo«,  fonbern  enttoidfelt  au$  unb 
forbert  unb  giebt  d^riftlid^e  ßnttoidelung.  6r  bringt  bieHdc^t  nic^t  mit  Subloig«  ©c^ärfc 
immer  in«  innerfte  $erj  unb  ®etoiffen  be«  ©ünber«,  aber  er  toei^  mit  größerer  ))|^os 
logifc^er  ^^einl^eit  ben  ^^^^fS^ft^^^  na^   allen  möglid^en  ©eiten   l^in  ju  fc^ilbem.    @r 

46  toeife  lel^renb  auf  ba«  Rid  l^injufül^ren,  ftatt  blofe  auf  biefe«  ^in^ufto^en  unb  Einzutreiben. 
©0  l^at  er  benn  auc^  für  anbere  c^riftlidj^e  ??ragen,  ol«  nur  jene  centralen,  ©tnn  unb 
Sntereffe,  beleuchtet  auc^  bie  mel^r  pertj)l^erif(Een  fünfte ;  benü^t  er  bod^  j.  S.  in  ber  ^rc= 
btat  3ix.  20  ber  „3eugniffe  ebangelifc^er  SBal^rl^eit"  ben  Xtjct  gaf.  1,  2—12  mit  bem 
I^ema  „bie  2eiben«fd^ule"  bagu,  faft    ein  game«  Heine«  j)äbagogifd^e«  ©^ftem  („©d^ul- 

60  pfii(S)i,  ©c^ulgtoedf,  ©d^ulplan,  ©d^ulflaffen,  ©c^ulfreuben,  ?{5reife  unb  Selol^nungen")  ju 
geben,  ©o  toirb  man  aud^  bon  felbft  ertoarten,  bafe  bie  §orm  bon  SQSill^elm«  ^rebigten 
eine  biel  geflärtere  unb  geläutertere  ift,  al«  bie  Subtoig«.  gür  bie  formelle  3lu«arbeitung 
ber  ^rebigt  lönnen  Homileten  bd  il^m  fe^r  biel  lernen.  (Sr  berfügt  auc^  über  ed^teRunft 
ber  SR^etorif;  manchmal  jtoar  fönnte  man  berfud^t  fein,  bie  natürliche,  oft  berbc  Sl^ctorif 

66  2ubtoig«  ber  feineren,  tunftmäfeigen  aSill^elm«  borgujiel^en,  boc^  ift  ffünftelei  bei  le^- 
terem  fe^r  feiten,  unb  berfügt  er  faft  immer  über  eine  eble  einfache  ©prad^e  unb  2)ars 
ftellung.  S)ie  ©eftaltun^  feiner  ^rebigten  ift  faft  burc^au«  analt^tifc^^f^ntl^etifcb,  toä^renb 
bei  £ubtt)ig  ba«  ©^nt^etifc^e  überloiegt.  ©o  finben  toir  bei  äBill^elm  an6^  h)irftid(i  grünb= 
lic^e«  (Singe^en  auf  ben  iejt  unb  eigentliche  ©jegefe,  toobei  er  in  feinfter  Steife  bie  ein- 

eo  jelnen  Xe^tjüge  ju  bertoenben  h)ei|;   leiber   aber  giebt  c«  boc^  auc^  fe^r  biele  ^rebigten 


t)on  t^m,  Ipcld^e  bie  ßjecjcje  m  fc^r  Dcrmiffen  laffcn  unb  ba^  §omiIienartige  Qan^  in  bcn 
^intcrgrunb  [teilen,  ©einen  Sorfo^,  ben  er,  öon  ^r.  Ärumma^er  begeiftert,  qt[a^t  ^atte, 
,,h)eber  toie  bie  Äat^olilen  in  ben  Xfjct,  nod^  h>ie  bie  Sutl^eraner  (NB  bie  bamaligen)  über 
ben  %ttt,  fonbem  mie  bie  Sieformierten,  an^  bem  2ejt  ju  Jjrebigen",  ^at  er  bod^  ni<^t 
überall  gleic^mäfeiö  burd^iöefül^rt.  3"^»"«'^^i'^  entfernt  er  fic^  mit  bem  allen  fe^r  Don  feineö  5 
SSruberd  Slrt,  3Met^obiftif^e^  l^at  er  nic^t  ba^  öeringfte  an  [xö),  er  iüirb  immer  ein  be= 
lidbter  unb  gefegncter  ^ßrebiger  für  biejenigen  bleiben,  bie  lieber,  ol^  am  braufenben  unb 
rei^enben  SBolbbac^,  an  ben  Haren,  rul^igen  unb  bod^  tiefen  ©etoäffern  eine^  lieblid^en 
See«  fid^  erquicfen.  Unb  toie  Oott  in  ber  9latur  beibe  Duellen  ber  irbijd^en  2eben«= 
frifc^ung  eröffnet  f)at,  fo  fann  fic^  axici^  bie  Äirc^e  nur  banibar  barüber  freuen,  bafe  i^r  10 
biefe  beiben  Slrten  bon  gefunber  geiftiger  ©t)eije  in  biefen  beiben  Srübem  geboten 
fmb.  Äübel  t- 

$offbaitcr^  6lem.  9Rar.  f.  Siguorianer. 

^offmann,  änbrea«  (äottlieb,  geft.  1864.  —  9?a4ftc6cnber  9(vti!cl  ift  eine  be* 
ricfttigtc  unb  burd)  einige  ^anbfcöriftHtfte  ^otijen   erweiterte  9Siebcrl)oIung  meincS  9luffaJcS  15 
,,3ur  erinncrunfl  an  D.  51.  &.  ^offmann"    in  ?3roteft.  Äivcbcnicitung  1864  ^x.  13,  loieber 
abgcbrucft   (aber  fe^lcr^aft)   in  ^IQq.  afabem.  3eitung   1864   9?r.  12.    SJal.  SRcb§(ob   in  ber 
abS3  Xn  571. 

Äoffmann,  ber  1864  geftorbene   el^rtoürbige  ©enior  ber  tl^eologifc^en  ^fultöt  unb 
be«  alabemij^en  ©enate«  be»  Uniberfität  ^^na,  toar  am  13.  ä^ril  1796  ju  SBelb^leben  20 
in  ber  ©rafjj^aft  5Jtan«felb  geboren,    ©einen  ©d^ullurfu«  boßenbete  er  am  Siom^O^ms 
naftum  ju  UJlagbeburg.    Site  )}reufeijc^er  freitoiHiger  ^lationaljäger  jog   er  1813  mit  in 
ben  Äam))f  ber  grei^eit  unb  l^at  mit  feinem  (bem  2. 5u^s2;äger02)etad(iement  alle  ^euben 
unb  Seiben  eine«  SRarfd^e«  erbulbet  bon  Sledenborf  über  Äoblenj,  92anc^,  Serbun,  3?a- 
lencienne«,  üKon«,  9lamur.    ©eine  Uniberfttätöftubien   machte  er  in  paüt  unter  Äna})^),  25 
Slieme^er,  aSegfc^eiber,  SBa^^l,  aber  h>ie  junge  ©ele^rte  an  eine  ^Perfönlic^Ieit  fic^  befonber« 
anmf^liefeen  l^flegen,  fein  iJiebling«lel^rer,  ber  beftimmenben  ßinflufe  auf  i^n  übte  unb  in 
beffen  $aufe  er  lüol^nte,  \t>ax  ©efeniu«.    SSon  ba  ab  tvax  e«  bie  ^)^ilologifc^e  ©eite  ber 
Ideologie,  toelc^er  er  feine  Äraft  toeil^te.    211«  ©tubent   l^at   er  aber  aud)  me^rfac^  ße* 
Jjrebigt  unb  ben  5Prei«  getoonnen  burd^  feine  aibl^anblung  de  remissione  peccatorum.  so 
9im  3^re  1820  tourbe  er  gum  Doctor  philosophiae  ))romobiert,  1821  pro  facultate 
legendi  examiniert,  toorauf  er  1822  burc^  feierlid^e  2)i«i)utation  bie  facultas   docendi 
erhielt.    Sil«  ^aßifc^er  ^ribatbojent  ^ielt  er   im  Ser^ältni«  ju  biefem  '^a^  jal^lreicb  be^ 
fud^te  SSorlefungen  über  orientalifc^e  ©^jrad^en,  borjüglid^  über  ba«  Slrabifc^e.  9lic^t  lange 
^e  er  ^ier  gemirft,  al«  ein  bop^)elter  3luf  an  i^n  fam  nac^  Äönig«berg  unb  ^ma,  Wo  35 
eben  ber  ßjtraorbinariu«  ß^rift.  Slug.  Jteftner,  burc^  feine  (bon  ®oet^e  mit  einem  fpi^igen 
6))igramm  bebac^te)  „Slgajje  ober  ber  gei^cime  SBeltbunb  ber  ß^riften"  befannt,  geftorben 
mar  (1821).    ßr  tüä^lte  ^ina  unb  l^at  biefc«  unb   bie  t^eologifd^e  gafultät  —  er  ^ötte, 
toenn  er  getooUt,  al«  5ßrofeffor  ber  orientalifd^en  ©|)rad^en  in  bie  ^)]^ilofo})bifd^e  übertreten 
lönnen  —  niemal«  toieber  berlaffen,  obfc^on  i^n  SBiner  (1825)  fe^r  für  ßrlangen  h)ünfc^te,  40 
unb  felbft  2unb  feine  ^änbe  nac|i  i^m  au«ftrec!te.    Slm  3.  ^^i^w^^f  1826  tourbe,  iüie  e« 
im  3)efrete  l(;eifet,  teil«  um  ben  ®e^.  Äonfiftorialräten  ^an^  unb  ®ablcr  eine  (Srleic^te^ 
rung  in  ben  ©enat«gefc^äften  ju  berfc^affen,   teil«  bem  bi«l^erigen  aufeerorbentlid^en  ^ro« 
feffor  D.  31.  ®.  ^offmann  Unfere  3wf^i^i>^^^i^  ju  bezeugen,  ber   le^tere  jum  ^onorar^ 
Drbinarprofeffor  unb  Seifiger  ber  tbeologifc^en  galultät,   mit  ber   i^m  auferlegten  SSer«  46 
binblic^feit   ernannt,   in   ben  ©enat«-   unb  a)elanat«^®efc^äften  bie  nijtige  3lu«^ilfe  ju 
leiften.    9Jod^  in  bemfelben  ^af)xt  trat   er,   bon  ©c^ott  im  92amen  ber  gafultät  beglüa* 
toünfdS^t,  an  be«  beretoigten  ®abler  ©teile  unb   ift  nac^  unb  nac^  aufgerüdt  bi«  gum 
©enior  ber  galultät,  ift  ®el^.  Äirc^enrat  unb  ßomtl^ur  be«  gallenorben«  geworben,  ©eine 
befud^teften  Sorlefungen  h)aren  bie  über  jübijd^e  Slltertümer.    2)aneben  la«  er,  toie  ©e^  eo 
feniu«,  Äirc^engefd^id^te,  alt-  unb  neuteftamentlid^e  Sfagogif,  Sjegefe  be«  313:«,  ^ielt  pri- 
vatissima  über  alle  gangbaren  femitifd^en  unb  inbifc^en  ©prad^en,  unentgeltlid^  unb  mit 
rü^^renber  3lufo})ferung.    Slu^erbem  leitete   er   bie   alttcftamentlid^e  Slbteilung  be«  tl^^eolo^ 
gifc^en  ©eminar«.    §ier  gab  er  biel  auf  gute«  Satein  unb  ging  mit  ber  größten  ©org« 
famteit  and^  auf  ba«  ©tiliftifc^e  ber  eingereichten  lateinifd^en  Slrbeiten  ein.    6r  toar  burc^^  55 
au«  ein  ©^rac^talent  unb   ^at  einen  immenfen  ©t^rac^fd^a^  in  fic^  bereinigt,    ©elbft  im 
3ia))anefif(^en   ^atte  er  fic^  umgefeben.    ©eine  §au))tftärfe  batte  er  im  .^ebräifc^en  unb 
©Vrif4>en,  toobon  feine  Grammatica  Syriaca,  Halae  1827,  bearbeitet  auf  ®runb  ber 


216  {^offmatttt,  9lnbreai$  @ottItcb  ^offmatttt,  Daniel 

©römmatil  toon  3Rxd>aü\^  unb  nad^  bem  SJorbtlb  bon  ©efcntu«'  Scl^rgebäubc  ber  ^ebrät= 
fd^en  ©tjrad^e,  jtüetmal  (bon  3)at;  unb  ^atrie^  (Sotoper)  tn^  ßnglifc^e  überfe^t  unb  nad) 
be^  Serfafjct^  xob  bon  31.  3Kerj  einer  neuen  Bearbeitung  unterzogen,  3^ugni^  giebt. 
ÜRan  barf  aber  nid^t  glauben,  bafe   er  über  ben  ©tjröcben  bie  eigentliche  3:^eoIogie  ber^ 

5  föumt  ober  toergeffen  l)&ti^.  3lud^  f^ier  intereffterte  il^n  ailcg.  93i«  in  feine  le^te  Äranfl^cit 
lög  er  tl^eologijc^e  Söerfe  m^  aÖen  ^^(i^em,  fein  irgenbtoie  bebeutenber  3^tung^artilel 
entging  i^m,  feine  neue  ^^poti)^^,  bie  er  nid^t  forgfam  in  feinen  ^eften  nad^getragen 
l^ötte.  Slufeer  feiner  ft^rifc^en  ©rammatil  ftnb  toon  feinen  SBerfen  ^u  nennen:  „ßnttüurf 
ber  l^ebräif d(>en  Slltertl^ümer",  2öeimarl832,  eine  gänjlid^e  Umarbeitung  be«  gleid^namigen 

loSud^c«  Don  §.  e.  aßamefro«  (SBeimar  1782.  94).  „3)a«  93ud^ .  $enod(^",  2  äbteil., 
^ma  1833  unb  1838,  teitö  au«  bem  ©nglifd^en,  teil«  au«  bem  ät^io)3ifd^en  überfe^t, 
mit  Kommentar,  l^iftorifc^^ritifc^er  ßinleitung  unb  ©jfurfen.  2)iefe  .^enod^=Überfe^ung 
toar  gebaut  al«  ber  erfte  93anb  eine«  umfaffenberen  SBerfe«,  ba«  unter  bem  litel  „3!)ic 
ä[t)oIaIV})tifer  ber  älteren  ^zit  unter  ^^^uben  unb  6l[^riften"   erfd^einen  foEte.    „Commen- 

lötarius  philologico-criticus  in  Mosis  benedictionem.  Deut.  XXXIII' '.  Pars 
I— IX.  Halae  et  Jenae  1823.  2)ie  SBorte  in  ber  SSorrebe  jur  f^rifd^en  ©rammati! 
„Gesenii  vestigia  pressi"  gelten  a\x6^  toon  feiner  ©jegefe.  @r  f^at  femer  bie  Editio 
altera  ab  auctore  ipso  adornata  bon  ®efeniu«*  Lexicon  manuale  hebraicum  et 
chaldaicum  in  Veteris  Testamenti  libros.  Lips.  1847  beforgt,  3.  31.  2)uboi«  ©riefe 

30  über  ben  3wf*ö^  ^^  ß^riftentum«  in  Snbien  (SReuftabt  1824)  unb  bie  „Semerfungen 
be«  5Prof.  See  über  bie  bon  i^m  angefteutc  ÄoDation  bon  §anbfd^riften  ber  f^rifd^en  Über= 
fe^ung  be«  Sil"  (in  Söiner«  %  frit.  goumal  I,  149)  au«  bem  englifdjien  überfe^t,  bie 
itoei  erften  §efte  be«  äEgemeinen  SSott«593ibeI'SejiIon«  (Seidig  1840)  berf afet,  eine  ®e= 
fd^id^te  ber  f^rifd^en  Sitteratur  (in  Sertl^olb«  frit.  Journal,  93b  14)  gefd^rieben,  al«  Sije^ 

26  i)roftbent  bie  „offijietten  ^ßrotofolle  über  bie  Ser^anblungen  beutfd|er  llnit)erfität«lef^er 
jur  SReform  ber  beutfd^en  §od[ifd^uIen  in  ^ma  bom  21.  bi«  24.  ©ejptember  1848"  Der* 
öffentlid^t,  feinem  ÄoE^en  Schott  bie  ®ebäd^tni«rebe  (abgebrudtt  in  ?f)^  93b  6)  gef^alten 
unb  eine  ganje  Sleil^e  iKejenfionen  (in  ber  fritifd^en  ^ßrebiger-Sibliot^ef)  unb  fleinerer  3lr= 
tifel  erfdjieinen  laffen,  befonbcr«  in  ber  2.  ©eftion  ber  ®rfc^5®ruberfd^en  6nc^flo})äbie  (j.  93. 

30  b.  Slrtt.  „§erm.  to.  b.  §arbt",  „§utter"),  beren  toerbienter  §erau«geber  er  toar.  3lo^  in 
feinen  legten  ^af^ren  ging  er  mit  mancherlei  jum^^eil  h)eitau«fef^enben  litterarifdjien  5ßlänen 
um.  6«  mu^te  leiber  beim  guten  9Sorfa|e  bleiben.  3)er  fränfelnbe  Rötpn  geftattete 
ntd^t  me^r  bie  geiftige  3lnftrengung  frül^erer  läge.  SlEe  feine  SBerfe  tragen  ben  ©tem})el 
mufterl^after  ®rünbli^feit,  litterarl^iftorifdjier  ®enauigfeit  —  eine  Vortreffliche,  ber  ^enaifd^en 

36  llnit)erfität«bibliotl^ef  nun  einverleibte  ^pribatbibliotl^ef  ftanb  i^m  jur  Seite  -—  unb  eine« 
au«gebel^nten  SBiffen«,  toie  eine«  ^ßol^^iftor«. 

Slber  feine  il^ätigfeit  toar  feine«U)eg«  auf  Äatl^eber  unb  ©d^reibtifd^  befd^ränft.  98iel 
3rit  ^aben  i^m  oB  bie  fleinen  Smter  gefoftet,  bie  er  au^erbem  bertoaltete  ober  bertDaltcn 
mufete,  toeil  er  ben  gamen  £)rgam«mu«  ber  Üniberfttät  burd^  lange  ^JJraji«  am  genaueften 

4ofannte.  93ereit«  im  ^cJ^t  1859  l^atte  il^n  eine  lange  Äranf^ett  niebergeh)orfen.  3)amal« 
erl^olte  er  ftd^  ju  3lEer  greube  unb  ein  ^ol^e«  älter  toarb  i^m  geh)ei«fagt.  2)er  93efud^ 
eine«  93abc«  in  ben  .^erbftferien  t^at  il^m  tool^l.  9?ur  im  §erbfte  1863  fa^  er  nad^  ber 
SSBieberfe^r  nid^t  eben  gefräftigt  au«.  6r  blieb  feitbem  faft  immer  an  bie  Stube,  jule^t 
an«  93ett  gefeffelt.    Unheilbar  nagte  eine  Äranf^eit  an  feiner  Sunge.    ^l)x  ift  er   am 

46  Sibenb  be«  16.  ÜRärj  1864  unterlegen  im  68.  2eben«ial^re,  nac^bem  er  in  3^"^  über 
40  ^oi^xt  mit  ©egen  getoirft  ^atte.  ©tiE  unb  fanft,  felbft  für  ba«  fd^arfe  2luge  ber  be= 
forgten  Siebe  faum  merflid^,  ift  er  l^inübergefc^lummert. 

^offmann  toar  ein  burdji  unb  burdji  l^emn«guter,  freunblid^er,  lieber  ?Wann.  9?ie 
lüurbe  ein  l^artc«,  gefd^toeige  ein  berle^enbc«  SBort  au«  feinem  3Kunbe  gel)ört.    6r  tooBte 

60  jebermann  tool^l,  unb  c«  f onnte  i^m  rec^t  leib  tl^un,  Yo^n  toibrige  9Ser^ältniffe  fein  gute« 
aSor^aben  l^emmten.  ^m  Äreife  ber  JJreunbe  liebte  er  in  feinen  gefunben  3:agen  einen 
gutmütigen  ©d^er^.  gn  offijieEen  3)ingen  l^ielt  er  auf  ba«  §erfömmlid^e,  audb  toenn  e« 
jtd^  um  Formalitäten  l^anbelte.  ©0  tooBte  e«  feine  rul^ige,  fonferbatibe,  ju  nic^t«  weniger 
al«  jju  ßjtratoaganjen  geneigte  9Jatur,   ber  jufolgc  er  aud^  möglic^ft  fem  fxd)   \)\dt  bom 

66  ©treite  ber  ftreitenben  Äird^e.  ÖJ.  granf» 

{^offmatttt,  &l)x\\iopf)  f.  2:emt)el,  beutfd^er. 

^offmatttt,  3)aniel,  lut^.  3:l^eologe,  geft.  1611.  —  Quellen :  Wufeev  ben  unten 
§u   nenncnben  Werfen   $)offnia«n«  noc^    jo^lieid^e   8ct)iifte«,    welche    in   ben   fogcnanntcn 


^offmantt,  Daniel  217 

:&üffmonnfd)en  6treit  cjc^oren  unb  in  ©oinntelmcrfen  crfüetten:  in  ^agbebuvg  tuurbc  1600 
^offmannd  evfte  2)iSputation  uom  3.  1598  mit  beni  ©ricfroec^fel  jnjiftöcn  il)m  unb  ©ofeliuä 
unb  ber  ^Intlaßc  ber  ?St)iIofop^cn  jufQmnicngebtucft ;  nodö  me^r  enthält  bcr  „malleus  impie- 
tatis  HoffmanniAnae  sivc  enodatio  Status  coiitroversiae,  quam  Dr.  Dan.  Hoffmannus  pmlo- 
sophiae  professoribus  et  studiosis  liberaliuni  artium  movit  indigne"  etc.,  granffurt  1604,  6 
204  e.  in  4^  Stücfe  üon  6orn.  «Wortini,  ©untrer,  iöibbel  u.  0.,  barunter  @.  30—68  bic 
nmftönbUcftftc  S)arftenung  aller  SSer^anblungcn  im  ^a^xe  1598,  \>on  bicfen  breien  unb  Kafc» 
liuS  unterjei(finet.  3)ie  (öefd)ic^te  bc§  @trclt§  in  ben  nöcöftcn  3öt)ren  bebarf  erft  no^  einer 
3ufammenfteflung  auS  gebrucftcn  unb  ungebrucften  9(ftenftii(fen  auf  ber  ©ibiiotfiel  unb  im 
^rt^io  ^u  'Jßolfenbüttf l ;  einiges  baraud  für  ©offmannö  le^te  Qaftre  f.  in  ©cnfeS  GalijtuS,  10 
S9b  1,  S.  99—102,  aiic^  69  ff.,  247  ff.  u.  a.  3)ie  ^iac^ricftten  in  ?lrnolb«  Ä.  unb  ^e&..®efc^.. 
2:1.  2,  S3.  17,  tap.  6,  §  15  ff.,  f  aiid)  3:1.4,  @e!t.  3,  9ium.  3,  finb  ungefcfiicft  fritifiert,  botft 
^ic  unb  ba  ergänj^t  bei  Bytemeister,  De  domus  Brunsv.  meritis  in  rem  literariam,  1730, 
(2.  123—137;  Weisraann,  Introd.  2,  974-979;  eine  Ueberficftt  über  bie  ^auptftreitpunfte 
uon  ®fr.  ^bomafiuS,  De  controversia  Hoffmanniana,  Erlangen  1844,  8°,  unb  6cf)Iee,  3)cr  15 
Streit  beS  3)aniel  ^offmann  k.,  SWarburg  1870;  ^eppt,  %,  |)offmann,  2)onieI,  in  ?(bS  12, 
628 f.;  ®nft.  gront,  ©efc^icftte  ber  proteft.  J^eologie  I,  fieipj.  1862,  S.  259. 

3)amcl  §offntann  toax  geboren  ca.  1540  j'u  öaHe  a.  b.  ©.  atö  ©o^n  eine«  ©teim 
^auer^  ober  3|"i^^nnann«.    Über  feine  frühere  ^Ai  ift  faft  nic^t«  bcfannt.    2)a^  er 
ca.  1558  in  ^ma  flubtert  unb  bort  3Stctorin  ©trtgel  gel^ört,  fagt  er  felbft  unb  rül^mt  20 
btefen  aU  feinen  Seigrer,  ©päter  fd^etnt  er  befonber«  an  §cfel^ug  ^xd)  angefd^loffen  ^n  l^oben, 
mit  toeld^em  er  gegen  ^laciud'  erbjünbenlel^re  fc^rieb.  —  S5on  §crjog  gwKw^  "öd^  ^clm^ 
ftebt  berufen,  erfdj^eint  er  bort  fc^on  1576  bei  ber  ©rijffnung  ber  Unitoerfität  atö  einer  ber 
j^hjölf  erften  Se^er  berfelben,   unb   jhjar  ate  SKitglieb  ber  tjl^ilofopl^ifd^en  ^lultöt,   afö 
^^Jrofeffor  ber  St^if  unb  2)ialeltif.    ^Wtx  ^(ä^xt  nad^^er  toar  er  ber  erfte,  hjeldjier  in  26 
^elmftebt  jum  Dr.  theol.  promobiert  tourbe  unb  ging  balb  barauf  in   bie   t^eologifd^e 
§ofuItät  über.    9lac^bem  toegcn  ^KifebiDigung  ber  Sifd^of^hjei^e  be«  6rb})rinjen  .^«nrid^ 
3uliug  1578  ß^emnij  feinen  6influ§  auf  §.  3"!^«^  ^^^  3^imot!^.  Äird^ner  feine^elm« 
ptebter  ^ßrofeffur  verloren  ^atte,   rürften  §e^l^u^  unb  §offmann   in   i^re  ©tettungen  ein. 
Se^terer,  ber  in  5ßrebigten   am  ^ofe  ju  SBoIfenbüttel  um  Sieuja^r  1579—80  bie  Drbt«  so 
notion  bc«  ^rin^en   fogar  toerteibigte,  tourbe  auc^   jum  Äonfiftorialrat   erhoben  (f.  2en| 
31^2:1^  1848,  ©.  296).  aSon  nun  an  fd^eint  §offmann  neben  ßc^l^u«,  folange  biefer  unb 
V^i%  Swliu^  (fleft.  1589)  lebte,  in  Äird^en  unb  Uniöerfttöt^fa^en  ber  einflufereid^fte  SRot« 
geber  be^  le^teren  geworben  ju  fein;  er  iüiberfe^t  ftd^  in  §elmftebt  bem  äuffommen  ber 
$l^ilit)})iften  unb  §umaniften,  nimmt   aber  aud)  ben  au«h)ärtigen  lutl^erifd^en  3^l^eoIogen  86 
gegenüber  eine  ©onberfteDung   ein.    S3eibe,  ipe^ug  unb  §offmann,  l^atten  bie  Form. 
Conc.  unterfc^rieben  unb  behaupteten  babei  ju  bel^anen;  bertoarfen  aber  bie  Ubiquität^ 
leiere,  f lagten,  bafe  man  auö  9la(^giebigfeit  gegen  3. 9lnbreä  unb  bic  SBürttemberger  ettood 
babon  in  bie  Form.  Conc.  aufgenommen  ^abe,  unb  bereiteten  fo  bie  Trennung  bcr  lutl^c« 
rifdjicn  Sanbe^firc^c  bcö  ^erjogtum«  Sraunfd^lüeig  toon  bcr  l^icr  anfangt  rcjipierten  Son*  40 
forbienformel  unb  toon  ben  Sutl^eranern,  toeld^c  biefc  annal^men,  toor.  ©0  ftritt  §offmann 
bamald  nid^t  nur  mit  93eja,  ^ifcotor,  &)x.  5Pcjel,  ben  anl^alttfc^en  unb   bremifc^cn  (Seift* 
liefen  über  bie  reformierte  älbcnbma^felcl^rc  (©c|»riften  bei  93a^Ic  a.  a.  C),  fonbem  oud^ 
mit   ftrcngcn  fiutl^eranem,    ioic   ben   brei  SBürttembergem  3-  älnbreä,    9leg.  §unniu^, 
^.  genfer,  mit  Gl^emnij  unb  ®.  9)Jt;Iiuö,  toornebmlid^  über  bie  Ubiquität^Ic^re,  hjclc^c  er  45 
aud)   aU  ßrjeugni^   eine^   anmafecnben  SBcmunftgcbraud^e^,   ate   einen  unge^ijrigen  ©r* 
flärung^toerfuc^   be^  unerflärt   ju  laffcnbcn  SBie?    ber  (Segentoart  ßf^rifti  im  ©aframcnt 
tocrtoarf.    ©treng  lutl^erifc^c  S^eologen  toon  übrigen^  ganj  bertoanbter  SRid^tung  famen 
l^ier  fo  toeit  auöcinanber,  bafe  |ioffmann  Ilagtc:  er  l^abe  in  ber  SBürttemberger  ©ct^riften 
über  bie  f^unbert  toal^rc  Slergcmife  in  allen  Strtileln  unferer  Äonfeffion  obfertoiert;  3W^tiu^60 
aber  \)ßxad)  au«,  toad  nac^^er  Galob  (bist,  syncret.  p.  570)  hjieber^olte :  „auf  ber  l^clm* 
ftcbtifd^cn  Uniberfität  gebe  e^  einen  5Kcnfc^en,  3)an.  §offmann,.  h)ie  3;^»"ö^l  h)ilb  unb 
unbänbig,  beffen  ^anb  n^iber  alle  unb  afler  §anb  hJtber  i^n"  (ämolb  a.  a.  C).    3)iefer 
3h)icf})alt  mit  ben  auöh)ärtigcn  ftreng4utlf)erif%en  2^^eoIogen  fd^abetc  feinem  SKnfe^en  im 
Sraunfd^lücigifd^cn   nid^t^,  folange  $crgog  ^wKu^   l^^^c.    allein  laum   toar  bicfem   mit  55 
bem  3.  5Kai  1589  fein  ©ol^n  §einric^  ^w^^i"^  nacbgefolgt,  aU  fogleid^  Don  bem  biclfeitig 
gcbitbctcn  jungen  dürften  ber  §umanift  3foB.  ßafcliu^  unb   mcl^rere   feiner  ©c^üIer  unb 
JJreunbe  in  .?)elmftebt  afö  Seigrer  angcftellt  h)urben,  unb  l^ter  fd^ncE  ju   einem  Slnfcl^cn 
unb  einflu|  gelangten,  neben  toeld^em  baiS   biöl^erige  tl^cologifd^c  Übergewicht  §offmann« 
immer  fd^toieriger  ju  Ul)a\xptm  h)ar.    ©0  erfüllte  biefer   fc^on   am  26.  5Kat  1589  feine  60 
Siebe  beim  antritt  feinet  britten  ^rorcftoratc^  mit  Klagen  über  bie,  trelcbc  bei  bem  9le- 
gicrungetoed^fel  i^c  grcube  nid^t  verbergen  fönnten,  unb  feine  ©cbäd^tnieprebigt  auf  ^crjog 


218  {^offmann,  3)amel 

3mHu^  rül^mte  btefen  aud^  um  be^  SBerbtenftc«  tüiBen,  ba^  ba«  itonforbicnbud)  „bor  ein 
gemein  S3cfenntntfe  ntd^t  fe^  erl^oben  trorbcn"  (Stc^tmeicr,  R®.  bon  Sraunfd^U).,  3,  489). 
S)oc^  ^iclt  er  anfangt  bon  Weiteren  Singriffen  gegen  feine  j)^iIofo)3l;>ifcl^en  SoÖcgen  fi^ 
no(^  jurücf,  h)ie  benn  aud^  ber  SBittenbcrger  2^^eoIog  ^^tob  Slartini  in  feinem  3Sernunft= 
6  friegel  (Wittenberg  1618,  ©.  307)  an^  eigener  ©rinnerung  toerfid^ert,  ba^  §offmann  unb 
3Jfaffrab  1590  unb  1591  „über  ba«  Sidpt  ber  5Ratur  ebenfo  anerfennenb  trie  Se^fer, 
®erl^rb  2c.  fxd)  geäußert,  aud^  bafe  er  jum  öftem  in  feinen  lectionibus  ba^  Süd^Iein 
beg  5P^.  ÜRbmäu^  de  veritate  reügionis  ehr.  auf^  l^öd^fte  fommenbiert  unb  öffentlich 
de  recta  ratione  judicioque  ejus  de  Deo  gelefen,  gefd^rieben  unb  baöfelbe  aufö  befte 

10  berteibigt".  9Jod^  1583  \pxai)  ftc^  §offmann  in  Il^efen  de  notitiis  innatis  gegen  ben 
SSerfud^  au^,  notitiam  numinis  e  mente  eradere  velle,  unb  be^au))tete  veras  esse 
illas  notitias  etiam  in  homine  non  regenerato.  ^m  ^a\)xt  1597  aber  toarb  er 
oufg  neue  gegen  bie  „ßöfelioner"  gereijt  burdj^  ein  gu  ü^ren  ©unften  ergangene«  ^etjog= 
lid^e«  9lefmt)t,  toeld^e«  ben  öffentlid^en  3Sortrag  ber  SRamiftifd^en  ^l^ilofo)3^ie  berbot  atö 

16  im  2öiberf})ru(^  mit  ben  ^elmftebter  BtataUn,  „quae  Philippum  et  Aristotelem  hie 
doeeri  volunt";  nur  Jjribatim  fotten  jjtoei  SRamiften  bocieren  bürfen,  il^re  ©d^üler  aber 
bod^  aud^  gum  93efud^  ber  öffentlid^en  Sorlefungen  bei  ben  Slriftotelilem  toerjjflid^tet  unb 
ed  foQ  toerooten  fein,  ne  ea  quae  publice  docentur  privatim  quis  refutare  ausit. 
Slamift  fein,  ^te|  bamatö  jugleid^  ba«  ©tubium  be«  äriftotele«  unb  bie  Übung  ber  ari^ 

ao  ftotelifdjien  Sogil  ol«  ^eibmfc^  unb  gefäi^rlic^  für  ben  (Slauben  toertoerfen,  unb  toon  })l^ilos 
fo))^ifd^en  ©tubien  nur  ein  ÜRinimum  ober  gar  nic^tg  für  fidlerer  l^alten  jur  ßrl^altung 
ber  Slec^tgläubigfeit.  ©o  l^atte  fic^  aud^  in  ^elmftebt  ber  Slamift  ^faffrab  an  §offmann 
unb  biefer  an  bie  Slamiften  angefd^loffen ;  beibe  unb  il^r  Slnl^ang  fallen  jefet  in  jenem  l^er= 
joglid^en  3Ser6ot  be«  Slamigmu«  ein  Attentat  gegen  bad  ßl^riftentum.    3lm  17.  Januar 

26  1598  öottenbete  ^offmann  eine  Slb^anblung  in  101  Il^efen,  de  Deo  et  Christi  tum 
persona  tum  officio  jur  betoorfte^enben  ^Promotion  ^Pfaffrabg,  tueld^er  fieam  17.  ^ebruar 
1598  alg  9lef})onbcnt  gu  toerteibigen  ^atte.  3)ie  ßinleitung  gel^t  ani  toon  bem  ©a^e:  bie 
®efd^c^  ber  Äirc^  bon  i^m  9lnfange  big  je^t  jeige,  ecclesiae  post  Satanam  saevio- 
rem  hostem  nunquam   fuisse   ratione   et  sapientia   carnis,   in   doctrina  fidei 

ao  dominatum  affectante ;  bal^er  aud^  fd^on  ber  3fyo\id  ®a  5,  20 ;  Äol  2,  8  bie  ^i^ilo- 
fo>)l^ie  unter  bie  SBerle  be«  gleifd^e«  gefegt,  unb  bie  alte  Äird^e  bie  ^l;ilofot)l^en  ate 
haereticorum  patriarchas  anerfannt  l^abe;  benn  quanto  magis  excolitur  ratio 
humana  philosophicis  studiis,  tanto  armatior  prodit,  et  quo  se  ipsam  amat 
impensius,  eo  theologiam  invadit  atrocius.    ©o  geige  ftd^  nod^   je^t,   n^enn  man 

86  um  fid^  l^erfel^e,  statum  ecclesiae  inde  miseriorem  fieri,  quod  multi  theologorum 
ad  sapientiam  carnis  sublimes  articulos  fidei  revocant  etc.,  tvä^renb  mü}tt^ 
§auj)tt)erbienft  gerabe  in  älu^treibung  be«  ©auerteig«  ber  fc^olaftifc^en  ^^ilofo})l^ie  be= 
panben  ^abe.  So  gelte  ^  nod^  je^t,  nid^t  nur  bie  ^efuiten  ju  beftreiten,  n^eld^e  scho- 
lasticorum  doctorum  via  incedunt,  fonbem  aud^  Calvinianos,  et  ex  his  quidem 

40illos  nominatim,  qui  suspensa  hedera  juventutem  ad  suas  et  aliorum  eaupo- 
nantium  tabernas  sollicite  invitant;  milber  lüiB  er  je^t  mit  ben  patroni  ubiqui- 
tatis  toerfa^ren,  benen  er  ben  neuen  ©egnern  gegenüber  ftc^  berbunbener  fül^Uc,  licet  ex 
eadem  eisterna,  quam  ratio  fodit  hauriant.  Unter  ben  Xl^efen,  n?eld^e  er  nun 
folgen  lie|,   tourben  i^m  nad^l^er  bomel^mlid^  jloei  jum  SSortvurfe  gemalt:   bie  15.,  bafe 

46  Sut^er  mit  "SRtd^t  ben  Sludfjjrud^  ber  ©orbonne  toertoorfen  l^abe,  eg  fei  ein  unb  ba^felbigc 
tooi^^r  in  ber  2^^eologie  unb  in  ber  5pi^ilofot)l^ie ;  unb  bie  20.,  ba^  Sutl^er  mit  Siecht  emjjfel^le, 
ut,  dialectica  seu  philosophia  in  sua  sphaera  relictis,  discamus  loqui  novis 
Unguis  in  regno  fidei,  fonft  gie|e  man  neuen  SBein  in  alte  ©d^läud^e,  unb  üerberbe 
beibe«.    3)od^  ftanben  nod^  ermä^igenbe  ©ä^e  baneben,   toie  bie  12.  2l^eft«:  largimur, 

60  quod  qui  philosophiam  sua  rite  tractantem  suisque  limitibus  contentam  omni 
laude  spoliat  et  usum  eins  simpliciter  reprobat,  is  decus  generis  humani  et 
commod^  vitae  communis,  beneficia  creatoris  et  conservatoris  mundi,  calum- 
niose  infestat.  9Jle^rere  Äottegen  ipoffmann«  in  ber  })l^ilofoj)^ifd^en  gafultät,  befonber« 
ßafeliug   felbft  unb  brei   feiner   nä^ften  ©d^üler  unb  ^eunbe,  ber  ©d(^le«h)iger  Dbm 

66  ©untrer,  ber  ©c^otte  3)unfan  Sibbel  unb  ber  Seigier  ßomeliu«  9Jlartini,  fallen  in  ^off= 
mann«  liefen  einen  angriff  gegen  t^re  SJBirffamfeit  unb  il^ren  ßinflufe  auf  bie  ©tubierenben, 
tyotnthmlxd)  auf  bie  t^eologifc^en  ©ttj)enbiaten,  tvelc^e  nac^  ben  ©tatuten  unb  bem  neueften 
Sefebl  bom  gal^r  1597  ben  })l^ilofo^l)ifd^en  Rurfu«  unter  il^rer  Seitung  burd^^umad^en 
l^atten.    S3ei  ber   2)i^utation  unterlief;  §offmann,  feine   t)^ilofoj)^ifd^en  ÄoUegen  gum 

60  jt)^))onieren   aufjuforbem,  ioa«  gegen  bie  bamolige  otabemifc^e  ©itte  berftie^;   auf  eine 


^offmann,  2)anid  219 

Scfd^toerbc  barübcr  beim  ^rorcftor  totrb  §offmönn  jucrfl  Don  btefem,  l^tcrauf  burd^  jtoei 
aWitgUcber  ber  })I^Uofot)^ifcl^en  Äafultöt  jur  ©mcuerung  ber  ®i^utatton  aufgcforbert,  toeil 
um  ber  ©tubierenben  lüillen  öjtentlid^  ber  SSertoerfung  ber  t)l^tlofoj)l^ifcl^en  ©tubien  toibers 
\ptod}m  toerben  muffe;  er  toerloeif^ert  e^.  SKud^  im  olabemifd^en  Senat,  hjol^in  bann  bie 
Bad)^  gebracht  toirb,  ergießt  er  fid)  in  l^efttge  Älagen,  toie  fel^r  man  il^n  anfeinbe,  unb  6 
bafe  beö  £anbe«l^erm  Seib  unb  ©eele,  be«  Sanbe^  SBBol^Ifa^rt  auf  bem  B\>\d  ftel^e ;  5Dlartim 

!}&lt  t^m  t)or,  er  bilbe  \a  felbft  ©^Üogi^men,  erlenne  fomit  felbft  ben  SBert  ber  ^ilo« 
opf}u  an;  §einr.  ÜJleibom  unb  bie  ^uriften  Glubiud  unb  6IanH)iu«  reben  i^m  ju,  er 
möge  nur  erflären,  ba|  er  nid^t  de  usu,  fonbem  nur  de  abusu  philosophiae  ^c 
reben  Motten;  aber  l^eftig  fä^rt  er  auf:  nid^t  ben  9Kt|brau(^  ber  ?pi^ilofot)l^ie  ^be  er  ge*  lo 
meint,  „sed  verum  usum,  verum,  veriorem,  verissimum;  philosophia, 
quando  in  officio  est,  in  recto  usu,  contraria  est  theologiae"  •  ftitl^er  unb  §e^ud 
^ten  nod^  biel  ungünftiger  ate  er  über  bie  5P^ilo{o})^ie  geurteilt,  vlod)  l^eftiger  tourbe 
er  in    einer  jhjeiten  ©enat^erl^anblung   am  14.  SWörj  1698;   ftott  ftd^  ^u  red^tfertigen, 

Eiff  er  hjieber  juerft  bie  5pi^Uofo})l^en  an,  SWartini,  beffen  Steuerungen  unb  ganje«  $er»  i6 
Iten  i^m  ftet«  mi^faDen  l^abe,  Sibbel,  ber  an^  einem  SBinlel  ber  @rbe  leergelaufen,  l^ier 
itl^er  läftem  tooEe,  ®ünt](ier,  hjeld^en  ^offmann  ate  einen  ®ottIofen,  fd^Ummer  aö  bie 
Sefeer  aller  ^^ttm  unb  al«  ^uhtn  unb  3:ürlen,  ber  Dbrigfeit  benunjiert;  al«  er  nac^i 
biefen  ©rgie^ungen  bie  ©i^ung  berlaffen  tooHte,  tuarb  er  genötigt,  au  bleiben,  unb  gutoor 
bie  @egenreben  biefer  brei,  fotvie  bed  Safeliu^  u.  a.  an^u^ören,  iDelc^e  aud^  nid^t  gelinbe  20 
auigfielen.  5Run  tourbe  jhjar  eine  Beilegung  be«  ©trette«  in  ^ßribatlonferenjen  gefud&t; 
®ünt](ier  berftanb  fid^  ju  einem  begtitigenben  ©rief  an  ^offmann;  e«  tourbe  in  (Segen* 
toaxt  bed  ^roreftor^  6lam))iud  unb  einiger  ^rofefforen  aud  allen  ^tultöten  bi^utiert 
über  usus  unb  abusus  ber  5P^ilof o^jl^ie,  §offmann  be]eauj)tete:  ein  §eibe  lüge,  toenn  er 
fage,  e«  gebe  einen  (Sott;  ®üte  ®otte«,  Sergeltung,  Unfterblic^Ieit  ber  ©eele  feien  nur  25 
®lauben«fadeen,  bie  menfd^lid^e  aSemunf t  toiffe  nid^t«  babon  2c. ;  bod^  ging  man  jiemlic^i 
frieblid^  unb  mit  aSorbel^alt  Weiterer  (Srlüägung  au^einanber.  aber  bie«  f)Mt  leinen  öe* 
ftanb;  §offmann  eiferte  in  SSorlefungen  fort  über  „unfere  $^ilofo})iei,  tueld^e  mit  ben 
^Pelagianem  unter  einer  3)edfe  liegen";  SKartini  ertoiberte  bie«;  bei  jtoei  folgenben  SH«« 
))utationen  erfc^ien  ber  le^tere  al«  Djp^onent  unb  bebröngte  ^offmann  unter  bem  ©e*  so 
löc^ter  ber  ©tubenten  über  beffen  „falfc^e  SBaJ^rl^eit"  mit  ©teilen  au«  beffen  eigenen 
älteren  liefen,  toeld^e  ber  SSemunft  unb  ^j^ilofolpi^ie  fo  toiel  mef^r  eingeräumt  ^tten,  mit 
ö^nlid^en  9lu«f))rüdeen  £ut^er«  unb  be«  Corpus  doctrinae  Julium,  mit  93etf))ielen  au^ 
ber  ©c^rift,  toie  ber  aBei«fagung  be«  Staxapfytd  unb  mit  3a  2,  19,  toeld^e«  le^tere  §off» 
mann  für  eine^tonie  ertlärte,  aber  jugleidj^  be!annte:  Lutheri  scripta  sibi  prae  epistola  86 
Jacobi  esse.  ©0  toax  bie  Erbitterung  toieber  imSunel^men;  beibe  fcbrieben  ©riefe  gejen 
einanber;  ebenfo  ^offmann  unb  gafeliu«;  nur  eine  einzelne  grrlel^re,  forberten  bie  ^Sl^ilos 
fojj^en,  möge  er  t|nen  nadbhjeifen,  nur  ein  Seif})iel,  too  red^ter  ®ebraude  ber  ^i^ilofo^j^e 
unb  nid^t  W^biaud)  berfelben  ber  SEJ^eologic  gefd^abet  l^abe;  §offmann  l^atte  immer  nur 
allgemeine  Klagen  über  bie  fatanifc^en  ©arla«men,  mit  hjeld^en  SRartini  ®ott,  bie  ^eilige  40 
©djrift  unb  bie  Äinber  ®otte«  berfj)otte.  ©0  reid^te  nun  unterm  24.  3luguft  1598  We 
t)ieilofo})ieifdee  gafultät  bei  einer  bom  §erjoge  niebergefe^ten  „Äommifffon"  eine  fd^rtftlidj^e 
Älage  gegen  ßoffmann  ein,  unb  forberte  ®enugtieuung  toegen  Seleibigungen  unb  eine 
öffentli^e  ©rHärung,  bafe  bie  })ieilofoj)ieifct>en  ©tubien  für  bie  ©tubierenben,  in«befonbere 
bie  ber  a^l^eologie,  nic^t  fd^äblid^  feien.  3lad)  SSorlejung  ber  Älagefdjirift  griff  §offmann  46 
faft  alle  Serfammelten,  aud^  ben  ^ßroreltor  unb  bie  übrigen  ^mmiffarien,  i^eftig  cot, 
„man  tooHe  i^m  feinen  §erm  (Si^riftum  neigen,  ba«  h)oEe  er  nid^t  leiben,  fonbem  hjolle 
baran  Seib  unb  Seben,  ®ut  unb  93lut  unb  aEe«,  toa«  er  l^ätte,  feigen";  ßafeliu«,  Sibbel, 
©untrer  unb  5Kartini  „i^aben  fo  greulid^e  errores  unb  haereses,  al«  in  bielen  ^afycm 
nid^t  ift  eri^öret  Sorben,  evertunt  Universum  fundamentum  doctrinae  Ghristianae,  60 
feien  fold^e  ^einbe  biefer  ©d^ule,  bie  mein  §err  mit  etlid^en  Tonnen  ®olbe«  au^  bem 
Sanbe  faufen  foBe  2c.;  bie  (Safelianer  Ratten  lange  genug  bominiert,  er  tvoEe  toieberum 
bominieren ;  e«  fei  in  1200  ober  1300  ^ai)x^  ein  größer  unb  greulid^er  Äefeer  nid^t  ge* 
toefen  al«  Safeliu«".  aber  jugleid^  überrafc^te  er  atte  burd^  bie  jtoiefad^e  ®rflärung:  bie 
änflage  fei  falfd^,  benn  ben  rechten  ®ebrauc|  ber  5P^ilofo})l^ie  ^abe  er  niemal«  geleugnet;  66 
bie  33erfammlung  aber  fei  infom})etent,  bier  ju  richten,  benn  bie  ©ad^e  fei  ganj  t^eolo? 
gif(^.  6r  rid^tete  l^ierauf  eine  ©d^rift  an  ben  §erjogj  ßafeliu«  unb  bie  brei  anberen 
reiften  bei  ben  Äommiffarien  eine  au«fül^rlid^c  äjjologte  ein.  3)er  ©treit  j^iei^t  ftd^  l^in 
burdji  bie  ©rtoartung  einer  ßntfd^eibung  toon  feiten  be«  §erjog«  unb  burd^  toerfd^iebenartige 
(£inH)ir!ungen  auf  biefen;  im  3ipxxl  1599  tDurben  Safeliu«,  Sibbel,  ®ünt^er  unb  ÜRartiniGo 


220  ^offmatttt,  3)amel 

in  SQJolfcnbüttcl  berl^ört;  bic  2lltcn  nac^  SloflodE  bcrfanbt,  bic  ©ad^c  in  Drucffc^riftcn  toon 
beibcn  ©citen  fortbcl^anbclt.  2Jon  ben  Sd^riften  ber  greunbe  unb  ©cgncr  ^offmannö, 
toeictfc  l^icr  übctganöen  trerbcn  müflcn,  ift  eine  jiemlic^fe  Slnjai^l  in  SKoHer^  Cimbria 
literata,  11.  1,  S.  227,  aufge;iä]^lt.    SSon  ^offmanng  ©treitjd^riften  fmb  bie  jtpei  bor^ 

6ne^mften:  1.  pro  duplici  veritate  Lutheri,  a  philosophis  impugnata  et  ad  pu- 
dendorum  locum  ablegata,  2.  super  quaestione,  num  Syllogismus  rationis 
locum  habeat  in  regno  fidei.  2  Ro  3,  5,  beibe  iRagbeburg  1600  in  4^  bie  leitete 
bon  einem  änj^änger  öoffmann^,  ^at  Dlbenfteb,  ^crauggegeben. 

3)ie  (gtteitenben  famen  einanbet  in  ber  ©ac^e  näl^er,  afö  fie  in  ber  ^erfönlic^en  ©e- 

loreijt^eit  gegen  einanber  fclbfl  bemerften.  3)ie  5i^iIojo>)l^en  Sollten  gtoar  nic^t  eine  gtoie- 
fodje  SDSa^rl^eit  jugeben,  ba  ja  (Sott  felbft  bie  SBa^rbeit,  bie  3äai}xi}txt  al\o  nur  eine  fein 
ifönne;  tool^I  aber  unterfd^ieben  fic  eine  jtveifac^e  ©rfenntni^iüeife,  eine  niebere,  natürlid^c, 
burdj^  3)emonftration  unb  eine  f^öl^ere,  burd^  Offenbarung;  beibe  aber  fte^en  nic^t  im 
aBiberf})rud^  mit  einanber,  fonbern  in  einem  Serl^ältni^   gegenfeitiger  ßrgänjung:   einige« 

16  erlennen  beibe,  ^pi^ilofopl^ie  unb  3^|^eoIogie,  j.  95.  ba«  2)afein  ©otte«,  bie  Unfterblid^Ieit, 
Sergeltung  2c.;  anbere«  erlennt  bie  Ideologie  allein,  j.  93.  bie  5Kenfd^U)erbung  ©otte«, 
bafe  G^riftu«  für  unfere  ©ünben  geftorben;  aber  bem  toiberftjrid^t  bie  $f)ilofo})|ie  nid(^t, 
fonbern  barüber  f|»at  fie  gar  fein  Urteil,  ebenfotoenig  afe  bie  ÜRebigin  ober  gwriöjjrubenj. 
^offmann  feinerfett«  toarf  jtoifc^en  alle  ©u^)erlatitoe  ber  9Sertoerfung  atter  ^ß^ilofojjbie  bo^ 

30  oud^  toieber  einzelne  3w9^Pönbnifje,  bafe  er  gegen  einen  redeten  ©ebrauc^  ber  äScmunft 
unb  5P^ilofoj)l^ie  nidjit«  ^abe:  nur  eben  ba«  Äriterium  be«  rechten  unb  falfd^en  ©ebraud^« 
jubelte  e«  ftc^.  ©etoöf^nlidji  aber  übertrieb  er  im  ©ifer  ben  ®egenfa|,  loenn  er  i^n 
nid^t  al«  ein  SBerf^öltni«  toed^felfeitiger  ©rgänjung,  fonbern  al«  9Biberf})rud^  badete  unb 
bi«  jum  ©tatuieren   einer   jtoiefac^en  SBa^rl^eit  fteigerte,  ober  toenn   er  bel^aujjtete,  ein 

26  ^pi^ilofo})]^,  ein  |)eibe,  ein  9?ict>th)ibergeborener  lüge,  toenn  er  fid^  jum  ©lauben  an  ©Ott, 
Vergeltung,  Unfterblidjileit  belenne.  2)a«SBa^re,  toa«  in§offmann«  unßaren,  mit  leiben= 
fd^ftlid^er  .^eftigleit  au«gef})roc^enen  ©ä^en  fid^  toerbirgt,  liegt  in  ber  richtigen  3ll^nung, 
bafe  S}^^  wnk  a!u«gang«})unft  ber  Ij^eologie  toefentlic^  berfd^ieben  fei  bon  benen  ber  ^i^i^ 
lofoj)l^ie,  unb  ba|  barum  aud^  bie  toiffenf^aftlid^e  ÜRetl^obe  in  beiben  eine  toerfd^iebene  fein 

80  muffe,  fofem  eben  bie  Xl^eologie  bie  SBiffenfd^aft  be«  ©lauben«  ift,  ber  ©laube  aber  nid^t 
tl^eoretifc^er,  fonbern  etl^ifc^=religiöfer  SRatur.  3)ie  Unllarl^eit,  toorin  ^offmann  fo  gut  toie 
feine  ©egner  befangen  toar,  ift  bie  SorfteUung,  al«  ob  ©lauben  unb  SBiffen,  3:^eologte 
unb  ^^ilofot)^ie  fid^  ber^ielten  toie  jtoei  paxaUtU  SBiffenfc^aften,  toie  jtoeierlei  2Bal(^rl^eiten 
ober  3Bal^rl^eit«quetten,  toä^renb   bod^  &la\xUn  unb  SBiffen   aloei  toefentlic^   berfc^iebene 

86  ©eifte«funftionen  finb,  bie  jtoar  in  engfter  SBed^felbejiel^ung  fte|en,  aber  toeber  ^ufammen^ 
fallen,  nod^  ftd^  au«f(|lie|en. 

©benbarum  ift  biefe«  fleine  §offmannfd^e  Unitoerfttät«gejänf  bon  fo  großer  pxmiu 
|)teller  unb  gefd^ic^tlic^er  93ebeutung:  e«  ift  einerfeit«  ein  9lad^flang  be«  mittelalterlidjien 
©egenfa^e«  jtoifd^en  9lominali«mu«  unb  9leali«mu«,  anbererfeit«  ein  9Sorf})iel  be«  f})äteren 

«>  ©egenfa^e«  jtoifd^en  SHationali«mu«  unb  ©ut)ranaturali«mu«.  ©^ärfer  al«  in  bielem 
enblofen  ©erebe  fpäterer  3,«iten  toirb  ba«  §au))tJ)roblem  ^ier  auf  bie  ^)rinji})ielle  ^^age 
jurüdfgefül^rt:  ob  unb  inwiefern  e«  eine  jloiefad^e  SBal^rl^eit  gebe?  Sluc^  jeigt  ftd^  fc^on 
pier  ba«  2lu«elnanbergel^en  nad^  ben  beiben  ©jtremen  friboler  SBiffenfc^aftlic^feit  ober 
untoiffenfc^aftlid^er  ^ömmigfeit,  unb  felbft  ber  9?ame  Rationistae   unb  Ratiocinistae 

*6  toirb  bereit«  bon  §offmann«  9Serel^rer  unb  9Serteibiger  9io^.  2lng.  b.  Söerbenf^agen  (f.  b.  21.) 
in  5Profa  unb  in  äSerfen  für  §offmann«  ©egner  unb  il^re  ^orberung  be«  SSemunft* 
gebraud^«  in  ber  Ideologie  gebrandet.  SJorerft  nal^m  ber  ©treit  —  o^ne  Ilare  (Sntfc^eis 
bung  ber  t)rinjit)iellen  tJ^agen  —  einen  für  öoffmann  ungünftigen  2lu«gang.  5?ad^  langen 
Unterfucbungen,  35er^anblungen  unb  a!}ermittelung«berfu(^en  erliei^  §erjog  §einrid[i  S^liu«, 

w  beffen  Äanj;ler  3iöÖ^"i<*"'^  ^^^  ^offmann  fd^on  1599  ber  Sßarteilic^Ieit  befc^ulbigt  toor, 
am  16.  ^ebruar  1601  ein  Urteil,  burd^  hjelc^e«  ©üntl^er  einen  9Sertoei«  erl^iclt  toegen 
offenbierenber  SBorle,  beren  er  fic^  fünftig  entl^alten  folle,  ^offmann  aber  ju  SBiberruf 
unb  abbitte  an  ßafeliu«  unb  ^aö^wian"  berurteilt  unb  jugleid^  au«  ipelmftebt  unb  an^ 
feinem  2lmte  entfernt  tourbe.    I)iefe  ©trenge  nü^te  i^m  toenigften«  infofem,  al«  fie  if^m 

^  unb  feiner  ©ad[ie  einen  Slnfc^ein  bon  3Kärt^rertum  berliel^ ;  jtoei  ^af)xt  nad^f^er  aber,  nac^ 
einem  SBed^fel  ber  Parteien  am  §ofe,  brad^te  e«  §offmann  nod}  ju  einer  SRe^abilitation 
in  §elmftebt,  mit  toelc^er  fid^  3jftüd!fe|ungen  unb  Äränfungen  für  ßafeliu«  unb  feine 
^Partei  unb  93egünftigungen  ber  3?amiften  berbanben.  I)od^  bel^au^)tete  er  fid^  bort  nidfat 
mel^r  lange,  unb  ftarb  einige  gal^re  barauf  in  SBolfenbüttel  im  3ial^re  1611  (nad^  ^eppt 

60  a.  a.  0.  intümlid^  1621).    3Der  bon  il^m  angeregte  ©treit  toarb  nod^  eine  ^cit  lang  an 


{^offmatttt,  Hantel  {^offmatttt,  ^mad^  221 

anbeten  Orten  fortgefe^t;  aber  fo  fel^r  toar  §offmann  fd^on  frül^er  mit  ben  au^hjärtigen 
fbeng  lutl^erifd^en  ^^eologen  über  geringere  ©treitj)unlte  jcrfaJDlen,  bafe  in  biefem  großem 
leiner  berfelben  fid^  feiner  annahm,  unb  bafe  namentlich  bie  SBittenberger,  am  au^füi^rs 
lid^ften  ^atob  3kaxtm  a.  a.  D.,  ftc^  gegen  ben  §elmftebter  unb  gegen  feine  auf  Sut^er 
jurüigefül^rte  SSertoerfung  be^  ®ebrau(|«  ber  ^pi^ilofo^l^ie  in  ber  S^peologie  erllärten,  toa&  6 
unter  anbem  Umftänben  toieUeic^t  nic^t  in  bem  ÜJla^e  gefd^el^en  fein  toürbe.  —- 

6ine  einfeitig  lobenbe  ßl^aralteriftil  §offmann^  l^at  §elpt)e  a.  a.  D.  geliefert,  inbem 
er  i^n  al^  entfd^iebenen  Slni^änger  ÜJlelan^t^on^  unb  ®egner  ber  Äonforbicnformel  feiert, 
afö  eine  burd^au^  unabl^ängige  t^eologifd^e  ^erfönlic^feit,  bie  ben  93iograj)^en,  ben  fie 
öerbient,  nod^  nid^t  gefunben  f)ah^.  Umgefel^rt  fielet  ^anl  (a.  a.  D.)  in  ii^m  „bed  ^ej^*  lo 
^ufiu^  ftreitfüd^tigeö  ©benbilb",  einen  3^^eoIogen  „h)ilb  unb  unbänbig  h)ie  S^mael,  bqfen 
$anb  lüiber  aDe  unb  oller  §anb  tuiber  i^n".  ($ettfc  t)  *.  ^fc^iocfert. 

^offmantt,  ^einrid^,  geft.  1899.  —  Seäftlcr  unb  gering,  ^.^.$)offmann,  C)QUe  1899. 

§.  ift  am  24.  aRärj  1821  einem  Sanfbeamten   ju  ÜRagbeburg  geboren,    ^ür  feine 
©nttoicfelung  tuar  baö  ©Iteml^aug  entfc^eibenb ;  c«  liefe  il^n  aufn^ad^fen  in  bem  Äreife  ber  i6 
,,©tillen  im  Sanbe",  tueld^e  ftd^  in  ÜRagbeburg  unb  ber  naiveren  Umgebung  mitten  unter 
bem  borl^errfd^enben  Slationali^mu^  ju  gemeinsamer  Grbauung  unb  c^riftlic^er  SEBerft^ätigs 
leit  jufammenfd^Ioffen.    3)er  Jüngling  folgte  ber  t)äterlid^en  S3eftimmung  für  bie  I^eo* 
logie,  unb  ftubierte  in  Serlin  unb  ^oiCie.    lieferen  ©inbrudE  mad^te  auf  i^n  au^fc^liefelidj^ 
SJeanber,  unb  jtuar  aö  Sjeget.    S3alb  nac^  (1843)  ^ut  beftanbener  erften  ^Prüfung  ergriff  20 
i^n  ein  bebenflicbc«  Sruftleiben ;   e«  l^inberte  i^n  nic^t  baran  bie   jtoeite  Prüfung  au^ 
gaeic^net  ju  beftel^en,  toeranlafete   i^n  aber  biö  1852   in   bem  §aufe  feinet  toertoittoeten 
SJater«  feine  ©tubien  toeiter  ju  Jjflegen.  gaft  32iä^rig  folgte  er  enbltd^  bem  Slufe  Süd^fel« 
in  bie  ©teEe  eine«  ^ilf^rebiger^  an  ©t.  5D?attl^äi  ju  S3erlin  unb  ein  ^ai}x  barauf  1854 
ber  aSoIation  in  bie  9leumartt))farre  ju  ^aDe  a.  ©.    §ier  l^at  er  über  41  ^af)xz  bi^  )u  26 
feiner  ßmeritierung  getoirft.    ßr  toax  ber  jtoeite  9lad^folger  toon  äl^lfelb  (S5b  1  ©.  272). 
2)ie  erfte  Slrbeit  mar  in  ber  burd^  ba^  2ic^tfreunbtum  jerriffenen  ©emeinbe  ju  t^un.  SSon 
1871  ab  gefeilte  [xd)  baju  ba^  jä^e  SBac^^tum  ber  ©tabt,   um  bie  Slrbeit  ju  erfc^toeren: 
bie  3a^l  ber  ©emeinbeglieber  jticg  m  20  ^af)xtn  bon  4000  auf  18000.    Unermüblic^ 
^at  ber  alheit  leibenbe  ^ann   feine  Aufgabe  gelöft,   inbem   er  bie  ©ottc^bienfte  meierte,  80 
emftg  ber  befonberen  ©eelforge  nachging,  in  ben  toerfc^iebenen,  burc^  bie  innere  9Ki[fton 
angeregten  formen  ben  9Jotleibenben  unb  ßntfrembeten  nal^e  ju  fommen  ftrebte,   enblid^ 
bie  reid^lidjiere  SSerforgung  ber  ©emeinbc  mit  ®eiftlid(^en  unb  i^re  Teilung  burd^fe^te,  julefet 
aber,  üJbertoiegenb  mit  ben  au^  ber  ©emeinbe  felbft  gewonnenen  SJlitteln,  bie  anfef^nlid^e 
neue  ©t.  ©tep^anefirc^e  baute.    Slnfänglic^  Don  ber  ?Ke^rja^l  mit  SBiberftanb  em^fangen^  86 
befafe  er  am  6nbe  feiner  SBirIfamleit  tooDe^  Vertrauen  unb  eine  Slnl^änglic^fcit,  bie  ftd^ 
beim  ^ird^bau  in  ®aben  laum  genug  t^un  lonnte. 

Unter  biefer  erbrücf enben  3lrbeit  blieb  bod^  feine  l^auj)tfäd^lid^fte  Seiftung  bie  5ßrebigt ; 
il^rer  Sntfaltung  fam  jene  Slrbeit  freilid^  jugute.  Sltebalb  nad^  feinem  Seginn  in  §.  toer^ 
mochte  bie  Heine  Äird^e  feine  3"l((örer  laum  ju  faffen  unb  al^  fein  3?ortrag  unbequem  40 
getoorben,  fammelte  fxd)  nod^  au^eit  eine  fefte  ©emeinbe  um  i^n,  nic^t  n^enige  in  il^r  feit 
bem  erften  ^a^rjel^nt.  ©0  unerfe^lid^  il^nen  bie  unbergleid^lid^e  ^ülle  unb  Äunft  ber  Ser^ 
lünbigung  toar,  fo  ftanb  mitjeugenb  l^inter  il^r  bie  in  ber  älnfec^tung  ben^äl^rte  lautere 
5ßerfönlic^leit.  -—  ©eine  ©nttoidtelung  läfet  fic^  etlic^ermafeen  an  ben  gebrudften  ©amms 
lungen  Verfölgen.  2)ie  ältefte  „3*^ölf  geft)3rcbigten"  18(52  ift  f)3äter  toon  il;m,  foU^eit  e«  46 
ging,  iiurüdtgejogen.  „2)er  ^eilstoeg"  1864,  3.  Slufl.  1897.  ,,©ünbe  unb  ©rlöfung"  1873, 
3.  SufL  1898.  „ei^riftblumen",  10  älnft)rad^en  ju  6^riftt)e«i)em  1893,  3.  äufl.  1896. 
„2)ie  93ergj)rebigt"  1893,  2.  Slufl.  1899.  „2)ie  le^te  5lac^t  unb  ber  lobc^tag  be^  ^erm 
3efu"  1898.  Slufeer  einer  reid^lid^en  9lnjal;l  einjeln  gebrudtter  ^rebigten,  namentlid^  ni 
befonberen  ©elegen^eiten,  femer  brei  bollftänbige^al^rgänge:  ,, Unterm  Äreuj"  1884  3.3tulp[.  60 
1897.  „Äreuj  unb  firone"  1891,  2.  Slufl.  1896.  „gin^  ift  not"  1895.  —  ©eine  3:^eo^ 
logie  loor  ein  Sibliji^mu^,  ber  fid^  an  ber  lut^erifc^en  Drtbobojie  orientierte,  inbe^  tiefe 
©intoirlungen  toon  ber  (jietiftifd^en  ©rtoectung  unfere^  3^^^^""^^^  ""^  t^'^^  ^^^  ^^ 
t^eofoJ)l^tf(^=e^atologifd^en  Setoegung  erj^alten  l^atte.  Seb^after  äBibertoille  gegen  ba« 
©taat^regiment  in  ber  Äird^e  führte  i^n  im  6.  ^al^rjel^nt  ju  ben  entfc^loffenen  Äonfeffios  66 
neHen,  toie  er  benn  bem  engeren  lutl^erifc^en  SBerein  unb  ber  Sluguftlonfcrenj  beitrat.  Seit 
ber  jtoeiten  SBerfammlung  biefer  Äonferenj  fd^ieben  fic^  inbc«  feine  SBege  bon  biefer 
®nH)J)e.  er  jog  ftc^  bon  bem  öffentlid^en  Äirc^enleben  in  feinen  engften  Slmt^lrei«  gurüct. 
2)abei  blieb  er  aud^  gegen  neuere  t^eologifc^e  33eh)egungen  offen  unb  legte  beh)ufetertt)eife 


222  l^^ffHumii,  ^eintU^  ^offmantt,  Steld^ior 

allen  SRac^brucf  auf  bie  aemcinfamen  Orunbartilel  ber  etoonöelif^en  Scfenntnifle  in  biblifc^ 
lebenbiger  tjöffuna.  9Bu|te  er  bod^,  feine  Drt^obojie  an  ber  SSibel  forrigiert  ju  l^aben.  — 
$.  lebte  in  ber  Stnft^ung  ber  großen  offenbarenben  2:^aten  ®otte«  unb  biefe  feine  2ln= 
f(^ung  h)ar  burd^g  djiriftojentrif^.    35e^l^alb   toel^ete  ben  SSernef^menben  au^  feinem 

6  3^0^^^  immer  fj)ürbar  ber  ßaud^  ber  ©toiafeit  an ;  unb  eben  barum  toar  er  ein  un^ 
öergleid^Iid^er  geftjjrebiger,  b^en  marfiger  ?Pfatmenton  felbft  ben  flügellahmen  jur  än^ 
betung  znipoxf^ob,  3lber  er  jS^atte  aud^  im  eigenen  Äerjen  ben  Äamjjf  mit  ber  „immer 
anllebenben"  ©ünbe  unb  mit  bem  3)rudEe  ber  Übel  m  an  bie  ©renien  be«  33erjh>eifcln^ 
burd^gerungen.  S)e^l^alb  H)ar  fein  3^0^^^  ^i^  ^^  ^^  ^'^^  ^M^  Ham^fe^  unb  (Siegel 

10  getauft;  bie  einzelnen  Ratten  oft  ben  ©inbrucf,  aU  fü^re  er  bon  ber  Äanjel  eine  ^Wk- 
\pxad)t  mit  il^nen,  unb  man  mad^te  bann  bie  ©rfaf^rung,  ba|  e«  aud^  f}^tt  nod^  pxopi}C'' 
tifd^e«  ßl^ri^ma  (1  Äo  14, 24. 25)  in  ber  Äirc^e  gebe.  3)afür  ftanb  i^m  bie  gorm  ebler 
unb  ergreifenber  SRebe  unbebingt  ju  (Sebote.  ©eine  ^^antafie,  auf  Sleifen  fotoie  burd^ 
©tubien  unb  Silber,  an  ber  Iiebet)otten  33erfenfung  in  bie  Sanbfd^aft  unb  an  ber  S3e= 

16  fd^äftigung  mit  ber  tirc^Iid^en  Saulunft  entfaltet  unb  bereid^ert,  berlie^  feiner  gebrängten 
Darbietung  toud^tiger  ©ebanfen  feffelnbe  Slnfd^aulid^feit.  3n  ^öd^ftcm  SJlafee  b^a^  er  bag 
®ef(^idE,  in  fna))t)en  ©ä^en  93ilb  unb  (Sebanlen  ju  toirtfamftem  Slu^brudEe  m  bringen. 
©0  »ermittelte  er,  o^ne  ben  i^öl^en  unb  2^tefen  au«  bem  SBege  ju  gelten,  bie  ©el^eimnifje 
ber  (Snabe  aud^  benen,  bie  nid^t  an  einbringenbere«  ©innen  gehjöl^nt  toaren.    2Bol^l  l^at 

20  er  bie  bcbeutenben  ßreigniffe  unb  6nttDidEelungen  feiner  ^afyc^  mit  urteilenber  unb  gu- 
red^ttoeifenber  Siebe  begleitet.  Der  §auj)tftodE  feiner  33erlünbigung  blieb  bod^  bem  einen 
alten  Sbangelium  gen^ibmet  unb  ba«  l^at  er  nad^  ^t  13,  52  mit  unerfd^öjpflid^em  9teid^:: 
tum  unb  nie  crmattenber  ^nfd^e  geprebigt.  ©o  h)irb  er  auc^  Leiter  (irebigen,  nac^bem 
er  geflorben  tft,  unb  SSorbilb  unb  ©rmunterung  fold^en  Serben,   bie  ftd^  für  ben  Dienft 

26  am  SBorte  ju  bereiten  unb  fortjubilben  begehren.  Die  Slnerlennung  biefer  Seiftung  lag 
)toar  gunäd^ift  in  il^rem  @rfolge,  bod^  !am  fie  i^m  aud^  barin  entgegen,  ba^  bie  ^oHifd^e 
golultät  i^m  jum  Sut^erfefte  bie  Doftortoürbe  berlief^.  «»•  Ää^Ier. 

^offmantt,  SKeld^ior,  ä[nabaj)tift,  f  1543  ober  1544.  —  3)q8  ^eftc  über  ^.  ift 
bie  ©iograp^ie  oon  gr.  0-Jur  Sinben,  "SR,  ^.,  1885,  eine   ber  bcften  Sonographien  au§ 

ao  biefem  (Gebiet  überhaupt.  fBenioer  bietet  bie  1883  erfc^ienenc  ^oüänbifc^  gefdjriebcne  ^io= 
arop^ic  oon  ®.  3-  ficcnberj.  3Jf.  ©.  3luö  ber  älteren  Sittcratur  ift  ^eroorju^cben :  X.  ^V 
Sö^ric^,  öefc^.  ber  SRef.  im  eifafe,  II,  1832.  @.  89  ff.,  f.  a.  8t)X&  1860,  3ff.;  S.  ?(.  eorne^ 
liu8,  ®cfc6  bc«  3Rünfterif*cu  Slufru^rg.  ©b  n,  1860;  Suni^  in  5Rl£»  VI,  212 ff.;  $.  ^ol^- 
mann  in  ?lb^  XII,  636.    gür  ben  ©tragbiirger  Slufent^alt  ift  auc^  ju  üergleiicn  S.  öJcv= 

36  bert,  ®cfc^.  bev  ©traftburgcr  6cftenbemegung  ^ur  3cit  ber  Sflef.,  1889.  gär  bie  ^cjic^iingcn 
JU  ben  iäufcrn  tinb  Spiritualiftcn  am  vcicbevr^ein,  ju  ©onipanu«,  5Rott,  ^mbroicft  u.  f.  w.: 
St.  aflcmbert,  S)ie  ©icbertäufer  im  ^crjojtum  Süli*,  1899.  gür  bie  Beurteilung  oon  §.'§ 
rellgiöfen  Sbeen:  J.  H.  Maronier,  Het  inwendig  woord,  1890. 

9K.  ^.  ift  in  ©c^hjäbifd^s^oH  hjol^l  gegen  ®nbe  be«  15.  göl^r^unbertg  geboren,  Sin^ 

40  fad^en  Ser^tniffen  entftammenb  lernte  er  bag  Äürfd^nerl^aubtoerf  (ber  „^eljer"  beifet  er 
l^äufig  bei  ben  3^^0^*^ff^)-  3)^^  ^^t  i^n  loo^l  nac^  Siblanb  gefül^rt.  $ter  tritt  er 
um  bie  SKitte  be«  Sa^re«  1523  ald  Agitator  für  Suti^er«  Sebrc  gegen  ba«  alte  ilird(^en= 
tDcfen  auf.  5^^  berbinben  fic^  in  i^m  bie  ßinflüffe  ber  SBittenberger  SReformation  — 
fo  lange  ate  t&  irgenb  ging,  l^at  er  Sull^er  afe  feinen  Seigrer  anerlannt  —  mit  benen  ber 

46  SJb^fti!,  bie   il^n  \)on  älnfang  an  für  ben  ©^irituali^mu^  bi^onierte,  ber  bann   immer 

fc^er  unb  in  eigentümlid^er  ©eftalt  bei  il^m  l^erau^tritt.  2)en  ^nati^mud  ÜRünjer^  ^at 

er  oogehjel^rt  unb  S3ejiel^ungen  ju  ben  3"^^^  SRabilalen  laflen   fid^  in  ber  älteren  ^üi 

•^     nic^t  nad^toeifen.    §.  ift  ber  %t)pn^  be«  ungelebrten  Saienprebiger«  ber  SReformation^jeit, 

ber,  toie  er  felbft  toon  ben  ßrfd^ütterungen  ber  3^^  &i^  i"^  3""^^^  getroffen  toax  unb 

60  fid^  feinen  oft  unflaren  aber  ftarfen  religiöfen  3"U>wIf^  ol)m  Slücf^alt  bingab,  burd^  bie 
®etoalt  feiner  Siebe,  burdji  feine  ftürmifc^e  Seibenfc^ft,  burc^  ba^  ©infe^en  ber  gamen 
^ferfönlid^feit  bie  ^örer  mit  fortriß  unb  ben  geleierten,  befolbeten  ^rebigem  überall,  mobin 
er  lam,  \d)Yocx  ju  fd^affen  mad^te.  6r  öertritt  biefen  S^bpu«  in  feiner  ganzen  ÜJläd^tigfeit, 
and)  in  relatito  großer  SReinl^eit  —  §.  ift  immer  felbftlod  im  3)ienft  feiner  ©ad[ic  auf= 

66  gwangen  unb  l^at  nie  elhja^  anbere^  gefud^t,  al^  ba«  ßoangelium,  h)ie  er  e^  toerftanb. 
aber  balb  traten  au6)  bie  ®renjen  l^eröor,  bie  Unfäl^igfeit,  einem  georbneten  Äird^enmefen 
[väf  einjugliebem,  baö  bebenflic^  gefteigerte  ©elbftgefül^l,  bie  ©d^hjärmerei,  bie  fi(b  am 
liebften  ben  bunfelften  Suchern  ber  l^eil.  ©djirift  jutoanbtc  unb  an  bie  ©tette  ber  me^ 
t^obifc^en  ßjegefe  bie  Berufung   auf  ^^fi^i^^^tion  unb  bie  hjillfürlic^fte  aUegorifd^e  'än^- 

60  legung  fe^te. 


{^offmanit,  3Rdäf\ox  223 

^n  Sitolanb  toar  bei  bcm  ÜRanget  gcfd^ulter  tl^cologifd^er  Äräfte  bcr  ©oben  für  b<tö 
auftreten  fold^er  Saienjjrebiger  geeignet,  ^od)  hjurbe  §.ö  SBtrffamfeit  in  SBBolmar  balb 
burd^  Verfolgungen  unterbrochen.  6«  tarn  gu  Unrul^en,  §.  tourbc  au^etoiefen  unb  ging 
im  ßerbft  1524  nad^  ^oxpat,  §ier  gewann  er  ftarfen  Snl^ang  unb  alg  ber  Sogt  beS 
©rgbtfc^of^  3^^^""  Slanlenfelb  i^n  t)er^ften  toollte,  brac^  am  10.  3«»wör  1525  ein  5 
33ilberfturm  unb  S^umult  gegen  bic  33oml^erm  unb  bie  Älöfter  lo«,  öor  bcm  ber  (Srjbifd^of 
gurücfloeid^en  mufete.  9lbcr  and)  auf  reformatorifd^er  Seite  ftie|  §.^  Il^ätigfeit  auf  öe« 
benfen,  fobafe  er  [\d)  toon  SBäittenberg  ein  3^8"'^  ^^'^  mu^e.  ®g  gelang  i^m,  ©ommer 
1525,  ein  fold^ed  p  erhalten.  Sutl^er  unb  ^ugenl^agen  ri^teten  ein  S^ireiben  an  bie 
liölänbifc^en  ©ememben,  in  bcm  Sutl^er  bor  ©ntgtoeiung  über  ben  äufeerli^ien  gormen  lo 
bc«  ©otte^bienfte«  mamt.  ä.  ^at  ein  eigene«  ©(^reiben  beigefügt.  6«  ijt  in  ber  ^caxpU 
fad^e  lorrelt  lutj^erifd^  (SRed^tfertigung^s  5Präbeftination«Iel^re),  toarnt  audp  öor  6mj)örung 
unb  ©d^toarmgeifterei,  bod^  jeigt  c«  in  feiner  m^ftifdjien  SlHegorefe  unb  feinen  c^atologijd^en 
Oebanlen  benänfa^  ju  §.«  ft)äteren  gbeen  (f.  Snberg  V,  206  ff.).  9Jad^  3)ort)at  jurüdgefel^, 
gerät  $.  mit  ben  ^rebigem  bafelbft  in  Streit.  SBeniger  bogmatifc^e  Differenzen  trugen  bie  i6 
©d^ulb,  al«  ber  Untoille  ber  ©ciftlic^en  über  bie  änfjjrüd^e  be«  Saienprebiger«,  ber  burdff 
Sut^er«  2lnerlennung  gehoben  in  feiner  SBirIfamleit  je^t  toeiter  unb  rüdfftc^t^Iofer  angriff 
unb  bcr  menfd^licl^en  Berufung  ber  ^rebiger  bie  eigene  göttliche,  bcm  t^oIogifd9en  ©d^rift« 
berftänbni«  bie  tiefere  ^)ro)3^etifd^e  Deutung  gegenüberftettte.  äuö  Dorpat  t)erbrängt  ging 
er  erft  nad^  Sleöal,  too  er  eine  ^Ät  lang  „ber  itronlen  Diener"  toar,  bann,  aud^  ^ier  ao 
auf  Setreiben  bcr  ©eiftlic^cn  au^eloiefen,  cthni  3lnfang  1526  al«  5ßrd)igcr  berDeutfd^ 
nad^  ©todt^olm.  Über  feine  3:l^ätigfcit  in  ©(^mebcn  ift  n\d)t^  bdannt.  Dagegen  jeigcn 
feine  beiben  f^ier  abgefaßten  ©d^riften,  bic  Jjlaitbeutfd^  gefc^riebene  „Formaninghe"  wib 
bie  noc^  h)id^tigere  älu^lcgung  be«  12.  j{a))itel«  Daniel«  unb  bc«  @t>angclium«  )?om2.9lbs 
bentöfonntag  bie  immer  größere  ©ntfemung  bom  lut^erifd^en  Äird^entum  unb  Dogma.  25 
3toar  loirb  bie  Slec^tfertigung«^  unb  ^räbeftination^le^re  auc^  l^ier  nod^  fcftge^altcn,  aber 
bie  mt^ftifd^en  Sategorien  t)on  ber  ©claffcn^eit  unb  ber  Sergottung  nehmen  größeren  Q>pxdi 
räum  ein  unb  in  ben  Wittelt^unh  rücfcn  immer  mel^r  bie  e«(^atologifd^en  SorfteOungcn. 
Die  ertoartung  bc«  naiven  jüngften  läge«  toar  bei  i^m  nic^t,  mie  bei  biclcn  anbeten, 
nur  ein  einzelner  Seftanbteil  feiner  ®eban{entoelt :  fte  bc^errfd^tc  i^n  ganij  unb  l^iclt  il^  ao 
fcft.  9Jlit  erregter  einbilbung«fraft  burc^forfc^t  er  bic  ©c^rift  nad^  ben  ^txd)m  ber  le^en 
3cit  unb  bilbct  fic^,  o^ne  gelebrtc  3Kittel,  toenn  auc^  nic^t  ol^ne  3wfö»w»w^^ng  mit 
älteren,  joac^imitifc^en  unb  anberen  Sorftettungen,  fein  eigene«  ©^ftem  ber  legten  Dinge 
au«.  Damit  glaubt  er  eine  Äenntni«  ber  göttlid^en  ®e^cimniffc  )u  befi^cn,  an  tocldjc 
leine  ©cle^rfamfeit  ber  „©d^ftgclel^rten"  i^inanreidjit.  ©o  toirb  au«  bcm  Saicn^)rebiger  86 
me^r  unb  mcl^r  ber  ^ro})l^et,  bem  bie  Slufgabe  übertragen  ift,  bic  (Semüter  auf  ba«  Äom« 
men  be«  $erm  borjuberciten,  burd^  bie  ^rebigt  ber  Sufee  gu  fc^redfen  unb  ju  cmeuem. 
Der  ®lauSe  an  bie  5läl^c  be«  Äommen«  ß^rifti  ftcigcrt  feine  $aft  ^n  jener  ©c^ft  l^at 
er  ba«  @nbe  ber  2Belt  auf  1533  angegeben  —  einen  2^ermin,  an  bem  er  feftbielt,  bi« 
bie  läufc^ung  fxd)  nid^t  mcl^r  t>erfennen  lic^.  40 

Slnfang  1527  mu^tc  §.  ©todtbolm  tocrlaflcn,  too^l  bauj)tfäc^lic^  toeil  bem  5fönig 
fein  Sorgehen  gu  [tünnifc^  toar.  'Und)  ein  Serjud^  §.«,  fid^  m  Sübedf  fcftjufe^en,  fd^lug 
fe^l.  Dagegen  eröffnete  fid^  ibm  in  ^olftein  für  gtoei  3al;rc  eine  gro|e  Stöirlfamlett. 
^reilic^  jc^t  in  cntfd^iebcnem  Srud^  mit  Sutber.  9ln  biefen  toaren  inglüifd^en  bic  Äl^en 
ber  liblänbifc^cn  ^itcbigcr  über  §.  gelangt  unb  er  toarnte  in  einem  Srief  t)om  17.  3Kai  46 
1527  ben3lm«borf,  ben  $.  in  3Jiagbeburg  befud^cn  toolltc,  t)or  bcm  ©c^toärmcr,  unb  gab 
i^mbenSlat,  benÄürfc^ncr  an  fein^anblücrf  lu  h)eifcn(6nbcr«VI,51).  3in  ÜJlagbeburg  wm 
e«  ju  H^igen  3lu«cinanberfc^ungen  gh)ifc^en  2lm«borf  unb  Jp.  Der  erftcre  fc^rieb  gegen  ben 
falfc^cn  ^rojjl^cten  ein  5Pamj)^lct  in  ben  fd^ärfften  3lu«brü4en.  ^.,  bcr  c«  niqt  jum 
Sruc^f  fommen  laffen  n^oEte,  ern)ibcrtc  ma^tooll.  6r  l^atte  injtoifc^en  toerfud^t,  bei  einem  so 
Uoeiten  Scfuc^  in  Söittcnbcrg  Sut^cr  fclbft  für  feine  a^)ofalbj)titecn  ^htm  ju  gewinnen. 
vR\t  feinen ,, Träumereien"  abgen^iefen  feierte  er  tief  erbittert  über  ^Kagbäurg  unb  §ambiag 
nad^  ^olftcin  jurücf.  ^ier  fanb  je^t  Äönig  ^ebric^  I.  t)on  Dänemarf  Oefatten  an  feiner 
^Prebigt.  6r  erteilte  i^m  nac^  einer  Prüfung  burd^  feine  li^cologen  ba«  Siedet  bcr  freien 
9Riffion«tl^ätigfeil  im  gangen  ^ergogtum  unb  toic«  il^m  f)3Cgiell  Äicl  al«  3Birfung«felb  66 
gu,  fo  baß  §.  fic^  je^t  ftolg  in  feinen  ©c^riften  „Koninckliker  Majestät  tho  Denne- 
marcken  gesette  prediger  thom  Kyll"  nennen  lonnte.  2lber  bcr  rul^elofc  3Kann 
lonnte  fic^  nic^t  in  eine  georbnetc  SBirffamlcit  ^incinfinben  unb  feine  ma^ofen  9lngriffe 
gogen  il^m  aud^  l^ier  Verfolgung  gu.  "äud)  btad)  bie  litterarifc^c  ge^be  mit  3lm«borf 
auf«  neue  au«  unb  tourbe  je^t  t)on  beiben  ©citen   mit  fd^onung«lofcr  ^eftigfeit   gc-  eo 


224  {^offmann,  3Ket(^tor 

fü^rt.  2viÜ)cx,  ber  öorübcrge^crtb  cttoa^  milbcr  gu  urteilen  geneigt  jc^icn,  fd;ricb  je^t 
einen  SBamung^brief  an  ben  Äronprinjen  (Sl^riftian,  ben  Statthalter  in  .^olftein.  Statt 
ber  notiuenbigen  d^riftlid^en  .^au^tftücfe  le^re  §.  „vergebliche  33ic^terei".  ©old^en  Steige- 
geiftem  bürfe  man  nic^t  ju  t)iel  SRaum   laffen   (f.  2!)e  SBette  III,  361   unb  ßnberö 

6  VI,  308).  ©leic^jeitig  lag  §.  in  ge^be  mit  bem  ©d^le^tuigcr  ^rebiger  SKarquarb 
@c(>ulborlp,  einem  ^eunbe  äihgborf^.  §ier  trat  nun  §.d  f^on  länger  Vorbereitete 
äbtoeic^ung  Von  ber  lut^erifc^fen  Stbenbma^telef^re  ju  lag.  ^n  mehreren  (Schriften 
trat  er  gegen  bie  „Salrament^jauberer"  auf.  SDer  ©treit  erregte  ba^  £anb  \o  beftig, 
bafe  ber  Äönig   jur  Beilegung  eine  S)i^})utation  in  glen^burg  auöfd^rieb.    ©ie  fanb  am 

10  8.  ^px'xl  1529  ftatt.  3)ie  lutJ^erijc^e  Partei  ^atte  ate  i^ren  gül^rer  Sugen^agen  f^erbei= 
gerufen.  §.  tooUte  Äarlftabt  beigie^en,  bem  iebod^  ba^  freie  ßjeleite  bermeigert  tourbe. 
3}or  ber  Disputation  f}at  §.  in  Untenebungen  mit  ^erjog  ß^riftian  feinen  ©laubenSmut 
unb  feine  ©ntfd^loffen^eit  hmbget^an,  auf  jeben  gall  bei  feiner  Überzeugung  ju  bleiben. 
Sin  ber  2)i0})utation   ^at   er  feine  ©ad^e  nic^t   ungefc^icft  Verfochten.    I)er  Äem  feiner 

16  Slbenbmal^töle^re  ift:  ba«  leiblid^e  SSrot  ift  nid^t  ßl^rifti  tvefentlic^er  Seib,  fonbern  ein 
©i^d,  ^Ä6)m  unb  ®ebäc|ftni«  be^  Seibe^.  Söäl^renb  biefe^  in  ben  ÜRunb  genommen 
tvirb,  lüirb  burd^  ben  ©lauben  ba«  ffiort  unb  mit  i^m  ber  geiftige  iJeib  Qi}xx\t\  inö  ^erj 
gegeben:  bamit  toirb  ß^riftu«  toirflid^,  toenn  auc^  in  geiftiger  SBeifc  emi)fangen.  SDie 
äBurjeln  feiner  Slbenbmal^tele^re  liegen  jum  2:eil  in  Sut^en^  Sel^e  in  il^rer  erften  refor- 

20  motorifd^en  ©eftalt,  jum  leil  bei  Äarlftabt.  33er  tiefere  ®runb  liegt  in  feiner  m^ftifd^en 
feiritualiftifc^en  Dennoeife  überl^auj)t,  toeld^e  bie  2^rennung  Von  gigur  unb  ©ac^e  forberte. 
®egen  3h)"^0li^  Seigre,  ber  man  \i}n  jutreiben  toollte,  l^at  er  bie  feinige  abgegrcnjt.  3)a^ 
®rgebni^  ber  2!)igt)utation  fear,  ba^  bie  ©alramentierer  au^  bem  bänif^en  SReic^  verbannt 
lüurben,  neben  $.  aud^  anbere  ®egner  ber  lutl^erifd^en  aibenbma^telel^re,  bie  teilgenommen 

26  Ratten,  h)ie  Sol^ann  Von  Äaml)en  (f.  jur  Sinben  149  ff. ;  Slembert  285  ff.). 

2Rit  Äarlftabt  gufammen  begab  ftd^  ber  Verbannte  nad^  Dftfrie^lanb,  too  Am  Su- 
t^eraner  unb  3^inglianer  mit  einanber  rangen  unb  mit  ben  le^teren  \\d)  aud^  rabüale 
®lemente  Verbanben.  ®oc^  Jivang  bie  im  Slugenblidt  fiegreid^e  lut^erifd^e  Partei  §.,  baö 
ßonb  ju  verlaffen.  ®r  gel^t  je^,  gegen  Snbe  l^uni  1529,  nac^  ©trafeburg,  bem  ©ammel= 

80  plaii  ber  ajerlriebenen.  Sucer  \)at  i^n,  atö  taj)feren  Sefämpfer  ber  magij^en  äbenbmablö= 
Ufyct  Sut^er^  junöc^ft  freunblic^f  aufgenommen.  3)od^  rieten  bei  näherer  Sefanntfcbaft 
oud^  bie  ©tra^burger  il^m  an,  ju  feinem  ipanbtrerl  mrücfgufe^ren.  ^n  ©tra^burg  lernt 
er  ©d^lvenffelb  tennen;  bie  beiben  gießen  fxd)  an,  o^ne  jtc^  ganj  j\u  verbünben.  §ier 
veröffentlid^t  §.,  6nbe  1529  unb  älnfang  1530,  eine  SReij^e  Von  ©rudjcf^riften,  Von  benen 

86  ber  „3)ialogu^"  eine  I)arftellung  be«  glen^burger  ©efjjräc^  giebt  unb  beren  h)id(^tigftc 
bie  bem  Äönig  Von  S)änemarl  getvibmete  audlegung  ber  Offenbarung  3io^anni^  ift.  Söir 
lernen  feine  Seigre  ^ier  in  i^rer  au^ebilbeten  gorm  fennen:  brei  5ßerioben  ber  Äirc^en- 
gefd^ic^te,  bie  erfte  von  ber  3lj}oftel  geit  bi«  jur  §errfd^aft  be«  ^aj^fte^,  bie  jtoeite  bie 
3eit  ber  unbefc^ränften  9Jlad^t  ber  5ßäj)fte,  bie  britte,  vorbereitet  burd^  §u^,   eingetreten 

40  mit  ber  SReformation.  3"  ^^  ^^^^  ^^  ^^\^  f^i"^  Ö^tfd^aft  entfleibet  unb  bie  volle 
Offenbarung  ©otteö  brid^t  an,  bie  ^tvt,  in  ber  bad  2Bort  vom  S3ud^ftaben  in  ben  ®eift 
getvenbet  tvirb.  3^^^  3^W0«"  Serben  ben  jüngften  3:ag  Vorbereiten,  fxe  erliegen  ber  ®e= 
hHxlt  ber  5ßa})iften,  bie  fid^  mit  ben  95uc^ftabif(|en  verbinben,  bann  folgt  bie  le^te  3^i^ 
ber  SSerbunfelung  ber  fflaJ^rl^eit,  ber  Kampf  jtvijd^en  Suc^ftaben  unb  ®eift,  bie  3«»^ftörung 

46  be^  geiftlic^fen  gerufalem^  burc^  bie  Spürten,  ©d^ilie^id^  tvirb  ßl^riftu^  erfc^einen,  ba^ 
ßnbgerid^t  l^olten,  §immel  unb  (Srbe  erneuern.  35Ja^  biejen  ®ebanfen  garbe  unb  Äraft 
gab,  tvar  bie  Seb^aftigleit,  mit  ber  bie  biblifc^en  Silber  aufgenommen  unb  angelegt 
toaren,  bie  burc^f  alle  5ßl^antafterei  binburc^fc^immembe  religiöfe  Energie,  bie  ftete  Se^ 
«e^ung  auf  alleö,   Iva^  bie  ®egenh)art  erregte,    ^ntd)   bie   eigenartige  Sßertoenbung  ber 

60  uKotive  au^  ber  eigenen  3^  erl^alten  auc^  bie  älteren  Sorftellungen  ein  neue^  ®en)anb. 
^ain  lamen  neue  Anregungen  ent^ufiaftijc^er  3lrt.  §.  trat  in  SJerbinbung  mit  einem 
©trafeburger  ßl^epaar,  baö  33ifionen  l^atte,  Sien^arb  §oft  unb  feiner  grau  Urfula.  6r 
fc^fä^te  biefe  al^  Setvei«  ber  fortbauemben  Offenbarung  fel^r  l^od^  unb  gab  eine  ©amm^ 
lung  bavon  l^erau^.    ©benfo   tvurbe  unter  bem  Flamen  SSenturinu^  eine  ^rop^etie  ver^ 

66  breitet,  bie  auf  §.  al^  ben  ©enbboten  ®otte«  ^injutoeifen  fc^ien  (31^3:^  1860,  23,  49  f. ; 
®erbert  143  f.).  Son  Sut^er  fpric^t  §.  je^t  mit  unVer^üUtem  §ai  S)er  ,,äpoftel  be« 
anfangt"  ift  gum  ^vlt^ai  geworben.  I)a|  er  bie  ®läubigen  Va:folgt,  brücft  i^m  ba^ 
3eic^en  be«  Verräter«  auf.  S)ie  3tvinglianer  ^t  ^.  Vorläufig  nod^  fc^onenb  be^anbelt. 
Sber  feine  ©^mpatl^ien  mit  ben  Rufern,  benen  er  in  ©tra^burg  naf^egetreten  tvar,  fübrten 

CO  gum  S3ruc^  mit  ben  gü^rem  ber  ©taatölirc^e,  ben  auc^  jene  a:rahate  unvermeiblicl^  ge^ 


^offmann,  ^etd^tor  225 

mad^t  l^atten.  6r  forbcrtc  2l})ril  1530  in  einer  ßingobe  an  ben  3tat  bie  Überlaffung 
einer  Äird^e  an  bie  Säufer.  2)ie  golge  tuar  ein  ^aftbefei^I,  unb  §.  öerlie^  bie  ©tabt. 
3)amit  tuar  er  toon  ben  3h)in9lianem  gefc^ieben  unb  auf  bie  Siäufer  angetpiefen,  in  einem 
äugenblicf,  ate  in  DberbeutfJ^Ianb  bie  Äraft  be^  S^ufertum«  fd^on  gebrod^en  toar  unb 
bie  Slefte  ber  SJerfolgten  ftc^  übertoiegenb  in  gemäßigten  Sahnen  l^ielten.  S)a  tuar  e^  6 
bon  größer  Sebeutung,  ba^  §.  auf^  neue  ben  ßnti^uftagmug  im  läufertum  entfad^te. 
aSenn  er  mit  ben  Säufern  in  Serbinbung  trat  —  ber  förmlid^e  Seitritt  burc^  bie  Saufe 
toirb  lüol^I  fc^on  in  (Strasburg  ober  boc^  balb  nac^i^er  erfolgt  fein  — ,  fo  toottte  er  bod^ 
feine  eigentümlid^en  (Scbanfen  unb  bie  Oelüißi^eit  feine«  ^)rotol^etifd^en  35erufe«  feine^toeg« 
aufgeben,  ©o  füf^rte  er  bem  ©trom  ber  anaba})tiftifd^en  Setoegung  neue  Kräfte  unb  lo 
3been  gu,  bie  jtoar  nid^t  ööttig  in  i^m  aufgingen,  aber  ol^ne  toeld^e  bie  Sßud^t  nid^t 
berftänblid^  toäre,  mit  ber  nun  bie  rabifalen  ©eifter  ber  3Dlünfterifd^en  ilataftro^l^e  gu^ 
brängten. 

3m  9Jlai  1530  iand)t  §.  toieber  in  Dftfrie^Ianb  auf.    ßr  fammelt  l^ier  bie  fd^on 
toor^anbenen  anabat)tiftifd[ien   unb  fj)iritualiftifd^en  SIemente,  toirbt  neue  änl^änger  unb  i6 
beginnt  bie  täuferifc^e  ®emeinfd^aft  ju  organifteren.    gür  bie  S5erj)flanjung   be«  Säufer^ 
tum«  au«  Oberbeutfc^lanb  nac^  9lieberbeutfd^lanb  ift  fein  SBirlen   nic^ft  ber  einjige  aber 
ber  lüid^tigfte  ^altor.    3)er  SJlitteljJunft  toar  ©mben.    SBäoi^I  nod^   in  Dftfrie^Ianb  f^at  er 
feine  bebeutenbfte  ©d^rift  gefc^rieben,  bie  „Drbonnantie  ®otte«",   in  toeld^er  ber  ®ebanle 
be«  SSunbe«  glüifc^en  ®ott  unb  feinem  SSolI  jugrunbe  gelegt  ift  (f.  jur  Sinben  240  ff.).  20 
3n  Dftfrie«Ianb  burd^  bie  Dbrigfeit  bebrängt,  bie  auf  Setreiben  ber  feeiftlic^en  einfc^fritt, 
burd^gog  $.  je^t  al«  „aüoftoüfc^fer  §eroIb"  bie  Sanbe,  in  ber  Überjeugung,  ba|  feine  Sauf« 
babn  furj  bemeffen,  nocp  rücffic^t^Iofer  unb  ftürmifd^er,  aU  jutoor,  überall  bie  Ungufriebenen 
aufrufenb,  bie  Aufregung  fteigemb,  jai^Ireic^e  „Sieb^aber  ber  göttlid^en  SBal^r^eit"  um  ba« 
panier  ber  S3unbe«taufe  fammeinb.    2)a«  rul^elofe  SBanberleben  toar  nid^t  bloß  burc^f  bie  25 
f orttoä^renbe  Sebroi^ung  entoungen,  e«  entf j)rac^  ebenfo  feiner  9?atur,  loie  feiner  Sluffaffung 
t>on  ber  5ppic^t  ber  a})oftolif(^en  ©enbboten,  benen  bie  fejte  $eimat  öertoel^rt  ift. 

2luf  biefen  Steifen  fd^eint  er  ©traßburg  lieber  berührt  ju  ^aben  (gegen  6nbe  1530). 
SDann  burc^gie^t  er  öollanb,  too  fc^on  t)orl^er  ber  toon  il^m  in  ©rnben  gewonnene  ^an 
3SoIfert«goon,  genannt  Srijjjmafer  für  ba«  Säufertum  im  ©inne  §.«  getoirlt  l^atte.  ®te  so 
3Birlfamfeit  ber  beiben  f^at  in  §ottanb  einen  neuen  §erb  be«  änabc^)ti«mu«  begrünbet, 
ber  f\d)  tro^  aller  Verfolgungen  erl^ielt  unb  für  bie  näd^fte  unb  fernere  3wlunft  be«felben 
fe^r  h)ic|ftig  tourbe.  ®egen  (Snbe  1531  unb  2lnfang  1532  taud^t  er  toieber  am  Dber^ 
r^ein  in  ber  ©traßburger  ®egenb  auf.  SKel^rere  Sraftate  gehören  in  biefe  3^'^^  ^^  hmm 
§.  unter  anberem,  toie  aud^  anbere  Vertreter  ber  mt^ftifd^en  Dj)})orttion,  ftd^  am  5ßrobIem  ber  35 
$räbeftination  toerfuc^te,  toobei  er  bemüht  ift,  ber  freien  ©ntfc^eibun^  be«  SKenfd^en  eine 
©teile  gu  fiesem.  2luc^  trägt  er  eine  eigene  änfid^t  über  ba«  ^leijd^  G^rifti  bor:  ein 
£iebling«t^ema  ber  ©j)iritualiften,  ba«  für  fie  an  bem  Ort  ftanb,  an  bem  in  ber  fird^* 
liefen  Seigre  ba«  trinitarifd^e  3)ogma  (gegen  ba«  ftd^  auc^  §.  gleic^giltig  toer^ält),  bte 
3hJeinaturenIe^re  unb  bie  Se^re  bon  ber  Verfö^nung  ftel^t.  ä.«  2e^re  berührt  ftd^  mit  40 
Sc^toenlfelb«  ©})efuIationen,  bie  i^m  getoiß  Anregung  gegeben  |aben;  er  grenjt  fid^  aber 
and)  gegen  biefe  ab.  G^riftu«  ^at  nid^t  au«  ber  Swngfrau  ^Icifc^  angenommen,  fonft 
lüürbe  er  au«  bem  fünbigen  ©amen  3lbam«  ftammen,  fonbem  ba«  emige  3Bort  ®otte« 
jelbft  ift  in  bem  Seib  ber  ^JKaria  burc^f  einen  befonberen  göttli^en  ©d^ö})fung«alt  %U\\i)  ge* 
toorben  (t)gL  jur  2inben  188,  284  ff.,  433  ff.).  46 

3tod)  einmal  pnben  h)ir  §.  in  ^rie«lanb.  Slber  je^t  lam  ba«  '^af)x  ber  ©ntfc^eibung. 
Von  ^Propl^etenftimmen  begleitet,  bie  i^m  erft  ®efangenfd^aft,  bann  ben  enbli(^en  j^err« 
lid^en  ©ieg  J)ro})^egeiten,  jog  er  %xixf)\Qi)x  1533  nai)  ©trafeburg.  2)iefe  ©tabt,  glaubte  er, 
fei  jum  nmm  ^«nifalem  beftimmt,  fte  muffe  toiel  Srübfal  leiben,  aber  fie  fei  jur  §od^s 
ieit«ftätte  be«  Samme«  au«erfeben.  Von  l^ier  foQten  bie  at)oftolifcben  Voten  au«gel^en  unb  60 
bie  Saufe  be«  Vunbe«  über  aUe  SBelt  führen,  ßr  felbft  al«  etn  jtoeiter  ©lia«  fei  be« 
rufen,  bie  Vollenbung  toorjubereiten.  9?id^t  aEe  Säufer  fd^loffen  ftd^  il^m  an,  aber  feine 
SRic^tung  gewann  rafc^  ba«  Übergetoid^t.  Viftonen  unb  a5}ei«jagungen  ftärften  feine  an« 
ganger.  6«  fam  ju  anfangen  einer  Drganifation.  3)a  ließ  il^n  im  9Kai  1533  ber  Slat 
gefangen  fe^en.  ^a«  erfiien  i^m  unb  ben  ©einigen  al«  Slnfang  ber  ©rfüttung  feiner  55 
aBei«fagungen.  ^n  ben  Verl(^ören  beteuert  er,  baß  er  ftet«  ®e^orfam  gegen  bie  Dbrigfeit 
gelehrt  l^be  —  ba«  fear  rid^tig,  fc^Ioß  aber  bie  revolutionäre  SBirfung  feiner  ^rebigt  nid^t 
au«,  gür  alle«,  toa«  unter  bem  9lamen  täuferifc^  ge^e,  l^aftbar  ;;u  fein,  lehnte  er  ob. 
(Sin  ^rol^et  tooUe  er  nid^t  fein,  nur  ein  3^0^  ^^  ^öd^ften  ®otte«,  ein  a^joftolifc^er 
Seigrer.    3)lit  unberminberter  ^eftigteit  fjjric^t  er  f\i)  gegen  bie  güi^rer  ber  firc^lid^en  Dte«  60 

dicaU^c^tlopmt  für  Theologie  unb  Stirere.    8.  8(.  Vlii.  1 5 


226  {^offmantt,  mdd)xox 

formation  aud.  33er  ganjc  lutJ^crifd^c  unb  jtotnglifcf^c  §aufc  f)aht  bie  2Ba^rl^cit  nid^t 
crfannt.  auf  bet  ©tra^burger  @V"o^<^  ^^  3"»^'  1^33,  mit  ber  ein  jc^ärfere«  SBorgef^cn 
©trafeburg^  gegen  bie  ©eften  cinje^t,  toerl^anbelten  Sucer  unb  bie  anbeten  Seiter  ber 
©trofeburger  Äird^e  axat)  mit  §.  (11.— 13.  3w"0  ^^^  f^ne  Seigre  bom   gleifc^  ßl^rifti, 

^  bie  SBillen^freil^eit;  bie  ©ünbe  toiber  ben  1^.  ®eift,  bie  Äinbertaufe.  §.  tourbe  anfangt 
in  milber  §aft  gel^alten.  ©eine  Überzeugung  toar  \>wc6)  bag  (3^pxäi)  in  feiner  Söeifc 
erfd^tittert,  ebenjotoenig  baburd^,  ba|  fid^  ber  Sennin  für  bie  6nbIataftro})l^e  aU  2^ufd^ung 
ertoie^.  93oD  ©iegeiSjuüerfic^t  Ibielt  ber  ^rojji^et  an  feinen  Söeiöfagungen  feft,  unb  bie  ^a^ 
ber  ,,ÜReId^ioriten"   toar   nod^  immer  im  ffiad^fen,   in  ©trafeburg,  am  9lieberrl^ein,  in 

10  Söeftfalen,  in  §oIIanb.  Slber  bie  §errfd^aft  über  bie  Gräfte,  bie  er  entfeffelte,  fonnte 
ber  ©efangene  nid^t  feftl^alten.  ^an  3Raüf}i)^  untemai^m  nad^  eigenem  ^lan  bie  3)urd^s 
fü^rung  be«  S3unbe^et>angeliumg.  6^  begann  bie  gro|e  Setuegung,  bie  im  ^JJiünfterifd^en 
Äönigreic^  if^ren  ^öf)tp\xntt  erreid^t.  DbtDol^I  §.  })erfönlid^  immer  ein  getoaltjame^  3Sor= 
gelten  abgelehnt  unb  fein  fittlid^er  6mft  —  auc^  bie  fdjiarfen  äugen  feiner  ©egner  f^aben 

16  an  feinem  fieben  feinen  auffaHenben  Sftafel  gefunben  —  gegen  jäen  9Jli^brauc^  ber  9le-- 
K^ion  m  unlauteren  ^totitn  })roteftiert  i^ot,  jog  fie  il^re  Äraft  jum  großen  Seil  au^ 
feiner  Seigre  unb  feiner  Söirffamfeit.  ©eine  g^funft^ertoartungen,  feine  Hoffnung  auf  ©r^ 
oberung  ber  SBelt  burd^  bie  aj)oftoIifd^e  ^Prebigt  l^aben,  tuenn  auc^  jum  ieil  in  mobifi* 
jierter  (Seftalt,   bie  ÜJlünfierifc^en  3:äufer  erfüEt.    GanUKxnu«  (f.  b.  21.  93b  III  ©.  696), 

20  Ä.  SRoB  unb  bie  anberen  „SBaffenburger  ^Präbifanten"  ftel^en  unter  bem  ßinflufe  feiner 
Seigren  (f.  SRembert  299  ff.).  3)urd^  fie  ift  bor  allem  bie  gintoirfung  §.g  auf  bie  5Künfte^ 
rifd^e  Setoegung  vermittelt.  S3i«  jum  %aU  9Jlünfterg  ^at  §.  ber  ©tabt  feine  ©t^nHja- 
tl^ien  ^ugetDanbt,  tvie  umgefe^rt  bie  ^l^rer  in  fünfter  fic^  auf  i^n  ald  SBai^rl^eit^jeugen 
berufen  unb   burd^   einen  Slbgefanbten,  6om.  5ßolbermann  au«  ÜJlibbelburg  feine  ^ei- 

25  laffung  ju  ermirfen  berfud^t  l^aben.  @ine  birette  @inH)trfung  ^.d  toar  freilid^  burd^  bie 
(Sefangenjd^aft  au^efd^loffen. 

^ie  Sfteaftion  gegen  ba«  löufertum,  bie  fic^  an  bie  ©räuel  in  9Jlünfter  anfd^lo|, 
^atte  auc^  eine  33erfd^ärfung  feiner  $aft  jur  golge.  3)er  anfang«  lebhafte  SSerfel^r  mit 
feinen  Slnl^ängern  tourbe  eingefc^ränft.  Slber  aud^  in  neuen  SSerl^anblungen  mit  bem  SRat 

ao  ^ält  er  an  feinen  SBeiöfagungen  feft.  @r  forbert  biefen  auf,  für  bie  beborftel^enbe  Be- 
lagerung ©tra^urg«,  bie  baö  ®nbe  einleiten  toirb,  5ßrobiant  ju  fammeln.  3lud^  ber  %aü 
SKünfter«  l^at  i^n  nid^t  irre  gemad^t.  ©eine  ©timmung  gegen  bie  ©tra^burger  Äird^c 
lüurbe  in  flpäterer  ^txt  öerföl^nliclfer,  je  me^r  burd^  bie  lange  ©efangenfd^aft,  burc^f  ilranf= 
^eit  unb  (gnttäufd^ung  feine  äwberfidjt  gebämtoft  tourbe.    aber  an  feinen  Se^ren  Ibielt  er 

86  feft  unb  93erfud^e  il^n  jured^tjubringen,  toie  fie  bor  ollem  1539  unb  1540  ftattfanben, 
fd^lugen  fe^l.  @r  mobtfigierte  feine  e^otologifd^en  @rti>artungen  \üof)l,  aber  er  gab  fte 
nid^t  auf.  ©obalb  fein  ))ro))l^etifd^er  ®laube  bon  au|en  ^er  n^ieber  nur  ein  tvenig  3lal)i 
rung  erhielt,  flammte  er  neu  auf.  Si«  in  feine  le^te  Reit  1^  er  an  feinen  Seigren  ge- 
fd^rieben;  n^enn  er  nid^t«  anbere«  jur  Verfügung  ^atte,  wrieb  er  auf  Sudler.  3)ie  legten 

40  92ad^rid^ten  ^aben  H)ir  über  ben  jule^t  f(|n)mranfen  ®efanaenen  aud  bem  @nbe  be« 
gal^re«  1543.  SBa^rfd^einlic^  ift  er  nod^  in  biefcm  ^ci^xt  ober  bod^  furj  barauf  geftorben. 
SDie  Slac^ric^t,  ba^  er  jule^t  feine  ©onberle^ren  toiberrufen  ^abe,  l^at  fe^r  toenig  2Ba]^r= 
fd^einlic^feit  für  ft(|. 

2)ie  Partei  §.«  ^at  toäl^renb  feiner  ®efangenfd^aft  gro|e  g^iö^^*   ben^iefen.    SlUs 

46  mä^li(^  gelang  e«  ber  ©tra^burger  Äird^e,  ja^lreid^e  änl^änger  §.«  I^erüberjimel^en.  Sucer, 
toöl^renb  feine«  ©tra^burger  äufentl^alt«  aud^  ßalbin,  ^aben  an  ber  SBefebrung  ber 
ÜJleld^ioriten  gearbeitet,  baneben  befel^rte  3:äufer,  h)ie  ^eter  2afd^.  SKel^r  ate  alle  ®rünbc 
ber  i^eologen  toog  bie  Gnttäujc^ung  barüber,  ba|  §.«  ^rotJ^ejeiungen  nid^t  eingetroffen 
toaren.      5Rod^   länger    laffen   fic^   bie  9Jlelc^ioriten    afö  befonbere   5ßartei    unter    ben 

50  3lnabat)tiften  beobachten  (bgl.  Slembert  497  ff.).  Sei  ber  3^rennung  ber  (Seifter,  bie  ftd^ 
nad^  3)lünfter  boDjog,  fc^loffen  fie  fid^  enger  jufammen,  burd^  bie  D)3t)ofition  gegen  ba« 
rebolutionäre  SJorge^en  unb  burdj^  bie  ©onberlel^ren  ifyct^  ÜJleifter«  jufammengel^alten, 
burd^  bie  legten  (Sreigniffe  ettoa«  ernüchtert.  SJon  ü^rem  §auj)tfi6  ©tra^burg  au«  ber^ 
jtoeigen  fte  fid^  in  ben  Stl^einlanben,  in  §oDanb  bi«  l^inüber  nad^  fenglanb.   ®abib  ^oxx^ 

66  (f.  b.  91.)  I^at  ftd^  in  93crl^anblungen  ui  ©trafeburg  bergeblic^  um  eine  Union  mit  i^nen 
bemül^t.  3"  5Wenno  ©imon«  SBBerf  laflen  ftc^  bie  ©J)uren  bon  §.«  Stöirfen  noc^  beutlid^ 
nad^n?eifen,  toenn  and)  \)kx  ber  @ntl^ufia«mu«  burd^  eine  nüchterne  biblijc^e  Slid^tung  erfe^t 
ift.  ?BJand^e  änl^änaer  §.«  fc^loffen  ftd^  ber  Umtoanblung  unb  ©ammlung  ber  befonnenen 
Elemente  an,  bie  50(enno  burd^fü^e.    ,^.«  ©onberlel^ren,  feine  e«d^atologifd^en  Sbeen,  feine 

CO  H;corie  bom  gleifc^f  Gl^rifti,  laffen  ftd^  hod^  auf  eine  lange  ©trede  in  ben  anabat)tiftijd^en 


unb  bertoanbten  Ärctjcn  tocrfolöen,  tuä^rcnb  bie  ^Partei  ber  äWeld^ioritcn  oHmä^lid^  in 
Ober*  lüie  m  9?icberbeutjcl^Ianb  in  anberm  täuferifc^en  Parteien  berfc^toinbet,     Reglet. 

^offmann,  Stöill^elm,  geft.  1873.  —  OucIIcn:  «ften  bc«  ©ö.  Dbcrfirtftcmotc«; 
e^riftotcrpe,  1852,  uon  ßeo  3Äontenud;  9?cuc  eü.Äatg.,  1873,  9ir.  43-49,  ißcrrolog  oon 
^il^.  IBaur.  ^ov  oaem  an§  ber  funbigen  unb  |)ietätSuo(Ien  $anb  bed  @o^ne$  Lic.  Sari  ^.,  6 
@up.  in  graucnborf :  fieben  unb  ©irfcn  bc8  Dr.  fi.  JJr.  3Bili  ^offmonn  (^Berlin,  ©iegonbt 
unb  ©rieben  1878).  ^lufeer  btn  bejonbcrö  ui  cnuä^nenbcn  8(ftriftcn  au«  ^.ö  fjcber :  mehrere 
Ärtifcl  in  ber  1.  Äufl.  bicfer  SteaU^nc;  Arbeiten  in  ber  Scnaifc^cn  fiitteraturjtg.;  in  bcm 
X^olucffc^en  ^In^eiger;  in  ber  (J^riftoterpc ;  in  ^iper«  Äalenber  u.  f.  f.  (Sammlungen  oon 
^rebigten:  ^aiuf  ^um  $>errn\  ©b  1-8,  »edin  1854— 1858  :  ^@in  3a^r  ber  ®nabe  in  lo 
tt^rifto",  S3erlin  1864.  erbauli^e  Scftrif ten :  3)ie  ^ofaunc  3)eutfd)Ianb§,  1861—1863;  S)e« 
(SinricblerS  «Jei§no(ftt«Jgru6,  1854;  a)ie  göttliche  ©tufenorbnung  im  TO,  1854;  S)ie  innere 
3Riffion,  1856;  ^r*cntagÄoorträge  in  (Slberfelb  unb  Sfronffurt  a.  ^JÄ.;  gr.  SBiU).  IV.,  (gin 
gefd^ic^tlic^ed  (S^arafterbtlb  (©tuttgarter  SBotfSbibliot^ef). 

aBilf^elm  §offmann,  Dr.  theol.,  jule^t  §ofs  unb  ©omprcbiger  in  S3erlin  unb  (Senerat  iß 
fuj)ertntcnbent  ber  Äurmarl,  ift  in  bcm  hjürttembergifd^cn  ©täbt^cn  Sconberg,  ber  §eimat 
be«  ?Sl^iIofo})l^en  ©(^cDing  unb  be^  Slationaliflen  ^aulu«,  am  30.  Dftober  1806  gäoren. 
6iner  jeiner  Sorfal^ren  ftarb  jur  Q^it  bc^  30iäl^rigen  Äriege^  in  ^irfd^berg  aU  Slutjcuge 
für  ben  eüangclifien  ©tauben.  —    3Son  ©d^leften  toanberten   feine  33oreItem  nad^  bem 
6Ifa^,  bann  nacb  SBürttemberg  ein.   3)€r  Sater  unfere«  Il^eologen  toar  Sürgermcifter,  ao 
ein  §auj)t  ber  „©tunbcnleute",   ein  tiefpnniger  ^ietift,  babei  toeltmännifc^  flug,   beffm 
SSorftettungen   bei  Äi)nig  SÖäil^elm  1819   bie  (Srünbung  ber  frommen  Kolonie  Äomt^ 
burc^fe^tcn,   tooburc^  ber  in  gläubigen  Äreifen   um  fid^   greifenben  Slu^toanberung^fud^t 
^auj)tfäcl^Ii^  ©inl^alt  gcfd^a^.    ®ie«  3;alent,  iu  organifieren,  biefer  3)rang,  ju  folonifteren 
im  ^nf^Iu^  an  ®ottedreic^dgeban!en,  f^at  fii^  t)on  bem  geifte^möd^tigen  äkiter  aud^  auf  26 
ben  jüngeren  ©o^n  Gbriftof  bererbt,  ben  Stifter  ber  lemjjlerjefte  in  $aläftina. 

SöU^elm  Ä.  burdjlief  öom  14.  Sal^e  ab  ben  toürttembergifd^en  6c^ullurfu«,  toar  an 
ber  Seite Slumbarbt^  S^Ii'^Ö  be^  nieberen Seminar«  in  Sd^öntl^al  (Selber:  Stirm,  Äem), 
bann  feit  bem  §erbft  1824  in  ®emeinfcl^aft  mit  3)ab.  Straufe,  bem  f|)äteren  äfti^etifer 
Sifc^er,  W^^P  tJif^er,  ©uftab  «ppfeer  u.  f.  f.  3Kitglieb  be«  lübinger  Stifte«,  überaO  ao 
tnxdf  reiche  ^^anlafie,  9Bif|en«burft,  !!(uffaffung«gabe  unb  juDerläfftge«  ©ebäd^tni«  glön« 
jenb.  SBBeitangelegt  fertigte  er  frül^geitig  <m^  ber  auölänbifc^en  SeDetriftil,  namentlich  ber 
englifd^en,  Überfe^ungen  an,  um  für  beri  (Srlö«  bie  Slnfänge  feiner  Sibliotl^ef  ju  befd^affen ; 
gleidjijeitig  trieb  er  unter  ben  Anregungen  be«  Jlitterfd^en  SBerle«  ®eogra))l^ie,  in  ber  er 
ftjöter  ein  §anbbud^  ^erau^gab,  —  ein  Stubium,  ba«  ü^m  bereiuft  in  feiner  SteDung  al«  86 
3Kiffton«inf))eItor  jugute  lommen  fottte;  fogar  SKebijin  ftubierte  er  eine  ^t\t  lang.  ®en 
l^ergebrad^tcn  Übungen  abl^olb,  bergrub  er  fid^  auf  eigene  §anb  befto  tiefer  in  p^itofo^ 
j^^ifd^e  unb  tl^eologifc^fe  Stubien,  namentlich  auc^  Sd^Ieiermac^erfc^.  1829  n^arb  er  in 
^eumaben  bei  Stuttgart  33ilar.  ^ier  folterte  ij^n  ber  Rwi^ialt,  in  bem  fein  innere« 
gu  ben  nur  au«  ber  ®lauben«erfal^runa  gu  betoältigenben  Suifgaben  be«  ^ßrebigtamte«  ftanb.  lo 
3e  treuer  feinSSater  in  ber  jjürbitte  für  i^n  \vax,  je  toeifer  l^atte  er  fid^  jeber  birelten 
©inlüirlung  entl^alten.  S)a  eine«  ÜJlorgen«  beim  Sd^uluntenid^t  öcma^m  §.  eine  Stimme, 
bie  ij^m  jurief:  „beine  Sünbcn  fmb  bir  bergeben!",  er  mu|te  ben  Unterrid^t  abbrechen, 
um  in«  greie  gu  eilen  unb  unter  biefem  Sturm  Don  6m))finbungen  aDein  ju  fein  mit 
feinem  ®ott.  45 

Son  ba  ab  gur  böQigen  ^ei^eit  unb  greube  be«  ®lauben«leben«  burd^gebrungen, 
toirftc  er  eine  ^txt  lang  al«  Slepetent  in  Tübingen,  banad^  unter  befonberer  Setoeifung 
be«  ®eifte«  unb  ber  Kraft  al«  Stabttjilar  in  Stuttgart,  1834  al«  S)iaIonu«  in  SBinnen* 
ben  unb  mit  bem  2lrjt  3^0^/  ^^^  belanntcn  2)ic^ter  ber  „fiieber  be«  Selb«"  tjereint,  an 
ber  ipeilanftalt  ju  äßinnentl^al.  ^ier  fanb  feine  h)unberbare  Arbeit«{raft  n^^n  ber  ®r«  60 
füllung  ber  näcpften  amtlid^en  5ßflid^ten  bie  ÜJlufee  jur  aBieber^erau«gabe  unb  Seüortoors 
tung  ber  „erllärten  Offenbarung  go^anni«"  toon  Sllbrec^t  Sengel,  femer  gu  einer  in  ©e« 
meinfc^aft  mit  bem  Stabtt)farCTer  §eim  tjeranftalteten  „erbaulic^fen  3lu«legung  ber  groften 
5Pro))l((eten  nac^  3lu«jügen  au«  ben  Schriften  ber  Sleformatoren",  enblid^  xu  einer  toiffen* 
fd^aftlic^en  Söiberlegung  be«  StraufefAen  Seben«  3efu,  Don  ber  fid^  ber  angegriffene  be«  66 
Bagte,  fie  tootte  „il^m  auc^  gar  nid^t«  gelten  laffen".  3m  9Rai  1839  mürbe  er  al« 
3Riffion«inf))eItor  nac^  93afel  berufen.  §ier  al«  9?ac^folger  bon  33luml^arbt  unb  al«  Sor^ 
gönger  bon  Sofenlj^an«  tl^ätig,  toie  er  e«  und  in  feiner  Sd^rift  „elf  ^ai^re  in  ber  9Jliffton" 
pefcftlbert,  bat  er  teil«  bie  Unterrid^t«anftalten  berticft,  teil«  bie  Safeler  5Dliffion«gebiete 
m  Slfien,  Slfrifa  unb  9?orbamerifa  ertoeitert,  teil«  bie  9Jlijfion«ftunben  unb  ?Wiffion«fcfte  »> 

15' 


228  ^offmann,  SSU^elm 

mit  feinem  grofeartigen  äßortc  belebt  unb  reformiert,  '^m  ©egenfa^  ^u  trocfener  Slatiftif 
ober  ju  blofeem  2lnetbotenfeam  f)at  er  in  toorbilblidjier  SBeife  bie  „^Dlijfion^ftunben"  ju 
©ommel^unften  unb  SBecfftimmen  ber  ganzen  (Semeinbe  gemacht,  too  ßrbfunbe,  ©efc^id^te 
unb  S5ötter})f^c^oIogie  i^re  förbigen  Sogen  f^jannen,  burd^  bie  ba^  ßbangelium,   toon  pxä- 

5  bi^})onierten  S3oten  getragen,  feinen  jtegreidjien  ©injug  l^ält. 

^ier^er  gef^örige  9BerIe:  SKiffion^ftunben  unb  Vorträge,  (Stuttgart  1847,  1851  unb 
1853.  3Wijrton«fragen,  §eibelberg  1847.  Über  bie  ©rjiel^ung  be^  n^eiblic^en  (Sefrf^Ied^t^ 
in  S^bien.  3lu^  ber  ÜJliffion  unter  ben  5Reftorianem.  3lbbeofuta  ober  Sonnenaufgang 
jlüifd^en  ben  ffienbefreifen,  Serlin  1859.    ^anj  Jat)ier,   Sin  lüeltgefd^ic^tlid^e^  3Kiffiong= 

10  bilb,  SEÖieiJbaben  1869.  SDie  ©ipod^en  ber  fiirc^engefd^id^te  ^nbien^,  1853.  3)ie  c^riftlid^e 
Sitteratur  ate  SBerf^eug  ber  9Jliffion,  1853.  S^a^u  bie  faft  13 jährige  Slebaftion  be«  Sa^ 
feler  3Kiffion^magajm^.  ^n  ber  3Kiffiongfac^e  toie  überall  toar  $}.  frei  bon  fleinli^er 
ßiferfuc^t.  3)a«  grfte^en  einer  größeren  Slnjai^l  Don  5Kijfton^l^äufem  unb  ^Jltlfion^gefeH- 
fc^aften  in  2)eutfcf)lanb  fal^   er  für  einen  Steid^tum  an.    3n   grofeartigfter  SBeife   förberte 

16  er  babei  ba«  jlüifd^en  Safel  unb  SBürttemberg  t)on  ber  ,,6^riftentum^efellfd^aft"  l^er  be- 
fte^enbe  SJliffton^banb.  9Son  feinem  c^riftlic^  genialen  Slicf  j|eugt  beif)3iel^h)eife  ber  ®e= 
banfe,  befe^rte  5Reger  SBeftinbien«  aU  leichter  aufgenommene  ßt)angeliften  nad^  ffieftafrifa 
ju  toer))flanjen. 

ÜJlit  einem  gelüiffen  ©efül^l  Don  Überarbeitung   burd^  bie  enblo«  lüacf^fenben  Safeler 

20  Stufgaben,  aber  aud^  mit  feiner  gteube  an  afabemifc^er  I^ätigfeit  —  ioar  er  bo^  an  ber 
tl^eologifc^en  gafultät  93afel  bereit«  a.  o.  ^ßrofeffor  —  traf  ber  Sluf  nac^  2:übingen  al« 
5ßrofeffor  unb  Stiftgep^oru«  jufammen. 

§ier,  lüo  i^m  in  tl^eologifd^en  unb  vl^ilofo)3^ifd^en  SSorlefungen  jebe  SBa^l  freigegeben 
h)ar,  follte  feine«  Sleiben«  nic^ft  lange  fein.    ©4ion  1852  toarb  er  burd^  JJriebri^  2Bil= 

25  l^elm  IV.,  bem  er  junä(^ft  burc^f  ben  Dber^of})rebiger  ©trau^  genannt,  bann  })erfönlid^ 
burd^  eine  in  §ed^ingen  gehaltene  ^rebigt  befannt  geworben  toar,  nac^  Serlin  al«  ^of^ 
unb  2)onH)rebiger,  guglei(|  in  ben  etoan^elifd^en  Dberfird^enrat,  balb  barauf  in  ba«  93ran= 
benburger  Äonfiftorium  afe  ©enerolfupenntenbent  berufen,  fortan  jtoei  gö^^^^te  ^inburc^ 
ber  SKonn  be«  föniglid^en  Vertrauen«  unb  ebenfo  unbeftritten  ba«  einflu^reic^fte  ®lieb  be« 

80  Äirdj^enregiment«.  m  ift  ein  Semei«  für  bie  Setoeglic^feit  unb  Sielfeitigleit  ber  firc^lic^en 
9?atur  JJriebrid^  SBill^elm«  IV.,  freilic^f  auc^  eine  ©rflärung  ber  mannigfachen  Unfic^er^eit 
in  ber  jjreufeifc^en  Sanbe^firdj^e  tvä^renb  ber  fünfziger  ^al^re,  ba|  ber  Äultuöminifter  ein 
9Rann  toie  Slaumer  unb  neben  ^offmann  immer  Sunfen  fird^lid^er  Berater  be«  Äönig« 
toar.    ^offmann,  beffen  Sluffaffung  toon  Union  unb  Äonfejfion  tool^l  am  meiften  bie  be« 

86  Sönig«  nic^t  fotool^l  beeinflußte  ate  felbftftänbig  au^Drüdfte,  gab  bei  feinem  gintritt  in  bie 
oberfte  Äird^enbel^örbe  folgenbe  ©rllärung  ab :  „id^  bin  SKitglieb  be«  ebangelifc^  lut^e- 
rtfd^en  Selenntniffe«,  fofcm  ic^  in  ber  lut^erifc^en  Ätrc^e  erjogen,  fonprmiert  unb  orbi= 
ntert  tourbe,  füge  ober  au^brüdlic^  bei,  ba|  meine  t^eologifd^e  Überzeugung  aud^  auf  bie 
Union  ber  beiben  Sefenntniffe  fül^rt,    toie  fte  in  ber  9lug«burgifc^en  Äonfeffion  in  SBa^r^ 

40  ^eit  längft  beftel^t,  ba|  ba«  lut^erifd^e  35ogma  blo|  ate  folc^e«  unb  of^ne  ÜJlitaufnal^me 
be«  reformierten  mir  ebenfotoenig  ben  tl^eologifc^en  Sluöbrucf  meiner  Olauben^überjeugung 
barbietet,  toie  ba«  reformierte  ol^ne  feine  Erfüllung  unb  ßrgänjung  im  lutl^erifc^en,  ba| 
id^  bal^er  eine  toirflic^e  innerliche  Union  beiber  Sefenntniffe  für  unerläßliche  ^orberung 
iebe«  berfelben  ertenne  unb  nur  eine  eöangelifd^  i^roteftantifd^e  Äird^e  in  jtoei  Sefenntnt«^ 

46  t^t)en,  aber  nic^t  jtoeierlei  etoangelifd^e  ftirdj^en  anjuerfennen  toeiß". 

2Bar  bie  fird^enregimentlic^e  2l;ätigfeit  §.«  eine  bielumfaffenbe  unb  tiefgreifenbe, 
mod^te  e«  ftc^  um  (Srunblegung  toon  Äird^en=,  ©emeinbe^  unb  ©^nobalberfaffung  —  l^ier 
fc^ien  i^m  eine  organifc^e  Serbinbung  bon  e)3iffopalen  unb  f^nobalen  'Jaftoren  „ber  ^u 
erftrebenbe  Äranz"  —  ober  um  3tet)ifion  toon  ®efangbüc|fem  ober  um  3^eranftaltung  t)on 

60  Äirc^enöifitationen,  ober  um  bie  Slu^toal^l  leitenber  ^erfönlic^feiten  ^anbeln:  nic^t  minber 
groß  mar  feine  ßintoirfung  bon  ber  Sanjel  be«  3)om«,  toenn  er  afö  geiftlid(^er  ©o^n 
Sengete  „bie  legten  3)inge",  atö  ))ro})l^etifc^  angelegte  5Ratur  bie  „Stimmen  ber  §üter 
be«  212:«",  al«  jpraftifd^er  ©eelforger  bie  „§au«tafeln"  be^anbelte.  Unbergeflen  leben  in 
ber  ©emeinbe  einzelne  feiner  Äußerungen  fort,   toie  j.  S3.  bie,  baß  er  auf  bie  6ntfc^ul= 

66  bigung  eine«  ©emeinbegliebe«,  für  §au«anbac^ten  leine  gcit  ju  i}ahm,  jur  änttoort  gab : 
„^txi  i)abtn  fie  n)ol;l,  ober  feine  fötoigfeit!"  9?ic^t  ber  3)omgemeinbe  nur,  ber  ganjen 
eüangelifd^en  2anbe«Iirc^e  jugut  fam  bie  toon  ^ebric^f  SBil^elmlV.  gej)lante,  bon  ^.  in« 
SBerf  gefefete  Stiftung  be«  3)omfanbibatenftift«.  Urf})rünglid^  3)omalumnat  mit  Steife^ 
ftipenbien  für  reformierte  3:f^eologen  (1714),   nad^  ©infü^rung  ber  Union   auf   lutl^erifd^e 

m  Äanbibaten  au«gebe^nt,   tourbe   c«  unter  Senü^ung  ber  t^eologifc^en  Äont)itt«erfal^rungen 


^offmann,  2BU^eIm  ^offmetfter  22» 

einc^  Dito  t).  ®cxla6)  unb  namentlich  unter  Stnle^nung  an  lübtnger  ©tift^einrid^tungen, 
im3l)3nl  1854  für  lOÄanbibatcn  ref)3.  ^nfreftoren  unb  §iIfggeiftUcl^e  mit  ber  Seftimmung 
in«  geben  gerufen,  burc^  S^^^rtfe^ung  toiffenfdjiaftKd^er  ©tubien,  burdji  Übungen  in  ^rebigt 
unb  Äated^efe,  fotoie  Durcp  feelforgertfdjie  ^ou^befud^e  bei  Slrmen  unb  Äranfen  ber  3)oms 
gemeinbe,  für  ben  Eintritt  in«  Slmt  angemeffen  borjubereiten.  2)a«  25iäf^rige  gwlE^ilönm  5 
biefer  3lnftalt,  1879,  rief  bem  ajereioigten  burd^  ^unberte  toon  ©eiftlid^en  l^ei^e  2)anle«5 
grüge  nad^. 

Jp.  tpar  lüieberf^olt  öermäl^It,  jule^t  mit  (Sräfin  ®örli^,  beren  93ater  einft  ba«  oben 
genannte  Äomtl^al  befeffen.  3Sor  feinem  2eben«f4^Iufje  tuar  e«  für  §.  nod^  ein  ^atriotifdj^e« 
ainlicgen,  burdji  fein  93u(^  „S)eutf(^Ianb  einft  unb  je^t"  unb  eine  periobifd^e  gcitfc^rift  jur  10 
aSerfö^nung  unb  ©inigung  be«  ©üben«  unb  be«  9?orben«  beijutragen.  2)ie  ©iege«^ 
faule  in  Serlin  jeigt  in  ber  SDlitte  ber  bort  bargeftettten  ®otte«bienftc  §.,  loie  er  ba« 
^eilige  Sttbenbma^I  aufteilt.  3(m  28.  äuguft  1873  erfolgte  infolge  eine«  §erjleiben«  fein 
Heimgang. 

erinnert  man  ftd^  bei  einem  StüdfbKdf  ber  noturloiffenfd^aftlid^en  Äenntniffe,  nament*  16 
lic^  ber  geogra^)l^ifd^en  Seiftungen  §.«,  —  einem  Äarl  Slitter,  einem  Sllej.  toon  §umboIbt 
burfte  er  bie  ®ebäd^tni«rebe  l^olten  —;  überfielt  man  bann  {eine  ^Arbeiten  auf  bem 
9Jlijfion«gebiete,  bie  jeberjeit  loiffenfd^aftlid^e  unb  })raltifd^e  jugleid^  loaren;  nimmt  man 
enbHd^  bie  i^omiletifc^e,  bie  tf^eologifc^e,  bie  fird^enregimentlic^e  Il^ätigieit  l^inju,  fo 
glaubt  man  e«  laum  mit  einem  unb  bemfelben  ÜRanne  p  t^un  ya  ^aben.  Unb  bod^  an«  20 
jief^enber  unb  imJ)ofanter  al«  feine  Äenntni«  unb  fetn  Äönnen  loar  bie  lautere  unb 
i^od^l^erjige  ^erfönlic^Ieit  felbft,  il^r  Äem,ber§offmannfd^e  gamilienf})rud^:  spes  non  con- 
fundit!  9i.  «Bgel  t- 

^offmeiftcr,  3l0^anne«,  geft.1547.  —  A.  Höhn,   Chronologia   provinciae    Rheno- 
Suevicae  ord.  Fratnim  Erem.  S.  Augustini,  Wirceburgi  1744;  ^.  »JotftoII,  (Sinfüftrnng  ber  25 
SReformotion  in  fiolmar,  Äolniar  1876;   berf.,  3)er  ©Ifäffcr   ^luguftinermöncö  3.  .©offmeiftcr 
in  ber  3tfc^r.  „«Kancöerlei  ®aben  unb  ein  ®eift"  1879  6.  569;  51.  u.  3)rufFeI,  S)cr  (Slfäffer 
9luguftinermöncl^  So^cinne«  ^offmeiftcr  unb  feine  ^orref|)onbcn§  mit  bem  DrbenSgeneral  $lc* 
ron^mu«  ©eripanbo,  ?l3)m  IH  ßl.  1.  »b  1.  ^ft  (1878)  ©.  137  ff.;  berf.,  3Ä®  UI  (1879) 
8.484;  e.  ©albner,  SSier  Söricfe  üon  So^onnc«  ^offmclftcr,  8tf4r.  f.  ®cf4.  be§  Obcrrl)etn«  so 
9?.  &.  VI.  »b  1891  @.  191  ff.;  9?.  $aulu«,  3)er  ^uguftinermön*  Soft,  ^offmeifter,  ein  fic- 
bcn8bllbni«   ber  9?eforniatlon§5cit,   Sfrelburg  1891,   (baju  3:^.  Äolbc  in  ®g9l  1893  I  @.  8; 
tamcrou,  Xfteol.  fillteroturj.  1892  ©.97 ff.;  ®.  ©offert,  3o^.  ^offmcifter,  ein  beutfc^cr Fran- 
cesco Spiera;  berf..  lieber  3o^.  ©offmeifter«  ©nbe,  ©I.  für  SBürtt.  m  1894,  @.  70:    berf., 
3ur  g3iogrQpt)ic  be«  3.  $.  cbenba  1895,  S.  172.    a)a9e9en  92.  ^aulu«,  ^ift.  pol.  i8I ,  »b  111  85 
(1893)  ©.  589 ff.  unb  berf.,  fiutt)er«  ficben«enbe,  fjreiburg  1898,  6.  10  ff.;   3.  @4Iec^t,  S)er 
^luguftiner  3o^.  ^offmeiftcr  al«  3)irf)ter,  ^at^olil  77.  ©b  II  6.  188  ff. 

So^anne«  §offmeifter,  für  lange  ^t\t  ber  einzig  l^erborragenbe  beutfc^e  3tuguftiners 
mönd^,  ftammte  an^  bem  je^t  loürttembergifd^en  ©täbtd^en  Dbemborf  in  ber  bamaligen 
©raffd^aft  3*«^«^«^/  h)0  er  ca.  1510  geboren  fein  loirb.  SBo  er  feine  ©c^ulbilbung  er*  40 
Italien  i^ot,  loann  unb  loo  er  in  ben  mguftinerorben  eingetreten  ift,  ift  unftc^er,  nur  fo 
biel  ift  getoife,  bafe  er  ca.  1527  in  3Sla\^  lebte,  unb  al«  er  am  15.  ^^.  1528  an  ber 
greiburger  Uniberfttät  inflribiert  tourbe,  fd(^on  al«  5luguftinermönd[i  bejeict^net  toirb.  ©eit 
bem  ga^re  1533  finben  loir  i^n  im  Älofter  ber  9leid^«ftabt  ßolmar  unb  jtoar  al«  ^riot. 
2)a|  man  ben  laum  23iäl^rigen  mit  biefer  SBürbe  betraute,  mochte  mm  3^eil  bem  Um«  45 
ftonb  toerbanit  toerben,  ba|  bie  rJ^dnifc^sfdjiioäbifd^e  ^ßrotoinj,  ju  ber  oa«  Älofter  gel^ihrte, 
toie  ber  ganje  Drben  großen  SDlangel  an  ©rübem  l^atte,  ober  ol^ne  3^^M  ^^9*^  *>w 
junge  3Rann  fc^on  bamal«  unter  ben  beutfd^en  Drben«genoffen  l^erbor.  2)ie  Slufgabe,  bie 
er  übema^,  toor  leine  Heine.  3)ie  3upänbe  be«  Äloftcr«  loaren  feit  lange  bie  otter« 
traurigften.  3)ie  ßinfünftc  loaren,  jumal  feit  bem  Sauemfriege,  ftorl  jurüdEgegangen,  ber  50 
^Rat  mifd^te  ftd^  in  bie  SSerloaltung  ein,  unb  ba«  Seben  ber  S3rüber,  ba«  teiltoeife  mit 
Siedet  gro|e«  ärgemi«  enegte,  gab  il^m,  oblool^l  er  toie  bie  Sürgerfd^aft  offigieH  am 
römifc^en  Öelenntni«  unb  Äultu«  feftf^ielt  aber  feit  lange  bon  einer  toac^fenben  D)3))ofttion 
gegen  bie  römifd[>e  ^riefterfd^aft  erfüllt  toar,  immer  öon  neuem  getoünfdj^ten  Slnlafe,  bie 
^eil^eiten  be«  Slofter«  m  befc^^ränfen.  S)er  ^prior  lämpfte  bagegen,  fobiel  er  lonnte,  too=  66 
burc^  er  jeittoeilig  in  fc^toere  ^nflifte  mit  bem  State  geriet,  o^ne  hod)  biel  ju  eneid^en. 
3)ie  Älagen  über  ba«  unbi«jij)linierte  2Befen  feiner  ©ruber,  unter  benen  e«  fogar  gu 
groben  ejjeffen  lam,  ^örten  nid^t  auf,  unb  bie  Älofterguc^t  toar  berartig  gelodfert,  bafe 
jeber  2:abel  jum  3lu«tritt  be«  betroffenen  fül^ren  fonnte,  unb  e«  borfam,  bafe  folc^ 
SBibertoiHige  öon   ben  mit  ber  ^rieftemot  Iäml)fenben  Sifd^öfen   gegen  aÖe  lirc^lid^en  eo 


230  ^9ffmet{let 

Ocfc^c  nur  gu  bölb  mit  ^farrctcn  begabt  irurben  (©.  an  ©mjjanbo  bei  2)ruffcl  @.  176). 
9lu|erbem  brang  ber  et)angeli{(i^e  @(aube  in  bic  Jtloftermauem  ein.  38ie  fc^on  1528  ^atte 
mön  im  ^o^re  1537  bagegen  ju  lämtjfen.  3)er  $rior  toer^öngte  fd^toere  Äerfer^aft 
über  bcn  abgefallenen,  ber  h)ic  e«  fd^eint  jtd^  nur  burc^  bie  glud^t  toor  bem  lobe  retten 

6  fonnte  (Slod^oD®.  37ff.).  3lber  ntd^t  nur  burcp  fold^e  SKaferegetn  fud^te  er  bem  immer  brol^enber 
lücrbenben  änfturm  entgegenzutreten,  er  tou^te  unb  f}at  e^  oft  auggef)3roc^en,  toie  \>\d 
bie  mangetl^afte  ^rebigttl^ätigfeit  ü^rer  ^ßriefter  ber  römifd^en  Äird^e  gefc^abet  l^atte.  ©o 
legte  er  benn  auf  biefc  Aufgabe  ben  l^dd^ften  SBert.  9Jlit  bem  Sud^e  3:obiag  beginnenb 
l^at  er  befonber^  gern  in  fortlaufenber  2lu«Iegung  über  ganje  Sudler  ber  f)l.  ©d^rift  gc« 

10  torebigt,  ^rcbigtrei^en,  bon  benen  j})äter  eine  ganje  3lnja|l  im  3)rudE  erfd^ienen  fmb.  ©ie 
fmb  im  ganjen  feiten  birelt  ))oIemifd^,  einfad^  gehalten,  toolfötümlid^,  ol^ne  ^latt  ju  loerben, 
unb  loenn  fte  au(^  in^altlic^  nid^t  gerabe  aö  bebeutenb  bejeic^net  loerben  bürfen,  fo  ragen 
fie  hod)  über  ba^  ^ertjor,  loa«  un«  bon  ^leid^jeitigen  römifc^en  ^rebigem  erl^^alten  ift. 
©eine  Serebfamleit  mu^en  aud^  fe^r  entfc^tebene  ®egner  loie  35ucer  (bei  Senj,  Srieftoed^fel 

16  Sanbgraf  ^^ili})^)«  mit  33ucer  II,  410)  anerfennen,  toenn  aud^  in  ber  ©tabt  felbft  ber 
©omimfaner  %Qbxx  Don  ßeilbronn,  ben  ber  Slat,  bamate  mit  §offmeifter  verfallen,  um 
bie  ©tabt  Dor  bem  ®Iauben«jloieft)aIt  ju  betoal^ren,  im  ^af)xt  1539  afe  5ßrebiger  berufen 
IJKitte,  größere  ©rfolge  aufmtoeifen  l^atte  (Slod^ott  ©.  46).  9Kit  gabri  loirfte  nun  ip.  iu^ 
fammen  jur  Sefämjjfung  oe«  ^roteftanti^mu«,  ber  ber  Sleid^ftoot  immer  nä^er  rücrte, 

ao  benn  feit  ber  StüdSel^r  be«  ^erjog«  Ulrid^  t)on  äBürttemberg  in  fein  ®ebiet  l^atte  ftd^  ber 
$roteftantigmu«  in  3Köml)eIgarD  unb  Umgegenb  feftgefe^t,  foba|  ßolmar  beinahe  ganj 
Don  eDangelifd^em  ®ebiet  umfd^Iojfen  toca. 

3m  Saläre  1538  gab  §offmeifter  feine  erfte  ©d^rift  ^erau«:  Dialogonim  libri  duo, 
quibus  aliquot   ecclesiae  catholicae   dogmata  Lutheranorum  et  yerbis  et  sen- 

26  tentiis  roborantur  (D.  S)ruffel  ©.  192.  SßavM  71.  384).  3)ie  in  f})äteren  ©d^riften 
l^äufig  loieberfe^renbe  ienbenj  ift  ju  jeigen,  loie  bie  „SReuerer"  nid^t  nur  unter  [\i)  uneing 
feien,  fonbem  burd^  einzelne  Sirölaffungen  in  i^ren  ©d^riften  bie  fatl^olifc^en  Se^ren  ge* 
rabeju  Derteibigten.  9?od^  fd^ärfer  loar  eine  jtoeite,  in  beutfd^er  Bpxad)t  gegen  Sutl^en^ 
©(^maHalbifdbe  Slrt.  gefd^riebene  ©(^rift :  „aSal^^^afftige  Sntbedfung  unb  SBiberlegung  beren 

80  älrtifeln  bie  9K.  Sut^er  auff  ba«  ßoncitium  ju  fd^idren  unb  barauff  bel^orren  fürgenommen. 
9Kit  Dorgefe^ter  »ngeig  toer  ba«  6onciI  fliei^e  ober  l^inbere"  (Stod^ott  ©.  62  ff.).  ®« 
mo(^te  bamate  toenige  geben,  bie  ba«  in  ber  römifd^en  R\xd)z  j^errfd^enbe  SSerberben,  bie 
Sau^eit  il^rer  9(n^änger  u.  f.  lo.  fo  offen  aner!annten,  Ivie  ba«  l^ier  gefd^iel^t,  unb  ber  3^- 
fianb  ber  Jlirc^e  loirb   ali  eine  ©träfe  ®otted  angefe^en.    ^abei  gefäÜt  ftd^  aber  ber 

86  aSerf.,  inbem  er  nad^  befannten  aSorbilbem  au«  ber  Uneinigfeit  ber  ßDangelitten  auf  bie 
Unloal^r^eit  unb  ®ottIofigfeit  i^rer  Seigren  fd^Iiefet,  in  ben  berbften  ©d^im})freben  gegen 
Sutl^er,  ben  Xeufel^biener,  ben  ^ntidbrifl  unb  älbfd^aum  ber  SRenfd^^eit,  unb  gegen  Sucer 
unb  erflärt  e«  u.  a.  für  ein  gute«  SQBerf,  bie  Seute  jum  ®Iauben  gegen  Sutl^er«  unlautere 
Sel^e  )u  jloingen.  3)a«  nid^t  ungefd^icft  gefd^riebene  Sud^,  ba«  natürlid^  bie  ^roteflanten 

40  für  ba«  ^cidbtjuftanbelommen  be«  Jtonjil«  Derantloortlid^  mad^t,  erregte  in  ber  ©tabt  nic^t 
geringe«  Sluffel^en.  3)er  3lat,  ber,  loie  gefagt,  gut  fatl^olifd(i  loar,  unb  Dor  allem  SBert 
borauf  legte,  bi«  jum  Jlonjil  ben  laiferli^en  ^anbaten  nad^iulommen,  bem  e«  aber  auc^ 
nid^t  entging,  loie  bie  eDangelif^e  Stid^tung  immer  mel^r  um  ftd^  griff,  fürchtete  bei  biefer 
Art  Don  $oIemiI  emftlid^e  Unrul^en  unb  Ionfi«jierte  bie  ©d^ft.    §offmeifter  ^roteftierte  unb 

46  brol^te,  bie  laiferlic^e  ÜRad^t  anjurufen,  aber  Dergeben«,  ba  ein  Don  ibrem  S^nbifu«  beim 
Äommergerid^t  barüber  erbetene«  ©utac^ten  bie  ftäbtifd^e  Dbrigfeit  in  ihrem  3Sorl^aben 
beftärfte(9lod^oC©.  71ff.).  ©o  blieb  bie  ©d^rift,  bie  beinal^e  DoÖftänbig  Demid^tet  lüurbe, 
loir{ung«lo«.  9(ber  ^,  Iie|  fid^  nid^t  entlnutigen.  3)ie  ^u«gleid^er^anblungen  ju  ^agenau, 
SEBorm«  unb  9legen«burg,  bie  er  mit  Slufmerffamfeit  Derfolgte,  Deranla^ten  \i}n,  \m  frül^cr 

60  bie  ©d^maltalbifd^en  9(rtilel,  fo  je^t  bie  Augustana  Dorjunel^men.  auf  biefe  äBeife  ent^ 
ftanb  feine  9(rbeit:  Judicium  de  articulis  confessionis  fidel  anno  MDXXX  Caesar. 
M.  Augustae  exhibitis,  quatenus  scilicet  a  Gathollcis  admittendi  sunt  aut  reii- 
ciendi  (Dgl.  ^ulu«  Sn^.  I  9lr.  18),  eine  fel^r  merlloürbige  ©d^rift,  in  ber  ber  SSerf. 
8.  bei  ber  ^age  Don  ber  Äird^e,  Dom  ^rieftertum,  ber  SWeffe  u.  f.  to.  ben  gut  fati^o^ 
[ifd^en  ©tanb^junlt  nid^t  Derlennen  Iä|t,  aber  in  ber  §offnung  burd^  loirHid^e  9Serbcffe- 
rungen,  bie  er  Dom  Äonxil  erh>artet,  bie  ^ßrotepanten  geloinnen  ju  fönnen,  ^in  unb  lieber 
loeitgel^enbe  ^ugeftänbniffe  mac^t,  unb  ftd^  toie  früi^er  mit  grofeem  ^eimut  über  bie 
traurigen  3uTtönbe  in  feiner  Äir^e  au«Iäfet.  SBSie  er  an  9laufea  fd^rieb,  gebac^^te  er  biefe 
©dbrip  an  Äönig  gerbinanb  ju  fc^idfen,  ober  au«  unbelannten  ®rünben   ift  fte  bamal« 

60  nidjt  erfc^ienen,  fonbem  erft  lange  nac^  feinem  a:obe  1559  gebrudtt  toorben.  —  3ta6)  bem 


66  lif( 


^offnteifier  231 

am  25. 9?ot).  1542  erfolgten  %ohc  be^  ^robinjtafö  ber  rJ^ein.sjd^kDäb.  2lu0uftmer))rot)inj,  Äonrab 
2^refler,  ber  ftd^  burd^f  feine  jelotifd^e  35eläm))fun8  be«  ^Proteftanti^mu^  einen  $Ramen  ^tmai^t 
l^atte,  tourbe,  toie  e«  ber  ©terbenbe  getütinjc^t,  Jp.  an  feine  ©teile  getüäl^It.  ©eine  Sriefe 
an  bcn  Drben^eneral  §ieron^muö  ©erit)anbo  (bei  ®ruffeO  lajfen  ben  im  ganjen  fceilid^ 
«emlid^  erfolglofen  ßifer  erfennen,  mit  bem  ber  junge  ^robinjial  bie  11  Älöfter,  bie  ber  6 
$robinj  nod^  geblieben  toaren,  gu  erl^alten,  —  l^ier  unb  ba  unter  2lnrufung  be«  toeUIid^en 
arme«  — ,  i^re  3"föff^"^  ^^^  ^  f^*"  40  toaren,  bor  ber  lutl^erifd^en  Äe^erei  ju  be= 
loal^ren  unb  ju  i^rer  93eläm))fung  au^jubilben  fucbte.  3i*^3h)tfAen  toar  man  auä)  au^ 
tüört«  auf  ben  rül^gen  2luguftiner  unb  feine  HJ^ebigtt^ötigleit  aufmerifam  geworben. 
Unter  Umftänben,  bie  nid^t  bäannt  fmb,  tourbe  er  tüö^renb  be«  Sleid^tagg  bom  ^ofyct  lo 
1545  nad^  38orm«  berufen,  um  bort  im  Some  ju  ^rebigen.  ^a«  benu^te  ^offmeifter, 
ber  über  bie  bai^  ^dS^x  bor^er  ben  ^Proteftanten  gemad^ten  gwgeftänbniffe  fel^r  berftimmt 
toar  (5paulu«  ©.  170  ff.),  bie  9?euerer  ju  befämj)fen,  unb  man  beobad^tete  in  eöangelifd^en 
Greifen  (TO^coniu«  an  ^el  Calvini  opp.  XI  p.  122),  ba^  Äönig  gerbinanb,  ber  i^n 
jogar  ju  feinem  §of)5rebiger  mad^en  toofite,  ju  feinen  eifrigften  g^i^örem  gehörte.  6inem  15 
tpeiteren  @dnner,  ben  er  fid^  |ier  ertoarb,  bem  Jtarbinal  Otto  S^rud^fe^  bon  Slug^ 
bürg,  loibmete  er  unter  bem  11.  SKärj  feine  Jjolemifd^e  ©d^rift  über  bie  ÜKeffe  (Verbum 
Dei  carnem  factum  etc.  ^aulu«  ©.  386  $Rr.  7),  bem  Äarbinal  gamefe  feine  ^omilien 
über  bie  beiben  Äorintl^erbriefe  (ebenba  ©.  387  9lr.  11).  3^  glei^er  ^^  gab  er  u.  a. 
nod^  bie  ebenfaB«  folemifd^en  gtoedEen  bienenbe  ©djirift  l^eraui^ :  Canones  sive  daves  20 
aliquot,  ad  interpretandum  sacras  Bibliorum  scripturas  etc.  (ebenb.  92r.  7). 
3n  SEBormi^  mad^te  er  ani)  bie  Setanntfd^aft  ber  S^uit^n  3^1"^^  S3obabiffa  unb  ßaniftu«, 
h>ad  nid^t  ol^ne  @influ^  auf  feine  gange  Snttoidtelung  get^efen  fein  tDitb,  namentlid^  machte 
gajug  auf  i^n  großen  (Sinbrudf  (an  ©erij)anbo  bei  2)ruffel  184.  188). 

©eit  jenem  SBormfer  Slufent^alt  galt  er  in  toeiten  Greifen  ate  einer  ber  erften  25 
unter  ben  SSorläm^fern  be«  ^at^oligi^mu«  in  3)eutfd^(anb,  bon  beffen  SBirIfamteit  man 
ftd^  bag  33efte  für  bie  3wlunft  berfj)rac^.  Äönig  gerbinanb  loie  ber  Äarbinal  toon  2lug^ 
bürg  tooBten  feine  Äraft  auf  bem  Äonjil  gu  lirient  bertoenbet  toiffen,  aud^  ©erij)anbo 
lub  il^n  ein  gum  Äonjil  ju  fommen,  aber  er  le^te  ab:  unter  ben  Äonjitegröfeen  glaubte 
er  berfd^ioinben  ju  muffen,  in  25eutfd^Ianb  l^offte  er  mel^r  toirfen  ju  fönnen  (t)ruffel  so 
©.  178).  Unb  er  tourbe  aBerbing«  ju  größerem  auöerfei^en.  Jlaum  toar  er  lieber  m 
golmar  unb  bamit  befd^äftigt,  bie  bem  JUnig  ^biitanb  in  9(u«fi(^t  gefteBte  lateinifd^e 
^oftiBe  ju  üoBenben,  aU  er  bom  Äaifer  afö  ÄoBoquent  gu  bem  neuen  nad^  Slegeni^burg 
ongefe^ten  9leIigion^efj)räd^  berufen  tourbe.  ^ül^er  l^atte  er  ©inigungi^toerfud^en  ba« 
SBort  gerebet  unb  nod^  im  3a^re  1543  ^atte  er  toerföl^nßd^e  ©tunben  gel^abt  (bgl.  feinen  35 
Srief  an  3Kattl^ia«  Srb  bon  SReic^entoeier  bei  SRö^rid^,  SJlitt^.  a.  b.  ®efd^.  b.  eb.  Äird^^e 
b.  glfa^,  ©tra6b.l855ff.  III,  280  ff.),  aber  auf  bem  legten  9leid^«tage  l^atte  feinen  aJlit* 
teilungen  gufolge  niemanb  entfd^iebener  ben  laiferlid^en  $[änen  h>iberf^rod^en  al«  er 
(2)ruffel  ©.  181).  ^iemad^  toar  er  ju  einem  hml^ren  ^eben^toerfe  ebenfotoenig  geeignet 
h>ic  3Rafeenba,  SiBif  unb  ßod^läu«,  aber  bieBeid^t  gerabe  be«^alb  ju  bem  ©d^eingef^jräc^  40 
bon  bem  auf  feiten  ber  römifd^en  Partei  niemanb  ettoa«  erl^offte,  au«getoäl^lt  toorben: 
Unb  nur  toorübergel^enb,  bei  ben  Präliminarien,  tonnte  er  für  einen  afugenblidf  befferc 
Suberftd^t  liegen  (bei  3)ruffel  ©.  183).  Unb  ber  religiöfe  ®egenfafe  tourbe  nod^  berfd^|!ärft 
burc^  ben  ferfönlid^en  ®egenfa|  unb  burc^  bie  gegenseitige  5Wid^ta(|tung  (bgl.  ^offmeifter« 
©(^mäl^gebid^t  Jlat^oli!  1897,  2.  Sb  ©.  191).  3Kd^t  nur  bem  SiBil,  auä)  Jpoffmeifter  46 
toarfen  bie  ^roteftanten  unel^rbare«  Seben  bor,  unb  angeftd^t«  ber  me^rfad^en  93c^aut)tung 
Sucer«  (bei  Seng,  Srieftoed^fel  $^Ui»)J)«  to.  §effen  II,  379. 384  f.  410)  ber  fd^loertoiegenben 
»emerlung  ®rant>eBa«  (bei  Trüffel,  Sriefe  unb  3lften  III,  ©.  6. 10.  Sgl.  berf.  Äarl  V. 
unb  bie  röm.  Kurie  mm  III,  %l  XIX,  »b  II  ©.  466),  bem  Urteile  ©eiler«  (bei 
Seng  III,  471)  unb  in  ber  Bimmemfd^en  (S^ronif  (ed.  »aradf  I,  ©.  473  ff.),  toirb  man  so 
bie  anflage  nid^t  ol^ne  toeitere«  (fo  5ßaulu«,  §offmeifter  ©.  205  ff.)  afö  93erläumbung 
l^infteBen  bürfen.  aber  loie  loeit  bie  etttmigen  Serfel^Iungen  burd^f  bie  ®egner,  loie 
toal^rfd^einlid^,  übertrieben  ftnb,  läfet  ftd^  nid^t  feftfteBen;  jebenfaB«  büfete  er,  toa«  freiließ 
für  bie  bamalige  ßeit  nid^t  al«  ®egenbeloei«  benu|t  toerben  barf,  baburd^f  bie  SBert« 
fd^ä^ung  feiner  ®Iauben«genoffen  ni^t  ein.  ©eine  ^rebigten  im  2)om  erfreuten  ftc^  66 
bauember  Seliebtl^eit  (Opp.  Calvini  XII,  254),  fo  bafe  er  auf  ben  SJÖunfd^  be«  Äaifer« 
aud^  nacb  bem  äbbrud^  be«  ®efj)räd^  in  Slegen^burg  berbleiben  mufete.  (5r  frebigte  oft 
toiermal  xn  ber  SBJod^e,  fanb  aber  nod^  ^Äi,  l^ier  feine  Loci  communes  rerum  theo- 
logicarum,  eine  umfangreiche  3ufammenfteBung  bon  ©teBen  an^  ben  Äird^enöätem,  gu 
boBenben  (2)ruffel  ©.  193).    am  9.  3iuU  1546  toürbigte  ber  ®eneral  ©erijjanbo  feine  60 


232  c^offmetfier  ^offttttstQ 

SBcrbienfte  burd^  feine  Ernennung  jum  ©encrafoifar  über  alle  beutfd^e  älugufttnetflöfter 
(togl.  ^Paulug  ©.  415),  aber  nai)  biefer  Slic^tung  ^at  er  feine  toefentUc^e  a^l^ätigfeit  me^r 
entfaltet,  fortan  ftanb  er  faft  augfc^liefelid^  im  2)ienfte  ber  laiferlid^en  ^PoKtif.  9?aci^  faft 
breibierteljä^rigem  3lufentl^alt  in  Slegen^urg,  J)rebi0te  er  auf  3öunfc^  be^  ßerjog^  2BiI= 

5  ^elm  t)on  S3aiem,  ber  i^n  fc^on  6nbe  1545,  toenn  nic^t  fd^on  frül^er,  ^atte  ^aben  tüollen 
(Senj  a.  a.  D.  III,  471),  bon  @nbe  ©ej)teniber  an  beinal^e  äjtoei  3Bonate  in  SRünd^en. 
llnb  faum  toar  er  bon  ba  in  fein  Älofter  jurücfgefel^rt,  ate  i^n  auftrage  beö  Colmarer 
9lat^  t)on  neuem  jum  ilaifer  fül^rten.  2lm  15.  Januar  1547  toar  er  bei  biefem  in  §eU= 
bronn,  erl^ielt  aber  al^balb  ben  Sluftrag  nad^  Ulm  ju  gef^en,  „um  bem  armfelig  berfü^rten 

10  3SoIfe  ju  J)rebigen".  §.  ge^ord^te,  unb  toä^renb  man  in  9lom  unb  in  irient  mit  be^ 
Äaifer«  SSerfal^rcn,  berfc^iebenen  befiegten  ©tänben  ben  gortbeftanb  if^rer  Steligion  ju 
garantieren,  l^öc^jt  ungehalten  toax,  toax  Jp.  in  treuer  ©rgebenl^eit  gegen  ben  Äaifer  bamit 
ganj  eint>erftanben,  benn  fo  begrünbet  er  e«,  freilid^  nid^t  ganj  im  Sinne  beö  Äaifer« 
©enj)anbo  gegenüber:  Vestrum   (be^  Äonjil^)  non  cesaris   est,   religionis  dogmata 

16  proponere.  ®abei  forbert  er  bod^  tüie  früher  in  Weniger  Haren  ate  lebhaften  3lu^- 
laffungen  eine  entfc^iebene  Sieformation  aud^  be^  2)ogmaö  (bgl.  ©ruffei  S.  187).  6ben 
be^^alb  fa^  er  aud^  in  ber  38erlegung  be«  Äonjife  nad^  Bologna  ein  fc^loere^  Unglüdf 
für  bie  flirc^e,  namentlid^  in  2)eutf erlaub,  ©o  fc^rieb  er  an  Seri})anbo  am  14.  3lJ)ril 
1547  aud  ^iJOiingen,  tpo   er  nad^  bem  ^)ug  be^  ftaiferi^  auf  SBunfd^  be^  Jt'arbinal^ 

ao  2^rud^fefe  gleic^faHi^  mit  35efel^rung0^)rebigten  begann.  3lber  faiferlid^er  SBefel^l  führte  il^n 
fd^on  nac^  ac^t  lagen  nad^  Ulm  jurüdf.  ^fingften  1547  ^ielt  er  ein  RccpM  feiner  ^ßro^ 
binj  in  Jpagenau  cA,  h)0  er  bon  neuem  jum  ^Probinjial  ertoäWt  lourbe.  Seine  Slrbeit 
tpar  jjebod^  ju  @nbe.  '^flad)  Ulm  jurüdgetel^rt  Verfiel  er  in  eine  fc^tpere  ^ranll^eit.  @leid^n)ol^l 
mad^te  er  ftd^,  toeil  ber  Äaifer  if)n  jum  Sleid^tag  nad^  aug^burg  berufen,  auf  bie  Seife, 

26lam  aber  nur  bi^  nac^  ©ünjburg.  ®ort  ift  er  nac^  mel^ö^entli^em  Äranfenlager  am  21. 
ober  22.  2luguft  1547  geftorben. 

@r  l^atte  einen  fd^loeren  2^ob,  ber  nad)  ber  SQSeife  ber  3^^offen  t)on  ben  ©egnern 
atö  ©otte^erid^t  aebeutet  lourbe.  6in  toa^^^'^Ii^  i«  Slug^burg  entftanbene^  Flugblatt 
(i)gl.  5latoerau,  3^®  V,  346  f.)  toie  brieflid^e  Seridbte  looHten  aud^  loiffen,  bafe  er  in 

80  SJerjloeiflung  über  bie  toiffentlic^eSBerleugnung  ber  erfannten  et>angelifd^en  Sffial^r^eit  ba^in^ 
gefahren  fei.  SWöglic^,  bafe  innere  3lnfed^tungen  ben  ©terbenben  gequält  ^aben,  bie  il^n 
ju  ©elbftanflagen  loegen  mangelnber  Ireue  toeranlafeten.  ^a^  loöre  bann  ber  Äem  ber 
©ad^e,  über  bie  man  neuerbingi^  bielfad^  geftritten  l^at.  3Slan  toirb  aber  bert  $Rac^ric^ten 
über  feinen  3Serjtoeiflung^tob  fd^loerlid^   eine  größere  ®laubloürbigfeit  jufc^reiben  bürfen, 

36  al^  anberen  gleiäjeitigen  S3eric^ten,  loie  ftc  bamate  auf  beiben  ©eiten  über  ba«  „fc^rerfs 
lid^e  ßnbe"  ber  firc^lid^en  (Segner  mit  SBorliebe  in  Umlauf  gefegt  lourben.  ^n  ber^Pfarr^^ 
fird^fe  ju  ©ünjburg  liegt  er  begraben,  ©ein  2^ob  tourbe  bon  ben  Äat^olifen  35eutfc^tanb« 
fd^loer  emj)funben,  unb  mel^r  nod^  aÖ  frül^er  lourben  je^t  feine  SBSerfe  gefc^^ä^t,  namentlid^ 
feine  beutfd^e  ^ßoftiHe  CPaului^  anl^.  I,  5Rr.  17),  bie  Bearbeitung   ber  lateinifd^en  §o= 

40  milienfammlung,  bie  burd^  ben  @id^ftäbter  38eil^bifd^of  Seonl^arb  Malier  looQenbet  unb 
teon  auf  ber  ©^nobe  ju  SKül^lborf  1553  bem  baierifd^en  Äleru^  emj)fol^ten  lourbe 
Slnbere  ©c^riften,  j.  83.  bie  Loci  communes,  lourben  toielfad^  neu  (herausgegeben,  ©eine 
93etäm^fung  ber  Augustana  nal^m  ^briduS  SeobiuS  in  feine  Harmonia  Confessionis 
Augustanae  (6ol.  1573)  auf  unb  noc^  1597  lourbe  fte  inS  ©eutfc^e  überfe^t. 

46  ^^eobor  ^o(be. 

^offttttitg  (pl!PP.,  ihilg)  l^at  bag  mit  ber  ©orge  gemein,  baft  fte  gleich  biefer  in  bie 
guhinft  blidft,  unterfd^eibet  ftd^  aber  toon  il^r  baburd^,  bafe  fte  greubige«  unb  §eilfameS 
toon  ber  3w^*^f*  ^tioaxkt  ©ie  ift  ebenfo  8ebürfnig  be«^  5Wenfc^en  ate  einlieft  feiner  ur^ 
anfänglichen  äuSftattung  gegenüber  ben  taufenbfad^en  Übeln  be«  SebenS  (Dgl.  bie  gried^ifc^e 

60  ©age  Don  ber  ^Panbora,  beren  Süc^fe  Dom  mitleibigen  Rm^  rafc^  gefd^loffen  loirb,  e^e 
bie  ^Öffnung  entfc^lüt)ft,  unb  bie  Dielen  lemjjel  unb  2utäre,  loeld^e  in  9lom  ber  Spes 
errid^tet  loaren) ;  „am  (Srabe  noc^  J)flanjt  er  bie  Jpoffnung  auf"  (©c^iHer).  9Jur  über 
bie  ^öUe  fd^reibt  ^antt:  „§ier  leget  alle«  §offen  ab",  allein  in  if^rer  natürlid^en  ®e= 
ftalt  ate  Stimmung  unb  SSerl^alten  beS  äv&Qoynog  xpvnxbg  ip  fte  ftet«  mit  gurd^t  unb 

66  3*'>^M  ge^jart  unb,  toeil  auf  aSergänglic^e«  gerid^tet,  forttoäf^renben  2^äufd^ungen  unter- 
worfen. Spem  metus  sequitur.  Spes  incerti  boni  nomen  est.  Senec  epp. 
5.  10.  $Rur  auf  bem  Soben  ber  §eitöoffenbarung  erfd^eint  fie  ganj  afö  ba«,  loa«  i|r 
^axai  befagt,  toeil  fte  ^ier  nid^t  ein  ©rjeugnt«  be«  bege^rlid^en  ^erjen«  unb  ber  lebl^aften 
^pi^iantafte,  fonbem  SEBirfung  be«  j^feiligen  ®eifte«  ift. 


^offnmts  233 

2)ic  Hoffnung  ift  ein  ©runbbcftanbteil  gottgemä^cn  9?erf)alten^  t)on  Slnfang  an  unb 
juglcic^  mit  beni  ®laubm  gefegt,  obgleich  i^r  9?ame  nod^  nic^t  fofort  genannt  toirb ;  benn 
gleich  bie  erfte  gSerl^ei^ung,  bog  $roteöangeIium,  toeift  in  bie  ßwtunft.  So  ift  bie  §offs 
nung  ba^  ber  3"^"ft  jugetoenbetc  Slngeftd^t  be^  ©laubenö.  (Segenftanb  be^  ©laubeni^ 
im  alten  S3unbe  \oax,  bafe  ®ott  ba«  3SoIf  ^^^^el  angeftd^t«  aller  3SöIfer  ber  Söelt,  unb  5 
bafe  er  bie  33ölfer  ber  SBelt  burd^  ben  ®ienft  g^raete  toerJ^errlid^en  toerbe  (gef  25,  6.  7). 
2Hle«  $eil  ftel^t  i^m  be^^alb  in  ber  3"I"*^f*/  **"b  <*w^  ^^^  ^  ©egentoärtige^  bef^t,  ift 
oxid  Toyy  jueUovTcov  äya'&cbv  (§bx  10,  1).  ®arum  ift  ber  ©laube  in  jener  ^tit  loors 
iDiegenb  Hoffnung  (Stbrapam,  Stö  4,  18  bi'  ihniöi  bilaxevoev)  xxxit)  f^ei^en  bie  ©laubigen 
ol  TtQogdexojuevoi  XvrQcoaiv  (Sc  2,  38).  lo 

2)ie  neuteftamentlic^e  S^t  ift  rcd^t  eigentlich  bie  ^Ai  be«  ©loubenö :  ü&avarig  de 
rfjg  marecog  ovxhi  vno  naiöaywyov  iofiev  (®al  3,  25).  3luf  bie  ^Äi  ber  ©chatten 
ift  bie  3rit  be«  SQSefeng  gefommen :  ffiir  fmb  ber  Vergebung  ber  ©ünben  unb  be^  l^eiligen 
©eifteö  teill^aftig  unb  ftel^en  burd^  ben  ^l.  ©eift  in  ©emeinfd^aft  mit  bem  ©o^ne  unb 
bem  3Sater.  S)er  1^1.  ©eift  ift  baö  toefentlid^e  ©ut  be«  5R3:^.  aber  nur  nad^  ber  ©eite  i6 
unfere^  ^erfönlid^en  Seben^  freuen  toir  un^  feiner  ©egentoart,  mit  unferem  3Raturleben 
ftel^en  kuir  nod^  unter  ben  ©inflüfjen  ber  ©ünbe  unb  be^  2^obe^.  SEBir  finb  nun  ©otte^ 
Äinber,  aber  e«  ift  nod^  nic^t  erfc^ienen,  toag  Xoxx  fein  toerben  (1  3io  3,  2).  2öa«  nod^ 
fe^lt,  ift  bie  ©eftalt  ber  öd^a  (9lö  5,  2;  8,  18).  9lad^  bicfer  ©eite  ift  ber  f)l.  ©eift 
oTiagyri  (SRö  8,  23),  unb  &Q§aß(bv  (2  Äo  1,  22 ;  5,  5),  unb  unfer  ©laube  Hoffnung,  20 
bie  ba"  gerid^tct  ift  auf  bie  SJerllärung  unfere«  Seibe«,  ber  ©emeinbe  (S^rifti  unb  ber  SBSeU. 
3)arauö  gel^t  ^ertoor,  baft  fte  bor  allem  rul^t  auf  ber  2luferftel^ung  afö  ber  3Serftärung 
unfere«  Äerm  3i^u  ßl^rifti,  ber  Ajiagxr)  ring  xxixjeoyg]  benn  ß^rifti  berflärte  Seiblid^feit 
ift  ber  Slnfang  ber  Söeltloiebergeburt.  2)a^er  Reifet  Sl^riftu«  felbft  fj  ibiig  (Äotl,  27; 
1  2:im  1,1),   unb  e^  tritt  bamit  boH  unb  ganj  ju  iage,  loie  ©Ott,  in  bejfen  eloigem  25 

geitöj)lan  aü  bieö  lounett,  im  alten  S3unbe  bie  Hoffnung  ber  ©laubigen  genannt  toerben 
nnU.  2)a  nun  bie  Sßer^errlid^ung  unb  aSerllärung  bie  notlocnbige  SJoHenbung  bc«  mit 
ber  SBiebergeburt  gefegten  neuen  2d>m^  ift,  fo  ba^  ber  Sl^joftel  aufrufen  fann :  „troffen 
loir  aBein  in  biefem  Seben  auf  ß^riftum,  fo  finb  loir  iXeeivöreQoi  ndvxcov  äv^gco- 
n(jav"f  fo  fann  ba^  ganje  G^riftentum  nac^  feiner  fubjeftil^en  ©eite  Hoffnung  genannt  ao 
toerben  (1  5ptr  3,  15). 

2Rit  ber  ©rfd^liefeung  i^re«  bollen  ^n^alte«  ift  a\x6^  fte  felbft  erft  böBig  geworben; 
mit  ber  6rl^öf)ung  Gl^rifti  jum  ^riefter  nac^  ber  SBeife  ÜJleld^ifebefö,  gu  einem  ^priefter,  ber  ed 
nic^t  nad^  gefe^lid^er  SSeftimmung,  fonbem  fraft  unauflöi^lid^en  Seben^  ift,  ift  eine  beffere 
Hoffnung  eing^l^rt  (§br  7, 19),  atö  im  alten  S3unbe  toor^anben  loar;  bon  ba  an  ift  fiess 
ein  ainfer  ber  ©eele,  ber  in  ba«  3lllerl^eiligfle  be«  ^immetö  felbft  geloorfen  ift  (Äbr 
6,  18).  ®ie  neuteftamenttic^e  Hoffnung  fafet  ftd^  be^^alb  jufammen  in  bie  gläubige  Sr« 
toartung  ber  Söieberfunft  ß^rifti  be«  ßr^ö^ten,  mit  loelc^em  unfer  Seben  offenbar  loerben 
loirb,  unb  finbet  i^ren  ^öd^ften  3lu«brudf  in  bem  ©ebete:  d/i^v,  Sqxov,  xvqie  'Irjoov, 
mit  loelc^em  ba«  31%.  abfd^liefet.  40 

3tu«  biefem  g^^^Ite  ber  ©offnung  ergiebt  fid^,  bafe  bie  9ttd^tc^riften  feine  Hoffnung 
f)abtti((Spf)  2,  12),  unb  bafe  fie  felbft  il^rer  9Jatur  nad^  eine  unjtoeifclf^afte  ßubofic^t  ift, 
bie  nid^t  ju  ©c^anben  loirb  (So  5,  5).  au«  gnl^alt  unb  9Jatur  ber  Hoffnung  aber  ge^t 
^erbor,  baft  fte  nic^t  ti)[oa^  ^u  bem  ©lauben  J^i^jw^ommenbe«  ift.  2)ie  Hoffnung  ift 
©laube,  unb  ber  ©laube  ift  eine  geloiffe  ßwberft^t  be«,  ba«  man  ^offet  (§br  11,  1).  45 
aud^  toon  ber  Siebe  ift  gejagt  Jidvta  ibiiCei  1  Äo  13,  7).  ©0  toerben  benn  ©laube, 
Siebe,  Hoffnung  al«  ein^eitlid^  toerbunbene  Setl^ätigungen  be«  ßl^riftenftanbe«  gufammen« 
gefteüt  i  2:^  1,  3;  5,  8;  ja  al«  bie  nad^  2lb||ug  aller  ©aben  bteibenben  ©runbbeftanbs 
teile  be«  inloenbigen  ß^ftenleben«  1  Äo  13,13.  „®«  ioo^nt  bem  ©lauben  loie  ber  Siebe 
fraft  il^re«  ©egenftanbe«  bie  Seftimmung  ein,  in  unb  burd^  fid^  felbft  Hoffnung  ju  fein",  so 
fagt  to.  §arleft,  6t^.,  §  20.  ©ie  fommt  bemnac^  al«  gtoeifac^e«  in  Sctrad^t:  al«  ©abe 
unb  al«  3Ser^alten,  al«  loeld^  le^tere«  fte  in  ber  ©tl^if  i^re  ©teile  l^at. 

2)iefe  Hoffnung  aber  loirb  nic^t  geminbert  burd^  bie  3;rübfal;  im  ©egenteil,  toir 
rül^men  un«  ber  3:rübfale  eben  um  be«loillen,  loeil  fte  in  ber  ©qule  ber  ©rfaf^rung  unb 
Setoä^rung  bie  Hoffnung  ftärfen  (9lö  5,  3.  4).  35a  loirb  fte  ^um  §elm,  ber  un«  bedft  56 
(1  Xl^  5,  8).  3)arum  tritt  bie  Hoffnung  in  ber  ©c^rift  in  bem  5Wafte  ^erbor,  al«  bie 
SJerfilnbigung  ber  (Snbueit  l^erbortritt,  in  t)tn  e«d^atologifc^en  ©riefen  5Pauli,  in  ben  ©riefen 
^etri,  in  ber  2l>)of.    ©ie  ift  bie  ©eele  unb  ©runbfraft  ber  ©ebulb. 

3)a  fte  eine  djioxei/ievrj  h  xdig  oigavöig  ift (Äoll ,  5),  f 0  loirft fie  eine  l^immlifd^e  ©efmnung 
unb  loirb  mächtiger  antrieb  jur  Heiligung,  namentlid^  auc^  be«Seibe«(Äo  3,1.2.;  1  So  3,3).  eo 


234  ^offttttttg  ^ofmattit 

3in  bcn  elften  Sal^rl^unberten  ber  d^riftltc^en  Strebe,  il^rer  ^ugeiib^eit,  trat  bie  $off= 
nung  mächtig  in  ben  Sorbergrunb :  aU  e«  i^r  tüol^l  tourbe  in  ber  2BeIt,  trat  bie  ^off^ 
nung  faft  ganj  jurüi  3)ic  $Reujeit  legt  unö  ia^  pxop\)ttx\i^t  SBJort  tüieber  nö^er.  a)ie 
aBiffenf($aft  bef^anbelt  fte  in  ber  (gt^il  (bgl.  bie  trefflid^en  Slu^fü^rungen  t)on  §arle^&  unb 
6  ^ofmann,  femer  SJifcfc^,  ©^ft.  ber  c^riftlic^en  Seigre),  ßödler  berfu^te  in  feiner  theol. 
natur.  i$r  eine  felbftftänbige  ©tette  im  t^eol.  Sef^rf^fteme  ju  geben  neben  ber  Dogmatil 
unb  ®tl&il  ate  ©I^jologie ;  aber  ftel^e  bagegen  b.  §ofmann  „^auKnifd^e  SCf^eofofl^ie"  in 
ber  S^^^^'  für  $rot.  unb  Äird^e,  »b  39,  ©.  195.  »ui^riiifer  f- 

^ofmatttt,  gol^ann  6f)r.  5?.,  geft.  1877.  —  OuelleniUnöcbrurftc »riefe,  ©cfimib, 

10  S3ermif(öte  ^luffö^e  Don  ?rof.  x>.  ©ofmonn,  Erlangen  1878;  S3oIcf,  3:6eoI.  ©riefe  b.  ^rof. 
3)clitfc6  unb  ü.  .^ofmonn,  fietpi.  1891;  4)ofniann«  OJcbicfttc  in  9(u«njal)I,  ?(ndbad)  1898  (nld)t 
im  ©ucfilftanbeO.  —  SSoIföfirc^e,  ^rauSg.  t).  Ünofe,  Sa^rgong  1878;  Sßoltf,  Qur  Erinnerung 
an  3.  e.  Ä.  v>.  ^ofmann,  (Srlangcn  1878;  ®rou,  SSifmar  unb  C'^pfmonn,  Erinnerungen, 
©üterSlo^  1879;    fiut^arbt,    Erinnerungen  auS  üergongenen  Sogen,   2.  «ufl.,    2e\pi.  1891 

16  @.  76 ff.;  finnbercr,  9ieuefte  3)ogmengefdjidjte,  ^eilbr.  1881  S.  235 ff.;  Sf^lppolb,  ^onbb.  ber 
neueften  m.,  3.  ©b,  93erlln  1890  6.  368 f.;  gronf,  ©efcfi.  unb  ilrillf  ber  neueren  3:^60- 
logie.  Erlangen  1894,  6.  248;  ©roun  im  öericftt  über  bie  28.  bat)er.  ^aftoralfonfercnj, 
9Jurnbcrfl  1898. 

Siol^ann  6l^r.  Ä.  §ofmann  —  burc^  ben  baierifd^en  ßitoitoerbienftorben  fj)äter  bon  ^of^ 

20  mann  —  ift  am  21.  ®ejember  1810  ui  ?Rümberg  geboren.  6r  entftammte  einer  gamilie 
be«  Heinen  Sürgerftonbe« ;  fein  3Sater  ftarb  fo  frü^e,  bafe  er  il^n  faum  gefannt  l^at,  ba^ 
gegen  burfte  fid^  feine  bon  xi^m  ftet«  l^od^berel^e  5Wutter  nod^  ber  erften  ©rfolgc  il^reö  ©ol^ne^ 
erfreuen,  ^n  ärmlichen  engen  3Serl^äItniffen  ift  er  l^erangetüad^fen :  ber  Änabe  unb  S^ng« 
ling  lernte  unb  ftubierte  in  bemfelben  ^mmct,  in  bem  feine  SWutter  il^ren  fleinen  ^anbel 

25  trieb,  gn  bem  ©Iteml^aufe  Jpofmanni^  l^errfd^te  bie  ftrenge  fird^Iid^e  ©itte  ber  S3ürger  be^ 
alten  92ümberg:  bie  töglid^en  ^au^anbad^ten  fel^Iten  fo  tDenig  old  ber  jtDeimalige  Jtird^en^ 
befuc^  an  jebem  ©onntag.  ©0  toar  benn  ba^  befte  ®rbe,  ba^  er  bon  bort  mitnal^m,  bie 
©elüö^nung  an  d^riftlid^  unb  lirc^lic^e«  Seben.  SDen  religiiJ«  angeregten  Äreifen  3Rüms 
berg^  bagegen,  bie  ftd^  um  2Ränner  h)ie  2^obia«  Äiefeling  unb  Pfarrer  ©c^öner  fammelten, 

90  ift  er  nid^t  na^e  getreten,  ä^nlid^  toaren  bie  ©inbrüdte  ber  ©d^ule.  ^ofmann  befud^te 
ba«  ©Vmnarmm  feiner  aSaterftabt;  e«  ftanb  unter  ber  trefflid^en  Seitung  R.  8.  diotiß  in 
l^ol^er  SItite.  Slotl^  gel^örte  m  jenen  feltenen  ©d^ulmännem,  bie,  h>eil  fie  felbft  fittlid^ 
ftarfe  Sl^araltere  fmb,  ßj^aroftere  ;iu  bilben  berftel^en.  9luf  ßofmann  h)ar  fein  ©influ^ 
ein  tiefgel^enber;  ber  3SerIel^r  mit  \f)m  tourbe  niemate  ganj  aSgebrod^en;  er  bauerte,  auq 

86  nad^bem  9lot^  9lümberg  berlaffen  l^atte.  Söenn  §ofmann  im  §aufe  feiner  ©Item  bie 
©eipiffenl^aftigfeit  bem  äußeren  SBerbanb  ber  flird^e  gegmüber  lemte,  bie  if^n  ftet«  aui^s 
gejeid^net  l^at,  fo  lemte  er  in  biefer  ©d^ule  bie  2'reue  ber  arbeit,  bie  er  fein  Sebm  lang 
oeloie^:  er  l^at  nie  hrgmb  eineSlrbeit  ftd^  leidet  gemacht.  §örm  h)ir  enblid^,  baft  er  fc^on 
ci^  ©df>üler  ftc^  maffenl^aft  ©jjerjjte  anlegte,  fo  tritt  un^  bie  metl^obifc^e  art,  mit  ber  er 

io  olle«  m  betreiben  Ijflegte,  fd^on  in  feiner  ^ugenb  mtgegm. 

ajlit  bem  Sntfd^lufe,  fic|  bem  ©tubium  ber  3^eoIogie  unb  ber  ©efd^id^te  ju  toibmm, 
jegog  er  imßerbfte  1827  bie  UniberfttätSrlangen;  er  f^Ioft  ftd^  ber  bamaligen  Surjd^m- 
d(K(ft  an.  unter  bm  tl^eologifd^m  Se^rem  übte  ben  h>€itau^  grögtm  @inf[u^  auf  bie 
hibiermbe  gugenb  ber  reformierte  $faner  unb  aufeerorbentlid^e  $rofeffor  Ärafft.  SBSäl^rmb 

46  feine  ÄoHegen  mel^r  ober  tomiger  jtüifd^en  SRationali^mu«  unb  ©ui)ranaturali^mu«  fd^hxmf = 
im,  ftanb  er  mtfd^ieben  auf  bem  SBobm  bc^  (Slaubmi^.  6ö  ift  bejeic^nmb  für  be^  jugmbs 
Kd^m  ßofmann  ©tettung  gum  (Slauben,  bafe  er  mit  bem  Sorfa^e  nac^  ©riangm  fam, 
Ärafft  nid^t  ju  l^ikm.  3)od^  ein  einmaliger  SSefud^  feiner  3SorIefungm,  bm  er,  tomig 
befriebigt  t)on  bem,   toaö  er  fonft  f^örte,   mad^te,  brad^te  feinm  5pian  ju  %aü:   er  fd^Io| 

60  ftd^  bm  ©d^ülem  Ärafft«  an,  begann  feine  93orIefungm  toie  feine  ^^Jrebigtm  ju  befu^m, 
balb  trat  er  il^m  aud^  j)erfönKd^  nal^e.  ?Wic^t  nur  für  feinm  ®Iaubm,  fonbem  aud^  für 
feine  tl^eologifd^e  ©tellung  toar  bie«  bon  SBSic^tigfeit:  Ärafft  toar  ein  ©d^rifttf^eologe 
unb  tooHte  nid^t«  anbere«  fein;  man  fann  faum  gtoeifeln,  baft  §ofman  bei  if^m  feine 
biblifd^e  Slic^tung  emj)fangm  l^at.    3ltbm  Ärafft  toar  e«  Äarl  t).  Slaumer,  mit  toelc^em 

56  er  fc^on  bamafe  Saie^ungm  anfnü}}fte,  bie  ein  lange«  Sebm  ^tnburd^  beftanbm.  ^a, 
Kaumer«  ®influ^  ift  für  fein  J)erfönlid^e«  G^ftmtum  ber  eigmtKc^  mtfd^eibmbe  getoefm. 
„Slaumer  toar  e«,  ber  mid^  meine  ©ünbe  erfmnen  leierte",  fagte  §.  am  Segräbni«tage 
be«  väterlichen  ^eunbe«.  3)er  toeite,  freie  ®efid^t«fret«  Slaumer«  mag  Jpofmann  juerft 
angejogm  ^bm,  benn  in  biefem  fünfte  toarm  bie  beiben  fonft  fo  berfd^iebmm  SKänner 

60  einanber  äl^nlid^ ;  auc^  ßofmann  betoegtm  bie  berfc^iebmftm  2intereffm,  nebm  feinm  ge^ 


^oftnatttt  235 

fd^id^tlic^cn  unb  tf^cologifd^cn  ©lubien  feffelte  il^n  ber  ^aixbzt  bcr  $oefte:  er  gel^örtc,  um 
mit  ®oetl^e  p  rcbcn,  ju  bcn  ©I^afefj)eare5fcftm;  aud^  in  eigenen  i)oetif(l^en  5Probu!tionen 
toerfu^te  er  ftc^. 

gm  3^^^^  1829  toerliefe  §ofmann  Erlangen,  um  in  Serlin  feine  ©tubien  fortjujefeen. 
®«  tvax  bie  ^iit,  in  ber  §egel  unb  ©d^leiermac^er,  9leanber  unb  §engftenberg  bort  neben  6 
einanber  toirften.    ^ofmann  jd^Iofe  fid^  an  feinen  biefer  3Jlänner  an;   bielmel^r  betoal^rte 
er  gerabe  biefen  (Setfte^f^eroen  gegenüber  jene  ©elbftftänbigteit,  bie  i^m  ftet«  eigentümlich 
getoefen   ift.    S)er  ^j^ilofoff^ie    fd^eint  er   niemal«   naiver  getreten  ju  fein.     2)a^   er 
in  ©c^leiermac^er  ben  SKeifter    ber  toiffenfci^aftlic^en  9Jletl^obe  erfannte    unb    bere^rte, 
braucht   nid^t   gefagt   ju  toerben ;   allein  bie  ©inlDirlung  ©d^leiermad^erd  auf  ßofmann  lo 
fättt  in  fj)ätere  Q^xt:  in  Serlin  fül^lte  er  ftd^  burd^  ©d^leiermad^er«  3Ü^eologie,  befonber« 
feine  Sel^anblung  ber  ©d^rift,  me^r  abgeftoften  al«  ang^ogen.    9lod^  Weniger  aU  ©d^leier« 
mad^er  bermoc^te  Jpengftenberg  ©influft  auf  xf)n  ju  getomnen;  ben  gefd^id^tlic^en  ©inn  in 
ber  auffafjung  bc«  äl«  mu|te  er  bei  i^m  aHjufe^r  bermiffen  (bgl.  a:^eol.  ©riefe  ©.  13). 
2)enn  er  lebte  faft  au^fd^liefelid^  im  ©tubium  ber  (Sefc^ic^te.    3)abei  toar  c«  ober  nic^t  i6 
3Reanber,  fonbcm  £eo})olb  S^anle,  ber  il^n  feffelte.    3Son  feinen  93orlefungen  fd^reibt  er, 
ftc  feien  ipm  täglid^  ein  großer  ©enufe.    ^ßerfönlic^  ftanb  er  %t,  b.  SRaumer  nä^er  afö 
jenem :  er  rül^t  il^n,  ba|  er  il^m  forthm^renb  mit  9lat  unb  I^at  in  l^iftorifd^en  ©ad^en 
i}mliq  unb  freunblic^  beiftel^e.    3)enn   fd^on  begannen  ftc^  feine  gefd^id^tlid^en  ©tubien 
auf  einen  beftimmten  $unft  )u  lonjentrieren :  bamal«  fa^te  ßofmann  ben  $lan  m  einer  20 
©arftellung  be«  ßebennenfriegi^.    ©0  böllig  nal^m  il^n  feine  Sefd^äftigung  mit  oer  Oe* 
fc^id^te  ^in,  baft  er  eine  QÄt  lang  fd^toanlte,  ob  er  nid^t  bie  2^^eologie  ganj  aufgeben, 
©efd^id^te  unb  ^Politif  gu  feinem  Seben^berufe  mad^en  follte.  Äarl  to.  Sflaumer,  ben  er  um 
SRat  fragte,  toiberriet  entfd^ieben:   i^n  bünfte  ein  nur  ber  SJÖiffenfd^ft  getoibmete«  Seben 
o^e  Unterlage  eine«  J)raltifd^en  ©eruf«  nic^t  iDünfd^en^toert  (©rief  b.  2.  äuguft  1829).  26 
gofmonn«  tooetifd^e  Steigungen  erhielten  reid^lid^  9lia^rung  burd^  ben  3Serfe^r  im  §aufe 
SadEemagefe;  einige  an^  jener  ^Ai  erhaltene  (Sebid^te  geben  babon  Seugni«. 

2lfö  ßofmann  bie  Uniberfttät  toerlie^,  toar  er  nid^t  ©d^üler  irgenb  einer  ber  l^err« 
fd^enben  toiffenfc^aftlid^en  Slid^tungen  in  ber  2:i^eologie.  @r  ftanb  auf  bem  ©oben  be« 
©laubeng,  burd^  Ärafft  toar  er  auf  bie  l^eilige  ©c^rift  l^ingetoiefen ;  fo  toeit  l^atte  er  ao 
©teQung  genommen;  allein  ani)  nur  fo  h^eit.  Senn  gegen  ba«  meifte,  toai^  il^m  fonfl 
bargeboten  toorben  toar,  ber^ielt  er  fi^  able^nenb;  burc^  bie  Serül^ng  mit  ben  berfd^ie* 
benften  Slnfd^auungen  fd^ien  bie  ©genartigleit  feine«  SBefen«  nur  geftäftigt  ju  fein.  @r 
felbft  follte  unabl^ängig  feinen  iDifjenfd^aftlic^en  ©tanb>)unft  einnehmen.  3)afür  toar  e« 
bann  ober  toon  ber  ^ö^ften  Sebeutung,  baft  feine  ©tubienjal^re  feinen  S3lidf  für  ba«  (Se*  86 
fd^id^tlid^e  gefd^ärft  unb  geübt  ^tten. 

3m  §erbfte  1832  unterzog  er  fid^  ber  tl^eologifd^en  ^Prüfung  ju  3ln«bad^  unb  beftanb 
fte  mit  bem  beften  ©rfolge.  3"»^ä^fM^i^"  ^  ^W^  t^^B  ^^^  2eben  il^n  ber  i^eologie 
jufül^  toürbe.  ©r  übernahm  ba«  Slmt  eine«  Se^rer«  ber  ©efd^id^te,  ber  l^ebräifd^en 
©l)rad^e  unb  ber  SReligion  am  (S^mnafium  ju  Erlangen,  jeittoeife  erteilte  er  a\x6)  Unter«  4o 
rid^t  im  Sateinifd^en.  2)iefer  gerij)litterten  2:l^ätiafeit  entf})rac^en  feine  ©tubien:  e«  ift 
eine  bunte  3Wufterfarte  bon  ©djriften,  bie  er  in  emem  ©riefe  toom  15.  DItober  1834  afe 
toon  i^m  in  ben  legten  SBod^en  gelefen  aufjä^lt:  bie  aJ)oftolifc^en  ©äter,  ©c^riften  %^^ 
tullian«  unb  6toj)rian«,  Vereng,  ßicero«  Siebe  für  3)lilo,  ariftoj)l^ane«.  S^öWd^  befc^äftigte 
i^n  ber  $lan  für  ben  9leligion«unterrid^t  be«  näd^ften  ffiinter«.  6rft  ba^  er  im  ^a^xt  46 
1835  Stejjetent  bei  ber  tf^eologifd^en  gafultät  ju  ©rlangen  tourbe,  gab  in  feinen  ©tubien 
ber  2:^eologie  ba«  Übergetoic$t.  9lun  bertiefte  er  ftc^  in  bie  ©rforfc^ung  ber  ^eiligen 
©{^rift.  Unb  fofort  ergriff  er  bie  fragen,  toeld^en  er  feitbem  feine  befte  £eben«arbeit 
loibmete:  bie  Seigre  t)on  ber  3«f}>i^ötion  ber  l^eiligen  ©d^rift,  bon  2Bei«fagung  unb  (Sr« 
füllung.  ©efonber«  eine  ©orlefung  über  ©efd^ic^te  '^^xaü^  beranla^te  i^n,  ftd^  mit  bem  00 
gSer^öltni«  toon  3B3ei«fagung  unb  Erfüllung  einge^enber  m  befd^ftigen.  ©ereit«  in  einem 
©rief  avi^  bem  §erbft  1836  legt  er  bie  ©runbgebanlen  oar,  bie  er  ffäter  in  feinem  ©uc^ 
über  2Bei«fagung  unb  Erfüllung  borgetragen  l^at.  35aneben  brad^te  er  bie  in  ©erlin  be« 
gonnenen  ^iftorifd^en  gorfc^ungen  ^um  äbfd^lufe.  3m  3a^re  1837  erfd^ien  bie  ©efd^id^te 
be«  Slufru^r«  in  ben  ©ebennen  unter  fiubtoig  XIV.  nad^  ben  Duellen  erjä^lt.  ^toei  66 
3al^re  fj)äter  beröffentlid^te  er  fein  „Sel^rbud^  ber.  Söeltgefd^id^te  für  ®\}mmfxm''  (2.  ^uf» 
läge  1843).  3)a«  ^ud)  enthält  eine  geiftreid^e  Überfupt  be«  @nth>idfelung«gange«  ber®e» 
fd^id^te  bi«  jum  norbamerifanifc^en  greil(;eit«Irieg ;  aber  für  bie  ©d^üler,  für  toäc^e  e«  gu» 
näd^jt  beftimmt  toar,  ift  e«  fc^toerlid^  geeignet:  e«  bietet  ju  biet  Urteil  unb  ju  toenig 
ilSiatfad^en.    3*"  übrigen  toanbte  er  ftc^  immer  au«fd^liefelic^er  ber  t^eologifd^en  2lrbeit«o 


236  ^ofmatttt 

ju.  6r  berfa^tc  einen  9(uffa^  über  ©a  3,  l>er  jeboc^  n\6)t  gebrudt  Sorben  ift;  anbcrc 
aibf^anblungen  beabfid^tigte  er,  ol^ne,  tt)ie  e^  jc^eint,  ^u  i^rer  Slu^arbeitung  ju  fommen. 
©tc  betrafen  ©egenftänbe,  bie  \f}n  and)  fj^äter  befd^äftigten :  SReld^ifebet,  ben  fined^t  3el^o=s 
tool^;  er  backte  einen  Kommentar  über  Sac^arta  ju  fc^reiben.    ^n  biefe  ^ixt  fällt  Ido^I 

6  and)  bag  loon  ©d^mib  erlDä^nte  ©tubium  ^atoi  S3ö^me^,  ba^  auf  bie  Silbung  feiner 
Slnfd^auung  ftc^er  nid^t  ol^ne  ©influfe  geblieben  ift  (logl.  ©d^mib,  3Sermifd^te  Sluffä^e  ©.  VI). 
3lur  bie  Slb^anblung  über  bie  70  Saläre  bc«3iw«»wiö^  ""^  i^i^  70  ^af^rttjod^en  be«3)aniel 
ift  toon  ben  arbeiten  biefer  ^af)xt  jum  SDrudf  getommen. 

gm  ^a^xt  1838  habilitierte  er  ftc^  afö  ^ritoatbojent  bei  ber  tf^eologijc^en  gafultöt. 

10  gn  feiner  ^iffertation  de  argumento  psalml  centesimi  decimi  bel^au))tete  er  bie  älb- 
faffung  biefe^  ^falmed  burd^  SDabib  unb  beftritt  er  bie  mefftanifd^e  35eiitung.  S3ejeid&nen= 
ber  für  feinen  tl^eologifd^en  ©tanbjpunft  fmb  biell^efen,  bie  er  beifügte  unb  am24. 9)iärj 
1838  t)erteibigte.  g^  teile  bie  ^au))tfäd^Iid^ften  mit:  1.  Notione  regenerationis  sub- 
lata  tollitur  omnis  theologia.    2.  Trinitas   duplex   est,   aeterna   et   temporalis. 

15  3.  Disciplinae  dogmaticae  forma  non  minus  historica  quam  systematica  esse 
debet.  4.  Inter  inspirationem  veteris  testamenti  et  novi  idem  differt,  quod 
inter  spiritum  Jehovae  et  spiritum  Jesu  Christi.  5.  Qui  de  regno  Christi 
millenario  dubitant,  de  rebus  novissimis  congrua  suspicari  nequeunt.  6.  Pro- 
phetae  veteris  testamenti  praedieunt,    fore  aliquando,   ut  populus  Israelitieus 

20  in  terram  Canaaniticam  redeat.  9.  In  Jes.  53  Israel  propheta  pro  typo  Jesu 
Christi  habendus  est.  11.  Epistolae  quae  inscribitur  ad  Hebraeos  Paulus 
auctor  est.  18.  Nunquam  ecclesia  pravioribus  erroribus  turbata  est,  quam 
aevo  apostolico. 

SBSenn  man   jtüifd^en  ©d^riftftellem  unterfd^eiben   fann,  beren  toiffenfd^aftlid^e  ©nt« 

25  toidfelung  in  ber  Speisenfolge  i^rer  ©d^riften  borliegt,  unb  anberen,  bie  erft  ju  fd^reiben 
beginnen,  nac^bem  bie  Silbung  il^irer  Slnfd^uung  jum  Slbfd^Iufe  gebiel^en  ift,  fo  gel^örte 
§ofmann  ju  ben  festeren,  ©eine  2:^eoIogie  toar  fertig ;  er  ^atte  nur  nötig,  fte  bar^ulegcn, 
bie  (Srunbjüge,  bie  il^m  feftftanben,  im  einzelnen  au^jufüf^ren. 

6^  bauerte  nid^t  lange,  bi^  er  bamit  begann;    er  entlebigte  fid^   attgemac^   beffen, 

30  toa^  i^n  anbertüärtg  in  2mfJ)rud^  nal^m.  ^m  ^a\fxt  1840  Iie§  er  fid^  feinet  ©^mnafwl- 
le^ramtg  entbinben.  @r  erhielt  ftatt  beffen  im  ga^re  1841  eine  aufterorbentlic^c  ^rofeffur 
in  ber  t^eologifc^en  galultöt.  3"  bemfelben  '^af)xt  erfd^ien  ber  erfte  2^ei(  feiner  Bd^xxft: 
äBei^fagung  unb  (Sr^Hung  im  alten  unb  ntum  Xeftamente.  Sie  2.  ^älfte  folgte  im 
3a^e  1844,  nad^bem  §ofmann  injtoifd^en  (1842)  einem  Stufe  an  bie  Uniberfität  SloftodE 

85  Jo'ö^  geleiftet  ^atte.  äfö  ba«  Sud^  erfd^ien,  fannte  man  in  ber  3:Seologie  nur  eine 
boj)j)elte  Sluffaffung  beö  Segriffg  SJÖei^fagung :  ber  Slationali^mu«  berflüd^tigte  SBei^fagung 
gur  Sorl^era^nung,  ^engftenberg  toerfteinerte  fte  jur  3Sorl^erfagung.    2)em  gegenüber  fud^te 

tofmann  bie  SBSeigfagung  lieber  in  il^r  Siedet  etngufe^en,  inbem  er  fie  in  bie  genauefte 
erbinbung  mit  ber  ©ef^id^te  brad^te.    2)ie  ©efd^iqte  felbft  ift  SBSeiöfagung :    jebe  ©nt^ 

40  toidelung^ftufe  tDeift  über  ftd^  ^inaui^:  fte  trägt  ben  Jteim  ber  3u!unft  in  ftc^  unb  ftellt 
fte  be^^alb  im  boraud  bar.  ©o  ift  bie  gange  l^eilige  Sefd^ic^te  in  allen  i^ren  h)efentlid^en 
gfortfd^ritten  SB3ei«fagung  auf  ba^  fd^liepc^e,  etoig  bleibenbe  gSerl^ältni^  jlDifc^en  ®ott  unb 
bem  5Kenfd^en.  5)ie  ©rfd^einung  S^u  Sl^rifti  auf  ©rben  ift  Slnfang  ber  toefentlic^en  ©r^ 
füllung,  ber  toefentlid^en,  benn  er  ift  ber  neue  ÜJlenfd^,  baö  ®egenbilb  beö  alten,  aber  nur 

45  ber  Slnfang  ber  ©rfüHung,  benn  ba«  ^axüpt  ift  erft  mit  bem  Seibe,  ber  ©rftgeborene  nur 
mit  bem  §aufe  feiner  ©rüber  jufammen  bie  gSertoirflid^ung  ber  eh)ig  gelDotlten,  t)ollfom= 
menen  ©otte^emeinfd^aft.  2ln  bie  h)ei«fagenbe  ©efd^id^te  fd^liefet  ft^  ba^  SBort  ber 
SEBei^fagung  an:  in  xl)x  f^at  e«  feine  SQSurjeln  unb  ftet«  gel^t  eg  neben  i^r  \)tx.  Seibe 
entfljret^en  einanber.   I)enn  h)ie  e«  in  ber  ©efd^ic^te  nid^tö  giebt,  >em  nid^t  ettoa^  &ötÜxA^ 

50  innelDo^nte,  fo  ift  aud^  bag  SEBort  ber  SBei^fagung  toeber  eine  äufterung  be«  menfd^lid9en 
(Seiftet  allein,  nod^  be^  göttlichen  ®eifte^  allein,  fonbem  beibe  gaftoren  toir!en  gufammen ; 
in  bem  toeiöfagenben  5Wenfd^en  tft  (Sott  lebenbig  gegenwärtig.  3i*^  (Sinfd^nitt  im  Saufe 
ber  (Sefd^id^te  l)at  einen  gortfd^ritt  ber  SQäeiöfagung  jum  ©efolge.  SBSenn  ©ott  ber  alt^ 
teftamentli(|en  ©efc^id^te  berfd^iebene  ©eftaltungen  giebt,  fo  legt  er  bamit  bie  berfc^iebenen 

55  ©eiten  bar,  bie  in  ber  ^Perfon  6l(;rifti  jufammengefa^t  unb  bereinigt  toerben.  ^i"^*"^ 
reid^er  alfo  h)irb  im  38erlauf  ber  ©efd^id^te  bie  SBei^fagung,  in  immer  neuer  ©eftalt  tritt 
fte  auf:  aber  bai^  ^M,  bem  bie  berfd^iebenen  ©eftalten  gutoeifen,  ift  ein  einige«:  ber  er^ 
fd^ienene  ß^rift.  ®r  ift  bann  toieber  3lu^ang«j)unft  neuer  SBei^fagung  unb  neuer  §off= 
nung,  benn  feine  ßrfd^einung   ift  bie  SSoraudbarfteHung  ber   enblid^en  SSerfläning   ber 

60  ©emeinbe. 


^oftttotttt  237 

3)ie  aufgäbe,  bic  fi6)  §.  für  fein  93uc^  ftedfte,  toar,  btc  ©efc^id^te  ber  Söeiöfagunfl 
in  biefem  ©inne  ju  fc^rciben.  (Sr  fteHtc  bamit  bie  gefamte  biblifc^e  ®efc^ic^te  unter  ben 
®efic^t^l)unft  ber  ^eil^cjd^ic^te. 

3ttö  §ofmann  t)on  ©rlangen  nad^  SRoftod  überfiebelte,  niod^te  e^  fd^einen,  ol^  toers 
taufd^e  er  einen  gro|en  SBirfung^frei«  mit  einem   fel;r  Meinen,    gn  (Sriangen  ^atte   M  5 
bie  3^^'  fri"^  S^V^^^^  ^i^  ö"f  f^unbert  gefteigert,  in  SRoftocf  laö  er  in  feinen  crften 
3SorIefungen  bor  breien.    3)oc^  meinte  er  beffen  getoi^  ju  fein,  baft  er  ben  il^m  t)on  ®ott 
getoiefenen  2öeg  gegangen  fei,  ate  er  (Srlangen  Verliefe  •  fo   tourbe  benn  aud^  feine  greubig^ 
feit  burc^  bie  geringe  3^^^  f^i*^^  Ö^rer  ni^t  gebänH)ft.    Überbieö  eröffnete  fid^  il^m   in 
feiner  neuen  §eimat  nad^  einer  anberen  ©eite  l^in  ein  gdb  für  bie  mannigfaltigfte  X^ätia^  10 
feit.    3"  SRedlenburg  tvax  man  eben  im  Segriff,   bie  Untl;ätigfeit  in  fird^Iic^er  ^infwpt 
objufc^ütteln,   toelc^e  bie  §errfc^aft  be«  Slationali^muö  überall   in  i^rem  ®efo(ge  l^otte. 
SKit  frifc^em  SKut  unb  glüdfüd^em  ©elingen  ging  man  an  ba«  SBerf:   bie  5Dliffu)n«fa(^e 
follte  jur  ©ad^e  ber  ganjen  ßanbeöfirc^e  gemacht  toerben;   in  Sloftodf  tourbe   ein  SSerein 
für  innere  SRiffion  gegrünbet,  ben  man  auf  ganj  SRedflenburg  au^jube^nen  fud^te:   man  i6 
errichtete  ein  SRettungö^au^,   ^ielt  SSorträge,   erteilte  ©efellen  unb  Se^rlingen  Unterrid^t; 
baig  ÜKecflenburgfc^e  Äirc^enblatt,  beffen  ©rünbung  in  jene  3^it  f^t,  fotltc  ein  35anb  ber 
Bereinigung  um  bie  ^Pfarrer  be^  Sanbe^  jd^Iingen.    Sflirgenbig  fel(;lte  bie  3Kitarbeit  §ofs 
manng,  ben   balb  enge  ^eunbfd^aft^banbe  mit  Äliefot^,  flarften,  ffiic^em  berfnüpften. 
aßa^  il^r  befonbercn  3Bert  t)erlic^,  iüar  fein  Seftreben,  ju  bereuten,  ba^  biefe  firc^Iid^en  20 
Unternehmungen  ^Parteifac^e  iDürben;   be^^alb  toax  er  gegen  ben  änfc^Iu^  ber  SRedlen« 
burger  an  bie  SDreebener  Sölif fiondgef eUfd^aft ;    er  toanbte  ^c^  mit  feinen  greunben  lieber 
bem  norbbcutfc^en  2Riffton^t)erein  ju.  „3lai)  ©reiben  getoanbt",  Reifet  e«  in  einem  ©riefe 
an  ©d^mib,  „bleibt  unfer©treben  ^arteibeftrebung,  in  Serbinbung  mit  Hamburg   fönnen 
tpir  ed  jebem  nabe  bringen,  tDelc^er  ju   c^riftlid^er  @rfenntni^  ertpac^t  ift.'^    Surc^  alle^25 
bieö   tourbe   reicplic^   erfe^t,   tva^   feine   afabemifd^e  SBirffamfeit  an  äu^be^nung   t>crs 
loren  l^atte. 

Ser  äluf enthalt  in  Stoftod  tpcü^rte  bii^  jum  iperbft  1845;  bann  fe^rte  $of mann  nac^ 
©rlangen  jurüdt.  3Smn  er  M  aud^  über  ben  ^uf  in  bie  §eimat  freute,  fo  tl^at  er 
biefen  ©c^ritt  boc^  nid^t  o^ne  Sebenfen.  @r  fürchtete,  in  ©rlangen  SRifetrauen  unb  30 
§inbemiffen  ju  begegnen,  er  fagte  ftd^,  ba^  er  auö  einer  fegen^reid^en  2:i^ätigfeit  fd^eiben 
muffe,  SRecflenburg  loar  i^m  ju  einer  jloeiten  §cimat  getoorben.  ©d^lie^li^  ftegte  bie 
Slücfftc^t,  ba^  er  in  (Srlangen  nötiger  fei  ate  in  Sloftodf. 

SDie  Befürchtungen,  mit  benen  er  feiner  Slüdffel^r  nad^  93aiem  entgegengefel^en  I;atte, 
jerftreuten  fid^  rafd^.    ^r  feine  Il^eologie  fanb  er   bei   ber  ©tubentenfd^aft  ®rlangen^  86 
einen  em|)fänglid^en  Soben.    (So  ift  befannt,   ba^   mit  ber  SRüdEfel^r  Jpofmann«  für  bie 
Uniöerfität   eine  Slütej)eriobe  begann,    ©einem  3wfö'""^^^irf^"   ^^^  *>^"   ^^^  ö'^c^* 
gefmnten  ÄoHegen  ift  fie  ju  t)erbanfen.    Sr  legte  auf  bie  ©eifteögemeinfc^aft,  bie  i^n  mit 
i^en  berbanb,  ben  größten  SJÖert.    SBSie  aufriqtig  fte  toar,  fie^t  man  j.  93.,  loenn  er 
lange  nad^  ^öfling^  2^ob  ed  ald  eine  ^flic^t  gegen  ben  Heimgegangenen  ^eunb  erachtete,  40 
beffen  Slnfc^auungen  gegen  bie  SRi^erftänbniffe  Bta\)l^  ju  öerteibigen  (ögl.  3^^  3lgf, 
8b  XLIV,  3luguft  1862).    ©ie  lourbe  aud^  baburc^  nic^t  serriffen,  baft^ofmann  in  ber 
SBiffenfc^aft  h)ie  in  ber  ^ßolitif  toielfad^  feine  eigenen  SBSege  ging.    ^x\  toie  furjer  3^^  ^ 
f\6)  had  aÖgemeinfte  Vertrauen  errungen  ^atte,  jeigte  ftc^  barin,  ba|   bie  Uniberfttät  i^n 
bereite  für  baö  ^ai)x  1847—1848   jum  ^jjrorcftor  toäl^lte,   unb  bafe  fie,   toon  bem  ^er-  45 
fommen  abfe^enb,  biefe  Waf^l  für  baö  '^a\)x   1848—1849   loieberl^olte.    §ofmann   fyiX 
fec^mal  ba^  ^Proreftorat  gefül^rt;   tü'xx  öerbanfen  i^m  eine  3lnjaf^l  ber  trefflid^ften  ^ßro« 
reftorat^reben. 

SBenn  er  fc^on  in  SRoftod  an  allem,  toaig  bie  Sanbeöfird^e  betonte,  lebenbigen  änteil 
genommen  l^atte,  fo  mufete  i^m  ba^  in  33aiem  nod^  loiel  nö^er  liegen.  ©0  begegnen  60 
toir  il^m  benn  foiDol^l  bei  ben  Unternehmungen  ber  inneren  toie  ber  äußeren  üDliffion:  er 
gehörte  bem  ßentralau^fc^u^  be^  baierifd^en  ^iffton^üerein^  an,  mar  9lu^fd^u^mitglieb  bed 
Slettung^^aufe^  $udfen^of,  beteiligte  fid^  an  ber©tiftung  eine«  SRägbel^aufe«  ju®rlangen; 
h)ie  bei  ben  ^al^re^feften  in  ^udfen^of,  fo  l^ielt  er  bann  unb  toann  aud^  im  afabemifd^en 
SKiffionöloerein,  bei  ben  Berfammlungen  be«  ßrlanger  ©uftaij-älbolfsBereinö  unb  ber  baie»  55 
rifc^en  ^Paftoralfonferenj  einen  Bortrag.  3lfe  ^^^omaftu«,  ber  langjährige  Vertreter  ber 
t^eologifc^en  gafultöt  in  ben  baierifd^en  ©eneralf^noben,  eine  SBa^l  nid^t  mel;r  annal^m, 
fanbte  bie  gafultät  §ofmann  jur  ®eneralf^nobe  be«  3^^^  1873;  aud^  an  ber  bed 
3al^re«  1877  nai^m  er  al«  Slbgeorbneter  ber  gafultät  teil,  ^n  beiben  Berfammlungen 
tourben  i^m  nic^t  unloid^tigc  Slcferate  übertragen,    ßnblid^  ift  ^ier  noc^  §ofmann«  Be=  60 


238  ^ofmattit 

tciligung  an  ber  ^citfd^rift  für  ^Protcftantiömu^  unb  Äird^c  ju  nennen.  3l\d}i  lange,  nad^^ 
bem  er  feine  2^ätigfett  in  ©riangen  begonnen  l^atte,  trat  er  in  bie  Slebaftion  ein;  tin 
toie  t^ötiger  ÜJlitarbeiter  er  toar,  erfiel^t  man  au^  ber  Sammlung  bon  2luffä$en,  beren 
ätu^tüaf)!  unb  §erau^abe  toir  ©d^mib   berbanlen.    3)er  ^nf)alt  ift  ber  mannigfac^fte: 

6  balb  bietet  §ofmann  bie  ^d^te  feiner  ©tubien  bar,  fo  befonber«  in  ben  Sluffä^en  ,,3"^ 
©ntfte^ung^gefd^id^te  ber  l^eiügen  ©d^rift",  balb  be^anbelt  er  S^^^öfl^;  ultramontanen 
änma^ungen  unb  ®efc^id^töt>erbrel^ungen  tritt  er  ebenfo  fd^arf  entgegen  toie  ben  Sei^auj)- 
tungen  @tal;fe  ober  ^engftenberg^  ober  ben  änfd^auungen  Äeimg  unb  ^Pfleiberer^. 

Um  ba^  33ilb  jetner  öffentlid^en  2^ättgleit  ju  tooHenben,  ift  noc^  ein  SBort  über  fein 

10  SBSirlen  al«  ^ßolitifer  ju  fagen.  ©r  toar  SBitglieb  ber  baierijd^en  gottfd^titt^artei,  beteis 
ligte  fid^  nid^t  nur  an  bem  j)olitifd^en  Seben  feinet  SEBol^norted  in  freien  SSereinen  unb 
oli^  ©emeinbebeöoHmäd^tigter,  fonbem  toar  aud^  eine  JRei^e  toon  ^af)xm  Sanbtag«abgeorb= 
neter  für  ©rlangen  unb  §ürtl^.  SBenn  e«  ^ofmann  leidet  begegnete,  ba^  man  i^n  nid^t 
toerftanb,  fo  mn^U  er  bie«  am  meiften  in  93ejug  auf  feine  j)oliti|d^e  Stellung   erleben. 

15  2Ber  fic^  ju  einer  entgegengefe^ten  ^arteianfd^auung  befannte,  erllärte  i^n  furjtoeg  für 
einen  „j)olitifd^en  X^eologen",  unb  meinte  il^n  gefennjeid^net  ju  l^aben,  toenn  er  il^n  mit 
S^enlel  jufammenftellte.  9lber  aud^  fotc^e,  bie  nid^t  jo  leid^t^erjig  neben  bem  ^artei- 
ftonb^untte  bie  ©erecbtigteit  t>erga^en,  tonnten  ftd^  in  ^ofmannd  %f)nn  nic^t  ftnben.  @d 
bünite  fte  unbegreiflid^,  ba^  er  ate  ®lieb  ber  jortfd^ritt^artei  mit  3Jlännem  jufammen- 

20  ging,  bon  benen  er  iDu^te,  ba^  fie  bem  ®lauben  unb  ber  Äird^e  ganj  anberd  gegenüber- 
ftanben  al«  er.  Unb  bod^  ift  §ofmann«  Stellung  nic^t  fd^toer  j^u  berfte^en.  SBa«  il^n 
ber  f^ortfd^ritt^artei  mfü^rte,  toar,  ba^  biefe  Partei  allein  ben  (Sebanfen  ber  Einigung 
3)eutfd^lanb«  al«  ^m  in^  äuge  fafete.  SEBenn  er  babei  bon  ber  Sorau^fe^ung  au^in^, 
bafe  ilirc^lid^e«  unb  ^ßolitifd^e«  gefc^iebene  (Sebicte  feien,  toe^l^alb  man  auf  bem  einen  mtt 

26  SKönnem  jufammenarbeiten  fönne,  benen  man  auf  bem  anbem  entgegentreten  mufe,  fo 
fragt  e«  ftd^  fel^,  ob  §ofmann  mit  biefer  änfd^ung  ber  Äirc^e  unb  bem  ©lauben  mel^r 
gej^abet  l^iat  ate  biejenigen,  toeld^e  Äird^lid^e«  unb  ^Politifc^e«  überall  toermengen.  (98gl. 
bie  mit  h  gezeichneten  äluffä|e  in  ber  äöod^enfd^rift  ber  ba^er.  gortfd^ritt^artei.) 

So  mannigfaltig  toar  ^ofmann«  ^l^ätigteit  in  Erlangen;  bod^  bie  ^au^tfac^e  blieb 

80  fein  SBirfen  aU  alabemifd^er  Selber  unb  al«  Sd^riftfteHer.  ^n  feinen  Sorlefungen  er^ 
Härte  er  eine  gro^e  ^alfl,  ber  neuteftamentlic^en  Sd^riften;  bann  unb  toann  la«  er  tool^l 
aud^  über  ein  altteftamentlid^e«  33uc^;  bie  Slefultate  feiner  Sc^ftforfd^ung  fa^te  er  ju- 
fammen  in  feiner  neuteftamentlid^en  ©inleitung  unb  ®efd^id^te  unb  in  feiner  biblifqen 
Sl^eologie;  boju  famen  SBorlefungen  über  ^ermeneutif  (^erau^eg.  ö.  SSoldE  1880),  tl^eo^ 

86logifd^e  ©nc^floljäbie  (l^au^egeben  D.Seftmann  1879)  unb  St^if  (^erau^egeben  1878). 
9Die  SSn5iel;ungdfraft  fetner  Vorträge  toar  ungemein  gro^.  Rtoax  t)on  bem,  toa«  bie 
3ugenb  gunäd^ft  getoinnt,  befafeen  fte  nid^tö:  fte  erfd^ienen  niqt  in  bem  glängenben  ®e= 
toonbe  ber  Sll^etortf,  man  möd^te  fagen,  fte  ttjaren  toortlarg;  nie  trat  ba«  ®efü^l  be« 
KÄenben  irgenbtoie  in  ben  SSorbergrunb,  bem  ^^eilna^mlofen  mod^ten  fte  fü^l  erfd^einen; 

40  aeiftreid^e  $araffelen  ju  gießen,  berfd^mäl^te  er,  er  l^atte  feiten  Slaum  für  ein  ßitat,  faum 
le  jüx  ^olemil,  nie  für  eine  ^)erföiilid^e  Semerlung.  dagegen  feffelten  feine  SBorlefungen 
burd^  bie  ton\^qmnic  93efd^räntung  auf  ben  ®egenftanb:  man  l^iatte  ba«  ®efü^l,  einem 
ftt^eren  gü^er  gu  folgen,  ber  fein  ^xd  untjerrüdt  im  äuge  l^at,  unb  befjen  ^u|  be^l^alb 
niit  bon  bem  redeten  SEBege  abirren  fann.    3)agu  lam  ber  flare,  J)räjife,  niemals  ftiCs 

46  ftd^enbe  ober  ftd^  in  bie  Sreite  berlierenbe  gortf^ritt  be«  ©ebanfen« :  nu^t  neben  einanber 
gefd^oben  toaren  bie®ebanfen,  fonbem  einSa^  toud^«  au«  bem  anbem  l^ert)or,  e«  büntte 
einen,  man  beobad^te  eine  geometrifd^e  Äonftmttion.  SJaft  bie  9ieu^eit  be«  Sn^alt«,  bie 
©roftartigfeit  ber  änfd^auungen  nid^t  o^ne  (SinbrudE  blieb,  ift  felbfttjerftänblid^.  3ilan  irrt 
tool^l  nicpt,  toenn  man  nod^  an  einen  ^ßunft  erinnert:  ^ofmann  t)erftanb  e«,  nid^t«  anbere« 

60  ju  fein  aU  ein  äu^leger  be«  SJÖorte«;  bie  Schrift  lie|  er  juSBorte  fommen,  getoiffml^aft 
audy  barin,  alle«  au^  bem  ^te  ju  mtne^men,  toa«  er  enthält,  ol^ne  SRüdfu^t  barauf, 
ob  er  äBege  einfd^lug,  auf  benen  er  feinen  SSorgänger  l^atte. 

Sieben  ber  Sel^l^ätiglett  ging  ununterbrod^en  bie  litterarifd^e  arbeit,    gn  bemfelben 
Sobre,   in   tüeld^em  ber   2.  S3anb  bon   SBeiöfagung   unb   ©rfüHung   erfd^ien,   enttoarf 

66  ^ofmann  bie  ®mnbjüge  ju  feinem  gtoeiten  größeren  SBerle,  bem  Sc^riftbetoei«  (1.  äuf= 
tage  1852—1856;  2.  aufläge  1857—1860).  änfang«  fd^toanfte  er,  ob  er  eine 
Vorlegung  be«  biblifc^m  Se^rin^alt«  ober  be«  bogmatifd^en  Sc^riftbett^eife«  geben 
foHte.  @r  entfd^ieb  fwi^  für  ba«  lefetere,  tpeil  er  eine  rein  gefc^ic^tlid^e  Darlegung  be« 
Sc^riftinl^alt«  nid^t  für  möglid^  l^ieU,  unb  toeil  er  l^ioffte,  burd^  eine  toifjmfc^aftli^e  ^md)- 

eo  fü^mng  bc«  Sd^riftbetoeife«  bem  t)ringij)lojen  Stöbem  in   ber  Schrift  toe^m  ju  fönnen. 


^ofmantt  239 

@inm  toiHenfd^aftltc^en  S3clüci^  für  ba^  bogmatifd^e  ©bftem  aber  ^ielt  er  für  möglich, 
h>eil  baö  6l;riftcntuni  ein  breifad^c«,  bon  ber  toiffcnfd^aftUci^en  ^i^ätigfett  bc«  Ideologen 
unabl^ängige^  3)afem  f)at:  1.  in  bem  unmittelbar  getoiffen  I^^atbeftanbe  ber  233icbergeburt 
be^  ©Triften,  2.  in  ber  ©efd^ic^te  unb  bem  Seftonb  ber  Äird^e,  3.  in  ber  ^eiligen  ©d^rift. 
§ierin  fyd  e^  ein  breifad^e^  3^wgni^  be«  l^eiligen  (Seiftet  für  jM^,  beffen  (Smflang  mit  ber  5 
toiffenfd^aftUc^en  Slu^fage  be^  2^eologen  ber  Öctoei^  für  bie  SRid^tigfeit  ber  le^teren  ift. 
§ofmann  befd^änlte  ft^  barauf,  ben  S3eh)ei^  au^  ber  l^eiligen  ©c^rift  ju  liefern,  ^iegu 
fal^  er  fu^  beranket,  ba  er  mit  ber  ^erfömmüd^en  Slrt  unb  SJÖeife  ben  ©d^riftbetoei«  ju 
füi^ren  nid^t  einberftanben  loar.  ©in  35oj)^)eIte«  tabelte  erbaran:  man  betoeife  nur  einzelne 
©ä|e,  toä^renb  bod^  ba«,  toa^  beriefen  toerben  muffe,  bo^  ®anje  be^  ©^ftem«  fei,  unb  10 
man  betoeife  mit  einzelnen  ©c^riftfteDen,  ftatt  mit  bem  ©anjen  ber  ^eiligen  ©d^rift  ben 
S3etoei^  ju  fül^ren.  ßr  forberte,  ba^  a\x^  ber  ganjen  ^eiligen  ©d^rift  beriefen  toerbe; 
benn  ba  fte  alö  ®anje«  ®otte«  SBort  ift,  fo  l^at  fte  überoD  gleichermaßen  S3eh)ei^haft. 
®ag  ©d^riftganje  aber  ift  35enfmal  ber  §eU^efc^ic^te.  ®arum  muffen  toor  allem  bie 
2:^tfad^en  biefer  ©efd^id^te  jum  8eh)eife  bienen ;  bie  Slnttjenbungen,  toeld^e  bon  il^nen  15 
gemacht,  bie  Siußerungen,  iDelc^e  über  fte  get^an  toerben,  fmb  in  jtoeiter  Sinie  ju  berücf* 
fw^tigen;  fte  bienen  jur  richtigen  SÄuffaffung  jener  2:^atfad^en.  2)ie  Dogmatil  benennt 
bie  3;i^aci^en,  in  toclc^en  ft^  ba«  in  ß^rifto  bermittelte  Ser^öltni«  jtoifd^en  ©ott  unb 
ÜRenfd^l^eit  toertoirlUd^t ;  für  jebe  berfelben  ift  ber  Setoei«  fo  ju  führen,  ba^  man  fte  burc^ 
aUe  i^r  entf})red^enbe  ©tufen  ber  l^eiligen  ®efc^ic^te  ^inburd^  begleitet.  Um  aber  ben  ao 
jebe^maligen  3lu«brud  ber  ©(^ft  richtig  ju  toerftel^en,  ift  e«  nötig,  i^n  in  feinem  gefd^ic^ts 
liefen  3wfö»"»n«n^ange  m  erfaffen;  benn  bie  l^eiligc  ©^rift  felbft  ift  gefc^id^tlic^  geartet. 
9lur  bann,  toenn  ba^felbe  S^atfäd^lic^  ben  ^ni}alt  bon  ©Vftem  unb  &d)xxft  au^mac^t, 
boenn  aSe  3^atfad^en  be«  ©vftem«  bie  ganje,  in  fad^gemäßer  Orbnung  berglic^ene  ©d^rift 
für  ftd^  l^aben,  na(^  SBefen  unb  Sebeutung,  nac^  3>!^^*#  2lu«bruc!  unb  SKafe;  enblid^25 
toenn  bie  ®efamtgeftalt  be«©vftem«  unb  bie  ber©c^rift  einanber  burdJKiu«  entfj)red^en  — 
bann  ift  ber  ©c^riftbetoei«  für  ba«  ©^ftem  geleiftet. 

Um  biefe  ?Jaffung  be«  ©d^riftbetüeife«  toar  e«  §ofmann  mit  feinem  Sud^e  eigentli^ 
ju  tl^un.  aber  er  erfannte  fofort,  baß  bie  Söfung  biefer  Slufgabe  nottoenbig  machte,  bie 
®runb2üge  feiner  Dogmatil  ju  entb>erfen.    ©eine  bogmatifd^en  Slnfd^auungen  fotpo^l  in  so 

tinfw^t  be«  3*^^^^^  h)ie  ber  5Ketf)obe  tbaren  bereit«  abgefc^loffen.  2)er  gnl^alt  toar  ba« 
efamtergebni«  feine«  ©d^riftftubium« ;  über  bie  SRet^obe  ^atte  er  ftd^  bereit«  im  SBinter 
1844/45  unumtounben  au«gef})rod^en.  ^n  ber  ©elbftangeige  bon  „2Bei«fagung  unb  ®r* 
füHung"  im  medflenburgfc^en  fliri^enblatt  lefen  toir:  „2)er  erfte  unb  näc^fte  SBeg,  auf 
Ibeld^em  bie  2:i^eologie  fid^  i^re«  ^nbal^«  toieber  berfid^em  fann,  gel^t  bon  bem  aUgemein*  86 
ften  ber  ijerfönlid^en  §eil«erfa^rung  au^,  toeld^e«  ben  ß^riften  jum  ßl^riften  mac^t,  unb 
fül^rt  bon  ber  unmittelbar  getoiffen  2:^ad^e,  loelc^e  ben  S^l^^lt  berfelben  bilbet,  auf  bie 
9Sorau«feftungen  biefer  2:^atfac^e,  tbeld^e  alfo  felbft  toieber  Sl^iatfad^  fein  muffen.  SBie 
ber  ®efd^ic^t«forf(^er  au«  bem  9lec^t«juftanbe  einer  3^'*  ^^  ^^^  borau«gegangenen  a^^ot^ 
fad^en  toefentlid^  erfennt,  toelc^e  jenen  herbeigeführt  l^aben;  loie  ber  $Raturforfd^er  an^  bem  40 
@rgeugnifje  einer  Steige  bon  SBeltberänberungen  biefe  felbft,  bie  Urfad^en  au«  ber  SBirfung, 
inne  toirb,  fo  finbet  ber  Il^eologe  in  ber  SCl^atfac^e  ber  SBJiebergeburt  bie  ganje  ^eilige 
®efd^id^te  i^en  loejentlid^en  (grgebnifjen  nac^  jufammenbefc^loffen,  unb  fann  änfang  unb 
gortfd^ritt  berfelben  au«  jenem  borläufigen  2tbfd^luß  berfelben  l^erftellen.  Ober  l^t  nic^t 
ba«  3Ser^alten  ®otte«  in  S^rifto  ju  nn^,  beffen  loir  burd^  })erfönli(^e  erfal^rung  getotß  46 
fmb,  äße«  ba«  jur  aSorau«fe^ung,  unb  ift  (Srgebni«  bon  allem  bem,  toa«  ben  loefentlid^en 
3n^alt  ber  §eil«gefc^ic^te  au«mac^t?" 

§ier  ftnb  bie  Öebanfen  au«gef})rod^en,  bie  im  ©d^riftbeloeife  toieberl^olt  toerben:  3)ie 
erlenntni«  unb  2lu«fage  be«  ß^riftentum«  ift  bor  allem  ©elbfterfenntni«  unb  ©elbftau«* 
fage  be«  Soften,  ffiebcr  Beitreibung  ber  d^riftlid^^religiöfen  ®emüt«juftänbe,  nod^  60 
aSiebergabe  be«  Snl^alt«  ber  ©c^rift^  unb  flird^enle^re,  noc^  Verleitung  ber  c^riftlid^en  @r» 
fenntnifle  au^  einem  oberften  ©a^e  ift  bie  bogmatif(^e  3:i^ätigfeit,  fonbem  (gntfaltung  be« 
einfad^en  3:I;atbeftanbe«,  toelc^er  ben  ß^riften  jum  Qi)x\\ttn  mac^t,  jur  Darlegung  be« 
mannigfachen  Sleic^tum«  feine«  ^ni^alti,  ®er  einfac^fte  9lu«brud  jene« S^atbeftanbe«  ift: 
3n  e^rifto  Sefu  bermittelte  ferfönlic^e  ®emeinfc^aft  ®otte«  unb  ber  aJlenfd^^eit.  ßnt^  66 
faltet  ber  Ideologe  feinen  ^nf^ait,  fo  fommt  e«  ju  einem  gefc^loffenen  ®an3en,  in  bem 
olle  einzelnen  ©ö^e  il^ren  nottoenbigen  Drt  l^aben,  mit  unberbrüc^lic^er  $RottoenbigIeit 
aufeinanber  folgen,  ^eber  ©a|  ift  au«fage  einer  J^atfad^e,  toeld^e  in  ber  ©emein'teaft 
gtoifd^en  ®ott  unb  ber  SKenfd^^eit  borau«gefe^t,  gegenwärtig  ober  getbci«fagt  liegt.  i)enn 
ba«  33cr^ältni«  ®otte«  unb  ber  9Kcnfd^I;eit,   toie  e«  in  un«  gegenwärtig   ift,   giebt   fid^  eo 


240  ^ofmatttt 

cinerfcitö  aU  gcfd^ic^tUc^cr  3Soffjug  cinc^  eh)igcn  9?er^ältniffe^,  anbcrerfeitö  aU  bic  3Jlittc 
ber  äSoHjug^cfc^ic^te  biefe^  l4tereu  ju  crtcnnen.  ^a^  ©tüige  ate  SSorau^fc^ung  be^ 
©efc^ic^tlic^cn,  bamit  beginnt  ba^  Bi^\km;  ba«  übrige  ift  Vergangenheit,  ®egenh)art  unb 
3uiEunft   ber  SJottjug^efc^ic^te   jene^  elDigen  35er^ältniffe^.    3)ie  SSergangenl^eit   erfennt 

5  man  an  ber  ©egentoart  ol^  gefc^id^tlid^e  3?oraug|efeung,  bie  3wfw"f^  ^'^  gefd^id^tlic^e  ©r- 
füHung  berfelben.  3)iefen  Slnjc^auungen  gemäft  geftaltet  ftd^  nun  ber  ^n)^ait  be^  S^ftem^. 
3)aö  ßtoige,  toeld^e«  SSorau^jei^ung  be«  ©efc^ic^Üici^en  ift,  ift  bie  göttliche  2:rinität  unb 
bie  ^Präbeftination.  SDie  gefd^id^tlid^en  9Sorauöfe$ungen  beginnen  bamit,  ba^  bie  etoige 
©lei^^eit  ber  Irinitöt   fi(^   umfefet  in   eine  gefd^id^tlic^e  Ungleichheit;    eö    folgen    bie 

10  ©d^ö^fung  unb  ber  gatt  be«  SRenfqen,  bie  3Sorbereitung  bcg  §eifö  im  alten  S3unbe,  bie 
©rfd^einung  unb  ba^  Söerf  ß^rifti.  ^n  bie  burc^  ß^riftu^  Vermittelte  ©emeinfd^aft  mit 
®ott  gelangt  ber  einzelne  burd^  ben  S)ienft  ber  Äir^e*  bie  Selbftbet^ätigung  bedßl^riften 
aber  ift  Setl^ötigung  feine«  Siebeöge^orfam«.  2)ie  SJoHenbung  ber  ©otte^emeinfd^aft 
enblic^  fällt  in  bie  ß^'w^^f*- 

16  ^ofmann«  SBerf  erregte  nid^t  nur  auffeilen,  fonbem  ebenfobiel  Slnfto^.  SJomel^mlic^ 
gegen  feine  gaffung  ber  UJerföl^nung^le^re  rid^tete  fic^  ber  2Biberft)rud(>.  (Sr  ^atte  bie 
£e|re  toon  ber  ftellt)ertretenben  ©enugt^uung  beftritten.  3Ban  toarf  i^m  be^^alb  bor,  er 
l^ebe  bie  firc^Iidyc  Serfö^nung«-  unb  Slcc^tfertigung^le^re  auf,  er  öemeine  nid^t  nur  ba« 
lut^erifd^e,  fonbem  ba«   allgemein  c^riftlidj^e  Sefenntni«,   bafe  burc^   ben  3:ob   be«  (Sott^ 

20  menfc^en  für  bie  ©ünbe  ber  abamitifd^en  SRenfc^^eit  Der  göttlichen  ©ered^tigleit  ©enüge 

geleiftet  fei.    ßofmann  ^atte  2öiberf))rud^   ertoarlet,    um    fo    Uid)ttt  tourbe    e«   i^m,  ju 

fc^toeigen;  boc§  fa^  er  fid^  enblic^  genötigt,  fein  ©d^toeigen  ju  brechen.    6r  tf^at   c«   tn 

ben  „©c^^u^fd^riften  für  eine  ncueSJBeife,  alte  ffia^rl^eit  ju  lehren"  (4§efte,  1856—1859). 

§ofmann  fe^te  ben  ©treit  nic^t  fort;   er  toanbte  ftc^  einer  anberen  ©eite  ju;   nun 

25  ba  er  auf  bem  §öl^e))unfte  feiner  Äraft  unb  feiner  I^ätigleit  ftanb,  nal^m  er  btc  Slrbeit 
an  ber  ^age  auf,  toelc^e  \!^n  im  Seginn  feine«  iDiffenfd^aftlic^en  fieben«  bor  anberen 
angezogen  ^atte:  er  fud^te  bie  Se^re  toon  ber  S^^fJ^i^^^^on  flar  ju  ftellen.  3)enn  i^m 
genügte  ebenfotoenig,  toa«  bie  alte  Dogmatil  ate  h)a«  bie  neuere  il^eologie  in  biefem 
fünfte  leierte;   l^ier  toie  bort  fanb  er  ben  gleid^en  SJlangel:   bogmatifci^e  3tu«fagen   über 

80  ettpa«,  ba«  ftc^  bogmatifd^  nid^t  feftfteQen  lä|t,  fonbern  eine  gefd^id^^tlid^e  Unterfuc^ung 
verlangt.  6r  forbcrte  ©c^eibung  jtoifc^en  bem,  h>a«  Slufgabe  ber  2)ogmatif  unb  toa^ 
älufgobe  gefc^id^tlid^er  Unterfuc^ung  ift:  in  ber  Dogmatil  l^anbelt  e«  ftd^  um  bie  (^eilige 
©d^rift  über^au}}t;  h)0  e«  fid^  um  bie  un«  üorliegenbe  l^eilige  ©c^rift  banbelt,  ba  be- 
finben  h)ir  un«  auf  bem  ©ebiete  gefc^ic^tlic^er  Unterfuc^ung.    SÖSa«  §ofmann   glaubte 

85  bogmatifc^  über  bie  ©c^rift  au«fagen  }u  fönnen,  ba«  ^atte  er  in  bem  aibri^  feine«  ©^= 
ftem«  im  ©d^riftbetoeife  in  ben  jtoei  ©ä^en  au«gefJ)rod^en :  ^^xad  beburfte,  um  für  bie 
aSertpirflid^ung  ber  loolllommenen  ®otte«gemeinfd^aft  bereit  gu  fein,  einer  ßufömmenfaffung 
ber  auf  ß^riftum  loorbilblid^en  ©efcj^ic^te  im  2Borte,  alfo  eine«  entfj)red^enben  ©d^riftbenl^ 
mal«  berfelben,  beffen  §erftellung  ein  SBerf  be«  Seifte«  ®otte«  ift.    Unb   bie  ©emeinbe 

40  gefu  ß^riftt  bebarf,  um  Don  bem  Slnfang  i^rer  ©efd^id^te  jum  (Snbe  berfelben  übergeleitet 
JU  iDerben,  eine«  bleibenben  2)enlmal«  i^re«  änfang«,  ba«  burc^  bie  Söirfung  be«felben 
©eifte«  gefu  ß^riftt,  burc^  ben  fte  felbft  getoorben,  ^ergefteUt  toorben  ift.  2)en  Setoei«, 
bafe  bie  neuteftamentlid^e  ©d^rift  biefe«  3)enfmal  ber  anfang«gefc^id^te  ber  ©emeinbe  fei, 
ba^te  §ofmann  in  feinem  l^ten  großen  SCBerf e  ju  liefern  (bie  ^eiliae  ©c^rif t  neuen  S^efta^ 

45  ment«  jufammenl^ängenb  unterfuc^t).  S«  toar  eine  umfänglid^e  aufgäbe,  beren  Söfung  er 
begann;  nad^bem  er  bie  einzelnen  SBeftanbteile  be«  neuen  2^eftament«  unterfud^t,  backte  er 
ben  ©efamtinl^alt  berfelben  in  einer  biblifd^en  ©efc^^id^te  unb  einer,  biblifc^en  3:i^eologic 
be«  neuen  Seftamente«  jufammenjufaffen,  barauf  bie  (gntfte^ung«gefc^id^te  be«  neuteftament^ 
Kd^en  Äanon«  ju  unterfud^en,  auf  ©runb  beffen  bie  gefamte  Sefd^affen^eit  biefe«  ©c^rift- 

60  ^anjen  in  ber  3lrt  ju  jeic^nen,  ba^  fid^  erlennen  lie^e,  toeld^er  3trt  bie  SBirfung  be«  ^ei- 
ligen ©eiftc«  gelDefen  ift,  burd^  toelc^e  e«  J^erüorgebrac^t  iDorben.  3)en  ©c^lu^  be«  ganjen 
aEBerle«  follte  eine  Unterfuc^ung  be«  3Serl^ältniffe«  be«  neuen  jum  alten  ^^eftamente  unb 
eine  Überfe^ung  be«  neuen  bilben. 

§ofmann  hoffte  burd^  feine  Slrbeit  bie  23orftellung  von  ber  3nf))iration  ju  flären; 

66  ober  e«  log  i^m  bod^  nicht  nur  baran.  ©onbem  toie  er  in  feinem  jlDeiten  3Berfe  ju  ber 
rid^tigen  SKetl^obe  be«  ©döriftbetoeife«  Anleitung  gu  geben  fud^te,  fo  in  feinem  britten  ^u 
ber  rid^tigen  ejegetifd^en  SKct^obe:  an  bie  ©teile  ber  ©rflärung  be«  einzelnen  follte  bie 
Sle^jrobuftion  be«  ©efamtgel^olte«  be«  betreffenben  ©d^riftftüd«  treten. 

@«  iDar  'x\)m  nid^t  befc^ieben,  ba«  SJÖerf  ju  Vottenben.    SSon  1862—1878  erfd^icnen 

üo  8  2:eile,  entl^altenb  fämtlid^e  Sriefe  mit  3lu«nai^me  ber  jol^ianneifc^en  unb  ba«  ßvangelium 


^ofmatttt  ^ofmeifter  241 

bc3  Sufoö.  ©(^on  bcr  ad^te  Seil  ift  nid^t  mel^r  toon  i^m  boHenbet.  SDenn  nad^  furjem 
Ätanfenlaoer  tft  er  am  20.  2)c;;ember  1877,  bem  gSotabcnb  feine«  67.  ©eburt^tage«,  ge« 
ftorben.  ®ie  Äird^e  unb  bie  SJBiffenfc^aft,  äße  bie  i^m  j)erfönUc^  ito^e  ftanben,  mögen 
feinen  %oh  beflaaen  •  tl^n  felbft  mufe  man  barum  glüdtlid^  J)reifen :  e«  ift  fd^ön,  l^intoegju^ 
ge^en  in  botter  Ätap.  3Rad^  ÜKanuflrij)ten  unb  SBorlefungen  ^.ö  l^at  Soldf  bag  unboH^  s 
enbete  SBerf  ergänzt  burd^  §erau^abe  ber  jufammenfaffenben  Unterfuc^ung  ber  einzelnen 
3m.  ©d^riften  1881,  ber  Siblifc^en  ®efd^i(^te  be«  m:  1882  unb  ber  »ibl.  Ideologie 
be«  9KE  1886.  «aiiif* 

^ofmeifter,  ©ebaftian,  geft.  1533.—  Ouellcn:  9R.  Äir^Het,  @eb.  SSagncr  genannt 
^ofmciftcr.  giiricölSOS;  üSlUai^,  3)ic  ©^aff^oufcr  @(f)riftfteacr  üon  bcr  SReformotton  bi8  jur  lo 
©cgcnroart,  ©djaff^aufen  1869 ;   (5.  ©runncr,  S)a«   olte  gofingcn   unb    fein  ß^or^errcnftift, 
«arau  1877  ;  @.  58-59;  «b©  XII,  643  (ü.  «.  @*umann);  SR.  @tft^clin,  ^ulbx.  3n)ingli, 
»ofel  1895—97,  2  ©be. 

©ebaftian  §ofmetfter,  in  ber  ©J)rad^e  ber  §umaniften  Difonomo«  genannt,  geboren 
1476  in  ©c^affl^aufen,  »ar  ber  ©o^n  eine«  SBagner«  unb  iDurbe  be«^alb  frül^er,  fo  nod^  i6 
toon  Äir(^(;ofer,  irrtümlich  mit  bem  Flamen  „Söagner"  bejeic^net.    S^crft  in  ©c^aff^aufen 
Sarfüfeer-ÜKönc^,  begab  er  ftd^  nad^  ^ßari«,  ftubierte  bort  fünf  ^ahxt  lang  nid^t  nur  bie 
ßafftfc^en  Bpxad^m,   fonbem  auc^  ba«  §ebräif(^e  unb  Ui}xk  oI«  i)oItor  ber  l^eil.  ©d^rift 
1520  in  feine  SBaterftabt  jurüdf.    $Rod^  im  gleid^en  ^oi^xi  tourbe  er  Sefemeifter  im  Älofter 
feine«  Drben«  in  3^^^  ^^"^  W^i  V^^  ^"0^  greunbf^aft  mit  U.  3^"^9li^  beffen  ©in-  20 
flu^  entfd^eibenb  auf  i^n  toirfte.  S3alb  toieber  nad^  Äonftanj  unb  1523  nad^  Sujem  ber* 
fe|t,   begann  er  l^ier  reformatorifd^  t^ätig  ju  fein,  bi«  eine  3lnflage  gegen  i^n    an  ben 
Stfd^of  erfolgte  unb  i^n  lieber  au«  ber  ©tabt  Dertrieb.  ©r  ging  nad^  ©c^affl^aufp  jurüdf 
unb  trat  nun  al«  ^rebiger  in  ber  Jpauj)tlird^e  fo  fräftig  gegen  bie  lirc^üd^en  ÜKi^bräud^e 
auf,  ba^  er  einen  3^eil  ber  93eh)ol^ner  entfd^ieben  für  bie  Steuerungen  getoann,   einen  an-  25 
bem  aber  —  unb  ben  jur  3^^*  "oc^  mächtigem  —  gegen  ftc^  aufbrad^te.    ^e  Serbin« 
bung   mit  3^i"0'^    ^^^  toeld^em  er   brieflid^    öerfe^e  (Zwinglii  Opera,   ed.  ©(^uler 
unb  ©d^ult^efe,  tom.  VII,  p.  146.  289,  tom.  VIII,  p.  166.  348),    jog  ben  gefd^ä^ten 
©ele^rten  in  bie  allgemeine  fc^toeijerifc^e  Setoegung  l^inein.   ©eine  ©d^rift:  „©in  treutoe 
ermanung  an  bie  ©trengen,  Sblen,  feften,  frommen  unb  toeifen  ßibgenoffen,  ba«  ftd^  nit  so 
burd^  ire  falfc^en  pxopi}üm  berfürt,  ftd^  toiber  bie  lere  ß^fti  fe^enb",  lam  1523  in  jtoei 
3lu«gaben  ^erau«  (SBetter,  Repertorium  typographicum,  SJörblinaen  1864,  3lx.  2455 
unb  2456)  unb  hjurbe,  loeil  anonym   erfd^ienen,    anfang«  bem  ^üxq^  Steformator  felbft 
^ugefc^eben.   S3alb  barauf  folgte   eine:  „SÄnttourt  uff  bie  ableinung   boctor  6dfen«  bon 
^ngolftatt,  Qtti}an  uff  bie  toibergef(^rifft  §ulbr^(^  3^i*^0K«,  uff  fei  ^iffigen  an  ein  lob^  86 
lic^e  ©^bgnofc^afft"  (0.  3.,  aber  toor  1524,   SBeDer  a.  a.  D.  3lx.  3817,  aber  mit  unrid^« 
tiger  3)atierung). 

Sefonber«  gefürd^tet  hjar  Dr.  ©ebaftian  ober  „Safc^ion"  al«  2)i«J)utator.  SJBie  er 
fd^on  im  ganuar  1523  in  3üric^  bem  9leligion«gef))räd^  jtoifd^en  3h)ingli  unb  bem  ©eneral« 
toilar  j?aber  bon  Äonftan^  beigeloo^nt  j^atte,  fo  tourbe  er  jur  jhjeiten  3ürd^er  2)i«j)utation  40 
t)om  Df tober  1523  gegen  bie  SBiebertäufer,  unb  jloar  al«  einer  ber  $räfibenten,  berufen, 
unb  al«  1524  ein  ®ef))räd^  in  3l))>)enjeJ[  beabftd^tigt  hjar,  j^ä^lte  man  toieber  auf  i^n. 
Um  il^m  in  ©d^aff^aufen  entgegenjutt)irlen,  beriefen  feine  (Segner  einen  Serteibiger  be« 
alten  ®lauben«,  ben  Dr.  @ra«mu«  Slitter  au«  Saiern.  Dbtt)o^l  nun  auc^  biefer  fid^  balb 
bon  ber  SBal^^eit  ber  neuen  fie^re  überzeugt  unb  bem  Sleformator  an  bie  ©eite  trat,  45 
mu^e  bod^  ^ofmeifter  fc^lie^tid^  1525  ioeic^en.  6r  lourbe  aufgeforbert,  öon  ber  Uniber« 
fitöt  Safel  ein  3^"0*^i^  \^^^^^  SRed^tgläubigleit  einjul^olen,  unb  ba  ein  folc^e«  nid^t  erhält? 
lic^  toar  unb  ^ubem  toäl^renb  feiner  9lbn)efen^eit  m  ber  ©tabt  ein  2^umult  au«bra(^,  al« 
Unru^eftifter  berbannt.  6r  erl^ielt  erft  eine  ©teile  in  3^^^  ^^  ^Pfarrer  ber  graumünfter« 
firc^e;  allein  fc^on  in  ben  erften  S^agen  1526  erfc^eint  er  ioieber  in  (Sraubünben  al«  Seiter  so 
be«  toid^tigen  9leligion«gef))rä4ie«  )u  ^lanj,  beffen  SSer^anblungen  er  al«bann  bearbeitet  unb 
im  ®ru4  ]^erau«gegeben  l^at  (SBeUcr,  a.  a.  0.  9lr.  3816).  (Sbenfo  begab  er  fu^  toieber 
im  3önuar  1528  jur  3!)i«})utation  nad^  S3em;  er  lourbe  l^ier  auf  3^in0K^  ©mjjfeblung 
jurüdbel^alten  unb  al«  ^Profeffor  ber  ^ebräifd^en  ©frac^e  unb  Jlate^etif  angefteUt.  älber 
aud^  bicfe  2:i^ätigfeit  toertaufc^te  er  bereit«  am  6.  5Wai  auf  SBunfc^  ber  Serner  Slegierung  66 
mit  berjenigen  eine«  ^rebiger«  )u  3«>P'i0^'i^  ^0  einerfeit«  ba«  reiche  ß^or^errenftift,  anber« 
feit«  anaba))tiftif(^e  3lgitationen  ber  neuen  fird^lid^en  Drbnung  befonbere  ©c^loierigfeiten 
bereiteten.  3m  ^ja^re  1531  fanb  er  in  ®eorg  ©tö^elin  (S^alvbäu«)  einen  eifrigen  ©e« 
l^lilfen,  aber  am  26.  ©ej)tember  1533  —  nid^t  am  26. 3uni,  toie  man  früher  angenommen 

9lca(>ftitc9r(opttbie  für  X^eologic  unb  mxätt.    8.  9(.  VII  r.  |Q 


242  $ofmetfier  ^offiebe,  $etru^ 

f^ai,  \.  ®.  ©äf^elin«  ©e(bftbio0ra})l^ic,  ab^cbrudfi  in  Miscellanea  Tigurina,  Sixx\(!l)1724, 
%Äl  II,  ©t.  690  —  enbetc  fem  Scben  infolge  cineg  Sc^Iaganfattc«,  bcr  i^n  jtoei  %aQt 
toorl^cr  auf  ber  Äanjel  getroffen  ^otte.  §ofmeifter  gilt  afö  ber  Sleformator  toon  ©d^affs 
l^aufen,  obtool;!  ber  (gntfid^eib  bafelbft  erft  lange  nad^  feiner  ©ntfemung  ftattgefunben  fyat ; 
6  iebenfoD«  toar  er  einer  ber  gelel^rteften  unb  geloonbteften  unter  ben  fc^toeijerifc^en  SRefor^ 
matoren,  unb  e^  ift  loo^I  nur  feiner  nid^t  blofe  in  äufeeren  Urfad^en  begrünbeten  Slul^es 
lofigfeit  pjufd^reiben,  toenn  feine  ^Perfon  nid^t  nod(|  me^r  l^ertoorgetreten,  ber  ®influ^  feiner 
Xl[lätigfett  nid^t  noc^  fid^tbarer  gctoorben  ift.  ^(oef^. 

^offteK  ?etru«,  geb.  am  16.  ^pxxl  1716,  geft.  am  27.  5Roöember  1803.  — 
10  Dr.  g.  %  be©ic  Het  leven  en  de  werken  van  Petrus  Hofstede,  SRotterbam  1899  (5)iffcrtalion); 
S^rift.  (Btpp,  Joh.  Stinstra  en  zijn  tijd,  2  dln.,  «Imfterbam  1865,  1H66;  3-  S>Qrtog,  De 
Oranje-predikanten  en  hunne  tegenstanders  (in  „Geloof  *enVrijheid*'1875);  6.  3).  »an  ^ecn, 
lets  over  de  Studie  der  theologie  te  Groningen  in  de  eerste  helft  der  achttiende  eeuw  (in 
„Historische  Avonden"  ©animlung,  öcrau^gegcben  üon  ber  ^iftor.  ®c|enf4Qft  ju  (äJronlngen, 
16  Groningen  1896,  blz.  242—264.) 

5Petru^  §offtebe  entflammte  einem  belannten  ^Pfarrergefc^led^te.  @r  tourbe  am 
16.  SlJjrU  1716  ju  ^wiWaren  in  ber  ^rotoinj  2)rent^e  geboren  unb  in  ©roningen,  loo 
fein  SBater  3io^.  §ofjtebe  (geft.  1736)  feit  1720  ^Pfarrer  toar,  erjoaen.  SJac^bem  er  an 
ber  bortigen  UniDerfttät,  too  u.  a.  Slnt^.  2)riefeen  unb  2)an.  ©erbe«  (f.  b.  ä.  S3b  VI, 

ao  ®.  545)  feine  Se^rer  loaren,  unb  in  ^anefer,  too  bamate  Jperm.  3Sencma  loirfte,  3;^eo= 
logie  ftubiert  ^atte,  tourbe  er  1739  Pfarrer  ^u  änjum  in  ber^Probinj  ^ieSlanb.  3)amac^ 
loar  er  ^Pfarrer  in  ©teentoiil  unb  in  Doft^ß*^"*^^*"^  ^^^  ^  ^^  ^obxt  1749  einen 
3luf  nad^  Slotterbam  erj^ielt.  9(fö  er  ftd^  bann  im  ^ai^x^  1770  entfc^lo|,  au«  ©efunb- 
^eit«rüdfid^ten  ftd^  emeritieren  ju  laffen,  ernannte  bie  ftäbtifc^c  ^Regierung  il^n  am  6. 9Rärj 

25  biefe«  ^al^re«  )um  professor  honorarius  mit  bem  9luftrage,  bort  an  ber  „iUuftren'' 
©c^ule  Sorlefungen  über  flird^engettif^te  unb  Slrd^äologie  ju  galten.  I>od^  blieb  er 
aud)  nod^  für  bie  3'^^«'^^^  ^^  ©emeinbe  tl^ätig,  bi«  er  enblid^  am  27.  $Robember 
1803  ftarb. 

^offtebe  gel^örte  in  jener  3rit  gu  ben  beIannteften9JieberIänbem.  Unter  ben  bamaligen 

30  Il^eologen  na^m  er  einen  ehrenvollen  $Ia|  ein.  SBenige  ©d^riftfteHer  toaren  fo  frud^tbar 
loie  er.  gaft  bei  jebem  t^eologifc^en  ober  fird^üd^en  ©treite  toar  er  beteiligt  ober  tourbc 
bod^  tpenigften«  fein  9Iame  genannt.  @in  ^ann  toie  er  mit  au^ergetpö^nlic^en  tl^eolo- 
gifd^en  Äenntniffen,  fel^r  belefen  faft  auf  jebem  ®ebiet,  mit  fd^arfem  SBerftanb  unb  l^eHem 
sBlidf,  mit  feurigem  S^emljerament  unb  gro^  6ifer,    lonnte  ftc^  nic^t  im  ^intergrunbc 

86  balim.  9Son  92atur  freunblid^,  tool^ltoollenb  unb  bulbfam,  ift  er  bod^  t)on  t)ielen  al«  ein 
aSorbilb  ber  3ntolerang  angefe^en  toorben.  ®od^  loar  er  ba«  nid^t.  S'^^^^  em^)fiel^lt 
e«  ftc^,  fein  Seben  in  ^toei  ^ßerioben  ju  teilen,  bie  burd^  ben  ©treit,  ben  HKarmontete 
B61isaire  1769  l^ert)onief,  getrennt  tocrben.  3)ie  Slnftd^t  ift  unrid^tig,  bor  biefem  ©treite 
^abe  §offtebe  in  feiner  Soleranj  attem  nachgegeben  unb  alle«  gebulbet,  auc^  ba«,  tna«  er 

40  für  t>mei^rt  ^ielt.  Unb  ebenfo  unbillig  ift  e«,  fein  f})ätere«  ©intreten  für  bie  I^c^re  unb 
ba«  3ntereffe  ber  reformierten  Äird^e  ani  ^ntoleranj  ju  erflären.  2)enn  loä^renb  er 
einerfeit«  fd^on  toor  1769  jutoeilen  ftäftig  unb  mit  fc^arfen  Söaffen  auftrat,  finben  toir 
anberfeit«  aud^  nad^  1769  groben  bon  ?Ölilbe,  burd^  bie  er  ft^  au«jeic^nete.  Söurbe  er 
in  ber  gleiten  ^ßeriobe  feine«  Seben«  toon  Dielen  ge^ftt,   fo  \^aitt  er  ba«  einem  bobj)elten 

46  Umftanbe  jujufc^reiben :  junäd^ft  feiner  großen  Siebe  unb  oft  übertriebenen  SSerel^rung  für  ba« 

4>au«  Cronien  unb  bann  feinem  Äampfe  für  bie  Se^re  unb  bie  Äird^e  [einer  SSäter.  2)a« 

le|te  t)or  attem   lonnten  bie    „^^oleranten"  jener  3^it,   bie   ftd^  merftoürbigermcife  burd^ 

grofee  S^toleranj  gegenüber  allem  fj)ejififc^  Slefotmierten  au«jei4nete,  nic^t  t)ertragen. 

©d^on  al«  ©tubent  ju  ©roningen,  im  ^af)xt  1737,  gnff  ^offtebe  ^ur  geber.    2)ort 

60  gab  e«  bamal«  loie  aud^  an  anbem  Unitoerfttäten  toiele  ©tubenten,  bie,  ungenügenb  toor^ 
bereitet,  nid^t  im  ftanbe  loaren  unb  a\xi)  feine  Suft  Ratten,  eifrig  )u  ftubieren ;  ftatt  beffen 
fud^ten  fte  bietmel^r  auf  allerlei  Segen  fo  fc^neU  al«  möglid^  in«  Pfarramt  ju  fommen. 
®egen  folc^e  ©tubenten  gab  §offtebe  anonym  ein  SSüd^lein  l?erau«  unter  bem  litel 
„Pseudo- Studiosus  Hodiernus,  sive  Theologus  Groninganus  Detectus  et  Refu- 

66tatus,  dat  is:  Hedendaagsche  Naamstudent  of  Groninger  Godsgeleerde  ont- 
dekt  en  wederlegt",  ol^ne  Slngabe  loon  Ort  unb  ^^^r.  3)iefe«  S3üc^lein,  ba«  balb 
ungefefelid^ertneife  nad^gebrudft  lourbe  unb  1738  in  Seeutoarben  jum  itoeitenmale  mit 
einer  ^ortfe^ung  erfd^ien,  erregte  grofee«  auffeilen.  6«  ift  mit  großer  Offenheit,  ^ier  unb 
ba  ni($t  o^ne^umor  gefd^rieben,  t)errät  genaue  ©ac^fenntni«  unb  liefert  nid^t  allein  einen 


^offtebe,  $etru^  243 

toic^tigen  Seitrag  jur  Äcnntni^  bed  bamaKaen  Unitocrfttät^Ieben^,  fonbem  gicbt  auc^  eine 
methodus  studendi,  bie  in  mand^er  §injtci^t  £ob  öerbient. 

®ie  erften  ^a^re  feinet  3tmt«Icben^  herliefen  jiemlid^  rui^ig.  Site  ber  ^Pfarrer  ber 
3;aufgefinnten  ju  i^arlingen,  ^ol).  Stinftra,  beö  ©ociniani^mu^  befd^ulbigt  unb  burd^  bie 
Staaten  t)on  f^rie^Ianb  feiner  ©tettung  enthoben  iDurbe,  jaud^jte  ^offtebe  biefem  Sierfa^ren  6 
ju  in  einem  ©ebid^te  „De  Waarheid,  inFriesland  tegens  de  aanslagen  der  kettery 
verdedigt . . ."  (Seeutoarben  1742).  gn  biefer  Slngelegen^eit  ftanb  er  feinem  Se^rer  23es 
nema,  ber  ©tinftra  in  ©d^u^  genommen  l^atte,  aH  ®egner  gegenüber.  ^i't>od)  teilte  er 
mit  biefem  bie  befonbere  ®unft  be^  ©tatt^alterd  ffiiffem  IV.,  bei  bem  er  jeberjeit  freien 
3utritt  l^tte.  2Bie  fe^r  er  biefen  dürften  toere^rte,  jeigte  fid^  nad^  beffen  2obe  im  Dh  lo 
tober  1751.  §offtebe  veröffentlichte  bamafä  ein  ^iemlic^  bidfeö  Süc^Iein  unter  bem  litel: 
„Bloemen  gestrooid  op  het  graf  van  Willem  Carel  Hendrik  Friso  . . .  ."  (Stotter? 
bam  1752).  3Son  Slnfang  big  ^u  ßnbe  ift  e«  öoß  loon  übertriebenem  Sobe  beg  äSerftor- 
benen  unb  fennjeic^net  fic^  burc^  einen  fel^r  fc^toülftigen  ©til  unb  fabe  ©d^meic^elei.  3tber 
eg  ift  bod^  auc^  ein  SSemei^  feiner  Siebe  }u  bem  ^al^ingefd^iebenen  unb  feiner  ^(n^äng^  15 
lid^feit  an  befl[en  erlauc^teö  ©tamml^au«.  SDod^  ift  e«  )u  bebauem,  ba^  biefe«  um 
bebeutenbfte  unter  feinen  3Berfen  burd^  bie  ^e^Ier,  bie  i^m  anhafteten,  am  meiften  be= 
fannt  geblieben  ift,  loä^renb  feine  anberen  Sd^riften  tro$  i^rer  guten  ®igenfc^aften  faft 
toergeffen  finb. 

(Sine  3Jleinunggt)erfc^iebenl^eit  über  bie  SRec^te  ber  Dbrigfeit  bei  S3erufung  toon  ^ßre^  20 
bigem,   bie  im  ^af}xt  1755  jtüifc^en  Äirc^enrat   unb  ftäbtif^er  9legierung   ju  Slotterbam 
entftanb,  unb   bei   ber  §offtebe  für  bie   le^te  Partei    ergriff,    toerloidEelte  t^n   in  einen 
©treit  mit  bem  Pfarrer  tnxn  ber  ®roe  ju  Äralinaen,  ber  bie  ©ac^e  be«  ßird^enrate^  ber- 
teibigte.   ^al}lxÄii)t  ^ftige,    meift  anonyme  ©c^riften  erfc^ienen  (u.  a.  toon  §offtebe  unb 
feinen  Sln^ängem  Kralingiana  etc.  1757  unb  1758).    Wlan  loarf  §offtebe  @raftianif(^e  25 
Irrtümer  bor  unb  befc^ulbigte  i^n  ber  ^eteroboyie,  loä^renb  bie  ©einen   bel^au))teten,   er 
bleibe  ben  SSelenntniefc^riften  treu,  ©eine  3)ulbfan)feit  gegenüber  ben  SKitgliebem  anberer 
Äird^engemeinfd^aften  jeigte  er  babur^,   ba^  er  1760  bie   bon  t)ielen  gemi^billigte  §eirat 
ber  ^Pringeffm  Äarolina   bon    9?affau    mit   bem  lut^erifd^en  ^rinjen  Äarl  ß^riftian  bon 
Slaffau-SBJeilburg  berteibigte   (unter  bem  ^Pfeubon^m   Irenicus  Reformatus    fc^rieb   er  so 
eine  „Godgeleerde   en  Historische  Verhandeling  .. .",  '«  ©rabenl^age  1760);  1766 
trat  er  ate  Serteibiger  ber  Drtl^obojie  auf  in  ber  auffegen  erregenben  ©ac^e  be«  ^farrer^ 
@.  %.  be  6od,  ben  man   ber  Jpeterobojie  befc^ulbigt  \)attt, 

3m  9lÄ^tel767  erfc^ien  in  ^ariö  ber  ))oIitif(^e  moman  „Bölisaire"  bon  3.  %,  be  3Kar= 
montel,  morin  nic^t  nur  öijttige  SReligion^frei^eit  t)erteibigt,  fonbern  aud^  bie  Se^re  ge>)rebigt  35 
lourbe,  ed  f omme  nid^t  barauf  an,  loag  einer  glaube,  toenn  er  nur  tugenb^aft  lebe.  2)iefeg  3öm 
cnegte  gro^e^  2luffe^en.  @g  tourbe  toieber^olt  neu  aufgelegt,  nad^gebrudt  unb  in  faft  atte  euro^ 
})äif^en  ©))rad^en  überfe^t,  auc^  in  bag9lieberlänbifc^e(1768).  S)ie  ©orbonne  berurteilte  einige 
©ä^e  barau«,  bod^  trat  93oltaire  auf  bie  ©eite  be^  SSerfafferö.  3"  ben  9Jieberlanben 
h>ar  §offtebe  ber  erfte,  ber  feine  SSebenfen  gegen  3Rarmontete  ©d^rift  öffentlid^  geltenb  40 
mad^te  in  feinem  Sud^e  „De  Belisarius  van  den  Heer  Marmontel  beoordeeld,  en 
de  kwade  zeden  der  vermaardste  Heidenen  aangetoond,  ten  bewyze,  hoe  on- 
bedagtsaam  men  deselve  om  hunne  deugdsaamheid  verhemeld  heeft"  (Slotter- 
bam  1769).  Slu^brüdElic^  erflärt  er,  er  fei  ein  geinb  ber  Unbutbfamfeit.  9Bag  er  an  ÜKar= 
montefe  Sud^  loben  fann,  lobt  er  rüdf^altloö.  SBenn  biele  ben  franjöfifc^en  ©c^riftfteller  45 
beö  Stt^ei^mu«  befc^ulbigen,  fo  nimmt  er  il^n  gegen  biefen  3Sorh)urf  in  ©c^u^.  I)oc^  l^ält 
er  i^n  ni^t  für  ganj  frei  t)on  ©ociniani^mu^.  2lm  beften  glaubt  er  i^n  ju  d^aratterifieren, 
toenn  er  il^n  al^  „pelagianifc^en  9?aturaliften"  bcjeidfjnet,  loeil  er  einerfeitö  jloar  bie  SBa^r- 
^eit  ber  Offenbarung  anerfennt,  anberfeitig  aber  i^re  5Rotlroenbigfeit  jur  ©eligfeit  leugnet. 
3)e  3Karmontel  le^rt  nämlid^,  alle  tugenb^aften  J^^^ben  ioürben  feiig,  benn  nac^  feiner  50 
3[nf(^auung  genügt  ja  bie  33emunft  öoHftänbig  jur  ©eligfeit.  35em  tüiberfe^t  §offtebe 
ftd^  mit  Berufung  auf  bie  ^eilige  ©d^rift.  3lufeerbem  tüeift  er  nad^,  —  unb  jtoar  belegt 
er  bag  mit  ja^lreid^cn  Sitaten  au^  ben  flafftfcfen  ©c^riftfteHern,  —  ba^  bon  ben  Iugen= 
ben  ber  am  meiften  ge))riefenen  Reiben  bei  naiverer  Unterfuc^ung  loenig  übrig  bleibt.  I)ag 
Urteil  über  fie  fteHt  er  inbeffen  ®ott  an^eim.  —  ^offtebeö  SBerf  fanb  koeite  3Serbreitung  66 
unb  erlebte  mehrere  Sluflagen  (3.3lufl.  1769);  noc^  in  bemfelben  3ttf)re  erfc^ien  in  2eij)jig 
unb  SBefel  eine  beutfd^e  Überfeiung.  3)er  33erfaffer  tourbe  bon  t)ielen  gej)riejen,  aber  au(| 
bon  nid^t  toenigen  verurteilt.  2)ie  golge  toar  ein  ©treit,  ber  fogenannte  fotratifc^e  Ärieg, 
ber  mit  großer  §eftigleit  geführt  tüurbe.  33on  t)erfc^iebenen  ©eiten  lourbe  §offtebe  an- 
gegriffen, befonbere  toegen  feiner  93el^au))tungen  über  bie  ©ünben  berühmter  Reiben,   oor  go 

16^ 


244  ^o^tht,  $etnid 

allem  be^  ©ofrated.  ßomelte  5Rojcman,  remonftrantifc^cr  ^faner  gu  SHotterbam,  fd^rieb 
gegen  i^n  „Socrates  Eere  Gehandhaafd"  (Siotterbam  1769,  II.  Stüd  1770).  Unter 
bem  ^jeubon^m  5p^ilalete«  äretoj)^iIug  gab  31.  31.  ban  ber  SReerfc^,  remonftrantifd^er 
^Profeffor  ju  Slmfterbam,  1740  „Vier  Brieven  .  .  ."  gegen  'xl)n  ^erau^.  Unb  ber  3Jer= 
6  liner  ^rebiger  3l-  91-  ßberl^arb  (fj)äter  5ßrofeRor  m  ipafle)  toeröffentlw^te,  burd^  $offtebe« 
©c^rift  öeranla^t,  feine  ,,9Jeue  3lt)ologie  be^  ©orrateö,  ober  Unterfud^ung  ber  Seij^re  bon 
btr  ©eligfett  ber  Reiben"  (1772).  ^offtebe  blieb  bie  3lnth)ort  nid^t  fd^ulbig;  aber  nun 
entftanb  ein  neuer  3tt)ift  burd^  bic  J)«:fönlid^e3lrt,  mit  ber  er  gegen  ben  SRemonftranten  910- 
jjeman  borging.    (£r  \)aiiz  ben  2)eii^mu^  befäm))fen  tooHen,   unb  nun   ergriff  ber  9lemon= 

10  ftrant  Partei  für  bic  3)eiften.  2)ag  öeran(a|te  i^n,  ber  früher  ben  SRemonftranten  gegen= 
über  fw^  fej^r  bulbfam  geieigt  l^atte,  gegen  fie  h)ie  gegen  aBe,  bie  für  fogenannte  Xo- 
(eranj  fd^toärmten,  feinen  fird^Kd^cn  (3tanbt)unft  f(^ärfer  ^erborjufe^ren.  9Son  je^t  an  be^ 
Iäm))fte  er  mit  allen  Gräften  ba«,  toa^  man  2:oIeranj  nannte;  unb  toö^renb  er  barauf 
^intoie^,  ba^  ben  SRcmonftranten  nur  au^  9lad^ftd^t  Äultu^frci^eit  jugeftanben  fei,   toaxnic 

16  er  energifd^  öor  ben  fd^äblic^en  3lnfd^auungen,  bie  unter  il^nen  ^errfd^ten.  2)em  Streite 
mürbe  einßnbe  gemacht  burd^  eine  93elanntmac^ung  ber  Staaten  ))on^o(Ianb  am  l.SRai 
1773,  tooburd^  fie  bic  3lbfaffung,  ben  ®rudE  unb  bie  Verbreitung  bon  Sd^riften  t)erboten, 
in  benen  in  beräd^tlic^er  ober  fj)öttifd^er  SBcif e  bon  ber  d^riftlic^en  3leIigion  im  allgemeinen 
unb  ber  reformierten  fie^re  im  befonberen  geft)rod^en  loerbe;   Übertreter  tourben  felbft  mit 

20  38erbannung  bebrol^t. 

3ln©elegen^eit,  mitanbem  aneinanber  m  geraten,  fehlte  e^  biefem  ftet^  fanH)fbereiten 
SRanne  fortan  nid^t.  1774  erfc^ien  jum  erftenmale  bie  3«itfci^^ft  f,I>e  Nederlandsche 
Bibliotheek".  Sie  tourbe  bon  fird^lid^  ortI;obojer  Seite  l^erau^gegeben  unb  enthielt  8e= 
f})re(^ungen  berfd^iebener  Sd^riften.  §offtcbe  nal^m  tl^ötigen  3tnteil  baran.  3m  erften  ^a^r* 

26  gange  geigte  er  in  mifebiüigenbem  Sinne  bog  SBert  bon  3.  %.  ^acoh'x  über  ba«  ^ol^e  Sieb 
an,  ba^  burc^  $Rif.  S3ar!e^  in^  §oD[änbifd^e  übertragen  iDorben  mar  (Seiben  1774).  ^n 
bemfelben  ^a\)xt  beftritt  er  in  feiner  Beoordeeling  der  nieuwe  Verklaaring  over  Sa- 
lomos  Hooglied ,  ,  ."  bie  rein  buc^ftäblic^e  3(u^Tegung,  mic  fie  burd^  ^acob'x  unb  äSar- 
fe^  vertreten  tourbe,   ate  flefeerei  unb  toerteibigte  ben  toerborgencn   geiftlid^en  Sinn,    ben 

30  man  biefem  altteftamentlid^en  ISud^e  juerfennen  muffe.  —  ^ner  n)iberfe|te  er  fid^  1779  bem 
$(ane  ber  (ut^erifd^en  ©emeinbe  am  Äaj)  ber  guten  Hoffnung,  bort  eine  öffentliche  Äirt^e 
ju  begrünben,  unb  geriet  baburc^  mit  bem  lutl^erifd^en  5ßfarrer  Slüfe  in  Streit,  ben  er  in 
einer  fatirifc^en  Sd^rift  „Het  leven  van  Janus  Vlegelius  .  .  ."  befäm))fte.  —  Seine 
Siebe  ju  ben  Draniem  unb  fein  Äamj)f  gegen  bie  „^Patrioten",  bie  auf  firc^lic^em  ©ebiete 

36  ju  ben  toleranten  gel^örten,  jog  i^m  in  folc^cm  SJlafee  ben  §a|  ber  J)olitifd^  Siberalen 
meift  ju,  ba^  eine  i^rer  3^itfc^nf ten  „De  post  van  den  Nederrijn"  i^n  mieber^olt  fd^rf 
angriff  unb  er  bei  einem  S3efud^e  in  Utrecht  am  l.Sej)tember  1783  fogar  fört)erli(^  mifes 
^anbelt  tourbe.  —  Slu^e  fc^ien  i^m  nid^t  bergönnt  ju  fein;  er  fud^tc  fte  auc^  nid^t.  Sein 
Seben^jiel  mar  Ramp^  gegen  bie  meitge^cnbe  S^oleram  auf  firc^lid^em  ®ebiete  unb  gegen 

40  bic  ©runbfä^e  ber  „^Patrioten"  in  ber  5ßolitif.  ^n  beiben  fal^  er  eine  bro^enbe  ®efa^r 
für  ßl^riftentum  unb  Äird^e.  @r  mar  ein  e^rlid^erÄäm})fer,  boHfommen  überzeugt  bon  ber 
Söal^rbeit  unb  $Rotmenbigfeit  feiner  Stellung,  aber  hod)  ni(^t  frei  ju  f})rec^en  bon  §eftig= 
feit,  mä^renb  er  fi(^  jumeilen  mo^l  aud^  einmal  bon  bem  Streben,  geiftreid^  ju  fein,  leiten 
liefe.    6rft  bie  beränberten  Ser^ältniffe  bon  1787  mad^ten   feinem  Streite  ein  (gnbe,  fo 

46  ba|  er  bie  legten  ^a!l)xt  feinet  Seben^  in  ber^ältnismäfeiger  SRu^e  berbringcn  fonnte. 

3lte  2^eologe  gehörte  §offtebe  ju  ben  beften,  bie  e^  bamalö  in  ben  9Jieberlanben 
gab.  Seine  au«5gebel;nten  Äcnntniffe  unb  feine  grofee  ®elel^rfamfeit  jeigten  fic^  in  feinen 
„Byzonderheden  over  de  Heilige  Schrift"  (3  dln.,  1766—1775).  ^n  biefem 
„elegant!  stylo"    gefc^riebenen  SIBerte   tritt   er    un^  entgegen  aU  fd^arffmniger  (Sjeget, 

60  tüd^tigcr  3trc^äologe  unb  aufeerorbentlid^  belefener  SRann.  6^  finben  fic^  barin  ber^^ 
fc^iebene  StüdEe,  bie,  meil  fie  bon  objeltiber  miffenfc^aftlid^er  Unterfud^ung  jeugen,  i^en 
aBert  noc^  nic^t  berloren  ^aben.  9?id^t  unmic^tig  mar  feine  „Grodsgeleerde  en  Gesehied- 
kundige  Verhandeling  over  het  klein  getal  der  egte  Martelaars",  bie  an  ben 
II.  leil  feiner  Byzonderheden  angel^ängt   ift.    3lu^el?enb   bon  bem  Sffiorte  3lugufting 

66  „martyrem  non  facit  poena,  sed  causa",  berfolgt  er  ein  gang  anbere^  ^kl  alö 
3!)obmell  (diss.  XI  de  paucitate  martyrum);  benn  er  fu(^t  nac^^umeifen,  ba^  e^  fo^ 
mo^l  in  ben  erften  gal^rl^unberten  mie  in  fj)äteren  ^iitn  nur  mentge  gegeben  )^at,  bie 
äufierlic^  unb  innerlich  ben  magren  ß^arafter  eine«  3Kärtbrerd  gejeigt  ^aben.  Seine  Db^ 
ieftibitdt  jeigt  fic^  barin,  ba^  er  gugiebt,  aud^  unter  ben  Heuern  feien,  ungeachtet  mand^er 

{/)  ber!e^rten  ^orfteQungen,  bie  fte  Regten,  ed^te  3Rärt)^rer  gem^en. 


^offtebe,  $ctru^  ^offtebe  be  &tüoi,  $etrud  245 

@nWi(^  \)at  §offtebe  ftd^  nod^  berbient  gemacht  burc^  feine  „Oost-Indische  kerk- 
zaken"  (2  dln.,  1779  unb  1780),  eine  ©d^rift,  bie  toon  ber  ^oHänbifc^en  ©efettfc^aft 
ber  ffiiffenfc^aften  ju  §aarlem  mit  bem  golbenen  @l^renj)reife  gefrönt  iDurbe ;  in  einer  für 
feine  ^t\t  toortreffhd^en  SQSeife  enttoidelte  er  f^ierin  einen  5pian,  um  ben  Semol^nem  ber 
oftinbifc^en  Kolonien  ba«  ß^riftentum  ju  bringen.  ^\t  aui)  infolge  ber  jjolitifdfien  unb  an^  5 
beren  Umftänbe  au«  biefem  ^lane  nid^tö  gelDorben,  fo  enthielt  fein  SBerf  boc^  febr  t)iel, 
ba«  für  bie  Äenntniö  ber  ©efd^ic^te  ber  oftinbifd^en  itirc^e  toon  SBid^tigteit  iDor,  unb  fein 
eigene«  ^ntereffe  an  ber  ©ac^e  jeigte  er  baburd^,  bafe  er  eine  ©umme  bon  1000  ©ulben 
jur  6rreid;ung  be«  bon  i^m  toorgefd^Iagenen  $Iane«  jur  Verfügung  ftettte. 

5Wur  auf  toenige  ©duften  §offtebe«  l^aBe  id^  l^ier  l^intoeifen  fönnen.  6ine  boHftänbige  10 
äufjöi^Iung  aller  feiner  SBerle,  bie  unter  feinem  $Ramen  ober  anonym  erfc^ienen  ftnb,  famt 
ben  bon  i^m  l^erborgerufenen  ©treitfd^riften  finbet  ftd^  in  bem  oben  genannten  SBerfe  bon 
Dr.  be  Sie  (SSeilage  A). 

®urd^  feine  im  Saläre  1756  gefd^Ioffene  ®l^e  mit  einer  reid^en  SBittoe  au«  bomel^mem 
©efd^lec^te,  3i0"ötia  ?IJlaria  9Sifc^  (geft.  1774),  loar  ^offtebe  in  finanzieller  ^inftd^t  fel^r  10 
gut  gefteDt.  ©ein  SleiAtum  fe^te  i^n  in  ©tanb,  ftdj^  a!Hmäf}lxd)  eine  fe^r  foftbare  SBibKos 
t^^ef  anzulegen,  bie  auc?  biele  §anbfd^riften  unb  eine  fei^r  tntereffante  ©ammlung  bon 
©riefen  (bon  HKeland^tl^on,  bon  Slnna  SJlaria  bon  ©d^ürmann  u.  a.)  umfa^e  unb  fogar 
im  3tu«Ianbe  belannt  tourbe  (bgl.  3.  3.  Sjörnftäl^I  „Reize  door  Europa  en  het 
Oosten",  Dl  V,  blz.  476,  Utre^t  1783).  äufter  einer  feltenen  ©ammlung  bon  35iffer*  20 
totionen  unb  Sieben  entl^ielt  fte,  al«  fie  im  ^ai^xt  1804  }u  SRotterbam  berfauft  tourbe, 
nac^  bem  Äatalog  nid^t  loeniger  al«  4892  Stummem  unb  brad^te  bie  anfel^nlic^e  ©umme 
bon  me^r  al«  14000  ©ulben  (über  23  000  3JH.)  auf.  ®*  ^.  »a»  »eeu. 

^offJcbe  be  @root,  ?ßetru«,  geft.  1886.  —  3.  ©.  g.  ©ecrfplnf,  Dr.  P.  Hofstede 
de  Groot's  leven  en  werken,  ©roningen  1898;  ©.  ®.  SBraam,  Petrus  Hofstede  de  Groot  20 
in  „Geloof  en  Vrijheid",  SRotterbam  1887,  blz.  258—313);  3-  Offerftou«,  Levensbericht 
van  Petrus  Hofstede  de  Groot  (in  ben  „Levensberichten  der  afgestorven  medeleden  van 
de  Maatschappij  der  Nederlandsche  Letterkunde",  fieibcn  1887,  blz.  237—295 ;  baron 
fc^Iiegt  fH  blz.  296—309  eine  „Lijst  der  werken,  redevoeringen,  Verhandelingen  enz.  van 
Prof.  Dr.  P.  Hofstede  deGroof'  an,  bie  fein  Gnfcl  Dr.  C.  Hofstede  de  Groot  aufgeftcüt  ^at);80 
%  ^offtcbe  be  ®root,  De  Groninger  Godgeleerden  in  hunne  eigenaardigbeid,  ®roningcn  1855; 
%  ^offtebc  be  ®root,  Vijftig  jaren  in  de  Theologie.  Academische  Kede,  (Groningen  1872; 
mein  «rtifel  „©roningcr  ©djule"  ®b  VII,  @.  180—185. 

«Petru«  ^offtebe  be  ®root  tourbe  am  8.  Dftober  1802  ju  Seer  in  Dftfrie«tanb  al« 
©ol^n  nieberlänbifc^er  6Item  geboren,  ©ein  SBater  Gomeli«  $I^Uij)J)u«  be  ®root  loar  ob 
ärtitlerieoffnier  getoefen,  l^atte  aber  toegen  feiner  @\)mpaä)xtn  für  ba«  Jpau«  Dranien  ba« 
Sanb  berlaffen  unb  in  Seer  ein  ßifengefd^äft  gefauft;  \pätn  \vax  er  al«  ©teuerbeamter  in 
©ntben  tl^tig  unb  ftarb  al«  3[}erftd^erung«fontroleur  gu  ©roningcn.  ©eine  SRutter  9lnna 
®eertruiba  ^offtebe  toor  bie  Soc^ter  eine«  ©ruber«  be«  befannten  SRotterbamer  ^ßrofeffor« 
^etru«  §offtebe  (f.  b.  31.),  beffen  Flamen  il^r  ©o^n  bei  ber  3;aufe  emjjfing.  ©jjäter  nal^m  40 
er  aud^  ben  ®efd^le(l^t«namen  feiner  5Kutter  an,  unb  fo  l^iefe  benn  fein  Familienname 
fortan  ^offtebe  oe  ®root. 

9Son  feinen  frommen  6ltem  emj)fing  er  eine  grünblid^e  Srjief^ung  in  ort^obojem 
®eifte.  2lber  fd^on  fe^r  balb  erl^oben  fid^  in  feinem  §erjen  3^^'f^I  ^^  einigen  2)ogmen. 
3?or  aBem  toufete  er  mit  ben  Seigren  bon  ber  2:rinität  unb  ber  ©ati«faftion  feinen  SRat,  45 
loä^enb  bie  Seigre  bon  ber  SSerloerfung  il^m  2lngft  einjagte,  fo  ba^  er  be«  SRad^t«  oft 
©tunben  lang  )u  ®ott  fc^rie  unb  flehte,  er  möge  il^n  bo4>  nid^t  ju  ben  3Sertoorfenen 
rechnen.  2luc$  erfüllte  i^n  ba«  @lenb  ber  naj)oteonifd()en  gtembl^errfc^aft,  ba«  er  fe^en 
mu^te,  mit  tiefem  ©d^merje  unb  ertoedfte  in  feinem  jugcnblid^en  §erjen  ein  j^eifee«  Ser* 
langen  nai)  ^ei^eit.  Diefe  beiben  Umftänbe  au«  feiner  3i"fl^"*>  toetfen  bereit«  auf  ba«  bo 
l^in,  toa«  fj)äter  d^aralteriftifd^  für  if^n  toar:  ein  Sebürfni«  nad^  ^eif^eit  im  35enfen  unb 
®lavtb^n  gegenüber  ber  ®ebunben^eit  an  firc^lid^e  Se^rftüdfe. 

9Ktt  großem  6ifer  loibmete  er  ftd^,  nad^bem  er  ben  ©lementarunterrid^t  genoffen  l^attc, 
bem  ©tubium  junäc^ft  auf  ber  lateinifd^en  ©d^ute  ju  ®roningen  unb  f})äter  auf  ber 
bortigen  Uniberfttät.  ^m  ^bruar  1819  lourbe  er  immatrifuliert.  5Rac^  bamatiger  ©itte  66 
l^örtc  er  juerft  33orlefungen  in  ber  j)l^itofo))^ifc^cn  gafultät  uir  Vorbereitung  auf  ba« 
©tubium  ber  21^eologie,  toomit  er  im  §erbfte  1821  begann.  (5r  toar  bamal«  nod^  nid^t 
feft  entfd^loffen,  ^Pfarrer  gu  loerben,  fonbem  tooHte  einftloeiten  nur  unterfuc^en,  ob  bie 
Drt^obojie  fid^  in  Übereinftimmung  mit  ber  93ibel  befinbe.  ©oBte  ba«  ber  %aü  fein, 
fo  toottte  er  auf  ba«  Pfarramt  berjid^ten.    ©teilte  e«  ftc^  aber  l^erau«,  ba^  fie  mit  bereo 


24«  ^offtebe  be  iävoot 

3Jibel  in  Streit  toar,  bann  fragte  c^  [xi),  ob  er  mit  ^eteroboj:en  9lnfd;auunöcn  in  bcn 
3)ien[t  ber  nieberlänbifc^en  Sieformierten  Äirdj^e  treten  fönnte.  ©eine  ©f^rlid^feit  t)eranla|ite 
i^n  ju  fold^er  ©tettung.  äte  er  bann  fjjäter  bod^  5ßfaner  h)urbe,  obh)o^l  er  nid&t  nur  nic^t 
t)oIIfommen  mit  ber  Seigre  ber  Äird^e  übereinftimmte,  fonbem  fogar  auf  einigen  fünften  mit 

5  toollem  33en)ufetfein  eine  i^r  fd^arf  entgegengefefttc  Slnfc^auung  öertrat,  glaubte  er  bod^  in 
t)oIler  Slufrid^tigfeit  fo  l^anbeln  gu  bürfen.  Sei  feinen  gorfd^ungen  l(;atte  er  ben  ^rofefforen 
§erm.  5öluntingl^e  unb  %.  31.  ßlariffe  Diel  ju  toerbanfen.  3!)iuntingl^e,  ein  fe^r  gelehrter 
Slann,  ^ielt  fi$  too^I  an  bie  Äird^enle^re,  erllärte  fte  aber  in  eigenartiger  SBeife  unb 
fc^toäc^te  babur^  i^re  Sebeutung  ab,  ja  gab  i^r  jutüeilen  einen  anbem  ©inn.  ßlariffe 

10  bagegen  h)ar  ein  ©d^üler  be^  Utred&ter  ^rofeffor«  t>an  §eu^be  unb  mad^te  feine  ©c^üIer 
mit  beffen  Slnfd^auungen  befannt.  3Kit  großem  ßifer  gab  be  ®root  ftd^  ben  ©tubien  l^in ; 
fo  beantwortete  er  1824  eine  öon  ber  t^eologifd^en  §alultät  ju  Utred^t  au^gefd^riebene 
^rei^frage  unb  fal^  feine  9(rbeit  ,,Epistula  ad  Hebraeos  cum  Paulinis  epistolis 
comparata"  (Annal.  Acad.  Traject.  1825)  mit  golbenem  greife  gefrönt.    Sei  biefer  ©e- 

16  legen^eit  mad^te  er  bie  Sefanntf^aft  t>an  §eu^be^  unb  feinet  ©c^lerö  ^areau,  ber  ]päin 
fein  ÄoHegc  in  ©roningen  toerben  foHte.  3)er  „praeceptor  Hollandiae"  machte  tiefen 
@inbrucf  auf  il^n  unb  übte  toon  je^t  ab  einen  no<^  größeren  ©influfe  auf  \\)n  axi^,  atö  er 
e^  bi^^er  fd^on  mittelbar  burd^  ßlariffe  get^n  ^atte.  Sei  ber  Söfung  ber  ^reiöfrage 
l^tte  §offtebe  be  ®root  bie  ,,Adnotatione8  in  Novum  Testamentum"  öon  §ugo  be 

ao  ®root  eifrig  benu^t.  3)a  biefe^S  3Berf  jiemlid^  feiten  getDorben  toar,  begann  er  no$  aU 
©tubent,  e^  auf^  neue  l^erou^^ugeben,  ein  Untemelj^men,  ba^  er  fjjäter  ate  ^rofeffor 
DoHenben  burfte  (©roningen  1826—1834,  9  2:eile).  3n  bemfelben  3a^re  1826,  am 
29.  SJobember,  h)urbe  er  nad^  SSerteibigung  einer  3)iffertation  „De  demente  Alexan- 
drino,  philosopho  Christiano"  (®roningen  1826)  jum  doctor  theologiae  Jjromotoiert 

26  unb  balb  barauf  am  10.  3)ejember  afe  ^faner  in  ber  reformierten  (Semeinbe  ju  Ulrum 
(^roöinj  (Sroningen)  eingefüJ^rt.  9Rit  Dorbilbüd^em  6ifer  Derfaf;  er  Ij^ier  fein  ^irtenamt. 
3)urci^  feinen  ßrnft  unb  feine  ^eunblid^Ieit  toie  burc^  feine  a:^ätigfeit  auf  Jjraftifc^em 
®ebiete  ertporb  er  fid^  bie  3w"«i9wng  bieler;  aber  feine  l^eterobojen  anflehten  riefen  aud^ 
SßJiberf^jruc^  ^ertjor.    5Rur  2  ^fl^te  unb  5  uRonate  toar  er  ^faner,  ate  er  jum  9?ad^foIger 

80  be^  toerftorbenen  ^rofefforS  ßlariffe  ernannt  tourbe,  beffen  Siebling^fd^üler  er  tvax  unb  bem 
er  ein  fflort  el^rerbietiger  §ulbigung  getoibmet  l^atte  („Hulde  van  Th.  A.  Ciarisse", 
©roningen  1828).  ©o  trat  er  benn  am  6.  9Kai  1829  baig  Slmt  eine«  ^rofeffor«  ber 
Il^eologie  an  ber  Uniberfität  ju  ©roningen  an  mit  einer  Siebe  „De  Davide  poeta" 
(©roningen  1829). 

86  3"  ©toningen  fanb  §offtebe  be  ©root  für  feine  SBirIfamleit  ein  toeite«  gelb,  auf 
bem  er  mit  @ifer  unb  Äraft  gearbeitet  l^at,  fo  bafe  in  toeiten  Greifen  fein  ©influfe  ftd^ 
bemerlbar  ma^te.  3Kit  feinen  Kollegen  3-  %-  ^^^  Dorbt,  ber  brei  SKonate  öor  i^m  feine 
^rofeffur  angetreten  l^atte,  unb  2.  ©.  ^areau,  ber  1831  9Ja(^f olger  öon  ^^p^t)  tourbe, 
toirlte   er  gemeinsam   auf  toiffenfd^aftlid^em   ©ebiete,  unb  fo  tourben  fte  bie  ©tifter  ber 

40  ©roninger  ©d^ule  (f.  b.  a.),  beren  ©runbfä|e  befonber«  bur^  be  ©root  voj)uIarifiert 
tourben.  3)arin  fanb  er  Unterftüfeung  bei  feinen  ©tubienfreunben,  ß.  $.  toan  §erh)erben, 
mit  beffen  ©d^toefter  ©eertruiba  Slgneta  er  feit  bem  4.  guni  1828  ioer^eiratet  toar,  unb 
3)i.  31.  2lm«l^off,  bie  balb  beibe  d«  ^faner  nad^  ©roningen  berufen  tüurbcn  Diefe 
^rofefforen  unb  5ßfarrer  ftifteten  im  ^afyc^  1835   mit  einigen  anberen  ^eunben   eine 

46  t^eologijd^e  ©efeDfd^aft,  bie  t)on  1837—1872  unter  bem  3:itel  ,,Waarheid  in  Liefde" 
eine  3«tWrif*  ^erauigab,  an  ber  niemanb  treuer  gearbeitet  ^t  ate  §offtebe  be  ©root. 
3a^Ireid^e  3lrtifel  über  bie  öerfd^iebenften  3^emata  toiffenfd^aftlid^er  unb  erbaulid^er  Strt 
fmb  toon  feiner  §anb  barin  erfc^ienen.  2U«  Docent  toar  er  bei  feinen  ©d^ülem  febr  be- 
Hebt;   foax  er  bod^  nid^t  allein  il^r  Se^rer,  fonbem  öor  allem   i^r  ^eunb.    ©eine  Sor= 

60  lefungen,  bie  aud^  ©tubenten  anberer  JJafultäten  oft  befuc^ten,  h)urben  fjod)  gefd^öfet. 
©eine  Äenntniffe  toaren  fe^r  umfaffenb,  feine  Slrbeit^Iraft  aufeergeh)ö^nlid^  gro^,  fein  ßifer 
toorbilblic^,  fein  Unterrid^t  Har.  SlDerlei  3)i«jit)Iinen  f)at  er  hinter  einanber  gelehrt,  ßr* 
nannt  jum  5ßrofeffor  für  fiird^engefd^ic^te  unb  altteftamentlid^e  ßjegefe,  übernahm  er, 
afe  \)an  Dorbt  1830  mit  ben  ©roninger  ^eitoilligen  gegen  Selgien  in«  ^Ib  jog,  auc^ 

66  beffen  gäd^er,  nämlid^  ßjegefe  be«  9ceuen  leftamente«,  d^riftlic^e  ßt^if  unb  t)raltif(^e 
2)^eoIogie.  311«  5ßareau  fam,  übertrug  er  biefem  bie  ßjegefe  be«  Sitten  leftamente«  unb 
la«  Don  jefet  ab  ßjegefc  be«  9Jeuen  leftamente«,  Äird^engefd^ic^te,  Theologia  naturalis, 
unb  ein  über  ba«  anbere  ^^alj^r  abmec^felnb  mit  ^areau  6nct)not)äbie  unb  2)ogmatir. 
Sei  ber  2lu«Iegung  be«  bleuen  leftamente«  toar  e«  toor  allem  fein  S^^^,  feinen  ©c^ülem 

m  ß^riftu«  au«  ber  ©c^rift  rec^t  erfenncn  ju  laffen,  bamit  fie  il^n  in  2Öat;rI;eit  foUtcn  lieben 


^offtebe  be  (»tooi  247 

lernen.  Seim  Unterrid^t  in  ber  Äird^engefd^id^te  legte  er  t)or  aDem  ben  DJad^bruc!  auf 
bie  ,,6^>ri[toIratie",  bie  in  il^r  jur  ©rfd^einung  fam,  ba  er  bie  Oefd^ic^te  afe  eine  fort« 
fd^enbe  Offenbarung  unb  SBirffamleit  gefu  ßl^fti  betraitete.  ©eine  SSorlefungen  über 
theologia  naturalis,  in  benen  ein  f))e!ulatii)*mvftifci^er  ©eift  [\i)  au^\pxad^  unb  feine 
(Srunbfä^e  am  ftärfften  l^erbortraten,  h)aren  am  toidptigften  unb  tueäten  aud^  am  meiften  6 
Sntereffe.  —  ©rofee  SSerbienfte  auf  ejcgetifd^em  ©ebiete  lönnen  i^m  nic^t  jucrfannt 
toerben;  bebeutenbe  SBerle  biefer  Slrt,  bie  grüd^te  felbftftänbiger  gorfd^ung  getoefen  toären, 
^at  er  nid^t  geliefert.  3^^^^*  f^*^  "^^  ©tubium  ber  Äird^engefd^id^te,  befonber«  ber 
nteberlänbifc^en,  i^n  anjujie^en.  ©eine  ,,Geschiedenis  yan  de  Broederenkerk  te 
Groningen"  (©roningen  1832)  toar  eine  erfte  5ßrobe,  bie  bon  eingel^enbem  QueDenftubium  lo 
3eugni^  ablegte.  SBo^l  erfc^ienen  jal^lreidi^e  2lrtilel  über  gefd^idptlid^e  2^l^emata  in  ber* 
fd^iebenen  S^itf^^ften,  bod^  beröffentlid^te  er  eigentlid^  toiffenfd^aftlic^-^iftorifd^e  ©tubien 
nid^t  me^r,  bi^  er  enblid^  nod^  im  9Uter  ein  SBSerl  l^erau^gab  über  ,,De  oud-katholieke 
beweging  in  het  licht  der  Kerkgeschiedenis"  (©ron.  1877,  2  dln.)  §intereinanber 
erfc^ienen  bon  il^m  mehrere  ^anbbüc^er  für  ba^  afabemifd^e  ©tubium :  Institutio  Theo- 16 
logiae  Naturalis  sive  Disquisitio  philosopha  de  Deo  hominisqüe  cum  Deo 
coniunctione"  (®ron.  1834,  4.  9(uflage  1861);  ,,Institutiones  Historiae  Ecclesiae 
Christianae"  (®ron.  1835,  2.  Sluflage  1852  unter  bem  2^itel  ,,Lineamenta  Historiae 
Ecclesiae  Christianae") ;  „Overzicht  der  Bijbelsche  en  Kerkelijke  Godgeleerd- 
heid"  (©ron.  1856,  nid^t  im  Suc^^anbeO;  jufammen  mit  5ßareau,  mit  bem  er  nad^  ao 
feinen  eigenen  aSJortcn  „ein  §er}  unb  eine  ©eele"  toar,  beri)ffentlic^te  er  „Encydopae- 
dia  Theologi  Christiani"  (©ron.  1840,  3.  Auflage  1851)  unb  „Compendium  Dog- 
maticae  et  Apologeticae  Christianae"  (®ron.  1840,  3.  3luflage  1848).  gür  einen 
Weiteren  Scferfrei^  finb  beftimmt  feine  „Vorlezingen  over  de  geschiedenis  der  op- 
voeding  des  menschdoms  door  God  tot  op  de  komst  van  Jezus  Christus"  36 
(®ron.  1846,  3.  Slufl.  1855),  ein  gtoeibänbige«  SKJerl,  ba«  1885  nod^  um  einen  britten 
^U  berme^rt  n)urbe  unter  bem  Xitel  ^^Gods  openbaring  de  bron  van  Godsdienst 
en  Wijsbegeerte  voor  het  menschdom"  (2.  berbejferte  3luflage  1885).  3)ie  ©runb« 
fä|e  ber  ©roninger  ©c^ule  legte  er  bar  in  feinem  33uc^e  über .  „De  Groninger  God- 
geleerden  en  hunne  eigenaardigheid"  (®ron.  1855-  beutfd^e  Überfe^ung  ®o^a  1863).  90 

3Bie  grofe  unb  umfaffenb  feine  Silbung,  toie  toiflenfd^ftlid^  fein  ©treben  and)  toar, 
fo  toar  er  bo^  fein  ©tubengele^er.  2)ie  SBiffenfc^aft  toar  il^m  nic^t  3*^^*/  fonbem 
SRittel.  6r  ftubierte  öiel,  aber  bie  ^d^t  feiner  ©tubien  mufete  ber  ^ßra^iiS  ju  gute 
lommen  tonnen.  @r  tvax  in  erfter  Smie  eine  ))raftifd^e  9Jatur,  ber  e«  barum  ju  t|un 
U)ar,  in  h)eiteren  Äreifen  einflu^  auöjuüben.  SOBar  5)iareau  toor  allem  ber  toiffenfdpaftlic^e  86 
aSertreter  ber  ©roninger  ©d^ule,  fo  toar  be  ©root  ber  SSerteibiger,  ber  Wpo^Ul  il^rer 
fielen.  3n  manchen  ©treit  ift  er  bertoicfelt  toorben.  Site  fein  SJac^foIger  im  ^fanamte 
5U  Ulrum,  §enbrif  be  6ocf,  ein  ftrenger  ßalbinift,  ber  Sater  ber  „Afgescheidenen", 
fxä)  in  aOBort  unb  ©d^rift  ber  Se^rfreil^eit  in  ber  nieberlänbifd^en  Sieformierten  Äird^e 
toiberfe^te  unb  toon  il^ren  Se^rem  berlangte,  fte  follten  fic^  an  bie  Seigre  ber  Äird^e  galten,  4o 
h)%enb  er  alle,  bie  ba«  nid^t  traten,  ate  „SBölfe,  bie  in  ben  ©c^afftaH  ß^rifti  ein» 
bre^^en",  bezeichnete,  ba  bejog  be  ©root  biefe  8ef(^ulbigung  aud^  auf  ftc^  unb  fc^rieb  feine 
„Gedachten  over  de  beschuldiging  tegen  de  leeraars  der  Nederl.  Herv.  Kerk" 
(©ron.  1833,  2.  toermei^rte  aufläge  1834),  toorin  er  öffentlich  ben  ©treit  begann  gegen 
Selenntni«jtoang  unb  für  freie  ^rebigt  be«  ©bangelium«,  fo  toie  er  unb  feine  ©eifte«*  46 
berUHxnbten  e«  auffaßten,  ©ine  Überfielt  über  bie  Ääm^fe  jener  2:age  erfc^ien  auf  bie 
Slufforberung  ©iefeler«  ^in  in  bem  aSSerJEe  „3)ie  Unrul^en  in  ber  Sfieberlänbifd^sSlef ormicrten 
flird^e  toä^renb  ber  ^al^re  1833  bi«  1839.  Slu«  ben  DueDen  gejc^öj)ft  unb  mit  ßin* 
fügung  ber  borjüglic^ften  Slltenftücfe  bargefteHt  bon  X.  herausgegeben  toon  Dr.  3.  6.  S. 
©iefeler"  (Hamburg  1840).    2)iefer  X  toar  Äofftebe  be  ©root.  60 

3)afe  er,  ber  SDäortfüij^rer  ber  ©roninger  SRid^tung,  auf  um  fo  größeren  SOBiberftanb 
ftie^,  je  me^r  er  fic^  in  ber  öffentlic^Ieit  au«ft)ra^,  ift  fein  Sßunber.  Dbtool^l  er  bie 
Sleatität  ber  $eitet|>atfad^en  entfd^ieben  feftl^ielt  unb  auf  bie  $erfon,  ba«  SBerl  unb  ba« 
Seben  ß^rifti  allen  9?ad^brudt  legte,  toeil  er  i^n  al«  ben  5ölittelj3unlt  ber  SBeltgefd^ic^te 
anfal^,  fo  befanb  er  ftc^  iod)  ^inftc^tlic^  fel^r  d^aralteriftifc^er  2el^rftüc!e  in  offenem  ©treite  66 
mit  ber  Se^re  ber  Äird^e.  ©eine  §eterobojie  äufeerte  ftc^  u.  a.  hierin,  bafe  er  bie  Seigre 
öon  ber  abfoluten  ^nf^iration  ber  ^eiligen  ©c^rift  abfc^tüäd^te,  bie  ©ottl^eit  ßl^rifti  unb 
bie  fc^ulbtilgenbe  Äraft  feine«  Slute«  leugnete  unb  ba«  3)ogma  bon  ber  Irinität  bertoarf. 
e«  liegt  auf  ber  §anb,  ba^  er  aud)  bie  unbebingte  ©eltung  ber  fird^lid^en  Selenntni«« 
fc^riften  nid^t  anertannte  unb  ein  iüarmer  SSerteibiger  ber  Sel^rfreil^cit  toar.  ßnergifc^  trat  eo 


248  ^offteke  be  (»toot 

er  batum  aud^  bem  ^rotefte  entgegen,  ben  fteben  angefelj^ene  ortl^oboje  Ferren  au^  bein 
§aa0  (f.  b.  31.  Oroninger  ©d^ule,  »b  VII  ©.  184)  1842  bei  ber  ©^nobe  emretc^ten 
geflen  bie  SSorlefungen  unb  bie  Seigre  bet  ®ronin0er  ^ßtofefforen  $areau,  be  ®root  unb 
ÜKuurlmg,  ber  SJad^f olger  be«  1839  nad^  Setben  übergeftebelten  öan  Dorbt  getoorben  toar. 

5  ©eine  bereit«  genannten  „Voorlezingen  over  de  opvoeding  des  menschdoms"  Der* 
banlen  biefem  ©treite  il^re  (Sntftel^ung.  SQBo^I  trat  bie  ©^nobe  auf  bie©eite  be  ®root« 
unb  ber  ©einen,  tool^l  na^m  bie  gal^I  feiner  ©eifte«t)erti)anbten  unter  ^Pfarrern  unb  ®e- 
meinbegliebem  ftet«  ju,  aber  t)on  ortl^obojer  ©eite  h)urbe  ber  SBiberftanb  aud^  ftet«  größer 
unb  ber  Äam^jf  entfd^iebener.    3)er  belannte  ©ic^ter  3Kr.  3faaf  ba  ßofta  griff  il^n  an 

10  mit  ,,Eenige  opmerkingen  omtrent  het  onderscheiden  karakter  der  Groninger 
Godgeleerde  School"  (in  ber  geitfd^rift  „De  Vereeniging"),  Vorauf  be  ®root  anU 
toortete  in  feiner  ©d^rift  „De  berichten  omtrent  de  Groninger  Godgeleerde  School 
van  I.  da  Costa  toegelicht"  (®ron.  1848).  Site  er  1851  ate  SKitglieb  ber  ©^nobe 
im  §aag  toar  unb  bort  einmal  ^rebigte,  tourbe  er  Don  ®roen  )oan  ^riufterer  be^toegen 

16  angegriffen,  toorauf  er  ate  ßntg^nung  in  ,^en  woord  aan  de  Herv.  gemeente  te's 
Gravenhage"  ('«  ®rat)enl^.  1851,  1.— 8.  Sluflage)  barlegte,  U)a«  bie  ®roninger  a:l^eo= 
logen  eigenüic^  toollten.  Unb  1866  tourbe  i^m,  obtüo^l  er  fc^on  entfd^ieben  gegen  bie 
„mobeme  SRic^tung"  5ßartei  genommen  l^otte,  bod^  ber  3"^*  jw  ber  allgemeinen  SSer* 
fommlung  ber  ®Dangelifc^en  Slllianj  in  Slmfterbam  tro^  öorl^er  gegangener  ©inlabung 

20  tjertoeigert,  toeil  er  nid^t  ortl^oboj^lonfeffionell  toac  (ögl.  ^offtebe  be  ®root,  lets  over  de 
Evangelische  Alliantie,  ®ron.  1866). 

6«  ift  jtoar  nid^t  ju  öerlemten,  bafe  bie  ®roninger  ©d^ule  ber  mobemen  2;^eologie 
ben  aOBeg  geballt  ^at;  aber  bod^  l^at  be®root  ftd^  i^r  nid^t  anfc^lie^en  fönnen  U)ie  feine 
®eifte«öerh)anbten  SDluurling  unb  3lm«^off.    ®r  toar  eine  Diel  gu  m^ftifd^e  5Ratur,  ol« 

26  ba^  er  in  il^rem  9jntelleltuali8mu«  \)ätti  fjrieben  finben  fönnen.  3)em  ®eifte  ber  Ser- 
toirrung,  ber  fte  befeelte,  toiberfe^te  fid^  fein  ÄonferDati«mu«  auf  l^iftorifd^em  ®ebiete 
Iräftig.  Unb  feine  Si^rfurd^t  öor  ber  l^eiligen  ©d^ft  emt)örte  fid^  gegen  bie  jerftörenbe 
Ärttil,  toie  jene  fte  in  einer  oft  rollen  SEBeife  übte.  Sor  bem  ß^ararter  unb  ber  ®etel^ri 
famleit  Don  SDlännem  toie  Äuenen  u.  a.  I^atte  er  grofee  Sld^tung,  aber  Don  i^rer  I^eolo* 

ao  gie  befürd^tete  er  gro^e  ©efai^en.  ©c^on  frtij^er  l^atte  er  ben  ®etermini«muö  be«  Setbener 
^rofeffor«  ©d^olten,  ber  ü^m  Derberblic^  crfd^ien  für  SReligion  unb  ©ittlid^feit,  in  feiner 
„Beantwoording  van  J.  H.  Schölten"  (®ron.  1859)  belämj)ft.  ©ein  Urteil  über  bie 
mobeme  2^l^eologie,  ate  beren  SQBortfü^rer  ©c^olten  1864  aufgetreten  toar,  gab  er  ju  er« 
lennen  in  Derfd^iebenen  geitfd^riftartileln   („Waarheid  in  Liefde"  1860  II,    1862  II, 

86  1864  II,  1866  blz.  210)  unb  in  feinen  ©d^riften  „Over  moderne  theologie  . . ." 
(2.  Slufl.,  ®ron.  1863)  unb  „De  moderne  theologie  in  Nederland,  volgens  de 
hoofdwerken  harer  beroemdste  voorstanders"  (®ron.  1870;  in«  ^eutfd^e  überfe^t 
Don  Dr.  2B.  Ärafft,  SSonn  1870).  ^nbeffen  M  be  ®root  fe^en  muffen,  U)ie  ber  ßin^u^ 
ber  mobemen  SRid^tungjunol^m,  toie  fetbft  Diele  feiner  ©d^üler  unb  ®eifte«DertDanbtm  i^n 

40  Derlie^en  unb  ju  ben  5Dcobemen  übergingen.  3)a«  Deranlafete  i^n,  ftc^  nö^er  an  bie  ge= 
mäßigt  Ort^obo^en  anjufc^lie^en  unb  bet  tirc^lid^m  SSal^len  in  feinem  äBo^norte  an  ber 
©eite  ber  Drt^obojen  ben  5Dlobemm  gegenübergutretm.  ^eilid^  l^atte  er  felbft  aud^  bie 
gotgm  baDon  ju  tragen,  al«  bie  Drtl^obojen  in  ®roningm  bie  9Ke^rl^eit  getDonnen  Ratten 
unb  il^n  au«  feiner  ©teHung  ol«  Slteftm  ber  ®emeinbe  in  Derte^enber  Söeife  entfemten. 

46  Slber  befonber«  in  bm  le^tm  gal^rm  feine«  Seben«  fül^lte  er  ftd^  immer  mel^r  Doit  bm 
©emäftigten  unter  il^nen  angezogen,  fo  bafe  er  bamal«  ju  ®roningen  aud^  regelmäßig  ber 
?Prebigt  ortl^obojer  ?Pfarrer  bettool^nte.  9Kit  Drti^obojen  loirlte  er  auc^  gerne  jufammen, 
IDO  auf  ))^ilantrot)if^em  ®ebiete  ^ttoai  )u  t^un  toar;  unb  aud^  ba  ^at  er  ftA  ju  ®rO' 
ningen  fel^r  Derbimt  gemad^t.    ©o  l^at  er  al«  ©d^ulDorftel^er  Diel  für  bie  SSolfefd^ule  ge= 

60  t^an.  i^od)  tourbe  er,  ba  er  über  bie  3lu«legung  unb  äntoenbung  be«  ®efe|e«  Don  1857 
anber«  badete  al«  bie  Slegieiiing,  Dom  9Kinifter  be«3nnem  im^a^re  1861  Dor  bieSßal^l 

fiefteHt,  enttoeber  felbft  feine  ©ntlaffung  al«  Sc^ulDorftel^er  einzureichen  ober  aber  einfad^ 
eine«  älmte«  ent^obm  m  toerben.  @r  jog  ba«  erfte  Dor,  blieb  aber  bod^,  too  er  tonnte, 
t^ätig  für  ©(^ule  unb  Selber.  3lad)  einem  33ef ud^e  be«  I)iaf oniffen^aufe«  ju  Äaifer«toertl^ 
66  ffiftete  er  im  gal^re  1845  in  ®roningen  eine  ^d^e  Sfnftalt  für  ©iaioniffen  unb  ein  3«= 
flud^t«l^au«  für  gefallene  SKäbd^en.  ®egen  bm  3Jliftbraud^  be«  Sllfobol  fämi)fte  er  mit  bem 
aOBort  unb  mit  ber  geber.  6r  toar  ein  toarmer  ^eförberer  ber  äußerm  3Kiffu)n  unb  for- 
berte  aud^  burd^  ©d^riftm  ju  il^rer  Unterftü^ung  auf. 

©0  ^at  be  ®root  ^afyct  l^intereinanber  mit  großer  Äraft  unb  Eingebung  gearbeitet. 
60  Sr  ^atte  Diele  ^reunbe,  aber  nid^t  toenigcr  ®egner.     S3ei  feinm  ®eiftc«Dertoanbtm  fte^t 


^offtebe  be  &toot  $ol|ettaIt^m  249 

fein  9lame  nod^  ^od^  in  &}xm,  unb  bic  feiner  SHid^tung  nid^t  ^uget^on  fmb,  tonnen  il^n 
bod^  ie|t  beffer  toürbigen,  al^  früher  feine  ©eaner  eö  Dermod^ten.  gm  3Serfe^  h)ar  er 
fi^Hc^t,  freunblic^  unb  Reiter,  für  feine  ©c^üler  unb  ^eunbe  tohriHid^  ein  gfreunb,  ein 
3Rann  mit  einem  §erjen  öoD  uneigennifc^iger  Siebe.  @r  ^otte  ein  frommeiS  (Semüt,  einen 
feften  ®(auben  an  Sl^riftum  aliS  feinen  ^erm  unb  @e(igmad^er  unb  tpar  Don  ^ei^er  Siebe  5 
m  i^m  erfüllt ;  fo  tonnte  er  in  feinem  (Stauben  Äraft  finben,  auc^  al«  fd^toere  ©erläge 
i^  trafen  teie  ber  Job  feiner  ©attin  (1859)  unb  feine«  einzigen  ©o^neg  Dr.  6.  ^. -gofftebe 
be  ®root,  ber  feit  1878  ^ßrofeffor  ber  Ideologie  in  ©roningen  toar  unb  1885  t)lö^li^  ftarb.  -— 
1872  mu^te  er,  toeil  er  70  ^af)vt  alt  toar,  feinämt  nieberlegen;  fo  fd^Iofe  er  benn  feine 
atabemifd^e  2!^ätig!eit  mit  einem  SlüdblidE  auf  „Vijftig  jaren  in  de  theologie"  (SRebe;  10 
®ron.  1872)  ab.  Dod^  blieb  er  t^ötig.  §atte  er  früher  aliS  5ßrofeffor  ber  Ideologie  oft 
ben  ©ifeungen  ber  ©^nobe  mit  beratenber  ©timme  beigetoo^nt,  fo  gehörte  er  nac^  1872 
gal^re  lang  bem  „provinciaal  Kerkbestuur"  t)on  ©roningen  an  unb  toar  meiere  3Kale 
ol«  ältefter  3Kitjlieb  ber  ©ijnobe.  3Son  jefet  an  berging  fein  ^af)x,  in  bem  nic^t  ber* 
fc^iebene  g^itf^^^if^^^rtifel  ober  Heinere  ©c^riften  öon  feiner  $anb  erfc^ienen  toören.  3lm  16 
5.  3)ejember  1886  entfd^lief  er  in  ber  frol^en  Hoffnung  be«  eloigen  Seben«.  ?freunbe  unb 
©d^üler  fc^müdten  fein  ®rab  mit  einem  2)enlmal  unb  elj^rten  üj^n  baburd^  al«  ,,einen  au«« 
gezeichneten  Ideologen,  einen  unermüblid^en  Selenner  ß^rifti,  einen  eblen  SKenfc^enfreunb, 
ber  burd^  2ßort  unb  2:i^at  für  biele  ein  ©egen  getoorben  ift."  @.  ^.  •011  »em. 

^ollftiatt^etm,  ©^nobe  ö.  916.   —    ^.  t).  gfrc^berg,  Sammlung  ^iftor.  ©(griffen  ao 
unb  Urfunbcn  IV,  @tuttg.  1835,  6.  221;  MG  Leg.  II,  1  6.  554;  Const.  imp.  I  @.  618; 
^cfclc  (Joncilicngefcbit^tc,  4.  ©b,  2.  «ufl.,  grclburg  1879,  @.  580;  Tümmler,  ®cf(6i^tc  be» 
oftfvän!.  9tei(^«  3.  93b.  2.  5lufl.   fieipjig  1888,  8.  605 ff.;   ^and,  Älrtftengef^  3)cutfdi)Ianb» 
B.  JBb,  Scipj.  1896,  @.  13ff. 

^erimann  Don  Sleic^enau  erjö^lt  in  feiner  Sl^ronil  jum  ^al^e  916:  Apud  Altheim  25 
coram  misso  apostolico  synodus  habita.  3)ie  ällten  btefer  ©^nobe  fmb  in  einer 
3Ründ^ener,  au«  ^eiftng  fommenben  §anbfd^rift  be«  lö.  ^a^r^unbert«  erhalten  unb  juerft 
öon  3R.  t).  S^e^berg,  bann  in  ben  MG  l^erau«gegeben,  f.  0.  3lad)  benfelben  fanb  bie 
©Vnobe  am  20.  ©ejptember  be«  genannten  Sal^e«  in  ber  3ol^ni«fird^e  apud  Altheim 
in  pago  Retia  ftatt.  Slltl^eim  ift  ba«  je|ige  $ol^enaltl^eim,  füblid^  Don  9törblingen  im  80 
9lie«.  3)ie  Flamen  ber  antoefenben  Sifd^öfe  finb  nic^t  überliefert;  au«  c.  30  ergiebt  fid^ 
nur,  ba^  bie  fäc^ftfd^en  93ifd^öfe  fel^lten.  3)a  bie  Slntoefenben  fic^  al«  generalis  syno- 
dus bejeic^nen,  fo  toirb  man  anne^^men  bürfen,  ba^  bie  93if(^5fe  ber  brei  übrigen  ©tömme 
aiemlic^  boUiö^lig  erfd^ienen  toaren.  .^önig  Jtonrab  nal^m  nid^t  3(nteil,  bagegen  fanb  fid^  ber 
aSifd^of  5ßeter  öon  Orte  al«  t)cH)ftlid^er  Segat  ein.  86 

3)er  3^^*  ^^  ©^nobe  toar,  toie  ftc^  au«  ben  Sefc^lüffen  eraiebt,  jum  3!eit  ein  t)0* 
litifc^er.  ®ie  Sifd^öfe  traten  im  S'^tereffe  be«  Königtum«  gegen  bie  unfügfamen  ^l^er 
ber  fübbeutfd^en  ©tämme  auf:  bie  fd^toöbifc^en  §erren,  6r($anger,  Sertbolb,  Surg^arb 
(f.  c.  83)  unb  i^re  ®enoffen,  tourben  t)erurteilt:  fte  foDten  bie  SOBelt  öerlaffen  unb  bel^ufS 
beftänbiger  Sufee  in  ein  Älofter  eintreten  (c.  21);  §erjog  Slrnulf  öon  Saiem  unb  fein  40 
Sruber  SSertl^^olb  lourben  unter  Sebrol^ung  mit  bem  33ann  t)or  eine  ©^nobe  in  Siegen«« 
bürg  gelaben,  um  bort  gerid^tet  ju  toerben  (c.  35).  3)a^  aud^  ©ad^fen  nid^t  aufeer  2lc^t 
gelaffen  tourbe,  ergiebt  ftd^  ani  ber  Berufung  ber  fäd^fifd^m  Sifd^öfe  ju  einer  neuen 
©^nobe  nad^  SWainj  (c.  30).  ©ine  ©rgänjung  biefer  Sefd^lüffe  bot  bie  ©rllärung  über 
bie  3Serbinblic^feit  be«  Ireueibc«  (c.  19  bgt.  c.  22  f.)  unb  bie  feierlid^e  SSefd^toörung,  bafeis 
niemanb  auf  ben  Untergang  be«  König«  fmne  (c.  20  bgl.  c.  24). 

©obann  erftrebte  bie  ©^nobe  bie  Serftärfung  ber  mand^fad^  bebro^ten  unb  bebrängten 
©tellung  be«  e})ifIot)at«.  3)iefem  Sloedt  bienten  bie,  toie  juerft  3)ümmler  nad^etoiefen 
l^at,  jumeift  au«  55feuboifibor  entnommenen  Verfügungen  jum  B^n^  be«  Äiripengute« 
(c.  11  \>qI  ep.  Anad.  I,  14  ©.  73,  c.  18,  2.  §älftc),  jur  SBal^rung  bon  Älerilem  unb  w 
Sifc^öfen  gegen  änllage  unb  SBerurteilung  burc^  Saien  (c.  12  bgt.  ep.  Anal.  I,  15 
©.  73,  ep.  Alex.  1,  7  ©.  98;  c.  13  \>qI  ep.  Telesph.  1,  3  ©.  111  unb  ep.  Vict.5 
@.  128,  feltfam  ift  §efele«  Semerfung  gu  biefem  Rap.,  bafe  bie  ©^nobe  ba«  alte  farbi- 
cenftfd^e  ftird^enred^t  im  Sßiberfjjrud^  gegen  ba«  t)feubo4ftborifd^e  fef^alte;  c.  14  ögl.  ep. 
Fab.  2,  20  ©.  165  unb  3,  28  ©.  168.  ep.  Clem.  1,  31  ©.40;  c.  15  ögl.  ep.  Alex.  66 
1,  8  ©.  98-  c.  16;  c.  17  togl.  ep.  Calixti  2,  20  ©.  142,  c.  18,  1.  Öälfte)  unb  jum 
©c^uft  be«  Rleru«  ^en  red^t«toibrige  Äränfungen  (c.  24),  ebenfo  ba«  ©nfd^reiten  gegen 
fold^e,  bie  einjelnc  9if(^öfc  i)erle|t  Ratten:   gegen  6r(^anger  unb   feine  ®enoffen   toegen 


250  ^QJ^oiaUl^etm  ^ol^ntol^e 

Ocfangcnnaf^mcSalomo^  III.  (c.  11),  gegen  bte  ^«tnbe  ©inl^arb«  bou  ©J)eiet  tüegenSlen^ 
bung  btefe«  Stfc^of«  (c.  31). 

©nblid^  biente  eine  Steige  öon  SefcJ^Iüffen  ber  Sleform  ber  Äird^e,  fo  c.  1  ^toha^- 
tung  be^  firc^Itc^en  Sled^te^,  c.  2  ff.  getoiffen^afte  Slmtöfü^ng  ber  Sifd^öfe,  c.  6  ff.  unb  27 
5  ftrenge  Durd^fü^rung  bet  ßEtommunifation,  c.  26,  28,  32,  33,  38  Digjiplin  unter  ^leru« 
unb  Säten. 

auf  bem  ^joUtifd^en  (Sebtet  erreichte  bte  ©^nobe  tl^ren  3^^  ^W\  t)enn  bte  Sage 
blieb  für  Äönig  Äonrab  nac^  i^r  fo  ungünftig,  n)ie  fte  öor^er  getüefen  toax.  3)agegen 
ging  ein  großer  letl  i^rer  Sefd^Iüffe  atebalb  in  bie  firc^Iid^en  SRec^t^jammtungen  über: 
10  teon  Surc^arb  \>on  Sßomtg  na^m  ben  ^rolog  unb  14  Äanone«  in  fein  heftet  auf,  i^m 
folgten  bie  3Serfaf[er  jtueier  anonymer  ©ammlungen  unb  3lbo  bon  ßl^artre^  (|.  bie  3ladf= 
toetfe  SBeilanb«  Const.  imp.  I  ©.  618  f.).  ^ouif. 

^olientol^e,  %ixx\t  älejanber  £eo))oIb  5ranj@mmerici^  §.,  fatl^olifd^er  ®eift= 
lid^er,  geft.1849.  —  OucUen  unb  Sitteratuv:  ^.«  8d)riftcn  Ttefic  unten;  6.  ®.  ©(fta- 

isrolb,  fieben«9efd)i(i^te  «(ejanber?  g.  ü.  ^üf)cnIof)c  bl8  in§  3.  1822  (1822);  berf.,  «riefe  au^ 
©üriburq  (1823);  «.  u.  geucrbocft,  SBiogrop^ift^er  9?q41q6  II,  165  ff ;  5Rf)cin!T)Qlb,  9?cperr 
tortum  Xlt  83;  &,  W.  $Q(t)t(er,  «togrQp^t{d)e  92oti^en  über  ben  ^rinjen  ^tle^onber  ^u 
^o^enlofte,  1850;  @cb.  S3runner,  Äu«  htm  SlZocftlaffc  beS  Surften  ^llejonbcr  üon  ^oöcnlo^e, 
1851;  e.  u.  ©urjbad),  93io9rQ>)^if(5e8  ficjifon  be«  Äaifcrtum«  Ccfterreid),  19.XciI,  5Bicn  1863'; 

ao  ®icfclcr,  Äirc^engcft^icftlc  ber  ncueftcn  3eit»  @-  321 ;  JReuftft,  ?lrt.  ©oljenlo^c,  ?(Icjanber,  in 
9(bS3  12.  683 f.;  ©tamminger,  9(rt.  $ol)en(o^e,  ^(c^anber,  in  $Be(er  unb  ^elte  S^ir^en« 
Icyifon,  2.  91.  VI  (1889)  @p.  163 ff.,  wo  nod)  citlert  ift:  ®.  3.  93(artt)elmc),  3of.  Sorfter, 
fat^.  Pfarrer  ^u  ^ütten^eim,  9{egendburg  1886. 

3)er  ^rft  SUejanber  2eo))oIb  ^anj  Gmmerid^  t)on  ^obenlol^esSBalbenburg-Sc^itting^ 

25  fürft  i)ai  bie  aSerfud^e  ber  Sr^ebung  ber  lat^olifd^en  Ätrd^e  ©eutfd^Ianb«  nai)  ben  Se^ 
fretung^Iriegen  unterftü^t  unb  ift  burd^  Sffiunberfuren  berülj^mt  gelDorben.  6r  toar  am 
17.  äuguft  1794  in  Äut)ferjen  bei  SBalbenburg  geboren,  ©ein  ^ater,  ber  fd&on  im  fol^ 
genben  ^ai}xz  ftarb,  toar  ber  gemüt^Iranfe  @rbj)rinj  Äarl  Sllbred^t.  ©eine  SKutter  toor 
§ubitl^,  geb.  ^eiin  Don  9teh)icjf^  au^  Ungarn.    SU«  ba«  18.  Stnb  biefer  e^e  toar  aUe= 

aojanber  geboren  unb  tourbe  t)on  ®eburt  an  für  ben  Äird^enbienft  beftimmt.  @r  fottte 
tool^l  feinem  Dl^eim  nad^folgen,  ber  Sifd^of  öon  äugöburg  getoorben  ift.  @iner  feiner 
erften  Se^rer  toar  ein  Sjjefuit,  9Jamen§  Sliel.  ©eine  oft  unterbrod^ene  unb  fd^on  be^^alb 
toenig  erfolgreid^e  iüiffenf^aftlic^e  unb  inigbefonbere  tf^eologifd^e  Silbung  ^at  i^n  1804  in 
baiS  ^ereftanum  ju  SBien,  fj)äter  nad^  Sem,  bann   toieber  nad^  2Bien   in  bad  fürft= 

36  erjbifd^öflid^e  3Kumnat,  n)eiter  in  bie  ©eminarien  ju  2^mau  unb  (SÜtoangen  geführt.  3im 
3a^re  1815  erl^ielt  er  bie  aOBeil^e  gum  ©ubbialonate  unb  tourbe  ©omiceUar  in  Dlntü|. 
3tn  ^a^xc  1816  meiste  i^n  ber  Sifd^of  bon  äug^burg  jum  5ßriefter.  ^n  bemfelben 
go^re  trat  er  aud^  bie  Steife  nad^  Slom  an,  toeld^e  entfc^eibenb  auf  il^n  getoirlt  gu  ^aben 
fc^eint.    er  t)erfel^rte  in  9lom  fe^r  t)iel  mit  g^fwi*^»^  ^"^  tüuxtz  SWitglieb  ber  §erj-3^fu- 

40  ©obalität  j|um  ^eiligen  $aulu«.  9lad^  2)eutf^Ianb  jurüdgefe^rt,  geigte  er  einen  großen 
getftlid^en  Sifer,  mit  toeld^em  er  fid^  ^eröortl^at,  um  an  feinen  Flamen  einen  neuen  Suf^ 
fc^toung  ber  latl^oKfd^en  fiird^e  ju  Ini^fen  unb  gu  einer  ^o^en  ©teile  in  ber  ^ierard^ie 
ju  gelangen.  3lu«  SRünd^en  toanbte  er  ftc^  im  ^a\)xt  1819  nad)  Samberg.  an  beiben 
Orten  fanb  er  fd^nell  Seifall  unb  3Serel^rung  beim  Solfe.   ^n  Samberg  fd[icint  ber  fürft« 

45  Kc^e  ^riefter  ben  S5erfu(^ungen  ber  9lu(imfud^t  erlegen  unb  gu  ber  ßinbilbung  gefommen 
m  fein,  ba^  gerabe  er  gur  ßr^ebung  unb  5ier^errlic$ung  ber  fat^olifd&en  Kirche  au^ertoä^lt 
fei.  6r  berfud^te,  ben  jJroteftantifd^en  ©djjriftfteDer  SKe^el  auf  bem  2:obbette  latj^^olifd^  gu 
mad^en.  ®r  er^ob  feine  ©timme  in  ?Prebigten  unb  in  ©d^rtften.  ©r  toanbte  fic^  an  ba^ 
9Jolf  unb  an  bie  ^öd^ftcn  ^erren  ber  ©rbe.    ©^  lamen  bamafe  feine  Äartood^enjjrcbigten, 

60  in  SRümberg  gehalten,  unb  „ffla«  ift  bcr^^ttgeiftV",  eine  äibtoent^rebe,  ^nau^.  I)ie  le^tere 
toar  ben  Äaifem  ^ang  unb  3llqanber  getoibmet  unb  emjjfa^l  ber  ^eiligen  SHIiang  ben 
römifc^en  6f;riften  ate  ben  allein  treuen  Untertl^^an.  2lber  ber  ^ürft  .^o^enlo^e  richtete 
ft(^  \)0x  allem  im  emftlid^ften  unb  guioerftd^tlid^ften  @A^tt  an  ben  §errn  ber  fiird^e  im 
^immel   unb  nabm   bie  ^uijerfic^t  gu  feinem  t)riefterli(^en  SBirfen  toon  ®otte«  %i}xom 

66  mit  l^intoeg.  3"  ^'^^  vS^^  gel^ören  auo)  bie  ©d^riften :  „3)er  im  ®eifte  ber  fat^olifd^en 
Äird^e  betenbe  CS^rift"  (Samberg  1819),  „Sacerdos  catholicus  in  oratione  et  con- 
templatione"  (Bamberg  1821),  „2)e^  !at^olifd^en  5ßriefter^  Seruf,  SBürbe  unb  $flid^t" 
(Bamberg  1821).  6r  toar  in  bie  ©teDung  eine^  geiftlic^en  dlatt^  beim  33amberger  Silariatc 
getreten,  ate  er  im  i^a\)x^  1821  in  SBürgburg  crfd^ien  unb  gunäc^ft  al^  ^rebiger  Sluffe^en 


$ot|etttot|e  polier  ^rieftet  251 

erregte.  .f>ier  tarn  er  aber  and)  mit  bcm  \bm  fd^on  befannten  fränüfd^en  Sauem  3){arttn 
ÜKi(|eI  au«  Untertoittigl^aujen  ^ufammen,  ber  ate  aSBunberboftor  berühmt  toar  unb  gtoar 
feine  ituren  mittefö  be«  ©ebete«  i^ofljog.  2)a  h)urbe  ^rft  Sllejanber  felbft  jum  SBunbers 
t^äter,  unb  h)äl^renb  einiger  9Jionate  ift  er  ber  SRu^m,  ber  ©toh  unb  bie  3"^^^^  ^^ 
frommen  Äatl^olifen  2)eutf(^Ianbö  gen)efen.  @r  berichtete  feine  Spaten  bem  ^opfte  unb  6 
toünfc^te  fte  anerfannt  ^u  feigen  al«  folc^e,  burc^  toeld^e  ftd^  ®ott,  h)ie  in  ben  lagen  ber 
ät)ofteI,  5u  feiner  Äird^e  belenne.  6«  fmb  iüirlli^  einige  ÄöHe  t)orgeIommen,  in  h)el(i^en 
Äranfe  bei  i^m  Teilung  gefunben  ^aben;  ^aut)tfäd&Iici^  ©elä^mte,  bie  er  burd^  fein  ge* 
h)altigeö  SBefen  jum  ©ebrauc^e  ii^rer  ©lieber  ^inri|.  Sber  in  ben  meiften  gäUen  toar 
))on  einem  glüdlic^en  ßrfolge  gar  nic^t«  ober  bod^  nid^t«  3)auembed  ju  t)erft)üren,  unb  lo 
c^  famen  fo  Diel  falf^e  SJac^ric^ten  \>on  glüdflid^en  Auren  in  Umlauf,  unb  e«  tourben 
baneben  fo  biel  fd^Iimme  Srfolge  tonftatiert,  bafe  bem  ganjen  Unternehmen  fel^r  bolb 
Sdjiranlen  gefegt  toerben  mußten.  Sfuc^  ber  5ßaj)ft  l^ielt  mit  ber  getoünfc^ten  3lnerf ennung 
jurüd  unb  ermal^nte  jur  SJemut.  §ol^enlo^c  \)aitt  fi(^  ju  ^od^  öerfHegen.  ©r  tl^at  nun 
gut,  ben  ©c^au^Ia^  feine«  SBirlen«  ju  t)erlaffen.  ©r  jog  fid^  nad^  Cfterreic^  jurüdf,  Der«  i6 
fudjite  fi(^  nod^  einmal  toergeblid^  al«  ß^^^^fül^^^  i"^  fat^olifd^en  Äird^e  im  gal^re  1824 
(nämlidji  in  ©allneufird^en  bei  Sinij)  unb  tourbe  bann  in  bem  ferneren  Dften  fefel^aft  ge« 
mad^t.  6r  erhielt  im  ^al^xi  1825  eine  3)om^ermfteIIe  in  ©ro^toarbein  in  Ungarn,  gm 
gai^^e  1829  machte  man  i^n  bafelbft  jum  ©roforopft  unb  im  ^a'^xt  1844  ertoie«  i^m 
ber  $a))ft  bie  ©nabe,  i^n  toenigften«  jum  Sifdpof  in  partibus  (nämlid^  in  ©arbifa)  ju  ao 
mad^en.  6r  IfaiU  anfänglich  feine  ©ebetöluren  fortiuf^en  gefuc^t,  inbem  er  in  bor^cr 
beftimmten  ©tunben  bur^  ®^b^t  unb  5Kef^)))fer  auf  toeit  bon  il^m  entfernte  Äranle,  bie 
öon  üj^m  brieflid;e  ^ilfe  erbeten  l^atten,  ju  toirlen  fuc^te;  mittete  gebrudter  gormulare 
gab  er  §Ufefuc^enben  a^ag  unb  ©tunbe  an,  \oann  er  mit  i^nen  gleid^jeitig  beten  tooHe 
(t)gl.  ben  d^aralteriftifd^en  Srief  t)on  i^m  au^  bem  ^a\}Xi  1834  bei  SR^emtooIb  a.  a.  D.).  26 
BpäUx  l^atte  er  fi4i  auf  affetifc^e  ©d^riften  befd^ränft  unb  biek  gutgemeinte,  aber  mittet 
mäßige  SSüd^er  gefc^rieben,  beren  a:itel  man  in  ber  9leaI=@nc^|flot)äbie  für  ba«  fatl^oKfd^e 
Deutf(^Ianb(33b5)  unb  im  9ieuen  9?efroIog  ber  3)eutf(^en  (27.  S^.^'^Bong)  nad^lefen  lonn; 
bie  bebeutenbften  toaren:  1822  ba«  SKiralelbüc^Iein  unter  bem  a:itel  „älnbad^t,  toeld^e  in 
aDerlei  Seiben  . . .  l^eilfamft  geübt  toerben  fann;  1836  „Sid^tblicte  unb  ßrlebniffe  au«  ber» 
SBelt  unb  bem  ^^riefterleben" ;  1845  „SRunbfc^reiben  an  bie  römifc^=Iat^olifc^e  ©eiftlic^leit 
a)eutf(^lanb«"  (in  ^ift.  j)oI.  öl.  XV,  561).  —  Die  Slebolution  be«  gal^re«  1848  bertrieb 
ibn  au«  Ungarn.  6r  ging  nad^  gnnsbrudf  jum  Äaifer.  ^m  DItober  1849  !am  er  nac^ 
2Bien,  begab  fid^  ju  feinem  für  bie  lat^ohfc^e  Rixd^t  getoonnenen  Steffen,  bem  ©rafen 
grie«,  nad^  33ö«lau  bei  Saben,  too  au(^  feine  3Kutter  begraben  liegt,  unb  ftarb  ^ier  am  85 
17.  SJotoember  1849.  3lad)  feinem  "lobe  fefete  ein  bon  i^m  angeregter  junger  ©eiftlic^er 
3of.  JJorfter  bon  ^ütten^eim  (f  1875)  fein  ^eiltoerl  fort.      («.  «ogetf)  %  XSd^adttt 

^ol|tt  ^rieftet.  —  «Boubiffin,  3)ic  ®cfd)icl)tc  bcö  oltteftamcntlicften  ^rieftcrtum«  1889 
passini;  Äeil,  ^onbbud)  ber  bibl.  ?lrd)äolüflic*  176 ff.;  93cnj^inger,  4>ebrfiifd)e  9lrc^äüIoßie318f. 
413f.  422f.  427f.;  92on)acf,  Se^rbud)  b.  f)ebv.  5lrd)«oIo(iic  2.  106—108.  117ff.;  SSetttiaufcn,  40 
^rolegomena  jur  ©efdiidjte  3«rael«*  146 ff.;  3«rQcl.  jübif^e  ®cfd)tcl)tc»  189f  •  ©tabe,  ®e- 
fc^icfttc  be§  58oIfc«  3«rQeP  102—105;  2)iantann,  eommentar  j^u  Seu.  c.  8;  2)clitjd),  <Pcn» 
tatcuc^«fritijd)e  6tubirn  V  (3^21^2  1,  223  ff.);  Selben,  De  Successione  iu  i^ntificatum 
Ebraeorum,  gvanffurt  1678  u.  b.;  Scftürer,  ®efd).  b.  «olfc«  gsrael  im  Seitoltcr  JefuS^rlfti 
2,  166-174  (3.  ?lu?g.  2,  214-224).  ^ic  no/mjFTc  im  ^eucn  Xcft.  (8t.  Ar.  1872,  593ff.);46 
©iürid^,  Subcn  unb  ÖJriecften  üor  ber  Waffob.  (Sv^ebung  107  ff. 

1.  3Jer  $ol^e  5ßriefter  f^eifet  im  313:  enttoeber  ""'^ri,  „ber  ^riefter"  im  befonberen 
©inne  (fo  bei  P,  j.  S3.  2t)  4,  6 f.;  13,  2;  5Ru  3,  6,  femer  5Re^  13,  4;  l  (Si}X  16,  39; 
24,  6  u.  ö.;  ©ac^  6,  13;  ©ir  50,  1)  —  ober  Vn;n  ri^  ber  gro^c  b.  f).  Dberl)riefter 
(St)  21,  10;  5Ru  35,  25.  28;  ^of  20,  6  bei  P;  2  Äg  12,  11;  22,  4.  8;  23,  4  (f.u.);  » 
.§ag  1,  1;  2,  2;  ©ac^  3,  l.  8;  9ie^  3,  l.  20;  13,  28;  2  &)x  34,  9)  —  ober 
n-c?:n  irrbn  ber  gefalbtc  ^riefter  (2t)  4,  3.  5.  16;  (>,  15  bei  P)  —  ober  enblic^ 
d«-n  inrp],  ber  §auj3t})riefter  (2  ,«g  25,  18;  e«r  7,  5;  2  6^r  19,  11;  24,  11; 
26,  20;  31,  10  unb  too^I  auc^  urf^jrünglic^  2  ©a  15,  27;  bagegen  nic^t  bei  P),  einmal 
•dN-rj  aUein  (2  (Si)x  24,  6).  66 

3)ie  angaben  über  ba«  2lmt  be«  ^o^en  ^riefter«  unb  feine  ©teHung  treffen  toir  in 
ber  ))riefterlid^en  duelle  be«  ^ßentateud^  mit  bem  barin  aufgenommenen  unb  bearbeiteten 
^eilig!eit«gefe^e,  bie  be«l^alb  gunöc^ft  betraf^  toerben  muft.  3lad)  biefem  (Sobe^  fmb 
^i}axon  unb  feine  ©ö^ue  (b.  ff.  bie  91i|||||g||^||||Jkiben  ©ö^ne  äll^aron«  Gteafor  ugb 


252  ^o^er  ^rttfttr 

3tomar)  bie  aÜetnigen  ^^räger  bc«  iöraclittfd^en  ^ßricftcrtum^ ;  aber  unter  biefen  ^rieftern 
nimmt  ki}axon  fclbft  afe  ßol^er  ?5riefter  eine  ^ertjorragenbe  ©tellung  ein.  ©elbfttjerftänblid^ 
bqie^t  ftd^  biefe«  nic^t  auf  äl^aron  pzx\Mid),  fonbem  bejei(^net  il^n  tgpx^d)  ate  2:räger 
ber  l^ol^eni)riefterIidj|en  SBürbe,  bie  na^  feinem  S^obe  auf  einen  feiner  Sö^ne  übertragen 
6  toerben  foH,  2to  6, 15;  16,  32.  5Räl^ere^  über  biefe  Erbfolge  h)irb  nid^t  angegeben.  Slber 
bie  uniS  Ij^ier  nal^e  liegenbe  Vermutung,  ba^  ba«  ^o^e^jriefterlid^e  Stmt  ein  5ßrärogatito 
be«  erftgeborenen  ©ol^ne^  toar,  toirb  burd^  bie  ©rjöl^Iung  9Ju  25,  11  ff.  beftätigt;  l^atte 
bagegen  ein  6.  ^^.  leine  ©öl^ne,  juccebierte  toa^rfc^einlic^  ber  gtoeitöltefte  Sruber,  h)ie  e^ 

fi.  S.  in  ber  3lal!abäergeit  gefd^a^.  3)er  §.  5ß.  füJ^rte  fein  Sfmt  bi^  gu  jeinem  2^obe,  \r>a^ 
dfon  barau«  bertjorgel^t,  bafe  e«  im  ®ef4^  feine  l^öl^ere  Slutorität  gab,  bie  il^n  abfegen 
tonnte;  oud^  l^eifet  e«  9Ju  35,  25.  28,  ba|  ber  %ot>  eine«  §.  5ß.  »mneftie  für  bie  lob^ 
f(^(äger  ^erbeifü^e,  toa«  natürlich  Dorau^fegt,  ba^  er  in  feinem  Slmte  ftarb.  SBa«  feine 
©teUung  unb  Slutorität  betrifft,  fo  n)irb  erSKu34, 17  ff.  ben  fonft  l^öd^ften  Sßürbenträgem 
ber  3«raeliten,  ben  ©tammfürften,  borangefteüt.    Sltö  ^rft  toirb  er  bemdj^net  burd^  ba« 

i5^iabem,  ba«  er  trug,  unb  burc^  bie  mel^rfad^  ))orIommenben  $ur))u4arben  feine«  Or- 
nate« (f.  unten);  aud^  erinnert  bie  bei  feinem  Xobe  eintretenbe  ^mneftie  an  ba«,  toa« 
fonft  beim  3^obe  eine«  Äönig«  gefd^iel^t  3lber  feine  Slutorität  ^at  burdjiau«  feine  toeltlid^e 
®runblage,  fonbem  ift  rein  geiftiger  SRatur.  ©ie  beftel^t  barin,  ba^  er  ®ott  gegenüber 
ba«  aSoK,  unb  bem  Solfe  gegenüber  (Sott  öertritt.    Sil«  SBertreter  be«  Solfe«  trögt  er 

30  bie  Slamen  ber  i«raelitif(^en  ©tämme  auf  feiner  35ruft,  toenn  er  in  ba«  Heiligtum  eintritt 
(@j  28,  12.  29);  unb  toenn  er  fxd)  öergel^t,  ift  e«  nic^t  toie  bei  einem  getoöl^nlic^en 
©tammfürften  ein  t)erfönli(^e«9lnliegen,  fonbem  ein  t)er^ängni«t)oIle«  @reigni«,  ba«©d^ulb 
auf  ba«  ganje  SSolf  bringen  fann  (2ö  4,  3  ögl.  35.  22).  Sil«  SSertreter  ®otte«  t)ertoaltet 
er  ba«  l^eilige  So«oraIel,  Urim  unb  2^ummim,  unb  teilt  burd^  beffen  §ilfe  bem  9SoIfe 

25  ben  göttlid^en  3BiQen  mit,  nad)  toeld^em  alle  ^«raeliten  „au^'  unb  eingel^en^'  b.  1^.  fic^ 
unbebingt  rid^ten  foHen  (5iu  27,  20  ff.).  Sil«  Dbertjriefter  l^at  er  au^erbem  einjelne  be= 
fonbere  fultifd^e  Serrid^tungen  au«jufübren.  Slm  großen  S3erfö^nung«tage  foD  er  ba« 
jjebem  anberen.  S^'^ödi^^  unjiugänglic^e  SlDer^eiligfte  betreten,  um  ba«  SSolf,  bie  ^riefter 
unb  ba«  Heiligtum  xu  entfünWgen  (Sb  c.  16),  fo  bafe  er  im   fultifd^en  ©Aftern  ein  un- 

80  entbel^lic^e«  ®lieb  bejeid^net,  ba«  bie  getoöl^nlid^en  5ßriefter  nic^t  erfe^en  fönnen.  ^mer 
lönnen  aud^  fonft  fold^e  D>)fer,  bie  bem  3Solfe  ober  ber  5ßriefterfd^aft,  ober  bem  .^.  % 
felbft  ©ül^ne  berfd^affen  foHen,  nur  bon  il^m  gebracht  toerben  (2t)  4,  3 ff.  13 ff.);  ebenfo 
bie  D})fer  nac^  ber  SBeü^e  be«  ö.  %  unb  ber  übrigen  ^ßriefter  (2b  9,  8  ff.  13  ff.).  Slud^ 
f)at  er  für  fic^  felbft  unb  bie  übrigen  5ßriefter  jeben  9Korgen  unb  SlbenO   ein  ©j)eifeo)jfer 

36  ju  bringen,  bgl.  ba«  freilid^  it\oa^  unflare  ®efe|  2ö  6,  12—15.  ©onft  aber  ift  über 
feinen  Anteil  am  fiultu«  nid^t«  borgefd^rieben,  unb  er  ftel^t  offenbar  in  toielen  fällen 
al«  getoö^nlid^er  ^riefier  neben  ben  übrigen.  I)ie  na^eliegenbe  3Sermutung,  ba^  ber  §.  ^. 
befonber«  an  ben  ^o^en  gefttagen  fungierte,  toirb  t)on  9jöfcj)^u«  beftätigt  unb  gc^t  auc^ 
oü^  ber  intereffanten  2obrebe  auf  ©imon  b.  3>oci&<i"<in  ®«  c  50  l^eröor,  too  ber  Ser« 

40  feffer  befc^eibt,  toie  ber  §.  %  auf  bem  Sittare  fte^t  unb  bie  Dj)f erftücfe  öon  ben  übrigen 
^ßrieftem  empfängt. 

3)ie  fiebentägige  SBei^e,  bie  6j  c.  28 :  2b  c.  8  befc^rieben  toirb,  umfaßt  fotool^l  bie 
SBei^e  ber  getoö^nlid^en  5ßriefter  at«  bie  Sf^aron«.  9Ke^rere  ©injeli^eiten  finb  beiben  ge- 
meinfam,  g.  S.  bie  SBafd^ungen,  bie  Ojjfer,  bie  güHung  ber  §änbe,  ba«  Seftreid^en  mit 

45  S3lut ;  aber  Sl^aron  toirb  boc^  burc^  einige  befonbere  3^emonien  öor  ben  anberen  au«^ 
aweic^net.  §ierl^er  gehört  feine  ©albung  mit  bem  Ij^eiligen  Öle,  nai)  toeld^er  er  ber  ge= 
falbte  ^riefter  genannt  tourbe  (i)gl.  bie  oben  angeführten  ©teilen  unb  femer  2b  8,  12; 
6,  13;  21,  10.  12;  5Ru  35,  25).  ^eilic^  ift  an  anberen  ©teilen  (gj  28,  41;  30,  30; 
40,  15;  2ö  7,  36;  10,  7;  5Ku  3,  3)  bie  SRebe  babon,  bafe  bie  ^riefter  überlEiaut)t  gefalbt 

60  toorben  finb ;  aber  in  Setrad^t  be«  ftel^enbm  ©jjrad^gebraud^e«  mu^  biefe  allgemeine 
©albung  enttoeber  eine  anbere,  toeniger  bebeutung«öolle  g^emonie  bejeid^nen,  ober  bie 
angefül^rtm  ©teilen  finb  fj)ätere,  auf  einer  anberen  3:l^eoric  beml^enbe  S"*^"^'^^'*^"^- 
gemer  unterfd^ieb  fid^  bie  SBeil^e  ber  §.  ?p.  bon  ber  ber  getoö^nlid^en  5ßriefter  burd^  bm 
Dmat,  ben  er  bei  feiner  gnöeftitur  em^jfing  unb  f))äter  beim  ®otte«bienft  benu^te,  bod^ 

66  mit  Slu«na^me  be«  3Serföl^nung«tage«,  an  toelc^em  er  toei^e  Äleiber  tmg.  ©er  ^ol^c= 
))riefterlic^e  Slnjug,  ber  über  ben  getoö^nlid^en  5ßriefterfleibem  getragen  tourbe,  beftanb  au« 
folgenbm  ©tücfen:  bem  Me'il,  einem  ärmellofen  Dbergetoanbe  an^  toiolettem  $ur))ur, 
beffen  unterer  ©aum  mit  golbenen  ®lödfc^en  unb  granatäj)felförmigen,  au«  violettem  unb 
rotem  5ßutj)ur  unb  Äarmefin  gemad^ten  Duaftm  befe|t  toar  —  bem  Ephod,   einem  au« 

60  ®olbfäbm,  t)iolettem  unb  rotem  $ur))ur,  Jtarmefin  unb  S^ff^^  getoirften  ©d^ulterfleibe. 


^o^er  ^rieftet  263 

tooran  jh)ei  Dn%ftcinc  mit  bcn  cingtaöicrten  3lamm  bet  ©tämmc  S^ractö  angebtad^t 
toaren  — -  bem  HoSen,  einer  Srufttafd^e,  bie  mit  12  ®belfteinen  mit  ben  eingrobierten 
9lamen  bet  12  Stämme  befe^  h)ar,  unb  in  ber  bet  $.  5ß.  bie  Urim  unb  ^iummim 
trug  —  unb  ber  Misnephet,  einer  iiara,  an  beren  SSorberfeite  eine  ©olbblatte  mit  ber 
gnfc^rift:  bem  ^af)t>z  ^eilig,  befeftigt  toar  (Sj  c.  28;  Sb  c.  8).  3)a  e«  5Kofe  felbft  ift,  6 
ber  bieje  SOBeil^e  boDue^t,  ift  e«  nid^t  beutlid^,  toie  bie  SBeil^e  ber  fj)äteren  ^.  $.  ju 
beulen  ift.  2)ocl^  toeift  2ö  21,  10  barauf  l^in,  bafe  jeber  neue  p.  $.  gejolbt  toerben 
foHte,  toa«  aud^^  burdji  bie  ftarfe  Setonung  ber  Senennung  „ber  ©efolbte"  3)a  9,  25  f. 
beftätigt  n>irb.  Unb  @|  25,  29  f.  I^ei^  ed  au^brücflid^;  ba^  baiS  bom  SSorgön^er  benu^te 
l^o^ej)riefterIic^e  ^ßrad^tgetoanb  bem  neuen  §.  5p.  übertragen  toerben  foDte,  bamit  er  e«  bei  lo 
feiner  ©albung  anjiel^e  unb  e^  bie  7  2age  ber  SOBei^e  trage.  35gL  nod)  9Ju  20,  28  unb 
^f  133,  2  (too  3)ul^m  freilid^  ba^  2ßort  a^ron  ftreic^en  toill). 

©er  l^^o^en  Sebeutung  be«  $.  5ß.  entf))racl^en  gefteigerte  SHeinl^eiteforberungen,  bie 
über  ba«  bei  ben  getoöl^nlidS^en  ^rieftem  üblid^e  3Ka^  l^inaudgingen.  ©o  burfte  er  burc^au« 
feinen  loten,  nic^t  einmal  bie  Seid^name  feiner  ©Item,  berül^ren  unb  in  S^rauerföllen  fein  is 
^aar  nid^t  ungeorbnet  ober  entblößt  tragen  ober  feine  Sleiber  jerrei^en.  ©eine  %ican  foDte 
eine  3^i^ö«Iitin  fein  unb  jtoar  eine  unberül^rte  ^wngfrau,  fo  ba^  nid^t  nur  bie  ^eirat 
mit  einer  Serfül^rten,  fonbem  auc^  mit  einer  SBittoe  ober  gefc^iebenen  grau  il^m  verboten 
toar  (üb  21,  10—15). 

2.  3n  ben  übrigen  ^ßentateud^quellen   ift  bon  einem   fold^en  Jtirc^enfürften  nirgenbd  20 
bie  Siebe,    ©ie  alten  je^obiftifc^en  DueDen  gelten,   abgefe^en  öon   ber  9Jac^rid^t  be«  ®Io= 
giften,  bafe  eieafar  ber  Slac^f olger  Sl^aron«  ate  ^riefter  tourbe  föof  24,33,bgl.a)tl0,6), 
überl^aupt  auf  bie  Organijation  bed  ^lerud  nid^t  ein;   aber  fc^on  ber  Umftanb,  ba^  fie 
bie  @jfluftbität  be«  allein  bered^tigten  §eiligtum^  nid^t  fenncn,  betoeift,  baft  eine  fold^ 
©t)i|e  ber  ^riefterfc^aft  atö  alleinige  Vertretung  be^  SSolIe^  il^nen  unbelannt  fein  mufete.  35 
3im  3)euteronomium  (17,  8  ff.)  ift  bei  ber  SSerorbnung   über  bie  oberfte  ©eric^t^bel^örbe 
am  3««t^öl^eiligtum  neben  bem  Dberrid^ter  aud^  bon  Ivfsn  bie  Siebe,  toomit  toal^d^ein« 
lid^  fein  getoöl^nli(^er  ^priefter,  jonbem  ein  Dbetpriefter  gemeint  ift  (eine  ©c^lu^folgerung, 
bie  aHerbingö  i^re  Sebeutung  öerliert,   toenn  man  mit  Steuemagel  bie  ganje  ©täle  afe 
eine  Äomjjofition  au^  berfc^iebenen  Duellen  betrad^tet).    SÖiber  fc^on  biefe  Äoorbination  ber  so 
beiben  SBürbenträger  jeigt  un^,  ba^  toir  uniS  in  einer  ganj  anberen  @t)l^öre  befinben  old 
ber  f^je^ififc^  j)riefterlic^en,  too  alle,  felbft  bie  fonft  am  l^öd^ften  geftettten  3«raeliten  fic^ 
nad^   bem  UrteiUfjjrudj^e  be^  §o^enj)riefterö  rieten  foHen. 

3n  bem  ganjen  fultifc^en  gufunftigbilbe  fe  c.  40—48  fel^lt  merftoürbigertoeife  ber 
§.  ^15.,  fo  häufig  ber  5ßro)il^et  auc^  t)on  bcn  ^flidjiten  unb  Siechten  ber  ^riefter  fjjrid^t.  86 
^ik^ftenö  fönnte  man  in  bem  ""2",  ber  an  ben  beiben  jä^rliAen  ©ü^ntagen  baig^eiltg* 
tum  reinigen  foll  (45, 19  ff.),  toie  im  3)euteronomium  einen  Dbert)riefter  am  Xtmpü  (ben 
§.  5p.  in  nuce,  toie  Sert^olet  ftd^  au^brüdtt)  fui^en;  aber  l^ätte  biejer  irgenb  toeU^e 
größere  Sebeutung  gel^abt,  fo  ^ätte  ber  5Prot)l^et  nac^  ber  ganjen  Slrt  feiner  3)arfteDung 
bieö  getoi^  nid^t  unertoö^nt  gelaffen,  unb  fo  ift  ^  aud)  möglich,  ba^  "»"=!"  an  bieferio 
©teDe  einfad^  ben  fungierenben  ^riefter  im  aDgemeinen  bebeutet.  2lu^erbem  unterfc^eibet 
ftd^  bie  t)ro))^etifd^e  3)arfteDung  toon  bem  5ßrieftercobes  barin,  bafe  6jed[|iel  einen  toeltlic^n 
dürften  l^at,  beffen  Slufgabe  freilid^  toefentlic^  in  ber  Jürforge  für  ben  öffentlid^en  Äultu^ 
aufgebt. 

3.  SSergleic^t  man  toeiter  bie  33eftimmungen  be^  ^rieftercobej  mit  ben  gefd^id^tlid^en  45 
unb  j)ro))^eti)(^en  ©d^riften,  fo  ift  e^  unmögli^,  in  ber  öorejilifc^en  ^t\t  ba«  Sorbanben* 
fein  eine«  .^o^en  5ßriefter«  im  ©tile  be«  jjriefterlic^en  ®eie|eg  nac^gutoeifen.  äluerbing« 
finben  fic^  mehrere  ©teilen,  toelc^e  \>a^  fc^on  burd^  ba«  3)euteronomium  getoonnene  SlefuUot, 
ba^  bie  a:emj)el})riefter  in  3^iöj[^»n  unter  einem  Dber^)riefter  ftanben,  beftätigen.  Oe« 
toöl^nlid^  ^ei^t  ba«  Dberl^aut)t  ff.sn  in  bem  oben  erörterten  t)rägnanten  ©inne ;  f 0  30«  w 
jaba  2  Äg  c.  11.  12,  Urijia  16,  10  ff.  (ögl.  3ef  8,  2)  unb  ^ilfija  c.  22.  23.  daneben 
tommen  an  ben  fc^on  angefül^rten  ©teDen  bie  Benennungen  ^'"t^"  V^'^  (bongojaba  unb 
^iUija)  unb  '^s^^^n  -,riD  (^on  bem  bei  ber  Sroberung  gerufalem«  ermorbeten  ©eraja  unb 
tool^l  aud^  bon  ©abol)  bor.  33iele  Steuere  tooDen  biefe  ertoeiterten  SJamen  al«  fj)ätere 
3[nter^)oIationen  anfe|^en,  aber,  toon  ber  ©teile  2  ©a  15,  27  abgefe^en,  faum  auig  tofarit  66 
lic^  jtoingenben  ©rünben,  ba  bie  f})äter  gebräu(^lid^en  Sitel  ja  bem  älteren  ©J)rad^s 
gebraud^e  entlel^nt  jein  fönnen.  SOBeiter  beftätigt  toirb  ba«  3Sor$anbenfein  eine«  folc^en 
Jjriefterlic^en  $auj)te«  burc^  ben  in  ben  f^äteren  öorejilijd^en  Seiten  borfommenben  litel 
ri:tT2  ins  (^er  52,  24;  2  Äg  25,  18,  \>qI  23,  4,  too  too^l  aud^  ber  ©ingulari«  P^ 
3u  lefen  ift),  b.  1^.  ein  auf  ben  Ober)»i^^^|^giber  ^riefter,  ber  älufftd^t  über  beiL2i«m)el  60 


254  polier  ^ritfter 

l^attc.  2)a^  aber  btefer  Dbcr))riefter  be^  iooresilifc^en  x^mptU  toon  bcm  §.  %  bc^ 
^ricflercobcs  grünblic^  t)erfdj|icben  toar,  gc^t  fd^on  au«  ber  einfachen  ^^^atfa^e  bcrtoor, 
bafe  e«  unter  ©abib  unb  ©alomo  jtoet  foIc|e  ^riefter  gab,  (Sbjatar  unb  ©abof,  bie  beibe 
ben  Sttel  -ran  trugen,  2  ©a  8,  17;  19,  12;  1  itg  1,  7f.;  4,  4.  9tac^  2  Sa  15, 24  ff. 
6  toar  aud^  6abof  in  ^erufalem  tl^ätig,  fo  bafe  e«  faum  rid^tig  ift,  tomn  ber  fpätcre  G^rontft 
(1  6^r  16,  39)  x\)n  jum  ^riefter  in  ©ibeon  mac^t.  atterbing«  ^ei^t  e«  1  Rg  2,  35, 
ba^  ©alomo  ben  ©abof  an  bie  ©teDe  ßbjatariJ  fe|te,  nad^bem  er  biefen  au«  feinem  Slmte 
entfernt  l^atte,  ttyonad)  man  ben  6inbrudf  betommt,  bafe  ßbjatar  eine  etma«  ^öbere  ©tels 
lung  ge^bt  l^atte  al«  fein  Slmtggenoffe ;   aber  gerabe  biefer  Umftanb,   bafe   ber   oberfte 

10  5ßriefter  toom  Äönige  abgefegt  iDurbe,  jeigt  un«,  ba^  biefe  5ßriefter  nur  al«  Seamte  be« 
Surften  betrad^tet  tourben,  unb  bafe  h)ir  un«  alfo  in  einer  ganj  anberen  SBelt  al«  ber  be« 
^rieftercobej  befinbcn.  SSergl.  hiermit  ba«  Ser^ältni«,  in  tüelc^em  3lma«ia  ju  3^tobeam  IL 
(«m  7,  10),  Urijia  ju  Sl^aj  (2  Äg  16, 10)  unb  &\ltx\a  ju  3;ofiia  (2  Äg  22, 12)  ftanben. 
3lud^  bie  größeren  Heiligtümer  ber  älteren  3^'^  I^ätten  tüo^I  i^re  Dbeq)riefter,   toie  j.  S. 

15  6Ii  in  ©(|iIo  unb  Slc^imelef  in  9Job :  aber  ^ier  betüeift  bie  SJiel^eit  biefer  Heiligtümer, 
tote  oben  bei  ben  je^oöiftifd^en  Duetten,  bafe  Don  einer  i.'^bentität  mit  bem  §.  $.  be« 
^rieftercobej  feine  Siebe  fein  lann. 

3)agegen  ian^t  unmittelbar  nad^  bem  @ple  mit  Sofua,  bem  ßnfel  be«  ermorbeten 
Dber})riefter«  ©eraja,  ber  $.  ^.  al«  eine  fo  bebeutung^toolle  ©eftalt  auf,  bafe  toir  an  ba« 

20  oben  nad)  bem  5ßrieftercobeE  gejeid^nete  Silb  erinnert  toerben.  Sefonber«  toid^tig  ift  bie 
3Sifion  ©ac^  c.  3.  §ier  toirb  bie  ®efa^r,  bie  bem  faum  geretteten  SoKe  brol^t,  baburd^ 
auggebrüdft,  ba^  ber  ä.  ^.  ^o\ua  öom  ©atan  öerflagt  toirb,  unb  feine,  burc^  eine  neue 
Snbeftitur  beranfc^auli^te  §reift)red^ung  bilbet  bie  ©runblage  einer  mefftanifc^en  äJerl^ei^ung. 
%i6f  toirb  i^m  berföroi^en,  bafe   er,   toenn  er  auf  ben  Sßegen  be«  $erm  toanbelt,   ba« 

26  §au«  be«  §erm  rid^ten  (b.  1^.  barin  l^crrfd^en)  unb  bie  Sor^öfe  be«  Xem^jel«  lauten  fott. 
atterbing«  ift  bie  Autorität  be«  §.  5ß.  in  biefer  ^tii  nod^  fe^r  begrenjt.  Sei  §aggai 
toirb  er  ate  SSertreter  be«  SJoIfe«  angerebet,  aber  nur  neben  ©erubbabel,  ber  überall  juerft 

Senannt  toirb,  unb  in  ber  2öci«fagung  ©ad^  6,  13  (nac^  ber  fieser  urfj)rünglid^en  %t}cU 
>rm)  nimmt  ber  §.  5p.  nur  ben  erften  ^la|  neben  bem  gefrönten  5)aoibiben  ein.    ^n 

80  ben  S5eri(^tcn  6«ra«  unb  SJel^emia«  toirb  auf  ben  Jo.  %,  ber  aUerbing«  einer  biefen 
beiben  3Rännem  feinblid^en  5ßartei  angehörte,  fe^r  toenig  Slücfftd^t  genommen;  toid^tige 
Sefc^lüffe  toerben  bon  ber  3Jolf«t)erfammlung  gefaxt,  benen  ber  §.  ^.  [x6)  tool^l  ober 
übel  fügen  mu^.  Slber  immerhin  ift  bie  3Sertoanbtfd^aft  jtoif(^en  ber  3)arftellung  ^^  c.  3 
unb  ben  ©ebanfen  be«  5ßriefiercobes  bod^  fo  grofe,  ba^  beibe  ©rfc^einungen  auf  eine  ge= 

86  meinfame  Söurjel  jurücf jutoeifen  fd^einen.  Seiber  ift  nun  aber  gerabe  biefe  erfte  6nttoicte== 
lung  in  3)unfel  gebüßt,  öor  allem  toeit  (gjec^iel  in  biefem  ^He  nic^t  toie  fonft  ^äufig 
eine  beutlid^e  SSorftufe  jum  5ßrieftergefe$  bilbet.  ^m  attgcmeinen  aber  fann  man  tool^l 
fagen,  bafe  bie  t>erfci^icbenen  ßrfd^einungen  mit  einer  Setoegung  mfammenl^ängen,  beren 
Äiel  bie  (Smanjipation  ber  Äird^e  t)on  bem  ©taate  toar.    ©jed^iel  behält  bie  jjerfönlic^e 

40  Komentration  ber  j)olitifd^en  9Kac^t  in  einem  dürften  bei,  fteUt  i^n  aber  in  ein  bienenbe« 
SSer^ältni«  jum  Äuttu«.  ©er  '^Jrieftercobej  fie^t  öon  jeber  Drganifatton  ber  ))olitifc^en 
!Dlad^t  ab  unb  giebt  bagwen,  bermutli(^  in  Stnle^nung  an  bie  an  ^erufalem«  %tmpd 
berrf^enbe  Drbnung,  ber  Äird^e  ein  j)erfönlid^e«  Dberl^auj)t,  ba«  afö  tooDfommenfte  SSer^ 
for})erung  ber  t)riefterlic^en  ©ebanfen  bie  l^öd^fte  Autorität  be«  SSolte«  bilbcn  foll.    3)afe 

46  man  bie  l^ol^epriefterlid^e  SBürbe  ber  SJinie  ßleafar  juerteilte,  toar  tool^l  einfad^  bie  5«>^Ö<^ 
bat)on,  ba^  ber  frül^ere  Dbeq)riefter  ein  ©lieb  ber  fabofibifd^en  ^^iriefterfc^aft  getoefen  toar, 
bie  t^en  Stammbaum  toon  @leafar  ableitete  (1  6^r  5,34).  eine  5ßM^  ^^  im  ^riefter- 
cobej  gum  f^ftematifc^en  3lbfc^lu||  gebrad^ten  Setoegung  ^aben  toir  bann  in  ber  ©teDung, 
bie  ber  .^.  5ß.  ^o^na  bei  ©a^arja  einnimmt;   aber  fte   toirb   ^icr  noc^   toon  ber  mef|ta= 

60  nifc^en  Hoffnung,  bie  fic^  um  bie  ^erfon  ©erubbabel«  fonjentriert,  im  ©leid^getotc^t 
gegolten. 

4.  ©ie  juerft  nod^  befd^eibene  Slutorität  be«  §.  ^.  touc^  in  ber  nac^ejilifd^ien  ^tit 
attmä^lid^  ju  einer  bebeutenben  §ö^e.  $ierju  trug  junäd^ft  bie  (Sinfül^rung  be«  5ßriefter- 
gefe^e«  bei,  ba«  ben  gefalbten  §.  %  al«  einjige  autoritatioe  ?5erfon,  toenn   auö)  nur  in 

66  rein  geiftigem  ©inne,  ^inftellte.  9lDe  3ln^änger  ber  ftrengen  ®efe^e«toirfung  füllten  ftd^ 
moralifc^  öer^flid^tet,  bie  Autorität  be«  $.  'ip.  anjuerfennen,  felbft  toenn  fte  nic^t  immer 
mit  bem  auftreten  ber  eimelnen  5ßriefterfü^ten  eintocxftanben  toaren.  6in  c^arafteriftifd^e«  Sei« 
\p\d  l^iefür  l^abcn  toir  l3J(aff  7, 14,  too  bie©trengen  benälfimo«  mit^Bertrauen  em^jfangcn, 
toeil  ein  „^riefter  au«  bem  ©efd^led^te  äl^aron«"  i^nen  fein  Unrecht  jufügen  toürbe.  Sluc^ 

60  ift  e«  bejeic^enb,  ba^  ber  aSerfajfer  be«  S3udbe«  Daniel  (9,  25  f.)  bie  ^eit  gtoifc^en  536 


^of^tt  ^rtefler  265 

unb  171  aU  bie  öon  bem  crftcn  ö^<xll>tcn  ^ürften  (^ofua)  eingeleiteten  unb  burd^  ble 
Scfeitigung  be^  legten  (Sefalbten  (b.  i.  toa^rfc^tnlid^  be«  legten  legitimen  ß.  $.  ^afon,  ber 
171  abgefegt  tüurbe)  gefd^iloffenen  5ßeriobe  d^arafteriftert.  Unb  n)elc^e  SBegeifterung  ein 
ba«  3beal  einigermaßen  üertDirflic^enber  .§.  %  bei  bet  [ttengen  SHid^tung  l^ertoorrufen 
lonnte,  jeigt  bie  "ipaneg^ril  Sir  c.  50.  3l6i)  mef;r  aber  ftiJ^rten  e«  bie  äußeren  SJerl^älts  r> 
niffe  ber  nac^qilifc^en  3cit  mit  ftd^,  baß  aDe^  toa^  ber  lübifc^en  Kolonie  an  poM]d)tt 
3Slaift  übrig  geblieben  toar,  fic^  um  ben  $.  %  fonjentrieren  mußte.  3Son  einer  SleJ^a- 
bilitierung  ber  alten  batoibifd^en  Äönig^ma^t  fonnte  feine  Siebe  fein,  ©erubbabel,  ber 
nod)  bem  §.  %  tjorangefteßt  tourbe,  tjerfc^toanb  o^ne  5Rac^foIger  ju  finben,  ober  ber 
^riefterfürft,  ber  in  ben  äugen  ber  fremben  SWac^tl^aber  ungefäl^rlic^  toar,  blieb  unb  tourbe  lo 
auf  biefe  SBeife  naturgemäß  aßmäl^^lic^  auc^  ber  toeltlic^e  Vertreter  be«  Solle«.  3)a« 
l^eilige  SoSorafcl,  auf  toeld^em  nac^  bem  ^rieftercobej  bie  geiftige  2lutorität  be«  gefalbten 
^riefler«  berul^te,  criftierte,  h)ie  e«  fd^eint,  nid^t  me^r  in  ber  nac^ejilifc^cn  ^^xi;  aber  afe 
6rfa^  erhielt  ber  öon  einem  reichen  ^riefterabel  umgebene  §.  5ß.  eine  j)olitifc^e  Se^ 
beutung,  bie  natürlid^  toac^fen  mußte,  je  mej^r  bie  Meine  jübifd^e  ©emeinbe  an  Sleid^tum  is 
unb  aSolfömenge  junal^m.  3*^^^^  tüuxU  feine  SRac^t  titoa^  begremt  burd^  bie  mat^ 
t>erfammlung  (bag  ©^nebrium);  aber  in  ber  3«*  «ö^  SRel^emia«  befam  ber  §.  ^.  ben 
9Sorft$  im  State,  unb  ba  e«  ben  SWitgliebem  be«  3:emj)elabete  aHmä^lic^  gelang,  in  boö 
©^nebrium  aufgenommen  m  tüerben,  tüurbe  bie«  gerabeju  eine  n)efentlid9e  ©tüfee  feiner 
t)olitifc^en  5!Ra(^tfteltung.  9Rad^  außen  l^in  toar  er  ber  aUeinige  SSertreter  be«  3io\l^,  ber  20 
mit  ben  fremben  ^rften  öer^anbelte,  unb  bem  ber  Iriegerif^e  ©(^u^  ber  ^'suben  oblag, 
fobaß  ©irad^  3.  33.  Don  bem  betüunberten  ,^.  %  ©imon  b.  god^anan  fagen  fann  (50, 4), 
baß  er  „für  fein  SBolf  ben  SRäuber  fürd^tete  unb  feine  ©tabt  befeftigte."  6«  toar  bed^Ktlb 
nur  eine  ftonftatierung  ber  faftifd^en  3}er^ltniffe  unb  feine  SJeuerung,  al«  ber  .^a^monäer 
äriftobulu«  (104—103)  nad)  bem  SSorbilbe  anberer,  i.  85.  J)^önijifc^er  ?5riefterfürften  ben  25 
5lönig«titel  annal^m.  ©einen  Dmat  brandete  er  babei  nid^t  ju  änbem,  ba  ba«  ©iabem 
unb  bie  ^uq)urfarben  ju  bem  neuen  Sitel  ftimmten,  lt)a«  aud^  toon  5ßl^ilo  em^jfunken 
toorben  ift,  ber  bon  ber  ^ol^ent)riefterlid^en  Äojpfbebecfung  al«  einem  Rtx^tn  ber  föniglid^ 
©etoalt  fj)rid^t  (ed.  5!Rangei;  1,  562.  2, 152).  2Bie  ber  ^riefterabel  unter  bem  einfl^ffe 
ber  3fitDer^ältniffe  immer  me^r  tjertoeltlic^te  unb  geneigt  tourbe,  bie  religiöfen  ^htaU  ao 
be«  Solfe«  feien  j)olitifd^en  gntereffen  m  oj)fem,  ift  au«  ber  SSorgefd^ic^te  ber  3Kaffabäer* 
wit  befannt.  Dl^ne  3h>eifel  folgten  mehrere  $.  $.  biefer  Steigung  i^rer  ©tanbe«genoffen. 
2lbet  leiber  toiffen  toir  t)on  ben  §ol^en))neftern  ber  ^^t  jtoifc^  bem  mit  6«ra  unb 
SJe^emia«  gleid^jeitigen  ©Ijafd^ib  unb  ben  testen  öormaffabäifc^en  §ol^en})rieftem  ©imon 
b.  goc^anan,  3I*>^ä"ö«  (Dnia«  III)  unb  ^afon  fo  gut  toie  gar  ntc^t«,  ba  bie  Siftesd 
9lel^l2,  lOf.  nur  einige  SJamen  enthält  unb  bieSerid^te  be«3ofepl^u«  toenig  glaubtüürbig 
fmb,  jum  leil  gerabeju  auf  SWißtoerftäubniffen  benign,  ^öcpft  djiarafteriftifc^  für  bie 
©eftnnung  ber  ^.  $.  ift  e«  aber,  .baß  Dnia«  III  nac^  ber  Sefeitigung  ber  legitimen 
^riefterfürften  in  ^^tufalem,  in  Stg^jjten  einen  Xtmpd  aup^ren  ließ,  um  bort  in 
flagrantem  2Biberfj)ruc^  mit  bem  ©efe^e  feine  2^ätigfeit  fortjufe^en.  40 

5.  3)ie  Übertragung  ber  J^o^enj^riefterli^en  SBJürbe  auf  bie  $riefterfamilic  ber  SKaffa« 
bäer  im  ^ai}x^  153  toar  an  unb  für  fid^  eine  nic^t  loeniger  gefefetoibrige  §anblung  ol« 
bie  äbfe^ung  S^fon«  ju  (Sunften  be«  3Wcnclau«,  aber  bie  2)anfbarfeit  be«  Solfe«  für 
bie  .^elbentbaten  ber  §a«monäer  ^ielt  Vorläufig  bie  Dvpofttion  ber  ftrengeren  »tic^tung 
jurüa.  ainber«  tourbe  e«  erft,  al«  bie  allmäl^lic^  ftattfinbcnbe  i^erföl^nung  jtoifd^en  ben  45 
neuen  5ßrieftcrfürften  unb  bem  alten  fabbucäifc^en  2^empclabcl  einen  unj^eilbaren  93rud^ 
mit  ben  ^^arifäem  herbeiführte.  3Der  ©turj  ber  §a«monäer  be^eid^nete  ba«  @nbe  be« 
§o^enprieftertum«  im  eigentlid^en  ©inne.  :^tüax  gab  e«  bi«  jur  3etftörung  ^erufalem« 
immer  noc^  §o^ej)riefter,  bie  ben  SJorfi^  im  ©^nebrium  führten  unb  bi«toeilen  einen 
nid^t  unbebeutenben  ©influß  au«übteii ;  aber  fte  l^atten  bie  beiben  toefentlid^ften  5ßräros  60 
gatiöe  ber  l^o^enjjriefterlic^en  SBürbe,  bie  ©rblid^feit  unb  bie  2eben«längli(^feit  be«  ämte«, 
verloren,  unb  toaren  be«^alb  nur  ein  ©chatten  beffen,  toa«  fie  getoefen  toaren  unb  na^  bem 
®efe^e  fein  follten.  aerobe«  b.  ®r.  unb  bie  Slömer  festen  toillfürlic^  $o^ej)riefter  ein  unb 
ab,  unb  \omn  fie  auc^  in  ber  Siegel  bei  ber  SSefe^ung  be«  Slmte«  einzelne  anfe^nlid^e 
^rieftergefc^led^tcr  bctoorjugten,  fo  tourben  bod^  auc^  ab  unb  ju  ganj  unbefannte  SWänner  55 
nieberer  §erfunft  berufen.  G^arafteriftifd^  für  biefe  ft)ätcren  3eiten  ift  e«  be«l5^alb,.  baß 
eö  gleichzeitig  mehrere  ^erfonen  gab,  bie  ben  2:itel  §ol^ej)riefter  führten,  nämlid^i  nic^t 
nur  ben  toirflic^  fungierenben  §.  $.>  fonbem  auc^  biejenigen,  bie  ba«  Slmt  befeffen 
Rotten.  3(n  einzelnen  ©teilen  im  SIX  unb  bei  ^fe))l^u«  bejeid^net  ba«  9Bort  außerbem 
noc^  gan)  allgemein  bie  SRitgltcte.  ||y|||l||[ÜD^    ber  ^.  $.  beborj^ugtm  ftttuUm.  eo 


266  Roller  ^riefter  ^o^ed  Sieb 

Site  aber  !3erujalem  mit  bem  %tm!pd  jcrftört  tourbe,  tourben  bie  ipol^en))riefter  für  immer 
unter  ben  3^rümmern  be^  Äeiligtum^  begraben  unb  lebten  nur  no6)  fort  ate  imaginäre 
®rö^en  in  ben  iuriftifd^en  ©iigluffionen  ber  ©d^riftgelel^rten.  3t.  »ii^I. 

$ol^er  9Iat  f.  @^nebrium. 

^o^eö  Sieb  Satomod«  —  »citft^altigc  UebcrMt  ber  c^riftl.  unb  jübifdien  fiittevatur 
in  ^dkv^  Kommentar  6.  16—26.  ^on  ben  jaftlreicöcn  neueren  Schriften  merfen  wir  an : 
3.  ®.  ©erber.  Sieber  ber  Siebe,  bie  älteften  unb  fc^önften  aug  bem  ^J)Jorgenlanbe  1778;  &. 
®.  (£.  Umbreit,  Sieb  ber  Siebe,  ba«  ältefte  unb  fcftönfte  oud  bem  ^.,  ®ött.  1820  2.^.  1828; 
$.  (gwalb,  3)a8  4)oH.  @al.,  ®ött.  1826,  u.  in  ben  2)i(fttem  beS  9(.  53..  2.«.  1860,  1,65  ff.;  II, 

10  333 ff.;  ugl.  (äJeftft.  33r.»  III,  493 ff.;  3-  S-  3)öpfe,  Äomm.  jum  4)S  (Bai,  Scip^ig  1829; 
9fofenmüaer,  Ueber  be§  ©S  @inn  unb  ?(uSlegung  in  Äeil  unb  Jfcftirnerg  9lnalccten  I, 
1830;  ©ern^arb  ©irjel,  ^a«  Sieb  ber  Sieber  ober  ber  @ica  ber  Xrcuc,  3ürid)  1840;  ©.  3. 
?Wagnu8,  Äritifcftc  öeorbcttung  bed  $)S  @al.,  ©aOe  1842;  griebr.  Öötttfter,  2)ie  älteften 
Öü6nenbi4tungcn,  Seip^.  1850;  5ranj2)eUtf4,  3)a8$S,Seipa.  1851  u.  1875;  ö.$(.öaH3)a§ 

16  ©S  oon  ©al.,  93redlau  1852 ;  ©.  ® .  ©engftenberg,  3)ag  ©S  6alomoni«,  ©et lin  1853 ;  gerb.  C^i^ig, 
3)a8  ©o^el.,  1855  (im  furjgef.  Gj.  ^hh.);  Chr.  D.  Ginsburg,  The  Song  of  Soogs,  London 
1857;  E.  Eenan,  Le  cantique  des  cantioues,  Paris  1860;  2,  Ä.  1861;  J.  Salvador,  Hist. 
des  institutions  de  Moise  et  du  peuple  H^breu,  6d.  3°»«,  Paris  1862,  Tome  II,  p.  181  ff.; 
».  Xelfc^oro,  3)aS  ©S  6a(.  al8  Ordlorium,  Stettin  1856;    O.  3ö(fler,  3)a§  ^^  @al.  1868 

20  (in  Songe«  ©ibelw.);  ^.  ©räf,  Schir  ha-Schirim,  1871;  Ch.  F.  Godet,  Etudes  Bibliques  I, 
1873,  beutfdj  1875  (@.  191  ff.);  93.  @d)äfer,  ba«  ©.  S.  1876;  6.  3-  ^ömpf,  35a«  ^S.  ?rag 
1877,  3.  ^.  1884;  «nbr.  8»obe,  S)a8  93.9futö  unb  ba«  C)S  im  Urlejt,  Seipj.  1879;  Ä.  Äo^Icr 
(Siabbiner  in  ©IjicQgo),  3)a8  ©S,  1878;  2^.  ©cfener,  ^n«  ^S©al.,  Cuolenbrütf  1881 ;  3.  ®. 
©tidel,    3)a«  4)S,   »crlin   1888;    ©.  )6tt(i,  3)a8  ^ot)elieb   unb  bie  mageliebev   im  i^urggef. 

26Äomm.  iWörblingen  1889;  C.  Bruston,  La  Sulammite,  Paris  1891,  2.  ^d.  1894;  berfclbc, 
LeXme  CJongr^  des  Orientalistes  et  TAncien  Test.,  Paris  1895,  ©.5 ff.;  3.  ©.  Slotöftetn. 
3)0»  $S  (5Sortrag  mit  Ueberfefung),  ^aüe  1893;  fitaxl  ©iibbe,  $3a§  ift  bo«  C)S?  ?5reu6. 
3ol)rbü4er  ©b  78  (1894)  ßeft  1;  S)erfelbe.  3)a«  ©S  im  Äurjen  ^anbfomm.,  greib.  1898; 
Engine  R^veillaud,  Le  Sublime  Cantique,  Paris  1895;  ®.  ©iegfrieb,  ^rebigcr  unb  §S.  (int 

30  ^anbfomm.)  ®ött.  1898.  3u  elnjclncn  «bfd)nitten  ^ijlemann,  3)ie  Ärone  beö  ii2  (^.  8) 
1856;  ©cftlottmann,  3)cr  ©rautjug  be«  ©S  (3,  6—11)  2:ij©tÄ  1867,  II,  209  ff.  S^gl.  aud) 
©alfelb,  3)a8  ^S  ©al.  bei  ben  jübifd)cn  ©rflärern  be«  Wltteloller«,  ©erlin  1879;  2B.  JRicbel, 
S)ie  Auslegung  be«  ^S  in  ber  jübifcöcn  ®cmeinbe  unb  ber  griccöifdjcn  Stirere,  Seipjig  1898; 
Äug.  ©ünj^e,   Bibl.    Rabb.  ber  Midrasch   Sclür  ha-Schirim,   beutfdje  Ueberfe^ung,   Seipj. 

86  1880;  «.  3Rerj,  3)ie  ©aabjonifcfte  Ueber fefung  be«  $)S  inS  ^Irabifcfte,  f)eibelberg  1882. 
©ie^e  aucö  ®.  S3iclefl,  Carmina  V.  T.  metrice,  1882,  unb  bie  altteftam.  Einleitungen  (be* 
fonber«  SRcu6  unb  3)rioer«9?otMtctn)  foiuie  bie  bibl.  ©örterbüd)cr  unter  bobeö  Sieb,  j.  53. 
S)teftel  bei  ©(^enfel,  9(rtifel  Canticles  bei  Smith  and  Füller,  diction.  of  the  Bible  unb  En- 
cycl.  Britannlca  \>on  Robertson  Smith.  —  greie  2)i(ötungen  fnüpften  anS  ^2  (öuft.  3ttbn, 

40S)a8  ^S  in  Siebem  1848;  3ul.  ©türm,  3toei  Dtofcn  ober  ba«  ©.  S.  ber  Siebe,  Sclpj.  1854. 
3)agegen  fc^Uefet  fic^  an  ben  2:ejt  an  bie  metrifie  5Serbeutfc^ung  t)on  4)einr.  ©tabelmann 
(1870). 

§ol^c«  Sieb  ©alomo«  toirb  feit  Sut^er  jene  SHotte  (to?:)  genannt,  toeld^e  im  §e= 
bräifc^en  ben  SCitel  fül^rt:  ^^'^^^  ^'^^  c^-^^cn  n^^,  ber  in  ber  %l)at  ba«  ^öd^ftc,  ^en= 

46  Hd^fte,  alle  anberen  Sieber  übertreffenbe  Sieb  (fo  rid&tig  ber  5ÖJibrafcl[i)  bejeid^net  unb  bem 
Äönig  ©alomo  beffen  äutorfd^aft  jufc^reibt.  I)a^  Süc^Iein  entl^ölt  offenbar  SWinnegefang, 
unb  manche  3)unlell^etl  im  gangen  toie  im  einzelnen  toürbe  ftd^  öermutlid^  aufbetten,  \iymn 
biefe  3)i(i^tung«art  ber  i^ebräer,  öon  toeld^er  nur  bie«  eine  ©tücf  au«  befonberen  ©rünben 
im  Äanon  ift  erl^alten  toorben,  un«  auc^  au«  anbem  groben  befannt  toäre.    ©treitig  ift 

Bobagegen,  ob  biefe  SWinne  irbifd^iertoeife  ju  üerfte^en  ober  ob  fie  nur  aHegorifc^e«  ®eh>anb 
fei,  loelc^e«  bie  Seftimmung  l^ätte,  tiefere,  geiftige,  ^immlij^e  SSer^ältniffe  jugleid^  j|u  öer= 
^en  unb  gu  toerfic^tbaren.  3)ie  3lufgabe  be«  ©rllärer«  ift  e«  jebenfail«,  ftc^  junäc^ft 
um  ba«  Serftänbni«  be«  eigentlid^enaÖBortlaute«  ju  bemühen  unb  bann  erft  jujufe^en,  ob 
er  eine  tiefere  Deutung  tjerlange  ober  ertrage,    ^abei  jeigt  fid^  balb,  bafe  nid^t,  toie  man 

66  oft  gemeint  ^at,  jeber  einzelne  äu«bruc!  erft  feinem  nattirlid^en  SSerftanb  unb  3"l<Jn^ni^= 
bong  entfrembet  toerben  mu^,  um  überl5^auj}t  einen  ©inn  ju  geben.  D^ne  folc^e  ftinft- 
lic^e  Umbeutungen  geftalten  [xäf  borfteDbare,  Ieben«frifd^e  Silber  unb  öerbinben  fic^  ju 
einem  einheitlichen,  fünftlerifd^  georbneten  (Sebilbe.  2Bo^l  l^aben  feit  ^erber  einzelne  unb 
perabe  manche  ber  neueften  äuäeger  ben  3uffl"^ni^nl^<^iiÖ   J^t)ifc^en  ben   einzelnen  2^Ien 

60  m  Stbrebe  geftettt,  al«  läge  eine  Slumenlefe  t>ereinjelter  Sicbe«Ueber  öor.  SWetn  bie  ^avCpU 
t^erfonen,  fotoeit  fte  fenntlic^  fmb,  bleiben  überall  biefelben  (ber  Äonig  ©alomo,  feine  ®e= 
liebte  länblid^er  ^erhtnft,  bie  S^ik^ter  3^<dem«).    Eigentümlicher  ©))rad(^ebraud^  ^errfd^t 


^ol^ed  fiieb  257 

au^crbem  öon  2lnfan0  bi^  gu  Snbc.  äud^  lehren  biefclben  SRcbcioenbungen  in  leidsten 
aBanWungen  immer  toicber.  aSgl.  2,  7;  3,  5;  8,  4;  unb  5,  8.  —  3,  6;  6,  10;  8,  5. 
—  2,  17;  4,  6;  8,  14.  —  2,  6  unb  8,  3.  —  1,  2  unb  4, 10.  —  2,  5  imb  5,  8;  jtel^e 
toeiterc  änflänge  bei  Öttli  ©.  156.  ÜKand^e  ©tüde  fmb  jtc^tlic^  ^Parallelen  ju  einanber, 
j.  93.  2,  8  ff. ;  3,  1  ff.  unb  5,  2  ff.  Stnöefid^tö  ber  öielen  unt)erfennbaren  SBed^felbejic^ungen  5 
unb  @t)mptorm  ber  @in^eit,  mlö)^  ba^Oanje  t)erbinben  (bgl.  nur  1,  6  mit  8,  12),  h)irb 
eö  für  jebe  örfiärung  gerabeju  jur  5ßrobe  i^rer  SRic^tigfeit,  ob  fie  alle  %t\U  ju  üer^ 
einigen  h)ei^. 

3)a  jeboc^  tjerfc^iebene  ©timmen  abtoec^felnb  in  bem  Siebe  laut  toerben  unb  auc^  bie 
babei  t)orau^efe|ten  ©jenen  fid^  änbem,  l^aben  toir  e«  nic^t  mit  einem  rein  l^rifd^en  ©tücf  lo 
ju  t^un,   fonbem  mit  einem  3Relobram,  n)OJu   ja  aud^   in  ben  ^falmen  (j.  S.  ^f  2; 
24  u.  a.)  fic^  ainfä^e  finben.    I)ie  Haltung  bleibt  babei  bortoiegenb  l^rifd^;  nic^t  fo  faft 
auf  bie  3)ar[tellung  einer  §anblung  ate  öielmel^r  auf  ben  älu^bruc!  ber  innem  ^wftänbe 
unter  toedjifelnben  Umftänben  ift  e^  abgefe^en.    2lu4   ift  ba^  SBerf  fc^toerlid^i   jur  9lufs 
füi^rung  auf  ber  35ü^ne  burc^  ©d^aufj)ieler  beftimmt  getüefen ;  ber  ^ebräifd^en  SRufe  h)eit  i6 
angemeflener  ift  bie  Slnna^me  einer  Darftettung   für   ba^  0^  burd^  ©injelftimmen  unb 
ßl^öre.    @ntfc^etbenb  ift  aber  für  ba^  gange  SJerftänbni^  bie  ©eftaltung   ber  ©geneii,  bie 
geftfteHung  ber  ^erfonen  unb  bie  SSerteilung  be«  ^^ejte^  an  biefelben,  toorüber  feine  au^s 
brüdtlid^en  Slngaben  fid^  finben.    3iApi  bem  Äönig  ©alomo  fte^t   eine  gefeierte  ©d^öne, 
meldte  7,  1  al^  bie  ©ulammit^  (n-'^ÄTsn  meift  öom  %Udm  ©ulem,  je^t  ©olam,  fonft  ao 
©unem,   abgeleitet,  alfo:  bie  ©ulamäerin  tüic  n'^73:ii::n  i  Äg  1,  3)  angerebet  toirb,  ein 
burd^  ^ol^e  Slnmut  unb  finblic^e  2)emut  in  fcltcnem  ®rabe  auggejeid^inete^  3Wäbd^en  t)om 
Sanbe.    aOBö^renb  aber  nac^  älterer  trabitioneller  Sluffaffung  biefe  nid^t  blofe  toon  ©alomo 
gefeiert  toirb,  fonbem  ebenfo  begeiftert  feine  SSorgüge  ipreift  unb  ebenfo  gärtlid^   feine  3^' 
neigung  ertoibert,  ge^t  bie  neuere,  bi^  öor  furgem  l^enfc^enbe  2lnftc^t  Dielme^r  ba^in,  ba^  26 
fie  il^re  Siebe  einem  3)ritten  betoal^re  unb  allen  ipulbigungen  bc^  Äönigö  baö  Sob  eine^S 
fc^lic^ten  §irten  i^rer  l^eimifc^en  glur  entgegenfe^e,  big  enblic^  ber  Äönig  toor  biefem  ba^ 
jjelb  räume  unb  i^re  2)reue  triumphiere,    tiefem  Sliöalen  ©alomo^  feien  getoiffe  ©tüdte 
in  ben  SKunb  ju  legen,   ober   e^  fiprec^e   fie  toenigften^  bie  ©eliebte,  toie  fie  folc^e  i)on 
feiner  ©timme  gu  ^ören  meine.    @g  leud^tet  ein,  toie  t)erf(^ieben  fic^  bie  ©efamtauffaffung  ao 
geftalten  mufe,  ob  man  in  bem  Sieb  ungeteilte  Siebe^ergüffe  gioeier  aeifte^toerloanbten  ©eelen 
ober  ben  aOSettftreit  gtocier  SJebenbul^ler  finbet,   in  toelc^em  ein   ftplic^ter  $irte  über  ben 
reid^ften  ber  J?önige  ben  ©ieg  batoontrage. 

3)iefe  le|tere  älnftd^t  ift  öon  fo  getoic^tigen  2lutoritäten  getragen,  ba^  toir  fie  in  ben 
§auj)tgügen   naiver  Verfölgen   muffen.    3la6)  Stoalb,   bem    im   h)efentltd(>en  nod^  Öttli,  86 
Srufton,  Slotl^ftein  u.  a.  folgen,  lä^t  fic^  folgenbe  ^bel  au^  gelegentlichen  aJJitteilungen 
be«  ©tüdEeö  ate  ©runblage  getoinncn:  2luf  einem  feiner  Sinkflüge  nac^  bem  SJorben  be^ 
Sanbeg  toar  ber  König  mit  feinem  ©efolge  in  bie  9iäl^e  beig  gledfen^  ©ulam  gefommen, 
ol«  mel^rcre  au^  bem  Ruq^  in  einem  9Jufegarten  (6,  11  f.)  ein  reigenbe^  3Jläbc^en  in  toon« 
nigeg  Sntgüdfen  t)erfunfen  fanben.    Dbtoo^l  öon  ben  3^^*9^^^  '^^"^   be^anbelt   unb  gum  40 
§üten  eine^  na^en  2Beinbergg  angel^alten  (l,  6),  geic^nete  fie  fic^  burc^  feltene  Slnmut 
au6,  foba^  ber  Äönig  fte  für  feinen  §arem  gu  gewinnen  ioünfc^tc.  Sei  i^rem  ßufömmens 
treffen  bafelbft  f))ielt  fic^  bie  erfte  ©gene  ab  1,  Iff.,  n?obei  fid^  ergiebt,  ba^  fie  i^r  §erg 
bereite  an  einen  Wirten  (1,  7;  6,  2  u.  a.)   il^rer  §eimat  toerfc^enft   ^at,  bem    fie   uner» 
f^^ütterlic^   treu   bleibt   tro^  aller  Sodfungen  bcg  ftönigsJ  unb   feiner  Umgebung.     2)iefer  46 
Äonpitt  fteigert  ftc^  im  Saufe  be^  Siebet  immer  me^r,    je   eifriger  unb  ungebulbiger  ber 
Äönig  in  feinen  ^ulbigungcn  ioirb.  SBä^renb  er  fte  beftngt,  antwortet  fie  mit  3lnj)reifungen 
il^re«  ©eliebten  (Tn)  unb  berfinft  babei  in   einen  3wftanb  ber  Siebe^efftafe,   in  toeld^em 
ein  2ßeib  unantaftbar  geloefen  fei  (2,  7 ;   3,  5 ;   ögl.  8,  4).    3n  folc^er  ßrregt^eit  be« 
©emüt«  glaubt  fte  ben  Siebften  gu  feigen  unb  feine  feorte  gu  oernel^men  (2,  8  ff. ;  3, 1  ff. ;  60 
4,  7  ff . ;  5,  2  ff.) ;  fie  fud^t  i^n  auc^  im  S^raume  in  ben  ©äffen  3;^olemg,  big  fte  i^n 
finbet.    (©tatt   ber  SSiftonen   läfet  Öttli  ben  2)ic^ter  1,  7  f.    15—17   in  3h)ifc^enf))ielen 
©genen  aug  bem  Vorleben  ber  ©ulammit^   toorfül^ren,   ioä^renb  2,  8—17   ber  ©eliebte 
ioirllic^  brausen  fte^e,  unb  fte  ben  ßwfc^owem,  bie  il^n  nid)t  fe^en,  feine  SBorte  melbe.) 
©einen  §öl^ei5unft  erreid^t  ber  SBiberftreit,  ate  ©alomo,  ber  burc^au«  i^re  ©unft  ertoerben  65 
mikl^te.  gu  biefem  3*ü^cfe  bag  ©rö|te  t^ut  unb  i^r  ben  Sl^ron   anbietet.    Site  t)ollbered^s 
liflle  5tönigin  fü^rt  er  am  §od^geittage  bie  ©ulamäerin  in  bie  §auptftabt  ein.    Slttein 
auc^  biejer  SSerfud^  fd^lägt  grünblid^   fe^l,   inbem  auc^   an  felbigem  ^ge  i^re  äSifwnen 
toieberfe^ren  (noc^Dttli  bie  Sraut  ben  Äönig  burd^  ©{^loeigen  abfertigt  unb  fic^  öon 
4,  8  an  toterer  taiMäf  «nt.tta»^  (Bcltebten  unterhält).    2)er  Jtftnig  nimmt  barauf  noc^  oo 
8l(at*«nc)»noWIUe  fir  •—-^-JÄ^-fc^    \  «.  vm.  -^  i  .  .  -  -- 


258  ^o^ed  Sieb 

einen  legten  Stniauf  unb  öerfud^t  fte  burd^  bte  ©eioalt  be^  bejaubemben  SBorte^  ju  0C= 
n)inncn  (6,  4  ff.).  SHIem  ha  il^r^etmtoel^  immer  unbejtoinölid^er  n)irb,  öerjid^tet  er  ^oc^= 
l^ig  auf  il^ren  Seft^  unb  lä^t  fie  im  grieben  gielj^en.  gm  legten  Slft  fe|ien  h)ir  fie, 
freigelDorben,  mit  i^rem  ^eunbe  ber  Äeimat  gutoanbem,  too  ber  Siebe^bunb  beftegelt 
ötotrb.  35ie  9Koral  beö  ©tüde^  ift  8,  6  f.  au^ef^jrod^en :  bie  Siebe  ift  unbejiDinglic^,  un= 
au^löfc^lic^,  mit  allem  ©olbe  nic^t  ju  laufen.    S)te  freie,  treue  Siebe  ftegt! 

®ö  lä^t  fid^  nic^t  leugnen,  ba^  biefe  ^\)potf)^t,  nai}  toelc^er  bie  am  ©djilu^  gegebene 
Seigre  an  einer  in  bramatifd^em  ^ortfc^ritt  vorgeführten,  öielleid^t  nic^t  rein  erbi^teten 
Gegebenheit  aud  bem  Seben  bed  ))ra(^tliebenben  @a(omo   Deranfd^aulid^t  n>äre,  ))ie(  ©e^ 

10  toinnenbe^  Ij^at  unb  manche  Snftö^e  bejeitigt.  2ßie  lie^e  f\d)  bie  fc^lid^te,  leidste,  unge= 
jtoungene  ©rfc^einung  unb  Haltung  be^  ®eliebten  ate  eineö^irten  (1,7;  2,  8 ff.;  5, 2 ff.; 
8,  14)  beulen,  toenn  biefer  ni(^t  eine  öom  Äönig  unterfd^iebene  5Perfon  fein  foHte't'  i)ie 
am  ©dS^Iuffe  fo  t)affenb  au^gefjjrod^ene  moralifd^e  SBa^rl^eit  toürbe  ba^  ©anü  tro^  be^ 
Reitern  %om^  feiner  Stellung  im  Äanon  nid^t  Am  untoürbig   erfd^einen   laffen,   obtooF^I 

16  bie  Allegorie  babei  laum  etloa^  ju  t^un  fänbe.  SOBie  ba^  tugenbfame  6l^en?eib  {Bpvüdfc 
©a  31)  l^ätte  auc^  bie  ftanb^aft  treue  S3raut  il^r  ßl^^renbenlmal  in  ber  ^eiligen  ©d^rift. 
3)ennod^  erh)eift  ftd^  biefe  noc^  immer  beliebte  äluffaffung  bei  näherer  Unlerfu(^ung  nid^t 
ftic^fcft.  Segen  fte  entfdfieibet  unfere«  (Srac^teng  fc^on  folgenber  Umftanb:  3,  6—5,  1 
toirb  bie  eigentlid^e  lömglid^e  §odj|jeitfeier  befd^rieben,  toel^e  bamit  enbet,  bafe  ber  gfüdf- 

20  lic^e  Sräutigam  t)oDe  Sefriebigung  aä  feinet  Segel^ren«  erlangt  ^u  l^aben  öerftd^ert.  5B$enn 
überhaupt  biefe  §od^jeit  bei  jener  Slnna^me  ber  9Ritbeh>erbung  be^  ©c^äfer«  eine  ^oc^- 
tragifd^e  ^ätte  toerben  muffen,  h)orauf  feine  ©übe  beutet,  inbem  nic^t  einmal  bie  ^ier  be^ 
fonber«  ern?ünfc^te  Siebe^obnmad^t  eintritt,  fo  U)irb  burc^  bie  I^tenSßorte  ber©ulammitb 
(4,  16)  ber  ganje  f^öne  SBal^n  t)on  ber  ©tanbl^aftigleit  ber  §irtenbraut  gegen  benÄönig 

25  entjtDeigeriffen.  ©erabe  bei  biefer  ^Partie,  too  ba«  Siebe^öerJ^ältni«  in  ber  .öoc^geit  feine 
loniretefte  ©eftalt  getoinnt,  finb  benn  auc^  bie  SBertreter  ber  §irtenl^^t)ot^efe  ratio«. 
Stoalb  lä^t  4,  8  ff.  ))lö$Kd^  ben  ^irten  reben,  ba  berÄönig  mit  benSOBorten  2}§.  6  unb  7 
abgetreten  fei.  3)a  jebe  ©t)ur  biefe«  ^ßerfonentoed^fetö  mangelt,  fielet  er  fic^  t)eranlafet, 
l^ier  jn)ei  3^en  einjufd^alten  (©ie^  ba,  mein  Sieber,  fte^,  ba  fommt  er!    ^'^rdji  toie  er 

90  mir  fagt  feine  2öorte  I).  Slbgefel^en  baöon,  baft  ba«  abtreten  ©alomo«  mit  m.  6  unb  7 
gerabeju  broDig  toäre,  ift  bie  3^^«I"«0  jiDifd^en  jtoei  Sieb^aber,  beren  jeber  al«  35räu= 
txgam  erf(^iene,  l^^ier  einfad^  unmöglich.  2Bie  ungereimt  toäre  j|.  S.  5,  1  al«  Sebe  be« 
nur  in  ber  5ß^antafie  ber  35raut  ober  in  SBirlHc^leit  antoefenben  greunbe«!  $i^ig  f^at 
an  aflbem  fo   fel^r  3lnfto|  genommen,  ba^  er  ©alomo   gar  nid^t  mit  ber  §elbin    be« 

36  ©tücfe«  ftd^  toermä^len  lä^t  (toelc^er  il^r  §reunb  nur  einzelne  SOBorte  3J«.  8.  1 1  ^urufe), 
fonbem  mit  einer  S^nifalemerin;  e«  toerbe  l^ier  bie  gefe^Kc^e  Siebe  gefc^ilbert,  toelc^e  auf 
§eirat  auslaufe,  im  ®egenfa§  jur  finblic^  reinen  ©ulammit^  unb  ber  fmnlid^en  unreinen 
ju  einem  Äeb«toeibe  (7,  2  ff.).  ©tidEel  lä^t  unoermittelt  ein  jtoeite«  Siebe^paar  (§irt  unb 
§irtin)   auftreten  unb  ^od^^Ät   galten  4,  7—5,  1.    Sei  Srufton  feiert  ©alomo  3,  6  ff. 

40  mit  einer  neuen  ^rinjeffm  ^od^jeit,  um  aföbalb  feine  SBerbungen  um  bie  junge  ^^rae^ 
litin  fortjufe^enl  —  ßntfc^eibenb  bünft  un«  aber  auc^  8,  11  f.  too  bie  ©ulammit^  mit 
SBorten,  bie  ni(^t  beutlidber  fein  tonnten,  fw^  felbft,  i^re  eigene  5ßerfon  (i^ren  eigenen 
3Beinberg)  ganj  unb  Doli  bem  ©alomo  juf})ri(^t  unb  nur  einen  befc^eibenen  So^n  für 
il^re  §üter,  il^re  Srüber,  au«bebingt,  toofür  fte  fid^  auf  ben  fonft  toon  ©alomo  befolgten 

46  billigen  Sraud^  beruft,  ©o  mannigfadji  an  biefer  ©teile  erflärt  toorben  ift,  um  bem 
Haren  ©inn  be«  SEBortlaute«  gu  entgegen,  fo  l^at  fuj^  noc^  feine  anbere  erträglid^e  Slu«- 
legung  gefunben.  2)a^  bie  3"*^^"^wng  eine«  Vorteil«  an  bie  Srüber  „garftiger  SRe^jo- 
tt«mu«"  nac^  Slrt  toon  3<^f  22, 24  f.  toäre  (Öttli)  Vermögen  toir  ntd^t  einjufe^en.  SJielmel^r 
betoeift  bie  er^öl^te  ©ulammit^  bamit   fc^toefterlic^e  Ireue,  toenn  fie  nic^t  öergi^,   ben 

60  Äönig  an  eine  ©c^ulbigteit  ju  mal^nen,  beren  Slnerfennung  man  bei  ber  ^eirat  einer 
eßbaren  gunßf'^^u  nid^t  toertoeigerte.  —  3)er  ganje  5ßragmatx«mu«,  ben  ßtoalb  au«  ent- 
legenen SSerfen  jufammenfe^t,  crfd^eint  burc^  biefe  ju  toenig  geftü^t.  6,  Uff.  foH  erft 
bie  entfü^rung«gef(^id^te  erjäl^lt  fein,  toelc^e  bie  ganje  SSertoidcelung  jur  ^olge  l^atte. 
aber  ba«  „§inabfteigen  jum  ©arten"   ift  bemfelben  Slu«brudf  33«.  2   ju  na^e,  al«  baft 

66  man  nic^t  aud^  babei  an  bie  Umgebung  ber  Äönig«burg  benfen  follte,  jumal  ba«  un= 
mittelbar  barauffolgenbe  „Äe^re  toieberl"  bod^  tool^l  auf  biefe  für  je  Entfernung  ftc^  be^ 
jie^t.  3)ie  SBorte  i-'^'^n  ^b^in  •':«-nn  i,  4  ftel^en  bem  T"""^'^  "-'«o"-  parattel  al«  \)\fpd'^ 
tl^etifc^er  SBunfc^fa^,  bagegen  al«  Älage  ber  gefangenen  ©ulammitl^  fmb  fte  im  Äontejt 
nic^t  ju  gebrauchen.    2)er  Äebröer«  2,  7  bebeutet  fidler  nic^t,  bie  ^auen  foHen  in  i^r 

60  feine  Siebe  gu  einem  anbem  mannt  erregen,  bi«  baft  e«  i^  gefalle  (I),  fonbem,  fie  foHen 


^üfft»  £teb  259 

jte  ungeftört  laffcn  in  il^rcm  n)onnigcn  Siebe^enu^.  ©abutd^,  ba^  Stoalb  btc  Srfd^einuna 
be«  geliebten  ©c^äfer«  bi«  jur  legten  ©jene,  too  er  nur  8,  13  ju  fjjred^en  ^ot,  in  Si* 
fionen  unba:räume  öerlegt,  mutet  er  nn^  toeniQften«  nid^t  ju,  ba§  Unmögliche  ju  fd^auen, 
toie  onbere  (am  fraffeften  SSöttc^er),  toeld^e  bie  2iebe«fjenen  be«  ^irtenj^aare«  unbebenÄic^ 
in  ber  nöd^ften  Umgebung  bed  ^nigd,  \a  t>ox  feinen  älugen  ftd^  abft)ie(en  Iaf(en.  3(IIein  5 
obgefel^en  batoon,  bafe  bie  e^rentJoHe  §eiml^oIung  ber  Srout  3,  6  ff.  mit  ü^rer  ©efongen« 
fc^ft  in  Serufalem  mä)t  ftimmt,  bemimmt  man  merftoürbigertoeife  öon  il^  burd^  ba« 
ganje  Sieb  nid^t  einen  £aut  ber  5tlage  über  ben  S'^anQ  ü^rer  Soge,  toie  bod^  unbebingt 
ui  ertüarten  \t>äxt,  toielmei^r  lauter  Siebe^ergüffe,  toelc^e  berart  pnb,  bafe  ©olomo  fie  auf 
fid^  bejie^en  mufete.  2luf  feine SWinnegefänge  anttoortet  fte  nid^tmtnber  ;iärtlic^  (1, 15 ff.;  lo 
2,  2  f.  u.  f.  to.),  unb  bafe  fte  i^rc  Stnrebe  allemal  an  einen  abn)efenben  gerietet  ^abe, 
löme  nad^  bem  äBortlaut,  in  tDeld^em  fte  ftc^  gan)  bem  SÜ^^tl^mud  ©alomod  anfd^miegt, 
niemonbem  ui  @inn.  Snblid^  fei  ertDÖl^nt,  bai^  bie  ftiliftifc^en  ®rünbe,  toeld^e  man  etloa 
für  jene  Slnpc^t  geltenb  mad^t,  l^ik^ft  fubieftiDer  Statur  fmb.  SEBol^l  geben  ftd^  Äönig, 
^offrauen  unb  2öinj|erin  aud^  burc^  bie  äußere  gorm  ber  Siebe  ju  erlennen ;  aber  ba^  i6 
toon  bem  fc^toülftig  rebenben  ©olomo  fij^  ber  fc^lid^te  §irte  bur^  bie  ßinfac^l^eit  feiner 
©tjrad^e  unterfc^eibe,  trifft  nic^t  ju.  2Bo  ft)räc^e  ©alomo  „]d)toiä\AQtt"  ate  ber  Dermeints 
lic^e  §irte  4,  14 ff.!  I)ie  Sebenlen  gegen  bad  ©c^äferbrama  fc^einen  uni^  nad^  bem 
obigen  getpid^tiger,  atö  bie  gegen  bie  trabitioneHe  Slnftc^t  tjon  ber  toec^felfeitigen  Siebe 
©olomo^  unb  ber  ©ulammit^  erhobenen,  auf  beren  ^ufammenge^örigteit  fid^erlid^  fAon  20 
ber  9lame  ber  le^teren  anfj)ielt,  mag  er  immerhin  Dom  gleden  @ulem=©unem  abge* 
leitet  fein. 

3)iefe  SSebenfen  gegen  bie  §irten]^bj)otl^efe  ftnb  benn  aud^  in  le^ter  3^*  toieber  beffer 
getüürbigt  toorben.  vlnx  l^at  man  meift  an  beren  ©teile  bie  fc^on  Don  ^erber,  9leu^  u.  a. 
vertretene  Slnna^me  einer  unjufammenl^ängenben  änt^ologie  Don  i^oc^jeitiSliebern  gefegt.  25 
©0  Subbe,  ©iegfrieb  u.  a,,  toeld^e  in  ben  Mitteilungen  3.  ®.  aSe^ftein«  über  bie  §od^5 
jeit^fitten  im  l^eutigen  ©^rien  bie  Söfung  beg  Slätfete  finben.  Se^terer  1^  in  Saffian^ 
3eitfc^rift  für  (St^nologie  1873  einen  2luffa|  über  „bie  ft^rifd^e  3)refd^tafel"  Deröffentlid^t, 
Don  toelc^em  namentlich  ber  Sbfd^nitt  ©.  287—294  über  ,,bie  Xafel  in  ber  Äönig«« 
tooc^e"  in  Setrad^t  fommt.  Sgl.  auc^  ßbm®  1868,  105  f.  unb  SQBe^ftein«  Semerlungen  ao 
jum  $2  im  Äomm.  3)cli^fd^«  (1875)  ©.  162  ff.  Da«  uralte  Sirefc^gerät,  ani  fioü  Dom 
fc^littenartig  auftoärt^ebogenen  ^laufen  beftel^enb,  toirb  unter  anberem  in  ber  §od^jeitd= 
n)odS^e  al«  ^^onft^  aufgefc^lagen,  auf  toeld^em  93räutigam  unb  99raut,  bie  loä^renb  ber 
7  3:age  ate  Äönig  unb  Königin  figurieren,  i^ren  S^ren})la$  einnehmen  unb  Don  too  fte 
bie  Vfmn  ju  S^ren  aufgeführten  ©J)iele  betrad^ten  unb  bie  ju  il^rem  5ßret«  gefungenen  86 
Sieber  anhören.  Unter  biefeit  Siebem  barf  ber  wa?!  nid^t  fehlen,  b.  i),  bie  rü^menbe 
©c|>ilberung  ber  ©d^ön^eit  Don  Sraut  unb  Sräutigam,  für  beren  Äomjjofttion  man  ben 
beften  3)id^ter  in  SlnfDruc^  nimmt,  beffen  man  l^abl^aft  loerben  fann.  3Sor  allem  ber 
©c^toerttanj,  beft  bie  Sraut  am  SSorabenb  ber  §od^jeit  ftngt,  mit  einem  ©c^ioerte  ben 
Sräutigam  abloel^nb,  giebt  ber  (Sefellfd^aft  Slnlafe,  i^re  Steije  ju  t)reifen ;  am  jloeiten  40 
3:ag  toirb  mit  me^r  3u'^*M^»8  bie  Dermä^lte  Äönigin  befungen.  —  9luö  biefen©itten 
toirb  nun  gefolgert,  bafe  n?ir  eö  mit  einer  einfachen  bäuerlid^en  ober  bürgerlichen  §od^jeit 
JU  t^un  ^aben,  bei  h)eld^er  ber  Sräutigam  ben  Äönig  fpielt,  fogar  ben  reid^en  Äönig 
©alomo,  ber  aber  nur  an  h)enigen  ©teilen  Dorfomme.  ©benfo  erfc^eine  bie  ©ulammit? 
nur  einmal  7,  1  unb  ^ei^e  fo  mit  änft)ielung  auf  älbifag  Don  ©unem,  ioeldiK  bie  fc^önfte  46 
in  S^rael  toar  (1  Äg  1,  3),  alfo  fo  Diel  ate  „fc^nfte  in  3«r."  aSgl.  fd^on  Äloftermann 
JU  b.  ©t.  unb  ©efc^ic^te  ©.  173.  3)en  ©c^loerttanj  berSraut,  bejto.  ben  baju  gel^örigen 
wapf  ^aben  toir  7,  2ff. ;  er  follte  freiließ  am  Slnfang  fte^en;  ber  am  ^loeiten  ^ag 
gefungene  „ma|Dollere"  wa?f  aiif  bie  (Sl^efrau  ftel^t  4,  1—6,  ber  auf  ben  |ungen  @^ 
mann  Ä.  5.  ^a«  ©anje  ift  ein  Sünbel  Don  Siri^em,  bie  feinen  anbern  3"iö'w*w^^ong  60 
unter  fid^  l^aben,  afe  bafe  fie  bie  e^elic^e  Siebe  beftngen,  audS>  finb  fte  in  Unorbnung  ge« 
raten.  33ubbe  unterfd^eibet  nid^t  toeniger  al«  23  fol^e  Sieber  ober  ^agmente  Don  Siebem, 
toö^rmb  ©iegfrieb  beren  nur  10  finbet. 

9luc^  mit  biefer  @rllämng  fc^eint  und  ba«  le^te  2Bort  nic^t  gef))rod^m.  Da^  bie 
@in^eitlic^{eit  be«  @anjen  fic^  ftarf  aufbrängt,  tourbe  am  @ingang  bemerlt.  Die  ^orm  66 
ber  Dichtung  ift  burd^toeg  fein  unb  jart  unb  läfet  bie  Seiftungen  ber  f^rifd^en  Drefc^tafeU 
bic^ter  toeit  hinter  ftd^  jurüc!.  9Kit  biefer  geinl^eit  fontraftiert  bie  einfädle  Sänblic^Ieit  ber 
©jenerie  mancher  ©tücfe.  Der  le^lem  loirb  man  nic^t  geredet  mit  ber  Sel^au^tung,  bie 
„lödj^ter  SerufalemiS"  feien  bie  loeiblid^c  §od^jeitgefellfc^aft,  bie  fo  l^ei^e,  loeil  bie  ^oc^jeit 
gerabe  in  Serufalem   fj)iele.    Der  ©egenfo^  jloifd^en  ben  ©täbterinnen   ober  J^ofbamm  eo 

17* 


260  ^o^ed  Sieb 

unb  bct  Äirtin  ift  jd^on  R.  1  n\d)i  ju  öcrfennen.  ßr  fommt  anbercrjcitd  barin  jumSSor- 
fc^cin,  ba|  bic  Oefeierte  t^ren  ©eliebten  afe  nn^Ni  ni:  pxz\\t  (5,  10;  tJftl.  SS«.  14),  toa« 
nac^  Älagcl.  4,  7  i^m  fürftlid^en  ©tanb  jujd^reibt,  toäl^rcnb  fie  fclbft  nad^  1,  5  f.  btc 
6j)uren  (anblicket  §erlunft  nid^t  verleugnen  fann.    2lte  „Königin"  erfc^eint  fte  nirgenb«, 

6  tood  bo(^  bei  ber  ^efc^tafel  ju  Verlangen  h)äre.  2)afe  bie  Von  aOäe^ftein  befannt  ge= 
mad^ten  ^odjijeitöbräu^e  unb  =2ieber  für  bie  ©rllärung  beö  ^2  Von  großer  SEBid^tigfeit 
fmb,  f}at  fd^on  granj  I)eK|fd^  rid^tig  erfannt.  ßr  fal(^  in  7,  2  ff.  bie  Säuberung  ber 
2^njenben  (vom  ©d^lvert  ift  übrigen«  ^ier  feine  Siebe!),  unb  bafe  bie  ^ebräif(^e  ©oc^jeit 
7  läge  bauerte,  jo  baft  Verjd^iebene  geftafte  Slaum  fanben,  bie   ol^ne  ein  ftreng  ein$eit= 

10  lid^e«  3)rama  au^gumac^en,  bo«  Bpkl  ber  SKinne,  ii)x  gcgenfeitige«  ©uc^en  unb  gilben 
gu  feiiger  ©emeinjc^aft,  immer  tvieber  vorführten,  l^aben  toir  fdjion  in  Stuflage  2  biefer 
®nc^Hoj)äbie  erinnert.  SOBir  fönnen  e«  un«  gefallen  laffen,  toenn  Subbe  jagt:  „2öir  be= 
ft^en  im  ^2  gleic^fam  ba«  S^ejtbud^  einer  J)aläftinifd^'i«raelitif(^en  §od^jcit".  Slber  biefe« 
lejtbuc^  ift  nid^t  eine  Sammlung  Von  ^irten-  unb  Sauemliebem,  obh)o^l  bie   jd^önften 

16  Volfötümlid^en  2iebn)eifen  barin  aufgenommen  ftnb,  fonbern  ein  Äunftgebid^t,  vielleicht  jur 
äuffü^ung  an  einer  beftimmten  §oc^jeit  enttoorfen,  toobei  man  tüo^I  im  Sräutigam  ben 
Jlönig  ©alomo,  in  ber  Sraut  feine  geliebte  ©ulamäerin  fd^auen  foÖte.  35enn  bie  S[}er= 
binbung  biefer  beiben  toirb  ^ier  na^  unferer  Meinung  bargeftellt,  toie  3)eli$fd5>  unb  ^öcfler 
im  toefentlicf^en  rid^tig  angenommen    boben.    ©er  reid^e  mächtige  Äönig   tä^t  fic^   ^ier 

ao  ^erab,  eine  fd^lid^te  ^oc^ter  feine«  SSolte«  gu  lieben  unb  giebt  t^r  ben  $rei«  vor  aller 
2iebe,,  toelc^e  fein  ^of  unb  §arem  il^m  boten  (bie  Von  Subbe  vorgefc^lagene  (Sinfcbiebung 
rrzbm  ftott  "-"  in  6, 8  muffen  toir  oblebnen).  35enn  fte  liebt  in  i^m  nidjit  Ven  Äönig 
unb  fuc^t  nic^t  ©innenluft  unb  ©enufe  be«  SReid^tum«,  fonbern  möd^te  nur  in  trauter 
§erjen«gemeinfd^aft  mit  il^m  fte^en,  al«  toäre  er  il^r  Sruber  unb  ^cunb  Vom  Stamme 

26  ber  Wirten  toie  fie  felbft.  Solche  2iebe  ift  um  fein  (Selb  ju  taufen  unb  ftarf  toie  ber 
3:ob.    3P  ^i^   länblid^e  Umgebung  (vgl.  g.  35.  6,  2  f.)  mel^r  bi^terifc^er  ©d^mucf  al« 

fjetreue  3!)arftellung  ber  SJerl^ältniffe  be«  liebenben  5ßaare«,  bann  lä^t  ftc^  auc^  4,  8  Ver^ 
teilen  unb  man  brandet  nic^t  mit  S3ubbe,  Siegfrieb  l^ier  gu  einer  feltfamen  ®loffe  3"- 
flud^t  gu  nehmen,    t^nlic^  Verbält  fid^«  mit  Partien  toie  2,8—3,  5;  5,2—8;  6,2u.ö.; 

aoebenfo  mit  bem  anmutigen  ©d^lu^  8,  13  f.,  ben  einige  Äritifer  unbebad^t  toegfd^affen 
möd(|ten. 

SBie  toir  ba«  2ieb  gu  verfte^en  ^aben,  belel^rt  un«  ber  le^te  Slft  felber.  ®«  ift  bic 
bräutlic^e  2iebe  mit  il^rem  ©eignen  unb  §offen,  il^rem  ©ud^en  unb  ^i^^^r  »^'^^  ®«t- 
täufc^ungen  unb  Überrafd^ungen,  mit   il^rer  feiigen  Eingebung  unb  ©elbftentfagung,  bie 

86  feufd^e  ^inne,  toeld^e  al«  @otte«flamme  nic^t«  unreine«  bulbet  unb  burd^  il^rc  3)ta(^t  aQe 
Äluft  ber  @rbe  übertoinbet,  toa«  un«  ^ier  in  feltener  aSollenbung  an  ben  beiben  ebelften 
33crtretem,  bie  ein  I)i(^ter  finben  fonnte,  bargeftellt  toirb.  tiefer  (Segenftanb  ift  an  fid^ 
ber  33ibel  nid^t  untoürbig,  gumal  ber  beutlic^e  ®egenfa$  gur  blog  finnlid^en,  unechten  2iebe 
(6,  8 f.;  8,  8 ff.)  bem  Oebic^t   eine  etl^^ifd^e  Sßirfung  ft(|ert.    Sine  gefünftelte  Slllegorie, 

40  toeld^e  bie  lebenbige  ^nfc^e  be«  ®angen  gerftören  mü^te,  brauchen  toir  alfo  nid^t  gu  fud^en. 
SQBöre  c«  nic^t  ^\üa^  §o^e«  unb  ®e^eimni«Volle«  um  bie  2iebe  ber  Sraut  gu  il^rem 
Sräutigam,  fo  fönnte  fie  nic^t  anber«too  in  ber  l^eil.  ©c^rift  al«  Slbbilb  be«  ^eiligften 
Serl^öltniffe«  vertoenbet  toerben.  aber  aUerbing«  gum  fanonifc^en  2iebe  ber  2ieber  toirb 
biefe«  2ieb  erft,  fomn  man  bie  eigentümliche  Sßürbe  be«  Äönig«  ertoägt.   Von  bem  e« 

46  l^onbett.  ©atomo  toar  fd^on  für  ba«  S3etoufetfein  feiner  ^Ät  toie  3)aVib  ber  ©cfalbte  be« 
Äerm,  ber  SReffta«,  ber  bem  33olfe  gegenüber  ben  unfid^tbaren  ^öc^ften  Äönig  vertrat 
^f  2,  7;  72;  45,  7 f.;  110,  1).  2Benn  nun  ein  folc^er Äönig,  toie  unfer a)id([ter,  einer 
Ueberlieferung  folgenb,  c«  barfteflte,  reinere,  ^eiligere  2iebe  fud^enb,  al«  er  fte  in  feinem 
§offtate  fanb,  ftd^  ^erablic^,  eine  fc^Iid^te  2)oc^ter  au«  bem  33olfe  gur  ^öd^ften  @bre  gu 

60  erl^eben,  toetl  fie  i^m  bie  toeiblic^e  2iebe  in  VoDfommener  Steinzeit  bot,  fo  toar  ba« 
öl^nlic^  toie  jene  ©od^geit  be«  SKeffta«,  bie  5ßfalm  45  befmgt,  ein  $ö^ej)unft  be«  ftd^itboren 
©otte«reic^c«,  ber  von  ber  9Jac^toelt  um  fo  mel^r  em^funben  toerben  mu^te,  je  me^r  man 
Von  ben  $roj)^eten  gelernt  ^attc,  bie  §errli4ifeit  jener  erften  Äönig«geit  in  verflörter 
SBeife  toieber  in  ber  3wfunft  gu  ertoarten  unb  auf  einen  neuen  2iebe«bunb  be«  §erm  mit 

66  feinem  3Solfe  gu  ^offen. 

Unfd^toer  fonnte  ftd^  bann  aud^  bie  3SorftelIung  bilben,  ©alomo  felber  fei  ber  Ser^ 
faffer  biefe«  von  il^m  l^anbelnben  2iebe«.  9loc^  neuere  ^aben  bafür  angefübrt  benSilber^ 
ret^tum  be«  2iebe«,  ber  namentlid^  aud^  au«  ber  5ßflangentoelt  gefd^ö^ft  ift'  (1  Äg  5, 13), 
bie  geogra))l^ifd^en  S9egtel(^ungen  au«  bem  gangen  folomonifc^en  S^eid^e  Vom  2ibanon  bi« 

eo  nac^  ©ngebi,  bie  fönigli^en  2ieb^ereten  (Stoffe,  ©arten,  Sauten),  bie  Serül^rungen  mit 


$oI|e9  Sieb  261 

?Pf  72  u.  a.,  toa«  trcfflid^  ju  ©alomo,  bcm  a)td^ter  öon  1005  Sicbem  (l  Äg  5, 12)  J)affe. 
SlBein  bic  im  Siebe  gefc^ilberte  ^erfon  unb  ^errlic^feit  ©alomo«  ift  öom  2)ic^ter  fid^tlic^ 
mit  bem  ^ntcreffe  be«  Jtünftlerg  öorgefü^rt;  fte  fte^t  i^m  jeitlic^  nic^t  aHjunal^e.  Um  fo 
ungelj^emmter  toar  et  in  ber  Senü^ung  ber  ^erfon  ber  ^ulamäerin,  öon  toelc^er  eine 
SSoIföfage  me^  erjöi^Ien  mod^te,  ate  unfer  fanonifc^e«  Äönig^bud^  berichtet.  2)ie  Bpxai)t  6 
^at  eigentümlichen  ß^aralter,  ba«  Heine  ©tüd  enthält  50—60  §(H>asIegomena:  tüenn 
üqrerilifc^,  Jo  mufe  e«  norbj)aIäftiniWen  Urfjjrung^  fein;  braucht  e^  bodjf  für  "^'4?^?  lonftant 
•'•0  ober  ^P  toa«  freiließ  fc^on  in  fe^r  alten  BtMtn  borlommt,  aber  auf  nörbtidSfe  S5oß«s 
ft)rad^e  beutet.  3"  fr^t  nad^ejilifd^er  3«it  tüurbe  e«  allgemeiner  gebraucht  unb  in  biefe 
fc^ieben  bie  meiften  steuern,  ®rä|  folgenb,  ba^  Sieb  ^inab :  "T'-sn  3,  9  fei  ba«  griec^.  10 
q)OQ€iov]  fte^c  aber  ©ai^ce,  Higher  Critism  *  ©.491  f.  toonac^  bafür  auc^  ein  aff^rifc^e^ 
aparn^  in  Setrac^t  fommt;  ot^c  4,  13  ate  J)erfifc^eg  2Bort  gehöre  tüie  ^rb  2,  5  bem 
jüngften  biblifc^en  ©c^rifttum  an  u.  f.  f.  SBeniger  SeifaH  ^ot  ®rä|  mit  ber  Se^au^)* 
tung  gefunben,  ba^  iai  Sieb  nic^t  nur  Kenntnis  gried^ifc^er  ©itten  benate,  fonbem  ge« 
robeju  üon  gried^ifc^en  Sb^Henbit^tem  (Sl^eofrit)  abhängig  fei.  Sn  boreEilifc^er  Slbfaffung  i6 
^t  Öttli  f^t;  eb.  ilönig  unb  ©tradf  beulen  an  bie  ^Ät  um  500;  bagegen  ge^en  in 
bie  majebonifc^sgried^ifc^e  l^inab  ©tobe,  Äau^fd^,  ßomill,  Subbe,  ©iegfrieb  (3.,  e^er 
2.  ^a^l^unbert)  u.  a.  Q^  lä^t  fic^  ni^t  leugnen,  ba^  bei  bore^Iifc^er  9(6faffung  bie 
oUegorifc^e  Umbeutung  unb  älufna^me  in  ben  Aanon  tt>eit  leichter  bentbar  tüären  al^  bei 
fo  junger  §erfunft.  Sei  ber  §irten]^^JJot^efe  jumol  f^cdtt  ja  ba«  SSerftänbni«  be«  Oe«  20 
bic^teg  erft  gänjlid^  öerloren  geben  muffen,  el^e  man  biefe^  antifalomonifc^e  3;enbenrftä(I 
ber  @t>^raimiten  in  ben  luböifd^en  Jtanon  aufnel^men  unb  i^m  gar  ©alomo  utm  SSerfaffer 
^ätte  geben  fönnen.  2lber  aud^  bei  ber  3)refc^tafet§i^J)otl^efe  ift  bie  ^o^z  Slugjeic^nung 
be^  Siebet  unb  feine  geiftlidfe  3)eutung  um  fo  fd^toerer  gu  erflären,  je  toeiter  man  feine 
gntfte^ung  l(;inabrüdft.  3Bie  fommt^,  baj  bie  ©c^riftgele^rten  auf  einmal  biefe  Sieber  25 
nid^t  me^r  lannten,  bie  angeblich  ungef%  bei  jeber  J)aläftinifd^en  §oc^jeit  gefungen 
tourben,  unb  ba^  Äönig^fj)iel  fo  grünblid^^  mi^erftanben,  ba^  boc^  big  auf  unfere  3^ 
ftetd  lanbe^üblid^  getoefen  fein  fott?  Sei  unferer  Srltörung  bagegen  machte  ba^  Sieb  bon 
k)om^erein  f)'6\)m  3lnft)rüd^e  unb  ift  bie  ^age  nac^  ber  @ntflel^ungggeit  für  bad  Serftänb^ 
ni«  eine  untergeorbnete.  ao 

Über  bie  toeitere  ©efd^ic^te  be«  ÄS  muffen  toir  un^  furj  faffen.  2lbotl^  be  Slabbi 
5Ratl^an  c.  1  berichtet,  bie  S93. 3Rifd^fe,  ©(^irs^©ci^irim  unb  Äol(;elet  feien  anfangt  cdpo- 
fr^j)|if(^  gehalten  toorben,  toeil  fie  tüeltlic^e  ?Poefien  entl(;ielten,  big  bie  3Känner  ber  großen 
Synagoge  fie  auflegten,  b.  ^.  einen  tieferen  ©inn  barin  nac^tüiefen.  3)od^  ift  biefe  floate 
nad^tolmubifd^e  5Rotij  o](;ne  ®etoic^t.  3lu«  ber  oben  angegebenen,  l(;iftorifc^  nic^t  unbe«  85 
grünbeten  meffianifc^en  9(uffaffung  enttoidelte  ftc^  ober  leicht  eine  ollegorifc^e  @rtlärung, 
meiere  ben  ©inn  bed  Siebet  bem  natürlichen  ß^f^^^^^^^^O  entfrembete  unb  in  eine 
^öl^ere  geiftlid^e  ©J)^äre  berlegte,  inbem  ber  ffiortlaut  nur  ate  fünftlic^e  §ülle  betrachtet 
unb  3^9  fü^  3^9  ^"^  berborgenen  äßa^r^eit  entbunben  tüurbe.  Um  fo  l^dl^er  ftieg  bie 
®^rfurc^t  bor  biefem  ge^eimnidboQen  Suc^e.  ®d  galt  ben  tolmubifc^en  ^uben,  fo  bem  40 
Stobbi  afiba  (geft.  135  n.  6^r.),  ber  ben  äu^ft^ruc^  tl^at,  bie  ganje  SBelt  fei  nid^t  fo 
Diel  tüert,  al^  ber  2^g,  too  ba^  Sieb  ber  Sieber  S^rael  gefc^enft  tourbe  (nac^  b.  ^abajim 
III,  5),  ate  bag  ^eiligfte  be^  Äanon«.  ©ie  geftatteten  nad^  bem  3^9"^^  ^^  Drigene« 
unb  §ieronVmu§  nic^t,  e«  t)or  bem  30.  Seben^jal^r  ju  lefen  (toie  aud^  bie  ©d^öjjfung^ 
gefcf^i^lte  unb  ba«  Sud^  ßgec^iel).  %üx  ba«  $S  emj)fa^l  ftd^  biefe  SSerorbnung  umfome|r,  46 
ba  eg  pnnlic^  mi^üerftanben  toerben  fonnte,  toie  benn  au^  biefem  ®runbe  nod^  im  2.  galbr* 
l^unbert  eimelne  jübifd^e  ©elel^rte  feine  §eiligleit  beftritten  ®ürft,  2)er  Sanon  beö  Sil 
noc^f  ben  Überl.  im  3iatmub  unb  aJlibrafcf^,  @.  84),  obtool^l  gum  minbeften  feit  ber  ©i^s 
nobe  bon  S^^n^^i^  (90 — 100  n.  6^r.)  im  allaemeinen  ber  ©a^  feftftanb,  ba|  ba«  Su^ 
bie  §änbe  verunreinige,  b.  1^.  heilig,  Ianonifc|  fei  unb  auc^  jene  ©^nobe  bamit  nic^t«  60 
neue«  aufgeteilt,  fonbern  bo«  Überlieferte  getoiffen  Singriffen  gegenüber  fanftioniert  l(;atte. 
—  3)a^  ber  SSerfaffer  ber  „2Bei  ©a"  im  §S  bie  Siebe  ©alomo«  jur  göttlichen  2Bei«l^ 
bargefteut  fanb,  lä^t  fidj^  au«  8,  2  nid^t  ft^er  ertoeifen.  ßine  anbere  Deutung  tüurbe  in 
ber  f^nagogalen  irabition  ](;errfc^enb:  ba«  SSer^ältni«  ®otte«  gu  ^^xad  tüerbe  im  §S 
gefc^ilbert  unb  xtoax  fo,  ba^  e«  ben  Serlauf  ber  ganzen  tl^eotratifc^en  ®efc^icbte  bi«  in«  66 
einzelne  abfj)iegle.  ©0  ber  für  bie  ^olgejeit  ma^ebenbe,  freiließ  felber  nad^talmubifc^e 
'3:argum,  ber  bie  ©c^idfole  S^rael«  bom  Slu«jug  au«  äg^J)ten  bi«  jur  fc^liefelid^en  ©r* 
löfung  au«  ber  ®etoalt  ber  SBeltreid^e  barin  niedergelegt  finbet,  il^m  nacf^  bie  Slabbinen, 
befonber«  Slafc^i  unb  3bn  ©«ra  (in  i^ren  Äommentaren),  bon  benen  ber  le^tere  bie  §anbs 
lung  be«  §S  fd^on  mit  Wrca^am  beginnen  lä^t.    SKaimonibe«  bagegen  (im  Moreh  Ne-  go 


262  ^9^t»  £teb 

vochim)  gc^t  öon  biefcr  ^iftorifd^soHeflorifd^en  jur  tn^fttfc^-aDegorifd^en  über,  inbem  er 
ben  fortlaufenben  ^aben  (jrei^ebenb,  mit)x  ani  einzelnen  ©teilen  Sic^tblidfe  in  ba^  aSer- 
](;äünte  be«  SKenfc^en  uim  ©öttUc^en  ju  getotnnen  fuc^t.  —  3"  ^^  d^riftltci^en  Äird^e 
tourbe  bie  oHegorifd^e  ferflärung  be«  Drigene«  ma^gebenb,  tüelc^er  in  jeinem  (grö^tenteili^ 

5  loerlorenen)  Äomntentar  bie  93raut  auf  bie  nac^  ber  Bereinigung  mit  bem  §erm  t)er- 
langenbe  ©emeinbe  ober  and)  ß^ftenfeele  bejog.  2)ie  ntorgenlänbifc^cn  unb  abenblän^ 
bijc^en  Äirc^enööter  folgten  i^m  batin.  38ereinfamt  ftelj^t  l^eobor  bon  3Jloj)juefte  mit 
feiner  älnnol^me  eine^  irbifc^en  Siebedliebe^,  meld^  il^m  (553)  ba^  9lnat](;ema  ber  Jlirc^e 
jujog.    ^m  3KitteIaIter  öerbleibt  e«  burd^au«  bei  ber  aUegorifd^en  6r!Iärung,  unb  gtoar 

10  bortoiegenb  bon  ber  unio  mystica  jtoifc^ttt  61(;riftu^  unb  ber  einzelnen  ©eele,  beren  tjer- 
fc^iebene  ©tufen  in  bem  Siebe  gefunben  toerben;  fo  in  ben  berü|mten  86  Sieben  Sem^ 
Iborb^  bon  Slairbau^  (nur  bid  3,  1  reic^enb).  ©eit  berSieformation  mad^te  biefe  t^oetifc^e 
aiuffajfung  einer  me^  berftanbe^mä^igen  $Ia|.  Sufl^er  felbp  finbet  in  bem  Siebe  einen 
Sobgefang,  „barinnen  ©alomo  ®ott  lobet  für  ben  ®e^orfam  ate  für  eine  ©otte^abe; 

15  benn  h>o  ®ott  nid^t  l(;aud^ölt  unb  felbft  regieret,  ba  ift  in  feinem  ©tonbe  toeber  Se^or^ 
fam  nod^  f^ebe;  too  aber  ®e^orfam  unb  gut  ^Regiment  ift,  ba  too^net  @ott  unb  htjfet 
unb  ^m^i  feine  liebe  Sraut  mit  feinem  SBBorte,  bai^  ift  feine«  3Runbe«  Äu^".  2)iefe 
{o}iale  3u«(egung,  ibeld^e  bom  ^euerbanf  beein^u^t  ift,  fyit  jjebod^  feine  äSerbreitung  ge^ 
funben.    Die  reformierte  5tir(^e  fc^lo^  ftd^  an  bie  äBeife  ber  alten  ©^nagoge  an  unb 

30  fanb  ben  ®ang  ber  Äird^engefdjfid^te  in  bem  Siebe  Jjrojjl^etifc^  abgebilbet,  f o  ßocceju«,  aber 
fd^on  9licolau0  be  S^a.  SSereinjelt  ift  im  16.  3ö^|w"k^  Vit  ^olemif  ©eb.  Saftellioe 
gegen  bie  fanonifc^e  SßJürbe  be«  $S.  Sgl.  barüber  ®.©täl^elirt,  ßalbin  I,  377  f.  ©J)äter 
^at  auc^  ®rotiu«  ein  Siebe«f^iel  jtoifc^en  ©alomo  unb  ber  ög^jcitifc^en  Jldnigdtoc^ter,  feiner 
©ema^lin,  barin  gefeiten,  toobei  er  immerhin  für  einen  aHegorifd^fen  ober  tvt)ifc^en  ©inn 

26  xwdf  dlaum  laffen  toill.  @rotifd^  faxten  e«  aud^  91.  ©imon  unb  Slericu«.  ^-  ^-^^^^ 
li«  in  ben  ätnmerfungen  ^u  Lowth,  De  sacra  poesi  Hebraeorum  (1758)  berftel(;t  e« 

'  gleid^faH«  aö  Sicbe«tieb  unb  jtoar  bon  fd^on  SSerel^elic^ten.  Sjjoc^emac^enb  toar  ber  ob 
aud^  gefd^adflo|e  3Serfuc^  3.  6.  g^lobi«  (1771;  äi^nlic^  Smmon  1780)  eine  anj)reifung 
ber  e^elic|>en  2^reue  barin  }u  erfennen,  inbem  er  eine  i^em3Kanne  an  ben  §of@ntfü^e 

80  ben  Sodhmgen  ©alomo«  ftanbl^aft  toiberfteJE^en  lö^t.  Ungefähr  gleic^jeitig  erfc^ien  ^.  ®. 
ßerber«  ©^rift  (f.  0.),  toorin  bie  natürlid^e  ©d^ön^eit  be«  Siebe«  toieber  ju  @^ren  ge^ 
brad^t  tourbe.  @inen  Kran)  bon  fittlic^  unfc^ulbigen,  ^arabiefe«buftigen  Siebe«liebem  fal^ 
er  barin  unb  \^d)xtz  bem  grob  finnlid^en  Unberftanb  h>ie  bem  übertrieben  geiftlid^en  SRi^^ 
berftanb.    2)er  ©treit  betoegte  fi^  toeiter^in  namentlich  um  bie  (Sin^eit,  toel^e  nac^  Berber 

86  bon  @id^l^om,  2)5t)fe,  3Ragnu«  u.  a.  in  Stbrebe  gefteUt  iourbe,  ioäl^renb  Umbreit,  @n>alb, 
Jlöfter,  ßirjel,  Söttc^er,  S.  SWeier,  §i|ig,  Slenan  u.  a.  für  bie  ©inl^^eit  unb  ben  brama= 
tifc^en  ©ang  be«  ®amen  in  bie  ©q^ranfen  traten  unb  gugleic^  ber  6ntfü^rung«I^V>>ot^e 
(boc^  mit  bem  Unterfc^ieb,  ba^  bie  (gntfü^e  nur  eine  Verliebte,  l^öcj^ftcn«  3Serlobte  fei) 
in  ber  loiffenfc^aftlic^en  Sitteratur  ba«  Übergeloic^t  berfc^afften.    ^n  geiftboHer  SBeife,  aber 

40  all)u  lünftlic^  ^at  ®obet  bie  ätllegorie  mit  ber  @toalbfd^en  9lu«legung  berbunben.  Doc^ 
auc^  SSerfec^ter  ber  StUegorie  auf  l(;ergebrac^ter  ©runblage  traten  auf  in  SRofenmüHer 
(1830),  D.  b.  ©erlad^,  §.  ä.  $al^n,  Äeil,  ^engftenberg,  S.  ©d^äfer  u.  a.  3tad^  beiben 
©eiten  l^in  bat  2)eli|f(^  fc^on  1851  ben  93ann  gebrod^en,  inbem  er  al«  ben  grammatifc^- 
biftorifc^en  ©inn  be«  ein^eitlid^en  ®anjen  bie  Siebe  ©alomo«  unb  ber  ®ulammit](;   er^ 

46  rannte,  biete  Siebe  aber  itac^  ber  gel(;eimni«bollen  etl^if^en  Xiefe  unb  t^j^ifc^en  93ebeutung 
auffajfen  ^ie^,  loeld^fe  auc^  bem  el^elic^en  Sunbe  eigen  ift.  „2)ie  3bee  ber  @^e  ift  bie 
Sbee  be«  §S.  2)a«  ajl^fterium  ber  ß^e  ift  ba«  SW^fterium  be«  §S."  3^m  folgte  im 
tpefentlic^en  ^ödlzt.  ätud^  bie  obige  Darlegung  fül^rt  )u  bemfelben  Srgebni«.  9tur  möci^ten 
toir  betonen,  ba^  nic^t  bie  6^e  al«  bauernber  Sunb  unb  ©tanb  ©egenftanb  be«  Siebe« 

60  ift,  fonbem  bie  bräutlic^e,   f)oi)i^xHxä)t  Siebe,  toelc^e   in  ber   e^elic^en  ^Bereinigung   i^ren 

tö^es  unb^ielpunft  finbet.  Sluc^  5,  2  ff.  folgen  nid^t  ©jenen  ani  bem  nac^l^oc^jeitlic^en 
beleben  (bortibergelj^enbe  Trübungen  be«felben  u.  f.  h).),  fonbem  ba«  SBerben  um  bie 
Siebe,  ba«  ©uc^en  ber  SWinne  loirb  auf«  neue  bargeftellt,  bi«  im  legten  Slft  ber  93unb 
enbgiltig  befiegelt  toirb.    Die  legten  ©jenen  laffen  feinen  ^to^iUi  barüber,  ba|  fte   noc^ 

55  mit  bem  äbjcplufe  be«  3;rauung«bunbe«  in  naiver  Sejie^ung  fte^en.  —  2tn  biefe  ^üMpU 
ibee  ber  nac^  bouer  feiiger  äSereinigung  mit  bem  ©eliebten  berlangenben  unb  ringenben 
Siebe  ^at  man  fic^  aud^  ju  galten,  toenn  man  bon  ber  neuteftamentlid^en  ©rfenntni«  au«* 
gejj^enb,  bie  c^riftlic^e  ©el^nfud^t  unb  Siebe«mü^e  in  bie  gorm  be«  $o^enliebe«  fleiben 
ibiiOl,  loa«  nid^t  ©ac^e  be«  äi[u«leger«  fonbem  be«  c^riftlid^en  Dichter«  ift.    @o  getpi^  ber 

tx)  SReffta«  ber  babibifd^^falomonifc^en  3^   ^i^  ^^  ^^4  ^^t  betpu^ter,  bod^  gottgetbodter 


$o^ei»  £ieb  ^oUanb,  Krc^lic^e  Statiftif  263 

%\fp\x^  be«  toal^ren  3Kcffta«  unb  bos^  SBerl^ältnte  ber  93raut  jum  Sräutigam  ein  fold^er 
auf  ba«  aSer^ältni«  ber  ©emcinbe  gu  ßj^nfto  tft,  ](;at  btefe«  Seftrcben  jeine  innere  Scred^^ 
tigung.  2)od5>  borf  man  babei  ben  ßingel^eiten  be«  Siebe«,  bie  nic^t  auf  biefe  ^öl^ere 
2)eutun0  berechnet  jtnb,  nic^t  ©etoalt  antl^un,  noc^  auc^  k)er0ef[en,  bag  folc^e  göttlid^e 
3Kinne  getüei^^ten  ©inn  beim  Sänger  unb  auc^  bei  ben  §örem  erforbert.  i)a«  „Sieb  ber  6 
Sieber"  gehört  nid^t  me^r  in  ben  sBor^of,  fonbem  hinter  benSBorl^ang  be«  äüerl^eiligften. 

ti.  Dretti. 

^oI|Ua4  ^.  $*  ^.,  Sarott  f.  ^ei^mui^  93b  IV  @.  554, 4?  ff. 

£»onatlb,   Äirc^lic^e  ©tatiftil.  —    Duelle«:  M.  W.  L.  van  Alphen,  Nieuw 
Kerkelijk  Handboek,  jaargaDgen    1878—1899;  Uitkomsten   der  Zevende    ticnjaarlijkßche  lo 
Volkstelling  in  het  Koninkrijk  der  Nederlanden.   's  Gravenhage  1891  —  1893;  Dr.  J.  H. 
Gunning  J.  H.  z.,   Het  Protestantsche  Nederland   onzer  dagen,   iiit  een   kerkelijk-gods- 
dienstig  oogpunt  beschouwd  en  historisch  toegelicht,  Groningen,  Wolters  1889. 

^ür  bie  firc^Iic^e  ©tatiftif  be«  an  lirc^Iid^en  Denominationen  überreichen  Äönigreic^e« 
ber  5RieberIanbe  pnbet  man  bie  unentbel^rUci^en  3lngaben  in  ben  „2lu«fünften  ber  je^n*  is 
jöl^rigen  SSoIföjä^Iungen".  3)iefe  aSoIföjäl^Iungen  h^erben  feit  bem  3<^re  1829,  am  6nbe 
jebe«  2)ejennium«  —  in  ben  legten  3)ejennien  am  31.  35ejember  — -  bom  Staate  t)er= 
axda^t  aBietool^I  alfo  am  l.  Januar  1899  fic^  biegal^I  ber  einiüol^ner  ^oDanb«  auf 
5084976  belief,  beruht  bie  ^ier  gegebene  ftatiftif^eÜberftdSft  (1.  ^uguft  1899  abgefc^Ioff^^^ 
auf  bem  Slefultat  ber  legten  je^njjöbrigen  SSofejä^Iung,  in  b.  3-  1891  ««^  1892  öer^  20 
öffentUc^t,  cd^  §oDanb  4511415  (Sintoo^ner  jä^lte. 

SSor  bem  S^^re  1829  fel^^len  bie  Slngaben  für  eine  genaue  firc^Iic^e  ©tatiftil  bon 
^oUanb.  ^m  ^a^re  1623  fc^ä^e  ber  at>oftoIif(^e  9Si!ar  bie  Slnjal^I  ber  9li)mifc^=Äat^o= 
lifc^en  in  ^ottanb  auf  400  000 ;  im  ^ja^re  1701  berechnete  ^obbe  i^re^ai^l  auf  333  000, 
bo(^  finb  beibe  ä(ngaben  ju  global,  um  eine  genaue  ©tatiftil  barauf  ju  bauen.  25 

3in  bem  "^cä^xt  1810  gcib  Äaifer  5Raj)oIeon,  ber  fid^  fel^r  für  bie  ©tatiftif  intereffiertc, 
@ogeI  unb  b'älH^^onfe  ben  Auftrag,  einen  Serid^t  über  bie  Sejc^affenl^eit  be«  öon  il^m 
^anfreic^  jugefügten  ^oDanb  ju  öerfaffen.  3)emjufoIge  tourbe  ein  au^fü^rlic^er  9laj)i)ort 
über  ba^  Sa^r  1810  eingereicht  unb  bem  franjöftfc^en  SWinifter  be«  gnnem  burd^  ben 
Saron  b'^Ipl^onje,  ^"^^'^önt  be^  3"^^^  ^"  ^oDanb,  vorgelegt,  ^n  biefem  Slo^jjort  so 
hmrben  auc^  bie  fird^Iidjien  9tngelegen^eiten  ^oBanb«  bel^anbelt.  2)a  bie  ©renjen  §oDanb« 
nic^t  ganj  biefelben  h>aren  aU  bie  ie^igen,  ba  bie  faft  gam  römifc^-Iatl^olifc^e  $rok)in2 
Simburg  feWte,  unb  bie  Slemonftranten  j.  8.  nid^t  befonoer«  gejäl^It  tourben,  bilbet 
auc^  biefcr  9laj)i)ort  leinen  feften  3lu^ang«j)unft  für  SSergleic^ung.  2)iefem  9laj)j)ort  ent- 
legnen toir  folgenbe  50litteilungen:  35 

SCotal  ber  93et)ötterung :  1727918. 

i^on  biefen: 

Steform.       Suti^.        2:aufgef.        9töm.»Äat^.       ^u\>m 
1128  804     156119        31158  374856  36981 

äUfo  ))ro2entmä^ig  bered^net:  40 

65.3''/o  9^'o  1.9^  21.7"/o  2.r,o. 

Dienftt^uenbe  ©eiftlic^e: 

1360  193  160  408. 

gür  biefe  ©eiftlid^en  bom  Staate  bejal^Ite  Sefolbung: 

1635628  frs.         16985  frs.  14280  frs.  45 

^r  ben  Äultu^  t)om  ©taate  bejal^It: 

3202235  frs.   361001  frs.    476069  frs. 

^ür  ben  Aultu^  aud  tirc^Iic^en  ^ribatfonben  beja^lt : 

Don  ben  Sfroteftanten :  428298  frs., 

t)on  ben  Äat^oUIen:       193321  frs.  50 

3)ie  3SoIf^jäl^Iungen  t)on  1829  unb  1839  Ratten,  in  Sejug  auf  bie  Steligion,  nur 
bie  Slubrilen  ^roteftanten,  Äat^oMen  unb  ^uben,  toöl^renb  biejenigen,  bie  fid^  unter  leiner 
bon  jenen  Slubrifen  angegeben  l^atten,  in  Seuig  auf  i^r  ©lauben^belenntni«  jufammen= 
gefa^  iüurben  unter  bie  Benennung  unbelannt.  93ei  ben  fj)äteren  35oIföjäl^Iungen 
lourbe  immer  me^r  bie  än^el^örigfeit  ju  berfc^iebenen  auc^  Heineren  Äirc^engenoffenfc^aften  55 
tu«  äuge  gefaxt.  Slffmä^hc^  iüurbe  aljo  bie  Benennung  unbelannt  bie  Sejeid^nung 
berer,  bie  ate  feiner  Äirdbengenofjenfd^aft  angel^örenb  angefe^en  ju  toerben  iüünfd^ten,  unb 
fp  nmmn  jie  aud^  bie  aSolwjäl^iungen  bon  1879  unb  1898. 


264 


.^oUanb,  ftrd^Iic^e  Statifttt 


2)ic  3a^t  bcr  afö  unbclannt  SScrmcIbeten  betruö  auf  je  10 000  emtüol^ner: 
1829,  1839,  1849,  1859,  1869, 

12  11  5  12  15. 

SSJar  in  ber  erftcn  §älfte  bte|eg  ^a^r^unbcrt^  bte  anjol^I  beret,  bic  fid^  Iciner  Ätrd^cn- 
6  genoffenfd^aft  angel^örig  erlanntcn,  gering,  fo  t)eränbcrtc  fidff  biefe«  SBer^ältni^  fj)äter  bc- 
beutenb.  3)ie«  ^ing  iüol^I  jufammen  mit  bem  iüad&fcnben  3wjwg  nad^  ben  größeren  ©täbtcn, 
h)0  leine  öer^ältni^mä^ige  gw^i^^"^^  lird^Iic^er  ^rebiger  unb  SSorfte^er  ftottfanb  unb  too 
bie  Krc^Iid^e  ©intoirfung  abnoi^m.  ^m  ottgemeinen  finb  e^  bie  großem  ©täbte,  tüo  ftc^ 
bic  fetner  Äird^engenoffenfc^aft  Slnge^örenben  befinben.  2B%enb  bie  ganje  Seöölferung 
10  be«  Sanbe«  öon  1829  b\^  1879  mit  72"/o  aw^^l^w^^  ^^«^'^  f^^  ^i^  SSermel^rung  ber  ßin^ 
tüoi^ntt  in  ben  fo  eben  genannten  ^afyctn  j.  8.  in  §aag  auf  ITi^/o,  in  Slotterbam 
auf  179°/o,  in  äml^eim  fogar  auf  243 '/o. 

3)ie  SBoIfögäl(;Iung  Don  1889  gab  für  bie  ®lauben«belenntniffe  bie  folgenbe  ©tatiftif: 


15 


20 


25 


30 


35 


10 


I.  ^roteftanten:    "^on  biefen : 

a)  3lieberlänbifd[)e  ^Reformierte  (Hervormden): 
unb  jtoar:  5Rieberbeutfc^e 

©lieber  ber  franjöfifd^en  ober  toattonifd^en  ©emeinben 
?Pre«bi^terianer 
©d^otten 

b)  ©lieber  ber  ^Reformierten  (Gereformeerde)  Äird^en: 
unb  jtoar :  ßl^ftlic^e  Sieformierte  (Gereformeerden) 
Jlieberbeutfd^e  ^Reformierte  (Doleerenden) 

c)  Sutl^erifd^e : 

unb  ^ioar:  (St^angelifc^-Sutberifc^e 
2Bieber^ergeftettt=^®iV«geKfd^^£utl^erifd^e  ober  ältlutl^^erifd^e 

d)  Xaufgefinnte  ober  SRennoniten: 

e)  SRemonftranten  : 

f)  enttoeber  ge^örenb  ju  au^länbijd^en  j)roteftantifc^en  Äirc^en, 
ober  ju  Äird^en  öon  toeniger  fe[ter  Formation, 

d^ :  2)eutfd^-6t)angeKfc^e,  SngWaner,  §erml^uter  ober  ©lie- 
ber ber  (Söangelifd^en  (Moravische)  örübergemeinben,  3^- 
öingianer  ober  ©lieber  ber  a))oftoIifc^en  ©emeinben,  ©ar^ 
btoften  ober  ^tomout^brüber,  Sa^tiften,  ©iebentag«=S3ai)tiften, 
©lieber  be«  SSunbe«  ^eier  ßl^ftlid^er  ©emeinben,  ©lieber 
ber  et)angelifd^en  freien  ©emeinbe,  ©lieber  ber  greien  et)ans 
gelifdben  ©emeinbe,  ©lieber  ber  50Kfru)n«gemeinbe,  ©lieber 
ber  9?ieberlänbif(^en  Sleformierten  ajliffwn^emeinbe,  ält- 
reformierte,  ©lieber  ber  Sebeboerianifc^en  ©emeinben,  ©lieber 
ber  ^Reformierten  ©emeinben  unter  bem  Äreuje,  ©lieber  ber 
9tbgefc^iebenen  ^Reformierten  ©emeinbe,  ©lieber  ber  freien 
^roteftantifc^en  ©emeinbe. 

II.  Äatl^olilen: 

aSon  biefen:    a)  SRömifc^sÄotl^oIijc^e 

b)  ©lieber  ber  Sßtbifd^öflid^en  Älerefei 


2  743887 
2205644 


2194  649 

10299 

596 

100 

189251 
181017 

63  703 
20226 


370268 


83929 


53572 
14889 

15975 


1601 169 


1596182 
7  687 


45  III. 


IV. 


Suben: 
SSon  biefen: 


97324 


92254 
5078 


50 


55 


a)  Slieberlänbifd^e  ober  3)eutfc^e  3uben: 

b)  ^ortugieftfci^e  Qluben: 
3u  feiner  ©enoffenftf^aft  ©e^örenbe: 
^ür  bie  gö^I^^^^^Üniff^  ergeben  bie  SoIIi^jöl^Iungcn  bie  folgenben  SRefultate : 
muf  je  10000  einioo^ner: 

3"  feiner  Äirc^engenoffenfc^aft  ©c^örenbc: 


66  085 


im  ^afyc^ 
1829 
1839 
1849 
1859 
1869 
1879 
1889 


^roteft. 
5911 
5958 
5969 
6065 
6127 
6046 
6049 


Jlatl^ol. 
3899 
3848 
3834 
3730 
3668 
3602 
3556 


3uben 
178 
183 
192 
193 
190 
204 
215 


61 
294 


aifo  eine  attmäl^Iic^e  gunal^me  ber  ^roteftanten,  bi«  im  golSfre  1879  bei  biefen  8lb= 
60  nal^me  eintritt,  im  3ufammenl^ang  mit  ber  größeren  3#  b«  )tt  Imcs  fttec^engenoffens 


.^nOattb,  ftrc^Itd^e  (StatifKt  265 

fd^aft  ©el^örenben.   ßbcnfo  3unal(;mc  ber  3uben,  unb  baneben  aDmä^Kd^e  äbnal^mc  ber 
Snjal^l  ber  fCatl^oIüen. 

ffiö^renb  bag  ©efefe  bom  10.  6et)tcmber  1853  bie  Sluffic^t  be«  ©taate«  über  bie 
Airc^engenoffenfci^aften  nö|er  befttmmt  unb  bemfelben  nur  ba^  jus  circa  sacra,  ntc^t  ober 
ba^  jus  in  sacra  jufijric^t,  fo  erl^ebt  bie  ©taatöberfaffung  bom  ^af}Xi  1848  (rebU  6 
biert  1887),  tote  bte^  and)  btejentge  bom  ^^i^re  1815  fd^on  QtÜ)an  f}aät,  bie  feit  1796 
faltifd^  fd^on  befte^enbe  ©leic^bercd^tiaung  ber  Setenner  ber  berfd^iebenen  SReligionen  bor 
bem  ®efc^  jur  gefe^id^en  5Rorm.  Sirtifel  167  lautet  mmlx^  al\o:  „3*^  geniest  für 
ba«  93efenntni^  feiner  religiöfen  SKeinungen  bie  boDfte  ^eil^eit,  unter  Sorbel^alt  jeboc^, 
ba^  bie  bürgerliche  ©efeUfd^aft  unb  il^re  ©lieber  gegen  Übertretung  be«  ©trafgefe^ei^  ge«  lo 
fdjiü^t  bleibt,  älrtilel  168:  ,,äDe  Äird^engenoffenf(|aften  int  Staate  genießen  benfelben 
©(^u|".  Slrtilel  169 :  „3)ie  Selenner  ber  berfc^iebenen  Steligionen  genießen  oHe  biefelben 
bürgerlichen  Siechte  unb  \)abm  gletd^e  9lnft)rüc^e  bei  ber  ^erlei^ung  bon  Ämtern  unb 
aSürben." 

I)a^felbe  ©taat^runbgefe|  erlennt  aud^  ein  finanjieDe^  Sanb  jtoifc^en  bem  ©taate  is 
unb  ben  beiber@infül^rung  bei^®runbgefe^ed(1815)ftaatltd^  anerlannten 
Äirc^engenoff  enfd^aften  an.  I)iefe«  93anb  rü^rt  namentlid^  üon  ber  toä^enb  ber 
Sieformation,  fotoie  auc^  nac^  berfelben  ftattgefunbenen  ©äfulorifierung  fe^  beträchtlicher 
Äird^engüter  ^er.  Slrtilel  171  lautet  alfo:  „I)ie  Oe^älter,  ^Penfbnen  unb  anbere  Qm 
fünfte  irgenbtoelc^er  Slrt,  bie  biöl^er  bon  ben  berfd^iebenen  SReligion^gefeUfc^aften  ober» 
beren  ^rebigem  bejogen  tourben,  berbleiben  benfelben  aud^  femerl^in.  ^Denjenigen  ^re* 
bigem,  bie  bt^^er  no^  gar  fein  ®e^alt,  ober  ein  nic^t  audreid^enbed  belogen  \)cibm,  lann 
ein  ©el^alt  juerfannt,  ober  ba^  bereit«  belogene  aufgebeffert  toerben." 

3)iefe  ©taatgbeiträge  betrugen  im  3a^e  1898,  in  runben  ©ummen,  für  bie  TOeber« 
länbif^ie  Sieformierte  Äirc^e  1286000  ®ulben   (6  ®ulben  =  10  SRarf);   für  bie  2u«26 
ti^erifc^e  Äirc^e  53  000  ®ulben,    für  bie  a:aufgefinnten  ober  SRennoniten  19  000  ®ulben, 
für  bie  Slemonftranten   22  000  ®ulbcn,    für  bie  9lömifc^'-Äat^olifcf^en   565000  ®ulben, 
für  bie  aitbifd^öflic^e  Älerifei  12  000  ®ulben,   für  bie  ^uben  12  800  ®ulben. 

$at  ftc^  ba«  3^^I^"berl^äItni«  mit  SSegiel^ung  auf  ^roteftanten,  ^tl^olilen  unb  l^uben 
nur  toenig  geänbert,  ganj  anber«  ftel[^t  e«  um  bie  berfc^iebenen  Äirc^engenoffenfd^aften,  ao 
toelcf^e  jufammen  ben  )>roteftantifc^en  5Ramen  führen.  Seit  in  bem  nieberlänbifd^en  ^ro* 
teftanti^mu«  bie  ort^oboge  ©trömung  ftärfer  tourbe,  ertoeiterte  fic^  bie  ©^altung  unter 
ben  ^roteftanten.  (Über  bie  tl^eologifd^en  unb  lirc^lic^en  Setoegungen  im  nieberlönbifd^ 
^roteftanti^mu«  üergleid^e  meinen  Strtifel  2)a  6ofta  93b  IV,  ©.  401—407.)  93i«  in  ba« 
3al^r  1834  gel^örten  ungefähr  alle  ^roteftanten,  toeldj^e  leine  ® lieber  ber  fd^on  me^r  atöss 
jtoei  ober  brei  ^ia^t^unberte  beftel^enben  ®emeinben  t)on  Sutljierijd^en,  laufgefmnten  unb 
älemonftranten  toaren,  ju  ber  5Rieberlänbifc^en  Sieformierten  Äird^e.  De  facto,  toietoo^l 
nid^t  de  jure,  entftanb  in  jener  Hirc^e  immer  beutlid^er  größere  £e^rfreil(;eit.  2)a«  toieber* 
auflebenbe  fonfefftoneDe  Setou^tfein  ertoedfte  bei  3^^w*öufenben  ba«  Verlangen  nad^  einer 
Äird^engemeinf(^aft,  toorin  biefe  Sel^rfreil^eit  nic^t  gebulbet  tourbe.  2)ie«  berurfad^te  einen  40 
austritt  ivX  rechten  ©eite,  ber  ftc^  l^aii})tfäd^lic^  in  ben  ^jal^ren  1834  unb  1866  boDgog 
(pel^e  unten  ©.  269  „Sieformierte  Äirc^en).  2)em  gegenüber  gab  ^  2:aufenbe,  bie,  ba  fte 
jebtoeben  Äonflilt  mit  bem  Äonfejfionali^mu«  ju  bermeiben  toünfd^ten,  eine  Äirc^engemein^ 
fc^aft  »erlangten,  toeld^e  bie  Sel^rfreibeit  nid^t  nur  de  facto,  fonbem  auc^  de  jure  atu 
ernannte.  2)a^er  ein  austritt  jur  liitfen  ©eite,  toeld^er  i.  3.  1878  ^ur  Segrünbung  ber  46 
^Jreien  ®emeinbe  in  Slmfterbam  führte,  je^t  ungefähr  1400  ©lieber  jä^lenb,  toä^renb 
bie  meiften  Slu^tretenben  ftc^  ben  Slemonftranten  —  einige  auc^  ben  S^aufgefinnten  — 
anfc^loffen,  beren  Äirc^engenoffenfc^aft  immer  me^r  alle  lonfeffioneHen  ^rinjijjien  jur  ©eite 
fteÜte  unb  burc^  ben  Ruixltt  bieler  bebeutenb  an  ®lieberjal^l  junal^m. 

3)ie  folgenbe  %abzüc,   toobei  bie  Heineren  unb  toenig  bariierenben  Äreife  aujer  ac^t  w 
gelaffen  finb,  beranfc^aulic^t  biefe  SJerfd^iebung  bei  ben  ^roteftanten. 

3luf  je  10000  eintool^ner  toaren: 

^^^-       Zt?;        3le.         2auf.      e^riftLSlef.      Äf '  ^^l' 
Sut^.      ^-g;      monftr.        gef.^  (Geref.)  ^       Öden?"  55 

176  29 

165  30 

161  29 

154  25 

141  45  33  119  419  101  60 


«Rieb. 

it  So^re 

SRef. 

(Herv) 

1849 

5487 

1859 

5525 

1869 

5497 

1879 

5475 

1889 

4889 

SRe- 

Xauf- 

e^riftL  9lef. 

monftr. 

gef. 

(Geref.) 

16 

126 

132 

16 

127 

199 

15 

124 

299 

24 

126 

349 

33 

119 

419 

266  ^oOatib,  ftrd^ltd^e  StaHftif 

3)te  arbeit  ber  äußern  ÜRtf jton  trägt  in  bcm  Jjroteftantifc^en  9liebertanb  einen  burd^^ 
au^  interlonfefjtoneUen  ß^aralter.  5Rur  für  einen  fleinen  a:eil,  unb  jtoar  in  ben  I^ten 
Solaren  (bei  ben  ^Reformierten  =  Gereformeerden)  l^at  biefelbe  einen  lird^Kd^en  6(;a= 
ralter.    ?Dtit   äu^nö^me   ber   3^ft^  SKiffion^enoffenfd^aft   ber  Srübergemeinbe,   beren 

6  arbeitsfrei«  in  Söeftinbien  liegt,  Ratten  bie  nieberlänbifc^en  ^ßroteftanten  bis  1859  nur 
bie  einjige,  im  ^ai)xt  1797  gegrünbete  nieberlänbtfd&e  SWiffionSgenoffenfc^aft,  toeld^e  be^ 
fonberS  huxd^  i^re  reic^gefegnete  I^ätigleit  in  ber  üRinal^ffa  öon  aJlenabo  (5RorbceIebeS) 
belannt  toorben  ift.  ©egentüärttg  aber  giebt  eS  16  3KifftonSi)ereine,  toelc^e  unter  ben  Reiben 
unb  50lol^mebanem,  befonber«  in  ben  auSgebe^nten  Kolonien  5RieberIanbS  in  Dftinbien 

10  arbeiten,  gür  biefe  SSereine  tüaren  i.3.  1898  fämtlid^  ungefä^  120aKiffionare,  meift  mit 
il^en  ^auen,  tl^ötig,  öon  einer  300  betragenben  ^af)l  eingeborener  ^rebiger  unterftüfet,  bie 
ca.  350000  eingeborene  G^riften  unter  i^rer  ^ül^rung  ^ben.  3Cufeerbem  l^at  9lieberlanb  jtoei 
})roteftantifcl&e  ©enoffenfc^aften,  ioeld^  unter  ben  3fuben  arbeiten.  3)ie  ©efamteinfünfte 
biefer   J^roteftantifd^en  aWifjtonStjereine    betrugen    i.  3.  1898    ungefähr    360000  ®ulben 

15(600000  3Kar!). 

©benfoloenig  toie  bie  äußere  SWiffbn  gej[^t  bie  innere  Don  ben  Äird^en  ober  ben 
Äirc^enbel(;örben  auS.  gw^mer  breitere  SSerjtoeigungen  ^at  biefe  arbeit  nic|t  nur  burd^ 
©onntagSfc^uIen,  ^üngUngS^  unb  ÜRäbd^enbereine,  ^rebigt^  unb  ^rattatt^erbreitung  nnb 
bergleid^en,  fonbem  aud^  burc^  bie  äuff)>ürung  unb  ^Pflege  ober  ?^l^rung  bertoa^lofier 

20  JKnber,  gefallener  grauen,  öon  Dbbac^Iofen,  Seeleuten,  ©olbaten,  Slinben,  liaubftummen, 
Sbioten,  g^finnigen  u.  f.  to.    2)iefe  9trbeit  ift  größtenteils  intertonfeffioneH. 

3luc^  trägt  meift  oHeS,  toaS  für  ben  )>ofitit)5d^riftlidjfen  Unterricht  ber  ©c^uljugenb 
aeti^an  toirb,  biefen  interfonfeffioneHen  ßl^arafter.  3)ie  öffentliche  ©taatsfd^ule  ift  fon- 
feffionStoS.    9{eben  berfelben  entftanb  nid^t  nur  eine   große  älnjal^l   römifc^-Iatl^olifc^er 

25  ©deuten  (f.  unten©.  276,26— -90),  fonbem  in  ben  testen  fed^ ©ejennien  biefeS ^a^r^unbcrtS 
^unberte  t)on  Jjroteftantifd^en  5Prit)atfc^ulen,  bie  il^en  Unterrid^t  auf  baS  jiofitilje  6^riften= 
tum  bafieren  unb  \>on  c^riftlic^en  Sofol^  unb  SanbeSt)ereinen  unterftü^t  toerben.  ^u 
ben  größten  biefer  fianbeSbereine  gel^ört  ber  1860  gegrünbete  „93erein  für  c^riftlid^^natto^ 
naten  ©c^utunterric^t",   an  toelc^en  —  obfc^on    nic^t  fo  blül(;enb  toie    t)or   ettoa  jel^n 

80  go^en  —  je^t  157  ©c^ulen  angefd^loffen  finb ;  ber  im  ^Qi)xc  1868  gegrünbete,  größten^ 
teils  in  ben  reformierten  (gereformeerde)  Äird^en  tourjelnbe  „SSerein  für  reformieiten 
(gereformeerd)  ©d^ulunterric^t",  toeld^er  28  ©c^ulen  fubfibiert,  unb  ber  1890  gegtün- 
bete  „aSerein  für  c^riftlid^en  SSoRSunterrid^t",  ber  ein  engeS  SünbniS  gtoifd^en  bem  ^rift= 
lid^en  SSolfSunterrid^t  unb  ber  nieberlänbifd^en  reformierten  (hervormde)  Äirc^e  ju  förbem 

35  btttoecft  unb  toelc^em  fu^  fd^on  70  ©d^ulen  angefd^loffcn  ^aben.  3)ie  3«^  b^  >>^o- 
tejtantifc^en  d^riftlid^en  ©c^ulen,  öfters  mit  bem  öeranfc^aulid^enben  5Ramen  „©c^ulen  mit 
ber  Sibel"  bejeid^net,  beläuft  ftd^  je^t  auf  625,  t)on  ungefäbr  100000  Äinbem  befuc^t. 
S)iefe  ©d^ulen  r^räfentieren  gufammen  einen  Söert  öon  me^r  als  6000000  ®ulben 
(10000000  3Karf).    ©eit  bem  ^ai^e  1890  toerben  bieje  ©d^ulen  aud^  öom  ©taate  fub= 

iopbiert,  mit  einem  Setrage  bon  (je^t)  ungefäl(;r  500  000  (Bulben,  toäl^^renb  jäl^rlic^  für  biefe 
©d^ulen  beinahe  1 500  000  ®ulben  üon  Sltem  unb  öon  greunben  ber  i)ofitit)5d^riftli(^en 
©d^ulerjie^ung  ber  Jlinber  jufammengebrad^t  toerben. 

9luc^  baS  SebürfniS  entfc^ieben  d^riftlic^er  ©t^mnafialerjie^ung  für  bie  ju  Uniter^ 
fttätSftubien  SBrftimmten  toirb  aßmä^li^f  me^  gefül^lt.    3Jlit  ben  hierauf  bezüglichen  öe« 

45  mül^ungen  befcpäfttgten  pd^  bisher  meiftenS  ©lieber  ber  Sieformierten  (Gereformeerde) 
5tird^en. 

3ebe  ber  religiöfen  unb  lird^lid^en  SRic^tungen  fuc^t  forttoäl^renb   ein  größeres  ®cbiet 

iu  erringen.  ®ie  mobeme  Slid^tung  beftrebt  fid^,  biefen  Rto^d  befonberS  ju  erreichen  burc^ 
►ie  arbeit  beS  ^roteftantenbunbeS  (bem  beutfd^en  5Protepantent)ereine  i)rin«J)iell  eng  t>er= 

riotoanbt).  3)iefer  1870  gegrünbete  Sunb  ioi^lt  je^t  me^r  als  19000  ©lieber  unb  fövbert 
religiöfe  gwf^^^w^^'fünfte  unb  arbeiten  für  i^re  ©eifteSbertoanbten  in  ®emeinben,  ioo 
Äir^enbe^örben  unb  ^JJrebiger  auSfc^ließlidb  ber  ort^obojen  Stic^tung  jugetl^an  fmb.  3)ie 
t)ofitit)-d&riftlid^e  SRid^tung  beftrebt  ftd^,  i^re  ^rinjijjien  in  immer  breiteren  Äreifen  auSgu- 
bepnen,   unb  benü^t  baju  befonberS  bie  Slrbeit  i^rer  6t)angeliften.    3)er  1853  gegrüiibete 

55  „5Rieberlänbifc^e  @t)angelifc^e  ^roteftantifc^e  l^crein"  l)at  jc^t  24  in  ijerfd^iebenen  Seilen 
beS  SanbeS  arbeitenbe  6t)angeliften  in  feinem  3)ienfte.  2)er  1865  entftanbenc  „Äon= 
fefftonelle  35erein"  ^at  je^t  6  ©öangeliften.  daneben  arbeiten  jal^lreic^e  6t)angcliften,  bie 
anfänglid^  alle  nur  in  SBejiel^ung  ^u  i^em  Solatoerein  ftanben;  t)on  biefen  aber  ^aben 
ftc^  jefet  fd^on  40    bem  „Sunbe   ber  ©üangelifationen   in   unb  gum  5Ruften   ber  TOeber- 

CO  länbif^en  Slefomtierten  (Hervormde)  Äirdje",  im  ^ai)xt  1893  gegrünbet,  angefc^loffen. 


^oOattb,  fhri^ltc^e  (StattfKf  967 

3ur  naiveren  Drientiemng  in  betreff  ber  gal^Ireid^ften  Rird^engenoffenfc^aften  btene  bie 
folgeiwe  Überfielt. 

I.  ^roteftanttfc^c  Äird^engenoffenfc^aften. 

a)  Slieberlänbifc^e  9tef  ortniette  (Hervormde)  Äird^e.  ~   SEBietoo^I  ßarie« 
ton,  ber  englifd^e  ®efanbte  bei  ben  ®eneralftaaten,  noc^  am  18./28.  ^ebruar  1617  be^  6 
richtete,  ba|  nac^  Dlbenbomeöelt«  üRitteilungen  ber  größte  a;eil  ber  ßintüol^ner  in  ben 
„aSereinigten  5RieberIanben",  unb  namentlich  in  ber  5ßrot)inj  Äottanb,  latJ^oRfc^  unb  laum 
ber  britte^l  ber  Sebölferung  ^roteftantifc^  fei,  fo  iDurbe  nic^t^beftotoeniger  1648  infolge 
bed  }u  @nbe  bed  ac^^igjäl^^rigen  Äriegeg  gefd^Ioffenen  toeftfälifd^en  ^eben«  ba«  reformierte 
Sefenntniig  für  ba«  auein  ju  Siedet  befte^enbe  erflärt    2)ie  reformierte  Äird^e  hmrbe  bo*  lo 
burc^    ^errfd^enbe  Jtird^e  unb  blieb   e^  auc^  bt$  jur  ©taotdumtoäl^ung   t)om  @nbe  bed 
18.  Sol^rl^nbert^.     2>ie   au«   biefer   Umtoäljung    entftonbene   SSolI^ertretung   erHörte 
18.  äuguft  1796:    „2Btr   ^aben  befc^Ioffen,  bo^  ^tnfort  nid^t  nur  leine  beljonugte  ober 
Berrfd^enbe  Kirche  bürfe  ober  ioerbe  gebulbet  ioerben,  fonbem  ba^  auc^  aEe  $laibte  unb 
3lefotutionen   ber  öormaligen  Oeneralftaaten,   bem  alten  ©t^ftem  ber  Bereinigung   Don  is 
Äiwl^e  unb  ©taat  entf))roffen,  für  Demic^tet  gehalten  toerben  foHen." 

^ie  ^ojttion  ber  l^errfc^enben  5tir(^e  ^atte  geführt  jur  ©rünbung  vieler  refor« 
mierter  ©emeinben  unb  ^farrfteßen,  auc^  in  @egenben,  too  nal(;eju  bie  ganje  Set)öllerung 
tatl^olifc^  geblieben  toar.  ^al^er  löften  ftd^  berfd^iebene  ©emeinben,  jumafin  Storbbrabont, 
©eelanb  unb  ©elberlanb  auf,  aü  bie  SSeborgugung  ber  reformierten  Aird^e  auf^i^e.  ^ed  20 
batte  jur  ^olge,  ba^  tro^  ber  feit  1816  eingetretenen  3unal^me,  bießa^I  ber  reformierten 
HiforrfteUen  im  ganzen  toenig  Unterfc^ieb  bietet  gegenüber  ber  Slnja^I  ein  ^ai^rl^nbert  frü^. 
3m  ^affxt  1784  gab  e«  ungefähr  1560  nieberbeutfc^  reformierte  ?PfarrfteIIen.  ©iefegö^I 
verringerte  fid^,  fo  ba^  e«  im  ^afy:t  1815  in  1224  ©emeinben  nur  1450  ^Prebigerftellen 
gab,  ioöl^renb  e«  jje^t  1328  ©emeinben  mit  1589  ^farrfteUen  giebt,  in  benen  au^  205  26 
nrd^Iid^  bt^}Iomierte  Sneligion^Ief^rer  unb  SleKgiondlel&rermnen  t^ätig  fmb,  ungeredfinet  bie  5ßre* 
bigerfteHen  öon  ^Pfanem  frember  5RationaIität,  toeld^e  aud^  ber  nieberlänbifc^en  reformierten 
Äird^e  angehören,  ^n  %^\lm  be«  Sanbeö,  too  faft  bie  ganje  8et)ölferung  fw^  ber  SRefor* 
mation  gutoanbte,  bemerfen  totr  einegtemlid^  gleid^mäjige  ßuna^me  an  5Pf anfteJDlen.  ©0  jä^Ite 
j.8.grie«Ianb  1.3. 1604:  180,  1784:  210, 1875:  236,  unbje^t  (1899)238  folc^er  ©tetten.  so 

Sei  ber  äufl^ebung  ber  ^errjd^enben  Äirc^e  fehlte  ber  reformierten  Äird^e  eine  eigene, 
felbftftänbige  Drgantfation,  unb  oHe  9tnftrengungen,  ju  einer  folc^en  ju  gelanaen,  Ratten 
in  ben  unruhigen  g^ten  na*  1795  feinen  Srfolg.  6rft  im  go^  1816  gab  Äönig  SBit 
l^elm  I.,  tnbem  er  auf  bie  alten  ftaat^firc^Kd^en  2;rabttionen  ni(^t  nur  jurüdtgriff,  fonbem 
felbft  noc^  über  biefelben  l^inaui^gtng,  ber  reformierten  Äirc^e  eine  SSerfaffung,  ate  ob  bie  35 
Äird^e,  auc^  in  betreff  i^rer  innem  ©inrid^tung,  ganj  unter  bie  Seitung  be«  BtaaM  ge« 
^öre.  Unter  bem  atigemeinen  ©efül^I  ber  greube  barüber,  baj  bie  langjä^ige  SSerloirrun^ 
enblid^  ein  6nbe  ^atte,  fanb  biefe  Drganifation  faft  leinen  anberen  ffliberfjjruc^  al^  bet 
ber  ftlaffe  Slmfterbam,  unb  ift,  ba  fie  aud^  bem  Dom  ^ai^re  1852  batierenben  unb  nod^ 
ie$t  geltenben  „3lflgcmetnen  Sleglement  für  bie  Sleformierte  Äirc^e"  m  ©runbe  liegt,  bi«  40 
auf  ben  heutigen  3kxg  bie  33aft^  ber  Äirc^enüerfaffung  geblieben.  SSerlei^t  biefe«  SReglement 
t)om  ^af^xe  1852  ber  Äirc^e  auc^  größere  ©elbftftänbigfeit,  ate  i^r  1816  juerlannt  tourbe 
(j.  S.  in  betreff  ber  Söa^I  ber  tir^ili^en  beamteten),  fo  lonnte  baöfelbe  bod^  bie  jener 
3eit  burd^au«  unentbehrliche  föniglid^e  ©anftion  nur  unter  „elf  Sebingungen"  erl^alten, 
bie  aber  aHe,  infofern  fie  nic^t  bereit«  früher  au^er  Äraft  getreten  toaren,  burcf^  Igl.  Sie*  46 
ffri))t  Dom  22.  guli  1870  jurüdfgenommen  iourben. 

3)ie  SRieberlänbifd^e  ^Reformierte  Äird^e  bilbet  nac^  ber  jefeigen  Berfaffung  ein 
@anit^,  fiautete  bie  frül^ere  äejeic^nung  (meift  in  ber  3Ke^rja^I)  „3lef ormierte  Äird^en"  — 
toietoo^l  j.  83.  aucb  fd^on  im  ga^re  1773,  bei  ber  6infül(;rung  ber  fogenannten  neuen 
^falmbereimung  „3?ieberlänbifd5>e  Sieformierte  Jtirc^e"  (in  ber  ©inja^I)  gebraud&t  tourbe,  —  w 
f 0  gilt  gegentoärtig  ate  il^re  Benennung  „5RieberIänbifc^e  Sieformierte  ftirdjie"  (in  ber  (ginjoi^O- 
©ie  umfaßt  fämüid^e  reformierte  (hervormde)  ©emeinben  imÄönigreic^  ber  TOeberumbe, 
foh)ol(;t  bie  1328  nieberbeutfc^en  ol«  aucf^  bie  16  toallonifc^en  ober  franjöjtfc^en,  bie 
3  j)re«b^terianifc^en  5tirc^en  unb  bie  einjiae  fc^ottifd^e,  an  toeld^en  20  ©emeinben  frember 
Slationalität  24  toaUonifc^e  ober  franjöftfc|e,  2  Jjre^b^terianifd^e  unb  1  fc^ottijc^er  ^ßrebiger  65 
arbeiten.  f3)ie  beutfc^en  eöangelifd^cn  ©emeinben  t)on  Slmfterbam,  Slotterbam  unb  §aag 
\Uf)m  unter  ber  j^ü^rung  be«  Berliner  Dberfirc^enratg,  unb  gehören  alfo  nic^t  jur  nieber» 
länbifc^en  reformierten  Äirc^e;  ebenfotoenig  loie  bie  anglifanifd^en  ©emeinben  in  ben  oben« 
genannten  ©täbten,  bie  freie  fd^ottifdj^e  ©emeinbe  unb  bie  ejji^Iojjalifd^e  3ion^Ia)>elIc,  beibe 
in  aimfterbamj.  60 


268  ^oDattb,  Krc^Itc^e  Staiifrif 

3)ic  lüaDontfc^en  ober  franjöftfdjien  ©cmetnbcn  tourben  meiftcn^  bon  ben  Slcfugi^, 
btc  au«  granfeeid[)  unb  glanbem  bcr  ©lauben^berfolgung  ipcgen  flüchteten,  gegrtinbet.  3" 
bcm  3Jla|e,  \ük  bte  5Ra$fommen  ber  Stefugt^g  mit  ben  Sfliebetlänbem  fw^  berfc^moljcn, 
hjurben  auc^  bte  toaDonijcl^en  ©emeinben  unb  ^rebtgcr  toeniger.   ^m  ^ai}xt  1784  betrug 

5  bte  ^df)l  ber  ^rebiger  no^  mel^r  ate  60,  1815  noc^  47  ^rebiger  in  85  ©emeinben,  unb 
in  btefem  3CugenbIidt  beftel^en  nur  noc^  16  ©emeinben  mit  24  ^Pfarrfteffen.  —  2)ie  Jjre^^ 
b^terianifd^-engtifd^en  ©emeinben  entftanben  namentltd^  an  folc^en  Orten,  too  ber$anbetö- 
SSerle^r,  ober  eine  englifc^e  Seja^ung  toäl^renb  be«  ac^tjigiöi^rigen  Äriege«  Seranlaflung 
baju  bot.  3n  biefem  Slugenblid  befte^en  nod^  bie  Slmfterbamcr  unb  bie  bereinigte  ^Olibbel- 

10  burgs3SIiffinger  ©emeinbe.  —  I)ie  einjige  nod^  beftel(>enbe  fd^ottifc^e  ©emeinbe  ift  bie  in 
Slotterbam  im  ga^re  1643  geftiftete. 

2)ie  1328  nieberbeutfc^en  ©emeinben  finb  in  138  Heinere  Äreife  ober  „Slinge"  unb 
in  44  größere  ober  „Älaffen"  berteilt.  2)ie  Ätaffen,  toelc^e  unter  Seitung  ber  „Rlaffen^ 
borftänbe"  ftej^en,  bilben  10j)robinttare5leffort«,  bie  tüieberum  bon  „^robinjial-ftirc^enbors 

löfiänben"  geleitet  toerben,  tüä^reno  ol«  11.  ^roüinjiallirc^enborftanb  bie  „SBaHonifd^e 
Äommijpon"  ^injutritt.  3)ie  ©J)i|e  ber  ganjen  fird^fic^en  Drganifation  bilbet  bieS^nobe. 
©ie  jöl^It  19  ©lieber,  nämlic^  13  ^rebiger  unb  6  ältefte,  toeld^e  bon  ben  ^robinjiat 
borfkänben  ernannt  toerben.  Se^tere  toerben  il^rerfeit«  toieber  üon  ben  SSerfammlungen 
ber  Älaffen  Qttoat)Ü.    I)iefe  Älaffenüerfammlungen  (Klassikale  vergaderingen)  muffen 

ao  old  bie  eigenüid^en  ^au))tberfammlungen  ber  reformierten  Jlird^e  angefel^en  h^erben.  ©ie 
treten  einmaljä^rlicf  jur  33oma^me  ber  nötigen  ©ol^Ien  unb  jur  Beratung  ber  bon  ber 
©^nobe  borgelegten  ©efe^enttoürfe  jufammen.  ijebe  Älaffenberfammlung  pnbet  im  SSorort 
ber  5llaff e  ftatt,  ,unb  toö^renb  fotoopl  in  ber  ©^nobe  aU  in  ben  ^robinjialborftänben  bie 
?ßrebiger,  ben  älteften  gegenüber  in  boJ)J)elter  änja^l  bertreten  Jtnb,  toerben  bie  Ätaffen^ 

26  berfammlungen  bon  fämtlid^en  ^rebigem  ber  reformierten  Aird^e  unb  einer  gleich  großen 
anjal^l  älteften  gebilbet. 

3)ie  fiololgemeinbe  toirb  bom  „Äird^enrat"  geleitet.  S)iefer  beftel^t  ju  gleichen  Steilen 
aitö  älteften  unb  35iaIonen,  beren  ©efamtjal^l  bie  ber  ^rebiger  getoöl^nlid^  um  ba«,  SSier- 
fac^e  überfteigt.    ©eit  bem  ^al^^re  1867  toerben  in  ben  meiften  ©emeinben  bie  ^teften 

80  unb  3)iaIonen,  fotoie  auc^  bie  ^rebiger  bon  Stepräfentanten-ÄoHegien  ertoäl^lt.  Sei  ber 
SBBol^l  biefer  9lel)räfentanten  aber  finb  alle  gro^jäl^^rigen,  nid^t  au^  ber  Slrmenlaffe  unter- 
füllten  ©emeinbeglieber  ftimmbered^tigt.  ^iefe  birefte  Jcilna^me  ber  ©emeinbeglieber 
an  ben  fird^lic^en  SBa^len  l^at  auf  fel^r  augenfättige  Söeife  in  ben  meiften  ©emeinben, 
namentlich  in  ben  großen  ©tobten,  ber  Crtl^obojie  bie  lird^lid^e  5Kad^t  in  §änbe  gegeben 

85  3)ie  3Sertt)altung  ber  Äirc^engüter  tourbe  ebenfall«  in  ben  ^aifxm  1819  unb  1823 
bon  Äönig  393il^elm  I.  georbnet.  3)ie  beiben  hierauf  bezüglichen  fgl.  SReffrijjte  ftnb  (nac^ 
bor^eriger  3lnjeige  im  ^a^re  1866)  am  1.  DItober  1869  aujer  Äraft  getreten,  ©eitbem 
fyit  [xi)  bie  größere  $älfte  ber  ©emeinben  einem  am  1.  öftober  1870  in«  fieben  ge= 
tretenen  „SlHgemeinen  äuffid^t«Iollegium"  unterteilt,  loäl^renb  ber  übrige  3;eil  ganj  autonom 

40  eine  fogenannte  ^eie  „SBertoaltung"  ausübt. 

3)ie  ^rebiger  tüaren  feit  bem  anfange  ber  ^Reformation  mit  i^rem  ©tubium  ge- 
tod^nli(J[f  auf  bie  ©taatduniberfitäten  angetoiefen,  beren  tl^eologifd^e  ^lultöten  gerabe  jur 
ßeranbilbung  bon  ^ßrebigem  für  bie  reformierte  Äirc^e  geftiftet  toorben  toaren.  Dbgleid^ 
fc^  fämtlic^e  angel(;enbe  $rebiger  biefen  Silbung^toeg  einfc^lugen,  toar  er  bod^  nic^t  eigent^ 

46  li^  obligatorifd^.  S)a«  neuefte  Uniüerfttät^gefel  (bom  S^i^te  1877)  l^at  bie  bon  ben©taat«s 

J)rofefforen  ;iu  le^enbe  2;^eologie  be«  lonfeffioneUen  ßl^aralter«  entfleibet,  toä^renb  an  ben 

brei  ©taatguniberfitaten   jtoei  bon   ber  St>nobe   ber  reformierten  Äird^e   ernannte  ^ro- 

fefforen  mit  bem  SJortrag  ber  bogmatifcf^en  unb  J)raftifd^en  3^b^ologie  beauftragt  finb. 

gür  bie  ftäbtifc^e  Uniberfität  bon  Slmfterbam  lourbe  ba«felbe  feftgefteUt,  nämlic^  baj 

öojtoei  Don  ber  ©^nobe  ernannte  ^ßrofefforen  bie  bogmatifd^e  unb  Jjrafiifc^e  2;i^eologie  bo= 
eierten,  bi«  im  Saläre  1894  ber  9Runiji^)alrat  Smfterbam«  biefe  Serorbnung  tüiberrief; 
feitbem  fönnen  alfo  an  jener  ftäbtifcf^en  Uniberfttät  nur  biejenigen  reformierten  ©tubenten 
^angebilbet  toerben,  bte  i^e  ^ro)>äbeuft«  nod^f  nic^t  beenbet  l^aben.  [3ladb  Stbfc^lu^  be« 
3Dlanuflri))teö  unb  bor  bem  3)rud  be«felben  ^at  bie  ©^nobe  ber  5Rieberl.  ^leform.  (Her- 

66  vormde)Äird^el.  äuguft  1889  befcf^loffen,  bafe  ^infort  bie  Uniüerfttöt^ftubien  bon  ben  ftd^ 
Wr  ba«  ^rebigeramt  in  ber  5lieberl.  Sleform.  Äird^e  ^eranbilbenben  J^l^eologen  nur  möglicf^ 
ftnb  in  ober  in  ber  unmittelbaren  3l(ä}t  bon  jenen  Orten,  h)o  t^eologifdj^e  ^rofefforen, 
bon  ber  9?iebcrl.  SReform.  ftirc^e  angefteHt,  arbeiten,  fo  baj  nacf^  bem  ^af)xt  1900 
bie  §eranbilbung    üon  SRieberl.  Weform.    ^rebigem  an   ber  ftäbtifcl^en   Uniberfttät  in 

60  älmfterbam  toegföllt.] 


^oOottb,  KrdyKdie  StatifUI  269 

33or  40  ^af)xm  \mxm  ungefähr  200  ^Pfarramtölanbtboten  für  btc  öalanten  ^rebiger- 
fteQen  btö))ontbeI ;  bie  Slnjol^l  ber  X^eologieftubierenben  no^m  ober  feitbem  fo  bebeutenb 
ab,  bafe  1.3. 1888  für  376  öalante  ©tcHen  bie  Äanbibaten  fehlten,  ©trätet  öerme^rte  [US) 
bic  änjol^I  31S;eoIo0ieftubierenber  fe^r  (Januar  1900),  fo  ba|  je^t  nur  nod^  258  ©teilen 
tmfant  fmb,  unb  and)  btefe  änja^I  toirb  jebeig  ^ai^x  geringer,  i^^^t  jä^Ien  bie  brei  5 
©taat^uniöerfitäten  348  ©tubenten  ber  2^^eoIogie,  h>ä^renb  21  an  ber  ftäbtifc^en 
Uniöerfität  in  ämfterbam  $rot)äbeufi^  ftubieren  gegen  eine  GJefamtjoi^I  öon  248  öor 
20  Solaren. 

b)  SHeformierte  (Gereformeerde)  Äircben.  3m  ^wf^mmen^ange  mit  ber  be= 
tannten  bamaligen  (Srtoecfung  unb  geftü^t  burcp  ben  in  URännem  tüte  ba  6ofta  unb  10 
®roen  \>an  $rinfterer  toieber  auflebenben  Jjofitiöen  ®Iauben,  ber  in  bcm  Se^rf^ftem  ber 
alten  reformierten  Äird^en  bie  rechte  SDarfteßung  ber  eöangelifc^en  Söa^r^eit  fanb,  entftanb 
im  3.  unb  4.  3)ecennium  bieje^  S^^'f^wnbert^  eine  frül^cr  bei  nur  Wenigen  Dor^anbene 
älbneigung  gegen  ein  g^riftentum,  ba^/aUe  tonfefftoneden  @igentümli(^feiten  abgeftreift 
^atte.  3)enn  gerabe  biefeö  2lbftreifen  ber  reformierten  6igenart  be^  Se^rbegriffe«  unb  bie  15 
Stufnal^me  eine«  ftorlen  SRationalidmu^  toaren  feit  6nbe  be«  vorigen  ^fl^^^unbert«  bie  Stznn- 
jeic^en  t)ieler  reformierter  ^rebiger. 

3m  ^cä^x^  1834  führte  bie  3Cbneigung  gegen  biefe^  nid^t-reformierte  SBefen  ju  einer 
Trennung  t)on  ber  ^lieberlänbifd^sSReformierten  Äirc^e,  inbem  einige  ^rebiger  unb®emeinbe- 
glieber  ben  erften  ©c^eibebrief  unter^eid^neten.  3)a  aber  bie  bamaligen  ®efe^e  freie  refc  20 
giöfe  33erfammlungen  bon  mel^r  afe  20  ^erfonen  nid^t  geftatteten,  fo  tourbe  ben  3lbs 
gefd^iebenen  bie  SSefriebigung  i^rer  rcligiöfen  Sebürfniffe  auf  alle  nur  mögliche  Söeife  er« 
fc^toert  unb  fie  felbft  bcötoegen  »erfolgt.  6in  föniglic^e^  3leffri))t  t)om  5.  3«^  18^6  er« 
Härte  bie  ol^ne  ÜJlittoirlung  be«  ©taate«  gegrünbete  ®efellfc^aft  ber  Stbgefc^iebenen  für  un« 
gefe^lic^  unb  beiSl^alb  für  aufgelöft,  geigte  aber  gugleid^  einen  SBeg  an,  auf  bem,  freilid^  25 
unter  einigen  crfc|h>erenben  Ümftänben,  neue  ®emeinben  fid^  lonftituieren  fonnten.  2)iefe 
Seftimmungen  tourben  burd;  föniglic^e«  9leffri))t  öom   9.  3önuar  1841  naiver  formuliert 

I)ie  ®emeinbe  in  Utred^t  toar  bie  erfte,  bie  burd^  löniglid^e«  SRefIrijjt  t)om  14.  ge* 
bruar  1839  gefe^lid^  anerfannt  iourbe. 

S)ie  lönigti^cn  9leffri})te  bom  3^1^^^  1836  unb   1841   tourben  burd;  bie  9lef fcij)te  90 
t)om  9.  3anuar  1849,  t)om  17.  DItober  1852  unb   t)om  1.  Dftober  1868   au^er  Äraft 
gefegt,  fo  ba^  bie  „Sbgefc^iebene  Äird^e",  toietool^l  fie  feinen  ^Beitrag  au^  ber  ©taat^Iafje 
bejog,  fonft  in  allen  ©tüden  Dem  ©taate  gegenüber  auf  biefelbe  Sinie  ju  ftel^en  lam  tote 
bie  übngen  ^ird^en. 

Sluf  ber  ©^nobe  m  SKibbelburg  (3uni  1869)  tourbe  bie  ^fion  ber  „3Cbgefc^iebenen  30 
Äird^e"  unb  mel^rerer  2ofaIgemeinben  gleicher  SRid^tung  öoüjogen.  £e|tere  l^atten  fic^  bi^ 
bal^in  geioö^nlid^  „©emeinben  unter  bem  Äreuj"  genannt  unb  jöi^lten  14  ^ßrebiger  unb 
©J)ret^er  (predikanten  en  voorgangers).  vla^  biefer  SBerfc^meljung  tourbe  ber  bii^ 
^erige  5Rame  „ßj^riftlic^-Slbgefc^iebene  Äird^e"  mit  bem  ber  „ß^riftlic^en  Sie« 
formierten  Äirc^e"  üertauf^t.  ilor))oration^rec^te  erhielt  bie  Hirc^engenoffenfc^aft  unter  40 
biefem  5Ramen  burc^  löniglic^e^  SRefhitot  t)om  10.  ÜJlai  1870. 

©eitbent  ba^  Jjofitiöe,  fonfeffioneue  ßlement  in  fel^r  fielen  ©emeinben,  fo  h>ie  bei 
mancher  lirc^lid^en  93e^örbe  auc^  ber  5lieberlänbifd^cn  SHefonnierten  (Hervormde)  Äirc^e 
toieber  mel^r  Äraft  erlangt  l^atte,  toar  e«  befonber^  i^rc  ©teßung  al^  freie,  nid^t  \>om 
©taate  unterftü^te  Äird^e,  iooburc^  bie  Gbriftlic^e  ^Reformierte  (Gereformeerde)  Äird^e,  45 
in  allen  toefentlid^en  ©tüdcn  an  bem  auf  ber  2)orbrec^ter  ©^nobe  t)om  3^^^^  1618/19 
^eftgeftellten  fic^  ^altenb,  biele  ®läubige  an  [xi)  jog.  6^  ift  nic^t  ;u  leugnen,  ba^ 
au^  il^rer  Äraftentfaltung  auc^  auf  biefem  ^un!te  fogar  ben  anbem  Äirc^en  ein  reicher 
©egen  ertoac^fen  ift.  3^^^^  ©^nobe,  bie  ftd^  allmäl^lic^  alle  jioei.  ^af)x^  berfammelte, 
jö^lte  40  orbentlid^e  SDtitglieber,  nämli^  20  ^rebiger  unb  20  ältefte.  3)ie  ®lieber  so 
tDurben  t)on  ben  ^robinjialf^noben  geioäljilt,  unb  jtoar  2  ^rebiger  unb  2  ^Itefte  au^ 
jeber  ^ßrobinj. 

2)ie^rebiger  erhielten  feit  1854  ü^reSilbung  an  ber  t^eologifd^en  ©d^ule  inÄamJ)en. 
2)iefe  ©c^ule  gäl^lt  je^t  5  t^eologifc^e  ^rofefforen  unb  70  t^eologijc^e  ©tubenten,  toäl^renb 
70  ©c^üIer  an  ber  mtt  biefer  t^eologifd^en  ©c^^ule  öerbunbenen  Slnftalt  i^re  g^mnafiolen  66 
©tubien  mad^en. 

3)ie  S^k^  ^^  d^riftlid^en  reformierten  ®emeinben,  ioelc^e  1860  fd;on  226  betrug, 
ftieg  1877  auf  362,  mit  133155  ®liebem,  unter  benen  270  ^rebiger  arbeiteten.  3m 
3a$re  1889  gab  e«  189251  d^riftlid^e  ^Reformierte  in  388  ®emeinben,  in  benen  293  ^re^ 
biger  arbeiteten,  toö^renb  95  ®emctiibeit  iMdbuit  looren.  eo 


270  ^otinib,  Kn^Itc^e  Statifiif 

9ttö  1892  bic  G^riftlid^  3lef ormterte  Äird^e  fic^  mit  ben  5Rieberbeutfc^en  Slcformiettm 
(Doleerende)Äir(l^en  toeretm^te,  jäl^Ite  fte  467  ©emetnben  mit  194  000  ©liebem. 

9Ii(^t  nur  burc^  ba$  SBteberouflcben  bed  tonfeffioneUen  ßlement^  tDurben  k)iele  ^u^ 
fenbe  jum  austritt  au«  ber  SSeberlänbifc^en  SReformierten  (Hervormde)  Äirc^e  getrieben ; 

6  aud^  au^  breite  Areife  berjenigen,  bie  ber  obengenannten  jtird^e  treu  blieben,  übte  bie 
ttrieberauflebenbe  Drt^obojie  i^en  ßinflu^  au«.  9lebft  unb  gegenüber  ben  mobemen  unb 
ben  fogenannten  etoangelifc^en  Slic^tungen  brad^  ftc^  bie  Drti^obope  in  ber  5RieberIänbi= 
fd^en  Steformierten  (Hervormde)  Äirq^e  fräftig  öaj^n. 

^iefe  ort^obo^e  Stid^tung  k^ereinigte  aber  k)erfd^iebene  @(emente  in  ftc^:  bie  et^ifc^e, 

10  bie  juljranaturaliftijc^e,  bie  lonfejfioneÖe  unb  bie  catoiniftifc^e.  3)iefe  ijerfd^iebenen  Elemente, 
getoö^nlid^  unter  bem  5Ramen  ,,antimobem"  ober  „ortl^oboi"  jufammengefajt,  arbeiteten 
äße  an  ber  Verbreitung  i^er  ^rinjipien,  jjcbod^  meiften«  barauf  bebad^t  jeben  Äon* 
fKft  mit  ber  feit  1852  beftel^enben  fird^Iid^en  Drganijation,  auf  ber  öom  '^afyct  1816 
bafiert,  ju  Dermeiben,  unb  ftt^  fe^nenb  nad^  ber  3«^"^  *>*^  ^^^^^  mobifijieren  tüürbe, 

16  toenn  bie  ort^oboje  3Rinberl^eit  auc^  in  ber  S^nobe  gur  3Jlel^rbeit  h^erben  foHte. 

S)ie  calbiniftifd^en  Elemente  jebod^  tüaren  mit  biefem  rul^igen  Söeiterarbeiten,  bei  Dor* 
fä|Ii(^er  SSermeibung  lirc^Iic^er  itonflifte,  auf  bie  2)auer  offenbar  nid^t  jufrieben.  ^f^xai 
energifc^en  fjül^rer  fanben  fie  in  Dr.  a.  Stvü^p^,  bormal«  Pfarrer  in  ber  Slieberlänbifdben 
Sieformierten  (Hervormde)  Äird^e,  toeltbelannt  fotoo^t  al«  3^l^eologe  h)ie  al«  ^oumalift, 

20  ber  über  gro|e  @d^ä|e  t)on  ®e(e^rfamteit  unb  enc^tlot>äbifd^er  Jtenntni«  gu  Detfügen  l^at, 
unb  ber  toie  nur  toenige  bie  @aU  ber  Serebfamfeit  beft^t. 

9lur  feiten  ^at  fid?  eine  Partei  fo  gänjlid^  mit  i^rem  ^fÜ)xn  ibentifijiert,  h)ie  bie« 
ber  tJaE  ift  mit  Dr.  Äui^)>er  unb  feinen  Sln^ängem,  grö^enteü«  auc^  burc^  ben  ©influfe 
einer  mit  Dielem  %(dmtc  Don   i^  rebigierten  J)oKtif($en  g^i^'^Ö  (^^  Standaard)  unb 

26  einer  in  gleichem  ®eifte  öon  i^m  rebigierten  tl^eoIogifd^=(^riftIic^en  ffioc^enfc^rift  (De  He- 
raut).  3^»"^  unumtounbener  f)>ra^  Dr.  Äu^jjer  e«  au«,  ba^  bie  Drganifation  be« 
Sa^re«  1816/52  bie  §auj)turfac^  t>on  aBem  @Ienb  unb  öon  bem  üRangel  an  Energie  in 
ber  reformierten  Äird^e  fei,  toeil  biefe  Drganifation  ben  (jredbi^terianifd^en  61(;ara!ter  ber 
Jlirc^e  gefc^toäd^t,  bie  Autonomie  ber  Solaloemeinbe  bemic^tet,  unb  bie  Slnge^örigleit  jum 

80  ©onjen  ber  9{ieberlänbifd^en  Sieformierten  Jtird^e  al«  ^orberung  gefteDt  l^atte,  nic^t  nur 
für  ba«  SBBol^Itoefen,  fonbem  fogar  für  ba«  ©efen  einer  lofalen  reformierten  ©emeinbe. 
»efonber«  ber  gnergie  Dr.  Äui^jjer«  loar  e«  ju  öerbanfen,  ba^  im  ^Qi}xt  1879  ber 
„Verein  für  l^öl(;eren  Unterrid^t  auf  reformierter  (gereformeerde)  Saft«"  entftanb,  Wdd^ 
30.  Dftober  1880  in  Slmfterbam  bic  „greie  Uniüerfttät"  eröffnete,   mit  bem  3h>ed  au^ 

86  bie  lünftigen  ^ü^er  be«  3Solfe«  tiefer  ju  burd^bringen  öon  bem  Seifte,  ber  jur  Stütegeit 
Slieberlanb«  bie  2:onangeber  befeelte.  3. 3. 1882,  unb  mel^r  nod^  i.  3. 1885,  tourbe  ba«  SSer^ 
^öltni«  jtoifc^en  biefer  freien  Uniöerfität  unb  ber  ©^nobe  ber  9lieberlänbifc^en  ^Reformierten 
(Hervormde)  Äird(^e  fe^r  gefjjannt,  al«  bie  ©^nobe  ba«  officio«  an  fte  geridbtete  Oefud^, 
bie  an  jener  Unitjerfttät  gebilbeten  2:^eoIogen  möchten  jum  ^rebigtamt  in  ber  Sieformierten 

40  (Hervormde)  Äir*e  jugeloffen  toerben,  ablehnte.  —  ^tt^t  jäl)It  biefe  ^eie  UniDerfttät, 
beren  2)oftorat  noc^  immer  ben  effectus  civilis  entbel^,  unb  bie  fd^on  mef^r  al«  einen 
^ofeffor  feine  ©teDung  bei  i^r  aufgeben  fal^,  110  ©tubenten.  S?on  biefen  ftubieren 
80  Ideologie,  14  gura,  11  ^pi^^ilologie  unb  5  me^r  al«  ein«  biefer  ©tubicn  gugleic^, 
h)ä|frenb  an  biefer  Unit)erfttät  3  ^rofefforen  für  3:^eoIogie,  1  für  3ura  unb  1  für  $I^Uo- 

46  logie  borl^anben  ftnb.  inmitten  aUer  feiner  äirbeiten,  bie  nodb  umfangreicher  tpurben 
btttd^  fein  auftreten  al«  üRitglieb  be«  Parlament«  (ber  Rtoeiten  Äammer),  liefe  Dr.  St\x\)ptt 
forttoöi^renb  ba«  „Carthago  delenda"  l^infic^tUc^  ber  Drganifation  ber  Slieberlänbifc^en 
Sieformierten  (Hervormde)  Ätrc^e  Demel^men.  ®ie  ©orge  für  bie  abfonberlic^en  ©c^afe 
ber  §erbe  toürbe  toenig  nufeen  o^ne  bie  redete  ©orge  für  ben  ©d^^afftaU. 

60  ®«  tourbe  Har,  bafe  leicht  ein  Äonflift  entftelj^en  fönnte  jtoifc^en  ber  calriniftifc^en 
^Partei  unb  ben  firc^Iid^en  Se^örben,  toelc^e  le^teren  nac^brüdlid^  bie  ©inl^eit  ber  Slefor« 
mierten  (Hervormde)  Äird^e  gu  ^anb^aben  toünfc^ten.  ®«  fam  bann  aud^  ju  einem 
ßufammenftofe,  al«  alle«  barauf  angelegt  tourbe  bie  reformierte  ©emeinbe  Slmfterbam«, 
bie   größte  be«  Sanbe«,   in   beren  Kird^enrat  bie  cahintftifc^en  ©lieber  bei  toeitem    bie 

66  SRelj^rja^I  bilbeten,  aufeer  bem  SSerbanbe  ber  Slieberlänbifc^en  Sieformierten  (Hervormde) 
Äirc^e  in  ftetten.  Slm  4. 3an.  1886  tourben  )>lö|U(^  80  ©lieber  ber  Slmfterbamer  Äird^en* 
be^örbe  öon  ber  Slmfterbamer  Älaffe  fu«))enbiert.  2)ie«  rief  eine  grofee  Srregung  im 
gangen  Sanbe  ^ertjor.  ät«  barauf  bie  obenertoäl^nten  ilird^enrat«glieber  1.  ^uli  1886  bon 
ber  trroöingialen  Äird^enbe^örbe,  unb   1.  SJ^ember  1886  öon  ber  ©^nobe,  xf^ttt  firc^ 

eo  lid^en  SBebienungen  befinitiö  entfe^t  unb  ber  uRitgliebfc^  ber  Sieformierten  (Hervormde) 


^oOatib,  ftrilltd^e  Stattfttt  271 

Äird^c  öerlufttg  erflärt  Ipurben,  tvAl  ftc  beutü(^  ß^jrigt  l^ätten,  baj  ftc  jid^  mit  SBort  unb 
X^  bon  berfdben  trennten  unb  i^r  nic^t  länger  onge^rtg  feien,  lern  ed  im  ganjen 
2anbe  ju  einem  austritt  in  9Ra{fe  au^  ber  ^Reformierten  (Hervormde)  Äirc^e,  toobei  an 
manchem  Orte  heftige  ©jenen  nid^t  fel^Iten.  ©aejenige  toa«  bie  Verurteilten  unb  ü^re 
®eifte^ertt)anbten  eine  ^at  ber  ^reue  ber  Airc^e  gegenüber  nannten,  tDurbe  <d^  ftraf-  s 
bare^  revolutionäre^  9(uftreten  gebranbmarlt  k)on  ben  Se^örben,  unter  benen  befonberd 
in  ben  33orbergrunb  trat  ber  ftrengsreformierte  (gereformeerde)  ämfterbamer  ^faner 
Dr.  @,  2|.  "ißoi,  eine  ^erfönltc^Ieit  bon  großem  @inf[u^,  aud^  burc^  feine  tüchtigen  @tubien 
auf  {ird^engefd^ic^tlid^em  unb  lirc^enred^tltc^em  ®ebiete. 

Snner^alb  Weniger  3Konate  jeigten  ^e^ntaufenbe  im  2anbe  ^  al«  tird^Iic^e  ^rtei^  lo 
genoffen  ber  verurteilten  älmfterbamer  5ttr(^enratf^lieber.  ^toar  iourbe  babei  anfänglid^ 
bon  vielen  ©eiten  bie  SSerfid^erung  Vernommen,  ba|  man  nid^t  gefonnen  fei,  ftc^  Von  ber 
5RieberIänbifc^en  ^Reformierten  (Hervormde)  Äirie  gu  trennen,  bafe  man  im  ©egentett 
al^  bie  legale  ^ortfe^ung  ber  alten  Sieformierten ^ircpe  auftrete;  allmä^lic^  aber  geigte  ed 
ftd^,  ba^  biefe  Setoegung  gu  einer  jtoeiten  2^rennung  filierte,  in  ber  ^uj)tfac^e  ber  vom  i6 
So^e  1834  äfyüi^, 

ain  ber  Drganifation  bed  austritt«  arbeitete,  nebfk  Dr.  Äui^Jjer,  l^ut)tfäc^li«^  Dr.  9lut= 
geri^,  ^rofeffor  ber  a:i^eologie  an  ber  ^ien  UniVerfitöt,  unb  mit  üj^m  Dr.  jur.  ä.  %,  be 
©avomin  Sol^man,  ^rofeffor  ber  9le(^te  an  berfelben  UniVerfität,  —  ber  aber  DItober  1896 
Von  jenem  ätmte  abtrat,  einem  fräftig  au^efj^rod^en  SRi^auen  in  ben  aufric^tta»  ao 
reformierten  (gereformeerd)  ß^arafter  feinet  jjuribifd^en  Unterrid^t^  jufolge.  9Relj^r  otö 
fünf jig  Pfarrer  ber  5Rieberlänbifc|>en  Sieformierten  (Hervormde)  Äirc^e  fd^loffen  ftd^  biefer 
tird^ii^en  Setoegung  an;  einzelne  bavon  aber  lehrten  allmäl[)[id^  gur  SSerfünbigung  bed 
SvangeliumiS  in  obengenannte  Jtirc^e  gurüd,  ioie  auc^  ber  toegen  feiner  tl^eologifc^en 
©d^riften  njo^lbelannte,  geniale  Dr.  §oebemaler,  feit  1880  ^ßrofeflor  an  ber  ?^ien  Uni^  26 
Verfttät,  toeld^er  aber  infolge  ber  fird^ltd^en  ©reigniffe  vom  3^^^  1886  biefeö  »mt  nieber« 
legte,  unb  ba^  ^rebigtamt  in  ber  5Rieberlänbifc^en  Steformierten  (Hervormde)  Äird^e 
abermals  antrat. 

3)ie  ätu^getretenen  nannten  ftc^  5Rieberbeutf(^e  Sieformierte  (Gereformeerden)  [Do- 
leerenden].    2)ie  aSolföjä^lung  Von  1889  toeift  auf,  loie  fd^eU  i^re  3<^l  tou^.  so 

6^  braucht  feiner  befonberen  Srtoäl^nung,  ba^  bie  Silbung  ber  ^ebiger  für  bie 
nieberbeutfd^en  reformierten  (doleerende)  ©emeinben  getoö^nli«^  an  ber  ämfterbamer 
freien  UniVerfität  ftattfinbet.  (gbenfoloenig  h?irb  e«  befremben,  ba|  feit  1886  bie  oben« 
genannte  UniVerfität  größtenteils  bie©tüje  unb  ©Vm<)ati^ie  Von  benjenigen,  bie  berSJieber« 
länbifc^en  ^Reformierten  (Hervormde)  Äirc^e  treu  blieben.  Verloren  f)at,  86 

2Bar  in  mand^er  §infic^t  bie  ©eifteöverioanbtfc^aft  groß  gtoif^en  ben  ß^riftlic^en 
5Ref ormierten  (Gereformeerden)  unb  ben  5Rieberbeutfc^en  Sleformierten  (Gereformeerden) 
[Doleerenden],  totl^c  beibe  fi^  möglid^ft  eng  bem  jur  I)orbrec^ter  ©vnobe  Von  1618/19 
gefkgefteHten  anjufc^ließen  toünfc^ten,  fo  lag  auf  ber  §anb  baß  bide  beiben  ©trömungen 
ficf^  Vereinigen  toürben.  Stuf  ber  1892  gu  Slmfterbam  gehaltenen  ©^nobe  fanb  bie  Ser5  4o 
einigung  fkatt.  I)ie  abfonberlid^en  5Ramen  Von  ßl^riftlic^en  Sieformierten  unb  Slieber* 
beutfc^cn  Sieformierten  iourben  abgelegt,  unb  burc^  ben  gemeinfd^aftlic^en  Slamen  Von 
„Sieformierten  (Gereformeerde)  Äir^en  in  Sliebertanb"  erfe^t.  anfänglich  fanb  bie 
'Berfc^melgung  nur  ftatt  in  33ejug  auf  bie  größeren  Serfammlungen  (Slllgemeine  Stpnobe, 
liprovinjtalf^noben,  Jllaffe);  aumäl^lic^  aber  brang  fte  auc^  burd^  m  ben  lotalen  Airc^en,  46 
bie  erft  neben  einanber  geftanben  fiattcn  aU  Sieformierte  Sirenen  31  unb  S3,  an  einjelnen 
Drten  fogar  31,  33  unb  6.  ©erabe  um  auf  bie  3lutonomic  be«  örtlid^en  RreifeS  ber  83es 
fenner  Slac^brudf  ui  legen,  tourbe  vorjugötoeife  nic^t  länger  Von  lofalen  ©emeinben,  fom 
bem  von  lofalen  Äirc^en  gef)>roc^en.  3)aß  auf  bie  2)auer  bie  1892  ju  ftanbe  gefommcne 
Bereinigung  gu  einer  noc^  innigeren  SSerfd^melgung  unb  SSerbinbung,  toenn  au$  nid^t  )u  60 
einem  3"^inanbcraufgel^en  ber  a:^eologifd^en  ©c^ulc  ju  Ram^jen  unb  ber  ^eien  Univer^ 
fität,  ^infic^tlic^  ber  Silbung  Von  ^rebigem,  fü^en  muß,  ift  leidet  VorauSjufe^en. 

3m  3lnfang  bee  ^al}x^^  1892,  ju  ioeld^ergeit  bie  Bereinigung  ftattfanb,  jöblten  bie 
ßl^riftlid^en  Sieformierten  891  ©emeinben,  mit  302  $fanem;    bie  Slieberbeutfcpen  Slefor» 
mierten  294  Hird^en,  mit  120  ^fanem.    ^e^t   ift  bie  ^aÜ^l  ber  fämtlic^en  Sieformierten  66 
Äirc^en   in  Sliebertanb  684   mit  491  Pfarrern,   in   633   Drtfc^aften,   Worunter  43   mit 
Äirc^en  31  unb  33,  unb  4  mit  Äirc^en  31,  33  unb  6. 

3lfö  1892  bie  Berbinbung  ber  G^riftli^en  Sieformierten  mit  ben  Slieberbeutfc^en  Sie« 
formierten  ber  SJertoirflic^ung  nal^e  fc^ien,  h>urbe  Von  g.  5ß.  2.  6.  Van  Singen  —  bem 
©rtinber  beS  erften  nieberlänbifc^en  j)ofitiV-df^riftlid^en  ^ßrivatgi^mnafuimS  (3^^^")  —  f^^^  «o 


272  ^oOatib,  Krc^lid^e  Stflttfrtt 

niebcrbeutfc^st^ortnicttem  (hervormd),  ]pätcx  d^riftlic^-reformicrtem  (geref ormeerd)  ^far- 
ter,  in  aSeretmgunfl  mit  700  ©liebem  ber  ß^rifüic^en  Stcformierten  Äirc^e,  gegen  biebors 
genommene  SSerbinbung  ©intoenbungcn  gemacht,  ^^ax  gaben  biele  t)on  biefen  700  bie 
öon  i^nen  au^efjjrod^enen  Sintoenbungen  auf,   afe  bie  S^nobe  ben  ßntfd^luj  jur  i^ets 

6  binbung  gefaxt  Ijiatte ;  ber  f^on  genannte  Pfarrer  t)on  Singen  aber  unb  fein  ^arteigenoffe 
X  SBifle,  ein  ^faner  ber  c^riftlic^en  SHeformierten  Äirc^e  in  §aag,  be^arrten  bei  i^rer 
aWeinung.  —  3*»^'  ©emeinben  ber  d^riftlitf^en  ^Reformierten,  ungef%  1000  ©lieber 
jöl^Ienb,  traten  ber  ^Bereinigung  nic^t  bei.  3)iefc  jtoei  ©emeinben  tourben  ber  Äem  eine« 
erneuerten  Söieberaufleben«   ber  G^riftlic^en   Sieformierten    (Gereformeerde)   Äirdjie    in 

10  TOeberlanb,  beren  Sjiftenj  im  Sa^re  1892  bei  ber  obenerloäbnten  SSerfc^meljung  aufgehört 
botte.  Sin  berfc^iebenen  Orten  öerfammelten  ftc^  aümä^lic^,  erft  unter  ber  gü^rung  öon 
fünf  c^riftlid^en  reformierten  (gereformeerde)  ^fanern,  mcbrere  Gl^riftlici^e  Sieformierte, 
meldte  bie  äSerfd^mel^ung  mi^iUigten.  Sie  traten  auf  aU  bie  gefe^mä^ige  ^'^ortfe^ung 
ber  1834  entftanbenen  ß^riftlid^en  Sieformierten  (Gereformeerde)  Äird^e.  $ie  ©etoegung 

16  in  biefem  ©eifte  breitet  ftc^  forttoä^renb  ftufenloeife  au«,  fo  ba|  in  biejem  Slugenblii 
toieber  nebft  ben  Sieformierten  (Gereformeerde)  Äirc^en  58  ßj^rtftlid^e  Sieformierte  (Ge- 
reformeerde) ©emeinben  befte^en,  mit  19  $fanern,  toäl^renb  im  §aag  eine  tbeologifd^e 
©d^ule  gegrünbet  tourbe  für  bie  Silbung  t)on  ^ßrebigem  in  ber  C^rijtlic^en  Sieformierten 
Ätnl^e,  toeld^e  ©c^ule  je^t  2  2)ocenten  unb  fd^on  12  ©tubenten  ^äi)lt.    [Slad^  Stbfd^lu^ 

9)  bed  3Jlanuf{ri))te«  unb  t)or  bem  3)ru(t  bei^felben  ^at  bie  ^uli  1899  gehaltene  S^nobe  ber 
®^ftl.  Slef.  Äirt^e  befd^loffen,  biefe  ©c^ule  nac^  SlV^lobf,  einem  I)orfe  in  ber  Släf^e  Don 
$aag,  gu  t)erfe^en]. 

c)  fiut^erifd^e  Äirc^e.    SBöi^renb  bie  Sieformation   be«  16.  ^öl^^^unbert«  juerft 
in  ^orm  be«  £ut|>erani«mu«  (SJlartini^muö)  nad^  Slieberlanb  brang,  lourbc  biefe«  Sutl^er- 

26  tum  junäc^ft  öom  8a))ti«mu«  unb  biefer  toieber  t)om  Salt)ini«mu«  t)erbrängt,  fobaj  bie 
2utl^erifd;e  Äird^e  feit  ber  jtoeiten  §älfte  be«  16.  ^a^r^unbert«  nur  t)on  untergeordneter 
Sebeutung  für  ba«  tirc^lic^e  2Am  Slieberlanb«  getoefen  ift. 

I)ie  erfte  nieberlänbif^e  lut^erijc^c  ©emeinbe  entftanb  inSBoerben.  gm  3jal^rel566 
tüurbe  ber  Sel^rbegriff  ber  3lug«burgifc^en  Äonfeffion  in  berfelben  eingeführt.  3)en  bamad^ 
80  entftanbenen  ©emeinben  fehlte  anfangt  jebe«  ®emeinfc^aft«banb.  Slac^bem  1605  auf 
einer  SSerfammlung  t)on  7,  t)on  i^ren  ©emeinben  abgeorbneten  $rebigem  eine  (Sinigung 
in  Setreff  ber  Seigre  unb  ber  ©otte«bienftorbnung  ju  ftanbe  gefommen  loar,  tourbcn  bie 
einzelnen  lutl^erifd^en  ©emeinben  im  ^ai)x^  1614  burdji  bie  ©rünbung  ber  fog.  „grater^ 
nität  ober  Srübeifc^aft"  ju  einer  Äird^engenoffenfc^aft  bereinigt.  35ie  S^nobe  biefer  gra- 
se temität  trat  in  unbeftimmten  ^totfc^enräumen  unb  \pattt  alle  5  3^^^^  jufammen.  2)ie 
le^e  ©i^nobe  unter  ber  Sle|)ublä  fanb  1696  ftatt. 

3m  3a^re  1818  bcftötigte  Äönig  SÖUl^elm  I.  burc^  ein  Sleffri»)t  Dom  6.  ^bruar 
ba«  „SUgemeine  Slwlement",  iooburc^  bie  „ebangelijc^^Sutl^erifc^e  Äirc^e"  eine  neue  Dx- 
ganifation  erhielt.  ®iefe«  Sle^lement  erlitt  in  ben  3;a^ren  1855  unb  1859  einige  SSer* 
40  önberungen,  um  ber  Äirc^e  eme  öom  ©taate  unabhängigere  ©teßung  ju  geben,  ©eit 
1819  ^ält  bie  et).4utl^.  Äird^e  i^re  ©^noben,  h)eld[)c  bie  |öc^fte  lirc^lic^e  gnftanj  bilben 
unb  je^t  au«  21  orbentlic^en  ÜKitgliebem,  9  ^rebigem  unb  12  ©emeinbegliebcrn  beftel^en, 
oOjIö^rlid^.    ^ie  Seitung  ber  Sotalgemeinben  ^aben  bie  JÜrc^enräte. 

SBäl^renb  be«  legten  ^al^r^unbert«  ndl)m  bie  ^a\)l  ber  ©emeinben  unb  ^rebiger  in 

46  ber  tüAuil).  Äirc^e  langfam  ju.    ©ie  jäl^lte  nämli^  1784:  45  ©emeinben  mit  57  ^re^ 

btgem;    1815:  46  ©emeinben  mit  60  ^rebigern;    unb  ie|t  (1899)  49  ©emeinben  unb 

9  ^ilialgemeinben,  in  7  Ärcife  berteilt,  mit  61  ^rebigerftcBen,  bon  meieren  augenblicflid^ 

8  tmfant  finb.  SSon  ben  53  jjefet  bienftt^uenben  ^rebigern  finb  5  au«  ber  Slicberlänbifc^en 
Sieformierten  (Her vormde)  Äir^e  ^erfünftig  unb  13  au«  ber  3Q3ieberl^ergeftettt5£ut][ierif4en 

60  Jtird^e. 

SKöl^renb  bie  ^rebiger  frül^er  il^re  Silbung  im  9tu«lanbe   erl^ielten,  tourbe  1816   ju 
biefem  ^mdz  in  Slmfterbam  ein  ©eminar  gegrünbet,  baj  augenblidflid^  2  ^rofefforen  unb 

9  ©tubenten  gä^lt. 

d)  aSäieber^ergeftellt^Sut^erifd^e   ober   ailtlut^erifc^e  Äird^e.    ffiie  faft 
66  olle  Jjroteftantifc^en  Jtirc^en,  mu^te  aud^  bie  Qi).'2\xti).  Äird^e  ju  ®nbe   be«  t)origen  ^ai^X' 

bunbert«  ben  @influ|  be«  3lationalt«mu«,  fotoie  ber  nitoeßierenben  anti-fonfeffwneHen 
Sleigungen  erfahren,  ßine  Slealtion  jeigte  ftc^  1791  in^mfterbam,  fotoie  auc^  an  anberen 
Orten,  in  ^^rm  einer  Äirdbenfj)altung,  inbem  e«  jtoifd^en  benjenigen,  bie  bie  Slufret^ter^al- 
tung  ber  2lug«burgif(^en  Äonfeffton  unb  ber  liturgifd^en  fiirc^engebete  2c.  forberten,  unb 
60  ber  großen  S){aiorität  gu  einem  ^rud^e  lata,    3)iefe  au«gef(^iebenen  lut^erifc^en  ©emeinben 


^ottattb,  Kr^lic^e  (gtattftif  273 

Irotm  auf  ®runb  einer  ^atemttät^lte  gu  einet  eigenen  ©enoffenfc^aft  jufammen,  unb  fo 
entjianb  bie  ,,aBieberl^craeftents2ut^erifci^e  Äird^e".  ®rft  f^öt  befamen  biefe  ®e» 
memben  ein  burc^  fönißlicpe^  Sleflript  öom  ^af^xt  1835  beftötigtes^  Sleglement,  toä^renb 
bog  1866  jute^t  ret)ibierte  ^^Singemeine  ^Reglement  für  bie  SJertoaltung  ber  aCIt^Sut^erijc^en 
Äird^e"  lieber  beutlic^e  ©)>uren  be^  gortf(|ritt^  im  ©inne  ber  äutonomie  trägt.  6 

3)ie  allgemeinen  3lngelegenl(;eiten  ber  2Bieberl^ergefteIlt=£ut^erifc^en  Äird^e  orbnet  bie 
,,3UIgemeine  Äirc^Iic^e  3Serfammlung",  bie  ai\^  9  ^rebigern  unb  7  ©emeinbegliebem  be^ 
ftelj^t.  3)ie  ^eranbilbung  ber  ^farramt^Ianbibaten  (1877  toaren  il^rer  5)  gefc^a^  früher 
in  öerfd^iebenen  firci^Ii(^en  ©eminarien  in  Slmfterbam,  feit  1877  aber  an  ber  ftäbtifd^en 
Unibarfität  bafelbft,  toä^enb  einer  ber  ^mfterbamer  ^rebiger  mit  bem  33ortrag  ber  3)og-  lo 
matil  beauftragt  ift.  ^m  ^al^re  1815  ^atte  bie  ffiieberl^ergeftettt^ßut^erifd^e  Äird^e  4  ®e* 
meinben  unb  7  ^ßrebiger;  jrt^t  bagegen  jäl^It  fie  8  ©emeinben,  mit  11  ^rebigern,  öon 
benen  5  ani  ber  Qi),'2uii}.  ävci)z  finb. 

3m  Saufe  ber  ^Ät  toax  ber  fc^arfe  ©egenfafe  jtoifc^en  ber  (gi^angelifc^-Sut^erijc^en 
unb   ber  äSieber^ergeftedt^Suti^erifc^en  jtirc^e  merllic^   gefc^tDunben,  unb    1874  fmb   bie  i6 
legten  ©c^ranlen,   toeld^e  bie  tDed^felfeitige  S3erufung   k)on  ^rebigem   in  k)atante  ©teden 
beiber  Äird^en  erfd^merten,  l^intoeggeräumt,  nad^bem   auc^   fd^on  öorl^er  ein  ^rebiger  ber 
@t).s2ut^.  Äird^e  einen  Stuf  an  eine  SBieber^erg-sfiiit^.  ©emeinbe  nic^t  nur  erijialtcn,  fon« 
bem  angenommen  ^atte.    I)ie  Sb.-Sut^.  ©^nobe  aber  ^at   fic^   in  ben  lefeten  3^^^^/ 
ben  ^rebigem  unb  ^Pfarramt^Ianbibaten  ber  aSäieber^erg.-Sut^.  Äirc^e  gegenüoer,  Weniger  20 
liberal  gegeigt;  fie  l^at  für  beren  gutritt  gum  ^rebigtamt  in  bie  Qt>,'2uti).  ^\x(i)t  befc^^rän- 
fenbe  ÜRaferegdn  feftaefteUt,  ben  lpieber^erg.4ut^.  $rebigem  unb  ^farramti^Ianbibaten  feine 
größeren  JWec^te  anerlennenb  afö  ben  ber  übrigen  nieberlönbifc^en  )>roteftantifd;en  Äirc^en^ 
genoffenfd^aften.    3)ie  öor  einigen  ga^ren  inö  Seben   gerufene  SBerbrüberung^fommiffwn 
aui^   ben  beiben  lut^erifc^en  Äirc^engenoffenfc^aften  ift  bemgufolge  aufgelöft  Sorben,  ioeilas 
man  über  ein  gemeinfc^aftlic^e^  ©eminar  jur  §eranbilbung   t)on  ^Pfanem   ftc^  nid^t   gu 
toerftönbigen  Ipujte. 

e)  ©ocietät  ber  laufgefinnten.    3lai)   bem   belannten,   1559  ijerftorbenen 
50lenno  ©imon«  toerben  bie  3:aufgefinnten  auc^  50lennoniten  genannt. 

SBar  aud^  bie  Sertoerfung  ber  Äinbertauf e  unb  bie  gorberung,  bafe  bie  ^eilige  2!aufe  so 
nur  an  ©rtüacj^fenen  boUjogen   toerben  bürfe,  ba^  §aul)tmerfmal   aller  nieberlänbifc^en 
Saufgefinnten  im  3^itaUer  ber  Deformation,  fo  unterfd^ieben  fie  fic^  boc^  aud^  t)on  il(>rem 
erften  auftreten  an  Don  allen  übrigen  ^roteftanten  burc^  ben  gänglid^en  ÜJlangel  an  ßen^ 
tralifation  unb  Uturgifc^er  (Sinl^eit.    Dal^cr  fd^reibt  fu^  auc^  ber  oft  fo  gro^e  Unterf^ieb 
nid^t  aDein   gmifc^en  ben   eimelnen  ©liebem,  fonbem  and)  jtoijd^en  gangen  ©emeinben.  35 
3)ie  namentlich   bie  Jlirc^enauqt   betreffenben  Serfd^ieben^eiten  gtoifc^en  ben  brei  ^anpU 
gnH)|)en,  nämlid^  ben  im  gjal^re  1554  entftanbenm  „SBaterlanberd"   unb  ben  bon  1566 
^errü^renbm   „Jlamänbem"    unb   ^riefen",    ^örtm    feit  1650   gang   auf.    ßrft  fjjäter 
fanb  bie  au^  bogmatifc^en  ©treitigleiten  l^crüorgegangene  ^ut>tfj)altung  in  g^niften  (bie 
ort^obojeren)  unb  Samiften  (bie  liberaleren)  ftatt,  toeld^e  eigetitümlid^en  Benennungen  bon  40 
ben  aBat>J)en  i^rer  33erfammlung^lofale   (zon   unb  lam)   l^erftammten.    2)ie  1801    in 
3Cmfterbam  bottgogeue  SBieberbereiniaung  beiber  Slid^timgen  madjic  n\6)t  nur  biefcr  2^ren= 
nung  ein  (Snbe,  fonbem  brachte  auc^  aümä^lid^  bie  ^arteinamm  gang  aufeer  ©ebrauc^. 

3)ie  $aui)teigentümlid^feit  ber  Srübcrfc^aft  ber  nieberlänbifd^en  laufgefinnten  ift  bie 
au^erorbentlic^e  g^reil^eit,  fotoo^l  ber  ©ingelglieber  afö  ber  boüftänbig  autonomen  ©emcin=  45 
ben.  6ine  ©in^eit  be«  Sefenntniffe^  loirb  burc^au^  nic^t  erftrebt.  ^^htt,  Wk  er  auc^ 
über  bie  c^riftologifc^en  unb  foteriologifc^en  35ogmen  beulen  mag,  lanu  ©lieb  ber  ©e- 
meinbe  toerben,  toenn  er  nur  erflärt,  ani  ^erglid^er  Übergeugung  feine  ©ünbe  gu  befennen, 
unb  toenn  er  gugleid^  bag©elübbe  ber  d^riftlidi^m  Heiligung  ablegt.  3«  einigen  ©emeinbm 
ift  fogar  bie  laufe  ber  ertoad^fenen,  toel^e  au^  anbem  ilirc^engenoffenfd^aften  gu  bm  so 
iaufgefinnten  übergutreten  ioünfd^m,  nic^t  länger  obligatorifd^.  55on  jebem  ©emeinbegliebe 
toirb  bie  boüfommenfte  Sld^tung  unb  SBertfc^ä^ung  ber  5Jleinungen  anber^benlenber  ©e= 
meinbeglieber  geforbert. 

3Bä^rmb  Diele  ©emeinben  toon  bon  i^rer  ©rünbung  an  nur  folc^e  $rebiger  ioä^lten, 
bie  eine  toifjenfd^aftlid^^t^eologifcpe  Silbung  an  irgenb  einer  Uniberfität  er^altm  l^atten,  55 
burftm  boc^  aud^  folc^e  SWänner  angefteUt  toerben,  bie,  loenn  auc^  nid;t  an  einer  $oc^- 
fc^ule,  fo  bod^  bon  einem  ftubierten  a:^eologcn  ^erangebilbet  Sorben  toaren ;  ja  felbft  au^ 
ben  ©emeinbegliebem  tourben  3)tänner  o^ne  eigentliche  t^eologifc^e  Silbung  gu  Seigrem 
genommm,  bie  bann  ben  Flamen  „Siebe^Jjrebiger"  (liefdepreekers)  ober  „ßrma^ner" 
führten.    Jälle  le^ter  3lrt  fommen  feit  1866   nic^t  me^r  bor,   toä^renb   in   ben  3al)ren  m 

9icaU(hic9riopäbtc  für  Z^eologie  unb  Stirere.    3.  ».  VIII.  l^ 


274  ^oUani,  Krc^lic^e  Stattfüf 

1839  unb  1859  bie  bciben  legten  ^rcbtflcr  angcfteDt  toutben,  bic  nur  bon  flubicrten  l^co= 
logen  t^ren  Untcrrid^t  etl^alten  l^atten.  Sfltd^töbeftotoentger  bel^altcn  bic  ©emcinbcn  aud^ 
je^t  noc^  ba«  Siedet,  i^rc  Söal^I  auf  Jold^e  3Känncr  ju  lenfen.  I)ie^  ollc^  ixnQ  bagu  bei, 
baj  bie  3^^^  ^^  ^rebtger  früher  biel  größer  toar  ate  je^t.  SKäl^renb  im  '^a\)x^  1784 
6  in  152  ©emeinben  ftarf  270,  unb  1815  in  132  ©emeinbcn  noc^  173  ^rebigcr  toirften, 
toarcn  1877  in  126  ©cmeinben  126^farrfteUen;  in  ben  testen  jtoei  3)egennien  ift  bic 
änjal^I  ber  ©emeinbeglieber  burc^  bie  Übertritte  ani  ber  ?Rieb.  Sleform.  Äir^e  (ftebe  oben 
©.  265,47)  getoad^fen,  fo  baj  e«  je^t  131  ©emeinben  giebt  mit  137  ^ßrebigerftellen, 
Don  ioeld^en  ein  2)u^enb  iyalani  ift. 

10  5Ra(^bem  frül^er  fc^on  äl^nlic^e  Bereinigungen  in  Ilcinerem  3Jla^ftabe  entftanben  toaren, 
tarn  im  3^1^^^  1811  in  Slmfterbam  bic  „SlDgcmeine  ©ocictät  ber  S^aufgcfmnten"  ju 
ftanbe.  ©ie  berfolgte  ben  3h)ecf:  1.  ben  ^rebigtbienft  burd^  bic  Unterftüfeung  be«  im 
3öl^rc  1735  auf  Soften  ber  Slmfterbamer  Samiftengemeinbe  gegrünbeten  ©eminar^  ju 
fdrbem,  unb  2.  burd^  ©cl^alt^jula^en  für  bie  ^rebiger  ben  ärmeren  (Semeinben  unter  bic 

16  arme  ju  greifen.  2)iefe  „Slttgemetne  ©ocietät",  ju  ber  fämtlic^e  ©emeinbcn  gcl^ören,  unb 
bie  olle  bürftigeren  unter  biefen  unterftü^t,  fc^Iingt  ftc^  toic  ein  einigenbeö  93anb  um  olle 
©emeinben,  bie  im  übrigen  burc^au«  fret  baftel^en. 

2)ie  ©emeinbcn  ber  2;aufgefmnten  finben  ftd;  meiften«  in  ben  ^robinjen  ^ic^Ianb, 
5Rorb=^ottanb,  ©roningen  unb  Dber^jfcl.    gn   jeber  ^robinj   l^oben   bie  ©emeinbcn   feftc 

20  übereinfünfte  gur  gegenfcitigen  äuö^ilfe  bei  öafanten  ^rcbigerftellen  getroffen.  3)ie  (pro^ 
t)injietten  Sicreine  leiten  „Sainge",  in  ©roningen  bagegen  „©ocietät".  S)en  Solalgcmein^ 
ben  fte^t  ein  Äird^enrat  t)or.  tiefer  befte^t  ani  bem  $Prebigcr  ober  ben  ^rebigern  ber 
©emeinbc,  fotoie  ben  Jtird^cnältcftcn.  Se^tere  toerben  t)on  ben  männlid^en  ®emcinbc= 
gliebem  gctoö^It.    ^n  einigen  ©emeinbcn  ^oben   jcboc^   auc^   bic  grauen  SBa^Ircc^t,  bic 

26  häufig  bie  gro^e  üRcljir^eit  ber  3Kitgüeber  bilben.  2)ie  3lrmen)>flege  liegt  bem  Rird^enrate 
ob.  3)icfem  ftel^en  in  einigen  ©emeinbcn  ©(^loeftem  gur  ©eite,  bie  ^iafoniffen  genannt 
toerben. 

S)aö  ©eminar  jäl^It  39  ©tubenten.  Seibe  cai  bemfelben  t^ätige  ^rofefforen  gel^ören 
feit  1877  auc^  jur  ftäbtifd^en  Uniüerfität  inämfterbam,  bie  früher  nur  ein  Slt^cnäum  loar. 

80  f)  Srüberfc^aft  ber  SRcmonftrantcn.  3)er  5Rame  Slcmonftranten  (für  tocld^en 
aud^  nac^  bem  im  ^ai)xt  1609  berftorbenen  ^ßrofcffor  ^atob  Stnniniu^  bie  Sejei^nung 
ärminianer  borlommt)  rül^rt  bon  ber  SRemonftration,  einer  im  3^1^^^  1610  bon  einer 
angabt  ^Prebiger  ber  „reformierten  Äird^en"  bei  ben  ©taaten  bon  ^oDanb  unb  2Bcft= 
grie^Ianb  cingereid^ten  Scfcl^njcrbc  ^er,  toorin  unter  §inloeifung  auf  einige  Sebenfen  gegen 

86  bie  Äird^enlc^rc,  eine  SlcDifion  ber  niebertänbifd^en  Äonfeffion,  foloie  be^  §eibelbergcr  Äa= 
ted^i^mu«  geforbert  tourbe. 

9?ac^  langer  Vorbereitung  trat  gegen  ben  SBunfd^  ber  SRcmonftranten  bie  nationale 
S^nobe  in  I)orbre^t  gufammen,  bie  bom  14.  5Rot)ember  1618  bi^  jum  29.  SKai  1619 
bauerte.    I)iefe  ©^nobe  ftcHte  unter  aSerurteilung  ber  ßcl^re  ber  Slcmonftranten  bie  „fünf 

40  reformierten  Kanone^"  über  ben  9tatfd^Iu|  ber  $räbeftination,  über  bic  aUgemeinl^eit  be^ 
aSerbienfte«  unb  be«  3:obe^  Gl^rifti,  über  bie  ©nobe  ©otte«,  fotoie  über  bie  Sefe^rung  be^ 
5Kenjd^en  unb  enblic^  über  ba^  ^lic^tabfaUcn  ber  ^eiligen  feft.  SlUc  ^rebiger,  toeld^e  fid^ 
ben  Sc^beftimmungen  ber  ©^nobe  nicht  unterwarfen,  tourben  i^re^  Stmtc^  ^ntfc^t,  unb, 
toenn  fie  fic^  nicbt  burc^  9lamenöunterfc^rift  ber})flid^tcten,  jeber  firc^Iic^cn  §anblung  [\d) 

46  JU  entpalten,  au^erbem  nod^  beg  Sanbc^  berloicfen.  9lad^  bem  3^obc  be^  ^rinjcn  Ü){ori^ 
bon  Dranien  (geft.  1625)  lebrten  bie  Verbannten  ^rebiger  aHmä^lic^  in  i^r  SSatcrIanb 
nirüdf  unb  bom  '^af)xc  1632  an  ^örte  bie  SScrfoIgung  berfelben,  aufier  in  ben  ©täbtcn 
Serben  unb  Äamj)en,  boüftänbtg  auf.  ^n  bemfelben  3abrc  trat  bie  ©ejcUfd^aft  ber  9lc= 
monftranten,  bie  [\d)  jc^on  in  ben  iagcn  ber  ©orbrec^ter  ©^nobe  ju  bilben  angefangen, 

60  unter  bem  9iamen  „Srüberfdbaft  ober  ©ocietät  ber  Slcmonftrantcn"  offen  ^ertoor.  gn  bem 
barauffolgenbcn  Sa^re  (1633)  tourbe  bann  ber  t)on  Ut;ttenbogaert  berfafetc  ßnttourf  einer 
Äird^enorbnung  angenommen  unb  1634  in  Slmfterbam  t>a^  ^rebigcrfeminar  errichtet, 
h)el(|e^  1873  nac^  £ct>ben  berlcgt  toorbcn  ift,  unb  jc^t  10  ©tubenten  jä^lt. 

SBäl^rcnb  bie  alte  Äirc^enorbnung   bom  ^a\)xt  1633  befagte,   ba|  bic  33rübcrfd^aft 

66  unberrüdft  feft^alte  an  ber  Ijiciligen  ©^irift,  unb  baj  fie  bej|^arre  bei  il^rer  Äonfcjfion,  jtoar 
nid^t  ate  Slic^tfc^nur  il^rc« ©laubcn^,  fonbem  ateörflärung  i^rer ©laubenömcinung, 
bezeichnete  ba^  SHcglcment  t)om  ^af)xz  1861  bie  Srüberfc^aft  al^  eine  d^riftlic^e  Rircf^en' 
gemeinfcl^aft,  in  ber  ba«  ßljangclium  t)on  ^^\u  (S^rifto  gemä^  ber  ^eiligen  ©c^rift  in  aller 
^ei^eit  unb  2)ulbfamfeit  belannt  unb  bertünbigt  loirb.    I)ad  1878  rcbibiertc  Sicglcmcnt 

eo  lautet:  „2)ic  örübcrjd^aft  ber  Slemonftranten  l^at  ben  ^to^d,  ba^  rcligiöfe  Scben  auf  bem 


^oOatib,  ftrc^itc^e  StatifKf  275 

gunbamcntc  be^  SbangcKumg  ^^\u  ß^rifti  ju  förbern,   tnbem  fte  babei  feft^ält  an  bem 
^tm^ij)  ber  greil^eit  unb  5Dulbfamfeit." 

S)ic  Scitunß  ber  Srüberf d^af t  übt  bie  „gro^e  33erfammlung"  au«,  ipeld^c  \äf)xl\d)  cin^ 
mal  gclj^altcn  Ipirb.    3"  berfelbm   fi|en  bic  ^rofcfforcn,  alle  ^rebiger,  3)cj)utiertc  au« 
fämüid^en  Oemeinben  unb  nod^  etnjelne  anbete  ^erfonen.    @in  au«  6  ©liebem  befielen«  5 
ber  ftänbtger  3lu«)c^ufe  forgt  für  bie  3lu«fül^runö  ber  5JerfammIunfl«befc^Iüffe  unb  für  bie 
Befolgung  be«  SHeglement«. 

3lm  Saläre  1784  jäl^ltc  bie  Srüberfc^aft  ber  aiemonftranten  40  ^rebiger;  1815  in 
26  ©emeinben  32  unb  1870  in  22  ©emeinben  24  ^rebiger.  3e|t  jöi^It  fie  27  ®e= 
meinben,  in  toeld^en  22  ^rebiger  arbeiten,  Uon  benen  13  früher  ^u  ber  5Rieb.  Sleform.  10 
(Hervormde)  Äirc^e  gehörten.  Über  biefe  le^te  ^jartieße  3wnabme  in  biefen  3^^'^^ 
|ert)orgerufen  burc^  bie  fonfeffionelle  Setoegung  in  ber  SReformiexten  Äirc^c,  fie^e  oben 
©.  265,45. 

IL  Äat^olifc^e  Äirc^e.  a)  3lömifd^^Äatl^oIif(^e  Sirene.  ?Ra(^bem  feit 
Einführung  be«  ßl^riftentum«  ber  größte  2^eil  be«  je^igen  Jlönigreid^  ber  5RieberIanbe  ju  15 
bem  im  ^abre  695  gegrünbeten  Si«tum  Utred^t  gel^ört  ^atte,  ba«  feinerfeit«  toieber  einen 
3;eil  ber  ßr^^biöceje  Äöln  bilbete,  tourbe  1559  Utrecht  felbft  jum  @rjbi«tum  erl^oben.  3)ie 
römifc^e  Äurie  ge^t  t)on  ber  Slnfic^t  au«,  ba^  bie  ^Reformation  be«  16.  S^^J^^w"^^^^  ^^ 
bifc^öflic^en  Stegierung  in  ber  Ätr4cn)>rot)inj  Utrecht  ein  6nbe  gemad^t  l^at.  ^^f^lfl^^ff^ 
toerben  bie  firc^Iic^en  Siegenten,  bie  nad^  bem  lobe  be«  le^iten  Utrec^ter  ©rbifc^of«  gre^  ao 
berif  ©(^enf  \>an  2:outenburg  (geft.  1580)  al«  a))oftoKfc^e  SSifare  bie  Angelegenheiten  ber 
Äatl^olifen  t)erh)alteten,  tro^  il^re«  bijc^öflic^en  ßl^arafter«  feine«toeg«  a(«  eigentlid^e  S3ifd;öfe 
ber  ^robinj  Utred^t  t)on  ber  römifd^en  Äurie  betrachtet. 

©eit  1717  iüurbe  bieSeitung  ber  römifc^^fatl^olifc^en  3CngeIegenl^eiten  in  ber  Äirc^- 
)>rot)in3  Utred^t  jjöpftUc^en  Segatcn  anvertraut.  2)iefe  führten  ben  4itel  „93ices©uberioren",  25 
tourben  o^ne  5Hith>irIung  ber  RcCpM  ernannt  unb  Ratten  il^ren  2Bo^nfi|  in  Stöln  ober 
Srüffcl.  3n  ben  übrigen  8anbe«teilen  tourben  im  2aufe  ber  3ei^  otooftoUfc^e  SSilariatc 
gegrünbet.  gm  ^a\)xt  1840  tourbe  bie  3^^  ^i^f^  SJifariate  bi«  auf  brei  l(;erabgefe^, 
fo  bafe  t)on  biefcm  3^^^^"^^  0"  ^i^  geiftlid^e  Seitung  ber  Äatl^olilen  be«  Äönigreiq«  ber 
3iieberlanbe  in  folgenbe  vier  Sleffort«  »erteilt  toor :  ®ie  ^oUänbifc^e  3Kijfton  unter  Seitung  ao 
be«  J)ä^)ftlic^en  gntemuntiu«  im  $aag,  unb  bie  aj)oftoIifc(^en  SJilariate  §erjogenbufc^,  95reba 
unb  Simburg. 

.^aiU  fc^on  ber  gaH  ber  ^errfc^enben  Äirc^e  (1796),  fotoie  bie  btiraertid^e  ®Ieid^ 
ftcDung  ber  itat^olifen  mit  ben  ^roteftanten,  unb  befonber«  mit  ben  Sieformierten,  ein 
fräftigc«  äufftreben  ber  bi«^er  untcrbrürften  SJlad^t  ber  römifc^en  Äird^e  jur  golge  gel^abt,  86 
fo  führte  nid^t  toeniger  bie  äÖieberaufric^tung  ber  §ierard^ie  burc^  ^a^ft  ^^Jiu«  IX.  im 
ga^re  1853  ju  einer  beac^ten«h>erten  SJerme^rung  ber  ^riefter  fotoo^I,  al«  ber  fird^lic^en 
änftalten,  über^auj)t  ju  einem  ni^t  ju  berfennenben  ^^rtjcl^ritt  ber  Äatl^olilen  auf 
focialem  unb  inteUeftueUem,  toie  aud^  auf  ))olitifc^em  ©ebiete,  tro^  ber  älbnal^me  ber 
©eelenja^l,  toorauf  oben  ©.  264,19  ^ingetoiefen  ift.  40 

©eit  ber  SBieberaufric^tung  ber  ^ierarc^ie  (1853)  bilbet  ba«  Sönigreic^  ber  5Rieber- 
lanbe  nur  eine  Äird^enj)rotoin|\.  Diefelbe  befte^t  au«  5  Diöccfen,  nämlic^  bem  Srgs 
bi«tum  Utred^t  mit  ben  ©uffraganbi«tümern  ^aarlem,  §erjogenbufc^,  Sreba  unb  Stoer* 
monb.  3"  i*^  ^icf^  5  2)iöcejcn  tourbe  1858  ein  an^  einem  ^roi>ft  unb  8  (Sanonici 
befte^enbe«  S^ccipxtd  erridfttct,  ba«  ben  9lat  be«  Sifc^of«  bilbet  unb  genjöl^nlic^  einmal  46 
monatlich  fic^  toerfammelt.  Seim  3^obe  eine«  Sijd^of«  ernennen  biefe  Jfapitel  für  bie  SSer^ 
Haltung  ber  3)iöcefe  ioä^renb  ber  3Safanj  einen  Äajjitular-Sifar  unb  fc^lagen  brei  Äanbi» 
baten  bor,  avi<i  toeld^en  ber  $apft  ben  Sifd^of  ernennt,  ^n  einigen  gäHen  gefd^ieljit  bie 
(Ernennung  ber  Rapitulare  burd^  ben  Sifc^of  unter  SKittoirtung  be«  Äajjitel«,  in  anberen 
fällen  aber  burd^  ben  ^ajjft.  gebe  3)iöceje  beft^t  ein  ^riefterfeminar.  2)ie  Seitung  be«-  eo 
felben  l;at  ber  33ifd^of,  ber  an^  bie  ^ßrofefforen  unb  Seigrer  an  bemfelben  ernennt,  ^m 
erjbi«tum  Utred^t  bcfinbet  fic^  bie  Dberabteitung  be«  ©eminar«  in  St^jenburg,  bie  Untere 
abteilung  in  Äuilenburg;  im  Si«tum  §aarlem,  in  SBarmonb  unb  Soorl^out  ($aget)elb); 
im  Si«tum  ^er^ogenbufd^  in  paaren  unb  ©t.  3Jlic^iet«geftel;  imSi«tum  Sreba  in§oet)en 
unb  ?)pelaar  (©innefen);  im  4)i«tum  SRoermonb  in  Sloermonb  unb  Slolbuc.  66 

gebe  3)iöcefe  ift  in  2)efanate  eingeteilt,  bie  Don  3)efanten  geleitet  toerben.  2)a«  ©rj^^ 
bi«tum  Utrecht  jä(;lt  17,  ba«  Si«tum  ^aarlem  19,  §erjogenbufd;  17,  93reba  8  unbSRoer* 
monb  14  fold^er  SDefanate.  a)ie  ©efanten  baben  ein  getoiffe«  3luffic^t«re(^t  über  bie 
niebere  ©eiftlic^feit,  fotoie  auc^  nac^  mand)en  ©eiten  l^in  über  bie  Saien.  Slu^erbem  bilben 
fte  bic  9)littelinftan3  jioifd^en  bem  !öifc^of  unb  ber  niebercn  ©eiftlic^teit.  w 

18* 


276  ^oUanb,  ürd^Iid^e  Statiftif 

3)ie  folgenben  3^^^^"  9*^"  ^'"^  S3cgriff  öon  ber  energifc^en  3^I;ätigfcit  bcr  Äa- 
t^oltfc^en  Äirc^e  fett  ber  SBieberaufric^tung  ber  §ierarc^ie  im  ^ai^x^  1853.  ^m  ^a^re 
1784  finben  h)ir,  unb  jtt>ar  nad)  attgemein  angenommener  Serec^nung,  ba  bie  frühere 
abjtc^tltc^e  ©e^eimJ^altung   ber  h)irfKc|en  ^af)l  ber  Äat^olifen   jcbe   genaue  3lngabe   un= 

5  möglich  mac^t:  350  ^ßaroc^ten  mit  beinahe  400  ^rieftern;  1815  in  673  ^^Jaroc^ien 
975  fälulare  ©eiftüc^e;  1860  in  918  ^ßaroc^ien  unb  öffentlichen  SHettoraten  ungefähr 
1800  5Priefter;  1877  in  985  ^^Sarodbien  2093  fäfulare  ©eiftlic^e,  toobei  bie  in  berÄirc^en= 
leitung  unb  in  ben  ©eminarien  ftdp  befinbenben  ^ßriefter  mitgerechnet  finb,  toä^renb  e^ 
je^t  1014  5Paroc^ien  giebt  mit  2310  fäfularen  ©eiftlic^en.  9tac^  1853  fmb  ungefäf^r500 

10  neue  fot^olifc^e  Äirc^en  erbaut,  unb  150  öergröfeert  ober  reftauriert  tt>orben,  auf  toeld^e 
SoutDerfe  ein  StaUßxtal  \>on  ftarf  50000000  ®ulben  (ca.  84000000  3ilaxt)  öertoenbet 
h)orben  ift. 

3)ie  ©orge  für  bie  materiellen  3lngelegen^eiten  jeber  ^aroc^ie  trägt  feit  1854  ein 
bom  Sifc^of   ernannter  ^arod^ioI-Sorftanb.    3)a^felbe   gefc^ie^t   auc^  feit   1876   in   ben 

i6  2)iöcefen  Sreba  unb  Sloermonb.  §ier  beftanben  nämlid^  feit  1809  fogenannte  ,,Äird^5 
fobrilen"  (Kerkfabrieken),  bie  unter  SRittDirfung  ber  öffentlichen  Se^örben  ba^  2lmt  ber 
je^igen  ^aroc^iolöorftänbe  öertoalteten. 


3)er  folgenbe  Ül 
3)iöcefen. 

20 

berblidt  üeranfc^aulic^t 

bie  tirc^lic^e 

3:]^ätigfe 

it   in  ben 

öerfc^iebcnen 

erjbi^t 

93i«t. 

»iet. 

S3i«t. 

93i«t. 

Utrecht 

^aarlem 

§er»ogenbufc^ 

»reba 

SRoermonb 

lotal 

2)tfanate 

17 

19 

17 

8 

14 

75 

^Paroc^ien 

278 

220 

252 

93 

171 

1014 

©ähil.  ®eifü. 

536 

588 

511 

253 

422 

2310 

26  ®rofe  ©emin.  $rof. 

6 

8 

7 

6 

6 

33 

©cminariften 

78 

107 

160 

48 

70 

463 

Älein  ©emin.  $rof. 

11 

14 

15 

10 

43 

93 

©eminoriften 

204 

191 

180 

85 

375 

1035 

ßlementarfc^ulen 

140 

216 

240 

51 

56 

703 

aoSd^iUer 

28700 

39400 

32700 

9500 

11500 

121800 

3Ränner«ö[ter 

15 

19 

51 

13 

31 

129 

Rrouenflöfter 
Äranlen^äufer 

90 

121 

165 

59 

69 

504 

15 

17 

89 

16 

15 

152 

[Über  ben  3wftanb  ber  Rat^olilen  gur  3^^  ber  9let)ublil  —  unb  namentlich  über  bie 

86  ©efc^id^te  ber  Sönfcniftenlirc^e  — ,  fie^e  unten  meinen  2lrtitel  „3i«"f ^*^ift^*"Krc^e"  |. 

b)  Slltbifc^öflic^e  Älerefei  ober  ältfat^olifc^e  Äirc^e.  Die  ©elbftftänbig:: 
feit  biefer  Äirc^e  beruht  auf  ber  Überzeugung,  ba^  ba^  fanonifd^e  Siecht  bie  annähme 
einer  3luf^ebung  ber  §ierar^ie  in  9?ieberlanb  burc^  bie  Sieformation  »erbietet,  unb  ba^ 
barum  femer  bie  geiftlic^en  Oberen,  bie  feit  bem  ^ai}xt  1580  afö  aj)oftoIifc^e  3Sifare  mit 

40  ber  Seitung  ber  römifc^=fat^oIifc^en  Äirc^enangelegenJ^eiten  betraut  toaren  (©a^bolb,  dto- 
beniug,  be  la  3^orre,  Ga$,  9JeercaffeI  unb  ßobbe),  aU  legitime  ©rjbifc^öfe  öon  Utrecht  gu 
betrachten  feien,  obtt>o^l  fie  au^  Üngunft  ber  3^^^"  biefen  2;itel  nic^t  führten.  SJic^t  auf 
bie  )>ä^ftlicj^e  Ernennung,  fonbern  auf  bie  Srtoä^lung  burc^  ba^  Jlapitel  grünbet  ftc^  nad^ 
ber  5Keinung  ber  3UtIat^oIifen   bie  Slmt^etoalt  biefer  ftirc^enfürften  in  Segug    auf   bie 

46  5ttrc^en)>robin)  Utrecht. 

6^  ift  belannt,  toie  ber  ^^nfeniemu^,  ber  ba^  S)ogma  tt>ieber  auf  bie  Seigre  bc^ 
Sluguftinuö  grünben  tooUte,  unb  toie  ber  ©allifaniemu^,  ber  bcr  juncl^mcnben  6en= 
trolifierung  aller  firc^li^en  unb  geiftlic^cn  3Rac^t  in  ber  ^crfon  beö  ^ajjfte^  gegenüber 
bie  ©elbftftänbigfeit  ber  öerfd^iebenen  SlationalKrc^en  ju  öerteibigen  fud^te,  im  17.  3a^r= 

GO  l^unbert  ben  Äat^olici^mu«  in  gro^e  ®äl|?rung  öerfe^ten.  Slac^bem  fid^  biefe  Seroegung 
audtj  ber  nieberlänbifc^en  Äat^olifen  bemächtigt  ^atte,  tourbe,  um  i^r  entgegengutoirfen, 
foh)ie  in  bem  äJerbac^te,  ba^  bie  aj)oftolifc^en  3i'\taxt  fc^on  feit  Sangent  mit  bem  Sanfeniemuö 
behaftet  feien,  an  bie  ©teile  bei^  1702  nac^  9tom  citierten  S^itar^^ 'ijJetrui^  6obbe  öom^o^fte 
gang  eigenmächtig  2:^eobor  be  Äoc!  ernannt,    ßin  großer  Seil  ber  fat^olifc^en  ®eiftlid^en 

65  9licberlanb^  erflörte  fic^  für  Gobbe;  fc^on  al«  1701  bie  D>)>)ofition  gegen  benfelben  einen 
bebro^lic^en  (S^arafter  annahm,  Ratten  fic^  300  "iPfarrer  unb  $riefter  für  i^n  beim  Äar= 
binal^follegium  öertt>anbt.  5Rac^bem  aber  be  ilodE  einmal  ernannt  tvax,  unb  bie  ^al)l  ber 
t)om  älu^lanbe  nac^  92ieberlanb  gefanbten  regulären  ®eiftlic^en  immer  me^r  tvud)^,  na^m 
ßobbe^  ansang  fc^nell  ab.    Um  ben  gänjli^en  Untergang  ber  alten  Älercfei  ^u  toer^üten, 

Wt»äl?ltc  baö  Utrec^ter  RcCpM   im  ^al)xc  1723   6omeliu^  ©tecnoDcn  jum  (Jrjbifcbof   toon 


^oOanb,  ftrdiliciie  StatifKI  277 

Utrecht,  ber  öon  SJarlet,  bcm  S3ifci^of  öon  S3ab^Ion  i.  part.  in!.,  btc  SBei^c  cinjjfing. 
SBcber  ba«  Kapitel,  noc^  ber  neuern>ä^Ite  Sifc^of  Itepcn  [ic^  burc^  bie  balb  barauf  erfoU 
gcnbc  päjjftlic^c  ®jiEommunifation  abfc^rcdfen,  unb  bei  eintretenber  SSalanj  tt>urben  bte  auf 
ben  heutigen  Xaq  ftet«  neue  ©rjbifc^öfe  getoä^It.  ^m  3a^re  1742  tt>urbe  ebenfalls  ein 
Sifc^of  für  §aarlem  unb  1757  aud)  einer  für  2)ebenter  ernannt.  Unb  ba  bie  93if(^öfe  5 
ftetö  9la(^foIger  erhielten,  fo  bauert  bie  fog.  a^oftolifc^e  ©uccefjion  in  ber  2lltlatl^olifd5ien 
Äird^e  9JieberIanb^,  bie  öom  3SoIfömunbe  getoö^nlic^  S^^f^^P^^fi^^^  genannt  tt>irb,  big 
auf  ben  heutigen  3^g  ununterbrochen  fort. 

3)ie  älllfat^olifdbe  ^irc^e  erfennt  bie  Slutorität  fott>ol^I  ber  allgemeinen  ÄonjUien,  afö 
auc^  be«  S^ribentinumg  an,  toä^renb  fie  ba«  öatilanifc^e  Äongil  (1870),  fott>ie  bie  3)ogmen  lo 
öon  ber  unbeflecften  Smjjfängni^  unb  ber  ))ät)ftUc^en  Unfe^Ibarleit  beriüirft. 

3)ag  in  Utrecht  befte^enbe  Äa^itel  ber  2Ktfatl^olifd^en  Ätrd^e  gä^It  einen  ©efanten 
unb  7  Äapttulare,  bie  Dom  (grjbifc^of  ernannt  h)erben.  3)er  ^aarlemer  S3ifc^of  tt>irb  bon 
f amtlichen  ©eiftlid^en  ber  ©iöcefe  §aarlem  getoöi^It;  hjäl^renb  ber  ©rjbifc^of  ben  Sifd^fof 
öon  3)eöenter  ernennt.  2)ie  $riefter  erhalten  i^re  95ilbung  feit  bem  ^af)xz  1725  in  bem  i6 
in  ber  ©taDt  3lmergfoort  gegrünbeten  Seminar,  ba«  je^t  4  ©tubenten  ber  3^eoIogte 
unb  13  3lH)irant=©tubenten  jö^lt.  a)ag  ©rgbi^tum  Utredj^t  ifk  in  3  6rj})rieftertümer 
eingeteilt. 

a)ie  ailtfati^olifc^e  Äirc^e,  bie  im  ^a!t)Xi  1784   in  50  ®emeinben  noc^  74  ^riefter 
unb  1815  in  25  ©emeinben  30  ®eiftli^e  gä^Ite,  ^at  je^t  27  ©eiftli^ie  in  i^en  26  ©e^^  ao 
meinben.    3"^  S^^^^^Won   be^  (grgbifc^ofg   gehört   aud^   bie  ©emeinbe  auf  ber  3[nfel 
9Jorbftranb  an  ber  fc^Ie^toigfc^en  Äüfte. 

3)er  ailtfat^olifc^en  Äirc^e  9JieberIanb«  fällt  ein  bebeutenber  2lnteil  an  ber  firc^Uc^en 
Äonftituierung  be«  im  ^prinji})   mit  i^r  übereinftimmenben  2lItfat^oIicigmu«   in  3)eutfd^* 
lanb  unb  in  ber  ©(^tt>eij  ju,  ba  ber  beutfc^e,  altlat^olifc^e  Sifdffof  Steinten^  am  11. 2lug.  as 
1873  öonbem  Sifc^of  öon  SDeöenter  §.§evfam^)  (ber  erjbifc^öflic^e  ©tul^l  inUtre^lt  toar 
nämlic^  gerabe  öatant)  in  Slotterbam  bie  SQBei^e  erhielt. 

III.  3luben.  Über  ben  ^uftanb  ber^juben  in 9Jieberlanb  bor  bem  16.  Iga^r^unbert 
lä^t  fic^  nur  tt>cnige«  mit  (Setot^l^eit  fagen.  ©porabifc^  fanb  man  an  einjänen  Orten 
fotoo^l  getaufte  3uben,  ba^  fmb  fold^e,  bie  um  ber  Verfolgung  in  ©übeuropa  ju  entgegen,  so 
^um  ©c^ein  ß^riften  gchjorben  toaren,  ate  auc^  ungetaufte,  bie  au«  SRitteleuropa  l^s 
ftammten.  6«  ftnb  norf)  je^t  Serorbnungen  öorl^anben,  bie  il^nen  ben  3lufentl^alt  in 
einigen  nieberlänbifc^en  ©täbten  unb  ©egenben  au^brüdflid^  verboten,  u.  a.  bom  14.  äug. 
1532,  Dom  20.  Januar  1545,  öom  17.  3uli  1549,  fott>ie  bom  17.  5IRai  1570. 

Site  ber  80  jährige  Ärieg  bie  5WieberIanbe  jur  ?freiftatt   aller  ber  um  be«  ©laubengsö 
toitten  3?erfolgten  mad^te,  tt>urbe  aud^  bie  ^af)l  ber  ^ier  ©df^u^  fudf^enben  ^vbm  fei^r  be* 
beutenb.    ©ie  erhielten  ben  9Jamen   a)  beutfd^e  unb  b)  portugiefifc^e  Swben.    2)a«  SJer« 
l^öltnig  beiber  3^eile  ju  einanber  hjar  anfänglidSf  nic^t  fel^r  freunblic^.    3)ie  portugiefifd^fen 
3uben,  obtDo^I  hjeniger  ja^Ireic^,  tt>aren  bie  gebilbeteren  unb  reid^eren,  bie  beutf^en  3^* 
raeliten  bagegen  meiften«  unhjiffenb  unb  arm.    2)en  ^ßortugiefen  toar  in  ber  erften  ^Ät  4o 
jeber  intime  Umgang  mit  ben  S)eutfc^en,   unb  namentlich  bie  6^e  mit  benfelben   ftreng 
verboten.    3)iefeö  SSerJ^ältni«  tt>anbte  fic^  balb  jum  Seffem,  ba  bie  3)eutfd^en  Seft^  unb 
Silbung  errangen,  toä^renb  bei  ben  5Portugiefen  l^äupg  ©tiUftanb,  toenn  nic^t  gar  Stüd« 
gang  jtc^  bcmerflic^  machte,    ©inige  Unterschiebe  in  ben  religiöfen  ßeremonten,  namentlid^ 
aber  bie  Serfc^ieben^eit  in  ber  3lu«f))rad^e  be«  .^ebräifd^en,   fte^en  ber  SSerfc^meljung  ber  46 
beiben  Elemente  bc«  nieberlänbifd^en  gubentum«  noc^   immer  im  SQSege,   obtoo^l  fte  bon 
1814  bi«  1870  burc^  eine  gemeinfame  Drganifation  öerbunben  toaren,  unb  toietoo^l  bie 
rabbintjd^en  gunftionen  bei  ettt>aigen  SSafanjen  auc^  öon  Slabbinem  ber  anberen  3lbteilung 
öerrid^tet  tourben.    2)ie  Serme^rung  ber  Iguben,  beren  ^af)l  im  ^af)x^  1780  auf  32  000 
unb  1815  auf  45000  gefc^ä^t   n>urbe,   gel^t  beutlid^   au«  ber   obigen  ^ufammenfteHung  so 
(©.  264,52)  ^ertjor. 

a)  3)eutfc^e  ^iu^^n-  2)ie  beutfc^en  ^v!t>m  ^aben  fic^  im  Saufe  ber  3^it  mit  ben 
f4[on  in  9Jieberlanb  anfäfftgen,  fott>ie  mit  ben  Flüchtlingen  au«  $olen  unb  Sit^auen  ber« 
mifd^t  unb  bilben  je^t  bie  9fiieberlänbifc^=3i«raelitifd^e  Äird^engefellfd^aft. 

9lamentltc^  feit  1615  jogen  tt>ieber^olt  beutfdbe  guben  nad^  5Rieberlanb,  bie  jebod^  66 
anfang«  lieber  fo  geachtet  toaren,  nac^  fo  bieler  ^^eil^eiten  ftc^  erfreuten  al«  bie  ^ortu^ 
giefen.  3)ie  ©emeinbe  in  3Waarffen  (^roöinj  Utrecht)  toirb  für  bie  ältefte  nieberlänbijj^s 
i«raelitifc^e  ©emeinbe  gehalten,  iDietool^l  ba«  '^afjx  i^rer  ©rünbung  unbefannt  ift.  35ie 
1636  organifierte  ©emeinbe  in  2lmfterbam  tt>urbe  balb  ber  Gentralpunft  aller  in  ben  ber* 
fd^iebenen  Seilen   be«  Sanbe«  ftc^   nieberlaffenben  Iguben.    a)urc^   obrigfeitlid^e«  SSerbot  eo 


278  ^oUan^,  Krc^Iic^e  Statifltf 

iourbc  e^  1618  bcr  Slmftcrbamer  ©cmeinbc  unter jogt,  ftatt  bcr  biö  babiu  bcnu^tcn  Sctfälc 
eine  öffentlid^e  ©^nagoge  ju  errichten.  9?ac^bem  jeboc^  1651  bie  ©emetnbc  burd^  poU 
nifd^e  Flüchtlinge  einen  3"^^^^  erhalten  l^atte,  unb  nad^bem  1656  au^  Sit^auen 
3000  emigranten  eingetoanbert  tt>aren,  bie  i^re  eigene  ©l^nagoge  errichteten,  tarn  e«1671 

6  jum  ^au  ber  noc^  befte^enben  „®ro^en  ©^nagoge"  in  Slmftcrbam ;  feitbem  bereinigten 
bie  berfc^iebenen  ®nH)j)en  fic^  oUrnä^lidSf  gu  einer  Äongregation.  ^olitijc^e  (Sleic^berec^s 
tigung  mit  allen  9lieberlänbem  erhielten  bie  guben  erft  im  Solare  1796. 

2)ai5  erfte  allgemeinere  Sleglement  für  bieSeitung  ber  i^raelitijd^sKrc^licJ^cn  angelegen- 
l^eiten   erfc^ien  in  bem  3)efret  Äönig  fiubtoig«  öon  ,§ollanb   Dorn  12.  ©eptember  1808, 

10  ba^  ein  „Oberlonftftorium  für  bie  §ollänbijc^s5)eutfd)e  S^raelitifc^e  ©emeinbe"  innerhalb 
be^  Königreich«  einfette.  Site  .^ollanb  eine  franpftfd^ie  $roi)inj  tt>urbe,  famen  bie  nieber- 
länbifc^en  ^nUn  1813  unter  bieSeitung  be«  ßentral-Ätonfiftoriumö  in^Pari«^.  2lber  fc^on 
1814  folgte  ein  neue«  Sleglement,  nac^  toelc^em  ilönig  SQäill^elm  I.  eine  „Seratenbe  ©e^ 
neral*5tommiffu)n"  für  bie  3lngelegen^eiten  fämtlic^er  guben,  \o\voi}l  ber  beutjd^en  al«  ber 

15  ))ortugiefifc^en  ernannte,  ©eit  bem  ^al)x^  1862  erftrebte  eine  burc^  bie  firc^lic^en  Dr^ 
gane  ernannte  „Äonftituierenbe  Sßerfammlung"  eine  befinitiöe  Drganifation,  bie  aber 
erft  1870  toirßic^  gu  ftanbe  fam.  ©eit  biejem  ^af)x^  ift  bie  Seitung  ber  nieberiön« 
bifd^'iöraelitifc^en  Äir^engenoffenfc^aft,  bie  nun  ni^t  me^r  mit  ber  })ortugiefifc^en  ©e^ 
meinbe  bereinigt  ift,  in  §änben  eine«  Gentralsäu^fc^uffe«,  ber  in  ber  Siegel  jä^rlicb  einmal 

20  jufammentritt,  ipäl^renb  ein  au«  brei  ©liebem  (jeber  mit  einem  ©teHöertreter)  befte^enber 
J)ermanenter  3lu«fc(iu^  in  3lmfterbam  mit  ben  loufenben  ©efc^äften  unb  ber  3lu«füi[irung 
ber  93efclEflüffe  beauftragt  ift. 

2)ie  ganje  Äird^engenoffenfd^aft  umfaßt  ungefähr  200  ©emeinben,  bie  in  12  .^aupt- 
f^agogen,   72  Ärei«fl?nag0gen  unb   Leiter  ^liale   eingeteilt   finb.     S^be  !^anbe«proüinj 

26bilbet  einen  SBal^lIrei«;  bie  $roi)inj  ©üb-^ollanb  jebod^  jtoei.  3^^^  £o!algemeinbe  ift 
autonom  unb  orbnet  ibre  inneren  3lngelegen^eiten  ganj  unabhängig  bon  ber  Gentrallcitung 
nad^  eigenem  ©utbünlen.  gn  ben  !8oIalgemeinben  l^aben  SRabbiner,  Kirchenlehrer  (Kerk- 
leeraars)  unb  (in  Heineren  Drten)  9leligion«le^rer  bie  Seitung  ber  geiftlicben  3lngclegen= 
l^en,  toäl^enb  augenblidtlid^  6  DbersStcibbiner  fungieren,  benen  ein  gange«  ■«effort  unter= 

80  fteUt  ift,   unb  bie  anberen  6  $auJ)tf^nagogen   interimiftifc^   beaufft^tigt  werben.     Sie 

©eiftlic^en  gelten  au«  bem  1741    in  2tmfterbam  für  öeranbilbung  öon  2almubiften  ge* 

grünbeten  ©eminar  l^ertoor  —  ba«  1827  unb  jule^t  im  ^al^re  1862   eine  neue  Crgani^ 

fation  erl^ielt  —  toieUJo^l  e«  auc^  erlaubt  ift  Dberrabbiner  m^  bem5Äu«lanbe  gu  ernennen. 

3)a«  ©eminar  begtoedEt  bie  ^eranbilbung  fotool^l  öon  9leligion«le^rern  h)ie  öon9lab= 

86  binern.  3)a«  fiel^rerjjerfonal  befte^t  au«  bem  SReftor,  bem  Äonreftor  unb  10  Socenten. 
g«  gä^lt  ie|t  70  ©id^üler,  bon  benen  öielleic^t  35  ba«  Slabifal  eine«  3leligion«le^rer« 
unb  3  ober  4  ba«  eine«  Slabbiner«  belommen  toerben.  S)ie  Slabbiner-ftanbibaten  baben 
Ktterorifc^e  ©tubien  an  ber  ftöbtifc^en  Uniberfttöt  in  älmfterbam  gu  mad^en,  unb  muffen, 
um  gum  Slabbiner  ernannt  ju  toerben,  ftc^  ben  ©rab  eine«  Äanbibaten  in  ber  Hafftfc^en 

40  ober  orientalifd^en  $^ilologie  ertoerben. 

b)  5Portugief ifd^e  ^uben.  ^m  3a^rc  1482  tourbcn  bie  '^\xt>m  au«  ©Jjanien 
tjertrieben,  nac^bem  fte  l^ier  in  S3ejug  auf  33ilbung  unb  Steic^tum  eine  bo^e  enttüicfelung«= 
ftufe  eneic^t  j^atten.  SSiele  flol^en  nac^  Portugal,  h)o  p«  i^bod^  auc^  balb  ber  S^serf olgung, 
namentlich  feit  ber  ßinfül^ng  Der  ^nquifition  (1532),  au«gefe^t  toaren. 

45  ©d^on  1567  fam  einer  ber  rei^ften  jjortugieftfc^en  guben  al«  ^flüc^tling  mä)  2lmfter= 
bam.  SRamentlid^  aber  al«  1572  bie  ©tabt  Srielle  in  bie  ipänbe  be«  ^ringen  SlUlbelm  I. 
t>on  Dranien  gefallen  h)ar,  richteten  fic^  bie  älugen  ber  au«  Portugal  ©eflobenen  auf 
9lorb*9tteberlanb,  tt>o  fte  auc^  balb  toegen  i^rer  lüd^tigleit  auf  bem  ©ebict  be«  «v^anbel« 
unb  ipegen  i^re«  Sleid^tum«  fel^  gejc^ö^t  tourben,  fo  ba^  fte  auc^  in  Setreff  il^re«  reli- 

60  aidfen  Seben«  nur  Heinere  unb  balb  borüberge^enbe  ©d^toierigfeiten  gu  überlDinben  l>atten. 
2&om  ^ahxt  1590  an  liefen  ftd^  forttoäl^renb  J)ortugiejtjc^e  3uben  in  3lmfterbam  nieber, 
too  fie  aiic^  1597  i^re  erfte  gef^loffene  ©^nagoge  grünbeten.  SJalb  aber  entftanben  in-- 
folge  ber  öerfc^iebenen  ^arteten  unter  il^nen  nocp  mehrere  anbere  ©t^nagogen,  bi«  1639 
fämtlid^e  ))ortugieftfd^e  ©emeinben  }u  einer  5longregation  mfammentraten,   bie  t>on  ba  an 

55  auc^  eine  gu  biefem  3h)edfe  umgebaute  ©^nagoge  gemeinfc^aftlidSf  benufeten,  bi«  enblid^l675 
ibre  neue  gro^e  ©^nagoge  fertig  tourbe.  —  3lu^  im  $iaag  bilbete  fic^  eine  Jjortugiefifc^e 
©emeinbe,  bie  öiele  reid^e  unb  angefe^enc  5)litglieber  gä^lte,  unb  bie,  nad()bem  fie  feit 
1697  nac^einanber  meliere  religiöfe  3?erfammlung«lofale  benu^t  batte,  im  ^aljxc  1726 
i^e  ie^ige  ©^nagoge  erbaute.  —    I)ie  J)ortugierifc^e  ©emeinbe  in  3)laarffen  bcftanb  nur 

w)  nirje  3^it. 


S"t  ga^rc  1(339  iDurbc  in  9tmfterbam  öon  bcn  $ortugicfen  eine  in  7  Klaffen  ein* 
geteilte  ©d^ule  gegrünbet,  au^  ber  aud^  ba^  noc^  l^eirte  befte^enbe  9iabbiners©eminar  1^^ 
öorgtng.  95iefe«  ©eminar  jä^lt  je^t  7  3)ocenten  unb  6  ©c^üIer,  bie  folDo^l  jum  SRelis 
gionölei^rer  h)ie  jum  9labbiner  ^erangebilbet  Serben.  a)ie  lünftigen  SRobbiner  fmb  geleiten 
bo^  ©^mnafmlsSc^lu^ejamen  ^u  befte^en,  bebor  fte  ju  einem  ber  Sjamina  jur  ßrtoerbung  5 
einc^  t^eologifc^en  (Srabe^  jugelaffen  iperben. 

©cit  1870  leitet  ein  au^  3  ©liebem  beftel^enber  Gentralau^fc^ufe  bie  allgemeinen 
firc^lic^en  3lngelegenl^eiten  ber  portugieftfdSfen  S^weliten.  3)ie  ©emeinbe  Äaag  toirb  je^t 
interimiftifc^  beauffi^tigt,  toö^renb  ein  «oHegium  bon  3  rabbinifc^en  Slffefforen  mit  ber 
Seitung  ber  ©emeinbe  Slmfterbam  beauftragt  ift.  Dr.  Qf.  H*  @ert^  tiatt  aSBlj!.     lo 

$oOa^  (^ottatiue),  2)abib,  lutl^erift^er  3)ogmatiIer,  geft.  1713.  —  ?r.  Ä.  »onfcloto, 
(ÖcIc^rteS  ^^iontmern,  ©torgarb  1728,  @.  143  f.  (ju  bericötigen  nacö  bem  SJircftenbuc^c  \>on 
^utcrlin);  3.  ?(.  ^iltebranbt,  SSerjei^nife  ber  ^irtcn  .  .  .  in  ber  ©tabt  9f^cu.@torgorbt,  @tor* 
aarbt1724,  @.  45.  53  f.  65.  72;  llnfc^ulb.  9?a(%r.  1729,  @.  761-,  3.  ©agebauni;  Sorbecr  unb 
S^preffenbaum  be§  3acobö6agenf(f)en  ©ijnobi,  ©targarb  1786,  @.  26;  ®.  galbe,  ©eftfticfite  I6 
bc8  ®l}ninafiuiiiS  u.  b.  ©^ulonft.  ju  ©targarb,  ©taraarb  1831,  ©.31  f.;  ^.  9*iemann,  ®eM. 
b.  ©tabt  ßolberg,  Solberg  1873,  ©.  489;  ^.  $etrt(ti,  ©torgarber  ©fijjenbucö,  ©targarb 
J877,  ©.  50.  —  Uebcr  feine  3)ogmatif:  3.  ®.  3öa(cft,  Bibl.  tiieol.  sei.,  3cna  1757  I,  ©.62; 
8r.  ©.  Äraft.  9?cuc  t^eol.  93ibl ,  Seip^ig  1750,  V,  685;  (3.  «.  ©rncfti.  9?cue  t^col.  »ibi., 
fieipjig  1763  IV,  185;  3).  ÖJ.  9Jiemel)cr,  <ßrcbiger  «ibi ,  ^aße  1782  II.  83)  Unf*.  i»Q4r.  20 
VII,  466.  XVIII,  921.  XXII,  1124.  XXVI,  1046;  X^eolog.  «nnolc«  V,763;  ®.  ^cinri«, 
$erfu4  einer  Q^efc^.  b.  toerfcbieb.  lOe^rarten  b.  diriftl.  (^laubendioa^r^etten,  fietp^ig  1790, 
©.  423;  3S.  ©üb,  ©cfcfi.  b.  proteft.  3)o9matir,  ©erlin  1854  II,  495  f.  (fcftreibt  iftm  irrig 
ou(6  bie  ©cftriften  bcö  (SnfciS  ju);  ®.  granF,  ®cf4.  b.  proteft.  S^eol.,  fictpjig  1862  II,  214; 
3  9t.  Corner,  ®ef4.  b.  proteft.  X^eol.,  3Künc6cn  1867,  @.  536  ff.,  543  ff.,  567  ff.,  581  ff.u.l).;  25 
bo«  üg(.  baju  Xö©tÄ  1869  ©.  360). 

2)at)ib  §oHa$  tourbe  1648  gu  SBuIfoh)  bei  ©targarb  in  Sommern  ate  ber  ©ol^n 
eine^  SlnenDator^  (^äc^ter«)  geboren.  2;ro^  ärmlicher  SerJ^öItniffe  —  er  berlor  feinen 
'-Bater  fc^on  im  feierten  fieben^ja^re  —  gelang  c^  bem  [trebfamen  unb  begabten  Änaben 
bie  l^ö^eren  ©c^ulen  ju  befuc^en.  ^n  ©targarb  unb  in  Sanb^berg  a.  SB.  tüchtig  feor*  ao 
gebilbet,  ftubierte  er  ju  Srfurt  bie  Hafpfd^en  ©j)rac^en  unb  ^ebräifc?;  ^ier  unterftü^te  er 
ben  ^P^ilologen  6^r.  9Jeubauer  (f  1696)  in  ber  ^erau^gdbe  feinet  lateinifc^^beuäfc^en 
fiesilon«.  2)ann  begog  er  bie  Uniöerfitöt  Wittenberg,  h)o  er  ßalob,  3-  STOrifener,  Quen« 
ftebt  borte  unb  fid^  befonber^  an  Äirc^me^er  anfc^lo^,  auf  beffen  guwben  er  aud^  ben 
3Wagiftergrab  ertparb.  1670  tt>urbe  er  $rebiger  ju  ^ü^erlin  bei  ©targarb,  feit  bem  35 
7.  9Joö.  1681  jugleic^  ©in^^^rebiger  in  ©targarb,  1683  nad^  Aufgabe  feinei^  Pfarramt« 
in  ^^Sü^erlin,  ^ugleid^  Äonreftor  in  ©targarb,  1684  SReftor  bei^  S^ceum^  gu  (Solberg  unb 
33e^t)erj)rebiger  an  ©t.  5IRarien.  3lm  l./2.3Kail692  toarb  er  al«  ^aftor  unb  ^räj)ofttu^ 
in  S^fcb^^agen  eingefül^rt;  b«^  ftarb  er  am  2.  Dftertage  1713. 

3Son  feinen  ©d^riften:   Scrutinium  veritatis  in  mysticorum  dogmata,  95}itten=  40 
berg  1711  (Unfc^.  5Wac^r.  XI,  738)  in  toelc^em  er  in  15  §auptj)un!ten  bie  Slbtoeic^ungen 
ber  „m^ftijd^en  9Jeulinge"  öon  ber  Äirc^enle^re  nac^toie«,  ©in  gottgebeiligt  breifac^e«  illee- 
blatt  (iJeibenber  3efu^),  SBittenberg  1713,   entl^altenb  9  ^:i5affiong-',  4  Sufe-  unb  3  Ärö= 
nung^prebigten  (Unfc^.  3lac^r.  XII,  1074,  XIV,  717),   ©öangelifc^er  §immeteh)eg,   eine 
Srilärung  ber  ©onntagö^ßfeangelien,   Don  öerfd^iebenen  Programmen  ift  am  befannteften  45 
fein  gunäc^ft   für  feine  ©^üler  in  ßolberg  gefd^ebene^  Examen  theologicum  acroa- 
maticum,  Rostochii  (fpäter  Holmiae)  et  Lipsiae  1707,  4°.    6^   erlebte  feerfc^iebene 
auflagen,  1718,  22,  25,  35,  41 ;  bie  7.  unb  8.  (1750  unb  63)   gab   Slomanu^   3:eaer 
mit  änmerfungen  l^erauiS.    S)ie  2.  äuflaae,  ju  toelcber  ber  Sloftodfer  ^^Jrofeffor  ber  I^eo^ 
logie  31.  ;3-  '^^^  Äraletoi^,  toelc^er  in  ßolberg  §oHafe'  ©c^üler  gett>efen  toar,  bie  38orrebe  so 
fc^rieb,  beforgte  fein  ©o^n  ^o\).  §einrid^ ;  in  biefe  Sluflage  tourben  bie  Quaestiones  be« 
Serutiniums  hineingearbeitet  unb  bie  ju  biefem  SBerf e  gehörige  isonebe  be^  SBittenberger 
2^l^eologen  ©ottl.  SBemiSborf  lieber  abgebrucft. 

3)iefeg  SBer!,  bie  3)litte  ^altenb  jtoifc^en  einem  ÄomJ)enbium  unb  einem  feielbönbigen 
©Vftem,  gilt  al^  bie  le^te  ort^oboje  3)ogmatif,  \m  [id)  benn  §olla^  felbft  in  ber  Sorrebe  66 
afe  rfjg  ÖQ&odo^iag  studiosissimus  begeid^net.  ®r  fennt,  h)ie  fein,  hjenn  auc^  ettoa« 
fpäter  erfcbienene^,  Scrutinium  ^eigt,  ben  ^pieti^mu^,  ertoö^nt  i^n  jeboc^  nic^t;  bagegen 
toeift  er  ben  9)h;ftij;igmui^  namentlich  ab.  ©eine  Vorgänger  gefc^iat  benu^enb,  Vertritt 
er  bie  lutberifc^e  Seigre  milb,  in  abgerunbeter  3)ar[tellung.  SDie  einzelnen  3lbfc^nitte 
verfallen  in  quaestiones,  toeld^e  bur(^  probationes  erläutert  tperben;   auf  biefe  folgen  eo 


280  ^oüaif,  ^at>i\>  ^oUai^,  3)abtb  III. 

antitheses,  gegen  toeld^e  bte  öerfd^tebenen  instantia  geltenb  gcniad^t  tt>erbcn ;  an  dltc^en 
Stellen  treten  baju  nod^  ex(^eaig,  ßeßaiojatg  unb  didXvmg.  3n  ftetem  Su^^^Ö^^.^  «uf 
bie  ©d^rift  unb  mit  forgfältiger  äu^toal^l  ber  dicta  probantia  toergi^t  ^oDal  nic^t  bie 
^jraftifd^e  Sebeutung  ber  fiel^rftüdfe  l^erborjul^eben,  \il)alUt  5Ru^anh)enbungen  ein  unb  fügt 

6  größeren  2lbfd()nttten  ein  suspirium  bei.  ^ac^brüdflic^  h)irb  üon  bem  toa^ren,  bem  toieber- 
geborenen  i^eologen  Übereinftimmung  be«  Sebeng  unb  ber  iJel^re  geforbert.  (Venis  theo- 
logus  toto  pectore  colat  pietatem  sine  fuco  sinceram  p.  15).  3lad)  ben  Prole- 
gomena,  in  toelc^en  bie  Sc^re  Don  ber  ©d^rift  eine  befonber^  forgfältige,  bie  Don  ben 
Vorgängern  überfommene  gnf^jiration^t^eorie  fc^arf  juft)i^enbc  2)arfteHung  erfährt,  J^anbelt 

10  ^ollafe  öon  ®ott  afö  bem  Dbjelte,  barauf  öon  bem  SHenfdSfen  nac^  bem  %aüc  olö  bem 
©ubiette  ber  3:^eoIogie,  bann  bon  ben  $rinjij)ien  be«  §eife,  unb  jtt>ar  öon  bem  §eilös 
bitten  (Sottet;  ber  ©rlöfung  burc^  ßl^ftum  unb  ber  aneignenben  ®nabe  be^  j^eiligen 
®eifte^.  hieran  fc^Iiefet  [ic^  bie  Se^re  bon  ben  ®nabenmitteln ;  in  biefem  3lbjc^nitt  gel^t 
ßolla^  au^  auf  ben  ®lauben  ein,  ben  er  ate  medium  krjjmxov  öon  SBort  unb  ©a^ 

16  ftament  ate  ben  media  dorixä  unterfc^eibet.  3)en  ©c^Iußteil  bilbet  bie  Seigre  bon  ber 
Äird^e  unb  ben  brei  ©tänben.  3lm  beutlic^ften  tritt  ber  gortjc^ritt  gegenüber  ben  aSor^ 
gangem  in  ber  3)arftenung  ber  §eilgorbnung  l^erbor;  fte  toirb  jum  3lbfc^luß  gebracht, 
inbem  ber  ))f^c^ologifc^e  ©tufengang  be^  §eil«j)rojeffe«  genauer  fijiert  toirb.  ^oüali  ift 
ber  erfte,  toelc^er  einen  befonberen,  au^fü^rlidSfen  locus  de  illuminatione  bietet;   Galoö 

20  reil^t  bie  illuminatio  in  lurger  3)arftenung  an  bie  vocatio  unter  bem  3^itel  ejusque 
cognata  jufammen  mit  regeneratio  unb  conversio  an  (syst.  loc.  theol.  X,  art.  I 
c.  II),  toä^renb  fte  Duenftebt  nur  nebenbei  ertoäl^nt  (Theologia  didactico  pol.,  Sei))gig 
1715,  I,  940,  943). 

38on  feinen  13  fiinbem,  bon  benen  i^n  5  überlebten,   tourbe  ber  ältefte,   ebenfalls 

26  mit  aSomamen  3)abib  (II.),  nac^bem  er  bon  1703—13  ^jjaftor  in  ©ünter^berg  getoefen, 
fein  5Rad^foIger  in  Söfcb^l^agen ;  er  ftarb  1738  (©agebaum  ©.  27).  (Sin  ^toeiter  ©ol^n, 
gol^ann  ^einrid^,  geft.  1722,  erft  ^bprebiger,  bann  $aftor  an  ber  ^eil.  ®eiftfirc^e  ^u 
©targarb,  gab  feinet  SSater«  6jamen  in  2.  SCuflage  beraub  (38anfeIoh)  ©.  47).  (Sin  britter 
©ol^n,  ^ani  ßl^ftian,  SReftor  in  ®ottnoh),  bann  ^aftor  ju  Sobbefen^   in  SQBeftj)reußen, 

80  barauf  ju  ^el^toinfel  bei  ^afob^^agen,  gab  aU  ©tubent  m  ^aUe  im  SoQeg  bem  be- 
fannten  Ig.  Sänge,  afe  biefer  über  feinet  SSater«  2)ogmatif  mit  ben  SBorten  jj)öttelte: 
qualis  locus,  talis  libri  auctoritas  bie  treffenbeälnttoort:  qualis  locus,  talis  aucto« 
ritas ;  Christus  ex  vili  loco,  ergo  . . .  ,  iporouf  il^n  2ange  mit  ben  SBorten  unter- 
bradb:  er  fei  ^ier  ju  j)roponieren,  aber  nid^t  jum  bi^utieren  (©agebaum  ©.  10). 

86  ({föageitittattitt)  ¥  ^«^ff* 

^oUa^,  2)abib  (III.),  ßrbauunggfdS^riftfteaer,  geft.  1771.  —  ©fimilitöe  erboud^e 
©djriften,  2  Xeilc,  ©örlif  (93rc8lQu)  1772.  1773,  gfronlfurt  1782.  St^eologifcftc  9(nnale«  ju 
1741—50,  6.  395,  484,  577,  674.  9?a(ftri(6ten  uon  ben  neueft.  t^eol.  ©üc^crn,  Scna  1742  f. 
II,  512.  IV,  754;  gf.  SB.  Äraft,  9?eue  t^eol.  »ibl.  I,  827.  II,  457,  717.  III,  239,  346. 
40  IV,  628;  Unfcöulb.  9?0(l)ricftten  1745,  6.  273;  3-  ®-  5Bal(*,  Bibl.  theol.  8el.,  Scno  1757, 
I,  115. 

2)abib  .C^olla^  (III.)^  f^t  1730  ^aftor  ju  ©ünter^berg  bei  3^^^"  ^"  ^Pommern, 
ber  ©ol^n  bon  ©abib  öolla^  II.  (alfo  toeber  ibentifc^  mit  bem  3)ogmatifer,  Wk  S3aur 
in  ©rfd^  u.  ®ruber  adfg.  ßncvH.  II  s.  10.  %.  ©.  53,  noc^  ein  ©o^n  be«  Dogmartler« 

46  tote  bi^l^er  angenommen),  geft.  14.l3uni  1771,  ift  ber  SJerfaffer  berfd^iebener  biel  gelefener 
toieberl^olt  aufgelegter,  balb  in  frembe  ©prac^en  überfe^ter  (franjöfifc^,  tDenbifd^,  bö^mifc^, 
))olnif4),  erbaulid^er  ©d^riften.  ßtlic^e,  h)ie  bie  (Sbangelifc^e  ®nabenorbnung,  95afel  1894, 
®ebal^nte  ^pilgerftra^e  nac^  bem  93erge  gion,  Safel  1866,  33er^enlicl^ung  ßl^rifti  in  feinem 
tigeren  unb  unfc^ä^baren  S3lute  (Äraft  be«  95Iute^  ß^tifti),  S3afel  1894  toerben  noc^  je^t, 

60  befonber«  bon  Sjäger  unb  Äober  in  95afel  (bie  lefeten  auflagen  o.  3«)  aufgelegt. 

Dbtool^l  f^on  feine  erften  ©c^riften  ol^ne  rechte«  Serftänbni«  für  ba^  Sefenntnig  unb 
bie  ®nabenmittel  ber  Äird^e  eine  rein  fubjeftibe  grömmigfeit  berfünbigten,  fanben  fte 
iDegen  be^  guten  Älangei^  be^  9?ameng  aud^  in  ort^obojen  Kreifen  SeifaD,  aber  fpäterf>in, 
jumal  feit  feiner  3)ifferenj  mit  bem  ^aüefd^^en  ^rofeffor  ©.  3-  Saumgarten,  toeld^er  in 

66  einem  anfange  gu  §oüaW  ©d^rift  über  bie  „®nabenfburen"  1746  bor  ©infü^rung  einer 
neuen  Se^rart  unb  ^i^q)tung  be«  ®efefee«  getbamt  ^Ite,  toogegen  fic^  ^oDa^  in  feiner 
„befc^eibeiten,  furfeen  unb  boc^  l^inlänglic^en  2lnth)ort"  1747  berteibigte,  tbanbten  ftd^  bie 
Vertreter  ber  DrtloboEie  gegen  i|>n,  toamten  bor  feinen  ©c^riften,  toelc^e  jtoar  auf  bem 
litel  „erbauliche"  l^ie|en,  aber  in  SBal^l^eit  „berfül^rerifd^e"  ©(^riften  tbären  unb  riefen 


^oOa^,  ^aüib  III.  ^olfien  281 

bcn  ©laubigen  ein  Cavete  vobis!  ju.  §oHa$  iotd^  immer  toeiter  öon  ber  Äird^enle^rc 
ab,  befäm))fte  ftc  an  berfd^iebenen  fünften,  üerirrte  ftc^  füfjar  ;iu  ben  3n:tümem  ber 
Srübergemeinbc,  betonte  etnfeitig  bie  Slut*  unb  SQäunbent^eologie,  ja  betrieb  einen  förms 
lidffen  Kultur  mit  ber  Seitentounbe  ^^n.  So  ))rieg  er  Sieber  an,  in  ipeld^en  ba«  ©eiten« 
^ödSfelein"  ober  baö  ,,^förtgen  ber  Pleura"  nac^  ber  „linbifc^en  unb  albernen  2lrt"  ber  6 
^erml^uter  befungen  tt>urbe.  (3-  33.  ansang  gu  „6inige«,  in  toeld^em  aHe^")-  3lug  ber 
©eitentounbe  ^^n  leitete  er  faft  bie  ganje  Jl^eologie  ab  unb  berfiel  babei  in  attegorifc^e 
unb  apofaIVJ)ttfc^e  ©jjielereien.  ©o  j.  S.  be|>au})tete  er,  ba^  6ba  am  erften  Freitage 
nachmittags  4  U^r  erfc^affen  unb  bamit  bie  ©d^ö))fung  öoHenbet  fei,  ba  ungefähr  um 
4  U^r  ber  fianjenftic^  in  ^efu  ©eite  erfolgt  fei.  Um  biefelbe  ©tunbe  toerbe  auc^  am  lo 
großen  SOäelt-greitage,  im  6.  3^ufenb  beS  2BeItaIter«,  „bem  anbem  3lbam  fein  SBeib  ober 
baS  Äirc^Iein  ßl^fti  burt^  ba«  i?erbien[t  feiner  offenen  ©eiten"  öoHenbet  Iperben.  (SSom 
3uftanbe  ber  iltrc^e  ß^rifti  3Sorberic^t  ©.  11).  3)al^er  fanben  feine  ©d^riften,  um  beren 
Verbreitung  fid^  befonber«  ^,  &.  Äramfc^,  95iafonuS  ju  ®örü|,  bann  ^rebiger  gu  Siu^ 
bel^orf  in  TOeberf^Iefien  bemül^te,  bor  allen  in  ben  Greifen  ber  93rübergemeinbe  großen  i6 
änOang.  (»agettmaiiiit)  *.  »otff. 

^arofeme«  f.  S3b  I  ©.  645,2r,ff. 

^olf^ew^  Äariei^riftianSol^ann,  ge[t.l897.  —  »al.  9r.^ou3rot^,  ftorl  ^olften, 
■föovte  ber  Erinnerung,  geiprodjcn  bei  ber  ®cbäct)tmdfeicr  om  29.  3ön"ör  1897  in  ber  Äulo 
ber  Uniüeifttät  ju  ^eibclberg,   fetter«,  1897;   berfclbe  in  ?3cttel6eim§  S3iogr.  Sa^rbucö  II  20 
(1898);   $.  WeljIEiorn,    8um  ©cbäc^tniS   Äarl  ^olftcniJ,   in  €>oIftcn,  3)aS   (SüonöcUum    beö 
^^iaulu«,  Xeil  II,  6.  XI  ff. 

I.  geben.    Äarl  ß^riftian  ^o^ann  §ol[ten  ift  am  31.  SKärj  1825  gu  ®üftroh)  in 
3Retflenburg  geboren,   ©ein  3Sater,  ber  Slmiar  ^,,  l^atte  ate  freitoiHiger  Säger  mit  gegen 
3la^oleon  gefäinjjft,   bie  3Wutter  bezeichnete  er  felbft  aU  eine  berrlid^e  ^au  t>on  lauterer  26 
grömmigleit,  bie  auf  fein  (Semüt  großen  (Sinflu^  übte  unb  frül^e  feinen  ©inn  auf  bie 
ll^eologie  lenfte.    3luf  ber  3)omfd^ule  fetner  §eimatftabt  toedte  bie  6mj)örung  über  bie 
l^öl^ifc^e  unb  ^arte  Se^anblung,  bie  er  bon  einem  fonft  au^egeidjineten  Seigrer  (Dr.  SlagJ)e) 
erful^r,  feine  geiftige  Begabung  unb  ©trebfamleit,   unb  mit  eifemem  ^lei^  eriüarb  er  fic^ 
^ier  einen  bortrefflic^en  ,,©c^ulfadE",  befonber«  eine  grünblid^e  Kenntnis  beS  ©riec^ifd^en.  ao 
aJlit  einem  borgüglid^en  SteifejeugniS  berlie^  er  Dftem  1843  baS®^mnaftum  unb  ftubierte 
Ideologie  unb  ^f^itologie,   gunäc^ft  je  ein  ^afyc  in  SeiJ)gig  unb  Berlin,  bann  feit  1845 
auf  feiner  SanbeSuniberfttöt  Sloftocf.    §ier  l^errfc^te   fc^on  bamalS  eine  ipefentlic^  anbere 
tl^eologifd^e  Slic^tung   aU  bie,   toelc^er  §olften   unter  bem  6influ|  ber  SBerfe  §egete, 
©d^leiermad^erS,  %.  Qi)x.  S3aurS  u.  a.  fid^  jugetoenbet  ^atte.    Iro^bem  fanb  feine  lüc^tig«  86 
feit  unb  fein  ^tei^  bei  feinen  Seigrem  2lneri:ennung.    Unter   i^nen   berbanfte  er  3)eli^fc^ 
nic^t  blof;  eine  ^örberung  feiner  altteftamentlic^en  Äenntniffe,  fonbem   auc^  ben  ®ett>inn 
ber  toiffenfc^aftlic^en  9Ket^obe,   „jebeS  ^Problem   auf  ®runb   ber  ©ammlung  unb  Sers 
arbeitung  beS  gefamten  tl^atfäc^lic^en  3RaterialS  ju  löfen."  35iefer  l^atte  il^m  nämtic^  für« 
Sjamen  aufgegeben,  über  baS  38er|^öltniS  ber  ^rojjl^eten  unb  ^falmfänger  ^um  mofaifd^en  40 
C^ferlultuS  ^u  fd^reiben  unb  ju  biefem  3h?edfe  baS  2ß  mit  ber  ^ber  in  ber  ßanb  burc^s 
julefen.  ©c^ob  ftcb  fd^on  baburc^  baS  ©jamen  um  ein  ^af)x  ^inauS,  fo  noc^  toeiter  burd^ 
bie  politifc^c  8ett>egung  bcS  ^ai)xt^  1848/49,  iDä^renb  beffen  §olften  eine  Mt  lang  einen 
^eunb  in  ber  SRebaftton  einer  freifinnigen  j)olitifc^en  3^*wng  bertrat.    3Kic^aeliS  1849 
bcftanb  er  baS  erfte,   bor  Dftem  1852   baS  jtoeite  tl^eologifc^e  ©jamen   mit  glänjenbem  45 
Srfolg,  1853  ertoarb  er  fic^  ben  ®rab  eines  Dr.  phil. 

5lac^  bem  jtoeiten  (gjamen  l^ötte  er  nun  feinem  urfj)rünglic^en  SebenSibeal  gemä^ 
fic^  um  eine  ^farrfteHe  bett>erben  fönnen,  jog  aber  angefid^tS  ber  mit  Äliefotl^  in  5IKedHens 
bürg  jur  §errfd^aft  gefommenen  ftrengen  Drt^obo^ie  ben  l^öl^eren  ©c^ulbienft  bor.  3Son 
Dftem  1852  bis  balj^in  1870  toirfte  er  als  Se^rer  ber  Sieligion,  beS  2)eutfd^m  unbeo 
®ried^ifc^m  an  ber  „®ro6m  ©tabtfc^ule"  (b.  f).  am  ®^mnaftum)  ju  SRoftodE  unb  emtete 
bie  3[}erel^mng  ber  Schüler  unb  ben  3)anf  ber  (Sltem.  2ludSf  bie  ®elegenl^eit,  an  bie 
StoftodEer  5Karientirc^e  getoäf^lt  ju  toerben,  in  ber  er  toieber^olt  auSl^ilfStoeife  geprebigt 
hatU,  h)ieS  er  bon  ber  §anb,  um  nid^t  bie  5IKariengemeinbe  in  üonflift  mit  bem  Dber- 
firc^enrat  ju  bringen.  55 

1853  ^atte  er  fid^  mit  Dttilie  Rippe,  ber  lod^ter  eines  angefe^enen  Sloftodfer  Slcc^tSs 
antoaltS,  ein  glüdlic^eS  .^Äm  gegrünbet.  ©eine  (Sinna^me  ergänzte  er  burc^  eine  Unja^l 
bon  ©tunben  an  berfc^iebmm  SHäbc^enfc^ulen,   feine  ^Jerien  bertoanbte   er   auf  neutefta^ 


282  ^oifteit 

mcntlic^e  ©tubten,  bereu  erfte  ^df^t  bie  ^rogrammarbeit  über  ,,bic  Scbcutung  be^  SBorte^ 
odgS  im  Sel^rbeöriffe  be^  ^^iaulu^"  (1855)  \oax,  ^erborgetoac^fen  au^  einer  ^rei^rbeit 
bed  ©tubenten.  3lod^  tiefer  in  bie  Stnfc^auung  be«  3lj)oftefö  fud^te  er  in  ber  StbJ^anblung 
bon  1859  ,,3;"^ölt  unb  (Sebanlengang  bc^  S3riefe«  an  bie  ©alater"  einzubringen.     1861 

6  lie^  er  biejer  in  .^ilgenfelb^  S^^^  bie  auffel^enerregenbe  über  ,,bie  ß^rifluöbifion  bc^ 
^IJaulu^"  folgen,  öeranla^t  burd9  eine  3tu^eruug,  bie  Sauberer  am  Orabe  g.  6^r.  SJaur^ 
get^n  l^atte:  93aur«  gan^e  2eben«arbeit  fei  auf  bie  93ejeitigung  be«  SBunber^  im  9JX 
gerichtet  getoefeu.  9?uu  f}ab^  er  aber  erflärt,  baf;  bie  93efe^rung  be«  ^aulu^  tocber  burc^ 
eine  ^iftorifc^e,  no(^  logifc^e,  uoc^  pf^ologifc^e  älnal^fe  )u  begreifen  fei.   Unb  ba  er  a(fo 

10  6in  SBunber  l^abe  ftel^en  laffeu  muffen,  fo  l}aU  er  bamit  alle  ffljunber  ftel^en  laffcn.  ©eine 
2eben«arbeit  fei  alfo  bergeblic^  getoefen.  J)em  gegenüber  befc^lo^  §olfteu,  „felbft  gegen 
S3aur  beu  9lac^h)eig  ju  führen,  ba|  burc^  eine  |ijtorifc^-j)f^c^oIogifc^e  Slnol^fe  bie  S3efe^= 
rung  be«  $aulu^  too^I  ;^u  begreifen  fei."  1868  erfciffieuen  bie  genannten  arbeiten,  bie 
le^te  noc^  burc^  eine  @ntgegnung  auf  Se^fc^Iag^  ©intoenbungen  (I^StÄ  1861,  .^.  2, 

16  @.  197  ff.)  bergrö^ert,  nebft  einem  neuen  äuffa^  über  „bie  SKejfia^öifion  be«  ^JJetrud"  in 
Sud^form  unter  bem  3;itel  „3"»"  ©bangelium  beig  $aulug  unb  be«  5Petru^"  (Sloftod, 
SRitterfc^e  .^ofbud^l^anblung). 

3[n  bem  Serfaffer  biefe«  93uc^ed  ertannten  bie  güi^rer  ber  tl^eologifc^en  3lefonn= 
betoegung  in  ber  ©c^toeij,  §irKl,  §.  Sang,  Si^iu«   unb  bie  93rüber  Sangl^an«^,  ben  ge^ 

20  eigneten  5IKann  für  einen  tl^eologif^en  Se^rftu^I.  2luf  il^re  2lnregung  berief  ihn  ber  @r« 
«ei^ung^bireftor  Äummer  nac^  93em.  3lfö  a.  o.  5Prof effor  für  31%  fiebelte  er  Dftem  1870 
bortl^in  über,  h)0  ber  feine,  ritterliche,  lieben^toürbige  unb  geiftöott  anregenbe  Wann  mit 
bem  fd^önen,  bielfagenben  3lntli^  balb  fe^r  beliebt  unb  felbft  fe^r  ^eimijt^  tourbe,  jugleic^ 
aber  atö  guter  beutfc^er  ^^Jatnot  bie  ©reigniffe  be«  beutfc^^franjöftfc^en  Äriege^,  beffen 

26  SBeHen  bi«  in  ben  Äanton  95em  l^ereinfc^lugen,  mit  bem  leb^af teften  3"*^^^  berf olgte. 

1871  h)urbe  für  il^n  eine  neue  orbentlid^e  ^rofeffur  gegrünbet.  Sieben  ber  ©rfüHung 

feiner  afabemifc^en  $fKc^ten  ftellte  ber  langjährige  ©d^ulmann   auc^  bem  Semer  ©d^uls 

toefen  feine  ©rfal^rungen  unb  ©ienfte  jur  jßerfügung  unb  beteiligte  ftc^   auf  bem   Krc^s 

lid^en  GJebiete  an  ben  Seftrebungen  be«  93erner  9lef ormöerein^.  SBä^renb  ber  letzten  Semer 

80  3a^  gab  er  ben  ©lücftoünfc^en,  hjelc^e  bie  t^eologifc^e  ^fultät  ben  beiben  ÄoBcgen 
3mmer  unb  ©tuber  m  il^rem  25iäl^rigm  ^Profefforenjubiläum  barbrac^te,  eine  ejegetifc^e 
Unterfuc^ung  über  §br  10,  20  bei  (S3em,  3mt  u.  Sleinert  1875). 

1876  folgte  er  einem  Stufe  nac^  .^eibelberg,  too  er  bi«  ^u  feinem  2^obe  (26.  Januar 
1897)  bm  Sel^rftu^I  für  31%  innehatte,    ©eine  ©d^üler  fd^äl^ten   unb  liebten  ben  fc^arf^ 

86  finnigen  ©elel^rten  bor  allem  aU  au^gejeic^netm  Se^rer  fotDie  afö  bm  väterlichen  ^eunb, 
ber  namentlich  in  bem  2lIab.4^eoI.  herein,  beffm  ßl^rmmitglieb  er  tDar,  mit  ber  3l"0^^ 
jung,  frijd^  unb  frol^  toar  unb  nic^t  nur  bm  tDifJmjc^aftlic^m  SSerbanblungen  reid^e  '^öx- 
oemng  brad^te,  fonbem  auc^  bm  gefettigm  Serfel^r  unb  bie  feftlicbm  ©tunben  belebm, 
toeil^m  unb  berßärm  l^alf.    3ln   i$m   l^atten  bie  ©tubmtm  ba«  Sorbilb   einer  fc^i^nm 

40  Bereinigung  öon  ®eift  unb  ©emüt,  öon  fac^männifdffer  lüc^tigfeit  unb  ebler  Siebend- 
toürbigfeit  unb  attgemein  mmfc^lid^er  Silbung,  öon  J)einlid^er  pbi^otogifc^er  Äleinarbeit 
unb  einem  ouf^  ©ro^e  unb  ®ange  geric^tetm  religion^J^ilofojj^ijc^en  üefblicf.  3)abei 
nal^m  ber  toiffmfc^aftlu^e  Ideologe,  beffm  Siebe  auc^  im  babifd^en  tDiffmfd^aftlic^en  ^re- 
bigerberein  banibare  gul^örer  fanb,  am  ftrd^lic^m  Seben  thätigm  Slnteil,  unter  anberem  afö 

46  3RitgKeb  be«  §eibelberger  Äirc^engemeinberat«  unb  ber  babifd^m  ©meralf^nobe ;  bie  är^ 
beiten  ber  Äommiffwn  jur  Slebifion  ber  Sutberbibel  verfolgte  er  mit  lebbafteftem  ^nterefje 
(bfli.  $rot.ft3l884,  ©.873f.u.969f.:  „3!)ie  'ijürobebibel  unb  bie  gälfci[!ung  be«  SBorte^ 
®otte«"  unb  „äntJDort  an  ^rof.  Sliel^m");  unb  bem  bmtfc^m  ^roteftantmberein,  bem 
er  auf  bem  berliner  $roteftantmtag  von  1881    einm  Vortrag  über  „bie  ^(c^tung   ber 

60  jwoteftantifc^m  Ideologie  in  ben  ©laubm^eric^tm  ber  j)roteftantifc^ai  Äirc^e"  (^l^efm 
baju  in  i^rot.Äg  1884  9Jr.24)  ^ielt,  ift  er  treu  gebliebm,  ate  Diele  anbere  ba^  f^einbar 
futfmbe  ©c^iff  Verlie^m. 

II.  ©eine  litterarifc^e  unb  afabemifd^e  3^^  ät  ig  feit  bchjegte  ftc^  ^aui)tfäc^lid^ 
auf  bem  ®ebiete  ber  paulinifd^en  Ideologie,  ber  f^noptifcben  ©vangelien 

66 unb  ber  Sleligiondb^i(ofot)l^ie. 

1.  änerlannter  SKeifter  ift  .^olftm  belanntlic^  auf  bem  ®ebiete  be«  iUuliniömud. 
3n  Sejug  auf  bie  ?^age  nac^  ber  ©c^tbeit  ber  93riefe,  bie  ben  Flamen  be^  ^aulu^  tragm, 
hmr  er  ftrmger  2lnl^änger  Säur«,  ber  nur  bie  4  Sriefe  an  bie  ®alater,  Äorintber  unb 
Slömer  bem  3lpoftel   felbft  ^ufd^frieb.    „3ur  Unec^t^eit  be«  1.  Sriefe«  an  bie  SC^eR.  unb 

eo  jur  ätbfaflung^jeit  ber  9l)9otal^)9fe"  f)ai  ^.  nur  eine  lurje  Sanerfung  in  bm  ^pxii}  III 


^oifleit  283 

(1877),  .f>.  4,  6.  781  f.  öcröffcutUd^t,  auöfti^rltc^cr  bagcgen  ferne  Slnfid^t  über  ben  5p^U 
Itjjjpcrbricf  bargeleöt.  «gl.  SDer  »rief  an  btc  5PPpt)er  ^prfZf)  I  (1875),  3.  §.,  ©.  425—495 ; 
II  (1876),  1.  §.,  ©.  58—165;  2.  §.,  ©.  282—372.  2)ie  toeitergc^enbe,  öon  öer* 
fdffiebenen  ^oDänbeni,  j.  S3.  Soman,  unb  bon  ©tecf  vertretene  Äritil  jeboc^,  toelc^e  bie 
jpauKntfc^en  Sriefe  in^  2.  9j<i^^f^w*^^crt  öertt>ie^,  toe^rte  §oIften  mit  aHer^ntfc^iebeni^ett  6 
ab  OProt.  A3  1889,  5Rr.  15—17.  20.  22.  26). 

Smmer  öon  neuem  burc^forfc^te  er  bte  öier  $aiH)tbriefe,  fachte  t^ren  ©inn  unb 
®ebanlengang  unb  a\xi  i^nen  bte  innere  enth>i(flung  ju  ermitteln,  toelc^e  5Paulu^  burd^ 
gemacht  l^at,  bi^  er  jum  3lj)oftcl  3efu  Gl^rifti  toarb,  unb  ba«  c^riftlic^e  Se^rgcbäube  bar* 
jufteDen  baö  er  errietet  unb  unö  l^interlaffen  ^ot.  lo 

©c^on  1859  ^atte  er,  h)ie  ertoäl^nt,  Ign^alt  unb  ©ebanfengang  bcö  Sriefe«  an  bie 
©olater  bargelegt;  biefelbe  3lufgabe  übemal^m  er  toieberum  für  bie  „^roteftantenbibel" 
(2.  aiufl.  1874,  2ei})}ig,  3.  ä.  93artl^);    enblid^  bel^anbeltc   er  ba«  SE^ema  nod^matö  im 

1.  SCeil  be«  „etjangelium«  be«  ^Paulu«"  (Berlin,  ®.  SReimer,  1880). 

„3)a^  ©öangelium  be^  $aulu^",  §ol[ten«  eigentliche«  toiffenfc^aftlic^e«  Seben^toerl,  is 
toor  grofe  angelegt.  S)er  1.  3^eil  foDtc  „bie  äußere  ©nttoidflung^efc^id^te  beö  J)aulinifc^en 
(StKingclium«",  ber  jtoeite  bie  innere,  ober  eine  genetifc^c  3)arfteuung  ber  ))aulinifc^en  H^eo« 
logie  an  ©teile  ber  früher  üblid^en,  blo^  „öerftänbig  orbnenben",  entl^alten.  3Som  1.3^eile 
^at  aber  §.  nur  bie  erfte  Abteilung  erfc^einen  laffen,  b.  1^.  eine  auöfüJ^rlid^e  ©rflärung 
be«  Sriefe«  an  bie  (Salater  unb  be«  erften  an  bie  Äorint^er,  eingeleitet  burd^  eine  aSor»  30 
gefc^id^te  ber  toier  §aui)tbriefe.  3)ie  2.  Abteilung  beö  erften  leite  foUte  bie  ©rflärung  be« 
2  Äorint^ers  unb  be«  Slömerbriefc«  bringen.  2eiber  l^aben  anbere  arbeiten  bie  öoUftänbige 
auöfü^ng  be«  ^laneö  l^inau^efc^oben  unb  ber  Xob  ^at  fte  über^au})t  vereitelt.    93om 

2.  ilorint^erbricf  tuar  nur  ba«  1.  Äaj)itel  unb  ein  3^eil  be«  gleiten  fo  bel^anbelt,  h)ie  e« 
ber  Slbfic^t  be«  SJeretüigten  entfjjrad^.  ©ine  ipeit  frühere  ^robe  baöon,  toie  grünblic^  biefer  25 
fw^  mit  fc^toierigcn  ©teilen  befc^äftigte,   liegt   in  ber  3lb^anblung  „3ur  ©rflärung   öon 

2  Äo  XI,  4—6  mit  Slüdftc^t  auf  bie  3)eutungen  S3ei;fd^lag«,  §ilgenfelbg,  ÄIöi)))er«"  bor 
(in  §ilaenfelb«  ^\ü%\:}  XVII,  1874,  1.  §.,  ©.  1—57).  5Den  „©ebanfengang  be«  SRömer« 
brief«  Äaj).  I— Xl"  ^atte  er  „mit  S3ejug  auf  be«  $aulu«  Slömerbrief  bon  Solfmar"  in 
ben  ^px%f)  V  (1879;  1.  ^.,  ©.  95—136;  2.  §.,  ©.  314—364;  4.  §.,  ©.680—719)80 
cinge^enb  bcl^anbelt.  ^m  übrigen  gab  §.  feinen  3w^örem  mit  ^einlic^fter  ©orgfalt  au«« 
gearbeitete  Überfid^ten  über  ben  ^n^alt  unb  ®ang  ber  Sriefe,  bie  er  i^nen  erflörte,  ge« 
brucft  in  bie  §anb.  Sitte  biefe,  aud^  bie  ©cbanicngänge  ber  bon  ^.  aU  unecht  betrad^teten 
^aulinen,  ^at  ber  Unterjeid^nete  al«  Slnl^ang  bem  Kotteg^eft  über  bie  jKUiIinifc^e  il^eo* 
logie  beigefügt,  ba«  er  a(«  ^eunb  unb  litterarifc^er  2:eftament«boHftreder  1898  al«  —  86 
freiließ  im  3?erl^ältni«  jum  erften  fe^r  lurjen  —  2.  leil  be«  ©bangelium«  be«  $aulu« 
bei  Steimer  f^at  erf^einen  laffen. 

3)ie  föigenart  feiner  ejegetifd^en  2lrbeit  l^ot  $.  felbft  im  aSortoort  be«  6ö.  be«  ^^aulu«, 
©.  XIV,  gefennjeic^net.  ©eine  ßjegefe  jiel^t  ben  Sefer  bon  ainem  3^eile  ber  erläuterten 
©d^rift  jum  anbem  mit  fic^  fort,  bi«  er  ba«  ®nbe  be«  ^aben«  erreicht  unb  ba«  (äan^t  40 
in  ber  §anb  l^at,  toöl^renb  bie  3^i^^*^^w"9  ^«^  ^^e^te«  in  einzelne  Semmata  unb  bie  93es 
fprec^ung  ber  toerfc^iebcnften  jemal«  aufgeftettten  ßrflärungen  ber  einzelnen  ©tette  um* 
gefe^rt  ba^u  herleiten,  fic^  mit  bem  ©tüdf  ju  begnügen,  ba«  gerabe  ate  Selegftettc  ober 
ate  2e0  einer  fird^Iid^en  Siebe  in  Setrad^t  tommt. 

„3)ie   genetif4>e   Darftettung   ber  c^riftlid^en  SBeltanfc^auung  be«  5Paulu«"   jeid^net  46 
juerft  „ben  gefd^ic^tlic^en  §intergrunb   be«  religiöfen  93eh)u^tfein«  be«  ^aulu«",   in  bem 
§.  nic^t  blofe  jübifd^e,  fonbem  aud^  l^etteniftifc^e  Glemente  auftoeift,   unb   ba«  bann  mit 
bem  ©bangelium  gefu,  toie  e«  ^etru«  berfünbete,  in  Serü^ng  fam. 

S)iefe  Serü^rung  toar  freiließ  junäc^ft  eine  feinblid^e;  fie  brachte  aber  in  bem  lauteren 
®emüte  be«  })I;arifäifc^en  ßiferer«  eine  ©äf^rung  l^ertoor,  bie  mit  ber  6(^ftu«öifion,  bie  eo 
er  auf  bem  2Bege  nad^  5Dama«Iu«  erlebte,  gum  entfc^eibenben  3lbfc^lu^  fam.  3)amit  trat 
eine  ntu^  religiöfe  ^Ui  in  ba«  jübifd^^^etteniftifc^c  Setoufetfein  be«  5PauIu«  ein:  fein  Um 
glaube  „gegenüber  bem  ©elreu^igten  afö  einem  ^ügenmeffta«  formte  fic^  gum  ©lauben 
an  i^n  afö  ben  3Keffia«  (Sötte«  um."  3)iefe  neue  Überjeugung  fc^lofe  aber  für  ^ßaulu« 
eine  ^tte  Don  SRätfeln  in  ftd^,  bie  gelöft  fein  toottten  unb  mußten.  ^f)xt  Söfung  fudj^te  66 
er  ni^t  bei  ben  Urojjofteln,  fonbem  in  einfamer  ©ammlung  am  ©inai,  ber  uralten  Offen« 
barung«ftätte  ©otte«,  unb  bie,  loeld^e  er  fanb,  fül^rte  er  auf  göttliche  Offenbarung  jurüdf, 

„3)ie  Umformung  be«  jübifd^en  Sctou^tfein«  be«  ^aulu«  burdff  ba«  neue  $eil«» 
pxxnjiXp",  ben  Äreujeötob  ßf^rifti  al«  %f)at  be«  göttlichen  ^eifötoitten«,  ift  ber  ©egenftanb 
be«  britten  unb  umfangreic^ften  Xeil«  ber  J)aulinifc^en  X^eologie.  S)em  Cuerfc^nitt  burc^  00 


284  ^oifleit 

ba«  öorc^riftllc^e  95ctt>u6tfctn  be^  $aulug  unb  bcm  Säng^fd^nttt  burd;  bic  ^criobc  bc«J 
inneren  Äampfe^  mit  bem  ßl^riftcntum  folgt  fo  ein  jtt>eiter  Duerburc^fc^nitt  burc^  fein 
c^riftlit^e«  S3eh)u|tfein. 

6ine  Heine  Slnjal^I  eingel^cnberer  SHejenftonen  §olftenö,  bie  gleichfalls  auf  t)aulinifc^)cm 

6  ©ebiete  fic^  bett>cgen  unb  teils  in  ^ilgenfelbS  ä^i^f^^if^^  t^i'^  ^^  3^^^9<i"9  1^74  unb  75 
beS  2GS3,  teils  in  ber  ^rot.  ^3  S"  P"^^"  fw^^  ^äl^len  h)ir  nic^t  einjeln  auf. 

2.  2)ie  95rüdfe  jtoifc^en  feiner  ))aulinifc^en  unb  feiner  ©bangelienf orfc^ung 
f((^lägt  bie  geiftboHe  Schrift:  „3)te  brei  urfjjrünglic^en,  nod)  ungefd^riebenen  (Sbangelien. 
3ur  f^no))tifc^en  ^age."  (HarlSrul^e  unb  Sei^jjig,  §.  SReutl^er,  1883).  ,,3)ie  Unterfud^ung 

10  über  bie  brei  formen  beS  nod)  münblic^en  ©toangeliumS,  bon  benen  bie  ©riefe  beS  'ißauluS 
an  bie  ©alater  unb  Äorintl^er  Äunbe  geben,  ift  auS  einem  SSortrage  crtDad^fen,  ben  ber 
3Serfaffer  in  bem  toifjenfc^aftlic^en  5Prebigert)ereine  für  93aben  gel^alten  ^at."  S)urc^  3lücf= 
fc^lüffe  aus  jenen  ölteften  Schriften  unfereS  9KE  gett>innt  §.  bie  Umriffe  nic^t  nur  beS 
gefe^eSfreien  ©bangeliumS  beS  ^auluS,    fonbem  auc^  beS  fc^on  bor  i^m  öor^anbenen 

16  jubenc^riftlic^en  (göangeliumS  beS  ?ßetruS,  boS  neben  bem  Vertrauen  auf  ben  ftellbertre= 
tenben  ÄremeStob  bod^  auä)  bie  9Jotn)enbigIeit  ber  ©rfüttung  beS  (Sefe^eS  §um  2luSbru(f 
brachte,  freili(l[f  unter  ber  9Jad^n)irfung  ber  ©eifteSfreil^eit  ^t\vL  felbft  bie  älu^erlic^feiten  im 
®efe|e  }urücfftellte  unb  eS  feinem  SSerlünbiger  ermöglichte;  ftc^  gelegentlich  aud^  bon  i^nen 

Lentbinben  (g.  9.  in  ber  paulinifc^en  ©emeinbe  öon  3lntiod^ia,  ®a  2,  12),  unb  beS 
on  Ujol^l  ju  unterfc^eibenben  jubaiftif^ien  ßbangeliumS  beS  ^alobuS,  beS  SrubcrS  3lcfu. 
Srft  titoa  20  ^ai^re,  nac^bem  ^PetruS  feine  ^^Jrebigt  begonnen  ^at,  erft  in  ber  ^(At  nai) 
bem  fog.  2l))oPelIonbent  in  Igerufalem,  finben  h)ir  an  ber  6anb  beS  (SalaterbriefeS  bie 
beutlic^e  Bpwc  biefeS  hegov  evayyüiov  (®a  1,  6),  baS  auc^  ben  ,?>eibencl^riften  bie 
Untertoerfung  unter  baS  gan^e  mofaifc^e  ®efe|  als  §eilSbebingung  auferlegt  unb  fxd) 

36  bamit  in  betouftten  unb  fc^roffen  ®egenfa$  gu  bem  ©bangelium  bom  Äreu^  unb  jum 
a^joftolat  beS  $auluS  ftettt  (bgl.  2  Äo  11,  13.  23;  ®a  2,  18.  (Sine  jufammenfaffenbe 
bergleic^enbe  ß^arafteriftil  ber  brei  ungefc^riebenen  ©bangelien  binfic^tlid^  beS  ®ered5>tig= 
leitS*,  SReic^^  unb  2RefijaSibealS  a.  a.  D.,  ©.  50  ff.). 

2Jon  ben  „ungefd^rtebenen"  ©bangelien  fällt  fc^on   im  SJerlaufe  ber  eben  ertpö^nten 

90  6<i^rift  §olftenS  ©lidE  auf  bie  brei  erften  bon  unferen  gefc^riebenen  ßbangelien.  ^n  einem 
befonberen,  ber  §od^fc^ule  §eibelbergS  am  SJorabenb  i^reS  500iäl^rigen  S^biläumS  ge- 
totbmeten  Sud^e  l^at  §.  fobann  „S)ie  ft^nojjtifdS^en  ßbangelien  nac^  ber  gorm  ibreS  3"- 
l^teS"  (§eibelberg,  Ä.  ®rooS,  1885)  unterfud^t.  6r  fommt  nac^  einer  genau  burc^= 
geführten  33erglei^ung   ju  bem  (SrgebniS,   ba^  ber  fanonifc^e  SKartuS  ben  fanonifc^en 

86  aJlatt^äuS,  SuIaS  beibe  benu^t  unb  nac^  berftänbigen  fotoic  bogmatifcben  6m)ägungen 
umgeformt  l^abe.  „3)oS3Wattl^äuSebangelium"  bejeic^net  „bic  ©r^ebung  beS  urfprünglic^en 
J)etrintfc^en  S3ett>u^tfeinS  burc^  SÖäieberauSfonberung  beS  jubaiftifc^en  "ißartifulariSmuS  jum 
nun  betoufeten  UniberfaliSmuS,  bem  bon  je^t  gemeinfamen  Soben  ber  jubenc^riftlid^en  unb 
J)aulinifc^en  aSerlünbigung^   baS  fUlarfuSebangelium   bie  'i^erfc^meljung   beS  ^auliniSmuS 

40  mit  bem  Seben  3^w  unb  bie  Segrünbung  beSfelben  in  SBort  unb  2Berf  beS  gefcbid^tlic^en 
3efuS,  bem  bon  je^t  gemeinfamen  ®runbe  beS  jubendSfriftlid^en  unb  J)aulinif(|en  ©bangc^ 
KumS;  baS  SufaSebangelium  bie  erfte  ^c^t  jener  9jui>^nc^riftentum  unb  ^auliniSmuS 
einigenben  ©nttoidfelung,  ertoad^ffen  auS  einer  burd^  aHmäl^lic^e  äbftum^jfung  ber  entgegen- 
gefegten  ^rinji^ien  entftanbenen  unb  baburc^  jur  SRifc^ung  borbereiteten  93ermittlung  beS 

46  jubenc^riftlic^en  unb  ^jaulinifc^en  SbangeliumS,  ber  je^t  gemeinfamen  ®efamtbeh)ufetfeinS= 
form  gemif^ter  dS^riftlic^er  ®emeinben"  (a.  a.  D.,  ©.  170  f.). 

?Kit  biefer  äiuffaffung  ber  S^^^^'tö^  "^^^  ^^  Slbl^ängigfeitSberl^ältniffeS  ber  bcibcn 
erften  ®bangelien  fte^t  .?>olften  jiemlid^  einfam  in  ber  l^eutigen  toiffenfc^aftlic^en  2^^eologie 
ba.  6r  l^at  ftc^  barum  auc^  beranlafet  gefunben,  ft^  mit  berfd^iebenen  ©egnem  nochmals 

60  auSeinanberjufefeen.  (SSgl.  „Weinen  Kritifern",  ?ßrot.  A3  1888,  5Wr.  22.  24—27;  „3ur 
ablbel^fr  aegen  21.  gacobfen",  ebenbaf.  1889,  5Rr.  51  unb  52). 

„8iolifc^4^eologifc^e  Stubien"  auS  bem  ®ebiete  ber  S^nojjtiler,  UnterfudEiungen  über 
toidSftige  3lnf(i^auungen  3efu  felbft,  auf  ben  er  immer  toieber  lurüdEgriff,  an  beffen  ©teile 
er  feineStoegS  ^auluS  jum  Stifter  beS  ßl^riftentumS  toerben  laffen  Sollte,  beröffentlic^tc 

66  er  im  33.  unb  34.  ^al^rgang  (1890  unb  91)  bon  JpilgenfelbS  S^vXf),  unb  gmar  I.  II. 
„3!)ie  Sebeutung  beS  2luSbrudfS  6  jraxfjQ  vfubv  (unb  6  jiaxrJQ  fiov)  6  h  roTg  ovQa- 
vöig  (o  orgdviog)  im  93eh)u^tfein  ^efu"  (33.  Sa^rg.,  2.  ,%  ©.  129—180);  111.  „2)ie 
S3ebeutung  ber  SluSbrudfSform  6  i^lög  rov  AvOgamov  im  93en)ufetfein  ^z\\x"  (34. 3a^rg., 
1.  §.,  6.  1—79)  unb  IV.   „3ur  ©ntfte^ung  unb  (Sntn^idElung  beS   aJleffiaSbctbufetfeinS 

60  ^efu"  (34.  :3a^g.,  4.  §.,  ©.  385—449). 


^olfieit  285 

3n  ber  julc^t  genannten  Slb^anblung  ge^t  §oI[ten  bon  bem  ^nf^cit  be«  3il^' 
fto^betoufetfeinS  3efu  au«.  2lfö  ben  fUlejfia«,  ben  bon  ®ott  mit  ber  Kraft  feine« 
Seifte«  au«gerüfteten  ©o^n,  burc^  meieren  ©Ott  ba«  burc^  bie  ^Projj^eten  berl^eifeene  $eil 
öertoirflid^en  triitt,  fonnte  Scju«  afö  g^be  fic^  nur  bann  mit  innerer  ®eh)i|l^eit  betrachten, 
toenn  fic^  in  feiner  3\Jirtfamteit  Srafttt>irlungen  be«  ®otte«geifte«  für  feine  unb  feiner  6 
Umgebung  ©rfa^rung  äußerten  (a.  a.  SD.,  ©.  390  f.).  3)a«  toar  aljo  in  ben  3:agen  ber 
SBirtfamleit  be«  3^^^""^  ^^^  ^^^^  möglit^.  38on  i^m  tt>ar  3^u«  am  ^orban  mit  bem 
feften  ®(auben  gefd^ieben,  ,,ba^  ^o^anne«  ein  $ro))bet  @otte«  unb  ba«  ^immelreid^  unb 
ber  SJlejfta«  na^e  fei",  unb  mit  bem  ßntfd^Iuf;,  „auf  bem  SBege  bc«  ®otte«j)roj)^eten  für 
ben  (gintritt  be«  Himmelreiche«  gu  ipirfen"  (438).  liefen  ®ntfc^lu|  fül^rte  er  nac^  ber  lo 
©efangenfe^ung  be«  ^o^anne«  au«.  Die  fiegenbe  ©elpalt  feiner  SBorte  über  ba«  Solfe 
gemüt  unb  bie  Teilungen,  bie  er  namentlich  an  3)ämonifc^en  boUbrac^te,  tourben  il^m  uim 
3eugni«  bafür,  ba^  er  mit  einem  ^ö^eren  ©eifte,  mit  bem  ©otte«,  au«gerüftet  fei.  vtad) 
feinem  teleologifc^-rcligiöfen  SetDu^tfein  mu^te  er  biefe  9(u«rüftung  al«  eine  beh)u|te  2^ 
©otte«  anfe^en,  nac^  beffen  Rtotd  ju  fragen  tt>ar.  SDie  2lnttoort  toax  au«  einer  Deutung  16 
ber  S^d)tn  ber  3«i^  J"  fc^öipfen.  ©ie  führten  i^n,  öerbünbet  mit  bem  3^0*^1^  i"  ^^ 
eigenen  Sruft  unb  feinem  tiefen  ©rbarmen  mit  bem  öerfc^mac^tenben  3Sotte,  ju  ber  Slnt^ 
h)ort,  baf;  er  junt  SWeffia«  beftimmt  fei  „3lber  innerhalb  ber  attmö^Iic^  ftc^  DoDgie^enben 
Sffiirffamfeit  3^fu  mit  tl^ren  ollmä^li^  eintretenben  ©rgebniffen  unb  grfolgen  lam  aud^ 
biefe  ®(auben«geh)i^f^eit  admöl^Uc^.  9(u«  9(^nung  unb  SJergetpifferung  ftieg  bie  ©etoi^l^ett  ao 
auf"  (445).  aftod^te  ba«  überlieferte  aKejfia«bilb  be«  a)ai)ib«fo^ne«  bie  Erlangung  biefer 
©en>i^^eit  erfc^meren,  fo  fonnte  ba«  Da))ibi{c^e  9teic^«ibeal  burcj^  bie  bi«l^erige  ©efc^id^te, 
in«be|onbere  burc^  ben  3lu«gang  be«  lefetcn  getoaltfamen  Serfudjie«  feiner  SJertoirllic^^ung, 
i^  toiberlegt  unb  burc^  ba«  Danieliwe  öerbrängt  unb  erfc^t  toerben.  „So  toarb  ber 
©o^n  be«  aJlenfd^en  bie  9Kefrta«anfc^uung,  in  toelc^er  bie  9Keffia«a^ung  3^«  V^^ 
aReffia«geh)ifel;eit  fic^  öoDenbete"  (447).  „Damit  berlnüjjfte  fic^  unmittelbar  bie  3lnfcl^auung 
einer  bo))))elten  Dafein«form  be«  SKeffia«";  er  ifot  junäc^ft  auf  ©rben  al«  ber  )um 
aJlejfia«  berufene  ba«  tommenbe  Himmelreich  öorjubereiten,  fobann,  nac^bem  3[a^be  )u  ber 
öon  i^m  feftgefc^ten  ^txt  e«  aufgerichtet  f)at,  „in  ber  Henlid^leit  feine«  SSater«  al«  Herr" 
barin  gu  toalten.  ^n  ba«  erfte  biefer  beiben  Silber  fügen  ftc^  oQ  bie  gefc^ic^tlid^en  3%^  so 
ein,  „bon  benen  Daniel  nic^t«  gealj^nt  l^at"  (449). 

3.  Snblic^  finb  nod^  gtt>ei  arbeiten  religion«j)^ilo|ot)l^ifc^en  3*^^*^  S«  ^* 
toäi^mn.  Über  „Urfjjrung  unb  SBefen  ber  Sleligion"  ^at  $.  im  ^obre  1886  Il^efen  unb 
einen  Vortrag  veröffentlicht,  bie  junädbft  in  m.  31  unb  32  ber  $rot  A3,  fobann  in 
©onberabbrurf  (Serlin,  ©.  SReimer)  erfcpienen.  „Da«  SBefen  ber  ^Religion  begreifen  l^ei^t,  86 
in  ber  @nth)icflung  be«  ©eifte«leben«  ber  aKenfdji^eit  ben  H^unft  beftimmen,  h)0  nod^  ni^t 
religiöfp  £ebcn«fräfte  im  menjc^lic^en  ©eifte  ju  bem  2eben«feim  ber  Sieligion  fid^  öer* 
binben"  (2^e(e  1).  „Dct«  gemeinfame  3Befen  aller  gefd^ic^tlid^en  Sieligionen  ift,  bafe  ber 
5Kenfc^,  loa«  feinem  Setou^tfein  al«  feine  fc^lec^t^inige  2eben«mac^t,  al«  lebenfcbaffenbe 
unb  lebengerftörenbe  offenbar  getoorben,  l^anbelnb  verehrt,  um  burc|  bie  lebenfcbaffenbe  40 
aRac^t  2cben«t)ollenbung  im  ©emüte  ju  genießen"  (I^efe  2b).  Die  Sieligion  enttoidtelt 
fid^  au«  einer  finnlic^en  in  eine  gciftige  gorm  unb  fc^liefit  urfj)rünglic^  ©ittlic(^!eit 
unb  $l^ilojoJ)f;ie  mit  ein,  bie  fic!^  aümö^lic^  au^  i^r  ju  relativer  ©elbftftänbigleit 
lo«UJjen. 

Da«  (gingellebcn  toirb  „in  feiner  Serü^rung  mit  bem  21(1  ©eele  —  2eben«emj)finbung,  45 
2eben«gefü^l,  Seben«trieb  —  mit  bem  £eben«gefü^l  al«  bem  £eben«mittel^unfte  ber  ©imet 
feele"  (X^efe  6).  Dicfe  toirb  i^rcr  Slb^ängigfcit  öon  lebenförbernben  ober  leben^emmenben 
Äräften  be«  9111  inne.  2lbcr  erft  allmä^lic!^  toirb  fte  biefer  al«  eine«  öon  i^r  gefonberten 
Dbjefte«  betonet  unb  lernt  felbftt^ätig  i^ren  „6nH)finbung«inl^alt  mit  ben  barau«  ^erbor* 
gegangenen  ©efü^len  unb  trieben  in  fic^  toieberl^erborgurufen" :  fie  toirb  3>c^  unb  ©ei^.  60 
„aÖie  ba«  ©efül^l  £eben«mittcl})unft  ber  ©ingelfeele,  fo  ift  ba«  ©emüt  £eben«mittel})unlt 
be«  eingelgeiftc«.  '^c'o^v  33etou6tfein«in^alt,  ber  ba«  £eben«intereffe  be«  ?jd^  erregt,  betoegt 
ba«  ©emüt;  jebe  aBillen«regung,  toelc^e  ba«  £eben«intereffe  be«  3^  befriebigen  fou, 
toirb  öom  ©emüte  erregt."  Diefe«  erzeugt  ba«  £eben«ibeal  (2:l;efe  7),  gunäd^ft  ein  finn* 
lid^e«,  beffen  3Sertoirtli^ung  t)on  ben  £eben«toirfungen  ber  9latur  obl^ängt.  Da«  3^  » 
fonbert  nun  bie  9latur  öon  fic^  felbft  unb  mac^t  fie  gum  Objeft,  an  bem  e«  bie  formen, 
„über  beren  £eben«toirtungen  c«  aJlac^t  ift,  i)on  bcnjenigen,  gegen  beren  £eben«toirfungen 
e«  Dl^nmac^t  ift",  unterfcl;eibet.  „Unerreichbar  aber  für  bie  Äraft  be«  uranfänglic^en  SRen^ 
fd^en  fmb  bie  gormen  be«  Hi"^"^cl«  über  i^m  .  .  . ,  unbeftimmbar  für  feinen  SEBiUen  ftnb 
bie  JJormcn  ber  (Srbc  um  i^n  .  .  Unb  fo   erf^ebt  ber  SKenfc^^   bie  Urfad^e  biefer  £cben«*  60 


286  ^o({iteit 

h)ir!ungcn  olö  {eine  fd^Iec^t^innigcn  Scben^mäc^te  .  .  tn^  Scipufetfcin."    3)amit  h)irb  t^m 
„juerft  fein  ®ott  offenbar"  (3:^efe  9). 

S)urc^  bie  betou^te  ©rfa^rung  beffen,  Ido^  (Sott  ioirtenb  für  bcn  9Jlcnfc^cn  ift,  toirb 
aber  bie  toettere  ^age  angeregt,   toa«  er  an  fic^  ift.    ©o  entf})ringt  auö  bem  religiöfen 

6  Setou^tfein  nottocnbig  eine  religiöfe  SRcta^j^^fit,  bie  2Jli;tlS;oIogic  ber  9Jatur'  unb  Äultur= 
religionen,  bie  2:bcoIogie  ber  ®cifte^reKgion(3:i;efell).  5Die  al^  ^cbtn^mad^t  empfunbcnc 
(Sott^eit  h)irb  nun  ate  9)tac^th)efen  angefc^aut,  finnlic^er  ober  geiftigcr.  ß^  erloa^t  aü- 
möl^lic^  auc^  bag  etbift^e  unb  intellemiclle  ©etoiffen,  tDeld^e^  bie  äbl^ängigteit  unfere^ 
Seben^efü^l^   öon  unferer  Stellung  ju  Sittlid^feit  unb  SSal^r^eit   erfährt   unb   ju   einer 

10  SBergeiftigung  unb  SJerftttlic^ung  bei^  (Sotte^begriffe^  füf^rt.  ^se  tiefer  ber  benfenbe  ®eift 
bie  2BeIt  atö  eine  @inJ^eit  öieler  gtoecfmäfiig  jufammenhjirfcnber  Äräfte  unb  je  reiner  er 
ben  ®eift  atö  bie  5Ka(|t  über  bie  9Jatur  ertennt,  bcfto  me^r  h)irb  er  ju  einem  geiftigen 
SKonot^ei^mu^  ^ingebrängt.  9lu(^  ber  einzelne  9Jaturgott  beg  einzelnen  Stammet  fann 
fi(^>   im  Verläufe  ber  ®ef(^ic^te   gur  uniberfellai  geiftigen  ®ottl^eit   im  3JoIfebetüufetfein 

15  abHören. 

„©0  l^t  bie  Offenbarung  ®otte^  einen  unenblid^en  ®el^alt  in  enblic^er  gorm.  Unb 
bie  Offenbarung  ®otte^  im  3)Jenjc^engeifte  ^at  eine  gefd^ic^tlic^e  ©nth^icflung.  ®a^  ®ott 
ift,  tt)irb  er  für  ben  5Kenf(^en"  (Xf)^^  15).  ,,3)ie  ©etoi^^eit  be«  ^d)  toom  2)afein  ®ottc^ 
ift  nid^t  golge  eine^  logifc^en  ©d^luffeig  ober  einei^  moralif<^en  »^oftulate^  ober  einer  pxaV 

20  tifc^en  5Rötigung", . . .  fonbem  „beö  unmittelbaren  unb  nottt>cnbigen  SRüctgange^  i)on  einer 
im  Seben^efü^I  t^tfäc^Iic^  erfahrenen  SBirfung  auf  i^re  aufeer  bem  Seben^efü^I  t^at- 
fäd^Iic^  feienbe  Urfac^e,  ein  SRücfgana,  ber,  auf  bie  unmittelbare  ®eh)i^^cit  ber  inneren 
©elbfterfal^ng  gegrünbet,  in  ber  9(aturreIigion^bon  ber  2öirHic^feit«getr)i^l^eit  fmnlid^er 
SJnjc^auung,   in   ber  ilultur=  unb  ®eifte^religion'^  öon  ber  993a^r^eit^eh)ife^eit  benfenber 

2D  Srfenntniö  nur  unterftü^t  toirb"  (S^^cfe  1 7).  3)amit  tt>enbet  fic^  §.  folool;!  gegen  bie 
©d^olaftif  unb  bie  alte  ,,natürlic^e  5D^eoIogie",  atö  gegen  Äant,  Sipfiu^,  Slitjci^l,  S3enber 
unb  g^uerbac^  unb  baut  felbftftänbig  auf  ©c^Ieiermac^erft^em  ©runbe  hjeiter.  ©e^r  ent- 
f(^^ieben  betont  er  (3^efe  19  f.)  bie  Objeltibität  be«  religiöfen  S?er^ältniffe^,  ba^  freiließ 
nidfft  bei  allen  in«  93eh)uf;tfein  tritt,  ja  öon  einem  irrcnben  2)enfen  fogar  beftritten  locrben 

30  lann.  „3)a^  3i^  l^nn  ftd^  gottlob  hjiffen" ;  e^  lann  auc^^  gottlo«  looUen  unb  l^anbeln. 
5Doc^  ift  baö  ®egenteil  öon  beibem  im  Söefen  be«  fUlenf^en  begrünbet. 

„3)er  SBJiHe  be«  3(^,  ju  ber  im  Setou^fein  offenbar  geworbenen  Seben^mac^t  ftd^ 
in  S3ejiel^ung  ju  fe|en"  .  .  „ift  bie  toerbenbe  3leligion"  (2^efen  20  u.  21).  „2)ic  beibcn 
aa  ^xd)  nod^  nic^t  religiöfen  Kräfte  im  ^d),   burc^   bcren  3Serbinbung  ber  2eben^feim  ba* 

35  SHeligion  crjeugt  toirb,  fmb  bie  im  Setoufetfein  bc^  i^d)  lebenbig  geworbene  ßrfalirung 
t>on  feiner  fc^led^t^in  über  i^m  toaltenben  fieben^mat^t  unb  ber  Seben^loiHe  be^  ^d),  ber 
nad)  öoHenbetcm  Seben^efü^l  ba^  ^d)  brängt.  3)ie  Serbinbung  biefer  beiben  JMfte  Doli- 
«el^t  ftd^  im  ®emüt."  .  .  .  „Unb  jtoar  Verlangt  biefer  Scbenötoille  nid^t  önt^ebung  öom 
&Am  ber  SBelt,  fonbem  ©r^ebung  gum  Seben   ®otte^"  (Il^efe  22).    5Die  innere  %f)ai, 

40  burc^  toelc^e  baö  ^d)  fi^  in  Segie^ung  ju  feinem  ®ott;  „ber  i^m  offenbar  gehjorbenen 
Sdbengmad^t",  fe^t,  ift  3leligiofität,  ®laube.  Äiemac^  ftimmt  §olften  mit  Siebermann^ 
Begriff  toom  ®lauben  im  Unterfc^ieb  Dom  ,,@lauben"  (bem  religiöfen  gürttja^rl^alten) 
überein.  ^mt  SWeligiofität  entfaltet  fic^  ju  einem  ununterbro^enen  3nnc"Ic^<^"  ^^^  ®^= 
müte^  mit  unb  in  ®ott,  an   bem  aÜe  gunftionen  be^  ®eifteelebcn^,   bie  ja   im  ®emüt 

45  i^ren  @inigunge))unEt  ^aben,  fu^  beteiligen. 

3!)ic  Sxcligion,   bie  fic^  öon   ber  ©tufe  ber  ^iatur^  ju   ber  ber  ®eifte^religion  erl>ebt, 

„ift  3Rittel  jum  ^Wcd,  2Benn  aber  in  ben  ^Watur*  unb  Kultuncligionen  bie  ©lüdlic^feit  2obn 

ift  ber  Sieligion,  fo  ift  in  ber®eifte«religion  bie  SReligiofität  fclber  frf)on©elig!eit"('ll^efe27). 

®eh)ife  lä|t  fid^  bie  ©rreic^barfeit   eine^  ffiiffenö  öom  Stnfic^fein  ®otte^  —  faH^  c^ 

60  bon  bem  berechtigten  ®lauben  an  bie  Obiettit)ität  be^  auf  ung  toirfenben,  für  un^  offene 
boren  ®otte«  no^  unterfc^ieben  toerbcn  foll  —  mit  SWed^t  beftreiten.  Sonft  aber  ift  bie 
^tftorifc^=j)f^c^ologifd^e  Unterfud^ung  ^olften«  über  bie  Sieligion  toon  größter  geinl^eit  unb 
liefe,  unb  bie  Heine  $robe  religioui^pIS^ilofop^ifc^er  älrbeit  macbt  um  nacb  Weiteren  Ü)lit= 
teilungen  au^  feinem  in  $rof.  SBecfefferö  (Harl^ru^e)  Rauben  befinblic^en  .^eft  über  9le= 

55  ligioni^p^ilofojj^ie,  beffen  einfache  §erauggabe  aflcrbing^  bielleid^t  nic^t  möglid^  ift,  fc^r  begierig. 

Slel^nlic^e  3lu^fü^rungen  toie  bie  eben  ffijjicrte  ©c^rift  bietet  .s)olften«  *iJrorettorat^^ 

rebe:  „3ft  bie  IMogie  aBiffenfc^aft?"  (Slfab.  3iebe,  am  ®eburt^feft  bc^  ^öc^ftfel.  ®rofe= 

^jog«  Äarl  griebrid)  am  22.  9Joi).  1887  gel^alten;  .sSeibelberg,  Unito.^Suc^bnictcrei  i)on 

3.  Coming;  lieber  abgebrudt  in  $rot.  «3  1888,  9ir.  7). 

GO  Dr.  ^{e^Il^ont,  ^aftov  in  iioipauj. 


^olfleittitd  287 

^olf^eitiud^  Suc,  gcft.  1661.  —  [Sflxf.  midtn^],  2ebtn  beö  gelehrten  Luc.  Holst 
Protonotarii  Apostolici  etc.  4)«n»&"^9  1728;  %'\c  9?ad)rid)tcn  über  ibn  am  forgfältigftcn  in 
SRoOcrS  Cimbria  literata,  XL  3,  ©.  321—342,  Mon  benuft  oon  3.  &.  ©olffonabc  (Biogr. 
univ.  %i.  20.  8.  V.),  mddjtx  um  biefclbc  3^^*  Lucae  Holstenii  epistolas  ad  diversos  ex 
©ditis  et  ineditis  codicibus,  «ßarig  1817,  8",  mit  Stnm.  J^craiiÄgob.  (Sein  3)enfntal  mit  6 
feinem  53ilbe  in  feineS  9?cffen  ^eter  fiambedS  commcntariis  de  bibliotheca  Vindobonensi, 
lib.  VI,  p.  235;  »urfian  in  5rb53  XII  @.  776;  91.  Mi,  %k  Sonuertilcn  feit  b.  iRcf.  93b  V 
fSfrcib.  1867  @.  186  ff. 

2ula«  §oI[tc  ober  §olfteniuö  gd^ört  ju  ben  l^erborragenben  2lj)o[taten,  tt>el(^c  im 
17.  3«^^^""^^*  ^«>w  ^^  cban^elijc^cn  jur  fat^olifc^^en  Äirc^e  übertraten,  unb  auf  toeld^e  lo 
bie  le^tcre  toegen  i^rer  au^ejeic^neten  Silbung  unb  (Selel^rfamfett  ftolj  ift,  toobei  fte  aber 
ju  bcrgeffen  t)flegt,  ba^  ju  biefer  nid^t  burc^  fte,  fonbem  in  benSd^uIen  ber  5Proteftanten 
ber  ®runb  gelegt  toarb.  ©eboren  1596  gu  §amburg,  erhielt  ßolftemu^  guerft  in  feiner 
SJaterftabt  unb  bann  feit  1617  in  Serben  unter  Se^rem  h)ie3)aniel  §etnfiuö,  ^o^,  SKeur^ 
ftu«,  ®ttp.  i^oi),  3?offiu«,  ^eter  ©criber,  fott>ie  im  aSerfe^r  mit  §lännem  h)ie  Äugo  i5 
®rotiu^  eine  eminente  Jjl^ilologifc^e  Silbung,  o^ne  babei,  tote  fic^  fj)äter  jeigte,  ju  flarer 
t^eologifc^er  (Srtenntni^  unb  Überzeugung  ju  fommen.  3Wii  jener  ip^ilologifd^en  Silbung 
berbanb  fic^  balb  ein  befonbere^  ^ntereffe  für  bie  alten  Oeograj^lf^en  unb  eine  grofee  Sor* 
liebe  für  bie  J)Iatonifc^e  unb  neuplatonifi^e  ^^ilofojjj^ie.  SUerftimmt  \)ux6^  eine  fel^lgefqilagene 
Setoerbung  um  eine  Se^rerfteOe  an  berSd^ule  gui^amburg  ging  er  1622  nad^  (Snglanb  unb  20 
1624  naä)  $ari^,  too  er  Stbliot^elar  beg  ^räftbenten  be  SKe^me«  iDurbe,  unb  mit  ^iefuiten  toie 
©irmonb,  mit  9Jif.  glaube,  ^bri  be  ^ßeirejc  gu  Stij  u.  a.  nä^er  belannt  unb  fc^on  bamate 
kt^olifc^  Ipurbe.  ©ein  Übertritt  tft  bon  anbem  balb  auf  biefen  jefuitifc^en  Umgang,  bolb 
auf  ba«  gelehrte  3?erlangen,  freieren  gwtritt  ju  ben  Sibliot^efen  ^anfteic^^  unb  ^talieng 
3U  erhalten,  balb  auc^,  h)ie  bon  ©almafiu^  auf  3lrmut  unb  ®igennu$  jurücf gefül^rt ;  er  25 
felbft  äußert  fic^  im  3^1^^^  1631  in  einem  ©riefe  an  ^eirefc  fo  barüber:  „Ex  quo  tem- 
pore Maximi  Tyrii,  Chaicidii  et  Hieroclis  lectione  admodum  adolescens  Pla- 
tonicae  philosophiae  gustum  aliquem  haurire  coepi,  sensi  ingens  desiderium 
in  animo  meo  enasci  primum  cognoscendi  uberius,  mox  etiam  promovendi 
et  illustrandi  pro  viribus  tarn  divinam  philosophandi  rationem;  biefelbe  ^abe  er  so 
bann  auc^  burc^  bie  Schriften  ber  Äirc^enbäter  beftötigt  gefunben,  quibus  illi  contem- 
plativam  et  mysticam  quoque  theologiam  pertractant  qua  in  Deum  animus 
excitatur;  atque  ita  factum  est,  ut  sanctorum  patrum  divinam  ac  solidam 
philosophandi  rationem  toto  animo  admirarer,  et  mox  inscius  me  ferme  in 
eatholicae  ecciesiae  gremio  constitutum  cernerem,  quod  sibi  quoque  usu  ve-  36 
nisse  D.  Augustinus  in  confessionibus  testatur.  Meum  sane  animum  divinae 
illae  contemplationes  adeo  ad  veritatis  cognitionem  erexerunt  et  confirmarunt, 
ut  nequaquam  circa  tricas  et  quaestiunculas,  quales  de  fidei  negotio  nova- 
tores  movere  solent,  postmodum  langueret".  (Epistt.  ed.  Boissonade  p.  224.) 
©eit  1627  in  SRont,  erhielt  er  ^ier  feinen  borne^mften  Sejc^ü^er  unb  greunb  an  bem  40 
i^m  gleid^alterigen  9ieffen  bei^  ^ajjfie«  Urban  VIII.,  bem  Rarbtnal  granj  Sarberini,  geb. 
1597,  geft.  1679,  unb  emjjfing  bon  Urban  VIII.  au^er  beutfd^en  ^ßräbenben,  ioelc^^e 
freiließ  toä^renb  be«  Kriege«  ni(|t  immer  flüffig  m  machen  loaren,  ein  Äanonifat  be« 
SSatilan;  3""ocenj  X.  machte  \l}n  gum  Sibliot^elar  ber  35atttana  unb  Sllejanber  VII., 
toelc^er  i^n  fd^on  a(«  Jtarbinal  Si^igi  befungen  ^atte,  ju  feinem  commensalis  unb  )um  45 
fionfultore  bei  ber  Kongregation  be«  ^n'tcj^.  Öfter  tourbe  er  auc^  bei  ber  Sefe^rung  au&=^ 
gezeichneter  Äonbertiten  mit  in  I^ätigtcit  gefegt ;  fo  1637  bei  bem  Übertritt  be«  Sanb^ 
grafen  ^^ebric^  bon  §effen-3)armftabt ;  fo  fc^rieb  er  1651  für  ben  ®rafen  ß^riftof  Slan^ou 
na6^  beflen  älbfatt  an  ©eorg  Galirtu«;  fo  toarb  er  1655  ber  Königin  ß^riftine  nadf 
3nn«brurf  bom  $a})fte  älejanber  entgegengefc^icft  unb  afftftierte  bei  il^rer  Slbfd^toörung.  w 
läber  bei  bem  allen  erhielt  er  fic^  in  SRom  eine  jiemli^  unabl^öngige  ©tellung.  ^m 
ga^re  1639  tourbe  er  in  9lom  mit  bem  ©rie&en  2eo  äUIatiu«  ber  Kongregation  jur 
Unterfud^ung  bc«  Slbftanbe«  bon  ber  griec^ifc^en  Kirche  unb  jur  3Sergleid^ung  be«  grieq^i« 
fd^en  (gud^ologion  mit  bem  römifc^en  SRitual  beigegeben,  unb  Ij^ier  toar  er  e«,  ber  mit 
^eimütigfeit  für  älnnä^erung  unb  gegen  ba«  SBic^tigne^men  unbebeutenber  S)ifferengs  56 
punite  fjjrarf).  ßbenfo  in  ber  Kongregation  be«  ^nhtic  toar  er  jo  toenig  für  ©trenge  gegen 
toertboDe  äBerfe  jjroteftantifd^er  ®elel;rten,  ba^  er,  al«  er  bamit  nic^t  mel^r  burc^bringen 
lonnte,  an  ben  ©i^ungen  ber  Kongregation  nic^t  me^r  teil  na^m.  ®egen  J)roteftantif(^e 
SRcifenbe,  toie  gegen  ben  jüngeren  ßalijtu«,  gab  er  befte^enbe  SKifebräud^e  bei  Silber*  unb 
Sleliquienbere^rung  toillig   ju.    ^m   janjeniftifc^en  ©treite  riet   er  Sllejanber  VII.  lieber  go 


288  ^olfleniitd  Hornberger  S^itobe 

feine  ®ntfc^cibung  für  bie^^fuitcn  abzugeben.  Seine  großen  Ittterarifd^en  Unlemel^mungen 
legte  er  [o  umfangreic^  an  unb  fammelte  mit  fo  öiel  (Srünblic^feit  bafür,  bafe  er  ba^ 
meifte  bei  feinen  Sebjeiten  ni((^t  gum  2lbfc^Iu^  brachte.  Unter  ben  fird^lic^e  2)inge  be= 
treffenben  gehören  gu   ben  bebeutenbften  bie  arbeiten   für  ben   über  pontificalis,    ben 

5  liber  diurnus  pontificum  Romanorum,  bie  älteren  SKart^roIogicn  unb  -äJlbnc^^regeln 
(codex  regularum  etc.  guerft  5Rom  1661,  nac^ber  ju  ^ßari^,  unb  fel^r  erweitert  3lug^^ 
bürg  1759,  6  93be  ^oI-X  ©riefe  ber  $ä^fte  unb  Äongtlienalten  in  ber  collectio  Romana 
veterum  aliquot  bist.  eccl.  monumentorum,  u.  a.    Sr  ftarb  am  2.  Jebr.  1661. 

^enfe  f. 

10         ^ola^aufer,  8.  f.  93artl^o(omiten  S3b  II  ©.  421,28ff. 

Hornberger^  3.  f.  ^nneröfterreic^. 

Hornberger  S^nobe  unb  ^rd^enorbnnng  15126.  —  Ouellen:  Eplstola  Francisci 
Lambert!  AvenioDensLs  ad  Colonienses  d.  d.  ^Harburg  15.  (Jebruar  1527,  ©rfurt  1527, 
12^    mit  «nmerfungen    ^erauÄgcgebcn    t)on  &.  ßl.  3)raub,   (äJiefeen  1730,   4^    48  6.    3)ie 

16  acta  synodi,  beren  plena  editio  uon  fiambcrt  in  tiefem  Schreiben  alö  na^e  beuorftcl)cnb  be- 
jei^uet  wirb  (@.  44),  ftnb  niemals  tjeröffcnllic^t  toorbcn;  ^iganb  iiauge,  i^eben  unb  Xöaten 
^^ilippi  3Kagnanimi  iianbgraffcn  ju  Reffen:  8«itf4nft  be«  SercinS  für  t)e|fifd)e  ®efcl)i(^te 
unb  SanbeÄfunbe,  2.  ©upplement  1.  S3b,  ©off el  1841,  ©.123—139.  -  2)ic  im  Original  nicfit 
erhaltene  l^irc^enorbnung :    Beformatio  Ecclesiarum  Hassiae    iuxta   certissimani  sermonuni 

20  Dei  reguiam  ordinata  in  venerabili  synodo  per  clementissimum  Hessorum  principem  Pbi- 
lippum  anoo  1526  d.  20.  Oct.  Hombergi  celebrata,  cui  ipeemct  princcps  illustrisAimus 
interfuit,  rourbe  ^uerft  burc^  gfr.  @f)r.  ©cbmincfe,  MoDimenta  Hadsiaea,  2.  !£eil,  daffcl  1748, 
@.  588—656  „aud  einer  alten  glaubroürbigen  ^anbf(6rift"  veröffentlicht  unb  ^at  in  biefer 
©eftalt  bei  9.  2.  S^tc^ter,  ^ie  eoangelifc^en  ^irc^enorbnungen  beS  16.  Qa^r^unbcrtd,  Weimar 

26  1846,  1.  ©b  @.  56—69  Aufnahme  gcfunben.  ©ine  jioeite,  im  ®e^cimen  ©taatöardjiu  ju 
3)armftobt  entbcdtc,  ^tbf^rift  l^at  bann  St.  «.  ßrebner  unter  bcm  2.:  $^ilipp  beä  @ro6- 
mütl^igen  ^effifc^e  ^irc^enreformationdorbnung  ((Siegen  1852),  mit  Ueberfe^ung  unb  umfang* 
reicber  (Einleitung  herausgegeben;   Stöi^Ux,  ^(ctenftücfe  jur    ^effifdjen  9{eformationSgef(f)ic^tc, 

tfßi)  37.  S3b,  ®ot^a  1867,  @.217ff.  —  fiitteratur:  3.  6^r.  Martin,  "iRa(^ri*ten  uon  ber 
i^nobe  5U  ^omberg  mit^e|ug  auf  bie  92eformation  in  Reffen,  (Saffell804;  CE^r.  d.  Bommel, 
®ef(ö.  uon  Reffen,  3.  %l,  (Saffel  1827;  berf.,  ^^^ilipp  b.  (Brofemütigc,  i^anbgraf  ü.  .^pcffen, 
3  Sbc,  biegen  1830;  ©icfell,  ^ie  ^re&b^teriaU  unb  ®QnobaI«S3erfa[fung  ber  euang.  ^irdjc 
in  iftrem  Urfprungc  unb  iftrcm  (Sinfluffc  auf  Reffen.  Scitfdjr.  f.  ^cff.  Öcfd).,  1.  ®b,  ifaffcl 
1837,  6.  43 ff.;  38.  ®ocbeI.  3)le  5)iSciplin  in  b.  reformierten  SJircfie  bis  (Sabin  1540,  i^ir*- 

86lic6c  «icrteljat)r«'e*rift,  II,  1  ©erlin  1845,  ©.  Iff.;  SB.  3)enöarb,  ÖJefcfti^te  b.  Gntwidlung 
be«  S^riftent^um«  in  btn  ^effifc^en  fiönbern  bid  ju  beren  Xf)cilung  1567,  granffurt  a.  3H. 
1847;  fi.  9iic^ter,  ®ef(6idftte  b.  et>ang.  Äirdjenocrfafiung  in  3)eutf(ölanb,  Spj.  1851.  6.  36 ff.; 
&.  3B.  ^ofiencamp,  C>ef(ifcfte  ^irdjengefcftldjte  feit  bem  Zeitalter  b.  iWeformation  2  53bc,  "3Kar* 
bürg  1852  ff.   (1847  ff.,   2.  «uög.  8franffurt  a.  3R.  1864);    «.  g.  (£.  Hilmar,  (äJef(l)i«tc  bcS 

40  ÄonfcffionöftanbeS  ber  eoang.  Äirdje  in  4)ef|en.  bcfonb.  in  ^e|fcn-(5ofiel,  IDiarburg  1860  (2.  ?ludg. 
JJranlfurt  a.  Wl,  1868);  ?8.  (Sbcrt,  ©efdjicftte  b.  eoang.  Äirc^c  in  fiurt)cffcn,  (laffel  1860;  C4). 
fi.  93üff,  Äur^effif^c«  Äircftenrecftt,  ©affcl  1801,  S.  9 ff.;  e.  iJ.  5:^.  ^cnM  dienere  Äirct)en* 
gcf(öi*tc,  ^erau«g.  o.  SB.  ®a6,  1.53b,  ^afle  1874,  ©.  98  ff.;  4).C>epPe.  Äirc^engcfc^idjte  beiber 
ßeffcn,  1.  S3b,  9}yarburg  1876;    ?t.  SRitfdjI,   ^rolegomena  ju  einer  (äJcfd)id)tc  bed  ^ietiSmu«, 

46  3ffi(ä>  II  1878,  S.  49ff.;  berf.,  ©cfcft.  b.  ^ictiSmuö  I,  »onn  1880;  a.  ©.  i&.  €>oci)()utt),  %k 
©ebeutung  ber  ^Olarburgcr  ßird)enorbnung  üon  1527,  Äaffcl  1879;  ®?ejer,  9(rt.  „Hornberger 
S^nobc",  9l(£VI,  2.«ufl.,  1880®.  268 ff.;  It).  53rieger,  3)ie  angcbl.  'iWarburger  Jt..Crbnung, 
3fÄ®IV.188l3.549ff.;  3.  ^oftlin,  9»artin  fintier,  J.  iöb,  (Jlbcrf  1883,  ©.49 f.;  Ü.o.iRanfc, 
S)eutfd)c   (äJefcftidjte   im  äeitalter   ber  SReformotion.    2.  »b,   6.  ?lufl.,   ifcipj.  1^*81,    ©.  317; 

60  X6.  Äülbe,  aWartin  fiutj^er,  2.  »b,  (öot^a  1889,  6.  239 f.;  M?.  ^Kiefer,  ^ic  recötUd)e  ©tcUung 
ber  euang.  ßirdje  ^eutfc6Ianb§  in  i^rer  gefd)id)tlict)en  (^ntioicflung  big  jur  Q^egemuart,  i^eipj. 
1893,  ©.  75  ff.  (S.  41  ttnm.  1  Serjeic^niö  ber  ^^itteratur  über  bie  ^Infc^auungcn  ber  IRefor- 
motorcn,  bctrcffenb  ba^  ?SerftöItni3  oon  8taat  unb  Stirere) ;  A.  Laval,  I^e  Synode  de  Hom- 
berg  (Hesße).  Lambert  d'Avignon  (Tb^se),  ?ari§  1894;  3.  grriebncft,  Sut^er  unb  b.  Äirdjen- 

66  oerfaffung  ber  Reformatio  ecclesiarum  Hassiae  oon  1526,  3)armftabt  1894  (3.  35  ff.  ^cx^ 
beffcrungen  ju  (SrebnerS  (Sbition  ber  Reformatio);  "fö.  Äöljlev,  4>efftfc^c  Mircftcnuerfaffung  im 
Seitalter  ber  »ieformation  (3)iffertation),  (äiieften  1894;  ©.  S3eft,  l^utfter  unb  ba^  lanbeö* 
^crrHcfte  S^ircftcnregiment  (SSortr.),  3Rarburg  1894;  (ä>.  (£onrab,  3)ic  Sicformationdorbnung  für 
blc  (»emeinben  ^cffcng   tjon  1526  (3)ifi.),   4)aUe  a.  8.  1897;    (5.  6^r.  ?t(6eliö,  Sel)rbud)  ber 

oopraftif^en  Ü^eologie,  2.  8lufl.,  1.  a3b,  Seipj.  1898  ©.  56  f.  lieber  fiambert  oon  ?lüiguon 
Dgl.  b.  91. 

2für  bie  Beurteilung  ber  38erfuc^c  ber  elKingelifc^en  dürften  2)eutfcl^(anb^,  bie  hxd)- 
Ud^en  Ser^ältniffe  i^rer  iJänbcr  ju  regeln,  ift  bie  li^atfad^e  öon  großer  Bebeutung,  baji 


^omSerger  S^nobe  289 

fic  hwcd^  bic  ^nanfprud^nabmc  emc«  lanbe^l^errKc^en  Äirc^enregtment^  burd^auö  ntd^t  re= 
t>oIutionäre  Steuerungen  Doß^ogcn,  ba  fc^on  bor  bem  auftreten  Sut^er«  bie  Sanbei^^erm 
toie  in  grcmfreic^  unb  ©nglanb  fo  aud^  in  ©eutfc^Ianb  i^re  lanbegj^enlid^en  Sefugniffe 
auf  bie  firc^Kc^en  Angelegenheiten  au^ebe^nt  l^atten.  3)er  ©jjeierer  Sleic^tag^bfc^ieb 
bom  27.  3luguft  1526,  ber  jebem  ©tanb  e^  überliefe,  in  ber  ©laubenöfac^e  bi«  auf  ein  6 
Jtonjil  für  ft^  unb  feine  Sanbe  alfo  e^  ju  Italien  tt)ie  er  ed  bor  @ott  unb  bem  Aaifer 
}u  t>erantn>orten  fid^  getraue,  leiftete  bann  ben  großen  3)ienft,  ber  3lu«nüjung  ht^  Xcncx- 
torialiömu«  ju  Ounften  ber  Sieformation  eine,  allerbing«  limitierte,  SRecpt^runblage  ju 
geben,  fianbgraf  $^iliJ)J)  toon  §effen  (über  feine  Stellung  ju  ber  reformatorifc^en  Se= 
toegung  bi^  §erbft  1526  bgl.  ^^p^  ©.  125  ff.)  f)at  bieje  Ser^öltniRe  ju  benu^en  ber*  lo 
ftanben,  aber  nic^t^  überftürjt.  (Seine  Sriefe  liefern  ben  93ett>ei«,  bafe  ben  entfc^eibenben 
©(^^ritten  nad^  öerfc^iebenen  SRic^tungen  l^in  gefüJ^e  Ser^anblungen  Vorangegangen  finb 
(SRommel,  $^ili))J)  III.  1  ff. ;  3.  ^^.  Äuc^enbecfer,  Analecta  Hassiaca,  coli.  X,  5IRar= 
bürg  1736,  ©.  393  ff.).  aWit  Sutl^er  unb  SKelanc^tf^on  ^aüe  er  ft^on  bor  bem  SHeid^^ 
tage  ju  ©^eier  über  bie  ©infü^ung  ber  ^Reformation  öer^anbelt  (©(^reiben  5IRel.ö:  CRI,  ib 

tatte  1834,  ©.  8 18  ff.,  ögl.  »rief  5P^ilit)pö  an  Sut^er  unb  3Rel.:  6.  2.  (Jnber«,  Sut^erg 
rieftoed^fel  5.  S5b,  Gallo  unb  ©tuttgart  1893,  ©.  395  ff.),   aber  auc^  au«  Oberbeutfc^^ 
lanb  ^at  er  ftc^  9lat  geholt  (®utac^ten,  Äö^ler  ©.  223  fjf.). 

1.  2)ie  §omberger  ©^nobe.  —  SJurc^ ©(^reiben  bom  6.Dftober  1526n)urben 
,,bie  Slentmeifter,  Sürgermcifter  unb  SRäte"  angetoiefen,  „alle  ^farrl^erm  unb  Slltariften  20 
in  i^rem  ämt"  auf  ©amftag  nac^  ®alli  (b.  i.  20.  Dftober)  nac^  ^omberg  einjulaben. 
Site  3^^*  ^^  Serfammlung  ioar  angegeben:  „2öir  l^aben  bor,  mit  allen  unferen  Untere 
tränen  geiftlic^en  unb  toeltlic^en  ©tanb«,  in  ben  dbriftlid^en  ®ad)cn  unh  ^\ü\)\paltm  burd^ 
®nabe  be«  älßmäc^tigen  gu  ^anbeln"  Q.  3.  SBinfelmann,  ©rünblic^e  unb  toa^r^afte  9e= 
fc^reibung  ber  ^wtftentümer  Reffen  unb  §er«felb,  Sremen  1697,  4.  23.  3  Äa^j.  ©.  413;  26 
ögl.  bag  toon  SRommel,  ^^ili))|)  2.  Sb  ©.  103  mitgeteilte,  an  bie  2luguftiner  in  ®f^s 
toege  gerichtete  (Sinlabung^fc^reiben  ju  einem  „freunblic^  unb  (^riftlic^  ©efpred^"  ba«  bie 
Slborbnung  ber  beiben  gelel^rteften  SKitglieber  be«Sonbent«  Verlangte;  ßrebner  ©.  LXXV.) 
3)ie  SJerfammlung  tt>ar  bemnac^  au«  geiftlic^en  unb  tt>eltlic^en  ©tänben  gufammengefe^t  unb 
l^atte  nic^t  ben  ß^arafter  einer  ©^nobe  fonbem  eine«  lirc^lic^en  Sanbtag«  (§ej)})e  ©.  149).  so 
3)em  entterec^enb  l^eifet  e«  fjjöter  in  ber  gnftruftion  be«  Sanbgrafen  an  feine  aibgeorbneten 
für  ben  y{eic^«tag  ju  3lug«burg,  bafe  er  alle  ^effifc^en  ©eiftlic^cn,  bie  l^effifd^e  mitterjc^aft 
unb  gemeine  Sanbfc^aft  ju  einer  c^riftlic^en  ^roöinjialfVnobe  unb  Untenebung  einberufai 
l^be  (Grebner  ©.  115,  ögl.  LVIII). 

©onntag  ben  21.  DItober  tt>urbe  in  ©egentoart  be«  Sanbgrafen  unb  einer  großen,  35 
au«  ganj  §effen  jufammengeftrömten  SÖlenge  in  ber  itirc^e  gu  §om6erg  bie  Ser^anblung 
eröffnet,  ^er  Kanzler  3^^^"^  iJ^^Ö^  (Ficinus,  geb.  1482,  gcft.  20.  3Rärg  1543,  ögl. 
äbS  8b  6,  1877,  ©.  600  ff.)  begann  mit  einer  SRebe,  bie  bie  ginberufung  ber  äJer^ 
fammlung  burc^  ba«  SSorbilb  ber  alten  Gf^riftenl^eit  unb  ben  SSefd^lufe  be«  Steic^tag«  ju 
©J)eier  rechtfertigte,  foloie  tooUe  Slebefrei^eit  jujagte.  Um  eine  3)i«j)utation  über  ben  alten  4o 
unb  ben  neuen  ©lauben  ^erbeigufü^ren,  batte  ber  frühere  5ranji«faner,  %xani  Sambert 
öon  Slbignon  (Vgl.  b.  21.),  ber  auf  bem  9teic^«tag  ju  ©jjeier  ann>efenb  getoejen  (togl.  6on- 
rab  ©.  29  ff.)  158  ©treitfä^e  (Quae  Fr.  Lambertus  Avenionensis  apud  sanctam 
Hessorum  Synodum  Hombergi  cH>ngregatam  pro  ecclesiarum  reformatione 
Dei  verbo  disputanda  et  deservenda  proposuit,  Erfordiae  1527 ;  abgebr.  g.  35.  46 
$.  i).  b.  ^arbt,  Historia  litteraria  Reformationis,  granffurt  unb  üeipjig  1717, 
V  p.  98.  3)er  getoö^nlic^  gebrauchte  9lu«brudf  Paradoxa  [b.  1^.  ber  ^ertömmlic^en 
Seigre  toiberftreitenbe  ©ä^e],  finbet  jtc^  nic^t  in  bem  §aui)ttitel  fonbem  ift  bie  loiebers 
lel^renbe  Überfd^rift  für  bie  nac^  23  tituli  georbneten  2: W<^0nH)J)en ;  ögl.  auc^  Ep.  ad 
Colonienses  p.  20.  3)ie  ©treitfö^e  ^at  Sambert  feinen  im  Sorja^r  beröffentlic^ten  60 
©d^riften  Färrago  omnium  fere  rerum  theologicarum  unb  De  fidelium  vocatione 
in  regnum  Christi  entnommen)  aufgeftellt,  bie  fc^on  öor^er  jur  allgemeinen  Äenntni«^ 
na^me  an  ben  Äirc^türen  angefc^lagen  morben  toaren.  5Rac^  bem  Äangler  er^ob  ftc^  nun 
Lambert,  öerla«  feine  liefen,  begrünbete  fte  in  mel^rftünbiger  Siebe  au«  ber  ^eil.  ©c^rift 
unb  ftellte  bie  a)ii6bräud^e  ber  Äirc^e  an«  2ic^t.  3lm  5Rac^mittag  trat  Äbam  Ärafft  (togl.  66 
ben  Ä.)  öon  gulba  auf,  toerbeutfc^te  bie  Sambertjc^en  ©ö^e  unb  forberte  jjeben,  ber  fie 
öerfänglid^  unb  bem  SBorte  ©otte«  njtoiber  fänbe  auf,  bie«  au«  ©otte«  SBort  ju  erloeifen. 
3lber  nur  ber  55tan5i«tanerguarbian  zRitolau«  ^«rber  au«  3Rarburg  melbete  fic!^  unb  bat 
„mit  gebogenem  ^auptt,  niebergefc^lagenen  3lugen,  unb  großer  bemütigen  Sleberen^"  ben 
Öanbgrafen,  am  näd^ften  2age  gehört  ju  toerben;  bie«  toarb  i^m  beiuidigt.    —    Sil«  am  «o 

«ear«ffncpfropÄbl«  für  Zf^tolo^it  unb  ffir^e.    3.  «.  Vlll.  19 


290  Hornberger  Sqnobe 

folgenben  3Worgen  bie  ©bnobe  um  7  U^r  toieberum  j\ufammcnfam,  tDicbcr^oIte  ^ucrft 
Sambcrt  feine  2:^efen  noc^mate,  bann  ergriff  gerber  baö  Söort.  6^  Wax  gefc^icft,  ba^  er 
ftc^  nic^t  auf  bie  grageftettung  be^  Ocgner«   einlief;,   aud^  Sambert  unb  Ärafft  betfeite 

SU  fc^ieben  fuc^te  unb  birett  an  ben  Sanbgrafen  ftd^  toanbte.  3)iefem  beftritt  er  runbtt>eg 
»ie  33efugni^,  eine  S^nobe  ju  Italien,  Äirc^enorbnungen  toorjune^men  unb  ettoa^  in  Sad^en 
be^  c^riftlic^en  Olaubenö  ju  befdblie^en,  ba  bie«  alle«  ^ßritoileg  be«  ^^ajjfte«,  ber  Sifd^öfe 
unb  ber  ilirc^e  tt>äre.  ^ür  bie  Sambertfc^en  Sö^e,  bie  ber  ^eil.  Bd)xV\t  unb  ben  popp 
liefen  3)efretcn  tt>iberfj)räc^en,  ftellte  er  eine  bemnäc^ftige  SBiberlegung  burc^  Ocgenl^efen  in 
2lu«ft(^t,  bie  neue  Sut^erifc^e  fie^re  aber  fei  bereit«  al«  Äe^erei  toerbammt!   Die  ^tt>eiftün= 

10  bige  Siebe  gi))felte  in  ber  ©rma^nung  an  ben  Sanbgrafen,  in  ben  gu^ftapfen  feiner  3?or- 
fahren  gu  tt>anbeln  unb  in  bem  alten  d^riftlic^en  (Stauben  unb  in  ben  löblid^en  Ceremonien 
feine  9Jeuerung  Dorjune^men.  —  311«  bagegen  ber  Äanjier  bie  2Jert)f(ic^tung  ber  Dbrigleit 
jur  3lbfteIIung  öon  fUlifebräuc^en  unb  Abgötterei  betonte,  beftritt  gerber  nod^  fc^ärfcr  bie 
Äomj)eten>  ber  Serfammlung,  in  ber  ©c^i«matifer  unb  entlaufene  5Könc^c  fic^   befänben, 

16  über  bie  Äirc^enfragc  gu  öerl^anbeln,  unb  griff  fd^Iie^lic^  bie  ^erfon  be«  gürften  „mit 
fettigen  unb  ganj  ^i^igen  SBorten"  an,  h)eil  er  an  bic  geiftlic^en  ®üter  bie  |)anb  lege, 
äiber  e«  gelang  i^m  nic^t,  ben  Serl^anblungen  baburc^  eine  anbere  Slic^tung  ^u  geben. 
3)er  fianbgraf  begnügte  ftd^,  mit  tDenigen  rul^igen  SBorten  biefen  gegen  xl}n  erJ^obenen 
aSortourf  jurücfjutoeifen,  unb  forberte  bann  ben  ©uarbian  auf«  neue  auf,  ju  ben   aufge^ 

20  [teilten  ©ö^en  M  ju  äußern.  3)od^  auc^  eine  fc^arfe  au«fänige  Siebe  2ambert«  brachte 
il^n  nic^t  jum  iR^en,  ebenfott>enig  eine  le^te  Slufforberung,  bie  ber  Sanbgraf  in  ber  9Jac^= 
mittag«ri^ung  burd^i  ben  Äanjler  an  i^n  rid^ten  lie^.  3)a  rief  Sambert:  expellatur 
bestia  de  provincia!  Der  Ouarbian  aber  toerftanb:  occidatur  bestia,  erfd^racf  unb 
bat  ben  Sanbgrafen  um  ftd^ere«  ®eleit.    Diefer  flärte  ba«  3Wi^Derftänbni«  auf  unb   (ie^ 

26  i^n  unangef ödsten  jiel^en.  3Son  Äöln  aix^  tocröffentlic^te  9Jifolau«  gerber:  Assertiones 
trecentae  ac  viginti  sex  Fr.  Nicolai  Herbornensis,  Guardiani  Marburgensis, 
verae  orthodoxae  ad  versus  Fr.  Lambert!  paradoxa  impia  ac  erroris  plena  in 
Hombergiana  Hessorum  congregiatione  proposita  ac  plus  quam  haereticissime 
deducta  et  exposita  unb  lie^,  nac^bem  Sambert  i^m   in  ber  Ep.  ad  Colonienses  ge= 

90  anttvortet  ifaiUf  noc^  folgen:  Assertiones  aliae,  quibus  excusatur  Guardianus 
Marpurgensis,  quod  in  Hombergiana  Hessorum  congregatione  post  protesta- 
tionem  eo  loco  publice  factam  et  iam  laudem  coram  notario  legitime  repetitam 
in  Werlensi  oppido  (5.  toar  \>on  §omberg  au«  nac^  ber  ©tabt  SBerl  in  ffieftfalen 
gegangen)  disputare  noluerit  neque  respondere  Fr.  Lamberto  haeretico.    Über  bie 

86  toeitere  antireformatorijc^e  2:^ätig!eit  ^rber«  bgl.  9Jebe,  SKfolau«  §erborn,  Denffd^rift  be« 
^rebigerfeminar«  ju  §erbom  1868.  —  9tm  folgenben  2^ge,  alfo  3)ien«tag,  23.  Dftober, 
al«  bereit«  bie  ©^nobe  gefc^Ioffen  tt>erben  foHte,  trat  unertoartetertoeife  noc^  3R.  ^ob. 
©J)erber,  ^Pfarrer  in  SBalbau  bei  Gaffel,  auf,  um  bie  Slnrufung  ber  9Karia,  ber  3Wutter 
3efu  G^rifti,  burc^  bie  Siebe  be«  ©ngel«  Sc  1  „(Segrüfeet  feift  bu,  bie  ©ebenebeite  unter 

40  ben  SQBeibem",  ju  rechtfertigen.  Stber  er  tt>urbe,  fc^reibt  SB.  Sauje,  bermafien  toiberlegt, 
ba^  jebermann  mit  bem  guten  alten  3Rann  ein  SKitleiben  l^atte.  ®an^  toertüirrt,  borte 
er  balb  m  reben  auf. 

2.  ®ie  ^omberger  Äirc^enorbnung.  —    Conclusa  fuit  venerabilis  Sy- 
nodus,  electis  prius  nonnullis,  qui  ex  verbo  Domini  definirent,    quae  in  uni- 

46  versis  Hessorum  ecdesiis  reformanda  erant,  fc^reibt  Sambert  (cf.  Sauge  ©.  138); 
ba«  (Srgebni«  biefer  Beratungen  tt>ar  bie  Reformatio  Hassiae.  3)ie  ^ombergcr  ©^nobc 
ift  e«,  bie  biefe  Äirc^enorbnung  erläßt,  ©ie  bejeic^net  al«  ilire  abfielt,  ba«  jufammenjus 
faffen,  toa«  fte  für  alle  ©emeinben  Reffen«  al«  nü^lid^  erfannt  l}at  unb  ti?a«  fte  entfj)rcd^enb 
bem  ©t)e^erer  SRei(l^«tag«abfc^icb   bor  @ott   unb   bem  Äaifer  ju  toeranttüorten    bereit  fei 

60  (Grebner  ©.  2),  mac^t  aber  bann  bod^  eine  toic^tige  Unterfc^eibung.  2)enn  nur  toon  einem 
a:eil  ber  Seftimmungen  tt>irb  gefagt,  ba^  fie  al«  äu«ft)rüd^e  Ootte«  für  alle  ©laubigen 
nottt>enbig  feien,  tt>äbrenb  bie  übrigen  nur  ber  Drbnung  hjegen  erlaffen,  burrf)  eine  ©^nobe 
obgcänbert  toerben  rönnen,  greilic^  toirb  bie  erftere  &xupp^  fo  au«gcbe^nt  (Eiusmodi 
sunt,  quae  posuimus  de  cultu  Dei  vero,  de  ecclesiarum  regimine,    de  eucha- 

66  ristia  sub  pane  et  vino  sumenda,  de  excommunicandis  notorie  criminosis,  de 
absolutione  resipiscentium  et  ut  omnia  coram  ecclesia  lingua  vulgi  dican- 
tur,  nisi  interpres  adsit,  visitandas  ecclesias  a  piis  et  in  verbo  Deis  eruditis, 
earum  synodos  niti  oportere  verbo  Dei,  Episcopos  [b.  l;.  bie  ^fancrj  et  Dia- 
conos  ex   piis    et  spiritu  Dei   plenis    eligendos,    coniugium  universis  honora- 

eobile,  etiam  Episcopis  et  Diaconis,    sectas   in  ecclesia  nullatenus   fcrendas,    et 


^omBtrger  S^nobe  291 

id  genus  alia),  ba^  aDe«  mid^ttgerc  aU  ®cfe$  i>on  bauember  ®eltun^  erfd^eint.  — 
3laq  biefen  eröffnungcn  toirb  in  34  ÄcHjitcln  über  ba^  gefammte  fird^lid^e  2ibtn  Ans 
toctfung  gegeben.  2ln  ber  ©})i^c  fte^t  bie  ©rflärung,  bafe  ba^  SBort  ®ottc«  (^eilige 
©(^rift)  bie  alleinige  3loxm  fein  foH  (cap.  I,  II).  ^n  bem  aibfd^nitt  über  ba«  aibenb* 
ma^l  (III,  IV)  iDirb  erHärt:  in  hac  coena  Christum  deum  et  hominem  praesen-  5 
tem  esse;  bie  Slu^teilung  unter  beiberlei  ©eftalt  (pani  et  poculo)  unb  bie  Beobachtung 
be^  ritus,  quem  Martinus  Lutherus  ultimo  germaniee  conscripsit  (b.  i.  bie  beutfc^e 
Ü)lej]el526)  angeorbnet  unb  bie  Anlegung  eine«  SJce^gemanbe«,  baöänjünben  bon  gid^tem, 
bie  äSerttjenbung  eine«  angemeffenen  Äeld^e«  em))fo^len,  bagegen  ba«  Bpx^cn  be«  5Ke§!anon« 
unb  aller  ©ebete,  in  benen  ba«  SBort  Djjfer  ober  §oftie  ftc^  finbet,  bie  Anrufung  ber  10 
^eiligen  u.  f.  h).  unterfagt.  3lud^  U)irb  „im  Flamen  be«  §erm"  geboten,  bie  Orgeln  gar 
nic^t  ober  nur  fe^  feiten  ju  f})ielen,  hjeil  fie  bem  D^r  aDein  bienen,  unb  auc^  ba«  })runfenbe 
®eläut  aller  ©locfen  ju  toermeiben.  '^n  täglichen  ^Dlorgen^  unb  9(benbgotte«bienften,  bie  in 
ber  allen  geläufigen  ©jjrad^e  abgehalten  merben,  foDen  bie  ©c^riften  be«  311  unb  ^tX  fort* 
laufenb  beriefen  merben  (V).  3)ie  95eid^te  al«  ä^^'^Ö^^i^^^^w^Ö  ^^"^  35e!enntni«  einzelner  15 
©ünben  (VI)  n?irb  n?ie  ba«  gaften  aufgel^oben,  boc^  fann  bie  9lnorbnung  Don  gafttagen  burd^ 
ben  £anbe«fürften  erfolgen,  aud^  burd^  bie  ®  emeinbe,  in  le^terem  ^Jall  aber  nid^t  al«  3*^^"0(VII). 
3)a«  VIII.Äa^itel,  De  Pestis  et  Commemorationibus,  rebujiert  biefc  ftarf  unb  erHärt,  bafe 
an  ftd^  für  bie  ©laubigen  aUelage  gleid^  fmb,  aber  ber©onntag  unb  bie  anberen  gefttage 
jugelaffen  tuerben,  bamit  ®otte«  3Bort  bon  ber  ganzen  ®emeinbc  frei  gel^ört  toerben  fann.  20 
3)abei  n?irb  ber  focial  n^id^tige  ®runbfafe  au«gefprod^en,  ba^  man  an  biefen  3!agen  au^er^alb 
ber  gotte^bienftlid^en  3citen  o^ne  Sebenfen  feiner  Berufsarbeit  nad^gel^en  barf,  ba  bie«  beffer 
ift  al«  ^Jlüfeiggang,  ba^  man  bagegen  nid^t  ba«  SRed^t  l^at,  3)ienftleute  jur  Arbeit  ju  jtoingen. 
S)en  Silbern  in  ben  Äird^en  unb  ben  3lltären  toirb  !eine  3)ulbung  geh)ä^rt  —  nur  ber  2lltar, 
bon  bem  au«  ba«  9lbenbma^t  beriüaltet  n?irb,  foD  bleiben,  aber  biefer  foU  nid^t  Slltar,  25 
fonbem  3:ifd^  ^ei^en  —  aber  fie  follen,  h)irb  ma^boU  hinzugefügt,  erft  bann  burc^  bie 
Dbrigfeit  entfernt  hjerben,  n?enn  bie  ©emeinbe  nid^t  felbft  e«  get^an  ^at,  nad^bem  i^r 
längere  ^t\t  ba«  ßbangelium  get)rebigt  hjorben  (IX).  3)ie  superstitiosae  benedictiones 
bon  Srot,  2Bein,  SBaffcr,  ©alj  u.  f.  n?.  unterfagt  bie  Äirc^enorbnung  unb  em))fiel^lt  ftatt 
beffen  ba«  SCifd^gebet,  aber  nid^t  al«  S^anQ  (X).  Sluf  bie  3lbfc^nitte  über  bie  Siaufe  (XI)  ao 
ben  35efuc^  ber  Äranfen  (XII),  bie  §orm  be«  »egräbniffe«  (XIII),  biegte  (XIV)  folgten 
bann  bie  ^ftfefeungen  über  bie  ®emeinbe*  unb  Äirc^enorganifation,  bie  toefentlic^  ben 
9Juf  biefer  Äirc^enorbnung  begrünbet  ^aben  (cap.  XV  ff.). 

35ie  §auj)tgebanfen  biefe«  3?erfaffung«entU)urfe«  fmb  folgenbe.  ®runblage  ber  ganjen 
Äirc^e  fmb  bie  ©emeinben  ber  ®läubigen  (cap.  XV),  bie  \)ixxd)  eine  separatio  vero-  35 
rum  fratrum  a  falsis  fratribus  ju  ftanbe  fommen.  3)er  Äonftituierung  biefer  ®es 
meinben  foH  eine  längere  Serfünbigung  be«  ©Dangelium«  unb  bann  noc^  eine  eigentliche 
üyorbereitung«jeit  Don  einem  5Konat  borange^en,  innerl^alb  beren  an  ben  ©onn^  unb  geft- 
tagen  auf  bie  beborfte^enbe  3"?^"^"^^^"^?^  ^ingetoicfen  merben  foH.  35abei  n?urbe  bie 
i^offnung  gehegt,  ba|  fd^on  burd^  biefe  ^rebigt  eine  ecclesia  fidelium  fic^  bilben  mürbe  40 
Dor  il^rer  äuf^eren  Äonftituierung  (Grebner  ©.  22).  3)iefe  foDte  bann  baburd^  erfolgen, 
ba^  an  bem  feftgefej^ten  3:age  biejenigen,  meldte  jur  ^al}l  ber  ^eiligen  gered^net  tuerben 
tDoDten,  bie«  öffentlid^  erflärten  unb  gleid^jeitig  i^re  Unterwerfung  unter  bie  ^eilige  ©c^rift 
unb  bie  Äirc^enjud;t  berfjjrac^en.  Slbcr  biefe  8eitritt«erflärung  tvax  nid^t  in  jebem  %aü 
au«reic^enb.  35enn  n^er  burd^  feinen  !öeben«h)anbel  ober  feine  atl)xt  2lnftof;  erregte,  n?urbe  45 
in  bie  ^a[}l  ber  ©laubigen  erft  bann  aufgenommen,  h)eim  e«  il^m  gelang,  innerl^alb  einer 
3eit  bon  14  3:agen  burd^  5Reue  bie  gegen  i^n  befte^enbcn  Sebenfen  ju  lieben  (Grebner 
©.  21).  erft  burc^  bie  separatio  biefer  criminosi  (Grebncr  ©.  24)  ift  bie  3lu«h)a^l  ber 
fideles  abgefd^loffen  b.  \).  bie  eigcntlid^e  ©rünbung  ber  ©emeinbe  erfolgt.  —  ^l}x^  I^ätig» 
feit  übt  fie  au«  in  Serfammlungen  unb  burd^  i^re  Beamten.  3)ie  conventus  fidelium  60 
—  aud^  ^auen  burften  antuefenb  fein,  aber  nic^t  reben,  Grebner  ©.21  —  follen  jeben 
©onntag  nac^  bem  Sbenbmal^l  ober  nad^  bem  (gffen  an  einem  geeigneten  Ort  (in  con- 
gruo  loco)  ftattfinbcn,  ut  cum  episcopo  de  universis,  quae  in  ecclesia  tractanda 
occurrerunt,  definiant  ex  verbo  Domini  (Grebner  S.  20).  ©})ejiell  h)irb  i^nen  jus 
gemiefen  bie  2Baf^l  ber  Sifd^öfe  unb  ajiafonen  unb  bie  ^anb^abung  ber  Äirc^enmd^t  66 
(Grebner  ©.  23).  greilic^  h)irb  inSejug  auf  bie  ©ifd^öfe  (=^faner)  bie  (Sinjd^ränlung 
gemacht  (cap.  XXIII,  (Srebner  ©.  36),  baf;  fte  „für  biefe«  ^a\)x  unb  bi«  bie®emeinben 
burcl^  ®otte«  2öort  untertuiefen  fmb"  bon  bem  2anbe«fürften  unb  ben  5Sifttatoren  berufen, 
ein-  unb  abgefefet  tuerben  foDen.—  SJie  Aufgabe  ber  93ifc^5fe  ift  SSertoaltung  Don  SBort  unb 
©aframent,  ©celforge,  SBorfife  im  Äonbent.  3"  35ifd^öfen  tonnen  getoä^lt  toerben  :  cives  pii  »i 

19* 


292  Hornberger  Sqnobe 

et  docti  ac  irreprehensibiles,  cuiuscumque  artis  sunt  (ßrcbner  ©.  :>8),  bagcgcn, 
ba  bic  Sifd^öfc  ministri  ftnb,  nid^t  dürften,  ^ertcn  unb  obrigfcitUc^c  '^Jerfonen.  hieben 
bem  6j)i^fo^at  crfd^cint  ak  jmeite^  ©emeinbcamt  bcr  3)iafonat  unb  iWax  in  ;\njeifad^er 
©licberung.  3)ic  gunftioncn  bc^  Diaconus  episcopi  (cap.  XXIV,  ßrcbner  ©.  38) 
&  n^erben  baburd^  beutlic^,  baf;  er  aU  adiutor  seu  minister  episcopi  bqcid^net  mirb. 
3Die  diaconi  ecclesiarum  bagcgcn  (cap.  XXV,  ßrebnct  ©.  39),  Don  bencn  menigften^ 
brei  ba  fein  foßen,  ftnb  Slrmcnijflcger  unb  3Sern?aIter  be^  Äirc^enbcmiögen^.  ^tx^t  bie 
Äirc^enorbnung  tüarme^  3«^«^#  P*^  ^i^  Slrmen,  fo  tritt  fie  auf  bcr  anberen  (Seite  ben 
§erumtreibem  n?ie  bem  jjlanlofen  Sllmofengeben  entgegen    unb   t)erlangt,  bafe  ber  (5m= 

10  })fönger  ber  Unterftü^ung  3lrbeit  leiftet  ober  njenigftenö  baju  toiDig  ift  (XXVII).  2lu(^ 
auf  bie  um  i^re^  ©lauben^  toiDen  au^  i^rer  §eimat  SSertricbenen  erftrecft  fic^  bie  gür- 
Jorge  (XXVIII).  3ld)m  ben  episcopi  unb  diaconi  erfd^einen  norf»  seniores  (XII,  XV, 
XX,  XXI,  ßrebner  ©.  18.  24.  33.  34)  aber  nur  in  ber  ©teÖung  bon  )iNertraueng= 
männem  ber  (Semeinbe,   nic^t   afe  35eamte.  —    ©er  bauemben  Sleiner^altung  ber  ©e= 

16  meinbe  biente  bie  Äirc^enjuc^t,  loelc^e  bi^  jur  (Sjfommunüation  fortfc^reiten  fonnte  unb 
unter  9lennung  be^  9lamen^  über  ben  ©d^ulbigen  toer^ängt  lourbe.  3)ic(SEfommunifation,  bie 
in  bem  Slu^fcpluft  bon  ben  SBoc^enberfammlungen  unb  bon  bem  ^ertel^r  mit  ben  ©läu^ 
bigen  beftanb,  lourbe  fo  ftreng  aufgefaßt,  baf;  ein  i^r  Verfallener,  ber  o^ne  SRcue  Dom 
lob  ereitt  n?urbe,  nid^t  in  fidelium  sepulchris  beftattet  loerben  fottte(XVI).   ^ie  ab- 

20  solutio  resipiscentium  (bie  Slu^brüdfe  paenitere  unb  paenitentia  tuerben  burc^lüeg  in 
ber  Reformatio  bermieben,  (Srebner  ©.  84)  erfolgt  bor  bcr  ganzen  ©emeinbe  nad^ 
öffentlichem  ©ünbenbefenntniö  unb  bei  offenfunbiger  SReue  (XVII).  gür  biefeiS  ganj;e 
SJerfa^ren  ift  ber  ©runbfa^  maf^gebenb:  non  solius  est  episcopi  sed  totius  eccle- 
siae    excommunicare    et    absolvere    quenquam  (XV,    6rebner  ©.  23).   —    ^\xx 

25  ^effifd^en  iJanbe^firc^e  loerben  biefe  ©emeinben  burc^  bie  adjä^rlic^  in  5Karburg  unb  jhjar 
in  ber  Siegel  am  britten  ©onntag  nad^  Cftem  ein^uberufenbe  ©imobe  jufammengefafet, 
für  bie  eine  3)auer  Don  ^öd^ften^  3  2:agen  Dorgefd^rieben  hiirb  (XVIII,  Grebner 
©.  28).  3)ie  ©^nobe  fe^t  fic^  (im^  ben  Sifc^öfen,  ben  2lbgeorbneten  ber  ©emeinben 
—  jebe  toäl^It   einen  au^  i^rer  ÜKitte  —  ben   dürften,   ben  ©rafen,    unb   ben  .sperren 

30  (Nobiles)  jufammen.  9lur  bie  Slntoefenben  üben  baö  ©timmred^t  auö  (ßrcbncr  ©^  29). 
Slufgabe  ber  ©^nobe  ift,  alle  Slngelegen^eiten  ber  3}ern?altung  unb  Crbnung  ber  Äird^e 
nac^  bem  SBorte  ©otte^  ju  entfc^eiben  (©.  28).  3)iefe«  gilt  ate  ba^  einzige  ©efe^,  alle 
®ntfc^eibungen  ber  ©^nobe  fmb  nur  2luelegungen  (©.  30).  —  %ixx  bie  ^üt  i^mifc^en 
ben  einzelnen  ©^noben   n?irb  Don  ber  ©^nobe  a\x^  i^rer  5Kitte  ein  au^  13  ^Jßerfonen  bc- 

36  fte^enber,  gefd^äftsfü^renber  Slu^fc^ufe  getüä^lt,  ber  bie  ©^noben  Dorjubereiten,  bann  ju 
leiten  unb  Dorläufige  Verfügungen  ju  treffen  l^at,  bie  bann  ber  ©^nobe  fclbft  Dorgelegt 
toerben  müfjen.  Slu^erbem  loerben  Don  ber  ©^nobe  brei  Sifitatorcn  (XXII)  geh)äblt, 
beren  aufgäbe  ift,  einmal  im  ^a\)x  alle  ^efftfd^en  ©emeinben  ju  Difitieren  ;  bie  ju  33i= 
fd^öfen  ©emä^lten  auf   il;re  3!auglic^feit   ^in  ^u  prüfen,   bie  toürbigen  ju  beftätigen  unb 

40  bie  untDürbigen  ab^ufe^en ;  bie  ©emeinben  unb  Sifc^öfe  nai)  2Raf;gabe  be^  2Bortci^  ©otte^ 
gu  unterftü^en  unb  auf  bie  Veac^tung  be^  SBorted  ©otte^  unb  berSefd^lüffe  ber©^nobe  l^in- 
zuarbeiten  (CSrebner  ©.  35).  —  '^n  bringenben  Angelegenheiten  tritt  ber  3luefc^ufe  mit  ben  Vift- 
tatoren  ju  gemeinfamer  Beratung  jufammen  (CSrebner  ©.  29).  ©el;r  bc^eic^ncnb  für  ben  ©eift 
ber  Äirdienorbnung  ift  bie  CSrflärung  (XXVI),  bafe  feiner  ber  firc^lic^en  Beamten,  n^eber  bie 

45  3>reije]^ner  ober  SBifitatoren,  nodb  bie  Sifc^öfe  ober  3)iafonen  einen  Vonang  (primatus) 
befi^ft  unb  ba^  ©treben  banac^  mit  Verluft  beö  Slmte^  beftraft  n^erben  foU;  nur  um  ber 
Orbnung  millen  ioirb  über  bie  in  ben  ©^noben  ^u  beobadjjtenbe  ^Reihenfolge  Verfügung 
getroffen. 

©er  Äirc^enDerfaffung  folgt  in  ber  Äirc^enorbnung  ba«  Unterridjjt^tücfen.  '^üx  bie  ge* 

60  planit  ©rünbung  ber  UniDerfitöt  (universale  Studium)  IDlarburg  (cap.  XXIX)  njirb  ber  ©e^ 
fui^tgjjunft  aufgeftellt,  bafe  bort  nic^t^  gelehrt  loerben  barf,  quod  negotiis  regni  Dei  obesse 
possit.  Unter  ben  2tnn)eifungen  für  bie  ^a!ultäten  ift  neben  bem  Verbot  bcr  Vel^anblung 
beö  fogenannten  fanonijc^en  91ec^t^  bie  Veftimmung  Don  ^ntereffc :  praelegantur  artes 
liberales  et  politiores  literae,  adhibito  in  omnibus,  praesertim  in  Mathematicis, 

66  censore  tutissimo,  nempe  sermone  Dei.  Ij*^  ^^^  ©täbten  unb  Dörfern  foHen 
Änabenfc^ulen  enic^tet  toerben  (XXX) ;  ebenfo  aWäbd^enfc^ulcn  (XXXI),  menn  möglich 
auc^  auf  bem  Sanbe,  bie  tüd^tige  ^auiSfrauen  ^eranbilben  foUen.  —  2)en  Sc^lu^  ber 
Reformatio  bilben  Veftimmungen  de  claustris  et  monachis  (XXXIV):  für  aUeäu^s 
tretenbcn  foll  geforgt  Serben,  ben  Su'^üdtbleibenben  toirb  ^unäc^ft  SDulbung  ^u  teil,  freiließ 

00  unter  ftar!en  Vefc^ränfungen  i^rer  ^eibeit;  in  frei  toerbenben  5^löftent  foUcn  ©d;ulcn  an- 


Hornberger  S^nobe  293 

öclegt  tocrbcn  ober  fic  foDen,   \vk  bic  (Sentcinbe  entfcBeibet,    für  fird^lid^c  ober  öffentlid^c 
3U)erfe  Dertoenbet  ioerbcn  (6rcbncr  ©.  47). 

3)a  bic  Reformatio  nid^t  burd^  bie  .^omberöer  S^nobe  genel(;mtgt  toorben  n?or, 
fonbem  nur  ben  6nth)urf  einer  bon  i^r  getoä^Iten  Äommiffion  barftellte,  beburfte  e«  eine« 
befonbercn  rec^tlid^en  2lfte^,  um  biefer  ^ribatarbeit  in  Reffen  öffentliche  ©eltung  ju  toer«  5 
fc^ffen.  Ob  bie^  burd^  eine  lanbeöl^errlic^e  Verfügung  ober  burc^  ba^  .3wfö*«»n^toW[en 
be^  fianbgrafen  mit  einer  neuen  O^nobe  gefc^a^,  n?ärc  in  ber  bamaligen  Übergangszeit,  in 
ber  baS  olte  SRec^t  faftifc^  bei  ©eite  gefd^oben  n?orben  toar,  neue  Sled^tönormen  aber  fid^ 
erft  ^erauSbilben  mußten,  mcl^r  eine  §rage  ber  ^olitil  aU  be«  Sled^tS  getoefen,  in  jebem 
%a!0,  toar  eine  folenne  Seröffentlid^ung  ber  Äir^enorbnung  unerlä|lid^,  um  j^e  in  Äroft  10 
ju  fefcen.  2)ie  3(rt,  toie  fiambert  Don  Slöignon  am  15.  gebruar  1527  über  bie  betoor* 
ftel^enoe  ^ublifation  ber  ?Proto!oDe  fid^  äußerte  (Ep.  ad  Colonienses),  brängt  bie  Ser« 
mutung  auf,  baf;  er  für  bie  Reformatio  nod^  bamate  baS  gleid^e  erhjartete.  3lber  biefe 
änerlennung  ift  il^r  Derfagt  geblieben.  3)er  Sanbgraf  ^l^ilipj)  ^atte  e«  für  angezeigt  er* 
achtet,  aus  ftaatSmännifc^en  ©rtoägungen  ober  auS  ))erfönlid^er  ©c^ö^ung  beS  3lef ormatorS  15 
ober  toeil  ibm  felbft  äebenfen  über  bie  Sraud^barfeit  ber  Äird^enorbnung  aufgeftiegen 
h>aren,  biefelbe  Sut^er  jur  Begutachtung  bormlegen.  3)iefer  antwortete  in  einem  ©d^reiben 
bom  7.  Januar  1527  (juerft  Veröffentlicht:  Söf^rS  ^ßrebigerbibliot^ef  1882  ©.362,  bann 
u.  a.  3)c  aBette,  »riefe  VI,  80;  ^affencamtj  II,  306,  togl.  e.2.  (gnber«,  Sut^er«  ffierfe, 
Srieftoec^fel,  6.  99b,  (Salto  u.  Stuttgart  1895,  3lx,  1131,  ©.  9),  in  bem  er  jtoar  erflärte,» 
ungern  ftd^  ^u  äußern,  toeil  man  i^m  fd^ulb  gebe,  als  tooUte  er  niemanb  anberS  ettoaS 
gelten  laf[en,  bann  aber  bod^  beftimmte  Slatfc^läge  erteilte :  bie  Äird^enorbnung  nid^t  burd^ 
ben  2)rudf  ju  Verbreiten ;  juerft  bie  Pfarren  unb  ©c^ulen  mit  tüchtigen  Seuten  ju  toer« 
forgen  unb  mit  ganj  furjen  3lntoeifungen  ju  tjerfe^en,  nid^t  mit  bem  ®rlaf;  fertiger  ®efe^e 
ju  beginnen,  bie  bie  Seute  bann  bod^  nid^jt  ausführen  fönnten,  fonbem  bie  ®efe^e  auS  25 
ber  praftifc^en  ßrfaf^rung  unb  ©itte  berVorge^en  ju  laffen!  5Diefer  93rief  l^at  über  baS 
©c^idffal  ber  Äird^enorbnung  entjd^ieben.  ©ie  ift  nid^t  nur  nic^t  im  3)rudt  erfc^ienen,  fon« 
bem  toie  bie  nur  gn?ei,  bis  je^t  aufgefunbmen,  §anbfd^riften  betoeifen,  offmbar  gefliffentlic^ 
jurüdtg  ehalten  n?orben.  3)ie  früher  t)iel  t^er^anbelte  ^age,  ob  fie  toenigftenS  eine  ^Ät  lang 
m  gefe|lid^er  ® eltung  geftanben  i}ai,  toirb  in  Vemeinmbem  ©inn  burc^  bie  ^nfttuftion  ber  3?ifts  ao 
tatorm  (d.  3?ibba,  feriis  Pentecostes  1527,  Äö^ler  a.a.  D.  ©.  244—246)  entfc^ieben,  in  ber 
unter  auSbrüdflid^er  Schiebung  auf  bie  ,§omberger  Drbnung  erilört  n?irb,  ba^  feine  anbere  Orbs 
nung  als  baS  äöort  ©otteS  gelten  foDi  unb  bafe  feine  anbere  Drbnung   ju  ertüarten  fei. 

3)aS  Urteil  Sut^erS  über  bie  Äirc^enorbnung  n?ar  fac^lid^  bered^tigt  unb  ber  Sanb* 
graf  ^at  flug  ge^anbelt,  i^m  j^u  folgm.  2ltlerbingS  enthält  fie  manche  t)ortrefflidE)m  ®e*  86 
banfen,  l;at  auc^  burd^auS  nidj>t  ben  Sortüurf  beS  SRabifaliSmuS  im  allgemeinen  i)erbient, 
fie  geigt  ftd^  in  ber  Sefd^ränfung  ber  .Äird^en^uc^t  auf  notorifc^e  öffentlid^e  ©ünben,  o^ne 
aiuSbe^ung  auf  ben  ©laubenSftanb,  Von  grofeer  5Kä^igung  im  SSergleid^  mit  f})äterm 
reformierten  Äird^enorbnungcn  unb  l^at  in  ber  Übertragung  ber  Äird^engetoalt  an  eine  ©^nobe 
für  bie  Drganifation  ber  ©Vangelifc^m  einm  neuen,  burd^  bie  ^olgejeit  legitimierten  2Beg  40 
getoiefen.  Slber  eS  l^afteten  il^r  bodb  auf  ber  anberen  ©eite  fdbtoere  Mängel  an.  3)er  er^eb« 
lidl^fte  (Sintoanb,  ju  bem  bieÄird^morbnung  l^erauSforbert,  ift  ber  bereits  Von  Sutl^er  geltmb 
gemad^te,  ba^  fie  nic^t  ben  tbatfäc^lid^en  3^erl^ältniffen  beS  §effmlanbeS  ange})a^t  n?ar  unb 
ganj  boftrinär  für  eine  erft  ju  grünbenbe  Äird^e  eine  fertige  SSwfaffung  enttoarf.  Sieben  biefem 
meti^obifc^en  ^Je^lgriff  toar  ani)  ber  ©runbgebanle  ber  Reformatio,  auf  ®litegemeinben  bie  46 
gange  Äird^e  ju  bafteren,  Verfehlt,  ba  er  bem  S?ergic^t  auf  eine  93olfSfirc^e  gteid^  fam  unb 
auf  bie  Silbung  Von  ÄonVentifeln  l^inbrängte.  3)urc^  bie  bem  SanbeS^errn  unb  bem  Slbel 
eingeräumte  Jjrivilegierte  ©tellung,  aud^  o^nc  bie  für  anbere  feftgeftelltm  Verpflichtungen 
als  VoUe  ©lieber  ber  ©emeinbe  ju  fungieren,  VoUgog  freiließ  bie  ÄirdE)morbnung  fofort  eine 
Jtorreftur  an  i^ren  eigenen  $rinji^3ien,  aber  bett)ieS  bamit  jugleid^  beren  Unbur^fül^rbarfeit.  60 

aBeil  bie  ioontberger  Äirdbenorbnung  toeber  in  §effm  noc^  in  anberen  2änbem,  an 
bie  bei  i^rer  Slbfaffung  aui)  fd^on  gebacl^t  morben  toar,  jur  3lnerfennung  gelangt  ift 
unb  infolge  ber  i^  befd^iebenen  SSerborgenl^eit  auc^  ber  f})äteren  ©^nobalVerfaffung  ber 
reformierten  Äirc^e  nid^t  als  Sjorbilb  bienen  fonnte,  fo  ift  fte  ein  intereffanteS  3)o* 
fummt  obne  gefd^ic^tlid^e  SBirfung  geblieben;  m.  35>.  ift  über^au})t  fein  Serfuc^,  fte  pxah  nb 
tifcb  burc^^ufü^ren,  befannt  gettjorben.  3)ie  .^omberger  ©^nobe  bagegen  toar  in  il^rem 
aSerlauf  eine  fo  ftarfe  Äunbgebung  ber  eVangelifdE)en  SSetoegung  in  Reffen,  ba^  fie  für 
bie  ©efcl^icl^te  ber  Sieformation  biefeS  SanbeS  grunblegenbe  Sebeutung  erhalten  bat  (über 
bie  toeiteren  SKa^na^mcn  ^l^ilij^t^S  beS  ©rof^mütigen  Vgl.  b.  31.). 

2)a  bie  Kird^enorbnung  nid^t  eine  originale  Seiftung  ift,  fo  erlebt  fid^  bie  ^age,  too  eo 


294  Hornberger  S^nobe  ^omeriteit 

W'ix  i^re  3SorbUber  unb  Duellen  ju  fud^en  ^aben.  3)er  annähme  einer  Slb^ängigfeit  Don 
Sut^er  (SRic^ter,  SRanfe,  Äöftlin,  griebberg,  Äö^ler  u.  f.  to.)  fte^t  bic  Se^auj^tung  eine^ 
oberlänbtfc^en  Urft)rung«  ^ontmel,  $af[encant}),  ^adfc  u.  f.  to.)  gegenüber,  baneben  ift  ber 
©})mtuali^mu^  be^  granji^fanerorben^  (Slic^ter,  SRitfd^I,   aJtejer)   l(^erangejogen  toorben, 

6  aud^  hai  aBoIbenfertum  (SiieH,  ®öbel ,  SRid^ter,  ^affencanH)),  man  ^at  m^clifitifc^e 
(SB.  Äö^Ier)  unb  böl^mifc^e  (Gonrab  @.  50  ff.)  einpffe  angenommen,  eine  6inh)irfung 
be^  fran^ftfd^en,  für  fird^Iid^e  3)iöji))Iin  interejfierten  ßl^riftentum^  be^au^jtet  (SHitjc^Of  öwf 
ba^  aDgemeine  reformatorifc^e  SetDufetfetn  (§ci)})e)  l(^ingeh)iefen  unb  auf  bie  Schrift  (Sber* 
lin«  t)on  ©ünjburg    „bie  fünfje^n  Sunbe^enoffen"  (SB.  ÄöJ^Ier).    ^n  ber  ^iJiell^eit  biefer 

10  $^})ot^ejen,  bie  jum  ietl  fombiniert  Vertreten  toerben,  fommt  bie  3:^atfac^e  jum  2lu6brudf, 
bafe  bie  Reformatio  i^re  (Sebanfen  nic^t  nur  Don  einer  Seite  l(^er  entlcl^nt  bot.  3)ie  entjc^ei- 
benbe  Anregung  ift  Don  Sutl^er  angegangen,  ber  in  ber  Don  ber  Reformatio  felbft  citierten 
©c^rift  „3)eutf(^e  3Jleffe  unb  Drbnung  0 otte^bienft«"  (äB.  SB.  2B.  ä.  1 9  ©.  75, 2öerf e  2.^  33b.  22 
©.  230f.)gef(^rieben  l(^atte:  „Slber  bie  brittc  SBBetfe  (neben  ber  lateinifc^en  Formula  missae 

16  unb  bem  beutfc^en  ®otte«btenft),  bie  eine  redete  9lrt  ber  eDangelifc^en  Drbnungen  l^aben  jottte, 
müfetenid^t  fo  öffentlich  auf  bem5ßla§  gefc^e^en  unter  aDerlei  3SoIf ,  fonbem  biejenigen,  fo  mit 
®mft  giften  hjotten  fein  unb  ba«  SDongelium  mit  $anb  unb  SKunb  bcfennen,  müßten 
mit  9lamen  fic^  einjeid[fnen  unb  ettoa  in  einem  ^aufe  allein  fic^  Derfammeln  ;ium  ®ebet, 
m  lefen,  ju  taufen,  ba^  ©aframent  ju  emt)fangen  unb  anbere  d^riftlid^e  äöerfe  ju  üben. 

ao  3jn  biefer  Drbnung  fönnte  man  bie,  fo  fic^  nic^t  c^riftlid^  hielten,  fennen,  ftrafen,  beffem, 
audftofeen  ober  in  ben  35ann  t^un,  nad^  ber  SRegel  ßlj^rifti  SRt  18.  $ier  fönnte  man  auc^ 
ein  gemein  ätlmofen  ben  Sl^riften  auflegen,  ba^  man  miUiglic^  gäbe  unb  au^teilele  nad^  bem 
@j£tmpd  ©t.  ißauli  2  Äo  9.  $ier  bebürft^  nid^t  Diel  unb  gro^  Oefänge^.  §ier  tonnte  man 
md)  eine  furje  feine  SJBeife  mit  ber  iaufe  unb  ©ahament  l^alten  unb  aüt^  auf^  SSJort 

26  unb  (Sebet  unb  bie  Siebe  richten.  $ier  müfete  man  einen  guten  furjen  ßatec^iömum  l^aben 
über  ben  ©lauben,  ge^n  Oebot  unb  3?aterunfer.  ftürglid^,  n?enn  man  bie  Seute  unb 
^erfonen  l^ötte,  bie  mit  6mft  ß^riften  ju  fein  begehrten,  bie  Drbnungen  unb  SBeifen 
tDören  balb  gemacht.  9lber  ic^  lann  unb  mag  noc^  nid^t  eine  folc^e  (^emeinbe  ober  S^erfamm- 
lung  orbnen  ober  anrichten.    3)enn  ic^  M^e  nod^  nic^t  Seute  unb  ^erfonen  ba^u ;  f o  f el^e 

ao  ic^  auc^  nic^t  Diele,  bie  baju  bringen.  Jtommt^  aber,  ba^  ic^  ti)\xn  mu^  unD  bam  ge- 
brungen  toerbe,  ba^  id^  au«  gutem  ©etoiffen  nic^t  laffen  fann,  fo  hjitt  id^  ba«  3)teine 
gern  baju  t^un,  unb  bo«  93efte,  fo  idb  Dermag,  Reifen,  ^nbe^  toiQ  xd^  bei  ben  gefagten 
jtoei  SJBeifen  laffen  bleiben  unb  öffentlich  unter  bem  Soll  jold^en  ©otte^bienft,  bie  S^Ö^b 
}u  üben  unb  bie  anberen  aumölauben  ju  rufen  unb  ju  reiben,  neben  ber  ^rebigt  Reifen 

86  förbem,  bi«  ba^  bie  ßl^rijten,  fo  mit  ®mft  baö  2Bort  meinen,  pd^  felbft  finben  unb 
anlöten,  auf  bap  ni^ft  eine  Slotterei  barau«  toerbe,  fo  ic^«  au«  meinem  Äo})f  treiben 
tooDte.  ^mn  toir  3)eutfc^en  finb  ein  tüilb,  ro^,  tobenb  3Solf,  mit  bem  nic^t  leid^tlic^  ift 
ettoo«  anjufa^en,  e«  treibe  benn  bie  ^öc^fte  Slot."  Siegen  ber  Reformatio  biefe  ©ebanlen 
Sut^er«  (Dgl.  De  instituendis  ministris  a.  1523,  Opp.  lat.  VI,  p.  497,  511,  523,532 

40  über  bie  9Ba^l  ber  ^Prebiger  bur^  bie  ©emeinbe)  ^n  ©runbe,  fo  ift  anbererfeit«  flar,  ba^ 
bie  l^ier  DoQjogene  ^el^anblung  eine«  Don  Sut^er  al«  möglich  gefegten  9lu«na^mefalle« 
oI«  Siegel  unb  i^re  ßrl^ebung  ju  einer  grunblegenben  g^f^tution  ber  Äirc^e  nic^t  eine  or= 
ganifc^e  SBeiterfü^ung  Sutl(^erfc^er  ©ebanlen  toar,  fonbem  eine  9lrt  Don  3}ertoertung,  bie 
unter  bem  lonlurrierenben  6influ^  anberer  ^Itoren  fic^   Dolljog.    3)a6  in    ber  il^at 

46  neben  Sutl(^er  nod^  anbere  Sintoirfungen  auf  bie  Reformatio  ftattgefunben  l^aben,  ift  aber 
ouc^  im  Slidt  auf  mand^e  detail«  ber  Äird^enorbnung  (j.  95.  3)reije^neraußfd^ufe,  ber  Don 
ßonrab  ©.  45  ff.  unb  ©.  51  mit  ftäbtifc^en  (Sinric^tungen  in  9Jle^,  ©tra^burg  unb  ben 
böl^mifc^en  93rübem  in  SSerbinbung   gebracht  h)irb),  ju  Dermuten.    SBelc^er  2lrt  biefelben 

^:fen  fmb,  ift  ein  um  fo  fcbtoierigere«  Problem,  al«  felbft  in  93ejug  auf  jene  2lu«fagen 
er«  in  ber  „beutfc^en  3Jleffe"  bie  grage  ftc^  ergebt,  intoietoeit  l;ier  ber  ßinfc^lag  fremb^ 
artiger  (3ld^eli«,  SRiefer:  h)iebertäuferifd^er)  Slemente  ju  fonftatieren  ift.  (Sine  met^obifc^e 
Slnal^fe  ber  Duellen  ber  Reformatio  toirb  mit  ber  Il^atfac^e  ju  rechnen  Ijahtn,  bafe  fic 
tueber  at«  SBerl  be«  Sanbgrafen  (Grebner)  gelten  fann  nod^  al«  bie  au^fd^lie^li^e  3lrbeit 
Sambert«,  ba  i^m  3Jlitarbeiter  jur  ©eite  ftanben ;  ba^  ber  9lad^n?ci«  eine«  3lbbängigfeit«= 
66  Der^ältniffe«  bur^  bie  §erau«ftenung  einiger  95erüi^rung«j)unfte  noc^  nid^t  erbracbt  ift,  bafe 
in  jener  3^^^  großer  @äl(^rung  Diele  biblifd^en  ©ebanfen  mit  mittelalterlichen  (Elementen 
unb  2lnfd^auungen  fic^  Dermifc^ten  unb  noc^  toirlten,  o^ne  ba^  e«  möglich  n^ärc,  reinliche 
©4>eibungen  Dorjune^men.  6arl  3)lirbt. 

^omcrtten  f.  Arabien  Sb  I  @.  768,7  ff. 


^omtleHt  296 

^omtlettf.  3ur  fiittcvatur :  I.  9ntc  geit  unb  aKittelaltcr :  Augustinus,  De  doctr.  Christ. 
L.  Iv  ;  Kabauus  Maurus,  De  institutione  clericorum,  L.  III;  Guibertus  de  Novig.,  Quo 
ordine  sermo  fieri  debct,  MSLSb156;  Honorius,  Speculum  ecclesiae  MSL33bl72;  Alanus 
ab  Insulis,  De  arte  praedicatoria,  MSL  33b  210;  Humbertus  de  Romanis,  Eruditio  reli- 
giosorum  praedicatorum,  BM  93b  25;  Bonaventura,  De  arte  concionandi,  Opp.  Supplem.  6 
T.  III,  Tnd.  1775;  Surgant,  Manuale  curatorum. 

IL  (Seit  bcv  ^Reformation:  Erasmus,  Ecclesiastes  1535;  Hyi)erius,  De  formandis  con- 
cionibus  sacris  seu  de  interpretatione  scripturae  populari  1553;  Pancratius,  Methodus  con- 
cionandi 1574;  J.  J.  Andreae,  Methodus  concionandi  1595;  Aeg.  Hunnius,  Methodus  con- 
cionandi 1596;  L.  Osiander,  De  ratione  concionandi  1597;  B.  Keckermannus,  Bhetor.  10 
cccles.  1600;  Ch.  Chemnitius,  Methodus  concionandi  1666;  S.  Goebelius,  Methodologia 
homiletica  1672;  M.  Zeidlerus,  Khetor.  eccles.  1672;  J.  Guilel.  Bajerus.  Compend.  theol. 
homileticae  1677;  J.  B.  Carpzovius,  Hodogeticon  1695;  Ch.  Scriverius,  Methodus  conc. 
1699;  S.  Glassius,  Rhetoricae  sacrae  nucleus  1714;  Sfiamba^,  (Erläuterungen  über  bie  prae- 
cepta  hoinil.  1736;  3SaIc6,  (Sammlung  f leiner  Schriften  Don  bcr  gottgefälligen  Sivt  ju  pxt*  16 
bigen  1747;  3.  fi.3Hog^eim,  ?lnroeifung  erbaulich  ju  ^jrebigen  1763;  St.  3Kar^einerfe,  (Srunb* 
Icgiing  ber  ^omiletif  1811;  $.«[.@*ott,  X^fcorie  ber  S3erebfamfcit  1815-28;  ®.  W.  5.  Sicfcl, 
©runbriS  ber  ^alieutif  1829;  ?R.  @tier,  (äJrunbriß  einer  fiertjftif  1830;  m.  ed^roeijer,  .fco* 
miletit  1848;  6^.  «Balmer,  (Suang.  4)omiIetif  1850  u.  f.  f.;  »inet  ^omilctif,  beutfc^  öon 
3.  ©(ftmib  1857;  §Ufr.  ^roug,  fieftrbucö  bcr  ^omUctif  1883;  $).  »ajfcrmann,  ^anbb.  bcr  20 
geiftl.  »erebfamfeit  1885;  «Ib.  Stolj,  4)omiIeti!  1885;  2:^.  (5f)riftlleb,  4)omüetif  1893;  StodE- 
melier,  ^omiletif  1895.  9Zidjt  genannt  finb  fticr  biejenigen  4)omiIetifcn,  weld^c  fic^  in  ®e« 
famtbarfteüungen  ber  ))raftifd[)en  X^eologie  bepnben. 

Sic  S^coric  ber  d^riftlic^en  ^rcbigt  l^at  erft  fd^r  f})ät  bcn  9?amen  §omiIetif  bc^ 
lommcn.  3[ber  bie  Ideologen  ^aben  aud^  i^rerfeit^  fc^r  fjiät  angefangen,  bie  3:^eoric  bcr  26 
^ßrcbigt  in  felbftftänbigen  Werfen  barjufteUcn.  ©^riften  au^  bcr  altfirc^Iic^cn  g^i^  körin 
man  2lu^fül^rlid^e^  über  bie  ^rcbigt  crtoartct,  toic  De  fuga  bon  (Srcgor  9laj.,  De  sa- 
cerdotio  bon  d^r^foftomu^,  De  officiis  ministrorum  bon  2lmbrofiu^,  Regula  pasto- 
ralis  bon  ®rcgor  bcm  ©rofecn  enthalten  über  bie  ^rcbigt  nid^t^  ober  nur  SJcrcinjcItc« 
unb  OcIcgcntU^c^.  ©rft  3luguftin  l^anbclt  im  bicrtcn  Suc^  feiner  ©d^rift  De  doctrina  so 
christiana  au^füj^rlic^er  babon.  3N  fd^Kefet  ftc^  unb  jtoar  jum  teil  toörtlid^  Slabanu« 
SWauru«  an,  bcr  im  3.  S3uc^  De  institutione  clericorum  bie  artes  liberales  in  i^rcr 
35cbcutung  für  bcn  gciftlic^en  ©tanb  ^e^anbclt  unb  bie  Rhetorica  auf  bie  ^rcbigt  bc= 
jic^t.  SBa^  bcm  SSerfaffer  bicfeö  2luffa^e^  nod^  fonft  bon  bcr  cinfc^lägigcn  mittelalterlichen 
Sitteratur  borgelegcn  l^at,  ift  burd^fd^nittlid^  atö  fc^r  bürftig  nad^  ©citc  bcr  2^coric  )u  35 
bcgcic^ncn.  3)ic  ©cf^rift  bc^  ©uibert  bon  9Jogcnt:  Quo  ordine  sermo  fieri  debet 
(MSL  Sb  156)  ift  nur  ba^  ^roömium  ju  bcn  Moralia  Qeneseos.  3)ic  Summa  de 
arte  praedicatoria  bon  3llanu^  (MSL  95b  210)  ift  cbcnfaß^  ganj  geringen  Umfangt. 
3)ic  ©d^rift  be^  ©uilclmu^  $arif.  De  rhetorica  divina  ^anbclt  bom  ®cbet.  3lu^fü9r= 
liefere«  finbct  fid^  in  bem  2BcrIc  bc^  ^umbcrtu^  bc  Slomani^ :  Eruditio  religiosorum  40 
praedicatorum  (BM  Sb  25).  6nbli§  fei  noc^  auö  bcr  2lu^angöjcit  bc^  3Kittelaltcr« 
bo^  bielgcbrauc^tc  Manuale  curatorum  bon  Ulrid^  ©urgant  crh)ä|nt,  ba«  in  ber  erftcn 
§ätftc  ber  considerationes  bie  ^rebigt  namcntlid^  ^inftc|tlid^  bcr  2^ed^nif,  bc«  2lufbauc^, 
bc«  SSortroge«  einge^cnb  bc^anbelt  (bgl.  ^ur  mittelalterlichen  Sittcratur:  31.  Sinjenma^er, 
®cfc^.  b.  ^rebigt  in  ©eutfc^lanb  bi«  jum  2lu«gangc  be«  14.  3a^rJ>.,  1886).  46 

3)cn  Übergang  ju  bcn  .^omilctifen  ber  Kird^cn  ber  SRcformation  bilbct  bcr  Eccle- 
siastes  beg  ©ra^mu«  1535,  bod^  n?ol^l  fc^on  infolge  bcr  2^^atfad^c  cntftanben,  ba^  ba« 
^rebigen  jc^t  ein  anber  3)ing  getoorbcn  toar.  SSon  bcn  ©d^riftcn  })rotcftantifc^cr  3:i^co* 
logen  über  Jo<>"^iletit  au«  bcm  16.  3<^^^w^^^  f^^^"  genannt:  De  formandis  concio- 
nibus  sacris  1553  bon  Ocrl^.  §^J)criu«,  De  ratione  concionandi  1597  bon  £uc.  60 
Dftanber,  Methodus  concionandi  bon  3a!.  2lnbreä,  l^crau«g.bon  ^ol^carJ)u«2l;fcr  1594, 
Methodus  concionandi  1596  bon  2lcg.  §unniu«.  9Kit  bicfen  unb  äl^nlid^cn  aOäcrlcn 
tDurbc  eine  rcid^e  Sittcratur  über  §omiIetif  eröffnet;  cinjelnc  äScrfaffcr  tocrbcn  nod^  er« 
toä^nt  tocrbcn ;  in  ber  3lngabe  bcr  9?amcn  unb  SBcrfe  eine  aud^  nur  rclatibc  SSoHftänbigs 
feit  ju  erjiclen,  ift  bcm  SSerfaffcr  biefe«  Sluffa^c«  unmöglich.  Unter  bicfen  aOäcrfcn  bc*  66 
gegnct  auc^  eine  Methodologia  homileticael672bon  ©cbaft.  Oöbcl,  3lbt  bon  Sergen, 
unb  ein  Compendium  theologiae  homileticae  1677  bon  3-  9B-  Söjcr,  ^rof.  in 
3ena.  Um  biefe  3eit  ift  alfo  bcr  9Jame  „§omilctif"  ober  ettua«  Sl^nlic^c«  für  bicfc 
2Di«gi})lin  in  ©ebrauc^  gefommen.  ©i^bcl  gicbt  in  bem  erftcn  Slbfd^nitt  eine  au«fül(^rlic^c 
93cf(5red|^ung  bc«  SBortc«  ö/udla ;  man  l^at  ben  ßinbrudE,  al«  l^anbclc  c«  fid^  um  ettt)a«  eo 
Ungctoöl^nfid^c«.  älUcin  ber  9lamc  fam  nic^t  jur  2lllcinl^crrfc^aft.  Sajcr  bcmcrft  ju 
Siamen  toic  Rhetorica:  quae  fere  usitatiora  sunt,    quam  ipsum   nomen   Theo- 


296  ^omtietit 

logiae  homileticae.  3lnbcrc  3lamm  6cl^au})tctcn  fic^.  9Jcuc  9Jamen  tourben  getuäl^It, 
jj.  S3.  geiftlid^c  Serebfamfcit ;  fo  bon  5Dlo^$eim  in  feiner  Slntueifung  erbaulic^  ju  Jjrebigen 
1771.  bi«  ju  §.  S3affennünnö  ^anbbud^  ber  geiftlic^en  Serebfamfeit  1885.  .^ier  ift  nod^ 
ju  ertoäi^nen:  §alieutif,  auf  ®runb  Don  9Hc  1,  17  bon  ©idfel  angehjenbet,   ber  aber  in 

6  ber  2lugfül^run0  bie  mebijinifd^en  3:ermini :  ^Pat^ologie  unb  Il^erajjie  gebraucht :  Äer^ftif, 
Don  ©tier  gebraud^t;  SKart^retif,  \>on  ßl^riftlieb  Jjorgefc^lagen  (in  ber  2.  Stuf  läge  ber 
9leaIenc^fIo})äbie). 

^ür  ba^  SJerftänbni^  ber  mit  bem  9lanten  §omiIettf  bejeid^ncten  t^eologifc^en  ^'x^U 
t)Iin  ift   e^  gam  gleid^ilttg,  toaö  fi(^  ^lutarc^  unter  ^  ojbuXrjnxi^  seil.  rfyvT]  gebaät 

10  ^at.  ®^  ift  auc^  gang  gleic^giltig,  ob  o/udeiv  urft^rünglic^  bom  Iriegerifc^en  3"fö"^"^^"= 
treffen  gebrandet  h)urbe  unb  nad^l^er  bom  gefelligen  JJerlel^r,  eine  Seobad^tung,  bie  übrigen^ 
mit  bem  ^omerifc^en  ©jjrad^gebrauc^  nic^t  ftimmt.  3)er  9Jame  ^omiletif  erttärt  unb  rec^t^ 
fertigt  ftc^  jur  ®enüge  barau^,  ba|  ouiletv  unb  öuiila  bon  ber  c^riftlid^en  ^rebigt  ge= 
braud^t  tourben;   fo  bielleid^t  fd^on  21®  20,  11;  ficper  Ign.  ad  Polyc.  5,  1;  Acta  Jo. 

16  ed.  3<^n  p.  219,  14;  ®uf.  K®  VI  c.  19:  e^  fei  unerl(^5rt,  t6  Ttagovxojv  biioxoncov 
Xai'xovg  ö/LuXeiv.  SWi^glid^,  ba^  einzelne  mit  bem  9?amen  ^omilie  fc^on  eine  befonbere 
®attung  bon  ^rebigt  begeic^net  l^aben,  toie  j.  35.  ^pi^otiud  in  emcr  S3emertung  über  löyog 
bcg  ß^r^foftomu^  (f.  Suicer.  Thes.  unter  öjud.)  erfennen  läfet,  ober  toie  2luguftin  Ep.  224 
homilia  mit  tractatus  popularis  toiebergtebt.  ®ro^ed  ®eh)id^t  barf  man  auf  berartige 

20  bereingelte  9Jotijen  nid^t  legen.  3)ad  SBort  homilia  ging  auc^  in  ben  ©t)rad&gebrauc^ 
ber  2lbenblänber  über.  ®regor  ber  ®r.  nennt  Ep.  X  9lr.  52  Don  iJ^m  gel^altenc  ^rebigten 
homilias;  bie  bemSermanu«  t)on  5Pari^  jugefd^riebene  Expositio  ^at(MSLS3b  72)  einen  Slb= 
fc^nittDe  omelias,  ba^ ^omiliarium Äarte  be«®r.  toirb  mit  benSBorten  eingeleitet:  —  in- 
dpiunt  omeliae  sive  tractatus  beatorum.  ^r  bie  9Jeujeit  fei  ^ingemicfen  aufSlrt.  35 

26  ber  Conf.  Angl.:  De  Homiliis,  auf  ba^  Decret.  de  reform.  c.  18:  Sacrum  scrip- 
torum,  libros  ecclesiasticos,  homilias  sanctorum  ediscent.  hiermit  ift  erflärt, 
bafe  biejenigen  ©d^riftfteHer,  todc^e  ftdb  be«  9lamen«  i^omiletif  bebienten,  nic^t  toiflfürlic^ 
unb  of^ne  gefd^id^tlid^e^  SRed^t  fo  »erfuhren.  2lnbererfeit«  muf;  ber  SSoDftänbigfeit  falber 
hinzugefügt  toerben,    bafe  Don   jej^er  neben  bem    ätu^brudt    ^omilie    noc^    anbere   ge* 

80  brautet  tourben :  in  ber  alten  3^  ^^  *>^  ©ried^en  Xdyog,  bei  ben  Sateinem  trac- 
tatus, disputatio,  allocutio  (SBelege  bei  »ing^am,  äntiq.  S5b  XIV  ©eft.  IV  c.  2). 
3m  3RitteIaIter  bebiente  man  fic^  l^äufig  be«  9lu«brud(e^  sermo.  ^m  5WitteIaIter 
lamen  aud^  bie  Sejeid^nungen  praedicare  unb  beffen  Ableitungen  auf.  ©d^on  ®regor 
ber  ®r.  rebet  bon  praedicationis  officium,  Reg.  past.  I  c.  7.    3)ie  ^angi^faner  be^ 

86  nannten  il^re  Se^rt^ättgfeit  mit  praedicare,  bie  ®omini!aner  nannten  ftd^  f ratres  prae- 
dicatores, ,  ©urgant  berhjenbet  in  feinem  manuale  ba^  SBort  fortmä^renb.  ^r  bie 
Äird^en  ber  ^Reformation  toar  ba«  SBort  ?Prebigt  burd^  bie  Äird^enorbnungen  gefiebert. 
3Sgl.  axx^  Sut^erd  beutfd^er  5Weffe  1526:  bamac^  geltet  bie  ^ßrebigt  Dom  ßtoangclio  be^ 
Sonntag«  ober  ^te«,  unb  au«  bem  Keinen  ftated[^i«mu« :  ba^  tüir  bie  ^ßrebigt  unb  fein 

40  SBort  nic^t  Derad^ten ;  au«  ber  3^^^^^^  $räbifantenorbnung  1632 :  2)ieh)eil  ba«  ^Pfarr« 
ober  ^rebigtamt  ba«  ^öc^fte  unb  nottoenbigfte  in  ber  Äirc^en  ift;  au«  ben  ®enfer  Dx' 
bonnan;^en  1541 :  Du  nombre,  lieu  et  temps  des  pr^ications.  3"^^  3^^*  ^f*  ^^^ 
un«  ^rebigt  ber  umfaffenbe  ®efamtname  geworben,  ^omilic  jur  Sejcic^nung  einer  befon= 
beren  ®attung  ber  ?Prebigt  ^erabgefunfen. 

46  SKit  biefem,  toir  toouen  un«  ganj  allgemein  au«brüdfen,  innerl^alb  be«  ®ottei^bienfte« 
ber  c^riftlic^en  ©emeinbe  ftattfinbenben  93ortrage,  ber  bie  berfd^iebenften  9?amen  l^at,  be= 
fc^äftigt  fid^  bie  ^omiletif.  ®«  toirb  nötig  fein,  ba^  fte  bor  allem  ba«  (Sigentümlid^e, 
ba«  SBefentlic^e  biefe«  93ortrage«  feftfteDt.  3"  bi«f«tn  ^W^^  barf  fie  aber  nid^t  bie  ein= 
jielnen  9iamen  mit  §ilfe  be«  2eji!on«  burd^muftem;   non  est  de  etymologiis  magno- 

60  pere  laborandum,  fagt  fd^on  §V})eriu«  in  feiner  %o\>xt.  ©ie  barf  auc^  ni(bt  baDon 
au«ge^en,  ba^  bie  ^rebigt  ober  §omilie  ober  toie  fie  fonft  ^ei^en  mag,  eine  Siebe  ift. 
©0  nod^  2;i^eob.  §amacf,  in  beffen  ^omiletil  ber  erfte  grunblegenbe  3^eil  ^eigjt:  l^on  ber 
SBerebfamfeit  über^aujjt  unb  ber  geiftlid^en  in«befonbere.  3)iefe«  SSerfa^ren,  bie  §omiletiI 
in  bie  Il^eorie  ber  Serebfamfeit  einjuorbnen,  ift  allerbing«  fo  alt,   loie  bie  Öemüf^ung, 

66  über  bie  ^rebigt  im  allgemeinen  etn?a«  ^u  fagen,  überl^au^t.  6«  erflärt  fic^  au«  ben 
3eitberl^ältniffen,  au«  bem  S3ilbung«gang  ber  l^iel^er  gef^örigen  ©Ariftfteller  unb  au«  bem 
^edte,  ben  fie  mit  berartigen  ©Triften  ijerfolgten.  2)er  ehemalige  SRf^etorenfd^üler  Don 
ÜJlabaura  unb  ilart^ago,  9luguftin,  fünbigt  jn?ar  De  doctr.  ehr.  IV,  1  an,  ba^  er  feine 
rhetorica  praecepta  geben  toerbe,    quae  in  scholis  saecularibus   didici  et  docui, 

üü  aber  ber  toeitere  3Serlauf  feiner  äu«fü]^rung  geigt,   toie  fe^r  er  tjon  ber  antifen  St^etoril 


Homilet»  297 

bc^crrfc^t  ift.  35ic  mittelalterliche  ©ejjflücjcnl^eit,  bie  ai-tes  liberales  für  ba^  tl^eologifd^e 
Stubium  ^erjuric^ten,  verfettete  natürltd;  bie  §omiletif  mit  ber  ©erebfamleit  erft  rec^t  fcft. 
SRdand^t^on  grünbete  ber  ^)$rebigt  ju  lieb  ein  neue^  rl^etorifc^e^  genus,  bad  genus 
didascalicum  (Elem.  rhet.  CR  XIII  p.  421 :  Ego  addendum  censeo  didaoxaJU' 
xov  genus  praesertim  cum  hoc  tempore  vel  maximum  usum  in  ecclesia  ha-  6 
beat).  aber  bie  bamit  eröffnete  ©elegen^eit,  bie  $omiletiI  felbftftänbig  ju  machen,  tDurbe 
nid^t  bcnü^t.  ßbenfo  fanb  §^})eriu^  bei  feinem  Serfuc^e,  bie  3:^eorie  ber  ^rebigt  auf 
bie  ©c^rift  gu  grünben,  feine  SRad^folger  unb  gortbilbncr.  5Kan  fann  bieg  ^iftorif^  ber« 
fielen  unb  red^tfertigen :  bie  ©emeinben  beburften  tüd^tige  ^rebiger,  unb  um  biefe  mög* 
li<^fi  rafd^  ju  liefern,  gab  man  ben  ^rebigem  für  bie  ^erfteHung  i^rer  ^ßrebigten  Siegeln  lo 
unb  äntoeifungen,  toie  man  ben  ©vmnafiaften  l^eutjutage  folc^e  Siegeln  unb  Slntoeifungen 
für  i^rc  äuffäfee  giebt.  3"  ^^^  2^^^  ^^i  "^^"  ^^  ^'^^  ^omiletifem  ber  jjroteftantif^en 
Äird^en,  bor  oUem  benen  be^  16.  3ö^^^w«*>^^^/  h)^^  £•  Dfianber  unb  2lug.  §unniug,  ba« 
3cugnig  geben,  ba^  bie  J)on  i^nen  gegebenen  3lnh)eifungcn,  Dorau^efe^t,  baf;  fie  gemiffen« 
^ft  befolgt  tourben,  ben  $rebiger  inftanbfe^ten,  eine  erträglid^c  ^rebigt  ju  liefern,  älber  i5 
man  mag  mit  ben  Siegeln  ber  antifen  SRI^etoren  arbeiten  ober  eine  neue  Sl^etorif  auf« 
fteDen,  man  fommt  ntd^t  ju  einer  bc«  SJamen«  merten  tl^eologifc^en  3)igji})lin,  fo  lange 
man  ntd^t  ben  9luögang^unft  ber  ^omilettf  innerl^atb  ber  f^ftematifd^en  Ideologie  auf« 
fu^^t  3)ort  ift  er  aber  nic^t  fc^toer  ju  finben.  ®r  ift  mit  ber  firilic^en  ©emeinfdjjaft 
gegeben;  bon  biefem  fünfte  au^  gtoeigt  bie  §omiletif  ate  befonbere  S)igjij)lin  ob.  3)iefeao 
firdjflic^e  ©emeinfc^aft  ober  c^riftli^e  ©emeinbe  mag  nun  für  bie  jurifttfd^e  2lnfc^auung^ 
toeifc  nic^td  toeiter  fein,  alö  eine  Sleligion^efeDfc^aft  neben  anberen  Sleligion^efellfc^aften; 
für  ben  S^^eologen  ift  fte  bie  burd^  ben  ©lauben  an  3^"«  G^riftu^  gebilbete  unb  fort« 
befte^enbe  toirflic^e  ©otte^gemeinbe.  3)a^  biefe  Slnfd^auung  mit  bem  912^  ftimmt,  bebarf 
feinet  einge^enben  öetoeife^,  ber  überbie^  ber  3)ogmatif  aufaßt.  3)iefe  ©emeinbe  ift  eine  26 
geworbene  unb  toerbenbe  jugleid^  (t)gl.  I^omaftu«,  Gl^rifti  5ßerfon  unb  SBerf  §  81).  3)amit 
aber  bafe  fie,  bie  bereit«  bon  ©ott  ^ergeftellte  toirflic^e  ©otte^emeinbe,  jugleic^  boc^  noc^ 
eine  toerbenbe  ift,  ift  bie  2l;atfac^e  gegeben,  bafe  fte  jur  ^Ai  eine  unboHfommene  ift. 
2)iefe  UnboHfommenl^eit  ift  barin  begrünbet,  ba^  bie  ©emeinbe  noc^  in  ber  fic^tbaren 
aSelt  lebt,  unb  barum  bermöge  ber  il^r  ani^aftenben  ©innlid^feit  ber  in  ber  SBelt  |[^errs  ao 
fc^enben  ©ünbe  unb  bem  Übel  au^efei^t  ift;  unb  jtoar  ijai  fie  unter  biefen  gottfeinblid^en 
SKöc^ten  nid^t  bloj^  ya  leiben,  fonbem  fte  toirb  an  i^rem  eigenen  ©emeinfc^aft^leben  burd^ 
biefe  beiben  forttoäl^renb  gefd^öbigt  unb  gefä^rbet.  3)emnac|  l^at  bie  d^riftlid^e  ©emeinbe 
einerfeitd  bermöge  il^rer  ©emeinf^aft  mit  ©ott  einen  reichen  93efi^  an  geiftlic^ien  ©ütem; 
anbererfeit«  ift  pe  vermöge  i^rer  ©cbunben^eit  an  bie  SBclt  ben  dintoirfungen  ber  ©ünbe  85 
unb  be«  Übete  untertoorfen.  ^jcner  Sefi^  an  geiftlid^en  ©ütem  mu^  fort  unb  fort  in 
ber  ©emeinbe  lebenbig  erhalten  toerben,  unb  gegen  biefe  ©intoirfung  ber  ©ünbe  unb  be« 
ÜbeU  mufe  eine  ©egentoitrfung  ausgeübt  toerben.  3)a«  3Kittel  für  bie  eine  toie  für  bie 
anbere  3:^ätigfeit  ift  ba«  2Bort  unb  jtoar  ba«  2Bort,  toie  e«  bem  jetoeiligen  ©emeinbe* 
bebürfni«  entfprid^t.  S)aju  reid^t  aber  ber  Seftfc  ber  ^eil.  ©d^rift  an  unb  für  fid^  nic^t  «o 
au«.  S)ie  ^eil.  ©c^rift  muf;  richtig  benü^t  toeroen;  i^re  Senüfeung  berlangt  immer  eine 
fubjeftibc,  bem  Dorliegenben  ^aDe  angepafjtc  Xbätigfeit.  3)aju  fommt,  bafe  i^re  t^atfäd^« 
lic^e  S3efc^affen^eit  eine  Sel^anblung  unb  Slntoenbung  nottoenbig  mac^t,  toeld^e  au«  ber 
3Kitte  ber  gegentoärtig  lebenben  ©emeinbe  ^cröorge^en  muffen,  um  ben  Sebürfniffen  ber 
gegentoärtig  lebenben  ©emeinbe  ya  genügen,  .^n  biefer  Seife  ift  bie  Slottoenbigfeit  ber  « 
©emeinbeprebigt  ya  begrünben.  2luc^  ben  unmöglichen  ^oß  gefegt,  ba^  bie  ©emeinbe 
jemal«  über  bie  il^r  an^aftcnbe  Unt)ollfommen^eit  ^inau«  fäme  unb  einer  ©egentoirfung 
gegen  ©ünbe  unb  Übel  nic^t  mel^r  bebürfte,  fo  toürbe  bod^  i^r  gegentoärtiger  Seft^,  ber 
9efi$  ber  d^riftlid^en  SBa^rl^eit,  für  fid^  allein  eine  fort  unb  fort  fid^  tooHjiel^enbe  3)ars 
reid^ung  nötig  machen  (ögl.  ©c^leierma^er,  ©l«i?  §  134, 3).  3)iefe  2)aneid^ung  be«  2öorte«  w 
entf})ringt  alfo  nid^t  lebiglic^  })äbagogifc^en  Sebürfniffen  unb  Jjraftifc^en  Slüdtfic^ten  auf 
bie  empirifd^e  ©emeinbe,  fonbem  ift  in  bem  SBefen  ber  c^riftlid^en  ©emeinbe  begrünbet. 

Sluf  biefen  ^unft  l(^at  bie  .?)omiletif  t)or  allem  i^r  Slugenmerf  ju  richten,  aber  nic^t 
blo^  bie  t^rinji^icDc  Slottoenbigfeit  ber  ©emeinbe})rebigt  mu^  t)on  t^r  bargelcgt  toerben, 
a\xi^  bie  gefd^id^tlid^e  ©nttoidfclung  ber  ©emeinbe^^rebigt  fü^rt  ihr  eine  Slci^e  Don  örfc^ei^  66 
nungen  J)or,  über  bie  fte  ftd^  au«fpred^en  mu^.  Slebmen  toir  nur  einfad^  bie  ^rebigt, 
toie  fie  fid^  gegentoärtig  au«geftaltet  ^at.  ©ie  ift  ein  gerabe^u  unentbebrlid^er  3^eil  be« 
©emeinbegotteebicnfte«  getoorben.  3!)er©mnb  hierfür  liegt  in  bem  obvii  SBemerften.  3lber 
bie  gegmtoärtige  ^^rcbigt  bot  allerlei  6igcntümlidbfeiten :  baju  gei^ört  ber  3^ejt,  bann  eine 
befonbere  Slrt  Mm  ©truf tur.    ©nblid^  ^aben   fi4>   aud^  3?orftellungen  gebilbet,   baf;  bie  go 


298  ^omtleHI 

3lu^bruct^n?eifc  bcr  ^Prcbigt  unb  ber  Vortrag  bcftimnitm  ©runbfä^cn  iintcrti?orfcn  fein 
müffc :  man  fjprid^t  Don  lanjclgemä^em  äuöbrudf  unb  umgclc^rt  Don  bertocrtlid^cm  5lameIton. 
5luc^  mit  bicfen  ©ingel^eiten  unb  Sfufeerlid^feitcn  n>irb  fic^  bie  $omiIetif  abju(;cben  ^aben, 
tt)äre  c^  anä)  nur,   um  ju  bem  ©rgcbni^  ju  fommen,  ba^   bicfc  3)ingc  au^crl^alb  i^reö 

6  S3erci(^c^  liegen. 

gragt  man  nun,  toie  biefe  ©toffe  unb  J^agen  fac^gemä^  georbnct  hjerben  JoUen,  fo 
jeigt  ftd^  eine  Übereinftimmung  ber  ^omiletifer  barin,  bafe  bie  jule^t  angcbeuteten  äb^ 
fd^nitte,  bie  93ef))rec^ung  be«  äluöbrude«  unb  be«  SSortragc^,  an  ben  Sc^lu^  ber  ^omiletif 
gel^ören.    ©d^on  ©urgant   beft)ric^t  bie  memoria  naturalis  unb  artificialis   unb   bie 

10  vitia  praedicantis  am  ©(i(^luf[e  berjenigen  considerationes,  bie  Don  ber  ^^rebigt  l^an^ 
beln.  ßbenfo  l(^errfd^t  ^eutjutage  barüber  Übereinftimmung,  ba^  bie  allgemeinen  S^agen: 
toag  })rebigen  l^ei^t?  unb  n>a^  gej)rebigt  toerben  foll?  Dorangeftellt  toerben  muffen.  2Büfete 
man  ba^  nic^t  au^  ber  9?atur  ber  Bad^t  felbft,  fo  mü^te  man  baDon  überzeugt  n?erben, 
toenn  man  bie  SBiUfür  unb  bag  §in-  unb  ^ertaften  ma^mimmt,   baö  fic^  l[^äufig  gegen- 

16  über  ber  ^age  ^eigt:  2Bie  foII  gejjrebigt  toerbenV  3llej.  ©c^toei^er  ^at  nun  für  bie  ^o* 
mileti!  ba^  ©c^ema  aufgefteßt:  ^rinji})iene,  materielle,  formelle  §omiIetif.  6ö  fann  l^ier 
nic^t  auf  bie  SKobififationen  eingegangen  toerben,  loelc^e  bie  f^äteren  ^omiletifer  mit  biefer 
Sinteilung  Vorgenommen  f^abm.  ©ie  bej^eid^net  ben  ®ang  rid^tig,  ben  bie  ^omileti!  gu 
nel^men  ^at,  unb  bie  ^omilettfer  galten  biefen  (Sang  auc^  ein,  felbft  toenn   fie  ein   an= 

20  fc^einenb  ganj  anbere^  ©c^ema  auffteHen.  2Ran  Dgl.  j.  93.  §amacf ,  ber  ben  f onftruftiDen 
2^eil  feiner  ^omilettf  in  bie  ^toei  §älften  jerlegt:  bie  ^rebigt  al^ÄuItu^alt  berSRebe  unb 
bie  ^Prebigt  ate  3flebealt  im  Äultu^,  aber  h)ie  bie  anbem  §omiletifer  mit  Segriff  unb 
3nl^alt  ber  ?Prebigt  beginnt  unb  fc^Iie^Iid^  bei  ber  l^omiletifd^en  3)iftton  unb  bem  aSortrag 
ber  ^Prebigt  anfommt.    ®oc^  toenn  auc^  ber  burc^  bo§  ©d^meijer'fd^e  ©d^ema  Dorge^eic^- 

26  nete  ®ang  ber  $omiIetil  im  toefentlid^en  immer  ber  gleiche  fein  toirb,  fo  toäre  Diedeic^t  ju 
ertoägen,  ob  nic^t  bie  fogenannte  formelle  §omiIetif  )u  ftreid^en  fei,  unb  ba^,  n?a^  toirflid^ 
Don  biefem  britten  3:eil  aB  jur  ©ad^e  ge^ijrig  nod^  übrig  bleibt,  mit  bem  jufammen^u- 
arbeiten  fei,  wa^  in  ber  fogenannten  materiellen  $omiletif  bc^anbelt  toirb.  Söie  nämlic^ 
ein  35lidt  in  bie  ^omiletiJE  lel^rt,  ift  bie  ©efa^r  fe^r  gro^,  bie  formelle  ^omiletil,   toenn 

80  fie  einen  gleid^artigen  leil  auömad^en  foD,  mit  ©toffen  ju  überlaben,  bie  mit  ber  Il^eo^ 
logie  gar  nic^t«  ju  fd^affen  l^aben.  SKan  Dgl.a.93.bei  a.Ärau^,^raft.2:^.  I©.818— 842 
ben  ganjen  SBlbfd^nitt  Don  ber  fjjrad^lid^en  2tuöfü^rung,  too  auc^  bie  leifeftc  ßrinnerung 
baran,  ba^  bie  ^omiletif  bod^  eigentlid^  eine  tl^eologifc^e  ©ie^iplin  ift,  bi^  auf  bie  le^te 
©})ur  Dertilgt  ift.    9latürlic^   mü|te   man   bei  biefer   SJereinfad^ung   bc^  ©d^tocijer'fd^en 

86  ©d^ema^  aud)  bie  Benennungen  änbem,  etn?a  fo,  ba^  man  im  erften  3:eil  Dom  Segriff 
unb  ^\t)^i  ber  ^ßrebigt  über^au))t  unb  im  gleiten  leil  Don  ber  jtoedfentfprec^enben  Se^ 
fc^affenl^eit  ber  (Sin^el^rebigt  (toelc^e  ja  nic^t  old  fc^riftlic^  aufgearbeitete  2tbl)anblung,  fon^ 
bem  ate  münblid^er  SJortrag  ©cgenftanb  ber  ^omiletil  ift)  ^anbelt. 

2Benn  mir  un^  je^t  gu  ben  einzelnen  aufgaben  ber  ^omiletil  toenben,  fo   mu^  im 

40  Dorau^  bemerlt  toerben,  bafe  ein  3(rtifel,  toie  ber  Dorliegenbe,  loeber  ein  au^gefül^rte^ 
©^ftem,  noc^  ein  9Jac^fc^lagebuc^  über  allerlei  ^omiletifd^e  ßinjel^eiten,  nod^  ein  ^tom^ 
})enbium  ber  ^omiletif  fein  fann.  ^^m  fommt  nur  ju,  bie  Hauptfragen  anjugeben  unb 
auf  bie  2Bege  ^imutoeifen,  auf  benen  man  jur  Seanttoortung  gelangen  fann.  ©o  Diel 
1^  fid^  DieHeic^t  bereite  l^erau^efteHt,  ba|  Dor  allem  bie  ^age:  SBaö  e^  übcr^au))t  um 

46  bie  ^rebigt  ift?  alfo  bie  fogenannte  ^rinjijjielle  ^omiletif  in  2tngriff  genommen  toerben 
mu^,  foH  bie  Äomiletif  eine  t^eologifd^e  unb  em^eitlid^  burc^jufül^renbe  Si^jijjlin  fein. 
SUlein  mit  ber  fid^  Don  felbft  bietenben  3lntn?ort,  ba^  bie  ^rebigt  eine  im  ©emeinbe- 
gotte^bienft  gel^altene  3lnfprad^e  d^riftlic^en  S'^^öÖ«  if^r  fommt  man  nic^t  tocit.  ®^  mufe 
bie  ^age:  toa^  ber  3^^*  ber  ^rebigt  ift?  bamit  Derbunben  toerben.    3)ie  Äird^enle^rer 

60  ber  altfird;ltd^en  ^^\t  fc^einen  fic^  toenig  um  berartige  })rinjit)ielle  fragen  gefümmert  ju 
^oben.  3Ran  ift  auf  il^re  ^rebigten  angetoiefen,  um  ^erauöjubringen,  tvai  ftc  fic^  unter 
35egriff  unb  3*^^^  ^^^  ^rebigt  gebadjjt  l^aben.  3)a^  Serfa^ren  be^  6l^rt;>foftomus^  befte^t 
in  ber  Siegel  barin,  bafe  er  einen  ©d^riftabfd^nitt  unb  ^tvax  bi^  in^  einzelne  l^inein  erflärt 
unb  baran  eine  Betrachtung  ober  (Srma^nung  aui  bem  ©ebiet  ber  d^riftlid;en  Gtl^if  an^ 

66fc^lie|t.  2tuguftin  Derfäl^rt  ä^nlidt),  ben  3^^*  ^^  ^rebigt  erfennt  er  im  docere;  ber 
^rebiger  ift  il^m  ein  doctor.  Qm  ÜJlittelalter  ^at  man  ba«J  2öefen  unb  bie  aiufgabe  ber 
$rebigt  auc^  nid^t  fcf^ärfer  gefaf^t.  Sie  erfte  (toenigften^  mir  aU  erfte  befannte)  I)efinition 
ber  ^rebigt  bei  Sllanu^  ab  ^nl  (De  arte  praed.)  lautet:  Praedicatio  est  manifesta 
et  publica  instructio  morum   et   fidei,   informationi   hominum  deserviens,    ex 

CO  rationum  semita  et  auctoritatum  fönte  proveniens.    ^elanc^t^on^  ©rünbung  eine^ 


Homilet»  299 

bcfonbcren  genus  didascalicum  unb  jtvar  mit  bcfonberer  Serücfftd^tigung  ber  Äirc^e, 
ubi  non  tantum  suasoriae  conciones  habendae  sunt,  sed  multo  saepius  ho- 
mines,  dialecticorum  more,  de  dogmatibus  docendi  sunt,  fttmmt  ju  biefcr  2luf« 
faffunö  ber  2lufgabc  ber  ^rcbigt.  ^f)x  fc^jlte^en  ftd^  aud^  bie  f})äteren  öomiletifer  an,  bie 
einftimmtg  ber  $rebigt  alö  §ai4)taufgabe  hai  docere  jutoeifen.  35tefe  Stuffaffung  ift  fel^  5 
begreifltd(f :  big  jur  3eit  ber  SReformation  unb  noc^  lange  über  fie  l^inau^  gab  e^  nur 
gong  fi)orabifcbe  unb  ^öd^ft  unbolllonintene  ©inrid^tungen  jum  3h)edt  be«  Sleligion^unters 
riefte«.  3)ie  ^rebigt  mufete  unter  btefen  Umftänbcn  bor  aücn  fingen  5Witteilung  bon 
aieltgion^Iel^ren  an  bie  §örer  fein,  ©emift  ^oben  bie  ^Proteftanten  aud^  bie  l^öl^ere  2luf* 
faf[ung  Don  ber  ©emeinbc  G^rifti  gel^abt.  3Ran  benfe  nur  an  fintier«  ^u^erungen  im  lo 
grofeen  Äatec^i^mu«  gum  britten  ®ebot  unb  jum  britten  3lrtilel  (3c^  glaube,  bafe  ba  fei 
ein  Jj^etlige«  $äuflein  unb  ©emeinbe  auf  ©rben,  eiteler  ^eiligen,  unter  einem  ÄauJ)t  ßl^rifto, 
burc^  ben  ^eil.  ©eift  mfammen  berufen,  in  einem  ©lauben,  ©inn  unb  SBerftanb,  mit 
mancherlei  ©abcn,  bod?  einträd^tig  in  ber  Siebe  ol^ne  SRotten  unb  6j)altung),  unb  benfe 
an  Conf.  Helv.  1566  c.  17:  qui  tales  sunt  in  ecclesia,  hi  unam  habent  fidem,  i6 
unum  spiritum.  aber  für  bie  aufgäbe  ber  ^ßrebigt  ift  biefc  (Sinftd^t  nic^t  ma^gebenb 
getoefen.  (£§  ift  ein  SSerbienft  ber  steueren,  axx^  biefer  l^öl^eren  SBürbigung  ber  ©emeinbe 
ben  richtigen  @c^lu6  gejogen  ju  f^abtn,  ba^  e^  burd^au«  nid^t  bie  au3f^Ke|K^c  ober  erfte 
Slufgabe  ber  ^rcbigt  fein  !ann,  bie  Untoiffenben  ju  belehren  unb  bie  ©ünber  ju  ftrafen. 
SBenn  bie  ©emeinbe,  h)ie  oben  bargeftettt  hjorben  ift,  eine  geworbene  unb  eine  toerbenbe,  3o 
eine  boDIommenc  unb  eine  unboWommene  jugleid^  ift,  fo  mu^  bie  ^omiletil  bor  ollem 
bon  ber  ^Prebigt  »erlangen,  bafe  juerft  ba«  bon  ©ott  ^ergeftellte  SJer^ältni«  ber  ©emein- 
fc^ft  mit  i^m  in  ber  $rebigt  bargeftettt  hjerbe,  unb  bann  erft  ba«  baburd^  bebingte  38ers 
l^en  ber  ©emeinbe  gegen  il^n.  ^ur  barf  fic^  ber  ^rebiger  bie  ©emeinbe  nic^jt  afe  au« 
jtoei  ^ölften  befte^enb  bcnfen,  axx^  einem  Häuflein  eitel  ^eiliger  unb  SBiffenber  unb  au«  26 
einem  §aufen  Ünl^eiliger  unb  Unhjifjenber.  ©onbem  er  mu^  für  feine  ©emeinbe  ben 
@ai^  Sutl^er«  gelten  laffen,  mit  bem  Sutf^er  an  ber  obigen  ©tette  fortfährt:  berf eibigen 
bin  auc^  ic^  ein  ©tüd  unb  ©lieb,  atter  ©üter,  bie  fie  l^at,  teill^aftig  unb  SRitgenoffe, 
burd^  ben  l^eil.  ©eift  ba^ingebrac^t  unb  cingeleibet,  boburd^  ba^  id^  ©otte«  SBort  gel(^5rt 
l^abe  unb  noc^  l^öre,  toetc^e«  ift  ber  Stnfang  ^ineinjufommen.  ao 

3n  btefem  ©inne  fann  man  e«  fic^  gefotten  lafjen,  toenn  bie  ©emeinbet)rebigt,  tote 
ber  d^riftlic^e  Äultu«  über^aujjt,  al«  barftettenbe«  ^anbeln  bejeic^net  toirb.  aber  im  ^n^ 
tereffe  ber  ^rebigt  fann  nid^t  genug  babor  getoarifit  toerben,  barftettenbe«  unb  toirffame« 
§anbeln  bergcftalt  ju  einanber  in  ®egenfa|  ju  bringen,  al«  fei  bei  bem  barftettenben 
§anbeln  jebe  älbftd^t  auf  eine  2öirfung  au«gefd^loffen.  (Sin  fold^e«  §anbeln  h)äre  über«  86 
^auj)t  ein  Unfmn,  unb  ©d^leiermad^er,  ber  Url^eber  biefer  Unterfc^eibung  jtoifd^en  bar* 
ftettenbem  unb  toirffamem  ^anbeln,  [}at  e«  auc^  nid^t  fo  gemeint.  6r  fagt,  G^riftl.  ©itte 
©.515:  3)a«  barftettenbe  §anbeln  al«  folc^e«  ift  für  bie  einen  im  öottfommnercn  ©rabe 
al«  für  bie  anberen;  für  bie  einen  ift  e«  nottoenbig  eine  ©rtücdtung  unb  ®rn?eiterung  -  i^re« 
©elbftbetoufetfein«,  für  bie  anberen  ift  e«  nid^t«,  al«  eine  il^nen  bargebotene  änfd^auung,  40 
eine  fo  toapre,  ba|  bie  3JJöglid^feit  in  i^r  liegt,  bie  ßmbfänglic^feit  für  ben  göttlid^en 
©eift  aufzuregen,  inbem  berfelbe  in  ber  Grfd^einung  be«  d^riftlid^en  ©elbftbetou^tfein«  bar« 
geboten  toirb.  2)emnad^  l^at  aud^  ©d^leiermad^er  ba«  barftettenbe  §anbeln  nic^t  ol^ne 
äöirffamfeit  gebac^t.  2lber  toir  l^aben  un«  nic^t  babei  aufjuf^alten,  toa«  ©d^leiermad^er 
in  SEBirflidS^feit  ober  möglid^ertoeife  ftd^  gebadet  ^at,  unb  muffen  ^u  bem  ©a^e  fortfc^reiten,  46 
bafe  eine  ^omiletif,  bie  bie  ©nabenmittel  al«  reale  Äeitefräfte  gelten  läf^t,  bie  ^jirebigt 
unbebingt  bem  toirtfamen  §anbeln  einreiben  mu^.  ©elbft  in  bem  gatt,  bafe  eine  gefegnete 
SOBirfung  burc^  ben  §örer  unmöglid^  gemad^t  toirb,  bottjiel^t  [xd)  eine  SBirfung,  freiließ 
eine  im  fd^limmen  ©inne.  2tber  aud^  ben  anbcm  ^att  gefeilt,  bafe  eine  ^rebigt  infolge 
il^rer  SSejd^affen^eit  nid»t  toirfen  fann,  fo  ift  ba«  eben  eine  Abnormität,  mit  ber  bie  $0=  60 
miletif  nic^t  ju  rcd^nen  braucht.  3)er  ©c^cin,  bafe  bie  ^rebigt  nur  ein  barftettenbe«  ^anbeln 
fei,  tonnte  baburc^  entftel^en,  ba^  eben  bie  SJarftettung  ba«  3DJittel  ift,  burd^  toel^e«  bie 
H^rebigt  toirffam  toirb.  ©0  ftettt  j.  93.  bie  Äarfrcitag«^)rebigt  ben  2^ob  (Sl^rifti  bar  unb  ju« 
gleid^  ben  ©lauben  ber  ßl^riftenl^eit  an  bie  baburd^  bottbrac^te  3?erföl^nung,  unb  fagt  toeber 
mit  bem  einen  noc^  mit  bem  anberen  ben  SJerfammelten  ettoa«  9Jeue«;  aber  toirffam  ift  66 
bie«  SBort  bom  Kreuje  bod^  immer;  um  bon  jener  oben  angebeuteten  SBirfung  l^ier  ju 
fc^toeigen,  l)at  bie  Äarfreitag«^)rebigt  bod^  immer  bie  SBirfung  unb  Jott  fie  l^aben,  tur 
©tärfung  be«  ©lauben«  ober  ju  feiner  drtoedfung  ju  bienen,  unb  fo  bottjie^t  fid^  eben 
in  ber  ©tunbe,  too  bie  Äarfreitag«prebigt  gel^altcn  toirb,  in,  mit  unb  unter  biefer  ^rebigt 
ein  toirtfame«  §anbeln  an  ben  §örem.  eo 


300  ^omtleHf 

SIBir  fommen  bamit  ju  bcr  %v%c,  tDorin  bcnn  bic  Ül^irfunn  bcr  ^kcbigt  ju  bcftebcn 
l^bc.  SBir  ^abcn  c^  fd^on  al^  ben  geiler  ber  Slltcn  j^eröorge^obcn,  ba^  fie  über  ba^ 
docere  nid^t  ^inau^efornmcn  finb.  ^um  S^6)m,  too^in  man  fommt,  menn  bic  Xl}^om 
ber  ^rcbigt  möglid^ft  nad^  ber  9tl;etorif  gcmobelt  n?irb,  fei  im  ä?orbctcjcl^en  crmälmt,  ba^ 

6  frühere  öomiicttfer,  felbft  babor  nic^t  )\urüdtjc^redften,  bic  persuasio  aU  finis  iriterme- 
dius  anzugeben,  toa«  nun  freiließ  fofort  ba^in  ermäßigt  hjerben  mufjtc,  bafe  bcr  ©laubc 
mittelft  ber  ^rebigt  burd^  bic  ®nabe  be^  ^cil.  (Seiftet  crtoedft  unb  gcftärtt  njcrbcn  foße 
Oöajer).  6«  toax  alfo  nur  ein  l(^armlofc^  ©^)icl  mit  SBorten  getrieben  hjorben.  dagegen 
toax  xifx  Springen  auf  35elel^rung,  toie  toir  bereite  berborgel^oben  ^aben,  febr  ernft  gemeint. 

10  SBir  l^abcn  bereite  gefe^en,  bafe  e^  fic^  mit  ber  Sefc^affen^eit  ber  ©emeinbc,  al^  einer 
toirflid^en  ©otte^emeinbe  nic^t  berträgt,  ben  3*^^*  ^^  ^rebigt  in  ber  Selel^rung  auf- 
geben au  laffen.  2lber  onbererfeit^  tft  bod^  aud^  gctüife,  bafe  biejenige  ©eite  ber  ©emeinbe, 
bie  unfere  Sllten  einfeitig  im  äuge  batten,  al^  fie  bie  2lufgabe  ber  ^rebigt  cinfcitig  aU 
S3elel^rung  faxten,   nämlic^   il^r  ©erben  unb   i^rc  bamit  gegebene  Untjoüfommcnl^eit  bcr 

16  SBtrflic^feit  mtSpxad^  unb  bi^  ^eute  nod^  nic^t  au^  ber  ©emeinbe  ^inhjeggefd^afft  tft. 
ÜKangel  on  (Srlenntni^  tft  ein  ^erborragenber  unb  toeit  verbreiteter  ©c^aben  bc^  perfön« 
liefen  ßl^riftentum^,  unb  33ele^rung  ift  ba«  einjige  TOittel  i^m  abju^elfen.  Sann  ift  aber 
ouc^  bie  ^Prebigt  bor  allen  anbern  in  S^age  fommcnben  SRitteln  baju  berufen.  3)aju 
fommt,  baf;  bte  ©emeinbe  3^fw  ki^  SSer^eifeung  ^at,  ba6  ber  ®cift  ber  3ßa^rbeit  fte  in 

20  olle  aSa^r^eit  leiten  toerbe  ^o  16, 13.  3)iefe  goirtfd^ritte  in  ber  Srfenntni«  ber  SBal^r^eit 
muffen  ben  (Semeinben  mitgeteilt  Serben,  unb  biefe  SKitteilung  ift  eben  Sclebrung,  unb 
ju  biefcr  Scle^rung  ift  toieber  in  erfter  Sinie  bie  ©emeinbejjrcbigt  berufen.  2öeiter  mufe 
in  Setrac^t  gebogen  toerben,  bafe  t^atfäd^Iid^  fein  ^rebiger  o^ne  Sele^rung  au^fommt  unb 
au^fommen  fann.    5Kan  Icfc,  \m^  felbft  ©d^Ieiermac^er  über  biefen  ^unft  fagt,  ^ralt. 

26  21^eol.  ©.  216:  3)a^  nun  in  ber  religiöfen  Siebe  bie  Selel^rung  aDerbing«  auc^  ein  Wo^ 
ment  bilbet,  ift  natürlich  nid^t  ju  leugnen,  aber  nur  ein  untergeorbneteö.  (2ibnlicb  S3affer5 
mann,  ®eiftl.  Serebf.  ©.  226  ff.),  anm.  3  jur  4.  SRebe  über  Sieligion  fc^rcibt  er:  3)ic 
Vorträge  in  ber  firc^lid^en  ©efeflfc^aft,  h)ic  fte  unter  un«  beftel^t,  l)ahm  immer,  ibr  l^^nl^alt 
fei,  tüclc^er  er  tooHe,  juglcidb  einen  bibaltifc^en  G^araltcr,  toeil  ber  Slebncr  bo^   feinen 

80  3u^ötem  jum  Setpufetfein  bringen  foll,  Wa^  er  jtoar  in  ibnen  toorauefe^t,  jugleic^  aber 
aud^,  ba^  e^  fic^  nic^t  bon  felbft  fo  in  i^nen  mürbe  entn?idfclt  baben. 

3)ie  ^omileti!  n^irb  fid^  alfo  für  ben  ^^^  ber  ^ßrebigt  nac^  einer  Benennung  um^ 
fe^  muffen,  bie  auc^  bie  Scle^rung  nid^t  au^fd^lie^t.  (Sine  fold^e  umfaffenbc  Benennung 
bietet  ftd^  i^x  in  bem  2Borte  „erbauen",  n?eld^e^  auc^  für  bie  Selcl^rung  9taum  bat  1  Äo 

36  14,  4.  ®iefe  S^J^^^^^jeic^nung  h)ar  fd^on  ben  3llten  nid^t  unbefannt;  t)gl.  Sajcr  §  22: 
Alias  ad  indicandum  finem  intermedium  theologiae  homileticae  frequens  oc- 
currit  nomen  aedificationis,  unb  ift  im  h)efentlidE)en  bereite  rid^tig  in  Slo^b^m^  än^ 
toeifung,  erbaulid^  ju  prebigen,  3Sorb.  §2,  erflärt:  6^  follen  bie3ubbrer  1.  in  ihrer  bereits^ 
erlangten  ©rfenntni^  ber  SKeligion  befeftiget  unD  biefelbe  erweitert  n?erben.    2.  ©öden  fte 

40jum  gleifee  unb  SBac^tum  in  ber  ©ottfeligfeit  crtDCcfet  unb  ermuntert  n?crben.  ®ir 
muffen  nur  biefen  ©ö^en  3Jlo^^eim§  binjufügen,  bap  biefer  „Sefeftigung"  toor  allent  bic 
S)arfteßung  ber  dbriftlid^en  2Bal^rl^eit  bient,  tocld^e  3)arftetlung  burcb  ba«  fie  begleitcnbc 
testimonium  Spiritus  sancti  erbauenbe  Äraft  ^at.  6sJ  berftel^t  fic^  von  felbft,  bafe 
biefer  (Seift  ba^  fd^ö})ferifc^e  ^rinjij)   ber  (Srbauung  ift,   aber  für  bie  ^omilctif  fragt  es; 

46fid^:  SBorauf  l^at  fte  i^erfeitd  ben  ^rebiger  ^injutoeifen,  bamit  er,  fotoeit  e«  in  feinen 
Jlräften  ftel^t,  baö  erbaulid^e  (SIement  xur  mirffamen  Entfaltung  bringe?  Sei  biefer  ^ragc 
liegt  eö  febr  na^e,  an  ben  ©toff  ber  ^ßrebigt  j^u  benfen  unb  ju  erflärcn,  baf;  bor  allem 
ber  ©toff,  ba^  toa^  gcjjrebigt  n^irb,  erbaulich  fein  muffe,  aber  ba«  lä^t  ft^  ni(bt  Don 
bom^erein  beftimmen.    ©c^on  ^h^jeriuö  l^ai  \\d)   mit  biefem  Problem  befcbäftigt  unb  fic^ 

60  an  ba^  alte  Schema  bcr  materia  utilis,  facilis,  necessaria  gel^alten.  (Sr  verlangt, 
bafe  ba^  geprebigt  n?erbe,  n?a«  ©lauben,  Siebe  unb  Hoffnung  betrifft.  3""^  ©lauben 
gel^ören  plurima  lila  religionis  capita,  quae  in  symbolo,  quod  apostolorum  no- 
minant,  comprehenduntur.  3"^  Si^^^  gehören  bie  ©ittcnle^re,  bcr  3)cfalog,  namentlich 
bie  |\h)citc  lafel,  bie  Sc^re  bon  ber  Hird^e,  Don  ben  ©aframcnten,  Dom  Untcrricbt.     3"^ 

66  Hoffnung  geWren  bie  legten  3!)ingc.  .^^t^jjeriu^  !ommt  alfo  auf  ben  Äatcd)iömue  hinauf, 
ebenfo  bic  anbcren  l^omiletifd^en  ©dt>riftfteller,  geleitet  Don  bem  richtigen  ©cbanfen,  bafe 
ba^  geprebigt  hjcrben  mufe,  toa^  bem  magren  religiöfen  Sebürfni^  ber  (Sicmcinbc  cntfj)ri(^t. 
aber  man  barf  nic^t  überfeben,  ba^  bamit  noc^  rec^t  tocnig  über  ba^  Äritcrium  be^  (£r* 
baulichen  gefagt  ift.    2)cr  rid^tig  gen?äl?ltc  ©toff  fiAert  nidbt  im  geringften  bie  Orbaulid)- 

60  feit  ber  ^rebigt.    2)ic  ^ßrebigt  mu^  erbaulich  fein,  ber  ©toff   toirb   erbaulid^   ober   uns 


^omUettt  301 

erbauüd^,  je  nad^ban  bcr  ^rebigcr  \\)n  bel^anbelt.  3)ie  rationdiftifd^e  ^eriobe  bcrl^arrte 
er[t  rec^t  in  bem  ^^ler,  Dor  auem  ben  ©toff  für  btc  ©rbauUc^feit  bcr  ^rcbigt  \)ttanU 
tüortlid^  ju  machen,  unb  ba  fie  mit  bem  alten  Äated^iiSmuö  nic^t^  mel^r  anfangen  fonnte, 
fo  fc^lo^  fte  gcrabe  biejenigen  ©toffe  t)on  ber  ^rebigt  axx^,  auf  toelc^e  bic  frül(^ere  3^ 
ba^  ^auptgetüid^t  gelegt  l^atte.  Sgl.  9Karl(^einecfe,  (Srunblage  ber  $om.  ©.  64 :  „Bpalhxn^,  5 
ber  unter  bie  bogmatifc^en  ^\>tm,  bie  nic^t  auf  bie  Jtanjel  gehören,  toeil  fie  nic^t  fafeU^ 
unb  ))0j)ulör  gemad^t  toerben  fönnen,  bie  Seigre  Don  ber  ©otti^eit  Gl^rifti  red^nete,  öon 
feinem  38er^ältni^  jum  äJater,  unb  2lu^fj)rüd^e,  ba^  er  fein  SBIut  bergoffen  jur  3Sergebung 
unferer  ©ünben,  für  un^  gelitten,  für  unfere  ©ünben  geftorben  fei,  ba^  er  ftc^  felbft  für 
unfere  ©ünben  jum  Djjfer  l^ingegcben."  9teuere  §omiletiler  toollen  bie  ©toffe  ber  ratio- 10 
naliftifd^en  ^rebigt  ^inau^etl^an  ^aben.  Dofter^ee  j.  S.  erläfet  ben  Sefe^l  (5Pr.  %\),  1, 
©.  293f.):  Äeine  ^{)iIofoj)^ie,  feine  ^olitif,  leine  aiaturtoiffenjc^aft,  Jjrof ane  ®ef(^ic^te 
unb  Sitteratur  nur  mit  großer  Sejd^ränfung,  ebenfo  fojiale,  ölonomifc^e  unb  blofe  Jj^ilo- 
jo})^ifc^e  'fragen,  feine  ©ittenlel^re  Don  ber  SBurjel  beö  ©lauben»  getrennt,  derartige 
Serbote  fmb  fel^r  erflärlic^,  fofem  bie  genannten  unb  älf^nlic^e  ©egenftänbe  nur  ate  ©egen«  15 
ftänbe  be^  SBifjen^  unb  (Srtenneng  be^anbelt  loerben,  aber  man  loolle  boc^  bebenfen,  ba^ 
fie  ade  auc^  in  ben  Sereid^  be^  (^riftlid^en  Ser^alten^  treten  unb  ©egenftänbe  ber  d^rift* 
lid^en  SBeltanfc^auung  ftnb.  9Jlan  ^ötte  boc^  fd^on  bon  ©d^Ieiermac^er  $r.  I^.©.203ff. 
lernen  fönnen,  bafe  alle  biefe  ©egenftänbe  eine  religiöfe  Seite  ^aben,  bon  ber  au^  fie  in 
ber  ^rebigt  bcl(^anbclt  tocrbcn  fönnen.  3a  auc^  oi^ne  ©c^leiermad^er  l^ätte  man  h)if[enao 
foHen,  ba|  felbft  fo  berüd^tigte  ©egenftänbe  ber  rationaliftifd^en  ^rebigt,  h)ie  ba^  ©teuer« 
iaj^Ien,  J)om  c^riftlic^en  ®tanb})unft  aii^  betrad^tct  locrben  fönnen,  n?ie  er  SRt  22,  21; 
rRö  13,  7  angegeben  ift.  35ie  jjringijjieHe  §omiletif  n?irb  fic^  alfo  bamit  begnügen  müf[en, 
bie  ßrbauung  im  tocitcften  ©inn  afö  ben  ^tü^d  ber  ^rebigt  ^inguftellen,  nämlid^  bie« 
jenige  ßrbauung,  bie  auf  bie  allfeitige  görbcrung  bcö  ß^riftenftanbe^  abhielt  unb  barum  26 
axxd)  für  bie  toon  ^^J^^^"^  aufgeftellten  genera  ber  ^ßrcbigt  Slaum  ^at,  toelc^e  je  nadjfbcm 
bie  doctrina,  bic  redargutio  ber  ^rrle^rer,  bie  institutio  jum  l^eiligen  Seben,  bie 
correctio  ber  ©itten  unb  bie  consolatio  in  ben  Seiben  biefer  ^üt  in  ben  3Sorberarunb 
ftettt.  3lbcr  bie  ^omiletif  toirb  babon  abfegen  muffen,  einzelne  ©n4)})en  namhaft  ju 
mad^en,  über  tDcl^c  ge))rebigt  tDcrben  barf,  unb  anbere  au^}uf(^lie^en.  ©ie  mu^  bielme^rao 
auc^  auf  bie  ©efa^r  ^in,  ba^  fie  burd^  fonberbare  Scifjjielc  läc^erlid^  gemad^t  toerben 
foH,  barauf  befte^en,  ba|  e^  überl^au))t  ni^tö  gicbt,  toa^  toon  bornl^erein  afö  unerbaulid^ 
t)on  ber  ^rcbigt  auegefc^Ioffcn  toerben  mufe.  S)a^  ©rbaulid^e  liegt  nic^t  in  ber  Sefc^jaffen« 
l;eit  be^  ©toffe^,  fonbem  in  ber  Scfcbaffen^eit  ber  ^rebigt,  loeld^e  aber  ^ier  toie  überall 
nie  al^  f4>riftlic^  aufgearbeiteter  2:raftat,  fonbem  ate  münblicf)  Vorgetragener  3:eil  be^  35 
©otteöbienfteg  in^  Stuge  gefaxt  fein  mu^.  3)arau^  folgt,  bafe  bie  Seigre  bon  ber  ©rbau- 
lic^fcit  ber  ^rebigt  ft(^  über  bie  fogenannte  materielle  unb  formefle  §omiletif  berteilt, 
unb  auc^  ba  feinen  befonberen  äbfc^nitt  bitben  fann,  fonbem  baö  ©d^tu^ergebni^  ber 
ganjen  3lu^fül^rung  ift. 

Dagegen  toarten  ber  jjrin^i^jicUcn  ^omilctit  nod^  cin.j^aar  anbere  Slufgabcn.  S)ie  40 
erfte  erh)ä(|ft  i^r  au^  ber  il^atfac^e,  ba^  bie  ^rebigt  eine  5Dianifcftation  be^  Söortc^  ift, 
unb  jloar  einc^  SBortc^,  bcffen  SBirffamfcit  barauf  beruht,  ba^  bcr  ©cift  ©otte^  in  ber 
©emeinbe  toaltct.  2)ie  Scgrünbung  biefe^  ©a^e^  gel^ört  in  bic  Dogmatit.  ßbenfo  mu^ 
in  ber  Dogmatif  bcr  anbere  ©a$  bcgrünbct  tocrbcn,  ba^  bie  ©emeinbe  in  ber  ^.  ©d^ri^ 
ein  2Bort  bcfi^t,  n?elc^c^,  iocll  bom  ©elfte  ©otte^  gctoirft,  für  fie  Autorität  ift.  äluf  45 
©mnb  bicfcr  jn?ci  ©ä|e  ficbt  fid;  bic  §omitctif  t)or  bic  grage  gcftcllt:  SBie  ijcr^alten 
fid^  nun  ^rcbigt  unb  ©d^rift  gu  cinanbcrV  2)icje  ^age  ift  ganj  unabl^ängig  bon  ber 
©itte,  über  ©^riftabfc^nitte  ju  prcbigcn.  3lber  aud^  abgcfcl^cn  bon  biefer  ©itte  fte^t 
unter  ben  c^riftlic^cn  3:l;eologcn  fcft,  ba^  bie  Slutorität  ber  ©c^rift  ^öl(^cr  ftel^t,  al^  bie 
^^Srebigt,  ba^  alfo  bic  ^ßrcbigt  jc^riftgemäfe  fein  mu^.  S)cr  ©treit  beginnt  erft  bei  ber  m 
ba^inter  licgenbcn  ^'^agc,  ioorcin  bic  Autorität  bcr  ©c^rift  ^u  feben  ift,  unb  toorüber  fie 
fic^  crftrcdft,  unb  lä^t  fid;  natürlich  nic^t  J)on  bcr  §omilctif  entfc^cibcn.  2lber  eine  anbere 
grage  ift  bic,  ob  bcnn  nid^t  ba,  too  bic  sufficientia  scripturae  anerfannt  ift,  bie  ^rebigt 
übe^lüffig  ift.  3)icfc  gragc  läfet  fid^  nic^t  mit  ber  2^l^atjad^c  abt^un,  ba^  erfa^rung^ 
gcmä^  bic  Xcilnal^mc  ber  ©emeinbe  in  bem  3)Ja6c  finft,  ate  bie  ^rebigt  jurüdftritt.  3Der  &5 
H^eorctifer  mu^  üiclme^r  bic  Söfung  bed  ^roblcmö  barin  fuc^cn,  bafe  bie  ©c^rift,  unbe« 
f^abet  il^rer  2tutorität,  bcr  Vergangenheit  angcl^ört,  unb  für  alle  ^^itm  beftimmt  ift, 
tüälj^rcnb  bic  ^rcbigt  ein  3c"9"i^  «w^  ^^"^  gcgcnh)ärtigen  ©emeinf^aft^lcbcn  ift  unb  in 
i^rer  unmittelbaren  Scftimmung  fi(^  nur  an  bic  gcgcntoärtige  ©emeinbe  toenbct.  Diefe^ 
3eugni^  mu^  mit  bcr  ©c^^rift  ftimmen,  ift  alfo,   menn  man  toifl,  bon  bcr  ©c^^rift  ab«  60 


302  ^omtlettf 

gängig,  mu|  aber  eine  frfbftftänbigc,  ber  ®egcnh)art  entfjjred^cnbc  ©cftalt  l^aben.  2)arum 
ift  bie  ^rebigt  neben  ber  ©d^rift  nottoenbtg. 

SBeiter  mu^  bie  ^omiletif  bie  X^atfad^e  in^  äuge  faffen,  ba^  bie  in  ber  ^bec  @tne 
ftird^e  ftci^  in  t)erfd^iebene  ©emeinfd^aften  jertrennt  \)at,  bie  in  toefentlid^en  fünften,  na^ 
6  mentUcp  in  ber  ^eitele^re,  einanber  toiberfj)rec^en.  2lDe  biefe  Äirc^engemeinfd)aften  erf ennen 
bie  äutorität  ber  Sdbrifl  an  unb  finb  barum  genötigt;  bie  if^nen  eigentümüd^e  Seigre  in 
einem  beftimmten  Selenntni^  au«jufj>rec^en.  ©o  entfte|t  ba«  ©onberbefenntniö  ber  ein= 
jelnen  Äird^e.  6^  ift  flar,  ba^  ber  ^rebiger,  beffen  ©emeinbe  einer  biefer  ©onberlird^en 
angehört,  biefem  35efenntni^  nid^t  h)iberf})rec^en  barf.    3)enn   biefe^  Sefenntniö,  gleic^mel 

10  toie  bie  einzelnen  Äörer  ber  ^Prebigt  für  il^re  ^erfon  boju  fte^en,  ift  ba^  SDUttel,  n?elc^e^ 
bie  Äird^engemeinfc^aft  jufammen^ält.  Slber  äbnlid^,  toie  bei  ber  oben  berührten  ^i^age, 
inhjiefem  bie  ^rebigt  an  bie  Autorität  ber  ©d9rift  gebunben  ift,  beginnt  J^ier  ber  ©treit 
nid^t  fc^on  bei  ber  j)rinji})iellen  ©eite  ber  ©ac^e,  fonbem  erft  bei  ber  Slu^fül^rung.  ^n 
h)ieh)eit   ift  ber  ^rebiger  on  ba3  Selenntni^  feiner  Äird^c  gebunben  V    3Bir  moden,   um 

16  einen  feften  S3oben  ju  gewinnen,  bie  ?Jrage,  fotoeit  fie  bie  §omiletif  berührt,  l^iftorifd^ 
onfafjen.  ^unäc^ft  ift  ju  fonftatieren,  ba^  bie  })roteftantifd^en  Äirc^engemeinjd^aften  i^re 
^Prebiger  mit  Sel^mormen  berfel^en  ober  auf  Se^mormen  ^intueifen  mußten.  3)ie  geft^i^t^ 
lid^en  Umftänbe,  unter  benen  bie  SReformation  in  ben  einjelnen  ^Territorien  eingefül^rt 
hjurbe,  namentlich  bie  35ef(^ffenl^eit  ber  ^rebiger  unb  ber  ©emeinben  machten  bie  3luf= 

30  rid^timg  folc^er  Sel^mormen  nottoenbig,  follte  nic^t  ein  allgemeine«  6^ao«  entftc^en.  ©olc^c 
Se^mormen  fmb  j.  8.  ber  Unterrid^t  ber  Sifitatoren  1528,  bie  Anleitung  im  1.  3:eil  ber 
Sranbenb.s^Rümb.  ÄO  1.533.  §ier^er  gehört  ber  ^eibelberger  Äated^.  (Dgl.  bie  auf  i^n 
fd^on  Sejug  ne^menbe  Stu^erung  ber  Sßfälj.  ÄD  1563:  ©oBen  (nämlic^  bie  ^rebiger) 
nac^  bem  armen  aeringen  ^Berftanb  be«  gemeinen  SSoIfö  il^re  ^rebigten  h)if|en  ju  [teilen, 

26  olfo  ba^  ber  3lrtifel  bed  Äoted9i«ntu«,  borauf  bie  Sel^  fo  er  für^at,  fid^  lehnet,  mit  ein^ 
gefül^ret  unb  bem  SSoße  berftänblic^  eingebilbet  n?erbe).  ®en  gleid^en  3^^*  ^^^^^  ber 
Catechismus  Romanus  (Dgl.  au«  ber  SJonebe:  ex  quo  parochi  vel  omnes  alii, 
quibus  docendi  munus  impositum  est,  certa  praeeepta  petere  atque  depro- 
mere  ad  fidelium  aedificationem  possint).     SoUftänbig   gebunben   toar  bie  ^rebigt 

80  burd^  2trtiM  35  ber  angfilanifc^en  itonfejpon,  toonad^  bie  ©eiftlic^en  jur  Serlefung  it^nen 
gegebener  ^omilien  toerjjflid^tet  toaren.  (Sin  jtoeiter  SBeg,  bie  ^rebigt  t)or  3«J«>rr^ft^€iten 
in  Sefenntni«  unb  Se^re  ju  fc^ti^en,  n?ar  bie  3?am^aftmac^ung  beftimmter  ©äriften,  toelc^e 
burc^  i^re  ©ntfte^ung  unb  burd^  il^re  Sortrefflic^feit  ba«  anfeilen  gewonnen  Ratten,  bafe 
fie  ba«  Sefenntni«  ber  Äirc^e  treu  toiebcrgaben.    ©o  Verlangte  bie  ^}?ommerjc^e  ÄO  Don 

86  1535,  bafe  bie  ^rebiger  bom  ©lauben,  SBerfen  unb  ©aframent  gemäf;  ber  Slugeb.  Äonf. 
famt  ber  3lj)ologie  Ie|ren.  2)ie  SBürttemb.  ftO  J)on  1556  t)erj)flid^tet  bie  ^^faner,  fid^  in 
i^ren  Sc^ren  unb  Äirc^en^anblungen  nad^  ber  Augustana  unb  ber  Confessio  Virtem- 
bergensis  Don  1552  ju  rid^ten.  am  toeiteften  ge^t  im  16.  ^al)xl}.  bie  Äurfädbf.  ÄD 
bon  1580,  toeld^e  bereit«  bie  Äonforbienformel  unter  ben  Suchern  anführt,  nac^  meieren 

40  bie  ^Pfarrer  l^eimlic^  unb  öffentlid^  lehren  foHen.  ^n  ben  RtxUn,  n?o  jolc^e  9tormen  eigen« 
aufgefteUt  tourben  ober  einzelne  bereit«  Dor^anbene  ©d^rtften  ju  9tormen  be«  ^rebiger« 
gemad^t  tourben,  ^at  man  fd^hjerlic^  ettoa«  Weitere«  beabfic^tigt,  al«  bem  ^ßrebiger  ein 
aRittel  ju  geben,  fic^  unb  bamit  bie  ©emeinbe  gegen  unebangelijc^e  Seigre  ju  fd^ü^en,  unb 
i^m  auperbem  ein  §ilf«mittel  ju  feinem  ©d^riftftubium  unb  feiner  n?if[enf4>aftlid^en  gort= 

46  btibung  5u  bieten,  ©old^e  £e^ranh>eifungen  unb  fie^mormen  toaren  für  i^n  jugleid^ 
Überfluten,  an  beren  i^anb  er  fic^  tiefer  in  bie  (Srfenntni«  ber  ©d^rift  unb  ber  eDange= 
KJd^en  Se^re  hineinarbeiten  foßte.  6«  ift  bamit  ber  ^aujjtfac^e  nac^  nid^t  anber«  getoefen, 
al«  toenn  verlangt  n?urbe,  ba^  au«  bem  Äird^entoermögen  aReland^tl^on«  Loci  (©äc^f.  ®e= 
neralart.  1557)  ober,  toenn  bie  ©elbmittel  e«  geftatteten,  bie  Tomi  Lutheri  (^ommerfc^e 

60  ÄD  1563)  angefd^afft  toerben  follten.  ©c^on  bie  g5ranbenb.=9?ümb.  RD  1533  fpric^t  fic^ 
in  ber  9Sorbemerfung  barüber  fe^r  beutlic^  axi^ :  Unb  bamit  fid^  bie  ^rebiger  befto  beffer 
in  bie  l^eilige  ©d^rift  fc^idfen  unb  if^re  Seigrer  befto  orbentlic^er  führen  mögen,  tpoUen  toir 
i^nen  ^iemit  eine  furje  Anleitung  geben  unb  bie  Domebmften  ©tüdte  c^rifttic^er  Se^re,  bie 
fie  am  aflcrmeiften  unb  flei^igften  treiben  unb  bem  gemeinen  einfältigen  9Kann  einbilben 

66  follen,  nac^  einanber  erjäblen,  nidbt  ber  3Reinung,  baf;  fie  baran  follten  fangen,  fonbem 
baburc^  in  bie  l^eilige  ©d^rift  getoiefen  unb  gefül^rt  merben,  ba^  fie  bafelbft  reic^lid^en  unb 
genugfamen  Unterricht  erlangen.  Xnxd)  folc^c  3?äl^erbeftimmung  ift  bie  3Keinung  au«^ 
gefc^loffen,  al«  muffe  ber  Seigrer  unb  ^^rebiger  bie  Sebmorm  ®a^  für  ©a^  al«  abfolute 
23a|r^eit  gelten  laffen.  3lnbererfeit«  ift  aber  bod^  ber  feften  Überzeugung  au«bruc!  gegeben, 

eoba^  in  biefen  Se^mormen   bie  ©umme  ber   c^riftlic^en  Seigre  toirflic^  au«gef})rod^en   ift. 


Homilet»  303 

®iefe  SSorau^fc^ung  finbct  natürlid^  nic^t  blofe  bei  ben  lut^erifc^en  Äirc^enorbnungen  ^iatt, 
fonbern  überoJDi;  too  ber  ^rcbiger  auf  fold^c  ©c^riften  bert)flic^tct  tuitb  (bgl.  bie  oben  an- 
geführte Stelle  au«  bem  römifd^en  Äated^tömu«  unb  ber  ^fälj.  ÄO).  3)ie  Sebeutung  ber 
f^mbolifd^en  Sü^er  liegt  nic^t  blop  im  ©egenfa^  gegen  bie  änber^Iel^renben.  ©rft  eine 
i^eologie  bie  mit  ben  })ofttiben  SluffteDungen  ber  Symbole  nid^t  me^r  eintoerftanben  toar,  6 
lonnte  beren  Sebeutung  in  bem,  n?a«  fie  negieren,  finben.  ©c^leiermac^er  fagt  5ßraft. 
Xl^eol.  ©.  645:  2)ie  f^mbolifc^en  Sudler  foCtcn  bie  einzelnen  ©emeinen  aU  jufammens 
gehörig  in  ber  SRic^tung  gegen  bie  fat^olifc^e  Äirc^e  barfteflen  unb  jugleid^  ate  fotdffe,  bie 
mit  bem  SRebolutionären  nic^t«  tooHten  ju  t^un  ^aben.  9lber  ein  fir^Iid^e«  ©emeintoefen 
lebt  nic^t  t)om  2Biberfj)rud^.  2)er  SBiberfpnid^  ^ai  feine  SBur^el  in  ber  befferen  ©rfenntni«,  lo 
unb  ba«  ®emeinh)efen  l^at  bor  allem  ba«  ^i'^t^^fl^f  ^^^  befjere  ©rfenntni«  in  Umlauf  ju 
bringen.  3)arum  lonnten  auc^  bie  broteftantifc^en  Äirc^engemeinfc^aften  fic^  nid^t  bamtt 
aufrieben  geben,  ftd^  gegen  bie  lat^olifc^e  Äird^e  jufammengufc^liefeen,  unb  ju  erllären,  ba^ 
fie  mit  bem  SleJJotutionären  nic^t«  ju  tl^un  ^aben  toollten.  ©ie  mußten  gerabe  fo  gut 
erllären,  n?arum  pc  n^iberf^^red^en,  fie  mufften  ber  befferen  ®rfenntni«  einen  beftimmten  i6 
l)oritiDen  Stu^brudf  geben,  unb  ba«  nid^t  blo6  an^  firc^en))olitifc^en  ®rünben,  fonbern  aud 
feelforgerli^em  S'^t^^cffe  an  t^rcn  eigenen  ©emeinbcn.  3)a«  ift  ber  tiefere  ßJrunb,  au« 
toelc^em  bie  ^rebiger  bon  jel^er  Derpflid^tct  tourbcn,  nac^  fold^en  ©c^riften  ju  lehren,  unb 
bider  Orunb  beftc^t  natürlid^  fo  lange  fort,  al«  bie  Kird^engemeinfd^aften  nid^t  an  fid^ 
felbft,  an  ber  SBa^rl;eit,  bie  fie  ju  Vertreten  l^aben,  unb  an  bem  -fie^t,  ju  ejiftieren  unb  20 
m  mirfen,  ine  gemorben  ftnb.  2)amit  ift  aber  au^gefjjrod^en,  ba^  bie  Ünterfc^jeibung  einer 
3ier))flic^tung  auf  fl;mbolifc^e  Sticf^er:  quia  consentiunt  cum  sacra  scriptura,  unb 
einer  SSerjjflid^tung :  quatenus  consentiunt,  ganj  unhaltbar  ift.  3)iefe  Unterfd^eibung 
ift  bei  5Katt^.  ^ßfaff,  Jur.  eccl.  p.  121  ermähnt  unb  befJ)roc^en.  ^faff  fagt  mit  Siecht, 
bie  formula  quia  fei  mit  ber  formula  quatenus  aequivoea.  95enn  bie  ^ormelas 
quatenus  enthält  bod^  bie  2lnerfennung,  ba^  bie  Sefenntni^fd^riften  unb  bie  i).  ©Triften 
im  toefentlid^en,  toorauf  e«  im  §eiteintereffe  ber  ©emeinben  anfommt,  übereinftimmen. 
©onft  toäre  biefe  Verpflichtung  ein  ftiboler  SBi^  unb  fönnte  auf  jebe«  beliebige  Sud^ 
au«gebe^nt  Serben.  2tnber«  Wax  aber  aud^  bie  gormel  quia  nic^t  gemeint,  unb  anber« 
barf  fte  nicf^t  berftanben  hjerben.  3)ie  §omiletit  barf  il^rerfeit«  biefe  Verpflichtung  nic^t  90 
aufgeben;  benn  fie  l)at  e«  mit  ber^rebigt  ju  tbun,  nic^t  mit  irgenb  einer  Siebe  religiöfen 
Sn^alt«,  bie  bon  bem  33oben  lo«gelöft  ift,  auf  n^elc^em  bie  ©emeinbe  erload^fen  ift,  unb 
avL^  bem  fie  i^re  £eben«fräfte  jie^t.  2lber  fie  toirb  aud^  gugeben  muffen,  bafe  nic^t  alle«, 
h)a«  in  ben  einzelnen  Sefenntni«fd^riften  ftel^t,  unterfc^ieb«lo«  al«  35efenntni«  an^ufe^en 
ift,  bafe  bielme^r  in  biefe  ©d^riften  manche«  unbefc^en  mit  l^erübergenommen  toorben  ift,  a^s 
h)a«  nid^t  al«  inlegrierenber  Seftanbteil  be«  33c!enntniffe«  gelten  fann.  3)ie«  3wgeftänbni« 
ift  aber  fein  berftcäte«  eingeftänbni«  ber  SJöglid^feit,  ba|  ba«  ebangelifc^e  Vetenntni« 
einmal  ganj  bcfeitigt  n?erbe.  2)enn  bie  §omiletit  ru^t  auf  ber  3Sorau«fe|ung,  ba^  e«  ein 
unb  berfelbe  ©eift  ift,  ber  ©eift  ^t\u  &}x\^i\,  ber  in  ber  ©d^rift  rebet,  unb  ber  bie  3ü"0^ 
3efu  jur  ©rfenntni«  ber  SBa^rljcit  leitet,  ©ie  fommt  alfo  auc^  in  bicfer  Sejiel^ung  auf  40 
ba«  Quia  ^inau«.  3"^  Vcrmeibung  bon  2Ri^berftänbniffen  empfiehlt  e«  fid^  aber,  bon 
ber  Slennung  beftimmter  Sücl^er  abjufel^en.  2)ie«  Verfahren  n?ar  in  alten  3^^^^"  unber« 
fänglid^,  n)0  man  bon  ber  Ü)Jöglic^feit  feine  2l^nung  ^alte,  bafe  bem  quia  ein  quatenus 
mit  betoufeter  Slbfic^tlirf^feit  entgegcngeftellt  toerbcn  fönnc.  .^^^eut^utage  toirb  e«  bcffer  fein, 
um  nic^t  unnötige  @etoiffen«bebenfen  l;erbor5urufen,  ben  ^rebiger  anftatt  auf  bie  ©e«  45 
fcnntni«fc^riften  auf  ba«  Vcfenntni«  ju  berpflic^ten,  j.  33.  nac^  ber  ba^erifc^en  gormel: 
SBiUft  bu  bie  geoffenbarte  Se^rc  be«  ^eil.  (Sbangelium«  nac^  bem  ©lauben«befenntniffe 
unferer  ebangeUfc^4utl^erifd^en  Äirc^e  rein  unb  lauter  prcbigen?  !3n  ber  ©ad^e  ift  mit 
gormein  biefer  2trt  nic^t«  aufgegeben.  3"^  eigenen  Selel^rung  brauchen  aber  ben  ^re« 
bigem  bon  ^eute  beftimmte  ©Triften  gar  nic^t  me^  genannt  ju  Serben,  ba  fid^  bie  SSor«  60 
bebingungen  jum  (Eintritt  in«  ^rebigtamt  boflftänbig  geänbert  l^aben. 

2luf  ©runb  biefer  Sluffaffung  bc«  SSerl^ältniffe«  ber  ^rebigt  jum  Sefenntni«  ber 
©emeinbe  erlcbigt  fic^  ber  Ic^te  ^^Junft  ber  prinzipiellen  ^omiletif.  ©ie  mufe  nämlid^, 
toa«  bie  ^erfönlicl^feit  be«  ^rebiger«  angebt,  c«  al«  felbftborftänblic^e  3Sorau«fe^ung  feine« 
^rebigen«  bejtiAncn,  ba^  er  für  feine  $erfon  bem  ©lauben  unb  Sefenntni«  feiner  Äird^e  66 
^ugetl^an  ift.  ®«  tbäre  ju  tbenig,  h)cnn  er  blofe  bie  bom  Sefenntni«  gezogenen  fiinien 
einhalten  h>ollte,  o^nc  felbft  ba«  Setenntni«  ju  teilen.  2)ie  §omiletif  fann  fi^  aud^  nic^t 
bobei  beruf^igen,  ba^  bie  SBirfung  ber  ^rebigt  bon  ber  perfönlic^en  ©tellung  be«  ^rebiger« 
zum  ©eprebigten  nicl^t  abl^ängt.  3)a«  ift  gelbi^  rid^tig;  aber  ba  e«  fic^  bei  ber  ^rebigt 
um  ein  ©lauben«3eugni«  an^  ber  gegentbärtigen  ©emeinbe  l^erau«  l^anbelt,   fo  ift  e«  ba«  eo 


304  ^omileHf 

9?ormaIe,  n^ciin  bcr  ^rebiger  für  feine  ^erfon  burd^  feinen  ©laubai  biefer  communio 
angel^ört.  2lnbererfeit^  mufe  aber  aud^  in  Setrac^t  gcjogen  Serben,  ba^  ber  ^rebiger  ^in= 
fid^tlic^  feiner  (Srfenntni^  gerabe  fo  gut  ioie  l^infid^tlidi;  feineig  SBanbel^,  an  ber  ber  ®es 
famtgemeinbe  anl^aftenben  Unbottfommcn^eit  teilnimmt,  unb  ba^  e^  beö^alb  genug  ift, 
6  hjenn  bie  §omiIetif  bie  3Serantit)ortIicl^!eit  beiS  ^rebigcr^g  toor  ber  ©emeinbe  unb  ba^  Stecht 
ber  ©emeinbe,  nötigenfalls  gegen  ben  5ßrebiger  burd^  i^re  leitenben  Organe  Dorguge^en, 
})rinjibiell  aufrecht  erl^ält. 

äSon  biefen  grunblegenben  3lufftellungen  über  2öefen  unb  2lufgabe  ber  ^rebigt  fd^reitet 
bie  ^omiletif  jur  Darlegung   ber  richtigen  Sefc^affen^eit  ber  Ginjelj)rebigt  fort.    3)omit 

10  befd^äftigt  fic^  bie  materielle  unb  bie  formelle  $omiletif.  9lur  auf  ®runb  biefer  prin- 
jipiellen  (Srörterung  ift  fie  im  ©tanbe,  in  ben  nun  folgenben  3:eilen  bie  ©ubieftit)ität  unb 
bie  SBiUfür  ^u  bermeiben.  3lber  auf  ©runb  biefer  })rin5i})iellen  Erörterungen  toirb  fie 
aud^  ben  aSerfuc^  machen  müfjen,  bie  bereits  ertodi^nten  gefd^ic^tlic^  gegebenen  formen  ^u 
befjjred^en  unb  ju  beurteilen,  meldte  bie  ^rebigt  angenommen  i}at,  tvk  bie  ^wgtunbelegung 

16  bcS  3:ejteS,  bie  ©trultur  ber  ^rebigt,  bie  Kanjelfjjrac^e.  3)a  mir  bie  ßrbauung  als  ben 
3h)edt  ber  ^rebigt  bejeic^net  ^aben,  aber  bie  (Srbaulic^Ieit  ber  ©in^eljjrebigt  ijon  il^rer 
Sefd^affen^eit  abhängig  fein  laffen,  fo  ift  bie  erfte  grage  bie:  2BaS  fann  bie  §omiletif 
barüber  telj^ren,  melc^er  ©egenftanb  \)on  bem  5ßrebiger  ju  bel^anbeln  fei?  S^^^^^f^KS  mu^ 
eS  ein  ©egenftanb  fein,   ber  bem  ßrbauungSbebür^iS  ber  ©efamtgemeinbe  entfjjrid^t;   je 

»beutlic^er  biefeS  SebürfniS  hervortritt,  um  fo  beutlic^er  ift  aud^  ber  ©egenftanb  gegeben. 
5Rur  barf  nid^t  toergeffen  toerben,  bafe  au(^  in  biefer  Sejiel(^ung  bie  ijerfammelte  ©emeinbe 
immer  ^uerft  als  ein  3:eil  ber  großen  ®otteSgemeinbe  in  Setrac^t  !ommt  unb  nit^t  als 
eine  SJerfammlung  neben  einanber  lebenber  ^milien  unb  SRenfc^en  mit  berf^iebenen  Sr- 
lebniffen  unb  Stimmungen.  3)ie  ©otteSgemeinbe  aber  ift  burc^  baS  6rlöfungStoerf  6^fti 

26  begrünbet  n?orbcn.  3)iefeS  ©rlöfungStoerf  n?irb  burc^  einige  gefte  gefeiert,  meiere  ftd^ 
binnen  Sa^reSfrift  toieberl^olen.  3)iefer  ßtofluS  Don  g^tfeiem  bilbet  bie  ©runblage  beS 
fogenannten  Äirqenja^reS.  Ob  biefeS  Äird^enja^r  in  jtoei  ober  brei  Xeile  jerföllt,  barüber 
mag  bie  Siturgif  entf^eiben.  %üx  bie  §omiletif  genügt  bie  I^atfac^e  biefer  regelmäßig 
toieberfe^renben  geftfeiem  boHftänbig,  um  m  »erlangen,  baß  an  biefen  geften,  ben  festis 

80  Christi,  bie  betreffenbe  g^P^^^^^f^^^^  t>^"  ©egenftanb  ber  $rebigt  bilben  muß.  3Son  bem 
gleichen  ®efic^tS))un!t  auS  muß  auc^  baS  gemürbigt  toerben,  toaS  bie  Siturgif  über  bie 
3}orfeiem  unb  Slad^feiem  biefer  gefte,  fon?ie  über  anbere  regelmäßig  mieberte^renbe  aUs 
gemeine  ober  lofale  fird^lic^e  geiem  ju  fagen  toeiß.  3)aS  ift  baS  Slic^jtige  an  ber  2e^re 
bon  ber  ©toffbeftimmung  bur^  baS  Äirdfjenja^r.    3)a  nun  bie  Jeftt^atfac^en  unb  i^re  Se* 

85  beutung  burd^  olle  3^4^^«  ^inburc^  für  bie  ©emeinbe  biefelbcn  bleiben,  fo  l^aben  bie  be« 
treffenben  ^ftj)rebigten  ben  gleid^en  3i"^ölt-  ^  ^^t  nur  bie  eine  ober  bie  anbere  Seite 
ber  äntoenbung  befonberS  ^ert)or.  fintier  fagt  in  ber  3.  ^^Srebigt  über  baS  Ofteretoange^ 
lium  in  ber  Äirc^erUJoftiHe,  baß  ^hjeierlei  t)on  ber  3luferfte^ung  beS  §erm  ^u  toiffen  unb 
ju  faffen  ift  ßrftlic^  bie  §iftorie  mit  allerlei  Umftänben,  h)ie  ber  §err  fw^  burc^  mancherlei 

io®rjeigung  lebenbig  offenbaret;  baS  anbere  ©tüdf,  fo  baS  öome^mfte  unb  nötigfte  ift,  unb 
um  toeld^eS  ffliUen  bie  ßiftorie  aud^  gefc^el^en  unb  gejjrebigt  toirb,  ift  t)on  ber  Äraft  unb 
9lu^  unb  3:roft  ber  fröpc^en  2luferftel^ung  beS  ^erm  unb  n?ie  man  berfelben  burl^  ben 
©lauben  brauchen  foll.  9Kit  biefen  9Borten  l^at  Sut^er  für  alle  3^*1^  *^^"  ^ni^alt  an^ 
gegeben,  ben  bie  Dfter})rebigt  unb  bie  5«ftj)rcbigt  überhaupt  l^aben  muß. 

«6  Unter  Umftänben  fann  aber  and^  an  ber  befonberen  ©emeinbe  unabhängig  öom  Saufe 
beS  Äird^enjal^reS  ein  befonbereS  SebürfniS  mit  fold^er  ©tärf e  hervortreten,  baß  bie  ^rebigt 
barauf  eingeben  muß.  2)icfeS  befonbere  SebürfniS  toirb  je  nac^bem  burd^  baS  religiöfe 
Seben  ber  ©emeinbe  ober  burd[>  i^re  irbif^en  SSer^ältniffe  hervorgerufen.  So  machten  j.  93. 
bie  fird^lic^en  3"f*ä»^^^   ^^  aSittenbcrg  Sut^erS  ai^i  ©ermone  1523   unb   bie   bebenflic^e 

60  Sage  in  2lntio^ien  387  bie  fogenannten  ©äulenl^omilien  beS  6l^tt;foftomuS  nottoenbig. 

aber  fold^e  befonbere,  ben  ^rebigtgegenftanb  toie  mit   elementarer  ©eioalt  beftim^ 

menbe  ©reigniffe  treten  nur  auSna^mStoeife  l^ervor.   6S  fragt  fw^  nun,  tooburc^  ber  ^re^ 

btger  in  ben  feftlofen  ©trecfen  bcS  Äirc^enja^ireS   unb   in  ben  ereignislofen  3^'^^  f^"^ 

?Prebigtgegenftanb  befommt.   9Son  einem  befonberS  ^erVortretenben  Sebürf niS  fann  man  in 

ööbiefem  ^aüc  nic^t  reben;  bcnn  bie  ©ituation  ift  eben  baburc^  gcfc^affen,  baß  ein  folc^ 
fidb  nid^t  bemcrfbar  mac^t.  gür  biefen  5^11  ift  bie  allgemein  ^errfc^enbe  ©itte,  einen 
oiblifc^en  3:ejt  ju  ©runbe  ju  legen,  Von  befonberer  Sebeutung.  Über  bie  jjrinjipielle  ©eite 
ber  lejtfrage  fönnen  toir  furj  l^intoegge^en;  Von  einer  unbebingtcn  5loth)enbigfeit  beS 
leiteS  fann  feine  SRebe  fein.  Slber  ettoaS  anbcrS  ftellt  [id)  bie  SKii)^,  toenn  man  bie  gr^ 

60  baulic^feit  ber  (ginjeljjrebigt  inS  3luge  faßt.    (Sine  unbebingte  ©arantie  giebt   ber  Xejt 


^omiletit  305 

auc^  in  biefer  SRid^tung  nid^t;  c^  !ommt  ja  immer  auf  bie  äu^fü^rung,  auf  bie  Sc^anb* 
lung  bed  3:ejte^  an.  2lbcr  eine  richtige  Se^anblung  toorau^efe^t,  giebt  ber  %^t  bem 
^PrÄiper  eine  beftimmte  Slntoeif ung,  tporüber  er  ju  tjrebigen  ^at,  unb  ba^  biefe  2lnn?eifung 
für  bie  ©emeinbe  nu^bringenb  ift,  folgt  barau^,  ba^  bie  %^t  ber  1^.  ©d^rift  entnommen  s 
fir*  unb  bem  Sebürfni^  t)er  ©emcinbe  entfj)red^enb  bel^anbelt  toerben  muffen.  3)er  ^Prebiger 
toirb,  toenn  nid^t  befonbere  (Sreignifje  i^m  ein  befonbere«  Scbürfni^  ber  ©cmeinbe  offene 
boren,  immer  ber  juten  3w^^W^  f^i"  bürfen,  bafe  er  nid^t^  Unnü^e^  ober  aßUßtirlid^e« 
t>rAigt,  toenn  er  einen  ^^ejt  jugrunbe  legt  unb  biefen  toirflidb  be^anbelt.  ®er  lejt  em^ 
l)fiel^lt  fic^  ouc^  für  bie  gcftjorebigten ;  benn  er  giebt  bem  feftfte^enben  geftt^ema  eine  be« 
ftimmte  S^ic^tung.  3)er  ^^e^t  ift  enblid^  burc^  bie  ®efd^i(^te  ber  ^rebigt  gered^tfertigt;  lo 
bie  ^Prebigt  l^at  fic^  bon  jel^er  be«  3;cjtc^  bebient,  unb  unfere  ®emeinben  finb  baran 
boHftänbig  getoö^nt.  2)a«  3Ser^äItnig  gmifd^en  lejt  unb  ^^Jrebigt  ift  allerbing^  nac^  bem 
oben  Stuigefü^rtcn  Derfd^ieben.  3ft  *^^  ©egenftanb  ber  ^Prebigt  burl^  ba^  geft  ober  \>\xxd) 
ben  f})egienen  3lnla^  gegeben,  bann  mufe  ein  2ejt  genommen  toerben,  ber  baju  pa^t; 
umgele^rt  aber:  ift  ber  3^ejt  ba  unb  fein  beftimmter  ®runb  t)orl(^anben,  ettoa^  anbere^  i6 
ju  })rebigen,  <d^  \oai  er  an  bie  §anb  giebt,  bann  ift  ber  Oegenftanb  burc^  ben  Zt^t  be= 
ftimmt.  3)er  Vorteil,  ber  für  bie  ßJemeinbe  unb  für  ben  ^rebiger  auö  bem  3Sorl^anbenfein 
eine«  beftimmten  leitet  erh)ä(^ft,  toirb  fofort  in  ^age  gefteHt,  toenn  er  bie  lejte  bon 
JfoH  JU  ^oü  felber  toä^len  mu|*  3)arum  ift  e^  befjer,  menn  bie  3:eEtc  toorgef^rieben 
finb.  6ie  fmb  bann  immer  für  eine  größere  S^\)l  bon  ©emeinben  toorgefc^rieben,  unb  20 
ba^  ift  für  bie  fird^Iid^e  ßrjiej^ung  Don  großem  Vorteil,  dagegen  fönnen  bie  3SorteiIe 
ber  reformierten  ©itte,  ganje  biblif^e  Sudler  fortlaufenb  ju  enlören,  nic^t  auffommen. 
Senn  biefe  38orteile  laufen  boc^  fc^licfelic^  barauf  l^inauö,  ba^  bie  ©emeinbe  mit  einem 
beftimmten  biblifc^en  35uc^e  Dertraut  gemacht  toirb,  toä^renb  bie  ^rebigt  \>od)  bie  biblifd^e 
Sföa^l^it  binnen  cineiJ  übersehbaren  3eitraumeg  toorfü^ren  foD.  3)ie  ©rrcic^ung  biefe«  25 
3iele«  h)irb  burd^  ein  gutgetoäl^lteö  ^erifoj)enf^ftem  am  beften  geförbert.  (grft  toenn  biefe 
fünfte  erlebigt  unb  bie  ©rforbemifle  eine«  guten  ^erifopenf^ftcm«  HargefteÖt  morben  finb, 
lann  bie  ^omiletif  ba«  alte,  fogenannte  aItnrA(i4>e  ^erifojjenf^ftem  unbefangen  tuürbigen. 
SBa«  an  biefen  altfird^lid^en  ^eri!o})en  burc^  fiünfteleien  ju  il^ren  ©unftcn  unb  burc^  uns 
gcre^^te  SJortoürfe  gefünbigt  morben  ift,  ift  befannt.  6in  unbefangener  2:^eoretifer  toirb  ao 
fie  gefd^i^tlic^  toürbigen  muffen. 

2lu«  ber  Sebeutung,  toelc^e  bie  Schrift  für  bie  ©emeinbe,  unb  au«  ber  Sebeutung, 
meiere  ber  %^i  für  bie  ^rebigt  ^at,  ergiebt  fic^,  ba^  ber  le^t  ber  1^.  (Schrift  entnommen 
fein  mu^.  35ie  ^raji«  unferer  2llten,  aud^  über  ben  Äate^i^mu«  ober  über  2ieber  ju 
i)rebigen,  erftärt  ftd^  barau«,  ba^  ber  Äatec^i«mu«  unb  bie  ju  lejten  erhobenen  Sieber  35 
i^rer  2lnfc^auung  x\a6)  nid^t«  toeiter  afö  bejonber«  formulierte  ©d^riftfteDen  ober  ®d^rift= 
le^en  ioaren.  60  erfennt  Sajer  lejte  an,  toelc^e  virtualiter  in  ber  Sd^rift  enthalten 
finb.  Exempla  finb  if^m  fold^e:  quae  ex  symbolis  nostrarum  ecclesiarum  sive 
universalibus  sive  particularibus  itemque  ex  cantionibus  aut  precationibus 
sacris  peti  aliquando  solent  et  pro  concione  tractari.  2)agegen  mu^  e«  bie  §o=  40 
miletif  für  unbebingt  fc^Ier^aft  erflären,  3:e£tc  au«  ben  a})otr^t)^if^en  Sudlern  ober  au« 
ber  })rofanen  Sitteratur  ju  ncl^men.  6«  folgt  Leiter  au«  ber  SßJürbe  be«  legte«  al«  eine« 
Seftanbteile«  ber  fanonifc^en  ©(^rift,  ba^  ber  Xejt  für  bie  ^rebigt  in  ergiebiger  SBeife 
benu^t  toerben  muf;.  6«  ift  fe^Ier^aft,  i^n  blofe  al«  5Kotto  t)orau«juf(^idtcn.  Sie  alten 
§omiletifer  f^ahm  ba«  SSerbienft,  bie  Seigre  bon  ber  Sc^anblung  be«  2:ejtc«  grünblid^  45 
bargeftellt  ju  ^aben.  Sie  neuere  §omiletif  mufe  in  manchem  auf  bie  Seite  ber  3llten 
treten,  tro|bem  ba^  bie  ^ragi«  toielcr  mobemer  ^rebiger  fid^  nid^t  bamit  t)ertragen  mag. 
Saju  gehört  bor  aßem  ber  ©runbfa^,  ba^  für  bie  rid^tige  Scl^anblung  be«  ^^ejte«  ein 
umfaffenbe«  ©c^riftftubium  bie  unentbe^rlid^e  ©runbtage  ift:  sacrarum  literarum  cog- 
nitio  et  facultas  certa  via  ac  methodo  docendi  et  utiliter  interpretandi  scrip-  go 
turam  sacram  (Q.  3lnbrcä,  Method.  conc.  p.  17).  Sobann  bie  gorberung,  ben  lejt 
juerft  in  ber  ©runbfjjrac^e  grünblid^  burd^juarbeiten.  (Ad  eruendam  veram  scripturae 
sententiam  post  invocationem  Spiritus  sancti  plurimum  Hebraicae  et  Graecae 
linguae  cognitio;  ut  in  veteri  testamento  ad  fontes  Hebraei  textus,  in  novo 
vero  ad  Graecum  exemplar  accedant  et  vocabulorum  ac  phrasium  genuinam  55 
significationem  expendant  {^,  Dftanber,  De  rat.  conc.  1597  p.  18).  Sann  bie 
too^langebrac^te  SBarnung,  bie  fird^lic^  gebrauchte  ©emeinbebibcl  nid^t  Dor  ber  ©emeinbe 
ju  bi«lrebitieren.  Cavendum  imprimis  concionatori,  ne  ubi  obscuritas  Hebraei 
aut  Graeci  textus  diversam  interpretationem  admittit,  ipse  pro  concione  Lu- 
ther! versionem  reprehendat.    Ut  enim   haec   stolida   jactantia   et  eruditionis  go 

9teaU(»nc))rio)>äbie  für  'XtftoloQit  unb  Stirere.  3.  «.  Viil.  20 


306  ^omUfttf 

ostentatio  digna  est  omni  reprehensione,  ita  cum  detrimento  ecclesiae  con- 
juncta  est:  quippe  quae  optimam  Bibliorum  translationem  piae  plebi  sine 
causa  suspectam  reddit  (ebenb.  @.  19). 

3)ie  tpeiteren  9Ser|ucl(ie  unferer  SUten,  Slnlcitung  ju  geben,  tpie  ber  ^rebtger  ben  Xcfct 

6  für  bie  ^rebigt  ergiebig  mad^en  fott,  fönnen  ^ier  nid^t  erörtert  tperben.  ^n  biefen  ^u- 
jammen^ang  gehört  ber  SRücfblid  auf  bie  fogenannte  SReti^obenlei^re,  wAd^m  bie  ^omtle« 
tifer  anfteDen  ju  muffen  glauben,  obgleidji  bie  ©djiilberungen  ber  SDlet^oben  fc^on  ^u  il^rer 
3eit  nicljit  o^ne  SBiberfprucI^  geblieben  finb.  3Kanc^e«  mad^t  ben  ©inbrucf  einer  mut= 
hjiDigen  ©rfinbung  ober  Übertreibung.  §ier  fei  nur  bemerft,  bdfe  bie  burd(i  bie  $omiletifen 

10  ftd^  ^inburdfi^ie^enbe  9lotij,  ba|  3o^.  Seneb.  garp^ot)  bie  ^unbertja^l  ber  3Wet^oben  öoH 
gemad^t  l^obt,  [xd)  in  biefer  ®eftalt  fd^Iimmcr  aufnimmt,  afe  fie  in  38BirfIic^feit  öcrbient. 
^6)  üermute  nämlict^,  ba^  bamit  gemeint  ift  bie  in  feinem  §obogetifum  ate  S)eifpiel  mit- 
geteilte Genturia  dispositionum  ad  unum  textum  formandarum.  @^  n)äre  nid^t 
anijufd^tücr,   aud^  in  ber  neueren  l^omiletifd^en  fiitterotur  ©eitenftücfe  ju  biejcm  Serfal^ren 

16  aufjufinben,  SBöi^renb  nun  bie  alte  3Ket^obenlel^re  in  ber  mobemen  §omiletif  nur  nocb 
afö  ettoa«  ber  $Jergangenl^eit  ange^örigc^  ertoäl^nt  toirb,  befd^äftiat  ein  anberc«  ©tücf  ber 
alten  Il;eorie  nod(i  bie  neueren  Il^eoretif er :  nämlic^  bie  Unterfc^eibung  toon  anal^tifc^er 
unb  ftjnt^etifc^er  $rebigt.  6«  ift  toeber  leid(|t  nod^  lo^nenb,  ben  SBirrtoarr  barjuftetten, 
ber  mit  biefen  ©c^lagtoörtem  getrieben  Sorben  ift.    SSielleic^t  trägt   e^  aber  jur  iUärung 

20  unb  3Sereinfac^ung  ber  ©ad^lage  bei,  toenn  h>ir,  anftatt  bie  Slriftotelifer  ober  Rant  um 
biefe  Segriffe  ju  befragen,  einfach  un^  mit  bem  begnügen,  toa^  bie  alten  ^omiletifer 
barunter  tjerftanben  l^aben.  Ob  bann  baju  bie  9lamen:  Slnal^tifc^  unb  ©^nt^etifd^,  gut 
gejja^t  l^aben,  fann  un«  jiemlid(i  gleid^giltig  fein.  9lun  finben  fic^  bie  Sluebrücfe  dvdkvaig 
unb  avv^eaig  in  Sejug  auf  bie  ^rebigt  früher,   ate  man  Vermutet.    9Jämlic^  fd^on  bei 

26  3öt.  Slnbreä.  6r  öerfte^t  unter  älnal^fi«  bie  fid^  auf  ba^  (Sin^elne  crftredenbe  (Erörterung 
ber  fämtlid^en  SSeftanbteile  be«  Sejte^  unb  unter  ©^nt^eftö  bie  Serbinbung  ber  @injel= 
Reiten  ju  einem  ®anjen.  S)iefe  resolutio  imb  compositio  fmb  nottoenbig,  tüeil  in  ber 
^rebigt  jioeierlei  fic^  finben  mu|:  erudita  paraphrasis  praesentis  textus  et  om- 
nium  ejus   partium,    et   locorum    communium   seu   doctrinarum  generalium 

ao  tractatio,  quae  ex  praesenti  textu  nascuntur.  ^emnac^  fällt  bie  anal^tifc^e  unb 
f^nt^etifd^e  2;i>ätiafeit  be«  ^rebiger^  in  feine  SSorbereitung  auf  bie  ^rebigt,  unb  bie  ^örer 
erl^alten  in  ber  $rebigt  bie  ßrgebniffe  biefer  jtoeifad^en  2:]^ätig!eit ;  aber  für  3lnbreä  mU 
ftei^en  barau«  nit^t  jtoei  ©attungen  öon  ^jSrebigten,  fonbern  jebe  ^ßrebigt  entl^ält  änal^- 
tif^e«  unb  ©^ntl^etifc^e^.    ®rft  bie  ffätere  ©nttoicfelung   fül^rte  ju   jtoei  ©attungen  öon 

86  ^rebigten,  bie  fid^  aber  bod(i  ju  einer  gemifd^ten  ®attung  bereinigen  liefen.  33gl.  9)lo^ 
l^m  ©.  265:  2Bir  ^aben  brei  2lrten  öon  ?ßrebigten:  1.  3lnal^tifd^e  ^ßrebigten,  ba  man 
ben  Seit  üon  9Bort  ju  SBort,  öon  ©o^  ju  ©a^  burd(ige^t  unb  i|n  erflärt;  2.  f^nt^e- 
tifd^e  ^Prebigten,  ba  man  aui  bem  legt  eine  ©lauben^le^re  ober  Seben^lel^re  jie^t  unb 
biefe  allein  au^fü^;  3.  üermifd^te  ^rebigten,   in  toelc^en   man   erftlic^   ben  2)ert  erHärt 

40  unb  l^iemäc^ft  SBa^r^eiten  aud  bem  %tfU  au^fül^rt.  3)a  toir  in  biefen  ©rllärungen  SJlo^* 
^eim^  auc^  fc^on  bie  anal^tifd^i^f^ntl^etifd^e,  fotoie  bie  fbntl^etifc^=anal^tifc^e  ^IJrebigttoeife 
unb  bie  einfädle  ^omilie,  Jfotoie  bie  ÄunftJ^omilie  angebeutet  finben,  fo  tooDen  toir  nur 
nod^  bin^ufügen,  ba|  ber  Scame  .^omilie  für  bie  befonbere  ©attung  ber  bem  ^^ejt  ©(^^ritt 
für  ©c^ritt  folgenben  unb  il^n  antoenbenbcn  unb  erflärenbcn  ^rebigt  in  ber  erften  Jpälfte 

46  bc8  vorigen  S^^r^^^nbertg  aufgefommen  ju  fein  fd(ieint.  {Db  in  ^anfreic^?  3)er  3^"'^ 
Sl.  ®i«bert  1639—1731  giebt  in  c.  11  feiner  d^riftlic^en  Serebjamfeit  fc^on  eine  Se^ 
fd^reibung  öon  ber  Öefc^affenl^eit  einer  .C^omilie,  toeld^e  bie  9ieucren  Äunft^omilie  nennen, 
mbem  er  rid^tia  ^ertoor^ebt,  ba|  e«  ^h^eicrlei  ift,  bie  ©d^rift  erflären  unb  bie  ©c^ift  fre- 
bigen).  6«  öerjte^t  fid^  toon  felbft,  bafe  bie  §omilie  gerabe  fo  berechtigt  ift,   toxt  bie  f^n^ 

60  t^etif^e  ober  toie  man  fie  auc^  genannt  f^ai,  ti^ematifc^e  ^ßrebigt.  ®er  angriff,  ben 
61.  ^armö  in  feiner  ^aftoralt^.  S3b  I  SRebe  7  auf  bie  öomilie  unternommen  l^at,  beftebt 
in  ein  paar  (SinfäHen,  öon  beren  9?id(|tigfeit  man  fid^  fofort  überzeugen  fann,  ioenn  man 
an  bie  ©teile  ber  öon  i^m  angegriffenen  §omilie  bie  fbntl^etifc^e  ober  tbematifc^e  ^rebigt 
einfe^t:  e^  pa|t  bann  alle«,  h>a«  er  Vorbringt,  gerabe  fo  gut  unb  gerabe  fo  fd(|lec^t,  h>ie 

66  auf  bie  .^omilie. 

aßa«  nun  bie  ©truftur  ber  ^Ißrebigt  anlangt,  fo  fann  bie  §omiletif  ber  Seil;ilfe  ber 
SRI^etorif  öoUftänbig  entbehren,  ^eutjutage  ift  too^l  allgemein  aifierfannt,  ba^  bie  rl^eto= 
rifc^en  Il^eorien  ©iceroö  unb  Duintilian«  ni^t  üertoenbbar  fmb  (bgl.  Saffermann  ©.  51 : 
SBenn  e«  überl^auj)t  eine  annehmbare  I^eorie  ber  Serebfamfeit  giebt,  biejenige  ber  3Utcn 

w>  ift  ^  für  un«  iebenfaH«  nid^t).    9Kan  barf  aber  getroft  einen  ©c^ritt  tociter  ge^en  unb 


^omUttit  307 

fogen :  3!)ie  ^omtlettl  braucht  überl^au))!  leine  ^eorie  ber  S3erebfamfeit.  6d  bleibt  bei 
bem  aUi^fjjrud^e  be«  Jp^periu^,  ber  e^  für  eine  untoürbige  SSorftettung  t)on  ber  Il^eoloflie 
erHärte,  h)enn  man  fie  betrad^te,  tanquam  suppellectilem  et  instrumenta  ad  eccle- 
siasticam  praesertim  functionem  necessaria  ipsa  domi  suae  non  haberet.  9Bie 
bie  ^omiletif  mit  ben  tf^eologifd^en  Segriffen:  Äirc^e,  ©emeinbe,  ©emeinfc^aftdleben,  r> 
^.  ©d^ft,  au^etcl(ienb  für  il^ren  jjrimi^jietten  leil  au^erüftet  ift,  fo  ift  pe  e«  auc^  l^in^ 
{tc^tlic^  ai  ber  ^agen,  toeld^e  ^inftcptHci^  ber  ßinjelprebigt  ftc^  ergeben.  2)ied  i)at  fid^ 
und  bereits  gegenüber  ben  nichtigeren  ^agen,  betreffenb  ©egcnftanb  ber  ^rebigt,  3^, 
aSer^ni«  jtoifc^en  ^rebigt  unb  "Xe^t,  bemö^rt.  3""^  Bd^ln^  fott  nod^  gezeigt  toerben, 
bafe  aud^  bie  tec^nifc^en  ^agen  fid^,  fo  toeit  fte  toirflidi^  bie  ^rebigt  angelten,  ol^ne  ^\i=  lo 
^ilfena^me  frember  3)idjiplinen  beantworten  laffen.  3)ie  toid^tigfte  ted(inifd^e  ^age:  toie 
fommt  ber  ^rebiger  ju  feinem  Ibema?  ift  bereite  burc^  ben  ^intoeid  auf  bad  in  t)er= 
fc^iebener  SBeife  unb  in  öerfdjiiebener  ©tärfe  ^ertoortretenbe  ©emcinbebebürfniS  beantwortet 
njorben.  3)a«  ©emeinbebebürfnid  Wirb  auc^  noc^  bann  jur  ©etoinnung  be«  I^emaS 
mittoirfen,  Wenn  bie«  Sebürfnid  an  unb  für  fu^  nid^t  ftarl  genug  ift,  um  bem  ^rebiger  is 
bad  ^ema  ju  geben,  fonbem  ber  %^t  bie  ^l^rung  übernehmen  mu|.  SCuc^  in  biefem 
gatte  toirb  ber  ^^rebiger  bem  aUerbing«  nic^t  ou^efprod(^enen,  nid^t  öor  2lugen  liegenben 
@emeinbebebürfni«  geredet  Werben,  ba  er  bod^  in  unb  mit  ber  ©emeinbe  lebt  tmb  au^er^ 
bem  Wei^,  bafe  feine  ©emeinbe  nur  ein  leil  ber  großen  ©emeinfd^aft  ift,  unb  ba«,  h>a« 
bie  gro^e  (Semeinfc^oft  beWegt,  aud^  auf  bie  einzelne  ©emeinbe  einwirft.  Sluf  tbm  biefem  20 
2Bege  gelangt  ber  ^rebiger  aber  aud^  ju  bem,  toa^  bie  §omiIetifer  bie  pr  3lu«fül^rung 
nötigen  einjelftoffe  nennen.  SBenn  er  Weip,  toad  er  biedmal  frebigen  foU  unb  Warum, 
f}at  er  aud^  ba«  aRaterial  für  bie  äu«fü^ng.  eine  befonbere  lofif,  fei  e«  nun  bie  ber 
Sllten,  ober  eine  eigen«  aufgefteDte,  Wie  bie  öon  c§^jjeriu«,  ober  nadb  feinem  SRufter  bie 
öon  ©teinme^er  (Seitr.  j.  ipraft.  l^eol.  I)  ift  barum  eigentlid^  überpffig,  fie  fann  nur  25 
al«  ein  Slotbel^elf  gelten,  Wie  anbere  Statfc^läge  auc^,  bie  man  anfängem  giebt,  um 
^rebigtftoff  ju  befommen.  3lud^  bie  ©truftur  ber  ©in^elj^rebigt  läfet  fic^  mi  ber  ^rebigt 
felbft  erflären.  S)er  ^rebiger  mufe  bie  ©emeinbe  auf  ba«  Vorbereiten,  foai  er  bie«mol 
bortragen  WiD,  unb  il^r  ^nterefje  erWedten.  @r  l^at  Weiter  ein  grofee«  gntcreffe  baran, 
biefe  innere  Seilna^me  ber  ©emeinbe  an  bem  ©el^örten  bi«  j^um  ©c^luffe  be«  ©otte«*  ao 
bienfte«  unb  über  benfelben  ^inau«  wad^  ^u  erbalten.  3lu«  biefen  ®eric^t«punften  ergiebt 
ftc^,  \üa^  bie  ^omileti!  über  bie  Sinleitung,  über  i^re  9lotWenbigfeit  unb  rid^tige  Se* 
fc^ffen^eit,  fowie  über  bie  tjerfd^iebenen  Slrten,  bie  ^rebigt  au  jc^liefeen,  ju  fagen  i^at 
3)er  ^rebiger  Wirb  ferner  feinen  ©cgenftanb  nad^  ben  bon  i^m  al«  notWenbig  erfannten 
©eiten  au«fü^ren  wollen,  ©r  Wirb  alfo  ba«,  toa^  er  ju  fagen  bat,  jWedmäfeig  orbnen.  86 
S)a«  ift  bie  dispositio.  aber  eben  im  ^ntereffe  ber  julj^örenben  ©emeinbe  Wirb  e«  liegen, 
Wenn  fie  jur  rechten  3^'^  über  ben  ®ang  ber  ^rebigt  in  be^öltlid^er  gorm  orientiert 
Wirb,  bamit  fie  beffer  folgen  unb  ba«  ©e^örte  beffer  bel^alten  fann.  3)a«  ift  bie  pro- 
positio.  ©ie  l^at  lebiglid^  biefen  ^raftifc^en  3^^*/  ^^"^  5affung«öennögen  ber  ©emeinbe 
^u  biencn,  unb  barau«  ergeben  fic^  atte  Weiteren  fünfte,  weld^e  bie  ^omiletif  l^infid^tlid(i  40 
ber  propositio  bejc^äftigen ;  bie  ^al)l  ber  fogenannten  ieile,  bie  fprac^lic^e  gaffung,  ba« 
SerlS^öltni«  jur  ©in^eit,  b.  1^.  jum  li^ema  im  geWöl^nlid^en  ©prac^gebrauc^.  Ijn  SBirf^ 
lic^feit  freilid^  bebeutet  bie  propositio  für  ben  ^rebiger  l^äufig  bie  aufgäbe,  bie  er  fid^  am 
änfang  feiner  SJorbereitung  felbft  gefteHt  i)at,  o^ne  ju  Wiffen  unb  m  ^aben.  Womit  er  fie 
au«fülS^ren  foD.  3lber  gegen  biefe  JJerfe^rtl^eit  mu|  bie  §omiletif  fämpfen,  anftatt  i^r  45 
burd(i  3Witteilung  unb  ©mjjfe^lung  bon  einteilung«fd^ematen  SSorfc^ub  ju  leiften.  ©ie 
mufe  aber  au«  ben  oben  angegebenen  fraftijd^en  ©rünben  für  bie  Seibeboltung  ber  feft- 
gewürfelten  ©itte,  eine  propositio  mitzuteilen  unb  burt^jufü^ren,  eintreten,  auc^  totnn 
e«  nic^t  an  folc^en  fe^lt,  bie  biefe  Sitte  in«  Säc^erlid^e  jiel;en  möchten.  SBeiter  Wirb  fid^ 
jeigen,  bag  bie  ^omiletif  bon  il^ren  eigenen  @runbfä|en  an^  aud^  über  bie  fprad^lid^e  so 
©eite  ber  $rebigt  ftc^  äußern  fann,  ol^ne  Verlegen  i^Wifqen  bem  genus  tenue,  sublime, 
mixtum  ^in-  unb  l^erjuto^pen,  unb  obne  über  ben  numerus  oratorius  unb  bie  ^guren 
unb  %xopm  Sele^rung  erteilen  ju  müfjen.  ©ie  Wirb  aud^  nid^t  Warten  muffen,  bi«  je« 
manb  ^erau«gcbrad(^t  l}at,  \va^  61.  §arm«  mit  bem  3luffa|  gemeint  l^at:  SRit  3wrtg«t! 
lieben  »ruber,  mit  3ungen  reben !  l^StÄ  1833,  ©.  806.  3)a«  ^Problem  be«  3lu«brudt«,  k 
ber  für  bie  ^ßrebigt  unb  il^rc  SBirfung  fe^r  Wichtig  ift,  liegt  etwa«  tiefer.  3"  f^'"^^  Sö^ 
fung  mufe  man  folgenbe  ^orberungen  in«  Sluge  f äffen:  2)er  ?ßrebiger  mufe  bor  aDcm  ftc^ 
bemühen,  in  einer  ber  berfammelten  ©emeinbe  berftänblic^en  3lu«brudE«Weife  ju  reben;  er 
mu^  fid^  ^üten,  burc^  bie  bon  il;m  gebraud^te  3tu«brudE«Weife  feine  §iJrer  in  bie  ©p^äre 
ber  Weltlid(ien  3)inge  ju  berfe^en ;  er  mu^  bebenfen,  bafe  er  nid(|t  al«  gortfe^er  ber  älutoren  qq 


308  ^omiletit 

bcr  l}.  ©c^rift  uttb  and^  nid^t  in  bcr  ^^\t  rebct,  al«  Suti^er  bie  Sibel  übcrfe^tc,  foh^ic, 
bofe  bie  1^.  ©djirift  öiel  ju  l^ocl(i  [tc^t,  afe  ba^  bcr  ^rcbiger  fte  ba^u  mißbrauchen  bürfte, 
mit  ibren  SBorten  ettoa^  ju  fagen,  toa«  er  mit  eigenen  SBorten  fagen  fofite.  3)ie  i^omi^ 
letit  lann   femer  )u  ber  ^age  eth)ad  beitragen,   toelc^er  perfönli^en  ^rtoörter  ft^  ber 

5  ^rebiaenbe  ju  bebienen  l^t,  in  toeld^en  ^Den  er:  ^fyc,  SBir,  Du!  fagen  foU,  inbem  ftc 
barauf  aufmerffam  mad^t,  ba|  Die«  nai)  bcr  Situation  ftd^  richtet,  nac^  bem  3Scr^ältnig, 
hjcld^e«  in  bem  gerabe  öorlicgenbcn  $affu«  ber  ^rebigt  jtoijc^en  bcr  ©emeinbe  unb  bem 
5Prebiger  beftc^t,  unb  auf  ben  mufter^aften  ©ebrauci^  ber  ^erfönlic^en  ^rtoörter  JS^intoeift, 
toie  er  fic^  in  ben  Jjaulinifd^en  Sriefen  finbet.  ^m  übrigen  muß  bie  $omiletif  fc^toeigen: 

10  benn  ber  fprac^lidjie  2lu«brud  l^ängt  tjiel  ju  eng  mit  ber  öorjutragenben  Sad^e  unb  ber 
^erfönlic^tcit  bc8  ^rebiger«  jufammen,  afe  baß  Siegeln  unb  SRatfc^läge  tttva^  hjcfentlic^e^ 
baju  beitragen  lönnten. 

S)ie  legten  2lbfc^nitte  ber  ßomiletil  l^anbeln  bon  ber  Vorbereitung  auf  bie  ^rebigt 
unb  bom  SSortrog.    2luc^  j^ier  fommt  bie  $omiletif  mit  eigenen  3Kittcln  au«,    ^^^^c^f^ 

16  rechtfertigt  fie  bie  Slotioenbigfeit  ber  Vorbereitung  au«  bem  Umftanb,  baß  bie  ^rebigt  ein 
fid^  regelmäßig  mieberl^olenber  Jtultu^It  ift  unb  barum  gleich  jebem  anberen  ßultu^fte 
ber  Vorbereitung  bebarf.  Dann  mad^t  fte  geltenb,  baß  bie  ^rebigt  bem  ©cmeinbdeben 
ju  bienen  beftimmt  ift,  toorau«  folgt,  baß  bie  Vorbereitung  auf  bie  ^rebigt  nic^t  eine 
@j)ifobe  im  ieben  be«  ^rebiger«  ift,  bie  ettoa  am  Samstag  jtc^  abfjjielt,  fonbcm  baß  fte 

20  ftd[!  burd^  ba«  gange  2Am  be«  $rebigerd  l^inburc^giel^t,  aQerbing«  in  berfc^iebener  ©eftab. 
^infid(ftlid(i  ber  bem  $rebigtaft  unmittelbar  t)orl(;ergel^enben  fpegieQen  Vorbereitung  lann 
fie  an  ber  §anb  ber  ©efd^ic^te  ber  ^rebigt  bie  üerfc^iebenen  Slrten  ber  Vorbereitung  ju- 
fammenfteüen  unb  i^e  Vorjüge  unb  ©efa^ren  befprec^en;  aber  meiter  ge^en  unb  t>on 
ftc^  au«  ftc^  für  bie  eine  ober  anbere  ärt  ate  bie  rid^tige  entfc^eiben,  ba«  fann  fie  nic^t. 

25  98a«  nun  bie  n>id(^tigfte  ^age  be«  Vortrag«  anlangt:  ^uß  ber  $rebiger  frei  fprec^en 
ober  barf  er  lefen?  fo  fann  bie  §omiletiI  ba«  Sefen  nxd^t  unbebingt  öerhjcrfen,  toie  benn 
bie  öltefte  c^riftlid^e  ^rcbigt,  bie  toir  ^aben,  öorgelefen  toorben  ift  (II.  Clem.  c.  19:  id^ 
lefe  aud^  bie  ^n]pxad^t  t)or).  älber  fte  muß  barauf  aufmerffam  mad^m,  baß  ba«  ^rei- 
fprec^en  bem  SBefen  ber  ^JJrebigt  angemcffener  ift,  unb  baß   e«  feine  be«jjotif(^e  Saime 

80  unjerer  (äemeinben  ift,  toenn  fte  bie«  bon  ilj^rem  ^rebiger  ertoarten.  Slnbererfeit«  bat  fte 
ben  ^}5rebiger,  ber  feine  ^rebigt  frei  Vorträgt,  fie  aber  üorl^er  toörtlic^  nieber^efd^rieben 
unb  memoriert  l^at,  gegen  ben  Vortourf  eine«  falfd^en  ©d^eine«  ju  fc^ü^en,  tnbem  fie 
baran  erinnert,  baß  für  bie  ^rebigt  nur  bie  ärt  unb  9Beife  entfc^eibenb  ift,  toie  ber 
^JJrebiger  fte  im  ®otte«bienft  toirflid^  l^ält,  unb  nic^t,  toie  er  fw^  barauf  Vorbereitet  l^at. 

85  ©onft  toirb  fte  pc^  barauf  befc^ränfen  muffen,  ju  verlangen,  baß  ber  ^rebiger  im  3«' 
tereffe  ber  ju^örenben  (Semeinbe  fic^  bemühen  muß,  für  ade  öerftänblic^  ju  fpred^en  unb 
feinerjeit«  oUe«  ju  vermeiben,  toa«  ber  ©emeiitbe  ba«  aufmerffame  ^\x\)öxm  erfc^toeren 
tonnte.  Jlunftregeln,  bie  ber  Jtomöbiant  ben  Pfarrer  lehren  fönnte,  liegen  außer|^alb  i^re« 
Sereic^e«.    @ie  ift  eine  tl^eologifc^e  Di«2tf)lin  unb  fann  mit   il^ren  eigenen  ^JRitteln  bem 

4o5prebiger  einen  Dienft  ertoeifen,  toenn  i^m  baran  liegt,  erbaulid(i  ju  Jjrebigen. 

^omiliaritttn.  —  gruel,  öcfüite  ber  bcut^en  ^rebigt  im  aWitteloÜer,  8.  13-69; 
fiinfenmQt)er,  ©cfdjic^te  ber  ^rebißt  in  3)cutf(ölanb  6.  41-63;  ^aucf,  Äirt^citflcf*.  3)cutfdj- 
lonb«  II,  *  246— 248;  ©oljn,  S)ic  angeblidjcn  ^rebiflien  be«S3onifQj  (gorfdjungcn  jur  2)eut* 

45  f*en  ©cfdjicfttc  1884  ©.  583-625).  ^Ketjrerc  ?luffä6e  üon  3)om  ®ermain  Biotin  in  ber 
Bevue  B^D^ictinc,  oor  aOem:  Critique  des  sermoDs  attribuös  a  Fauste  de  Riez  dans  la 
r^nte  Edition  de  l'Acad^mie  de  Vienne  (1892  p.  49—61);  Le  recueil  primitif  des  hom^- 
lies  de  Beda  sur  T^vangile  (1892  p.  31C--326);  Uhom^^liaire  d'Alcuin  retrouv<5  (1892 
p.  491-497);    Etüde  sur  une  s^rie  de  discours  d'un  dvöquc   (de  Naples?)   du  VI«  si^e 

60(1894  p.  385—402);  Uhom^liaire  de  Burchard  de  Würzburg  (1896  p.  97-111);  Les 
sources  non  identifi^  de  rhom^liaire  de  Paul  diacre  (1898  p.  400—403).  Sobonn:  3)cr» 
fclbe,  Homiliae  Toletanae  (Anecdota  Maredsolana  I  406-425);  JHanfe,  3ur  ®efcöi(f)te  be« 
^omiliarium«  ftorl«  bc«  Großen  (JftStÄ  1855  @.  382—396);  «alentin  iHofc,  2)ie  latcini* 
fc^en   ^eerman'^anbfc^riften  be«  6ir  ^()oma<^  $^iaipp«   in   ber   tgl.  8ibHot^el  ju  Berlin 

66  S.  81—87;  "föicganb,  3)aS  ^omiliorium  Äarl«  be«  Großen  auf  feine  urfprünglic$e  ökftalt 
^in  unterfu(öt  1897. 

Jpomiliarium,  früher  homiliarius  seil,  über,  ^eißt  feit  bem  anfange   be«  ^Kittels 

alter«  jebe  ©ammlung  Don  $rebigten,  einerlei  ob  fte  au«fd^ließli(^  au«  ^omilien  befte^t, 

ober  ob  fie  auc^  ©ermone  mit  einbegreift,    äluc^  umfaßt  ein  ^omiliarium  balb  bie  ^re» 

00  bigten  eine«  einjclnen  Ideologen  —  ^ierlj^er  gehören  bie  ^rebigtfammlungen  be«  Sluguftin, 


{^omiltariitm  309 

£eo,  ©regor,  SRajimu«  üon  lurin,  ^etru«  ßj^t^fologu«  öon  SRaöenna,  S*'^^'^«  ^«^^ 
9lea|)el  (Chrysostomi  opp.  Venet.  1549  Tom.  I.  II.  V)  — ,  bolb  bilbet  e«  eine 
Slütenlefe  aud  ben  SBerfen  öerfd^iebener  äutoren,  hjobei  nic^t  feiten  fo^or  ejegetifdjie  äud* 
f^Wttte  au^  trgenb  toelc^en  ilommentaren  jhjifc^en  ben  toirflic^en  ^rebigten  mit  untere 
laufen.  3)ie  0ro|e  ?Ke^ja^l  ber  ^omiliorien  ift  (nd  l^cute  nur  au^  i&anbfd^riften  befannt.  5 
aRon  ^at  fidji  meift  begnügt,  fie  nur  jur  ©etoinnung  be«  lejte«  ber  einzelnen  ^rebigten 
^eranjujie^en ;  ^iegegen  ift  man  auf  bie  3bee,  toelc^e  ber  äu^toal^l  afö  f oldjier  m  ®runbe 
liegt,  nur  nebenbei  eingegangen.  6rft  in  jüngfter  ^Äi  f^at  man  angefangen,  bie  $omi« 
liorien  al^  fold^e  mit  einanber  ju  toergleid^en,  toa«  fobann  ju  einer  ©(Reibung  in  jtoet 
©nHJfen  führte,  beren  feinere  üJcerlmale  inbeffen  no^  nic^t  ftc^er  feftgeftettt  ftnb.  10 

S)ie  erfke  ©rujjpe  biente  ber  ©emeinbe.  ßäfariu«  öon  Strelate  »erlangte  öon  oüan 
®eiftlic^en,  bie  n\d)t  m  ber  Sage  toaren  eiaene  ^rebigten  abgufaffen,  bafe  fie  ftc^  eine 
Sammlung  t)on  anerfannt  guten  ^omilien  ber  äSäter  anlegen  foQten,  um  aKfonntäglid^ 
ber  ©emeinbe  h>enigften«  eine  frembe  ^ßrebigt  öorlefen  ju  ifönnen  (Vita  Caesarii  I,  41). 
Diefer  diai  tourbe  öom  2.  Äonjil  ju  SSaifon  529  (can.  2)  jum  Sefd^lufe  erl^oben.  3)ie  is 
?^lge  h>ar,  ba^  feitbem  in  allen  Seilen  ^anfreid^  eine  SRenge  öon  §omiliarien  ber  tjer« 
fc^iÄenften  ärt  lurfterten,  bei  benen  inbeffen  bie  ^rebigten  be«  ßäfariu^  felbft  ftet«  einen 
me^  ober  toeniger  großen  93eftanbteil  audmad^ten.  3n  biefe  ®ru))pe  gehören  unter  öielen 
anberen  bie  $omiliarien  üon  Saon  unb  ß^ortre«  (Rev.  B6n^.  1896  p.  106),  ber  t>on 
engelbrec^t  fälfd^lic^  bem  gauftu«  t)on  Sliej  jugefd^riebene  3)urlacf^er  Äobej  (CSEL  21, 20 
223—313)  unb  ba«  fog.  §omiliar  be«  Surdjfarb  üon  SIBürjburg  (8./9.  3a$r^.).  äu(^ 
im  ^omiliar  t)on  lolebo  au«  bem  7.  g^l^^^^w^^bert  ift  ßäfariu^  ftarl  tjertreten.  3)ie  las 
rolingifc^e  ®efe|gebung  nal^m  bie  ^orberun^  bed  Säfariud  h)ieber  auf.  3!)ie  ©emeinbe» 
)>rebigt  an  Sonn:"  unb  ^efttagen,  natürlich  tn  ber  £anbe^f})rac^e,  fo&te  bie  Siegel  bilben 
(Boretius  M.  G.  Capit.  reg.  Franc.  22,  61.  82.  36,  4.  38,  4.  10.  64,  6.  65,  2).  25 
3)iefe  ^flic^t  hjurbe  feiten^  ber  Sifd^öfe  ben  ©eifklid^en  unaufl^örlid(i  eingefc^ärft.  ©ämt* 
lic^e  SReformf^noben  t)om  ^Qi)xt  813  trafen  biefelbe  Seftimmung,  imb  Äarl  nal^m  fie  in 
ba«  äad^ener  Äaj)itulare  be^felben  ^al)x^  (78,  14)  auf.  3iu(i)  m  ben  folgenben  ^al^rs 
jel^nten  toarb  fie  toieberl^olt  §anb  in  §anb  mit  biefer  änorbnung  ging  nun  bie  Se^ 
fd^affung  Don  ^rebigtfammlungen,  ein  ^omiliar  gehörte  ju  jeber  orbenÖidjien  ^Pfarrer«  90 
bibliotlS^el  (116,6.  177,6).  ©pejieK  fc^einen  bie  ^omilien  ©regor«  beliebt  unb  emt>fol^len 
getoefen  ju  fein  (Regino  I,  95  ed.  Wasserschieben  p.  26;  t)gl.  Common,  cuiusq. 
ep,  9).  ©leid^jeitig  entftanben  neue  §omiliarien.  35a«  be«  93eba  in  jtoei  Sudlern  ju  je 
25  ^rebigten  bi^lt  fid^  bauemb  im  ©ebrauc^  unb  toud^  im  Saufe  be«  SJlittelalter«  burc^ 
frembe  3"f^^  ^^f  l^ö  ^rcbigten  an.  ®ine  fleine  ©ammlung  be«  9.  ga^i^unbert«  85 
gel^t  folfd^licl  unter  bem  Slamen  be«  Sonifatiu«  (MSL  89,  843—872).  S)a«  größere 
©ommetoerf  be«  aifuin  iourbe  tro^  be«  berühmten  Flamen«  feine«  38erfaffer«  ol^balb 
loieber  unbefannt.  3)enn  ioa«  man  feit  bem  15.  fj^^ri^unbert  afe  Sllfuini^omiliar  be^ 
jeic^et,  ift  eine  Umarbeitung  be«  nod^  nä^er  ju  befpred^enben  ^omiliar«  be«  ^aulu« 
2)iafonu«.  3Wabitlon  em^fanb  ba^er  nid^t  fo  ganj  unrichtig,  toenn  er  in  ber  9lrbeit  ai^io 
hiin«  überl^au})t  nur  eine  Sleöifion  be«  ?Paulu«l^omiliar«  feigen  tooKte.  6rft  in  jüngfter 
3eit  ift  e«  gelungen,  ba«  ^omiliar  2llfuin«,  ba«  im  ^ufammeni^ang  mit  ber  SSerbefferung 
be«  5Perifopenbuc^e«  e^ttftanben  fein  bürftc  unb  au^f^liefelid^  jur  Unterftü^ung  ber  $res 
biger  beftimmt  toar,  in  ber  ^arifer  9lationalbibliotl^ef  (60b.  14302)  ju  entbedten,  nac^* 
bem  man  bi«^er  fein  ehemalige«  SSorl^anbenfein  nur  in  ^Iba  (Seder,  catalogi  13,  17)  46 
fonftatieren  lonnte.  9Son  §raban  finb  jtoei  ^rebigtfammlungen  erhalten,  bie  teil«  au« 
frembem  ®ute  befte^n.  S)ie  eine  mit  70  ©ermonen  fottte  bon  allem,  toa«  für  ba«  SSoH 
notioenbig  ift,  ^anbeln  unb  toar  bem  ßrjbifd^of  $aiftulf  getoibmet;  bie  anbem,  in  erfter 
2inie  für  Äaifer  Soti^ar  beftimmt,  fc^lo|  fid^  an  bie  fonn«  unb  fefttäglid^en  Seftionen  an; 
t>on  ii^r  ift  nur  ein  drittel  öon  Dftem  bi«  15.  ©onntag  nad^  ^finaften  auf  un«  ge*  w 
fommen.  SBieber  eine  anbere  §omilienfammlung  gel^t  unter  bem  vlamm  be«  §aimo, 
bürfte  aber  nid^t  älter  al«  ba«  11.  g^^^^^wnbert  fein. 

^njmifc^cn  toar  bie  anbere  ®rut)}je  Don  §omiliarien  in  ben  SSorbergrunb  getreten; 
fie  tooHte  bem  ßl^orgebct  ber  ftlerifer  bienen.  Sei  ber  9loftum  toarb  regelmäßig  ein 
©(^riftabfc^nitt  beriefen,  ju  ioeldt^em  an  ©onn*  unb  gefttagen  ein  ©tüdt  ^ßrebigt  ober  ein  66 
Äommentarabfc^nilt  trat,  ©d^on  Senebilt  legte  auf  bie  ®üte  biefer  Sefeftüdte  SBert,  fte 
foHten  nur  au«  ben  SBerfen  namhafter  ort^obojer  SSäter  au«geh)äl^lt  toerben  unb  felbft 
foneft  fein.  ©Icic^tooi^l  begegnet  erft  in  bem  §omiliar  be«  802  auf  ber  SReid^enau  toer« 
ftorbenen  Sifd^of«  ®gino  öon  SSerona  eine  d^aralteriftifd(ie  ©ammlung  biefer  Slrt.  ©ie 
löuft  t)on  fflei^nac^ten  bi«  ^um  ©nbe  be«  Äir^enjal^re«  unb  \dß^t  mit  einer  änjal^l  üon  60 


310  ^omtltaritttn 

5Prebt0ten  für  untergcorbnctc  ^eiligen^  unb  ©emembefeftc.  Die  212  ^rebigtcn  [tammcn 
bortoiegenb  bon  äugufttn  unb  Seo.  Slm  befannteftcn  ift  biefc«  ßginol^omiüar  in  einer 
üerlürjten  unb  mit  neuer  38onebc  öerfel^enen  Bearbeitung  für  Saiem,  bie  unter  bem 
9lamen   eine«  0en)iffen  2llanu«  gel^t   (^^,  Thesaur.  anecd.  III,  3  p.  630  MSL  89, 

5  1197  sq.)  unb  noc^  ber  farofingifd^en  ^Äi  angel^ört,  toie  au«  einer  ^^egemfeer  unb  einer 
Senebiltbeurer  Äanbfcl^rift  in  SWünd^en  fid^  fd^Iiefeen  läfet.  ©ie  ^iclt  fid^  bi«  in«  12.  ^qÜ^x: 
l^unbert,  h>a«  ebenfalls  ein  3Rüncl(iener  Äobej  bejeugt.  ®kxd)\t)ol}l  Wax  fte  (ängft  t)on 
einem  berüf;mteren  Äonfurrenjuntemel^men  überflügelt,  bem  ^omiliar  be«  ^aulu«  ^ia^ 
lonu«,  beffen  Überlegenl^eit  Sgino^älanu«  burcfi  ^erübemoi^me  einzelner  Partien  anerfennt, 

10  fo  im  Äobej  Don  ©djieftlam  17194  (3Küncl^en). 

Da«  familiär  be«  $aulu«  Dialonu«  t)erban!t  feine  (Sntftel^ung  au^fd^lie^lid^  ber 
S^nitiotiöe  Äarfe  be«  ©ro^en,  h)e«^alb  man  e«  oud^  mit  JJug  unb  SRec^t  ba«  ^omiliar 
Karl«  ju  nennen  t)flegt.  3)er  Äaifer  l^otte  beobad^tet,  bafe  bie  ^rebigten,  toeld^e  in  ber 
5Rüftum  jur  Säerlefung  famen,  nid(|t  nur  t)on  ^^lem  hjimmelten,  fonbem  aud^   in  i^rer 

16  9lu«h)al^(  t)iel  ut  h)ünfd^en  übrig  liefen.  S3et  t)ielen  toar  obenbrein  ber  ^erfaffer  unbe- 
lonnt,  fo  ba^  fte  ftd^  in  Sejug  auf  il^re  Drt^obojie  nur  unjureic^enb  fontroDieren  liefen. 
Der  lefetere  SJlangel  begegnet  j.  8.  auffättig  in  bem  $omi(iar  be«  $ilbibalb  (Cod.  Colon. 
171.  2^ff^S33attenbad9,  Eccl.  metropol.  Col.  cod.  ms.  p.  71).  3;"fölgcbeffen  beauf- 
tragte Hari  in  ber  erften  ^ölfte  ber  80  er  l^al^re  ben  fic^  gerabe  bamal«  am  ^ofe  auf- 

ao  l^altenben  ^aulu«  mit  ber  äbfaffung  eine«  ^omiltar«,  ba«  ben  genannten  ^nforberungen 
entfbrad(i,  eine  aufgäbe,  tueld^e  bann  $aulu«  auc^  jtoifd^en  786  unb  797  bon  ^Ronte 
Safiino  an^  löfte.  Da«  SBerl  tuurbe  fobann  burc^  einen  befonberen  @r(a^  jlarl«  offi^ieQ 
im  ganzen  SReic^e  eingefül^  unb,  ben  ja^lreid^en  unb  toeittjerftreuten  §anbfd^riften  nac^ 
ju  fc^liefeen,  rafd^  in  Den  toid^tigften  Älöftem  eingebürgert.    6«  verfällt  in  einen  35Jintcr= 

26abfd^nitt  öon  äBetl^nad^ten  bi«  jum  Dfterfamftag  mit  40  ^erifo^en  unb  110  ^rebigten 
unb  in  einen  ©ommerabfc^nitt  bom  Dfterfonntag  bi«  jum  6nbe  be«  Äircfienjal^re«  mit 
78  ^erilojjen  unb  134  ^rebigten.  Über  ein  ^ftel  biefer  ^rebigten  ftammt  öon  3)ia^5 
mu«  öoniurin;  nöc^ft  i|m  ift  ber  bamal«  befonber«  beliebte  Seba  am  ftärfften  Vertreten; 
bann  erft  folgen  Seo,  ®regor,  äuguftin  unb  noc^  ettoa  jel^^n  anbere  Tutoren.    3"  bi«f^ 

80  SRannigfaltigleit  ber  93eifteuemben,  beren  9{amen$aulu«  jebe«mal  au«brücfli(t^  nennt,  lag 
fraglo«  ein  befonberer  SSorgug  ber  ©ammlung,  ber  biefelbe  neben  i^rer  formellen  (Siaft^eit 
allgemein  emjjfal^l.  Dbtoo|l  3luftraggcber  unb  38erfaffer  ol^ne  ß^^^if^'^  ^^  ^*^  2^"'^  ^^^ 
SSorlefung  bei  ben  SSigilien  im  Sluge  Ratten,  fo  ffrid^t  bod^  bie  (Seftalt  be«  toorliegenben 
ßomitiar«  entfc^ieben  bafür,  ba|  feine  Sebeutung  nid^t  in  biefem  einen  ^md^  aufging. 

86  Sag  e«  an  ftd^  fd^on  nal^e,  ba^  bie  ©eiftlic^en  biefe  i^nen  toof^lbefannten  §omilien  au^ 
für  bie  ®emeinbei)rebigt  bertoenben  hJürben,  fo  lafjen  eine  Steige  öon  9Jummem  erfennen, 
ba|  eine  fold^e  SSertoertung  too^l  jugteid(i  t)om  SSerfaffer  beabftd(|tigt  toar.  2luc^  bermifete 
man  im  Äreife  ber  Senebiftiner  bei  ber  Slrbeit  be«  $aulu«  balb  bie  SUidEfid^t  auf  ba« 
ft^eji^fc^  3Rönd^if(^e,  h)oburd(i  fid(^  Benebift  t)onälniane  )ur3ufAtnmenftellung  einer  eigenen 

40  $rebigtfammlung  öeranla^t  fol^.  ©leid^tool^l  barf  man  ben  ßinflu^  be«  .?)omiliar«  auf 
bie  ©emeinbeprebigt  nxd^t  übertreiben.  Die  lefetere  geriet  in  ben  näc^ften  ä^^r^unberten 
obnel^in  in  SBerfaU,  unb  jebenfatt«  fmb  toir  über  fie  t)iel  ju  toenig  unterrid^tet,  al«  bafe 
h)ir  i^e  9(b^ängigleit  t)on  ber  ©ammlung  be«  $aulu«  nad^tDeifep  lönnten.  Dagegen 
fte^t  aufeer  ^4*^eifel,  ba|  jene«  für  bie  9loftum  beftimmte  .s^omiliar  feit  bem  15.  ^ahx-^ 

46  ^unbert  ju  ben  beliebteften  ^rebigtbüd(iem  gehört  ^at.  ^eili(|  ^atte  e«  feit  bem  9.  ^ai^x-- 
^unbert  m  fteigenbem  SRafee  Slnberungeu  erfal^ren,  toie  au«  ben  erften  Dru(fau«gaben 
(©t)eier,  ^eter  Drad^  1482.  9lac^brucf  t)on  Äonrab  be  ^ombord^  fÄöln]  o.  D.  unb  ^.) 
^orge^t.  ^a  feit  bem  ^af)xt  1493  erleibet  e«  fogar  unter  SRittoirfung  ©urgant«  eine 
böDige  Umgeftaltung,   fo   ba^  fd^liefelid^  nxd^t  einmal  ber  alte  litel  übrig  bleibt,    äuc^ 

60  gicbt  fxö^  biefer  neue  homeliarius  doctorum  meift  al«  ein  SBerf  Sllfuin«  unb  toerjid^tet 
leittpeifc  auf  einen  2lbbrudt  ber  Äarlfd(ien  @infü^rung«ej)iftel  unb  ber  poetifc^en  Einleitungen 
l>e«  ^aulu«.  Die  erfte  äu«gabe  biefer  Slrt  ftammt  au«  Sajel  01x1  fie«ler),  Weitere  fmb 
ani  Äöln,  S^on,  ^ari«  befannt,  ber  Äölner  Drudt  Don  1539  ging  in  bie  9Jlignefc^e  ''^a- 
trologie  (ser.  lat.  95)  über,  jum  legten  Wale  foD   ber  homeliarius  doctorum  1669 

66  erfc^ienen  fein,  ^ebenfall«  fmb  in  i^m  nic^t  nur  folcbe  93äter,  tüeld^e  ^ßaulu«  befonber« 
betoorjugte,  toie  TOa^mu«  öon  lurin,  fo  gut  tüie  böHig  au«gemerjt  unb  an  il^rer  ©teile 
ein  .C^enfu«  be«  9.,  ein  §aimo  be«  11.  ^al^r^unbert«  berangejogen,  fonbem  aud^  bie 
Einteilung  ift  eine  burc^au«  anbere  gctoorben.  SBö^enb  ba«  ed^tc  §omUiar  bem  ®ange 
be«  Hird^enja^re«  folgenb,  bie  gefttage  an  il^rer  ©teile  jtoifc^en  bie  entffrec^enbcn  ©onm 

eo  tage  einreibt  unb   mit   einem  ^erjeic^i«  t)on  ^eriIo)?en  unb  ^rebigten  )um   beliebigen 


^omtliaritttn  Honiines  intelligentiae  311 

®ebrauci(i  bei  untergeorbneten  ^etfigeits  unb  ©emeinbefcften  fci(|lie|t,  teilen  e^  bie  3)rucfc 
in  homiliae  de  tempore  unb  homiliae  de  sanctis  ein.  ^aburc^  toitb  ber  ^ol^e 
äSert,  ben  bad  ^omiliar  für  bie  ^ftfteUung  ber  ^erüo^enorbnung  l^ot,  t^öQig  aufgehoben, 
^enn  bad  ürd^lic^e  £ettionent)er)eici^nid,  bad  ftd^  auf  ^ieron^mu^  jurüdfül^rte  unb  t)on 
®re0or  bem  (Stoßen  toertooDftänbigt  unb  gefe^lic^  eingefüi^rt  toax,  tourbe  feit  bem  8.  ^aü^x^  5 
^unbert  me^r  unb  me^r  ^u  einer  ^rebigttejtrcil^e.  3?ocl^  freiließ  fehlte  e«  nid^t  an  ©(^^toan^ 
fungen.  @o  entf)?ri(^t  bie  Slei^enfolge  ber  ^rebigten  im  ^eba^omiliar  ber  nea))olitanifc^en 
5ßeriIoj)enorbnuna  in  bem  frü^e  nac^  ©nglanb  gelangten  fog.  6utlS|bertebangeKar.  §ins 
gegen  fd^lie^t  fiep  ba^  .^omiliar  be^  $aulu^,  abgefel^en  Don  einigen  ©teilen,  an  benen  e^ 
bie  fbejieden  ®ei)fIogen^eiten  be«  Söenebiltinerorben«  berücffidjitigt,  burdjitoeg  ber  römifc^en  lo 
5ßeriIot)enorbnung  an,  beren  ©nttoidelung  in  ben  berfc^iebenen  ©tabien  ^  fortan  in  feinen 
eigenen  ©c^icffalen  toieberfpiegelt.  Stielet  minber  ^t  ba«  ^omiliar  be^  ^ßaulu«  in  bie 
®ef(^i(^te  be^Sreöier«  eingegriffen,  toie  benn  be^lj^alb  fotoo^l  Sattifol  (1893)  afö©uitbert 
Säumer  (1895)  auf  ba^felbe  9{ütfftcl(|t  nel^men.  Unb  fc^lie^Uc^  ift  bie  @t)angelienrei^e 
be^  ^omUiard  aud^  für  bie  3lbfaffung  Don  Sut^erd  Äirc^en))oftiDe  mafegebenb  getoefen,  fo  16 
bafe  bie  äufeerung  SSalentin  SRofe«  nidjit  übertrieben  fein  bürfte,  baMdbft  biefem  Unter« 
nel^men  ^arld  eine  in  feiner  9lrt  toeltgefd^idbtlic^e  93ebeutung  eigne.  2i$ie  fcl(|on  SRabiQon 
unb  ©erbert,  fo  ^at  neuerbingg  ©mft  SRanfe  auf  bie  Sleid^enauer,  jefet  Äarteru^er  öanb« 
fc^riften  be«  $omiliar«  aufmerffam  gemacht  unb  eine  §erau^abe  biefe^  für  bie  ©efd^ic^te 
ber  5ßrebigt  toie  für  bie  ber  Seitionen  gleid^  toid^tigen  ©ammeltoerfe^  getoünfc^t.  @uit$  ao 
bert  Säumer  goJb  in  feiner  „®efc^ic^te  be^  Sreöier^"  (©.  287)  toeitere  ^anbfd^ften 
befannt,  unb  ber  Unterjeid^nete  mad^te  geftü^t  auf  jtoei  SRünd^iener  ßobice«  ben  3lnfang 
einer  SBieber^erfteHung  be^  ganjen  SBerle«.  grtebrli^  ^teganb. 

{^omtlte  f.  §omiIetiI  oben  ©.  296, 8 ff. 

^omiltett^  ^fenbo^clemetttintfd^e  f.  Slementinen  Sb  IV  @.  171ff.  35 

Hoiuines  intelli^entiae.  —  OucUcn:  3)aö  SScrjeicöm«  bcv„Errore8  sectae  homi- 
iiuiD  intelügentiae^S  crftmolä  mitgeteilt  üon  8teph.  Baluzius,  Miscellanea,  Vol.  II  p.  277 
bis  297,  barnacö  abgcbrud t  bei  Duplessis  d'Argentr^,  CoUectio  iDdiciorum  de  novis  erroribus, 
Tom.  I  p.  2  6.  201—209  unb  bei  P.  Fredericq,  Corpus  documcDtorum  inquiaitionis  Neer- 
landicae,  Deel  I  (®ent  1889)  8.  267-279;  ferner  ber  Sericftt  beS  Joa.  Latomus,  Ck)r8en- ao 
donca  («ntro.  1604)  @.  84  ff.,  abflebrucft  bei  Srebericq  a.  o.  0.  8.  266  f.  «udö  bie  oon  gre« 
bcricq  o.  a.  0.  Deel  II  @.  198  Sflr.  125  mitgeteilte  92otl§  geftbrt  roo^I  tjier^cr.  —  a)ar* 
fteüungen  bei  C.  Vander  Eist,  Les  mystagogues  de  Bnixelles,  in  ber  Revue  tnmenBuelle 
Vol.  29  (35rüffel  1861)  @.  101  ff.;  3.  3.  ^Itmet)er,  Les  pr^curseurs  de  la  r^forme  aux 
Pays-Bas  T.  I  (^ßoriö  1886)  6.  82 ff.;  91.  Sunbt,  Histoire  du  panth^isme  populaire  au  86 
m.-a.  ($Qri§  1875)  6.  111  ff.;  (£^pt)  U.  ^ahn,  ®ef*.  ber  Äefer,  Söb  II  (@tuttg.  1847) 
6.  526 ff.;  H.  Ch.  Lea,  History  of  the  Inquisition  Vol.  II  (9hw-50orf  1888)  @.  405  f.; 
ißgl.  QU*  ben  91.  „©ruber  be^  freien  ©eifteö"  in  5Bb  III  S.  472,18. 

^r  bie  Beurteilung  ber  Eigenart  be«  1410—1411  ju  Srüffel  üon  ber  ^nquifition 
jur  9Reci^enfcl(iaft  gezogenen  Srcife^  fe^erifd^er  SR^ftifer,  bie  fid^  felbft  ben  9lamen  „Homi-  40 
nes  intelligentiae"  beilegten,  ftcl^t  un^  afö  einjige  Duette  ba^  ^rotolott  über  bie  3}er= 
urteilung  unb  ben  SBiberruf  eine^  ßaujjte^  jener  ©eftierer,  be^  Äarmeliten  Sffiil^elm  öon 
^ilbemifjen,  iur  SSerfügung.  3lngeficl(|tg  be^  Umftanbe^,  bafe  SBil^elm^  SBiberruf  gerabe 
bie  toefentlic^ften  gegen  i^n  unb  feine  ©enoffen  erhobenen  2lnnagei)unlte  ate  falfc^e  Se« 
fd^ulbigungen  jurücfloeift,  ioirb  man  toon  biefer  Duette  einen  nur  fe^r  tjorfic^tigen  ©ebraud^  45 
machen  bürfen. 

äfe  eigentliche  Urf^eberin  ber  ^xxld^xm  ber  Srüffelcr  „Honiii^^s  intelligentiae" 
ober  „freien  Oeifter"  ioirb  tool^I  mit  3fled^t  toon  einer  jeitgenöfftfc^cn  Duette  bie  Srüffeler 
3)id(|terin  ^abeioijd^  93(ommaert  ober  Slommaerbine  (f.  b.  31.  93b  III  ©.  260  f.)  genannt, 
beren  pant^eiftifc^e  Tl\)\ixt  ^oi}anx\  toon  Stu^broel  im  erften  drittel  be^  14.  ^a^r^unbert«  go 
befämpft  ^atte.  Site  bie  §äu))ter  ber  Srüffeler  ©efte  toon  1410/1411  galten  äegibiu« 
Gantori^  (De  Cantere'O,  ein  Saie  o^ne  ©c^ulbilbung,  unb  ber  ertoöl^nte  Äarmelite  aKil» 
l^elm  öon  Jpilbenüffen  (in  ber  ^errjc^aft  Bergen-op-Zoom),  früf;erer  ^rior  5U  SRec^eln 
unb  Srüfjel,  bie  übrigen«  b^üQlx^  if;rer  Seigren  nic|t  burc^toeg  übereinftimmten,  unb  öon 
benen  jeber  innerhalb  ber  ©ette  feinen  befonberen  Slnl^ang  ^atte.  ©emeinfam  fc^eint  beiben  66 
bie  S5etonung  be«  SBerte«  ber  m^ftifc^en  ßrleud^tung  unb  ©otteinigung  getoefen  ju  fein, 
bie  attein  bie  Sibel  richtig  öerftel^en  laffe,  ben  toom  ^eiligen  ©eifte  erfüuten  in  eine  ben 
©(^franfen  ber  ftttlic^en  unb  ürc^Iic^en  ©ebote  entrücfte  ©Jj^öre  üerfe^e  unb  il^n  be«  eloigen 


312  Homines  intelligentiae  ^onmi^ 

§ctfe  tocrfid^ere.  Selbe  rül^mten  fid^  ber  il^nen  im  gwftanbe  ber  Serjücfimg  ^u  teil  ^c- 
toorbenen  SSifionen,  unb  i\vax  ging  be«  Gantoriö  ßlftafe  fo  toeit,  bafe  er  eine^  %%^  nadt 
burc^  bie  ©trogen  Srüffete  lief  unb  fic^  bei  feinen  3lnl^ängem  ben  ^eilanb  ber  SKenfd^^eit 
nannte.    Die  ben  ©eltierem  jum  SBortourf  gemachte  ©egnerfd^aft  gegen  bie  fird^lic^e  Ser^^ 

6  bienftlej^re  unb  ibre  ®ertngfd^ä|ung  ober  SBertoerfung  ber  fird^lic^en  ©ebote  unb  ©naben- 
mittel  ift  ^iernadp  leicht  erfiärlic^;  aud^  ben  gegen  il^re  fittlid^e  Seben^füi^rung  erhobenen 
Slnflagen  —  ba«  ^rotofott  bef(i(>ulbigt  bie  ©eltierer  gerobeju  ber  SKeibergemeinfd^aft  — 
toirb  toenigften^  ein  Äem  öon  SBa^rl^eit  ju  ©runbe  liegen.  Stuf  2^rabitionen  be^  ^oaä)u 
miSmu«  unb  ber  ^anji^fanersSjjirttuolen   toeift  bie  angebliche  Se^re  ber  ©eftierer   t)on 

10  ben  brei  g^itoltem,  be^  38ater^,  bed  ©o^ne«  unb  ber  Stra  be^  ^eiligen  ©eifte^  ober  6lia^ 
l^in,  öon  beren  betoorfte^enbem  Slnbrud^  fte  bad  ^nfrafttreten  be^^  „©efe^e^  beg  ^eiligen 
©eifte^"  unb  ben  93eginn  ber  „©eifte^freil^eit"  fotoie  bie  ©eligtoerbung  atter  menfdj^licpen 
©efc^öjjfe  unb  ber  böfen  ©eifter  ertoarteten.  Dem  fiarmeliten  eigentümlich  fc^eint  bie 
Seigre  getoefen  ^u  fein,  bafe  alle  SBerfl^eiligfeit  be«  SRenfd^en  für  feine  ^Rechtfertigung  h^ertlo^ 

16  fei,  unb  bafe  l^tere  einjig  unb  allein  burd^  baö  Seiben  ßi^rifti  gefd^e^e.  Die  ißerbinbung 
mit  ber  Äird^e  tourbe  öon  ben  5Kitgliebem  be«  m^ftifc^en  Äreife«,  bie  ftc^^  in  einem  bor 
ben  Il^oren  Srüffefö  gelegenen  3^urme  ju  tjerfammeln,  in  ber  Öffentlic^Ieit  aber  burc^ 
eine  ®e^eimfj)rad^e  ju  berftänbigen  ^jflegten,  nur,  fotoeit  eö  bie  Söai^rung  be«  äußeren 
Scheine«  erforberte,  aufred(|t  er^lten.  —  Um  1410  fc^eint  $eter  öon  2lill^,  $)ifc^of  t)on 

aoßambrai,  ju  beffen  ©Jjrengel  Srüffel  gel^örte,  erftmafö  gegen  bie  m^ftifc^en  ©c^toärmer 
einaefAritten  ju  fein,  oHerbing^  unter  fel^r  fd^tüierigen  Ser^ältniffen,  inbem  bie  beiben 
bif^öflid(ien  ^nquifttoren  in  ben  ©trafen  Srüffete  mit  ülämifd^en  ©fottöerfen  empfangen 
tüurben  unb  mit  genauer  9lot  einem  5Korbanfd(|lag  entgingen.  Der  Äarmelite  SBil^äm 
leiftete  gtoar  notgebrungen  SBiberruf,  bod^   in  einer  SBeife,  bafe  feine  äln^änger   barin 

36  üielmel^r  eine  93efräftigung  feiner  le^erifd^en  äuffaffungen  erblidEen  burften.  eine  toieber^ 
^olte  Unterfud^ung  erfolgte  im  Seilte  1411,  in  beren  SSerlauf  SBill^elm  toon  öilbemiffen 
in  ßambrai  felbft  abgeurteilt  unb  gum  toieberl^olten  SBiberruf  feiner  fefeerifc|en  Se^ren 
beranlafet  tourbe.  Da«  gegen  i^n  erlaffene  Urteil  lautete  auf  breijäl^rige  ©inferferung  in 
einem  ©c^loffe  be«  SBifd^of«  unb  auf  leben^länglid^e  (ginfdj^liefeung  in  einem  auj^erl^alb  ber 

80  Diöcefe  ßambrai  gelegenen  Äarmeliten-Klofter.  Über  ben  3lu^ang  ber  ^ßrojeffe  gegen  bie 
übrigen  ©eftierer  h>ie  über  bie  Slac^toirfungen  ber  offenbar  fe|r  tiefgreifenben  Setoegung 
fmb  3lai)xx6)ttn  nid^t  erhalten.  ^emtan  ^aupt. 

^otttn^^  ßorneliu«,  geft.  1524.  —  g.  ®.  be  ^oop»@(6cffer,  ©efc^icfile  ber  SRe- 
formation  in  ben  S^iebcrlonbcn  üon  i^rem  S3eginn  bi«  jum  Sa^re  1531,  beutfdic  DriginaU 
86  ausgäbe  üon<ß.  ©erlocö,  ßcipjig  1886,  6.  84  ff.  158  ff.  318  ff.  Sßeiterc  fiitteratuv  bei  v.  d.  Aa, 
Biographisch  Woordenboek  der  Nederlanden,  Slrtifel  ^om.  S)ic  Oueflenftücfe  über  feinen 
^roje6  finb  jufammengeftellt  bei  Fredericq,  Corpus  documentonim  inquisitionis  haere- 
ticae  pravitatis  Neerlandicae  III  (unter  ber  treffe)  iRr.  56,  125,  127,  130,  149,  151, 
152,  153,  163,  166,  171,  172. 

40  Mag.  Gomeliu«  ^tnxxjcß  (^einrid^fo^n)  §oen,  toa^rfd^einlid^  bem  gleichnamigen  bür^ 
gerlid^en  ®efd^led(|t  ju  ©ouba  entftammenb,  in  ber  §ieron^mu«fcf^ule  ju  Utrecht  (■H©'* 
III,485,H2)öorgebilbet,  öon@ra«mu«gej)riefen,  toar  äböofat  beim  ©eric^t^^of  öonöoHanb 
im  §aag.  Site  am  11.9loöember  1509  ber  au^SBefjete  Srieftoec^fel  befannte  3a!ob$oed 
(Jacobus  Angularius),  Äanonifu«  unb  Defan  ju  3?aalbtoij!  unb  5ßaftor  m  SBaffenaar, 

iöftarb,  beauftragte  i^n  beffen  3?effe  unb  6rbe  3Kartin  Dor}),  feit  1504  55rofeffor  inSötoen, 
mit  ber  Drbnung  ber  Don  jenem  l^interlaffenen  5Pa))iere.  Unter  biefen  fanb  .^oen  meb- 
rere  ©d^riften  Söeffel«,  barunter  bie  Slb^anblung  über  ba^  2lbenbmal)l,  in  ber  er  unter 
Slbtoeifung  ber  lird^lid^en  Iran^fubftantiation^le^re  burc^^  Kombination  ber  ©teilen  ^o  8,  3() 
unb  6,  54   5U    beioeifen   fuc^te,  bafe  @f[en  unb  Irinfen    nicbt^  anbereö  bebeute  ate  an 

60  ß^riftum  glauben,  il^n  in  fid^  aufnehmen,  fein  ganje«  SBefen,  fein  2ßerl,  feine  o)?fertoinigc 
Siebe  fic^  m  eigen  mad^en.  J^oen  tourbe  burc^  biefe  ©c^rif t  innerlic^ft  erregt,  badj^te  Leiter 
nad^  unb  fönb,  bafe  bad  „est"  in  ben  6infe^ung«h)orten  nicf^t«  anbere^  l^eifeen  fönne  ate 
„significjat",  hjofür  er  ftc^  auf  3o6  unb  bie  ©teilen,  in  bcnen  ftc^  3j^M  ^'^  3:^ür,  ben 
SBeg,  ben  ßrfftein,  ben  SBeinftodt  nennt,   berief.    Diefe  Slnfic^t  teilte  er  einigen  ^eunben 

66  mit,  öor  allen  bem  Sleftor  ber  Utrec^ter  ^ieron^mu^fc^ule  S»^-  9tobe  (f.  b.  31.)  ©ie  be^ 
fd^loffen,  bie  neugewonnene  Slnftcfit,  bie  §oen  in  einer  Ileinen  geifttooHen  Stb^anblung 
niebergelegt  ^atte,  bem  Urteil  Sut^er«  ju  unterbreiten.  Slnfang  1521  begab  fic^  SRobe 
nad^  SBittenberg  (gft©  XVIII,  346  ff.).  £utl;er  fjjrad^  ftd^  jeboc^  mifebittigenb  au«. 
Dagegen  ftimmte  3*^^ingli  ber  ©c^rift  rüdf^altlo«  bei,  al«  SRobe  fie  ilS^m  bei  einer  jn?eiten 


{^ottind  ^ournniS  I*,  ^o^  313 

Äeife  nad}  Deutfd^lanb  öorlegtc,  auf  ber  er  ettoa  im  ©e^^tembcr  1522  nad^  Safel  unb, 

StotngU  liefe  bie  3lbl^anblun0,  an  ber  i^m  namentlid^  bie  Hare  ejegetifd^e  »egrünbung 
gefiel,  im  ©ommer  1525  bei  grofd^ouer  brucfen,  unb  jtoar  o^ne  9lennung  be«  ^erfafler« 
(litel  bei  ©nberg,  2utf;erö  »riefn)ec^fel,  III,  6.412;  bafelbft  abgebrudft.  ©eutfd^e  6 
Ueberfelung  bei  be  $oo}j=®(^effer  6.  91—96.  3ur  ©ad^e  bol.  ä.  Säur,  3h)ingtö 
Ideologie,  i^r  SBerben  unb  i^r  ©Aftern,  II,  §alle  1889,  ©.  279  ff.,  unb  ©tä^elin,  $ulb* 
retc^  3h)tngli,  III,  Safel  1897,  ©.  226  ff.  —  3um  erftenmale  ertoö^nt  toirb  bie  ©c^ 
in  bem  Sriefe  be«  ^ierre  Souffain  au«  93afel  an  garel  in  ©trafeburg  öom  18.  Btp^ 
temberl525  bei^erminjarb,  Correspondance  des  reformateurs,  I,  384:  Inter  ea,  lo 
quae  hactenus  legi  de  Eucharistia,  summe  mihi  placuit  Epistola  quaedam, 
quae  incerto  prodiit  auctore  .  .  .  paucis  multa  dielt  et  meo  iudicio  non 
minus  doete  quam  vere.  SSgl.  aud^  @ra«mu«' S3rief  t)om  3.  Oftober  1525,  Opp.  1703 
t.  III,  p.  894.  —  a)ie  ©c^ft  ftei^^t  im  3nbe?  ^ßaufö  IV.  1559  in  ber  britten  Klaffe 
(Sleufc^,  2)er  Snbej  ber  Verbotenen  Sudler  I,  93onn  1883,  ©.  285.).  is 

3m  jjebruar  1523  tourbe  §oen  ^jlö^lic^  afe  Sln^änger  ber  Partei  ber  „©aframcn* 
tiften"  auf  änorbnung  be«  ^nquifitor«  \)an  ber  §ulft  in  feiner  SBo^nung  im  Äoag  gc« 
fangen  genommen  unb  in  Äetten  unb  Sanben  nai)  ©ertruibenberg  abgefü^.  3)ie  ener« 
gifd^e  Sefd^toerbe,  bie  ber  ®erid(|t«^of  bon  .^oUanb  gegen  biefen  feden  ©treic^  einlegte, 
batte  einen  Sefel^l  ber  ©tatt^alterin  aRargareti^e  (öom  3.  2Rär^,  ^ebericq  9lr.  125)  jur  20 
^olge,  ba|  §ocn  unberjügKc^  nac^  bem^aag  jurüdfgebrad(|t  toerben  fottte;  bort  foHte  ein 
2Rat«IS;en  bom  ®erid^t«l^of  bon  §ottanb  im  herein  mit  ban  ber  §ulft  bie  gegen  il^n  bor« 
gebrad^ten  anllagen  }jrüfen,  bann  il^n  unter  Slffiftenj  jtoeier  3)oftoren  ber  Ideologie  ber« 
^ören;  bie  ^rojefealten  enblid^  foHten  bem  ^räfibenten  be«  geheimen  State«  Sooft  Sau^ 
ren«j  vorgelegt  toerben,  ber  bann  nebft  ben  anbem  beteiligten  3lid(|tem  ba«  Urteil  fäHen  26 
njürbe.  b.  b.  §ulft  fürd(|tete  ftd^  aber,  nad^  bem  ^aag  ju  gelten,  obgleich  i^m  bie  ©tatts 
l^lterin  atte  möglid^e  ©arantie  für  feine  ©ic^eri^eit  bot.  6rft  al«  er  im  ^unx  bie  pcüp^U 
lid^e  Smennung  jum  Uniöerjal-  unb  ©eneralinquifitor  erlj^alten  ^atte,  erflärte  er  fxd^  jur 
SC&reife  nad^  ipollanb  bereit.  ®o(^  mu^te  il^m  aWargaret^e  fotoeit  entgegenfommen,  ba^ 
fie  il^m  erlaubte,  bie  ©efangenen  nac^  bem  ©renjort  ©orind(iem  borjulaben  (aufeer  §ocn  ao 
tüaren  ber  Steltor  ber  Jpaager  ©(^ule  SBil^elm  @na))^eu«  unb  ber  ©elfter  Sleltor^eberif 
§onbebefe  ober  6anirit)u«  üerl^aftet  toorben).  3)agegen  d)er  proteftierten  toieber  bie 
©taaten  bon  ^oKanb.  Sil«  cnblid(^  im  Dftober  ö.  b.  §ulft  abgefegt  tourbe,  nal^m  ber 
©erid^t«l^of  bon  ^ollanb  ben  ^rojefe  §oen«  unb  ©na))l^eu«'  in  bte  $anb.  3)ie  ©tabt 
§aag  tourbe  il;nen  „al«  ©efängni«  angehjtefen".  3000  SDuIaten  Äaution  mu^te  ^om  86 
fteHen  (am  29.  Dftober,  ^ebericq  5Rr.  172).  ©d^on  im  folgenben  ^abxt  toirb  er  ge* 
ftorben  fein.  Otto  ^Untett* 

^onoritt«  I.,  ^apft  625—638.  —  S8gl.  Mansi,   Concil.  nov.  et  ampl.  coUectio  11, 
Florent.  1765,  537.  54yff.  579;    bie  S3rlefc  be«  «Popfte«  MSL  80,  469—484;    Liber  Ponti- 
ficaÜB  ed.  Zhtobov  gWommfen  1,    Berol.  1898,    170-174;    Ph.  Jaff^,  Regesta  Pontificum  40 
Romanorura  P,  Lips,  1885,  223—226;  9(.  g.  ©frörer,  ®efd).  b.  c^riftl.  Äircfte  3,  1,  ©tuttg. 
1844,  53 f.;  (5.  3.  ü^efele,  3)aö  9lnQtt)cm  über ^opft ^onoriu«,  in  2:1)0©  39,1857,  1-61; 
berf.,  Gaufla  Honorii  Papac,  Neap.  1870  fin«  3)eut{(6e  übcrfe^t  üon  SRump,  3Wünft.  1870); 
berj..  ©oncilicngejcftic^te  3«,  greib.  1877,  145-177  unb  276—313;   3.  3)bninöcr,  bie  «ßapft* 
fabeln  be«  TOttelalter«,  ^ixndi.  1863,  131—151;  ©(ftnecntann  ©tubicn   über  bie  ^onoriu««  46 
froac.  greib.  1864;    JR.  93Qjmann,  3)ie  $olitif  ber^äpfte  1,  eiberf.  1868,  159—170.  185f.; 
J.  Pennachi,  de  Honorii  I,  Rom.  Pont,  causa  in  concilio  VI,   Rom.  1870;    JRucfgaber,  5>ie 
grrlcbrc  be«  ©onoriu«,  8tutt.  1871;  g.  ©regorooiu«.  ®ei*i(^te  ber  ©tabt  JRom  im  ^mtitU 
alter  2*,    ©tuttqart  1889,  114 — 122;   53.  3ungniann,    de  causa  Honorii,   in  Dies.  seil,  in 
bist.  eccl.  2,    Ratisb.  1881,   382-458;    3.  Sangen,    föef*.  b.  römiftfien  Jlirtöe  oon  fieo  I.  öo 
big  ««ifülaug  I.,  S3onn  1885,  507  -  580;  3.  ©rifar,  in  Äß  6,  greib.  1889,  230—257. 

3la6)  bem  ^infc^eiben  93onifatiu«'  V.  beftieg  am  3.  5lobember  (30.  Dftober)  625  ber 
au«  einer  öomel?men  famjjanifcben  ^milic  —  fein  Sater  ^etroniu«  toar  Äonful  getoefen 
—  ftammenbe  ^onoriuö  ben  ©tu|il  ^etri.  ©ein  ©treben  ging  bal^in,  bie  ©rrungen« 
fc^aften  ©regor«  be«  ©rofeen  ju  erbalten  unb  ju  bcrme^ren.  3)a«  betpie«  er  in«befonbere  66 
bur^  fein  SSer^alten  ben  Slngelfac^^fen  gegenüber:  ben  Äönig  ©btoin  bon  9iort^umbetlanb 
ermatte  er,  fic^  fleißig  in  ben  ©Triften  ©regor«  um^ufcl^en,  bamit  er  in  ben  Se^ren 
be«  t)on  i^m  (627)  angenommenen  6i)riftcntum«  feft  toerbe  (ögl.  ben  ©rief  bom  ll.^^uni 
634  bei  Beda  Venerab.  Hist.  Eccl.  2,  17);  auf  Slnfuc^en  be«  fiönig«  berlicl?  er  ben 
Sifc^öfen  $aulinu«  Don  ?)ort  unb  §onoriu«   toon  ßanterbur^  ba«  ^aUium   (ib.  2,  18;  go 


314  ^ottortttd  L,  ^a^{) 

ber  ©rief  an  §onoriu^  [Ep.  10  MSL  80,  479J,  burcf^  toeld^en  bicfcm  bcr  ^^primat  311= 
öefprodjien  toirb,  ift  unecht);  ben  ^xm  tjertoic«  er  in  gereutem  lone  if;re  t)on  9lom  ab- 
tüeid^enbe  Dfterbered^nung  unb  ermahnte  pe,  \id)  bei  i^rer  Älcinl^eit  nxd^t  Reifer  ju  bünfen 
ate  bie  gefamte   übrige  Rird^e  (ib.  2,  19);    in  SBeffej  }jrcbigte  auf  feine  3Seran(affung 

6  Sirinu^  ba«  ß^ftentum  (ib.  3,  7).  3lu4  ba«  öon  ®regor  b.  ®r.  mit  Umfielt  begon^^ 
nene  Unternehmen  ber  Überführung  ber  arianifd^en  Sangobarben  ^ur  fati^olifc^en  Äirc^e 
f^te  er  fort,  junäc^ft  inbem  er  für  ben  graufamen  unb  h^a^nfinnigen,  aber  bem  latbo- 
lifdjien  ©lauben  l^ulbigenben  Äönig  äbaltoalb  gegen  beffen  ©d^toagcr  liUriotoalb,  einen 
ärianer,   ben   bie   langobarbifd^en  $erjöge  auf  ben  J^ron   crl^oben  Ratten,  Partei  nal^m 

10  (f.  bie  beiben  »riefe  fEp.  1  unb  16]  an  Sfaciu«  MSL  80,  469.  482) ;  fpäter,  inbem  er 
fxd)  auf  bie  tat^olifcf^e  Äönigin  ©unbeberga  ftü^te,  bie  3^od^ter  jener  21;eobelinbe,  burc^ 
beren  Vermittlung  ®regor  ber  ©ro^e  mandj^e  Sorteile  für  bie  fatl^olifc^e  Äird^e  im  Sango- 
barbenreidjie  erlangt  ^atte  (ögl.  Fredegari  Chronicon  49;    $aulu«  SBamefribi,   Hist. 

§5nt.  Lang.  4,  43  f.).  3^»"  g^öng  e«  aud^,  ba^  feit  bem  3)rei!apitelftreit  (f.  ben  31. 
b  V  ©.  21ff.)  in  3ftrien  unb  55enetien  beftel^enbe  ©c^i^ma  ^u  befeitigen:  mit  A^ilfe  beö 
ßjard^en  üon  9lat?enna  Vertrieb  er  ben  fc^i^matifc^en  Sifc^of  gortunatu^  öon  Stquileja^ 
®rabo  unb  Ij^ob  einen  ©ubbiafon  ber  römifd^en  Äirc^e  auf  ben  erlebigten  SDietropolitan^ 
ftu^l  («rief  an  bie  Sifc^öfe  t)om  18.  gebruar  628  [Ep.  2  bei  MSL  80,  469 ;  ijgl.  30= 
fytnn^  3)iaconu^,  Chronicon  Gradense  in  MG  Script.  7, 45).    ©ö  ift  nic^t  untoa^r- 

ao  fc^einlid^,  ba|  ber  Seiftanb,  ben  bei  biefer  ©elegenl^eit  ber  gried^ifc^e  ©tattl^alter  unb 
bamit  bireft  ober  inbirdt  ber  Äaifer  §eralliu«  bem  ^a))fte  leiftete,  biefen  betoog,  ftd^  in 
bem  balb  barauf  auöbret^enben  monoäeletifc^en  ©treit  (f.  b.  ä.  SRonotl^eletis^muö)  gleid^= 
fam  ald  ®egenleiftung  auf  bie  ©eite  be^  Jlaiferd  ju  fte&en:  mit  bem  ^Ißatriarc^en  t)on 
Äonftantino})el  unb  Sßejanbrien  belannte  er  ftd^   ju  ber  Se^re  tjon  „(Sinem  SBiUen"  in 

aöß^fto,  bie  er  in  jtoeiSriefen  an  ben  §oft)atriard^en  ©ergiu^  (Ep.  4  u.  5.  MSL  80,  470. 
474)  mit  9lad^brudf,  aber  olS^ne  Älarl^,  bertrat.  hierfür  tourbc  er  mel^r  al^  40  ^af)xz 
nad)  feinem  iobe  (geft.  DIt.  638)  auf  bem  6.  ömmenifd^en  Jton^il  toon  fionftantinofel 
am  28.  9Rärj  681  mit  ben^^rem  ber  monoti^eletifd^en  ?|Jartei  anat^ematifiert  unb  ^toar 
unter  gwftin^wwng  ber  päj)ftlid(ien  Segaten.    £eo  II.  beftötigte  biefe  Serbammung   feinet 

80  SSorgängerd  in  einem  ©d^reiben  an  ben  Äaifer  (@nbe  682.  MSL  96,  399),  inbem  er  ben 
i^onoriud  atö  einen  be^eid^nete :  „qui  hanc  apostolicam  sedem  non  apostolicae  tra- 
ditionis  doctrina  illustravit,  s^  profana  proditione  immaculatam  fidem  sub- 
vertare  conätus  est."  Die  Vita  Seo^  II.  im  Liber  pontificalis  jc^lie^t  fic^  bem 
Urteil  ber  ©^nobe  unumtounben  an.    3)ag  3lnatf^em  fanb  aufnähme   in  baiS  ®laubenö= 

86  belenntnid,  toeld^e^  jeber  neugetoä^lte  $a^ft  bei  ber  ©tul^lbefteigung  ju  fpred^en  l^atte, 
unb  tourbe  toenigftend  t)on  ben  9lad(ifolgern  £eo^  toieber^olt  (Liber  Diurnus  MSL 
105,  52).  ^m  Slbenblanbe  fc^eint  ba«  Slnbenlen  an  ba^  fc^toertoiegenbc  ©reigni^ 
lange  ^^t  faft  erlofd^en  ju  fein,  benn  bie  mittelalterlichen  ©efd^i^itfc^reiber  cinfc^tieflic^ 
ber  ß^roniften  ber  ^Päjjfte  übergel^en  e«  mit  ©tiUfc^h^eigen,  toä^renb  bie  griec^ifd^en  6l?ro= 

40  niften  unb  Äanoniften  be^  §onoriu^  al^  eine^  3lnatl^ematifierten  ^äufig  gebenfen.  Um 
ben  barin  liegenben  ©tein  be^  Stnftofeeö  für  bie  Seigre  öon  ber  }jä))ftlic^en  Unfeblbarfeit 
ju  befeitigen,  toagte  e«  Saroniue  (Ann.  Eccl.  ad  ann.  680,  34.  681,  19—34.  682, 
3—9.  683,  2—22),  bie  3lften  be«  6.  ftonjite  mitfamt  ben  »riefen  Seo^  II.  al«  t)on  ben 
®rie(^en  tjerfälfc^t  auejugeben  (f.  bagegen  §efele,  6onc.'®efd^.  299—310).    2lnbere  ta- 

46  t^olifd^e  ®elel^rten  ftettten  enttoeber,  toie  j.  S.  Settarmin  unb  Slffemani  —  nac^  l^organg 
be^  Äarbinafö  lorquemaba  (Summa  deEcclesia,  Ven.  1560,  228)  —  bie  IJerurtcilung 
be«  $a))fte^  al«  einen  ^xttnm  ber  ©^nobe  bar  ober  bejogen,  toie  ®amier  (de  causa 
Honorii  summi  Pontificis  et  VI  Synodi  generalis  im  2lnbange  ju  feiner  3lu^abe 
be«  Liber  diurnus,  Paris  1680.  MSL  105,  148—164)   unb  ^agi,  ben   Urteil^fprud^ 

50  be^  Äonjite  nid^t  auf  eine  toom  Raffte  tjorgetragene  ^äretifd^e  fiebre,  fonbem  auf  fein,  bie 
^ärefte  mbireft  begünftigenbe^,  aHju  friebliebenbe^  Sene^men.  9Ba^r^aft  brennenb  tüurbe 
bie  5^age  erft  auf  bem  öatifanifc^en  Äon^il,  too  Sifd^of  Aj^fele  öon  SRottenburg  fte  babin 
beantwortete,  ba^  $a))ft  ^onoriu^  öon  einem  allgemeinen  Äonjil  öerbammt  fei,  Weil  er  — 
unb  itvax  ex  cathedra  —  f^äretifc^  geleiert  l^abe  unb  ba^  biefe«  3lnatl;cm  \>on  ben  j^txU 

56  genofjen  anerfannt  unb  toon  fpäteren  $äpften  beftätigt  toorben  fei.  ©päter  (6onc.=®cfd^. 
293)  ^at  er  feine  älnfid^t  ba^in  mobifi^iert,  ba^  fic^  §.  nur  im  3(u«brucf  »ergriffen  l^abc, 
tpäl^renb  er  in  SBaf^rbeit  ortl^oboj  badete;  ba«  Äonjil  bagegen  habt  [xd)  einfach  an  bie 
infriminierten,  üon  ben  SDlonotl^eleten  mipraud(^ten,  2lu!2;brüdfe  gel^alten  unb  auf  ihren 
SBortlaut  ^in  feine  ©enten;;  au^gefproc^en.    3)agegen  öerfuc^te  ^rofeffor  5ßcnnac^i  inSlom 

60  biefe  Silrppt  ber  Unfe^lbarteitele^re  baburc^  )u  umjc^iffen,  ba^  er  ben  Urteilef)?ru(^   be« 


^0ttortit8  I.,  t^onorittd  IL,  (8egtn)io)ift  315 

ftonjil^  ald  einen  error  in  facto  dogmatico  unb  bal^er  nicl(|t  aU  bte  Sntfd^eibung  einer 
allgemeinen  ÄiTd^enberfammlung,  fonbern  einiger  bogmatifd^  borurteil^öoDen  Orientalen 
beurteilte  (f.  bagcgen  ^efele  a.  a.  D.  297  f.).  3i^nli(§  Qlavbtt  auc^  ®rifar  (@.  256)  ol^ne 
©d^aben  für  ba«  2)ogma  bte  „S^^alfad^e"  ^inne^men  ju  fönnen,  ba|  bte  93ijc^öfe  be« 
6.  Äonjil^  mit  ber  irrtümlichen  Verurteilung  eine«  5ßaj)fte«  afe  Äc^er«  JugWd^  irrtümlid^  6 
bie  Sel^e  bon  ber  Unfe^lbarifeit  ber  ^ä^fte  angegriffen  l^ätten. 

«.  3ö«>ffel  t  (®-  Ärüget). 

^onortii«  II.,  ®egen^a^ft(6abalu§),  geft.  1071/1072—  Benzo  v.  Alba,  libriVII, 
ad  Heinricum  IV.  od.  K.  Pertz,  MG  SS  XI,  p.  591  ff.;  Bonizo  v.  Sutri,  Über  ad  amicum, 
ed.  @.  3)ümmler,  libelli  de  Ute  imperatonim  et  pontificum  saeculis  XI.  et  XII.  conscripti,  lo 
tom.  I,  1891,  p.  571  ff.,  ügl.  b.V!.  Sonijo  x^.  6.  ©b  III,  @.  311  ff.;  Petrus Dainiani,  Disceptatio 
»ynodalis  (1062),  ed.   fi.  ü.  ^cincmann,  libelli  de  lite  tom.  I,  p.  77— 94,  tigl.  b.  ?1.  3)Qnüani 
IV.  ©b  @.  436  ff. ;  Annales  Altahensea :  MG  SS  XX,  p.  810ff. ;  Leo,  chron.  Cassin.  III,  cap.  19 
ib.  VII,  p.  711;  Annales  Komani:  ib.  V,  p  472;  Annales  Augustani,  ib.  III  p.  127;  Ber- 
thold, chronicon.  ib.Vp.  271  f.;  Bernold,  Chronicon  ib.  V  p. 427 f.;  Arnulf,  gesta  archiep.  lö 
Mediolanensiuro    lib.  Ill    cap.  19,   ib.  VIII  p.  22;    J.  M.  Watterich,    Vitae   pontificum 
romanorum,  Lips.  1862,  tom.  I,  p.  235 ff.  252 ff.;    Ph.  Jaff^,  Regesta  pontificum  Romano- 
rum, Ed.  II,  tom.  I,  Lips.  1885,  p.  593 ;  S.  u.  ®iefcbred)t,  ^ie  l^irdjenfpaltung  nocft  bem  Xobe 
9^ifofau8lI.  9ln5ang  ju  feiner  Schrift :  Annales  Altahenses,  Serlin  1841;  bcrfelbe,  ©cfc^tc^fe 
ber  beutf*en  ÄQtfcrjeit  3.  S3b  5.«ufl.,  fieipjig  1890;  W.gr.Öfrörer,  $Qbft  ÖJregor  VII.,  SBb  I,  20 
@*offl)QUfen  1859,  ©.640  ff.;  «. i>. JHcumont,  ®efcöid)tc  ber  ©tobt  9?üTn,  ©b  2,  ©erlin  1867, 
@.  358 ff.;  a».  ©ajmonn,  Xie  $oIitif   ber  <ß«pftc  üon  ©regor  I.  big  ©regor  VIL,  eiberfelb 
1869,  2.  »b  6. 291  ff. ;  fj.  ©rcgoroüiug,  ®cf*.  ber  ©tobt  ÜJunt,  3.  $(ufl.  4©b,  Stuttgart  1877, 
S.  124 ff.;  3.  öon^c[eIc,eonciIleiigcf*id)te,  4.83b  2.  STufl..  grciburg  i.  ©r.  1879,  ©.850 ff.; 
®.  SRarten«^,  ^leS3efe^ung  beS  pöpftlic^en  ©tu^led  unter  ben  ^aifern  ^einrid)  III.  unb$eiU'25 
rid)  IV.,  Srciburg  i.  S3r.  1886,  ©.  118ff.;  fi.  ö.  SRanfe,  Scitgefcftidjte,  7.  Xcü,  fieipüig  1886, 
©.  218 ff.;  ®.  ^ie^er  üon  Ä'nonou,  3ni)rbü(6er   beö  beutfc^en  üicIdjeS  unter  ^einri^  IV.  u. 
©cinri*  V.,  1.  unb  2.  53b,  ficip^ig  1890.  1894;   3.  Sangen,  ®efrf|irfjte  ber  römiftfien  ^xd^e 
tjon  9?ifoIau«  L  bi§  Tregor  VII.,  83onn  1892;  (S.  SOlixbl  3)lc  «ßubHaiftil  im  3citoIter  ®rc* 
gor«  VIL,   ficipjta  1894;    91.  ^aud,  5!ir(^engefd)id)te  3)eutf(^Ianb§,    3.  5Bb,   ficipjig  1894;  ») 
®.  m^Xtx.    «nnalcn  ber  beutfdien  ®ef4id)te  im  SKitteloIter,    III.  ^bt.  2.  S3b,  ^aUt  a.  ®. 
1898,  ©.  23  ff.,  ügl.  b.  9(.  «lejanbcr  IL,  ©b  1  ©.  338  ff. 

ätö  mi)  bem  2:obe  Jltfolau«  II  (27.3uK1061)  burdji  ba«  rafd^e  eingreifen  ^ilbe^ 
branb«  (ügl.  VII.  Sb  6. 10 1,8b  ff.),  be«  är^ibialon«  ber  römtfc^en  Äird^e,  äleEanber  II. 
(Sifd^of  Slnfelm  öon  fiucca)  am  30.  ©e})tember  1061  getüäl^It  unb  int^roniftert  tporben  30 
tuar,   luurbe  i^m  burd^  bie  bon  ber  Äaiferin  Stgne«  nad)  93afe(  einberufene  SSerfammtung 
beutfd^er  unb  lombarbifdj^er  a3tf(^i)fe,  an  ber  aud^  ©efanbte  ber  SRömer  teilnal^men,  am  28.  Oft. 
1061  in  ber  ^erfon  beö  Sifc^of^Gabalu^  bon  ^axma  ein  ©e^enpapft  gegenübergeftettt,  ber  ben 
Flamen  Äonoriu«  II.  geführt  l^at.   ®er  beutfd^e  .C>of  t^at  btefen  ©d^ritt  nid^t  au^  ÄanH)fe^ 
luft,  fonoem  tourbe  baju  burd^  bie  protoofatorifd^e  3?i(^tbead^tung  ber  Siechte  be^  beutfdien  40 
Äönigtum«   bei    ber  ©r^ebung  Sllejanber«   gebrängt   unb    entf^jrad^   bamit  jug(eid(i  ben 
aSünfd^en  be«  lombarbifd^cn  ßpiffo^^atg  unb  eine^  2;eil^  be^  römifd^en  3lbefe.  —  gabolu^ 
befa|  fein93i^tum  feit  1046,  ^atte  ju  ^einrid^  III.  in  Sejiel^ung  geftanben  unb  tnor  afö 
®egner  ber  ^atarea  befannt.    ©eine  ©teKung   ift  toon  2lnfang  an   eine  fd^iefe  getnefen. 
Denn  bie  Äaiferin,  nid^t  geneigt  unb  auc^  tf^atfäcf^lid^  au|er  ftanbe,  bie  Äonfequenjen  ber  45 
3luffteDung  eine^   laiferlid^en  ^a^^fte^  gu  jie^cn,   traf   feine  änftalten,  bie  3lnerlennung 
^onoriu^  II.   ju  erjtningen.    35ie«  S^fd^öb   nid^t   einmal  in  3)eutf(^lanb.    3)ie  ftaiferin 
befal^l  freilid^  ben  italienifd^en  ©rofecn,  il^n  nad)  $Rom  ju  geleiten,   aber  junäc^ft  tuaren 
feine  SWad^tmittel  fo  befc^ränlte,  ba^  bie  »^erjogin  Seatrij  bon  ^^u^cien,  bie  ©emal^Kn  be« 
§^J«>g^  ©ottfrieb   if^m   ben  2ßeg   toerjperrcn   fonntc.    2)ann   erfc^ien   aUerbing^  Sifcbof  50 
93enjo  toon  alba  (togl.  b.  a.  53b  II,  ©.  605  f.)  im  SBinter  1061/1062    afö  laiferBt^er 
©efanbter  in  SRom,  um  mit  großem  ©ejc^idf  unb  reid^lid(^en  3JlitteIn  für  il^n  ju  agitieren 
unb  Sejie^ungen  ju  bem  §of  toon  33^janj   an;iu!nüpfen ;    bie  SKüftungen  tourben   eifrig 
betrieben;    im  ^rü^ja^r   1062  fonnte  (Sabalu«   biö  ©utri   toorrüdEen   unb  trug   fogar  in 
offenem  Äampf  tjor  ben  Igoren  5Hom^  über  bie  2^ru})))en  ätlejanber^  einen  ©ieg  babon  05 
(14.  äfril),  freilid^  um  balb  mö^  2^u^culum  abjujie^en.  —  3^^*  Öjjff  ^^^  «ö^  ^ialim 
jurtidtgefel^rte  l^erjog  ©ottfrieb  bon  Sotf^ringen  in  ben  ©treit  ein  (SJlai  1061)  unb  fefete 
burd^,   ba|  beibe  SRibalen  fic^  ber  ßntjd)eibung  be^  Äönig«  unterwarfen  unb,  biö  biefefbe 
erfolgt  toäre,    in  i^re  Si^tümer  Succa  unb  ^arma  jurüdfe^rten.    I)iefe^  SSorge^en  ftanb 
in  engem  3ufammenl;ang  mit  ber  einige  Söoc^en  ^utoor  erfolgten  3Kanblung  in  ben  beutfdien  m 
SSer^ältniffen.   SKar  ber  ©lurj  ber  Siegentfc^aft  burd^  ben  ©rjbifc^of  anno  öon  fiiJln  (ögl. 
b.  21.  Sb  I  ©.  557,2)  im  ©intjerftänbni^  mit  §erjog  ©ottfrieb   erfolgt,    fo  tuerben   \\ä) 


316  ^ottortttd  II.,  &titnp0p^  .^ottoriud  IL,  ^a^ft 

ani)  beibc  über  bie  Se^anblung  unb  8efeiti(^un(5  be^  ^JajJftfd^töma^  tjcrftänbigt  l^bcn. 
®ie  Übertragung  ber  ßntfc^etbung  an  ben  beutfc^en  Äönig  mar,  ba  biefer  [\d)  in  ber 
©etoolt  be^  9letc|>^erh)efer^  befanb,  nid^tg  anbere^  ate  bie  gutoeifung  biefer  3tngclcgen= 
l^ett   an  Snno    bon   Äöln.    ©ie  gelangte    auf  ber  ©V"öt>^   8"  ^ugdburg   (gnbe  Oftober 

6  1062  jur  SSer^anblung,  i^r  Verlauf  mar  ein  für  ßabalu«  ungünjtiger.  35a6  bie  SRegie- 
rung,  meiere  i^n  erlauben  l^atte,  nid^t  melj^r  am  SRuber  hKir,  gab  i^m  bon  bomF^erein  eine 
ungünftige  ^ofition.  ßrjbifc^of  Snno  l^atte  ate  9licl^tteUne^mer  an  ber  Sanier  58erfamm= 
lung  ööÖig  freie  §anb  unb  hütete  fid^,  burd^  Anregung  ber  ^age  nac^  beni  föniglid^en 
Stecht  an  ber  $at)fth)a^l  ben  ^Paj)ft  ber  öon  il^m  geftürjten  Äaiferin  ju  unterftü^en.   3luc^ 

10  ftanben  bie  beutfd^en  93ifc^öfe  auf  ber  ©eite  SUejanber«  ate  be^  juerft  ©emäi^tten.  2(u^ 
bent  Äreife  ber  antoefenben  italienifd^en  93ifd^öfe  tourbe  freiließ  gegen  bejfen  SBa^l  bie  2(n= 
Hage  ber  ©imonie  fo  fräftig  erhoben,  ba^  eine  5Sertagung  ber  ßntjd^eibung  ba^  fct^Iiefe= 
Ixd^t  ®rgebni^  toar,  aber  in  einer  ^orm,  bie  bereite  einer  $rei^ebung  .^onoriu^'  IL  nal^e 
fam.    ®enn  man  einigte  ftc^  bal^in,  burdb  einen  nad^  ^talxm  gefd^idften  beutfd^en  Sifc^of 

16  bie  gegen  äiejanber  geltenb  gemachten  38om>ürfe  in  9lom  ju  unterfud^en,  unb  faH«  ba« 
Sefultat  ein  ^ünftige«  toöre,  t^m  bie  t)rot)tforifd^e  äu^übung  ber  t)äj)ftlic^en  ©etoalt  m- 
jupefte^en,  b\&  eine  neue  ©i^nobe  bie  befinitiöe  ©ntfd^eibung  gefällt  ^aben  müroe. 
S)ie  Übertragung  biefe«  38ertrauen^mte«  an  ben  3?effen  Slnno«,  ben  Sifd^of  93urd(^arb 
t)on  ^alberftabt,    einen  eifrigen  Sln^nger  ber  ^Ubcbranbinijd^en  SReformfartei  fonnte  bie 

20  äu^pd^ten  3llejanber«  nur  berftärfen.  äte  bie  Unterfud^ung  in  ber  j^at  bie  ©runbloftg^ 
lett  jener  Slnflagen  l^erau^eftellt  Ij^atte  (S^ff^  4498),  mürbe  er  burc^  §erjog  ©ottfrieb  im 
aJlän  1063  na^  9lom  gefül^rt  (3aff6  4499).  3)a«  ©d^idffal  be«  ®egenj)at)fte«  mar  bamit 
entfdjieben.  Qln)ax  ift  Gabalud,  nad^bem  aiejanber  i^n  nunme^  auf  einer  ©^nobe  ju 
9lom  mit  bem  änati^em  belegte,    feinerfeit«  aggreffit)  tjorgegangen,   l^at  auf  einem  Äonjil 

26  ju  ^JJarma  gegen  ben  9lebenbul^ler  biefelbe  ßenfur  berlünbigt,  ift  fogar  gegen  3lom  öor- 
gerüdft  unb  fonnte  ftc^  auf  ber  ®ngeteburg  feftfe^en.  Stber  er  mu|te  3<om  mieber  ber- 
loffen  unb  fonnte  nid(|t  l^inbem,  ba|  ba«  Äonjil  ^u  3Kantua  am  3L  5Jlai  1064  bie 
befinitiöe  änerfennung  feine«  ®egner«  boDjog.  S^wterl^in  ^at  er  in  5ßarma  fid^  btf)a\jcpUt, 
unb   bie  Il^ätigfeU  al«  $at)ft   nid^t  eingefteUt   (fiambert  SS  V,  168;   9R.  t).  An.  I, 

30  p.  603  91.  52)  äud^  nac^bem  bie  burd^  bie  ®efanbtf(^aft«reife  Senjo«  an  ben  beutfd^en 
$of  erregten  Hoffnungen  auf,  bie  1065  ge^^Iante  Slomfal^rt  Äönig  §einricf^«  jerfaDen 
moren,  mürbe  i^m  nod^  t)on  ©eiten  be«  ©rjbifd^of«  Slnno  unb  be«  §erjog«  ©ottfrieb 
eine  Seac^tuna  m  Seil,  bie  für  biefe  läftige  fjotgen  gel^abt  f^at  (SR.  t).  An.  I,  587. 
602  f.)   Umbte  3ia^re«menbe  1071/1072   ift  ßobalu«  geftorben  (3)1.  t).  An.  II,  p.  162 

86  5R.  93). 

SlÜar  bie  ®r^ebung  $onoriu«'II.  baburc^  bebeutungöboD,  bafe  fie  bie  2lbftd^t  be«  beutfc^en 
Jlöniatum«  au«jubrüdten  fd^ien,  ben  Übergriffen  be«  reformierten  $a))fttum«  entgegenzutreten, 
fo  liefert  ba«  tl^atfäd^lid(ie  ©efc^idF  biefe«  @egen}>a))fte«  ben  S3emei«,  mie  menig  biefe«  nac^  bem 
a^obe  §einrid^  III.  öon  ©eutfd^Ianb  ^u  fürd(|ten.  I^atte.  3)a  SUejanber  IL  bie  Priorität  auf 

<o  feiner  ©eite  Ij^atte  unb  e«  i^m  an  lüc^tigfeit  nid^t  fehlte,  mar  fein  ©ieg  fein  unüerbien- 
ter,  menn  auc^  ber  Hergang  feiner  2Ba^I  ju  begrünbeten  Singriffen  3lnlafe  gab.  5lad^  ben 
©d^ilberungen  ber  ®egent)artei,  fJ)e5ieD  be«  ^JJetru«  3)amiani  (ep.  I,  20.  21 ;  Discep- 
taüo),  mar  ßabalu«  eine  bebenflid^e  ^Perfönlic^feit,  aber  ber  SCabel  ift  ;u  t^pifd^  unb 
ber  §a|  ift  ju  gro|,  al«  ba|  mir  bem  ^eiligen  ol^ne  meitere«  glauben  tonnten. 

46  Qttxl  Stirbt.. 

^^Ottorttt«  IL,  ^a^ft,  geft.  1130.  —  OucIIen:  Codice  diplomatico  e  bollario  di 
Onorio  IL  m  Fr.  Livcrani  opere,  vol.  4,  p.  91  ss.,  Macerata  1859;  Sricfe:  Bouquet,  Re- 
cueil  des  historiens  des  Gaules  XV  p.  256-269;  MSL  166  p.  1217—1316,  Siricfc  an 
^.  ebcnb.    6.  1317-1320;    Ph.  Jaff^,    Regesta   pontificum  Romanorum    Ed.  II,    tom.  I 

60  p.  824—839,  II  p.  755;  Vita  Honorii  II  a  Pandulpho  Cardinali  conscripta:  J.  M.  Wat- 
terich, Vitae  pontificum  romanorum,  tom.  II,  Lips.  1862,  p.  157 f.;  vita  a  Bosone  car- 
dinali  conscripta  ib.  p.  158  f;  3-  ö.  ^flugfs^ortlung.  Acta  iwntificum  Romanormn  in- 
edita,  3  5Bbc,  Tübingen  unb  etuttgart  1880.  1884;  berf.  NA  VII  ©.  87 f.;  berf.,  gb® 
S3b  XXIV  @.  430.  434.  437;    berf.,  Itcr  italicum,   Stuttgart  1883;    Annales   Ceccanenses 

66  MG  8S  XIX,  p.  282;  Narratio  de  electione  Lotharii,  MG  SS  XII,  p.  50988.;  Falco 
BcnevenUnus,  Chronic,  de  rebus  aetate  sua  gestis  ap.  Muratori,  Rer.  Ital.  scriptores  V, 
p.  101 88.;  Alexander  Telesinus,  de  gestis  Rogcrii,  ibid.  p.  617  ff. ;  Pctri  Diaconi  Chro- 
nicon  monasterii  Cassinensis  MG  SS  VII,  p.  80488.  etc.  —  iiittcratur:  E.  Schindel- 
hutte,   vita  Honorii  II  pontificis  Rom,  Marburgi  Cattonim  1735;     ^Ircöibolb  Sorocr,    Un* 

ßo  partt).  C)<ft.  ber  9?öm.  köpfte,  überfe^t  ü.  SRamborf),  3:1.  VII,  Wogbeburg  unb  fielpj.  1768, 
@.  154 ff.;  ©cruol«,  $oUt. ®cf4.  I^cutfc^Ionb«  unter  ^cinritö  V.  unb  \»ott)QflIL,  2.3:1.,  ücipj. 


^onoriitd  U.,  fafift  317 

1842,  @.22ff.,  88,  129  f.  K.;  ^ö-Saff^,  ©ef«.  b.  beutf^en  9leic6ä  unter  fiot^or  b.  8.,  »crlin 

1843,  e.  34  ff.,  68 f.  k.;    «Popcncorbt,  ©cfdjidjtc  bcr  Stobt  9?on!.  «ßabcrb.  1857,  @.  247  ff.; 
Fr.  IdveraDi,  Opere,  vol.  III:    Lamberto  da  FiagDano,    Macerata   1859;    f^rtebberg,  SDte 
Narratio  de  electione  Lotharii  in  ben  gb®,   ©b  VIII,  ÖJöttinflcn  1868,   @.  75  ff.,   mit  bcr 
5RQ(Öf*rtft  oon  ®.  ©oi^,  ©.  89 ff.;  3Bidjcrt,  3)ic  ®a^I  fiot^ar  III.  jum  bcutfd^en  Äönigc  in  6 
bcn  &b®,  «b  XII,  ©ötting.  1872,  6.  55 ff.,  bcf.  @.  108 ff.;  »em^cim,  fiot^or  III.  unb  ba« 
©ormfcr  Soncorbot,    Straßburfl  1874;    ^Küftlbadicr,    S)ie  ftrcitige  ^apftwal^l  be8  3.  1130, 
Snn^brucf  1876;  $).  ®ittc,  gorfdjungcn  jur  ©efdj.  be8  SBormjcr  (Joncorbat»,  (äJöttino.  1877, 
6.  11  ff.;  SB.  u.  ®iefcbrc(^t,  ®ef(ö.  bcr  bcutfdjcn  Äolfcraeit,  ©b  III,  XI.  2,  4.  «ufl.  ©raun- 
fiftwcig  1877,  ©.  953 ff.;   SBb  IV,  2.  «ufl.,  »raunf*».  1877,  6.  44 ff.  2c.;    »cm^cim,  8ur  lo 
®cf*i4tc  bc«  ©ormfcr  ßoncorbot«,  ®ötting.  1878,  6. 42 ff.;  3B.  »ern^arbi,  fiot^ar  ü.  ©m)|j* 
Ilnburg  (Sa^rb.  b.  bcutftftcn  ©cfdji^tc).  ficipjig  1879,  6.  45  ff.,  269 ff.  :c.;  gr.  ©rcßoromu«, 
®cf(ft.  bcr  8tQbt  $Rom,  4.  ©b,   3.  «ufL,  Stuttgart  1877,  S.  381  ff.;    Sungmonn,  Disserta- 
tiones  selectae  in  historiam  ecclesiasticam,  tom.  V,  JRcgcnSburg  1885,  S.  51  ff.;  91.  SSogncr, 
S)ic  untcritalifcftcn  iRormonncn  unb  baS  ^opfttum    in   i^ren   bcibcrfcitigcn  ©cjic^ungcn  üon  16 
Sictor  III.  bi8  ©obrian  IV.  (1086—1156),  «rcgiou  1885.  S.  26 ff.;  3.  o.  ^cfclc,  goncilicn- 
gcf(6i(6tc,  5.  »b,  2.  «ufl.,  &reib.  i.a3r.l886;  fiöwcnfelb,  m.  Beiträge,  $«?(  »b  XI  S.595f.; 
SBoIfmar,    S)q8  »crböltniS  fiot^ar«  III.    jur  3nucftiturfrogc,   &b@  S3b  XXVI  S.  443 ff,; 
©rif^or,  ^onoriuS  U:  SBcfcr   unb  m\M  Äivcbcnlejifon,   2.  ^ufl.   6.  «b,  grciburg  i.  «., 
1889  S,  257 ff.;    3-  fiangcn,    ©efcftic^tc   bcr   römifc^cn  ^ird^c   üon  ©rcgor  VII.  bid  3nno^  20 
ccna  m.,  ©onn  1892,  S.  805— .Hl  4. 

Sambcrt,  untDctt  ^mola  in  ^agnano  al^  Rxnh  geringer  Seute  gebaren,  toax  bon 
Urban  II.  nad)  3lom  geiogen  unb  bon  ^Pafd^ali^  II.  jum  Äarbinalbifcpof  t)on  Dftia  cr^ 
IS^oben  tüorben.  äte  folc^cr  ge^iJrte  er  ju  ben  SBä^lem  Oelofiu^'  IL,  mad^U  mit  i^m 
bie  @cl^ec!en  bed  ttberfaQ^  burc^,  tDeld^e  bem  9{eugetoä^lten  i>on  bem  römifd^en  Slbefö^  25 
gefd^let^te  bcr  ^angif)ant  bereitet  tDurben  unb  teilte  mit  biefem  $a))fte  bie  3Rü^fate  bed 
ßjili«  in  ^anfreid^  (üglSSb  VI  ©.476,4i).  9lic^t  allein  bcr  Umftanb,  bafe  Sambert  \)tm 
Dftia  einer  ber  fet^g  Äarbinöle  toar,  bie  in  ^anfreid^  GaKjrt  Il.jium  9lad{^foIger  bed  in 
6Iun^  t)erftorbenen  ©elaftu^  II.  ertDäl^lten,  f^at  ben  franjöfifc^en  ^sa^ft  in  ein  fe|^r  nafyiS 
SerjS^äUni«  ^u  bem  Äarbinalbifc^of  gebracht,  aud^  huxd)  ©ele^amf eit,  griebenäiebe  unb  ao 
ftttlic^  6mft  emt>fa^I  ftd^  biefer.  SBir  finben  il^n  halber  ju  ben  fcljitoierigften  SRiffionen 
t)em)onbt,  unter  benen  ber  ^ufttog  jum  Slbfc^luf;  be^  ^eben«  jtoifd^en  ber  Äirc^e  unb 
bem  Äaijcr  in  bem  fogenannten  äÖormfer  Äonforbate  befonber«  ^ertoorragt.  Sielleic^t  toar 
e^  bie  fnebfertige  ©efinnung,  bie  Sambert  bei  bem  ebengenannten  grieben^fd^lu^  bem 
Äaifer  gegenüber  offenbart  ^atte,  bie  ba^  !aiferli(^  geftnnte  3lbefögefd^Ied^t  ber  ^angi)Hini  86 
betoog,  ben  Äarbinalbtfd^of  bon  Dftia  gegen  ben  SSunfd^  ber  Äarbinäle  t?on  ber  $artei 
ber  Seoni,  bie  bereit«  i^ren  Slmt^enoffen  Il^eobalb  afö  Sßdp^t  ßöleftin  II.  au^erufen  fyittm, 
auf  ben  ©tu^l  ^etri  gu  ergeben  (16.  3)ejember  1124).  Um  bem  38om>urf  ber  ®efe^ 
toibrigleit  fetner  @ri;ebung  bie  Bp'x^t  ab^ubred^en,  legte  er  jeboc^  nac^  fteben  Xagen  bte 
5PontifiIalgen)änbcr  toieber  ab,  um  fte  erft  bann  jum  jtoeiten  2Ral  anjulegen,  atö  aad^  40 
bie  Äarbinäle  ber  (Segenjjartei,  —  e«  ift  ungetuife,  ob  ßöleffin  freitoittig  entfagt  f^at  — 
auf  il^n  i^re  Stimmen  bereinigten  (vita  be«  ftarbinatö  Sofo  bei  SEBatteric^  II,  p.  159), 
tool^I  nod^  an  bemfelben  2:age  tourbe  er  lonfelriert  (21.  ®ej.). 

Äaum  ^atte  er  ein  f^albe«  ^afyc  jjontifi^iert,  afö  Äaifer  ^einrid(i  V.  ftarb.    S)a|  ber 
ju  feinem  9lad^folger  getoä^lte  Sac^fe  Soti^ar  III.  noc^  öor  femer  Srl^ebung  eine  Urfunbe  46 
unter^eid^net  }^ab^,  in  ber   er  ber  Kirche  unb  bem  ^onp^it  bie  il;m  im  SEBormfcr  Äonlor« 
bäte  gen)äl^rten   3w0^^<i'^^"\ffc    wnb   SSorrec^te  bei  ber  Sifc^of^toa^l  jurüdferftattete,  ift 
eine  Se^aujjlung,  bie   Icbiglid^  auf   falfd^er  3inter))retation    ber  Narratio  de  electione 
(MG  SS  XII  511)  berul^t.    &^  ift  aber  fel;r  h)a(^rfd^einlic^,  bafe  Sot^ar  mit  berSlnjeifle 
feiner  SBa^l  ein  ®efud^  an  ben  ^a})ft  um  Seftätigung  be«  burc^  bie  beutfc^en  Sfletc^  60 
fürften  bottjogenen  alte«  berbanb  (Ann.  S.  Disibodi,  SS  XVII  23;  bgl.  »em^bi 
©.  52  f.)  unb  bamit  fic^  bor  bem  römifc^en  ©tu^le  in  einer  SBeife  bemütigte,  tote  feiner 
feiner  JBorgänger.    hierfür  bejeugte  i^m  ^onoriu«  II.  baburc^  feinen  3)an!,  ba^  er  Dftem 
1128  über  ben  (Segenfönig  Soti^ar«,  Äonrab  öon  §o^enftaufen,  ben  Sann  au«f}jrad^.  9Da« 
freunblic^e  einbeme^men,  toelc^e«  jtoifc^en  bem  $aj)fte  unb  bem  Äönige  Sot^ar  obtoaltcte,  66 
fe|te  erfteren  in  ben  ©tanb,  fein  ^aujjtaugenmerl  auf  bie  SSergröfeerung  be«  ©ebiete«  bcr 
römifd^en  Äird^e  in  Italien  ju  richten.    SBol^l  gelang  e«  i^m,  einige  (Srafen  ber  Gam^agna 
feiner  Dber^o^eit  ^u  unterwerfen,  jebod^  Wax  er  ju  fd^toa^,  um  bem  ©rafen  SRoger  t?on 
©ijilien  ba«  §erjogtum  äjjulien,  toeld^e«  biefer  ol«  SJertoanbter  be«  linberlo«  berftorbenen 
$er|\og«  SBill^elm  beanfjjruc^te,  mit  bewaffneter  §anb  unter  bem  9Som>anbe,  3lpulien  fei  60 
ein  erlebigte«  fielen  ber  römifc^en  üirc^c,  ju  entreißen;  im  äuguft  1128  muffte  ^onoriu« 
ben  Sc^eufc^er  ©ijilien«  mit  bem  ^erjogtum  3lj>ulien  betel^nen. 


318  ^oitortttd  IT.,  ^fi)i{)  ^ottoritt^  III. 

3ScracbIt(i^  ertoartcte  er  in  biefem  Äam^fe  A^^lfc  toon  bem  ftönigc  fiot^ar,  ben  er 
toieber^olt  aufforberte,  fid^  fo  rafcb  ate  möglicä^  jur  fiaiferfrönung  nad^  9iom  ^u  begeben, 
äfö  er  in  ber  Jlad^t  bom  13.  auf  ben  14.  ^bruar  1130  bie  legten  Stern jüge  i^at,  h>ar 
biefe  Hoffnung  noc^  nid^t  in  erfüOung  gegangen.  5R.  S^l^ffel  t  (^«»^  mtU). 

6  ^oiiomö  III.,  5pajj[t  bom  18.  Suli  1216  bi^  18.  9Kärj  1227.  —  I.  duellcn: 

a)  58on  ben  jaölrcicöcn  @t)rontfen  feien  al«  rotcfttigftc  genannt :  Murat.  SS.  III,  I,  568  Bern. 
Guid.,  570 ;  III,  II, 387  - 92  Anial.  Aug. ;  VI,  41 1  f.  Ann.  Genuens ;  VII,  895  f.  Chron.  Foss.  Nov. ; 
VIII,  957  Ric.  Malesp. ;  1083  Mem.  Potest.  R«g. ;  IX,  179  Ricoh.  Ferrar. ;  633  -  664  Franc.  Pipin ; 
XI,  1128-33  Ptol.Luc;  XII,  340-44  Chron.  Andr.  Dand. ;  XIII,  155.  161  Giov.  Vill.  - 

10  3u  Murat.  Antiq.  Ital.  1738  ff.,  6  53be,  f.  Indiccs  chronol.  180()  v.  Cipolla  u.  a.  6.  252 
gir.  5830—54  unb  S.  406  „C)on.  III.".  -  Bouquet,  Recucii  etc.  XVII,  303-6.  XVIII, 
115.  607.  XX,  762  f.  Guil.  de  Nang.  —  MG  SS  II,  171;  VI,  437  40  Sigehert;  IX,  622  f. 
635;  XVII,  293  Ann.  S.  Trudp.;  828.  a39— 40  Ann.  Col.  max.;  433-43  Ann.  Plac  ;  807 
Ann.  Cremon.;  XIX,  151-53  Ann.  Patav.;    301  ff.  Ann.  Ceccan.;    338—47  Rvcc.  de  S. 

15  Germ.;  XX,  334  Otto  Fris.  CJont.;  XXII,  352  Catal.  Pont.  Rom.  Viterh.;  362  Catal. 
Pont,  et  Imp.  Rom.  Casin.;  439  u.  471  Martini  Chron.;  XXIII,  108—210  Chron.  Mont. 
Sereni;  309 f.  326 f.  Chron.  Lyvon.;  378 f.  Ur8i)erg.  Chron.;  496—506  Emonis  Chron.; 
624-26  Chron.  Ottenb.;  904-19  Chron.  Albr.  Mon.;  XXIV,  99  t.  Hug.  de  St.  Vict. 
cont;  135  Gilb,  chron.;  160 f.  u.  166  Vinc.  Bellov. ;  197  Minor.  En)hord. ;  XXV, 297-303 

20Richer;  832— 34  Joh.  Longus;  XXVI,  277.  281  f.  Cont.  Hob.  Autiss.;  402  f.  471-76 
S.Mart  Tiu-on.;  514  Ann.  Norraann. ;  XXVII,  189  f.  Cont.  chron.  Rog.  deHov.;  XXVIII, 
52  f.  Rog.  de  Wend.;  XXIX,  578—80  Thomae  bist,  pont  Salon,  et  Spalat.  — 

b)  5)ic  Urtunbcn  unb  9iegcflen  fie^e  bei  Oi^nter,  Foedera,  ßonbon  1816,  I.  147—85; 
Bouquet,  Recueil  etc.  XIX,  610—778,  10  330.  Briefe;  ^ottljaft.  Reg.  Pont.  Rom.  1874,1, 

25  463—679,  II,  2056 f.  2135 f.;  Horoy,  Medii  aevi  biblioth.  patrist.  1879—82,  33b  II, 441  - 
V,  11 93^. »riefe;  MG  Epist.  saec.  XIII  ed.  JRobcnbera  1883,  1,1-260.  729 f.  unb  MG  Con- 
8tit.  et  acta  publ.  imp.  et  regum  ed.  3Beifanb  1896.  II.  33fll.  baju  ^er^.  ^ilrd).  V,  315; 
giobenberg  9fi«  X,  507;  ^Binlelmonn,  fjb®  X,  261:  Qu  ben  $Heg.  ber  ^ftpftc  $on.  III.  bis 
3nn.  IV.,    u.  gb®  XV,  373:    12  ^apftbriefc   a«   ©efcft.    Äaifcr  Sriebr.  II.  -   BUss,    Ca- 

aolender  etc.  .  .  .  Papal  letters,  ßonbon  1893.  I,  40—117.  9Son  fraglichem  3Bcrt  Pressutti, 
Reg.  Hon.  III.  SRoin  I  1888,  II  1895;  üg(.  Sfit)  IX,  145  f.;  »^Jott^aft,  '©egipeifer  u.  f.  m. 
1896,  I,  621  unb  ^3®  IX,  715-30.XVIII,  637  f.  —  HuUlard-Br^holles,  Hist.  diplom. 
Frider.  II.,  <ßQrigl852— 61,  lu.II;  S8öf)iner»5ider.  Acta  imperii  selecta  1870,  II,  9^r.451, 
932—55,  1140;  Söinfclmann.    Acta   imperii  inedita,  SnnSbrud  1880,   I,    I15f.;  93ö6mer* 

85  gfirfcr*2BinfeImQun,  Reg.  imperii,  3nn«bru(f  1881 -92.  I.?lbt.  ©.211  f.  III.9(bf.  8.1120—70; 
m.  Stüljricöt,  Reg.  regni  Hierosol.  1893,  8.  239—55.  —  einige«  Sf^eue  bei  i?.  ^anicfe,  llr« 
funbenb.  b.  $)od)ftiftö  ^ilbe^^eim  I,  fieipjig  1896;  jmei  ©^reiben  von  1222  unb  23  wer* 
öffentllc^t  C.  Cipolla,  Rendiconti  della  accademia  dei  Lincei,  3uli  —  9luguft  1897;  ßampc 
1897  iR«.  XXII,  403  unb  405. 

40  II.  fiitteratur.  a)  Slügemeine«:  SRatjnalb,  Ann.  eccles.  1870  33b  XX,  a.  a.  1216— 27; 
Ciacon.-Oldoin,  Vit.  et  res  gest  pont.  Rom.  1677,  II,  43-65;  Hon.  III.  vita  a  Simeone 
Majolo,  ed.  Bottino  bei  Horoy,  Medii  aevi  bibl.  patrist.  1879.  II,  397-410;  ^Ircft.  33on)er, 
Unpart^.  ©ift.  ber  röm.  ^äpfte,  beutfd)  ü.  JRambad).  Xfeipjig  1770,  VIII,  50 ff.;  erfdj  u. 
©ruber,  enct)!Iop.  II,  X,376;  ^openlorbt,  ®cf*.  b.  ©tobt  5Rom,  'ipaberborn  1857,  ©.284 ff.; 

«gflenmont,  berf.  Jitcl,  SBerlin  1867,  II,  500 ff.;  ©rcgoromu^  beSgt..  3.  9lufl.  ©tuttgart  1878, 
IV,  600f.,  V,113ff  ;  3Battenba4  ®ef(^.  b.  röm.  ^ßopfttum«,  93crlin  1876,  ©.196 ff.;  (5Iau- 
fen,  ¥apft  ©on.  III.  1895;  ^Re^enf.  in  Stfc^r.  f.  fatft.  Jfieol.  1896.  XX,  693 ff. 

b)  Ärcujjug  unb  fjriebritft  II. :  Giannone,  Ist.  civ.  del  regno  di  Naj)oli  1753,  11,371  — 
98;  SBilfen,  ®ef(^.  ber  Äreuisüge  1830  VI.  115—413;  ^öfler,  ^aifer  &riebri*  IL,  'iDeüncficu 

60  1844;  ©ugcnfteim,  ®et(b.  b.  Äircftenftaate«,  i?eipjig  1854,  ©.  144-51;  Cherrier,  Hist.  de 
la  lutte  des  Papes  et  des  Empereurs,  2.  ^it,  %ax'\^  1858  f.  II;  Huillard-Br^holles,  Hist 
diplom.  Frid.  II,  pr^face  et  introduction,  ^arid  1859 f.:  ©djirtniadjer,  ^aifev  griebrid)  11., 
®öttingen  1859f.  I,  107f.  112f.  133f.  150f.  II,  1—128.  446  f.;  ©infelmann,  gb®  1862, 
I,  16  f.,  5)ie  Sa^l  Äönig  ^einricfiS  VII.;  1867,  VII,  303f.,  S3eiträgc  j.  QJefd).  Äaifcr  Sricb* 

55rl(^  IL;  1870  X,  252:  3)er  päpftl.  ©of  u.  b.  3tinerar  b.  ?äpftc  1216-54;  VII,  330 f.: 
aiot^  ü.  ©(^recfenftein,  Sfonrab  ü.^^3orto  aI8  ^orb.ficgat  in3)eutfd)l.  1224-*26;  luojuugl.XL 
631;  Dttofar  Sorenj.  Äalfer  fJricbr.IL  (5>ift.  3lfc^r.  1864,  XI,  330f );  mt^vm,  S)ie  Äreu^- 
fo^rt  Äaifer  gricbr.  IL  (f.  feine  „^Beiträge  jur  ©efcfi.  ber  Äreuis^üge"  1874.  lu.II,  230 f.); 
Äeftner,  Xer  Äreuj^ug  grlebr.IL,  ®ött  1873;  Ott.  fiurenj,  3)rei  ^43ii(ftei®efcf).ii.<ßoIilif, Berlin 

60  1876, ©.13 f.;  Deaumer,  ®ef*.  b.  ^o^enftoufcn.  5.  «lufL.  üeipjig  1878.  Illff.;  S^i^fcö,  ©eutfdje 
©lubien,S3erlinl879,  lff.53ff.;  Masetti,  I  pontef. Onor.  III,  Greg.  IX.  ed.  Inn.  IV.  a  fronte 
deir  imp.  Fetl.  II„9tom  1884;  3-3cnpr,  L'emp.  Frdd.  IL  et  la  chute  de  rempirc  germ.  du  raoy. 
Äge,  «ßariS  1885,  ©.  175-221;  «Pofornt),  3)ie  '©irffamfeit  ber  l^cgatcn  beö  ^ßapfteS  |>on. IIL 
in  3franfrei4  unb  S)eutf4Ianb,  Ärem§  1886;  Ä.  SRobenbcrg,  J^aifer  Sriebv.  IL  unb  bie  ^irc^c, 

65  ^ift.  «uff.,  ©oit  gewibmet  1886©. 228 f.;  (£bn).?f.5reeman,3ur®efc^.b.  ^iittelolt., ausgewählte 


^onoriitd  III.  319 

^iftor.  (£ffQl)8,  bcutfd)  uon  fioc^cr.  Stvaßbiirö  1886;  ©efelc-Äitöpffev,  Äoitiincngcfdj.,  tJrcibura 
1886,  V,  907 f.;  mank,  ©ellflef*.,  fieipjig  1887,  VIII,  341-47.  382;  C>al&e»  grlcbri«  IL 
unb  ber  {»öpftHc^e  6tu^I  bid  jur  ^aiferfrönung,  IBerliner  S)iftert.  1888;  ß.^ö^Ier,  ^ad^et' 
^Altntd  ^aifer  griebr.  II.  ju  ben  köpften  feiner  Qtit  (Unterfuc^ungen  )•  beutfc^en  Staatd« 
unb  S»c(^t8gc|d|.  XXIV.  8  f.  14)  1888;  SSinfelmonn.  ^tiilipp  ö.  Scftiuobcn  unb  Otto  IV.  o.  r> 
»rQunf*JocTg,fieip5ig1878,II,4'27f.  unb  Äaifev8fricbT.  II.  fieipaig  1889, 1,12-53.  76  f.,  bcibc8 
in  t>tn  Sü^rbb.  ber  beul|(^en  ®ef(^.;  ».  Äugicr.  ®efrf).  b.  Äreujsüge,  2.  «uf(  1891  («ttg. 
®ef(i^.  in  (Sin^elbarftellungen,  ^erauSgeg.  d.  Cnrfen);  Gottlob,  S)ie  päpftlic^en  ^eu^jug«« 
ftcuern  im  13.  3Qt)ri  ^eiligenftabt  1892;  @*Ice,  3)ic  ^äpfte  unb  bie  ftreujjüge.  C)onel893; 
iRüüer,  Äirdjcngcfcö.  I.  562  ff. ;  ^.  5ß.  ©ouerlonb,  (Sine  Urfunbc  ber  ßamera  ÄpoftoIifQ  t»om  lo 
3.  1218  (betrifft  bie  ^cu^ju  giften  er)  in  ber  fjeftfcfirift  j.  Siibil.  be8  beutftben  ©ampo  (Santo 
in  $Rom,  @.  IftOf.;  ®ottlob,  ^«pftlicfte  3)Qr(el)enSfcbulben  beS  13.  So^r^.  $>3®  XX.  673. 

c)  «Ibigenferfrieg:  Scftmibt,  (^efcfi.   o.  gfranfrci*  1835,  I,  473-86;    Fauriel,  Hißt,  de 
la  croisade  contre  les  h^r^tiques  Albigeois,  <ßariS  1837;  (Ibt.  ?I.  ^Qt)n,  ®ef(f)i(ftle  ber  Äefer, 
I,  314—64.  Stuttgart  1845;  ^  ©c^mibt,  Hist.  de  la  secte  desCathares  ou  Albigeois,  Straft*  IB 
bürg  1849;  Peyrat,  Hist.  des  Albigeois,  2 ^be,  ^ari8  1880-82;   ^efcle-tnöpfler,  Äonjilicn^ 
gef(öi*te,  gveiburg  1886.  V,  928f.  941  f. 

©eitere  ©peiiallitteratur  [\ci)c    grabriciuS,  Bibliotheca  medii  aevi    1734,  I,  1018  f.  III, 
809—13;    Chevalier,  Kapert,   des   sources   hist.    1877ff.  6.  1074;   ergänjungSbanb  1888, 
8.  2652;    <Pottöaft,  ©egroeifer   burc^  bie  ®efc^.  «3er!e   bcö  europ.  iW«.  1896,  I,  212.  621.20 
737  f.  II,  942. 

I.  Vorleben  unb  ©d^riften.  ßcnciu«  ©aöetti,  ©o^n  Slmalrid^,  ftammte  au« 
einem  ©efd^Ic^te,  t>a^,  üieDcic^t  germanifd^er  §erlunft,  ftd^  nad^  bem  ÄafteD  ©abeDum 
bei  älbano  nannte.  35a«  ©cburt^ja^r  ift  unbelannt.  Son  früher  gugcnb  an  erhielt 
Senctu«  eine  Iir(^Iid(^e  (Srgie^ung  (er  felbft  im  Lib.  cens. :  personam  meam  a  S.  Rom.  35 
Ecclesia  primis  a  cunabulis  educatam)  unb  h)urbc  itanoniler  t)on  ©t.Waria  SRags 
giore.  3laq  feiner  eigenen  3lu«fagc  im  Liber  censuum  toar  er  bereit«  unter  Älemen«  III. 
(nad^h)ei«bar  feit  bem  22.  3an.  1188)  unb  bann  unter  beffen  9iaci^folger  Göleftin  III. 
Äämmerer  be«  ^I.  ©tu^le«  unb  toerfafttc  al«  jolc^er  ba«  berül^mte  3ii«bu(^^  ber  römifdj^ 
Äird^e  (f.  u.).  Über  bie  Slngabc  SSurd^arb«  bon  Urfperg  (MG  23,  378),  ba^  er  ouc^  ao 
Äämmerer  be«  Äarbinal«foIIegium«  toor,  bgl.  ©ägmüDer,  2)ie  2;^ätigfeit  unb  ©teDung 
ber  Äarbinäle,  1896,  ©.  189.  3)erfelbe  G^ronift  crjäl[;lt,  er  fei  ^rolurotor  be«  Äarbinol« 
Ö^cint^  getoefen.  Site  biefer  1191  unter  bem  9tamen  ßöleftin  III.  ^a!p\t  getoorben  h>ar, 
tiurbe  Genciu«  jum  Äarbinalbialon  bon  ©t.  2ucia  befi)rbert;  ate  folc^er  jeic^net  er  feit 
bem  5.  9Kärj  1193  (MSL  206,  983  lie«  a.  1193;  Sla^nolb  1216,  16).  Som  5.  ?Ro=86 
bembcr  1194  bi«  3.  ©ejember  1197  fmb  bie  ^öpftKc^cn  SuHen  öon  feiner  $anb  gegeben 
(gabre,  Lib.  cens.;  2;angl,  ?5ä))ftlid^e  Äanjleiorbnungen  1894  ©.XIII;  ^ott^oft 1, 468 ; 
3aff6II,577;  Eubel,  Hierarchia  cath.  1898  ©.5).  Unter  ^nnocenj  III.  beÖeibete  er 
biefe  ©tellung  jtoar  ntd^t  me^r,  gelangte  aber  jur  SBürbe  eine«  Äarbinalprie[ter«  bon 
©t.  3o^Ä«n  unb  ^IJiaulu«  (13. 5}lärj  1198  feine  erfte  Unterfdjirift),  unb  bereit«  etnen  3:a8  40 
nad^  bem  lobe  be«  großen  ^apfte«,  am  18.  3uli  1216,  fiel  ju  Perugia  bie  2öa^l  ber 
Rarbinäle  auf  i^n.  —  2)ie  angäbe,  ^nnocenj  III.  ^abe  i^m  bie  ®rjiel^ung  be«  jungen 
5?riebrid^  t)on  ©ijilien  übertragen,  berul^t  nad^  SBinlelmann  (^®  VI,  402)  auf  einer  98er* 
toec^lung  mit  bem  gleid^jcitigen  ftarbinal  ßint^iu«.  (L.  Cardella:  Memorie  storiche 
dei  cardinali,  Rom  1792.  I,  II,  187.)  46 

©eine  ©d^riften  finb  gefammelt  l;erau«gegeben  bou  Horoy,  Medii  aevi  biblio- 
theca patristica  etc.  I— V,  ^ßari«  1879— 83.  1.3)er  Liber  censuum  Romanae  Ec- 
clesiae,  1192  öerfaf^t,  ein  SSerjeid^ni«  ber  (Sinfünfte  ber  römifd^en  ftirc^e,  ber  i^r  ge« 
mad^ten  ©c^enfungen,  i^rer  Privilegien,  JJerträge,  93i«tümer  u.  f.  h).,  furj,  bie  toic^tigfte 
Duelle  für  ben  mittelalterlid^en  S3ep^ftanb  ber  Äirc^e,  ein  3Q3erf,  nad^  bem  fein  SSerfafler  6o 
oft  furjtoeg  Cencius  camerarius  genannt  toirb  ($erfe,  Slrd^.  f.  ält.  beutfd^e  ®efd^.  1824, 
V,  89 ff.  XI,  343 ff.;  ©iefebrec^t,  Mg.  3Jionat«fd^r.  f.  SBiff.  u.  Sitt.  1852,  ©.  268 ff.). 
(S«  bilbet  teiltoeife  eine  gortfe^ung  be«  Liber  pontificalis  (3Batteric^,  Pont.  Rom.  vitiae 
1862, 1,  LXXII  f.)  unb  ift  gcbrucft,  oft  mit  bicfem  jufammen,  bei  SRurotori,  Antiq.  V, 
851 — 908  unb  Script.  III,  I,  277  ff.,  tvo  aber  ber  Cardinalis  Aragoniae  al«  SJer«  66 
faffer  bejeid^net  lüirb;  bei  Horoy  Tom.  I,  433—568,  lüoju  bgl.  Robert,  Bibl.  de 
r^cole  d.  chartes  1879,  40,  478—82;  neuerbing«  bon  3)ud^e«ne,  Le  Liber  pont., 
^:iSari«  1892,  ©.  37—43.  351—446  unb  Jabre,  Liber  censuum,  ^ari«  1889  f.  in 
ber  Biblioth.  des  ^oles  frauQ.;  bgl.  ^abre«  Slrbeiten  in  M^langes  d'archöol.  et 
d'hist.  1883,111,  328  ff.  1886,  VI,  147  ff.  unb  fitude  sur  le  Lib.  cens.  de  Tfiglise  co 
Rom.,  ^ari«  1892,  fotoie  ©effro^,  Le  Lib.  cens.  in  S6ances  et  travaux  de  Tacad. 
des   Sciences   morales  et  politiques   1893;  Xangl,  Sie  ^ö^ftlic^en  Jtanjleiorbnungen 


320  ^ottorittd  in. 

b.  1200—1500,  3nn*rucf  1894,  ©.  XIII  f.  —  35em  Lib.  eens.  beigefügt  ift  2.  Ca- 
talogus  Romanorum  pontificum  et  imperatorum  seu  Cronica  Romanorum 
pontificum  et  de  persecutionibus  eorundem,  l^erau^gcgeben  üon  JÜeilanb,  ärdb. 
XII,  60—77   unb   in  S5ru#ücfen   üon  fflai^,   MG  XXIV,    102—107.  —   3.  Ordo 

6  Romanus  de  consuetudinibus  et  observantiis,  presbyterio  vel  scholari, 
et  aliis  ecclesiac  Romanae  in  praecipuis  sollemnitatibus ;  ed.  Mabillon,  Mu- 
seum Ital.  II,  167—220,  $ari«  1689  unb  Horoy  I,  23—94.  -  -  4.  Compilatio 
decretalium  in  5  Suchern,  1226  tjeröff entließt ;  Horoy  I,  95—418;  b.  ©c^ulte,  &c\d). 
b.  Duellen  u.  £it.  b.  lanon.  »let^tö,  1875,  I,  90;   Caillemer,  Le  pape  Hon.  III.  et 

10  le  droit  civil,  2\)on  1881  unb  Tardif,  Note  sur  une  bulle  d'Hon.  III.,  relative  ä 
l'enseignement  du  droit  romain  dans  l'univ.  de  Paris  (Nouv.  rev.  bist,  de 
droit  1880,  IV,  291—294).  —  5.  Ordo  ad  coronandum  imperatorem,  Horoy  I, 
419-432.  —  6.  S.  Gregorii  VII.  vita;  Horoy  1,568—592.  —  7.  Sermones  per 
totius  anni  circulum.   Sermones  die  sanctis,  Horoy  1,  593  u.  II,   1 ;  ögl.  SScmet, 

16  £tudes  sur  les  sermons  d'Hon.  III,  £^on  1888.  —  8.  Provinciale  Romanum, 
bie  $rot?injen  unb  St^tümer  ber  römifc^en  Äird^e,  um  1211  berfa^t;  f.  ^ßott^aft,  aüeg- 
hjeifer  II,  942 f.:  Jangl,  ©.  XV f.  u.  1  f.,  tooju  bergl.  ßubel,  $3®  XVI,  320-35. 

II.  2)a«  Streujjug«<)rojeft  unb  ba«  SSerl^ältni«  jju  griebric^  II.  — 
3m  ©egenfo^  ju  ber  ^enid^emotur  jeine«  SJorgönger«  me^r  jur  lUiilbe  unb  aSermittlung 

»geneigt  griff  $onoriu«  ouö  bem  umfongreidfien  @rbe  be^  großen  ^nnocenj  ben  Äreu^- 
jug^gebanten  l^erau«  unb  fud^te  auf  il^n  bie  ^rften  unb  SBölfcr  ©uro^a«  ju  ber^ 
einigen  (bgl.  Slanfe,  SBäeltgefd^.  VIII,  341).  9loc^  ein  ^albe«  ga^rbunbert  lang  ^at  biefer 
®ebanle  bie  t)äj)ftUcl^e  ^ßolitif  jutoeilen  ftarl  beeinflußt  (b.  ^irfc^=®ereut^,  ©tubien  jur 
&^d)xd)U  ber  RreuwugÄbee  nac^  ben  Äreujjügen,  SRünd^en  1896). 

26  ©ogleic^  nad^  feinem  SRegierung^ntritt  rief  ber  $a))ft  bie  gürften  ju  neuen  Opfern 
für  ba^  1^1.  Sanb  auf  unb  bemühte  fid^,  bie  }jolitifc^en  Söirren,  bie  fie  an  ber  Äreujfa^rt 
^finberten,  beijulegen  (Sö^d^t,  Äreujjugdbetoegung  b.  3.  1217,  ?fb®  XVI,  141;  mittn, 
®efd^.  b.  Äreujjüge  VI,  128—158).  SSeite  3lu«f4ten  fc^ienen  ftc^  ju  öffnen,  al«  im 
2t))rtl  1217  ?ßeter  bon  ßourtena^   unb  feine  ®ema^lin   ftd^  öon  §onoriu«  bie  gried^ifc^c 

80  Äaif erfrone  auf«  Qau^t  fefeen  liefien;  §onoriu«  mochte  hoffen,  auc^  bieÄräfte  be^  griec^i= 
fd^en  Sldc^e«  in  ben  3)ienft  feiner  Äreu^jug«ibee  ju  ftetten.  Unb  fc^on  begann  baöäbenb- 
lanb  in  Setoegung  ju  geraten.  ®leid^jettig  mit  norbbeutfd^en  ©d^arcn  untemaf^m  Äönig 
änbrea^  bon  Ungarn  emen  3^.9  ^"^  1^1.  Sanb,  unb  aU  1218  ein  ftarfer  ^Jac^fd^ub  folgte, 
befc^Ioft  man,  gerujalem  in  Kairo,  bem  ©i^  ber  ejubibijcben  SRac^t,  toelc^e  feit  ©alabin^ 

86©ieg  bei  Jpittin  ^aläftina  bel^errfd^te,  ju  erobern.  SBirflid^  gelang  c^  5lobember  1219, 
3)amiette  ju  nehmen,  aber  ber  gortaang  entftorad^  nid^t  ben  ßrh^artungen.  35er  neue 
oftriJmi|(^e  Äaifer  gelangte  nid^t  einmal  in  fein  SReic^,  er  tourbe  untertoeg«  gefangen  unb 
enbete  fc^on  1218  im  Äerfer;  ba^  äg^jjtifc^e  Untemel^men  aber  toar  auöfic^tslo^  ol^ne  be- 
träd^tlid^e  neue  $ilf«fräfte  unb  einen  gleic^jeitigen  Singriff   auf  ^aläftina  (Slö^rid^t,  S3e^ 

40  logerung  bon  ©amiette,  in  Slaumer«  ^ift.  laf^enbuc^  1876). 

gür  einen  fo  gewaltigen  Dofjjelangriff  auf  ben  ^äam  beburfte  ba«  ^'iapfttum  toiebcr 
eine«  Äaifer«,  unb  fo  toünfc^te  Äonoriu«  je^t  bringli^,  bafe  ber  junge  griebric^  II.  gum 
ßm^jfange  ber  Äaiferfrone  md)  vlom  fomme.  Sin  bie  Ärönung  follte  ftc^  bann  bie  gabrt 
über«  3Jleer  toomöglic^  unmittelbar  anfd^lie|en.  3)amit  beginnt  jene«  fortbauernbe  2)rängcn 

46  be«  $a))fte«  jum  Äreujjuge  unb  ba«  ^ingögem  be«  Äatfer«,  luelc^e«  unter  §onoriu«'  ^eife^ 
blutigem  3?ad^folger  ben  Äampf  beiber  ®ett)alten  auf  Sebcn  unb  lob  entfeffclt  ^at.  öo= 
noriu«  jeboc^  borerft  toar  einftd^tig  genug  ju  erfennen,  ba^  ber  ©taufer  ®eutfcblanb  nic^t 
berlaffen  fonnte,  fo  lange  er  nid^t  Otto«  IV.  unb  ber  toelfifc^en  ^^artei  öerr  toar.  ©r 
betoog  be«l^alb  nac^  Otto«  IV.  Xobe  (19.  3Kai  1218)  beffen  ©ruber  jur  .§erau«gabe  ber 

60  Sleic^infignien  unb  Unterwerfung  unb  berfc^ob  aud^  bamac^  bereitwillig  ben  3eitt)unft 
be«  Slufbruc^  bom  24.  Suni  bi«  jum  29.  ©ej)tember  1219,  bann  bi«  jum  21.  3Rär} 
1220,  enblic^,  freiließ  ungern,  bi«  jum  1.  SKai  b.  3- 

^od)  fo  ganj  ungetrübt  war  ba«  SSer^öltni«  nic^t;  namentlich  fobalb  bie  ftjilifc^e 
^age  wieber  mel^r  in  ben  38orbergrunb  trat.  Würbe  ba«  5}li^trauen  ber  Äurie  rege,  ^tvat 

66  ^atte  griebrid^  SRom«  £e^en«^ol^eit  über  ba«  Königreich  anertannt  unb  in  ber  ©olbbuDc 
bon  6ger  (12.  ^wli  1213)  berfprod^en,  biefe  änertennung  nac^  feiner  Satferfrönung  ur- 
hmblic^  JU  Wieber^olen.  3)ie  Jturie  Wollte  nic^t  nur  bie  :Heal',  fonbem  aucb  bie  ^Perfonal= 
Union  ©ijilien«  mit  3)eutfd^lanb  ber^inbem.  SBenige  2:age  bor  feinem  Xobe  fc^ien  ^nno- 
cenj  III.  audb  bie«  noc^  erreid^t   ju  ^aben,  benn  ^ebric^   berfprad(i   am  1.  ^xilx  1216, 

60  fic^^  bon  ber  Haiferlrönung   an   nic^t  mei^r  Äönig  bon  ©ijilien   ju  nennen,   fonbem  bie 


^ottoftttd  III.  321 

Sinterung  biefe^  Sanbc^  feinem  ©ol^ne  m  überlaffen.  2tber  unter  ^onoriu«  fd^Iug 
gfriÄrid^  anbete  Salinen  ein:  er  entbot  (gnbe  1216  §einric^  ju  ftd^,  übertrug  i^m  bad 
i^ergogtum  ©d^hKiben,  SBei^nad^ten  1219  ben  Sleftorat  über  Surgunb  unb  betrieb,  ol^ne 
em  ^^l  barau«  ju  mad^en  (f.  äBinfelmann,  griebric^  II.  ©.  37.  45),  feine  Äönig^toal^I. 
Um  bie  5ßerfonalunton  jurücf jugetoinnen,  entzog  er  i^m  ben  Äönigötitel  )oon  ©ijilien,  ben  n 
er  oDein  toeiterfül^rte,  unb  bat  ben  ^ajpft,  i^m  felbft  ©iulien  auf  Seben^eit,  alfo  über 
bie  Äaiferfrönung  ^inauö,  ju  bewilligen !  6^  ift  c^arafteriftifd^  für  bie  9la(|giebigfeit  §0^ 
noriu«*  III.,  baf  er  bie  Sitte  getoä^rte,  Wenn  auc^  nur  für  ben  %0Ü,  bafe  ^einric^  o|ne 
©öbne  ober  Srüber  ftürbe.  ^pxxl  1220  tourbe  bann  ^einrid^  junt  beutfdben  Äönig  ge» 
toöpö  —  ol^ne  fein  SBiffen  unb  in  feiner  Stbtoefen^eit,  toie  ^iebrid^  bem  $aj)fte  fc^rieb.  lo 
(Über  bie  SSortoerl^anblungen  mit  ber  Äurie  f.  SBintelmann  ^®  I,  16,  über  bie  2Bal^I 
felbft  SEBinlelmann,  ^ebric^  IL,  ©.  42  f.  u.  523  f.).  3Kit  bljjlomatifc^er  »ered^nung  über* 
lie|  Äriebrid^  ben  Surften  bie  SSeranttoortung  für  i^re  Söa^I,  bie  er  felbft  tjorbereitet,  unb 
bem  ^kl!p\U  bie  Seftätigung,  bie  biefer  nid^t  tjertoeigern  fonnte,  ol^ne  bie  SBäl^Ier  ju  be- 
leibigen.  3)er  5Rad^folger  ^"wocenj' III.  i)atU  an  bem  ©d^ling  be^felbcn  in  ber  $)i))lo*  i6 
motie  feinen  SKeifter  gefunben  (feinfelmann,  griebrid^  II.,  Raup,  I  u.  II;  ö.  Ra:pA)^xt, 
a)ie  unio  regni  ad  imperium,  SJeutfc^e  ^eitfd^.  f.  ®ef(^.  SBiff.  1889,  I,  96—117. 
331—345). 

3mmer^in  fc^ien  §onoriu«  feinem  3^^'^^   ^^  Äaiferfrönung  unb  bem  großen  Äreug- 
juge,  nunmehr  um  ein  Seträc^tlic^e«  nä^er  ju  fein,    gnriebric^  trat  ^nblid^f  ben  9lommg  ao 
an,  unb  bie  Äurie  unterftü^te  i^n  fortan  in  Italien  nid^t  minber  h)ie  bisher  in  9)eut|d^s 
lard).    ^ebrid^f  onbetfeit^  ^ob  alle,  bie  Krc^lic^en  ^rei^eiten  befd^ränfenbcn  ©tatuten  ber 
©tobte  auf,  ertannte  bie  Äird^^e  feierlid^   afö  ©igentümerin  bc^  mat^ilbinifd^en  ®ute^  an 
unb  fe^e  fie  in  ben  Seft^  be«felben.    äud^  bie  furj  öor  ber  Ärönung  nod^mafe  aufge« 
roDtten  l^eiflen  ^agen  betreff«  ©ijilieng  unb   be«  Rreuggug«  hjurben  burd^f  beiberfeitige«  25 
entgegenfommen  glüdflic^  erlebigt,  inbem  griebric^  erflärte,  ©ijilien  niit  öon  ben  faifer- 
lid^en  SSorfalj^ren,  fonbem  burd^  feine  Wulter  ate  Selben  ber  römifc^en  Äirc^e  überfommen 
gu  ^ben,  unb  öerfjjrad^,  e«  ate  f olc^e«  ganj  getrennt  ju  ijertüalten ;  bafür  geftattete  bann 
§onoriu«,  entgeaen  bem  9let>er«  bom  1.3ulil216,  bie  Union  bc«  Äönigreid^  mit2)eutfd^s 
lanb  in  g^iebricp«  ^erfon !    3)er  Rreujjua  tüurbe   tüieberum   bcrfc^obcn  bi«  gum  äluguft  ao 
1221,  bod^  follte  griebrid^  bereit«  im  näc^ften  3Rärj  eine  er^ebtid^e  SSerftärfung  unter  bem 
Saieml^og  abfenben. 

©0  tonnte  benn  enblic^  ^onoriu«  am  22.  9iot>ember  1220   bem  Äönig  unb   feiner 
®ema^lin  in  ©t.  5ßeter  bie  Äaiferfronc  auf«  §au)3t  fe^en.  ©leid^geitig  öerlünbigtc  griebrid^f 
eine  Slnga^l  3leic^«gefe^e,  bie  teil«  Iird^lid;e  gntereffen,  teil«  allgemein  menfc^li^e  $flidE»ten  35 
betrafen,  unb-^onoriu«  be^nte  i^rc  SSerbinbtid^feit  über  bie  gange  ß^riftenl^eit  au«. 

aifo  nic^t'  gtiebrid^   allein   gog  Vorteil  au«  ber  Ärönung.    Die  3)lad^t  ber  Rird^fe 
tourbe  ben  Äefeem  tüie  ben  italienifc^en  ©etoalten  gegenüber  geftärft,  erft  je^t  gelangte  fte 
in  ben  S3eft|  ber  matl^ilbinifc^en  ®üter  unb   gu   tüa^rer  Autorität  im  Rirc^enftaat,  erft 
je^t  tonnte  ^onoriu«  tüieber  feinen  ©i|  in  SRom  nel^men  (aBinIelmann,Äaifergriebrid^II.  40 
»ud^  I,  Äaj),  IV  u.  V). 

aber  fd^on  toartete  be«  ^aj)fte«  eine  neue  ©nttäufd^ung.  SBäl^renb  i^m  bie  Äaifers 
frönung  nur  al«  Einleitung  gu  ber  allgemeinen  euro^iäifd^fen  Äreugfa^rt  galt,  betrad^tete 
JJriebrid^  bie  grünblid^e  9leuorbnung  ©igilien«  al«  unerläßliche  Sorbebingung.  ^n  ber 
I^at  ^attc  ber  gej)lante  Äreuggug  öon  öom^erein  feine  2tu«fic^t  auf  6rfolg,  Wenn  man  46 
ttid^t  im  Äönigreic^  ©igilien  eine  ftarfe  D))eration«bafi«  befaß.  2)en  »$aj)ft  aber  brängte 
fotoo^l  bie  eigene  ©e^nfud^t,  enblic^  feinen  §ergen«h}unfd^  fi^  erfüllen  gu  „fel^,  toie  öor 
aDem  bie  5Rot  be«  t>on  feinem  iJegaten  ^elagiu«  geführten  Äreug^cere«  in  3ig^))ten.  311« 
ba^er  ^ebric^  balb  nac^  ber  abfahrt  be«  Saiernl^ergog«  tüicbcr  um  Sluffc^ub  bat,  ba 
^ielt  $onoriu«  i^m  bor,  er  toolle  fein  ®elübbe  umgeben  unb  forberte  i^n  auf,  bie  fegelsso 
fertigen  ©d^iffe  fogleid^  abgufenben.  S)o(^  ließ  er  e«  ftißfd^tüeigcnb  gu,  baß  ^riebric^  ba? 
^eim  blieb:  tüenn  ^elagiu«  mit  ben  rcid^lid^en  §ilfefenbungen  be«  Äaifer«  ettüa«  erreichte, 
fo  fiel  ber  9lu^m  be«  Erfolge«  allein  ber  Äird^e  gu. 

3nbe«  auc^  biefe  Hoffnung  fc^lug  fel^l.    35er  äg^jjtifd^e  S^lbgug  enbete  fläglic^  mit 
bem  ööDigen  Untergange  be«  Äreug^eere«  unb  bem  Serluft  3)amiette«(8.©eJ)temberl221).  55 
Sefet  fc^ob  §onoriu«  bie  ©c^ulb  auf  ben  Saifcr,  tüenn  auc^  nid^t  o^ne  feine  eigene  9lac^5 
giebigfeit  anguflagen  (aBinfelmann  II,  üap.  I  u.  II). 

auf  bem  Äongreß  gu  SSeroli  im  3l^)ril  1222  follten  neue  gemeinfame  SJlaßregeln 
beraten  toerben;  ftatt  beren  aber  fam  e«  gu  einer  (Sntfrembung,  ba  ^ebric^  unüberlegter* 
hjeife  bie  3h)e4mäßigfeit  be«  Äirc^enftaatc«  in  grage  ftctltc.    (Srft'im  3Rärg  122:^  einigle  go 

»eal»<lnc^ftopabie  für  ^eoloßle  unb  Äirc^e.    3.  91.  VIII.  21 


322  {^onorind  UI. 

man  ftd^  in  ^enttno  auf  ben  24.  ^uml225  ali  5lreu2}U9^termm.  Ku^erbem  aber  t^at 
^onoriu«  l^icr  einen  fingen  ©d^ad^jug;  er  beftimmte  ben  Äaifer  jur  betrat  mit  SfÄbeÜa, 
ber  6rbin  be«  Äönigreic^ig  gerufalem,  loufete  i^n  alfo  aud^  burc^  ein  bl^naftifd^e^g  3»^^^^^ 
an  ba^  ^I.  Sanb  ju  feffeln.  3*"  SSertrage  ju  ©.  (Sermano  bom  guli  1225  trug  biefer 
6  ßeiratöjjlan  bereit«  feine  grrwc^*-  griebri^  üoemal^m  l^ier  biet  größere  unb  beftimmtere 
Serj)ffi(9tun0en  aU  b\SH)cx,  ja,  loenn  er  jur  feftgefe^ten  ^tit  nic^t  überfal^re,  foDe  i^n, 
aud^  bei  ber  beften  Sie^tfertigung,  ber  Sann  treffen,  unb  nad^  feinem  lobe  ftnb  aud^ 
feine  Ütac^folger  unb  ba«  Jtönigreid^  Sizilien  an  ben  SSertraa  gebunben.  ^er  Jtaifer  \>tt* 
jic^tet  aud^  auf  bie  frül^er  jugefagte  materielle  Sei^ilfe  ber  Jturie.  3)ie  (Stellung  ber  Äurie 

10  tourbe  baburd^  eine  au|erorbentK^  günftige ;  o^ne  felbft  9Ser})fIid^tungen  übernommen  ju 
boben,  toad^te  fte  nur  über  bie  Slu^fü^rung  be«  Vertrage«  unb  toar  im  gall  ber  33er= 
le^ng  be^felben  berechtigt,  mit  ben  fd^ärfften  Strafen  einjufd^reiten  (3BinIeImann  93ud^  II, 
Äoj).  IV,  V  unb  VII). 

S)er  Termin  be«  Slufbrud^  tourbe   in  ©.  ©ermano  toieber  bi«  gum  2Iuguft  1227 

16  binaudgefd^oben.  3n  ben  gtoei  S^'i^^^'^f  ^'^  ^  «od^  \>ox  \ii)  tydt^,  gebadete  ^ebrid^  feine 
aJlacbt  nun  aud^  über  Oberitalien  au^iube^nen.  Unb  toieber  fielen,  tüie  im  3-  1220,  ju^ 
näd^ft  feine  unb  be«  $ai)fte«  S'^^^^ji^"  jufammen.  3)enn  abgefel^en  babon,  bafe  beibe 
lüüntten  mußten,  bie  reiben  oberitalifc^en  Stäbte  für  ben  Äreujjug  ju  getüinnen,  flagte 
bie  Kurie  feit  ^oi)xtn  über  biefelben.    Jetl«  boten  fte  ben  Äefeem  B^P"^*/  ^^^^  '^9^ 

30  fte  mit  ber  l^ö^eren  ©eiftßd^teit  in  ^h)ift ;  feit  1222  befanben  fic^  be^^alb  ^ailanb  unb 
(Sremona  im  g^terbift,  bi«  1225  folgten  Sre^a,  Sologna,  tparma,  Slcggio  unb  SJencbig. 
3e^t  tvoQte  bie  Jlirc^e  Oberitalien  t>on  ber  Jte^erei  reinigen,  unb  ^ebrid^  lie^  i^r  ben 
toeltlid^en  9lrm.  SDie  Slufgabe  be«  auf  Oftcm  1226  nad^  ßremona  au^efc^riebenen  di^xd^- 
tage«  foQte  bemnadjf  fotoo^I  ^erfteUung  ber  9iei(^red^te  aU  9lu«rottung  ber  Jte^erei  unb 

36  §(^rberung  be«  Areujjtige«  fein.  S)em  gegenüber  erneuerten  bie  Sombarben  i^en  alten 
Sunb.  ^onoriu«'  ©teQung  tDurbe  je^t  fd^tDierig.  S)enn  bie  gänjlid^e  9{iebern)erfung  ber 
alten  Sunbe^genoffen  9lom«  lag  feine^toeg«  in  feinem  gntereffe.  2)aju  tam  ein  ä^nlic^ 
unüberlegte«  äJorge^en  griebric^  toie  in  SJeroIi;  er  bot  bie  Setoo^ner  be«  Äird^enftaate« 
utr  $eere«fo(ge  auf  unb  bebro^te  tro$  ))öf)ftlid^en  @inf))ruc^«  bie  ©äumigen  mit  ©träfe. 

80  3n  ©ac^en  i|re«  tveltlid^en  ä3eft|e«  toar  bie  Rxxi^t  ftet«  befonber«  em))ftnblid^,  felbft  ber 
langmütige  ^onoriu«  na^m  ftdSf  feiner  Untertl^anen  nac^brüdlid^  an,  unb  nun  lamen  aud^f 
anbere  Älagen  aur  ©))rad^e;  ber  ^aj)ft  machte  bem  Äaifer  heftige  33orh)ürfe  tüegen  feine« 
SSer^alten«  gegen  bie  fi^iltf^e  ©eiftlid^teit,  gegen  feinen  @d^h)iegerbater  ^oi^^nn  t).  S3rienne, 
gegen  bie  Äurie  —  furj,  er  ^e  bie  3)antbarleit,  bie   er  bon  3"0^b  auf  ber  Äirdf^e 

86  fdSfulbe,  fd^möl^lidSf  bergeffen  (togl.  SBinlelmann,  ^ebridf^  II.,  ßrläuterung  VI  unb  VII, 
©.  542  ff.),  griebric^  änttoort  toar  gleic^faD«  gereijt  unb  bitter ;  toofür,  fragte  er,  f oHe 
er  ber  Äirc^e  banfen,  bie  ftet«,  in  ©ijilien  tüie  im  Sleic^e,  nic^t  in  feinem,  fonbem  in 
t^rem  S^tereffe  gejubelt  ^abe.  2)ie  Aurie  ertDiberte  mit  ber  ©egenfrage,  hHtrum  er  benn 

io  oft  unaufgeforbert  feine  S)anlbarleit  beteuert  ^abe,  unb  jö^lte  t>on  neuem  i^re  SSer^ 
>ienfte  um  ipn  öon  feiner  Sugenb  bi«  jum  Äaifertum  auf.  ©elbft  ein  fo  friebltebenber 
^?a})ft  h)ie  §onoriu«  III.  unb  ein  fo  bijjlomatifc^er  Äaifer  h)ie  ^iebric^  II.  \)ermo(^ten 
(ufo  auf  bie  S)auer  nid^ft  in  ^eben  ju  leben.  2)er  ©egenfo^  bon  sacerdotium  unb  Impe- 
rium tonnte  eben  burd^  gef^id(te  ober  milbe  Vertreter  berfelben  jtoar  ^eittoeilig  überbrüd(t, 
ober  nie  bauemb  gel^oben  toerben,  benn  er  tüar  fein  })erfönli(^er  ober  gelegentlid^er,   fon« 

46  bem  fac^lic^  tief  begrünbet  unb  be«^alb  unheilbar. 

i)er  tJeftjug  in  Dberitalien  ^atte  injh)ifc^en  eine  für  griebrid^  tüenig  günftige  SBen« 
bung  genommen,  fo  ba|  biefer  e«  für  geraten  \)xdt,  ber  Äurie  gegenüber  ein^ulenfen.  ^ie 
Sombarben  toaren  öon  ber  SBerteibigung  ju  bem  SSerfudSf  übergegangen,  bie  faiferlid^e  Ober- 
getoalt  ixbtctyixapt  ju  beseitigen,    all«  fte  fo  ben  9ieid^«tag  unb  ben  Äreujjug  ju  k)ereiteln 

6obro^ten,  trieb  e«  §onoriti«  toieber,  ju  vermitteln,  unb  gefd^meibig  fam  il^m  griebrid^  ent* 
gegen;  je^t  geftattete  er  bie  ßinfü^rung  ber  \)om  $aj)ft  ernannten  Sifc^öfe  in  ©ijilien, 
bejeugte  in  feinen  Sriefen  hjieber  bie  alte  ßrgeben^eit  unb  bot  bem  ^aj)ft  ba«  Slmt  be« 
©!^ieb«ric^ter«  an,  §onoriu«*  ©Jjrud^  öom  5.  g^nuar  1227  fiel,  h)ie  p  ertoarten  hntr, 
toenig  ju  ^ebric^^  ©unften  au«.    3)er  Äaifer  foßte  bie  Sombarben  tüieber  gu  ©naben 

66  annehmen,  alle  Verfügungen  gegen  fte  toiberrufen ;  bie  Sombarben  il^rerfeit«  foUten  ^rieben 
galten,  erlangten  älnerfennung  be«  status  quo  unb  ü^re«  k)on  ^ebrid^  einft  feierlich 
öertoorfenen  Sunbe«;  i^re  2luflel^nung  hjurbe  nid^ft  beftraft,  ber  Sann  jurüdtgenommen,. 
alle  ©trafen  —  äu«fü^rung  ber  Äe^ergefe^e,  Tilgung  ber  Statuten  gegen  bie  lirdS^lic^en 
greü^eiten,  ©teHung  bon  400  9littem  jum  Äreujjug  —  bienten  nur  fird^lic^en  g^edten; 

60  bon  ber  angefünbigten  ^erfteBung  ber  9leid^«rc(^te  toax  feine  Siebe. 


{^oitoriitd  III.  323 

2;ro^cm  J^enfd^tc  6in\)emc^nicn  jloifc^cn  Jtaifer  unb  ^ojjft.  J^ricbric^  traf  ernftlid^e 
Vorbereitungen  jum  Äreujjuge  unb  Äonoriu«  mahnte  bie  Äreuj})rebi0er  ju  erneuten 
anftrengungen.  9Kitten  unter  biefen  Sorfel^rungen  jur  ©rreic^ung  be«  fo  lange  unb 
fo  ^eife  erfe^nten  3iele«  ftarb  §onoriu«  (18.  möxi  1227),  loo^I  in  ber  feften  Über- 
zeugung, ba|  bie  Befreiung  be^  ^eiligen  Sanbed  nal^e  beborfte^e  (äSinfelmann  S9ucl^  III,  s 
Stap.  I— III). 

Überblidt  man  bie  gefamte  5lreu22ug^olitiI  bed  $a))fte^,  mit  ber  fein  SSer^öItni^  )u 
^Äric^  II.  auf«  engfte  berfnü))ft  ift,  fo  toor  er  öon  öom^erein  im  SRad^teil  gegen  ben 
©taufer,  loeil  er  beffen  $Ufe  nid^^t  entbehren  lonnte.  Unb  griebrid^  berftonb  e«,  biefen 
Umftanb  \>oU  au«junu§en  (bgl.  SRanfe,  ffieltgefc^.  VIII,  346).  Siefe  er  fein  Äreujjug«*  lo 
berjjjred^en  unerfüut,  fo  ^atte  er  babei  bie  Surften  loie  bie  SSölfer  6uro))a^  auf  feiner 
©eite.  ®enn  bie  alte  Äreujjug^begeifterung  begann  aBerloärt«  ju  berraud^en,  um  nä^cr 
liegenben  älufgaben  im  eigenen  Sanbe  5ßla§  ju  mad^en.  Sin  biejcm  5ßunfte  jeigt  ftc^  eben 
beutlic^,  bafe  bort  ein  alter,  nod^  in  ben®ebanfen  be«  bergangenen  ^ö^rl^unbert^  lebcnber 
ÜRann  unb  l^ier  ein  ber  ©egentoart  unb  i^ren  neuen  älufgaben  jugetoanbter  Jüngling  bie  15 
3ügel  ber  Siegierung  führte. 

Sin  jtoeite«  fommt  ^inju.  §onoriu^  berftanb  nid^t,  bie  Äräfte  ßurojja^  auf  ba« 
eine  3'^'  i"  bereinigen,  bem  er  juftrebte.  „hieben  bem  ^l. Sanbe  glaubte  bieÄurie  gleic^s 
jeitig  aud^  bie  getoaltfame  JJiebertoerfung  ber  fübfranjöftfd^en  Äc^erei,  ben  ©laubenöfrieg 
auf  ber  iberifd^^en  ^albinfel,  ba«  junge  ß^riftentum  ber  Oftfeelänbcr  unb  bie  SSerteibigung  20 
be«  leben^unfö^figen  lateinifc^en  Äaifertum«  bon  Ronftantinojjel  förbem  ju  muffen"  (SBinfel^ 
mann  I,  228). 

III.  S)er3llbigenferlrieg(f.b.9l.9leumani(^äer).  SRäd^ft  berSefreiung^Paläftina« 
lag  bem  $a))fte  am  meiften  bie  9ludrottuna  ber  Ae^er  am  ^er^en.  92amentlic^  auf  bie 
Sllbigenfer  in  ©übfranIreidSf  richtete  er  fein  älugenmerl,  aud^  fienn  ber  Erbe  ^nnocenj'  III.  25 
unb  ber  Sefd^lüffe  be^  Sateranfonjil«  öon  1215.  9)urc^  fte  toar  ©imon  bon  SWontfort 
im  S3eft|e  bc«  bem  ©rafen  Siaimunb  VI.  \)on  2:ouloufe  abgenommenen  ©ebiete^  beftätigt, 
unb  §onoriu$  fc^ü^te  il^n  unb  feinen  ©ol^n  älmalrid^  gegen  alle  33erfud^e  Slaimunb^  VI. 
unb  VII.,  i^re  ßenfd^aft  jurüdfjuerlangen.  ®r  jog,  toa«  3innocenj  III.  nic^t  gelungen 
toar,  ba«  franjöjtjc^c  §errfc^erl^au^  in  ben  Äamlpf  hinein.  S^^^  W^^^\>P  II-  f^l^f^  i«"^  ao 
Jtriege  gu  betoegen,  gelang  i^m  nid^t,  unb  aud^  ber  Äronj)rinj  Subtoig  fc^rte  nad^  ber  ber* 
geblid^en  S3elagerung  bon  ^ouloufe  im  ^ci)x^  1219  balb  toteber  um.  9lber  fobalb  ber« 
fclbc  al^  fiubtoig  VIII.  (1223—26)  ben  2^ron  beftieg,  brang  Jponoriu^  bon  neuem  in 
il^n,  „bie  ßrftlinge  feiner  ^Regierung  bem  §erm  ju  toei^en"  (f.  ba«  ©(^reiben  Subtoig« 
bei  Bouquet  XVII,  303).  86 

3tad)  bem  lobe  feine«  SSater«  ^e  Stmalrid^  mit  toenig  ®lüd  geläm))ft;  in  einem 
Vertrage  bom  14.  Januar  1224  \)er})flid^tete  er  ftd^  f^lic|li(^,  Slaimunb«  VII.  äu«« 
fö^nung  mit  ber  Jtir^e  ju  bermitteln,  unb  nad^  bem  auf  ben  beiben  Verfammlungen 
ju  SRonitoeDier  gegebenen  SSerf^jred^en,  fein  Sanb  bon  Äe^ern  ju  reinigen  unb  bie  Äird^e 
m  alle  Sted^te  einjufc^en,  burfte  jftaimunb  toobl  l^offen,  enblic^  bie  ®nabc  ber  Äird^e  ju  40 
finben.  Slber  ein  nm^  Äonjil  5U  Sourge«  (@nbe  1225)  ftie|  bie  ©efd^lüffe  be«  borigen 
um,  unb  auf  bem  Parlament  ju  5ßari«  (28.  Januar  1226)  erneuerte  ber  i)ä))ftlid^e  Segat 
ben  S5ann  über  Staimunb  unb  beranlafete  Subtoig  VIII.,  mit  fe^r  bebeutenben  ©treit* 
haften  nad^f  bem  ©üben  aufzubrechen.  2)urd^  bie  Belagerung  unb  enblid^e  Eroberung 
Äbignon«  erhielt  ber  bisher  nur  lofale  Krieg  eine  Weitere  Sebeutung;  bie  ©tabt  gehörte  46 
jum  beutfd^en  Sleid^e,  aber  Subloig  toie  ber  ^JJajjft  gaben  auf  griebric^ö  II.  SSef^loerbe 
eine  leere  Slnttoort;  ber  gleichzeitige  lombarbif^e  gelbjug  unb  ber  erloä^nte  erregte  SSrief* 
loec^fel  jloifc^en  Äaifer  unb  ^ap\i  übten  ^ier  i^re  Slücfroirtung.  3)oc^  erreichte  ^onoriu« 
auc^  bieje^mal  fein  3^^!  "if^^-  2)^  fjfü^^  Job  fiubtoig«  VIII.  im  SRoöember  1226  unb 
ber  burd^  Subtoig«  IX.  3^9^"^  ^erborgerufene  2lufftanb  ber  ®rofeen  gegen  bie  Ärone  60 
unterbrad^en  ben  älbigenferfrieg  für  einige  ^At,  imb  ber  grieben^fd^lufe  be«  Saläre«  1229 
fäOt  bereit«  in  ben  ^JJontififat  ®regor«  IX. 

IV.  2)ie  Seftätigung  ber  Settelorben.  3m  3wfammenl^ange  mit  bem  9llbi« 
genferfriege  fte^t  bie  Seftätigung  be«  9)ominifanerorben«,  toeld^e  §onoriu«  am  22.  5Ros 
bember  1216  erteilte.  SJen  ©tifter  felbft  jog  er  1218  an  feinen  §of  unb  machte  i^n  55 
jum  magister  sacri  palatii,  Dber^ofprebiger;  ba«  Smt  toirb  nod^  \:}tnU  ftet«  bon  einem 
©ominitaner  berloaltet  unb  ift  \päitx  mit  bem  be«  oberften  3^1«''^  ^^  Sucher  berbun* 
ben.  —  SBeitere«  über  ben  Drben  unb  bie  Sitteratur  J.  unter  „2)omini!aner"  93b  IV,  770. 

äud^  ber  jloeite  ber  beiben  Settelorben,  ber  ber  uRinoriten,  berbanft  ^onoriu«  feine 
Seftätigung  (f.  g3b  VI  ©.  204,58).  ^an»  ©1^1115.     go 

21* 


324  ^ottortttd  IV*,  ^mpfi 

^onorittd  IV.,  ^aj)ft  bom  2.  3l^ril  1285  b'ii  3.  a»)rU  1287.  —  I.  üuellen. 
a)  C^ronücn:  Murat.  SS  111,611  Bern.  Guid;  VIII,  1044  Giach.  Malespini;  1167  Mem. 
Potest.  Beg.;  IX,  448  Hist.  fr.  Dulcini;  727  Fraoc.  Pipin;  XI,  1191  Ptol.  Luc;  XIII, 
311—14  Giov.  Vill.;  1112f.  1113f.  Barth,    de  NeocaBtro.    —    Murat.  Antiqu.  IV,    1015 

6  Chron.  Jordaui.  —  Martene,  Thesaurus  novus  anecdot.  ^ariS  1717,  II,  84;  Florentii  Wi- 
gom.  Chron.  ed.  Benj.  Thorpe,  fionbon  1849,  II,  235;  Ann.  de  Oseneia  in  Ann.  monast. 
ed.  H.  R  Luard.  IV,  304;  Bouquet,  Recueil  etc.  9?eue  ^ü^.  1894.  XX,  526 f.  569  f. 
Guil.  de  Nang.  XXI,  183.  707 f.  Bern.  Guid.  XXII,  8;  SaUmbene,  Chron.  Parm.  ed. 
A.  Bertani,  «Parma  1857,  @.  332;    tjfll.  (5.  TOicftael,   @al.  u.  f.  et)ronlf,   Snndbrucf  1889; 

lORishanger,  Chron.  et  ann.  1259—1307  ed.  H.  Thom.  ßiley,  fionbon  1865,  6.  109;  MG 
SS  XVII,  550;  XXII,  482  Mart  Polon.;  XXX,  I.  714.  715.  h)  SRegcften:  Kymer,  Foe- 
dera  I,  II— III,  fionbon  1816;  Potthast,  Keg.  Pont.  Rom.  SScrlin  1875.  II,  1795—1825. 
2132;  Maur.  Prou,  I^s  r^g.  d'Hon.  IV,  «ßariä  1888;  ^t  a.  b.  üatü.  «rd».  I,  nr.  272 
big  316  ed.  ^altenbrunncr,  Sien  1889;    BUss,    Papal  letters  1893  I,  479—91;    S3ö^mer* 

I6  9«cbli*,  Reg.  imp.  VI,  I,  SnnSbrucf  1898.  nr.  1894.  1930.  39.  49-51.  72-96.  2021.  23. 
51  d.  59.  63  f.  73a~77.  2506. 

II.  fiitteratur.  a)  5lDgeineinc3 :  Raynald,  Ann.  eccles.  1646,  a.  a.  1285— 87;  Ciacon.- 
Oldoin,  Vitae  et  res  gestae  pont.  Rom.  II,  245  ff.  SRom  1677;  Ärt^.  Sorocr,  Unpartlj.  ^ift. 
bei  röm.  ^äpftc.    3)cutfd)  u.  diambadi  VIII,  208  ff.  Seipj.  1770;  ©rf*  unb  ÖJruOcr,  enci)fl. 

aoU,  X,  378;  ^efcIcÄnöpflcr,  Äonjincngefd).  VI,  211.  245-53,  grciburg  1890;  Maur.  Prou, 
Les  r^g.  d'Hon.  IV,  «Part«  1888,  Sinlcitun«  ©.1-111;  ^amlicfi,  <Papft  ^on.  IV,  3Rünftcr 
1896;  »iecenf.  üon  ^ampc  ^8  »b  80,  490ff.;  ü.  ©tevnfclb  in  3)t.  3ti*.  f.  ®ef*.  Siff.  1898, 
II,  357;  t).  $rou  in  Moyen-Age  II,  230—35.  b)  ^önigrcicft  Sizilien:  Giannone,  Istoria 
civile  del  regno  di  Napoli,  III,   1753;     St.  Priest,  Hist.   de  la  conquöte   de  Naples   par 

26  Charles  d^Anjou  IV,  169  f.  $ari8  1849;  Aman,  La  guerra  del  Vespro  Siciliano,  Milano 
1886;  ©(^irrmacier,  ©cfciidjte  üon  Spanien.  ®ot^a  1890,  93b  V,  I  99u(^;  L.  Cadier,  Essai 
snr  Tadministration  du  royaume  de  Sieile  sous  Charles  I.  et  II.  $ariS  1891.  c)  ^eutfc^« 
lanb:  ^opp,  (SJefc^iditc  t)on  ber  ^ieber^erfteQung  unb  bem  SerfaQe  beS  t)eiUgen  röm.  9?eid)d. 
I  unb  II,  Scipj.  1845 ff.;  Ottofar  Sorcnj,  2)cutf(^c  ®cf(f).  im  13.  unb  14.  3a^rft.  II,  339 ff. 

80  366  ff.  552  ff.  "©icn  1867;  3.  fetter,  3)cutf4Ianb  unb  grranfreicft  in  i^rcn  polit.  93eAic^an. 
136ff.,  ßübcrf  1874;  ®uffon,  Die  3bee  be«  bcutfc^en  (Srbrcicöä  unb  bie  erftcn  $)abgburger, 
SS«  93b  88,  682  ff.  d)  3tancn:  ©ugen^eim,  ©efc^icftie  beä  ÄirtftenftaatS.  ficipAig  1854 
6.  178 f.;  $apencorbt,  ©efdjicfttc  ber  ©tabt  SRom,  ^aberborn  1857  6.  323 ff.;  ^cumont, 
®cf4i4te  ber  ©tabt  SRom.  II,  609  ff.,   Berlin  1867;  ®regoroüiu8,  ©efcfticbte  ber  ©tabtSRom. 

86  3.  «ufl.,  ©tuttgart  1878,  V.  479  f.  —  S)le  ©pe^ialütteratur  f.  ^ott^aft  ^egmeifcr  bnrt^ 
bie  ®ef(^.  SBerfc  b  europ.  TOÄ,  1896,  I,  621  unb  Chevalier,  Repertoire  des  sources  histor. 
1877  ff.  ©.  1074. 

I.  35 or leben,    ^afob  Baüo^Ui  ftammte  au^  berfelben   römifd^en  3lbctefamilie  h)ie 

Sonoriu^  III.,  ber  fein  ®ro|o^m  \oax  (f.  ben  ©tammbaum  bei  (Sregoroöiu^  V,  480). 
m  1210  geboren,  ftubierte  er  in  ^ori^  unb  tourbe  1261  \)on  Urban  IV.  gum  Äar- 
binolbiafon  Don  ©t.  SKaria  in  Äo^mebin  erhoben.  Dbtool^l  nur  3)iafon,  nal^m  er  im 
ÄarbinafefoHegium  eine  Q^adftüt  ©tellung  ein,  gel^örte  aber,  toie  aud^  feine  f>)ätere  ^olitif 
jeigt,  nid^t  ju  ber  ftrengfran^öfifcl^en  5ßartei. 

©ic^erlid^  tüo^ntc  ein  [tarier  ®eift  in  beni  gebred^Iid^en,  Don  ber  ©id^t  geläl^mten 
46  Jtöri)er,  tüenn  man  aud^  bie  fc^neDe,  einmütige  3Bal^l,  toelc^e  bie  Äarbinäle  bereite  4  läge 
nad)  bem  2obe  SWartin^  IV.  ju  ^erugia  am  2.  9li)ril  1285  DoD^oaen,  ebcnfo  fe^r  ber 
©orge  Dor  angioDinifc^er  SBa^lbeetnflujfung  aU  ben  SSor^ügen  be^  Aanbtbaten  ^ufd^reiben 
mag.  Site  3)atum  ber  Ärönung  ift  je^t  burd^  ^^Jrou^  SRcgeftentüerf  ber  20.  3Kai  feft* 
gefteBt  (5ßrou,  ßinleitg.  Rap,  2;  5ßah)Iicfi,  I.  Stbfc^n.;  Cardella,  Memorie  storiche  dei 
60  cardinali.  9lom  1792,  I,  II.  187). 

II.  Der  fijilif ^  =  aragonefifd^e  5irieg.  3)ie  bringenbfte  j)olitifd^e  grage  für 
ben  neuen  5ßa))ft  toar  bie  pjilifd^e.  Die  fog.  aSefjjer  Dom  30.  SKärj  1282  ^attc  bie 
§älfte  be^  Äönigreic^^  ber  Äirc^e  unb  i^rem  Se^endmanne,  Marl  Don  Slnjou,  entriffen, 
$eter  ))on  3tragon  toar  afö  &emai}l  ber  %od}Ux  SRanfreb^  in  ^Palermo  gefrönt,  in  Slom, 

66  Wo  Äarl  ate  Senator  ^enfd^te,  ja  felbft  in  5Rea}3el  brad^  ber  äufftanb  lo^,  unb  überall 
in  gtalien  rührten  fid^  bie  (S^ibeUinen  (f.  u.  2lbfd^n.  V).  §erDorgerufen  burc^  ba«  t^ran- 
nijd^e  9legiment  be^  Slnjou,  toar  bie  Erhebung  gerabeju  Derftärft  tüorben  burd^  bie  Der- 
fe^rte  ^oliti!  SRartin«  IV.  (f.  b.  31.),  ber  bie  Ärone  äragon«  an  einen  ©o^n  ^JJ^ili))»)«  III. 
Don  ^anlreic^  übertragen  unb  fo   aud^  ben  ©übtveften  (Surojoa^  in  ben  Stampf  gfPden 

Go  ^otte.    35ie  Söfung  ber  burd^  i^n  gefd^affenen  aSertüidfelungen  toar  bie  Slufgabe  ^ono= 

rtuö'  IV.,  fie  na^m  feine  gan^e,  nic^t  geringe  ftaatömännifd^e  ©efd^idftid^fcit  in  3lnf))xnc^. 

3unäd^ft  toariete  er  ben  Sluggang  be^  franjöfifd^-aragonifd^en  Äriege^  ab.    2)erfelbe 

enbete  mit  einem  flud^tartigen  SRüojuge  ber  ^ranjofen  unb  ^atte  ben  lob  ber  beiben,  fidjf 


{^onortud  l\.,  ^o^ifl  325 

belrieöcnbcn  Äöniflc  jurpolgc.  Äaril.  uitb  SKartin  IV.  tparcn  fc^on  Slnfang  1285  geftotbcn. 
—  2)ie  })DlitiJc^e  Sage  Karte  fid^.  5ß^Uit)J)  IV.  badete  me^r  auf  Sefeftigung  feiner  ÜRadj^t 
im  eigenen  ganbe  ate  auf  au^toärtige  Eroberungen ;  Äarl  II.,  ber  il^rtmerbe  be«  unter- 
italif($en  Sleic^e«,  fd^mad^tete  bereit«  anbert^alb  ^al^re  in  oragonifd^er  (Sefangenfd^faft  unb 
feinte  fid^  nai)  ber  ^ei^eit,  felbft  um  ben  5ßrei«  eine«  Serji^^te«  auf  bie  ^n\tl  ©ijilien ;  6 
bie  ^au^tfad^e  aber  tvar,  ba^  bie  ^ad^t  9lragon«  je^t  geteilt  tDurbe:  ba«  @tammlanb 
tam  an  $eter«  ölteften  @o^n  äUfon«,  @i}ilien  an  ben  jtDeitoeborenen,  2i<^'^'^/  ^^  f^^  ^^ 
2.  gebruar  1286  in  ©egentuart  mel^rerer  Sifc^öfe  feierlid^  rrönen  liefe.  9?atürlid^  arbeitete 
§onoriu«  fortan  auf  bie  2^rennung  ber  S3rüber  l^in.  ^ahb  gegenüber  l^ielt  er  an  ber 
§einbfd^aft  ttjie  ben  Sted^ten  ber  Äird^^e  auf  bie  ^n\A  feft,  inbem  er  il^m  bie  Slnerfennung  lo 
öertoeigerte,  ben  bon  SKartin  IV.  über  ^eter  beringten  Sann  auf  ^atob  unb  feine 
aWutter  Äonftan^e  au«bel^nte  (bom  3,  3Kai  bte  18.  5lobember  1286  bannte  er  beibe  bier* 
mal!)  unb  bie  Ärönung  für  nichtig  erllärte.  2lud^  ben  SSerjid^t  ÄarÖ  II.  auf  ©ixilien, 
ber  am  27.  ^bruar  1287  in  Barcelona  juftanbe  lam,  bertoarf  er  boHer  Sntrüftung. 
3)iefe  un\)crfö^nlid5>e  Strenge  be«  fonft  nad^giebigen  ©reife«  erinnert  lebhaft  an  ba«  SSer«  i6 
fa^en  feine«  il^m  au^  fonft  gleid^enben  ©ro^o^m«,  §onoriu«'  III.,  gegen  Slaimunb  VI. 
unb  VII.  t>on  3:ouloufe;  fidjferlic^  tüar  e«  ba«  ®e^^l  ber  5ßfli(^t,  bie  Siedete  ber  Äirc^e 
unbertürjt  ju  toal^ren,  ioeld^e«  beibe  )u  fo  l^artem,  i^rem  3l<ümdl  toiberftreitenben  SSor« 
ge^en  t)eranla|te. 

SKilber  berful^r  ber  5ßa})ft  gegen  Stlfon«.    Sr  liefe  pc^  bie  ©emül^ungen  ®buarb«  I.  20 
bon  Snglanb  um  Beilegung  be«  frangöftfd^^aragonifd^en  3^if^^  9^^  gefallen.   9lnfang«, 
UJÖi^renb  be«  ^elbjuge«  5ß^ilij)t)«  III.,  loar  §onoriu«  gegen  ©buarb  begreiflid^ertoeife  gu^ 
rüdf^altenb,  bann  aber  tDurbe  er  entgegenfommenber  unb  h)äre  e«  bielleid^t  nod^  me|>r  ge« 
toefen,  ^ätte  i^n  nid^t  bie  burc^  ?lKartin  IV.  fe^r  öerftärlte  franjöftfd^e  Partei  im  Aar« 
binal«foDegium   gehemmt.     2lm   25.  3"^    1286  führte  ßbuarb    einen  SBaffenftiHftonb  25 
jhjifc^en  2llfon«  unb  ^^ilij)})  IV.  ^erbei,  bem  ber  $a})fi  bie  erbetene  3wftin^*nung  erteilte, 
^l«  enblid^  um  ^ißei^nad^ten  1286  9llfon«'  ©efanbte  bei  ber  5lurie  anlangten,  l^ielt  ^o^ 
noriu«  Jloar  formell  an  ber  bon  5Kartin  IV.  berfügten  Slbfe^ung  be«  §aufe«  Slragon 
fcft;  loo|in  aber  feine  ^oliti!  in  SBirflid^ffeit  jielte,   gab  er  ju  erlennen,   inbem   er  fid^ 
tro^bem  ju  Weiteren  sBerIfianblungen  bereit  erllärte  unb  ben  erwarteten  neuen  ©efanbten  ao 
fd^on  ©eleitbriefe  au«ftellte.    9)ie  enbgiltige  Söfung  all  biefer  333irren  erlebte  er  atterbing« 
nid^t  me^r,  pe  fanb  erft  im  3. 1302  unter  8onifag  VIII.  (f.  b. ».  »b  III  ©.291  ff.)  ftatt. 

33efferen  ©rfolg  al«  in  ©igilicn  j^atte  i^onoriu«  in  ben  feftlänbifc^en  Seft^ungen  ber 
Slnjou«.  Äier  \)atitn  Raxl  I.  unb  feine  jjrobenjalifd^en  Siitter  mit  großer  i^abfu^t  unb 
3SJiIlfür  ge|errf4t,  ol^ne  bafe  bie  $ä})fte,  in  beren  ^'^^^fff^  ^'n  fold^e«  ^Regiment  leine«^  36 
h)eg«  laa,  e«  )u  l^inbern  bermoc^ten.  @rft  nac^  ber  pjilianifdifen  $ef))er  Ratten  Jtarl  unb 
fein  ©o^n  2lnfä|e  ju  milberer  ®efe§gebung  gemad^t,  bie  aber  ber  berblenbete  9Jlartin  IV. 
nid^t  fanftionierte.  §onoriu«  bagegen  unterpg  ftc^  fofort  biefer  2lufgabe.  ©(^on  am 
17.  ©ej)tember  1285  erlief;  er  al«  Dberte^n«i^err  be«  Äöni^eid^«  gloei  Süllen,  beren  eine 
bie  SRed^te  ber  Äird^e  pd^erte,  toä^renb  bie  anbere  eine  l)öllige  Constitutio  super  ordi-  40 
natione  regni  Siciliae  entl^ielt.  l^*^^^*"  ^^  ^^P  ^ff^"  jugab,  bafe  bie  ßupänbe  im 
Äönigreic^  unter  ber  §errfd^aft  ber  äfnjou«  nur  fd^led^ter  geworben  feien,  erliefe  er  45  93er« 
orbnungen  jum  ©c^u^e  be«  SJolfe«  gegen  loilllürlid^e  ©ebrüdfungen  burd^  ben  Äönig  unb 
feine  Seamten;  bie  SIbgaben  unb  bie  2el^en«ber^ältniffe  tüurben  neu  geregelt,  bie  vi^U 
be«  Äönig«  befc^ränft,  bei  Übergriffen  feiner  Siegierung  ftanb  bie  3lj)J)ellation  nad^  9lom  46 
frei.  35iefe  Sleform  .^onoriu«'  IV.  „begrünbete  einen  ber  ttjid^tigpen  Slbfd^nitte  ber  ©efefe* 
gebung  in  ber  ©efd^ic^te  be«  Äönigreid^"  (Saint-Priest  1.  c.  IV,  171;  Gianonnelll, 
87—108).  ©ogar  ^afob  bon  ©ijilien  nal^m  mel^rere  Seftimmungen  au«  berfctben  in 
feine  Capitula  hinüber.  —  (^rou,  ©nl.  Äa»).  3—5 ;  ^alolidR  II.  äCbfd^n.). 

III.  Äreujjug«J)olitif.  2Ba«  ba«  alte  6rbe  ber  Äreujjug«})oliti!  angelet,  bes  60 
fd^ränfte  pc^  öonoriu«  auf  bie  ©ingiel^ung  be«  t>om  S^oner  Äonjil  angeorbneten  allge« 
meinen  3^^"^^"  (©ottlob,  3)ie  >)ä))plid^e  ÄreujjXug«fteuern  im  13.  ^afyc^.,  ^eiligenftabt 
1892).  2öir  bep^en  mel^rere  3lec^enfc^aft«berid9te  bon  3el^ntIolleftoren  jener  ^Ät,  pel^e 
3Jlund^,  Pavelige  Nuntiers  Regensskaps-og  dagböger,  ß^ftiania  1864;  Liber 
decimationis  dioecesis  Constantiensis  im  ^eiburger  9)iöcefanard^ib  33b  I ;  Libellus  65 
decimationis  de  anno  1285  (betr.  b.  öften.  3ll))enlänber)  im  Programm  be«  ÄoHegium 
»orromäum,  Salzburg  1887;  ©ouquet,  RecueU  XXI,  547;  bgl.  m  a.  b.  \>at.  3lrd^.  I, 
3Jr.  242  unb  262  9lnm.  Um  bie  in  ber  ganjen  3Belt  jerftreuten  ©eiber  ju  bereinigen, 
ftanb  er  mit  ben  grofeen  Sanf^äufem  bon  tJIo^^^/  ©i^^a  unb  ^ipoja  in  Serbinbung, 
beren  Vertreter  überall  in  feinem  9iamen  ba«  ©elb  bon  ben  ÄoBeltoren  einbogen  (^orban,  eo 


326  {^on^rtttd  IV.,  ^a)if) 

Le  Saint- Si^ge  et  les  banquiers  Italiens.  @i^gdber.  b.  3.  intemat.  latl^.  Stongteffe^ 
in  »rüffcl  \>.  @e^t.  1894.  V,  292—303,  »rüffel  1895).  —  («Prou,  einlcitg.  Rap,  6; 
5ßah)It(fi  III.  aibfc^n.). 

IV.  SSerl^ältni«  ju  S)eutfdSfIanb.    Unmittelbar  nac^  bem  %aU  ber  ©taufer, 
6  auf  bent  §ö^e^unft  be«  mittelalterlicpcn  5ßa})fttum«,  beginnt  bereite  bie  5ßoIiti<  be^felben 

unrubig  ju  fd^toanfen.  $ä})fte  toie  Urban  IV.  unb  *  ßlemen^  IV.  fnü))fen  bie  Sunbcö^ 
genoffenf^aft  mit  ber  framöfifc^en  üJlacbt  immer  fefter,  unter  SWartin  IV.  toirb  au^  bem 
Sünbni«  faft  Ined^tifd^e  älbl^ängigleit.  Slnbere  5ßä^fte  aber  erlennen  bie  ftetig  toad^fenbe 
©efa^r  unb  treten,  toie  SRifoIau«  III.,  ben  ^Jranjofen   in  S^^Iien  nad^  SWöglid^^Wt  ent^ 

10  gegen  ober  fuc^en  tüenigfteng,  toie  ©regor  X.,  ju  lavieren,  inbem  fie  ba^  beutfd^e  Äonig^ 
tum,  t)on  bem  feine  ©efa^r  mel^r  )u  fürd^ten  ift,  tvieber  }u  häftigen  ftd^  bemühen  unb 
l^erbeirufen. 

$onoriu«  folgte  ben  333egen  ©regor«  X.  9lo(^  immer  rang  Slubolf  bon  Jpab^burg 
um  Sefeftigung  feine«  5lönigtum« ;    um  e«  feinem  ©ol^ne  Sllbre^t  ju  pd^em,  tüoDte  er 

15  il^  nod^  bei  feinen  fiebjieiten  toäbten  laffen,  unb  baju  beburfte  er  für  fid^  felbft  ber  Äaifer= 
frone,  ^ie  fd^on  mit  9iifoIau«  III.  be«^alb  ge))fIogenenUnter^anbIungen  l^atteüRartinlV. 
toieber  abgebrochen.  3"  ^^  "^^  SSerl^anblungen  orbnete  Slubolf  anfangt  1286  ben 
Sifd^of  ^einrid^  Don  Safel  nad^  9lom  ab.  2)erfelbe  toar  einer  feiner  treueften  Sln^änger, 
unb  bafe  §onoriu«  i^n  unter  SSertoerfung  gtüeier  Dom  SWainjer  Äa^itel  jjräfentierten  Äan= 

20  bibaten  gum  ^rimo«  Don  S)eutfd^Ianb  erl^ob,  beloeift,  loie  Diel  üj^m  an  ber  Kräftigung  be« 
beutfc^en  Königtum«  gelegen  loar.  gür  bie  Krönung  in  3lom  beftimmte  ber  ?ßabft  ju- 
näc^ft  ben  2.  gebruar  1287,  ermahnte  atte  loeltlid^en  unb  geiftlic^en  ^rften  SJeutfdplanb«, 
ba«  Sorbaben  be«  König«,  namentlid^  mit  ®elb,  )u  unterftü^en  unb  entfanbte  ben  Karbid 
nalbifd^of  gol^ann  Don  Iu«fulum,  Damit  er  bie  Siomfabrt  Slubolf«  unb  bie  ffial^l  2Ilbred^t« 

25  burd^fe^en  ^elfe.  ©er  fiegat  fanb  jeboc^  fe^r  üble  Slufnal^e,  toeil  man  feine  ®elb- 
erj)reffungen  unb  ßingriffe  in  bie  firc|lid^en  Siedete  fürd^tete,  Dielleid^t  aud^,  loeil  bie  ^ö^ere 
©eiftlid^feit  bie  jjolitifd^fen  ^totdt  feiner  ©enbung  fannte  unb  Don  i^nen  eine  Seeinträd^* 
tigung  ilj^e«  SBo^IredS^t«  beforgte.  Sluf  bem  aQBürjbur^er  Konjil  (16.— 18.  ÜRär^  1287) 
fam  ber  allgemeine  Unloille  gum  Slu«brud^.    S)er  ©rjbifc^of  Don  Köln  unb  Sifd^of  Konrab 

30  Don  ^oul  ))roteftierten  energifd^  gegen  bie  ©elbforberungen  be«  Segaten  unb  a^))ellierten 
an  ben  ))ä^ft(ic^en  ©tubl,  Die(e  Prälaten  fd^Ioffen  fid^  an,  ber  König  felbft  mu^e  ben 
Karbinal  Dor  ber  9Sou«tt)ut  fcbü^en,  toä^renb  iloei  feiner  Segleiter  erfc^lagen  lourben. 
(MG  XVII,  77.  129.  550.  XXIV,  149;  baju  5Rt  b.  gnftit.  f.  öften.  ®efd^.  VII,  160. 
XII,  647  unb  ßubel,  $3®  IX,  437.  661).    S)amit  loaren  bie  5piäne  Slubolf«  tDie  be« 

35  ^fte«  gefd^eitert  OProu,  ginl.  Stop.  7 ;  5ßah)IidR  IV.  Slbfd^n.). 

V.  SBirffamfeit  in  gtalien.  ÜJlartin  IV.  ^atte  mit  ben  Slömem  in  fteter 
Sterbe  gelebt.  3)em  ©aDeHi  bagegen  übertrugen  feine  SWitbürger  fofort  bie  ©enatur  auf 
Seben«jeit,  luben  i^n  ein,  feinen  ©ift  in  i^er  ÜRitte  ju  nel^men,  unb  §onoriu«  l^t  faft 
ftänbig   in  5Rom  refibiert.    3"  bem  guten  SSerl^ältni«  mit  ben  Stömem  mag  nid^t  locnig 

40  beigetragen  ^en,  ba^  er  in  fluger  3utüdf^altung  fic^  mögKc^ft  toenig  in  bie  ftäbtifd^e 
SJerttjaltung  mifd^te,  toö^enb  fein  Sruber  5ßanbulf  al«  ©enator  ein  ftrenge«,  ober  ge« 
redj^te«  ^Regiment  führte. 

3m  Kird^enftaate  fydtz  3Raxt\n  IV.  mit  ben  ®l^ibellinen,  toeld^e  ®raf  ®uibo  Don 
5WontefeItro  fül^rte,  gleid^ffaH«  einen  fteten,  iiemlid^  Dergeblid^en  Kam))f  gefäm})ft.    ©rft 

45  ^onoriu«  fc^uf  toieber  Orbnung,  nad^^^em  Öuibo  fid^  ipm  ergeben  f^attt  unb  in«  ©jil 
gegangen  hmr.  Überaß  Iie|  er  gegen  bie  Don  3Wartin  IV.  mit  bem  gnterbift  belegten 
©tobte  ÜJtilbe  toalten  unb  ftedte  burd^  finge  ^ä|igung  bie  S^u^e  unb  ba«  ))ä))ftli(^e 
äbtfel^en  in  einem  ^Ra^t  toieber  l^er,  toie  man  fie  lange  Dor  unb  nad^  il^m  nid^t  gefannt 
J^t    —    2luc^  SSenebig,  über  loelc^e«  ber  fiegat   SKartin«  IV.   ba«  Sn^^^^ä^  Der^ängt 

50  l^tte,  toeil  e«  fic^  toeigerte,  für  Karl  Don  anjou  eine  glotte  gegen  $eter  Don  Slragon  au«= 
jurüften,  befreite  er  Don  bemfelben  ($Prou,  ©nl.  Koj).  8 ;  5ßah)lidK  V.  2Ibfd^n.). 

VI.  Stellung  JU  ben  Drben.  ^alolidfi  (©.  109)  ^at  barauf  ^ingeloiefen,  bafe 
©alimbene«  Slnaabc,  ßonoriu«  fei  ein  ^nb  ber  Orben,  befonber«  ber  Settelmönc^e,  ge= 
toefen,  in  ben  SÄegeften  ^rou«  ^a^lreid^e  Setoeife  Dom  ®egenteil  gegenüberftel^en :  er  be* 

55  [tätigte  unb  ertoeiterte  il^re  5ßriDilegien,  ernannte  fie  oft  ^u  feinen  befonberen  SeDoBmädj^s 
tigten  ober  ju  Sifc^öfen  unb  beauftragte  fie  au«fc^Kef;Iid()  mit  ber  ^"^"iption.  Sludf^  ben 
5larmclitem  beftätigte  er  il^re  $riDiI(^icn,  unb  befonbere  Sorliebe  bcgte  er  für  bie  SBiU 
l^elmiten,  benen  er  ba«  Klofter  übertoie«,  locld^e«  er  fc^on  al«  Karbinal  in  Slbano  ge= 
orünbet  l^attc.    dagegen  gebot   er  in  einer  SuKe  Dom  11.  ÜRär^  1286,  ben  Drben  ber 

CO  ai^oftelbrüber  (f.  b.  af.  8b  I  ©.  701  ff.),   loeld^en  bamal«  ©egarctti  Don  ^JJarma  ftiften 


{^•noritid  lY«,  ^o^ifl  ^0itortitd  ti^it  Kntnn  327 

toottte,  afe  ^ärettfd^  ju  bcrfolgen  (Murat.  IX.  448;  5ßrou,  einl.  Ka^.  9  unb  10;  5ßato- 
Hdti  §  17). 

Über  feine  Sejie^ungen  jut  5ß<mfer  Untoerfttät  f.  5ßatoK(fi  §  18.     ^m»  ®d^it(5. 

I^onorittd  Holt  Ktttnn,  geft.  1152.  —   M.  Bibl.  patr.  Colon.  1618,  ^.  XII,  p.  930, 
964;  MB  1677  tom.  XX;  Possevin  Appar.  sac.,  Colon.  1608  p.  273;  Bellarmin,  de  Script   6 
eccl.  Colon.  1645  p.  244;  Pez,  Anecd.  II.  V.;  Phil.  Labebbit,  De  scr.  eccl,  ^arl«  1640, 
p.  473;    Cave,  Scr.  eccl.  bist.  II,  BasiL  1745,  p.  213;    Miraeus.  Bibl.  eod.,  Antv.  1639, 

fel30;  Fabric.  Bibl.  eccl.  Hamb.  1794;  Sixtus  Senens,  Bibl.  sanctaLugd.  1875,  p.  273; 
G  II,  p.  253;  X,  p.  125;  XVI,  p.  52;  MG  Libelli  de  bte  III  p.  29  ff.  ed.  Dr.  3ul. 
Dlcterici;  Bist.  litt,  de  la  France  XII  p.  165:  Biogr.  univ.  ^ari«  1857,  XIX  p.  592;  lO 
MSL  T.  172;  ©cinjel,  8tf*r.  f.  öftcrr.  ®^mn.  1868,  @.  564 f.;  ©«lobebuf*  D.  ©luclbar, 
fipj.  1874;  fR'ihhtd,  gforWungcn  j.  b.  ®.  XXIV,  6.  10;  iRobbe,  ®er^ob,  fipj.  1881,  @.17: 
SRocftoff,  9tupert  t).  3)eut  1886,  @.  12  ff.  (unb  mS  1897);  3.  öa(6,  Doßmenflef*.  b.  Wi, 
$3ien  1875,  II;  92.  ^.  ^annoD.  1880  p.  643,  1896  p.  598;  SBattenboc^,  ®ef4i4tdquellen 
1894,  ©b  II  @.  259;  Potthast  Bibl.  bist.  med.  aevi  1896  I;  «bö.  («rt.  t).  ©tononit).        16 

$onoriud  (getDö^nKdif  i>on  Slutun  genannt)  tft  ber  gro^e  Unbelannte  ber  Ain^en« 
gef(^t$te  be«  jtoölften  Sfl^tl^wn^ertd.  ^o^'  ,,\)on  äutun"  jeigt  nur,  bo^toir  nic^t  toijfen, 
tvo  er  (ebte,  unb  feine  )a|^Irei(^en  SBerfe  fd^eb. 

®ie  ?Pöblber  Slnnden,  toeld^e  btö  1139  gelten,  J)retfen  ilj^n   ald  belefenen,  bon  ber 
geiftigen  38etd^eit  erfüllten  @infieb(er.  31U  Solitarius  fommt  er  auc^  fonft  bor.  SeQarmin  20 
fe§t  feine  Slütegeit  auf  1220,  ift  aber  fonft  fparfam.    ©0  audjf  bie  3«fuiten,  ani  ®rünben, 
auf  bie  tvir  jurücflommen.    ^offebin  nennt  i^  abbas  et  monachus. 

S)ie  9(lten,  ÜRiräud  unb  6abe,  berfe^en  il^n  nad^f  ^anlreic^.    ^ie  f^anjofen  l^en 
i^n  für  Slutun  feft.    ©0  aud^  6abe,  bem  er  ecclesiae,  in  Surgunb,   presb.  et  scho- 
lasticus  ift    S!)ie  Hist.  litt,  de  la  France  Mnfd^t,  }uglei(^  mit  £e  93euf,  il^n  nid^t  26 
ben  ^eutfd^en  ou^guliefem.     S)ie  Biogr.  univ.  giebt    h)enigften$  gu:   Apres    s'^tre 
d^mis  de  la  Charge  de  scolastique  11  se  retira  dans  les  terres  du  duc  d'Autriche. 
Verfölgen  toir  biefen  gingerjeig.    Äonoriuig  felbft  nennt  fid^  nac^  einigen  6obb.:    Pres- 
byter Augustudonensis  eccl.    §D&er  3Rart^ne  unbS)uranb  lommen  auf  i^rer  betreffen- 
ben  Steife  nadjf  Slutun,  unb  finben  bort  feine  eimige  ^anbfc^rift,  bie  fte  al^  333erl  bon  90 
^onoriud  ertDöl^nen  (bgl.  m.  Slrbeit  9tt3  1897  ®.  704  f.).    Unb  Augustodunum  Idnn 
auc^  S^ugdburg  fein.    SBattenbad^  nimmt  bied  an,  Sac^  ift  geneigt,  ed  aud^  ju  t^un.  3n 
ber  %f^t  entgolten  öfteneic^ifc^e  unb  baieritee  ÄliJfier  bie  meiften  gerabe  ber  SBerle  beö 
®e]^eimnidboDen.    3Rüni^m  aUein  beft|t  über  l^unbert  Stobiced,   ®ra)  nad^  ©tanonil  30, 
in  toeld^en  ©c^riften  bon   i^m  borlommen.    ^aju  lommt,   ba^  in  ber  Imago  mundiss 
bon  §onoriug  3)eutfd^Ianb  am  einge^enbften  bargeftettt  ift  3"  bi^f^i«  geogra^fifd^en  ©e« 
mälbe  ift  nur  eine  ©tabt  genannt,  unb  biefe  ift:  Slegen^burg.  —  ^v!t>tm  xä)  Slegen^bura 
afö  ^erborragenbften  Ort  feiner  SBirIfamleit  annehme,  mad^e  ic^  barauf  aufmerifam,  ba| 
^ier  6uno,  früher  äbt  bon  ©iegburg,  Sifd^of  toar,   ber  ®önner  9lu))ert«  bon  ®eu|, 
toelc^em  $onoriu^  fo  fc^  berloanbt  ift,  ba|  l^ier  aud^  ®erl^o^,   fj)äter  in  Sleid^er^berg  40 
loeilte. 

9ln  biefem  borläuftgen  Srgebnid  !ann  aud^  S)ieterid^  (Lib.  de  lite  III)  und  nid^t 
irre  mad^en.  6r  bejiel^t  ftd^  auf  jene  ^anbfd^nft  be«  De  imagine,  toelc^e  in  ßanterburi^ 
aufbetoa^rt  loirb.  §ier  toirb  bom  SSerfaffer  gefagt:  Iste  Henricus,  qui  hunc  librum 
edidit,  fuit  canonicus  S.  Mariae  civitatis  Moguntiae.  ^nbem  toir  auf  bie  bon  45 
SDieteric^  hieran  getnü))ften  Vermutungen,  ald  nod^  )u  getoagt,  ni^t  ioeiter  eingel^en,  freuen 
toir  und  nur  in  ber  ^au))tfad^e  eine  SSeftötigung  m  l^aben.  9(u(^  S)ieteri(fi  [ä|t  ^onoriud 
fd^lie^Iid^  ftd^  nad^  Siegendburg  jurtitfjie^en.  Unb  toir  fmb,  inbem  loir  l^ierbei  bel^arren, 
aud^  nic^t  in  ber  Sage,  bie  grage  erörtern  ju  lönnen,  tvelc^e  SSattenbad^  nal^elag,  toie  ed 
fam,  ba^  bad  Speculum  ecclesiae  auf  ä(nfu(^en  ber  Fratres  Gantuarienses  bon  i^onoriud  go 
gefc^rieben  iourbe,  bie  er  lurg  jubor  befud^t  ^aben  mag.  2)ie  SSejiel^ungen  ju  Santerbur^ 
bleiben  und  a(fo  junäd^ft  buntel,  fotoie  audjf  bie  ^age,  ob  ^onoriud  nid^t  9lnfelmd 
©c^üIcr  h)ar. 

fragen  toir,  Wann  §onoriud  fc^rieb,  fo  nehmen  loir,  ba  bie  §anbfd^ft  bom  De 
imag.,  n^eld^e  $e)  fanb  unb  giebt,  bie  Slegentenrei^e  mit  £ot^ar  fd^Iie^,  unb  ba  bie  66 
ältefte  SRac^rid^t  fagt:  Sub  quinto  Henrico  floruit  —  bad  ^af^x  1135  ald  §öl^ej)unft 
fetner  35Iüte  an.  Um  biefed  3a^r  muffen  ftd^  feine  ©d^riften  gnH))pieren.  6d  ift  bie  geit, 
in  toel^er  bie  Söerle  Slbälarbd  ftd^  rafd^  ju  berbreiten  begannen,  loeld^ed  und  für  §.d 
bogmatifd^e  Haltung  bon  SBid^tigleit  ift.  Slber  $.d  ffiirten  greift  loeiter.  Sejüglic^  bed 
^a^red  feined  ^obed  mik^ten   toir  mit  SBilmand  annehmen,  er  l^abe  bie  9lbfd^ift  bedeA 


328  ^oitinriitd  tioit  %ntm 

Imago  t>ox  1152  felbft  nod^  beforöt  (MG  XII  p.  128).    ^cbenfatt^  fc^Iiefet  .s?.  I^ier  mit 
Äönig  Äonrab  unb  ertoä^nt  nur  g^^rid^  I- 

&d)m  toir  gu  einigen  feiner  „))^iIpfo)p^if(^en"  ©d^riften;  fo  i[tö  in  bent  bamatö  ßebräud^^ 
fielen  tüeitem  ©inn.  3)ie  gef^id^tlid^en  Überftd^ten  gelten  feit  bem  über  de  discretione  tem- 

6  porum,  in  trodfnen  SSerjeid5>niflen  bie  SReil^enfolge  be^  3)enftDürbigen  ober  ber  ürd^Iid^en 
©d^ftfteDer  gebenb,  burd^  bad  ÜRittelaber.  ^onoriud  fc^lie^t  fic^  i^nen  an :  De  philosophia 
mundi,  tüenn  bie  ©d^rift  Don  il^m  ift,  bringt  neben  i^eofogie  and)  ®eograJ}l^ie,  2Iftronomie, 
SWeteorologic.  De  imagine  mundi,  je^r  Verbreitet,  f)at  ba«  für  jeben  Äleriler  SBiffen^hJürbige. 
®a3  S5ud^    bringt  5Rac^rid^t  öon  ®eograJ}^ie,   Älimatologie,   ß^ronologie  unb  fü^rt  bie 

10  SQieltgefd^ic^te  t)on  9(bam  bid  auf  Jtaifer  ^^ebric^  I.,  it)ie  bie  Summa  totius  fte  t>on 
Äarl  b.  ®.  big  auf  Äaifer  Sotl^ar  Verfolgt  2)ie  ©cfd^id^t^fenntni«  ift  bie  ber  jeitgenöffi« 
fcj^en  Älofter^ainnalen  unb  ©täbted^ronifen.  Äönig  %xanlo  lomnit  mit  Sleneaö  von  ^^roja 
^er  unb  grünbet  ein  ^Iroja  am  9l|ein.  —  De  animae  exilio  et  patria,  auf  Sln^ 
regung  eine«  getoiffen  J^oma«  verfaßt,  finbet,  ba|  Unloiffen^eit  ba«  @jil  be«  3Jlenfd^en 

16  fei    Son  ^ier  gelangt  man  burd^  Biaatm  unb  ©tufen  getoifferma^en  jur  SBeig^eit,  iur 

Seimat  ber  Äird^e,  g^eid^fnet  burd^f  bie  gel^n  Swngfrauen.  S)er  SBJeg  ge^t  burd^f  bie 
irammatil,  5R^etorif,  2)ialeltü,  arit^metif,  3Ruftl,  älftronomie,  ^^^ftt  3Red^anif,  Öfono^ 
mif.  ©0  gelangt  man  burc^  bie  fteben  freien  „Äünfte"  jur  SBeiö^eit,  bie  in  ber  ^eiligen 
©d^rift  leud^tet,   im   änfd^auen  &ott^  ftd^    öoßenbet.    —    De   luminaribus    eccle- 

20  siae  fc^Iiefet,  mit  ^JJetrug  beginnenb,  ba«  SSergeic^ni«  ber  fird^lidf^en  ©d^ftfteller  mit  9tu))ert 
Don  2)eu5.  Sluc^  au«®ennabiug  unbgfibor  ^at^onoriu«  gefammelt.  9tu))ert  nennt  er: 
per  visionem  illuminatus.  —  ®ie  libri  unb  libelli  De  libero  arbitrio  toaren  ^äufig 
in  jener  3^*^-  SWir  erinnern  und  berer  ^ier  nur  Don  3Uger  Don  Süttid^,  Dom  älbt  ©ngel^ 
bert  juäbmont,  Don9luj)ert  Don3)euft.    gür^onoriu«  loar  bieärbeit  burd^  ein  ®ef})rä(^ 

26  mit  einem  getoiffen  ®ottfc^aU  Deran(a|t.  ^an  ^abe,  um  ftd^  ^u  entfc^ulbigen,  gefagt, 
tvad  in  ber  äöelt  aud^  gefd^e^e,  ^  Idnne  bod^  nur  fo  gefd^el^en,  toeil  e«  Don®ott  einmal 
fo  georbnet  fei.  SJied  toirb  burd^  ßrörterung  beffen  hjieberlegt,  toad  ber  freie  SBiDe  fei. 
—  ^m  Evitabile  toerben  änfü^rungen  axi^  ^[x^ox,  gulgentiu«,  Slmbroftud,  äuguftin, 
^ieronljmud,  ®regor,  ß^t^foftomu«  unb  Slnfelm  gegeben. 

80  3m  9121  1898  $.  2  ©.  584  mad^t  3)ümmlcr  auf  eine  §anbfc^rift  bed  Inevitabile 
no(^  aufmerlfam,  ioeld^e,  im  Älofter  ©t.  ?ßanta(eon  gu  Äöln  gef^rieben,  fo  DoDftänbig 
Don  bem  ber  BM  unb  bem  Xejt  bei  SKigne  abtoeid^t,  ba^  fie  aU  felbftftänbige  Slebaftion 
angefel^en  toerben  muffe.  9)ort  folgt  bann  bad  Offendiculum  unter  bem  2!itel :  »Contra 
uxoratos   presbiteros".    2)ie  Ur^eberfd^aft  beö  ^onoriud   erllärt  S)ümmler  feftgefteltt 

86  ju  })Qbtn. 

®ie  ejegetifc^en  Slrbeiten  finb  fe^  mannigfaltig.  2)ad  Hexaemeron  C^ej  II  p.  72) 
jeigt,  toie  in  ßlj^rifto  afö  bem  Principio  2Üled  g^c^affen,  toie  bie  ganje  ®enefi«  auf  bie 
©rlöfung  gerichtet  ift.  —  ®ie  Slrbeit  über  bie  gel^n  3i[gVl>tifd^en  5ßlagen  ftellt  biefen  bie 
Heilmittel  ber  je^n  ®ebote  burd^f  jene  t^J)ologif^e  Äünftelei  gegenüber,  toeld^er  ber  3^- 

40  gefc^madf  l^ulbigte.  S)a«  SBaffer,  toelc^e«  in  Slut  Dertoanbelt  toirb,  ift  bie  SBeidl^eit 
bieferSöett;  bie^ifd^e  fmb  bie  5ßl^ilofo))]^en,  bie^^öfc^e  bieSJic^ter,  toeld^e  in  ben  ©ünH)fen 
ber  Unreinheit  quafen,  bie  fiäufe  bie  Unruhigen,  Don  mand^erlei  Segierben  ®efta(^etten. 
-—  3)ie  fed^  Äa})itel,  in  toetcj^e  bie  älrbeit  geteilt  ift,  gelten  unter  Scjugnal^me  auf  5ßlato 
auf  3Ä^I^n^Vfttt  h)ie  immer  mit  Sieb^aberei  ein.   ~   ^ur  2Iuelegung  ber  ^JJfalmen  toar 

46  §onoriud  Dom  9lbt  Äuno  aufgeforbert,  bemfelben,  toie  toir  fa^en,  ber  auc^  Stu^jert«  ®önner 
toor.  9Son  ß^rifto  rebet  DaDib  in  aÜ^  5ßfalmen.  ©ie  jerfaHen  in  brei  Seite  nad^  ben 
brei  SBeltaltem:  Don  bem  ®efe^,  unter  bem  ®efe^,  unter  ber  ®nabe.  3)ie  erften  fünfzig 
bejie^en  fid^f  alfo  auf  bie  ^eiligen  Don  SKbel  bid  auf  ÜRofe,  bie  jtoeiten  auf  bie  Don 
biefem  bid  auf  Gl^riftum,   bie  britten  fünfzig  jeid^nen  bie  ^eiligen,  bie  Don  ß^rifto   bid 

60  jum  SBeltenbc  erftel^cn.  2)ie  atudlcgung  bed  ganzen  ^falter«  auf  ben  Seib  G^rifti  ift  um 
gel^erlid^.  —  3"  ben  ejegetifd^en  ©^triften  gel^ören  nod^  bie  Quaestiones  ju  ben  ^tt>^ 
Derbien,  bem  ^rebiger  ©alomo,  fotoie  jum  ^ol^enlieb,  biefed  le^tere  im  Sigillum  Marie 
für  Slntoenbung  bei  SKarienfeften  fortgefe^t.  3)ad  §ol^elieb  cntl^ält  ben  Srief  an  äbt 
Äunod  DJac^f olger  unb  jeigt  au«  ben  Dier  ®eftalten  ber  SSifion  Gj  1,  bie  D.ier  aSetl^oben 

66  ber  Ggcgeje,  bie  ^iftorifd^e,  altegorifd^e,  troj)ologifc^e,  anagogifd^e. 

I)ie  Slrbeiten  für  })raftifrf»e  2l^eologie,  $rebigt,  Siturgif,  2)i«jij)Un,  für  bie  fird^en- 
red^tltc^e  ©tellung  jum  3^})^"*"  fiwb  fe^r  mannigfaltig.  —  Claustralis  vita  est  ab 
ipso  domino  instituta  —  bamit  beginnt  De  vita  claustrali.  ^a^  Älofter  ift 
Ufer  ber  auf  ben  SBogen  ber  SBelt  Umgetriebenen,  ©dfiirm  Dor  ber  ©onnenglut,  Sett  für 

60  bie  3)Jüben,  SlfJ^l  ber  glw^tenben,  ©d^ule  für  bie  Äinber  ®otte«,  ®^mnaftum   für  bie 


^oitoriitd  t)9n  Kntnn  329 

©treitbaren  ber  Äird^e,  ©etänani^  bercr,  bic  t>om  breiten  SÜege  irrten,  ©tätte  ber  SSer« 
fud^ung  unb  Sctüoi^runö,  §öUe  ber  ^Reuigen,  ^arabie^  ber  ©erec^ten.  9llfo  ganj  tote 
Sh^ert  bon  3!)eu|.  —  2)ie  Scala  coeli  major,  ®efj)räcl^  jtoifd^en  SWeifter  unb  ©d^üler 
in  23  ilaj)iteln,  jeigt  bie  ©taffein,  ben  ordo  graduum  für  bie  geiftlid^e  ©c^auung;  bie 
scala  coeli  minor  jcigt  bie  ©tufen  auffteigenber  ß^arita^  in  fed^^  Äa))iteln.  —  2)a«  6 
Oifendiculum  bel^anbelt  bie  Sage,  bte  incontinentia  sacerdotum.  ©euerer  bermutet, 
biefe  ©c^rift  ^abe  ju  jenen  Verfolgungen  2lnla|  gegeben,  über  toeld^e  i&onoriud  fid^  be^ 
flagt.  @ö  ift  fd^arfe  Siebe  gegen  presbyteri  uxorati  et  simoniaci.  —  SBir  ^nben 
^ier  im  Sxipxtd  De  regnla  sacerdotum  bad  (Singeftänbni^ :  Inter  episcopum  et 
presbyterum  nuUa  erat  differentia  in  a))oftolifd^er  QÄt  2Bann  übrigen^  giebt  bie  lo 
©c^ft  änttoort  auf  bie  t>i>n  ben  Srübem  an  ben  Se^rer  gefteüte  grage,  ob  e«  ben  Äle« 
rifern  nad^  ber  Drbination  ju  l^eiraten  geftattet  fei,  ba  boc^  ber  3lj)ofteI  feine  Slu^na^me 
mac^t,  toenn  er  fage,  ber  ^urerei  toegen  foße  ^eber  fein  eigen  SBeib  l^aben,  benn  l^eiraten 
fei  beffer  ate  brennen  1  Äo  7?  2)ie  Slnttoort  liegt  im  ©a^:  Synagoge  erat  concu- 
bina,  ecclesia  vero  supemi  Imperatoris  regina.  S)a^  ebelid^e  SiBeib  be<g  ^rieftenS  16 
ift  bie  Jtird^e.  ^ene^  Jta^itel  l^at  nur  bie  £aien  im  äluge.  $aulu$  meinte  bort  nur, 
bie  Verheirateten  5ßriefter  feien  ^urer.  ©terben  fie,  fo  bairf  man  für  fte  toeber  gürbitte 
tl^un,  nod^  D))fer  barbringen.  SKtt  einem  SBort :  „Überläufer  ftnb  inöge^eim  unb  freunblid^f 
ju  ermatten;  ge^ord^en  fte  nic^t,  fo  fmb  fte  toie  bie  ^eft  m  meiben  unb  Don  aüm 
ß^riften  jurüdjutoeifen,  toie  bon  ben  ©d^afen  ®otte<g  bie  2Bölfe."  9)ie  ©ammlung  berao 
3lnf})rac^en  bor  einem  .Honöcnt  ber  Srüber  an  ^eiligen«  unb  ä})ofteltagen,  ber  ^rebigten 
für  einzelne  ©tänbe,  ber  SEBeil^ereben,  nennt  ^onoriu«  Speculum  ecclesiae.  Sitte  ^riefter 
fotten  biefen  ©))iegel  ftd^  Dor  Slugen  l^atten,  „bamit  bie  Sraut  ß^rifti  in  bemfelben  er= 
blidfe,  toa^  bem  Sräutigam  an  i|r  noc^  mi^fatte".  Übrigen^  l^aben  toir  l^ier  im  ©j)iel 
mit  gereimten  ^arattcU©äfeen  bie  Dotte  3lrt  ber  fiüttid^er  ©d^le.  —  9)ad  Sacramen-  26 
tarium  rebet  in  ^unbert  Äa^)iteln  über  m^ftifd^en  ©inn  ber  Stiten  im  fird^lid^en  2)ienfl 
?Jej  giebt  e^  nad^  ber  ^anbfc^rift  öon  SDlolf.  .^onoriu«  befj)rid^t  bie  Sej^eic^nung  ber 
©onntage.  6r  fjjric^t  über  ^eier  unb  Sliten  für  ©rünbonnerftag  unb  Dftem  u.  f.  to. 
iUberatt  auf  bem  §intergrunb  be«  t^^Jifd^  betrad^teten  912:.  6r  rebet  \>on  Sebeutung  ber 
berfc^iebenen  2:eile  ber  ))riefterli(^en  .^leibung,  über  bie  Siturgie,  bie  §oren,  bie  3lntt})l^onen,  ao 
bie  Crbnung  ber  SKeffe.  —  3)ie  Gemma  animae  ^anbelt  de  divinis  ofüciis.  SB3o  bon 
ber  Sebeutung  be^  fird^lid^en  ©ebäubeö  unb  feiner  ieile  bie  Siebe,  ift^  bejeid^nenb,  baft 
toir  ^ören:  Pavimentum,  quod  pedibus  culcatur  est  vulgus,  cujus  labore  eccle- 
sia sustentatur.  —  35a^  Eucharisticon  toirft  im  britten  ber  ^toötf  Äa))itel  bie  Ders 
fänglid^e  ^age  auf,  utrum  hoc  comedatur  quod  Maria  genuit  ?  ^onoriuö  bermag  86 
nur  ju  be^au))ten:  corpus  de  virgine  creatum  in  coelo  residens  universae  crea- 
turae  (jominatur,  corpus  autem  de  pane  et  vino  per  Sp.  s.  consecratum  et  in 
substantiam  prioris  translatum  comeditur.  35ie  3li>«i^tität  be«  l^mmlifc^en  unb 
eud^flriftifd^en  ieibe^  toirb  ebenfotoenig  barget^an,  ate  bie  2?erbäd^tigung  3lnbalt  l^at, 
toelc^er  nac^  5ßej  bie  3lrbcit  au^gefe^t  toar.  2)enn  bie  SBanblung  toirb  anftanb^Io^  geteert,  40 
toenn  auc^  freiließ  nod^  nid^t  in  gan3er  äu^bc^nung.  3)enn  ber  ungläubig  (Seniefeenbe 
em})fängt  nur  bie  Species,  nid^t  bie  virtus  Sacramenti.  S^enn  unter  virtus  ift  bie 
^immlifc^e  ®abe  berftanbcn.  §ier  fiebt  man  alfo  Sluguftin  me^r,  atö  ba^  mysterium 
tremendum. 

©in  Äanonifer  unb  ein  5Könd^  treffen  untertoeg^  jufammen.  35er  eine  fragt  ben  46 
anbern,  toer  er  fei  unb  tool^er  er  !ommc?  3)er  Äanonifer  rü^mt  fid^  be^  ^eil.  5ßetru^,  ber 
3Wönd^  be^  ©rjengel  SRid^ael.  ^th^  toitt  barum  ^ö^er  ftel^en,  aü  ber  anbere.  .f)ier  ber  2tnla| 
jur  Summa  duodecim  quaestionem.  ©ie  jcigen :  Homo  angelo  dignior,  angelus  ho- 
mine  felicior.  5Wie  aber  toirb  ber  (Sngel,  auc^  toenn  gefatten,  burc^  ben  3Rcnfc^en  erfe^t 
tiefer  tritt  nic^t  al^  Sluä^ilfe  in  bie  Sücfe,  toeld^e  ber  ßngelfturj  l^intcrlie^.  ©o  l^od^  bereo 
©eraj)^  über  bem  ßrjengel  fte^t,  fo  ^od^  fte^t  $etru^  alfo  über  bem  ©rjengel  2Rid^ael, 
toeit  Slom,  ba^  ^au^Jt  ber  Söclt,  bem  3lj)oftcl  ^etru^,  nic^t  aber  bem  ©rjengel  SHid^ael, 
ba^  Primat  übertrug.  —  Sluf  ben  ©treit  ^toifc^cn  3in})erium  unb  Äurie  bejicl^t  fic^ 
Summa  gloria  de  Apostolico  et  Augusto.  ©d^mcid^ler  ber  ^rflen,  untoiffenbc  unb 
törichte  aJicnfd^en  nur  öerfennen  bie  2Ba|r^eit.  3)enn  toie  bic  ©onnc  bem  3Ronbe,  toie  66 
ber  ®eift  ber  ©eele,  toie  ba^  lontemj)latit)e  bem  ))raftifd^en  2tUn,  fo  ift  baö  ^rieftertum 
bem  JReid^e  überlegen.  Soll  bemnad^  ber  Äaifer  öon  ben  §erjogcn  unb  ©rafen,  alfo 
feinen  Untergebenen,  getoäl^lt  toerbenc'  Ergo  rex  a  Christi  sacerdotibus,  qui  veri 
eccl.  principes  sunt,  est  constituendu^s,  consensus  tamen  laicorum  requiren- 
dus.    2)ie«  ift  ba«  ergebni«  ber  ad^t,  näd^  MG  Lib.  de  lite  III  öictuubb^^\%v;^'^Vs^^^^ 


330  ^«imtiid  tf9n  flbttnit 

Reges   sedi  Romanae   non    obedientes  patienter  quidem  tolerandi    sunt,   sed 
ab  eorum  communione  declinandum. 

®ie  ©teHung  bc«  ^pricftertumd  toirb  bamit  fc^on  begrünbet,  bafe  ftc  eben  bie  Äinber 
®otte«,  im  ^riefterbienft  bic  Sflad^folget  Slbete,  futb,  loelc^e  t>on  ben  S^ic^tem  ber  SKenfc^en 

6  untetW^ieben  toerben,  ober  bie  Äinber  ©otteö,  toelc^e  nac^  §i  1,  6  öor  ben  $erm  treten. 
®ie  Äönige  auf  ßrben  ftnb  bagegen  nur  fiaien.  SBäa«  \oax  Äarl  ber  ©rofee,  toenn  ber 
5ßa^ft  i^n  nidSft  frönte!  — 

@o  l^oben  it)ir  benn  l^ier  überall  bie  boQe  cluniacenftfd^e  Stid^tung. 

^onoriug'  bogmatifd^e  33ebeutung  gel^t  nid^t  am  toenigften  au«  feinen  ejegetifdS^en 

loSd^riften  ^eröor;  tt)ir  muffen  fie  aud  atten,  ani)  ber  gu  ertoä^nenben  Clavis  physicae 
fammeln.  ©ebenlen  tuir  ^ier  inbe«  juerft  be«  Elucidarium,  toelc^e«  ßloftemeuburg  tvo^I 
in  ältefter  §anbfd^ft  beft^t.  6«  fear  ungemein  berbreitet.  ©er  Xitel  ift  getoä^It,  quia 
in  eo  obscuritas  temporum  diversarum  remm  elucidatur,  toie  Äonoriu«  fa3t. 
®ad  SBerl  ift  fogar  Slnfelm  bon  ßantcrbur^  jugefd^rieben  loorben.    —    2öir  lefen,   h)ie 

us^onoriud  im  Lib.  de  haeresibus  über  bie  ^rit^eiten  rebet.  ©er  93orh>urf  be^iel^t  ftd^f 
auf  §erabfe§ung  be«  göttlid^en  ffiefen«,  ber  fubftantialen  gorm,  guOunften  ber  §irt>«>fM^/ 
bie  nur  eigentliq  ba«  finb,  it)a$  iDirtlid^  ift  (quod  est),  ©ad  fel^r  bünne  99anb,  jene« 
Uniberfale,  toeld^e«  ein  blofee«  (Sebanfenbing  erfc^eint,  fott  bie  ©inl^eit  ber  ß^lpoftafen 
l^erftetten?  ©o  tooHen  e«  bie  nominaliftifd^en  ®egner.    §onoriu«  fagt:  ©ann  fallen  bic 

ao^Vi'^f^f^  ^I^  ^i^  eigentlid^en  Stealitöten  audeinanber,  unb  toxi  l^oBen  brei  @ötter.  3(ber 
eme  ©reieinigfeit  toar«  bod^,  toeldbe  fc^uf .  6in  ©ebanfenbau,  nur  in  mir,  unb  nod^  nic^t 
ni^er^efd^rieben,  ift  hai  93ilb,  tvelc^ed  id^  anfd^aue,  tvenn  ic^  fd^reibenb  nad^jeic^ne.  ©ied 
®ef(^nebene  ift  ber  äußere  ©d^atten  bon  bem,  \oa^  innerlid^f  unb  berborgen  ift.  ©ad 
^^ere  lann  bergel^en,  bad  innere  bleibt  beftel^en.    ©o  bie  ganje  Jtreatur,  in   divina 

26  mente  concepta,  est  simplex,  invariabilis  et  aeterna,  in  se  ipsa  autem  multi- 
plex, variabilis,  transitoria.  ©en  SBeltenbau  1^  ber  ^eifter  tuie  eine  gro^e  $arfe 
mit  t)ielen  ©aiten  unb  ^nen  audgef^annt.  Unb  bie  %bm  finb  in  bem  ®egenfa$  bon 
®eift  unb  2eib  unb  fo  in  immer  loeitere  ?D?annigfaltigfeit  audeinanber  gebreitet,  ©o 
gliebem  fid^  aud^  bie  ßngelloelten.    Äeine  Don   biefen,   toenn   fte  aud^   fiel,  fann  bom 

aouRenfd^en  erfe^t  toerben,  benn  quod  unus  habet,  alter  habere  non  potest.  ©o 
in  Summa  duod.  quaest.  —  ®ott  fc^uf  ben  3KenfdSfen  De  terra  in  se  ipso  dei- 
ficandum,  angelum  de  igne  in  coelo  glorificandum.  ©en  ©c^öjofungd^ergang, 
ben  t^all,  giebt  bad  Elucidarium.  ©ad  De  anima  et  de  deo  giebt  äludjüge  aud 
Sluguftin. 

86  ©ie  Quaestiones  octo  de  ang^o  et  homine  {eigen  in  ad^t  Jta^iteln  ein®ef))räd^ 
Jtoifd^  5Weifter  unb  ©c^üler.  ©ie  erfte  ^age,  ob  ber  9Kenfd5>  gefd^affen  toäre,  loenn  ber 
ffingel  beftanben  l)ätit,  beantwortet  ber  üReifter:  Si  omnes  angeli  in  coelo  perman- 
sissent,  tamen  homo  cum  omni  posteritate  sua  creatus  fuisset.  ©enn  ju  ben 
neun  Drbnungen  ber  6ngel  bilbet  er  ald  je^nte  bie  nottoenbige  ©rgänjung.    ©ie  jtoeite 

^%taQt,  ob  ßl^riftud  geboren  toäre,  loemt  äbam  im  ^ßarabiefe  beftanb  unb  nic^t  fiel,  be= 
onttoortet  ber  äJleijter:  Causa  Christi  incarnationis  fuit  praedestinatio  huma- 
nae  deificationiSy  alfo  (S^rifti  Srfd^einen  ift  nottoenbig  an  fid^.  Sllfo  toie  9lu))ert 
bon  ©eu|.  Sd  folgt  bie  Srörteruna  über  Engel  unb  3Renf(^en.  ©ie  erfteren  l^en 
gleic^faHd  i^re  für  Umformung  jur  Serfügung  fte^enben  Rötptv. 

46  ©er  SKenfd^f  ift  3Kifrofodmud,  fein  §auj)t  runb  loie  bad  ^immeldrunb  mit  jtoei 
Äugen,  loeld^e  ©onne  iinb  SKonb  entfjjred^en.  ©ie  Sruft  beutet  auf  bie  Suft,  ber  S3auc^ 
auf  bad  aSäaffer,  bie  güfee  auf  bie  ßrbe.  93on  ber  Erbe  ^at  ber  SKenfc^  audjf  bad  gleifc^, 
bom  SBaffer  bad  Slut,  bon  ber  Suft  ben  2ltem,  bom  ^er  bie  Söärme  u.  f.  to.  ©o 
^iJren  toir  im  gacramentarium.     Übrigend  ift  ber  Äai)lcnto^  bed  Söorted  Stbam:  46, 

60  gleid^  ber  ^a\)l  ber  ^aljxz  bed  2em})elbaued  alfo  auc^  ber  Äirc^e,  toeld^e  ber  ea}li«erte 
ß^ftud  ift.  ©0,  alfo  bößig  loie  9lu))ert  bon  ©eu^,  §onoriud  im  Hexaemeron.  vlad^ 
biefem  entfaltet  [\d)  bie  ®ef^ic^te  ber  SKenfd^^eit  bid  auf  ßbriftum  in  fec^d  2Beltaltem. 
©ie  2lrt  ber  TOenfd^loerbung  ift  eine  abfolut  einzige,  ©enn  @ott  fd^afft  nur  auf  bierfadj^e 
9lrt.    ®erabe  fo  toie  Stnfelm  in  Cur  deus  homo  jeigte  ja  ^onoriud  im  Elucidarium, 

66bafe  ®ott  1.  ol^ne  3Sater  unb  5Kutter  aud  ber  ßrbe,  fo  äbam,  bafe  er  2.  aud  bem 
3Ranne  allein,  fo  @ba,  bag  er  8,  aud  3Jlann  unb  SSeib,  fo  aUe  ^Jlenfd^en,  bag  er  4.  aud 
bem  SBeibe  allein,  fo  g^riftum  f^afft  (5Kignc  p.  1122). 

SBlm  tüid^tigften  mu^  und  bie  bogmatifd^-^cpriftologifdfte  ©teHung  unferd  äutord  fein, 
loie  fte  jenen  ©d^riftcn  ju  ®runbe  liegt. 

60         ®enau  an  bem  läge,  an  toelc^em  Stbam  erfdjfaffen  h>arb,  ift  in  ber  gülle  ber  Qtit 


^0it0niid  ti0it  Stttnit  331 

S^riftud  em))fangm.  @r  baut  f\i)  otö  Sßei^^ett  ba$  ^an^  im  @c^o|  ber  Jungfrau,  bad 
Äau«  ber  ftcben  ©öulen,  bcr  fiebcn  Oeiftc^oben.  ©o  ba^  ^o^elieb  CKigne  p.  266. 316). 
"Slam  iiäjltt  jtvölf  ^afyc,  ati  fte  Sl^tum  gebar,  Si^ftuS  jöl^lte  l[>terunbbrei^ig.  S)ied 
madSft  48,  entfjjred^enb  toieber  bem  ßal^Ientoert  be«  9lamen«  3lbam.  Slud^  hjenn  bie 
@ngel  ntd^t  gefaOen  toären,  tväre  ber  jtDeite  9lbam  üRenfd^  getvorben,  tvie  tvtr  fallen  6 
(baf.  p.  1178).  ®ie  Urfad^e  ber  üJlenfc^ttjerbung  toar  ja  eben  bie  praedestinatio  hu- 
manae  deificationis.    tiefer  ^etl^Ian  i[t  unl[>eränberii(^  tvie  ®ott  felbft. 

9Bie  bei  Sef^rec^ung  ber  2^rinität,  fo  jeigt  benn  ^onoriud  aud^f   in  ber  SBrifto» 
logie  feinen  Steali^mud.    ^ie  beiben  Staturen   {tnb   nid^t  nur  in  ber  Werfen  S^rifti,  fte 
fmb  aud^  an  ftd^  geeint  unb  burd^bringen  einanber  in  DöHiger  SKitteilung  aud^  ber  ©igen*  lo 
fc^ften,   alfo  aud^   ber  göttlid^en  3laim   an  bie  menfd^Iidife.     38irb  bon  ber  $erfon 
S^rtfti  gerebet,  fo  finb  bie  Staturen  eingefc^Ioffen.    S)enn  ed  ^ei^:   Quod  nascetur  ex 
te  sanctum  vocabitur.    @d  l^ei|t  ni^t:  qui,  fonbem:   quod  nascetur  ex  te.    S^er 
5lame:  ©o^n  ®otte«  erftredtt  ftd^  alfo  auf  bie  ©ubftanj  aud^  ber  SRaturcn.   ©te«  freili* 
erfc^eint  erft  k)öQig  fo,  fagt  ^onoriud,  na(p  ber  9luferfte^ng  unb  ^immelfa^rt.    !Run  ift  i6 
bie  menfd^lid^e  9?atur  „ba«  gleifd^  ß^rifti",   öom  SBort  in  bie  ßm^eit  feiner  ©ubftanj 
aufgenommen,  unb  nullo  modo  circumscriptum.  2)er  So^o«  f^oi  ed  er^iJ^t  (in  deum 
transmutavit)  jum  ubique  esse,    ^ie  menfd^Iid^e  3lcAax  tft  alfo  nid^t  me^r  i^rtlic^  ge« 
bunben  (in  ioco).    ©ie  ift  in  bie  göttlid^e  übergefdl^rt  (translata),  toie  bie  Suft  in  bad 
2id^t.    Quemadmodum  —  fagt  $onoriu3  in  ber  Clav,  physicae  —  divinitas  (Christi)  ao 
omnem  superat  intellectum,  ita  et  humanitas,  quae  —  super  omnes   iocos  et 
tempora  —  super  omnem  circumscriptionem  et   diffinitionem,    super   omnes 
coeios  exaltata  et  superessentialis  facta  est,  omni  creaturae  incomprehensibilis. 
2)ie  menfd^lid^e  92alur,  ba^  §Ieifd^  Sl^rifti,  ift,  toie  ba$  t^uer  burc^  aQe  Jtör^erlid^feit  ber 
taftbaren  2BeIt  au^gegoffen,  fo  fubtil,  bafe  e«  nirgenb^  feftgel^alten  toirb,  unb  e«  mani^  as 
feftiert  ftc^  oj^eratiö  überaß,    aifo  nid^t«  binbert  bie  2Inna^me,  ba|  ß^riftu^  nad^  beiben 
SRaturen  überaH  fei  (ubique  esse)  unb  bafe  fein  2^eU  biefer  ®inl^eit  örtlich,  geitlid^  ober 
irgenbtüie  nac^  9lrt  ber  Äreatur  umfd^rieben  gehalten  fei.    S)enn  6^ftu8  jum  SSater  er« 
^öl^t  ift  aucb  in  feinen  SRaturen  ein  unteilbare«  ®anje«,  loä^renb  biefe  SRaturen  bod^f  nidf^t 
ineinanber  übergingen,    ^ebe  aber  beftebt,   rationibus  utriusque  naturae  in   semetao 
ipsis  permanentibusy   in   il^rer  Slrt  fort,    ^mmer  ift  bie  Sin^eit  salva  naturarum 
ratione  ^ergeftettt.    Unb  barum  jufammenfaffenb  befennt  §onoriu« :  Nulla  ratio  nobis 
obstat,  ut  incunctanter  credamus  et  intelligamus,  Dom.  nostrum  J.  Christum 
in   duabus  suis    naturis   inseparabiliter  quoad   suam   substantiam   adunitis, 
ubique  esse,  nullamque  sui  partem  nullo  vel   Ioco   vel   tempore   seu   aliquo  86 
modo,    quo  creatura  diffinitur,   ciroumscribi  (Clav.  ph.  Cod.  Lamb.  S5ud^  II). 

liberblidfen  tüir  nun. 

®en  S)ialeftifem  jumeift  in  granfreic^,  m  benen  inbeffen  nic^t  nur  SRominaliften 
ju  red^fnen  finb,  bem  Sombarben,  Sbälarb,  ©ilbert  t>on  ^^foitier«,  9lo«cettin,  ftettten  fid^  in 
©eutfd^lanb  5ßIatonifer,  3Känner  bc«  biblifd^en  Slealiömu«  entgegen.  S)ie  SSictoriner,  40 
S3em^arb,  SJBill^elm  \),  ©t.  3^ierr^  u.  a.  mod^ten  nad^  bem  Oftcn  ^in  bie  Srüdte  bilben. 
SSPber  ^onoriu«,  5Ru))ert  l)on  3)eu|,  ®er^o^  (aud^  2lmo)  bon  Sleic^erdberg  bilben  im 
S)eutfd^lanb  be<g  jtüölftcn  3><^^^'^"'^**^^  ^^^  ©runbftamm  für  jenen  SRealiömu«,  na^: 
mentlid^  in  d^ftologifd^er  Sejie^ung,  tüelc^cn  bie  Siealiften  be«  fed^gei^nten  S^^^J^w^^bert«, 
bie  Sleformatoren,  gern  ju  i^rer  Scgitimation  aufgerufen  l^aben  toürben.  ©ie  toürben  bie  46 
aSertreter  jene«  SReali^muö  afe  SSorgängcr  unb  ^^ugen  bafür  angerufen  l^aben,  bafe  fte  in 
biefer  Sejiel^ung  in  ber  abenblänbifd^en  Äird^e  nic^t  SReuerer  loaren. 

3n  ber  morgenlänbifd^cn   jeigte  bie  ©^nobe  \)on  Äonftantino))el  Don  1166,  beren 
Slften  Slngelo  SWai  l^eraudgegeben   l}(d,  gleid^e  ©trebungen,   unb  getoi0  nid^t  ganj  ol^ne 
3ufammenl^ang   mit  ber  l^ier  gezeigten  c^riftologifc^en  bei  .^onoriu«,  9lu))ert  unb  ben  so 
9leid^er«bergem. 

3)iefe  abenblänbifd^en  arbeiten  aber  toaren  ben  Steformatoren  unbefannt  ©iefe 
loürben  fte  fic^er  ;^u  3^9^"  fwt  i^re  ©rfenntni«,  aud^  >u  jener  Segrünbung  ber  äbenb« 
mal^tele^re  l^erbcigejogen  l^aben,  h)eld^e  man  ubiquitiftifq  nannte,  unb  ttjeld^e  bie  3«fwiten 
al«  ein  abfolute«  novum  in  ber  Äird^e  bejeid^netcn,  obtüol^l  fte,  tüie  anbertoärt«  g^^^gt,  66 
jene  Vorgänger  auö  i^ren  ©d^riften  jum  Seil  fel^r  tüo^l  fanntcn,  im  ©treit  aber  („ne 
hostibus  arma  demus")  forgfältig  untcrbrüdttcn.  35enn  in  ^^Oolftabt  festen  fte  auf 
Don  i^nen  entbedfte  bcrartige  §anbfd^riftcn  i^r:  non  imprimatur.  6rft  neuerbing«  ftnb 
fte  in  ajJünc^cn  cntbedft  Sorben. 


332  ^ottorittd,  ftatfrr 

^oitortud,  Raifer,  895—428.—  3n  bcn  Oucacn  (^auptfäcftlid)  (Sloubian.,  ^üfim.,  Orofiu^ 
©ojom.,  OU)mpiol).,  ^i^ilpftorg.,  Cod.  Theodos.)  tritt  ber  uiijelbft)tftnbiöc  ^cnit^ev  l)inter 
feinen  ®ünftlinqen  unb  ben  ^reigniffen  jurücf.  ^flün^cn,  ^cboiQen  unb  fonftige  ^ibbilbungen 
bei   Cohen,    M^d.  Rom.  VI;    fjrö^ner,  Les   mödailles  de  TEmpire  Romain,    $ariö  1878, 

6  6.  340  ff. ;  Garrucci,  Storia  della  arte  cristiana  t.  VI,  449  (CSIfenbcinbiptijtöon).  —  3-  öfll- 
Tlllemont,  Histoire  des  Empereurs  t.  5;  ®.  ^.  ^crfberg,  ©eftötc^te  be«J  römifcbcn  Äaifer- 
rcidi«,  93crün  1880,  @.  834 ff.  (Oncfen,  ^lagern.  öJcf*.  in  ginaelborftcflungen,  II.  1);  Gb.  ü. 
S5icterät)eim,  ®t\diWt  ber  «ölferwanberunn,  S3b  II,  2.  ?lufl.,  Seipjig  1881,  ©.  HO  ff.; 
®.   fRaufdjen,    Qo^rbüc^cr    ber    c^riftlid^en    ^irc^e    unter    bem    i^aifcr    2:^eobofiuö,    grei* 

10  bürg  1897. 

glaDiu«  §onoriu«,  geb.  9.  ©e))tember  384  (über  ba^  Saturn  t>g(.  Slaufd^en  ®.  170) 
aU  ber  jüngere  ©o^n  S^J^oboftuö' I.  unb  ber  älefia  glaccilla  (über  tl^re  SRcItgiofität  f.  b.  21. 
älrlabiu^  S3b  II,  ©.  49,  .o?),  erjogen  öon  2lrfeniu$  (ßcbren.  I,  ©.  573  ed.  Bonn. ; 
f.  b.  Sl.    »b  II,  ©.  129),   ÄonfuI   386  unb  394,    äuguftu«  10.  3an.  393,  übernahm 

16  17.  ^an.  395  nac^  bem  iobe  feinet  Saterg  im  Slltcr  \>on  nod^  nid^t  11  ^a^ren  bieSRe^ 
«ierung  bc«  SBeftreid^e«,  tüäl^renb  Slrlabiug  (f.  b.  31.  »b  II,  ©.  49)  ben  Dften  er= 
lielt,  unter  Slufred^terl^altung  iebod^  ber  Einheit  ber  SKonard^ie  (gut  Drof.  VII,  36: 
commune  Imperium  divisis  tantum  sedibus).  ^n  ben  burc^  unaut^örlic^e  Sor- 
bareneinfötte  (Eroberung  Slomg  burd^  Stlarid^  410)  unb  ja^Ireid^e  llfuri)ationen   bejeid^s 

ao  neten  33ebrängniffen  führte  nad^  ber  älnorbnung  bc^  SSaterö  anfangt  ber  SSanbale  ©ti^ 
lic^o,  ber  feine  nod^  nid^t  bem  Äinbe^Iter  enth)ad^fcne  2!od^ter  3Karia  (glaubian.,  Epi- 
thalamium  de  nuptiis  Honorii  et  Mariae)  unb  nad^  beren  frühen  lobe  bereu 
©d^toefter  2^^ermantta  bem  jungen  Äatfer  öermäl^Ite,  Hug  unb  ftaftboü  baö  Slegiment, 
naä)   feiner   ßrmorbung    ber   Slftate  OI^mJ)og,    toeldj^n    tüeiter^in    3>*^btu«   unb  Ron- 

26  ftantiu«  in  augfcj^Iaggebenber  ©teßung  folgten.  35er  fd^toad^e,  gutmütige  §errfd^er,  ber 
für  bie  fc^toeren  Jjolitifd^en  Ärifen  feiner  ^t\t  fein  au^reid^enbe«  Serftänbni^  ^attc  {\>qI 
bie  Slnefbote  bei  5Profo)).,  De  hello  Grothico  I,  2),  toar  in  ber  §anb  biefer  unb  an^ 
bercr  5ßerfonen  ein  faft  hjiflenlofe^  SBerljeug. 

SBie   fein  33ruber  älrfabiuö  lebte  §onoriug  in  ber  betüu^ten  Slec^tgläubigfeit  feinet 

80  SBaterg,  tüa«  and)  bon  feiner  großen  ©tieffd^tüefter  @aüa  ^lacibia  gilt  (©ojom.  VIII,  1 ; 
IX,  16;  Crof.  VII,  37;  VII,  42;  43).  Daran«  entnahm  er  bie  3Ser))fli(^tung,  3tu= 
torität  unb  SHed^te  ber  Äird^e  unb  i^rer  2)iener  aufredet  ^u  erhalten  unb  ju  ftärfen.  3)ie 
bid^erigen^riDilegien  berÄirc^e  unb  ©eiftlid^ffeit  tourben  gleid^  anfangt  neu  beftätigt  (Cod. 
Theod.  XVI,  2,  29;    2,  38),  ba«  tüertboße  ^nftitut  ber  advocati  ecciesiae  gefd^affen 

86  (Cod.  Theod.  XVI,  2,  38  f.  b.  31.  Sb  I,  ©.  198),  bie  befd^leunigte  geridS^tlid^e  @r= 
lebigung  tird^Iic^er  3lngelegen^eiten  angeorbnet  (II,  4,  7),  ba«  3i[f^Ired^t  ertüeitert  (f.  b.  31. 
8b  II,  ©.170),  bag  forum  ecciesiasticum  tjerftärft  (XVI,  2, 41).  SßJeitere  ßinjel^eiten 
bei  SiiOlemont  unb  3lmeb.6ribe(Iucci,  Storia  delle  relazioni  fra  lo  stato  e  la  Chiesa  I, 
©ologna  1886,  ©.  347  ff.    33ereith)illiger  afö  biö^er  tnurben  bie  ftaatlid^en  Dienfte  ber 

loÄird^e  jur  Übertoinbung  ber  Äe^er  jur  Verfügung  gefteüt.  3)iefe  tüurben  bon  ben  ^of- 
ämtem  au^efd^Ioffen  (XVI,  5,  42),  i^re  SSerfammlungen  berbotcn  (I.  45)  unb  bie  Se= 
amten  barin  jur  größten  ©trenge  angehalten.  S^^^^^^nbere  tourben  3Ranid^äer  (1.  35. 
38.  40)  unb  Donatiften  (1.  38;  XVI,  6,  4)  burd^  ^arte  3Ka^regeIn  getroffen.  3n  ben 
})elagianifd^en  ©treit  griff  ba«  sacrum  rescriptum  (418)  in  bemfelben  ©inne  ein. 

46  3)ie  5Religion«j)olitif  bem  §eibentume  gegenüber  beilegte  fid^  in  gleid^er  fiinie  (SSictor 
©df^ul^e,  ©efdjiid^te  beg  Untergänge«  be«  griec^.=:röm.  §eibentum«,  I,  3ena  1887,  ©.  334  ff.). 
3h)ar  tüurbe  bem  d^riftlic^en  ganatiömu«  getoel^rt,  ber  feinen  §a^  gegen  'ben  (Sötters 
glauben  auf  bie  religiöfen  Äunfttüerfe  be«  ^eibentum«  (XVI,  10,  15;  18)  ober  auf  ge= 
totffe  attl^ergebrac^tc  3Solf«feftlid^feiten  übertrug  (XVI,  16,  17),  aber  im  allgemeinen  h)ar, 

60  befonber«  feit  ber  2^ötung  be«  jurüdf^altenben  ©tilid^o,  bie  §altung  eine  entfd^iebenere  ate 
unter  I^eobofiu«.  3)ic  %^mpd  öerlorcn  i^re  (Sinfünfte ;  bie  noc^  öorhanbenen  ©ötter« 
bilber  h)urbcn  befeitigt  (XVI,  10,  19),  bie  25orrec^te  einzelner  ^rieftertümer  auf  bürgere 
lid^cm  ®ebiete  aufgehoben.  $Den  3lbfd^Iu^  bilbete  eine  ööHige  ^folierung  bejh).  ©ntrec^s 
tung  ber  alten  Steligion  unb  jh>ar  mit  bem  ßrfolgc,  bafe  biefe  fettbem  ben  Staat  emftlid^ 

66  nic^t  mc^r  befd^äftigt  unb  and)  für  bie  Äird^e  nur  nod;  geringe  Sebeutung  behält.  9Kit 
biefer  Slbfcl^r  Don  bem  ^eibentum  ^ängt  bie  aümä^tid^e  3lu«fd^eibung  ber  blutigen  (äla^ 
biatorenfj)ielc  jufammen,  bie  unter  §onoriu«  il^ren  3lnfang  nimmt  (Sict.  ©c^ul^e  I, 
361  ff.). 

3n  einem  ®rabc  toie  nie  juDor  geriet  unter  bicfem  Saifer  bie  ©taat«regierung  unter 

60  firc^li^en  (ünflufe.    2)ic  ©tärfung  ber  Äird^e  ift  i^r  offenbar   ate   ein  TOittel  erfc^ienen 


^onortttd,  ftatfer  ^outrr  333 

bte  toolttifd^c  3Rai)t  be^  hjanfenbcn  Sleidj^c^  ju  fcfttgen.  §cri?orragenbe  ^^icrfönlic^fettcn  ber 
Äirc^c,  tüic  älmbrofiu^,  beflen  Db^ut  SJ^eobofiuö  feinen  ©ol^n  au^btüdEKd^  emjjfol^len 
^atte  (^aulin.,  Vita  Ambrosii  32),  ^nnocenj  I.,  ber  ju  öonortu^  enge  SejteJ^ungen 
unterstell,  unb  ein  3lu0uftinu§  toaren  geeignet  unb  bereit,  biefen  Oebanlen  and)  i^rerfeit« 
erf olgreid^  m  Vertreten  unb  ^u  ijertoirflic^en.  Sro^bem  ift  ba^  Äaifertum  nod^  ireit  baöon  ent«  5 
f emt,  bie  Äonfequenjcn  ber  auguftinifd^en  SJorftellung  öon  ber  civitas  Dei  an  fic^  burd^- 
führen  ju  laffen.  2)ag  ftaatlic^e  Dberauffie^tgtcc^t  über  bte  Äird^e,  toelc^e«  in  Stnle^nung 
an  baö  römifc^e  3in))erium  bie  Äonftantiner  an  fid^  genommen  j^atten,  hjirb  mit  feinen  un= 
beftimmten  ©renken  aufredet  erhalten,  tüie  ftd^  in  bcn  bonatiftifd^en  unb  Jjelagianifd^en 
Jtämjjfen  unb  befonber^  ^arafteriftifd^f  in  bem  römifd^n  Sd^i^ma  nad^  bem  lobe  be«  ^o^x^  10 
mug  (gnbe  418  (Sangen,  ©efc^ic^te  ber  römifd^en  Äird^e,  I,  Sonn  1881,  ©.  764ff.,  unb 
a.  Sonifatiu«  I,  35b  III,  ©.  287)  beobachten  läfet. 

3n  bie  inneren  33er(^ältniffe  be«  geiftlic^en  ©tanbe^  griff  bie  Slegierung   burc^  eine 
fc^arfe  l^erorbnung  gegen  bie  extraneae  mulieres  ein  (Cod.  Theod.  XVI,  2, 44);  aud^ 
bie^Iud^t  in  benflierud,  um  ber  3Seri)flid^tung  jum  3Kilitärbienfte  ftc^  ju  entjie^en,  tourbe  16 
bur^  eine  energifd^e  ^Kaferegel  abgefc^nitten  (VII,  20,  12). 

SDte  fittlic^e  Sebenöfü^nrng  be«  Kaifer«  tüirb  au«brücttid^  gerühmt  (Drof.  VII,  37; 
ebenfo  ©ojom.  a.  a.  D.);  \üa^  DIt|mt)ioborug  (Excerpta  ©.  467  ed.  Bonn.)  über  ein 
unjiemlic^e^  SSerl^ältni^  ju  ®aDa  5ßlacibia  tüiffen  h)ifl,  barf  afö  Älatfc^  angefe^en  Serben. 
SBenn  gegen  6nbe  feiner  SRegierung  ruhigere  unb  fidlere  äwftönbe  eintraten,  fo  l^aben  d^rift«  ao 
fic^e  ©d^riflfteHer  barin  eine  göttIid^e99elo{)nung  feiner  grömmigfeit  erfannt  (Drof.  VII,  42 ; 
©ojom.  IX,  16),  aber  anbererfeit«  l^at  e«  au^  nic^t  an  fc^arfer  SSerurteilung  feinet  un* 
männlid^en,  unrtiJ^mlic^en  ^Regiment«  gefehlt  (ßebren.  I,  ©.  589  ed.  Bonn.;  3^"^- 
XIII,  21). 

3n  bem  Don  il^m  gur  Slefibenj  erhobenen  feften  Slabenna  ftarb  ^onoriu^  im  Slugufi  25 
423  an  ber  SBJafferfud^t,  ber  f^njäc^lid^e  ©o^n  unb  5Rad^foIger  eine^  großen  Äatfer^,  an 
ben  bei  il^m  laum  me^r  ate  bie  (Sefic^t^jüge  erinnerten,  ©eine  Slu^eftätte  fanb  er  nac^ 
^er  in  bem  bon  ®alla  ^lacibia  errichteten  faiferlid^en  SMaufoIeum  (S5ict.  ©d^ul^e,  3lrc^a 
logie  ber  altc^riftlic^en  Äunft,  SKünc^en  1895,  ©.  167.  207),  tüenn  aud^  ber  l^eute  i^ 
jugetoicfene  ©artopl^ag  fc^hjerlid^  iJ^m  angeJ^ört.  2)a^  ©c^itffal  be^  SBBeftreid^e«  fam  ju*9o 
näd()ft  in  bie  §anb  ber  entfc^Ioffenem  unb  ftärfern  ©c^toefter  atö  ber  SSormünbcrin  il^re« 
©o^nei^,  be«  Äaifer«  SJalentinian   III.  »ictor  @d>«r*e. 

^onter,   ^o^ann,  geft.  1549.  —    Sitteratur:  Spftrllc^c  fRocftrit^ten  über^on* 
leru^  in  ber  ©^ronif  üon  CftermcJjer  (Äcmcm).  5)cutf(6c  Sunbgruben,  I,  Äloufcnburg  1839), 
im  Album  Oltardinum  (2:rauf(!^enfelii,   3)cutf(l)e  gimbörubcn,  Jlronflobt  1860).   im  Chroni- 86 
con  Fu(  hsio-Lupino-Oltardinum,    herausgegeben   oon  ^roufd),  Äronftabt  1857,    in   3HileS' 
fiebenbürg.  Sürgcngel,  $)ermQnnftQbt  1670.   ©inigeö  über  iljn  —  um  fe^r  SJcveinjelteg  nicl^t 
ju  eripäftnen  —    in  ?l.  Cltarb,    Initia   et  progressiis  reformationis  eccles.    Baxon.  Cibinii 
1650;  9K.  ®.  §aner,  Historia  ecclesiarum  TraDssilvanicamm,  Francofurti  etLipsiae  1694; 
©c^mcijcl,  Epistola  Martini  Lutheri  ad  Johannem  Hontenim,  3enQ  1712.    ^er  erfte  9Ser*  40 
fu(^  üon  ^onteruö'  53iograpt)ie   mit    einer  Eingabe   feiner  (Bdjrificn  in  ©ciüertS  ^'^adiric^tcn 
üon  6iebcnbürrtifcben  öJclctirten,  ^^ßrefeburg  1785  ;  mit  einigen  3"fö6en  in  Xroufd),  ©cbriftftcÖer* 
Scjifon  ber  ©iebcnbürger  3)eutfcben,  93b  11,   Äronftabt  1870;  baju  bc&felben:  ^eilrÄgc  unb 
«ttcnftücfc  jur  Siefürmationdöefdjicbtc  üon  Äronftabt,  S^ronftobt  1865.    ^Seiter:  3üfep^  3)ücf, 
QJefcftIcbtc  bed  itvonftäbter  (^l)mnQfium§,    Äronftabt  1845.    ee^r  wertvolle  ©eiträge  ju  $on«  45 
teruÄ*  Öeben  ent()QUen  bie  uon  ber  ungorifdien  ^Ifabemie  l)erauögeg.  gefammeltcn  5Ber(e  üon 
93erQntiu§,  MomiraentaHungariaohistorica,  II.  ?lbt.,  Scriptores,  iöb  19u.  H2,  ber  2Ber!e  beS 
SSerontiuS,    SBb  6  (SBviefiuecbiel)  unb  12  (ßrgänjungen)    megen   ber  bort   entgoltenen  SBvicfe 
an,  üon  unb  über  ^onteru^,  bie   jum  ^cil  audj  in  Katona,    Historia  critica  regum  Hun- 
gariae  fteften;  einen  93rief  be§  ^ontevuS  oon  {einer  ^elmreife  (1533)  ^at  gobriciuS  im  ^Ircftit)  60 
bc«  SSereinö  für  fiebenbiirgifd)e  fianbeSfunbe,  SBb  11,  mitgeteilt,  womit  begfelben:  SReügion«* 
Qcfpräc^  ju  ©cböBbuvg  u.'  f.  id.,    jn  ocrgleic^cn,  S^crein#ard)iD   S3b  10.    gabriciuä:  |)onterlJ 
Sorte  üon  Siebenbürgen  quo   bem  Qa^rc  1532  in  bcn  Ertckez^k  (Mitteilungen)   ber  uti« 
garift^en  ^Ifabemie    ber  ®iffenfd)aften    1878,  VII,  7  (Ungarifcb).    ^gl    ftorrefponbenjblatt 
bc^3Jcrein§  für  ficbcnbürgifd^e  Sanbe^funbe  1878  9?r.  7.  (Ed)Iic6li(^  gef)örcn  ^ier^cr:  ®.  3).  56 
Xenlf4,   Urfunbenbucf)    ber  eoangelifcb    üonbeöürc^e  91.  ©.  in   Siebenbürgen,    2  ©be,  4)er* 
mannftabt  1862    unb  1883;  bcrfelbe:    (äJefd^lcbte    ber   ©iebenbürger   @ad^fcn,  fieipjig  1874; 
3.  9(uf(.  ^evmannftobt  1899;   bcrfelbe,  ^ie  $Wcformation  im  fiebcnb.  ©ocöfenlanb,  |)ermann» 
ftobt  1886;  berfelbe,   lieber  .iponteruS'  unb  äronftabt   ju  feiner  3eit,   ^crelnSorc^iü,  S3b  13, 
©ermannftabt  1876;  berfelbe,  (Sin  ©dir  ei  ben  Don  $onteruö  angeblich  an  ®eb.  ^Hünfter,  Äorrc»  eo 
fponbenjblatt    be«  3Serein«  für  fiebenb.  Jlanbe^funbe  1883  6.  61 ;    gr.  Jeutfcti,  ^rei  f«(6f. 
(iJeograp^en   bcd  16.  Sa^r^.,   SSereinSorc^io  15,  586.    Slu^  ^tnlaft  unb  in  SSorbereitung  ber 


334  ^otttrr 

Sfeicr  bcS  oiciöunbertjfi^r.  öJeburtölog«  er(d)ienen :  3«>^-  tiontcruö  üon  I^eobalb  ®oIf.  Äron» 
ftabt  1894;  3o6  ©ontcr,  Der  ^Reformator  Siebenbürgen«  unb  be3  fät^f.  SSoIfe«,  uon  3o* 
^anne«  ^ö^Smann,  3Bicn,  ©.  ®räfer  1896;  Dr.  0. 9?ctoIlcjfa,  3o^,  $)ontcru«.  (Sin  ©eben!* 
bü(6Iein  jur  gfeier  feiner  ®cburt,  Äronflabt  1898;  berfelbc,  3oft.  ^onterug  auSgewfil^Ite 
6  ©dirlftcn,  3Bicn,  (£.  ®röfer  1898;  Dr.  @.  ©untrer  ('JKüncftcn):  3o^.  ^onter.  ber  ©eogrop^ 
Siebenbürgen«,  "äJlitteilungen  ber  !.  f.  geogr.  OcfeUfc^aft  10  unb  11,  S.  43. 

Solenn  §ontcr  ober  $onteru«,  3leubeörünber  ber  ©d^ule,  borjüglicfcfter  görbercr  ber 
SReformation  im  6acl^fenlanb  in  ©iebenbürgen,  bem  er  jugleic^  bie  erfte  9ü^erj)reffe  Qt- 
bxad^t,  ift  1498  in  Äronftabt  geboren.    3lu«  feiner  3u9«nbjeit  unb  über  ben  erften  Sil- 

10  bung^gang  be«  f))äter  fo  bebeutenben  ÜRanne^  f^at  ft^  feine  ftd^ere  Jlunbc  erhalten ;  fe(bft 
um  feinen  gamiüennamen,  ber  urf))rünglicl5>  ©'^ä^  getüefen  fein  foH,  f))ielt  bie  bic^tenbe 
©age.  2lu^  h)a«  über  feine  Unit>erfttät«ftubien  lange  3^^^  ^inburd^  mitgeteilt  toorben, 
namentlidif  ba|  er  in  SBittenberg  Sut^er«  Schüler  getDefen,  ba|  er  in  S3afe(  Sleud^Iin  ge^ 
l^ört,  finbet   in  leiner  guberläffigen  Duette   audjf  nur  bie   geringfte  Seftötigung,    ober  ift, 

15  tvte  ba«  (entere,  gerabeju  unmögKc^.  3la(i)  bem  @tanb  ber  gegenwärtigen  ^orfd^ung  ift 
l[>ielme^r  glaubiDürbig,  ba^^onter,  berSo^n  eine«  ehrenhaften  unb  tvol^ll^abenben  bürgere 
(ic^en  ^aufe«  in  5lronftabt,  17  ^afyct  alt,  1515  bie  Unit>erfttät«ftubien  an  ber  artifttfd^en 
iJcmiltät  in  SBien  begonnen,  beffen  ^odS^fd^ule,  eine  §au})tiftätte  ber  neu  erftanbenen  ^us 
maniftifc^en  S9i(bung,  bamal«  ungemein  ga^Ireid^  l[>on  ©iebenbürger  Sad^fen   befuc^t  n>ar. 

20  ^m  Solare  1530  eirfc^eint  er  in  Ärolau,  —  artium  magister  Viennensis  —  SSor= 
lefungen  befud^enb  unb  in  contubernio  Ungarorum  lateinifd^e  ©rammatit  lel^renb.  — 
3u  biefem  Se^uf  f^at  er  \oof)l  fein  8ud^  gefd^rieben:  De  grammatica  libri  duo,  ex 
opümis  auctoribus  ita  collati,  ut  compendiosa  brevitas  et  accurata  distinctio 
reddat  omnia    facilia.    6«  ift  toa^rfc^cinüd^  fc^on  1530,    f))äteften«  1531    erfd^ienen, 

36  ba  im  3Kai  1532  üJlatt^ia«  ©dbarfenberger  in  Äralau  bereit«  eine  gleite  permel^rte  2Iuf= 
läge  brudtte.  ^n  biefelbe  3^^^  T^t  fein  2BerI:  Rudimentorum  cosmographiae  libri 
duo.  Cracoviae  Mathias  Scharfenbergius  excudebat,  MDXXX.  @«  ift  feinen 
„teuem  ©iebenbürgem"  getoibmet  unb  enthält  in  ber  furzen  SSorrebe  toertDotte  3Kittei= 
langen  au«  feinem  Seben.    „Sflad^bem  ttjir  fem  \)om  SJaterlanb",  fd^reibt  er  barin,  „auf 

80  öielen  S'^^^'^^^en  l^in  unb  ^er  getoorfen,  bie  ^flidjft,  »Deiche  tüir  ben  ^reunben  fc^ulben, 
nicl^t  unferem  2Bunf(^  gemäfe  erfütten  fonnten,  ei^c^ien  e«  un«  ein  tüürbig  äBerf,  \otnn 
toir  bod^  einmal  tüenigften«  in  unfern  ©c^riften  bie  toieber  fud^^en,  ju  loetc^en  h)ir  toäb* 
renb  fo  fc^tüer  hjütenber  ^tü\tttad)t  ju  fommen  nid^t  Dermoc^ten  —  nic^t  fo  fe^r,  um 
bie  ÜRü^fal  ber  grembe  baburc^   ju  Dergeffen,   al«   um   auf  biefe  SBetfe  unfern   guten 

86  aSiUen  gegen  ßud^  ju  betoeifen."  ©eit  $onter«  3Beggang  öon  ©iebenbürgen  ^atte  näm=^ 
Ivä^  ba«  dte  jfönigretc^  Ungarn  burc^  bie  ©(^lad^t  )oon  uRo^atfc^  (1526)  fein  @nbe  ge« 
hjnben;  ber  Äamjjf  jlüifcj^en  bem  red^tmäftigen  Äönig  SJerbinanb  \)on  Öfterreid^  unb  bem 
^ätenbenten  S^^ann  ^^^^"9^  brannte  in«befonbere  ^e^g  in  ©iebenbürgen;  gerabe  im 
©ej)tember  1530  mu|te  Äronftabt  nad^  langem  Söiberftanb  bie  ©(^tüffel  feiner  X^ore  an 

40  Slet^emetbeg  unb  SBlab,  ben  SBoiiDoben  ber  SBalacj^ei,  bie  „Jtönig  ^^^^^n^''  h^  ^^^\^  0^- 
fommen  toaren,  übergeben. 

311«  1532  bie  jtoeite  aufläge  öon  $onter«  ©rammatif  in  Ärafau  erfd^fien,  befanb  er 
fid^  nad}  ber  SSorrebe  nid^t  mel^r  bort.  Sitte«  beutet  barauf  ^in,  bafe  er  fd^on  1530 
in  bie  ©d^tDeig  unb  tvo^l  nad^  Safel   gegangen,    ^enn   ^ier  erfd^eint  1532  feine  Starte 

46bon  ©iebenbürgen,  bie  „bem  an  6^ren  reichen  Slat  öon  ^ermannftabt"  gelüibmet  ift, 
jtoei  3^^^^  f)^ter  (1534)  ebenbafelbft  bei  §enricu«  ^etru«  eine  neue  aufläge  feiner  Ru- 
dimentorum cosmographiae  libri  duo;  in  ben  Dier  auflagen,  bie  1546,  1548  unb 
1549  t)on  Rudimentorum  cosmographicorum  Joannis  Honteri,  Coronensis,  libri 
tres  in  3^^^  ^^^  ^rofc^auer  erfc^ienen  fmb,  geigt  bie  erfte  ber  beigegebenen  Jlarten  bie 

6o3a^<^(  1530,  h)obei  jebod^  hinzugefügt  h)erben  mu^,  bag  gerabe  biefe  nid^t  t)on  Kon- 
ter« $anb  gefc^nitten  pi  fein  fd^^eint.  $ie  Jtarte  t>on  ©iebenbürgen  \>on  1532  bat  auf 
bie  Jtartogra))^ie  bt«  in«  18.  3<^^^unbert  (Sinflu^  geübt. 

3m  ©ommer  1533  fe^rte  „ Wagifter  go^anne«  §onteru«"  auf  ben  9luf  feiner  33ater- 
ftabt  „au«  2)eutfd^lanb  Don  Safcl"  nad^  Äronftabt  gurücf,  jum  neuen  ^al^xc  1534,  ebenfo 

66  m  feiner  SSermä^lung  am  ©onntag  naö)  ^ol}anm  1585  mit  S^rcngaben  öon  ber  Surjen« 
Icinber  ©augemeinbe  begrübt.  6r  hjar  in  ber  %f)at  „ein  ÜRann  öon  einziger  (Setel^rfam^ 
feit  unb  Jrömmigfeit,  t>on  großem  5Kut,  ein  vielgenannter  3)id^ter,  Siebner,  ?P^ilofoj)^ 
unb  3Rat]^ematifer  feiner  ^t\t,  fel^r  erfaj^ren  in  ber  3eid^enf unft,  namentlid^  aud^  ber  $olg- 
fd^neibefunft  aWeifter".  ©eine  Slüdffel^r  faßt  in  bie  Slnfänge  jener  attmä^lic^en  Umtoanblung 

60  ber  ©elfter  feine«  SSolfe«,  bie  balb  jum  motten  freubigen  (Eintritt  in  bie  ^irc^enüerbefferung 


{Konter  335 

führte,  ©(^riften  Sut^cr^  Ratten  feit  ettoa  1519  auf  bcm  SBefl  ber  ^anbeldberbinbungen 
Sugang  ju  bemfelben  unb  l^tcr  einen  überaus  t)0rbereiteten  SBoben  gefunben.  Sieben  ber 
nationalen  38a^bertt)anbtfc^aft  unb  i^ren  treibenben  $rinji)9ien,  bie  im  beutfd^en  ®emttt 
unb  ®elt)ifien  lagen,  neben  ben  attgemein  loirlfamen  Urfad^en,  bie  für  jene  grofee  Setoegung 
überaD  t^ätig  toarcn,  traten  l^ier  mand^e  befonbere,  in  ben  eigentümlichen  äJer^ältniflen  be«  s 
fäd^fifd^en  SSolfeS  gegrünbete  förbemb  auf.  ^aju  gehört  indbefonbere  bie  freie  bürgerlid^e 
SBerfaffung,  toeld^  bie  fäd^ftld^e  Station  unmittelbar  unter  bie  5trone  fteUte,  il^r  bie  freie 
SBa^I  i^rer  Seamten  getoä^rte,  bie  gefamte  SSerloaltung  ben  $änben  biefer  überliefe,  unb 
bem  SSolf,  bad  in  feiner  „Uniberfitöt"  eine  eigene  Vertretung  befafe,  ein  au^ebe^nteS 
©efe^aebungdred^t  toa^rte.  S)a}u  !am  eine  rege  ©etoerbd^  unb  i^anbetöt^ätigleit,  ioelc^  lo 
aSo^lftanb  erzeugte  unb  bie  Silbung  me^e  unb  jenen  ®eift  ber  ©elbftftänbigfeit  unb 
^ei^eit  förberte,  ber  audjf  in  ürd^lid^en  Singen  bie  eigene  Überzeugung  unb  bad  alte 
vl^t  toal^rte.  @o  ^atte  ^ier  bie  t>on  9lom  cm^egangene  neue  2)otein,  bie  alle  ÜRad^ft 
bem  5ßa^ft  unb  ben  Sifc^öfen  in  bie  .ßänbe  gab,  nie  baS  alte  Siecht  ber  ©emeinbe  ganj 
öerbrongen  fönnen ;  \)on  je^er  toar  bie  freie  ^PfarrerSloal^l  ein  Jeil  i^rer  JJrei^eit,  burc^  bie  i6 
bad  geiftlid^e  9lmt  i^r  nö^er  gerüdFt  unb  in  lebenbigem  ^^f^^^^^^^d  ^i^  ^^^  ^^^ 
erl^alten  toarb.  Slud^  auf  bie  Siertoaltung  beS  Jlirc^enbermögenS  l^atte  bie  ©emeinbe  bon 
je^er  toeitreic^enbeneinflufe;  baju  loar  ben  fü^renben  loeltlicpen  Älaffen  berfelben  nament* 
lic^  burc^  ben  Sefud^  ber  2Biener  §od^f(^ule  jene  neu  aufftrebenbe  Silbung  nal^e  getreten, 
h)el(^e  an  ber  tvac^fcnben  fienntnid  bed  alten  griej^ifd^en  unb  römifd^en  2&mi  bie  ®eifter  20 
l^ob  unb  ben  ©egenfaft  gegen  9iom«  fie^re  Derfc^örfte.  Söenn  biefer  nid^t  fetten  t)erftärlt 
tourbe  burc^  bie  Unjufriebenl^eit,  toeld^e  bie  geiftlic^e  ©eri^tSbarleit  in  i^ren  toeitge^enben 
S[nf>)rüd^en  in  jenen  Äreifcn  erregte,  ober  burd^  öielfad^e«  Ärgernis,  bad  ein  Jeil  beö 
iUerud  burd^  böfe  Unh)iffen^eit  ober  burd^  anftöfeigen  SebenStvanbel  gab,  fo  fül^lten  am 
bererfeitS  bie  befferen  bed  geiftlic^en  ©tanbeS  felbft,  meift  in  ber  £uft  ber  333iener  i^od^*  26 
fc^ule  ju3Kännem  ertoac^fen  unb  oft  mit  bem  Soltortitel  gefc^müdtt,  ben  fc^toeren  äBiber* 
f})rudSf  ber  Äirc^enlel^re  gegen  baö  SBort  ber  ©^rift,  unb  t^  ift  eine  bebeutfame  (SrfdS^einung, 
bafe  t)on  allem  9lnfang  an  föd^ftfd^e  ©eiftlid^e,  beren  alteS  Sted^t  übrigen^  gerabe  )u 
biefer  ^eit  \)on  ben  Sifd^öfen  öielfaq  bebrängt  ttjurbe,  eifrige  Stni^änger  unb  Verbreiter 
ber  Steformation  h)aren.  so 

©0  i^attt  Sut^er«  Sebre  feit  bem  Anfang  beS  3.  Sal^rje^nt«  in  §ermannftabt  SBurjel 
gefc^lagen  unb  bort  am  HönigSrid^ter  ÜRarfuS  ^em^flinger  einen  mächtigen  ©önner  ge< 
funben.  Sie  Verbote  unb  Sro^ungen  be«  ©raner  ©rjbif^of«,  ja  beS  Äönig«  2ublt)ig«  II. 
frud^teten  nid^t^,  ebenfotoenig  baS  @ifem  bed  ^ermannftäbter  Ka))iteld;  felbft  oer  SKeftor 
ber  ©d^ule  lourbe  balb  ber  neuen  Sebre  berbäc^tig.  6«  loar  ba«  SBel^  il^re«  ©eifie«,  ss 
bafe  bie  fäd^ftfd^e  SJalionSuniöerfttät  1525  Vergabungen  r)on  ©runb  unb  Voben  auf  ben 
XobeSfaU  an  Aird^en  unb  ^löfter  toefentlid^  befid^ränfte,  unb  aU  naö)  SubtoigS  %oi  ber 
langjäi^rige  Vürgcrfrieg  entbrannte  unb  1529  §ermannftabt  bon  ^copoh^a^  §eer  mit  Ve» 
lagerung  bebro^t  tourbe,  ba  DertoieS  ber  9lat,  junäd^ft  aßerbingS  um  j)olitif(^er  Urfac^en 
toiUen,  bie  SJtönc^e  gerabegu  auS  ber  ©tabt.  40 

auf  bemfelben  2Beg  unb  gleid^jeitig  toar  Sut^erS  Se^re  a\x^  nai)  5tronftabt  ge^ 
lommen.  ©c^on  1524  l^attt  ber  ©rjbifc^of  t>on  ©ran  auc^  l^ier  befol^len,  jeben©onntag 
in  atten  Äirc^en  bei  ©träfe  be«  Vanne«  \>ox  ber  Äe^erei  ju  hjamen  unb  ber  5l5nig  bem 
Slat  geboten,  bie  berfü^rerifc^en  Vüd^er  aufjufud^en,  ju  jerreifeen,  gu  Verbrennen.  Sod{^ 
tritt  bie  Vetoegung  ^ier  nid^t  fo  an  bie  Oberfläche  loie  in  ^ermannftabt ;  in  ben  ungemein  45 
ja^lreid^en  unb  einge^enben  ^^wß^^^ff^"  j^^^  3^^«  öu«  bcm  ^nnerleben  Äronftabtö  finben 
toir  aufeer  jenem  3)ia^nfd^reiben  bcö  erjbifAöflid^en  ©tul^le«  nichts  Don  einer  reformato* 
rifd^en  ©trömung,  toietool^l  bie  treibenben  Äräfte,  bie  in  §ermannftabt  toirtten,  un^loeifet 
l^aft  aud^  \)m  t^ätig  toaren. 

SluSbrudf  unb  Seben  fdbaffenbe  ©eftaltung  ^at  i^nen  erft  ^onteru«  gegeben.  SaS  so 
erfte  Sa^rjei^nt  nad^  feiner  Slücfle^r  in  bie  §eimat  brad^te  biefer  troft  beS  faft  ununter» 
brod^enen  Äriege^  unb  Äriegdgefd^reieS  bie  Dolle  JJruc^t  feine«  arbeitfamen  hjiffenfd^ft« 
lid^en  ©tiHleben«.  3Kit  einem  loertDoBen  Vüd^erfd^a^  ^atte  §onteru«  bie  Vud^brudfers 
pxt^t  unb  Arbeiter  für  biefelbe  an^  Seutfc^lanb  mitgebracht ;  o^ne  öffentlidf^e  amtlid^e 
©teßung  tourbe  er  mit  biefen  3Ritteln  ©d^ö})fer  eine«  neuen  geben«,  ^m  $au«  ber  Der-  66 
toittoeten  ÜJlutter  in  ber  ©d^toarjgaffe  erftanb,  h)ie  bie  münblic^e  Überlief erung  aufbeloal^rt 
^at,  unter  feiner  Seitung  eine  neue  SBertftätte  ber  Äultur,  beren  frö^lid^e«  Sid^t  balb  in 
alle  ©aue  ber  ©a^fen  bringen  foHte.  gür  ba«  Verftänbni«  ber  alten  SBeltiüeifen  unb 
Siebter,  bie,  faum  feit  einem  ^ö^t^unbert  bem  ©taub  berÄlöftcr  entftiegen,  ben  fäc^ftfc^ 
Süngling  biel^er  an  ber  §oc^f^ule  in  Sffiien  begeiftert  l^atten,  fc^uf  er  nun  l^ier  eine  blei*  eo 


336  Monier 

bcnbc  §eimat,  unb  m  bcn  neugcfunbciten  ©d^ö^en  bcr  Sd^önl^cit  unb  SBctöl^eit  hH 
Slltertum^  gefeilte  er  oen  ®eift  be^  befreiten  (gbongelium^.  i)k  beiben  SHc^tungen  be^ 
mobemen  ©eifte^,  toeld^e  bie  heutige  ßibilifotion  öefdjfoffen  l^aben,  bic  SBiebergeburt  ber 
floffifd^en  Sitterotur  unb  bc^  ebon0elifd^en  ß^riftentumö,  fmb  bcm  fiebenbürgifdjf-fäc^fifc^en 

6  SSoIf  in  biefem  einen  3Ronn  bereinigt  unb  berför^jert. 

^n  ber  Bpx^t  bon  §onteru^'  fd^riftfteHertfc^er  unb  Sud^brucfert^ätigfeit  in  feiner 
3Saterftabt  fte^t  bie  (oteinif^^e  ®rommatiI,  bie  1535  erfc^ien,  unb  ber  1539  eine  gried^ifc^e 
©rammotif  (bon  3JaI.  SBagner)  folgte.  3)iefen  fdjfloffen  fid^  unter  anbem  in  bemfclben 
^al}x  an  bie  ©Jjrüdj^e  be^  ^ubliu^  S^ru^,  bie  Sjjrüc^e  ber  fieben  gried^ifdjfcn  2Beifen,  bie 

10  latonifd^en  disticha  moralia,  ein  Se^rbud^  ber  3!)ialeftil  toefentlic^  nad^  älriftotele^,  ber 
SR^etorif  nad^  ßicero  unb  Duinctilian,  ein  bem  Äönig  goi^ann  gcmibmeter  äluöjug  au^ 
ben  Baubeiten  —  bie  fädS>fifd()e  Uniberfität  fanbte  il^m  bafür  eine  ß^rengabebon  100®ulben— , 
eine  3luöh)a^l  bon  ©teilen  auö  Sluguftinuö  unb  ebenbcöfelben  ^Jerjeidj^ni^  ber  Meiereien, 
^ier^u  fomen  1539©eneca^33uc^  de  quatuor  virtutibus  unb  ba«  de  moribus,  bann 

15  1540  be^  griec^ifdjfen  3R'6nd)^  9lilu^  aSorfdjfriften  ju  einem  djfriftlidjfen  Seben  (griec^if c^) ; 
^onteruö  l^atte  bie  le^tere  ©c^rift  in  einer  Sibliotl^ef  ber  SBaDad^ei  gefunben  unb  ^uerft 
herausgegeben,  1541  eine  ^uStoa^l  auS  beS  SroSmuS  bon  Slotterbam  griedjfifdjfen  unb 
loteinifc^en  Denffjjrüdj^en  (epitome  adagionim)  mit  ®rllärungen,  bonn  einzelnes  auS 
?ßlatoS  SBerfen  unb  3lriftoteIe«  über  bie  9Belt,    1542  bie  fo  toertboDe  neue   umgear= 

20  beitete  äluSgabe  ber  ,,@runbjüge  ber  iBeltbefc^reibung"  (rudlmenta  cosmographica, 
libri  IV)  in  (lateinifc^en)  ^ejametem  mit  16  (für  jene  ^zxt  überrafc^cnt)  trefflichen) 
harten,  bie  §onteruö  mit  eigener  §onb  in  §olj  gefdj^nitten.  3Kit  ©eb.  SKünfter  fdj^eint 
er  in  brieflid^em  33erfe^r  gemefen  ju  fein. 

3n  biefer  gefamten  reichen  2:^ätigfeit  ^onteruS'  tritt  nirgenb«  ein   offener  Singriff 

25  gegen  baS  römifc^e  Äirc^entoefen  ^erbor ;  anq  in  ben  anbertoeiten  3^wgniffen  an^  jener 
3eit  ift  nichts  berartigeS  entl^alten.  2ebte  er  boc^  felbft  mit  bem  äBeifeenburger  ?}ropft, 
bem  fipöteren  ©r^bifc^of  bon®ran,  aSerantiuS,  in  freunbfd^aftlic^em  JJerfe^r,  einem  3JJanne, 
ber  aÜerbingS  in  ben  ©riefen  an  feine  f äd^ftf c|en  ^eunbe  bon  bem  ßbangelium  unb  feiner 
SBal^rl^eit,   bon  bem  SefenntniS  beS  ebangelifd^en  SBortS  in  einer  SBScife  fpric^t,  bie  an 

30  jener  ©teile  bamate  übenafd;en  mu^.  "^n  ber  2:^at  ftanb  bie  ganje  toiffenfc^aftlic^c 
3lrbeit  ^onteruS'  im  ftiüen  3)ienft  beS  SRcformation^ebanfenS,  unb  baS  ift  eben  nad^  jenen 
SSriefen  anö)  SJerantiuS  nic^t  berborgen  geblieben ;  baS  ^iüi^tl)m  auf  Sluguftinud  beutet 
namentlich  jtoeifelloö  barauf  ^in.  Söenn  er  im  „93erjeid^niö  ber  Äe^ereien"  (haereseon  cata- 
logus)  beS  le^teren,  baSer  1539  bem  in  biefem  Sö^i^  einmal  in  Äronftabt  anmefenben  günf^ 

35  lird^ner  ©ifc^of  ^o^anneS  ßffefi  toibmet,  gegen  ,,fo  bieler  ^äu^ter  unge^euerlid^e  Älugl^eit 
be«  gleifd^ee"  eifert,  bie  „a\x^  (g^rfurd^t  unb  §abfuc^t  il^re  Sraft  fc^öt)fenb,  ®ottc«  ffiort 
berfäumenb,  fo  biele  jählings  mit  fic^  inS  33erberben  jie^t" ;  toenn  er  immer  toieber  auf 
„fein  SBort"  jurücRommt,  „in  beffen  ©c^u|  n)ir  fic^er  genug  finb  bor  ber  SSerfc^toörung 
ber  ®ottIofen"  unb  bor  allem   „ben  ®lauben",  bie  „fides"  betont :  fo  fann  fein  3*^^f^ 

40  fein,  in  h)eld[>em  Sager  §onteruS  unb  feine  Slrbeit  ftel(;t;  eS  ift,  als  ob  er  unter  ben 
88  Äefeerarten,  bie  er  mit  SluguftinuS  bort  aufgä^lt  unt)  berurteilt,  ben  ^elagianem, 
3Ranic9äem  u.  f.  to.,  gum  teil  Slom  im  atuge  l^abe.  3lod)  entfd^iebener  tritt  baS  ^crbor 
in  ber  SJonebe  gu  bem  gleichfalls  1539  crfd^ienenen  Süd^Iein:  Sententiae  ex  omnibus 
operibus  divi  Augustini  excerptae,  burc^  bie  er  biefeS  ber  Äönigin  ^f^^dla  tuibmet. 

4&@r  beröffentlic^t  biefe  ©teDen  beS  großen  Äird()enIel^rerS  unter  ben  3lufpijien  ber  5"^^"^ 
„toeil  eS  nottoenbig  toar,  einen  bur^  boS  Slltertum  unb  feine  ^eiligfeit  c^rmürbigen 
geugcn  borjufül(;ren,  auf  bafe  niemanb,  toieh}ol(;l  bie  grcunbe  bcr  äöal^rl^eit  fid^  an  bem 
3«igniS  ber  ©bangelien  genügen  laffen,  bie  bon  Gl^riftuS  unS  jurüdfgelaffene  ^eilsle^rc 
unter  bem  9lamen  einer  3Jeuerung  in  feiner  Unllug^eit   berurteile.    3)urd^  baS  betoä^rte 

60  3^0"^^  i^"^  SDlanneS  aber  l^offte  ic^  mel(;rere  jur  ©infid^t  ya  bringen,  toie  ungeredjft  einige 
fw^  3Rü^e  geben,  burc^  irgenb  njol^er  genommene  ©etoo^n^eiten  Slnfe^cn  unb  ®eltung 
beS  göttlid^en  SBorteS  gu  jerftören,  inbem  [xc  in  guter  Slbfic^t  (mie  fie  fagen)  baSjenige 
burdi^fü^en,  hjaS  ®ott  nirgenbS  befolgten  l^at  unb  unter  bem  SSortoanb  baS  Ärgernis 
einer  lünftlic^  gemachten  ©r^ebung  ju  bereuten   eine  anbere  ®otteSel^rung  lehren,   als  er 

56  felbft  getooHt  ^aV\  „Unb  l^icrbei",  fä^rt  ^onteruS  fort,  „fann  id^  nic^t  genug  ftauncn 
über  bie  unfolgcrid^tigen  ®eifter  jener,  hjelc^e  bie  SDiajeftät  beS  göttlid^en  aSillenS  über 
bie  ^af^m  berfleinern,  inbem  fie  nic^t  nur  be^aiH)ten,  ®pttcS  ®ebot  fei  gu  unferem  §eil 
nidi^t  notmenbig,  fonbem  inbem  fte  i^m  fogar  toie  cttoaS  Überflüffigem  unb  unS  gleic^fam 
nur  iium  ©c^^g  ®egebenem  öinbemiffe  in  ben  SBeg  legen,  mä^renb  fte  bagegen  mit  clttem 

00  Sifer  bafür  einfielen,    bie  erfunbenen  ©a^ungen  bcr  3Kenfc^en  feien  mit  >)einlicl)ftcr  @e= 


^oitter  337 

nauigleit  ju  l^alten,  bic  boc^  nur  ouö  Unicnntnte  bc^  befjcren  (Sel^orfom^  in  Übung  gc- 
lontmen,  toebcr  ben,  bcr  fic  l^öU,  bor  ®ott  emj)fel(;len,  nod^  ben,  ber  jie  nic^t  ^cUt,  bor 
i^m  berbammcn".  „Sludjf  ift  nid^t  ß^riftu^  be^l(;alb  in  bic  SBcIt  gclommen  unb  l}at  un« 
aUe^  bcrfünbigt,  toaö  er  gehört  l^ot  bom  SSatcr,  ba^  nad)  i^m  ein  anberer  SQäeiferer  eine  bon 
ber  feinen  berfc^iebene  ärt  be^  SebenS  ben  5Dlenfc^en  borfd^reibe."  5 

3Wan  fielet,  bie  unbereinbaren  (Segenfä^e  ftnb  lebenbig  getoorben,  ber  ernfte  Ramp^ 
ber  ©eifler  l^at  begonnen,  bie  Jroge  nodjf  ber  SRüdttelSfr  jum  „ebongelium",  bie  auf  ber 
anberen  ©eite  ol^  Steuerung  berbammt  toirb,  ift  auc^  Ij^ier  an  bie  ©etoiffen  getreten,  ja 
fie  l^at,  toie  toir  bon  SSerantiu^  ^ören,  einmal  fogar  §onteru«  bon  feinem  greunbe,  bem 
©tabtt)faner  ^zttm.  ^dzl,  auf  lurje  ^Äi  getrennt.  3)ocl^  finbet  nirgenbö  geräufc^boller  10 
©treit,  l(;eftiger  ßwf^J^i'^^'ipo.fe  ftatt,  toenngleic^  fc^on  1541  Äronftabt  für  eine  fo  eban= 
gelif(^e  ©cmeinbe  galt,  bafe  im  Oftober  ber  §ermannftäbter  ©tabtpf aner  mit  bem  ©ol^ne 
be^  SBürgermeifterS  ^inüber^og,  um  über  bie  geier  be«  äbenbmal;te  fid^  SRat^  ^u  erholen, 
gm^al^re  1542  lourbe  enb(i4  ba^  befreienbe  SBort  offen  geft)ro4en;  ^onteru^  beröffent« 
(idi^te  „ben  ©nttourf  einer  Äiri^enberbefferung  für  Kronftabt  unb  bag  ganje  Surjenlanb"  15 
(Formula  reformationis  ecdesiae  Coronensis  ac  Barcensis  totius  provinciae). 
3)a^  Süd^Iein  fanb  bie  ^c^t  reif,  bie  Umtoanblung  ber  SSolföfeele  fc^on  boUjogen ;  am 
©onntag  Slogate  (14.  SDlär^)  be^felben  ^af)x^  trat  ber  Äronftäbter  ©tabtj)faner  3«^ 
mia^  ^dd  in  bie  Qi}^,  ber  9lat  ber  ©tabt,  an  feiner  ©t)i^e  ber  treffliche  SRic^ter  unb 
toarme  greunb  ber  Sieformation,  ^an^  %\i^^,  brachte  ij^m  einen  %^p\6f  jur  ®abe.  ^m  20 
Dftober  fd^afften  fte  in  SEronftabt  „(Sott  unb  feinem  ^eiligen  9lamen  gu  (S^ren"  bie  üReffc 
ab  unb  teilten  ba^  Slbenbma^l  unter  beiben  ®eftalten  au^.  Jturg  nac^  SlQer^eiligen  traten 
bie  Slbgeorbneten  bon  ©tabt  unb  Sanb  gufammen,  um  enbgiltig  „über  bie  reine  ^rebigt 
be^  gbangclium^  unb  bie  Äirc^enberbefferung"  ju  entfc^eiben.  ©ic  befdjfloffen  fie;  Dienftag 
nad)  bem  3.  Slbbentfonntag  (19.  S)ej.)  begannen  bie  Ferren  bom  9lat  unb  Äajjitel  bie  25 
Äir4>enbifitation,  um  ber  Äirc^enbiener  Se^re  gu  erlunben,  bie  nur  gefc^öjjft  toerben  bürfe 
au^  ®otte^  aSort,  unb  bie  Untoürbigen  au^  bem  2lmt  ju  entfernen.  3enen  Snttourf 
gab  §onteru^  1543  ate  „Äirc^enorbnung  für  Kronftabt  unb  ba^  ganje  Surgenlanb"  neu 
^erau^ ;  ü)leland5>t^on  ^ielt  ba^  3Berf  für  fo  bebeutenb,  ba^  er  e^  in  bemfelben  ^al^re  mit 
einer  eigenen  SSonebe  in  SBittenberg  erfc^einen  lie^ ;  ate  ber  §ermannftäbter  ©tabtpfarrer  so 
3Ratl^ia«  Slamfer  ba^felbe  an  2ut^er  fc^idfte,  fd^rieb  biefer  i^m  am  1.  ©ej)tembcr  1543: 
„3llle^,  toag  2)u  mic^  ftagft,  finbeft  2)u  in  jenem  Suc^  beffer,  al«  id^  e^  fd^reiben  fann. 
aSJie  ]d}x  gefällt  e^  un^,  ba«  mit  fo  groger  ©elel^rfamfeit,  Sleinl^eit  unb  2:reue  berfagt 
ift!  Diefe^  Süd^lein  lic^  unb  ge^e  gu  9tat  mit  ben  Se^rem  ber  Kronftäbter  ©emeinbe, 
fie  loerben  3)ir  bie  nü^lidjfften  ^it^elfer  fein  jur  SSefferung  2)ciner  Jtirdi^e."  ©djfon  am  35 
22.  2lt)ril  1544  lourbe  §onterud,  nad(>bem  geremia^  ^efel  freiwillig  in  bie  $fane  bon 
2)artlau  gegangen,  ©tabt|)farrer  bon  Äronftabt. 

§anb  in  §anb  mit  biefen  Umgeftaltungen,  bie  Slbgeorbnetc  bon  Äronftabt  mit  ber 
bon  ^onteru^  äugcrft  borfid^tig  berfagten  „Apologia  reformationis"  1543  gegen  bie 
angriffe  bc^  Sanbei^fdjfa^meifter^,  beg  aflgetooltigen  „SBlönd)^"  SKartinujgi  unb  be^  Dom^  40 
fa})iteld,  borgelabcn  bor  bie  Königin  Sföb^ttOf  glüdflidjf  berteibigten,  ging  bie  JJeubegrün« 
bung  ber  ©^ule  in  Äronftabt.  ®ine  foldj^e  ift  ^ier  feit  bem  14.  3a^r^.  bezeugt;  il^re 
SReftoren  finb  9JJänncr  afabemifdj^er  Silbung,  iljre©d^üler  befuc^en  jal^lreidjf  bieUniberfitäten 
bonSBienunbSrafau.  3^/  jebc  Sanbgemeinbe  imSurjenlanb  toie  im  anbertoeiten  ©ac^fen- 
lanb  befa^  fdjfon  feit  3Jcenfc^enaltem  bor  ber  Sieformation  bie  eigene  ©c^ule ;  boc^  tourbe  45 
für  bieget  unmittelbar  bor  berfelben  biefilagc  über  i^re  Serna^läfftgung  laut.  „(Sleic^s 
toie  man  in  ben  ©arten  junge  Säumc^en  Jjflanjt",  fagt  ^onteruö  in  ber  Äronftäbter 
Äirc^enorbnung  bon  1543,  „auf  bag  man,  too  bie  alten  abgelten,  anbere  an  i^re  ©tatt 
^abe,  alfo  l^aben  unfere  3Säter  bor  allem  bonnöten  gefc^ö^t  ben  Unterricht  ber  3w0C"*>f 
bafe  fte  gu  gemeinem  3Ju^  erlogen  toerbe  unb  ber  ©otte^bienft  unb  d^riftlic^  Drbnungen  so 
baburc^  mögen  erl^alten  toerben.  2)erol^alben  l^at  man  überall  ©c^ulen  au^  gemeinen 
Äoften  aufgerid^t,  bic  aber  in  langen  ungnäbigen  Rzxtm  unb  burc^  bie  SJadjfläffigfcit  ber 
^inbe  bcr  ^ömmigfcit  bi^l^cr  fester  gang  gefatten  pb".  Unmittelbar  mit  §onteru^  Slüdf« 
felj^r  fiel  nun  in  Äronftabt  bic  ernfte  Slrbcit  für  bie  Hebung  bcr  ©djfulc  jufammen ;  bie 
3lnna^me  liegt  na^e,  bag  bie  „Berufung"  be^  3Jlannc^  in  feine  SSaterftabt  biefe  mit  jum  66 
3iele  gel^abt  ^abe.  ©c^on  im  ^a\)x  feiner  Slüdtfe^r  fauften  fie  in  Dcutfdjflanb  einen,  toic 
e^  fdjfcint,  nic^t  geringen  Süd^fcrf^aft,  für  ben  ber  9lat  ber  ©tabt  au^  öffentliAen  3Ritteln 
10  ©ulben  „jur  3Kit^ilfc"  antoie^.  3)a}u  h)urbc  bic  ^a\)l  ber  befolbeten  lÖel^rer  ber» 
mei^,  unb  —  eine  fc^r  bebeutfame  ©rfc^cinung  —  bafür  geforgt,  bag  auper  i^ncn  au^ 
anbere  geeignete  SKänner  in  bie  ärbcit  ber  ©^ule  eintraten,  toeldjfc  Slcligion  unb  bieeo 

ditaU^n(titlop&hit  für  Xf^tolo^it  unb  flirre.    3.  a.  Vlli.  22 


338  ^otittr 

freien  Äün[te  in  ben  flaffifc^en  Qpxa^m  Ul}xtcn.  3)ie  bejeic^nenbe  ©teile  in  ber  Äron= 
ftäbter  Äirc^enorbnung  bon  1543  lautet:  ne  itaque  id  malum  (berSSerfoü  ber  ©c^ule) 
apud  nos  latius  serperet,  quatenus  fieri  potuit,  diligenter  provisum  est  stu- 
diosae  juventuti,  ut  in  civitate  praeter  caeteros  a  majoribus  aut  nunc  pri- 
6  mum  ordinatos  praeceptores,  qui  publicis  stipendiis  content!  omne  genus 
disciplinanim  gratis  docent,  serventur  et  alii  lectores  idonei,  qui  studia  pie- 
tatis  et  liberales  artes  in  utraqua  lingua  continuo  profiteantur.  ^ie  frül^ere 
3Sermutunfl,  bafe  unter  biefen  „fieltoren"  axid)  §onteru«  getoefen  fei,  iüirb  burc^  folgenbe 
äufjeic^nung  in  ber  Äronftäbter  ©c^affnerrec^nung  Don  1541  jur  ©etoifel^eit:  Venerabili 

10  Dom.  magistro  Job.  Hontero,  pro  suis  magnis  ac  diligentibus  laboribus 
circa  juventutem  hujus  civitatis  ad  bonas  litteras  religionisque  christianae 
Cognitionen!  erudiendam  informandamque  habitis  dedimus  in  Signum  grati- 
tudinis  nostrae  erga  suam  dominationem  [3.  Ott]  flor.  50.  911^  bie  ^c^l  ber 
©d^üler  junol^m,  beren  (Sifer  jugleid^   mit  ber  2^eilno]^me  ber  ©tabt  am  (Sebeil^en   be^ 

15  Unterridjftö  bereite  1541  gerühmt  toirb,  tourbe  h)al(;rfci^einlic^  f^on  1542,  toenn  nic^t  noc^ 
früher,  ba«  ßifterjienjer^au^  ju  ©t.  Äatl^arina,  ba^  auf  bem  Jtirdjfl^of  ber  ^farrf irc^e  ftanb, 
neben  bem  bereit«  beftelj^enben  ©d^ulgebäubc  ju  einem  Sel^rfal  unb  ju  einer  ©^ule  für 
Heinere  umgetoanbelt.  Unb  „bamit  fein  Hilfsmittel  gur  ©r^altung  ber  Sleligion  fe^le", 
d^lofe  fid^  baran  bie  ®nic^tung   einer  Sibliotl^ef,    „nad^   unferer  3lrmut",   toie  ^onteruS 

30  fagt,  „mit  guten  ©c^riften  aller  9lrt,  mit  tl(;eologifc^en,  mebijinifd^en,  juribifd^en  unb 
anberen  ju  l(;ö^erer  Silbung  bienlic^en  too^l  berfel^en".  Den  ©c^lufeftein  biefer  ^leugeftal* 
tung  bilbet  bie  ,,Äronftäbter  ©c^ulorbnung"  bon§onteru«  („Constitutio  scholaeCoro- 
nensis")  bie  mit  Sitligung  beS  State«  1543  berfa^t  unb  beröffentlid^t  tourbe,  eine  9leil^e 
bon  Seftimmungen  ni(^t  f o  fe^r  für  bie  innere  Drganif ation  ber  ätnftalt  al«  für  bie  ®lie* 

26  berung,  ©elbftregierung  unb  gute  3"^*  be«  ©(^ülerleben«.  auf  (Srunb  berfelben  trat  bie 
neue  Äronftäbter  ©c^ule  mit  29  ©c^ülem  ber  oberften  Älaffe  im  Dezember  1544  in« 
Seben;  Valentin  SQäagner,  ein  ©c^üler  SBittenberg«  unb  borjüglic^er  ©rieche,  toar  ber  erfte 
SReftor.    6ine  eigene  SDiäbc^enfc^ule  felj^lte  ni(^t. 

Snjtoijdjfen  toar  bie  9leformation,  ber  in  bem  langen  Kriege  jtoifc^en  ^binanb  unb 

ao  ^(üpoü^a,  fotüie  in  ben  unftdj^eren  3^'^^*^/  ^'^  barauf  folgten,  feine  übermächtige  ©taat«- 
getoalt  ^inbemb  in  ben  9Beg  treten  fonnte,  aucb  in  §ermannftabt  ju  bollem  ©iege  gc^ 
fommen,  auc^  ^ier  §anb  in  §anb  mit  ber  Serbeflerung  ber  ©d^ule;  bon  1543  an  ift 
il^re  Durchführung  geftc^ert.  dbenfo  toaren  in  ben  anberen  2^eilen  be«  fäc^fifc^en  Solfe« 
bie  beften  Äräfte  bafür  ti}ät\Q,   fo   ba^  bie  Uniberfttät  im  9lobember   1544  befc^liefeen 

86  fonnte,  „ba^  bie  ©täbte,  bie  nun  faft  alle  ba«  SQäort  ®otte«  angenommen  l(;ätten,  fic^ 
fortan  gleidjfer  firc^lic^er  Sräuc^e  bebienen  foUten;  bie  aber  öa«  SKort  ®ottc«  noc^  nidjft 
angenommen,  tooHe  man  ermahnen,  ba|  fie  einmütig  mit  ben  anbem  ®otte«  ®nabe  an- 
riefen, auf  bafe  aud^  fie  in  gleicher  SBeife  e«  annöl^men  unb  glaubten",  ©o  traten  am 
17.  3Kai  1545   bie  Deckten  unb  SSbgeorbneten   ber  fädbftfd^en  9i(üßxid  auf  ber  ©^nobe 

40  in  SKebiafdjf  jufammen,  erfannten  ftc^  al«  ®lieber  einer  Steligion  unb  eine«  Äörj)er«  an, 
unb  festen  ba«  SSer^ältni«  feft,  nac^  ioeld^em  fte,  früber  jum  leil  unter  bem  ®raner,  jum 
2:eil  unter  bem  ftebenbürgifd^en  Sifc^of,  fortan  al«  eine  ®efamt^eit  gu  ben  gemeinsamen 
Saften  beizutragen  l^ätten.  au«  ben  Semü^ungen  ber  Uniberfttät  jur  SSermeibung  bon 
©|)altungen  unb  jur  Herbeiführung  gleicher  fird^lic^er  Drbnungen,  um  „3^^^"^  ^^^  ^¥' 

46  geizige  Uneinigfeit  ju  bereuten",  „um  alle«  auf  ®runb  ber  ©c^rift  in  eine  flare  Orb^ 
nung  ^u  bringen",  ift  bie  neue  Umarbeitung  bon  §onteru«'  „ilirdjfenorbnung"  au«  bem 
^a^r  1543  entftanben,  bie  er  al«  „Reformatio  ecclesiarum  Saxonicarum  in  Trans- 
silvania''  in  lateinifc^er  ©J)rad^e  unb  unter  bem  litel :  Jtirdjfenorbnung  aller  3)eutfd5>en 
in  ©iebenbürgen  in  beutfc^er  Qpxa6)t  1547  l(;erau«gab,  —  ein  9Berf  boD  tiefften  [tttlid^^ 

60  religiöfen  ®eifte«  mit  bem  offen  au«geft)roc^enen  ^kU,  burc^  bie  SKac^t  be«  geremigten 
®lauben«  auc^  ba«  bürgerlid^e  Seben  iu  reinigen,  eine  ebangelifc^e  Umgeftaltung,  eine 
c^riftlid^e  Sßerbefferung  auc^  ber  „toeltlicpen  ©adj^en"  ^u  betoirfen. 

3)ie  fäc^fifc^e  9Jation«uniberfität  aber,  ber  autonome  Sanbtag  be«  Solfe«,  ber  in  ber 
borle^ten  3lt)rilh)oc^e  1550  in  §ermannftabt  jufammentrat,  fefete  feft:  „3)a  ®ott  getoollt 

66  l^t,  bafe  bie  Dbrigfeit  SBäc^ter  ber  erften  unb  jtoeiten  2^afel  fei,  e«  ba^er  notipenbig  ift, 
©orge,  ^u  tragen,  bafe  bie  unberfölfc^te  Se^re  be«  SBorte«  ®otte«  in  ben  Äird^en  rein, 
o^ne  ärgemi«  ber  ®eh)iffen  berbreitet  unb  erhalten  toerbe,  toobei  großen  5Wufeen  getoäl^rt 
bie  ßintrac^t  ber  Se^er  über  bie  Se^re,  bie  ©aframente  unb  bie  für  bie  Äirc^e  nü^lic^en 
unb  nottoenbigcn  ®ebräu4e:    fo  ift  befc^loffen  toorben,  ba^  in  ben  einzelnen  ©täbten, 

eo  SWärften  unb  5)örfem  bie  Äird^en  nac^  ber  bor  brei  ^^l^ten  l(;erau«gegebenen  Äird^enorbnung 


^onitt  339 

bcrbejfert  iüerbcn  unb  alle  ^fanl^crrcn  fi(^  noc^  biefer  galten  unb  (eben  follen."  ^mt 
ÄtrdS^cnorbnunö  l^atte  bamit  bie  ©anition  eine«  Don  ber  juftänbtflen  todüii^m  „Obrigtett" 
gegebenen  ©efefee«  erl^alten. 

gi^r  ^nf^ali  ift  folc^en  ©c^u^e«  im  ^öc^ften  ®rabe  toürbig.   3lad^  einer  (ginleitung 
toott  getoaltigpen  religiösen  ®mfte«,  toelc^e  mit  faft  erjd^ütternber  ilraft  auf  ba«  gro^e  6 
Serberbni«  lintoeift,  ba«  ben  4riftli(^en  ©lauben   in  ^i^^um   berbunfelnb  „bon  müßigen 
Wenfd^en  toiber  bie  göttliche  ©d^rift  unb  gute  Vernunft"  gemad^t  toorben,  barum  um  fo 
eifriger  „auf  ben  getoiffen  ®runb  ber  l^eil.  ©d^rift  unb  ba«  flore  Sid^t  ber  SQäal^r^eit" 
bringt,   bie  toir  „nic^t  au^toenbig  in  ben  Äonjilien,   fonbem  bol^eim   in  ben  (Sbangeliett 
^aben",  fo^t  ^onteru«   bie  neue  Slufgabe  ber  neuen  Seben^orbnung   in    19  2^iteln  ju^  lo 
fammen:   bon  Jöerufung  ber  Äirc^enbiener,    bon  c^riftliAer  2el^r,  bom  Slmt  ber  Kirchen* 
biener,  bom  ©aframent  ber  2:aufe,  bon  bc«  ^enen  9lbenbma^l,  bom  9Ki^brauc^  ber 
SBinlelmefe,  bom  Seridjften  ber  Äranlen  (de  communicatione  infirmonim),  bonÄroft 
ber  ßntbinbung  (de  virtute  absolutionis),    bom  c^riftlic^en  S5ann,  bom  SlufridSften  ber 
©c^ulen,   bon  Drbnung  be«  Slrmenlaften«,   bom  aSerforgen  ber  aßoifen,  bon  Sl^efac^en,  i6 
gemeine  3)li|braud^  gu  reformieren  (de  quibusdam  politicis  abusibus  reformandis), 
bon  jäl^rKc^er  SSifttation,   bon  ber  2Retten  ober  grülj^amt,   bom  Ij^ol^en  9lmt,   bon  bem 
'Sßtipttamt,  bon  ben  ßeremonieen  in  3)örfem.    5Reben   ben  bielen  gleichzeitigen  Äird^en« 
orbnungen  beö  beutfd^en  SRutterlanbe«  l^öc^fter  Seadjftung  toert  ift  biefe  reiffte  9lrbeit  ber 
Sinfid^t  unb  6rfal(;nmg  be«  ,,6bangefiften  be«  $erm  in  Ungarn",  loie  Sut^er  §onteru«  30 
nannte,  auc^  ^oc^bebeutfam  burc^  bie  Umftc^t  unb  ma^boQe  9ef onnenl(^eit,  bie  bort  mitten 
in  ber  großen  Setoegung  unb  Umtoanblung  jener  läge  i^re  §errfc^aft  bel^ält ;   ba«  !on= 
ferbatibe  ^ßrinjij)  be«  fä^^W«^«^  Solfögeifte«  tritt  barin  mit  too^ltl^uenber  (gntfc^iebenl^eit 
^erbor.    33ei  bem  abfoluten  geftl^alten   an  bem  großen  ®runbfa|,  bafe  ade  ile^re  il^ren 
@runb  l^aben  foQ  in  bem  äSort  ®otte«,   toirb  bei  ber  ^ufe  gerabeju   auf   bie  toitten«  25 
bergifd^e  Äird^enorbnung  ^ingetoiefen,  auf  bie  fw^  §onteru«  in  ber  Reformatio  ecclesiae 
Coronensis  bon  1543  überl^auj)t  mel^rmal«  berup. 

S)er  gorberung  be«  eigenen  Sleformationöbüd^lein«,  ba«  fo  entfc^ieben  immer  auf 
Haren  unb  eifrigen  Unterridjft  be«  3Solfe«  bringt,  entfpra(|  e«,  bafe§onteru«  1545  Sutl^er« 
Keinen  Äated^i^mu«  l[;erau«gab ;  bem  35ebürfni«  be«  neuen  ebangelif(^sgeiftlid^en  ämte«  30 
lam  er  entgegen  1547  burdjf  feine  ,,3lgenbe  für  bie  ©eelf orger  unb  Kirc^enbiener  in©ieben' 
bürgen".  3)ie  lateinifdS^en  ©iftid^a,  in  toelc^en  er  1545  ben  3"f^^l^  ber  neuteftamentlic^en 
Sü^er  nad^  ben  einielnen  Jla))iteln  angab,  fo  ba^  bie  Slnfang^bud^ftaben  ber  3Serfe  ju« 
gleich  bie  ^eil^e  berKa))itel  bezeichnen  —  eine  33el^anblung«art,  bie  in  ber  3^*  ^w^  f^nft 
borfommt  —  l^aben  too^I  bie  ftubierenbe  S^Ö«"^  ""  äluge,  ebenfo  bie  Odae  cum  har-  86 
moniis,  ex  diversis  poetis  in  usum  ludi  literarii  Coronensis  decerptae 
(1548).  3)a«felbe  ßiel  ^at  bie  §erau^abe  bon  §eftob«  SBerlen  unb3:agen  (1544),  bon 
fec^«  terenjifc^en  Äomöbien  (1545).  ®inige  ^a^re  naä)  bem  2obe  §onter«  erfd^ien  in 
feiner  3)ruaerei  ba«  erfte  ebangelifc^e  ©efangbud^  bon  33.  SBagner  l^erau^egeben,  ba«  auf 
bie  äJabftfd^en  ®efangbüc^er  au«  Seif^jig  unb  auf  bie  ^lugfd^en  in  SBittenberg  zurüdt^  40 
toeift.  3n  ben  3)ienft  ber  SRed^t^miffenfc^aft  bagegen,  mit  ber  offen  au«gefprod^enen  2lufs 
gäbe,  burc^  ein  einl^eitUc^e«  ®efe|  ein  neue«  gemeinfame«  93anb  um  bie  politifd^  immer 
me^r  ^ufammentbad^fenben,  je^t  auc^  ber  firc^Iid^en  ©onberung,  toie  fte  el^emal«  in  ber 
3Serjd5>ieben^eit  iJ^rer  35i«tümer  lag,  lebigen  fäd^fifdjfcn  ®aue  gu  fd^Iingen,  trat  1544  be« 
§onteru«  überau«  bebeutfamc«  SBerf:  Gompendium  juris  civilis,  in  usum  civita- 46 
tum  ac  sedium  Saxonicarum  coUectum.  ^n  einem  fd^tbungboQen  lateinifd^en  Sieber« 
gru^  emjjfie^lt  e«  Valentin  SBagner  „ben  Sürgermeiftern,  3lic^tem  unb  gef^toorenen  9lat«s 
männem  ber  fäd^fifc^en  ©täbte  unb  ©tül(;le,  ber  Kolonien  be«  beutfc^en  Sleidjfe«  in  ©ieben« 
bürgen".  3)a«  SBert  jog  bamal«  bie  Slufmerlfamfeit  ber  Uniberfttät,  bie  ftc^  eben  mit 
ber  ^ftfe^ung  eine«  gefc^riebenen  Sledjfte«  befc^äftigte,  fo  fe^r  auf  ftc^,  ba^  fte  ßonteru«  60 
aufforberte,  e«  in«  3)eutfc^e  gu  übertragen ;  getoife  ift,  ba^  er  barin  bie  erften  Saufteine 
ber  SBiffenfdjfaft  jufammengetragen,  in  beren  Verfolg  bann  gegen  6nbe  be«  S^^^^^wnbert« 
(1583)  ba«  „Sigenlanbred^t  ber  ©adjffen  in  ©iebenbürgen"  entjtanb. 

e«  ift  erflärlic^,   toenn  eine  fo  übeneic^e   2^^ätigfeit,   em    Seben,   ba«   ebenfofel^ 
in  bie  35reite,   toie   m  bie  liefe  ge^t,   fic^  rafdjf  berje^rt.    $onteru«  ftarb  am  23.  3^^  ^^ 
nuar  1549. 

hieben  feinen  SBerfen  unb  ^aten  ^at  il^m  ba«  fdjfönfte  3)enfmal  ber  fd^lid&te  6^ro« 
nift  gefe|t,  ber  mit  i^m  an  berfelben  Äirc^e  biente :  „er  ^at  bie  Se^re  be«  l^eiligen  ©ban« 
gelii  unb  ben  rechten  ®otte«bienft  aD^ier  eingeridjft  unb  bie  ©c^ule  reformiert  gu  9lu|  ber 
3iugenb  unb  bie  Sruderei  aufgebracht  unb  be«  l^eiligen  Sbangelii  I^alber  biel  erlittw  vwji^  <?<^ 


340  Konter  ^ont^ttnt 

au^cftanbcn  . . .  fromm,  bemüttg,  Icl^r^aftig,  d^rcrbictig,  nicmanb  berfc^mäl(;cnb";  fo  ftc^t 
er  ba  in  ber  ®^^'xd)U  feiner  Kirche  unb  feinet  33olfe«,  ein  3t})oftel  ber  neuen  ^^t,  bie 
mit  i^m  biefem  Solfe  fidjf  erfc^Iie^t  unb  ber  er  t)ona0enb  t)or  aßen  ^ier  ben  ©tem))el 
feine«  ®eifte«  aufgebrücft  ^at  für  biele  ®efc^Ie(^ler.  ©ein  banfbare«  Solf  unb  feine 
6  Äirc^e  ^aben  il^m  au«  Slnlafe  ber  ^ier  be«  bier^unbertiäJ^rigen  ©eburt^tag«  (1898)  in 
Äronftabt  ein  eiserne«  3)enlmal  neben  bie  Äird^e  flefe|t,  bie  er  bem  Sidjft  be«  StHxns 
gelium«  geöffnet  l^at.  D.  %x.  Xtntidi  (D.  ®.  ^.  Xeutfi^  t-) 

^onifttim,  Sol^ann  5Ri!oIau«,  b.  §.,  geft  1790.  —  ßittcratur:  3)a8  befte, 
namentlitö  bie  in  ^ricr  üor^anbcnen  BucIIcn :  ©riefe  ^ont^eimS  u.  f.  w ,  fotoie  bie  frül^crc 
lOÖittcrQtur  benufcitbe  unb  gum  ^eil  abbrucfcnbc  IBerf  ift:  Otto  9}lejer,  fJcbroniuS,  SBei^* 
bifc^of  Sobonn  iRicoIou«  t)on  ^ont^eini  unb  fein  9Btberruf,  Tübingen  1880,  oor^er  erfc^tenen 
ber  9lrti(el  in  meiner  ®cf(^.  ber  dueQen  unb  Sit.  be«  fanonifc^en  Stecht«  III,  1  @.  193 ff.; 
3f.  3£.  ^aud  in  ^b9  13,  83  ff.,  fpäter  M  SD^ejer.  ^ie  filtere  fiitterotur  ift  in  biefen  brei 
angegeben. 

16  ^ontl^eim  toar,  tt)ie  ic^  a.  a.  0.  bereit«  nac^  bem  ^ufbud^e  berid^tigt  ^abe,  ant 
27.  3<*"w^^^  1701  ju  2^rier  geboren  a(«  ©o^n  be«  ®eneraleinne$mer«  be«  Dberer^ftift« 
Äarl  Äafjjar  b.  §.  unb  ber  Snna  SWargareta  geb.  t)on  Slnetl^an.  3)ie  3Sorfal^ren  ber  a(t= 
abeligen  ^amilie  tparen  feit  langer  3^^  in  ^ö^eren  Jturtrierifc^en  Stmtem  angefteUt  ge^ 
toefen  unb  jurgrit  angcfteDt.    3lm  25.3Kai  1713  liefe  Äont^eim  ftc^  bie  2:onfur  erteilen, 

20  nadjfbem  fein  Dl^eim,  ber  Äanonifu«  §ugo  ^ebrid^  to.  2lnetl(;an  infolge  ber  i^n  treffenben 
Berechtigung  bem  12  jährigen  Steffen  eine  ^ßröbenbe  an  feinem  Äollegiatfa})itel  ©t.  ©imeon 
l>erliel^en  l^atte.  SRacp  jurücfgelegtem  ©^mnafialftubium  bei  ben  ^^^i^^  i^  ^rier,  ber 
alabemifd^en  tl^eologifc^en  unb  iuriftifc^en  ju  ^rier,  Sötpen  unb  Sei^ben  bon  1719  ab  er^^ 
langte  er  am  6.  W^vX  1724  ju  2:rier  bie  juriftif^e  2)o!toreh)ürbe,  machte  ^ierauf  toiffen* 

26  fc^aftlid^e  Steifen  unb  l^ielt  ftdjf  namentlich  in  9lom  längere  3cit  auf,  too  er  im  Collegium 
Germanicum  too^nte,  tourbe  am  22.  5Dlai  1728  ^riefter  unb  am  21.  S"«*  fi)rmlic^ 
in«  Äaj)itel  ©t.  ©imeon  aufgenommen,  3lffeffor  unb  geiftlid^er  9lat  beim  Äonfiftorium 
unb  jugleid^  (1732)  5Profeffor  an  ber  Unitoerfitöt.  S)a«  3a^r  1738  bradj^te  feine  3Ser= 
fe^ung  nadj^  Soblenj,  Xoo  er  bi«  1747  al«  Offijial  t^ätig  toar  unb  unau«gefe^t  ©tubicn 

30  machte,  tpeld^e  nebft  ben  t)ielen  3lmt«gefc^äften  feine  @efunbl^eit  fc^äbigten  unb  il^n  im 
genannten  "^aißz  jum  ©efuc^e  um  ©ntlaffung  belogen.  ®r  erhielt  fte  unb  jog  in  fein 
©tift  nac^  Irier,  ba«  il^n  im  folgenben  ^aljx^  jum  Defan  toö^lte.  ©eine  ©efunb^eit 
l^tte  ftc^  rafd^  gelräftigt.  3)er  Äurfürft  5ram  ®eorg  bon  ©d^önbom  ernannte  i^n  am 
13.  aJlai  1748  gum  5Rad^folger  be«  am  11.  uRai  toerftorbenen  SBei^bifd^of«  bon  9ialba(^, 

36  am  16.  ^bruar  1749  tourbe  er  in  ber  ©tet)^an«Iirdi^e  gu  3Kainj  fonfefriert,  fein  33i«tum 
in  partibus  ioar  3Kvrioj)^iri  in  ®riec^>enlanb.  S3i«  jum  ^ci^xt  1778  toar  er  attein  in 
biefer  ©tellung,  gugleic^  ®eneratoifar,  fomit  tl^atfäc^liqf  ber  geifttic^e  Slegierer  ber3)iöcefe, 
auA  noc^  ^rofanjler  ber  Uniberfttöt.  ^m  genannten  '^dfya  tourbe  ein  jtoeiter  2Bei^- 
bifcpof  auf  fein  SSerlangen  befteUt,  ^^an  3Karie  ßuoi^ot  b'^erbain,   am  21.  2l})ril  1779 

40  legte  er  ba«  3)efanat  bon  ©t.  ©imeon  nieber.  @r  ftarb  am  2.  ©eptember  1790  auf 
feinem  ©di^loffe  SKontquentin  bei  Drbal,  bie  Seiche  tourbe  am  4.  in  ©t.  ©imeon  beftattet, 
tft  bann  1803  in  bie  ©t.  ®ert)afm«'Äird[fe  übertragen  unb  ru^t  neben  ber  feine«  greunbe« 
SleCer. 

©eine  ^ßerfönlidjffeit  toirb  in  ber  2;rierifdSfen  ßl^onif  bon  1820  bon  einem  3Kanne, 

46  ber  il^n  nod^  gefeilten,  alfo  gefd^ilbert.  @r  h^ar  flein,  faum  5  ^|  3  ^o\i,  boc^,  in  ben 
mittleren  ^a^iXi  ftarf,  ju  5Kittag  ein  ftarfer  (Sffer,  abenb«  felj^r  mäfeig,  tranf  fe^r  toenig, 
toar  ftet«  emft^aft,  äufeerlic^  nic^t  felj^r  l^olbfelig  unb  ^erablaffenb.  äÄerfter,  unermüblidi^er 
gleife,  rieftge  ärbeit«fraft,  ftrengfte  ^ßflidjfttreue  jeic^neten  i^n  au«.  ®r  tüar  in  ber  Sage 
getoefen,  ein  l^übfdi^e«  Vermögen  ju  ertoerben,  übte  aber  SBo^lt^ätigfeit  bei  Sebjeiten  unb 

60  machte  berfc^iebene  erl^eblid^e  Segate  für  2Bo^lt^tigIeit«anftalten.  93efonber«  gerül^mt  tt)irb 
feine  ^ömmigleit  unb  Ij^erborge^oben,  toie  er  bi«  jum  gal^re  1779  regelmä|ig  bor*  unb 
nachmittag«  in  ©t.  ©imeon  bem  ©tunbengebet  be«  Äajjitel«  beih)ol(;nte  tro|  ber  104©tufen, 
toelc^e  man  fteigen  mufete,  um  gur  Äirc^e  ©t.  ©imeon  ju  gelangen  —  gu  biefer  toar  im 
11.  3^^'^'^""^^  ^'^  römijdi^e  ^orta  TOgra  umgeh)anbelt  — ,  am  1.  3""^  1790  ^atte  er 

B6fie  gum  le^tenmale  bor  fernem  ©ommeraufentl(;alt  erftiegen. 

§ont^eim  l^at  aufeer  berfdi^iebenen  juriftifc^en  3)iffertationen  unb  Heineren  geiftlid^en 
unb  aJabemifc^en  Sieben  gunädj^ft  ftc^  grofee  Serbienfte  ertoorben  um  bie  ®efc^id^te  2;rier« 
burc^  bie  Historia  Trevirensis  diplomatica  et  pragmatica  inde  a  translata  Tre- 
veri  praefectura  praetoria  Oallianim  ad  haec  usque  tempora  etc.  1750  3  vol. 


^ottt^ttm  341 

fol.  unb  ben  Prodromus  historiae  Trevirensis  diplomaticae  et  pragmaticae 
etc.  1757,  2  vol.  fol. ;  in  biefen  fmb  bie  Uriunbcn,  bic  angaben  bcr  dtcn  unb  fjjöteren 
S^riftficner  enthalten,  3)arftcllun0en  ber  flcfamten  inneren  ©nttoidtelung  unb  ber  SRed^t^ 
guftänbe  gegeben.  Sin  cmbere«  SBerf  Historiae  scriptorum  et  monumentorum  Trevi- 
rensis amplissima  collectio  ru^et  in  ber  @tabtbibliot^e!  bon  Syrier,  ^r  und  unb  6 
bie  @ef(^i(^te  tiber{;au))t  liegt  ber  @(^n>er))un{t  ^ontl^eimd  auf  anberem  @ebiete,  in  feinem 
fir(^enJ)olitif(^en  SQäerfe. 

@d  erfc^ien  unter  bem  2;itel  Justini  Febronii  JCti  de  Statu  Ecclesiae  et  Legitima 
Potestate  Romani  Pontificis  Liber  Singularis  ad  reuniendos  dissidentes  in  Reli- 
mone  Christianos  composittrs  f^^itetoignette :  ^\x\ixi\a  mit  SDSaage,  ^a|  mit  Jlreuj,  lo 
füffen  fi(^,  Überfc^rift:  Justitia  et  Pax  osculatae  sunt]  Bullioni  apud  Guillelmum 
Evrardi.  MDCCLXIII.  4.  ©a«  g)lanuffrij)t  toar  tmxi)  §ont^eim3  ^eunb,  ben  33.  Slot 
t).  Ärufft,  bem  Suc^l^änbler  ©felinger  in  granffurt  a.  2R.  übergeben  toorben,  ber  fid^  jum 
©(^toeigen  unb  ber  Slüdtgabe  berj)pic^tete,  fein  Honorar  jal^Ite.  ^an!furt  ift  ber  toirnid^ 
3)rudtort,  gfelinger  ber  Serleger.  2)ie  Äorreftur  beforgte  ber  fjjätere  3)ec^ant  bed  ÄoHegiats  is 
ftiftg  ©t.  Seon^arb  in  jj'^önffurt,  3)amian  ^Jriebridjf  3)umni^,  aud^  3)umni|  genannt 
(geft.  1808),  ber  bad  Driginalmanufirijjt  ft)äter  bem  j)roteftanttf(^en  Äirc^enrate  STOieg  in 
§eibelberg  gefc^enlt  l^at-  Snbe  ^bruar  1792  befa^  le^terer  e«  nod^.  3)er  9lame  3uftinu3 
§ebroniu«  tp  tool^I  mit  9lüdEft(^t  auf  eine  ©d^toefter  §ont^eim^  im  abeligen  ©tifte  ^ubign^ 
^amen^  Suftina  ^bronia  getoä^It.  20 

SSorauö  gelten  9lnfJ)rac9en  „Clementi  XIII.  summo  Pontifici,  primo  in  terris 
Christi  vicario",  ,,Regibus  et  Principibus  christianis'S  ^^Episcopis  ecclesiae 
catholicae",  „doctoribus  theologiae  et  juris  canonici",  toorin  er  $Ian  unbSlbfic^t 
barlegt.  3)iefer  ift,  ben  richtigen  gn^aft  ber  ))ä))ftlid^en  Maö^i  ju  jeigen,  barjutl^un,  h)ie 
biefe  gemifebrauc^t  fei  unb  babur(^  baö  Unheil  gefommen,  ju  betoirfen,  ba^  ber  ^aj)ft  ben  25 
Äuriafemu^  fal^ren  lajfe  unb  jurüdfgel^e  auf  bie  urd^rifüid^e  3^-  3"  9  Äat)iteln  toirb 
folgenbe«  ©vftem  aufgebaut,  ßl^riftu^  1^  ber  gamen  Äird^e  bie  ©(^lüffelgetoalt  i^nter« 
laffen,  jur  SluMbung  fmb  gerufen  bie  ministri  (JÖeru«,  ^ßrälaten),  barunter  alö  erfter 
ber  ^aj)ft,  aber  ber  ©efamtl^eit  untergeorbnet.  2)ie  Äird^e  l^at  leine  monard^ifd^e  SSer« 
faffung,  auc^  bie  3lj)ofteI  ftanben  einanber  gleid^,  $etru«  l^atte  nur  ben  ^rimat.  3)ie80 
Unfe^lbarleit  befi^t  nur  bie  ganje  Äird^e.  ®er  5ßrimat  be«  römifd^en  8if(^ofg  rül^rt  nid^it 
t)on  g^riftud,  fonbem  bon  $etru$  unb  ber  Aird^e  l^er,  lamt  bo^er  aud^f  auf  einen  anberen 
©i^  übertragen  toerben.  9lufgabe  be«  ?ßrimat«  iji  ni(^t  bie  SRegierung  ber  Äird^e,  fonbem 
bie  SBal^rung  ber  ®efelIf(^aft^orbnung,  ber^atoji  l^at  f ein  @ntf(^eibunggre(^t  in  ©laubenö« 
fad^en,  ftel^t  unter  bem  allgemeinen  Hon^il,  beffen  93erufung  bem  ^ßa))fte  nic^t  borbel^alten  85 
ift;  beffen  2)efrete  bebürfen  feiner  J)ä))fttic^en  33eftätigung,  tonnen  bon  il^m  ni(^t  abgeön« 
bert  toerben,  tool^l  umgefe^rt.  3)ie  Sifd^öfe  l^aben  eine  gleiche  ©etoalt  bon  6l^riftu^,..nid^t 
bom  ^^aj)jie,  fte  finb  nottoenbige  3Witglieber  ber  allgemeinen  ©^noben,  l^aben  äffe  2imter 
ju  bdej^en,  an  Die  $äj)fte  ift  ein  folc^e«  SRed^t  fbät  unb  jum  5Wad^teiI  ber  Äird[>e  mi^s 
oräudplid^  gelangt.  Slbgaben  an  ben  ^al)ft,  SorbeJ^alte  bon  ©elbiffen^foHen  unb  3)i^  40 
Jjenfen  toiberftreiten  bem  Siechte  ber  Sifd^öfe.  3m  Saufe  ber  ^üt  ift  an  bie  5ßäj)fte  bie 
Slu^übung  mancher  9le(^te  gefommen  o^ne  unb  gegen  bie  Äanone«,  bor  aüem  burd^  bie 
bjeuboifiborifc^en  3)efretalen.  2)a^  ift  m  bef(^ränfen,  in^befonbere  bie  9lnna^me  bon 
Berufungen.  3)er  ^abft  fann  feine  augemein  berbinblid^en  Oefe^e  für  bie  3)i3jiJ)lin 
mad^en,  fonbem  bie  Slnnal^me  in  ben  ^iöcefen  ift  für  fold^e  (Sefefee  überl^auj)t  nötig.  46 
3äa^  auf  ^igbrauc^  unb  9lnma^ung  ber  $ö))fte  m^et,  fann  niemals  afö  berechtigt  er« 
fd^einen,  fonbem  mufe  fallen.  6^  mufe  alle«  J^ergefteUt  toerben,  toie  e«  bor  ben  falfd^n 
2)efretalen  toar.  2)em  ftei^t  nur  bie  Kurie  im  SBege,  mit  allen  SWitteln  ift  il^  entgegm 
ju  toirfen.  lüd^tige  33olf«bilbung,  ein  allgemeine«  Äonjil  unb  9lattonalfVnoben  finb  bie 
geeigneten.  2)ie  fat^olifc^en  ^rften  müffm  mit  Seirat  bon  Sifd^öfen  ba«  3?ötige  t^un,  so 
fi(^  bor  Sann  md)t  fürchten,  fte  ^aben  bie  J)äi)ftli(^en  Bullen  bem  5ßlacet  ju  unterwerfen. 
®egm  fc^öblic^e  t)äpftli(^e  SRaferegeln  l^ilft  aud^  ber  jjaffibe  SBiberftanb,  unb  ganj  befon« 
ber«  bie  Semfung  toegen  SRifebraudjf«  ber  geiftlic^en  Slmt^getoalt. 

SBenige  neue  (Sebanfen  bietet  gebroniu«,  ©ebanfm  toie  SWaterial  fmb  im  ganjm 
genommen  au«  ben  älteren  ©(^riften,  aber  neu  ift  ber  f^ftematifd^e  ätufbau,  bie  gefc^idfte  66 
Slrt  ber  3)arftetlung  unb  bie  Sereitftettung  ber  (Srünbe.  2)ie  ©(^toäc^m  merfte  man  nid^t, 
xä)  l^abe  fie  a.  a.  D.  furj  bargelegt.  3)er  ©rfolg  be«  Su(^e«  toar  ein  großartiger,  e«  ijt 
in  Italien  (befonber«  in  9leaj)el,  '3Co«cana  unb  Senebig),  Portugal  auf  bie  Jtir(^m^)olitif 
bon  bireftem  (Sinflufe  ^etoefen,  l^at  bie  Äirc^enpolitif  3*>f^^  II-  geleitet,  bie  ßmfer  Se« 
fdjflüffe  beftimmt,  unjtoetfeUS^aft  bie  SRid^tung  bctoirft,  toelc^e  ftc^  be^uf«  9Jeuregelun^  ber  6« 


342  ^ottt^cint 

lirdSflic^en  SJer^oItniffe  im  ^al^re  1818  in  Sübbeutf(^Ianb  auf  bcn  Äonfcraijcn  bcr  Slcs 
gierungen  tunb  giebt  3Jlan  braucht  {dSiIie^lic^  nur  einen  93li(f  in  bieSRotibe  berSiorlage 
ber  33ulle  Pastor  aeternus  bom  18.3iu(il870  (bei^ebric^,  Documenta  II,  105  sqq. 
ju  toerfen,  unt  ftc^  ju  überjeugen,  bafe  biefeö  2)ogma  bon  ber  UnfeI;Iborfeit  unb  ber  Uni- 

6  berfalgetoalt  bc^  ^(H)fte^  red^t  eigentlich  baju  bienen  foHte,  baS  ©Vftcm  be^  gebroniu^ 
au^  ber  SBelt  ju  fdi^affen.  ©offte  ba^  gefc^äSien,  fo  mugte  ate  bon  (Sott  geoffenbarte« 
2)ogma  erflärt  toerben,  toa«  gebroniu«  afö  erfunbene«  angemaßte«  J)ä})ftlicl5>e«  SWec^t  er= 
toiefen  ^atte.  Ign  ber  Sutte  Pastor  aeternus  Ijiaben  bie  S^fwi^^^  ^^^  3^^!  ^^  33^- 
Iäml)fung   be«  ^roniu«   eneic^t.    (3c^  l^obe  a.  a.  0.  über  bie  äußeren  ©d^icffale,  Sluf* 

10  lagen  u.  f.  W.,  ©egenfc^riften,  gitteratur  genauer  berid^tet ;  ebenfo  enthalten  bie  beiben 
anberen  DueDen  nähere  Slngoben.)  3n  SRom  erfolgte  bereit«  imgebruar  1764  ein  Verbot 
unb  balb  bie  2lufforberuna  be«  ?Paj)fte«  an  bie  beutfc^en  Sifd^öfe,  ba«  33uc^  ju  unter« 
brücfen.  $Rur  jel^  Sifdjiöfe  beachteten  e«,  bie  Äaiferin  3Raria  2^^erefia  lie^  ba«  SSerbot 
nic^t  toeröffentlid^en,  in  SSenebig  unb  ©l)anien  trat  fogar  bie  ^Regierung  für  ba^felbe  ein. 

16  3)er  römifd^e  $of  tou^te  fc^on  balb  (©nbe  1762  ober  Slnfang  1764),  bafe  ^ont^eim  ber 
Serfaffer  toar,  t^at  aber  lange  leine  bireften  ©d^ritte  gegen  i^n  (Über  bieSKotibe  be« 
Äurfürften  Älemen«  SQ3enj|e«lau«  gelten  bie  anflehten  au«einanber.  ©iel^e  bie  bon  mir 
0.  a.  0.  angegebenen  Duellen,  ebenfo  SWejer  unb  Ärau«.  aRejer  ge^t  in«  f leinfte  detail  ein 
unb  jeigt,  ba^  §ont^eim  auc^  %^ltv  beging  unb  baburc^  feine  ©ac^e  fd^äbigte)  bi«  in 

20  ben  ^xxi  1778,  too  er  il^n  i|ur  Unterwerfung  aufforberte.  3"  ^^"  ©rünben  für  fein 
©eelen^eil  lamen  fel^r  greifbare  anbere,  namentlid^  bie  Drol^ung  ber  ©ntlaffung  ber  %ai)U 
reichen  Sertoanbten  aa^  ü}xm  ©taat«ämtem,  bie«  entfc^ieb.  §.  fafetc  einen  SBiberruf  ab, 
ber  nid^t  genügte.  9lac^  längerem  ^tn^  unb  ßerfd^reiben  fügte  fu^  6.  enblic^  bem  9Ser* 
langen  9tom«  ben  SSiberruf  al«  fein  eigne«  ^m  erfc^einen  ju  la^en,   bi«  auf   einen 

26  5ßunlt,  ber  betraf  bie  SBeigerung  bie  gef orberte ®rflärung  abzugeben:  ut  proinde  merito 
monarchicum  ec^clesiae  regimen  a  catholicis  doctoribus  appelletur.  ^er  92untiu« 
gab  fic^  fc^lie^id^  jufrieben  unb  fo  toanberte  am  15.  Slobember  1778  ber  neue  SBiberruf 
nad)  SRom,  ba«  jubelte.  ®ine  Slttohition  im  Äonftftorium  bom  25.  2)ejember  gab  bem 
3lu«brudf,  beröffentlid^te  ben  SSJiberruf  unb  iba«  9iom  pa^U  —  über   bie  SRom   lomjjro« 

80  mittierenben  ©d^reiben  beobachtete  man  ©d^toeigen  —  unb  entbanb  §.  bon  ben  ßenfuren. 
3)iefer  ^atte  fonberbarertoeife  nic^t  bie  Veröffentlichung  ertoartet  unb  tourbe  fc^liefelid^, 
nac^bem  bie  Gazetta  universale  bon  5^^^5  ^ne  Überfeftung  be«  bie  2öiberruf«gefc^i(^te 
h)a]^rl^eit«getreu  mitteilenben  9lrtilel«  ber  ^arifer  Nouvelles  ecclösiastiques,  in  bem 
aud^  ba«  im  Konftftorium  nid^t  mitgeteilte  93rebe  abgebrud(t  toax,  beröffentlid^t  l^atte,  ge^ 

86jh)ungen,  in  ben  „ßoblenjer  SnteHigenjblattem"  (9lr.  28  bom  1780,  bie  ßrHärung  ift 
bom  2.  3lj)riO  eine  ©rflärung  ju  beröffentlic^en,  „ba^  fein  SBiberruf  ein  freiwilliger  ge- 
toefen  unb  er  toillen«  fei,  fetten  in  einem  SSJerfe,  ba«  er  bereit«  angefangen,  ju  xid^U 
fertigen  unb  ju  erläutern."  Unter  bem  2:itel:  Justini  Febronii  JCti  Commentarius 
in    suam   retractationem  Pio  VIL    Pont.    Max.    Hai.    Nov.  1778    submissam 

40  Francs!.  1781,  4  bei  ßpnger  ift  biefer  Äommentar  im  näc^ften  Iga^re  erfc^ienen,  bie 
äbfd^toäd^ung  ber  Selben  ift  nic^t  toeit  l^er,  in  ben  Wid^tigften  fingen  fc^toeigt  ber  Jtom^ 
mentar,  fo  bafe  §.  im  tüefentlic^en  feine  3lnftd[>ten  offenbar  nic^t  geänbert  ^atte.  3)ie« 
ge^t  aud^  au«  ben  Briefen  bon  i^m  ^erbor.  Der  Äurfürft  toar  bon  bem  SBerfe  nidjit 
erbaut,  liefe  aber  ^ont^eim  in  SRul^e,  ba«felbe  gefc^a][>  bon  SRom  au«,  h)o  man   begreife 

46  lid^ertoeife  nod^  toeniger  jufrteben  toar,  fid^  inbeffen  mit  ?Htd)t  faaen  lonnte,  bafe  ber  gc« 
bemüti^te  gfebroniu«  nid^t  mzS^x  fo  fc^äbli^  fei  eil«  ber  ungebrochene.  (Sin  merftDürbige« 
S3ilb  bietet  un«  §ont^eim  unb  ber  fturfürft.  3)er  le^tere  jtoingt  erfteren  pim  SJBiberruf, 
fWttt  fic^  SRom  gegenüber  erbittert  über  §ont^eim,  nimmt  gleid^tool^l  im  ^al}xc  1786  teil 
am  @mfer  Kongr^e,  in  beffen  Sefc^lüff en  bie  33S;eorie  be«  gebroniu«  il^ren  3lu«brucf  fanb. 

60  (g«  ift  fc^toer,  bei  biefem  Verhalten  be«  Äurfürften  nid^t  anjunel^men,  bafe  er  fic^  9lom 
tDiDfäl^g  ertoiefen  ^abe,  um  ba«  93i«tum  9lug«burg  neben  bem  bon  ^rier  ;|u  erhalten 
bejh).  ju  bel^alten,  toa«  i^m  gelang.  §ont^eim  läfet  [x6)  burd^  bie  3)rol(;ung,  feine  SSer* 
toanbten  ju  fc^äbigen,  beftimmen  gegen  feine  Überzeugung  ßrflärungen  abzugeben.  Sluf 
beiben  ©eiten  ßl^arafterlofigleit  unb  ©d^toäc^e,  bie  SRüdEftd^t  auf  ba«  g'^^if^  übertoiegt 

66  bie  3ld^tung  bor  ber  SBo^r^eit.  3Ba«  biefe  beiben  SKänner  bamal«  fünbigten,  ift  inbeffen 
toenig  gegen  bie  9lrt,  toie  fidji  nad^  bem  18.  guli  1870  3)u$enbe  bon  Sifc^öf cn  benai^men, 
unter  i^nen  (Selel^rte  toie  ßefele,  SRaufc^er  u.  f.  tb.,  jal^lreiq^e  geleierte  il(;eologen,  baten 
e«  baburd^  gelang,  fic^  33if©of«ftü^le  ^u  ergattern,  toelc^c  fic^  nid^t  fci^euten,  ein  ertoiefener^ 
mafeen  gefälfc^te«  ^JKac^toerf  al«  bon  ®ott   geoffenbarten  ®lauben«fa^  anjiunel^men   unb 

60  ju  berlünben.  ^*  ^f^utte. 


^oogfinitett  bf  $00)1  @c^cffer  343 

^oogftratftt,  ^t  t>on  \.  äteud^Un. 

bc  $00)1  Sf^effetf  3-  ®-/  Ö^ft-  1Ö93.  —    Rogge,  Levensbericht   van    cl.  H.  S.  im 
Jaarboek  der  Koninklijke  Akademie  van  Wetcnschappen,    1894;    A.  Winkler  Prins,  id. 
in    bcn  Le Vensberichten    van    de  Maatschappij    van    nederl.  letterkunde  tc  Leiden,    1894. 
Scitcre  3RitteiIungen  über   be  ©.  6.  finb  tcrjctcftnct  in   bcn  Doopsgezindc  Bijdragen  1895  0 
S.  1  ff. 

Salob  ®^bcrt  be  iQoop  ©d^effer,  ^rofcfjor  ber  2:^eolo0ic  in  Slmfterbam,  neben 
3R0II,  Slcquo^  unb  Stogge  ber  narnj^aftefte  ÄirdSfen^iftoriler  §oIlanb«  in  ben  legten  3^^^- 
^el^nten,   jnbem   ber  leitenbe  SWitleljjunIt  ber  SDlennonitifc^en  Äirc^engemeinfc^ft   feiner 
§eimat,  tourbe  am  28.  ®et)tember  1819  im  ^aa^  geboren.    Site  Heiner  finobe  t)erlor  er  10 
feinen  3Sater,  toelc^er  33eomter  an  einem  ber  ©taatöminifterien  toar,  unb  lam  nac^Slmfter- 
bam  in  bai^  §au^  feinet  Dl^eimö  be  §oo^  eine^  in  Sitterotur  unb  ©efc^ic^te  fe^r  betoam 
berten  Äaufmanne^,  toofelbft  er  eine  tüd^tige,  toon  früi^er  3^0^^^  ä"  ^f  gttinblid^e^  unb 
angeftrengte^  ©tubium  gerichtete  (Srjiel^ung  erl^ielt.    Die  ©tubienjeit  berlebte  er  in  Slrnfter« 
bam  —  bamate  nod^  ein  Sltl^enäum  ol^ne  ba^  jus  promovendi,   tpelc^em  aber  fd^onis 
^rebigerfeminare  für  bie  SRemonftranten,  SKennoniten  unb  Sut^eraner  angegliebert  toaren, 
—  unb  an  ber  Utred^ter  Uniberfttöt.    @r  toibmete  fic^  bort  ber  2:i^eoIogie,  mit  ber  Slb« 
fic^t  ^rebiger  unter  ben  SKennoniten  ju  toerben.    3"  ^^^f^  gehörte  er  mütterlid^erfeit^, 
unb  jtoar  ju  einem  norbl^oIIänbifc^enSfeennonitengefc^lec^t,  au^  hjeld^em  in  frül^eren  gaBr« 
l^unberten  mehrere  too^lbefannte  ^ßerfönlic^Ieiten  entf^roflen  toaren,  ein  Umftanb,  toeldyer  20 
auf  Sdj^cfferö  fjjätere  Slrbeiten  ni(^t  ol(;ne  mitbefttmmenben  ©influ^  gehjefen   ift.    ©c^on 
al^  ©tubent   trieb  er  neben  ber  Sl^eologie  fleißig  litterarifc^e  ©tubien.    Sefonberd  bie 
nieberlönbifc^e  Sitteratur  au^  ber  Stnfangöjeit  ber  ^lepublil  unb   au^  bem  SDlittelalter  — 
le^tere  ein  bamate  noc^  fo  jiemlic^  brac?  liegenbe«  gelb  —  unb   \l}x^  ©efd^ic^te  befdi^äfs 
tigten  i^n.  2)ie  Vaderlandsche  Letteroefeningen  bon  1837  ent|[;ielten  eine  Sttb^anblung  25 
Don  ber  ^anb  be^  18  jäl^rigen  jungen  3Kanne^  über  ben  33rabanter  3)ic^ter  au^  bem  14. 3^^^^ 
^unbert:  Lodewijk  van  Velthem  en  zijn  Spiegel  Historiael,  mit  teiltoetfer  SBiebergobe 
jener  2)icl5>tung  in  neuerem  SSer^mafe.    6r  gehörte   ju  ben  6  jungen  ©ele^rten,  toeld^e 
1844  bie  „Vereeniging  voor  oude  nederlandsche  letterkunde"  grünbeten,  ju  benen 
auc^  5K.  be  Srie^  unb  3«>ncfbloet  gehörten;  bod^  l^at  ©.,  feit  1845  ate  ^aftor  t|ätig,  juao 
ben  l^erau^gegebenen  Slrbeiten  be«  herein«  feine  nennenötoerten  Beiträge  geliefert. 

6«  toirften  baju  mit  bie  3w^*^öl^"0f  h}rf<|&«  i^nt  jeitleben«  eigen  blieb  unb  ©.« 
flnH)ulöfe  ©etüiffenpaftigleit  in  jeber  9lrbeit  fotoo^l  nad^  ber  ©eite  ber  SBiffenfc^aft  aö 
nac^  berjenigen  be«  fünftlerifc^en  ©inne«,  be«  ©efc^madt«.  SBäl^renb  feine«  ganjen 
Seben«  l^at  er  fic^  nie  entfd^tie^en  fönnen,  ettoa«  fc^riftlid^  mitzuteilen  unb  nod^  Diel  35 
ipeniger  im  2)ru(f  ber  Dffentlic^feit  ^u  übergeben,  toorüber  er  ftc^  nid^t  boHftänbig 
!lar  toar,  er  feine  Unterfud[>ungen  nic^t  boUftänbig  ju  Snbe  gefüJ^rt,  unb  toa«  er  nic^t  in 
boHenbete  gorm  gebracht  l^atte.  Sluf  jeber  ©eite,  toelc^e  er  fc^eb,  ertoeift  er  fic^  al«  in 
feltenem  3Kafee  bertraut  mit  ben  ^nl;eitcn  unb  ©c^ön^eiten  ber  nieberlänbifc^en  ©prad^e, 
al«  ein  Ilaf fifc^er,  bielleic^t  bann  unb  toann  aHm  oratorif(^er  ^ßrofaif er,  bef onber«  al«  ^urift  40 
in  ft)rad^li4er  ^infid^t,  toeld^er  grembtoorte,  ©allici«men  unb  ®ermani«men,  auf«  ftrengfte 
mieb.  3"  ^i^^m  ööen  galt  er  in  geleierten  unb  litterarifdjfen  Greifen  al«  Slutorität.  ©ein 
ätbm  lang  ^at  er  allen  Srfc^einungen  auf  bem  ®ebiete  ber  nieberlänbifd^en  Qpxa^^, 
Sittcratur  unb  ©efc^ic^te  ein  rege«  3^1^^^^  lugetoenbet,  unb  in  de  Gids  unb  anberen 
3eitfd5>riften  bann  unb  hjann  intereffante  Sef^jredbungen  ioic^tiger  ©d^riften  geliefert,  ©obann  45 
betoie«  er  ungead^tet  ber  großen  2lnjt)rüc^e,  toelc^e  fein  2lmt  an  i^n  fteDte,  eine  unermüb* 
lid^e  S^ätigfeit  in  Vereinen,  j.  8.  in  ber  Maatschappij  tot  Nut  van't  Algemeen  unb 
ber  nederland.  bijbelgenootschap.  3wimer  If^at  er  auf«  uneigennü|igfte  mand^en  bei 
einer  Stn^ai^l  bon  SJeröffentlic^ungen  bebeutenbe  $ilfe  geleiftet.  @r  fanb  fogar  bei  feiner  l(;er« 
bonagenben  l^umoriftifc^en  SBegobung  ß^i^f  ^wf  ^^  3^^^  ^^^  fat^rifc^e«  Sitteraturblatt,  bie  go 
Braga,  ju  rebigieren  (1845),  f)3äter  (1856—1859)  ben  Navorscher,  bie  l(;ollänbifc^en 
Notes  and  Queries.  ®rn)ä^nt  fei  noc^,  bafe  ©.  mit  reid^em  Äunftfmne  unb  fein- 
finnig  äft^etifd^  beanlagt,  al«  93orftanb  ber  Maatschappij  tot  Nut  van't  Algemeen  ^itglieb 
be«  ätufric^t«rat«  über  bie  ^ur  Hebung  be«  Xl^eater«  enic^tete  ämfterbamer  ©d^aufjjieler^ 
fd^ulc  toat,  unb  baj  au«  feiner  legten  ^üt  eine  metrifc^e  Überfe^ung  ber  ^ßfalmen  l^er«  66 
rül;rt,  in  melc^er  er  berfu(^t  Ij^at  bie  ©reite  ber  alten  in  SReime  gebrachten  ^falmen  ju 
berbeffem. 

6«  berfte^t  fic^  jeboc^,  baj  aU  ba«  bi«  je^t  ©enannte  nur  bon  untergeorbncter  Se- 
beutung  in  ©.«  Seben  unb  2eben«arbeit  getoefen  ift.    3"  feinem  ^rebigtamt,  feiner  ^ro« 


344  bf  $00)1  Sf^effcr 

fcffur,  feinen  geleierten  9(rbeiten,  ber  39lith)irtun0  on  ber  Seitung  feiner  Äird^engemetnfd^ft, 
barin  l^at  er  feine  Slufgobe  gefunbcn  unb  treffli(^  gelöft. 

33on  1845  bi^  1859  toax  ©.  mennonitif^er  ^rebiger  in  §oom,  ©roningen  unb 
2lmfterbam,  in  allen  brei  ©täbten  ein  gefeierter  Äanjelrebner.    3^3^'^^^  1859  h)urbe  er 

6  aU  9iac^folger  Dr.  bon  (Silfe'ö  bon  ber  Algemeene  doopsgezinde  Soci^teit  junt  ^ro^ 
feffor  an  ii^rem  ©eminar  getoöl^lt;  am  18.  Januar  1860  trat  er  ba^  afabemifc^e  Se^r^ 
antt  an  mit  einer  3lebe  Die  Providentia  Teleiobaptistas  Neerlandicos  ab  exitio 
vindicante,  —  eine  ber  legten  Slntritt^reben,  toeld^e  bon  anberen  ^rofefforen  alö  ben= 
jenigen  ber  flaffifc^en  ^^ilologie  in  §ollanb  in  lateinifd^er  ©j)ra(^e  borgetragen  tourben. 

10  S^nt  hjaren  bie  ©jegefe  be«  21  fotool^l  aU  be^  3VX^,  bie  J)raftif(|>e  2:i^eologie  in  il^rem 
ganjen  Umfange,  bie  Äird^engefd^ic^te,  befonber«  ber  3Kennoniten,  anvertraut.  3m  ^afyct 
1877  fanb  bie  Sleorganifation  be«  l^ollänbif(^en  §o4fc^ulh)efen«  ftatt.  3)abei  blieb  jtoor 
bie  tl^eologifd^e  ^afultät  beftel^en,  behielt  aud^  i^ren  SRamen,  tourbe  aber  bem  neuen  ©taat^ 
gefe^e  jufolge  eine  gafultät  für  9leligion«h}if|enfd[>aft,  gemäfe  ber  in  .^ollanb  ju  SRec^t  be- 

isjtel^enben  unb  ftreng  burd^gefü^rten  Trennung  bon  ©taat  unb  Äirc^en.  ©ie  berlor  alfo 
jebe«  fonfefftoneU  c^tlid^e  ©e^jräge,  fo  bafe  3)ogmatif  unb  tnraftif^e  3^^eologie  bon  i^ 
au^efc^loffen  tDurben.  ^v!t>tm  h)urbe  ba^  älmfterbamer  ältl^enäum  ju  einer  bollftänbigen 
Uniberfität  erl^oben.  ^iefelbe  erhielt  ba^  jus  promovendi  cum  effectu  civili.  2)ic 
bi^  je^t  an  ben  berfd^iebenen  ^rebigerfeminaren  bafelbft  angeftellten   t^eologifd^en  ^ro= 

20  fefforen  traten  in  bie  t^eologifd^e  galultät  für  bie  berf(^iebenen  ^^c^er  ber  rein  toiflens 
fd^aftlic^en,  nid^t  firc^lic^en  SC^eologie  ein,  toäl^renb  mel(;rere  berfelben  an  einem  ber  ©emi« 
nare,  toel^e  für  bie  f^jejieD  lirc^lid^en  ^c^er  (35ogmatiI  unb  J)rafti{(^e  2^l^eologie)  beftel^cn 
blieben,  i^re  ©teile  beibehielten,  alfo  eine  bojjjjelte  ^rofeffur  belleibeten.  gortan  bertrat 
©.  in  ber  ^lultät  bie  altteftamentlidjfe  ©jegefe  unb  bie  (Sefc^id^te  ber  altc^riftlic^en  Sitte* 

26  ratur  (Einleitung  in«  5W2:),  im  SKennonitifd^en  ©eminar  bie  Jjraltifd^e  S^eologie  unb  bie 
©efc^id^te  biefer  Äird^engemeinfc^aft.  ^n  atten  ben  i^m  anbertrauten  ^c^em  toar  er  ben 
9lufgaben  feinet  ämte^  boWommen  getoac^fen,  einer  bon  jenen  feit  ber  ©Jjejialifterung 
jeber  SBiffenfc^aft  au^fterbenben  ®ele|rten,  toelc^e  burc^  reid^e  Segabung  unb  bieljäl^gen 
unermübli(^en  glei^  auf  ben  berfc^iebenften  ©ebieten  —  nur  bon  ber  fbftematifd^en  ^Ij^eos 

30  logie  ^ielt  ©.  f\6)  jeberjeit  fem  —  ju  arbeiten  unb  nur  auf«  grünblicpfte  ju  arbeiten  im 
ftanbe  finb;  toelc^e  jtoar  meift  il^re  2^l^ätigfeit  auf  einzelne  2lbfc^nitte  unb  (Segenftänbe 
lonjentrieren,  biefe  aber  auc^  um  fo  grünblic^er  nad^  allen  5lid^tungen  berfolgen.  @r  ift 
bann  auc^  oller  für  einen  ^ollänbifd^en  Oele^rten  enei(^baren  gieren  unb  öffentlid^en  Slud« 
Zeichnungen  teill^aftig  getoorben.    ©o  berliel^  i^m  bie  fieibener  Uniberfität  bie  tl^eologifc^ 

85  3)oftortoürbe  honoris  causa.  —  3)a^  SOBenige,  loa«  ©.  aufeer  feinen  fir(^engefd^id^tli(^en 
arbeiten  ^erau^egeben  (u.  a.  über  bie  Slbfaffung^jeit  ^oete)  au[jujäl^len,  liegt  feine 
aSeranlaffung  bor.  5Rur  feine  ebenfo  fc^arffmnigen  toie  gut  motibierten  Äonjefturen  gu 
einigen  ©teilen  be«  31X^  berbienen  Sead^tung.  (gr  la«:  ^^  2,  8:  ei  jukv  rhv  vojjlov] 
2,  18  ftrid^  er:  äXX'  eqeX  Tig\   3,1  lad  er:  7ioXvkakoi\   6j)l^  3,  18  ri  xov  jiXovxovg 

iOavTov  To  TiXarog  xxL  (Verslägen  d.  Kon.  Akad.  1891,  bl.  237  v.  v.). 

Stm  frudjftbringenbften  \)at  ©.  in  ber  Äird^engefc^ic^te  gearbeitet,  für  toeld^ed  ^c^ 
äBiHem  3Woll  unb  er  bon  1870  bid  1880  bie  l^oUänbifc^e  ^eitfc^rift,  bamate  unter  bem 
5Citel  Studien  en  Bijdragen,  rebigicrten.  ^n  berfelben  erfc^ien  ©c^cfferd  bebeutenbfte 
Seiftung,  bie  Geschiedenis  der  Kerkhervorming  in  Nederland  van  haar  ontstaan 

45  tot  1531,  toeld^e  er  nac^l^er  (1873)  afö  felbftftänbigc  2lrbeit  l^erau^ab.  ^lac^^er  ift  bieg 
33uc^  aud^  in  beutf(^er  Überfe^ung  bon  Dr.  ?p.  ©erladjf  (Sei^jjig  1886)  erfc^ienen.  ©eit 
S3ranbt  1671  ff.  unb  ®erbed  1744  loar  bie  ©efc^id^te  ber  Slnfänge  be«  nieberlänbifd[>en 
?Proteftantidmud  nid^t  mel^r  bearbeitet  toorben.  ©.  löfte  biefe  Slufgabe  berart,  bafe  cd  big 
ie|t  leiner  neuen  Bearbeitung  me^r  beburfte.    SQ3ag  feitbem  neu  ang  2i(^t  getreten,  j.  8. 

60  bie  Summa  der  godliker  Schrifture  lä^t  fic^  in  fein  S3uc^  einreil^en;  unb  toenn  et 
bigtoeilen  in  Setreff  beutfdj^er  unb  anberer  nic^t  ^oDänbifc^er  ätngelegen^eiten  irrte,  fo 
tbut  bag  bem  3Berte  feiner  nieberlänbifd^en  ©efc^ic^te  toenig  älbbruc^.  SKit  berftänbnigbollcr 
Sel^errfd^ung  ber  einfc^lägigcn  fiitteratur,  mit  bem,  toad  im  16.  3fl^i^^"»^bert  in  ben 
9lieberlanben  gclefen,  gebrudt,  gcfungen  hjurbe,  bertraut  toie  loenige  unb  bon  feinen  jal^rcs 

66  langen  ard^ibalifc^en  Unterfud^ungen  unterftü^t,  l^at  er  aud  ben  entlegenften  ©teilen  bie 

taufenbe  überall   jerftreuten  9la(frid()ten,   oft   nur  ätnbeutungen,   jufammengebrac^t,   aug 

h)el(^en  er  feine  ebenfo  ^jeinlic^  getoiffen^afte  toie  überfidbtlid^)  flare  ©efc^id^te   auferbautc. 

Se^t  jum  erftenmale  ift  ber  Rufammenl^ang  ber  ©rcigniffe,  ber  erfd^ienenen  ©d^riften 

u.  f.  to.  und  flar  geftellt,   ^um   erftenmale  aud^   ber  SSerlauf  ber  3)ingc   in   ben  TOeber^ 

60  lanben  im  ganjen.    2lu4   m  §ollanb  toar  eg  (im  Älofter  ber  Äuguftiner  ju  2)orbrec6t) 


be  ^00p  ®i^er  345 

Sut^cr^  Sluftrcten  ioiber  bcn  äbla^,  h)el(^c^  1518  bic  erftc  Sctocgung  ^crbomef.  Slufeer 
bem  ©egcnfa^  }h)ifc^cn  ©ci()rift  unb  Äirc^enlc^c,  frommem  Seben  unb  ßcremonien,  neben 
bcr  ßntrüftung  über  J)äi)ftnc^c  SRad^t  unb  Unfittlid^Iett  be«  Äleru«  toirb  ba«  §eil  ou« 
bem  ©louben  affetn  geprebigt.  3)ennoc^  ift  bte  nteberlänbifdjie  reformotorifd^e  Setoegung 
nic^t  rxad}  Sut^er  ju  benennen.  6in«  i[t  für  biefelbe  d^arafteriftifdji,  bie  Seugnung  be«  6 
©aframent«  ber  Srot^  unb  SBeinbertoanblung.  3)a«  ergiebt  fw^  nid^t  nur  au«  bem  be« 
fannten  ©riefe  §oen«  an  3}J>*J^9l^  fonbem  ba«felbe  gel^t  auc^  ani  ben  SBttten  ber  bielen 
gerichtlichen  anflogen  unb  SSerurteilungen  ^erbor.  6«  ift  ©.«  SSerbienft,  Die«  nac^etoiefen 
JU  l^ben;  er  ^ot  ben  3?amen  ©alramenti«mu«  für  bieSetoegung  biejer  erften  ^eriobe  in 
^ottonb  enbgiltig  jur  älntoenbung  gebrad^t  unb  biefe  Setoegung  bann  üon  ©tabt  ju  lo 
©tabt,  bon  $erfon  ju  ^erfon,  bon  SCag  ju  %aQ,  fotoeit  nur  bie  Quellen  e«  ermöglid^en, 
verfolgt,  ©iejelbe  toirb  bon  geleierten  unb  nid^t  unbebeutenben  3Männem  getragen :  §oen, 
^enbril  b.  <3^tj)^en,  (Snafeu«,  ©elbenl^auer,  Sol^anne«  ^elt,  SRobe.  6«  fel^lt  jebod^  bie 
ein^eitlid^e,  entfd^Ioffene  ^l^rung  im  Äami)fe  gegen  bie  bon  ben  2anbe«fürften,  Äarl  V., 
bem  Sifd^of  bon  Utrecht,  Äarl  bon  (Selbem,  in«  aSBerl  gefegten  Verfolgungen  unb  bie  i6 
Snquifition.  3)er  erfte  SRärt^rer  ber  nijrblic^en  5Wieberlanbe,  SBiffem  ^irf«  in  Utred^t, 
10. 3uli  1524,  ift  bon  ©.  über^auj)t  erft  rec^t  an«  Sid^t  gejogen.  S3i«]eer  galt  al«  folc^ 
3an  be  SaKer  (^ßiftoriu«)  bon  SBoerben.  Um  1530  berliert  bic«  erfte  ebangelifd^e  Seben 
feine  Äraft  unb  bermag  ftdji  nic^t  mei^r  ju  beieauj)ten.  3)ie  ^tt^rer  unb  ^rebi^er,  toelc^e 
noc^  am  fieben  fmb,  l;aben  enttoeber  miberrufen  unb  bleiben  al«  reformfreunblic^e  RaÜ)0:  20 
lifen  in  ber  Rird^e,  ober  ober  fte  fmb  in«  3tu«lanb  nad^  Sremen,  ^reufeen  u.  f.  h).  ber 
langen  l^erfolgung  in  ber  §eimat  cntflo^n.  3m  Solle  ift  inbeffen  ber  ebangelifd^e  ®eift 
nidjft  erftorben,  unb  neue  ^^rer  ftel^en  fd^on  bereit  fogleid^  ber  SJeribaiften  ftc^  anju* 
nel^men:  bie  3:äufer,  bie  (nad^  ©.  i^r  berbreitetfter  iRame)  „33unbe«genojfen".  3n  beren 
,^änben  liegt  nun  bon  1531  an  foft  au«fd^ltepde  bie  ©a(^e  be«  5ßroteftanti«mu«  in  ben  36 
nörblid^en  ^robinjen.  ©ie  unb  i^re  ja^lreic^en  ©emeinben,  ^'^omme  im  ®eifte  SKeld^ior 
§offmann«,  leben  ol^ne  jebe  33erbinbung  mit  ber  ebangelifd^en  SBelt  anber«h)o,  in  i^rer 
Sibel,  i^rem  be«  §eile«  bebürftigen  ®emüt  unb  i^ren  —  ^^antafien.  SU«  bie  SSerfot 
gungen  immer  l^eftiger  loüteten,  bemäd^tigten  fid^  ^l^antaften  unb  f elbftfüd^tige  Släbetefül^rer 
eine«  Sruc^teil«  biefer  eben  bur^  bie  aSerfolgungen  jur  93erjh)eiflung  gebrad^ten  ftiUen  Äreife  ao 
unb  beranlaffen  bie  3Münfterif(^en  u.  f.  to.  e^ceffe,  bon  toeldfjen  aber  bie  grofte  SRel^r^eit 
fid^  rein  erl^ält,  in  ber  toel^^rlofen  3)ulbfomIeit  ber  Äinber  ®ottc«  berl^arrenb.  ßrft  um  ba« 
gal^r  1563  (fo  nod^  ©.;  bod^  fehlte  e«  fc^on  früi^er  nid^t  an  9Kännem,  in  benen  ber 
©aframenti«mu«,  je^t  noc^  ©eutfdjflanb  ober  naä)  ®enf  l^inblidfenb,  fortlebt  ober  toieber 
ertboc^t)  fängt  ein  ftreitbarer  $roteftanti«mu«  an  ben  tboffenlofen  ju  erfe^en  unb  eröffnen  86 
bie  colbinifc^en  ^rebiger,  bon  ber  jur  33erteibigung  ber  Sfled^te  unb  ^ei^eiten  be«  Solle« 
toiber  bie  ©l)anier  gerichteten  nationalen  Setoegung  getragen  unb  ungehemmt  bon  bem 
in  Uneinigteit  jerfoBenben  2lnaba^)ti«mu«,  ben  Sbangelifd^en  eine  neue  33a^n.  ©.«  Slrbeit 
bleibt  ober  auf  ben  erften  3ritroum,  b.  ^.  bie  Rrit  bi«  jum^a^re  1531  befd^rönft.  äufbiefen 
l^ot  er  benn  aü  feine  berlraute  Äenntni«  be«oamaligen  Seben«  unb  fein  grünblid^e«  biblio«  40 
graj)^ifd5>e«  SBiffen,  feine  mufter^afte  ®eh)iffen^aftigfeit  bertoenbet.  ßtoor  ^olte  er  bei  Se« 
^anblung  biefe«  ©toffe«  nic^t  gerobe  toeit  au«,  toar  aber  bofür  in  ber  3)etailjeidenung  um 
fo  reid^er  unb  boHftänbiger. 

SlDgemeiner  Setrodjftungen  unb  Urteile  enthielt  er  fic^;  immer  liefe  er  bie  ß^it^enoffen 
reben,  jeben  ©a$  mit  irgenb  einer  3lufeerung  au«  ben  betreffenben  3^^^"  ober  mit  einer  46 
un«  erhaltenen  Jl^atfadjfe  belegenb.  Unb  toenn,  toa«  mi)t  feiten  berJJaH  toar,  ber  rid^tige 
Il^atbeftonb  in  fpäteren  9loc^ric^ten  getrübt  erfc^eint,  fo  rui^te  er  nic^t  ei^er  al«  bi«  er 
Ilorgeftellt  \)aiU,  tooburdjf  benn  biefe  Irrtümer  beranlafet  toaren,  bi«  fo  ba«  JJortleben  ber«  • 
felben  unmöglidji  getoorben  toar.  3Kon  fann  e«  nur  bebauem,  bafe  er  ju  öngftlid^  getoefen 
ift  fic^  an  bie  Fortführung  feiner  ätrbeit  ju  toagen.  60 

5lac^  feiner  §ouptarbeit  f)at  ©d^effer  in  ben  Studien  en  Bijdragen  unb  in  de 
Gids  nod^  manche«  Jtirc^engefc^id^tlid^e  geliefert.  @«  ift  fel^r  ju  beflagen,  baft  er  nic^t 
boju  gcfommen,  toie  er  beabfic^tigt  ^at,  bie  ^rroge  nac^  ben  gefc^id^tlid^en  Sejie^ungen  ' 
jtoifdjfen  ben  aBolbenfem  unb  ben  iäufem  grünblic^  ju  be^anbeln.  Studjf  il^n  Ratten 
Dr.  Äeller«  arbeiten  unb  ©d^lüffe  bor  biefe  groge  gefteHt:  arbeiten,  bie  für  eine  fo  66 
überau«  umfid^tige  5Jatur  mie  ©.  toor,  jloor  ju  fü^n  toaren,  benen  er  aber  nie  feine  Sin« 
crfennung,  nod^  ouc^  bem  „§an«  3)endf"  feine  Setounberung  berfagt  l^ot. 

3n  getoiffem  ©inne  al«  gortfefeung  jener  fjorfc^ungen  ©.«  mögen  aber  einige  feiner 
©tubien  gelten,  toeld^e  er  in  gro|er  2lnja^l  über  SinjellS^eiten  ber  ft)ejiellen  Äirc^ens 
gefc^ic^te  (namentlich  ber  l(;ollänbifc^en  3Jlennoniten)  geliefert  \)at.    3Rd)x  al«  einmal  ber^^  eo 


346  be  ^00p  Sc^effer 

fa^lc  er  eine  Übcrfidjft  bicfer  ©ejd^ic^te:  bie  mit  9iotcn  beteid;crtc  l^ollänbifc^c  Überfc^ung 
feiner  2lntritt«rebe,  ben  auöfü^rlici^e  Sluffo|  in  ber  Geschiedenis  der  christelijke 
Kerk  in  Nederland  (Slrnfterbam  1869),  ben  artifel  „gjlennoniten"  in  biejer  diQ\  Db 
biefe  Überftd^ten,  toenn  fte  oudjf  mand^e«  biö^er  faft  Unbefonnte  ju  läge  bradjften,  bennod^ 

5  ju  feinen  beften  Seiftungen  ju  rechnen  fmb,  bejtoeifle  ii),  Dag  ©c^ema  ift  too^I  ju  biel 
bem  äußeren,  ju  toenig  bem  inneren  ©nttpidtelung^gange  entlel(;nt  unb  le^terer  felber  all^u^ 
enge  aufgefofet.  2)aju  fommt,  ba^  ©.  bie  Sebeutung  be^  aRennonitentum«  faft  au^ 
no^mäog  in  ben  freifinnigen  Strömungen  (§ang  be  SHie^,  ®alenug  StbraJ^am^^)  fu(^te, 
aud^  im  17.  ^^^^^^unbert.  ®ie  me^r  rechtgläubige  SRidjftung  galt  i^m  meift  aU  irgenbtoie 

10  eine  äbart.  —  ^n  ben  jal^lreic^en  äb^anblungen  aber,  toelc^e  in  ben  bon  il^m  1870  bi« 
1893  rebigierten  Doopsgezinde  Bijdragen  erfdjfienen  unb  toeldj^e  bie  ?^c^te  feiner 
unermüblic^en  Detailforfc^ungen  enthielten,  ba  offenbarten  fidjf  aufö  glängenbfte  feine  feltenen 
gorf(^ergaben,  fein  bebeutenber  ©d^arffinn,  gehaart  mit  einem  unermübli^en  glei^,  ber 
toon  ber  grünblid^ften  2)urd5>ftc^t  ber  nac^  §unberten  jöl^lenbcn   ebenfo   breiten   h)ic  ber= 

16  toonenen  unb  meifteng  fel^r  unerquiilid^en  Jjolemifd^en  Sitteratur  ber  alten  SKennoniten 
nic^t  ^urüdffc^redfte.  SBeld^e  ebenfo  langwierigen  ate  ermübenben  SSorftubien  f^at  fc^on  fein 
Slrtilel  „9Renno"  in  biefer  91®*  geforbert,  ba  i^m  aufeer  91. 9K.  ßramer^  feinfinniger  aber 
t)eralteter  SSiograp^ie  fo  toenig  grünblit^  Vorgearbeitete«  SDlaterial  ju  ®ebote  ftanb.  "Und) 
nac^l(;cr  ^at  er  biefe  gorfd^ungen  toeiter  geführt,   unb   im   ganzen  8  2lb^anblungen  über 

20  aSerfc^iebene«  au«  SMenno«  Seben  geliefert.  Über  ben  älteften  3K.  jugefc^riebenen  Xraftat 
(toiber  ^o^ann  bon  Seiben),  beffen  ©d^tl^cit  ©.  toieber^olt  gegen  Dr.  Btpp  aufredS^t  er^ 
bielt,  über  3K.«  bon  @.  erft  au«finbig  gemachte«  ©eburt«»  unb  2:obe«ia^r,  über  ben  Sln^ 
fang  ber  Sannftreitigleiten  ju  SRenno«  3eit,  über  2R.«  Sibel,  über  feine  ^orträt«  u.  f.  \r). 
finben  fidjf  in  ben  Bijdragen   toertboHe  Unterfud^ungen  ©.«.    Der  ©treit    jtüifc^en   ben 

26glämifd^en  unb  ^efifd^en  aRennomten,  toelc^er  1566  feinen  2lnfang  na^m,  eine  ungemein 
toertoicfelte  ®efc^i^te,  ift  bon  ©.  jum  erftenmal  ju  bouer  RIarl(;eit  gebrad^t.  Daran  reil^en 
f\d)  eine  mennonitifc^e  Äir^enorbnung  bon  1581,  bon  ©.  au«  einem  3Kffrpt.  im  2lmfter= 
bamer  Slrc^ib  l^erauigegeben ;  ein  unebierter  SBrief  3Renno«;  eine  furje  um  1617  berf afete 
Gl^ronif;  eine  ®efc^i^te  ber  SRärt^rerbüd^er  (leiber  unboHenbet),  ber  ftirc^enlieber  unter 

30  ben  aWennoniten,  ber  S3ejie^ungen  jtoifc^en  ben  SMennoniten  in  §oflanb,  bejonber«  aber 
in  ßrefelb,  unb  ber  erften  beutf(^en  2lu«n)anberung  nac^  ^ßenni^Ibanien ;  „Mennisten- 
streken",  toorin  er  nac^toeift  toie  ber  Stuf  ber  iKennoniten  in  §oIlanb  bom  16.  ^cä^x- 
l^unbert  an,  al«  trieben  fte  bie  SJorfic^tigfeit  im  Sieben  bi«  gur  nur  nic^t  formellen  Un^ 
toa^^eit,  bal^er  rü^rt,  bafe  einige  (ober  md)  nur  einige)  au«  il^nen  bor  ben  3»^<|wiption«s 

85  gerieften  ftc^  ober  ben  irrigen  burc^  au«h)eic^enbe  9lnth)orten  ba«  Seben  ju  erholten  fuc^ten. 
Donn  aufeerbem  eine  gro^e  änjal^l  Heinerer  ^Rotigen  au«  bem  ®ebiete  bicfer  ©efdj^id^te, 
in  toelc^er  tool^l  noc^  niemal«  einer  behKinbert  getoefen  ift  toie  er.  Überbie«  erhjarb  er 
pdjf  ein  nic^t  geringe«  33erbienft  um  äffe  ^orfd^er  auf  biefem  ^Ibe  burc^  bie  iperau«gabe 
be«  Inventaris  der   archiefstukken,   berustende  bij   de  Ver.  Doopsgezinde   ge- 

40  meente  te  Amsterdam,  2  ftarfe  Sänbe.  Die«  ärd^ib  fotoie  bie  SibUot|>ef  berfelben 
©emeinbe,  jufammen  bie  toeitau«  reidj^^altigfte  ©ammlung  bon  Mennonitica,  Anabap- 
tistica  unb  Sertbanbtem,  toelc^e  überl^auj)t  ejiftiert,  l^at  er  me^r  al«  30  ^ai}xt  lang  ber= 
tpaltet  unb,  bom  gntereffe  ber  aSorfte^er  ber  ©emeinbe  unterftü^t,  bie  licbebottfte  ©orgfalt 
unb  3Kü^e  auf  beren  SBereidSierung  bertoanbt.    ßr  forgte  bafür,  bafe  au«  anberen  ärd^iben 

45  Slbfdjfriften  bon  Äriminal=9lften,  ©riefe  u.  f.  to.  bem  Slmfterbamer  Strc^ib  einberleibt  tourben, 
fd^rieb  für  ba«felbe  eine  2lngal^l  äßtenftüdfe  ab,  unb  ^at  fämtlic^e  barin  befinblic^e  ^a= 
l)iere  unb  öanbfdS^riften  burd[>gelefen,  fo  bafj  ber  Inventaris  bie  :^n^alt«angabe  faft  jebe« 
©tüdfe«  bieten  tonnte. 

aOäa«  bon  ©.«  ©efc^id^tc  ber  nieberlänbifc^en  ^Reformation  bi«  1531,  toa«  bon  feinen 

60  Seiträgen  jur  ©efc^id^te  ber  3Rennoniten  gilt,  ba^  er,  toeldj^er  ftd^  eben  fold^e  noc^  toenig 
burc^forfc^te  ®ebiete  hjä^lte,  too  $ionier«arbeit  ju  berric^ten  tüax,  bafelbft  burd^  neue  unb 
intereffante  ^^unbe  unb  Älarfteffungen  bi«  bal^in  bunfler  äbfc^nitte  unfer  SBiffcn  bereid^ert 
l^t ;  ba«felbe  gilt  bom  britten  ©ebiete  feiner  gorfc^ungen.  6«  umfafete  bie«  bie  8ron?niftcn, 
bie  in  ^offanb   angefiebelten   englifd&en  S"^^^"^^^^^'^^   ^^^  hjelc^en  bie  berül^mten  Pil- 

65  grimfathers  l^erborgingen.  3*^ar  l^atte  bie  Siebe  ber  3lmerilancr  ju  ben  Segrünbem 
il^rer  9lationalität  unb  i^rer  „grei^eit",  fotoie  bie  berbienftlic^en  „SRebotution«fird5>en"  2Bein- 
garten«  bie  Sebeutung  biejer  nac^  ßoffanb  emigrierten  ©emeinben  unb  be«  S^^n  Slobinfon, 
il^re«  ^aftoren  in  Seiben,  J^erborgepoben,  unb  33arcla^  l^atte  (Inner  lue  a.  s.  f.)  fd^on 
bie  Vermutung  au«gefj)roc^en,  befonber«  in  Slmfterbam,  bei  ben  bort  anfäjfigen  3»^^^<^"' 

60  beuten  fei  ber  ©c^lüffel  jur  Sluf^effung  mand^c«  nodjf  unaufgellärtcn  DunJel«  in  ben  eng= 


bf  ^00)1  ©f^effer  347 

lijd^n  Diffentcrö  bcr  StcDoIution^^cit  ju  fud^cn:  aber  gerabc  übet  bo^ienige,  it)a^  in 
ätnflerbam  bor  ftc^  öegangen,  toar  man  tro^  §anbur^  unb  Weniger  anberer  nur  f(^Ied^t 
unterrid^tct.  3)a  ^at©.  in  ben  Verslagen  der  Kon.  Akademie  1881  bic  Oefc^ic^te  biefer 
Srotoniften,  bcfonber^  bcrer  in  Slmflerbam  enböiltig  gefc^eben.  ^l}x^  \ü}x  feltenen  unb 
meift  in  ßnglonb  jerftreuten  %lvi^'  unb  ©treitfc^riften,  feine  J^orfd^ungen  in  ben  2lr(^iben  6 
ber  reformierten  unb  anberen  Jtird^engemeinben  in  ämfterbam,  bie  au^ebreitete  bon  i^m 
bewältigte  Sitteratur  unb  feine  grofee  Äombination^gobe  Ratten  i^n  bo^u  in  ftanb  gefegt. 
@d  mac^t  biefe  ©ef(^i(^te  ben  ©inbrucf  eineö  enblofen  SQäirriDarrö  religiöfer  ^ribats 
meinungen  unb  ber  berfc^iebenften  Slnfic^ten  über  ©inrid^tung  ber  redjften  ®emeinbe :  jebod^ 
ging  erft  ou«  bemfelben  unter  mand^erlei  Ääm>)fen  unb  Spaltungen  unb  bem  33erf e^r  mit  lo 
ben  ^ollänbifc^en  3)iennoniten  einmal  ber  ©laubc  an  bie  böllige  Trennung  bon  ©taot 
unb  Rir(^en  al^  bon  ®ott  geboten  für  ©nglanb  l^erbor,  fobann  1640  ober  1641  bie  nod^ 

ie|t  fo  fräftige  Äirdj^engemeinfc^aft  ber  Saj)tiften.     3)ie«  fül(;rte  ©.  i.  3-  1881  ^^^ 

um    einige  Söod^en   nad^  SSoHenbung  feiner  ätrbeit   feine  SRefultate   in  ber  mufterl^aften 
3lrbeit  ^eicterd:  Congregationalism  as  seen  in  its  Literature  beftätigt  ^u  finben.      i6 

2)ie  Srotoniften  führten  ©.  auf  bie  ©efc^ic^te  ber  Untertauc^ung^taufe,  tDel(^e  er  in 
einer  3lbl(;anblung  in  benfelben  Verslagen  der  Kon.  Akademie  1882  bel^anbelte.  3)en 
u.  a.  bon  Srenner,  ,,®efc^idSitl.  ©arfteUung"  1818,  gefammeltcn  3^wgniffen  über  bie  noc^ 
im  SDlittelolter  üblid^e  ^»"tnerfiongtaufe  fügte  er  neue  binju.  Sefonber^  bem  Sleformation«* 
jeitalter  toibmete  er  feine  ätufmerffamJEeit  unb  toie«  nac^,  toie  j.  S.  erft  um  1530  in  3o 
^Pommern  unb  Dänemari  biefe  ärt  ju  taufen  bon  ber  S3efi)rengung^taufe  berbrängt  tourbe, 
bie  Untertaud^ung^taufe  ßrtoad^fener  aber  ft)äteren  Urft)rung^  fei.  3)iefelbe  batiert  bon 
ben  t)olnif(^en  Unitariem,  bon  biefen  ^aben  bie  SoHegianten  (Rijnsburgers)  in  §ollanb 
biefelbe  entlel(;nt;  t)on  biefen  l^intoieberum  gelangte  biefelbe  1640(1641)  an  eine  ber  eng« 
lifc^en  taufgefmnten  ®emeinben  unb  berbreitete  fid^  rafdjf  unter  benfelben,  loeld^e  bon  ba  26 
an  eine  neue,  bon  ben  SRennoniten  gefonberte  Jtonfeffion,  eben  bie  ber  S3aj)tiften,  bilbcn. 
S)odS>  fel^lt  ber  (Sebanle  ber  Untertaud^ung^taufe  fdjion  früJ^er  unter  ben  ^oHänbifc^en  SRens 
noniten  nidjft  gänjlic^.  —  SQäa^  ©.  I^ier  an^  Sid^t  brachte,  ^at  nic^t  nur  neben  ben  Sir« 
beiten  3)e£ter^  u.  a.  bie  ba))tiftifc^e  Segenbe  bon  einer  ununterbrod^enen  ©ucceffion  il^rer 
Untertaud^ung^taufe  feit  ben  3li)ofteln  in  ber  ÄirdSie  unb  fj)äter  in  ol«  le^erifd^  berfdjirieenen  ao 
®emeinben  grünblid^  jerftört  (fo  ba^  feitbem  bie  beften  neueren  ba))tiftifd^en  Tutoren, 
9letoman,  Seaman  u.  f.  U).  biefelbe  bertoerfen),  fonbem  auc^  ben  rid^tigen  l^iftorifc^en  T^U 
beftanb  auf«  genauefte  flargefteUt. 

SlUe  biefe  ^orfdjfungen  brad^ten  ©.  in  lebl^afte  Äonefjjonbcnj  unb  freunbfd^ftlic^ 
33ejie](^ungen  mit  (Sele^rten  auö  ben  berfd()iebenften  Sänbem.  ©^  feien  nur  ßorneliu«  in  86 
aRünd^en  unb  9lipt)olb,  ßban^  unb  35ejter,  Slaufd^enbufc^  unb  5ßenn^t)a(fer  angeführt,  mit 
Welchen  le^teren  il^n  bie  Unterftü^ung,  loeld^^e  er  ben  f^otfc^ungen  ber  Slmerüaner  über  bie 
®efc|i(^te  i^rer  Später  (in  ©ermantoton  u.  f.  to.)  leiftete,  berbanb.  2lber  toie  mandi^er 
toiffenfd^aftlid^en  arbeit  in  feiner  ^eimat  unb  in  anberen  Sänbem  fmb  feine  reichen  Äennt^: 
niffe,  ift  feine  fclbft«  imb  neiblofe  SereittoiDigfeitju  Reifen  ju  ®ute  gejfommen!  4o 

3ur  boDen  SBürbigung  ber  Sebeutung,  toelc^e  ©.  befa|,  ift  aber  noc^  ein^  ju  er* 
iüälfinen.  SBJar  feit  ttwa  1660  2lmfterbam  bie 3)letroj)ole  be« 2:äufertum«,  —in  einer  be« 
geifterten  SReltorat^rebe  l^at  ©.  1885  feine  geliebte  ©tabt  ate  bie  „^reno^joli^"  unb„6leut^es 
ro^jolie"  be^  17.  Sabr^.  gefeiert  —  fo  bürfte  ©.  tool^l  ate  bie  aud^  im  2lu^lanbe  meift 
befannte  ^erfönlic^feit  an^  biefer  ©emeinfc^aft  gelten.  6r  toar  berjenige,  an  toelc^en  man  46 
ftc^  bon  allen  Seiten  toanbte,  fei  ^  um  gefd^idjftlic^e  ober  fonftige  3tu«funft,  ober  ani) 
too^l  um  Slat  unb  §ilfe  ju  erlangen,  ^n  ben  nieberlänbifd^en  ®emeinben  aber  na^m  er 
erft  red^t  eine  fold^e  centrale  ©tellung  ein.  Sei  bem  böÜigen  3"i>^^"*>^ti^'"w^  ^^^ 
®emeinben,  ben  niemanb  ftärfer  ate  ©.  jeber  3lbfd^lpäd^ung  gegenüber  immer  befürwortet 
^at,  ift  il^re  Sage  biefelbe  h)ic  in  allen  Demofratien.  2Bo  bie  georbneten  Organe  jur  ^Kad^t*  so 
au^^übung  fel^lcn,  regiert  ber  ©influ^  nidjft  offizieller  aber  ba^u  beanlagter  unb  befäl^gter 
^ßerfönlid^Ieiten.  3"  ^^  mennonitifd^en  Äreifen  tonnte  biefer  ßinflufe  faum  in  befferen 
§änbcn  liegen  ate  in  benen  ®.g.  9Jid;t  nur  burd^  feine  ©teDung  ate  Se^rer  fämtlid^er 
mennonitifc^en  ^rebiger  ober  ate  ftänbiger  ©efretär  ber  Algemeene  doopsgezinde  So- 
cieteit,  fonbem  burc^  feine  feltenc  Vertrautheit  mit  aDen  3lngelegen]^eiten  ber  ©emeinben,  66 
feine  Seutfcligleit,  fein  offene«  D^r  unb  §erj  für  aDer,  aller  Slnliegen,  fein  gänjlid^e« 
^intenanfe^en  eiaener  SKünfd^e  unb  ©^mj)atl^icn  unb  berftänbni^boDeiJ  ©inge^en  in  bie 
grofem  unb  bie  f leinften  ^ntereffen  ber  ©emeinfc^aft ;  fonbem  am  meiften,  n?eil  i^n  ebmf o 
mafellofe  Siec^tfd^affen^eit  toie  unbcbingte  ^wberldffigteit  auszeichneten,  l^at  er  ftc^  biefe 
©tellung  erhjorbcn  unb  biefelbe  ungeftört  fid^  erl^alten.    Einer  bon  benen,  toeld^e  el^rli(t;en  eo 


348  be  ^O0p  Sc^effer 

©innc«  unb  bicberen  Setragen«  ftc^  boc^  äufierft  feiten  ge^en  laffen;  bei  bencn  oBe«  |o 
tüo^  ertoogen  unb  reiflich  bebadjit  ift  bafe  il^nen  laum  je  ein  SBort  entf(^IiH)ft,  für  toeld^e« 
fte  nid^t  tooUftänbig  einfielen  fönnen.  @in  SKann  ntd^t  bon  bieten  SBorten,  umft(^ttg, 
bi^toeilen  tooifi  allju  umftc^tig,   unb  toelc^er  nid^t  fo  balb  in  fein  ^^nnere«  blidfen  liefe; 

6  hoi)  fül^lte  man  i^m  an,  bafe  er  mit  ungetl^eiltem,  bollem  §erjen  fid^  jeber  $erfon  unb 
Bai^t  h)ibmete,  mit  ber  er  ju  tl^un  l^atte.  ®iner,  auf  toeldben  man  red^ncn  fonnte;  babei 
immer  ben  ruhigen,  too^lmeinenben,  feinen  Umgang^ton  betoa^renb,  nie  ©treit  |erau^ 
locfenb,  nur  anjicl^enb  toirlenb.  Sei  bem  allen  h)ar  er  begabt  mit  einem  ungemeinen 
J)raftifd^en  Drganifation«talent;  nie  anber«  ate  grünblic^,  J)ünftli(^,  aüer  Dberfläd^lidfjfeit 

10  entfd^ieben  feinb :  fo  ift  er  35ertrauen«mann  getoorben  unb  geblieben,  überall  h)o  nur  feine 
iKitarbeit  in  Slnfprud^  genommen  tourbe;  nid^t  am  toenigften  felbftberftänblic^  in  ben 
jal^lreid[>en  ^nftituten  feiner  Äird^engemeinfdi^aft.  3)reifeig  ^a^xt  ^at  er  in  biefer  bie  ftärifte 
®inh)irfung  au^eübt.  ©einem  Sinfluffe  unb  feiner  9lnregung  |ift  bie  Segrünbung  mei^r 
d«  einer  neuen  ©emeinbe,  ber  Sau  neuer  Set-  unb  ^farr^öufer,  befonberö  auc^  bie  be* 

16  beutenbe  9lufbefferung  ber  ^rebi^ergel^^älter  ju  berbanfen.  aiud^  ben  unbebingten  Slnfd^lufe 
ber  mennonitifc^en  ^rebigerau^bilbung  an  ba«  tl^eologifc^e  ©tubium  auf  ben  fianbe^uni^ 
berfttäten  berbanit  man  in  erfter  Sinie  feiner  (Sinftd^t,  feiner  Sefttrtoortung,  feinem  (Sin* 
fiel^en  für  ungefd^mälerte  t^eologifc^e  Sluöbilbun^  ber  ^aftoren. 

Sei  allen  biefen  firc^lic^en  Semül^ungen  jeigte  ©.  fic^  aber  ftet«  erl^aben  über  jeben 

20  ©eltengeift,  gleic^toie  aUcS  ^ßarteitoefen  i^m  böuig  fremb  toar.  9iie  l^at  er  berfuc^t,  toeber 
für  feine  tl(;eologifd^e  SRidjftung  nod^  im  gntereffe  feiner  ©emeinfd^aft  and)  nur  ben  leifeften 
©rudt  auf  anbere  ju  üben.  Sielmel^r  betl^ätigte  er  bei  jeber  ©elegenl^eit  bie  ffrujjulöfefte 
©l^rd^t  bor  eine«  jeben  Selbftfiänbigleit.  ,,greih)illig,  nur  freiwillig"  foHte  für  jebermann 
bie  Sofung  fein   im  religiöfen  unb    ftttti^en  Seben.    ©etoä^ren   laffen,   nie  erjtoingen 

26  ober  gebieten  ^at  er  getooHt.  ®in  irgenbtoie  borgefd^riebene«,  auf  (Srunb  fei  e«  au^  leifen 
^toange«  übernommene«  ß^riftentum  galt  il^m  al«  ettoa«  Unwahre«,  unb  Untoal^rl^aftig- 
leit  al«  bie  größte  ©ünbe.  @«  mag  bie«  freilid^  mit  feiner  rul(;igen  ^erfönlidjfteit  au^ 
fommengel^angen  l^aben,  toeld^e  mel^r  anjog  al«  inH)onierte  unb  ber  ba«  begeifternoe, 
entjünbenbe  5Calent  !aum  berlie^cn  toar.    Die  g^age,  ju  toeld^er  Äonfeffion  einer  gehörte, 

80  ober  toelc^e  t^eologifd^en  Snftd^ten  er  belannte,  ob  ^^Jroteftant  ober  ^n\>t  ober  Äat^olit, 
lümmAte  il^n  gar  nid^t,  toeber  in  feinen  ©^mj)at^ien  noc^  in  feinem  Setragen  ober 
§anbeln  anbem  gegenüber.  6r  l^at  feine  Äirc^engemeinfd^aft  innig  geliebt,  ift  aber  nie 
ber  (Sefal^r  berfaUen,  fic^  ju  gebärben,  al«  fei  biefelbe ,  d^riftlid^er  ober  al«  befi^e  fte 
im  ©egenfa^  ju  anberen  Äonfeffionen  „bie  SBa^r^eit".    @r  ^ielt  auf   ein  G^riftentum, 

86  toobei  jtoar  jeber  im  eigenen  Äreife  bie  meifte  Sefriebigung  erl^ielt,  meiere«  aber  in  ben 
©d^eibetüänben  jtoifd&en  ben  berfc^iebenen  Äird^en  ni(^t«  religiöfe«  fpürt,  biefelben  meift 
!aum  ftel^t,  burd^  biefelben  l^inburd^  blidt  unb  l^anbelt.  Unb  beffenungeadjftet  ^at  er, 
toenn  einer,  feine  firt^lid^en  ©itten  unb  Drbnungen  ^od^ge^alten.  Unter  allen  anberen 
entbedtte  unb  begrüßte  er  aber  ani)  freubig  feine  ©inne«berh)anbten.    3)ie«  eben,  meinte 

40  er,  fei  ba«  ec^t  SMennonitifc^e,  bie  aSSeit^erjigleit  unb  grömmigleit  2)en(f«  unb  ®alenu« 
3lbral^am«j«.  3)aju  ba«  anbere:  eine  ®ottc«furc^t,  rein  unb  innig  unb  fräftig  genug  um 
leiner  Formulierungen,  leiner  ®ogmatif  ju  bebürfen,  löwnjp«  ju  bulben.  3«  ^^"^  bertrat 
er  ben  liberalen,  feingebilbeten,  borfic^tigen  l^oUänbifd^en  9Jcennoniten. 

©.  ift  jeitleben«  ein  Sertreter  ber  freiftnnigen  t^eologifdj^en  Slic^tung  geioefen,  früher 

46  ber  „®roninger  ©(^ule",  in  fl)äteren  ^a^ren  ber  mobemen  2:i^eologie.  ©tarf  biblifd?  gefärbt 
blieb  feine  SRit^tung  immer,  unb  befonberen  (gifer  anberen  ©c^ulen  gegenüber  enthjidelte 
er  nie,  toie  benn  jeber  (gjtluftbi«mu«  i^m  grünbli(^  jutoiber  h)ar.  6in«  nur  erregte  nod^ 
ftörler  feinen  2Biberh)illen :  jebe  2lrt  ^Jrömmigfeit,  toelc^e  e«  liebt,  in  äufeeren  gormen, 
lauten  Sieben,  eifembem  ^tnffax^U^tn,  ^roteftieren  unb  Sefämjjfung  anberer  [x^  ju  er^ 

w  gießen,  ©erabe  ba«  ©ntgegengefe^te  toar  e«,  toa«  er  tooHte,  unb  in  feinem  ganjen  fieben 
betlS^ätigte.  3)en  ©tauben,  feine  Überzeugungen  unb  ®otte«fur(^t,  meinte  er,  folle  ein 
jeber  in  feinem  3""^^^^  füt  [xd)  tragen  unb  bebalten  unb  ^jflegen;  ba«  bleibe  fein  ®e= 
l^eimni«  unb  ®otte«  ®e^eimni« :  h)e«^lb  biefelben  äufeem?  35e«  3Kenf(^en  SBanbel  ober, 
fein  ^nn  unb  Saffen,  ba«  unb  ba«  allein  entjiel^t  ftdjf  bem  Slidte  unb  be«l^alb  auc^  bem 

66  Urteile  anberer  nid^t.  Danach  beftimmen  ftc^  bie  Siebe  unb  ^oc^fc^ä^ung,  bie  toir  bem 
Släd^ften  fc^ulbig  fmb.  ©.  I^at  toeber  geglaubt,  bafe  anber«  al«  burdS)  folibe«  Söiffen  unb 
tüchtige  3lrbeit  eine  n)irfli(^e  Überzeugung  getoonnen  toerben  lönm,  xxod}  an  einen  anberen 
SBeg  uir  l^öd^ften  SBei«^eit  al«  ben  ber  3)emut,  ber  SBa^r^aftigfeit  unb  ber  Dienftfertigleit 
jum  Seften  anberer. 

60        ©0  Ih^  er  fein  ebenfo  für  Siele  fegen«reid^e«  toie  gefegnete«  Seben  beriebt,  in  glüdfs 


bf  ^00p  Sf^effer  ^ooptt  349 

liefen  ^milicnberl^ältnijlcn;  ein  rüffiger  2lrbciter,  ber  fein  toirUame«  3"^^r#  für 
©emeinben,  SBifjenfc^aft,  Station  mq  bann  noc^  betoal^rtc,  nadjfbem  er  bem  nieberlänbis 
fc^en  ®efe^  aemä^  im  Sßter  bon  70  ^af)xm  feine  ^ßrofeffur  |atte  nieberlegen  muffen. 
®r  blieb  in  Slmfterbam  too^nen,  unb  ftarb  bafelbft  am  31.  ^ejember  1893,  bon  %tm 
unb  Äinbem  unb  ej^emoligen  ©d^ülem  tief  betrauert,  toegen  feiner  grünbli^en  SBiffenfc^ft  6 
unb  reichen  Äenntniffe  l)oi)\)ttü}vt,  unter  ben  ^oHänbifc^en  9Rennoniten  toie  tool^I  lein 
anberer  geliebt,  au^erl(;alb  ber  eigenen  ©emeinfc^aft  unb  aud^  im  2lu^lanbe  mit  Slet^t 
einer  i^er  am  meiften  belannten  vlamta,  ®»  (S^ramer. 

$oo)ier,  S^Mf  Ö^P-  1555.  —  3Bcbcr,  ®e|c^i(^te  ber  afatl^ol.  S^lr^en  unb  @c!tcn  in 
®ro6britannien  II,   6.  106  ff.  Dictionary   of  National  Biography,  27.  ©b  1891,    @.304ff.,  lo 
wo  meitere  fiitteraturangaben. 

So^n  ^oojjer  (au(^  §oJ)er  unb  §ouj)er),  ber  9lnfänger  ber  J)uritanifd[>en  Setoegung 
in  ®nglanb,  ift  gegen  Snbe  be^  15.  ^la^rJ^unbertö  in  ©omerfetflj^ire  geboren,  ftubierte  eine 
3eit  lang  in  Orforb  unb  na^m  unter  bem  ßinflu^  ber  Schriften  S^inali^g  unb  SuHingerö 
frü^e  bie  ©runbf ö^e  ber  JHeformation  an ;  umfonft  fuc^te  ©arbiner  i^n  babon  abtoenbig  is 
in  machen ;  tomn  fc^on  baburc^  unter  §einric^  VIII.  feine  Sage  bebenllicb  tourbe,  toud^ 
bie  ®efal^r,  al^  bie  \^  Slrtifel  erfd^ienen,  innerhalb  beren  ©^^ranfen  ber  Äönig  bie  Ste^ 
formation  feftjul^alten  fuc^te.  ©^  tourbe  il^m  bereit«  ate  einem  gefäl^rlid^en  emj)örer  nac^« 
gefpürt;  aber  er  entlam  1539   berf leibet  nad^  granfreid^,   bon  ba  in  bie  ©d^toeij.    §ier 
trat  er  ^au^tfäc^lid^  mit  bem  Stntifte«  SuDinger  in  freunbWaftlic^en  33erlel(;r   unb  toib^  ao 
mete  fic^  mit  aller  Äraft  ber  ©eele  bem  ©tubium  ber  2;i^eologie  unb  ber  alten  ©Jjrac^en, 
bejonber«  ber  ^ebräifc^en.    ^m  3Kai  1549  fe^rte  er  na^  Snglanb  jurüdf.   3Kit  SuHinger 
blieb  er  in  brieflicher  SSerbinbung.    SKerltoürbig  ift  befonber«  ber  Srief,  toorin   er  ipm 
melbet,  bafe  ßranmer  unb  anbcre  Sifd^öfe  mit  ben  l^elbetifd^en  Äirc^en  in  allen  Dingen 
einberftanben  feien.    @r  tourbe  nun  Ha))lan   bei  bem  ^roteftor  ©omerfet  unb   geluann  26 
balb  burc^  feine  berbe  33efömj)fung  ber  lat^olifd^en  Seigre  grofee«  2lnfe^en  unb   in  feinen 
^ßrebigten  gewaltigen  S^lan^ ;  nä^ft  Satimer  toar  er  ber  beliebtefte  ^rebiger.  6r  betoirfte 
bamalg  au^,   bafe  Sonner  feine  ©teile  berlor.    ®raf  SBartoidt  berjc^affte  xi}m  1550  ba« 
33i«tum  ©loccfter.    aSor  ber  Äonfeftation  erl^ob  er  ©d^toierigfeiten,  worin  ftc^  feine  Dppo^ 
fxtion  gegen  bie  ärt  ber  S)urc^fül(;rung  ber  9lef ormation  hinb  gab  unb  toeld^e  beinal^e  bie  ao 
Ronfefration  hintertrieben  l^ätten.    6r  Weigerte  Rd^  nämlic^,  ben  bifc^öflid^cn  Ornat  anju- 
jiel^en,   bem  3Ketroj)oliten  ben  borgefc^riebenen  fanonifd^en  @ib  }u  leiften  unb  au^er  ber 
|eil.  ©c^ft  irgenb  eine  lirc^lic^e  Autorität  anjuerfennen.    ßranmer  fudi^te  bergeben«.  i^m 
feine  ©lrut)el  ju  nej^men.    SBarWidt  bat  ßranmer  um  9lac^giebigfeit,  oHein  biefer  lonnte 
nidjft  nad^geben,  Weil  er  fonft  in  Wid&tigen  3)ingen  ben  römif(^   gefmnten  Prälaten  l^ätte  86 
Äonjeffionen  machen  muffen.    2)ennod^  Wollte  er  nid^t  fogleic^  ^oojjer«  Ronfefration  auf= 
geben,  er  forberte  ba«  ®uta(^ten  Su^er«,  bamal«  ^rofeffor«  in  ßambribge,   unb  ^eter 
5Dlart^r«,  ^rofeffor  in  Orforb.    ^m^  erflärte  ftc^  im  allgemeinen  gegen  ben  bifc^öflid^en 
Ornat  al«  ben  Slberglaubcn  beförbemb,  meinte  aber,  ba^  §ooj)er  il^n  nic^t  bon  fid^  Weifen 
folle,  ba  er  gefe^lic^  eingeführt  unb  ben  Steinen  aDe«  rein  fei.  ^n  bemfelben  ©inne  \pxai)  40 
iKart^r.  §oo^)er  aber  lie^  fic^  baburc^  nic^t  umftimmen,  rechtfertigte  feinen  SSJiberftanb  in 
einer  eigenen  ©c^rift,  bie  er  fein  ®lauben«befenntni«  nannte,  unb  brachte  burc^  eifrige«  5ßre* 
bigen  gegen  bie  Orbination  unb  bifdjföflic^e  Äleibung   unrul^ige  Bewegungen   unter  bem 
aSolIe  ^erbor.    9lun  übergab  il^n  ber  gel^eime  9lat  ber  9lufftc^t  ßranmer«;   ol«  auc^  bie« 
nic^t«  fruchtete,   Würbe  er  gefänglich   eingejogen.    ^m  ®efängni«  Würbe  fein  ©inn  er«  46 
Weicht,  c«  lam  burc^  gegenfeitige  Äonjeffionen  ein  SSergleic^  ju  ftanbe.  iQooptt  leiftete  ben 
etwa«  umgeftalteten  6ib,   jjrebigte  bor  bem  Äönig  im  bifd^öflid^en  C^at,  burfte  aber 
fortan  ftc^  ber  3lnlegung  be«felben  entbalten,   au^er.   Wenn   er  bor  bem  Könige  ober  in 
feiner  Äatl^ebrale  ober  bei  einer  feierlichen  ®elegen^eit  ju  funftionieren  l^atte.    ©0  Würbe 
er  enblic^  8.  SRärj  1551    lonfefriert  unb  erhielt  balb  burc^  bie  Sereinigung  ber  beiben  60 
33i«tümer  bon  ®locefter  unb  SBorceftcr  einen  ^utoai)^  an  ®efc^äften,  aber  nidjft  an  ®es 
^alt.    ©eine  I^ätigfeit  unb  ©orgfalt  al«  ^rebiger,  ©eelforger  unb  Sluffe^er  über  bie 
©c^ulen   Werben  fe^r  gerühmt;   nid^t  minber  gro^  War  feine  Unerfdjfrodtenl^eit  in  $anbs 
Labung  ber  Äirc|enjud9t,   foWeit  biefe  bei  ber  mangelhaften  ßinridjftung   möglich   War. 
6r  erlitt  einft  t^ätlic^e  ^Kife^anblung  bon  ber  §anb  eine«  2lbeligen,   ben  er  Wegen  S^e*  66 
bruc^«  bor  fein  geiftlic^e«  ®erid^t  gelaben  unb  bem  er  einen  tüdjftigen  SerWei«  gegeben. 

§oo)3er  ftarb  auf  bem  ©dj^eiter^aufen,  eine«  ber  bielen  Oj)fer  ber  fatJ^^olifc^en  SRe« 
aftion  unter  SKoria  iubor,  1555.  ©eine  Wid^tigften  ©d^riften  fmb  Dict.  of  Nat.  Biogr. 
a.  a.  O.  ©.  306  berjeidjfnet.  -^erjog  f. 


350  ^oontbeel  $o)iltti9 

^oorilbeef,  go^anne^,  gcft.  1(566.  —  Vita  ab  amico  (^au.  Stuart,  ^rof.  in 
iJciben)  edita,  ^üornbcefö  iBiicft  de  conversione  Iiidorum  et  Gentilium.  ^Inifterbani  1669, 
öorgebrucft,  cycerpicrt  bei  Bayle,  dict.  bist.  S3b  II;  A.  J.  van  der  Aa,  Biographisch 
Woordenboek  der  Nederlanden,  ^oarlcm  1852  ff.  VIII,  2.  p.  1230  ff ,   luofclbft   üoQftSnbigc 

6  öibIiogrQpt)ie ;  ®^r.  @epp,  Hed  jgodgeleerd  onderwijs  in  Nederland,  iieibeu  1874. 

§oornbecf  tourbe  am  4.  9cot)embcr  1617  ^u  $aarlcm  geboren,  ate  ©o^n  einer  um 
be«  ©lauben^  toiUen  ou^  glonbcm  auögetoanberten  gamilie.  ©r  ftubierte  ju  Seiben  unb 
Utrecht,  tourbe  1639  $rebiger  einer  ©emcinbe  unter  bemÄreuj  guiKül^cim  a.  91^.,  1644 
5Brofeffor  ber  Xl^eologie  m  Utrei^t,   1645  jugleidjf  ^ßrebiger   ba|elbft.    ^ier    n?irftc  er  in 

10  (lintrac^t  mit  feinem  Se^rer  Soetiu«.  3"^  3^^^«  1^54  an  bie  Uniüerfität  Seiben  über^ 
gejtebelt,  tourbe  er  jum  tl^eologifc^en  §auj)tgegner  feiner  ÄoHegen  ßocceju^  unb  §eibanu^. 
6r  ftorb  bereite  am  1.  ®e))tember  1666.  §oombeef  ftellt  bcn  %\)pu^  eine^  ort^obojen 
nieberlänbifd^en  3^l^eologen  bar:  mit  au^ebe^nter  ©ele^amleit  unb  fc^olaftifdj^er  3)le= 
t^obe  bcrbinbet  er  ben  lebhafteren  Sifer  für  bie  praxis  pietatis  im  Scben  beö  ©Triften 

16  unb  ber  Äirc^e.  3)ie  SBeife  biefe«  t^eologifc^en  33etriebe^  erlennen  toir  au«  feinen  me^r- 
fachen  2lu%rac^en  über  bie  t^eologifdjfe  Silbung  (Oratio  inaug.  de  studio  SS.  theolo- 
giae.  Ultraj.  1644,  auc^  Francof.  ad  Viadr.  1697,  bgl.  bie  praefatio  ber  Institu- 
tiones) :  auf  ba«  ©^riftftubium  folgen  bie  bogmatifdjfen  institutiones,  bann  bie  contro- 
versiae,  enblid^  ba^  practicum  vitae  et  regiminis  b.  l}.  @t^it  unb  jlirc^enred^t.    Der 

20  l^iftorifc^  fej^r  intereffterte  ^oornbeef  fügte  biefem  (Sebäube  jule^t  noc^  ba^  historicum 
äufeerlic^^  ^inju.  3Son  biefen  gäd^em  ^at  er  mel^rere  in  größeren  Se^rbüc^em  bc^anbelt. 
(Seine  Institutiones  theologicae  ex  optimis  auctoribus  concinnatae  (Ultraj.  165:3/ 
Lugd.  Bat.  1658)  fmb  eine  l^iftorifc^e  Dogmatil,  in  toelc^er  praeter  ordinem  et 
ßummaria  bem  2lutor  nic^t^  angehört :   er  ejcerj)iert   ju  jebem  ©a^e  aufecr  bcn  Slefor- 

25  matoren  übertoiegenb  bie  ortl^obojen  5Jicberlänber  ®omaru^,  9Raccobiu^,  Soetiu^  u.  a. 
Denn  er  glaubte  imOegenfa^e  ju  ben  ßoccejanifc^en  Steuerungen,  omnia  tarn  bene  et 
copiose  a  prioribus  dicta  esse,  ut  raro  a  posterioribus  melius,  unb  fc^eute  ftd^, 
Don  ber  bod^  ^^^  ^^  33i^^l  ftimmenbcn  lird^lic^en  2:rabition  abxutoeic^en  (bgl.  93b  IV, 
©.  189, 7).    ^m  einzelnen  ift  §oombeef  gegen  bie  ßoccejanifc^e  äluflöfung  be^  Bahbaily- 

»gebotet  aufgetreten  (togl.  33b  IV,  ©.  192, 4o):  De  observando  a  Christianis  prae- 
cepto  Decalogi  quarto.  Lugd.  Bat.  1659  u.  a.  ©c^riften.  Dabei  gereidj^^  ^^  '^"^ 
jur  6^re,  bafe  er  über  bem  ©treit  bie  ^IJflic^t  be^  Jrieben^  nic^t  toergeffen  j^at.  ©ein 
Irenicum  sive  de  studio  pacis  et  concordiae  liefert  ein  leuc^tenbeö  93eijpicl  dj^rift^ 
lid^en  ©innc^,  inbem  e^  u.  a.  an  ben  geläufigften  cartefianifd^en  unb  coccejanifc^en  ©treit= 

86  fragen  jeigt,  h)ie  ber  t^eologifdjfe  Diffen^  bie  innere  ßintrac^t  nic^t  aufgeben  mufe.  Diefe 
9(^|anblung  erfd^ien  al^  Slnl^ang  ber  jtpeibönbigen  Theologia  practica,  Lugd.  Bat. 
1663  (audi^  Traj.  1689,  Francof.  1698),  toeld^e  bem  gefamten  Stoffe  ber  ^riftlic^cn 
Se^re  bie  et^ifc^en  S3^ie|^ungen  abgewinnt  unb  ben  Sieblingöfa^  §oombeefö  unb  ber  bon 
^m  vertretenen  ^l^eologie   (bgl.  auc^  93b  I  ©.  449,6)  betDÖ^rt:    theologia  tota   nisi 

40  practica  est.  Die  meiften  unter  $oombeefö  ja^lreic^en  ©c^riften  fmb  ben  Äontroberfen 
im  toeiteften  ©inne  getoibmet,  ber  33erteibigung  be^  ortl^oboj=reformiertcn  Äirc^enhjefen^. 
SSerü^mt  iourbe  fein  ftattlid^e^  i{onH)enbium :  Summa  controversiarum  religionis ; 
cum  infidelibus  (Gentilibus,  Judaeis,  Muhammedanis),  haereticis  (Papistis, 
Anabaptistis,   Enthusiastis   et   Libertinis,    Socinianis),    schismaticis    (Remon- 

46  strantibus,  Lutheranis,  Brouwnistis,  Graecis),  Traj.  1653.  1658.  Colbergae 
1676.  Francof.  1697.  Unter  ben  ©injelarbeiten  auf  biefem  ©ebietc  ragt  ioegen  be^  nod) 
beute  brauchbaren  l(;iftorifc^en  SKateriol^  ber  breibänbige  Socinianismus  confutatus 
^erbor.  Ultraj.  1650—64.  Sin  einfeitiger  ^olemiler  ift  jebod^  ^oornbeef  nid^t  getocfen. 
©eine  Dissertatio    de   consociatione  evangelica   Reformatorum    et  Augustanae 

60  confessionis,  sive  de  colloquio  Casselano  (3lmft.  1663)  iüurbe  bon  Stbr.  6alot}  mit 
einer  H^igen  Aoxiuaola  spiritus  syncretistici  (Witteb.  1667)  beantwortet. 

@.  %.  ^arl  mmtx. 

^opffva,  aijjrie«  f.  tg^jjten  33bl  ©.  215,i6ff. 

^o^iital,  SK.  be  2'  f-  2'§öt)ital. 

55  fio^ifiiie,  ©amuel,  geft.  1803,  fi>o)ilitt{tattcr.  —  ^lutobiograp^ie  in  ber  ©efamt* 
auSgaDc  feiner  ©crfe.  SebenSabriJ  t)on  ^rof.  ^arf  in  9lnbouer  al§  (Jinlcitunfl  in  bie  ®c* 
famtaufiigabe  ber  ©crfc  ^  ä,  1852.  Memoir  of  the  Life  and  Character  of  Rcv.  Samuel 
Hopkins,  D.  D.  formerly  pastor  of   the  first  Gongregational  Church   in  Ncw|3ort,    Rhode 


^opHn»  361 

Ilauds.    With  an  ap[)ondix.     By  John  Ferguson,    pastor  of  the  East  C^hurch  in  Attlebo- 
Fough,  Mass.,  Boston,  W.  KimbaLL  1830. 

©amuel  §o^fin«  tourbc  am  Sonntag  bcn  17.  ©e^jtember  1721  in  SQBaterburV, 
6onn.,  geboren,  ©ein  ©ro^bater  toar  au«  (Snglanb  eingetoonbert;  unter  ben  bier  ©öl^nen 
feine«  3Jater«  2;imotl^^  toar  ©amuel  6.  ber  jtoeitältefte.  S3Beil  er  an  einem  ©onntag  5 
geboren  toar,  beftimmte  i^n  fein  3Jater  jum  „Sabbath  day  man".  6r  l^atte  eine  fon« 
nige  Sugenb,  toar  fleißig,  gläubig,  geachtet;  be^üglid^  unfid^tbarer  35inge  toar  er  böDig 
forgio«.  35urci^  fleißige«  Sibellefen  lourbe  in  bem  Sierje^njä^rigen  ber  35rang  jum 
©tubium  geloedft.  Slac^bem  er  eine  3^'^  "^'^9  bon  einem  ^rebiger  unterrichtet  toorben 
toar,  trat  er  im  ©e))tember  1737  in«  f)ale  ßouege  ein,  h)o  er  ben  (Sinbrud  eine«  fel^r  lo 
frommen  Jüngling«  machte,  ©eine  grömmigfeit  toar  aber  nur  eine  äußere,  er  loar  in 
bem  3^""^^  befangen,  al«  beftel^e  alle  Sieligion  in  ÜJloralität.  ®ine  gro^e  religiöfe  @rs 
toecfung,  toeld^e  fid^  fotoo^l  in  feiner  §eimat  al«  in  ?)ale  bamal«  er^ob,  blieb  nid^t  ol^ne 
(Sinbrud  auf  il^n,  bod^  fam  feine  SSefe^rung  ju  toal^rer  $er5en«frömmigleit  erft  gu  ftanbe, 
al«  er  ftd^  im  §aufe  Sonat^an  ebtoarb«  (f.  b.  31.  Sb  V  ©.  171)  in  5Kort^^amj)ton  ©tu=  15 
bium«  falber  auffielt,  unb  gtoar  toar  e«  grau  (Sbtoarb«,  bie  befonberen  (Sinflufe  auf  ben 
jungen  §.  übte.  Sil«  er  felbft  befel^rt  toar,  bcrlangte  er  ©eiftlid^er  ju  toerben.  2lm 
29.  aiprit  1742  erhielt  er  bie  2l})^robation.  35oci^  befam  er  nic^t  fofort  eine  ©emeinbe. 
35ie  erfte  an  i^n  erge^enbe  Berufung  lehnte  er  ab,  toeil  ber  SSefd^lu^  nic^t  einftimmig 
toar.  ^m  ^a^xz  1743  tourbe  er  in  ®reat  Sarrington  einftimmig  getoä^lt.  3)ort  ber«  20 
heiratete  er  fic^  1748  mit  ^ol^anna  S^Ö^^"  ""^  tan^t  fidjf  ein  .öau«  unb  ein  Sanbgut. 
Unter  großer  ©elbfttoerleugnung  arbeitete  er  unter  ben  religio«  gleic^giltiaen  SSetooi^nem 
mit  Keinem  ©e^alt  faft  26  ^a^re  lang.  Ginige  ^af)xt  nad)  feinem  Slunug  in  ®reat 
Sarrington  erl^ielt  er  eine  Berufung  nad)  bem  in  ber  3läf)t  gelegenen  ©tocfit>ribge.  3)iefem 
9lufe  leiftete  er  felbft  nid^t  golge,  em^fa^l  aber  an  feiner  ©teile  3;onat^an  ©btoarb«  unb  25 
^atte  bie  ^eube,  biefen  feinen  bere^rten  Seigrer  unb  ^eunb  fed^«  Igal^re  lang  al«  nol^fen 
9lac^bar  ju  ^aben.  Sil«  ®btoarb«  furj  nac^  feiner  Entfernung  bon  bort  al«  ^ßräfibent 
be«  College  of  Sieto  3^f^  ^^  ^rinceton  infolge  ber  Slattem  geftorben  toar,  tourben  bie 
3Wanuffri^te  be«  SSeretoigten  auf  feinen  bei  Sebjeiten  geäußerten  SBunfd^  an  §.  übergeben, 
ber  auf  ©runb  berfelbeix  eine  Siogrop^ie  (gbtoarb«  berfafete.  Sil«  er  ^örte,  ba|  Igonatl^an  90 
ßbtoarb«  ber  3lüngere  in  ©efai^r  ftanb,  fid^  ju  einem  ®egner  ber  Seigren  feine«  SBater« 
m  enttoidfeln,  berief  er  i^n  ju  [id),  einen  aSBinter  bei  i^m  jugubringen  unb  bie  bäterlid^en 
uRanuffri^te  burd^uigel^en.  3lm  (änbe  be«  SBinter«  toar  ^onat^an  öbtoarb«  ber  gün^ere 
für  feine«  9?ater«  Seigren  toiebergetoonnen  unb  tourbe  f})äter  einer  ber  fä^igften  SSerteibiger 
berfelben.  85 

35ie  3:^ätigfeit  $.«  in  ®reat  Sarrington  lam  im  gal^re  1769  gu  einem  ^lö^lid^en 
unb  ärgerlichen  Slbfd^luffe  baburd^,  ba|  eine  3lnjal^l  ber  ®emeinbeglieber  il^re  Beiträge 
fünbeten,  unb  bie  ®emeinbe  infolge  beffen  außer  ©tanbe  foax,  ba«  ®el^alt  ferner  gu  be« 
gal^len. 

änfang  3uli  1769  toarb  §.  jur  ^robe^^rebigt  nac^  ^RetoJ^ort,  91.  g.,  berufen.   3)ort40 
arbeitete  er  na^e  an  brei  SSierteljabre,  bi«  er  cnblid^  am  11.  3lpxxi  1770  jum  ^ßaftor  er* 
toä^lt  tourbe.    Sebeutenber  3Biberftanb   l^atte  fic^  gegen  'xf)n  erhoben;  breimalige  SBa^l 
mußte  ftattfinben,  bie  le^te  fiel   na^egu  einftimmig   ju   feinen  ®unften  au«.    2lud^  biefe 
©emeinbe  toar  Hein,  unter  §.«  treuer  2lrbeit  fam   fie  empor.    Sr  ^ielt  außer  ben  reael« 
mäßigen  ®otte«bienften  nod^  befonbere  SSerfammlungen   in  feinem  §aufe  ab,  in  loeld^en  46 
er  fragen  ftellte,  ben  shorter  catechism  erflärte,  bie  biblifd^e  ®efd^id^te  erjäl^lte.    Slud^ 
regte  er  bie  ®otte«bienftbefud^er  an,  g^agen  bei  i^m  einjureicl^en  betreffenb  ©d^riftftetten 
ober  Se^ren.    einer  ber  fleißigften  Sefuc^er  biefer  Serfammlungen  fagte:  „§.  toar  immer 
bereit,  gerabe  fold^e  3lnth)orten  ju  geben,  toeld^e  bie  ^d^t  langer  unb  eingel^enber  Über« 
legung  gu  fein  fc^ienen."    ©eine  ®emeinbe  trug  er  treulid^  auf  betenbem  §ergen,   inbem  so 
er  geitentoeife  jebe«  einzelne  ®lieb  toom  älteften  bi«  jum  jünaften  bem  $erren  befal^l. 

(Sinen  großen  ^^eit  feiner  3lrbeit«fraft  l^at  §.  ber  Befreiung  ber  Slegerfllaben  ge« 
toibmet.  Sil«  er  nocl)  in  ®reat  Sarrington  Wax,  l^ielt  er  felbft  einen  ©Haben.  3(1«  er 
md)  9Jeto})ort  fam,  l}atU  er  i^n  aber  fd^on  berfauft.  ^n  biefer  ©tabt,  al«  einem  be» 
beutenben  §afenj)la^e,  toar  ber  ©flabenl^anbel  in  l^o^er  Slüte,  unb  faum  eine  ^Jamilie  55 
toar  o^ne  ©flat)e.  3)a«  Unrecht  biefe«  Ser^ältniffe«  fam  bem  3)r.  §opfin«  erft  bort  in 
ben  ©inn.  ©r  fa^  ben  ©flat)en^anbel  unb  ba«  ©flabenl^alten  al«  Slmerifa«  ^Rational» 
ftinben  an,  für  h)elc^e  aud^  nationale  Süße  get^an  toerben  follte.  Sil«  folc^e  fd^ien  ü^m 
bie«  am  geeignetften,  baß  befreite  5Kegerfflat)en  im  ß^riftentume  unterliefen  unb  al« 
SWiffionare  in  i^re  afrifanifc^e  §eimat  gefanbt  Würben.    3Jlit  einer  ^ßrebigt  gegen  ba«  co 


352  ^opnn» 

jQaltm  t>on  ©Haben  f)atU  er  in  ieiner  ©emeinbe  ben  mcrfhjürbigen  unb  il^m  fclbft  un= 
erwarteten  ©rfolg,  ba^  bie  Seute  [id)  h)unberten,  bie  ©ac^e  nod^  nic^t  in  biefem  Sichte 
betradjftet  nu  ^aben,  unb  bcfc^loffen,  bafe  ©flabenl^anbel  unb  ©flat)erei  al^  bem  (St)ange= 
lium  toiberf^red^enb   nid^t  me^r  in  ber  ©emeinbe  gebulbet  Werben  foUe.    6r  lie^   xWei 

6  öffenttid^e  Slufrufe  ergel^en,  um  ba«  amerifanifc^e  S}olf  m  beranlaffen,  jur  greifaufunö 
unb  äu^bilbung  bon  ©Hat)en  ©elbmittel  aufjubringen.  Stud^  an  ben  Äongrefe  ber  3Ser= 
einigten  ©taaten  rid^tete  er  im  ^ai)xt  ber  Unab^ängigfeit^erflärung  eine  äbrefle,  in 
toel^er  er  an  bie  (SrHärung  beg  Äongreffe^,  ba^  aÖe  ÜRenfd^en  frei  unb  gleich  geboren 
feien,   erinnerte  unb   e^  al^  barau«  refultierenbe  ^flic^t  ber  amerifanifd^en  &aaUn  bar^ 

10  ftellte,  bie  ©Haben  ju  befreien.  (Sr  grünbete  einen  aKiffion^berein  in  5Jeh)j)ort  unb  bifoete 
felbft  mel^rere  fromme  Slfrifaner  l^eran,  bamit  fie  al^  3Kiffionare  nad^  äfrifa  ge^en  foUten. 
®en  Äauf})rei^,  ben  er  für  feinen  frül[>eren  ©Haben  erl^alten  l^atte,  reid^te  er  alö  crfte 
®abe  bar  für  biefen  3^^f  ^'^  ^  überl^aupt  äu^erft  freigebig  beifteuerte. 

Seiber  fonnte   er  feine  ^läne  nidjft  in  (Srfüflung   ge^en  fe^en.    3)er  Ärieg  jerftörte 

16  il^m  aBe^.  3)ie  frommen  Sieger  Würben  au«  U)xm  ©tubien  geriffen,  ^.  felbft  mu|te  axx^ 
ber  ©tabt  fliel^en,  afö  biefe  im  ^af)xt  1776  bon  ben  (Snglänbem  eingenommen  unb  be^ 
fe$t  Würbe.  ®rei  ^aÜ^xt  lang  lebte  er  nun  in  ber  Verbannung,  armen  ©emeinben  an 
borfc^iebenen  5ßlö$en  ba^  (Sbangelium  ^rebigenb.  Site  er  nad^  Beigabe  ber  ©tabt  nac^ 
9leW})ort  jurüdfe^rte,  fanb  er  traurige  3wf^ö"^^  ^or.   3)ie  Äird^e,  bie  aU  ©olbatenbarade 

20  gebient  l^atte,  War  ^eruntergefommen,  Stangel  unb  SSänfe  jerftört,  bie  ©locfe  nac^  ©ng^ 
lanb  Weggefül^rt,  bie  ©emeinbeglieber  aber  Waren  jum  2;eil  aeftorben  unb  bergogen,  bie 
noc^f  bor^anbenen  fo  berarmt,  ba^  fie  nid^t^  me^r  für  bie  Äird^e  beitragen  fonnten.  irol« 
bem,  ba^  §.  alfo  feinen  ©e^alt  erwarten  fonnte  unb  obwohl  er  gerabe  in  jener  ^cxi 
eine  Berufung  an  eine  blül^enbe  ©emeinbe  erl[>ielt,  blieb  er  in  9{eW^ort  unb  arbeitete  bi^ 

26  an  fein  Seben^enbe  an  feiner  ®emeinbe,  o^ne  jemals  wieber  regelmäßigen  ©e^alt  ju  be- 
jiel^en,  auf  Wöd^entlic^e  Siebe^aben  unb  fonftige  ©ef^^enfe  angewiefen. 

3m  ^al}x^  1793  ftarb  feine  ©attin,  1794  ging  er  eine  jWeite  6^e  ein  mit  (Slifa^ 
beti^  SSeft  ^m  ^aÜ^xt  1799  traf  i^n  ein  ©c^laaanfaU,  bon  bem  er  fic^  aber  Wieber 
erl^olte.    Slm  20.  3)ejember  1803  ftarb  er  nad^  fcpWerem  2obe«fam^fe. 

80         §.  War  außerorbentlic^  tl^ätig.    6r  ftubierte  oft  bierje^n   bi^  f^d^je^n  ©tunben   an 
einem  2^ge.    Saf)lxÄ6)t  ©d^riften  finb  bie  %xui)t  feine«  gleißet.    3)ie  Wic^tigften  finb: 
„Memoir  of  President  Edwards"  1759  ober  1760. 

„An  inquiry  concerning  the  promises  of  the  gospel;  whether  any  of 
them  are  made  to  the   exercises   and  doings    of  persons  in   an  unregeneraie 

86  State.  Containing  remarks  on  two  sermons  published  by  Dr.  Mayhew  of 
Boston.  1765.  Tlat)f)eto  l^atte  beWeifen  Wollen,  bafe  SSer^eifeungen  für  bie  ©ebcte  unb 
Semüi^ungen  ber  UnWiebergeborenen  gegeben  feien.  $.  Witt  bagegen  beWeifen,  baji  ber 
©ünber  bor  ber  SSefe^rung  mit  feiner  ©ute^ber^eißung  begnabigt  toerbe,  unb  baft  er, 
anftatt  ermahnt  ju  werben,   Stnftrengungen  ju  machen,   ju  lefen  unb  um  Suj^e  ju  beten, 

40  aufgeforbert  Werben  folle,  Sufee  ju  tl^un  unb  bie  erften  SBerfe  ju  boDbringen. 

„The  true  state  and  character  of  the  unregenerate,  stripped  of  all  mis- 
representations  and  disguise'^  1769. 

„An  inquiry  into  the  nature  of  true  holiness,  with  an  appendix."  1773. 
©egen  ein  gegen  @bWarb^  gerid^tete«  ©d^riftd^en. 

46  „A  dialogue  concerning  the  slavery  of  the  Africans,  shewing  it  to  be 
the  duty  and  interest  of  the  American  States  to  emancipate  all  their  African 
slaves."  1776.    3)em  Äontinentalfongrefe  gewibmet. 

„An  inquiry  concerning  the  future  state  of  those,  who  die  in  their 
sins."  1783. 

60         ©ein  §auptWerf,  an  Weldj^em  er  ge^n  ;5a^re  lang  gearbeitet  l)ai,  ift:   „System   of 
doctrines  contained   in   divine  revelation,    explained    and  defended,    shewing 
their  consistency   and   connection    with  each  other."    Sln^ang:    „A  treatise  on 
the  Millenium."  2  »änbe,  1244  ©eiten.  @rfte  Auflage  1793,  gWeite  aufläge  1811. 
1795  unb  1799  fd^rieb  er  feine  ÜJlemoiren. 

66  (Sine  ©efamtau^abe  feiner  SBerfe  erfdjfien  1852  in  Softon  mit  einem  Slbrife  feine« 
Seben«  bon  5ßrofeffor  ^ßarf  in  3lnbober. 

©eine  l^aubtfäd^lic^ften  Sel^rfö^e  fmb  folgenbe: 

1.  ©Ott  ift  bie  Wirfenbe  Ui^ac^e  oBer  SBillen^t^ätigfeit  be«  mcnfc^lid^en  §erjen«, 
fei  biefe  gut  ober  übel. 

60         2.  ®ie  ©4fulb  ber  erften  ©ünbe  3lbam«  liegt  auf  9lbam  allein:  ftttlid^e  'iserberbni« 


^o)iItttd  $or(tttd  353 

befielt  au^fd^üe^lidjf  in  bcm  aBibertoiUcn,  ben  ba«  mcnfd^Kc^c  ^crj  bctocift  gegen  bie  2lu«= 
Übung  bef(en,  toa^  e^  t^atfäd^Uc^  unb  böQtg  fö^tg  h^äre;  )u  t>oIIbringen. 

3.  äÜe  3^ugenb  ober  toa^rbaftc  ^eiligfeit  beftel^t  in   einem  uneigennü^igen  ®ute^ 
tooHen  (disinterested  benevolence). 

4.  3HIc  ©ünbe  beftel^t  in  (Sigennu^  (selfishness).    2lu4f  bie  ©elbftliebe,  h)eld(>e  ben  6 
5IRenfc^en  anleitet,  bie  ©orge  für  baö  etoige  §eil  feiner  ©eelc   feine  bome^mfte  ©orge 
fein  gu  laffen,  toirb  aU  fünbig  berbammt. 

5.  SSerfö^nung  unb  Sriöfung   fmb   grunbfä^lic^   berfc^ieben;   bie   erftere  öffnet  bie 
^Pforte  ber  ®nabe,  bie  le^tere  t)ermittelt  (applies)  g^rifti  §etÖtool^ltl^aten  ben  (Sinjelnen. 

6.  SBirffame  Berufung  befte^t  in  einer  bon  ®ott  in  bem  .H^erjen  be^  ©ünbcr^  ge^  lo 
hjirften  SffiiHigfeit,  fic^  retten  ju  laffen. 

7.  Obtoo^I  (S^riftt  ®erec^tig!eit  ber  alleinige  ®runb  ber  Sled^tfertigung  be^  ©ünberg 
ift,  fo  tüirb  bodjf  biefe  ®ereci^tig!eit  nic^t  übertragen  (imputed). 

8.  SBu^e  ift  jeitlidjj  früher  aU  bie  Setbötigung  be^  ®laubeng  an  Gl^riftum. 
„.Öo^fin^ianer"  ^ei^en  biejenigen,  iDeld^e  bie  tl^eologifc^en  Se^rmeinungen  be^  3)r.  ^.  i6 

annel^men.  ©ie  bilben  burc^au^  feine  bcfonbere  ©ehe,  fonbem  finb  jal^lreic^f  in  allen 
calbinifc^en  Äirc^en  ämerifa«,  ©ie  f^alten  bie  meiften  cabinifdjfen  Seigren  in  il^rer  ej« 
tremften  %oxm,  bertoerfen  aber  tjöllig  atte  £el[>ren  t>on  ^ux^nunQ  (Imputation),  fei  e« 
ber  ©ünbe  2lbam«,  fei  e«  be«  SSerbienfte«  S^riftt.  Ji.  »rctibel. 

Horae  canonicae  f.  Sb  III  ©.  393,35, 6i  ff.  20 

^orbini^^  S^^ann  $cinrid),  geft.  1695.  —  ßitterotur:  30^.  Dotter!  Cim- 
bria  litteratall,  6.355—372;  3)?Qj:®öbel,  ®cf*i*te  be«  ^riftlic^eu  ßebcnS  in  ber  r^einif** 
roeftptjoIiWen  cüangclifc^en  ^ircfte,  «anb  2,  Äoblcnj  1852,  @.  591-615;  ^  3.  3B.  3BoIlcr8, 
S)er .&orbi{d)e  C)anbcl,  in:  4)Qmbur0  üor  200  Sauren,  4)Qmburö  1892,  @.161ff.;  ?lb©13.©b, 
(5. 12UR;  3o&-  öJeffcfen,  Sodann  ©incffcr  unb  bie  ^amburgifci&e  Äircbc  feiner  ßeit.  Hamburg  25 
1861.  S4gl.  andi  bie  3JiitteiIunaen,  meiere  ©effcfen  ouS  einer  glfi^ieitigen  IjQnbfcftriftlicIftcn 
e^ronif  in  ber  Scitjc^rift  beö  33ereinS  für  l}Qinburgifcftc  ®cfcöid)tc,  ©b  3,  @,  597  ff.,  t)Qt  ob^ 
brucfcn  loffen.  $)QUptqueOc  für  bie  ®cfd)icöte  beS  ^orbiuSfc^en  (Streite»  in  4)Qmburg  finb  bie 
jQ^Ircicften  bomolö  erf(l)icnenen  6treitfd)riften,  bie  aber  natürli^  fel)r  üorfiitig  bcnu^t  «»er= 
ben  muffen;  umfangreiche  Sammlungen  bcrfelben  befinben  fidft  auf  ben  öffentlichen  ©ibiio*  so 
treten  ^amburg^  unb  auc^  uielfac^  in  ^rtt^atbefit^  bafelbft.  ^ie  Schriften  ^orbiud'  tuerben 
Qu6er  bei  'äJlolIer  im  ficjifon  ber  r)amb.  ©cbriftftcfler,  93anb  III,  8.  357  ff.  aufgeführt.  — 
lieber  bie  Ä?ont)entifeI,  ujelcfte  ßange  unb  ß^Öer  in  4)amburg  hielten,  ügl.  (Srbm.  ^einr.  öJrof 
^en^el,  2)ie  legten  ©tunben  einiger  . . .  fclig  in  bem  ^errn  uerftorbcnen  ^erfonen,  Xeil  III 
(2.  9(ufl.),  C>ane  1726,  6.  103  ff.  —  3n  griebricft  3acob§  (Srjäljlungcn  G.  S3änbcben,  Scipjig  .35 
1828,  ©.  1--94,  bcfinbet  fid)  unter  bem  Xitcl  „^ic  Älug^eit  ber  ^ered^ten"  eine  nooeflen* 
artige  ©r^fttifung,  in  melcfter  ber  4'>orbiu3*'3D'ial)crJc^e  (Streit  bargefteOt  wirb. 

3o^ann  ^einric^  §orb  ober  §orbe,  getoö^nlid^  §orbiu^  genannt,  ©c^üler,  ^eunb 
unb  (Sc^mager  ©j)ener^,  tourbe  am  11.  3i"^i  1^^^  5"  ßolmar  im  ©Ifafe  geboren,  h)0 
fein  äJater  Slrjt  iDar,  unb  fc^on  in  frü^efter  gugenb  jum  geiftlic^en  (Staube  beftimmt.  io 
3Som  ^al}xt  1661  an  ftubierte  er  m  ©trafeburg,  Wo  ^ol^ann  Konrab  2)ann^auer  (geft. 
1666,  t)gl.  Sb  IV,  ©.  460  ff.),  Salt^afar  ©ebcl,  ber  §iftorifer  ^o^ann  ^mx'ii)  Soecler 
unb  in^befonbere  ©J)ener  feine  fie^rer  maren;  ^ier  iourbe  er  im  '^al}xz  1664  mit  19  3Ä^ren 
'})iagifter.  för  befud^te  bann  noc^  bie  Unit)erfttäten  ^tna,  2ei})5ig,  too  er  länger  t)em)eilte 
unb  3lffeffor  ber  i)^iIofo})f)ifc^en  J^afultät  tüurbe,  unb  ju  fürjerem  Aufenthalte  aud^  SBitten«  46 
berg,  ^elmftebt  unb  Äicl,  unb  begleitete  barauf  einige  reicl9e  junge  2eute  auf  i^ren  Steifen 
nac^  ^oDanb,  ©nglanb  unb  ^ranfrcic^.  3lu^er  ^^ilologifc^en  trieb  er  um  bicfe  ^^t  be« 
fonber^  bogmen^iftorifd;e  unb  })atriftifcä^e  ©tubien,  toon  loeld^en  einige  Heinere  ©Triften, 
bie  er  üeröffentlid;te,  S^^Ö'^^^  ablegen,  ^n  Utrecht  brachte  er  längere  ^^\t  bei  ^o^^nn 
®eorg  ®raetoiu^  ju,  ber  \\)n  befonber^  freunblid{>  aufnal^m.  SSiet  Ungemac^  ^atte  er  babon,  bo 
ba^  er  in  ^ari^  c^ofmeifter  eine^  jungen  Hamburger«  ^u\i\x^  2;^eobor  t>on  ÜJlüncl^^aufen 
tuurbe;  biefcr  machte  l^emac^,  al^  er  in  ein  lieberlic^e^  Seben  geraten  toar,  ^orbiu^  au^ 
So^^eit  ben  SSorlüurf,  er  ^abe  für  i^n  eingenommene  ®elber  unterfc^lagen  unb  berfolgte 
i^n  mit  Drohbriefen  unb  ^ßrojeffen  bii^  nad^  SQäinbö^eim  unb  Hamburg.  2)ie  ric^terlid^e 
Unterfudi^ung  ber  ©ac^e  ergab,  bafe  §orbiu^  ^'6d}\im^  ber  a?orh)urf  treffe,  ftc^  nic^t  über  55 
bie  richtige  2Jerh)altung  ber  Selber  genügenbe  Üuittierung  au^3ebcten  ju  ^aben;  feine 
fj)äteren  ©egncr  hju^ten  aber  biefe  ©ac^e,  auc^  al^  §orbiu^'  Unfd^ulb  un^meifelbaft  feft^ 
geftellt  loar,  noc^  in  unerhörter  55Jcife  jur  Untergrabung  feinet  Stufet  j\u  t)ertoenben.  (2)a^ 
9iä^cre  hierüber  älbS  a.a,D.).    ^m  guli  1671  ernannten  i^n  bie  ^^fal);grafen  bei  5R^cin 

9RcüU(^ct)fIopäblc  für  X^cologie  unb  ifkc^.    3.  «.  VIII.  23 


354  ^üxtM 

bon  ber  ijclbenjifclfen  unb  fronJ^eimtfd^en  Sinic  erft  ju  il^rcm  §ofl)rcbi0ct  in  Stfd^toeiler 
unb  bann  nad)  toenigen  9)lonaten  noc^  in  bemfelJ&en  S^i^re  jum  3nft>^ftor  unb  Pfarrer 
ju  %xaxba6)  an  ber  ÜJlofel.  3"  biefcm  3<»^^  l^ciratetc  §..  S^enerö  ©c^lDcfter  ©o^^ia 
Gäcilia,  bic  il^n  afe  SBäittüe  32  ^alfx^  überlebte  unb  4  ©öl^ne  ^interlie^.  ^n  Srarbadjf 
6  toirfte  er  ate  ©eelforger  mit  ungemeinem  ©fer,  geriet  ober  baburc^,  ba|  er  in  ©^enerfc^er 
SBeife  5ßribatanbad^ten  in  feinem  $aufe  beranftaltete  unb  ©j)enerd  pia  desideria  l)er= 
teibigte  (t)g(.  bie  3lu^abe  ber  pia  desideria,  ^anlfurt  1676,  ©.  163  ff.),  mit  feinem 
ÄoDegen  älmolbi  in  ©treit;  er  toarb  toegen  falf^er  Sebre  t)erflagt,  am  1.  ^ebruar  1678 
bom  Slmte  fuö^enbiert  unb  ^og  bann,  obfc^^on  bie  ®rafen  i^n  galten  trollten,  t>or,  toeite* 

10  ren  ©treitigfeiten  baburd^  au^  bem  SGBege  ju  gelten,  bafe  er  einem  Stufe  atö  ©u^erinten^ 
beut  unb  ^aftor  nac^  SBinb^l^eim  in  gramen  im  ganuar  1679  folgte.  2)oci^  auc^f  l^ier 
follte  er  nid^t  lange  SluJ^e  l^aben;  Slmolbi  beh)irlte,  bafe  auc^f  feine  SBinb^l^eimer 
ÄoUegen  gegen  i^n  afe  einen  grrlei^rer  auftraten  unb  ba«  9Solf  fo  toiber  il^n  erregten, 
bafe  bic  Dbrigfeit  il^m  Slu^e  berfc^ffen  mufete.    ^^leic^  tourbe   er  im  ^a\)x^  1679  bon 

16  bem  ^Prebiger  ju  Slorbl^aufen  ®eorg  Äonrab  3)ilfelb  in  ber  „Theosophia  Horbio- 
Speneriana  ober  fonberbare  ©otte^gele^rt^eit  $erm  §enrici  ßorfo  unb  feineiS  ©c^ftoager^ 
§erm  ^^ilij)^i  ^öcobi  ©bener^",  ©trafeburg  1679,  4*,  anaegriften,  toeld^er  ©d^rift  ©j)encr 
)u  feiner  unb  §orbiug'  Serteibigung  feine  „allgemeine  ©otteggelel^rt^eit  aller  glaubigen 
ß^riften  unb  rec^tfd^affenen  3:i^eologen",  g^anffurt  1680,  12^  unb   öfter  gebrudtt,   ent^ 

20  aegenfe^te.  §.  l^at  barauf  noc^  bier  ^af^xt  ungeftört  in  ©egen  gu  SBinb^^eim  geh)irft. 
aiuf  (äm})fe^lung  be^  ^aftor  3«>^ann  SBindler,  ber  bamate  felbft  erft  feit  tbenigen  SBod^en 
in  Hamburg  toar,  tourbe  er  am  29.  35egember  1684  nim  ^aftor  (je^t  §auj)t^)aftor  ge^ 
nannt)  an  ber  ©t.  SJifolaifirc^e  ju  Hamburg  erlbäl^lt.  ®a^  9Rinifterium  (b.  ^.  bie  ©tabt= 
geiftlid^feit)  in  .^amburg  ^atte  bor  ber  SBol^l  SBebenfen  gegen   i^n   gel^abt   unb  fic^f  ein 

26  ©utad^ten  über  feine  Se^re  bon  ber  t^eologifdj^en  gafultät  in  ©tragburg  erbeten ;  obfd^on 
bie  ainttoort  nic^t  ganj  günftig  für  ^orbiu«  lautete,  toarb  er  bann  boc^  burd^  aSJincfler« 
(Sinflu^  bon  ben  Äirc^enborftel^em  einftimmia  ertbä^lt.  9lad^  einigem  Sebenfen  na^m  §. 
bie  SQäa^l  an,  ^iclt  am  15.  g^bruar  1685  feine  2lbfd^ieb^^rebigt  \n  SBinb^l^eim  unb  trat 
am  8.  2l})ril  1685  fein  neue^  SKmt  an.  ©in  gal^r  naö)  il^m  fam  ^o^ann  ^Jriebrid^  3Ra^er 

30  ate  ^aftor  ju  ©t.  ^afobi  nac^i  Hamburg,  ber  3Kann,  ber  unter  allen  feinen  .^amburger 
ÄoDegen  i^m  ^ema^  am  fc^färfften  entgegentrat.  §orbiu^  fanb  in  Hamburg  balb  eine 
au^cbel^nte  unb  crfolgreidjfe  2^ätigfeit;  ober  er  ^atte  aud^  bon  2lnfang  an  biele  SBiber- 
fad^er.  Unter  ben  fünf  §au^)t))aftoren  toaren  ©amuel  ©d^ul^  (geft.  1699)  unb  ber  ge= 
nannte  9Rabcr  entfc^iebene  ®egner  be«  peti^muö;   bie  beiben  übrigen,  ^^l^^nn  SBindlcr 

.Jörn  ©t.  5Kid^aeliö  (geft.  1705)  unb  abral^am  ^incfelmann  ju  ©t.  Äotj^arinen  (geft.  1695), 
ftanben  auf  §orbiu^'  ©eite;  ©d^ul^  unb  ÜKa^er  Ratten  im  ÜJlinifterium  bie  ÜJtaiorität; 
in  ben  ©emeinben  ftanb  man  im  großen  unb  ganjen  ju  feinem  $auj)t})aftor.  2)er  erfte 
größere  firc^lic^e  ©treit,  ben  .^orbiu«  in  Hamburg  erlebte,  toar  ber  über  bie  3"Iäffigfeit 
be«©dS>aufj)iete;  in  biefem  ftanb  ©d^ul^  noc^  auf  §orbiu«'  unb  SQäindfler«  ©eite ;  ftorbiu^ 

40  felbft  ift  bei  i^m  nodjf  Weniger  beteiligt.  Site  ©Aul^  aber  am  28.  Oftober  1688  ©enior 
geworben  iDar,  er^ob  er  bei  allen  ©elegenl^eiten  Älagen  über  bie  ©i^toärmer  unb  Duäfer, 
mit  iDeld^en  3luebrüdEen  er  bie  ^eunbe  ©]penerg,  bor  allen  feine  ÄoUegen  3BindEler  unb 
§orbiu^  unb  bie  fid^  gu  i^nen  l^ielten,  meinte.  I)afe  namentlid^  in  Saienlreifen  allerlei 
Ungc^örigfeiten  borgefommcn  fein  mögen,   3lu^h)üc^fe  ber  pietiftifd&en  SeiDegung,   toeld^e 

46  bamaU  fic^  immer  toeiter  ausbreitete,  fann  nic^t  geleugnet  tocrben ;  anbererfeitS  maren  bie 
Untcrfuc^ungen,  bie  barüber  angefteDt  tourben,  toenig  geeignet,  ethjaige  Serirrungen  gu 
befeitigcn,  fonbem  goffen  nur  Öl  inS  geuer.  Sefonberen  änftofi  erregten  bie  Äonbentifel, 
bie  ein  Äanbibat  9Jifolau«  2ange  (bgl.  SlbSB,  17.  Sb,  ©.648  ff.),  bem  auf  ^indfelmannS 
Sorfd^lag  bie  3KontagSbrebigten  in  ber  ©t.  9Jitolaifirc^e  übergeben  maren,   leitete;   mit 

50  Sänge  bcrbanb  fic^  Sber^arb  3^^^  ^^^  fr"^^  ^rebiger  im  Säürttembergifc^en  getoefen 
toax  unb  bamate  o^ne3lmt  in  Hamburg  lebte;  in  biefem  Äreife  laS  man  SBö^me«  ©d^riften 
mit  SSorliebe  unb  geriet  in  eine  mel^r  ober  Weniger  Krcl^enfeinblid^e  ©lellung.  Dbfdjfon 
fid^  nun  §orbiuS,  äßindfler  unb  §mdelmann  entfd^ieben  bon  fiange  unb  feinem  2;reiben 
lo^gefagt  Ratten,   fo  tourbe   eS  i^nen   bon  ibren  (äegnem  boc^  jur  iJaft  gelegt  unb  bic* 

66  jenigen  ^^^ribatanbac^ten,  tDeldj^e  fie  l^ielten,  hiurben  bon  ©d^ul^  unb  feinen  ^eunben  ge* 
rabefo  beurteilt,  loie  bie  ber  @e))aratiften.  ©o  \t>ax  c«  bcnn  auc^  gegen  fie  gerichtet,  afe 
ber  ©enior  ©4ulb  (nic^t  3Ka^er,  toie  meiftenS  erjäl^lt  h)irb)  am  14.  SKärj  1690  bon 
feinen  fämtliAen  Kollegen  im  3Winifterio  bie  Unterfc^rift  eineS  SRebcrfeS  forberte,  burc^  ben 
fte  fid^    ber^flic^ten   follten,    äße  „Pseudophilosophos,   antiscripturarios,    laxiores 

tx)  Theologos  unb  anbere  Fanaticos,  namentlich  ^alob  Söl^men,  aud^  Chiliasmum  tarn 


^orSittd  ^otdtt  355 

subtiliorem  quam  crassiorem  ju  bcrtoerfen;  tl^rc  Slnl^ängcr  für  feine  Srüber  ju  er* 
lennen,  [ie  nid^t  entfc^fulbigen  ju  tooDen"  u.  f.  f.  3"  ^^^  ©treit,  ber  l^ierüber  au^brad^ 
unb  nur  inxi)  SSermittelunö  be«  ©enate^  mit  einem  falben  ^rieben  cnbete,  tarn  nun  aber 
bolb  ein  nod^  ijiell^eftigerer.  ^orbiu«  berteilte  am  ©ilbefterabenb  be^3Ä^'^^1692  unter 
bie  Äinber  unb  3)ienftboten,  bie  il^m,  ber  in  Hamburg  beftel^enben  ©itte  gemä^,  Sleujal^  r, 
gefd^enfe  brac^^ten,  ein  Heine« 'öticilein :  „3)ie  Älug^eit  ber  ®erc((^ten,  bieÄinber  nac|  ben 
n>a^ren  ©rünben  be«  G^riftentumö  t>on  ber  SQBelt  ju  bem  §erm  ju  erjie^en",  5  ©eiten 
ajorrebe  unb  89  ©eiten  lejt  in  12'  (nad^  bem  2lbbrucfe  §amburg  1693,  ber  aber  üiel« 
leidet  ein  jtoeiter,  nic^t  ber  üon  §orbiu«  berteilte  ift).  3)iefer  Meine  2^raftat  toar  juerft 
franjöfifc^  erfc^fienen;  §orbiu«  fannte  ben  SSerfaffer  nid^t;  il^m  toar  bie  beutfd^e  Überf^ung  lo 
be^felben  au«  ©tabe  iäerfanbt,  unb  er  l^atte  jte  mit  ber  bon  il^m  üerfa^en,  aber  niAt 
utttei^^fneten  Sorrebe  brucfen  laffen.  3)er  Serfaffer  biefer  ©d^rift  toar  ber  franjöfifd^ 
3R^fttIer  ^eter  ^ßoiret,  geft.  1719,  ein  Sln^änger  ber  3lntoinette  Sourignon,  (nid^t  ber 
Sefuit  $oiret).  §orbiu«  l^atte  ft(^  burdjf  ben  (Smft  biefe«  Stid^lein«  beranlagt  gefeiten, 
e«  ju  verbreiten,  ba  er  mit  bem  3Jerfaffer  bie  3Wängel  ber  bamaligen  ©rjie^ung  beflagte,  i6 
unb  l^atte  babei  bie  bebenflic^en  Überfc^toenglic^feiten  manc^^er  3lu€*rüde  unb  Slnfic^ten 
überfeinen;  er  l^at  f)>äter  felbft  bie  ^erau^abe  bereut.  SHber  bag  ftd^  nun  ein  fol^^er 
©türm  toiber  i^n  er^ob,  toie  namentlid^  HRal^er  il^n  in  Setoegung  fefete,  burd^  ben  bie 
ganje  ©tabt  in  Slufrul^r  geriet,  ba«  l}atU  er  nid^t  berbient.  3)ie  (Sinjel^eiten  biefe«  ©treue« 
^u  erjäl^Ien,  toürbe  l^ier  ju  toeit  ftil^ren;  toir  muffen  für  fic  auf  bie  oben  ertoä^nten2o 
©duften,  namentlid^  auf  ©effdfen«  SBindEler,  t)ertoeifen.  2)ie  (Erbitterung,  mit  toelc^er  ber 
©treit  auc^  auf  ber  Äanjel  unb  in  ettoa  jtoei^unbert  Heineren  unb  größeren  ©^riften 
gefül^rt  tourbe,  —  mitunter  erfc^ien  2^g  für  3:ag  eine  neue  ©treitfd^rift,  —  erflärt  fxö) 
\)0x  allem  au«  bem  G^rafter  SKa^er«,  ber  fid^  fo  jiemiid^  jebe«  ÜRittel  erlaubte  unb  in 
bem  Äamt)fe  gegen  §orbiu«  feinem  ^ag  gegen  ©^ener  boHen  Sauf  liefe;  bgl.  audb  benas 
ärtifel  Sodann  ^ebridjf  aRa^er.  %nx  §orbiu«,  ber  in  feiner  ängftlidjfen  SBeife  ma\}tt 
nxd)i  getoac^fen  toar  unb  fic^  audjf  mel^ad^  unborfidj^tig  benal^m,  enbete  ber  ©treit  bamit, 
bafe  in  einer  l^öc^ft  tumultarifc^en  SSerfammlung  ber  Sürgerfd^aft  am  24.9lobemberl693, 
in  toelc^er  namentlid^  HRa^er«  2ln^änger  unter  ben  §anbtoertem  ijg>ren  SBißen  burd(>fe$ten, 
befc^loffen  toarb,  bafe  er  remobiert  toerben  unb  bie  ©tabt  unb  il^r  ®ebiet  meiben  foHe.  ao 
§orbiu«  jog  ftc^  nac§  ©c^leem«,  einer  l)olfteinif(l^en  Ortfc^^aft  im  Äirc^jpiele  ©teinbed,  nid^t 
ganj  jtoei  ©tunben  öfttid^  bon  Hamburg,  jurücf.  ^m  Januar  1694  toarb  auc^  feine  grau 
gejtoungen,  ba«  ^ßaftorat  ju  berlaffen.  Dbtool^l  nun  ba«  Äird^enfoDegium  ui  ©t.  Sliiolai 
feine  Slbfe^ung  nic^t  anerfannte  unb  ber  ©enat  il^m  burdjf  3)e^)utierte  fein  aRifefallcn  über 
ba«  ©efd^ei^ene  ju  erfennen  gab,  gelang  e«  bod^  nid^t,  i^n  toieber  in  fein  2lmt  junldju*  ss 
führen.  3^"^  tourben  au«  allen  ©tänben  bielerlei  Setoeife  ber  "Seilnal^mr,  i)on  au«^ 
toärtigen  greunben  crl^ielt  er  ja^lreid^e  Sriefe;  aucl^  Berufungen  in  anbere  SImter  tourben 
i^m  JU  teil,  bie  er  jeboc^  nic^t  annahm,  ßr  ftarb  am  26.  S^nuar  1695  unb  ift  in  ber 
©teinbeder  Äirc^e  begraben.  Carl  IBertlleaii. 

^orc^e^  ,§einridS>,  geft.  1729.  —  ^.  mbd,  (äJefcft.  be«  d)rlftl.  fieben«  in  ber  r^ci*  40 
nlfcft-roeftfälifc^en  cuangcüjcticn  ieird)e,  2.  u.  3.  ©b.  ßoblcnj  1852,  1860;  gr.  5ß.  »art^olb, 
3)ie  (Sriuecftcn  Im  proteftantifcftcn  5)eutf(ftlQnb  roö^rcnb  be«  ^lu^gang«  be«  17.  unb  ber  crftcn 
•Öftlftc  be«  18.  3a^rbunbert«;  bejonber«  bie  frommen  ©rafenftöfe:  9?Qumer«  l)ift.  XQfcl)cnbu(ft, 
3.  &.,  3.  ^ai^x^.,  1852,  1.  ^bt^.  @.  96  f.  150  f.;  $).  ^od)^ut^,  ^mxüdi  4)or(^e  unb  bie  p^i* 
labelp^ifd)en  ®emeinbcn  in  Reffen,  ®üter«lof)  1876.  45 

,§einrid^  §ord^e  tourbe  am  12.  3)ejembcr  1652  ju  ©fc^toege  an  ber  SBena  geboren, 
in  ber  ©d^ule  bafelbft  borbereitet,  unb  bejog,  in  ber  älbfi^ft,  TOat^ematif  unb  ^^ilofo^l^ie 
JU  ftubieren,  in  feinem  18.  '^af^xt  bie  Unitoerfität  ÜJlarburg.  9lber  angeregt  burc^  S^eo« 
bor  Unterei^f  in  Gaffel  unb  ergriffen  burd^  bie  t)on  ©^ener  au«gegangene  SSetoegung, 
toanbte  fid^  .^orc^e  bem  tl^eologifc^en  ©tubium  ju,  folgte  1671  bem  nad^  Sremen  be« » 
rufenen  Untere^!  (geft.  1693),  t)on  too  er  1674  al«  begeifterter  Slnl^änger  ber  ßartefia* 
nifd^en  ^^ilofoj)^ie  nad^  SRarburg  jurüdtfe^rte  unb  l^ier  bem  ©tubium  ber  9Rebi«n  unb 
9laturlel^re,  freilirf)  nur  auf  !urje  ^c\t,  fic^  jutoanbte.  3^^  3<^^^^  ^<»^  ^  "^^^^  "^er  Se^ 
gleiter  eine«  jungen  ©rafen,  ijertoeilte  mit  bemfelben  in  35anjig,  granffurt  a.  D.  unb 
Serben  unb  begab  fid^  t>on  ba  jur  ßrl^olung  au«  fc^toerer  Äranfl^eit  nad^  ber  $eimat,  too  66 
er  mit  ©leid^gefinnten  3lnbad^t«übungen  ^ielt  unb  baburc^  ben  ©runb  gu  ben  in  Reffen 
auftretenben  ))l^ilabel^l^ifc^en  ®emeinben  legte. 

3n  .^eibelberg  1683  2)iafonu«  getoorben,   tourbe   er  al«   ßi^iliaft  berbäd^tigt.     3n 
Äreujnad^    1085   jum   §oft)rebiger  ernannt,   ri^ftete   er  nad^  ©pener«  SSorgange  Sibel- 


356  ^on^f  ^ormUbad 

Übungen  ein  unb  ern^pnö  bei  ber  britten  ©äfiilarfeier  ber  Unit)erfität  §eibelberg  bie 
tbeologifdjfe  ajoftortoürbe  (25.  9Job.  1686).  9Jac^  biefer  ©tabt  fe^rte  er  1687  ate  britter 
^prebiget  an  bie  Äirc^e  mm  I^l.  ®eift  «irücf.  2)en  Sertoidelungen,  in  meldj^e  er  ^ier 
mit  ben  !3efuiten  toe^en  oer  80.  ^age  oe^  ^eibelberger  Äatet^iömu^  geriet,   entzog   il^n 

6  bie  Berufung  an  bie  beutfd^-reformiertc  ®emeinbe  ju  ^anffurt  a.  ^.  1690  hjurbe 
er  Pfarrer  unb  ^rofeffor  gu  §erbom.  35ie  SSibelübungen  folltcn  if^m  ÜJlittel  unb  S3äege 
abgeben  für  Stu^fül^rung  feiner  reformatorifc^en  gbcen,  nämlic^  a})oftoIifci^e  fief^re  unb 
<H)oftolifci^e^  Seben  in  ber  gorm  ber  opoftolifc^en  Äird^e  einzuführen.  6r  trat  in  ben 
Umgang  mit  ben  ©et)aratiften  unb  namentlidjf  mit  bem  toegen  feiner  unfmnigen  ©d^toärs 

10  merei  gefangen  gefefeten  Klopfer,  rül^mte  fid^  allerlei  ©efic^ter  unb  göttlicher  SSifionen, 
nannte  bie  ©c^ulen  ©atan^fc^ulen,  bie  Äird^en  Säbel  unb  Se^rer  unb  ^rebiger  antid^riftifd^e 
Wiener,  bertoarf  ben  S5efu4  ber  Äirc^en  unb  be«  Stbenbmai^l^,  beftanb  bei  ber  3:<uife  auf 
ßintaud^en  ber  Äinber  unb  räumte  iebermann  ba^  Stecht  ein,  im  öffentlid^en  ®otte«bienft 
au  reben.    3)a  ^ordjfe  ai/c^  für  toieberl^olte  Ermahnungen  unjugänglic^   toar,   auc^  bie 

16  Slec^tgläubigfeit  ber  ©c^ule  ui  §erbom  angejtoeifelt  tourbe,  fo  tourbe  er  ani  feinem  3lmt 
am  15.  ^bruar  1698  entlaffen. 

©eine  3lbfefeung  toar  ba^  ©ignal  jum  offenen  Äu^brud^  be^  ©ejjarati^mu^  in 
Reffen  unb  Slaffau.  ßw^^^f*  ^^*  ^orcpe  in  einen  toeitläufigen  ^olemifc^en  ©d^rift* 
toed^fel  mit  feinem  frül^eren  ÄoDegen  §ilbebranb,  toel^^er  in  erbitterte  })erf önlic^e  gnbeltiljen 

30  au^rtete  unb  richtete  $rit)atberfammlungcn  ein,  gu  toeldj^en  fic^  bie  ©e))aratiften  unb 
ß^iliaften  bon  toeit  unb  breit  einfanben,  unter  anberen  ber  au^  $}em  Vertriebene  fc^toeije= 
rifc^e  ©^ital^rebiger  ©amuel  Äönig  mit  feinem  anfange.  3)ie  näc^ften  ^ü}n  ^al^re  führte 
$orc^e  ein  unftöte^  unb  fc^toärmerifdjfe«  Seben,  gog  lel^renb  unb  i)rebigenb  um^er,  um 
ben  ©runbföfeen  feiner  gereinigten  Sieformation  Eingang  ju  fd^affen.   3)ie  SSer^anblungen 

26  ber  t^eologif d^en  Jfafultät  ju  SKarburg  mit  ^ordj^e  bom  27.  Sluguft  bie;  5.©e^)tember  1699 
toaren  erfolglos,  er  feierte  nadb  $erbom  jurüd  unb  l^ielt  auf  bem  Slat^aufe  bafelbft  mit 
Steife  unb  Äönig  an  öjfentlid^en  HRarlttagen  SBerfammlungen.  SBegen  offenen  2öiber= 
ftanbe^  gegen  bie  obrigteitlid^en  ®ebote  au^  SRaffau  bertoiefen,  begab  er  fid^  nac^  Reffen 
jurücf,  lüurbe  aber  in  ÜJlarburg  gefangen  gefe^  (12.  Slot).  1699),  too  er  in  l^eftigen,  reli= 

80  giöfen,  auf  ÜJlorbberfuc^e  au^cl^enben  Söal^nftnn  berfiel  unb  ©egcnftanb  beö  allgemeinen  ÜJlit= 
leib^  unb  ber  öffentlid^en  gürbitte  tourbe.  2luf  baö  Serf^rec^en  ^in,  fic^  ru^ig  gu  t)er^alten, 
tourbe  er  in  feine  §eimat  entlaffen,  aber  fein  öffentlid^ed  äirgemi^  erregenbe^  Serl^alten, 
mad^te  ein  erneutet  (Sinfd^eiten  nottoenbig,  foba^  er  nad^  Jtaffel  abgeführt  unb  bafelbft 
gefangen  gel^alten  toerben  mu^te.  —  3m  ^af)xz  1701   burfte  er  nac^  Efc^ioege  gurücf= 

35  lehren  unb  berfuc^te  bie  ^^ilabel})^ifd^e  ©efeHfc^aft^form  nun  J^raftifc^  aui^jufül^ren.  3)a 
aber  bie  ©lieber  ber  ®emeinbe,  namentlidjf  bie  berüdj^tigte  6t)a  bon  Suttlar  mit  il^rem 
äni^ange,  ba^Sanb  räumen  mußten,  begab  fic^^orc^e  gu  Slei^  nac^  SQäefel,  t)on  ba  nad^ 
§ollanb  unb  ©nglanb,  um  nac^  ^ßennfljitoanien  überjufiebeln.  Site  i^m  inbeö  feine  ^au 
nic^t  folgen  looHte,   feierte  er  in  bie  §eimat  gurürf.    Slod^  einmal  fiel  er  in  folc^e  5Paro= 

40ji^men,  ba^  er  in  einer  ^^^^^^anftalt  untergebracht  ioerben  mufete.  ©eit  1703  befferte 
fvi)  \thod)  toieber  fein  geiftiger  3^^^"^^  ^^^  ^'"^  1705  berfagte,  bem  Sanbe^l^erm  t)or= 
gelegte  ©c^rift  betoeift,  toelc^e  t^m  einen  3al[>re^el^alt  eintrug.  Son  1708  an  l}at  er, 
abgefe^en  \>on  einem  furjen  Stufent^alt  in  SJlarburg,  bi^  gu  feinem  am  5.  Sluguft  1729 
erfolgten  2;obe  in  Äird^l^ain  getool^nt.    3lu^er  ber  j)^ilabel)>bifc^en  ©emeinbe  in  ßfcl^toege 

46  berbanfen  bie  ©emeinben  gu  SBannfrieb,  äfienborf  an  ber  9Berra,  bie  ©emeinbe  ber  grau 
©eb^arb  in  ber  oberen  Söerragegenb  bem  ©eparati^mu^  unb  (Sl^ilia^mu^  §ord^c^,  loelc^cr 
mit  ber  geane  Seabe  (f.  b.  21.)  in  SSerbinbung  ftanb,  i^r  2)afein. 

§or^e  blieb  aud^  in  feinen  f)>äteren  Seben^jal^rcn  feinen  ©runbanfic^ten  t)on  bem  3?er= 
berben  ber  Äirc^e  unb  ber  Slottoenbigfeit  i^rer  Sieformation  treu.    (Sine  Sorüebe  ju  atte- 

60  gorijc^en  unb  t^pifi^en  ©rflärungcn  unb  eine  bortoiegenbe  Sleigung  gum  ©e})arati^mu^ 
leuchtet  aud^  au^  feinert^  f^ätcren  ©d^riften  —  er  l^at  beren  über^auj)t  63  berfafet  — 
^erbor.  ($.  ^oi^^utH)  <^ovl  ^lixht. 

^orcb  f.  ©inai. 

^oritrr  f.  Ebom  Sb  V  ©.  164, 63 ff. 

65  ^ormii^bfli^,  ?5a^ft  514—523.  S^gl.  bie  ©riefe  unb  ®utQd)tcn  be«  ??avfte§  bei 
«.  %\)kU  Epistulae  Roman.  Pontif.  genuinae  1,  Bninsb.  18G8,  739-1000;  Libor  Ponti- 
ficAlif?«,  ed.  Xf).  ^ommfcn  1,  Berol.  1898,  126—132;  Ph.  Jaffd,  RogeMa  Pont.  Roman.  P, 


^ormidbad  ^orttetttd  357 

Lii«.  1885,  101— lOü;  iS.  g.ü.  .&cfe(e,  eondlicugefcöic^tc,  2»,  grcib.  187r),  iiass.;  3.  Sangen, 
®cf*i(^te  ber  röm.  Älrcfte  üon  ßeo  I.  biö  ^ifoIauS  I.,  S3onn  1885,  250-299;  ©.©c^nürev, 
3)ic  polit.  eteaunfl  beö  «PaDfttumg  j.  3.  3:öeübcri(t)§  b.  ®r.,  in  C)3  10,  1889,  258— BOl ; 
©.  ^fellf^ifter,  2)er  Cftgotcnfönig  ^ftcoberic^  b.  6Jr.  u.  bic  fat^olij^e  Äirc^e,  3Wünfter  1896, 
138—154.  6 

^ormiöba«  ftammte  au^  einer  angefel^enen  fam^anifd^en  gömilie  (Lib.  Pont.  126,  l). 
Unter  ©^mmad^u^  (f.  b.  31.)  ^atte  er  bag  2lmt  eine^  2)iafonen  befletbet  unb  toar  bei  ber 
Synodus  palmaris  t)on  502  (nic^t  501)  ate  9Jotar  t^ätig  getoefen.  2lm  20.  gwK 
514,  bem  2;age  nad)  ber  Seerbigung  be^  S^mmad^uö,  l^at  er  ben  ©tul^l  ^etri  beftiegen 
unb  fic^  fof ort  angelegen  fein  laffen,  bie  legten  SRefte  be^  burdjf  ba^  laurentianiWeSd^iöma  10 
in  ber  römifd^en  Äird^e  f^erDorgerufenen  3^'^}>ölte^  gu  beseitigen.  2)er  oftrömifc^e  Äaifer 
3lnaftafiu^  (491—518)  geigte  fid^  bereit,  jene«  ©c^igma  jlüifdjfen  ber  griedj^ifc^cn  unb  rö- 
mifd^en  Äird^e,  h^elrf^c^  burdjf  baö  über  Slcaciuö,  ben  ^ßatriard^en  bon  Äonftantinoj)el,  auf 
einer  römifd^en  S^nobe  im  ^öf^re  484  toegen  Segünftigung  be^  HRono^tofiti^mu«  ber^ 
l^ängte  3lnatl^ema  entftanben  h^ar  (f.  b.  21.  gelij  III.  S3b  VI,  26, 12),  ju  beenbigen,  unb  I6 
lub  ben  §onni^bai§  im  ^al)Xi  515  ein,  an  einem  nad^  §eraclea  be^uf^  Beilegung  be^ 
©treite«  ju  beruf enben  Äonjil  teiljunel^men  (Ep.  1  Th.  741).  3ltö  Sebingung  feiner  SSe« 
teiligung  forberte  ber  ^aj)ft  unter  anberem  bie  auöbrüdffidjfe  Slnerfennung  be^  über  Slca* 
ciuö  au^ef})rod)enen  Serbammung^urteite  (Ep.  8  Th.  755).  2)a  aber  biefe«  ßwö^f^^'^*^' 
ni^  l)om  Äaifer  uertoeigert  hjurbe  unb  alle  iDeiteren  Unterl^anblungen  refultatlo«  blieben,  20 
ging  ba^  t)om  ^apfte  nid^t  befc^idfte  Äonjil  unt)erric^teter  ©ad^e  au^einanber.  3)ie  böHige 
ätufl^ebung  ber  Äir^^enfj^altung  glüdfte  jebod^  ^u^ün  I.,  ber  feit  518  baö  Oftreic^  be^ 
^errfd^te.  ©r  unb  fein  ^atriarc^  ^«'^^i^"  II-  bon  Äonftantino^el  toanbten  [xd)  mit  be= 
mutigen  ©efud^en  um  SBieber^erfteHung  ber  Äird[>engemeinfc^aft  nad^  3lItrom,  Vorauf  ber 
^apft  bie  Unterjeid^nung  einc^  t>on  i^m  abgefaßten  ©laubenöbefenntniffe^,  baö  bie  au^  26 
brüdflic^e  3Jerbammung  be«  3lcaciu«  entl^ielt,  forberte  (Ep.  50.  52  Th.  840.  845).  Siad^- 
bem  ber  ^atriard^  im  üJlärj  519  biefem  Segel^ren  ^olge  geleistet  l^atte(Ep.  61  Th.852), 
toar  bie  Union  ber  griec^ifc^en  mit  ber  römifc^en  Äird^e  bis  auf  äntiodj^ien  unb  Stle« 
janbrien  t)oIIjogen.  ^n  bem  tl^eo|)a^itifdS>en  Streit,  ber  ftc^  um  ben  Seifafe  im  Iri^ 
agion:  „6iner  auS  ber  3:rinität  ift  gefreugigt",  brel^te,  betoieS  i^ormiSbaS  oem  Äaifer  30 
gegenüber,  ber  biefe  gormel  lirc^Iid^  rejiziert  ju  feigen  toünfd^te  (Ep.  129  Th.  941),  ^öf^ 
tung  gebietenbe  ©ntfc^ieben^eit,  inbem  er  bie  gormel  für  böHig  unnü^,  ja  —  toeil  bie 
3Rono})^Vf«^en  fic^  i^rer  mit  Vorliebe  bebienten— für  gefäbrlid^  erfiärte  (Ep.  137  Th.959). 
(Sin  in  ber  ^apftgefc^id^te  feltene«  S3eifj)iel  religiöfer  3^oleranj  gab  ^ormi^aö,  als  fid^ 
ber  norbafrifanifd^e S5ifd(>of  ^offeffor  imJlamen  Sieler  an  il^n  mit  bergrage  toanbte,  toieas 
bie  römifc^e  Äirc^e  über  bie  ©d^riften  beS  ©emij)eIagianerS  gauftuS  t)on  JRI^egium  urteile. 
Stuf  biefe  3(nfrage  anth)ortete  er,  bafe  auS  ben  Sudlern  beS  g^uftuS  baS  ®ute  ju  nel^men, 
bafe  ber  Äird^e  2öiberfj)red^enbe  ju  mtoerfen  fei,  benn,  fo  fä^rt  er  fort,  „nee  tarnen  im- 
probatur  diligentia  per  multa  discurrens,  sed  animus  a  veritate  deciinans . . . 
Nee  vitio  dari  potest  nosse,  quod  fugias ;  atque  ideo  non  legentes  ineongrua  40 
in  eulpam  veniunt,  sed  sequentes.  Quod  si  ita  non  esset,  nunquam  doctor 
ille  gentium  aequievisset  nuntiare  fidelibus:  Omnia  autem  probate  quod  bo- 
num  est  tenete"  (Ep.  124  Th.  926  t)gl.  929  3.  20—26).  gm  auftrage  beS^at)fte« 
fertigte  I)ioni^fiuS  ©jiguuS  (f.  b.  2t.  Sb  IV,  697,5)  eine  Überfe^ung  ber  grie(|ifc^en  aj)oftos 
Kfrf^en  ÄanoneS  (Ep.  148  Th.  986).  3m  ^o^re  520  erneuerte  §.  baS  fog.  Deeretum  40 
Gelasianum  de  libris  reeipiendis  et  non  recipiendis  (f.  b.  91.  ©elafiu^  Sb  VI, 
475,  15)  unb  bereid^erte  e«  burc^  3ufä|e  (Ep.  175  Th.  931—938).  2tm  6.  2tugufi 
523  hJurbe  ber  ^apft  in  ber  Saftlifa  m  betrug  beigefe^t. 

(».  3oe»>ffeI  t)  ®.  Ätüger. 

^omejuö,  Äonrab,  ^j^ilofo^l^  unb  ^roteftantifc^er  Ideologe,  geft.  1649.  —  w 
du  eilen  unb  ßitteratur:  lieber  |).§  ©er!e  fteftc  unten ;  oiele  ©riefe  üon  feiner  ^ax\b 
an  ®.  ©aliit  u.  a.  befinben  fic^  auf  ben  SBibliot^cfen  juööttingen  unb  Öolfenbüttcl.  3)aju 
fommen  bie  lateinifcftcn  u.  beutfc^en  (SJebäcötniäreben  feiner  grcunbc  unb  ©c^üIcr  gabriciu«, 
Scftrabcr,  GeflariuS,  8(t)curl,  .^clmftäbt  1649;  ügl.  SSitte,  Memoria  TheologonimSaec.  XVII, 
6.  728ff. ;  bearbeitet  ift  boä  fiebcn  ^.i  oon  ©.  ^enfe  in  erfc^i  unb  (SJruber,  ^Iflg.  ^nct)!!.  55 
Sect.  II.  gSbll,  üon  bemfelben  oucft  in  3Serfc  ®.  (Jaliit  unb  feine  Seit  1853-60,  unb  oon 
«Jagenniann  in  beni'ilrt.  ^.  in  9lba3  ©b  13,  148 f.;  ugl.  ©.Sranf,  ®efc^.  ber  prot.  $:^eoI., 
2.  Jeil,  1862,  @.  G  ff. 

Äonrab  §omeiu^   toar  am  25.  Dlobember  1590  ju  S3raunfdS>h)eig  geboren  aU  ber 
•  ©o^n  einei^  !^anb})rebiger^  gu  ö\ptt  in  ber  näc^fften  Umgegenb  ber  ©tabt.  ©d^on  auf  ber  tx) 


368  ^ortteittd 

Äot^rincnfcl^ule  in  JJraunfc^toeiß  crj^iclt  er  eine  fo  au^e^cid^nete  ©d^ulbilbunö,  bafe  feine 
gertiafeit,  loteinijc^  unb  griedSfifciSf  in  ^ßrofa  unb  in  SBerfen  ju  fc^reiben,  ÜJlännem  toie 
§.  (Sruter  in  ^eibelberg  u.  a.  befannt  tourbe.  2luc^  in  i^elmftebt,  mo^in  er  1608  ah^ 
ging,  toax  er  baburd^  ben  bortigen  §umaniften  im  borau«  em})fof)Ien;  er  iDurbe  balb  ein 

6  Sieblingi^fci^üler  be^  berül^mten  $umaniften  ßafeliug  (f.  b.  %  93b  III  ©.  735),  ^au^=  unb  %i\d)' 
genoffe  unb  93orleJer  be^felben;  bic  biejem  befreunbeten  Kollegen,  ber  3lriftotelifer  ßorne- 
liu^  5Kartini,  SRif.  ®ran  u.  o.,  tourben  mel^r  noc^  afö  bie  Ideologen  ber  Unitjerfitöt 
feine  Seigrer,  unb  anbere  au^ejei^nete  ©d^üler  bon  ßafeliu^  unb  SKartini,  tote  ©eorg 
ßalijtu«,   Sart^olb  9leu^au§   u.  a.  fd^on  bamate   feine  ^eunbc.    3lad)  ßafeliu^  3:obe, 

10  1613,  nac^bem  er  fid^  1612  l^abilitiert  l^atte,  tourbe  er  no$  ad)t  ^ci^re  lang  Äau^-  unb 
'2ifc^genoffe  feinet  unber^eirateten  Seigrer«  3Wartini,  toel^fer  fid}  and)  ate  Sefrer  burd(> 
i^n  vertreten  lie^,  tourbe  neben  il^m  1619  ^ßrofeffor  ber  fiogil  unb  St^if,  unb  nad^3War- 
tini^  lobe  (f  17.  3)ejember  1621)  beffen  eigentlid^er  9lad)foIger,  toie  fel^r  and)  bie 
Ääu^ter  ber  antü^umaniftifc^en  unb   antimelan^tl^onifd^en  ^Partei,    ber  ©c^toabe  Safiliu^ 

16  ©ottler  im  toolfenbüttelfc^en  Äonfiftorium  unb  fein  3ltpot  ©trübe  in  §elmftebt,  bie^  ju 
Kntertreiben  gefuc^t  l^otten.  ©ie  fonnten  nadj^^er  aud^  nic^t  berl^inbem,  ba^  er  nad^  bem 
aibgange  einc^  ber  ^^^Ö^/  5Wic^aeI  SBalt^er^,  1628  an^  ber  ^l^ilofo^l^if d^en  gafultät  in 
bie  tlfieologifd^fe  berfe|t  unb  SBalti^er  jum  Slac^folger  unb  feinem  ©efinnungggenoffen  6a= 
lijtu^  jum  ©^egioIIoBegen   gegeben  tourbe.    3n  biefem  9lmte  blieb   er  bi^  an  feinen 

2oa:ob  1649. 

9lod^  mel^r  oI«  ßolijtu«  toar  olfo  aud^  ftomeiuö  erft  nad)  langen  £el[>rial^ren  ^j^ilo* 
logifc^er  unb  ^l^ilofoj)l^ifd(fer  ©tubien  unb  felbft  nad)  bieljö^riger  ^ü^rung  eine^  gegr- 
ämte«, toorin  il^m  bie  3i^tert)retation  be«  2lriftotele«  fotoie  ber  Vortrag  ber  Sogil,  ©t^il 
unb  3Ketaj)l^^fil  oblag,  ^ur  2)^eologie  übergegangen;  in  iingua  Graeca  prae  Horneio 

26  puer  est,  fagt  93.  SWei&auö  einmal  in  einer  ©treUfdjfrift  (Irnerius  p.  51)  felbft  bon 
ßolijtu«;  ^orneiu«^  ^^ilofo})^ifd^e  Sel^rbüc^er  tourben  aud^  auf  anberen  Uniberfitäten  biel 
gebrauc^ft,  fo  bag  ba«  compendium  dialecticae  succinctum  (i^uerft  ^elmftebt  1623) 
bi«  1666  in  jtoölf  auflagen  erfc^ien,  bie  disputationes  ethicae  depromptae  ex  ethica 
Arist.  adNicom.,  juerftl6i8,  bi«  1666  in  fwben  Auflagen,  ba^u  biele  anbere  ©d^riften : 

90  compendium  naturalis  philosophiae  1618  u.  ff.,  disquisitiones  metaphysicae  s. 
de  prima  philosophia  1622,  institt.  logicae  1623  u.  ff.,  philosophiae  moralis 
1624 ff.;  exercitationes  unb  disputationes  logicae  1621  u.  ff.,  processus  dispu- 
tandi  u.  f.  f.  3lad)  fold^en  2lnftrengungen  bilbenbfter  ©elbfttl^ätigfeit  toar  er  benn  auc^, 
toie  ßalijtu«,  gefdjfü^t  bor  ber  fd^toa^en  ©eite  feine«  ^^italin^,  bor  ber  Slo^eit  unb  Qx- 

86  ftorben^eit,  toomit  man  bieler  Orten  ju  fe^r  für  boraefc^riebene  2;rabition  fo})^iftifc^  ju 
ftreiten  bemüht  toar  unb  in  bogmatifd^er  S3efangen^eit  oem  loiffenfd^aftlic^en  ©treben  nn- 
gel^örige  ^effeln  anlegte,  g^eilid^  toar  il^m  aud^  toie  ßalijt  ber  SBiberftanb  be«  großen 
Raufen«  unb  ba«  2o«  ber  ©emeinfc^aft^lofigleit  in  einer  fold^en  Mi  im  borau«  gehjig, 
unb  biefe«  ^u  ertragen,   toarb  il^m  bei  feiner  ÜJlilbe  unb  fiiebebebürftigfeit  nod^  fc^toerer 

40  ate  jenem,  ©o  toaren  e«  benn  aud^  faft  immer  biefelbigen  ©treitigfeiten,  in  hjelc^e  bon 
Anfang  i)cx  ber  eine  toie  ber  anbere  l^ineingejogen  tt>urbe.  ©d^on  ber  SBiberftanb  gegen 
bie  3lnn)enbung  ber  fie^re  unb  3Wetl^obe  be«  SRamu«  in  ber  5p^ilofoj)l^ie,  ^äbagogif  unb 
Il^eologie  erfd^ien  beiben  gerabe  in  ben  erften  gal^ren  i^re«  SBirfen«  umfomel^r  aK  eine 
l^eilige  ^flid^t,  je  fefter  fte  überzeugt  loaren,   bafe  bie  bon  bort  au^ge^enbe  3lbma^nung 

46  bon  angeftrengtem  ©tubium  ber  Sllten,  inöbefonbere  be«  SHriftotele«  unb  einer  auf  i^n  ge= 
orünbeten  ^l^ilofobl^ie,  nic^t«  aU  SBirlung  unb  SRed^tfertigung  einer  Unmiffen^eit  unb 
mbeit«f(l^eu  fei,  für  toeldj^e  bie  Undj^riftlid^Ieit  biefer  Reiben  nur  al«  SSorloanb  biente. 
Unb  öi^nlidSf,  toie  Äomeiu«  l^ier  in  ber  5pi)ilofo})^ie  bie  ©u^eriorität  be«  großen  alter* 
tum«  ber  Oberfläc^fid^feit  unb  bem  Unberftanb  ber  bleueren  entgegenfe^tc,  fo  aud^  in  ber 

60  2;l^eologie  bie  (Sinfac^^eit  unb  ©röfee  ber  alten  Jtirc^e  ber  Äleinlic^feit  ber  ©treitfragcn 
unb  3)iftin!tionen  ber  Il^eologie  feiner  3^t,  bon  tvAd^tx  ei  auc^  nic^t  genug  gtü^ite 
d^ftlic^er  ^ömmigleit  im  2eben  au«gel)en  fal^.  „Utrique  malo",  fo  fafet  fein  ©d^üler  ©c^ra= 
ber  in  ber  ©ebäc^tni«rebe  bie  2lufgabe  feine«  2eben«  gufammen,  „mascule  se  opposuit, 
impietati  et  inscitiae  ad  extremum  usque  vitae  spiritum  aeque  infestus" ;  SKitten, 

66  Mem.  theol.,  S.  XVII,  p.  737.  ©o  galt  aber  and)  ü)\n  ber  Angriff  mit,  toelc^en  ber 
^nnöberfd^e  ^aftor  ©tatiu«  93üfdber  gegen  bie  Xl^eologen  ber  braunfc^hjcigifc^en  ®efamt= 
uniberfttät  rid^tete  („SBiber  ben  ®reuel  ber  SSertoüfhmg  an  ber  3uliu«uniberfität");  unb 
aud^  bon  anberer  ©eite  ^er  fc^onte  man  i^n  nid^t,  fomn  man  ftd^  gegen  &al\ict  h)anbte. 
aJal^er  ^ielt  ouc^  er  fxd)  jur  abtoel^r  beri)flid^tet  unb   anthjortetc  me^rmal« :   defensio 

60  disputationis  de  summa  fidei  .  .  .   quae   per   caritatem   operatur,    necessitate 


.^oruejlttd  ^ormug  369 

ad  salutem  1647;  iterata  assertio  de  necessitate  fidei  per  caritatem  operantis 
1649 ;  in  bemfelben  ^afyc^  nod^  repetitio  doctrinae  verae  de  necessitate  bonorum 
operum  u.  a.  (p^l  bcn  ä.  ©^nlrettftif4fe  ©treitigfctten).  ©d^on  nal^mcn  fid^  aud^  bie 
brounfc^lDeigtfdjfen  ^ergöflc,  bie  Sr^olter  ber  UniberfUät  ^clmftebt,  ber  ©ad^e  an,  um  eine 
neue  größere  ©jHxltung  ju  berl^üten ;  bie  ^ergöge  SBill^elm  unb  ©ruft  toon  ©adj^fen  fd^eben  5 
il^nen  im  3luguft  1648 :  obtool^l  fic^  nad^  $ome}u«*  ©rllärungen  geige,  „ia^  er  in  ber 
©odj^e  an  [xq  felbft  mit  anbem  2^eoIogen  n\d)i  ftreitig  unb  bie^  unnötige  ©ejänf  nur 
in  ^pi^rafeologia  beftel^e",  \o  bürfe  bo<l^  bie  Sirene  nic^ft  nod^  mel^r  toertoirrt  unb  bie  ^u^ 
genb  irre  gemad^t  Serben,  unb  fo  l^ätten  fie  i^rem  Geologen  HRajor  silentium  auferlegt ; 
pe  rieten  il^nen  nun,  ebenfo  gegen  i^re  ^elrnftebtifd^en  ^^^eologen  ju  üerfal^ren,  iDie  fie  lo 
gleidjfjeitig  ba^felbe  aud^  bem  Äurfürften  bon  ©ac^^fen  ju  t^un  em^fal^Ien.  3m  Sioüember 

1648  trugen  bie  brei  braunfd^n)eigif($en  $öfe  il^ren  beiben  il^eologen  eine  nod^malige  3)ars 
ftellung  mehrerer  ber  ftreitig  gelDorbenen  Äaui)tj)unfte  auf,  bon  toeld^en  §omeiu«  brei, 
iDeld^e  üon  ßalijtu«  fd^on  me^mate  in  ©cpriften  audgefü^rt  iDaren,   ju  bearbeiten  übers 
na^,  nämlic^  1.  de  necessitate  bonorum  operum,  2.  de  auctoritate  antiquitatis  i6 
ecclesiasticae,  3.  de  studio  concordiae   mutuaeque  tolerantiae,    unb  im  ^-ebruar 

1649  baten  bie  ^erjöge  ben  Äurfürften,  toä^renb  il^re  2:^eoIogen  mit  il^rer  SRed^tfertigung 
befd^äftigt  feien,  baf;  er  ben  feinigen  einfttoeilen  ©ttUfc^lDeigen  auferlegen  möge,    darauf 
aber  toarb  unterm   16.  ^mi  1649   bon  Äurfadjffen  bie  3)rol^ung  ertoibert:  „follten  ®to. 
2bb.  über  aBe^  SJer^offen  i^ren  2]^eologen  in  ben  i)on  il^nen  angefangenen  Steuerungen  ao 
fortzufahren  erlauben,  toürben  [\t  eg  un«  nid^t  berbenlen,  bafe  foxx  al^^ireftor  berßban« 

E'i^en  im  römifd^^  Steidjfe  bal^in  trad^teten,  toie  toir  unferer,  aud^  anberer  ebangelifd^er 
rften  unb  ©tänbe  Sanb  unb  Seute  für  folc^er  Spaltung  bel^üten  fönnen";  unb  baneben 
mten  bod^  bie  braunf(l^toeigifd^en  $öfe  untereinanber  ni^t  einig  Serben,  ob  fie  bie  Slpo^ 
logie  il^  3^^eologen  an  Äurfad^fen  einfenben  unb  unterflü^en  foUten  ober  nic^t.  ^or^  as 
neju«  ober,  förj)erlidS>  ol^nel^in  leidjft  erregbar,  nal^m  fid^  ba«  aUe^  fel^r  ju  $erjen  (haud 
leyiter  perculsus,  ut  alias  etiam  facile  percelli  solet,  fagt  6ali£tud  )u  Anfang  be^ 
3ial^re«  1649  bon  i^m).  ßum  Unglüd  ftarb  i^m  gleidjfjeitig  feine  ©attin.  3)a  brad^ 
aud^  er  gufammen,  26.  ©e^jtember  1649.  3)en  Consensus  repetitus,  toel^fer  in  mel^r 
afe  30  feiner  88  93erbamniung^fä^e  gegen  if^n  mit  gerid^tet  h)ar  (befonber«  §  43—58  ao 
liegen  feiner  9luöf^rüd^e  bon  ©lauben  unb  guten  SQSerfen,  aber  audjj  j.  S5.  §  78  toegen 
eineg  Sorbel^alte^,  ba^  bie  Slutorität  neuerer  S3elenntniffe  nic^t  toeiter  anjuerfennen  fei, 
nisi,  quatenus  verbo  Dei  et  veteri  doctrinae  concordat)  erlebte  er  nid^t  mcl^r. 
3[u«  §.^  9Jad^Ia^  erfc^ienen  noi)  ein  compendium  bist.  ecd.  über  bie  brei  erften  ^af^x^ 
l^unberte  1619,  Äommentare  über  ben  ^ebräerbrief  unb  bie  latj^olifdjfen  S3riefe  1654  85 
unb  1655,  ebenfo  ein  compendium  theologiae,  quo  universa  fidei  Cbr.  tam 
credendorum  quam  agendorum  doctrina  pertractatur,  S3r.  1655  in  4°. 

(«etiife  t)  ¥•  Sfi^aifert« 

^orttittg,  griebrid^  3:^eobor,   Pfarrer  in  ©tra^burg,   9Sorfämt)fer  beö  Sutl^er^ 
tum«  im  ölfaft,  geft.  1882.  —  gSaf.  fieben«bllb  eines  ©troßburger  cuang.-Iut^.  ©elennerS,  40 
ryon  'föiltjelm  Coming  (8o^n  be«  Serftorbenen),  4.  ?lufl.  1885,   eöong.'Iut^.   gfrlcbcnöbote, 
goljrg.  1882,  929J.  6-23. 

^ebric^f  §orning  tourbe  am  25.  Dftober  1809  ju  ©dtoer^l^eim  (bei  SSenben^eim) 
geboren,  too  fein  Sater  (%xani  griebric^f  Siat^anael)  ^faner  toar.  35er  ®rofei)ater  toar 
1768  al«  (Solbarbeiter  in  ©tra^burg  eingetoanbert ;  er  ftammte  au3  einer  toef^reufeifdjfen  46 
^aftorenfamilie,  beren  SHI^ne  einft  afe  gelbbrebiger  mit  ®uftab  äbolf  nad^  3)eutfd^lnnb 
gefommen  toar.  3lfe  ©^mnafioft  jeidjfnete  fi4  ^ebrid^  $.  burc^  einen  ungemeinen  glei|, 
afe  ©tubent  burc^  originelle«  SBefen,  beifeenben  SQBi|  unb  3"^>>^obifation«talent  au«.  3)ie 
rationaliftifd^en  ^rofefforen  bermodj^ten  il^n  freili^  nic^^t  für  bie  2:^eoIogie  ju  begeiftem. 
1832  50g  er  na^  too^Ibeftanbenem  (Sjamen  auf  einige  ÜJlonate  nac^  ®enf,  h)0  bie  freie  50 
Äird^e  il^re  erften  Kämpfe  fod^t.  1833  tourbe  er  SJilar  in  gttenl^eim,  h)0  er  bie  ©ttHen 
im  Sanbe  fcnnen  lernte.  3^0''^^^  ertoarb  er  ben  ®rab  eine«  Saccalaureu«  ber  2^eologie 
burd^  eine  2)iffertation :  Conjectures  sur  la  vie  et  T^ducation  d'Otfried,  moine 
de  Wissembourg.  3(m  24.  ÜJlai  1835  tourbe  er  jugleid^  mit  feinem  ©ruber  SBäill^elm 
bon  feinem  3?ater  jum  ^ßrebigtamt  orbiniert.  1836  ertDä^Ite  il^n  ba«Äonfiftorium©t.i^os  55 
ma«  gum  ^farrbertpefer  unb  ba«  ^^^i^  barauf  jum  Pfarrer  in  ©rafenftaben.  1839 
l^eiratete  er  öugenie  ßäffner,  bie  ^^odj^ter  eine«  ©trafeburger  Äirc^enäfteften.  1846  tourbe 
er  nac^  langen  Sffial^uämjjfen  jum  ^farrer  an  ^xmQ,  ©t.  ^eter  in  ©trafeburg  ernannt; 
e«  ift  bie  Äird^e,  in  toelc^er  6ai)ito  bie  Sieformation  gejjrebigt  unb  am  ©c^lu^  be«  ^aift^ 


360  ^ortttttg 


l^unbertfif  Sicömunb  gricbridSf  2orcnj  aU  Ic^ter  l^enlid^er  ^mQC  bcr  untcröcf^cubeu  Drt^o^ 
bojtc  getüirlt  l)aitt. 

SStg  5U  feiner  SSerfe^una  nad)  Strasburg   gel^örte  $.  bcr  bamal^  l^errjc^enbcn  9{i(^= 
tung  —  einem  gemäßigten  SRationali^mu^  —  an  unb  tjer^ielt  fic^  gu  bcr  l)on  %x.  ^ärtcr 

5(f.b.  21.  33b  VII  ©.321)  au^gei^enbcn  Setoegung  el^cr  ablcl[>nenb.  ©in  äuffo^  im  ^rot. 
ftirc^ens  unb  ©d^ulbktt  l)om  3ö^rel836  au^  feiner  ^er  (über  bie  ÜJlittcl  bcn  Hanbibatcn 
eine  ^raltifdSfc  Silbung  ju  fidlem)  ift  t>oU  t)on  (S^erbictung  gegen  |JafuItät  unb  Äirc^cns 
regiment.  2tte  1841  bie  ^Paftoralfonfercnj  bic  SReöifion  be^  bi^l^crigen  ©efangbuc^^  bc- 
\^o%  tourbe  er  in  bie  bamit  beauftragte  Äommiffton  getoäf^It  unb  t)ertrat  mehrere  ^a^xc 

10  lang  atö  Seric^terftatter  bie  ©runbfä^e,  nac^  meldten  man  fw^  entfc^Ioffen  ^attc  ein  ncuc^ 
©efangbud^  auöjuarbeitcn,  in^befonbere  bafe  e^  beiben  et)angelif^en  Sirenen  bicncn  unb 
bie  t)erfc^iebenen  ©lauben^rid^tungen  berüdpd^tigen  foHe.  1836  l^attc  er  fid^  bcr  neu= 
gegrünbeten  fog.  firc^lic^en  ÜJlifJion^efellfci^aft  angefd^Ioffen,  bie  unter  rationaliftifd^cr  Lei- 
tung ftanb;  1841  gab  er  ate  Slbgeorbneter  jur  ©eneralfonferenj  bcr  33a«lcr  2)lifrion  bcn 

16  freunbfc^aftlic^en  SSejie^ungen  be^  eifaß  ju  biefem  SBerfe  begeifterten  9lufi;bruct,  1843 
tourbe  er  in  bie  ßentrallommiffion  getoä^It.  9?un  toirften  fc^fon  feit  1830  in  Strasburg 
einige  ÜJlänner  im  ©inne  be^  fonfcfftoneüen  fiutf^ertum^,  im  Slnfc^Iuß  an  bic  fd^lcfifc^en 
2Utlut^craner,  unb  in  auggeft)rocl^enem  ®egenfa^  ju  härter  unb  bem  Sanier  ßl^riftcntum 
(6anb.  Öfter,  $fr.  S3en$,  ®efängni«geiftlic^er  3)iemer).    I)cr  befanntc  I)ic^ter  in  5Rieber= 

20  bronn,  ?Jriebrici^  S3äe^ermüIIer,  befang  fd^on  1841  bie  §errlic^fcit  bcr  lut^.  Äirc^c  unb 
eiferte  baneben  in  93rofd^üren  gegen  bcn  rationaliftifc^en  Äatec^i^mu^  unb  ba^  proieftierte 
©efangbud^.  1837  iDar  in  biefen  Greifen  eine  eöangelifc^^ut^erifc^c  9Riffionägcfcflfd^aft 
(für  2)re«ben)  entftanben.  Sgl.  gbang.  SWiffion^magajin,  1879,  SKai  bi«  ^uli  ((Slfaß  unb 
bie  Äeibenmiffion).    §.  fd^eint  bi^  ju  feiner  Berufung  nac^  Strasburg   o^ne  Serü^rung 

26  mit  oiefen  ÜJlännem  geblieben  m  fein ;  in  feinen  Äommiffion^berid^tcn  bcfäm})ftc  er  fie 
au^brürflid^.  3lber  fc^on  feine  2lntritt^rebigt  am  9.2)e5embcr  1846  bcjeic^nct  einen  Um- 
fd^tüung;  fie  l^atte,  auf  ®runb  Don  l$t2,6— 10  jum2;i^ema:  Unfcrc  Äirc^c,  il^r@runb, 
aBefen,  Äambf  unb  ©ieg.  ©inige  ÜRonate  üorl^er  l^attc  er  e^  abgelehnt,  miebcrum  S3c= 
ric^terftatter  bcr  ©efangbuA^fommiffion  ju  toerben.    1850  trat  er  mit  ^ßrotcft  au^  biefcr 

80  Äommtffion,  bertparf  ba^  (Sefangbuc^  unb  erllärte  härter,  ber  fic^  leibcr  ba^  3Kac^tucrI 
gefallen  ließ,  bcn  Ärieg.  Über  bie  SKotibe  feiner  ©inne^änberung  ^aben  toir  nur  iDcnig 
|[n^altgj)unfte.  ©einem  G^arafter  entfprad^  e^,  baß  er,  nac^bem  er  bie  Unjulänglic^tcit 
be^  SRationoli^mu^  erfannt  l^attc,  fic^  obne  ^ö^ttn  auf  bic  cntgcgengefe|tc  ©eitc  jc^lug. 
!3n  feiner  I)orfgemeinbe  iDar  in  il^m   bie  Siebe  ju  liturgifd^cr  2lu^geftaltung  bc^  ©otte^^ 

36  bienfte«  ertoac^t,  ebenfo  aber  au6)  bie  Steigung  ^u  ftrenger  Äirc^enjud^t.  SJiänncr  u>ie 
§arleß,  fiöl^c,  ©d^eibel  mögen  feine  Segeifterung  enegt  ^aben  unb  bcr  ^ßicti^mu^  il^m 
baneben  aU  §alb^eit  erfc^ienen  fein.  3"^"^^'^^'^  ^^^  ^  f^^^  ^reunb  unb  gcinb  eine  ge= 
toaltige  Überrafc^ung,  baß  er  fic^  nun  auf  einmal  für  ba^  ^cd^t  unb  bic  ©cltung  bc^ 
lutl^erifc^en  Sefenntniffe«  in  bie  ©d^anje  toarf,  unb  jiuar  t)on  Slnfang  an  mit  ber  ©))t^c 

io  gegen  bcn  ^ictiömu^  unb  mit  furc^t^  unb  rüdffic^tglofer  §cftigfeit.  Äam^jfmittcl  iDaren  5u= 
nädjfft  feine  ^rcbigtcn,  bann  ja^lreic^e  Flugblätter  (gefammelt  unter  bem  Xitel  6t)ang.s 
lut^.  Äirc^c),  bann  (1868—1870)  ein  Äirc^enblatt,  fpäter  mehrere  Iga^rc  lang  ein  et)ang.s 
lutl(>.  Äalcnber,  unb  gal^lrcic^e  ^rotefte  unb  (Eingaben  an  Äirc^enrcgiment  unb  Staates 
regierung.    3*"  ®^^i  'ft  ber  Äonfeffioneftanb  ber  beiben  et)angclifd^en  Äirc^en  burc^  bic 

46  3laj)oleonifc^c  ®ef4gcbung  nid^t  angetaftet  morben.    3luf  einer  SSerfammlung,   bic   1848 

äum  3h>^*  ^'"^  35erfaffung^ret)ifion  tagte,  h)urbe  fc^üc^tem  bcr  aSorfd^lag  gemad^t,  beibc 
lirc^en  ju  tjcrf^fmeljcn,  fanb  aber  auf  feiner  ©eite  2tnflang.  greilid^  ftanbcn  beibc  Äirc^cn 
in  regem  Slu^taufc^,  bie  ®eiftlid^en  traten  o^nc  2lnftanb  l)on  ber  einen  ^ur  anberen  über 
unb  bic  ®läubigcn  unterhielten  lebhafte  Scxicl^ungen  ju  Safel,   t)on   too   bcr  SBinb  bcr 

50  ®rh)edEung  gefommen  toar.  3)arin  '\a^  §.  Union  unb  Union^efabr.  3^^^  ^uf^mmcn^ 
gelten  unb  3wfö»"wentoirfen  bon  fiutl^erancm  mit  3lcformiertcn  galt  i^m  ate  älbfall  Don 
ber  Äirc^e,  jcbc^  Sc^ren  unb  SBirfen  ol^nc  ftreng  fonfefftonette«  ®c)>rägc  al^  gcfd^h)äc^tc^, 
unlautere^,  toerfommene^  ß^riftentum,  mel  fc^limmcr  afö  bcr  gröbftc  Unglaube,  Qatan  in 
(Sngel^cftalt.    3""^^p  P^'^  f^i"^  ©treic^e  auf  ba^  fog.  Äonfcrcnjgcfangbuc^V   ba^  für 

55  bie  cljangclifc^cn  ®cmeinben  ^anfreic^^  bcftimmt  h^ar,  alfo  unicrtcn  (S^arafter  trug,  unb 
bie  ®lauben^licbcr  ber  Jlirc^e  in  unglaublich  entfteUtcr  ©cftalt  lüicbcrgab.  I>a  c^  auc^ 
in  §.^  Äirdjfc  eingeführt  hjorben  tt>ar,  t)cranlaßtc  §.  feine  ®emeinbcglicbcr  bie  alten  ©traß= 
burger  ®efangbü$er  mit  il^rcm  unt)crfälfc^ten  Sieberfd^a^  tDieber  ^crtjorju^olcn.  Unter? 
beffen  arbeitete   er  mit   feinem  ^eunbe  5ßfarrer  Slittclmc^cr  ein  neucö  ®cfangbuc^  an^, 

GO  bai^  nac^  langem  SBiberftreben  1863  bom  Öberlonfiftorium  ju  fatultatibcr  ßinfü^rung  gc? 


.^orittng  361 

nc^^migt  mürbe.  —  ©obann  bcfämi)fte  er  bic  53a^Icr  ÜJliffion  ate  „3)iifd;ung52Jmiffion"  unb 
bie  Set^ciligung  an  bcrfdben  al^  Serrat  an  ber  lutl^crifc^en  Äirc^c;  bcfonber^  auf  bcn 
•JKijfionöfcftcn  ju  SRothbac^  Wax  ba^  fein  jä^rlid^e«  2;^ema.  ^m  ©egenfa^  ju  il^r  grünbetc 
er  1848  mit  feinem  Sruber  SBU^elm  unb  feinen  Oefinnung^enoffen  ?Kagnu^,  ^ufer,  Saegic, 
SWenegoj  unb  2Be^>ermülIcr,  bie  (Söang.  2utl^.  SOliffion^gefeUfd^aft  jur  Unterftü^ung  \)o\x  5 
2ei)}jig  unb  §ermann^burg.  1875  lernte  er  einen  ^erfer  ^era  fennen,  liefe  i^n  in  iper* 
mann^burg  au^bilben  unb  fanbte  il^n  ate  ÜKifftonar  in  feine  §eimat  ^urücf,  h)0  er  nod) 
^eute  in  Segen  iDirlt.  1850  ^ielt  ö.  mit  großem  ©rfotg  bie  geftjjrebigt  in  2ei));iig.  — 
g^emer  üertoarf  §.  §ärter^  I)iafoniffentoer!,  nid^t  blnfe  tocil  §ärter  §anb  in  §anb  mit 
ben  reformierten  3Wül^äufem  unb  ©c^toeigem  arbeitete,  fonbem  aud^  toeil  er  bie  Sebenfen  n) 
ber  ^au  üon  @a0t)arin  teilte.  I)ie  t)on  §ärter^  ^eunben  gegrünbete  6l)angelifciS>e  ®^ 
fcUfc^aft  jur  JviJrberung  ber  inneren  SKiffion  erfc^lofe  fid^  für  einige  3^^  t^^m  ©influffe 
§.^  unb  lonftituierte  fid^  am  13. 1)ejember  1847  afe  ©Mngelifc^e  ©efellfc^aft  ber  Äird^e 
äiugeburgifc^er  fionfeffion.  3)oc^  f^on  am  24.  Stuguft  1849  fiegte  bie  j)ietiftitd^e  Slid^tung 
toieber  unb  bie  ©efetlfd^aft  fe^rte  ju  il[>rem  ©runbfafe  jurüd  „nid^t  eine  ©onbertird^e,  fon^  10 
bem  ba«  3tcid^  6(;rifti  ju  förbcm".  ©elbftt)erftänblic^  tourbe  fie  nun  \)on  p.  auf^  ^eftigfte 
beläm^ft  (SBerfunion,  ©elbunion,  Äa>)eHunion).  —  1856  legte  bie  firc^li^e  Se^örbe  ben 
(Snttourf  einer  Siturgie  (ober  3lgenbe)  t)or;  aud^  h)iber  biefe^  Unternehmen  er^ob  §.  feine 
gewaltige  ©timme,  bie^mal  l^atte  er  bie  äufeerfte  fird^lic^e  Sinfe  auf  feiner  ©eite.  —  3öie 
§.^  $anb  gegen  jebermann,  f 0  ^atte  er  natürlid^  jebermann^  .f^anb  ioiber  fid^.  SBieberi^olt  20 
tourbe  er  bei  ben  lird^lic^en  Sc^örben  t)erflagt  unb  mit  Stbfe^ung  bebro^t.  dagegen 
bro^te  er  mit  ©e^)aration,  im  ^inblidt  auf  beren  5Köglid^Ieit  er  eine  alte  ©^nagoae 
föuflid^  an  fid^  gebrad^t  ^atte;  ju  einem  folc^en  S3ruc^  hjollte  e^  ober  bie  Se^örbe  nidjt 
fommcn  (äffen. 

Ö.^  ©tärfe  toar  bie  grofee  'JScrfonalgemcinbe,  bie  fic^  an^  allen  Quartieren  ber  ©tabt  25 
um  i^n  gebammelt  l^atte,  bie  er  mit  großer  Streue  ^jflegte  unb  in  ftrammer  ^u6)t  l^iclt, 
unb  bie  5u  allen  Oj)fem  für  i^n  unb  feine  Bad^t  bereit  toar.  GJefinnung^enoffen  in 
anbem  ©emcinben  toeranlafete  er,  ^u  feiner  ©emeinbe  überzutreten,  tooburd^  in^befonbere 
härter  betroffen  tourbe,  unb  feinen  3lnl(|ängem  j)rägte  er  ben  ©runbfa^  ein,  bafe  jcbe  Xeil* 
na^me  an  einem  anbem  al^  (nad^  feinem  ©inne)  lutl^erifc^en  ©otte^bienft  ober  Siebe^ioerf  so 
eine  fc^ioere  SJerfünbigung  fei,  fo  bafe  feine  Seute  eine  ftreng  gefdjfloffene  ©emcinbe  innerhalb 
ber  Sanbe^fird^e  bilbeten.  6r  })rebigte  ungemein  lang,  aber  t>iel  fc^tt>ungt)oller  unb  bolfe 
tümlic^er  afö  Charter ;  feine  f ortgefe^ten  Stu^fäDe  gegen  anbere  SRidS^tungen  grenzten  mand^s 
mal  an  ba^  3:riöiale,  hjaren  aber  um  fo  loirffamer.  2lu^  SJadjffc^riften  pnb  1884  eine 
©ammlung  ijon  6Uangelien})rebigten,  1898  eine  folc^e  bon  (S)>ifteli)rebigten  gebrudft  ioor^ss 
ben.  ©e^r  anjiel^enb  toar  ber  3(ltargotteöbienft,  ben  er  einführte,  ^n  ber  6^riftenlel^re 
fa^  er  bie  ganje  ©emeinbe  um  fic^.  3lm  ©onntag  9lbenb  t)erfammeltc  er  Sftänner  unb 
grauen  ju  Äated)i^muöbefj)rcd^ungen  im  ^farr^au^.  (Sr  grünbete  für  feine  ©emeinbe  eine 
„3Sorfid^t^=  unb  ^ilf^gefcllfc^aft",  beren  erfter  ©runbfa^  ftrenge^  geftl[>alten  am  lutJ^erifd^en 
Sefenntni^  \vax.  ferner  entftanb  in  ber  ©emeinbe  eine  Äinbert)erforgung  unb  eine  Äaffe  40 
für  ©c^riftentocrbreitung.  %üx  ben  ijugenbunterrid^t  öeranftaltete  ,^.  eine  neue  3luflagc 
ber  alten  ©trafeburger  Ä^inberbibel,  für  bie  ©rbauung  ber  ©emeinbe  gab  er  ba^  „Set^ 
tämmerlein  gel^eiligter  Äinber  ©otte«i",  toom  alten  ©trafeburger  ^farrer  Senj,  unb  Quirg- 
fclb^  „2lllerfü|efter  ^^fw^t^^^^ft"  ^^n  neuem  ^erau^,  erftere^  freilid^  mit  einer  ^jolemifd^en 
3ugabe,  bie  l)iel  böfe^  Slut  machte.  46 

Slufecrl^alb  ©trafeburg^  ^atte  §.  unter  ben  ©eiftlic^en  anfangt  nur  etioa  8— 10  5Kits 
ftreiter,  bie  il;m  aber  um  fo  treuer  ergeben  loaren  unb  fid^,  fo  toiel  ate  möglich,  bon  an» 
bem  ^fanern  fern  hielten,  ßrft  nac^  1860  erweiterte  fid^  ber  lutl^erifd^e  Ärei^,  aber  nic^t  jur 
J^eube  ^.^,  ber  lieber  mit  einer  Keinen,  aber  gefd^loffenen  ßo^orte  gefäm})ft  ^atte.  SJurdjf 
feine  Semü^ungen  entftanb  nac^  1850  eine  lut^erifd^c  ©emeinbe  in  5Kül^aufm  im  Ober-  üo 
elfafe,  bie  jefct  erft  ftaatlid^e  Slncrfennung  gefunben  l^at.  ^^r  bie  in  liberalen  ©emeinben 
lebenbm  lut|erifd;en  ß^riften  etftritt  er  ^arod^ialfrei^eit  (1865).  9lud^  bilbeten  fid^  an 
einigen  Orten  unter  feiner  SKittoirfung  fog.  ^roteftgemeinben.  JJ^eilic^  h)iberfu]^r  i^m  ber 
Äummer,  t>a^  and)  einige  feiner  ©emcinbeglieber  fic^  (nad;  1860)  t>on  i^m  trenntm  unb 
jur  lut^erifd;en  ^mmanuetef^nobe  übertraten.  66 

SBäl^renb  ber  Selagcmng  flüd)tete  er  fid^  au^  bem  gcfäl^rbeten  5ßfarr^aud  in  ein 
grope^  Slnmefen  im  3""^^  ber  ©tabt,  ba^  i^m  gel^örte,  unb  in  bem  biele  feiner  ©c« 
meinbeglieber  DVt>a6)  fanben.  §ier  ^iclt  er  jtoeimal  täglich  unter  bem  Äugelre^cn  Qto^ 
bienft.  9Jad)  ber  (Eröffnung  ber  ©tabt  fonnte  er  mit  .^ilfe  feiner  jo^lreiqen 
2)eutfd;lanb  mancher  9iot  abhelfen.    S)ie  SBJieberuereinigung  bei^  (Slfa|  mit 


362  ^onttng  ^ord(e^ 

orüfete  er  mit  greubcn.  SJagcgcn  faf)  er  bic  ©enbung  bon  5Dtifrton«infj)cftor  D.  gabri  aU 
2)ecementen  in  ebangelifciSfen  Äultu^ngclegen^eiten  fcl^r  mi|trauifc^  an.  Wßxxl  1871  rid^tete 
er  eine  (gingabe  an  ben  Sleidjf^fanjler  (mit  36  Unterfd^friften),  in  toeld^er  nid^t  Weniger 
berlangt  mürbe  ate  Slufbebung  ber  Union  in  ganj  3)eutjc^Ianb.    I)ie  liberale  SKajorität 

6bcr  5ßaftoraIfonferenj  na^m  bieö  jum  Slnlag,  um  am  6.  ^nnx  bon  ber  neuen  Sflegierung 
?freil^eit  bon  attem  ©^mbot  unb  ägenbenjlDana  ju  berlangen,  toorauf  mieber  am21.3uni 
eine  gro^e  SlnjaW  bon  })ofitib  ^efinnten  ©eijuic^en  aller  ©df^attierungen  [xd)  unter  §.^ 
Seitung  berfammelte  unb  für  bie  äufred^terl^altung  be«  Sefenntniffe«  einlam.  3)ie  QnU 
fd^eibung  erfolgte  mel^r  ober  Weniger   im  ©inne  ber  (Singabe  ber  ^aftoralfonferenj.    §. 

10  berjid^tete  nun  barauf  nod^  toeiter  in  ben  ®ang  ber  3)inge  einjugreifen  unb  begnügte  [ic^ 
in  getoo^nter  SQBei|e  gegen  ben  „berborbenen  ?pieti^mug"  ju  läm^fen.    Bd)on  lange  er* 

S ^teerten  i^m  Iört>erlic^e  Seiben  ba^  amtlic^fe  SBirfen.  ©eine  ©öl^ne  Söil^elm  unb  %xxi} 
anben  i^m  jur  ©eite.  3lad)  bielen  fieiben^lDOC^en  berfd^ieb  er  feiig  am  21.  Januar  1882. 
$.  I^at  ba«  Serbienft,  baf;  er  in  leiten  5heifen   ba^  Ixxd^lxd}^  Setou^tfein  lieber 

16  toedfte,  bafe  er  toieber  aufmerifam  madj^te  auf  bie  S3ebeutung  ber  reinen  fie^re  unb  ber 
®nabenmittel,  bafe  er  bie  JRedjftfertigung  iDieber  in  ben  3RitteI))unft  ber  3Jerfünbigung 
ftellte  unb  bamit,  im  ©egenfa^  ju  bem  ftreng  blicfenben  unb  a^fetifdjf  gerichteten  härter, 
bem  ßl^riftentum  feinen  frol^en  unb  befeligenben  ß^arafter  erf^ielt.  6r  l^at  toeit  über  bie 
®renjen  feiner  ©emeinbe  l^inau«  bie  alten  lut^erifdjfen  Sieber  unb  bie  fd^önen  ®otte^ 

20  bienfte  ber  Äird(>e  belannt  unb  lieb  gemacht.  ©benfaB«  jum  Unterfd^iebe  bon  härter  l^at 
er  burc^  fein  SBorbilb  gejeigt,  bafe  bie  ©emeinbe  ber  ©d^toer))unft  ber  2]^ätigfeit  be^  ®ei[t= 
lic^  fein  foll,  unb  ift  burd^  bie  SQSeife,  toie  er  feine  ®emeinbe  \n  feiner  9)litfämt)fenn 
unb  SJcitarbeiterin  ma^fte  unb  feinen  Siebes^  unb  HRiffionötoerlen  oen  ßl^arafter  bon  ®e5 
meinbetoerfen  gab,  ein  Vorläufer  ©ulje^  geworben.   9lül^menött>ert  ift  enblid^  ber  Wann^ 

36  mut;  mit  bem  er  einem  blofe  auf  feine  Äerrfd^aft  bebad^ten  Äird^enregiment  entgegentrat. 
Slnbererfeit^  ift  nid^t  ju  leugnen,  bafe  er  burc^  feine  leibenfd^aftlic^e,  jur  Übertreibung  ge^ 
neigte  ^olemil  unb  feine  nid^t  immer  unbebenflic^e  Äirc^etti)olitif  manc^e^  Slrgemi^  gab 
Unb  burd^  bie  ©})altung,  bie  er  im  Sager  ber  ®läubigen  ^erborrief,  bie  §errfd^aft  be^ 
Slationaliömu«  befeftigen  ^alf.    @r  gel^örte  ju  ben  ®lauben«jeugen  unb  Äird^enmännem, 

80  bie  il^re  ^jSerfon  für  il^re  ©acf^e  einje^en,  bann  aber  auc^  i^re  ^erfon  unb  i^re  ©ad^e 
gIeidS>fe|en.  D.  ^aifenfd^mibt,  Pfarrer  in  ©trafjburg  l.  @. 

^ord(e^^  ©amucl,  geft.  1806.  —  fiitt.  Ü6cr  i^n:  Funeral  Sermon  by  Dickinson 
1806;  Geotleman^s  Magazine  1806,  II,  987  ff.;  Good  Words,  1874,  825 ff.;  Times,  21.  3iili 
1876;    Chalmers»  Gen.  ßiogr.  Dict.  1814,    XVIII,  181  ff.;    Europ.  Mag.  1813,  I,  371  ff., 

86  494 ff.;  Wallace,  Antitrinit.  ßiogr.  1850,  III,  461;  Stanley,  Hist.  Memorials  of  West- 
minster  Abbey,  1868,  474  ff.  unb  Catalogue  of  Edinburgh  Graduates  1858,  192  ff.  ((ginc 
flute  ©iogropbic  4).8  fe^It).  —  %l.  für  feine  firc^Iicfte  Stellung:  J.  Stoughton,  Eeligion  in 
Engl,  under  Queen  Anne  et<j.,  Sonb,  1879,  vol.  II.;  Abbey  &  Overton,  English  Church 
in  the  18 th.  cent.,  2  voll.  Sonb.  1878;  Hunt  unb  Leslie  Stephen,  Hist.  of  Rcligious  Thought 

40  in  the  18.  cent.,  fionb.  1882;  Leckie,  Hist.  of  Rationalism,  Sonb.  1869;  ©rfcft  u.  ©ruber, 
«ag.  encl)!I.  II,  1 ;  Dict.  of  Engl.  Biogr.,  vol.  XXVII,  383. 

ate  ber  ältefte  ©ol^n  be«  ^Pfarrer«  3«^'^"  §•  <^"  St.  Martyrs  in  the  Fields  in 
Sonbon  geboren  am  15.  ©e))tember  1733  unb  bon  feinem  SSater  in  ben  Stnfang^^rünben 
unterrid^tet,   trat  §.  am   24.  Df tober   1751    in  Trinity  College   ßambribge,   etn,   um 

45  Ideologie  gu  ftubieren.  (Sr  toarf  fid^  inbe^,  abgeftofeen  bon  ben  Söerfen  ber  jeitgenöffis 
fd^en  Ideologie,  bie  feinen  auf  logifc|e  Unterfuc^ungen  gerid^teten  ®eift  unbefriebigt  liefen, 
jugleid^  bon  bem  el^rgeigigen  antriebe,  ber  aÜe«  ergrünben  toiB,  bel^errfd^t,  auf  bie  in  ber 
xragtoeite  i^er  (Sebanfen  nod^  nic^t  genügenb  erlannten  SBerfe  ber  Sllten  unb  fuc^te  in 
ben  ©d^riften  be^  ©uflib,  Stb^ttoniu^;  befonber«  9letotonö  eine  fongenialere  geiftige  §eimat. 

M  S)iefc  matl;ematifd^en  ©tubien  nal^men  baö  !3nterefje  feinet  toiffen|d^aftli(^en  ©treben^  faft 

20  ^ai}x^  lang  in  3lnfi)rud^.    3m  ga^re  1758   ertoarb   er  ba«  Saccalaureat  unb  über- 

•  na^m    1 759   eine  Pfarrei  in  ?Ketoington  Sutt«,  ©urre^,   folgte   aber  gegen  ßnbe  ber 

fedjfjiger  ^af)xt  einem  Stufe  be^  ®rafen  bon  3l^le^forb,  ber  i^n   jum  .t^ofmeifter  feinet 

älteften,  in  Dfforb  ftubierenbcn  ©o^ne^   befteHte.    (Sine   fritifd^e  Slrbeit  über  Sl^JoBoniuö 

66  (De  Inclinationibus)  machte  il^n  in  ber  toiffenfd)aftli(l^en  3öelt  befannt.  <B6)on  1767 
iDar  er  auf  ®runb  feiner  l^erborragenben  Seiftungen  auf  bem  ©cbiete  ber  SJlatl^ematif 
jum  3)Jitglieb  ber  Äöniglid^en  ®efellfciS>aft  in  Sonbon  gehjäl^lt  Sorben;  Jeit  1773  toax  er 
ibr  ©efretäV;  gab  aber  bieje  einflu^reid^e  ©tellung  infolge  eine^  3^^^^^^ff^  ^^^  "^^^ 
SSorfi^enben  im  ^a\)X^  1784  auf.  3"B^^f^^  ^^^^  ^"^  ^'^  Uniberfität  Dtforb  i^n  burd^ 

ßu  ßrteilung  be^  LL.  D.  (Doctor  of  Common  Law)  au^gegeid^net  (1774),  unb  ber  ®unft 


^otdlttt  363 

be«  ©rafm  Don  Sl^toforb  toic  be«  Sifd^of«  Dr.  Sotot^  t>on  fionbon,  ber  tf^m  1777  eine 
ßl^ori^errn^frünbe  an  ©t.  ^ßaulö  jußeteUt,  üerbanite  er  mel^rere  Heine  geiftlic^e  ©teilen, 
bie  er  auf  bem  SBege  bifd^öflid^er  2)i^enfation  neben  5Retoington  inne  bel^ielt.  2luc^  in 
biefen  geiftlic^en  Ämtern  verfolgte  er  feine  mat^ematifd^en  ©tubien  unb  gab  in  ben  ^a^ren 
1779—1784  9leh)ton^  SQBerfe  in  fünf  ftarlen  Duartbänben  l^eraud.  6 

SBäl^renb  er  an  biefem  großen  SÖerfe  arbeitete,  tt>urbe  il^m  ba«  Slrd^ibiafonat  toon 
@t  2llbang  1781  übertragen,  ^n  biefer  ©teHung  tourbe  er  in  bie  litterarif d^en  Ääm^f e, 
toeld^e  bamate  bie  Krd^Iic^e  2^eologie  geaen  rationalifterenbe  SKngriffe  ju  fü^en  l^atte, 
l^ineingejogen.  35ie  matl^ematifc^e  ^Periooe  feine«  2eben«  fommt  bamit  jum  Slbfd^lu^. 
3Kit  ber  (Incrgie  eine«  nic^t  getoöl^nlici^en  ®eifte«  toenbet  er  [xd)  fortan  ben  tJ^eologifd^fen  lo 
^Problemen  gu,  in  beren  Verfolgung  er  einer  ber  ^ertoorragenbften  Serteibiger  ber  ftaat«* 
fird^IidSfen  S^eolo^ie  tourbe.  ©ein  im  Sntereffe  ber  lird^liclfen  3^rinität«lel^re  gefül^rter 
Äam^f  gilt  afö  bie  bebeutenbfte  Äontroberfe,  toelc^e  im  legten  35rittel  be«  18.  ^a^r^un^ 
bert«  im  englifd^en  Sftablif^ment  burd^gefod^ten  tourbe. 

©c^on  tüäbrenb  ber  ©eigmu«  feinen  Äam^f  gegen  ba«  in  geiftlofe«  ^Jormeltoefen  ge*  is 
bannte  Äird^entiim  führte,  l^atte  e«  an  Älagen  über  bie  SSerbrängung  ber  SReligion  bur* 
bie  ÜKoral,  be«  S^riftentum«  burd^  et^ifc^e  formen  nid^t  gefehlt.  3)er  fd^ötoferifd^e  ^auq 
be«  religiöfen  ©ebanfen«  fd^ien  ber  3«^^  abbanben  gefommen  ju  fein,  ©elten  finben  ftd^ 
in  ber  geitgenöffifd^en  Sitteratur  Bpuxm  t>on  einer  Setoeifung  be«  ®eifte«  unb  ber  Äraft. 
3)er  fromme  ®Iaube  toar  bor  ben  ungel^emmten  gluten  be«  3lationaIi«mu«  au«  bem  20 
Krd^lic^en  Seben  getoid^en.  3)ie  berüd^tigten  ^rebigten  §ugl^  S3Iair«,  bie  ba«  Ie^te©tabium 
be«  tl^ologifd^en  Serfall«  barfteUen,  toaren  im  93egriff,  ba«  @rbauung«bud^  be«  englifd^en 
ÜJlittet  unb  Dberftanbe«  ju  Serben:  an\iait  religiöfen  auffd^toung«  fladj^e  2ebeit«h)ei«l^eit 
unb  moralifc^e  9iebenh)ud^erungen,  für  bie  entfd^tounbene  S^^ifl^^^  ""^  t>oIf«tümtid^e 
prifd^e  ber  alten  biberben  ^ßarfon«  ein  trodfener  fiel^rton,  für  ©albung  SBortma^^erei  unb  25 
bol^le«  5pat^o«.  5Kod^  ebe  SBe«Ie^  SBedfruf  gegen  biefe  t>erftanbe«mä6t0-flöc^e  ^ßrebigt« 
iDeife  ^Proteft  erf^oben,  l^atte  ^obe  in  feinen  ^ßoefien  ©ittlid^feit  unb  Sruberliebe  al«  ba« 
^öd^fte  Allgemeingut  ber  ÜJlenfd^b^t  ge^riefen  unb  £orb  §erbert  bonSl^erbur^  ben  ©tauben, 
bergtid^en  mit  einem  el^rbaren  Seben,  ein  5Rid^t«  genannt.  @«  erhoben  [x6)  bereingelte 
©timmen,  bie  ©eiftlic^en  foDten  fid^  betpuftt  Serben,  bafe  fie  d^riftlid^e,  nic^t  blofee  SKora«  30 
litctt«t)rebiger  feien,  unb  ber  ßrjbifc^of  ©edfer  l^atte  1758  bon  feinem  Äleru«  berlangt,  ba^ 
bie  ^rebiger  nid^t  nur  bie  ®runbfä^e  ber  3^ugenb  imb  ber  natürlid^en  Sleligion,  fonbem 
aud^  biejenigen  be«  ßbangelium«  bon  ben  Äanjeln  leiten.  9lun  brang  §or«Ie^,  beffen 
9Jamen  eben  einen  toiffenfd^aftlic^en  Älang  gewonnen,  auf  eine  l^öjg>ere  5haft  unb  SBeil^e 
ber  gläubigen  ^rebigt.  3)te  J)clagianif(l^e  SBebrol^ung  ber  9lec^tfertigung«le^re  burd^  bie  86 
®leic^ung:  ßl^riftentum  =  ©ittlid^ifeit,  fagte  er,  l^at  einen  berberblic^en  ginflu^  auf  unfere 
3eit  gehabt,  unfere  ^rebigten  toerben  be«  d^riftlid^en  ®eifte«  beraubt  unb  ui  moralifrf^en 
»b^blungen  ^erabgebrürft ;  trodene«  moralifd^e«  3)ocieren  ift  bei  un«  im  ©c^toange,  unb 
bie  irrtümlichen  ®runbfä^e,  auf  bcnen  jene  falfd^e  Übung  berul^t,  Serben  noc^  nid^t  in 
genügenber  SBeifc  bem  berbienten  3:abel  prei«gegeben.  40 

3Son  tbeit  größerer  Sebeutung  al«  biefe  bomiletifd^en  SReformbeftrebungen  fmb  inbeffen 
feine  .Hämjjfc  gegen  ben  bie  Kirche  bebro^enben  antitrinitarifc^en  ©ociniani«mu«  geworben, 
©ie  ftelj^en  nid^t  ganj  au^er  Serbinbung  mit  ber  eben  eribäl^nten  SReform.  2)a«  S3es 
benftid^e  an  jener  berftanbe«mäfeigen  Siüd^teml^eit  toaren  einerfeit«  bie  (Sinflüffe  be«  älrs 
miniani«mu«,  bie  fid^  bei  ber  ftaat«fir(l^Iid^en  ®eiftlid&feit  im  ®egenfa^e  gu  bem  })uritanif4f  45 
gefteigerten  6albini«mu«  geltenb  mad)izn,  anbcrerfeit«  bie  rationaliftifd^en  2;enbenjen  be« 
3)ei«mu«.  3"  ©amuel  glarle  maren  no6)  beibe  bon  §or«IeV  beläm})ften  ©trömungen 
bereinigt.  SBir  baben  alfo,  um  ba«  richtige  Urteil  über  bie  SSebeutung  be«  bon  §or«IeV 
gefüj^rten  trinitarifd^en  ftamt)fe«  ju  gewinnen,  auf  biefen  Tlann,  ber  ol«  ber  Sater  be« 
englifc^en  3flationaIi«mu«  anjufe^en  ift,  jurücfjugeben  (f.  S3b  IV  ©.  129, 22  ff.).  so 

Dr.  glarfe  l}aitt  1712  feine  „©c^riftle^re  bon  ber  3)reieinigfeit"  beröffentlidjft.  $ier 
Wax  ba«  ganje  ^laterial  für  eine  ibi(l^tige  Streit-  unb  2:age«frage  geboten.  9lid^t  mit 
Unrecht  fal^  man  Slarfe«  93ud^  al«  ba«  %t]cU  unb  ®runbbud^  be«  mobemen  Slriani«^ 
mu«  an. 

2)iefer  liefe  unter  »^eft^altung  eine«  l^albgottartigen  ß^arafter«  be«  2ogo«  le^teren  66 
jtbar  aBcltfc^ö})fer  unb  Stegierer,  aber  mit  @ott  x\\d)t  gleid^  etbig  fein.  3)er  Sater  allein, 
fagt  ßlarfe,  ift  ber  ©ine,  ber  l^ik^fte  ®ott.  5Rur  infotoeit  göttli^^e«  SBefen  überbau))t  mit« 
geteilt  toerben  fann,  befi^t  c«  ber  ©o^n.  3)er  ^eilige  ®eift  ift  foioo^I  bem  Satcr  al« 
bem  ©o^ne  untergeftellt,  nicbt  nur  ber  Orbnung,  fonbem  auc^  ber  §enlid^feit  ui^ 
ÜKac^t  nad^.    2)a«  c^riftlic^e  2)ogma  bon  ber  3)reieinigleit  ift  alfo   nur  im  ©inne 


364  ^ot»ktf 

ötonomifd;cn  Srinität  auf^ufaffen.  Sleligiöfc  2lnbetung,  fagt  (SlaxU,  iuirb  in  bcr  ^ciliöcn 
©d^rift  t^atfäcl^Kci&  auf  6in  SBcfcn,  auf  bie  ^crfon  be^  Sater^  bcfd^ränft.  2)ic  Slnbetung, 
bie  G^rifto  jugefd^rieben  lüirb,  ift  i^em  SBefen  unb  Urfj)run0e  nac^  eine  anbete,  beni 
(Stabe  nad^  öettngete,  fefunbäte.    3tn  feinet  ©teile  be^9t3;  toetben  bem  ©ol^ne  unb  bem 

6  ©elfte  bie  ^öc^ften  3öejcn»j)täbifate  be^  SJatet^  beigelegt ;  bcibe  l^aben  bielme^t  t)omüBatct 
il^t  SBefen,  finb  biefem  alfo  untetgeotbnet,  unb  jiDat  ift  biefe  ©ubotbination  eine  teale. 
5Da^  btei  ^etfonen,  b.  1^.  btei  mit  ^^^teUigenj  au^eftattete  SBefen  ba^felbe  l^^nbibibuum, 
eine  ibentif^c  ©ubftanj  auömad^en,  ift  ein  3Bibetfj)tuc^ ;  auc^  bie  nicänifc^en  XJätet,  meint 
ßlatfe,  betftanben  untet  bet  ^omoufie  be^  ©o^ne^  fcine^meg^  eine  inbibibuelle  ©ubftanj. 

10  —  I)ie  toitflic^e  ©c^VDietigteit  bet  itinität^le^te  liegt  nid&t  batin,  \mc  btei  ^Jjetfonen  ein 
©Ott  fein  fönnen,  benn  ba^  fagt  bie  ©d^rift  mit  feinem  2Botte,  fonbetn  U)ie  unb  in  tuel= 
d^em  ©inne  bet  ©a$,  ba^  e^  nut  einen  ®ott,  ben  3?atet  (1  ilo  8, 6)  giebt,  afö  unbebingt 
toa^t  unb  gcU)i|  gelten  fann.  I)a^  3Bott  ®ott  toetbc  in  bet  ©d^tift  immet  im  telatiijen 
©inne  ate  Sejeic^nung  einet  SBütbe  obet  ^ettfc^aft,  afö  ©tanbe^^  obet  2tmt^begtiff  ge- 

15  btauc^t.  9Jut  in  biefem  ©inne  einet  Sebingt^eit  bom  3Satet  fei  Gl^tiftu^  ®ott  ^u  nennen. 
3nfo  nic^t  um  feinet  SBefen^,  fonbetn  um  feine«  SBäetfe«  toillen  eigne  ß^tifto  bet  änfptud^ 
auf  Setel^tung.  —  3lbet  bie  toeitete  golö^ning,  bag  G^tiftu«  ate  ®efc^ö})f  au«  bet  ^anb 
be«  3iaUx^  ^etbotgegangen,  toagtc  ßlatfe  nid^t  ju  jie^en,  tt>eil  et  nic^t  afö  ein  Äe^et  ju 
etfcl^einen  toünfd^te,  ben  fd^on  bie  nicänijc^cn  3}ätet  betbammt.    I)em  3ltiani«mu«  gegen^ 

20  übet  ^ielt  et  bie  Stoigfeit  bon  ©o^n  unb  ®eift,  bem  ©abcHiani^mu«  gegenübet  bie  ^et- 
fönlic^e  Untetfc^iebenl^eit  beibet  bom  3Jatet  feft. 

ÜJlit  biefen  ©ö^en  ioat  bonßlatfe  auf  bem  ®ebiete  bet  ttinitatifd^en  Se^tmeinungen 
eine  neue  Sita  inauguriert  iootben.  ®ie  ®eiftet  loutbcn  butd^  ij^n  mäd^tig  in  Setoegung 
gefegt.    (Sine  ?flut  bon  ©d^riften  f üt  unb  toibet  etfd^ien ;  bie  glänjenbfte  Setteibigung  bet 

26  fitc^lic^en  Itinität«le^te,  mciftetl^aft  im  (Snttoutf  unb  tiefgtünbig  in  bet  ®ebanfenau«' 
fü^tung  liefette  Dr.  Söatetlanb,  bet,  ba«  ®e))länfel  betad^tenb,  im  gtontangtiff  ben  ent= 
fc^feibenbcn  ®egenfto|  fül^tte  (f.  b.  31.). 

Untet  biefen  Äämllpfen,  bie  [xd)  in  bem  Confessional  Sladfbutne«  m  einem  3Jetfud^e, 
bie  Untetfd^rift  untet  bie  39  3lttifel  im  S^^teteffe  bet  unitatifd^en  2lnfic|ten  ^u  befeitigen, 

80  betbic^tcten,  na^m  bet  ^tofcffot  bet  ß^cmie,  Dr.  3ofep^  ^tieftlet;,  ein  lötann,  bet  gtofeen 
littetatifc^en  Slnfe^en«  geno^,  in  feinen  beiben  ©d^riften,  bet  „®ejd^id^te  bet  3?ctfälfc^ungctt 
be«  ß^tiftentum«"  unb  bet  ,,®cfd^id^te  bet  älteften  d^tiftologifc^en  änfc^auungen"  in  ©a^en 
bet  „©ocinianet"  ba«  SBott  butc^  bie  SluffteKung  folgenbet  3:^efen :  bie  2;tmität«lel^te  in 
i^tet  bogmatifd^en  gotmulietung  ift  nic^t  ältet  al«  ba«  nicänifc^e  Äongil.    äöie  fie  iyox^ 

86  liegt,  ift  fie  ba«  (Stgebni«  einet  allmä^lid^en  ©ntattung  bet  neuteftamentlid^en  fiepte,  bie 
auf  bie  (Sinflüffe  be«  griec^ifd^en  ®eifte«,  auf  ben  eintritt  getoiffet  ^Uatonitet  in  bie  c^rift= 
lidj^e  Äit^e  jutüdjufül^ten  ift.  SSatet  biefct  5Jeuetung  ift  ^"ftinu«  bet  3Kätti;tet  geioefen. 
33ot  il^m  h)at  bet  (Slaube  bet  ganjen  Äitd^e,  namentlich  bet  Sitd^e  bon  3^nijalem,  im 
ftrifteften  ©inne  ein  unitarifd^et.    3)ie  unmittclbaten  3lipoftelfc^ület,   toitb   gejagt,   fallen 

40  noc^  in  6l[>rifto  einen  SJlenfd^en,  beffcn  SJafein  in  bem  ©d^o^e  bet  SKatia  begann.  ^\^x^ 
9lnfd^auungen  bon  feinet  ®ottl^eit  toaten  ibentifd^  mit  benjjenigen  bet  2ltianet  im  4.  ^abt- 
l^unbett  (bgl.  b.  21.  ^ricftle^). 

3)a«  toaten  bie  ©ä^e,  mit  benen  ^rieftle^  bem  I)ogma  toon  betlrinität  eine  ©teile 
innetl^alb    bet   gtiec^ifd^en   Silbung    anjutoeifen    untetna^m.     2)et  Äitd^e    fei    e«   bom 

46  $elleni«mu«  ioibet  i^xm  SBillen  aufgebtängt  tootben;  ®efd^id)te  unb  ©d^rift  l^abe  e« 
gegen  fic^. 

2)ie  ©ä^e,  fo  fotmuliett,  enegten  inCjfotb  unb  in  bet  tl^eologifd^en  äBelt  (gnglanb« 
übet^auj)t  auffegen.  3lu(^  au^  §.«  Umgebung  fielen  einzelne  ben  Slufftellungen  ßlatfe^ 
55rieftle^«  ^u.    ©ine  nid^t  unbebeutenbe  ©eceffion  au«  3)if|ent  unb  Äitd^e  in«  unitarifd^e 

60  Saget  griff  ^a^. 

3)a  nabm  6.  ben  §anbfd^u^  auf.  ®elang  e«  il^m  aud^  nic^t,  bie  arianifd^en  unb 
unitarifc^en  2tnf^auungen  gan^  ju  bc|eitigen,  fo  ioat  bod^  fein  3lngtiff  nacb  allgemeinem 
Utteil  füt  "j^rieftle^  fo  öetnic^tenb,  bafe  fottan  eine  Unflatl^eit  übet  ba«  SRec^t  geioifjct 
3lnfd^auungen  in  bet  Äitd^e  nid^t  mel^t  bcftanb  unb  eine  fd^atfe  ©tenjlinie  |;toifd;cn  beiben 

66  Sel^tn^eifen  gebogen  toutbe.    I)a6  bamal«  bet  Unitari«mu«  eine  ä^etutteilung  etfu^t,  loat 

t.«  Sctbienft.   e«  gelang  il^m,  bie  ©egenfä|e  in«  Sic^t  ju  ftellen  unb  ju  geigen,  ba^  bet 
oben,  auf  ioelc^em  bie  beiben  einanbet  befämj)fenben  ^atteien  ftanbcn,  fein  gemeinfamet 
me^t  toat. 

3uetft  in  einet  Slnf^tac^e  an  feinen  Äletu«  (22.  9Wai  1783),   bann   in  einet  9lci^e 
üo  bon  Briefen,  bie  an  ^rieftle^  felbft  gcti((^tet  toaten,  begtünbete  et  feinen  angriff.    2)iejet 


^ovtttti  36Ö 

Qd)t,  mit  beni  SiaPabe  unferer  3cit  gemcffen,  toeit  über  bic  ©renken  ber  ÜJlä^tgung  unb 
be«  Kttcrartfc^en  änftanbeö,  l^inau«.  ^oc^fa^rcnb  unb  unbarmherzig,  oft  mit  }(|neibenbem 
©arlo^mu^,  toenn  bic  Slö^en  feine«  ©egner«  aufgebcdt  Serben,  bemidjftet  Jp.  mit  bem 
ft^feren  ©enidgriff  be«  Überlegenen  feinen  ®egner.  ^atte  ^rieftle^  in  ben  t^eologifd^en 
»erl^nblungen  feiner  ^eit  fic^  Sorbeeren  errungen,  bie  i^m  niemanb  beftritt,  fo  miÄte  ^  6 
Dielen  oHerbing«  afö  eine  ©tärfung  ber  ort^obojen  ©ac^e  erfc^eincn,  iotrin  bem  vlamm 
eine«  ber  gefeiertften  3)Jänner  ber  ^nt  burc^  ben  Slac^tpei«  t)on  Strtümern,  Unjulänglid^ 
leiten  unb  ©c^toäc^en  feiner  Stu^fül^rungen  ber  (Slanj  genommen  tourbe.  Unterlag  ^rieftle^, 
fo  triumphierte  bie  Äirc^e.  SSielleic^t  au«  biefen  (Srloägungen  l^erau«  toar  bie  perfönlidjfe 
2lrt  ber  ßrioiberungen  bebingt,  bic  freilid^  aud^  bie  ©tärfe  ber  §.fciS>en  ©tellung  au«maci^en,  lo 
jumal  biefer  bie  Unterfuc^ung  ber  ^auj)ttl^efe  a  priori  ablehnte,  ©o  lam  in  bie  3lu«s 
einanberfe^jungen  ein  (hochmütiger,  bitterer  ion,  ber  fic^  auf  §.«  ©eite  bi«  gu  ber  ätb« 
lel^ng,  ein  neuerfc^ienene«  9uc^  ^rteftlev«  (Hist.  of  Early  Opinions,  1786)  über^au))t 
ju  lef en,  unb  ju  bem  garten  ©a^e :  he  is  altogether  unqualified  to  throw  any  light 
upon  a  question  of  ecclesiastical  antiquities  (Tracts,  1789,  ©.  85)  Ijerftieg.  —  15 
©0  gut  er  fonnte,  toel^rte  fic^  ^rieftle^,  ber  freilid;  bon  ber  bemütigen  ärt  be«  bet^le^e« 
mitifd^en  ipirtenfnabcn  nicbt«  an  [xd)  ^atte,  gegen  bie  .^iebe  be«  neuen  ©at^iter«,  bie  faufenb 
auf  i^  nieberfielen ;  auc^  er  ^ielt  fid^,  gumal  im  Sßeginn  ber  gelobe,  t)on  ber  SHücffid^t«« 
lofigleit  feine«  ®egner«  nic^t  gang  frei. 

(Sin  fe^  großer  leil  be«  Singriff«  befc^äftigt  fid^  alfo  mit  ber  Segrünbung  ber  Un*  20 
toiffenfc^aftlic^f eit  be«  ©egncr«.  ^n  feiner  Charge  ^atte  §.  j.  39.  gefagt,  bafe  ^rieftle^  SBe^ 
^auj)tungen  feine  anberen  al«  biejenigen  2)aniel  3uirf^  f^i^n*  toä^renb  feine  33ett>ei«grünbe 
fxd}  mit  benjenigen  be«  6>)i«fo^iu«  becften.  (Sr  ^abe,  antwortete  ^rieftle^  ganj  ^armlo«, 
bon  3wicf er  übcr^au})t  nodj)  nid^t«,  unb  „  bon  gj)i«f oj)iu«  nur  toenig  gel^ört.  2ln  einer 
anberen  ©teile  toar  i^m  bie  unbebac^te  Slufeerung  entfahren,  er  l^abe  bie  alten  3Säter  unb  25 
bie  ©c^riften  be«  Sifd^of«  S3ull  über  bie  ©ad^e  „nur  burc^blättert".  Diefe  S3löfeen  lie^ 
^.  \\d)  md)t  entgelten;  immer  toieber  fc^lcubert  er  feinem  ©egner  ben  Sortourf,  bafe  er 
leichtfertig  mit  ben  Problemen  umgebe,  in«  ©efic^t,  toä^enb  er  felbft  mit  j)einlid^er  ®e- 
toiffen^aftigfeit  alle  ))ofitiben  Behauptungen  burc^  bie  SSäter  belegt,  ©obonn  toerben  mit 
feiner  S'^onie  bie  3Rängel  ber  gegnerifd^en  ©c^riftau«legung  bloßgelegt.  3)ie  SRid^tigleit  be«  so 
©a^e«,  fagt  ,^.,  baß  bie  Urc^riften  nic^t  glauben  fonnten,  ß^riftu«  fei  ein  bloßer  9Renfd^,  iDeil 
bie  apoftel  i^nen  gejagt,  baß  er  ber  ©d^öpfer  be«  Uniberfum«  fei  (Äol  1,  15.  17),  ioirb 
für  biejenigen  nicl^t  U'\d)t  berftänblic^  fein,  meiere  nic^t  ben  ©c^arfftnn  befi^en  ju  erfennen, 
baß  ber  toa^re  ©inn  einer  infpirierten  ©c^riftfteHe  ba«  gerabe  ©egenteil  be«  natürlid^en, 
Haren  ©inne«  ber  gebrauchten  3tu«brüdEc  fein  muß.  —  ^n  ber  entfd^eibenben  !3ol^anne«*  35 
ftelle  l^atte  ^rieftlet)  für  „gcfommcn  in«  J^leifc^"  (he  came  in  the  üesh)  gefegt  „ge* 
lommen  bom  ^leijc^"  (came  of  the  flesh).  Dr.  ?prieftle^,  fagt  baran  anfnüpfenb  ^., 
behauptet  ba«  gerabe  (Segenteil  bon  bem,  ioa«  ber  ^eilige  ©c^riftfteUer  fagt.  3)a«  eine 
ift  eine  $erfunft  in«  ^leifc^,  ba«  anbere  eine  2lbhinft  bom  %Ui\d)  (the  one  affirms  an 
Inearnation,  —  the  other  a  mortal  extraction).  3)a«  eine  bel^auptet  ©t.  ^iol^anne«,  40 
ba«  anbere  Dr.  ^ofcp^  ^rieftlc^.  3Sielleicl)t  l}at  Dr.  ^ßrieftle^  bie  ©ntbedfung  gemadjft, 
baß  bie  Sogif  bon  ©t.  S^l^annc«  unb  biejenige  bon  ©t.  ^aulu«  guioeilen  mangelhaft, 
i^re  3lu«brucf«h)eifc  ungenau  ift.  3)arum  glaubt  er  fic^  bie  ^rei^eit  ^erau«ne^men  gu 
bürfen,  einen  3lu«brudE  ju  forrigieren,  ber  in  fein  eigene«  ©^ftem  l^ineinpaßt,  unb  ben  er 
be«l(!alb  nic^t  billigen  fann.  45 

2öa«  ba«  3^"9"^^  ^^  ©efd^ic^te  angelte,  fo  fei  allcrbing«  bie  apoftolifd^e  3^t  nod) 
nic^t  ju  einer  toiffcnfd^aftlid^en  Formulierung  ber  2:rinität«le^re  gefc^ritten.  Slber  toeit 
entfernt  babon,  baß  bie  Urfirc^e  unitarifc^e  Se^ren  unterl^alten,  f)ah^  e«  bielme^r  bor  bem 
(Snbe  be«  2.  3<i^^^"»bert«  in  ber  Äird^e  nic^t  einen  Unitarier  gegeben.  6rft  um  biefe 
3eit  l^abe  l^eobotu«  ber  ältere  (6  oxvrevg)  bon  S^gang  einen  b^namifd^en  SKonard^i«  bo 
ani«mu«  geleiert,  baß  nämlid^  (S^riftu«  ein  bloßer  3Rm\i)  gemefen,  in  bem  ba«  (Söttlid^e 
nic^t  fpegififd^  bom  SWenfd^lid^en  berfc^ieben,  fonbem  nur  })otentiell  borl^anben  unb  toirffam 
fei.  58on  einer  6r^ö^ung  pm  §immel  fönne  alfo  nur  in  bemfelben  ©inne  toie  bei 
anberen  guten  5DJenfc^en  bie  Siebe  fein.  SBa«  bie  au«  ^^ertuHian  citierte  ©teile,  auf 
loelc^e  ^rieftle^  fo  bicl  ©eiuicl^t  lege,  angebe,  fo  bejeic^ne  S^ertuDian  mit  idiotae  Ieine«s  55 
h)eg«  bie  Waffe  ungcbilbeter  (Sj^riften,  fonbem  geioiffe  einzelne  2eute,  benen  e«  am  SSer* 
ftänbni«  fehlte,  ba«  bon  ber  Äird^e  gang  allgemein  angenommene  ©el^eimni«  gu  glauben. 
3lu«  einer  91eil;e  bon  ©teilen  tocift  §.  nacb,  baß  au^  bie  3luben  fd^on  in  (S^rifti  ^^xt 
an  Unterfc^iebenbciten  im  göttlid^en  &ejen  unb  an  bie  ©rfd^einung  i^re«  ÜJleffia«  in  ber 
(öeftalt  ber  jJocitcn  götllid^en  ^erfon  glaubten.    "Oäcnn  g.  S.  Slt^anafiu«  bon  „^uben"  co 


366  ^ox9kti 

ft)rec^e,  bic  ß^riftum  nur  für  einen  9)lenf(^en  l^ielten,  fo  meine  er  offenbar  ba^,   \t>a^   er 
jage,  nämlid^  ^uben  unb  nic^t  gubenc^riften,  h)ie  ^rieftlet;  untergefd^oben. 

(Sine  ber  mtereffanteften  Partien  feiner  Slnttoort  bilben  bie  3lu^fü^rungen  §.^  über 
bog  3Serl^äItni«  be«  ß^ftentum«  jur  j)Iatonif(^en  $l(^i[ofoj)l^ie.    I)afe  jtüifd^en   betben  eine 

6  ^^nlic^fcit  öor^anben  fei,  giebt  er  ol^ne  tpeitere«  ju.  3^  f^^"^  ^^^f  ]%^  ^f  w"^  6in 
ftol^  auf  biefen  fogenannten  SSorlourf.  I)ie  ^latonifer  bel^auj)teten  Drei  göttliche  ^"gpo- 
ftafen,  tau  gute  ^rinjij)  (räya^dv),  bag  SBort  (Hoyog  ober  vovc)  unb  ben  ®eift  (yn^x^)), 
ber  im  SQäeltganjen  toirfe  unb  ba^felbe  in  feiner  innerften  Äraft  jufammen^alte ;  aUe  brei 
aber  nel^men  2^eil  an  einem  gemeinfamen  ©öttlid^en  ('9eiov),  feien  emig  unb  für  fid^  be^ 

10  ftel^enb.  2)ie«  beute  jtoeifello^  auf  eine  ber  d^riftlid^en  ä^nlid^e  2lnf(^auung  l^in.  3lber 
einen  SSortourf  gegen  ba«  ß^riftentum  barin  ju  erbliden,  Vermöge  er  nic^t.  ®ine  öott* 
fommene  Übereinftimmung  beiber,  fagt  er,  gebe  iä)  nic^t  nur  ju,  fonbem.  ic^  fel(^e  barin 
fogar  eine  ätl^nlic^feit,  bie  auf  einen  gemeinfamen  Urf)}rung  j^intoeift  unb  für  bie  tirc^Uc^e 
fiel^e  infofem  eine  SSeftötigung  bietet,  aU  fie  i^  einen  SSetoei«  für  i^re  Übereinftimmimg 

16  mit  fel^r  alten  unb  aD^emeinen  3SoIfötrabitionen  an  bie  §anb  liefert.  3)enn  ber  ©ebante 
einer  Unterfd^ieben^it  m  ber  ©ott^eit  fei  bem  nattirlid^en  3)enfen  nottoenbig;  barum  fei 
er  fd^on  ben  älteften  aSoß^eligionen  nid^t  fremb.  „9Bar  benn  biefe  3lbee  einer  2)reil^eit 
nur  ^piato  eigentümlich?  ®eh)ife  nic^t,  fie  ift  älter  ate  er.  2)ie  ^latonifer  beanfjjru^en 
felbft  nit^t«  anbere«  ju  fein  ate  bie  SJertreter  einer  öiel  älteren  Sel(^re,  bie  fid^  öon  $lato 

30  ju  ^armenibed,  t)on  ^armenibe^  ju  ben  ^^tl^agoräem,  t>on  biefen  ju  Orpl^eu^,  bem 
älteften  ber  gried^ifc^n  9Jl^ftagogen,  verfolgen  lä^t.  3)ie  ©runblagen  ber  otp\)\](i)m  2:^eo= 
logie  aber  ru^en  in  ber  äg^j)tif(^en  ©ebeimle^re.  '^n  ben  t)erfif(^en  unb  c^albäifd^en 
SR^t^ologien  begegnen  toir  äl^nlid^en  Slnfc^auungen,  felbft  in  bem  römifc^en,  t)on  ben  meft- 
aftatifd^en  3Sorfal^ren  imJ)ortierten  Slberglauben  finben  ftd^  ©J)uren  baöon.  3tad)  ^l(^r^gien 

36  tourbe  bie  fie^re  bon  ©arbanu«  öert)flanjt,  ber  fie  bon  ©amotl^rale  brachte."  3Rit  einem 
SBorte,  in  atten  alten  $^ilofoj)^ien  unb  Sieligionen  fei  bie  ^^ee  einer  2^rinität  ein  toefent^ 
lid^er^ug.    ©o  ^or^lelj. 

SSir  feigen,  bie  maWbenben  Unterft^iebe,  toeld^e  bie  ^eibnift^en  Sieligionen  öor  ber 
(^ftlic^  monotl^eiftift^en  Seigre  aufloeifen,  toerben  in  biefen  Stu^fül^rungen  §.^  nid;t  berüd= 

80  fid^ftigt.  3Kan  tl^ut  il^m  nid^t  Unred^t,  toenn  man  i^m  eine  SJertoecbfelung  ber  ©efc^id^tc 
mit  ber  9Jl^tl^ologie  bortoirft.  3)o(^  ift  tool^l  feftjul^alten,  bafe  e^  i^m,  "^irieftle^  gegen^ 
über,  lebiglid^  barauf  anfam,  bag  aufeerorbentlid^  l^o^e  2tlter  ber  trinitarifc^en  !3bec  nad^- 
jutoeifen. 

2)ie  am  ®nbe  be«  2.  3«^^^^"«^^^^^  gemad^ten  3?erfu(^e,  ben  an  ber  griec^ifd^en  ^^i* 

86  lofoJ)l^ie  gebilbeten  ÄonDertiten  mit  bem  3w0^f*änbni^  entgegenjulommen,  ba^  bie  ©runb« 
gebanlen  be«  ©öangeliumg  bereit«  in  '^i.Uato«  (Sd^riften  öor^anben  feien,  bi&igte  ^or^lei; 
nid^t.  3«  ^^  fc^ärfften  Stu^brüdfen  tabelt  er  bei  ben  j)latonifc^  gerichteten  ß^riften  aöen= 
bungen  toie  bie,  ba^  bie  äußere  SJlat^tentfaltung  be^SoJ^ne«  beim  ©c^öj)f ung^aftc  ibentift^ 
fei  mit  bem,  toa«  bie  Äir(^enfJ)ra(^e  3^"0""0  (generation)  nenne.    SBeber  in  ber  ^eil. 

40  ©djirift  finbe  fid^  bafür  ein  3ln^alt,  noc^  toerbe  bie  ©at^e  burd^  bie  Slnfc^auungen  unb 
Seigren  früherer  ^^xtm  beftätigt.  ßinem  bilblic^en  Slu^brudfe  ber  ^l.  ©c^rift,  für  ben 
burd^  ^arallelftellen  ober  au^brüdlit^e  ßrfiärung  berfelben  l(jeil.  ©c^rift  nic^t  ein  burd^au« 
flarer  ©inn  gefunben  toerben  lönne,  einen  berartig  toilllürlic^  beftimmten  ©inn  untcrju^ 
legen  unb  Slnerfennung  bafür  ju  forbem,  fei  anmafeenb.    gj^^^f^ß^  ^"^^  Q^\%^  toerben, 

46  bafe,  toie  Dr.  ^rieftle^  felbft  bie  ©ac^e  auc^  faffe,  bie  SJerfe^rung  eine«  göttli^en  3lttri= 
but«  in  eine  ^erfon  eine  jenen  j)latonifierenben  ß^riften  burd^au«  frembe  ^bee  gemefen 
fei.  Über  bie  S^rinität  felbft  feien  il^re  3lnfd^auungen  burc^au«  gefunbe  getoefen.  Obs 
gleid^  bie  J)latonifd^en  33äter  bie  ßmigleit  ber  jmeiten  ^erfon  ebenfo  feft^ielten  mie  bie 
ber  erften,  fo  meinten  fie  boc^,  bafe  ber  3lu«brurf  3^0W"0  ^^^'^^  i"  ^^"^"^  getoiffen  3^^^- 

60l)unlte  eingetretenen,  befonberen  2lft  bejeic^ne.  Unb  e«  fei  toa^rfc^einlic^,  bafe,  obgleid^  fie 
au(^  bie  ßtoigleit  be«  ^eil.  ©eifte«  be^auj)teten,  fie  mit  bem  Slu^brudf  2tu«gang  eine 
^u^erung  feiner  SBillen^t^ätigfeit  bejeid^net  fqnben,  bie  mit  jenem  2tfte  ber  3^"0""9  ^^ 
@o|ne«  gleidb^eitig  toar.  3)a«  aber  fei  i^re  Überjeugung,  bafe  bie  jtoeite  ^^ierfon  ju  allen 
3eiten  ba«  Söort,  bie  britte  ^erfon  bie  aBei«l(^eit  gemefen  fei. 

66  3Rit  biefem  ßrgebni«  begnügt  fic^  §.  Jnbeffen  nic^t.  3"^^"^  ^  ^'^  ^^n  ^rieftle^ 
bel^auj)tete  unb  öon  i^m  felbft  zugegebene  3i^nli4feit  ber  j)latonif(l^en  unb  d^riftlic^en  Sin« 
fc^uung  JU  ©unften  einer  begrifflichen  Semünftigleit  be«  d^riftlid^en  3)ogma«  geltenb 
mac^t,  gel^t  er  jum  angriff  über.  3"  ^^"  Slnfi^auungen  ber  ^eibnifc^en  ^latoniften, 
fagt  er,  ^aben  toir  eine  Slrt  ®rfa^rung«betoei«  bafür,  ba^  biefe  ge^eimni«t)olle  Seigre  boc^ 

60  ni^t  fo  abfurb  ift,  toie  fie  benjenigen  erfd^eint,  bie  fie  mi6t)erftel^en,  b.  i),  ben  Unitariem. 


^ordle^  367 

fflürbe  ^lato,  5ßor))^^riu«  unb  felbft  ^lotinu«  bic  SOäunbcr  3Rul^ammeb«  ober  bo«  3)ogma 
ber  Iran^fubftantiation  geglaubt  l^aben?  9Jimmerme^r.  ®inh)änbe,  a5Jtberfj)tüc^e,  Unmög* 
lidi^feiten  gegenüber  ber  trinitarif^en  3bee  hwiren  auc^  für  fte  nur  fc^einbare,  barum 
,,^ielten  fte  eine  Se^re  fejt,  toelc^e  ber  ft)äteren  be«  SRicänum«  boc^  infohjeit  gleicht,  ba^ 
fie  ben  gleid^en  ober  öielleid^t  noc^  größeren  ©intoenbungen  au^efeftt  ift".  —  6 

3)er  erfolg  biefer  Serteibigung  ber  lirt^Rc^en  2:rinitätelel^re  h>ar  ein  burd^fd^Iagenber. 
3)ie  emj)finbung,  ba^  ^rieftle^  ber  Sefiegte  fei,  toar  allgemein.  2)ie  unitarifc^e  ^od^« 
flut,  toelc^e  Äir^e  toie  2)iffent  ju  bebro^en  begann,  trat  aDmäl^Ud^  in  ii^re  ©c^ranfen 
jurücf,  unb  3lrtani«mu«  toie  ©odniani^mu^,  benen  nac^  einem  öerJ^ei^ungdboDen  Slufftieg 
tm  ©eiftedleben  ber  Station  eine  !ur}e  Slüte  bef(^ieben  getoefen  toar,  mußten  ftd^  be»  lo 
f (Reiben  lernen.  2)em  englifd^en  Unitari«mu«  be«  18.  3ö^r^w«*>^^  ^^<i^  ^oxilti)  bie 
Äraft  2lber  bie  ärt  be«  Kamj)feg  l^atte  bargetl^an,  ba^  eine  l)erfönlic^e  Unterftrömung 
fld(^  in  bie  h)if[enfc^aftlic^en  93erl(ianb(ungen  eingebrängt.  Sin  S^alent,  ba^  anberd  al^  bod 
®enie,  feine  ©tärfe  auf  engbegrenjtem  ®ebiete,  in  einer  Sinfeitigteit  fuc^t  unb  in  biefer 
©infeitigfeit  mit  Seifettefe^ung  ber  anbem  galtoren  nur  ben  einen  $unft  'xr\^  äuge  fai^,  i6 
fydU  ^.  jtoar  bem  öielbetounberten  9?amen  ^rieftleljd  feinen  ®Iang  genommen,  aber  eine 
t>oDe  Übertpinbung  ber  antitrinitarifc^en  ^bee  toar  il[^m  nic^t  gelungen.  2)er  Unitarit^muiS, 
obgIei(^  gefd^toäd^t  an^  bem  ÄamJ)fe  ^erborgel^enb,  l^at  feine  fieben^fräfte  ju  friften  getou^t 
unb  fommelt  nodb  je^t,  nad^bem  er  feit  älnfang  be«  3^^^^wni>^^  ""^«^  ^^^  ^influ^  ^e3 
neuen  religiöfen  Seben«  manche  feiner  §ärten  abgeftreift,  in  Äirt^e  unb  3)iffent  Heinere  ao 
Äreife  um  feine  ^been. 

2)ag  öermag  natürlich  bem  SSerbienfte  $.^  um  bie  Äird^e  unb  2:l^eoIogie  feiner  ^Äi 
feinen  Slbbruc^  ju  tl(^un.  ©r  felbft  ftanb  fc^on  an  ber  ©d^toeUe  einer  neueren  ^Ät  ^n 
ba^  ftagnierenbe,  in  Unglauben  unb  SSertoeltlid^ung  t)erfunlene  ^oc^firc^entum  brang  ein 
neue«,  bom  ©eifte  be«  ©öangelium«  getragene«,  an  ©tauben  unb  guten  Werfen  reid^e«  25 
fieben  ein.  3*^^^^"  öerl^inberte  i^n  fein  eng  gefc^Ioffener  ©tanbj)un!t  auf  bem  ©oben 
ber  ftaat^Iird^Kd^en  Crt^obo^ie  biefem  neuen  et)ange[ifc^en  Seben  feine  Jlräfte  rüdtftd^t^lo« 
JU  toibmen. 

3)er  ©influfe,  ben  er  na^  feiner  tl^eologifd^en  ^e^be  mit  ^rieftleJ^  burd^  SQäort 
unb  ©d^rift  auf  feine  ^^t  aui^übte,  naj^m  t)on  ^ai)x  ju  S^l^r  ju.  SorMonjIer  SD^urloto  90 
belobte  biefe  Serbienfte  mit  einer  5Pfrünbe  in  ©loucefter  unb  burc^i  bie  im  3^1^^^^  1788 
erfolgte  Berufung  jum  Sift^of  t)on  ©t.  2)aöib«.  3Rit  Iräftiger  ^anb  ergriff  §.  I^ier  bie 
3ügel  be«  SRegimente«,  unterftü^te  al«  SRitglieb  be«  Dberl^aufe«  bie  ^oUtil  ber  ^Regierung, 
an  beren  ©t)i^e  bamafe  ber  jüngere  ^tt  ftanb,  unb  entfaltete  auf  ber  Äanjel  nid^t  toeniger 
al^  im  Parlamente  eine  t>on  feinen  g^i^Ö^i^^ffen  t)iel  betounberte  Serebfamfeit.  35 

©eine  ^rebigten  jeugen  öon  l^erDonagenb  rl^etorifd^er  Segabung  unb  lönnen  al« 
3Kufter  ber  ftaatöfirc^lid^en  Äanjelmeife  ber  ^^xt  im  guten  ©inne  beg  SBorte«  gelten.  3)ie 
ßjegefe  ift  crfc^öj)fenb,  oft  geiftreic^,  bie  S^eilung  originell,  bie  Qpxad)t  Iräftig  unb  frifd^; 
aud^  an  SBärme  fe^lt  e«  i^r  nic^t.  3)ie  ^Prebigten  über  bie  ©^roj)l^önijierin  gelten  afö 
aKufterftüd  J)|^c^ologif(^er  geinmalerei  unD  fjjelulatiöer  liefe.  io 

Sm  unöergefelic^ften  aber  l^at  fid^  ber  ßrinnerung  ber  ß^i^Ö^offcn  jene  ^rebigt  ein^ 
gej)rägt,  bie  er  am  S^^^^tage  ber  Einrichtung  Statin  I.  öor  3Ritgliebem  be«  Parlament« 
in  ber  SBeftminfter-älbtei  ^ielt.  %ixx  feine  ©eifte^rid^tung  ift  biefe  SRebe  in  mel^r  ate  einer 
Sejiel^ung  c^aratteriftifc^.  SBenige  3:age  öorl^er  ioar  Subtoig  XVI.  in  5pari«  unter  ber 
©uiDotine  gefallen.  i)ie  beiben  Käufer  be«  Parlament«  toaren  öerfammdt,  unb  §or«lei^  46 
^atte  ben  2luftrag,  am  30.  S^nuar  1793  öor  bem  Dberl^aufe  ju  J)rebigen.  Qx  tarn  juerft 
auf  bie  bamafö  t>on  ©taat^männem,  Ideologen  unb  ^l^ilofoi)l^en  öiel  bel^anbelte  ^age  bon 
bem  SBefen,  bem  Umfang  unb  ber  Quelle  ber  §errfc^ergeh)alt  unb  im  3ufammenl(^ange  bamit 
auf  ba«  ©^ftem  beiS  }3affitjen  Untert^anengel^orfam«  ju  fj)red^en.  ^m^  beruhte  i^m  auf 
göttlid^er  Sinfe^ung ;  il^r  \)aU  fxd)  ber  Untertl^an  bebingung^lo«  ju  untertoerfen.  @d  fei  go 
eine  öertoerflic^e  ^bee,  ju  glauben,  bafe  bie  monarc^ifd^e,  tote  überl^auj)t  jebe  red^tmä^ig 
eingefe^te  ©emalt  toiberrufltc^i  feien.  Unb  bann  auf  bie  ©c^edten^nac^^ridj^ten  au«  5Part« 
überge^enb,  l^ob  er  feine  Slrme  emj)or  unb  Derglid^  in  tiefer  Setoegung  ben  englifc^en  unb 
franjöftfc^en  Äönig^morb.  „D  mein  SJaterlanb",  rief  er  au«,  „erfenne  ben  ©d^redfen 
beiner  eigenen  Sluttl(^at  in  biefer  furchtbaren  SQäieberl^olung.  Älage  unb  toeine  barüber,  56 
ba^  biefer  fc^marje  franjöfifc^e  SBerrat  an  jenem  SSerbrec^en  beiner  eigenen  unnatürlichen 
©öl^ne  ftc^  ein  Seifi)iel  genommen".  211«  er  biefe  SBorte  gefjproc^en,  erhoben  jic^  toie 
auf  einen  ©c^lag  bie  £orb«  toon  il^ren  ©i^en  unb  l^örten  bie  ^rebigt  fte^enb  bi«  jum 
@nbe  an. 

211«  im  äJerlaufe  be«  ^a^x^  bie  3)eaner^  an  ber  2tbtei  Dalant  tourbe,  erl^ielt  §.  Reoo 


368  ^ordle^  $ort 

naö)  allgemeiner  2tnnal^me  afe  2o\)n  für  feine  glänjenbe  Screbfamfeit  im  2)ienftc  ber 
monarc^ifc^^en  ©ac^e. 

9in  bemfelben  ^a^re  (1793)  toertaufc^te  er  ©t.  3)at)ibg  mit  bem  »i^tum  SRoc^cfter, 
bel^ielt  ober  ba^  e^renDotte  9lmt  an  SBeftminfter  inne.  ^m  ^af^x^  1802  enblic^  tourbe 
6  er  Sifc^of  \>on  ©t.  älffato^,  ftarb  aber  balb  barauf,  am  4.  Dftober  1806  in  Srig^ton. 

©eine  ©d^riften:  uJlat^ematifc^e:  Apollonii  Pergaei  Inclinationum  libri 
duo,  Djforb  1770;  Remarks  on  the  . .  .  North  Pole,  1774;  J.  Newtonii  Opera, 
illustr.  1779— 85-  Pract.  Mathematics  Djforb  1801;  Euelidis  Elem.,  Orf.  1802; 
Euel.  Datorum,  Off.  1803.  ^ij^eologifd^e:  Providence  and  freeAgency,  1778; 
10  Charge  (tjgt.  oben)  1783;  Letters  in  reply  to  Dr.  Priestley  1784;  Remarks  on 
Dr.  P.S  second  letters,  1786;  Analogy  between  Inspiration  and  Learning,  1787; 
Apology  for  the  Liturgy  and  Clergy,  1790;  Sermons,  3)unbee  1810—1822,  9Jeu= 
brudt  1829;  Charges,  1813  (l^er.  toon  Heneage  Horsley) ;  Book  of  Psalms,  trans- 
lated,  with  Notes,  2  voll.  1815;  Biblical  Criticism,  4  voll.  (ed.  Heneage  H..)  1820, 
i5  5Reubrudt  1844;  Theological  Works,  8  voll.  s.  a.  [?  1846],  (enthalten  bie  Sermons, 
Charges,  Psalms unb  Bibl.  Criticism).  ^olemifc^e:  Controversial  Tracts,  1783, 
1784,  1786;  neue  Su^abe  1789  unb  1813;  Philosophical  Transactions  ber  2om 
boner  Royal  Society,  vol.  LXII— LXVI,  1767—76  unb  eine  Sln^al^l  ®elegen^cit«= 
fc^riften.  9<ubolf  Subbenftcg. 

30  poxi,  genton  3iol^n  äntl^onV,  geb.23.  3lj)rill828,  geft.30.  $Wot)emberl892.— 
Sgl.  Life  and  Letters  of  F.  J.  A.  Hort  .  .  .  by  his  son  Arthur  Fcnton  Hort,  2  35be,  fion» 
bon  1896. 

3)rei  englifc^e  S^eologen  ^aben  toäl^enb  bc«  jtoeiten  a:eile^  beö  19.  3la'^^^w"i>^rt^ 
in  einem  befonberen  3Kafec  bie  äufmerlfamleit  unb  bie  §oc^ac^tung  fefllänbifd^er  ©elel^rten 

26  auf  fic^  g^jogen  unb  für  ftd^  gewonnen,  nämlic^  ber  am  21.  3)ejember  1889  l^eim* 
gegangene  ^o\tp^  Sarber  Sig^tfoot,  Sifd^of  bon  35ur^am,  ?f.  3-  ä(.  $ort,  unb  ber  noc^ 
lebenbe  Sif^of  öon  3)ur^am  Sroofe,  gofe  SBeftcott.  311^  junge  3Känner,  unb  ^toax  aüc 
au«  ber  &imbribger  Uniöerfität  l^erDorge^enb,  ftnb  fte  biö  ju  bem  2;obe  Sigl^tfoot«  unb 
bann  §ort«  in  inniger  greunbfc^aft  miteinanber   toerbunben  getoefen.    2lIIe  brei   faxten 

80  biefelben  jtoei  ©ebiete  in«  2tuge,  nämlic^  ba«  SWeue  2ieftament  unb  bie  frül;efte  Sird^em 
gefd^ic^te. 

§ort  ift  in  Dublin  geboren,  lebte  aber  öon  feinem  neunten  ^ai)x^  ab  in  ßnglanb. 
9Son  ber  großen  ©d^ule  in  SHugb^  ging  er  im  ^ö^re  1846  auf  bie  ßambribger  Unitoer^ 
fität;   \vo  er  fic^  ber  Itaffifc^en  ^^ilologie  unb  ber  SKat^ematif  n)ibmetc,   fic^  aber  aud) 

35  mit  3^eologie,  ^^ilofoj)IS^ie  unb  gelegentlich  mit  toolf«h)irt|c^aftlic^en  unb  fojialcn  fragen 
befc^äftigte.  ^m  ^^xt  1851  geiuann  er  ben  ^rei«  für  a)}oralj3^ilofot)l^ie  unb  ,,bcfonberc 
9lu«jeic^nung"  in  ^^^fiologie  unb  Sotanif,  unb  im  'iiai}X^  1852  ein  Stipenbium  („FeU 
lowship").  3"  ^^^  3^^^  ^^0^^  ^  ^"  ^^  Sotani!  I^ertoor  unb  galt  al«  einer  ber  ^off- 
nung^boUften  gorfc^cr  barin.    6r  fd^rieb  gelegentlich  botanif^e  ^Jotijcn,  feine  ©ammlung 

40  bon  botanifc^en  Sudlern  toar  feine  geringe,  unb  ber  ©c^reiber  biefe«  ^at  i^n  noc^  in 
fj)äteren  ^af^xtn  feine  5Pflanjen|ammlung  jiflegen  feigen,  ^aft  äße  (Sambribgcr  Stubenten 
au«  jener  ^eriobe  befaßten  ftc^  mit  ber  58otanif.  ^m  ga^re  1853  fing  er  mit  Söeftcott 
eine  älu«gabe  be«  gried^ifc^en  SJeuen  2;eftament«  Vorzubereiten  an  unD  in  bcmjelben  ^abxc 
untemal^m  er  bie  Sefd^reibung  einiger  ^anbfc^riften  auf  ber  Unitoerrität^bibliot^ef,  hjurbe 

46  Ulm  ßjaminator  ernannt  unb  ftiftete  mit  3-  ®-  ®-  3)laVor,  unb  2igl;tfoot  ba«  im 
3;a^rel854  juerft  an«2ic^t  lommenbe  „Journal  of  classical  and  sacred  philology", 
getoife  eine  ^He  öon  SSerjjflic^timgen  für  einen  jungen  Magister  Artium.  ^m  gabre 
1856  tourbe  er  al«  ^ricfter,  Voller  ©eiftlic^er,  orbiniert,  boc^  tpar  er  in  biefem  ^^l^re 
ßjaminator  in  ben  9Jaturh)iffenfc^aften,   unb  Sorftanb«mitglieb  be«  Gambribger  ärbeiter^ 

60  ßottege,  unb  ber  ßambribger  j)l(^iloJob^i|c^en  ©efettfc^^aft.  d«  ift  auc^  nic^t  untoefentlid^ 
jur  Äenntlic^mac^ung  be«  unglaublid^  toeiten  Greife«  feiner  ^ntereffen  gu  bemerfen,  ba^  er 
mit  einigen  anberen  Fellows  an^  Gambribge  in  biefem  ^ai)xt  Viele  SÖod^cn  in  ben  §od^= 
alpen  ^erumftreifte  mit  allerlei  l^afebrec^enben  ©ängen  in  ber  dläht  \)on  SUlont  Slanc  unb 
mit  einer  93efteigung  ber  ^""öf^öw.    -hierbei  machte  er  j)l^otogra))l^ifc^e  SJerfuc^e  mit  einer 

66  großen  ßamera  in  ben  l^öl^eren  SRegiönen.  2)a«  ^af^x  1857  brad;te  feine  JJer^eiratung 
mit  Jy^äulein  %ann\)  2)^fon  ,§ollanb  unb  feine  3lnftcllung  al«  Siifar  \)on  „St.  Ippolyts- 
cum-Great  Wymondley".  ©t.  |)i^i)olt)t«  h?ar  nic^t  fe^r  tpeit  Von  Gambribge.  ßr  ging 
mit  großem  J^eife  unb  mit  großer  Siebe  an  bie  Slrbeit  be«  2)orfgeiftlid^cn.  (Sr  lehrte  in 
ber  äfltag«fd^ule  unb  in  ber  ©onntag«fd^ule  unb  er  tl^at  manche«  um  ba§  Sebcn  in  ber 


$ort  369 

®emdnbc  ^u  ^cbcn.  3)oci^  füllte  er,  ba^  ba«  nai)  allem  nic^t  fein  ®ebiet  toav.  ©eine 
enH)finbli(i^Ieit  unb  feine  ©((^üc^iternl^eit  mac^^ten  e«  i^m  unmöglich  mit  bem  SSolfe  fo  )u 
t)ertel^en  unb  fo  ui  reben,  h?ie  er  e^  für  toünfc^en^hjert  ^ielt,  unb  erfc^tüerten  il^m  bie 
SSorbereitung  ber  H^J^^ißten.  2)ie  ^^\i,  bie  er  Don  ber  ^Pflege  ber  ^emeinbe  erübrigte, 
tourbe  auf  bie  Sluggabe  be^  griec^ifc^^en  SWeuen  S^eftamente^  öertoenbet,  foh)ie  auf  eine  mit  5 
anberen  ©ele^rten  unternommene  Überfe^ung  ber  äBerfe  5piaton«,  bie  ober  ft^lie^Iid^ 
aufgegeben  tourbe.  Sei  ben  Oielen  änforberungen  an  feine  Äraft  toar  e^  nid^t  fonberbar, 
baf[  er  toieberl^olt  feine  ^aroc^ialarbeit  einftetten  mu^te,  um  ftc^  Don  Übermübung  unb 
fd^Iie^Kc^  bon  fe^r  emfter  ßranfl^eit  ju  erl^olen.  3Jom  ^a\^xz  1865  an  ging  e«  \\)m  mit 
einer  einzelnen  Slu^na^me  t)iel  beffer.  SSon  ber  3^it  an  aber  rief  i^n  ßambribge  immer  10 
toieber  ju  ft(^,  viermal  ate  ©jaminator  für  bie  3JloraItoiffenf(^aften,  jtoeimal  ate  ßjami* 
nator  in  ben  9?aturh)iffenf(^aften  (33otaniI  unb  ®eologie),  unb  f(^fieBli(i^  ate  „Hulsean 
Lecturer"  im  ^q!I)x^  1871.  J)aneben  ^er  toar  er  im  ^a!f)x^  1868  ein  toic^tiger  ^Jlits 
arbeiter  be^  großen  „Dictionary  of  Christian  Antiquities"  oon  Dr.  SBiHiam  ©mitl^ 
(unb  Dr.  SBacc)  getoorben,  unb  im  ^aljxt  1870  ein  §aul)tmitglieb  ber  „^leuteftament^  15 
lid^en  SReDifion^-SefeUft^aft".  ®ie  Strbeit  für  bie  9let)iftoh  attein  beanfpruc^te  !Iage  lange 
©i^ungen  in  jebem  aug  je^n  3Konaten  be^  ^a^x^  unb  jtoar  jel^n  ^a!^x^  lang.  3)a^ 
„Journal  of  Philology"  toar  au(^  im  $^a^rc  1868  Don  neuem  in«  Seben  getreten  unb 
tourbe  Don  §ort  unterpü^t.  2)a«  '^al)x  1869  fal^  ein  ^^^auen^ßollege  in  §it(^in,  untoeit 
©t.  öippol^t«,  entftel^en,  unb  §ort  |ielt  am  Stnfang  einige  33orlcfungen  bort,  ^m  ^a\)x^  20 
187Ö  toar  er  ber  ^auptförberer  einer  Sittfd^rift  an  ba«  Parlament,  Oie  ba«  9lj)oftolifum, 
al«  toeniger  umfaffenb,  an  bie  ©tctte  be«  lirc^lit^en  Äated^i^mu«  in  bem  Silbung^Ite 
t)on  jenem  ^a'^x^  ju  fe^en  fuc^^te.  3luc^|  befc^äftigte  er  \x6)  mit  ben  93orfc^lägen  t)om  gjal^re 
1870  für  eine  Äird^enreform,  obtoo^l  er  am  @nbe  bie  änfic^^ten  ber  Rubrer  ber  Se* 
toegung  nic^t  billigte.  Q^  toar  toirflic^  an  ber  3^t,  ba^  bie  UniOerfttät  i^n  aud^  bem  25 
SWamen  nac|  übemäl^me. 

2)ie«  gcfd^al^  im  ^Q!^xt  1871  im  3Ronat  3)wember  burc^  ba«  Slngebot  einer  „fel- 
lowship  and  lectureship"  für  S^^eologie  im  ©manuel^ßollege  in  Gambribge,  too  er 
9Rärj  1872  fic^  anfiebelte.  ©ed^«  ^a^xi  lang  la«  er  Oor  biefem  ßoHege  über  Origene« 
„contra  Celsum",  6p^ef erbrief,  S^^öu«  „contra  haereses"  ^n6)  3,  l.Äorintl^erbrief,  :w 
3afobu«brief,  ßlemen«  Oon  aUejanbrien  „Stromateis"  35u(^  7,  unb  Slpofal^pfeÄap.  1— 3. 
3u  gleicher  3^^^  ^^^  ^^  3Ritglieb  t)on  ungefäl^r  fünf jel^n  33orftönben,  äu^fcpüffen  u.  f.  to. 
unter  benen  allein  bie  Unioerfität^reffe  unb  bie  ÜniOerfität^bibliot^ef  biel  3^i^  wnb  Jtraft 
forberten.  Sluc^  toar  er  feit  1871  ^rüfung^faplan  für  ben  SSift^of  \)on  61^.  3)a^  fein 
gried^ift^e«  9Jeue«  Xeftament  überl^aupt  fortfd^ritt  ift  tounberbarcr,  afö  Oafe  e«  langfam  35 
fortfd^ritt;  er  fd^rieb  bie  ©inleitung  im  SHol^en  juerft  im  ^af:}Xt  1878  auf.  3"J^^f^^i^ 
erfd^ien  im  ^a\)xt  1876  fein  35ud^  „Two  Dissertations"  über  Movoyevfjg  i>e6g  in 
scripture  and  tradition"  unb  über  „Constantinopolitan  and  other  eastern  creeds 
of  the  fourth  Century".  SRit  biefen  jtoei  ©(^riften  tourbe  er  im  ^al^re  1875  erft 
Saccalaureu«  unb  bann  Doltor  ber  i^eologie.  2)a<^  3^^^  1Ö77  brachte  ben  erften  Sanb  40 
ber  oben  ertoäl^nten  „Antiquities"  mit  70  Slrtifeln  au«  §ort«  ^eber,  befonbcr«  ben  jtoei 
über  Sarbaifan  unb  Safilibc«;  feine  unmittelbare  Slrbeit  ^örte  mit  bem  Sud^ftabcn  8 
auf,  boc^  arbeitete  er  bielfad^  mittelbar  toeiter  burt^  t)on  i^m  unterftü^te  3Kitarbeiter. 
öffentliche  ^Jragcn  fanben  ftet«  feine  1eilnal(^me,  toie  bie  über  3Sit)ifeftion  im  '^o^xt  1878, 
unb  bie  über  bie  „Burials  Bill"  in  bemfelben  "^ciixz.  45 

3)a«  "^cüix  1878  änberte  ben  SJamen  feiner  älrbeit,  benn  er  tourbe  ^um  §ulf ean« 
^rofeffor  ber  „Divinity"  ernannt ;  bie  Slrbeit  blieb  biefelbe,  nur  famen  noc^  93orlefungen 
über  ß^riH  t)on  ^^^wfalem  3—5,  latian,  ßlementinifd^e  SHcIognitionen,  SertuHian  „ad- 
versus  Marcionem"  4.  5,  SRömerbrief  in  9lu«toal(^l,  unb  jubaiftifc^e«  G^riftentum  l^inju. 
3tn  3al^re  1880  leitete  er  bie  ©rünbung  einer  befonberen  ©c^^ule  für  3)Jäbc^en.  I)ie  lefete  w 
©i|ung  ber  Sleoifion  be«  9?3:  tourbe  SWot)ember  1880  gel^alten,  anftatt  beffen  aber  mu|te 
er  ftc^  nunmehr  mit  ber  SHcoifion  ber  altteftamentlic^en  Stpoh^pl^en  befaffen,  einer  arbeit 
mit  ber  er  erft  einige  ^^ge  oor  feinem  §cimgang  fertig  tourbe.  3lm  12.  3)Jai  1871  er^ 
fd^ien  ber  erfte,  ber  Xejtbanb,  ber  bal^nbred^enben  3Beftcott'§ort=äu«gabe  bc«  gried^ifc^en 
5Reuen  Xeftament«,  am  17.  3Dlai  bie  rebibierte  2lu«gabe  be«  englifd^en  SWeuen  2^eftamente«,  66 
tooran  §ort  bie  je^n  g^^re  mitgearbeitet  l^atte,  unb  am  4.  ©eptember  beöfelben  *^oifyc^ 
ber  jtoeite  S9anb,  bie  „ginleitung"  be«  griec^ifd^cn  5Reuen  3:eftamente«.  "^ai^  einer  ßr^ 
^olung«paufe  o^ob  er  eine  ©c^ulauögabe  be«  griec^ifc^en  3öi^  l(^erau«.  Dann  beforgte  er 
bie  §erau«gabe  ber  Prolegomena  ju  bem  5J3:  be«  oerftorbenen  ^EregeHe«,  unter  Seil^ilfe 
t)on  31.  SB.  ©treane.    Darauf  folgten  t)orbereitenbe  ©c^ritte  für  bie  Jleoifion  b|UyLXeo 


370  $ort  ^o\ta,  ftdtttg 

Überfe^ung  be«  211^.  3m  3al^rc  1884  beaufftc^tigtc  er  bte  §crau^gabe  bc^  gried^ifd^en 
3tX^  öon  feiten  ©criöener^  mit  bcn  Se^rten  einerfeit^  ber  SReöiforen  t)on  1611,  anberets 
feit«  ber  Slebiforen  t)on  1881,  unb  er  l^at  ba«  SSortPort  baju  fo  gut  ipie  neugefc^rieben. 
3)a«  ^C(i)x  1887  jal^   i^n  einen  tpic^tigen  SSeitrag   gu  ber  ®efd^i(^te  ber  ßanbft^rift  bon 

6  ämiata  fteuem,  toobei  feine  au^erorbentlic^e  SSelefenl^eit  toieber  ju  Jage  lam.  3»"  Ok- 
tober 1887  tpurbe  er  jum  „Lady  Margaret's  Professor  of  Divinity"  gehjä^lt. 

2)amit  l^aben  tpir  ben  9lal^men  feiner  2;i^ätigleit  furj  angegeben,  ^ie  ätneidtennung 
ber  ©elel^rten  aQer  UniDerjttäten  f))i^te  ftc^  ^u  in  ben  i^m  erteilten  unb  angebotenen 
®raben  toie  LL.D.  bon  3)ublin,   D.C.L.  \>on  3)ur^am,   unb  bem  D.C.L.  öon  Drforb, 

10  ben  er  nid^t  me^r  in  ^erfon  annel^men  fonnte.  Äein  3Renfd^  fonn  obige  Sfi^je  öon  ^ort« 
fieben  betrac^^ten,  ol^ne  bai^  ®efül^l  ui  l^aben,  ba^  §ort  t)om  älnfang  bi^  jum  ßnbe  an^ 
gef})annt  gearbeitet  l^at.  älber  ba^  Obenftel^enbe  läft  jtoeierlei  SSJic^tige^  faft  t)oDftänbig 
au^er  bem  ©J)iele,  nämlid^  einerfeitd  §ort«  Srieftoed^Jel  mit  allerlei  3Renf(^en,  greunben 
unb  ^emben,  ju  §aufe  unb  in  ber^eme,  unb  anbererfeit^  §ortg  Slrbeit  an  benSQäerten 

16  änberer,  befonber^  jüngerer  ÜRönner.  3)te  3w^*^öI^"0  i"  litterarifd^er  ^infic^t,  bie  er 
pcb  felbft  auferlegt  l^at,  machte  il^n  nic^^t  )u  einem  3Serl^inberer  ber  f^riftftellerifd^en 
I^ättgfeit  3lnberer,  fonbem  el^er  ju  einem  ^örberer  berfelben.  Unfd^ä^bare  ©tunben  toib- 
mete  er  ben  Äonelturbogen  feiner  ^eunbe.  2luc^  bem  ©c^reiber  biefer  R6ltn  l}ai  §ort 
biefen  J^eunbfd^aftÄienft  im  reid^ften  SRa^e  erliefen;   bie  größere  SoUIommenl^eit   be^ 

20  eigenen  Suc^e^  bietet  x\)m,  unb  getoi^  manc^^em  änberen,  bem  §ort  beigeftanben  l^t, 
feinen  6rfa|  für  Äraft,  bie  er  in  ben  eigenen  ©d^riften  §ort«  lieber  t)errört)ert  feigen 
toürbe.  3laä)  feinem  iobe  erfc^ienen:  „The  Way,  the  Truth,  the  Life."  Hulsean 
lectures  for  1871,  ßambribge  unb  fionbon  1893;  —  „Lectures  on  Judaistic  Chris- 
tianity",  1894;   —    „Prolegomena  to   St.  Paul's  Epistles  to  the  RomaDS  and 

26  Ephesians",  Sonbon  1895;  —  „Six  populär  lectures  on  the  Ante-Nicene  Fa- 
thers",  1895;  —  The  Christian  Eedesia.  A  course  of  lectures  on  the  early 
history  and  early  conceptions  of  the  ecclesia,  and  four  sermons",  Sonbon 
1897;  —  The  First  Epistle  of  St.  Peter  I,  1— II,  17,  fionbon  1898.  ©eine  grofee 
SKrbeit  bleibt  bie  2tu^abe  be^  gried^ifd^en  9K£^  mit  ffieftcott,   unb   befonber^  bie   barin 

80  barget^ane  ©efc^id^te  ber  Überlieferung  be^  gried^ifd^en  ^e^e^.  SJon  feiner  @efd^ic^te  mu| 
jeber  je^t  augge|en,  ber  ba«  9?eue  2;eftament  bel^anbeln  h?iD. 

i^ort  mar  ein  großer  ÜRann,  unb  er  toar  in  jebem  Stugenblidt  ein  ganjer  3)Jann,  ob 
er  Rcfa  um  bie  an  ©d^arlad^  leibenben  Äinber  in  feiner  3)orfgemeinbe  bemül^te  ober  ob 
er  \\a)  mit  ber  Überfe^ung   beg  5piaton  befaßte,   ob  er  eine  neue  ^flanje  entbecfte  unb 

85  befd[>rieb  ober  ob  er  einen  Dergeffenen  ©a^  au«  einem  Äirc^enöater  ^erau^^olte,  ob  er 
in  feiner  ©tubierftube  mit  einer  2^ejtüberlieferung  fic^  bef^äftigte,  ober  ob  er  auf  ber 
©J)i^e  ber  Jungfrau  bie  umliegenben  Serge  ju  erft)ä^en  ftc^  bemühte,  ©eine  ^n^^^ff^" 
lagen  in  ber  SBiffenfd^aft  unb  in  ber  9lnbererf(^aft,  in  einem  tätigen  3lltrui«mu«. 
®r  erforfc^te  bie  3)inge  unb  bie  ^erfonen,  bie  ®ott  gef^affen  l^at,  unb  öergafe  nur  ßine« 

40  babei  —  fu^  felbft.  (ia\pax  9itn^  @regori|. 

^ofett,  Äönig  öon  g^rael.  —  2  Äg  15,  30;  17,  1—6;  18.  9-12;  ooT.  bie  I 
S. 259,  2-7  QngefüUrtenSerfc:  mi^Ux  II,  @.  4t2-414;  6tabc,  I,  @.  597.  599;  seittclll, 
@.  294-296;  SeQ^aufen,  @.  81;  S)uncfev  II,  3.  295.  319-322;   9Ket)er  I.  S.  452-454. 

tofea,  "win^  aff|^r.  Ausi',  'Qarje,  ift  ber  le^te  Äönig  be«  Sleid^e«  ^^xad  getoefen. 
Anfang  feiner  9iäl^rigen  SRegierung  l)flegte  man  früher  in«  '^a\)x  731  ju  fefecn,  je^t 
toirb  au«  ben  Slngaben  einer  3infc^rift  3:iglatj)ilefar«  III.  (Jteiljc^riftl.  Sibl.  II,  ©.3213) 
gefc^loffen,  bafe  fc^on  734,  afe  biefer  bem  äl^a«  ju  §ilfe  SRejin  öon  2)amma«I  unb  ^efac^^ 
öon  ^«'^ael  mit  Ärieg  überwog,  §ofea  ben  $elac^  ermorbet  ^abe  unb  barauf  \)\n  unb 
natürlich  unter  Slnerlennung  ber  affl9rifc^en  ^errjc^aft  al«  Äönig  beftätigt  toorben  fei.  ©o 

60  l^at  er  toirtlic^  9  ^a\)x^  regiert,  obgleich  er  fc^on  725  gefangen  genommen  h)arb.  6r  ift 
nac^  bem  getoife  nic^t  unbegrünbeten  Urteil  be«  Äönig«buc^e«  nid^t  ganj  fo  fd^limm  ge* 
toefen  mie  bie  toor^erge^enben  Äönige  6j)^raim«.  2)em  ©ro^önig  blieb  er  untertl(^an,  bi« 
er,  nac^bem  auf  3:iglatj)ilefar  ©almanaffar  gefolgt  toax,  ftc^  burc|  einen  ägt;pti{d^en  König 
wsic  (©cme  [=  ajf^r.  ©ib'ej  jujj)rec^en,  nic^t  ©o)  ^um  äbfaH  herleiten  liefe.    Db  biefer 

66  ©etoe  mit  Stecht  meift  für  ben  ät^ioj)en  ©abafo  gehalten  toirb,  ber  um  biefe  ^eit  aJttc 
2:eile  2tgbj)ten^  in  feiner  §anb  bereinigt  l^at,  ober  ein  a:eilfürft  ober  Unterlöntg  (ober 
gar  ein  gelbl^en  be^  norbarabifc^en  Sleic^e«  2Rusri,  ögl.  SBindfler,  3JJittcil.  ber  3Sorberaj. 
®ef.  1898©.5)h?ar,  fte^t  noc^  ba^in.  9la42Äg  17,3.  5  Ht  ^  nun  fo  an^,  ate  l^ättc 
©almanaffar  jtoeimal  gegen  $ofea  Ärieg  gefül^rt,   ba«  erfte  3Ral,  um  i^n   ftc^  ju  unter« 


$ofea,  ftdnig  $ofeo,  ^rofi^et  371 

toerfen,  ba«  jtücite  3JlaI,  um  feinen  StbfaH  ju  a^nbcn.  6^  fielet  inbe^  feft,  ba^  ©alma« 
naflfor  nur  einmal  nad^  bem  SBeftlanb  gejogen  tft  unb  nid^t  Dor  725,  aljo  gegen  §ofea 
nur,  um  ben  2)reuIofen  ju  beftrafcn,  ber  feit  feiner  3:^ronbefieigung  aff^rifc^er  Untert^an 
getoefen  toar.  3)al^er  lieft  SBinrfter  (SUtteftam.  Unterf.  ©.15  ff.)  in  35.  3  ^rm  unb  über« 
fe|t:  „3)enn  §ofea  h?ar  fein  38afall"  u.  f.  to.  2tte  ©almanaffar  725  l^eranjog,  fc^eint  5 
fiÄ  ^ofea  fogleid^  auf  ®nabe  ober  Ungnabe  ergeben  ju  l^aben,  benn  ba^  er  Don  jenem 
gefangen  gefegt  h)orben  ift,  toirb  2  Äg  17,  4  berid^tet,  e^e  aud^  nur  t)on  ber  Belagerung 
©amarien^  bie  Siebe  getoefen,  unb  anbererfeit«  berid^tet  nac^l^er  ©argon  t)on  ber  grobe« 
rung  ber  ©tabt,  o^ne  eine^  Äönig^  ju  ertoäl^nen.  SBa«  fd^Iie^lic^  mit  §ofea  gefc^e^en 
ift,  toiffen  toir  nid^t.  I)a^  ganje  Sanb  h)arb  aUbalb  t)on  ben  aff^rifd^en  2iru})j)en  über«  lo 
fc^h)emmt,  aber  bie  ©tabt  ©amaria  ^at  fid^  merfh)ürbigern>eife,  too^I  Dom  Ärieg^oberften 
§ofea^  Derteibigt,  noö)  brei  ^aHjxz  lang  getoej^rt.  ©ie  toarb  erft  erobert,  nac^bem  ©argon 
©almanaffar^  9lac^folger  getoorben  toar.  3)iefer  Derj)flanjte,  um  neuen  3lufftänben  bor« 
jubeugen,  an  30000  ber  Seften  im  ßanbe  in  ferne  ©egenben  unb  fti^te  bafür  au^  an- 
bem  t)on  il^m  eroberten  Sänbem  neue  änfieblcr  l^erbei  (2  Äg  17,  6.  24;  18,  12;  ÄeiU  i6 
ft^riftl.  »ibi.  II,  ©.  54  5).  mmm  «•«• 

$ofea,  ?ßroj)l^et.  —  ßitteratnr:  i.  ©imfon,  3).  ^r.  .&,  erflävt  u.  überf.,  ©omburg 
unb  ®ot^a  1851 ;  Ä.  SBünft^e,  3).  ^r.  ^.,  übcrf.  u.  cvfiärt  mit  ©enu^ung  ber  ^largumim 
unb  ber  jüb.  ^udleger  9}afd)i,  ^ben  @dra  unb  3)a))ib  ^tmd)i,  ^eip^ig  1868;  Söttermann, 
a)ic  ©ci^f.  ^ofeaS  bi§  jur  crften  off^r.  3)eportation  (1—6,  3),  ©eliinflfor«  1879;  S.  i»o*  20 
roacf,  3).  ?Jr.  ^..  ©erlin  1880  (ügl.  9?oroacf^  ^anbfümm.  j.  9M.  111,4  ©rl2  ff.);  §(.  Sc^olj, 
Äomm.  ü-  ^.,  Sür^iburg  1882;  Cheyne,  Hosea  with  notes  and  introduction,  ©amOr.  1884; 
3.  Xti.  bc  Ziffer,  Hosea  de  man  des  Geestes,  Utrecht  1886;  St.  Asaph  (Bishop  of)  Hosea 
translated  from  the  Hebrew,  with  notes,  Explanatory  and  Critical,  ßonbon  1894;  J.  J. 
P.  Valeton,  Amos  en  Hosea,  Nijmwegen  181)4  (aud)  in  beutfcfeer  Ucberfcjjung  1 ;  Schärpe  25 
Notes  and  dissertations  upon  the  prophety  of  H,  ßonbon  1884;  ^ofea  unb  fein  3Bei8» 
fagungSbuc^  in  ber  3?^  1854,  @.  98  ff.  (3)elitf(^);  Äur^,  S)ic  (S^e  be«  ^Jrop^etcn  ©., 
S)orpat  1859;  DcttU,  5)cr  ÄultuS  bei  9liiio«  unb  fiofea,  ©rcifSmoIber  ©tubicn  1895; 
©cefemann.  S^^ael  unb  Suba  bei  9lmo§  unb  ^.,  ßeipjig  1898;  ©ornill  über  |>ofea  12,  1  in 
3at3B  1887.  285  ff.  3u  oergl  ferner:  C)cn9ftenber9,  e^riftol.  I,  183  ff.;  ^ofmann,  ^eiöf.  so 
u.  (Srf.  I,  205  ff  ;  6d)riftbeiv.  *  II,  2.  5.)2f.:  ^ö^Icr,  Öe^rb.  b.  bibl.  ©efc^.  913:SII,2,  61  ff.; 
"B,  9?.  6mit^,  The  prophets  of  Israel*  1895,  lect.  IV;  ©eU^aufen,  ©fiijen  u.  SBorarbeiten 
^.  V,  95  ff.  unb  bie  betr.  ©teilen  in  ben  ?5roIegomenen*;  3.  Stobertfon,  3)le  alte  JReligion 
3«raerg  überf.  uon  OreHi  (1896)  47 ff.  78 ff.  106 ff.;  ©tobe,  ®efd).  bc§  «olfe«  3«racl  577 ff.; 
®iefebred)t,  SSeiträge  jur  Scfajafritit  (1890)207  ff.-  35oIj,  ^ic  uorejiL  3Qön)cprop^etie  unb  85 
ber  g)?e|fiQö  (1897)  24ff.  —  2.  3ur Xe  jttritif:  Houtsma  in  Theologisch  Tijdschrift  1875, 
55 ff.;  Oort  ibid.  1890,  345  ff.  480ff ;  3.  «ad^monn,  «Itteft.  Untcrfudjunflen  («erlin  1894) 
6. 1-46  5U  St.  1-7.  —  SBilleb,  5Jie  wid)tigften  ©ä^c  ber  altteftam.  Äritlt  00m  ©tanbpuntt 
ber  ^rop^etcn  ^.  unb  9lmoö  aud  betrad)tet,  ^aOe  1893.  lieber  baS  *43crl).  ber  LXX  ^um 
maffor.  2^ejt  ogl.  ^atterfon,  The  Septuagint-Text  of  H.  compared  with  the  MT.  in  He-  40 
braica  VII,  190 ff.;  ugl.  ^.  9?uben,  Critical  Rcmarks  upon  some  passages  of  the  Old  Te- 
stament, ßonbon  1896  (^of.  4— 11). 

§ofea  (bebr.  ?P^".  LXX  nx\px.  Avon,  benn  üorje  ift  j^esajjlarift^e  Äorreftur),  ©ol^n 
bcö  Seeri  Ci^r)f  gel;örtc  feiner  ganjen  Sebeneftellung  nad)  beni  9?orbrei(^e  an.  ©afür 
f^re^en  bie  ©teilen  1,  2  unb  7,  5,  h)0  er  ben  Äönig  biefe^  SReic^e«  fc^lec^tE^in  „unfern  45 
Äönig"  unb  ba^  ju  biefem  5Reic^e  gehörige  Sanb  f(^lecbth)cg  "f?"  nennt;  femer  bie  in 
feinem  ^nd)t  ju  Stage  trctenbe  bid  in«  ginjelnfte  unb  ftleinfte  ge^cnbe  Äenntni^  berßu» 
ftänbe  jene«  Sleid^eiS,  h)äl(^renb  er  ^\ita^  nur  im  Sorübergeben  erloä^nt,  um  barauf  l^in« 
jubeuten,  ba^  bie  §offnung  fc^lie|lid^en  $eile^  bort  lieat,  mo  ber  gefe^mäfeige  2)ienft 
3a^be^  unb  ba^  Königtum  beö  3)at)ibif(^en  ^aufe«  no(|  beftanben,  nid^t  bort,  too  bi^  50 
3Mac^t  be^  i^raelitifc^en  SJoIfe^  ju  jener  3«it  lag,  in  bem  SReid^  ber  je^n  ©tämme  (1,  7). 
SBenn  SBeUl^ufen  aüe  günftigen  Segugna^men  auf  2)at)ib  unb  ba^  Sleic^  3luba,  namentlid^ 
©teilen,  loelc^e  bem  ©efamtboK  ein  einl(^eitlicl^eö  babibifc^^e«  Königtum  in  Slu^ftd^t  [teilen, 
für  fj)ätere  3i^ter})oIationen  erflärt,  loeil  §ofea  ba«  Königtum  an  fic^  afö  mit  ber  ®otteS« 
(ferrfdjjaft  in  SßJiberfjjruc^  ftel^enb  gänjlic^  öemjorfen  l^abe;  menn  ©tabe  bie  ©teilen  1,  7;  66 
2,  1—3,  loeil  ben  3"fö*""^^'(^ö"0  f^^engenb;  femer  3,  5  bie  ffiorte  „unb  2)aöib  il^en 
König",  fomie  4,  15;  8,  4,  hjeil  mit  §ojea«  eigentümlichen  SSorftellungm  bom  Königtum 
nid^t  ftimmenb,  geftrid^en  feigen  miH;  loenn  enblic^  gomiH  in  2,  20  unb  bef.  in^Ä.  14 
einen  Seloei^  für  bie  Unec^tl^eit  ber  eine  33ereinigung  ^v!t)a^  unb  S^i^^d^  «* 
ftellenben  i>erfe  fie^t:  fo  ift  m  ertoibem  1.  bafe  fic^  au^  9,  9;  10,  9,  hM) 
niffe  t)on9li  19—21,  nid^t  aber  auf  bie  ßeit  ber  König^ioo^l  be^  audi 


372  ^o\ta,  ^xopfftt 

©aul  an9cf>)iclt  ift,  nic^t  ber  ©cbanfc  ber  äJcthjerfung  jcbc^  mcnfc^Iic^en  Königtum«  burc^ 
ben  $roj)^ctcn  entnel^men  lä^t,  bicfer  fonac^  8,  4 ;  10, 10  nur  bcn  SlbfaD  ber  nörblid^en 
©tämme  Don  bem  bat)ibif(l^en  Äöntglum  im  äuge  l^aben  !ann;  2.  ba^,  tüorauf  5?ömg 
^ingemiefcn,   in  1,  7  ba«  „burd^  3al^öc,  i^rcn  ®ott"   (an  bcm  im  Unterfc^icbe  Don  bcn 

5  S^raeliten  bie  3ubäcr  nod^  fcftl^oltcn)  fo  eigentümlich  ift,  ba^  fic^  ber  ©a^  nid^t  tool^l 
einem  ßrgän^er  ^ufc^reiben  läßt;  3.  ba^  für  bie  ßd^tl^cit  ber  SBorte  „unb  3)abib  il^ren 
Jtönig"  3, 5  fd^on  bie  aOäieber^oIung  Don  ^^in*^  in  5b  f^iric^t,  tpeld^e  o^ne  ba^  Sor^anben^ 
fein  jener  äBorte  unnötig  märe;  4.  ba^  ber  änjc^lufe  ber  Serl^eifeung  2,  1—3  an  bie 
2)ro^ung  1,  2—9   jtoar  äufeerlid^  unvermittelt,  aber  nid^t  unbermitteltcr   al^  ber    ent^ 

10 fj)red^enbe  Don  11,  8— 11  an  11, 1—7  unb  innerlich  tool^I  begrünbet  ift;  5.  bafe  fic^  ber 
©intoanb  ßomite,  §o|ea  loürbe,  toenn  er  ben  jefaianifc^en  ©ebanlen  )Don  einem  fünftigen 
3)aDibiben  geteilt  l^ätte,  biefen  2,  20  unb  j|ebenfaß«  Ä.  14  jum  Stuöbrurf  gebracht  ^aben, 
um  fo  toeniger  begrünbcn  läfet,  aU  ba«  3"^^*^^^*^^  ^^  Serfünbigung  eine^  j)erfönli^en 
SKeffia«  bei  §ofea  burd^  bcn  3wf<»>""i^^ö"9  \^^^  2Bei«fagung  motiviert  ift.  9Bir  l^alten 

16  fonac^  bie  günftigen  SSejugnal^men  auf  ^\ü>a,  fj)ejiell  ©teilen,  toie  3,  5,  für  ebenfo  ed^t, 
h)ie  bie  aSei^fagung  9latl^an«  2  ©a7,  IP— 16  (Dgl.23,5)  für  gefd^i^tlid^  (f.  Äönig.®inl. 
in  b.  äSC.  308  f.). 

2aut  ber  Überfd^rift  bc^  33ud^^  erging  ba^  SQäort  3^1^^«^  ^^  §ofea  in  ben  Ziagen 
Ufxa^,  ;jotl^amg,  3l^aö'  unb  §igfia«,  ber  Könige  \)on  3uba  unb  in  ben  Xagen  ^gerobeam«, 

20  be^  ©ol^ne^  S^öfc^,  bc3  Äönig«  Don  3^rael.  ©ad^Ii^  ift  biefe  3^tangabe  nic^t  um  be^s 
toillen  ju  beanftanben,  toeil  ^iemac^  bie  ^^xt  ber  SBirIfamfeit  be^  $roj)l(^eten  eine  fc^r 
auggebe^nte  toäre:  SSom  Xobe^jal^r  Qj^^obeam^  II.  nämlic^,  in  beffen  le^te  SHegierung^^ 
ja^re  §ofea«  auftreten  nad^  1,  4  ^u  feften  ift,  bi«  jum  9legierung«antritt  §igfiae  fmb 
allein  56  ^al)x^  berfloffen,   toa«  auf  eine  minbeften«  eOjä^rige  Il^ätigfcit  be«  5Proj)l^eten 

26  Wlie|en  lajfen  toürbe.  2tn  fid^  toäre  nun  biefer  3<^i^ÄW"^^  t^^  ber  $ro>)^et  bei  feiner  Be- 
rufung ein  nod^  unDereJ^elic^^ter  junger  ÜRann  toar,  nid^t  unglaublich.  Slber  bei  2tnnal^me 
berfelben  bliebe  bie  Slic^tertoöljinung  beg  f^ri(c^|'e)pl^raimitifd^en  Äriege^,  \p^kü  ber  S5e= 
fämöfung  ^^wf^lem^  unter  9l^a^  unerllärlic^.  35Jir  toerben  barum  bie  äbfaffung^geit  ber 
im  S5uc^  §ofea  entl^altenen  Sieben   Dor  bem  ^al^re  734  anjufe^en  unb  bie  SJennung  ber 

aoÄönige  3uba^  afö  au^  3^1  1/  1;  3Ki  1,  1  ju  bem  3^^  übertragen  anjufel^en  jj^aben, 
um  §ofea  ate  bemfelbcn  3ö^^^w"i>^^  h)i^  S^föja  unb  3Ric^a  angel^örig  ju  beKic^nen, 
beren  älterer  3^^0^^ft^  ^  ^^^'  ©onac^  l^ätte,  ^  toic  toir  mit  §i^ig,  5Deli^fd^,  vlo\vai, 
Drelli,  ©tradt  u. ä.  annel^men,  bie  urfj)rünglid^e  Überfc^rift  gelautet:  „3Bort  S^'i^be^,  ba^ 
an  §.,  ©.  35.,  ergangen  in  ben  2:agen  Qj^obeam^  u.  f.  f.,  unb  junäc^ft  nur  ben  3lnfang 

36  beg  $roj)^etentumg  §ojea^  m^  äuge  gefaxt,  loeld^e«  tl^atjäc^lid^  big  gegen  6nbe  ber  SRe* 
gierung  3Jlenal?emg  getoäl^rt  l^aben  bürfte. 

Slnlangenb  bie  ^dt,  in  meldte  §ofeag  SQäirKamleit  faßt,  fo  toar  e^,  äufeerlic^  ange^ 
fei^n,  bie  glängenbfte  ß^jod^e  be^  et)l^raimitifd^en  «önigtum^,  ate  3<^obeam  II.  burd^  glüdE= 
lid^e  Äriege  bie  alten  Steid^renjen  toieberJ^erfteHte.     aber   menn  auc^   bem  einbringen 

40  beg  Saatefultu^  oorbem  burc^  3iel^u  ein  3i^l  Ö^f^t  toar,  fo  blieb  e^  boc^  auc^  unter  ben 
fj)äteren  Äönigen  auö  bem  §aufe  ^^f)n  bei  jener  ©runbfünbe  3;erobeamg  I.,  ba^  man 
SabDe  unter  bem  Silbe  eine«  ©tiere^  ju  Setzei  unb  anbermärt^  Verehrte.  2)er  $roj)^et 
ämog  enttüirft  im  3.  unb  4.  Äojjitel  feinet  SBei^fagung^buc^e^  ein  büftere^  Silb  be^  fttt* 
lid^en  SL^erfallc«  ya  berfelben  ^txt    Sebrürfung   ber  Strmen,   Seugung  be^  Scd^t^,   Sleni* 

46  tenj  gegen  jebc  3w^^^^<^ifwng,  ©ic^er^eit  unb  ©c^toelgerei  ber  ©rofeen  be^  33olfö,  bie 
fid^  um  ben  ©d^aben  3ofej)l^g  nic^t  tümmerten,  toaren  an  ber  2:agcgorbnung,  toenn  man 
aud^  äu^erlid^  noc^  bie  gefte  ^ö^i^c^  f^^«  unb  an  ben  l^ergcbrad[>ten  religiöfen  ©ebräuc^en 
feft^ielt.  3«  f^l'^P/  ^^^  ^"^  ^ö  2  ju  erfel^en,  ber  Saatefultu«  ober  nötiger:  ber  ©^^n* 
Iretiömug,  in  melc^em  3al(^t)e  unb  Saal  ineinanberfloffen,  machte  unter  bem  3Solfe  toiebe« 

60  rum  gortfd^ritte,  fo  bafe  ba^  SReid^  me^r  unb  me^r  ber  inneren  ©elbftauflöfung  unb  bann 
mit  fd^neUen  ©c^ritten  auc^  ber  äußeren  3^törung  anl^eimfiel.  S^'^'^^^"^^  I^-  ©ol^n, 
©ac^arja,  erfüllte  al^  Oj)fer  einer  33erfd^toörung  ba«  bem  §aufe  ^^i}\x  oorau^efagte  ©e= 
fd^irf;  ©aUum,  ber  i^n  geftürjt,  tourbe  balb  barauf  burc^  2Kcna^em  getöbtet;  unb  jene 
unfelige  ^olitit  be^  Jpofe^  in  biefer  fj)äteren  ^eriobe,  toonac^  man,  bebrängt  Don  äffur  unb 

66  3lg5>)ten,  fic^  balb  mit  ber  einen,  balb  mit  ber  anberen  biefer  ©rofemäcfcte  Derbünbete, 
trug  i^re  erfte  fd^limme  gruc^t  unter  3Rena^em,  inbem  bamal^  ber  aff^rifd^e  Äönig  5p^ul 
l^erbcijog  unb  ba^  Sanb  fic^i  tributpflid^tig  machte. 

Unter  folc^en  3^i^l^uft^  h)^^^  ^^\^<^  ^^^  Slufgabe,  gegen  bie  ^errfd^enben  ©ünben 
ju  jeugen  unb  bem  9Jorbreic^  ba«  ©erid^t  m  Derfünbigen,  ol^ne  jebod^  ber  ©nabe  ju  Der* 

60  geffen,  toeld^e  ©ott  feinem  Solfe  jugefagt  l^atte.    ©ein  Suc^  jerfäUt  in  jtoci  ftd;  merllic^ 


$ofeo,  ^xopfftt  373 

bon  ehtanbcr  untcrfAcibcnbe  2:eile,  inbem  Ä.  1—3  j)ro})^etifcl^c  SSerfünbigungen  fic^  am 
fntij)fm  an  j)erfönUd9c  ©rlebniffc  bc^  $ro})l^ctcn,  tüäl^rcnb  bieg  in  StA—H  nid^t  bcr^D 
ift,  abgcfc^en  t)on  9,  7—9,  h?o  e«  aber  in  ganj  anberer  Seife  gefc^iel^t.  ^nbeffen  ift 
biefe  Sc^eibung  feine  ben  ^jn^alt  felbft  naiver  ange^enbe,  toie  e^  benn  aud^  anbererfeitö 
nid^t  ftücfi^afte  SReben  ftnb,  h)el(^e  ba«  S5ud^  entl^ält,  fonbcm  c^  fc^eint,  bafe  ber  ^rojjj^et  5 
am  ®nbe  feiner  Saufbal^n  ben  h)efentli(^en  3"l^alt  feiner  SSerfünbigung  lur^  unb  über* 
fid^tlid^  ^ufammenfafete,  unb  ba^  auf  biefe  SQäeife  ba«  Suc^  feiner  Säei^fagungen  ent^ 
ponben  ift. 

3)a«  Sud^  h)irb  eröffnet  burd^  eine  erjäl(^(enbe  ©inleitung  bon  ihjei  toei^fagenben  — 
nid^t  al«  aDegorifc^e  ©inlleibung  ju  faffenben,   fonbem  in   ba^  ®ebiet  beg  äußeren  ®e=  lo 
fd^e^en«  faHenben  —  §anblungen  be«  5Proj)l^eten,  burt^  beren  SoDjug   if)m  Jtvax  nid^t 
©ünblic^eg,   h?ie  man  gemeint  l^at,  tool^I  aber  „©(^im^)ffic^eg  unb  auffeilen  erregenbe«" 
gugemut^et  toirb,  bem  er  ftd^  in  ®otte«  3)ienft,  h)enn  auc^  gegen  fein  natürlid^e«  Oefül^I, 
unterjiel^en  mu^te.    3)ie  erfte  §anblung  Ä.  1,  barin  befte^ienb,  bafe  er  eine  3iw»^9fröu 
jum  SBeibe  nimmt,   bon  ber  i|m   biefclbe  ©otte^ftimme,  toelc^e  il^n  fte  el^elit^en  ^ei^t,  is 
borau^fagt,    bafe  fte   il^m  untreu  toerben  h)irb  —  benn  bieg  ift  ber  ©inn  ber  äBorte: 
'T  -^nb^T  c^:i:t  npwS  t^b  np.  —  mat^t  il^n  in  feiner  6^e  jum  Silbe  be«  SBer^ältniffe« 
3a^beg  jur  ©emeinbe  Sjgrael  mit  il^ren  ©Kebern.   @g  beftel^t  in  ber  (Segenhjart  ein  SRifes 
ber^ältnig  jtoifd^en  ^^^be  unb  bem  el^ebred^erifd^en  ^^xad,  hjeld^eg  in  näd^fter  g^Innft 
bag  ajertuerfungggeri^t  an^  fw^  l^erauggebären  mirb ;   aber  l^inter  biefem  ®eri(^t  erneuert  20 
fi(^  für  S^rael  bie  äg9J)tifd^e  ©rlöfunggjeit  (2,  1  ff.).    3)enn   toenn  eg  in   ber  ^embe, 
h)obin  eg  jerftreut  hjerben  h?irb  —  ein  ©efd^icf,  toeldS^eg  bag  SSoIf  ?jubag  nid^t  minber 
ate  bie  jel^n  ©tämme  ggraete  trifft  — ,  toie  ein  ^ö^^be  frembcg  aSoII  geworben,  fo  toirb 
eg  tpieber  gu  einem  jal(^Ireid^en  93oI!e  toerben,   um  mit  bem  SSoIf  beg  §aufeg  ^v!t>a  jus 
fammen  unter  ßinem  §au^t  aU  ©in  SSoß  in  bie  ^eimat  jurüdfjufel^ren.    ä^l^be  berlobt  26 
fi(^  il^m  auf«  neue  in  untoanbelbarer  3:reue   unb  fegnet   eg  mit   allen  Straften  §immel« 
unb  ber  ®rbe.    3)ie  9?amen  „9lid^t  mein  Soll"  unb  „9lic^tbegnabigte"  —  toeld^e  ber 
5Prot)^et  laut  1,  6.  9  nac^  götttlic^em  Sefe^I  jtoeien  ber  Äinber  beilegte,  bie  er  in  feiner 
®^e  ettit)fing,  um   auf   beg  Solfe«  beborftel^enbeg  ©trafgefd^idf  l^injutoeifen  —  ^ört  man 
bann  nic^t  me^r,  fonbem  „3Kein  93oIf"  unb  Segnabigte".    Unb  anä)  ber  5lame  ^iöreel  so 
(1,  4)  erinnert  bann  nic^t  me^r  an  bie  Slutfd^ulb  beg  fünbigen  Äönigreid^g  unb  ©otteg 
©eric^t,  fonbem  fagt  aug,  ba^  ®ott  fein  SSolf  „fäet  toie  einen  ©amm",  um  reit^Iit^  auf* 
jugel^en  unb  gu  gebeil^en  (2,  24  f.). 

3in  ber  2.  fi;mboIifd^en  §anblung  Ä.  3  ergänzt  pd^  bie  göttliche  ©eite  ber  SSerl^eifeung 
burd^  bie  menfd^Iid^  bermittelte.  3)ag  93erfa^rm  beg  5Proj)l^etm  mit  feinem  .öurentoeibe  86 
(S.  3)  toirb  f)m  ein  35ilb  beg  SSerfal^reng  gjö^beg  mit  feinem  abtrünnigm  aSolIe,  um 
ii^m  ben  §ang  gur  Untreue  grünblid^  gu  berleiben.  ©ine  lange  ©ntbeJ^rnng  jeber  3lrt  bon 
ftaatUd^er  unb  gotte^bienftlic^er  ®emeinfc^aft  (im  ©jil)  toirb  bag  SSoIf  bie  redete  Drbnung 
feine«  ®emeinlebeng  fd^ä^en  unb  nac^  i^r  berlangen  Icl^ren,  fo  ba^  e«  fid^  Sal^be,  feinem 
®ott  unb  bem  ©cej)ter  ber  ®abibif(^en  ©^naftie  h)ieber  untertoirft  (33.  4—5).  io 

©er  2.  2;eil  beg  Suc^eg,  toeld^er  unberlennbar  bie  unm^ige,  auf  Qj^obeamg  II.  3!ob 
gefolgte  geit  boraugfe^t  (6,  8;  7,  7;  8,  4;  10, 15;  13, 10  f.)  täfet  fxi)  nid^t  in  einjelne, 
aug  berfd^iebenm  3^^tcn   ftammenbe  SReben  jerlegen,   toa«  me^rfad^   berfud^t  toorben   ift, 
gliebert  fid^  aber  in  einzelne  ©innegabft^nitte,  unb  jtoar  fdjfilbert  junäc^ft  Ä.  4  bm  tiefen, 
ba«  göttlid^e  ©eridS^t  })robojierenbm,  abgöttifc^en  unb  ftttlit^en  Serfall  beg  Sanbeg.     ^at  46 
biefe«  RapM  mel^r  ba«  ganje  Soll  im  Huge,  fo  tombet  [xi)  bie  Jlebe  Äop.  5—7  in* 
fonberl^eit  gegm  bie  leitenbcn  ©tänbe  begfelbm  (unb  jtoar  in  ^^cid  fotoo^I  al«  in  S^ba), 
beren  ^flid^t  eg  gemefen  h)äre,  ba«  SoK  auf  bem  rechten  ®ege  ju  crl(^altm,  bie  aber 
gerabe  ein  ^Kftridf  für  ba«  Sanb  getoorben  fmb.  5Rad^bem  bann  8—9, 9  mit  neuer  auf- 
jäl^lung  ber  Serfc^ulbungm  ^^tael«  (8, 1—7),  unter  igintoeifung  auf  ben  fd^on  beginnm=  eo 
ben  SerfaD  be«  SReid^e«  (S.  8—14)  unb  unter  SBamung  bor  falfc^er  ©ic^er^eit  (9, 1—9) 
ba«  ®erid^t  ber  3erftömng  be«  ßef^nftämmereid^«  angcfünbigt  ift,  gei^t  ber  $roj)l^et  breimol 
(9,  10;  10,  1;  11,  1)  auf  bie  2lnfänge  3^rael«  jurüdf,  um  nad^jutoeifen,  bafe  e«  aDen 
göttlichen  £iebe«ertoeifen   bon   jel^er  nur  mit  SlbfaU  unb  ®ö^enbien[t  entfJ)rod^en  l^at,  [0 
bafe  e«  ^a\)\)z  mit  Serbannung  in«  ©pI  unb  ber  3^^tömng  be«  Steit^e«  beftrafen  toiro,  66 
jebod^  ol^ne   c«  böDig  bom  ©rbboben  ju  bcrtilgen.    3"  *^^  Äat)iteln  12—13  toirb  bie 
Steife  3«rael«  für  ba«  ©eric^t  burt^  bm  ^iac^mei«  bestätigt,  toie  e«  trofe  aDer  erfolg« 
®nabenbemeife  imb  güd^tigungm  feine«  ©otte«  bm  Slbfau  fortgefe^t  ut»  Rd^  bobttsAjA^jl 
©mnbe  gerid^tet  f)at,  bag  e«  gegen  ©ott,  gegen  feine  ^ilfe  (18,  1—9);  bota^jo^^^H 
ber  ©tü^m  beraubt,  auf  bie  e«  ftc^  berlie^,  ber  äu^erm  2)rangfal  gegeitfibci^j|||^^^^^| 


374  ^oK  ^xoptfü 

bafte^t  (35.  10—11).  SBcil  c^  bcnn  3i^racl  nid^t  berftel^t,  unter  bcn  2öcl;cii  bcr  ©egcn- 
toart  ft(9  au«  \\i)  felbft  neu  ju  gebären  (2$.  12—13),  fo  fann  bie  ^erfteHung  eine^  neuen 
glüdlid^en  38olfeg  nur  eine  SBunbertl^at  ®otte^  fein,  h)elc^er  3^rael  au^  bem  2^ob,  h?el(^em 
er  fein  Solfötum  anl^eimfaHen  lä^t,  tpieberbringt.    3)arum  ruft  Denn  ^af)^^  bie  ©eud^en 

6  auf,  ba^  fie  il^r  3BerI  an  bem  Solle  boHenben  (33.  14),  ba«  bem  ©eric^t  ni(^t  entgelten 
fann  (13,  15—14, 1).  3Rit  einer  einbringlic^en  ÜRal^nung  ^ur  Umfebr  unter  reumütigem 
©ünbenbelenntni«  unb  mit  ber  S^^be  felbft  in  ben  5IRunb  gelegten  SSer^ei^ung,  bafe  er 
ben  fi(^  Sefel^renben  feine  ®nabe  tüieber  juhjenben  unb  fie  reit^lic^  fegnen  hjerbe,  fc^^Iie^t 
bod  S3u(i^. 

10  SSon  ben  brei  SorlDürfen,  bie  §.  gegen  ba«  S^orbreid^  erl^ebt,  1.  ber  fittlic^en  3Ser- 
tpilberung;  2.  ber  rcligiöfen  ©ntartung;  3.  be«  Sul^len«  um  bie  ®unft  ber  SBeltmac^t 
(8,  9 f.;  12,  2;  5,  7;  7,  16;  10,  6;  11,  5)  l^aben  toir  ben  jtoeiten  noc^  nä^er  in« 
äuge  ju  faffen.  §ofea  ^at  ju  flagen,  bafe  m  ber  feit  ällter«  in  bem  3}oße  ^eimifd^en 
Sleigung  jum  ©ö^enbienft,  fj)e^ieD  »aaföbienft  (9,  10;  11,  1;  13,  1)  mit  ber  So^Iöfung 

i6bom  §aufe  3)at)ib«  ber  ©tierbienft  getreten  (8,  1—5):  bie  SluffteHung  eine«  ©tierbilbe« 
in  Setzei,  bie  ßrric^^tung  bon  2tltären  unb  Silbfäulen,  infonber^eit  ©tierbilbem  allent= 
leiben  im  fianbe,  in  ben  ©täbten  unb  im  greien,  auf  ben  §ö^en  unb  unter  ben  Säumen 
ber  Jl^algrünbe  (4,  13;  8,  4;  11,  13;  9,  1;  13,  2;  8,  5.  6  bgl.  mit  10,  5.  8).  Unb 
auf  folc^en  Slltären  memen  fte  S^^be  ju  bienen  (8,  2),  bem  ®otte  ber  Offenbarung,  ben 

aofie  in  berfelben  SBeife  berel^ren,  h?ie  bie  Äanaaniter  il^ren  Saal  (13,  2^;  4,  12—14). 
fieftterer  Sorlourf,  ben  ä.  geaen  feine  gettöcnoffen  ju  ergeben  l^at,  unb  ©teilen,  tüie  2, 18, 
tpo  er  borau«fagt,  ba^  bie  (^emeinbe  in  ber  jufiinftigen  $eil«^eit  \\)xm  göttlichen  ©emal^t 
nid^t  mel^r  mit  ■'"^?;?,  fonbern  mit  bem  „unberfänglid^en"  "'^"'K  anreben  toirb,  feigen,  toie 
man  ^ur  QÄt  be«  ^roi)^eten  Sal^be  mit  Saal  in  3ufÄ»«wi^^Ö  brachte ;  ba^  man  ^toar 

26  Sa^be,  ben  ®ott  ber  Säter,  bere^rte,  aber  o^ne  ii^n  bon  ber  £anbe«gott^eit  genügenb 
px  unterfc^^eiben,  mit  ber  er  bielmel^r  jufammenflo^.  SBie  gegen  ben  Silberbienft  ju  Setl^el, 
ba«  er  gerabeju  Set^l^aben  b.  i.  ®ö$en^aud  nennt  (4,  15;  5,  8;  10,  5),  eifert  barum 
^.  gegen  biefen  3Rifd^hiItud,  biefen  ©^nfreti«mu«,  loeld^er  S^^be  bie  6E^re  nimmt,  bie 
i|m  oUein  gebührt.  6r  mu^  feine  SoH^genoffen  baran  erinnern,  ba^  e«  ä^^be  unb  nid^t 

ao  Saal  ift,  ber  Äom,  3Roft  unb  Öl,  SBoDe  unb  glac^,  ©über  unb  ®olb  giebt  unb  toieber 
nel^men  !ann  (2,  10.  11),  3<^be,  ber  griebe  unb  grud^tbarleit  im  Sanbe  fd^afft  (2,  20. 
23. 24),  Sal^be,  ber  ©d^ö]pfer  unb  ©rl^alter  ber  SBelt,  neben  bem  fein  anberer  ®ott,  ^eifee 
er  Saal  ober  fonfttüie,  Slaum  l^at.  2)iefer  ®ott,  bon  beffen  ^eitet^atfac^en  bie  ®efc^ic^te 
be«  Solfe«  ®otte«  jeugt,  ben  ®ott  an^  Sg9J)tentanb  l^er  (12,  10;  13,  4);   ber  3i«rael, 

86  feinen  „©o^n"  au«  %VJ)ten  rief  (11,  1);  ber  e«  „in  ber  SBüfte  toie  SCrauben  fanb  unb 
bie  Säter  toie  grtii^f eigen  am  ^genbaum"  (9,10);  ber  ftd^  feine«  Solfe«  annal^m  „im 
bürren  fianbe"  (13,  5)  —  biefen  ®ott  l^aben  fxe  bergeffen  (2,  15;  4,  6;  8,  14;  13,  6), 
i^n  berlaffen  (4,  10);  gegen  feine  3:^ora  gcfrebelt  (8,1);  ftd^  ber  Übertretung  feine«  au«:: 
gefj)ro(^enen  SäiHen«  unb  l^iemit  eine«  Serge^en«  gleid^  bem  be«  ©rftgefc^affenen  fc^ulbig 

iogemadbt  (6,  7).  3"  bi^^»n  in  fd^nöbem  3^reubru(^  berlaffenen  ®ott  fotlen  fte  reumütig 
jurüdrfel^ren  (7,  10;  14,  2). 

3n  ben  angefül^rten  ©teilen  toar  bon  einer  S^l^ora  bie  Sebe,  beren  Serle^ung  burc^ 
feine  ß^tgenoffen  ber  5proj)l^et  rügt.  9)iefelbe  lag  in  fd^riftlit^er  gijierung  bor,  mie  bie 
©teile  8,  12  beioeift.    3)enn  toenn  e«  bort  l^eiflt:  „3Kag  id^  il^m  berjeid^nen  (nic^t,  toie 

46  SBell^aufen :  mag  ic^  il^m  borf^reiben,  ba  ^  ^cs,  toie  $f  102,  19  jeigt,  nic^t  bie  Se^ 
beutung  be«  änorbnen«,  Sorfd^reiben«,  fonbern  be«  SJieberfd^reiben«,  äufjei^nen«  für  je- 
manb  l^at)  SW^riaben   meine«  ®efe^e«  ('s-,  Äcri:  ^^'ü!  3Jlaffen)  —  grembem  gleid^  fmb 

fie  gead^tet" :  fo  ift  l^ier  unftreitig  ba«  3)afein  einer  au«  jöl^lreic^en  ®eboten  ®otte«  be= 
te^enben,  in  ©d^rift  gefaxten  ®efe^gebung  borau«gefe^t.    2)er  ©inn  ift  \a  boc^  fein  an- 

öoberer  al«  ber,  bafe,  toenn  ba«  ®efe|  aud^  noc^  umfänglicher  unb  noc^  fpejieller  toäre,  al« 
e«  ift,  6})l^raim  e«  bod^  im  ganjen  unb  einzelnen  al«  \\)m  nic^t  geltenb  anfc^en  toürbe: 
|ie^taufenben  bon  göttlichen  ®eboten  toürbe  e«  ergei^en,  toie  je^nen.  2)a  nun  ber  ^Propl^et 
äs.  11  bie  borau«gegangene  3)ro^ung  burc^  ben  §intoei«  barauf  begrünbet,  bafe  ^s«rael, 
toelc^e«  nur  ginen  ältor  l^aben  foHte  an  ber  bon  ®ott  ertoä^lten  ©tätte,   fid^   beren   in 

66  SKenge  erbaut  l^at  —  man  bead^te  bie  Soranftellung  be«  Serbum«  na;^-  _ ;  unb  bafe 
il^m  biefe  2tltäre  jum  ©ünbigen  gebient;  unb  ba  er  fid^  gegen  ben  Silberbienft  toenbet, 
fo  muffen  bie  Sffieifungen  biefer  %^oxa  nid^t  blofe  eti^ifc^en,  fonbern  auc^  tultifc^en  ^n^alt« 
getoefcn  fein,  benjenigen  fonform,  bie  toir  im  Sunbe«buc^,  im  3)euteronomium,  im  foge^ 
nannten  ^priefterfobej  finben.  ^n  ber  SE^at  fel(^lte  in  bem  ^a^bebienft,  toie  er  nac^  ämo« 

60  unb  ^ofea  in  bem  florbreic^  im  ©d^toange  ging,   „mit  Sejug  auf  ^eilige  3eiten,   Dl)fer, 


$ofca,  ^xop%tt  376 

^eilige  Sröud^e  unb  j^ultu^erfonol  laum  ein  tDefentUc^eiS  3Roment  be^  Jlultu^,  tpte  er 
bamal^  in  ^erufalem  geübt  tourbe^'  unb  in  ben  genannten  gefe^K^en  Partien  bed  $en< 
tateuc^  geregelt  ift.  @o  tpirb  9lm  3,  14  ber  Sranboj)feraItar  ertoö^nt;  oI«  Dl)fermaterial 
SRinber,  ©d^afe,  giegen  (»m  5,  22:  äo  5,  6;  12,  12),  foh)ie  (Serealien  (3lm  5,  22); 
a\x(fy  2Beinfj)enben  (§o  9,  4);  bon  Dl)ferarten  33ranbo})fer  unb  bie  baju  gehörigen  Bp^^  6 
ot)fer,  fomie  ^ebojpfer  unb  felbft  beren  Unterarten,  bad  freitoiDige  D))fer  unb  ba^  ©anfc 
oj)fer  (3lm  4,  5;  5,  22;  §o  6,  6),  aber  auc^  ba«  ©ünboj)fer,  auf  ba«  bie  ©teHe  §o  5,  8 
eine  beutlic^e  3lnf})te(ung  entl^ält.  Slfö  ^eilige  3«iten  toerben  genannt  ber  @ahhat,  ber 
5Reumonb,  bie  ^eft=  unb  geiertage  (»m  5,  21;  8,  5, 10;  $o  2, 13;  5,  7;  9,5),  fj)egiea 
ba^  Saubl^üttenfeft  $o  9,  5;  12,  10.  3)a^  man  fu^  bie  3Serjel^ntung  feinet  ©infommen^  lo 
angelegen  fein  tiefe,  jeigt  3lm  4,  4:  bafe  man  ben  Unterfd^ieb  jh)ifc^en  Stein  unb  Unrein 
beobachtete,  §o  9,  3.  4;  bafe  ba«  Jlafträat^elübbe  geübt  tourbe,  Slm  2,  11. 12.  ffield^ 
SBert  unb  hjeld^e  SSebeutung  bie  Snftitution  be«  ^rieftertum^  ^atte,  erl^ettt  au«§o4,4— 9. 
aiber  bie  ^riefter  be«  9?orbreici^  nennt  §ofea  10,  5  Pfaffen  (Q''"i?2),  benen  er  ba«  ©e« 
ric^t  anjulünbigen  ^at,  gumal  fie  bie  gemeinften  grebel,  toie  ©trafeenräuberei  (6, 9)  begel^en.  i6 

2)afe  ftc^  bad  aSertoerfung^urteil,  n)e((i^ed  $.  über  ben  Kultur  be^  92orbreid[fe^  fällt, 
nur  auf  biefen  in  feiner  bermaligen  Entartung  unb  fl^nlretiftifd^en  Trübung,  nic^t  aber 
auf  ba«  Dj)fertoefen  überl^aul)t  bejiel^t,  jeigt  bie  ©teBe  9,  1  f.,  too  er  S^rael  juruft,  e^ 
folle  fw^  nur  nid^t  freuen ;  benn  e«  toerben  2^ge  fommen,  h)o  fie  S^^be  h)eber  SBein  al« 
Xranifo^fer  no<^  i^m  Wohlgefällige  Bd)la6)top\n  Werben  barbringen  tonnen;  benn  fteao 
Werben  nid^t  Wol^nen  bleiben  im  Sanbe  S^^^beö,  fonbem  6j)l^aim  mufe  Wieber  jurüdt  nad^ 
Sg9J)ten  unb  in  3lffur  Werben  pe  Unreine«  effen.  Äummerbrob  genießen  pc  ©ort,  baran 
olle,  bie  e«  effen,  [\d)  Verunreinigen;  benn  i^re«  SSrobeg  bebürfen  pe  für  Jtd^  f eiber-  in 
fein  §au«  Sal^be«  fommt  e«  (um  bie  Srplinge  ju  Weilten)  u.  f.  f.  ffiie  ip  e«  benfear, 
bafe  ber  $ro})l^et  in  biefer  SQäeife  pd^  l^ätte  au^laffen  fönnen.  Wenn  er  nid^t«  geWufet  ]^ätte  25 
bon  gefe^id^em  unb  ®ott  gefälligem  Äultu«;  Wenn  er  benfelben  afö  ein  „fananäifieg 
glement  in  ber  Sieligion  3«raete"  angefe^en  l^ätte!  fjreilid^  fagt  er  6,  6,  bafe  ®ott  ©e^ 
fallen  l^abe  an  $ulb  (b.  1^.  baran,  bafe  man  il^m  inmg  ^olb  fei)  unb  nid^t  an  ©d^lad^t« 
opfern,  unb  an  ®otte«erIenntni«  me^,  benn  an  Sranbo^fem.  älber  ^ier  ^anbelt  pc^ 
ebenf owenig,  wie  in  bem  ä^nlid^en  %x^]pxudf  1  ©a  15,  22  unb  an  ©teilen,  Wie  3^  1#  ^o 
11  f.;  2Ri6,8;  5Pf40,7— 9  um  SSerWerfung  be«  Dj)fer«  an  p4  fonbem  nur  be«  feelen* 
lofen  0)>fer«,  unb  ^War  l^ier  eine«  Sol!ed,  bad  \^^}^^  ^^4^  ^^^  ^^^  ^  unterfd^eiben 
weife.  2)e«  ^inWeife«  barauf,  bafe,  nad^bem  bie  ^eid^^f^mltung  eine  fanftionierte  pxo\)u 
bentiette  2:i^a^ad^e,  ber  3wf*<*"*>  *>^  SReid^e«  ^^xad  alfo  ein  gottgeWoDter  Slu^na^me* 
juftanb  War,  ben  $ro^l(^eten  be«  SJorbreid^e«  Qia^De«  SSerel^rung  burdb  Dtofer  aud^sö 
auf  e))l^raimitif(^em  Soben  ate  juläfpg  gelten  mufete.  Wirb  e«  im  ^inblidc  auf  bie  be« 
f»)rod^ene  ©tette  9,  1  ff.  (ögl.  1  Äg  19,  10)  nid^t  bebürfen. 

Slud  ber  Slrt  unb  Säeife,  Wie  $ofea  bie  religiöfe  33erWilberung  feiner  ^Ät  belämtjft, 
ip  erpc^^tlid^,  bafe  er  nit^t  aU  §erolb  einer  neuen  religiöfen  ^zt  auftritt  ober  neuer  Sr* 
lenntnifle  über  ba«  ffiefen  ^jö^beg  unb  bie  redete  9lrt  feiner  aSerel^rung.    6r  ebenfoWenig  40 
Wie  Stmo«.    9?i(^t  ein  neuer  ®ott  ip  e«,  ben  biefe  ^Probl^eten  il^ren  g^^noffeit  Derfün« 
bigen,  fonbem  ber  ©ott  ber  33äter,  ber  pc^  \)on  2llter«  9er  in  3^^^^^  ©efc^id^te  bezeugt 
unb  burc^  Dffenbamng  unb  >)ro>)l^etifc^ie  Sele^rnng  ($0  12,  11.  14)  il^m  feinen  SBiDen 
lunbgetl^an  ^at.   an  biefen  ©ott  erinnern  pe ;  jur  bufefertigen  SlüdKel^r  (^'i^)  m  il^m  for^ 
bem  pe  auf.    Stut^  in  i^rm  Slu^fagm  über  „^(ä)^^  ©C9öj)ferl^errlid^feit  uno  unbeped^«  45 
lid^e  ®ere(^tigfeit"  greifen  pe  „augenfd^einlid^  nirgenb«  über  bm  ©ebanfmfrei«  ^inau«, 
ben  [\t  ate  ba«  geiftige  ©emeingut  ber  SSefleren  tl^rer  ^6t  unb  al«  ben  religiöfen  (grtrag 
ber  bi^l^erigen  ©efd^it^te  i^re«  5Bolfe«  öorau^fe^m  bürfen".     ffienn  man  gefagt  l^at,  bafe 
pcb  in  ber  $Prebigt  be«  $ofea  jum  erftenmal  ber  ©ebanle  einer  iWifd^en  S^^be  unk  ^^xad 
bepe^enben  ®l^e  pnbe,  fo  wirb  baran  m  erinnern  fein,  bafe  berfelbe  fd^on  bem  SIBorte  be«  ßo 
3)efalog«  bom  „eiferfüd^jtigen  ©ott"  (6j  20,  5 ;  3)t  5,  9)  unb  ber  altm  SlebeWeife  „frem^ 
bm  ®6ttm{  nad^l^urm"  (ßj  34,  5  f.  u.  ö.  im  ^entateu^)  ju  ©mnbe  liegt,    aber  ^ofea 
„^at  biefe  Analogie  am  tiefftm  unb  reic^^ftm  burd^gefül^rt".    3)mn  bei  bem  t)on  il^m  ge« 
brandeten  Silbe  Don  ber  @l^e  ^anbelt  e«  pd^  nid^t  lebiglic^  um  ein  9led^t^erl^ältni«  ber  3lrt, 
Wie  e«  nat^  bem  312;  jWifc^en  bm  Sl^egatten  beftano,  fonbem  um  eine  Wirllid^e  Siebet  55 
gemeinfd^aft  (2,  17.  18.  21  f.  25). 

2)ie  Slbl^ngigleit  ^ofea«  bon  9lmo«  ip  unbeftreitbar.  I)ie  Sejiel^ungm  auf  le^term 
pnb  teilweife  Wörtlidjj.  §Jan  Dergleid^e  ©tettm.  Wie  4,3  mit  Slm  8, 8;  4,15  mit  am  5, 5; 
8,  14  mit  Slm  2,  5;  7,  12,  Wo  §ofea  in  ben  SQäortm  crT^  ^^^^  ,,öemäfe  ber  ajerlün* 
bigung  an  '\fyc^  ©emeinbe"  auf  bie  93er{ünbigung  bed  älmod  (9,  2)  ^injuWeifen  fc^t.  eo 


376  ^o\ta,  ^xopttü  ^ofm» 

©0  nal^c  ftc^  aber  §ofca  unb  2tmoö  ftcl^cn,  tva«}  bic  ®runb0cbanfcn  bcr  ffici^fagung,  bic 
anläge  beiber  Sü^er,  bie  Vorliebe  gu  Slüdtbliden  in  bie  Urgeft^tci^te  beiS  33olfe^  ®otte«  u.  a. 
betrifft,  fo  berfd^ieben  fmb  fte  l^infx^tUd^  ber  ©J)ra(^e  unb  ®arftellunggh)eife.  ,^ofea^ 
©c^retbart  ift  boD  feltener  SBörter,  SBottformen  unb  ungetoöl^nU^er  äBortberbtnbungen, 

ö  Worunter  nit^t  toenige  norbjKxIäftinenftfd^fe  ^biott^men.  ©eltene  2Börter  unb  SBortformen 
fxnb  j.  S.  Q'^e'icn:  2,4;  n'ibn:  2,  12;  J:^:??P  8,6;  t^^""?:?:^  6,  10;  C"^':'^--?^  12,  15; 
eigentümliche  Äonftruttionen  4,  4  'm^  ^n-^:^?;?;  9,  1:  ^7—k  n'^^«?;  9,  8:  =)?  hdi:; 
14,  3:  't::T:Sb  C'^'tc  n::V;b;  (h)cnn  bort  nid^t  mit  LXX  '^'Tc  j|u  lefen  ift).  gu  norbJ)aIä^ 
ftinenfifd^en  ^bioti^men  ftnb   m  jäl^kn  ber  Gaufatibftamm   -f"*"^    11,  3;   "";  5,   13; 

10  formen  tpie  sxp^  lo,  14 ;  bieueid^t  aud^  "'5"?^  8, 13,.  menn  mit  bem  aramäifc^en  ^ri?" 
(f engen,  röften)  ju  fombinieren  afe  norb})aIäftinenftf(^er  Slu^brudf  für  bie  geueroi)fer("V'^). 
aber  nic^t  nur  burd^  biefe  ©jjrad^eigentümlic^Ieiten  unterfc^eibet  fid^  $ofca  toon  9lmoö. 
3ivid)  fonft  1)at  er  ein  anbere^  ©e))räge  afö  fein  älterer  3^^Ö^offe.  §ofea^  ©til  ift  h)e= 
niger  öoDenbet  oI«  ber  be^  9lmo«,  aber  tiefer  emj)finbenb.    ©ein  ®emüt  „arbeitet  in  ber 

16  tiefften  (Srfd^ütterung  unter  ber  Saft,  bie  ®ott  i^m  auferlegt,  gegen  bie  ©ünbe  feinet 
3SoIfe^  ju  prebigen  unb  i^m  bie  ©träfe  m  berlünbigen".  3)a]^er  bie  3lbgebroc^en^cit  feiner 
SRebe  in  anfc^^einenb  fd^tper  ju  öerbinbenoen  ©ö^en  unb  me^r  Eingeworfenen,  aU  ange- 
führten, rafdji  \vi)  aufeinanber  brängenben  SSilbem.  ©o  fd^arf  er  aber  bie  ©ünben  feiner 
3eitgenoffen  geißelt,  fo  Hegt  boc^  felbft  feinen  ©trafjjrebigten  bie  erbarmungööoUfte  Siebe 

30  JU  ©runbe,  bie  in  befonberer  ©tärfe  bort  uim  2)urd^bru^  fommt,  too  er  bon  ber  ju* 
ninftigen  ^tii^mt  unb  bem  SReic^tum  ber  ßJnabe  ju  h)eiiJfagen  l^at,  ber  ftc^  über  bai^  ju 
feinem  (Sott  beiel^rte  33olf  ergießen  toirb. 

2)er  mafforetifc^e  %^  unfere^  5Proj)]^eten  ift  nit^t  ol^ne  SSerberbniffe.  ^nx  Teilung 
berfelben  bient   an  einer  ganjen  Sleil^e  öon  ©teKen  bie  gried^ifc^e  Überfe^ung.    ©o  mirb 

26  nat^  berfelben  ju  lefen  fein  2,3  CDn-in^b;  2,  8:^?'^'?;  4,  19  cn'inar:;; ;  6,5»^  ^'^r^';'\ 
Ni?:  •-'•«?;  9,2  a:?  (ftatt  -a);  11,3  wi-)rb?  cnp«  (f.giotoadt  5.b.©t.);  14,9  "b  für 
""Y  SSefonbere  ©c^toierigfeiten  mad^t  bad  38erftänbni^  bon  ©teilen,  tpie  7,  5—6;  8,  10; 
12,  15  nac^  bem  borliegenben  2)ejt. 

3im  neuen  ^^eftament  ift  auf  §ofea  Sejug  genommen  1.  SRö  9,  25—26.    Siad^bem 

30  bort  ber  Sl^oftel  bie  2;i^atfad5>e  betont  l^at,  ba^  ®ott  bie  ©egenftänbe  feiner  erbarmung^^ 
boUen  Siebe  nid^t  nur  au^  bem  jübifAen  33olf,  fonbem  auc^  au^  ber  c^eibenmelt  berufen; 
ba^  alfo  feine  beruf enbe  ®nabe  unabl^än^ig  ift  bon  ber  SSefd^affenl^eit  be^  guSerufcnben: 
«ttert  er,  um  Unteren  ®ebanlen  alg  fd^nftgemäfe  ju  ertoeifen,  bie  öon  9i^rael^  einftiger 
Segnabigung  l^anbelnben  ©teilen  2,  25  unb  2,  1,  »Deiche   au^fagen,  ba^  ba«   5}oIf  in 

86  einem  ^uftanb  ber  ßntfrembung  bon  ®ott  toieber  ®egenftanb  feiner  Siebe  toerben,  bafe 
er  e^  toieber  annehmen  toirb,  toenn  e^  auf^el^ört  ^at,  fein  3SoI!  gu  fein.  2.  1  Äo  15, 15, 
too  5Paulug  bie  ©teile  3^  25,  9  burd^  Setjie^ung  ber  au^  §o  13,  14  frei  entnommenen 
SBorte  "^^n?  m?v>R  ^^^.  ^?t  """^.^l  ^^^  unter  teiltoeifer  Slnfc^Iiefeung  an  bie  Überfe^ung 
ber  LXX  ertoeitert.    3.  3Rattl^2, 15,  too  ber  ©bangelift  $oll,  1  gitiert,  um  anjubeutcn, 

40  tote  ft(^  bie  in  Qj^^^^l^  Äommen  au^  Sg^})ten  entl^altene  SSBeiefagung  burc^  Ijefu  ^luc^t 
bort^in  erfüllt  ^abe.  »olrf* 

^oftanna  f.  Siturgifd^e  Formeln. 

^ojttt«  (ober  DfiM»)  bon  ßorbuba,  geft.  too^l  358.  S3cjl.  bie  83b  II,  6  genannte 
Sitleratur    jum   arianifcften  Streit,    ^ufeerbem:  Tillemont,   Mtooires  VII,    6d.  de  V^nise 

46  p.  300 — 321  unb  711 — 716;  R.  Ceillier,  Histoire  g^n^rale  des  auteurs  sacres  et  eccl^iasti- 
ques  IV,  qjori«  1733  p.  521—530:  H.  Florez,  Espana  sagrada,  29  53bc,  Wabrib  1747-75, 
^Icr  ©bX,  1753,  p.  159-208;  ?l.  SB.  (Srnefti  unb  ^.  ©6.  ©renj,  Disputatio  historico-critica, 
qua  Hosium  concilio  Nicaeno  non  pracsedisse  ostenditur.  Diss.  phil.,  Setpjig  1758;  Mich. 
Jos.  Maceda,  S.  J.,  Hosius  vere  Hosius,  'Ooio^  dltj{}a)c  'Omocj  h.  e.  Hosiiis  vere  innocens, 

60  vere  sanctus.  Dissertationes  duac:  1.  de  commentitio  Hosii  .  .  .  lapsii,  2.  de  sanctitate  et 
cultu  legitinio  ejusdem,  Bononiae  1790;  $.  93.  ®antS,  ^ie  ßird)engefd)icöte  üon  Sponien, 
5»be(I.  II,  1,  2.  III,  1,  2),  JHegengb.  1862-1879,  ^ier  II,  1864  @.  1  ff.  137-309  unb  111,2, 
1879,  e.  484-490  (9^Q*träge) ;  T.  D.  C.  Morse,  9(.^^ofiu§  DchrB  III,  1882,  p.  162—174; 
^.  ^nöpfler,  ?l.  .^ofiuö  ("©ejcr  unb  SSeltc'ö  Äirdjeniejifon,  2.  9lufl.  VI,  1889,  6.290-95): 

66  0.  eeccf,  Untcrfuc^ungen  ^ur  ®efc^i(^te  bcöWcftnifc^en  ^onailS  (3fß®  XVII,  1897,  8.1—71 
unb  319-362. 

^oftu^  (aud^ :  Dfiu^)  öon  ßorbuba  ift  nic^t  erft  al^  'Aßga/uialoi;  y^gcov  (Äthan, 
bist.  Ariaii.45  MSG  25,  748  C)  —  er  toar357  ^unbertjä^rig  (Äthan.  1.  c.  p.  749  A; 
Sulp.  Sev.  chron.  2,  40,  5  nai)  ©riefen  be«  ^ilariu^:   major  centennario;  —  bie 


^ofiitiS  Hon  Sortaio  377 

„90  3a^rc"  bei  Phoebadius  Aginn.  c.  Arian.  23  MSL  20,  30  C  jö^lcn  bon  bcr 
3eit  ab,  ba  ö.  toijfcn  fonnte,  h)a^  er  glaubte)  —  eine  Serüi^mtl^cit  beg  4.  3ö^^^^w"*>^^ 
getüorben.  9lfe  6  ndw  ßoco/üievog  h)irb  er  fdj^on  ettoa  jtpan^ig  Saljire  früher  bon  ßujeb 
bejcic^net  (vita  Const.  3,  7);  3lt^anafiug  nennt  il^n  fc^on  bei  feinen  Sebjeiten  ben 
„®rofeen"  (o  rcov  Znavicbv  "Voiog  6  jueyag,  apol.  ad  Const.  27  MSG  25, 629  A,  ©ommer  6 
357);  ja  ein  &vriQ  acoqjQovt  niarecog  äQsrfj  dedoxijuaajuevogf  kajujiQvvofievog  raig 
vTikg  evoeßeiag  öjmokoyUiig  xaxä  xovg  eujiQoa&ev  ;jj^(5rov?  tpar  §ofui^  nadS)  (Sufeb 
(vita  Const.  2,  63)  \d)on  323,  3)ennoc^  ^at  er  feinen  Siogrojj^en  gefunben,  unb  öon 
i^m  lelbft  ^aben  tpir  nur  jtoei  SSriefe,  einen  an  ben  Äaifer  Äonftantiu^  (bei  Äthan., 
bist.  Arian.  44  MSG  25,  744  D— 748  B)  unb  einen  an  3uUu«t).  ?tom  (Mansi  VI,  lo 
1209) ;  unfer  SQäiffen  ruIS^t  —  t)on  bem,  h)aö  biefe  Sriefe  bieten,  abgefel^en  —  auf  ben 
gelegentlichen  Siotijen  jeitgenöffifc^er  Urlunben  unb  ©d^riftfteller  unb  auf  bem  SBenigen, 
toa^  aufeerbem  bie  ©))äteren  glaubmürbig  berichten. 

Um  257  mu6  er  geboren  fein  (togl.  oben ;  nac^i  ??Ioreg  ift  256  üblid^e  Stnnal^me  ge^ 
hjorben,  bo(^  bejiei^^en  fi(^  bie  obigen  ällter^ngaben  auf  357).  SSBo'?  h)iffen  toir  nic^t;  i5 
bie  3(nnal^me,  bafe  er  ber  Alyvmiog  i^  'Ißegiag  elg  ttjv  P(6finv  fMcov  getoefen  fei, 
ber  nat^  3ofimug  (bist,  nova  2,  29,  7  ed.  iReitemeier  p.  150)  i.  3.  326  ben  mit  Ser:: 
toanbtenblut  bejubelten  Äonftantin  auf  bie  fünbentilgenbe  SReligion  ber  ßl^riften  ffin- 
gctoiefen  ^abe  (9leanber,  Mq.  (Sefd^.  ber  d^riftl.  9lel.  II,  1,  1828,  ©.  60;  mobifijiert, 
®am«  .n,  1,  ©.  138),  ift  bei  ber  Unglaubtüürbigleit  ber  ©eft^it^te,  in  ber  bei  ^oftmu«  ao 
biefer  2ig^>)ter  auftritt,  met^obifd^  unftattl^aft.  $a  er  im  ^al^re  356  fd^on  „mei^^r  al« 
fec^jifl  3al^re"  SSifd^of  gemefen  fear  (Äthan,  bist.  Arian.  42  p.  741  D),  ift  feine  SSJei^e 
jum  33if(^of  t)on  ßorboba  auf  eth)a  295  ju  batieren.  3)afe  er  Gonfeffor  toarb,  „atö 
unter  SRajimian,  bem  [mütterlichen]  (Srofeöater  be^  fionftantm«  eine  9Serf olgung  eintrat", 
fagt  er  felbft  (ep.  ad  Const.  bei  Äthan,  bist.  Ar.  44  MSG  25,  744);  e«  toar  bie«  25 
auc^  ©egnern  (gufeb.  f.  0.),  toie  J^i^eunben  (Stt^an.  oft :  öinolioyrjTrjg,  g.  S5.  ad  ep.  Aeg. 
8,  a.  356,  MGS  25,  556  C)  befannt.  3)en  Ort  unb  bie  naiveren  Umftänbe  fennen  toir 
nic^t ;  bod^  mufe  —  bie«  gegen  DchrB  III,  163  ff.  — ,  obtool^I  feit  292  Äonftantiu« 
G^loru«,  nid^t  5Ka|imian,  in  ©J)anien  ^errfd^te,  an  bie  biolletianifc^e  Verfolgung  gebadet 
n>erben  (ijgl.  mit  ber  ep.  Hosii  toa«  Slti^anafiu«  bist.  Ar.  64  p.  769  B  erjä^lt).  3)er  ao 
©l;nobe  ju  ßtoira  (t)gl.  33b  V,  325  ff.)  tool^nte  er  bei,  toie  bie  3lften  beh>eifen  (Mansi 
II,  799  B) ;  boc^,  bafe  er  J)räftbierte,  fc^lie^t  ®am«  (II,  1,  ©.  3)  mit  Unred^t  au«  Äthan, 
ap.  de  fugä  5  (MSG  25,  649  B;  t)gl.  »b  V,  325,  54  f.).  3)ie  rigoriftifd^e  ©eftnnung 
ber  ©Vnobe  toirb  er  geteilt  l^aben ;  man  barf  aud^  au«  can.  33  (S5b  V,  327,  18)  fo& 
gern,  bafe  er  im  Sölibat  lebte.  SQäann  bie  ©^nobe  ftattfanb,  ift  befanntlid^  umftritten;  — 86 
bie  3lnfe|ung  auf  „um  313"  (33b  V,  326,  50)  toirb  aber  burc^  bie  %^lnci)mt  be«  $0* 
fxu«  untoaWc^cinli^  gemacht.  3)enn  minbeften«  feit  313  (Euseb.  h.  e.  10,  6  =  Ni- 
ceph.  7,  42 ;  bgl.  33b  IV,  791,  yi  ff.)  —  bgt.  über  312  Euseb.  vita  Const.  1, 32  fin.  — 
finben  toir  §oftu«  in  ber  3läl}t  itonftantin«.  SQ3a«  i^n  bem  Äaifer  emJ)fo^len  l^atte,  ift 
un«  unbelannt.  3)a«  aber  ift  ftd^er,  bafe  er  in  ben  näd^ften  Salden,  öielleid^t  ununter«  40 
brod^en  bi«  ca.  326,  bem  Äaifer  al«  fein  $aui)tratgeber  in  Krc^flid^en  fingen  nal^e  blieb: 
bie 3)onatiften  machten  il^n,  obh)ol^l  er  auf  ber  antibonatiftifc^en  ©^nobe  in  3lrle«  (314) 
nic^t  jugegen  toar  —  uermutlidSf,  toeil  er  ben  Äaifer  auf  bem  3^0^  0^0««  fiiciniu«  be« 
gleitete,  —  für  bie  f aif erliefen  ©etoaltmaferegeln  feit  316  (33b  IV,  793, 11  ff.)  Deranttoortlid^ 
(Augustin,  contra  ep.  Parm.  1,  8,  13  MSL  43,  43) ;  bie  faiferlid^e  SSerorbnung  45 
über  bie  ^reilaffung  öon  ©Haben  in  ben  Äird^en  t)om  18.  ä[j)ril  321  (cod.  Theod. 
4,  7  ed.  ^änel  p.  379)  ift,  toie  fonftige  ©bitte  an  ben  5Präfeften  gerichtet  tourben,  unb 
toie  ^eute  noc^  bei  un«  tjertoanbte  aBilIen«äufeerungen  be«  §errfc^er«  ben  juftänbigen 
3}iiniftem  jugefd^ricben  toerben,  an  §ofiu«  abreffxert ;  unb  323  ober  324  toar  er  e«,  ben 
Äonftantin  ber  alejanbrinifc^en  SBirren  toegen  nad^  Sllejanbria  fd^idtte  (33b  II,  14,  32).  go 
3)ic  ©efc^ic^te  biefer  berühmten  ©enbung  ift  33b  II,  14,  so  ff.  fc^on  ffijjiert.  ^tad)- 
getragen  fei  nur  ba«,  ba^  *^ofiu«  aud^  mit  ber  ängelegenl^eit  be«  Äoflut^u«  fid^  be« 
fafete,  eine«  ^reeb^ter«  in  Sllejanbria  (Epiph.  haer.  69,  2  p.  728  CD,  Petav. ;  tro| 
ber  §äufigleit  be«  9iamen«  in  2i[gV>)ten  too^l  ibentifc^  mit  bem  bei  ©elafiu«  t).  (Sg- 
jicu«  ba«  jh)eite  SHunbfc^reibcn  älejanber«  [33b  II,  12,  30]  mit  unterj\ei(^nenben,  66 
Mansi  II,  799  B),  ber  fc^on  um  320,  jur  geit  be«  33riefe«  aiqcanber«  t).  älejanbrien 
an  aiejanber  b.  33%ang  (33b  II,  12,29),  bie  felbftftänbige  ©teDung  ber  aleianbrinifdjfen 
5}re«b^ter  (Epiphan.  1.  c.)  bi«  jur  Unbotmäfeigfeit  gegen  ben  33ifc^of  au«genü^t  ^atte 
(ep.  Alex,  bei  Theodoret.  b.  e.  1,  4,  3)  unb  feitbem  —  benn  gur  S^xt  ber  33riefe 
äUe^anber«  beftanb,   toenn  bie  Unterfc^ften  bei  @elafiu«  t>.  S^gicu«  aU  Unterfd^ften  (x» 


378  ^oftiiiS  Hott  Sortaba 

cd^t  fwb  (i>öl-  ©««*  ®-  15)/  «n  ©d^töma  nod^  nid^t  (Dgl.  aud)  ep.  Alex,  bei  Theod. 
1,  4,  3:  TcoXv  x^ov  fj  ixeivog)  —  burd^  eiöenmäd^tige  SSornol^me  bift^öflid^cr  %nnh 
üoncTt  ju  gerabeju  fd^tematifd^er  £)J)})orition  borgefd^rittcit  toor  (ep.  syn.  Alex.  a.  338 
bei  Äthan.  apoL    c.  Ar.  12  MSG  25,  269  A).    ©ine  B\)not>t,  bie   in  «lesanbria   in 

6  ^ofm«*  ©cflentpart  jufammentrat,  nötigte  ben  ÄoButl^u^  unter  gleic^ieitiger  Äaffierung 
ber  bon  x\)m  borgenommenen  SEBei^en,  m  j)regbJ^teriaIe  BUÜntiQ  jurüajufel(^ren  (ögl.  bie 
©ngobe  bom  ^al^re  335  bei  Äthan,  apol.  c.  Ar.  75  p.  385  B  unb  74  p.  381  B), 
unb  ÄoBut^u«  l^ielt  jtd^  bi«  an  feinen  %ob  in  ben  il^m  angetoiejenen  ©rengen  (syn. 
Alex,  anni  338   bei  Äthan,   apol.  Ar.  12    p.  269  A).    Sin    gefc^id^tlid^  bebeutfamed 

10  ®reigni«  toar  bog  ®d^i«ma  be«  ÄoButl^uö  nic^t  getoefen ;  ©eedt  (©.  822)  l^ot  e«  auf^ 
gebauft^t  burd^  Kombinationen,  bie  mir  l^altloö  erfd^einen ;  nur  ber  Umftanb  l^at  ung 
Äunbe  bon  i^m  erhalten,  ba^  ber  berüchtigte  3^^ag  (Sb  II,  20,6iff.),  nac^  feinem  Äon- 
flift  mit  ät^anafiug  (gegen  ©eedf  ©.  323)  gu  ben  ÜReletianem  übergegangen  (Äthan,  ap. 
c.  Ar.  63  p.  364  B),  ft)äter  —  apol.  c.  Ar.  74  p.  381  B  enthält  eine  au«  nad^träglidS^er  Sc^ 

i6)iel^ung  eined  allgemeinen  Sefc^Iuffed  auf  2l^^v<t^  erKärlic^e  Unrid^tigleit;  t)gL  c.  12 
p.  269  A  —  bon  ÄoDut^ud  getpei|>t  ju  fein  6el^auJ)tete  (apol.  c.  Ar.  74  unb  75).  3)od^ 
toar  eö  bon  Sebeutung,  ba|  ^ofiu«  frü^  ^inemgejogen  tourbe  in  bie  SSorgefd^id^te 
einer  ber  $au))tanllagen,  mit  benen  ält^anaftud  bon  feinen  ©egnern  \päUx  berfolgt 
toorben  ifi 

30  Auf  eine  gröftere  Sül^e  fteDte  ben  §ofiu«  bie  ©bnobe  ju  5Ricäa  (über  bie  SWad^rid^t, 
ba|  $.  fie  beranfo^t  ^abe,  bgl.  Sb  11,  14,4nff.).  a)a^  er,  ber  SSertrauengmann  be« 
Äaiferg,  ^ier  bon  großem  Sinflufe  toor,  lag  in  ber  9latur  ber  aSerl^tniffe  (ögl.  S5b  II, 
14, 63  ff.,  berid^tigt  IV,  45,  65  ff.) ;  unb  bie  Slngabe  be^  SltJ^anajtu« :  ovrog  (seil.  §ofxug) 
xrjv  iv  Nixala  tüotiv  i^S&ero  (hist.  Ar.  42  p.  744  A),  trifft  obtool^l  fte  in  i^rer  runben 

26  5<>'^  "frig  ift  —  benn  ba«  Slicänum  ift  bun^  Ämenbement«  au«  einer  3Soriage  ßufeb« 
b.  ßäfarea  entftanben  (bgl.  ben  31.  Sliconifd^  Äonjil)  — ,  bennod^  im  ©runbe  gu  (bgl. 
»b  II,  14,  58  ff.).  3)a^  §ofiu«  formeD  ben  SSorft^  auf  ber  ©J^nobe  gefül^rt  ^abe,  fagt 
leine  ber  DueDen.  @«  tro^bem  anmne^men,  bagu  bered^tiat  toeber  ber  Umftanb, 
bo^  fein  9tame  unb  ber  ber  römifd^en  Saaten  in  ben  Unterfd^riften  boranfte^t  (bgl.  Pa- 

80  trum  Nicaenorum  nomina  ed.  $.  ®eljer,  $.  §Ugenfelb,  0.  6un$,  Seij)jig  1898, 
bagu  Socrates  h.  e.  1,  13,  12),  nod^  bad  biel  mißbrauchte  äBort  be«  Slt^anaftu«  über 
^ofiu«:  noiag  ydg  oi  xa&rjyT^aaio  aw6dov;  (apol.  de  fuga  5  p.  649  B  ;  ögl.  hist. 
Ar.  42  p.  744  A).  SJoDenb«  un^tbar  ift  bie  römifd^e  2:^efe,  ba|  §oftu«  „al«  ©teD* 
Vertreter  oeiS  $a))fte!S''  mit  beffen  ©efanbten  mgleid^  ba«  ^röftbium  gel^abt  ^aU  (fo  felbfi 

86$efelel*,©.39ff.);  benn  ^ätte^oftu«  J)räftbiert,  fo  ^ätte  er*«  fraft  IaiferIid^er3lutoris 
fotion  get^on. 

Slac^  ber  ©^nobe  bon  9licäa  berfd§>toinbet  $oftu«  für  faft  jtoanjig  Qial^re  au«  ber 
©efd^id^te.  38ermutlid^  ift  er  im  grü^ja^r  326  mit  Äonftantin  (Goyau,  Chronologie 
p.  412)  in  ben  Dccibent  gereiji  unb  bon  ba,  nod^   el^e  bei  Äonftantirt  anbere  ©inflüffe 

4omaf|gebenb  tourben  (bgl.  Sb  II,  16, 24  ff.  46  f.),  nad^  ©^anien  }urüdgefe(;rt  äSon  feiner 
bortigen  SBirffamfeit  ^aben  toir  feine  Äunbe.  2)aß  er  in  ber  ^^t  bi«  jur  ©tonobe  bon 
©orbica  bie  ©nrid^tung  ber  5roetro})olitanberfaffung  in  ©^anien  inauguriert  ^abe,  rül^mt 
i^  ®am«  (II,  1,  ©.  185—191)  ol^ne  »etoeife  nac^. 

®rft  lurj  bor  ber  ©^nobe  bon  ©arbica  tritt  ^ofiu«  toieber  in  unfern  ®efic^t«Irei«. 

45  ®ie  angäbe  (ep.  Sard.  Or.  bei  Hilarius,  fragm.  3,  14  MSL  10,  667  B),  baß  er 
bie©9nobe  mit  beranlaßt  l^be,  toirb  glaublid^  fein  (bgl.  S5b  II,  26,47).  ©emeinfam  mit 
Xt^anaftu«,  ber  i^m  nac^  (Pallien  entgegen!am,  reifte  er  bann  jum^onjil  (Ath.,  ap.  ad 
Const.  4  MSG  25,  601  A).  2)aß  er  l^ier  ber  3Ra|orität«f^nobe  J)räfibierte  —  bie 
orientalifc^^e  ÜRinorität  eElommunijierte   il^n   (ep.  Sard.  Or.  bei  Hilar.  fragm.  3,  27 

BD  MSL  10,  674  f.)  — ,  ift  ^toeifello«.  «tJ^anafui«  fagt  e«  audbrürflid^  (hist.  Ar.  16 
p.  712  BC) ;  bie  canones  (Mansi  III,  5—22)  toeifen  nod^  l^eute  burd^  bie  Srt,  toie  fte 
eingeleitet  toerbcn  —  „Hosius  episcopus  dixit",  fo  beginnt  jjeber  Äanon  —  barauf  l^in ; 
i^ofxu«  Jelbft  erllärt  (toa«  aud^  Slt^anaftu«  berid^tet,  hist.  Ar.  16),  ba|  er  bamafe  bie 
bergeblid^en  lonjitiatorifd^en  3Ser^anblungen  mit  ber  orientalifc^n  SRinorität  gefül^rt  ^abe 

65  (ep.  ad  Const.  bei  Äthan,  hist.  Ar.  44  p.  745  A  sqq.).  311«  SSorft^enber  f^eint  §ofiu« 
beteiligt  getoefen  ju  fein  bei  ber  Slbfaffung  be«  fogenannteit  ©^mbol«  öon  ©arbica,  b.  ^. 
be«  f^mbolmäfeigen  ©d^Iuffe«,  ben  bei  X^eoboret  (h.  e.  2,  8,  37—52  ■=  Mansi  III, 
83—86  =  §a^n,  Sibliotl^ef  3.  2lufl.  §  157)  unb  in  ber  lateinifc^en  Überfejung  ber 
farbicenfifd^en  äBten  (Mansi  VI,   1215  D  sqq.)   bie  epistula  encyclica  be«  Äonjil« 

üo  (Mansi  III,  57— 65D)  an  ©teile  ber  bei  Sltl^nafiu«  (apol.  c.  Ar.  e.49fin.  unb  50= 


^oftitd  Hon  Sortaio  379 

MansiIII,65  D— 69  A)  fid^  l^icr  finbenbe«  Untcrfc^riften  bietet.  S)enn  h)h:  l^obcn  noc^  ^eute 
in  ben  lateinifd^en  3l!ten  öon  ©arbica  (Mansi  VI,  1209),  toenn  aud^  überou«  bürftig 
erl^alten  {)o^l  Mansi  1.  c.  not.  c.  unb  d),  einen  and)  bem  ©ojomeno«  (3, 12,  6)  bdannt 
getoorbenen  ©rief  be^  Äoftu«  unb  ^rotogene«  b.  ©arbica  an  ^vimi  b.  9lom,  in  bem 
jle  biefem  bie  betteffenoe  f^mbolartige  @r(öuterung  bed  92icänum  emf)fe^Ien.  2)a  nun  6 
[ou^  Äthan,  tom.  ad  Antioch.  5  MSG  26,  800  C]  feftftel^t,  ba^  eben  bie«  ©J^mbol 
—  bie  gbentität  beh>eift  ber  Äontejt  be«  tomus  ad  Antioch.  —  in  ©arbica  jtoar  nid^t 
angenommen,  aber  bon  „einigen"  l)ro})oniert  ift,  \o  mu|  ber  S5rief  be«  ^ofiu«  unb  ^roto« 
gene«,  gleic^öiel  ob  er  [oI«  S^^ler]  abgefanbt  ift,  ober  nid^t  (tjgl.  Mansi  VI,  1209  not.  b), 
famt  ber  3:^eoboretif(^en  gorm  ber  epistula  encyclica  ani  ber  ^Ät  bor  ßrlebigung  lo 
biefer  Slngelegen^eit  ftammen.  2)ann  aber  ift  jtoeifellod,  ba^  Äopud  unb  ^ProtogeneiJ 
felbft  )u  benen  gehörten,  bie  eine  ©rläuterung  be«  9?icänum  toünf(|ten,  unb  toal^d^einlid^, 
ba^  ber  (gnttourf,  ben  i^r  ©rief  an  SwKw^  begleitete,  bon  il^en  jelbft  l^errül^rt.  Darauf 
beruht  baö  S^terefje  be«  „angebli^en  ©J^mbolum  öon  ©arbica"  (§efele  1*,  554).  3)enn 
giebt  e«  über^au))t  eine  im  eigentlic^^en  ©inn  „aut^entift^e",  b.  1^.  bon  bem  ©efe^eber  i5 
felbft  ^errül^renbe,  3nterj)retation  beö  Slicönum  (bgl.  33b  II,  17, 34  ff.),  fo  ift  fie  ^ler  )u 
fud^en.  Unter  biefem  ®eftd^t«j)unlt  berbient  bie  farbicenfifd^e  gormel  me^  Sufmerlfams 
feit,  al«  il^r  bi«  je^t  (auc^  Sb  II,  27, 46  unb  IV,  46,  21  ff.)  ju  teil  getoorben  ift.  S3es 
ad^ten^toert  ift  aufeer  bem  S5b  IV,  46, 21  ff.  §erborge^obenen  namentlid^  bie  SSeleuc^tung, 
toelc^e  ber  lur^e  britte  älrtifel  be«  9?icänum  erfährt:  maievofiev  dk  xal  .  ,  ,  rd  äyiov  ao 
Ttvevjua  .  .  .  xai  xomo  jumevofxev  7iefi<p&iv.  Kai  xomo  ov  Tihtov&ev,  dU,*  6 
äv^gcüTiog,  ov  he&voaxo,  ov  äveXaßev  ix  Maglag  — ,  bie  gormel  ift  binitarifd^ 
monotl^eiftifd^  (33b  IV,  26,35 ff.);  eine  monograjj^ifd^e  33el^anblung  berfelben  im  Aw« 
fammenl^ang  mit  ben  abenblänbifd^en  3^rabitionen  feit  SloDation  (bgl.  S3b  II,  17,44;  IV, 
41, 47  ff.;  VIll,  58, 60 ff.)  mürbe  lol^nenb  fein.  36 

3laa^  bem  Äonjil  bon  ©arbica  berlieren  toir  ben  Äoftu«  abermal«  für  jel^n  3^1^^ 
au«  ben  9lugen.  Da«  @rfte,  toa«  toir  toieber  ^dren,  ift,  oa^  Siberiu«  t)on  9lom  @nbe  353 
ober  Stnfang  354  bem  §oftu«  ÜRitteilung  mad^t  (ep.  ad  Hos.  3aff€»  209,  Hilar. 
fragm.  6,  8  MSL  10,  688)  bon  ben  ©d^ritten,  bie  er  m  ©unften  einer  neuen  ©J^nobe 
unternommen  l^atte(93bll,  30,a4ff.),  unb  bon  bem  in  3lrle«  erjnjungenen  (33b  II,  30,44)80 
bebauerlid^en  SRad^geben  feine«  ©efanbten  38tncenj  bon  6a))ua  —  „qui  judex  in  eadem 
causa  cum  Sanctitate  tua  frequenter  resedit",  fd^reibt  fiiberiu«  bem  §ofiu«,  berni 
biefer  aud^  in  ©arbica  beteiligte  3Sincenj  toar  bermutlic^  berfelbe,  ber  einft,  ba  er  noc^ 
$re«b^ter  toar,  al«  ©cfanbter  SRom«  m  9?icäa  bem  ^ofiu«  jur  ©eite  geftanben  ^atte 
(bgl.  DchrB  IV,  1152  b  Nr.  5  unb  6).  Sffienige  ^ofyK  nad^l^er  ift  e«  bem  Sleftor  ber  86 
Drt^obojie  nid^t  öiel  beffer  ergangen,  al«  bem  SSincen^.  auf  römifc^er  ©eite  gefällt  man 
fu^  freilid^  in  fc^önfärbenben  Äonftruftioncn  —  met^obelofe  liraben  geftattet  pc^  felbft 
ber  unfelbftänbige  ärtilel  öon  Änöj)fler  — ;  nid^t  nur  bie  Suciferianer  gauftinu«  unb 
3RarceIltnu«(tjgl.  S3bV,  781,47ff.)unb  ber  bon  i^nen  al«  ®eftnnung«genoffe  ^odjfgerül^mte 
„l^eitige"  ©regor  bon  ßtoira,  nein  auc^i  bie  tabelloferen  „^eiligen"  $l^öbabiu«  öon  40 
äainnum  unb  $itariu«  bon  ^oitier«  toerben  befc^ulbigt,  um  ,öofiu«  ju  entfd^ulbigen 
((aam«II,  1,  ©.  250 ff.):  §ofiu«  gilt  in  ©J)anien  al«  canonizandus  (®am«  III,  2, 
©.  489  §  6).  ®ennod^  ift  tro^  einiger  ©c^toierigfeiten,  bie  burd^  bie  historia  Ariano- 
rum  be«  Slt^anafiu«  bereitet  toerben,  ber  bunfie  älu«gang  be«  ruhmreichen  fieben«  be« 
§oftu«  fo  fieser  erfennbar,  bafe  getoi^en^after  ^^^rfc^ung,  fo  gerne  fte  bem  i^unbertjö^rigen  46 
gegenüber  fid^  an  ^0  8, 7  erinnern  toirb,  il^r  S93eg  m.  6.  genau  borgefd^neben  ift.  ®ine 
au«reic^enbe  Jjroteftontifd^e  S3el^anblung  ber  grage  befi^en  ioir  freilid^  nod^  nid^t  (DchrB 
III,  171  ff.  genügt  ni4)t),  auc^  im  c^ronologifc^en  detail  ift  bie  S^rabition  m.  ®. 
in  (Sinjelnem  ju  berichtigen  (ögl.  33b  II,  33,  32  ff.).  —  2ln  ben  „©^noben"  in  3lrle« 
(353)  unb  5Kai(anb  (grübial(^r  355)  l^atte  ^ofxu«  nic^t  teilgenommen ;  aber  bie  ^ofbijd^öfe  60 
ioünfc^ten,  nac^bem  fiiberiu«  b.Slom  i^nen  nac^träglid^  (©ommer  ober  ^erbft  355)  jum  Dj)fcr 
gefaDen  unb  toerbannt  toar  (S3b  II,  31 9  f.),  auc^  i^n  getoaltfam  in  il^re  Salinen  )u  jid^en 
(Äthan,  bist.  Ar.  42  p.  741  C  sq.).  93on  il^nen  bcftimmt,  lie^  Äonftantiu«  ben  greifen 
33if^of  ju  fic^  lommen  —  jtoeifello«  nac^i  "iöiailanb  (ögl.  Gwatkin  p.292,  Goyau  p.  462); 
allein  §ofiu«  toar  nic^t  ju  betoegen,  gegen  Slt^anajtu«  ftd^  ju  erllären  unb  mit  ben  65 
„Slrianern"  in  Rirc^engemeinjc^aft  ju  treten  (ögl.  S3b  II,  30,  eo),  unb  in  feinem  SBiber« 
fj)ruc^  imjjonictte  er  bemÄaifer  fo,  bafe  biefer  i^n  ungefränft  in  feine  §eimat  jurüdffel^ren 
lie^  (Ath.  1.  c.  43).  2)oc^  bie  „^äretifer",  b.  i.  bie  ^ofbifc^öfe,  liefen  nid^t  lodter, 
unb  Honftantiu«  gab  nad^ :  er  fd^rieb  nun  einen  bro^enben  33rief ;  —  §ofiu«  aber  blieb 
ftanb^aft  (Ath.  1.  c).    3)a«   J)rot)ojierte   neue    taiferlid^e  33riefe   {TioXXdxig  ygdy 


380  ^ofhtiS  Hott  Sori^uba 

K(ov(navTLoVf  Äthan.  1.  c.  p.  744  C),  bie  bolb  ft^meic^cltcn;  balb  brol^tcn;  §ofiu^ 
anttoortete  in  bem  mutigm  unb  fclbftbetoufetcn  Sriefe,  ben  Slti^anafiu^  (1.  c.  44)  auf= 
betpa^rt  l^at,  mit  einem  3lnatl^em  gegen  bie  ärianer,  mit  h)armem  ßintreten  für  Slt^ana^ 
flu«  unb  mit  emften  SSorfteUungen  an  ben  Äaifer.    Äonftantiu«  gab  bennoc^  feine  ^Uänc 

6  nic^t  auf :  er  fudS^te  nad^  einer  §anbl^abe  ju  getüaltfamem  ©infd^reiten,  unb  er  f anb  fie, 
ate  er  au(^  bei  anbem  ©j)aniem,  bie  il(^m  oI«  burc^  §ofiu«  öerfül^rt  bejeic^net  h>urben, 
bie  Unterfd^rift  gegen  Stt^anafxu«  nid^t  ju  erjtoingen  bermod^t  l^atte  (1.  c.  45).  9Jun  liefe 
er  —  toie  gauftinu«  unb  SKarceDinu«  berid^ten:  auf  antrieb  be«  ^otamiuö  öon  Siffa* 
bon  (c.  9  MSL  13,  89  :   Osius  Potamii  querela  accersitus  ad  Constantium)  — 

10  ben  ^ofui«  an  ben  ^of  lommen  (fjuxanifjmexai  zbv  "Ooiov)  „xal  ävri  i^ogioßiov  xax- 
ixei  Tovrov  Slov  hiavrdv  h  tco  ZiQfiUp**  (Äthan.  1.  c.  45  p.  749  A).  @l(^e  biefer 
le|te,  gried^ifd^  citierte  ©a^  Derloertet  toerben'  lann,  mufe  anbere«  oorau^efd^irft  toerben. 
gunäd^ift  brei  jurücfgreifenoe  Semerfungen :  1.  too  Äonftantiu«  tpeilte,  ate  §oftug  infolge 
ber  Gitation  ftc^  bei  $ofe  einfanb,  fagen  gauftinu«  unb  3RarceIIinu«  gar  nid^t,  au«  bcr 

16  angefül^rten  ©teDe  be«  3ltl^anafiud  aber  ift  mit  Siecht  bon  ®am«  (II,  1,  ©.  219  f.)  u.a. 
gefolgert,  bafe  ^opu«  nad^  ©irmium  berufen  tourbe ;  2.  e«  ift  nac^  ältl^anafiu«  (1.  c.  42  u. 
43  fin.)  jtoeifello«  hnrig,  h)enn  ®am&  (II,  1,  ©.  218)  mit  glorej  benSrief  be«  ^oftu« 
an  Äonftantiu«  nod^  355  gefd^rieben  benft,  „toenigften«  gur  3eit,  ba  §oftu«  öon  ber  Ser* 
bannung  be«  fiiberiu«  nod^  nid^t«  iDuftte" ;   Dielmel^r  fpielt  fid^   äße«,   toa«  3lt^anafiu« 

ao(l.  c.  42  ff.)  nad^  offenbar  guten  Dueuen  Donßofm«  erjäl^lt,  n  ad^  ber  Verbannung  De« 
giberiu«  (©ommer  ober  §erbft  355)  ai,  ber  Srief  mufe  minbeften«  bem^ißi^te  356  am 
gcl^ören,  unb  bie  ßitation  be«  öofiu«  an  ben  Jftof  fann  —  33b  II,  33,  45  bin  id^  noc^ 
ut  jurücfl^altenb  getoefen  —  nicpt  mel^r  bem^ö^w  356  jugeh)iefen  hjerben;  3.  auc^  ba« 
Stinerar  be«  Äaifer«,  fotoeit  e«  un«  belannt  ift  (bgl.  »b  II,  33,  46  f.  unb  Gwatkin  p.  292), 

26  fd^liefet  e«  au«,  bafe  Äonftantiu«  ben  §ofui«  bor  3«^  ^57  ju  ftc^  nac^  ©irmium  l^abe 
lommen  laffen  lönnen. 

9?un  h)iffen  toir  [id^er,  bafe  §ofiu«  ber  jogenannten  gtoeiten  ftrmift^en  gormel  juge- 
[timmt  l^at,  jener  „gneben«formeI"  ber  $ofbif(|öfe,  bie  Don  ben  „unbiblifd^en"  3lu«fagcn 
über  bie  ovola  ßl^rifti  abjufe^en  riet  unb  fid^  auf  Domicänifc^e  unb  biblifc^e  Sermini  iw- 

aorüdtjog,  bercn  2lu«h)al^I  entf (Rieben  arianijt^e  2:enbenj  l^atte  (Dgl.  S5b  II,  33, 63  f.).  §Ua- 
riu«,  ber  in  feiner  ©d^ft  de  synodis  OÄnfang  359;  bgl.  0.  ©.61,6ü)  t)on  biefer  apud 
Sirmium  blasphemia  (c.  10  MSL  10,  486  B)  au«gel^t,  fagt  (ib.  63  p.  523  A)  au«= 
brüdtlid[^,  biefe  gormel  l^abe  ben  Slnlafe  gel^abt:  quia  apud  Sirmium  per  imme- 
morem  gestorum  suorum  dietorumque  Osium  novae  .  .  .    impietatis  doctrina 

86  proruperat  (Dgl.  c.  87  p.  539  B :  ne  alius  praeter  Osium  . . .  nimium  sepulchri 
sui  amantem  tacendum  existimet  de  utroque  b.  i.  de  homousion  unb  homoe- 
usion).  3)a^  l^ier  bem  §ofiu«  ein  SKnteil  an  ber  SSereinbarung  ber  gormel  gugefd^rieben 
toirb,  ift  jiDeifello« ;  §Uariu«  be^eid^net  auc^  gleid^  im  Eingang  (e.  3  p.  482  B)  —  um 
üon  ber  tool^l  nid^t  t)on  i^m  l^errül^renben  Überfd^rift  ber  ftrmif^en  gormel  „Exemplum 

40  blasphemiae  apud  Sirmium  per  Osium  et  Potamium  conscriptae"  (e.  1 1 
p.  487A)ju  fc^tüeigen  —  bie  ©entenj  t)on  Sirmium  al«  sententia  Potamii  atque 
Osii  unb  ftei^^t  in  contra  Constantium  (c.  23  p.  599  B)  auf  bie  ftrmifc^e  gormel  al« 
auf  deliramenta  Osii  jurüdf.  ®ennod^  brautet  |inter  biefen  Älagen  be«  §ilariu«  nid^t 
md^r  ju  ftel^en,   al«  auc^  bie  onbem  Duellen   berid^ten :   ^ofiu«  l^t  ber  ^ormel  ju- 

46  geftimmt  (Faustin.  et  Marc.  9 :  dat  manus  impietati  et . . .  praevaricatur  in  fidem; 
Äthan,  bist.  Ar.  45  p.  749  A: ...  c&c . ..  xoivcovrjoai  juiv  röicTtegl  OvdXevra  xal  Ovgod' 
xiov,    fii]  vjioygdxpai  de  —  barum  ^anbelte  e«  fic^  too^I  nic^t  mel^r  [gegen  Sb  II, 

33,  3  7  f.)  —  xaxä  'A{^avaaiov;  apol.  c.  Ar.  89  p.  409  B:  Jigög  xaigov  £l(ev  avrolg 
unb  ap.  de  fuga  5    p.  649  C:    el^sv  avroTg   ngoq  &Qav),    Stber  biefe  3wpi"^"iwng 

60  bebeutete  öiel ;  —  bie  „rettenbe  5rieben«formel"  ift  al«  auc^  t)on  il^m  gebilligte  in  bie 
2BeIt  gefanbt :  ^l^öbabiu«  fagt  im  "^aiixz  358  in  feinem  ber  ftrmifc^en  ^otmel  entgegen^ 
gefegten  über  contra  Arianos  (c.  23  MSL  20,  30  B),  ba^  ber  5Rame  be«  §ofiu«  mie 
ein  ©turmborf  gegen  bie  (SaDier  bcnu^t  toerbe;  Safiliu«  D.  3lnctora  unb  feine  ®e- 
finnung«genoffen  (ögl.  93b  II,  436,  ß  unb  35, 44)  toiffen  im  ^a^re  359  toon  ©riefen,  bie 

65  man  bem  §ofiu«  abgejagt  unb  burd^  bie  man  bie  Äirc^e  nieberjuftimmen  berfud^t  l^abe 
(ep.  Bas.  bei  Epiph.  haer.  73,  14  p.  861  CD),  unb  nac^  ©ojomeno«  (4,  12,  7  ögl. 
15,  3)   ^at  ©ubojiu«  fc^on  auf  ber  antioc^enifd^en  ©^nobe  Dom  ^bjal^r  358  (95b   II, 

34,  16)  einen  Örief  be«  ^oftu«  gehabt,  ber  [im  ©inne  ber  firmtfc|cn  ^formel]  fic^  gegen 
ba«  oßwovaiog  unb  öfwiovoiog  erllärte  unb   be«l^alb   Don  i^m  —  auc^  .f^omoiupancr 

60  (Epiph.  I.  c. ;  bod^  ift  l^ier  m.  6.  ber  lejt  nic^t  fieser)  unb  .^omoufianer  (togt.  Phoebad. 


$ofm9  HO«  (EtrkMk«  381 

2  unb  17;  HUar.  de  syn.  10)  urteilen  mit  Siecht  ()^l  9b  II,  34,  7  f.)  ebenfo  —  )u 
®un^  bed  ävoßwiog  gebeutet  tourbe.  S)ie  Briefe  fmb  jebenfalld  jugleic^  mit  ber  ^rme( 
t)erfanbt,  tDeifen  olfo  über  bad  ot^anaftonifd^e  el^ev  Tjgog  (ogav  nic^t  ^inau^;  ob  fie 
ed^t  ober  unecht  tooren,  iß  irretetKtnt;  benn  bie Situation  ift  in  beiben  Rollen  bie  gleiche: 
bie  ^ofbifc^ofe  ^en  ftc^  nid>t  gefc^ämt,  ben  ^unbertjä^rigen  ®reid  )um  Präger  i^rer  5 
„^ebendfa^ne''  )u  mac^.  Suc^t  man  ftc^  k>or^ufteQen,  in  toelc^er  Stimmung  ber  lebend 
mübe  3Rann  (nlmium  sepulchri  sui  amans,  t)g(.  oben  Hilar.  de  syn.  87)  ftc^  in 
biefe  SloUe  bränaen  (ie^,  bie,  toie  b.  Schubert  (^öUer,  R®  V,  459)  mit  9Ie(^t  bemertt, 
an  feine  erfte  3l6ion  in  ber  ©a(^e  (8b  II,  14,3iff.)  erinnert,  fo  ift  jtoeifeUo^,  ba^  bod 
Urteil  bed  ipi(ariu^ :  idcirco  [Hosius]  est  reservatus,  ne  judicio  humano  igno-  10 
raretur,  qualis  ante  vixisset  (de  syn.  63  p.  563  A),  iebenfaUd  (t)gt.  unteit)  überaus 
lieblos  ift. 

3)o(^  nun  jurücf  ju  bem  oben  bereite  citierten  ©o^e  be«  ät^anafiu«   „jueraTiifme- 
rai  [KiovoiävTiog]   röv  "Ooiov  xai  dvri  i^OQiajuov  xarexei   rovxov  olov  iviavrdv 
h  Tcp  ZiQfjdq)  I  9(ud  bem  Obigen  erl^edt,  ba^  bad  Don  3(t^naftu^  erft  nac^  biefen  3Borten  is 
in  3S'erbaIfonnen  ber  Sergangenl^eit  erjäl^Ite  Slac^geben  beiS  ^ofiu^  ni(^t,  toie  bi«  33b  II, 
33,33  [bem  "o.  Schubert  a.  a.  D.  folgt]  allgemein  angenommen  tourbe,  an  ba^  @nbe  bed 
Skog  hiavTog  gu  fefeen  ift.  3)enn  bie  firmifd^e  „©^nobe",  ber  bie  jtoeite  firmifc^e  gormel 
entftammt,  mufe,  ioeif  fd^on  im  ^l^ja^^r  358  bie  ©V"«>*^^  »"  äntio^ien  bie  gormel  acce|>« 
tierte,  öor  9tot)ember  357  gel^alten  fein  (Sb  II,  33,  48  ff.  •  Äon[tantiu«  ift  10.  Jloöember  ao 
in  SKailanb,   Gwatkin  p.  292),   $oftu^  aber  !am  frül^eften^   im  3uli  be^felben  3a^re^ 
nad^  @irmium  (k)gl.  oben).    9tid[^t  lange  nac^  feiner  9{nlunft  mu^  er  ben  3)ro^ungen  bed 
Äaif er«  (Äthan,  bist.  45;    apol.  c.  Ar.  89  p.409B  ;  apol.  de  fuga  5  p.  649  C;  — 
Übertreibungen  fmb  nic^t  au^efc^Ioffen !)    na^gegeben  ^aben.    @r  t^at  e«,  ne  exilium 
pateretur  (Faustin  et  Marc.  c.  9) ;   fein  bleiben  in  ®irmium  ift  auc^  nac^  ^t^ana«  26 
ftu«  fein  ©jU  getoefen  {Avil  i^ogio/LLov).    aSJe^l^alb  aber  behielt  i^n  Äonftantiu«  bann 
in  ©irmium?    ^d)  meinte  33b  II,  33,  3b,   „toeil  er  ät^anafiu«  nxd)t  verurteilt  l^atte" 
(Äthan,   hist.   Ar.  45  \)qI  oben  ©.  380,  47  f.).    Slflein   ^  ift  fraglicb,   ob   biefe  Jor« 
berung  überl^aujjt  nod^    erl^oben    ift;    ioenigften«   mu^te  bie  „griebeneformel"  fie   anti« 
quieren.  gd^  giel^e  ballier  je^t   bie  SSermutung  bor,  ba§  Äonftantiud  ben  ^ofiu«  in  ©ir»  ao 
mium    gurücf^ielt,   ioeil    er   i^m    aU  „^Jal^nenträger  ber  ^ofbifc^öfe"  (bgl.   oben)   bort 
nü^Iid^  toar. 

3)oc^  l^at  nid^t  ^ofiu«  afebalb  ioiberrufen  (®am«  II,  1,  ©.  245ff.)?  ift  er  ni(^t 
hanad)  fd^on  am  27.  Sluguft  357  (®am«  II,  1,  ©.  271  ff.)  geftorben?  3)a«  fie^tere  iß 
fieser  nic^t  ber  %aü:  ba«  xarexei  romov  öXov  iviamöv  fc^Kefet  e«  au«;  überbie«  ift 05 
ber  27.  Sluguft  aU  3:obe«tag  be«  ^ofiu«  nic^t«  aU  ein  trofe  ber  ßwftintmung  bon  ®am« 
ioertlofe«  günblein  bon  eJlorej  (10,  202),  ba«  lebiglic^  barauf  fid^  grünbet,  ba|  bie  fj)ätem 
©riechen  am  27.  Sluguft  ba«  ©cbäc^tni«  be«  Siberiu«  unb  $ofiu«  feiern  (®am«  II,  1,  ©.  272 
unb  304).  2lud^  für  ba«  (Srftcre  barf  man  „Slti^anafiu«"  nic^t  mit  guberfic^t  afö  Saugen  an» 
fül^ren.  ^\vax  fagt  ältl^anafiu«  gtoeimal  jigdg  öjgav  (be^to.  xaigdv)  ei^ev  amdig  (f.  oben  40 
©.  380, 48  f.),  unb  c.  45  ber  historia  Arianorum  fd^lic^t  je^t  nac^  ben  oben  (©.  380,  47  f.) 
citierten  SBorlen:  äXXä  xai  omcog  ovx  ijfuXrjaev  6  yegcov  (b.  ^.  mad^te  fic^  feine« 
SSerfe^en«  fd^ulbig),  jueXkcov  yctg  äno^Yioxeiv,  öjaneg  diaw&ejusvog  (b.  i.  toie  in  einem 
leftament),  ijuagiygazo  xrjv  ßiav  xai  itjv  ^Ageiavrjv  algeoiv  dveiJ^ejudnCe  xai 
naQtiyyeXXe  fxrjdeva  Tavrtjv  Anodex^oi^ai,  Slttcinienc«  ngog  coQav  el^ev  avxölg  be»  46 
fagt  nic^t  mc^r,  a(«  ba^  §ofiu«  „eine  fd^toac^e  ©tunbe  gehabt  ^abe"  —  ^ätte  Sltl^anafiu«, 
al«  er  fo  fc^ricb,  bereit«  oon  einem  SÖiberruf  be«  fterbcnben  §ofiu«  geioufet,  fo  l^ätte  er 
anber«  gefprod^en  — ,  unb  biefer  ©c^lu^  be«  cap. 45  ber  historia  Arianorum  fann 
nic^t  urfj)rünglic^  fein.  35a«  Se^tere  ift  m.  6.  ftrift  gu  bcioeifen.  3)enn  ba«  xaiix^i 
TovTov  (=  avTov,  ogl.  c.  43  p.  744  B)  oXov  iviamöv  nötigt  gu  ber  Slnna^me,  ba^  co 
^ofiu«  frül^eftcn«  3uli  358  geftorben  ift.  3)ie  9lac^rid^t  barüber  fönnte  ben  Stt^ano« 
fiu«  fc^toerlic^  oor  2lbfaffung  ber  historia  erreiAt  f^aben  (bgl.  33bII,  199,05,  too  übrigen« 
ba«  TOc^ttüiffen  bom  3:ob  be«  ficontiu«  ju  ftari  urgiert  ift;  benn  c.  4  ift  früher  Uouen« 
bet  al«  ba«  ©ange).  ©d^tocrer  toiegt,  bafe  ba«  xaxix^i  xrX,  ein  SBiffen  bon  bem  lobe 
be«  J^ofiu«  au«5ufd^liefeen  fd^eint.  Unb  entfc^eibenb  ift  ber  fauc^  bte  ännal^me  einer  66 
nac^träglid^cn  ©infügung  burc^  Slt^anafiu«  fclbft  berbietenbej  Umftanb,  bafe  ber  2tn* 
fang  bon  c.  46  ju  jenem  ©d^Iufe  bon  c.  45  toie  bie  ^auft  auf«  Sluge  pafit  SBirb 
nun  aber  „ba«  3^"0"^^  ^^  Slthanaftu«"  jur  9lotij  eine«  ©j)äteren,  fo  treten  bie 
anber«artigen  33erid^te  ber  ä^^Ö^^offen  boHenb«  in  i^r  jtoeifellofc«  Stecht  ein.  J^uftinu« 
unb  SKarccHinu«  erjö^Ien  (c.  9  f.  p.  89  f.),  ^ofm«   fei   nad)  Bpanxm  jurücfgefe^ 


382  ^oflttd  Hon  Sorknba  ^oflud,  @tantö(au^ 

bcm  Sefcl^Ie  be^  Äaifer^,  bafe  ieber  Ucrbannt  hjcrben  f oHe,  bcr  mit  i^m  (jam  facto  prae- 
varicatori  c.  4  p.  89  C)  nid^t  Jtirc^enaemetnfc^aft  l^aUe ;  ©regor  t).  @(i>ira  ^be  fi^  be^ 
ÖCtoetflert,  fei  nacl  ßorboba  Dor  ben  SJifar  unb  Dor  ^ofiu«  citiert,  aber  §ofiu^  fei  Dom 
@(l(flage  gerül^rt  toorben;  al^  er  eben  bie  9(b{e|ung  ©regere  au^fprec^en  tvodte.    ^ad  ift 

6  ein  3^enbenjberi(^t ;  —  ^ofiu«  ift,  injhjifd^en  101  gal^r  alt  gehjorben,  fc^toerlit^  nod^  ate 
^ro^^agator  ber  Iaifer(ic^n  Dogmatil  brauchbar  getoefen,  ift  auc^  ftc^er  nid^t  a(^  fold^er 
aufgetreten  (bgl.  Faustin.  et  Marc,  felbft  c.  10  p.  89:  plurimi  Osii  praevarica- 
tionem  adhuc  ignorabant).  äUIein  bem  Seric^t  (iegt  ba^  Xf^atfäd^Üd^e  m  ®runbe, 
ba^  ®rc0or  t>,  Stoira  bem  praevaricator  §ofiu«  hjiberftanb ;    @ufeb  Don  SerceHi  ^t 

10  ba«  t)on  il^m  felbft  gel^ört  unb  lobt  il^n  bafür  in  einem  ©riefe,  ber  bcm  S^i^^^«  360  ober 
361  angel^ört  (Hilar.  fragm.  11,  5  MSL  10,  7ia  B ;  t)öl.  53b  V,  623,44).  Db  aud^ 
ba^  t^atfädblid^  ift,  ba^  $oftu^  balb  nac^  feiner  9lücf(e^r  nad^  Bpanwn  eine^  )}lö$nc^en 
lobe^  ftarb,  ift  nic^t  au^juma(^en.  35enn  ber  Serid^t  be«  3fibor  \).  ©euitta  (de  vir. 
iUustr.  5,  7  Arev.  VII,  143),  ber  e^  ju  beftätigen  fc^eint,  ift  fein  Don  ^uftinu«  unb 

16  3RarceIIinu«  unab^ngi^er  3wige ;  unb  bie  101  3<^re  giebtSP^or  bem  §ofiu^  fc^on  bor 
feiner  Steife  nac^  @irmtum,  fie  betoeifen  alfo  nic^t  ba^  Siorl^anbenfein  ber  2^rabition,  ba^ 
gofiu«  nad^  feinem  %aü  im  l^unbertften  Saläre  no(^  ein  ^af)x  gelebt  l^ätte.  Slnbrerfeit« 
i|l  au«  Sufeb«  t>.  SerceHi  ertDöl^ntem  ©riefe  an  ©regor  b.  ßfeira  nit^t  ju  folgern,  bafe 
^ofiu«  no(^  jur  RÄt  ber  ©^nobe  bon  äriminum  lebte,    ^m  ©egenteil  ift  e«  nid^t  un= 

20  toa^^rfc^einlic^,  b^  ber  Sifc^of  ^l^ginu«,  ber  in  9{rimtnum  mit  tagte,  mit  bem  au«  ber 
®efc^i^te  be«  5ßri«ciHiani«mu«  befannten  §%inu«  b.  Gorboba  gu  ibentifijieren  ift  (®am« 
II,  1,  ©.  274),  §ofiu«  alfo  359  fd^on  einen  Slac^f olger  ^atte.  eine  Srabition  über 
ben  SBiberruf  be«  $ofiu«  l^at  3fibor  p.  ©ebifla  nid^t  gcfannt;  er  h)äre  fonft  nid^t  bem 
Seric^t  be«  g^uftinu«  unb  SWarcellinu«  gefolgt.    3)a«  ganje  Stbenblanb  i)at  folt^e  3:ras 

26bition  n\d)t  gefannt;  §ofiu«  toäre  fonft  auc$  im  äbenblanbe  ein  Sanctus  gcloorben, 
bebor  e«  baju  einer  Jtanonifation  beburfte.  @r  ift  e«  nic^t  getoorben,  toeil,  jumal  in 
©twnien,  bie  ©rinnerung  an  feinen  „^Q"  Icbenbig  blieb;  —  ba«  ift  neben  ber  ftunbe 
t>on  einem  milberen  Urteil  ber  ®allier  ba«  ©injige,  h)a«  au«  ber  95e^anblung,  bie  ber 
ununterrid^tete  9(uguftin    ben  bonatiftifc^en  älntlagen  gegen  i^oftu«   m   teil  toerben  (ä^t 

80  (c.  epist.  Parm.  1,  4, 7  MSL  43,  38),  ju  lernen  ift.  daneben  ift  bei  3luguftin  be^ 
merlen^toert,  toeil  nac^men«h)ert,  ba^  er  fw^  uor  einem  fittlic^en  Urteil  über  §ofiu« 
lautet:  flagitandum  est,  ut  probent  .  . .  talem  illum  fuisse,  qualem  dicunt  (I.e.). 
SBir  lönnen  bie  S^tfad^en  jioar  beioeifcn,  aber  bie  SKotiüe  nicfit  toägcn;  bem  Sob  bcr 
Occibentalen  t>on  ©arbica  (ep.  Sard.  Occ.  bei  Hilar.  fragm.  2,  2  MSL  10,  633  B) 

86  ftel^en  bie  Slnflagen  ber  Orientalen  (ep.  Sard.  Or.  ib.  3,  27  p.  674),  bem  nic^t  un- 
twrteiifc^en  Slü^men  be«  atJ^anaftu«  (namentlich  Apol.  de  fuga  5  MSG25  p.  619  BC) 
fte^t  ber  l^arte,  audb  nur  au«  ben  5ßarteiber^ältniffen  erllärlic^e  labcl  be«  §ifariu«,  bem 
mutigen  Srief  an  Honftantiu«  bie  l^ofmännifc^e  ©etoanbt^eit  entgegen,  mit  ber  ^ofiu« 
auf  ber  Sül^ne  ber  großen  ®efc^i(^te  auftrat  unb  \>on  il^r  abging. 

40  ai«  ©(^riftfteHer  f(^eint  ^ofiu«  leine  Sebeutung  gel^abt  ju  ^aben.  2)ie  /üivfjfieTa 
bei  Slt^nafiu«  de  fuga  5  unb  ber  ©intoei«  auf  ba«  ygätpeiv  be«  §ofiu«  in  ber  hi- 
Btoria  Arianonim  bc^icl^en  fi(^  auf  fir(^enj)oIitif(^e  §anblungen  unb  ©(^reiben ;  ^\\\>ox 
t).  ©et)iHa  (de  viris  ill.  5,  6  Arev.  VII^  142)  hjei^  nur  eine  epistula  ad  sororem 
de  laude  virginitatis  pulchro   et   diserto  comptam  eloquio   unb  ein  aliud  opus 

*6  de  interpretatione  vestium  sacerdotalium,  quae  sunt  in  veteri  testamento, 
egregio  sensu  et  ingenio  elaboratum  ju  nennen.  (Sr^alten  ift  fein«  biejer  ©tücfe. 
Sei  ben  Sententiae  —  f urjen  2eben«regeln  — ,  bie  5ßitra  (Analecta  sacra  et  classica 
I  =  Anal.  Sacra  V,  p.  117)  unter  bem  Flamen  be«  §ofiu«  Ucröffentlicbt  l^at,  ift 
nic^t  einmal  ein  5BJal^rf(^einIi(^feit«betoei«  für  i^re  iperfunft  l)on  ^ofiu«  ju  führen;    mit 

wben  „©entenjen",  \>oxi  benen  3fibor  "oon  ©ctjilla  (1.  c.)  fagt:  in  Sardicensi  con- 
cilio  quamplurimas  edidit  sententias,  l^aben  fie  nit^t«  ju  tF^un  (gegen  ^l?itra) :  9;P^«>r 
beult  an  bie  Canones  Sardicenses.  ßoof«. 

^ofttt«,  ©tani«Iau«,  Sifd^of  bon  (Srmlanb  unb  Äarbinal  1504—1579.  — 
66  Ueber  bie  ^tograp^en  be«  ^.  ^ot  ^ipler  in  ber  ^eitfc^r.  f.  b.  (^efc^ic^te  . .  .  be«  (^rmlanbe«, 
JBb  VII,  (1879)  @.  113  ff.  orientiert.  5^on  i^ncn  war  9ic(ciu«,  ber  junäd)ft1580  „De  tran- 
situ  et  dormitione  Stan.  flosii"  ocröffentlicfttc,  e^e  bie  ^auptfdjrift  „D.  Stanislai  Hosii  .  . 
Vita,  Romae  1587"  uon  i^m  erjcfticn.  in  33uf  (Diöcefe  %o\t\\)  geboren  unb  1558  in  $Rom 
in  bie  2)ienftc  be«  ^.  getreten,  bcffcn  ^viüatfetrctör  er  bi«  jum  l£nbc  blieb,  "^aw  uerbanft 
Go  i^m  otelc  fubjeftio  gefärbte,  aber  autfi  uiele  juücrläffige  9?ae^ric^ten,  auc^  ben  erften  ^erfud) 
einer  ^rlcffammlung  (f.  u.)  unb  bie  Sufammenfteüung  be«  bebeutfamcn  2.  ©anbe«  ber  ftölner 


^oflttd,  Stanidloud  383 

Opera  H.  (f.  u.).  3)ic  „Vita"  cvfrfilcn  in  gngolftobt  1591  bcutf«  bur*  3-  ».  &irfler;  Don 
bei  latetnif^en  na^m  ^§oDiud  bad  gonje  erfte  I3u4  unb  cap.  I^IV  bed  ^nieiten  an  Derfd^. 
Stellen  in  feine  Annales  eccles.  auf.  Si{eubruc!c  bev  OrlöinalauÄfl.  etftftienen  in  Olioo  1690, 
foroie  im  erftcn  ©onbc  ber  Ihrafauer  Epistolae  H.  (f.  u.).  -  9cä*ft  SHefciu«  ift  ein  aiDeitcr 
Sere^rer  bc8  ^.,  ber  1547  in  ^ofen  geborene,  feit  etiuo  1569  in  3)ienften  beSfclbeu  ftefienbe  6 
Älerifer  %t).  ZxtUx  qI8  ^crauÄgeber  be«  Theatnim  virtutum  Stan.  Hosii  ju  nennen.  3)iefe« 
grogartige,  1588  in  9?om  erf(t)ienene,  beutjutage  btd  auf  bad  le^te  ^rucfej^emplar  oerfc^njum 
bene,  aber  t)on  Sanojfi  in  ber  „^adixiö)t  t)on  ber  3alu«rifd)en  «ibi."  löreSlau  1730,  III] 
befc^riebene  ^upfenuert  beftanb  au«  100  Xafeln,  welche  bad  iBeben  unb  bte  Sugenben  beS  ^. 
iQuftrierten  unb  oon  entfprec^enben  Iateinif(i^en  Oben  begleitet  merben  foUten,  bie  freilid^  erft  lO 
na^  bem  Sobe  bed  Ureter  1685  burc^  feinen  glei^namiaen  ®rogneffen  ebiert  unb  1879  in 
©raunSbcva  neu  gebvucft  tourben.  —  ^on  SRefdu«  finb  Die  folgenben  ©iograp^en  abWngig: 
©taroDolÄfi  in  ber  ^efatontaS  polnifcfter  8d)riftftefler,  »cncbig  1627;  Thevenot  (Hist.  dee 
plus  illustres  et  s^avans  hommes,  $arid  1695);  ^rifc^ar  im  ^irc^enlejrifon  oon  9Be(er  unb 
%BeIte  1.  %uf(.  (^rft  @i4l)orn  (at  neued  gebrad^t  in  „@tan.  ^.  üorjüal.  nad)  f.  lircbl.  unb  15 
liter.  ©ivten''  2  S3be.  ^JKainj  1854,  ioefentIi(ö  burrf)  Ausbeutung  ber  grrauenburgcr  @amm» 
Jungen.  Ueber  bie  fjamilie  be«  ^.:  Acta  Hist.  Polon.  (f.  u.II)  LXVII— XCI.  ©ine  aber- 
malige  ^arfteüung  loirb  neben  ben  Opera  unb  Epistolae  bed  ^.  (f.  u.)  |u  benu^en  (aben: 
S'?untiaturberi(^te  au«  3)eutfcblanb,  ^erauSg.  x>.  b.  ©icner  ?lfab.  II,  1  3)ic  9?untiatur  be»^. 
unb  3)eIfino  1560/61  ed.  ©tein^crj  (5Bien,  ®eroIb  1897) ;  ©^renberg,  Urfunben  jur  ®ef*.  20 
ber  poln.  fianbcöteile  (iieipjig  1892).  —  «Ilg.  Duellen  u.  ßittevatur:  Theiner,  Vetera 
Docc.  Poloniae  et  Lithuaniae  II,  III,  SRom  1861,  63;  Fontes  Rerum  Austriac.  2,  XIX 
mtn  1859;  Äranndfl,  ®cfd).  b.  SRef.  iu^olen  (erft  englifd))  3  S3be,  1841  (im  attg.  oeraltet); 
5if(^er,  beögl.,  ®ifif  1856  ;  ^artfnocö.  ^veufe.  ITirt^en^iftoria,  grantf.  1686;  3)arftcflungen 
ber  potn.  9tef.-®efd).  Don  polnifc^en  9(utoren  f.  bei  @embrjt)rfi,  Ältpr.  3Ronat«f*r.  1893,  26 
6.1  ff.;  2)aIton.  J.  aLasco,  föot^a  1881;  berf.,  Lasciana  etc.,  ©erlin  1898.  3)a«  «er^öltni« 
beS  4)erjog8  «lbre*t  üon  «ßrcufeen  ju  ^.  jei^net  «oigt  CSl.  ^reufe.  ^roo.-©l.  VIII  [ÄöniaS* 
^"SJ);  Hubert,  ^^ergerio«  publijiftlf(f)e  Xt^ätigfeit,  ©öttingcn  1893;  eembrjicftj.  »ergerio« 
9?eife  nad)  ^oUn  (^Itpr.  a)?onat«fd)r.  1892);  Sijt,  %  %  SSergeriu«,  öraunfc^wcig  1871; 
Kuyper,  Opera  Lasci  II,  (18G6);  Krasicky,  De  Societatis  Jesu  in  Polonia  Primordiis,  90 
3)crlin  1860;  ©raunSbcrger,  Petri  Canisii  Epistolae  et  Acta  (biÄ^er  2  53bc,  JJreibura  1896, 
98):  t)anfen,  9?f)ein.  «ttcn  j.  ®cf(^.  b.  Sefuitenorbenä,  Säonn  1896.  —  Ueber  bie  SHfeaftion 
gegen  ben  ¥i"oteft.  in  35olen  ügl.  9?anfe,  JJürften  unb  S3ölfer  oon  6üb«(£uropa  HI-  über 
bie  ©infü^rung  ber  ^efuiten  bort:  Rostowski.  Lithuanicarum  S.  J.  Historiarum  1.  a,  rec. 
Martinow,  Paris-Bruxelles  1877.  Ueber  bie  ^InHcblung  ber  Sefuiten  in  öraun^berg  f.  bie  36 
^arfteOung  bed  Unterzeichneten  in  ber  geiifd^rift  beS  S^ejtpreugif^en  ®ef4id)tdoerein9, 
5)anaig  1899,  «b  40.  @.  1—105.  —  Ueber  bie  !ir(^enpolitif(^e  ©irtfamfeit  be«  ^orm«,  be* 
fonberd  fofern  e§  [xdi  um  bie  ^ur^fü^rung  ber  Gegenreformation  in  $olen  banbelt,  ent« 
galten  oielerlei  bie  $ubIiIattonen  oon  (S^renberg:  Urfunben  unb  9lftenftücfe  jur  ®ef(!b.  t)on 
.  .  .  !ßofen,  iBeip^ig  1892,  unb  beSf.:  3tal.  ^^eiträge  5.  ®ef4.  oon  Oftpreugen.  Königsberg  40 
1895.  a)ie  Opera  Hosii  erfdjienen  im  XVI.  3a^r^.  in  fe*«  ?lu«flaben:  ^ari«  1562,  filjon 
1564,  Untioerpcn  1566  unb  1571,  ^enebig  1573,  St'oln  bei  ^atcrnu«  e^olinu«  1584.  3)iefe 
lefte,  oon  9?efciu^J  (f.  0.)  beforgtc,  ber  übrigens  erft  auf  bem  2:itel  beS  »»citen  ©anbeS  p«6 
als  Herausgeber  nennt,  ift  ben  übrigen  oor^it^ie^en,  entb^lt  auc6  einen  Xeil  beS  SSriefioecbfelS, 
brucft  jebod)  bie  1567  in  Köln  crfc^ienenen  gaftenprebigten  beS^.  nic^t  mit  ab.  ^.  I  ent^8lt:46 
Confessio  Catholicae  fidei  christiana  in  ber  befinitiocn  9?ebaftion  (p.  1—416);  Ck)nfutRtio 
Prolegomenon  Brentii,  quae  primum  scripsit  adv.  Petrum  de  Soto  .  .  .  (p.  417  —  609); 
De  expresso  Dci  vcrbo;  item,  Dialogus  trimembris  De  Sacrae  Eucharistiae  sub  utraque 
specie  Communione;  de  Saccrdotum  conjugio;  de  oelebrando  Sacra  vulgari  lingua  (P*  610 
bis  668) ;  De  Judicio  et  Censura  ministrorum  Tigurinonim  .  .  de  dogmate  contra  Trini-  60 
tatera  in  Polonia  nuper  sparso  (p.  069—707);  De  loco  et  auctoritate  Bomani  Pontificis . . 
als  Antwort  auf  eine  3ufd|rift  beS  CretftouiuS  (p.  708-719);  Palinodiae  .  .  Septem  Fa- 
biani  Quadrantini  Gedanensis  ..  ab  Hosio  conscriptae  (p.  719— 759).  %.  II:  De  oppresao 
Dei  verbo  libellus  (p.  1—61);  De  actis  cum  Thorunensibus;  cum  Elbingensibus ;  cum 
GraudentincDsibus;  cum  Braunsber^nsibus  (p.  62—144);  ©riefe  addiversos  (p.  145— 453);  66 
Examen  sive  Excussio  Confoederationis  Henrico  regi  Poloniae  per  haereticos  propositae 
(p.  454—450);  altera  Excussio  ejusdem  (p.  457—461);  Oratio  funebris  Maciejowakii 
habita  in  funere  Sigismundi  I.  (p.  462-478);  ejusdem  in  funere  Sidsmundi  IL  (p.  479 
bis  482;  Hosii  Testamen tum  (p.  483-484);  Epistolae  Bescii  de  morte  Hosii  (p.  485— 494); 
beSf.  Ode  lugubrie  (p.  405—496).  'födgrenb  bie  oon  SiefciuS  1584  ebierten  Briefe  beS  6. 60 
(f.  0.)  fi(b  auf  277  bclicfen  (einige  Schreiben  an  lU»  eLn^LudjEiLti,  mho  ni^iLiijdjLU  ut  ana 
großen  ^Inja^l  oon  ^ubllfationen  (ogl.  u.  ^iplrr^  neue  '^?tu>gübci  ^iivfe  icll^  in  lul-  itiH 
in  potn.  @prad)c  an  baS  fiic^t  gebraut  roorben.  ^crC^efamlbeftanb  wirb  mm  aufgeunmutcn 
in  bie  oon  ber  ^rafauer  f)ift.  %fab.  ^erauSgeg.  Acta  HiBtorica  res  g^etaePoloniaü  ilhiritraTi* 
tia  (bisher  2  ^be  ^afau  1879,  1886)  unter  bem  ^ikl!  Btaa.  Hcsu  ei  qoae  ad  oum  rcHiv  ^ 
tae  sunt  Epistolae  tum  etiam  ejus  Orationee  Logatioues  (l,  1525— IWO^H,  tÖ50  — 155»)* 
Ueber  gunborte  oon  ungebrurften  ©riefen  gleist  bie  l^lnM 


384  ^o^M,  etantötau^ 

3afrjcn)8fi  genaue  ?(u§funft.  251  SBriefc,  baruntcr  einige  üon  i|^ni,  bie  übrigen  an  it}n  ent^ 
^ält  Cyprianus,  Tabularium  Ecclcsiae  Rom.  grantfurt  unb  iJeipjig  1743.  SBefonbcrcö  3n* 
tcrcffe  ^abcn  bic  „9ieIigionSgcfpräcöc  jtüifc^en  |).  unb  bcni  (pöteren  Äoijer  ^J^ajimilian  II.* 
(aus  bem  Z^f^xt  1560  olS  beni  bcr  Sf^untiotur  bc8©.  am  SBicncr  ^ofe)  ftet^  auf  fi(^  gebogen. 

5  ^jomud  ^at  in  bcn  Annales  Ecclee.  XX,  411—423;  449— 4r)5  einen  ^eil  bcrfelbcn  üer« 
öffcntlic^t,  a«ot)nafb  ad  a.  1560  n.  16—20  foioic  ^Ijeiner  (Vet.  mon.  Pol.  II,  609,  G14,  618) 

cinjelneg  barau»  abgcbrucft.    9?anfe  (Reiten  gerbinanbS  I ©erfc  VII,  3-96)  unb  ©ud)* 

^olf  (®cf(ö.  fjerbinanb«  L,  VII,  493—499),  fornic  ?Kaurcn6rc*er  (^eitr.  j.  (äJefc^.  3)2aji* 
milionö  IL,  ^3  32,  221-297).  cnblic^  SKeimann  (3)ie  rcl.  (Sntn).  ^mjimilianö  II.,  ^3  15, 

10  1—64)  ^abcn  fie  benu^t;  ugl.  au(^  €>opfcn,  Äaifcr  ^aj.  unb  ber  (Jonipromiftlat^oIiciSmu^, 
1895.  3^  biefcn  itieift  in  einer  römifc^en  ©carbcitung  (Relatio)  Uön  SBjouiuS  gegebenen  SBor* 
trägen  beS  ÄarbinaU  (nur  jwei  UJirflicfie  ®efprärf)c  fennen  wir)  weift  bie  3Biener  Aufgabe 
ber  ißuntiaturber.  beö  $>.  (f.  o.)  bie  Originale  nad)  (Slnöang  II,  400tf ).  ©ö  ergiebt  p* 
aus  bem,  waS  je^t  in  biefen  92untiaturberi(^ten  üorliegt,  eine  wie  ausgezeichnete  Sl^orbereitung 

15  bic  Stubien  unb  iöeröffentli^ungcn  auf  bem  poIemi((^cn  Gebiete  feit  1551  für  bie  wlrfitigc 
tJunftion  beS  So^reS  1560  gewefen  finb,  in  welchen  ^.  ben  jungen  dürften  jur  fattjolifc^en 
Öe^re  jurücf führen  ober  boc^  feine  ßoSfagung  \>o\x  berfelben  uertimbern  füllte.  —  Ueber  bie 
unter  QJuftau  Slbolf  uon  ^eilSbcrg  nadi  ©cöroeben  üerfcf)(ep<)ten  Hosiana  ügt.  ^xomt,  3ÄittciI. 
aus  ©ttjiueb.  Wrd).  u.  ©ibi.,  ©crlin  1853)  unb  Hipler,  Anal.  Warmiensia  p.  112  sq. 

20  ,,Quanto  rectius  causa  Religionis  haberet  quantoque  coramodius  et  im- 
pietas  disjici  et  pietas  orbi  restitui  posset,  si  multos  id  genus  Hosios  haec 
aetas  ferret!"  ^n  btcfe«  Urteil  beSßaniftuS,  toie  eS  in  ber  Praemonitio  ju  bcr  1558 
bur(^  i^n  Deranftalteten  Jlölner  2tuSgabc  ber  Sd^rift  beS  §ofiuS  „Verae  . . .  doctrinae 
solida   propugnatio"   entj^oltcn   ift,  fafet  fid^  baS    ber  fämtlic^cn  (lat^oUfd^cn)  S3io= 

26  flrotoj^en  beS  §ofiuS  jufammen.  2)iefer  erjc^eint  l^eute  noc^  |o,  hjic  er  feinen  ^eitgenofjen 
erfd^ien:  als  einer  ber  $aut)tt)ertreter  ber  ©egcnreformation.  6ine  Prüfung  feiner  ^uk 
unb  Seiftungen  toirb  biefeS  Urteil  beftätigen;  fie  h>irb  aber  auc^  tiefere  ©inblicfc  in  bie 
ärt  getoä^ren,  h)ie  bcr  kartip^  t>on  jener  ©eite  gcfül^rt  unb  jcigcn,  toclc^e  SRittcI  babci 
angelDcnbct  tourben. 

80  ©taniSlauS  §oS  (Hosz),  bcffcn  fatinificrtcr  bcjto.  gräcificrtcr  SJamc  biclfad^  ^u  SBort^ 
f})iclcn  j^at  bicncn  muffen,  tourbc  am  5.  ÜKai  1504  in  Äralau  als  ©ol^n  cincS  auS 
$forjl^cim  ftammcnbcn  ajcutfd^cn  geboren,  ©eine  crftc  grjici^ung  erl^ielt  er  in  SBilna, 
too^in  fein  3Satcr  als  ÜKünjtoart,  bann  ©tabtjjrofurator,  berufen  Iporbcn  h>ar,  feierte  aber 
1519  jum  ^\ütd  afabcmifc^cr  ©tubien  nac^  Ärafau  jurücf.    ßicr  in  bie  Slrtiftcnfafultät 

86  cingcfd^ricbcn,  betrieb  $.  mit  ®ifer  bie  ^umanioro.  9Benn  ^efciuS  unS  bcn  Jüngling 
richtig  jcic^net,  fo  l^ielt  §.  in  frül?  cnttoicfcltcr  äbfel^r  bon  bcr  „SBelt"  fid^  bon  bem 
Scbcn  bcr  Übrigen  fem,  als  ein  aSfctift^cr  SDluftcrfnabc,  bcr  nid^t  einmal  im  gamilicntreifc 
fröl^lid^  fein  h>ill,  bcr  mit  bem  SRocfärmcl  bic  äugen  bcbccft,  tocnn  ein  lüciblic^cS  SBäcfcn 
il^m  begegnet,  unb  fc^on  als  ©tubcnt  gomig  bem  bcfrcunbetcn  %ab'\an  bon  3^^"^<^"   ^^ 

40  Icfecrifd^cS  Suc^  locgnimmt  unb  inS  gcucr  toirft.  3)aS  ©tubium  bcr  Älaffifcr  betrieb  er 
bcubci  mit  cifcmcm  gleite:  ad^tmal,  bcl^au))tct  SlcfciuS,  l^abe  er  bcn  ßicero  „a  capite  ad 
calcem"  gclefcn.  ©eine  frül^cftcn  litterarifc^cn  ^robuftioncn  bcftcl^cn  in  latcinifd^en  (SpU 
grammen,  toic  fie  bcr  ©ittc  bcr  ^üt  nad)  bcn  ©d^riften  anberer  beigegeben  lourbcn :  fo 
jtnbct  fid;   cinS  bon  ,,Stanislaus  Hosz"    bem  ,,Iudicium  astronomieum'^    bcS  9Iic. 

46bon  ©d^abcf  (Krafau  1522),  ein  anbercS  bcmfclbcn  in  bcr  SluSgabc  bon  1524  borgcfc^t 
Unb  bicfcS  jtocitc  jic^t  fc^on  bic  SerbinbungSfäbcn  mit  bem  SJiannc,  tocld^cr  ma^gcbcnb 
für  bic  ganjc  ScbenSbal^n  beS  jungen  §.  locrbcn  foHtc:  bem  Sifc^of  ^etruS  lomidfi  bon 
Jlrafau.  SJad^ibem  ,§.  einige  ^ai)x^  als  Sc^rcr  bomcl^mcr  Jünglinge,  auc^  bcr  9icffcn  bcS 
Sifd^ofS,  gctoirft,  injloifc^cn  nod^  einige  latcinifd^e  ©cbic^tc,  toclc^c  ncbft  bcn   obigen  in 

50  bcr  Ärafauer  StuSgabc  bcr  Epist.  I,  LXXXIII  ff.  gcbrudft  fmb,  tjcrfafet,  aud^  bic  ©(^rift 
bcS  Gi^r^foftomuS  „33crglci(^  jtoifc^cn  bem  Wönd)  unb  bcmÄönig"  übcrfc^t  (glcid^faHS  in 
Ep.  I  abgcbrucft)  unb  biefc  fotoic  eine  $araj)l^rafc  bcS  50.  ^falmS  bem  StomidR  gc= 
toibmct  l^attc  (1528),  loanbte  fein  ©ijnncr  il^m  jtoei  ^frünbcn  ju  unb  fc^icftc  i^n  ju 
toeitcren  ©tubien  1529  nac^  S^alicn.    SBon  SScncbig  auS  fd^rcibt.^).  bem  jum  Sifd^of  bon 

66  6ulm  cmannjtcn  3)antiScuS  feinen  ©lücflounfc^  (Ep.  I  6,  a.  1530);  bann  bcgicbt  er  ftc^ 
nad^  Sologna,  um  bic  SRcd^tSioiffcnfc^aft  unb  ^umaniftifc^c  ©tubien  ju  betreiben.  aiS  er 
barauf  in  $abua  einen  ©tcm  bcr  l^umaniftifc^cn  2Biffcnf4>aftcn,  Sajjaro  Sonamico,  fennen 
gelernt,  bcmül^te  er  fid^,  frcilicb  ol^nc  6rfolg,  burc^  eine  ©ingabc  an  bcn  ©obematore  bon 
Bologna,   bcn  berühmten  ©cfd^i^tfc^rcibcr  ^JranccSco  ©uicciarbini  (Ep.  I,  7,  a.  1532), 

60  bann  aud^  an  ben  iicgatcn  6amj)cggi  (ebb.  8),  bic  Berufung  jenes  nac^  Bologna  ju  er« 
loirfcn.  ^m  folgenbcn  ^ai}x^  promobierte  §.  jum  Doctor  juris  utriusque.  ^^t  ju« 
rüdttcbrcnb  möchte  er  no^^ßraSmuS  fennen  lernen  —  bafe  il^m  baS®elb  j;u  bcmUmlbcgc 


^oftttd,  @tantö(aud  385 

über  Safcl  nid^t  reid^tc,  fielet  SRefciu^  afö  bcn  %inQn  ®otte«  an.  3"  ^^^^^  Stnjai^I  l^er= 
borragenber  SKänner  in  Italien  h>ar  §.  in  33ejiel^un0  getreten,  barunter  ju  Sleginalb  $oIe 
bem  f})äteren  ßarbtnal.  3:omi(fi  na^m  ben  braud^baren  jungen  9Jlann  al^  ©etretär  in 
3)ienft  —  ©(^reiben  an  Serfc^iebene,  auc^  Eingaben  an  ben  Äönig  ©igidmunb  äuguft, 
l^at  k  in  feinem  5Ramen  tjerfafet  (bgL  Ep.  I,  11;  15;  16  [35];  Ap.  2);  unb  ate  biefer  5 
nun  furj  nad^  bem  SSater  aud^  ben  Oönner  burd^  ben  lob  uerlor  (1535),  ba  toaren  fc^on 
förberlic^e  3?erbinbungen  mit  anberen  feitenben  ^erfönlit^leiten  in  ^ofen  gef(^Ioffen,  toeld^e 
i^m  bie  33aF^n  ju  l^o^en  gieren  fieberten.  $.  erl^ielt  junä(^ft  eine  ©teile  in  ber  föniglic^en 
Jlanjiei;  in  biefer  ßigenfd^aft  tool^nte  er  jum  erftenmale  1537  einer  5ßrot)injiaIf^nobe  in 
^etrifau  bei  —  Uier^cl^n  ^al^re  fpöter  foUte  Don  ^ier  au^  fein  Slnfturm  gegen  bie  (^)oan'  lo 
gelifc^en  in  $olen  ben  Slu^ang  nehmen,  allein  üorber^anb  toar  er  nodp  nic^t  Äleriler, 
obtoo^I  ju  ben  beiben  frül^er  il^m  übertragenen  5ßfrünben  im  ^al)xz  1537  ein  Äanonitat 
in  JJrauenburg  ^injutrat.  3)ie^  fit^  ju  fw^em,  l^at  ^.  freiließ;  öiel  9Rü^e  auftoenben 
muffen,  toie  fein  Sricftoet^fel  jeigt.  3ln  bie  ©teße  3:omicfid  toaren  al«;  feine  ©önner  ber 
fj)ätere  9?ac^foIger  jene«  SWaciejotodli  unb  ber  SSicefamler  be«  3lei(^e«,  ©(^oinSi,  getreten.  i6 
—  jener  übertoie^  if^m  1540  ein  Äanonitat  in  Ärafau,  unb  nac^bem  gu  biefer  fc^on 
reid^en  3lu^ftattung  nod^  ein  fold^e«  in  ©enbomir  getreten  hjar  (1542),  fotoie  bie  (Sr* 
nennung  jum  ^}Jfaner  in  ©olombie  erfolgen  foHte,  l^idt  §.  e^  enblid^  an  ber  ^tü,  aud^ 
f eiber  bie  ^rieftertoei^e  gu  nehmen.  SDa^  flefc^ÄJ^  im  Slärj  1543.  Sleftbeng  gej^alten, 
b.  l).  fein  Pfarramt  ^erfönlid^  berhjaltet,  l^at  er  and^  l^ier  nic^t  —  er  beftieg  gtoar  in  ©0=  20 
lombie  einigemal  bie  jtangel,  aber  er  fanb,  ba^  feine  ©timme  )u  fc^n^ac^  fei  unb  begnügte 
[xd)  nun  bamit,  einige  $rebigten  in  Ärafau  au^juarbeiten  unb  bur(^  anbere  Vortragen  gu 
laffen.  3!"8h>if^^  fti^Ö  ^^  «"  2tnfe^en  unb  ©tellung;  er  mac^t  Steifen  nat^  Sitt^auen 
unb  35anjig  unb  h>irb  1545  gum  ^inquifitor  ernannt,  um  getoiffe  gölle  Don  Äefeerei  unter 
ben  Äralauer  3)om^errn  au  unterfuc^en  (Ep.  V,  app.  17);  toa^  babei  l^eraudiam,  toirbas 
nid^t  mitgeteilt.  ^aS  ^ai^r  1549  brad^te  feine  f(^on  lange  in  äludfu^t  genommene  Sr» 
nennung  jum  Sifc^of,  unb  jh>ar  gefc^al^  e^^  auf  Sefe^I  ©igi^munb  äuguft«,  ba^  Gulm 
i^m  übertragen  h>urbe.  3)iefem  fam  e^  barauf  an,  bafe  §.  ate  3"^^^^  ^^  bif(^i)fli(^cn 
Söürbe  aufträte,  afö  er  il^n  1549  al^Drator  an  Äönig  ^binanb  bejto.  ben  Äaifer  f(^i(fte. 
©0  reifte  benn  §.  im  3JJärj  1549  ab  unb  fam  in«  Seic^  gerabe  gu  ber  g^t,  too  nad^  so 
bem  fc^malfalbif^en  Jtriege  bie  !aiferlid^sj)äj)ftlid^e  ©ad^e  am  glängenbften  ftanb.  3)ie 
SL^erbrüberung,  hjelc^e  er  in  bieSBege  ju  leiten  beauftragt  War,  follte  aud^  eine  einheitliche 
Se^anblung  ber  ürc^lic^en  3)inge  bciberfeit«  einft^liefeen  —  in  hjelc^em  ©inne,  geigte  bie 
golgcgeit.  Auf  ber  Sleife  gumÄaifer  in  2tnth)erpen  erreichte  i^n  bie  Jjojjftli^^e  Übertragung 
be«  ßulmer  Si^tum« ;  über  3öien  jurüdfel^renb  tourbe  er  im  3Kärg  1550  in  Ärafau  gum  35 
Sift^of  getoeil^t  unb  trat,  nac^bem  i^n  nod^  3uliu«  III.  gum  ^nquifitor  in  5|Jomefanien 
(alfo  in  ber  3)iöcefe  be«  ©^eratu«  [f.  b.  a.])  ernannt  l^atte  (Ep.  I,  380),  fein  Smt  an. 
knapp  ein  ^ai)x  fpäter  Dertaufc^te  er  ba«  ßulmer  mit  bem  Srmlänbifc^en  33i«tum;  ber 
Äönig  I^atte  ftarlen  aJrudE  antüenben  muffen,  um  bie  SBal^l  eine«  3Rann^,  ber  ba« 
^reu^ifd^e  ^nbigenat  nid^t  befafe,  feiten«  be«  Äajjitel«  bur(^gufe|en  (Ep.  II,  passim).       40 

3n  ba«  erfte  !5al^r  biefer  bifd^öflid^en  SBirIfamfeit  fällt  bie  erfte  allgemeine  unb  be* 
beutfame  2l!tion  be«  §.  al«  Selämpfer  ber  „2)iffibenten"  b.  ^.  ber  ©Uangelifc^en  im  poU 
nifcf^en  ilönigreic^.  3)iefe  l)attcn  ficf^,  h>enn  auc^  nic^t  entf (Rieben,  ber  ®unft  be«  Äönig« 
gu  erfreuen,  toelc^er  burc^  feine  erfte  ©emal^lin  Sarbara  mit  bem  etjangelifcf^en  ^rften 
ylabgihjitt  Derfd^toägcrt  toar.  3"  ^^"  f^«>"  i"  großer  ^al)l  i)orl^anbenen  an^ängem  be«  46 
tut^erifc^en  unb  fc^toeigerifc^en  öefenntniffe«  toaren  feit  1548  auc^  Söl^mifd^e  Srüber  al« 
Gjutanten  getreten.  3luf  ber  ©^>nobe  gu  ^etrilau  (^^Jiotrcobig),  toelc^e  öon  bem  6rgbif(^of 
bon  ©nefen  3)gierggoh>«ti  einberufen  ioar,  fal^  man  ft^  einer  mel^r  unb  mel^r  antoac^fenben 
ebangelifd^en  ©trömung  gegenüber,  bie  fu^  im  gangen  Sanbe  t)erbreitet  ^atte  unb  gu  ber 
fogar  ber  ©ruber  be«  öv  Sol^anne«,  neigen  follte  (Ep.  II,  442 f.:  ügl.  472).  3)ießo 
©^nobe  bauerte  bom  8.'^bi«  16.  guni  1551  (il^re  alten  bei  3Bi«locfi,  a.  3ebrg^boh)«Ii 
Epist.  p.  513).  9?ad^  ber  2)arftellung  be«  Slefciu«,  bem  aud^,  toie  immer,  ©c^l^om 
(I,  121  ff.)  gefolgt  ift,  l^ätte  bort§.  gunäc^ft  eine  ©tellung  genommen  aÜ^nlid),  toie  1522 
ber  Segat  6(;ieregati  auf  bem  Siürnberger  Sleic^tage  (ögl.  ben  a.  ^abrian  VI.  33b  VII 
S.  314,3);  ermatte  bem  ©rgbifc^of  eine  2)enffd^rift  überreicht,  toelc^e  emft  mit  bem  Äleru«  66 
unb  ben  SBifc^öfen  in«  ©erid^t  ging  unb  in  beren  toeltlic^er  Slid^tung  bie  Duelle  be«  ab* 
faß«  aufbedtte.  aber  Don  fol(^  bußfertiger  Oefinnung,  toelc^e  ba«  ®md)t  am  eigenen 
J^aufe  beginnen  laffen  möchte,  finbet  fic^  unter  ber  bamaligen  Sage  ber  3)inge  bei  §. 
teine  Bpnx,  unb  Don  ben  §erau«gebem  ber  SrieHammlung  ift  in  Sb  I,  ©.  75  a.  20 
nad^getoiefen  toorben,  baß  h>ir  e«  bei  jener  35enffqrift  mit  einer  t)iel  früheren,   1539  ge-  go 

«caU(5uc^fropäbie  für  Z\)toloQk  uiib  flfrc^e.    3.  Sl.  VIII.  25 


386  ^oftui»,  @tantö(aud 

mod^tcn,  Stufftellung  bcö  §.  ju  tl^un  l^abcn.  3)a0C0en  begann  l^icr  §.  ben  Kam))f  in  ber 
äöeife,  ba^  er,  nad^bem  man  t^n  eben  jum  SSertreter  auf  bem  toieber  berufenen  Irienter 
Äonjil  ßetüä^It  l^atte,  binnen  toenig  %aQm  eine  Confessio  fidei  catholicae  öerfa^te 
unb  Don  fämtlid^en  Sifc^öfen  unterzeichnen   üe|.    SDiefe  Schrift   ifl  uoHftänbig   crft  nad^ 

6  einer  ertoeitemben  Searbeitung  1533  (in  Ärafau)  gebrucft  toorben,  unb  fie  f)ai  bann  im 
16.  3al^rl^unbert  no(^  jal^lreic^e  auflagen  in  (ateinift^er,  fotoie  Überfe^ungen  in  Uerf triebe- 
neu  Sprachen  erlebt  (ögl.  Ep.  II,  1007  f.  A).  SBenn  fie  in  ben  SDrucfen  bie  Segeid^nung 
Confessio  . . .  christiana  erl^ielt,  fo  foQte  bie^  ben  (äegenfa^  jur  ^(ugdburgifc^en  ^on- 
feffion  marfieren.    gür  möglic^fte  SSerbrettung  tourbe  befonber^  burd^  ben  ©r^bifc^of  bon 

10  ®nefen  geforgt ;  ber  Seibarjt  be«  Äönig«  Dr.  ©abinu^  (Sabinka)  fanb  SBege,  fie  bem 
Äönige  tjorlegen  unb  einiget  barau^  l)orIefen  ju  laffen  (Ep.  II,  1172).  SSon  ^.  felbft 
h>irb  erhJä^nt(Ep.  II,  1355X  bafe  bie  Don  einem  ©c^üIer  ber  SBittenberger,  bem  töniglic^en 
©elretör  anbrea^  ^'^iciu^  (Frycz  Modrzewski)  berfa^te  unb  bem  Könige  geft)ibmete©d^rift 
De  emendanda  Republica,  bei  tvtld)tx  nur  für  bie  brei  erften  Jla)7itel  De  moribus,  de 

16  legibus,  de  beUo  in  Ärafau  1551  bie  2)rucferlaubni^  gu  erl^alten  getoefen  (mit  ben 
beiben  fe^Ienben  De  ecclesia  unb  De  schola  finb  pe  1554  bei  D))orinu^  in  93afel  ge^ 
brucft  toorben,  toonac^  Sleufc^,  3nbej  1, 438  gu  forrigieren),  Don  i^m  berücffic^tigt  toorben 
fei.  3)ie  ^erau^eber  ber  ©riefe  beiS  $.  toeifen  fogar  na^^,  ba^  einzelne  Äajjitel  ber  be= 
arbeiteten)  Confessio  bireft  gur  SßJiberlegung    be«  griciu^  geschrieben   feien   (Ep.  II, 

20  p.  520  A)  —  unb  f o  ftcl^t  man  tl^atfäc^li^^  |ier  am  SSeginn  ber  Utterarifc^^ljolemifd^en 
a:i^ätigfeit  be«  Sifdbof«.  Über  griciu^  bergleid^e  man  SSa^Ie,  Dict.  bist.,  %  SWobretoiu« ; 
Sc^^el^om,  ergö^Rc^!.  I,  671;  Hosii  Epist.  passim.  ©c^on  1547  l^tte  §.  mit  ü^m 
eine  fc^arfe  Äontroöerfe  gel^abt,  hjeil  jener  bie  ^rrtumöfäl^igfeit  ber  römifc^en  Äird^e  (be- 
l^au^)tete:  Ep.  I,  ©.  228  A  15). 

25  Stber  gu  ber  litterarifc^en  Seläml)fung  ber  Äe^erei  liefe  ^.  nun  nac^  hjo^lbebac^tem 
5ßlane  bie  ipraltifdbe  treten.  „3n  jeber  35iöcefe,  in  jeber  gröfeem  ©tabt"  fagt  Ärafidf^ 
a.  a.  D.  ©.  Ulf.  „in  ber  Umgebung  jebe«  Sifd^ofd  unb  am  §ofe  be^Äönig^  befc^affte 
er  fid^  geeignete  ^Jierfonen,  toelc^ie  i^m  3lad)x\ö^t  über  alle«  gaben,  h>a«  ber  Äirc^e  ®efa^ 
bro^te,  unb  nad^  feinem  SBinle  in  bie  arbeit  eintraten,    ©ein  ©ifer  erzeugte  5Wad^a]^mung; 

30  bie  Sauen  jüc^tigte  er  unb  bie  gum  SlbfaH  9leigenben  l^ielt  er  jurüa.  ©ein  3Sorgel^en 
ging  immer  barauf  l^in,  ben  ©egnem  jeben  j)oIitifc^en  ©influfe  gu  nel^men  unb  biefen  bei 
ben  Äatl^oKfen  gu  meieren",  ©o  l^atte  $.  vorgearbeitet,  al«  1555  ein  päjjftlid^er  9iuntiu« 
in  5|JoIen  erfc^ien,  ber  Sifc^of  Si^omano  aud  Serona,  ber  alle«  einfe^en  foHte,  um  in 
$olen  ba«  fatl^olifc^e  Selenntni«  gum  allein  ^errfd^enben  gu  machen. 

ö6  3ngh>ifd^en  ^atte  §.  bie  Seitung  feine«  ©i)rengel«  mit  Energie  in  bie  $anb  ge^ 
nommen.  2iefe  fid^  im  gangen  Äönigreic^  bie  Oegenreformation  nid^t  fo  balb  burc^fü^ren, 
fo  fottte  ba«  ßnnlanb  bafür  ein  Sorbilb  fein  unb  Don  ba  au«  bie  getoünfd^te  ©intoirfung 
auf  benachbarte  Oebiete,  inebefonbere  bie  ©täbte  ßlbing  unb  ©angig  foh>ie  ba«  ^ergog- 
tum  ^reufeen,   gefid^ert  hjerben.    ^m   Srmlanb    „betrat  er   nac^  ber  il^m   angeborenen 

40  3Rilbe"  —  fo  fc^reibt  (Jic^^orn  I,  142  —  „ben  SBeg  väterlicher  »elel^rung".  ^n  eibing 
unb  Umgegenb,  h>o  bie  SReformation  tro§  ber  beftel^enben  ))oInifd^en  §errfd^aft  ben  bei 
hjeitem  größten  leil  ber  Bürger  unb  mel^rere  ^rcbiger  auf  il^rer  ©eite  l^otte,  toufete  er 
1552  bie  Slbje^ung  bon  brei  ©eiftlic^en  gu  betoirfen;  ba  er  fortful^r,  bie  Sürgerfc^^aft  gu 
bebrängen,  hjanbte  biefe  fxd)  an  benäBilnaer  ^alatin  3labgih)itt  unb  an  §ergog  älbrec^t — 

46  ba  läfet  §.  hjieberum  auf  ben  Äönig  gegen  fie  eintoirfen  (Ep.  II,  p.  792).  äi^nlid^  ift 
fein  SSerl^alten  gegenüber  ben  glei^faU«  ber  ^Reformation  guget^anen  3)angigem.  3)ie 
„angeborene  5Wi(be"  fc^ü^te  §.  nid^t  üor  bem  ©rfc^einen  einer  ber  im  ^ÄiQt\d)mad 
liegenben  rücfftc^t«lofen  Slngriffefc^riften,  al«  beren  Serfaffer  Dr.  Srettfd^neibcr  in  3)angig 
ermittelt  h>urbe;   unb  al«  biefer   gegtoungen  abbitte  tl^at,  ba  ftettte  §.  nur  bie  „milbe" 

60  Sebingung,  bafe  er  gur  !atl^olifd^en  ftirc^e  übertrete  —  unb  boc^  f^atte  Srettfc^neiber  Out 
unb  greii^eit  mit  ber  SSeröffentlic^ung  getuagt,  gerabe  um  bie  bem  §.  gelungene  Äont)«- 
fion  be«  Sonaüentura  3:l^oma«  unb  bie  be«  '§t.  ©taj)^^>Iu«  (f.  b.  %)  an  ben  ^Pranger 
gu  ftetten.    ©o  ftanb  $.  auf  ber  2Bac^t  nad^  allen  ©eiten. 

aber  ba«  gefamte  Sorgel^en   im  Äönigreid^  ^olen   befommt   erft  einen   einl^eitlic^en 

65  G^arafter  mit  bem  Srfc^einen  be«  SJuntiu«  im  Df tober  1555.  SDeffen  erfte  Aufgabe  h>ar, 
bie  auf  bem  3fleic^«tage  gu  ^etrifau  1555  üom  Äönig  geforberte  unb  f^mj)at|ifc^  auf« 
genommene  Berufung  eine«  9Jationalfongil«,  an  bem  aud)  bie  ©Dangelifc^en  teilnähmen, 
bebuf«  Drbnung  ber  religiöfen  Slngelegenl^eiten  (Ep.  II,  n.  1420)  gu  hintertreiben,  hierin 
traf  er  mit  §.  überein  (bgl.  bef.  Ep.  II,  n.  1508),  unb  fam  and^  gum  ^kU,  aber  bei 

CO  ben  iJanbftänben,  bie  i^n  nac^  Subicniedl^  (Hist.  Ref.  Pol.  II,  4  p.  76)  mit  bem  3^' 


^oftnd,  @tantö(aud  387 

rufe:  „©ei  gegrüfet,  bu  Dtterngejüc^t!"  empfinden,  unb  beim  Äönig  getoann  er  fonft 
feinen  @influ^;  ben  Sefc^lu^,  ba^  iebem  @belmann  ba^  Stecht  jugeftanben  tDurbe,  nad) 
eigener  SBal^l  feinen  §au^ottc^bienft  ju  orbnen,  fonnte  er  nic^t  l^inbcrn.  Äur^,  e«  jeigte 
fid^  Har,  bafe  biefer  ^ntriguant,  bem  man  fe^r  fc^Iimme  3)ingc  glaubte  nad^toeifcn  )u 
fönnen,  nid^t  ber  ÜKann  hjar,  $oIen  toieber  fatl^olifc^  gu  machen,  jumal  ba  ingtoifc^en  6 
ekKmgetifc^erfeitö  jtvei  @egner  auf  ben  @(^au))la^  traten,  t?on  benen  ber  eine  freiließ  mel^r 
ein  t)orbringIi(^er  Särmmac^er,  ber  anbere  aber  eine  in  jeber  Sejiel^ung  l^erborragenbe 
Straft  toar  —  5ß.  ^.  33ergerio  (f.  b.  a.)  unb  Sol^ann  2a«fi  (f.  b.  a.).  2)er  erftere  fam 
im  3wfi  1556  nac^  Äönig^berg.  ®r  beröffentlic^te  bort  eine  grofee  Slnja^I  \)on  tjolemis 
fc^  ©c^riften,  in  benen  er  gum  3^eil  altuelle  3lltenftücfe,  j.  ö.  bie  Duae  Epistolae  al-  lo 
tera  Aloysii  Lipomani  etc.,  altera  D.  Radziwilli;  in  feiner  2trt  fommentierte  —  bie 
Sifte  biefer  Schriften  lann  man  ftc^  am  leic^teften  aud  §ubert  a.  a.  D.  ©.  299  ff.  ju« 
fammenfteüen.  35en  Äam})f  gegen  ^opu^  fe^te  er  nod)  gal^re  Tang  fort;  1559  erft^ien 
fein  umfangreid^fte^  SBerl  gegen  biefen:  Dialog!  quatuor  de  libro  quem  Stanisl. 
Osius  ....  edidit  (SBibmung  an  §enog  Sllbrec^t  unb  ^rft  Slabgitüin),  unb  1560  i6 
„De  rever.  D.  Stan.  Hosio  .  .  ."  Sffienn  e«  bem  §erjog,  ber  bie  SReife  SSergerio« 
öeranla^  ^atte,  barauf  anfam,  in  erfter  Sinie  einen  ^Rann  nai)  $oIcn  gu  fc^idEen,  ber 
mit  fd^orfem  SlidE  bie  ©c^toäc^e  ber  ®egner  ^erau^fanb  unb  fte  fc^onung^Io^  befämj)fte, 
fo  toar  jener  aUerbing«  ber  redete  SRann.  3lber  jum  j)ofttit)en  aufbauen  toar  er  n\d)i 
gefc^icft.  20 

SBeit  bcbeutenber  nad)  ^erfon  unb  SBirffamfeit  h>ar  ber  jtoeite  ®egner  be«  ^., 
3ol^ann  Sa^Ii,  tocld^er  nac^  langer  2trbeit  brausen  nun  enbli(^  einen  SBirfung^Irei^  in 
feinem  Saterlanbe  gefunben  l^atte.  a)lit  bem  ^ergog  älbrec^t  ftanb  2adfi  ft^on  1549  in 
j)erfönli(^en  Segiel^ungen.  Unter  bem  8. 3an.  1554  berul^igt  ^d)a\  bon  S^^mm,  ber  Dnlel 
bed  oben  erhjäf^nten  gabian,  ^alatin  auf  SWarienbura,  ben  Sifcpof  $.:  „3)er§erjog  I^abe26 
nxd)t,  h)ie  gefagt  h>erbe,  bie  abfid^t  2a«!i  gum  S3if(^of  (bon  ©amianb)  ju  matten"  (Ep.  II, 
©.  397).  3)em  Äönige  bon  ^olcn  ^atte  £a^Ii  fein  in  Sonbon  b^fafete«  SWeiftertoerl 
„Forma  ac  Ratio"  (f.  3)aIton,  ©.  377 ff.;  Äu^per  II,  1—277)  jugefanbt  unb  an  ben 
Senat  unb  2lbel  bebeutfame  ©enbfd^reiben  beigefügt.  Qjm  SJegember  1556  überfc^ritt  er 
felbft  bie  ©renje  unb  naf^m  in  ber  5lä^e  Äralau«  bei  feinem  Sleffen,  bem  ©oubemeur  so 
be«  löniglic^en  ©d^Ioffe^,  ^an  Sonar,  SBo^nung,  too  il^n  brei  anbere  Steffen,  bie  ßblen 
Oftrorog,  begrüßten.  SDie  aSirlfamfeit  Saöfid  im  einzelnen  )u  fd[|ilbem,  bie  jhjar  nid^t 
ol^ne  ©rfolge  blieb,  aber  bod^  ba«  ^kl,  $olen  j)roteftantifd^  gu  machen,  fc^on  h>egen  Sa^K« 
Seibe^f^toäd^e  unb  1560  erfolgenben  S^obc«  nic^t  erreichte  —  ift  nic^t  biefe«  DrteiS.  3" 
ben  „^inben"  hjaren,  toie  Sa^gli  fc^on  im  ^«bruar  1557  in  einem  ©riefe  an  ßalbin  35 
tlagt,  auc^  „falfc^c  Srüber"  (Dgl.  CR.  Ep.  Calv.  XVI,  415)  gefommen  —  Iciber  gcl^örte 
Sergerio  ju  benfelben,  ber  bie  6inlabung  in  ben  Cften  angenommen  l^atte,  tpeniger  um 
bem  5ßroteftantigmu«  ate  folc^em  in  ^olen  gur  ©eite  ju  fte^en,  ate  um  ju  ber^inbem, 
bafe  eine  anbere  afö  bie  ftreng  luti^erifc^e  Slic^tung  bort  gur  §errf(^aft  gelange.  SDen  fo 
geteilten  ©egnem  fonnte  .§.  tro^  ber  bebenf liefen  SRoDe,  toelc^e  Si^omano  fpielte,  mit  40 
@rfolg  entgegentreten.  Sluf  bem  fir(^li(^=t)olitifc^cn  ©cbiete  t^at  er  ba«,  toie  ie|t  fein 
Sriefmec^fel  geigt,  mit  äu^erfter  SBac^famleit  unb  3Kü^eh>altung  —  äße«  läfet  er  \\i)  be- 
richten, toa«  bieSegner  t^un,  überaß  benufet  er  feine  33egiel?ungcn,  ben  Äe^ern  unb  i^ren 
©d^riften  fpürt  er  nac^,  um  bicfe  ju  \>^xn\ö)Un  unb  an  jenen  toomöglid^  em  (Stempel  g*u 
ftatuieren.  Unb  anbercrfeit«  litteranfc^=t)olemifc^  fte^t  er  in  ber  erftcn  Steige  ba :  feine  Con-  46 
fessio  erft^ien  1557  in  brei  3Rcubrucfen  (f.  Ep.  II,  ©.  1007)  unb  tourbe  bon  il^m  in 
ÜKaffen  berteilt  (Ep.  II,  ©.  867);  um  ben  ©treit  in  bie  Sleil^en  ber  ßüangelifd^en  gu 
tragen,  fetfte  er  bem  tjon  aSergerio  (Königsberg  1557)  ebierten  unb  ©igiSmunb  auguft 
geh)ibmeten  „Libellus  aureus"  be«  Sreng  eine  „Verae  doctrinae  .  . .  propugnatio" 
(bgl.  Ep.  II,  ©.  824)  ebenfatl«  bem  Könige  bebiciert,  entgegen,  nac^bem  er  ben  erften  60 
Seil  bereit«  im  a)tai  1557  ben  Sifd^öfcn  nac^  ^ctritau  gur  ©^nobe  überfanbt;  guateic^ 
begann  er  bie  Schrift  „De  expresso  Dei  verbo",  Don  ber  im  ^^^^^war  ein  3^eil  fertig 
n>ar  (Ep.  II,  n.  1908). 

SBenn  man  bie  centrale  ©teHung  im  äuge  l^ält,  toelc^e  fo  §.  bei  ber  S3e!ämt)fung 
ber  5|Jroteftanten  in  ^olen  inne  l^at,  fo  h>irb  man  bielleic^t  erftaunt  fein  barüber,  bafe  er  66 
J)lö^li(^  au«  biefer  Strbeit  geriffen  unb  nad^  Slom  tu  längerem  Aufenthalte  citiert  tourbe 
unb  gtoar  burc^  nic^t  toeniger  al«  brei  jtoifc^en  Dftober  1557  unb  9Jlän  1558  foHenbe 
jKi})ftlic^e  ©(^reiben  —  aber  ^iSouI  IV.  liwOtf  Nden  SWann,  mit  bem  er  ftid^  in  ben  tiefp» 
liegenben  ÜKotiüen  unb  Sielen  tofftrt^^-dMKiBpte  ^n,  um  mit  i^m  —"^  «--**— 
gu  beraten,  al«  bie  UnterbtlUEitiig-  MilflHnMi  Sonbe.    3Rit  bet 


388  ^ofttti»,  ©tantölaud 

ftebeluuö  beö  §.  nad)  3lom  im  9Rai  1558  tritt  berfclbc   tl^atfäc^Uc^)   in    bie  2l(tion  ber 
©cgcnreformation  auf  breiteftcr  83afi^  ein. 

3n  ben  beibcn  legten  ber  gebadeten  t)äj)ftlic^en  Sret^en  —  ba«  erfte  ift  bem  äBort^ 
laute  nad^  nic^t  befannt  —  toerben  brei  älufgaben  bejeid^net,  an  beren  Söfung  §.  mit  in 
6  3lom  arbeiten  foD :  SSerbefjerungcn  im  Äird^enhjefen,  Slu^rottung  ber  Äei^erei  unb  9Jeu= 
berufung  be«  fuigt)enbierten  Äonjifö  (Ugl.  bie  SreDen  Ep.  II,  6.  954  unb  931).  Seiber 
(ä^t  un^  Don  l^ier  ab  bie  au^gejcic^nete  neue  Srieffammlung  im  ©tic^,  unb  finb  toir  auf 
ben  ungenügenben  ßrfafe  bei  SRefciu^,  ©ic^^om,  Sriefe  im  2.  Sanbe  ber  Opera  (Mn  1584) 
unb  gelegentliche  ^ublifationen  angetoiefen.   S^^^^faH^  M§-  pr  ßufnebcnl^eit  ^aufe  IV. 

10  unb  feine«  9lad^folgerö  toä^renb  be«  erften,  nur  lna!pp  jtoei  3ö|re  bauemben,  3lufentl^altg 
in  SRom  an  biefen  fragen  gearbeitet;  benn  bie  ßrgäl^lung  be«  Slejciusi,  ba^  jener  il^tn 
bie  Äarbinatetoürbe  angeboten  l^abe,  h>enn  aud^  burd^  Sergerio,  ber  äße«  »piffen  hJoHte,  in 
Sjoeifel  gebogen,  fc^eint  begrünbet  ju  fein,  ^m  3;al^re  1560  mürbe  il^m  bie  hjic^tige 
3Jli{fu?n  übertragen,  ben  ate  gang  unfiAer,  ja  fd^on  ate  ^roteftanten  erfc^einenben  fj)äteren 

16  Äaifer  SKajimilian  in  ben  ©c^o^  ber  lat^olifc^en  Kirche  jurücfjufül^ren,  gugleid^  im  rijmi- 
fc^en  3j"t^cffe  ben  SBiener  §of  für  bie  SBiebereröffnung  be«  Äongite  gu  geioinnen  unb 
üorgubereiten,  enblic^  bie  9Sermä^Iung  bc^g  ©rgl^ergog«  itarl,  eine«  ©ol^ne«  Jerbinanb«  I., 
mit  ber  „jungfräulichen  Äönigin"  ©lifabeti^  Don  ©nglanb  gu  betreiben,  ^n  ben  beiben 
erften  aufgaben  hjaren  il^m  toeitgel^enbe  Untemel^mungen  übertragen,  gu  beren  äluefüi^rung  §. 

20  ftd^  fd^on  bon  SRom  au^  burc^  birelte«  ©rfuc^en  bei  bem  ©eneral  ber  3ic|uiten  ben  ^cter 
©anifiu«  gur  Sei^ilfe  erbeten  l^atte.  ^n  ber  3:i^at  iourbe  biefer,  toä^renb  §.  bereit«  im 
a[j)ril  1560  inSBien  anlangte,  gleid^geitig  bortl^iij  beorbert  unb  ftanb  i^m  im3Kai  gur  Seite 
(ögl.  Canisii  Epp.  ed.  83raun«berger  [1898J,  II,  ©.  610 ff.;  637 ff.).  Über  ben  Serlauf 
ber  9?untiatur  liegt  je^t  ©enaue«  öor  in  ben  Seric^ten  (f.  o.).    Sil«  |>.  in  SBien  anlangte, 

26  toar  3KajimUian  auf  ba«  äufeerfte  mit  feinem  3Sater  gefpannt,  toeil  er  Don  ber  2lug«= 
burgifc^en  Äonf effion  nicfct  abgelten  ioollte.  Äaum  ba|  er  ftc^  bagu  berftanb,  ben  5Wuntiu« 
Dorgulaffen.  S^^^d^  l^aben  feit  guni  ga^Ireic^e  Oefpräc^e  gioifc^en  beiben,  ober  meift  SSor^ 
träge  be«  Sluntiu«,  über  bie  ftreitigen  ®lauben«j)unlte  ftattgefunben.  6«  bleibt  freiließ 
unfid^er,  ob  biefe  ober  nic^t  t)ielmel^r  bie  DöQige  ^folierung  3)ia£imilian«  unb  bie  brol^enbe 

80  Haltung,  ioelc^e  ^erbinanb  il^m  gegenüber  annal^m,  biefen  gur  Unterhjerfung  unter  ben 
ißillen  be«  Sater«  gebracht  l^aben. 

9ioc^  el^e  §.  nac^  SRom  gurüdffe^rte,  benac^ricf^tigten  il^n  bie  befreunbeten  Äarbinale 
$uteu«  unb  Sorromeo  babon,  bafe  feine  ©mennung  gum  Äarbinal  nun  befc^loffene  Bad)^ 
fei:  im  ^bruar  be«  folgenben  ^af)x^  erfolgte  fie  mit  ber  Don  fjebge^n  anbem  Prälaten; 

86  §.  gögerte  gioar  erft,  unter  Berufung  barauf,  ba^  ber  })olnifc^e  König  feine  3uftimmung  geben 
muffe,  nal^m  aber  tro^bem,  o^ne  biefe  abguhjarten  bie  2Bürbe  an  —  ein  Sorgej[>en,  ba« 
ii^m  bann  fpäter  bod^  ©d^hjierigfeiten  Uerurfad^t  ^at.  SBenn  ^iu«  IV.  il^n,  fohjie  gleid^^ 
jeitig  ben  ©rgbifd^of  \)on  ©alemo,  Oirolamo  ©eri})anbi,  auf  bie  I^öd^fte  ©tufe  ber  firc^^ 
lid^en  Sertoaltung  ^ob,  fo  gefc^al^  bie«,  um  beiben  eine  l^eröorragenbe  Beteiligung  an  bem 

4oft)ieber  gu  eröffnenben  ßongile  gu  fiebern:  fie  tourben  neben  3)lorone  unb  ©ongaga  gu 
SBorfi^em  be«felben  ernannt.  $.  I^at  toäl^renb  ber  faft  gmeijäl^rigen  3:agung  (18.  S^^ww«»^ 
1562  bi«  4.  3)cgember  1563,  f.  b.  ä.  Iricnter  Äongil)  al«  folc^er  amtiert.  3iatürlic^  finb 
bie  t)at)aliftifc^en  83erid^terftatter  boü  2obe«  über  ben  eifrigen  unb  in  allen  SBinfelgügen 
erfal^renen  Segaten.    ©arj)i  (Storia  1.  VII)   bagegen  ^ält  nic^t  biel  t)on  feiner  gä^igfeit 

46  für  ben  Soften,  unb  hjenn  ^attamcini  (Hist.  C.  XXII,  9,  6 ;  XXIII,  7,  7 ;  9,  2)  bem 
ioiberfprid^t,  fo  fann  für  beffen  Sluffaffung  ein  SBort  be«ienigen  im  näd^ften  Äonflaüe  mit^ 
ioirfenben  Äarbinal«,  hjcld^er  be«  Ä.  Äollege  im  Äongil«'Sorfi^  gehjefen,  nämlic^  ©imo= 
neta«:  bafe  er  beut  ermlänbifd^en  Äarbinal  feine  ©timme  bei  ber  'ißaj)ftlDa^l  gegeben  unb 
bie«  eöenluell  mieberl^olcn  loerbe  —  bod^  nur  mit  bebingter  S5en)ci«traft  angeführt  hjerben. 

60  Sei  einem  S)efret  ber  24.  ©effion  (über  Slnnullierung  danbeftiner  @^en)  l^atte  §.  burd^ 
fernbleiben  unter  ßntfd^ulbigung  toegen  firanf^eit  2Biberf})rud^  erhoben. 

ÜKit  ber  Seenbigung  be«  Äongil«  ioar  bie  ©e^nfuc^t  be«  p.,  in  feine  35iöcefe  gurücf« 
gufel^ren,  beren  ßinfünfte  er  in  ber  ^h^ijc^wgcit  gegen  eine  iäbrlid;e  ßntfd^äbigung  üon 
8000  preufeifd^en  SWart  an  ba«  ft^itel  'ottpa^Ut  ^atte  (Ep.  II,  App.  82),  lebl^aft   er= 

66  loac^t.  3"  Sraun«berg  unb  anber«h>o  toaren  in  ber  3^ifrf;cngeit  proteftantij^e  Stegungen 
gu  läge  getreten  unb  l^atten  fid^  bort  fohjeit  berbid^tet,  ba^  ^erborragenbe  2Ränner,  ber 
Sürgermeifter  a)larquarb  unb  ber  3lat«^ea  Sartjc^,  für  ben  ®m\x^  be«  älbenbma^l«  unter 
beiberlei  ©eftalt  eintraten.  Unter  bem  6.  ^u\\  1662  l^atte  $.  ba«  3)omfapitel,  toelc^e« 
mit  bem  ©eneralüifar  ftrenge  einfcf^reiten  tooUte,  gur  Sorfid^t  angetoiefen  (j.  bei  ßid^j^om  II. 

60©.  149).   2)ie  Sehjegung  ergriff  jeboc^  ben  gangen  allftäbtifc^en  9lat,  nur  eine  3)Jinberl;eit 


^oftnd,  @tanMau^  389 

blieb  bem  Slltcn  treu,  äfucl^  bie  SSerl^ältniffe  in  ^ofen  U^Un  e^  bem  Äarbinole  na^e, 
mit  bem  Sefc^Iuffe  über  bie  SRefibeniJjflic^t  ber  Sifd^öfe,  bem  er  felbft  jugeftimmt  ^atte 
(Conc.  Trid.  Sess.  XXIII)  emft  ju  machen,  unb  {o  Uerlie|  er  am  14.  3)egember  1563 
Irient,  um  imgebruar  1564  in  grauenburg,  bann  auf  feinem  ©(^loffe  in  §eiföberß  anjus 
langen.  3""^^  ^Ö^'^S  """  ^^^  ©eric^t  über  bie  Sraun^berger  Slatöl^erren.  ©ine  3"-  5 
quiption  mit  ben  üblichen  S)ro^un0en  unb  fonftigen  3Kitteln  brac^  il^ren  SBiberftanb  (i^gl. 
Acta  cum  Brunsbergensibus  in  ben  Opp.  II).  Unb  nun  folgte  fofort  bie  3)efretie* 
runfl  ber  ännal^me  ber  3:rienter  Sefd^Iüffe  für  (Srmtanb  unb  bie  Serufung  ber  3«fwiten 
bel^uf^  (Sinrid^tung  unb  ?fü^rung  feinet  ÄoBegium^  in  Sraun^berg,  toomit  §.  einen  '^lan 
gur  Slugfül^rung  brachte,  ber  fc^on  10  ^al}xt  früher  öon  il^m  ertoogen  toorben  toar  (ögl.  lo 
Ganiftu«  an  So^ola,  16.  Steril  1554  unb  ßromer«  ©rief  in  Canisiis  Epist.  I,  458f.). 
®nbe  1564  rücften  jene  ein,  8  an  ^alß,,  n)Oju  atebalb  no(^  brei  lamen  —  im  leeren 
^anji^Ianerflofter  fanben  fie  Unterlunft,  unb  fie  gingen  mit  2tuffteBung  ber  ©tubicn« 
orbnung  u.  f.  h>.  fo  ft^neU  üor,  ba^  fd^on  im  ©ommer  1565  ber  Unterri^t  in  5  klaffen 
erteilt  hjerben  fonnte.  3)a«  ÄoHegium,  bamafö  aU  eine  allgemeine  Unterrit^töanftalt  ge^  i5 
grünbct,  befte^t  aU  SSorbilbung^anftalt  be^  ermlänbifc^en  Äleru«  l^eute  nod)  unb  trägt  ben 
Flamen  be«  .§.  Urfj)rünglic^  freiließ  l^atte  etS  ben  ß^aralter  einer  Unterrid^tganftalt  für 
Saien,  unb  na^m  gern  aud^  ©öl^ne  iproteftantifc^er  SItem  auf,  bie  bann  —  h>ie  j.  33. 
JJabian  Quabrantinu^  —  au^  h>o^I  f onuertiert  h)urben.  (Über  bie  Slu^abe  ber  Palinodia 
be^felben  »gl.  Raufen,  SRI^ein.  3l!ten  ©.  623  unb  im  aUg.  meine  ,,2tnfieblung  ber  3-  i"  ao 
33raun«berg'0. 

3lad)  ben  SBraun^bergem  famen  bie  toiberf^jenfttgen  ©Ibinger,  toelc^e  ftc^  bie  ^efuiten 
md)t  gefallen  laffen  ioottten,  an  bie  Sleil^e.  §ier  mar  §.  nic^t  Sanbe^l^err  —  ^ier  foHte 
ber  Äönig  Don  ^olen  j^effen.  2)effcn  ÜKanbat  toirfte  benn  aud^  ,,^eilfam"  (Sid^l^om  II, 
301)  —  „bod^  erfüllten  fic^  bie  Hoffnungen  nic^t",  bafe  bie  gefuiten  bort  eingeladen  25 
ipürben.  Ein  jmeiter  ,,emfter  33efe|r'  beg  Äönig^,  ja  bie  J)erfijnlid^e  Slntoefenl^eit  lonnte 
bie  „l^aföftarrigen  2eute"  (ebenbaf.  319)  nit^t  bejtoingen,  unb  not^mafe  mu^e  an 
ben  Äönig  aj)j)efliert  toerben.  2)er  ©ieg  blieb  jtoeif ell^aft ;  ber  ©treit  ift  in  ben  Acta 
cum  Elbingensibus  (f.  0.)  bargeftellt.  3n]\hjifc^en  l^atte  §.  auc^  h?ieber  in  bie  firc^« 
lid^e  Sage  in  $olen  eingegriffen  —  ba^  Siecht  bagu  leitete  er  je^t  au^  feiner  burd^  90 
$iu^  V.  im2!)ejember  1566  DoHgogenen  (Ernennung  jumLegatus  a  latere  fürSleid^tag 
unb  ©^nobe  ju  Sublin  unb  über^au})t  für  $olen  ab.  3)ort  l^atte  fc^on  ber  9luntiu^ 
ßommenbone  feit  1563  ganj  anbere^  erreicht  al^  Sijjomano.  6.  fanb  ben  SSoben  gut 
borbereitet;  ol^ne  biel  9Jlü^e  fe^te  er  bie  annähme  ber 3^rienter  Sefc^lüjfe  auc^  l^ier  burc^. 
3m  ©ej)tember  1564  erlief  ber  Jtönig  ein  ®bilt,  toeld^eg  alle  au^länbifc^en  ©ef tierer  au^ss 
$olen  t)erbannte  —  baburd^  mürbe  eine  bem  t)olnifd^en  ^roteftantiömu«  bringenb  nötige 
®rgänjung  unterbunben.  3lber  auf  bem  Sleid^^tage  ju  ^arqoft)  toar  bie  ^Jtage  nod) 
anber^  geftetlt  Sorben:  ob  man  überi^au^jt  bie  rabilalen  Parteien  ber  ^roteftierenben, 
Iriti^eiften  bejm.  Unitarier  unb  3lnaba^tiften,  im  Sanbe  bulben  foHe.  p.  erflärte  ftd^ 
bafür  —  „mögen  bie  ©eften  fic^  gegenseitig  aufreiben!"  fagte  er.  ®a«  l^aben  fie  benn 40 
aud)  beforgt.  Sluf  bem  SReid^^tage  ju  ^etrifau  1565  trat  §.  ben  ©egnem  })crfönli(^ 
gegenüber.  3)en  älntrag  j)roteftantifd^er  äbeliger,  ben  fremben  Äarbinal,  ber  nic^t^  beim 
9leid)^tag  ju  fd^affen  ^abe,  ju  befeitigen,  brachte  ber  Ärafauer  ^alatin  ©tani^lau^  S3arj 
ju  %aä, ;  toenn  man  Slefciu^  glauben  barf,  fo  f}at  §.  eben  bamal«  entft^eibenben  6influ|[ 
auf  ben  Äönig  gewonnen  (vita  Hosii  1.  II,  c.  22).  9luc^  nad^  anberer  ©eite  l^in  ging  46 
er  bor:  bie  ©elbftreitigfeit  jmifd^en  bem  ©rjbifd^of  Uc^an^Ii  unb  feinem  9lad^f olger  im 
Se^lauer  53i«tum,  SBäotefi,  lub  ^.  bor  fein  ®md)t ;  bie  am  §ofe  unb  in  ber  Sleribenj  be« 
alten  §erjogg  Sllbrec^t  ju  SCage  tretenben  Seftrebungen,  ba«  Se^n^berJ^ältni«  jhjifc^en 
$reu^en  unb  ^olen  aufju^eben,  fud^te  §.  j)erfönlid^  1566  in  Königsberg  ju  burc^freugen. 
$aul  ©falid^  unb  anberc,  bie  ftc|  aHju  hjeit  borgemagt  Ratten,  fielen  einer  auf  beS  $.  so 
SWat  jur  a^nbung  gefc^idften  t)olnifd^cn  Äommiffion  an^eim.  3"^  übrigen  toar  (bgl.  SSoigt, 
iperjog  Sllbr.  jc.  f.  0.)  baS  3Serl^ältni!g  jmifd^en  §.  unb  älbrec^t  bur^toeg  ein  leibliche« 
gelbefen.  3Ba«  in  ben  fel^r  ^aliilreic^cn  beiberfeitigen  ©riefen  erörtert  h)irb,  betrifft  ja  ju* 
meift  gefc^äftlic^e  35inge,  mic  bie  geograjj^ifd^e  Sage  beS  ©rmlanbe«  unb  bie  Sejie^ungen 
ber  Untertbanen  fie  nal^e  legten ;  ab  unb  ju  auc^  SBid^tigere^g,  j.  S.  h)o  eS  fid^  um  Qx-  66 
ftattung  für  fonfiSjierte  fe^ertjd^e  ©c^riften  l^anbelt,  ober  h)0  ber  .^erjog  in  einge^enber 
ÜKotibierung  bie  2lufforberung,  ftc^  beim  Ronjil  bcrtreten  ju  laffen,  abtoeift,  ober  h)o  ber 
Sifc^of  über  ^Verbreitung  einer  gegen  i^n  gerid^tcten  ©c^rijft  flagt.  3)ie  abfurbe  SBe^au^js 
tung  il^einerS  («Öerjog  31.  bon  i^reufeenS  .  .  erfolgte  Südffel^r  jur  lat^.  Äirc^e,  SlugSburg 
1846)  l^at  Sl^otgt  bur^  feine  einge^enbe  ®arft^y|jj^^geh)iefen,  unb   fc^liepc^  noc^  bmj^ 


390  ^ofttti»,  etantölaud 

Serfu(^  bc«  {(flauen  Äatbinate,  ben  jungen  dürften  älbred^t  ju  fontjcrticrcn,  gcfcnnjcic^nct 
(a.  a.  0.  @.  313). 

2tte  btcfer  3Serfu(^  öon  9lom  au^  etfling  (1573),  l^atte  §.  längft  h)iebcr  fein  fianb 
berlaffen,  um  bie  legten  jel^nga^re  feinet  gebend  (1569— 1B79)  an  betJturie  juiubringen. 

6'3Ktt  ber  3leftbenjt)fKc^t  ^atte  er  pc^  biedmol  gur  3lot  baburc^  abgefunben,  ba|  er  bei  ber 
äbreife  nai)  eingeholter  guftimmung  bed  Äönig«  bem  35oml^erm  ÜJlartin  Gromer,  toeld^en 
ber  Sriefh>e(^fel  feit  langen  ^af^xtn  afö  fleißigen  Äorrefj)onbenten  unb  Sertrauten  be«  §. 
jeigt,  aud  eigener  3Kac^t  afö„SKbminiftrator"  eingefcfct  I^atte,  um  nid^t  bie  fidlere  ß^ance  ber 
3lbh>eifung  oeiSfelben  burd^  bad  3)om!a^itel  gu  laufen.    3"  3lom  erfolgte  bie  Seftätigung 

10  ßromer«  afe  „Äoabjutor"  —  pro  forma  tourbe  beigefügt,  ba^  bie  3Red^te  bed  Äo^itefe 
betreffe  ber  fünftigen  Sifd^ofdioal^I  nic^t  in  grage  gefteflt  toerben  foHten,  toä^renb  bai8 
RapiUl  ftd^  k)ergebend  an  ben  ))olnifc^en  ^of  toanbte,  ba^  ber  feine  Siedete  fc^ü^en  möge. 
3mft)ifc^en  trat  §.  noc^  me^r  in  ben  üJlittelpunft  ber  öon  ber  ßentrale  audgel^enben  3Ser= 
^d^e  ber  Slelat^olifterung  bejto.  ber  Kräftigung  latl^olift^en  Äird^enioefend  in  ganj  6uro})a. 

15  SBäl^renb  fein  33Kdf  auf  ^reufeen  unb  5ßoIen  in  erfter  fiinie  gerid^tet  blieb  unb  er  loiebcrs 
^olt  ©igidmunb  Sluguft  (geft.  am  7.  ^ul\  1571)  ju  ©etoalttl^aten  gegen  bie  3)iffibenten 
anjuftac^eln  fu(^te,  blidrte  er  nod^  toeiter  l^inüber  bid  nad)  ©(^ioeben,  um  aud^  bort,  ioie  feine 
93nefe  an  ^oi^ann  III.,  ben  ©c^hKiger  ©igidmunb  Stuguftd  unb  an  bie  Äönigin  bctoeifen, 
eine  SBiebereinftil^rung  feiner  Äonfeffion  ju  ertuirlen  (bgl.  Opera,  Äölner  2lu^.,  II,  376 

3obid  378;  379—380  öom  23.  Januar  1574;  baju  ben  a.  ^offebino).  2)er  ©ebanfe 
einer  uöttigen  Sleftauration  unb  ^urücffül^rung  aller  in  ben  ©d^o^  ber  römifc^en  Äirc^e 
h)ar  gerabeju  eine  fije  gbee  bei  il^m  geioorben,  unb  bon  ber  „Sanftmut"  (ßid^l^om  II, 
543),  fotoie  ber  „angeborenen  SRilbe"  mufi  ba  im  Äam})f  biel  berlorcn  gegangen  fein, 
aud^  toenn  man  in  Se^ug  auf  bie  ^onn  oie  SRücffic^tdlofigfeit   beiS   ganjen  3^italterd   in 

26  91e4^nung  jie^t.  3)a  bie  ©(^riften  be«  §.  fämtlidl^  ))olemif(^er  Slrt  fmb,  fo  ergiebt  ftc^ 
l^ier  auc^  9lnla|  über  ü^n  ald  Geologen  m  reben. 

3)er  neuefte  Siogra^l^  be«  $.  fafet  m  RoSß,  VII  beiS  II.  Sanbe«  (©.  556—571) 
feine  Sebeutung  ald  „©elel^rter  unb  ©d^ftfteller"  gufammen.  ©ic^l^om  meint,  obtool^I 
bafür  gar  feine  Slnjeic^en  borliegen,  bafe  §.  fc^on  aud  $abua  unb  SSologna  „beioanbert 

30  in  aDen  ß^^fl^  •  •  ^^  3^eologie"  nac^  ^oten  jurücfgefel^rt  fei.  ^eilid^  fd^ränft  er 
felbft  biefe«  Sob  fofort  ein,  inbem  er  nad^  einer  fel^r  öagen  Semerfung  bc«  Stefciud  (Vita 
H.  I,  c.  9)  bie  Sludbilbung  „gu  einem  rec^t  grünblic^en  Il^eologen"  burcf^  ?Pribatleftüre 
nac^  ber  Slüdttel^r  aud  S^ölien  erfolgen,  indbefonbere  aber,  toad  tool^l  rid^tig  ift,  il^n  erft 
aU  Sifc^of  in  6ulm  unb  in  @rmlanb  unermüblic^  bie  t^eologifc^en  ©tubien  betreiben  lä|t. 

86  ßin  burc^  bief en  ®ang  ber  3Sorbilbung  bebingter  ©^arafter  be«  ^wf^w^w^^^^^ff^^  ^^f*^  i" 
ber  I^at  feiner  ganjen  ©c^riftfteDerei  an,  @ine  getoiffe  Unfelbjiftänbigfeit  mag  il^m  aud^ 
felber  jum  Seioufetfein  gefommen  fein  —  bielleid^t  erftört  [xd)  fo  auc^  bie  ®eh)ol^n^eit 
bed  $.,  bie  eigenen  ©c^riften  bor  Stbfc^lufe  bon  anberen  burd^fe^en  ju  laffen  unb  bann 
erft  in  3)ru(f  ju  geben,    ©o  l^at  nad^  Opp.  II,  Ep.  17  (p.  162  f.)  Sluarb  Za:pptt  bie 

40  „Confessio"  be^uf«  neuer  Slu^abe  unb  nac^  Ep.  II,  n.  1213  ©logotodfi  1554  ben 
jhjeitcn  3^eil  berfelben  burd^efel^en ;  fo  melbet  auc^^  ber  erfte  SSierteljal^rdberic^t  ber  Sefuiten 
aud  Sraundberg  (SKärg  1565)  bafe  $.  „illud  quod  prae  manibus  habet  scriptum 
contra  .  .  de  Trinitate  haeresim"  bor  bem  2)rucf  bon  mel^reren  Oelel^rten  l^abe  burc^- 
fe^en  laffen.    3nbem  §.  nun  mit  ber  ©(^eere  fleißig  arbeitete  unb  fe^r  braud^bare  j)oles 

46  mifc^e  ©c^riften  in  3Kenge  berfa^te,  ift  il^m  inxd)  feinen  Siograt)l?en  ber  SRu^m  eine^ 
„3Keifter^  in  ber  S^eologie",  eine«  „grünblic^en  3)ogmatiferö",  ber  eine  „genaue  Äenntni« 
ber  l^eil.  ©c^rift",  „eine  gefunbe  Sjegefe",  „au^ejeid^nete  j)atriftif(^e  Äenntnifje"  aufhjeife, 
5U  teil  getoorben  (gid^l^om  II,  ©.  563,  565),  hjä^enb  boc^  ber  ©efd^id^tfc^reiber  ber 
„9Jad^tribentinif(^en  S^I^eologie",  Äarl  SBemer,  nid^t  einmal  2tnla6  nimmt  i^n  ju  ertoä^nen. 

60  3)ie  ^olemif  be«  ä.  ift  mafelo«  in  ber  ^orm,  oft  toillfürlic^  unb  foj)^iftif(^.  SJa«  le^tere 
fyit  i^m  Sergerio  begügli(^  jal^lreic^er  ßmgelfäUe  aufgebedt;  §.  argumentierte  g.  SB.  fo: 
ß^riftu«  „fyii  für  und  gelitten  unb  und  ein  SSorbilb  gelaffen"  —  ergo  fönnen  h)ir  au(^ 
hjic  er  ©ünbe  abbüfeen,  fo  ba^  feine  ©c^ulb  mel^r  übrig  bleibt.  @in  anbered  S5eifj)iel 
entnel^men   h)ir  bem  aüerfe   „De  Expresso  Dei  Verbo".    3)ort  ioirb   bie   grage   ber 

66 Äelc^baneic^ung  an  biefiaien  erörtert:  „30^.6,51  ift  bie SSeri^eifeung"  fagt  §.  „bem  ®e- 
nuffe  bed  Sroted,  nid^t  bed  SBeined  gegeben  —  ergo  l^aftet  fte  aud^  lebiglid^  baran  beim 
2tbcnbma^ldgenu|!"  ^öd^ft  bejeic^nenb  für  bie©teuung  bed^.  jur  ebangclifc^en  Jlirc^e  ift 
bad  golgcnbe. 

3jm  Solare  1567  trat  gabianud  Duabrantinud  aud  5ßr.5©targarb  inSraundberg  ^um 

60  Äati^oticidmud  über.    SJie  ^efuiten  ^tten  i^n  befel^  —  pe  forgten  auc^  bafür,  ba^  bie 


^ofttt«,  @tantölaud  391 

Badft  möglic^fl  bclannt  tüürbc.  3)ic  Don  i^m  im  Äottegium  uoraetragencn  7  „Palino- 
diae"  tourben  1571  auf  Sefe^I  be«  t^atfäc^lic^cn  SSerfaffcr^,  be«  Karbind«  §.,  m  Äöln 
gebrudft.  auf  ben  %M  fe|te  bcr  3)ruaer  unter  SiHtgung  bc«  Kölner  itoneftor«  ba« 
^Igenbe:  ^^Palinodiae  sive  Recantationes  Septem  Fabian!  Quadrantini,  Geda- 
nensis,  cum  factus  esset  ex  Lutherano  Catholicus".  Über  biefe  ^orm  be^  Xitel^  6 
äußerte  fic^  (22.  SKärg  1572)  ber  Äarbinal  mifefölliö:  .  .  „^  tft  ärgerlidp,  ba^  auf  bem 
Xitel  ,,Äatl^oliI"  ftatt  ,,6^rift"  fte^t.  ®«  toürbe  öiel  toirffamer  fein,  h>enn  e«  fo  ba 
ftönbf  h)ie  Duabrantinu«  toörtlicp  gefagt  l^at:  3c^  toar,  ad^  letber,  ein  Sut^eraner,  je^t 
bin  id)  ein  ßl^rift  gemorben  burc^  Ootte«  Onabe.  gjc^  ^be  be^^alb",  fc^reibt  ber  Äarbinal 
toeiter,  „ben  3)ruder  gur  SRebe  gefteflt.  ©enn  ftc^er  ift  e^,  ba^  bie  2utl^eraner  leine  lo 
Soften  finb,  ba  fie  ja  anber^hjof^er  ald  Don  ßl^rifto  il^ren  9lamen  fül^ren  unb  \xi)  öom 
Selbe  ß^rifti  burc^  bie  fd^Iinimfte  Sd^änbung  be«  ^eiligen  felbft  abgefc^nitten  ^aben". 
3Rit  bem  bon  §.  gewollten  litel  ftei^  benn  auc^  bie  „Palinodiae"  in  ber  Äölner  Slu^ 
gäbe  ber  Opera  (II,  789  ff.). 

3)er  Stanb))unft  be«  §.  ate  ber  einer  unuerföi^nlic^en,  baö  SBerf  be«  ®egner^  lebig^  is 
(ic^  at^  ein  ^robult  t)on  @elbftfuc^t,  SSo^^eit  unb  9{udh>irfung  be^  @atand  auffaffenben 
niebrigen  unb  fanatifc^en  ^olemif  offenbart  fxd)  a\x6)  in  feiner  ttberfid^t  über  bie  önt^ 
fteljwng  ber  Äe^ereien,  h)ie  fie  ate  erfte^  S5u(^  bie  „Confutatio  Prolegomenon  Brentii" 
einleitet    3)er  ©ebanlengang  bort  Juirb,  ba   ba^  9BerI   bem  llönige  ©igi^munb  Sluguft 
getoibmet  ift,  J)raftifci^  fo  jugefpi^t :  5ßoIen  ioar  in  öoHfter  ©intrac^t  in  ©ad^en  ber  didu  20 
gton  —  ba  famen  bie  böfen  Sut^eraner.    Unb  nun  folgt  eine  ©(^ilberung  2ut^;er^,  toie 
bornierte  ober   auf   bornierte  Sefer  fj)efulierenbe  Äloj)ffed^ter  fte  J^eute  nod^  Vortragen: 
bie  niebrigften  35etoeggrünbe  toerben  il^m  untergefd^oben,  bie  ft^reienbften  5Biberft)rüd^e  jur 
Saft  gelegt ;  aui^  feiner  ©aat  fei  nur  Unfriebe  unb  3^törung  l^eröorgegangen,  bie  übrigen 
Äe^er  übertreffen   il^n   ^öAften«  in  ber  ©ottloftgfeit.    3Kit  Vorliebe  ioerben  nad^  bem  as 
au^  ^eute  nod^  beliebten  mc^tpt  biefe   le^teren  gegen  Sut^er  au^ef})ielt,  unb   nad^   ber 
©eite  l^in  h)irb  man  ö-  Slnerfennung  ju  teil  ioerben  laffen,  ba^  er  bie  Seftreiter  Sutl^erö 
peinig  ftubiert  l^at.  „sSie  fönnen",  fügt  §.  in  bem  auc^  an  ben  ^nig  gerichteten  ©d^lufe* 
h)orte  l|inju,  „folc^e  Seute  be^au})ten,  ba|  i^nen  ein  Urteil  barüber  juftel^e,  hjag  „ex- 
pressum  Dei  verbum"  fei?    SEBad  bie  Äirc^e  leiert,   ift  expressum  Dei  verbum  —30 
ni(^tö  mcl^,  aber  auc^  nid^t^  toeniger.    2tlfo  —  bleib  fem  öon  jenen  unb  treibe  fie  an^ 
bem  Sleic^e,  loie  ba^  beine  Sorfa^ren   getj^an   ^ben!"    35er  nämliche  Slefrain  feiert  in 
anberen  ©Triften   toieber;   fo   l^eifet   e«  in   De  adoranda  Trinitate  (Äölner  Opp.  I, 
708):  „Tu,  Sigismunde,  si  plus  hoc  tempore  [1564]  praestare  non  potes,  saltem 
ista  flabella  seditionum  in  regno  tuo,  qui  se  Ministros  vocant  et  sunt  revera  86 
ministri  Satanae  .  .  .  procul  e  finibus  pelle". 

3)amit  ift  ber  ba^  ganje  ©innen  unb  3^rac^ten  be^  Äarbinate  erfuttenbe  ©ebanfe 
au^ebrüdt,  an  beffen  SerloirBic^ung  im  möglic^ft  loeiten  Umfange  er  feine  ganje  Äraft 
and)  ioäl^renb  be«  legten  ^a^^jc^nt^  (1569—1579)  gefegt  l^at.  Untjer^üUter  noc^  ate 
fonfttpo  tritt  ber  ^a^  be«  §.  gegen  ben  ^ßroteftanti^mu^  m  bem  ©riefe  ju  3:age,  meldten  40 
er  am  4.  Set)tember  1572  nad)  ®ml)fang  ber  3lad)x\d)t  über  bie  SSartl^olomäu^nac^t  an 
ben  Äarbinal  \>on  Sot^ringen  gerid^tet  l^at.  ßr  l^abe,  fc^reibt  er,  in  ber  legten  3^'^  "i^if^ 
traurige  9lac^ric^ten  erl^alten  —  sed  cum  lU.  Dom.  Card.  Senonensis  .  .  .  me 
certiorem  reddidisset,  extinctam  esse  tandem  gravissimam  illam  Galliarum 
pestem  per  quam  totis  jam  decem  et  amplius  annis  innumerabilibus  cladibus  46 
Regnum  illud  affectum  et  in  summas  caiamitates  adductum  erat,  Goligneum 
dico,  quo  uno  haud  scio  an  unquam  tellus  produxerit  hominem  pestilentiorem : 
ita  sum  .  .  ex  tenebris  in  lucem  quodammodo  productus  ut  incredibilem  quan- 
dam  animi  recreationem  sentirem  .  . .  neque  me  teuere  potui  quin  exclamarem : 
Justus  es,  Domine,  et  rectum  Judicium  tuum.  $oftu^  glaubt  biefe^  le^tere  SBort  60 
jj)ejicll  auf  ßolign^  bejiel^en  gu  bürfen,  iocil  bicfer  ben5&Jörber  beg  ©rubere  be^Äarbinal^ 
\>on  Sotl^ingen  gebungen  l^abe.  5Wan  bgl.  baju  ben  21  .ßolign^,  S5b  IV,  ©.  22:3, 28.  3Q5a^ 
l[feutgutage  feftftc^t,  h?ar  in  ben  beteiligten  Greifen  axxd)  bamal^  lein  ©el^eimni«,  nämlit^, 
ba^  Goligntj^  feine^toeg«  an  ber  ©rfc^ie^ung  be^  ®uife  burd^  ben  Hugenotten  ^oltrot  be^ 
teiligt  h)ar.  3)iefe«  3^9"^^  M  (29.  3^^"^^  1566)  ber  (Se^eime  9tat  auf  ®runb  ber  05 
9?otablent)erfammlung  ju  SJlouIinö  aufgefteßt  —  ber  tjomÄönig  barauf  befohlenen  öffent^ 
fidlen  ©ccne  ber  SJerjö^nung  l^at  ftc^  allerbing^  ber  ©o|^n  be^  ©rmorbeten  entjogen. 

^att^  §.  in  ^olen  1570  ben  ©dbmera  erWbt^afe  in  ber  ©enbomirer  Union  (f.  b.2l.) 
bie  brei  et)angelifcf^en  ^ird^engemrinfd^oftm^dyMHJtfgi,  fo  brang  er  um  fo  mel^r  barauf, 
ba^  ftatt  bc^  lauen  ^untiu^  9Sinc^)0  ft|ri|^^^Hfcfbi  energifc^er,  ganj  k>on  feinem j^ 


392  ^ofittd,  Stantölaud  ^offittitati 

eigenen  ©cfic^tetüinlel  au^  bte  3)in^e  betrac^tenber  unb  be^anbelnbcr  Scgat  in  Jyrancc^co 
ßommenbone  ßefd^tcft  toürbe.  SSon  il^m  fagt  ßic^^om :  „6r  bämljftc  bie  SScrtpegen^eit  bcr 
®iffibenten  unb  crl^ö^te  ben  9Rut  ber  Äat|oIifen"  (II,  ©.  424  f.).  Sei  bem  SCobe  Äönig 
©igi^munb  Sluguft^  beranftoltete  ^.  eine  )ionH)l^afte  Sei^enfeier  in  9lom  unb  liefe  burc^ 

6  Slefduö  eine  öon  il^m  felbft  berfafete  Seid^entebe  babei  l^atten  (gcbructt  in  ben  Äölner 
Opera,  II,  p.  479—482).  aö  bie  SBal^I  ber  ^olen  auf  ^etnric^  bon  ajaloi«  gefaflen 
toor,  fanbte  er  biefent  ein  bertoerfenbe^  ®utac^ten  über  bie  Don  ben  ^roteftanten  i|m  gur 
Slnerfennung  öorgelegte  Äonföberation  (Opp.  II,  454  ff.).  3ltö§einric^  biefelbe  Iro^bem 
befc^tooren  ^atte  (im  @ej)tember  1573  in  ^ari^),  brang  (Epist.  197  in  Opp.  II,  p.  358) 

10  §ofiud  in  il^n,  biefen  @ib  ate  bem  auf  bie  SSerfaffung  geleifteten  gibe  ft)ibcrfj)reci^enb  ju 
breiten.  SSefanntlic^  l^at  §einrid^  fid^  nid^t  lange  ber  ^otnifd^en  SBirtfc^aft  au^gefe^t, 
fonbem  ba«  2anb  berlaffen,  um  ben  franjöftfc^en  3^l^on  ju  befteigen  —  nun  galt  e^  mit 
bem  1575  getoö^lten  ©te^l^an  Sat^ori  ^ül^lun^  ju  gewinnen,  obtool^l  §.  fid^,  folangc 
irgenb  eine  Slu^ftd^t  für  bie  öon  ber  anbem  ©eite  betriebene  3&ahl  SKajimilian^  t)orl§>anben 

16  JU  fein  fc^ien,  gu  beffen  ^Partei  auc^  öffentlid^  gel^alten  l^atte.  3)a  ftarb  5WajimiIian  — 
je^t  tritt  ^,  auf  Sat^ori^  ©eite  unb  je^t  beginnt  bie  eigentliche  ©egenreformation  in 
5ßoIen,  feit  ber  neue  5lönig  ftc^i  unumtounben  ju  ben  gorberungen  ber  lat^olijc^en  ©^nobe 
bon  ^etrifau  1577  befannt  unb  ii^re  33ef(^lüffe  recij)iert  ^atte.  ^nj^ifd^en  l^ielt  §.  fein 
äuge  gef))annt  auf  3)eutf erlaub  gerichtet,  um  Jebe  ©elegenl^eit  ju  er{t)äf?en,  bie  fi^  bar= 

20  bieten  möchte  jur  Äonbertierung  mafegebenber  ^erfönlic^feiten.  ©ein  freiließ  für  bie  beiben 
legten  gal^rje^nte  feine«  Seben«  nur  fel^r  lüdenl^aft  borliegenber  Sriefhje^fel  (Opera  II, 
R&ln  1584)  jeigt  iJ^n  j.  SB.  in  Äorref^onbenj^mit  ßerjog  älbred^t  t)on  Saiern  unb  bem 
@rjbif(^of  bon  SJlainj  über  bie  ÜKögIid^!eit,  ben  fäc^ftfd^en  Äurfürften  3luguft  gu  refatl^o- 
lifieren  (ebb.  ©.  330  ff.,  387) ;  bem  S^witens^robingial  Sorenjo  5Kaggi  fd^reibt  er,   man 

25foQe  bo^  ebenfobiel  ÜRüi^e  auf  bie  (Sl^riftiani^erung  (Lutherani  non  sunt  Christian! 
fielet  ba  ©.  296)  ©ad^fen«  toie  auf  bie  ^nbiend  bertuenben  u.  f.  tv. 

3)a  §.  ben  fc^Iiefelic^en  Umfd^Iag  in  ber  i^n  uor  allen  betoegenben  ^Jrage  ber  SRe- 
latl^olijterung  ©(^hjebenö  nid^t  mel^  erlebte,  fo  lonnte  er,  alt  unb  fc^tüac^  gehjorben,  fein 
Sluge  in  guter  §offnung   fc^liefeen.    3)ie   erfte  ^^afe  be«  großen  gelbjuge«  ber  ©egen^ 

30  reformation  h>ar  beenbet  unb  glücflic^  beenbet.  Überall  faft  brang  ber  ^efuitenorben  bor 
unb  ba«  f})ejipf(^  latl^olifd^e  SehJufetfein  toar  unleugbar  im  ganzen  Sereid^  ber  römifAen 
Äird^e  toefentlid^  gefräftigt.  3"  ^^"  erfolgreic^ften  ©trategen  toenigften«  für  ba«  ®ebiet 
be«  eigenen  SSaterlanbe«  l^atte  ber  9Jlann  gel^ört,  toel^er  am  5.  2tuguft  1579  im 
76. 2eben«ia^re  entfc^lief.    3)urc^  fein  a:eftament  (Opp.  II,  483  f.)  toeld^e«  fc^on  lOga^re 

35  früher  feftgefteHt  toorben  toar  unb  feinen  SSruber  jum  Uniberfderben  einf^t,  ge^t  neben  ber 
^Betonung  lirc^lic^er  ©efmnung  ein  ebangelift^er  3ug,  ber  bielleid^t  überrafc^en  toirb,  menn 
man  ba  lieft,  bafe  §.  alle  Jpoffnung  auf  ®otte«  S3arml^erjigfeit,  nic^t«  auf  bie  eigene 
Äraft  baut,  h>enn  er  fagt:  venio  ad  Te,  nuUis  meis  sed  multis  filii  tui,  Domini 
et   redemptoris  Jesu  Christi,  meritis   onustus  .  .  .  hujus   mortis   meritum   in 

40  quo  solo  meam  spem  et  fiduciam  omnem  habeo  defixam,  adfero  ad  te.  Sa« 
gel^ört  m  bem  efoterifc^en  Se^gebiete  be«  Äat^olici«mu«,  beffen  ^ofitionen  freiließ  ein 
$olemiIer  Don  fjac^  h)ie  §.  in  feiner  täglichen  $raji«  an^  naf}t  liegenben  ©rünbcn  nid^t 
borfel^rt.  »enrot^. 

^oftitttian,  SRubolf,    geft.    1626.  —   fieben«beWreibung  üon  g.  .§.  ^eibegger,   bcr 
45  pebenbänbigcn  tJolioauSgabe   t)on  ©of<)iniQn«  Söerfen   tjorgcbrucft  (®eiteu.  1681),   ejijcrpicrt 
bei   S3a^Ic,  Dict  hist.,   S3b  II;   ^offer,  Nouvelle  biographie  g^n^rale,   :8b  25,  ^ßari«  1858, 
®.  211  ff. 

^ofj)inian  (SBirt^)  iDurbe  in  bem  ßüric^er  35orfe  2tltorf  am  7. 9iot)emberl547  geboren, 
©eine  fd^on  friUie  l^ert)ortretenben  fe^r  bebeutenben  geiftigcn  anlagen  beftimmten  bie  ©ei^ 

öonigen,  il^n  fd^on  mit  fieben  3>a^ren  ben  ©c^ulen  3^^^^^  anjubertrauen.  Unter  ber  Sei^ 
tung  feine«  Dnlel«,  be«  S«^^^'^"  SBolf,  eine«  au«gegeid^neten  ®eiftlic^en  unb  S^i^eo^ 
logen,  unb  ber  ^rforge  feine«  ^at^en  SRub.  ©ualtl^er,  machte  er  bie  fc^önften  Jyortfd^ritte. 
3Kit  bem  grül^ja^re  1565  befuc^te  er  mx  Weiteren  2lu«bilbung  bie  beiben  bamal«  i}od^' 
berül^mten  reformierten  Uniuerfitäten  Harburg  unb  i*>eibelberg.    2)ort  t)errt>eiltc  er   j^hjei 

55  3^^^^/  ^^^  ungefäl^r  fec^«  3Konate.  3lad)  feiner  Stücffcl^r  in  ba«  3?aterlanb  trat  er  1568 
in  bie  SReil^e  ber  3üric^er  ©eiftlic^feit.  Ign  ber  erften  3^^^  tJerfal^  er  eine,  bon  3^^^^ 
einige  ©tunben  entfernte  Sanbürd^e.  6r  J)rebigte  bafelbft  ^tveimal  bie  ffiod^e,  hjä^renb 
i^m  bod^  ein  ©c^ulamt  in  ber  ©tabt  Slrbeit  in  ^ülle  bot.  ^m  ^al^re  1576  tourbe  er 
an  bie  ©))i^e  ber  Sehola  Carolina  gefteHt  unb  berfa^  bie«  äufecrft  fc^hjere   unb  mül^e= 


$of)itntan  393 

botte  3(mt  neben  feinen  je^t  nur  n)eni0  tjerminberten  ^jfanamtlid^en  J^unWonen  19  '^af^xt 
lang.  SKit  Siedet  bemerft  fein  Siogroj)^  öeibeggct:  Ferreum  certe  adamantinumque 
dixeris,  qui  tot  labores  exantlare  et  simul  Ingenium  a  situ  et  squalore  vin- 
dicare  posset.  3)ennoc^  n)ibmete  er  mäl^renb  biefer  ganjen  ^^xi  \d)on  feine  Äraft  ben 
ou^ebel^nteften  lird^engefc^id^tUc^en  6tubien,  hjelc^e  junäd^ft  ein  gegen  bie  römifd^e  Äir(^e  5 
geriqjtete^  j)olentif(^eio  ^\d  l^atten.  @r  njoKtc  bem  $<H)i^mud  geigen,  h)ie  ungegrünbirt 
ed  fei,  tomn  berfelbe  fic^  immer  n?ieber  auf  bie  Übereinftimmung  feiner  Se^ren  unb  ©in« 
ri^tungen  mit  bem  firc^Iic^en  Slltertume  berufe.  5WamentIi(^  belogen  ftc^  biefe  ^iftorifc^- 
Wtifd^en  Untcrfucf^ungen  auf  bie  Saufe,  baö  älbenbma^I,  bie  Äird^e,  bie  g^fte,  ba^  ^ften« 
gebot,  bie  9Könd^^orben,  bie  §errfc^aft  be^  ^ajjfte^  unb  bie  SSegräbniffe.  35ad  guerft  ge*  10 
J)lante  Oefamthjerf  über  bie  ©efc^ic^te  be^  ^ßapfltum«  !am  nid^t  gu  ftanbe.  3)o(^  erf(^ienen 
eine  Steige  grunbgele^rter  großer  3Dlonogra})^ien,  guerft  „De  origine  et  progressu  Ri- 
tuum  et  Ceremoniarum  Eeclesiasticarum,  Tig.  1585".  3^ei  ^al)X^  fpäter  t)ers 
öffentlic^te  §ofl3inian  bie  Schrift:  „De  templis,  hoc  est  de  origine,  progressu  et 
abusu  templorum,  ae  omnino  rerum  omnium  ad  templa  pertinentium",  h^elc^e  L6 
1603  in  einer  berbefferten  unb  burd^  bie  SBiberlegung  ber  angriffe  be«  SeHarmin  unb 
Saroniu^  berme^rten  aufläge  erfd^ien.  ©eine  äbbanblung:  „De  Monachis,  seu  de 
origine  et  progressu  Monaehatus  ae  Ordinum  Monastieorum,  Equitum  mili- 
tarium  tarn  sacrorum  quam  saecularium  omnium",  öottenbete  er  1588,  unb  gab 
fie  1609  öermel^rt  unb  jugleid^  al^  SQSiberlegung  ber  ©(^rift  SSeHarmin«  „De  Monachis"  ») 
h)ieber  ^erau^.  ÜRit  ber  Veröffentlichung  feiner  arbeiten  über  ben  Urfj)rung  unb  bie  (SnU 
h)idelung  be«  ^ftenö:  „De  origine  et  progressu  jejuniorum",  hJoHte  er  bi«  nac^ 
bem  ßrfc^einen  einer  erwarteten  ä^nlid^en  ©c^rift  SeHarminö  toarten.  3)od^  bergebli(^, 
benn  bie  ©c^rift  be^  jefuitifd^en  ^olemiferg  blieb  au!^.  §ofpinian  l^atte  fidb  unterbeffen 
anberen  ©tubien  Eingegeben  unb  fo  blieb  fein  9BerI  unbottenbet.  ©eine  ©dprift  über  bie  25 
^te  unb  Geremonien :  „DeFestis  Judaeorum  et  Ethnicorum,  hoc  est  de  orig^ine, 
progressu,  ceremoniis  et  ritibus  festorum  dierum  Christianorum",  2  33änbe, 
erfc^ien  gu  ß^nd^  in  ben  '^a^xm  1592  unb  1593.  %\xx  ben  SSeifaH,  mit  meiern  aud^ 
biefe  gelehrte  Seiftung  aufgenommen  mürbe,  geugen  bie  nac^einanber  1611  unb  1612  mit 
loertboUen  ßrtoeiterungen,  SBerbcjferungen  unb  3Serteibigungen,  namentlid^  gegen  Seüarmin  so 
unb  ®retfer  erfc^ienencn  jtüei  auflagen.  9Son  feiner  „Historia  sacramentaria"  erfc^ien 
1598  ber  erfte  über  bie  pajjiftifc^en  Irrtümer  unb  1603  ber  jloeite  S5anb.  3)er  le^tere 
ift  bon  ^o^em  S^tc^^fc,  ba  er  bie  ©a!ramentöftreitig!eiten  unter  ben  ^roteftanten  felbft 
fel^r  eingel^enb,  grünbli4>  wnb  queflenmäfeig  be^anbelt.  6r  fül^rt  be^megen  ben  3:itel :  „De 
origine  et  progressu  Controversiae  sacramentariae,  de  coena  Domini  inter  35 
lutheranos  et  orthodoxos,  quos  Zwinglianos  et  Calvinistas  vocant,  exortae  ab 
anno  Christi  Salv.  1517  usque  ad  annum  1612".  ©eine  le^te  größere  ©c^rift  ift: 
„Historia  Jesuitica",  1619;  fortgefe^t  tjon  2ub.  Suciu«  1632. 

3n  baö  ©ebiet  ber  inner^jroteftantifc^en  ^IJolemif  greift  ba^  gro^e  SBerf :  „Concordia 
discors,  seu  de  origine  et  progressu  formulae  concordiae  Bergensis",  Tig.  1607.  40 
2)agfelbe  giebt  eine  leibenfc^aft^lofe,  auf  genauefter  ßenntni«  ru^cnbe  ©efc^ic^te  beö  Ron- 
forbientoerfe«,  h^clcbe  fc^r  gefc^icft  bie  mannigfachen  2)ifferen^en  aufzeigt,  toelc^e  bie  Äon» 
lorbienformel  nur  äufeerlic^  üerbccfen  fonnte,  unb  hjelc^e  bem  SBa^ne  entgegentritt,  al^  fei  ba^ 
Jlonlorbientoerf  tjon  aflfeitiger  freubigcr  ^uftimmung  ber  bcutfc^en  ©tänbe  unb  3;l^eologen  ge« 
tragen  toorben.  Die  auf^  äufeerfte  erbitterten  öutl^eraner  liefen  e^  an  eifrigem  aBiberfpruc^  46 
unb  nur  altju  heftigen  2luöfätten  nic^t  feblen.  fieonbarb  ^utter  in  SBittenberg  tourbc  mit  bet 
SBiberlegung  ber  „Historia  sacramentaria"  unb  ber  „Concordia  discors"  betraut, 
e^  ertoecft  inbc^  fein  guteö  Vorurteil  für  biefen,  bafe  er  fid^  juerft  in  jiemlid^  unhJürbiget 
SQäeife  al«  einen  gemiffen  ßl^riftopi^oru«  a  a?atlo,  Manbibat  ber  Ideologie,  au^giebt.  SJabib 
^ßareu"^,  ber  berüi^mte  §eibelberger  3:i^eologe,  fe^te  feinen  J^reunb  .^pofpinian  bon  bem  Oe*  00 
fd^e^enen  in  Senntni«  unb  riet  tl^m,  feine  äüiberlcgung  in  beutfc^er  Bpxaii)^  ju  beröffent« 
lid^en.  3)od^  ift  bie  fo  entftanbene  ©c^rift  .$ofi)inian«f  nie  im  äjruc!  erfd^ienen.  Da^felb« 
©d^icffal  teilte  ein  anbereö  Don  ipeibegger  fe^r  gepriefene^  SÜerf  $ofj)inian«,  hjeld^e«  gegen 
bie  1614  erfc^icnene  „Concordia  Concors"  be«  A>utteru^  gerichtet  ift.  Cbmol)l  §utter« 
arbeit  nod^  mand^e  »oertüolle  2)ofumente  beibringt,  fo  ift  fie  bei  il^rem  gereijten  lone  65 
unb  ber  ©uc^t,  auc^  ba^  Unmiberfprcc^Iicl^c  um  jebcn  ilJrei^  ju  beftreiten,  meit  babon 
entfernt,  bem  SBerfe  be^  fcbh?ci;\erifc^cn  Theologen  gleicf);^uftel)en  ober  gar  badfelbe  tüiber« 
legt  5U  ^aben,  obgleid^  fcf^on  in  ber  CoiKMinlln  dlncors  au«(  ^ieben^liebe  manc^e^  untere 
brücft  ift,  tva^  öofpinian  toufttc  unb  ^u  feinem  il^orteil  benu^en  fonnte  (f.  feinen  Srief 
an  SBolfgang  Slmling  bom  22.^iluguft  H)07).   (Sbenfo  fieser  ift  femer,  ba^  ben  i)roteftans  «> 


394  ^oftitnian  ^offittaliter 

tijc^en  dürften  ©cutft^Ianb^,  audb  bm  reformierten,  biefe  ©meuerung  bcr  ©aframcnt^^ 
l^änbel  ju  fcl^r  unflelegener  ^z\t  lam.  ©ie  fannen  auf  SSeremtgung,  um  eine  j)oKtif(^e 
äSerbinbung  ber  beiben  getrennten  J)roteftantif(^en  ^arteten  m  betoirten.  3)em  Sanbgrafen 
5Kori^  \)on  Reffen  unb  fjricbric^  I V.  öon  ber  ^fal^  gegenüber  mufete  fic^  §of})intan  fc^on 

6  toegen  SSeröffentKc^ung  ber  Concordia  berteibigen.  (S^  läfet  fic^  alfo  leicht  begreifen,  bafe 
bon  biefer  ©eite  aUe«  aufgeboten  tourbe,  jetne  ©c^rift  gegen  §uttcr  jurücfjuf^aften.  Der 
3üric^er  3^l^eologe  brachte  bcm  Rieben  fein  Dp^^x  unb  fc^h)ieg,  obgleid^  eine  SBiberlegung 
be^  l^oc^fa^renben  SBittenbergerg  niemanbem,  am  toenigften  bem  §o|i)inian,  fc^hjer  gefallen 
toäre.   ®ie  S^nc^cr  brad^ten  il[frem  gefeierten  S^eologen  bie  l^eimatlicf^e  Stnerfennung  ba^ 

loburd^  bar,  bcA  fie  il^n  in  feinem  Berufe  erleichterten,  am  25.  ©et)tember  1588  erhoben 
fte  i^n  2um  mc^ibialon,  1594  gaben  fte  i^m  ba^  bequeme  Pfarramt  an  ber  ^aumünfter- 
lirc^e,  um  i^m  reiche  ÜKufee  ^ur  SSottenbung  ber  unternommenen  SQSerfe  ju  geben,  am 
Slbenbe  feinet  Seben«  trafen  inbe^  ben  grofeen  ©ele^rten  l^arte  ^Prüfungen,  folgen  feiner 
9lufoj)ferung  für  bie  SBiffenfc^aft  unb  bie  Se^re  feiner  Äirc^e.    ßr  h)ar  ein  ganje«  3al^r 

16  lang  blinb,  unb  in  einem  älter  bon  76  ^al^ren  berfiel  er  in  einen  finbifd^en  3wf^^"^/ 
au«  bem  ii^n  erft  ber  %o\>  am  11.  9Jlärj  1626  befreite. 

Lic.  §t.  eitb^offt  ((&.  9.  S^arl  Mütter). 

^oftittaltter,  ßofbitalbrüber.  —  ^eIi)ot,  Äloftcr-  unb  9?ittcrorben  III,  383ff.; 
5r.  ^urtcr,  Die  «riftl.  teolölt^ätigreit  im  12.  unb  13.  3o^röunbert  (J^G©  1842. 8.226 ff.); 
20  gering.  Die  iBiebedt^ätigfeit  bed  Mittelalter^  nac^  ben  ftreuj^ügen,  ^aOc  1883  ($rogr.j; 
®.  SRofinacr,  ©ef*.  bcr  firc^I.  Slrmen^flege,  2.  «.,  grciburg  1884,  @.  254  ff. ;  U^l&orn, 
Die  (^riftl.  ßicbcSt^ätigfcit  im  3RittcIaItcr,  ©tuttflart  1884,  @.  85 ff.  199 ff.  278 f.  468 ff.; 
Äreufewalb,  ^rt.  „^ofpital"  im  ÄÄß»  VI,  302ff.;  ^eimbiK^cr,  Orben  unb  Äongreöationen  I, 
@.  500-503;  ^mil  3Wi(^acI,  6.  3 ,  Deutfc^e  C^^arita«  im  Mittelalter  (Qlli^  1899,  II). 

26  §ofj)itaIiter  ober  i5ofj)ital6rüber  ^ei^en  im  allgemeinen  bie  9Jl5nc^e,  Äanoniler,  Saien- 
brüber  ober  geiftlic^e  Drben^ritter,  toelc^e  ft(^  (gehJö^nlic^  auf  ®runb  ber  SluguftinerregeO 
ber  Pflege  ber  in  Ilöfterli(^e  ober  aud^  in  ftäbtif(^e  BpxtäUx  aufgenommenen  Äranfen 
toibmen.  Sin  ber  ©})i^e  il^rer  3Serbrtiberungen  fte^t  je  ein  SSorftel^er  (Superior,  Maior); 
bie  auffielt  über  i^re  ölonomif^en  Angelegenheiten  fül^rt  ein  ^ofpitatmeifter.     3m  ^aße 

30  il^er  engeren  SSerbinbung  mit  eigentli^en  Älofterorben  ober  Äanonifaten  fmb  fte,  gleich 
biefen,  ber  auffielt  be«  Sifc^of«  untertoorfen ;  boc^  ftel^en  einige  i^rer  ©enoffenfc^aften 
oud^  h)ol^l  unmittelbar  unter  bem  J)ci^ftlid^en  ©tul^le.  ^^^erlic^e  Jlloftergelübbe  leaen  i^re 
3Ritglieber  in  ber  Siegel  nic^t  ab,  l)ei1)fli(i^ten  fic^  jeboc^,  aufeer  jur  Ärmen^  unbKranfen- 
pflege,  meift  aud^  lur  älrmut  unb  jur  @aftfrei^eit. 

86  Dafe  ba«  Snftitut  ber  §ofj)italbrüber,  al«  eine  ben  aSerjg^ältniffen  be«  Mittelalter« 
anget)afete  5ßarauele  ju  ben  altlir(^lid^en  5ßarabolanen  (f.  b.),  in  einigen  feiner  3let)räfen= 
tanten  fc^on  frül^mittelalterli(^en  Urft^rung«  ift,  lägt  ftd^  mit  aBa^rjd^einlidf^feit  annehmen, 
obgleid^  ber  birelten  93elege  für  bie  Sjiftenj  felbftftänbiger,  b.  f).  üon  Älöftem  ober  G^or^ 
l[fermftiften  unabl^ängiger  ©toitalbrüberbereine  für  bieS^it  bor  ben  Äreujjügen  faum  hjelc^e 

40  toorl^anben  fmb.  6ine  to^ianifd^e  Sofaltrabition  läfet  ben  1^1.  ©oror  ju  ©iena  (f  898) 
bereit«  um  bie  3Kitte  be«  9.  S^^l^unbert«  in  biefer  ©tabt  einen  flijfterlid^  orjfjanifierten 
Srüberberein  jur  Seitung  unb  Sebienung  be«  ©j)ital«  U.  2.  %t.  r)on  ber  2eiter  (della 
Scala)  ftiften.  äUein  au«  ben  bon  SWuratori,  Ant.  Ital.  IV,  585  ff.  mitgeteilten  Ur^: 
funben  gel^t  bielmel^r  I^erbor,  bafe  biefe«  2)etta  ©cala-§ofj)ttal  bi«  gegen  (gnbe  be«  12.  ga^^ 

46  l[funbert«  überl^au})t  ein  fKftifdfje«,  bon  ß^ori^erren  bertoaltete«  hjar  unb  bafe  auc^  nad^ 
feiner  SSerfelbftftänbigung  biefen  Äanonifem  ein  2luffid^t«red^t  über  e«  jugeftc^ert  tourbe 
(fo  5ßa})ft  ßöleftin  III.,  burd^  Urfunbe  bom  ^a^re  1194).  S)er  angeblid^e  Drben«ftifter 
©oror,  t)on  toelt^em  juberläffigc  ^agiologifc^e  Duellen  nid^t«  miffen,  fc^eint  lebigli(^  ba« 
@rfinbung«))robuft  einer  ©J)italfage  ju  fein  (f.  über^aujjt  Ul^ll^om  ©.  469).  ^m  toefent* 

60  li(^en  I^at  ba«  §ofj)italiterinftitut  h)o^l  erft  in  ber  ßjjoc^e  ber  Äreujjüge  feinen  Urfbrung 
genommen.  @rft  bie  Äreujjug«begeifterung  ^at  bie  namhafteren  Drben  unb  Srüberfc^aften 
jur  ^pege  franfer  ober  gänjtic^  verarmter  ^ßerfonen  in  ©j)itälem  in«  Seben  gerufen;  erft 
bem  ©influffe  biefer  gewaltigen  Sehjegung  ift  ba«  ©elbftftänbigmerben  ber  bebeutenberen 
jener  ftäbtif^en  »^ofjjitäler,  tüeld^e  borl^er  ju  Älöftem  gehört  Ratten,  unb  ebenfo  ba«  $er- 

66  bortoac^fen  befonberer  5ßflegerorben  au«  bor^erigen  Älofteranftalten  jujuft^reiben  (ügl.  U^l- 
^om,  ©.  100  f.).  Sin  2;eil  ber  auf  fold^e  SBeife  nac^  unb  nad^  entftanbenen  Drben  ober 
Kongregationen  ift  in  befonberen  ärtifeln  biefer  enci9floj)äbie  bel^anbelt;  fo  in  ben  bi«^ 
l^erigen  Sänben  biefer  Auflage:  §.  ©eift^Drben  (bie  Stiftung  ®uibo«  bon  9KontJ)ellier 
bom  3a^re  1198,  auc^  ^of^italiter-Drben  fc^led^ttüeg  genannt;  f.  VI,  457 f.);   Sllejianer 


^of^ittaltter  .^of^iitoliteriitaeit  395 

(L,  359—361);  antonitct  (I,  606 f.);  »et^Iel^cmitm  (II,  670 f.);  »arml^erjiflc  »ruber 
toon  Soinöille  unb  Sarml^erjiöe  Srübcr  bc«  go^ann  uon  ®ott  (III,  443—445);  Qippo^ 
IVtu^brüber(VlII,  135f.);  öfll.  bic  hjcitcr^in  folgcnben  ärtifel:  SoJ^aimtter;  Äreujl^crrm; 
Sajariftcn ;  3Säter  be«  guten  ©teiben^  u.  f.  f.  ^nx  ©rgänjuitö  be«  S^^^^ß^  *>i^^  f^^^P* 
[tänbigen  9(rtifel  feien  ^ter  noc^  genannt:  6 

1.  §of))itaIbrüber  üon  Surgod,  jur  Sefc^ü^ung  ber  $Uger  nai)  ©t.  3afob  be  Gom« 
po^dla  mit  ßifterjienferregel  gegrünbet  1212,  f^äter  (1474)  bem  ßalatrabasSlitterorben 
anflef(^loffen  (f.  §el^ot  VI,  76;  Ul^r^om  279). 

2.  ärücfenbrüber  (Fratres  pontifices,    Fröres  pontifices),    jum  Sau   unb  jur 
Unter^Itung  Don  Srüden   für  5ßifger  angeblich  1177   geftiftet  t)om  f).  Senajet  (Bene- lo 
zettus,  3)eminutiu  \>on  Senebictu^  (f  1184),   bem  ©rbauer   einer   tounberbaren  SSrücfe 
über  bie  Sll^one  bei  äüignon,  ber  Wo\)l,  toie  aud^  biefer  fein  Drben,  ganj  ber  ©oge  an* 
gel^ört  (f.  ^el^ot  II,  333 ff.;  Uf^I^om  ®.  279  u.  494 f.;  %alt  im  ftRS»  II,  1331). 

3.  ©t.  3ö'ob^brüber  üon  §aut))a«  (Altipassus)  bei  Succa,  ein  geWic^tlicb  gut  be* 
leugter  Drben  für  Srticfenbau  unb  $ilgerj)flcge,  beffen  SKutterl^au«  bei  fiucca  fcpon  unter  i6 
^a^)ft  §onoriu^  II.  c.  1127  ertoä^nt  h)irb  unb  beffen  ängel^örige,  gelennjetd^net  burc^ 
ba«  Smblem  eine«  Jammer«,  aud^  in  ^ßari«  ein  Höpital  St.  Jacques  du  hautpas 
(gegrünbet  1322)  fotoie  anberttjärt«  Käufer  Ratten  —  aufgehoben  burx^  $iud  II.  1469 
(§eI^ot  II,  328;  Ul^ll^om  1.  c). 

4.  Srüber  üon  ber  ?3ufee  ober  ^önitenjbrüber  ju  Srüffel,  unb  20 

5.  $ofj)italbrüber  Don  Sllbrac  (Slubrac,  in  ber  füblid^en  Slubergne);  f.  über  beibe 
;5eimbu(^er  I,  501. 

6.  Sufebrüber  ^cfu  ß^rifti  ober  ©adfträger  (fratres  saccati,  Sachetti),  eine  in 
©^Hinien  —  j.  S.  in  ©aragoffa  unter  ^nnocenj  III.  c.  1200  — ,  in  ^anfrei(^  unb  in 
Snglanb  nac^ioei^bare  Sü^ersSenoffenfd^aft,  njelc^e  in  ®eft)änber  bom  gröbflen  3^0^  Ö^-  26 
Ileibet  fi(^  ber  Pflege  Don  Äranfen  ber  elenbeften  2trt  mibmeten;  —  in  ©nglanb  jur  grit 
§einrid9^^  III.  unter  bem  9lamen  Boni  homines  öorfommenb,  fonft  aud^  Seginenbrüber 
genannt  (f.  §eh;ot  III,  175 f.;  Sittle,  The  friars  of  the  sack,  in  The  Engl.  hist. 
Review,  Jan.  1894,  p.  121  sq.;  §cimbu(^cr  I,  445). 

7.  §of})italiter  ber  Unbefledften  ©m^fängni«.    Über  biefe,  fohjie  über  ao 

8.  bie  noc^  neueren,  erft  1810  burc^  ben  Äanonifu«  Xrieft  ju  ®ent  (f  1836)  ge^ 
grünbeten  „95rüber  ber  Siebe"  ober  Irieftiner  f.  igeimbuc^er,  r,  502  f.  ^liäUt. 

^of)ittalttertnneti.  —  ©cIt)ot  III,  131  f.  184 f.;  SDJajimc  2)u  (5amp,  3)ie  3Bo^ltWtlg* 
tcitSanftaltcn  ber  d)rlftlicöen  »arm^crüififeit  ju  ^ori^  ("3»ainj  1887),  ®.  287 ff.;  öittlc,  in 
Thi  KiigJ.  hir^r.  ]i<-v.  lb[fi.  Ann.,  p.  Iiilf.;  |)eimbu(^cr,  I,  503-505.  II.  374  ff.  443 ff.        86 

älui^  mdbUcbc  Siereinc  pr  ©pimlpflege  entftanben  feit  bem  Zeitalter  ber  Äreujjüge 
in  bettäc|tli{|er  ^^a^l,  gfeic^  bcn  <?nti>re(^enben  männli^en  ©enoflenfd^aften  balb  me$r 
eigcnttic^  t(&fterü(tscn  ^^^Mj^ii^r  ^<^^'^  "itr  fiaienfc^toeftemc^arafter  tragenb,  babei  if^ren  Se« 
rufsfrci^  biclfad>  burc^  *&injunal)me  \>on  Sefd^äftigungen  hjie  hjeiblic^e  Su^^nberjie^ung, 
3Bftifen^)p€öc,  ^ü^oi^S*^  fü^  SRagbalcnen  2c.  erhjeiternb.  Über  biele  ber  in  neuerer  3^*« 
(feit  tocm  IG.  ^Q^th.)  cntftanbenen  ©enoffenfc^aften  biefer  3lrt  ift  in  bem  ärtifel  „gfröuens 
longregattoneii''  (V^I,  2m—2i\)  gcf^atibelt.  ^nx  ©rgänjung  be«  bafelbft  ÜRitgeteilten 
fei  ^ier  noc^  auf  einige«  fd^on  bem  9)JitleIalter  2lnge^örige  ^ingetoiefen. 

1.  ©adfträgerinnen   ober  ©adEnonnen   (Sachettes,   lat.  Saccariae),   mit  ä^nlic^er 
entbel^rung«reic^er  Sebenöfitte  unb  rauher  SSefleibung  toie  bie  ©acfträger  (f.  oben,  9lr.  6),  46 
bef afeen  ju  $ari«  neben  ©aint^Slnbr^  be«  ärc«  eine  Slieberlaffung,  nac^  hjelc^er  nod)  je^t 
bie  betreffenbe  ©tra^e  Rue  Sachettes  Reifet  (ögl.  §el^ot  unb  Sittle  a.  a.  D.). 

2.  §ofj)itaIiterinnen  be«  l).  Oertoafiu«  (S.  Gervais),  bebienten  ba«  nat^  biefem  ^ei« 
ligen  benannte,  im  ^af}xc  1171  errid^tete  Qpital  in  5ßari«,   ein  Slf^l   für  Dbbad^Iofe,  in 
toelc^e«  nur  ÜKänner  (gu  breitägiger  Seberbergung  unb  3Serj)fIegung)  aufgenommen  iourben.  60 
äl«  Drben«regel   bienten  i^nen  bie    Constitutions  de  la  Congr^g.  des  Religieuses 
hospitalieres  de  l'ordre  de  S.  Augustin  (gebrucft  j.  53.  ^ari«  1691;  bgl.öel^ot  II, 292). 

3.  §ofvitaIiterinnen  ber  l}.  Jtatf^arina  gu  ^ari«  (auc^  Cath^rinettes  genannt),  mit 
ben  oben  genannten  Constitutions  ber  Jpofpitalfd^tüeftem  üom  ^.  Sluguftin  al«  ®runb* 
läge  i^rer  Serfafjung,  bebienten  ba«  1188  geftiftete  Äatbarinenfjjital  ju  ^ari«.  ^n  il^m  66 
tourben  obbad^Ioje  grauen  für  bie  3)auer  Don  brci  SCagen  t)erj)flegt.  Die  ©i^toeftem  biefe« 
§ofj)ita(«  toaren  berjjflic^tet,  mit  i^ren  armen  Pfleglingen  an  ®inem  3:ifc^e  ju  effen,  auc^ 
bie  im  ©efängniffe  SSerftorbenen  fotoic  fonftige  nic^t  rellamierte  2ei(^en  ju  beerbigen  (tjgl, 
aJl.  Du  Qamp,  1.  c). 


396  ^of)ittdUerititien  ^o^ai^ 

4.  Ajöubr^ettc^  ober  (naä)  einer  fpäter  übüd^  gehjorbcnen  Benennung)  „3:öd^ter  bon 
SKariä  Himmelfahrt",  ^ei^t  bie  um  1250  bon  ÜKabame  $aubr^,  ber  ©ema^Iin  beg  ®e= 
^eimfelretär^  Soui^  b.  ^eiliaen,  (Stienne  §aubr^,  geftiftete  ^auenfongregation.  Sie  toar 
tüäl^renb  $aubr^«  langer  Slbtüefenl^eit  im  Orient  beim  6.  Äreugjuge  (1248—54)  bon  ber 

6  an  ber  SltidffeE^r  il^re«  ©ema^te  ber^hjeifelnben  unb  ba^er  ba«  ©elübbe  immermä^rcnber 
Äeujd^l^eit  ablegenben  ©tifterin  gegrünbet  morben,  fanb  bann  auc^  bie  änerfennung  be^ 
mle^t  boc^  ^eimgelel^rten  §aubr^  unb  tourbe  burd^  beffen  Dotation  jur  aufnähme  unb 
Setpflegung  bon  gunäd^ft  jtoölf  armen  grauen  befal^igt,  toud^«  aber  balb  gu  er^eblid^er 
©tärfe  l^eran  unb  verbreitete  fid^  über  gang  ^anfreid^.    (Srft  bie  Slebolution  be«  borigen 

10  ^ö^i^^wnbertg  l^at  i^rem  SBirfen  ein  ^iel  gefegt  (§eimbud^er,  6.  503). 

5.  §o{J)itaUterinnen  bom  §6teH)ieU;  aud^  ,,iöc^tcr  Sottet"  (Filles  de  Dieu)  ^ei^en 
bie  ba«  grofee  $auj)t^$oft)itaI  ber  ©tabt  5ßari«  (®ttft«=Hoft)itaI  ber  Äird^e  9?otre  3)ame) 
bebienenben  ©d^toeftem;  Dgl.  §eI^ot  III,  184;  2)ulaure,  Histoire  de  Paris  II,  277  sq. 

6.  §of}3italiterinnen  bom  f}l  ®etft  i;ei^en  bie  ß^orfrauen,  toeld^e  —  gleich  ben  unter 
i5  9lr.  2  unb  3  genannten  auf  bie  äluguftinersß^orfrauen^Slegel  Verpflichtet  —  ba^  1212  gu 

^Polignl^  geftiftete  §ofJ)ital  bebienten.  Denfelben  9Jamen  führten  nod^  anbere  bem  §of}3ital' 
bienft  fid^  toibmenbe  ß^orfrauen.  Slber  au^  Viele  nid^t  auf  jene  Sluguftinerinnenregel  ber- 
}3flid^tete  ©J)italfc^h)eftem  nennen  fic^  ä^nlic^  (tt^fva  „§eil.s®eift-©d^h)eftem,  ober  Soeurs 
du  St.  Esprit,  Filles  de  Dieu).  ©o  in  ^anlretc^  bie  §oJt)itaIiterinnen  bon  äbbebiUe, 

2o33eaubai^,  5ßontoi{e,  Gambra^  jc;  be^gleic^en  bielc  in  Deutfc^Ianb  u.  a.  Sänbem  (bgl. 
i&eimbuc^er,  I,  438). 

SBegen  ber  bem  go^anniterorben  unb  2)eutfc^orben  angefc^Ioffenen  ^oj^jitaliterinnen 
(So^anniterinnen ;  Deutfc^^Orben^fc^toeftem)  {otoie  toegen  ber  §umiltatinnen  (§of>)itaI= 
Wtoeftern  be«  ^umiliatenorben«)  f.  bie  betreffenben  ärtifel  unb  bgl..öeimbud^er,  ©.  503 

26  Si^rfter. 

^oftbtti^,  5Peter  SBill^elm,  1784— -1846.  —  ©Ine  fclbftftönbigc  ^Darftcüung  be§ 
ßcbcn§  ^ofebacftS  ^otte  fein  greunb  Dr.  3onQ§  (S3erlin)  übernommen,  ©ic  ift  aber  oerlorcn 
gegangen.    ?lnbere  OueUcn  werben  im  3ufammcn&ang  genannt  werben. 

$eter  SBil^elm  §ofebac^  tourbe  am  20.  SJ^bruar  1784  in  9leuftabt  an  ber  3)offe 

80  geboren  unb  erhielt  bon  feinem  33ater,  einem  e^rtoürbigen  SSoIföJc^uIIe^rer,  eine  einfädle, 
fromme  (Srjie^ung.  9lac^bem  er  in  §atte  unb  ^ranffurt  a.  b.  D.  i^eologie  ftubiert  l^atte, 
tourbe  er  1806  ^au^Iel^rer.  SRac^bem  er  Jobann  eine  für  je  3<^i^  Sonreftor  am  ©^mna= 
jtum  gu  5ßrenjlau  getoefen  toar,  tourbe  er  5ßfarrer  ju  ^läni^  an  ber  Doffe.  3"  biefem 
einfam  gelegenen  Orte  brad^te   er  fünf  ^al^re  ju,  ben  ©tubien  alle  ^6t  toibmenb,   bie 

86  il^m  fein  ämt  übrig  liefe.  33or  allem  toaren  e«  ©d^leiermad^er«  ©d^riften,  bie  er  auf  fid^ 
toirlen  liefe,  benn  an  ©d^leiermac^er^  SReben  über  bie  SReligion  (1799)  toar  i^m  juerft  ein 
tiefere^  Seben  be^  3»^^^^  Ö^J^ßt  toorben.  äfe  er  bie  ©teile  eine^  Äabetten^aug))rebiger^ 
inSerlin  1815  erhielt,  begann  auc^  ein  J)erfönlic^er  SSerf e^r  mit  ©c^leiermac^er  unb  feinen 
@4>ülem  unb  g^eunben,  ber  immer  bertrauter  tourbe. 

40  äte  Äabettenjjrebiger  fc^rieb  er  1819  ba^  2thm  ^o^.  SSal.  3lnbreä«,  getoibmet  bem 
^eunbe  Südfe,  ber  bon  SJerlin  nac^  Sonn  gebogen  toar.  2)a^  SBerf  trägt  ^üd^m  babon 
an  ftc^,  bafe  ß.  auc^  bie  geleierte  gorjc^ung  in  ben  2)ienft  ber  ©egentoart  ju  [teilen  fic^ 
gebrungen  fül^lte.  @r  leugnet,  bafe  ettoa«  anbere^  ate  ba^  ßl^riftentum  bie  3^i^  toieber^ 
gebären  fönne;   toeberbie  $oIittf  noc^  fonft  tüoa^  bon  oben  ^er  toirfe  fo  ©rofee^,   boc^ 

46  fel^nt  er  fwb  nac^  einer  fird^lic^en  SSerfaffung  unb  ma^nt  bie  SBürbenträger  ber  Äin^e  ju 
©fer  unb  ÜKut,  bie  SRec^te  ber  Äird^e  gegen  bie  Eingriffe  toeltlid^er  ©etoalt  ju  bertreten. 
3)ie{e  toeltlic^e  ©etoalt  toar  mittlertoeile  ber  ^txt  mit  toac^fenbem  3Jlifetrauen  ent- 
gegengetreten. De  Sßette«  2^eilna^me  an  ©anb«  ©ejd^idf  ^atte  feine  ©tellung  in  SJerlin 
unhaltbar  gemacht.    311«  e«  befannt  tourbe,  bafe  bie  ^eunbe  be  SBette«  bei  ^ofebac^  im 

60  5labettenl^aufe  i^re  3lbjd^ieb«feier  gebalten  l^atten,  toar  aud^  §ofebad^  genötigt,  fic^  einen 
anberen  SBirfung^frei«  ju  Jucken,  ©o  tourbe  er  gu  Dftem  1821  ate  brittcr  ^^Jrebiger  an 
ber  bamal«  nod^  bereinten  ©emeinbe  ber  neuen  unb  IJerufalemer  Äirc^e  eingeführt,  ©eine 
grofec  t)raftijc^e  ^Begabung  trat  balb  l^erbor,  unb  bie  Seilnal^me,  bie  feine  ^rebigten  fanben, 
betoog  il^n  im  ^wli  1822,  einen  (erften)  Sanb  mit  17  ^rebigten  l^erau^jugeben  (33erlin, 

66  SDümmler),  toeld^en  er  ©d^leiermad^er  mit  einer  e^rfurc^t^bollen,  gut  gefd^riebenen  3)ebis 
fation  ^ueignete.  Slnberc  (Sammlungen  bon  5Prebigten  folgten  nac^  (1824,  1827,  1831 
über  bie  bier  erften  Äa^jitel  be«  dbangelium«  gol^anne«,  1837,  1843).  ®ne  fiebente 
©ammlung  ift  1848  ($ot«bam,  SRiegel)  erfc^ienen  au«  bem  9?ad^laffc  ^ofebad^«  unb  mit 
einem  biograji^ijc^en  'i^ortoort  bon  $i{^on  bereid^ert. 


^opad^  ^ofHeti  397 

3m  Saläre  1828  gab  ^o^bad^  fein  bcbcutenbftc«  SBerf  l^crau^:  „Bpmn  unb  feine 
3eit"  (2  2;cile,  2.  aufl.  1853).  ^ofebad^  l)at  mit  bcm  ?5ietigmug  nid^t  blo^  in  ber  in= 
teffeltuellen  2Beci^fctoirfung  gejtanben,  bte  ba«  SBerf  mit  fid^  brad^te,  fonbem  aud^  für 
fein  ^erj  unb  fein  ältbeiten  in  ber  ©emeinbe  bon  bem  bleibenben  ©etoinne,  ben  ber 
^pieti^mud  unferem  religiöfen  Seben  gebrad^t  ^at,  mand^e«  erfal;ren  fönnen.  3lud^  auf  6 
feinem  Sterbebette  füE^rte  er  be^  befc^eibenen  ©Jjenerö  SBorte  nod^  an  unb  [teilte  aud^  fid^ 
felbft  barunter,  bafe  e^  bei  iE^m  nid^t  fei  toie  bei  bem  fei.  gehabe,  ber  getoefen  fei  toie 
ein  ga^  boll  ÜKoft,  au«  toeld^em,  too  man  ed  nur  angebol^rt  f)aU,  ber  fü^e  3:ranf  ^er^ 
Dorgequotten  fei. 

i)ag  ^ai}X  1834  hjar  i^m  fd^merjlic^,  hjeil  i^m  ©d^Ieiermac^er  entriffen  tüurbe,  bem  lo 
er  am  (Sonntage  Cculi   bie  ©ebäd^tni^jjrebigt   gehalten  ^at  (über  1  Äo  13,  8).    ©^   ift 
eine  ber  fd^önften  ^rebigten,  bie  e«  giebt,  unb  ein  eble^  3^9"^^  fo  gut  für  ben  Jlebner 
ol^  für  ben  beretoigten  J^reunb. 

©ein  Seben  toar  unterbe«  bielfad^  gel^emmt  toorben  burc^  Äranfl^eit.  Sd^tüamm« 
getoäc^fe  in  feinem  Röxp^x  Ehalten  [xd)  mit  großer  gd^merjlid^feit  auf  ein  3luge  getoorfen,  i6 
unb  na(^bem  man  öiele^  bagegcn  berfuc^t  ^atte,  mujtc  ber  gefc^idte  Slugenargt  ba^  2luge 
auö  feiner  §öl^Ie  l^erau^rei^en,  eine  £)))eration,  bie  benfelben  ju  ber  äujerung  jiDang,  er 
l)ab^  bi^^er  nid^t  getou^t,  ba^  ba«  ß^riftentum  fold^e  ^ö^igleit  mitteile,  ben  ©d^merj  ^u 
ertragen,    ©ae  Seiben  fd[>ien  nun  bamit  gehoben  ju  fein. 

aiö  balb  nad;l^er,  Sluguft  1845,  bie  SKänner  ber  liberalen  ©d^Ieiermac^erfc^en  SRic^s  20 
tung  einen  ^roteft  gegen  bie  5tcaftion  au^el^en  laffen  tüoUUxi,  toax  §o^bac^  einer  ber 
erften,  benen  ber  @nth)urf  borgclegt  tourbe;  er  toie«  i^n  jurüdf,  unb  erft  ate  er  er^eblid^ 
mobifijiert  toar,  unterfd^rieb  er,  jebod^  mit  ber  Semerhmg,  e«  fei  eine  Sc^ülerarbeit  unb 
enthalte  jtoar  einen  ^roteft  nad?  rcd^t^,  aber  nid^t  ben  ebenfo  nötigen  nac^  ber  Knien 
©eite  l^in.  25 

Unterbeö  fc^ritt  ^o^bac^«  Übel  fort  unb  bie  ©c^toammgetoäc^fe  berbreiteten  fic^  bun^ 
ben  ganj^en  Äörj)cr.  2(m  7.  3lpril  1846  entfdblief  er  fanft  unb  ru^ig;  feine  3lmtögenoffen 
3Warot  unb  ßober  fjjrac^en  bei  feinem  Segräbniö  am  Karfreitag  ju  ber  ©emeinbe. 

JB.  ^oUenaerg. 

^oftien.  —  Bona,  Rer.  liturgic.  1. 1  c  XXIIl,  ed.  Rom.  1671  p.  178 sqq. ;  Martene,  80 
de  aotiqu.  eccl.  rit.  edit  II,  t.  I  cap.  III  art.  7  p.  320  sqq.  t.  IV,  1.  II  cap.  VIII  p.  221  sqq. ; 
Bingham,  Orig.  s.  antiquit,  ecel.  1.  XV  cap.  II  §  V  sq.  (t.  VI,  p.  270  sqq.);  3.  §lnbr. 
8(ftmib,  de  oblatis  eucharist.,  Heimst.  1733;  ^(ugufti,  3)enfn)ürbigfeiten  qu§  ber  c^riftlicften 
Slrcftöolog.  VIII  S.  274  ff.;  Ä^S*  51.  ^.;  gr.  X,  iirau^,  SR(£.  ?l.  ^poftic  unb  33roteuc^ariftic 
(bc  3Baal).  86 

Hostia,    eigentlich    D^jfertier,  Dj)fer,    hjirb   fd^on  bon  6^t)rian   ate  Sejeic^nung 
beg  bom  ^Priefter  in  ber  ßuc^ariftiefcier  toern)enbetenSrote^  gebraust  (de  unit.  eccles.  17: 
dominica  hostia).    9Jac^  2lbfd^luJ  ber  römifc^en  Seigre   bom  9)le^oJ)fer  toax  biefe  83es 
jeid^nung  eigentlich  nur  auf  ben  toom  ^riefter  gcmanbelten  Seib  ß^rifti  antoenbbar,   toäl^- 
renb  ber  ebenfalls   für  ba^  Stbenbmal^löbrot  angetocnbete  9lame    oblata  (öon   ber  S)ars  40 
bringung  ber  9Jaturalgaben  feiten^  ber  ©emcinbeglieber  ^errü^renb)  bon  ben  ungeteilten 
©lementen   galt.    3)cnno^   bejeic^net  bie  römifd^e  ÜKeffe   (t>on    römifd^en  ^"^^'^^ten   in 
Derfd^iebener  ffieifc   tünftlic^  gebeutet,    f.  Slietfc^cl,   Siturgif  1,  377)   aud^   in  ben  Dffer- 
toriengebeten  ba^  bom  ^15riefter  bargebrac^tc  33rot  bereite  ate  hostia  („suscipe,    sancte 
Pater  .  .  .  haue  immaeulatam  hostiam,  quam  ego  .  .  offero  tibi  etc.")f  h)ie  ans  45 
bererfeitö  auct?  l;icr  unb  Da  oblata  für  baö  bereite  gehjanbelte  Srot  geAraud^t  toirb  (f.  bu  Gange). 
Dafe  in  ber  alten  ftirc^e  ba^  im  Slbenbma^l  öertoenbete  ©rot,  ba^  Don  feiten  ber®emeinbe 
bargebrac^t  lourbe  (offertorium,  jiQogcpoQa),  baö  mr  9la^rung  bienenbe  gefäuerte  S3rot 
toar,  ift  nic^t  ju  bc^meifcln.    SSgt.  3.  33.  OPfeubo^)  älmbrofm«  de  sacr.  IV  c.  4  (MSL 
16,  439):  „meus  panis  usitatus;  Joh.  Diac.  Vita  Greg.  M.  II,  41.   3)a^  16.  Äonjil  so 
toon  lolebo  (69)3)  can.  6  (Srunö  I,  370) f.)   tabelt  ben  (Sebraud^  Don  SSrotfd^eiben  unb 
einzelnen  örotftücfc^en  (buccellae)   be^  für  ba^  täglid^e  Seben  gebrauchten  Srote«  unb 
fd[>reibt  befonbere,  für  baß  Slbenbma^l  zubereitete   ganje  S3rote  bon  mäßiger  ®rö^e  bor, 
bie  auf  bem  Slltar  gebrochen  toerben.    2)od^  ift  ni^t  ertoäl^nt,  bafe  e«  ungefäuerte^  S3rot 
fein  foH.    Über  bie  'ilrt  be^  33rote^  in  ber  ^irc^e  f.  Sirmonb,   de   azymis  (Opp.  IV,  66 
p.  513  sqq.)  Sona,  3){artene,  Öing^am,  2tugufti.  SBäl^renb  bie  griec^ifd^e  Äirc^e  ba«  ge» 
fäuerte  ©rot  beibel?ielt,  n)urbe  in  ber  abenbtänbifc^en  Äirc^e  bom  9.  Sa^r^unbert  m  (baö 
erfte  3^"9"i^    ^^^  Rhaban.  Maur.,    de   clerie.  inst.  I,   c.  31   MSL  107,  317)  un« 
gefäuerte^  33rot  üblid;  unb  erlangte  bie  auöfd^lie^id^e  ^errfd^aft  im  3lbenblanb.    3u  bem 


398  ^oftteti 

©trcit  ber  beiben  Äird^cn  f.  Sb  III,  ©.  620,  5  7  ff.  ä.  ßärulariu«.  —  2)a  bic  Srotc 
auf  bem  9Utar  mit  ben  ^änben  gebrod^en  ti)urben  (Lit.  Marc.  93rtg^tman,  Lit.  east. 
and  west.  @.  138.  äluguftin  ep.  149  n.  16  ,,ad  distribuendum  commi- 
nuitur"),   fo    fönnen    fte   nur  flad^   geiücfen  fein.  2)a^  ba^  SJrot   eine  runbe  ©eftolt 

5  ^otte,  toirb  frül^  bezeugt.  3"^  4:.  S^^^^unbert  nennt  e«  Spi^j^aniu^  (Anchorat.  n.  57) 
axQoyyvXoeideg  xai  ävaio&rjxov  ibg  ngog  dvvajMv.  ©cberug  bon  ällejanbrien 
(de  ord.  oblat.  Bibl.  Patr.  ed.  »igne,  $arig  1589  t.  VI  ®.  57)  nennt  e«  nai^ 
feiner  ®eftalt  circulum.  3)arum  tüirb  auc^  ber  9lame  rotula  für  ba«  SJrot  gebraust 
(3bo    3Konad^u«,    de    mirac.   Othomar.    c.  3,  MSL  121,  783).   .Sielleic^t    ift   mit 

10  biefem  SBort  auc^  bie  ©d^eibe  bejeic^nct,  bie  in  ber  3Kitte  eine  Öffnung  ^t,  alfo 
ftanjförmig  ift.  ®regor  b.  ®r.  (Dial.  IV  c.  55,  MSL  77,  417)  nennt,  coronae  obla- 
tionum.  2(uc^  auf  alten  Silbern  finbet  ftd^  bie  ©eftalt  ber  großen  runben  ©(^eibe  (im 
Coemet.  St.  Callist.  ift  fie  eth>a  breimal  fo  gro^  ate  ber  Äo^jf  be«  ^priefter«),  toie  a\x6;^ 
bie  @(^eibe,  bie  in  ber  3Ritte  eine  Öffnung  ^at  (Coemet.    Lucinae,   f.  Jlrau^).    ^ad 

i5Jlomil  bon S(rled (554)  can.  1  Verlangt,  „ut  oblatae...  non  aliter  nisi  ad  formam 
Areifatensis  offerantur  ecclesiae",  o^ne  biefegorm  nä^er  gu  erläutern.  35om  11.3cil^t= 
l^unbert  an  finbet  ftc^  bie  je^ige  Heinere  t^orm  ber  ^oftie  „in  modum  nummorum  seu 
denariorum"  bejeugt.  9Ja($  §onoriu«  b.  äutun  (Gemma  an.  1,  66,  MSL  172,  564) 
l^ängt  biefe  ©eftalt  mit  bem  3luf^ören  ber  Äommunionen  feiten«  ber  ©emeinben  bei  ber 

20  Sfrier  be«  5Ke^oJ)fer«  ^ufammen.  ^ür  ba«  eigentlid^e  3)le^o}3fer,  bei  bem  nur  ber  ^ßriefter 
tommuni^ierte,  tüar  biefe  Heine  ^orm  bie  geeignetfte.  Semolbu«  bon  Äonftan^  (1089) 
tobelt  biefe  t^orm:  „videntur  oblatarum  minutiae  ad  Christum  et  ecclesiam  nihil 
pertinere,  quia  sunt  absque  mensura  et  ratione''  (93ing^am  t.  VI  p.  270).  9}gl. 
auc^  Äonoriu«  b.  Slutun  a.  a.  0. 

26  ^ie  Slbenbmal^tebrote  tourben  aud^  fc^on  frü^  mit  bem  3^^^  ^^  Äreu^e«  ber- 
feigen,  ©d^on  in  Act.  Thomae  Reifet  e«  bei  ber  ^er  beg  Slbenbmal^fe  diexäga^e  reo 
ÖLQfKp  t6v  atavQÖv.  ß^r^foftomug  bagegen  f))rid^t  tbol^t  Quod  Chr.  sit  deus  (c.  9) 
(MSG  48,  826)  bon  ber  signatio  crucis  mit  ber  §anb  be«  ^priefter«,  nic^t  (toie  Krau« 
meint)   bon  bem  Äreuje^jeid^en    auf  bem  SJrot.    ©}3äter  finben   ftc^  befonbere  3^^^^"/ 

80  jjiguren,  »ud^ftaben  (j.  8.  A  unb  Q),  Silber  ß^rifti  (teite  SSruftbitb,  teil«  ganje  gigur, 
[in  fjKiterer  3^t  meift  ber  5lru«fiju«)  auf  bem  Srot  (f.  bie  äbbilbungen  berfd^iebener 
i^oftien  (bei  iülartenc,  ©d^mib,  Ärau«).  3)ie  Congregatio  rituum  ^at  unterm  26.  ä}3ril 
1834beftimmt:  ,,Servetur  consuetudo  circa  usum  imprimendi  imaginem  Crucifixi 
in  hostiis". 

85  3)ie  Zubereitung  be«  Slbenbma^tebrote«  tourbe  in  älterer  3«it  bon  frommen  9Kännem 
unb  gh^aucn  mit  ßifcr  betrieben.  3?enantiud  ^ortunatu«  berid^tet  j.  93.  bon  ber  1^1.  Stabe* 
gunbi«:  „Oblationes  suis  manibus faciens  locis  yenerabilibus"(Vita  S.R.reginaelG 
MSL  88,  504).  3lad)  (Sinfü^ng  ber  Keinen  §oftien  tourbe  bie  Zu'&^^i^wö  ^i^  Ob* 
liegen^eit  ber  ÜKönc^e,  tbobei  bie  ))einlic^fte  ©orgfalt  bei  ber  3ludh)a^l  be«  ÜKaterial^ 

40  (granatim  eligantur),  bei  bem  SBafc^en  unb  5Ka^len  ber  Äömer  2c.,  bejüglic^  ber  ©e* 
tbänber,  ©ebete  borgefd^rieben  tbaren  (bgl.  j.  35.  Constit.  Hirsaug.  II,  32.  MSL  150, 
1086).  Die  §oftien  muffen  au^  reinem  ffleijenme^l  gebadfen  fein  (fc^on  6lem.  Sllej. 
©trom.  VI,  11  fe^t  bem  ©erftenbrot,  afe  ©^mbol  be^  3"^^^"^^^  ^^"  göttlid^en  SBeijen 
bed  ß^riftentum«  gegenüber),  o^ne  jebtocben  3"!^^  ^^"  ^^k^  Ö'  "•  ^9^-    ®^^  tourben 

45  nid^t  im  SJadofen  fonbem  auf  einem  ferramentum  characteratum  (fflaffeleifen)  ge* 
baden  ($onoriu^  bon  Slutun  a.  a.  0.). 

3)ie  lutl^erifd^e  5{ir^e  übemal^m  anftanb^lo^  ben  ©ebrauc^  ber  ^oftien  für  bie 
äbenbma^fefeier.  Sut^er  behielt  bie  Oblaten  fd^on  be^^atb  bei,  toeil  i^n  ber  rol^e  ©j)ott 
ber  ©c^toarmgeifter  g.  ».  ÜKünjer«  (bgl.  3&mm  31   ©.  329)  berbrofe.    ^o^.  ©erl^arb 

60  (Loci  XXI  c.  7)  berteibigte  i^ren  ©ebraud^,  o^ne  ben  ©ebraud^  anbercn  9rote«  ju  ber* 
tberfen.  Die  reformierte  Äird^e  bagegen  befäm}}fte  ^eftig  bie  Slntoenbung  ber  Oblaten, 
obgleich  ßalbin  unb  93eja  feine  3inberung  borgenommen  Ratten,  bgl.  j.  93.  SBenbelin 
(t  1652),  Exercit.  theol.  contra  J.  Gerhard,  et  Danhauer,  Dav.  Pareus  (f  1622), 
Betrachtung   über  bag  SSrotbrec^en  im   ^l.  313K.,   Dalläug  (f  1670),  de  cultu   relig. 

66  Lat.  III  c.  6,  3.  ^oombedf  (f  1666),  Summa  controvers.  rel.  VI  p.  946.  Sgl. 
bie  ©}30ttnamen  ber  §oftie  bon  feiten  ber  Sieformierten,  bie  3-  ©erl^arb  a.  a.  D.  an^ 
geführt.  2)oc^  fam  aud^  in  ber  reformierten  Äird^e  ber  ©ebraud^  ber  §oftien  bor,  j.  S. 
in  ©enf  im  17.  S^'^^w"^^'^  nad^  bem  Serid^t  be«  reformierten  5ßrebiger«  in  Sonbon 
^n  b'S^gne  (f.  augufti  a.  a.  D.).   2)ie  bifc^öflic^e  Äird^e  ßnglanb«  bebient  fic^  be« 

60  aßeijenbrote^,  ba«  jerfc^nitten  tbirb.  Über  ba^  Brechen  be«  ©rote«,  aud^  gtoeier  jufammen= 


^oftteti  ^otütiger,  ^ol^n  ^einric^  399 

Qcbadener  §oftien  alö  S^\i)m  bcr  Union  f.  9Kar^etnefc,  Da«  Srot  im  l^ciliacn  Slbenbs 
mal^l  1817.  «eorg  8iietfd>er. 

^ottitiger,  Sol^ann  ^cinrid^  (1620—67).—  Äurjc  SIutobiogrcpMc  u.  ©djriftcn« 
oer^eidtnid  in  ber  Schola  CaroÜDa  ^f.  u.)  p.  12188.  —  3o^ann  ^etnri4  ^etbeft^er.   historia 
de  vita  et  obitu  J.  H.  H.,  Tiguri  1667  (oucft  in  ^öcibegöc^«  dissertat  theol.  T.  IV  unb  in   6 
^ottingerd  historia  eccles.  T.  IX  abgcbntdFt).    SDiefe  einge^enbe,   Seben   unb  8d)riften  fc^iU 
bcrnbc  Arbeit  bc8  Scftüler«  unb  &reunbe§  ift  bic  ^auptqucttc  für   fp&tcrc  ^arftellungcn  gc» 
blieben,  t)on  benen  nennenötüert  finb :  fiubiuig  ^irjcl,  g.  4).  $).  ber  Drientalift  beS  17.  ^a^u 
bunbertd,   in  Sincr  unb  ®ngeIf)Qrbtd  9{euem  fritifc^em  Journal   für  t{)eoIogtfd)e  fiitteratur 
©b  2  (1824),    8.  1-40,    unb  .t)einrid)  öftrer,   9lrt.  ©.    bei  erfdj   unb    ©ruber  (1834).  —  lo 
SSom  äebendgong  .^.d   ift  bie  intereffantcfte  jßartie  au^    ben  primären  Duellen  bed  3ü^4«^ 
@taat§ar(l)iü§  unb  bc8  Thesaurus  Hottingerianus  (f.  u.)  bearbeitet  tjon  4)einrl(ö  Steiner,  Sier 
3üri(ber  ^rofeffor  3.  ^.  ^,  in  ^eibelbcrg  1655—1661  (Süricftcr  ©rotulationöfcbrlft  1886).— 
S)ie  @(ftriften  ^.«  luürbigt  D.  g.  Svi^fcfte,  3.  ^.  C>-r  in  ber  geitfcftrift  für  miffenfdjoftli^e 
%\)tol  XI  (1868),   6.  287-72,    fpesieU  bie  ftiftoriftften  ®.  u.  ffit)6,  (äJcfc^idjtc  bcr  ^iftorio*  16 
grap^ie  in  ber  ©djiüeij  (1895),  6.259  f.  —  S)ieftel,  ®ef(ftidjtc  beS  «XS  in  ber  (^rifil.  Äir^e 
(1869),  an  üielen  6teUen. 

3m  Slnfang  be«  17.  S^i^^^unbertg  blül^te  in  §ottanb,  bann  in  ^anlreid^  unb  ©n^« 
lanb,  ha&  ©tubium  ber  morgenlänbijci^en  Bpxad^tn  auf.  Deutfci^Ianb  unb  bie  ©d^toeij 
ftanbcn  noc^  jurüdf;  nur  ba«  ^cbräifd^e  tourbe  g^Pegt  unb  bie  bciben  93ujtorf  in  93afeI;2o 
SBater  unb  ©o^n,  galten  al«  bie  SWeifter  be«  ärammjä^en,  3^tmubifc^en  unb  Slabbimfc^en. 
®ie  anbem  fcmitifc^en  Sprad^en  brachte  erft  $.  bei  un^  in  aufnähme;  befonberö  im 
^rabifd^en  unb  ©amaritanif^en  h)ied  er  ftd^  atö  grünblic^en  Jlenner  au^,  3Bo^l  tüar  e^ 
erft  ein  ©ammeln  unb  3Kittcitcn  neuen  ©toffe^,  aber  ba^  in  einem  Wa^c,  bafe  $.^SBerfe 
eine  gunbgrube  bc«  SBijfen^  bilbeten  unb  nod^  l^eute  mand^eg  ergeben.  3)aig  3)urd^bringen  26 
unb  bearbeiten  bed  ©toffeö  toar  ben  fotgenben  ©enerationen  Vorbehalten.  §.«  ©d^riften 
tragen,  jumal  fic  in  übergroßer  ^a^l  unb  eilfertig  l^erau^egeben  tourben,  ben  ©temj)el 
bed  UnboDenbeten ;  gleic^iDo^l  bleibt  i^nen  eine  e^renboUe  ©teOe  in  ber  SnttDtctelung  ber 
aCBiffenfd^aft  gefiebert.  Sefonber^  bemerlen^toert  ift,  baß  $.  fid^  aud^  al«  Äirc^en^iftorifer 
einen  l^ert)orragenben  9?amen  ertoorben  f^at,  ao 

3-  §.  §.  ift  am  10.  9Kärj  1620  an^  cl^rbarer  Sürgerfamilie  3^*^^^^  geboren  al« 
ber  ©o^n  cine^  ^""ftni^^ft^^^  ^^^  ©d^iffleute.  %xiÜ}  jcid^nete  er  fic^  in  ben  alten  ©J)rad^en 
aud,  befonber«  im  §ebräifc^en,  unb  erfreute  burd^  alle  fc^önen  ßigenfd^aften  unb  fittfameg 
Setragen.  ÜKit  öffcntlid^er  Unterftü^ung  tourbe  er  1638  nac^  bamaliger  ©itte  auf  au^- 
loärtige  ©d^ulen  gefc^idEt.  @r  ^og  über  ®enf  unb  burd^  ^antreid^  nad^  ^oQanb.  ^iersG 
ftubiertc  er  in  ©röningen  bei  ©omaru«,  §einrid^  Sllting  unb  ^JJafor,  unb  in  Serben  bei 
^afob  3llting  unb  ©oliu^.  Sei  te^terem  toar  er  über  ein  ^af)x  ^au^le^rer  unb  fanb  fo 
©elegcni^eit,  eine  au^erlefene  9ibliot|ef  ju  benu^en  unb  feltene  ßanbfc^riften  abjufc^reiben. 
6in  3wbc,  bann  ein  2;ürfe,  l^alfen  i^m  im  ßebräifd^cn,  Slrabifcpen  unb  Jürlifc^en  nac^; 
er  foll  fd^on  bamafö  ärabijc^,  fpätcr  ^ebräijc^,  gef}3ro(^en  l^aben.  2)ie  §ottänber  äußern  40 
fic^  einmütig  mit  l^ol;er  änerfennung  über  i^ren  fd^toeijerifc^en  ©d^üler:  tatenttoott,  bon 
eminentem  ©ebäc^tni^  unb  fcltener  älu^baucr  berfprec^e  er  Slu^e^eic^nete^.  3Jlan  toollte 
i^n  einem  ^oDönbifc^en  ©efanbten  nad^  Jtonftantino))e(  aU  ioiffenfd^aftlicben  93egleiter  bei« 
geben,  toenn  nid;t  Don  ^ixxid)  aud  ßinfprad^e  erfolgt  toäre.  3Kit  bem  iPfaljgrafen,  bem 
er  fpöter  bcfonber^  na^e  treten  foßte,  ful^r  er  im  gleid^en  ©d^iff  nad)  ßnglanb  unb  feljiirte  45 
bann  burc^  granfrcid^  nad^ä^rid^  jurüdE  1642.  $ier  üere^elid^te  er  fic^  mit  änna  Utric^, 
einer  5Pfarrcr^toc^ter.  6^  touc^i^  i^m  eine  ^a^lrei^e  ^amilie  l^eran,  elf  Äinber,  bon  benen 
i^n  fec^^  überlebten  (bgl.  ben  21.  3ol^ann  ^atoh  $.).  ©eine  erfte  SBirlfamfeit  fanb  §. 
afö  ^rofeffor  bcr  Äird^engcfc^ic^te.  2)aju  famen  bdb  bie  orientalifd^cn  ©prac^en.  Seibe« 
jufammen  mad^te  feine  |)auptftellung  au^ ;  aber  nebenbei  berjal^  er  noc^  eine  SReii^e  an^  60 
berer  3)i^iiplincn.  Stimmt  man  ba^u  bie  au^cbel^nten  titterarijd^en  arbeiten,  bie  toieber 
ja^Uofe  33efuct?e  unb  Sriefe  au^  allen  Sänbem  nac^  fic^  jogen,  fotoie  bie  in  fonfefftonett 
gereifter  gcit  unau^toeic^lic^e  ^flid^t,  ioieberl^olt  bie  reformierte  Seigre  unb  Äird^e  gegen 
fatl^olifd^e  angriffe  ju  bcrtcibigen,  fo  fummiert  fic^  allc^  in  allem  ju  einer  getooltigen 
ärbeit^leiftung.  66 

2öir  führen  juerft  baö  Jlö^ere  über  ^.«  fc^riftftetterifc^e  Jl^ätigfeit  au«,  toobei  h>it 
bon  Heineren  S^rudEfad^en,  j.  S.  bon  gegen  l^unbert  3)iffertationen,  toie  fie  nad^  bamoligem 
©c^utbraud^  erfc^ienen  fmb,  abfeilen  muffen.  311^  berbienftboll  galt  ^leid^  §.«  erfte  $ubli* 
fation:  Exercitationes  Anti-Morianae  1644,  eine  glüdflic^e  SSerteibigung  be«  bebräifd^en 
Iqtc«  im  3ufannncnl^ang  mit  ben  bamatigen  SBcrl^anblungen  über  bie  Unberfe^rtj^eit  b«  eo 


400  ^ottinger,  3<>^önn  ^einric^ 

j^ebräifd^cn  unb  griec^tfc^cn  Codices ;  ftc  ift  gerichtet  gcöen  ben  Dratorianer  9)Jorinu^, 
ber  im  fatl^olifc^en  gntercffe  tocrjuc^t  ^attc,  mit  ^ilfc  bcö  jamaritanifc^en  ^cntateuc^  ben 
l^cbräifc^en  SBortlaut  l^erabgufc^en.  ®leic^  ^iet  finb  §.  bic  Sc^bcner  ©tubicn  gu  ftottcn 
gefommen.    ®ie  ^aiHJlrid^tungen,  nad)  bcnen  §.  fpätcrl^in  fc^riftftellerifi^  tl^ätig  geblieben 

6  ift,  ftnb  bejeic^net  burd^  bie  brei  gunäc^ft  aufeinanbcr  folgenben  SEBerfc :  Erotematum 
linguae  sanctae  1647,  eine  Heine  ^ebräijd^e  ©rammatif  für  ©d^ulgebraucf?,  Thesau- 
rus philologicus  seu  da  vis  scripturae  1649,  gciüiff  ermaßen  eine  (Sinlcitung  in  baö 
3(1;  be^U).  Vorarbeiten  ju  einer  folc^en,  unb  Historia  ecclesiastica  Novi  Tes tarnen ti 
Tom.  I  1651.    SBag  bie  grammatifc^en  arbeiten  betrifft,  fo  fmb  aufecr  einer  c^albäifc^- 

10  f^rijc^en  ©rammatif  (1652)  ju  nennen :  Grammatica  quatuor  linguarum  hebr., 
chald.,  syr.  et  arab.  harmonica  1658,  unb  „Etymologicum  Orientale  sive  Lexicon 
harmonicum  heptaglotton  1661.  §.  betritt  ^ier  ba^  i^n  anfprec^cnbc  ©ebiet  ber  öer^ 
gleid^enben  S}3raci^mnbe  unb  toiH  bie  SSerlDonbtfd^aft  ber  jemitifc^en  3)ialcftc  jeigen,  inbem 
er  bie  ©rammatif   ber  anbem  auf  bie  Siegeln  ber  l^ebräifc^cn  ©rammatif  ^urüdfü^rt. 

15  (Über  ba«  l^e))tag(otte  Sejifon  bgl.  S)ieftel  a.  a.  D.  ©.  447.)  §.«  |)aul3tleiftungeu  für 
bad  DrientaliJ^e  liegen  inbeffcn  nic^t  nad^  biejer  ©cite  l^in,  fonbern  nad^  ber  rcaliftifd^en. 
SBie  er  im  Thesaurus  einen  3lbri^  beficn  gegeben  ^atte,  toa^  bie  3Jlonumentc  ber 
ffllorgenlänber  über  Sieligion,  3:^eoIogie,  SBort  ©otteg,  Sibel^anbfc^riften,  Untoerfel^rt^eit 
ber  l^ebräifc^en  Duellen,  5Paraj)l^rajen,  3)Jafora   unb  Äabbala,  Stutorität   ber  fanonifc^en 

20  unb  aj)ofr^t)]^ifd^en  Sudler  u.  b.  a.  entl^alten  (SÖürbigung  bei  ®ieftel  ©.  349  f.),  fo  fu(^te 
er  fortan  mit  SSorliebe  orientalifc^eö  lieben  unb  SBefen  aüfeitig  jur  3lnfc^auung  gu  bringen. 
§ierl^er  gehören:  Historia  orientalis  1651,  bie  bejonber^  über  bie  Slraber  aufnal^m,  tva^ 
in  ber  Äirc^engefc^ic^te  nic^t  unterjubringen  toax,  unb  eine  hja^re  ©efd^ic^tc  ÜKul^amebig 
nebft  3w0C^örigem  '  bietet,  aßeö  biel  reid^^altiger  afe  bi^i^er ;    Smegma    Orientale  et 

25  Promptuarium  sive  Bibliotheca  orientalis,  1657  unb  1658,  jene^  eine  3luöfü^rung 
über  ben  Stuften  ber  morgenlänbifd^en  Bpxad^m,  biefe^  ein  litterargefd^id^tlic^e«  SBerf  über 
©(^riftftetter  unb  SJüd^er  mit  bef onbcrer  Slüdffid^t  auf  ba«  3lrabif(^e ;  Archaeologia  orien- 
talis 1662,  eine  2)arftettung  arabijc^en  Sebenö  nebft  firc^Iid^er  ©tatiftif  be^  Oriente ; 
enblic^  eine  Steige  ©bexialfc^riften,  über  ©öftenbilber,  Slec^t^Icben,  ©rabmäler,  Slltertümer 

30  aller  ärt  u.  f.  to.  2luf  bie  jmeite  §auj)tric^tung  feiner  ©tubien,  bieÄirc^engcfd^id^tc,  fam 
§.  tcil^  burd^  fein  SeE^ramt,  teil^  burc^  inneren  3wg.  ©ein  ©c^üIer  §eibegger  rü^mt, 
tüie  er  beU)unbem«h)ert  au^  ber  ©efd^i^te  ju  unterhalten  gehju^t  unb  fie  al^  gleic^jam 
ba^  viaticum  be«  Jl^eologen  lieb  gehabt  l^abe.  @^  fmb  t)on  ber  Historia  ecclesiastica 
bid  1657  9  Sänbe  erfc^ienen.   ©ie  toirb  erft  bon  3)lu^ameb  ab  auöfül^rlic^er,  namentlich 

35  aber  bann  im  16.  gö^^^unbert.  Diejem  finb  Dolle  bier  Söänbe  gehjibmet,  tvobci  bie  rc= 
ligiöfe  unb  firc^lic^e  SSerberbni^  bor  ber  Sieformation  fel^r  einge^enb  unb  berbienftlic^  U- 
legt  toirb,  um  S^^^Ö^'  ""^  f^^"  SBirfen  befto  eifriger  ju  feiern,  ^cibegger  bcbauert  be^ 
fonber^,  ba^  bie  Äir^engejc^ic^te  unboßenbet  geblieben  jei,  unb  ^ebt  ^erbor,  niemanb 
^be  eine   fo  l^enlic^e  Sibliotl(;ef  boll  autl(;entifd^er  Duellen   befeffen  toie  §.,  namentltd^ 

40  eine  fo  foftbare  ©ammlung  bon  Sleformatorenbriefen.  SJod^  ^eute  ift  baö  ®erf  burd^ 
bie  im  SBortlaut  gegebenen,  jum  2^eil  fonft  nic^t  erhaltenen,  namentlid^  jct?h)ei5ergef(^i(^t= 
lid^en  3)ofumente  unentbe^rlid^ ;  bie  2)arftenung  felbft  ift  toegen  ber  f^olaftifc^en  ein= 
ric^tung  unb  t)otemif(^en  Haltung  nid^t  mel^r  genießbar.  SJcben  bem  i^au^jtmcrt  ftnb  ein 
paax  Heinere,    lanbe^ejc^i^ttic^e,   nid^t  ju  bergeffen,  jo:    Methodus  legendi  historias 

45  Helveticas  1654,  bamate  bie  befte  Überfielt  ber  fct?n)ei5crifc^en  ^iftorifc^cn  Sitteratur, 
unb  Schola  Tigurinorum  Carolina  cum  Bibliotheca  Tigurina  1664,  eine  ©efd^id^te 
ber  jürc^erijd^en  ©elel;rjamfeit  mit  aßen  jürd^erifc^en  ©d^riftfteßem  jeit  bem  9)Jittelalter 
unb  i^ren  SBerfen,  nod^  immer  je^r  brau^bar.  3)iefer  Schrift  borau^  ge^t  ber  Biblio- 
thecarius  sive  tractatus    de  officio   Bibliothecarii,    eine  bibliograj)^ifd^c  3lrbeit  in 

50  gortfe^ung  berühmter  gürd^erifc^er  Seiftungen  beö  16.  3i<J^^^W"^^^*^-  ^^^^  f^^  9^^^^  ^' 
toöl^nt,  bafe  bie  l^anbfc^riftlid^en  ©ammlungen,  auö  benen  borl^in  bie  Sleformatoren- 
Briefe  genannt  n)urben,  unb  benen  aud()  §.^  eigener  Sricfn)ed;|cl  angehört,  aU  The- 
saurus Hottingerianus  bon  52  Folianten  einen  §au>)tfd^a^  ber  giii^^^i^  ©tabtbiblio- 
tl^ef  bilben. 

56  6ine  ioid^tige  SBenbung  brad^te  für  §.  ba^  ^ai}x  1655  burc^  einen  Sluf  nad; 
i^eibelberg.  Äurfürft  Äarl  Subtoig  bon  ber  ^falj  untemaj^m  nad)  ben  fd^hjercn  .^eim* 
fuc^ungen  be«  Äriegeö  in  feinem  unglüdlid^en  üanbc  bie  SBieber^erfteßung  bon  ßird[)e  unb 
©(^ule  unb  berief  ö.  Jur  SJeuaufrid^tung  ber  tl^eologifcben  gatultät.  2)cr  Slat  bon  ^Md) 
trat  i^m  feinen  $röfeffor  junäc^ft  ,,auf  eth)a^  3^^^"/  ^^^^  <^"f  ^^^^  ""^  fd^liejlid^  nod^- 

eomal^  brei  Saläre  ab.    !Die   ebangelifc^e  ©c^toeij   l^attc  ein  Icb^afte^   fonfeffioneßc^  ^w- 


^otütiger,  ^o^nn  ^einric^  401 

tereRe  hoxan,  ber  5PfaIg  unb  tE^rcm  ^ürftien  bei juftel^en ;  toie  fie  in  ber  Äricg^jeü  3"Pw^^ 
unb  tntlbc  ©teuem  gctoöl^rt  E^attc,  \o  Ixd)  man  ie^t  größere  ©clbfummcn  unb  l^alf  mit 
©eiftlic^en  au^;  aud)  bie  ©tubenten  ber  il^eologie  toaxm  gunäd^ft  grolentcife  ©^tocijcr. 
SloÄbem  $.  auf  ber  S)urc^rci|e  in  Safel  in  au^jeicl^nenber  üBeife  bie  t^eologijc^e  SJoftor« 
tpürbe  empfangen  ^atte,  langte  er  anfangt  äuguft  in  ^eibelberg  an.  6d  ift  il^m  ge^  6 
lungen,  bie  galultöt  toieber  in  äufnal^me  ju  bringen,  ©eine  2e^rt|ätigfeit  h>ar  bor  aKem 
barauf  gerichtet,  ba«  ©tubium  be^  i&ebräifd^en  unb  bertüanbter  ©|)raci^en  toieber  ju  be» 
leben ;  baju  ^ielt  er  Collegia  privata,  um  gu  fj)racl^Iic^en  unb  ^iftorijd^en  arbeiten  an« 
jutegen,  unb  nal^m  bie  tüöd^entlit^en  Die^utationen  h)ieber  auf.  2)urc^  feine  Jtoriftftelles 
rifc^en  Slrbeiten  gab  er  ben  3lnfto^,  baft  m  ^eibelberg  eine  Suc^bruderei  für  2ßerfe  über  lo 
Orientalia  entftanb.  ®leici^  für  1656  gum  Sleftor  ber  Uniberfität  ertoöj^lt,  betoäl^rte  ftc^ 
§.  imter  immer  noc^  fd^toierigen,  namentlich  öfonomi|ci^  gehemmten  33erl^ältniffen  ber  §ocl^s 
fc^ule  nac^  ber  Jjraftijd^en  ©eite  trefflich;  er  l^atte  auc^  bie  ^eube,  bafe  fid^  bie  ^af)l  ber 
3mmatri!ulierten  gegenüber  ben  aSorja^ren  berbreifad^te.  @d  folgte  im  gleid^en  ^af^xt  bie 
ffial^l  jum  Äirc^enrat,  aufeer  bem  38orjd^lag  bireft  burc^  ben  JJürften,  ber  in  $.  ben  ric^- 16 
tigen  SJlann  für  feine  Union^}3läne  jh)ifc^en  Sut^eranem  unb  SRef ormierten  ju  finben  hoffte. 
Da^  größte  Serbienft  ^attt  ber  ^^x^^  5Profeffor  um  bie  Süieber^erfteHung  be«  Colle- 
gium  Sapientiae,  einer  tj^eologtfc^en  ©tubienanftalt  mit  Äonbift,  feit  Slnfang  1656.  Ign 
attem  toefentlic^en  nac^  feinen  Sorf^lägen  eingerichtet,  tourbe  fie  alljeitig  bon  ibm  }3er- 
fönlid^  geleitet;  felbft  bie  bei  ben  äufeerft  befc^rönften  SJlitteln  bo>)pelt  mü^eboüe  a3erh)at:20 
tung  unb  §au^l^altung  nal^m  §.  mit  {einer  bortrefflic^en  ®aitm  auf  eigene  ©efal^r  unb 
Äoften  über  fic^,  unb  erft  mit  ber  Mi  traten  il^m  §ilf^fräfte  gur  ©eite.  Der  ®eift  ber 
änftalt  toar  ein  gefunber,  bei  grei^eit  ber  ©tubien  ftrenge  3"^*  ^^  Slrbeit.  Sei  bem 
allem  gaben  bie  biclen  ©c^toeiger,  bie  in  bie  5ßfalg  eingetoanbert  toaren  unb  fic^  an  ß. 
I^telten,  biel  gu  tl^un,  unb  überbie«  benu^te  bie  heimatliche  Dbrigleit  bie  einPufereicpe  26 
©teHung  i^re«  5ßrofefforg  toieberl^olt  gu  >)ohtifci^-bi})lomatifc^cn  Aufträgen  im  SHeid^ ;  auc^ 
in  biefen  ©efc^äften  l^at  fid^  Ä.  anftellig  ertoiefen.  33om  fürftlic^en  $ofe  mit  äu^geic^s 
nung  be^anbelt,  burfte  er  auf  ein  rcic^e^  unb  anerfannte«  SBirfen  gurüdblidfen,  al^  er 
bie  5Pfalg  berliefe.  SKit  großen  ß^ren  langte  er  am  6.  9lobember  1661  toieber  in  3"^^ 
an.  3)afe  er  fic^  in  bem  unglüdlic^cn  iSl}^ixi\t  be«  ^rften  c^aralterlo«  ö^geigt  l^abe  ao 
(Il^oluf),  ift  ein  ungercd^tfcrtigter  3Sortt)urf. 

2Bir  fmb  bamit  jc^on  beim  legten  furgen  Sebenöabfc^nitt  §.§  angelangt.  9Jeben  ber 
Weiteren  il^ätigleit  in  ©c^ule  unb  ©c^riftftcllerei  beteiligte  fid^  ber  ^vixixi^tU1)xU  in  lei« 
tenber  ©teHung  an  einer  neuen  33ibelüberfc^ung  feiner  ftird^e.  3)ie  ©runbf d^e,  xiad)  benen 
man  fvi)  ju  berfal^ren  bomal^m,  loben  ben  5Dleifter ;  fo  ^ei^t  e^  im  Programm :  ,,Sg  35 
foU  bei  feinem  3)olmetfc^en  ftc^en,  anberft  ben  Sejt  gu  überfe^en,  al«  ba^  Original  mit« 
bringt";  freiließ  ^at  bann  bad  ©nbergcbni«  bem  änfang  nic^t  entjproc^en  (bgl.  6.  ©gli, 
Die  3ürc^er  Sibel,  im  3ürc^er  Safd^enbuc^  1895).  gm  ^al^re  1664  mac^^te  $.  eine 
grofee  Steife  nad^  ben  SRieberlanben  unb  SBittenberg.  überaß  ^odj^  gefeiert.  SBJie  man  in 
ben  3Serfud^ungen  be«  Steifend  feinem  reformierten  Sefenntni«  treu  bleiben  foH,  l^at  er  40 
für  aße  ©tänbe  bargclcgt  in  feinem  (E^riftlic^en  SBanberiSmann  1666.  SRe^rmate  ^at  $. 
3lufe  nad)  au^toärtö  abgelel^nt,  nad;  ben  9Jicberlanben,  nac^  3Jlatburg,  nac^  SSremen.  Srft 
atö  Serben  anfragte,  glaubte  er  folgen  gu  follen  unb  fagte  gu.  33or  ber  äbreife  bort^in 
tooHte  er  nod^  bcrfc^^icbeneö  auf  feinem  Sanbgut  ^admontanum  (l^eute  ©))arenberg)  an 
ber  Simmat  unterhalb  3^^^^^  orbnen.  6r  ful^r  mit  grau,  brei  Äinbem,  einer  Sflagb  45 
unb  gtoei  ^eunben  gu  ©d^iff  l;inab.  Da  überfc^lug  ba^  Soot  an  einem  öom  ^oc^ge^en^ 
ben  Gaffer  berbcdten  ^lufetoe^r.  ©d^on  i^aiU  fxd)  ^ottinger  mit  bem  einen  greunb  butc^ 
©c^toimmen  gerettet.  Da  ftürgten  fid^  bie  beiben  um  ber  5Wot  ber  anbern  toillen  bon 
neuem  in  biegluten  unb  ertranlen.  6«  toar  am  5.  3«"^  1667  gtoifc^en  10  unb  11  U^ 
bormittagd.  2luct?  bie  Äinber  berfc^h)anben  in  ben  SiSellen,  toä^renb  bie  ^an,  bie  5Dlagb  so 
unb  ber  anbere  3Serh)anbte  fid^  am  ©c^iffe  galten  unb  gerettet  h)erben  fonnten.  Die 
a^rauerfunbe  rief  überaus  gal^lreic^en  3iad^rufen  in  allen  Bpxad)m  unb  an^  bielen  £äm 
bem.  3"^^^  beflagte  ben  SSerluft  beö  berül^mten  unb  babei  aufrichtig  frommen  ®^ 
lehrten,  beö  beU)äl;rten  Slntoalt^  feiner  Se^re  unb  Äirc^e,  be^  braben  Sürger^  unb  5Patrio* 
ten.  ^m  gleichen  ^a^r  gingen  auc^  bie  Drientaliften  ®oliu«;  §.g  Seigrer,  unb  SSoc^art  65 
bal^in.  3)Jan  bemerlte  in  S^xid),  ba^  ^.  gerabc  fo  alt  getoorben  fei  toie  3*^i"ö'if  wnb 
bel^ielt  e^  aU  ein  feltfame«  Omen  in  ßrinneruna,  ba^  ac^t  3:age  bor  bem  erfc^ütternben 
©reigni«  an  ^.^  ftatl^eber  bie  2Borte  geftanben  matten,  bie  i^n  felbft  fonftemierten,  ol^ne 
bafe  ber©d^reiber  je  ermittelt  toorben  toäre:  Carmina  jam  moriens  canit  exequialia 
cygnus.  Gmil  (Sgli      eo 

WcoUi^ncQflopäbic  für  t^colofllt  unb  filr*c.    :i.  in.  VI II.  ^2X> 


402  ^ottitiger,  ^o^ann  ^aloB  ^ottie 

^Ottinger,  ^^^^^^  S^^^'^    (1652—1735).  —     Jo   Jacobi  Lavateri  oratio  inan- 

guralis,  qua  describitur  vita  Joannifl  Jacobi  Hottingeri  .  .  .   acceilit  Catalogus  scriptorum 

ejus,   Tig.  1730.      S^gl.  Tempe   Helvetica    T.  II,  1    unb    bic    ^kdifc^loöcmevfe,    befonbcrS 

&.  t).  3Sl)6  in  bev  ^ilUgemeinen  beutfc^eu  ©iograp^ie  XIII.  193—195  unb   in  ber  .J)iftoriü» 

5flrQpt)ie  bev  ©djiueia  (1895)  ©.  262. 

3.  3.  §.  ift  einer  bcr  toter  ©ö^ne  go^.  ^einric^  §.^  (j.  b.  21.),  Sd^üler  ber  bret 
SSäter  ber  l^eltoetijd^en  Äonfen^formel  ^eibegger  in  3^^^/  ®cmler  in  93afel  unb  3^urre^ 
tini  in  ©enf,  1680  5ßfarrcr  ju  ©tallifon  im  Äanton  äürid^,  1686  SDiafon  am  ®xo^ 
münfter,  1698  Slac^folger^etbegger«  in  ber  tl^eoIo8tjc^cnlprofef|ur.  9Son  feinen  114  2)rurf' 

10  fc^riften  finb  bie  meiften  Heine  ©c^ulprogramme,  Il^efen,  2)ifjertationen  u.  bgt.,  etliche 
aud)  j)oIemif(^cn  ß^aralter^.  SSon  SBert  fmb  nod^  einige  l^iftorifc^^e  Sirbeilen,  fo  über 
bie  t)ietiftif(^e  Sctoegung  in  gw^c^  ^^^  1689  bi«  1717,  über  bie  ©ejc^id^te  ber  Formula 
Consensus  (lateinijci^  unb  beutft^  1723).  3)a«  $auj)th)erf  ift  bie  ^ebetifc^e  Ätrc^en* 
gefc^tc^te,   bier  Duartbänbe  bi«  auf  feine  3eit  (1698—1729).    $.«  3Sater  l^atte  in  feiner 

16  großen  Äird^engefc^ic^te  fel^r  einge^enb  bie  ©d^toeij  berüdfid^tigt.  S)er  ^auenfelber  ^riefter 
Äaft)ar  Sang  fe^te  bann  biefem  SBerl  unter  bem  3:itel  ^iftorifd^^l^eologifc^er  ©runb* 
ri^  u.  f.  U).  eine  eifrig  latl^olifc^e  2)arfteflung  ber  fd^metjerif^en  Kirc^engefd^ic^te  gegenüber 
(1692).  Stuf  Sang«  2BerI  ift  bie  Äirc^engefc^td^te  be«  ©o^ne«  $.  bie  ebenfalls  ftarl  po-- 
lemifc^  gel^altene  2lntU)ort.  Die  tenbenjiöfe  Haltung,  aud^  bie  Sreite  ber  ßr^^ä^lung,  mad^en 

20  ba«  SBäerl  §.«  ungenießbar,  obtool^I  e«  nic^t  mel^r  fo  fc^olaftifc^  Verfaßt  ift  tDic  bag  be« 
aSaterg.  Dagegen  enthält  e«  reiche«  Quettenmaterial  unb  biele  Dofumente  unb  bilbet 
immer  noc^  eine  Slüftfammer,  auf  bie  man  im  SJotfaH  relurriert.  Der  le|te  9anb  ift 
ein  ft)äterer  9Jad^trag  mit  ©rgängungen  ju  ben  frül(;eren  unb  mit  ber  (Sefc^ic^te  ber  ^a^x^ 
1700—1728.  —    (gin  gnfef  ift  ber  I^oge  Sodann  ^afob  ^ottinger  (1783—1860), 

26  ©efc^ic^t^profeffor  an  ber  3^^^^^  §o^fd^uIe,  befonber«  belannt   burc^  eine  gortfe^ung 

ju  ^o^önne«  bon  ÜKüIIer:    ©efd^ic^te  ber  ßibgenoffen  toä^renb  ber  3citen   ber  Äir^en= 

trennung,  2  93be  (1825—29),  unb  burd^  eine  3h)ingKbiograj)^ie  (1842).   §.  ^at  juerft 

3h)ingli   ate  ^olitifer  genauer  getoürbigt  unb   tJ^n   au^   fat^olifd^en  fireifen   naiver   g^ 

rac^t.    SBeitere«  bei  ®.  bon  333^^  in  ber  §iftoriograj)^ie  (©.  313  f.)  unb  im  Sleuja^r«- 

80  blatt  1861  ber  ^ilf^efeHfc^aft  in  3üric^.  «mir  egtt. 

^Ot0t,  So^n,  geft.  1705.  —  Sitteratur  über  i^n:  Lives  bv  Hunt  1810; 
Dünn  1836;  H.  Rogers  1836  (9?eubruc!  1879);  Urwick  1846;  Hewlett  1848;  Memoire  of 
H.  by  Calamy  (uorgebrucft  ben  Works,  ^luSg.  1724);  Wood,  Athenac  Oxon.  (ed.  Blise) 
III,  780ff.;  834  ff.;  IV,f)89ff.;  Fasti,  II,  120;  171;  Calamy's  Abridgement,  1713  ;  Calamy^s 

86  Accoimt,  1713;  Calamy 's  Continuation,  1727;  Urwick,  Nonconformity  in  Cheshire,  1846 ; 
Jeremv,  Presbyt.  Fund,  1885,  ©.  IX ff.;  Killen,  Hist.  of  the  Congr.  Presb.  Church  in 
Ireland,  1886;  Dict.  of  Nat.  Biogr.,  vol.  XXVIII. 

Die  ^ix^mi  §.«  (geb.  17.  3Kai  1630  in  Sougl^boroug^,  Scicefterf^ire),  beffen  Sater 
auf  Saub«  Setreiben  infolge  feiner  >)uritanifc^en  Steigungen  unb    ben  barau«  folgenben 

4o3leibungen  mit  ben  Dberbe^örben  au^  ber  ©taat^Iir^e  au^fc^eiben  mu^te,  fiel  in  eine 
bon  fird^li(^en  Äämt)fen  tief  jerriffene  3^-  S^n  ganje^  Seben  ift  ein  abbilb  biefer  Un- 
ruhe. —  5Wa(^bem  er  (feit  1647)  in  Sambribge,  bann  in  Cjforb  (Magdalen  College) 
bie  ^erfömmlid^en  afabemifc^en  Äurfe  burd^gemad^t,  übemal^m  er  (1650)  ben  ^farrbienft 
an  ber  ftaatölird^lid^en  ©emeinbe  ©reat  3:orrington  in  Debonff;ire,  bie  in  ^arteten  ger- 

46  flüftet  mar.  §.,  ber  in  bem  toilben  SEaumel  ber  fid^  überftürjenben  tir^lic^en  9leu= 
bilbungen  nac^  feften  ^idm  berlangte,  fd^loj  fid^,  ba  er  bie  ©taat^tird^e  bom  Slomani^- 
mu^  berberbt  borfanb,  ben  5ßrc«b^terianem  an,  bie,  nad^  ber  jä^en  Ä'ataftro^j^c  bon 
1648'49,  am  e^eften  bie  ßnttüicfelung  in  i^r3le(^t  treten  liefen.  3"  2^orrington  fd^on  fud^te 
er  eine  Serfö^nung  ber  Parteien  unb  organifierte  eine  Sonferenj  bon  ©eiftlid^en  berfd^ie- 

60  bener  9li(f»tungen.  3ior  bem  ^roteftor  ßromtoeH,  ber,  bon  feinem  bome^men  Süßeren 
angejogen,  il^n  an^  bem  ©otte^bienfte  bor  fic^  fommen  liefe,  unb  bor  ben  >)uritanifc^en 
$äu|ptern  brebigte  er  in  SB^itebaK  gegen  feinen  SBitten  unb  unborbereitet  über  einen  iejt, 
ben  ber  ^rotettor  mäF^renb  bc^  „$falm^"  i^m  gab,  hja^r  unb  Har,  o^ne  $ofe  unb 
©d^önt^un,  aber  freilid^  jtbei  ©tunben  lang  unb  toar  im  Segriff,  bic  ©anbubr  gum  britten= 

66  male  unijufel^ren,  aU  ßromhjell  abminfte.  2lfö  paxx^taplan  in  aS^ite^aU  berblieb  ^^,,  fo 
fe^r  i^n  bic  jjolitifd^c  Qntrigue  unb  baö  „freiere  föfifd^e  Seben"  anetctten,  noc^  in  Slid^arb 
ßromtDcüg  Dienften,  bem  er  auc^  na^  feinem  iDürbelofen  galle  bi^  an^  6nbe  Streue  unb 
Serehrung  belDabrte.  ©eit  1659  arbeitete  er  tDieber  in  lorrington.  2luf  für  je  3cit ;  bie 
Uniformitätöafte,   ebenfo  bie  ^orberung  feiner  SRcuorbination    burc^  einen  Sifc^of   lel^nte 

eo  er  1662  ab,  na^m  aber  1664  bic  Five  Miles  Act,  „fotoeit  bic  menfc^lid^en  ©efe^e  bem 


^ome  ^ntbanitd  Wauritd  403 

SDäorte  ®ottc«  nic^t  h)iberfj)rcc^cn",  an.  3)ennoc^  tourbc  er  abgefegt  unb  hjibmetc  fic^  big 
1670  freier  ^Srebigttl^ätiafcit.  9?ac^  einem  borüberge^enben  3)ienfte  in^rlanb  übcmal^m  er 
1676  ba«  ^aftorat  einer  ^ertoorragcnben  ^^re^b^terianifd^en  fiird^e  in  Sonbon  (Haberdashers' 
Hall),  ging  1685  mit  2orb  SB^arton  nac^  Utrecht,  too  bie  mit  ben  engli|cben  @nth)ide- 
langen  ungufriebenen  ©lemente  um  SBil^elm  bon  Dranien  [xd)  fammelten.  Stuf  bc^Dra^  6 
nterg  dtat  le^e  er  1687  nac^  Sonbon  jurüd,  machte  bort  für  äBil^elm  Stimmung  unb 
begrüßte  an  ber  ©t)i|e  ber  nonfonf ormiftifc^en  ©eiftlid^feit  ben  neuen  ^errn  alö  ben  3Kit= 
^Ifer  an  ber  erhofften  religiöfen  Befreiung  be^  Sanbe^. 

S8on  ba  an  ftcbt  er  al^  einer  ber  fü^renben  ©eifter  in  bem  Äamt)fe  ber  Slon^ 
fonformiften  um  bie  lirc^lic^e  (Sjiften^,  „ber  sugleic^  bie  3lnnä^erung  ber  bislang  feinD^  lo 
liefen  Jtirc^enförper  bebeutete,  bor  ber  Dffentlic^feit.  ©eit  1672  l^atte  er  an  ber  Ser^ 
einigung  ber  5ßre«b^terianer  unb  ber  Äongregationaliften  gearbeitet ;  1690  lam  fie  auf  fein 
betreiben  in  ber  ©rünbung  eine«  ^onb«  für  SSorlefungen  unb  eine«  tl^eologifd^en  ©emi= 
nor«  ju  ftanbe ;  ber  ©nttourf  ber  ;;®runblinien  ber  ^Bereinigung"  ift  fein  SBerf.  3lber  fc^on 
1694  trat  infolge  ber  (Eri«}3'f(i^en  Raubet,  bie  §.  toon  feiten  Sajter«  ben  ^Bortourf  anti=  is 
nomiftiW^er  ätnfd^auungen  jujogen,  bie  Trennung  toiebcr  ein.  ^n  neue  Ääm})fe  tourbe 
er  im  9lobember  1700  bertoidelt  burc^  feine  i^erteibigung  ber  ,,gclegentlici^en  Äonformität" 
gegen  Defoe.  6r  trat  in  biefem  ©treite  für  bie  3"'^ff""0  ^^  9lonfonformiften  gu  ben 
^farrlirc^en  im  ®otte«bienft  unb  bei  ber  ©aframentgfeier  ein,  fa^  aber  feine  33emü^ungen 
burA  bie  erfte  35iII  ber  Königin  änna  (4.  JJoöember  1702),  bie  ben  interlonfeffioneUen  ao 
Säerfe^r  berbot,  fc^eitem.  —  ©eine  (e|ten  Sebengjal^re  tourben  il^m  burd^  l;äufige  unb 
fd^toere  Äranf^eiten  Verbittert.  311«  „ein  großer,  aber  einfamer  9iame"  ftanb  er  unter 
einer  neuen  ©eneration,  bie  feinen  burc^  fd^mere  9Wte  unb  SSerfennungen  l^inburc^gcretteten 
3SbeaIen  ber  ^rei^eit  unb  SSerjö^nung  mit  fü^lerem  SnH^finben  gegenüberftanb,  toeil  neue 
aufgaben  ber  ^^^xt  i^re  Jträfte  in  3lnf})rud^  nahmen,  älm  2.  3lpril  1705  ftarb  er;  in  26 
ber  ftaat«fird^Iid^en  AUhallows'  Church,  Bread  Street  ift  fein  ®rab.  @r  toar  ein 
hochbegabter,  bielge^örter  Äanjelrebner ;  feine  ©c^riften  berraten  ben  originalen  Denfer, 
ber  in  ber  ©ebanfenfül^rung  ©d^ärfe  be«  SJerftanbe«  mit  marmcr  ®m))ftnbung  berbinbet; 
aber  fein  ©til,  bem  ber  ©c^lüung  ber  ©jjrac^e  unb  bie  ^jacfenbe  Äraft  be«  SBorte« 
mangelt,  bringt  bie  2iefe  feiner  ©ebanfen  nic^t  immer  jum  cntfprec^enben  2lu«brurf.        so 

©eine©(^riften:  Works,  ed.Calamy,  2  voll.  1724;  5Reuau«gaben  1810— 22 
in  8,  bon  ßunt);  1848  in  3;  1862—6:]  in  12;  1860  in  2  53änben  (iKen?^t)örf,  bie  be^ 
fanntefte  3fu«gabe).  3Son  1726—44  erfc^ieuen  auf  ©runb  t)ou  3Rac^jd^riften  feine 
„9Jad^geIaffenen  aSertc"  in  5  Sänben ;  aufeerbcm  (nac^  9Kibbleton)  33  Veröffentlichungen, 
bon  benen  id^  bie  folgenben  iDid^tigcren  nenne :  The  living  Temple  of  God,  1675  86 
(§.«  befanntefte«  2Berf,  gefdbrieben  in  äintrim,  3^^"^)  1  A  Treatise  of  Delighting  in 
God,  1674 ;  The  Reconcileableness  of  God's  Prescienee,  1667 ;  Inqüiry  con- 
cerning  the  possibility  of  a  Trinity,  1694;  Occasional  Conformity,  1701,  unb 
A  Discourse  on  Patience,  1705.  Wtibolf  IBnbbetifieg. 

^rabanu«  9)!auru«,  geft.  856.  —  Opp.   ed.  Colvenerius,   ^bln  16'27;   miebcv  abgc- 40 
bvucft  MSL  107-112;  bie  (öebicl)te  MG  Poet  lat.  II,  @.  ir)4ff.;  bie  Sricfe  MG  Epist.  V, 
8.  379 ff.  —  Epist.  Fukl.  fragmonta  a.  a.  0.    <S.  517  ff.     lieber   graben:    Ruodolfi   mon. 
Fuld.  MinicuJa   sanctorum   in    ecclesias   Fuldcnses   translatorum  MG  SS  XV  3.  32fi  ff. ; 
S3ö^mer:SöiU,  iHcaejten  ^vlx  (iJe]d)id)tc  ber  'iD^ainjcr   (fri^biictibfc  1.  ^^b,  1877,  @.  1)4  ff. ;   Ma- 
billoo,  Elogium  nistoricum  in  ASB  IV,  2  S.  20  ff.;  Histoire  lit^r.  de  la  France,  V 3. 151  ff.;  4& 
öftftr,  ®cfd).  ber  röm.  Sit    in  b.  forol.  äcitaltcr  1840,  3.  415  ff  ;  Jtunftmann,  ^rab.  "iDla^xx. 
3Rauru«  1841;  "©üttcnbad),  ©efd).  üucOen  6.  «ufl.  I.  3.  234  ff.;  1)iiinmler,  Oftfränf.  JReid), 
2.  Slufl.,  1887,  I.  3.  105  ff ,  315  ff.  u.  i). ;  bcrf.,  Proocm.  ,^u  b.  ^luifg.  ber  ö)ebid)te  3. 154  ff.; 
berf.,  «ib«  27.  «b  1888  3.  06  ff.  unb  C^rabanftubien  :t83^ö  1898  3.  24 ff.;  (Sbert,  «ot.  Sit. 
b.  m^,  II,  3.  120  ff  ;    Änöpflev  im  Mß  2.  3(ufl.  X,  3.  697  ff  ;  ©aucf,  Ü®.  3)eutfc^lQnb§  60 
II,  2.  9tufl.,  1900,  3.  620  ff. 

1.  §raban^  Scben.  ^r.  ift  ^u  ^Wainj  (f.  b.  Qpxt  c.  97  v.  3  ff.  ©.  244:  Urbe 
quidem  hac  genitus  sum)  geboren.  3)ag3^^^  ^f^  ^^^^  überliefert.  2)iabißon  l^at  (AS 
IV,  2  S.  22,  abgebrudtt  bei  ^Kignc  im  1.  Sanb  ber  SBerfe  .s^rabane)  barau^,  baj  $raban 
im  ^ai}xz  801  bie  DiafonentDei^e  er(;ielt,  gefolgert,  bafe  er  jj)äteften«  776  geboren  tourbe,  65 
ba  für  bie  Siatonenloeil^e  ba«;  Sllter  t)on  25  ^a\)xcn  nottoenbig  toar.  hiergegen  ^at 
2)ümmter  Sebenfen  erhoben,  ba  .{u.  bann  erft  im  älter  toon  71  S^^i^^^^^  3Jlainjer 
ßrjbi^tum  er[?ielt.  6r  rechnet  Dielme^r  t)on  bem  '^ai^x  ber  ^rieftertoeibe  rüdtoärt^,  unb 
!ommt  toon  ba  au^  auf  784  al^  loa^c^einlid^e^  ©eburt^jal^r  (§rabanftub.©.27).  Slllein 
über  784  lüirb  man  fidler  hinaufgehen  muffen,  ba  §raban  fd^on  bor  bem  3Jlat  804  * 

2C* 


404  ^tadanitd  Watintd 

giilba  klärte,  Ale.  ep.  142  ©.  223,  unb  bod^  nic^t  anjune^mcn  ift,  bap  man  einem  nod^ 
n\d)t  jtoanjtgiäE^rigcn  SüngKng  bie  SeJ^rerftcIIe  übertrug.  Cb  er  ibentifc^  ift  mit  jenem 
§raban,  beficn  ©Item  SBoluram  unb  fflaltrot  im  ^a^re  788  i^r  Äau^  in  SKainj  an 
§ulba  fc^enlten,  3)ronIe  9lr.  90,  toa«  Tümmler  für  möglich  ^ält,  mu|  man  unentfd^ieben 

6  laffen.  ©einen  9lamen  giebt  ^raban  in  ber  }3oetifc^en  SBorrebe  ju  feiner  ©d^rift  de  laud. 
S.  Crucis  (I,  ©.  147)  in  ber  jjorm  Magnentius  Hrabanus  Maurus;  ber  9lante 
5Waurug  tourbe  i^m  bon  Sllcuin  beigelegt  (ep.  14  ®.  403),  au«  bem  9iamen  aWagnentiu« 
ift  fic^er  nic^t  auf  einen  ^wfammenl^ang  mit  ber  gamilie  be«  Äaifer«  SWagnentiu«  )u 
fd^lie^en,  bicBleic^t  bejeic^net  er  ^raban  nur  al«  SKainjer  (ßbert  II,  ©.  120).  ©eine  &- 

10  jieE^ung  fanb  er  im  Jttofter  §ulba  (Epit. :  In  Fulda  post  haec  dogma  sacrum  di- 
dici);  ^ier  trat  er  aud^  in  ben  Scnebiftinerorben  ein  (ib.:  Quo  monachus  factus  se- 
niorum  jussa  sequebar),  unb  tourbe,  toie  ertüöl^nt,  801  unter  3lbt  93augulf  jum  ®ias 
Ionen  getoeil^t  (Ann.  Lauriss.  min.  ad  h.  a.  MG  Scr.  I,  p.  120).  Slatgar,  ber  802 
bie  abt^toürbe  erhielt,  fanbte  i^n  furi  barauf  ju  äicuin  nad^  lour«  (Catal.  abb.  Fuld. 

16  Scr.  XIII  p.  272;  über  (Sbert«  »eftreitung  biefer  %>t^  f.  Ä®  3).'«  II  ©.  152  «nm.  2. 
Interc.  Alb.  pr.  Maur.  Poet.  lat.  II  p.  160:  Abbas  namque  suus,  Fuldensis 
rector  ovilis,  illum  huc  direxit)  ju  toeiterer  Slu^bilbung  nic^t  nur  in  ber  Ideologie, 
fonbem  auc^  in  ben  freien  Äünften  (Ib.:  Hunc  puerum  docui  divini  famine  verbi 
Ethicae  monitis  et  sophiae  studiis  .  .  Quo  mecum   legeret   metri  scholasticus 

20  artem,  scripturam  et  sacram  rite  pararet  ovans).  Slud^  nad^bem  ^raban  %o\xt^ 
berlaffen,  blieb  er  mit  älcuin  in  »erle^.  3ft  ber  35rief  aicuin«  (MG  ep.  IV  p.  132 
9lr.  88),  ber  dilectissimo  filio  atque  animali  meo  überfc^rieben  ift,  an  §raban  ge^ 
richtet,  fo  befi|^en  toir  in  il^m  ein  fd^öne«  ®enlmal  ber  bätcrlid^en  ^eunbfc^aft  Sllcuin« 
m  feinem  ©dpiuer.  9lac^  feiner  Slüdlel^r  nac^  gulba  tourbe  i&raban  fie^rer  an  ber  Wofter- 

26Wule;  fie  gelangte  unter  feiner  Seitung  ju  großer  SStüte,  f.  b.3l.gulbaSbVI,©.  314, 4njf. 
3m  ^af)xi  814  tourbe  er  jum  ^riefter  getoei^t  (Annal  Laur.  min.  ad  h.  a.).  ®ie 
Ser^ältnifje  im  Älofter  toaren  toä^renb  biefer  ^txt  nid^t  immer  bie  günftigften.  SRatgar, 
ein  rüdffid^t^lofer,  l^errifd^er,  l^artnädfiger  ß^arafter  toar  erfüllt  bon  ber  Seibenfd^aft  ju 
bauen,  alle«  anbere  mu^te  il^r  gegenüber  gurüc!ftel^en.  3)aburd^  rief  er  bie  l^eftigfte  SDppO' 

80  fttion  ber  3}Ünd)t  ^erbor.  ©ie  befc^toertcn  fic^  bei  bem  Äaifer  (Libell.  suppl.  MG 
Epist.  IV.  ©.  548  3tt.  33);  biefer  fud^te  ^u  bermitteln  (Annal.  Lauriss.  min.  ad 
ann.  809  et  812);  aber  bergeblid^;  e«  fam  gu  einer  ©ejejfton  (Hrab.  c.  40  S.  204); 
ber  5^iebe  tourbe  erft  ^ergqteut  burd^  bie  @ntfe$ung  SRatgard  unb  bie  SBa^l  Sigil«  im 
ga^re  817  (Vit.  Eig.  5  sq.,  MG  SS  XV  p.  224,  Ann.  Fuld.  ad  ann.  817  et  818, 

85  Ann.  Laur.  min.  ad  a.  817).  äud^  §raban  l^atte  unter  ber  SBiUfür  Slatgar«  gu  leiben, 
e«  tourben  i^m  feine  ©d^riften  toeggenommen.  2)ag  ©ebid^t,  in  bem  er  um  SRüdgabc 
bat  (c.  20  ©.  185),  jeigt  il^n  bon  ber  liebenötoürbigften  ©eite.  Um  fo  freunblid^er  ge« 
ftaltete  fic^  fein  SSer^ältnid  ^u  bem  trefflid^en  Sigil  (Vit.  Eig.  20  ©.231:  Disputa- 
tionem  quoque  saepius  cum  Hrabano  magistro,  qui  ei  erat  speciali  familiari- 

40  täte  eoniunctus,  excepit).  3la6)  beffen  lob,  ©ommer  822,  tourbe  ^raban  3lbt  (Ann. 
Fuld.  ad  h.  a.).  $atte  er  bi^^er  ba^  Seben  eine^  ©elel^rtcn  geführt,  fo  betoie«  er  nun, 
an  bie  ©t)i|e  eine«  großen  Älofter«  mit  au^ebel^ntem  33efi|  geftettt,  ben  manc^fad^en  Sln^ 
forberungen  bc«  neuen  Slmte«  nac^  allen  ©eiten  l^in  fw^  getoac^fcn;  unter  il^m  tourbe  ber 
bon  eigil  begonnene  5Keubau  beg  Älofterö  bottenbet  (Rud.,  Mirac.  ©.  1  ©.  330,   aui} 

46  bei  aJligne  im  1.  S5b  ber  2B2B  $raban«  ©.  39  ff.);  in  ben  mit  gulba  berbunbenen 
liöfterli^en  9iieberlaf|ungen  unb  ju  bem  iSlofter  gehörigen  Dörfern  baute  er  Äirc^en ;  fein 
©c^üler  Slubolf  giebt  an,  baft  brei^ig  Oratorien  unter  i^m  errid^tet  toorben  feien  (ib.  14 
©.  340).  ebenfo  forgte  er  für  ben  ©^mudf  ber  Äird^en ;  bon  ber  Klofterfird^e  in  gulba 
toirb  ba«  au^brücfUd^  ertoöl^nt  (c.  1  ©.  330 :  ecclesiam  ex  diverso  metallorum  pre- 

60  tiosarumque  vestium  genere  pulchra  varietate  decoravit);  bie  bon  il^m  erbaute 
Äirc^e  in  SHate^torf  (=  ^a^borf,  nörblid^  bon  tjul^ö),  lie^  er  mit  ©entölben  bcrfel^ 
(c.  13  ©.  338:  quam  picturis  et  diversorum  varietate  metallorum  b.  1^.  mit 
mufibifc^en  Silbern,  decenter  ornavit,  altaribus  et  crucibus  auro  argentoque 
paratis,  vasisque  diversi  generis,    quae  divinus   cultus  exposcit,   congruenter 

66  adhibitis).  9Ud^t  unbebcutenbe  fiinftlerifd^e  Äräftc  muffen  il^m  jur  35erfügung  geftanben 
fein;  man  ^ört  nic^t  nur  bon  ber  §erftetlung  bon  ©emälben  unb  metattenen  aitarber;;ie= 
rungen,  bon  ber  ßrbauung  bon  mit  3WofaiI  berjierten  Salbac^inen  über  3lltären  unb  3if 
liquienfd^rcinen  (c.  3  ©.  332:  erigens  desuper  ligneum  aedificium  mechanica 
arte  fabricatum,   quod  argento  et  auro  atque  lapidibus  pulchra  varietate  de- 

eocoravit;  bgl.  c.  8  ©.  335,  12  ©.  337,  14  ©.  339),  fonbevn  man  toagte  fid^  aui)  an 


^radanitiS  Slaitntd  405 

bte  §erftettung  eine«  ©d^retne«  mit  ß^erubefiguren  (c.  3  S.  333:  fte  {c^einen  freiftel^enb 
geiD^en  ^u  fein,  c.  4:  arcam,  SL^^™  ^^^  duobus  cherubin  positam  diximus), 
eine«  anbeten  mit  Äeiligenbilbnillen  (c.  14  ©.  339).  SUtar^  unb  ^rieftcrgetüänber, 
ÜKcfebüd^er  unb  ©loden  berfanbte  firaban  al«  ©efd^enfe  (Dümmler,  ep.  Fuld.  fragm. 
XVII,  ©.  523).  %üx  ben  un0ejtörten  SRed^t«^  unb  Scft^ftonb  be«  Älofter«  trug  er  5 
©orge,  inbem  er  bei  ben  Äaifem  unb  ^päpften  bie  Seftätijaung  ber  ?5rit)i(egien  be«= 
felben  ertüirfte  (Immun.  Hludov.  regis  b.  5.  gebr.  834  S.  2K  1316;  Dronke,  Cod. 
dipl.  3lr.  486;  Praec.  Ludow.  imp.  pro  conf.  priv.  b.  6.  ÜKai  840,  S.  3K.  973 
Dronke  9tr.  526;  Immun.  Hloth.  imp.  D.  31.  ^uU  841  35.  3K.  1052  Dronke 
mx.  536;  Priv.  Greg.  pap.  b.  1.  3H)rU  828  3.  SB.  2568  Dronke  9h:.  477).  SiSie  fel^  10 
fid)  unter  i^m  ber  93e|t$  be«  Älofter«  mel^e,  jeigen  bie  bielen  3:rabitionen  (Dronke 
5Wr.  400 ff.);  bie  ajertooltuna  ber  ®üter  fd^eint  er  neu  organifiert  ju  Ibaben  (Rud.  c.  1 
©.  330).  Singriffe  in  bie  3le©te  beg  Älofter«  fanben  bei  il^m  energifc^en  SBiberftanb,  bagegen 
l^atten  feine  3Rönd^e  an  ipm  einen  mutigen  38erteibiger  (Dronke  9lr.  456;  513;  ep. 
Fuld.  fragm.  VIII  sq.  ©.  518  f.).  Sor  otten  3)ingen  befc^äftiaten  i^n  feine  geiftlic^en  16 
^fßd^ten;  auc^  afeäbt  gab  er  ben  tl^eologifc^en  Unterr^t  nid^t  auf  (Rud.  c.  1 :  quotiens- 
cunque  a  curia  saecularibus,  quas,  prout  possibile  erat,  toto  nisu  declinabat, 
liber  esse  permittebatur,  aut  alios  sacris  litteris  instruebat  aut  in  legendo 
vel  dictaudo  divinis  scripturis  semetipsum  pascebat);  nid^t  minber  lag  ifm  bie 
Untertoeifung  be«  SSoIfe^  amJperjen:  er  (jrebigte  felbft,  er  bermel^rte  biegöi^I  ber  ^^Jriefter  ao 
auf  bem  Sanbe  (c.  1),  er  ermal^nte  fie  )u  eifriger  5ßpic^terfüIIung(ep.  Fuld.  fragm.  16  f. 
©.  521).  SRuboIf  rül^mt  feine  ©orge  für  bie  iUofterbiöjijjKn,  für  bie  gortfc^ritte  feiner 
©d^üler  (c.  1);  er  erftredte  feine  SBifitationen  aud^  auf  bie  mit  IJulba  jufammen^ngenben 
9JonnenIIöfter  (ep.  Fuld.  fragm.  6  ©.  518).  9Jlit  bem  größten  @ifer  bermel^rte  er  ben 
Sleliquienfd^a^  ^^rulbad;  bie  ^rift  Slubolfd  giebt  eine  anfc^aulic^e  ©d^ilberung  feiner  25 
Il^ätigfeit  nac^  biefer  Slid^tung  (bgl.  aud^  ep.  Humberti  [Sifd^of  bon  SBürjburg]  ad 
Hab.,  ep.  26  ©.  440). 

Sieben  biefer  bielfeitigen  Jl^ötigfeit  arbeitete  §raban  ununterbrochen  al^  ©d^riftfteller. 
^toar  Hagte  er  too^I,  er  fei  fo  befq^äftigt,  ba^  er  toeber  anberer  ©c^riften  lefen  noc^  an 
eigenen  arbeiten  tbnrn  (Srief  an  ^eculf  bon  Sifteuj  ep.  8  ©.  393,  bgl.  10  ©.  396),  80 
aber  aufgegeben  ^t  er  bie  litterarijd^e  Slrbeit  be^l^alb  nic|t  SBir  beft^en  eine  grofee  ^a^l 
bon  ©d^riften  au*  ber  ß^t,  in  todc^er  er  bem  Älofker  ^ulba  borftanb. 

dagegen  ^at  er  in  ben  }3olitifAen  SBirren  ber  ^At  eine  ^erborragenbe  SRoIIe  nic^t 
gejpielt ;  er  toar  ein  grunbfä^lic^er  ®egner  beffen,  ba^  fu^  bie  Oeiftlidben  in  bie  (jolitifc^en 
SJmge  mengten.  Decet  te,  fd^rieb  er  f))äter  an  §emmo  bon  ^olberftabt  (ep.36©.471),  36 
nihil  aliud  praeponere  meditationi  divinae  legis  et  doctrinae  verbi  Dei;  nee 
ullo  modo  debes  ea  deserere  propter  mundanam  curam  et  saecularia  ne- 
gotia  .  . .  Proh  dolor !  multi  inveniuntur  huius  temporis  viri  in  ecclesiasticis 
personis,  qui  relicto  predicandi  officio  et  spiritali  conversatione  in  eo  se 
magnos  estimant,  si  terrenis  negotiis  preponantur  et  disceptationibus  saecu-  40 
larium  sepe  intersint,  ita  ut  in  eorum  conventibus  quasi  arbitres  presideant 
et  eorum  conflictuum  iudices  fiant.  3)iefer  9(nfc^auung  gemö^  l^anbelte  er.  ^abei 
toar  fein  }3oKtifc^er  ©tanbjjunft  feine^toegg  fc^toanfenb;  fo  lange  Subioig  ber  ^omme 
lebte,  l^at  er  bem  Äaifcr  unberrüdtt  angel^angen  aud^  in  ben  2^agen  feiner  tiefften  ßmie« 
brigung.  3)aju  betoog  i^n  nic^t  nur  perfönlid^e  Sln^ängKd^feit,  ober  2)anlbarleit  für  bie  46 
mand^erlei  Segabungen,  bie  ba«  Älofter  bon  Subtoig  em^jfangen  ^atte  (Dronke  9lr.  484, 
489,  523,  524,  655;  unecht  fmb  527  unb  528;  ep.  Fuld.  fra^m.  2  ©.  517),  fonbem 
befonber«  fein  ftttlic^e*  Urteil  über  SRed^t  unb  Unrecht  im  ©treit  be*  SJater*  mit  ben 
©binnen  (bgl.  unten  ©.  408,  12  über  bie  ©^rift  de  rever.  filior.). 

3toanjig  ^aü^x^  lang  ftanb  $raban  an  ber  ©}3i$e  be«  Älofter«;  bann  legte  er  feine  eo 
SBürbe  nieber;  er  überliefe,  fc^rcibt  ©erbatu«  2ut)ug,  „unferem  ^atto"  fein  mül^ebotte« 
3lmt(ep.40bgl.Rud.c.  15©.340).  2)a«  gefd^al^  im  Jrü^ial^r  842;  eine  ^rabitton  bom 
2.  Stjjril  b.  3.  (Dronke  5Rr.  543)  nennt  bereit«  §atto  al«  »bt.  3Ran  f)at  nad^  ben 
®rünben,  bie  ^xaban  ju  biefem  ©d^ritt  betoogen,  gefragt,  unb  fie  batb  in  feiner  SWife- 
ftimmung  über  ben  feinen  SBünfd^en  entgegengefe^ten  ®ang  ber  bolitifc^en  Sreigniffe  65 
(SDümmler,  ®efc^.  be«  oftfr.  3t.  1,  ©.  317,  bgl.  §efele,  6.-^©.,  2.  3lufl.,  IV,  ©.  124), 
balb  in  bem  SBunfc^,  fid^  ber  abminiftration  be«  Älofter«  ju  entlebigen  (ßbert,  Sit.  b. 
aJlä.,  II,  ©.  123)  gefunben;  bieCeic^t  tourbe  fein  Slüdftritt  geforbert  (f.  Ä®.  2).'«  II 
©.  622  f.).  S)afe  bem  mel^r  al«  60iäl^rigen,  bon  Äranf^eit  niebergebrüdften  (Srief  an  Äaifer 
Sot^,  ep.  28  @.  444,  an  Sifc^fof  ©amuel  bon  SBorm«  ep.  24  @.  431)  SRanne  b^  00 


406  «^rabanuS  Wattntd 

Söunfd^,  fcincö  niü(;ct)oIIcn  Slmtcö  übcr(;o6cn  ju  fein,  na^c  lag,  ift  leidet  bcgrciflid;.  (Sin 
SBorbilb  für  feinen  ©c^ritt  aber  f^aiU  er  an  ber  3lmtönieberlegung  be«  Slbte^  Saugulf, 
ber  feine  legten  ^ai}x^  in  ber  SaufluIf^jeÜc  bei  ^ammelburg  iubrad;tc  (Rud.c.7©.335), 
aud^  an  bem  SSergic^t  be^  Sonifatiu«  auf  bie  erjbifd^öflic^e  Ipätigfcit. 

6  §raban  blieb  in  ber  9?äJ^e  bon  gulba;  auf  bem  ^eter^berge  l^attc  er  eine  Äirc^c 
erbaut  (Rud.  c.  14);  ^ier  lie^  er  fi^  nieber:  ibi  manens  ac  Deo  serviens  coelesti 
philosophiae  vacabat  (ib.  c.  15).  3"  ^i<^f^  3^^  fonnte  er  ungcftört  ber  litterarifc^en 
J^ätigfeit  fid^  toibmen  j  babei  unterftü^ten  il^n  ferne  ©cnoffen  (33rief  an  ©erb.  £u}3.  ep.  2:] 
©.  429),   toä^renb  er  m  früheren  ^a\)xm  ganj^   attein  gearbeitet  l}aiU  (33rief  an  §atftulf 

10  ep.  5  ©.  389 :  ipse  mihi  dictator  simul  et  notarius  et  librarius  existens). 

3)oc^  bie  ^Ät  ber  gw^ücfgejogen^eit  bauerte  nid^t  lange.  2lm  21.  2lj)ril  847  ftarb 
(Srjbifd^of  Dtgar  bon  9Kainj,  §raban  tourbe  fein  SRad^f olger;  bie  Drbination  fanb  am 
26.  ^nni  \tatt  (Ann.  Fuld.  ad  a.  847)  cum  magno  favore  principum  gentis 
Francorum  et  eonsentanea  cleri  et  populi  electione  (ep.  Fuld.  fragm.  31  ©.531). 

16  9lo(^  im  Dftobcr  b.  3-  W^^  ^xaban  auf  Sefe^t  Subtoigö  be^  3)eutfc^en  feine  erftc  ^ro^ 
binjialf^nobe  im  ©t.  aiban^Ilofter  bei  ^IRain^  (Ann.  Fuld.  1.  c;  bie  alten  MG  Capit. 
II  ©.  173  9Jr.  248,  auc^  bei  ^ar^^eim,  Conc.  Germ.  II,  p.  151  sq.).  5}on  ben 
31  canones  biefer  ©^nobe,  bie  bem  Äönige  jur  Seftätigung  borgelegt  h)urben,  fmb  bie 
toic^tigften  can.  1,  ber  ben  5ßrieftem  bie  3SerJ)flic^tung  einfd^ärft,  ben  toal^ren  m  ber  Siebe 

20  tl^ätigen  ©lauben  ate  ba«  ^nbament  allc^  ®uten  ju  t)flegen,  can.  2,  ber  bie  S3er^)flic^5 
tung  jur  ^rebigt  in  ber  3So(tef>)rac^c  erneuert  unb  can.  26  f.,  meldte  Seftimmungcn 
treffen,  um  ju  beraten,  bafe  jemanb  fterbe,  o^e  bie  SKöglic^feit  borl^er  ©ünbenbergebung 
ju  erlangen,  ©c^on  im  Dftober  848  fanb  in  33erbinbung  mit  einem  SHeid^ötage  eine 
jtöeite  ©bnobe  in  3D?ainj  ftatt.    3)en  SSeratung^gegenftanb  bilbete  bie  ©ac^e  beö  möni)^ 

25  ©ottfc^alf  (bgl.  b.  a.  S5b  VII  ©.  40,  2  b).  gm  Sa^re  852  (über  bie  ^Datierung  \>d. 
»interim,  a)eutfd^e  6onc.  II,  ©.  428  ff.;  §cfele,  6.^®.  IV,  ©.  179;  Tümmler,  DJ.  m. 
I  ©.  361)  folgte  bie  brittc  ©^nobe  §rabang;  i^re  Sefd^lüffe  bejie^en  fw^  auf  bie  !ird^= 
lic^e  3)iggi})lin  unb  ba«  firc^tic^c  SRed^t  (Ann.  Fuld.  ad  h.  a. ;  bie  2lften  in  ben  MG 
Capit.  II  ©.  184  5Rr.  249,  auc^  Leg.  I  ©.  410  sq.).    2öie   al^  abt,  fo  trug  C^raban 

30  auc|  ate  Sifd^of  ©orge  für  §erftellung  bon  Äird^en,  Slltären  unb  SRcliquienfc^reinen  (t)gl. 
carm.  55,  2  u.  4  ©.  219  f.,  76  ©.228,  77  ©.228);  bie  Älöfter  l^atten  an  il^m  einen 
5ürft)re(^er  (gulba,  ep.  Fuld.  fragm.  27  ©.  528 f.;  Älingenmünfter,  SölS^mer^aBiH, 
SRegeften  ©.  65,  Sll^einau  ib.  ©.  67).  ©eine  ©c^riftftellertl^ätigfeit  erlitt  faum  eine  Unter- 
brechung;  fein  S3eruf  bot  ü^m   ba  unb  bort  3lnla^  ju  fc^reiben.     2(uc^   in  ben  ©treit 

36  über  bie  Slbenbmal^felel^re  bed  ^afc^afiu^  SRabbert  n)urbe  er  beranla^t  einzugreifen  (f.  b. 
31.  SRabbert).  SBa«  i^m  befonber^  ben  S)anf  unb  bie  ©emunberung  feiner  ^^^Ö^^offen 
ertoarb,  tvax  feine  SBo^lt^ätigleit.  3"  ^^^  großen  §unger«not  be^  ^al^xti  850  ft)eifte  er 
nad^  ben  ann.  Fuld.  täglich  me^r  afe  300  5ßerfonen. 

©eine  ftetg  gleid^e  Il^ätigfeit  fc^eint  ben  ©ebanfen  ju  bertoe^ren,   ba^  feine  Jtraft 

40  ermattet  toäre ;  er  f elbft  jeboc^  füllte  fid^  alt  (©rief  an  ben  ß^orbifc^of  2:^iotmar 
ep.  55  ©.  509;  an  Äaifer  Sotl^or,  ep.  50  ©.  504  f.).  am  4.  ^bruar  856  ift  er 
geftorben  (ann.  Fuld.  ad  h.  a.);  er  tourbe  bei  ©t.  Sllban  begraben;  bie  t)on  i^m  felbft 
berfa^te  ©rabfc^rift  (carm.  97  ©.244)  ift  anjiel^enb  burd^  il^re  Sefd^eibenl^eit.  Sllbret^t 
bon  Sranbenburg  ^at  feine  ©ebeine  nad^  Äalle  a.  b.  ©.  bcrbrad^t. 

46  §raban  ift  einer  ber  bebeutenbften  firc|lid^en  3Wänner  feiner  3^i^-  3ln  Äenntni«  ber 
l^eiligen  ©c^rift,  ber  firc^lic^en  Sitteratur  unb  be^  fird^lic^en  5Rec^t^  trar  i^m  unter  feinen 
3eitgenoffen  niemanb  gleich;  ^ier  toar  er  im  ganzen  ^anfcnreic^e  anerfannte  Slutorität. 
Sei  aller  Sefd^eibcn^eit  toar  er  fic^  beffen  beloufet;  er  fei  nic^t  reic^,  fc^reibt  er  einmal 
an  bie  Äaiferin  S^^^^'S^/   tamen  studio  sacrarum   orationum   non   sumus  omnino 

50  vacui  (ep.  17a  ©.  420).  ©ein  SBiffen  aber  ftellte  er  gan^  in  ben  3)ienft  be^  gebend; 
in  ben  SBibmungen  feiner  Kommentare  tritt  ba^  überall  an  ben  Jag  (ügl.  3. 93. 1,  ©.  730). 
35a^  größte  l^at  er  im  Unterrid^t  geleiftet,  er  juerft  l^at  ber  litterarifc^en  unb  t^eologift^cn 
Silbung  bie^fcitö  beö  Sl^ein^  eine  .^eimftätte  bereitet.  ?fanb  er  feine  Sefriebigung  in  ber 
ftiHen  litterarifc^en  Slrbeit   im  filofter  (Epit. :  Cella    tamen    mihimet   mansio  grata 

55  fuit),  fo  betoie^  er  aU  2lbt  unb  afe  ßr^bifc^of,  baft  i^m  ba^  Talent  ju  organifteren  unb 
5U  leiten  nic^t  gebrad^.  ^erfönlid^  toar  er  anfj^ruc^^lo^ ;  er  fonnte  Äränfung  ertragen, 
ol^ne  baburc^  erbittert  ju  toerben  (carm.  20  f.  0.);  aber  too  e^  fic^  um  Stecht  unb  Un= 
rcd^t  f)anbelte,  battc  ber  W6nd)  ben  3Wut,  aud^  einem  ©imobalbefd^lu^  ffliberfprud^  ent^ 
gegen^ufe^cn  (lib.  de  oblat.  puer.  I,  419  gegen  ben  Sefd^lu^  ber  3Bain^er  ®^nobe  toon 

fjo  829,  ber  ©ottfc^all  bie  (Jrlaubni!^  jum  2(u^tritt  ou^  bem  filoftcr  gab,  ep.  Fuld.  fragm. 


^tobaittii»  SKaiintd  407 

29  S.  530),  formte  bcr  Sifc^of  mit  einer  §ärte  berfa^ren,  bie  toie  gfinbfeliQlcit  crfc^eint 
(aSer^alten  geßen  ©ottfc^aK  848);  bod^  ben  DueD  feiner  (Snergie  {priest  er  in  bem  ©o^e 
au^ :  Ubi  Christus  in  causa  est,  non  est  verendum  odium  pravorum  (ep.  Fuld. 
fragm.  17  ®.  523).  Über  bie  SWenfd^en  urteilte  er  mit  einer  33iui0feit,  bie  man  gerabc 
im  aJlunbe  eine«  9Könc^e«  nic^t  ertoartet;  si  dixeris  mihi,  fc^rieb  er  an  einen  ü^m  be^  5 
freunbeten  5ßriefter  ^abubranb,  hie  et  hie,  iUic  et  illic  mutantur  hominum  mores 
et  disciplinae  rigor  cadit,  hoc  a  me  recipias  responsum,  quod  nusquam 
omnes  boni  nisi  in  coelo,  nusquam  omnes  mali  nisi  in  inferno  (ep.  Fuld. 
fragm.  16  ©.522).  SReben  J)oIiti{^en  Sijc^öfen  toie  §infmar  bon  SRI^eim«  erfd^eint  bie 
Sauterlett  feine«  SBefen«  im  fd^önften  Sid^te,  toie  er  auc^  jeben  a)li|braud(^  geiftlid^er  9KitteI,  lo 
um  toeltlic^e  ßtüetfe  ju  erreid^en  mit  ber  größten  ßntfd^iebenl^eit  bertoarf  (ep.  Fuld. 
fragm.  16  ©.  521).  3:rug  feine  ^mmigfeit  bie  garbe  feiner  ^Ät,  fo  l^at  man  bo(^ 
überall  ben  (Sinbrud  ber  SBa^r^eit  unb  äufric^tigf eit ;  feine  Siebe  galt  ber  l^eiligen©c^rift; 
i^r  gab  er  noc^  in  feiner  (Srabfd^rift  ^^Ö"'^  (cui  lectio  dulcis  divinae  legis  semper 
ubique  fuit).  2)abei  befafe  er  ^eil^eit  be«  Seifte«  genug,  ba^  er  fic^  über  3«itborurteiIe  16 
l^intüegfeben  fonnte  (SBerle^r  mit  einem  3uben  ep.  US.  403,  18  ©.  423). 

2.  3)ie  ©c^riften  $raban«.  a)  gjegetifd^e  ©c^riften.  S)er  am  früi^eften  ber= 
fafete  Kommentar  §raban«  ift  bie  ßrHärung  be«  5Kattl^äu«s@t)angeIium«,  I,  727  ff.  3n 
ber  SBibmung  an  ben  (Srjbifd^of  $aiftulf  bon  3)Jainj  bejeic^net  er  ftc^  ate  indignus 
Presbyter;  ber  Kommentar  ift  alfo  jtoifdben  814 unb  822  gefc^rieben:  er  ift  eine  ^c^t2o 
ber  Sei^rtl^ätigfeit  ^xabani;  benn  jur  äbfaffung  gab  il^m  ber  SBunfc^  ber  SSrüber,  qui 
nobiscum  evangelium  legere  disponebant,  33eranlaffung  (©.  728).  ®a«  ejegetifc^e 
SJerfa^ren  ift  l^ier  bereit«  ba«felbe,  ba«  ^raban  and)  fernerhin  beobachtet  f)at;  er  erflärte 
in  ber  Siegel  nid^t  felbftftänbig,  fonbem  fammelte  bie  grllärungen  ber  älteren  38äter;  feine 
®eh)äl^r«männer  toaren  l^auj)tfäd^Kc^  JpieronVmu«,  Sluguftin,  (Sregor  b.  ®r.  2)ie  ßjjerpte  26 
maren  burc^  bie  Sejeid^nung  ber  38erfaffer  lenntlic^  gemacht;  ebenfo  bie  eigenen  Sln^ 
merfungen  $raban«.  a)ie  äufforberung  be«  33ifc^of«  ^eculf  bon  Sifieuj,  ben  $entateud^ 
ju  erflären  (I,  ©.  441),  fül^rte  $raban  gum  3Uten  %^iamtnt  35ie  Slrt  ber  (Srflärung 
mar  bem  au«brüdEIic^en  SBunfc^e  jjreculf«  gemäfe  (©.  440)  bie  gleiche  toie  im  9Kattl^äu«- 
fommentar,  nur  tritt  bie  aUegorifc^c  3)eutung  naturgemäß  ^ier  biet  ftärfer  l^erbor  al«  bort  90 
(bgl.  praef .  gu  ©job.  II,  9).  2)ie  Srilärung  be«  ?pentateuc^«  fd^rieb  §raban  bereit«  al« 
abt  («rief  JJrecuIf«  I,  439).  6«  folgten  bie  Kommentare  ju  ben  übrigen  ^iftorifc^en 
Suchern  be«  3llten  ieftament«  mit  a[u«na]^me  bon  ®«ra  unb  9Jel^emia,  bagegen  ein* 
fc^Ueßlic^  ber  Sucher  bcr  3)JafIabäer.  3)ann  erflärte  $raban  ba«  S5ud^  ber  2Bei«^eit  unb 
3efu«  ©irac^,  beibe  Kommentare  fmb  bem  ©rjbifd^of  Dtgar  bon  SHainj  getoibmet.  %m  85 
begann  er  bie  ©rflärung  be«  g^f^ia«,  unterbrad^  aber  bie  Slrbeit,  um  juerft  ^Ofemia«  gu 
erflären  (Prol.  in  Jes.  ep.  47  ©.  502,  Kunftmann  ©.  225).  3)ie  SJoIIenbung  be« 
3eremia«fommentar«  fällt  mit  ber  SRieberlegung  feiner  3lbt«h)ürbe  jeitlid^  jufammen;  be* 
gönnen  toar  er  noc^  ^u  Sebjeiten  Subtoig«  be«  gtommen,  bottenbet  erft  nac^  beffcn  2^obe 
(Srief  an  Sotl^ar  ep.  28  S.  443).  9flun  folgten  bie  Kommentare  gu  Sjed^iel  unb  Daniel  40 
(prol.  in  Jes.  ©.  502).  Darauf  unternahm  ^xaban  auf  ben  SBunf4  Subhjig«  be« 
Deutfd^en  bie  3lu«legung  ber  im  gotte«bienfitlic^en  ©ebraud^  befinblid^en  biblifd^en  §t?mnen 
(Srief  an  Subtoig  ep.  33  ©.  465,  §raban  erinnert  pc^,  quod  in  illa  [cantica]  quae 
de  prophetis  sunt,  Isaia  videlioet  et  Habacuc,  necdum  manum  miserim).  ^ann 
erft  tourbe  ^^a\a^  boUenbet  (prol.  in  Jes.  ©.  502).  3"  *>M<^  fbätere  3^^  gehören  46 
toa^rfc^einlid^  auc^  bie  Kommentare  gu  ben  5ßroberbien,  ju  ben  jjaulinifd^en  Sriefen  unb 
JU  bem  3o^anne«ebanaelium.  38on  ben  genannten  Kommentaren  fmb  noc^  ungebrudft  ber 
JU  3^f<^i<^^/  *>«>"  toelc^em  bie  ©rlanger  Uniberfität«bibliot]^eI  eine  au«  bem  Klofter  ^eife 
bronn  ftammenbe  ^anbfd^rift  be«  12.3a^rl^unbert«  befifet;  ber©c^reiber  ber  jtoeitenÄälfte, 
ber  nic^t  ibentifc^  ift  mit  bem  ber  erften,  nennt  fid^  SB^ganbu« ;  ferner  ber  m  Daniel  öo 
unb  m  ijo^anne«;  bon  le^teren  äbfc^riften  in  ber  SJJünd^encr  @taat«bibliotl^ef  au«  bem 
SWac^lafe  (gn^uber«  (f.  Kunftmann  ©.  3). 

b)  (grbaulid^e  ©c^riften.  Über  bie  Jtoei  ^omilienfammlungen  $raban«,  bie  eine 
§aiftulf,  alfo  bor  826,  bie  anbere  Kaifer  iSotl^ar  getoibmet,  bgl.  ben  Slrtifel  ^omiliarium 
oben  ©.  309, 46  ff.  ^ier^er  ift  nod^  ni  rechnen  bie  bem  Slbte  93onofu«  (b.  i.  §atto)  ge^  bb 
toibmete,  alfo  nac^  842  berfa^te  ©c^rift  de  videndo  Deo;  benn  offenbar  gehören  nur 
bie  beiben  Sudler,  bie  de  videndo  Deo  unb  de  puritate  cordis  überfc^rieben  toerben, 
jufammen ;  fie  bilben  bie  jtoei  Seile  einer  Slbl^anblung,  bie  bon  bem  ©c^auen  ®otte«  al« 
ber  ^öc^^ften  ©eligfeit  ^anbelt;  toä^renb  ba«  fog.  britte  Sud^  (de  modo  poenitentiae) 
eine  felbftftänbige  ©c^rift  ift;  e«  enthält  eine  toarme  ©rmal^nung  ju  red^ter  S5ufee.  go 


408  ^nidunttiS  SRattntd 

c)  Schriften  jur  Untcrtpcijung  bet  Älerifer.  3lod)  ate  9Kpnd^  öcrfa^tc  ^raban  fein 
bem  drjbifd^of  §atftulf  ßetDibmcte«  SBerl  de  clericorum  institutione ;  c«  follte  bcn 
^rieftem  über  il^r  ämt  unb  toa«  bamtt  jufammcn^ängt  (de  officio  suo  et  variis  ob- 
servationibus  quae  in  ecclesia  Dei  observantur,  I,  p.  295)   Selc^rung  barbieten; 

^  e«  jerfoKt  in  brei  ©üc^er,  beren  erfte^  bon  ber  Äirc^e,  ben  firc^Ii^en  ordines,  ber  Heri« 
falen  Äleibunfl,  ben  ©aframenten  unb  ber  3Kene  l^anbelt,  ba«  gtoeite  bon  ben  gotte^bienft- 
lid^en  Orbnungen,  ba^  britte  bon  ber  t^eologifc^en  mie  attgemeinen  Silbung  ber  ©eift* 
liefen.  3)ie  Slnlage  be«  SBerfe^  ifl  felbflftänbig,  bagegen  beru|t  e^  in^altßc^,  toie  ipraban 
fclbft  l^erborl^ebt,  jum  großen  %Al  auf  älteren  SBerlen,  befonber«  auf  ben  institutiones 

10  be^  ßafftobor  unb  auf  Sluguftin«  ©c^rift  de  doctrina  christiana.  ^n  bie  gleid^e  3^^ 
gehört  tüal^c^einlic^  bie  excerptio  de  arte  grammatica  Prisciani  unb  fic^er  ber  820 
berfa&te  über  de  computo,  eine  Unteriüeifung  in  ber  ^^trcj^wung ;  er  ift  ganj  gleid^en 
Gl^arafter^ ;  felbftftänbig  in  ber  ^orm  —  er  ift  ein  Dialog  jtoifci^en  Seigrer  unb  ©d^üler  — 
ift  er  boc^  in  ber  Qad^t  bon  früheren  ©d&riften  (befonberd  9eba,  de  teraporum  ratione) 

16  abhängig.  Site  Slbt  f 4rint  §raban  fein  3Rart^roIogium  jufammengeftellt  gu  l^oben ;  nac^^ 
bem  er  fid^  ouf  ben  ^eter^berg  jurüdfgejogen  ^otte,  fd^rieb  er  bie  22  Sudler  de  universo 
(V,  11 :  postquam  me  divina  Providentia  ab  exteriorum  negotiorum  cura  ab- 
solvit).  3n  ber  an  §emmo  bon  ^alberftobt  gerichteten  SSorrebe  fagt  er,  fein  SBSerf  foBe 
nad)  bem  33orbiIb  ber  Sllten  —  er  benft  an  ^fxiov  bon  ©ebilla,  beflen  (St^mologien  ^ier 

20  feine  §auj)tquette  pnb  —  j^onbeln,  non  solum  de  rerum  naturis  et  verborum 
proprietatibus,  sed  etiam  de  mystica  earundem  rerum  significatione.  @^  ift 
tüte  bie  @t^moIogien  be^  S);fibor  eine  älrt  Stealenc^tlo^äbie  unb  be^l^alb  bon  äSic^tigfeit 
jur  Äenntni«  be«  SBiffen^feeife«,  in  bem  fic^  bie  Älerifer  bc«  9.  ^ö^^^^w^bertö  belegten. 
3n  biefe  Slul^ejeit  gel^ört  auc^  bie  ©c^ft  de  ecclesiastica  disciplina  (VI,  1191:  dum 

26  quietus  ab  omni  mundano  negotio  in  cellula  mea  sederem) ;  fie  berul^t  mm  ^eil 
auf  Sluguftin,  ^m  leil  auf  ber  ©$rift  de  cleric.  instit.;  nur  ba^  lc|te  Suc^  (de 
agone  Christ.),  ein  äbri^  ber  ßt^if,  ift  felbftftänbig.  Site  Sifc^of  ertoeiterte  §raban 
bad  erfte  93ud^  de  cleric.  instit.  )u  ber  ©d^rift  de  sacris  ordinibus,  sacramentis 
divinis  et  vestimentis  sacerdotalibus ;   bie  3^tbeftimmung   ergiebt   ftc^  au^  ben  an 

3oIl^iotmar  gerichteten  SBorten,  auia  mei  cooperatorem  in  sacro  ministerio  te  elegi 
(VI,  1165).  äluc^  bie  Äaifer  Sot^ar  getoibmete  ©c^rift  de  anima  toirb  in  biefe  f})ätere 
Mi  fallen.  9lid^t  beftimmen  lä^t  ftc^  bie  Slbfaffungdjeit  ber  allegoriae,  einer  ^ufammen* 
fteffung  ber  Segriffe,  bie  in  ber  l^eiligen  ©d^rift  allegorifc^  gebrandet  toerben,  nebft  il^rer 
mit  SJeifpielen  belegten  Deutung. 

36  d)  3luf  3^i^berl^ältniffe  bejüglic^e  ©d^riften.  ®cgen  ben  Sefd^lufe  ber  ÜKainjer  ©^= 
nobe,  toelc^e  Sottfc^oll  ben  Sludtritt  aud  bem  Drben  erlaubte,  fc^rieb  ^raban  ben  liber 
de  oblat.  puerorum,  eine  38crteibigung  be^  ®runbfafee|8  quod  licet  parentibus  filios 
parvulos  ad  Dei  servitium  tradere,  bie  ju  einer  sBerteibigung  bc^  ÜKönd^tumd  über= 
fyivapt  toirb.  Über  bie  Sriefe  ^um  ©ottfd^atffd^en  ©treit  f.  b.  31.  ©ottfcbalt  (8b  VII  ©.  40,  u); 

40  über  bie  epistola  ad  Egil.  de  eucharistia  f.  b.  31.  SRabbert  ^afc^aftuö.  3luf  bie  an- 
gefod^tenen  Siedete  ber  ßl^orbifc^öfe  (f.  b.  31.  Sanbbifc^of)  bejiel^t  fid^  bie  an  ®rogo  öon 
aJle§  gerichtete  35enffc^rift  de  chorepiscopis,  ep.  25  ©.  431.  Durc^  bie  (Srlebniffc 
Subtoig^  b.  ^r.  beranla^t  ift  bie  ©d^rift  de  reverentia  filiorum  erga  patres  et  sub- 
ditorum  erga  reges,  ep.  15  ©.  403,  eine  i^erteibigung  be^  fiaifcrd  gegen  feine  ©öl^ne 

46  unb  bie  Sifcföfe  nac^  ben  ßreigniffen  bon  833,  unb  bie  eth)a«  fpätere  ©c^rift  de  vitiis 
et  virtutibus  (ep.  16  ©.  416). 

e)  ©d^riften  gur  fir^lid^en  2)iö^iJ)lin.  Dtgar  bon  3Wainj  ift  gctoibmet  Poeniten- 
tium  liber  ep.  32  S.  462 ;  ate  (Srjbifc^of  berfa^te  §raban  ein  Poenitentiale  für  ^eri- 
balb  toon  Slujerre  (er  rebet  biefen   ate  dilectus  f rater  an  ep.  56  ©.  510).    3luf   ba^ 

60  (Jl^ered^t  bcj^iel^t  ftc^  ber  Srief  über  bie  ^age,  quota  generatione  licitum  sit  connu- 
bium  an  ^umbert  bon  SBürjburg  (ep.  29  ©.  444)  unb  ber  Straftat  de  consangui- 
neorum  nuptiis  an  3lbt  SJonofu^  b.  1^.  §atto  b.  gulba  ep.  31  ©.  455.  ^u  erh)äfnen 
finb  cnblic^  ber  'üraftat  de  magicis  artibus  unb  ber  S3rief  an  bcn  ßl^orbifc^of  SRcgim 
balb   über  toerfd^iebene  5^agen  ber  3)iöjii)lin,  ep.  30  ©.  448. 

66  f)  3"  ^^"  ©ebid^ten  .^raband  gehört  fein  frül^cfte^  SKcrf,  In  laudem  s.  crucis 
(bgl.  ep.  1  f.  ©.381  ff.;  g.  ö.  ©d^loffer,  S^rbb.  ber  funft^or.  Sammlungen  be«  Äaifer« 
^aufc«  XIII,  ©.  24  ff.  unb  Tümmler,  §rabanftubicn  ©.  29  ff.),  eine  größere  Slnjal^l 
t>on  ^nfci&riftcn  u.  a.  ©ie  geigen  il^n  jti^ar  nic^t  ate  großen  2)id^tcr;  er  ift  ^cr^fünftler; 
aber  bann  unb  toann  finbet  fic^  bod^  ein  glüdlid^er  SSer«. 

60         3Kinbcften^  jtoeifelbaft  ift  e^,   ob  bie  ©c^rift  adv.  Judaeos  bei  Martene,  Anect. 


^tadanitd  Sliitintd  Ritter,  Samuel  409 

thes.  noviss.  V,  p.  401  ^xahan  h)ir!ltd^  angel^ört.  ÜBer  feine  Sebeutung  für  bie  beutfd^ 
&lfita^  t)gL  aBademagel,  ®efd^.  b.  beutfd^en  Sit.,  ©.  52.  35ie  l}xob.  ©loffe  bei'  ©teim 
mc^er  unb  ©ieberö,  ®ie  olt^oci^beutjc^en  ©loffen,  I,  ©.  3  ff.  *««*• 

^totfittt,  Slo^toitl^,  gcft.  um  980.  —  «Berfe,  öerauSgefleben  üon  ®.  «.  ©arocf, 
Slurnberg  1858.  55ic  bciben  ^iftor.  ©ebidjtc  au(ö  in  ben  MG  SS  IV  6. 306  ff.  Ucberfctung  6 
üon  2^.  ¥funb  in  ben  (äJefcfticfttfcftreibcrn  ber  bcutftften  SSorjeit.  10.3oir^M  b.fßh,  —  Ofrörer, 
SHr(6engef(i)td)tc.  IIL  3, 1357 ;  (Sonl^en,  (Defc^itbtf (Treiber  ber  6öd)rtf4en  ßQ{fer5ett,  99egendburg« 
Ruftet,  fpfitcr  «ugöburgsÄonniQnn,  1837,  6.  109 ff.;  Oiefebrecftt,  ®efdjtdjtc  ber  beutfc^en 
Äaiferjett  »b  I;  ©ottcnbadj,  ©cfAidjtgquencn  «ufl.  «,  «b  I,  ©.334 ff.;  9J.  Äöpfc.  Cttonifdie 
@tublen,  »b  II.  ©crlin  1869;  ?9Qit  in  ben  &b®  IX  8.  335 ff.;  ®ra«^of  in  ben  @iub.  u.  lo 
TOttt  Qu8  b.  S^cnebiftincr  u.  (5iftercienjerorbcn  18J^ff.;  Rint,  Ueber  SRoSmit^QÄ  Carmen  de 
geet.  Oddonis,  Äöni9«berg1875:  (Sbcrt,  fiitt.  bc«  m'ä,  3.©b.  @. 285  ff.;  ©aud,  t®  3)eutf(i)- 
lanbd  3.  $b  @   301  ff. 

$rotfuit,  SRo^tüitl^a,  Slonne  ju  ©anberd^eim,  au^  altem  abeligem  ©efc^Iec^te,  lebte 
im  leiten  S)rittel  be«  10.  ^^i^tl^unbert^.    SBeber  t^r  ©eburtg^  noc^  ibr  2:obe«ia]^  ift  be«  i6 
Idnnt.    3^re  ^tiffin  ©erberga  (959  bi«  1001),  bie  Tochter  ^erjog«  §einric^  bon  Saiern, 
eine  ^au  bon  ungetoö^nlid^er  Silbung,   forberte  fie  auf,    ein  ^äbengebic^t  jum  ^greife 
Dtto^  I.  ju  berfajfen.     ^m  ^af)xz  968   tüar  e^  bollenbet:   Hrotsuithae   carmen  de 
gestis  Oddonis  I  imperatoris,  MG  SS  4,  317—335.    35a^  SBerf  ifi  un«  nic^it  boll^ 
jlönbig  erl^lten.    S)a  fie  ben  ©toff  bon  3Kitgliebem  ber  faiferlid^en  gamilie  erhielt,  fo  20 
^oben  natürlich  berfc^iebene  SRüdEfic^ten  auf  bie  Darftellung  eingetoirft.    aber  biefe  ^or^ 
fteOung   ifl   bod^  eine  toic^tige  ©efc^id^t^queQe  getüorben.    ^rotfuit   l}ai  f)}äter  auc^  bie 
®ef^id^te  il^e^  Älofterd  befungen:   de  primordiis  coenobii  Gandersheimensis,  MG 
SS  4,  306—317.    aud^  bicle  ©cbid^te  auf  ^eilige:  SJlaria,  ben  ^.  ©ongolf,   ^elagiu^, 
H^eot)l^ilu^  u.  a.,  ^at  fie  berfafet.  Sefannt  fmb  befonber^  il^e  d^riftlic^en  Äomöbien  nac^  25 
bem  SRufter  be^  lerenj   unb   afö  ©citenftücf  ju  bemfelben  gebadet.    3)ie  ältere  Slnfid^t, 
ba^  fte  in  ber  abfielt  berfafet  feien,   bie  fc^lü|)frigen  Bd)au\pxzk  biefe«  3)ic^ter«  ju  ber* 
brängen,  ^at  ßbert  mit  guten  ©rünben  bejWtten.  (äfal.  ©eijfäifer  t)  ^^ttif. 

^itber,  ©amuel,   geft.  1624.  —  OucIIcn  unb  ©(^riftcn:  Acta  Huberiana,  b. ^ 
©cricftt,  tt)Q§  n4  ^ie  $räbeftination  betrcffenb  jiüifien  ^uber  u.  ben  mürttcmbcrgifÄen  i^eo«  «o 
logen  jugctragcn,  2:übingen  1597  unb  latelnifd)  1598;  G.  H.  Götzii,  Acta  Huberiana,  Sübccf 
1707;    3.  Ä.  ©d^mib.  Diss.  hist.-theol.  de  Sam.  Hüben  vita,   fatis  et  doctrina,  ^dmftcbt 
1708;  «molb,  ^ir*cn  unb  Äejcr^iiftorie,  »bXVI,  Ä.30ff.;  SBal*,  mel.-@trcit.  in  ber  lutft. 
Äircfte,  1.  %l  S.  176 ff.;  Unfdjuib.  9?Q*r.,  1706,  @.  673 ff.;  3.  91.  ©ici*,  Annalium  Eccle- 
aiaBticorum   9(nbrcr  3:^ci(.    3)re6ben  unb  JJeip^ig  1730,   @.  156,  ^x.  8  unb  ©.  159,  i«r.  9:  36 
e.  Otto,  S)lc  8(firiftcn  bc^  erften  furfödififdien  Cbcr^ofprcbigcrg  ^oc   oon  ©ocnegg,   fritifcp 
acfornmett  unb  georbnet.  S)re«bcn  1898,  8.  37,  '^x.  7  unb  8.51.  mx.  45  (»0  6.159,  9  ju 
Icfcn  ift);  ©djrödö,  ^.-ö.  feit  b.  ^Reformation,  XI  IV,  6.  661  ff.;  30^.  ©ottinfler,  Hist.ecd. 
VIII,  892;  3.  3.  ^ottinger,  C)eluctifd)c  m  III,  941  ff.;  ©iggcrS  in  S^ZU  1844;    2rc*fcl, 
6omuel  ^uber,  im  93crner  Jlcfcftcnbud)  auf  baS  3Q^r  1854;    ex^wcijcr,   3)ie  protcftantif^cn  40 
(Jcntralbogmen,  Siirid)  1854,  I,  8.  501  ff.;    ®.  granf,  ®ef(^.  ber  prot.  X^col.  I,  8.  271  ff.; 
Ä.  9?.  C>agenba*,  3)er  et»QngeIifd)c  ißrotcftantiSmug,  1.  S3b,    3.  «ufl.,  ßeipj.  1870,  8.  291  f. 
338 f.;   ^ürttembergifcbe  ^ir(^engefd)id)te,  l^gg.  ooni  Volmer  ^erlogdoerein,  ^alto  unb  Stutt« 
qort  1883,  8.  443;    ®.  ^otoeroii,  dteformotion  unb  Gegenreformation,    greiburg  i.  8.  unb 
Selpjig  1894,  8.  376;  l*.  SBIöfd),  ©cf^icfttc  ber  8ct)roeijerif4«rcformiertcnS?ird)c,  ©b  I  (^crn  46 
1898).  8.  256—258.  398;     Biblioth^ue  de  la  Compagnie  de  Jdsus.   Nouvelle  ^ition  par 
C^los  Sommervogel.  I.  Partie:  Bibliographie.  Tome  III.  Bnixelles  et  Paris  MDCCCXCII 
col.  1759,  Nr.  46;    ©ogenmann  in  %b53  13,  248 f     SSon  ben  jaölrci^cn  8d)riften  4)ubcr» 
(«crjei(öni8  bei  8d)mib,  8.  85,  unb  bei  ®ol4.  Bibl.  theol.  aelect.  H,  p.  665),   finb  ^aupt* 
fäc^lid»  ju  nennen :  S3emeif ung,   bafe  bie  ^eibetberger  $;beoIogen  —  i^re  greuliche  Sc^rc  wiber  60 
baS  ;?eiben  unfere^  ^errn  oerbecfen,  2:übingen  1590;    Christum  esse  mortuum  pro  peccatis 
omnium  hominum,  ibid.  1590,  92;  ®egenfQ^  ber  lut^erifdien  unb  caloiniftifdjen  ober  ^roing* 
lifcften  fie^re,  Zub.  1591.  Wittenberg  1593;    33eft«nbige  ©ntbecfung  bc8  cobinifdjen  (äJcifteS, 
meldjer  boS  fieiben  Sftrifti  für  unfere  8ünben  ocricugnet,  Wittenb.  1592;   $»ift.  S3cfdjrcibung 
beS  ganjen  8trciteö  jroifcben  J&unn  unb  ^uber,  1597;  SBeftftnbigcd  ©efenntnift  k.  1595,  uno  65 
SHettung  bc^  bcftönbigen  SBefenntniffeö  uon  ber  ®nabenroat}I,  1597;  befonberö  aber  fein  Anti- 
BeilarmiQus,  1607  ff.  in  6  2:eilen;  im  6.  eine  ®ef(6icftte  feine«  ficbenS. 

©amuel  §uber,  geboren  um  1547  m  Surgborf  bei  Sem,  h)o  fein  3Jater,  5ßetcr  §., 
©d^ulle^er  toar,  jeid^netc  fic^  frü^c,  nac^bem  er  feine  ©tubien  in  Sern  unb  a)eutf(^Ianb 
beenbet,  burc^  ftreitfüd^ttge^  SBefen,  tn^befonbere  aber  burt^  eine  fc^on  bon  feinem  Satcr  eo 
il^m  eingepflanzte  Hinneigung  jum  Sut^ertum   au^,    ©0  tourbe   er  junöc^ft  al^  Pfarrer 


410  ^itber,  Samuel 

unb  Ääntmerer  b.  b.  aSijcbefan  be^  Äa^jitdg  in  33urgborf  mit  ben  Scmcr  'ilircbigcni  in 
einen  ©treit  bertüicfelt  über  ba^  Srot  im  äbenbma^I.  3"S^i^  ^^^f  ^^^  ^"  3"^^/  ^^ 
(Sebraud^  ber  runben  Dblalen  beibehalten  toorben,  toäl^renb  im  SBaabtIanbe  bag  Srot- 
brechen  in  Übung  iuar.  äte  nun  bie  93emer  ^rebiger,  unter  i^nen  3lbra^am  3Kü6lin  (ber 
5  ©ol^n  beg  befannten  SBoIfgang  3)Ju^cuIu5),  biefem  Unteren  Oebrauc^  fic^  anfc^^Ioffen,  toibcr^ 
fe^te  ftd^  §uber  unb  fud^te  noc^  anbere  in  bie  D})|)ofition  l^ineingujiel^en.  @r  ^atte  ben 
2^rium})^,  ba^  ber  SRat  [xd)  auf  feine  ©eite  fd^Iug  unb  ben  alten  ©ebraud^  beftätigte. 
(ßrft  1605  mürbe  ba«  Sörotbre^en  aleic^too^l  eingeführt.)  Mein  §uberg  aBiberf}3ruc^ 
befd^ränlte  fic^  nic^t  auf  biefe  Stufeerlic^Ieit.    6r  jeigte,  obgleid^  er  feinerjeit  bie  ^etoetifc^e 

10  Äonfeffion  unterfc^rieben,  eine  grofee  Vorliebe  für  bie  lutl^erifc^e  Slbenbma^tele^re  unb 
na^m  fic^  l^erau^,  bie  angefe^enjten  Vertreter  ber  reformierten  Se^re,  U)ic  %l).  S5eja,  an* 
jugreifen.  Diefer  ^atte  eine  ©c^rift  Ifferau^egeben  (de  peste  quaestiones  II  etc., 
(Senf  1580,  bgl.  ©c^loffer,  Seja  ©.  269  ff.),  toorin  er  ben  (S^riften  geftattete,  fic^  in  ber 
^eft  bor  ainftedung'  gu  flüchten,  bie  ©dfjrift  aber  auf  Slnraten  feiner  ^eunbe  toieber  ju^ 

16  rüdfgejogen.  ©leic^toolffl  fc^rieb  §uber  gegen  il^n  1583  mit  Umgebung  ber  obrigfeitlic^en 
ßenfur,  toa^  i^m  bie  Slüge  auc^  feiner  g'^eunbe  gujog.  §uber  lie^  fxd)  aber  nid^t  be^ 
fc^toic^tigen.  S5ielmel(;r  toar  bieg  nur  bad  33orft)ieI  ju  tüeiteren  Äämjjfen.  3)en  Slnlafe 
baju  bot  i^m  ba«  3Möm))elgarter  @^pxä6)  im  ÜKai  1586  unb  bie  baran  fic^  aufd^liefeen* 
ben   toeiteren  Serl^anblungen   über  bie  ©nabenhjal^l  (Sb  II,  685,2— 16).    §uber  fdptug 

20  ftc^  nun  förmlich  auf  bie  ©eite  ber  lutl^erifc^en  (Segner,  inbem  er  bie  reformierte  Se^re 
bon  ber  ©nabentoa^I,  toie  fie  in  9Köm)ietgarb  bon  ben  ©enfem  unb  Semem  borgetragen 
toorben  toar,  eine  unerl^örte  unb  greulid^e  Seigre  nannte.  Qx  tourbe  barüber  im  ©e}3tember 

1587  bor  bem  Dberd^orgerid^t  in  93cm  gur  Siebe  geftellt.    2)ie  ©ad^e  fam  bor  ben  9lat. 
§uber  ftellte  bier  Älageartilet  auf,  toorin  er  bie  Seigre  feiner  (Segner  in  entftellter  SBeife 

26  bortmg.  SKü^lin  fe^te  il^r  eine  Serteibigung^fc^rift  entgegen  (3lnt1ü.  31.  SWu^c,  §anbfd^r. 
in  Sem;  Slu^mg  bei  §ottinger  896 ff.).  2)er  9lat  fanb  für  gut,  ein  3fleligion«^ej))räd^ 
anjufteHen,  auf  toelc^e^  auc^  frembe  i^eologen  gelabm  tourben.  Qi  iourbe  ben  15.  älpril 

1588  auf  bem  Semer  Slat^aufe   eröffnet  burc^   ben  Safelfd^en  äntifte«  3.  %  (Sr^näu^, 
ber  fid^   alle  3D?ül^e   gab,   einm  frieblic^en  Sergleic^   l^erguftellen ;    an  §uberg  ßigmfmn 

80  fc^eiterten  auc^  bie  tuo^lgemeinteften  SSerfuc^e.  SWu^culu«  Se^re  tüurbe  ajjprobiert,  .^uber 
bagegen  toegen  falfc^er  änllage  bon  ber  Dbrigfeit  feinet  3lmteg  entfe^t  unb  i^m  ©till= 
fd^toeigen  auferlegt  (22.  a))ril).  3)a  §ubcr  fi^  nid^t  gufriebm  gab,  fonbem  eine  au^fü^r- 
lid^e  Serteibigunggfc^rift  borbereitete,  fo  tourben  feine  ^ajjiere  mit  Sefc^lag  belegt,  er 
felbft  gefangen  gefegt  unb  nai)  furjem  ^^rojefe  ate   ein   unml^iger,   aufrül^rerifd^er  3Rann 

86  beö  iJanbeg  bertoiefen  (28.  ^nni). 

„3)ie  Erbitterung,  mit  ber  man  biefen  ©egner  be«  ßalbini^mu^  mm  ©d^toeigm 
bringen  tooHte,  ift  um  fo  auffallmber,  tocil  fd^on  bamal^  ber  (Slaube  an  oie  ftrenge  ^rä^ 
beftination  eigentlich  nur  nod^  in  bm  Sefenntni^fd^riften,  nid[)t  me^r  in  ben  Überjeugungm 
eingefc^rieben  ftanb,  unb  ft)ejiell  bie  Semifd^e  Äir^^e   in   il^rer  gangen  Sl^ätigfeit  auf  bm 

40  Soraugfe^ungen  eine^  toeitgefa^ten  Uniberfali«muö  bemlffte"  (Sloefä?). 

§uber  ging  nad^  Tübingen  (Quli  1588);  ein  Serfuc^  be«  Ö^tjogö  Submig  bon 
SBürttemberg,  burc^  eine  eigene  ©efanbtfd^aft  nac^  Sem  feine  SBieberaufnal^me  ju  er- 
tüirlen,  blieb  erfolglos  (©et)tember  1588);  $uber  blieb  in  SBürttemberg,  befannte  fid^ 
burd^  Unterzeichnung  ber  Äonforbimformel  förmlid^  jum  Sut^ertum  unb  erl;ielt  bie  na^^ 

46  bei  Tübingen  gclegme  Pfarrei  Derenbingen.  .^ier  berfa^te  er  nebm  mehreren  ©treit^ 
fc^riftm  gegen  Reformierte  unb  Äat^olifm  (bef.  gegen  ben  ^^fi^iten  ©euerer  u.  a.)  unter 
onberem  auc^  ein  grö^ereö  lateinifc^e^  SEBerf,  in  n)elc^em  er  gu  behjeifen  fuc^te,  ba^g^w^ 
für  bie  ©ünben  aller  9Kenfc^en  o^ne  Slu^nal^me  geftorben  fei  (Theses,  Chr.  Jesum  esse 
mortuum  pro  peccatis  totius  generis  humani,  Tübingen  1589,  ed.  II.  1592,  — 

60  1329  Tiefen;  ein  Slu^gug  barau^  u.  b.  T.  Compendium  thesium  de  universali  re- 
demtione  generis  human!  per  Chr.  J.  facta,  Tübingen  1590).  2)iefe  ©c^rift  ber^ 
toicfelte  i^n  in  3)ifferen|\en  mit  ben  Tübinger  unb  ©tuttgarter  Tl^eologen,  bef.  Bttpfym 
©erlad^  unb  S.  Dfianber,  irelc^e  ibm  bm  Unterfd^ieb  gtoijc^m  ber  divina  dilectio  unb 
electio  tlar  ^u  machen  fud^ten,  toerfc^affte  il^m   aber  auct?  einm  3luf  an   bie  Uniöcrfität 

66  3Kittmberg,  U)o  man  an  il^m  einen  tüd^tigm  Ääm^fer  ber  lutl;ertfd()en  Drtl^obojie  gegm 
ßalbiniftm  unb  ÄrVt)tocalbiniftm  j;u  getüinncn  l^offte.  (Sr  fd^ieb  au^  SBürttemberg  nic^t, 
o^ne  au^brücflic^  fein  (Sinüerftänbni^  mit  bm  Tübinger  Theologen  unb  f^jejiell  mit  ber 
Seigre  (Serlac^^  toon  ber  ^räbeftination  fd^riftlid^  öcrftc^ert  ju  l^aben  (3)e}ember  1592). 
Salb  aber  geigte   fid^^,   ba^  §uber^  Se^re   bon  ber  allgemeinen  ®nabe  über  bie  Seftim= 

i)o  munden  ber  Form.  Conc.  toeit  ^inau^ing,  inbem   er  einm  alle  3Kenfd;m  o^ne  Untere 


^ttbcr,  Samuel  411 

f(^ieb,   aui)  bie   Ungläubiöcii,  §cud;Ier  unb  ©ottlofen   unifaffenben  Unitjerfali^mu^  bcr 
göttlid^n  ©nabentooi^I,  ja  fogar  einen  brcifac^en  Uniöerfali^mu«  ber  electio,  justificatio, 
regeneratio  bel^aut)tete,  unb  ^ualeid^  erregte  er  burdj;  bie  3lrt  feine«  auftreten«,  burc^  fein 
t)rotoojierenbe«,  agitatorifc^e«,  re(|tf;aberifc^e«  Sffiefen  gerechten  3lnfto^.  6ein  Äoßege  ägibiu« 
§unn  na^m  fxi)  feiner  anfangt,  obtoo^l  t)on  aBürtlemberg  ou«  toor  i^m   getDamt,   auf«  6 
freunblici(;fte  an;  audj;  bie  neuberufenen  3;^eologen  ^Pol^farp  Se^fer  unb  ©alomon  ®e«ner 
lamen  i^m  mit  Vertrauen  entgegen,    ßuber  aber  lonnte  e«  nidS;t  laffen,   feine  Siebling«- 
metnung   Don  ber   allgemeinen  ßrtoö^lung  in  Sorlefungen,  S^riftcn  unb  ^rebigten,   in 
3)i«J)utotionen  unb  5Pribatgeft)räci(;en  borjutragen.    Salb  ram  e«  jtoifc^en  §uber  unb  genfer 
ju  W^igen  Auftritten ;  §unn  fud^te  gu  Vermitteln  unb  jenen  au«  ©c^rift  unb  Äonforbien-  lo 
formet  Don  ber  Unric^tigfeit  feiner  £el[^tt)eife  ju  überzeugen.    §uber  erflärt,   feine  3lnftci(;t 
niemol«  aufgeben  ju  tooßen,  unb  befci(;ulbigt  nun  au^  §unn  ber  6alt)inifterei.  aSergeblic^ 
fud^t  ber  Sleftor  ber  Uniöerfität  ben  grteben  ^erjufteDen;  bergeben«  bie  tpürttembergifc^n  . 
Geologen,  an  bie  man  ftd^  bon  Äurfad^fen  au«  tpanbte,  ^uber  auf  anbere  Oebanten  ju 
bringen.    §uber  fud^t  bie  ©tubenten  auf  feine  Seite  m  jiel^en,  inbem  er  il^nen  eine  lange  i6 
Jlontrot)er«f(^rift  gegen  feine  Äoßegen  in  bie  5^cber  bittiert  unb   biefe  in  3lbfd^riften   Der= 
breitet,    ßin  am  19.  3)ejember  1593  angefteUte«  Äoßoquium  führte  ebenfotoenig  meinem 
3iel,   al«  bie  3Ser^anblungen  t)or   einer  au«  toeltlic^en  SRöten,  3^^!«^   ""^  2eiJ)jiger 
X^eologen  jufammengefe|ten  furfürftlic^en  Äommiffton  (4.  ^ebruar  1594),   ober   eine  im 
3uK  be«felben  ^a^re«  (8.  bi«  10.  guli  1594)  auf  bem  Sneid(;«tag   ju  9legen«burg   mit  20 
il^m  angefteßte  Unterrebung,   an   toelc^er  ber  })falj^neuburgif(^e  §oft)rebiger  ^alob  §eit 
brunner  unb  bie  beiben  toürttembergifc^en  2:beologen  Dr.  2uca«  Dftanber  unb  ^elij  Sibem= 
bad^  [\i)  beteiligten.    §uber  erbat  fid^  Sebenf^eit  unb  Verliefe  pUl^lxi)  9legen«burg  mit  ber 
grHärung,  lieber  aße«  über  ftc^  ergel^en  ju  laffen,   al«  ben  ftreitigen  ©a$  aufzugeben. 
5lun  ging   enblic^  auc^  bem  furfäc^fifc^en  §of  bie  ©ebulb  au«:   nai)  einer  neuen  S8er'26 
l^anblung  ju  3;orgau  (26.  3luguft  1 594  Jf .)  unb,  nad(;bem  aud)  bie  ^ier  über  i^n  Verhängte 
geltnbe  $aft  nid^t«  über. feinen  ©tarrfmn  Vermocht,  tourbe  er  feine«  2tmtc«  entlaffen  unb 
mit  einem  SReifegelb  t)on  200  %f)al^m  au«  SßJittenberg  unb  Äurfac^fen  öertoiefen  (18.  ^a- 
nuar  1595). 

5Run  trieb  er  ftc^  unftet  unb  ^eimatlo«  im  nörblidben  3)eutfd^Ianb  uml^er  „al«  ein  30 
Verbitterter  5Kärt^rer  be«  Univerfali«mu«" ;  überaß  fuc^t  er  ^eunbe  für  ftd(;  unb  feine 
©ad^e  JU  toerben,  ober  menigften«  für  lurje  ^>^eit  ein  Sft^l  unb  ©ubfiftenjmittel  ju  ge= 
toinnen.  ©0  in  §elmftebt,  Sraunjd^meig,  SBolfenbüttel,  Süneburg,  ßamburg,  Sübedt  k. 
3n  SRoftodf  liefe  fid^  ber  greife  6^t;träu«,  Sacmeifter,  ^eber  unb  anbere  mit  i^m  ein  unb 
e«  fd^ien  ftc^  eine  SJerftänbigung  anjuba^nen,  bie  [\6)  aber  boc^  hjieber  xerfdjilug,  ba  man  36 
feiner  ei^lid(;feit  nicbt  traute  (93b  IV,  ©.  114,2^;  ©igger«  in  S^StMö^^)-  ^1^"= 
Ixd)  erging  e«  il^m  anberhjärt«.  3lud^  in  ©übbeutfd(^lanb,  tool^in  er  fid^  je^t  toieber 
toanbte,  tourbe  man  feiner  jule^t  mübe;  nad^bem  im  ©el)tember  1595  nod[i  einmal,  aber 
vergeben«,  ein  ®efj)räc^  in  2:übingen  mit  i^m  bar  gehalten  toorben,  tourbe  er  „al«  3Ser= 
toiner  ber  Äird^en  unb  ©c^ulcn''  au«  bem  ^erjogtum  vertoiefen  (12.  9?oV.  1695).  9lun  40 
tooBte  er  feine  ©ac^c  bei  bem  9fleic^«tammergcri(^t  in©j)e^er  anhängig  mad^en.  6r  begab 
ftc^  ba^in  im  ^anmx  1596  unb  Verteilte  bort  unbe^efligt  mit  feiner  gamilie  mehrere 
:3abre  lang:  al«  er  loä^renb  bicfcr  ^c\i  einmal  jufäßig  im  SQ3irt«^au«  mit  bem  reform. 
Öofprebiger  31.  ©cultetu«  an^  ßeibclberg  jufammentraf,  forberte  er  auc^  biefen  ju  einer 
2)i«})utation  l^erau«,  mobci  übrigen«  ©cultetu«  bie  ?Käfeigung  feine«  (Segner«  rühmte.  46 
aud9  fonft  fc^eint  er  mit  bem  3tlter  ü\üa^  milber  geworben  ju  fein,  obglei^  er  ba«  S)i«s 
lautieren  ni^t  laffcn  fonnte.^  2)a«  :3a^r  1599  fül^rte  i^n  nac^  93erlin,  mo  er  am  fur^ 
fürftlic^en  .§of  günftigc  aufnähme  ju  finben  ^offte;  fd^liefelid^  Jourbe  er  auc^  bier  au«* 
getoiefen  unb  toanbte  fid^  hjieber  nad^  SKittelbcutjc^lanb,  nac^  3^a,  SßJeimar,  ©rfurt  2c. 
®tn  äSerfuc^,  vom  ^erjog  .f^einric^  3l"Iiw«  eine  t^eologifc^e  ^rofeffur  in  §elmftebt  ju  er«  go 
galten  (1604),  fc^citcrte  ebenfo  toie  feine  Hoffnung,  nad)  bem  9iegierung«antritt  be«.Äurs 
fürften  ^ol^ann  ®corg  von  ©ad^fen  (1611)  in  bcffen  Sanben  toieber  anjulommen:  al«  er 
um  SBieberaufnal^me  feine«  ^rojcffe«  in  3)re«ben  einfam,  tvar  e«  befonber«  ber  Dber^ofs 
prebiger  §oe  von  .'poenegg,  ber  ein  neue«  iserbannungöebilt  gegen  i^n  erloirfte,  toie  er 
i^n  fc^on  früher  in  einer  eigenen  ©d^rift  (Sei^j^ig  1604)  befämj)ft  ^atte.  §uber  lebte  55 
fortan  in  tümmcrlicl;en  a[§ermögen«-  unb  jenüttetcn  gamilienVerf;ältniffen  an  Verfc^iebenen 
Orten,  meift  im  .v>crjogtum  Sraunfrf>tocig=®olfcnbüttel,  beffcn  ^erjog  JJtiebrid}  Ulridf^  it|m 
einen  3^^9f^«It  antoie«  unb  il^n  littcrarifd^  befc^äftigte  (1608  erfAien  fein  Anti-Bellar« 
minus  ju  ®o«lar,  1619  eine  ©d)rift  gegen  einen  ^efuiten  Sunden),  —  in  ©öttingen, 
®o«lar,   jule^t   in  Cftetioief   bei   feinem  ©c^ioiegerfo^n,  ioo   er  ben  23.  3)Jär,^  1621  im  qq 


412  ^ttbrr,  Samuel  ^nhtt,  93tctor 

3llter  bon  77  ^ai)xm  ftarb.  ©o  lange  er  lebte,  l^atte  e^  i^m  an  Sln^ängem  unb  ^eunben 
n\d)t  gefehlt :  in  Ulm,  SOätttenberg,  §alle,  Sraunfd^toeig,  ©öttingen,  Dlbenburg  u.  a.  a.  D. 
fanben  ftt^  einzelne  ^uberianer;  mit  bem3:obe  be^Ur^eber^  ift  ber  §uberiani^mu«  f})urlo^ 
t)erf(^h)unben. 

5  Unb  h)a«  toar  bcnn  ber  eigentlicij^e  ^n^alt  feiner  Se^reV  §uber  toar  aui  3&\hct^pmd^ 
gegen  bie  colöiniftifd^e  ^räbeftinationelel^e  jum  Unitoerfalidmu^  ^ingebrängt  toorbcn. 
äBäl^enb  er  bie  reformierte  ©nabenba^l  eine  „©ttimjjeltua^l"  nennt,  ift  i^m  bie  SUIs 
gemein^eit  ber  göttlichen  ®nabe  „ber  rechte  33obenfa$  all  unfere«  Olauben«  unb  §offen^". 
S)iefen  Unitjerfaliömu«  trieb  aber  $uber  fo  auf  bie  ©l)i$e,  ba^  er  bel^au^tete,  ®ott  l^abe 

10  burd^  S^rifium  fd^lec^t^in  aQe,  ©laubige  unb  Ungläubige,  ertüä^lt  unb  berorbnet  ju  Seben, 
$eil  unb  ©eligfeit;  bie  göttlidjie  ®nabenh?a^l  fei  h)ie  ba«  ganje  Onabentuerf  ex  parte 
Dei  et  Christi  ein  actus  universalis.  SBenn  nun  aber  biefe^  allgemeine  ©nabentoert 
®otte^  ge})rebigt  toirb,  bann  teilen  ftd^  bie  5Kenfci(;en  burdfi  ©lauben  unb  Unglauben  in 
jtoei  Raufen:   ber  eine  ^5rt  unb  glaubt  unb  erlongt  burc^  ©lauben  bie  ©eligfeit.    3)er 

16  anbere  Raufen,  unb  leiber  ber  größere,  toiß  ba«  ©öangelium  nic^t  ^ören  ober  öeroc^tet 
e«,  unb  ge^t  verloren  burt^  eigene  ©d^ulb.  $uber  ift  alfo  mit  ben  lut^erifd^en  2;^eologen 
einig  in  ber  Sertoerfung  ber  caltoinifc^en  ße^re  Don  bem  decretum  Dei  absolutum  unb 
ber  gratia  particularis;  h)a«  i^n  mit  ben  Sutl^eranem  entjtoeit,  ift  bie«,  ba^  er  bie 
Unterfc^eibung  ber  voluntas  Dei  antecedens  et  consequens  unb  bie  Seigre  öon  einer 

30  praed.  ex  praevisa  fide  bertoirft  unb  bon  einer  universalis  electio  rebet  ftatt  einer 
universalis  dilectio.  S^f^^f^*^  M  §utter  n\i}t  Vinxti^t,  toenn  er  bon  ^uber  fagt :  rectius 
sensit  quam  locutus  est.  Unb  bod^  ift  ed  nic^t  blo^  eine  Unllar^eit  ber  Sorte,  beren 
fw^  Äuber  fd^ulbig  mac^t,  fonbem  au6)  eine  Unllar^eit  be«  logifc^en  unb  bogmatifdfien 
S)enfat«,  inbem  er  3^^^  unb  (Srfc^einung,  ben  allgemeinen  göttlichen  ©nabentoillen  unb 

26  bie  reole  Sertoirflid^ung  be^felben  in  ber  ©rtoä^lung  unb  Sefeligung  ber  ©injelnen,  ober 
mit  ben  biblifdjien  ätu^brücfen  ju  reben:  ngMeaig,  ngdyvooaig  unb  ixkoyn  nxd)t  ju 
unterfc^eiben  toeift.  —  SBie  mangelhaft  inbeffen  fein  Softem  fein  mochte,  e^  lagen  barin 
Äeime,  bie  ber  35eac^tung  toert  maren;  er  berbarb  fic^  aber  bie  eigene  ©ad^e  't>ux6)  feine 
ungeftüme  ^eftigfeit  unb  feine  eigenfmnige  Sled^t^aberei.    3llq:anber  ©d^toeijer  nennt  i^n 

80  „einen  e^rentoerten  Ideologen  unb  ben  einjigen,  nidj^t  jdS^toärmerifc^en,  älteren  jjroteftan^ 
tifc^en  fic^rer,  toelc^er  mit  bem  Unitjerfaliömu«,  freiließ  o^e  3luguftin^  9lnt^ro})ologie 
aufzugeben,  6mft  mad^en  tooßte  unb  ftir  biefe  gro^e  3*^^^  <^^  geo})fert  ^at". 

($agett(ad^  f)  &.  9Rflaer. 

^itbct,  33ictor  3lim6,  geb.  10.  3)lära  1800,   geft.  19.  9iuli  1869.  -  ebcrS,  «. 

86  «.  ©.  2  »bc,  ©remen  1872  u.  74;  ^unbing,  ».  ?1.  ^,^  auSgcmä^Itc  6*riften  über  Social- 
reform  unb  ©cnoffenfcftaftömcfcn,  ©crün,  [1894  mit  einem  fiebenS*  unb  ©^araftcrbilb]; 
eiocr«  (9(b»  XIII,  249;  oon  bcmf.  über  f.  «ater  Öubro.  gerb.  ^.  XIII,  236;  oon  bemf. 
über  f.  3Ruttcr  Xberefe  ^.  geb.  ^c^nc  XHI,  240);  $.  ©agencr,  ©taatS*  unb  ©cfeÜfcftaftS* 
lejifon  IX,  659;  Sippcrt,  ^anbmörterbucft  ber  ©taatSmiffenJcftaften  IV,  488,  m  SSerjci(f}niS 

40  oon  ©(ftriftcn;  9Jofc^cr,  ®cf*.  ber  beutftijen  ^iationolöf.  1028;  Äau^,  X^eorie  unb  ©efcft.  ber 
S'^otionalöf.  II,  668;  Säger,  SJ.  «.  ©.,  ein  S^orfämpfer  ber  foc.  JReform,  93erlin  1880.  (Sine 
oonftänbigc  Sammlung  oon  ^.S  ©c^riftcn  bcfinbet  ftc^  auf  ber  gürftlic^en  ©ibliot^ef  in  S^cr* 
nigerobe. 

I.  §uber  ift  in  Stuttgart  geboren,    ©ein  98ater  toar  ber  3)iplomat,  fjjätere  Sitterat 

46  Subto.  ^b.  §.,  feine  ^Kutter  3;^erefe  geb.  ©e^ne  (Stoc^ter  be«  ©öttinger  5P]^ilologen), 
früher  ©attin  be^  SQäeltumfeglerd  5«>^*^-  *^^  S3ater  berlor  ^.,  erft  toierjä^rig;  fo 
toor  er  umfomel^r  auf  bie  SWutter  angetoiefen,  eine  geiftreidf^e,  -fleißige  ©d^riftftetlerin  unb 
tüchtige  §außfrau.  35on  i^r  ^atte  er  baö  bielfeitige  gntereffc  unb  ben  hjerft^ätigen  3;rieb. 
©ie  gab,  toenngleic^  blutenben  §erjen«,  bod^  tjemünftiger  ßrtoägung   folgenb,  ben   fed^^ 

60  iöl^rigen  ©o^n  unter  eine  männliche  §anb,  ju  Wellenberg  nad^  ^ofto^l.  3)iefer  toar 
eine^emfte,  rüdEfic^t^lofe,  ^utoeilen  \äl)  au^brec^enbe  ^errfc^ematur,  ßrjie^ungöreformator, 
ja  SRenfc^^eit^reformator  nad^  feinen  ©ebanfen,  ber  bie  ©eburt^«  unb  Silbungdarifto* 
rratie  jur  3Jlitarbeit  an  ben  großen  3^itaufgaben  ju  ©unften  ber  unteren  ©tänbe  erjie^en 
toollte.    Sieben  Wellenberg  toirfte  bie  ÜJlutter  hjarm  unb  energifc^   auf  ben  Änaben   unb 

66  Säugling  ein  bur^  ©riefe  unb  Sefuc^e.  SRac^  ettoa  10  ^al}xcn  l^atte  ftc^  burd^  mancherlei 
3leibungen  ein  SJli^berl^ältnig  jtoifc^en  Wellenberg  einerfeit«  unb  Xl?er.  $.  unb  il^rem  ©ol^n 
anbererfeit^,  ba«  ^nx  2:rennung  führte,  ^erau^ebilbet.  §.  bejog  nod^  red^t  jung  bie  Uniberfität 
©öttingen.  ©ein  ©tubium  tt>ax  bie  9Kebi]|in,  baneben  ©jjrac^en  unb  ©efd^ic^te.  ©eine  poüSßU 
leerer  beeren  unb  Slumenbac^.  ©etauft  toar  er  in  ber  fat^olifc^en  Äirc^e,  feiner  ©efinnung 

ßu  nad^  böQig    interfonfeffioneU,   ja   nur   obenhin    religiös.    ^ugenblid(;er  ^bealiemud   unb 


^ubtt,  SSictor  413 

a;^enbranfl  gärten  in  i^m,  er  tooDte  nac^  (g^xmien  unb  für  bie  greil^eit  fedj^ten.  S)er 
3Rutter  treue  ©riefe  ti^aten  t^r  Sefte«,  i^n  im  Heinen  unb  großen  auf  ber  geroben  Sol^n 
m  erl^ten.  Der  S^^Wi^^riöe  mad)it  in2Bürjburg  ben  mebuinif(^en  a)oItor.  —  3ur 
93ett)oD[panbiflunfl  feiner  mebijinifc^  ©tubien  ging  Sq.  naö)  ^ßari«  unb  füj^^rte  bort  ein 
äu^erlic^  fe^r  !na))]?ed  unb  befd^ieibened,  bo(^  im  ^ene^r  mit  SRönnem  h)ie  ^umbolbt,  r> 
(Sutner,  Senj.  ßonftant,  Sofo^ette  2c.  geiftig  reidj^e«  Seben.  3)o(^  hnxr  jein  ©tubium  mel^r  ouf 
aaWt,  SKenfd^en,  aSer^ältnijfe  geridjitet,  oI«  ouf  üRebuin.  211«  Srotertoerb  fc^rieb  er  Heine 
Badim  für  ba«  Sottafdl^e  uRorgenUatt,  ba«  feine  SDcutter  rebigierte;  ber  ©efc^ic^tfd^iretber 
ber  anquifition  Slorente,  fotoie  ®raf  Xoreno  gaben  i^m  6m})fej^lungen  nac^  ©^wutien. 
Segeiftert  ftürjtc  er  ftc^  in  bie  öffentlici(;en  Slngetegen^eiten  im  liberalen  ©inn,  burc^jog  lo 
ba«  Sonb,  flubierte  bo«  Soll  (Ertrag  biefer  ^txt  in  ben  trefflichen  „©fijjen  aui  @})anien"). 
@d  folgten  nun  SHeijeiabre  in  ^antreic^,  ©}}anien,  @nglanb,  ©dj^ottlanb,  furje  3^  audjf 
in  3^<iK^-  Sitteranfdi?  toar  er  für  ßotta  t^ätig,  boc^  ergaben  [\d)  babei  enblic^  3)iffe< 
renjen.  ©eine  Serufdtoiffenfdi^aft  tourbe  i^m  jum  6lel.  5PerJönlidi^  tief  eingreifenbe  Sr* 
fal^ngen  ftimmten  i^n  emfter,  fein  3SerIe^r  mit  t)ielen  gereiften  unb  berühmten  SRännem  i6 
Körten  unb  toanbelten  feine  religiöfen  unb  ))olitif(^en,  focialen  älnfc^auungen  Dem 
S^ftentum  lam  er  toefentlic^  nä^er.  Durd^  feine«  Onlel«  beeren  @in))fe^lung  h)urbe 
er  1828  Seigrer  an  ber  ^anbetöfd^^ule  in  Bremen.  @r  lebte  fic^  nic^t  leidbt  ein.  Ilber  ol« 
er  mit  ber  ©enator«to^ter  Slugufte  Älugfift  ftc^  Verheiratet,  burc^  3}erfe^  in  ent* 
fd^ieben  d^riftlid^en  Jtreifen  für  ba«  @t>angelium  geh^onnen  aucb  formell  ber  reformierten  2«> 
Äirc^e  ftdi^  angefdjiloffen  ^atte,  toax  er  innerlich  unb  äu^erlic^  jur  Slu^e  gclommen.  3)ie 
aBanberja^re  Ratten  ein  ©nbe. 

II.  5Ra4  toenigen  ^a\^xtn  fd^on,   1833,  Jourbe  er  ^^ProfeRor  ber  neueren  5p^ilologie 
in  Sloftod.    Die  bortigen  SSer^ältniffe  haaren  bon  bielfac^  entfd^eibenbem  (Sinflu^  auf  i$n. 

tier  lernte  er  })olitiJci(;e  unb  fociale  £eben«formcn  lennen,  bie  eine  lange  ®efd(;idi^te  ^tten.  26 
lad  gef(^id{^tlid(^  ©en^orbene  im  Unterf(i(;ieb  l7om  ^^ilofojp^ifc^  ©ebac^ten,  ba«  :^nbit)ibuelle 
im  Unterfc^ieb  l7om  3lllgemeinen  toixd^i  i^m  ^ier  in  ^erj  unb  @rfa^rung  hinein.  @r  gab 
feinen  2ibcrali«mu«  grünblicb  auf,  erfe^nte  aufridjitig  eine  SWeftauration.  3"  f^'«  ©iegel 
lieft  er  ftc^  ben  t)ors  unb  rüdf toärtefd^auenben  3anu«!ol)f  fted^en.  3n  ben  t)on  i^m  ^eraud* 
gegebenen  „SJletflenburgifd^en  Slättem"  (1834)  trat  ber  5politi!er  auc^  \)ox  ba«  gorum  so 
ber  Öffentlid[|feit.  —  1836  lam  er  für  neuere  SJ^ilologic  unb  Sitteratur  nac^  5Karburg, 
lad  oudl^ilfdtoeife  auc^  einmal  über  neuere  ©efc^ic^te.  $ier  fanb  er  bebeutenbere  JtoDegen, 
ein  regere«  geiftige«  Seben  unb  Jc^rieb  fein  grofte«  SBerl  über  ,,bie  englifc^en  Unitoerfi- 
täten".  Slber  je  länger  befto  toeniger  bel^agte  i^m  ba«  bloftc  Süc^erleben.  6r  toar  be« 
lebiglit^  litterarifc^en  ^rofefforenbajein«  mübc.  ha 

III.  ßumSßolitiler  unb  ©ocialreformer,  toofür  bie  Slnfä^e  fc^on  in  i^m  lagen,  madj^te  il^n 
eine  Berufung  nac^Serlin  1843.  JJriebric^  3Bilbelm  IV.  ^atte  1840  ben3;i^on  beftiegen  unb 
fammelte  5{a))a}itäten  aller  älrt  um  ftc^.  ^uber  mürbe  al«  ^^rofeffor  feine«  %adfi  be^ 
rufen,  aber  toegen  feine«  })olitifd^en  unb  lircblidfien  ©tanbjjunit«  fel^  falt  aufgenommen. 
Übcrbie«  toar  er  al«  Dojent  nie  fe^r  glüdElic^  gebefen.  6r  rang  mit  ber  Bpxai)t,  lonnte  4o 
9Ra|  unb  ©toffau«h)a^l  für  bie  ©tubentcn  ni^t  finben.  ©o  fiel  öon  felbft  ba«  ©c^toer* 
geh)i(^t  feiner  i^ätigfeit  in  bie  ^Publijiftif.  (Sr  gab  feit  1845  „^^nu«,  ga^rbüc^er  beutfc^er 
©eftnnung,  Silbung  unb  %\:iaV'  ^erau«.  Doc^  aud)  l^iermit  ^atte  er  toenig  ©rfolg.  Sr 
befaft  leine  ®abe  jum  SWebaftcur.  Daju  jenift  i^m  ba«  ^a^r  1848  fein  ganje«Äonjej)t. 
er  toerlor  ben  ©lauben  an  eine  „monard(;if(^c  Sleugeburt  unb  ©d^öj)fung«h:aft".  ÜJlit  ber  46 
mobem4onftitutioneflen  ©taat«toirflicl(;Ieit  l(^at  fid^  ^.  nie  au«gefö^nt.  —  SBenn  er  nun 
oucb  an  ber  näd^ften  ßutunft  öerjbeifclte,  al«  ic)roj)^etifd(;er  "Slann  manbte  er  ftd^  ber  über* 
nä^ften  ju.  Die  SSorboten  berfelben  erfannte  er  barin,  baft  ber  bürgerlid(;en  Sletoolution 
bie  fociale,  bem  britten  ©tanb  ber  öierte  folgte.  Die  tjerarmte  ÜKaffe  fte^t  al«  Oefl^enft 
unb  al«  neue  })olitifd^e  3Kad)t  oor  i^m.  Die  TOöglic^feit  ber  3lbh)enbung  be«  Serberben«  60 
fuc^t  er  in  ber  „Crganifation  ber  arbcitenben  SKaffen  nac^  ber  33erh)anbtfci(;aft  ber  Se* 
fc^öftigung  auf  ber  materiellen  ©runblage  eine«  neu  }u  fc^affenben  ©efamteigentum«  unb 
auf  ben  religio«  moralifd^en  ©runblagen,  n^elc^e  bie  d^riftlid^e  Silbung  nad^  Sebürfni« 
unb  SBeife  eine«  jjeben  ©tanbe«  bietet".  Qx  ^at  bei  ber  Drganifation  bie  „in  einer  ge« 
gebenen  Solalität  tjorl^anbenc  unb  emä^rung«fä^ige  ?Kaffe  im  Sluge",  ber  Überfcbuft  66 
lann  nac^  anbern  Sofalitäten  al«  Kolonie  öeq)flanjt  hjerben.  aifo  Slffociation  unb  Äo* 
lonifation  toaren  bie  tec^nifc^en  Slngel^unfte  feine«  ^Programm«.  —  Übriaen«  ift  ba« 
6Ienb  „leine  untoermciblic^e,  nottoenbige  golge  ber  Ser^ältniffe  be«  Sffielt^anbel«  ober 
anberer  allgemeiner  gegebener  Sejiebungen,  ÖJcfe^e,  Sorau«fe^ungen  be«  nationalen  Seben«. 
Diefe  SKiDionen  finb  nic^t  be«^alb   elenb,  hjeil   fie  an  ba«  SRiefenrab  ber  englifcf^en  ^n-  oo 


414  ^nitt,  aStctor 

l)uftnc  gcfcRelt,  beni  3)am})f  ^u  eigen  gegeben  ftnb,  fonbern  iüeil  fic  felbft  unb  i^re  33rots 
Ferren,  jeber  ieil  in  feiner  SBeije,  Äned^tc  ber  ©ünbe  unb  l^or^eit  unb  ber  Siebe  toic 
ber  SQäal^r^eit  ermangeln.  I)ie«  ift  bie  Urjadf^e  be«  Übelö  —  c^  ift  bei  allen  beteiligten 
felbfttoerfc^ulbet.  3)a«  ift  eine  entfe^lic^e,  aber  aud^  fc^r  tröftlic^c  2ßa^r^eit".  —  35ei  feinem 
5  ©tubium  ber  arbeitenben  ÄIaf|e  ergab  fic^  i^m  bie  Überjeugung,  bafe  fid?  tro^  ^offnung^^ 
reicher  Slnfä^e  bie  arbeitenbe  Älaffe  nic^t  aÖein  felbft  Reifen  fönne.  i^oti  oben  mu^e 
man  bem  Semü^en  entgegen!ommen.  3)a^  33olt  toar  \i}m  ein  ©an^e^;  ein  ©lieb  foUte 
bem  anbem  bienen.  ©eine  ^orberung  ariftofratifc^er  üRitarbeit  ift  aber  nie  im  ©inne 
ber  blo|cn  SBo^ltl^ätigfeit,  fonbern  immer  im  ©inne  glieblic^er  Serjjflid^tung  ^u  toerfte^en. 

10  Sllfo  Einheit  bon  ©elbft^ilfe  unb  gremb^ilfe.  3)abei  muffe  man  immer  im  einzelnen  unb 
Keinen  anfangen,  bürfe  nic^t  Porten  bi^  fid^  aße^  mit  einem  ©c^Iag  unb  im  großen 
önbere.  5Ran  muffe  organifc^,  nid^t  mec^anifc^  vorgeben.  —  3)a^  haaren  feine  ®runb= 
gebanfen.  6r  mu^te  feiner  ganjen  SRatur  nad^  an  feinem  Seil  i^re  3}erh)irflici^ung  i)er= 
fuc^en.    ©0  im  Stammen  ber  berliner  gemeinnü^igen  SaugefeÜfc^aft.    Gr   ftubierte  bie 

16  t^ai\äi)l\i}zn  Serl^ältniffe  ber  3Bo^nungen,  machte  Sefferung^öorfc^Iäge,  f^alf  ^Kittel  geJoinnen, 
gab  afö  Organ  ber  Oefefffd^aft  bie  „Äonf orbia"  t^erau^.  Slber  überaÜ  traf  er  auf^nbolenj 
unb  Serftänbni^lofigleit,  unb  ]pxad)  ftc^  barübcr  mit  ber  Sitterfeit  berfd^mä^ter  Siebe  an^ : 
;,üRit  biefem  ©el^eimrat^efc^Ie^t,  Wai  je^t  überall  toieber  ba^  grofee  SBort  l}at,  lann  ii) 
einmal  nidfit  arten,    ©ie  fc^euen   mic^  unb  ic^  fd^eue  fie  —   nein  e^  ift  ein  gräfelic^e^ 

aoOefd^let^t  lebenbiger  Seid(;en."  Son  ber  3lrtftoIratie  refj).  lonfertoatitoen  95}elt  fagt  er: 
„3)iefe«  SJoII  fennt  lein  TOotit)  ate  bie  %vixi}i  —  fie  ^aben  lein  §er^  für  ba^  SSoIf.  — 
9Jein,  biefc  3lriftofratie  ^at  nod^  nic^t^  gelernt  unb  mu^  mit  ©for))ioncn  ge)3eitfc^t  unb 
im  SRörfer  jerftamj)ft  Serben,  el^e  fie  lernt,  tt)a^  ^Pflic^t,  (S^re,  Vorteil,  @£iften;i  öon  i^r 
forbert  ~  bafe  fie  fxd)  eine  ©teBung  im  Soll,   einen   lebenbigen  ©runb  unb  Soben  unb 

25  6influ^  burdfi  f4^ö})ferifd^e  S^^aten  berfc^affe,  ber  ^öl^eren  unb  atigemeineren  'Dfotiüe  gar 
nid^t  ju  gebenlen."  —  SJaburc^  lam  er  mit  aütn  feinen  JJreunben,  fo  mit  ©tal^l,  ®er» 
lad)  K.  auöeinanber.  3)ie  lonfertoatitje  ^Partei  fa^  in  feinen  focialjpolitifd^en  gorberungen 
ettpa^  3)eftru!tiöe^,  $uber  in  jenem  geftl^alten  an  Übertounbenem  ettva^  3^1^^"^^-  3" 
ber^Politil  tpar«  umgelebrt:  |>uber«  monard(;if(^e^  3^eal  galt  ber^Partei  ate  3lbf oluti^mufJ ; 

80  er  erblidtte  in  bem  lonftttutioneßen  3Hitmad^en  eine  revolutionäre  5ßolitit.  i8erl^ältnig= 
mä^ig  am  beften  öerftanb  man  [xi)  nod^  in  ©laubenefac^en.  ^ciod)  unterfd^ä^ten  jene 
nad^  §.^  3Jleinung  fel^r  bie  Sebeutung  ölonomifc^er  ^Reformen  für  ben  3lufbau  beö  ©e^ 
meinbeleben^.  „ällmofen  —  barüber  fommen  fie  nid^t  ^inau^."  —  3?on  aUebem  ^iel^t 
er  für  feine  $erfon  ba^  ©d^lu^refultat :    „©o  bin  ic^  eben  aller  SBelt  mißliebig  unb  un- 

86  bequem ;  id^  ^abe  ^  erfahren  foHen,  ba^  man  mic^  nac^  aüm  ©eiten  fonfert)atiüer  2:^ätig= 
feit,  in  ben  SBa^len,  in  ber  5Preffe,  in  ber  inneren  5Kiffton  al^  ein  §inberni^  tjermieb 
unb  au^fd^lofi,  fo  ba^  \i}  je^t  ifolierter  unb  h)irIung^lofer  fte^e,  h)ie  je  jutoor."  —  6r 
na^m  1851  feinen  3lbfd^ieb  unb  jog  nac^  SBernigerobe. 

IV.  3n  ber  relatit)  abgefd^loffenen  SBelt  ber  ©raffd^af t  ©tolberg  ^offte  er  ein  a3erfuc^= 

40  felb  für  fein  fociale«  Sleformmerf  ju  finben.  9Jac^  Sage  ber  3)inge  toanbte  er  fw^  ber 
^ebung  be^  §anbh)erte  ju,  grünbete  3)arlet|en^'  unb  Jßorfd(^ufet)ereine.  2)a  er  ben  §au^t= 
mangel  in  bem  geilen  tüd^tiger  5Perfönlic^feiten  erfannte,  berfuc^te  er  fold^e  ^eranuibilben 
in  einer  gortbilbungiSfd^ule  für  Se^rlinge  unb  einem  ©efellentjerein ;  al^  lofale  Safi^  fd)uf 
er  bag  2{ereine^auö  ju  ©t.  I^eobalbi.    3)od^  blieb  allc^  o^ne  red^te^  ©ebei^en  unb,  bei 

46  manchem  ©rfolg  im  einzelnen,  o^ne  rechte  grud^t  für  ba^  ©an^e.  .^.  mar  ju  frü^  ge^ 
fommen.  Slßeg  ba«;  beugte  unb  brac^  i^n  aber  nidf^t,  benn  fein  3^^un  flo^  au^  bem 
33om  hja^rer  Siebe,  „ßr  fam  fid^  aber  bor  toie  ein  SÖJenfcb,  ber  nid)t  ^offen  fann  unb 
bod^  ^anbelt  aU  l^offe  er."  —  3l\i}t  befriebigt  t)om  ^rattifdjen  Joenbete  er  fic^  lieber 
me^r  ber  litterarif(^en  Vertretung  ber  ©ad^c  m.    SBenn  auc^  babei  junäd;ft  fein  fic^tbarer 

60  6rfolg  eintrat,  meinte  er:  bei  einem  Srüdenbau  müßten  au^  taufcnbe  t)on  ffierfftücfen  in 
bie  fluten  gefenft  hjerben.  ö^  fe^e  [k  niemanb  unb  bod^  ru^e  ba^  53aun)erf  nur  auf 
biefer  verborgenen  ©runblage.  %üx  fold^e  Slrbeit  befa^  er  viele  SSorbcbingungen:  bie 
Äenntni|  aller  eurojjäifd^en  .öau^)tfj)rad^en,  SJerbinbungen  nad^  aßen  ©eiten  (x.  33.  6lif^ 
Sleclu^  in  granfrcic^,  2)ucp6tiauE  in  Belgien,   SBid^em,   ©uft.  SBerner,  Saffalle,  ©c^ulje= 

65  3)eli^fc^,  2)ößinger).  Gr  gab  1861  lieber  bie  Äonforbia  in  jtoanglofen  §«ftcn  l^erau«; 
bie  vorjüglid^en  Seifebriefe  1855;  ©ociale  fragen,  Tiefte  1863  G9,  unb  mand^e^  anbere 
unb  toirfte  fo  für  eine  ,,freie,  auf  ber  Safiö  ber  arbeitenben  Klaffen  aufgebaute  SReuorb- 
nung  ber  ©efeßfc^aft,  bie  aber  o^ne  revolutionäre  Kataftroj)^en,  ja  ol^ne  bie  geringfte  SSer- 
le^ung  ber  befte^enben  birtjc^aftlicf^en  Sßerfaffung  aßmä^lic^   au§  ber  Bereinigung   fleiner 

60  unb  fleinfter  iträfte  ertväc^ft".    ©tetö  ^anbelte  e^  ftd;  it|m  um  ein  3n^i"<*"fe<^  öfonomi» 


^ttberittttd  415 

fc^er  unb  moralijd^cr  ^ftoren.  ß^riftlic^e  SRäc^ftcnltebc  Wax  fein  3Kotiö  unb  bcrbanb  i^ 
mit  ber  inneren  SKiffion.  ©ein  lirc^Iic^er  ©tanb>)unlt  er^eßt  au^  bem  %x^pxvid):  „©o^ 
toeit  bie  SKetl^obe  toirflid^er,  emftcr,  ftrenger  aOSiffenfc^aft  angetvenbet  h)irb,  ift  auif  nod^ 
rnd^t  ein  Siteldjien  be«  o^joftolifci^en  ©lauben^befenntniffe«  beieitigt." 

3um  ©c^Iu^  finbe  ein  jufammenfaffenbe«  Urteil  SB.  SRofc^erö  ^ier  eine  ©teile:  „3laä^'^b 
bem  er  längere  3eit  ^inburc^  bei  t)iel  Oeift,  grünblic^er  Äenntni«  unb  el^rlidfiftem  SSJillen, 
burd^  feine  fdfitoerfälliöe  unb  unj)raltif(^e  Srt  ba«enfant  terrible  ber  fonferbotitjen  ^rtei 
getoefen  toax,  tarn  er,  unmutig  Don  ber  Partei  jurüdttretenb,  auf  feinen  eigentlichen  Seruf, 
bie  ©rforjc^ung  unb  §ebung  ber  nieberen  Älaffen,  bobei  i^m  jeboc^  baiS  SKoralifc^e  t)or 
bem  Ölonomifc^n  im  SSorbergrunbe  blieb,  ©eine  ,,9lcifebriefe  au^  Belgien,  granireidji  lo 
unb  ©nglonb"  gehören  ju  ben  toerttoollften  ©c^riften  biefer  3lrt.  Übrigen^  ift  ^  toenig 
belonnt,  ober  l^öcbft  merfhJürbig,  iüie  tauber  nac$  feinem  SWüdtritte  öon  ber  fog.  Äreug= 
jeitung^j)artei  mit  ijrojj^etifd^em  ®eift  Diele  unb  tüid^tige  güge  ber  neueren  Si^mardfc^en 
^olitil  toorau«  empfohlen  f}aV'  ^^eobor  ec^äfer. 

^nberiititd,  6af  J)ar,  geft.  1553.  —  SScrcinjcIte  ^^otijen  über  i^n  bei  3.  (J^.  3BibeI,  16 
in  &ortgcf.  nüfiUc^c  ^nmerfunöcn,  ^^eimar  1738  ff.  16  u.  18.  ^omml.  @.  335  ff.;  berf., 
^o^cnlo^ijc^e  Stireren*  unb  SJcformation^^iftorie  ic,  Onoljba(ft  1752  ff.,  3-  &•  ^^'^^f  ^^^  9«» 
famte  ÄugSburgif^e  3Rinifterium  in  ©ilbcvn  u.  ©d)viftcn  k.  9lugSb.  [1743]  @.  16.  ^aaö, 
«ugSburgcr  Äatcd^iSmen.  Stidj.  f.  ^ra!t.  It)col.  XIV  1892.  ^1.  93ccf.  3)ie  ©ibauunfj^Iitteratur 
ber  CD.  ftircfie  ^eulf(f)Ianb§.  (Sil.  1883  @.  171  ff.;  ®.  Hermann,  D.  So^onn  gorfter  (1894).  20 
3)orin  qu(^  ©rud)ftiicfe  bcS  in  feinem  erften  Xeile  von  ^ubcrinuS  üerfofetcn  unb  für  [eine  ®e* 
Wcftte  midjtigcn  ©cri^lc^  über  bie  ?(ug§burger  ÄeltgtonStjänbel  im  Sobej  ®otl)anu« 
3roI.  9J.  91. 

Qü\pax  §uberinu^  ober  §uber  (bie  ^bentität  ift  jtDeifcßoö),  auf  bem  ©ebiete  ber  er^ 
baulid^en  Sitteratur,  einer  ber  fruc^tbarften  ©d^riftfteßer  ber  Steformation^ieit,  foD  ber  Xxa-  25 
bition  nac^  am  21.  3)ej.  1500  in  aBiföj)aci(;  in  ^oxjtxn  (h)o'0  geboren,  fj)äter  ?Könc^  ge* 
toorben  unb  bei  Seginn  ber  SReformation  auö  bem  Älofter  entfprungen  fein.  3lber  feine 
anfange  fmb  böDig  bunfel.  3)a«  erfte,  Wai  fcftftc^t,  ift,  bafe  er  im  ©ommerfemefter  1522 
in  aSittenberg  immatrihiliert  burbe  (ßafpar  §ubel  3luauften  bei  t5i)rftemann,  Alb.  Viteb. 
©.  111)  unb  bort  ein  paax  ^oi}xt  jugebrac^t  ^at,  auc^  h)irb  er  fc^on  bamafö  ju  Sut^er») 
in  })erfönlici(;e  Sejic^ung  getreten  Jein,  ioorau^  fic^  ba^  Jpätere  aScr^ältni^  ju  biefem,  ber 
i^n  fid^tlid^  befonberö  j^ä^te,  erllärt.  ©eit  ungefähr  1525  finben  h)ir  i^n  bann  in  Slug«- 
bürg,  toie  eö  fd^cint  al«®e^ülfen  bc^  UrbanSt^egiu«  (U^ll;orn,  Urb.  SH^egiu^©.  91),  o^ne 
jÄo^  ju  })rebigcn,  tooöor  er  eine  getüiffc  ©c^eu  t^attc  unb  hjoju  il^m  auc^  bie  ©timm^ 
mittel  gefehlt  ju  f)abm  fc^cinen  (©ermann  ©.  51  3lnm.).  ©eine  befonbere  Segabungsö 
lag  bafür  auf  bem  ®cbicte  ber  erbaulichen  ©dfjriftfteHerei.  Sereit^  auö  bem  ^al)x^  1525 
lennen  toir  jh)ei  ©c^riften,  bie  ba^  bclunben:  „ein  tröftlic^  ©ermon  bon  ber  Urftenbt  ßbrifti 
ben  ©c^h)aci(;en  im(Slauben  nü^Iic^  julefen  (Äufqin^fi  1051)"  unb  „Iroft  au«  ber©cprifft 
für  e^nen,  ber  jnn  angft  önb  nott  gu  ®ott  bmb  $ilffc  jd^reiet,  9Bittenbera  1525"  (bgl. 
barüber  Sei  a.  a.  D.  ©.  172).  311«  ©eitcnftücf  ba^u  fc^rieb  er  1529:  „Som  30m  unb  40 
ber  ®tite  ®otte«",  tüelc^e«  ©d^riftc^en  Sut^cr  mit  einer  lobenben  äJorrebe  bealeitete  (6.21. 
63,  682).  ^m  '^ahxc  1528  tourbe  er  „auf  Untoften  einiger  bermöglic^er  $erfonen  jum 
Äoßoquium  mi)  Sem"  gcfc^icft  (©tettcn,  ®efd^.  t)on  Slugeburg  1,  443),  too  er  \\d)  jebodfi 
in  leiner  SBeife  bemerflid^  machte  (ogl.  Ölöfc^,  S^.  3tfd^.  au«  ber  ©^hjeij  VIII  [1891] 
©.  159  3lnm.  5).  311«  entfcbicbmcr  äJertrctcr  ber  lut(;erifc^en  3lbcnbmal^l«Ie^re  tam  er  46 
bai^eim  fc^on  in  jener  3^^^  (^«^^  ^^'^^)  i"  ^^^^  fc^riftlic^c  gelobe  mit  bem  jhjinglianifc^ 
gerichteten  SKic^ael  Keßer,  luorüber  er  60b.  ®ot^.  %  91  S.  11^  berichtet,  ©benfo  be* 
ifäm^fte  er  bie  in  jener  ^{\t  in  3lug«burg  fe^r  verbreiteten  läufcr.  Sflad^flänge  babon 
ftnb  jeine  fleinen  ©c^riften:  „(Stlid^  Sc^lu«jrebc  t)om  gnabenbunbt  G^rifti,  ba«  ift  Dom 
lauft  Dnb  Dom  Äinberglauben".  2Bittenberg  1529,  bie  ^auj)tfäd^Iid(;  gegen  ©d(;h)en!felb  6^» 
gerid^tet  fmb  (SBibel.  III,  311),  unb  bie  ebenfaß«  §uerft  in  aSJittenberg  erfc^ienenen,  aber 
me^tfac^  nad(;gebructtcn  „©iebcnjig  ©c^Iu^  rebe  obber  ^uncte  Don  ber  Steckten  ^anbt 
®otte«  Dnb  ber  geioalt  G^rifti.  3^  ^^^P^  't>cmn  bie  ficb  in  ber  3h)ing€li|^cw  fad^e  nic^t 
berichten  lönnen  2c."  1530,  toorin  er  au«füf;rt,  „toa«  bie  SRec^te  ®otte«,  tüa«  fi^en  jur 
Siedeten,  unb  toie  ßl^riftu«  aßentl^alben  fei".  311«  bie  eDangclifc^en  ^Prebiger  1530  3lug«s  66 
bürg  Derlaffen  mußten,  blieb  er,  ioeil  er  nic^t  offijieß  angefteßt  toar  ober  noc^  ba«  Sürger^ 
rec^t  befafe.  Sei  ben  Stämjjfen,  bie  nac^  ber  ^iücfte^r  ber  ^rebiger  jum  SRüdEtritt  ber 
Sut^eraner  30^.  grofc^  unb  ©tct)^an  3lgricola  (f.  0,  3t.  1,  254,  58  ff.)  führten,  ftanb  er 
biefen  treulid^  jur  ©cite  (Dgl.  U.  @.  §au^borff,  2eben«befct^reibung  2aj.  ©pengter«,  ^Mxn- 
berg  1740  ©.  33)  unb  ioirlte  ol^ne  3lmt  al«  '^JriDatmann  unb  beinahe  einziger  t^eolo^  oti 


416  ^itbmiiitd 

gifd^er  i^ertretcr  beö  Sut^crtum^  in  enger  Serbinbuna  mit  einem  Keinen  Äreife  für  bie 
lut](|erif(^e  Sluffojjuna,  auc^  in  mehreren  Schriften,  j.  S.  ,,25on  ben  böfen  Sangen"  1531. 
„^äo^u  ba^  ^cilig  Äreuj  nu^  unb  gut  fei.  ^Um  Don  ber  c^riftüc^en  SBaffen"  1532. 
Uebrigen^  badete  er  anc^  boran,  mit  ©leic^gefinnten  ^eimlic^  gefonberte^  3lbenbma^I  ju 

6  feiern,  ba  man  )u  ben  jtvinglianifd^ien  ©eiftlid^en  nic^t  ge^en  boUte,  unb  fragte  be^l^db 
bei  Sut^er  an,  ber  aber  abmahnte  unb  ba^u  riet,  lieber  irgenbhjo  in  ber  3läi}t  an  anberem 
Drte  bad  Slbenbma^l  m  fuc^en.  (2)e  SBette  VI,  141).  SBegen  feiner  ©onbcrftellung  fc^eel 
angefe^en,  ja  jeittoeife  mit  Vertreibung  bebrobt  (©ermann  ©.  58),  hjurbe  §uberinud 
immer  me^r  Verbittert,  fa^  in  ben  bamaligen  Slug^burger  Oeiftlic^en,  bie  er  auf  ©c^ritt 

10  unb  3;ritt  belauerte,  um  neue  §ärefien  ju  entbedfen,  nur  noc^  35iener  be^  ©atan«.  Unb 
je  ifolierter  er  [xdf  füllen  mod[|te,  um  fo  me^r  fuc^te  er  ^^lung  mit  ben  SBittenbergern  ju 
bel^alten  burc^  feinen  ^eunb,  ben  Stugöburger  3R.  Suca^  ©benberger,  ber  bamafe  bie 
©tubien  be^  jungen  §erjog«  ®mft  öon  ©ad^fen  leitete  (©ermann  ©.  71),  unb  ^oh.  9leu=: 
beller,  ben  5Präce>)tor  be«  äug^burger  ^Patrijierfo^ne^  5Pcter  §onolbt  (©ermann  57),  ber 

löfiuti^er«  lifc^gänger  tt>ax,  unb  bem  man  aud^  Von  anberer  ©eite  großen  6influ^  juf^rieb 
(t)gl.  %f).  Äolbe,  Analecta  Lutherana  ©.  232,  234,  253  u.  oft.;  berf.,  üRartin  Sut^er  II, 
432).  2)em  2e|teren  ]d}\dU  er  toenn  auc^  in  guter  SKeinung  jum  minbeften  einfeitige  93e- 
ric^te  über  bie  3h)inglianer  nad^  SBittenberg  unb  trug  fo  ni^t  toenig  jur  3?erftärlung  be^ 
©egenfa^eö  bei.   3)a^  tou^te  man  in  Slugöburg  fel^r  tool^l,  toagte  aber  nicf^t  emftlic^  gegen 

ao  i^n  toorgugel^en,  unb  ate  bie  Ser^ältnifje  in  ber  ©tabt  nad^  bem  fc^roffen  3?orge^en  gegen 
bie  9lömif4^en  fic^  immerme^r  ju]i)i|ten,  bie  ©efabr  einer  öoßftänbigen  ^folierung  ber  ©tabt 
bro^te  unb  man  imter  bem  @mflufte  S3ucer^  tpieber  baran  ben!en  mu^te,  mit  Sittenberg 
anjulnüt)fen,  toä^lte  man  gerabe  §uberinuö  al^  3Dflittel«|)erf on.  5Kit  ©ereon  ©eiler  reifte  er 
in  offijietler  ©efanbtfc^aft  am  21.  3uni  1535  nad^  SBittenberg,  bann  nad^  Gelle,  too  man 

25  k>ergebli(^  Urban  Sl^egiu^  jurüd()ugeh)innen  fud[|te,  bon  ba  lieber  nac^  SBtttenberg  ju 
toeiteren  Ser^anblungen,  bie  jur  Serufung  be«  fc^arfen  iiut^eraner«  gol^.  Jorfter  (f.  b.  a.) 
führten  unb  bie  getoünfc^te  Slnba^nung  ber  SBittenbergcr  Soncorbie  (f.  b.  ä.)  jur  golge 
^tten.  3"^  ©t&rfung  bed  Sutl^ertumö  foßte  nunmehr  auc^  §uberinu^  ein  ^rebigtamt 
annel^men  ober  junäc^ft  mit  ber  Slu^fid^t  auf  eine  Pfarrei  ba«  3lmt  eine«  Reifer«.    9lur 

90  mit  SSäiberftreben,  nacbbem  Sutl^er  entfd(^ieben  baju  geraten  (2)e  3Bette  IV,  642.  ©er= 
mann  260  f.),  lit^  er  jtc^  baju  belegen  unb  tpurbe  Reifer  be«  SBolfg.  3Ru«culu«  unb  xu- 
näc^ft  „auf  einSa^r  bem  jungen  33olf  ju  })rebigen  aufgeftcBt",  tpie  er  felbft  angiebt.  2)ie 
^tni)t  biefer  Slufgabe  ift  feine  1537  ^erau^gelommene  ©c^rift  „3Som  hja^ren  ßrlenntni« 
®otte«"  (bgl.  33ed  a.  a.  D.  ©.  176),  in  ber  er  ben  ^au^tin^alt  feiner  Untertpeifungen 

86  für  bie  Sugenb  tpiebergiebt,  femer  feine  beiben  Äatec^i^men,  t)on  bencn  ber  eine  unter  bem 
^Citel  „$)er  Äatec^i^mu«  mit  t)ielen  fd^önen  ©>nüd[ien  2c.",  nac^  berSorrebe  ju  urteilen,  im 
3al^re  1543,  ber  anbere,  ein  3lu«jug  au«  bem  oben  ertoä^nten  mit  bem  3^itel  „3)er  Heine 
Äated^i«mu«"  1544  erfc^ien.  (Sgl.  barüber  Seejenme^er,  litterarifc^sbibliograp^ifc^e  ^lad}- 
xiifttn  bon  einigen  eb.  latec^.  ©djjriften.    Ulm  1830  ©.   106  ff.  unb  §an«,  3lug«burger 

40  Äate(^i«men.  ^tfc^r.  f.  ^raft.  I^eol.XIV,  1892,  ©.  116  ff.),  hjeiter  feine  too^l  1550  (?) 
juerft  beröffentlic^ten  „3Sier|ig  furje  5ßrebigten  über  ben  Äatec^i^mu«  für  bie  $au«bäter", 
toelc^e  ©ammlung  ^^bann  Sonicer  1554  auc^  in  lateinifd^er  ©jjrad^e  ^erau«gab.  3)iefen 
in  ber  ©efd(;ic^te  ber  Katec^etit  mitS^ren  genannten  arbeiten  reiben  fid^  anbere  toerttjoHe 
erbauung«fd^riften  an,  fo  ba«  „©treitbüc^lein"  1541  unb  „ber  c^riftlic^e  SRitter",  bon  benen 

46  bie  eine  pr  Sefeftigung  im  ©lauben  in  aüm  3lnf ec^tungen  be«  Scbcn«,  namentlich  and) 
I^inftd(;tltd9  ber  9lec^tfertigung«le^re,  bie  anbere  befonber«  jur  ©tärfung  ber  etjangelifd^en 
©Triften  toiber  bie  toon  ^om  au«ge^enben  Äämi)fe  unb  SScrfolgungen  bienen  foH.  SlUc 
laffen  ben  33erf.  nic^t  nur  al«  einen  getoanbtcn,  bibelfunbigcn  tl^eologifc^cn  ©c^riftfteller, 
fonbem  aud^  al«  einen  ^ann  bon  ^ol;er  d(;riftlic^er  6infid(;t  erlennen.  3)am  fte^t  aber  in 

60  großem  Äontraft  fein  Jelbftgefällige«,  in  ber  $crunglimj)fung  ber  ©egner  ©rofee«  lei|ienbe« 
sBer^alten  gegen  feine  Äottegen,  für  beren  3Bürbigung  er  im  ^Parteieifer  jeben  üRa^ftab 
toerloren  ^at,  h)a«  einen  um  fo  unangenel^mercn  ©inbrudf  mac^t,  al«  er  nur  feiten  mit  feinem 
©egenfa^  offen  ^ertjorgctreten  ju  fein  fc^eint,  bafür  aber  um  fo  me^r  im  ae^eimen  toirfte, 
unb  in  feiner  noc^  ungebrudften  für  einen  3lug«burgcr  9lat«bean  gefc^riebenen  ©efc^ic^te 

66  ber  3lug«buraer  9leligion«^änbel  (f.  ob.  Sitteratur)  o^cnbar,  um  biejen  gegen  bie  „©alra= 
mentirer"  fd^arf  ju  machen,  feine  ©egner  in  ben  fd(^h)är;eften  färben  malte.  Sei  ber 
Unerquidlic^feit  ber  älug«burger  Ser^öltniffe  begreift  e«  ftcb,  bafe  er  fortjufommen  \nd)ii. 
^m  Söbre  1539  fuc^te  er  eine  ©teile  im  SBürttembergijc^cn.  2lber  e«  fam  nic^t  baju. 
6rft  Iftitte  3wni  1544,  nad[|bem  er  injh)ifd(;en  ^^Jfarrer  an  ©t.  ©eorgcn  geworben  toar  (er 

60  nennt  [\d)  felbft  fo,  SBibel  III,  321,  bgl.  ©.  329)  Derlie^  er  3lug«burg  unb  folgte  einem 


^ttbrrtuttd,  Saffiar,  ^itbert,  ftonrab  417 

Slufc  alfJ  ^:prebi0cr  md}  Od^rinöcn  (SBibel  I,  315,  baju  bie  aitenftüde  III,  309—321, 
325—330),  tt>av  aber  balb  mit  bem  gortgang  bcr  öon  i^m  erhofften,  toirlKdjien  SWeformation 
in  ©tobt  unb  ©tift  tocnig  jufriebcn;  fo  h?ar  er  nic^t  abgeneigt,  feine  ©teße  aufzugeben, 
aU  man  im  "^ai^xt  1546  in  Slot^enburg  o.  b.  2^uber,  in  Stuttgart  unb  SRörblingen  [xd) 
um  il^n  betüarb  (SBibel  III,  347  f.).  S^beffen  bie  SBerufung^berl^anblungen  jerfc^Iugen  5 
fid^  ober  bie  fic^tli^en  3^^^^^^  ^^  SBo^lmoDen^  Don  feiten  ber  ^o^enlo^efc^en  ©rafen, 
bie  §uberinufJ  mit  einer  ß^or^errenfteHe  begabten  unb  etft)a^  eifriger  mit  ber  SKeformation 
t)orjuge^en  anfingen,  veranlagten  i^n  jum  bleiben.  üRerltDürbig  toar  bann  feine  ©teßung 
jum  ^Interim,  bei  ber  man  freilid^  in  Setrac^t  jie^en  mu^,  bafe  er  nie  befonber^  fc^arf 
gegen  bie  SRömcr  aufgetreten  toar  unb  in  S^^^i^ö"*  wnb  ben  ©einen  öiel  ärgere  Äe^er  fa^.  lo 
3loi}  im  3>wni  1548  folj)ortierte  man  in  Slug^burg  72  ©c^lu^fä^e,  in  benen  er  bie  Äom- 
munion  unter  beiberlei  ©eftalt  gegen  bie  gnterimiften  tjertrat.  Salb  barauf  h)ar  er  bereit, 
ba^  3"*^^*"  anzunehmen  unb  re^tfcrtigte  e«  in  jtoölf  lateinifc^en  ©ö^en  mit  Orünben, 
bie  ertennen  laffen,  ba^  et  bie  Jragtoeite  bedfelben  gar  nic^t  t)er[tanb,  unb  ba^  ber  ©e^orfam 
gegen  ben  Äaifer,  ber  ein  getaufter  ß^rift  fei,  ß^riftum  ate  §eilanb  2c.  anerlenne  unb  ben  i6 
©lauben  an  i^n  unangetaftet  laffe,  unb  bie  angeblich  ^ierburc^  ju  er^offenbe  (Sin^eit  ber 
Äirc^e  für  i^n  ba«  (gntfdbetbenbe  toar  (t)gl.  SQSibel  III,  344,  ®.  Soffert,  35a«  Interim  in 
SBürttemberg,  Bd^x,  b.  9S.  f.  SWef.^Oefc^.  3tx.  46  u.  47  ©.  16  f.).  3)iefe  ©teDungna^me 
toar  bcr  ©runb,  bafe  man  i^n  je^t  toieber  nac^  Slug^burg  berief  unb  ba^  er  angebud^  auf 
SBeranlaffung  feine«  ©c^toager«  be«  SSizefanjIer«  ©elb  toirtlic^  bort^ingina,  um  ba«  31^*^^*"^  20 
bafelbft  einjufül^ren.  3lm  ß^riftabenb  1551  begann  er  jeine  X^ätiglfeit  in  ©t.  Slnna, 
toä^renb  jtoei  anbere  bon  i^m  mitgebrachte  ^o^enlo^ifc^e  ©eiftlic^e  in  ber  )8arfüf;er=  unb 
Ärcuglird^e  fungierten  (SBibel  IV,  187,  to.  ©tetten,  ©efc^ic^te  i)on  augöb.  I,  479).  3)er 
6rfoIg  toar  aber  gering.  6in5Pa«quiD,  toa«  er  am  1.  ^ebr.  1552  in  ©t.  älnna  angef^lagen 
fanb,  fagte  il^m,  toie  man  über  i^n  backte,  unb  nac^  ein  jjaar  SDlonaten  toar  er  burc^  25 
aJlori^  Don©ac^fen  mit  ben  anberen  ^nterimiften  au«  ber©tabt  Vertrieben.  !3m  ©ommer 
toar  er  toieber  in  Ce^ringen,  benn  im  3uli  toibmete  er  bafelbft  bem  b  ortigen  Pfleger  feine 
aroje  2lu«Iegung  be«  3^"^  ©irac^.  35a^  er  jeftt  viel  üble  Slac^rebe  erfuiS^Jf^  ift  begreiflidfi. 
vlad)  feinem  3:obe  —  er  ftarb  fc^on  am  6.  Dft.  1553  —  toottten  feine  ©egner  toiffen, 
ba^  er  über  fein  SSer^alten  im  ^Interim  in  SSerjtoeiflung  geraten  unb  „in  3lc$  unb  2Be^  80 
ba^ingefal^ren  fei"  (Vgl.  ^Jortgef.  ©amml.  von  ällten  unb  9Jeuen  t^eol.  ©ad^en  1738 
©.  135).  (Sin  »rief  an  ben  9lat  Von  De^ngcn  Vom  19.  ^an.  1553  (SBibel  IV,  103) 
mit  bem  er,  al«  ein  3^0"*^  baVon,  „ba^  er  vom  ©vangelio  nit  abgefallen  fei",  biefem 
feine  ^Poftitte  übeneic^t,  betoeift,  ba^  er  ba«  Setou^ein  ^cdU,  red^t  geJ^anbelt  ju  l^aben. 
©eine  (Srbauung^Jd^riften  (ein  nic^t  VoDftänbige«  unb  ungenaue«  ä^erjei^ni«  bei  aBibel  IV,  sb 
103)  toaren  lange  ßcit  fc^r  beliebt  unb  tourbcn  noc^  im  18.  Sal^r^.  neugebrudtt.  SBadtcr^ 
nagel  (©efc^ic^te  bc«  Äird^enlicb«  III,  838,  922  f.)  fc^reibt  i^m  aud^  4  Sieber  ju. 

X^totov  Solbc. 

Hubert,  Äonrab,  geft.  1577.  —  ©runblegcnb  über  ^.  ift  ber  «uffofe  öon  2:imot5eu^ 
^il^clm  9?ö^ricö  in  beffen  „"aKitteiiungcn  au«  ber  (SJefcf).  bcr  cd.  ä.  bc«  (Slfaffe«-  III,  ©trafeb.  40 
1855.  S.  245-274.  SBgl.  3.  2ö.  S3aum,  Ga^ito  unb  53u^cr,  GIbcrfelb  1860  (bcfonbcr« 
S.  586-589).  5.  3B.  ©[ulmann],  (Jferengcböcfjtni«  Äonrob  ^ubcrt«,  ©trogb.  1862.  5lbS3  XIII, 
1881,  6.  261—263.  lieber  bie  geiftllc^cn  fiieber  ^.'«,  in«bcfonbcre  bie  grogc  ber  ^lutorldjaft 
bc«  Siebe«  .,?(flcin  ju  bir,  ^err  3c|u  (J^rift",  ögl.  btc  ti^jinnologifc^en  ^erfc  uon  gifcftcv, 
®öbcc!c,  Stodi,  ^ütjell  unb  ^adernngcl.  45 

Äonrab  §ubcrt,  ber  treue  greunb  unb  ©e^Ufe  SRartin  Su^er«  (f.  b.  31.  »b  III, 
©.  603—612),  toelc^em  er  unter  ben  3^i^9W«>flen  unmittelbar  nad^  Sut^er  feine  ©teDe 
eingeräumt  toiffen  tooHte,  tourbe  geboren  in  Sergjabem  1507,  al«  ber  ©ol^n  eine«§anb' 
toerfer«.  3"  feinem  jtoölften  ^ai)xz  tarn  er  auf  bie  ©c^ule  nac^  $eibelberg.  1526  treffen 
toir  i^n  in  33afcl,  too  er  für  bie  eVangelifc^e  SBa^r^eit  getoonnen  tourbe  unb  ftc^  eng  an  w 
DeIolamj)ab  anfc^lo^.  3)iefer  emjjfa^l  i^n  lurj  Vor  feinem  2^obe  (1531)  an  Su^er  nad^ 
©tra^burg,  beffen  (Sel^ilfe  (35iafonu«)  er  tourbe.  (Sr  ^alf  i^m  nxi^t  nur  im  ^rebigtamt 
unb  in  ber  ©celforge,  fonbern  auc^  bei  feinen  fc^riftlic^en  Slrbeiten  unb  Äorrefjjonbenjen, 
toie  §.  fclbft  fagt,  in  scriptionibus,  in  concionibus,  in  discordiis  fidelium  com- 
ponendis,  in  revocandis  errantibus.  §.  lebte  fic^  ganj  in  Su^er«  ®enfen  unb  ©ein  63 
linein  unb  ba«  SJer^ältni«  toar  viel  me^r  ein  Jjerfönlic^e«  al«  ein  amtlid^e«.  9iad^  Su^er« 
SBeggang  von  ©tra^burg  (1549)  lamen  für  ben  fanften  unb  frieblic^en  §.  böje  3^^^^"- 
Some^mlic^  feit  bem  ga^re  1561  tourbe  er  toegen  feiner  SSorliebe  für  Öu^er  unb  bie 
3:etral)olitana  von  ben  lut^erifc^en  3^eologen  auf«  ^eftigfte  angegriffen,   1562  an^  beut 

Wcal*(^uc»jflopablc  für  ^^cologle  uiib  «M<.    3.  81.  VUf.  97 


418  Hubert  ^ttbmaier 

fiirc^cnfonöcnt  au^gefto^cn,  1563  feinet  Slmtc«  aU  .^clfcr  an  ©t.  2;i^omä  cntfcfet.  ^m 
Qi^o^z  be«  3;^oma^Iaj)Ucte  tarn  c^  ju  heftigen  Jtonfliftcn  jtoifc^cn  §.  unb  SKarbadji,  bie 
1575  ui  Ungunftcn  §.'iS  cntfci(;icben  burben.  Smmer  ntc^r  ^og  fic^  §.  t)on  bcm  öffcnt^ 
U^cn  ficben  jurüdf.  —  35ie  Icfeten  ^af}xt  feine«  Seben«  befc^^äftigte  §.  ber  5pian,  eine  Oe^ 

6  famtau^abe  t)on  Su^er«  SBerlen  ju  beranftalten.  3<>^-  ©türm  boflte  i^m  babet  l^ilfrei^e 
Äanb  leiften.  ^r  Sefc^affung  ber  in  (Snglanb  gejc^riebenen  Schriften  tt>ax  namentlich 
Srjbifd^of  ©bmunb  ®rinbaK  ti^ätig.  35ie  §erau^abe  fottte  ben  au«geJl)rocf^encn  3*^^ 
^oben,  Su^erö  „Unfdjiulb"  ju  ertoeifen  unb  feine  t^eologifdbe  e^re  gegen  bie  Sefd^^ul* 
bigungen  feiner  ©egner  ju  t)erteibigen.    üRarbac^  unb  fein  3inl^ang  biberfe^te  fic^  biefer 

10  SBeröffentlic^ung  naö^  Äräften.  3Serfc^iebene  anbere  toibrige  Umftänbe,  u.  a.  ber  %o\>  be« 
Sud^^änbler«  Djjorinu«  in  33afel,  öerjögerten  ba«  Untemel^men  bon  ^ai}x  ju  ^ai^x,  2)a 
entfd^Io^  pc^  ber  TOjä^rige  §.,  mit  bem  legten  ber  ge})Ianten  10  SJänbe  bie  §erau^abe 
ju  beginnen,  ber  öome^mlic^  bie  in  ©nglanb  erfc^ienenen,  in  2)eutfci^lanb  noc^  unbefannten 
©djiriften  S3u^crö  cntl^ielt.    S)ei  biefem  Sonbe  blieb  e«  benn  aud).    6r  erfc^ien  in  Safel 

15  1577.  §.  fc^rieb  no^  (22.  gebr.  1577)  bie  SlJorrebe,  in  toelc^er  er  über  fein  i^erl^ältniö 
ju  Su^er  fic^  au^ef})rod^en  l^at,  unb  ftarb  balb  barauf  (Slpril  1577).  —  ö-  0<i&  1572 
ba«  ©tra^burger  ©efangbu^  neu  ^craud  unb  berfa^te  felbft  mehrere  Jtirc^enlieber,  bie  jucrft 
in  biefem  Oefangbui^  crfc^ienen.  Db  ba«  l^ier  ebenfaD«  i^m  jugefc^riebene  „allein  ju  bir, 
§err  gefu  ß^rift"  toirllid^  öon  i^m  ober  )oon  ^o^ann  ©c^neefing  ftammt,   ift  unter  ben 

ao^^mnologen  noc^  eine  offene  ^age.  ^attl  ©rftubcrg. 

^itbmater,  Salt^afar,  anaba})tift,  geft.  1528.—  ©iograpljie  üon  3. fiofcrt^, 
Dr.  S3.  4).  unb  bie  Slnfänge  ber  ©iebertaufe  in  ^J)iät)ren  1893  (ugl.  au*  bcffcn  ?luffaf  „3)le 
©tabt  fBalbS^ut  unb  bie  \)orbcröftcrrei*if(ic  Sf^egicning  i.  b.  3-  1523-26",  im  ^Irctiu  für 
öfterr.  ®e{c^.77, 1  ff.) ;  %.  ©lern  in  «b93  XIII,  264  ff. ;  ßunif  ?»(£ »  VI,  344  ff. ;  fiittcratuv* 

25  öcrjci^ni«  in  g.  »ccf,  3)ic  ®ef(6i(6tSbücöer  ber  ^.  Z.  (Fontes  Herum  Austriac.,  2.  ?lbt. 
©b  43,  47  f.).  ?lu«  ber  älteren  Sitteratur  ift  gu  cnoö^nen:  ^.  ©cftrciber,  33.^.,  im 
2:a{4enbud)  f.  ®cf*i(^te  u.  filtert,  in  ©übbeutft^lanb,  1839.  1840  («nfang  einer  »iogra^^ic, 
nocft  immer  (efenSnjert) ;  ©.  91.  Cornelius.  ®efi.  be8  ^Wünfterifcftcn  SlufruftrS,  2.  ^ud),  1860. 
Ucber  StüingllS  »er^anblungcn  mit  ^.:  e.  eali,  3)ie  Süricfter  SB. ^.,  1878,  44 ff.;  «.  Säur, 

EOStoinnliS  Ideologie,  ©b  II  (1889),  129ff.;  ±  8tä|elin,  ©.  Stuingli,  bcf.  I  (1895),  514ff. 
8ur  äontroücrfe  über  bie  2:aufle^rc  f.  a.  Uftcri,  3)arftenung  ber  ^aufle{)rc  S^ingliS  @1^., 
1882,  205  ff.  einzelne  9iacf)ri(J6tcn  unb  iRollgen  in  ben  ^BJonograp^ien  über  baS  3:äufevtum 
ober  einzelne  Xöufcr  bei  Äefler,  9?icoIaboni  (Öiinberlin),  9?embcrt  (2)le  ^.  X.  im  .^erjogtum 
Sülic^)  u.  a.,  ugf.  barüber  SBb  I,  481,  I6ff.;   IV,  576,  23 ff.    (^in  Serjeic^niS  ber  Sd)riften 

86  in  ben  ^Kitteilungen  a.b.  ?lntiquariat  uon  ßabarij  u.(5o.  1869,  VI,  112  ff.,  baju  bie  biblio» 
grap^tf(ften  92otijen  bei  ßofert^. 

Saltl;afar  §ubmaier  (auc^  §iebmaier  ober  §ubmör),  ift  toa^rfd^cinlic^  in  ben  ac^tjiger 
Sauren  beö  15.  3^'^^«'^^^^  i"  ^^^  ©täbtd^en  ^ebberg  bei  3lug^burg  geboren  (ba^cr 
auc^  Pacimontanus).  3lai}Um  er  bie  lateinifc^e  ©c^ule  in  Slug^burg  bcfud;t  ^atte,  [tu- 

40  Werte  er  feit  1503  (immatr.  1.  üRai)  an  ber  Uniberfität  greiburg  5ß^ilofo^l^ie  unb  il^eo- 
logie.  ^ier  ift  Qi,  ber  f})ätere  ®egner  Sutl^er«,  fein  Seigrer  getoefen;  er  l^at  $.«  Sc^ 
gabung  unb  Semeifer  f)?äter  ein  glänjenbe«  3^wgni^  auögeftellt.  Um  feiner  befc^ränften 
läRittel  toiHen  nat^m  ,^.  bajtoifc^en  l^inein  (1507)  eine  ©c^ulfteDe  in  ©c^aff Raufen  an,  feit 
1508  h)ar  er  hjieber,'  aU  ©c^üler  unb  Se^rer,    in  ^eiburg  unb  tourbc  ^ier  1510  3Sor= 

46ftanb  ber  ^fauenburfe.  2lte  6df  1512  an  bie  Uniüerfttät  3"0olftabt  überficbelte,  folgte 
i^m  §.  unb  toirfte  ^ier  ab  5ßfarrer  an  ber  3RarienIirc^e  unb  ate  ^^rofeffor  ber  2:^eoIogie. 
9(m  31.  aiuguft  1512  hjurbe  er  j^um  3)oftor  ber  2:^eologie  jjromobiert.  ©eit  Dftem 
1515  leitete  er  ate  ^roreftor  bie  ©efd^äfte  ber  Unit)erfität.  ^m  ^anmx  be«  folgenben 
ga^re«  na^m   er  einen  5Ruf  ate  3)om)3tarrer  nad)  SRegen^burg  an.    §ier  erloarb   er  ftc^ 

60  ote  ^rebiger  großen  (Sinflu^.  6r  benu^te  biefen,  um  bie  S^ben,  gegen  bie  fc^on  länger 
eine  ftarfe  Seloegung  im  (Sänge  loar,  auö  91.  ju  Vertreiben.  3)ie  ©^nagoge  tourbe  jer« 
ftört  unb  an  il^rer  ©teile  bie  Äa))elle  jur  \i}önm  3Jlax\a  mii^kt,  beren  Raplan  §.  tourbe. 
3)iefe  mürbe  fofort  ein  toielbefud^ter  SQäaHfa^rtöort :  au«  ber  SRä^e  unb  gerne  ftrömtcn 
taufenbe  Don  pilgern  ^erbei;    SBunberjeic^en,  Serjürfungen   unb  3lnfälle   \)on  iangtout 

66  !amen  bor.  §.  ^at  bicfe  Selocgung  —  eine  ber  intereffanteften  S8olteej)ibemien  be«  au^ 
ge^enben  3)littelaltcr«  —  erft  begünftigt,  bann,  ate  ba«  Sebenfli^e  untjerlennbor  tourbe, 
^  gegen  ba«  ejcentrifc^c  2ireiben  getoenbet.  3*""^^^^"  ^^^  W^n  ^ier  fein  lalent  )u 
öoltetümlic^er  2lgitation  ^ert)or.  3)iefe  3Sorgänge  jufammen  mit  ©treitigfeitcn  über  bad 
^Bkitronat  ber  Äapelle  beftimmten  i^n  too^l,  im  3al(^re  1521  eine  ^rebigerftelle  in  SBSalbi^ 

60  ^ut  angune^men.  2)ie  ©tabt  toar  einer  ber  ^erborragenbften  ^piö^e  be«  Dorberöfterrci<^j<^ 


^ttbmater  419 

93cft§c« ;  i^re  Sage  an  bcr  GJrcnje  \)^  ©c^toarjiDatb«  unb  ber  ©djilücij,  bic  offenen  Scr* 
binbungen  nac^  allen  Seiten  I^tn,  ber  ß^atafter  ber  SeböBerung  tvaren  günftige  SSor* 
bebingungen  für  bie  ßnttoidfelung  ber  nmtn  frei^eitltd^en  Slic^tung. 

3Rit  i^r  gehjann  §.  je^t  Jw^lung,  ber  bt«  ba^in  ein  eifriger  SSertreter  be«  fat^o* 
lifc^en  3)ogma^  unb  Äirc^entum«  gebefen  fmx  unb  noc^  in  SBalb^^ut  neue  Geremonien  5 
jur  SSer^Itc^ung  be^  gfronleic^namö  eingeführt  ^atte.  Slnfang  1522  finben  h)ir  i^n 
mit  bem  ©tubium  ber  })aulinif(^en  35riefe  befc^äftigt,  balb  auc^  mit  Sut^er^  ©d(;riften. 
er  befjjrid^t  [\6)  mit  benOele^rten  in  35afel  unb  greiburg,  mit  Sra^mu«,  ©larean,  t)on 
bem  35ufc^,  über  bie  Streitfragen.  Überall  fte^t  er  ben  gortfc^itt  ber  Steuerungen.  Snbe 
1522  feiert  er  nod^  einmal  nad^  JRegen^burg  jurüdt,  aber  er  ift  jc^t  innerlich  fc^on  fo  feurio 
für  bie  neue  Se^re  geh)onnen,  ba^  ed  i^m  l^ier  nic^t  me^r  jufagt.  6r  ge(^t  5Wärj  1523 
nac^  aSalb^f^ut  jurücf  unb  tritt  je^t  offen  auf  bie  Seite  ber  Sieformation.  Qx  befuc^t 
3üric^  unb  St.  ®aü^n,  an  h)elc^  le^terem  Ort  er  burc^  feine  feurige  Serebfamfcit  ber 
Steformation  33a^n  bricht.  @r  tritt  tn  SSerbinbung  mit  3*i^'"0K/  Siabian,  Öfolamjjab. 
So  tool^nte  er  auc^  bem  2.  3üri(^er  SReligion^gefpräc^  (26.  biö  28.  Df tober  1523)  bei.  15 
er  na^m  f?ier  entfrf^ieben  für  3^i^0K  ^Partei,  fjjrac^  fic^  gegen  bie  93iIberDere^rung  unb 
bie  9)ieffe  au^,  forberte  iebod^,  ba|  man  ba^  3SoIf  erft  belel^ren  foKe,  e^e  man  mit  Stn^ 
berung  be^  ©otte^bienfte^  borgci^e.  ^^jtoifc^en  toaren  bie  borberöfterreici(;if(^e  ^Regierung 
unb  ber  35if^of  §ugo  in  Äonftang  auf  ben  fe^erifd^en  ^rebiger  aufmerffam  geworben 
unb  t)erlangten  bon  ber  Stabt  feine  äluölieferung ;  aber  bie  Serfuc^e,  it|n  jur  Slcd^cnfc^aft  20 
ju  ^ie^en,  fc^eiterten  an  feiner  entjd^iebenen  Haltung  unb  an  ber  ftarfen  ^^Sartei,  bie  fi^ 
le^t  in  3Balbg^ut  um  i^n  fammelte.  Um  feine  Slmt^enoffen  ju  gehjinnen,  beröffentlid^te 
^.  äinfang  1524  bie  18  ,,Sd^Iu^reben",  Jeine  erfte  reformatorifd^e  Schrift,  bie  mit  i^ren 
Sä^en  über  ba^  SBefen  be^  ©laubenö,  gegen  bie  TOeffe,  bie  Silber,  ba«  ?Jaften,  bie  SBaB- 
fahrten,  ben  ©ebraud^  beö  Satein  im  ©ottedbienft,  ba«  J^gfeuer,  ben  ßölibat,  ben  geift^  25 
ticken  TOüfeiggang  ganj  im®eift  3^i"0li^  gehalten  ift.  3"J^if^^  ft)i^ten  fid^  bie©egens 
fä^e  ju :  §.  getoann  in  einbrudt^t)oDer  5ßrebigt  ben  größeren  ieil  ber  SBalbe^uter  93ürger, 
aud^  ja^Ireic^e  benachbarte  5ßfarrer  für  bie  ©runbfä^e  ber  Sieformation,  fd^ob  bie  alt^ 
gläubigen  ©eiftlic^en  in  ber  Stabt  bei  feite  unb  trat  immer  offener,  u.a.  auc^  mit  einem 
Schreiben  an  ben  SRat  in  Slegen^burg,  mit  feiner  Überzeugung  ^erüor.  3)ie  ©rfolge  ber  so 
Sieformation  in  ber  Sd^toeij  h)ä^renb  ber  crften  üRonate  be^  ^af}XQ^  1524  lubcn  SBalbiSl^ut 
ein,  biefelbe  33a^n  ju  betreten,  auf  ber  anbern  Seite  tjerlangte  bie  öftencic^ifc^c  Slegie« 
rung  immer  entf^iebener  bie  3luölieferung  be^  abtrünnigen  5ßräbitanten,  bem  aud^  fcpon 
jc^t  l)olitijc^e  3lufh)iegelung  Sc^ulb  gegeben  n^irb.  2)a  beantragte  §.  in  einer  ©cmcinbe^ 
toerjantmlung  am  ^fingftfeft  1524  bie  3lnnal^me  ber  ^nberungca  im  ©otte^bienft.  3)er  35 
SBiberftanb  Jourbe  gebrochen,  bie  SSerfammlöng  bejc^Iofe,  bie  etjangelijd^e  Se^re  anjunel^s 
men,  i^ren  ^rebiger  mit  ®ut  unb  93Iut  ju  fd^irmen  unb  ben  SBiberfac^ern  ben  ^äufent« 
^alt  in  ber  Stabt  aufjufünben.  ^.  führte  je^t  bie  SReform  nad^  3*^^"9l^^  ©runbjä^en 
in  SB.  ein.  SlHein  bie  öfteneic^ifc^e  Slegierung,  bie  entjcf^Iofjen  gegen  ben  neuen 
©tauben  auftrat,  t)ert|inberte  eine  ruhige  ©nttoidEelung,  bie  l^ier  an  fid;  fo  gut,  ioie  anber«  40 
toärt^,  möglich  getoefcn  toäre.  2)ie  gütU^en  SSerfud^e,  bie  SBalb^^uter  oon  i^rem  ^rc^ 
biger  ab^ujie^en,  fd(^eiterten.  Sd(;on  bro^te  ©etoalt.  2)ie  Stabt  toar  gefä^rbct.  Da  begab 
fi(^  §.  önbe  aiuguft  nac^  Sd^aff Raufen ;  ^ier  fanb  er  Scbu^,  ber  Slat  Dertoeigerte  bie 
begel^rte  3lu^lieferung.  ^n  feinem  Slj^l  fcf^rieb  ^.  ba^  Süc^lein  „SJon  Äe^ern  unb  i^ren 
^crbrennem".  Äe§cr  finb  bie,  toelc^e  fretjentlic^  toiber  bie  ^l.  Sd^rift  fechten ;  man  foH  45 
pe  belef^ren,  nic^t  Derbrennen.  Q^  ift  ein  jd^arfer  $roteft  gegen  bie  Öc^anblung  ber 
Äe^er  in  ber  Rixd)^,  gegen  ben  5lam>)f  h)iber  bie  SBa^r^eit  mit  ungeiftlic^en  Säaffen.  „35ie 
aSa^rl^cit  ift  untötli^"  toirb  fein  3Ka^If})ruc^.  S^i^^^J^^"  führten  bie  3Ser^anblungen 
^toifc^en  ber  Slegierung  unb  ber  Stabt  gu  feinem  3^^^-  3lIIcg  lie^  fic^  ju  einem  blutigen 
äuetrag  an.  SlnfangDft.  1524  erf^ielt  aSaIb^t|ut  3uju0  ^u^d^  eine  Sc|>ar  ^eibifliger  au«  50 
^üx'xd).  93alb  barauf,  am  28.  Dttober,  fe^rte  §.  jurüä,  mit  3iu6^I  begrübt.  ®r  forberte 
je^t  jeinen  alten  Se^rer  Sdf  ju  einer  3)iiSlputation  ^erau«  über  Sc^lu^reben  (Axiomata), 
in  benen  er  bie  I^cfe  berfoc^t,  bafe  bie  Schrift,  nic^t  bie  Rxxi^z,  in  ©lauben^fad^en  3lid[|= 
terin  ift.  3"0'^'^  tourbe  §.  me^r  unb  me^r  ber  Seiter  unb  Berater  ber  Stabt  in  i^ren 
Jjolitifc^en  Siöten.  65 

S3i«  l^ier^er  Joar  §.  ganj  im  gaij^rtoaffer  ber  3üric^er  Sieformation  geblieben.  ®abon, 
bafe  er  jd^on  Dörfer  irgenbmeldj^en  geheimen  Serbinbungen  angel^ort  t|ätte,  bie  ate  „alt? 
etoangelijc^e  ©emeinben"  ober  bergl.  bie  Vorläufer  bcr  3:äufer  getoefen  hJären,  finbet  fic^ 
feine  Bpnx.  3)ie  „Äal)itel«berfammlungen",  gu  benen  er  1524  einläbt,  ftnb  feine  2öal= 
benferj^noben  (gegen  ÄeHer,  SJlonatd^.  ber  6omeniu«''©ef.  V,  276  unb  293 ;   togl.   5.  93.  «^ 

27* 


420  ^ttbmaier 

%  »urdt^arbt,  2)ic  Sajeler  Säufer,  1898,  9  f.).  3)a0eacn  öott^icl^t  fi^  je^t,  in  bcn  I^ten 
SBod^en  bc«  So^reig  1524  unb  in  bcn  crften  be^  näcpftcn  ^al}xc^  bic  cntfci(;cibcnbc  SBcn- 
bung.  §.  nimmt  bic  täufcrifc^en  ©ebanlen  auf  unb  gerät  in  ©cgenfo^  ju  3^'"0K  ^^^ 
bcn  anbercn  ^^rem  ber  firc^Iic^en  Slcformation.  Offenbar  toar  c^  bic  bcbro^Iid^e  ijo- 
5  litifd^e  Sage,  bie  §.  cjtremen  ßinflüffen  jugänglid^  machte.  Slud^  mochte  e^  für  i^n,  ber 
jol^relang  ein  gläubiger  Diener  ber  alten  Äirc^e  getoefcn  tpar,  toenn  er  einmal  mit  feiner 
9Jergangenl^eit  brac^,  naheliegen,  bie  Äritil  tpciter  au^jube^nen  unb  fw^  3*^'"9^i  f^l^f^ 
ftänbig  gegenüber juftellen.  SSiellei(i(;t  tpirtte  auc^  bie  Unjufriebcnl^eit  barübcr  mit,  ba^ 
333.    bon   ^imd)   nic^t   entf^ieben    unterftüfet    tourbe.     3ebenfate  tvax   bie  ©tabt    in 

lobiefer  Mi  ein  3Kittelj)unft  religiöfer,  fojialer  unb  j)olitif(^er  Oärung.  §.  tpurbe  t)on 
einem  Kienen  SQäagemut  mitfortgeriffen.  3)ie  legten  ©reianiffe  Ratten  bie  ©tabt  toeit  über 
ii^re  ScDeutung  ^inauö  ju  einem  ßentrum  ber  ebangclifc^en  Setpcgung  gemad^t;  tpcit^in 
erregte  i^re  Haltung  Sluf (c^en  unb  SBetpunberung.  $.  tourbe  ganj  t)on  jclbft  in  bie  borberfte 
Sinie  gcfd^obcn.    ©ein  ©elbftgefü^l  ^ob  fid^  unb  feine  Seibenfc^aftlid^feit  tt)ud^«.    grembe 

15  ßinPüffe  famen  baju.  3;^oma^  üRünjer  toor  auf  feiner  Sgitation^reife  im  ©e>)tember 
1524  an  bcn  Sll^em  gelommen,  er  ^lelt  ftc^  einige  SBoc^ien  in  bem  jtoifc^en  2B.  unb 
©c^aff^aufen  gelegenen  3)orfe  ©rieffen  auf.  6^  ift  h)a^rfd[ieinlid^,  ba^  er,  jumal  mit 
feinen  })olitifd^en  gbeen,  auf  §.  eingetoirft  f^od,  ®etoi^  ift,  ba^  fic^  in  biefer  ^qü  bie 
äSerbinbung  jhjifien  §.  unb  ben  ^^rem  ber  ^ixxii)^  SRobilalen,  Äonrab  ©rebel,  gelij 

20  3Rani,  SQäil^elm  3leublin  u.  a.  boUjogen  l)cd,  bie,  mit  Sh^^^^fll'  jerfallen,  tbtn  je^t  bie  er= 
toadfifenentaufe  ate  3Ba^rjeid(;en  einer  gereinigten  Oemeinbe  unb  eine^  apoftolifd(;en  ß^riften- 
tum^  aufrichteten,  änge^örige  biefer  Partei  toaren  in  bem  3wjug  getoefen,  ber  auö 
3üric^  nac^  SB.  lam. 

älQein  bieSSertDcrfung  ber  Hinbertaufe  ift$.  im  legten  ®runb  iod)  nic^t  t)on  anberen 

26  aufgebrängt  tporbcn,  er  ift  burc^  fein  eigene«  t^cologifd^e«  5Rodf|benfen  baju  gelommen, 
toie  er  benn  fc^on  bei  jenem  33efud^  in  Rimö)  1523  ftc^  mit  3^^"0'i  ^^f^  ^^^  Äinber- 
taufe  bef))rod^en  ^atte,  bobei  biefer  gleic^aQ«  Sebenlen  gegen  bie  bi^^erige  Übung  äußerte. 
3mmer  me^r  toanbte  §.  je^t  feine  äufmerlfamleit  ber  2^uffrage  ju.  6r  meinte  junädj^ft 
noc^  mit  S*^^"?^^  übereinguftimmen,    toenn   er  bie  Äinbertaufc  bebenflic^  fanb.    6r  er« 

80  funbigte  fidp  bei  anberen,  er  prüfte  bie  ©dSiriftftettcn.  3^"^^^^  ^^  anberen  ßeremonien 
fielen,  um  fo  h?id[|tiger  tourbe  e«,  für  2^ufe  unb  Slbenbma^l  eine  redete  d(;riftli(^e  ©eftalt 
gu  geh^innen.  ^a^  tuar  nid^t  blo^  ein  t^cologifc^e«  ^roblem,  e«  galt  bie  fiebere  ©runb- 
läge  für  ben  ganzen  ©ottedbienft,  fobann  m^  für  bie  §anb^abung  ber  Äird^enjuc^t  ju 
legen  (»gl.  bie  ©teilen  bei  ©djireiber  1.  c.  I,  118  ff.).    3n   ber  aibenbma^tele^re  ftimmte 

86  §.  mit  3*^*^0'^  überein.  6r  fajt  ba«  Slbenbma^l  afe  ©ebäc^tni^feier.  3)ann  fd^ien  c« 
i^m  aber  lonfequent,  in  ber  Xaufe  ba«  5Roment  ber  3Ser))flid^tung  ju  betonen,  in  einem 
©inn,  ber  bie  Äinbertaufe  au«fd[|lo|,  für  bie  fic^  fein  ©d^riftbetücifJ  erbringen  lieft,  ©o 
crllärt  er  je^t  bem  fcIolam})ab  (16.  S^^wwar  1525),  baj  er  bie  Äinbertaufe  tocrtoerfe ;  bie 
©tunbe  ju  reben   fei  gelommen;    ®ott  ^^abe  i^m  unb  feinen  3w^>^tem  biefen  ®eift  ber 

40  tJtei^eit  gefd(;enft  (Oecol.  et  Zwlnglii  Epist.  libri  IV,  1536,  gol.  64).  öfolamj)ab  Ipar 
im  erften  SlugenblidE  fclbft  betroffen,  ©eine  S3emü^ungen,  §.  jurüdtju^alten,  toaren  ber- 
geblic^.  3lm  2.  gebr.  erbot  fic^  biefer,  in  einem  fliegenben  S3latt  jebermann  nac^jutpeifen, 
ba|  bie  Äinbertaufe  o^ne  allen  ®runb  göttlid^en  SBorte«  fei.  3)a«  h?ar  ber  offen  tlid^e 
Übertritt  jur  ©el)aration.   !3njtoijd(;cn  öoßjog  [xd)  in  3"^^  ^'^  Trennung  jtoifc^en  3*^ingli 

46  unb  ben  Slabifalen ;  bie  täuferijqie  ®emeinbe  toarb  begrünbet.  3ion  ben  auö  ^üxxd)  t)ers 
triebenen  ober  geflogenen  iäufem  !amen  einige  (Snbe  aJlärj  nac^  SB.,  fo  SBil^m 
Sleublin  (über  i^n  f.6omeliu«  II,  38;  93edE  86;  »offert  in  ben  »lättern  für  toürtt.  Ä®. 
1889,  9lr.l0— 12,  1890  9?r.  2,  SBürttemb.  Ä®.  291  ff.).  3)ieier  DoOjog  fofort  an  einigen 
SBalbö^uter  Sürgcm  bic  SBiebertaufe.  §.  tourbe  mit  fortge]\ogen.    SJürger  famen  ju  ijj^m 

60  unb  fragten  i^n,  toarum  er  bie  ©ad^e  nic^t  fclbft  in  bie  $anb  ne^me.  an  Dftern  lie^ 
fid^  ^.  fclbft  t)on  Slcublin  taufen ;  mit  il^m  unb  nac^  i^m  h)urbcn  ja^lrcid(;e  SBalb^^uter 
getauft.  Sluc^  in  ber  Umgegenb  breitete  ftc^  bie  SBiebertaufe  au«.  Salb  barauf  tarn  au(^ 
®rebcl  mA  SB.  ©o  tourbe  SB.  bie  crfte  größere  ®emcinbc,  in  ber  bie  Käufer  jur 
$crrfc^aft  famen.    Rubere  aScränberungen  in   bcn  (Scrcmonien  tourben   mit  ber  (Sinfü^ 

66  rung  ber  ertoac^fcnentaufe  öerbunben :  bic  Slltärc  unb  ^uffteinc,  bie  Äreuje  unb  Silber 
t)erfd[^h)anben  au«  ben  Äirc^cn,  bic  SKcffc  tourbe  abgefc^afft;  ju  Dftern  führte  §.  bie  gu^» 
toafc^ung  ein  unb  ^ielt  ba«  Slbcnbma^l  mit  einem  Dfterlamm.  2)a«  aiuffe^en  toar  un« 
gel^cuer  gro|. 

©ofort  nal^m  §.  auc^  bcn  litterarifd^en  ÄanH)f  gegen  Rh^inßK«  2^uflel^re  auf,   bie 

«0  biefer  in  ber  im  SKai  1525  ausgegebenen  Schrift  „Somlauf,  bom  SBiebertauf  unb  Dom 


^ttbmater  421 

fltnbcrtauf"  cnttoidfelt  ^attc.  §.  beröffentltd^tc  im  ^vix  bie  ©d^rift  „5?on  beni  c^riftltd^cn 
Sauf  bcr  ©laubigen" ;  3h>'"9^i  *f*  ^'^  "^^^  genannt,  aber  fd^arf  angegriffen.  3)agegen 
tDenbet  fid^  toieber  ShJi^flK/  '^^  wber  ^.^  älbfatt  tief  erbittert  bar :  ,,Über  Dr.  SaltJ^afor^ 
Saufbtic^lcin  toa^r^afte  unb  gegrünbete  ätnttoort"  (t)om  5.  SRotoember  batiert).  3lod)  einmal 
f:}ai  $.  entaegnet,  bod^  ift  jeine  Schrift  (,,6tn  ©efjjrec^  .  .  .  bon  bem  Äinbertauf  .  .  .  .")  b 
erft  in  9lin)föburg  1526  erfc^ienen.  golgenbe«  fmb  bie  ©runbgebanlen  in  ^.^  S^auf« 
lettre.  35ag  SBefentlid^e  an  ber  2:aufe  ift,  ba^  fie  SluÄrudf  be«  (jerfönlic^en  Olaubenö 
unb  SSer))fR(^tung  auf  ben  ©lauben  ift.  3)arauö  folgt,  ba§  fie  bem  erlannten  unb  be* 
fannten  Stauben  nachfolgt,  toie  fic^  benn  ade  einfd^tägigen  ©c^riftfteDen  in  ba«  ©c^ema: 
aSort  — -  ®e^ör  — -  ®laube  —  2:aufe  —  SBerfe  einorbnen  laffen.  SKo  im  3i%  Don  ber  lo 
laufe  bie  Siebe  ift,  h)irb  ©rfenntnid  unb  Serftänbni«  ber  §eil^tt)al^rlj^eit  öorau^efe^t.  35ie 
93ett)eife  für  bie  Üf^ung  ber  Äinbertaufe  au«  bem  9KE  toerben  toiberlegt,  ebenfo  bie  in= 
bireften  Argumente.  5Dlit  ber  93efd^neibung  l^at  bie  3^ufe  nic^t«  ju  t^un.  auc^  bie  3luf- 
faffung  ber  Saufe  ate  eine«  „angeblichen  3^i(^en«"  (Atoingli)  re^tfertigt  bie  Äinbertaufe 
n\d)t ;  ein  ^^\i)tn  o^ne  ©ac^e  l^at  leinen  xBert.  35ie  Kinbertaufe  ift  hedera  sine  vino.  i6 
3)ie  ungetauft  fterbenben  Äinber  bürfen  getroft  ber  göttlichen  Sarm^erjigteit  em})fo^ten 
werben.  35ie  Äinbertaufe  ift  aber  nic^t  blo^  überflüffig,  fte  ift  birelt  Verboten,  ba  fie 
unter  5Kt  15,  13  fällt,  ein  ©ö^enbienft  ift,  tpie  nur  irgenb  ein  Jjapiftifc^er  üRi^brauc^, 
auc^  in  ber  Äird^e  erft  aHmäl^lid^  aufgefommen.  3)agegen  entfjjric^t  bie  Saufe  auf  be« 
lannten  ©lauben  bem  auöbrüdflic^en  (im  Unterfd(;ieb  bom  Slbenbmal^l  mit  „®efe^e«toorten"  20 
gegebenen)  Sefe^l  ß^rifti;  fie  ift  nottoenbig,  toeil  fo  atletn  eine  fefte  d^riftlic^e  ©emein« 
fdjiaft  ju  ftanbe  fommt.  „SBiebertaufe"  ift  fie  nic^t,  ba  bie  erfte  feine  Saufe  ift;  über* 
bie«  jeigt  21®  19  ba«  Sfted()t  einer  folc^en  „SBiebertaufe".  —  §.«  erfte  grunblegenbe 
©d^rift  ift  ftetlentoeife  berb,  leibenfd^aftlic^  unb  onf})ru(^«botl  g^d^rieben,  toie  übrigen« 
axid)  BhJ^ö'i  b^  ©treit  mit  $.  mit  großer  (jerfönlic^er  ©t^ärfe  unb  Sitterfeit  geführt  25 
^at.  3"  ^^  Ba^c  f}at  §.  feine  Seigre  nid^t  o^ne  ®etoanbt^eit  enttoidfelt.  ©ie  ift  neben 
©c^toenffelb«  Selämjjfung  ber  Äinbertaufe  ba«  Sebeutenbfte,  toa«  bon  biefer  ©eite  ge* 
jagt  toorben  ift.  ^m  ©^riftbetoei«  unb  jum  Seil  ouc^  in  ber  formalen  Äonfequenj  ift 
§.  feinem  ®egner  überlegen,  toie  biefer  i^m  in  ber  freieren  Sluffaffung  ber  ©d^rift,  ber 
bialeftifd^en  Bearbeitung  ber  tl^eologifd^en  Segriffe,  ber  ^urüdffü^rung  ber  Äontroberfe  so 
auf  bie  tieferliegenben  SKotibe:  ^ier  bie  Sluffaffung  ber  Änx^e  ol«  S5olI«Krd^e,  bort  al« 
einer  \>\xx6)  freitoißigen  Seitritt  entftel^enben  ©emeinbe  ber  ^eiligen ;  l^ier  bie  93ibel  al« 
3)ofument  ber  §eil«gef(^ic^te,  bort  al«  ®efe$  für  geben  unb  Sej^re  ber  ©Triften;  l^ier  ber 
3ufammenl^ang,  bort  ber  9ruc^  mit  ber  gefc^id^tlic^en  gnttoidfelung  ber  Äirc^e.  S)a^ 
hinter  ber  gorberung  ber  ©rtoad^fenentaufe  ein  feinem  ganjen  9tef ormation«toerf  entgegen«  86 
gefegte«  fejjaratiftifc^e«  ^rimij>  ftanb,  Ijjat  S^J'^ßK  ^^H  erfannt ;  aber  ebenfo  i^at  §. 
einjäne  93erbinbung«linien,  oie  bon  3h)i"9fi'^  Se$ren  ju  benen  ber  Säufer  ^inüberfül^ren 
lonnten,  fc^arf  ^erau«ge^oben. 

3)ie  anabai)tiftif(9e  ^Partei  ^atte  an  §.  eine  toertboße  ©roberung  gemacht,  ©ie  l^atte 
in  i^m  einen  angefe^enen  S^eologen  unb  fälligen  ©d^friftfteller  getoonnen,  ber  au(b  auf  40 
toeitere  Äreife  einjutoirfen  berftanb.  ^r  2Balb«l^ut«  Sage  toar  freiließ  ber  93ru4  mit 
3ürid^  unb  bie  ©Haltung  im  3"«^^  t)erl^ängni«boD.  35ie  ©tabt  toar  jefet  ganj  auf  bie 
Serbinbung  mit  ben  emjjörten  Säuern  angetoiefen.  2)ie  3lu«breitung  ber  Sauemer^ebuna 
im  fübtoeftlic^en  35eutf(^lanb,  toie  fie  ftc^  feit  grü^ja^r  1524  bottjo^,  gab  ber  ©tabt  no($ 
für  einige  Rtii  grift.  §.«  ©teßung  jum  33auem!rieg  ift  fel^  berfc^ieben  beurteilt  toorben.  46 
aWanc^e  ^aben  il^n  —  in  ganj  ungefc^ic^tlic^er  Sorftdlung  —  al«  Slnftifter  be«  ganjen 
Ärieg«  angeflagt.  3lnbere,  toie  Btmi,  l^aben  i^m  toenigften«  bie  Ur^eberf^aft  ber  12  llrttlel 
(f.  Sb  II,  449, 60  ff.)  jugefc^rieben  unb  i^n  eine  toefentlid^e  SRoBe  bei  ber  großen  ©r^ebung 
flpielen  laffen.  3lßein  bie  12  Slrtifel  ftammen  nid^t  bon  i^m  unb  fein  Sinflu^  auf  bie 
Säuern  toar  auf  bie  Umgebung  toon  9Balb«l^ut  befc^ränft.  dagegen  ift  e«  ebenfo  un*  60 
richtig,  toenn  feine  Seilna^me  amSauemWeg  geleugnet  ober  nur  al«  abgenötigt  unb  ju« 
fäßig  bargefteßt  toirb.  ®egen  ben  Sortourf  ber  jjolitifc^en  äuftoiegeluna  l^at  §.  immer 
jjroteftiert.  ^n  SBalb«^ut  l^at  e«  ftc^  nic^t  um  Sefeitigung  ber  geubatlaften  gel^anbelt, 
fonbem  um  ben  ©d[^u^  be«  „reinen  ßbangelium«".  $ie  ©tabt  toar  bereit,  in  aßem 
nad^jugeben,  au^er  in  ben  firc^lic^en  Stnberungen.  Um  eine  (jlanmä^ige  Sluftoiegelung  p6 
ber  Säuern  ^at  e«  [\d)  bei  ä.  nic^t  gel^anbelt,  aber  au«  feinem  ß^arolter  unb  feiner 
Sage  ift  berftänbli^,  ba^  auq  gemäßigte  gorberungen  jur  ßrleic^terung  ber  bäuerlid^en 
Saften,  toenn  er  fte  au«f})rad^,  agitatorifc^  toirlten.  ©q^on  im  Sluguft  1524  l^atte  ein 
§aufe  ©tül)linger  Säuern  in  aBalb«^ut  mit  ben  2Balb«l^utem  —  in  §.«  Slbtoefen^eit  — 
ein  Sünbni«  abgefc^loffen.   311«  bann  bie  ®r^ebung  aßgemeiner  tourbe,  l^at  er  bie  Säuern  eo 


422  ^itbmater 

beraten  unb  i^nen  i^rc  Slrtifel  au^flelcgt.  ^eie  Sffia^l  ber  ^rebigcr  burd^  bie  ©emetnbe 
f)at  aud)  er  geforbert;  ob  er,  tute  feine  ©egner  be^aujjten,  ben  Säuern  erflärt  i}at,  ba^ 
bie  ^aQ\),  ber  2Bein  u.  f.  h).  frei  fein  foD  unb  bie  ©efötte  toegfaDen,  ift  jhjeifel^aft,  no(§ 
jtoeifel^after,  ob  §.  ol^ne  Ginfd(^räntun0  gelehrt  Ifat,  man  bürfe  bie  Dbrigfeit  abfegen  unb 

6  neu  tüä^Ien.  3)ie  2(u^fagen  feine«  fj)äteren  Unterfuc^ung^ridj^ter«  gaber  (f.  u.)  barf  man 
nur  mit  2?orftc^t  benü^en..  Subererfeit«  liegt  na^e,  ba^  ^.  inmitten  ber  attgemeinen  Suf^ 
regung  einzelne  rabifale  Säuberungen  über  ben  j)oKtifci(;en  unb  focialen  Umfturj  get^an 
l^at.  2t)3ril  1525  ift  bann  eine  nodj;  engere  Serbinbung  jtDifd^en  SBalb^i^ut  unb  ben 
Säuern  eingetreten.    3)ie  SBalb^^uter  l^aben  je^t  bie  9lufftänbifci(;en  unterftü^t.    ©o  toar 

10  ba«  ©d^icffal  ber  ©tabt  entfcifiieben,  ate  bie  Sauem^aufen  in  ber  Umgebung  gefc^ilagen 
tourben.  3"  '^^  SRac^t  Dom  5.  auf  ben  6.  3)ejember  tourbe  SSJalb^^ut  ol^ne  ©d^toerts 
ftreid^  bon  ben  9legierunggtru^})en  befe^t.  3lm  17.  3)ejember  fam  ber  Äonftanjer  Oeneral^ 
bilar  Dr.  ^jo^ann  JJaber  (f.  b.  91.  Sb  V,  717, 4  7  ff.)  unb  fteDte  ben  fatl^olif^en  Äultu« 
toieber  ^er.    2BaIb«|ut  toar  für  bie  Sieformation  verloren. 

15  $.  h)ar  in  le^ter  ©tunbe  au«  2Balb«^ut  entflogen,  ^n  3^^^/  ^^  ^  ^^  \^^^  ®«= 
fmnung«genoffen  Unterfunft  gefunben  l)atU,  tourbe  er  hjenige  2;age  nac^  feiner  Slnfunft 
öerl^aftet  unb  mu^te  am  21.  3)ejember  mit  gtoingli  über  bie  ftrittigen  ^agen  bi«})Us 
tieren.  3^ingli  fud^te  i^n  mit  tj[^eologifd^en  ©rünben  ju  toiberlegen  unb  h)arf  i^m  t)or, 
ba^  er  feine  SJlitbürger  burd(;   bie  SBiebertaufe  in«  UnglüdE  geftürjt  l^abe.    3lu«  %nxd)t, 

20  an  Öfterreic^  ausgeliefert  ju  tperben,  erflärte  fid^  §.  fc^liefelit^  jum  SBiberruf  bereit.  3)ie 
»erlangte  2lu«lieferung  burbe  öon  Äüric^  bertoeigert.  311«  aber  §.  am  7.  3!^"war  1526 
öffentlich  im  grauenmünfter  tpiberrufen  foDte,  ^ielt  er  ftatt  beffen  eine  aSerteibigung«rebe 
für  bie  SQäiebertaufe.  3^*  h>wrbe  er  mit  ©^ärfe  be^anbelt,  toal^rfc^einlid^  and)  gefoltert 
(©tä^elin  I,  515),  unter  ben  Qualen  geftanb  er  feinen  ^nrtum  ein  unb  erflärte  feine  ^n- 

26  ftimmung  ju  3^i"9fi^  2^^^«-  ^^  6.  3tj)ril  leiftete ..  er  ben  öffentlichen  SBiberruf .  auf 
3toingli«  Sertoenbung  burfte  er,  bamit  er  nxd}t  ben  Dfterreid^em  in  bie  §änbe  falle,  noc^ 
einige  95}oc^en  in  S^xx^  bertoeilen.  35ann  ging  er  nac^  Äonftanj.  ©ofort  tüurbe  beut* 
lic^,  ba|  ber  ganje  SBiberruf  nur  bon  ber  3lot  abgejjre^t  toar.  ^n  Äonftanj  rül^mte  er 
ftc^/  3*^^"0K  in  ber  lauffrage  übertounben  ju    ^aben.    tiefer  Wax  entrüftet   unb  fa^te 

30  fein  Urteil  über  ö-  i^t  ba^in  jufammen,  ba^  er  bon  nic^t«  al«  einer  unmäßigen  Segierbe 
nac^  ®elb  unb  9lu^m  geleitet  fei. 

aSon  Äonftanj  ging  Ä.  nad^  2lug«burg,  h)o  er  mit  3)enf  berfe^e  (f.  33b.  IV,  577, 32  ff.), 
©ein  3}el  aber  War  3Jlä$ren.  ©ttüa  im  guli  1526  langte  er  —  über  ^ngolftabt,  Stegen«- 
bürg,  ©tel^r  —  in  9?i!ol«burg  an,  tpo  ber  §err  Seon^arb  bon  Sid^tenftein  ben  ©bangelifc^en 

36  3)ulbung  getoä^rte  unb  §.  in  bem  früheren  $roj)ft  in  Äani^,  3Jlartin  ®öfc^l  (f.  fiofertl^ 
125  ff.,  93edt  53  f.)  eine  ©tü^e  fanb.  6«  gelang  §.,  bie  ftc^  tbm  bilbenbe  lutij^erifc^e  ®e* 
meinbe  in  eine  töuferifd^e  umjutoanbeln.  Sr  getoann  bie  ©eiftlid^en  D«h)alb  Olait  (f.  Sed 
160  f.)  unb  §an«  ©})ittelma^er,  ben  §errn  felbft  unb  einen  großen  2:eil  ber  ©emeinbe.  33on 
allen  ©eiten  ftrömten  je^t  bie  Käufer  nac^  bem  gelobten  £anb  3Jlä^ren  unb  5Wifol«burg 

40  lourbe  für  einige  3rit  ber  3Jlittell)ünft  ber  33etoegung.  §ier  finben  tüir  in  biefen  ^ai)xm 
g.  33.  ^ani  §ut  (f.  b.  Sl.),  §an«  33ünberlin,  Seonl^arb  ©c^iemer  au«  SiödElabrudE  (ber 
erfte  SÖiebertäuferbifc^of  in  Dberöfteaeid^,  1528  ent^au^tet,  f.SedE  59  ff.),  §an«  ©c^laffcr, 
ber  auc^  mit  3)enf  unb  ^ae^er  in  Serbinbung  ftanb  (1528  hingerietet,  f.  33ecf  60  ff.), 
Salob  SBibemann  au«  SKemmingen  (f.  Se*  50  f.,  72  ff.),    ^^ili^)»)  3äger  (SJecf    ebenba). 

46  äud^  ber  3^^^^^!^^  33uc^^änbler  ©imjjrec^t  ©org,  genannt  grofc^omer,  fanb  ^ier  3wfludf|t 
unb  enid(;tete  in  9Jilol«burg  eine  35rudEerei.  ^ie  ©ac^e  ber  Käufer  mar  ^ier  eine  3Beile 
in  glängenber  ßnttoidtelung  begriffen;  taufenbe  fielen  il^nen  ju.  3)ie  au«fic^t  auf  ®rün- 
bung  einer  größeren  täuferifc^en  Äirc^e  eröffnete  fic^.  ^eilid^  traten  aud^  ftarfe  aKeinung«^ 
berf^ieben^eiten  jtDifc^en  ben  2:äufem  bertoor.    3^^^"  §•  unb§ut  hjurbe,  ft)ejiell  über 

60  bie  Beteiligung  ber  35rüber  am  Ärieg«bienft  unb  an  ber  ltrieg«fteuer,  geftritten ;  §.  hmr 
bafür,  $ut  bagcgen ;  auc^  über  §ut«  6^ilia«mu«  (ba«  Slä^ere  f.  im  31.  §ut).  §.  mit 
feiner  gemäßigten  SWic^tung  bel^ielt  ba«  ^Ib. 

Unter  bem  ©d^ufe  einflußreicher  Slbeligen  l)ai  §.  in  5Wifol«burg  eine  rege  litterarifc^e 
Il^ätigfeit  entfaltet :   binnen  eine«  ^öfire«  ließ  er  18  ©c^riften  au«ge^en,  barunter  einige 

66  fc^on .  borl^er  abgefaßte.  §ierber  gehören  u.  a.  mehrere  ©treitfc^riften  gegen  3*^i«0K 
unb  ütolam^jab  über  bie  SCauflc^re  (Sofert^  137  ff.)-  Stud^  ^«  ;/12  Slrtifel  be«  d^nftlid^n 
Olauben«"  grünben  fic^  Dor  allem  auf  bie  richtige  Se^re  t)on  laufe  unb  Slbenbma^l. 
©eine  „Äur^e  3lpologie"  bient  ber  Jjcrfönlicf^en  Serteibigung.  gn  ben  ©df^riften  über  ba« 
Slbenbmal^l  („(Sin  einfältiger  Unterrid^t" ;    „(Sine  gorm    be«  9lac^tmal?l«  ßl^rifti")  grenjt 

60  er  feine  Se^re   tjon   ber  3h?inflli^  ^b,  beffen  3lu«legung  ber  ßinfe^ungetoorte  bertoorfen 


^nbmoter  423 

iDirb.  Die  Sdf^riften  „3}on  bcr  brübcrltc^cn  ©träfe"  unb  „93om  c^riftlic^cu  Sann"  legen 
bie  ©emeinbeorbnung  bar.  ^uxd)  bie  rechte  ©tnrid^tung  toon  2^ufe  unb  Slbenbma^l  ift 
aui}  bcr  35ann  möglich,  bcr  bi^l^cr  ntrgenb^  ha  toar  unb  o^ne  ben  bodj;  lein  c^riftlid^e^ 
Slegtment  möglid^  ift.  '^n  bcr  ©d^rift  „Som  ©c^toert"  cntpidEclt  ^.  feine  anflehten  über 
bie  ©teHung  ber  6^rtften  jur  DbriglEcit.  (Sntgegen  ben  Se^ren  bteler  3:äufer  h?irb  bie  6 
Xeilna^me  ber  ß^riften  am  SRegiment  berteibigt:  e«  ift  eine  3Kittoirfung  an  Ootte^  Drb- 
nung.  Sluc^  eine  fd^lec^tc  Dbrigfeit  ift  ju  b'ulben,  tpenn  fie  nic^t  o^ne  Slufru^r  befeitigt 
tDcrben  fann,  Snblid^  l^at  §.  über  bie  grei^eit  bc^  SBitten«  jtpci  Süc^ilcin  gefd^rieben ; 
auc^  bie^  ein  beliebtet  3^cma  ber  2^ufer  unb  ©})iritualiften.  SBte  fie  olle  finbet  §. 
SBege,  um  im  ©egcnfa^  jur  reformatorifc^cn  ^eili^Iel^re  bie  3BiHen«frci^eit  p  bd^axüptm.  lo 
er  untcrfc^eibet  jbifc^en  bem  SBiHcn  be«  %l^\d)^,  ber  burd^  äbam^  %aü  böö  gciüorben 
ift;  ber  ^ei^eit  bcr  ©eele,  bie  au^  fw^  ebenfalls  nic^t  me^r  ba^  Oute  boDbrtngen  fann, 
unb  bcr  ^ci^cit  be^  ©ciftc^,  bie  gut  geblieben  ift.  ^wxi)  ©^riftuö  erlangt  bie  ©eele 
il^rc  ^ei^eit  toiebcr  unb  ba«  %kx]d^  mu§  ftc^  nun  nac^i  ber  ©eele  unb  bem  ®eift  ridfiten. 
Sluc^  bie  ^räbcftination^lcj^re  h?irb  ^ier  bcl^anbelt,  bieberum  fo,  ba§  bie  ©ntfcl^cibung  is 
jt^licjlidj;  beim  ^Jlcnfc^en  liegt. 

§.1^  i^ätigfeit  in  SKä^en  toar  erfolgreich,  ^n  furjcr  ^eit  griff  baö  2!äufertum  in 
TOäl^rcn  felbft,  in  3;irol,  ©aljburg,  Dber=  unb  5Kieberöfterret(^  mä6)ü^  um  fid(^.  %xo^ 
aßen  ©jjaltungcn  unter  ben  2^äufem  geno^  §.  ate  gemäßigter,  t^eologifd^  gebilbcter,  mit 
ben  ^caen  bon  Sic^tenftein  befreunbeter  ^üi^rer  großem  Anfeilen.  35a  begann  aud^  ^ier  20 
bie  f^ftematifc^e  SScrfolgung.  König  gerbinanb  erliefe  5Kanbate  mit  bcr  2iufforberung  ju 
cntfci(;iebcncm  Sinfc^reiten.  SBa^rfc^einlid^  unter  ber  ätntlage  auf  Beteiligung  am  Säuern' 
fricg  in  SBJalbgJ^ut  h)urbc  §.^  Slu^licfcrung  berlangt  unb  im  ^ulx  1527  getoä^rt.  ®r 
tüurbe  juerft  md)  SBJicn,  bann  nac^  bem  ©c^lofe  ©reijenftein  in  5Kieberöftcrreic^  gebracht, 
ßier  bcr^anbelte  mit  i^m  Snbc  1527  auf  feine  Sitte  ^in  ber  bon  früher  ^er  ^;m  be*  25 
lannU  ^of)ann  %abct  (f.  oben).  2luf  ®runb  biefer  33ef})redS^ung  reid(;te  ^.  ein  Olaubcn^ 
bclenntni^  an  ben  Jtönig  ein.  @r  mac^t  l^ier  in  manchen  ^unltcn  fetnen  fat^olifd^^en 
©cgncm  ftarfe  (Sinrcb'mungcn,  jum  Seil  in  ber  %oxm,  bafe  er  gegen  Sut^cri^  unb  3tt)ingli« 
Seigren,  ober  aud^  gegen  §ut  jjolcmifiert.  aber  in  ben  entfd^eibenben  Seigren  bon  2^ufe 
unb  abcnbma^l  ^at  er  [\d)  auf  feinen  SBiberruf  eingelaffen.  ©eine  Selenntniffe  ^atso 
JJaber  in  feinem  Serid^t  „Urfac^. . ."  (f.  Sb  V,  719,  n)  aufgegeid^net.  ©ein  Serfuc^, 
burc^  feine  Slad^gicbigleit  unb  burd^  bebeglidSfc  Sitten  ben  Äönig  umjuftimmen,  toar  ber« 
geblic^.  ©eine  j)olitifd(;e  Vergangenheit  lonnte  nic^t  bergcffen  locrbcn  unb  bie  Äraft  ber 
täuferifc^cn  3lgitation  toar  in  Öfterreic^  noc^  nid^t  gebrochen.  3lu(^  unter  ber  goltcr  ^t 
er  ben  Sffiibcrruf  feiner  Xauflel^re  bertoeigert.  2lm  10.  Sftärj  1528  ift  er  in  Säten  ber*  86 
brannt  borbcn.  ^elbenmütig  unb  gefaßt  ging  er  jum  ©c^etterl^aufen,  ermuntert  burc^ 
feine  jjrau,  bie,  eme  SBalb^putcr  Sürger^toc^ter,  treu  bei  i^m  ausfielt  unb  brei  Xage 
f})äter  in  bcr  2)onau  ertränft  tourbe. 

§.  fte^t,  toie  \d}on  bie  S^tgenoffen  erlannten  (f.  j.  S.  ÄcHer,  3)ic  Sieformation, 
415  ff.)  unter  ben  pü^rem  be^  oberbeutfc^cn  2:äufertum«  in  ben  Slnfangdial^rcn  ber  40 
Seh)cgung  mit  3)cnf,  §ae|er,  §ut  an  erftcr  ©teße.  Sabian,  bcr  i^n  aud^  ipcrfönlic^ 
nä^cr  fannte  unb  no4  nad(;  langen  3^1^«^  teilne^mcnb  feiner  gcbenft,  nennt  i^neloquen- 
tissimum  sane  et  humanissimum  vinim,  giebt  i^m  aber  große  5Wcucrung^fuc^t  fc^ulb. 
SuDingcr  Jagt  toon  i^m,  er  fei  „too^l  berebt  unb jicmlid^  bclefen  gebefen,  aber  eine« 
unftäten  GJcmüt«,  mit  bem  er  ^in  unb  l^er  fiel",  einzelne  3w9^  i>^  Sitclfcit  unb  Über-  46 
l^cbung  l^at  nic^t  bloß  ber  $aß  ber  ®egncr  an  i^m  bemerft.  ®aß  er  aber  burd^  un« 
lautere  9Jlotit)c  ber  täuferif^en  5ßartei  jugefü^rt  tourbe,  toirb  l^eute  fein  unbefangener 
Seurtcilcr  mcl^r  be^au^)ten.  6in  emfte«  ©trcbcn  nad^  SBa^rl^eit  läßt  fic^  nic^t  berfennen. 
SBcnn  er  fic^  auc^  in  ben  fd^toierigen  ©ituationen,  in  bie  er  geführt  tourbe,  ba«  einemal 
bon  bcr  2lufrcgung  mitfortreißen  ließ,  bag  anbcremal  —  unter  fAtDcrcm  äußeren  3)rudf  —  60 
big  gur  Verleugnung  feiner  ©runbfä^e  nad^gab,  fo  jeigt  er  bocp  immer  lieber,  unb  ge* 
rabc  in  bcr  legten  $criobe  feine«  äBirfcn«,  ba«  Seftrcbcn,  ba«  ^äufertum  in  befonnenen 
Salinen  fcftjuj^alten,  bie  nüd(;temen,  lauteren  ©Icmcnte  in  i^m  jur  ßerrfc^aft  ju  bringen 
unb  il^m  fo  eine  frieblic^c  Sjiftcnj  ju  fidlem,  ^m  Untcrfc^ieb  bon  §ut  blieb  §.  immer 
bcr  gcbilbcte  SEl^cologc,  er  ^at  nid^t  beffen  unmittelbar  J)adfenbe  Jtraft,  aber  me^r  Sc  66 
fonncnl^eit.  Von  2)cnf  untorf^eibet  i^n,  baß  bei  $.  ftd^  fein  ©iwPwfe  ber  m^ftifc^=fj)iris 
tualiftifc^cn  2)cnfh)eife  jcigt.  Sei  il^m  ift  afie«  auf  ba«  richtige  Verftänbni«  bon  2:aufe 
unb  2lbcnbmal?l  fon^entriert  (bgl.  %.  S.  bei  Sofcrti^  150,  156);  auf  bie  erbac^fencntaufe 
al«  ein  ©cbot  ß^rifti  bcrfteift  er  \xd),  toie  3)enf  nie  gct^an  ^at.  3)a«  l^ängt  mit  feiner 
gefc^lic^cn  Sluffaffung  ber  Sibel  jufammcn.  ©0  bertritt  §.  gegenüber  ben  l^ö^cr  gel^enb( 


424  ^ubmater  ^nlfcmann 

aber  üoin  bibUjd^cn  G^riftentum  fic^  tpcücr  cntfcmenbcn  l^bcen  2)eiifö  u.  a.  incl^r  ba^ 
einfädle,  lonfcrtjattoc,  ftd^  ftreng  an  ba^  biblijc^e  ©efe^  anfc^üe^mbe  SCäufcrtum.  2)cr 
§orijont  tft  eng,  bic  Sluffaffung  nxd^t  tief,  bie  geniale  ©Jjelulation  fe^lt,  bie  ani  ber 
^umanifttfd(^en  äufflarung  unb  ber  3Jh;fttI  fc^öj^ft.    3lber  eine  Oeineinbebilbung  toar  nad^ 

6  .^.^  ©nmbfä^en  innerhalb  befc^etbener  ©renjen  möglic^.  35a^  ^prinji^j,  ba^  bie  Si^eologic 
ntc^t  Leiter  gelten  barf,  ate  bie  Haren  ©c^riftau^fagen  reichen,  h)ar  boc^  nic^t,  tt)ie  bic 
©cgner  meinten,  rein  bem  ©igenfinn  entf>)rungen,  jonbem  geigt  ettpa«  toon  ber  ©ehjiffens 
^afttgfeit,  bie  6.  unb  bie  2:äufer  feiner  Slidbtung  überl^au^)t  au^jeic^net. 

$.g  einflü^  h)ar  mit  feinem  Xobe  nic^t  gebroci(;en.     3"  5Kifoteburg  l^errfc^iten  unter 

10  ben  Rufern  feine  ©runbfä^e.  an  ber  ©J)i$e  ber  TOei^r^eit  ftanb  fein  JJreunb  unb  ©d^ülcr 
$an«  ©(iittclma^er ;  e^  baren  bie  „©d[^h>ertler"  im  Unterfc^ieb  bon  ben  ©täblem,  bic 
ben  Äriegebienft  unbebingt  bertoarfen  (t)g{.  6omeliu^  II,  71  f. ;  S3edE  70  ff.).  Slber  auc^ 
über  bie  Äreife  feiner  Sln^änger  l^inau^  blieb  unter  ben  Käufern  fein  9lame  in 
eieren.  «Reglet. 

15  .^iicbolb  Don  ©t.  aimanb,  geft.  930.  —  ©«mtlicftc ©dmftcn  MSL  132  6. 81 5 f. 
aus  älteren  ©ammeliocrfcn :  Herbert,  script  miis.  med.  aevi  ©b  I;  Mabillon,  annal.,  Su- 
riu8  etc.  —  Histoire  Utt.  de  la  France  VI ;  €>Öffer,  Nouvelle  biographie  g^n^rale ;  i^bcrt, 
®cfcf).  ber  ßitt.  be«  OTcnblanbcä  im  ^9(  93b  3,  6.  166  ff.  192  ff. ;  9iiemann,  ^ufineiifon, 
1894;  Coussemaker,  Memoire  sur  Hucbald,  ^arl3  18-11;  ^anS  3Rüflcr,  ^ucbalbS  ec^te  unb 

20  unc*tc  @cf)r.  über  ^ufif,  fieipiig  1884. 

§ucbalb,  geb.  um  bie  3Jlitte  be«  9.  3a^rl^unbertg,  üJlönd^  im  flanbrifc^en  Älofter 
©t.  amanb  für  TSInon  (frang.  3)el).  bu  ^orb),  ftubiert  bort  unter  feinem  berühmten 
D^etm  üRilo,  bann  in  St.  ©ermain  b'SluEerre  unter  §eiric.  6r  h?irb  TOilo«  9laci(;fo{ger 
in  ©t.  3lmanb  ate  Seiter  ber  bamol«  fe^r  bebeutenben  Älofterf^ule,    bielleid^t  fd^on   t>ox 

25  SKilo«  2:ob  (872).  35er  SRu^m  feiner  Sel^rtl^ättgfcit  bringt  i^m  eine  Berufung  nac^ 
©t.  33ertin  ca.  893  burd^  ®r^bif(^of  ^ulco  nad^  SR^eimö  ein,  tt)o  er  mit  feinem  5Diit= 
fc^ülcr  Slemigiu«  bie  ©c^ule  bieber  aufrichtet.  9?ad^  JJuco«  %oh  gebt  er  lieber  nadfi 
©t.  amanb,  too  er  20.  3uni  930  ftarb.  ®a«  3)atum  ftel^t  nic^t  ganj  feft ;  bie  Sln^ 
gaben  fc^toanlen  bon  929—32.    (930  Annal.  Elnon.  MG  SS  IV  ©.  12).    3)ie  Sc= 

30  rid^te  über  §.  bei  ^loboarb,  Annal.  Ein.,  ©igbert  t).  ©emblouE  fmb  boD  Sobe«  über 
feine  ©elel^tfamfeit  m  $l^ilofoj)^ie,  3^eologie  unb  fc^önen  SBiffenfc^aften  unb  über  feine 
Sel^rerfolge.  9lod^  me^r  fmgen  fein  Sob  bie  ©riefe  in  ^Poefte  unb  $rofa,  bie  er  mit 
anbeni  ©d^öngeiftem  ber  3eit  getoe^felt  ^t  (bgl.  MSL  132,  ©.  629.  875).  ®ic 
fdjiriftftcDerifc^en  Slrbeiten  umfaffen  boc^  nur  ein  befd(;ränfte«  ©ebict.     .ö.  f}ai  öerfd^iebene 

85  §eiligenlegenben  gefc^rieben,  in  gutem  Satein,  fliegenb  unb  mit  SSerftanb  unb  5Ka^.  3)ic 
vita  Rictrudis  (gef^r.  907),  noc^  mel^r  bie  vita  Lebuini  (gefc^r.  918)  fmb  aud^  öon 
l^iftorifd^em  SBert  (bgl.  barüber  Äenfeter,  ^orfc^ungen  jur  beutfc^en  ©efd^id^te  Sb  VI 
©.343 ff.  unb  MG  SS  II,  360  ff.).  SSon  ben  Äird^engefängen,  bie  er  gebicfjtet  unb  fom= 
ponxttt  i)ai,  fmb  nur  jtori  Heine  erhalten  (MSL   ©.  826),   au^erbem  jh?ci  ©ebic^te  an 

4oilarI  ben  Aorten,  bon  benen  baö  eine  in  136  §q:ametem  baö  Sob  ber  Äa^I!öj)figIcit 
fingt.  6^  ift  berül^mt  getoorben,  tDcil  e^  nur  auö  SQäörtem  beftc^t,  bie  mit  c  anfangen, 
©er  Serfaffer  mu|  in  ber  3;i^at  ein  großer  Ser^fünftler  getoefen  fein,  ©ine  5ßrobe  für 
ben  ©eift  be«  ©ebtc^t« : 

Conscendat  coeli  calvorum  causa  cacumen 

45  Conticeant  cuncti  concreto  crine  comati. 

Sebeutenb  ift  §.  in  ber  ©efd^ic^te  ber  ?Kuftf,  tpo  bie  Anfänge  ber  9?otenfc^rift,  bie 
Slntoenbung  ber  Sinien  jur  93ejeic^nung  ber  S^on^b^e  auf  il^n  jurüdfgc^cn.  dagegen 
tüären  nad|  TOüDer,  ber  i^m  nur  bie  §au^)tfc^rift  de  harmonica  institutione  lä^t, 
bie  Slnfänge  be^  meH*i^»"i0«n  ©efangsg  unb  bie  neue  Sud(;ftabentonfc^rift  einem  um  ein 

60  ga^rbunbert  jüngeren  §ucbalb  ju  berbanlen,  ber  bie  ©c^rift  de  musica  enchiriadis 
gefd^rieben. 

2lte  3)icbter  beig  bcutfc^cn  Subbig^Iiebe^,  beffen  einjige  §anbfc^rift  ftd^  unter  ben 
SReften  ber  Sibliot^ef  bon  ©t.  9lmanb  in  Salendenne?  fanb,  h)urbe  er  o^ne  Weiteren 
©runb  in  2lnf)3ruc^  genommen.    3lu(^  bie  ^^potf)^]c,  ba^  er  ber  ©c^reiber  ber  erl^altcnen 

55  ^anbfc^rift  fei,  l)at  feinen  ©runb.  W<  (Sd^mib. 

^ülfcmann,  ^^ol^ann  (1602—1661).  —  Sitteratur:  Henning  ©itten,  Memoriae 
theologorum,  decas  X  (Ginlabung  jiir  Seid)enfeter  burrf)  *iD?artin  ®eicr);  bic  Scicbenpreblgtcn 
Don  93artcf«,  Ämipfer  unb  ©eier,  bie  SlbbanfungSvcbc  tjon  3a!ob  2;f)omafiu§.  {ämtlitb  öuä 
htm  Sterbejahr;  Spijcl,  Templum  honoris  rescratum;  91.  ^^olucf,  ^cr  ®eift  ber  lut^crifc^cn 


^ftlfemaittt  425 

Xticologcn  ^ÄMtlcnbcrcjö,  Jutric  bcii|elbcn  ^.  ^ülfemann  in  ^SR^*;  SB.  ©afe,  ®.  dalijt  unb 
ber  ©^nfvetiömud ;  beöfelben  ©ejcl)i(l)te  ber  ^roteftantifcficn  3)ü9mati!  I,  unb  beöfelben  ^. 
^ülfcmonn  in  5Ib^;  3.  g.  (Srbmann,  fiebcnöbefcöreibunflcn  ber  Sittcnbcrnifc^en  ^rofefforen, 
1804  (mir  nit^t  jugönglid)  genjefen).  S)aju  bic  ®efamtlittcratur  über  ©aiift  (bcfimbcrS  alfo 
bo«  SBu(ö  beS  iünflcrcn  $>enfe)  unb  ben  ft)n!rctifH|(^en  ©trclt  (troj  ber  fc^iefen  ©ejonitaufs  5 
faffung  ift  f)icr  $>.  @d)mib8  (5rftHnc\Srocrf,  Erlangen  1846,  no(!^  immer  nicöt  ocrahcl)  unb  baS 
Xt)ürncr  Colloqiiiiim  charitativum  (be(.  ble  ^rotofofle  in  ibrcn  tocrfcfiieb.  gaffungen).  C^iilfc* 
mann§  93rieftDec^feI  ift  jerftreut,  üom  5SerbIeib  beS  wicfttigftcn  Zt\\^,  nänilid)  ber  Äorrefpon* 
benj  mit  Saloü,  fel)It  jebe  ©pur.  ©riefe  uon  iftm  an  S^^onn  ©cöniibt  unb  Ä.  3)ann]^auer 
finben  ftcö  in  bem  nad)  ^^amburg  geratenen  ©tuet  ber  UffenbQdiftften  ©ommlung  auf  ber  bortigen  10 
@tQbtbibIiotl)ef;  2:i)oIud,  angetban  Don  Qo^ann  ©cftmibt,  wie  er  war,  ^at  über  ber  itorreS* 
ponbenj  biefeö  feinet  £iebling§  bie  unmittelbar  boneben  aufbewahrte  3)ann^auerS  üernad)» 
Jöfftgt.  Sür  bieömal  f)(\bt  i(b  micft  auf  ßjcerpte  angeiüiefcn  gefe^en,  bic  id)  mir  frül^er,  o^ne 
beftimmten  Qwcd,  aii^  jenen  53ricfbftnben  gemad)t  Ijatte:  außer  ftanbe,  bic  Originale  nod)« 
malö  ein^^iufe^en,  liabt  xd)  aud)  auf  oöHige  ^tuSnu^ung  ber  ©ycerpte  für  biefen  Vlrtifel  toer»  16 
jicftten  muffen,  ©nblid)  mögen  aud)  bie  "UniüerfitötäarcftiDc  öon  3Bittenberg*§alIe  unb  Seipgig 
nodj  einiges  für  bie  ÄenntniS  ©ülfemannS  ^ergeben. 

§ülfcmann  gehört  ju  ben  bebeutcnbcn  lUtcrarifc^cn  Oegnem  ßolijt«.    3Ran  toirb  ja 
SBüfc^cr,  ber  aU  Der  ©rfte  Samt  fd^fug,  in  leiner  SJarftettung  be«  fl^nfrettftifdi^cn  Streite« 
au^Iaffen  !önnen,  aber  im  ®runbe  fmb  c«  i^rer  nur  brei,  bic  um  i^ter  felbft  tpiDen  nic^t  20 
bie  aSergcffen^cit  Derbienen:   3)ann^auer  aU  c^riftlic^e  5ßerJönli(if|Ieit,  ßalob  toegen  feine« 
an  ©treitfc^riften  fruchtbaren  ganati^mu«,  ber  bem  cnergifd9en  unb  ftet«  gerüfteten  ^ber* 
gelben  bie   firc^Iici(;c  ^E^rcrroDe  eintrug,  aU  britter  eben  ^ülfemann.    5N   f^""  ^^^ 
^anati^mu«  nic^t  nad^fagen,  benn  Siecht  unb  Seftanb  bc«  fonfefftoneßen  Sut^ertum«  fc^ienen 
i^m  über  jebc  emftli4)e  ©efäl^rbung  ergaben ;  f 0  fehlte  il^m  bic  ©runbbcbingung  be«  fana^  26 
ü\d)m  aScfene,   ba«  mel^r   ober  toeniger  unbciitlic^c  33ch)u^tfcin   um   bic  ©d^toäc^c  ber 
eigenen  ^ofition.    Unb  ba«  ©tubium  feiner  Schriften  labet  nic^t  gcrabe  jur  genaueren 
Sefanntfc^aft  mit  ber  l^intcr  i^nen  ftc^enben  ^erfönlic^fcit  i^e«  SScrfaffer«  ein.    35er  öer« 
blüffcnbe  ©tanbe^^oc^mut  biefe«  S^cologieprofeffor«,  ber  obencin  nur  bie  SBittenbergcr  unb 
Seipjigcr  Sc^rftül^Ic  achtet,  bie  §elmftebter  laum  für  Se^rftü^lc  gelten   lä^,  öertoe^rt  ja  so 
üon  bom^erein,   eine  anbere  al«  eine  Heine  ^ßerfönlic^Ieit  bon  bureaulratifc^er  6nge  unb 
ausgeprägtem  ©jjetlenjbetüu^tfein  ju  erh)arten.    Qx  ift  Dftfriefe  unb  ^eberlänber.    2lber 
bie  grobe  unb  gcrabe  ^cfenart  tntt   bei  il^  cigentümlid^   gebrochen   auf.    3)enn  nit^t 
au«  angeborener  friefif^cr  ©d^toerföHigtcit  toiD   c«  crflärt  fein,  ba^  $ülfcmann  fo   fpät 
unb  nur  untÄ  bem  jbingenben  ©rudcc  ber  Umftänbe  baju  lam,  ben  Sieformierten  fein  86 
toa^re«  ®cftd(^t  ju  jetgen  ober  gegen  ßaliyt  garte  ju  belennen.    6r  ift  falfc^   gctocjcn 
ober  feig.    SBclc^c«  bon   bcibcn,    toer  h?itt  ba«   fagen?    2)iptomatif(if|c   §intcr^altigieit 
toürbc  ben  3Kenfdben  no^  el^cr  anjiel^cnb  machen,   al«  er  bei   ber  anbcrcn  Slnna^mc  er« 
fc^eint,  bafe  er  fic^  nämlic^  gcfdjieut   f)aU,   e«  mit  irgcnb   jcmanbcm   ganj   ju  t)erbcrben. 
©0  ruft  er  felbft  ben  ^mx^d  toad)  an  feiner  ß^rlic^ilcit  al«  ^olemilcr  unb   guglcidj;  an  40 
feiner  Urteil«fä^igteit  in  Qai^m  c^riftlic^cr  ^mmigfeit.    Unb  toirllic^  ift  feine  2:^cologie 
fo  froftig  loie  nur  irgcnb  eine  jener  3:agc.    ^toax  meint  I^oludt  (a.a.O.  ©.166),  man 
bermiffc  bei  ^ülfemann  ben  2lu«bruc!  auc^   rcligiöfer  3[«"i9Wt  unb  SBärme  fcineStoeg«, 
bodb  giebt  er  für  bicfe  I^cfe  auc^  nic^t  einen  Seleg.    §ülfemann«   berü^mtcfte«  bogma* 
tifcpe«  9Berf,  ba«  breviarium  theologiae  exhibens  praecipuas  fidel  controversias  46 
Don  1641,  breiter  au«gcfül[^t  1655  in  ber  extensio  breviarii  theologici,  bcrbicnt  aller- 
bing«  ba«  i8ob  ber  Originalität,  ba«  I^oludf  ü^m  fpcnbct,  aber  man  folltc  bodj;  babei  nic^t 
t)crfc^h)eigcn,  ba^  bicfe  Originalität  fd[^licfelid(^  auf  eine  (Sefc^lic^Ieit  ^inau«läuft,  bic  au^ 
üor  bem  rcc^tfcrtigcnbcn  ®lauben  nic^t  §alt  mad^t.    ©benfo  mag  man,  mit  ©a^,  bciben 
SBcrfcn  eine  mcl^r  al«  burd(;fc^nittli(^c  ©cbanfcnfüHe  nad^rü^men,   aber  ba^  ba«  rcligiöfe  60 
Sebürfni«  be«  Scfcr«   irgcnb   angcfprod^en  toerbe,  toie   eth?a   in  3)ann^aucr«  §obofopl^ic, 
l?at  noc^   niemanb   bcl^auptct,  au«brüdtli(^   felbft  Il^olucf   nid^t,   fo  geneigt   er   auc^   ju 
einer  e^renrcttung  §ülfcmann«  toar;  ber  Sricftocd^fcl  mit  go^ann  ©^mibt  galt  eben  al« 
empfe^lung.    SBa«  ßülfcmann  über  ben  ©c^lüarm  emporhob,  h)ar  eine  and)  bamal«  fei« 
tcnc  f^Hogiftifc^c  ©ctoanbt^cit  unb  befonber«  feine  fvftematifc^e  SScranlagung.  Gin  ©^ftcm  66 
ift  ba«  breviarium,  unb  ein  gcfd^loffcnc«,  toenn  aud^  cinfeitigc«  utib  angreifbare«.    Unb 
ba^  i^r  3Scrfaffer  ein  geborener  ©^ftematilcr  h)ar,  mad^t  bic  dialysis  apologetica  pro- 
blematis  Calixtini  (1650)  unb  ben  galijtinifd^cn  ®ch)iffcn«h)urm   (1653)   ju   ben  faft 
tüirf^tigftcn    gebrudtcn  Singriffen    auf  bic  §clmftcbter  2;^eologic.    3)Juftcr  unb  au«bunb 
guter  aöerle  (1650)  nimmt  an  bicfcm  33orjuge  toeniger  teil,    ^n   ben  bciben   juerft  gc*  go 
nannten  aBcrfen  mac^t  ^ülfemann,  im  Untcrfd^iebe  k)on  allen  feinen  3Kitftreitem,  bie  ben 
Äampf  tocrjcttclu  unb,  inbem  fte  über  eine  cinjelnc  Stu^crung  dalijt«  Verfallen,  jcbai  aü- 


426  ^iilfemann 

gemeinen  @efic^t^>)untt  Verlieren,  mit  merflic^em  ©efd^idf  ben  3?etfuci&,  ben  ©treit  um  bie 
©injelfragc  baburd[>  auf  eine  j^rinji^^ielle  §ö^e  ju  ergeben,  bafe  er  fie  jufammen  mit  ben 
anbeten  fc^h)ebenben  ßinjelfragen  unb  jomit  fc^Iie^ic^  im  Stammen  ber  ®efamtt)ofxtion 
ßalijt^  anfc^auen  möchte.    9Kit  ßinjel^eiten  junäc^ft  i)at   eö  aud^  §ü(femann  beibe  SRalc 

6  ju  t|un.  ^n  ber  dialysis  beftrebt  er  fid^,  gegen  ßalijt  ju  betoeifen,  ba|  fc^on  bag  212^, 
aud^  für  fid^  allein,  einen  trinitarifd^en  ©otteSbegrijf  ^ergebe.  3!)er  bicHeibige  ©emif[cn^= 
h)urm  gilt  junäd^ft  einem  fleinlid^en  9ieben=  unb  5ßrit)atftreit  jtoifc^en  §ü(femann  unb 
ßalijt,  in  ben  au^  fc^on  9Kufter  unb  2luebunb  hineingebort,  ^ülfemann  follte,  tuie  ßa« 
lijt  i^m  fd&ulb  gab,   gelehrt  ^aben,  burd^  Segel^ung  ber  1  Äo  6,  10   genannten  ©ünben 

10  ge^e  ber  ßf^rift  nic^t  feinet  ©nabenftanbc^  t)erluftig.  (g^  ift  aller  ß^ren  hjert,  bafi  §ü(fe' 
mann  e^  t)erftanben  i)at,  biefen  Reinlichen  Differenzen  allgemeine  ©eftc^t^punlte  abjuge* 
toinnen,  h)te  fte  in  ben  beibcn  großen  ©treitfd^nften  borliegen,  ©egen  i^n  gel^alten, 
erfc^einen  alle  feine  9Kitfämj)fer  Jjlanlo^.  2lber  bag  SHefuItat  feiner  Semü^ungen  um 
tjrinjipieHere  ßrfaffung  ber  Se^rbifferenjen  liegt  greifbar  bor  in  bem  ungefä^rlid^en  ßnttourf 

16  §elmftebtifc^er  unb  anberer  Steuerungen,  h)ie  h)ir  i^n  bem  ßalijtinifc^en  ©etDiffen^murm 
borgebrudft  finben,  unb  biefeö  (Stüi  fti^rt  beutlid^  auf  ettoa^,  toa^  bei  ber  berjettelten  unb 
unüberfid^tlid^en  ^olemif  eine«  SBeHer,  ßalob,  ©c^arf  u.  a.  glüdtlid^  berfd^Ieiert  blieb,  auf 
ba«  Urteil  nämli(|,  bafe  e«  fic^  bei  bem  ganjen  Särm  boc^  nur  um  tlf^eologifd^e«  ©c^ul^ 
gej^änl  l^anbelte,  nic^t,  toie  man  borgab,  um  bie  SQSa^rung  ^eiligfter  ©lauben^üter.  Äaum 

20  ein  35u^enb  ^af)x^  feit  bem  Eintritt  3i0^ann  ©erwarb«,  unb  fd^on  toar  für  jeben,  ber 
feigen  toottte,  nur  ba«  bie  ^agc,  toel^er  ®egn,er  ben  ©^nlreti^mug  abibfen  h)ürbe,  um 
[\d)  mit  befferem  Srfolge  an  ber  lut^erifd^en  Drtl^obojie  ju  berfud^en. 

§ülfemann,   aU  ©o^n   eine«  ©u})erintenbenten  ju  @fen«  im  ^eberlanbe  1602   am 
4.  Dezember  a.  ©t.  geboren,  jum  gtoedfe  feiner  9lu«bilbung  feit  bem  jtDöIften  Seben^ja^re 

26  bem  fxttigenben  ßinfluffe  be«  Slteml^aufe«  unb  namentlich  ber  ÜKutter  entjogen,  empfing 
feine  ©djiulbilbung  in  9Jorben,  ©tabe  unb  §annober,  bejog,  noc^  nic^t  ac^tje^njäl^rig,  bie 
Uniberfttät  Sloftod,  bie  er  nad^  ^toei  ^af)xm  mit  ber  SQSittenberger  bertaufd^te.  ^ier  tourbc 
er  3:ifci^5  unb  $au«genoffe  be«  ^rofeflor  Salbuin,  neben  bem  namentlid^  ^atob  aRartini 
unb  Salt^afar  ÜJlei^ner  einen  beftimmenben  ßinflufe  auf  feine  ©tubien  gewonnen  m  ^aben 

30  fc^einen.  2)er  3:ob  feine«  ©aftfreunbe«  bertrieb  i](;n  1627  au«  SBittenberg,  um  fo  mebr, 
al«  beffcn  nac^gelaffene  fflitme  balb  il^m  fetbft  bie  §anb  reid^en  foHte.  2)er  2lufentl^alt 
in  bem  na^en  Seidig,  tool^in  er  fxd^  junäd^ft  toanbte,  tuar  ni^t  bon  langer  2)auer;  auc^ 
bie  griaubni«,  t^eologifc^e  SSorlefungen  ju  l^alten,  mit  ber  man  ^ier  ben  jungen  SJlagifter 
fc^on  bor  bem  t(>eologifc^en  ©rabe  eierte,  lonnte   i^n  nic^t  feffeln.    9iod^  im  ^ai^xt  1627 

86  machte  er  feine  gelehrte  SReife  nad^  §oIIanb,  h)0  er  mit  ©erwarb  3Soffiu«  in  Serben  an^ 
!nüi)fte,  unb  na^  granfreid^,  h)o  er  ben  SBinter,  nämlid^  in  ^ari«,  jubrac^te.  §etmgele^rt, 
begab  er  ftd^  balb  bon  2ei)}jig  nac^  SKarburg,  too  tuir  i^n  an  ÜReno  $annedfen«  lifc^e 
finben.  SÖon  bort  feierte  er  mit  einer  ©c^leife  über  bie  oberlänbifd^en  Uniberjttäten,  beren 
S3erü^mtl^eiten  er  tjerfönlic^  lennen  lernen  hjollte,  nac^  Üeipjig  jurüdf,   too   i^n  1629  ber 

40  Siuf  jur  bierten  tl^eologifd^en  5ßrofeffur  in  SBittenberg  erreichte.  2lm  2^age  feiner  2)oftors 
tJtomotion  führte  er  unter  ungetoö^nlid^  bomel^mer  2lffiftenj  feine  SBittoe  l^eim,  unb  rafc^ 
fc^uf  er  fid^  in  SBittenberg  eine  ©teHung,  bermbge  feiner  3:üc^tigfeit.  3)ie  Sichtung  ber 
ÄoHegen  mufe  er  in  ^ol^em  SKafee  befeffen  l^aben,  benn  fc^on  1630  fe^en  h)ir  il^n  nad^ 
Sei<)p  abgeorbnet,   ju  jenem  Äonbent,   auf  bem   ber  Äurfäd^fifd^e  2luga})fel  ber  äug«s 

46burgifc^en  Äonfeffion  abgefaßt  h)urbe,  unb  im  S^i^^c  1645  finben  h)ir  i^n  gar  in  führen- 
ber  Stellung  al«  moderator  theologorum  Augustanae  confessionis  bei  bem  coUo- 
quium  charitativum  jul^om  h)ieber.  9?ic^t  bafe  er  ^ier  burd^  feine  f^ttogiftifc^e  Äunft  glänjen 
tonnte  unb  bamit  foh)obI  bei  ben  Äat^olifen  einen  2ld^tung«erfoIg  errang  al«  aud^  feine  bem- 
näd^ftige  Berufung  nac^  £ei})gig  borbereitete,  nic^t  bie«  mac^t  bie  3;l^orner  SBod^en  für  i^n  fo 

60  bebeutfam,  fonbern  einmal,  bafe  er  ^ier  juerft  bem  3Ranne  begegnete,  an  bem  er  erleben 
foHte,  h)a«  ber  nur  Segabte  immer  erleben  h)irb,  nämlic^  bafe  er  gegen  ben  ÜRinberbegabten, 
bafür  aber  ^i^^bctoufeten  unb  aBitlen«ftarten  niemal«  auftommt.  2)er  Slbgefanbte  ber 
ftoljen  Sut^eruniberfität  fanb  in  bem  geringen  Vertreter  be«  polnifc^en  Sanjig,  in  älbra^ 
^am  (Salob,  ben  3Rann   unb  3Reifter   feine«  ©d^idffale«.    Unb   feltfam,   gerabe  je^t,   too 

66  Mlfcmann  jum  le^tenmale  feine  Äunft  gtoeibeutigen  Sabieren«  ^tüifd^en  ben  ftreitenben 
Parteien  in  bollem  ©lanje  entfaltete  unt)  too  er  ben  ^J)iann  lennen  lernte,  ber  il^m  biefe 
Äunft  grünblid^  abgeU)ö(?nen  foHte,  mufete  fic^  auc^  ba«  ganje  (utl^crifc^e  2)eutfd^lanb  ber^ 
einigen,  um  ibn  ju  einem  3iruc^e  mit  feiner  bi«berigen  §a(bl)cit  ^u  nötigen,  auf  ber 
Steife  nad^  2:l^orn  ^atte  .^^ülfemann  in  33erlin  im  ,^aufe  be«  nid^)t  nur  reformierten,  fon» 

(K)  bem  au6)  lonfeffionell  ftreitbaren  §ofprebiger«  93ergiu«  freunbfd^aftlid^e  Setoirtung  ange» 


^ulffiiiaiitt  ^ttfttttd  427 

nommcn.  (Sin  SDiann,  ber  nod)  immer  mit  ©crl^arb  Sofftu^  burd^  eine  2lrt  t)on  Sob* 
affefuran^  auf  ©egcnfcitigfeit  berbunben  \vax,  backte  ftd^  babet  too^l  nic^t^  2lrge«  unb  h>ar 
0eh)ij5  bon  ber  SJlifebiUigung,  bie  biefer  fein  >)raftifcl^er  ©^nfreti^mu^  bon  feiten  ber  lutJ^e« 
rifc^en  gafultäten,  befonber^  fc^arf  bon  ber  ®reif«h)alber,  erful^r,  nid^t  jule^t  felber  über« 
raf^t.  3:ro^bem  erfannte  er  fofort,  ba^  er  mit  ber  bon  i^m  fettiger  beliebten  »tüeibeutigen  6 
Haltung  angefid^tg  einer  folc^en  ©timmung  in  lutj^erifd^en  Greifen  nid^t  länger  burd^f omme. 
©d^on  im  ^ai^xt  barauf  quittierte  er  für  bie  feinem  berliner  33erl^alten  nid^t  günftigen 
©utad^ten  ber  ^afultäten,  inbem  er  Hein  beigab  unb  in  feinem  Calvinismus  irreconcilia- 
bilis  ein  ©eitenftüdf  ju  be^  englifd^en  Sifc^ofeig  ^o]^\)  ^aü  Roma  irreconciliabilis  lieferte. 
SBie  toenig  tüol^l  er  fic^  aber  borerft  in  biefer  neuen,  t^m  aufgebrängten  SHoDe  füllte,  lo 
t)errät  ber  beigebunbene  2ln^ang  Quae  dogmata  sint  ad  salutem  cr^itu  necessaria, 
ben  man  faft  Calvinismus  reconciüabilis  überfd^reiben  bürfte.  §ier  geigt  fxd^  ber  SSer^ 
faffer  bulbfam  ^infid^tlic^  ber  Slbenbmal^telel^re  (§  15)  unb  ber  unio  personalis  (§  57). 
3Ber  in  ben  ©nfe^ung^hjorten  borläufig  nic^tg  bon  leiblicher  ©egentoart  ßl^rifti  finben 
fann,  bon  bem  urteilt  er :  quod  erret,  nuUum  dubium  est,  an  exitialiter,  maxi- 16 
mum;  unb  ba§  eö  bei  ber  ^Rechtfertigung  nur  auf  bie  ©ottmenfc^l^eit  G^rifti  ate  bag 
anfomme,  Wa^  geglaubt  tuerben  muffe,  nid^t  aber  auf  bie  8lrt  ber  SKenfd^toerbung  unb 
ber  unio  personalis,  briidft  er  fo  auö:  satis  est  in  puncto  fiduciae  de  Salvatore 
id  sentire  quod  de  eo  Patres  sensisse  e  Vet.  Test,  probari  potest  —  ein  äu^- 
fj)rud^,  ber  jtoar  über  ^ülfemann^  SBunfd^,  aud^  eine  ^^rinitätglel^re  fd^on  im  212^  borau^^  20 
gefegt  gu  finben,  einiget  Sic^t  berbreitet,  befto  tiefere^  S)untel  aber  über  bie  S^^age,  cur  irre- 
conciliabilis. 3Serftel^t  ftc^,  hat  ber  2lutor,  unter  bem  gune^menben  Sinfluffe  6aIob^  in« 
tranftgenter  geworben,  in  fpäteren  ^af^xm  biefen  Slnl^ang  berleugnet  unb  für  i^n  ate  eine 
unreife  Qjwgenbfd^rift  3;nb^n^ni*ät  in  Slnfjjrud^  genommen.  Sinen  nodb  Ipeinlid^eren  ßin* 
brudf  alö  biefer  Sruc^  mit  ben  Sieformierten  mad^t  ber  enblic^e  Srudp  mit  ßalijrt.  3Jltt  26 
biefem  ift  §ülfemann  befreunbet  getoefen  unb  l;at  nad^  feiner  bequemen  3Ranier  ben  ©c^ein 
biefer  ^eunbfd^aft  aud^  bann  nod^  aufredet  er^Iten,  ate  er  bloßer  ©d^ein  geworben  toar. 
©eit  bem  2:^omer  ©efpräc^e,  toenn  nid^t  fc^on  länger,  h)uf|te  er  fidSi  al^  tl^eologifc^er 
©egner  ßalijtö,  aber  erft  berle^te  ©itelfeit  berntod(>te  i^n,  fid^  ate  folc^en  ju  befennen. 
$Bon  bem  SBittenberger  ?Profeffor  ©d^arf  in  mel^reren  Programmen  angegriffen,  l^atte  Sa«» 
lijt  bie  2lnmafeung  ber  Sut^erfafultät,  ate  ob  fie  unb  il;re  jebe^malige  SeJ^rtoeife  für  oKe 
luti^erifc^en  Sl^eologen  normatib  unb  binbenb  fei,  in  einem  gel^amifc^ten  ©egent^rogramm 
gurücfgetoiefen  unb  biefe  ßw^irftDeifung  bamtt  begrünbet,  baf  fid^  auc^  in  ben  ©d^riften 
ber  SEJittenberger  ^afultät^genoffen  9leuerungen  unb  ^i^ümer  fänben.  S)afe  unter  biefen 
©d^riften  auc^  Jpülfemann^  breviarium  nambaft  gemadbt  tvar,  trieb  biefen  enblid^  au^ss 
feiner  Sleferbe  ^erauö.  ©ofort  eröffnete  er  bie  ^einbfeligieiten,  unb  jtoar  führte  er  ben 
Ärieg  nic^t  nur  mit  ben  el^rlid^en  SBaffen  litterartfc^er  ^l^be,  fonbem  nod^  bor  bem  Sr« 
fc^einen  ber  dialysis  apologetica  beftimmtc  er  im  3Serem  mit  bem  Dber^ofprebiger  ^alob 
SBeHer  feinen  Äurfürften  gu  einer  offiziellen  5)enungiation  ßalijt^  bei  ben  braunfd^meigifc^en 

t mögen  (16.  ^xmi  1649).  2)afe  ßülfemann  bie  ©efamtt^eologie  feine«  ©egner«  gur^ 
ecpenfc^aft  gie^t,  ift  bereit«  gebü|rehb  getDürbigt.  §ier  fei  nur  noc^  ^ertjorge^oben,  ba^ 
ein  fo  umfangreii^e«  SBerf  fc|h)erfter  ©elel^rfamfeit  h)ie  ber  galistinifd^e  ®eh)iffen«h)urm 
beutfd^  gefc^riebcn  ift.  SlHerbing«  toa«  für  ein  2)eutfd^!  ©ogleid^  ber  erfte  ©a§  reicht 
bon  ber  1.  bi«  auf  bie  6.  Quartfeite.  35a  ift  ba«  breviarium  mit  all  feinen  ungel^euer* 
liefen  3BortbiIbungen  tüie  futuritio,  participatio,  identitas,  influentia  auc^  für  ben  « 
beutfc^en  2efer  boc^  bie  leid^tere  Sehüre. 

©c^on  im  ^al)x^  1646  toar  $ülfemann,  nad^bem  feine  Ernennung  ^um  Dberl^of* 
prebiger  in2)re«ben  nic^t  ju  ftanbe  gelommen  toar,  al«  ©^ftematiler  nad^  SeiJ^jig  berufen, 
tDO  er  aufeerbem  ba«  ^fanamt  an  TOcoIai  unb  bie  ©teile  eine«  assessor  consistorii 
uerfa^.  ©eit  1657  fam  ju  biefen  Obliegenheiten  auc^  noc^  bie  Seijjjiger  ©ut^erintenbentur.  w 
Da«  ^al)x  1659  mad^te  ibn  ju  einem  ber  ©d^tüiegerbäter  Galob«.  Sin  g^ren  reid^er  al« 
an  bleibenben  SSerbienften  —  er  h)ar  aud^  noc^  3)omt;err  bon  9?aumburg  unb  9Jlei^en 
fotoie  Domj)ro))ft  bon  3^i^  getoefen  —  ftarb  er  am  13.  ^nnx  1661   ju  Seij^jig. 

?f.  »offe. 

|)uettii«,  ^ierrc  2)aniel,  geft.  1721.  —  Nic^roo,  M^m.  T.  I  p.  39-66;  60 
Ch.  Bartholmess,  Huet  ou  Ic  Scepticismc  theologique,  ^ari«  1849;  Do  Gournay,  Huet, 
dvßque  d'Avraiiches,  sa  vie  et  ses  ouvragcs,  $Qrid18;)4;  Hottes,  Etudes  sur  Huet,  (5v6que 
d^Avranches,  ^ariö  1858;  C.  Trochon,  Huet,  ^v^que  d'Avranches,  d'aprc^s  des  documents 
in<:-dit8,  in  Correspondant,  T>^.  1876,  Mars.  1877;  D.  u.  Soedn  in  ber  Gncljün^ftble  t)on 
i^x^dj  unb  ÖJruber.  fl| 


428  ^uetittd 

5ßierrc  3)anicl  ^mt,  ©ol^n  cinc^  ^atrtjier^  ju  6acn  in  bcr  9iormanbic,  h)clc^cn  jc^ 
fuitifc^cr  Scfe^runö^eifer  t)om  ßalbiniiJmu^  in  bcn  ©c^ofe  ber  römijc^-fat^olifc^en  Ätrdbc 
geführt  l^attc,  hjurbc  ju  6aen  ben  8.  ^bruar  1630  geboren  unb  nad^  bcm  frül^^icittgen 
4ob  feiner  (Sltem  im  bortigen  ^i^fwitenloltegium  gebilbct.  ^n  ber  $l^iIojo))l[^ie  crfannte  ber 

6  ftrebfame,  talentvolle  Jüngling  ßarteftuö,  in  ben  orientalift^en  ©J^rad^en  ©amuel  Soc^art 
aU  feinen  ÜJleifter.  ^tvax  mufite  er  feine  SJerbinbung  mit  bem  letztgenannten  ate  einem 
6alt)iniften  geheim  galten;  aU  aber  Soc^art  t)on  ber  fd^hjebifd^en  Äönigin  ßl^riftina  nad) 
©todf^olm  berufen  toorben  toar,  benüfete  $uet  bie  ^bm  erlangte  ^rei^cit  ber  SSoUjä^rigfeit, 
um  1652  in  SBoc^art«  Segleitung  nac^  ©todf^olm  ju  reifen,    ^n  ber  föniglid^en  Sibliot^el 

10  bafelbft  entbecfte  ^uet  eine  ^anbfd^rift,  toeld^e  ben  größeren  2^eil  ber  Äommentarien  beö 
Drigene^  unb  beffen  2lbl^anbtung  bom  ®ebet  entl^ielt.  2)iefe  gried^ifd^c  ^anbfc^rift  toedftc 
iuerft  bei  i^m  ben  5ßlan,  bie  SOäerfe  beö  Origine«  im  Urtejt  ^erau^jugeben.  9kd^  brei 
^Honaten  leierte  er  über  Serben,  too  er  bie  Sefanntfc^aft  öon  61.  ©atmafxu^  mad^te,  unb 
über  Srüffel  unb  ^ari«  nad^  $aufc  jurüdf.    3Kit  bem  il^m  jugefaKenen  beträc^tlid^en  Ser^ 

16  mögen  l^ielt  er  fic^  in  6aen  bon  allen  ©efd^äften  ferne  unb  begann  eine  neue  lateinifc^c 
Überfe^ung  be«  Drigene«.  35ie  ®runbfä|e,  toeld^e  i^n  hierbei  leiteten,  legte  er  in  feiner 
erften  littcrarifc^en  arbeit,  ber  latcinifd^en  3lbl^anblung  de  interpretatione  libri  duo, 
quorum  prior  est  de  optimo  genere  interpretandi,  alter  de  daris  interpretibus 
(Par.  1661)  nieber.    ©eine  eigenen  Slnftd^ten   legte  er  barin   bem  ßafaubonu^   in   ben 

20  $IRunb,  unb  fleibete  bie  Serl^anblung  in  ein  ©efjjräc^  jmifd^en  biefcm  unb  ?fronto  3)ucäu« 
ein.  ^m  ^af^x^  1662  grünbete  er,  na(^bem  er  in  bie  Slfabcmie  ber  SBiffenfc^aften  feiner 
SJaterftabt  aufgenommen  toorben  tmr,  eine  naturforfc^enbe  ©cfcllfd^aft,  it»elc^e  auf  Gol* 
bertd  Eintrag  bom  Aönig  anerlannt  unb  unterftü^t  iDurbe.  $uet  er^^ielt  aU  SSorfte^er 
berfelben  einen  bi«  ju  feinem  2^ob  belogenen  3lÄ^tgel^aIt.    Sllle  fonftigen  nod^  fo  glänzen- 

26  ben  älnerbieten  fd^lug  er  be^arrli(^  au^,  um  ganj  feiner  litterarif(|en  ^Ru^e  leben  )u 
fönnen.  9?od^  el^e  fein  §au})ttoerf,  ber  Drigene«,  beenbigt  toar,  tourben  o^ne  fein  SBiffen 
unb  SBoHen  feine  Jjoetifc^en  äSerfuc^e  in  gri^ifd^er  unb  latcinifd^er  ©Jjrac^e  bon  ®.  §oger« 
m  Utred^t  l^erau^egeben ;  erft  45  ^ai}xt  ft^öter  gab  §uet  felbft  fie  berid^tigt  unb  berme^rt 
perau«  ^arig  1709).    ^m  ^cä^i  1668  erf(^ien   nad^  löjä^rigen  ©tubien  feine  2lu^abe 

80  ber  biblif(^en  Äommentarien  be^  Drigene^  in  jtoei  goliobänben.  Unter  bem  9tamen 
„Origeniana"  l^tte  er  eine  l^iftorifd^-fritif(^e  unb  t^eologifc^e  (Einleitung  über  Sebcn, 
©(^riften  unb  ©^ftem  biefe«  Äirt^enbater«  borangeftellt,  bann  folgten  bie  juerft  boUftän* 
biger  gefammelten  griec^ifd^en  Überrefte  biefer  Äommentarien  mit  einer  genauen  lateinifc^en 
Überfe^ung.    9(1^  er  nun  nac^  jibeijä^gem  Slufentl^alt  ju^ari^  1670  nac^  Qam  jurüdt- 

86  leierte,  tourbe  il^m  bon  ben  bortigen  ^uriften  bie  35o!torh)ürbe  übertragen ;  aber  fein  äuf= 
entl^alt  in  ber  $cimat  toar  ni(^t  bon  fanger  S)auer,  inbem  il^m  neben  Soffuct  bie  ©r^ 
giel^ung  De«  35au})l^in  anbertraut  tourbe.  3)ur(^  biefe  3Serfe$ung  an  ben  §of  mufete  er 
feinem  $lan,  ben  Drigene«  ganj  ^erau^jugeben,  für  immer  entfagen.  dagegen  arbeitete  er 
nun  neun  ^af)x^  lang  in  feinen  ^eiftunben  an  einem  SQäerf,  burc^  h)elc^eö  er  bie  SBal^rs 

40 1^  ber  c^riftlic^en  Sieligion  ju  betoeifen  bemül^t  h)ar.  S^  ift  biefe^  feine  juerft  in^ari^ 
1679  erf(|>ienene  Demonstratio  evangelica  ad  serenissimum  Delphinum.  Seine 
Bier  aufgehellten  ©runbfö^e  fottten  rein  matl^ematifd^  betoiefen  toerben.  an  bie  ©})i$e 
fteßte  er  folgenbe  4  2ljiome :  1.  3ebe^  S3uc^  ift  ed^t,  ba«  bafür  bon  ben  ßcitgenoffen  unb 
ber  Sleil^enfolge  ber   näd(>ften   ©efc^led^ter   gcl^alten  toirb.    2.  3^^^  ©efd^id^te  ift  tbol^, 

46  toeld^e  bie  S3egebenl^eiten  fo  erjöi^lt,  toie  fte  in  bielen  gleid^jeitigen  ober  bem  3^ttalter  ber« 
fclben  junäc^ftfte^enben  Suchern  erjäl^lt  hjerben.  3.  ^chz  SBei^fagung  ift  toal^r,  toel^e 
6reigni)je  fo  borau^  berfünbigt,  tote  ber  ßrfolg  fte  betbö^rt.  4.  ^ti^  ®aU  ber  SQ3ei«= 
fagung  ift  bon  (Sott.  Slu«  biefen  Sljiomen  gelangt  er  uim  ©d^lufi,  ba^  äße«,  tba«  bie 
©c^rift  bon  3efu  atö  bem  Gl^rift  au^fage,  toa^r  fein  muffe.  35abei  führte  er  mit  ftaunen«- 

60  ibertem  ©d^arffmn  bie  $^})ot^efe  au^,  ba§  alle  l^eibnifd^en  Sieligionen  au^  ben  mofaifd^en 
©d^riften  gefloffcn,  ja  bafe  alle  9iamen  ber  SReligionöftifter  unb  ber  älteften  ©ottj[ieiten  unter 
ben  Reiben  nur  aU  3Sariationen  be^  9?amenö  3Rof©g  ober  ate  Seinamen  be^  i^raelitifc^en 
©efe^geber^  j^u  berfte^en  feien,  ©a^  Söerf  erregte  allgemeine«  9luffel^en  auc^  in  ber  ^jro* 
teftantifc^en  SBelt;  \a  ©.  ^ufenborf  grünbete  barauf  bie  .^Öffnung  einer  Söieberbereinigung 

66  ber  getrennten  Sefenntniffe.  ^m  ^al)xt  1674  hjurbe  §uet  unter  bie  ^Bier^ig  ber  frans 
iöfxf(|en  Slfabemic  aufgenommen,  jh>ei  ^ai)x^  fjjäter  emt^fing "  er  bie  ^ricftertoei^e.  3^ 
3a^re  1678  belol^nte  ber  Äönig  feine  33erbienfte  mit  ber  ßiftercienfcr  3lbtei  b*3luraV,  nic^t 
ibeit  bon  6aen.  .?>ier  fd^rieb  er  eine  fd^arfe  Äritif  ber  ßartefianifd^cn  $^ilofo))^ie  (Cen- 
sura  philosophiae  Cartesianae,  ^axx^  1689).    6artefiu«  felbft  flagt  er  bei  aller  an« 

60  erlennung  feine«  fpefulatiben  (Seifte«  ber  Untbiffeni^eit,  2lufgeblafen^cit  unb  ß^arafterfd^toö^^ 


barin  an;  noc^  l^eftigcr  jog  er  gegen  bejfcn  bltnbe  Slnbeter  ju  gelbe.  Sin  biefe  ßcnjut 
retl^te  \xd)  bte  Sd^rift:  Alnetanae  Quaestiones  de  concordia  rationis  et  üdei  libri 
tres  (6aen  1690).  3ln!nü})fenb  an  ben  ßartefxanifd^en  Sel^rfaÄ,  ba^  bie  $l^ilofot)l^te  mit 
bem  3^^fd  beginnen  muffe,  h)itt  er  nad^toeifen,  ba^  biefer  3"^^^'  f*^  ^"^  ^^f  ^^^ 
Semunft  felbft  unb  il^r  Vermögen,  bie  SBJa^r^eit  ju  ertennen,  ouÄel^nen  müf|e.  ©eine  6 
Kenntnis  be«  §ebräijc^en  unb  feine  gro^e  S3ele|enl^eit  in  ben  alten  ©eograp^en  unb^ifto^ 
rilem  betoeifen  feine  Slbl^anblungen :  de  la  Situation  du  Paradis  terrestre  (^pöri^ 
1691)  unb  de  navigationibus  Salomonis  (Amstel.  1893).  ©>)äter  erfd^ienen  Unter« 
fud^ungen  über  bie  Slltertümer  ber  ©tabt  (Sxim.  2)a«  bon  i^m  im  ^öc^ften  Sllter  ge* 
fd^riebene  SBerf :  Histoire  du  commerce  et  de  la  navigation  des  anciens  (^Poii«  lo 
1716)  toax  ba«  erfte,  toelc^e«  biefen  ©egenftanb  ber  alten  ©e^ic^te  au^fü^rlic^  erläuterte. 
—  ^m  3a^re  1685  hjurb  §uet  jum  Sifc^of  bon  ©oiffong  erhoben;  el^e  aber  ^ierju  bie 
t)äi)ftlic^e  Äonprmation  erfolgte,  bertauf d^te  er  biefe«  3lmt  1689  mit  bem  jur  9lormanbie 
gel^örigen  ©jjrengel  bon  ätorand^e«,  für  toelc^en  er  1692  jum  S3ifd^of  lonfefriert  tourbe. 
SUIe  feine  3eit  unb  Äraft  toanbte  er  nun  auf  §erftellung  ber  berfatlenen  Äirc^enjud^t  i6 
feine«  ©t^rengel«;  er  gab^i^m  ©^nobalftatuten  in  ben  ^a^ren  1693,  1695,  1696,  1698, 
tüelc^e  ju  6acn  gebruit  tourben.  S)a  ber  Slufentl^alt  ju  3lbran(^e«  feine  ©efunbl^eit  an^ 
öriff,  fo  geftattete  il^m  ber  5?önig  im  ^al^re  1699  bie  3flieberlegung  biefe«  Slmte«,  unb  er 
erhielt  bafür  bie  3lbtei  gontena^  bei  6aen.  ©eit  bem  ^al^re  1701  jog  er  fic^  nac^  $ari« 
jurüdf  in  ba«  ^rofe|l?au«  ber  3«fwiten.  2)ie  S3efc^h)erben  eine«  l^ol^en  3llter«  ftellten  ftt^  ao 
feit  1712  bei  i^m  ein;  benno^  f(^rieb  er  1717  bie  trefflichen  Äommentarien  über  fein 
lieben,  bie  in  ^ierlid^em  Satein  ein  gute«  ©emälbe  ber  toiffenfd^aftlid^en  unb  gelehrten  SBe* 
ftrebungen  unter  Subh)ig  XIV.  enth)erfen  unb  jugenblic^e«  geuer,  SBi^  unb  3lnmut  atmen : 
P.  D.  Huetii,  Commentarius  de  rebus  ad  eum  pertinentibus,  libri  sex  (Ha- 
gael718).  S3alb  barauf  (am  26.  Januar  1721)  ftarb^uet  im  faft  boUenbeten  91.2eben«*25 
jal^r  eine«  fanften  lobe«,  gu  feinen  Sebjeiten  gab  Äbb^  2:iiD[abet  gefammelte  Sluffäfte 
toon  il^m  ^erau«  (^ßari«  1712),  unbSlbb^  b'Olibet,  ber  aud^  in  berSlfabemie  fein  Eloge 
l^ielt,  liefe  feinen  5Rac^lafe  unter  bem  Sitel  Huetiana(1722)  crfd^einen.  §uet  hjar  ftrenger 
Äatl^olil,  aber  feine  SSerbinbungen  mit  ®ele^en  aller  Äonfeffionen  machten  ibn  bulbfam; 
fein  eigene«  §erj  jog  i^n  bon  ber  2:rabition  jur  legten  Dueße,  ber  ©d^rift.  Qn  ben  ao 
legten  30  ^jal^ren  feine«  Seben«  toar  i^m  bie  Sibel  ba«  tägliche  S3rot,  unb  er  berfw^ert, 
innerl^alb  biefer  ^^\t  fte  nicbt  toeniger  al«  24mal  im  ©runbtejt  burd^gelefen  gu  l^aben. 

Dr.  ¥teffri  t  (*feiibw). 

^"9f  Sodann   Seon^arb,   gefi    1846.   —  ?lbal6.   SRaicr,  (äJcbä(fttnl«rebe    auf 
3.  Seonl).  ^ug,  greiburg  1847,  4«;  Ä.  ©crner,  ®cf(fti*te  ber  fat^ol.  X^cologle  in  3)culf(^|l.  36 
Cöiündien  1866),  @.  527— 533;  fiuttcrbcrf,  in  b.  ^lag.  3)eutfcöen  »iograp^ic,  ©b  XllI,  393  f . ; 
gurtet,  Nomenclat.  II,  1073—1075. 

Sodann  Seonl^arb  $ug,  einer  ber  tüd^tigften  latl^olifd^en  gorfier  auf  neuteftamenlidj^s 
ejegetifd^em  unb  ifagogifd^em  ©ebiete,  tourbe  am  1.3iunil765  juÄonftanj  geboren,  ©ein 
^ater,  ein  cinfac^^er  Sürger,  ©c^loffer  feine«  ^anbtoerf«,  h)ollte  i^n  anfang«  für  biefen  4o 
feinen  Seruf  auferiie^en  unb  liefe  [\d)  erft  burc^  bie  Stücfftc^t  auf  feinen  ungetübl^lid^ 
garten  fiörj)crbau  beftimmen,  il^n  nac^  boUenbetem  Sefud^c  ber  aSolfefc^ule  belauf«  Weiterer 
3lu«bilbung  bem  S^ceum  feiner  ©tabt  anjubertrauen.  Äier  enttoidfelte  ber  Jüngling  fo 
au«ge5eic^nete  gä^igleiten,  bafe  er  fc^on  mit  feinem  18.  Seben«ial^re  auc^^  bie  oberfte  Älaffe 
jurüctlcgte  unb  bafe  ein  too^ll^abenber  D^eim  geiftlic^en  ©tanbe«  i^n,  ben  toenig  33e=  45 
mitteltcn,  auf  feine  Äoften  ftubieren  ju  laffen  befc^lofe.  ©r  bejog  alfo  im  ^erbfte  1783 
bie  Uniberfität  ^eiburg  i.  S3r.  (bamal«  noc^  ju  ben  Sanben  be«  bab«burgifd[^en  Äaifer« 
^aufe«  gehörig)  unb  trat  ^ier  gugleic^  al«  Sllumnu«  in  eine«  jener  (äeneralfeminarien  für 
bie  Äanbibaten  be«  ^ßriefteramte«,  toie  fie  S^fe})^  II.  lurj  jubor  mit  allen  Uniberfitöten 
feiner  (Srbftaaten  in  SJerbinbung  gefegt  l^atte.  2)ie  ^eiburger  3lnftalt  biefe«  Flamen«  60 
erfreute  fic^  bamal«  ber  Seitung  be«  SReftor«  SBäill,  eine«  tüchtigen  Jlirc^en^iftoriler«  unb 
^atrologen.  2lufecr  i^m  ioaren  e«  befonber«  brei  ^rofefforen  an  ber  Uniberfität:  ber 
Drientalift  §afeler,  ber  Sirc^enl^iftorifer  9)annenma^er  unb  ber  3)ogmatiIer  Älü^jfel,  bie 
einen  l^eilfamen  unb  nad^^altigen  ©influfe  auf  i^ug«  ©tubien  übten.  3)iefe  belegten  fic^ 
bon  älnfang  an  mit  jiemlid^  gleic^mäfeiger  Vorliebe  auf  ben  ©ebieten  ber  flafftf^en  unb  66 
ber  orientalifd^cn  ^^ilologie,  ber  atl.  unb  ber  ntl.  Äritil  unb  ©legefe  —  tbie  er  benn 
f>)äter  93orlefungen  au«  allen  biefen  gäd^em,  unb  jtoar  in  fe^r  reicher  äu«toal^l,  gehalten 
^at.  ©c^on  im  gal^re  1787,  nad^  nod^  nic^t  jurüdfgelegtem  bierten  ©tubienjai^re,  betoarb 
er  fic^  mit  einem  alle  feine  9libalen  berbunfelnben  (grfolge  um  ben  turj  jubor  crlebigt« 


430  $ttg 

Sc^rftu^I  bcr  atl.  (Sjcgcfe,  unb  nur  bcr  Umftanb,  ba^  er  ba«  öcfe^Iid^e  2lltcr  jum  Sm- 
j)fang  ber  ^ricftertoci^c  nod)  ntd^t  crreid^t  l^attc,  betoog  bic  Sc^örbc,  jene  ©teUc  einem 
älteren  Setoerber  ju  übertragen.  $U0  tpurbe  bafür  ©tubien})räfeft  im  ©eneralfeminar, 
toelc^e  ©teile  er  6i^  ju  ber  im  '^ai)xc  1790,  gleich  nai)  io\tp\^^  II.  SCobe,  erfolgten  oü- 

6  gemeinen  Sluf^ebung  ber  ©enerolfeminaricn,  belleibetc.  &x  übernahm  bann  für  fürjerc 
3eit  bie  ©teHe  cine^  SJertoeferö  ber  Uniuerfität^))fanei  Sleut^e.  ©c^on  1791  erfolgte  auf 
einftimmigen  2lntrag  ber  t^col.  gafultät  feine  Seförberung  jur  orbentlic^en  ^rofeffur  ber 
Drientolia  unb  be«  212:^.  3"  *>^  3*^'i^^"J^'*f  ^^^  bel^ufö  feiner  Promotion  jumD.theol. 
t)or  bem  befinitit)en  2lntritte   biefe«  Se^ramteö  nod^  ijerftreid^en  mufete,   fielen   il^m  bur(^ 

10  bag  2lbleben  be^  ^rofeffor^  ^erger  auc^  noc^  bie  ntl.  Se^rfäc^er  ^u,  unb  fo  trat  er  ba^ 
i^af)x  1793  ol^  neuernannter  ^rofeffor  ber  gefamten  biblifd^en  (Sjegcfe  unb  orientalifc^^en 
$l^itologie  an,  um  t)on  ba  an  ber  ^eiburger  §oc^fc^ule  länger  al^  ein  l^albeö  3^^^= 
l^unbert  aU  eine  i^rer  $aut)tjierben  anzugehören.  2)ie  Stufe,  bie  er  nac^  Sre^lau(1811), 
nad^  Tübingen  (1817)  unb  nad^  35onn  (^ierl^er  ni4)t  toeniger  aU  brei  3Kale:  1816,  1818 

16  unb  1831)  erhielt,  fd^lug  er  au^,  obgleich  er  erft  feit  1827,  h)o  feine  ßmennung  ^um 
er^bifj^öflic^en  Äajpitular  erfolgte,  feine  3ln^änglid^feit  an  bie  (heimatliche  Uniberfität  auf 
loirflid^  angemeffene  Süeife  belol^nt  fal^. 

35en  ^flid^ten  feinet  afabemifd^cn  Se^rberufeg  unb  fjjäter  feinet  Slmteg  atö  3Mit- 
gliebe^  be^  erjbifc^öflid^en  Äa>)itete  unterzog  er  [x6)  mit  großer  ©etoiffenl^aftigfeit  unb  mit 

20  unau^efe^tem  ^^leifee.  SIU  ?fru^t  einiger  längerer  Serienreifen  unb  bcr  babci  l>orgenom= 
menen  ^anbfd^riftenforf (jungen  in  ben  Sibliot^efen  üon  ?!Künci^cn,  SBien  (1799),  ^^Jari« 
(1802)  erfd^icn  1808  fein  §auj)th)erl,  bie  befonber^  im  fünfte  ber  biblifc^^en  3;ejtgefc^tc^tc 
forgfältig  gearbeitete  „ßinleitung  in  bie  ©c^riftcn  be^  9leuen  leftament^"  (2  %k ;  ©tutt^ 
gart  unb  Tübingen;  ßotta).    ^en   SBäinter   1809—1810   brad^te   er  gang  in  ^arig  gu, 

25  ebenfalls  mit  Sibliotl^ef^rbeiten  befd^äftigt,  namentlich  mit  einer  genaueren  Unterfuc^ung 
beö  berühmten  fiobej  B  (Vatic.  1209),  ber  bamate  mit  anberen  Äleinobien  bcr  h)iffen= 
fc^aftlid^en  ©ammlungen  ^^t^K^n^  "<^^  ^^  §auj)tftabt  beS  franjöfifd^en  Äaiferreic^S  ge^ 
toanbert  hjar.  35en  SBinter  1818—1819  famt  bem  barauffolgenben  ©ommer  brad^te  er 
in  ^tolicn  ju,  too  er  in  3Kailanb  bie  2lmbrofiana  benu^te,   in  Sologna  bie  J^reunbfc^aft 

80  beS  bamafö  noc^  aU  Sibliotl^cfar  l^ier  angeftetlten  5ßrofefforS,  fpätcren  ftarbinate  5Diejjo= 
fanti  ertoarb,  in  5'*^i^^"3^  3tom  unb  9?eapel  reiche  SluSbeutc  in  funftgefc^ic^tlid^er,  litte« 
rarifc^er  unb  jj^ilologifc^^fritifc^er  ^infic^t  mad^te.  (Sin  ^lan  ju  einer  Steife  nac^  bem 
^.  2anbe,  bem  ^öd^ften  gi^e  feiner  äöünfc^e,  fonnte  nic^t  me^r  jur  ätuefü^rung  gelangen. 
2)0^  l^at  er  fic^  bis  an  feinßnbe  mit  befonberer  SSorliebe  mit  ber  ®eogra>)^ie  unbS^ojjo« 

85gra>)l^ie  biefcS  SanbcS  befc^äftigt.  —  ©eine  35orlefungen  gab  er  feit  1827  jum  größeren 
Steile  an  jüngere  Se^rfräfte  ah,  inbem  er  fid;  fclbft  nur  bie  über  ginleitung  inS  91.  unb 
9K£,  feinen  SieblingSgegcnftanb,  jurüdtbe^ielt.  2)ic  Ernennung  jum  6j)l^oruS  beS  ^reiburger 
S^ceumS  (1838),  fohjic  fpäter  gum  3)efan  beS  2)omta>)itete  (1843)  legte  i^m  feine  eigent= 
lid^en  neuen  S3eruföj)flid^ten  auf.  3>ntSj)ät^erbfte  18-15  er!ranfte  er  unb  ftarb  nac^  längerem 

4ofc^h)eren  Seiben  am  IL  Mä\^  ioo.,   \ud\^i  -i  ^ja^re  alt.    ©eine  toertijolle  Sibliot^el 
-     tourbe  feinem  33ermäcbtniffc  jufot^ic  bericnigen  ba  JJreiburger  §oc^fd^ule  cint)erleibt. 

35er  ©d^toerpuntt  ber  fvorfd;ungen  utib  iicrbienfte  §ugS  ru^t  auf  bem  ©ebietc  ber 
biblifc^en  Äritif  unb  ^fagogit.  ^nx  Stuffaffimg  bcr  ntl.  ^Jf^ö^^Ö^^  ^'^  ^"^^^  ^iftorifc^cn 
SBiffenfc^aft  unb  jum  mö^jüdift  fot^jtttltigcii  Ulnbau  ber  einzelnen  §auptfclber  bicjcr  ^x^U 

46  plxn  nad)  ben  Siegeln  Inftorifdj:  fritifdjer  V^ürj(^urTg  ^at  er  üöeiträge  Don  bleibenbem  SBerte 
geliefert,  bie  i^m  eine  ber  t>onKl>mftcn  ßtellcn  m  ber  ©efc^^ic^te  biefeS  äöiffenSgebieteS, 
ja  in  ber  Ideologie  ü&erbitu^^t  fiebern.  (LllKr  feine  lat^olifc^en  §am)tnac^f olger  auf  biefem 
Oebietc  toie  ©c^olj,  geilmofcr  k.  f.  bef.  äBerner  a.  a.  D.,  ©.  529  ff.).  2!)abei  tragen  bie 
©rgebniffe  feiner  gorjc^ungen,   tro^  ber  fritifc^en  2l(ribie  unb  bcr  ijcr^ältnißmäfeigen  Un* 

60  befangen^eit  feines  SJerfa^renS,  einen  burd^auS  j)ofitiben  unb  tocfcntlic^  ajjologetifd^en  Qf^a- 
raher.  Stamcntlic^)  gegenüber  ber  feierten  SJatürlic^erllärung  eincS  ^auluS  unb  ber  Iritis 
fd^en  5)Jl;tl^ent^eone  eines  2).  %.  ©traufe  l^at  er  bie  ©laubtoürbigteit  bcr  ntl.  ©c^riften  mit 
Slac^brucf  unb  ©efc^irf  Derfoc^ten.  (Segen  ^auluS  trat  er  in  mehreren  in  ber  „geitfc^ft 
für  bie  ©eiftlic^feit  beS  (SrjbiStumS  ^^eiburg"  (einem  ^au})tfäc^li^  burd^  il^n  begrünbeten 

66  unb  h)ä^renb  ber  fieben  ^al^xt,  1828—1834,  unter  feiner  Seitung  fte^enben  tl^eologifd^en 
SBlatte)  beröffentlic^ten  2lbl^anblungen  auf ;  namentlid^  in  einem  „©utac^ten  über  D.  ^jSauluS' 
Seben  ^cfu"  k.  im  2.  unb  3.  Sa^rgange  (1829  u.  1830),  in  feinen  „hitifd^^eiegetifc^en 
Semerlungen  über  bie  ©efc^id^te  beS  2eibenS  unb  2:obeS  3^fu"  (ebenbaf.  §eft  5  beS  ^al^x- 
gangS  1832)   unb  in  bem  Stuffa^e:  „SSom  äBanbern  3i^fw  «"f  b<^»"  ?Dtccre  unb  öon  ber 

(K»  ©t^cifung  bcr  günftaufenb"  (^a^tg.  1834).    ©cgcn  ©traufe   richtete  er,   balb   nad^  bem 


$itgo  ber  äBctgc  431 

crftmaligen  @rjcl()eincn  t)on  beffcn  bcfatintcm  93u(i(>c,  jein  auöfü^rlid^eö  „©utad^tcn  über 
2).  %.  ©trau^'^  geben  3^fw'^  *>ä^  J"#  »"  t>^  ^^eiburgcr  3t2:(;,  bann  1841  in  befom 
berem  äbbrucf  erf4)ien  (^rciburg  bei  aBagncr,  2  $eile,  2.  3lup.  1854).  —  ©ein  bereit« 
ertpo^nte«  §aupttüerf,  bie  ntl.  Einleitung,  erlebte  im  ganjcn  Uier  2luflagen  (1808,  1821, 
1826  unb  ein  Sjal^r  nai)  feinetn  lobe,  1847).  ©ie  mürbe  fotoo^I  in«  gftanjöfifd^e  lt)ie  6 
in«  englifd^e  überfe^t  (erftere«  burd^  %  g.  Getterier  b.  3.,  ®cnf  1823;  (entere«  burc^ 
2)an.  ©uilforb  SBJait,  9ieftor  i)on  Slagbon,  Sonbon  1827).  2)ie  burc^  93aur  unb  feine 
©c^ule  bezeichnete  $^afe  ber  bibelfeinblid^^cn  Sritif  l^at  barin  (auc^  in  Slufl.  4)  feine  35es 
rücffid^tigung  mel^r  gefunben,  h)€«^alb  ba«  SiJerf  bem  l^eutigen  ©tanbe  ber  SBijfenfd^aft 
nic^^t  me^r  cntfjjric^t.  —  3Son  fonftigen  ©d^riften  §ug«  feien  l^ier  noc^  genannt:  1.  3!)ie  10 
mofaijd^e  ©efd;i4)te  be«  5)Jenf4)en,  ^anlf.  u.  Sei))jig  1793;  2.  2)ie  ßrfinbung  ber  33u(^= 
ftabenfd^rift,  i^r  3"f*^*^^  ""*>  frübefter  ©ebrauc^  im  Slltertume;  mit  ^infxd^t  auf  bie 
Unterfuc^ungen  über  §omer,  Ulm  1801  (toegcn  ber  nid^t  geringen  SSebeutung  biefer  ©d^rift 
für  bie  neuere  ^Jomer^gorfc^^ung  t)gl.  Solfmann,  3)ie  Söolffc^en  ^rolegomena,  Sei))jig  1874, 
©.  710  ff.).    3.  De   antiquitate   codicis   Vaticani    commentatio,    Friburg.   1810.  I6 

4.  Unterfuc^ungen  über  bcn  SJi^tl^o«  ber  berühmten  3Sölfer  ber  alten  2BeIt,  borjüglic^  ber 
©riechen,   beffen  ßntftej^en,   ä?eränberungen   unb   3i"M*/  tjreiburg   u.   Äonftanj   1812. 

5.  3!)a«  ^o^e  2ieb  in  einer  nod^  untoerfuc^ten  Deutung,  greib.  1813.  (3)a«  $.  Sieb  loirb 
^icr  al«  „ein  Iraumgebic^t"  aufgefaßt,  „toorin  ©alomo  ben  Honig  §i«Iia,  ©ulamitl^  ba« 
3e^nftämmet)olf,  unb  i^re  Siebe  bie  ©el^nfu4)t  ber  10  ©tämme  nad^  SBiebertjereinigung  ao 
mit  3luba,  bem  SReid^e  ^iefia«,  Uorftelle" ;  »gl.  m.  5lommentar  in  Sänge«  H^eoI.=§omiliet. 
»ibeln?.,  2:1  XIII,  ©.  20).  6.  ©c^u^frift  für  feine  S^eutung  be«  §oI;enliebe«  unb  be«^ 
felben  h)eitere  ßrläuterung,  ^eib.  1815.  7.  De  conjugii  ehristiani  vinculo  indisso- 
lubili  commentat.  exegetica,  Frib.  1816.  8)  De  Pentateuchi  versione  Alexan- 
drina commentatio,  Frib.  1818.  3örfler.     26 

Hugenotten  f.  Sb  IV  ©.  222,37—227,20. 

^ugenottifc^e  @emetnben  in  Setttfd)lanb  f.  Stefuge. 

^ugo  ber  SBciJie,  römifd^cr  Äarbinal,  geft.  nadb  1098.  —  Vitae  et  res  gestae 
pontificum  romanorum  et  s.  r.  e.  cardinalium  AlphoDsi  Ciaeonii  et  alionim  opera  descriptac, 
ab  Aug.  Oldoino  recognitae,  Roraae  1677,  tom.  I  p.  709.  800;  G.  Moroni,  Dizionario  di  30 
erudizione  storico-ecclesiastica,  vol.  V,  Venezia  1840,  p.  210f. ;  91.  JJr.  ©frörcv,  ^opft  ®rc* 
goriuS  VII.  unb  fein  Seitolter,  7  S3be,  8c^Qff^Qufen  1ö59— 1861,  9?Qnicn'  unb  Sadjregiftcr 
üon  $).  Cffenbccf,  ebenb.  1864 ;  9?.  ©niMnaiin,  $)ie  ^olitit  ber  ^äpftc  uon  Tregor  I.  bi«  auf 
ßJreflor  VII.,  2.  Zi,  ©Iberfelb  1869 ;  5.  ©regorouiu«,  ÜJef^icfjte  ber  ©tnbt  JRom  im  3KitteU 
Qltcr,  3.  9(ufl.  4.  S3b,  etuttgart  1877;  6.  3.  üon  ^efclc,  Äonäiliengcfdjtc^tc,  4.  53b  2.  9luff.,  86 
greibnrg  i.  SB.  1879,  berf.  5.  TO  2.?lufl.  1886;  C.  Äö^ncfe,  «Bibert  oon  SRauenna  (^opft  ®Ic* 
iiicnöIIL),  Seii^^ig  1888;  g.^ergcuröt^er,  9(rt.^ii9o:Äivd)enIejitün  uon  SBe^cr  u.  SBeltc,  2.  §luf(. 

6.  a3b  1889,  Srciburg  i.  83.,  S.  383  f.;  S.  u.  ©iejebrecftt,  ®efd)id}lc  ber  beulfd)cn  Äaifcrjeit, 
3.  53b  5.^ufl.,  2eipjigl890;  S.  ^Mrbt,  ^ie  5Sat)I  ®regor§  VII.,  'iWarburg  1892;  3- @ct)nitcr. 
3)ie  Gesta  Romanae  ecclesiae  beS  Äavbinal^  !iöeno  unb  nnbere  @treitfrf)riften  ber  ftftiSma«  40 
tifc^en  S^orbinälc  tüibev  (Tregor  VII.,  ©omberg  1892;  3-  Sangen.  öJefdjidjtc  ber  römifcften 
^trd)c  uon  9?ifoIanS  I.  bi§  '(iJvegor  VII.,  SBonn  1892;  berf.,  ®eict)id)tc  ber  römifd^en  Äird&e 
üon  Tregor VII.  biö  Snnoccn^ III..  1893;  S.  ^lirbt,  ^ic^ublijiftil  im  3eitaltcr  ©rej^or«  VII., 
fieipjig  1894,  6.  16.  60  ff.;  ®.  ^el)cr  üon  ftnonou,  3Ql)rbiict)er  bc§  beutfd)en  9?eid)§  unter 
C)einrid)  IV.  unb  $einrid)  V.,  1.  ^^b  1056  biö  1069,  ficipjig  1890,  2.  93b  1070  bi«  1077,46 
1894;  ^B.  ^arten^,  öiregor  VII.,  fein  fiebcn  unb  'iföirfen,  2  93be,  fieipjig  1894;  %  ^aud, 
ßlrdiengefc^idjte  ^eutfd)IanbS,  3.  83b,  fieipjig  1896. 

2lte  $apft  £eo  IX.  bie  33erh)irHic^ung  feiner  großen  5Heformj)Iäne  burc^  Berufung 
t)on  tüchtigen  3Jlännern  in  ba^  ÄarbinalfoUeg  ^u  förbern  fud^te,  l^at  er  bobei  aud^  auf 
feine  bi^^erige  .^eintat  ^urücfgegriffen.  Unter  ben  Sot^ringcrn,  bie  er  in  feine  5Wäl^e  gog,  50 
befanb  fic^  ber  Hßlöwd)  §ugo  au^  Slemiremont  in  ber  2)iö3efe  3^oul,  mit  bem  Seinamen 
ber  äöeifee  (ßanbibu^  ^at  er  felbft  ftc^  in  93rijen  genannt:  S^ff^»  Bibliotheca  rerum 
Germanicarum  tom.V,  p.  135,  aufeerbem  pnbet  fx^  bie  S3«eic^nung  Sllbu^  unb  Slancud), 
ben  er  c.  1049  ^um  fiarbinalpriefter  an  ber  Äirc^e  ©t.  Kiemeng  in  3lom  ernannt  ^at 
(Soni^o  t)on  Sutri,  bgl.  III.  8b  ©  31 1,  über  ad  amicum  V,  libelli  de  Ute  imperatorum  ^ 
et  pontificum  saeculis  XI  et  XII  conscripti,  §annot)er  1891,©.  588,2i  t)gl.  598,2i). 
Dh  §ugo  ben  auf  i^n  gefegten  ©rtoartungen  genügt  ^at,  ift  nic^t  befannt.  6r  trat  gus 
näd^ft  in  ber  Dffentlic^feit  nic^t  l^erljor,  auc^  nid^t  unter  SSictor  II.  unb  ©tejjlf^an  IX. 
2)agegen  berid;tet  bann  Soni^o  (üb.  VII  1.  e.  594, 22)  für  bie  ^^\t  9JifoIaug  II.  feinen 


432  ^ugo  ber  9Bei^e 

3lbfaQ  bon  ber  ©cmcinfc^aft  bcr  römtfc^cn  Äirc^c.  3f^  ^'^  3lad)xxd)t  jutreffcnb,  jo  toürbc 
Äugo  ßanbibu^  bcntnaci(^  fc^on  c.  1060  bcn  änjd^lul  an  bic  anti^ilbcbranbtnifcpe  Dppo^ 
^tion  Qcfunben  ^aben,  in  n?clci^c  ber  römifd^c  aibel  unb  ba^  beutfc^c  Äönigtum  burd^  bie 
S3efd[^lüffc  ber  Sateranf^nobe  üon  1059  gebrängt  hjurben. 

6  2tte  naä^  Dem  Sobe  9^ifolau«  II.  (1061)  ba^  S(i(>i^ma  au^brac^,  ftanb  er  auf 
ber  ©citc  beS  SBifd^of^  ßabalu^  üon  ^arma  (§ononu^  II.).  9Jac^  33arbo,  vita  An- 
selmi  ep.  Lucensis  l^at  er  an  beffen  ßr^ebung  fogar  einen  entf^ieibenben  Slnteil 
gehabt  (c.  10  Cadolum  in  Theutonicis  partibus  suum  papam  elegit  Romam- 
que    direxit,    ed.    R.   Wilmans   SS   XII  p.  19,iof.),   unb  ®regor  VII.  ^at   fjjätcr 

10  bon  il^m  gefagt,  ba^  er  afö  aspirator  et  socius  haeresis  Cadoloi  t)om  apofto= 
lijd^en  ©tu^I  verurteilt  hjorben  fei  (Reg.  V,  14a,  3aff6  1.  c.  II,  p.  306).  SSiel 
unb  mancherlei  Ungemad^  l^at  ßugo  unter  biefem  ®egenpaj)ft  ertragen,  e^e  er  [xd) 
SHejanber  II.  unterwarf  (1076,  Sonijo  VI,  1.  c.  598,  lo).  äl^  er  biefen  ©d^ritt  t^at, 
erlangte   er  nid^t  nur  Scrjeil^ung,  fonbern  fofortige  Sertoenbung  al^  römifd^er  fiegat  in 

16  ©>)anien  (1068,  cf.  Recueil  des  historiens  des  Gaules  XIV  p.  28).  tH'xt  größtem 
6ifer  ^at  er  ftd^  biefem  3tuftrag  l^ingegeben.  ©(^on  auf  ber  Steife  bortl^in  ^at  er  in 
Slud^  in  ber  GJa^cogne  unb  in  2^ouloufe  ©^noben  abgel^alten  (Mansi  XIX  col.  1063— 
1066)  unb  fc^te  biefe  2^l^ätigfeit  bann  in  bcr  3JlarI  Barcelona  unb  in  bem  Jtönigreic^ 
airagon  fort  (Äonjilc  ju  ©erunbum,  Barcelona  ib.  1069.  1035).    ©eine  S3emül^ungen 

20  um  3)urci^fül^rung  be^  jjriefterlic^^en  ßölibate^  unb  bie  ©rfe^ung  ber  mojarabifc^en  Siturgic 
burc^  ben  römifd^en  Slitu^  (t)al.  II.  93b  ©.  641,  5j),  h)aren  fo  erfolgreidj,  ba^  $apft  aie= 
janbcril.  1071  in  einem  ©(^reiben  an  ben  2lbt  be^  Älofter^  San  Juan  de  la  Penna 
in  3lragonien  Qa^6,  Reg.  4691)  über  feine  335irlfam!eit  mit  2tnerfennung  ftd^  geäußert 
^at.    Soni^o  erjä^lt  freilid^  (VI  1.  c.  598,  is)  bon  einem  traurigen  Slu^ang  biefer  2c= 

26  gation,  er  läfet  i^n  toegen  Seftcc^ung  burc^  ©imoniften  abberufen  unb  in  SRom  f eftge^altcn 
toerben.  SOäenn  biefer  95erid^t  rid^tig  ift,  bann  mufi  e^  §ugo  ßanbibu^  jebenfan^  fe^r  rafc^ 
gelungen  fein,  [xd^  ju  rehabilitieren.  2)enn  fd^on  1072  begegnen  h)ir  il;m  h)ieber  aU  Se^ 
gaten  in^anfrei^(S3oni^o  VII.  c.  600,k),  aitterbing^  nur  für  furjeg^t.  3!)enn  bie  3Jlönc^e 
bon  ßluni;  unb  einige  Sifc^öfe  befc^ulbigten  i^n  öffentlich  bcr  ©imonie  unb  biefe  3ln(lage 

90  lam  auf  ber  römifc^en  gaftenf^nobe  ällejanber  II.  3)Järj  1073  jur  58cr^anblung  (93o- 
nijo  VI  1.  c.  600,10).  6ine  Verurteilung  §ugo^  fd^eint  aber  nid^t  erfolgt  ju  fein  (boc^ 
bgl.  bie  ©entenj  bon  1078  Reg.  V  14a).  ®ar  er  unfc^ulbig  unb  nur  ein  Djjfcr  ber 
aJcifigunft  ber  ßluniacenfcr,  bie  ungern  ©jjani^  il^rem  ßinflufe  entzogen  fa^en  (Oiefebrec^t 
©.  219)  ober  ^atte   er  fic^  fo   anfteUig  gezeigt,   bafe  im  9i"^c^^n«  f^i"^  tDeiteren  SSer^ 

36  toenbbarfeit  eine  genaue  Unterfuc^ung  unterlaffen  tourbe,  h)a^rfc^einlid^  ift  e^  ^ilbebranb 
getoefen,  ber  feine  mächtige  §anb  über  i^n  gel(^alten   l)at 

3toif(^en  biefen  beiben  3Jlännem  beftanben  1073  fe^r  intime  Sejiebungen.  6^ 
fte^t  fcft,  bafe  $ugo  ßanbibu«  bei  bcr  SBal^l  ©regorg  VII.  eine  grofec  Stoße  gefj)ielt 
^t,  unb  biefer  anbererfeit«  f^atU  nic^t«  eiligere^  ju   tbun  afe  ben  Äarbinal   auf^  neue 

40  mit  einer  ©efanbtfc^aft  rxad)  ©jjanien  ju  betrauen,  auf  bag  er  gro^e  Hoffnungen  fe|te 
(bgl.  VII.  93b  ©.  108, 4  ff.).  3n  einem  ©d^reiben  (Reg.  I,  6)  an  bie  bamal«  in 
©allien  ioeilcnben  Scgaten,  ©eralb  unb  5Raimbalb,  befahl  er  biefen,  jh)if4>en  ben  6lus 
niacenfem  unb  §ugo  eine  SSerföl^nung  l^crbeijufü^ren,  gab  le^tercm  eine  ®^renerflärung 
unb  fügte  l^inju,  er  fei  für  t^n  unb  feine  ^4iläne  boHftänbia  gewonnen  (3löff6,  Bibl.  U, 

45  p.  15).  9?ac^  lurjer  ^^i  aber  ftanb  ber  Äarbinol  auf  feiten  ber  ©egner  (Sregor^, 
um  il^n  bann  toäprenb  feine«  ganjen  $ontififat«  mit  unberfö^nli(^er  geinbfd^aft  ju 
betämj)fen.  SBann  unb  au«  h)el(^en  Urfac^en  ber  93rud^  erfolgte,  ift  nic^t  berid^tet,  toal^r^ 
f(^einlici[>  fällt  er  bereit«  in  baö  ^af)x  1074.  ^mn  nad)  93onijo  (VII.  c.p.604,2o— 34), 
ber  bie  2lJ)oftafic  übrigen«  auf  ba«  Slnftiften  be«  Gencin«  jurüdEfü^rt,   toar  §ugo  bereit« 

60  in  2lJ)ulien  gch)efen,  um  ben  9Jormannen  Sobert  ®ui«carb  jum  Slbfall  bon  ®regor  ju 
Überreben,  unb  ^attc,  bon  biefem  abgetoicfen,  ^u  SBibcrt  bon  Stabenna  fid^  begeben,  el^e 
feine  6j(ommunifation  burd^  bie  in  ber  legten  g^ebruartood^e  be«  3^^^^  ^075  ftatt* 
ftnbenbe  römifi^e  gaftenft^nobe  erfolgte  (93oni50  VI  1.  c.  605,  lo:  ab  ecclesia  perpetuo 
sequestratus  est).    2)urc^  SBibert  ift  er  bann  mit  bem  neuemannten  ßr^bifc^of  2^ebalb 

65  bon  3Railanb  in  93e^iel;ung  getreten  unb  ging  am  (Snbe  be«fclben  ^al}x^  al«  SSertrauen«- 
mann  bcr  im  (Sntftei^en  begriffenen  antigregorianifd^en  Partei  nacb  2)eutfc^lanb  ju  Äönig 
Heinrich  IV  (93onijoVI  1.  c.  606, 5  f.).  3)er  ßeitj^unlt  h)ar  gut  gemä^lt.  2luf  bem  Äonjil 
m  SBorm«  am  24.  ^anxiax  1076  (bgl.  oben  VII.  Sb,  ©.  103)  f)at  er  einen  unl^eilbotlen 
feinflu^  au«geübt  unb  bie  unbebac^ten  93efc^lüffe  finb  iDcjentlid^  unter  bem  (Sinbrudf  feiner 

Go  fc^tbcren  Slnflagen  gegen  bie  ^^erfon  be«  '4>a})fte«  ju  ftanbe  gefommen.   2)ie  SBorte  Sam* 


$itgo  ber  Sei^e  $ngo  Hon  Sflenri)  433 

bcrt^  (Annales,  SS  V,  242,25 — 32:  deferens  secum  de  vita  et  institutione  papäe 
scenicis  figmentum  consimilem  tragediam :  scilicet  unde  oriundus,  qualiter  ab 
ineunte  aetate  conversatus,  quam  perverso  ordine  sedem  apostolicam  occu- 
paverit,  quae  ante  episcopatum,  quae  post  aceeptum  episcopatum  memoratu 
quoque  incredibilia  flagitia  commiserit)  legen  We  Slnnal^mc  na^e,  bafi  er  mit  Slufs  6 
jeic^nungen  in  ber  SSerfammlunö  erfc^ienen  ift.  —  Über  ba^  5yerl^alten  §u0Og  in  ben 
näc^ften  jhjei  ^al^ren  i)abtn  h)ir  feine  3la6)x\ä)im,  aber  er  jc^eint  ©regor  tociter  läftig 
geiporben  ju  fein,  ba  biefer  i^m  auf  ber  römifd^en  ^ftenf^nobe  1078  bie  Älemeni^Iirc^e 
nal^m,  i^n  ber  J)riefterli(^en  SBürbe  beraubte  unb  il^n  mit  bem  Slnatl^ema  belegte  (Reg. 
V,  Ha,  3aff6  S.  306).  äfö  ^einric^  IV.  feine  jtoeite  Sannung  (7.  2)lärj  1080)  burd^  10 
bie  ^Berufung  ber  ©^nobe  ju  Srigen  (25.  ^\m\)  paxxnU,  \)at  ouc^  $ugo  ßanbibu^  mit 
ben  bort  bie  SKajorität  bilbenben  italienifd^en  Sifd^öfen  fic^  eingefunben  unb  ba^  unter 
feinem  ©influ^  lonji^jierte  2lbfe|unggbelret  gegen  ©regorVII.  an  erfter  ©teile  unb  jtoar: 
vice  omnium  cardinalium  Romanorum  unterzeichnet  (Cod.  Udalr.  64,  ^a^€  V  p.  1:35). 
ÜJlit  grofier  9lü^rig!eit  fd^eint  ber  ©jlarbinal  für  ben  ®egen})apft  Giemen^  III.  (SBibert  15 
i)on  3^abenna)  agitiert  ju  f)Qbin.  9)er  5?erfud^,  Snglanb  ju  gehjinncn,  erfuhr  aHerbing^ 
bur(^  ben  ©rjbif^of  Sanfranl  t)on  ßanterbur^  eine  Slbtoeifung  (Lanfranci  op.  ed.  J. 
A.  Giles,  Oxonii  1844,  vol.  I,  p.  79,  ep.  65).  2)agegen  fanben  feine  SBül^lereien  im 
3al^re  1084  in  SKom  einen  günftigen  Soben.  5Denn  bamate  fam  e«  bort  im  ^n\amm^n' 
^ang  mit  ben  ßrfolgen  ^einridf^^  IV.  ju  bem  großen  Slbfatt  t)on  ®regor  VII.,  an  bem  20 
pc^  nid^t  tüeniger  aU  13  Äarbinöle  beteiligten.  S)er  Umftanb,  ta^  gegen  il^n,  mie  gegen 
ben  Äarbinalbif4>of  g^l^ann  Uon  5ßorto  unb  ben  Äarbinal  ^etruö  burc^  bie  ©^nobe  )u 
Queblinburg  Dftem  1085  feierli(^  ba«  3lnatl^em  au^efjjrod^en  tourbe  (Bernold,  chron. 
a.  1085,  SS  V  p.  443),  legt  bie  Vermutung  na^e,  bafe  er  bamalg  toie  bie  beiben  an- 
beren  Äarbinäle  aU  2egat  be«  ®egen})o^fte«  nac^  ieutfc^Ianb  gefommen  toar.  25 

aiuc^  nac^  bem  2:obe  ®regor«  VII.  I^at  er  unter  äSictor  111.  (1086—1087) 
toie  unter  Urban  II.  (1088—1099)  an  Giemen«  III.  feftge^alten.  SKJann  biefer  il^n 
jum  Sifc^of  bon  ^raenefte  gemacht  ^at,  ift  mit  ©ic^erl^eit  nic^t  feftjuftellen.  3Siel- 
leitet  befleibete  §ugo  (Sanbibu«  biefe  SKürbe  fd^on  1089  (^aff^.  Reg.  5403  bgl.  Äöl^ndte 
S.  101),  ftc^er  im  ^a^re  1093  (Ceceoni,  Storia  diPale8trina@.241)  unb  nodE)  1098, 90 
ba  er  bie  ^roflamation  ber  fc^iömatifc^en  Äarbinöle  bom  ^erbft  biefe«  S^^re«  mit  biefcm 
litcl  unterzeichnet  ^at  (Gesta  romanae  ecclesiae  Nr.  V,  libelli  II  p.  405,  34,  togl. 
9tr.  IV  unb  VIII,  ib.  p.  403,35  unb  410,3).  Db  bie  ®rmal^nung  jur  ©tanbl^aftigfeit, 
bie  ber  oft  mit  $ugo  Ganbibu«  toertoed^jelte  fiarbinalbialon  ,§ugo  an  ibn  gerid^tet  l^at 
(gesta  Nr.  4  1.  c.  p.  405, 30)  aftueHe  S3cbeutung  l^atte,  mu^  bal^ingeftetlt  bleiben,  din  36 
f^r  nal^e«  Ser^ältni«  ju  Giemen«  III.  fd^eint  er  fo  toenig  al«  manc^^e  anbere  Äarbinäle 
in  ben  neunziger  ^af)xtn  unterhalten  ju  l^aben  (t)gl.  ©c^^ni^er  ©.  26). 

SBann  |)ugo  6anbibu«  fein  betoegte«  Seben  abgefc^lofjen,  ift  nic^t  belannt,  mit  Slücfs 
fic^t  auf  fein  ^o^e«  2eben«alter  ift  fein  %ob  balb  nac^  1098  toa^rfc^einlid^.  ©in  ^albe« 
Sa^r^unbert  ^at  er  mitten  in  ben  großen  fird^Uc^en  5tänH)fen  geftanben  unb  toar  bei  40 
toic^tigen  ßreigniffcn  in  l^ertoorragenbem  &a^e  beteiligt.  2)a6  er  ber  ©a4)c  ber  ®rego- 
rianer  ftarfen  äbbruc^  gctl^an  l^at,  behjeift  ber  toilbe  $a|,  mit  bem  fic  i^n  »verfolgt  I^aben 
(Sarbo,  vita  Anselmi  c.  19:  Hugo  nomine,  Candidus  facie,  nigerrimus  mente, 
SS  V  19;  2)oniio,  vita  Mathildis  lib.  I  Nr.  19  v.  1273—1283,  SSV  377;  ^aul 
bon  Semrieb,  vita  Gregorii  VII  cap.  67 ;  3-  5K-  SBatteric^,  Pontificum  romanorum  45 
vitae  tom.  1,  Lips.  1862  p.  511;  S3onijo  1.  c.  594,23:  qualis  fuit  oculis,  talis 
fuit  factis;  ut  enim  habuit  retortos  oculos  ita  eins  retorta  fuerunt  acta.  35ei 
bem  notorifc^en  3Kiprauc^,  ber  bamol«  mit  bem  SJortourf  ber  ©imonie  getrieben  tourbe, 
ift  bie  Berechtigung  ju  biefer  S3ef(^ulbigung  nic^t  ju  entfc^eiben.  3)a^  er  SSerläumbungcn 
über  ®regor  VII.  in  SBorm«  unb  Srigen  vorgetragen,  betoeift  atlerbing«,  bafe  er  in  ber  00 
SBal^I  feiner  Äamj)fe«mittel  t)on  moralifc^en  ertoägungen  unabhängig  toar,  aber  in  biefer 
Sßerirrung  begegnete  er  ftA  mit  feinem  großen  (Segner.  S3onijo  bon  ©utri  i^at  gegen 
i^n  eine  befonbere  ©treitfd^rift  1089  gerid^tet  (bgl.  III.  33b,  ©.  312, 3h  f.).  ä?ieaeid^t  ift 
auc^  §ugo  Jjubli^iftifc^  t^ätig  getoefen  (t)gl.  meine  ^ßubli^iftif  ©.  66  f.  227.  548). 

datl  SRirbt.     55 

^ugo  t>m  Sluitt  f.  »b  IV  ©.  183, 33  ff. 

^ugo  t)on  5lcur^,  geft.  nic^t  öor  1118.  —  gür  bie  9(bflrenÄung   ber   litterarif*en 
iieiftungen  .J)U9ü^  ift  bie  Untcrfucftung  \)on  ®.  Sali?  in  MG  SS  IX,  ^annouev  18i:»l,  6.  337 
Di«  349  grunblegenb.    (glncu  5lbbru(f  bietet  MÖL  103  8.  805—820,   wo  oud)  ber  9(bfd)uitt 
9tcar.'enct)nopfibie  fUr  X^eotogie  mh  »ixätt.    3.  9(.  VIII.  28 


434  $itgo  noit  ^Ivtt^ 

ber  Histoire  litt^raire  de  France  X,  ©.  285—306  über  p.  to.  JJlcur^  tüicbcrgcgcben  loirb 
6.  791—806.  U.  S^cüalicr,  Repertoire  des  sourcee  historiques  du  moyen  &ge,  $arid  1877. 
6.  1087;  3Ö.  SBollenbatö,  S)cutf4lanbö  ®cf(fti4t«qucnen  im  ^Rittclalter,  2.S3b,  ©erlin  1894, 
©.  214—216;  (J.  öcrn^cint,  3ur  ®cf4id)te  bc§  SBormfer  ßonforbatä;  3Kittcrmüncr,  ^.  ö. 
5  gl.,  Äird)cnIejifon  öon  ©cfcr  unb  3Bcltc,  2.  «ufl.,  6  93b,  1889,  6.  388 f.;  ©.  Stirbt,  Xie 
$ubluiftif  im  3citQlter  ©reaor^  VH.,  ficipjig  1894  6.73.  152.  217.  229.  573—576;  bcr|., 
a)ic  ^af)\  ©rcgor«  VII.,  Harburg  1892;  «.  ^ott^aft,  Bibliotheca  historica  medii  aevi, 
2.  ?(ufl.,  1.  93b,  Scrlin  1896,  ©.  626  f.;  ^.  ©öt/mer,  SHrtfic  unb  Staat  in  (Snglanb  iinb  in 
ber  9Zormanbie  im  11.  unb  12.  Sa^r^unbcrt,  ßcipaig  1899,  8.  164-168. 

10  SBann  §ugo,  ber  x\ad)  einem  35orf  feine«  Skiter«,  in  bem  eine  3JlarienKrc^e  ftanb,  ben 
S3einamen  „bon  sancta  Maria"  gefül^rt  l^t,  geboten  ift  unb  toann  et  nod^  bemÄloftet  be« 
^eiligen  S3enebift  in  ^leur^  (Saint-Benoit-sur-Loire)  in  bet  2)iöjefe  Driean«  iam,  mU 
m\)i  ftd^  unfetet  Äenntni«  (SS  IX  p.  345).  Gt  ^otte  feine  f(^led^te  SBäo^I  gettoffen, 
oenn  biefc  äbtei  toat  feit  bet  Slefotmotion  but(^  Dbo  öon  6Iuni  im  10.  ^^^^^w^^bett 

15  (6.  ©adhit,  2)ic  ßluniacenfet,  1.  93b,  ^oKe  1892,  ©.  88  ff.)  eine  ©tötte  tegen  tuiffen^ 
fc^aftlid^en  ©tteben«.  3"  S3ifd^of  3^0  öon  ßl^attte«  ftonb  et  in  einem  naiven  Sct^öUnig, 
h)ie  ein  S3tief  (SS  IX  p.  341)  betoeift,  in  bem  et  ftd^  bie  Ätitit  toon  j^toei  i^m  übet^ 
fanbten  opuscula  etbittet.  Db  bie  SQäibmung  feinet  SSBetfe  an  SKitgliebct  bet  englifc^^en 
Jtönig^familie  auf  @tunb  ))etfönlici^et  93e)iel^ungen  etfolgt  ift  obet  abet  nut  bie  §olge  bet 

20  aSetbmbungen  feine«  Äloftet«  nad^  gnglonb  toax  (@.  ©adtut,  5R31  XVI,  1891,  ©.  375), 
mu^  bagegen  ba^ingefteOt  bleiben. 

gut  §ugo  bon  ^leut^  batf  bie  3lutotf(^aft  folgenbet  ^iftotifd^et  SBetfe  in  Slnfjjtuci^ 
genommen  h^etben:  1.  ^ie  Historia  ecclesiastica  gett)ibmet  bet  ®täfin  9lbe(a  t)on93toi«, 
bet  %oi)t^  Äönig  SBil^elm«  I.  bon  ©nglanb,  liegt  in  jtoei  ausgaben  bot.   S)ie  etfte  in 

25  4  S3ü(^etn  teic^t  bi«  jum  2^ob  Äatte  beö  ®to^en  unb  ift  im  ^al)x^  1109  toetf afet  tootben 
(SS  IX  338,8).  Sltö  et  balb  batauf  bie  Ghronographia  tripertita  be«  Ülnaftaftu« 
S3ibIiot^eIatiuö  (togl.  I.  93b,  ©.  493, 6 ff.;  übet  bie  Iateinif(i(>e  Übetfe^ung  be«  älnaftafiu«: 
Theophanis  chronographia  rec.  C.  de  Boor,  Seit)jig  1885,  ©.  401  ff.)  lennen  lernte, 
^at  et  nac^  feinem  eigenen  93eti(l^t  (Ed.  II,  Prolog,  üb.  VI,  SS  IX,  357)  auf  ®tunb 

80  be«  but(^  biefe  ©j^tift  i^m  gufttömenben  neuen  ?IKatetiaI«  ft(^  ju  einet  9?eubeatbeitunfl 
feinet  Äitci[^engefd^id[>te  entfc^Ioffen  unb  juglei(^  bie  ©tjäl^Iung  bi«  jum  ^a^xc  855  h)eitet= 
aefü^tt.  2)iefe  neue  3lu«gabe  entftanb  1110  (SS  IX,  338,  i5»)  unb  umfafet  6  93ü(^et. 
ausgaben:  t)on9lottenbotff,Monasterül636,4»;  ®.SQ3ai$,  SS  IX, 349—364  (nut  au«* 
getoä^Iteabfc^nitte)  unb  nac^  i^mMSL  163,821— 854;  ögI.Ä.§am>)e,5W2l  XXIII,  1898, 

85  ©.  651  f. 

2.  35ie  3lu«ftil^tung  be«  f(^on  in  bet  Äit(^engef(^i(^te  (Ed.  I  Epilog.  SS  1X353,43) 
au«geft)to(^enen  5ßlane«  einet  neueten  ®ef(^i(^te  bet  ftänfifc^en  Äönigc  l^at  bet  Liber 
qui  modernonim  regum  Francorum  continet  actus  gebtad^t.  ^iefe«SQ3etf  umfaßt 
bie  3eit  öon  Äatl  bem  Äa^len  (842)  bi«  jum  2:ob  be«  Äönig«  $l^ili<)t>  (1108).    3)a  c« 

40  bet  Haifetin  3Katl[^iIbe,  bet  2^oc^tet  §eintic$«  I.  öon  ©nglanb,  bie  1114  ^eintic^  V.  bon 
S)eutfci^Ianb  gel^eitatet  l^at,  getoibmet  ift,  fann  e«  nidpt  bot  biefem  ^a\)x  berfa^t,  bc^ 
gie^unggtbeife  boHenbet  tootben  fein.  3lu«gaben:  SS  IX,  376—395;  abgebtucft:  MSL 
163,  873—912  (bgl.  Ä.  ^ampii,  9221  XXII,  1897,©.  697). 

3.  35ie  Historia  Francorum  brevis  (SS  IX,  342, 348),  bon  Sotl^at,  bem  ©ol^ne 
45Subtoig«  be«  gtommen   bi«  ^ium  Sa^te  1108:  MSL  162,  611—616,   bgl.  ^Pott^t  I, 

©.  693  ß.  V.  3bo  ßatnotenft«. 

®töfeete«  3^tetcf[c  al«  biefe  l^iftotift^en  ©c^tiften,  untet  baten  nut  bie  an  jtoeitet 
©teile  genannte  al«  ©efc^i^t^queUe  bon  etl^eblic^etem  SBett  ift,  ettegt  bie  Jtönig  ^eintid^  I. 
bon  ßnglanb  gelbibmetc  fit(^ent)oIitifci^c  äb^anblung:   Tractatus  de   regia   potestate 

50  et  sacerdotali  dignitate  (ed.  @.  ©actut,  MG  Libelli  de  Ute  imperatorum  et  pontiü- 
cum  saeculis  XI  et  XII  conscripti,  tom.  II,  $annobcr  1892,  ©.  466—494  bgl.  @.  ©achit. 
Übet  ben  Tractatus  de  regia  potestate  etc.  be«  §ugo  b.  gleut^:  9191  XVI,  1891, 
©.369—386),  bie  tDa^tfc^einlid^  butc^  ben  ©tteit  biefe«  König«  mit  3lnfelm  bon  gantet^ 
butV  betanla^t  ift  unb  toegen  bet  SBenufeuna  bet  ßl^tonil  be«  §ugo  bon  ^labign^  balb 

66nac^  1102  entftanben  fein  toitb.  2)et  SSetfaffet  ttitt  bafüt  ein,  ba|  bie  gciftlic^e  unb 
toeltli^e  ®eh)alt  in  bie  SRegietung  bet  2BeIt  fic^  teilen  fotten  unb  beibe  ftieblid^  nifam= 
mentoirfen.  2)ie  Slbgrenjung  bet  93efugniffe  beibct  ®elbalten  boUjie^t  et  bom  ^tanbs 
j)unft  bc«  Königtum«  an^,  abet  in  fel^t  mafiboßet  SBäeifc  (übet  feine  S3e{^anblung  bet 
Snbeftitut  bgl.  m.  ^ubUjifti!  ©.  514  f.). 

60  35utci^  bie  vita  s.  Sacerdotis  episcopi  Lemovicensis  (f  530:  9lu«gabe:  AS 
5.  aWai  II,  p.  14—22,  MSL  163,  979—1004  bgl.  ^ßott^t  II,  p.  1560)  unb  bie  gott-- 


$itgo  Hott  Sfltttr^  $ttgo  Hoti  ®t.  <£f|er  436 

fc^ung  bcr  bon  bcm  l^ciligcn  Scncbift  in  ^cur^  (p^l  II.  95b,  ©.  579,  57)  boHbrad^ten 
aSunbcr  (Les  miracles  de  Saint  Benoit  ed.  E.  de  Certain,  $ari«  1858,  ©.  357  ff.) 
^at  $U0O  bon  St.  SKarta  auc^  bcr  a^fctijd^en  Sittetatur  Seiträge  gdiefert.  S)tc  SlufjcidS^ 
nung  bicfer  SBunbergcjd^ic^tcn  beginnt  mit  bcn  Vorfällen  beö  3a^tc^  1114  (IIb.  IX 
c.  9  Certain  p.  367)  unb  toirb  biet  ^a^rc  tocitergcfül^rt  (cap.  10.  11  p.  367.  369).  5 
3!)arau«  crgiebt  fic^,  ba^  .^.  nic^^t  bot  1118  geftorben  ift. 

3K.   ^kQdbantt,    Historia   rei    litterariae,    ordinis    S.  Benedicti,    Pars   IV, 
Augustae  Vind.  et  Herbipoli  1754  p.  34  fd^rcibt:  Hugonis  Floriacensis  monachi 
sub  a.  1120  commentarius   super  Psalterium  asservari   dicitur  a  Le  Long  in 
nescio  qua  Angliae  bibliotheca  cod.  299.    Slbcr   ani)   bei  Le  Long,  Bibliotheca  10 
Sacra,  $arig  1723,  ©.  785  Col.  a  finbct  fid^  feine  genauere  Slngobe.     Garl  9»irbt. 

^ugoboitSt. Sl|er,3)ominifancr,ÄarbinaI,geft.  1263.  —  ßittcratur:  Cnctlt 
u.  (gc^QTb,  Bcriptorcs  O.  Pr.  I,  194  ff.;  Hist.  litt,  de  la  France  XIX,  38  ff.:  JRidjarb  ©i- 
monHist.  crit.  du  nouv.  test.  II,  114  ff. ;  ©am.  Serger  Desessais  qui  ont  6t6  faits  au  Paris 
au  13.  sifeclo  pour  corriger  le  texte  de  laVulgate  in  Revue  de  thi^ol.  et  de  philos.  93b  16,  15 
41-66,  fiaufQnnel883;  3)euifle,  bic  C>anbfd)r.  b.  ^ibclfovreftoricn  be«  13.  Sa^r^.  ^iJ^®.  IV, 
263  ff.,  471  ff.  (1888). 

§ugo,  bcr  feinen  S3einamen  de  sancto  Caro  bon  feinem  ©eburt^ort,  ©t.'ßl^er,  einer 
aSorftabt  bon  SSienne,  fül^rt,  jutoeilen  and)  de  s.  Theuderio  (irrt^ümlic^  de  s.  Theo- 
dorico)  jubenannt  tbirb,  \)atU  ftc^  in  ^arig  bcm  ©tubium  bcr  3^eoIogie  unb  be^  !ano=  20 
nifd^en  SRcd^teS  getoibmet  unb  über  biefe«  SSorlefungen  gehalten,    ^m  3.  1224  trat  er  in 
ba§  2)ominifancrMoftcr  ©t.  ^^tob  ju  ^ari^  ein  unb  erlangte  in  bcm  Drben  fd^nett  be^ 
beutenbe^  2lnfcl[^en;  1227  tourbe  er  jum  ^robinjial  für  JJranfteici^,  1230  jum  5ßrior  bon 
©t.  ^atob,  1236  hjieber  jum  ^robinjial  getoäl^It  unb  l^at  bei  ber®rünbung  einer  ganjen 
Steige  bon  2)ominifanerIIöftem  in  ^ranfreic^  mitgetoirft,  aud^  ift  er  bcr  Jh)eite  beö  Drben^,  25 
ber  afe  magister  acte  regens  an  ber  ^arifer  Uniberfität  t^eologifcpe  33orIefungen  ge* 
f^altm  f}at  (&2Mfl  II,  173  f.).     3m  3.  1241  ftanb  er  nad^  ber  2tbbanfung  be«  SRai-- 
munb  bon  ^ennaforte  eine  3^'^  I^"0  ^l^  ©eneralbilar  an  ber  ©t)i$e  be«  Drben«,  unb 
1244  tourbe  er  bon  3"n*5cenj  IV.  jum  Äarbinal  (=$re«b^ter  b.  ©t.  ©abina)  ernannt  — 
ber  erftc  feine«  Drben«.    3^  i>^  3^^^  ^^^  ^^"^  ^^^be  ^nebric^«  II.   Ibirlte  er  al«  fiegat  30 
in  3!)eutfc^Ianb;  bie  9lbfe^ung  be«  toürbigen   @b.  Gl^rijtian  bon  TOainj  tbirb  i^m  jum 
Soriburf  gemacht.    Unter  äiejanber  IV.  toar  er  tl^ätige«  SKitglieb  ber  Äommiffion  m 
Slnagni  in  ©ac^en  ber  S3etteIorben  unb  ber  änl^änger  be«  3bad^im  b.  ^lorc  (f.  b.  päipp 
lid^en  ©(^reiben  bom  23.  DU.  1255  unb  17.  u.  21.  Dft.  1256  im  Chartular.  univ. 
Paris,  bon  35enifle    unb  ß^atelain  I,  297.   333  ff.   337  f.).     @r  ftarb  ju  Drbieto  am  35 
19.  Wläxi  1263. 

ai«  t^eologifc^er  ©d^riftfteßer  l^at  §.  eine  umfaffenbe  3:i^ätigfcit  geübt;  er  ift  einer 
ber  erften,  bcr  einen  Äommentar  m  bcn  ©entenjen  be«  Sombarben  gefc^rieben  l^at,  —  ber 
noc^  ungebrudft  ift  (§bfc^rr.  in  Safel,  S3rüffcl  unb  £cij)jig  f.  Chartul.  un.  P.  I,  158) 
cbenfo  h)ic  feine  sermones  super  evangelia  et  epistolas  unb  bcr  processus  in  40 
evangelium  aeternum.  3"^^  Sele^rung  ber  ^ricfter  über  i^r  3tmt  foHtc  ba«  specu- 
lum  ecclesiae  bienen,  gebr.  2^on  1554.  2lm  bcrü^mtcften  ftnb  feine  biblifd^cn  Slrbciten 
gctborbcn.  ©eine  Postilla  seu  commentariola  iuxta  quadruplicem  sensum  in 
totum  vetus  ac  novum  testamentuöi  ^aben  nad)  bcr  erften  Slu«gabe  93afcl  1487 
eine  Steige  bon  Slufiagen  erlebt,  julc^t  Äöln  1621  in  8  Sbb.  ^ol.  3)od^  jcigt  fd^on  ber  45 
litcl,  bafe  er  getoo^nte  »a^nen  Ibanbclt  (2)icftel,  ®cfd^.  b.  212:  i.  b.  d^riftl.  ft.  ©.  194: 
ol^ne  ßigcntümlic^tcit  unb  o^nc  re(^tcn  Srfolg).  SWerfmürbiger  fmb  jhjci  anbere  Slrbciten. 
3ta(^bem  bie  ^arifer  Uniberfität  im  9lnfang  be«  13.  3<^^^-  ^^^  9?ormalcjemj)Iar  bcr  las 
teinifc^cn  Sibcl  aufgcftcttt  ^atte  (bgl.  S)enif(e  ©.  277  ff.  —  im  21.  Sibclübff.  III,  42,  7 
hjirb  bicfc«  ßjcmjjlar  mit  Unrecht  ju  bcn  Jtoneftoricn  gcrcd^nct),  bcranla^te  bie  gel^lers  50 
l^aftigfcit  bcffclben  bie  Slnfcrtigung  bon  aScr^cid^niffen  richtigerer  £e«artcn,  jutociten  aud^ 
bcrfd^icbcncr  SSariantcn,  für  toclc^c  Slutoritäten  nantl^aft  gemad^t  tüurbcn.  35a«  älteftc 
bicfer  Äoncftorien  h)irb  ^.  beigelegt  (93erj.  bcr  ipbfc^rr.  bei  2)eniPc  ©.  264;  bcr  Prolog, 
bcn  borbem  fc^on  2)öbcrlcin,  Sittcrar.  ÜJlujcum,  2lltborf  1777,  I,  20  f.  beröffcntlid^t  ^atU, 
cbcnba  ©.  293  ff.).  $.  fj)rid^t  bie  Slbfid^t  au«,  nid^t  bloft  auf  bie  bcffcrcn  tateinifc^cn  55 
§anbfd^riftcn,  fonbem  aud^  auf  bcn  ©runbtcjt  i^urüdfjugcpcn,  h)obur(^  freiließ  jtoci  bcr* 
fc^icbcnc  Stufgaben,  bie  §crftellung  be«  eckten  ^ulgatatcjte«  unb  bie  ^crftcllung  einer 
möglid^ft  richtigen  latcinifc^cn  Überfc^ung  mit  cinanbcr  bcrmifc^t  tourben.  §.«  ®runbs 
fä^c  finb  bon  bcn  mciftcn  fjjätcren  mittelalterlichen  Äorreltorcn  aufgenommen  h)orbcn. 

28* 


436  $ttgo  noit  @t.  S^er  $ttgo  noti  St.  Stetor 

ßiiic  jtocttc  noc^  toid^tigerc  Slrbeit,  burd^  bic  §.  bcr  Segrünbcr  einer  neuen  Mrt  bon 
Hilfsmitteln  für  baS  Sibelftubium  getuorben  ift,  finb  feine  Sacrorum  bibliorum  con- 
cordantiae,  eine  alpl^abetifc^  georbnete  RufammenfteUung  ber  in  ber  lird^Iic^en  Über^ 
fe^ung  ftc^  pnbenbcn  fiejiblen  SSBörter  (©ubjtft.  2lbji.  unb  33erba),  mit  2lngabe  oller  ©tetten, 

6  an  benen  jie  borfommen  —  bie  auc^  Concordantia  Jacobi  genannt  tourbe.  3lx(i)t 
bicl  fj)äter  ^aben  englijd^^e  35ominiIaner  bem  SQäerfe  baburd^  eine  erl^ö^te  Srauc^barleit 
gegeben,  ba^  fxe  ben  SBortlaut  ber  betr.  ©teilen  auSjd^rieben.  SSBeiter^in  fügte  man  auc^ 
bie  nic^t  fiejiblen  SSBörter  l^inui,  unb  in  biefer  erweiterten  ©eftalt  ift  baS  SÖSerl  §.S  me^r^ 
fad^  im  35rudf  erfd^ienen,  fo  S^on  1540,  1551,  4**;  Safel  1543,  1551,  gol.   ^^er  ^at 

10  man  §.  auc^  für  ben  Url^eber  ber  Äo^iteleinteilung  ber  ^.  ©(^rift  gel^olten,  bie  aber  fc^on 
bon  ©tej)^an  Sangt^on  borgenommen  toorben  ift;  nid^t  einmal  baS  ift  ri(^tig,  ba^  fie 
burc^  §.  in  allgemeinen  ©ebrauc^  gctommen  jei  (5R@2  j^  b.  31.)*  ba  l^ierfür  bielmel^  bie 
Slufna^me  in  baS  ^arijer  3tormaIejenH)lar  entfd^eibenb  toar. 

Db  bon  ben  bielen  in  franjöftfd^en  SSibliot^elen  unter  bem  9Jamen  §ugo  ßarbinali^ 

16  \xd)  finbenben  ©c^riften  bie  eine  ober  bie  anbere  bem  $.  b.  ©.  6.  angel^ört,  ift  nod^  nic^t 
unterfud^t.  Setttf^. 

^ugo  bon  ®t.  Sietor,  geft.  1141.  1.  «uSgaben.  S)ic  crftc  Sufornnienftettung  bcr 
3Berfe  ^ußo«  foll  balb  nad)  feinem  2:obc  in  4  93bn  9lbt  ®ilbuin  geliefert  ^abcn  (f.  ^oye, 
Catol.  codd.  Oxon.  t.  II,  Merton.  p.  33).    ^on  ben  3)i*ucfauS0Qbcn  crfc^cint  bie  Ed.  priii- 

20  ceps  (^BoriS  1518)  notfi  flonj  unüoüftänbig  unb  fel^r  manflelboft.  53cf)er  f(^ün:  Opp.  Hugo- 
DJs  a  S.V.,  cura  et  studio  canonicorum  de  S.  Victore,  III  t.  fol.,  ^ariö  1526  (tuicberftolt 
S3cnebig  1588,  ^öln  1617,  SWainj  1617).  ©eftc  bisherige  §lugg.:  SRoucn  1648,  III  t.  fol., 
moüon  MSL.  175-177  (unferc  Sillcr-^uSgabc)  einen  Äbbrucf  bilbet.  lieber  bie  jQt)lreit^en 
pfeubü-bugonifcfien  SBcrfc,  njeld)c  5Öb  II  u.  III  biefer  ^u8g.  bieten,  f.  unten. 

26  2.  Äritifdjc  u.  ^iftor.  (SrlSuterungSfdjriftcn.  $.  3Reibom  (juit.),  Hugonia  de 
S.  Victore  patria  Saxonia  (in  f.  Rerum  GermaDicanim  tom.  III,  ^elm^tebt  1688,  p.  427 
bis  431).  Safim.  OubinuS,  Commcnt  de  Scriptoribus  eccl.  autiqu.  1722  sq.,  t.  II,  p.  11S8 
biö  1160.  3üt).  Vllb.  &QbriciuÄ,  Biblioth.  mediae  et  infimae  latinitatis  (1722  ff.),  1.  VIII, 
p.  881—880.     ©6-   ®.    S)erling,  Diss.  de  Hugone  a  S.   Victore  comite  Blankenburgensi, 

30  C>elinftebt  1745.  Histoire  litt(jr.  de  la  France,  t.  XII  p.  1—72  (1830).  ^.  %f).  «Ib.  fiiebncr, 
^ugo  i).  8t.  SBictor  u.  bie  tbeol.  iRic^tungen  feiner  ßeit,  ficipjig  1832.  fi.  ®QUtier.  Les  Oeu- 
vres iKXjtiques  d'Adain  de  S.  Victor,  ^aviS  1858,  t.  I,  p.  43  ss.  S3.  ^aur^au,  Hugues  de 
Saiut-Victor.  Nouvcl  examen  de  Pödition  de  ses  ocuvres.  Avec  deux  opuscules  in^dits, 
^Qtid  1859.    (Jb.  93i)^mer,  ©ugo  bc  @.  S^ictore  (in  iJubto.  ®iefebred^tö  geitfcbr.  5)amQri§, 

as  Stettin  1864,  ©.  222—264).  5B.  ^aur^au,  Les  oeuvres  de  Hugues  de  S.  Victor.  Essai 
critiquc.  ^arid  1886;  (crioeitertc  iRcubeorbeitung  beö  Nouv.  examen  t)on  1859).  3)erf.,  ?lrtif. 
Hugues  de  S.  Victor  in  ber  Biogr.  gdn^rale,  t.  XXV,  436  ss,  (foroie  fd)ün  in  f.  Histoire 
de  la  Philosophie  scolastique,  ^Joriö  1872,  t.  1).  ^.  @.  3)enifle,  2)ic  ©entenjen  ^ugo«  üon 
8t.  SBictor:  «fiß®.  IH,  1887,  8.  644 ff.    (®egeu  feine  Seftreitung  ber«e(^tbcit  ber  Summa 

40  8ententiarum:  g.  ?(.  «e.  ®letl,  3)ie  8entenjen  iRoIaubg,  nocftmalö  ^opftö  9(Ief.  III,  fjrei- 
bürg  1891,  8.  XXXIV ff.;  fornie  tilgenftein,  in  bcr  unten  ju  cit.  8*rift,  8.  24 ff.). 

3.  3ur  ^ürbiflunrt  ^ugoS  in  p^ilof.  u.  tbeol. C)inrtc6t.  ßiebncr,  q.  a.  0.8.  34 ff.; 
^.  ^Ritter,  ®ef*.  ber  c^riftl.  $^iTof..  1844,  III,  507-547.  3B.  ÄQuIic^,  3)ie  fie^ren  beSC>wgo 
u.  JRicftQvb  i).  8t.  SSiclor,  «ßrofl  1864  (4°).    3Ö.  $reger,   ©efcbidjtc  ber   beutfdjen  ^xjftif  im 

45  9)«§1.,  »b  I,  1874,  8.  227-241.  3of.  ©q*,  3)oflmengef(t)  beg  ^?l«,  93b  II,  SBien  1875, 
8.  309—367.  3.  ^cttroer.  De  fidel  et  scientiae  discrimine  et  consortio  juxta  meutern  Hu- 
gonis  a  St.  Vict.,  «reälau  1875.  3.  (S.  Grbmonn,  ©efd).  ber  <ß()ilofopbie,  3.  ?liifl.  1878  I, 
8.  277  ff.  91.  9}2ignün,  Les  origincs  de  la  Scolastique  et  Hugues  de  St.  Victor,  2  voK, 
$ari^  1895  (nebft  nie()reren  "üRonogrop^icn  nid  Sorlfiufern,  j   S.  La  th^odic^e  de  Hugues 

50  de  St.  V.  [in  ber  Revue  des  sciences  eccl^s.  1893];  La  psychologie  deH.  de  St.  V.,  1893, 
u.  0.).  dh  93inbel,  3)ie  er!enntni§tt)eorie  $)ngoS  u.  8t.  58ictor  (®l)ni.  <Pr.),  Cuafenbrüc!  1889. 
30!.  Äilgcnftein,  3)ic  ®ütte§Ief)re  .&ugo§  u.  8t.  93.,  ©ürjburg  189H.  U.  53altu§,  Dieu  d'apnis 
Hugues  de  S.  V.,  in  ber  Rev.  b^nedictine  1898.  O.  ©alfer,  beitrüge  jnr  ®efc6idjte  be« 
djriftülüg.  ^ogma  im  11.  u.  12.  3Qf)rftbt.,  fieipj.  1898,  8.  44-52.    JR.  8eeberg.  fie^rb.  ber 

66  S)og«ien0efd)id)te,  »b.  II  (1898),  8.  45.  57.  67  ff. 

(3?gl.  aucb  bie  fiitt.  bei  Söeualier,  Repert.  des  sources  hist.  des  M.  &ge,  p.  1095  s., 
füiuie  C  ©ringmann,  9(rt.  „.t)ugo  u.  (Bt  S^."  im  M2.  VI,  392—398.  $).  C)urter,  Nomenclat 
litt.  theo!,  cath.  t.  IV  (1899),  col.  57-63). 

.^ugo  bon  ©t.  3Sictor  gehört  neben  feinen  3«i^^<>R^«  2lbälarb  unb  S3eml^arb  ju 

CO  ben  einflufereid;ften  firc^lic^en  Se^rem  be^  12.  3äW1iw*>^^^^-    3t(^  ganj  auf  ein   ftiHc^ 

flijftcrlid^e^  2Birfen  befc^ränfter,  nur  burd^  ben  inneren  ©e^alt  feinet  religiöfen  ßrfa^ng^ 

lebeng  unb  feiner  ©Jjefulation  glänjenber  ß^aratter,  furj  alö  eine  iuefentlid^  jol^neifd^ 

(Srfc^cinung,  tritt  er  atterbing^  l^inter  jene  unmittelbarer  in  bie  lird^Iic^en  Setoegungen 


$ttgo  tion  et.  Sietor  437 

unb  2c^rfänH)fc  if^rcr  ^üt  cingtcifcnben  ?IKänncr  jurücf.  Stbcr  bcnnod^  ift  ein  fcl^r  nad^^ 
faltiger  ©influfe  öon  i^m  au^cganöen.  ©cit  ßrigcna  \)at  bic  gciftige  (Intlüictclunö  granf= 
rcid^^  feinen  gleich  ^erborragenben  unb  mächtig  eingreifenben  m^ftifc^en  Genfer  ^ertjotge« 
bxad)t;  ja  er  mufe  ate  ber  eigentliche  Segrünber  ber  fitc^lid^en  SD^ftil  be«  frangöftjdS^en 
ÜRitteloIterg  gelten,  ba  SBeml^arb  bon  ßlaiiDauj  in  allen  d^arafteriftifd^en  ^aujj^unften  5 
feiner  m]9fttfd^en  ©t)efuIation  bon  ii^m  abl^ängig  erfc^eint.  9Jid^t  blo^  auf  bie  ml;ftif(^e 
2:i^eoIogie  ber  ^Jolgeieit  aber,  fonbem  faft  in  gleichem  ®rabe  auc^  auf  bic  ©d^olaftif  l^at 
§ugo  nac^f^altigen  ßinflu^  geübt,  ^etru«  Sombarbug  erfd^eint  toefentlid^  ebenfo  t)ielfad^ 
bebingt  unb  beftimmt  bur^  feine  Äonjet)tionen,  toie  ber  l^eil.  S3eml^arb.  Unb  gleich  bem 
©enten^enmeifter  ftel^t  ber  auf  feinen  ©d^ultem  ftel^enbe  %l}oma^  Slquin  unb  über^auj)t  10 
bie  game  f>)ätere  fc^olaftifc^e  Sel^rtrabition  in  einem  getoiffen  8lb^ängigleit«berl^ältnifje  gu 
bem  gefeierten  Äanonim«  uon  ©t.  Sictor,  bem  „35iba«calug"  fd^led^ttoeg,  ober  bem  alter 
Augustinus  (au(^  Lingua  Augustini),  tvk  bie  belüunbembe  3lad)iüAt  ü}n  genannt  l^at. 
93gl.  bie  glänjenben  Sobft)rüd^e,  toelc^e  3afob  b.  Sitr^  (f.  b.)  i^m  fpenbet:  Inter  cano- 
nicos  s.  Victoris  nominatissimus  et  praecipuus  exstitit  citharista  Domini,  orga- 15 
non  Spiritus  S.,  Mag.  Hugo  — ,  qui  malogranata  tintinnabulis  coniungens 
[cf.  Exod.  28,  33  sq.]  exemplo  sanctae  conversationis  multos  ad  honestatem 
incitavit  et  melliflua  doctrina  ad  scientiam  erudivit,  multos  autem  aquarum 
viventium  puteos  ef fodiens  libris  suis,  quos  de  fide  et  moribus  tam  subtiliter  quam 
suaviter  disserendo  edidit,  etc.  (Hist.  occid.  II,  24) ;  aud^  %l)oma&  äqu.  Summ.  20 
Th.  II,  2,  qu.  5  a.  1:  „Quamvis  dicta  Hugonis  a.  S.  V.  magistralia  sint  et 
robur  auctoritatis  habeant''  etc. 

Über  §ugo«  äußere«  Seben  ftnb  ber^öltnigmäfeig  fj^ärlic^e  unb  teitoeife  fe^r  um 
fiebere,  toiba^j^ruc^oHe  SJad^ric^ten  überliefert.     Setreff«  fetner  ^erfunft  erfd^einen  bie 
Siogro^^en  immer  nod^  geteilt  jtoiff^en  ber  älnnal^me  ^lanbem«  unb  berjenigen  ©ad^feng  25 
ate  feine«  §eimatlanbe« ;  für  bie  erftere  SKeinung  (pflegen  im  allgemeinen  bie  franjöfifc^en, 
für  bie  le^tere  bie  beutfc^en  gorfd^er  ftd^  }u  entfd(>eiben.    3)ie  Senebiftiner  in  tome  XII 
ber  Histoire  litt^raire  de  la  France  Opari«  1830)  führen  ^aujjtfäc^^lic^  brei  3^Ö"iff<^ 
für  feine  flanbrifc^e  3lbfunft  an :  ba«  einer  alten  Stnd^iner  ^anbf(^rift,  toonac^  er  au«  bem 
territorium  Yprense  (alfo  nic^t  au«  3)})em  felbft,  toic  9?eanber  meinte,  fonbem  au«  so 
bem  ©ebiete  biefer  ©tabt)  ftammen  foH;  ba«  be«  ^ortfe^er«  t)on  ©igebert«  Gl^ronif,  9los 
bert«  be  SWonte,  ber  i^n  einen  Magister  lothariensis  nennt ;  unb  ba«  einer  §anbfd^rift 
bon  SKarc^ienne,  toeld^e  i^n  gleid^foll«  al«  Yprensi  territorio  ortus  bejeic^net.    SlUein 
t)on  biefen  breicn  Rmqm  entbel^ren  bie  beiben  lefeteren  jebe«  felbftftänbigen  SBerte«.    Slo« 
bert  be  üBonte,  beffen  2lngabe  fd^on  3KabilIon«  ©c^arfblidt  al«  au«  jenem  älteren  älnc^is  35 
ner  S3eri(^te  gefloffen  ernannte,  fd^rieb  erft  lange  nad^  ^ugo«  ^At,  beren  93erl^ältniffe  i^m 
nur  toenig  genau  me^r  befannt  fxnb;  unb  nod^  unjtoeifel^after  erfc^eint  bie  5Wac^ric^t  in 
bem  SKflr.  üon  ÜRard^ienne  al«  ber  Slnd^iner  §anbfd^rift  entnommen.    6«  bleibt  fomit 
im  ©runbc  nur  bicfe«  eine,    allerbing«  alte  3^9"'^  für  ba«  ßntftammtfein  §ugo«  au« 
ber  ?)j)rer  ©egenb  übrig.    ^\)m  fte^en  nun  aber  mehrere,  jum  teil  bon  einanber  unab^io 
gängige  unb  burc^  eine  eigene  2lu«fage  $ugo«  einigermaßen  begünftigte  3^^9"Hfc  gegen* 
über,  toelc^e  ben  berühmten  5!JlVftifer  bielmel^r  norbbeutf^er  ober  fäd^fifc^er  2lblunft  fein 
laffen.   ©4on  fein  ©rabftein  bezeichnete  i^n  al«  origine  Saxo,  unb  bafi  biefc  noc^^  mel^r* 
fa4  toieberfel^renbe  3lngabe,  toelc^e  ein  fpäterer  95iogra})l^  (Sboma«  CSargoniu«  bonSagna* 
caballo,  in  ber  Ed.  Veneta  ber  Opp.  Hugonis)  nod^  fd^ärfer  bal^in  jufj)i^t,  bafe  er  45 
„Saxo,  non  Gallus"  getoefen  fei,  nic^t  tttva  gemä^  jener  Weiteren  gaffung  be«  Segriffe« 
©ac^fen,  toonad^  bamit  ganj  2)eutf(^lanb  gemeint  tourbe,  ju  beuten  ift,  gel^t  mit  l^ol^er 
Sffia^d^einlic^Ieit  au«  ber  ben  Äonbentualen  bon  §amer«leben  bei  §alberftabt,  feinen  e^e« 
maligen  Slofterbrübem  getoibmeten  ©d^rift  $ugo« :  Soliloquium  de  arrha  animae  l^er* 
bor.    2)er  Prolog  biefer  ©(^rift,  mit  feinen  ©rufibefteUungen  an  mel^rere  einzelne  Älofter«  bo 
brüber  unb  feinen  fonftigen  erinnerungen  an  eine  einftige  3u9^^örigleit  be«  fed^ber«  }U 
bem  betreffenben  Äonüent,  beftätigt  fel^r  beftimmt  bie  auc^  burc^  fonftige  Duellen  be;ieuflte 
9ia4>ridbt,  monac^  §ugo  in  feiner  3ugenb,  unb  jh>ar  bi«  ju  feincni  18,  i^cbciK^jainc,  bic 
©c^ulc  biefe«  §amer«lebener  Älofter«  befud^t  l^at.    3)ie  2lnna^me  ber  fran,H^[ijcfHii  'l^ioc 
gro^jl^en,   bafe  ber   in  glanbem  ^eimifd^e  ^nabe  ober  3iüngling  bur4>  bernjanbtfc^afilic^e  r/» 
Sejie^ungen,   ^ttva  burc^  einen  al«  ärd^ibiafonu«  in  ^alberftabt   Ubmben  Clieittt,   jutii 
jeittoeiligen  Sefud^e  ber  §amer«lebener  ©d^ulc  beranla^t  toorben  fei,  ioitb  burd^  inancf?eilft 
©d^toierigfeiten  gebrüdtt.    9Jä^er  liegt  jebenfaß«  bie  annähme  einer  .^ertunft  ^mt^  0  ' 
einer  nä^er  bei  ^alberftabt  gelegenen  ©egenb.    ÜKit  il^r  ftimmt  aucf^,  wmn  rtd^tk  H^ 
ftanben,  eine  autobiogra))l^if(9e  Scoti)  $ugo«  in  feiner  Eruditio  didascalicai  i  Hjp^ 


438  $itgo  tion  @t.  Sictor 

„Ego  a  puero  exulavi  et  scio,  quo  moerore  animus  arctum  aliquando  pauperis 
tugurii  fundum  deserat,  qua  libertate  postea  marmoreos  lares  et  teeta  laqueata 
despiciat".  3Son  bcn  Haffifc|cn  SRemini^jcnjcn  in  biefcn  SBortcn  \pkUn  bic  „marmorei 
lares"  etc.  auf  eine  ciccronianifd^e,  bcr  ,, pauperis  tugurii  fundus'*   auf  eine  bergis 

6  lianifc^e  Stelle  an.  6«  barf,  tDegen  biefe«  J^otb^joetifd^en  ßl^araöerg  ber  ©teile,  hjeber 
eine  fel^r  arme  ätbftammunö,  nod^  eine  jel^r  toeite  SSerbannung  i^te«  Ur^eberö  gemutntafit 
toerben ;  fte  ftreitet  toeber  mit  jenen  5Wa^rici^ten,  bie  i^n  fäd^pfd^cr  8lbfunft  fein  laffen  — 
benn  jeber  frühzeitige  Übergang  jum  Äloftcrleben  fonnte  ate  ein  exulare  bejeid^net  h)ers 
ben  — ,  nod^  lt)iberjj)ric^^t  fie  ben  jtoar  f})äten,  aber  bod^  fel^r  beftimmt  lautenben  Slngaben 

10  alter  fäd^ftf^er  Quellen,  toonad^  ^ugo  bem  Ocfd^led^te  bcr  am  §arje  anfäfftgen  ©rafen 
bon  S3lanfenburg  unb  Slegenftein  angel^ört  ^abcn  fott  (f.  barüber  $.  3Keibom  a.  a.  D.); 
benn  aud^  ate  ©Jjröpng  eine«  fold^en  ®rafengefd^led[it«  lonnte  er  fel^r  leicht  ben  bic^teri- 
fd^en  9lu«brudf  tugurium  auf  fein  frü^jeitig  bcrlaffene«  (gltcrn^au«  antpenben.  (2B.  ^rc^ 
ger,  I  S.  229  l^ält  e«  nid^t  für  unmöglich,  ba^  bie  5Rotij   jener  9lnd^iner  ipanbfd^rift: 

16  Hugo  —  qui  ex  Iprensi  territorio  ortus  a  puero  exulavit,  urjj)rünglic^  au^  jener 
©teUe  ber  Erudit.  didäscal.  III,  20  gefloffen  fei  unb  bafi  il^r  Urheber  babei  einen 
Sefefe^ler  [Ypreti  ft.  tuguri]  begangen  l^abe.  S33äre  biefc  aUerbingg  fiil^nc  Jtonjeftur  bc= 
grünbet,  fo  toürbe  in  bcr  2^l^at  ba«  einzige  S3ebenfen,  ba«  man  gegenüber  bcr  oben  bers 
teibigten  annähme  öoni^ugo«  fäc^fifd^er  Stblunft  nodb  urgicren  fönnte,  gcl^oben  fein.    35ie 

20  fä(^ftfc^e  9lbftammung  $ugo«  Ratten  übrigen«  aud^  fd^on  Siebner  [©.  17  ff.  feiner  5Dtonog.] 

unb  6.  SBö^mer  in  ber  „35amari«"  1.  c.  berteibigt,  tpäJ^renb  ©d^neiber  (Slrtif.  „§ugo  b. 

©t.  S."  in  Slufl.  1  biefcr  6nc.  ftd^  übertoiegenb  für  feine  flanbrijd^e  ^erfunft  au«fj)rad(>). 

©eboren  um  1097,  öeriueilte  ^ugo  eth)a  bi«  in  fein  18.  £eben«jal^r,  alfo  bi«  um 

1115,  im  Äonbent  gu  §amer«leben.    Über  fein  äuftere«  ©rgel^en  toäl^renb  biefer  ©c^ul» 

25  geit  toiffen  toir  nid^t«;  too^l  aber  l^at  er  felbft  bie  Sfei^begierbe  unb  ben  ©ifcr,  h>omit  er 
fd^on  bamate  feine  Äenntni«  nad^  allen  ©eiten  l^in  ju  ertocitem  bemül^t  toar,  auf  interd^ 
fante  SBSeife  gefc^ilbert.  3n.  33  V,  c.  3  feiner  Erud.  didasc.  erjäl^lt  er,  er  l^abe  afe 
Änabe  ft^  bic  Benennungen  attcr  3)inge,  bie  il^m  in  ben  ©inn  lamen,  aufgefd^rieben,  um 
beren  ©inn  feftjuftellen;  ftd^  beögleid^en  im  Singreifen  unb  )iBerteibigen  beftimmtcr  ©ä^c 

30  geübt.  5Dlit  Rol^len  f^abt  er  geometrifd{>e  ?Jiguren  auf  ben  Soben  gejeic^net  unb  be«  3la(i^i^ 
bie  ©eftime  beobachtet.  2)urd^  abgemeffene«  Slufft^annen  bon  ©aiten  auf  ein  ^olg  Ij^abc 
er  fid^  eine  2lrt  bon  §arfe  J^ergefteUt,  um  ba«  ©el^ör  für  bie  SJifferenji  ber  2^öne  au^ju^ 
bilben  k.  —  6«  tvar  tool^l  toefentlic^  bicfe  rege  SBi^egierbe  be«  9iwn9li"0^/  tooburd^  ber^ 
felbe  um  1115  ju  einer  Steife  nad^  ^anrreid^  belogen  tourbe,  auf  bcr  il^n  jener  D^eim, 

86  Slrc^iibiafonu«  §ugo  bon  ^alberftabt,  begleitete.  3)urd^  ben  lüiffenfd^aftlid^en  9luf  bcr 
^arifer  Äloftcrfc^ule  ju  ©t.  SSictor,  auf  ber  and}  fein  bi«l^eriger  geiftlid^cr  33orgefe$ter, 
äifc^of  Slcinl^arb  bon  §alberftabt,  früher  einen  Seil  feiner  t^eologifd^en  Slu^bilbung  er= 
l^alten  l^atte,  liefe  er  fxi)  an  bie  franjöfifc^e  §aut)tftabt  feffeln  unb  trat,  toie  aud^  jener 
O^eim,  in  bie  ^affl  ber  reaulären  Äanonifer  be«  1^.  Sluguftinu«  bon  ©t.  Sictor  ein.  ^laä)- 

40  bem  er  unter  Leitung  be^  W)M  ©ilbuin  (f.  o.,  bei  ben  2itt.s2lngaben)  fotoie  be«  ^rior^ 
unb  ©tubienborftel^er«  Jl^oma«,  5Rad^folger«  be^  berül^mten  SBill^elm  bon  ß^amt)eauj, 
ettoa  anbert^alb  3ifl^Q^^«i«  long  SRitglieb  biefe«  Äonbent^  getoefen  h)ar,  mürbe  er  feiner 
l^erborragenben  Äenntnige  unb  Sel^rbegabung  toegen  5Rad^folger  bicfe«  3^l^oma«  ali^  Seiter 
bcr  Älofterfd^ule.   S)ie  SBürbe  eine^^rior«  erlangte  er  nid^t;  bo(^  mufe  ber  ©influfe,  bcn 

46  er  toöJ^renb  feiner  ettoa  Sjä^gcn  3:i^ätigfeit  ale  ©c^ulborftel^er  auf  bie  blül^enbc  Se^ran^ 
ftalt  übte,  ein  bebeutcnber  getoefen  fein.  6«  crl^cllt  ba«  teite  au«  bem  §erborgcl^en  fo  be* 
beutcnber  ©d^üler  tuie  Slbam  unb  Slid^arb  bon  ©t.  SJictor  au«  feiner  ©c^ule  (bgt.  in  be= 
treff  be«  erfteren  namentlid^  S.  ©auticr  1.  c,  tocgen  bc«  le^teren  bie  SKonogr.  bon  ©ngcl^ 
l^arbt,  Erlangen  1838),  teil«  an^  ben  ©jjuren  einer  tDcit^in  ftd^  erftredfenbcn  unb  ange* 

60  fel^cnen  2öirffamfeit  im  Äreifc  feiner  S^tgenoffen,  toel(^e  fein,  leibcr  nur  \päxl\d)  erl^altencr 
S3riefn)cc^jel  ^n  er!cnnen  giebt.  SKit  ocm  1^.  Sem^arb  bleibt  er  bi«  an  fcinßnbe  in  regem 
SBcrle^r ;  einen  Äird^cnfürften  be«  maurifc^en  ©Jjanien«,  ben  erjbifd;of  3i0^ann  bon  ©ebiUa, 
fteHt  er  toegen  bcr  falfAcn  Älugl^eit  jur  SRcbc,  bur^  toelc^e  berfelbe  ben  mul^amebanifd^en 
§crrfd^em  gegenüber  fic^  jur  Verleugnung  G^rifti  i)attz  berlciten  laffen  k.    3"  Sufents 

66  galten  aufeer^alb  feine«  itloftcr«  fd^eincn  Drben«gc)d^äfte  i^n  nur  feiten  bcranlafet  ju  l^abcn ; 
fo  einmal,  al«  er  im  auftrage  be«  Äönig«  Subh)ig  VII .  bem  Älofter  ÜJlorigni  bie  2Ba^l 
eine«  neuen  3lbte«  ju  bermittcln  l^atte  (1139).  ©eine  förj)erlid[^c  Jtonftitution  h)irb  al« 
eine  ^arte  unb  gebrechliche  gefc^ilbert,  um  beren  toiHen  er  auc^  an  affctifc^cn  ^Wortiftfa- 
tionen,  namcntlid^  ©elbftgeifeelungen,  Weniger  al«  bie  33orfc^>riften  feine«  Drbcn«  bie«  er« 

eoforbcrten,  teilnel^mcn  lonnte.    ©einen,  ber  gefw^tften  angäbe  jufolgc,  fc^on  1141,  am 


$ttgo  Hott  <Bt  Skior  439 

11.  ^br.,  erfolgten  %oh  fc^ilbert  fein  Drbcn^bruber  Oöbert,  bcr  i^m  nad)  abgelegter 
Seichte  bie  le^te  Äommunion  reichte,  ol^  einen  in  finblid^em  ©lauben  erfolgten  unb  fel^r 
erbaulic^^en.  ©ine  fagcnl^afte  9iotij  über  fein  ®nbc  in  einem  äBiener  ßooej  auö  bein 
15.  ^ai)xi).  (9?r.  273  ber  I.  I.  SBibliotl^ef)  läfet  i^n  bie  unlonfefrierte  §oftie,  toelc^e  man 
il^m  anfangt^  betrügerifd^er  SBeife  l^atte  reichen  tooHen,  fofort  burc^  ben  ®eift  aU  folc^e  6 
erfennen  unb  jurürftoeifen  mit  bem  9lufe:  „Cur  me  fallere,  fratres,  voluistis?  Iste 
non  est  Dominus  meus  Jesus  Christus."  21U  @J)ita>)^ium  toibmete  man  i^m  bie 
3Serfe:  „Conditus  hie  tumulo  doctor  celeberrimus  Hugo,  Quem  brevis  eximium 
continet  urna  virum,  Dogmate  praecipuus  nullique  secundus  amore,  Claruit 
ingenio,  moribus,  ore,  stylo".  lo 

S)ie  jiemlid^  ja^lreic^en  ©c^riften  §ugo«,  mit  beren  Slbfaffung  er  teiltpeife  fd^on  in 
feiner  9iwö^*^^i^^  J"  §amerdleben  begonnen  ^aben  foU,  laffen  fxd)  ni(^t  mit  {^inrei^enber 
Sid^er^eit  ftreng  (|ronologif^  orbnen.  2)o(^  ftc^t  too^l  fo  t)iel  feft,  bafe  bie  me^r  ein^ 
feitig  m^fttfd^  gerichteten,  toie  bie  brei  jufammenge^örigen  liraftate:  De  arca  morali; 
De  arca  mystica  unb  De  vanitate  mundi  (MSL  t.  176,  p.  618—742),  bie  ^omis  i6 
lien  jum  fto^etet  k.  im  allgemeinen  einer  frül^eren  ^eriobe  gujutoeifen  finb,  toäl^renb  bie 
jugleid^  ben  fd^olaftifc^en  unb  enc^HojJÖbifc^en  JJaftor  feiner  ©tubien  ju  reicherer  ßntfat 
tung  bringenben  jt^ftematifd^en  ßaujjtloerte,  h)ie  bie  Eruditio  didascalica  (M  176,  p. 
741—840)  unb  befonber«  ba^  feerf  De  sacramentis  fidei  (f.  S3b  173—619),  beögleic^en 
ber  tieffmnig  geleierte  Äommentar  über  bie  Hierarchia  coelestis  be«  Slreojjagtten  (t.  175, 20 
p.  923—1154)  in  bie  fj)ätere  unb  reifere  3rit  feiner  enttoidfelung  gehören.  S)a^  Clement 
m^ftifc^er  ©>)efulation  erfc^eint  biefen  fj)äteren  SQäerfen  öon  fd^olaftifd^^f^ftematifc^er  Slm 
läge,  ä^nlid^  tuie  bie«  auc^  bei  feinem  ©c^üler  Slid^arb,  bei  albert  bem  ©ro^en  u.  a. 
m^ftifd^-fd^olaftifc^en  2:^eologen  ber  golgejeit  ber  %qü  ift,  mel^r  äu^erlid^  eingelegt  unb 
gleic^fam  an  beftimmter  ©teue  eingefc^altet,  afö  berartig  einberleibt,  ba^  e«  bie  ganje  ©ar«  26 
ftellung  burd^bränge  unb  J)rinji<)ieu  bel^errfd^te.  Dl^ne  3*^^if^I  ^«*  ^  ^'^^er  gerabe  biefer 
eigentümlic^feit  feinen  großen  unb  na^l^altigen  einflu|  auf  bie  ©ntluidelung  beiber,  ber 
fd^olaftifd^en  toie  ber  m^ftifd^en  Sitteratur  ftjöterer  %üt,  ju  banfen  gel^abt.  —  ®ieges 
tifc^c  ©d^riften  §ugo«,  teite  in  jüngeren,  teifö  in  reiferen  ^ai^ren  berfafet,  gelten  ben 
m^ftifd^^-affetifd^en  unb  ben  f^ftematifc^en  in  beträc^tlidjjer  Rai}l  jur  ©eite.  SSel^errfd^t  öon  ao 
ber  SKct^obe  be«  breifac^en  ©d^riftfmned,  getoäl^ren  fie  foft  nur  ein  jjraftifd^erbaulid^eg 
Sntereffe  unb  erfc^einen  über^auj)t  ate  bie  am  toenigften  originellen  feiner  ®eifte«fd^ö})fungen. 
©0  bag  tfagogifd^e  ©c^riftd^en:  Praenotatiunculae  de  scripturis  et  scriptoribus 
saeris  (MSL  t.  175,  p.  9 — 28);  fo  ber  ^cntateuc^Iommentar  Annotationes  eluci- 
datoriae  in  Pentat.  (ebb.  p.  29—86 ;  —  mit  au«fü^li(^er,  l^auj)tfäd^li(^  auf  Seba  b.  86 
6^rh).  geftüfeter  Slu^legung  ber  fd^ötofung^  unb  ^arabiefe^efd^id^tlid^en  3lbf(^nitte  ber  ©e* 
neft«  —  togl.  barüber  S^iltt,  ©efcpid^te  ber  Sejiel^ungen  jtoifd^en  2:i^cologie  unb  9Jatur* 
toiffenfd^aft,  93b  I,  1877,  ©.  401—404);  fo  äl^nli(^e  Annotationes  elueidatoriae  ju 
ben  93S  ber  Stid^ter  u.  ber  Könige  (ebb.  p.  87 — 114);  femer  eine  Sluölegung  ber  bier 
erften  Äajjitel  be«  Äo^elet^  in  19  §omilien  (ebb.,  p.  113—256),  ein  aUegorifd^^m^ftifc^er  40 
Kommentar  ^u  ben  Älageliebem  (ib.,  p.  255—322),  fotoie  ein  mel^r  litteral  gel^altener 
ju  ^od  unb  Dbah'ia  (p.  322—406)  2c.  aJlel^rere«  anbere  ift  berbäd^tig,  toie  ^.  S3.  bie 
Quaestiones  et  decisiones  in  Epistolas  D.  Pauli  (t.  175,  p.  431—634;  —  ber« 
teibigt  jtoarüon  ber  Hist.  litt,  de  la  France,  aber  unter  SQ3iberft)ruc^§auröaug  [Oeuvres 
etc.,  p.  27— 32J,  ber  fxe,  unter  guftiw^wiung  aud^  3)enifle«,  irgenb  einem  ©c^üler  $ugog  45 
jutoeift,  ol^ne  inbe^  bie^  Sertoerfunggurteil  bi^  je^t  ju  aflfeitiger  3lnerfennung  gebrad^t  ju 
i^aben;  benn  Äilgenftein  [©.  26—29]  tritt  toieber  für  bie  ®d^tl^eit  biefer  Queastt.  ein. 
8luc^  bie  Summa  sententiarum,  ctng  ber  bogmatifc^en  ^aui)ttoerte  $.g,  l^at  neuer« 
bingg  2)enifle  (befonberg  geftü^t  auf  ein  gegen  Äugo^  Serfafferfdbaft  lautenbe«  3^9"»^ 


be^  SRobert  ü.  3Kelun,  fotoie  auf  einen  S^eil  ber  ^bjf.)  unferem  Slutor  abjufjjrec^en  toer^  00 
fud^t,  jeboc^  unter  erfolgreid^em  SBiberfjjrud^  ®ietl«  u.  Äilgenftein«  (f.  0.),  todcbe  nur  ben 
©4lufe  (Tract.  VII,  de  sacramento  coniugii,  p.  153-172  M)  al^  uikc^Umi  Huf^^ 
j)rei^ebcn,  im  übrigen  aber  bag  SBerf  afö  eqt^ugonifc^  fejtf?a(tcit  unb  ben  Uniftaitb, 
bafe  bie  brei  erften  Sudler  fic^  (unter  bem  3^itel„Tractatits  tbeologicus^')  au43  bei  ben 
Söerfen  .^ilbebert^  finben,  mit  Siebner,  §aur6au  2C.  au^  ein«:  bei  btefctu  ktjta'cn  i^c^tift^  ss  ^ 
ftetler  ftattge^abten  SJälfd^ung  erllären.  —  ®emif(^ten  ß^araltct^,  b.  f^.  fo  bc[d;affen|^' 
aui  j)fcubo=«öugonifd9er  Umgebung  manche«  ©c^te  ^  berauikbm  Iä|t,  nü^gcn  iuti 
noc^  manche  ber  unter  ^.^  Flamen  überlieferten  SBerie  fein,  ^k  ^Scrfafjct  bet 
litt,  de  la  France  folüte  §aur^u  l^aben  fid^  ber  ätbeü  be^  lu^abenS  \o\di)<i  ' 
eifrig  angenommen  unb  l^ier  u.  ba  tocrtbolle  ©tüdfe,  bie  al^  un«(?t 


440  $itgo  tiott  @t.  Sktor 

miert.  ©o  fmb  \)on§auveau  (p.  216f.)  bic  unter  ben  MisceUaneorum  libri  (einet  um- 
fänglid^en,  ijicle^  SRJertlofc  umfc^Keficnben  ßornt^ilation  im  ©c^Iu^banb  bcr  äücrte,  MSL 
177,  p.  469—900)  bcfinblid^en  Annotationes  elucidatoriae  in  quosdam  Psalmos 
aetpi^  mit  'St^t  unferem  2lutor  t)inbijiert  toorben  •  bte  rij^tige  ©teile  biefe«  ©c^riftftüdf^ 

6  ^ätte  alfo  in  t.  175,  hinter  bem  Äomment.  j.  Slid^t.  u.  Äön.  fein  muffen.  2lud^  nimmt 
berfelbe  Äritifer  (p.  33—54)  tpol^l  mit  Siedet  an,  bafe  in  ben  bonSMigne  unter  bie„Exe- 
getica  dubia"  ö^P^^^^  Allegoriae  in  Vetus  et  Novum  Testamentum  (t.  175, 
p.  633—924)  ftc^  mel^rere«  Sd^tc  bepnbet,  nämlid^  nic^t  blo^  ba^  Opusculum  de 
quinque  septenis  unb  bie  Explanatio  in  Canticum  Mariae  Luc.   1   (»gl.  t.  175, 

10  p.  405 — 432),  fpnbem  au^erbem  and)  eine  Expositio  Orationis  domimcae  (unter  ben 
Allegoriae  in  S.  Matth.  ftel^enb:  1.  c.  p.  774—789),  toorin  in  SJerbinbung  mit  bcr 
©rläuterung  be^  3>"^fll*^  *^^  P^^<^"  Sitten  eine  SBamung  öor  ben  fteben  §auj)tlaftem  ge- 
geben toirb.  S)a^  3^9"^^  berfc^iebener  alter  §bff.  unb  auc^  ber  älteren  2)ruc!auggaben, 
tDO  biefe  3Saterunfer=6rflärung  ate  befonbere^  opusculum  fte^t,  fj^rid^t  gegen  bie  SScr^ 

16  urteilung  afö  unc^t ;  auc^  ftimmt,  h>a^  barin  über  bie  Siei^enfolge  unb  Sebeutung  ber 
vitia  principalia  gelehrt  toirb,  mit  ber  S3el^anblung  beffelben  Se^rftüdf^  in  De  sacra- 
mentis  fidei  II,  13  im  toefentlid^en  überein,  toäl^renb  bagegen  bie  Weitere  parallele  )u 
biefem  iie^rftücf,  toeld^e  ber  aixd)  nai)  §aur^u^  Slnnal^me  nic^t  öugonifc^e  Libellus  de 
fructibus  carnis  et  Spiritus  (M.  1. 176,  p.  997  sq.)  bietet,  bemerf engtuerte  2lbtoetc^ungen 

20  bon  beiben  geigt  (bgl.  3*^^'^/  ^^^  P^^^^  §au^)tfünben  [in  „S3ibl.  u.  Sürc^enl^iftorifc^e  ©tu= 
bien",  ÜKünd^en  18931,  ©.  62  f.,  too  ba«  über  bie  Expos.  Orat.  dorn.  (Seurteilte  ge^ 
mä^  ber  borl.  Semerlung  ju  berid^tigen  ift).  —  ^u  ben  fic^er  uned^ten  SBerlen  gehört 
bieüRe^rja^l  ber  bom  neueften  Herausgeber  in  ben^nl^ang  (M.  t.  176,  p.  1019  sq.  unb 
t.  177)  geseilten  SCraf täte  bogmatifd^en,  aSfetifd^en  u.  bermifd^ten  ^jn^t^  —  toobon  me^^ 

25  rere  auSbrüdflic^  mit  ben  SJamen  anberer  SSerfaffer  berfel^en  finb  (fo  De  claustro  animae 
U.  IV  unb  De  bestiis  et  aliis  rebus  11.  IV  bon  §ugo  be  golieto ;  De  caeremoniis, 
sacramentis  et  officiis  ecclesiasticis  bom  ^rteftcr  Stöbert  ^aululuS  }u  älmienS),  anbere 
burc^  i^re  ©d^eibtbeife  ebenfofel^r  tbie  burd^  il^ren  Se^ge^alt  il^re  anbertoeite  ©ntftel^ung 
benaten  (j.  93.  bie  am  ©(^lu^  beS  3.  S3bS  fte^enben  100  Sermones,  bie  ©c^riften  De 

80  medicina  animae,  De  anima  11.  IV,  Apologia  de  verbo  incarnato  —  biefe  le^terc 
bon  Dubin  bem  ^ol^anneS  GornubienftS  jugefc^rieben,  bagegen  bon  ^aur^au  p.  192  sq. 
bemfelben  abgefj^rod^en  unb  irgenbtoeld^em  unbefannten  3lutor  ber  Mi  md)  $ugo  juge* 
toiefen).  —  3"  ben  beftrittenen  ©(^riften  gel^ört  aud^  bie  in  jiemli($^  bielen  §bff.  bem  §. 
beigelegte  SBeltd^ronil,  betitelt  Liber  de  tribus  maximis  circumstanciis  gestorum, 

86  id  est  personis,  locis,  temporibus,  unb  beftel^enb  in  c^ronologifd^en  Xafeln,  toeld^e 
juerft  einen  fummarifd^en  Slbri^  ber  SBeltgefc^^id^te  bon  9lbam  bis  (S^riftuS  bieten,  bann  — 
m  jtbei  5ßarallelfolumnen,  überf daneben  ,,Pontifices"  unb  „Imperatores**  —  ben 
©^n(^roniSmug  ber  d^riftli(^en  ©efc^ic^^te  Vxü  gegen  baS  ^af)x  1035  borfü^ren  (nebft  einer 
bon  anberer  §anb  l^errü^renben  JJortfe^ung,  toeld^e   bis  gegen  1200  rei(^t).    2)a  fd^on 

40  Sllberic^  be  2^roiS-gontaineS  auS  biefer  ßl^ronil  ßitate,  unb  gtoar  unter  §ugoS  b.  ©t.  93. 
Flamen  bietet,  läjt  i^re  6d;tl^ett  fid^  bertetbigen;  h)ie  bieS  benn  auc^  bon  §aur6au  (1.  c. 
p.  187  SS.,  fotbie  im  Journ.  des  Savants  1886,  Avril)  gefd^el^en  ift.  dagegen  fpric^t 
bie  Hist.  litt,  de  la  Fr.  biefeö  2^abellentbcrl  (h)el(^e^  auc^  in  ben  neueren  2lu!^g.  ber 
opp.  Hugonis  fel^lt)  bem  93ictoriner  ab;  äl^nlid^,  toie  e«  fd^eint,  SBattenbac^,  SDeutfc^s 

4ß  lanbg  ©efc^id^t^quellen  k.  •  II,  466  („ba^  magere,  §ugo  b.  ©t.  $8.  jugefc^riebene  (Sje^ 
rit)j)e  ber  äüeltgefd^id^te"  2C.)  fotoic  au^  SQ3ai$,  h)el(^er  lefetere  in  MGS  t.  XXIV  eine 
frit.  Stertau^gabe  be«  SQ3er!c^en«  famt  feiner  ^ortfe^ungen  bi«  1200  bietet  (p.  88—101, 
bor  bem  äf)i\l\6)  gearteten  Catalogus  Imperatorum  et  Pontificum  Romanorum 
Cencianus). 

50  3!)er  mbftifd;e  gbeengang  §ugo«  erfc^eint  burd^toeg  bel^errfc^t  unb  getragen  bom  ®e= 
banfen  eine«  breiglieberigen  ©tufenfortfd^ritt«  be«  m^ftifc^en  ßrfennen«,  eine«  6nH)orftei= 
gen«  ber  ©eele  auf  breien  ©tufen  ju  immer  boHerer  ©rtenntni«  unb  ©rfoi^rung  ber  gött^ 
lid^en^inge.  ©c^on  in  ber  Einleitung  ju  jenem  Äo^eletl^-Äommentare  unterfc^eibet  er  brei 
©tufen  be«  ©c^en«  ber  bemünftigen  ©eele :  cogitatio  (Äonjet^tion  mittel«  finnlic^jer  9}or- 

66  ftellung),  meditatio  (??ac^forfd^en  nac^j  bem  berborgenen  ©inne  be«  Äonji})ierten),  con- 
templatio  (bie  erreichte  unb  freie  ©infic^t  in  ba«  3"^^^^  ber  2)tnge).  35a«  logitatibc 
©el^en  bergleid^t  er  toegen  ber  e«  begleitenben  Unruhe  einem  noc^  fd^toierig  unb  trübe,  mit 
qualmenber  flamme  unb  9lauc^  brennenben  geuer,  ba«  mebitatibe  (fpefulatibe)  tbegen  ber 
burc^  e«  erzeugten  june^menben  93eh)unberung  einer  fc^on  reiner  brennenben  glamme,  ba« 

60  !ontemt)latibe  um  ber  ©ü^igfeit  feine«  ©eniejen«  tbillen  einem  ^ucr  ol^ne  flamme  unb 


^ttgo  t)9n  @t.  Stctor  441 

Slaud;.  —  B)^äicx,  in  jenen  beni  Äönigc  Subtoig  VII.  öeh>ibnieten  Annotationes  eluci- 
datoriae  in  Dionysium  Areopagitam  de  coelesti  hierarchia  (1.  III,  5,  2).  ]d^\U 
bert  er  bic  brei  m^ftifc^en  (Stfenntniöftufen  unter  einem  anberen  Silbe.  3)er  9Jlenf$,  leiert 
er,  f)at  ein  breifac^e^  ^u()e:  ba^  beS  ^(eifd^e^,  bad  berSSemunft  (mens  ober  ratio)  unb 
bog  ber  Äontemj)Iation.  Son  ilf^nen  ift  ba«  erfte,  jur  3Bal^melS>munö  ber  äußeren  Sitnge  5 
bienenbe,  burd^  ben  StinbenfaH  am  toenigftcn  affijiert,  \>a^  jtoeite,  h>obur(^f  toir  unf er  ^nnere^ 
fdjiauen,  fc^toac^  unb  getrübt,  ba«  britte,  Oott  unb  bie  göttlichen  3)inge  betreffenbe,  ganj 
Minb.  35en  brei  2Ba|md^mung«organen  entft^rec^en  bie  brei  ^rinjijjien:  3Waterie,  Seele 
unb  ®ott.  3lur  toer  ben  (Seift  ®otte«  in  fic^  aufnimmt,  belommt  bag  äuge  ber  S3c* 
trac^tung  aufget](^an  unb  fd^aut  bann  ®ott  auf  unbefc^reiblid^e  SSeife,  ald  in  i^n  3Sers  lo 
fester,  feiner  fcligen  ®egenh>art  gel^eimni^bott  teilhaftig  ©emad^ter.  —  3lo6)  in  berfdjfies 
benen  anberen  feiner  m^ftifc^en  Schriften,  h?ie  in  jener  Irilogie  De  arca  morali, 
mystica  etc.,  in  bem  Soliloqulum  de  arrha  animae,  u.  f.  f.,  aber  auc^  in  ben  bog^ 
matifc^en  §au}3th?erlen  fe^rt  baig  areojjagitifc^e  St^^ema  bon  ben  brei  Stufen  be«  2lufs 
fteigen«  gu  ©ott,  i?erfc^iebentlid^  abgetoanbelt  unb  belogen,  toieber.  So  h>erben  jutoeilen  i6 
ber  cogitatio  unb  meditatio  ald  äSorftufen  bed  Sd^auend  nod^  anbere,  auf  ben  ©ebrauc^ 
ber  Kr^lic^cn  3KitteI  bejüglid^e  Sorftufen  jur  (gr^ebung  in  ba«  ©öttlic^e  angefügt  ober 
l?ielme^r  fubfumiert;  fo  ber  cogitatio  bie  lectio,  ber  meditatio  ba^  S3eten  unb  bie 
fromme  Übung  (oratio,  operatio).  ^n  jenen  Slrd^en-Iraltatcn  h>irb  ber  Sergleit^f  ber 
3lrc^e  3floa^  balb  mit  ber  Äirc^e  im  ganjen,  balb  mit  ber  Seele,  toie  fie  auf  ben  SßJogen  ao 
ber  SBelt  ^u  ®ott  j^infd^ifft,  balb  mit  berfelben,  toie  fie  feiig  in  ®ott  rul^t,  burd^gefü^rt, 
u.  f.  f.  Überall  toirb  bem  Il^eoretifc^en  ba^  5ßraltifc^e,  bem  m^ftifd^  Subjeftiben  boiS 
lird^Kc^  Dbjeltibe  l^injugefeHt.  3)a«  Jjant^eifierenbe  Element  ber  älteren  m^ftifc^en  2:rabi« 
tion  erft^feint  überatt  möglid^ft  au^eft^fieben ;  e«  ift  burd^toeg  ein  in«  fird^lid^  Drt^oboje 
umgebogener  äreojjagitiömu«,  ben  i^ugo  ba  le^rt,  too  er  fidf^  borjug^toeife  an  bie  Sjjehis  26 
lationen  be«  ^Pfeubobion^«  anfdjilie^.  2luc^  in  berartigen  Sd^ilberungen  be«  fontemjjla« 
tiben  ©ingtoerben«  mit  ®ott  ober  be«  Sc^medfen«  ber  ®ottl^eit,  too  bom  böDigen  äer* 
nid^tettoerben  be«  menfdjilic^en  Selbfl,  bom  Slufgel^en  be«  3^^  i"  ®^^  ^c.  bie  iRebe  ift, 
barf  leineStoeg«  eine  J)antl(^eiftifc^  gemeinte  SSorftellung  erblitft  tocrben. 

3tt  ben  breiteften  Slapmen  religiö«*h>iffenfc^aftlic^er  SÖäeltanftd^t  eingefügt  erfc^^eint  ao 
§ugo«  mvftifdjie  2:^eorie  in  bem  enc^flojjäbifd^en  SBerfe,  h>orin  er,  ben  St)uren  ^[xhm^ 
b.  Sebitta,  §rabang  (De  universo)  unb  §onoriuS'  b.  Slutun  (Imago  mundi)  nadjigel^enb, 
eine  gufammenfaffenbe  Überfielt  über  ba«  ®anje  ber  toeltlidjien  unb  geiftlit^^en  ffiJiffen* 
fd^aften  px  bieten  berfudjit.  3)ie  erfte^ölfte  biefe«  SBJerfe«,  ber  Eruditio  didascalica  ober 
be«  Didascalicon  de  studio  legendi(M.  1. 176,  p.  741— 840),  geh>äl^rt  in  brei  Suchern  86 
einen  Überblidf   über  bie  toeltlid^en   ober   emj)irifc^en  SQäiffenfc^aften,  iüä^renb  bie  jtbeite 
ßälfte  in  brei  Weiteren  Sudlern  eine  2lrt  bon  (Einleitung  in  bie  ^eil.  Sd^rift  unb  in  bie 
Äird^engefc^id^te  giebt.  3)a«  in  mel^reren  ausgaben  biefen  fec^«  Sudlern  beigegebene  fiebente 
S3ud^,  mit  ber  befonberen  Überfc^rift  De  tribus  diebus    (genauer:   De  opere  trium 
dierum  ober :  De  creatione  primi  hominis)  bilbet  bielme^r  einen  felbftftänbigen  m^fti«  40 
fd^en  2:raltat,  ber  ba«  äuffteigen  ber  menfd^lidjien  ©rfenntni«  bon  ber  Betrachtung   ber 
Äreaturen  gur  göttlichen  irinität  leiert.  —  äu«gef^enb  bon  ber  2öei«^eit  al«  bem  Urgrunbe 
aller  SBiffenfd^aft,   teilt  ber  erfte   ober  J)rofan-encVlloj)äbifd^e  2:eil  ba«  ©efamtberei^   be« 
SBiffen«  in  bie  (Sebiete  ber  ^Int^ßifl^J  ober  be«  ^ö^eren,  ber  Scienj   ober  be«  nieberen, 
unb  ber  Sogif  ober  be«  formalen  SBiffen«.    35ie  le^tgenanntc  aSiffenfc^aft,  ber  bie  3ln*  46 
leitung  ju  richtigem  3)enfen  unb  Sj)red^en  obliege,  muffe,  obfc^on  erft  al«  le|te  bon  aßen 
erfunben,  boc^  juerft  unb  al«  ©runblage  für  auc  übrigen  gelehrt  tberben;   ftc  befaßt  in 
fidji  ba«  2:ribium:  ©rammatif,  9llS>etoriI,  3)ialeftif.    2)a«  (Sebiet  ber  3;ntclligenj  ober  be« 
^öl^eren  2Biffcn«  fc^liefet  einen  tl^eoretifc^en  unb  einen  j)raftifc^=et^ifc^en  ^aiH)tteil   in   fic^, 
tbobon  ber  Untere  in  bie  (Jt^il,  Öfonomil  unb  i^olitif,  ber  erftere  aber  in  bie  2^^eologie,  60 
bie  SKat^ematif  unb  bie  5ßl^^ftl  jerfällt;   ber  3Jlatl^ematif  fjjejicll  toirb  ba«  Quabribium: 
ärit^metif,  a)iufif,  ®eometrie  unb  äftronomie  al«  aQ3iffen«bereid^  jugetoiefen.   3)a«  ®ebtet 
ber  ©cienj  enblidji,  ober  ba«  nicbere  toiffenf^aftlic^e  93ereic6,  au*  äJfed^anif  «genannt,  btt 
fa|t  bie  Se^re  bon  ben  Äünften   ober  ®etoerben   in    fidi,   unb    pvax   ]\x}\d\   imx   ficbfn 
Äünftcn :  SBeberei,  ©cf^miebefunft,  ©d[|iffa^rt«Iunbe,  2ltf erbau,  ^agb,  ^Biebi,\in  unb  Sc^aii* . 
fj)ieltunft.    §ugo  bringt  fc^r  eifrig  barauf,  bafe  mait  ficf>  bie  tllenieittc  bieiet  etnv*^;fff*cii 
SliJiffenfdjiaften  ju  eigen  mad^e;   e«  gelte,   gleid^  bni  IsVlha^prdcni  fieben  ^a^u  auf  ba« 
§ören  unb  Semen  ju  bertoenben,  bebor  man  j^ur  ^iaUitif  tibcvgei^e ;  e€  fjelfc  n^t§^  ba^ 
man  einen  berühmten  3)iann  jum  Se^rer  gel^abt  babc,  nur  bur^j«  9Üiji;>abct 
jur  ®ele](?rfamleit.    3)ie  3)emut  fei  Slnfang  unb  Öninb  olle«  3üifjm#i-_ 


442  $ttg0  t^on  St  Stctor 

h)crte«  bürfc  man  öcring  ad^tcn,  Don  icbent  müRc  man  gern  lernen,  leinen  bürfc  man, 
aud^  tüenn  man  \>\d  toiffe,  toerad^ten  k. —  3)ie  in  ben  brei  legten  Sudlern  gebotene  t^eo- 
Iogi{^'ene^{(o))äbtfd^e  Überftd^t  fd(|lie^t  in  il^ren  aDgemeiner  gef^altenen  met^obologifd^en 
Slatfd^Iägen  fic^  ^aiH)tfäd[iüc^  an  ßajfiobor  unb  ^[(t>ox  an,  in  ben  bie  biblif^e  6inleitungg= 

6  toiffenfc^aft  betreffenben  äbfdjinitten  folgt  fie  befonber«  bem  §ieron^mu^.  Oeftü^t  auf  bie 
Autorität  biefe«  Äird^enl?ater^  fc^eibet  §ugo  jc^arf  jh)ifd^en  at)ofr^J)^ifd^en  unb  fanonifc^en 
Südjiern,  mad^t  aud^  fonft  mand^e  unbefangene  gefd^id^tlid^e  Semertung  unb  erflärt,  tro^ 
feine«  gf^ftlffalten«  am  breifadjien  ©d^riftftnn,  ben  ^iftorifd^en  Sinn  für  ben  überall  not^ 
toenbigerVoeife  XU  ßJrunbe  gu  legenben:   „si  litera  toUitur,  scriptura  quid  est?"   ruft 

10  er  au«.  33ead9ten«h)crt  fmb  feine  Jjramfcbsetl^ifc^en  Semerfungen  über  SBert  unb  ^to^d 
be«  ©cf^riftftubium«.  (gr  unterfd^eibet  brei  Älaffen  \>on  ©d^riftforfc^em :  bie  3:^oren,  h)elc^e 
burd^  ba«  Sibelftubium  )u  SReid^tum  unb  (S^enftetten  gelangen  tooHten ;  bie  Unüorfidjitigen, 
h)eld^e  nic^t  bom  l^eilbringenben,  fonbem  nur  bom  tounberbaren  gn^^ölte  ber  l^eil.  ©(^^rift 
anQ^OQtn  h)ürben ;  enblid^  jene  allein  loben^toerten  ©c^riftlefer,  bie  fic^  jur  33eranth>ortung 

16  il^re«  ®lauben«,  jur  SBibertegung  ber  2öa^r^eit«feinbe,  jur  33elel^rung  ber  Untoiffenben 
unb  jur  immer  boßftänbigeren  ©rgrünbung  ber  ©el^eimniffe  ®otte«  in  ba«  SBort  be« 
Sebcn«  bertieften.  Übrigen«  fd^eint  §ugo  ^ier  bie  Äird^enbäter  nebft  ben  3)efretalien  unb 
Äanone«  o^ne  Weitere«  mit  ju  ben  wnonifc^en  Suchern  px  rechnen  unb  il^nen  ba«  gleid^e 
änfe^en  toie  biefen  jujuerfennen.    ^ebenfatt«  bejie^t  er  ba«  über  Söefen  unb  SBJert  be« 

20  rechten  ©c^riftftubium«  S3emer!te  gum  großen  leile  mit  auf  biefe  nad^biblifc^en  Urfunben, 
beren  SSerl^ältni«  ju  ben  lanonif^en  er  bod^  anbertoärt«  (j.  S3.  De  sacram.  I,  1,  17) 
ganj  rid^tig  al«  ein  fold^e«  ber  Unterorbnung  barfteUt. 

®ie  religiöfe  ©runbanftc^t,  foh)ie  bie  bogmatifd^en  igau^teigentümlid^feiten  ber  Geo- 
logie §ugo«  lernt  man  am  bejien  au«  feinen  beiben  t^eologifd^en  ©^ftemen  fennen,  tüo= 

25üon  bie  Summa  sententiarum  (Ed.  Rotomag,  t.  III,  p.  417—480;  M.  t.  176, 
p.  42—174)  einen  lürjeren  Slbrife,  ba«  gtoeiteilige  SQäerl  De  sacramentis  christianae 
fidei  (Rotom.  III,  481—695;  M.  ib.,  p.  174—618)  eine  au«fül^rlid^ere  ©arftettung 
bietet.  6ine  Slrt  Einleitung  jum  erftgenannten  SSäerl  bilbet  ber  in  ben  3lu«gaben  ber 
SBerfe  $ugo«  i^m  borangefteUte,  jebo^  felbftftdnbige  Dialogus  de  sacramentis  legis 

80  naturalis  et  scriptae  (M.  p.  18—42).  Unter  ben  Äirc^enbätem  fmb  e«  Sluguftin  unb 
®regor  b.  ®r.,  unter  ben  feiner  Mi  fd^on  naiver  fte^enben  m^ftifd^-fd^olaftifdben  3)enfem 
finb  e«  ßrigena  unb  Sibälarb,  auf  toeld^e  Äugo«  ©arftellung  in  biefen  SBerlen  borjug«^ 
toeife  geftü^t  erfc^eint.  3luf  Slbälarb  freifid^,  befjen  fle})tifd^sbialeftifc^e  SRid^tung  feiner 
lird^lid^sbogmatifd^cn  toon  ®runb  au«  toiberftrebt,   bejiel^t   er  fic^  me^r  nur   inbirelt  ober 

86  in  gegenföS^lic^er  SSäeife,  berbanit  il^m  inbeffen  ol^ne  ^W^x^tl  mand^e  toid^tige  2lnregung. 
3a  bie  Vermutung  ©rbmann«  (®ef^.  ber  «ß^ilof.  I,  ©.  279,  3.  %),  bafe  »bolarb«  Sic 
et  non  il^m  ben  3^)>ul«  )ur  9(bfaffung  feiner  Summa  sententiarum  getDÖl^rt  ^abe, 
erfd^eint  nic^t  ganj  ol^ne  ®runb;  aud^  erinnert  bie  im  erften  2^raftat  biefe«  SKerfe«  bon 
i^m  gegebene  2)arftellung  ber  2rinität«lebre  unb  ber  Seigre  bon  ber  9Kenfd^h?erbung  teil^ 

40  h)eife  an  älbölarb.  ©trenger  trabitional-fird^lic^  gehalten  erfd^eint,  ioa«  er  in  ben  folgen^ 
ben  Straftaten  über  ©rft^^affung  unb  ©ünbenfaC  ber  ©ngel  (tr.  II),  über  ba«  ©ec^«tage* 
toerl,  bie  ©c^ö})fung  unb  ben  %oB,  be«  3Renfd^en  (tr.  III  —  togl.  ben  oben  citierten 
Slbfd^nitt  meiner  „®efd^id^te  ber  Sejie^ungen  2c/%  über  bie  ©aframente  be«  alten  S3unbe«, 
in«befonbere  ba«  ®efeb  oi«  ®runb  unb  Duett  aller  ©ittenlel^re  (tr.  IV),   fotoie   über  bie 

46  gauj)tfaframente  be«  bleuen  S3unbe«,  nämlid^ :  2^ufe  (tr.  V),  Konfirmation,  2lbenbma^l, 
Delung  (tr.  VI),  au«fü^rt.  SBJegen  ber  Uned^tl(^eit  be«  fiebenten,  bon  ber  ©l^e  ^anbelnben 
Iraftat«  f.  ]ä)on  oben  ©.  439,  öi. 

3)a«  bogmatifd^e  ^au})ttt)erl  §ugo«,   überl^au})t  bie  reiffte  gru^t   feine«  ©d^affen«, 
bilben  bie  nai^^  bem  3^^k  feiner  Sau^al^n,   alfo  gegen  1140  ettoa,   bon  if^m   berfafeten 

60  jtoei  Sucher  De  sacramentis  fidei  b.  i.  „Son  ben  ®e^eimniffen  be«  ®lauben«"  (benn 
sacram.  bejei^net  l^ier  bie  t^eologifdjien  SDl^fterien  ober  ®lauben«obiefte  überbau})t  —  ü^a 
h)ie  neuerbing«  bei  bem  fatl^olifcben  i^eologen  3R.  3.  ©d^eeben  [3)ie  Wl;fterien  be«  Gl^riftent, 
1865;  2.  21.  1880]  ober  h)ie  bei  £.  ©d^öbelein  [SDie  ®e^eimniffe  be«  ®l.,  1872J.  ^n 
i^nen  „burc^bringt   fxd)  ba«   objeltibe  unb  fubjeltibe  3Jloment   feine«  ©lauben«,  bie  ber= 

66  ftänbige  SReflejion  unb  bie  m^ftifd^e  2^iefe  mel^r  al«  in  irgenb  einer  feiner  früheren  ©(^riften, 
unb  jeigt  fxd)  nietet  nur  33elanntfd^aft  mit  ber  3lrt,  toie  anbere  bogmatifieren,  fonbem 
eigene  bogmatifd^e  ©d^ärfe"  (ßrbmann).  ©ein  SBerf^ältni«  ju  bem  mel^r  ffejjtifc^  gearteten 
©tanb^unft  Slbälarb«  legt  er  in  mehreren  2lu«fü^rungen  an  ber  ©jji^e  be«  SBerfe«  mit 
J)rinjij)ietter  SeftimmtJ^eit  unb  Älar^eit  bar  (bgl.  ©eeberg,  a.  a.  D.  ©.  45).    ßinig  ift  er 

w  mit  jenem  barin,  ba^  er  bie  aufgäbe  ber  2^eologie  in  ba«  SSerftanbni«  be«  ®lauben« 


^n^o  t^on  @t  Stictor  443 

fc|t;  aber  anftatt  bc^giDcifcfö  crllärt  er  Dielmel^r  ba«  myftifc^c  ©rfa^ren«  unb  (grlebt^aben 
für  bic  nottoenbige  SJorbebittöung  be«  ©lauben^.  Unb  ntd^t  blo^  Semunftgemäfee«,  fon« 
bem  audf  ÜberDcmünftige^  gehöre  gu  ben  ©egenftänben  be«  ßJIauben«;  ja  gerabe  feine 
§au})tobie!te  feien  übert)emünfttger  9lrt  (non  secundum,  sed  supra  rationem),  hwi^« 
renb  aCe«  einfad^  nur  SSemünftige  ober  au^  ber  SSemunft  §erIommenbe  (ex  ratione)  6 
gleich  bem  SBiberbemünftigen  (contra  rationem)  bon  ben  ^egenftänben  be^  ©tauben« 
auggefc^Ioffen  bleibe.  3)er  ©laube  beftel^e  au«  jtüei  ©tücfen:  1.  ber  cognitio,  ober  bem 
quod  fide  creditur,  ber  materia  fidei,  unb  2.  bem  affectus  ober  bem  eigentlit^^en 
credere.  35er  eigentliche  2Bert  be«  ©lauben«  liege  in  biefem  lefeteren  ober  fubie!tit)en 
Element,  in  ber  ^ic^tung  be«  §enen«,  ber  (grgreifung  Ootte«  burdp  ben  SBiüen ;  je  l^öl^er  lo 
ber  9lffeft,  befto  edjiter  unb  toertboUer  ber  ©laube,  beffen  eigentliche«  38erbienft  ja  barin 
befleiße,  nid^t  ju  feigen  unb  boc^  für  loalf^r  ^u  l^alten  („Si  vides,  non  est  fides"  etc.). 
—  3)ie  teil«  bemunftgemäfeen,  gröfetenteil«  aber  übert>emünftigen  ®Iauben«obieIte  ober 
SQäerfe  ®otte«  (göttliche  Dffenbarung«tl^atfac^en)  gerlegt  ^ugo  nun  in  jloei  Steigen :  SEBerfe 
ber  ©ci^öj)fung  (opera  conditionis),  bur^  loeld^e  9lic|tfeienbe«  h>irb,  unb  SQäerfe  ber  i6 
SöieberJ^erfteHung  (opp.  restaurationis  s.  reparationis) ,  burd^  toelc^e  SBerborbene« 
tüteber  gut  toirb.  3)ie  opera  conditionis  bel^anbelt  er  au«fü^rlid^  im  erften  Sud^e  be« 
SSäerle«,  über^au^t  ber  einge^enbften  SJarlegung  ber  Self^re  bon  ©Ott,  ber  ©c^öjjfung,  bem 
©ünbenfatt  unb  ben  anfangen  ber  IS>eiI«gef^id^tIid^en  enttoidfelung,  bie  toir  bon  ipm  be* 
fi^en.  3lu«ge^enb  bom  3)afein  unb  ber  Sefd^affen^eit  ber  SBJelt,  betradjitet  er  ben  gött*  ao 
Kd^en  Url^eber  berfelben  -—  ber  ebenfo  ba«  ^kl  be«  3Wenfd^en  fei,  h?ie  ber  3Renfd^  ba« 
3iel  ber  göttlid^en  SBeltfd^ötjfung  —  nad^  feinen  brei  ©runbeigenfd^aften,  ber  SKad^t, 
SJei«^eit,  Siebe,  fotüie  nad^  jeinem  breieinigen  SSäefen.  35a«  lefetcre  enttüidfelt  er  im  am 
fd^Iufle  teil«  an  2lnfelm,  teil«  an  äbälarb  fo,  ba^  er  bie  brei  ^erfonen  abbilblidji  in  ben 
Äreaturen,  in«befonbere  in  ©eift,  333ei«l^eit  unb  Siebe  be«  3Renfd^en  nad^;iuh)etfen  fuc^t*25 
bie«  jeboc^  nid^t  ol^ne  auf  bie  SBanbelbarfeit  ber  Slffeltionen  ber  SQ3ei«^eit  unb  Siebe  auf 
menfd^Iid^er  ©eite,  im  ©egenfa^e  gu  il^rem  abfoluten  ßl^aralter  im  göttlid^en  Urbilbe  ^im 
jutoeifen  (f.  ba«  9lä^ere  bei  Äilgenftein,  ©.  114—160,  h?o  ba«  mit  äbälarb«  Irinität«^ 
begriff  fic^  Serü^renbe,  jugleid^  aber  aud^  bie  Slbtoeid^ungen  bon  bemfelben  genauer  bar* 
gelegt  finb).  Sei  ben  bann  folgenben  Unterfuc^ungen  über  ba«  menfd^Uc^^e  35}iffen  um  so 
&ott  enth>idfelt  er  bie  bereit«  oben  angegebene  Unterfd^eibung  be«  Vernünftigen,  Semunft« 
gemäßen.  Über-  unb  SBiberbemünftigen.  SSom  SBiHen  ©otte«  ^anbelnb  unterfc^eibet  er 
auf  feine  SBeife  (unb  jtoar  im  ©egenjafee  ju  äbälarb«  Seigre  bon  einem  burd^gängigen 
©icbbedten  ber  aBirllidbteit  unb  ber  5KögUc|leit  be«  göttlid^en  §anbeln«)  jtoifc^en  göttlid^em 
SBiuen  fd^Iec^tl{;in  ober  ber  voluntas  beneplaciti  Dei  unb  jtoifd^  bem  ^^id^m  be«  85 
göttlidben  SBiUen«,  ber  voluntas  signi  beneplaciti;  nur  im  erfteren  ©inne  bedfe  ftd^ 
göttlid^e«  SöoIIen  unb  Sonnen,  nid^t  im  le^teren  —  Vorauf  bie  ?!Kögli(^feit  be«  Söfen 
berulf^e.  6«  folgt  bie  Sel;re  bon  ©d^öjjfung  unb  %aü  ber  ßngel,  bei  ^uqo  no^  jiemlic^f 
nüchtern  bej^anbelt  unb  frei  bon  ber  läftigen  Überfülle  müßiger  fragen,  toeldbe  bie  fj)ätcre 
©c^olaftif  in  biefem  Äa))itcl  anjubringen  liebt,  gn  ber  Scf^re  bom  SDlenfd^en  unb  ber  40 
menfc^Iid^en  ©ünbe  gicbt  er  fid^  a(«  gemäßigten  9luguftinianer  ju  erlennen.  3"^  3lu«= 
gleic^ung  ber  menfc^lidjien  3BiIIen«freil^eit  mit  ber  göttlidben  SUlmad^t  unterfd^eibet  er  ein 
SBoHen  an  fic^,  toeld^e«  frei  fei,  unb  eine  beftimmte  933inen«rid^tung,  toeld^e  burc^  ©otte« 
aSeltorbnung  gebunben  fei;  ©Ott  fei  fomit  nid^t  Urheber  be«  gaJQie«  (auctor  ruendi), 
fonbem  nur  §en  ber  menfd^Ii^en  Äanblungcn  (ordinator  incedendi).  3)ie  ßrbfünbe  45 
beftimmt  §ugo,  ä^nlicf^  toie  f})äter  9ReIand^t^on,  a(«  befte^enb  in  ber  Untüiffen^eit  unb 
ber  GoncuJ)i«cenj.  2luc^  für  bie  toeiter^in,  bei  Verfolgung  be«  ©ange«  ber  §eil«offens 
barung  bi«  jum  ©d^Iuffe  be«  SHten  33unbe«  bel^anbelte  Se^re  bon  ber  göttlidben  ©nabe 
unb  bom  ©efefe  bietet  ^ugo  me^jrfad^  tüid^tigc,  bon  ber  fi)äteren  jc^olaftifc^en  2^rabition 
toeiter  f ortgebiloete  5Wotibe  bar.  ©o  feine  ©inteilung  ber  göttlidben  ©nabe  in  eine  gratia  so 
creatrix  —  bie  ©nabe  be«  j)arabiefifd^en  Urftanbe«,  ju  toeld^er  aber  be^uf«  Srjielung 
tbirflidjicn  ©utc«t^un«  be«  noä)  nid^t  gefallenen  ÜWenfc^en  aui^  nod^  eine  gratia  appo- 
sita  (gr.  superaddita  ber  f})äteren  ©d^olafttl)  ](^injuIommen  mufete  —  unb  eine  gratia 
salvatrix,  toeldjic  (entere  lieber  teil«  a(«  operans,  teil«  al«  cooperans  tüirft.  ©o 
femer  jcinc  Se^re  bom  natürlichen  (bomtofaifd^en)  unb  bom  gefdjiriebenen  ©efe^e  be«  3[3Ä,  66 
famt  ben  biefen  beiben  ^eil«öIonomifd[ien  ©tufen  ober  6j)od^en  entfjjrec^enben  ©naben« 
mittein  ober  ©aframenten.  —  3)ie  mit  biefen  le^tertoä^nten  3Jlaterien  bereit«  etngeT '  ' 
Seigre  bon  ben  opera  restaurationis  bringt  ba«  jtoeite  53u^  jur  boHen  Sntfa&n 
jum  aibfc^lufe  (bgl.  für  ba«  ^olgenbe  D.  Salier,  a.  a.  D.).  6«  ^ebt  an  mit  b«j 
tberbung  ©otte«  al«  bem  3Jlittel))unfte  ber  ganjen  §eil«gefc^id^te  unb  berT 


444  ^ttgo  li0tt  @t*  Victor 

§cifemittcl  ober  ©aframcntc  bc^  neuen  33unbc«.  3ll^nltc^  \m  2lnfclniu^  in  „Cur  Deus 
homo",  foh)ie  abtoeic^enb  \>on  bem  ein  nottoenbige^  Kommen  ßl^rifti  inö  ??leifc^  auc^ 
ol^nc  menjd^ltc^e  ©ünbe  bel^autjtenben  9liH)ert  toon  S)eufe,  lel^rt  er  feine  abfolute  ^UU 
h)enbtgfeit,  tDol^l  aber  bie  atteinige  Slngemeffen^eit  unb  ÖotttDürbigteit  ber  9Kenfd[ih)erbung 

5  be«  ©o^nc«.    ©oute  ber  urfjjrünglid^e  ©c^5})fung«5h)ecf,  bie  (gr^ebung  be^  3Jlenfc^en  jur 

.  üoDcn  ©nabengemeinfd^aft  ®otte«  tro^  be«  bajtDifd&engetretenen  2öiberfj)ruc^^  ber  ©ünbe 
bennodji  l?erh)iruic^t  toerben,  fo  mufete  ber  ©ol^n  auf  6rben  erf^einen  unb  bie  3Jlenfc^^ett 
\)on  bcn  33anben  ber  ©ünbe  löfen.  3)a^  SSJerf  biefer  ^nfamation  ift  ein  gemetnfame^ 
ber  ganjen  2:rinität,  obfd^on  ber  ©o^n  aCein  %l6,]ä^  angenommen  l^at.  3"9^^^  "^'*  *^«"^ 

10  ^leifd^e  na^m  berfelbe  auc^  aCe  folgen,  to^ld)m  ba«  menfdjilic^e  gleifd^  fraft  ber  ©ünbe 
untertDorfen  tpar,  auf  [xd),  bie  ©ünbe  aCein  aufgenommen.  6^  h)ar  bie«,  tpenn  nic^t 
ber  einzig  mögli^e,  bod^  ber  angemeffenfte  SEBeg  ber  (Srlöfung;  benn  in  ß^rifti  SBorgang 
^ält  er  ber  ?!Kenjc^l^eit  i^re  einfüge  äSerfiärung  foh)ie  ba^  ^öc^fte  S3eif})iel  ber  3!)emut  unb 
Siebe  bor  (toegen  ber  Serül^rungen  be^  in  biefem  Seil  be^  2Berf^  6nttoicfelten  mit  än= 

löfelmu«  Cur  Deus  homo  bgl.  ©eeberg,  ©.  57).  S)ie  folgenben  Setrac^tungen  über  bie 
Einheit  ber  Äird^e  atö  be«  mtoftifd^en  Seibc^  Gl^rifti  (beffen  Iin!e  ©eite  bie  Saien  bilben, 
toäl^renb  bie  redete  ©eite  l?om  Äleruö,  bem  Organ  ber  (Semeinbeleitung,  rejjräfenticrt  tperbe), 
über  bie  Drbnungen  ber  lirdjiKd^en  ^ierarc^ie,  über  bie  l^eiligen  ©etoänbcr  unb  bie  Qm 
toeibung  ber  Äird^en  (1.  II,  pars  3—5),  bahnen  ben  SBeg  gur  £el[|re  bon  ben  firdjilic^en 

20  ©aframenten  im  engeren  ©inne  be«  SBorte^.  3^rer  jäl^It  §ugo  l}\tt  einige  me^r  afe  bie 
üier  ber  Summa  sententiarum  (f.  o.)  auf,  bod^  o^ne  fd^on  fo  beftimmt  unb  Har  h)ie 
fj)äter  ber  Sombarbe,  i^re  ©iebenja^I  ju  lehren,  (gr  ^ulbigt  nämlid^  einem  jiemlic^  h)eit= 
ft^fid^tigen  ©aframent^begriffe,  ber  jtpar  f^on  ettoa^  minber  loj  gefaxt  erfc^eint  afö  ber 
in  jener  ©umma  aufgeftellte  (sacr.  estvisibilis  forma  invisibilis  gratiae  in  eo  col- 

25  latae),  aber  boc^  jur  befannten  ^räjifion  unb  Seftimmtl^eit  be«  bom  fiombarben  au«« 
gebilbeten  unb  bon  ben  f})äteren  ©d^olaftüem  abo})tierten  fic^  nod^  nid^t  erf^ebt  ©alra= 
mcnte  finb  nac^  il^m  elementa  corporalia  s.  materialia  mit  breierlei  ßigenfd^aften, 
nämlid(i  1.  divinam  gratiam  ex  similitudine  repraesentantia,  2.  ex  institutione 
significantia,  3.  ex  sanctificatione  s.  consecratione  continentia  et  couferentia. 

ao  3u  ben  fo  gearteten  fird^lid^en  3^'^^  ^^^  Reizmitteln  rechnet  er  fotoo^I  bie  eigentlichen 
^framente,  unter  tüelc^en  il^m  3;aufe  unb  Sibenbmal^I  al^  bie  bebeutenbften  gäten,  al^ 
md)  getbiffe  jum  Reile  nic^t  nottbenbige,  aber  bie  Reiliguna  förbembe  3lfte  ober  ßere^ 
monien  bon  geringerer  Sebeutung.  Slad^bem  er  ba^er  ^ufe  nebft  Konfirmation  fotbie 
abenbmal^l  al«  ©aframente  erften  SRange«  be^anbelt  ^at  (p.  6—8),  läfet  er  bie  53efj)red^ung 

86  einer  9leil(>e  bon  untergeorbneten  (Zeremonien,  tbie  2Beil^tbafferbeft)rengung,  5Palmen=  unb 
Äerjentbeil^e,  Äreujfd^Iagen,  2lnblafen  beim  (gjorji^mu^,  2lu«breitung  ber  §änbe,  Rnie= 
beugung  Jc,  folgen;  aud^  bie  Drbination  famt  berÄonfelration  bon©efä|en  u.  bgl.  red^net 
er  ju  biefen  minora  sacramenta,  bie  er  aU  sacr.  administratiouis  et  praepara- 
tionis  bon   ben   allein  ^eil^notlbenbigen  sacr.  salutis  unterfc^eibet  (p.  IX).    ßrft  md^ 

40  biefer  Sibjc^tbeifung  über  bie  Heineren  ©aframente,  foibie  nac^  einem  nur  (oje  mit  biefer 
SKaterie  jufammen^ängcnben  (Sjlur^  über  ba^  Safter  ber  ©imonie  (p.  X)  feiert  Rugo  jur 
Steige  ber  toid^tigeren  unb  ^mn  nic^t  abfolut,  bod^  relatib  If^eifenottoenbigen  ©aframente 
jurüdf,  afö  tbelc^e  er  bann  nod^  bie  ®l^e  (p.  11),  bie  Seid^te  nebft  äbfolution  (p.  14) 
unb  bie  lefete  ßlung  (p.  15)  bel^anbelt.    @ine  3lrt  bon  ©iebenjal^l  ber  ©aframente  nimmt 

45  er  alfo  in  oer  2^f^at  l^ier  an,  boc^  tritt  eine  bemerfen^toerte  Saj^eit  feiner  ©aframent^Ic^re, 
berglid^en  mit  ber  fc^iärfer  fixierten  be«  5ß.  Sombarbuö,  nod^  barin  ^erbor,  bafe  er  im  än^ 
ft^fluffe  an  ba^  ©aframent  ber  6^e  junädjift  nod^  (in  p.  12—13)  über  ©elübbe  fotbie 
über  Sugenben  unb  Safter  im  aUgememen  ^anbelt.  (Über  bie  in  biefem  fünfte  ^erbor^ 
trctenbe  ^erül^rung  §ugo^  mit  ben©entemen  be^  Slolanb  SanbineHi  —  tbel^c  über^aujjt 

60  eine  ähnliche  5WitteIfteHung  jtoifc^en  Slbqlarb  unb  bem  Sombarben  tbie  bie  Se^rtbeife  Rugo^ 
ret)räfentieren  —  f.  ©eeberg  ©.  63).  Übrigen^  geben  biefe  in  bie  ©aframent^Ie^re  ein= 
gefd^obenen  Äajjitcl  De  votis  unb  De  virtutibus  et  vitiis  (col.  519— 550  M.)  einen 
jiemlid^  lauteren,  ebangelifdb  erleuchteten  fittlid^en  ©tanbj)unft  be^  3?erfafjcr^  ju  erfennen. 
3Son  ben  üblichen  Sertaujd^ungen  ber  ©elübbc  burc^  bie  fird[|Iid[ien  3!)i^})enfationen  rebenb, 

55  erf lärt  er  mit  ^eiligem  6rnftc :  (Sin  ©elübbe  fei  unbertaufd^bar,  nämlidji  ba^,  ®ott  feine 
©eele  ^u  geben;  tocr  für  feine  ©eele®elb  geben  tboHe,  berliere  fein@elb  unb  feine ©eelc 
baju!  3(u(t  bon  ber  Rol^eit  ber  d^riftlic^en  Siebe  tbeife  er  ©d^öne^,  auf  ^d^t  c^riftUc^er 
©rfal^rung  Slu^enbe^  j^ü  fagen.  35ie  Selbftliebe  muffe  in  ber  ©otteöliebe  eingefc^loffen 
fein;  eine  böüig  felbftlofe  ober  abfolut  uneigennü^ige  Siebe  aber  gebe   e«  nid;t,    benn  e^ 

60  laffe  fid^  feine  Siebe  benfen  ol^ne  SSerlangen  nad^  bem  (beliebten  (non  amares,  si  non 


$ttgo  t^on  @t  8kt0r  ^ntniert  446 

desiderares).  3)icfen  tcillücifc  f)'6di)\i  tocrtöoDen  ctJ^ifd^en  Slbfd^nittcn  —  beren  3"Mt 
in  mehreren  Heineren  Jjraftifd^sa^letifd^en  2raltaten  ^vlqo^,  befonberö  feiner  fc^önen  Sjjiftel 
De  laude  caritatis  (M.  t.  176,  p.  169—176),  jum  ^^eil  tt)ieberlel^rt  —  fotoie  jenen 
2lbl^nblunöen  über  bie  brei  legten  ^am^tfolramenle  lä^t  er  cnblid^  in  ben  brei  legten 
Seilen  be«  II.  ^uti^^  (pars  16—18)  einen  berJ^ältni^mä^ig  furjen  3lbri^  ber  (S^i^ato-  6 
logie  folgen.  Semerlenötüert  ift  barin  u.  a.  bie  l?orfid[|tige,  faft  biblifd^  nüchterne  2lrt, 
h>ie  bei  Se^anblung  ber  legten  3)inge  be«  3Renfc^en  ba^  I^ema  bon  ber  Slnrufung  ber 
^eiligen  erörtert  tüirb:  e^  fei  un^  nic^tg  ®eh?iffc<g  barüber  geoffenbart,  ob  bie  ^eiligen 
unfere  an  fte  gerichteten  Sitten  beme^men  ober  md)i;  fatt^  fie  biefelben  aber  audb  nid^t 
^ören  foHten,  |öre  fie  boc^  getoi^  ®ott  unb  gctoö^re  fte,  foloeit  fie  mit  feinem  SüBißen  im  lo 
©inHang  fte^en  (p.  16). 

Sßenn  man,  toie  bie«  mit  Siecht  gefd^ie^t,  ber  $ugonif(^en  Ideologie  eine  grunb» 
legenbe  Sebeutung  für  ben  gefamten  nad^folgenben  @nth)i(felung^ang  ber  fiirc^enle^re 
be«  älbenblanb«  uifd^reibt,  fo  bient  ba«  2BerI  De  sacramentis  aU  ^au))tföc^Hc^  n)ic^tige 
©runblage  unb  ^unbftätte  ber  Setocife  für  biefe  S3el^am)tung.  35ie  bem  „alter  Augu- 16 
stinus"  fd^on  feit  bem  13.  3l<^^^^^w"bert  in  reid^er  gülle  beigelegten  auöjeidjinenben  ißrös 
bilate  (f.  oben  @.  437, 12  ff.),  feine  G^arafteriftif  atö  organon  et  os  Domini  (Irit^em., 
De  scriptoribus  eccl.  s.  Hugo),  feine  Sejeid^nung  ate  „ber  fadjilic^  einflu^reid^fte  3;^eos 
löge  be«  12.  ^al^r^bt«."  (§amad,  2e^rb.  ber  ©ogmengefc^.  III',  346)  2c.,  bie«  aCe« 
finbet  feine  Sle^tfertigung  bome^mlic^  burd^  ben  gn^alt  ber  ^ier  naiver  betrad^teten  ^axüpU  20 
fd^rift,  neben  tüelc^cr  bie  übrigen  arbeiten  be«  SJictoriner«  l^infidjitlic^  i^re«  auf  bie  9?ad5^ 
toelt  geübten  ßinfluffe«  ftarl  ^urüdftreten.  —  auf  bie  angefid^t«  biefe«  ©ac^ber^alt«  ftd^ 
na^e  legenbe  ^age:  toarum  bie  f})ätere  Sd^olaftil  tro^bem  nid^t  ti)n>a  i^ugo«  SK^ftericns 
tt)erf,  fonbem  bie  bon  bemfelben  gan^  unb  gar  abhängigen,  an  felbftftönbigem  S^c^g^flÖ 
ärmeren  unb  namentlich  im  5ßunfte  ber  ©ottesteij^re  an  feinen  fjjerutatiben  lieffmn  nic^t  26 
l^inanreicbenben  Sentcnjen  be«  Sombarbu«  al«  ®runbj)lan  für  il^r  Se^rf^ftem  bertüertet 
^abe,  toirb  (mit  Äilgenftein,  ©.  228)  ju  antworten  fein :  „®erabe  bie  inbibibueße  ©elbft^ 
ftänbigleit,  bie  fubjeftibe  gärbung  ber  §ugonifc^en  3^l^eologie,  fo  förberlid^  fte  für  bie 
tebenbige  ßrfaffung  einzelner  3Bal(^rl^eiten  ift,  lonnte  pd^  für  einen  leidsten  unb  ruhigen 
Überblidf  über  bie  ganje  ®lauben«le^re,  für  ein  tl^eologifd(ie«  ©c^ul=  unb  Sel^rbud^  natur=  ao 
gemäfe  ioeniger  emjjfe^len  al«  bie  einfädle,  objeftibe  gnfatnmenfteüung  be«  Sombarben  mit 
feinen  Ilaren  befinitiben,  feinen  lna))J)en  unb  überfic^tlid^en  SJiftinhionen."  ^n  S3ejug  auf 
bie  bialeftifd^e  SDurdjiarbeitung  be«  überlieferten  ürd^lid^en  Se^rmaterial«,  bie  ^xixti^U 
mac^ung  be«felbcn  für  ben  S3ebarf  ber  tl^eologifd^en  Schule  ertoie«  Sombarbu«  pd^  at«  ber 
gefd^idftere  unb  toirlfamere  gü^rer.  3!)e«tialb  i^aUn  bie  fj)äteren  Kommentatoren  be«  fird^«  86 
lic|ien  ®lauben«f^ftem«  nic^^t  fein  aScrl,  fonbem  ba«  minber  originale  be«  ©entenjen« 
meifter«  jur  ®runblage  für  i^re  ®eifte«arbeit  erloren.  ä^cHer, 

Lambert,  Karbinal,  gcft.  1061.  —  MSL  143  col.  929ff.;  Mansi  XIX;  g.3Bia, 
Acta  et  scripta,  quac  de  controvcreiis  ecclesiae  graecae  et  latinac  saeculo  undecimo  com- 
posita  extant,  Öcipj.  u.  ^IKorburg  1861;  §(.  $ic!)ler,  ®efd).  ber  ürc^l.  3:rennung  äiüifcftcu  bem  40 
Orient  unb  Cccibcnt  von  ben  erften  ?(nfängen  biö  jur  jüngften  QJegemuart.  1.  Sb,  3Künc^cn 
1864,  6.  '258 ff.;  3.  ^ergemöt^er,  $t)ütiu«,  ^atriarcf)  uon  Äonftantinopel,  3.  93b,  9?egcn«- 
burg  1869.  6.  737-760;  $H.  93Qimann,  5)ie  ^olitif  ber  <päpfte  üon  ©regor  I.  6i«  auf 
©rcQor  VIL,  2.  S3b,  (SIberfclb  1869,  @.  235 ff.;  (5.  3.  u.  C>efelc,  Sonciliengcfcöicftte,  4.  ©b, 
2.  ^Tufl.,  grciburg  i.  93r.  1879;  e.  Steinborff,  3al)r6ü(^er  be«  beutfcijcn  9?eid)«  unter  .Sein»  46 
ric^  III.,  2.  Q3b,  ficipjig  1881 ;  3.  3ÖQttcnborff,  $avft  Stephan  IX.  (3)iff.  ^eünfter),  «Paber- 
born  1883;  .{).  ^olfinann,  Äavbinal  |)umbcrt,  fein  fiebcn  unb  feine  SBerfe  mit  befonbcrer  Sc«« 
rücfficfttigung  feinet  2^rQftate§:  „libri  tres  adversus  Simoniacos**,  2)iff.  ®öttingen  1883;  28. 
Don  ©iefcbrec^t,  @cf(t)icf|tc  ber  bcutfcften  Äniferjeit,  5.  «ufl.  3.  n.  4.  iöb,  ficipäig  1885. 1890; 
tnöpflcr,  ^rt.  „.gmmbcrt",  ©efter  unb  9BeItc^  Äircöcniejifon  2.  2lufl.  6.  S3b,  greibura  t.93r.  60 

1889,  ©.411—414:  3- ®«l)ni6cr.  SScrcngar  üon  XourS,  fein  Seben  unb  feine  Se^re,  ^cüncftcn 

1890,  8.  229 ff.;  Q). 'iüicDer  üon  Änonau.  3al)rbüd)cr  be§  bcut)d)en  9?eicöc§  unter  Oe»nri(%  IV. 
unb  ^cinrid)  V.  1.  93b  lOoG  bl§  1069,  fieip^.  1890;  gr.  X^ancr,  MG  LibcUi  de  lite  impe- 
ratonim  et  pontificuai  saeculis  XI  et  XII  conscripti,  ^annouer  1891,  p.  95— 100;  3»  Longen, 
(»cfcftic^te  ber  rümi)d)en  Äircfje  üon  g^ifoku«  I.  big  Tregor  VII.,  SBonn  1892,  8.  473 ff.;  66 
5.  ÄQttenbufd),  i!el)rbu(6  ber  üergleicfjenben  ^onfeffionStunbe,  1.  93b,  greiburg  i.  ^.Br.  1892, 
8.  123 f.;  6.  3J^irbt,  ^ic  ^ubli^^iftif  im  3eitaltev  ®regorS  VII.,  fieip^ig  1894;  fi.  ü.  ^eine* 
mann,  ®ef(f).  b.  9?ormQnnen  in  Unteritolien  u.  ©icilicn,  fieipj.  1894,  @.  144ff.;  5Ö.  ^QvtenS, 
Tregor  VIT.,  fein  ficbcn  u.  fein  fBir!en,  fieipjig  1894;  W.  .^auc!,  ^irt^engefcf).  3)eutf(6(anb§, 
3.93b,  ficip^.  1896;  91.  ?ottt)Qft,  Bibliotheca  historica  medii  aevi,  1.  »b,  ©erlin  1896,  @.  628.  qq 

^umbert,  au^  Surgunb  gebürtig,  (Lanfranci   liber   adv.  Berengarium    cap.  2, 
BM  XVIII   p.  764;    Sonij'o,    IIb.   ad  amicum   V,  libeUi  I   p.  588)   toax   a)ii5nc^ 


446  ^tttniiert 

bc«  Äloftcr«  Moyen-moutier  in  SotF^ringen  (3o^annc^  bc  Sa^ono  am  Slnfang  bc^ 
14.  3lö^^^w«fc^^-  6ölmet,  Histoire  de  Lorraine,  9lancV  1728,  bgl.  ^alfmann, 
@.  1  n.  2)  afö  5ßa})ft  2co  IX.  i^n  1049  nad^  SRom  rief,  ^m  folgcnbcn  ^af)x  tüurbe 
er  jum  (Sr^ibifci^of  bon  Sizilien  ernannt  (Mansi  XIX  p.  771),  1051  erhielt  er  ba^  33i^= 

6  tum  bon  ©itoa  ßanbiba  (Annales  Beneventani,  SS  III  S.  179)  unb  bantit  bie 
SBürbe  eine^  römifc^en  Äarbinalbifd^of^.  S)a^  er  ju  ben  Vertrauten  £eo^  IX.  gehörte, 
bejeugt  nid^t  nur  ba«  SBort  Di^lofß  (Visiones  XV,  SS  XI  p.  384 :  Leonis . .  comes 
iugis  consiliariusque  acceptissimus  extitit)  fonbem  bor  allem  feine  l^ielfacftc  3ln= 
h>efen^eit  in  ber  Umgebung  be«  5PaJ)fte^  unb  bie  SBertüenbung  gu  ioid^tigen  Äommiffioncn. 

10  S)en  §öl^e})unft  feiner  SBJirffamfeit  unter  Sco  IX.  bejeic^net  fein  änteil  an  bcm  Slu^bruc^ 
be^  Bqx^ma^  jh)ifd[ien  ber  Äirc^e  beö  Dften^  unb  be^  SBeften^.  —  ©rjbifdjiof  Seo  bon  2lc^riba, 
ber  bulgarifd^en  3Retroj)oü^,  ^atte  1053  in  einem  an  ben  Sifd^of  ^oi^anne«  bon  irani 
in  9[j)ulien  geridjiteten  9lunbfc|rei6en  (fflifl  ©.  56)  eine  SRei^e  bon  lultifd^en  unb  rituellen 
Sigentümlic^Ieiten  ber  abenblänbif^en  Äird^e  fd^arf  angegriffen.    Äarbinal  .^umbert  tourbc 

16  gelegentlid;  eine^  Sefud^e«  in  2^rani  mit  biejem  33rief  befannt,  überfe^te  i^n  in^  Sateinijd^e 
(SBia  ©.61  ff.)  unb  überreid^te  il^n  bem  5ßaj>ft  (SBibert,  vita  Leonis  IX,  lib.  II  cap.  9, 
3.  3DI.  SBatterid^,  Pontificum  romanorum  vitae  tom.  I  p.  161).  2)iefcr  lie^  fofort 
eine  fd^arfe,  41  Ro^M  umfaffenbe  ©egenfd^rift  (SBill  ©.  65,  3aff6  4302)  enttoerfcn,  bie 
fd^on  baburd^,  bafe  fte  nid^t  nur  an  Seo  bon  Sld^riba  fonbem  jugleid^  an  ben  5ßatriard^en 

20  bon  Äonftantinojjel  3Kid^aeI  Gaerulariu^  abbrejfiert  h>ar,  ju  erlennen  gab,  ba^  man 
römifd^erfeit^  über  ben  §auj)tgegner  nid^t  im  UnHaren  toar.  3)od^  ift  toa^rfd^einlid^  ($^fflf 
@.  773)  bieje«  ©d^riftftüdf  gar  nic^t  abgefanbt  toorben,  benn  J)lö$Ii^  beränberte  fi§  bie 
©ad^lage.  Äaifer  Äonftantin  IX.  9Jlonomad^o^,  ber  bie  Sunbe^enojfenf^aft  be^  5|}aj)fte^ 
gegen  bie  Slormannen  brandete,  rid^tete  ebenfo  toie  fein  5ßatriard^  an  Seo  IX.  berföf^nlidjie 

26  »riefe  —  fie  fmb  nid^t  erl^alten  — ,  unb  biefer  jd^idEte  jum  RMi  einer  böHigen  SScrftän- 
bigung  im  S^^^uar  1054  eine  ßJefanbtfd^aft  an  ben  Kaiferf^of.  3)a  ber  (Srjbifdjiof  ^etru^ 
bon  Slmalfi,  ber  Äarbinal  unb  Äanjler  ^ebrid^  bon  Sotl^ringen  unb  .t)umbert,  ber  bie 
güi^rung  gel(;abt  ju  l^aben  fd^eint,  alö  Segaten  fungierten,  toar  \d)on  burc|  i^re  ^uf^mmen^ 
fe^ung  angebeutet,  tueld^e^  @etoic^t  man  il^r  in  9{om  beimaß,  aber  jugteic^,   in  h)e(d^em 

30  ßJeift  ber  Seiter  ber  abenblänbifd^en  Rir^e  bie  griebcn^ber^anblungen  gefül^rt  toiffcn  »ooKte. 
^a  nun  auc^  ber  ^atriard^  nid^t  nur  }u  feinem  Sntgegenfommen  geneigt  toar,  fonbeni 
in  ungebrochener  ÄamJjfe^Iuft  bieSoten  feine«  SRibalen  ebenfo  i}mx]q  beF^anbelte,  toie  fie 
i^  f^roff  entgegentraten,  fo  fel^Iten  aÜe  3Sorau«fe^ungen  für  eine  3Serftänbigung.  ^n 
ben  §änbcn  ber  Segaten,   bie  erft  am  24.  gwni  1055  Äonftantinojjel   (Brevis  et  suc- 

86  cincta  conmemoratio,  ber  offizielle  Serid^t  ber  Oefanbten,  2Bitl  ©.  150)  enci^ten,  be^ 
fonben  fic^  jmei  ©d^reiben  be«  ^ajjfte«,  an  ben  Äaifer  (SöiH  ©.  85  ff.,  3aff6  4333)  unb 
on  ben  ^atriard^en  (SBiH  ©.  89  ff.,  ^affö  4332).  ©idjier  l^at  §umbert  anä)  feinen  Dia- 
logus  (SBill  ©.  93 ff.)  mitgebrad^t  (©iefebred^t  II,  677 f.);  bie  SBiberlcaung  ber  ©d^rift 
be«  aiiceta«  ^ectoratu«,  »bt  be«  Älofter«  ©tubion  in  fionftantino^jel  (SÜBiU  ©.  136ff.)  ioar 

40  bagegen  nid^t  fein  SBerl  fonbem  ba«  be«  Äarbinafö  griebrid^  (©iefebred^t  a.  a.  D.).  3!)en 
Slbfc^lu^  ber  au^fidjiti^lofen  SSer^anblungen  bejeid^ncte  bie  bemonftratibe  9?ieberlegung  einer 
fc^ftlic^  angefertigten  ßjlommunifation  gegen  ben  Patriarchen  SWic^acl  unb  feine  Sln^ 
l^ger  (Söiß  ©.  153  f.)  auf  bem  $au})taltar  ber  ©oJ)^ienfirc^e  am  16.  Sw'li-  "^^^^  i*bei 
Xagen  berlie^en  fte  Äonftantinoj^el  (Commemoratio,  SBiß  ©.  152). 

46  SBä^renb  biefer  Steife  nad^f  33^janj  toar  am  19.  2lpril  Seo  IX.  geftorben.  Xa^nm- 
Bert  nidjit  bor  bem  äuguft  be^felben  g^^re«  nad^  SRom  jurüdfgele^rt  fein  fann,  ift  ber 
Serid^t  be«  Senjo  bon  Sllba  bon  feiner  Beteiligung  an  einer  m^fteriöfen  (Sefanbtfd^aft  an 
ben  beutfd^en  §of  in©ad^en  ber  9leubefefeung  be«  J)äj)ftlid^cn^©tu^le«  (adHeinricum  IV, 
Üb.  VII  cap.  2,  SS  XI  p.671;  bot.  ©teinborff  ©.470)  eine  gabel.  ^ud)  juSictorll. 

60  (1055—1057)  ftanb  §.  in  einem  Sertrauen^berl^ältni«.  21B  bie  SBa^l  be«  bon  ben 
SKönc^en  in  9Jlonte  ^jfmo  nm  getüäl^lten  2lbtcg  5ßetru«  j^u  ©unftcn  jene«  Äarbinate 
griebric^  bon  Sotl^ringen,  ber  naä)  ber  Slüdfle^r  bon  feiner  Steife  in  bicfc«  Älofter  al« 
^önc^  eingetreten  toar,  umgeftofeen  toerben  foHte,  iourbe  biefe  Angelegenheit  §umbert  über^ 
tragen,  ber  fie  rafd^  unb  gefd(|idft  nad^  ben  SBünfd^en  be«  ^abftc«  erlebigte  (Wai  1057; 

66  Seo,  Chronicon  mon.  Casinensis  lib.  II  cap.  91—93,  SS  VII  p.  690—692). 

©tct)^an  IX.,  ^btn  biefer  Äarbinal  griebric^,  ^atte  nad^  bem  Slblcbcn  Sictor«  II. 
(28.  3"lt  1057)  an  crfter  ©teile  $umbert  aU  beffen  Slad^f olger  borgefd^lagen(8eo,  chron. 
cap.  94,  1.  c.  p.  692.  693),  e^e  er  felbft  geh)äl;lt  tourbe.  3)ie  energijc^^e  Slggrefftbe,  gu 
ber  ba«  reformierte  5ßabfttum  unter  feiner  Seitung  fortfd^ritt,  ift  bon  ^umbert,   ber  je^ft 

60  in  ber  äSiürbe  be^  Bibliothecarius   sanctae   romanae  et   apostolicae  sedis  (!3affe 


$nmicri  ^tttniltatett  447 

Reg.  p.  553)  begeönct  —  ßrjfanjler  ift  er  ntd^t  öctüorben  (SBattcnborf  ©.56  ff.)  —  burd^ 
bte  bÄeutenbc  Bd)x\\t:  Libri  tres  ad  versus  Simoniacos  (ed.  %x.  %i}ann,  libelli  de 
lite  I,  p.  100—253)  littcrarifd^  t)crtrctcu  h)orben.  Unter  bem  ©mbrud  ber  orfd^üttcmbcn 
aSirfungen  ber  Simonie  pxzhxQt  er  il^rc  rüdfid^tölofe  Sefämjjfung  (m.  ^ßublijiftil  ©.344  ff., 
350  ff.,  358  ff.).  35a  burd^  ©imonie  fein  ^eiliger  (Seift  toermittelt  tocrben  Sonn,  fd^eut  er  5 
bte  Aonfequenj  nid^t,  bag  ein  fimoniftifd^er  S3if^of  teine  Orbination  )u  erteilen,  über^au))t 
lein  ©alrament  gu  bertoalten  Dermag,  unb  ba^  bie  bon  einem  fold^en  getoei^ten  ££leriler 
mttl^in  überl^aiH)t  leine  ^riefter  fmb.  Slud^  bie  Unbefanntfd^aft  be«  bur^  einen  ©imoniften 
Drbinierten  mit  bem  fimoniftifd^en  Serge^en  be«  Orbinator«  ift  nid^t  im  ftanbe,  ben  ®es 
toeil^ten  bor  biefen  ^Jolgen  gu  fc^ü|en  (^Jubl.  ©.  378  ff.  403  f.  410  f.).  ©eine  ©rörterungen  lo 
ber  S^beftitur  ftnb  für  bie  Sei^nblung  biefe«  ^ßroblem«  burd^  bie  fj)ätere  gregorianifd^e 
^Partei  grunbicgenb  geworben.  35a  bie  gnbeftitiir  ein  rein  geiftlid^er  Slft  ift  unb  ba  bie 
gürften  ateSaien  mit  geiftlid^en  2)ingen  nid[>t«  ju  fd^affen  l^oben,  fo  ift  für  i^n  bie  ^nbeftitur 
burÄ  Saien  eine  Unge^euerli^Ieit.  Saieninbeftitur  ift  nid^t«  anbered  oI«  ©imonie,  ift  eine 
Serle^ung  ber  altfird^lid^en  SBal^Iorbnung  unb  fü^rt  ju  einer  boHftänbigcn  Serf^iebung  16 
be«  normalen  aSer^öltnijfe«  bon  ©taat  unb  Äirdjie  (^ubl.  ©.463—468,  bgl.  ©.  573  ff.). 

atö  nac^  bem  J)löfelid^en  SEobe  ©tc})^an«IX.  (29.aKärj  1058)  bem  römifd^en  2lbel«5 
pQ!p^i  Senebift  X.  in  ©iena  Sifc^of  ©erwarb  bon  g^orenj  gegenübergeftellt  tüurbe,  l^at 
§umbert  an  biefer  SQ3al(;(  teilgenommen  (3Ke^er  bon  Änonau  ©.  101  n.  95).    Sluc^  unter 
SKiloIau«  II.  I^at  ber  ftarle  ©influfeßumbert«  f ortgebauert ;  5ßetru«  3)amiani  (epist.  I,  7)» 
nannte  i^n  unb  ben  Jtarbinalbifd^of  S9onifatiu«  bon  äClbano :  acutissimi  et  perspicaces 
oculi  be«  5Pa))fte«.    SBa^rfdj^einlid^  ift  er  e«  getoejcn,  ber  bie  Seborjugung  ber  Äarbinat 
bifc^öfe  in  bem  5ßat)fth?alS>lgefe^  ber  Sateranft^nobe  bon  1059  burd^gefeftt  If^at  (9Karten«, 
1.  S3b  ©.  26  ff.),  fo  bafe  nid^t  §ilbebranb  al«  ber  geifttae  Url^eber  be«  S)elretd  gu  gelten 
i)at    2Ug  bie  bereit«  auf  ben  ©^noben  ju  SRom  unb  ^erceHi  unter  £eo  IX.  1050   ber«  2b 
urteilte  2lbenbmal^tele^re  be«  Serengar  bon  Xour«  (bgl.  b.  31.  S3b  II  ©.  608  f.)  ^ier  auf« 
neue  jur  SSerl^anblung  gelangte,  h)urbe  bem  S3eIIagten  bie  Unterjeid^nung  eine«  ©lauben«- 
befenntniffe«  (Mansi  XIX  p.  900)  auferlegt,  ba«  bon  §umbert,  ber  f^on   jenen  erften 
SSerl^anblungen  beigetüol^nt  unb  gegen  Serengar  getoirft  l^atte  (S3rief  an  ßufebiu«,  S3.  bon 
änger«  a.  1051  ed.  Ä.  grandte  3121  VII,  1882,  p.  614  ff.),  entiüorfen  mx  (bgl.  Son^ao 
franc,  über  de  corpore  et  sanguine  Doniini  cap.  2). 

3lod^  am  30.  'Sfyxxl  1061  |at  §umbert  eine  S3ulle  au«gefteat  (^affö  4460),  am 
5.  SKai  be«f elben  3al^re«  ift  er  nad^3o|anne«  be  Sa^ono  (II,  55,  §alfmann©.21  n.3) 
geftorben. 

§umbert  erfd^eint  al«  eine  energifd^e  unb  jielbetoupte  ^erfönlid^Ieit  bon  großer  Jtraft,  85 
bie  bor  ©c^roff^eitcn  nid^t  ^urüdffdjiredfte,  aber  bod^  aud)  eine  freunblid^e  Beurteilung  burc^ 
^eitgenoffen  gefunben  l^at  (gr.  2^l^aner,  libelli  p.  97, 7  ff.).  Über  fein  Serl^ältni«  ju 
§ilbebranb  toirb  ni^t«  beridjitet,  nähere  Sejiel^ungen  baben  offenbar  jlüifd^en  biefen  beiben 
§errfd^ematuren  tro^  gleid^er  ©runbanfc^auungen  nic^t  beftanben.  üRan  emjjfängt  bon 
t|m  ben  ©inbrudf,  ba|  er,  an  bie  ©J)i^e  ber  Äirc^e  geftellt,  großen  aufgaben  getbad^fen  40 
getbefen  fein  toürbe,  unb  e«  fann  al«  fi^er  gelten,  ba|  erft  nad^  feinem  äbleben  für  ein 
„l^ilbebranbinifd^e«"  ^ajjfttum  bor  ©regor  VII.  Saum  gefd^affen  tourbe.  kleben  ^^Jetru« 
2)amiani,  bem  3l«Ieten,  rejjräfentiert  §umbert  einen  in  mand^er  §inftd^t  anberen  i^j)u«, 
beibe  aber  tüaren  gü^rcr  für  i^re  ^Ät  unb  l^aben  ber  „Sleform"  ber  Äirc^e  im  IL^a^r« 
l^unbert  unfd^ä^bare  3)ienftc  gcleiftet.  datl  ^ithU     45 

^nmt,  2)abib  f.  33b  IV  ©.  548,16—549,82. 
Numerale  f.  Hleiber  unb  ^^fignien. 

^ttmiUaten.  —  C)eh)ol,  Ordres  moDast  etc.  VI,  152 ff.;  Vita  s.  Johannis  deMeda, 
fundatoris  Hiintiliator.,  in  ASB  t  VII  Sept.,  p.  343— 3G0;  ^.  2:irabo8d)i,  Mcmorie  degli 
Humiliati,  3  voll.  ?Wobena  1766  {audj  lat.:  Vetera  Humiliatomm  monumenta,  3  t.,  Mediol.  60 
1766-69);  2B.  ^rcflcr,  Beiträge  5.  ©efcöicftte  ber  SBalbefier  im  W«.,  in  913)^,  S3b  XIII, 
1875,  @.  210 ff.;  ^KuOer,  S)ic  Anfänge  be«  3)?inüritenorben«,  SJreibg.  1885,  €.  162-167; 
QU*  berf.  in:  3)ie  ^olbenfcv  unb  iftre  einj.  Gruppen,  ®ol^a  1886,  @.  57 ff.;  abf.  $au«rat^, 
3BcItöerbcfferer  im  ^91.,  III:  S)ie  5lrnoIbiften,  ficipjig  1895,  6.  17 ff. 

3)er  §umiliatenorben  (Drben  ber  SJemut ;   audf»  Drben  ber  büfeenben  Sarett^^iräger  55 
[Barettini  de  PoenitentiaJ)  fül^rt  feine  ©ntftel^ung  fc^on  auf  bie  ß^t  Äaifer  §einrid^«  II. 
unb  5ßa})ft  Scncbilt«  VIII.  jurüdf,  bod;  fmb  bie  auf  einen  fo  frül^cn  Urfjjrung  lautenben 


448  ^ttmiltatcit 

3lad)x\d)im  un^ubcrläjftg.  2luc^  bie.  angeblich  bom  J^LScml^arb  (llo4,  gelegentlich  feine« 
S3cfud[ie«  in  3Kai(anb)  feinem  SJorfte^er  Ouibo  erteilten  Slatfd^Iäge  ober  ^nfti^wftionen  für 
bie  Seitung  fotool^l  ber  männlid^en  h)ie  ber  toeiblic^en  ©lieber  be«  3?erein«  fc^einen,  h)ic 
ber  genannte  ,,®enerar'  ©uibo  felbft,  me^r  ober  toeniger  ber  Sage  anjuge^ören.  §iftorifc^ 

6  gefiebert  erfd^eint  ba«  SBirlen  be«  ^erfömmlic^  aU  ©tifter  be«  Drben«  geltenben  ^oi^annc« 
Olbratu«  (de  Oldrado),  eine«  5Kailänber  Slbeligen,  geboren  ju  3Keba  bei  3KaiIanb,  geft. 
ca.  1159.  (ix  fott  um  bie  SWitte  be«  12.  3lö|rl^unbert«  ^u  SRonbenario  (Rondinetum 
=  Arundinetum)  bei  6omo  bo«  erfte  öumiliatenllofter,  unb  ^tüar  unter  3ugtunblegung 
ber  Senebiftinerrcgel,  gegrünbet  ^aben.    a)oc^  fehlen  beftimmtere  9Jaci^rtc^ten  über  ärt  unb 

10  ©inrid^tung  be«felben,  unb  ber  Umftanb,  bafe  bie  fj)äteren  ^umiliaten  nad^  bem  ^Prinji}) 
ber  3!)oj)i)eIflöfter  (ÜJJänner  unb  grauen  in  einem  ©ebäubc)  jufammenlebten,  ma^t  bie 
3la6)x\d)t,  ba^  ^ö^ö^^^  ^^^  ^R^ia  bie  Siegel  Senebift«  ju  ©runbe  gelegt  l^abe,  berbäc^tig. 
SBal^rfd^einlic^  l^at  ba«  ettüa  20  3^^^^  "^^  feinem  3:obe  ca.  1178,  bid^t  bei  5Kailanb 
„in  agro  Breidensi"  gegrünbete  ^au«  für  gufammenlebenbe  unb  ^arbeitenbe  Sü^er  unb 

löSü^erinnen  (f.  3;irabo«<^i  II,  119;    l?gl.  I,  56)  afö  ba«  erfte  eigentliche  §umiliaten!lofter 

äu  gelten.  2)ie  fd^on  toorl^er  md)  ä^nlic^er  Sitte  ^ier  unb  ba  in  Sombarbien  beftc^enben 
Jaiengenoffenfd^aften  entbei^rten  tüol^l  nod^  be«  flöfterlid^  geregelten  ß^arafter«.  2)er  um 
biefe  3^i^  fd;reibenbe  Slnon^mu«  toon  Saon  (Chronicon  Laudunense,  in  MGS  XXVI, 
449)  gebenft  fold^er  Pauperes  Lombardici,   aber   er  fd^ilbert  fie  ni^t  al«  Älofterleute, 

20  fonbem  at«  fold^e,  „bie  in  ben  §äufem  mit  i^rer  gamilie  ein  religiöfe«  Seben  fül^ren,  fid^ 
üon  Sügen,  Sc^toören  unb  ^ßrojeffen  fern  i}alim,  einfach  gefleibet  ge^en  unb  für  ben  ta^ 
t^olifd^en  ©lauben  eintreten".  6r  lä^t  pe  ben  $aj>ft  älejanber  III.  um  ©enc^migung 
i^rer  fiebenötoeife  angeben  unb  berid^tet,  biefer  l^abe  jtoar  il^r  fromme«  Seben  gebilligt, 
i^nen  jebodji  „ba«  galten  bon  Äonbentifeln  unb  ba«  ^rebigen  beftimmt  unterfagt"  (. . .  sed 

25  ne  conventicula  ab  eis  fierent,  signanter  interdixit  et  ne  in  publico  predicare 
presumerent  districte  inhibuit).  2)iefem  ))ä))ftlid[ien  Sl)ruc^e  fügten  fie  f\d)  jebod^ 
nid^t  unb  l?erfielen  fo  ber  ßjlommunifation  Sltejanber«  (1179).  Sie  enttoidEelten  fid^  nun 
in  unfird^lid^er  SBeife  loeiter,  inbem  fie  in«befonbere,  jenem  33erbot  be«  Äonl?entifel^atten« 
jum  SCrofe,   [\d)  eigene  ^ßrebiger  unb  Seelforger  gaben   unb  mit  ben  um   ebenbiefe  ^^\i 

30  au^  Sübfranfreid^  in  Dberitalien  eingebrungenen  Slnbängem  be«  SBalbe«  ober  „2lrmai 
ijonS^on"  fid^  üerbrüberten.  3)a^er  bannte  2uciu«  III.  fie  jugleid^  mit  biefen  abermal«. 
Sein  6bilt  \>on  1184  berbammt  neben  anberen  §äretifem  auc^  bie,  qui  se  Humilia« 
tos  vel  Pauperes  de  Lugduno  falso  nomine  mentiuntur  (bei  3)Janfi,  Coli,  concil. 
XXII,  476). 

86  6in  2:eil  ber  §umiliaten  berloanbelte  fic^  infolge  \)itxi>on  in  ben  lombarbifd^en  S\mQ 
ber  SBalbenferfelte  (f.  b.  31.),  ber  gegenüber  bem  franjöftfc^en  §au))tftamme  ber  SlnJ^änger- 
fd^aft  SBalbe«'  ^en  fog.  Ultramontenses)  mand^e  befonbere  ©runbfä^e  bertrat  unb  frü]^= 
jeitiger  al«  jener  fic^  bonatiftifd^en  Slnfc^auungen  in  ber  Saframent«fad^e  bingab.  (Sin 
anberer  leil  ber  ©enoffenfd^aft  bagegen  fud^te  unb  behielt  gül^lung  mit  ber  fatl^olifc^en 

40  ^ierard^ie*  6r  tpurbe  jum  lat^olifd^en  Ordo  Humiliatorum,  innerhalb  beffen  feit  älns 
fong  be«  13.  3^^^^""^^^  ^^^  Slbteilungen  ber  Drben«jtoeige  nebeneinanber   bcftanben: 

1.  3)ie  urfprünglid^en  §umiliaten,  eine  Saienbrüberfq^aft,  beren  3)iitglieber  nac^  toie 
t)or  in  i^ren  eigenen  §äufem  lebten,  betocibt  toaren,  fjic^  mit  ^anbtoerf,  befonber«  lud^- 
mad^crei   ernährten,   an   getoiffen   a«letifd^cn  unb   religiöfen  ©runbfä^cn,   namentlid^  an 

46  möglidf^fter  33ermeibung  be«  ßibfd^tour«  (nad^3Kt  5,  34  ff.)  feft^ielten,  unb  bei  il^rcn  fonn^ 
täglid;en  @otte«bienften  [xdj  religiöfe  Slnfprad^en  unb  SWa^nungen  Don  einem  i^rer  ©e- 
noffen  (bie«  jeboc^  unter  Sluffid^t  be«  2)iöcefan=93ifd[|of«)  f^alten  liefen; 

2.  bie  m  5Diönc^en  ober  bejto.  ju  9Jonnen  fortgebilbetcn  .öumiliaten,  toelcfje  al«  ©f^e^ 
lofe  ein  Älofterleben  fül^rten,  i^re  3^ucfjfabrilation  ober  fonftigen  ©etoerbe  gemeinfam,  al« 

60  organificrte  3lrbcit«genoffenfd^aft  betrieben  unb  fid^  im  übrigen  ju  äl^nlic^en  religiö«-fitt= 
liefen  ieiftungcn  h)ie  bie  Saienbrüber,  namentlid^  auc^  ^ur  äJermeibung  bc«  ®ibc«  t)erj)flic^teten; 

3.  bie  al«  regulierte  ßf^or^enen  mit  ^riefterd^aralter  jufammcnlebcnben  §umiliaten, 
toeld^e  abgefeben  l^iet)on  ä^nli^  toie  bie  unter  2  ©enannten  organipert  toaren. 

S^on  S^^^i^c^ni  m«  ^^^^  ^i^f^  ^^^  3^^€^0^  ^^  Orben«  beftätigt  unb  jeben  toon 
66  il^nen  mit  befonberer  ^Regel  begabt  (f.  biefe  Siegeln,  bom  :3uni  1201,  bei  3:irabo«c^i  II, 
128.  135.  139  ff.).  211«  d^arafteriftifd^  tritt  in  jeber  berfelben  bie  auf  möglic^fte  ©nt^al* 
tung  üom  Sdjitoören  lautenbe  SSorfd^ieift  ^ert)or.  —  Dbgleid^  bem  firdjilid^en  Stange  nad^ 
bem  Älofterorben  (9Jr.  2)  unb  bem  Äanoniferorben  0lx.  1)  untergeorbnet,  ift  bie  Saien- 
bruborfc^aft  (5lr.  1)  bod^  ftet«  ber  nac^  ^a\)l  unb  ©influ^  übertoiegenbe  $au))t5h)eig  be« 
60  $umiliaten=3»ftitut«  geblieben.    2)ie  fpätere  Krc^^lic^^e  ©efe^gcbung  ^at  biefe  laifalen  §u= 


^nmiliatett  ^unb  (et  bett  ^eBrStnt  449 

tniliaten  analog  h)ie  bic  Sertiarier  bcr  33cttc(orben  beurteilt  unb  bel^anbclt,  fo  baft  fte  fortan 
old  „britter"  ^umiliatenorben  galten,  obfd^on  fte  i^rer  ßntfte^ung^jeit  nadp  ber  erfte 
toaren.  ©eaenüber  ben  Serfud^en  ber  ©tabtregierungen,  fte  ju  bürgerltd^en  3)ienfts 
Idjiungen  (Ärteg^bienft,  Sibe^Ieiftung  2c.)  ^eranjujiel^en,  ftnb  bie  ^umiliaten  iDteberl^olt 
burd^  ^5rtoUegien  ber  $ä))fte  gefd^ü^t  Sorben;  f.  u.  a.  bie SuHen ^nnocenj  IV.  bonl247  6 
unb  1251  bei  Strabo^d^i  (II,  198.  243)  unb  Dgl.  über^au})t  üRüOer,  anfange  bc«  m^ 
noritenorbenig  ©.  166  f.  SBegen  bieler  in  feiner  5ßraji^  eingeriffenen  Unorbnungen  unb 
SKifebräud^e  follte  ber  Orben  unter  5ßtu^  V.  reformiert  Serben.  (Segen  ben  mit  SSoHjug 
btef er  3lef orm  beauftragten  Äarbinal  Sonomeo  h)urbe  bon  einem  ber  gegen  i^n  berj^tDore- 
nen  ^ßriefter  ein  Sittentat  berübt,  bem  berfelbe  beinal^e  jum  Oj)fer  gefallen  märe  (15(50).  lo 
Um  biefe«  3Rorbberfuc^ö  lüißen  erllärte  5piu«  V.  1251  ben  Drben  für  aufgel^oben.  6in 
leil  ber  bi^lf^erigen  ^umiliatenflöfter  tourbe  nun  bem  Samabitenorben  (f.  b.  21.  33b  II 
@.  413  f.)  übem)iefen. 

S)ie  ben  lüeiJblid^en  2eU  be«  Drben^  bilbenben  §umiliatinnen  (5Ronnen  bom 
Drben  ber  SDemut)  entgingen  biejer  bemid^tenben  ©entenj.  ©ie  l^aben  ftd^  —  mel^rfad^  i6 
aud^  ate  „SBIaffonifd^e  3lonnen"  begeid^net,  nad^  il^rer  angeblid^en  erften  Sorfte^erin  ßlara 
Slaffoni  ju  SKailanb  (ca.  1140)  —  bi^  in  unfere  ^üt  crl^alten.  2)a  fte  befonber^  bei 
Slu^fa|s(S})ibemien  ftd^  in  aufojjfember  SBJeifc  ber  Sebienung  bon  ©icc^enl^äufem  toibmcten, 
nannte  man  fte  aud^  „^ofpitaliterinnen  bon  ber  Dbferbanj"  (§eIi;ot  VI,  165  ff.),  ©ie 
^aben  je^t  no(^  5  Älöfter  (4  in  Dberitalien  fotoic  ein^  in  5Rom),  toclc^e  in  feiner  abl^ängigs  20 
feit  bonetnanber  ftel^en.  2)ie  ÄIcibung  bcr  eigentlid^en  ©d^tocftern  ift  toct^  (in  ben  Älöftem 
ju  Slom  unb  juSScrceHi:  h>ei^  mit  fc^h)arjem  ©c^Ieier),  bie  ber  ßaienfd^tocftem  ober  „93a- 
rettinerinnen"  grau  (^eimb.  ©.  127).  38tfier. 

^Itttb    bei    bCtt    Hebräern.  —     ©oc^art,    Hierozoicon  I  769  ff.   ed.  Lips.;    «Jicncr, 
3ieahuörterbu(ft  ;  gurrer  in  ©djeufel^  SSibdlej.  unb  in  SRie^m,  ^anbiüörtcrbuc^  ;  X.  k.  ßf)e^ne,  2B 
«rt.  Dog  in  Encycl.  Biblica  I  1124 ff.;  Nobler,  3)enfblättcr  115 f. 

3m  alten  h)ic  im  heutigen  ^ßaläftina  begegnet  unö  ber  §unb  nur  auönol^m^hjcife 
al^  §au^tier.  5Kan  !ann  i^n  ^ier  biet  e^er  ju  ben  loilben  üeren  rennen.  2)ie  ^errcn^ 
lofen§unbe  ftnb  bi«  auf  ben  ij^eutigen  SEag  in  allen  Drtfd^aften,  befonber^  in  ben  größeren 
©tobten,  in  Wenge  anzutreffen  (bgl.  Sc  16,  21),  fobiele  ate  eben  gutter  b.  l).  äbfall  so 
aDer  2lrt  pnben.  ©ie  üben  bort  bie  ®cfunb^eit^J)olijei  au^  unb  bejorgcn  bie  ©tra^en- 
reinigung.  2Ba«  au^  ben  §äufem  auf  bic  ©tra^e  geworfen  toirb  unb  \i}nm  irgcnbh)ie 
jum  grafte  biencn  fann,  toirb  berfd^lungen ;  namcntlid^  ba^  3la^  gefallener  liere  ift  i^ncn 
eine  toillrommenc  33eute  (bgl.  bic  ©cfc^c^beftimmung  2  SWof  22,  31,  ba^  gefallene^  ober 
jeriffene«  SJic^  ben  §unben  borgetoorfen  loerbcn  foll).  Um  biefer  i^rer  nü^li^^cn  2:^ätigfcit  35 
tt>\üm  fd^ö^t  unb  fqont  bcr  Singeborene  bie  im  übrigen  atö  unrein  geltenbcn  unb  bcrac^tctcn 
liere  unb  lä^t  i^nen  nid^t^  gcfd^c^cn.  ©ie  ftnb  übrigen^  auc^  ganj  ja^m  unb  un- 
gefä^li^.  ©ie  bcHen  unb  l^eulen  itoax  fürd^terlic^,  namentlich  bei  9Jad^t,  tocnn  fic  auf 
ber  ©u^e  nad^  gulter  bie  ©tabt  burd^ftreifen.  2luc^  ^^embe,  bic  burd^  if^rc  Äleibung  afe 
folc^e  gefennjeidjinct  finb,  berfolgen  fic  gerne  mit  i^rcm  ©cbcH ;  c^  ift  bal^cr  fpric^toört*  40 
li(^e  S3ejeic^nung  bcr  gtöfetcn  ©i^cr^cit  bc^  SBanberer^,  tocnn  c^  (;ci6t :  „Sein  |)unb  toirb 
gegen  bid^  mudffen"  (2  2Roj  11,  7;  ^vi>  11,  19).  2lbcr  tocnn  fte  nid^t  gereift  mcrbcn, 
t^un  fic  nidjit^  (t)gl.  $r26, 17).  ©ie  finb  überbie^  aud^  rcd^t  feige ;  ba^  fic  \\q  auf  ben 
l^lfs  unb  mc^rlo^  2)alicgcnbcn  ftürjcn,  toie  bcr  ^fatmift  fdjiilbert  (22,  17.  21),  »oic  auf 
ein  berenbenbc^  licr,  um  i^rcn  Staub  bei  3^^^^"  i^  ftc^crn,  entjj)ridf»t  ganj  i^rer  2lrt.     45 

SBJie  noc^  l^eutc  galten  bie  §unbe  auc^  ben  alten  Hebräern  für  unrein,  unb  c^  ift 
nic^t  ^u  bertDunbern,  ba^  bicfcr  ©tra^cn^unb  im  ©pra^gebraud^  aller  3«i^  ^"^  Orient 
ein  93ilb  aße^  ©emeinen.  Unreinen,  9Jiebrigcn,  93crtoorfcncn  unb  Unbcrfd^ämten  toar. 
©unb  unb  ©d^toein  finb  nebencinanbcr  geftcUt  afe  Sejeic^nung  bc^  Unreinften  (^ef  66,  3 ; 
Sit  7,  6;  2  ^t  2,  22;  bgl.  §oraj,  Ep.I  2,  26;  II  2,  75),  unb  bic  ganje  ©innlofia^  w 
leit  ber  Djjfer  fcnn^cid^nct  ber  ^ropl^ct  bamit,  ba^  er  il^rc  2)arbnngung  mit  ber  ©c^lac^- 
tung  biefer  Jiere  glci^ftcHt  (3cf  66,  3).  3Slan  tann  fic^  fclbft  in  bemütigcr  Unter* 
toürfigfeit  einem  ©öf^erftc^enben  gegenüber  nid^t  mdjx  emiebrigen,  afö  tocnn  man  fid^ 
afö  „$unb",  gar  ate  „unreinen  $unb"  bcjeid^nct  (1  ©a  24,  15;  2  ©a  9,  8;  1  fig 
8, 13 ;  ftatt  n?:  ^^tot"  hjirb  mit  %.  Ä.  (E^cl;nc  überaß  N^rj  ,,unrcin"  ju  Icfcn  fein) ;  unb  66 
man  lann  einen  anbem  nic^t  fd^iDcrer  bcjd^imjjfcn,  afö  loenn  man  il^n  einen  „§unb" 
nennt  (1  ©a  17,  43;  2  ©a  16,  9;  in  2  ©a  3,  8  ift  bcr  Icjt  bcrborbcn,  f.  Äloftcr* 
mann  j.  b.  ©t.).  6^  ift  ba^  fd^redfli^ftc  ©c^irffal,  ba$  ben  S^^^^li^^"  treffen  fann,  iocnn 
fein  2ei(^nam,  ftatt  im  ©rabc  geborgen  ju  iocrbcn,  bon  ben  §unbcn  auf  bem  gelbe  gc= 

9UaI*(hic))flopäb{e  für  Xt^eologie  unb  Stirere.  3.  Vi.  VIII.  29 


450  ^nitb  (et  bett  ^thtitm  ^nttbed^agett 

treffen  \mt>  (1  Äg  14,  11  ;  16,  4;  21,  19.  23;  22,  38 ;  2  Ä9  9,  10.  36;  ^j  68,24; 
Ser  15,  :]).  2)er  l^ol^e  SBert  be^  Sebcn^  h)irb  red^t  braftijd^  bargcftellt  in  bem  ©a^,  ba^ 
fogar  ein  lebenber  ^unb  immer  noä)  beffer  fei  ate  ein  toter  Sötoc  ($rb  9,  4).  3)ie 
cfell^afte  ®eh)ol^nl^eit  be^  §unbc^,  ba«  ©cjj^ei  h)ieber  ju  treffen,  mad^t  il^n  im  ©j)ricl^h)ort 

5  gum  äilb  berer,  benen  ^  im  ©t^^mufe  unb  in  ber  ©emein^eit  fo  red^t  h>ol^I  ift  (Bpx 
26,  ll;2  5ßt2,  22).  SBegen  feiner  ©eill^eit  ift  fein  9lamc  jur  offijieBen  Sejeid^nung  ber 
männlid^en  Debefdjicn  unb  h)o^l  über^aui)t  ber  toibernotürlid^e  Unjudjit  treibenben  5Känner 
gehjorben  (5  3Kof  23,  19;  Dßl.  xvvaidog  ber  ©rieben  unb  xvveg  Dffb  22,  15).  2)oc^ 
fc^eint  e^,  bafe  ber  ^ugbrud  „§unb"  für  biefe  Älaffe  bon  SJienem  ber  ©olt^eit  nic^t  ein 

10  i^eräc^tKc^er  äuöbrucf,  fonbem  xifxt  offijiene  Sejeic^nung  h)ar.  2)er  auöbrucf  flnbet  ftc^ 
nämlid^  audji  auf  einer  Jjj^önijifd^en  ^nfcprift  auö  Sarnaw  (CJS  I  no.  86)  atö  Se^ei^^ 
nung  einer  Älaffe  \>tm  Wienern  im  2em})el  ber  Slfc^toret.  SDann  tonnte  bie  Sejeic^nung 
ba^er  rüF^ren,  bafe  keleb  (h)ie  im  Slfft^rifc^en  kalbu)  ein  ganj  allgemeiner  2lu^bru(f  ^ur 
33ejeid[inung  eine^  geringen  Wiener«  gegenüber  einem  ^od^fte^enben  Xoax.  —  3)ie  fjwteren 

Iß  Suben  bejcid^neten  mit  Sorliebe  bie  Reiben  atö  „öunbe"  (Niddah  77*,  Baba  Kama 
49*  u.  a.,  bgl.  9Kt  15,  26 ;  3Rc  7,  27),  h>ie  audb  ^eut^utage  bie  3Ku«limen  bie  ß^riften 
gerne  fo  nennen. 

afeä^renb  bei  ben  göraeliten  ber  §unb  ate  ein  unreine«  Sier  gilt,  ift  er  bei  anbem 
femitifc^en  3Sößcm  ein  j^eilige«,  jebenfaH«   ein  o})f erbare«  3;ier.   S^f^n  (XVIII  1,  10) 

20  berichtet  j.  S.,  bafe  35ariu«  ben  $uniem  ba«  ©ffen  bon  Äunbefleifi^  berbot,  —  gebac^t 
ift  babei  im  ganjen  3ufflmmenl^ang  an  ba«  Djjferma^l.  6benfo  Xoax  ber  §unb  bei  ben 
§ananiem  ^eilig  unb  fj)ielte  in  i^ren  3W^fterien  eine  SRofle.  SRob.  ©mitl^,  Religion  pf 
the  Semites^  291  f.)  toeift  aud^  nod^  auf  bie  J)l^öni^ifd^en  Flamen  «2^3  unb  D"^bNnbD 
l^in.    ©er  9Jame  „^unb«flu^".  Nähr  el-Kelb,   ben  ein  %\\x^  nörblidji  \>on  Seirut  trägt 

25  (Lycus  flumen  bei  ben  Ilajfifd^en  ®eograj)^en),  bürfte  ebenfalls  mit  ber  §ciligfeit  be« 
§unbe«  jufammenl^ängen.  3)ie  oben  ertoä^nte  Sejeic^nung  ber  männli^en  Debejc^en  al« 
§unbe  h)irb  aHerbing«  faum  mit  9lob.  ©mit^  afe  S3eioei«  für  bie  ^eiligfeit  be«  ^unbe« 
angefül^rt  toerben  lönnen.  9lber  ba^  bie  Unreinheit  be«  §unbe«  bei  ben  Hebräern  mit 
feiner  Äeiligleit  in   anberen  Äulten  gufammenl^ängt  (h)ie  bie«  überl^auj)t  bei  ber  gamen 

30  SJorfteUung  bon  „unreinen"  3;ieren  ber  %dSi  ift),  l^at  alle  SBal^rfd^einlic^Ieit  für  fic^. 
SieHeic^t  gehörte  auc^^  ber  §unb  ju  ben  2:ieren,  toeld^e  bei  ben  alten  ©emiten  al«  S^otem 
bere^rt  tourben.  S"^^^*^'^^  ift  ^'^  'E^ei  ben  3Ru«Umen  bie  Setrad^tung  be«  ^unbe«  al« 
„unrein"  mit  einer  gett)iffen  eigenartigen  SBertfd^ö^ung  be«  liere«  l?erbunbcn  ift.  2)er 
9Ru«Iim  tüirb  fid^  lauten,  einen  §unb  gu  berufen,  —  aber  e«  ift  ein  fromme«  äüerf,  bie 

36  §unbe  ju  füttern  unb  ^u  tränien. 

3)ie  S3etrad[|tung  be«  §unbe«  al«  unrein  ^inbcrte  übrigen«  nic^t,  bafe  bie  ,^ebräer 
il^n  —  toenn  a\x6^  nur  in  befc^ränfter  SBeife  —  ftc^  bienftbar  matten.  311«  §irten^unbe 
berloanbte  man  fte  jum  Setoad^en  ber  §erbe  gegen  2)iebe  unb  rei^enbe  3:iere,  toa«  immer^ 
Jfin  einige  äbrid^tung  borau«fe^t  (§i  30,  1 ;  3^f  56,  10) ;    benn  bie  ©trafeen^unbe,  bie 

40  immer  faul  baliegen  unb  fc^lafen,  fmb,  toie  ber  ^roj)l^et  e«  fc^ilbert,  baju  unbraudjibar 
(Sef  56,  10).  —  Ob  auc^  ^^Ö^^^nbe  bei  ben  Hebräern  im  (S>thxa\!ii:i  loaren,  ift  fraglid^. 
S)a^  ©br  30,  31  mit  "^'pi,  h?ie  Sut^er  überjc^t,  ber  Sffiinb^unb  gemeint  fei,  ift  fel^r 
fraglid^  (f.  SBilbeboer  j.  b.  ©t.).  3)ie  ägVJJter  unb  Slff^rer  lannten  l?erfc^iebene  SHaffen 
bon  ^unben,   bie  jur  3ö0t>  geeignet  toaren  unb  brefftert  tourben  (Ermann,  ägVbter  unb 

46  ägvj)tifc^e«  Scben  331  ff.).  —  £up«l^unbe  ermähnt  bie  S3ibel  erft  in  fe^r  fbäter  ^Äi: 
2:obia«  »oirb  toon  einem  Keinen  Äau«^ünbc^en  auf  feiner  SReife  begleitet  (2:ob  6, 1 ;  11, 9), 
unb  bie  2lnth)ort  be«  fanaanitifdpen  Sffieibe«,  ba^  bie  ^ünblein  bon  ben  Srofamen  effen, 
bie  \>on  i^re«  §erm  3:ifd^e  fallen,  jeigt,  ba^  man  jur  ^z\i  G^rifti  nid^t  fo  feiten  fi^ 
$au«^unbe  ^ielt.  SSettsinger. 

60  ^unbe«^agen,  Äarl  »ernl^arb,  gcft.  1873.  —  Gine  ^TuSwaf)!  ber  mcift  fc^r 
lefenöroerten  tlcincren  ©(ftriften  unb  ^^lbt)Qnblungcn  ^.«  ^at  3).  ß^riftUcb  jujQmmengcftcUt 
(®ot^Q,  ^ert()c«  1874);  ebenbort  ift  im  ^Inftong  ein  c^ronologifcftc«  33erjci(t)niö  feiner  jömt» 
lid)en  fdjriflftcUerifdjcn  ^(rbeitcn  gegeben.  (Singc^enberc  S^clrologe  würben  it)m  gciuibmct  von 
3).  ©ftviftlieb    (Ä.  93.  4)unbe§öagcn,    ©ine    ficben^ffi^ic    ©eparatabbrucf   quo   ben   bculfc^en 

66  »lottern,  ®otl)Q,  ^ertt)c^  1873),  unb  üon  %.  SRic^m,  in  ben  (feit  SRot^c«  lob  uon  ^lunbeö- 
^aflen  mit  Ijcrauögcgebencn)  I^StÄ  1874,  I. 

Marl  Sem^arb  ,öunbe«bagen  toar  eine  ber  ^erborragenbften  unb  origineHften  ^ßerfönlit^f- 
feiten,  toelc^e  in  unferent  3^^^^""*^^^  ^i^  beutfd^^reformierte  Kird^e  in  ben  3)ienft  unferer 
ebangelifc^en  Äirc^e   unb  äl^eologie  gefteüt  ifai,    ©eine  eigentümlid^e  Sebeutung  berul^t 


^unbcd^ogett  451 

barin,  bafe  er  getDifjc  SSorjügc  feiner  mütterli^en  Äirc^e  in  feiner  3)enfarl  mit  lebenbiger 
S3ejiel(;ung  auf  bie  ®egenh)art  rräftig  re})robmiert  unb  —  ebenfo  ol^  grünblid^er  ©elelf^rter 
h)ie  aU  au^e^ietd^neter  (E^arafter  —  in  ber  beutfd^-Jjroteftantifd^en  ©nttoicfelung,  h)ie  fie 
um  bie  5Kitte  be«  S^^^'^"'^*^^^  ^^Qf  wergifcb  jur  ©eltung  bringt.  6^  ift  bie^  nament* 
lid^  bie  cntfd^iebene  Setonung  be^  et^ifd^en  ©runbfaftor«  im  5ßroteftanti«mu«  gegenüber  5 
bem  fei«  bogmatifd^en,  feiö  fritif^en  ^nteDeltualtemu« ;  bann  bamit  jufammen^ängenb  bie 
boße  aSürbigung  ber  gefeüfd^aftlid^en  9latur  unb  Seben^orbemiffe  ber  burd^  tl^eofralifd^e 
SBerquidung  mit  bem  Staat  l?erlümmerten  Äird^e;  enblic^  ber  freie  tiefe  S3Iid  in  ben 
innigen  3wf<^»"»"C"^öng  be«  religii^-lird^Iid^en  mit  bem  })oIitifd^-nationaIen  Seben,  jumal 
in  ^eutf(^lanb.  10 

©eboren  ben  10.  Januar  1810  in  ^ebetoalb  bei  ^erdfelb,  fear  §.  ein  ed^teö  Rinb 
be«  beffifc^en  Stammet,  beffen  etiüa^  fc^tüerfäCige  Äraft  unb  jä^er  SRei^töfinn  d^arafte« 
riftifd^  in  if^m  ^ert)ortrat.  t)m  religiöfen  3^0  berbanfte  er  einer  frommen  ÜButter,  ben 
©inn  für  öffentliche  2lngeIegenlS>eiten  einem  trefflichen  S3ater,  bamaligem  Dberförfter,  nac^= 
maligem  ^ßrofeffor  ber  gorft=  unb  ©taat^toiffenfc^aften  in  gulba,  2^übingen  unb  ©iefeen.  is 
©eine  jugenblid^e  6nth)icfelung  tourbe  burd^  bie  üon  ben  ^eil^eitgfriegen  getoedften  fittüd^« 
religiöfen  unb  Jjatriotifd^en  ©timmungen  bebingt.  3lod)  nid^t  fünfge^njä^rig  jur  Uniber« 
fität  entlaffen,  begann  er  in  ®ie^en  mit  })l(;iIoIogif^en  Stubien,  ging  aber  nad^  einem 
Sa^re  jur  2^^cologie  über,  unabg^c^redft  burd^  bie  Unerquidflid^Ieit  rationaüftifd^er  ©gegefe, 
mit  Vorliebe  für  bie  Äirc^^engefd^icpte  unb  bereit«  in  Oebanlen  an  eine  fj)ätere  atabemifd^e  20 
Saufbal^n.  ©J^red^er  ber  Oiefeener  Surfd^enfd^aft,  toirb  er  1828  bei  beren  äufJ^ebung 
ol^ne  fonftige  ©c^^ulb  relegiert  unb  barf  erft  nai)  jähriger  j^äu^lid^er  3wriidgejogen^eit 
feine  ©tubien  in  ^aUe  fortfe^en,  \vo  in  %i}ilo  unb  Ußmann  eine  lebendigere  ^l^eologie 
il^n  anfjjrid^t  unb  Unterer  bon  i^m  bezeugt:  „©ein  für  alle«  ®ute  unb  6ble  begeifterter 
©inn  unb  fein  ganje«  moralifc^  tüd^tige«  unb  fräftige«  SBefen  ^aben  mir  il^n  befonber«  25 
tüert  gemadjit".  2)er  ©tolg  feiner  ©Item,  öon  feinen  greunben  fc^h)ärmerifd^  berel^rt, 
Ui}xt  er  1830  nad^  ©iefeen  jurüdf,  j^abilitiert  fid^  mit  einer  2)iffertation  über  2lgobarb  gu^ 
nädjift  in  ber  j)l^ilofo^^if^en  ^afultät  unb  beginnt  bor  42  3w^örem  über  Äird^engef^iAte 
unb  d^riftli^e  Altertümer  ^u  lefen.  Si^entiat  ber  ^^eologie  burd^  eine  Slb^nblung  über 
bie  m^ftifc^e  2:i^eologie  ®erfon«  (1833),  J)flegt  er  mit  Eingebung  feinen  leibenben  Saterso 
T^n  2^obe  unb  folgt  bann  (1834)  einem  9luf  al«  aufeerorbentlid^er  ^rofeffor  an  bie  neu 
eröffnete  Uniberfität  Sem.  (Sine  1835  in  Reffen  gegen  i^n  angeftrengtc  j)olitifdS^e  Unter« 
fud^ung,  ber  er  anber«  aU  in  ben  gerim  fic^  ju  fteUen  bcrloeigerte,  berlief  bei  innerer 
3ii^tig!eit  im  ©anbe.  6inm  eigenm  i^au^ftanb  grünbete  er  in  Sem  nid^t,  blieb  biel- 
mel^r  jeitleben«  unberbeiratet,  inbem  er  mit  gtoei  unberforgtm  ©c^u>eftem  ein  ftiHe«,  innige«  35 
JJamitienleben  führte.  3)ie  in  Sem  gu  berbringenben  breije^n  ^ai^x^  bienten  gunä^ft 
feiner  toiffenfd^aftlic^m  unb  religiö^^fittlic^m  ©nttüidfelung  jum  reifenben  Slbf^lufe.  2)er 
bamalige  tt)of^ltoollenbe  f onf erbatibJiberale  Semer  greiftaat,  mit  bem  jebe«  öffentliche  Seben 
nieberbaltenben  beutfd^en  ^ßolijeiftaat  jener  3^*  ^"  günftigem  Äontraft,  heimelte  ibn  an ; 
baju  fanb  er  in  Sern  „ein  im  ganzen  in  feiner  altr^ormierten  ©igentümlid^feit  nocp  \üol}U  40 
tonferbierte«  fir^li^e«  Seben"  unb  an  ber  Uniberfität  eine  fc^öne  ®emeinfc^aft  teil«  mit 
tüiffenfd^aftlic^  hochbegabten  beutfd^en  Ideologen,  toie  ©d^nedfenburger,  teil«  mit  me^r 
praftifc^  gerichteten  unb  jugleic^  im  5ßfanamt  tl^ätigen  ©c^toeijem.  Sermod^te  er  bier 
feine  toiffenfdjiaftUcf^e  ©runblage  nod^  tüefentlid^  gu  berbreitem  unb  ju  bcrtiefen,  fo  i)rägte 
fi^  anbererfeit«  feine  Überzeugung  fräftig  au«,  bafe  bie  SBiffenfcbaft  nid^t  ©elbftjtoed  46 
fei,  fonbem  bem  2^Un  gu  bimm  f)abt.  1836  in  bie  Serner  ®eiftli^feit  aufgenommm, 
toarb  er  bon  berfelben  breimal  ju  ®eneralf^noben  abgeorbnet,  unb  na^m  anbererfeit«  gem 
an  ben  5PaftoraHonferen;\en  teil,  h)o  er  j.  S.  ba«  2:^cma  be^anbelte :  „SiJie  fönnen  tbir 
bie  &^]d)\ä)tt  ber  Äird^e  unb  ber  ))roteftantifd^en  Äirc^e  infonber^eit  jur  §ebung  d)xxp 
li^m  ©inne«  unb  Seben«  jjraftifd^  benu^en?"  1841  SReftor  ber  Uniberfität,  ^ält  crco 
feine  2lntritt«rebc  über  ein  i^m  geitleben«  toid^tig  gebliebene«  2;^ema,  „2)er  ©influ^  be« 
6albini«mu«  auf  bie  gbeen  bon  ©taat  unb  ftaat«bürgerlid^er  ^reil(;eit".  '^m  folgenbm 
gal^re  erfc^ien  bie  gebiegene  JJmd^t  feiner  lofalgefd^id^tlidjien  Drientierung«ftubien :  „2)ie 
Äonfiiftc  be«  3h)i"9liön^^wiw«,  Sut^ertum«  unb  6albini«mu«  in  ber  Sernif^en  ßanbe«^ 
lird^c  bon  1532—1558",  eine  reformation«gef(^ic^tlid^eentbeduna,  meift  au«  ungebrudttm  55 
Quellen  l{;erau«gearbeitet.  Slber  tpie  toenig  fein  fittlid^^^energifd^er  ®eift  über  ber  Ser« 
gangen^eit  bie  ©egentoart  au«  bem  Slugc  berlor,  ja  toie  tief  unb  innig  er  bei  aller  Sin* 
^änglic^feit  an  Sem  im  forttüä^renben  umfaffenbften  3"föwmen^ang  ber  beutfc^en  ©nt« 
ioidEelungen  lebte  unb  toebte,  foHte  1846  feine  anonyme  ©cf^rift  offenbar  mad[;en,  bie  ben 
Stuf  feine«  berfd^tüiegenen  5Jamen«  begrünbete :  „2)er  beutfc^^e  ^roteftanti«mu«,  feine  Scr^  co 

29*- 


452  ^ttuked^agett 

gangcn^eit  uub  feine  heutigen  Seben^fragen,  im  Sufömmcnl^ang  mit  ber  gesamten  natio- 
nalen ©nttüicfelung  belcud^tct  l?on  einem  beutfd^en  i^eologen" ;  eine  ber  tDenigen  tl^eo^ 
logifd^en  ©d^riften  unfere«  3^^^"*^^^^/  ^^^  ^^^  ^^^  engeren  Ärei^  ber  gac^genoffen 
^inau^  in  bie  allgemeine  SetDegung  ber  ©eifter  eingegriffen  l^aben. 

6  2öa^  ^unbe^^agen  in  biefem  tDaf^rlj^aft  im  ®eifte  ber  5ßroj)^etie  fonjij)ierten  Suc^e 
lüottte,  ba^  toax:  feinen  aSoIfe  unb  ©lauben^enoffen  unter  ben  immer  bro^enber  toer- 
benben  3^'^^  ^^  3^*  ^^^^^  ©))iegel  ber  ©elbfterfenntni^  bor^alten  unb  fo  bie  berf^äng- 
nx^'ooU  au^einanberftrebenben  ebleren  Äräfte  ju  rettenbem  ßufammentüirfen  mcrben.  3Ö% 
renb  bie  \>on  ©traufe  Nachgerufenen  (Seifter  eine«  toilben  unb  tDüften  litterarifc^en  Sinti- 

10  c^riftentum«  bereit«  afö  bie  ©turmböget  ber  !ommenben  9let)o(ution  über  3!)eutfd[|lanb 
ftciften,  {^atte  ber  c^riftlid^-jjatriotifd^e  Seobadjiter  bie  traurigsrätfel^aftc  6rfd;einung  üor 
äugen,  bafe  bie  9JaterIanb«freunbe,  toeld^e  bie  Befreiung  be«  nationalen  Seben«  au«  ben 
geffeln  be«  ^ßoli^eiftaatcö  unb  ber  SJielftaaterei  anftrebten,  faft  au«na^m«lo«  einem  blo^ 
negatiüen,  minbeften«  rationaliftifd^en  ^roteftanti«mu«  anfingen;    bie  emfteren  gteunbc 

15  be«  O^riftentum«  unb  ber  Äird^e  bagegen,  in  benen  bie  Jjofitib^religiöfen  ÜWotit)c  be«  eban- 
gelifd^en  ©lauben«  mäd^tig  toaren,  il(^rcrfeit«  ben  Jjolitifd^sfreiftnnigen  Seftrebungen  bur^= 
fc^nittlid^  mit  ©leid^giltigleit  ober  3Ki^trauen  gegenüberftanben.  6«  bem  gegenüber  jur  Über^ 

ieugung  ber  Seften  feiner  5lation  gu  erl^eben,  bafe  bie  religiöfen  unb  bie  nationalen  Äranl- 
»eit«juftänbe  in  SJeutfc^Ianb  im  tiefften  ß^f^^w^iw^i^öWÖ   ftünben  unb  nur  toed^feltoirfenb 

20  ber  Teilung  jugefü^rt  toerben  lönnten,  toar  ber  grofee,  in  biefer  Älarl^eit  unb  Segrünbung 
ebenfb  überrafd^enbe  al«  überjeugung^fräftige  ©runbgebanfe  be«  S5ud[ie«.  2)a«felbe  ^olt 
au«  Don  ber  ^bee  ber  SReformation  al«  ber  ©rofetbat  beutfd^er  ®efc|id^te,  auf  bie  ftd^ 
aHe  beriefen,  unb  jeigt,  toie  biefelbe  i^rem  innerften  Söefen  na^  eine  il^at  nic^t  be« 
SSäiffen«,  fonbem  be«  ßJetoiffen«  fei;    toie  bann  mit  biefem  etl^ifc^en  ©runbfaftor,  ber  in 

25  ber  Slcd^tfertigung  attein  burd^  ben  (Slauben  gelegt  fei,  ein  inteHeftuellcr,  ba«  ^xxn^xp 
ber  freien  gorfd^ung  um  be«  ©etoiffen«  toiDen,  fid^  berbunben  i^abt,  unb  h?ie  biefer  bem 
?}roteftanti«mu«  aDerbing«  and^  toefentlid^e,  in  ber  ©cgentoart  fo  mächtige  inteUeftucße 
goltor  nur  in  ber  ©^nt^efe  mit  jenem  et^if^en  gefunb  unb  fegen«reid^  bleiben  fönne. 
eine  3)urc^toanberung  ber  beutfc^^Jjroteftantifd^en  Rirc^engef^id^te   toeift   toeiter^in   nac^, 

af>  loie  bie  Serabfäumung  be«  et^ifd^en  unb  bie  einfeitige  Pflege  be«  inteHeftueHen  ^ftor« 
guerft  bie  alte  Drt^obo|ie,  bann  ben  9lationaIi«mu«,  enblic^  bie  ouflöfenbe  Äriti!  ber 
©egentüart  berfd^ulbet,  unb  jtoar  iebe«mal  im  ßwfammenl^ang  mit  einer  ©eftaltung  be« 
©taatc«,  tüeld^e  ben  38olf«geift  be«  naturgemäßen  S3oben«  feiner  et^ifd^en  5iraftenttt)idEe=: 
lung  beraubte  unb  auf  ein  einfeitig  inteHehualiftifdjie«  Seben  ^inbrängte.  3lm  einael^enbften 

35  tourbe  bie«  an  ber  ®egenh?art  na^getoiefen,  unb  mit  brennenben  färben  au«gefü^rt,  loic 
gloar  nac^  ben  ^eil^eit«friegen  bie  ©^nt^efe  be«  et^ifc^en  unb  intefieftueHen  gaftor«  fic^ 
lobe  l^erftellen  tooüen,  toie  aber  burd^  bie  Unterbinbung  aü^  nationalen  fieben«  im  mo- 
bemcn  ^olijeiftaat  bie  ^Ration,  toel^e  atte  Sebingungen  einer  umfaffenberen  enttoidEelung 
in  fid^  trage,  auf  jene  au«f(^lie6lid^  litterarifd^e  Sjiftenj  gurüdfgetoorfen  unb  fo  ben  äu^erften 

40  ÜE,;cilcn  cuuT  \\d}  jdbH  übcifc^ta^cnbcn  Mritif  unb  intelleftualiftif d^en  SRaferei  ber  Söoben 
bdtuünifc^cr  üJJaAtcntfattung  bereitet  tucrb^n  fei.  S3on  biefer  ©runblegung  au^  ging  bie 
©($riit  ^u  hm  tircfcttc^cn  §ragot  ber  ©cgentoart  über  unb  beleuchtete  na^einanber  ben 
^idi^niuö,  bie  ürc^U^^c  ffiiflcnfc^aft,  bie  t^eoIogif^=Iirc^Iid[ie  SReaftion,  bie  ©^mbolfrage 
nad}  tJiCDlüiiijdttr  unb  nacb  ftrcben^DÜlifc^cT  Betrachtung,  ben  djiriftlic^en  Qiaai,  bie  iiid^U 

45  frcimbc,  bie  Äudj^cnücrfaffung^ frage,  bic  an^eblic^e  „3Jliffton  ber  2)eutfc^Iat^oUten",  enblid^ 
ben  ,,'l.^rofeeftanti<ämuö  ali^J  ^plittfcfjc«  ^rinji))" ;  —  ba«  aHe«  mit  fo  t)iel  ©acfjfunbe,  un- 
b'-^an^innT  r>^rT*;(fniiifcit,  d>iuafkn'i>pßcm,  an  ber  redeten  ©teile  mit  §umor  getoür^tem  (Smft, 
mit  fobiel  Siberalität  unb  ^ßofitibität  jugleidji,  lur;  mit  einem  in  ber  beutfc^en  t^eolo- 
gifdjien  ©ebanlenbläffe  fo  ungemol^nten   fittlid^en  lMeaIi«mu«  ber  Seobad^tung  unb  Seur^ 

50  teilung,  bafe  ba«  Suc^  in  bie  betoegte  ^^t  toie  ein  SBli$  einfc^lug.  3)a«felbe  mufete  be^ 
reit«  1847  in  ^toeitcr,  1850  in  einer  britten  (berbefferten)  3luf läge  erfd^einen.  2lm  boBften 
tüarb  e«  in  ©übtoeftbeutfc^lanb  anerfannt;  im  9Jorboften  ftanb  ba«  SWi^trauen  gegen  bie 
em))fo^Iene  fonftitutioneße  ©taat«5  unb  re})räfentatit)e  Äird^enberfaffung  ettoa«  im  JBege; 
am  befangenften  unb  leibenfdjiaftlicf^ften  aber  fiel  Ä.  %.  93aur«  Urteil  au«,  beffen  Unfäi^igs 

55  feit,  bie  l^ier  berfünbcten  großen  unb  ieitgemäfeen  SBa^r^eiten  gu  toürbigen,  ba«  Urteil  §unbe«s 

l^agen«  über  ben  einfeitigen  3ntelleituali«mu«  ber  Iritifc^en  Ideologie  nur  beftdtigen  fonnte. 

^ür  §unbe«l^agen  toar  bie  Jjerf önlic^c  golge  biefer  eJ)od^emac^enben  ©d^rift  feine  ©e^ 

rufung  nad)  §eibelberg.   Wo  er   al«  orbcntlic^er  ^Jirofeffor  ber  neuteftamentlid^en  ßjegefe 

unb  ber  Sirc^engefd[|id;te  nun  jmanjigSöl^re  (1847— 1867)  bcrbleiben  foBte.  35iefe  Jtoanjig 

Go  '^al}K  in  SBaben,  mit  ber  9lebolution«jcit  beginnenb  unb  mit  ber  tüiebcr^ergefteÜten  ^m- 


^ttttbfd^agett  453 

fd^ft  bc«  Sibcralii^mu^  fd^Kcfeenb,  fotttm  i^m  rnannigfaci^e  ®elegenl(^eit  geben,  in  Sctüöl^s 
rung  be«  au^efjjrod^enen  ©tanb^unfteö  nad^  IxnU  unb  ret^tö  ftc^  ate  guten  3^8^"  wnb 
unbiegfamen  firdjiKc^en  G^arafter  ju  betüäl^rcn.  ©eine  2lntritt^or(efung  l^ieU  er  „über 
bie  Suigfic^ten  unb  ba^  ©tubium  ber  3lj)oIogeti!  in  unferer  3^^"-  ^^^  ^^  abftralten 
Sleligion^freil^eit  ber  1848er  beutfc^en  (Srunbre^te  h)amte  er ;  anbererfeitö  nol^m  er  in  bem  6 
Äuno  %\]d)ct\6)m  §anbel  in  ^eibelberg  bie  toijfenf^aftlid^e  Se^ei^eit  aud)  bei  einem 
(Segner  be<g  ßF^riftentum«  in  ©d^u^.  3ln  ben  ))ofttib=^riftlid^en  Seftrcbungen,  bie  nad^ 
ber  ©turmflut  ber  SRebolution  in  ©übbeutfd^Ianb  emjjorfamen,  nol^m  er  h)armen  unb  be- 
beutfamen  änteil.  @r  lüurbe  ÜBitftifter  ber  Sluerbad^er  Äonferenj  firc^lid^er  ©emeinbe^ 
borftel^er  unb  biente  il^r  burd^  ben  Vortrag  „Über  bie  (Erneuerung  be^  ebangelifd^en  2tlteften-  lo 
unb  3)ia!onenamt^" ;  er  tDurbe  ein  eifriger  SKitarbeiter  an  ben  früheren  S^i^rgängen  ber 
©eljerfd^en  „^roteftcmtif^en  SWonat^blötter",  h)0  er  u.  a.  feinen  j)oIitifd&en  greunben,  ben 
fogenannten  ©ot^aem,  ibr  falfd^e«  ©rotten  mit  ber  ^cxt  unb  i^r  If^eiKofe^  sBerlennen  ber 
tieferen  religiö^fittlid^en  3Jlä(^te  im  3SolföIeben  bprlf^ielt;  er  nalf^m  an  ben  Kirchentagen 
teil  unb  l^ielt  auf  einem  berfelben  ben  Vortrag  „Über  bie  innere  ^Kiffton  auf  ben  Uni«  j5 
berfitäten".  6r  felbft  trieb  biefelbe  in  ber  afabemifd^en  geftrebe  (1852)  „Über  bie  ge= 
fd^ic^tlic^e  6nth)icfelung  ber  §umanität«ibee  in  i^rem  Serl^ältni^  ju  St\xä)t  unb  ©taat", 
in  lüeld^er  er  ben  §umanität^ebanlen  aU  ed^te^  fiinb  be^  G^riftentum^,  unb  in  feiner 
gegenwärtigen  unlird^lidjien  unb  baterlanb^Iofen  Haltung  aU  beffen  berloreneö  Äinb  nad^« 
h)ie^ ;  ebenfo  in  ben  emften  i)oJ)ulär-tl(;eoIogifc^en  Vorträgen  „3)er  2Beg  ju  (S^rifto",  bie  20 
er  1852  unb  1853  bor  Weiteren  gebilbeten  Äreifen  fübbeutfd^er  ©tobte  l^ielt.  ^r  bie 
©urlac^er  5ßfarrfonferenjen,  in  benen  fid^  anfangt  ber  fünfziger  ^af}xt  eine  Jjojtttbsebam 
gelifd^e  SReform  ber  babifd^en  Sanbe^Iird^e  borbereitete,  ftettte  er  ben  bon  ret^tö  Wie  linfö 
berfannten  j)ofttil?en  ©ei^att  be«  8efenntnig})aragrcH)IS>cn  ber  bobifd^en  Union  Ilar  („3)ie  Se* 
fenntni^runblage  ber  bereinigten  ebangelifd^en  Äird^e  im  ©ro^^erjogtum  33aben"  1851).  20 
2ltö  aber  auf  ber  SHeformfbnobe  bon  1855  Uttmann  an  ber  ©j)ibe  bed  Äirdj^enregimentö 
in  ber  2)eflaration  be«  S3elenntni«ftanbe«  ba«  barin  berbürgte  9le(|t  freier  ©d^riftforfc^ung 
nidjit  ^inreic^enb  anjuerlennen  fd^ien,  trat  er  ber  attgemeinen  ©trömung  unb  bem  alten 
jVreunbe  faft  einfam  entgegen,  ©benfo  Warnte  er  bor  ben  att^uWeit  greifenben  liturgifc^en 
ifteuerungen  ber  ebenbort  befc^Ioffcnen  fonft  trefflid^en  Slgenbe ;  atö  aber  biefe  2lgenbc  jum  so 
©efe^  geworben  War  unb  unter  ber  ©unft  einer  beränberten  Jjolitifd^en  ©ituation  (1858) 
ein  anard^ifc^er  Dj)j)ofttion^fturm  gegen  biefelbe  bon  §eibelberg  au^  angeregt  Warb,  trat 
er  in  ber  „Sled^t^-  unb  SSerfafJungöfrage",  bie  nun  an  bie  ©tette  ber  Äultu^frage  getreten, 
mannl^aft  gegen  bie  lird^lic^e  Unbotmäfeigleit  auf  („2)er  babifd^e  9lgenbenftreit"  1859), 
unb  bertrat  ben  ©runbfa^,  ba^  ein  ©emeinbcborftanb,  ber  ficf^  gegen  bie  red^tögiltig  ge^  35 
Worbenen  Sefd^lüffe  einer  ©^nobe  aufgelel^nt,  jur  näc^ften  ©^nobe  mitjuWirfen  nic^t  be« 
fugt  fei.  2)ai§  bamal«  im  3^9  befinblic^e  Äonlorbat  ber  babifc^en  SHegierung  mit  9lom 
mipittigte  er  offen  („2)a^  babifd^e  Äonforbat  in  feiner  SlüdfWirlung  auf  bie  SRed^tö^ftettung 
be«  ebangelifc^en  SReligiongteil^  im  ©rofebenogtum  33aben",  1860"),  aber  ebenfo  bie  melf^r 
bemofratifd^e  atö  b^e^b^teriale  Äirdjienberfaffung,  Weld^e  bie  burc^  bie  (anbtäglid^e  SJerWer^  40 
fung  be^  Äonforbat^  gur  .öerrfd^aft  gelangenben  §eibelberger  fiiberalen  nun  ber  eban« 
gelifdjien  Sanbe^firdjje  gubac^ten  („Semerlungen  gu  einer  beabfid^tigten  Slebifton  ber  3Sers 
faffung  ber  cbangelifc^en  Rircf^e  im©ro^erjogtum93aben",1860;  bgl.  aud^  feine  Sleltorat^ 
rebe  „Über  einige  i^au))tmomente  in  ber  gefd^i(^tli^en  (JntWicfelung  beö  Ser^ältniffe« 
bon  ©taat  unb  Äir^c",  1860;  bei  a)obe,  3eitfc^rift  für  Äird^enrec^t).  5Rad^bem  bai§  Utt«  40 
mannfd^e  Äirdjenregiment  gcftürjt,  Slotlj^e  ju  ben  Siberalen  übergegangen  unb  ber  neue 
bon  i^m  unter  ben  ©efid^t^unft  be^  „Krc^li^en  Jtonftitutionoli^mug"  geftettte  Äirc^en« 
berfaffung^entwurf  beröffentlid^t  War,  Würbe  bei  ben  ©mennungen  ju  ber  berfaffungrebi« 
bierenben  ©^nobc  ^unbeö^agen  ju  ©unften  be«  d)cn  au«  bem  Slu^Ianb  berufenen  Orien* 
tauften  .^i^ig  bon  ber  SHegierung  übergangen  unb  bie  bon  bem  fad^Iunbigften  3Jlannc  im  so 
Sanbe  mifebittigtc  Serfaffung  burd^gefe^t  unb  beftätigt  (1861).  3Ba«  §unbe«^agen  gegen 
biefelbe  ^au^tfäc^lid^  einjuWenben  ^atte,  War  ba«  3*^^^f^^^/  ^^fe  f^^  ^"^  ^'"  fd^einliberole« 
SKerl  ber  Äirc^e  bie  nötige  grei^eit  bom  ©taate  borentl^alte  unb  bafe  fte  gegen  baö  Sin« 
bringen  unlirc^lid^er  (Elemente  in«  SHegiment  ber  Rird^e  feine  ©arantien  biete.  (Sr  ent* 
fc^^Iog  fic^  au«  bicjen  ©rünben  —  ol^nebie«  in  feinem  fittlic^^bome^men  SEBefen  burd^  bie  66 
gange  3(rt  unb  Söeife,  in  ber  biefe  3)inge  betrieben  Worben,  angewibert  —  in  bie  fo 
berfafetc  ©ocietät  „für  feine  ^erfon  nid^t  einzutreten",  unb  betrachtete  ftc^  feitbem  al«  „in 
ber  ©cparation  lebenb",  inbem  er  fic^  an  leiner  lird^^Iic^en  SBa^I^anbtung  beteiligte,  bei 
übrigen«  unberänberter  Xeilna^me  an  ber  gotte«bienftIic^en  ©emeinfd^aft  („©ec^  S^^re 
in  ber  ©ejjaration"  1867).  eo 


454  ^unbed^agcn 

^sn  bicfc  für  .C^unbc^^agen  bcfonber^  fd^ipcrcn  ^q!I)x^  fällt  btc  (Sntftc^ung  feinet 
toiffcnfc^aftltd^en  §auj)ttt)erf«,  h>elc^e«  Die  gan*  anbere  ^Junbanientterung  unb  barum  aud^ 
uncnttüegtc  ?feftigfeit  feiner  Vofitib-Iiberalen  ftird^enjjolttif  bartlf^at,  feine  „Seiträge  ^ur 
Jtirc^enberfaffung^efdE^ic^te  unb  Äirc^enj)olitiI,  in^befonbere  be«  ^roteftantiömu«",  S)b  I 
6  (1864).  SJicfer  S3anb  bon  546  Seiten,  toelc^er  ber  einzige  geblieben  ift,  bcftcl^t  aud  brci 
h)iffenfc^aftlid^en  Slbl^anblungen,  bie  einanber  ergänzen  unb  großartige  ®änge  felbftftän^ 
bigen  gorfc^en«  unb  2)enfen^  burd^  bie  Jjroteftantifd^e  Äircl^engefd^i(|te  barftellen.  3)ie 
erfte  bel^anbelt  ,,baö  religiöfe  unb  ba^  fUtUd^e  äSer^ältni^  ber  ^riftlic^en  ^ömmigfeit  nad^ 
i^rem  gegenfettigen  SBerl^ältni^  unb  bem   unterfd^iebenen  ©influfe  besfclben  auf  bie  2e^r= 

10  unb  fiirc^enbilbung  be^  älteren  ^roteftantt^muiS^'.  älu^e^enb  bon  ber  bem  6l(;riftentum 
eigentümlid^en  boufommenen  ©^nt^efe  be«  Sleligiöfen  unb  be«  ©ittlid^en,  jeigt  fie,  tüic 
nic^t  nur  ber  Äat^olici^mu«,  fonbem  tro^  rid^tiger  })rinjil3ieller  fioneltur  be^felben  aud^ 
nod^  ber  ältere  5ßroteftantigmu«  bie  religiöje  SBJeltanfd^auung  mit  einer  ba^  ftttlidjie  ^n- 
tereffe  berfürgenbcn  ©infeitigfeit  geltenb  gemacht  l^e,   einerfeitö  in  feinen  Se^rbilbungen, 

16  in  feinem  ßrbfünbenbogma,  folüie  bem  calbinifc^en  ^räbeftination^S«  unb  lutl^erifc^ien  Slbenb^ 
ma^febogma,  anbererfeit«  in  feinen  Äird^enbilbungen,  in  toeld^en  biefer  3)JangeI  eine  nor- 
male 2luÄt)rägung  be«  ®emeinbe))rinji)3^  unb  Unterfd^eibung  üon  Äirc^e  unb  Staat  faft 
burd^gängig  ^intange^alten  l^abe,  um  ftatt  bef[en  ju  t^eohatifd^ien  Staat^geftaltungen  )u 
führen,  einer  SSermifc^ung  bon  ©taat  unb  Äirc^e,  beren  i^erberblid^Ieit  auf^  fräftigfte  na^- 

20  getoiefen  unb  burd^  bie  S^^S^^^wnberte  berfolgt  tt)trb.  —  35ie  jlüeite  äb^anblung  bel^anbelt 
,,ba«  9leformation«h)crI  Ufcid^  3*^i"0'[i^  ^^^  ^^^  2:l^eofratie  in  3^^^"/  ""^  ^^  ^^^^ 
aU  bie  bebeutenbfte,  ja  tlaffifd^e  ©arftettung  ber  ß^ridJHJr  Sieformation  bejeic^net  Serben, 
©ringt  fie  einerfeit^  mobemen  33erfennungen  3*^i«0K^  gegenüber  bie  reformatorifc^e  ^er« 
fönlid^Ieit  unb  @tgentümlid^Ieit  be^felben  gu  \)oüm  &)xm,  namentlid^  ben  Unterf(^ieb  \)on 

25  Sut^er,  ba^  e^  jenem  eben  nid^t  um  eine  bIo|e  Sel^neform,  fonbem  bon  Slnfang  an  um 
eine  ^riftlid^e  9{eugeftaltung  bed  ganzen  ®emeinlebend  )u  t^un  geh>efen,  fo  h)eift  fte  an^ 
bererfeite  in  bem  bottenbet  t^eofratifd^en  Gl^arafter  biefer  9Jeugeftaltung  ben  tragifc^en 
^fjlct  feinet  SRef ormation^tDcrle^  nad^,  ben  fein  Url^eber  fd^lie^lid^  mit  bem  lobe  ju  fül^nen 
^attt,  —    35ie  britte  unb  umfajfenbfte  Slb^anbluna  erörtert  „bie  unterfc^eibenbe  religiöfe 

80  ®runbeigentüm(id^feit  bed  lutl^ferifd^en  unb  be^  reformierten  ^roteftanti^mud  unb  beren 
SRüdtoirmng  auf  bie  Steigung  unb  ^J^^^igfeit  beiber  jur  Rird^enbilbung",  unb  jd^Iiefet  bie 
feit  1817  bon  berf^iebcnen  ©eiten  angefteßten  Unterfud^ungen  über  bie  legten  ®rünbe  ber 
iut^erifd^sreformierten  S)ifferenj  in  gebiegener  SBeije  ab.  äu^el^enb  bon  bem  borJ^err^ 
fd^enb   tl^ätigen  ß^araltcr  ber  reformierten,   bem   bortoiegenb  rul^enben  ber  lut^erif^en 

86  ^mmigfeit  fteHt  ber  Serfaffer  —  burd^toeg  im  ®eifte  ed^t  l^iftorifd^er  ObjefttöÜät  unb 
toormer  Union^efinnung  —  bie  fird^enlpolitifc^en  SSorjüge  beg  reformierten  SBefen^  bor 
bem  lutl^erifc^en  in«  Sic^t  unb  h)eift  be«  Ie|teren  geringe  SJöl^igleit  jur  Äirc^enbilbung  in 
feiner  toeit  ftärferen  Sertüet^felung  ber  ti^eologifc^en  ©d^uUntereffen  mit  ben  firc^lid^^-reli- 
giöfen  nadf^,   um  biefelbe  an  bem  treiben  ber  mobemen  Simt^s  unb  2lutorität«lut^eraner 

40  ju  e£emj)Iifijierm.  —  ®«  toox  burd^  bie  5Ratur  ber  Bad^t  bebingt,  ba^  biefe  großen 
©tubim  über  bie  {ird^m)?olitifd^e  älnlage  unb  @nth)idelung  be«  ^roteftanti^mu«  x\xd)t  bie 
©enfation  be«  S3u^e«  \>on  1846  mad^tm :  e«  lag  bie«  teil«  an  bem  ftrengen  toiRenfc^aft^ 
Kt^^en  G^arafter,  teil«  an  ber  Ungunft  ber  g^it.  ©ie  bebalten  ftatt  beffm  für  aÜe,  benen 
e«  um  grünblic^e  gefd^idjitU^e  ©rfenntni«  be«  38er^ältniffe«  bon  ©taat  unb  Sird^e  unb 

46  ber  5tird^enbilbung«fäi^tgfeit  be«  ^roteftanti«mu«  ju  t^un  ift,  einen  bi«  ^eute  unberringer= 
ten  Söert. 

2)a^  bem  erftm  S3anbe  biefer  „Seiträge"  lein  jtoeiter  gefolgt  ift,  lag  an  ben  fc^tocrm 
förjjerlid^m  Seibm,  toeldjie  bon  nun  an  ba«  Sebm  be«  33erfaf[er«  in  gefteigerten  anfallen 
^eimfu^ten.    6ine  l(;ol^e  unb  Iräftige,  männlid^  im^jofante  ©rfd^einung,  toar  §unbe«l(>agm 

60  boc^  infolge  bon  Unterleib«leiben,  bie  fic^  bereit«  1848  anlünbigten,  ber^ältni«mäfeig  frülj! 
gealtert  unb  in  ben  fed^jiger  ^ai}xm  lüurben  feine  ®efunblS>eit«umftänbc  immer  unfic^erer 
unb  gcbrücfter.  Unter  biefm  Umftänben  laftete  feine  feit  Umbreit«  SEobe  ganj  bereinfamte 
©teüung  in  ber  gafultät  unb  ber  SBiberftreit  feiner  toarmm  2:eilnal^me  für  ba«  fird^li^e 
Seben  mit  ben  i^m  ganj  ungeniefebarm  offiaieum  38erbältniffm  be«felben  in  S3abm  }fi>\t^ 

66fad^  fc^tocr  auf  i^m;  unb  erft  bie  Jjolitijc^e  SQäenbung  ber  beutfdjien  2)inge  bon  1866 
brad^tc  il^m  »bieber  einen  Sid^tftral^l.  ©eine  im  folgenben  ^a!l)xt  eintretenbe  Semfung 
nad&  Sonn,  bon  i^m  banibar  unb  bod^  mit  getüiffenl^aftm  Sebmien  aufgmommen,  fam 
n\d)i  }u  fpät,  um  il^m  bie  le^tm  £eben«ial^e  burd^  frieblid^e  unb  freunblic^e  3?erl^ältnif[e, 
ben  alten  fd^önen  Semer  ^eitrn  öl^nlic^,  ^n  berfüfeen;  aber  ju  fpät,  um  il^n  noc^  ju  einer 

60  neuen  gntfaltung  feiner  Sel^rt^ätigfeit  unb  ©d^riftfteHerei   ju   führen.    3)lxi   großer  Siebe 


^ttttbed^agen  ^nititind  Segtbmd  465 

unb  S)anfbarfeit  ml}m  er  an  bcm  r^cin.  cl?angel.  Sebcn  in  Uniljcrfität,  ©cmcinbc  unb 
^robinjtalf^nobc  teil,  lonnte  aber  nur  mit  toieber^olten  längeren  Unterbred^ungen  feinet 
Se^ramtg  tüarten.  9Jod^  erlebte  er  mit  gangem  i&erjen  ben  groften  Äricg  bon  1870  unb 
bie  ^erftellung  \>on  Äaifer  unb  SReid^.  ©eine  borlc^te  Heine  SBeröffentlic^ung  (bie  Ie|te 
h)ar  ber  5iefroIog  feine«  ÄoIIegen  3)ie^f(i^)  betraf  ben  berf^ottenen  3Serfaffer  ber  „3äad^t  6 
am  Sll^ein",  afö  toelc^en  er  auö  S3emer  ©rinnerungen  ben  2Btirttemberger  5Kaj  ©c^necfen= 
burger  lonftatieren  !onnte.  2)ie  nad^  bielen  ßeiben  nalf^enbe  ^^obe^ftunbe  begrüßte  er  mit 
c^riftlid^er  ®lauben«freubigleit.    ©r  ftarb  ben  2.  ^uni  1873.  »iöib.  »etifi^Iog» 

^ttnniud Slgibittd,  1550— 1603,  lutl^erifd^erStl^eoIog.—  fiittcratur:  2)eutfd)e 
Scic^enprebigt  üon  feinem  i^oüegen  @aIom.  ©eSner  über  2  Xi  4,  6—8;   eine  threnologia  de  lo 
vita  etc.  Aeg.  Hunn.    üon  fieon^.  ^üttcr,   au^gciogen  bei  ^elc^ior  9lbam,    vitae  theologo- 
rum  ete.  Germanorum,    3.  ^lufl.,  1706,    @.  344—47;   tjgl.  nocft  g.  ®.  ^eumann,    de   vita 
Aeg.  Huiinii  exemplum,  fSittcnbcrg  1704,  4**;  $».  ©artftc  (f.  u.),  ©rünbltcfter,  nuSfüftrli^cr 
()iftorifd|er  SBericfit  oon  beut  5ReIiflion§njefcn  im  gürftentum  Reffen,   3Bittenbcrg  1606  (citicrt 
bei  ßrebncr  (f.  u.),  «orm.  p.  CCXLIII  (bei  ^cppc  (f.  u.)  I,  @.  226;  fiubttJ.  ^Kcl«.  5ifd|lin,  16 
Memoria   theologonim  Wirtcbergensium  I,    1710,  ©.  253  ff.    (im  siipplem.  bajii  @.  324  ff. 
einige  ©riefe  üon  .&unuiu§,  banintcr  einer  an  ©.  ^ubcr,    für  beffen  Beurteilung  lebrreicfi); 
3üt)*.  Xilcmann,  gen.  ©cftcndf,  vitae  professomm  theologiae,  qui  in  111.  acad.  Marburgensi  etc., 
1727,  6.  147  ff.;  gr.  ©.  Striebcr,  ^cffif*e  ®ele^rtcngef*i(t)te,  33b  6,  @.  243-77;  nienigeö 
bei  3.  gobriciuS,  historia  bibliothecae  Fabric.  II,  @.  24—31.    ?lftenmö6igc  ^^acbrfdftten  über  2ü 
J&.S  Wirten  in  ^effcu,   iuSbcfonbcre  auf  ben  bortigen  8^uübcn,  bei  ^.  |)eppe,  ®efcl^id)te  ber 
Deffifd)cn  ©enerolft^noben  öon  1568—82,  Äaffcl  1847,  S3b  I,  ©.  203  ff.,  S3b  II,  6. 11  ff.  ugl. 
Urfunben  6.  13—21;    nmncfteS  Qud)  fc^on  bei  ^.  ficucfitcr,  antiqua  Hessorum  fides,  ^arm* 
ftnbt  1607,  4^  @.  227  ff.;    ferner  Äorl  Mug.  Srebncr,  $6ilipp§   be«   ©rofemütigcn  4peffi(c6e 
Äirdienreformalionöorbnung,  ®ie6en1852,  SSorto.  p.  CCXXXV— XLIII;  (ö.granf,  ©eft^icfite  25 
ber  <)roleftQnlif(öen  3;öcologie  1862,  I,  @.  248f.;  „mel)r  »irb  ^ier  nocfi  au«  ben  ^Ircftioeu  in 
6affcl  iu  frfiöpfen  fein"  (^enTe).  —  ®ine  ©efomtau^gabe  feiner  lateintftften  ©c^riflcn  m 
fünf  S3«nben  gol.  lieferte  fein  ©cftroiegerfobn  €>eluicu«  ®artöiu§,   3Bittcnberg  1607—69,  mit 
33orreben;  ber  Sn^alt  biefer  Sfinbe  angeflebcn  bei  gabric.,  gifcftlin  unb  ©trieber  11.  cc.  tjgl. 
baju  Zf).  (5reniu§,  animadversiones  P.  XVIII,  @.  51—53;  (Srgönaungen  ju  ben  kteinifdien  so 
unb  bie  beutfd)en  ©djriften  üerjcidjnet  bei  grifcftlin  I.e. 8. 270— 75  unb  ©trieber  I.e. @. 267— 77. 
3ur  t^eologijdjcn  Beurteilung  ügl.  3ul.  ^WüHer,  3)ie  eöangel.  Union  k.,  @.  213,  282 ff.; 
9llej.  ©c^ioeijcr,  3)ie  proteftantifd^cn  ßentralbogmen  I,  @.  529  ff.  568  ff. 

ägibiuö  §unmug,  geboren  ju  SBinnenben  am  21.  2)ejember  1550  bon  6Item  ge* 
ringen  Staube«,  toarb  fc^on  bor  feiner  (Seburt  bon  ber  3Wutter  nad^  einem  2^raume  gum  86 
geiftlidf^en  Staube  beftimmt.  So  fc^neH  burdj^lief  er  bie  tüürttembergifd^en  3Sorbereitung«5 
anftalten,  bie  Stöfter  äbelberg  unb  5WauIbronn  unb  ba«  Tübinger  Stift,  baft  er  f^on 
1567  3Ragifter  tourbe.  SBon  1565—1574  ftubierte  er  in  2^übingen  unter  gafob  Slnbreä, 
§eerbranb,  Sc^nejjf  unb  bem  jüngeren  S3renj,  jule^t  felbft  aU  Sle})etent  ein  eifriger  93es 
rater  ber  jüngeren  Kommilitonen,  bielfac^  geübt  im  35i«j)utieren  unb  ^rebigen,  unb  bafür  40 
1574  aH  2)ia!onu«  in  Tübingen  angeftetlt.  ßinen  fo  frü^  fo  au^gejeic^neten  Sd^üler 
!onnte  tro^  feiner  ^ugenb  galob  .^eerbranb  ftatt  feiner  einj^fel^len,  aU  il^n  bie  Söl^ne 
^^ilipj)«  t)on  Reffen,  SBil^elm  unb  Subtüig,  beibe  bie  Sc^toiegerfö^ne  §erjog  Gl^riftof« 
Don  SBürttemberg,  für  bie  gemeinfd^aftlic^  geleitete  Stiftung  il^re«  Sater«,  bie  Uniberfität 
3Karburg,  im  '^ai}xc  1576  getüinnen  lüoHten;  feit  bem  3^obe  be«  änbrea«  §^j)eriu«  (geft.  45 
1564)  fehlte  e«  l^ier  an  einem  IS>ert)onagcnben  2:^eologen.  §.  nal^m  an  unb  ertoarb  ft^ 
nod^  1576  in  Tübingen  bie  tl^eologifd^e  3)oftorh)ürbe,  jufammen  mit  5ßol^c.  Setofcr,  nad^ 
bem  er  fidE)  furj  t)or^er  mit  ßleonore  gelber  bermöl^lt  |atte.  atber  freilid^  erl^ielt  ^ier  bie 
l^effift^e  £anbe«nrd^e  einen  in  ganj  anberer  355eife  au^gejcic^neten  gül^rer,  al«  jenen  §^s 
^eriu«,  h)eldf»er  fte  al«  ^aiH)tbearbeiter  ber  Äirdjienorbnung  bom  ^a^xt  1566  If^atte  be*  w 
grünben  l^elfen,  unb  il^re  l^eilfame  ^ortenttoidEelung  nid^t  bon  Belebung,  fonbem  bon  S3es 
fd^mic^tigung  ber  boltrinären  ^olemif  unb  bon  gem^alten  berfelben  au«  bem  ®ottc«bienft 
ber  ©cmeinen  ernjartetc  (f.  b.  21.).  Sielme^r  fe^te  §unniu«  in  Reffen,  h)o  bie«  ganj 
m\i  tüar,  16  '^ai}xt  lang,  bon  1576  bi«  1592,  feinen  ©eift  unb  feine  ©elel^rfamleit, 
feinen  9Kut  unb  feine  Serebfamteit  ein,  um  für  bie  Ubiquität«lel^re  einen  änl^ang  gu  66 
bereinigen,  h)eld;er  bie  bort  auf  bem  ®runbe  ber  SBittenberger  Äonforbie  bon  1536  be^ 
fte^enbe  unb  bur^  Sanbgraf  $l^ilij)j)«  2^eftament  fanltionierte  SRid^tung  nidjit  me^r  luti^e^ 
rifd^  genug  unb  barum  getbiffen«^alber  nid^t  me^r  erträglid^  fanb,  fonbem  bafür  al«  für 
ein  unberäu|erlic^e«  SRec^t  gu  ftreiten  fid^  für  berpflid^tet  Ijklt,  ba^  er  biefem  ^eben 
gegenüber  fein  befonbere«  Sefenntni«  offen  gcltenb  ma^en  unb  entgegenfe^en  bürfe.  Sein 
erfte«  S^ort  auf  ber  ad^ten  t^efftfd^en  ©eneralf^nobe  ju  Raffel  im  Sluguft  1576   Wax  bie  60 


456  ^ttttnmd  ücsibtud 

93c^auj)tun0,  baft  5BleIanci^ll^ott  mit  Gafoin  in  bcr  ätbcnbma^teld^rc  jujamtiienftimmc,  unb 
ba^  aüen  ©c^riften  Sutl^crö  ein  öffentlicher  ß^arolter  beizulegen  jei  (§ej)j)e  1.  c.  I,  203  f.). 
2tfe  bie  ©V*^obe  bie  annähme  be«  torgifc^en  Sud^e«  toegen  ber  2lbenbmal^tele^re  unb 
ßl^riftologic  beöfelben  ablel^nte,  erflärte  öunniu«  in  einem  ©ejjaratöotum  feine  guftimmung 

6  jum  3"^«^^^  ^^  Qönjcn  ©d^rift.  ^n  ^Harburg,  tüo  Sanbgraf  Subtoig^  toürttembergifd^c 
©ema^Iin  unb  mit  i^r  ber  Sanbgraf  ftd^  balb  ganj  ber  Seitung  unb  ^rebigt  if^re^  jungen 
fd^tüäbifc^en  Geologen  Eingaben,  gelang  eö  i^m,  aud^  unter  ©eiftlid^en  unb  aBeltlic^en 
fo  t)tel  ansang  ju  finben,  ba^  ^ierburd^  ber  ®runb  ju  einer  ©Jjaltung  gelegt  tourbe, 
toelc^e  fic^  auf   aßen  folgenbcn  ©^noben   aU  §inbemi^  be^   bi^^er   erhaltenen  grieben« 

10  ertoie^  unb  im  folgenben  3«^^^"»^^^^  ju  ber  S^rennung  ber  ^effifc^en  Sanbe^fir^e  ba^ 
meifte  beitrug.   SJergeben^  bemül^te  ftc^  Sanbgraf  SBil^elm  ber  äBeife  in  Äaffel  (geb.  1532, 

?;eft.  1592),  §unniu^  t)on  feinen  Oegenbemül^ungen  gegen  ben  auf  bie  SBittenberger  Äon^ 
orbie  unb  auf  einen  Verbreiteten  ©ebrauc^  be^  Corpus  Philippicum  gegrünbeten  ^e= 
ben^juftanb  unb  namentlich  t)on  bem  2)ringen  auf  bie  Ubiquität^le^re  abzubringen  (§ej)))e 

J6l.  c.  I,  ©.  226  ff.);  bod^  balb  mu^te  er  aud^  feinen  älteren  Ideologen  t)orbalten:  „il^r 
l^abt  eud^  t)on  bem  jungen  ©ot)l^iften  überreben  lafjen  ju  leinten  unb  ber  Übiquität  ^u 
Ipatrojinieren ;  toaS  feib  i^r  für  ftumme  §unbe,  bafe  i^r  fold^e  SBölfe  nic^t  anbellen  toollt'!?" 
l^tppt  1.  c.  I,  ©.  230).  5Rod^  mel^r  bittigten  lutl^erifd^e  il^eologen,  toie  §e^bufen,  SBi- 
gonb  u.  a.,  .§unniu^'  „93elenntni^  t)on  ber  5ßerfon  ßl^rifti",   toelc^e«  ber  Sanbgraf   fic^ 

20  unterm  27.  S^nuar  1577  bon  i^m  ^atte  auSftetten  unb  bon  jenen  "J^eologen  begutad^ten 
Iafjen(§e})j)el.c.I,©.228).  2)iefe  beutfc^e  „ßonfeffto  ober  furje  Sefenntnu«  t)on  ber  ^erfon 
ßl^rifti  unb  i^rer  SKajeftät  nac^  ber  angenommenen  SKenfd^l^eit,  unb  fonberlic^  de  omni- 
praesentia  hominis  Christi,  SBittenb.  1609  gebrudft  4*,  mit  ßenfuren  öon  Saltl^.  SRo^ 
finu^,  ^e^l^ufen  unb  SBiganb  fei^lt  in  ben  SSerjeic^nifjen  t)on§unniu^*  beutfc^en  ©d^riften 

28  bei  ?5if4>K»^  w»^*>  ©trieber).  2lud^  bie  Agitation  ber  Jjolemifc^en  $rcbigt,  öon  §^t)e= 
riu^  fo  entfc^ieben  ate  eine  ©d^bigung  ber  (Semeinen  öertoorfen,  fing  §unniu^  je^t  mit 
©rfolg  an ;  boc^  lie^  man  e^  offenbar  auf  ber  ©egenfeite  baran  auc^  nid^t  fehlen  (t)gl. 
über  bie  $rebigt  be«  3o^.  5ßincier  gegen  bie  novi  Eutychiani  feinen  ©rief  bei  5-  $^- 
Äud^enbedfer  Analecta  Hassiaca  2^.  4,  ©.  443—46).    1577  lonnte  §.  bereit«,  e^e  e« 

30  m  einer  attgemeinen  2)i«fuffu)n  über  bie  2lnnal^me  ber  Äonforbienformel  tam,  einige  ober- 
^efftfc^e  (Seiftlid^e  beftimmen,  fte  ju  unterfd^reiben  {^tpp^  1.  c.  I,  ©.  238  f.),  iooburd^  für 
atte  näc^ften  SSer^anblungen  barüber  baS  ©elingen  einer  gemeinfamen  SRa^regel  unmöglid^ 
aemac^t  ioarb.  3*^ar  tourbe  unter  bem  Übergeiotd^t  Sanbgraf  SBil^elm«  unb  feiner  nicber= 
^effifd^en  (Seiftlic^en  bie  (Stnfül^rung  ber  Äonlorbienformel  auf  ben  näc^ften  ©eneralf^noben 

86  no^  mel^rmate  abgelel^nt;  auf  ber  einen  berfelben,  1580,  tourben  ben  3Kitgliebem  unb 
ben  bam  eingelabenen  ^rofefforen  guerft  fünf  Sage  lang  auf  Sanbgraf  SBil^clm«  öefel^l 
21  ©dpriften  gegen  bie  Äonforbienformel,  bann  auf  Sanbgraf  Subtoig«  Verlangen  nod^ 
an  jtoei  2^gen  6  ©c^riften  für  biefelbe  öorgelefen.  Slber  ber  fidlere  ©c^abe  ftellte  ftc^ 
bo^  auf  ben  fünf  legten  jä^rlid^en  ©^noben  ber  ^ol^e  1578  bi«  1582   ate  eine  grud^t 

40  ber  ©intoirfung  t)on  ^unniu«  ^erau«,  bafe  man  gerabe  über  ba«  Sefenntni«  nic^t  me^r 

einig  tourbe,   unb  fo  mufete  man  julefct  bie  ©^nobalabfc^iebe  in  biefer  ipinftd^t  fo  unbe^ 

ftimmt  formulieren  unb  in  biefer  Unbeftimmt^eit  fo  bebeutung^lo«  toieber^olen,  bafe  ba« 

•  0ÖWJC  3*^f^^twt  ber  ©^noben  ^ierburd^  jtoedElo«  erfc^einen  unb   in  SSerfatt  geraten  fonnte. 

2)efto  toirf famer  fonnte  §unniu«  nun  bei  ben  Dber^effen  um  3Karburg  ^er  feinen  (Sinflufe 

45  befeftigen;  atte  Unter^onblungen  be«  Sanbgrafen  SSJil^elm  mit  feinem  ©ruber  Subioig  ober 
mit  .^unntug  felbft,  um  biefen  t)on  SRarburg  ju  entfernen,  führten  ju  nic^t«,  tüieioo^l  er 
i^m  fd^on  1581  l^atte  anbeuten  laffen,  „ob  er  nid^t  fo  öiel  Semunft  unb  5}erftanb  ^abe, 
bafe  er  ftc^  felbft  befd^etben  fönne,  toa«  il^m  ©etoifjen«,  gieren  unb  ^flic^ten  falber  bei 
fold^er  ©elegen^cit  gebül^re"  (§ej))>e  1.  c.  II,  ©.  160).    SSielme^r  t)ermod^te   er  in  ben 

60  ^öi^ren  1582— 1592  erft  tJoBenb«  unter  ben  nun  fd^on  faft  lo^eriffenen  Dber^effen,  unter 
Äottegen,  ®eiftlic^cn  unb  jüngeren  Seigrem  ber  ©tit)enbiatenanftalt  fic^  einen  äln^ang  unb 
eine  ©c^ule  ju  bilben,  ioelc^e  für  bie  i^nen  l^ier  aufgetragene  hjürttembergifc^e  i^eologie 
aud^  nac^  ^unniu«'  Abgänge  nod^  bie  ^effifc^e  *iEat)fcrfeit  einjufe^en  bereit  toar.  ®abei 
lie^  er  e«  nic^t  an  (Sigenmäd^tigfeiten  fehlen,  n^ie  toenn  er  1585  neue  3)oftoren  ber  X^eo= 

66  logic,  baruntcr  ben  nac^ber  für  fein  Sut^ertum  Vertriebenen  ©uVerintenbenten^^einrid^Seud^ter, 
e^e  er  fte  promovierte,  auf  bie  Äonforbienformel  fd^toören  lie^;  Sanbgraf  äBil^elm  fe^te 
hiergegen  eine  neue  ©ibe^formel  für  bie  Promotionen  feft,  nad^  ioelc^er  bie  ^^romoöenben 
in  ber  Slbenbma^föte^re  nur  auf  bie  9lug«burgifc^e  Äonfeffton,  3lj)ologie  unb  SlUttenberger 
Äonforbie  öerjjflid^tet  iourben  (^cppc  1.  c.  II,  ©.  269),  unb  t)on  loeld^er  nad^  bem  3^W0W^^ 

60  berfelben  Seud^ter  erft  1607   bei  Promotion   eined  3^»^'^^  Geologen  burc^  Slu^laffung 


^ttttttittd  üegibuid  457 

ber  2lu0^buröcr  Äonfcffion  unb  bcr  Jtonfotbic  abfleganflen  fein  JoH.  5ioci^  grö^erc^  auf* 
feigen  erregte  in  bemjelben  ^a\)xt  1585  ^unntud'  größere  ©^rift  t)on  ber  ^erfon  ß^riffi, 
ober  toie  ber  längere  Sattel  lautete:  libelli  IV,  de  persona  Christi  eiusque  ad 
dextram  Dei  sedentis  divina  maiestate,  quorum  primus  doctrinae  sanae  ex 
scriptura  confirmationem  et  contrariae  opinionis  ekeyxov  continet,  secundus  6 
purioris  antiquitatis  unanimem  consensum  proponit,  tertius  Lutheri  constan- 
tem  et  iam  inde  a  moto  certamine  sacramentario  invariatam  sententiam 
complectitur,  quartus  invietam  demonstrationem  habet,  nostras  ecclesias  as- 
serendo  maiestatem  filii  hominis  ab  A.  C.  nil  quicquam  recedere,  eine  gelehrtere 
aiudfül^rung  bc^  früheren  beutfd^en  Sefenntniffe^  bom  JJa^re  1577,  in  h^eld^em  er  fc^on  lo 
mi^efül^rt  ^atte,  jjarticHe  xoivcovia  ber  ntenfc^Iid^en  Scatur  mit  ber  unenblic^en  5Ratur 
be^  Sogo^  fei  nid^t  communio  naturarum,  fonbem  nur  communio  einiger  göttlich 
©aben,  unb  fül^re  bie  Reformierten  nad^  bem  ariftotelifc^en  finitum  non  est  capax 
infiniti  ^öc^ften^  ju  einem  neftorianifd^en  ^eocpogog  äv&Qconog ;  ööllige  xoircovla  aber, 
fc^riftgemäfe  nad^  Äo  2,  9;  1,  19,  fc^Iie^e  ein,  ba^  bie  unenbli^e  SPerfon  be«  göttli^en  i6 
Sogoö  nirgenb^  fönne  t)on  i^rem  angenommenen  gleifc^  gefonbcrt  fein,  ba^  öielmel^r  bie 
göttlid^e  Statur  bie  affumierte  mcnfqlid^c  überaß  mit  fi^  berbunben  unb  mit  i^r  gegen* 
loärtig  ^aben  muffe,  unb  bafe  alfo  ber  ganje  ßl^ftu^  allenthalben  gegenloärtia  fein  muffe, 
ju  loeld^cr  ©egenloart  eg  aber,  ba  bei  ®ott  leine  Unterfd^icbe  bon  3^*  unb  Srtaum  gelten, 
einer  räumlichen  ©egenloart  unb  barum  einer  Slufl^ebung  ber  ©nbud^lcit  ber  menf^lic^^en  20 
Statur  an  fic^,  unb  eine«  räumlid^en  S)iffunbiertfein«  berfelben,  loeld^e  man  i^m  fälf^lid^ 
bortDerfe,  gar  nic^t  bebürfe;  bei  ber  ginfe^ung  be«  Slbenbmal^fe  fafe  S^riftu«  räumli^ 
gefc^iebener  t)on  ben  entfernter  ft^enbcn  3[j)ofteln,  aber  feinem  ganjen  SBefen  nad^  \vax  er 
allen  gleid^  fel^r  nal^e  unb  gegenwärtig.  2Bol^l  antwortete  nun  einer  bon  Sanbgraf  SBil* 
^elm«  S^eologen,  ber  ©uj).  Sart^olomäu«  SReier  ju  Äaffel  (geb.  1528,  geft.  1600)26 
hierauf  in  einer  ©egenfd^rift,  toeld^e  aud^  no^  1587  ju  ©d^malfalben  erfd^ien  (bgl.  über 
fie  ^^pz  1.  c.  II,  282  ff.) ;  aber  an  ©elel^rfamleit  unb  Serebfamleit  toar  $unniu«  biefem 
Weit  überlegen,  unb  fo  fcl^r  fürchtete  Sanbgraf  SBil^elm  felbft  ba«  3^'^^'^"^^  eine«  ©treite« 
über  bie  Ubiquität,  bafe  er  aud^  SKeicr«  ©d^rift  nod^  unterbrüdfen  ju  laffen  öerfuc^te.  ^m 
^q!I)xc  1590  aber  ftarb  Sanbgraf  Subloig«  erfte  loürttembergtfc^ie  ®emal(;lin,  in  einer  treff*  30 
lid^en  ®ebäd^tni«rebe  öon  §unniu«,  h)el(|er  i^r  nod^  im  lobe  beigeftanben  l^atte,  gej)riefen 
nid^t  nur  für  'if)xz  SBol^lt^ätigleit  unb  Jfrömmigfeit,  fonbem  and)  für  i^re  einfielt,  sive 
dexteritatem  allegandi  (S.  S.)  et  in  applicando  accuratum  iudicium,  sive  de 
controversis  etiam  capitibus  Christianae  fidei  conferendi  vim  facultatemque 
consideres,  (opp.  lat.  V,  803  ff.)  unb  fc^on  1591  na^m  ber  §of  ju  3Rarburg  näd)  85 
Subloig«  §eirat  mit  ®räfin  3Karia  öon  9Ran«felb  einen  anbem  ßfaralter  an.  S)od^  in 
bemfelben  '^ai)xt  ftarb  auc^  Äurfürft  S^riftian  öon  ©ad^fen,  unb  toie  feine  unb  Äangler 
Ärcll«  SRegierung  frül^er  bie  fc^loäbifc^en  Ideologen,  Welche  bort  unter  ^alob  Slnbreö« 
Seitung  an  bie  ©teile  ber  $^ilij)j)iften  gefegt  Waren,  ^ßol^Iar^)  Setofer  unb  ®corg  SR^liu«, 
entfernt  l^atte,  fo  machte  je^t  §erjog  griebrid^  SBil^elm,  ein  ®niel  be«  ßonfeffor«  Äur-  40 
fürft  3»^ann  griebric^,  al«  Slbminiftrator  bon  Äurfac^fcn  Wieber  bem  Äanjler  SreH  unb 
bem  6alöini«mu«,  Wcld^en  biefer  eingeführt  l^aben  follte,  ben  ^rojefe,  unb  berief  nad^  Se« 
feitigung  ber  t)orgefunbenen3^^eologen  Wieber  bie  ©(^Waben  nai)  SBittenberg,  juerft®eorg9Jl^s 
liu«  t)on  ^ena,  Wenigften«  auf  einige  3cit,  femer  ^ol^far^)  Se^fer,  Welcher  balb  nac^^er  in  bie 
3)re«bener  Dberf^of^jrebigerftclte  aufrüdrte,  Wmig  fl)äter  Seonl^arb  §ütter  unb  ©amuel  .?»uber,  46 
Welcher  bamal«  nad^  Slmt  unb  Sefenntni«(3.®.aBald^,SRcligion«ftr.b.lut^.Äird5^eI,©.  187— 
188)  auc^  ju  ben  SBürttembergern  jäl^lte,  unb  fc^on  früher  1592  aud^  §unniu«.  2)agegcn  Wirb 
bie  Se^aujptung  t)on  Itlemanm©d^enf,  1.  c.  ©.  151  ff.  (nac^  i^m  öon  ©triber  unb  6reb* 
ner  Wieber^olt),  §.  fei  t)on  bem  Sanbgrafen  entlaffen  Worbcn,  burd^  ben  t)on  ibm  bei* 
gebrad^ten  93rief  Säil^elm«  (1-  c.  ©.  151  ff.)  nic^t  beftätigt,  Wie  benn  SBill^elm«  SSerfuc^e,  60 
ben  i^m  im  ^ödf>ften  ®rabe  mi^iebigen  "Sl^eologen  öon  3Jlarburg  ju  öerbrängen,  fc^on 
frül^er  an  bem  SBiberftanbe  SubWig«  gefd^eitert  Waren  (§e))j)e  i.e.  II,  ©.151  ff.).  3lo6) 
1592  Würbe  io-  l>om  Slbminiftrator  mit^uge^ogen  ju  ber  ^ifttation«Iommiffton,  bie  Äitr* 
fad^fen  bom  6alt)ini«mu«  reinigen  follte,  unb  bei  Äonjipiemng  be«  neum  Sefenntniffe«, 
Weld^c«^  bcr  öcr^og  bei  biefer  ®elegenl^eit  mtWerfen  lieft,  bm  articuli  visitatorii  über  65 
Slbenbma^l,  ^erfon  S^rifti,  laufe  unb  ^räbeftination  (3^^  J-  93.  bei  .^afe,  libr.  symbol. 
eccl.  evang.  ©.  857—62),  Wirb  ^unniu«  ber  t)ome^mfte  SKitarbeiter  geWefm  fein.  Wie 
er  benn  au^  1593  bie  betreffenben  2lrttfel  unb  bie  gorbemng,  fte  gu  unterfd^reiben,  ber* 
teibigt  bat  in :  2Biberlegung  be«  Salt)inifd^en  93üc^lein«  —  Wiber  bie  —  bier  2lrtifel.  ©0 
Würbe  Denn   burd;   biefe  jWeite  93er)3flanjung   Württcmbergifd^er  Il^eologie  nad^  ©ad^fen  eo 


458  ^unntttd  Segt^titd 

tütrffamcr  afe  burd^  bic  crftc  bic  tiietanc^tl^onifci^e  3:rabttiou  untcrbrücft.  ^xix  Scituitg 
gleicher  Steafttonen  gegen  cingebrunaencn  ßafoiniömug  tourbc  ^unniu^  axi6)  in  anbcrc 
beutfc^e  ^Territorien  berufen,  toie  mo^  ©d^Iefien  jum  ^er^oge  ^ebric^  t)on  Siegnt^.  "^m 
3a^r  1594   lie^   fic^  «Jp^og  griebric^  SBil^etm  t)on  §unniuig   felbft  auf  ben  JReic^tag 

6  nai)  Slegen^burg  begleiten,  uno  bort  ein  ©uta^ten  au^ftetten,  toelc^e^  bienen  follte,  bie 
fd^on  cntfte^enbe  größere  (Sinigung  atter  eöangelifc^en  SRetd^^ftänbe  2)eutf(^lanbg  unter 
3With)irfung  öon  Äurvfalj  toieber  ju  f))rengen,  unb  toorin  §unniu^  au^fül^rte,  ®emein= 
fd^aft  einiugel^en  mit  benen,  toeld^e  „fid^  allein  ju  ber  geänberten  2lug^b.  Äonfcjfion  refe^ 
rieren  unb  jiel^en,  toie  l^eutigen  S^age^  bie  (Satoiniften  tl^un"  l^ei^e  bie  !3nt)ariata  aufgeben 

10  unb  bie  mit  i^r  ©inöerftanbenen  ben  Salbiniften  nad^fe^en ;  „bie  ^apiften  toürben  befto^ 
Weniger  ben  SReligion^frieben  ju  l^alten  ftd^  fc^ulbig  erfennen,  h)enn  man  anbere  öer= 
toorfene  ©eften  in  bie  gemeinfc^aftlic^e  Sluggb.  Äonfeffton  unb  ben  barauf  funbierten  SRe- 
UgioniSfrieben  ^ie^en  tooBe;  aud^  tüürben  burc^  biefen  älftum  bie  ©atramenticrer  in  i^rer 
gottlofen  Seigre  trefflic^  geftärft  toerben,  t)iel  frommer  ^erxen,   toelc^c   eine  manifestam 

15  separationem  öon  biefer  fd^äblic^en  ©efte  toünfd^en  unb  poffen,  toürben  baburdj!  I^öd^lic^ 
h^ttiXbt  toerben",  u.  bgl.  (^a^  ©d^reiben  bei  %,  S).  §äberlin,  neueftc  teutfdf^e  9lei(^ö= 
gefd^ic^te  Sb  19,  p.  XVIII  ff.  ögl.  auc^  93b  18,  ©.  472). 

©eine  litterarifc^e  i^ätigfeit  toar  jum  guten  leile  ber  ^olemif  getoibmet.  (Segen 
bie  Se^re  Gatoing  unb  gegen  ben  au^cjei^netften  ber  bamaligen  ^jfätgifcben  "S^eologen 

2«)  richtete  er  fc^arfe  ©treitfd^riften,  toie  Calvinus  iudaizans,  sive  Judaicae  glossae  et 
corniptelae  in  explicandis  testimoniis  S.  S.  de  trinitate  etc.  1593,  Anti-Pareus 
1594  unb  Anti-Pareus  alter  1599.  Son  ben  lutl^erifd^en  Ideologen  [tritt  er  mit 
S)antel  §offmann  über  bie  Ubiquität,  mit  feinem  Kollegen  ©amuel  §ubcr  über  beffen 
5!Keinung  bon  ber  Slttgemein^eit  ber  göttlid^en  ©nabentoal^l  (f.b.  9l.$uber  o. ©.  41 1).  Ungetot^ 

25  ift,  h)ie  toeit  er  noc^  1601  mit  feinen  ÄoDegen  toegen  be^  ©lorji^mu^  in  einen  Diffen^ 
gelommen  fei;  nac^  ben  angaben  feiner  ©rben  lönnen  i^m  bie  nad^  feinem  S^obe  unter 
feinem  9lamen  herausgegebenen  liefen  gegen  ben  (SjorjiSmuS  nid^t  jugered^net  toerben, 
fonbem  für  eine  bon  Äurfürft  ß^riftian  II.  öeranla^te  ®iSfuffton  über  Slbfc^affung  be« 
@5orjigmuS  l^atte  er  fic^  nur  bie  ©rünbe  gegen  benfelben  aufgejeid^net,  aber  ungeh^ife  gc- 

3«»  laffen,  tpie  toeit  er  biefen  beiftimmte  (bgl.  opp.  lat.,  tom.  V  praef.  unb  ^o^.  3KeId^ior 
Äraft,  ^iftorie  öom  ©jorciSmo,  Hamburg  1750,  ©.  539—75,  befonberS  ©.  559— ÜO). 
Slud^  gegen  latl^olifc^e  Äird^e  unb  Ideologie  ftritt  er  in  ©d^riften  über  ben  ^ajjft,  über 
ablafe  unb  Subelja^r  u.  a.,  ebenfo  t)erfönlidi^  unb  münblid^  im  ^d^xt  1601  auf  bcm 
SHeligionggef^jräc^e  ju  Stegenöburg,  too  er   f^c^   ate  ben  tbätigften  DiSputator  gegen  bie 

86  Sefuiten  ©retfer  unb  Janner  erh^ie«  (t)gl.  über  jenes  mic^^tige  ©ef^jräd^  feine  ©Triften, 
befonberS  feine  relatio  historica  de  habito  nuper  Ratisbonae  colloquio  1602).  5Kit 
2:anner  fül^rte  er  ben  ©treit  aud^  nod^  in  ©d^ri^en  fort.  9Jon  feinen  übrigen  ©d^riften 
finb  au^er  jal^Ireid^en  bogmatifd^en  3Jlonograt)^ien,  bie  in  opp.  lat.-  tom.  I  ftd^  faft  ^u 
einer  ^Dogmatil  t)ereinigen,  feine  Kommentare  ju  (St)t).  SKatt^äi  unb  3»^<i""i^f  ben  paw- 

40  Knifd^en  ©riefen  unb  1.  ^oi),  ju  nennen,  natürlid^  öon  auSge))rägt  bogmatifdf^er  Haltung, 
femer  eine  methodus  eoncionandi,  bie  u.  a.  gegen  bie  toleranten  ^iJJolititer  baS  9ie^t 
ber  5ßoIcmif  auf  ber  Äanjel,  boc^  innerf^alb  getoiffer  ©c^ranfen,  t)ertritt  unb  an  Dielen 
Seifl)ielen  erläutert  loirb.  (Snblid^  ^at  er  auq  einige  lateinifd^e  biblijc^e  3)ramen  t)erfa6t, 
j.  93.  3ofe})^uS,  comoedia  sacra,    „iu  ©trafeburg  öffentlich   gejjjielet  im  ^ulio  1597" 

45  unb  bort  auc^  1597  mit  öerftfijierten  bcutfc^en  Snl^altSanjeigen  ber  9tlte  gebrucft,  toelc^i 
Ic^tere,  h)ie  eS  jc^eint,  für  bie  beS  Satein  unfunbigen  ^w^örer  ate  Prologe  t)or  jebem 
eimelnen  2l!te  t)orgetragen  trurben.  ^.  ftarb  am  4.  3H)ril  1603  ^u  SBittenberg,  noc^ 
nid^t  53  ^a\)xt  alt,  nac|bem  er  baS  l^eil.  ätbenbma^I  genoffen  unb  bor  feinen  ÄoIIegen 
erflärt  ^atte,  se  confessionis  suae  et  doctrinae  ad  tribunal  Jesu  Christi  intre- 

60  pide  rationem  redditurum.  9?on  feinen  ac^t  Äinbem  tourbe  ber  jtoeite  ©o^n,  öelf- 
rid^  Ulrid^,  geb.  1583,  geft.  1636,  im  ^al^re  1613  ^rofeffor  ber  Siechte  ju  ©icfeen,  1625 
bei  ber  Dffujjation  3Jlarburg«  für  3)armftabt  Sijefangler  in  3)larburg,  aber  1630  fat^o= 
lifd^  unb  furtrierifd^er  Äan^leibireftor ;  ber  jüngfte  ©obn,  Stgibiu^,  geb.  1591,  geft.  1612, 
tourbe  ©uj)erintenbent  ni  3lltenburg  unb  Dr.  theol.;    über  ben  britten  ©of^n  TOfoIau« 

65  f.  ben  folgenben  3lrtifel. 

$unniu^  ift  ju  feiner  3^^^  f^^^  entgegengefe^t  beurteilt  hjorben,  je  nacbbem  ©egner 
ober  grcunbe  fic^  über  il^n  geäußert  l^aben.  2)er  })fäljifc^e  Ranjler  ^uftu^  Sicuber  fd;reibt 
im  "^aijXi  1587  an  %xani  ^ottomann:  Ludovieus  Landgravius,  ubiquitarius  sum- 
mus,   talis    factus    a   dominante  coniuge,    quae  a  Hunnio  theologo,  pessimo 

ÜO  nebulone,  regitur ;   aber  barauf  \pxxd)i  nur  bie  STbneigung  gegen  feine   t^eologifd^e 


^nnntitd  ücstbtud  ^ttntitni^,  92ttoIauS  459 

©tcttung.  2)a0C0cu  betounbcrten  \^n  Jcinc  Äottegen  unb  nannte  i^n  ^o\),  ©crlf^arb  bcn 
trcffltd^ften  unter  allen  neueren  3:^eoIo9cn  (®.  3K.  Äönig,  bibliotheca  vetus  et  nova, 
ailtorf  1678,  ©.  418  \)qI  %\),  ßrentuö  1.  c),  unb  3o^.  ©d^mtbt  in  ©trafeburg  faßt  in 
einer  SDlemorie  bon  il^m,  ba^  er  consensu  omnium  merito  tertium  a  Luthero 
locum  obtinuit  (§.  iöSitte,  memoriae  theolog.  ©.  934).  3)a«  Urteil  über  i^n  ift  in  5 
neuerer  ^cxi  befonber«  öon  §ej)pe  ungünftig  beeinflußt  Sorben,  ber  freiKd^  am  njenigften 
geeignet  toar,  §unniu^  auc^  nur  irgenbh>ie  gerecht  ju  Serben.  ®afe  nennt  eigentlid;  nur 
feinen  5?amen.  2lber  e^  ift  jiDeifello^,  ba|  §.  ju  ben  bebeutenbften  3:^eoIogen  feiner  geit 
gel^ört  l^at.  Fuit  hie  unus  de  praecipuis  Theologis,  qui  Lutherani  salutari 
volunt,  fo  d^arafteriftert  i^n  2lbant,  unb  .?)utter  l^at  i^m  in  feinem  compendium  (neben  lo 
Sutl^er  imb  jum  3:eil  aWeland^t^on)  bie  ©^re  anget^an,  auö  feinen  ©d;riften  ju  fc^öpfen, 
Wo  bie  f^mbolifc^en  Sudler  t)erfagen.  S)e«  naiveren  ift  §.  ein  ebenfo  gelehrter  unb  fc^arf^ 
finniger  aU  rüiftdE^t^Iofer  ^Bertreter  ber  toürttembergifc^en  Srcnjfc^en  S^peologie  unb  barum 
befonberig  ber  Se^re  Don  ber  SKajeftät  unb  2lDgegenh)art  bed  ÜKenfd^en  S^riftu^,  fo  jeboc^, 
ba^  er  (Smicbrigung  unb  Sr^öl^ung  ettoaö  ftrenger  auöeinanber^ält  (t)gl.  ®.  I^omaftu^,  i6 
ß^rifti  ^erfon  unb  SBerf  IP,  ©.  419  ff.).  3)od^  f^at  er  aud^  in  anberen  Se^rftüdfen  för^ 
bemb  eingegriffen,  unb  man  begegnet  ba^er  in  ber  folgenben  3)ogmatif  ^äufig  feinen  ®e- 
banfen  unb  SJormeln.  ^""^^f^  ^^^  '^^  ^^^^^  ^^"  ^^  ^^^'-  ®^^f*^  '^^^  Slutorität  fort 
unb  fort  fo  begrünbet  h>trb,  h)ie  juerft  t)on  §.  in  feinem  tractatus  de  maiestate,  fide 
autoritate  et  certitudine  sacrae  scripturael588  u.  ö.,  toorin  er  ftd^  nad^  bem  93ors  20 
toort  an  3.  Sren^,  prooemium  super  libros  biblicos,  angejd^Ioffen  ^at.  ^Jemer  ^at 
toefentlic^  §.  in  feinen  ©c^riften  gegen  §uber  unb  bie  Sieformierten  (befonberd  artic.  de 
Providentia  dei  et  aeterna  praedestinatione  1596)  bie  ortl^oboje  lutl^erifc^e  Seigre 
t)on  ber  ^räbeftination  l^erau^earbeitet,  inbem  er  an^  ^of).  2)ama«cenu^  bie  Unterfc^ei^ 
bung  jh>ifd^en  voluntas  antecedens  unb  consequens  aufnahm  unb  ben  ©lauben  ateas 
causa  Instrumentalis  ber  (Srh)ä^Iung  fa^te,  bie  nic^t  eine  absoluta,  fonbem  ordinata 
fei.  ferner  fül^rt  er  bie  Unterfd^eibung  ber  ftc^tbaren  unb  unftd^tbaren  Äirc^e  in  bie  lu« 
t^erif^e  Dogmatil  ein:  coetus  visibilis  vocatorum  unb  coetus  invisibiHs  prae- 
destinatorum  ad  vitam  aeternam  (articulus  de  ecclesia  vera  1591).  ®ogmatifd^e 
©elbftftänbigfeit  jeigt  er  enblid^  in  ber  Seigre  öom  freien  SQäillen  (bgl.  bie  ©c^rift  de  ao 
provid.  unb  art.  de  libero  arbitrio  1597).  ®r  fud^t  l^ier  bie  unnatürlichen  Slefultote, 
auf  meiere  bie  lut^erifc^e  Drtl^obojie  burd^  i^re  tJ<»ffw"0  *>^  5ßrobIem«  geraten  toar, 
einigermaßen  ju  forrigieren,  inbem  er  bem  Uniüiebergeborenen  nic^t  bloß  bie  äußerlid^e 
^äl^igleit  ®otte^  SBort  ju  ^ören  u.  a.,  fonbem  ein  Studium  discendi  in  Sejug  auf 
bie  ipeili^lüa^r^eit,  ein  generale  desiderium  ut  salutis  ita  cognoscendae  veritatis  35 
jugefte^t,  unb  ()ierbei  ^erfd^ieben^eiten  annimmt,  toonad^  einige  toeniger  fern  feien  bom 
3lei4>e  Sottet  (ögl.  S^r.  G.  Sut^arbt,  2)ie  Se^re  öom  freien  SBiDen  1863,  ©.  285—88). 
ßinft  befragt,  toie  er  ein  fo  großer  i^eolog  getoorben  fei,  ^at  er  geanttüortet:  ex  epi- 
stulis  Paulinis  (nad^  9ieumann  1.  c).  ®ine  9Konograt)l(|ie  über  i^n  toäre  immer  nod^ 
eine  banfen^merte  Slufgabe.  ($e«!e  t)  3o^ott«e«  Äiinse.     40 

^unniuö,  9lifoIau^,  1585—1643,  lutl^erifd^cr  3:F|eoIog.  —  Sitteratur:  TOc^acI 
8ir(f«,  ^irtcnfd)ulc,  b.  i.  6{)riftUcf)e  ^rebigt  ooii  breicriei  .^irten,  fieii^enprebigt  auf  92il.  §unn., 
iJübecf  1643;  Sebaft.  Wcler,  oratio  funebris  etc.  obgebnicft  bei  §.  Söitte,  memoriae  theo- 
logorum,  Jvanffurt  1674,  ©.580—014.  SReldjfte  Oiicfle :  6agp.  ^eimirt)  Starcf,  2)er  —  ©tabt 
iiübccf,  Ä!ird)enl)iftorie,  5.  Xeil:  unter  bem  ©uperint.  92if.  4)unn.  ^ambiivfl  1724  (mit  SBilb),  46 
@.  741  ff.,  mit  jafjlreic^en  urliinblid)en  ^Beilagen;  3^^.  SJ^oüer,  Cimbria  literata  1744,  tom. 
II,  e.  376-89;  92euefte,  fürgfftltige  Sonographie  üon  2\xbtD.  ^cücx,  mtol.  4)unniu§,  fein 
ficbcn  imbSirfcn.  (Sin  ^Beitrag  jur  Äird)engcfd)id)tc  bcä  17.  3Qt)rft.,  größtenteils  not^  ^anb* 
fd)riftlidjen  Ouellen,  fiübccf  1843.  3)od)  finb  bie  ftier  t)dufig  citicrten  fiübecfev  Sinifterialoften 
in  allem  luefentlidjen  bereits  tjon  ©tarc!  ausgebeutet,  lieber  beS  .Junn.  ©cbriftcn  f.  biefelben  50 
9lutoren;  bei  ©tarcf,  ©.899—938  finb  uiele  elogia  gefammelt.  bei  ^eOer  iftr  Sn^olt  auSfü^r- 
lid)  angegeben  unb  manche  fleine  Irrtümer  in  ben  früheren  eingaben  beridjtigt. 

9litolau^  .^unniuS,  ©ol^n  be«  ägibiuö  §unniuS,  toarb  ju  5Karburg  in  §effen  am 
11.  ^\xV\  1585  geboren,  ©(^on  afe  fünfi^ef^njä^riger  Jüngling  bejog  er  bie  Uniöerfität 
3Bittenberg,  too  er  j^uerft  ^^ilologie  unb  ^^ilofop^ie,  bann  3:F|eoIogie  ftubierte.  93on  ber  66 
bortigen  j)^iIofoj)^if(|en  gafultät  unter  bie  3a^I  il^rer  Stbjunften  aufgenommen,  begann  er 
1609  j)F)ilofop^ijc^e  unb  balb  aud^  tl^eologifc^e  3}orIefungen  ju  galten.  2)ie  entfd^iebene 
2:üc^tigtcit,  bie  .<r)unniu^  in  feinem  SBirfen  an  ben  3:ag  legte,  beiüog  ben  Äurfürften  ^Oi 
^ann  ®corg  I.  ^on  Sad^fen,  i^m  1612  bie  ©u))erintenbentur  jußilenburg  ju  übertragen. 
3m  fclben  ^al)xc  ertoarb  er  fic^  in  Söittenberg  bie  tl^eologif^e  ®ottorh)ürbe.    2)urc^  ge^  ao 


460  ^tttttttttd,  molaui 

tpiffen^aftc  ©rfüHung  feiner  2tmtSt)fIid^ten  ertoarb  er  fid^  in  ©ilcnbur^  hau)  bic  aid^tung 
feiner  Oberen,  bie  Siebe  feiner  ©emeinbe.  Sluc^  ^u  feiner  erften  größeren  litterorifc^en 
arbeit  fanb  er  ^ier  bie  nötige  SWufee.  ©ie  erfqien  1614  ju  SBittenbcrg:  Ministerii 
Lutherani  divini  adeoque  legitim!  demonstratio,  Rob.  Beilarmini,  Tho.  Staple- 
5  toni,  Greg,  de  Valentia,  Jac.  Gretseri  et  Henr.  Lanceloti  monachi  (pkvagiaig 
potissimum  opposita  unb  geigte  i^n  ate  einen  getoanbten,  tool^l  gerüfteten  unb  mutigen 
©treiter  für  ben  göttlichen  93eruf  be^  et)angelifci^en  ^rebigtamte«  gegenüber  ben  ©o})l^ifte:: 
reien  ber  fat^olif(|en  ©egner. 

3n  SBittenberg  toar  unterbe^  Seon^arb  .Mtter  geftorben,   unb  3ol^.  @eorg  I.  berief 

10  im  3a^re  1617  5RifoIau^  §unniuS  an  beffen  ©teDe.  3)en  alten  9luf  ber  SRed^tgläubigfeit, 
ben  bic  Unitoerfität  bi^^er  genoffen  ^atte,  toollte  ber  Äurfürft  i^r  aud^^  femer  bctoa^rt  unb 
ben  Se^rbegriff  ber  lut^erifc^cn  5tir(^e  bon  il^r  gegen  bieg^inbe  berfelben  t)erteibigt  iüiffen; 
bagu  glaubte  er  in  §unniud  ben  rechten  üKann  gefunben  j^u  l^aben.  2)a^  afabemifc^e 
SlBirfen  berfelben,  feine  5ßrcbigten  unb  bor  allem  feine  ©d^riften   beloiefen,   ba^  man  in 

16  i^m  ftd^  nid^t  geirrt  l^atte.  3n  feinen  ©c^riften  polemiftertc  er  gunäc^ft  gegen  bie  $a= 
tnften.  3)er  Sluguftiner  §einrid^  Sancelot  bon  SKec^eln  f^atte  auf  jene  Demonstratio 
Ministerii  Lutherani  eine  (Entgegnung:  Capistrum  Hunnii  seu  Apolegeticus  con- 
tra illegitimam  Missionem  Ministrorum  Lutheranorum,  j^u  9lnth)ert)en  1617  er^ 
fd^einen  laffen,   infolge  beren  $unniu^  bad  Capistrum  Hunnio   paratum  Lanceloto 

20  injectum,  hoc  est,  evidens  probatio,  demonstratione  Ministerii  Lutherani  di- 
vini adeoque  legitimi  Henricum  Lancelotum  ita  convictum  et  captum,  ut  ejus 
fundamenta  toto  suo  apologetico  ne  quidem  tangere  ausus  fuerit,  multo  minus 
subruere  potuerit  nod^  in  bemfelben  3^1^^  ju  SBittenberg  ^erau^ab.  ®iefc  ©(^rif t  unb 
il^  Vorläufer,  bie  Demonstratio,  galten  lange  für  bie  umfaffenbften  unb  grünblid^ften 

26  arbeiten  über  biefen  ©egenftanb.  5Rod^  1708  fanb  ©ottfrieb  SBegner  öon  Äönig^^ 
berg  bon  beiben  ©d^riften  eine  neue  aufläge  nötig.  2luc^  gegen  bie  ©ocinianer,  beren 
Seigre  er  nur  afe  SßJieberl^olung  ber  t)^otinianifd^en  gif^ümer  anfal^,  })olemifierte  §unniu^, 
befonberö    in   bem  Examen   errorum  Photinianorum    ex    verbo  Dei    institutum 

.     (Witebergae  1618,  1620),   unb  in  einer  fürjeren  Slbl^anblung,   unter  bem  *iEitel:  Dis- 

80  putatio  theologica  de  Baptismi  Sacramento  Photinianis  erroribus  oppos.,  Wite- 
bergae 1618.  ©nblic^  beftritt  §unniu^  mit  großem  ®ifer  bieS^eologie  ber  ^f ogenannten 
Sntfuftaften,  bie  tjomel^mlid^  in  ben  tl^eofo))l?if^en  Slnftc^ten  be^  %f)copf)xa\iu^  $aracelfu« 
unb  in  ben  ©d^riften  be^  SSalentin  SBeigel  il^en  ©tü|})unlt  ^atte.  Slu^er  Heineren  3lb= 
l^anblungen  fe§te  er  biefer  SRid^tung  bie  größere  ©c^rift  entgegen:  „ß^ftlid^c  Betrachtung 

86  ber  neuen  5ßaracelfifc^en  unb  SBeigelianifd^en  I^eoloaie,  barinnen  burc^  toierje^n  Urfad^en 
ÄWfl^jrigt  loirb,  toarum  ftd^  ein  jeberß^rift  bor  berfeloen,  algt)or  einem  fc^äblic^en  ©eelen- 
gifte,  mit  ^öd^ftem  gleite  i}\xUn  unb  borfe^cn  fott",  SßJittenberg  1622.  Unter  ben  alten 
Autores,  „bon  toelc^en  bie  neue  Ideologie  entft)rungen  ift  ober  ^ergefommen  fein  foll", 
crf^einen  ate  erfte:  3:i^oma«  a  Äem})i^,  lauler  unb  bie  beutfd^e  Ideologie.  2)aburc^,  bafe 

40  ^unniug  in  biefer  2lrbeit  jene  entl^ufiaftifc^e  2!^eologie  unberfölfd^t  unb  größtenteils  mit 
ben  eigenen  SBorten  i^rer  Url(ieber,  inSbefonbere  SBeigete,  toiebergiebt,  ^at  bicfclbe  nod^ 
einen  geloiffen  l^iftorif4)en  SQSert  bel^alten. 

Ign  SübedE  toar  1622  baS  .§au})tt)aftorat  an  ber  ©t.  aWariensÄird^e  bafant  geloorben; 
^unniuS  tourbe  am  17.  gebruar  1623  ju  bemfelben  berufen.    (Sin  borl^ergcgangeneS  ©e« 

46  fud^  beS  lübcdRfd^en  State«  um  i^n  ioar  bom  Äurfürften  ^o^ann  ©corg  I.  nur  unter  ber 
Sebingung  getoöi^rt  loorben :  „baß,  toenn  §unniu«  einft  auf  futfürftlid^en  Uniberfitäten  ober 
fonft  in  fäd^ftfd^en  Sanben  bonnöten  fein  toürbe,  er  afebalb  toieber  bal^in  folgen,  auc^  ber 
Slot  bon  SübedE  i^n  folgen  laffen  foDte".  ©(^on  im  näc^ften  ^oS^xc  tourbe  ^unniuS  aud^ 
ba«  aimt  eine«  ©ui)crintenbentcn  ber  Süberfif^en  ittrd^c  übertragen   unb   fein  aBirfung«= 

60  frei«  bamit  bebeutenb  erweitert,  ©elbft  feft^altenb  an  bem  Se^rbegriffe  ber  lutl^erifc^en 
Ätrd^e,  forgte  er  bafür,  baß  er  in  ber  i^m  anbertrauten  S)iöcefe  in  feiner  boUcn  Sleinl^eit 
erhalten  tourbe.  SBie  in  SBittenberg,  fo  toar  e«  auc^  in  SübedE  eine  breifac^e  ©c^ar  bon 
geinben,  bon  beren  SBirfen  er  eine  Beeinträchtigung  ber  l^enfd^enben  Äird^e  fürchtete, 
nämlic^  junäc^ft  einzelne  ©c^loarmgeifter,  bie  auf  i^ren  oft  ioeiten  3^9^"  ^"c^  bie  ©tabt 

56  SübedE  l^cimfud^ten;  fobann  bic  Seifenner  ber  reformierten  Se^rc,  bic,  bcfonbcr«  afö  ber 
9lat,  burc^  Jpanbeteintereffen  beioogen,  gegen  tl^rc  Slnftcbclung  fid^  nac^fid^tigcr  jcigte,  in 
immer  größerer  ßa^l  in  SübedE  fid^  cinfanben,  unb  enblid^  bic  ^a^jiftcn,  bic  aud^  in  SübedE 
Verlorene«  toicbcr  au  geloinnen  fuc^ten.  ^\xx  Untcrbrücfung  ber  gnt^ufiaftcn  bereinigte 
§unniu«  bie  3)linifterien  bon  Sübedf,  Hamburg  unb  Süneburg,  ioclc^c  feit  ber  3Rittc  be« 

(io  16.  ^al^l^unbert«  öl«  Ministerium  tripolitanum  in  einer  im  ganzen  nörblid^en  Seutfd^^ 


^ttttttutd,  92iIoIaud  461 

lanb  cinflu^reidS^en,  jeboc^  aHmäl^Hcl^  cttoa^  lodEcr  gctoorbencn  SSerbinbunQ  geftanben  Ratten, 
aufg  neue  mitetnanber.  Unter  feinem  9Sorjt^e  iüurbe  t)on  ©eiftlid^en  ber  brci  genannten 
©tobte  ju  aRöKn  (Dom  26.-29.  aWärj  1633)  ein  Äontoent  geig^alten,  befjen  ergebni«  ber 
,,möttnifcl^e  Slbfc^icb"  fear  (f.  ©tarcf  a.  a.  0.  ©.  977  f.),  ber  in  elf  fünften  bic  gegen 
bie  Umtriebe  ber  neuen  5ßro))^eten  ju  ergreifenben  5!Ra|regeIn  be«  näheren  angab,  ^un^  6 
niu^  berfafete  im  Stuftrage  be^  Äonbentö  gur  ^ftigung  in  ber  rec^^ten  Se^re  unb  jur 
SBamung  gegen  bie  ©nt^uftaften  itoei  ©c^riften,  nämlid^ :  „5Rebber  ©äc^ftfc^e«  ^anbtboedt, 
barinnen  1.  be  Sated^i^mu^.  2.  ^p  benftiltjen  geric^tebe  S3ibelf ^röle.  3.  3)e  bomel[;mften 
^falmen  2)at)ib^.  4.  ©onbag«-  bnbe  i5eft-®t)angelia.  5.  ^iftoria  befe  ß^ben«  ß^rifti 
t)nbe  ber  Serftöringe  3^wfalem.  6.  2)e  gebrücfligefte  Rerfengefänge.  7.  ©am^Jt  anbec^s  lo 
tige,  )op  allerlei  5?obt  t)nbe  Slnligen  gerid^tebe  ©ebete  begrej)en  ftnb",  Sübecf  1633;  ein 
S3ud^,  meiere«  lange  ^Ät  ^inbur^  in  9iicberfad&fen  ein  faft  f^mboUf^e«  Slnfe^cn  geno^; 
unb  „aiu^fü^rlic^cr  Serid^t  bon  ber  neuen  $roj)|eten  (bie  ftc^  Erleuchtete,  ©otte^elel^rte 
unb  Theosophos  nennen)  SRcIigion,  Se^r  unb  ®lauben  tc,  Sübcdf  1634",  2.  Slufl.  bon 
3.  §.  ^cuftfing,  SBittcnberg  1708  u.  b.  %.  Mataeologia  fanatica.  3n  Setreff  ber  15 
Sieformierten  toar  Äunniuö  c^,  ber  bie  t)on  gol^ann  2)uräu«  mit  öielem  (gifer  auc^  in 
SübedE  angefteHten  Semü^ungen  jur  9lu^leic^ung  ber  Trennung  gtoijc^en  Sut^eranem  unb 
Steformierten  bur(^auö  vereitelte.  2)ie  bon  $unniu^  über  biefe  Angelegenheit  für  ben 
SRat  im  9lamen  be^  SKinifterii,  au^earbeitete  ßrflärung,  unter  bem  S^itel:  Ministerii 
ecclesiastici  Lubecensis  theologica  Consideratio  interpositionis,  8eu  pacificato-  ao 
riae  transactionis,  inter  religionem  Lutheranam  ex  una,  et  Reformatam  ex 
altera  parte  profitentes,  abs  D.  Johanne  Duraeo,  ecclesiaste  Britanno,  bis 
temporibus  tentatae,  h)urbe  bon  feinem  ^tpetten  Slac^folger  im  2lmte,  ©amuel  Sßoma« 
riu«,  im  ^a^e  1677  in  SübedE  burdf^  ben  a)rudt  beröffentlid^t.  Stüdfidfitlic^  ber  Äot^o* 
lilen  berfolgte  er  beren  SSerfud^e,  in  SübedE  ^ßrofel^ten  gu  getoinnen,  mit  aller  il^m  ju  25 
©ebote  fte^cnben  Äraft  fogar  unter  Anrufung  ber  toeltlic^en  SWa^t.  ^m  übrigen  fudj^te 
er  nac^  allen  ©eiten  ^in  in  feinem  SfiSirlungfi^freife  religiöfe^  unb  fird^lid^e^  Sebcn  ju  för* 
bem  unb  ju  lieben.  6r  brad^te  bic  Applicatio  individualis  beim  ©enuffe  be«  l^eiligen 
aibenbma^lc«  in  Anregung;  er  bemül^te  ftd^,  bie  in  Abgang  gefommenen  Äatec^iömu«« 
©jamina  toicberl^erjuftctlcn;  er  forberte  ben  9lat  auf,  bem  ©trafamte  ber  ©ciftlid^en  bieao 
frühere  Au^bcl^nung  unb  Autorität  toieberjugeben ;  er  fprad^  für  bie  geftl^altung  ber  ^ßa- 
rodj^ialred^tc  ber  lübedEifd^en  Äird^e ;  er'  f orgtc  für  ba«  gebei^lic^e  93efte^en  unb  bie  gtoedE« 
mäßige  0ortbilbung  ber  ©c^ulen;  er  grünbete  enbli^  ein  SKinifterial^Arc^ib  unb  eine 
SKiniftcrial'SBittocn:«  unb  SBaifen^Raffe.  Aud^  über  SübedE  l^inau«  Verbreitete  fic^  ber  Stuf 
feiner  2^l^atfraft  unb  feiner  Xüc^tigleit.  3)afür  geugcn  bie  Vielfachen  Anfragen,  bie  fo*  35 
h)ol;l  Von  gangen  Äori)orationen  oJ«  auc^  Von  einzelnen  in  toi^tigen  fällen  au«  allen 
©egenben  2)eutfd;lanb«  an  il^n  gerid^tet  tourben.  ^iefc  auögejeid^netc  Achtung  Verbanfte 
ipunniu«,  ncbm  feiner  im  Amte  betoiefenen  Umfid^t  unb  Äraft,  gang  befonber«  ber  au^ 
gebe^nten  litterarifc^en  2^^ätigfeit,  ber  er  auc^  in  SübedE  fic^  l(|ingab.  ©inige  feiner  bort 
gearbeiteten  ©c^rif ten  finb  fc^on  genannt.  Unter  ben  übrigen  ^at  befonberö  bie  unter  bem  40 
litel:  Aido}C€yig  theologica  de  fundamental!  dissensu  doctrinae  Evangelicae 
Lutheranae  et  Calvinianae  seu  Reformatae.  Cum  praemissa  consideratione 
vnoxQioEü)g  Calvinianae  Dordrechtana  Synodo  proditae,  gu  SBittenberg  1626  er« 
fc^ienene  einen  allgemein  toiffenfc^aftlic^en  SBert,  infofenx  auf  fie  bie  lutl^erif^e  Sl^eorie 
Von  ber  Untcrfc^cibung  funbamentaler  unb  nid^t=funbamentaler  ©lauben^rtifel  jurüdge^t ;  45 
fie  geno^  in  biefer  ^inftc^t  ein  faft  f^mbolifd^e«  Aufcl[;en  (Vgl.  ßaloV,  de  syncretismo 
Callxti:  approbatum  id  scriptum  Hunnianum  communi  hactenus  orthodoxo- 
rum  calculo,  nähere«  bei  A.  ^l^oludE,  3)ie  lut^er.  Seigre  Von  ben  gunbamentalartileln 
in  ®tfc^e.  3eitfc^r.  f.  c^r.  9Biff.  1851,  ©.  72—74). 

Äcine  feiner  ©c^riften  i)at  jebod^  Von  SübedE  a\i^  feinen  5Ramen  hjeiter  getragen,  olö  so 
bie  bafelbft  1632  ebicrte:  „Consultatio  ober  iüol^lmeinenbe«  Sebcnfen,  ob  unb  ivie  bie 
evangelifc^=lut^erifc^en  Sirenen  bie  je^t  fc^toebenben  SReligion^ftreitigfeiten  enttoeber  frieblid^ 
beilegen  ober  burc^  c^riftlid^e  unb  bequeme  3Jlittel  fortfteHen  unb  enbigen  mögen."  ^n 
biefer  ©c^rift,  bie  ©uftav  Abolf  Von  ©c^hjeben  unb  gol^ann  ©eorg  I.  Von  ©ad^fen  ge^ 
toibmet  ift,  giebt  §unniu^  ben  ^lan  ju  bem  befannten  Collegium  irenicum  ober  paci-  es 
ficatorium,  ba^  in  ber  geleierten  SBelt  nac^  i^m  au^  Collegium  Hunnianum  benannt 
ift  unb  getoiffermafecn  einen  ftänbigen  tl^eologifc^en  ©enat  nur  gur  ^Prüfung  unb  ©d^lic^ 
tung  aller  cntftel^enben  t^eologifd^en  ©treitigteiten  bilben  follte.  Unter  ben  bibaJtifd^en 
©c^riften  l^at  bie  „Epitome  credendorum  ober  ^nl^alt  d^riftlid^er  Seigre,  fo  Viel  einem 
6l;riftcn  bavon  ju  feiner  ©eclen  ©eligfeit  ju  toiffen  unb  ju  glauben  ^öc^ft  nötig   unb  60 


462  $nttitiit0,  !RtIoIau^  ^u^felb 

nü^tid^  ift,  an^  Sollet  SBort  bcrfafjct,  SBittenbcrg  1625",  in  ncumcl^n  Sluflagcn  unb 
au|erbem  in  einer  ^ottänbtjci^en,  fd^hjebifc^en,  jjolnifd^en  unb  lateinifc^en  Überfefeung  bie 
toeitefte  SSerbreitung  ^cfunben.  2)ie  ©c^rift  ift  ein  ^jo^julärer  Unterrid^t  im  C^riftentume, 
ebenfo  au^ejeic^net  tn  ber  Slnorbnimg,   ate  Ii^lt)oK  in  bcr  ®nth)i(felung  ber  einzelnen 

5  Seigren,  überall  mit  großer  ©orgfatt  ftd^  auf  ba«  3Bort  ber  ^eiligen  ©d^rift  grünbenb  unb 
gugleid^  bcn  Se^rge^alt  ber  iDid^tigften,  t)on  ber  lutJ^erifd^en  Äir^e  abmeic^enben  Äird^en 
imb  ©eften  berüdtftd^ligenb  unb  jjrüfenb,  unb  jtoar  le^tercö  in  feF^r  gemäßigtem  Jone 
ol^e  §a^  unb  93itterfeit.  ^m  ^afycc  1844  ift  ba^  Suc^  für  bo^  amerifanifc^e  3Jliffton^- 
feminar  tn  9leuenbettel^u  toieber  gebrudt,  in  ber  3.  aufläge  (1870  bei  Secf,  5?örblingen) 

10  leidet  überarbeitet.  9lu^  ber  „Epitome  credendonim"  Verfertigte  §unntug  einen  3lu^s 
gug,  in  fragen  unb  2tnth}orten  gefteHt,  unb  öenne^rt  mit  einem  befonberen  2tbfd^nitt 
,,bom  gottfeligen  Seben",  unter  bem  litel :  ,,9lnh)eifung  jum  redeten  6l(iriftentum  für  junge 
unb  einfältige  Seute  in  §au^  unb  ©c^ulen  ju  gebrauchen,  au^  göttlid^em  SBort  gefteHt", 
Sübecf  1637  unb  1643.    S)iefe  äntoeifung  unb   feine  „Srllärung  be«  Äatedjii^mi  D.2u^ 

16  tigert  aug  ben  .^auptfj)rüd^en  be^  göttlichen  SBorte«  gum  Unterricht  für  junge  unb  ein^ 
fältige  Seute  gefteDt",  SübedE  1627  bilbeten,  toä^renb  einer  langen  Slei^e  bon  3«^^^"/  i" 
bcn  nieberen  ©dj^ulen,  öoruiglicj^  ber  ©täbte  be^  nörblid^en  ®eutfc^lanb^,  bie  ©runblage 
beö  Unterrid^te«  in  ber  Sieligion.  §unniu«  ftarb  am  12.  2lpril  1643.  ®ine  feltene 
Sled^tfd^affenf^eit  unb  Sieberleit  ber  ©efinnung,  bie  in   tiefer,  inniger  SReligiofttät   ihren 

30  ®runb  l)atU,  ein  offene^,  unt)erftettte«  SBefen,  bem  ©c^ein  unb  ^eucpelei  auf  ba^  Slußerftc 
tjerl^aßt  tüar,  eine  unerfc^ütterlid^e  SReblid^feit,  ber  jebe^  irbifd^e  ^"tereffe  fem  lag,  ein 
l^jli^e^,  in  toa^rer  Siebe  h>urjelnbe^  ffio^tooDen  im  ^amilienfceife,  gegen  feine  ^eunbc 
unb  gegen  bie  armen,  ba^  toar  e«,  toai  tro^  aller  feiner  ort^obogen  ©tarrl^eit  unb  Slb^ 
gefc^loffen^eit  gegen  Slnber^laubenbe  bod^  alle  feine  S^^Ö^i^off en,  bie  i^m  nä^er  geftanben, 

26  faft  einftimmig  il;m  nad^rül^mten.  S)od^  tvxü  mit  biefem  Urteile  (§eller^)  ba^  minber 
günftige  Sl^oludE«  Verglichen  fein :  feine  Sriefe  geben  „feine  irgenb  erfreulid^e  ausbeute  für 
feine  geiftlic^e  ß^aralteriftif"  (2)er  ®eift  ber  lut^er.  3:^eologen  SBittenberg^  im  17.  Sa^^l?- 
1852,  ©.  47).  (ß.  «eflcr  t)  3o^ottiie8  Äimsc. 

J>]i)ifdb,  ^ermann  (ß^riftian  Äarl  ^riebricb),  ein  ®elel(irtcr  erften  SRange^  unter 
rflärem  be«  313:^,  toarb  geboren  31.^JJläri  1796  ^u  3Jlarburg,  ftarb  24.9l»)ril  1866 
JU  §alle.  —  Seine  Selbftblograp^ic  gab  $).  in  bev  ^cffifc^en  ®eIcI)rtenge(ct)icöto  von  3ufli 
(«Nürburg  1831,  @.  277—285.  832)  unb  ÖJevlanb  (Ä'affel  1863,  8.  306—320),  unb  er  l)attc 
ha^  &lnd,  in  einem  if)m  fe^r  naf)efte^cnben  Sdjüler,  Kollegen  unb  greunbe,  bem  feine  veicften 
©rieffammlungcn  gii  ®ebotc  ftanbcn,  einen  üorjüglic^en  ©iogrop^en  ju  finbcn,  üqI.  (£b.  SRie{)m, 
86  D.  4)ermann  J^upjelb,  Scbcnö»  unb  (It)avafterbilb  cineiJ  beutfc^cn  ^rofeffovö,  ^aüe  1867 
(155  6.  8^). 

Site  ©rftgeborener  eine^  ebangelifd^en  5ßfarrer^  unb  einer  loürttembergifc^cn  ^rcbiger^^^ 
tod^ter,  bie  vom  2)örfc^en  Dömberg  bei  ^olja^j^jel  1802  nac^  3Jlelfungen  Verfemt  tourben 
unb  1814  nad^   bem  ebenfalls  nieber^effxfd^en  ©täbtd^en  ©t)angenberg.   Verlebte  §uj)felb 

40  feine  erften  ga^re  im  ©Item^aufc  ju  2)ömberg  unb  ^Reifungen ;  bie  Vor  ben  fran^öfxfd^en 
©olbaten  ge^üd^tete  SKutter  f^atte  i^n  in  feinem  grofeväterlid^cn  §aufe  geboren  unb  toar 
bann  au^  ber  Univerfxtät^ftabt  in  ba^  3)orf  i^re^  5Dlanne^  jurüdtgefe^rt.  5?ad^bem  §. 
bcn  erften  Untenic^t  bei  feinem  frommen  unb  geloiffen^aften  SJater  genoffen  l)atU,  bcr 
einem  milben  SRationali^mu^  ^ulbigte,  ivarb  er,  !aum  13  3<^^re  alt,  in  bie  ftrengere  ©c^ulc 

46  bed  Sruberg  feiner  3Wutter  Vert)flanjt,  be^  in  einem  toürttembergijd^en  ®renjborf  unn^eit 
von  ^eilbronn  loirfenben  ^farrerd  M.  ©igel,  ber  fid^  be«  begabten  SJeffen  mit  großer 
Siebe  annahm.  §ier  fa^  ftc^  ber  lernbegierige  Änabe  au^  einem  ja^lreid^en  fireifc  Von 
Jefc^toiftern  unb  ®efj)ielen  plöfelid^  in  ein  einfame^  Äämmerlein  Verfemt,  unb  obtoo^l  ber 
unverheiratete,  vielbefc^äftigte  D^eim  bie  ©tubien  in  ben  alten  ©J)rad[>en,  Steligion,  Sogil  2C. 

60  leitete  unb  übertoac^te,  fanb  ftd^  bod^  ip.  ganj  übertoiegenb  auf  feine  ©elbftt^ätigJcit  an- 
gctviefen.  2)er  (Sinflu^  biefer  eigentümlichen  örjie^ung^lveife  auf  §.  toar  ein  großer,  '^n 
bcn  jlvei  arbeit^reid^cn  3^^^^f  iveld^e  er  im  §aufe  feinet  D^eimg  jubrac^te,  mar  ber 
junge  Slutobibaft  ein  aufmerffamer  unb  fritifd^er  Seobad^ter  feineö  ^n^^^^tn,  ioie  bc^  i^n 
umgebenben  SKenfd^enlebcnd  getoorben.    2)abei  ^atte  ©igete  ^IJietiiSmug  ben  Bößling/  ber 

66  fi(6  fc^on  bamate  für  ben  ^rebigerberuf  beftimmte,  mit  Segeifterung  für  \>a^  Sl^riftentum 
erfüllt,  fo  bap  er  bie  ®cfa^ren  be«  Sationaliömu«,  ivelc^e  i^m  ber  D^eim  bei  ber  Ron= 
firmation  fdf)itberte,  gerabeju  Verachtete.  Unter  ben  Übeln  folgen  ber  einfeitigen  Se^anb- 
tung  nennt  .§.  tro^  ber  banfbaren  Sln^änglid^Ieit,  bie  er  immer  bem  D^eim  afö  feinem 
jtvcitcn  3Jater  bcma^rte,  „namentlid^  ein  unjeitige«  unb  unVcrl^ältni^mäf;ige^  Übergewicht 


^tt^fdb  463 

bcö  fjjefulaliöen  unb  frittfc^cn  SJermööeng  bei  gänjüd^er  9Seniaci^läJft0un0  ber  ^oefic  unb 
©efc^id^te".  Übrigen^  tvax  §.  fd^on  fo  tocit  gcförbert,  baft  er  na^  nur  Vj^i&fyA^tm 
Sejuc^  bcö  .{^ergfelbcr  ©^mnaftum^  Dftem  1813  bie  l^cffxfcve  Sanbeguntoerfttät  SJlarburg 
be}iel(^en  lonnte. 

afö  stud.  theol.  h)ibmete  fid^  6ul>felb  in  5Blarburfl  4'/,  3^^  ^^«0   «uf«  eifriflfte  6 
ben  pl^iloloflifc^en  unb  t^cologifc^en  ©tubien,   bi«  er  fic^  im  ^erbft  1817   bon  ber  t^eo^ 
loaifd^en  galultät  examinieren  unb  t)on  ber  })l^ilojoJ)l^ifci^en  })romobieren  liefe;  bie  ©oltor- 
bijfertotion  Animadversiones  philologicae  in  Sophoclem  erfc^ien  1817  ju  SKarburg. 
9Son  feinen  Se^rem  fefielte  i^n  aufeer  bem  ^ß^ilologen  3)iffen  unb  bem  $iftori!er  SKJac^ler, 
bie  beibe  SKarburg  balb  öerliefeen,  befonber«  ber  e^riDürbigc  ©upranoturalift  Sfib.^ac.air-  lo 
noibi,  $rof.  ^rimariu^  ber  3:i^eoIogie,  ein  grunbgelel^rter  ^ann,  ben  §.  gu  feinem  gül^rer 
in  ber  ©jegefe,   befonber^  be^  WX^,  iüö^lte,  foh>ie  im  ©tubium  ber  arabifdj^cn  unb  f^ris 
fd^en  ©jjrac^e.    ^n  ber  Ideologie  lam  ^.  junäd^ft  über   eine  jtoiejpältige  ©teDung  nid^t 
l^inaug,  benn  toie  Jel^r  i^m  a\x6)  ba^  6|rijtentum  immer  afe  cme  ^^ilojo^j^ie  bon  uner^ 
fc^öjjfliier  %k^t  erjd^ien,  ber  alle  menfc^lid^e  5P^ilofot)^ie  nid^tö  anl^aben  fönne,  fo  ängftig*  le 
ten  bodp  bie  ©Jjuren  be^  menfd^lic^en  ^ragmati^mu^   in  ben   biblifc^en  ©efd^id^ten  unb 
SReligion^ibeen  feinen  ©u})ranaturali^mu^  um  fo  me^r.    3)en  SßJinter  1817/18   fe^te  $. 
im  eitern^aufe  ju  ©^jangenberg  feine  arbeiten  ru^ig  fort.  Dl^ne  toegen  feiner  t^eologifd^en 
©frut^el   „unb   au^  abergläubijd^en  Sorftellungen  t)on  ben  ©rforbemiffen  gu  einem  afa* 
bemifc^en  Se^rer"  an  bie  afabcmifc^e  Saufba^n  ju  beuten,  übernahm  er  bann  bie  mit  ber  20 
Slfftftenj  beim  erften  reformierten  ^rcbiger  Sfearburg«  belaftete  ©teile  bcö  jtoeiten  SMajor« 
ber  ©tipenbiatenanftalt,  beren  3öflltng  Jp.  atö  ©tubent  getoefen  toax.   Slber  bie  3Ser})fli(^s 
tung,  ettoa  alle  14  läge  px  Jjrcbigen,  raubte  i^m  bei  feiner  ©Iru))ulofttät  unb  ber  Sang» 
famfeit  feiner  fd^riftlid^en  Slu^rbeitungen   balb   jegliche  ß^t  für  feine  toiffenfc^aftlic^n 
©tubien,  unb  mit  g^euben  trat  er  im  3l))ril  1819  bie  britte  Se^rerfteHe  am  ©^mnafium  25 
ju  §anau  an  mit  bem  3^itel  eine^  ^rofeffowJ,   obgleich  feine  ^«milie  biefen  ©c^ritt  fel^r 
bebauerte.   3)rei  ga^re  lang  unterrid^tete  nun  §.,  ber  babei  faft  ein  einfxeblerleben  fü^e, 
in  ber  Religion,  bem  3)eutfd^en,  Sateinifc^en  unb  ©riec^ifd^en  mit  bem  größten  ®ifer  unb 
®rfolg,  al^  feine  erfc^ütterte  ©efunb^eit  il^n  jum  Slufgeben  biefe«  2lmte«  nötigte.    9Wit 
ber  ßufic^erung  künftiger  SBieberanfteBung  entlaffen,  lebte  §.  junäd^ft  feiner  ©efunb^eit  ao 
unb  feierte  im  §erbft  1822  nac^  ©pangenberg   jurüdt,  unb  fioax,  ba^  toir  mit  feinen 
eigenen  ffiorten   fortfal^ren,   „um   ^ier  meine  t^eologifd^en  ©tubien  toieber  aufjunel^men 
unb  mid^  jur  Übernahme  eine«  ^rebigtamte«  borjuberciten.  ®en  Slnfang  mad^te  id^  nad^ 
meiner  2Beife  mit  bem  Sllten  ieftament.     Äaum  ^atte  id^  biefe«  ettoo«  nö^er  unb  mit 
umfaffenberem  93lidte  in«  3luge  gefaxt,   al«  id^   mit  einemmale  au«   meinem  bi«l^erigen  85 
©d^hjanJen  ju  einer  entfc^iebenen  t^eologifc^en  Überzeugung  gelangte,  o^ne  burc^  ben  er* 
lannten  menfd^lid^en  S|iragmati«mu«  je^t  meine  SRul^e  geftört  ju  feigen.   SJor  meinen  SlidEen 
öffnete  ftc^  ein  l^iftorifc^er  @nth)idEelung«gang  religiöfer  3ibeen,  beren  9Ser!ettung  mit  gleicher 
3loth)enbigfeit  ben  menfc^lid^en  ®eift  be^errfd^enb,  al«  ob  fie  ilj^m  übematürlid^  eingeflößt 
iüären,   ol^nc  bod^   bie  unt)crfennbare  grei^eit  feiner  Seh>egung  aufm^eben,  ba«  SBalten  40 
be«  göttlichen  ©elfte«  Derfünbigt,   unb  bem  eth^a«  ^efte«  nnb  ©eh^iffe«  fud^enben  ^erjen 
einen  If^inreidf^enben  älnfer  ber  ©id^er^eit  gegen  bie  SBiflfür  be«  menfc^lic^en  SBa^n«  bcuf« 
bietet.    9Jun   fanb  i^   enblid^   meinen  toa^ren  iüiffenfc^aftlid^en  SKittel^Junft,   meine  ur« 
fprünglic^e  Sebcnebeftimmung  h>ieber,  unb  füllte   beftimmt  unb  lebenbig  ben  bi«l^er  öer« 
mißten  Seruf  jum  alabemif^en  Se^ramt,  fotoie  ben  aJlut,  e«  mir,  e«  lofte  h)a«  e«  tootte,  45 
in  eningen,   meine  9Jeigung   nun  junäd^ft  auf  bie   orientalifc^scjcgetfic^e  ©runblage  ber 
Xl^eologie  fiEierenb". 

Siac^bcm  toir  §.  burc^  feine  eigentlid^en  ßnttoidEelunggjal^rc  begleitet  ^abcn,  toeld^e 
mit  ©eiDinnung  ber  feften  ©rJcnntni«,  ba|  unbefangene  ^iftorifd^-fritifAe  gorfc^ung  unb 
unerfd^ütterlic^er  ©laube  an  ©otte«  §eil«offenbarung  jum  beften  ber  wir^e  jufammens  60 
ge^en  muffen,  i^ren  naturgemäßen  2lbfd^luß  finben,  h)oUen  h)ir  je^t  ben  jiemlic^  einfad^en 
äußeren  £eben«gang  .§.«  bi«  ju  6nbe  Verfolgen,  bann  betrachten,  toa«  er  für  feine  gadj^« 
toiffenfd^aft  gearbeitet  f^at,  unb  jd^ließlic^  einen  SlidE  auf  bie  lebl^afte  leilna^me  Werfen, 
mit  toelc^er  er  aUe  gn^^^^ff^*^  ^^  »^"  umgebenben  ©emeinh>efen«  verfolgte  unb  namentlich 
in  bie  $8erl;anblung  ber  tirc^lid^en  unb  politifd^en  ^agen  öfter«  burc^  2lbgeben  feine«  55 
©utad^ten«  eingriff.  3lad)  r/ojälrigem  ftiHen  ©tubium  burd^  ben  lob  be«  SJater«  au« 
beut  elterlid^en  §aufe  Vertrieben,  ging  §.  1824  nac^  $alle,  um  ftd^  unter  ©efeniu«,  ben 
er  al«  ^l^ilologen  ^oc^ad;tete,  t)ouenb«  au«5ubilben.  2)er  SSerfe^r  mit  ©efeniu«,  ber  ben 
leii!ograpl;ifc^en  i^erfuc^en  .sjujjfelb«  Seifall  fc^enfte,  förberte  unb  ermunterte  ben  jungen 
©elel;rtcn,  fo  baß  er  fic^  im  September  1824  in  ber  J)l^ilojoj)^ifc^en  gaJultät  habilitierte  &i 


464  ^tt^fclb 

unb  im  folQcnbcn  3Bintcr  neben  öffentlid^en  aSorlefungen  über  l^ebräifc^c  ©rammatif  be- 
jonbcr^  mit  einer  Slb^anblung  über  bie  ät^io})ifci^e  Bpxai^t  befd^äftigte.  ®rft  nad^bem  §., 
ber  fic^  ate  §efle  in  §alle  nid^t  galten  liefe,  aud)  in  bem  geliebten  SKarburg  ein  l^olbe^ 
^af)x  lang  5ßribatbogent  gehjefen,   unb  bann  ^ier   im  ^erbft  1825  jum  au^erorbentlid^en 

5  ^rofeflor  ber  2:^eologie  ernannt  iüorben  toar,  erfc^ienen  bie  fd^arfjtnnigenExercitationes 
aethiopicae  sive  observationum  criticarum  ad  emendandam  rationem  gram- 
maticae  Semiticae  specimen  primum  (Seipjig  1825,  4*^),  toetd^e  i^ren  gelehrten  SSer^ 
fafjer  fofort  ben  erften  3Reiftem  ber  3^'^  öte  ebenbürtigen  gorfd^er  an  bie  ©eite  [teilten. 
2Rit  Beibehaltung  be«  t^eologifc^en  ©jtraorbinariat^   tourbe  §.  im  ^ü^ja^r  1827  nac^ 

10  bem  Xobe  %  5K.  ^artmann^  beffen  9Jac^folger  ate  orbcntlid^er  ^rofeffor  ber  orientalijc^en 
©t)rad^en.  §erbft  1830  \af)  er  fid^  auf  3Seranlaflung  einc^  außtoärtigen  Stufet  and)  in 
ber  3:|;eologie  jum  orbcntli^en  5ßrofeffor  in  üJlarburg  ernannt,  unb  bie  nun  folgenben 
13  ^abx^,  tocl^c  .ö.  nod^  in  feinem  engeren  SSaterlanbe  jubrac^te,  toaren  bie  glüdElid^ften 
feincö  fieben«.    Site  fein  juriftifc^er  Äollege  SidfeH  3Jlarburg  t)erlaffen   l)atk,   tourbe  §. 

16  für  ben  älbgang  biefe^  Äerjenöfreunbe^  überreid^  baburc^  entfc^äbigt,  ba^  ibm  im  grü^s 
jal^r  1832  in  einer  lod^ter  feinet  Kollegen  ©uabebiffen,  ^rofefforig  ber  ^^ilofo^jl^ie,  ein 
geliebte«  SBeib  ate  „©d^u^cngel"  jur  ©eite  trat.  3jm  Saläre  1834  übeuafd^te  i^n  ®e= 
fcniu«;  atö  S)elan  ber  t^eologifc^en  ^hiltät  ju  §alle  mit  bem  ß^rengcfd^enf  bc«  3)oftor= 
grabe«. 

30  Dbiüol^l  §.  in  feinen  tl^eologifc^en  $au))tborlefungen  nic^t  feiten  über  40  gw^örcr 
l^otte,  locfte  il;n  bieäu^ftc^t  auf  einen  größeren  2Birfung«Ireiö,  fo  bafe  er  imOftobcr  1843 
oI«  9lad^folger  öon  ®efeniu«  nac^  §alle  überftebelte,  too  er  beinahe  ein  Sierteljal^r^unbert 
^inburc^  eine  tiefeingrcifenbe  SfiSirlfamfeit  entfalten  follte.  Seiber  mufete  er  bie  isitp^an- 
jung  nac^  5?orbbeutfd^lanb  mit  feinem  „Seben^glüdE  beja^len",  ba  er  faum  3  3)lonate  nad) 

26  ber  älnlunft  in  §alle  fein  „engelgleic^e«  SBeib"  burd^  ein  SlerDenfiebcr  toerlor  unb  fid^  mit 
6  unmünbigen  Äinbem  allein  fa^.  Slber  ^,  fanb  in  §alle,  toeld^e«  eine  größere  3;l?eo= 
ügcnja^l  befa^,  ate  irgenb  eine  anbere  Unit)erfttät,  ein  reiche»  gelb  ju  frud^tbarer  SSirf^ 
famfeit,  toenn  er  and)  ben  bon  3Jlarburg  ^er  getool^nten  regelmäßigen  unb  au^bauemben 
Scfuc^  ber  SSorlefungen,  toeld^en  man  in  ^aUe  t)iel  toeniger  Jannte,  fc^merjlid^  vermißte 

30  unb  ba«  foq)oratit)e  afabemifc^e  Seben  3Jlarburg«  ben  rmf)x  bureaulratifd^en  ^rcufeif^en 
©inrid^tungen  entfd^ieben  borjog.  3"^  tJ^eube  gereid^te  e«  i^m  aud^,  bafe  in  bem  Berliner 
33erufimg«fc^reiben  auebrüdlid^^  feine  freie  ^iftorifd^-fritifc^e  Slid^tung  em)äl^nt  unb  aner- 
lannt  toar.  Sil«  greunb  eine«  lebenbigen  biblifd^en  ß^riftentum«  unb  geinb  aller  ®ott= 
loftgfeit,  ^ömmelci  unb  gw^^I^figfeit  trat  §.  mit  feiner  aufrichtigen  J)erfönlid^en  gröm- 

36  migfeit  unb  feinem  lebhaften  SBai^ri^eit«*  unb  9lec^t«gefül;l  ftet«  mannhaft  für  bie  ßr^al- 
tung  ober  ^erftcHung  gefunber  Drbnunacn  ein  unb  fear  aud^  in  ben  trübften  a:agen  ber 
3leaftion  burd^  feine  ftiUe  afabemifc^e  S^e^rt^ätigfeit,  toelc^er  er  immer  feine  §au))t!raft 
tüibmete,  ein  rüftiger  iflitarbeiter  an  ber  ^erbeifül^rung  befjerer  Suftönbe.  ©eine  ä^^örer, 
bie  loirllid^  ^ntereffe  für  bie  ©ad^c  l^atten,  mußte  ^.,  obgleid^  fein  Vortrag  äußerlich  nic^t 

40  anjicl^enb  toar,  in  ^o^em  ®rabe  ju  feffeln  bur^  bie  Älarl(ieit,  ®rünblid^feit  unb  ß^rlic^feit 
feiner  ebenfo  geifttjottcn  al«  gelehrten  älu«einanberfej^ungen,  unb  er  l^at  fe^r  Dielen  ju 
einer  für  ba«  9leid^  ®otte«  fegen«reic^en  @r!enntni«  bc«  213^«  ber^elfen  bürfen.  SlHers 
bing«  brachten  e«  einige  3flat)en«berger  ®eiftlic^e  über  fic^(t?gl.  .§au«rat^,©traußll,©.338), 
im  iperbft  1865  namentlich  §.  al«  einen  (Jjegeten,  ber  ba«  %%  n\d)t  al«  göttliche  Offene 

46  barung  bel^anble,  beim  5!ultu«mimfter  ju  benunjieren.  Slber  §.  tonnte  mit  leichter  3)lü^c 
biefe  93efd^ulbigung,  toeld^e  gegen  i^n  unb  ben  (befonbcr«  auf  ben  SBunfc^  t)on  §.,  ber 
na^  SRöbiger«  älbgang  eine  loeitere  tl^cologifc^  gebilbete  Sel^rfraft  nötig  fanb,  nac§  .^aHe 
berufenen)  ©jtraorbinariu«  für  bie  altteftamentli^en  gäd^er  gerid^tet  h>ar,  bur^  eine  gc- 
meinjam  mitD.Sliel^m  erlaffene  ßrllärung  al«  eine  Unmal^rl^eit  jurüdthjeifen.  2)ie§engften= 

60  bergifd^e  Äird^enjcitung  fud^te  im  S^^w^^  1866  ^^^^^^  i^  fc^üren;  jeboc^  bie  gefamtc 
^allenfer  g^^'tät,  3:9oludf  unb  %  3)iüller  eingefc^lofjen,  toie«  ben  Singriff  gebü^renb  ab 
unb  bezeugte  für  aDe  ®lieber  ber  ^lultät  ungeachtet  ber  Serfd^ieben^eit  il^rer  inbiDibueßen 
©tanbjjunite  ba«  Sefenntni«  ju  ber  geoffenbarten  c^riftlid^en  .t>eil«toal^r^eit  unb  ben  in 
tl^r  iüurjelnben  er^ltenben  $rinjij)ien  in  Äird^c  unb  ©taat  al«   eine  offcnfunbige  "ifyiU 

66fac^e  (t)gl.  ^rot.  A3  1865,  Bp.  918.  1094 f.;  1866,  ©J).  267 ff.).  2)ie«  3eugni«  toiegt 
um  fo  fc^toerer,  al«  <q.  n\d)i  (bgl.  SRie^m«  §.,  ©.  87  ff.,  139  f.,  126  f.)  gleich  feinen 
JtoHegcn  ber  fogenannten  3Jermittlung«tl^eologie  angel^örte.  Salb  follte  §.,  ber  nod^  im 
SBäinterfemefter  1865/66  mit  ungefc^ioäc^ter  5lraft  gelefen  l^atte,  aDem  Äampf  unb  ©treit 
cntl^oben  fein,  ba  er  am  (Snbe  ber  Dfterferien  nad^   hirjer  Rrant^eit  burc^  einen  ®e^im= 

60  fd^lag  Joeggerafft  lourbe.    I^olud  l^iclt  ii^m  über  Offenb.  14,  13  bie  Seic^cnrcbe. 


3Ba^  nunbie  fac^gelc^rtcu  Jc^riftftelterifci^cnSeiftungen  betrifft,  fo  bcfennt 
§.  om  Sd^Iufe  feiner  33iograt)^ie  (togl.  SRie^m,  ©.  133),  bafe  feine  toiffenfd^aftlic^e  I^ätigfeit  bei 
i^rer  2tuSbel^nun0  auf  toeit  au^einanberliegenbe  ®ebiete  unb  aug  ÜKangel  an  ©elbft« 
be^errfc^ung  fe^r  ber  ^lanmäfeigJeit  entbel^rt  l^abe;  unb  ba  feine  9latur  nur  fc^toer  gu 
einer  öffentlichen  3)arftettun0  gelange,  fo  l^obe  er  bi^^er  me^r  3Konograt)^ien  unb  gteid^fam  6 
®eIegenbeit<ofd^riften  —  in  ber  gorm  t)on  Slb^anbtungen  unb  Programmen  —  ate  eigent- 
lid^e  Öüd^er  (mie  bie  Duetten  ber  ©enefx^  unb  ba«  2Berf  über  bie  $falmen)  ^ert)orgcbrad^t. 
©eine  Hoffnung,  e«  toerbe  i^m  bie  Slu^fü^rung  einiger  größerer  arbeiten  jur  ^^Icform  ber 
altteftamentlic^en  SBiffenfd^aft  nod^  gelingen,  tourbe  leiber  burd^  ben  balb  eintretenben  2^ob 
juni^te  gemacht.  Slber  unter  ben  fielen  ©d^riften  §.«,  beren  SSerjeid^ni«  in  ber  -©elbfts  lo 
biogra^j^ie  über  5  ©eiten  füttt,  fmb  jo  ga^Ireid(>e  unb  faft  burd^toeg  l^öc^ft  toertDottc  Sei* 
träge  jur  görberuna  feiner  gad^iüiffcnfc^aft,  ba|  mir  ber  l^ier  gemattete  Slaum  laum  eine 
t)ottftänbige  Slufjö^lung  berfelben  erlaubt,  unb  id^  ben  Sejer  für  bie  genauere  ßl^araftes 
riftif  auf  ba«  Urteil  Slie^m«  (©.  74  ff.,  120  ff.),  bem  ic^  in  otten  .^paujjtfad^en  juftimme, 
t)erh)eifen  mu^.  2)ic  eigentümtid^e  Iejifograt)l^ifd^e  üJlet^obe  §.«, ber  ft>of)l  ber  ©c^attnadj^s  15 
al^mung  gu  gro^e  Sebeutung  jufc^rieb,  ift  bargelegt  in  ber  Comment.  de  emendanda 
ratione  lexicographiae  Semiticae,  9)larburg  1827,  foiüie  in  ber  ßritfd^rift  für  bie 
Äunbe  be«  Slorgentanbe«,  Sb  III  (©öttingcn  1840),  ©.  394  ff.,  IV,  ©.  139  ff.  3[m 
©tubium  ber  ©rammatil,  iüclc^er  $.  eine  J)^vrioIogtfc^e  ©runblage  ju  geben  fud^te,  be- 
fc^äftigten  il^n  befonber«  bie  ®efe^e  ber  Sautbilbung  unb  Sautumh)anblung,  ber  ©ilben-  20 
unb  SBortbilbung  unb  ber  Setonung.  6«  ift  fel^r  ju  bebauem,  ba«  §.«  „2lu«fü^rlic^e 
l^ebräifc^e  ©rammatif",  beren  erfte  5  Sogen  fd^on  im  '^a^xc  1828  gebrudft  iüurben,  auf 
ba«  ^Drängen  be«  SJerleger«  l^in,  nur  um  3  Sogen  öerme^rt,  ju  Äoffel  1841  blo^  in  ben 
attererften  Anfängen  erfc^iencn  ift.  S)iefe  bon  einer  ©c^rifttafel  begleiteten  128  ©eiten 
bringen  al«  1.  fiicferung  be«  1.  Slbfd^nitte«  be«  1.  leite«  bie  ©c^riftlel^re  noc^  nic^t  ein^Qs 
mal  t)ottftänbtg;  §§  1—6  be«  immerhin  toertbotten  Sruc^ftüdEe«  ^anbeln  einleitung«n)eife 
bon  ber  ^ebräifdj^en  ©prad^e  unb  ©t)rac^le^re,  §§  7-24  öon  ben  ©d^riftjeid^en  unb  ben 
Sauten,  bie  fxe  bebeuten.  dagegen  l)ai  §.  fotgenbe  in  ba«  grammatifd^e  ®ebiet  ein^ 
fd^lagenbe  Slrbeiten  t)eroffentlid^t :  eine  Slcjenfxon  be«  t)orbereitenben  Steile«  (Sautlel^rc)  bon 
©oalb«  1827  erfc^ienener  „Ärit.  ®rammatif  ber  l^ebräifc^en  ©})ra(^e"  im§ermc«,SbXXXI,  ao 
.§.  1 ;  femer  2lb$anblungen  „Über  bie  3:i?eorie  ober  bie  Duetten  unb  ©runbfä^e  ber  f)^ 
bräifd^en  ©rammatif"  in  ben  S£:^©tÄ,  1828,  §.  3;  „«on  ber  9latur  unb  ben  «rten  ber 
©})rad^laute,  al«  ^jj^^potogifc^e  ©runbtage  ber  ©rammatil"  in  ^ai^ni  ^a\)xb.  für  $l(|ilol. 
unb  $äbag.,  1829,  ^.  4;  „©Vjtem  ber  ©emitifd^en  3)cmonftratit)bilbung  unb  ber  bamit 
jufammcnl^ängenben  ^}ronominal=  unb  ^^Jartifelbilbung"  in  ber  3^i^f^^if^  fii^  ^i<J  Hunbc  86 
be«  3Jlorgcnlanbe«  II  (1838),  ©.  124 ff.,  427  ff.;  „3ur  ©efc^ic^te  ber  jübifc^en  epta^'- 
forfc^ung"  in  ber  §attefd^en  2it.=3tg.,  1848,  3lx.  199  ff.  unb  „2)a«  jloiefac^e  ©runbgefe^ 
be«5R^Vt"^w^  unbSlccent«,  ober  ba«  SSer^ältni«  be«  r^^tmifd^en  mm  logifd;en  ^rinji^ 
ber  menfd^lic^en  ©J)rad^melobie.  S^x  Einleitung  in  ba«  §ebr.  älccentf^ftem"  in  3bm®  VI 
(2ei))5ig  1852),  ©.153  ff.;  enblic^  al«  felbftftänbig  gu  §atte  in  4**  erfc^ienenc  afabemifd^e  40 
©elegen^eit«f4riften  De  rei  grammaticae  apud  Judaeos  initiis  antiquissimisque 
scriptoribus  (1846)  unb  Commentatio  de  antiquioribus  apud  Judaeos  accen- 
tuum  scriptoribus.  Partie.  I,  1846;  II,  1847. 

©erabeju  epod^emac^cnb  marcn  ^.«  unter  bem  2itel  „Rritifd^e  Beleuchtung  einiger 
bunfeln  unb  mifeüerftanbenen  ©tetten  ber  altteftamentlid^cn  le^tgefd^id^te"  in  ben  3:i^StÄ  40 
(1830,  ip.  2  bi«  4;  1837,  «d-  4)  Veröffentlichten  großen  3lb^anblungen,  beren  ©rgebniffe 
faft  fämtlid^  attgemeinc  älnerfennung  gefunben  ^aben.  Äurj  üor  feinem  2^obe  unterfuc^te 
fy.  bie  auf  ber  §aflefd^en  Unit?erfität«bibliot^ef  befinblid^e  iüic^tige  .C^anbfcl^rift  ber  großen 
äRafora,  toelc^e  t?iel  üottftänbiger  ift,  al«  ber  toon  gren«borff  benu^te  ^arifer  Äobej;  unter 
ber  äluffd^rift  „Über  eine  bi«^er  unbefannt  gebliebene  §anbfd^rift  ber  9Jlafora"  tourben  w 
biefe  legten  nod^  nid^t  ganj  abgefc^loffenen  ©tubien  §.«  burd^  feinen  ©d^üler  6b.  33ilmar 
(3bm©  1867,  ©.  201  ff.)  jum  2)rucf  beförbert.  ©rofeen  Seifatt,  aber  and)  meine«  grad^ten« 
(t)gl.  3:^©tÄ  1871,  ©.  346  ff.)  begrünbeten  SÖSiberfjjruc^  fanb  bie  noc^  in  SRarburg  t)er^ 
fa^te  ©c^rift  ,,Über  Begriff  unb  2Wctl^obe  ber  fogenannten  biblifc^en  Einleitung,  nebft 
einer  Überfid^t  ihrer  ©efd^id^te  unb  Sitteratur"  (SDJarburg  1844),  ju  melc^er  .f>.  fpäter  55 
(Stl^StÄ  1861,  §.  1)  einen  3lac^trag  lieferte.  35ie  in  ber  beutf^ien  3eitfc^rift  für  d^rift^ 
lic^e  3i5iffcn|c^aft  u.  f.  to.  (»erlin  1850,  'ilx.  35  ff.)  öeröffentlid^tc  älb^anblung  über  ,,3)ic 
©tettung  unb  öebeutung  be«  Sudf^e«  io'xob  im  311.  nad^  feinem  bibaftifc^en  unb  brama- 
tifd;en  Gbaratter"  ift  toeit  n)erti)otter,  al«  bie  ejegetifc^c  Sefprec^ung  t)on  jtoölf  furjen 
©tetten   jene«  Suc^e«  (Quaestionum   in  Jobeidos  locos  vexatos  speeimeu,  Halis  60 

9Iea(=(^itct)riopäbie  für  X^eoIoflU  unb  SeiK^e.    3.  «.  Vi II.  30 


466  ^it^fclb 

1853,  4").  2?icr  Dfter})rogrammc  \d)mb  §.  über  bic  ^cbraifd^cn  gcftc  (.Chatte  1851.  1852. 
1858.  1865,  4**),  nämlic^  Commentatio  de  primitiva  et  vera  festorum  apud  He- 
braeos  ratione  ex  legum  Mosaicarum  varietate  enienda.  Part.  I  (de  Exodi 
legibus  et  vera  praesertim  ritus  Paschalis  ratione).  Part.  II  (de  festorum  orbe 
5  in  caeteris  Pentateuchi  libris  obvio).  Part.  III  (de  anni  Sabbathici  et  Jobelei 
ratione),  tüorauf  ben  äbjd^Iufe  bilbete  bie  Commentatio  qua  festorum  memoriae 
apud  rerum  Hebraicarum  scriptores  cum  legibus  Mosaicis  collatae  exami- 
nantur.  3"  "^^  l^öl^crcm  ®rabc  möd^te  ic^  bcm  ?5uc^c  „2)ic  DucUen  ber  ©cneft^  unb 
bie  2lrt  i^rer  3wfö»"»^^f^w"0^  öon  neuem  unterfuc^t,  93erlin  1853",  bleibenben  SßJert 

10  jufc^reiben;  eö  ertouc^^  auö  2luffä|en,  bie  abfa|h>eijc  (in  4mal  je  3  "Jammern)  im  ^Qi)X' 
gang  1853  ber  genannten  beutfd^en  3^itj^#  erfc^tenen,  unb  ift  ebenfo  toic^tig  burd^  bie 
©etoifjenl^aftigfeit  ber  gorfc^ung  unb  bie  ani)  bem  änfänger  in  bie  Singen  f^jringenbe 
Strenge  i^rer  5Uiet^obe,  ate  burd^  bie  gewonnenen  fe^r  belangreid^en  ®rgebniffe.  Über,?).^ 
Hafft^e«  §am)th)erf,  „3)ie  5ßfalmen,  überfe^t  unb  angelegt,   ©oti^a  1855  h\^  1861" 

16(4  93be  in  2.  Sluflage  herausgegeben  t)on  D.  (Sb.Sliel^m,  1867—1871)  fann  tc^  nur  auf 
bie  au^ejeid^nete  Seurteilung  bei  SRiel^m  (ip.,  ©.  127  ff.)  t)ertt)eifen.  %\xx  bie  britte  3luf= 
läge  ift  §.g  ^falmenfommentor  in  jtoei  ftarfen  Sänben  {&oti}a  1888)  t)on  SBilf^elm  310= 
tüai  bearbeitet  toorbcn;  bgl.  meine  änjeige  in  ben  %i}BtR  1888,  ©.561—581,  toonad^ 
bie  t)erbienftlicl^e  britte  Sluflage  eine  fo  tüeit  greifenbe  Umarbeitung  ber  frül^cren  ift,  ba^ 

20  man,  um  §u))felb^  unb  Slie^mS  Eigentum  genau  ju  erlennen,  bie  erfte  unb  jtoeite  auf- 
läge ju  dlati  jiel^cn  mufe.  Site  berbefjerter  Slbbrurf  auS  bem  Slugufti^eft  öom  ga^rgang 
1861  ber  beutfd^en  3ritfd^rift  erfc^ien  bie  gegen  ben  ®rlanger  Sipeologen  .sjofmann  unb 
feine  ^eunbe  ^olemifterenbe  Slbl^anblung  „2)ie  heutige  tl^eofo^jl^ifc^e  ober  m^tl^ologifc^e 
3:i^eologie  unb  ©d^rifterflärung ;   ein  Seitrag  gur  Rriti!  berfelben"  (Serlin  1861,  fl.  4"), 

25  bon  ber  auc^  eine  fc^led^te  englifd^e  Überfe|ung  egiftiert.  ©c^lie^tic^  ift  noc^  eine  Weniger 
toid^tige  Slbl^anblung  „3)ie  toJ)ogra})^ifci^e  ©treitfrage  über  ^erufalem,  namentlich  hk'AxQa 
unb  ben  Sauf  ber  jtoeiten  SRauer  beS  gofejj^u«,  öom  SISC  au«  beleuchtet"  (^bm®  1861, 
©.  185  ff.)  unb  ber  fd^öne  Heine  Sluffaft  „2)ie  $olitif  ber  ^rot)l(ieten  beSSl^g"  (JJeuc  ct).Ä3 
1862,  9Jr.  22)  ju  ertoä^nen.    Sin  ben  tjerfd^iebenften  ©teilen  ^at  §.,   ber  gleich   feinem 

90  t|^eologtfd(ien  ^eunbe  be  3&tttt  eine  öorftd^tige  negative  Äritit  ber  l^^jot^efenreic^en  pofx- 
tit)en  Äritif  eineS  §ifeig  tjor^og,  fiJrbemb  in  bie  (Sntiüicfelung  ber  2Biffenfci(>aft  eingegriffen, 
unb  feinem  großen  $falmenlommentare  öerbanft  bie  altteftamentlic^e  gorfc^ung  eine  faft 
(t)gl.  ©menb  in  ©tabe«  3«tfci^rift  1888,  ©.  57  f.)  anerwärt«  banfbar  anerfannte  güUc 
frud^tbarer  ©rörterungen. 

86  Slu^erorbentlic^  t)iel  3^^  wnb  Kraft  l^at  §.  auf  3)inge  öerloenbet,  bie  ^War  au^er^ 
^alb  feinet  näd^ften  33erufeS  lagen,  ju  berat  Sel^anblung  er  ftc^  aber  burd^  fein  lebhafte« 
Sntereffc  am  2Bo^l  unb  SBel^c  be«  i^n  umgebenbcn  ©emetntoefen«  geWiffenS^alber  ge^ 
trieben  füllte.  3^  übergcl^e  feine  t)iel{^c^en,  nic^t  immer  mit  (Srfolg  gefrönten  Se^ 
mti^ungen  jur  §ebung  ber  Unit)crfität«juftänbe(bgl.  bie  afabem.SKonatSfd^rift  1850, 

10©.  346 ff.;  1851,  ©.  22 ff.,  53 ff.)  unb  bie  ja^lreic^en,   immer  mit  feinem  9Jamen  be= 

Sid^neten  jjolitifcben  Sluffö^e  unb3citung«artifel,  in  benen  er,  ber  h)ie^unbe«l^agen(bgl. 
ie^m,  ©.  57.  106)  bic  9let)olution  öor^ertjerfünbigte,  gegen  falfd^en  Siberaliömuö  unb 
iuc^tlofe  Slnarc^ie  für  bie  ^i^k  ^ei^eit  unb  gefe^lic^e  Drbnung  fämj)fte  unb  au(^  öer^ 
•lenbeten  Slegierungen  feinen*  fräftigen  ©lauben   an  ba«  iHec^t  unb  beffen  ^eiligfeit  unb 

46  SKac^t  einju))flangen  fud^te.  dagegen  mufe  ic^  au|er  bem  aruie^enben  Seben^bilbe  be« 
ü^m  nal^c  befreunbeten  Sremer  ©eiftlid^en  (D.  gricbrid^  ÜRallet,  ©in  Silb  jur  erinnerung, 
gejeic^nct  öon  Dr.  ,^i4)felb,35remen  1865),  h)cl^e«§.«  lefete  t)on  i^m  felbft  Veröffentlichte 
Arbeit  ift,  in  aUerÄürje  noc^  fein  toieberl^olte«  eingreifen  in  bie  firc^lid^en  3^^^= 
fragen  ertoäbnen.   2)a  finben  h)ir  v.  S.  ioie  er  fic^  1837  in  bie  umfaffenbften  ^^mno^ 

60  logifd^cn  ©tubien  Vertiefte,  al«  ba«  SRinifterium  ein  ©utad^ten  über  ben  Snthjurf  eine« 
neuen  ©efangbuc^e«  für  bie  ^rovinj  .^anau  Verlangt  ^atte ;  ba  §.  ba«  in  allen  ^nftanjcn 
fd^on  gebilligte  35ud^,  j|u  beffen  ®infül^rung  auc^  ber  9Jlinifter  fel^r  geneigt  h)ar,  in  feiner 
24  33ogen  ftarfen,  aber  ungebrudft  gebliebenen  2)entfd^rift  für  „unenblic^  fd^lec^ter"  al« 
ba«   im  öebraud^   befinblic^e   (Sefangbuc^   erflärte,  fo  t>a^   „eine  gemiffen^afte  unb  e^r= 

66  liebenbe  SRegierung"  an  feine  (ginfü^rung  nid^t  benfen  bürfe,  fo  blieb  auc^  mirflidj!  bic 
5ßroVin5  §anau  mit  biefem  rationaliftifc^cn  3Jlac^h)crf  berfd^ont.  (Jbenfo  mannl^aft,  aber 
mit  toenig  Srfolg,  fc^ricb  §.  in  ©emeinfd^aft  mit  93idfell  „Über  bie  SRcform  ber  pxoU^ 
ftantifd^cn  Äirc^enverfaffung,  in  befonbercr  33ejie^ung  auf  Äur^effen"  (3Jlarburg  1831).  2)icfe 
bem  beffifc^en  Sanbtag  eingereichte  SorfteHung  bat  um  bic  (ginfübrung  einer  freien  ^re«= 

Gobi;tcrial=  unb  ©i;nobalt)crfaffung  unb  fud^te   unter  Betonung  ber  biblifc^cn  (Snmblebrcn 


^ittifelb  $itfd|tc  467 

btc  Äird^c  bcn  ©d^tpanlungcn  bcr  gelehrten  2^eoIomc  gegenüber  unabhängig  ju  [teilen. 
3)afe  e^  §.  emftli^  um  ben  inneren  Slufbau  ber  ftirc^e  auf  t)ofxtit?cn  ©runblagen  ju 
t^un  fei,  geigte  aud^  fein  ,,®utac^ten  über  bie  SRed^tmäfeigleit  unb  Slat^Jamfeit  frommer 
^ribatgemeinfc^aftcn  unb  ^ujammenfünfte"  (2)armftäbter  3lug.  .Rird^enxett.,  1837, 3lr.  29  ff.) 
unb  feine  nü^Iic^e  Slu^abe  ber  Augustana  (2)ie  Se^rartifel  ber  aiug^burgifd^en  Ron-  5 
feffion.  9laci^  ber  erften  Slu^abe  SKelanc^tl^on«,  nebft  ber  SSorrcbc  Sut^erö  jum  SSrief  an 
bie  Slömer,  ^erau^egeben,  üRarburg  1840),  an  toeld^e  ftd^  eine  JReil^e  gemcinfa^id^er  Sluf^^ 
fä^e  gur  Serftänbigung  über  berfannte  c^riftlid^e  ©runbleF^ren  ober  lir^Iid^e  ®inrid^tungcn 
im  ipanauer  Äirc^enboten  (S^^Sltgang  1840.  1841)  anfc^Iofjen,  t)gl.  SRiel^m,  ©.  65—73. 
%id)  in  §alle  betüal^rte  §.  allen  firc^tid^en  ^a^tn  ftetö  ba«  lebl^aftefte  3i«t^^^ffc  unb  lo 
gab  j.  93.  ©utac^ten  ob  „über  bie  beabftc^ttgtc  ©rünbung  eines  beutf^en  Äirc^enbunbeö" 
unb  „über  bie  ©inleitung  ber  bet)orfte^enbcn  Ümgeftaltung  ber  ct)angeli}c^en  Äirc^en^ 
berfajfung  in  ^reu^en"  (iBoIfeblatt  für  ©tabt  unb  Sanb,  1849,  5Rr.  44.  46).  ®«  fam 
ber  toijfenfc^aftlic^en  3:^ätigfeit  §.S  jugute,  bafe  er  \päitt  ate  „ein  trauember,  ftummer, 
aber  fcineStoegS  teilna^mlofer  3^9^  ^^  Slealtion"  all  feine  Straft  auf  bie  gelehrten  2lr*  i6 
beiten  fonjentrierte.  §.S  ganjeS  SBirlen  aber  geugt  t)on  ber  betounberungStoürbigen  SBa^r- 
^afttgleit  unb  Sauterteit  feinet  ß^arafter«.  3)urc^  feine  treue  Slügc  tüar  er  oft  „ein  ettoa« 
befd^hjerlid^er  ^eunb",  h)ie  eS  il^m  anbererfeitS  nid^t  fc^tper  fiel  (t)gl.  ®eli^fd^,  ^falmen, 
£etj)jjig  1867,  SSonebe),  ein  erfannteS  Unrecht  einjugefte^en.  2)er  fromme  ©elel^rte  burftc 
t)on  ftc^  fagen  (9lie^m©.143):  „3Bal^rl^aft  gu  fein  ift  immer  mein  ©treben  geiüefen,  20 
unb  ein  ehrlicher  2Rann  gu  bleiben  unter  ben  ©rimaffen  biefer  SBelt,  ^at  mir  für  baS 
böd^fte  £ob  gegolten".  «bolf  tam^^anfett. 

^ttfdlfc,  ©eorg  $^ili))»)  Sbuarb,  geft.  1886.  —  OucIIcn:  @teffen<J,  Ma^ 
i(ft  erlebie".  ^nx  3uöeut)gcfdjidjic:  ©reoe  im  „Äirdjenblatt"  uon  1884;  gclbner.  „^ie  5öer* 
Öanbluugcn  bcr  ßommiffion  ^ux  Erörterung  ber  ^^ßrin^ipicn  bcr  Äirt^enücrfaffung",  loclcftc  in  25 
Berlin  üom  26.  6cpt.  bi«  3.  Oft.  1861  ftattgcfunbcn,  nad)  bcn  rcoib.  ftenogrop^if(^cn  9luf- 
jcit^nungcn",  ^atte  (^etcrfcn)1860;  ^^agcl,  „3Biber  3Bangcinann",  Sottbu«  1882;  bcvf.,  ^3öangc» 
mannj(^c  ©efdji^täfdjreibung",  fieipjig,  9'?aumann,  lö82;  bcrf.,  „3)le  Errettung  bcr  lutt). 
Äirdjc  in  ?5reu6cn" ;  bcrf.,  ,,^ic  ei»angel..lutö.  5fird[)c  in  ^rcußcn  unb  bcr  Staat",  ©tuttgort 
1869;  S»cinfcnö,  Wcldllor  uon  3)icpcnbroc!,  fictpjig  1881,  S.  H33,  (^uf  ^ufcf)fc§  S^crbienft  80 
umÄircftcn*  unb  E^crcdjt  lüctft  bcr  ^anonift  @d)ulte  ftin  in  bcr  ©djrift:  ,,(öcfd)id)tc  bcrOucücn 
unb  bcrSitteralur  bc«  Iononi|d)cn  9tcd)t«,  «b  III,  1880,  ©.241  jc/').  Ucberfidjt  bcr©*riften 
^ufd)fc§  bis  1841  aiiSfü^rUd)  bei  ^ioroacf.  UcbrigcnS  muß  lö^ufigcr  auf  bie  )öioflvapt)icn  in 
Äont)crfationS'  unb  (äJcIcörtcn  ficjifcn  tjcrtoicfcn  werben,  luoiu  id)  baS  ©(filcfifdic  ©d)vift« 
ftcücr-ficjifon  t»on  9?oioacf  rechne.  85 

©eorg  '^l^xlxpp  ©buarb  §ufd^fe  hjurbe  ben  26. 3uni  1801  ju  SKünben  geboren.  Der  SSater 
Wax  Kaufmann,  bie  ^auSfrau,  eine  gebome  SBüftenfelb,  fd^enfte  i^m  jh>ei  ©öbne.  ßbuarb 
füax  ber  jünafte.  2)aS  §auS  toax  begütert.  a)ie  Äontinentalfjjerre  t)eranlafete  eS,  bafe  bie 
SBJaren  beS  ^BinnenlanbeS  ben  SBeg  über  3Wünben  unb  fo  bie  SBefer  ^inab  nac^  Sremen 
fuc^ten.  ®er  Sater  jog  inbeS,  in  fieserer  3Sorau«fw^t,  ba^  biefe  Vorteile  nur  fe^r  öor=  40 
überge^enbe  fein  bürften,  fein  Vermögen  auS  bem  ©efc^äft  unb  laufte  baS  ©ut  ifölferS^ 
Raufen  bei  efd^toege. 

§ier  h)U(^S  ®buarb  §ufc^Ie  auf,  bis  er  ben  ©c^ulunterrid^t  ju3Jlünbcn  befuc^tc,  ber 
fe^r  bebenflic^er  Strt  gehjefen  fein  mufe.    ©oüiel  ^atte  ber  Änabe  tnbeS   enblid^   bod^   ge= 
lernt,  baft  er  auf  bem  ©^mnaftum   in  ©ot^a,  toeld^eS   er   nun   bcjog,  ber  3h)cite   in  46 
lertia  tourbe. 

ßS  fam  bie  3^it  ber  (Sr^ebung  beS  SSolfeS,  nadf^bem  5?ai)oleon  flüchtig  auSSHu^lanb 
h)id^.    3)ie  ©Vmnafiaften  tourben  bewaffnet  unb  eingeübt.    SBenigftenS  tonnten   fte,  unb 
$ufd^fe  nic^t   am    menigften,  baju   l^elfen,   bafe  burc^jie^enbe,   bon  bcn  granjofen  ge* 
fangene  ^reu^en  mit  ben  nötigen  ÄleibungSftücfen  toerfe^en  iüurben,  um   fo  i^re  gluckt  so 
möglid^  ju  machen. 

3?on  ©ot^a  ging  ©buarb  §ufd^Ie  ^ur  Älofterfc^ule  ^Ifelb  im  §arj.  35ort  ftubierte 
er  bier  ^a^re.  §ier  legte  er  bie  ^unbamente  für  eine  folibe  ©ele^rfamfeit.  6r  lernte 
namentlich  bie  griec^ifd^en  Iragifer  fc^ä^en.  3Son  iDbipuS  S^^rannoS  fertigte  er  eine  me^ 
trifdf^e  Überfe^ung.  ßr  badete  bamalS  baran,  ^^ilologie  gu  ftubieren.  Den  Äonfirmanbens  65 
Unterricht  erteilte  i^m  ber  alte  ©ui)erintenbent  5Roi$f^,  ein  ©eiftlid^er  nod^  ber  jjietiftifd^cn 
©d^ule,  \)oü  ernfter  ^ömmigfeit. 

^m  3al?rc  1817  ging  ipufc^fe  nad^  ©öttingen. 

Die  ^uriftenfafultät  ^atte  bie  ^reiSaufgabe  geftetlt:    „De  pignore  nominis,  ejus 
natura  et  effectu,  speciatim  an  et  quo  effectu  sub  hypotheca  generali  nomina  eo 

30* 


468  ^ttfdllc 

quoque  comprehensa  sint".    §ufc^fc  löfte  bic  9lufgabc  burd^  eine  Peinige  Strbeit  unb 
erhielt  bie  jurifttfc^e  2)oftorh)ürbe. 

3la6)  Serlin,  tüo^in  ^ufd^fc  bon  ©öltingen  au^  ging,  509  i^n  befonber^  ©aöignt^; 
er  blieb  md)t  lange  l^ier. 

6  2lte  5ßnt)atbocent  in  ©öttingen  erhielt  er  ben  9luf  einer  orbentlid^en  ^rofeffur  in 
Sloftodt. 

3n  ©öttingen  l^atte  er  über  Sieben  ßicero^,  über  @a\n^  unb  SRed^t^efd^id^lItci^e^  ge- 
legen. 3n  SRoftod,  h)o  er  an  ®fc^enbac^«  ©teile  trat,  toarb  er  jugleic^  üJlilglicb  be^ 
©jjrud^JoHegium^.    §ier  traten  i^m  auc^   bie  größten  oller  fragen  näl(ier.    6r  trat   in 

10  ba^  Heiligtum  unb  toarb  ergriffen.    3)ie  §eifelebre  toarb  i^m  lebenbiger  Sefi^. 

®ben  öon  einer  toiifenj^aftlid^en  SReije  nacp  5ßari^,  foh)ie  burd^  ^ollanb  unb  ©ng^ 
lanb  jurücfgefe^rt,  erhielt  er  einen  9luf  nac^  Sre^Iau;  e«  tüar  1827.  (Sr  nal^m  il^n  an 
unb  l^ot  Sre^lau  nid^t  lüieber  toerlafjen.  §uf^fe  erl^telt  bafelbft  eine  ^rofeffur  für  römi= 
fd^eö  Stecht,    ©d^on  am  25.  9?oöember  be^  folgenben  ^al^re«  erl^ielt   er  t)on  ber  })^ilo= 

16  foj)l[;ifd^en  gaJultät  bie  3)oftorh)ürbe  honoris  causa.  @r  belleibete  feit  1832  toieberl^olt 
ba^  3le!torat  unb  h)urbe  Drbinoriu^  be^  ©prud^follegium^. 

2)ie  ©tubien  be«  römifc^en  Siedet«  erfd^ienen  Sreölau  1830  Sb  I,  bie  SSerfaffung 
be«  Jtönig«  ©erötu«  SCuDiu^,  §eibelb.  1838,  ®aiu«,  Seitr.  jur  ßritif  u.  j.  SJerftänbn.  f. 
Snftitut.,  Seipj.  1855. 

20  $ufd^fe  ^at  „unfterblid^e  SSerbienfte  um  bie  Jlritif  ber  römifd^en  SRed^t^queHen".  3Ran 
^ot  ^ter  bie  „Jurisprudentiae  Antejustinianae  reliquiae'^  treidle  1886  ju  fiei^^ig 
in  fünfter  Siuflage  erfd^ienen,  bor  allem  in^  2luge  gu  faffen. 

2llle  biefe  arbeiten  geben  3^0"^^  bon  einer  au^erorbentlic^en  linguiftifc^en  unb 
grammatifd^en  ©d^ulung,  bie  fic^  in  bottftänbiger  3)urd^bringung  ber  lateinifd^en  ©prac^c 

26  bis  in  i^re  feinften  SBenbungen  unb  Sejiel^ungen  hinein  jeigt.  Sllle  jene  u.  a.  juriftijd^en 
arbeiten,  unb  baju  gei^ören  bie  ja^Ireicpen  Seiträge  für  bielübinger  „gal^rbüdjer"  fotoic 
für  Siebter«  „Äritifc^e  S^^rbüd^er  für  beutfc^e  Slec^tiJtoiffenf^aft"  —  alle  bofumentieren 
jugleid^  eine  feltene  ©enauigfeit,  einen  gerlegenben  ©d^arffinn,  eine  ööDige  3)urd^bringung 
beS  t)orliegenbeS  ©toffeS. 

80  §aben  toir  ^ufdjfe  auf  baS  ®ebiet  feiner  toiffenfd^aftlid^en  arbeiten  ju  folgen  nid^t 
um^in  gefonnt,  fo  treten  toir  nun  berjenigen  ©eite  nä|er,  bie  eS  nol^elegt,  fein  33ilb  einer 
9lealenc^fIo})äbie  für  ))roteftantifc^e  Ideologie  unb  Äird^e  einzufügen,  ^m  '^al)xc  1850 
federte  i^n  ja  bie  ^Jalultät  Erlangen  auc^  jum  3)oftor  ber  Ideologie. 

SBoHen  ioir  ^ufd^feS  fird^Kc^eS  SSerbienft  toürbigen,   fo  muffen   loir    foIgenbeiS   er= 

86  toägen. 

Sut^er  h)u|te  fel^r  iool^l,  loarum  er  bie  ©ammlung  fold^er,  „ioelc^e  mit  ®mft  ß^riften 
fein  lootten",  niit  boUjiel^en  lonnte.  6r  toufete  eö,  toieloo^I  er,  überloiegenb  et^ifc^er 
unb  nid^t  gefc^idptlidi^er  9?atur,  mit  5Rotbifc^öfen  jufrieben  gu  fein  ftc^loolf^l  beioogen  finben 
lonnte.    @r  loufete  eS,  benn  eg  beftimmte  fd^^on  bie  gefamte  lulturlid^e  Sage  be«  Sanbe^ 

40  unb  eines  SSolfö,  toelc^eS,  feinen  gürften  nur  ju  oft  blinblingS  f olgenb,  rol^  unb  in  breiter 
2Roffe  aus  bem  $a})fttum  überlommen  toar,  unb,  loeil  nic^t  tnbitoibualifiert,  ju  3:rägem 
eines  Äird^entumS  aud^  bann  nic^t  gemacht  loerben  fonnte,  loenn  „bie  großen  §anfen" 
ni^t  geloefen  ioären.  3)ie  beiben  ©c^loerter  ioaren  im  öffentlichen  ®enfen  fo  toenig  ge^ 
trennt,  gutS^  unb  lanbeSl^errlic^e  ©eric^tSbarfeit  fpielten   in   jebem   ber  unjä^Iigen  Keinen 

46  rcid^Sunmittelbaren  Territorien  unterfd^iebSloS  für  ©eiftlid^eS  unb  SBelttic^cS  eine  fo  burd^= 
greifenbe  SRoDe,  ba^  für  irgenb  eine  ^Religionsfreiheit  irgenb  einer  ßonfeffion  lein 
Slaum  ioar. 

SRaum  unb  Siecht  toarb  erft  breil^unbert  ^af^x^  f})äter  unb  unter  §ufc^feS  ma^t)oIler 
Seitung  erläm^jft. 

60  Rann  man  fid^,  toaS  in  3)eutfd^lanb  aDerbingS  fc^toerer  ift,  als  in  9lorbamerifa, 
©d^otttanb  unb  SöafliS,  ju  ber  Slnfd^auung  ermannen,  bafe  eine  itirc^engeftalt,  auc^  beutfc^er 
Slcformation,  in  ßrfc^einung  treten  fönnte,  toelc^e,  ber  5ßflegfd^aft  ober  bem  ^rudfe  Ion- 
ftitutioneUer  dürften  ober  SSerfaffungen  entnommen,  buri^auS  auf  bie  in  il^r  felbft  rul;ens 
ben  5Ka(^tmittel  angeloiefen  ift,  fo  mu^  junäc^ft  eine  ^öd^ft  ioid^tigc  ^^age  auftreten,   bie 

G5  tJtage  ber  ^Regierung  unb  SJerfaffung.  SBo  ift  nac^  ©runbfäfeen  unferer  S3efenntnif|e  unb 
unferer  ^Dogmatil  bie  Autorität  für  ein  fold^eS  unabhängiges  kird^entoefcn  innerhalb  beS= 
felben  ju  finben  V  Rann  biefer  Äirc^enförper  baS,  toaS  früher  ber  ©taat  \i)m  leiftete,  auS 
fid^  jelbft  nun  ^erauSfe^en,  fann  er  bie  bem  ©taat  nac^  bent  SluSbrudE  ^iebric^  3öil- 
^elmS  IV.  fo  lange  in  Äommiffxon  gegebene  bifc^öflic^e  ©eloalt  auf  eigenem  Soben  loieber- 

eol^erftellen? 


^ttf^le  469 

3)ic3  atfo  bic  gro^c  ^ragc.  3lntlüortct  man  mit:  ^a,  fagt  man,  bic  Ätrd^e  lann 
fcftc^  9legtment  aud  ft^  ^erau^(e|en,  nun  (o  tft  bie  ^erfteUung  etne^  Jtirc^cnförperd  t>on 
einer  ü)läc^tigfeit  möglich,  ba^  er  ©tättc  lebenbigen  unb  mannigfaltigen  in  i^m  freifenben 
Seben^  \v\xh,  unb  ein  fommenbeö  ©efc^Ied^t  eruel^en  lann.  9lnttoortet  man  mit:  5Rein, 
nun  jo  fmb  nur  inbe})enbente  ©cmeinben  möglid^,  bie,  feften  Slegiment«  über  bem  ^ßa«  6 
ftorat  cntbe^renb,  enblid^  in  @nge  unb  ©infeitigleit  bebeutung^Io«  jtc^  berlieren  tüerben. 

©ta^t,  aSilmar  u.  a.  erlanuten  bie  Scottoenbigleit  bifd^öflic^en  ^Regiment«  für  bie 
3ulunft  ber  Äird^e  innerhalb  ber  inbit)ibualirxerenben  Äulturentiüidelung  unb  anttoorteten 
mit:  3«.  ©ie  antworteten  in  ber  Xl^eorie.  ^ufd^Ie  anttoortete  in  3;^eorie  unb  5ßraji§. 
@r  (öfte  bie  für  bie  3u^u^f^  ^^  lut^erifc^en  Aird^e  bebeutenbfte  ^^age.  lo 

§ufc^fe  h)arb  in  Sre^Iau  unmittelbar  in  bie  t)raltifci^e  ©eite  ber©ac^e  gefüi^rt.  33^o* 
lud  ^atte  i^n  an  ^rofeffor  ©c^eibel  getoiefen. 

^er  itdnig  ^cdit  bie  Union  angeorbnet.  ©d^eibel  trat  bagegen  auf.  ^ufd^Ie  al^ 
§annoberaner  fd^on,  ebenfo  toie  ©teffen^  al^  5Rortoeger,  bem  lutl^erifc^cn  Selemttni^  an^ 
ge^örenb,  fte  Weigerten  fxä),  in  ba^  neue  ftaatlid^e  Rirc^entum,  fo  too^Imeinenb  e«  gebadet  i6 
fein  mod^te,  mit  einzutreten.  @^  entftanb  bie  belannte  Setoegung.  3)ie  ber  lut^erifc^cn 
Äirc^e  beö  Sanbe^  treu  ßwg^t^anen  erlannten  bie  neue  unierte  S3e^örbe  nid^t  an.  ®^ 
entftanb  bie  unabhängige  luti^erifdbe  %d^e,  unb  §uf(^Ie,  ber  Serteibiger  i^rer  Siedete,  trat 
an  bie  ©J)i^e  iJ^rcö  OberlirdbenloUeg^. 

SBead^ten  n?ir  nun  bie  ^nfd^auung,  t)on  h)eld^er  aud  er  formen  l^alf  unb  n>e(d^e  bie  ao 
erfa^rung  ii^m  ate  bic  richtige,  ber  Rxxö)^  beutfd^er  Sieformation  entfjprec^enbe,  aufnötigte. 

©0  fe^r  §ufc6Ie  auf  ba^  ©d^rifttoort  jurüdEgriff,  eö  toar  bod^  eine  tiefe  unb  bej^err» 
fc^cnbe  })^iIofo))l^ijd9e  ©runbanfc^auung,  toeld^c  i^m  ben  Segriff  ber  Äird^e  lonftruierte. 
$örcn  toir  il^n  barüber. 

„^\xm  SQSefen  eine«  3)inge«  gei^ört,  toa«  ju  feinem  Segriff,  b.  1^.  jur  Erfüllung  ber  26 
göttlichen  ^bee,  nad^  ber  e«  gefd^affen  ift,  gel^ört,  unb  infofem  aud^  nottoenbig  ift.    ®ott 
fc^fft  aber  nid^t  blo^  ba«  esse,  fonbem  and)  (tl^eologifd^  au^ebrüdtt)   bad  bene  esse 
(1  aWt  1,  31),  b.  f}.  n\i)t  blofe  baö  jur  ©liftenj  be«  35ingeö  fd^Iec^t^in  5Rottoenbige  h>ie 
303efentlic^e,   fonbem   aud^  ba«  5Rü$lid^e  ober  mittelbar  Jlottoenbige,  j.  8.  im  2Renf4en 
nid^t  blo^  Seib  unb  ©eele,  Äoj)f  unb  §erj,  fonbem  aud^  §änbe  unb  gü^e  u.  f.  to.  (opne  80 
toel^e  ein  5Kenfd^  aud^  fein  lann),   in  ber  Ätrc^e  nfd)i  blofe  toa«  jum  ©eligtoerbm  not« 
toenbig  (necessarium),   fonbem  aud^   toa«  baju  nü^e  (opus)  ift  (31®  20,  29).    SSer* 
toec^felt  man  nun  biefe  beiben  Segriffe  be«  SBefentlid^cn  ober  Siotiücnbigm,  fo  entfte^m 
bie  folgeniüid^tigftm  Irrtümer.    5RammtIid^  ift  ba«  Argument,  bieJlirc^e  lönne  bo^  o^ne 
Slirc^enregiment  ober  o^ne  ba«  (bauembe)  9(mt  (mit  bm  bloßen  ^nftionm  bon  9Bort  85 
unb  ©aframent)  aud^  befte^en  (nämlic^  in  einem  berfrü})t)eltm  guftanbe),  be^^alb  fei  le^ 
tere«  nid^t  toefentlid^  ober  nic^t  juris  divini,  nid^t  beffer  al«  ba« :  §anb  imb  gufe  feim 
bem  SRmfc^en  nic^t  loefmtlid^  unb  nic^t  juris  divini   (^ier:   nic^t  öon  ©Ott  gefd^affm), 
toeil  auc^   ein  StiiJapptl  lebm   fann".    (35ie  ftreittgm  Se|^en  2c.,  Seij)gig  1863   ©.  89.) 

®«  ift  alfo  bie  tooHe  ßrfaffung  ber  3bee  be«  Drgani^mu«,  bie  §ujc^fe  auszeichnet.  40 
Unb  t)on  biefem  ©cftc^t^unft  au«  bmft  er  über  Äirc^e  unb  i^re  SluSgeftaltung. 

2)a«  ^olgenbc  loirb  un«  bie  Ideologie  §ufd^Ie«  Ilar  mac^m. 

^mn  ni(|t  unertoä^nt  laffm  möd^tm  ioir  ^ier  bie  bebeutfame  Slb^anblung:  „2Bort 
unb  ©alrammte  biegaftoren  berÄirc^e",  tocld^e,  gefc^riebm  SßJei^nac^ten  1847,  im  ^al}xt 
1849  in  313:^Ä  erfc^ien.  46 

„(£«  ift  lange  ^txi  hergebracht  getoefen  —  foat  §ufdble  barin  —  SßJort  unb  ©aira« 
mente  in  t^rer  Sebeutung  für  bie  Äirc^e  nur  ate  H^nn^M^m  berfelben  (notae  ecclesiae) 
ZU  faffen.  —  ^n  leugnm  ift  nid^t,  ba|  man  bei  Betrachtung  biefer  ©eite  berfelbm  mel^r 
ba«  Snbibibuum,  alö  bie  Äirc^e  im  Sluge  l^atte".  Unb  nun  jeigt  ber  Serf.  mit  S)eli|f<^ 
auf  einer  ©teile  t)on  2luguftin  (Gloss.  ord.  ad  Job.  19,  34.  Serm.  218)  m^enb,  60 
ba^  bie  ©nabenmittel  „au^  bie  lird^enbilbmbm  9Käc^tc"  feien.  SßJie  bie  ©ofeamente 
„ba«  Icibgetoorbene,  in  finnlid^er  Sejie^ung  feft  auS^eftoItete  SBort  fmb,  fo  boHmbm  fie 
aud^  erft  bie  SinDerleibung  be«  5Wenf(^m  in  bm  Seib  ß^rifti".  §ierau«  folgt  bann  für 
§ufc^fe,  ba^  bie  Äirc^e  augSburgifd^m  Selenntnifje«  „bie  t)oDe  unberlümmerte  ^immlifc^e 
Sciblicbteit"  Icf^rt,  „bie  fte,  fo  lange  fte  treu  ift,  ebmfo  fe^r  t)or  innerer  Sertoeltlid^ung  65 
toic  t)or  äußerem  älufge^m  in  ben  DrganiSmu«  be«  irbifc^m  ©taat«  fd^ü|t". 

3Jlad^en  tvix  öon  ^ler  au«  bie  Slnh^enbung  auf  bie  bon  §ufd^fe  mttoorfme  Drbnimg 
ber  cbangcl.=lut^.  ßirc^c  in  ^reu^m,  fo  ift  für  fte  ba«  Untcrfd^eibmbe :  ba«  autoritative 
Äirc^enregimmt.  6«  ift  bom  §erm  berÄirc^e,  bie  fidj>  organifd^  toerfaffm  foH,  jugebad^t. 
3)ic«  Äirc^enregiment  bom  §erm   für   bie  Äirc^e  alfo  geftiftet,   leitet  divino  jure,   unb  eo 


470  $itfd»fe 

man  l)at  \i)m  nac^  bem  Dicrtcn  Ocbot  ju  gc^orfamcn,  fcIbftöcrftänbKd;  fo  lange  c^  nid;t^ 
gegen  ©otte^  SßJort  tl^ut.  S)te^  Äird^enregiment  übt  bicjenigen  ^nftionen,  bie  int  apo- 
ftolijc^en  Slmt  befc^Ioflcn  iDaren,  unb  toel^e  für  eine  größere  ©ejamt^eit  Don  (Semeinben 
gu  üben  göttlicher  2BiDe  ift.  dagegen  ift  e«  humani  juris  nad^  Jeiner  äußeren  irbifd^en 
5  (Srjci^einunö  unb  ©nttüicfelung,  iüeld^e  ber  ©efc^id^te  überlafjen  bleibt.  Db  bic^  Slegiment 
baö  eineö  Sifc^of^  ift,  ober  burd^  ein  ßoHeg  au^eübt  toirb,  bie^,  loie  bie  älrt  ber  3"= 
fammenfc^ung  biefe^  Golleg«,  ift  menfd^Iic^en  Sled^t^. 

%nx  §ufc^!e  toar  fefter  ©runbfak:  „®ie  Autorität  ber  Äirc^e  (3Kc  18,  17)  aU  be^ 
2eibe^,  babon  G^riftu^,  ber  Url^eber  ber  Smter,  ba^  ^^^  ^P'  ""^  folglid^  be^  Saue^ 
10  ber  SSerfaffung  Don  Oben  unb  nid^t  in  bemofratifc^er  SBeife,  ober  nad^  ben  ©runbfö^en 
be«  ßollegialf^ftem«,  Don  Unten".  (Streitige  Seigren  ©.  8). 

Über  bieö  jus  divinum  be^  Äirc^enregiment^  ^at  fic^  ^ufc^fe  auf  einer  berliner 
Äonferenj  im  Dftober  1861,  an  toelc^er  aud^  3)eli$fd^,  Ralj^ni^  unb  Don  3^3f^*^^^  ^^il^' 
nahmen,  hirj  unb  Ilar  fo  au^efproc^en :  „6^  ift  nic^t  etn^a^  SBiQtürlic^e^,  ßufällige^, 
16  fonbem  ettoaö  ber  Äirc^e  5Rottoenbige^,  ein  Jtird^cnrcgiment  ju  l^aben. 

§ören  toir  aber  nun,  toie  §ufc^fe  bie  Slblöfung  Don  ber  Sanbe^Iirc^e  auffaßte. 

2)er  Jlron))rinj  toünfc^tc  ben  Verfolgungen  ein  ®nbe  gemacht.  Steffen«  mufete  a}or= 
f daläge  an  öufd^fe  fenben.  3)iefer,  e«  toar  1836,  antwortete.  S)ie  änttoort  ift  bejeic^- 
nenb.  „©outen  h)ir  unferm  ^immlifd^en  König  Weniger  Ireue  fc^utben,  ate  einem  irbif^enV 
20  SKürben  Wir  nid^t  unfere  biöl^erige  Äird^e,  bie  un^  geboren  unb  erjogen  l^at,  Derad^ten, 
ba«  ^iftorifd^e  ä3anb,  Weld^e«  und  in  ununterbrod^ener  ^olge  Don  ©efd^lec^t  ^u  @efc^lec^t 
mit  ben  ©rünbem  unfere«  ©laubcn«  unb  burd^  biefe  toieber  mit  ber  a>)oftolif(^en  Äirc^c 
Dereint,  ^errei^en?" 

3Wan  fte|t  ben  Weiten  33lid  für  gefc^id^tlic^e  Kontinuität,  ©ie  War  unb  ftanb  unge^ 
26  brocken.  3)enn  bie  lut^erifc^e  Rird^  „l^at  fxi)  n\6)t  Dom  Sanbe  lodgefagt,  fonbem  ba« 
Sanb  Don  il^r",  fc^rieb  ^ufc^Ie  an  Steffen«. 

@r  fl)rac^  e«  öffentlich  au«,  bafe  „ba«  SeWufetfein,  ein  ©lieb  ber  Wahren  fic^tbaren 
Äird^e  ju  fein,  ben  ©egen  mit  ftc^  bringt,  aütn  ©tolj  feltiererifc^er  unb  fejjaratiftifc^er 
äbgefd^loffenl^eit  au«  bem  $enen  Derbannen,  mit  freier  Siebe,  aue  auc^  bie  Derberbteften 
ao  3h?eigc  ber  ß^rifteni^eit,  umfaffen  ju  fönnen". 

3c^  benfe,  l^ier  ift  lein  fleinlic^  fej)aratiftifd^er  ®eift,  fonbern  immer  ber  grofee  33lidf 
auf  bie  Äirc^e  im  ganzen. 

Unb,  f^en  Wir  bmju:  ber  ed^t  tonferDatiDe  3ug. 

3Ran  l^at  ^ufc^Ie  Wie  ©^eibel  DorgeWorfen,  "Srennung  Don  ber  £anbe«!irc^e  fei 
36  i^nen  lenbenj  gcWefen,  um  gewiffe  gbeole  a^oftolifc^er  SSerfaffung  jur  3lu«fü^rung  bringen 
3U  lönnen. 

^ören  Wir  §ufd^fe  barüber.  „2Bie  Sut^er  unb  ben  ©einigen  ber  ©ebanfe  an  ba« 
blo^e  £o«trennen  Dom  ^ßa^jfttum,  beffen  SSerlel^rtl^eit  er  übrigen«  einfal^,  imSlnfang  feine« 
Äamjjfe«  fem  lag,  unb  fte  nur  burd^  ba«  geft^alten  am  ©Dangelium  bagu  gebrängt 
40  würben,  f o  backte  auc^  ©c^^eibcl  mit  feinen  ®moffm  beim  ^erannal^en  ber  Union«gefa^r  nic^t 
mtfemt  an  ein  abftrafte«  SlbWerfen  be«  lanbe«^errlid^en.  Wiewohl  in  feinem  oberften  3:räger 
frembgläubigen  Äirc^enregiment«,  ba«  aber  boA  in  bem  £anbe«fonfiftorium  noc^  in  bi«- 
^eriger  Steife  au«geübt  Würbe,  unb  bamit  aud^  nid^t  an  ein  9lu«ge^m  au«  ber  Sanbc«^ 
lircbe.  311«  aber  mit  ber  befo^lmcn  ®infül^mng  ber  unierten  Slgenbe  unb  bem  wenigftcu« 
46  tl^atfäd^lic^en  eingeben  be«  gefamtm  Rird^enregiment«,  ber  t^eologifd^en  ?falultäten,  ja 
aucb  be«  ^^Jaftorat«  unb  ber  ©emeinben  fclbft  in  bie  fog.  neubelebte  eDangelifc^e  Sanbe«- 
lirc^e,  bem  bi«l^er  nad^  feiner  Äonfeffion  gefonbert  beftel^enben  Sut^ertum  ürc^lict;  fein 
Staum  me^r  gelaffm  unb  bamit  bie  2  Äo  G,  14ff.  Dorau«gefe^tm  Sebingungen  be«  ®e- 
bot«  au«5ugel^m  unb  ftc^  abjufonbem  Wörtlich  eingetretm  War,  ba  blieb  i^nen  feine  anbere 
60  gewiffen^afte  2öa^l,  al«  lirc^lidS;  9Biberftanb  ju  leiften,  unb  al«  xi^x  fird^lic^e«  Derbrieftc« 
Siecht  i^nm  bauemb  DerWeigert  Würbe,  e«  bur(^  Sluel^arrm  im  93efenntni«  i^re«  ©laubm« 
5u  erfämpfm".  ©o  in  feiner  älb^anblung  „£anbe«firc^e  unb  greifirc^e  in  3f3iJ£  1881,  ©.401). 

Übrigen«  l}at  3-  5iagel  bm  SeWei«  unfere«  ©rächten«  au«  ben  2tftm  unb  ®rflärungen 
§ufcbfe«  DöUig  genügenb  geführt,  bafe  man  nie  föniglic^e  Stnerbietungen  jurüdtgeWiefen 
66  l)at,  um  geWiffm  3Jcrfaffung«ibealen  nac^jul^ängen. 

.'oufc^fe  erfannte  aUe  mit  fird^lic^er  JJeubilbung  gegebmen  ©efabrm  Dollfonnnen. 
Sticht«  fc^eute  er  me^r  al«  feftiererifc^e  6nge,  Weld^e  gerabe  auf  üyerfaf[ung«formm  ben 
meiftm  2Bert  legt. 

211«  er  ba«  SSorWort  für  bie  ^u  Deröffentlid[>enben  Sefc^lüffe  ber  ©eneralf^nobc  Don 
ö)  1841  fc^rieb,  fagte  er  barin,  bie  2)ireItion  Dorjeic(|nenb : 


^u^dfit  471 

„^ixxd)  ®ottc^  unDcrbicntc  ®nabc  fmb  toir,  bcni  Sric^tfinn,  bcm  3"t^iff<^<^ttömug 
unb  bcr  3^PoRenf;eit  biefcr  ^dt  in  ©laubcnöfac^en  gegenüber,  um  ein  fefte^  Sefenntni« 
gefc^art,  toeld^e«  unjere  glieblic^e  ©emeinfc^aft  mit  ber  too^^ren  a))oftoIifc^en  Äirdf^e  oller 
3;a^r^unbertc  unb  oller  Sönber  befunbet.  —  Sofet  un«  borum  feftl;alten  on  biefem  Se* 
fenntniffe  unb  bog  SBort  ber  SBol^r^eit,  fodd)^  toir  befennen  gleid^  unferen  (Sloubengs  6 
Dätem,  für  ben  oHerl^öc^ften  ©c^o^  odf^ten,  o^ne  ben  oHc  menfc^üc^en  ßinridf^tungen,  fo 
tpelfc  unb  ^eilfom  fie  Jonft  auc^  fein  mögen,  nur  toenig  ou^ric^ten.  —  %^\m  h)ir  biefe«, 
fo  toerben  toir  ouc^  )oox  ben  ©efo^ren  betoo^rt  bleiben,  toelc^en  Keinere  religiöfe  ®emein= 
f4>aften  fo  ^öufig  verfallen  finb,  burc^  Überfd^ö^ung  i^rer  eigentümlichen  gottfcligen  ©im 
ridj^tungen  fid^  bünlen  ju  loffen,  ote  toären  fie  tttoa^  Seffere^,  ote  i^re  ©loubenöbrüber,  lo 
bei  benen  biefe  nid^t  befielen,  unb  burc^  engl^erjige  3wrüctjie]^ung  ouf  ftdff  felbft  ben 
Segen  ju  öertümmern,  ber  im  lebenbigcn  3wföw^"^««^öW0c  mit  bem  großen  ^anm  ber 
magren  c^riftlid^en  Sirene  ollen  gefunben  3h>ci0^«  be^felben  sufliefet". 

3n  biefem  Sinne  fd^rieb  er  in  bem  befonnten  ©rief  an  Steffenig  (bei  9iagel  „35ie 
eöongeI.4ut^.  Jtirc^e  in  ^reufeen"  S.  161).  i6 

ßiner  ber  ©runbgebonfen  §ufc^Ie«  toor,  toie  er  fogt:  möglic^ft  bo«  l^iftorifc^  §er= 
gebrockte  feftju^olten,  unb  e^  nur  mit  ben  neuen  Ser^öltniffen  ber  ®egenU)ort  nod^  bem 
®efid^tgj)unft  in  ©inflong  ju  fe^en,  boft  teiU  ben  ®oben  unb  Äräften,  toeld^e  ber  §err 
fc^enfte,  bie  freiefte  Setoegung  in  löblid9er  Drbnung  jur  ©rbouung  be^  gongen  iJeibe^  ge^ 
fid^ert  toürbe,  teitö  noc^  bem  9BegfoD  ber  bii^l^erigen  ouf  bie  Stoot^utoritot  geftü^ten  ao 
irbifd^en  Se^örben  bo«  SSerfoffung^eböube  ouf  bem  ®runbe  ber  Seigre  in  ftc^  felbft  burd{> 
einonber  gegenfeitig  fid^  ftü^enbe  Sollen  unb  Streben  ben  nötigen  inneren  §oIt  belöme" 
(Streitige  Se^ren  2c.  S.  6). 

^vi\d)U  tüor  in  biefer  Sejie^ung  ein  3Jlonn  ber  ^iftorifc^en  Sd^ule.  So  blicfte  er 
nomentlic^  gern  in  ben  Stblouf  ber  ®efc^ic^te.  25 

2)er  ©jeget  ber  3l|)ofol^})fe  toirb  fic^  immer  gern  be«  Seitrogig  erinnern,  ben  er  burd^ 
3ul^ilfeno^me  ber  3Sorfd^riften  unb  ®ebräud^e  ouö  römifd{>em  Slec^t^toefen  für  bie  Älor* 
legung  öon  Dff.  St.  30^.  5,  Iff.  gob.  2Bir  meinen  feine  in  3)re«ben  1860  (3.  JJou* 
monn)  erfd{>iene  älrbeit:  „35oig  Suc^  mit  fieben  Siegeln". 

©^  fonnte  i^m  gefc^ei^en,  bo^  er  in  folc^en  äluäegungen  ^inftd^tlid^  ber  älu^beutung  so 
be«  Sd^rifttoortig  ouf  bie  ©egentoort  t)iel  ju  meit  ging,    ^mmer^in  ift  ouc^  biefe  älrbeit 
\)on  ben  ßjegeten  gefd{>ö^t  unb  ^öufig  ongejogen. 

Über^ou^Jt  fd^eint  mir,  ote  ob  $ufc^fe,   eine,  toie  toir  bereite  oft   ertoö^nten,   emft* 
gefc^ic^tlic^e   3?otur,   gegen    fein   6nbe   ^in   no4>    mel^r    otö    frül^er    in    t)öUergefd{>icl[>ts 
liefen  Überfic^ten  unb  gefd^i(^t^})^ilofoj)^ifc^en  Äonftrultionen  be«  etl;nologifdS>en  3Koteriotö86 
fic^  gefiel. 

3in  biefer  Se^ie^ung  })flegte  er  bie  gnttoidfelung  be«  ßinjelnen  jum  SWo^ftob  für  bie* 
jenige  ber  ®ottung  gu  nehmen.  2)er  IJortfc^ritt  ber  ®ef(^ic^te  toor  i^m  tjergröfeert  bers 
jenige  be^  (Sinjel-SRenfc^en.  2)ie  Stufen  fteigcm  fic^  bi«  mm  älter.  2)iefe^  üergeiftigt 
ben  SKenfc^en.  ^rnmer  me^r  treten  fünftlid^e  unb  medffonifc^e  Setoegung^mittel  ein,  ftottio 
ber  notürlic^en  Setocgungötoeife.  3)ieö  ber  5Ked^onigmu^  unfere^  3^^^^^^^^-  älber  je 
öergeiftigter  bie  ßnbjeit,  je  mei^r  ßntbinbung  be^  ®eiftigen,  befto  mei^r  ouc^  (Sntbinbung 
be^  öö^ciftigen. 

3)ie  größte  2üge,  beren  3^gi"  bie  SBeltgefd^ic^te  überl^ou})t  getoefen,  fei  —  f 0  l)flegte 
^ufc^fe  üertroulic^  gu  befennen  —  bo^  ^oi)fttum.  3)iefe  burc^  bie  3riten  I&inbur4>  in  « 
fd^redenerregenber  Äonfequcnj  fic^  fortfe^enbe  (Srfc^einung  fei  nur  burd^  einen  übermenfd{>s 
liefen  ®eift  völlig  ju  erf loren,  bo  biefe^  fiügcngebilbe  entfefelid^  J)lonmä6ig  [xd)  enttoidele  unb 
forme.  §ert)onagenbe2{  3Rittel  boju  fei  bie  ^ortnädEige  SSerleugnung  be^  älj^oftelö  ^oulu^, 
feine  aSerbröngung  burc^  ^etru^,  ber  ber  ßntmidfelung  ber  jubenc^riftlic^en  Mirc^e  in  erfter 
iJinie  onge^örc.  I)iefer  ^etruö  ober  mo^^e  9lom  jum  bominierenben  §erm  ber  Äird{>e  ßo 
für  bie  gonje  ßrb^eit.  —  2)iefe  £üge  muffe  k)on  ben  ©öongelifc^en  immer  neu  beriefen 
toerben.  9)(on  muffe  ober  oggreffiü  ju  9Berfe  ge^en.  ©g  müßten  iut^eroner,  linierte, 
älltfot^olifen  gemeinfom  öffentlid^e  Vorträge  gegen  bo^  ^opfttum,  bo^  Softem,  polten. 

^ufc^feö  SSlid  brong  fc^orf  in  bie  (Sntfoltung  be^  ®el;eimniffe«  bcr  95oi^$eit  in  ber 
®cgenU)art.    „9lek)olution^=  unb  3^^«>'^>^0^f^*^i"b^I   —    wg^^ft  boig   gonje   d{>riftlic^e  66 
unb  felbft  boö  mul^omcbonifc^e  5Kenfc^engef^led^t,   jie^t   e^  noc^   einer  bunfel  geo^nten, 
ober  heftig  begel^rten  3"t""ft/   ""^   ^^9^  ^^^  Stem})el  be^  unmittelbor  2)ämonifc^cn  on 

fic^. I)ie  Slnjiel^ung^froft  be^  §immelö  unb  ber  ^öDe  nel^men  mit   ii^rer  Slnnö^e* 

rung  in  ungcl^eurcn  ^rogreffionen  ;^u,  bie  2^ge  toerben  öerfürjt".    3Won  fie^t,  ouc^  on 
jd^logenber,  potl^etifd^er  SRebetoeife  fehlte  e^  bem  l^ertjonogenben  3Ronne  nid^t.  eo 


472  ^ttfdih  ^ttft 

6^  i[t  feine  ^frage,  §ufd;fc  l^attc  gctüiffc  Kttcrarifd^c  ©onberbarfeitcn.  ©ic  lagen  in 
bcr  Slic^tung  ber  öclel^rten  §^^ot^cfc  unb  Äonjcltur  ober  ber  gesagten  Cjegefe.  a)ergleid^en 
3)inge  l)flegen  bebcutenben  9KenJd^en  anni^aften.  Äammerbiencmaturen  freilid;  Jjflegen 
fid^  ben  S3li(f  für  baö  ©rofee  unb  bie  ®abe  ®otte«  baburc^  berbunfeln  ju  laffen.  Sei 
6  30tännem  trirtlid^er  93i(bung  l^ot  bie  anertannte  Slutorität  ^ufc^fed  barunter  and)  niemals 
Don  fem  gelitten. 

9?un  fei  nod^  ein  Slicf  in  §ufd^Ie«  ^ribatleben  geftattet. 

3>m  ^Qijxc  1848  toar  ^ufd^fe  Rector  magnificus.    6r  leitete  bie  geleierte  5Re))ubIif 

mit  fold^er  ©infid^t  unb  betoal^e  bie  ftubierenbc  3iwö^"b   mit   fold^em  (Sefd^icf  bor  ben 

10  bamalS  unausbleiblichen  $l^anta[tereien  unb  @£}effen,  bag  er  balb  barauf  mit  bem  Xitel 

eines  geheimen  ^up^^öteS  bciad^i  tourbe.    SBenigftenS   trat   bie  SluSjeic^nung  ju   einer 

3eit  ein,  trelc^e  biefen  (Sebanfen  erzeugen  mu^te. 

^ufd^fe  tvax  öermögenb,  unb  bieS  toiffen  Unjä^lige,  benen  er  ©d^enfungcn  ober  SJar^ 
leiten  machte. 
16  ©in  junger  ^eunb  bat  il^n  ein[t,  einer  armen  5PaftorSh)ith)e  auf  ii^r  überfd^ulbeteS 
©runbftüi  eine  $bj)otl^ef  an  ©teile  ber  il^r  gelünbigten  ju  geben.  ä)ie  ^^ot^ef  betrug 
mel^rere  taufenb  Marf.  3)er  Sittfteffer  toteS  auf  bie  Unfid^erl^eit  ber  §VJ)ot^eI  unb  barauf 
l^in,  ba6  §uf(^fe  erfal^rungSmä^ig  einen  l^öl^em  3Kafeftab  ^inftdfftlici^  ber  ©id^er^eit  bon 
§^^otl^eIen  anjulegen  J)flege,  als  in  ber  3BeIt  üblidff.  Umgel^enb  traf  bie  jufagenbe  älnt^ 
20  toort  mit  bem  äuSbrui  ber  ^eube  über  bie  Sitte  unb  bie  ©elegcnl^eit  ju  einem  Sarm^ 
l^erjigfeitStoerf  ein.    ©o  toar  ^ufcifffe. 

2ln  feinem  %i\^  fal^  er  gern  greunbe.  (gr  felbft  trürjte  baS  üRal^I  burdff  ®^\pxäd)c, 
bie  immer  bon  l^erjlidffem  2Bol|lh)ouen,  attifdj^em  ©alj  unb  feinftem  ^umor  /^engten.  2ln 
bicfem  2^ifci^  fonnte  man  5Känner  toie  Oe^eimrat  (Seilt  ben  äftronomen,  ^rofeffor  Siegen^ 
26  bred^t,  ^rofeffor  ©teffenS,  §erm.  bon  SSäinterfelb,  ^rofeffor  ©d^eibel,  ©el^eimrat  3lbegg, 
©eric^tSrat  bon  Sll^cinbaben,  5Profeffor  ©c^toanert,  immer  3Känner  bon  Sebeutung  fmben. 
Unb  junge  ©tubierenbe,  S^npen  toie  31^eologen,  fa^en  ^ier  frö^Iid^  burc^einanbcr,  baruntcr 
SRed^tSantoalt  9litfdS;e  unb  bon  1831  an  5Profeffor  ©i^Icr,  fürftbifdSiöflidS^er  Äonfiftorialrat. 

6S  i[t  l^ier  nic^t  ber  Ort,  fonbem  cS  ift  Bai)t  einer  toirflid^en  Siograjjl^ie,  auf  baS 
30  aSerl^ältniS  ^ufdfffcS  ju  b.  ämStoalbt  in  i^annober,  ju  b.  3RaIfeal^n  auf  9flot|enmar  in 
?röe(flenburg,  ju  ®raf  bon  SBartenSleben,  gu  ©teffenS  unb  ©ta|l  einjugef^en.  ®encral 
®raf  6arl  bon  ber  ®röben,  ®el^eimrat  Don  §augh)i^  toürben  gleidSifans  in  ^ufc^IcS  Sio- 
fftapl)k  l^erbortreten  muffen.  Sticht  trcniger  fein  ÄoDege  im  Dberfirc^enfoDeg,  ^Rat  D.  ÜWI^ein- 
baben,  bem  er:  Amico  ab  ineunte  juventute  fide,  moribus,  virtute  nunquam 
86  non  probate  —  fein  SBerl :  Jurispr.  antejust.  quae  supersunt  in  britter  2luf- 
lage  h)ibmete. 

3n  ^ol^er  Sld^tung  ftanb  §ufd^fe  bei  bem  gürftbifc^of  35iet)cnbrocf,  bcr  mit  il^m  gern 
unb  bielfad^  bertel^rte. 

©0  lange  §ufd^fe  lonnte,  berföumte  er  nie  ben  ©ottcSbienft.  ®aS  ©alrament  mu^tc 
40  er  im  legten  ^a\)x  in  feinem  3^"^*"^  nel^men. 

3)er  "Xob  erfolgte  ben  7.  gebruar  1886,  abenbS  6  Ul^r.  ®r  ging  im  ©inn  bcS 
SBorteS  l^eim,  toelc^eS  er  am  legten  3:ag  im  SWunbe  führte:  ©o  t^u'  ^Srael  rechter  art, 
baS  aus  bem  ®eift  gejcuget  toarb  unb  feines  ®otteS  ^ane. 

©teffenS  fagte  bon  i|m:  „@x  ift  ein  in  jebcr  SRüdfic^t  merftoürbigcr  unb  urfj)rüng= 
46  lid^er  3Wann,  einer  ber  reinften  unb  faltenlofcften,  bie  id^  gefannt  f^abe".    Unb  babci  toar 
er,   fc^en  h?ir  l(;inju,  ein   fdf^IidSfteS  bemütigcS  ®otteSfinb.    35aS   Religio  ergo  Deum 
beS  Corpus  juris  h)urbe  bei  i^m  im  tiefften  c^riftlid^en  ©inn  lebenbige  35Jal^r|cit. 

m.  aioc^ou. 

^nfi,  ^ttron)|mnS  t^on  ^rog,  bie  ^ttffitett.     öittcratur.     1.  auellcn.    äcibcr 

60  fe()It  cS  an  einer   fritifc^en  ^luSgobc  ber  ^crfc  bcS  ^ufe.    ^o6)  gct)t  unter  feinem  "iWniiicu 

mand)cS,  idq«;  crit)icfcncrniaf$en  ©iclif,  onbcreS,  hJoS  feinen  ©(^iilcrn  j^ugcl)!)!!.    ^ie  oltc'JliMii» 

gäbe  bcr  !öcrfe   bcS  fiufj:  Joannis  Hus  et  Hieronymi   Pragensis  historia  et  monumcnta 

2t.  Noriinb.  1558  u.  1.  vol.  Francof.  1715  f.  ift  bemnac^  ^eutc  flon^  unjulänglid).    3)qS  gilt 

aud)  jwcitcnS  oon  3-  -ÖufeenS  5Serfen  in  böf)m.  (Bprocftc  6cr.  uon  St.  3.  (£rben,  ^rog  18G5— G8. 

55  3)cnn  aud)  ^icr  ift  nic^t  gcfdjiebcn,  roaS  urfprünglidjcS   (£igentum   ^uffcnS  ift.    ^arum  ift 

c8  notiücnbig,    baß  an  britter    Stelle  jene  3Berfe  ©iclifS  gefegt  roerben,   bie  .5)uf]  natieju 

wörtlid)  auegcfdiricbcn  fiat.     ®S  ift  bicS  außer  De  Ecdcsia  u.  ben  Scrmones  namentlich  bcr 

Xroftat  De  potestate  paiw.    4.  Snbcm  ältere  ©ricffommlungen  ^uffenS  u.  fonftige  eingaben 

feiner  ©erfe  unberücffidjtigt  geloffen  roerben,  ba  fie  toeber  DoUftänbig  nod)  forrctt  ftnb,  ift  an 

60  vierter  Stelle  bie  ^luSgobc  ju  fejen,  biej.  ^olocfQ  unter  bem  Xitcl:  Documenta  niagistri 


JoaiinisHus  (^4>rQg  1869)  Dcronftoltct  l)ot.  S)icfc  tufcfttigc  u.  üeil)ällniöiiiä6i(j  forrcftc  ©amm- 
lung  ctttWIt  a)  bic  (92)  33ricfc,  baim  bic  anflogen  u.  ?(nthJortcn  beS  ^u*6,  bic  fo  Qu6cr* 
orbentlid)  miditigcn  ^cri^te  fcinc§  fionb^manneS  ii.  Begleiters  $etcr  üon  ^labcnowi^  u.  bie 
urfnnblidbeu  S)ofuniente  über  ben  rcifgiöfen  6trcit  in  ffiföfeinen  oon  1403—1418.  (SBldjtigere 
ÜRocftträgc  ju  ben  ©riefen  beö  ^ufj  finben  \i6)  in  bem  Sluffa^  öon  Sf^cbonia,  Boleslavsky  5 
kodex  z  doby  husitsk^  b.  f).  SBunjIouer  Äobcj  quo  ber  4>uffitenjeit;  cntl)ält  8  Briefe  toon 
u.  on  ftufe).  5.  Briefe  beö  So^Ö^nii  ©"6  «o*  bem  böljmif^en  Urtejt  beutfd)  üon  g.  B. 
SRifomec,  fiei^jig  1849,  jcft  oucft  SRoreftö,  Comenium  I,  1.  6.  ;&nffenS ^rebigten  über  bic 
©onn*  u.  gcfttogScüangelien.  Ueberfe^t  \)on  5i?omotn^.  ©örli^  1855.  1.  u.  2.  .&eft.  7.  ^. 
r>.  b.  ©arbt,  Magnum  Constantiense  Concilium  6t.  granff.  u.  fieip^ig  1700.  t.  7.  3nbej  lO 
Don  Bofjnftebt  1742.  3)q5U  jc^t:  Acta  concilii  Constanciensis,  ^eronSg!  x>.  ginfc,  fünfter 
1896.  Bon  großer  SBiditigfelt  finb  tro^  ber  großen  9KängeI  in  Bejug  auf  bie  9tu«gQbe  oI« 
foI*e  (f.  hierüber  ißalacft),  ^ufifentum  n.  ^rof.  ßöffer,  2.  Wuff.  1868)  8.  3)ie  ©efdiid^tö. 
fcftreiber  ber  ^uffitifcften  Belegung.  ^erauSgcg.  o.  ß.  ü.  ^öfler  1—3  (in  ben  Fontes  rer. 
Austriacarum,  Scriptores  Bb.  2.  6.  7).  3Sien  1856—1866.  Bon  ben  micfitigcren  SBerfen  15 
finben  ftc^  in  Bb  1  bie  ^iftorien  bcS  fiorenj  üon  Bfezova  (nicöt  Bfczina)  u.  $eter  oon 
•aW laben omifi  (t)ier  beffer  ju  benü(jcn  al8  in  ben  Doc.  ed.  Palacky),  in  Bb  2  bie  große  %a» 
borltcnc^ronif  beö  3ot)ö"n  ^on  fiufamct  u.  S^üfolau«  öon  Pelhrimow,  in  Bb  3  eine  Bers 
beutfd)ung  ber  tfc^e^ifc^en  ?lnnalen  ber  ^ufptenjeit,  bic  al«  3.  Bb  in  ben  F.  F.  rer.  Boh. 
uon  ^eljel,  3)obrom«ft)  u.  ^alacfi)  herausgegeben  fmb.  Biete  9RateriaIien  jur  ®efc6id)te  20 
ber  ^uffiten^eit  entfjölt  9.  ^öflerö  9(uSgabe  ber  ConciUa  Prageneia.  10.  (Sine  forrefte  3(u8- 
gabe  ber  tt)i(t)tigcren  ßftronifen  an^  ber  ^uffitenj^eit  ent^ölt  aud)  bct  5.  Bb  ber  Fontes  rer. 
Bohemicarum,  ^rag1893;  ^ier  finben  fi^  bie  S^ronifcn  ber  Saurenj  ö.  Birezova,  beS  Chro- 
nicon  univ.  Pragensia  u.  bie  S^ronif  beS  Bartoffef  uon  3)ra5onic  in  ber  ^fuSg.  \).  3oto8latt) 
©oII.  11.  fiofertft,  Beiträge  Jiur  ©efcfticfite  ber  öuffilifc^en  Beluegung  1— 5.  ^Ir*.  f.  oft.  ®efd).  25 
Bb  55.  57.  60.  75  u.  82.  a)  enthält  ben  Cod.  epistolaris  beS  ^Jragcr  ©rj^bifcftofS  Sodann 
öon  Scnjenftein,  b)  baS  Seben  u.  bie  Schriften  beö  9KagifterS  Adalbertus  Ranconis  de  Eri- 
cinio,  c)  ben  iöi^tigen  ^^raftat  SuboIfS  öon  6agan  „de  longevo  schismate.*'  d)  bic 
@treitfd)riftcn  u.  UnionSöerlianblungcn  jiüifcften  ^at^olifen  u.  .©uffiten  1412—1413  unb 
e)  gleicftseitige  Berichte  unb  SÜtenftücfe  jur  ?(uöbreitung  beö  ©icIifiSmuS  in  Böhmen  unb  90 
3Kö^ren  1410—1419  (Bead)lung  öcrbient  unter  ben  Beilagen  92r.  1  ©leic^üeitiger  Bericht  über 
ba^  enbe  bcS  ^uß).  12.  ßu  bea^ten  ift  au(&  jejt  nod)  bie  öom  ftreng  fat^olif^en  6tanb* 
punft  aus  öerfoßte  Historia  Hussitarum  bcS  ©o^IäuS  (f.  baju  fiofert^,  bie  5)enff(örfft 
beS  BrcSlauer  5)om^errn  5?icoIauS  Xempelfelb  öon  Brieg  über  bie  ©al^I  ®eorgS  öon  $o* 
biebrab.  ©in  Beitrag  jur  Äritif  ber  ^uffitengefc^icöte  beS  (So^täuS.  «rdi.  öfterr.  ©cfc^.  61).  35 
Bon  ben  Quellen  jur  ©efdjicftte  ber  ^ufftten  fmb  nodi  ftcrauöjuljeben:  13.  ©cfdjidjtSqueHen 
ber  ^nffitenfriegc,  l^crauSg.  0.  ß.  ©rünbagen.  Breslau  1871  (6.  Bb  ber  SS.  rer.  Silesiaca- 
rum).  14.  2)ie  .^iftorien  beS  ^ogifterS  Qo^anneS  ßeoniS  (bic  ältcfte  (Srjö^Iung  öon  ber  fieg* 
reidjcn  Berteibigung  ber  6tftbt  Brüj  gegen  bie  ^wfpten  1421)  ^erauSgeg.  öon  ©(ftlefinger, 
ißrag  1877.  15.  Urfunblicfie  Beiträge  j^ur  ®ef4i*te  beS  .^uffitenfriegeS  öon  1419—1436,  40 
t)erauSg.  0.  gr.  ^aladp,  2  Bbe  ?^rog  1873.  16.  Urfunblicfte  Beiträge  jur  ©efdilc^tc  BöfimenS 
u.  feiner  5^ac^barlänber  im  S^italter  ®eorgS  0.  ^obiebrob,  ^cfauSg.  ö.  ißaladl),  SBien  1860. 
17.  Urfunben  u.  ^ftenftücfe  jur  Ceftcrreidjifdjcn  ®efd)i(öfe  im  3eitalter  Ä.  griebrlcfi«  III  u. 
^.  ©eorgS  öon  BiJömen,  3Sien  1879.  18.  Berein^^cltc  Ouellenftücfe  u.  fritifdje  Bcmerfungen 
ju  ben  einfdiläqigen  Quellen  f.  in  ben  9Jiitt.  bcS  BereinS  für  ®efc^.  ber  3)cutfd&en  in  Böhmen,  45 
bem  5h(ftiö  cesky,  casopis  historicky  u.  f.  tu.    ^ie  Quellen  ^^um  BaSfer  ßoncil  f.  bort. 

2.  Bearbeitungen.  3)ie  älteren  ?lrbeiten  bis  auf  ^olacfl),  fclbft  bie  Gelferts  ^uß 
u.  .^ieronl)muS,  ^rag  1853,  finb  ganj  öeraltet.  Bon  ber  ©efc^idjte  BiJ^menS  öon  ^alarfQ 
ift  ber  größere  Xeil  nämlid)  III  1-3,  IV,  1  u.  2  u.  V,  1  u.  2  ber  ®efcöi*te  beS  ^uf fiten* 
tumS  gcttjibmct.  ^rag  1845—1867.  'Sia^VL  gel&ören  no4  bie  beibcn  9lrbeilen  ^alacftjS  60 
lieber  bic  Bejiel^ungcn  u.  baS  Bcr^ältniS  ber  ^SJalbenfcr  ju  ben  ehemaligen  Seften  in  Bi)^« 
mcn  (auf  bie  "©albenfcrgefd)i(fttc  u.  «ilitteratur  ujirb  bicr  weiter  nidit  JRüdftcöt  genommen)  u. 
bie  Borläufer  beS  {^uffitentumS  in  Böftmeit,  9?.  91.  ißrag  1869.  2.  fiubmig  ©d)lefinger, 
®efd)id)tc  öon  Bbt)mcn,  <Prag  1869.  3.  §ijflcr,  ^agifter  Sö^anneS  C)uS  u.  ber9lbjuq  ber 
beutfdien  Stubenten  u.  ^rofefforen  auS  ^rag.  1864.  4.  Berger,  So^onneS  ;&uS  u.  ,^i)nig  55 
6igmunb,  9lugSburg  1871.  {Beffx  forgfamc  Stubie).  5.  fiedjler,  Sodann  ö.  Siclif  u.  bie 
Borgffc6id)tc  ber  3i?eformation  fieipjig  1872.  3)er  jmeite  Bb  bcüanbclt  baS  .^uffitentum, 
aber  nod»  ftarf  im  ®eifte  ^alacfl)'»92canberS.  ^itifdjer  iftO.  feinSo^anne«  ^uS,  (£in  fiebenS» 
bilb  aus  ber  Büvgefd)id)tc  ber  JRcformation.  ^aüc  1890  (Siriftcn  beS  BereiuS  für9?eforma* 
lionSgcfd)id)te  VII,  3).  7.  ßrneft  5)eniS,  Huss  et  la  gucrre  desHussitcs.  $ariS  1878  (eine  60 
bloße  ^avapf)rafc  ber  9lrbeitcn  ^ala(ft)'S  obne  eigenes  QueCfenftubium).  8.  ^ie  gragc  beS 
Ö^eleitbricfcS  StgiSmunbS  für  $)uß  bebanbcln  UMmann,  ^önig  ©igmunbS  (Geleit  für  ©uß 
u  baS  ÖJcleit  im  ^JJiittclalter,  .^attc  1894;  u.  Ä.  Füller,  ^önig  ©igmunbS  05eleit  für  ^uß 
(£>ift.  BiertcIjat)rS|d)rift  1898,  1).  9.  2)ie  ©enefiS  ber  l)uffitifd)en  auS  ber2e!)re  SBiclifS  ^abc 
idi  ^iuerft  im  einzelnen  öerfolgt  in  meinem  Budje,  $uS  11.  SBiclif,  ißrag  1884  (englifc^e  ?luS'  65 
gäbe  Wiclif  and  Hus,  fionbon  1884),  bann  in  einer  ganzen  SRei^e  fleinerer  ©c^riften,  öor« 
ue^mlicb  in  ben  (Einleitungen  ju  meinen  9luSgaben  öon  3Siclif*S  De  Ekiclesia,  Scrmoncs,  De 


474  ^u^ 

Eucharistia  ii.  Opus  Kvangclicum,  bann  in  meinen  9tnft(it?cn  „lieber  bic  ©C5icl)ungen  i^tüi* 
fcf)en  englifdien  n.  böömifcften  ^SicUfiten"  ^.3.0e.®.  XII,  254  ff.  u.  bev  Äird)cn^  n.  Äloftcr. 
fturm  bcr  ©uffiten,  3.  f.  QJefcft.  u.  «olitif,  V,  259.  («ql.  boju  ^.  2.  ??oofe  „Ou  thc  in- 
tercoursc  betwecn  English  and  Bohemian  Wycliffites.  In  the  early  year»  of  the  fifteenth 
5  Century,  Engl.  Hist.  Review  April  1892).  3"  niet)reren  meiner  fleinercn  6c()riften  nament* 
lieft  in  ber  (Einleitung  ju  ®l)cfifö  De  Eucharistia  fiöbe  irf)  fd)orf  betont,  ha^,  \va^  mcift  über» 
febcn  mirb,  bie  ^aboriten  bic  eigentlichen  ©cftüler  SBicIif«  finb.  3t)ren  —  mcl)r  ober  min* 
ber  —  ftarfen  malbenfifdjen  Scifafi  betonen  10.  3B.  $  reger,  lieber  bad  ^cr^ältni^  ber  %a< 
boriten  ju  ben  «Balbenfern  beS  XIV.  3bbt«,  9lW^  28.   1.    (©.   bagegen    :üofcrt^,    &&^ 

10  1889,  9h-.  12,  1891  "i)?r.  4)  u.  (ridjtiger,  meil  mobifiaierter)  ©ouV*r  3SaIbenfcrtum  u.  Snqui* 
fition  im  f.  ö.  3)eutf(ftIonb,  greiburg  i/S3r.  1890.  11.  ?luf  einem  antiquierten  ©tanbpunft 
ftanben  (d)on  beim  ©rfcfteinen  bie  Schriften  Ä^rummelS,  ©efdjidite  ber  bö^mifc^en  9lefor» 
mation  im  XV.  Sftbt.  ®otba  1866  u.  „Utraquiften  u.  Xaborlten,"  ®otf)a  1871.  3u  be* 
acftten    finb   bagegen    12.  5.  ü.  ^^ejolb,   Äönig  ©igiömunb    u.     bie  üReicftSfriege    gegen   bie 

lö^uffiten,  3  S3be,  3Küncften  1872  u.  13.  «ejolb,  *3ur  ©efcftidjte  be§  C>"(fitcntumd,  1874. 
14.  SJrinb,  Äircftengefdiicftte^öbmen«,  SBb 2—4,  ?rag  1864-72.  15.  3.2;beobalb,  ^nlfiten* 
fricg,  Wittenberg  1610.    6onft  S)aMtnann-SBaiJ,  Oueüenfunbe  ©.  .314ff. 

^on  ben  2Bcrfen  ber  litterarifcften  ®eaner  be«  $u6  ift  nocft  ba«  roenigfte  gebrncft.  9lm 
beadfttenömerteften  finb  bie  @(ftriften  beS  Äart^äuferpriorS  ©tepban  uon  ©.   3i>föpÖot 

20  (^olein)  bei  Olmü j,  gebr.  im  IV.  93b  oon  $ej,  Theßaunis  anecdot.  ©.  hierüber  meinen 
?ruffa J  3)ie  ßitterarifcften  3öiberfa(fter  bcS^uß  in^äbren  im  1.  3oftrg.  ber  3.  b.  93ereinS  für 
©efcft.  9Kfi^renö  u.  6d)Iefieng,  4.  $eft.    S^on  ben  ?lrbeiten  ^ur  ®efd)id)te  bcr  ?lbn)c()r  bcr 

tuffiten  in  ben  benachbarten  fiönbern  feten  qenannt:  ®rünbagen,  3)ie  ^uffitenffimpfe  bcr 
cftleper  1420—1435.  ©aS  3Kä^ren  betrifft,  pnben  ficft  SKaterialien  in  meinem  §luffaje 
26  Urf.  Seiträge  jur  ©elcfti^te  ber  ^uffttifcften  ©cmegung  unb  ber  ^uffitenfriege  mit  befonberer 
)öerücffict)tigung  3Käf)ren§  u.  ber  mfibrifcb»buffitifct)en  @ö(bner.  ißotijenbfatt  bed  S3ercinö  für 
bie  ®efd).  ^JJläbrenö  u.  6cblefienö,  93rünn  1896  ißr.  7,  8,  11  u.  12.  9(uf  bie  6trcitigfcitcn 
bev  6ct)Ierier  mit  ben  ^uffiten  in  ber  3cit  Äi)nig  ©eorgö,  luorüber  eine  reicbe  Sitterat'ur  be» 
ftel^t,  fann  im  einjetnen  nidjt  mef)r  eingegangen  roerben.  5Rur  ber  Cod.  dipl.  Lus.  supe- 
30  rioris  II  mag  nocft  ermöftnt  roerben,  ber  bie  Urfunben  beS  Oberlaufifcr  ^uffitcnfricgeö  1419 
bis  1423  enthält. 

.^u^  flammte  ouö  bem  f leinen  im  füblid^en  95ö^men  nic^t  toeit  Don  bcr  bairifd^en 
Orenjc  gelegenen  SWarftfleden  ^uffme^  (Husinec),  nad^  toelc^em  er  fic^  anfänglid^  ,, Jo- 
hannes deHussynecz**  nannte  unb  fd^rieb.   2Bieh)obi  l^eutjutage  bie  (flaDifd^c)  Schrei- 

36  bung  $uö  —  unb  banadji  auc^  i^wfitif^  u.  ^ufite  —  eingebürgert  ift,  entjprid^t  bcr 
beutfd^en  äu^fprac^e  bod^  bic  ©d^rcibtoeife  $ufe  unb  §uffit,  h)ic  benn  aud^  bie  beutfd^ 
ober  lateinifd^  fc^eibenben  ^eitgenoffen  puffen«  richtig  bie  ,,$uffcn"  ober  „Hussitae** 
fdjireiben.  2Bie  fo  Diele  femer  3<Ji^B^of[en  tüurbe  ani)  er  nac^  feinem  (Seburt^orte  gc* 
nannt,  unb  biefcr  3lam^  lautet  abgefürjt  Qu%  toie  er  fidff  felbft  ^u  fc^reibcn  J)flcgte,  feit^ 

40  bem  er  3Ragi[ter  getoorben. 

9lid^t  Mog  ber  3;ag,  fonbem  aud^  ba^S^^^^  feiner  ©eburt  ift  unbefannt;  man  nennt 
atö  jenen  oft  ben  6.  3uli,  aber  bie^  i[t  fein  ©terbetog,  ben  bie  «t^uffiten  feftlid^  begingen, 
unb  toenn  man  bi^^er  baö  3^^^  1369  afe  fein  (Seburt^jaf^r  annal^m,  fo  ift  auc^  'tai 
^ani  unfw^er;   man   loirb   fein  älter  e^er  noc^  um  einige  S^i^re  J^inaufj^urüctcn  ^aben. 

46  ©eine  ©Item  —  fie  toaren  ifd^ed^en  —  toaren  nid^t  fe^r  bemittelt.  3"  ärmlicher  JBeifc, 
tote  fpäter  fiutl^er,  mu^te  fid{>  §ufe  burc^bringen:  alö  ©ängerfnabe  unb  3Winiftrant.  Seine 
SSertoanbten  fmb  aud^  arm  geblieben;  man  toei^,  ba|  er  nod^  in  feinen  legten  Sebcnö- 
tagen  für  bie  ©öl^nc  eine«  Sruber«  toünfd^t,  bafe  fie  ein^anbtoerl  lernen,  ^^n  felbft  30g 
c3  ;ium  geiftlid^en  Staub,  freilid^  trieb  il^n  ^ieri^u  lein  innerer  3)rang,  fonbem,  toie  er 

60  felbft,  h)of;l  ^iWaä  übertreibenb,  bemerft,  bie  Sluöftc^t  auf  ba«  gemäc^li^e  Seben  ber  ®ci[t= 
lidSifeit. 

2)ie  (»oberen  Stubien  mad^te  er  in  $rag,  too  er  jtoeifeDo«  fd^on  in  ber  3Ritte  ber 
ad^t^iger  3a^re  tjertoeiltc.  SSon  feinen  Se^rem  mod^te  ber  bielgereifte  ällbertu«  StanconisJ 
großen  Sinbruc!  auf  il^n  gemacht  ^aben ;  ertniefen  ift  bie«  nur  öon  Stani^lau«  k)on  ^mim, 

66  ber  fl)äter  lange  ein  toarmer  ?^eunb,  fd^lieyidji  aber  ein  erbitterter  ©egner  be«  §u6  ivurbc. 
Seine  Stubien  belegten  fid^  in  getoöbnlic^em  (Seleife;  er  toar  fein  l^ert)orragcnbcr  Stu- 
beut.  2Bo^l  prunft  er  in  feinen  ©c^riften  mit  gelehrten  Gitaten,  man  barf  babci  aber  nic^t 
überfc^en,  bafe  er  fic  na^eju  auönai^mölo«  au«  ben  ©c^riften  SBiclif«  übernahm.  Seiben- 
fd^aftlid(>feit  unb  änmafeung  bilbeten  einen  ©runb^ug  feine«  Sefcn«;  öon  feiner  Spife- 

60  finbigteit  locrben  manche  S3eifj)iele  enäl^lt.   ®r  felbft  tabeltc  an  fid^  nod)  in  fjiätercn  3«^- 

ren,  ba^  er  an  ben  (Sitelleiten  ber  SKelt,  fcbönen  Äleibem  u.  bgl.  ©efaUcn  gcfunben  ^bc. 

3m  September  1393  tourbe  er  Saccolaureu«  ber  freien  Künfte,  1394  Saccalaureu« 

ber  Il^eologie  u.  1396  SKagifter  ber  freien  5lünfte.    3)ie  3)oftor«U>ürbe  l^at  er  nicmal« 


m  «5 

erlangt;  bagcgcn  gelpann  er  an  bcr  Umt)crfität  balb  (Seltung;  jc^on  1101  tvax  cr3)cfan 
an  bcr  Jj^ilojop^if^en  gafultät  unb  ba«  3af;r  barauf  9leftor  (Dftobcr  U02—3lpx\l  1403). 

2ln  ber  Unitoerfitöt  traf  er  mit  3Kännem  toie  Slnbrea«  bon  S3rob,  St^l^an  Don 
^ecj  u.  a.  in  ber  tramten  fiiebe  für  bic  ^^tereffcn  bc^  tjc^ec^ijc^en  SSoßc^  jufammen. 
SJad^bem  er  (1400)  ^riefter  getüorben,  erhielt  er  ^mi  ^af)xt  \pdtn  bad  Amt  eine^  $res  6 
bigcr^  an  ber  Set^Ie^emfirc^e  in  ^rag.  3Uö  fold^er  l^atte  er  an  Sonn-  unb  Feiertagen  ba« 
SBort  (Sottet  in  tfd^ec^ifc^er  Sjjrac^e  ju  t)rebigen.  3)ie!g  95et^Ief;em,  bie  Stätte  feiner 
2^riunH)f;e,  ift  il^m  ein  §eim  getrorben,  an  bem  er  ftet^  in  fc^tüärmerifc^er  Siebe  geJ^angen 
unb  beffen  er  nod^  in  ber  Sobe^ftunbe  gebadete. 

Seit  1382,  ba  fic^  SBenjefe  Sc^toeftcr  ^ilnna  mit  bem  Äönig  Slic^arb  II.  bon  eng=  lo 
lanb  bermä^lte  unb  jal^Ireid^e  95ö^men  nad^  ©nglanb  jogen,  h)urben  bie  j)^iIofoj)^ifcl&en 
Sd^riften  SBicIif«  aud^  in  95ö^men  befannt.   ^ufe  WaxD  fc^on  ali  Stubent  mit  il^inen  öer* 
traut.    3Wan  meint,  bafe  er  l^ierüber  feine  erften  Soricfungcn  gehalten.    3)en  Xraftat  De 
veris  universalibus  ^at  er  1398  mit  eigener  §anb  abgefc^rieben.    Si^er  ift,  bafe  er, 
lange  bebor  er  nod)  »on  SBiclif«  Sleformgebanfen  erfüllt  tourbe,  fid^  beffen  }jl^üofo})^ifc^cn  i6 
SReali^mu^  angeeignet  ^at.    Seine  Steigung  yi\  Ürc^Iic^en  Sieformen  tourbe  erft  burc^  bie 
Äenntnig  ber  tl^eologifd^en  Sd^riften  Siclifö  getocdt.    3)a6  er  mit  ben  fogenannten  SSor« 
läufem  ber  ^uffitifd>en  Setregung,  einem  ffonrab  bon  5Kül^If;aufen,  5Kilic^  üon  ßremfier, 
SanoU)  u.  a.  nid;t^  ju  t^un  l^atte,  barf  ate  au^gemac^t  gelten.    @^  ift,  afö  ob  er  i^re 
9iamen  nic^t  !enncn  mürbe.    5Kan  trei^  anö^,  ba^  er  nod{>  1393,  »on  tieffter  ßrgeben^eit  20 
ben  ®nabenfc^ä|en  ber  römifd^en  Äirc^e  gegenüber  erfüllt,  „in  frivoler  2üeifc  burd^  2lbs 
la^rcbigten  getäufd^t,"   feine  legten  üier  ©rofd^en  oj)ferte,  um  be^  fc^on  »om  3Ragifter 
9lo|le  berf))otteten  älblaffe^  teilj^aftig  ju  hjerben.    D  bie,  ruft  er  fj)äter  in  einer  feiner 
^Prebigten  an^,  betrügen  fid;,  bie  öor  bem  ^ajjft  nieberfaHen  unb  alleö  ba^,  toa^  er  t^ut, 
für  gut  galten,  h>ie  ic^  felbft  tljat,  bebor  id^  bic  l}l  Schrift  (auf  beren  Sebeutung  er  burdji  26 
SBiclif  gcfül^rt  hjurbe)  unb  ba^  Seben  be^  §cilanb«  fennen  lernte.   ©Icic^jcitigc  unb  fj)ätere 
gut  unterrichtete  üucDcn  melbcn  übercinftimmenb,  bafe  bie  „Sucher  beö  cbangclifc^cn  3)oftor« 
eig  getoefen,  bie  il^m  bic  Slugen  geöffnet  f)aben,  trä^renb  er  fte  laö  unb  trieber  lag."  ®er 
fogenanntc  §uffiti«mug  ift  in  ben  erften  anbertl^alb  ^al^rjel^ntcn  beö  15. 
Sa^r^unbertg  tb^n  nid^tö  anbere^  aU  ber  auf  bö^mijcpen  Soben  ber*«) 
})flanjte2yiclifigmug.    3llö  folc^er  gilt  er  im  Sanbe  big  jum  3Jcärt^rertob  beg  §ufe, 
um  bann  abgcfc^träd^t  in  ben  Utraqui^mug,  unb  folgerid^tig  fortgefül^rt   in  bag  Siabo^ 
ritentum  überjugel^en. 

®ie  t^eologifd^en  ©d^riften  SBiclifg  trirften  in  SBöf^men  tuie  ein  ^euerbranb.  35ie 
erften  finb,  mie  man  annimmt,  burd^  «^ieron^mug  bon  5Prag  1401  u.  1402  nad{>  Söl^men  86 
gelommen.  ^ufe  tourbc  ron  i^nen  auf  bag  ticffte  berührt.  3^^^  f^9*  ^  '"  ^^^^  ^'^* 
bemifc^en  Siebe :  3Bag  il^n  betreffe,  betenne  er,  bie  95üd^er  SBiclifg  gelefen  unb  ftubiert  unb 
biet  ®utcg  au^  i^nen  gelernt  ^u  traben,  aber  nic^t  afleg,  toag  er  bei  biefem  ober  ienem 
®oftor  gefunben,  gelte  i^m  ate  bag  ßöangelium,  benn  nur  bcr  1^1.  Schrift  toolle  er 
biefe  c^rfurd^tgöolle  Jvolgc  betra^ren;  aber  aud^  bieg  le^tc  ift  ja  ein  oft  n)icbers40 
l)oltct  ©a|  a\x^  ben  ©(^riften  SBicIifg. 

®egen  beren  3Serbreitung  erl^ob  fid{>  bic  Unibcrfität,  meldte  (1403)  bie  3)igj)utation 
über  bie  45  Sä^e  unterfagte,  bic  SBicIif  teife  toirllic^  angehörten,  teilg  nur  jugcfc^rieben 
tüurben,  ein  Verbot,  baö  1408  mit  ber  Sefd^ränfung  erneuert  tourbe,  bafe  biefc  Säfte 
nic^t  in  inigem  ober  fe^crifc^em  Sinne  Vorgetragen  toürben.  Unter  bem  (Sr^bifc^of  ©binfo  « 
\)on  §afenburg  (feit  1403)  gcnofe  ^u^  anfangt  gro^cg  Slnfc^cn:  1405  mar  er  aU  ©^s 
nobalrebncr  tl^ätig,  toobci  er  bic  ge|lcr  be«  bö^mifc^cn  Älerug  aufg  fc^ärffte  rügte.  Sein 
gute«  SinDcmc^men  mit  bem  ©r^bifc^of  tritt  namentlid^  in  ber  SBiIgnacfcr  Slngclcgen^cit 
JU  2;age,  ioo  ber  (Srjbifc^of  Don  $u^  auf  bie  groben  2:äufd^ungen  bei  ber  Slcliquic  be« 
^I.  Slutcg  (Jl^rifti  bafelbft  aufmcrifam  gemacht,  bie  Pilgerfahrten  bal^in  tjcrbot.  2Bol^I  auf  60 
ben  SBunfd^  bcg  (Srjbifc^ofg  fc^rieb  §u6,  um  ben  Vorgang  ju  rechtfertigen,  feine  Slbl^anblung 
De  omni  sanguine  Christi  glorificato,  „bafe  allcg  Slut  ßf^rifti  Derflärt  fei":  ein 
(Sl^rift  babe  nic^t  nötig,  3^i^<^n  ""^  SBunber  ju  fud^cn,  er  möge  fic^  an  bic  1^1.  Schrift 
l^altcn.  Salb  trübte  fic^  bag  ©intjcmc^men  jtoifc^en  bem  ©rjbifc^of  unb  öuft;  benn  beffen 
^^Jrcbigtcn  gegen  bic  ^obfuc^t  unb  bag  unorbentlic^e  Seben  ber  (Sciftlic^fcit  erregten  am  66 
ftofe.  2)ic  ©ciftlicf)feii  überreichte  (1408)  eine  Älagefc^rift,  unb  §u^  tourbe  feiner  StcDc 
ate  ©i;nobalprcbigcr  enthoben,  ßg  ift  tra^rfd^einlic^,  bafe  er  bamafö  feinen  Xraftat  De  ar- 
guendo  clero  pro  concione  Verfaßt  l^at,  aud^  biegmal  um  fein  SSerbaltcn  ju  rechtfertigen. 

}^üx  bic  ßnttrictclung  bcr  33crbältniffc   an   ber  Präger  UniDcrfität  mürbe  bic  grage 
ber  9Jcutralität  »on  entfc^eibenber  3Bic^tig!cit.    Äönig  SWcnjel,  ber  bie  3ügcl  bcr  Slcgicrun^  eo 


476  ^iift 

im  Slcid^c  Jüicbcr  ju  ergreifen  gebadete,  beffen  5piäne  aber  üon  ©regor  XII.  feine  görbe^ 
rung  crtrarten  burften,  fagtc  [vi)  nun  Don  biefem  lo«  unb  befahl  feinen  Prälaten  boD[= 
ftänbigc  SReutrolität  ben  bciben  *^ä))ften  gegenüber,  ©in  (Sleid^e^  ertrartcte  er  öon  ber 
Unitoerfität.    Slber  ber  Srjbifc^of  blieb  ©regor  XII.  treu  unb  an  ber  Uniöerfität  erflärte 

6  fid^  nur  bie  böl^mifd^e  SRation,  beren  ayortfül^rer  $u^  \oax,  für  bie  91eutralität.  hierüber 
erbittert  erliefe  aSenjel  am  19.  ^««wör  auf  Setreiben  bon  §ufe  unb  anberen  tfc^ed^ifd^en 
3Ragiftem  ein  3)elret,  toonac^  ber  böl^mifc^en  Station  bei  allen  Unitoerfität^angelegen^eiten 
brei,  ben  augtoärtigen  (beutfd^en)  Stationen  nur  eine  ©timme  eingeräumt  trurbe.  Saut 
})rie^  §ufe  bon  ber  Handel  l)ttab  bie  Siebe  be^  Äönig«  gu  feinem  SSoIfe.    3)a  e^   ben 

10  ©cutfd^en  nic^t  gelang,  ba^  35efret,  toelc^e«  baö  an  ber  Uniberfität  befte^enbe  Siedet  um= 
[tiefe,  rüigängig  ju  machen,  tjerliefeen  taufenbe  beutfd^e  35oftoren,  3Kagifter  unb  ©tubcnten 
im  Saufe  bed  ©ommerö  1409  bie  ©tabt.  2)ie  nä4>fte  golge  ber  2lugh)anberung  h)ar  bie 
(Srünbung  ber  Uniberfitöt  Sei^)jig.  5Prag  fanf  bon  feiner  unitoerfeDen  SSebeutung  auf  bie 
©tufe  einer  nationalstfd^ec^ifd^en  ^odjifd^ule  l^erab;  bie  SluiStoanberer  aber  ^verbreiteten  ben 

16  5Ruf  bon  ben  böJ^mifdjien  Äe^ereien  in  bie  entfemteften  Sänber.  ®er  ©rjbifc^of  tvax  nun 
ifoliert,  öufe  auf  ber  §ö^e  feinet  älnfe^en^.  ®r  tourbe  ber  erfte  Sleltor  ber  tfc^ec^ifdf)  ge^ 
toorbenen  Uniberfität  (DItober  1400)  unb  genofe  bie  ®unft  be^  §ofe^;  namentlich  toax 
i^m  bie  Äönigin  Bopi)k  fel^r  gebogen. 

Snjtoifdjien  überfluteten  bie  SBicIiffd^en  Se^rmeinungen  ©tabt  unb  Sanb.    ©o  lange 

20  ©binio  m  ber  Gbebienj  Oregorö  XII.  berf^arrte,  blieb  aHeö  ©infc^reiten  bagegen  erfolglos, 
\a  einige  Slnl^änger  be«  §ufe  fonnten  e«  untemel^men,  ben  (gri^bifc^of  bei  äHejanber  V.  ju 
berßagen.  äfe  [\d)  aber  ©binfo  biefem  unterwarf,  änberte  [xd)  bie  Sage;  ber  ßrjbifc^of 
gehwmn  bei  ber  Äurie  ein  geneigte«  Of)x,  aU  er  bem  5Pa})fte  t)orfteDte,  alle«  Unheil  in 
Söi^men  rül^re  Don  ben  SBicIifiten  l^er;  burc^  beren  älufreijungen  h)erbe  berÄleru«  unbot^ 

26mäfeig  unb  feien  bie  ßenfuren  ber  Äirdjie  mifead^tet;  fte  l^ätten  ben  SBaronen  bie  SKeinung 
beigebrad^t,  bafe  e«  ben  Saien  jufomme,  ben  Älcru«  ju  leiten,  man  l^abe  ben  König  öer^ 
modjlt,  $anb  an  ba«  ÄirdSicngut  ju  legen.  3"f*>l0«  ^M^  SSorfteHungen  erliefe  ber  ']iap\t 
feine  35uDe  bom  20.  3)ejember  1409,  bie  ben  erjbifd^of  ermä^tigte,  gegen  ben  3BicIifi«s 
mu«  Dorguge^en:  alle  toiclifitif d^en  SBüd^er  foHten  abgeliefert,  tricKfitifc^e  Se^ren  toiberrufen 

80  unb  bie  ?5rebigt  an  anberen  oI«  ben  J^ertömmlid^en  Orten  unterfagt  toerben.  3)ie  SuHe 
iDurbe  am  9.  ^ärj  1410  beröffentli(^t.  §ufe,  überjeugt,  bafe  äiejanber  V.  falfc^  berid^tet 
toorben,  ajvjjellierte  an  ben  beffer  p  unterrid^tenben  5Paj)ft.  35er  (grjbifc^of  liefe  fic^  inbe« 
nidjit  beinen:  er  befaf;!,  alle  ©djinften  ffiiclif«  jum  ßtoedfe  i^rer  Prüfung  einjulicfem  unb 
liefe  bann  nac^   bem  grgebni«  ber  Prüfung   am   16.  3uli  bie   eingelieferten  Sucher  im 

86  §ofe  be«  erjbifd^öflic^en  $atafte«  auf  bem  §rabfd^in  in  ©egentoart  be«  2)omfapitel«  unb 
einer  grofeen  5Dlenge  t)on  ^rieftem  berbrennen.  6«  Iparen  über  200  §anbfd^riften,  barunter 
einige  foftbar  gebunbene.  3)ie«  SSorgel^en  rief  in  $rag  eine  unbefc^reiblid^e  ©rregung 
l^or,  umfome^r  al«  ©binfo  jtoei  3:age  f^äter  ben  S5ann  über  §ufe  unb  feine  älnl^änger 
au«fj)rad^.    3)ie  Slufregung  tourbe  bi«  in  bie  unterften  ©d^ic^ten  getragen,  —  an  einzelnen 

40  Orten  fam  e«  ju  ftürmifcpen  Auftritten.  2)er  ©rjbifc^of  tourbe  in  ©j)ottliebem  Der^ö^nt, 
unb  ber  ®otte«bienft  geftört.  2Ber  e«  h)agte,  ben  95ann  toiber  $ufe  ju  öerfünben,  tourbe 
am  Seben  bebrol^t.  ®ie  SRegierung  berbot  jtoor  ba«  ©ingen  bon  ©})ottliebem,  tjerurteilte 
aber  ben  ©rjbifc^of,  bie  in  i^rem  Eigentum  gefc^äbigten  Eigentümer  ber  tjerbrannten 
Büdner  ju  entfd^äbigen  unb  berfügte  auf  feine  SÖäeigerung   bie  2;em})oralienf})erre  gegen 

46  i^n.  $ufe  unb  feine  änl^änger  liefeen  ftd^  fo  trenig  einfc^üd^tem,  bafe  fie  ben  erjbifd^öf= 
Rd^en  geboten  gum  %xoii  einzelne  2Berfe  SBictif«  in  öffenüid^en  3)i«l)utationen  tjerteibigten. 
3)ie  3Rad^t  feiner  änl^änger  tvntiß  bon  2;ag  ju  3:ag,  unb  ber  3luf  bon  ben  ©rfolgen 
be«  böl^mifd^en  2Biclifi«mu«  brachte  audb  beffen  äln^änger  in  (Snglanb  in  freubige  ßr^ 
Kßung.    „35a«  game  böl^mifd^e  SSolf,  fc^reibt  §ufe  babin,   lec^jt  nad;   ber  SBaf^r^eit,   e« 

60  toUl  nid^t«  toiffen  aif«  ba«  ©toangelium  unb  bie  ®})ifteln,  unb  too  in  irgenb  einer  ©tabt 
ober  in  einem  35orfe  ober  ©d^lofje  ein  ^ßrebiger  ber  1^1.  2Baf;r^eit  erfd^eint,  ftrömt  ba« 
SBolf  gu  gan|\en  .Raufen  jufammen.  Unfer  Äönig,  fein  ganjer  öof,  bie  95arone  unb  ba« 
gemeine  93olf  finb  für  ba«  2Bort  S^rifti."  3lad)  toie  öor  l^ielt  §ufe  feine  ^rebigten  in 
ber  S3et^te^em«faj)ene ;  fein  2:on  tourbe  immer  füf^ner.    gn   offener  Slnfjjrad^e  tranbte  er 

66fid^  t)on  ber  Äanjel  l^erab  an  bie  gul^örer:  SBollt  3^^  ^^^  nnf^ängen,  unb  ba«  9Solf 
rief  il^m  ju:  SBir  troDen  unb  l^ängen  bir  an.  ©elbft  bie  Regierung  trat  für  i^n  ein. 
3h>ar  iDurbe  am  15.  3Kärj  1411  ber  95ann  gegen  il^n  in  ben  meiften  Äird^en  bon  ^^rag 
berfünbet  unb  auf  ben  ©emeinberat  au«gebel^nt,  toeil  ber  auf  ben  erj^bifd^öflid^en  ©ütern 
laftenbe  ©equefter  ni^t  aufgehoben  Jourbe,  enblic^  tourbe  aud»   über  ^rag  ba«  3"*^*^^^^ 

60  berl[Kingt,  aber  aUe  biefe  SRaferegeln  blieben  o^ne  @rfolg,  unb  ©binfo  fa|  ftc^  genötigt 


^ttft  *77 

einen  —  freilid^  vergeblichen  aiuggleid^  ju  berfud^en.  3Bä^renb  biefer  SBirren  ftarb  er  am 
28,  ©ei)tember  1411.  5Kit  feinem  3:obe  tritt  bie  lirc^Iid^e  Setoegung  inSöl^men  in  eine 
nm^  ^pi^afe.  6in  toic^tige^  3Roment  barin  bilbct  ber  2lblafeftreit,  ber  im  ^aljxc  1412  in 
^rag  au^bradji,  benn  er  bot  ben  3lnla^,  ba^  ftdji  bie  biö^er  befreunbeten  Parteien  unter 
ben  9leuerem  fc^ieben.  5 

3m  .öerbft  1411  erliefe  S^^^""  XXIII.  bie  befannte  ßruciata  gegen  Jtönig  £abi^ 
laug  »on  9leaj)el,  ben  ©(^tii^er  ®regor«  XII.  Slud^  in  5Prag  lüurbe  ia^  Äreuj  gejjrebigt 
unb  baö  SBolf  t)on  älblafe))rebigem  unter  S^rommelJ^lag  in  bie  Äird^en  getoiefen,  h)0  bie 
Dj)ferfä[ten  aufgeftellt  toaren.  ßg  enttoidelte  fid^  ein  förmlid^e«  ätblafegefc^äft:  ber  Slblafe 
tourbe  für  3)iafonate  unb  Pfauen  an  Unterf^änbler  berlauft.  10 

3l^n  unb  jiDan^ig  ^aljxc  toaren  Vergangen,  feit  Urban  VI.  ben  fireujjug  unter 
ä^nlic^en  Umftänben  gegen  ^lanbem  })rebigen  liefe.  3)amafe  er^ob  SBiclif  in  feinen  ^re« 
bigten  ^Proteft  unb  fc^rieb  ferne  berühmte  ßruciata.  3)ie«  95cifj)iel  al^mte  §ufe  je^t  na^; 
auf  Äatl^eber  unb  Jtanjel  er^ob  er  feine  Stimme,  ja  er  meinte  bie  ganje  Unitoerfttät  mit* 
reifeen  gu  fönnen.  $ier  aber  toax  ber  5Punft,  h?o  i^n  bie  ^eunbe  öcrliefeen,  bie  i^m  fo  15 
lange  jur  Seite  ge[tanben.  2)ie  tl^eologifd^e  gaf ultät,  Stejj^an  »on  5Palecj\  an  ber  Sj)i^e, 
traten  für  ben  $a))ft  in  bie  Sc^ranlen.  am  7.  3uni  1412  fanb  im  grofeen  Saale  be« 
ßarolinumö  eine  ®i^})utation  ftatt.  35er  SSortrag  be«  §ufe  ift  ate  Quaestio  magistri 
Johannis  Hus  ...  de  indulgentiis  befannt.  3)ie  fjrage,  bie  er  fic^  ftellt,  lautet,  ob 
e^  nac^  ber  Sibel  erlaubt  fei,  jum  2Bol^l  beö  SSolfe^,  ;^ur  6^re  ©otte«  unb  jum  9hi^en  20 
beö  Königreiche^  unb  ber  G^riftgläubigen  bie  Äreujjug^buDen  ju  befürtoorten.  §ufe  erl^ebt 
bagegen  eine  9{ei1^e  k)on  @inn>önben,  bie  toörtlic^  au^  bem  legten  Kapitel  bon  äBiclifd 
33uci^  bon  ber  Äirc^e  unb  beffen  3lb^anblung  De  absolutione  a  pena  et  culpa  ent« 
nommen  fmb:  Äein  $aj)ft  ober  Sifciffof  fei  befugt,  im  ^Warnen  ber  Kirche  baö  Sd^toert  gu 
ergreifen,  er  mufe  für  bie  ^inbe  beten  unb  fcgnen  bie,  bie  i^m  fluchen.  Vergebung  ber  26 
Sünben  erlange  ber  5Kenf^  burc^  lüirflid^e  SReue  unb  95ufee,  nid^t  aber  um  ®elb.  SBenn 
jemanb  nic^t  ^räbeftiniert  fei,  bem  !önne  aud^  ber  3lblafe  nic^t  Reifen,  unb  ob  jemonb 
})räbe[tiniert  fei,  fann  auc^  ber  ^ßapft  nid^t  toiffen.  SBenn  beffen  Süllen  ber  1^1.  Schrift 
entgegen  finb,  mufe  man  il^nen  SBiberftanb  leiften. 

S)ie  S)oftoven  ber  t^eologifc^en  gafultät  hielten  bie  ©egenrebe,  bod^  ol^ne  (Srfolg ;  ao 
ben  gröfeten  ScifaD  erntete  übrigem^  ^ieron^mu^.  SBenige  Xage  nai)  bem  SSortrage  toer^ 
brannte  ein  SSolfö^aufe,  gefül^rt  »on  bem  audji  in  en^lifd^en  ffliclifitenfreifen  belannten 
2Bof  bon  SBalbftein,  bie  })ä^3ftlid^en  Süllen,  ein  (greigni^,  für  ba«  man  bie  Segrünbung 
aucb  bei  3Biclif  (Op.  evang.  II,  c.  37)  fanb.  3Kan  mufe,  rief  ba«  3Solf,  bem  toa^r^ 
^ften  5D}agifter  §ufe  mel^r  gef^orc^en  ate  ber  betrügerifc^en  Sc^ar  t)on  ©l^ebrec^em  unbsB 
Simoniften.  3)a  bie  gegnerifd^e  ^Partei  ben  König  alljugrofeer  9lac^fid^t  gegen  bie«  SSor« 
ge^en  jie^,  liefe  er  burc^  bie  SWagiftrate  jebe  öffentlidjie  Sc^mö^ung  be«  $aj)fte«  unb  jAen 
SBiberftanb  gegen  beffen  Süllen  a^nben,  unb  fo  tourben  benn  in  ber  2;^at  brei  Seute  au« 
ben  nieberen  Stäuben,  bie  ben  ©eiftlidj^en  toä^renb  ber  $rebigt  offen  toiberf))rod^en  unb 
ben  2lblafe  einen  Setrug  genannt  Ratten,  tro^  puffen« gürbitten  ent^au})tet.  (S«  toarenio 
bie  erften  3Wärt^rer  ber  ^uffitifc^en  Kirche  (Seitr.  wir  l^uff. Setoegung  V,  334, 
358).  3)ie  ©cgner  nannten  bie  äetl^le^em«fc4)elle  nun  bie  Kird^e  ju  ben  brei  heiligen. 
3)er  Sc^recfm  über  biefe  Vorgänge  ^ielt  freilid^  nid^t  lange  an.  ®a  griff  bie  §afultät 
JU  fd^ärferen  3Witteln:  fie  verlangte,  bafe  §ufe  feine  Sieben  unb  Se^ren  bem  35elanate  jur 
(Sinfic^tna^mc  übergebe ;  barauf  ging  biefer  nic^t  ein  unb  be«l^alb  fonnte  aud^  bem  SBunfd^  15 
be«  König«  nid^t  entfproc^en  trerben,  puffen«  5Koti»e  ju  toiberlegen.  2)ie  t^eologif^c 
^!ultät  ^atte  in^trifd^en  bie  45  3lrtifel  auf«  neue  tjerbammt  unb  i^nen  nod^  einige,  bie 
bon  ^ufe  berrübrten,  al«  irrig  ober  ^äretifdji  angefügt.  2)er  König  verbot  nun  biefe  ätr« 
tifel  JU  lehren  unb  liefe  ba«  I)ehet  ben  2)oftoren,  SRagiftem  unb  Klerifem  befannt  machen. 
®od^  toeber  §ufe  nod^  bie  Uniüerfität  al«  fold{>e  ftimmte  biefer  fummarifc^en  Verurteilung  60 
juj  fie  verlangten  vielmehr,  bafe  bie  Sc^rifttribrigfeit  ber  älrtifel  juerft  er« 
wtefen  h)erben.  §ufe  felbft  unternahm  e«,  ben  Setoei«  ju  erbringen,  bafe  bie  älrtifel 
13—16  unb  18  nid^t«  irrige«  ober  fe^erifc^e«  entl^alten  (Defensio  quorundum  articu- 
lorum  Joannis  Wiclef).  2)ie  3Kotit)e  feiner  3lu«fül^rungen  finb  auc^  ^ier  ganj  SBiclif 
entlel;nt.  Somo^l  bie  Siebe,  bie  §ufe  im  Sarolinum  Qd)altm,  al«  aud^  bie  fj)ätere,  bie  66 
ben  gleichen  i^w^d  verfolgte,  gelangte  in  tveitere  Kreife  unb  trurbe  bon  ben  ®ohoren  ber 
tl^eologifc^en  gafultät  in  einer  ©egenfc^rift  (Probatio  et  fundatio  doctorum  probans 
indulgentias  papales)  ju  toiberlegen  Verfucf>t;  freilid^  reicht  biefe  in  i^rer  3i5irfung 
feine«fall«  an  bie  3lrbcit  puffen«  ^eran,  bie  mit  unjh>eifel^aftem  ©efc^icf  jufammen« 
geftellt  ift.  gq 


478  ^ttf^ 

35ic  fraget  S^umultc  Ratten  in  gan^  Söhnten  unlicbfamcö  Staffelten  gemad&t:  bie 
})ä))ftli(^en  SJcgatcn  unb  ber  erjbifc^of  ällbif  fuc^tcn  bälget  §u6  ju  betDcgcn,  bcn  äüiberftanb 
flegcn  bie  lpä))ftlic^en  Süllen  aufzugeben,  unb  ber  Äönig  ma^te  einen  freilid^  erfolglofen 
SJerfuc^,  bie  fat^olifd^e  unb  l^uffitifc^e  Partei  einanber  ju  näf^em.  (Segen  §u6  l^atte  ^alecj 

6  feinen  Tractatus  gloriosus  —  im  toefentlid^en  eine  h)eitere  2lu^fü^rung  ber  Probatio 
et  fundatio  —  bwfafet,  bie  ^ufe  ]päkx  miebcr  mit  einer  au^füFirlic^en  (Scgenfd^rift  ber 
Refutatio  scripti  octo-doctorum  theologie  beantwortete  —  jiemlic^  fpät,  benn  in  ber 
3U)ifci^enjeit  toar  fd^on  feine  ©treitfc^rift  ,,bon  ber  Äird^e"  erfciffienen. 

3RittIertoeiIe  I^atte  fid^  aud^  bie  5Prager  ^fangeiftlid^Ieit  burd^  3Wid^ael  bon  Deutfd^s 

10  brob  (SJlic^ael  be  ßaufi^)  mit  il^ren  Slagen  gegen  |lu|  an  ben  ^ai)ft  geh)enbet,  unb  biefer 
beauftragte  ben  Äarbinal  t)on  ©t.  Slngelo,  o^ne  SJa^ifid^t  tüiber  öu«  t)or|;ugel^en.  SDer 
Äarbinal  Der^ängtc  über  i^n  ben  großen  Äirc^enbann.  Sr  foDte  feftgenommen,  bem  ßrj- 
bif4>of  Don  ^rag  ober  bem  Sifd^of  Don  Seitomifc^l  überliefert  unb  bie  S3et^Ie^emöfa))ene 
bem  ©rbboben  gleic^emac^t  Werben.    3lber  bie  berfc^ärften  5Ka^regeIn   gegen  §u6   unb 

16  feine  Slnl^änger  unb  felbft  gegen  bie  95et^le^emgfaj)eÜe,  auf  bie  am  2.  Dftober  1412  ein 
förmlid^er  Singriff  gemacht  tourbe,  bag  über  5Prag  berl^ängte  ^nterbift,  enblic^  and)  bie 
(Segenma^regeln  ber  ^ufftten:  bie  grofee  Serteibigung^rebe  be^  3Wagifterg  3«>^ö""^  3^ff^= 
nicj  unb  bie  3lpj)eDation,  bie  §u6  nac^  bem  (bon  SBicIif  erjö^Iten)  Öeift^iele  be^  englifc^en 
Sifd^ofg  Slobert  ©roffetefte  »on  Sincoln  Don   bem  $a))ft  an  gefu^  ßl^riftu«  aU   oberften 

2o9li(^ter  einlegte,  aü  ia^  bermel^rte  nur  bie  Slufregung  im  3Solfe  unb  nötigte  §ufe,  einem 
SBunfdjie  be«  Äönig«  entf^rec^enb,  ftc^  au«  5Prag  ju  entfernen. 

2lu«  ber  3«it  bor  feinem  Slbgange  ftammt  bie  Heine  Slb^anblung  De  Credere,  bie 
jum  größten  leite  au«  SBiclif«  95ud&  De  Ecclesia  genommen  ift. 

3)ie  ätbwefenl^eit  §uffen«  l^atte  bie  erwartete  SBirfung  nic^t:  bie  ätufregung  bauerte 

26  fort  unb  Würbe  burd^  feine  ©enbfd^reiben  noc^  gefc^ürt:  er  maf>ntc  feine  Stn^änger,  ba« 
SBort  ®otte«  fleißig  ju  ^ören,  bei  ber  belannten  SBal^rl^eit  ju  bleiben,  bie  3^törung 
feiner  Rapcüc  nid^t  gujutaffen  unb  bie  feinbtid^en  ßitationen  nid^t  ju  für^ten.  (Sr  tröftete 
bie  greunbe  über  feine  ©jfommunifation  unb  erörtert  —  auc^  ^ier  jumeift  mit  SBiclif« 
SBorten  —  bie  ©rünbe,  um  berent^atben  er  bon  $rag  ^inWeggej\ogen. 

80  a)er  Serruf,  in  ben  Söl^men  Wegen  ber  Äe^erei  gefommen  war,  ging  bem  ßönig 
na^e.  6r  naJ^m  ba^er  bie  3tu«glei(^ung  ber  ®egenfä|e  felbft  in  bie  ^anb  unb  rief  um 
SBei^nac^ten  1412  bie  ^'6i)\U  Sfteic^«bel|örbe  ju  einer  Beratung  gufammen.  $ier  legte 
$u^  eine  3)enf jd^rift  Dor,  Weld^e  bie  3lotlage  be«  üanbe«  5eid;net  unb  Slbbilfe  forbert.  (Sr 
Werbe  fic^  gern  i|ur  SSerantWortung  fteDen,  au^er  fianb  fönne  er  nic^t  gelten,  511m  ®e^or* 

86  fam  fei  er  bereit,  Don  ber  $rebigt  fönne  er  aber  nic^t  laffen.  3)en  Slnträgen  ber  oberften 
SUcid^be^örbe  entfjjredjienb  berief  ber  König  eine  6^nobc  für  ben  2.  gebruar  nac^  S3ö{^= 
mifdi^sSrob.  Slber  fte  trat  nid{>t  bort.  Wo  auc^  §ufe  l^ättc  erfd^einen  fönnen,  fonbem  am 
6.  ^bruar  im  er^bifd^öfli^en  ^Palafte  in  $rag  jufammen.  35ie  ^arteifüJ^rer  fcJ^lten,  boc^ 
Würben  Don  beiben  ©eiten  SBorfd^läge  jur  ^erfteUung  be«  firc^Iic^en  ^eben«  erftattet,  fo 

40  oud^  Don  §u^  unb  ^alob  Don  3Kie«  (^öcobeU).  Stuf  bie  ©utac^ten  ber  Äat^oliten  rej)li= 
jierten  bie  ^uffiten,  auf  jene  ber  te^teren  ber  Sifd^of  Don  Seitomifc^l.  ^ufe  Derlangtc 
namentlid^,  ba^  Söf^men  in  firc^tic^er  Se^iel^ung  biefelben  grei^eiten  l^abe,  wie  anberc 
Sänber ;  StD})robationen  unb  SBerbammungen  f oHen  bemnac^  nur  mit  ßrlaubni«  ber  ©taat«= 
geWalt  Dertünbet  Werben  bürfen.    6«  ift   bie«   ganj   bie  SeJ^re  Siclif«  (Sermones  III, 

46  519  u.  a.).  3Ber  ^ufe  ber  Äe^erei  befc^ulbige,  tJ^ue  e«  auf  ba«  jus  talionis  l;in.  6« 
folgten  ©d^riften  unb  ©egenfc^riften.  3"  einer  (Sinigung  fam  e«  nic^t:  „Unb  wenn 
ic^  Dor  bem  ©c^eiterJ^aufen  ftünbe,  ber  mir  bereitet  ift,  fd^reibt^ufe  in  jenen 
lagen,  ba«  Äonjilium  ber  t^eologifc^en  gafultät  Werbe  ic^  niemal«  annel^men."  2)ie  ©^5 
nobe  Derlief  fomit  refultatlo«.    Stber  nod^  gab  ber  Äönig   nid^t  alle  «Hoffnung   auf:   eine 

60  Äommiffwn  fotite  an  bem  6inigung«Werfe  Weiter  arbeiten.  3)ie  3)ottoren  Derlangten  Don 
§u^  unb  feinen  Sln^ängem  bie  Slnerfennung  i^re«  Äirc^enbegriff«,  Wonad^  ber  ^aj)ft 
ba«  $au})t,  bieÄarbinäle  ber  Äörj)er  ber  Äirc^e  finb  unb  bafe  allen 
änorbnungen  biefer  Äird^e  ge^ord^t  Werben  muffe.  ,<pu|War  lebhaft  bagegen, 
benn  bann  wären  \a  ^a^ft  unb  Äarbinäle  allein  bie  Äirc^e.    ^a,  finb  fie  e«  benn  Wir!* 

66li(^?  Unb,  )fva^  ift  bie  Äirc^e'c' 

Iro^  allebem  fotl  [xd)  bie  ^uffitifd^e  Partei  bem  gegnerijd^fen  ©tanbpunft  noc^  mel^r 
genähert  \:}ahm,  Sie  machte  ^n  bem  ©a$,  ba^  man  ber  römifc^en  Äird^e  glauben  muffe, 
ben  3"f^^-  ftoweit  ein  jeder  frommer  curiat  gehalten  ist.  3)agegen  aber  legten  Stani«- 
lau«  Don  ^mxm  unb  ©tejjl^an  Don  ^alecg  SSertoal^rung  ein  unb  Derlie^en  bie  i^erfamm* 

eo  lung.  Wofür  fic  nebft  jWei  anberen  Si'iortfüf^rern  Dom  König  in«  ßjil  gcfc^icft  Würben. 


^ttß  479 

Seibc  Parteien  fud^ten  nun  il^rc  Sel^rfä^c  au^fü^rlid^  ju  bcgrünben  unb  bic  ber 
(Segner  gu  befämpfen.  ©o  entftanben  bie  ©treitjd^riften  eine«  ^nbrca«  bon  Srob,  3^' 
Joanne«  ^u6,  ©tani^Iau«  bon  ßnaim  unb  ©tcpl^an  $alecj  (95eitr.  I^uft.  Seto.  IV,  315  ff.)- 
S3on  all  biefen  ©c^riftcn  ift  bic  be«  §u6  „De  Ecclesia"  bon  jel^er  am  meiften  citiert 
unb  je  nad^  bem  ©tanb})unft  betrunbert  ober  getabelt  toorben.  Unb  boc^  ift  fie  in  ben  6 
erften  10  Äa))iteln  nic^t«  ate  ein  bürftiger  "Sln^uQ  aui  bem  gleid^namigen  SBerfe  SBicIif« 
unb  in  ben  folgenben  Äo^jiteln  au«  beffen  (noc^  ungebrucftem  Sud^e)  „Von  der  Gewalt 
des  Papstes".  SBicIif  ^atte  einft  fein  Sud^  gcfdj^rieben,  x\m  ber  lanbläufigen  Slnftd^t  ber 
3eit,  al«  beftel^e  bie  Hirc^e  nur  avi^  ben  ®eiftlic^en,  entgegenzutreten,  in  einer  äJ^nIid{>en 
iJage  befanb  ftdff  nun  §ufe  unb  er  jögerte  nidjit,  mit  aBicIif«  Söorten  ju  befinieren,  toa«  lo 
bie  Äirc^e  ift  (f.  unten). 

©einen  2;raftat  ^atte  §ufe  auf  ber  33urg  eine«  ®önner«  ju  Kozl  hradek  bei  äuftie 
gefc^rieben;  er  fanbte  il^n  nad^?Jrag,  h?o  er  am  %,^yxX\  in  ber  95et^lel^em«fa})eDc  öffentlid^ 
iwx  Serlefung  fam.  §icr  enttoicfelte  fid^  über^aut)t  ein  eigenartiger  Äuitu«  2Bicüf«,  l(;ier 
»urben  Schreiben  englifd^er  SBiclifiten  beriefen,  unb  an  ben  SBänben  toaren  bie  ^au})ts  i6 
fä^e  au«  puffen«  3lb^anblung  De  sex  erroribus,  bon  ber  ebenfaU«  ganje  Äa))itel  fflicltf 
angel^ören,  aufgefc^rieben.  3(uf  puffen«  Sud^  bon  ber  Jlirc^e  anttDorteten  @tani«Iau«  bon 
3neim  unb  ^5alecj  mit  gleid^namigen  Straftaten. 

3)ie  ^inbfd^aft  unter  ben  ©egnem  toirb  immer  l^eftiger:  h?ie  ^aleq  bie  Slnl^änger 
bc«  §u6  Quidamisten,  nennt  biefer  $alecj  Fictor  (Sügner).  ®egen  i^n  unb  ©tani«lau«  20 
fc^rieb  |)u6  feine  bon  i^m  felbft  nic^t  ^oc^  eingefd^ä^ten  ©treitfd^riften  Responsum  ad 
scripta  Palecz  unb  ad  scripta  Stanislai.  3i"tereffant  ift  bie  eine  burdji  puffen«  ^in* 
toei«  auf  bie  3:i^atfad^e,  ba^  minbeften«  audji  feine  ®egner  bon  bem  füften  ®ifte  SBicUf« 
gcfoftet;  jc^t  freilid^  Ratten  fie  i^re  Überzeugungen  in  bie  Äloafe  getoorfen. 

grft  je^t,  h?o  bie  ftreitbarften  ®egner  be«  ^ufe  au«  5Prag  geh)ic^en  Joaren,  gewannen  26 
beffen  2ln{^ängcr  lizn  gangen  Soben  für  fidji.  6ine  fcitene  &ait  ber  Überrebung  ftanb 
i^m  IM  ®ebote:  in  ©tabt  unb  2anb  fiel  il^m  balb  aDe«  ju;  man  begreift  fein  ftoljc« 
SBort  auf  bem  üonjil:  frei  bin  ic^  l^ierl^er  gefommen;  If'aiit  ic^  e«  ni^t  tooDen,  nid^t 
biefer  Äönig  ba  (©igi«munb)  unb  auc^  nic^t  jener  bort  (SBenjeO  Ratten  mic^  ^inbem 
lönnen,  benn  fo  jal^lreid^  unb  mäd^tig  fmb  bie  böf^mifc^en  §erm  bie  mic^  lieben,  ba^  ic^  ao 
mid^  leidet  hinter  il^ren  ©c^löffem  ):iättt  fc^ü^en  fönnen.  §u§  fagte  bamit  bie  boÖe  SBa^s 
l^eit.  @r  h)ar  ber  ^l^rer  feine«  SÖolfe«  getoorben.  ®inen  l^eftigen  ©c^Iag  erlitten  feine 
®egner,  al«  Äönig  SBäenjel  ben  3)eutfd{>en  im  altftäbter  "SiaU  ba«  §eft  au«  ber  öanb 
nal^m  unb  berfügte,  bafe  in  §infunft  neben  9  S)eutfc^en  audji  9  SfdjiedSien  al«  9lat«^erren 
fungieren  foHten.  86 

3Rittlern)eiIe  lüar  ^u^  teil«  mit  ber  älbfaffung  ber  genannten  ©treitfc^riften,  teil« 
mit  Sßrebigten  an  ba«  S^olf  in  ber  Umgebung  bon  Kozl  hradek  befc^äftigt.  2)a^cr  ^at 
fic^  gerabe  bort  bie  ßrinnerung  an  feine  bon  il^m  befonber«  gej)flegte  ^aftorale  X^ätigfett 
Icbenbig  erl^alten  unb  ift  trenige  ^al^re  f^jötcr  in  jener  ®egenb  bie  ©tabt  2:abor  ent« 
ftanben.  ©c^on  berfud^te  e«  ber  bö^mifc^e  2ÖicIifi«mu«  in  ^^olen,  ja  felbft  in  Ungarn,  40 
Kroatien  unb  öfterceid^  feften  %\x%  ju  faffen.  3lber  auc^  bie  Äurie  h>ar  nic^t  untl^ötig 
geblieben,  '^m  Januar  1413  tagte  in  5Rom  ein  ®eneraIfonjil,  ba«  SBiclif«  ©Triften  ber= 
bammte  unb  bem  ^euer  j\u  übergeben  befahl.  3)ie  SuHe  be«  $a))fte«  bom  8.  gebruar 
1413  \:ioX  §ufe  mit  bcifecnbcn  ®Ioffen  berfe^en,  namentlich  mad^t  er  fid^  über  ba«  „®e- 
neral"tonjil  luftig,  in  Säirtlic^feit  fei  e«  nur  ein  bon  römifd^en  SKönc^en  unb  ©imoniften  45 
befud^ter  SBinfclfontjent  getuefen. 

3)em  ©rf)i«ma  ein  6nbe  ju  macben,  bie  l^cife  erfel^ntc  Äirc^cnreform  in  angriff  gu 
nehmen,  h)urbe  ein  allgemeine«  Äonjil  für  ben  1.  3?oüember  1414  nad^Äonftanj  berufen. 
®lei(^  üon  3lnfang  an  fear  auc^  bie  SBefeitigung  ^äretifc^er  Sel^rmeinungen  in«  Sluge  ge^ 
fa|t.  3)cm  fionig  ©igi«munb  lag  al«  ßrben  ber  böl^mifc^en  Ärone  baran,  bie  3WaIel  ber  60 
^ärefie  bon  öö^mcn  gu  nehmen.  2lud{>  $ufj  h?ar  baran  gelegen,  bem  trüften  ®efd{>rei 
ein  Snbc  gu  mad^en,  unb  gern  bereit,  ber  3tufforberung  ©igi«munb«,  nad^  Jtonftanj  gu 
ge^cn,  Jolge  gu  Iciftcn.  3)ort  f^offte  er  ®rofee«  ju  erjieten:  au«  ben  bal^in  mit« 
genommenen  ^rebigtcn  entnimmt  man  feine  3tbfid^t,  bie  berfammelten 
!8ätcr  gu  feinen  b.  b.  gu  ®iclif«  ,?)auj)tle^ren  ju  belehren.  3Son5tönig6G 
©igi«munb  crl^ielt  er  bic  3"f^0^  f^^^^  ®eleitc«.  2)rei  Ferren  bom  böl^mifc^en  Slbel, 
Sodann  bon  ß^lum,  5l5cnjel  Don  2)uba  unb  §einrid^  üon  ß^lum  auf  fin^enboi,  Ratten 
ben  Sluftrag,  für  feine  ©irf»er^eit  auf  ber  JReife  unb  toäl^renb  be«  Äongil«  m  forgen. 

3Jac^bcm  fic^  .^ufe  in  ^rag  mit  au«reic^enben  3<^9"iff^  ü^^  f^^^c  ä^ed^tgläubigfeit 
bcrfcl;en  unb  loic  in  ber  3l^nung,   bafe   er  in   ben  3;ob   gel^e,  fein  .öau«  beftcUt   l^atte,  «\ 


480  ^u{^ 

mad^tc  er  fidf^  auf  bcn  SSBcg.  Sc^on  auf  ber  Sleifc  nad;  Äonftanj  begriffen,  na^m  er  bon 
feiner  treuen  ©emeinbe  aibfdffieb.  2)en  ätbftd^ten  ©igtemunbö  entfjjred^enb  l)ätU  er  bie 
Steife  in  beffen  SSegleitung  machen  foHen,  unb  bo^  ipäre  für  feine  Bad)t  and)  beffer  ge- 
toefen.    3lm  11.  Dftober  bradji  er  auf.    3Witgreuben  melbet  er  nac^^aufe,  bie  3)eutf(ISien 

6  fämen  il^m  —  er  l^atte  ba^  ^meifelloig  nic^t  ertoartet  —  freunblid^  entgegen.  @r  foBte 
e«  balb  in  ber  %\)at  erfahren,  bafe  feine  ärgften  geinbe  unter  ben  eigenen  Sanb^Ieuten 
ftänben.  a)iefe  l^atten  fiep  fc^on  gerüftet:  am  3.  Slobember  langte  ^ufe  in  Äonftanj  an, 
unb  fd^on  am  folgenben  Skige  fonnte  man  bort  an  ben  JlirclS>ent|üren  Icfen,  ba^  3Rii)ad 
bon  3)eutfd^brob  gegen  ben  5te|er  §u6  auftreten  loerbe.  35iefer  befanb  fic^  anfangt  auf  freiem 

10  ^^e.  Seine  Verberge  fanb  er  bei  einer  S3ürger«frau,  „einer  ^meiten  3Bith)e  Don  ©arejjta." 
aber  fc^on  nad^  toenigen  SBod^en  gelang  e^  feinen  SBiberfad^em,  auf  ba^  (Serüc^t  l^in, 
ba^  er  ju  fliegen  beabfid^tige,  il^n  gefangen  gu  fe$en  (28.  Slotoember),  6r  trurbe  junäd^ft 
in  bie  SBo^nung  eine^  Äonftanjer  35om|erm  unb  Don  bort  am  6.  SDegember  in  ba^35o- 
minifanerHofter  überführt,  h)0  er  in  ein  finftere^   an  bie  5tIoafe   fto^enbe^  ©elafe  geftedEt 

16  tourbe.  ^toax  braufte  Sigiömunb  auf,  aU  er  l^örte,  ba^  man  feinen  (Seleit^brief  mi6= 
ad^te,  unb  lie|  bie  ^rölaten  feinen  gom  fül^len,  ate  biefe  aber  bie  2)rof;ung  be^  Äönigg, 
bag  Äonjil  ju  t>erlaffen,  mit  ber  Srtoiberung  beanttoorteten,  ba^  e^  bamit  eben  aufgelöft 
toäre,  fc^tite  er  fic^  in  bie  2^l^atfad^e.  So  toor  benn  puffen«  S^idEfal  befiegelt.  95ereit^ 
am  4.  ©egember  l^atte  ber  $a^ft  einen  älu^fd^ufe  bon  brei  Sifc^öfen   mit  ber  Sßorunter« 

ao  fudiiung  gegen  i^n  betraut,  ^ie  Selaftung^geugen  tourben  Demommen,  o^ne  ba^  i^m  ein 
ä(nh)a(t,  um  ben  er  gebeten  l^atte  unb  ber  il^m  anfangt  aud^  Der^ei^en  toarb,  gegeben 
tourbe.  5Kit  großem  Äummer  bemal^m  ^ufe,  ba^  Don  feinen  Streitfd^riften  aud^  bad  S3ud^ 
üon  ber  Äirc^e  feinen  ©egnem  überanttoortet  tourbe.  3lu«  biefem  l^atte  ^alec^  37  „3irrs 
tümer"  gejogen  unb  il^nen  nod^   fünf  aug  anberen  Sd^riften  puffen«   l^injugefügt.    3luf 

25  bie  9!ad^ric^t  au^  $rag,  ba^  ^iafob  \)on  3Sl\^  begonnen  ^abe,  ba^  9(benbma]^l  unter 
beiben  ©eftalten  ju  f})enben,  fam  noc^  ber  Saienfelc^  a\i  ain!(agej)unft  l^inju. 

35ie  Sage  §uffen^  Derfc^Ied^terte  ftc^  feit  ber  Äataftroj)l^e  ^o^ann^  XXIII.,  ber,  um 
ber  Slbbanfung  ju  entgelten,  an^  Äonftanj  enttoid^en  toar.  95i^|er  (Sefangener  beö  ^a))fte^ 
unb  in  ftetem  SBerfel^r  mit  feinen  greunben,  tourbe  er  nun  ber  §ut  be^  Sifd^of^  Don 

80  Jtonftang  übergeben  unb  in  beffen  35urg  (Sottlieben  am  JR^ein  gebracht.  §ier  toeilte  er 
73  3!age,  getrennt  Don  feinen  gteunben,  bei  %aQ  gefeffelt  unb  be«  Slad^tö  mit  ben  ^änben 
an  bie  2Banb  gefettet,  too  fein  95ett  ftanb,  fdjiledSit  genäl^rt  unb  Don  Äranf^eit  gejjeinigt. 
®a  hnxd)  bie  5lw4>^  3o^ann^  XXIII.  bie  3SoDma^t  ber  mit  §uffen^  Sac^e  betrauten 
Äommiffion  erlofc^en  toar,  tourbe  fie  nun  an  Dicr  anbere  ^Prälaten  übergeben,  unter  benen 

85  fid^  ber  Äarbinal  ^Uerre  b*3till^,  ©rjbifdSiof  Don  (Sambra^  befanb.    3)iefer  9lu^fd^u|  ^atte 

auc^  bie  Serij^terftattung  über  bie  lÖe^re  SBicIif«  übernommen,  ba  ha^  Äoniil  in  rid^tiger 

®rtoägung  beibe  älngelegenljieiten  ate  untrennbar  anfal^.    2lfe  nun  am  4.  illai  ba^  3Sers 

bammungdurteil  über  SBicIif  gefödt  tourbe,  toar  bie^  für  $u^  Don  übelfter  ^orbebeutung. 

2lm  5.  S^ni  tourbe  er  jum  erftenmal  Derl^ört  unb   ju  bem  3^^*   ^^  ^^^  ^anji^s 

40  fanerflofter  gebracht,  too  er  bie  legten  SBodjien  feine«  Seben«  jubra^te.  2)ag  Ser^ör  fanb 
im  Slefeftorium  ftatt.  9lac^bem  er  bie  Schriften  Don  ber  Äirdpe,  gegen  ^aleq  unbStani^^ 
lau«  Don  ^naxm  afe  bie  feinigen  anerfannt  unb  fic^  bereit  erllärt  ^atte,  fie  ju  toiberrufen, 
fott«  man  in  i^nen  ettoa«  3^0^^  fin^^f  tourben  i^m  bie  au«  feinen  Schriften  gezogenen 
©öfee  nebft  ben  g^Ö^^w^f^Ö^"  Dorgelefen;   toie  er  iebodji  auf  einzelne  fünfte  anttoorten 

46  tooute,  fc^rieen  Diele  gugleic^  auf  il^n  ein,  fc^toieg  er  aber,  fo  erßärte  man  e«  al«  Setoei« 
feine«  ^rrtum«.  Unmutig  brac^  er  in  bie  2öorte  aud:  ^6)  l^atte  gebac^t,  mel^r  3lnftanb 
imb  ®üte  unb  beffere  S^i)t  beim  Äonjil  ju  finben.  3)a«  9}erf;ör  tourbe  am  7.  3uni 
fortgefe^t.  Sigi«munb  toar  felbft  antoefenb ;  e«  nal^m  bal^er  auc^  einen  toürbigeren  ©ang. 
@in  ©nglänber  meinte  ben  leibhaftigen  SBicIif  Dor  [xd)  gu  l^aben,   al«   er  puffen«  älnt= 

eotoorten  |örte.    6«  fam  bann   auc^  fein  33er^ältni«  ju   jenem   gur  S})rad^e;   feine   tiefe 
SBeref^rung  SBicfif«  gab  er  gu:  er  fönne  nur  toünfd{>en,  bafe  feine  Seele  einmal  bort^in 
gelange,  too  bie  SBicUf«  fei.    SDagegen  beftritt   er,  bie  SBicIififd^e  äbenbma^UIc^re   ober 
bie  45  2lrtif el  Derteibigt  ju  ^aben :  er  fei  nur  gegen  beren  Verurteilung   in  Saufc^  unb . 
Sogen  aufgetreten.    ü)ian  toarf  il^m  feine  2l})j)enation   an  g^f"^  6^riftu«,   feinen  änteil 

56  an  ber  Vertreibung  ber  2)eutfd^en,  bie  ©etoaltt^ätigfeiten  gegen  bie  ©eiftlic^feit  Dor,  too^ 
gegen  er  fid^,  l^ie  unb  ba  nic^t  o^ne  S})i|finbigfeit,  Derteibigte.  3lod)  mahnte  ber  Äönig, 
inbem  er  bie  ?frage  be«  (Seleite«  berührte,  fid^  ber  ®nabe  be«  Äonjil«  gu  überlaffen,  er 
tooHe  feinen  Äe^er  in  Sc^u^  nel^men.  $ufe  anttoortete  bemütig;  er  fei  nid^t  gefommen 
ettoa«  l^artnädtig  m  be^ii})ten,  fonbem  laffe  ]xd)  eine«  Sefferen  belel^ren,   faU«  man  i(;m 

60  einen  ^ntum  na^toeife. 


^ttft  481 

95cim  lefetcn  SSet^ör  (am  8  3uni)  Ipurbcn  tl^m  39  ©äfec  üorgclefen,  k)on  bcncn  26 
auö  jcincm  SBud^  Don  ber  Äird^e,  7  au«  ber  ©d^ft  gegen  ^Saleq  unb  6  au«  ber  geaen 
Stani«(au«  gcjogen  Iparcn.  Sic  tourbcn  mit  bem  Sßortlaut  feiner  ©d^riften  t)etgK(^en 
unb  tocnn  ftd^  in  bem  95uc^  ©teilen  fanben,  bie  ben  ^vUf'&c^xti  mißfielen,  toanbte  fid^  b'SKtll^ 
an  benftönig  unb  rief:  ©el^t,  l^ier  fte^t  e«  nod^  ärger,  al«man  e«  au^gejogen  ^at.  SSon  n 
ben  Slrtifeln  fül^ren  faft  alle  auf  SBicKf  jurüdf,  fo  bafe  ber  (gnglänbcr  Sol^n  ©todfe«  im 
Siechte  h?ar,  ate  er  bel^aujjtete,  §ufe  l^abe  gar  nid^t  nö%  fxS)  biefer  Seigren  ate  feine« 
©igentum«  ju  rühmen,  ba  fie  bod^  nad^h)ei«barertoeife  SBiclif  angel^ören.  $u^  klonte 
einige  ©ö^e  ab,  bie  feinen  Slnftdjiten  nic^t  entfj)rad{>en,  anbere  berfud^te  er  )u  erläutern. 
SDem  Äönig  ^atte  man  ba«  ©emeingefä^rlid^e  einiger  Seigren  für  ben  Seftanb  ber  foAU  lo 
lid^en  §errfdS>aft  nal^egelegt,  um  il^n  h)iber  §ufe  ju  erbittern.  D'aill^  mal^nte  fc^Uefelic^ 
ben  5Dlagi[ter,  ftdff  bem  Äonjil  ju  fügen,  bann  toerbe  man  feiner  fd^onen.  ^ufe  erflärtc 
an6)  je^t,  bereit  ju  fein,  fid^  eine«  Sefferen  ju  belehren.  9lur  bitte  er  um  ®el(;ör,  um 
um  feine  Slnftd^ten  beffer  begrünben  m  lönnen.  SBürben  feine  (Srünbe  unb  bie  ©d^rifts 
[teilen  nid^t  l(;inreid^en,  h)erbc  er  fx^  'gern  Iveifen  laffen.  Snbem  man  biefe  ßrflärung  i5 
al«  bebingung«lofe  Untertüerfung  anfal^,  tjerlangte  man  bon  tl^m  ju  befennen  1.  in  ben 
bi«l^er  bel^au)[)teten  ©ä^en  geirrt  )u  l^aben,  2.  il^rer  in  S^Iunft  ju  entfagen,  3.  fie  ju 
toiberrufen  unb  4.  ba«  (SegenteU  biefer  ©ä$e  ju  bertünben.  $u^  bat,  i^n  nid^t  )u 
jtringen.  Seigren  ju  Ipiberrufen,  bie  er  niemal«  gelehrt  l^e,  anbere,  bie  man  al«  irrig 
erlenne,  iDoHe  er  toiberrufen.  Slnber«  ju  J^anbeln  fei  gegen  fein  ®eh)iffen.  3)iefe  SBortcw 
fanben  feine  gute  Slufna^me;  einzelne  toaren  berart  bon  §a^  erfüllt,  bafe  fte  §u|  gum 
SBiberruf  gar  nic^t  gulaffen  Sollten,  benn  er  trtirbe  ben  SBioerruf  nid^t  l^alten.  3^^*"K^ 
orbnung«lo«  tourbe  noc^  eine  3Wenge  Älagen  gegen  il^n  taut,  gum  ©c^lufe  erhoben  pdf 
$alecj  unb  3Kic^ael  be  ßaufi«:  5Wic^t  au«  })erf önlidjier  ^feinbfdjiaft  ober  au«  SRadjifud^t  feien 
fie  gegen  il^n  aufgetreten,  fonbem  fraft  i^re«  ®oftoreibe«.  $ufe  entgegnete:  34>  ftel^c26 
bor  ®otte«  ©eridj^t ;  er  toirb  mid^  unb  Qxid)  mit  ©ered^tigfeit  xxi^Urx,  toie  toir«  berbienen. 

3lad^  bem  ^erj^ör  am  8.  3""^  Würben  bi«  ju  ®nbe  be«  3Konat«  noc^  3Serfu^e  ge« 
mad^t,  §u6  jumSBiberruf  ju  betoegen.  @r  l^at  fte  atte  abgelel^nt.  3lm  IS-Suni  tourben 
bie  ätrtifel  formuliert,  loie  fie  bie  ©runblage  feiner  3Serurtetlung  bilben  follten.  3^  25 
bon  il^nen  machte  er  teil«  erllärenbe  teil«  einfdj^ränfenbe  SSemerlungen.  9lm  24.  ^uni  so 
tourben  feine  Sucher  gum  ^euer  berurteilt.  3ld)t  3^ge  f^ter  überreidjite  er  bem  Äonjil 
eine  ßrllärung,  burc^  bie  er  fidji  bem  gegnerifc^en  ©tanbj)unlt  fotoeit  näherte,  al«  e«  ibm 
möglid^  toar ;  aber  ju  einer  3?erftänbigung  ift  e«  nic^t  me^r  gdommen. 

5ür  ba«  SSerl^alten  Äönig  ©igi«munb«  loaren  j)olitifd&e  6rh?ägungen  ma^gebenb;  er 
^ielt  ju  ber  3Keinung  jener,  bie  §uffen«  9lücffel^r  in  bie  §eimat  al«  gefäl^rlid^  anfa|en:36 
„SDann  trürbe  ba«  ?feuer  crft  xtd)i  auflobern.  3lm  beften  fei«,  l^ier  bicSBurjel 
abzugraben  unb  bort  bie  3t fte   ju   bernic^ten".    @r  meinte,  ber  ©djiredfen   totirbc  feine 
SBirlung  tl^un.    ^ufe  felbft  gab  fxd)  feinerlei  2;äufd{>ung  mel^r  l^in.    „SBiberrufen  lönne 
er  nid^t,  benn  für«  erfte  mü|te  er  bamit  biete  „SBa^ri^eiten  toiberrufen,   fobann  toürbe   er 
einen  3Reineib  begel^en  unb  frommen  ©eelen  3trgemi«   geben".    ©(^lie^tidSi   mt\pxad)  ja  40 
ba«  5Kart^rium  feinem  eigenen  oft  fel(;nfüc^tig   lunbgegebenen  SBäunfc^e.    ^n  ben  legten 
©riefen  banft   er  ben  ^^eunben  für  if^re  fitebe  unb  Streue,  fcftigt  feine  3ln^änger  Im 
©tauben  unb   berjei^t   feinen  ^einben.    3)a«  ©d{>idffat  feine«  ^eunbe«  ^ieron^mu«  be= 
fümmert  i^n.    @«  fc^tt  ani)  nic^t  an  bitteren  Semerfungen:  „©ej^t  @uer  Vertrauen  nid^t 
auf  bie  dürften".    %ixx  i^n  ift  e«  fein  S^^^f^^^  ^^6  ©igi«munb  fein  SBort  gebrochen.  ®ie  «6 
fdjilimmen  Stauungen,  bie   er  felbft,  bie  feine  ^eunbe  gehabt,  e^e   er  jum  Äonjil  jog, 
famen  il^m  in«  ©ebäc^tni«. 

3tm  6.  guti  —  e«  h?ar  ein  ©onnabenb  —  erfolgte  in  feierlicher  SSollberfammtung 
be«  Äonjit«  im  SDom  bie  SBerurteitung.  SRac^bcm  ba«  §od{>amt  gebalten  unb  bieSitur^ie 
beenbet  h?ar,  tourbe  §u^  in  bie  Äirc^e  geführt.  ®er  93if(^of  bon  2obi  l^ielt  eine  jiemtidji  so 
unbebeutenbe  SRebe  über  bie  ^ftidjit,  bie  Keiferei  au«jurotten(il^ema:  Corpus  conteratur 
peccati.  Rom.  VI,  6),  bann  tourben  einjetne  ber  bon  $u^  unb  SBictif  aufgeftettten  ©ä^e 
unb  fo  aud^  ein  SBeric^t  über  feinen  $rogefe  beriefen.  §u^  machte  mei^rmat«  —  aber 
bergeben«  —  ben  35erfud(>,  @\n\pxa6)t  $u  ergeben.  Sit«  aber  nic^t  bto^  alte,  fonbem  auc^ 
neue  2lnfc^ulbigungen  jum  3^eile  unerhörter  3lrt  borgebra^^t  tourben,  triberfprac^  er  laut  bö 
unb  al«  i^m  enbticj^  gar  feine  ät})Jjellation  an  Gl^riftu«  al«  berbammen«n)erter  ^trtum  bor* 
geh)orfen  h?urbe,  rief  er  au«:  D  (Sott  unb  ^err,  je^t  berbammt  ba«  Äongit  gar  bein 
eigene«  Xljnn  unb  bein  ®efe$  al«  einen  S'^^«^^  ^^  bu  bod^  felbft  beine  ©ad^e  beinem 
i>ater  al«  bem  gered{>ten  Slidjiter  an^eimgcfteHt  ^aft,  un«  jum  Sorbilb,  h)enn  h>ir  fc^loer 
bebrängt  toerbcn.    9Jod^mal«  betont  er:  frei  bin  ic^  i^iert;ev  gefommen,  berfet;cn  mit  bcmcö 

9leaI>&nc^riopäbU  für  ZtftoloQit  unb  ftirc^e.    3.  $t.  VIII.  '>^\ 


482  ^itf 

©deiti^brief  bc^  Jtöniö^,  bcr  l^ier  fi^et,  meine  UnfdSfuIb  ju  crtüeifcn  unb  Don  meinem 
(Slauben  9led^enfd[faft  ju  geben.  @«  ift  eine  alte  ©oge,  bafe  er  bei  biefen  SBorten  fefk 
auf  ben  Äönig  blidte  unb  biefer  errötete,  ©in  italienifdSier  $rälat  berfünbete  ben  Stidjiters 
fjjrud^  über  §u^  unb  feine  ©d^riften:  ^u^  fei  ein  Äe^er  unb  afö  folc^er  feinet  ^Priefter* 

6  ftanbe^  ju  entfc^en  unb  feine  35üc^^  ju  verbrennen.  2luc^  je^t  nod^  h)iberf})rac^  §u^ 
laut;  nic^t«  anbere«  Ipünjc^e  er  nod^  in  biejer  ©tunbe  ate  eine  trirffame  Untertoeifung 
burc^  bie  ©d^rift.  3lxd)i  eine  Don  feinen  lateinHd^en  ©d^riften  ^abe  man  eine^  3^^""^^ 
übertüiefen,  bie  tfd^ed^if^en  gar  nidbt  gefeiten.  ®r  fiel  auf  bie  Änie  unb  betete  ftille  unb 
ben  S3litf  nadb  oben  ^eric^tet  um  SSerjet^ung  für  alle  feine  ^inbe. 

10  3)ann  erfolgte  fetne  3)egrabation:  er  tourbe  mit  bem  Dollen  Dmate  belleibet  unb 
nod^mafe  jumSBiberruf  aufgeforbert;  er  t)ertDeigerte  ü^n  abermalö:  Don  ben  Slrtifeln  l^abe 
er  Diele  niemals  geleiert,  einige  ^ödjiftend  nad)  fd^olaftifc^er  9lrt,  aber  nic^t  juftimmenb 
trattiert  unb  Don  anberen  ba^  (Gegenteil  bel[^u))tet.  S)a  rief  aOe^  auf  ii^n  ein:  3)a  fielet 
man,  toa«  ba«  für  ein  Deiftodter  Re^er  ift.    Unter  SBertoünfd^ungen  tourbe  er  feine«  Dr« 

15  nate«  entfleibet,  feine  $rieftertonfur  gerftört  unb  bie  ©entenj  Derfünbet,  bafe  bie  Kirche 
ü^m  alle  firdj^lid^en  Siedete  genommen  unb  i^n  nunmehr  bem  toeltlic^en  älrm  übergebe. 
Unb  h)ir,  fagten  bie  änlDefenben,  übergeben  feine  ©eelc  bem2^eufel.  (Sr  ertoieberte:  Unb 
i  dji  befel^le  fie  bem  frommen  i^erm  3^"  ß^nft.  ®ann  toarb  il^m  eine  eUcnl^ol^e  $aj)ier= 
mü$e  aufgefegt,  h)el(iSie  bie  Umfd^rift :  Haeresiarcha  trug.    Sluf  be«  Äönig«  Sefel^l  über« 

2ona^m  ber  5Pfaljgraf  fiubtoig  ben  3Serurteilten,  mit  i^mm  tl^un,  „ali  mit  einem  Äe^er". 
Subtoig  rief  ben  SBogt  Don  Jlonftang  ^erau  unb  fjjrac^ :  SÜimm  il^n  unb  Derbrenn'  i^n  ate 
einen  He^er.  ©o  h>urbe  $u^,  iDä^renb  ocS  Jtonjil  iveiter  tagte,  unter  einem  ftarten  ©e- 
leite  Don  Setoaffneten  abgefül^rt.  3lm  3)onH)la$  Derbrannte  man  eben  feine  Südf^er.  $u^ 
läd^elte  baju  unb  fagte  jju  ben  Umftel^enben,  fie  möchten  bod^  nid^t  glauben,  ba^  er  irriger 

26  Seigren  tregen  fterben  muffe.  6r  ging  feften  ©d^ritte«,  fingcnb  unb  betenb  jur  Slidjitftätte, 
bem  „Srübl"  gtoifc^en  ©tabtmauer  unb  (Sraben.  ®ort  miete  er  nieber,  breitete  bie  §änbe 
au«  unb  betete  laut.  93on  ben  3lnh>efenben  meinten  einige,  man  foQe  il^m  einen  SSeic^t- 
Dater  geben,  bagegen  eiferte  ein  ©eiftlid^er :  ein  Äe^er  bürfe  toeber  gel^ört,  nodji  il^m  ein 
SeidjitDater  gegeben  toerben.    ®ie  ©enfer  entfleibeten  il^n  unb  banben   feine  §änbe  rürf= 

80  toärt«  mit  ©tridten  unb  feinen  $aw  mit  einer  Äette  an  einen  5Pfal(;l,  um  ben  ^oU  mit 
©trol^  aufgefdffid^tet  tourbe,  fo  bafe  e«  i^m  bi«  an  ben  §al«  reifte.  3lo6)  im  legten 
älugenblidte  mahnte  il^n  in  Segenivart  be«  ^falggrafen  ber  Steid^marfc^all  Don  $a));pens 
l^eim,  fein  fieben  burd^  einen  SBiberruf  gu  retten.  ®r  lel^nte  bie«  mit  ben  SBorten  ab: 
©Ott  ift  mein  3^g^/  bafe  id^  ba«,  toeffen  mid^  falfdjie  3^0^  befc^ulbigen,  niemal«  geleiert 

85  l^abe.  3"  ^^  SBal^ri^eit  be«  (SDangelium«,  bie  ic^  gefd^eben,  geleimt  unb  get)rebigt  l^abe, 
toiU  id^  i)t\iU  mit  ^euben  fterben.  3luf  ba«  l^in  tourbe  ber  ©c^eiterl^aufen  angegünbet. 
SWit  erhobener  ©timme  fang  §u^:  ß^riftu«,  bu  ©ol^n  be«  lebenbigen  ®otte«  erbarme 
bic^  meiner.  211«  er  jum  brtttenmal  anlj^ob  unb  fortfulj^r :  ber  bu  geboren  bift  au«  5Karia 
ber  Jungfrau,  fd^lug  i^m  ber  SBinb  bie  glamme  in«  ©eftc^t;  noc^  beilegte  er  bie£i^)j)en 

40  unb  ba«  §aui>t,  bann  erftidtte  er  lautlo«.  ©ein  3:obe«!anH)f  bauerte  fo  lange,  al«  man 
fd^nell  jtoei,  auf«  ^öd^fte  brei  3Saterunfer  betet.  35ie  iUeiber  Ipurben  in  ba«  brennenbe 
geuer  getoorfen,  $uffen«  Slfdjie  gebammelt  unb  in  ben  na^en  Sll^ein  gefdffüttet. 

^aitt  ber  toeitau«  gröftte  leil  be«  tfdjied^ifd^en  3Solfe«  fdjion  bi«^er  an  i^m  toie  an 
einem  5Proj)l^eten  unb  ä^oftel  gegangen,   fo  tourbe  er  nadji   feinem  3:obe  al«  SKärt^rer 

46  unb  ^eiliger  Derel^,  unb  auf  SBegen  unb  ©trafen  ertönten  Älagelieber  um  i^n,  ber  fein 
S5lut  für  ßl^rifti  fiel^re  Dergoffen.  ©ein  JJeft  tourbe  fortan  mit  ftreng  Dorgefc^riebenem 
Zeremoniell  am  6.  ^\il\  gefeiert.  @inen  fiobfpruc^,  ber  freiließ  )u  überfd^tuängli(|  ift,  al« 
ba^  er  gang  toa^r  fein  fönnte,  l^at  \l)m  bie  ^rager  UniDerfttät  in  einem  an  „Derfd^iebene 
Königreiche   unb  Sänber"   ausgegangenen   2lu«fd^reiben  (Dom  23.  3Kai  1416)  getoibmet. 

60  9Jlan  })reift  i^n  „ob  ber  Sauteneit  feine«  fieben«,  ba«  man  Don  feiner  3^0^^  ^^  i"  ^^ 
obadjiten  ©elegenl^eit  i)atU;  fein  ©ered^ter  toerbe  il^m  eine  ©d^ulb  beimeffen,  man  rül^mt 
fein  SBirfen  al«  Seigrer,  feine  rafdjie  Sluffaffung,  feine  ©d^lagfertigfeit,  bie  liiefe  feiner  Slnts 
iDorten,  feinen  ©ifer  in  ber  ^rebigt  unb  feine  Se^re  ol^ne  ^1^1,  bie  ^öd^ften«  burd^  bie 
35o«l^eit  feiner  SBiberfadjier  Derunglimjjft  tourbe.    ©d^on  auf  6rben  einem  ^eiligen  gleid^, 

66  DoB  Don  3)emut  unb  ^ömmigfeit,  fei  er  ein  Seräc^ter  be«3leid^tum«,  ein  ^eunb  ber  Slrmen 
getoefen,  ein  9Kann  ber  ein  a))oftelgleid^  fieben  führte  unb  bie  SReinl^eit  unb  Sinfac^^t 
ber  alten  Äirc^e  l(;erftellen  tootlte:  alle«  in  allem  toar  er  ein  Seigrer  ol^ne  ©leid^en,  baft 
man  i^n  nid^t  fo  fe^r  tugenbl^aft  al«  Dielmel^  bie  2:ugenb  felbft  nennen  fonnte".  j&u| 
befa^  \a  gtoeifello«  ^ol^e  2^ugenben.    3^  ^^  fdjitoeren  Ääm})fen  an  ber  $rager  UniDer« 

CO  fität  unb  mit  feinen  lirc^lid^  ©egnem  le^e  er  aber  boc^  nid^t  feiten  bie  rau^efte  ©rite 


m  483 

^ert)or;  er  greift,  tvtnn  e»  Jeln  mu^,  jum  ©d^mä^^  unb  ©d^eltlport.  6r  fear  ein 
biel  iVL  leibenfc^aftlidSier  ftänn^fer  für  bie  nationalen  3«tereffen  feiner  9lation  —  ber  ge« 
l^eiligten  —  afö  bafe  er  ben  3)cutfcl{>en  geredet  toerben  lonnte;  benn  baran  ift  f ein  3h>eif el : 
bon  §aft  gegen  bie  ©eutfc^en  lann  er  nid^t  freigefjjrodjien  Iverben.  äud^  toaö  feine  ©e« 
lelj^rfamleit  betrifft,  muffen  ftarfe  @inf4>ränlungen  gemad^t  Iperben:  benn  foo  er  über  5 
ffliciif  l^inau^el^t,  toirb  er  unftd^er,  fdjitoerfätKg  ober  toeitfc^toeifig.  3Q3a^  an  eigentlid^en  ref or« 
matorifd^en  ©c^riften  au^  feiner  geber  vorliegt,  ift  nid^t  Diel ;  im  toef entließen  fmb  e^  feine 
©treitfc^riften  gegen  ©tonidlau^  unb  $alec}  unb  jein  Sud^  Don  ber  Jtircbe,  unb  aud^  ^ier 
ru^t  alle«  auf  SBiclif.  ®ai&  il^m  äße  SBerfe  SBiclif«  befannt  loaren,  barf  man  bej^toeifeln, 
fi(^erlid{>  jene,  bie  1410  in  ^rag  bem  geuer  tiberliefert  iourben.  3Ran  toei^,  ba^  er  10 
SBiclif«  Trialogus  überfe^t  unb  bem  3Karfgrafen  gobof  bon  SRä^ren  unb  anberen  bor^ 
nehmen  SKännem,  aud^  Saien  unb  felbft  grauen  überfenbet  l^at.  2)aneben  fannte  er 
SSäiclif«  fflerle  Dom  Seibe  be«  iperm,  Don  ber  Äird^e,  Don  ber  ©etoalt  beö  $a))fte«  unb 
namentlich  bie  ^rebigten  fel^r  genau,  ffliclif«  Sud^  Don  ber  Äird^e  i}at  er  fic^  ganj  gu 
eigen  gemad^t:  biefe«  unb  ba«  Sud^  De  potestate  pape  entl^alten  ba«  SBefentlid^e  Don  16 
puffen«  Sel^e.  ^anac^  ift  bie  ^ir(^e  nid^t  jene  ^ierar^ie,  bie  man  allgemein  aU  Jtird^e 
bejeidjinet;  bie  Äird{>e  ift  bie  ®efamt|eit  aller  jener,  bie  Don  6U)igfeit  ^er  gur  ©cligfeit 
beftimmt  fmb.  3l\d)i  ber  5Pa|)ft  fonbem  g^riftu«  ift  i^r  $au})t.  Äein  5Pa))ft  barf  be* 
^au})ten,  bafe  er  §au})t  ber  Kird^e  fei,  benn  er  toeife  nic^t  einmal  ob  er  ))räbeftiniert,  alfo 
über^aujjt 5Kitglieb  ber  Äird^e  fet.  SBöre  irgenb  einßl^rift  mit  Gl^riftu« ^au^Jt  berÄirc^c, 20 
fo  toäre  fte  ein  5Konftrum,  ba  fte  gioei  §äuj>ter  befä^e.  @«  ift  fein  (Slauben^rtifel, 
ba^  man,  um  feiig  gu  ioerben,  bem  5Paj)ft  ge^orc^en  muffe.  9lid^t  bie  äußere  5Kitgliebs 
fdJKift  an  ber  Jtird^e,  aud^  nid^t  firc^lidSie  SBürben  unb  ämter  geben  eine  Sürgfdjiaft,  ba^ 
bie  fraglid^en  ^erfonen  3Ritglieber  ber  ioa^ren  Jtird^c  feien.  ®ie  l^iftorifc^en  -äKaterialien, 
bie  §u|  in  feinem  Sud^  Don  ber  Äird^e  Dertoenbet,  l^at  er  SBiclif«  95u^  De  potestate  25 
pape  entnommen.  2Ba«  er  in  feinen  $rebigten  über  bie  SSerberbtl^eit  in  ber  Jtird^e 
fagt,  bie  bittere  Äriti!  be«  geitgenöffifdjien  Äleru«,  gumal  ber  SKöndjie,  ioa«  femer  über  bie 
großen  ©d^äben  be«  95eft^e«  ber  toten  §anb  für  bie  Seftj^er  unb  für  gange  iJänber  imb 
^eic^e,  loa«  er  über  bie  ^flid^ten  ber  Dbrigfeit  fagt,  bie  Äirc^e  ju  reinigen:  all  ba« 
ftammt  meift  Wortgetreu  au«  äBiclif«  ^rebigten.  @«  ift  tool^l  ba«  begeid^nenbfte  3Roment  90 
für  biefe«  S^eri^ältni«,  ba^  jene  brei  großen  ^eben  (De  sufficientia  legis  Christi,  de  fidei 
suae  elueidatione  unb  de  pace),  burd^  bie^u^  ba«  gange  Äonjil  ^inreifeen  tooDte,  toort^ 
getreu  ^ßrebigtcn  5B5iclif«  fmb,  unb  bafe  SßJiclif«  Sermones  in  Söi^men  al«  bie  be«  ^u^  ge« 
gölten  ^aben,  toie  ja  $uft  aud^  fonft  in  feinen  Heineren  Slrbeiten  an  ben  ©teUen,  too 
S^iclif  Don  Anglia  fj)ri(§t,  einfadji  Boemia  fubftituiert.  6«  ift  im  allgemeinen  rid^tig,  35 
bafe  er  bie  Singriffe  SBiclif«  auf  bie  facralen  ginrid^tungen  ber  Äirdf^e  nur  in  geringem 
älu«ma^  übernommen  f)at,  aber  anbererfeit«  toeife  man  barüber  bod^  nid^t«  enbgiltige«  gu 
fagen,  ba  er  feine  Seigre  eben  nid{>t  loie  SBiclif  in  feiner  Summa  theologiae  ober  in 
tna))j)er  35erfürgung  im  Trialogus  gufammenfaffenb  Dorjgetragen  ^at.  6«  fte^t  tro^  feiner 
Se^ujjtungen,  bie  SBicliffc^e  Seigre  Dom  älbenbma^l  nic^t  gelehrt  gu  ^aben,  boc^  nic^t  40 
ganj  feft,  ba^  bem  fo  ift.  (Serabe  für  biefe  Se^re  toar  in  58ö^men  berSoben  h?o^l  Dor- 
berettet.  5Kan  l^atte  bort  in  ber  gleiten  §älfte  be«  14.  ^al^rf^unbert«  lebl^aft  geftritten, 
ob  man  ba«  Slbenbma^l  nur  einmal  ober  oft  ober  felbft  täglich  nel;men  fotle.  34^  P\^ 
man  auf  eine  Seigre,  bie  ben  SBert  be«  Slbenbmal^l«,  ioenn  e«  in  ber  bi«l^erigen  SBeife 
genommen  trarb,  nur  gering  anfd^lug  unb  bie  bi«^erigen  Slnftd^ten  über  2^ran«fubftantias  43 
tion  2c.  über  ben  §aufen  gu  Werfen  bro^te.  "^Rai)  einer  freiließ  nic^t  über  jeben  3^^f^I 
erl(;abenen  älngabe  tourbe  SBiclif«  Slbenbmal^fölel^re  fd^on  1399  in  $rag  Derbreitet,  ©eit 
1403,  \üo  fte  Derboten  toarb,  getoann  fte  erft  rec^t  an  95oben  unb  h)urbe  Don  öufe  unb 
feinen  bamaligen  ^eunben  unb  fpäteren  (Segnem  Don  berÄangel  itnb  bem5lat^eber  Dorge« 
tragen.  §u6  mag  fte  ja  Diellei^^t  nur  „in  fdjiolaftifc^er  äBeife"  Dorgetragen  l^aben,  in  bo 
jener,  ioeldf^e  bie  ®rünbe  für  unb  gegen  erörtert,  ol)m  felbft  ^Partei  gu  ergreifen.  9lur  fo 
läftt  fid;  ber  SBiberfprudji  gh)ifd^en  ben  Slnfc^ulbigungen  feiner  (Segner  unb  feiner  Slbh^el^r 
erflären.  9üenn  er  i^r  aber  aud^  eine  R^xt  guneigte,  feftge^alten  l^at  er  an  ibr  nid{>t. 
SDagegen  tourbe  fte  Don  ber  rabif alen  ^Jartei  —  ben  iaboriten  —  lebl^aft  aufgegriffen 
unb  gum  3Wittelt)unh  i^re«  gangen  ©^ftem«.  5.0 

2)ie  großen  ©rfolge  be«  ^u^  in  feiner  §eimat  finb  nur  an^  feiner  gerabegu  unDer^ 
gleic^lic^en  jjaftoralen  3:^ätigfett,  bie  jene  ber  alten  berül^mten  ^rebiger  Söl^men«  toeit 
hinter  fic^  liefe  unb  beren  Stuf  noc^  in  fj)äten  Xagen  lebenbig  toar,  gu  erflären.  älter  aud^ 
l^ier  ift  er  ber  gelehrige  ©c^üter  be«  (Snglänber«  getoefen.  Äöftlidjier,  leiert  ffiiclif,  al«  bie 
i)arTeid^ung  irgenb  eine«  fird^lidjien  ©aframent«  ift  bie  ^rebigt  unb   Don   aüm  SBJerfen  «o 

31* 


484  «ttf^ 

bcr  dfniftlici^m  Sarm^crjtgfcit  ift  feinet  cbicr,  bcffer  unb  mc^r  ju  erlpünjc^cn  ate  biefe^. 
SBic  SBäiclif  in  feinen  legten  Seben^ja^ren  eine  umfaffenbe  ^^l^ätigfeit  enttoicfelt,  feine  ^re« 
bigten  gefammelt,  feine  ,,einfad^en  ^t^riefter"  au^efanbt,  unb  Belehrungen  gegeben,  \vtx, 
toa^  unb  h)ie  man  bemSoIfe  gu  })rebigen  l^abe :  fo  erfel^nt  ou^^^u^,  in  bie  engeÄerfers 
5  gelle  eingefc^Ioffen,  feine  Befreiung  nur,  um  bem  S3oHc  burc^  feine  ^ßrebigt  ju  nü^en,  unb 
toie  er  felbft  Don  ber  l^öc^ften  SBertfd^ä^ung  ber  Sßrebigt  burd^brungen  toax,  fo  tjerftanb 
er  eig  aud),  bie  SKaffen  bc^  Solfeö  für  ftc  gu  begeiftem.  ©r  ^at  in  ber  Setl^Ief;emgIa))eDe 
eine  nic^t  feiten  anö  3)emagogifd^e  ftreifenbe  S^ätigfeit  al«  5Prebiger  entfaltet;  afö  er 
1413  unb  1414  im  ®jil  teilte,  j)rebigte  er  in  großen  unb  Heineren  Dörfern,  auf  freiem 

10  gelbe  unb  felbft  im  SBalbe.  ©eine  $rebigten  toaren  oft  burc^  ii^ren  '^nf)alt  aufreigenb ; 
er  giel^t  feine  ©treitfad^en  mit  ben  geiftltdjien  3Sorgefe^ten  l^erein,  giebt  fein  Urteil  über 
einzelne  ©reigniffe  ou^  ber  Oefd^idSite  biefer  2^ge  ob  ober  ruft  enblid^  feine  ©emeinbe 
gum  3^0^  «>^^  jwm  SRidf^ter  auf.  6ben  bie«  bemagogifd^e  SBefen  fd^uf  i^m  feinen  großen 
Slni^ang  unb   fo   tourbe   er,   ol^ne   felbft  3:i^eoreti!er   in   tf^eologifc^en   fjragen   gu   fein, 

15  ber  rechte  2l})oftel  feine«  englifd^en  3Keifter«.  (gr  l^atte  ©enoffen,  bie  i^n  an  SEBiffen  unb 
felbft  an  Serebfamfeit  übenagten,  in  ber  ßunft  ber  Se^enfdjiung  ber  3Kenge  toax  er  un= 
übertroffen. 

Sein  ©d^iifal  teilte  Don  feinen  Slnl^ängem  §ieron^mu«  bon  ^rag.    6r  entftammte 
einem  $rager  ©efc^ledjite,  baö  ftdb  in  guten  Ser^ältniffen  befunben  gu  ^aben  fd^eint,  über 

20  ba«  aber  fonft  nid^t«  tocitere«  befannt  ift.  6«  ift  ein  alter  auf  eine  SBertoec^felung  mit 
9lifolau«  ^ulfifc^  gurücfreic^enber  S'^^"^/  h)enn  man  ol«  feinen  ^miliennamen  ^ulfifc^ 
nennt.  a)ur^  ©c^arffmn  auggegeiqnet  unb  ftetö  eifrig  bemüht,  fem  SBiffen  gu  erweitern, 
madffte  er  treite  Steifen  nad^  ben  berül^mteften  95ilbung«ftätten  euroj)a«.  9Jad^bem  er  feine 
erften  ©tubien  in  5Prag  gemadjit  unb  35accalaureu«  getoorben  —  ben  priefterlid^en  ©tanb 

26  ftrebte  er  nic^t  an  —  gog  er  nad^  Drforb.  ®ort  lernte  er  bie  ©d{>riften  SBicfif«  t>or= 
ne^mlic^  ben  Dialogus  unb  Trialogus  lennen  unb  brachte  fte  —  fj)äteften«  1402  — 
nac^  ^rag.  §ier  aber  bulbete  e«  i^n  nid^t  lange:  er  ging  auf  toeite Steifen,  bie  i^n,  toie 
man  meint,  felbft  nac^  gerufalem  fü^en.  ^n  5Pari«  befanb  er  fid^  im  S3efi$  SBiclif- 
fc^cr  ©c^riften  (1404) ;  er  fdffreibt  an  bie  5Prager  ^eunbe,  er  h)erbe  i^nen  Sucher  fenben, 

90  über  bie  fte  eine  gro^e  greube  l^aben  toürben.  3n  5Pari«  tourbe  er  2Ragifter.  2)ann  ging 
er  nac^  ^eibelberg,  too  er  1406  toegen  3Serteibigung  realiftifdjier  fiel^rfäi^e  au«  ber  arti« 
ftifc^en  gafultät,  ber  er  al«  Seigrer  angel^örte,  au«gefc^loffen  tourbe.  gür  bie  5P^ilofoj)^ie 
SBäiclif«  toax  er  audji  in  Äöln  t^ätig.  1407  toeilte  er  toiebcr  in  $rag.  3lm  ©timmen^ 
ftrett  nabm  er  lebhaften  Slnteil,  mel^r  aber  nodji  an  ben  Ääm})fen  um  bie  £el^ren3Biclif«: 

36  biefen  })rie«  er  gang  offen  al«  einen  l^eiligen  3Kann,  „beffen  3)oftrinen  man  größeren 
®lauben  beimeffen  bürfe,  al«  felbft  bem  1^1.  Sluguftinu«" ;  ber  3lu«f})ruc^,  bcr  \>on  ^ufe 
befannt  ift,  er  totinfd^te  feine  ©eeie  bort  h)o  bie  SBiclif«  fei,  trurbe  fc^on  je^t  bon  §iero= 
n^mu«  gehört.  @r  toar  e«,  ber  ba«  belannte  Djforber  3^0"^^  ^^^  SBäiclif«  Sted^tgläubig^ 
feit  in  einer  3!)i«j)utation  j)ubligierte  (1409)   unb   biefen   öffentlid^  für  einen  fat^olifc^en 

40  ®oftor  erftärte.  ^n  ^rag  felbft  galten  ^ufe  unb  §ieron^mu«  al«  ,,principales  Wicle- 
fitae".  ©eit  1410  batieren  feine  Scrfud^e  ben  9Biclifi«mu«  aud^  in  Ungarn,  Kroatien, 
Öfterreic^  ^t\h  ^oten  au«gubreiten.  3lm  20.  5Kärg  1410  ^ielt  er  in  Dfen  bor  Äönig 
©igi«munb  eine  Siebe,  bie  tJoU  öon  Singriffen  gegen  ben  Dertoeltlidjiten  Äleru«  h?ar.  33i« 
na^  Dfen  »erfolgten   i^n  bie  Älagen  be«  $rager  ©nbifc^of«,  unb   auf  beffen  Setreiben 

46  liefe  i^n  Äönig  ©igi«munb  inxd)  ben  ©rgbif^of  k)on  ©ran  in  §aft  nehmen.  Salb  aber 
—  e«  ift  nid^t  gang  fidler,  ob  er  nic^t  ingtrifc^en  nac^  5Prag  geführt  h)urbe,  traf  er  in 
SBäien  ein.  ^ier  fam  er  megen  feiner  ^roj)aganba  für  SBiclif  t)Ox  ba«  bifc^öflic^e  ©e« 
ric^t,  h)0  i^m  aufeer  ben  45  SlrtiiEeln  auc^  no^  ba«  gange  bi«^erigc  3Serl^altcn  in  ^eibeU 
berg,  $rag,  Cfen  u.  f.  m.  »orgel^alten  tourbe.    §ieron^mu«  erflärte  bie  meiften  3lnfd^ul= 

60  bigungen  für  Älatfc^ :  ben  ©d^toä^em  fönne  er  nidfft  ben  SKunb  fto})fen,  für  ba«  SÜJol^re 
ftef^e  er  ein,  falfc^e«  tjertoerfe  er,  einen  SSerteibiger  braud^e  er  nic^t,  ba«  beforge  er  felbft. 
®r  gelobte  fd^liefelidji  an,  bie  ©tabt  nidjit  gu  tjertaffen,  bi«  er  fid^  bon  bem  Serbac^t  ber 
Ke^erei  befreit  l^obe.  @r  fa^  inbe«  biefe  3ufage  al«  eine  ergivungene  an  unb  enttoidb  nac^ 
SSöttau  in  39}ä^ren.    Qx  tjerpel  nun  auc^  l(;ier,  h?ie  frül^er  in  ^rag  ber  ©Efommunifation. 

66  3Wit  aufeerorbentlic^er  fiebl^aftigfeit  beteiligte  er  fidji  an  bem  2lbla|ftreit  in  ^rag  (1412), 
h)o  er  burc^  bie  Äraft  feiner  Stebe  felbft  .§ufe  überragte  (f.  oben),  ^m  folgenben  ^ai}xz 
toax  er  für  feine  S^een  in  Ärafau  tl^ötig  ui^  ging  im  ©efolge  be«  ©rofefürften  SBitolb 
nac^  fiittl^auen  unb  Stufelanb,  um  bort  bie  Angehörigen  ber  griec^ifc^cn  Äirc^e  für  feine 
iJel^re  gu  geh)innen.    9tod^  in  bemfetben  ^a!l)x^  noJ^m   il^n  §ufe  unb  nac^   il^m   auc^   bcr 

QoSteftor  ber  ^^Jrager  Uniöerfität  gegen  bie  änf^^ulbigungen  be«  Wiener  5Dlagifter«  3ol[Kinnc« 


^ttft  486 

©tctoart  in  ©d^u^;  bicjcr  l^attc  bcn  Sifc^of  toon  Slgram  öor  froatifc^cn  Älcrifcrn  gc= 
h)amt,  bic  fi^  auf  tl^rer  3)urc^reifc  t)on  ^Prag  in  bie  §cimat  offen  jum  SBäiclifi^mu^  bcs 
fannten.  3llö  $u^  im  Segriffc  toar,  nac^  Äonftanj  ju  ge^en,  f})rac^  tl^m  ^icron^mu«  ju, 
ftc^  gegen  bie  toiber  il^n  t)orgebrac^ten  2lnfd^ulbigungen  gu  berteibtgcn,  er  toerbe  il^m  im 
%aüc  ber  3lot  ju  §ilfe  eilen.  2)a«  fül^rte  er,  o^ne  auf  §uffen^  Säamungen  ju  ad^ten,  5 
an^  unb  traf  am  4. 3lj)ril  1415  inSonftanj  ein.  SDic  Semül^ungen  ber  i^m  befreunbcten 
bö^mifc^en  Sarone,  il^n  jum  SBegjug  ^u  belegen,  l^atten  Ipenigfteng  ben  ßrfolg,  ba^  er 
avL^  Äonftanj  flüd^tete  unb  üon  Ueberlmgen  au^  ben  SSerfuc^  mad^te,  freie«  ©eleit  bom 
Äaifer  unb  ®e^ör  beim  Äonjil  m  erhalten,  äte  i^m  ba«  in  ber  getoünfd^ten  SBeife  nid^t 
gu  teil  tourbe,  mad{>te  er  fid^  auf  bie  §eimreife.  ©c^on  l^atte  er  faft  bie  l^eimatlid^e  ®renje  10 
crrcid^t,  aU  er  am  15.  äljjril  in  §irfq>au  erfannt,  gefeffelt  unb  auf  Sefel^I  be«  Äonjife 
nac^  Äonftanj  gurüdfgefü^rt  trurbe.  dloi)  am  3:age  feiner  Slnfunft  (23.  3Kai)  tourbe  er 
einem  38er^ör  unterzogen,  bann  aber  rul^te  feine  Slngelegen^eit,  bi«  ber  ^roje^  §uffen« 
cntfdSfiebcn  toar.  6r  lam  in  eine  ^arte  §aft,  bie  bem  Iräftigen  SWann  an«  Seben  griff 
unb  feine  SBäittenöfraft  beulte.  3lm  19.  3iuli  tourbc  er  h)ieber  bcrl^ört:  eig  banbelte  fidfus 
um  ben  ©tüfeifjunh  ber  SBtcIiffd^en  fiel^re:  ba«  Slbenbmai^I.  3Kan  gab  ftd^  SKül^e,  §ieros 
n^mu«  ^um  Sfeiberruf  ^u  beilegen,  umjome^r  aU  ber  3^ob  be«  §ufe  bie  erwartete  SfBirfung 
in  Söl^men  nid^t  gezeitigt  ^atte.  ^n  oer  2^^at  erllärtc  er  ftc^  l^ierju  am  10.  ©ej)tember 
bereit  unb  leiftete  i^n  nidfft  blofe  tag«  barauf,  fonbem  h)ieberl^oIte  i^n  aui)  12  3:age 
fpäter  in  einer  bom  Äonjil  feftgefe^ten  gaffung,  bie  äffe  Sleferbationen  au^fc^Io^.  Unb  20 
boc^  erlangte  er  feine  §rei^eit  nic^t.  3)a«  ÄongU  begej^rte  feine  3Kith)irfung  jur  Se« 
ru^igung  ber  ®emüter  in  Söl^men:  er  foffte  im  ©inne  feine«  SBiberruf«  an  Äönig  Sßenjjel, 
an  bie  Königin,  bie  Uniberfttät,  an  Slbelige  unb  ba«  Sßolf  ©^reiben  rid^ten,  er  fd^neb 
nur  an  Sajfo  bonJtratoar,  bon  h)eiteren  ©(^reiben  Ipoffte  er  nic^t«  me^r  toiffen:  ©ein 
©etüiffen  h?ar  ertpad^t.  Über  ba«  fernere  SBerfal^ren  h)iber  i^n  toar  man  nidjit  einig :  eine  2b 
gemäßigte  Partei  berlangtc  feine  greilaffung;  an  ber  ©J)i$c  ber  anbern  ftanben  trieber 
feine  eigenen  2anb«Ieute;  i^nen  f^lofe  fid^  ©erfon  an,  unb  auf  il^r  Setreiben  h)urbe  ber 
^Jtogefe  gegen  i^n  toieber  aufgenommen.  2)a  er  feine  ©d^riften  h)ie  $uft  beröffentlidjit 
f^tte,  mufete  man  ftd^  auf  3^w9^öu«fagen  befd^ränlen.  3lm  23.  5Kat,  Sem  3iö^re«tag 
feiner  Konftanjer  §aft,  hjurbe  il^m  ein  öffentliche«  SSeri^ör  betoiffigt  unb  am  26.  3Rat  90 
fortgefe^t.  6«  h?ar  nic^t  nur  ber  Italiener  $oggio  SraccioRni  fonbem  mand^er  anbere 
bon  ben  3lnh?efenben  k)on  ber  Äraft  feiner  Sftebe  auf«  tieffte  ergriffen ;  in  berebtcn  SBorten 
fül^rte  er  au«,  bafe  bie  toiber  il^n  borgd&rad^ten  Älagen  falfd^  feien,  aber  feine  JRebe  ging 
nid^t  in  einen  2öiberruf  au«,  fonbem  in  eine  SSerJ^enlid^ung  be«  §u^:  ben  l^abe  er  bon 
3iugenb  an  al«  reinen  unb  ^eiligmö^igm  5Dlann  unb  getreuen  5Prebtger  gefannt.  ©eine  36 
größte  ©ünbe  fei,  biefen  9Rann  berleugnet  ^u  l^abm.  35amit  l^attc  ftdji  ^ieron^mu«  felbft 
fein  Urteil  gefjjrodjien.  3)ie  SSerfu^e,  bie  man  nod^  mad^te,  il^n  umjuftimmen,  fc^Iugm 
fel^l,  unb  fo  h)urbe  er  am  30.  5Kai  1416  at«  rüdffäffiger  Äe^er  bemrteilt.  9Kit  Ipeiterem 
2lntli$  ging  er  jum  lobe,  ©in  geitgenoffe  f^örte  il^n  fagm :  3^^  berbammt  mid^,  U)ie- 
trol^I  id9  unfd^ulbig  bin.  ^i)  aber  trerbe  euc^  nac^  meinem  2:obe  einen  ©tad^el  jurüdf*  40 
laffm.  3c^  mfe  euc^  äffe  auf,  mir  binnm  100  ^al)xtn  bor  bem  affmäc^tigm  ®ott  Siebe 
JU  fte^en.  Sil«  man  ben  ^oljfto^  anjünbete,  ftimmte  er  ba«  Dfterlieb  an:  Salva  festa 
dies,  bm  Umftei^enben  bet^euerte  er  feine  Unf^^ulb.  ©eine  l^tm  (in  tfdjieAifd^er  ©})rad^e 
gef})rod^enen)  SBorte  traren:  ®ott  SSater,  bergieb  mir  meine  ©ünben.  Slaud^  unb  Dualm 
erftidften  feine  ©timme.    gaft  eine  Siertelftunbe  betoegtc  er  nodji  bic  2i})})m.  45 

©c^on  bie  Ser^aftung  §uffm«  l^atte  in  93ö^mm  unb  3Wä^rm  jieinlid^e«  Sluffel^m 
erregt.  3"  b6i>^n  Sänbem  toanbtm  ftd^  bie  ©tänbe  toieberl^olt  unb  immer  bringenber 
an  Äönig  ©igi«munb  mit  ber  Sitte,  §u^  ^u  befreim.  Sil«  nun  gar  bie  9lad^rid^t  bnn 
puffen«  aWärt^rertob  anlangte,  bradben  l^eftige  Setoegungm  au«,  bie  fidji  junädWt  gegen 
bie  ©eiftlic^en,  bomef^mlic^  gegen  bte  SRönc^e  rid^tetm.  ^n  5Prag  trurbm  bte  SBo^nungen  60 
jener  ^riefter,  bie  man  at«  $uffm«  SBiberfadf^er  lannte,  geftürmt  unb  gejjlünbert.  ©elbft 
ber  ßrjbifc^of  fonnte  ftd^  nur  mit  3Wü^e  bor  ber  2But  be«  Solfe«  retten.  9lid^t  biel  beffer 
lagm  bie  3)inge  auf  bem  Sanbe.  Überaff  emj)fanb  man  ba«  SSerfa^ren  gegen  ,§u6  al« 
eine  bem  Sanbe  jugefügte  ©d{>mad^  unb  crbliite  in  feiner  Verbrennung  einen  3>wftii«norb. 
Äönig  SBengel  lie^  anfang«  an^  ®roff  gegm  ©igi«munb  feinem  Unmut  über  bie  3)inge  b6 
in  Äonftang  freien  Sauf,  unb  feine  ®ema^lin  begünftigte  offm  bie  S^fcunbe  be«  ^u^.  Sin 
ber  ©j)i^e  ber  SRegierung  ftanbm  erflärte  §u|ftten.  Um  ba«  9?oß  bor  grö^erm  äu«^ 
fd^reitungen  abzuhalten,  trurbe  ein  Sanbtag  na4>  $rag  einbemfen,  ber  aud^  au«  SWäl^rm 
ftarf  befud^t  h)ar.  3lm  2.  ©ejjtember  legte  ber  Ferren*  unb  Slitterftanb  einen  feierlichen 
$roteft  gegen  bie  Verbrennung  be«  §u^  unb  bie  ®efangenfd^aft  be«  §ieron^mu«  ein,  ge*  eo 


486  ^ttfe 

lobten  bcn  getreuen  ^ebiaer  beö  älSorte«  ®otte^  bi«  m  ben  %oh  ^u  tocrteibigen  unb  crHärten 
jene  für  Sügner,  bic  Söhnten  in  ben  Stuf  ber  Äe^eret  brädf^ten.  35rei  2:age  \pätcx  trat 
in  ^orni  eine3  Sanbtag^fdS^Iuffc«  ber  J^ujfttifdf^e  §errenbunb  jufammen  unb  Der^)flicl^tete  [xd), 
bie  freie  ^rebigt  bed  ©bangeliumd  auf  aÖen  feinen  @ütem  unb  93eft^unaen  ;u  jd^irmen 

6  unb  ber  bifdE^öflid^en  ®eh)alt  nur  ba  %olaf  ju  leiften,  too  bie^  ben  bibUfd^en  änforbe^ 
rungen  entf j)ri^t.  ^n  ftrittigen  ^en  foUte  man  fxd)  an  bie  ©ntfd^eibunö  ber  Uniöerjitöt 
l^alten;  gegen  f^rifth)ibrige  SKa^regeln  berf})racl^  man  [xd)  gegenfeitig  ©df^ufe  unb  §Ufe. 
35er93unb  tüurbe  auf  6  ^al^re  feftgefe^t.  ^I^m  trat  ber  game  l^ujfitifdS^e  Slbei  be^Sanbe^ 
bei  unb  \o  erl^ielt  ba«  an  ba«  Äonjil  gefanbte  ©d&reiben  nic^t  toeniger   al«  452  ©iegel. 

10  3)iefer  §errenbunb  er^ob  fomit  fetne  ^^ne  für  ba«  ©d^riftjjrinjij).  SBäre  ber  König 
bem  93unbe  beigetreten,  fo  h)ären  feine  Sef^Iüffe  gefe^e«fräftig  getoorben;  er  t>ertoeigcrte 
e«  unb  näherte  fid^  bem  fat^olifdf^en  §errenbunbe,  ber  fidf^  nun  bilbete  unb  fid^  öer^ 
))flid^tete,  an  bem  Äönige,  ber  römif^en  Rird^e  unb  bem  Ronjil  feftjul^alten.  ©d^on  ftanb 
fomit  ber  3lu«brudS^  eine«  Sürgerfrieae«  in  ©i^t.  35aju  lamen  bie  SBerfügungen  be«5lon5 

15  )il«,  bie  nid^t  geeignet  toaren,  bie  @emüter  )u  berul^igen.  @inen  ©türm  be«  Unh>iQen« 
erregte  e«,  bafe  ber  eifrigfte  ®egner  be«  §u^,  SBifc^of  Solenn  bon  Seitomifd^I,  genannt  ber 
6ifeme,  al«  aj)oftoIifd^er  Segat  nadf^  33öl^men  abgefenbet  tourbe.  SBö^renb  ber  ©rjbifd^of 
Äonrab  bon  5ßrag  unb  ber  33if^of  SBengel  bon  DImü|  eine  jutoartenbe  ©teßung  ein- 
nal^men,  trat  ba«  ^rager  3)omIc4)itel  mit  aQer  ©d(^ärfe  gegen  bte  bleuerer  auf  unb  ber- 

ao  bängte  enblic^  ba«  3«t«^^Wlt  über  5ßrag.  35iefe  SKa^regel  l^alf  nic^t  biet,  benn  fd^on  be= 
fanben  fid^  bie  beften  5ßfarreien  in  $rag  in  ben  i^änben  l^uffttifd^er  5ßriefter,  unb  bie 
äSefc^lüffe  be«  jtonjil«  gegen  bie  l^uffitifcfen  äSarone  fanben  leine  ^eac^tung. 

3)lartin  V.,  ber  fd^on  al«  Jtarbinal  Otto  bon  Solonna  gegen  ^u^  in  fd^onung«lofer 
©^ärfe  eingefd^tten  ibar,  nal^  nadf^  ber  ©urc^fül^rung  be«  Äonjil«  ben  Äamj)f  toiber 

35  ben  §uffiti«mu«  energifd^  auf.  35ie  ^uffitifc^e  Se^re  foBte  bottftänbig  au«gerottet  toerben. 
3u  bem  gtoede  mu^te  ber  Äönig  SBenjel  für  bie  ©ac^e  geh)onnen  toerben.  am  4.  SJe^ 
jember  1418  rid^tete  Äönig  ©igi«munb  bon  5ßaffau  au«  an  i^  ein  ©(^reiben,  barin  er 
tlj^n  befdS^toört,  ben  ©tanb})unft  be«  Äonjil«  ju  toal^ren;  fc^on  fage  man  bon  il^m  felbft, 
bafe  er  mel^r  Siebe  jum  ©ruber  l^ege  al«  jur  d^riftlic^en  Sleligion,  er  fönnte  il^n  fürberl^in 

90  nx6)t  al«  Sruber  betrad^ten,  toenn  er  nic^t  in  ber  SReligion  ber  3Säter  berbleibe,  ein  l^ci^ 
Kger  Ärieg  toürbe  biegolge  fein,  toenn  bieÄe^er  inSöl^men  nodfi  toeiteren  ©c^u^  fanben. 
3n  ber  ^at  ergriff  nun  Äönig  SBenjel  9Äa^regeIn  im  römifdf^en  ©inne.  §uffitifdE^efinntc 
©taat«männer  unb  §eerfül^er  toie  3iiIoIau«  bon  5ßiftna  unb  3o^<*"*^  3^^^^  ^^^  iroftnoh) 
mußten  bom  §ofe  toeic^en,  lotl^oIifdS^e  ©eifttic^e  tourben  in  ii^re  ^frünben  toieber  eingefe^t 

35  u.  f.  tu.  35ariäer  fam  e«  ju  einer  allgemeinen  3lufregung ;  oI«  einige  ber  nm  eingef efeten 
antil^uffUifd(^en  ^ßrag^JJeuftäbter  SRat«l^erren  bom  9lat$aufe  an^  eine  ^uffitifdf^e  ^rojeffion 
offen  berl^öl^nten,  erftürmte  bie  SKenge  ba«  SRatl^au«  unb  ibarf  fieben  SRat«l^erren  ju  ben 
genftem  ^inau«.  35en  ÄönigSBenjel  bradf^te  bie5lunbe  l^ierbon  in  fo  l^eftige  Stuftüattung, 
ba^  er  bom  ©c^Iage  gerül^rt  tourbe.    Er  fiarb  am  16.  äuguft  1419.    ©ein  ©rbe  toar 

40Jtönig  ©igi«munb. 

3n  ben  I^en  bier  Salären  l^atte  fi^  ber  $ufriti«mu«  organifieri  35on  Slnfang  an 
finben  toir  jtoei  Parteien:  toäl^renb  bie  nöd^ften  ätn^änger  i^un^^  <*uf  ^^  bon  i^m  ge= 
jeic^neten  2mie  fte^en  blieben,  \a  mandf^e  fidj  toieber  ber  alten  Seigre  jutoanbten,  toä^renb 
alfo  bie  ganje  J^ierard^ifdf^e  unb   gotte«bienftli(^e  Drbnung  ber  Äird^e  unangetaftct  blieb, 

45  brängte  bie  rabifale  Partei  ju  einem  bottft&nbigen  SlnfdS^lufe  unb  jur  3)urd^fü^rung  ber 
3)oltrinen  SBiclif«,  beffen  5ßrebigten  nun  erft  in  33öl^men  ii^re  boBe  SBirtung  mac^^tcn, 
h)ie  fie  \a  l^ier  unb  ba  unter  bem  gel^eiligten  9lamen  be«  ßu^  gingen.  3Äan  toeife,  bafe 
biefe  ^rebigten  bon  einem  leibenfdS^aftlidS^en  §a^  gegen  bie  Äloftergeiftlid^feit,  borab  gegen 
bie  Settelmönd^e  burc^tocl^t  fmb  unb  bafe  fie   energifc^  bie  gurüdffül^rung  ber  Äirdf^e  auf 

50  ben  ©tanb  in  ber  ^cxt  ber  äjjoftel,  bemnac^  bie  Sefeitigung  ber  beftel^ben  §ierard^ie 
unb  bie  ©äfularifierung  be«  Jtird^engute«  forbem.  35iefe  X^eorien  fudf^en  bie  SRabifalen 
unter  ben  ^ufftten  in  bie  äBirllid^Ieit  ummfe^en:  fte  ))rebigen  bie  sufficientia  legis 
Christi :  nur  ba«  ^öttli^e  ®efe^,  b.  i.  bie  93ibel,  ift  Siegel  unb  Slid^tfdE^nur  für  ben 
ÜJlenfdf^en  unb  bie«  ntd^t  nur  in  firc^lidf^en,  fonbem  aud^   in  t)olitifd^en  unb   bürgerlich 

55  ©ad^en.  ©ie  bertoarfen  bemnadji  fc^on  1416  all  ba«,  loa«  nid^t  in  ber  93ibel  begrünbet 
ift:  ben  ^eiligenfultu«,  ben 93ilberbienft,  bie  Mten,  bie  überflüffigen  geiertage,  bie  ©eg^ 
nungen  unb  SSei^en  jegli^er  3lrt,  ben  ©b,  bte  prbitten  für  bie  loten,  bie  D^renbeic^te, 
bie  2lbtäf[e,  bie  ©aframente  ber  ginnung  unb  ber  lefeten  Ölung,  tieften  bie  Saien,  aud^ 
grauen,  jum  ^rebigtamt  ju,  toöi^lten  i^re  5ßriefter  felbft  unb  ft)enbeten  SEaufe  unb  äbenb* 

Gomal^l  in  ben  einfad|^ften  gormen,  toaren  nad^  9Bicltf«3Ra^nunggeinbe  ber  ftoljen  jtird^en- 


*ttft  487 

bauten  unb  be^  ^runfcö  beim  ©ottcöbieitft  unb  nal^men  Don  Kird^cn  unb  Slltärcn  unb 
j)rieftcrIidS)>en  ®ch)änbcrn  Umganfl.  gm  ©inne  bet  SBidiffc^en  Sc^^c  öon  ber  ©emcim 
jd^blid^fcit  bcr  aeiftlid^cn  Orben  begannen  fte  ü^re  O))))o{ttion  gegen  btefe,  toa^  feit  1419 
fiix  ben  banbaltfc^en  SSertoüftungen  ber  bö^mifc^en  Jtlöfter  führte.  SSor  aUem  aber  l^ielten 
fie  fid^  an  bie  aBidiffdSie  Slbenbma^fölel^re  unb  eben  bieje  ift  e^,  burc^  bie  fie  \id)  am  5 
meiften  Don  ben  ©emä^igten  unter  ben  ^ufftten  unterfdSiieben. 

^0^  Programm  ber  ®emägigten  ift  in  ben  bier  Präger  9lrti{e[n  enthalten,  bie  im 
3uli  1420  Vereinbart  unb  in  fateinifc^er,  tfc^ec^ifc^er  unb  beutfdSier  ©J)rad^e  Derbreitet 
tuurben.    ©ie  lauten: 

1.  ®otte^  2Bort  foll  in  Sö^men  frei  unb  ungel^inbert  get)rebigt  toerben.  2.  35ad  10 
©aframent  bc^  Seibei^  unb  Sluted  Sl^rifti  foQ  allen  getreuen  S^riften  gemä^  ber  (Sin- 
feftung  ßbrifti  unter  beiberlei  ®eftalten  gereid^t  toerben.  3.  35ie  toeltlidf^e  ßerrfc^^aft  unb 
bai^  irbifc^e  ®ut,  ha^  ber  Jtlerud  aegen  Sl^rifti  ®ebot  jum  Slbbru^  feinei^  geiftlid^en  Slmted 
unb  jum  ©dj^aben  bed  toeltltd^en  mm^  befi^t,  foE  i^m  genommen  unb  bie  ^riefter  mm 
äßanbel  Sl^rifti  unb  ber  ^oftel  jurüdgefüi^  toerben.  4.  Sllle  Xobfünben  unb  befonoer^  15 
bie  öffentlic^^en,  bem  göttlid^en  ®efe^  jutoiberlaufenben  Unorbnungen  foUen  Don  ben  ju- 
ftänbigen  Obrigteiten  abget^an  toerben. 

^ie  ^nfid^ten  ber  ®emä^igten  fanben  il(^re  boEe  SSertretung  an  ber  UniDerfttöt  unb 
in  Streifen  ber  $rager  ä3ürger:  bal^er  nannte  man  bie  ganje^jtortei  anfangt  nic^t  anberd 
old  bie  ^rager;  ba   fie  unter  ben  Dier  9lrti!eln  bo^  grö^e  ®etoic^t  auf  ben  jtoeiten  ao 
legten  unb  ber  fteld^  ba^  äBo^rjeic^en  tourbe,  unter  bem  fte  fäm^ften,  l^iegen  fte  aud^  bie 
Salijtiner  ober  Utraquiften. 

^ie  9labilalen  Ratten  i^ren  3Rittelt)unIt  in  bem  ©t&bt^en  Sluftie  an  ber  Sufc^ni|, 
füblidSi  Don  ajrag.    2)a  aber  biefeig  nidfit  feft  genug  loar,  griinbeten  fte  ouf  einem  benac?« 
barten  §ügel  eine  ©tabt,  bie  fie  2:abor  nannten,  toe^alb  bie  rabilol  ®efinnten  3:abos26 
riten  genannt  tourben.    ©ie  bilbeten  boi^  treibenbe  Clement  unb  fa^en  bie  eigentlid^e 
firaft  be^  ^uffiti^mu^  in  ftd^ ;  benn  fie  finb  ei^,  bie  im  ©inne  bed  alten  Xeftamente^  mit 
bem  ©d^toerte  in  ber  §anb  bie  ^nbe  beiS  ®efe$eiS  ®otted  (ber  S3ibeO  austilgen  unb  ba« 
gfJeiA  ®otte^  ausbreiten  unb  für  ben  erfteren  Rtoti  blutige  Äriege  führen,  für  ben  jhmten 
burd^  eine  ebenfo  ftrenge  unb  blutige  ©trafre^^flege  f orgen,  inbem  fte  nid[|t  blo^  auf  so 
fd^toere  äSerbred(»en,  [tote  3Rorb,  Xobf^lag  unb  Unjud^t,  fonbem  au^   auf  ©ünben  toie 
afteineib  unb  SBud^er  bie  fd^toerften  ©trafen  fe^en  unb   enbli^  audi^  bie  in  bem  ®efe$e 
®otted  geforberten  3uftänbe  auf  bie  gefeÖfc^ttftd^en  SSeri^tniff e  berSBelt  jur  9(nh>enbung 
bringen,    ^reilid^  l^atten  auc^  fie  Don  Slnfang  an  Don  ©elten  ^u  leU)en,  d^iliaftifc^e  unb 
anbere  ©trömungen  machten  ft^  geltenb,  unb  au^  gegen  bie  fnegerifd^eSRid^tung  entftonbsö 
eine  fdf^arfe  Dj)j)ofttion. 

3)ie  Äunbe  Don  SQBenjete  3:ob  f e^te  bie  SeDölferung  5Prag«  in  bie  l^eftigfte  Setoegung. 
35a  leine  ftarle  Slegierung  Dorl^anben  toar,  löften  fidjf  oUe  93anbe  ber  Drbnung  auf,  unb 
eiS  lam  junöd^ft  in  $rag  unb  bann  in  gang  Sö^men  )u  bem  betannten  Rxxi^m^  unb 
Jtlofterfturm,  ber  baS  ^Rönd^tum  aud  bem  fimtbe  l^intoegfegte.  3)ad  Jtird^engut  iourbe  ein-  40 
gebogen  unb  gelangte  großenteils  in  bie  $änbe  beS  ^uffttifc^en  ^belS.  jfönig  ©igiSmunb 
jonnte  nur  mitSBaffengetoalt  inben33efi$  feiner  Äönigreicbe  lommen.  2luf  feinen  SBunfc^ 
rief  9Kartin  V.  bie  abenbldnbif^e  ßl^riften^eit  jum  Äamt)f  gegen  bie  §uffiten,  auf  unb  eS 
lam  ju  einem  jtoölfjä^rigen  Äatnjjfe,  ber  Don  ben  §ufftten  im  3lnfange  befenfiD  gefül^rt 
tourbe,  bis  fte  unter  fräftiger  gü^rung  feit  142  7  bie  DffenfiDe  ergriffen.  „®ie46 
Äriege  ber  §ufftten  Derf olgtcn  außer  bem  religibfen  gtoerfe  bie  lirc^lid^e  greii^eit  beS  2anbeS 
ju  retten  auc^  ben,  boS  nationale  ^ntereffe  ber  2:fdSied^en  ju  fiJrbem  unb  fo  fal^  ftd^  i^r 
bebeutenbfter  gelbl^err  Sk^a  too^l  als  ben  SRäd^er  ber  ^eil.  ©d^rift  an,  unb  loar  boS 
,,®efe$  ®otteS  fein  ©d^lad^truf,  aber  er  griff  ju  ben  SBaffen,  toie  er  in  einem  ÄriegSs 
reglement  fagt,  aud^  für  bie  Befreiung  ber  böpmijd^en  unb  flaDifc^en  Station"  (Sed^ler).  w 
®ie  ÄriegSjüge  gegen  bie  §ufftten,  bie  1421  bie  3lbfe^ung  ©igiSmunbS  auSgef))rod^ 
Ratten,  mißlangen.  5Rad^  bem  lobe  ^i^IaS  trennten  ftc^  bie  Xaboriten:  ein  2eil,  „bie 
aSJaifen"  l^ielt  fi^  ju  ben  gemäßigten  äinfid^ten  ber  5ßrager,  bie  aRel^rl^eit  l^ielt  an  ben 
Seigren  SQäiclifS  feft.  ^oi)  balb  Dereinigten  ftdf^  bie  Parteien  unb  nun  loiefen  fte  nid^t 
bloß  bie  Singriffe  ber  Äreuil^eere  ab  fonbem  brangen  })lünbemb  in  bie  bena^barten  Sänber  66 
ein.  3"^^^  ^axm  i^re  ®egner  genötigt,  an  einen  gütlid^en  ätuSgleid^  ju  beulen.  5WadS^* 
bem  bie  le|te  Äreujfa^rt  unter  bem  Äarbinal  Julian  Sefarini  in  ber  ^lad^t  bei  lauS 
(1431)  ein  Iläglid^eS  ©nbe  gefunben,  tourbe  ber  SQBunfc^  nad)  SSerfö^nung  immer  lauter. 
Sluf  eine  einlobung  beS  nod^  DonaRartinV.  bewilligten,  Don  feinem  5Wad^folger  ©ugen  IV. 
eri)ffneten  fionjils  erfdjiien  eine  böl^mifc^e  ®efanbtfc^aft  in  Safel,  aber  erft  nad^bem  bie  e^ 


488  «ufe 

toon  bcn  Söl^inen  öcftclltcu  Scbmounöcn  in  ©gcr  in  ber  §am)tfad;c  anöcnommcn  h)orben 
hKxren.  SSon  bem  SJcrlangcn,  bafe  ^d^  bic  ^ujfiten  bem  3lu^Jj)rucl^c  bc«  Äonjife  fügen 
müßten,  toar  nic^t  mcl^r  bie  Siebe.  3SieImcl^r  mußten  ifere  ©efanbten,  fo  oft  fic  e^  be^ 
geirrten,  bor  bem  ganjen  Äonjil  freie«  ®el^ör  erl^ten,  bei  il^ren  ©rörterungen  foHtc  il^ncn 

6  nur  ba«  ®efe^  (Sottet  unb  bte  $raji«  ß^rifti,  ber  3(j)ofteI  unb  ber  Urtirc^e  mit  jenen 
alten  Äonjilien  unb  Äird^enlel^em  jur  SRidptfc^nur  bienen.  Unter  ben  ^uffitifc^en  ®e= 
jonbten,  bie  inSafel  eintrafen,  toaren  aüc  ^Parteien  Vertreten:  ber  ?!Kagifter  ^o^ann  310- 
I^^ana,  ber  bolb  iai  ^avc^t  ber  Utraquiften  tourbe,  ^xolop  ber  ©rofee,  ber  ^^rer  ber 
laboriten,  ?ßeter  ^a^^nt,  ein  eifriger  Stnl^änger  SBicKf«,  ber  feine«  ©lauben«  loegen  6ng- 

10  lonb  berlaffen  ^atte,  ber  akiboritenbifd^of  5WiIoIau«  bon  ^ilgram  u.  a. 

6«  iöar  ein  merftoürbige«  ©cl^auf})iel,  bafe  ein  oHaemeine«  Äonjil  auf  Unterl^anb^ 
lungen  mit  einem  gauAen  SSoIIe  einging  ba«  für  bie  SRqorm  ber  Äirdf^e  eingetreten  tüar 
unb  iai  man  beffen  älbgefanbte  toie  ©efanbte  einer  gleic^geftettten  9)la(^t  annal^m.  35ie 
aSerJbanblungen  in  33afe[  begannen  am  10.  S^^war;  fie  betrafen  jumeift  bie  öier  ^rager 

löärtifel:  ba«  Äonjil  ^atte  bon  ben  93ö^men  fdf^arfe  SBorte  ju  l^ören,  oft  lam  e«  ju  ftür- 
mifd^en  Sluftritten.  3^  ^"^"^  3lu«gleid^  gelangte  man  nic^^t.  3(1«  bic  93öl[;men  am 
14.  äl^ril  abreiften,  bar  nod^  nid^t  in  einem  einjigen  ^unlt  eine  Einigung  erjielt.  ^a 
[\d)  übrigen«  bie  böl^mifd^en  3lbgeorbneten  toieberpolt  nic^t  für  Iomt)etent  eröärten,  fc^idtte 
ba«  Jlonjil  felbft  jel^n  ©efanbte  nac^  Söl^men.    Sie  langten  am  8.  ?!Kai   in  ?ßrag   an 

ao  unb  fud^ten  unter  gefd^idfter  S3enu$ung  ber  @))altungen  unter  ben  ^uf fiten  bie  @emä^igten 
}u  gewinnen,  älber  aud^  je^t  !am  e«  nod^  nid^t  ju  einer  @inigung.  3lo6)  ging  eine 
bö^mifd^e  ©efanbtf^aft  nac^  93afe(  unb  eine  äSafler  nad^  $rag.  ^ann  erft  na^m  ein 
böJ^mifd^^mäl^rifc^er  Sanbtag  in  ^rag  am  30.  9lobember  1433  bie  fogenannten  ^ rager 
Äomj)  alt aten  an.   6«  h)urbe  barin  bieÄommunion  unter  beiben ©eftalten  allen  benen, 

25  bie  fie  begei^en,  beh>iQigt;  boc^  foQte  bobei  gefagt  berben,  bag  S^riftu«  unter  jeber  ©e- 
ftalt  ganj  gegenwärtig  fei.  3)ie  Seftrafung  ber  2^obfünben  foH  nur  bon  juftänbiger  ©eite, 
olfo  nid^t  Don  bloßen  ^ribo^erfonen  erfolgen,  bie  freie  ^rebigt  toarb  ni^t  unbebingt  ge^ 
ftattet:  bie  ^riefter  muffen  bon  ben  Oberen  aj)t)robiert  unb  gefenbet  unb  bie  ©etoalt  be« 
35ifdS^of«  berüdffid^tigt  toerben.    3)er  ärtilel,  ber  bem  Äleru«  bie  toeltüd^e  §errfd^aft  untcr= 

aofajt,  toirb  fo  jiemlidS^  in  fein  ©egenteil  berfel^rt:  lein  SBunber  bafe  nic^t  ade  Parteien 
mit  ben  Äomjjahaten  jufrieben  toaren.  Die  3iaboriten  unb  SBaifen  weigerten  fid;  bei^u= 
treten,  ba^er  berbanben  fid^  bie  6ali|tiner  mit  ben  ftatl^olilen  unb  fc^Iugen  bie  ^boritett 
in  ber  ©d^Iad^t  bei  Sijjan  (30.  3Rai  1434)  bi«  jur  SSemic^tung.  SJie  $artei  ber  SBaifen 
löfte  fid^  auf  unb  audf^  bie  2^aboriten,  bie  bi«  jute^t  bie  ^a^ne  il^re«  englifd^en  3Keifter« 

86  l^o^l^ielten,  berloren  il^re  Sebeutung. 

9?ad^  längeren  Unterl^anblungen  ber  Goßstiner  mit  bem  Äonjil  tourben  bie  Äomt^afs 
toten  auf  bem  Sonbtog  bon  ^^n  am  5.  gwK  143(>  beftätigt  unb  erlangten  ^ierburd^ 
®efe^e«h:aft.  Damit  toar  bie  Sau«föl^nung  93öl^men«  mit  Slom  unb  ber  abenblänbifdben 
Jtird^e  boQjogen.    @i^i«munb  gelangte  erft  je^t  in  ben  9efi$  ber  böl^mifd^en  5{rone,  aud^ 

40  jeftl  bemüht,  rüdfgängtg  )u  mad^en,  loa«  mit  )o  bieler  5Kü^e  in  ben  legten  S^i^ren  ber^ 
einbart  toorben  toar.  ©c^on  fanbten  i^m  einjelne  äbelige  unb  akiboritenfül^rer  i^re  ätb- 
Jagebriefe;  al«  er  am  9.  Dejember  1437  ftarb,  befanb  fid^  ba«  ganje  Sanb  in  ©ärung. 
»uf  il^n  folgte  fein  ©c^toiegerfo^n  Sllbre^t  II.  unb  md^  beffen  lobe  (1439)  ein  ad^tjel^n- 
jjäl^e«  Interregnum,  toöbrenb  beffen  ba«  ^aboritentum   auc^   al«  religiöfe  Partei   aQs 

46  mä^lic^  erlofdS^.  gn  ben  Sfteligion«gef J)räd^en,  bie  in  ben  öierjiger  3a^en  bon  ben  ^ar« 
teien  gefül^  Würben,  l^anbelte  e«  fxo)  um  bie  ben  Utraquiften  ber^a^te  SBicliffd^e  Slbenbs 
mabtele^re,  bie  1444  auf  bem  Sanbtag  in  $rag  al«  grrle^e  berWorfen  Warb.  Die 
^Eaboriten  traten  nun  einjeln  unb  in  ganzen  @emeinben  jum  Utraqui«mu«  über.  Der 
SReft   ging   in  bie  „»rüber  be«  ®efe^e«  g^rifti"   (bie  »rüberunität  f.  ben  31.  »öj^mifdE^e 

öo  33rüber  9b  III  ©.  445  ff.)  über  unb  beutete  fo  fd^on  im  SJamen  feine  ftreng  SQäicliffd^e 
i^erfunft  an. 

3lber  aud^  bie  Utraquiften  l^otten  bon  ben  Seigren  i^re«  5Weifter«  ^ufe  nur  einen 
bürftigen  JMeft  bel^alten:  ba«  Slbenbmo^l  unter  beiben  ©eftalten  gemäft^  ber  (Sinfe^ung 
G^rifti.  Die  großen  DonSBiclif  überlommenen  ®runbgebanlen,  bie  in  A^uffen«  ©djirift  toon 

66  ber  Äird^e  (f.  oben)  i^ren  3lu«brudE  fanben,  Waren  aufgegeben.  Unb  fclbft  ben  bürftigen 
Sleft  ber  gugeftänbniRe  SRom«  fuc^te  biefe«  ju  befeitigen.  ^iu«  II.  erflärtc  am  31.  3Kärj 
1462  bie  Äom))aftaten  für  aufgel^oben  unb  ungiltig,  Derbot  ben  Satenfeld^  unb  WoHte 
®eorg  Don  ^obiebrab  nur  bann  al«  Äönig  anerfennen.  Wenn  er  bie  unbebingte  ßinigung 
mit  ber  römifc^^en  Äird^e  berf})re^e.    Da«  tjerWeigerte  ®eorg.    3luf  einer  im  äuguft  biefe« 

eo  ^a^re«  obgel^altenen  9tei4f«berfammlung  gab  er  bie  @r!lärung  ob,  bei  ber  5tommunion 


^ttfe  ^tit  489 

unter  bcibcn  ®e[talten  untocrbrüc^Iid^  öcrbictbcn  unb  fic  mit  bcn  Äom^jaftatcu  bcrtcibigcn 
m  tooBcn.  grcilid^  h)ar  bcr  ÄatJ^ofictemuö  in  Söhnten  fd;on  fo  h)eit  erftarft,  bafe  jcin 
SJcrfud^,  ba^  ganje  SKeidj^,  audf^  bie  Äatl^oltfen  auf  bie  Äomt)aItatcn  ju  berjjfüd^tcn,  mifes 
lang.  2)od;  bcl^au>)tetc  er  [xd)  erfolgrcid^  gegen  einen  neuen  Don  9lom  axi^  in  ©^enc  ge« 
festen  Äreujjug.  ®corg  ftarb  1471,  einen  5Konat  öor  il^m  SRoI^^ana,  ber  erftc  unb  einzige  6 
crtpäl^lte  uttaqutftijc^c  93ifc^of.  ®eorg^  ^ladE^foIger  fiönig  SOälabiöIah)  II.  begünftigtc  bie 
Äat^olifen  unb  fc^iritt  gegen  calijtinif^e  ©eiftlid^e,  bie  i^re  ®Iauben«Ie^ren  mit  befonberem 
(Sifer  öerfoc^ten,  ein  unb  lie^  fie  öer^aften.  35ie  Sef^loerben  ber  Utraquiften  touc^^fen 
mit  iebem  gal^re,  enblic^  (U83)  brac^  in  $rag  ein  2lufftanb  au^,  ber  an  bie  (greigniflc 
be^  ^af)x^  1419  erinnert.  Sluf  bem  Äuttenberger  Sanbtag  beö  ^a^x^  1485  lam  e^  gu  lo 
einem  Sttu^Ieid^  jtpifd^cn  Äotl^olifen  unb  Utraquiften,  ber  313jfll[^re  in  Äraft  bleiben  foHte. 
2)ie  Äomj)aftaten  foÜten  in  ®eltung  bleiben,  beibc  SReligion«})arteien  gleid^bere^tigt  fein 
unb  bie  Untertl^anen  i^e^  ®Iauben«  loeaen  nidfit  bel^eDigt  tperben.  Üioüt  ®Ieic^bere(l&5 
tigung  für  beibe  9teIigionen  lourbe  enbUc^  Dom  Sanbtage  be^  ^al^re^  1512  au^eft)rodSien. 

311^  Sut^er   auftrat,    tourbe   bie^   toon    utraquiftifd^en   ©eiftlic^en  freubig  begrübt.  i6 
dlad)  ber  £eij)jiger  3)i«))utation  (16.  3"^^   1519)  fanbten   fie  i^m  puffen«  ©Triften  m 
unb  Sutl^er  unterliefe  nid^t,  feinem  ©taunen  Slu^brucf  ju  geben,  ol^  er  fo^,  toie  er  felbft, 
©taujji^  unb  anbere  mit  ^ufe  übereinftimmten.    2lber  nid^t  oBe  Utraquiften  lonntcn  pdf^ 
mit  ber  beutfd^en  ^Reformation  befreunben:    e^  !am  au  einer  ©})altung  unter  ij^nen  unb 
Diele  traten  nun  fogar  ^ur  fat^olifd^en  Seigre  jurüdC;  freilid^  toar  in  bem  Utraqui^mu^  be^2o 
16.  ^al^rl^unbert^  faum  nod^  ettoa«  bon  bem  reformatorif^en  3^9   J"  entbedten,  ben   er 
l^unbert  gal^e  frül^er  befeffen  ^atte.    3)ie  befferen  Elemente  Ratten  fic^  ber  Srübergemeinbe 
jugeioenbet.    Unter  3KajimiIian  II.  fteHte  ber  bö^mifd^e  Sanbtag   1575   ein  Sefenntnig 
auf,   bie  Confessio  Bohemica,  ju  ber  Sutl^eraner,  Sieformierte  unb  SöljfmifdS^e  Srüber 
fid^  bie  §anb  reid^ten.    SSon  ba  an  ioar  ber  ^uRiti^mu^  im  Slu^fterbm  begriffen.    (Sin  26 
DöUige^  6nbe  fanb  er  freilid^  crft  infolge  ber  ©dj^lad^t  am  toeifeen  Serge  uno  ber  latl^o« 
Uferen  SReaftion,  h)cl^e  bie  lird^lid^en  33erl(^ältnif[e  Sö^men«  unb  5Dlä^rcn«  bon  ®runb 
au^  änberte.  3*  Bofert^. 

^ttt^  $an«,  3lnabaj)tift,geft.  1527.—  6.  ?l.  eorncUu«,  ®cf(öi*tc  bcä  SKünftcrifdjen 
«ufriil^i^  II,  bcf.  39  ff.,  251  ff.,  279 ff.;  &.  9Ke^er  in  bcr  3eltf(<|rift  beö  €>ift.  '^creinö  für  30 
6*ioabcn  unb  ißeuburfl  I,  1874,  211  ff.  unb  3^®  17,  248  ff.;  Öorg.  5)cutf(ftlanb  in  ber 
JKeüühitionSperiobe,  1851,  677  ff.;  3.  93ecf,  3)ie  ®efd)id)tSbucber  bcr  m.,  1883  (Fontes  Rer. 
Aiistr.  2.  3Ibt.  43,  34 f.);  gr.  ^oii),  9tug§b.  Dtcformalionägcjcft.  1881,  199  ff.;  «LI.  9JicoIa. 
boni,  ^of),  IBünberlin  1893  (mit  SSorfic^t  5U  benufen.  ba  bcr  (^^aralter  beS  öftcrrcid)ifd)cn 
XäuferlumS  unb  fein  SScr^öItniö  jum  fcftiücijcrifc^en  j.  X.  unricfitig  gcjcicftnet  ift).  ©injclnc  35 
9?a(^ricftten  unb  9?otijcn  in  ben  ©rf)nften  über  ba«  3:äufcrtuni,  bei  Heller,  fiofcrt^,  9?cmbert  u.  f.  to. 
SSgl.  aucft  ben  93erl(ftt  über  $).§  iJnbc  in  bcn  (Jljronilen  ber  beutfc^en  ©tobte,  §lug«burg, 
m  23,  191  ff. 

§an«  ^ut  (ober  §utt)  ift  in  §ain  in  ^anf en  (in  ber  9Jä^e  Don  ®rimmentl^al)  geboren. 
@r  ioar  mehrere  ^Qi}x^  lang  ^ird^ner  beö  §erm  §an^  Don  93ibra  unb  feiner  fettem.  40 
Slebenl^er  betrieb  er  ate  hjanbember  „93u^fü^rer"  einen  §anbel  mit  glugfd^riften,  ber 
\l}n  in  3)eutfc^lanb  unb  Dfteneic^  h)eit  uml^erfü^rte  unb  ^n  jugleidf^  mit  ben  rabilalen 
gbeen  ber  3eit  belannt  machte.  3|n  SBeifeenfete  traf  er  —  loal^rfc^ieinlid^  1524  —  jum 
erftenmale  mit  SBiebertäufem  jufammen.  6r  toirb  an  ber  biblifc^en  Segrünbung  ber 
Äinbertaufe  irre  unb  Derfuc^t,  toie  er  fj^äter  erllärt,  Dergeblid^,  bei  ben  ?ßrebigem  in  46 
SQSittenberg  ettoa«  ju  l[^ören,  ba«  feinen  S^Ä^^l  löft.  2ludS^  bafe  Dom  ^rebigen  in  SBitten« 
berg  feine  Sefferung  lommt,  mac^t  i^n  irre.  3)a  er  in  Sibra  fid^  toeigert,  fein  um 
biefe  3^'*  geborene«  Äinb  taufen  ju  laffen,  unb  fein  Vertrieb  Don  ©c^riften  uRün^er«, 
ber  aud^  einmal  in  33ibra  bei  il^m  getoefen  ift,  SSerbac^it  erregt,  mu|  er  mit  SBeib  unb 
Äinbern  bie  §eimat  Derlaffen.  2lufeer  mit  5Künjer  mar  er  auc^  mit  3)enf  belannt  unb  60 
befud^te  i^n  in  9ttimberg,  ju  einer  3^t,  al«  biefer  ^ier  nod^  ©d^ulmeifter  ioar;  ebenfo  mit 
bem  Pfarrer  SBolfgang  Sogel  im  bena^arten  eiter«borf,  ber  fj)äter  (1527)  Don  ben 
9Jümbergem  Eingerichtet  loorben  ift.  (Sr  Dertreibt  bie  glugf^riften  unb  Derbreitet  bie 
^i^been  bcr  rabifalen  Slid^tung.  3)ann  lourbe  er  Don  ben  SBogen  be«  93auemfriege«  er- 
griffen, ffiö^renb  ber  ©c^lac^t  bei  granfenl^aufen  toax  er  in  SRtinjer«  Umgebung.  2)ie  66 
ftataftro>)l;e  l)at  i^n  nic^t  emüd^tert.  3lad)  ber  ©d^lac^t  ging  er  nac^  33ibra;  mit  ®r= 
laubni«  be«  ^}5farrer«  ^öxq  ^aug,  Don  bem  ein  bei  ben  Käufern  Dielgelefener  Iraftat 
ftammt(„6in  c^riftlid^eDrbnung"),  >)rebigt  er  am  3.  ^fingfttag  1525  über  feine  2lnfid^ten 
Don  ber  Xaufe,  Dom  ©aframent,  Don  ber  2lbgötterei  unb  ber  3Keffe,  unb  forbert  bie 
Sauern  auf,  ba«  ©d^toert  gegen  bie  Dbrigleit  in  bie  §anb  ju  nehmen;  bie  3^'^  baju<>o 


490  ^ni 

fei  ba.  2lufö  neue  Vertrieben  nimmt  er  fein  SWanberleben  tuieber  auf.  ^^^S'^"^"'^^  1^-^ 
lommt  er  mi)  3lug«burg  unb  trifft  ^ier  mit  i^ä^er  unb  3)atl  jufammen;  Don  le^terem 
»üirb  er  für  bie  täuferifc^e  ©emeinfdf^aft  getDonnen  unb  getauft.  3)enl  ^at  mäfeigenb  auf 
il^n  eingeloitft;   er  ge^t  Don  ba  an  mit  ben  SKünjerijc^en  ©ebanlen  Dom  dicd^t  ber  6m^ 

6  })örung  gegen  bie  Dbrigleit  Dorfic^tiger  um.  35a^  er  fie  ganj  aufgegeben  Ijabm  foH, 
^at  man  ol^ne  ©runb  vermutet. 

ge^t  erft,  aö  2Äufer,  entfaltet  $.  feine  Dotte  agitatorifd&e  2^ätigfeit.  Slaftlo^,  mit 
großem  })erfönlidS^em  3Kut  loirbt  er  überall,  Don  Sanb  ju  Sanb,  Don  Ort  ju  Drt  giel^enb, 
für  bie  täuferifd^e  ©emeinfd^aft,   ein  3Kann  Don  feuriger,  Dolfötümüd^er  Serebfamfeit ; 

10  feine  geleierte  Silbung  jian\>  feinem  ©influfe  aufg  3SolI  im  SBege.  ^n  farbenreichen  Silbern, 
Dotier  Seibenf^aft,  ^alb  enÜ^üKenb,  ^alb  ba^  tiefere  ©el^eimniiJ  nur  anbeutenb  legt  er  bie 
geid^en  ber  3^'t  öuö  unb  ruft  mx  33u^e.  ©ine  bäurifd^e  "iperfon,  mit  einem  lid^tbraunen 
geftu^ten  ©aar,  unter  ber  5Wafe  ein  falbem  Särtlein;  feine  Äleibung  ein  grauer  ober 
fc^toarjer  9teitro(f,  ein  grauer  breiter  $ut  unb  graue  ©ofen.  ©eräufd^Iod  lommt  unb  ge^t 

16  er,  toenn  e^  nötig  ift,  toed^felt  er  ben  5Ramen.  3"  *>^"  Derfdi^iebenften  ©egenben  Don 
©üboftbeutf^Ianb  unb  Öfterreid^  taud^t  er  ouf:  in  5Wümberg,  Slifoteburg,  ©te^r,  2inj, 
3leufirdSi,  ©fenftabt,  SWöII,  SBien,  iJaufen,  ©aljburg,  5ßaffau.  ©r  J)rebigt  ba«  täuferifc^e 
©Dangelium,  tauft  fofort  bie  ®eh)onnenen,  feiert  mit  i^nen  ba«  Slbenbmal^I  mit  33rot- 
bred^en,  nimmt  fie  in  fein  SSerjeidS^ni«  auf  unb  fenbet  einzelne  Don  i^nen  ate  3l>)oftel  aaü. 

20  93or  aÖem  unter  ben  ©anbbertem  ^at  er  Diele  9lnl^dnger  gefunben.  ^te  groge  älu«- 
breitung  bed  3:äufertum«  in  Saiem,  JJranlen,  ©dbtoaben  unb  ÖfteneidSi  jh)ifd^en  1526 
unb  1528  ift  ni^t  jum  toenigften  fein  2Berf.  3)ie  SSergic^te  ber  gefangenen  SBiebertäufer 
(bei  SKe^er,  9jörg,  9(icoIaboni,  ßorneliu«)  toie  feine  eigenen  Selenntnifje  geben  ein  an* 
anfd^aulic^ed  Sitb  biefer  agitatorifc^^en  il^ätigjteit  §utg.    Um   feine  ge^eimni^oHe  ^ro^ 

25  ^^etengeftalt  tooben  ftd^  aSerl^anb  ®erüc^te.  ^ie  Seute  glaubten,  er  beft^e  ein  Suc^,  ba« 
ber  $en  felbft  bem  5ßro^l^eten  3)aniel  gef^enlt  bobe ;  feine  ©df^rift  über  bie  3lj)ofaI^j)f^ 
nannten  bie  S3rüber  ba«  SBudb  mit  7  ©iegeln.  SKan  meinte,  er  beft^e  einen  gaubertrani, 
um  bieSeute  an  fidf^  ju  feffeln.  ©r  felbft  batiert  feinen  ©enbbrief  „an^  ber  ^öl[^Ie6Iiä"; 
er  glaubt  bie  ©d^rift  beffer  j|u  Derfte^en,  al«  irgenb  ein  Oelel^rter.    Oott  If^abe  il^n  ge^ 

90  fanbt  unb  ii^m  burd^  einen  @ngel  ben  Sluftrag  ju  leieren  unb  ju  taufen  gegeben.  ä(ud; 
einige  Sieber  fmb  Don  i^m  erholten  (f.  SB.  SQäacfemagel,  ©efc^.  b.  beutfd^en  Äird^enliebe«, 
111,444—47,  unb  boju  »etf,  I.e.  35).  SSor  allem  aber  ^at  §.  c^iliaftifd^e  gbeen  au«^ 
gebreitet.  @r  erMärt  ftd^  für  ben  5ßro^l^eten,  ber  in  ber  ©nbjeit  erfd^einen  unb  bie  testen 
3)inge  Derfünbigen  foH.  3n  4  3;eUen  toirb  fid^  ba«  Urteil  Dom  ©nbe  ber  SBelt  Dott^ 


36  jiel^en:  erft  ba«  ®erid^t  über  ba«  ©au«  ®otte«;  bann  ba«  ©eric^t  über  bieSBelt;  fobann 
Die  „3ulunft"  (SBieberlunftg^rifti);  enblid^  bie  Sluferftebuna.  ®rft  iDerben  bie  ©laubigen 
Ijerftreut  unb  g^rüft  toerben;  Diert^alb  ^a^e  toirb  biefe  a5erfoIgung«jeit  bauem :  Xeurung, 
$eftilenj  unb  5trieg  toerben  !ommen.  2)ie  2^ürlen  toerben  einbre^en  unb  ba«  Sleid^  jer« 
ftören.    3i"Jh)ifdS^en  foHen  fw^  bie  ©laubigen  flüd^ten.    35ann  aber  toirb  ber  ©en  bie 

40  ©einen  in  allen  Sonben  fammeln  unb  biefe  berben  bann  überall  bie  Dbrigleiten  unb  aUe 
©ünber  [trafen,  bie  5Pfaffen,  bie  falfd^  get)rebigt  unb  bie  ©erren,  bie  fd^ledjit  regiert  baben. 
^ierauf  toirb  ß^riftu«  mit  ben  ©einen  in  ©errlidf^feit  auf  Srben  ^errfc^en.  S^^^^  fommt 
bie  attgemeine  Äuferfte^unj  unb  ba«  SBeltgeridS^t. 

9Wit  biefen  fc^toärmenfd&en  3*^een,  in  benen  ber  alte  ^uffitifc^e  unb  ber  münjerifc^^e 

46  ©^lad^truf  Don  ber  35emid9tung  ber  ©ottlofen  burd^  bie  ©laubigen  fortflingt,  ftie|  ©ut 
auf  SBiberftanb  bei  gemäßigten  ^rem  be«  läufertum«.  ©o  lam  e«  6nbe  1526  ju 
3liIol«burg  in  3Räfycm  ju  einem  ^ufammenftoß  mit  ©ubmaier (f.  b.  31.  o.  ©.  422,82  ff.).  3luf  bem 
©d^loß  fanb  ^toifdS^en  beiben  em  ©dj)räd^  ftott,  ju  bem  2eonl[^arb  Don  2ic|)tenftein  bie 
Käufer  einlub,  bie  audf^  jal^lreidf^  erfcpienen.    fiut  foH  babei  eine  2lngal^l  2lrtifel  Dertteten 

60  l^en,  bie  al«  „9?iIoI«burger  Slrtilel"  ober  „^rtilel  ber  neuen  ß^riften  ju  3lug«burg"  in 
Derfc^iebenen  gaffungen  umliefen  unb  bei  ben  3^äufcrprojeffen  an  Derfd^iebenen  Orten  eine 
9loae  fj)ielten  (Dgl.  Darüber:  ^örg  677;  ßomeliu«  II,  279 ff.;  Ul^l^om,  Urbanu«  9l^e= 
giu«,  122,  355;  "iRoti}  215;  Sofertl^,  «.  ©ubmaier,  134ff.;  giicolaboni  108 f.;  %onifen 
ber  beutfd^en  ©täbte,  23,  186  f.   unb  bie  übrige  bier  Dmeid^nete  Sitteratur).    ®«  ift 

66  no6^  nid^t  DöHig  aufgeflört,  toie  e«  fid^  bomit  Der^ält.  ©o  Diel  ftel^t  feft :  3"  ^Jilofe 
bürg  ift  ©ubmaier  al«  gül^rer  ber  gemä|igten  5ßartei  gegen  ben  entl^ufia«mu«  Don  ©ut 
aufgetreten.  6r  ^at  befonber«  bie  $flidS^t  ber  e^riften,  jur  3Serteibigung  im  3)ienft  ber 
Obrigfeit  SBaffen  ju  tragen  unb  ilrieg«fteuer  ju  bejal^len,  audf^  bie  Seileibung  obrigfeit- 
lid^er  ämter  burc^)  bie  ßl^riften  in  ©(^u|  genommen,  toäl^renb  ©ut  feine  d^iliaftifc((en 

60  ^been  Dertritt  unb  feine  fd^offere  ©tellung  ber  Obrigleit  gegenüber  feft^ält.  2)er  ©ieg 


^ttt  ^ttitett  491 

toar  auf  ©citc  i^w^w^^i^^-  i^'"  Ö^^^  Scoul^arb  bon  SidSitcnftcin  Stecht.  $ut  tourbe  ge« 
fangen  ö^f^t*;  h)orüber  fid^  bei  einem  %^\l  ber  Käufer,  bte  auf  feiner  ©eite  ftanben,  Un* 
jiufriebenbeit  erl^ob.  ©r  flol^  bann  bei  3lad)t  3Kit  ben  ärtileln  berl^ält  ti  fid^  toa^r« 
fdSieinlidS^  fo.  ^ubmaier  ^at  eine  grö^erte  ßa^l  bon  3lrtiMn  —  52  —  auffleftellt,  ate 
Don  §ut  l^errübrenb;  über  ftc  foDte  bi^utiert  toerben.  35a^  er  felbft  ^ubmaier  biefe  3lr=  6 
tifel  übergeben  fjabe,  tourbe  bon  §ut  im  SSer^ör  in  Slug^burg  aeleugnet.  ©r  befdS^uIbigt 
l^ier  ^ubmax^,  ba^  er  au«  9Jeib  über  feine  ©rfolge  ii^m  biefe  llrtifd  unterfc^oben  l^abe. 
35arunter  fanben  [\d)  3lrtifel,  bie  in  ben  berfc^iebenen  un«  borliegenben  Slejenfionen  ber 
,,5RiIotebur0er  ärttfel"  h)ieberle|^ren.  3Ran6^^  babon  l^at  §ut  getoi^  gelehrt:  bie  Sin* 
fünbigung,  ba|  S^riftu«  in  jtoei  ^al^ren  lommen  h>erbe,  unS  bie  (Staubigen  ol^bann  bie  lo 
@ottlofen  bemid^ten  tberben;  bie  Seugnung  ber  ©aframente  unb  f))e)ieQ  be«  Seibe«  unb 
Slute«  ßl^ifti  im  Slbenbma^I;  bie  Aufhebung  be«  ©igentum«  für  bie  hm^ren  Qijxx^Un 
(t>oif  i)at  §ut  im  SSerl^ör  ba«  auf  bie  ^jorberung  gegenfettiger  Unterflü^ung  dngefd^ränft); 
bie  ©elei^rten  aU  ©4riftbertel(;rer;  bie  ^flid^t,  oa«  @bange(ium  ^eimli^  )u  ))rebigen. 
aber  a\x6^  einzelne  ber  eitremeren  ©ä^e,  toie :  bafe  ß^ftu«  nid^t  für  aller  2BeIt  ©ünben  is 
genug  getl^an,  ba^  ber  auf  (grben  erfd^ienene  g^riftu«  ni^t  ®ott  ift,  fonbem  SJlenfdS^, 
3Äaria  nic^t  eine  9Kutter  ®otte«,  laffen  fi^  —  obtoo^I  bie  Formulierung  in  ben  ätrtileln 
einfeitig  ift  —  ber  ©adf^e  nad^  in  ben  Äreifen,  bie  bon  $ut  beftimmt  fmb,  nac^toeifen 
(bgl.  bor  attem  bie  Selenntniffe  be«  aimbrofui«  ©t)ittelmaber,  9licoIaboni,  223  ff.),  ©o 
ift  ertlärlid^,  ba^  bie  Unterfud^ung^rid^ter  in  9(ugdbuira  bie  9lrti!el  mit  $utd  eigenen  9lufs  20 
geid^nungen  übereinftimmenb  fanben.  ^ie  ©ott^eit  6^ti  ^at  tool^l  $ut  nid^t  fc^lec^ttoeig 
geleugnet,  aber,  äl^nlic^  toie  ©>)itte[ma^er,  jtoifc^en  ßl^riftu«  bem  ©ol^n  ®otte«  jur  Stellten 
be«  Saterg  unb  bem  3Kenfd^en  ßl^riftu«,  ber  ganj  3Kenf(^  toar,  unterfdf^ieben  (bgl.  9licos 
[aboni54f.).  Sei  einzelnen  ©ö^en,  toie  bem  bon  ber  Sefeligung  ber  2eufe(,  liegen  tool^l 
ginpüffe  ajenfö  bor  (bgl.  93b  IV,  577, 1 7 ff.);  bei  anberen  toie  bem,  ba^  bie  dngel  mit 25 
ß^nftu«  ^leifd^  angenommen  ^aben,  täfet  fid^  nic^t  mebr  entfd&eiben,  ob  fie  i^ut  toirllic^ 
geleiert  i)at  3Die  ^uf^^^^w^^f^ffw^Ö  ^^  ben  un«  überlieferten  SRejenfionen  bon  7  (8)  ober 
14  (15)  3lrtileln  tft  too^l  bon  ben  @egnem  beranftaltet  borben.  Sßann  unb  bo  fte 
entftanben  ift  —  ob  fd^on  bor  bem  Slug^burger  SSer^ör,  ©et)tember  1527?  —  lä^t  ftd^ 
nid^t  fagen.  Sia«  ®efj)räd^  in  Siiloteburg  ^at  todt^in  3luffel^en  erregt.  ®ur(^  ben  SSer*  00 
lauf  ift  ^ut«  älnfel^en  in  ben  töuferifc^en  ^dfen  nic^t  gefd^äbigt  borben,  e«  ift  el^er  nod^ 
getoac^fen.  Sitte  Verfolgungen  baren  ja  nur  eine  93eftätigung  bafür,  ba^  ba«  6nbe  nal^e 
bar,  bie  SBa^rl^dt  bÄ  ber  Äird^e  ni^t  ju  finben  unb  bie  ©eligleit  alldn  bur^  bie  Slut* 
taufe  ju  gebinnen  fd. 

Slnfang  Wlän  1527  bdlte  §.  auf  9—10  2:age  ein  jbeite«  3Kal  in  2lug«burg  unb  86 
bo^nte  bei  bem  H$atrijier  ©itdl^an«  Sangenmantel,  ben  er  bamafe,  bie  ben  3Künd^ener 
©igidmunb  ©alminger,   dnen  el^emaligen  Äloftergdftlid^en,  famt  feiner  grau  getauft  ^at. 
^ann  erfd^dnt  er  bieber  auf  ber  SSerfammlung  ber  3^fer,  bie  im  Stuguft  1527  in  Slug«« 
bürg  ftattfanb  (bgl.  93b  IV,  578,  ss  ff.).    ;^ier  fdf^dnt  2)enl  nodf^  dnmal  berfuc^t  ju  l^aben, 
i^n   bon  ber  Slu^brdtung   fdner  d^iliaftifc^^en  9SorfteBungen  jurüdfju^alten.    3"  biefem  40 
Slugenblidf,  in  bem  3lug«burg  ber  3RittelJ)unIt  ber  täuferif^en  ^rojjaganba  bar,  fdS^ritt 
ber  Slat  entfd^ieben  ein.    3lm  15.  ©et)tember  burbe  u.  a.  au^  §ut  gefangen  genommen. 
3)er  berübmte  Slec^t^ele^rte  Äonrab  ^eutinger  Idtete  ben  $roje|.    §ut  beftanb  meiere 
})einlid^e  SSerl^öre,  ^at  aber  unter  ber  golter  laum  me^r  geftanben,  aU  fd^on  borl^er  gut« 
li^.    2)er  fieberen  Verurteilung  lam  er  jubor:  er  jünbete,  um  fid^  ju  befrden,  bie  33anl  46 
an,   an  bie  er  gefeftelt  bar,  ba«  ^uer  ergriff  jebodS^  ba«  33ettgebanb  unb  bie  Äldber; 
8  läge  barauf  ftarb  er  an  ben  33ronbbunben.   3)er  fidd^nam  burbe  berurteilt  unb  ber« 
brannt.    Siele  bebdnten  fdnen  2ob  unb  bie  Slug^burger  Säufer  nahmen,  ba«  bon  ber 
3lf^e  nid^t  in  bie  äBertad^  geftreut  bar,  aU  dn  Heiligtum  an  fid^.  Regler. 

I^uttcit^  bon^  UlridS^,  geft.  1523.  —  Sittcratur:  Ulrichi  Hutteni  opera  coli.  50 
Böckiiig,  5  vol.  nwb  2  sup])!.  —  UlrlcftS  oon  pulten  bcutfc^c  ©djriften  üon  6.  @jamatoldfi 
1891  (üfll.  beutfcöe  fiitteraturjeitung  1892  ««r.23).  —  3).  6trauB,  Ulrlrf)  üon  ^utten,  1858, 
ucrbcfferte  ^lii^gabc  1871  unb  cbenfo  in  ben  gcfammcllcn  @d)viftcn  VII,  1877.  Scrgl.  meine 
6!iiie:  913)33  XIII,  1881.  gcrner  meinen  @icflngen  unb  au8  ber  Sittcratur  über  §.§  ©c* 
5icl)un9  ju  fiut^er:  9?elnben:  fintier,  ßrotu«  unb  ^jutten,  1890.  3)eutf^e  SRcit^StagSalten  65 
unter  Ä'oifcr  Äarl  V.,  2.  S3b. 

3)ie  ©eftalt  be«  Sflitter«,  $umaniften  unb  ?ßubli«ften  Ulrid^  b.  $utten  bürbe  attge* 
meingefc^ic^tlic^  in  ^m  tl^eologifd^e^  ©ammelberf  bteUdd^t  erft  bon  bem  3lugenblidt  an 
gehören,  ba  er  im  3a^re  1519  in  Sutl^er  ben  geiftigen  Sal^nbred^er  unb  in  Siefingen 
ben  ftarfen  ätrm  für  feine  Jjatriotifdjjen  Sefrdung«j)läne  bon  Slom  entbedt  ju  If^abeneo 


492  ^niitn 

fliaubtc.    3^*<^ff^*ii  h)ürbc  bic  ct0cntltd;c  Duette  feiner  eiocnartiöen  3luffaffung   nid;t  red;t 
k)erftänbltd^  tverben  ol^ne  einen  )8licf  auf  feine  Snttoicfelung. 

©eboren  am  21.  3tj)ril  1488  afö  ältefter  ©o^n  eine^  inapp  begüterten  e^renfeften 
fränlifd;en  SRitter^manne^  auf  ©df^Iofe  ©tedelberg  unhjeit  ber  ftinjig,  ift  er  au^  unbefannter 

6  Urfac^e  fc^on  1499  m^  Älofter  ^Iba  getl^an  h)orben,  um  bereinft  hier  Wond)  ju  tuerben. 
3)ie  äbftreifung  ber  berlf^a^t  getoorbencn  geffeln  burdf)  feine  '^l\ii)t  im  fi.  ^al^re  feine« 
Slufmti^alte«  unb  nod)  bor  bem  5ßrofe^  führte  beu  felbftbetoufeten  ^iüngling  gleid[^jeitig  jum 
SSrudf^  mit  bem  ftarrfinnigen  Sater.  Ol^ne  Seitung,  oljfne  9JiitteI  begann  er  in  unruhigem 
Seben«-  unb  ^ei^eit^brang,  getrieben  burd^  glü^enben  ©ifer  jur  eigenen  geiftigen  3)urd;5 

10  bilbung,  an  ber  Uniberfttät  Äöln  ba«  SBanberleben  beö  fa^renben  Bd^nUx^,  ba«  il^n  in 
rafd^er  golge  burdf^  eine  ganje  Stellte  ber  gelehrten  SQäiffenöftätten  getrieben  j^at.  3)er  2Beg 
l^at  i^n  toie  fo  mantben  anberen  am  Slbgrunb  ^ingefü^rt,  5Wot  unb  lebenslängliche«  ©te(^>5 
tum,  le^tere«  bietteicpt  nid^t  o^ne  SJerf^ulben,  toaren  feine  Segleiter,  aber  bie  feurige, 
bem  ©d^önen  mit  Segeifterung  jugetoanbte  ©eele  be«  S^i^ö'i^^   ^^^t  i^n   nai}  oben  ge^ 

16  riffen.  35er  Slitter  tourbe  ^umanift  unb  ein  SSere^rer  unb  Äenner  ber  Ilaffifd;en  Sitten 
raturen.  Df)nt  bauemben  2lnfergrunb  gefunben  ju  \)abm  im  SSaterlanb,  loanbte  er  fic^ 
bem  ©el^nfud^tSjiel  atter  §umantften,  St^Iien,  ju.  ßtoeimal  l^at  er,  mit  längerer  Untere 
bred^ung,  an  berfd^iebenen  Uniberfttäten  ftubiert  unter  5Röten  unb  6rfal[^rungen  öer^ 
fc^iebencr  2lrt,   ol^ne  fidf^   gu  bem  juribif^en  Srobftubium  cntfc^Iiefeen  ju  fönnen,  ba« 

ao  ber  l^albtoeg«  berföl^nte  SJater  berlangt  hatte.  SBährcnb  eine«  3^^W^"^"f^"*^^'*^  ^^ 
2)eutfdS^lanb  tvax  bie  2Bieberannä^erung  be«  berlorenen  ©ol^ne«  an  bie  ^amilie  erfolgt, 
ber  fo  rebegetoaltig  unb  furdf^tlo«  umjufj)rtngen  gelernt  l^atte  mit  bem  ber  B'\)ppc  ge^äffigen 
i^ergog  Don  SBürttemberg.  ^n  biefer  Utterarifd^en  gehbe  offenbart  [x6)  atebalb  bie  ©runb- 
fofer  feine«  SBefen«,  ber  ftarl  ^erfönlic^e  3^0  ^^  <*B  feinem  3:i^un  erft  ben  rechten  3ln- 

26  trieb  unb  bie  re^te  ^ärbung  berliel^.  —  1517  fam  er  bann,  ein  fertiger  Wann,  befinitiD 
nac^  S)eulfc^[anb,  nid^t  nur  an  SBiffen  bereidSiert.  gtalien  l^atte  in  ü}m  erft  rec^t  ben 
®eutfd^en  getoedt,  nodf^  in  gonj  anberer  98eife  al«  in  bem  üblid^en  l^umaniftifc^en  Sinn 
ber  33ert^eibigung  gegen  toälf^en  ipodf^mut.  ®egen  bie  3Senebiger,  gegen  ben  ?ßai)ft  hatte 
er  bereit«  feine  fdf^arf  fatirifd^  geftimmte  Seier  in  echtem  «§afe  loiber  atte  SJeiber  3)eutf(^5 

80  lanb«  unb  feine«  Äaifcr«  laut  genug  erllingen  laffen.  ®leic^  im  erften  ^a\)x  ber  |)eim- 
le^r  liefe  er  gegen  bie  h)eltlic^en  $errfd&aft«anft)rüd^e  SRom«  eine  3lu«gabe  ber  ©d^rift  be« 
fiorenj  Satta  über  bie  ©d^enfung  Äonftantin«  lo«  mit  ironifd^er  3Bibmung  an  ben  ^aj^ft. 
3n  ben  StaniHß^  ber  ©eifter  trat*  er  in  umtoäljung«fc^toangerer  3^^^  f*^f*^^^  ^^^  l^eifeem 
})atriotifd^em  6ifer  unb  felbftbetoufeter  Unbefangenheit   Iräftig  l^inein.   ®r  nal^m  Partei 

86  für  ben  fd^toer  bebrängten  Sleuc^lin,  f>)enbete  bon  bem  ©einen  für  bie  ©riefe  ber  3)unfel= 
mönner  unb  begann,  felbftberftänblid^  in  flaffifc^em  Satein,  feine  launig-fatirifdjien  Dialoge 
ber  3Äith)eIt  borjutegen.  5Dlit  einem  Slud  fanb  fid^  ber  lange  beinai^e  loie  ein  „5Wic^t«" 
betrad^tete  3)id^ter  mit  an  ber©t)tee  ber  Iamt)fe«fro^en  beutfqen^umaniftenfd^ar.  §utten 
loar  ein  berül^mter  SKann,  fein  reiche«  Äönnen,  feine  geniale  aber,  fein  halb  bejaubembe« 

40balb  gerfd^mettembe«  3^emt>erament  berriet  einen  burc^au«  ungetoö^nlic^en  3)Jenfchen. 
Äaifer  3Rai  l^atte  i^n  fc^on  im  ©ommerl517  feierlid^  mit  bem  SDic^terlorbeer  gefc^müdt. 
§utten  l}at  nid^t,  toie  ^eunbe  erwartet  ju  ^aben  fdf^einen,  biefe«  Vorteil«  fic^  bebient,  um 
an  einer  Uniberfitöt  le^renb  bie  fd^olaftifc^en  ©egner  feiner  toiffenfc^aftlic^en  3tuffaffung 
ju  belämt)fen.    6r  trat  in  ben  ^ofbienft  be«  funftliebenben  ©rjbifc^of«  ätlbrec^t  Don  3)lain}, 

46  ol^ne  burd^  biefe  ©tettung  in  feinen  litterarifc^en  ^erborbringungen  irgenbtoie  ftc^  l^emmen 
ju  laffen. 

plod^  ftanb  er  in  3Kainjer  ©olb,  er  ^atte  in  einer  9leil(;e  bemerlen«toerter  ©c^riften 
ben  Übergang  bom  §umaniften  jum  5Publijiften  fc^on  toottjogen;  aber  noc^  aljnte  er,  ber 
h)ieberl^olt  1519  toie  1520  mit  ber  ^bee  ber  ©rünbung  eine«  §au«ftanbe«  fi(^  getragen, 

60  entfernt  ntc^t,  bafe  er  mit  bem  Dt)fer  geträumten  8el[^agen«,  toiffenfd^aftlic^cr  ?!Kufee,  ja 
biettei(^>t  feiner  ßjiftenj  Sannerträger  in  bem  großen  Ramp\  tuerben  müfje,  an  bem  er 
bi«l^er  h)enn  audj^  loud^tig  bod&  nur  gelegenttid^  teilgenommen.  3)a«  '^alix  1519  l^at  ben 
Übergang  gebilbet  für  biefe  Äonjentration  feine«  SBefen«  auf  ein  einzige«  3^^»  "^^^  ^^e 
feine  ©aben,  atte  jh)iefj)ältigen  ©eiten  feiner  5Watur  fortan  bienftbar  gemacht  morben  fmb. 

66  3Kit  bem  ^odf^mut  be«  ed^ten  §umaniften  l^atte  §utten  bi«l^er  toerftänbni«lo«  bem  fd(^h)eren 
Slingen  Sutl^er«  jugefc^aut,  in  beffen  3luftreten  er  ein  blofee«  3Rönd^«gejänf  erblidte.  3)ie 
©teuungnal[^me  Sut^er«  gegenüber  ber  fird^lid^en  Autorität  unb  bem  ^apfttum  in«befonbere 
toä^renb  berSei))jiger35i«J)utationbonl519  rife  i^n  au«  biefem  2Ba^n.  @r  erfannte  je^t  in 
bem  Don  i^m  unbeachteten  Jl^eologen  ba«  au«erh)ä^lte  Söerfgeug  jur  Befreiung  2)eutfc^lanb« 

eo  Dom  römifdSien  ^oä),  3N  "^  gfü^rer  al«  9KitIämt)fer  fidf^  jur  ©eite  ju  fteUen,  brannte  er 


$ttttett  493 

um  jo  me^r,  al«  er  fd^on  bor  bicfcr  g^t  bcn  SKann  gefunben  ju  l^aben  l^offte,  ber  feine 
Tlad)t  bereittüiHiö  bem  großen  ^xd  be^  „2o^  bon  SRom"  toei^en  U)ürbe,^anj  bon  ©tdRnßen. 
aSor  unb  im  gelbjug  gegen  Ulrid^  bon  SBürttemberg  bon  1519  toaren  beibe  Slitter  [\d) 
naiver  getreten,  bei  ber  Äaifertbal^I  l^atten  beibe  berfelben  ©ad^e  gebient.  3"^^^^  ^^"^ 
ba^  ritterfc^iaftlid^e  ^ntereffe  ben  ^^^^KP^  ^^'^  ^^  Slealiften  eng  jufammen.  ®Ieic^  s 
©icfingen  toar  §utten  überzeugter  SBiDerfa^er  ber  neueften  ®nttoicfelung  im  SKeid^,  bie 
nur  bie  gürften  ate  ^errenftanb  übrig  liefe,  bie  SRitterfAaft  bagegen  in  bie  jtoeite  Steige 
brängte.  ^Ixö^t  toeniger  ate  jener  f(|rieb  ^utten  ben  Stittem  ba«  SRe(^t  über  Ärieg  unb 
grieben  ui.  Site  alte  unfträfUd^e  ©etoo^n^eit  fü^rt  er  ba«  SRed^t  ber  Slitterfd^aft  auf,  in 
eigener  ©ac^e  unb  gum  ©d^irm  aller  unfdS^uIbig  SSergetooltigten  gelobe  gu  erl^eben.  3lxä)t  lo 
ju  berfennen  ift,  bafe  bei  feinen  planen  eine  er^öl^te  ©eltung  be^  ritterfd^aftlid^en  ©le? 
ment«  ftarf  in  ^age  fommt.  älber  bie  Slitterfd^aft  foH  fid^  biefe  ®eltung  berbienen 
burd^   innere  @meuerung   in   l^ingebenber  älnftrengung  für  bie  9lbftreifung  ber  römifc^en 

§utten«  ganje  ©cj^riftftellerei  h>ar  je^t  auf  ben  Stampf  gegen  Slom  geftellt,  feine  uns  15 
bänbige  ^erfönlic^feit  eingefe^t  für  bie^  3^^^  ^^^  Vf^  Xoht.   ^n  bem  meifter^aft  gel[^anbs 
l^obten  Dialog  ^atte  er  ftd^  unlängft  eine  feiner  Begabung  befonber^  entf))red^enbe  SSSaffe 
gefc^miebet.    3^ft*  erfüllte  er  feine  „®ef>)räd^e"  ftatt  mit  teigigem  ®et)länlcl  mit  i)atrio* 
tifc^em  2ob]^a|  toiber  ©eifteöbrud  unb  Slu^beutung  ber  3latton  feiten«  be«  ^aj)fttum«. 
Unmögli^  biefer  SBcrIe  im  einzelnen  ju  gebenfen.    3)ie  d^riftlid^e  greil^eit  unb  bie  anti*  af) 
c^riftli^e  I^rannei  ber  ^äi)fte  finb  bie  ^ole  be«  ©ebanicngang«.  Öefc^ränfung  be^Um« 
fang«  ber  J)äi)ftlic^en  Siebte  in  Slom  toie  in  35eutfc^Ianb,   SSerrin^erung  ber  3^^'  ^^ 
Kleriler,  2lufl(^cbung  ber  Älöfter  loirb  geforbert.    ©tatt   ber  ßourtifanen  fotten  fromme 
5IKänner  geiftlid^e  ©teilen  berh)alten.    2ln  ba«  93eift)iel  ber  35öl(;men  toirb  erinnert.    Slu« 
ben  jurüdfbel^altenen  Slnnaten,  au«  eingebogenen  ?ßfrünben  unb  Älöflem  h)ill  $utten  einen  25 
©c^^aft  bilbcn,  au«  bem,  neben  Unterftü|ungen  für  Sebürftige,  ^aiHJtfäd^lidS^  jum  ©c^irm 
bc«  Sfteic^e«  au«  Slittem  unb  £anb«fne(^ten  ein  beruf«mäfeige«,  ftet«  bereite«  Ärieg«l^eer 
gebilbet  toerben  foD  (opera  I,  136.  IV,  396.  ©jamatoföfi  139).    SJabei  ift  ni(^t  nur 
gebadet  an  Sinberung  getoiffer  nad^gerabe  unerträglidSi  geh)orbener  ©d^äben  in  ber  focialen 
unb  h)irtf(^iaftli^en  Sage  be«  Slbel«:  bor  ollem  fommt  e«  bem  ^ublijiften  barauf  an,  so 
bem  jungen  Äaifer  ztwa^  )u  bieten  axx^  bem  Vermögen  be«  beutfdf^en  SSolf«  l^erau«,  loa« 
il^m  ein  ®egengetoi(^>t  fein  fönnte  für  bie  ^erlömmli^e  2(nle^nung  an  ben  5ßai)ft.    3)enn 
§utten  backte  in  erfterSinie  faiferlid^:  ein  Äaifertum,  entgegen  ber  jüngften  ©nttoidtelung, 
gebaut  auf  Slitter  unb  (nac^l^er  toenigften«)  ©tobte  h)äre  fein  3wIunft«troum  getoefen. 
6«  loirb  ba«  ntc^t  anber«  boburdf^,  bofe   er  gelegentlid^   einmal   einzelne  dürften  aufruft  86 
jur  Befreiung  be«  aSoterlonbe«.    Slid^t  bon  i^ncn,  loie  Suti^er,  fonbern  bon  ber  ©elbft« 
|ilfe  ber  9iation,  bomei^mlid^  be«  2lbel«  unb  ber  93ürger,  l^ot  §utten,   fall«,   toie  ftd^  je 
länger  je  me^r  ^erau«ftellte,  ber  Äoifer  fid^  berfagte,  bie  Slettung  gehofft  unb  betrieben. 

9Ke^r  unb  me^r  ^otte  iputten  fid^  mit  Sutl^er«  ©c^riften  abgegeben  unb  berfudj^t, 
fi(^  brieflid^  x^m  ju  naivem.  Slnfong  1520  burfte  er  im  SKomen  ©icfingen«  (ben  er  fdf^on  40 
borl^er  gum  erf olgrcid^en  ©infd^reiten  für  ben  bebröngten  5Reud^lin  betoogen)  bem  fäc^fifc^en 
^rofeffor  eine  fiebere  3"Pw^^  <^"f  ^^^^  33urgcn  feine«  §reunbe«  anbieten.  Äeine  groge,  er  h)or 
büHig  lut^erifd^  in  ollem,  loa«  Äirc^e  unb  $rieftertum  betraf.  SSber  ben  gangen  Sutl^er  l^otte 
er  boc^  niö^t  erfaßt:  ic^  fonn  nxd^t  finben,  bofe  er  ein  tiefere«  SJerftönbni«  für  Sut^er« 
religiöfe«  ©rlebni«  b.  i),  feine  biblifc^sbogmotifd^e  Sluffoffung  ber  ^eil«frage  geloonnen  45 
l^ötte.  2)0«  fd>liefet  nic^t  ou«,  bofe  beibe  bon  einonber  gelernt  ^oben.  löutl^er  ^ot  jloeifello« 
eine  febr  ftarf e  Slnregung  erfahren,  burc^)  bie  erft  1520  erfolgte  5lenntni«nal^me  ber 
§uttenfc^en  3lu«gabe  ber  berühmten  ©d^rift  be«  SSollo  unb  e«  ift  ferner  gor  fein  ®runb 
gu  gloeifeln,  bafe  3)ialoge  loie  bie  römifd^en  3)rei^eiten  föinDrucf  auf  il^n  gemodf^t 
i^aben.  9?ur  borf  man  unter  feinen  Umftönben  annehmen,  bofe  Sutl^er,  ber  feit  1518  50 
gül^lung  l)aiU  mit  bem  ®eift  ber  3Rotion,  e«  nötig  gel^obt,  bie  Renntniffe  unb  2lns 
fd^ouungen  au«  jenen  ®ef))räc^en  gu  entlel^nen,  bie  er  in  feinem  Aufruf  an  ben  df^riftlid^en 
Slbel  bertrctcn  ^ot.  Sebeutfomere«  \)at  bod^  umgefel^rt  §utten  bem  2!l^eologen  gu  ber« 
bonfen :  ben  loormen  biblifd^=ebangelifc^en  §auc^  feiner  jüngften  Seiftungen  unb  gum  a^eil 
bcn  entfc^lufe,  mit  Slbftreifung  ber  ^umoniftifc^ien  Söloen^out,  fd^lid^t  unb  red^t  in  ber  » 
aRuttcrf>)rad>e  bem  gangen  *JBolf  gu  fogen,  loie  c«  il[^m  um«  §erg  toor.  3*^^^  liegen,  loic 
un«  neuerbing«  gegeigt  ift,  bie,  foft  möchte  id^  fogen,  berfdjiämten  Slnfönge  bon  ^utten« 
beutfc^er  ©d^riftftellcrei  loeiter  gurüdf,  ol«  bie  Siograpl(^en  angenommen  l^otten.  aber  c« 
bleibt  bobci,  bofe  er  beloufet  bie  3Baffe  ber  ollen  berftönblic^en  9Kutterfj)rod^e  erft  ge« 
fc^loungcn  l;at,  ol«  er  noc^  ber  ©ntfc^^eibung  in  Som  ol«  Sd^idtfol«genoffe  be«  ^){cforma5  go 


494  ^ttttett 

tor«  ben  Äamjjf  h)iber  9lom  mit  otten,  ani)  revolutionären  3KitteIn,   in^  SBert  ju  fe^en 
ben  @ntfc^lu^  gefunben  ^otte. 

SSor^er  ^e  nod^  einmal  bie  SJldglic^feit  ftd^  geboten,  ben  auf  bie  ^auer  unmöglich 
fletoorbenen  ^ienfk  be^  SKaimer  Äarbinate  mit  bem  be«  33ifd^ofg  öon  Bamberg  in  fneb^ 

5  boKer  ®(^affeniS(uft  ju  k)ertau)ci^en.  @icfingen  l^at  bem  ein  (Snbe  gemad^t,  inbem  er  bem 
^eunb  bie  Sßege  )u  ebnen  Derfuc^t  ^atte  gum  3)ienft  beim  Sruber  be^  Jtaiferd,  bem 
Srj^erjog  g^binanb.  i^utten,  ber  bieifem  bamate  eine  antifuriole  ^Seröffentlic^ung  ge^ 
hjibmet  |atte,  toar  ganj  gleich  SKeinung  ^infic^tlidf^  ber  SBid^tigleit,  in  ber  9iäl^e  be^ 
Äaijer^  einen  fold^en  5ürjj)rec^er  ju  gewinnen,    ätber  Jein  93efuc^  in  ben  5tieberlanben, 

10  toie  er  audf^  Verlaufen  fein  mag,  toar  ein  SKifeerfoIg.  SRom  l^atte  imtoifc^en  enblidf^  ge- 
f^rod^en.  ^ie  93annbuIIe  biber  Sutl^er  toar  ergangen  unb  na(i^tt)eidli(l^  aud^  burd^  ben 
mx  ^egrü]^ung  be^  Jtaiferd  nac^  3)eutfc^lanb  old  Segaten  entfenbeten  Stleanber  ba^  SSer^ 
langen  gebellt  h>orben,  ^utten  feftjunej^men  unb  au^juliefem.  Sidingen,  getoifferma^en 
oI«  ätntoalt  beg  abeligen  ©tanbe«,  getoäl^rte  ©(^u§  bem  33erfe^mten,  bem  fein  £anbe«^err, 

16  feine  Äorj)oration  3)e(fung  bot.  2lfe  bie  ©täbte  feine  ©ic^erl^eit  me^r  gaben,  burfte  $utten 
auf  ben  ©d^löffem  jene^  feinet  greunbeiS  afö  „Verbergen  ber  Oeredbtigfeit"  Unterfd^luj)f 
fud^en.  Unb  biefe  unbeabfid^tigte  Konzentration  ber  Seben^l^altung  hatte  für  feine  ©nt^ 
h)iaelung  unöerfennbare  folgen,  ©df^ier  unglaublidf^  bie  fieberl^afte  fieibenfd^aft,  mit  ber 
^utten  in  ben  nöd^ften  ÜRonben  fd^^ö^ferifc^  tbätig  getDefen  ift!    ^e^t   erft  al^  £ut^^ 

20  Vorgang  il)m  getoiefen,  loa«  e«  l^etj^e  toeitefte  Kreife  für  bie  ©adf^e  ber  greibctt  p  inte* 
reffieren,  toeld^e  Äräfte  ^ier  geh)edft  toerben  fönnten,  unb  toie  bie  bolf^tümlid^e  Sitteratur 
betoie«,  getoedft  toaren,  ate  ba§  ß^f^mmenfein  mit  bem  tapferen  aber  ungelegten  93urg= 
l^erm  i^m  gleid^fam  bied  Problem  lebenbig  töglid^  \>ox  Slugen  fteUte,  l^at  ^utten  offen, 
in  beutfc^  S^rac^e  ju  fd^reiben  begonnen.    6«  blieb  \i)m  nic^t«  übrig,  ate  biefer  ©df^ritt 

26  bom  §umaniften  jum  Sotefd^riftftdSer,  ba  er  ba«  §erj  be«  ganjen  SJolfe«  ber  Don  i^m 
Vertretenen  ©adjje  unb  M  felber  bem  SSolf,  fall«  e«  i^m  2reue  ^Ite,  geloben  tooHte. 
S^oax  ©idRngen,  obtool^l  l^auJ)tfädS^lid^  burc^  §utten  für  Sutljfer  ertoärmt,  backte  bebäc^tig, 
ben  nac^^  feinen  i)erfönlid^en  Erfahrungen  für  Slntoenbung  Don  ®etoalt,  für  SBlufruf  })o)3U' 
lörer  Äräfte  geftimmten  ^eunb  ju  befd^toid^tigen ;  immer  toieber  fud^te  er  il^m  Hoffnung 

80  gu  ertoedten,  bafe  ber  Äaifcr,  beflen  3tnfunft  betoorftanb,  fidb  gum  2:räger  ber  nationalen 
©adf^e  madf^en,  ba^  er  minbeften«  ben  Verfolgten  felber  nid^t  ungel^ört  Derbammen  laffen 
toerbe.  §utten  muftte  fic^  fügen,  ^n  glül^enben  ©enbfd^rdben  toanbte  er  fid^  an  ben 
fiaifer,  ben  fäc^fifc^en  Äurfürften,  einjelne  ©tanbe^genojfen,  bie  9?ation  felber,  um  fie 
aufzurufen,  bie  l^eilige  ©ad^e  ber  gefnebelten  greil^eit  toiber  Slom  felbft  h)a^rgunel[^men. 

85  ©elten  bürfte  jemanb  im  ©tanbe  getoef en  fein,  bie  eigene  glutl[^bolle  Überzeugung  an- 
beren  fo  in  bie  ©eele  ju  gießen,  ba^  fte  ftd^  berfelben  gefangen  gaben,  faft  toie  einer 
6l^renfadS>e.  $utten  berftanb  e«  ouf  bie  ^'6l}t  attgemeiner  ©runbfä^e  bie  i^n  burc^* 
bringenben  emj)finbungen  ju  erbeben,  ©eine  SSerbeutfd^ungen  ber  ftül^eren  ©efjjrädSie, 
f))äter  beutfc^e  93erma^nungen,  Jtlagfd^ireiben,  ^rotefte  über  bie  gefteigerte  älnma^ung  ber 

40  äftömlinge  in  SSerfolgung  be«  freien  SSSort«  brängten  einanber,  bi«  fold^en  l^i^igen  ^länf- 
lern  9(nfang  1521  bie  touc^tige  ^au^tmad^t  auf  bem  |^ug  folgte,  bie  legten  latdnifd^en 
®eft)räc(^e  be«  genialen  5ßublijiften.  3)a«  Programm  ift  feit  1520  im  toefentlid^en  un- 
Deränbert.  älber  bie  ©^rad^e  ift  noc^  bro^enber,  aufreijenber  getoorben.  9!id^t  nur  feine 
gefamte  Station  fielet  er  jur  ©egentoe^r  gereil^t  toiber  bie  ®ntartung  ber  Uniberfalfirc^e. 

46  ööl^men  toie  SRuffen  erfmeinen  i^m  toie  93unbe«genoffen,  \a  fein  ^a^  toagt  glauben  ju 
mod^en,  bafe  ben  Slbenblänbem  felbft  bie  3^ürfen  minber  grimmige  geinbe  fein  toürben, 
fall«  jene  lo«  toören  Don  SRom.  3^*  ^^^^  ^^  V^^  Jammer  be«  Äleru«,  ber  33ö^;me 
3i«fÄ,  Dorbilblid^,  im  35ialog  mu|  fid^  ©idfingen  in  beffen  ßüge  fleiben.  ©elbft  ba« 
©tanbe«gefül^l  fd^molj  in  biefem  §euer.    35er  bod^gemutljfe  Slitter  toarb  um  bie  Sunbe«* 

60  genoffenf(^>aft  ber  fo  lange  mißachteten  ©täbte.  SSieHeidf^t  f)at  i^m  felbft  ein  S^f^ntmen* 

rüden  mit  ben  tief  enegten  93auem  na^e  gelegen,    ^od^  fe^lt  bafür  ber  fidlere  93etoei«. 

gaft  füljflt  man  au«  feinen  SBorten,  toie  i^m  bie  ^anb  nad^  bem  ©df^toert  jurft. 

Äein  3flu^«wi  öor  ben  öußerften,  reDolutionären  3Kitteln,   fall«  bie  Oberen   ber  Station 

i^e  93eftimmung  Derfannten.   @«  bebarf  l^eutgutage  eigentlidi^  feine«  ^intoeife«  tnel^r,  baß 

66  fiutl^er  in  allem  bem  anber«  emt)fanb  unb  barüber  feit  6nbe  1520  ^uttm  and)  feinen 
gtoeifel  gelaffen  batte. 

3>ie  faiferlic^e  3)enfart  l^atte  fid^  ben  Sßinter  über  burd^  Xl^un  unb  ®efd^el^enlaffen 
^infid^tlid^  ber  religiöfen  gftage  mannigfad^  angefünbigt.  ©er  ungebulbige  §utten  toor 
ober  burc^  feine  Umgebung  immer  toieber  auf  ein  möglidf^e«  ©inlenfen  De«  fo  jungen 

ö»  i^enfdjjer«  l^ingctoiefen  toorben.  ©o  mußte  er,  obtool^l  Don  feinem  3Jerhör  feine  Siebe  toor, 


^tttteit  495 

fein  Ungeftüm  jäj^men.  ®r  brannte  barauf,  mit  bent  ?ßfaffenfrieg  einen  Slnfang  ju  madf^en 

(legen  bie  oI«  ©})ione  betrachteten  Segaten  unb  befonber«  bie  ßourtifanen.    2lu^^  bei  9lu^ 
iebenben  meinte  er  too^l  auf  nac^träglidS^e  SiQigung  l(foffen  ju  fönnen,  toenn  er  j^ldfter 
unb  Stifter  jtDänge,  feinem  jjener  @(l^maro|er  ben  Ertrag  ü^er  erfd^^lid^enen  unb  erfauften 
$frünben  ^mommen  m  (äffen.    3lber  fdf^on  bei  ©idRngen  traf  er  auf  ®inf})ru^  gegen  s 
eine  fo  red^t^toibrige  uRa^egel.    5Wici^t  bafe  biefer  bem  rafd^  bertraut  geworbenen  ^eunb 
ben  ©dS>u|  feiner  93urgen  l^at  entjie^en  tooHen.   aber  afö  Wiener  Äartö  V.  unb  —  feiner 
Hoffnung  nad^  —  künftiger  faiferlid^er  ßeerftil^er  im  öorau^fid^tlid^en  Ärieg  gegen  ^anf* 
reid^  l^at  e«  ©idingen  für  unratfam  gehalten,  au«  feinen  Käufern  tljfätlic^e  Singriffe  ouf 
bie  im  laiferlid^jcn  ©d^irm   ftel^enben  Äleriler  jmulaffen.    6«  tourbe  fogar  erlogen,  ob  lo 
^utten  nid^t  jeittoeid  bei  Stöbert  toon  ber  3Karx  fic^ereren  ©c^u^  unb  freiere  33eh)egung 
^nben  toürbe.    2lber  bie  Slbneigung  §utten«  gegen  bie  ,;h)eIfdS^e  3lrt"  vertrug  fidf^  fdjilec^t 
mit  einem  foldjjen  3lu«U)eg.   Unb  ba  ber  Mitter  nun  bie  toeitere  ©rfal^rung  madjen  mu^te, 
bafe  au^  feine  ©ij)i)c,  ber  er  in  ber  toürttembergifc^en  gelobe  nad^  einanber  %it>ct  unb 
©c^toert  jur  Serfügung  gefteHt,  Sebenlen  trug,   ol^ne  toeitere«  für  fein  5ßrogramm  )u  i6 
?ßferbe  ju  fteigen,  ift  il^m  nic^t«  übrig  geblieben,  ate  bie  ©reigniffe  abjutoorten. 

SKittlertoeilc  l^atte  ber  Äaijer  bie  Steic^ftänbe  in  SBorm«  um  fi^  berfammelt.  ÜKit 
angef^anntefter  9(ufmer{famleit  laufd^ten  ©idKngen  unb  $utten  bon  ber  na^en  @bemburg 
auf  ben  SSerlauf.  ®«  ift  nicbt«  ate  ein  Sleft  ÜRittelalter,  toenn  fie  toie  il^re  ©tonbe««  ober 
Seruf^enoffen  bie  SRoHe  Äarte  fo  rein  ^erfönltc^  beurteilten  o^ne  ^otitifdS^e«  SSerftänbni«  30 
für  bie  au^erbeutf(^>e  93ebingtl[^eit  feiner  ©tdlung.  Unb  man  btirfte  il^nen  beijjflid^ten, 
toenn  man  bie  enbgültige  ©ntfd^eibung  finbcn  mü^te  in  bem  SSertauf  be«  aufregenben 
Sntriguenftüdfe«,  ba«  fid^  in  SBorm«  um  ben  jungen  Äaifer  abfj)ielte.  ©ein  l^u>)tfä(^s 
lic^fter  Slegiffeur,  ber  üäj)ftli(^e  Segat  Slleanber,  fear  jugteidf^  einer  ber  Don  §utten«  ®rimm 
in  erfter  5inic  Sebro^ten.  9Kan  mufe  e«  in  feinen  3)et)efd^en  nod^lefen,  in  toAd^t  ängfte  26 
unter  ben  Slugen  be«  Äaifer«  ba«  ^äuen  i^utten«  unb  feiner  ®efinnung«genoffen  ben 
raftlofen  unb  nic^t«  toeniger  al«  uneinftd^tigen  3)i})lomaten  geftürjt  l^tte.  ^ie  9{otrufe 
Slleanber«  finb  ein  fc^Iagenber  ä3en)ei«  ni^t  eth)a  nur  für  bie  SRac^t,  bie  ©idKngen  hü^ 
gemeffen  tourbe,  fonbem  aud^  für  bie  ©teDung,  bie  in  fürjefter  ^nft  i&utten  al«  öolfe 
tümlidS^er  änloalt  feiner  Station  fid^  erobert  ^atte.  so 

2)er  SJerlauf  be«  Sleid^tage«  in«befonbere  in  ber  Sutl^erfc^en  SSerl^ör«angelegenl^eit, 
ba«  S^er^olten  Äarl«,  feiner  ©taat«männer  u.  f.  to.  fonn  l^ier  nidf^t  berührt  toerben. 
$utten  lag  feiner  ganjen  2lrt  nac^  bie  33orftettung  na^e,  audf^  gegen  ben  zeitigen  SKiHen 
be«  Äaifer«  für  beffen  bermeinte«  toa^re«  ^ntereffe  in  ben  Äamjjf  ju  geilen.  3lber  er 
berblenbete  ftd^  bod^,  bani  bem  @influ^  feiner  Umgebung,  nid^t  gegen  bie  äSorteile,  bie  35 
e«  l^atte,  ben  §errjc^er  toirtlid^  für  fic^  ju  l^aben.  3)al^er  jene  manchmal  gemifebeutcten 
©c^^toanlungen  feiner  Haltung,  unter  benen  er  e«  einmal  für  angezeigt  ^ielt,  toie  ©idtingen, 
taiferlid^er  Wiener  gu  toerben.  2Bar  le^tere  SBenbung  ^ert)orgerufen  burd^  ^ufd^ung  über 
ben  ©tanb  ber  lutl^erifd^en  ©ad^e  unb  begleitet  Don  einer  @ntfc^ulbigung  begen  eine« 
frül^eren  ledfen  ©(^reiben«  an  Äarl  unb  h)egen  ber  Sebro^ung  ber  Dölferrec^tlic^  ge^^o 
f^üftten  Segaten  be«  ^ai)fte«,  fo  l^at  er  ungefäumt  ben  ®ienft  für  feine  ^erfon  toieber 
aufgegeben  unb  bie  älnülöge  toiber  Slleanber  unb  ®enof|en  nod^mal«  aufgenommen, 
al«  er  im  Ttai  bie  toa^re  @eftalt  ber  ^inge  burc^fd^aute. 

6r  toar  in  ber  Il^at  überliftet  getoefen.  35er  Seloei«  liegt  in  feinem  SSer^olten  toä^s 
renb  be«  S3efud^«  Slrmftorf«  unb  ©lapion«  auf  ber  ©bemburg,  bie  jugleic^  bie  bon  bal^er  « 
bro^enbe  ®efa^r  unb  ba«  im  gntereffe  ber  j)ä^ftltc^en  Slutorität  gefürc^tete  ®rfc^einen 
£ut(^er«  öor  offener  3leid^«t)erfammlung  abloenben  foDten.  $utten  l^at,  getäufd^t,  bie  le^ 
teren  ©d^ritte  geförbert.  3)er  grrtum  toar,  fo  f^eint  mir,  ein  boipj)elter.  feinmal  über 
bie  toa^re  äbfidj^t  ®Iapion«  unb  fobann  l^infid^tlic^  feine«  eigenen  Einbringen«  in  ben 
Kern  be«  Sutl^erfc^cn  SBefen«.  so 

§utten  l^at  bie  Folgerungen  au«  bem  SSerlouf  für  fidf^  gejogen.  Dl^ne  33er^ör  toor 
aud^  er  bem  Sann  verfallen.  ÄranI  l^atte  er  bie  ©bemburg  berlaffen,  unb  na*  einem 
Dergeblid^en  SSerfuc^,  bie  Segaten  abjufangen,  ftdf^  in  einem  SSerfted  geborgen.  3loq  immer 
ungebro^enen  3Rut«  ^at  er  bie  ^eunbe  aufgerid^tet,  bie  —  unb  nidf^t  am  toenigften  gerobe 
an  i^m  —  irre  ioerben  toollten.  3*""^^  toieber  l^at  er  feine  ©timme  erfd^joflen  laffen, 
am  fd^önften  in  bem  Sieb:  „3^  bab«  getoagt  mit  ©innen".  Slber  feine  eigentliche  ®lanjs 
e})oc^e  ift  mit  bem  SQBormfer  SReid9«tag  Dorbei.  3111'  feinem  3^^un  l^otte  ein  greifbarer  ©r« 
folg  gefel[^lt.  3)a«  trifft  toeiter  m  für  bie  ^^e^ben,  bie  er,  toie  toir  neuerbing«  erfal[^ren 
ifahm,  einer  3lcil;e  beutfd^er  ©tifter  unb  Drben  angelünbigt  bat,  toeil  fie  feiner  öffcntli^ 
angefcblagencn  ^orbenmg  ber  Slu«f))errung  ber  Sourtifanen  nic^t  entf))roc^  l^ättm.    3)ie  eo 


496  ^ttttett  ^nütt,  (Sliad 

©ad^c  fc^cint  inö  ©tocfen  geraten,  ate  ©idingen  1522  \xi),  bei  ©ammlung  attcr  Äräfle 
jum  Singriff  auf  ben  größten  ,,6ourtifancn",  ben  ergbijc^of  bon  2:rter,  jurüdjog.  3la6) 
feinem  3Ki|erfolg  bor  2^rier,  too  §utteng  J)erfönlici^e  2^eUna^me  ntc^t  feftftel^t,  ^at  bcr 
SRütffc^lag   auc^   jene  Heineren  5Pfaffenfel^ben  betroffen. ..  2)er  ©icfingen  g^i^b  geworbene 

6  Äurfürft  Don  ber  ?ßfalj  ^atte  bie  bon  i^utten  bebrol[^ten  3lbte  in  feinen  ©^irm  genommen. 
(Sr  lie^  bie  ^uttenfdf^en  Änec^te,  bie  bie  angebrol^te  ©träfe  an  \tmn  boDjielf^en  foHten, 
feftne^men  unb  h)ie  ©trafeenräuber  binrid^^ten.  ^uq^ltii)  beraubte  er  unfern  ^ublijiften 
be^  legten  toa«  er  bejafe,  feiner  Äleiber  unb  Sudler,  bie  i^m,  tool^I  au«  ©idingen«  Surgen, 
burc^  >)fäljifd^e«  Oebiet  nadfiigefü^rt  tourben.    9ia^bem  ßutten  noc^   bie  freien  9lci(^«= 

10  ftöbte  jum  93unb  mit  ber  Slitterfd^aft  angutoerbcn  fid^  bepiiffen,  f^at  er  im  grimmigften 
3om  ein  3lu«fd^reiben  an  ben  „torannifd^en"  Äurfürften  Don  ber  ^falj  öerfafet,  ba« 
erft  in  unfern  Xagen  beröffcntlid9t  ift  unb  anfd^einenb  ibentifc^  fein  h)irb  mit  ber 
berloren  geglaubten  gwbeltibe :  In  tyrannos.  6«  ift  berfelbc  SQSiberftreit  be«  Slittertum« 
aegen  ba«  ^^ii^^^^»"^  0^9^"  *>^^  \^  ©idfingen  erl^oben  l^attc,  ^u  beften  geborenem  3[Bort= 

15  fü|rer  §utten  mit  unbänbiger  £eibenf(^>aftlidSiIeit  fic^  l^ier  madf^en  tooute. 

J^erSluö^ang  ift  bdannt:  et  fiel  gegen  ba«  Slittertum  au«.  Sitte«  toa«  nur  entfernt 
mit  bem  Seftegten  j\ufammen^ing  tourbe  l^orter  Sl^nbung  au«gefe^t.  ^utten  ^at  in 
©c^lettftabt,  bann  in  Safel  3wflu^t  gefudf^t,  too  ber  ©d^merj  be«  jä^en  93ruc^  mit  bem 
borfid^tigen  ®ra«mu«  in  unerfreulid^en  ©treitfd^riften  fid^  au«tobte.    SluA  in  3Rül^l^aufen 

20  litt  il^n  feinblid^e  Unbulbfamleit  nid^t.  6rft  in  ^Mq,  too  3*^^"0l^  W  '^^  fte^en  unb 
mittellofcn  SWanne«  annai^m,  ber  al«  ÄänH)fer  im  reifen  3Ranne«alter  noc^  einmal  ä^n* 
li^e  33ittemiffe  burc^Ioften  mufete  toie  al«  unreifer  ©d^olar,  burfte  er  9lul[^e  finben.  Uns 
gebeugt  fd^aute  er  nodf^  feinem  ©c^idfal  in«  Slntti^.  Slber  feine  iage  tuaren  ge^äl[^lt.  3lad) 
nu^lofem  93efuc^  ber  93äber  in  5Pfäfer«  ift  §utten  ^eftorben,   auf  ber  ^nfcl  Ufnau   im 

26  güric^er  ©ee  (Sluguft  ober  Slnfong  ©et)tember  1523).  TOemanb  lann  bie  ©c^attenfeiten 
im  SBefen  biefe«  genial  angelegten  äRanne«  berlennen,  ber  in  entfc^eibenber  ©tunbe 
beipiüttg  aber  el^rlic^  ein  §erolb  getocfcn  ift  für  geiftige  Unabl^ängigleit  unb  beutfc^e 
3?ationalfraft.  Slber,  toenn  man  überfc^lögt,  loa«  er  getoottt  unb  getoirlt,  ift  nid^t  ju 
bergeffen,  h)ie  borjeitig,  fc^on  im  36.  2eben«j|al^r,  ber  lob  il^n  h)eggerafft.  $.  Ulmawti. 

80  ^ntttt,  eiia«,  geft.  jtoifc^en  1605  unb  1609.  —  Ouencn:  Unjcöulbige  9Md)ric^len 
uon  Eliten  u. 9?cucn  3:§eologifd)en  6ad)en...anf  ba«  3al^r  1716,  6.392—400  mit  einem  3^cr» 
jeidmiS  bcr  edjriften;  580-583;  ^Rottet,  Cimbria  litterata  H,  392 :  S&JiU,  ««ürnbcrg.  ÖJelcOr* 
tcn-iiejüim  II,  213;  VI,  147;  mi(^,  Bibl.  theol.  sei.  T.  IV,  p.S.  3öff.;  JKotcvmunb  in 
evfd)  unb  ©ruber«  enct)fIop«bie  II,  12,  6.262;  3o^.  ©ftr.  5»oIf.  Bibl.  hebr.  II,  345.373; 

35®.  g.  Otto,  ficjifon  ber...  Obcrlaufijffcften  6cftrififtefler  II,  1  (QJiJrHt  1802),  6.202—207; 
III,  1  (ÖJörlif  1803),  6.  740;  ©uppicmcntbanb  oon  .  .  .  g.  ^.  64ul3e  (®örH&  1821), 
6. 186.  567  O^Jo  au4  bie  Ältere  fiitteratur  ocrjeidjnct  ift);  §.  ©Icef.  (Einleitung  in«  «Itc 
Xeftament,  berauSgcg.  üon  So^anne«  SBIecf  unb  2B.  ^amp^Qufen,  3.  ^ufl.  bcforgt  uon  ?(bülf 
Äamp^aufcn,  »crlin  1870,  6.831;  fi.3)icftcl,    ©cfdji^te  be«  9(2:«  In  ber  djriftli^en  Äircfte, 

40  3ena  1869,  6.  254,  «nm.  11;  9leb«lob  in  bcr  9lbS3  13,  475f.  ^anbfd)riftlt4e  9iacbn4tcn 
^nben  [xdi  u.  a.  in  ber  königlichen  öffentlicben  ^ibliot^e!  unb  in  bem  j^gl.  ^auptftaot«« 
arc^it)  5U  ^re«ben.  ^ie  6tabtbib(iot6et  ^u  ^^ürnberg  befi^t  einen  ^anb  feine«  mifienf^aft« 
li(ften  ^riefwcdjfel«;  nat^  6^r.  ®.  Unger«  3Kitteilung  im  iRcuen  SBüc^crfaal  bcr  gelef)rtcn 
3a8clt,  12.Deffnung  (1711),  6.954/5  foU  (B.p.  bie  je&t  iu  ber  53rc«Iauer  6tabtbibIiotftef  bc= 

46  pnblicbc  ^anbf^rift  M.  1107  (Le  Long,  Bibliotheca  sacra,  <ßari«  1723,  p.  55  u.  58)  im 
ga^re  1587  befcffcn  t;aben. 

6lia«  §utter,  Singuift  unb  §erau«geber  mel^rerer  biblifc^er  ?ßolt;glotten,  geboren  ju 
®örli$  1553,  ftubierte  in  3ena  befonber«  bie  morgenlänbifc^en  &pxad)m,  leierte  in 
Seijjjig,  gab  1579   bem  Äurfürften  Sluguft  Don  &ad}\m  Unterricht  im  ^^ebräifc^en,  ging 

6oft)äter  nac^  Stoftod,  Sübed,  Hamburg,  unabläjfia  befd^^äftigt  mit  bem  ?ßlane,  eine  neue 
8u«gabe  ber  ^ebräif(^>en  93ibel  nad^  eigentümlichen  ©runbfä^en  ju  beranftalten  unb  mit 
ben  Urtejten  eine  Steige  Don  Überfe|ungen  in  ben  Derfd^iebenften  ©j)rad^en  jufammen^ 
juftetten,  toobon  er  bie  größten  Vorteile  für  ba«  ©df^rififtubium  h)ie  für  Dergleic^enbc 
©i)rac^funbe  fid^  öer^rad^.    Slad^bem  er  1586—1587  eine  ^ebräifd(^e  S3ibel  l^erau«gegeben 

65  unb  biefe  bon  bem  33erleger  Suciu«  mit  einer  breifac^en  Überfe^ung  ju  bem  fogenannten 
opus  quadripartitum  S.  Script.,  Hamburg  1596,  in  6  ^oliobänben  (fog.  Hamburger 
5ßol^glotte)  mfammengeftettt  toorben  toar,  berfud^te  $utter  bie  3tu«fübrung  feiner  nod^  um^ 
faffenberen  ^^Jläne  an  Derfd^iebenen  Drten  —  in  ©c^le«h)ig,  9?aumburg,  ^rag,  feit  1597 
in  9lümberg,  ioo  er  eine  Sibel  in  6  ©Jjrad^en  (fog.  9lümberger  5ßol^glotte)  begann,   ein 

CO  9leue«  leftament  in  12  Bpxad)m  1599,  einen  ^f alter  in  4  ©pradf^en  unb  anbere«  ^er« 


^nittr,  gltad  ^ntttr,  £eon^avb  497 

au«0ab.  3m  ^a^rc  1600  fragte  Äönig  Äarl  IX.  öon  ©d^tocben  (bgl.  »bS,  6.151) 
bei  i^m  tDegen  Uebema^me  be^  ^rucfe^  einer  93tbel  in  fd^^tDebifd^er  @^racl^e  an  unb  erbot 
fic^  bie  Äoften  ju  übernehmen.  3)a^  ©lücf  toor  §utter«  'ipiänen  nic^t  l^olb.  2)er  äuf^ 
loanb  toar  gröfeer  afö  ber  3Serbten[t:  i^u^^  mufete  feine  2)ru(ferei  in  5Rürnberg  1604  im 
©tid;  laffen  unb  ftarb  jtoif^en  1605  unb  1609  in  Slug^burg  ober  granifurt.  ©o  fci^ei=  6 
terten  bie  toeitauefebenben  Untemef^mungen  bed  SKanne^,  ber  mit  unjureid^^enben  3Ritteln, 
gum  3:eil  auc^  unjureic^enbem  SSerftänbniffe  cttoa«  anftrebte,  tood  nur  ben  bereinigten 
Gräften  feäterer  ^Ät  gelingen  fonnte.  ©eine  Sibelau^aben,  toie  feine  grammatif(^>en 
unb  lejifalifc^en  ©(^>riften  jur  Seförberung  bcg  ^ebräifc^en  ©J)ra(i^ftubium^  fmb  faft  Der« 
geffen  unb  l^aben  nur  nod^  3Bert  ate  bibfiograi)l^if^e  ^Raritäten.  —  Sludf^  ate  päba=  lo 
gogifd^er  ^Reformator  trat  §utter  auf.  ^n  5Wümberg  grünbete  er  1599  eine  Schola 
Linguarum,  ju  ber  er  burd^  gebrudte  ^lalote  unb  burd^!  fd^riftlid^e  @in[abungen 
©(^ü(er  im  Sllter  t)on  12—16  ^al^ren  l^erangujie^en  fuc^te.  S^iefe  foHten  in  4  ga^ren 
bie  4  §aut)tf))rad^en  §ebräifd&,  ©ried^ifc^,  Sateinifd^  unb  ©eutfdf^  lernen,  toie  bieg  bi^l;er 
auf  feiner  Unitocrfität,  ^ßartifular«  ober  gar  ^riöatfc^ule  mögli(|  getoefen  fein  foBte.         i6 

(^agenmanit  f)  <^*  SRüUer. 

^utter^  Seon^arb  (eigentlid^ $ütter ;  Hutterus),  lut^erifd^erXI^eoIog  1563— 1616. 
äitteratur:  5)ic  Üeicftenvcbc  feine«  Äottegen  ©altl/ofar  3)ici8ncv,  Bittenberg  1617;  beögl. 
Don  gr.  93albuin  über  2  reg.  2,  jiifanniicngcbrucft  mit  ber  SRebc  bc8  ^roteftorS  ^Imbropu« 
JR^obe  u.  Q.  Xraucnuibmungcn,  'Miltenberg  1617  (H.  SRftobeS  Programm  abgebrucft  bei  20 
•ft.  3Sitte,  memoriae  theologor.,  @.  89 ff.);  X^.  Spi^cl,  teraplum  honor.  reseratunif  1673, 
S.  32ff.)  (mit  »ilb);  %  grcöer,  theatr.  viror.  erud.  1688,  ©.386 f.;  3).  Jr.  3nui,  De 
L.  Huttero  eiusque  compendio  theolog.  commcnt.  äcipjig  1727  alS  (Einleitung  ju  ^.^ 
itümpenbium;  ^.  ®cl)cvmann,  9?ad)ric^ten  non  ®clc^Ttcn  —  au8  Ulm,  1798,  8.355-43. 
2)ie  ficljjiflfte  monograpt)if(fte  §lrbcit  üon  91.  ®.  ^offmonu  in  (Sricft  unb  ®ruber8  eiligem.  26 
(5nü)t(opftbic  sect.  ll,  X.  13,  ©.222-29.  ^ßcrjeicftnlffe  feiner  ©cftriften  bei  ©ittc,  ©piael. 
(frct)cr  (l)iev  ouc^  ©pi^cld  ^er^elc^nld  mit  abgebrucft,  boc^  oKed  ofjrxt  3al)r^a^len)  befonber« 
!föel)ermonn  unb  b%u  ^offmonn.  ©in  ^ricf  uou  ^.  cm  ^afenveffer  bei  2.  W.  3ijd)lin, 
inemor.  thcol.  Wirtcmb.  Supplement.,  ©.  :J53  ff.,  niet)rere  bei  3«  Sectjt,  bist.  eccl.  saec.  XVI 
supplementum,  S)urlad)  1084,  p.  VI,  n.48.  57.  p.  VII,  n.  14.  llcbcrbic§  togl.  3.  ®.  ^ü^old),  30 
(Einleitung  in  bie  JRcligious^ftrcitigteiten  bcv  cü.'hit^cr.  Jtirdw,  Xeil  IV  u.  V  (f.  Sicaiftev  ju 
V),  unb  bcvjelbc,  aJcligioiiÄftvcitiqfcitcn  auHcv  ber  ev.-liitl).  Äivd)c,  Xeil  III  (f.  aicivftcv). 
33.  ©oft,  (iJej4id)te  ber  prülcftantifd)cn  -Dügmatif  I  (1851),  ©.251-50;  ©.graut,  Q^St- 
fdjid)tc  bcv  vrotcftQutifdKU  Stljcologic  i  (1802),  ©.  330-32. 

•Öutter  ift  geboren  im  S^nuar  1563  ^n  Stellingen  im  Oebict  ber  Sleic^ftabt  Ulm  86 
(ba^cr  Ulmensis),  tuo  fein  3.^ater,  fieonl^arb  .^ütter  (geft.  1601)  ?ßfarrer  ioar.  (Sr  be^ 
fuc^te  bie  ©c^ulanftalten  in  Ulm,  loolf^in  fein  Später  1565  öerfe^t  toorben  toar,  ftubierte 
feit  1581  in  ©trafeburg,  too  er  im  ganzen  ^el^n  ^at}x^  lang  Deriueilte,  erft  ^J^ilologie 
unb  $^ilofoJ)^ie,  fpäter  2:^eologie  befonber«  bei  S^l-  ^a}}j)ug,  tourbe  158:3  9JJagifter,  6e* 
fuc^te  auö^  nod)  bie  Unitoerfitäten  2eit)jig,  ^eibelberg  unb  ^ma,  erlangte  ^ier  1594  bie  40 
t^eologifc^e  ^ottortoürbe  burc^  eine  disput.  de  praedestinatione,  unb  ^ielt  ^riDats 
Dortefungen  unb  2)i^>)utationen.  Salb  barauf,  im  ^ai)x^  1596,  iourbe  er,  befonber^  auf 
^ol^far^)  fie^fer^  Setrieb,  al3  vierter  orbentlid^er  $rofeffor  ber  2;^eologie  nac^  SlUtten« 
berg  berufen,  wo  er  benn  aud^,  al^  College  unb  ©eifte^genoffe  eine^  §unniuö,  Se^fer, 
SWei^ner  unb  anbcrer  iJut^eraner  bom  reinften  SKaffer,  in  eifriger  unb  umfaffenber  aöirfs  46 
jamfeit  afe  afabemifc^er  2e^rer,  ate  gnfpeftor  ber  turfürftlid^en  älumnen,  assessor  con- 
sistorii,  viermaliger  Sleftor  ber  Unioerfität,  foh)ie  afö  fruchtbarer  tl^eologifc^er  ©d^rift« 
fteller,  im  ^rioatleben  burc^  manche  d^riftli(^>e  lugenb,  inebefonbere  burd^  5Kilbe  unb 
^riebfertigfeit  fic^  augjeid^nenb,  bi^  ^u  feinem  am  23.  Df tober  1616  erfolgten  lobe 
blieb,  ©eine  6^e  mit  Sarbara  ÜKanlid^  au^  älu^^burg  blieb  finberlo«.  3i}eitn  über^  so 
i}avOi>t  |eit  bem  gtoeimaligen  ©turj  ber  2Jt/ili))})iften  in  Äurfadjifen  1574  unb  1591  bie 
UniDerfität  Wittenberg  al^©d^ule  lut^erifc^er  Drt^obojie  ben  erften  Slang  einnimmt :  fo  ift 
eg  unter  ben  SBittenberger  2:l^eologen  neben  Slgibiu^  §unn  (geft.  1603)  bor  allem 
£eonl(^arb  ^utter,  ber  redonatus  Lutherus,  toie  man  i|n  per  anagramma  nannte, 
ber  ate  erfter  Vertreter  unb  ta})ferfter  33erteibiger  ber  neuaufgefteHten  lull^erifc^en  Stecht«  66 
gläubigfeit,  alö  ^rotot^J)  ber  ort^oDO£=lutl^enfci^en  3)oamatif  unb  ^olemif,  aU  malleus 
Calvinistarum,  aber  aud^  afö  ^eftigfter  2lnti'3Belancbt^onianer  (ögl.  bie  befannte,  freitidf^ 
nid^t  je^r  glaubtoürbige,  Don  3-  d^-  SWaVer  erjäl^lte  Slnefbote  bei  "$.  ©alle,  9)lelanc^t^on 
©.  156)  immer  ift  angefel^en  h)orben.  ©ein  t|eologij(^er  Stanbt)unft  läfet  fic^  in  ma« 
terieHer  unb  formeller  Segiel^ung  nid^t  beffer  bejeic^nen,  benn  olö  ber  ber  reinen  ober  eim  60 

flRcal  (»iKDriopäbic  für  2()coIi)flic  unb  &tird)e.    a.  Sf.  VIH.  30 


498  ^ntttt,  £conl^rb 

fad^cit  CrtI;obojic  (©afe  a.  a.  C  ©.  255).  Unter  aDcn  ort^obojcn  Sut(;eraucrn  ift  |)uttcr 
tool^l  bcr  ortl^oboieftc :  bcnn  feiner  ift  ftrenger  innerl^alb  ber  ©renken  be^^  firc^Iic^  auto^ 
rifierten  unb  normierten  lutl^erifc^en  Se^rbegriffö  [teilen  geblieben ;  feiner  ^at  mit  gr()6erer 
2:reue  ben  ©eift  nic^t  nur,  fonbem  aud^  ben  SQäortlaut  ber  Symbole,  bejonber^  ber  Äon^ 
5  torbienformel,  ber  er  gerabem  ben  ß^arafter  ber  2i^eoj)ncuftie  ^uerfennt,  feftge^alten. 
§utter  unterfc^eibet  nic^t  jtoifd^en  bem  ©ubftantiellen  bcg  eöanöclifd^cn  ©lauben^  unb  ben 
accibentellen  gormen,  ^^u  benen  er  Jid^  au^et)rä0t  J^at :  er  toeife  nid^t^  Don  einem  h)erben= 
ben  3)oama,  eö  ift  ha^  geworbene  ©ogma  in  feiner  feften  äbgefc^Ioffenl^eit,  in  feiner 
ftanen  Är^ftaUifation,  baö  il^m  ate  ba«  objeftiD  ©iltige  feftftel^t  hjiber  aDe  ©inreben  unb 

10  angriffe  frember  Jtird^en  unb  ©eften  toie  gegen  alle  SKilberungen,  Slbfc^toäc^ungen  unb 
fubjeftiben  SKeinungen  innerhalb  ber  eigenen  Äirc^e.  35abei  ift  e^  in  formeller  ^infic^t 
noc|  ber  ©tanbj)unft  ber  einfad^en  Drt^obojie,  auf  bem  §utter  befonber^  in  feinem  Äom- 
})enbium  fid^  Ij^ält;  e^  ift  nodf^  nic^t  bie  fünftli(^>e  9(r(^>iteftonif,  ber  fd^olaftifc^e  gormaliö- 
mu«,  ber  geleierte  3lj)J)arat  ber  ft)äteren  lutl^erifdSien  ©^ftematifer,  ma«  bei  i^m  [xä)  finbet ; 

16  er  toerlj^ält  fic^  no6)  einfad^  reje^tib  unb  r^robuftiö  ju  ber  ^Jaffung  ber  Symbole,  auf- 
jäl(^lenb  unb  anreil^enb,  gerlegenb  unb  erflärenb,  unter  ft)arfamfter  änioenbung  logifcber 
Kategorien  unb  fc^olaftifd^er  Terminologien,  borjugeloeife  auf  Slidf^tigfeit  unb  ©enauigfeit 
be«  mitgeteilten  Stoffel  unb  auf  geftigfeit  ber  ju  begrünbenben  Übeneugung  bebac^t  (Dgl. 
31.  St^oludf«  Urteil,  ©eift  ber  lutberifd^en  2:^eologen  SBittenberg«,  ©.  63). 

20  ©ogmatif  unb  ^olcmif,  —  bie  beiben  ^äd^er,  in  h)elc^en  bamal^  fo  jiemlic^^  bie 
t^eologif^e  enc^floj)(äie  aufging,  bilben  audj  für  §utter  faft  ba«  auöfd^licfelid^e  g^lb 
feiner  litterarifd^en  Ibätigfeit:  auf  bem  ber  2)ogmatif  ^at  er  feine  Sorbeeren  toorjüglid^) 
geemtet,  bag  ber  5ßolemif  trug  il^m  bei  feiner  ©infeitigfeit  unb  öeftigfeit  auc^  manc^ie 
ftec^enbe  3)omen.  —  35er  ©rflärung  unb  SSerteibigung  ber  lutf^erifc^en  Symbole,  hjaren 

26  feine  frül(^eften  ©d^riften  getvibmet :  feine  Analysis  methodica  articulorum  Confessionis 
Aug.  yyrjaicog  ac  proprie  sie  adpellatae  adv.  Jesuitas  et  Sacramentarios  ad  disp. 
propos.  (3Bittenb.  1594  unb  1602);  fein  CoUegium  theologicum  8.40  disputt.  de 
articulis  Conf.  Aug.  et  libri  Christ.  Concordiae  (ebenb.  1610  u.  18),  unb,  neben 
einigen   fleinercn  ©Triften  äbnlid^en  3«^^^,  Dor  allem   fein  auö   afabemtf^ien  S[}or= 

30  lefungen  l[;ert)orgegangener  au^fül^rlic^er  Kommentar  jum  Äonforbienbud; :  Libri  Christ. 
Concordiae  explicatio  plana  et  perspicua  (SBittenb.  1608.  9.11),  toorin  nad^  einer 
furjen  (Einleitung  über  (Sntfte^ung  unb  ©eltung  ber  F.  C.  ber  '^n^ali  berfelben  in  elf 
Strtifeln  bur(^>gegangen,  furj  erflärt  unb  begrünbet  toirb.  —  3)a«  §au|)tn?crf  .?iutter^ 
aber  ift  fein  Compendium  locorum  theologicorum  ex  Scriptura  S.  et  libro  Con- 

.s6Cordiae  collectum  (ffiittenb.  1610.  18.22.24.29  u.  f.  f.,  1666  cum  praef.  Meisneri, 
1696,  mit  SSonebe  Don  Runter  in  £ei})jig,  1727  unb  86  öon  gani  f.  I^itteratur,  u.  ö.). 
2)iefeö  S5uc^  ^at  feine  eigene  ©efdjjid^te.  6«  öerbanft  feine  ßntfte^ung  einem  Auftrag 
be^  Äg.  G^riftian  II.  an  bie  SBittenbcrger  ^«fultät,  betr.  bie  äbfaffung  be^  neuen 
ftrenglutl^erifc^en,  an  hai  Jlonforbienbud;  al^  ba^  venerandum  reh'gionis  Palladium 

40  genau  fid^  anfc(^lie|enben  bogmatifd^en  Rom))enbium«,  ba^  beftimmt  toar,  ale  offiziellem 
2el^rbud^  in  ben  fäd^pfd^en  fiel^ranftalten  an  bie  ©teUe  ber  feit  bem  fr^ptocabiniftifd^en 
©treit  öerbäd()tig  geworbenen  loci  Wldand)ti}on^  ju  treten.  SRac^bem  ein  erfter  toon 
©alomon  ©eener  (geft.  1605)  l^interlaffener  ©nth^urf  nid^t  al«  genügenb  \mx  befunben 
toorben,  machte  [xi)  ^utter  an  bie  Slrbeit,   bie   bann   fc^liefeli(^   unter  ßenfur  ber  beiben 

46  t^eologifc^en  ^fultäten  t)on  SÜittenberg  unb  Seipjig,  foloie  mit  2l))))robation  ber  iJehrer- 
foHegien  ber  fäd^ftfc^en  gürftenfc^ulen  mit  furfürftlic^^er  äJorrebe  (to.  ^a\^xQ  1609)  erfdjien 
unb  ben  ©d^ulen  ioie  UniDerfitäten  aU  öorft^rift^mäfeiger  Seitfaben  jugeloiefen  h)urbe.  — 
3n  M  locis,  toobei  Drbnung  unb  3)let^obe  ber  3JJelan(^tl^onf(^)en  im  n)efentlid;cn  befolgt 
ift,  in  fated^etifc^er  fiel^rtoeife,  b.  1^.  fo,  ba^  ber  für  brei  älteretlaffen  beftimmte  ©toff  xn 

60  J^agen  unb  Slnttoorten  ^erlegt  unb  bie  für  bie  äJorgerüctteren  beftimmten  ^^^agen  mit 
Sternchen  unterfcbieben  fmb,  toirb  ber  lutl^erifd^c  Sel^rbegriff  unter  möglid^fter?feft^altungber 
SBorte  ber  Conf.  Aug.  unb  ber  Form.  Conc.  unb,  h)o  biefe  nic^t  auöreic^en,  im  2lnfd^luJ5 
an  fiutl^er,  ^Jlelandjitl^on  (ubi  quidem  ille  oQi^odo^iav  tenuit)  ßl^emnij  unb  Slegibiu^J 
.f^unniu^,  in  möglidfift  (^räjifer  gaffung   unb   ohne  Weitere  äu^fü^rung,  furj  unb  bünbig, 

66  in  einfacber,  jeboc^  nic^t  ftreng  fl^ftematifdj^er  Drbnung,  vorgetragen  —  ganj  fo,  luie  ev^ 
ad  ediscendum,  loie  ber  furfürftlidf^e  93efe^t  fagt,  ju  treuer  Überlieferung  unb  gebäc^t^ 
ni^  unb  Derftanbe^mä^iger  (Sinprägung  ber  f^mbolifd^i  feftgeftetlten  £el^rfä|e  geeignet  n>ar. 
©rofe  unb  langebauemb  loar  be^  Öuc^^ed  Slnfe^en  unb  ©ebraud^,  loie  bie  Dielen  burc^m 
ganje  17.  unb  18.  gabrl^unbert  l^inburd^  ftdSi  folgenben  angaben,  bie  Überfe^ungen  in 

eo  neuere  ©viac^cn  (bcutf4^  \)on  iXaipax  i&olften  in  Idübecf  Hill,    Don  .^utter   felbft  l(ii:j. 


35.  u.  ö.,  neu  j^eraugg.  bon  6^t)rian  1735,  t)on  granfc  1837,  fd^toebifc^  ©tod^olm  1618), 
bcfonber«  aber  bie  bielen  erllärcnben  unb  ertoeücmben  Seatbcitunöcn  bctocifcn,  bic  ba^ 
fclbe  gefunbm  ^at  (j.».  bon  ®.  Sunbiftu^,  3cna  1648  u.ö.,  ®laffiu«1656,  e^r.6^cm= 
m|  1670,  Sad^mann  1690  u.  ö.,  ©c^miber,  Scufc^ner,  ©et>fart,  2)eutfci^ann  u.  f.to.; 
über  bie  ganj  rdc^l^aItt0c£ttterärgefc^ic^tebc^§utterf(i(;cnÄom))enbuim  bgl.  6^t)rian  in  feiner  b 
äu^abe  be^  beutfc^en  lejte«;  ffialc^,  Bibl.  theol.  I,  37;  §offmann  a.  a,  0.).  H  §afe 
\)at  burd^  ben  2;itel  feinet  boßmatifd^en  9le})ertorium«  für  ©tubierenbe  ba^  2lnbenlen 
be^  $utterfd^en  Äompenbium«  erneuert  (f.  35b  VII,  6.  455,  4o).  —  3)ie  gelehrte  2lu«- 
füJ^rung  unD  tueitere  Segrünbung  beffen,  loa«  bog  Äom})enbium  in  lürjefter  Raffung  geben 
\\)\ü,  entl[^ält  .§utter«  größere«  bogmatifd^e«  SBerl,  ba«  au«  feinen  Sorlefungen  über  lo 
5Keland^t^on«  loci  entftanb  unb  Don  ber  Sfeittcnberger  t^eologifc^en  ga'fwltät  nad^  feinem 
^obe  l^erau«gegeben  lourbe:  Loci  communes  theologici  ex  sacris  literis  diljgenter 
eruti,  veterum  Patrum  testimoniis  passim  roborati  et  conformati  ad  methodum 
locorum  Melanchthonis  (SBittcnb.  1619,  gol.  53.  61)  —  ein  SBert,  ba«  teitöeine  ©rtlärung, 
teil«  eine  93erid^tigung  ber  loci  3)lelanc^tl^on9  beabftc^tigt,  ben  ^.  in  ber  @inleitung  15 
al«  magnum  Germaniae  phoenicem,  virum  doctissimum,  de  re  literaria  prae- 
clarissime  meritum  t)reift,  beffen  trauriger  SlbfaH  Oon  Sutl^er«  Seigre  aber  auf«  tieffte 
beflagt  n>irb.  5JJle^r  nod^  al«  ba«  JtonHjenbium  giebt  ba«  größere  SQSerl  3^w9"i^  ^*>" 
ber  ©elel^rfamfeit,  bem  ©(^arffinn  unb  bein  j^olemifc^en  @ifer  feine«  3}erfaffer«,  freiüdSi 
auc^  oon  feiner  SBeitfd^loeifigteit,  Oon  feinem  3Dlangel  an  gefunbcr  ©jegefe  unb  ©efci^id(^t«s  20 
betrad^tung  unb  oon  bem  beginnenben  ©d^o(afti3i«mu«.  SJerfd^iebene  einzelne  bogmatifc^e 
fragen  l^at  §utter  in  jal^Ireic^en  Keinen  älbbanblungen,  3)i«putationen  unb  ®elegen^eit«= 
fc^riften  bel[^anbelt. 

2Benn  fc^ion  in  biefen  bogmatifd^en  ©d()riften,  jumal  bem  größeren  SBJerle,  bie  fon« 
fejfioneHc  ^olemif  ein  §au)3tintereffe  bilbet,  fo  btenen  anbere  feiner  SBerle  au«brücflid^  26 
bem  ^toci  be«  ©efenfio^  unb  Dffenfiofamjjfe«  gegen  Galoiniften  unb  Äatl^olifen,  fo^ 
ioie  gegen  jeben  3?erfuc^,  bie  SReinl^eit  be«  neuJ^ergefteHten  Sut^ertum«  ju  trüben  ober 
eine  ßinigung  ber  beiben  proteftantijc^at  XJetenntniffe  anjuba^nen.  SBottte  er  ja  nic^t  ein^ 
mal  ba«  SKärt^rtum  reformierter  Slutjeugen  al«  ein  ed^te«  anerlennen  (Dgl.  Calviiiista 
aulico-polit.  alter  cap.  IT,  ©.193  ff.),  loie  Diel  mel^r  mu^te  er  ben  irenifdjien  93eftre-a» 
bungen  eine«  2)aOib  "ilSareu«  entgegentreten!  3)er  im  ^ai}xt  1614  erfc^ienenen  ©d;rift 
biefev  ^eibclberger  3:i;coIogcn,  Irenicum  s.  de  unione  et  synodo  Evangelicorum 
concilianda,  fe^te  §.  eine  ®cgcnfc^rift  unter  glei(^>em  ^^itel  entgegen:  Irenicum  vere 
christianum  s.  tractatus  de  synodo  et  unione  Evangelicorum  non  fucata 
concilianda,  Wittenberg  1616  imb  1618,  toorin  er  Oor  bau  gefät^rlid(^en  „©Vnfreti«- 35 
mu«"  feine«  ®cgner«  emftlid^  toamt.  3"  ^^"^  ^^^^^  ^^^  ©treitfd;riften  gegen  bie  re^ 
formierte  Scf^re  gaben  i^m  bie  volitifc^=!ird^lic^en  3^i^^^Ö"^ff<^  Slnlafj:  fo  fc^rieb  er  1610 
feinen  „Calvinista  Aulico-Politicus,  eigentlid^e  ©ntbedung  unb  3üiberlegung  e^Iidf^er 
(Salüinifc^en  ^jolitifc^en  SRatf erläge,  toelc^e  S^^^^ni^  ^^n  "äKünfter  fortjuj)f langen  unb  bie 
Oerbammte  ßabinifterei  in  ba«  ^er^ogtum  ^otftein  einjufd^ieben  fic^  bemül^et".  33efon-  40 
ber«  aber  glaubte  er  fic^  berufen,  h)iber  ben  im  ga^re  1613  erfolgten  Äonfejfion«toe(^fel 
be«  Äurfürften  3»«>^önn  ©igi«munb  Don  Sranbenburg  unb  loibcr  ben  i^erfu^i,  „bie  Der« 
bammte  (SalDinifterei  in  bie  Äur-  unb  3)iarl  93ranbenburg  einjufdi^ieben",  aufjutreten:  Dor 
allem  in  feinem  Calvinista  aulico-politicus  alter  b.  i.  d^riftlic^er  unb  notioenbiger  93es 
ric^t  Don  ben  fürne^mften  j)olitifc^en  §auj)tgrünben  k.  (äi^ittenberg  1611),  foioie  in  einer  46 
^ei^e  loeiterer  ©treitfc^riften,  bie  er  ben  reformierten  SJerteibigungen  (3.  33.  eine«  l^effifc^en 
Pfarrer«  ©c^mibt,  ber  unter  bem  ^feubon^m  Harminius  a  Mosa  gegen  §utter  fd^rieb) 
entgegenfe^te,  j.  S.  beftänbige  unb  grünblid^e  äBiberlegung  be«  ^eillofen  unb  Denoorrenen 
®efJ)rädSi«  Harminii  de  Mosa  etc.,  SBittenberg  1615;  grünblid^e  Slntloort  auf  bie 
neuen  berlinifd^en  g^^tungen  ober  ®efi)rädj^  §an«  Änonen  unb  Senebift  .§aberc4>ten  tc,  &o 
1614;  Sjamen  ober  grünblid^er  Seriit  Don  ben  ju  granffurt  gebeuteten  ®lauben«- 
befenntniffen  ber  reformierten  eDangelif^en  Äir^e,  1614  (Dgl.  über  bie  Sitteratur  biefe« 
©treite«  f.  üBalc^  a.  a.  D.  2:1.  3,  unb  ^offmann  a.  a.  D.).  SJa«  praltifd^e  Slejultat 
fold^er  $olemif,  an  ber  fidf^  neben  §utter  no(^  anbere  lurfäc^fifd^e  ^^^eologen,  5.  S3. 
Dr.  |)öe,  beteiligten,  toar,  ba^  ^of).  ©igi«munb  bie  Äonlorbienformel  au«  ber  ^aHjl  ber  bb 
lanbe«tird^li(^en  Symbole  ftreid^en  liefe  unb  ber  branbenburgif^en  ^n^m\>  ben  93efuc^  ber 
UniDerfität  SKittenberg  Derbot.  —  3ieuen  2lnlafe,  ber  Formula  Concordiae  f\d)  in 
einem  au«fü^rlid^en  SJerfe  anjune^men,  gab  §utter  bie  1607  gugürid^  erfc^ienene  Con- 
cordia  discors  9lub.  .öoft)inian«,  auf  bie  Jpulter  in  feiner  1614.  16  u.  22  gu  Söitten* 
berg  l;erau«gegebenen  Concordia  Concors  de  origine  et  progressu  Formulao  Oon-  6*) 

32  ' 


500  ^ntitt,  Seonl^avb  ^^giiiud 

cordiae  ecclesiarum  Aug.  Conf.  anliuortctc,  —  einem  SBcrIc,  ba^  burd^  bic  Wit- 
tcilung  jjaf^Ircic^cr  Urfunbcn  für  bic  ©cf^ic^^tc  ber  (SntftcJ^ung  unb  ©infü^rung  bcr  F.  C. 
and)  jc^t  noc^  feinen  SKert  f)at,  aber  in  feinem  einfeitig  opologctifd^en  gntercffc  feinet 
toeg^  eine  boUftänbige  unb  objeltiöe  ©efd^id^tebarfteDung  giebt.    2lud^  noi)  einige  anbere 

6  ©<^riften  §utter^  (^.  33.  fein  Sadeel  elenchomenus  s.  tract.  pro  majestate  humanae 
naturae  Christi,  SBitlcnberg  1607  unb  IG  10)  bienen  ber  S3efäm))fung  ber  reformierten 
Seigre.  3"^^  Serteibigung  ber  lutj^erifd^en  Äird;e  gegen  fat^olifd^c  Angreifer,  j.  33.  33enar:: 
min,  ©retfer  2C.,  unb  jur  33eftreitung  Derfd^icbener  fat^olifc^er  Se^ren  unb  33räuc^e  fc^rieb 
er  eine  SReil^e  Don  Slbl^anblungen  (j.  33.  Disputationes  XX  de  verbo  Del  scripto  et 

10  non  scripto  contra  Bellarminum,  SQSittenberg  1610;  lüeitere  3:itel  bei  3äald),  §off' 
mann  2c.).  3luf  anbere  ©ebicte  ber  Ideologie,  befonber^  bie  J)raftif(^en,  ^at  fid^  bei 
biefem  Überh)icgcn  bc«  bogmatifc^=})olemifc^en  3"^^^^  fein<^  fd^riftftellenfc^e  Xlf^ätigfeit 
laum  erftredtt,  obtüol^I  er  felbft  n\ii)i^  fel^nlid^cr  hjünfc^t,  atö  „theoriam  cum  praxi 
conjungere"  (ep.  ad  üJtarbad^  bei  ^Jec^t  1.  c.  @.  798).    3Q3a^  fic^)  ^ier^er  rechnen  läfet, 

16  finb  einige  ©cbädf^tni^reben  für  fäd^ftfdS^c  gürftcn  unb  2:^coIogen  (für  Ä?f.  6l?riftian  II. 
1611,  R%  auguft  1616,  fotoie  für  feine  bier  ÄoDegcn  ®.  ^K^Iiu^,  2(eg.  §unn,  Bai 
©e^ner,  ^4}ol.  Set^fcr);  femer  §omiKen  über  bie  ^affion^efdSiid(^te  u.  b.  %.  meditatio 
crucis  Christi,  SBittenberg  1612  ;  eine  metl^obologifd^e  ©c^rift  (consilium  de  studio 
theolog.   recte    inchoando   feliciterque    continuando,   abgebrudt   in   ^ülfemann^ 

aomethodus  concionandi,  SBittenberg  1635  u.  ö.);  ein  33ertd5>t  bom  orbentUc^en  unb 
at)oftolifcl^en  33eruf,  Drbination  unb  Slmt  ber  lut^erifd^-ebangelifd^en  ^^^rebiger  (gegen 
fatl^oüfd^e  2lngriffe,  Wittenberg  1609).  ©eine  ejegetifd^en  unb  ^iftorif(^>en  arbeiten  (epi- 
tome  biblica  1600;  succincta  explicatio  ep.  ad  Oalat.  1635;  tabellae  duae 
haereseologicae)  berbienen  laum  ber  ©rtoöl^nung. 

26  (IB^ageniitatitt  f)   So^anned  Stunsc. 

^^ojiut^,  3)0 mini! an  er,  geft.  1257  f.  33b  IV,  S.  776,:«— 4o. 

i^t)bro)iaraftateii«  3)er  Codex  Theodosianus  enthält  (lib.  16,  5,7.  9  unb  II) 
brei  in  crfter  Sinie  gegen  bie  3Kanic^äer  gerichtete  faiferlid^e  (Sbiftc  au^  ben  ^al^ren  :381 
bi^  383,   in  benen  al^  eine  9trt  Sln^ängfel   biefer  9le(igion§))artci  Encratitae,  Apotac- 

sotitae,  Hydroparastatae  b.  ^.  SBafferbefd^ü^er  ober  SBafjerberebrer,  unb  (vel,  sive) 
Saccophori  (ögl.  I^ierju  Epiphanius  haer.  80, 6,  ioo  e^  Don  ben  3)ieffalianern 
l^ei^t:  X(6j[ia>;  yvvaixixaq  nQoßaXXojLievoi  xai  odxxco  7iQoq)avEl  tJiFQeiöofiEvoi) 
erit)äl[^nt  iücrben.  3)ie  ©d^ärfe  ber  befonberö  im  ©efe^  Dom  31.  3)iär^  382  (16,5,9) 
gegen  biefe  ©ruj)j)en   au^ef))roci^enen  ©trafbeftimmungcn   ift  nur   ertlärlic^,   luenn  man 

36  bebenit,  ba^  e^  galt,  bie  mani^äifd^e  ^ro)>aganba,  bie  man  nun  einmal  auc^  bei  iE^nen 
Gitterte  —  au^brüdElid^  Reifet  eö  16, 5, 7,  ba^  bie  5K.  fK^>  j^inter  biefen  9lamen  ju 
berfteden  fu(^>ten  — ,  um  jeben  ^rei^  ju  unterbrücfen.  2)ie  35ejeici^nung  vd^onagaoraTai 
begegnet  nod^  einmal  bei  Theodoret.  haer.  fab.  comp.  1, 20  (MSG"83,  3()9),  iuo 
fte  loieberum  mit  ben  ©nlratiten  afe  Sln^änger  3:atian«  jufammengefteHt  tverbcn,  loä^renb 

^  il^r  9Jame  baDon  abgeleitet  toirb,  ba^  fie  SBaffer  ftatt  SBein  beim  3tbenbmal(^I  gebraud^ten 
(v.  dvojuäCovrai,  (bg  vdcoQ  ävxi  oivov  7iQogq)eQovxeg\  6^r^foftomu^  mu|  biefelben 
Seute  meinen,  h)enn  er  (hom.  in  Mt  82  MSG  53,  740)  bon  h  xöig  fii^atrjgioig  vdan 
xexQYj^ih'oig  a(^  einer  axQeou;  noyrjQa  f>)ri^t,  o^ne  i^nen  ben  Flamen  ^.  beizulegen. 
^P^ilaftriu^  fülj^rt  unter   feinen  ©eften  (haer.  77  Marx  p.  40)  Aquarii   auf,   benen   er 

^  ben  gleichen  ^igbrauc^  in  sacramentis  caelestibus  nac^fagt.  ^^n  ^at  9(uguftin 
(haer.  64)  mit  leichter  änberung  au^gefd^rieben,  hjä^renb  ber  Praedestinatus  eine 
(Srläutenmg  Ij^in^ugefügt,  loonac^  bie  Aquarii, fic^  barauf  beriefen,  ba|  ber  SBeingenufe 
i^um  irunle  unb  babur^^  ^um  SScrbrec^en  anleite.  SBeitere  DJac^ri^ten  über  bie  ©efte 
befi^en  ioir  nid^t,  unb  in^bejonbere  ift  il[^re  ®siftenj  in   früheren  gö^^^wnberten  nic^t  be^ 

w  glaubigt.  (Jnfratitifc^^e  5Jeigungen  mögen  nalürlid^  Stblel^nung  be^  3tbenbmal^teh)cin^ 
aud^  frül^er  fc^on  yax  ^olge  gehabt  l^aoen.  3lber  bie  Don  6^j)rian  (Ep.  63)  gerügte 
5ßraji^,  beim  älbenbmal^le  33rot  unb  SBein  barjureid^en,  loar  nic^t  enliatitifd^  begrünbet, 
fonbern  mit  ber  gurd^t,  bafe  man  fid^  burc^  SQäeingenu^  am  frühen  5Dlorgen  aU  ß^rift 
verraten  möd^te.    3lud^  bezeichnet  (S^prian  bie  Sln^änger  biefer  5ßrapö  nic^t  a\%  Aquarii, 

65  unb  e^  ift  ba^er  nic^t  ftattl(^aft,  fie  mit  biefen  in  irgenbtoeld^e  SSerbinbung  ju  fe^en. 

i^.  Präger* 

^^fltitui^,  röm.  33if^of,  2.  ^a^rl^.  —  Libor  pontific.  ecl.  «Rommfen,  I,  S.  13 
n.  2.M.  ln»nao«s  ctra  hncrcs.  III,    W,  3  «1.  Stieren    6.  432.      KuHob.  Mist.  eccl.  IV,  10 


^ligtttnd  ^W^ind  501 

u  11,  V,  «,  4  u.  21, 14;  3affo  I,  ©.  6f.  —  A8  Jan.  I,  8.  6ü5;  ii'\\>]\m,  S)lc  (SOvonüIogic 
bcr  röm.  SJifAöfc,  1869,  @.  169 ff.;  Duchcsne,  Etüde  sur  le  über  pontificalis  1877, 
6.  131  ff.;  .iianiQcf,  3)ie  e^/ronolüöic  bcr  alt^r.  ßittcratur,  I,  1897,  6.  144 ff. 

gn  bcr  älteftcn  römifd^cn  Sifc^ofelifte  ftcl^t  bcr  SWamc  bc«  ^%i"w^  <*"  <»^*^  ©tdl« 
jtDifc^^cn  3:cIc«J)^oru^  unb  Sinket,  feine  2BWfam!ctt  toirb  in  bie  ^a^re  136—140  berieft.  6 
allein  biefe  d^ronologifc^c  Slngabe  ^at  feinen  ^iftorif(^en  2Bert  (f.  §amact  ©.  179).  3Üxx 
iDiffen  bemnac^  über  ^.  ni(^tö  unb  lönnen  ^öc^ftenö  bermuten,  bafe  er  bor  ber  ü)litte 
beö  ^iDciten  3<»^^^u"^^rt^  ^^^w  römif(^en  ^Pre^b^terfoHcflium  ate  ongefel^cne^  3)lit0licb 
anflc^örte.  .^ottc!. 

^^mtieit  f.  .^irc^cnlieb.  lo 

«^^^la^atite  f.  3Raria. 

^^atitt  f.  Sb  IV,  e.  378,8    21. 

^^ertud,  anbrea«,  geft.  15G4.  —  S)ic  biograp^ifdje  Oueüe,  bic  auöfd)lie&Iid)  aflcu 
iJcbcn^bcfcöreibungcn  bc«  4)i)pcviud  bi«  511  SÖJ.^anfloIb  (3).  3tfc^r.  f.  djr.  ^iffenfdjaft  2c.  1854 
unb  9«(S»  VI  [1880]  ©.  408f.)  ju  ®runbe  ließt,  ift  bic  Oratio  de  vita  et  obitu  D.  Andrcae  15 
Hyperii  a  D.  Vuigando  Orthio  theologo  MarpurgeDsi  27.  Febr.  1564  habita,   bic   fid^    im 
^In^QUÖC  bcr  (Sd)rift  bcö  $l)periug:  Methodi  Theologie!  libri  III  cd.  ^einrieb  5ßietor  1567 
ncbft  einer  ^Injaftl  Carmina  funebria  finbct  unb  öon  ^einric^  JBalt^afar  ^ognlt  feiner  ?luS* 
c^abc  bcr  2.  ?(ufl.  ber  6(^vift  be§  ^l)perlud  (1562):  De  formandis  coneionibiis  sacrisscu  de 
intcrpretationo   SS.   populari  1781  p.  435  f.  l^injugcfügt  ift.    @einc  t^cDlogifcftc  S3cbcutung  20 
ift  gewiivbicjt  befonbcr«   uon  5.  ß.  @teinmci)cr,    3)ie  Jopif    im  5)ienftc    ber  ^ßrcbigt  (1874) 
6.  12  f.,  neucrbingS  uon  Ä.  JJ-  Mütter,  ?(nbrcaö  ©^pcriu^.    6in  Beitrag  ju  fcinei*  ©l)araf» 
tcrifti!  1895.  unb  bcfonbcr«  uon  3W.  ©cbian,  2)ic  ^omilclif  bed  ?lnbrca$  ^i)pcrlu§  (ßifcftr.  f. 
pratt.  lö.  1896  @.  289—324  u.  1897  @.  27-66.  120-149).  -  ©eine  fir(^cnpül.  ©irtfamfeit 
ift  bargeftent  bei  JJ-  ^-  O^ffencamp,  ^effifc^e  ^ircbcugcfd^id^tc  feit  bcm  3citaltcr  ber5Rcformation  25 
1852  (2. 51u§gnbe  1864)  II.  453  f.,  489  f.  unb  ^inrid^  .^cppc,  Äirc^cngcfc^lc^te  beiber  Reffen. 
1876,  I.  285  f. 

1.  3lnbrea^  ©erl^arb,  md)   feiner  ©eburt^ftabt  9)pem  in  35}eftflanbern   (Sclgien) 
§^periu^  genannt,  iDurbe  am  16.  SKai  1511    old  ©ol^n  be«  anöcfei^enen  SJed^t^elei^rten 
änbrea^  ©erwarb  unb  ber  einer  eblen  ^atri^ierfamiKe   in  ®^nt  entf})roffenen   Äat^arinaso 
6oet«  geboren.    9Jad^  elementarem  Unterricht  im   elterlichen  §aufe  tourbe  er  bereite  in 
feinem  elften  Seben^ial^r  bcm  §umaniften  3äI*>&w^  ^^P^  Jw  äüäften   an   ber  2\^  (ober 
Se^e)  jur  ßrjie^ung  übergeben,  oer  jufammen  mit   bcm   befonber«  im  ©rieci^ifd(^en   unb 
§ebräifd^en  belüanberten  go^anne«  ©epanu^  bie  Slu^bilbung  leitete,    ©c^on  l;ier  beginnt 
für  i^n  baö  SBanberleben,    ba^  fo  mand^em  ©d^olorcn  unb  §umaniften   befc^ieben   toar,  35 
unb  ba§  erft  1541,  afö  §t;periug  in  SKarburg  anfäfftg  iDurbe,  fein  ßnbe  fanb.    SKir  bc« 
gleiten  i^n  1523  nad^  Sitte,  hjo  er  franjöftfd^^  lernte  unb  bie  2lnfang^rünbc  bcrSl^etorif 
(bei  '^oi).  Sacteuß)  fic^  aneignete,  nad)  3^oumav  1524,   h)o  9liIolau^  bon   .^erjogenbufc^ 
fein  Seigrer  lourbe,  unb  nac^  ?)pem  jurücf,   too  er  eine  geit  lang  mit  Slfterifcf^reibcn  be* 
fc^äftigt  lourbe,  toeil  bie  ßrfüiluna  feine«  Säunfd^^e«,  in  2öh>en  hjeiter  in  ftubieren,  h>e^en  40 
be«  bort  J^errfc^enben  unftttlid(^en  geben«  md(^t  ratfam  toar,  unb  ber  ^lan  be«  i^ater«,  il^n 
nac^  ^ari«  ju  fcf^icfen,  burc^  ben  Ärieg  jloifc^en  Äorl  V.  unb  %xani  I.   [\d)  junäc^ft  nid^t 
bertinrllidf^en  lie^.    ©rft  1528   erftittte  bie  3Kutter  ben  SBunfc^^  be«   1525   geftorbenen 
©alten;   unter  ber  Seitung  be«  go^anne«  be  ßampi«  ftubierte  er  SDialcItil   unb   burbc 
burc^  ben  ,^umaniften  ^oad^^im  Slingelberg,   mit   bcm   il^n  innige  ^eunbfc^aft  berbanb,  45 
in  bie  ^^ilofop^ie  be«  äriftotele«  eingefül^rt.     Sil«  Magister  liberalium  artium  lehrte 
er  auf  lurje  3^it  nad^  3)pem   jurüdf,   um   1532   toieber  ^ari«   aufjufuc^^en  unb   feine 
©tubien,  jc^t  in  3)^eologie  unb  lanonifc^em  Siedet  (auc^  in  bcr  SRcbijin,  toofür   er  bi« 
an  fein  2eben«enbe  gro^e  Vorliebe  bel^ielt),   unter  ben  1529  burd^  %xani  I.   an  ba«  neu 
crrid^tete  Collegium  trilingue  berufenen  ©clel^rten  p  beginnen,    g^^?«"^  ©türm,  ber  60 
1529  t)on  götocn  nac^  ^ijiari«  gelommen  toar  unb   bier  bi«  ju  feiner  Überfiebelung  nac^ 
©traftburg  (1537)  blieb,   lüurbe  i^m  fie^rer  unb  greunb;   toa^rfd^einlid^  toar  e«  ©türm, 
t)on  bcm  $pperiu«  juerft  in  bie  ©rlenntni«  ber  ebangelifc^en  SBa^r^eit  eingeführt  lüurbe. 
SBä^renb  feine«  breiiäbrigen  Slufcnt^alt«  in  ^ari«  burd^hjanberte  er  in  ben  ^ienmonaten 
Januar,  Jyebruar  unb  3Rärj  mit  mehreren  ^eunben  faft  ganj  granlreid(^  unb  Dberitalien,  66 
^ofpitierte  in  ben  bortigen  Unit^erfttäten   unb   )og  bann  1535   über  9)pern  nad)  £ömen. 


502  ,^9)iertitd 

um  t)on  ^ict  au^  9Jicbctbcutfd)Ianb  Icnnen  ^u  Icnicn.  ©ein  J^ntcrcffc  nn  bcr  Sncl>c  bce 
(Söangelium«  fü(>rtc  i^n  1537  nad)  Dberbcutfd^Ianb,  er  bcfud^tc  bic  ©d^ulcn  unb  {;ers 
Dorraflcnbc  ©elel^rtc  in  Äöln,  ÜKarburg,  ©rfurt,  2eil)jl0,  SBittcnberg  unb  fc^rtc  gnbc 
Sluöuft  mi)  3)t>em  j^urüc!,  unt  auf  ben  Slat  feiner  greunbe  \xi)  um   eine  Se^rcrfteHc  ^u 

6  behjerben,  ha  baö  bäterlid^e  Grbgut  burA  feine  Sleifen  aufgeje^rt  \vax.  S)ie  anbertociligc 
Semü^ung  bcr  greunbe,  il^m  eine  ürd^Iid^e  ^frtinbe  ju  berf(^affen,  frf^citcrle  an  bem 
SQ3iberft>ru(^  be^  faiferlid^en  Äanjler^  unb  Srjbifc^of«  bon  ^anormu^,  ©aronbillet,  bcr 
nid^t  ol^ne  ®runb  gegen  i^n  feiner  ebangelifd^en  ©efinnung  toegen  SSerbad^t  gefd^öj)ft  ^attc. 
%xo^  feiner  SKittcIIofigfeit  begab  fid;  §l;})eriu^  toieber  auf  bie  SBanberfcbaft.  '^talim  \vax 

10  i^m  burd^  firieg^unru^en  berfd^loffen,  fo  begab  er  fw^  nad)  ©nglanb  unb  fanb  ^ier  bei 
einem  rcid^en  J^umaniftifc^en  5IRäcen  in  Sonbon  Unterfunft  unb  Unterftü^ung.  5iac^ 
bier  3ö^^<^"/  *"  *^<^^"  ^^  ^"(^  ßambribge  unb  D^forb  fennen  lernte,  tourbc  er  burd;  bic 
blutige  Verfolgung,  bie  $einrid^  VIII.  gegen  ßbangelifd^gcfinnte  in  ©jene  fe^tc,  bchjogcn, 
gnglanb  ju  berlaffen.    ffial^rf4einlid(^  ixixd)  bie  befreunbeten  englifd^en  ©laubcn^cnoffen 

16  h)ar  er  auf  ÜRartin  Su^er  aufmertfam  getporben ;  er  toünfd^te  mit  biefem  in  ijcrfönlic^c 
SSerbinbung  m  treten,  unb  begab  fxi)  nad^  ^Harburg  (15.  guni  1541)  ju  bem  Ideologen 
©erl^arb  ©eibenl^auer  (au^  S^mtoegen,  bal^er  9?obiomagug  genannt),  ben  er  bereit«  1537 
fennen  unb  fd^ä^en  gelernt  ^atte,  um  bon  biefem,  ber  burd^  längeren  Slufentlialt  in  Stras- 
burg belannt  \vax,  fxd)  einen  6mt)fel^Iunggbrief  an  Su^er  ju  erbitten.    9lber  9?obiomagu« 

20  lie^  i^n  nid^t  loig ;  bem  ^efftfc^en  Äanjler  3*>'^ö"w  %^W  (^icinu«),  ber  auf  ber  Südreifc 
bon  Slegen^burg  in  SBlarburg  raftete,  ftettte  er  bor,  \m  er  burd^  Äränflic^fcit  gc^inbert 
fei,  fein  3lmt  weiter  ju  bertoalten,  unb  erbat  [xd)  ben  $^t)eriu«  jum  ©ubftituten.  geige 
ging  auf  bie  Sitte  ein;  er  erfud^te  §^j)eriuö  gu  bleiben  unb  [teilte  il^m  fefte  Slnftellung 
mit  gutem  (Schalt  in  äu^fid^t,  nad^bem  er  ein  Specimen  eruditionis  berbc  bargebotat 

26  ^oben.  3lm  10.  S^"«^'^  1542  ftarb  SWobiomagu«,  unb  ^\fpmu^  hjurbe  mit  einem  @e= 
balt  bon  80  fl.  ju  feinem  9?ad^folger  ernannt.  SRit  ber  ©rHärung  ber  Sriefe  beö  ^aulu<^ 
begann  er  feine  alabemifd^e  21^ätigfeit.  am  27.  fjebruar  1544  trat  er  in  bie  @^e  mit 
Äat^arina  Drtl^,  %o6)itt  be«  berftorbenen  Duäftor«  Subtoig  Drtl^  unb  SBitiüc  be«  S^i^ann 
§aj)t)elliu§,  bie  i^m  jtoei  Äinber  jubrad^te  unb  il^m  fed^  ©öl^ne  unb  bier  S^öd^ter  gebar, 

30  bon  benen  il^n  jtoei  ©öl^ne  unb  orei  3^öd^ter  überlebten. 

©einem  Silbung^ange  entfj)re(^enb  toar  er  aud^  ate  afabemifd^er  Seigrer  ^umanift 
unb  Il^eologe,  er  leierte  Q^eologie  unb  5p^ilofo})l^ie,  „ber  ^efftfd^e  SKelant^t^on",  hjic  man 
il^n  gerne  nannte,  feiner  ber  frud^tbarften  ©^riftfteller  beröffentlic^te  er  aufeer  einer  3tn- 
jal^I  tl^eologifc^er  35JerIe  —  eine  größere  3^^^  hJurbe  nad^  feinem  2;obe  l^erau^gcgcben  — 

36  ©d^folien  jur  Stl^il  be«  Slriftotele«,  ©c^riften  über  S)ialeftil  unb  iR^etorif,  ärit^metil  unb 
Oeometrie,  Äo«nu)grat)l^ie  unb  D})tif,  äftronomie  unb  ^l^^fif.  9lfö  SJel^rer  hjar  er  ^od; 
ge^äftt;  man  rübmte  feine  Ireue  unb  feinen  unermüblic^en  ^lei^,  feine  reid(^en  Äennt= 
niffe,  feine  trefflid^e  Sel^rgabe,  feine  ^iebfertigleit,  fein  borbilblic^^eö  Seben.  ©o  nimmt  e«; 
nid^t  tvunber,  ba^  er  balb  aU  ba«  geiftige,§auj)tber  Uniberfität  berel^rt  tourbe ;  einegrofee 

40  ©d^ar  angel^enber  2;i^eologen,  and)  ou«  bem  Su^lanb,  tou^te  er  um  feinen  Äatl^eber  ju  fam= 
mein.  6r  bermieb  in  feinen  Vorträgen  otiosas  quaestionesunb  l^atte  nur  ben  3Ru|en  feiner 
.^örer  im  äuge.  SDi^utierübungen,  bie  er  bei  gob.  ©türm  in  ^Jüari«  lennen  gelernt  l^attc, 
jlll^rte  er  in  Harburg  ein,  befonbere  Sorgfalt  bertuanbte  er  auf  bie  .«peranbilbung  ind)- 
tiger  ^rebiger.    3n  feinen   feminariftifd^en  Übungen  gab  er  ben  ©tubierenben  a:ejte  an, 

46  über  bie  fie  ju  t>rebigen  j^atten,  er  forrigierte  il^e  5PrebigtIonjeJ)te  unb  liefe  fie,  bebor  fie 
öffentlich  auftraten,  in  feiner  ©egentoart  öor  ben  Kommilitonen  bie  ^rebigt  galten,  um 
i^nen  über  Vortrag  unb  äftion  Unterloeifung  gu  geben.  Von  feinem  ^o^en  Stnfel^en  jeugt 
feine  ^Promotion  jum  SDoItor  ber  21^eologie  1553;  ba  feine«  ber  5Kitglieber  ber  t^eo^ 
logifd^en  ^Jafultät  bamafö   im  Vefi^  biefer  SBürbe   toar,   fo   tourbe  jur  ^romotion   ber 

60  ©ut)erintenbent  lilemann  ©(^nabel  bon  ätefelb  l^erbeigel^olt,  bem  bie  äBittenberger  ga- 
fultät  ben  2)oftorgrab  berliel^en  batte  ($.  §e})j)e  I,  288).  6in^rofef[or  ber  v^aftift^en 
Ideologie  bon  ®otte«  ©naben  l^otte  §VP^^w^  ^^^  für  bie  Äird^e  unb  i^re  ßrbauung 
ein  lüarme«  ^erj.  3lad)  ben  Quellenangaben  bei  .&.  .öe})J)e  I,  287  unb  g.  8QB.  Raffen- 
camp  II,  489  f.  toaren  bie  fird^lid^en  3#änbc  in  §cfjen  um   bie  5Kitte  be«  ga^r^unbertö 

66  bielfat^  jerrüttet ;  ein  ungeregelter,  alle  Drbnung  mifead^tenber  ^ei^eit^brang  unb  biet 
fac^  bcbenlli(^e  Unfttten  toerben  ben  ^Pfarrern  jum  Vortourf  gemad;t.  2)aju  fam  bic 
grofee  Vertoa^rlofung  ber  fo^ialen  gwpönbe,  toobon  $b})eriu«  un«  in  feinem  Xraftat: 
De  publica  in  pauperes  beneficentia  (Varia  opuscula  1570  9Jr.  14)  ein  büfterc^ 
Vilb  enth)irft.    !Q\}pmn^  i^ai  treulid^  jur  Vefferung  ber  Ver^ältniffe  mitgetoirft,  unbnoc^ 

60  auf  feinem  Sterbebett  gebadete  er  bcr  gufunft  ber  ebangelifd^en  Äird^e  mit  betenber  gür« 


^liyertitd  503 

forgc.  2tui  23.  ^anmx  1561  befiel  i^n,  toie  e^  fd^etnt,  eine  Sunöencn^ünbung;  ex  \af) 
bem  3:obe  getroft  entgegen  mit  be^  2ti)ofteI«  SBort  5p^ill,23,  feierte  mit  (einer  ^ömilic 
ba^  ^I.  aibenbma^I,  ermal^nte  feine  Äinbcr,  tröftete  feine  ©attin  unb  traf  mand^erlei  Sin* 
orbnungen  für  bie  3wfunft.  an  feinem  2obe«tagc,  bem  1.  ^bruar,  befannte  er,  in 
bem  ©lauben  unb  in  ber  Sej^re  fterben  ju  looHen,  in  ber  er  gelebt,  nal^m  bann  Slbfcl^ieb  6 
t)on  ben  ©einen  unb  entfd^lief  abenb«  S'/,  Ul^r.  ^n  ber  Uniöerfttät^matrifel  l^eifet  eö: 
Calendis  Februariis  (1564)  doctissimus  Vir  Doctor  Andreas  Hyperius,  sacro- 
sanctae  Theologiae  professor  Ordinarius,  primus  in  häc  Academia  Doctora- 
tus  insignibus  omatus,  a  Christo  Domino  ex  hac  aerumnosa  vita  in  coelestem 
evocatus  est.  lo 

2.  3)ie  S3ebcutung  be«  ^\^pmni  liegt  nid^t  auf  ^umaniftifd^em  bejh>.  t)^ilofot)l^ifcl^em, 
fie  liegt  au^fd^lie^lid^  auf  tl^eologifd^em  unb  Kreislichem  ©ebiet.  äfö  $umanift  berbient  er 
\xc\lxd)  unter  ben  erften  feinet  ga^r^unbert«  genannt  m  toerben ;  aber  feine  Seiftungen 
ge^en  nic^^t  über  ben  ©eftc^t^Irei^  feiner  3^i*8^'W)f[en  l^inau«,  mögen  fie  immerl^in,  loie 
bie  ^erau^gabe  feinet  Compendium  physices  Aristoteleae  burd^  feinen  @of)n  Zau- 15 
rcntiu«  i^^i^^^w^  1568  betoeift,  gef^^ö^t  gehjefen  fein.  Unb  too  ber  §umanift  al«  fold^er 
t^eologifiert,  ift  ba^  ßrgebni^  gh>ar  nit^t  unzeitgemäß,  bod^  toenig  frut^tbringenb.  S)ad 
er^cHt  befonber«  au«  feiner  Topica  theologica,  bie  im  3)obe«ja^re  be«  §to})eriu«  (1564) 
iu  Rj^xid^  beröffentlid^t  tourbe;  fte  überträgt  bie  rbetorifc^e  3)iale!til  be«  Slriftotele«  auf 
bie  ^rebigt,  inbem  fie  aDe  Kategorien  ber  3)ialeltif  mit  biblifd^em  ©toff  auffüllt  unb  ba-  ao 
burd^  einer  SSerfünftelung  ber  ^rebigt  bebenHid^  SSorfc^ub  letftet.  Über  bie  ©tettung  be« 
§Vt>^w^  i»^  '^^^  Il^eologie  feiner  3cit  ift  mannigfach  geftritten  toorben ;  ^.  2.  ©teinmel;er 
(SDie  %o\>\t  u.  f.  h).  ©.  17)  jä^lt  i^n  ben  ftrengen  Sut^eranem  ju,  toä^renb  SQ3. 9Ranaolb 
(916*  VI,  411)  ii^n  einen  beutfcf^^reformierten  Union^mann  au«  SBlelaucj^tl^on«  ©^ule 
nennt,  (gin  ftrenger  Sutl^eraner  h>ar  $V^t)eriu«  leine^faD« ;  ba«  ®et)räge  feiner  3^^eologte  26 
ift  aber  aui)  nid^t  f o  fe^r  burd^  9Melan^t^on,  aU  bortoiegenb  burc^  93u§er  beftimmt.  38on 
(Snglanb  au«  tuar,  toie  toir  fa^en,  §^t)eriu«  auf  33u$er  ^ingetoiefen ;  er  lam  nad^  5Kar- 
burg,  um  fxd)  em))fe^lungen  an  8u^er  gu  l(|olen;  in  9Rarburg  iDurbe  er  feftge^alten, 
man  übertrug  i^m  rafc^  eine  ^rofeffur,  —  unb  in  SKarburg  h>ie  in  ganj  Reffen  \vax 
feit  1531,  befonber«  aber  feit  1538,  33u^er  ber  S^eoloae,  ber  beim  Sanbgrafen  $ISili})j)  ao 
in  l^öd^ftem  Slnfe^en  ftanb  unb  in  ber  3,i^^^öiner  Äird^enjud^torbnung  unb  ber  (Safjeler 
ftO  bon  1539  ber  ebangelifd^en  Äird^e  in  §effen  ein  unbergänglid^e«  ®et)rägc  gegeben 
l;at.  3)ie  ©runblage  ber  Il^eologie  be«  §^))eriu«  toar  bie  3^^eologie  bon  9Rartin  Su^er. 
3)eutlid^e  ©puren  finben  toir  in  ber  entfd^iebenen  Union«tenbenj ;  in  feinen  Straftaten: 
De  piorum  auditorum  in  diiudicandis  doctrinis  officio  (Varia  opuscula  theo-  36 
logica  ed.  Justus  Vulteius  1569, 1.  ©tücf)  unb :  De  sacranim  literarum  studiis  non 
deserendis  (Varia  opuscula  theolog^ca  ed.  Henricus  Victor  1570,  1.  ©tüdf)  er^ 
l^ebt  er  lüamenb  feine  ©timme  gegen  bie  ©treittj[|cologie  feiner  ^txt;  bie  ©rfenntni«  ber 
3i5a^r^eit  lüerbe  babur^  unmöglid(^  gemacht,  bie  ®elDif[en  toürben  berlüirrt  unb  ber 
SSJibertüille  gegen  ben  §aber  unb  bie  baburc^  entftel^enbe  Unfid^erl[|eit  fc^recfe  bom  ©tu-  4o 
bium  ber  3)|eologie  emfter  ©efmnte  nur  ab.  Xmi)  ba«  gurikfgel^en  auf  bie  ^l.  ©d^rift, 
meint  er,  fei  ber  gemeinfame  ^eben«boben  gegeben  unb  bie  reine  Se^^re  gefid(^ert.  ^n 
feiner  *»l!iräbeftination«lel^re  fdS^rie|t  §Vt)eriu«  fic^  Sufter  unb  ben  ©c^iüeijem  an  (bgl.  fein 
®utac^ten  über  bie  Seigre  be«  inter.  3öwd^iw^  ^«i  .^affencamj)  II,  460  f.),  ebenfo  in  feiner 
aibenbma^tele^re,  bie  ber  be«  9Keland(^t^on  ä^nelti  9Rit  Su^er  beHagt  er  bie  ftttlic^e  46 
©c^laff^eit  ber  (Sbangelifd^en :  beren®runb  fie^t  er  in  ber  falfd^en  Betonung  be«Solafide. 
(Sr  fuc^t  nad^i^ulDeifen,  bafe  mit  ber  Justificatio  ftet«  Äraft  unb  SSlntrieb  j^ur  Obedientia 
nova  gegeben  fei  (De  fide  hominis  iustificandi  ac  de  fide  operibusque  hominis 
iustificati  quaestiones  unb  De  iustificatione  in  Varia  op.  1570,  5.  unb  7.  ©tüdf), 
unb  h)itl  iDie  Su^er,  ber  5Jater  ber  reformierten  Äirc^emud^t  (§affencamj) :  S)ie  anfange  ber  go 
ber  ebang.  Äird^enjuc^t  k.  in2)tfd(^e.3tfd^r.  f.  c^r.  SBiff enfc$.  2c.  18569lr.  34  u.  35),  burd^  fhrenge 
Äirc^enjuc^t  ber  (grftarlung  be«  fittli^en  ®eifte«  ju  §ilfe  lommen  (^affencam)) :  §eff.  Ä®  II, 
628  f.).  ©0  forbert  er  fogar  in  feinem  bei  oller  SSortrefflid^Ieit  boc^  l^erbonagenb  gefe^« 
liefen  SKerf:  De  sacrac  Scripturae  lectione  ac  meditatione  quotidiana,  omnibus 
omnium  ordinum  hominibus  Christianis  perquam  necessaria  1561  mit  S3e-  65 
rufung  auf  3)t  6,  bie  Dbrigleiten  foHten  auf  ba«  ftrengfte  ben  §au«bätern  gebieten, 
täglich  mit  il)ren  §au«genoffen  einige  Hat)itel  ber  ^l.  ©c^rift  legere,  audire,  scrutari  (Epist. 
dedic.  p.  11  ber' 2lu«gabeSafel  1563).  Snblid^  fd&lie|t  §\;t)eriu«  auc^  in  feiner  Seigre  bon 
ber  S^aufc  unb  bon  ber  §anbauflegung  bei  ber  Konfirmation  fidE^Su^er  an.  3)iefer  ^atte 
1534  bie  falramentale  Konfirmation  in  Slnfd^luft  an  bie  römifc^e  ^^nwu^Ö  geforbcrt,  fte  m 


504  $q)ierttt& 

balb  ^cniac^  in  ©trafebura  eingeführt  unb  15:j9  na(^  Reffen  übertragen  (,,ba^  bie  S)ifd;öff 
ben  geteufftcn  bie  ^änb  bfflegten  unb  jn  ben  .?>.  ge^ft  alfo  mit  le^fteten"  ögl.  (S.  6^r.  3l(^e- 
liö,  Sebrbud^  b.  })ralt.  2I(|.»  (1898)  2,:uf.).  §^j)ertu^  folgt  feinen  ©t)uren.  ®elinbe 
tritt  bie«  in  feinem  Äated[|i«mu«  (Elementa  ehr.  rel.  156:3),   ber   im  ^äbagogium  ^u 

6  3Karburg  in  ®ebrau(i(^  lam,  J?ert)or,  [tarier  in  feinem  2;raftat  De  cateehesi  (Varia 
op.  1570,  4.  ©tücf),  toorin  er  jlüar  jum  ®nH)fang  be«  1^1.  ®eifte«  ®lauben  forbert,  aber 
ben  (Sm))fang  i>on  ber  ^anbauftegung  abl^ängig  mad^t. 

2)ie  eigentümlid^en  SJorjüge  ber  tl(ieologifd^en  SBirIfamfcit  be«  ^t;t)eriu«;  liegen   auf 
ejegetifc^em  unb  fird^enl^iftorifcl^em,  auf  enc^Hopäbifc^em  unb  ^omiletifrf^em  ®ebiet.    ©eine 

loÖjegefe,  bie  in  mand)^n  Iraftaten  feiner  Varia  opuscula  1569  unb  1570,  in  feiner 
@(^rift:  In  D.Pauli  ad  Romanos  epistolam  exegema  1549  unb  in  ben  Dier  ^olio- 
bänben  feine«  Kommentar«  über  bie  ©riefe  be«  ^aulu«  unb  ben  ^ebräerbrief  (ed.  ^o\). 
aJl^Uu«,  3wric^  1582  f.)  borliegt,  jeid^net  fu^  burd^  grofte  3lfribie,  burrf^  ajermeibung  bon 
bogmatifd^en  3^^^fr^Ö^w  wnb  burc^^  fe^r  reid^e  ^eranjiel^ung  ber  (gjegelen  ber  alten  Äird;e 

16  au«,  tüoburd(^  er  ben  SWad^lüei«  ju  bringen  fud^t,  ba|  bie  ©rgebniffe  gefunber  eöangelifd^^er 
©jegefc  Don  alter«  l^er  anerlannt  feien.  3)ie  in  ber  2;^at  fe^r  umfaffenbe  SelefenlS^eit 
namentlid^  in  ber  alten  Äird^engefd^ic^te  tl^ut  fic^  aud^  in  feinen  übrigen  ©d()>riften  in  ^er^ 
Uonagenber  35Jeife  lunb;  fein  iRuf  al«  Ätrd^enl^iftoriler  Deranlafete  fogar  bie  lut^erifc^en 
SKagbeburger  ßenturiatoren,  ben  $i;periu«  um  ein  ®utad(^ten   über  bie  befte  2trt  ber  ®e= 

30  fc^^ic^tfd^reibung  ju  erfud^en,  ba«  er  in  feiner  ©c^rift:  De  methodo  in  conscribenda 
historia  ecclesiastica  consilium  1556,  freili*  unj)raltifd^  genug,  bal^in  abgab,  man 
möge  ben  ©toff  nad^  je  50  ^(ä)xm  abteilen.  Slud^  in  feiner  f^ftematifd(^en  §au^tfd^rtft: 
Methodi  theologiae  libri  III  (ed.  §einrid^  SSietor  1567  unb  öfter)  tritt  feine  l;iftorijc^e 
©elel^rfamleit  unb  feine  e^egetifd^e  lüc^tigleit  l^erbor;  toie  meiften«  bie  fvftcmatifd^en  JiNerle 

26  feiner  geit  tjerbinbet  aud^  $VJ>eriu«  3)ogmatif  unb  @ti}\l,  ol^ne  icbod(^  biel  über  bie  üblid^e 
igofalmetl^obe  l(|inau«jufommen.  ®a«  ©erf  i[t  unboÖenbet  geblieben;  bie  3Jorrebe  be« 
i&Weriu«  l^at  bie  Überfc^rift:  in  suos  methodi  theologicae  iibros  VI.  —  2)ie  ejegc* 
tifc^en  unb  biftorifd^en  SBerbienfte  be«  $Vt)eriu«  toerbcn  bei  toeitem  übertroffen  burd^  feine 
enc^!lot)äbifd9en  unb  l^omiletifd^enSetftungen;  man  barf  fie  gerabeju  ejjod^emad^enb  nennen, 

80  fte  fmb  grunblegenb  für  bie  3Biffenfc^aft  ber  Jjraltifdjien  Ideologie  über^aujjt,  für  bie  etoan= 
geltfd^e  §omiletiI  in«befonbere.  ®a«  encVltot)äbifd^e  SBerl  be«  i&^t)eriu«  ift  feine  beben- 
tenbe©d9rift:  De  recte  formando  theologiae  studio  libri  IV  1556  —  fo  urfjjrünglic^^ 
ber  litel,  toäl^renb  bie  ©eitenüberf^riften  lauten:  De  ratione  studii  theologici.  ©in 
Safeler  9lad^brudE  1572  j^at  ben  bleibenb  geworbenen  2^itel :  De  Theologo  seu  de  ratione 

36  studii  theologici;  e«  ift  in  allen Slu«gaben  einSanb  in  HeinDItab  bon  üWa  760  ©eilen. 
93ejei4^nenb  ift  f(^on  bie  2lnorbnung.  3)a«  ganje  erfte  Su(^  öertoenbet  A^W^^iw«  auf  bie 
3)arftellung  ber  religiöfen  unb  loiffenfc^aftlic^^en  3Jorau«fe§ungen,  o^ne  beren  SSorlj^anben^ 
fein  e«  feine  be«  9?amen«  toürbigen  Sil^eologen  giebt.  3)a«  jloeitc  Sud^  ^anbelt  Don  ber 
ejegetifd^en  3:^eologie,  Dom  unerläßlichen  ©tubium  ber  ^eil.  ©d^rift  unb  Don  bem®e»Dinn, 

40  ben  assidua  et  pertinax  lectio  sacrorum  librorum  DerJ^eißt.  ^m  brüten  ^ni)  Witt) 
3)ogmatiI  unb  @t^il,  beibe«  in  einem,  Dorgefül^rt;  l^ierm  h)irb  and)  bie  jlated^etil  al« 
j)o})ularifierte  f^ftematifc^e  Il^eologie  gered^net.  3)a«  toicptigfte  aber  ift  ba«  Dicrte  S)uci>; 
ber  ^nf}alt  ift  für  öltere  ©tubierenbe,  qui  iam  aliquod  iudicium  de  doctrina  reli- 
gionis  sunt  adepti;   i5^}>eriu«  forbert  für  fie  eine  Steige  Don  3)i«gij)linen,   mit  benen 

45  nur  jum  Xeil  bie  H^eologie  fic^  bi«]^er  befd^äftigt  ^atte;  e«  fmb  folc^e,  quae  eomplec- 
tuntur  Ecclesiarum  ngd^eig  atque  ad  gubernationem  ecclesiasticam  animos 
Informant,  nämlid^  naii  heutiger  Terminologie:  Äirc^engeft^it^te,  Äird^enrec^t,  ft^bernetil, 
5PoimeniI,  Siturgif.  g«  ift  nid^t«  ©eringere«,  al«  bie  t^eoretifd;e  5}JraItif(^e  Ideologie, 
beren  SSater  loir  in  ,§^t)eriu«  ^u  erlennen  l^aben.    S)ic  beiben  fiateranf^noben  Don  1179 

60  unb  1215  J^atten  im  ^ntereffe  be«  Seid^tftu^l«  3Woral  unb  lanonifc^e«  Siedet,  toeil  fie  ad 
curam  animarum  spectare  noscuntur,  al«  gnl^alt  einer  Theologia  practica  (im 
©egenfa^  jur  Th.  speculativa)  unb  al«  Se^rauftrag  für  einen  an  ftat^ebralürc^en  an- 
uifteDenben  iJel^rer  geforbert.  S)a6  ^^Jjeriu«  ^ierDon  beeinflußt  loar,  betoeift,  obgleid^  er  ben 
vlamm  Th.  practica  Dermeibet,  fein  Gitat  jener  ©^nobalbefd^lüffe ;  allein  nid;t  eine  ^laA)- 

66a^mung  t;aben  mir  Dor  un«;  toa«  er  forbert,  ift  au«  ber  Siebe  jur  eDangcIifd)en  ÄirAe 
unb  au«  bem  93erftänbni«  i^er  £eben«bebingungen  geboren:  er  tüill  ni(^t  nur  nü^lic^e 
Äenntniffe  benen,  iueld^e  gur  gubernatio  ecclesiastica  bereinft  hJürben  berufen  iuerben, 
Derfc^affen  (Dgl.  ©c^leiermac^^er)  er  h)ill  a\xd^  —  unb  ba«  ift  befonber«  l^erDorju^eben  — 
bie  Don  ibm  fo  au«gefonberten  2)i«ai))linen  al«  I^eorie  ber  £eben«betl^ätigung  ber  Äird^e, 

fio  ber  ®emeinbe,   angefe^en   toiffen  (Dgl.  6.  3.  9li|f(^).    6«   l;at  freiließ   faft  breier  2ia^r* 


$4V^tui$  505 

i^unbcrtc  bcburft,  h\^  bic  ^^>raftifd;c  3:^coIoöic,  \m  fic  ii^r  ^rojjl^et  §^J)criu^  flcfc^ciut,  cr^ 
ftanb  unb  fid^  unter  bcn  t>on  .«ptoperiu«  geltenb  gemachten  ®eft(^t^t)unltcn  ju  entfalten 
Uermo^te  (bcjl.  6.  e^r.  Stc^eli«,  fie^rbuc^  ber  J)r.  %f)^  [1898J  I,  8  f.). 

3)ic  SBebeutung  be^  §^J)eriu^  für  bie  ^omiletil  bttvä)t  auf  feiner  ®(^rift:    De  for- 
mandis  concionibus  sacris  seu  de  interpretatione  scripturarum  populari  libri  II  6 
1553  (1  Slatt  ajorlport  unb   135  Slätter  2:e^);   eine  utoeite  Sluggabe   bon  bot)i)eltem 
Umfanfle  (283  Slätter)   folgte   1562.    ajie  Driginalbrudte  beiber  auflagen  fmb  anwerft 
feiten;  bagegen  finbct  man  öfter  einen  Safeler  SJac^brudt  (1579  u.  a.)  ber  Editio  prin- 
ceps,  unb  bie  erweiterte  3luflagc  ift  burd^  ben  älbbrudf  bon  §.8.3Bagm|  1781  belannt 
getüorben.    2)ie  bciben  3lu^aben  unterfrf^eiben  [\(S)  bäburd^,  bafe  bie  jh)eite  befjer  georbnet  lo 
unb  im  2.  Sud^  burd^  8  RapM  bermel^rt  ift ;  überbic^  giebt  fie  mel^r  aufgeführte  Seift>iele 
unb  belj^anbelt  d(^aralteriftif(^erh)eife  ba^  Genus  didascalicum  auf  mel^r  aU  200  ©eiten.  @inc 
Überfe^ung  in^  granjöfifdiie  ift  1563,  eine  folc^e  in^  ßnglifc^e  1577  beröffentlid^t.  3)ie  Editio 
princeps  l^at  trc^  einiger  logifd^er  SKängel  unberlennbare  SSorjüge.    Dbgleid^  $V^t)eriu^  bie 
Seigre  bon  ber  ^rebigt  nid^t  unter  ben  2)i^|jij)linen  ber  })raftifd^en  2^beologie  anführt,  fie  i6 
bielme^r  toie  feine  SJorganger  ber  ^^ilüfot)^ie  ate  befonbcre  SÄntuenbung  ber  Sl^etori!  ju* 
hjeift,  ift  i^m  bod^  ber  9lu^m  unbeftritten,  bafe  er  juerft  bie  ^rebigt  au^  ben  geffeln  ber 
Sl^etoril  t)rimi))ieD[  befreit  unb  bie  erfte  ebangelifc^e  ^omiletil  geliefert  ^at.  ©d^pn  ber  SReben^ 
titel  ift  bejeic^nenb.    @r  h)ei^  bon  einem  ©egenfa^  ber  forenjifc^en  3lebe  unb  ber  ^re« 
bigt ;  bort  ba^  gorum,  ^icr  Dei  ecclesia,  bort  bie  SRic^ter,  ^^ler  Congregatio  creden-  20 
tium  ober  electus  populus  Dei,    bort  ©treitberl^anblungen,   l^ier  Doctrina  evangelii 
mit  i^rer  reid^en  Consolatio,  lüobon  bie  Siebe  ni^^tö  h)ei|.    ^tt>^  ^rebigt  mu|  auf  ein^ 
ge^enber  ß^^gefe  ber  l^eil.  Sd^rift  berufen,  bie  ^rojj^eten  unb  3tt)oftel  ftnb  bie  Sorbilber 
aller  ^rebigt.    SDer  materiale  ^toci  ber  ^rebigt  fei,  ut  ea  promoveat,   quae  ad  ho- 
minum  salutem  et  reconciliationem   cum   deo  conducunt ;    ben    formalen  3^^*  ^6 
beftimmt  er  toie  bie  SR^etoril  in  docere,  delectare,  flectere.    2lud^  in  ber  S3eftimmung 
ber  Officia  concionatoris  fc^lie^t  er  fic^  ber  Sl^etoril  an;   bie  Dispositio,  Elocutio, 
Memoria  ^abe  man  bon  ben  ällten  )u  lernen,  in  ber  Pronunciatio  ftd^  ber  Sanbedfttte 
unb  bem  ä?orbilb  tüchtiger  ^rebiger  anjufd^lie^cn ;  nur  in  ber  Inventio,   aber  l^ier  auc^ 
t)rinji))iell,  Weicht   bie  §omiletif  bon  ber  Sll^etoril  ab.    3)er  ^rebigtftoff,  ba^  Quid  ber  ao 
^rebigt,  ift  überall  bie  eine  gro^e  §au))tfad(^e ;  mag  §^t>eriu§  in  formeller  Se^iel^ung  über 
ba$  bon  (Sra^mu^  in  feinem  Ecdesiastes  (Segebene  nid^t  l^inau^e^en,  fo  übt  bo^  jene 
^erborl^cbung  be^  ©toffe^  über  bie  gorm  auf  bie  gefamte  SJel^anblung  ber  ^rebigtle^re 
be^  $^t)eriuö  einen  geftaltenben  (Sinflufe  au«.    Über  bie  ^rebigtteile :   Lectio   Scr.   s., 
Invocatio,    Exordium,  Propositio  seu  Divisio,  Confirmatio,    Confutatio,    Con-  36 
clusio  giebt  er  Se^ren  bon  teitoeife  bleibenbem  SBert,  er  belianbelt  fie  jebod^  fo  frei,  ba^ 
er  ni(^t  nur  tejttofe  ^rebigten  unb  unter  Umftänbeit   ben  SBegfall  be«  Exordium,  ber 
Propositio  imb  ber  Conelusio  geftattet,  fonbern  auc^,  ed^t  ebangelifd^,  bie  Confutatio 
nur  ate  untergeorbnetcn  Xeil  ber  Confirmatio  h)ill  bel^anbett  toifjcn.  äluc^  in   ber  Stuf^ 
ftettung  ber  Genera  ber  ^^Jrebigt  berlä^t  er  bie  Dreiteilung  ber  Sl^ctoril  (Genus  demon-  40 
strativum,    deliberativum,    iudiciale),   um,   allerbingö   in   mec^anifc^    bud(^ftäbelnber 
SUeife,  aber  bod;  bon  ebangelifd;en  ©ebanfen  getragen,  in  ben  SBorten  2  li  3,  16  unb 
di&  15,  4  bie  fd(>riftmäfeigen  Genera  ju  finben,  ba^  öi6aoxaXix6v  (doctrina),  ba«  ^hy- 
Xix6v  (redargutio)   ba^  jiaidevTixöv   (institutio),    ba^   i:TavoQ§conx6v   (correctio), 
oa^  TiaQaxXYjTixov  (consolatio),  ju  benen  er  bann  nod^  ba^  Genus  mixtum  ^injufügt;  46 
cbentuell  h)iü  er  fie  auc^  auf  3  Genera  {yvo^arixov,  ngaxnxov,  7iagaxXi]Ttx6v)  rebus 
jieren.    5Wad^bem  ber  ^rebiger  ben  3^e^  nad^  ben  l^ierbur^^  gegebenen  ©eftc^tejjunlten  be= 
arbeitet  hat,  foH  er  axi'^  ben  gefunbenen  ®ebanfcn  bie  Materia  utilis,  facilis,  necessaria 
au^fonbern,  unb  fic  aufö  neue  ertoägenb   nad^   einem   ber   genannten  Genera  formieren. 
©0  toirb  c^  erreicht,  ba^  jebe  ^rebigt,  aud^  bie  tejtlofe,  aU  Iriterpretatio  Scripturarum  60 
popularis  fid>  barfteßt.  —  Seiber  ift  ber  §omiletifer  §VP^^iw^  ^^^  ^Jirojj^et  geblieben,  ben 
feine  ^6i  nid;t  bcrftanbeit  ^at ;  feine  ©J)uren  in  ber  nad;folgenben  ©nttoidelung  ber  lutl^e* 
rifd^cn   ioie  ba*   reformierten    ^kcbigtle^rc  finb   minimal;   am  meiften   ^at  fu^  il^m  ber 
refonniertc  2ubh)ig   (Srociu^   in  feinem  Orator   ecclesiasticus   (Sremen    1624)   ange- 
fd;loffen,  unb  bie  StuffteHung  feiner  fünf  Genera  bat  bie  lut^erif(^e  ^omiletil  übernommen,  66 
inbem  fie,  j;uerft  burc^  Sleb^an  (Concionator  1625),   ju  bem  belannten  fünffad^en  Ufu^ 
(didacticus,  elenchticus,  paedeuticus,  epanorthoticus,  paracleticus),  ber  baö3<^^*' 
alter  ber  Crtl^oboirie  bel^errfd^t,  fie  berh)enbete  (bgl.  CS.  6^r.  äd^eli^,  £el(^rb.  b.  t)r.  21^.^  1, 634  f.). 

3.  2Bir  h)enben  un^  ju  ber  Sebeutung  beö  ,^\}ptx\m  auf  t)raltif(^'fird(^lid^em  ®ebiet. 
9?adS;  .§affencam})e  Urteil  (II,  453)  lann  er  in  biefcr  3eit  (1542—1564)   gerabe^u   ald 


50H  $)|)ieriud  $i|Vft{)artcr 

ba^  Ociftigc  .s^aupl  bcr  ^effifd^en  iRird;c  bctrad;tet  tucrben.  3)urd)  ba^  i^crtraucn  bc^ 
iJanbgrafen  ^^ilü)})  na^m  er  afö  WW^  deputierter  1557  an  bem  ilonbente  in  granf= 
fürt  teil,  1561  finben  tuir  i^n  in  gleicber  Sigenfd^aft  ju  SJaumburg  unb  Erfurt,  1558, 
1561  unb  1562  toax  er  SRitglieb  ber  ©V'^oben  in  3i^0C"^öi»^  w"^  Gaffel.  Sr  luurbc  mit 

6  ber  SSifitation  l^effifd^er  Äird^cn  unb  ©(^ulcn,  einmal  focjar  fämtlic^cr  Äirc^en  unb  ©c^ulcn 
in  Reffen,  betraut  unb  in  allen  Rotten  t^eologifd^er  ober  firc^Iirf^er  2lrt  ju  "Slatc  oepgcn. 
Sein  §au))th)erl  auf  ))raftifc^4ird^Iicl^em  ©ebiete  aber  n>ar  bie  unter  bcr  üRitarbeit  be^ 
SDlarburger  ^rebigcrg  Slilolau«  SR^obingu^  bcrfafete  erftc  ^cffifc^e  Sanbe^agenbc,  bie  nac^ 
J)ielfa(i(^en  2)urcl^beratungen  nac^  bem  lobe  bc«  §l9J)eriu§;    im  ^a^re   1566,   beröffentlid^t 

10  tüurbe.  2)a6  fte,  toeil  un})ra!tifci(^,  bereite  1574  einer  neuen  3lgcnbe  $Ia|  machte,  ba^  fie 
loeniger  ein  ÄirdS^enbud^,  afö  eine  S[})oIogic  be^  ^roteftanti^mu^  unb  eme  ^aftoralt^co^ 
logie  JU  nennen  ift,  toirb  bem  brängenben  (Sinflufe  be«  Sanbgrafen  jujufcbrciben  fein; 
gIei(i(^h)o^I  ift  bie  ÄD.  bon  1566  bie  bleibenbe  ©runblage  beö  ^effifc^en  Äirc^entoefen^ 
unb  ein  treuer  Spiegel  bc^  gefamten   ebangelifc^en  S3eh)u^tfein^  ber   ^cfftfc^en  Äirc^e.  in 

16  jener  3^it.  Untjerfennbar  ift  ber  ß^aralter  etoangelifcber  Äat^olicität;  bcrConsensus  in  bcr 
Äird^e  bon  3lnfang  an  toirb  gegenüber  bem  Dissensus  ^erborge^oben,  au^  ber  l^eil.  Schrift 
unb  ben  SSätem  ft)irb  nad^getoiefcn,  bafe  ,,in  ber  ©ubftanj  unb  SBcJen  unb  im  ^unbament 
JU  atten  ßeiten  einerlei  unb  eine  gleiche  Se^re"  getocfen  fei.  „^ielücil  ben  bie  9lugepur= 
gifd^c  ßonfeffton  (bie  variata  bgl.  §affencamp  II,  520)  au^  ber  §.  ©c^rifft  gebogen  unb 

20  ber  genfelid^  übereinftimmet  fampt  ben  ©^mboli^,  belennen  toir  un^  auc^  in  aüm  punften 
gu  berf eibigen".  2)ie  Union^efinnung,  bon  bcr  bie  ÄO.  getragen  ift,  toirb  nid)t  tjcrlcugnct 
burd^  ben  ftreng  reformierten  ßl^arafter,  ber  bcfonberö  im  erften  ieil  in  bcr  Seftimmung 
über  bie  2)iencr  unb  Stmtcr  bcr  Äirt^e  ^erbortritt.  gm  ftrcngften  Slnfci^lufe ,  an  baö  tocr= 
meintlid^c  SSerfaffung^cfc|  bc«  9?2^ö.  toerbcn  brei  Ordines  maiores,  bie  ^imter  bc^  33i= 

25  fc^of^  (ober  ©uperintenbentcn),  ba  3tltcftcn,  bie  teite  am  SBorte  arbeiten,  tcifö  bie  Äirc^c 
bertoalten,  unb  bcr  S)iaIonen  (Slrmcnpfleger),  nad^  bem  Vorgang  bonSu^cr  unb  (Saltoin, 
aufgcfteHt;  toie  in  ber  „alten  unb  reinen"  Äird^c  toirb  für  alle  brei  Ämter  bie  Drbination 
geforbert.  2)ic  älteftcn  unb  2)iatoncn,  im  9?otfalle  and)  anberc  cl^rbarc  unb  fromme 
©cmcinbcglicber,  l^abcn  bei  ber  Slu^tcilung  bcö  l^eil.  Slbcnbmal^te  mitjutoirfen.  Die  Super- 

80  intenbenten  ^aben  eine  tocitgel^enbe  bifd^öf lic^c  9?ollmad^t ;  bie  gefamte  firc^lid^c  SSertoal- 
tung,  bie  gw^i^biftion  unb  g^fP^Won  liegt  in  i^ren  §änbcn,  ebenjo  bie  Prüfung,  Ctbi= 
nation  unb  (gmcnnung  ber  $farrcr  unb  ber  meiftcn  nieberen  Äird^cnbcamtcn.  2)ie  ^ilclteftcn 
l^aben,  loic  fc^on  bie  ^i^Ö^n^öi*^^  ^^i^d^^^jud^torbnung  (1539)  borfd^rcibt,  bie  2tufficbt  über 
bie  Pfarrer  unb  bie  $flid(^t,  fte  gegen  SSerlcumbungcn  ju  bcrtcibigcn;  fie  l^abcn  bie  c^rift= 

86  lic^c  Sc^rc  JU  förbcrn  unb  „neben  unb  mit  ben  3)ienem  bcö  SBortc^  bie  gemeine  Scel= 
forge  unb  ben  §irtcnbicnft",  foioic  bie  locitgc^enbc  Äird^enjuc^t  ju  bertoaltcn,  toäl^rcnb  bie 
SDialoncn  ber  mmen-  unb  Rranfenpflcge  ft^  anjunc^mcn  ^aben.  —  %ixx  bie  ®cfd(^id;tc 
ber  ftird^cnbcrfaffung  ift  bie  ÄO.  bon  1566  bon  ^o^er  Scbcutung;  mu^tc  fie  aud)  balb 
einer  praftifd^eren  SO.  in  Reffen  (1574)  tocid^cn,  fo  ift  fte  boc^  grunblegenb  für  bie  ®e= 

40  ftaltung  bc«  ^effifc^en  Äird^cnlocfen^  geblieben. 

Sc^on  3B.  Drt^  Hagt  in  feiner  ©cbäd^tni^rcbc  über  mancherlei  Slnfcinbungcn,  bie 
ßl^pcriuö  erlitten;  er  berid^tet,  bafe  ber  ©terbenbc  mit  banger  Sorge  in  bie  3"f""ft  ^^'^ 
Hird)c  Reffen«  gcfd^aut  IJ^abe.  $t;periu^  i^at  [xd)  nid(^t  gctäufd^t.  Äonfefrioncllc  Seinen 
erregten  unb  bcrftörten  ba«  lird^lid^c  Scbcn.    äuc^  bie  Unibcrfität  tuurbc  babon  ergriffen. 

46  äl«  bie  ©crtnnung^gcnoffcn  unb  Sd^ütcr  be«  §V>Jcriu«,  2Ö.  Drtl^  bereit«  1566,  guftu« 
SSultciu«  1575,  ^cinric^  SSictor  1.576  geftorbcn  loarcn,  crfd(^ollcn  bon  einer  3Karburger 
Äanjcl  bie  Streitprebigtcn  be«  3lgibiu«  §unniu«.  In  hisce  turbulentissimis  atque 
perniciosissimis  Ecclesiae  Christi  turbationibus  atque  distractionibus,  um  mit 
gobanne«  ^iftoriu«  bon  5iibba  ju  rcben,   tourbe  bcr  9Jamc  bc«  ^icbcn«mannc«  .^^^pcriu« 

60  öcrgcffcn.  (Srft  in  bcr  jlDcitcn  §älfte  be«  19.  ^iabr^unbert«  toar  c«  ben  arbeiten  befonbere 
bon  %.  ii.  Steinme^cr  unb  SBill^clm  3Wangolb  befc^ieben,  ba«9lnbcnfcn  bc«  tocrbienfttooHen 
^ll^eologen  ju  cmeuem.  (5.  (S^t.  ^f^eltd. 

.^iWoftafc  |.  53b  IV  S.  37,L>iff. 

.^t)pflftoricr.  —  ^-Bfll.  iS.  Ufimann,  de  Hyi>si8tAriis,  .^cibclbevg  1823;  Gull.  Ii<">hiHer, 
&6  de  Hypsistariis,  ^.Berlin  1824;  bngcgeu  Ullmaimin  ben  .^cibclb.  3at)rbüd)cvn  1824,  ^l\\  47; 
9(ntiüort  üon  93üt)mcr,  (Sinicje  ©emertnngcn  u.f.  lo.,  i')ambuvg  182G;  G.  Sdjüicr,  3)ie  Selben 
im  bo«porQuifd)en  JKeic^c  unb  bie  ©enoffenfc^nften  ber  offlofifmi  Ofov  rijuamr  ebenbafclbft, 
in  e©?l  1807.  200-22f)  (bcf.  222 f.);  g.  Sumont,  Cn)prtfto§,  53rü|fel  1897;  f  niirf)  bie  «Ir- 
lifcl  SReffüIioncr  unb  5>ininiclanbetcr  unb  bie  uor  biefem  ^(rtifcl  angegebene  ßitteratur. 


^l|)ifi{)artft  ^^fiad^ed  507 

3n  bcr  :37'1  gcbaltctien  iJcic^cnrcbc  auf  fcinm  S?alcr  fd^ilbcrt  ©rcgor  bon  9?a^ianj 
eine  ©eftc,  bcr  jener  bor  feinem  Übertritt  jum  Sl^riftentum  angel^ört  l^atte  (bgl.  Oral. 
18,  5.  MSG  35,  990  ff.).  S^re  Se^re  ftettt  er  aU  ein  ®emifc$  öon  §eibcntum  (cAAi;- 
vixh  jiXdvtj)  unb  ?[ubentum  {vojutxi]  TeQaxeia)  bar.  SSon  jenem  haben  fte,  unter  Sier* 
merfunö  ber  ©ötterbilber  unb  D^fer,  bie  reltgiöfc  Serel^rung  bon  geuer  unb  Sid^t;  bon  5 
biefcm,  unter  IJerlberfung  ber  Seft^ncibung,  bie  ^eiligl^altung  be^  ©abbat«  unb  gelpiffer 
©peifegebote.  ©ie  beten  nur  ben  SHImäc^tiöen  an  unb  ^ei^en  'YmardQioL  9)lit  biefem 
.^.  fmb  bie  bon  ©regor  bon  5Ki^fla  (ctr.  Eunom.  2  MSG  45,  482  ff.)  fo  genannten 
'Ymcntavoi  jebenfall«  ibentifd^,  bie  ebenfalls  nur  einen  ®ott  anerlannten,  i^n  vynoxov 
ober  TiavxoxQdTOQa,  nid^t  aber  jimiga  nannten  unb  fi^  Atn  baburd^  bon  ben  ßbriften  lo 
unterfd^ieben.  2)ie  ©efte  fd^eint  fic^  über  ÄatJjjabocien  l^inau«  nic^t  berbreitet  ju  ^aben, 
tbirb  aud^  nac^  bem  4.  gj^^^^wnbert  nic^t  Ibicbcr  ertoäbnt.  SBertoanbt  mit  i^r  fmb  bie 
bon  6})ip^aniuö  (haer.  80)  gefd^ilberten  Evtprjfxixai  ober  Maooahavoi  (f.  b.  ä.  9Keffas 
lianer)  geloefen:  benn  aud^  fic  hielten  if)re  ®otte§bienfte  fiexä  noXXtjg  Xvyvnynag  xal 
<piox(jDv  (haer.  «80,  2),  unb  iübifd;er  Einfluß  ift  bei  i^nen  tro$  be«  ß^ji^j^aniu«  gegen- 16 
teiliger  S3cmerfung  unberfennbar.  Sluc^  bie  i%oo€ßeTg,  beren  ß^riff  bon  SUejanbrien 
(de  adorat.  in  spir.  et  ver.  3,  MSG  68,  282),  gebeult,  gel^ören  religion^efd^id^tlic^ 
in  bie5Rä^e  ber^^pfiftarier,  unb  bie  abenbIänbifd(^en§immeIanbeter(f.b.2l.©bVIII©.84,r/i) 
fmb  nur  eine  tbeitere  ©pielart,  ol^ne  bafe  man  bered^tigt  toärc,  Ibie  SBetftein  (Nov.  Test.  I 
proll.  31.  38)  getl^an  ^at,  auf  Qj^entität  ju  erfennen.  8ei  ber  2)ürftigleit  ber  über  bieao 
§.  erl^altenen  5?a(^rid^ten  ift  nid^t  gu  bertounbem,  bafe  bie  berfd(^icbenften  Slnfid^ten  über 
bie  2lrt,  toie  fie  im  ^wffltnmen^^ang  ber  9leIigion!^efd(^i(^tc  unterjubringen  fein  möd^ten, 
geäußert  tborben  finb.  uUmann  hielt  fie  für  eine  cHeltifd^e,  gübifd^e«  unb  ^^Jerftjd^eö  bereinigenbe 
©elte,  Ibä^renb  Sommer  fie  afe  einen  Übeneft  be«  ©abäi^mu«  (f.  b.  21.  ^ol^tl^eidmud)  bc^ 
urteilte,  ©(^ürer«  unb  ßumont«  Unterfuc^ungen  haben  gezeigt,  tbie  berbreitet  bie  ^er^as 
c^rung  be«  ^%dg  Ih/noxog  unb  loie  mannigfaltig  bie  ©inflüffe ,  getoefen  finb,  bie  babei 
mitgetbirlt  ^abcn.  ,,2)ie  einl^eimifd^en  SleKgionen  bon  Äleinafien,  2tg^t)ten,  ©^rien,  ^erftcn 
^aben  alle  baju  beigetragen ;  ben  ftärfften  monotlieiftifd^en  ®infd^Iag  in  ba«  bunte  ©eloebe 
l^at  aber  bag  Subentum  geliefert"  (©4^ürer  26.  25).  ®.  Ärftger. 

$i>rlaitu«  I.  unb  II.  f.  S3b  VII  ©.  467, 42  ff.  unb  468, 58  ff.  so 

^^ftoi^V^^*  —  S3gl.  ß^r.  ^.  g.  fBalcft,  de  Hystaepe  ciusque  vaticiniis,  in  Commcn- 
tationcs  societ.  scientt,  öJöttingen  2,  1780,  1  —  18;  3rabriciu§*4>flrle8,  Bibl.  gracc.  1,  .^am* 
barg  1790.  108  f.;  (ö.  ^offmann  in  Grid)  unb  ©ruber«  Mq,  ena)fIop.  2.  ©ett.  13.  Söb, 
i^clpjig  183G,  71  f.  unb  bie  bort  uevicid)netc  Üitterntur;  ®.  e.  g.  Öüdfe,  5Bev|ud)  einer  uollft. 
(Sinleitung  in  bie  Cffcnb.  beS  3d().  «,  «onn  1848,  237—240;  (g  ^u^n,  @inc  jüvoaftrifcöe  36 
'©dSfagimg  in  d)riftlicl)em  ©eiranbc,  in  5cftgru6  an  SRiiboIf  uon  JWot^  ©tuttg.  1893,  217; 
e.  üc^ntann  in  ^.  3).  Sftantcpie  bc  la  6auffa\)e'§  fie^tb.  b.  SHelirtionSgef^ic^tc  2',  Sreiburg 
1897,  156;  6.  ©c^ürer.  ®efd).  b.  jübift^cn  58oIfe«  im  3eitalter  (5t)riftl»  3,  Scipjig  1808, 
450-453.    «gl.  aud)  ben  'Jlrtitel  ©ibDOen. 

Unter  bem  SRamen  eine^  Jjerfifc^en  SQSeifcn  ,^^^fta«})e^  {'Yoxdojirjg,  a\ii)  Hystaspas,  40 
— is,  Hydaspes)  Ibar  bei  ben  ß^riftcn  bcr  erfteh  J^a^r^unbertc  eine  ^rojj^ctifd^sajjolal^t)^ 
tifd^e  ©d^rift  berbreitet,   in   toeld^er  man  SBei^fagungen   auf  ß^riftum   unb  bie  Sw^f""?* 
feinet  Sleid^e«  ju  finben  glaubte,  —   eine^  jener  J)feubet)igraj)^en  3Beiefagung^büd^er,   iüic 
fie  bamate  in  fo  großer  3^^'  wnb  in  fo  mannigfad^er  ©eftalt  crbid^tet  unb  ^u  aj)oIogcs 
tifc^en  3^cdEen  benufet  iburbcn.    SBie  man   bielfad^   bie  Diamen  bon  ^erfonen  au^  bem  45 
alten  Sunbe  gebrauste,  um  i^nen  SBei^fagungen  auf  ß^riftum   unb  bie  ßeit  be^  neuen 
Öunbe«  in  ben  9Kunb  ju  legen:  fo  fonnte  in  ber  5ßeriobe,   loo   bag  6l(iriftentum   in  bie 
orientalifc^e  unb  occibentalij^e  ^eibentbelt  einbrang,  berSerfu^  gemad^t  toerben,  enttoeber 
mirllid^e  ältere  Slu^fprüc^e  l^eibnifd^er  Söeifen,  ©e^er  unb  ©änger  in  c^riftlit^em  ©inne 
JU  beuten  ober  auc^   angeblirf^e  ^eibnifc^e  $roj)J;ejeiungen   auf   baö  ß^riftentum   frei   gu  w 
fom})oniercn,  um  auc^   in  ben  l^eibnifd^en  Sieligionen  unb  Se^rf^ftemen  93orbereitungen 
unb  2lnfnüvfung^})unfte  für  bie  c^riftlic^e  SQäahr^eit  nac^julbeifen   unb   fo  bem  X^eologus 
menon  bon  bem  Xoyog  ajieqfiaxixög   einen  fic^tbaren  Slu^brud  gu   fd^ffen.    3)er  um- 
faffenbfte  berartige  3Öerfud^   hegt  unö  bor  in  ben  d^riftlid;en  ©ib^Uinenbüd^ern  (f.  b.  ä.), 
bie  bei  ben  9li)oIogeten  unb  93ätem  be«  2.-4.  ^al^r^unbert«  eine  fo  gro^e  9loUe  fj)ielen.  55 
(Sin  orientaIif4>e^  ©cgcnftüd  baju   fmb   bie  angeblichen  SBei^fagungen  be^  J)erfifc^en  ober 
mebifc^en  SBeifen  unb  Äönig^  ^\)\ta^p^,   bie   bcnn  and)  auöbrüdlid(^  mit  ben  ©ib^Hinen 
jufammengcfteÜt  Serben:  „Ibie  jene   an   bie  gried^ijc^e  unb  rijmifc^e  3DJanliI,   |o  fc^loffcn 
bicfe  an  bie  joroaftrifd(^e  ^^roj)l(ietif  unb  Sfc^atologie  mimetifc^  fiep  an"  (2üde). 


508  $l|ftoiS)ied 

2)ic  crfte  (SrtDäbnunQ  bicfcr  vaticinia  Hystaspis  finbct  \xi)  in  ^mi  Stellen  ^uftin^, 
Apolog.  I,  20  unb  44.  3lad}  ber  erftcn  ©teile  toirb  ber  SUeltunterganö  burc^  geuer 
bon  ^\^\ia^pt^  tok  bon  ber  ©ibt^Ha  borl^erflefagt.  3«  ^^  jhjeiten  ©teile  bei^auj)tet  ^uftin, 
bie  böfen  2)ämonen  \)äiitn  e^  in  ber  3lbftd^t,  um  bie  Sienfc^en  bon  ber  ßrfenntni^  ber 
6  2Baf)r^eit  abjul^alten,  bal^in  gebrad^t,  bafe  baö  Sefen  ber  ßißXoi  'Yordonov  J)  2:ißvXXt]g 
fj  Twv  7iQo<pm<bv  bei  iobe^ftrafe  berboten  hjorben  fei;  bie  ß^riften  aber  liefen  fic^  ba^ 
burc^  nic^^t  abpalten,  nid^t  blofe  felbft  o^ne  gurtet  jene  S3ü(^er  ^u  lefen,  fonbem  aud;  bie 
Reiben  ^u  beren  Betrachtung  aufjuforbem.  S)iefe  ©teile  (bgl.  baju  bie  Semertungen  bon 
Slaranu^  a.  I.  unb  SBalc^  a.  a.  D.  ©.  7  ff.)  giebt  un^  jtoor  leinen  Stuffc^lu^  über  ben  S"J^<i^t/ 

10  Xoo)^l  aber  über  bie  Verbreitung  unb  bie  S3ertfc^ä§ung  be^  8uc^e^  bei  ben  (Sl;riften  be^ 
2.  Igal^rl^unbertg.  ©ttoa^  nähere  SRac^rid^ten  über  ben  ^nl^alt  erl^alten  \m  burd^  (Slemcnö 
bon  3llejanbrien  (Strom.  6,  5,  43  p.  761  sq.  Potter):  jum  S3eh)ei^,  ba^  e^  auc^  ben 
Äeiben  an  göttlicher  Offenbarung  unb  SSor^erfagung  ber  35j'^"f^  ^^^^  W^t  lüerben  bie 
ßettenen  ^ier  f olgenbermafeen  angerebet :  hkßexe  xai  rag  ^Utjvixdg  ßißXovg,  biiyvone 

15  SißvXkaVf  (bg  di]Xol  iva  '&e6v  xal  rä  ^eXXovxa  laeo'&ai,  xal  xdv  'Y(ndo7ii]v  Xa- 
ßövteg  dvdyvcore,  xal  evQTJaere  TiokXoJ  xr]lavye(neQOv  xal  oatpeoxsQov  yeygaßi- 
fiivov  rov  vldv  rov  '&eov,  xal  xa'&cbg  Tragdra^iv  Tioirjoovoi  reo  XqiotoI  7ioU,ol 
ßaoileig  fiiaovvreg  atndv  xal  rovg  (pegoviag  xo  Svo/Lia  avxov  xal  xovg  nioxovg 
avxov  xal  xtjv  vTiofiovriv   xal  xrjv   Jiapovoiav  avxov.    Über  3*^^^'^  wnb  3wfö"^^<^' 

ao  ^ng  biefer  ©teile  ftnb  bie  älnfid^ten  t)erf(|ieben,  toal^rfd^einlic^  aber  citiert  ßlemenö  au^ 
einem  un^  nic^t  nä^er  belannten  3(pocrVi)l^um  ^auli  ein  bort  bem  2t})oftel  ^aulu^  in 
ben  5Kunb  gelegte^  SBort.  2Bären  loir  nun  bered(^tigt,  bie  bon  ßlemenö  benu^te  aj)ofrv= 
pf}\](i)t  ©c^^rift  in  ba^  erfte  S^^^l^unbert  gu  fe^en,  fo  toürbe  barau^  folgen,  ba^  auci;  bad 
$^fta^^e«bud(i  fb^teften^  biefer  3^t  angel^bre.  SDoc^  nötigt  un^  nic^t^  ju  biefer  3lnnal;me, 

26  unb  iDir  l^aben  überl;aut)t  fein  ®atum,  ba^  für  eine  ältere  ©ntftel^ung^jeit  fpräd^c,  al^ 
bie  erfte  §älfte  be^  jloeiten  gfl^^^wnbert«.  gebenfaH^  fönnen  toir  Giemen«  folgenbe  SDaten 
entnel^men:  1.  e«  gab  im  jtpeiten  ^a^rl^unbert  eine  ßißXog  'EXXT]vixi],  eine  in  griec^ifd^er 
®})rad^e  gefd&riebene,  in  c^riftlid^en  h)ie  ^eibnifc^en  Greifen  berbreitete  ©d[;rift  imter  bem 
Flamen  6  'Yoxdo7ii]g;  2.  bie  glj^riften   fanben   in  berfelben  noc^  beutlid^er  afe  in  ben 

80  bamit  berloanbten  ©ibt^Henbüc^em  Sejjiej^ungen  auf  G^riftu«  unb  bie  3ufu^ft  W^^^  Sleic^«, 
befonber«  auf  bie  ®otte«fo^nfd)aft  G^rifti,  auf  bie  6l(irifto  unb  feinen  ©laubigen  bon 
feiten  ber  SBelt  unb  il^rer  §errfd^er  nod^  beborfte^enben  Äämj)fe,  aber  and)  auf  bie  au^ 
^arrenbe  ®ebulb  ber  6l^riften  unb  bie  Söieberlunft  Gj^rifti.  3)er  britte  Äirc(jenf(^riftfteHer, 
bei  bem  fic^  eine  ©rtoäl^nung  be«  ^^fta^e«  finbet,   ift  Sactanj  (Instit.  div.  7,  15,  19 

36  unb  7,  18,  2—3  ed.  Brandt  p.  634.  640;  Epit.  68  [73]  p.  760).  ^n  ber  erften 
©teile  ift  ^.  mit  ber  ©ib^He,  in  ben  beiben  anberen  mit  §erme«  2^ri«megifto«  unb  ber 
©ib^He  i^ufammen  genannt.  3lad^  7,  15  nämlid^  ^at  §Vfta^e«  cbenfo  lüie  bie  ©ibi;lle 
ben  Untergang  be«  römifd^en  9leic(>eö  })rot)^ejeit,  unb  jtoar  in  ber  gorm  eine«  tounber^ 
baren  Iraume^g,  ber  bon  einem  Änaben  aufgelegt  loirb.   9?ac^  cap.  18  finb  e«  bie  bem 

40  SBeltenbe  borau^e^enben  SDrangfale,  bie  ebenfo  bon  ben  prophetae  ex  dei  spiritu  tbie 
bon  ben  vates  ex  instinctu  daemonum  })rop^ejeit  tborben:  fo  i)ab^  $l;ftaö})e«  bie 
iniquitas  saeculi  hujus  extremi  gefc^ilbert  unb  borau^efagt,  h)ie  eine  ©(Reibung  ber 
kommen  unb  ©laubigen  bon  ben  ©d^ulbigen  gefc^e^en,  ibie  bie  J^rommen  mit  Söeinen 
unb  ©eufiien  il^re  §änbe  au^ftredten  unb   ben  ©d^u^  9iw>Ji^^^  aufleimen  tberben  (implo- 

45  raturos  fidem  Jovis),  unb  h)ip  bann  S^iJiter  auf  bie  6rbe  ^erabblirfen,  baö  ©c^reien 
ber  ^Kenfd^en  ^ören  unb  bie  ©ottlofen  bertiigen  iberbe.  2)ie«  aUe«  —  fe^t  i^actanj  I^inju  — 
fei  tba^,  mit  äu^nabme  bc«  einen  fünfte«,  ba^  §^ftaipe«  bem  ^wp'xUx  (3cue)  jufd^reibe, 
toa«  ©Ott  t^un  loirb.  Slud^  nad;  ber  britten  ©teile  bei  Sactanj  [mh  ^  efc^atologifc^e 
ßrhjartungen,  l^inficf^tlic^  beren   eine  Übereinftimmung  be«  ^t}^ta^pc^,  öerme«  unb   ber 

60  ©ib^He  mit  ber  c^riftlic^en  §offnung«lel^re  bel^u})tet  tbirb.  3lad)  einem  unbelannten  Slutor 
be«  5.  Sabrliunbert«  (xgrjojuol  xcov  iXlrjvtxcov  i%cbv  ed.  Buresch,  Klaros  1889, 
87—126;  bgl.  ©.  95)  l^anbelten  bie  Offenbarungen  be«  ,§.  tzsqI  xrjg  xov  acoxfjoog 
ha  V  (fgcon  tjaecog. 

Über  bie  ^erfon  be«  ö^ftaejje«,   bon  loelc^em   biefe  aBeiöfagungcn  ^errü^ren  foHen, 

66  ^aben  ijuftin  unb  Giemen«  fic^  nid^t  au^gefproc^en ;  nad)  Sactanj  (7,  15)  toar  er  ein 
uralter  mebifc^er  Äönig,  ber  nod)  bor  bem  trojanifc^en  Äriege  lebte.  2i5al;rfd;einlid^  beult 
Sactanj  bierbei  tro^  ber  fonfufen  (S^ronologie  an  ben  betannten  35ater  be«  Äönig«  3)as 
riu«  I.  S?on  beffen  3öei«fagung«gabe  ift  nun  jtoar  ben  älteren  gried^ifd^en  ^iftorilern 
nicbtg  befannt;   tbobi  aber  tbeife  2lmmianu«  SKarceHinu«  (23,  6,  32—33)   bieUeic^t   au« 

60  t)erfifc^>en  dueßen,  jener  i^vfta«j)e«,  rex  prudentissimus,  Darii  pater,  l^abe  bei  ben 


$4{)adved  dfabtit  50S) 

93rad^mancn  in  ^nbicn  bic  ©cfc^c  ber  SciDcgunö  bcr  2BcIt  unb  bcr  ©cftimc  unb  reine 
religiöse  S3räu(i(^e  (purosque  sacrorum  ritus)  gelemt  unb  einige«  t>a\>on  ben  tirH}^- 
mif^en  3)lagiern  mitgeteilt.  3lgatbia«  aber,  ber  b^jantinifc^^e  Oefd^id^t^fc^reiber  be« 
6.  3<^'^^"'^^^^/  ^^^^^  ^^^^^  ^\)\ia^pc^  aU  ^titQcno^m  be«  ß^^*^^!^^'^/  ^^"^  entfc^^eiben 
ju  fücüm,  ob  er  mit  bem  Sater  be«  S)ariu«  ibentij^  ober  öon  i^m  öerf(i(^ieben  fei  (bist.  6 
2,  24,  p.  117  ed.  Niebuhr).  Offenbar  liegen  hierbei  bie  J^erfifd^en  ©agen  bon  bem 
baftrifd^en  Könige  33i«tä«})a,  bem  3^i^0^"öR^  3^^^^"!^^^^'  ^  ®runbe;  unb  fo  bürfen 
toir  tool(|I  auc^  annehmen,  bag  jene  angeblid^en  vaticinia  Hystaspis  auf  Stemini^jen^en 
avLi  ber  ^jerfifd^en  3teIigion^ejc^i(^te  unb  sichre  berufen.  3)ie  fie^ren  be«  ^Parfi^mu«  Don 
bem  großen  Jtamjjfe  jtoifd^en  Ormujb  unb  äHj^riman,  öon  ben  fd^toeren  irangjalen  ber  lo 
legten  ^^xUn,  bon  ber  förfd^einung  be«  ©ofiojd^  unb  feinem  taufenbjäl^rigen  9leid(^e,  bon 
bem  großen  SBeltbranbe  unb  bem  fc^Ue^lid(^en  gf^iebendreic^e  Drmujbi^  (f.  b.  21.  „^arfi^ 
mud")  mod^ten  ioo^l  einem  ß^riften  ber  erften  ^ö^^^^unberte  afö  ebenfobiele  änllänge  an 
d^riftU(^e  'i^htm  erfd^einen.  ^kan  \af}  in  ^oxoa\tn  ober  feinem  g^itgenoffen  23iftä^5 
§^fta«i)ag  einen  l^eibnifd^en  $rot)^eten  auf  ß^riftum  unb  fud^te,  h)a«  [xd)  bon  foldpen  is 
<|riftli(^en  Slnllängen  im  ^arfiömu«  fanb,  für  at)ologetifd(^e  3^ede  jufammenjufteffen.  ©o 
fjprad^  man  bon  einer  3lj)ofaI^t)fe  3«^^«^<*ft^^/  ""*^  angeblid^e  ®el(ieimbüd^er  So^oafter« 
fanben  [\d)  bei  ber  gnoftifd^en  ©efte  ber  ^robifianer  (f.  $amad,  ©efd^.  b.  altc^riftlid(^en 
fiitteratur  1,  1G3.  173.  662.  932).  Äu^n  bermutet  in  ben  SKeiefagungen  be«  ^\)^a^e^ 
gerabeju  ,,ein  in  gicmlic^  frü^e  ^^\t  jurücfge^enbe«  933erl  mit  bem  nal^eliegenben  ^to^i^,  20 
unter  ben  i)on  ^eüeniftifd^er  Kultur  beeinflußten  ÜRajba^^niem  für  ba«  aufftrebenbe 
ß^riftentum  Slnl^ängcr  ju  toerben".  2)ie  toenigen  ^lotijen,  bie  loir  befifeen,  reiben  boc^ 
nic^t  ^in,  über  Urfjjrung,  3"^^!*/  5^^^"^  wnb  lenbenj  ber  vaticinia  ein  ftd;ere«  Urteil  ju 
getoinnen.  Stud^  barüber  läßt  fic^  ©ic^ere«  nic^^t  auefagen,  ob  toir  e«  nic^t  ettoa  mit 
einer  urfprünglic^  jübijc^en  ©(^rift  ju  t^un  l^abcn.  I)er  Umftanb,  baß  bie  ©c^rift  fc^on  25 
borjuftinifd^^  ift  unb  baß  Sactanj  au»brü(fli(^  ^erborlj^ebt,  baß  bie  ©enbung  be«  ©o^ned 
®otte«  jum  SBettgerid^t  barin  nic^t  erh)ä^nt  fei,  fonnte  barauf  fc^ließen  lafjen,  unb  bie 
3&Qi}l  be«  ©otteönamen«  3^"^  entf})ri(^t  ben  litterarifdt^en  ®eh)o^n^eiten  be«  ^eÖeniftifc^n 
^ubentum«  mcl^r  aU  bencn  be«  ßlj^riftentum«  (©d^ürer  451  f.).  Stnbererfeit«  fe^en  bie 
angaben  be«  clementinifd^en  3lj)ofrV))l?um«  unb  be«  änon^mu«  rf^riftlic^en  ßf^aralter  borau«.  ao 
©dj^ürer  bejeitigt  bicfe  ©c^toierigfeit  burc^  bie  2(nnal|me,  baß  biefen  beiben  Slutoren  ein 
(briftUc^^  überarbeiteter  lejt  borgelegen  ober  baß  fie  burd^  dftriftlid^e  3nter})retation  ettoa«  au« 
§.  ^erauögelcfen  l^abcn,  \va^  nad}  Sactanj  nid^t  barin  geftanben  l;at.  Äeinenfatl«  ift  man 
bei  bem  je^igen  ©tanbc  bcr  ?frage  beredt^tigt,  mit  ^arnad  (a.  a.  D.  863)  ju  be^au))ten, 
bic  vaticinia  Hystaspis  feien  eine  jübifd^e  ©d^rift  gciucfen,  bie  bieHeidj^t  d^riftlid^e  ^w-  35 
fäfjc  crl^alten  bat.  («Jogenmonit  f)  ö>.  Ärüger, 


^ia\  f.  Kain  unb  bic  ftainiten. 

^obiu.  —  iültevntuv:  $>•  ^toalb,  ®efd)i(fttc  bcö58ülfcS3övneI*II,  356f.;  "?!.  Äö^Icr, 
üebrbHd)    bcv  biblifdjeii    ö)eid)id)tc   beö  S!i%  11,1  (1884),  73-77  (ngl.  I,  487f.);   Hh  Mittel, 
(^ef(t)id)te  ber  .Ipcbväcv  1   (18^8).  278f. ;   3.  ^>cni)au]eu,  3<JvQcIi!i|(t)e  unb  jüblfd)c  ®efd)i*lc»40 
(1807),  37;    ir.  53ubbe,   $>ie   «iid)ev   9?i*ier   unb  ©amucl  (1890),  66ff.    105f.;   ^.  ©ut^c, 
(iJefd)i4te  be^  SBolfcö  Sövael  (1899),  51  f. 

Sabin  ift  im  2tX  ber  5Wame  eine^  lanaanitifd^cn  Könige,  ber  bon  ben  3^^«^^«^ 
befiegt  tourbe,  Der  ^JJame  felbft  ift  ju  beurteilen  unter  SSergleid^ung  bon  D^p;  unb  fi''P.fr? 
F^"?T)^  -^'^^T  unb  ^"«^"i'^»?,  b.  l}.  bie  ©otte^bejeid^^nung,  bie  urfjjrünglic^^  mit  il^m  ber-  45 
bunbcn  toar,  ift  loeggefaHen  (bgl.  ju  3air).  3)er  Äönig  lommt  in  gtoei  erjäl[>lungen  bor, 
nämlid^  gof  11,1— 15  unb  9li  4,  1  ff.  3n  ber  erften  toirb  er  ald  Dberfonig  über  bie 
lanaanitifc^en  Äönigc  bom  ®cbirge  9lap^tt;ali  an  bi«  ju  ben  Stb^ängen  ber  ©tabt  S)or  am 
3)ieere  bejcid(^nct  'ii.  If.  10,  feine  ^auptftabt  toar  öajor  (bgl.  VI,  339).  3ofua  foH  i^n 
md)  äl  5.  7  bei  bem  „SKaffer  39ierom"  gefdf^lagen  l^abcn,  richtiger  bei  bem  „SBaffer  bon  50 
a){crom",  luomit  bic  Duellen  gemeint  finb,  bic  bcnSJat^  füblic^  bon  bem  Orte  Mörön  in 


510  3^btit  3^Moitd!t 

Dbcröaliläa  bilbcn  (Don  einem  „©cc"  3)icrom  ift  nirgcnb^  bic  Siebe ;  boc^  i}at  Josephus 
Antiq.  V,  1,  18  Brjgdy&rj  ftatt  3)ierom).  §ajor  hjurbe  erobert  unb  berbrannt,  an  bem 
Äöniö  3-  wi^b  an  ben  (SiniPül(|nem  ber  Sann  boUjogen.  3)ie  ©rjä^Iung  miß  ^erüor= 
^eben,  toie  bie  3JJa(i(^t  ber  Äanaaniter  im   9?orben  ^aläftina^  öebrod^en   hjurbe,   ganj  \o 

6  n)ie  3of  10  ba^  ©leid^e  bon  ben  Äöniöen  im  ©üben  ^aläftinaö  mitteilt.  3"  -^i  ^  (^9^- 
^f  8:5, 10)  ift  bie  ®ejc|icl^te  biefe^9i-  "^  eigentümlicher  2öeife  mit  ber  Grjä^lung  über  ben 
Äampf  Sarafö  unb  ber  3)ebora  gegen  ©ifera  berbunben.  Sifera  h)irb  äJ.  2.  7  (17)  jum 
gelb^aii))tmann  be«  Äönig^  ^,  gemad^^t,  hjä^renb  im  Siebe  i?a}).  5  ©ifera  jelbft  Äijnig  ift 
unb  Könige  unter  [xd)  hat  («.  28  ff.  93.  19).     Slber  auc^  in  Äa}).4,  12—22  ift  ©ifera 

10  burdE^au^  bie  §aut)tj)erfon ;  t>on  bem  Äönig  g.  ift  ntc^^t  me^r  bie  SRebe,  nur  im  Slnfang 
ber  CSr^ä^lung  unb  in  ber  rebaftioneHen  SSemerfung  J}.  17^  h)irb  bie  5?erbinbung  ber 
beiben  ^JJerfonen  im  Slugc  bel^alten.  SDarau«  erfiel^t  man,  bafe  nic^t  bie  ©e|d^i(^te  %<^, 
fonbem  bie  ©efc^id^te  ©ifera^  ben  ©runbftod  öon  SRi  4  bilbet.  ^s^  bem  beuterono= 
miftifd^en  Stammen  4,1—8.  23  f.  l;eifet  3.  Äönig  öon  iianaan;  ba^  ift  ein  ungenauer 
Slu^rud.    2)ie  Söorte  a^er^n*^  J^igcn,   ba^   ^  fic^  um  3-  ^önig   bon  «öajor  ^anbelt, 

lühjie  3of  11  fagt  (bgl.  12,19).  2)arauf,  ba|  ber  ©ieg  über  3.  gof  11  bon  ^ojua,  iHi4 
bon  Saraf  unb  ®ebora  erjö^lt  ibirb,  ^at  man  btclfad^^  bie  Ü)leinung  gegrünbet,  bafe  e^ 
fic^  um  itütx  berfd^iebene  Äönige  gleid^en  5lameng  l^anbele.  5leuerbing^  hjirb  auc^  bie  ans 
bere  Slnpd^t  bertreten,  bafe  in  beiben  ©teilen  biejelbe  $erfon  gemeint  fei.  "Slan  mac^t  auf  bie 
im  S5ud(^c  '^c\ua  borliegenbe  ©eftatt  ber  Überlieferung  aufmerffam,   nad}  ber  ^o^wa    aU 

20  ©roberer  be^  SBeftjorbanlanbe^  überl^aui)t  angefe^cn  unb  ate  ^^rer  aller  ieraelitijd;en 
©tämme  im  Äamjjfe  gegen  bie  Äanaaniter  gefd^ilbert  toirb.  3)iefe  3)arftellung  ift  ge^ 
f^id(^tlirf^  nid^t  ridE^tig,  ^o\m  Wax  n\d)i  mel^r  al^  ber  gül^rer  be^  ©tamme^  S^f^l^b,  be^ 
etgentlid(ien  Jeraek.  3)al^er  toirb  man  toeber  bie  Stampft  im  ©üben  ^^l  10, 28  ff.  noc^ 
ben  Stampf  im  9iorben  ^of  11,  1—15  ^ofua   beilegen   bürfen.     gn   9li  4  ift  nod>  bie 

25©j)ur  einer  Überlieferung , erhalten,  ba^  nac^  ^o\\xai  ^dt  gegen  3-  Äijnig  bon  §a^orge= 
Iämt)ft  tüurbe,  unb  biefe  Überlieferung  iuirb  in  betreff  ber  ßeit  bie  richtige  fein,  ^ntt^t. 

^abloni^ti,  3)aniel  ßrnft,  geft.  1741.  —  fiittevatut  (ouficr  ben  Scl)iiftcn): 
^iegler  ©citvöge  jur  öltcrcn  ®c[(^id)ic  bc§  ®l)mnQriumd  ju  ü\']\a,  Öiffa  1855;  S'app,  Samnu 
lung  uevtrnutcr  Briefe  be§  grci^errn  ü.  ficibniU,  beö  ©üfprebigerd  gablonöti  u.  a.,    iicip^ig 

30  1747;  Öu()rQuer,  ®.  «J.  5rl)r.  u.  i^cibnil^,  SBreölau  18^6,  II,  177ff.;  'lßi(i)kx,  Xie  Ibcoloflie 
bcö  l'cibuit,  '3)hind)cu  1869f.  II,  503 ff.;  Äuacala,  günfjig !3af)re  im  pvcu6i{d)en^ofprebi9ers 
bicufte,  Torpat  18%,  ^J?cue  Seilrägc  ^um  ©riefwedjfel  jiüijdjeu  3).  (5.  Sabloiivfi  unb  (M.  33. 
yeibiül^,  3)oipat  lb99;  91.  ^ornocf,  ®efd).  b.  f.  ^reufe.  ^Ifabeinic  bev  'Äifionjdiafteu  I,  II, 
Berlin  19U0. —  Rc'lation  des  m^sure-s,  qui   fiirent  priscs  dans  les  annecs  JTK)  -171.'}  iM>ur 

vji  iiitrcKluire  la  litiirgic  Anglicainc  daus  lo  royauino  de  IViisso,  fionbon  17G0;  »Socf,  Ucbev  bic 
SJcreiniguug  ber  beiben  proteftantifcften  Äiivdjenpartoicn,  ©erlin  1812;  .Ipcriuij,  (öe{d)id)lc  bcv 
firc^I.  Unionöueriuc^e,  Öcipjig  1838,  II,  31 3 ff.;  JKic^ter,  ®efcftid)te  ber  eu.  5lird)env>erfaf)unrt 
in  3)eutfcftlanb,  üeipi^ig  1851;  ©ranbeS,  ®ef(^id)te  ber  tivcftlidjen  ')^o\'\i\t  bc^5  .^ai\\c^ 
©ranbcnburg,  1872,   1;    SufaSjciuicj,    '2)ic  Slirdjen   ber   bü^mifc^en  ©rüber   in    ÖJrüfepüleu, 

iobeutfc^  uon  gifcfter,  ®räD  1877,  ©.  I82ff. ;  SRitjd)!,  (^cf^i^te  beä^  ^Metiömu^^  III,  ©oun 
188(),  6.  302 ff.;  erbmannöbörfcr,  2)eutfd)e  ©efcftidjle  1648-174U,  II.  1893. 

3)aniel  (Srnft  3i<^blonöfi,  ein  um  3Biffenjd;aft  unb  ^raji^  berbienter  Äird>en= 
mann  an  ber  SBenbe  be^  17.  jum  18.  3^^4w"bert^,  hjar  ju  3Jaf[en^uben  bei  SDan^ig 
am   20.  Jlobember  1660    geboren.     3ln   biejer   ©emeinbe,   bie  bamate   ju    ben    QxyL- 

45  lantengemeinben  ber  bö^mifc^en  Srüberfirc^e  gel^örte,  ftanb  ^ur  ^cxt  fein  i^ater,  ber 
1670  afe  preu^ifc^er  §ofprebiger  ju  ü)temel  berftorbene  ^^Jeter  ^igulu^,  ©d;üler, 
©d^JDiegerfol^n  unb  greunb  be^  21.  Someniu«  (f.  b.  ä.  Sb  IV,  ©.  247),  al^  Pfarrer,  ßr 
liatte  in  ber  i^erbannung  mit  jenem  latcinifc^cn  feinen  bö^mifc^en  Familiennamen  ^ab- 
lon^fi  bertaufc^t,   ben   aber  ber  ©o^n   bei   feiner  Verheiratung  (1688)  tbieber  annahm. 

60  Sluf  bem  burd^  feinen  ©rofebater  6omeniu^  berühmt  getborbenen  ©^mnafium  m  ^olnifc^= 
fiiffa  borgebilbet,  ftubierte  §abloneIi  ate  Sllumnu^  ber  örüberunität  ju  grantfurt  an  ber 
Ober  unb  Djforb,  ibo  für  biefelbe  ^eifteHen  gegrünbet  tbaren.  1683  au^  fönglanb 
jurücfgete^t,  hjurbe  er  fofort  jum  reformierten  $rebiger  in  3)lagbeburg  befteHt,  1686 
^4Jaftor  ber  polnifd(^en  ©emeinbe  unb  Steltor  be^  ©j^mnafium^  ju  l^iffa;  ber  fec^fte  3tac^= 

55  folger  feinet  ©ro^bater^  in  biefem  ämte,  bad  er  fünf  ^al}x  lang  befleibet  ^at.  3lu(^  aU 
l}oi}zx  ©eifttid^er  ber  reformierten  Äirc^e  in  ben  preu^ifi^en  l^anben,  in  toelc^e  er  1691 
burd)  feine  Berufung  jum  ^oforebiger  in  Königsberg  übertrat,  ^ielt  er  feine  3wgebi?rigfeit 
j\ur  Örüberunität  feft  unb  folgte  getreu  ben  ©puren  feinet  ©rofebaterS  in  bäterlid^er 
Sorge  um  bic  SM^'^^*"^^"-    3Jermi>ge  feiuci^  großen  (SinfluffeS  am  branbenburg=preufeif(^Kn 


3^Uoitdtt  511 

Äofe  unb  bcr  burd;  bcnfclbcn  betoirllcu  J)ülitifd;cn  3"^<^^^bcntion  ift  o^  t^m  gelungen, 
Si^a,  baö  ßenttum  ber  böl^mifc^cn  3)iafpora,  j|h>eimal  bor  (Sinäfd^erunö  er[t  burd^  bic 
©a^fen,  bann  burd;  bie  SRuffen  ju  betüaf^rcU;  unb  ebenjo  ben  bon  ben  })olnif(^en  Sifc|öfen 
geübten  S^ilanen  einen  3)amm  gu  jie^en,  ber  altcrbing^  ber  attmä^Udben  Überflutung  atter 
etKingcIifc^en  (Semeinben  in  ^^Solen  burd^  bie  2)rang)ale  tti  jejuitifc^en  Slegimentö  feinen  6 
bauemben  SBiberftanb  leiften  unb  ©reuel  tuie  ba^  Slutbab  in  3:^om  (1724)  nid^t  auf- 
halten lonnte.  3lod)  rejultallojer  berlief  bie  SBieberaufna^nic  ber  Iirc^>lt(^=politifc^>en  Stftion 
feine«  ©ro^bater«  gu  ©unften  ber  ÖDangelifc^en  m  Ungarn  unb  bc«  bortigen  gürftem 
^aufe«  ber  Stafocg^  gegenüber  ben  ©ebrüdungen  Cfterreid^«,  unb  bic  SSerbinbung  mit  bem 
ungarifd(^en  3lbenteurer  ßlement  gebie^  il^m  ju  einer  ä^nlid^en  S3lo«ftcHung,  h)ie  \xt  bem  lo 
(Someniu«  au^  feinen  9e||ie^ungen  }u  ^rabif  ern)ad^fen  ti^ar.  Erfolgreicher  bagegen  loarcn 
feine  unabläffigen  Semül^ungen,  für  bie  geleierten  ©tubien  feiner  iungen  ©lauben^genoffcn 
SKittel  an  beutfcf^en,  l;oUänbifc^en,  englifd^en  Uniöerfitäten  ju  befc^affen.  äluf  ber  ©^nobc 
ju  Siffa  1699  hjurbc  er  bon  ber  Unität  jum  ©enior  geh)ä^lt  unb  em^jfing  il^re  Sifd^ofd* 
toci^e.  ©0  toarb  er  ba«  3Jlittelglieb  jloijd^en  ber  alten  S3rübertirc^c  unb  tl^iem  Bpxöi- 15 
ling,  ber  §erml^uter  Srübergemeinbe.  5Denn  burc^  il^n  Jourben  am  1:3.  3Rärg  1735 
2)amb  ^Jitf^mann,  jtoei  ^a\)xc  barauf  auc^  ber  ®raf  3inj^rt^orf  fclbft  ju  Sifd^öfen  ber 
Srübergemeinbc  gemeint,  unb  fo  bie  Kontinuität  ber  bifc^öflic^en  ©ucceffion  jtoifc^en  t)er 
Sl^nin  unb  ber  fönfelin  j^ergeftetlt.  —  &c\i)'\d)Üxd)  bebeutfamer  noc^>  fmb  freilid(^  bie 
©i)uren  beö  SKirfen«,  mit  benen  er  fic^  in  bie  ©nttoidelung  ber  t)reu|if(i^en  Sanbe^fird^e  20 
einge^eid^net.  6«  lag  im  ©eiftc^erbc  feine«  Sinnen  ßomeniu«,  tuie  m  feiner  eigenen  Ixxd)^ 
lid^en  ^oppelfteQung  unb  tbeologifc^en  ©runbanfc^auung  begrünbet,  hai  bie  ^^enbeng  auf 
SSereinigung  ber  ebangelifd(^en  Denominationen,  toelc^e  feit  ©igi«munb«  Übertritt  jur  refor^ 
mierten  fiird^e  bem  §o^engollem^ofe  mit  gefc^id^tlid^er  ^Jlottoenbigleit  eigen  geworben  toar, 
in  unb  burc^  3-  ^^^c  neue  Öetebung,  juglei^  aber  auc^  lontrete  ©eftalt  unb  t^eologif^e  25 
gunbamentierung  getoann.  2)ie  ©ituation  fc^ien  einem  tl^ätigen  SSorge^en  nic^t  ungünftig. 
S5ie  am  berliner,  fo  beftanb  bie  Unionötenbenj  am  ,§ofe  ju  $annober,  ber  burd^  bic 
branbenburgifc^e  Äurfürftin,  nac^b^^Ö<^  Königin  ©o^jl^^ie  Gl^arlotte,  mit  icnem  auf«  engftc 
berfnüjjft  tuar.  ©ie  l^atte  liier,  auf  einem  burc^  bie  ^clmftebter  S^^^if^^  bereiteten  33obcn, 
i^re  bebeutcnbften  Präger  an  ©.  333.  ücibni^,  ben  ba«  ©d(;eitern  feiner  SBerfud;e  einer  30 
(Sinigung  ^mifc^en  Äat^olifen  unb  ^roteftanten  nic^t  entmutigte,  fonbern  el^er  barauf  i^in« 
toie«,  fein  ©eignen  nac^  ber  einen  ß^riftenl^eit  gunäc^ft  auf  bem  engeren  ©ebiet  be« 
^roteftanti«muö  in  2Birtung  umjufe^en,  unb  an  bem  Slbt  bon  fioffum,  "JJtolanu«, 
bem  ©c^üler  ßalijit«.  3lud;  älnton  Ulrid^  öon  SJraunjc^ioeig,  ber  bem  ©treit  ber  ©Dam 
gclifd(|en  f})ätcr  in  bie  tatbolifd^e  Kirche  entrann,  unb  ber  Jpof  üon  ©ot^a  fameit  bcit  Se-  3-» 
ftrebungen  mit  lebl^after  ©Vm})atl;ie  entgegen.  ©0  fam  e«  ju  ben  Unton«bcrbanblungcn, 
h)eld;e,  geförbert  namentlich}  burcb  bie  preu^ifc^en  ©taat«männer  3)anfelmann,  Bpan- 
beim  unb  J^uc^«,  Dom  ^abre  1697—1706  bie  (Sr^ebung  be«  branbenburgifc^en  Kur» 
fürftentum«  jur  preu^ifc^en  Konigefrone  umgaben.  6«  ioar  gablonäti«  äJcrbienft,  ber  m- 
i^roifc^en  (1093)  al«  §ofprebiger  an  Den  ®om  ju  Scrlin  Derfe^t  tvax,  bie  präliminar»  40 
gebankn,  hjclc^e  Seibni^  am  4.  3""i  1697  nacb  Serlin  übermittelte,  unb  toetc^e  mit 
burd^tDcg  potitifd;er  2^cnbenj;  bon  bem  ©eftcbt«punft  ausgingen,  bafe  Siranbenburg,  burc^ 
ben  Übertritt  Kurfacf^fen«  jum  ftatl^olici^mu«  an  bie  ©pi^e  ber  beutjc^en  5ßroteftanten  ge» 
rüdt,  biefelbcn  in  tompatter  ©inl^eit  l^inter  fid;  fammeln  muffe,  ma«  minbeften«  burd^ 
paf tierte  3)ulbung  ^u  gcjcbcbeu  ^abc,  bon  bicfem  politifc^en  auf«  Krc^lic^c  unb  tl^eologifc^c  45 
©ebiet  überjupflanjen.  2)a«  gefd;a^  jd;on  burc^  bic  „turje  äJorftcllung  ber  ©inigleit  unb 
be«  Untcrjd^icbc«  im  ©laubcn  bei  ben  ^rotcftierenben",  mit  melct^er  er  in  Übereinftimmung 
mit  bem  Äurfürften  bie  ßwf^'^itt  ^on  Seibni^  ertoiberte.  ®er  ©ebanfe  blo|er  2)ulbung 
ioirb  erfe^t  burd^  ben  ber  Union,  meiere  begrünbct  auf  ber  SBal^r^eit,  ba^  bie  Se^runter» 
[c^iebe  ^^oifc^en  ben  beiben  ebangelifc^en  ^auptfonfeifionen  nid^t  funbamentaler  9latur  60 
eien,  unter  greigebung  ber  gefcf^ic^tlic^  geworbenen  SRiten  unb  2eben«orbnungen  bic  ©emein» 
ämfeit  bon  @ottc«bienft  unb  Slbcnbma^l  prinzipiell  aufrichtet  unb  bie  trenncnbcn  ■Kamen 
ut^erifd(|  unb  reformiert  in  bem  gemeinfamen  be«  ßbangclifc^en  aufgebt,  ben  ba«  Stcicl^ 
l:irc^enred^t  bereit«  barbot.  3-  begegnete  fic^  in  biejen  ©efic^tepuntten  mit  bem  tapferen  unb 
reblic^en  3)Jolanu«,  ber  einerfeit«  ben  ©cbanlcn  bloßer  3)ulbung  mit  ©ntrüftung  abtoie«,  66 
anbererfeit«  ba«  Union«merf  ni^t  blofe  auf  einzelne  ^Territorien,  jonbern  auf  bic  ganje 
äöcite  ber  Kirche  au«gebe^nt  »oiffen  Iboßte  unb  unber^ol^len  al«  fein  i^bcal  bie  §erftellung 
eine«  ens  aggregatum  unum  bejeid(|nete,  »oelc^e«  al«  una  eademque  sancta  catho- 
lica  et  apostolica  eademque  evangelica  et  reformata  ecclesia  fid;  bar?iuftellen 
l;abc.    ©0  geigen  bcuu   bie  (Srioibcnmgen  ber  Ji>annoberaner   auf  ij.«  fur^e  Ü^orftctlung  eo 


512  S^bloitdti 

ein  iDarntc»  ©ntöcöcnfommen,  folpo^l  bic  Scßutac^tunö  bcrfclbcu  burd;  bic  §clmftcbter 
Ideologen,  ate  au^  bie  Uon  Seibni^  unb  SWotanu«  abgefaßte  via  ad  pacem,  ali  and) 
bie  Scleu(^tung  ber  ©egcnjä^c  betreffe  bcr  ^räbeftination^^  unb  Mbcnbmafil^lcl^re,  toeId[>e 
Seibni^  unter  bem  %\kl  tentamen  irenicum  abfaßte.     Sin  })erfönlic^e  3"fö^incntünftc 

5  fnüt)ftc  ftd^  ein  lebl^after  unb  inf^altteid^er  S3riefhJC(i(^feI  gmifd^en  ben  leitenbeit  unb  na^e- 
berhjanbtcn  ©eiftem  3iöbIongfi  unb  Seibni^.  ^eili(i(^  h)ar  e^  ju  ibeal  gcbac^t,  bafe  man  fof ort 
and)  auf  bie  ^ereinjiel^ung  ber  ©c^toeijer  unb  englänber  tnö  Union^h)erf  fein  Slugenmerl 
rid^tete;  unb  biel  fel^Ite,  bafe  auc^  nur  in  3)eutfc^Ianb  bie  ©^m})at^ie  aller  fird^lic^^  be- 
lebten Äreife  mit  ben  5}JIänen  ber  ^ö^t  getuefen  märe.    Unter  ber   ^annotjerifc^en  ©eift^ 

10  Hc^feit,  hjelc^e  unter  ben  mäd^tigen  (linflüfjen  ber  ^elntftebter  Theologen  ftanb,  mar  bie 
Stimmung  eine  borlüiegenb  günftige;  nic^t  fo  in  ben  branbenburgifc^en  i^anben,  too 
felb[t  bei  ben  Sieformierten  3<»bIongfi  auf  fel^r  erl^ebli^^en  SBiberftanb  ftie^.  3lüe  Unter- 
i;anblungen  mußten  l^eimlic^  gefül^rt  toerben;  unb  ber  gro^e  berliner  3:^eoIoge,  ber  für 
ba$  t^atfäc^lic^e  @ef(|ic^tli(i(^n)erben  ber  Union  me^r  gearbeitet  ^at,   al^  bie  anDeren  alle, 

16  ^^-  3-  Bpcn^,  \m  er  fd^on  1686  in  feinem  trefflichen  Sebenfen  über  bie  ^Bereinigung 
ber  et)angelifcl^en  S3elenntni«fir4>en  (Il^eol.  Siebenten  IV,  489  ff.)  gerabe  3)eutf erlaub  j;ur 
3eit  ate  ben  ungünftigften  ©oben  für  lonlrete  Union^beftrebungen  bejeid^net  ^atte  — 
„tocil  l^ier  bic  ©emüter  burd^  tjiele  ©treitfd[>riften  unb  anbere  Unbitt  gegen  einanber  giem- 
lid^  Verbittert,  in  toelc^em  3"f^^"^  "'^*   biel  au^juric^ten"  —  l^ielt  aud^   je^t   in  feinen 

20  „reflexiones  supra  tentamen  irenicum"  feine  Sebenfen  gegen  bic  Sluöführbarfcit 
nid^t  jurüdE.  335ic  red^t  er  gefe^en,  jeigte  balb  genug  ber  Ü>erlauf  be^  coUegium  ehari- 
tativum,  toclc^c^  nad^  längerem  Schlummer  ber  ^erlj^anblungen  1703  nac^  S3erlin  5u= 
fammenberufen  h)urbe,  benfclben  einen  lebhaftem  ©c^toung  unb  beftimmte  ^kU  ju  geben, 
©rf^on  bafe  man   bei  gufön^n^cnl^fcunö  beefelben,   gegen  3-^  91«^  ©>)ener  überging  unb 

2.-.  ftatt  feiner  ben  fd^^toad^liierjigen  Sütttc  ^cranjog,  mar  ein  3Rifegriff ;  al^  ein  Unl^eil 
aber  ertoie«  fid^  bie  Einberufung  bc^  ©u))erintenbenten  („^nfpettor^")  IBinHer  au^ 
3Kagbeburg  ju  ben  SSer^anblungen.  3?erbroffen  über  ben  langfamen  Fortgang  ber 
®inge  meinte  biefer  ben  Änoten  jer^auen  ^u  foüen,  inbem  er  in  einer  3)entf^rift  ben 
ili)nig  ^riebrid^  I.  aufforberte,  feinen  ©ummej)i^fopat  aud^  in  internis  bcr  Äird^e  burc^- 

:jo  greifenb  geltcnb  ju  mad^en :  bic  Union  burc^  löniglid^en  Sefe^l  einjufü^rcn,  bic  biffcrentcn 
SJiten  ber  bciben  Äonfcffioncn  ^u  uniformieren  unb  bctrcffiS  bcriöc^rc  unter  §crt)or{;cbung 
bc^  6tl|if(^en  ein  Minimum  bc^  S)ogmatifc^>cn  al^  gemeinfame  Sc^morm  fcft^ufteUcn.  3luf 
bunfeln  SSJcgcn  lam  biefe  2)enff(^rift  an^  2\ä)t  unb  mürbe  unter  bem  2:itel  „arcanum 
regium"    ju  granffurt  beröffcntlid^t.     ®aiS  SHefultat  mar   eine   allgemeine   2(ufrcgung, 

86  U>cld]>c  burc^  bie  3)e^at)ouierung  feiten^  ber  leitenben  ^erfönlid^feitcn,  mit  bercn  ©cbanfen 
fic  nid^t  nur  nid^t  in  .g^armonie,  fonbcm  im  ©egenja^c  ftanb,  nic^t  me^r  bcfeitigt  merbcn 
fonnte.  @inc  5}crfd;icbung  bcr  j)oliti|d^en  Situation  fam  baju,  unb,  nad(^bem  bcr  ))reußifd^c 
Äönig  bereite  im  Sluguft  1706  feinen  2;^eotogen  bic  gortfül;rung  ber  Äorref})onbcnji 
unterfagt  t^atte,  enbetc  ba^  fo   au^fid^t^rcit^  begonnene  SBcrl   mit   ber  ftriften  Äabinet^^ 

ioorbrc  bc^  Äurfürften  ©corg  Submig  t)on  ^annotjcr  an  fieibni^  Dom  15.9ioDcmber  1706: 
„bon  allem,  ma«  ba^  SSercinigung^negotium  betreffe,  l^infüro  ju  abftral^icren".  S)ic  er- 
neute aufnähme  be^felben,  meiere  mit  bem  33riefme4>fet  ^mifc^cn  ben  ©cnfer  Ideologen 
unb  itönig  JJricbric^  I.  im  grül^jal^r  1707  (abgebrudt  bei  ©ad,  ©.  93  ff.)  fid)  an^u= 
bahnen  fd^ien,  blieb  ol^nc  meitcre  folgen.    9lod^  einmal  fc^ienen  fic^  günftigerc  3luefid^tcit 

45  ju  eröffnen,  aU  Slnfang  1716  bie  @rflärung  bei^  .t^annot)craner^  ©corg  I.,  bafe  er  bei 
feinem  mit  ber  Sefteigung  be^  britifc^en  3^^ronc^  toolljogcncn  ©intritt  in  bie  engtifc^c 
Äird^e  „bic  Slcligion  geänbert  ju  l^aben  nid^t  crad^tc",  bic  fanguinifd^cn  .spoffnungen 
Seibni^cn^  neu  belebte,  in  ber  englifc^en  Äird^c  ba^  ßinigungöbanb  für  bic  ftonfcjfion^= 
trennung  in  3)eutjd(^lanb  )u  geminnen,  unb  afe  faft  gleichzeitig  ^Jriebric^  Söill^elm  I.  Uon 

60  ^reu^cn  in  feiner  nüd^temen  aKcife,  mit  Slbfid^t  lebiglic^  auf  ben  Äirc^icnfricbcn  in  feinen 
Staaten,  bem  UnioniSgebanlcn  in  einem  ©efpräd^  mit  g.  nä^^cr  trat.  Slbcr  aucf)  bic^mal 
gelang  c^  nid^t,  bic  btg})araten  3lu^ang^})un!tc  biö  gur  S}crfnüj)fung  gu  förbem.  gmmer^ 
^in  haben  bic  })raltifd;en  ^IRifeerfolge  mebcr  bei  3-  —  bon  beffen  tiarer  unb  befonnencr 
atuffaffung  ber  hrc^cnjjolitifd^en  aufgäbe  fein  &tPo\6  für  ben  Äönig  (bei  Ät)a('ala,  9lcue 

66  Beiträge  ©.  142  ff.)  eine  ebenfo  beutlit^e  üBorftcllung  giebt,  mic  fein  fd(^on  im  3-  1700 
an  3)ia^cr  in  Hamburg  mitgeteilte«  ,,Sefcnntni«"  (ebenba  ©.  55)  für  bic  clirli^c  ^rift* 
li(^c  ©runbüberjeugung,  auf  ber  bei  i^m  bie  gefamte  Slltion  ftanb  —  nod^  bei  Seibni^ 
bic  Überzeugung  crfc^üttem  fömten,  ba^  bcr  Union^ebanfe  früher  ober  \päUx  burc^  feine 
eigene   innere  Söa^r^eit  unb   cbangclifd^c  5RotmenbigIeit   feine  SJcrmirflic^ung   burd^feteen 

00  mcrbe.  —  SßJic  in  bicfcr,  fo  ^cißt  fid^  auc^  in  einer  anbcren  Slid^tung  ber  3:^ätigleit  1^3 


^bbttdK  513 

bie  3:rabttion  bcr  bö^mifd^e«  Äird^e  mäc^tiQ,  nämltc^  in  ber  3:enbcnj  auf  ©rncuerung  be« 
(Spi^ldpaiÄ  in  bet  ebongeltfci^en  Jtird^e,  mennfc^on  feine  ^ötigleit  für  birfelbe  [xd)  mdft 
an  bie  böJ^mifd^en,  fonbem  an  bie  Sinric^tungen   ber  anglitoiifd^en  Jttrd^e  lel^nte.    ^ 
ftönig  f^ebrid^d  9{atureII  lag  aud^  für  bief e  Xenben)  ein  lei^t  ju  ertoectenber  Slnlnüpfungd« 
t)unft,  unb  bon  il^m  au«  ßcfc^öl   benn  au^  ber  erfte  birefte  gdbritt,   nämli*  oie  ©r-  5 
nennung  bed  reformierten  unb  lutl^erifc^en  ^ofprebiger«,  bie  feiner  Ärönuna  in  Äömg^berfl 
afftftierten,  ju  Sifd^öfen  unb  ber  Auftrag  an  ^.,   benfelben  bie  bifd^öflicpe  SBeii^e  ju  er* 
teilen.    3)aran  Inii^jften  ftd^  bie  loeiteren  Serl^anblunflen  mit  bem  Srjbifc^of  t)on  ©anter* 
burv,  toeld^e,  in  i^rem  erften  ©tabium  (bid  1704)  auf«  engfte  mit  ben  Union^berj^anb« 
lungen  Deifloc^ten,  jeittDeilia  fogar  bie  $erü(ema|me  ber  onglitanifc^en  fiiturgie  mit  ind  lo 
3(uge  faxten,  unb  auc^  nad^  bem  Scheitern  bed  Union^tDerted  im  ^oBre  1710  mit  neuer 
ßeb^ftigleit  aufgenommen  tourben.    3-  hJ^r  bie  Seele  aud^  biefer  feerl^nblungen,  toie 
namentlich  bad  bon  il^m  abgefaßte  projet  pour  introduire  Tepiscopat  dans  les  ^tats 
du  Roi   de   Prusse   betoeift,  ba^   er  bem  Äultudminifter  (,,directeur   des    affaires 
eccl^iastiques")  93aron  $rin^  überreichte  (abgebrudEt  bei  SRic^ter,  @.  234  ff.).     SSenn  15 
ber  fatl^olifdpe  6j)ifIo})at  \xq  auerbing^  mit  ber  fürftUc^en  ©ouberönetät  nid^t  »ertrage,  fo 
gelte  ba^  nid^t  t)on  ber  ebangclifd^en  ^\>ct  be^Jelben,  toelc^e  e^er  ber  i^ebung  fürftli^en 
ainfel^en^  unb  ber  ^Jefkigung  fürftlic^er  Autorität   biene,  toofiix  bie  3WaPäbe  unb  SSor« 
bilber  aud  ber  altteftamentlic^en  unb  ber  ©efc^ic^te  ber  alten  Jlird^e  (namentlich  unter 
Äonftantin)   gu  entnel^men  feien,     ^m  toefentlid^en  l^anble  e«   fu^  in  ber  ©egentoart» 
barum,  bie  bereit«  Dorl^anbene  SBürbe  ber  ®eneralfu))erintenbenten  bifd^öflic^  ^n  d^aralte« 
rifieren  unb  il^re  Sefugniffe  in  beftimmter  Segrenjung  fejtjuftellen.    ©er  toeltlic^e  Äultu«- 
bireftor  toerbe  auc^  bei  Sinfül^rung  ber  bifd^öflid^en  aSerfaffung   immer  feine  nottoenbige 
aSermittelung^ftelle  jtoifd^en  Sifd^öfen  unb  i^ron  bel^alten  muffen.    3wnö#  fei  bießin* 
fül§>rung  be«  gi)iffot)atd  auf  bie  reformierte  Äird^e  einjufc^ränlen ;    „le  reste  sera  une  26 
suite  naturelle  de  Tunion  projett^  entre  les   ^glises  protestantes''.    älud^  biefe 
aSer^nblungen  fanben  Won  1713   ein  jö^e«  ®nbe  burd^  bie  3:^onbefteigung  griebrid^ 
9Bil|^elmd I.,  beffen  nüd9temer  Sinn  il^nen  grünblic^ abgeneigt  toar.  —  3-  Worein  fe^r  ge^ 
liebter  unb  toirlungöreic^er  5ßrebiger.    3)a«  muft  in  ber  getoinnenben  SBürbe  unb  feel- 
forgerifc^  3:reue  feiner  ^e^önli^feit  gelegen  ffobm.    ©eine  5ßrebigten,  beren  eine  Steige  90 
bon  „S^l)m\>m"  feit  1716  in  Serlin  gebrudtt  toarb,   bieten  ni(^t«  über  bie  ^At  §ert>ors 
ragenbe«,  ftel^  öielme^r  burc^  gefd^aubte  3)iftion  unb  gelehrte  Überlabung  l(|inter  ber 
einfad^en  unb  boc^  getoanbten  Bpxad)^  feiner  3^'^'  ^^^  Ortdgcnoffen  ©})ener  unb  ^orft 
merllic^  jurüdE,  benen  fie  übrigeng  in^altlid^  burc^  ©c^riftreid^tum,  foioie  burd^  bie  ^er« 
Dor^ebung  be«  3"^ibibucllen  unb  ©tl^ifc^en   im  ß^riftentum  näc^ftöertoanbt  fmb.     ©ie*  35 
felbe  Slid^tung  bejeugen  auc^  feine  SSerfuc^e,  bie  bamald  in  ßnglanb  auflomntenbe  Stl^ifc^e 
S3etoegung  (Societies  for  the  reformation  of  manners)  al«  ein  ©urrogat  ber  ber« 
follcnen   tird^lid^en  ©ittenjuc^t  auf   Deutfdbem  SJoben  einzubürgern,     i^eröorragenber  fmb 
feine  SSerbienfte  um  bie  SBiffenfc^aft;  aud^  biefe  allerbing«  mel^r  anregenber  unb  förbem* 
ber,  al«  j)robuftit)er  3lrt.    ©4>on  bom  ®^mnafium  j^er  mit  orientalifc^en  ©tubien  emfig  40 
befc^äftigt,  l^at  er  benfelben  ein  bleibenbe«  2)enfmal  in  feiner  forgföltigen  3:e|tau«gabe  be« 
8I2:«  (1699,  2.  ai.  1772)  gefegt,  für  ioelc^e   er  unter  Sugrunbclegung   be«  ait^ia^fc^en 
a:ejte«  aufeer  ben  nam^afteften  älteren  3)rudEen  aud^  mel^^rere,  namentlic^^  Serliner  unb 
3)effauer  $anbfd^riften   neu  loHationiert   l^at.    3)iefelbe  ift   bon  bauember  Sebeutung 
namentlich  baburd(^  getoorben,  bag  fte  Don  3.  ^.  üRic^elii^  feiner  belannten  ^mmentar«  45 
bibel  JU  ©runbe  gelegt  loorben  ift.    3)urd^  feine  gnteröention  h)urbe  ßifenmenger«  ent- 
becfte«  3ubcntum  (f.  9b  V,  ©.  276,64)  an«  Sic^  geförbert;   auf  feine  aSeranlaflung  bie 
99erliner  9lu«gabe  be«  bab^lonifd^en  ^Imub  gebructt     %$on  a})ologetifd^er  3)ebeutung 
ift  feine  loteinifc^e  Bearbeitung  bon  SSentle^«  c^onfutation  of  atheisme  (Berlin  1696); 
bon  lirc^enl^iftorifc^er  9Bid^tigteit   feine  historia  consensus   Sendomiriensis,  Berol.  so 
1731,  foh)ie  bie  3i)enffc^rif t,  toeld^e  er  unter  bem3^itel:  jura  et  libertates  dissidentium 
in  regno  Poloniae  1708   ju  Berlin  brudten  lie^    ©ein  3"tereffe  für  bie  gortbilbung 
ber  tlj^eologifc^en  Äanbibaten  legte  bie  erften  ^unbamente  ber  ©inric^tung,  au^  h>elc^er  ba« 
3)omfanbibatenftift  ju  Berlin  ftd^  l^erau^ntloWelt  f)at    ©c^on    im  ga^re  1706   ^at  bie 
Uniberfität  Djforb   feine  mannigfaltigen  Berbienfte  burcb   Srteilung   be«    t^eologifc^en  55 
3)oItorgrabeg  geehrt;   bai^eim  tourbe  er  1718  jum  Äonftftorialrat,  1729  jum  Äir^enrat 
ernannt,    auf  eine  im  ®eft)räd^  jtoifc^cn  i^m  unb  ber  geiftboUcn  Jürftin  ©ot)^ie  6l^ar* 
lotte  gefallene  Slnregung  ber  le^teren,    toetc^e  3-   ^^  2eibni|  übermittelte,  gelj^t   le^tlid^ 
auc^  bie  ©tiftung  ber  Berliner  afabemie  ber  SBJiffenfd^aften  jurüdE;   unb   eg  totrb  nic^t 
blü|  bcr  einfluft  bon  ßeibni^  getoefen  fein,  toelc^er  in  ben  ©tiftung*ricf  berfelben  bom  go 

mol^dntrtnopmt  far  X^ologie  unb  tHxdtt,   8.  a.  Vill.  33 


514  ^MotidK  ^teii 

11.  3uli  1700  jenen  mcrftüürbigen  ^HJafjuö  gebracht  ^at,  bcr  unter  bie  Dbjelte  i^rer 
Sefd^äftigung  auä)  bie  SSerbreitung  be^  d^riftli^en  @[auben$  unb  bte  au^länbtfc^en  ^tf- 
fionen  einreibt.  9?eben  Seibni^  ate  ^räfibenten  fungierte  bei  ber  Eröffnung  biefer  ge* 
lehrten  ©ocietät  3-  <Jl^  SBijejjräftbent  unb  ®ireftor  ber  })^iIoIogif4^4iftorif(^en  Älaffe ;  fein 

6  älterer  Sruber  ^o^^*««  2^eobor  g.  (geb.  1654,  ein  $oI^I[>iftor,  bon  bem  \mx  ein  ofl- 
gemeine^  Sejifon  ber  Äünfte  unb  aBiffenfd^aften,  2.  Slufl.,  Äönig^berg  1748,  befi|en,  unb 
befjen  9tlabemieberi(^te  an  Seibni^  au«  ben  9;ftl^ren  1700— 1715  91.  §amad [33erltn  1897] 
l^erau^gegeben  f)at)  toax  jum  ftänbigen  ©ehetär  befteHt.  gm  ^Qi)xz  1733  beftieg  2).  S.  3 
felbft  ben  ^räfibentenftui^l.    2öie  er  am  itage  ber  Äönig^Irönung  ^iebric^  I.  ju  Äönig^ 

loberg  bie  ^ycftjjrebigt  im  S)om  ju  33erRn  (über  5Pf  89,21f.)  gehalten,  fo  h)ar  e«  bem 
80  jährigen  ©reife  nod^  bergönnt,  am  21.  guK  1740  bie  §ulbigungiJ})r^igt  für  ilönig 
gfriebric^II.  (über  lRglO,9)  ju  galten,  am  25.9Rail741  tft  er  geftorben.  —  SWic^t  un^ 
rül^mlic^  fe^te,  hjenigften«  ingelei^erSejie^ung,  2).  @.  3-^  Bof)x\,  ^aul  ßmft  gö^Ion^fi, 
bie  Seftrebungen  feine«  SBaterig  fort,  ©cboren  ju  Serlin  1693  unb  au«  bem  i^farramt  in« 

16  afabemifd^e  Se^ramt  übergetreten,  ftarb  er  al«  ^rofeffor  ber  ^l^ilologie  unb  3)^eologie 
ju  granifurt  a.  D.  1757.  33on  feinen  ja^Ireid^en  äb^anblungen  jur  alten  (namentlid^ 
ägi)pti\d)m)  ^lologie  unb  9leligion«gefd9i4>te,  jur  biblifd^en  ßjegefe  unb  Äird^engefcbid^^te 
^at  3-  ®-  te  SBater  eine  ©ammlung  beranftaltet,  hjeld^e  in  4  Sönben  ju  Serben  i804 
bi«  1813  erfc^ienen,  unb  in  beren  Sonebe  (I,  p.  VII  sqq.)  ba«   biogra}3l(|ifc^c  3Rateria( 

:o  über  il^n  au«fü^rlicl^  mitgeteilt  ift.  ^ait(  ^(einert. 

3fac^iit  ntib  9}oo«  f.  Xem))el. 

3lacobenit«  f.  gafob  bon  9Kie«. 

SncoH   Suftu«  Subtoig,    geft.  1888.  —    3.  Sacobi,  D.  3.  2.  Sacobi  unb  Me 
Jßermiltelunflöl^eologie  feiner  Beit,  ®üt!)a  1889. 

26  D.  3wpw^  Subtoig  3öcobi  tourbe  am  12.  3luguft  1815  gu  33urg,  in  ber  ^robin^ 
©a^fen,  geboren.  9luf  bem  3^^in^^tl^öW^  ®^mnaftum  in  Serlin  legte  er  unter 
HReinedfe«  Seitung  ben  ®runb  ju  feiner  tüchtigen  })l[|ilologifc^en  Silbung.  SKit  19  ^af)xm 
ging  er  nad)  öafie,  um  Ideologie  ju  ftubieren;  allein  bereit«  nac^  einem  '^af^xt  fiebelte 
er   tDieber   nad^  Serlin    über.    §ier  toie«  \\^n  äuguft  9leanber  auf  ba«  ©tubium   ber 

£0  .ttird^engefd^ic^te  unb  jpg  i^n  balb  in  ben  jüngeren  55teunbe«lrei«,  toel^^er  um  ben  geliebten 
fie^rer  [xd)  fd^arte.  SßJä^renb  er  bon  bem  frommen  Soron  b.  Äottloi^  tiefgel^enbe  Sln= 
regungen  für  fein  reltgiöfe«  unb  fittlic^i'««  i-'eben  cnitjfing,  beeinflußte  Sleanber  feinen  tl^eo= 
logifd^en  Silbung«gang  unb  feine  miffenfcfinftUd^c  'JJkt^obe.  SSon  i^m  entnahm  er  bie 
geidfinung  bc«  d^riftli^en  Seben«  unb  ber  (Jin^cI)ierfL>nti(iifcitcn  in  ber  ©efd^id^te,  tuä^renb 

36  bie  Seue^ung  auf  bie  ©efamt^it,  auf  bie  Äird^e,  nie^r  juntdtrat.  33on  i^m  entlelj^nte  er 
bie  3^eilung  in  ®ef(^i(^te,  Seben,  Scbre,  2.^erfaf|un^  bcr  einjctuen  5ßerioben ;  in  ber  S)ogmen' 
gefc^id^te  bie  3h)riteilung  in  bie  mebi^  biogra^lnfc^e  Sli^ierung  unb  in  bie  £el;rbegriffe. 
6ine  getoiffe  Unüberficbtlic^feit  unb  3l^ic>a!n>Iitngm  finb  hk  unbermeiblic^en  folgen.  2)er 
gel^ler  l^ing   mit  ber  objeltibierenbm,   inbiiubualificrcnbeii   93e^anblung  be«  Stoffe«   ju- 

40  fammen.  ?0Jit  bem  Seigrer  mtlxd)  teilt  ^acobx  ba«  teleologif(^e  SRoment  in  ber  ©efd^icbt«^ 
barfteHung :  S)er  3Kenfd;  ift  SBcdtjeug  in  ber  §anb  eine«  t)on  6h>igleit  j^er  leitenbcn  ^at- 
fd^luffe«.  Unb  biefc  göttlid^e  fieitung  ^t  in  ber  ßeit  fieben,  Äraft,  nic^^t  fie^re,  in  bie 
SÖelt  l^ineingegeben,  um  ein  ®ott  gemäße«  Sieben  ju  erzeugen. 

3m  ©inne  9Jeanber«   bejubelte  3flcobi  bereit«  1842   bie  Se^re  be«  ^^elagiu«  (ein 

46  Seitrag  ^ur  3)ogmengef(^id^te,  2eit)^tg,  %x.  gleifd^er).  ßr  fteHt  [xö^  barin  auf  3luguftinu« 
©tanb))unft,  melc^r  f>on  ^aulu«  bi«  auf  £utl(^  bie  ©ünbe  am  tiefften  erfaßt  l^abe.  %6n 
unb  über  SJeanber«  SBäeife  ^inau«gel^enb,  ift  bie  ßinbejiel^ung  ber  fulturl^iftorifc^^en  ®e= 
ricbt«punfte,  toelc^e  be«  britifc^en  HRönc^l«  auftreten  mitbeleuc^ten.  „^elagiu«  l^tte  eine 
aSJaffe  in  bie  $anb  genommen,  beren  jerftörenbe  ©emalt  er  nic^t  a^nte.    SBir  ^ben  ge= 

60  feben,  \o'xc  fte  am  Umftur)  aQe«  ^ofttiben  im  6l[>riftentum  i^re  3Rac^t  erprobte  unb  tvcx 
mbd)U  be^aut)ten,  baß  bereit«  alle  SSäirhmgen  berfelben  erfc^öpft  feien?"  2Rit  biefer  grage 
fd;ließt  ba«  Suc^^. 

einer  Äontroberfe  mit  ß.  ä.  2)aniel   in  ^aHe  entfjjrang   bie  ©d^rift:   Äird^lic^e 
Se^re  bon  ber  Xrabition  unb  ^eiligen  ©d^rift  in  t^rer  @nth)idEelung.    1.  9lbt.  Serlin,  bei 

66  Süberi^  47.  9Jad^bem  im  erften  2;eil  ba«  t^ufe^itifc^e  3*^tttergefd)öt)f  ^loifc^  93ibel  unb 
2;rabition,  Jpeld^e«  bie  „Äontroberfen"  SDaniet«  an«  2id(^t  gebradjft  ^aUn,  gebül^renb 
beleuchtet  ift,  folgt  eine  fe^r  grünblid^e  SarfteQung  ber  Seigre  bi«  auf  ev))rian  unb 
Drigene«. 


Sntohi  515 

3n  bcmjclben  3öi&wl847  jum  aufeerorbcntfid^en  ^rofcjfor  in  Serlin  ernannt,  fd^rieb 
er  unter  bcn  SBirren  ber  9let)oIutionö3eit  fein  „2ei;rbu(^  ber  Äirc^cngefc^icl^te".  2lu«  ber 
9(rena  ber  ^ge^fragen  flüchteten  ftd^  bie  einftc^t^t^oQen  ^ocenten  in  bod  Heiligtum  ber 
2Biffenf4aft,  emtal^nten  bie  ©tubierenben  jur  Sefonnen^eit  unb  jum  toeltübertoinbenben 
'äKut.  Äein  ©eringerer  ate  Irenbelenburg  f}ai  bein  jüngeren  Äoffegen  iamaU  feine  Älor-  r, 
l^eit  unb  21^atfraft  nat^gerül^mt.  N^cps  chg  '^eov  ä'^Xr^rng,  —  fo  fc^Iofe  3ö<^*>^i  b'<^ 
9?orrebe  jum  Sei^rbud^  (erfc^.  Serlin  1850  bei  Süberi^j).  ®ie  SSorjüge  be^felben,  bon 
toelc^em  leiber  nur  ber  erfte  leil  erfd^ienen  ift,  befte^en  bei  affer  Äürje  be«  ^anbbud^«  in 
ber  grünblic^ften  Queffenerfc^Iie^ung,  öerbunben  mit  einer  feinen  Beobachtung  ber  äußeren 
9?erl^ältniffe  cbenfo  loie  ber  inneren  ß^aralterenttoidelung,  gemeffen  an  ber  einigen  ßen^  lo 
trale  bon  ©tinbe  unb  ®nabe.  Stuf  biefem  ©oben  ergebt  ftc^  eine  oft  t)Iaftifc$e  ©Ail- 
berung  ber  einzelnen  ^erfbnlic^feiten  (bol.  g.  93.  bie  be«  Xertuffian)  toie  be«  c^riftlicpen 
Seben«.  2)a^  Gbriftentum  ift  nic^t  ia^  ^robult  geifiiger  SRäc^te  ber  SSorjeit,  h)ie  l^eutc 
affju  einfeitig  be9ai4)tet  toirb,  fonbem  ein  35Junber,  toelc^e^  mit  fcl^öt)ferifcl^er  unb  Der* 
jüngenber  Äraft  auf  bie  5Kenfcl^^eit  toirlt  15 

3Rit  Slcanber^  1850  erfolgtem  2;obe  ergab  pd^  für  bie  ^jjietät  feiner  ©dbüler  bieätuf« 
gäbe,  feinen  Ktterarifc^en  5fla$la^  l[>erau§juaeben,  —  eine  meift  unbanfbare  £iebe*= 
t)fli(^t.  Über  ber  §erau§gabe  ber  SDogmengefd^id^te  (Serlin,  SBieganb  unb  ©rieben  1857, 
2  3:1^.),  in  beren  Slnmerfungen  Diel  eigene  3"^^^^  f^^*»  Uerfäumte  ^acobx  bie  Bearbei- 
tung be«  jtoeiten  3:eite  feiner  Äirc^engefd^id^te.  Süßere  fieben^umflänbe  famen  ^inju.  3)er  20 
5Winifter  berief  il^n  1851  auf  ben  Borfd^lag  ber  ^fultät  an  Sel^nertö  ©tatt  nac^  Äönig«* 
berg.  igier  ertDedfte  er  nic^t  nur  ein  regere«  toiffenfc^aftlic^e«  Seben,  fonbem  er  na^m 
aud^  an  ben  fird(^li(^en  ^J^agen  unb  ben  })raftifd^en  Slufgaben  ber  ^aftoren  in  ber  ^robinj 
auf  i^ren  Äonferenjen  lebl^aften  Anteil.  SlDerbing«  geriet  er  babei  fÄon  l^ier  in  ©egenfa^ 
ju  ber  fonfeffioneffen  Partei.  —  Älima  unb  Äranifl^eit  im  $aufe  i^ie^en  il[>n  fe^nfüt^tig  25 
nac^  $affe  au«fc^auen.  Wo  burc^  2:^110«  2:ob  ber  Se^rftu^l  für  Äirc^engefc^id^te  erlebigt 
toar.  Ungeachtet  ftarler  ©egenminen,  burd^  toelc^e  bie  ^engftenbergifc^e  Partei  feine  33e^ 
rufung  ju  öerl^inbem  beftrebt  toar,  gelang  e«  namentlich  bem  ®eneralfut)crintenbenten 
§offmann,  ben  Äönig  ^ebric^  SBil^elm  IV.  für  ben  union^frcunblic^en  Äönigeberger  2)o- 
centen  günftig  ju  ftimmen.  35urc^  einen  3j»nmebiatbefel^l  an  ben  9Kinifter  bon  Slaumer  90 
erfolgte  ber  3tuf  nad^  ^aU^  1855. 

Sin  biefem  ^xd  feiner  SBünfc^e  toar  e«  ^acoix  vergönnt,  ein  HRenfc^enalter  l^inburd^ 
DU  birfen.  Xeuer  toar  il^m  bie  ©emeinfc^aft  ber  älteren  Äoffegen  iboludt,  3Küffer, 
6u})felb,  JDeld^e  er  antraf.  9lid^t  toeniger  l^crjlid^  gcftalteten  pd^  bie  Regierungen  ju 
bem  !5w9<^nbfreunb  ©cblottmann  unb  ju  Se^f^^lag,  toelc^e  bome^mlic^  auf  feinen  J^or=  sr» 
fd)lag  berufen  tourben.  ^ad  corpus  academicum  bilbete  über^au))t  ein  gefd(^lo|fene« 
©anje«,  ungead(^tet  ber  ©elbftänbigfeit  be«  ßingelnen,  toa«  für  bie  33oten  ber  ^^fultät 
5.  8.  in  ber  ©^boh)fd^en  unb  SiSemerfc^en  Slngelegenl^eit  in  bie  SBagfd^ale  fällt,  äte 
langjäl^riger  ^räfed  ber  ^rüfung^fommiffion  für  bie  Äanbibaten  unb  auf  bie  JWec^te  ber 
galultöt  an  ba«  erfte  t^eologifc^e  ßjamen  eiferfüc^tig  bebac^t,  ^at  er  mand^en  Sampf  40 
mit  ben  firc^lic^en  Bel^örben  au^gefodfiten.  211«  Vertreter  ber  SSermittelung^t^eologie  unb 
al«  toarmer  Sln^änger  ber  Union  im  ©inne  ber  älteren  §affenfer  JRid^tung  fehlte  c«  nic^t 
an  3lu«einanberfe^ungen  mit  ber  fonfeffioneffen  Partei,  fpejieff  ber  ©nabauer  Äonferenj; 
bod^  i}at  er  ben  toarmen,  energifc^  d^riftlic^en  ©eift  ber  ©egner  anerfannt.  ^fyn  felbft 
toar  e«  bergönnt,  burcb  bie  ©rünbung  be«  ^aü^d^m  2)iafoniffenl^aufe«  für  bie  ^robinj  45 
©acMen  in  ©emeinfc^aft  mit  ber  ^au  Satin  I^oludE  fic^  j)raftifdt^  an  bcn  2iebe«h)er!en 
ber  5tird^e  gu  beteiligen. 

SRac^bem  er  bereit«  früher  mit  ben  bon  bem  Herausgeber,  bem  Äarbinal  ^ietra,  bem 
•Öilariu«  bon  ^oitier«  jugefd^riebenen,  bon  i^m  aber  al«  lateinifd^e  Überfefeung  ber  Kommentare 
be«  3^l^eobor  bon  3Ro^fueftia  erlannten  ©c^riften  eine  glüdftid^e  ©ntbeciung  ^emac^t  unb  in  «> 
ber  ®eutfd^.  3^f^^^-  ^^^  ^854  fohjie  in  ^affefc^en  Dfterjjrogrammen  feinen  gwnb  ber« 
öffentlid^t  $atte;  unb  ebenfo  gegen  bie  Seigre  ber  grtoingiten  (SSerlin  2.  3lufl.  1868  bei 
SBieganb  unb  ©rieben)  eine  nod^  jefet  fe^r  brauchbare  SBiberlegung  l^atte  ^erauSgei^en 
laffen:  toibmete  er  feine  Slufmerffamfeit  al«  Äirc^enl^iftorifer  infonber^it  ben  aggrefftben 
S3ehjegungen  ber  römifd^en  Äurie,  h>elc^e  bon  bemÄongil  bon  1870  i^renSlnfang  nal^men  66 
unb  im  fogenannten  Äulturlann^fe  bie  ebangelifd^  Äird^e  unb  2:l(ieologie  bebro^ten.  gtir 
ben  bon  SÖinbt^orft  angegriffenen  ^eunb  trat  er  mit  ber  ©c^rif t  „^rofeffor  ©cblottmann, 
2)ie  $affefd^e  JJalultät  unb  bie  6entrum«t)artei  (2.  berfd^ärfte  aufläge  bei  ©trien,  $affe 
1882)  ein.  311«  e«  fid;  um  ©rünbung  einer  freien  fat^olifd^en  Uniberfität  ^anbelte,  loarf  er 
feine  ,,©trciflid;tcr  auf  Sieligion,  5ßolitiI  unb  Uniberfitäten  ber  6entrum«J)artei"  (ebb.  188:})  c/) 

3:3* 


516  ^coit  d<ico)iotte  ba  tohi 

unter    bem   berühmt   gciüorbcnen  3Rotto:    IIqoo^e  Xewv,    öm&evdk  dgdxwv,  jueooj] 

iReben  ber  fd^arfen  unb  bmnod^  geredeten  ^olemif  bwd^tc  bcr  fiebcn^abcnb  jtoci 
fc^önc  ©d^riften,  in  meieren  er  ben  Sel^rern  ber  Swöcnb  Äolth)i|  (ebenb.  1882)  unb 
5  9leanber  (in  bemfelben  ^oijxz  a.  a.  D.)  ein  3)entmal  ber  ^ietät  \^k. 

©eiber  geel^  unb  geliebt  um  feineiS  cmften  ß^ftentum^  bitten  tjon  ben  ©einen 
toie  tjon  einem  großen  ©^ülerlrei«  ift  er  am  31.  9Wai  1888  nad)  fc^toeren,  ^elbenmütig 
getragenen  Seiben  heimgegangen.  3acofit« 


3^aco)lonc  t>a  lobt,   geft.   1306.  —  O.ucllen:  Liber  conformitÄtum  beö  Bartholo- 

10  niaeiis  de  Pisis  ed.  MedioloD,  1510  p.  GOb,  Laude  di  Frate  Jacopone  da  Todi  ed.  Fran- 
cesco Boiiaccorsi,  Firenze  Sept.  1490;  Wadding,  Annales  Minorum  ed.  Rom.  1733,  tom.  V, 
p.  407  ff.,  VI,  P.77ff.  —  ^o^nite,  Äirc^cn-  unb  littcrnrftiftorifdic  ©tubien,  Strolfunb  1825, 
I,  @.  335  ff.;  Lisco,  Stabat  mater,  ^^mnuS  auf  bic  ©imetjen  ber  ^oria,  Berlin  1843; 
Daniel,  Thesaurus  hymnologicus,   1844,  II,   p.  131  ff.;    ^one,   fiatcinifcfte  4)t)nincn,  5rei* 

15  bürg  i.  SJr.  1854,  II,  147  ff. ;  Ojanam,  StalieuS  granjlSfancrbicfttcr  im  13.  gaör^iunbert, 
beutfdj  uon  SuHu«.  SRünftcr  1853;  ©öt|mcr,  9?omanif4c  ©tubicn,  @tra6burg  I,  123  ff.; 
®röbcr,  3citfct)r.  f.  rom.  ^^ilologic,  II,  25 ff.;  ^cnrij  X^obe,  Sranj  u.  ^Ifpfi  unb  bic  ^n« 
fange  ber  9?cnalffancc  in  Stallen,  »crlln  1885,  408  ff. 

1.  ©ein  lÖeben^gang.    3aco})one  ftammte  au^bem  abeligen  (Sefd^lec^te  ber  Se^ 

20  nebetti  ober  33enebettoni  unb  ift  um  1240  ju  2^obi  geboren,  ©ein  eigentlid^er  9lame  ift 
bemnad^  ^acopo  be  Senebetti,  Jacobus  de  Benedictis,  ober  3flco})o  ba  3:obt,  Tuder- 
tinus.  ^er  ^od^begabte  Süngling  toibmete  fid^  ber  3uriö})rubenj  unb  arbeitete  fic^  rato 
in  alle  3:eile  be«  bürgerlichen  ^lecbtö  ein,  fo  bafe  er  ben  ®rab  eine«  33oftor«  beiber  Slecpte 
crtparb.    daneben  ^atte  er  eine  (türmifd^e  3"Ö^^f  ^^^  P^  i"  33ologna  an  ber  ZaQt^- 

26  orbnung  Wax.  9la4bem  er  fic^  in  feiner  SSoterftabt  aU  9ted^t«gelel^rter  niebergelaffen 
l^atte,  gemann  er  rafc^  großen  ^ulanl  3)a«  28eltglücf  begünftigte  i^n  aud^  bann,  ba^ 
er  eine  burc^  ©c^ön^eit,  eble  (Seburt  unb  2ugenb  au^gejeitpnete  (Sattin  —  üermutlic^ 
au«  feiner  35aterftabt  —  gewann.  3)oc^  mar  bie  Irunlen^eit  ber  SBelt  toon  lur^er  3)auer. 
3m  Saläre  1268  gefd^al^  e«,  ba^  bie  (Sema^lin  be  Senebetti«  bei  einem  ©d^aufj)iele  fid^ 

30  einfanb.  3!)a«  ®erüft,  auf  meld^em  bie  SJamen  fafeen,  brad^  aufammen  unb  :3acojf>o« 
©attin  n>arb  toon  ben  3:rümmem  getroffen,  ©terbenb  unb  ber  ^j)rad^e  nid^t  me^r  fäj^ig 
tourbe  fie  ^erDorgejogen,  toö^renb  ber  (Satte  otemlo«  l^eranftürjte.  SBie  er  nun  bemüht 
mar,  i^r  bie  Äleiber  ju  lodEem,  um  i^r  ba«  atmen  ^u  erleid^tern,  entbedfte  er  unter  ben 
})räc^tigen  Äleibem  ein  l^ärene«  ©etoanb,  meldte«  fie  ju  i^rer  Äafteiung  getragen  ^atte, 

36  o^ne  ba^  er«  al^nte.  ©o  ftarb  fie  unter  feinen  §änben.  ?i^co})o  mar  mie  toom  ©d^lag 
gerührt;  er  gitterte,  mie  er  felbft  berichtet,  megen  feine«  toerlei^rten  geben«;  unb  ber  ©e^ 
banle  übermältigte  i^n,  mie  biefe«  treue  fromme  ®eib  in  ber  ©ttDe  toor  ©ott  in  fteter 
33u^e  gelebt  unb  nur  il^m  julieb  an  ben  Suftbarleiten  ber  SBelt  Slnteil  genommen  l^atte. 
3acoj)o  befc^lo^  auf  alle«  ju  toerjic^ten,  ma«  il^m  juöor  grofe  unb  j^errlidf^  erfc^ienen  mar. 

40  9lad[!  einigen  iagen  ber  83etäubung  legte  er  feine  ©efd^äfte  nieber,  verteilte  feine  J^abe 
ben  ätrmen  unb  trat  unter  bie  Xertiorier  be«  ^an}i«tu«  Don  ätfftft  ein.  2)er  britte 
Drben  be«  ^eil.  granjic^Iu«  (pQl  33b  VI  ©.  217,»)  liefe  feinen  SKitgliebem  bie  grofete 
grei^eit,  nac^  eigenem  ©efd^madf  Der  SSJelt  abjufterben  unb  G^rifto  ju  bienen.  Sei  ^a- 
co))o  aber  mar«  ein  magrer  ^anati«mu«  ber  3ÜdU  unb  ©elbfttoerad^tung  bi«  gur  äufeerften 

46  ©ren^e  menjc^lic^en  Slnftanbe«.  Qx  moUte  buc^ftäblic^en  6mft  mad^en  mit  jener  3:^or- 
beit,  tjon  mel4;er  bie  ©dj^ft  1  Äo  1,  20—29  rebet.  (S«  mar  bie  SWeaftion  gegen  feine 
frühere  SBeltfeligfeit.  3^^^^^^i^"  öi"Ö  ^^m  Wann  au«  bem  SJÖege,  mand^e  betreten  über 
ben  SKet^fel  fol^  glänjaiben  Sofe«,  anbere  läd^elnb  über  feine  munberlid^c  9larrl^eit.  älber 
menn  er  ein  ©J)ott  ber  fieute  unb  ein  ©l)iel  ber  Äinber  mar  unb  fie  il^n  Sacojjone,  ben 

60  „großen  gafob",  ben  Slarren  nannten,  fo  redjinete  er  fid^  ben  ©))ottnamen  jur  ßl^re  an 
unb  bel^ielt  i^n  fernerhin  bei.  —  ^d)n  ^Qi}xt  lang  l^atte  er  fo  gelebt,  al«  ein  (Sefü^l 
ber  ©efa^ren  biefe«  toerleugnung«reid^en,  aber  bod^  jud^ts  unb  regellofen  Seben«  i^n  nad^ 
einem  fefteren  J^alt  fic^  umfe^en  l^iefe.  6r  Ho})fte  1278  an  bie  Älofter^jforten,  um  fi^rmlic^ 
in  ben  Sfjerbanb  ber  „SWinberen  Srüber"  aufgenommen  ju  merben.    allein  bie  toerrüdften 

56  ^anblungen  3aco})one«  machten  bie  Oberen  bebenllic^,  ob  fie  bie  $}erantmortung  für  ein 
f olc^e«  SWitglieb  auf  fic^  nehmen  fönnten :  fie  toertröfteten  il^n  toon  einem  %aq  ^um  anbem. 
Sa  legte  er  ibnen,  mie  3Babbing  fic^  au«brüd(t,  libellum  brevemque  commentarium 
de  mundi  contemtu  toor,  morau«  fie  fid^  übergeugten,  bafe  fie  e«  mit  einem  geiftgefalbten 
Änec^t  ©otte«  m  t^un  Ratten.    33ie  alten  Duellen  t)ermuten,  jener  commentarius  ^be 

w  in  ben  beiben  ©efängen  beftanben :   Cur  mundus  militat  unb   Udite  nova  pazzia. 


3^co)iotte  ha  Sobi  517 

3n  bcibm  Stcbcrn  tritt  bic  aSJdttocrac^tung  in  büftcm  färben  unb  ßro^cr  (gnctflic  l^crtjor; 
aber  burc^  bie  J^üIIe  bc^  SDlönd^ebanfen^  brid^t  ein  geiftiöer  ©(^toung,  bcnt  toir  unfcre 
t)one  Setounberung  toeil^cn.  —  Slud^  je^t  nod)  liefe  3laco})one  nic^t  toon  feinem  ejcentri^ 
fd^en  ®efen.  3)oc^  toaren  e^  nun  toerfd^iebene  Slic^tungen,  toeld^e  feinen  Seift  kräftiger 
in  Slnftoruc^  nahmen.  3Sor  attem  l^iefe  er  bie  ^ffid^t  miulommen,  bie  geringften  älrbeiten  6 
im  ©eporfam  audjufül^ren  unb  baburc^  feinen  ^oc^mut  ju  beugen.  Sobann  reifte  immer 
t)otter  feine  Siebe  ju  bem  §erm  3efu.  SBaren  auc^  mi  nod^  bie  3^^^"  berfelben  oft* 
mafö  tounberlic^  genug,  fo  erfd^ien  er  ben  milber  3)enfenben  alg  spiritu  ebrius;  unb 
mochten  anbere  ed  mand^mal  nid^t  faffen,  h)ie  er  brausen  in  äßalb  unb  ^lur  in  ^eiliger 
Snbrunft  unb  ^falmen  fmgenb  Säume  umfdblang  mit  bem  9lufe:  O  Jesu  dulcis,  lo 
o  Jesu  suavis,  o  Jesu  amantissime!  fo  blid^t  bod^  bie  füfeefte  unb  ^eiligfte  Raffung 
bed  ®emüt^  und  entgegen  aud  jener  d^afteriftifd^en  ©efc^id^te,  tpeld^e  Sßabbing  berid^tet: 
rogatus  aliquando  a  fratre  quid  adeo  lacrymaretur,  respondit,  id  se  eo  facere 
quod  amor  non  amaretur.  ®ä^renb  Qacojjone  fid^  fo  in  bie  3:iefen  c^fÜic^er  Siebe 
t)erfenfte,  riffen  i^n  bie  3ritt)erl^ältniffe  in  ben  gonjen  Sturm  be«  })oKtifd^en  Sebend  hinein.  15 
S)ie  SBaJ^rJ^eitdliebe  eine«  3Ranne«,  toelc^er  bi«  je^t  fc^on  bie  i^or^eiten  ber  SD5elt  in 
feinen  Satiren  gegeißelt  l^atte,  fonnte  an  ben  SRifebräuc^en  ber  Äird^e  nid^t  ftitte  toortiber^ 
gelten.  Wandle«  (Sebid^t  bott  bitteren  6mfte«  l^at  er  in  ben  Sagen  toon  ^ojjft  ßöleftin  V. 
1294  unb  »onifaciu«  VIII.  1294—1303  in  bie  SBelt  gefd^Ieubert.  ©a  er  ben  le^teren 
nic^t  nur  ))erföntid^  angriff,  fonbem  auc^  im  3Rai  1297  in  ba«  Sünbnid  ber  römifc^en  20 
(Srofeeh  eintrat,  toelc^e  bie  älbfefeung  be«  ^atoftcd  bejtoedften,  geriet  er  in  ben  Jtird^enbann. 
aw  »onifaj  VIII.  bie  Stabt  $ränefte,  too^in  ftc^  bie  SBerbünbeten  geflüchtet  l^atten,  im 
Sej)tember  1298  eroberte,  ^atte  aud^  %ta  ^acopom  feine  Saft  ju  tragen.  6r  tourbe  in 
ein  fc^redflic^e«  ®eft)a^rfam  gebrad^t,  too  er  mit  Strirfen  gebunben  bei  SBaffer  unb  ©rot 
fein  Seben  frijtete.  ®en  „alten  Sötoen"  fonnte  tool^I  lein  Seib  treffen,  ba«  er  fic^  nid^t  25 
felbft  getoünfd^t  ^ätte;  aber  er  trug  bod^  mit  ber  Mi  fd^toer  baran.  ßin  eth)a«  an* 
\pxviißt>oü^  ©ebic^t  an  ben  $a))ft  l^atte  leinen  SrfoTg.  äßeber  ba«  ^ubelja^r  1300  nod^ 
eine  bemütigere  ^oetifd^e  (Eingabe  mad^te  SinbrudE  auf  ben  garten  3)lann.  ®rft  ber  %oi 
bc«  $aj)fted  im  Dftober  1303  brad^te  bem  bitter  ©eftraften  feine  bürgerlid^e  unb  lird^^Kc^e 
^reil^eit.  Slm  23.3)ejember  tourbe  er  bom  ^a:p\i  93enebiftXI.  lo^egeben  unb  öerbrac^te  30 
nun  feine  lefeten  ^a\)x^  im  Älofter  ju  (Sottajone,  toon  Sel^nfud^t  nadp  feinem  ^cttn  toer* 
je^rt,  toon  allen  meit^in  geachtet  unb  in  ^enlic^er  ^eunbfc^aft  mit  einem  33ruber  ®ios 
\>ann\  be  älüemia  befonberd  t)erbunben,  ber  t|n  au^  in  feinen  legten  Stunben  nod^  er« 
quidfte.  gn  ber  ^eil.  9lad^t  be«  ^a\^^  1306  ift  er  entfd^Iafen.  Sein  eigene«  Sieb :  Oiesu 
nostra  fidanza  War  fein  3:roJt  in  biefen  Stunben  unb  ba«  le^te  SBort  feine«  5Kunbe«  35 
lautete:  „^n  beine  §änbe  befel^le  id^  meinen  ®eift!" 

2.  Seine  litterarifd^en  ©rjeugniffe.  lieffinnige  Sentenjen  be«  c^rtoürbigen 
*]Kanne«  ^aben  ftc^  im  ^anji«fanerorben  t)iele  fortgeerbt.  3)a«  frü^efte  unb  autl^entifc^e 
3)enlmal  berfelben  ift  in  bem  Liber  conformitatum  t)on  33art^olomäu«  be  ^ifa  ju 
finben.  3)ie  in  fe^r  ungelünfteltem  9)fön4l«latein  gegebenen  2luf jeid^nungen :  quomodo  40 
homo  potest  scire,  quod  sit  in  charitate?  de  humilitate,  de  triplici  animae 
statu  u.  bgl.  erinnern  Dielfad^  an  ^oma«  a  5tem))i«,  tragen  aber  aud^  Dollftänbig  ba« 
®ej)räge  be«  ^anji«faner«.  §aben  folc^e  2Jlebitationen  innerl^alb  be«  Drben«  il^ren  banfc 
baren  Soben  gefunben,  fo  finb  feine  ^oeften  m  einem  toiel  größeren  Ärei«  toon  Sere^rem 
toorgebrungen.  2laco^one  bic^tete  in  italienifcper  unb  lateinifAer  S^rac^e.  3)ie  toerfd^ie«  46 
benen  Sammlungen  entl^alten  mebr  ober  toeniger  italienifd^e^oefien;  bie  Florentiner  toon 
Sonaccorft  1490  giebt  100,  bie  Senetianifd^e  t)on  Ireffati  1614  giebt  ni^t  toeniger  al« 
211:  Satiren,  Oben,  Sufeefänge,  geiftlic^e  Siebe«lieber  u.  bgl.  3n  einer  Sleil^e  biefer 
®ebid^te  toertieft  er  ftd^  in  bie  ^fragen  d^riftlid^er  ^RttopMt  unb  ftettt  fid^  al«  ai^ftifer 
in  ®egenfafe  m  ber  ariftotelifc^en  Sß^ilofo))l^ie  unb  ber  fdjolaftifc^en  ll^eologie:  „bie  ed^te  w 
SD5ei«^eit  belehrt  bie  9)Jenfc^en  burt^  bie  Siebe.  —  3h>ei  ^lügel  l^at  bie  Seele,  p^  ju 
®ott  gu  ergeben :  bie  (ginfalt  be«  ^erjen«  unb  bie  SReinbett  be«  Serftanbe«".  So  feiert 
er  benn  balb  ben  erhabenen  Sc^toung  ber  Seele  m  ®ott  unb  il^re  Sermäblung  mit  ber 
göttlid^en  Siebe,  balb  erjäl^lt  er  toertraulid^  ben  mmp^  ^toifd^en  bem  bußfertigen  ®eifte 
unb  bem  fid^  unter  ber  Sflutl^e  bäumenben  Seib,  balb  fc^tlbert  er  ftnnreid^  ben  Sd^murf  55 
ber  Seele  bei  ben  geften  be«  ^arabiefe«.  ^n  anberen  ®ebid^ten  geißelt  er  mit  l^eiligem 
@mft  unb  l^öd^ftem  fittlic^en  5Pat^o«  bie  Stäben  ber  ^Ai :  bie  ®etoo^n^eiten  be«  SoH«, 
bie  ÜW)igIeit  ber  ^auen,  bie  ®eltförmigfeit  ber  9lonnen,  ba«  älntid^riftentum,  hjelc^e« 
ftc^  felbft  auf  ben  j)ät)ftlic^en  Stul^l  gefd^toungen  batte.  ^n  einer  britten  Sleil^e  enblid^ 
bid^tet  er  ®efänge  für  bo«  3SolI,  um  e«  in  ba«  Seben  3efu  an  ben  l^ol^cn  ^eften  einju-  eo 


518  3^co)iottc  ha  Xobt 

fül^reu  uiib  fic  ba^  I;eiliöc  Ücbcn  nad;  ß^rifti  SRegel  ju  Ic^rcii.  .s^icr  lüirb  er  mit  bcn 
©eringen  gering  unb  lel^rt  fic  in  Bptüd^m  unb  Megorien  bic  J^immlijc^c  SBei^l^dt.  „Seme 
au^  bcm  ©taub  ben  (Sbclftcin  jiel^cn,  ani  bcm  9Jarren  bie  Sfeciöl^eit,  au^  bcn  I)omcn 
bic  SRofc."    3lm  l^öd^ftcn  feiert  er  bie  älrmut,  j.  33.  in  bcm  Siebe:  Dolce  amor  di  po- 

6  vertäte  quanto  ti  deggiamo  amare!  SKan  fielet,  toie  l^ier  bie  bibaftijc^c  ^oefie  in  bic 

crl^abcnc  £^ril  jurücfgreift,  Ipclc^c  am  l^öc^ften  in  bcm  auc^  bcm  l^eiligen  ^an^i^tu^  ju- 

gcfd()riebencn  Siebe  l^crau^tritt :  In  foco  amor  mi  mise  —  „in  ®Iut  mic^  Siebe  fenfte". 

©ine  ganj  anbere  ©eitc  ber  Betrachtung  bieten  bic  lateinifd^en  ®cfänge,  toclc^c  unter 

3aco})onc^  9Jamcn  auf  und  gefommen  finb.     3)ie  %xaqc  ber  Slutl^cntic  ift  eine  l)icl 

lü  jd^toicrigere,  afö  bei  ben  ©ebid^ten  in  ber  SBoß^rad^e;  fiefinben  fic^  nic^t  in  benSamm^ 
iungen  feiner  Laude  unb  Gantichi  tmb  teilen  barum  bad  ©d^idtfal  fo  t^ielcr  mittclaltcr:; 
lieber  §^mncn, .  t)ielen  38ätem  fritiHod  jugcfd^rieben  ju  toerben.  äbgefc^cn  toon  Cur 
mundus  militat  (S)aniel  thesaurus  hymnol.  2,  379)  ift  cd  tvefcntlid^  bie  bcrül^mtc 
©equenj:  Stabat  mater  dolorosa,   toelc^e  l^ier  in  93etra(l^t  lommt  unb  neben  meld^cr 

16  bic  §anbf(^riften  bie  fü^efte  ^arobic  entölten,  bie  cd  geben  tann:  Stabat  mater  spe- 
ciosa  juxta  foenum  gaudiosa,  dum  jacebat  parvulus  (t>gl.  Ozanam  I.e.  2 10 ff.). 
Unfer  Sieb,  meift  überfc^rieben  Oratio  de  compassione  beatae  Mariae  virginis,  ift 
jebenfalld  im  grangidfanerorben  ju  J^aufe,  toorauf  tool^l  aud^  bic  ©teile  beutet:  fac  me 
plagis  vulnerari,  cruee  fac  inebriari.    Über  ben  Url^eber  ber  ©cquenj  aber  giebt  cd 

20  eine  Slcil^c  öon  Vermutungen.  Sid  auf  ®regor  bcn  ©rofecn  ^aben  pe  jurüdtgcgriffcn, 
toaä  leiner  SDäiberlegung  tvert  ift;  Seml^arb  mürbe  l^crangejogen,  o^nc  3ln^altdj)unftc ; 
aber  aud;  bic  bei  50lonc  a.  a.  D.  unb  Rod),  itird^enlicb,  3.  Slup.,  ©.  133,  audgefprod^cnc 
8c^auj)tung,  ba^  ^nnoccnj  III.  ber  eigentliche  3)i(i^tcr  fei,  ^at  bid  jeftt  leine  Scgrünbung. 
2)ic   3lngabc  bed  1758  gcftorbcnen  ^Q!p\M  Senebitt  XIV.   (de  festis  D.  N.   Jesu 

26  Christi  etc.,  ©.  192)  bat  nur  bcn  ®crt  einer  S5e]^auj)tung.  SlDerbingd  ift  bad  Sieb  in 
ben  .^anbfd^riftcn  bed  14.  unb  15.  ?i<^^'^unbcrt^  anonym;  bagegen  jiclt  bic  einheitliche 
2^rabition  bc^  g^anjidfanerorbcnö  auf  göco^jone,  ^u  meld^cm  fie  auc^  nac^  i^rem  ganzen 
3nl^altc  ba^t.  3Ran  toirb  alfo,  e^c  fidlere  9Jac^h)cife  für  einen  anbcrcn  33ic^ter  cin^efü^rt 
ipcrbcn,  bei  3i<ico})one  be^ancn  lönnen.   —   3)ie  erfte  ^iftorijd^e  SBirIfamIcit  l^at  bic  ©c= 

30  qucnj  im  3Kunbc  ber  ©eitler  beriefen,  meldte  1398  Litauen  burc^jogen  unb  nad^  ber 
Summa  historialis  bed  Antoninus  Floren tinus  (f  1450)  hymnos  in  latina  vel 
vulgari  lingua  fangen,  praecipue  sequentiam  illam,  quam  dicunt  Gregorium 
edidisse:  Stabat  mater  dolorosa.  6benfo  berid^ten  ®etmar  t)on  Sübedt  unb  ©corg 
©tetta  (t  1420)  in  feinen  ännalen. 

85  ©d^on  im  U.S^I^r^unbert  toar  inbcffen  bic©cqucng  ebenfo  im  lirc^lid^cn  ©ebrauc^c, 
iüic  fic  in  aufeerlird^Iid^en  Äreifen  beliebt  toar.  SSon  beutfc^cn  Überfe^ungen  finbet  fic^; 
m  berfclbcn  3eit  bereit«  toor  bie  be«  ©al^burgcr  SWönd^«  gtoifc^en  1366—1396:  „SWaria 
ftunb  in  ftoinoen  fmerjen";  bann  folgt  eme  um  bie  anbere,  j.  33.  in  bcm  beutfc^cn  ©c- 
fangbüd^lcin  Salus  animae,  9lümbergl503:  „bicSJluter  ftanb  DoQ  Ic^b  unb  fc^merjcn'', 

40  toelc^c  Überfd^ung  an  einem  uralten  Sl^orjtul^I  ber  ^engott^ürc^c  ui  (Ercglingcn  im  toürt^ 
tembergif d^en  §ranlenlanbe  fid^  cbenfaB«  finbet.  Siöco  gä^Itc  im  ^a\)xt  1843  nid^t  toc- 
niger  d«  83  beutfc^c  Übertragungen  auf.  —  ßbenfo  energifd^  ^at  fic^  aud^  bic  mufila- 
lif^c  älrbeit  bcm  gefeierten  Siebe  jugctoenbct.  „9?ac^  toelAer  9Relobic  cinft  bic  ©ci^ck 
brübcrfd^aft  c«  gefungen,  ift  nid^t  belannt.  3)ic  einfad^fte  Äom^)ofition  ift  unfcrc^  aKifjen« 

46  bic  toon  3. 33.9(anini  um  1620.  ©rofeartiger  angelegt  unb  nid^t  nur  bie  erfte  bebcutcnbc 
Äomjjofition  biefe«  3:cjte«,  fonbem  and)  bie  fc^önfte,  toclc^c  überl^auj)t  batjon  ejifticrt,  ift 
bic  tjon  ^alcftrina.  3lllgemein  belannt  ift  bie  toon  ^ergolefe  um  1736  für  jtoci  tociblic^^c 
Stimmen  mit  93egleitung  be«  ©treic^quartett«  gefd^riebene,  in  toeld()cr  aber  bic  3Bcic^l^eit 
bc«  XcEtc«  an  mand^cn  ©teilen  jur  mobem  itolienifd^cn  933eic^Iic^Ieit  getoorben  ift.     3)ic 

60  merttoürbtgc  ©efd()ic^tc  ber  ßntfte^ung  bicfer  SWufil  ift  in  Sll^cintoalb«  iHcpertorium  1843, 
©.  191,  criä^It  (t)gl.  auc^  SDaniel  a.  a.  0.).  9Iid^t  minber  romantifc^,  nur  Diel  bunfler, 
ift  bie  ©cfc^idbte  eine«  anbcm  Jtonü^oniften  Don  Stabat  mater,  @manucl  9lftorga,  um 
1700  (tjgl.  SticI^I,  aRufrf.  (S^ara!terfö})fe  I,  20).  ©ein  noc^  nid^t  fel^r  lange  bcfanntc« 
SBerf  ift  an  ©cift  unb  liefe  bebeutenber,  al«  ba«  öon  $ergolejc.  —  Um  tocrfd^iebenc 

66  anbere  Bearbeitungen  —  öon  SSocd^erini,  9leufomm,  ©tunjenl^afen  —  ju  übergeben,  cr- 
toöi^ncn  toir  nur  noc^,  bafe  aud^  3ofef  ^a^bn  ein  Stabat  mater  gefc^ricbcn,  ba«  aber 
tief  unter  feinen  „©icbcn  SBorten"  fteJ^t,  unb  ba^  fogar  Sloffmi  bcn  ftraftoürbigcn  ginfall 
gc^wbt  j^at,  gu  biefem  legt  eine  3Kufif  ju  fd^rciben,  bie  bemfelbcn  gerabc  fo  anfte^t,  toic 
toenn  ein  ^JKaler  bic  mater  dolorosa  unter  bem  Äreuj  in  einem  ^arifer  .^offoftüm  bar= 

60  ftcOcn  toürbe''  (^Imer  1861  im  9lrtife(  Stabat  ber  erften  9(uf(agc). 


^co)iotte  ba  Sobi  ^gb  iri  ben  ^eiraertt  519 

%xix  bic  j)toteftantifc^c  Sctrad^tunö  fällt  btc  aBütbigung  biefer  ©cquen^  nad)  jtpci 
®cfMi^t«))un!tcn  au^einanber.  gaffen  toir  fie  oI«  Äird^enlieb,  toie  fic  benn  frül^e  ein  33c« 
ftanbteU  be^  römifc^en  Slituotö  gctoorben  ift;  fo  ift  fte  auöfd^Keyici^e«  (gtöentuni  ber  rö* 
mifd^en  Äirc^e,  ba^  toir  nid^t  einmal  in  einer  burd^reifenben  SSearbeitung  ju  einem  Sc* 
ftanbteile  unfere«  geiftlid^en  93oIf^efanae^  erl^eben  toerben.  ,;©elbft  tomn  bie  änrufung  6 
ber  9Raria  al«  fons  amoris  in  eine  Anrufung  be^  aJlarienfol^ne«  umgetoanbelt  toirb,  ift 
iodf  bie  anbackt  in  biefem  Siebe  jtoi|ci^en  äRutter  unb  ©ol^n  in  einer  SDäeife  geteilt,  bie 
ein  })roteftantif4e«  ®emüt  niemals  ertragen  toirb".  ©einen  Urf})rung  au^  bem  ^^talter 
be^  blü^enbften  3RarienfuItu«  toirb  e^  nie  ganj  t)erleugnen.  —  Seiten  toir  aber  Dom 
äftl^etifd^en  ©tanb})un!t  an  bie  ©equenj  Ij^eran,  fo  bietet  fie  einen  tiefen  unb  innigen  ®c^  lo 
nu|.  „9Ba«  bie  ©d^rift  nad^  il^rer  fc^Iid^ten  3lrt  burd^  bie  einfache  Semertung  3o  19,  25 
me^r  anbeutet  aU  befc^reibt:  „e^  ftanb  unter  bem  itreuje  3^f«  l^ne  aJlutter"  —  ba^ 
malt  bie  anbäd^tig  enegte,  bon  SKitgeftil^l  belebte  ^l^antafte  in  unferem  Siebe  au^.  Bpäin 
toirb  ba«  5Kitgefü^l  jur  älnrufung:  im  erften  3:eil  füi^lt  ber  3)id^ter  menfd^lid^  mit  3Karia, 
im  anbem  fou  fie  i^n  göttlid^  füllten  lehren.  3)er  bid^terifd^e  ®eift  l^ölt  jeboc^  3Rafe ;  er  i6 
l^t  nid^t«  fcanfl^afte^  gugelaffen.  3)aju  lommt  ber  fd^öne  S3au  ber  ©troj)^e  unb  biefe 
muftfalifd^en,  toolltönenben,  jum  leil  leoninifd^en  9leime,  bie  man  gar  nic^t  anber«  fj)red^ 
fann,  ate  im  Ion  eine^  tiefen  Älaggefonge^".  ©o  bleibt  aud^  für  un«  ba^  Stabat  mater 
eine  $erle  unter  ben  §V"^nen  be^  SKittelalterö,  toelc^er  nur  ba«  Dies  irae  an  bie  ©eite 
ju  ftellen  ift ;  ja  aud^  bie  beutfc^e  S^W  ^irb  in  bem  aSerfud^e  nic^t  ablaffen,  3iöco))onc«  ao 
3)i4tung  bem  beutfc^en  ©emüte  nQi)^  ju  bringen.       (SRiii^arb  Saiismontit)  @*  2tmpp. 

Sfacgcr,  3fo^aiiii  (groht«  »iiiJeoniiÄ)  f.  »b  V  ©.  432,42—433,4. 

3ael  f  ajebora^  33b  IV  ©.  525, 21—30. 

^agb  Jet  ben  Hebräern.  —  ßittcratuv:  »gl.  blc  \)crfd)iebenen  ^anbbb.  bei  Wr* 
cbäoloflic  unb  bie  ©ibchoörtevbb.  Uebcr  Sagbtoilb  oql.  Bochart,  Hierozoicon  I  bcf.  851  biö  36 
769;  H.  B.  Tristram,  the  natural  history  of  tlie  Bible,  Sonbon  1873;  J.  G.  Wood,  Wild 
animals  of  the  Bible,  Sonbon  1887;  gr.  ^ommel,  3)ic  iRamcn  ber  Säugetiere  bei  ben  fub« 
fcmitlftften  SSölfcrn,  Seipjig  1879;  H,  B.  Tristram,  Flora  and  Fauna  in  The  Survey  of 
Western  Palestine;  S)ie  betr.  ^rtt.  in  ben  ©ibclmörtcrbb.  üon  ©iner,  Sc^enfcl  unb  SRic^m; 
53enjingcr,  ©cbr.  ?lrc^SoI.  387;  "^omd.  ©cbr.  «rtbäol.  77  ff.  ao 

3in  ber  frül^eften  3rit,  in  toeld^e  unfere  9lac^rid^ten  jurüdtreid^en,  treffen  toir  bie 
Hebräer  auf  ber  Äulturftufe  ftel^enb,  auf  toeld^  nid^t  mel^r  bie  3agb,  fonbem  bie  Siel^juc^t 
bie  Äaul)lbefd^äftigung  bilbet.  Saab  toirb  nur  nod&  betrieben  jur  3lu«rottung  fd^öbfic^er 
SRaubtiere  ober  gur  gäegentlid^en  ©etoinnung  bon  35}ilb))ret,  aber  nid^t  mel^r  afö  fiebeng- 
beruf  Unb  aud^  fonft  ift  fie  bei  ben  alten  S^raeliten  nid^t  beliebt :  auf  bie  9lomaben,  86 
toelc^e  3agb  ate  öaul^tbefd^äftigung  treiben,  l^aben  bie  S^raeliten  fel^r  bon  oben  l^erab  ge* 
feigen,  ßl^aralteriftifc^  fmb  in  biefer  Segie^ung  bie  ©eftalten  be^  SRimrob  unb  6fau  in 
ber  alten  ©oge.  9limrob  ift  allerbing«  ein  getoaltiger  Säger  „bor  bem  J^erm",  bem  aud^ 
©Ott  biefen  Stul^m  laffen  mu|,  aber  einmal  ift  er  ein  frember  ßero«,  bem  bie  ^ebräifd^e 
©agc  feine  ä^nlic^e  (Seftalt  unter  il^ren  SRational^eroen  an  bie  Seite  ju  ftellen  ^at.  ©o«  40 
bann  unb  bor  allem  ift  in  ganj  bejei^nenber  2Beife  5Rimrob,  ber  toilbe  SJäger,  gugleid^ 
ate  ber  (Sott  gegenüber  tro^ig  ftc^  auflel^nenbe  gebadet  —  bie  Hebräer  ^aben  offenbar 
ettoag  berartige^  au«  feinem  Flamen  l^erau^el^brt  — ;  er  ift  alfo  nic^t«  toeniger  aU  eine 
Sbealgeftalt  (1  3Bofe  10,  8).  SJa^felbe  gilt  bon  ®fau:  er  ift  Säger,  ift  barum  auc^  ein 
rauher  unb  toilber  SJlenfd^,  ber  gerabe  ©egenfa^  gum  fanften,  frommen  S^fob,  bem  3Siel^- 10 
l^irten,  bem  gbeal  be«  S^raeliten.  ©0  toenig  toie  in  ber  ©oge  begegnen  un«  in  ber  ®es 
fd^id^te  ©eftalten  getoaltiger  ^äQ(ix,  toie  bei  anberen  93öllem.  Sson  feinem  ber  iiSraelitifd^en 
Äönige  toirb  berichtet,  ba^  er  ein  greunb  bet^agb  getoefen,  toä^renb  g.  93.  am  äg^})tifd^en, 
aff^rifd^en  unb  ^jerftfc^en  §of  bie  Sagbliebl^aberei  eine  gro^e  SloHe  f^ielte.  @rft  bon  ae- 
robe« ergä^lt  unö  3ofe})l^u«,  bafe  er  ein  eifriger  S^ger  getoefen  fei  (B.  J.  I  21,  13).  60 
393ir  muffen  alfo  annel^men,  ba|  bie  Sagb  auf  toilbe  3:iere,  Sötoen,  Sären,  SBi^lfe  unb 
anbere  eben  nur  au«  5Rottoel^  betrieben  tourbe.  ^irten  unb  Säuern  l^atten  fic^  il^rer  im 
fc^toeren  Äamj)f  gu  ertoe^ren  (1  SKofe  37,  33-  1  ©a  1,  17,  34 ff.;  1  Äg  13,  24;  ^ef 
5,  29).  3"  biefem  5tam))f  toar  nidfit  toenig  SWul^m  ju  Idolen  in  alter  geit :  bon  einem 
©imfon  ergä^lte  man  nod^  lange,  toie  er  ben  Sbtoen  jerriRen  toie  ein  Sikflein,  olj^ne  eine  55 
SBaffe  ^\x  l^aben,  ober  toie  er  bie  güd^fe  gefangen  (SRi  14,  6;  15,  4).  a)abib  fann  fid^ 
aU  ^irte  bie   fiegreid^en  Ääm^)fe  mit  toUben  lieren  ju  großem  SWul^m  rechnen  (1  ©a 


520  ^ogb  bei  bett  ^ebraent 

17,  34  ff.).  33om  Äricg^^clbm  Seitaia  crgäl^Itc  man  cbcnfo  feine  Äricg^t^atcn,  bafe  er 
j.  35.  einen  rieftgen  äa^^jter  erleate,  toie  aud^  feine  ßelbenftütfe  ber  Igaob,  ba|  er  5.  35. 
einen  Sötoen  in  ber  ßifteme  erfd^lufl  (2  @a  23,  20  ff),  auf  eßbare«  SBilb  \aQic  man 
um  feine« gleifc^e«  toillen;  ba« SBiIb»)ret  toax  fe^r  öeWöftt  (bgl,  igRofe25,28;  27, 3 ff.; 

6  Bpx  12,  27  u.  ö.)  unb  burfte  namentlid^  auf  ber  foniglid^en  lafel  nid^t  fel^Ien  (1  % 
5,  3).  ßrft  in  fj)ät  nad^eiilifd^er  ^eit  begannen,  tvie  ertt)äl^nt,  bic  ^uben  in  9?acl^a^mung 
il^rer  fremben  Dberl^erren  bie  3agb  afö  noble  ^affion  ju  betreiben.  3>'>f^^w^  ertt)ä^nt 
Suftjagben  ju  ^ferbe  auf  3Sögel  unb  tvilbe  liere  mit  abgerid^teten  galten  unb  Sagb* 
^unben  (aitertümer  XV  7,  7;  XVI  10,  3;  B.  J.  I  21,  13). 

10  Über  bie  Slrt  unb  SDäeife  toie  bie  ^agb  aui^eübt  tourbe,  l^aben  W\x  nur  bereinjclte 
Slac^ric^ten,  unb  tro^  ber  bielen  SSilber,  hjeld^e  bom  ^agbleben  l^genommen  fmb,  finb 
h)ir  barüber  bod^  fel^r  mangel^ft  unterrid^tet.  ^agbl^unbe  toerDen  auffatlenberh)eife  im 
ai  nic^t  ertoäl^nt,  toä^enb  fie  bei  ben  äg^})tem  unb  äff^tem  toerh)enbet  mürben  (f.  ben 
a.  §unb  oben  @.  449 f.);  aud^  ba«  ift  ein  Setoei«,  ba^  bie  3agb  feine  gro^e  SloHe  bei 

loben  ggraeliten  fj)ielte.  SBenn  3ofrt)^u«  (Altertümer  IV  8,  9)  bie  SJertoenbung  be«9iagb* 
l^unbe«  atö  alte  ©itte  barftellt,  fo  betoeift  ba«  nur  fo  biel,  ba^  man  ju  feiner  ^t\i  fd^on 
baran  getoo^nt  toar,  unb  bie  @a(^e  ate  ettoa^Sllte«  betrad^tete.  Site  getoöi^nlid^fte«  ^jagbs 
gerät  toirb  Sogen  unb  5Pfeil  aenannt  (1  9Kofe  27,  3;  3ef  7,  29);  toenn  3;gmael  ein 
^ogenf d^üi^e  genannt  toirb  (1  SKofe  21,  20),  fo  foB  er  bamit  in  erfter  Sinie  al«  Säger 

20  bejeid^net  toerben.  Sanje,  SBurff})iefe  unb  ©d^toert,  bie  getoöl^lid^en  Ärieg^toaffen,  bienten 
aud^  jum  Ramp^  mit  toitben  2ieren  (§i  41,  18);  ber§irte  toar  freilid^  auf  feine  ©d^leu- 
ber  {y^V,  1  ®a  17,  40)  unb  Äeule  (nn^ri  <^i  41,  2I)  angetoiefen.  Kleinem  SBilb,  aber 
auc^  größeren  Sieren,  ftettte  man  mit  bem  9Je^  unb  ber  ©^linge  nad^  0"^^'?,  '^T^'^?  ^i 
19,  6;  §ef  12,  13;  Qpx  12,  12;  ^reb  7,  26;  9,  12;  ^??P';  ^ef  51,20;  ^f  141,10; 

26  n^-]  «p|57,7;  31,  5;  9,16;  10,9;  2:i^enl,12;  Jg>ef  19,8;  ^vy-  ^f  64,6;  ^^^^  $i 

18,  9),  ober  man  fuc^te  fie  in  t)erbedtten  gaÖgruben  gu  fangen  (nn?  gef  24,  17;  3er 
48,  43;  nTO  ^^  19,  4.  8;  ^f  9,  16;  57,  7;  94,  13).  SRod^  l^eute  [xnh  fold^e  ^a= 
gruben  beim  gangen  ber  ©ageuen  tiblid^:  l^inter  l^ol^en  ©el^egen  graben  bie  35auem 
tiefe  (Sruben  au«  bie  gegen  ba«  (Sel^ege  ^el^e^ten  2:iere  überf))ringen  bie  3Kauer,  ftürjen 

30  in  bie  tiefe  ®rube  unb  bred^en  ftd^  bie  93eine.  —  2)er  Sogelfang  tourbe  mittete  toers 
fd^iebener  9le^e  betrieben.  ©^  gab  ©tellne^e  ("?  ^P.T-  am  3,  5),  bie  3ufd^naj)})ten, 
toenn  ein  Sogel  in  baö  SReft  gegangen  toar.  Slnbere  SRe^e  tourben  toon  Sogelfteittem 
t>on  oben  Ij^er  über  bie  SSögel  getoorfen,  bie  fte  burc^  au^eftreute^  Jfutter  angelocft 
botten  (^of  7,  12;    3er  5,  26;    Bpx  1,  17).    3ur  ^eit  ©irad^«  brandete  man  für  bie 

36  gflebl^ul^niagb  gegä^mte  9lebl^ül^ner  al3  Sodbögel  (©i  11,  31;   jiegdqi^  ^Qcorrjg  iv 

xaQxdXkfp).  aSon  ben  SRömem  lernte  man  bann,  toie  oben  ertoä^t  ift,  mit  ^llen  ju  jagen. 

3ln  iagbbarem  SBilb  ift  in  ^äftina  lein  SKangel.    Unter  ben  toilben  3:ieren  ftel^t 

oben  an  berSötoeCT«?,  J^."!^^).  @r  ift  inS^rien  unb  5ßaläftina  fion  längftau^eftorben, 

toar  aber  einft,  toie  bie  jal^lreid^en  ©rtoäl^nungen  im  3i%  jeigen,  ^ufig.    iRamentlic^  im 

4oa)idfid^t  ber  ^orbanufer  (Qer  49, 19;  50,  44;  ©ad^  11,  3),  auf  bem  Libanon  unb  änti^ 
libanu«  ($£  4,  8)  unb  in  ber  SBüfte  im  ©üben  öon  guba  l^auften  Diele  Sötoen.  3lad) 
ber  3)ej)ortatton  ber  Setool^ner  beg  9lorbreid^  fotten  f^c^  in  bem  enttjölferten  £anb  bie 
Sötoen  berma|en  gemehrt  ^ben,  ba^  bie  neuen  Äoloniften  ben  älR^rerlönig  um  |>ilfe 
gegen  biefe  Sanb))lage  angingen  (2  Jlg  17,  25  f.).    3"  ^läftina  l^eimifc^  toar  ber  fog. 

46  Jjerfifc^e  Sötoe  (leo  persicus).  —  SBie  genau  ben  3^raeliten  bie  5Ratur  unb  bie  Seben^ 
getoo^nl^eiten  il^re«  geinbe«  belannt  toaren,  jeigen  bie  jai^lreic^en  Slu^jagen  be«  SlIö, 
namentlich  bie  Dielen  Dom  Sötoen  l^ergenommenen  Silber.  —  SKan  fing  ben  Sötoen  Dor^ 
jug^toeife  mit  ^Ugruben  ($ef  19,  4.  8);  aud^  tourben  ftarfe  SRe^e  baju  gebraucht.  3n 
grofeen  Ääfigen  ober  in  ^toingem  l^ielt  man  auc^  lebenbige  Sötoen  (§ef  19,  9;  33a  6, 

50  16  f.).  3Kit  ber  SBaffe  m  ber  J^anb  einem  Sötoen  entgegenzutreten  unb  i^n  fo  ju 
iagen  unb  }u   töten,  toar  eine  ru^mreic^e  ^elbent^t. 

2)er  35är  (^%  neben  bem  Sötoen  ba«  gefür^tetfte  lier  (bgl.  j.  35.  2lm  5,  19), 
toirb  im  äl  ebenfatl«  oft  ertoö^nt,  unb  toar  im  alten  ^aläftina  nid^t  feiten  (ty^l 
älm  5,  19;  1  ©a  17,  34).    ©})ric^toörtlic^  toar  bd  ben  Hebräern  bie  SBut  ber  35ärin, 

66  ber  bie  3ungen  geraubt  fmb  (2  ©a  17,  8;  $of  13,  8;  Qpx  17,  12).  ^taU  ift  ber 
35är  in$aläftina  au^eftorben  unb  toirb  nur  nod&  im  Sibanon  jur©eltenl^t  angetroffen. 
®er  f^rifd^e  Sär  (ursus  syriacus)  ift  bom  getoöl^nlic^  %\)pvi^  be^  braunen  35ären  nur 
burd^  ^ttoa^  gellere  %atU  unb  ettoa«  Heineren  ^näfi  unterfd^ieben. 

2)er3Bolf  p«T)  ift  ebenfalls  früher  in  ?Paläfltna  biel  l^äufiger  getoefen  al«  je^t.   @r 

60  erfd^etnt  in  ber  Säibel  immer  ate  ber  J^aut)tfeinb  ber  ©4faf gerben  (©i  13,21 ;  SJlt  10, 16; 


^9^  ici  bell  ^eirient  521 

2c  10,  3;  ^0  10,  12).  3n  bcm  3ufunft«bilb  be«  Scfaja  ift  c^  ein  Silb  bc^  ticfftcn 
2frteben^,  \vmn  Sär  unb  Ru^,  SBoIf  unb  £amm  jujammcnlieam.  ©ein  Slutburft  unb 
feine  Slaubgier  mad^en  i^n  gu  einem  geeiflneten  unb  ^äufig  gebraud^ten  Silbe  raublufttgcr 
J^rften  Q^\  22,  27;  ^ep^  3,  3),  falfd^er  5Pro»)l^eten  unb  £e^rer(a»t  7,15;  21®  20,29), 
ber  aSerfolger  ber  kommen  {m  10,  16;  Sc  10,  3;  ^o  10,  12).  SSon  bcm  bei  un«  6 
^eimifd^en  SDäoIf  unterfd^etbet  jid^  ber  betfefben  Slrt  ange^örige  Jjaläftinenftfc^e  nur  burd^ 
ben  $elj,  ber  bei  i^m  rauber  ift  unb  im  SBinter  fd^toorjlidb  erfd^eint. 

3)ic  §^äne,  bie  nodp  l^eutc  in  gonj  ^aläftina  l^eimifcp  unb  fel^r  l^äupg  ift  (hyaena 
striata,  bie  geftreifte  $^äne),  namentlich  too  ^l^röber  unb  §ö^len   i^r  3"P"^^  9^- 
iDäl^ren,  hjirb  auffaHenbertüeife  im  313:  nur  9li  13,  22   unb  t)ieKeic^t  3er  12,  8   unter  lo 
ben  auf  ba^  äla^  [xd)  ftürgenben  lieren  (®eier,  ©dj^alal  u.  a.)  genannt. 

3)er©d^afal  (canis  aureus)  ^at  feinen  einen  Slamen  im  §ebräifd^en  f^^)  bon  feinem 
©cl^eul,  ben  anbercn  (p^^^^)  toon  feiner  langgeftrecften  ®eftalt.    ®r  erfd^eint  im  313;  afö 
ber  33eh)ol^ner  ber  Sluinenftätten  unb  ©inöbcn  (3ef  13,22;  34,13  u.  ö.).  3)a«  Jammer» 
gel^eul   ber  ftd^  fammelnben  ©c^afale  bei  9Jad^t,   ba«  oft  toie  ba«  ^titvQ^d)x^i   Heiner  i5 
Äinber  ertönt,  bient  jum  »ilb  fd^merjlid^fter  itlage  (50«  1,  8;  ^i  30,  29). 

3)er2eo})arb  p^rj,  felis  pardus)  ift  noc^  l^eute  in  5|^aläfttna  nid^t  feiten,  namentlid^ 
im  fiibanon  unb  Slntilibanu«  (bgl.  §£  4,  8);  er  toirb  im  312:  afö  gefürc^teted  Slaubtier 
ertoölS^nt  (ßof  13,  7;  3er  5,  6;  3ef  11,  6).    2)ie  J^ebräer  betounbertcn  feine  ^rbe,  bie 
fd^lparjen  Slinge  unb  $uj)fen  in  feinem  orangegelben  gfeH  (^er  13, 23)  unb  Die  Sd^nelligs  ao 
leit  feiner  Setoegungen  (§ab  1,  8). 

2)er  ^ud^gC^Ti''^)  toirb  §8  2,  15  unb  3lif)  4,3  afö  unterirbifd^er  ®ül^ler  genannt, 
ber  burc^  feine  ®änge  unb  ®ruben  bie  SBeinberge  bertoüftet.  ©r  l^at  feine  ®ruben  mit 
Vorliebe  an  einfamen  Sluinenftätten  (Älagel  5,  18).  ©eine  SSerfc^lagenl^eit  unb  SüdEe  ift 
auc^  ben  Hebräern  belannt  getoefen  (§ef  13,  4).  ®r  toirb  afö  33ilb  ber  falfd^en  ^ro*  26 
J)l^eten  genannt  (t)gl.  Sc  13,  32).  ?Rad^  2:riftram  ift  im  füblidE^en  unb  mittleren  ^aläftina 
ber  äg^^jtifd^e  %n^  (vulpes  nilotica),  im  nörblid^en  ber  f^rifd^e  ^d^  (v.  flavescens) 
ju  J&aufe.    Se^terer   ift   größer;    bcibe   fmb    nur  Bpxdaitm   be«   bei   un«   l^eimifd^en 

3lnd)  an  jagbbarem  SBilb,  ba^  man  um  bed  3Btlb))ret^  toiQen  jagte,  toar  in  ^alä^  so 
ftina  fein  3Kangel.    33or  allem  ift  bie  ®ajelle  m  nennen  C^^f,  Sutl^er  meift  „Sle^")/ 
bie  im  2(3:  am  ^äufigften  genannt  toirb  unb   nod^  l^eute  am  meiften  in  ^aläftina   ber* 
breitet  ift.    9JamentlidJ  am  Äarmel  unb  in  ben  Sergen  ®ileab«  trifft  man  fte  in  fleinen 
SRubeln  unb  aud^  in  größeren  gerben,    ©ie  gel^ört  ju  ben  3lntilo})enarten  (antilope  dor- 
cas).    ^f)x  9Jame  fd^on  tennjeid^net  fte  afö  eine§  ber  fd^önften  3:iere  in  ben  3lugen  ber  86 
ipebräer.    SJlit  i^rem  leidsten  grajiöfen  Äörjjerbau,  i^ren  bel^enben,  anmutigen  Setoegun^en, 
i^en  glän^enben  lebhaften  Slugen  fj)iclt  fic  in  ber  l^ebräifd^en  unb  tiberl^auj)t  in  ber  orien- 
talifd^en  ^oefie  eine  grofteSloue  afö  bielgebraud^te^  33ilb  ber  3lnmut  unb  ©d^önl^eit,  unb 
ber  ®etoanbtl^eit  unb  ©d^neße.    a)en  Bräutigam  (ÄS  2,  9.  17)  unb   bie  ®eliebte  (©J)r 
5, 19;  §S  4,  5;  7,  4)  pxÄ^t  ber3)id^ter  toie  eine  ®ajelle,  unb  gerne  l^at  man  ben  ?6Jäbs  40 
d^en   ben  5»amen  „®ajelle"   gegeben:   äibja  (2  Äg  12,  1;   2  6^r  24,  1),  3:abit^a  unb 
a)orca«  (a®  9, 36.  39).    ^ber  auc^  ben  f(|netlfü&igen  Ärieg^^elben  el^rt  folc^er  Sergleid^ 
(2  ©a  2,  18;  1  &i}x  13,  8;  §S  8,  14).    ©d^eu  unb  flüd^tig,  toie  toenig  anbere  3:iere 
(3ef  23,  14;  Bpx  6,  5;  @i  29,  22),  toar  bie  ®a}elle  toom  gäger  fd^toer  ju  jagen  (§8 
2,  17;  8,  14),  taum  ba«  5R5inbf})iel  M^  fie  ein.    3nan  fing  fie  be^l^alb  too^l  meift  toie  46 
nod^  l^eute   in  ganggruben  unb  ^Hen  (Bpx  6,  5;  f.  oben),    ©ie   erfc^eint  neben   bem 
§irfc^  afö  ba«   getoö^nlic^fte  SBilb^ret,  ba«  ba«  aSolI  liebte  (5)t  12,  15.  22;    14,  5; 
15,  22),  toar  aber  aud^  an  ber  föniglid^en  3;afel  nid^t  berac^tet  (1  Äg  5,  3). 

3u  ben  2lntilo})en  gel^ören  noc^  3  toeitcre  im  313:  genannte  3:iere:  1.  ber  V^^l 
(3)t  14,  5  LXX:  nvyagyogX  nad^  3:riftram  (nat.  history  126  ff.)  unb  §ommel  (a.  a.  O.  00 
391  ff.),  bie  antilope  addax,  bie  aUerbing^  l^eute  in  ^aläftina  nid^t  me^r  toorfommt, 
too^l  aber  in  5Rorbarabien.  —  2.  3)er  ^»*T  (ober  ö^'^r^  3)t  14,  5;  ^ef  51,  20),  bielleid^t 
antilope  leucoryx  (LXX  Vulg.  oryx),  ober  nac^  anbem  (Targ.,  Quimchi)  bie  an- 
tilope bubalis,  bie  3lntiloJ)entu^,  bon  ben  Slrabem  fd^led^ttoeg  afö  „toilbe  Ruf}"  be« 
jeid^net.  a)iefe  beiben,  dischön  imb  te'ö,  tocrben  im  ®efe|  auöbrüdtlid^  afö  reine,  65 
ben  9i«raeliten  jum  effen  erlaubte  3:iere  aufgeführt  (S)t  14,  5).  —  3.  3luc^  "^'^'-n:  (Sit 
14,  5;  1  %  5,  3)  bürfte  unter  bie  ®ajellenarten  gel^örcn  (bgl.  Sagarbe,  ®ef.  3(b^.  52, 
3lnm.  3;  mt  II,  251;  §ommel  a.  a.  D.  181  3lnm.  1.  333  f.  392;  gonber,  Tent 
Work  I,  172;  n,.a.),  3lnbere  freilid^  toerftel^en  barunter  ben  3)am^irfd^  (f.  3)itlmann, 
©E  unb  Sc  485)  ober  ba«  3le^  (guner  bei  SRie^m,  31.  ©ajeHe  unb  §irfd^).    ©ic^ere^  ift  eo 


622  Sogb  hti  bett  ^ttvittn 

nid^t  au^jumad^cn.    3)aö  %m  ift  genannt  unter  bem  SBilb^jret,  t>a^  auf  bcr  föniglit^^cn 
2:afcl  nic^t  fehlen  bart  (1  Äg  5,  3). 

5Rcben  ber  (SajeDe  toirb  im  äi  ate  ba«  getDöJ^lic^c  9iagbtoUb  bcr  ^irfd;  (V^)  ge- 
nannt (I)t  12,  15.  22;  14,  5;  1  Äg  5,  3).  §eutjutage  fmb  bte  J^irf^c  in  ^aläftina 
6  aufeerorbentUd^  feiten.  3)a«  muft  in  alter  ktxt  anber«  getoefen  fein.  33enn  ba^  lier  h>ar 
mit  feinen  (Sigenfc^aften  unb  Seben^etool^n^eiten  ben  alten  Hebräern  gan^  vertraut.  3)a^ 
jeigen  bie  t)ielen  Silber,  toeld^e  bie  SDid^ter  t)om  §irfc^  entlegnen,  äluc^  bei  i^m  ift  e^ 
bie  2lnmut  ber  formen  unb  Setoegungen,  bie  il^n  gum  Silbe  ber  9Käbd^enfcl^önl^eit  (Bpx 
5,  12;  $8  2,  7;  3,  5),  bie  ®eh)anbt|eit  unb  ©4;nelligfeit,   bie  i^n  jur  geid^nung  t)on 

io3Jlännem,  befonber^  Äriegf gelben  geeignet  erfd^eincn  löfet  (®en  49,  21,  toenn  nid^t  ber 
Stejt  bort  mborben  ift;  ^f  18,  34;  §ab  3,  19;  §2  2,  9.  17;  8,  14;  ^ef  35,  6). 
aSerfc^iebene  anbere  ßinjelgüge  au«  ben  Sebeni^etool^n^eiten  be^  ^irfc^e^  (befonberö  ber 
^inbin),  meldte  bie  2)ic^ter  anfül^ren,  jeugen  toon  guter  Seobad^tung  be«  3^ierlebeng.  3iSie 
ber  §irfc^  g^i^gt  hjurbe,  erfahren  toir  leiber  nid^t. 

15  9(u^er  ben  genannten  fommt  al^  ^agbtvilb  namentlid^  nod^  ber  Stein bodt  inSe- 
trac^t.  ©ein  getoö^nlid^er  9lame  ift  ^T, ;  nad^  ber  alten  Überlieferung  ber  Überfe^ungen 
ift  bamit  gleid^bebeutenb  ^P«  (I)t  14,  5).  3)ie  LXX  geben ,  baö  SBort  mit  bemfelben 
TQayelawog  „SodEl^irfc^"  lieber,  mit  bem  fie  $i  39, 1  auc^  '^?;  überfe^en;  larg.,  ©i;r. 
ärab.  faffen  ba«  SBort  ebenjo  (t)gl.  §ommel  a.  a.  D.  280.  392).    3n  ^aläftina   finbet 

20  fid^  ber  ©teinborf  l^eute  ^auj)tfäd^lid^  noc^  in  ben  getöbergen  ber  iüeftlid^en  Ufer  be^  toten 
3Keere^  (t)gl.  ben  Flamen  „©teinbodEfelfen"  1  ©a  24,  3)  unb  in  ben  5Koabiterbergcn ;  im 
fiibanon  \^at  3:riftram  Sruc^ftüdEe  toon  ©teinbodf^ömem  in  itnod^enbreccien  eingebadfen 
gefunben.  SBeiter^in  fommt  ber  ©teinbodf  l^eute  namentlich  in  ben  ^dfen  be^  ©inai  bor, 
ba^er  bie  tvol^l  aud^  für  baö  alte  ^aläftina  öorau^jufefeenbe  ärt,  bie  bem  ail|)enfteinbod 

25  eng  t)ern>anbt  ift,  ben  92amen  capra  sinaitica  trägt.  (Slbbilbung  unb  Sefc^reibung  f.  bei 
SRiel^m,  ,^31533  1579).  33a«  fc^laue  2ier  jiel^t  fid^  mit  Vorliebe  in  bie  l^öc^ften  Serg^ 
^öl^en  unb  fc^toer  zugänglichen  ^elfenflüfte  jurüdE  (^f  104,  18).  3)ie  3agb  auf  ba^fetbe 
ift  bc^^alb  fc^r  befc^hjerlid^  unb  gefäl^rlic^.  3)amit  unb  über^uj)t  mit  bem  befd^ränltcn 
SJerbreitung^ebiet  be«  ©teinbodE«  in  ^aläftina  l^ängt  e«  mo^l  gufammen,  ba^  er  im  312 

80  Weniger  l^äufiger  genannt  toirb  (au^er  an  ben  angefü^en  beiben  ©teilen  nur  nod^  Qpx 
5,  19  al«  Silb  tveiblic^er  ©c^önlj^eit  unb  §i  37,  1).  2)a«  lier  mar  offenbar  im  Soll 
nic^t  fo  belannt. 

ig>afe  («n^  £e  11,  6;   ©t  14,  7)  unb  Jlli»)bbacl^«  OFf,  Sut^er:   Äanind^en, 
hyrax  syriacus,   bei  ben  ätrabem  wabr),  beibe  in  ^aläftina  fc^r  ^äufig,   Ic^terer   bc^ 

85  fonber«  in  ben  Sergen  nm  bad  tote  SKeer  unb  im  Sibanon  toorfommenb,  mürben  t>on 
ben  Hebräern  fd^toerlid^  g^ögt.  3^^  S'^^W  .9^1^  ^^  unrein  unb  ungenießbar,  unb  bei 
Ic^terem  iebenfatt«  Ij^atte  man  leinen  ®runb,  V)n  ate  ber  Sanbtoirtfc^aft  bef onber«  fd^äblid^ 
gu  t)erfolgen.  älnber«  beim  383 ilbfd^ mein,  ba«  ebenfalls  nic^t  feiten  mar:  5Pf  80,  4 
mirb  e«  ate  Sermüfter  ber  ®einberge  ermähnt. 

40  Unter  ben  Sdgeln  mirb  l^eute  in  erfter  2inie  ba«  Slebl^ui^n  (fi^ip)  gejagt.  3n  ^^a^ 
läftina  finben  ftc^  berfc^iebene  2lrten  berfelben;  am  toerbreitetften  fmb  ba«  fogenanntc 
©teinl^u^n  c^accabis  saxatilis)  unb  ba«  SEBüftenrebl^u^n  (ammoperdix  heyi),  le^tere« 
befonber«  in  ber  2Büfte  3uba  unb  ber  Umgebung  be«  toten  3Keere«.  9Kit  einem  auf 
ben  Sergen   gel^e^ten  Slebl^u^n   bergleid^t  f^d^  ber   toon  ©aul  t)erfolgte  3)atjib  (1  ©a 

45  26,  20).  33amad^  gefc^al^  bie  g^gb  auf  SRebl^ül^ner  mol^l  ä^nlic^,  mie  nod^  ^eute  toielfac^ 
bei  ben  Slrabem:  man  jagt  bie  Sleb^ülj^ner  immer  mieber  auf  unb  fd^euc^t  fie,  htö  fie 
ermattet  ftnb  unb  man  fie  fangen  ober  mit  einem  ©torf  totfd^lagen  lann.  6ine  anbere 
älrt,  bie  §ü^ner  ju  fangen  (©i  11,  31),  ift  fd^on  oben  ermähnt  morben. 

Son  milben  ^au benarten  ("r*")  ift  in  ^aläftina  bie  öerbreitetfte  bie  gelfentaube 

60  (columba  livia),  bie  in  3Renge  in  ben  ^tellüften  ber  (Sebirge  ober  in  alten  ©emäuetn 
niftet,  ganj  befonber«  l^äufig  in  ben  ©d^luc^ten  um  ben  S^iberia^fee,  um  baö  tote  SReer 
unb  in  ben  5Kebentl^älem  be«  ^orban  (§2  2,  14;  3er  48,28;  ^ef  7,16).  3n  malbigen 
©egenben  finbet  fid^  ebenfalls  fd^arenmeife  bie  §olj5  ober  SBdbtaube  (columba  pa- 
lumbus).    ©eltener  ift  bie  $ol^l=  ober  Slautaube  (Columba  oenas).    Son  ^^urtel* 

55  tauben  C^^)  ift  am  ^äufigften  bie  gemeine  2urtel  (turtur  auritus),  ein  3wö^*>Ö^^/ 
beffen  ©rfd^einen  bem  Hebräer  ben  Seainn  be«  grü^jo^rd  anfünbigte  (;>er  8,  7;  ^2 
3,  13).  9lu^erbem  finbet  fid^  bie  2a^taube  (turtur  risorius),  bie  ba^  ganje  ^ä^ 
tm  2anbe  bleibt,  im  ©ommer  in  ben  SBälbem  Oileab«  unb  am  labor,  im  SBinter 
In  ben  Süfc|^en    am  toten  9Reer  ^uft.    9lur  feiten   lommt  bie  $almturtel   (turtur 

60  senegalensis)  t>or,    3)ie  ©itte,  biefe  ^uben  )u  )ä^men  unb  bann  ald  Landtiere  ju 


d^gb  tti  bett  ^eirScrtt  ^fn^iaSa^a  523 

jüd^tcn,  tpirb  Dom  (Srjäf^Ier  bct  ©intputgcfd^ic^tc  |c^on   in   jene   ältcftcn  ^^citcn  jurüds 
Dcrlegt  (®en  8,  8  ff.). 

Sie  äBad^tet  0)P)  to'xxi  auffaKenbertt)eife  nur  in  ber  ©efd^id^te  beS  SQSüftenjugd 
crtüäi^nt  afö  löftlid^e ©J)etfc  für  bo«  lüftemea^oB  ((8x16, 12 f.;  3l\x  ll,4ff.;  $f  105, 10). 
äUtf  il^ren  2Banber|^ügen  t)on  unb  nad^  bem  toarmen  Silben  jeigen  ft^  9Ö3a(^teIf(^tt)änne  5 
au4  in  ^aläftina.    SSienn  fte  ermattet  Dom  langen  ^luge  [id)  }um9(ueru^en  nieberlaffen, 
lann  man  fte  leicht  mit  ^änben  greifen  ober  mit  ©töcfen  totfd^Iaoen. 

Unter  bem  Flamen  •^2^;  toerben©})erlinge  unb  anbere  fleine,  fj)erling^rtiae  Sögel 
}ufammengefa^t,  für  bie  un^  im  einzelnen  feine  9tamen  im  9(X  aufbetval^rt  jtnb.  vind)  fte 
iiKiren  eine  toilKommene  Seutc  ber  SSogelfteHer  (H(|ren  3,  52;  am  3,  5;  Bpx  7,  23  lo 
u.  a.  f.  oben)  unb  hjurben  üiel  gegcfjen  (togl.  3Kt  10,  29;  Sc  12,  6).  Die  Sd^hjalbe 
p3  3er  8,  7;  38,  14;  ^^'^7?  $f  84,  4;  Bpx  26,  2)  bagegen  toirb  im  SCalmub  aU 
unreiner  Sogel  bejeid^net,  angenommen  eine  einjigc  ©d^toalbenart.  3)a^  fann  —  aber 
mufe  nic^t  —  in  alten  ^tiUn  fd^on  fo  getoefen  fein.  JBetijItiger, 

^a^iaUa^a  III.,  ncftorianifd^er  ^atriard^  t)on  1281—1317.  —  Ducden:  i6 
Od.  Raynaldus,  Annales  ecdesiastici  j.  3.  1304  n.  23  -26  (^b  14,  1648);  J.  S.  Assemani, 
Bibliotheca    orientalis  III,    2,    129;     Barhebraeus,    Chronicon    Ecclesiasticum    2,    471  ff.; 
J.  Guriel,  ElemeDta    liDguae   chaldaicae   (Bomae  1860    p.  188);    G.  E.  Khayyath,   Syri 
Orientales  (Bomae  1870,  131);    W.  Wright,  a  short  history  of  Syriac  Uterature,  fioubon 

1894.  289  f.;  B.  Duval,  la  litt^'rature  syriaquc,  <Pari«  1899,  M900  p.  221.  —  Histoire  de  2ü 
Mar  Jab-alaha,  Patriarchc,  et  de  Baban  Sauma,  öditdc  par  Paul  Bedjan,  Paris,  Maison- 
neuvc  1888;  jiDcitc  ^(uflagc,  in  jtoelcvici  9tu§gabcn  1895.  fielp^ig,  ©arraffowi^,  f.  5:^23 
1895  n.2:  1896  n.  9.  16.  24.  Ucbcrfejuna  unb  ertlänmg  uon  J.  B.Chabot  in  Bevue  de 
l*Orient  Latin  t.  I  u.  II;  aucft  in  ©onberDrucf.  ^u  ber  üon  ^uual  q.  q.  €.  angcfül^rtcn 
fiittcrntur  öon  (Siiabot,  ^n\>a\,  ^.  unb  9?.  ^ilgenfelb,  u.  ^oonacfer,  fianU),  9?ölbcfc  füge  35 
Biouffi,  Notice  sur  un  Patriarche  Nestorien  (JA  VII,  17.  89-96);  3-  91.  ^aU,  Am.  Or. 
See.  XIII,  1889  p.  CXXVI-CXXIX;  u.  2)übfd)üti,  (SWftu^bilber  (ZW,  ^J^5  3,  189.240*, 
156**);    bic  «njciflcn    üon  e)ottt)eiI,   Hebraica  13.  1897.  221—227-229;     9?i5Ibcfc,  fi^bl 

1895,  3;  Chabot,  Bcv.  crit.  95,  2;    ^.  |)il9cnfclb,  gnjXf)  1896.  4.  632—36;    örorfelmonn, 
3bm®  50,  747  unb  bie  5lnfünbtgung  einer  beutfd)en  Ucbcrfe^ung  in  ben  Scriptorcs  sacri  et  30 
profani  burc^  ^.  ^ilgcnfelb  (^Teubner,  3Kt  1895  8.  162). 

Sa^battal^a  ober  ^^^^ö'^ö^^  (ö^nbsn-^)  =  Deusdedit,  X^eobor,  ift  ein  nid^t 
gan^  feltener  9Jamc  bei  ben  Syrern.  So  Reifet  ber  18.  ^Patriarc^  bon  ätntiod^ien  (im 
^a^re  489),  ebenfo  ber  77.  (bei  ©uriel  76.),  an  ben  Oregor  IX.  1233  ein  ©(^reiben 
ridbtete,  um  il^n  mit  feinen  ©lauben^enofjen  jur  römifc^en  ^irc^e  gurüd^ufü^ren.  ä(m  35 
belannteften  hjurbe  aber  in  ncueftcr  ^cxt  ber  britte  biefe«  9Jameng,  burd^  bie  ^eitgenöfftfc^e 
Siograt)9ie,  bie  1888  öon  Sebjan  erftntal^  if^erau^egeben  tourbe.  3lu^  SKainalb«  an* 
nalen  jum  ^al^r  1304  mu^te  man  tjon  bem  Srief,  ber  t)on  „§^abalal^a"  burd^  ßl^fti 
®nabe  „Isalicus  et  Patriarcha  totius  orientis''  an  $a^ft  )8onifatiu^  VIII.  gerid^tet, 
l)on  SarbniuiS  bem  Lib.  privil  Rom.  eccl.  to.  3  pag.  277  entnommen  tourbe;  ebenfo  40 
au^  ber  Äird^engefd^id^tc  be^  Sar^ebräu^,  bie  mit  eben  biefem  SKanne  abfd^liefet,  ba^  er 
ein  igurifc^er  3Rönd)  Wax,  an^  ber  SRäl;e  toon  geling  gebürtig,  ber  mit  einem  ®enof[en 
eine  SBaÜfal^rt  jum  1^1.  Sanb  unternommen  i}aik,  ber  unrul^igen  ^^ten  toegen  in  93agbab 
l^ängen  blieb,  toegen  feiner  33ejiel^ungen  ^um  SKongoIend^an  toom  bamaligen  ^4Jötriarc^en 
^encl^a  I.  ||um  9)ietrovoliten  öon  (Sj^ina  ernannt,  unb  nac^  be«  lefeteren  3:ob  auö  gleic^nt  46 
®runbc  felbft  jum  ^atriard^en  crhjä^U  hjurbe,  obhjo^l  er,  toie  Sarbebräuö  fagt,  in  f^rifd^er 
33ilbung  unb  ^d^xx^t  \d)\va6)  toar.  ©eit  1888  befi^cn  toir  nun  aber  einen  au^füi^rlid^en 
Seric^t  über  bic  SReife,  bie  ben  :,^al^battal^a,  ber  urf^jrünglid^  SWarlo^  ^iefe,  mit  feinem 
(Senoffen  SRabban  ©auma  toon  ^efing  bi^  Sagbab,  unb  ben  le^teren  im  ^ai^x  1287/88 
im  Sluftrag  bc^g  (Sl^an  Slrgun  an  bie  Jrjöfe  ©uro^jad,  inöbefonbere  nac^  SRom,  ^ari^  unb  60 
2onbon  führte.  3äk  für  bie  ^jolitifd^c  ©efd^id^te  (f.  barüber  bie  Überfe^ung  toon  ß^abot 
unb  bie  älb^anblung  )?on  ^uDal,  le  patriarche  Mar  Jabalaha  II  et  les  princes 
mongoles  de  rAdherbaidjan  im  JA  VIII,  13.  1889.  313—354)  ift  bicfe  8iograj)l^te 
für  bie  bamaligc  Äirc^engef^ic^tc  ein  2)ofument  öon  attergröfetem  Sntcreffe :  SRom,  $ari« 
unb  Sonbon  am  6nbc  be^^  XIII.  ^al^ri^unbert^  in  mongolifd^=fJ^rifc^er  Seleud^tung !  66 
ß.  t)on  3)obfc^üfe  ^at  berfclben  fd^on  ein  mic^tige«  3^9"^^  P*^  bie  ©efc^id^te  be^  SJeronifas 
bilbe«  in  ©t.  ^eter  entnommen;  unmittelbar  baneben  nennt  ber  ©^rer  ate  britte  3Rerf- 
toürbigfeit,  bie  man  il^m  in  ©t.  ^^Jeter  jeigte,  neben  bem  angeblid^  an  Slbgar  gefanbten 
Silbe,  unb  ber  cathedra  Petri,  „benälltar,  an  toeld()em  berÄöntg  berÄönige  bieJ^anb* 
auflegung  erhält  unb  arapror,  König  ber  Äönige,  bom  ^aj)a  genannt  toirb.    ©ic  fagen  (kj 


524  ^^iaOa^a  ^o^r  hti  ben  ^eiraertt 

nämlid;,  bafe  md)  (Sebctcn  ber  ,§crr  ^4}aj?a  ju  (cigentlid; :  mit)  feinen  f^iften  bic  Äronc 
nimmt  unb  i^n  bcfleibet,  b.  1^.  fic  auf  feinen  Rop\  fe^t,  foba^  ba^  ^rieftertum  über  ba^ 
Königtum  regiere,  toie  fie  fagcn".  3)a^  SBeitere  fel^e  man  einfttoeilen  bei  ß^bot,  bid  bie 
Don  ^,  ^ilgenfelb  angelünbiöte  beutfd^e  Überfe^ung  erfd^ienen  fein  toirb.  3"^3*^9ift^  ^^ 

6  Chron.  eccl.  be^  Sarl^ebräu«  ^oben  ätbbeloo«  unb  2am^  (2,  607)  auö  unferem  3ai^bal= 
la^a  Derfel^entlid^  ßoÄ  gemad^t  (ju  ©.  452  unb  565),  im  neuerfd^ienenen  Äotalog  ber 
berliner  93ibliot^ef  tvirb  ber  9lame  falfd^  3^^'^^^  gefd^rieben.  äfe  fein  2^obe^tag  toirb 
ber  13.  5Roö.  1317  angegeben,  in  ber  33iograj)^ie  „im  3a^r  1629  ber  ©riechen,  in  ber 
3lad)t  be^  ©onntag^:   „SD5ie  l^errlid^  ift  beine  SDäol^nung"  am  15.  im   anbem  lefd^." 

10  Seiber  ift  ber  Serfaffer  biefer  93iogra^^ie  nid^t  befannt.  @l».  9ltfiU. 

^ffV  bei  ben  Hebräern.  —  $gl.  MaimonideB,  Kiddusch  hachodcsch,  Sloubon 
1683  u.  b.  Xit.  De  consecrationc  calendarum;  Abrah.  bar  Chyiah,  Math,  techn.  chronol. 
of  thc  Hcbrews,  ed.  Hersc'h.  Philipowski,  Lond.  Longm.  1851;  Seb.  Muenster,  Calen- 
darium  Hebr.,  Hasil.  1527;    Junius,  De  anno  et  mensibuB  Comm.  ^ofil.  1550;    Selben, 

16  De  anno  civili  et  calendaiio  vet.  ecclesiae,  seu  reipubl.  judaicae  diss.  cd.  II,  Lugd.  Bat. 
1683;  Muler,  Judaeor.  anuus  lunae-solaris,  Gron.  1630;  Muucker,  De  intercalat.  variar. 
gentium,  C.  III,  Lugd.  Bat.  1680;  Reland,  Antt.  sacrae  vet.  Hebr.,  1712,  p.  391—406; 
3rabriciuS,  Menologium,  pamb.  1712;  ßang^auö,  De  mense  vet.  Hebr.  lunari,  Jenae  1713; 
S^ancI,  Diss.  de  calendario  vet  Hebr.,  Slltborf  1746;  3-  3).  SJiicöacUg,  Comm.  de  mensibus 

aoHebraeor.,  93renicnl774;  Id.,  a)iofaif(öeS  SRcAt,  1778,  IV  @.  168 ff.;  Dresde,  Anuus  judai- 
cus  ex  antiqu.  illustratus,  1766;  Bridel,  De  Tann^  juive,  Bas.  1810;  SBcnbauib,  gur  ©e* 
rctönung  unb  ®ef(ö  beS  jüb.  Äal.,  öerlin  1817;  ^Mtx,  |)anbb.  ber  mat^.  unb  Icdjn.  ©6ro* 
noiogle,  ©erlin  1825,  I  6.  477-537;  Sc^rb.  ber  ©öronol.  1831,  6.  202-221;  ©icfeler, 
e^ronol.  @l)nopfe  ber  4  eüang.  1843,  @.  4.S9ff.;  @cl)ffart^.  Chrono!,  sacra,  1846  @.26-80; 

25  ©umpac^,  Ucbcr  ben  altjüb.  Wol.,  ©rüffcl  1848;  ^at^o,  3).  ®runbiüge  ber  «XI.  S^ronol., 
©ilbcSöeini  1856;  bc  ©ctte,  ficörb.  b.  öebr..jüb.  «Ivdiäol.,  1814,  ©.  209-212.  4.  W.  1864, 
©.  236—239;  ©aalfd)«^,  3).  «Rofaif^e  9?cd)t,  2.  «.  1853,  ©.  396-406;  (Sipolb,  ^.  «Ifcr- 
tümcr  beä  33.  3Sr.  1866,  @.  452—460;  Äcil,  $)anbb.  b.  bibl.  5Ir* ,  2.  ?l.  1875,  ©.  367 
blö  372;  53incr,  ©ibl.  9?cal!üörlerb.,  3.  «.  1847,  I.  6.  530-533.  II,  @.  102 f.;     Sc^enfcl, 

80  »ibel'fiejifon,  1871,  III,  ©.  159-167.  468-473;  SRie^ni,  J&anbtüörtcrb.  b.bibl.  «Itcvt.,  1884, 
I,  ©.655-658;  9(b.  ©(fttpnrj,  3)er  jüb.  Äolenbcr  ^ift.  unb  oftronom.  untcrf.,  ©reSlau  1872; 
Opi^rt,  La  Chronologie  biblique,  1870;  3)IIImann,  Ucbcr  b.  Äalcnbcrwcfcn  ber  3öracntcn 
t)ür  bcm  bob.  (Syil,  ^onatSbcr.  ber  Äön.  'ißr.  «f.  b.  9ß.  1881,  8.  914—935;  ©enjingcr, 
©cbrftift^e  9(r(^äoIogic,  1894,  ©.  198—201;    iWowarf,  ße^rbu*  b.  ^ebräift^cn  ?lrd).  1894,  I, 

86  6.  215—220.;  ^Jiatt^e«.  3)ic  2relbaügc  ber  iSrael.  Könige,  8wX§  1895,  ©.  321-334. 

3)er  regelmäßige  Ärei^Iauf  ber  Slatur,  ber  burd^  oen  jäl^riid^en  SDäec^fel  be^  ©onnen^ 
ftanbe^  berurfad^t  toirb,  })at  [\d)  überall  auf  ber  Srbe  ber  SB3a^mel[^mung  aufgebrängt  unb 
bie  SWenfc^en  genötigt,  ba«  ^af)x  afö  toome^mfte^  S^^^^ft  "^^P  ^^^  ^0^  anjunel^men. 
SSäelc^e«  aud^  immer  bie  et^mologifd^e  Scbeutung  oe^  bafür  gebraud^ten  SBorte^  —  im 

40  ^ebräifd^en  h)ie  bei  ben  meiften  ©emiten  J^?«  _  fein  möge,  e^  l^at  urft)rüngKd^  ba« 
©onnenja^r  bejeid^net,  bie  ^tit,  nac^  beren  3lblauf  ©onne  unb  ©ternl^immel  bey  gleid^en 
©tanb  lieber  einnehmen  unb  biefelbe  3<*^^^8jit  auf  6rben  mieberfe^rt.  33iefe^  ©onnen- 
jal^r  ift  eine  9laturt]^tfac^e  unb  bal^er  allen  sBölfem  gemeinfam.  ©inen  beftimmten  Sln= 
fang  ^at  bie^  3^^^^  ^^^^f  bon  jebem  2:age  an  fann  man  eine  S^^r^^^^^i^^  red^nen,  tuie 

46  jeber  9Kenfd^  toon  feinem  (Seburt^tag  an  feine  £ebengial()re  xäl^It.  "Jinr  hjenn  nad^  einer 
3al^re^red^nung  ©reigniffe  batiert  Serben  foBen,  mu|  ein  beftimmter  3ö^^^'^ffl"0  f^f*- 
gefe^t  Serben.  3)a  beginnt  bann  bie  Serfd^ieben^eit  unter  ben  aSölfem,  inbem  je  nad^ 
ben  Äulturberl^ältnif[en  [xd)  l^ier  biefer  bort  jener  3«i*t>""ft  ^^^  3^^^^"fö"0  ^^^^  ^^' 
p^of^Un  l^at. 

60  3Serh)idEelt  tt)irb  bie  Sad^e  burc^  bie  93erüdEftd^tigung  bed  ^Ronblaufe^  bei  fel^r  bieten 
aSöIfern.  3m  ©urc^fc^nitt  nad^  29  2:agen  unb  faft  12'/,  ©tunben  toieber^olt  [xd^  bie* 
jelbe  Sic^tgeftalt  bcg  aWonbc«  (fbnobifd^er  5Konat),  im  Saufe  be«  3al^reg  alfo  jtoölfmal. 
aSon  einem  5Reumonb«s  ober  SSollimonbgtage  bi«  jum  anbem  bauert  eö  29  ober  ein  toenig 
öfter  30  i:age,  12  3Konbtoed^feI  betragen   im  33urd^fd^nitt  ein  hjenig  über  354'/,  2:age, 

55  alfo  ungefäl^r  113:age  Weniger  ate  ba«  faft  365  Vi  ^g«  ^Itenbe  ©onnenja^r.  SKer  alfo 
immer  12  üRonate  ate  ein  ^a\}x  reAnet,  toie  bie  mu^ammebanifc^en  3?ölter  tl^un,  giebt 
ba^  ©onnenja^r  auf,  unb  fein  3<*9^^"f<^"9  I^^f^  '"  ^^^^  -^3  3^^^^  rüdttoärt^  burdj^ 
äße  3ö^i^^3«tcn.  SQBer  aber  ben  3ö^S^if«^nföng  nad^  ber  ©onne  feftlegt,  belommt  leine 
gange  ^al)l  toon  3Ronbmonaten  inö  ^ofyc  unb  J^at  nur  feiten  ju  äleuja^r  einen  9Ronat^ 

60  onfang.  De^l^alb  l^aben  mandj^e  SBöIter  C^g^l>ter,  ^erfer)  bie  genaue  Serüdtfid^tigung  be« 
SKonbe«  aufgegeben,  fämtlid^e  9Ronate  gu  30  SCagen  gered^net  unb,  um  aWonatd*  unb 
3a]^re^nfang  jufammengu^ten,  nac^  bem  12.  SRonat  bie  5  bon  ben  365  flogen  bcd 


^r  tn  bett  ^eirSent  525 

Sol^re^  nod^  übrigen  ate  (Sröänjungötagc,  fifiigai  inayofxevai^  bcfonber^  oercc^nct.  Anbete 
l^aben  einigen  SRonaten  31  ^age  gegeben,  ben  12  jufammen  365.  Solche  3tvölfte(  bed 
©onnenjal^te^  j^at  man  jj)äter  „©onnenmonate"  genannt  mit  Slücffid^t  barauf,  bafe  bie 
©onne  barin  je  ein  3^^^^"  ^^  2:ierfreife«  burd^fc^reitet.  Slber  bie  ßinrid^tung  ftammt 
nid^t  böiger,  ba  bie  3^Wwwg  toon  getabe  12  SMonaten  im  Z^ifc  unb  bie  ©nteilung  be^  6 
lierlreife«  in  12  Seile  ftc^  nur  au«  bem  früheren  (Sebraud^  ber  SKonbmonate  enlärt. 
Sie  £iebräer  l^aben  tt)ie  anbere  ©emiten  bie  äRonbmonate  beibehalten  unb  ftd^  fo  geholfen, 
bafe  fie  bon  3^^  V^  ^^  ^'"^  9Jlonbtoed[ifeI  überfd^Iugen.  8lu«  ber  ßinrid^tung  be« 
ba^lonifd^aflvrifd^en  fiolenberd  fann  gefc^Ioffen  ipetben,  ba|  fte  aQemal,  toenn  nad^ 
6  äKonaten  bie  9iad^tgleic^e  nod^  über  ein  gelpiffe«  3Jla^  entfernt  ju  fein  fc^ien,  einen  3)lonat  lo 
ate  ©c^altmonat  av^zt  ber  SReil^e  red^neten.  ©o  tourben  bie  12  orbentlid^en  3Konate 
einigermaßen  fcft  im  ©onnenjal^r.  33er  ^ö^^^^nfang  abertoarb  innerhalb  getoiffer  (Srenjen 
l^in  unb  j^erg^cpoben  unb  bie  Sänge  be«  ^ci^x^  betrug  am  l^äufigften  354—355  bi^ 
loeilen  aber  bie  29  ober  30  Xage  eine«  13.  3Wonat«  mel^r.  SJlan  nennt  bie«  ^cS^x  „ba« 
gebunbene  ÜRonbjal^r",  aber  e«  ift  eigentlich  ein  ©onnenja^r,  beffen  2lnfang  ftet«  auf  ben  i6 
llnfang  eine«  aWonbmonat«  gerüclt  toirb.  6«  ift  ^hjar  in  feinem  einzelnen  ^  365  3:age 
lang,  aber  bod^  im  Durc^fd^nitt.  D^ne  3^eifel  ift  e«  burc^  lange  3^t  in  ©ebrauc^  ge* 
liefen,  ol^ne  baß  man  ba«  93ebürfni«  em^fanb,  c«  burc^  Serec^nung  genauer  ju  beftimmen. 
©olange  leine  genaue  33atierung  einzelner  3:age  bonnöten  toar,  reichte  eine  jiemlic^  rol^e 
Seoba^tung  baju  au«,  e«  gan^  genügenb  )u  regeln,  ba  bie  9tatur  felbft  t)orgetommene  20 
5Kißgriffe  lieber  au«glid^. 

3)aß  bie  l^ebräifqen  SWonate  SWonbmonatc  toaren,  toirb  betoiefen  burc^  ba«  geh)öl^n= 
lid^e  SBäort  für  SWonat  "^i^,  melc^^c«  eigentlich  „9leu^eit"  bebeutet,  bann  infonberl^eit  „ba« 
Sleulid^t  be«  SWonbe«",  unb  jur  SBejeid^nung  bc«  9Konat«  nur  toertoanbt  Serben  lonnte, 
loenn  biefer  ber  jebe«mal  mit  bem  9Jeumonb  beginnenbe  3€itöbfc^nitt  t»ar.  älud^  ba«26 
anbere  2Bort  n'n;:  begeic^net  ben  9Konat  al«  3Konbmonat,  ba  c«  mit  bem  aJlonbnamen 
n*:);  gufammenl^ängt,  unb  ber  3Ronat  ber  Slff^rer  unb  Sab^lonier,  ber  mit  bem  ent- 
fj)rec^enben  aff^r.  SBort  arhu  gel^eißen  toirb,  ebenfall«  ein  5Konbmonat  ift.  SlUerbing« 
^at  3)illmann  a.  a.  D.  ©.  929  barau«,  baß  ba«  altfemitifd^e  2Bort  h'T'  im  §ebräif(^en 
burc^  ba«  in  biejer  33cbeutung  nur  l^ier  gebröuc^^lic^e  '^^'jn  jtoar  nic^t  gang  berbrängt,  30 
aber  überwuchert  toorben  ift,  unb  barau«,  baß  in  ber  bem  Seric^t  be«  Äönig«buc^e«  über 
ben  Xempelbau  gu  ©nmbe  liegenben  Ouellenfd^rift,  mel^e  3  altl^ebräifc^e,  eigentlid^  mobl 
fanaanäifcl^e  3Ronat«namen  (2  baöon  lommen  auf  ))^önifi|c^en  Snfc^riften  bor,  bgl.  33111« 
mann  a.  a.  D.  ©.  925)  gebrandet,  ber  3Konat  n*!""  genannt  toirb,  gefd^loffen,  baß  bie 
3Konate,  toeld^e  bie  S^^^clitcn  in  Äanaan  tennen  lernten  unb  im  bürgerlid()en  Seben  aud^  35 
in  ®ebraud[!  nai^men,  eine  2lrt  bon  ©onnenmonaten  getoefen  feien,  unb  baß  be«{|alb  für 
ben  3Konbmonat,  ben  fie  i|^rer  J^fte  toegen  nic^t  gang  aufgaben,  bie  neue  Segeid^nung 
^""^  aufgetommen  fei.  äitlein  e«  tonnte  auc^  obne  folc^e  befonbere  Seranlafifung  ba« 
SBort  für  „Sieumonb"  unb  „5Konat«anfang"  bie  Sebeutung  „ÜRonat''  getoinnen  unb  gu 
einem  ©^non^m  öon  "*"!  toerben,  toie  rif»?  ein  ©^non^m  tjon  y''-?  getoorben  ift.  9li^t  40 
einmal  ba«  angune^men  ift  nottoenbig,  baß  ^^xatX  ben  SDionat  frül^er  nur  '«^nn  genannt 
unb  erft  in  Äanaan  ba«  5fi5ort  n-^-^  bagu  befommen  ^ätte.  ^5^^  *f^  ft^'^  ^^^^  Xocifc^ 
fd^einlic^,  baß  bie  Äanaaniter  ©onnenmonate  gel^abt  l^ätten,  ba  n*^'  bod^  fonft  nur  ben 
2Bonbmonat  bebeutet  unb  bie  in  gtoei  c^j)rifc$en  ^ufd^rif ten  (CJS  I,  1,  ©.  92  ff.)  bor« 
lommenbe  3^*i^'^^li"^"^u"9  (ober  s)  w^  nn-  cinn  ^^am  9?eumonb  be«  SWonat«  (S.  (ober  45 
^)"  bon  ^z\\(vx  bod^  too^l  richtig  in  novilunio  i.  e.  primo  die  mensis  gebeutet  toirb, 
nic^t  aber  „bei  bem  in  ben  (©onnen')3Konat  fatlenben  3Reumonb",  toeil  bei  gleichmäßig 
30tägigen  üRonaten  gtoei  SJcumonbe  in  einen  SKonat  fatten  fönnen.  gall«  burc^  bie 
berftümmelte  c^^jrifc^-'gried^ifd^e  ©ilingui«  bon  Sbalion  (CJS  I,  1,  ©.104  ff.)  toirflidb  be* 
toiefen  toerben  foDte,  baß  im  4.  3^^^^-  ^-  6^^^-  i»^  6]^J)em  ber  äg^ptifc^e  Äalenber  beiannt  so 
getoefen  fei,  toürbe  barau«  für  bie  eigentlid()en  Jjj^önilifd^en  ü)lonate  bodj^  nic^t«  gefc^loffen 
toerben  bürfen.  2)aß  auf  bie  3!ö^^e«geit  begüglic^e  3Ronat«namen  toie  bie  im  2li  bor« 
fommenben  fanaanäifc^en  nur  für  ©onnenmonate  gefd^ö))ft  fein  lönnten,  ift  nic^t  rid^tig. 
33ie  femitifc^en  a)}onbmonate  ftanben  feft  genug  in  ben  3öl^J^e«geiten,  um  fold^e  Flamen 
gu  erhalten,  toobei  e«  nid^t  auffallen  fann,  baß  e«  feinen  befonberen-  SRamen  für  ben  6& 
©d^altmonat  giebt;  unb  toenn  man  fagt,  ba«  93ebürfni«,  bie  3Ronate  gu  benennen,  muß 
älter  getoefen  jein,  al«  bie  älu«gleicj^ung  be«  SRonbial^re«  mit  bem  ©onnenja^r  burc^ 
fünftlic^e  Sered^nung  (33tllmann  a.  a.  D.  @.  927),  fo  mag  ba«  feine  Slic^tigfeit  l^aben, 
aber  man  fonnte  im  ©onnenja^r  3Ronbmimalf::|||||||hsriiK  ^  tünftlic^e  S3erecl(inung  gi» 
3lu«glci(^ung  gu  beuten  (f.  0.  3-  19)- 


626  ^a^r  iei  ben  ^eirftertt 

3lu(l^  btc  anbcrn  ®nmbc,  toomit  3)iflmann  (a.  a.  D.  030  f)at  betüctfcn  tooUcn,  ba^ 
bte  !anaanäifc|^cn  3Konatc,  bcren  fic^  ba^  alte  ^^xad  bcbicnte,  ©onnenmonatc  getücfen 
fein  müßten,  finb  ^infälKö.  33afe  in  1  Äg  4,  7  einfad^  bemetft  toirb,  bafe  jebem  ber 
12  £anbt)ö0te  ©alomod  einen  3Ronat  im  S^^tc  bie  Sieferungen  für  bte  föniglic^e  §of= 

6  l^attung  obgelegen  ^aben,  o^ne  ba^  bont  ©^altmonat  bie  Siebe  ift,  behjeift  nid^t«,  toeil 
c^  bem  (Srjäl^Ier  nid^t  auf  falenbarifc^e  ®enauigfeit  anfommen  lonnte,  unb  er  feine^toeg« 
fogt,  ba^  jeber  Sanbtjogt  aUjäi^rlid^  in  bemfelben  ?Konat  ju  liefern  gehabt  f)abc.  3)a^ 
man  im  gemeinen  Seben  bie  3)auer  be^  9Konatö  m  runb  30  3;agen  annahm  (30tägige 
Sraucrjeit,  3lu  20,  29;  I)t  34,  8  t)gl.  21,  13)  tft  nur  natürli^  auc^   beim  ©ebraud^ 

10  be^  9Ronbmonat^,  ba  biefer  ja  in  ber  guten  §älfte  ber  ^He  30  tägig  ift.  So  toerben 
ja  aud^  in  ber  ©intfluterjäl^lung,  obgleid^  ba  offenfid^tlid^  nad^  SRonbmonaten  gerechnet 
toirb,  5  SJlonate  aU  ein  löOtögiger  ^^i^öum  begeid^net  (®en  7,  11;  8,3.  4).  äud^  bie 
©inteilung  be^  3Konate<J  in  3  drittel  liegt  beim  5Konbmonat  faum  minber  naf)^  \vk  bei 
einem  au^na^mglo«  30tägigen  ©onnenmonat,  tvie  fte  benn    getabe   in  ber   nur  9Ronb= 

16  monate  fenncnben  ^riefterfd^rift  l^äufig  genug  Dortommt.    31m  toenigften  barf  gettenb  ge^ 

mad^t  werben,  ba|  fic^  in  ber  alten  Bpxad)^  „fogar"  ein  befonbere^  Nomen  temporale 

"^?  dixag  au^ebilbet  l^abe,  benn  bei  ber  Sebeutfamfeit  ber  3c^njö^l  l^ätte  ba«  g^c^e^en 

fönnen,  toenn  auc^  bie  3ä^I  ^^  2;age  im  SKonat  in  feiner  2Beife  barauf  ^ingetüiefen  ^ätte. 

©d^licfelic^   ift  e^  aud^  am  toa^rfd^einlid^ften  bafe  ber  Bearbeiter  be«  Äönig^buc^, 

aotveld^er  bie  fanaanäifd^en  ÜRonat^namen  in  1  ^g  6;  8  burd^  Seifügung  ber  fpätem 
3ai^lbejeic^nung  ber  5Konate  erflärt  l^at,  bie  ©lei^^eit  ber  alten  unb  neuen  3Konat^i 
rec^nung  toorau^efe^t  l^at  O^'th  unb  rr"'  »»erben  bon  il^m  md^t  ettoa  unterfd^ieben,  bgl. 
6,  1  mit  6,  37)  unb  j^mar  mit  ®runb. 

SlHer  SBo^rfd^ieinlic^feit  nad^  ^aben  bie  alten  gj^raeliten  im  bürgerlichen  Seben  bie 

26  SKonate  fämtlic^  nid^t  mit  ^x^^m  fonbem  mit  9?amen  benannt.  2)a^  nur  bie  4  Flamen 
n-n«  djh  „ä^renmonat"  (ber  erfte  in  bem  mit  bem  Senj  beginnenben  ^af)x^,  ©j  13,  4; 
23,  15;  34,  18;  2)t  16,  1);  "^T  C^in)  n-^:  ,,g3lummmonat"  (2. 9Konat,  1  Äg6.1.:]7); 
c^:nwNin  n«:;:  „3Ronat  ber  nic^t  toerfiegenben  Sac^e"  (7.  aWonat,  1  Äg  8,  2);  ^'»s  rrn-: 
„Siegenmonat"  (8.  SJlonat,  1  Äg  6,  38)  toortommen,  liegt  nur  baran,  ba^  in  ber  alten 

ao  Sitteratur  nur  nu  il^rer  Slennung  ©elegenl^eit  gegeben  ift.  Ob  bie  g^raeliten  mit  ben 
^^önifen  au^er  ben  bei  biefen  nad^getoiefenen  SJlonatgnamen  33ul  unb  gtanim  auc^  bie 
anbem  gemein  ge^bt  ^ben,  ift  nod^  unbetannt  (bgl.  3)illmann  a.  a.  D.  ©.  925  f.). 

3Kit  toelc^em  3)lonat  ba«  neue  3^^^^  beginne,  barüber  l^at  man  im  alten  3«rael, 
inbem  man  bie  3Konate  nic^t  nummerierte,  tool^l  feine  allgemein  feftfte^enbe  Slnfid^t  gehabt. 

36  SRan  l^tte  im  gemeinen  fieben  feinen  Sleuja^riStag.  SBenn  e«  toom  $erbftfeft  im  Dftober 
Reifet,  bafe  e«  gefeiert  toerbe  -2;^"  (*"^?ipP2)  r^«^?  „beim  «Umgang  (9(blauf)  bei^^a^re«", 
fo  tüirb  toieberum  bie  S^t,  h)0  bie  Äönige  jum  Ärieg  au^jujie^en  ))flegen,  ^t"*?"  rin'^'::^ 
„bie  Slüdffe^r  be«  ^ai^re«"  genannt,  2  ©a  11,  1;  1  Äg  20,  22.  26;  1  6l^r  20,  1; 
2  e^r  36,  10.    SWan  barf  bal^er  au«  jenem  Q%  23,  16;   34,  22  gebraud^ten  Su^brudE 

40  nic^t  fc^liei^en,  ba«  Saubenfeft  fei  gefeiert  Sorben  um  bie  3^i^  ^0  ein  Äalenberja^r  ju 
®nbe  gegangen  fei.  ©«  läuft  im  §erbft  t)ielmel^r  ba«  ab,  h>a«  im^tü^ling  neu  beginnt, 
bte  gute  fonnige  3al^re«jeit,  Wo  man  toanbem  fann,  bie  §erben  auf  ben  2:riften  Reiben, 
im  Äriege  bie  §eere  gu  5?elbe  gießen  (2  ©a  11, 1,  biefe  Deutung  be«  2lu«bru(f«  ift  tro^ 
ber  ©intoenbungen  t)on  ?ülattl^e«  fidler  ridf^tig),  bie  jäl^rlid^en  5^fte  gefeiert  toerben.    95a| 

46  ni<^t  bie  3a^re«5eit  be«  ©ommer«,  VTP-,  gemeint  ift,  tjerfte^t  fic^  t)on  felbft ;  e«  ift  ja  t)om 
„Sttl^te"  bie  Siebe.  Slber  bie  SDäod^en  be«  SBinterregen«,  ber  bie  meiften  ©efc^äfte  einiger^: 
mo^en  unterbrach,  tourben  mie  eine  ^aufe  im  3a^re«lauf  em^jfunben  unb  biefe  fd^ieb  bie 
Saläre  bon  einanber.  33iefe  ©c^eibung  h>ar  re^t  ungenau,  boc^  fonnte  fic  für  ba«  ge^ 
meine  Seben  eine«  93olfe«  toon  fianbleuten  lange  genügen. 

60  ^nht^  mu^le  bei  ber  2lu«bilbung  t)erti)irfelter  bürgerlid^er  3Ser^ltniffe  bie  ^ftfe^ung 
eine«  beftimmten  3;«^^^«fönge«  nötig  toerben.  3)a  nun  längft  bie  9lac^tgleic|^en  für  bie 
3lu«gleid^ung  be«  ^al^re«  mit  ben  9Ronbmonaten  ma^gebenb  getoefen  toaren,  fonnte  nur 
enttoeber  ber  9Jlonat  ber  Slad^tgleic^e  be«  grül^ling«  ober  ber  be«  .?>erbfte«  j^um  erften 
SKonat  gemad^t  toerben.    95eibe  ^ö^'^^nfänge  toerben  auc^  bei  ben  3«^<J^liten  gefunben. 

66  3Der  im  §erbft  fommt  feit  ber  3«it  Sle^emia«  unb  in  ber  ©intfluterjä^lung  ber  ^riefter* 
fc^ft  t)or,  für  ba«  alte  ^^xad  ift  aber  ber  Sö^'^^nföng  im  Seng  bezeugt. 

Bei  allen  im  Jt5nig«buc^,  bei  ^eremia  unb  S^ed^iel  bortommenben  Be^eid^nungen 
be«  3Konat«  burc^  bie  ^x^tx  toirb  ber  ^l^ling«monb  al«  erfter  gered^net.  ©benfo  fte^t 
e«  mit  ben  ßeitbeftimmungen  im  J)riefterlid^en  ®efe$,  toelc^e«  jübrigen«  6s  12,2  bie  au«^ 

CO  brüdtlid^e  Seftimmung  l^at,  ba^  ber  SRonat  be«  3lu«jug«  au«  %^j)ten  al«  erfter  i^u  jä^len 


Sfn^r  in  tot  ^eiräent  627 

fei.  3)ie  toon  SBcHl^auf cn  aufgeftellte  9Rcinung,  bafe  toor  bcm  @jtl  bcr  Slnfang  bc^  ^af)xtd 
in  ben  §crbft  gefegt  iporbcn  fei,  unb  bafe  3^^^^^  ^^  i*"  ßj'I  ^«^»^  ^^"  Sab^Ioniem  bie 
Slecl^nung  Dom  gfrül^ling  an  belommen  f)aU,  tva«  bann  für  ben  nad^eyilifc^en  Urfj)rung 
ber  ^riefterfd^rift  mit  in«  ^Ib  geführt  toitb,  ift  unl^altbar.  6«  fte^t  i^r  f4;on  entgegen, 
bö^  bie  nid^t  auf  foätere  §anb  jurütf jufül^renben  Datierungen  bei  ^eremia  unb  in  2  Äg  25  5 
betpeifen,  ba|  minbeften«  in  ber  legten  Mi  t>or  bem  ©ji!  fd^on  fo  gejäl^It  toorben  ift. 
©obann  bie  ©rtoägung,  bafe  gerabe  bie  Ipriefter   in   folgen  ©ad^en  nic^t  ju  Steuerungen 

E'  \i  ju  fein  pflegen.  ®a^er  ift  ber  Sa|  @t  12,  2  jhKir  ber  gorm  nad^  eine  SBer^ 
g,  fann  aber,  toelc^er  RÄi  aud^  immer  man  bie  ^riefterfdj^rift  jufd^reibc,  toom  ^er« 
berfelben  nic^t  mitgeteilt  fein,  um  eine  neue  5Konat«re(^nung  an  ©teile  einer  anbem  lo 
biö^er  üblichen  ^u  fe^en,  fonbem  nur,  um  j|U  erllären,  ba^  bie  t)on  ben  ^rieftem  bei  ber 
Seftimmung  ber  geftjeiten  angemanbte  3^'^^""9  ^^  SWonate  öon  5Kofe  l^errül^re.  ätHer« 
bing«  läfet  bie  Slngabe  merlen,  ba&  biefe  3^I^Iung  fic^  nic^t  toon  felbft  ;u  toerfte^n  fd^ien. 
©ie  lann  alfo  nic^t  im  allgemeinen  ©ebrauc^  getoefen  fein,  afö  bie  ^riefterfc^rift  ge« 
fc^rieben  toarb.  aber  e«  toar  aud^  feine  anbere  gemeinüblic^,  fonbem  t)ielmel^r  im  bürger«  is 
lic^Seben  gar  feine.  3Ran  l^at  freilid^  barin,  bafe  in  ber  ©intflutgefd^id^te  ber2.  SKonat, 
in  toeld^em  bie  ^lut  beginnt,  ber  2.  nad^  ber  §erbftnad^tgleic^e  ju  fein  fd^eint,  in  loeld^en 
ber  33eginn  ber  Stegenjeit  fäCt,  eine  ©J)ur  batjon  finben  U)oDen,  ba^  bad  ältere  '^^xad 
bie  ßerbftjö^lung  ber  iDlonate  gehabt  l^abe.  SlHein  e«  ift  biefelbe  ^riefterfd^rift,  toeld^e 
^ier  oiefe  3Konatgjäl^Iung  antoenbet,  unb  e«  erflärt  ftd^  ba«  t>oÜfommen  au3  ber  3[5orau«s  20 
feftung  be«  ©d^riftfteller«,  ba^  bie  üon  ber  5^^Iing«nad{>tgleic^e  an  erft  bon  ÜRofe  einge^ 
fül^rt  Sorben  fei,  Dörfer  alfo  bie  bon  ber  §erbftglei(^e  an  üblid^  getoefen  fein  müf[e.  JJür 
einftigen  Seginn  be«  l^ebräifc^en  ^af^xc^  im.§erbfte  fü^rt  man  aufeerbcm  jene  Seftimmung 
be«  Sunbe^bud^eö  an,  bafe  ba«  §crbftfeft  beim  äblauf  be«  ^af}x^  ftattfinben  foUte,  f.  0. 
©.  526  ,B8.  3)er  äu^brudE  betoeift  jebocf^,  toie  toir  fc^on  fallen,  nid^t«  ^ier^r,  unb  aufeerbem  26 
lönnte  ba«  3a^  toenn  nid^t  Dofn  grü^jalj^r  an,  nur  üom  §erbftnac^tgIeic^enmonat  an  gc* 
red^net  toorben  fein,  toie  e«  in  ber  ©intfluterjä^lung  gejc^iel^t,  bann  aber  h)äre  ba«  Sauben« 
feft  nid^t  anö  ßnbe  be«  Iga^re«  fonbem  in  ben  erften  3Konat  beö  neum  gefallen.  (Sbm 
be«  Saubenfefte«  am  ^al^re^enbe  toegen  fann  auc^  nic^t  auö  bem  5Pofaunmblajen  am 
1.  be«  7.  aRonat«,  toeld^e«  ba«  >)riefterlic^e  ®efeft  öorfdireibt,  Se  23,  24;  9?u  29,  1,  ge^ao 
fd^Ioffen  loerben,  ba^  ba«  früher  ber  ^leuja^rgtag  gemefm,  ober  aar  barau«,  bofe  nad^ 
2e  25,  9  ba«  gobelja^r  am  10.  lag  be«  7.  3Konatd  burc^  $ofaunen  angefünbigt 
toerben  foll,  ba^  biefer  lag  einmal  ber  Sieujal^^tag  getoefen  fei  (SDäeDl^aufen,  ^)>%f) 
XXII  ©.  137). 

2luc^  für  bie  g^i^^c  ber  5tönigc  ift  feine  anbere  Slec^nung  ate  bie  toon  J^'^^ja^r  35 
ju  ^^jal^r  nad^jutoeifen.  2öenn  ^tx  25,  1  Da«  4.  3^^^  S^^i^R*"^  ^^^  1-  Sl^bufab« 
ne^ar«,  2  %  24,  12;  (t)gl.  23,  36;  24,  8)  ba«  11.  ^ojafim«  bem  8.  9lebufabnejar« 
gleic^gefteUt  ift,  unb  toiebemm  ^tx  32,  1  ba«  10.  gebefia«  bem  18.  S^ebufabne^ar« 
unb  2  Äg  25,  2.  8;  ^er  52,  12  beffen  19.  ^alj^r  bem  11.  3ebefia«,  fo  erfc^einm  bie 
jübifd^m  Äönig^jal^re  ben  babi^lonifd^en  ^jaraDel,  bie  im  grü^ling  begannen,  ällerbing«  40 
toirb  3^  46,  2  bie  ©Alac^t  bei  Äarfemijd^,  bie  im  lefeten  ^a^x^  9Jaboj)olaf[ar«  ftatt« 
gefunben  ^at,  in«  4.  ^iapr  ^ojafim«  gefegt,  unb  barau«  fc^lie^t  2)itlmann  (a.  a.  Ö.  ©.  923), 
ba^  ba«  jübifc^e  Äönig^ja^r  mit  bem  §erbft  begonnen  l^abe,  ber  änfang  öon  9?ebufabnes 
jar«  1.  3ö^t  alfo  in  bie  3Kitte  be«  4.  ga^re«  Sojafim«  gefallen  fei.  3)ie  oben  ange« 
führten  ©^nd^roni«men  toürben  bem  ni^t  toiberfj)rec|^m,  toenn  bie  ertoäl^nten  ©reigniffe  46 
alle  in  ben  ©ommer  gefallen  finb.  äöiberfpmc^  ergebt  aber  ber  Umftanb,  bafe  in  2  Äg  25 
unb  oft  bei  3^^"^i<*  "^^  Äönig^ja^rcn  unb  ijugleic^  nai)  5Konaten,  bie  öom  grüijfling  an 
ge^ä^lt  futb,  batiert  toirb,  toa«  gan^  unnatürlich  fein  toürbe,  Wmn  ba«  Ä5nig«ja^r  fec^ 
aJlonate  f^jäter  begonnen  ^ätte.  3)al^er  toirb  bcr  ©^nd^roni«mu«  3^  46,  2  für  unrid^tig 
^u  galten  fein,  unb  ba  ^ier  ^{ebufabnejar  ungenau  fd^on  al«  5^nig  Don  ä3abel  be^cic^net  60 
toirb,  fo  erflärt  fid^  barau«  bie  c^ronologifd^e  3rmng  je^r  leidet.  (Sbenfotoenig  lann  bie 
angäbe  2Äg  22,  3 ff.;  23, 22  ff.,  bafe  im  18.  ^a^r  be« Sofia  ba«®efe$bud&  aufgefunbm, 
alle«  ©ö^entoefen  Vertilgt  unb  fc^lie^lic^  ein  $affa^  gefeiert  toorbm  fei,  betoeijen,  ba^ 
Sofia«  18.  ^al^x  im  §erbfte  begonnm  ^abe.  3)enn  ba«  3)atum  bon  23,  22  f.  ftammt 
nic^t  au«  alter  Quelle,  unb  e«  ift  unfc^toer  an^unel^men,  baft  ber  Srjäl^Ier  in  ber  Se«  66 
trad^tung,  bie  er  ba  aufteilt,  ba«  Datum  toon  22,  3  toieber^olt  1^,  ol^ne  m  bebenfen, 
ba|  ba«  ^affa^  erft  in  ba«  folgmbe  ^a})x  fallen  fonnte.  '33iefe  ätnna^me  ift  nottombig, 
toeil  bie  Sluffinbung  be«  33ud^e«  nad)  ber  au«  LXX  ju  toertoollftänbigenben  ätngabe  22,  :* 
im  8.  3Wonat  be«  18.  ^a^re«  be«  Sofia  ftattgefunben  l^at.  (Sin  ^affal^  fonnte  aljo  im 
felben  '^oüjxq  in  feinem  gaHc  me^r  gehalten  toerben.  «> 


528  ^fft  bei  bett  ^ebratrtt 

Sitte«  \px\d}i  alfü  bafür,  ba^  bag  alte  ^^xaA  in  früherer  Wk  in  ft)äterer  3cit,  toenn 
e«  über^au))t  bic  3)lonate  jä^Ite,  fte  bom  ^bling^monb  an  gc^ä^lt  l^at.  @ine  äieränbe^ 
rung  ift  nur  barin  gefd^e^en,  ba^  gegen  6nbe  ber  Äöniggjeit  bie  Flamen  ber  SKonate 
au^er  (Sebrauc^  gefommen  unb  bie  S^^^ng,  bie  bi^l^er  nur  im  j)riefterlic^en  geftfalenber 
6  gebräuc^üc^  gelpefen  tvar,  in«  bürgerlid^e  geben  übergegangen  ift.  @«  (ägt  ftd^  ba«  fc^tper- 
Ixd)  anber«  emären  al«  au«  bem  gunel^menben  (Sinflu^,  ben  bie  ))riefter[i4e  Xora  auf 
immer  Weitere  Äreife  be«  3Sol!e«  gemonn. 

Ob  bie  3legierung«ial^re  ber  Äönige  fc^on  feit  3)abib  nad^  einer  feften  Siegel  t)om 
3lbib  an  gerechnet  Sorben  fmb,  ift  aber  immerl^in  fraglic^,    33iellei(^t  ift  bie  Unfic^erl^eit 
10  ber  (E^ronologte  ber  jtönig«geit  mit  baburc^  berfd^ulbet,  ba^   längere  ^cxt  l^inburd^   ein 
ungenaue«  unb  fc^toanfenbe«  Serfa^en  hierbei  beobachtet  toorben  ift 

3la(i)  bem  @{il  famen  attmä^lic^  bie  bab^lonifd^en  3Ronat«namen,  toelc^e  unter  ber 
^erftfd^en  ^errfc^ft  in  gana^SSorberafien  amtliche  ®eltung  erlangt  Ratten,  auc^  bei  ben 
3uben  in  ©ebraud^.  3m  Suc^e  ©ac^arja  (1,  7;  7,  1),  loo  fie  neben  ber  Segeid^nung 
16  be«  SKonat«  mit  ber  ^af^l  ftel^n,  bürften  fie  fpäter  eingejeftt  fein,  aber  9le^emia  gebraucht 
nur  bie  9Jamen;  aud^  in  ber  6«ra  6,15  angefül^rten  aramäifc^en  Cuette  ftel^t  ein  fold^er. 
Slu^erbem  lommen  bie  Flamen  im  (Sftl^erbu^  bor,  too  aber  erflärung«n)eije  (toie 
barau«  ^erborge^t,  ba^  e«  9,  15.  17.  19.  21,  too  noc^  bom  felben  aWonat  bie  Siebe, 
bejfen  ^oiS^l  9,  1  angegeben,  unterlagen  toirb)  bie  Q^f^l  beigefügt  ift.  ®«ra  (f.  6«r  8, 1) 
20  unb  ber  Sl^ronift  ^ten  fid^  an  bie  im  ®efe$  angeorbnete  S^l^l^^d^d^nung  ber  SJlonate. 
Die  SRamen,  toelc^e  bie  ^uben  bi«  l^eute  im  ®ebraud^  bel^alten  l^aben,  fmb  biefe: 
"    "'    ""  $Re^  2,  1;  eft^.  3,  7. 

Jarg.  bon  2  6^r  30,  2. 
eftl&.  8,  9. 
26  T''^2n  ,,        Düzu  3:arg.  jer.  j.  ®en  8,  5. 

„      „    „  SRu  20,  29;  2  eft^..3:arg.  3,  7. 
3lti)  6,  15  (1  aJlal  14,  27). 
2:arg.  jer.  j.  £e  23,  24. 
„        „    „  2)t  11,  14  (Joseph.  Antt.  1,33 
80  MnqoovdviK). 

Sle^  1,  1;  ©ac^  7,  1  (1  üRat  1,  54). 

eft^.  2,  16 

©ad^  1,  7  (1  aJlat  16,  14) 

eft^.  3,  7;  8,  12  (2  mal  15,  37). 

s'*         33ie  3Ronat«anfänge  tourben  oj^ne  S^eifel  in  biefer  h>ie  aud^  in  ber  altem  3^it  nad^ 

ber  Beobachtung  be«  SReulid^te«  beftimmt.    ©eit  ioann  inbe«  bon  Slmt«  toegen  burd^  ba« 

©Vnebrium,  menn  am  äbenb  be«  29.  ber  SRonb   gefe^en  toorben  toar,  befannt  gemad^t 

toarb  (burd^  'geuerfignale,  f))äter  burc^  Soten),  ba|  nunme^  ber  neue  SKonat  begönne 

unb  bem  borigen  nur  29  iage  jufämen  (bgl.  Sb  VI  @.  17, 37  ff.),  ift  vXi^i  feftauftellen, 

40        eine«  ©c^altmonat«  gefd^ie^t   aud^   in  biefer  ^txi  nid^t  (Srtoä^nung,   unb   e«  fte^t 

bai^in,  ob  bie^uben  fd^on  bamal«  au«f4liefelid^  einen  2.  «bar  p'iw^i,  ^:ü  ^-TwS,  ™nrn  •.><) 

ol«  ©c^altmonat  gehabt  l^aben  ober  gleid^  ben  Bab^loniem  gelegentlich  aud^  einen  2.  @tul. 

äBann  eine  (Sinfc^altung  ftattfinben  fottte,  j^at  in  {))äterer  ^Äi  ba«  ©^nebrium  beftimmt. 

g^clifc^e  Sered^nung  biefer  3)inge  ift  erft  in  nad^i^riftlid^er  ^^zxi  eingefülj^rt  ioorben. 

^         3"  ^^  >)erfifd^en  3rit  finbet  fi^  auc|^  Slnfe^ung  be«  3laf|re«anfang«  auf  ben  1.3:ifd^ri. 

8lu«  9Je^  2,  1  bgl.  mit  1,  1  gel^t  l^erbor,  ba^  bie  ^a)^x^  ber  j)errtfd^en  ®ro^fönige  fo  ge= 

rechnet  tvurben.    6«  tann  fein,  ba^  fd^on  bon  ber  3^'^  ^n  biefer  1.2^g  be«  7. 3Honat«, 

ber  längft  ber  burc^  ^ofaunenblafen  bor  anbem  au«gejetd^nete  Sieumonb  gemefen  toar 

(Se  23,  24;  5Ku  29,  1  bgl.  0.  ©.  527,29),  al«  toeltlic^e«  9leuia^rfeft  gefeiert  toorben  ift, 

wtüogu  ber  Umftanb  mit  Sßeranlaffung  gegeben  ^aben  fönnte,  bafe  an  bemfelben  ^Eog  bie 

aSerlefung  be«  ®efe^e«  burc^  e«ra  ftattgefunben  ifai,  9le^  8—12.    9Jac^  e«r  3,  6  ^tte 

auc^   unter  ©erubbabel   unb  ^ofua  bie  33arbringung  be«  95ranbot)fer«    am  1.  3:ag  be« 

7.  SWonat«  hJteber  begonnen.    SBal^rfc^einlid^er  ift  e«  aber,   ba^  erft,  feitbem  bie  3uben 

unter  ber  f^rifc^en  ^errfc^aft  nad^  ben  im  $erbft  beginnenben  ©eleucibenja^ren  ju  rechnen 

w  beranlafet  toaren,  ber  1.  3:ifc^ri  ein  9leuia^r«feft  bei  il^nen  getoorben  ift. 

3a^re«geiten  unterfc^ieben  bie  Hebräer  (nic^t  6,  mie  man  früher  hjo^l  au«  ®en  8, 22 

fd^lofe,  fonbern  nur)  jmei:  TP.  „©ommer"  unb  q^n  „2Binter",  ®en  8,22;  «m  3,  15; 

3ef  18,  6;  Baij  14,  8;  ^f  74,  17.    3ene«  ift  bie  l^eifee  unb  trodfene,  biefe«  bie   nafie 

unb  fü^le  §älfte  be«  ^ö^re«.    ©c^arf  gegen  einanber  abgegrenzt  ^at  man  fie  getvife  nid^t 

^  Die  regenlofe  ^zii  bauert  in  ^aläftina  bon  Slnfang  9)lat  bi«  @nbe  Dttober,   ober  mm, 


•p;=. 

aff^rilc^ 

:  Nisänu 

"^;^ 

fi 

Airu 

n 

Simflnu 

Ti'Jsn 

ft 

Düzu 

nx 

n 

Abu 

5i^i< 

ff 

Ulülu 

•    :    • 

n 

TiSrltu 

•ji^n*:?: 

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Arah-gamna 

nbc3 

ff 

Kis(i)liinu 

^ii^. 

n 

'l>b6tu 

^?p 

ft 

Sabätu 

^'^^i 

ff 

Adaru 

Süffx  bei  bttt  ^cirSent  ^fft^t  529 

^t  bod^  hjo^l  fc^on  bic  ^^\t  bcr  S>)ätrcöcn  im  ^^ling  jum  Sommer  gcred^nct,  unb  . 
anbererfcit^  ift  barau^,  ba^  ^\ob  (29,  4)  bie  3«^   f^»"«^  •11"  jurüdje^nt,   gu  fc^lie^en, 
bafe  gum  cjnn  bie  Srntejeit  be^  §erbfte«  gered^net  Serben  f onnte.    2lu^  ©})r.  20, 4  fd^eint 
bafür  gu  fjprcdj^en  unb  bie  ©t^mologie  fogar  gu  bciücifen,  ba|  ba«  2Bort  üon  §aufe  au^ 
gerabc  ben  §erbft  bejeid^inet  l^at,  ba  bie  SBurjel  ^"n  ,,abj)flü(fen"  bebeutet.  r, 

JBi(^e(m  ü2o4« 

3^a^lic,  3^^olia.  —  ßittcratuv:  3m  oDgemcincn  Ocfcniu«  im  SOefauruS,  Ö^Icr 
in  bcv  1.,  5)cli&f(^  in  bev  2.«ufl.  bicfcv  (Sncl)!!.-  (gd^ober  in  ©djcufelS  «ibellcj.  ITl  117  ff., 
foiüic  bic  Sdörbildjcr  ber  alttcft.  ^^cologic.  —  8uT.  ^ßetruS  ©alotinuS,  De  arcauis  catho- 
iicae  veritatisl518;  @licr,  fielirgebäubc  ber  ^ebr.  8prQd)e ;  4)i)IcmQnn.  ^ibelftubicn  1, 1859;  10 
Äü^Icr,  De  pronunciatione  sacros.  Tetragrammatis  1867;  Driver,  Rcceöt  theorics  on  the 
origin  and  natura  of  the  Tetragrammaton  in  Studia  biblical,  Cjforb  1885,  p.  1  ff.;  ^aU 
man,  5)er  ©ottcönome  ^Tbonnj  u.  feine  ©efcftidjtc  1889;  3)iDmQnn  9?l)ficl,  ^Syobuö  u.ficiniifuS' 
1897;  3)iclri*  an  a)eUM*.  Ucber  ben 3Q^uc»9?amen 3Qt5B  111(1883),  ©.  280ff. ;  IV (1884), 
6.  21  ff.;  Gb.  Äönig,  5)ie  formell  genet.  ©et^felbcjic^untj  ber  beibcn  Wörter  3abuc  unb  16 
So^u  SqX®  XVII  (1897),  6.  172  ff.  —  3u  II.  De  Lagarde  Psalterium  juxta  Hcbraeos 
Hleronymi  1874;  be^f.  Orientalia  1879  f.  II.;  bc§f.  Ueberfidjt  über  bie  ^iominnlbilbnng  im 
4>ebr.  :c.  1889;  o.  iBoubiffin,  ©tubien  jur  fem.  SReligionSgefd).  I  (1876),  @.  181-254; 
a)riocr  (f.  o.);  W.  Rob.  Smith,  The  prophet«  of  Israel  etc.  1882;  9?cftle,  3)te  iSrocl.  (Sigeu* 
nomen  1876;  .Berber,  3)ie  religionggefd).  SBebeulung  ber  ftebr.  Eigennamen  1897;  .^oljinger,  20 
Einleitung  in  ben  ^ejatcnd);  Ewalb,  ©lobe  unb  SBcÜljaufen,  ®c|Äid)le  S^i^oelS  bcjm.  i§rael. 
unb  jüb.  ®ef(^.;  ©cD^aufen,  ©üj^cn  unb  S3orarbeilcn  III  (JRefte  arab.  4)eibent.'  1887); 
Sdjraber,  Äeilinfd)r.  u  «X  1872  u.  1883;  a)elifef(^,  Söo  lag  t>n^  $arabie«?  1881;  ^iin*c§ 
in  Proceedings  of  Society  of  bibl.  Archaeol.  XV  (1892),  13  ff.;  ^il^.  9Kaj.  9Küacr,  ^IHcn 
unb  Europa  k.  1893;  ©indler,  ®efd).  ^^x,  @.  36 ff.;  4)ommeI,  9(Itiör.  Uebcriieferung  1897;  26 
berf.  in  Expository  Times  1899  ©.  42;  «.  ©.  6at)ce,  ebenba  1898,  6.  522;  Jicic  in  2:^coI. 
lijbftr. XVI  (1082),  @.262ff.;  «ß^Uippi  in  3tidjr.  f. 58öIferpfV)d)oI.  ?c.  XIV  (1883),  ©.  175  ff.; 
Ähicnen,  »oIlÄrclig.  unb  SScItrcIig.  1883,  @.  307 ff.;  3Ä.  3oftroiü  in  8e»*fcftt-.  f.  ?lffl)riol. 
X  (1896),  ©.  222  ff.  (Ilubidi  =  Jaubidi?)  u.  3at5B  XVI  (1896)  @.  1  ff.;  Eb.  Äöuig  in 
9it3  X  (1899),  6.  703  ff.  (Sioci  ©vunbl^atfatften  in  ber  ®cfd)id)le  bc§  3aljücglanben§) ;  so 
yWein^oIb,  ^ic  ^nfönge  bcr  i^racli.  JHeligion  u.  ®cf(ftid)te  (^ibcr  ben  ticingtaubcn  I)  1895; 
0.  Orelli,  ^oSfcIbe  in  9ll(g.  eu.'Iutl)..  ^ird)enjeitg.  1895  9?r.  10 ff.;  9(0tuad,  3)ie  Entfte^ung 
bcr  iSracf.  SRcIigion  1895;  Stabe.  3)le  Enlflci^ung  beS  S$oIfc§  3§racl  1897;  SBnbbc,  ^ic  9Jc- 
ligion  be§  35oIfc§  3^racl  k.  1900. 

lleberfid)t.   I.  ^luSfpradjc  oon  mrtr  1.  ^ic SSofalifation  unb  ?fu8fprarf)c  bcr^})?n*36 
fora.    a)  ti^r;  nid)t  bie   uvfprünglidje  53ofali|alion.    b)  a)ie  9(u^fprad)c  3eI)ooa.    c)  Eiflfi* 
rung  ber  ^unttation  rrin\    d)  nin*;  unb  t^it7>  —  2.  ^^ic  urfpvünglidje  9(u«fpva(^e.  a)  ^a§ 
«hefte  3eugniö.    b)  ^aS  ScugniS  beS  9l^§.    c)  Spätere  au6erbiblifd)e  8fWÖ"UK- 

II.  SBebcutung    unb  4>er!unft  oon  ^nn\    1.  3)ie   alttcft.  Uebcriieferung.    a)  3)a8 
S3crWItni8  oon  trin"'  ju  rsirr.    b)  !3)ic  ©teUe   Ei*  3,  14.  —    2.  Slbleitnngen  über  Ei'  3,  14  40 
hinaus,    a)  ^nti"  alö  JE)ifiIform  oon  l}ebr.  tiin.    b)  3)o^ietbc  alS  ICal  ober  ^ifil   oon   nva^ 
bift^em  JTT:    {''fn).    c)  S)a§fclbe    babi)Ionifd)=fumerif(6.    d)  3a()0c   ein   Steniiergott?    Dbcr 
ein  alt^ebröiftfter  Sinaigott? 

3)a^  l^cbräifc^e  SBort  "i""  bejeid^inet  im  SIX  ben  Eigennamen  ®otte^  be^li\  be^ 
®otte^  S^ractö.  3)ie  ^ubcn  nennen  bcö^alb  biefen  (Sottcenamcn  "5ni-»7:rj  a-ij  =  bcr  45 
(biefem  ®ott  im  Unterfd^icb  toon  allen  anbeni  ®öttem)  cigentümlid^e  9Jante,  aud^  ^'^ 
rj;;r;  =3  bcr  9Jame,  ber  ba^  SDäefen  ®otte^  (nic^t  blofe  eine  Eigcnf^aft)  au^brürft,  cnb- 
lid^  'ö*;'is7:rj  nc  =  ber  beutlid^  b.  f).  o^ne  Umfc^reibung  au^ejJ)roc^ene  5Jamc,  bcr  alfo 
nid^t  toie  ba^  '"'ss  (arabifc^  Kunja)  einen  Wofeen  Seinamen  ober  ein  e^renbe«  6j)itl^eton 
(getö,  J^err  u.  bgl.)  barftetlt,  fonbern  bie  ^erfon  unb  i^r  ®efen  unmittelbar  bietet;  togl.  60 
baju  3)alman  a.  a.  D.  ©.  52  f. 

I.  3)ie  Slu^f^^rad^e.     SBie  fmb  bie  Ronjonanten  ""'"''   ju  j)unltiercn  unb  au^ 
jufrrcc^en  ? 

l.  l>ofaIifation  unb  ^\x^\pxad)t  ber  3Rafqra.  35cr  maforetifd^e  %^  be« 
811^  bietet  befanntlic^  faft  burd^toeg  bie  aSofalifation  ^T^^,  unb  nur  gclegentlid^  ^i^?:-  66 
3)ie  le^tere  Schreibung  enthält,  toie  ber  erfte  33UdE  erfennen  lä^t,  bie  SBofalc  toon  dT'^^?. 
Sie  treten  burd^gcl;enbg  ba  auf,  ioo  bem  3iamen  nin-'  ba«  SBort  ^t^^,  Dorange^t 
(ber  §err  "*^^  fiutlj^er:  ber  §eit  ^en).  ©c^on  biefcr  Umftanb  lä^t  ijermuten,  bafe  bic 
üblid^e  Sßofalifation  toon  nnn-'  in  einem  engen  l^erl^ältni«  ju  berjenigen  öon  "'3'^«  ftd^^en 
loerbe,  fonft  toäre  fie  nid[!t,  fobalb  "^^-w  fefep  DorangeJ^t,  jum  SBcic^en  genötigt  tDorbcn.  eo 
3Birb  baneben  ber  Umftanb  ge^alten^  b^  bg^^ofoteüfd^en  Siofaiejbon  n-irt*'  benen  iMm 
"='^ö<  na^e  tocrtvanbt  fmb,   fo    ""   '        """  ^ 

»eaI«(^nct)r(opfibie  für  Zf^toto^i  \ 


lODoiD  "•'^«  \m\i  Dorangcyi,  jum  ^üscic^en  genongi  rooroen.  eo 
gebalten,  boB  bttjyiofotetifd^en  Siofale  Don  n-in*'  benen  iMm 


530  dfol^ne 

l^anbcn,  ba^  in  bcr  ^ai  ""»^^  toon  bcn  SWaforcten  mit  bcn  SSofalcn  toon   ""-"^^   t)etfcl^en 
toorben  fei.    Dicfc  SBaMd^einlid^Ieit  läfet  ftc^  jur  ©etvife^cit  ergeben. 

a)  ^unäd^ft  lä^t  fio)  ertüeifcn,  bafe  bie  maforetifc^e  SSofalifatton  ^"j^*:  nic^t  bie  ur^ 
f^jrünglid^ic  unb  rid^tigc  älugf^jrad^c  be^  2Borte«  ^i^''  miebcrgiebt,    I^eoboret  (um  450 

6  n.  G^r.)  bcrid^tet  in  Quaest.  XV  in  Exod.  (%l  %\dh,  ^ticopla  l,  90  ju  (£5  6,  3) 
über  "1^" :  "O  ydg  xdig  TtaxQiAQxaig  ovx  idi^kcoaev  dvo/Lia,  tovto  qvtco  —  bem 
5Kofc  —  dfßov  bioitioev.  *B^  yäq  ngbg  avrov'  lyo)  elfxi  6  i7)v'  rovro  de  nag 
Eßgaioig  äq)gaaTOv  ovojudCetai'  äjieiQrjrai  yäg  avröig  rovro  diä  rrjg  yXwrrrjg'  tiqo- 
wigeiv.    rgd(perai  dk  diä  rwv  reoüdgcDv  oroiyeioyv*  dio  xal  rergaygd/u/Liarov  avro 

10  Uyavoiv .""...  ^ieraug  erfel^en  Xoxc,  bafe  ju  xl^eoboret«  3^'^  ^^^  3uben  ben  beiligen 
5Kamen  jtoar  f einreiben  —  unb  jtoar  afö  3:etra0rammaton,  alfo  "i""  — ,  aber  nid^t  au^ 
ft)recl^en  bürfen.  3)a^  ba«  3:etraaramm  ntc^t  allein  in  l^ebräifc^en  33üd()ern,  an  bie  ^to-- 
boret  l^ier  bcnfen  mag,  fonbem  felbft  in  Überfc^unflen  fid^  tocr^ältni^mä^ig  lange  erJ^olten 
l^at,  beh)eifen  un«  Drigene«  unb  §teron^mug  unb  toetter  gurütf  bie  tjororigeniftijc^en  grie^ 

15  d^ifd^en  Sibelüberfc^er.  §ieron^mug  ertDäJ^nt  in  feiner  befannten  Praefatio  Regnonim : 
Nomen  Domini  tetragrammaton  in  quibusdam  graecis  voluminibus  usque 
hodie  antiquis  expressum  literis  invenimus.  ^yx^izxi^  fagt  er  t)on  bem  Xetra^ 
grammaton :  quod  quidam  non  intelligentes  propter  elementorum  similitudinem, 
cum   in  graeeis   liberis   reperirent,    PIPI   legere   consueverant  (ad    Marcell. 

20  Ep.  13G),  tDorau«  ^erborge^t,  ba^  er  §anbfd^riften  in  {|ebräif(^er  Duabratfd^rtft  t)or  fid^ 
l^atte,  bei  toelc^er  l^ebr.  ^"J""'  jumal  bei  nic^t  befonber^  genauer  ©d^reibung  (ögl.  j.  83. 
ben  Petersburger  ^ro})l^etenfobej),  toenn  eS  in  gried^ifc^e  Umgebung  {^erüöergenommen 
hjurbe,  fel^r  leicht  Don  Unfunbigen  afe  gried^ifc|^eS  nitll  gelefen  Serben  fonnte.  Dri- 
geneS  aber  fagt:  ^Ev  roig  äxgißeorigoig  de  r(bv  ävnvgdq?o)v   ^Eßgaioig  ;i^a^axT?y^o( 

25  xeTrai  ro  dvouap  'Eßgai'xoig  dk  ov  rolg  vvv,  dXXa  roig  ägxaiordroig  .  .  .  MSG 
XII,  1104).  2)emnad^  l^at  DrijeneS  entlüeber  noc^  §anbfd^riften  in  alt^ebräifd^er  ©<^rift 
über^au))t  Dor  fid^  gel^abt,  ober  iebenfatt«  folc^e  Duabratfc^rift^anbfc^riften,  in  bencn  baS 
3:etragramm  nod^  in  altl^ebräifd^er  Schrift  erhalten  toar.  DrigeneS  felbft  aber  fc^eint  in 
ber  Umfc^reibung  be«  l^ebräifd^en  2:ejte§  in  gried^ifc^e  Suc^ftaben,  ber  eine  Äolumne  feiner 

80§e£a})la  ausmalte,  f^on  ^i^""  in  Duabratfc^rift  eingelegt  m  ^aben,  toorauS  fj)ätere 
aibfd^reiber  nilll  machen,  bgl.  bie  ^tjcopla  ju  aKa  2,  13-  5Pf.  71,18  u.  a.,  aud)  gu 
^Pf  25,  1  unb  3ef  1,  2  bie  2lnmerlungen  bei  gielb,  fotoie  35alm.  a.  a.  D.  ©.  37.  ä^n= 
lid;  toirb  eS  ftd^  mit  3lquila,  ©^mma(|uS  iinb  2!^eobotion  DerJ^alten*  itjal^rfd^einlic^  ift 
DrigeneS  il^rem  ©rauche  gefolgt.    3Sgl.  nod^  über  ben  ©ebraud^  Don  77/77/  bie  Ronfor« 

86  banj  Don  Hatch  and  Redpath.  2)er  Umftanb,  bafe  in  LXX  gelegentlich  777///  neben 
xvgiog  erfc^eint  (f.  j.  8.  gielb  ju  3ef  1,  2),  barf  Dielleid^t  fo  gebeutet  Serben,  ba|  bie 
eigentlid()e  LXX  xvgiog  überfe^te,  bap  aber  bie  ftrengere  SRid^tung,  toie  fte  befonberS  burc^ 
bie  Don  DrigeneS  beDorjugten  Überfefter  in  2lquila  u.  f.  U).  Dertreten  ift,  me^r  unb 
mel^r  auf  baS  für  unüberfe^ar   erllärte  Original  jurüdEgriff  unb  ba|  baburc^  gelegent- 

40  lic^  aud^  bie  ältere  LXX  beeinflußt  toorben  ift.  3)ie  erften  abfolut  fu^eren  3^wö^^f[«  ^ 
bie  Stebergabe  be^  Iciragramm«  burc^  xvgiog  befi^en  toir  in  ^^ilo^  Sibelcitaten. 

itönnen  toir  fomit  bog  Schreiben  bcö  S^etagramm^S  bei  jübifd^en  Überfe^ern  toeit 
herunter  Derfolgen,  unb  tann  nad^  bem  ©efagten  unb  nad^  bem,  toaö  toir  fonft  toiffen, 
Don  einem  äSerbote  be^  ©d^reiben«  be^felben  überl^aul^t  feine  Siebe  fein,    fo  läßt  fid^  ba- 

46  gegen  ba«  95erbot  be^  3lu^fJ)red^en«  beefelben  genauer  beftimmen.  3äa^  3:^eoboret  un§ 
mitteilt,  entfj)rid^t  jebenfafe  nid^t  erft  ber  Sitte  feiner  ^Äi,  fonbem  toar  fc^on  Don  i^r 
überfommen,  toie  \a  audfy  fd^on  ^ieron^mu^  ad  Marcell.  Ep.  136  ba«  3;etragramm 
ineffabile  nennt  unb  bamit  ebenfau^  eine  fd()on  ältere  jübifd^e  Slnfd^auung  im  Sluge  ^at. 
©ö  ift  aber  nid^t  nötig,  biefer  grage  l^ier  toeiter  nad^juge^en,  too  e^  fic^  für  un«  junä<^ft 

50  lebiglic^  um  bie  negatiDe  aufgäbe  l^anbelt,  ju  beftimmen,  baß  bie  Don  ber  2Bafora  ge^ 
toä^lte  ^unftalion  "i"^  nic^t  bie  urfj)rünglid()e  SSu^f^jrad^e  be«  3Borte«  toiebergeben  foH. 
6^  genügt  ju  toiffen:  atö  bie  SJlaforeten  arbeiteten,  lag  ein  folc^e^  SSerbot,  toie  un« 
$ieront>mu«  unb  i^eoboret  bezeugen,  Dor;  e«  ift  alfo  jum  Doraud  nid^t  toa^rfd^einlic^, 
baß  jene  jübifd^en  3wric^ter  be^  heutigen  lejte«  mit  ber  Don  il^nen  getoäl^lten  ^unftation 

56  bie  ridjittge  2lu%ra^e  Denaten  tooDten. 

b)  Iro^bem  ift  bic^  in  neuer  ^eit  oft  bel^auptct  toorben.  Unlenntni^  be^  ertoä^nten 
©acl^Derl;alte^  unb  3Mi6ad^tung  aetoijfer  fofort  ju  ertoä^nenber  ßrfc^einungen  ^aben,  feit« 
bem  ber  »eid^tDater  Seoö  X.  $etru«  ©alatinu«  a.  a.  D.  fol.  XLIII  im  3a^re  1518 
erftmaU   bie  3lu^f})rad^e  Se^oDa  Derteibigte,   ba^ju  geftil^rt,    biefe^  fprac^lic^e  3Ronftrum 

GO  immer  unb  immer  toieber  für  möglid^  unb  rid^tig  ^u  l^altcn.    Selanntlid^  l^at  bie  Un« 


^ne  631 

form  faft  überall  in  bic  Bpxacfyt  bcr  Äirj^c  il^ren  ein;iug  gel^altcn,  ob»uol^I  t)or  1518 
„fein  e^rift,  toic  überl^ai4)t  ^u  feiner  3eit  bie  ^uben  S^oöa  gclcfen"  unb  and)  Sut^er 
hjenigften«  in  ber  S3ibelüberfe|un0  immer  „$en"  bafür  ^at  (3)iDm.  6|  *,  39).  Bule^t 
nod^  fmb  unter  (Selel^rten  für  Se^oöa  eingetreten  Stier,  §ebr.  Sel^rgebäube  unb  §ölemann 
a.a.D.I,  54ff.  —  3n  ber  I^at  fmb  bie  folgenben  ®rünbe  entjc^eibenb.  3n  erfterSinie  5 
mufe  an  bie  ^toei  un^  fd^on  belannten  SE^tfad^en  erinnert  toerben,  ba^  3^0^^^^  ^^  ®^- 
fd^id^te  unb  ber  maforetifd^en  ^ßunttation.  2Bar,  h)ie  öor^in  ertoiefen,  jur  3rit  ber  5Kafora 
ba«  aSerbot  ber  3lu«fj)rad^e  be«  2:etragramm«  längft  innerhalb  ber  ^ubenfd^aft  2:^atfad^e, 
fo  lonnten  bie  Sw^c^ter  be^  l^eiligen  2e|te«  gerabe  bei  biefem  i^rem  ^eiligen  (Sejfd^äfte 
ba^felbe  am  toenigften  mi^ad^ten.  SBeiterl^in :  jc^toanft  nod^  im  l^eutigen  2ejte  bie  $unl-  lo 
tation  be^  3:etagramm«  ^tüifc^en  i^in;  unb  o-^n:«  (j.  o.  @.  529,  »4),  jo  ift  bamit,  befonber« 
toenn  bieUmftänbe,  unter  benen  baö  ©c^toanlen  fi^  öoH^iebt,  in  Setrad^t  gebogen  werben, 
auf^  neue  tool^rfd^einlid^  gemacht,  ba^  toeber  bic  eine  mxp  bie  anbere  3lrt  ^u  ))unftieren 
eine  t)on  beu  3Kaforeten  gewollte  ^ui\pxad)t  im  3luge  f^at,  alfo  toeber  Jehovah  nod^ 
Jehovih  gejjjrod^en  toerben  foDte,  fonbem  bafe  tüir  e«  l^ier  mit  ber  ben  3Raforeten  geläu^  i6 
figen  ©rfd^einung  be«  Derß  ju  t^un  ^aben.  3^«^^^^  ^^^  ^'^J"  ^^^  fl^toiffe  ©gen^^ 
tümlid^teiten  ber  ^unttation  unb  SKccentuation  im  3wfö*"»«^«^fl«Ö  ^^^  ""'^"'-  3"  SSerbim 
bung  mit  ^räfijen  fc^reibt  bie  3Kafora  nic^t  ettoa,  toie  nac^  fonftigem  ©ebrauc^e  ^u  er^ 
toarten  toäxz :  rnn-^i,  i-rrrii^  rfitr^b,  mn-^?:,  »ielme^r :  "in-i  njn-'a,  nirr^b  unb  "jn^::  — 
ganj  al^  ^ätte  ba«  SBSort  im  anlaut  einen  Äonfonanten  toie  »  mit  Gl^atef  ^atl^ac^,  »> 
ftatt  be«  3ob  mit  ©d^etoa.  »emer  läfet  bie  3D?afora  auf  ^'^^  bei  öerbinbenbem  äccent 
gegen  alle  fonftige  Siegel  ba«  5)agefc^  lene  in  8egabfe})^t^  folgen  —  ganj  atö  enbigte 
bad  SBort,  ba«  fte  im  Sinne  l^at,  nid^t  mit  rul^enbem  ^,  fonbem  mit  einem  öoUcnJions 

fonanten.  SBSeiterl^in  betont  bie  3Jlafora  lol^ortatiöe  3nH)eratit)e  toie  ^?''^  ober  '^V, 
fobalb  fte  t)or  ^"i^"'  treten,  auf  ber  festen  Silbe,  lä^t  alfo  J^?'^^  unb  rnp'ip  fj^red^en,  26 
tooju  fie  eine  au^reid^enbe  Seranlaffung  toieber  nur  bann  l^atte,  toenn  für  fie  ba^  jenen 
formen  nac^folgenbe  SBSort  mit  einem  3l-laut  begann.  —  SWimmt  man  britten«  enblic^ 
baju,  ba^  äbfür^ungen  be«  l^eiligen  SWamen«,  toie  toir  fte  in  berßnbung  ^'^^  ober  i^;  in 
Dielen  ©i^ennamen  fotoie  in  bem  SBorte  ^^  t)or  un«  ^aben,  ftd^  au«  ^^7^^  =  '^^\)0\}a 
fd^led^terbmg«  nid^t  abfeiten  liefen,  fo  barf  bie  SSetoeiefül^rung  ate  nad^  aßen  SRic^tungcn  so 
für  gefc^loffen  bejeic^net  unb  ba«  ®rgebni«  afe  feftftef^enb  angenommen  toerben,  bafe  c« 
eine  9(udf))ra(^e  3(^ot)a  ober  ^e^ot)i  nie  gegeben  l^at  unb  bie  maforetifd^e  ^unltation  fomit 
bie  totrtlic^e  3lu«f))rad^e  be«  Xetragramm«  nic^ft  toiebergiebt. . 

c)  SBie  ftc^  nun  in  ber  a^^at  biefe  5ßunIlation  erllärt,  ergiebt  M  nac^  bem  ©e^ 
fagten  t)on  felbft,  fobalb  bie  bi^^er  getoonnencn  21^atfad&en  nod^maw  ertoogen  toerben.  35 
Sd^on  ber  eigentümlid^eSBec^fel  ber  ^unftation  jtoifc^en  ^jir?  unb  ^Ti;;,  je  nac^bem  ^pö< 
unmittelbar  voranging  ober  nic^t,  mu^te  un«(f.  0.  S.529, 57)  barauf  ^intoeifen,  ba|  bie  ma^ 
foretijc^en  Solale  be«  a:etragrammg  ju  benen  öon  Sbonaj  in  näd^fter  93ertoanbtfc^aft 
fteF;en;  nur  fo  lie^  fid^  öerfte^en,  ba^  fte  nad^  jenen  felbft  ftet«  toeic^en.  Die  2:^atfac^c 
tociter,  bafe  in  bi^em  gaUe  ftetg  biejenigen  t)on  ßlol^im  eintreten,  liefe  Vermuten,  bafe  40 
auc^)  bie  getoö^nlidjen  Solqk  t)on  nin-^  bie  eine«  ®otte«namen«  feien, .  unb  toäre  bie 
aSofalijation  ^TC,  ftatt  i^^n?,  fo  toäre  bamit  fc^on  ber  Sc^lufe  afö  jtoingenb  anjufel^en, 
ba«  letragramm  fei  überall,  too  e«  J^";  lautet,  mit  ben  totalen  t)on  Sbonaj,  too  e« 
^js^;?  lautet,  mit  benen  bon  ©lol^im  berfe^en  toorben.  9lber  auc^  biefe«  fc^einbare  ^inber^ 
ni«  iäfet  fid^  befeitigen.  3>ie  toeiteren  t)orl^in  Vorgeführten  2:^fac^en :  bie  aSerbinbung  46 
t)on  ^T^  mit  ben  5ßräfijen  21,  \  •'^,  feine  ©intoirfung  auf  folgenbe  Segabfep^at^  ober 
aiif  bie  öorange^enbe  Setonung  iicfeen  fui^  alle  nur  erflären,  tocnn  ein  SBort  ber  Slrt  t)on 
7^^^  Dem  Setragramm  fubftituiert  toar.  Sebenlen  toir  nun  ferner,  bafe  bie  3Kafora  bie 
erfc^cinung :  einem  gefc^riebenen  Jtonfonantentoorte  (Jtctib)  mit  §ilfe  neuer  SSotale  einen 
anbcren  Älang  unb  Sinn  ju  geben  al«  i^n  ber  urf})rünglid^e  Sd^rciber  im  Sinne  ^attc  eo 
(Ccre),  je^r  tool^l  fennt  unb  öielfad^  Dertoenbet:  fo  toirb  e«  t)on  ^ierau«  fd^on  unau«^ 
toeic^^lic^  fic^er,  bafe  bie  STOafora  in  s^i^"!  unb  i^?n;;  und  Derßsgormen  barbietet,  benen 
bie  Sefung  äbonaj  unb  Slo^im  fubftituiert  toerben  foH.  3>ie  juöerläfftge  Seftätigung 
biefe«  Grgebnijfe«  befi^en  toir  in  ber  2:^atfac^e,  bafe  in  ber  3eit  ber  SKafora  nid^t  allein 
(j.  0.  unter  a)  bie  9lu«fJ)rad^e  be«  ^eiligen  9lamen«  längft  abgenommen,  fonbem  })ofttit)  66 
hnxd)  bie  SJennung  bon  SKbonaj  crfe^t  toar.  g«  ift,  toie  obm  gezeigt,  möglid^,  bafe  fd^on 
bie  urf})rünglid^e  LXX  ^ii^'^  mit  xvquk  übcrfe^te,  alfo  an  feiner  Stelle  "'^'i»  la« ;  jcbcn^ 
fall«  aber  citiert  ^^l^ilo  auf  biefe  ffirife,  unb  e«  barf  anaenommm  toerben,  bafe  jd^on  ^ur 
3cit  3cju  ber  Srauc^,  ^^'i««  fftr  frtT  ju  (ejm,  fo  fefl  emgetourjelt  toar,  bafe  er  bamal« 

34* 


632  ^^t 

fc^on  für  uralt  gelten  lonntc  (3)alm.  38).  (2luc^  t)on  ^icr  aud  bcftätigt  fic^  bie  SBa^r- 
f4einlic^leit,  bafe  jc^on  LXX  in  ber  ^ot  xvQiog  cingcfe^t  ^attc  unb  crft  |})äterc  fünften 
n-rj-  b^\o.  mm  bafür  J^erfteUten,  f.  o.  ©.  530,36). 

d)  ©tc^en  aber  bic  Dinge  fo,  fo  mu^  auc^  jene  eigentümliche  Schreibung  nin-;  für 

5  t^^"'!  fid^  mit  bcm  bi^l^erigen  Sefunbe  in  einftang  bringen  laffen.  Sie  fann  freiließ  um= 
fomeij^r  auffalten,  al«  im  anberen  gaUe  ja  nic^t  !"0"";,  fonbem  ^"ii";  gefd^ricben  U>irb. 
Sene  Sd^reibung  ate  blo^e  Sereinfa^ung  anjufe^en  (Öi^lers2)eli^jd)),  ge^t  nid^t  hjo^l  an, 
ba  gerabe  bann  fein  ®runb  getoefen  toärc,  nid^t  aud)  bie  anbere  ^orm  ju  öereinfad^cn. 
55iclme^r  loirb  fie  einen  SReft  bc^  alten  SSraud^eö  barfteHen,  nac^  toelc^em  über^ai4)t  an 

10  Stelle  be^  Qi)Qtc^\)  ^^at^ac^  ba«  blofee  ©c^ctoa  gefc^rieben  tourbe.  3)erfelbe  ift  in  ^abt}^ 
lonien  nac^n)ei«bar,  toirb  ober  tool^l  aud^  in  ^aläftina  e^ftiert  ^aben.  3Qax  bie  Schrei- 
bung  eine  ^^'\t  lang  im  Sraud^e  getoefen,  fo  toagte  man,  auc^  toenn  ber  übrige  %tjct  ber 
neuen  Drt^ogra))l^ie  unterloorfen  toarb,  bod^  gerabe  bei  bem  ^eiligen  9Jamen  nic^t,  eine 
Snberung  borjune^men.    greilid^  mufe  bann  aitgenommen  toerben,    bafe  "'?"';',    toeil  Der- 

16  ^ältni«mä|ig  nur  feiten  öorfommcnb,  bon  biejem  ^ebenlen  aufgenommen  toar  (fo  3)alm.  78); 
aber  öieHeic^t  barf  man  auc^  bermuten,  bie  gorm  i^'h;;  fei  gar  nic^t  bie  urf^jrünglic^e, 
t)ielme^r  ^abe  bie  ältefte  3Rafora  ^i^";  ""r^.  =  Slbonaj  äbonaj  gelefen  unb  erft  ft)ätcr 
fei  bafür  —  in  einer  ^Ät,  ald  bereit«  ba«  6^ate>)l^  üblid^  getoorben  toar  — -  ~i^,  ^-"«,  ge^ 
fe^t  loorben. 

20  2.  !Die  urj})rünglid^e  2lu«f^)rac^e.  SBie  ift  nun  ba«  2^etragramm  in  ber  3:l^at 
in  alter  3cit  au«gef})ro(^en  toorbcn?  3)afe  bie  äu«fj)rac^e  ^c^oba  nid^t  in  Setrad^t  fommen 
lann,  ift  bereit«  oben  unter  l,b,  gejeigt,  bod^  ift  bamit  erft  ein  negative«  ©rgebni«  ge* 
liefert,  ^m  ©rienntni«  be«  })ofitit)en  I^atbeftanbc«  l^aben  h)ir  nad^  3^"0'^*R^'^  ^"^  ^^"^ 
älltertum  über  bie  3tu«f))rad^e  be«  l^eiligen  Flamen«  in  ^«rael  ju  fragen. 

25  a)  I)a«  ältefte  3^"Ö*^i^*  ^^^^  ^^^  befi^en,  bieten  bie  aff^rif^en  gnfc^riftcn.  Sie  geben 
9lamen  h)ie  'i^r*?!^  C^rT^"  ?)  toieber  al«  Hazakija'u  (Azrija*u  V).  3)cr  jtoeite  leil 
be«  aSorte«,  ber  (t)gl.  unter  b)  bcn  l^eiligen  SJamen  enthält,  ift  fomit  fc^on  in  ber  3^'* 
be«  8.  Sal^rl^unbcrt«  bor  6^riftu«  t)on  ben  äffv^em  al«  ^ai)u  gehört  toorben. 

b)  6«  folgen   bie  unmittelbaren  3<^wö"ift^  ^^  3i%^  felbft,   beren  Äonfonantentcjt 

.To  jum  3:eil  noc^  älter  fein  lann  al«  jene  ^nfc^riften,  beren  l^eutige  Cofalifation  j|cboc^  feine 
©ehjäl^r  für  unbebingte  Urf))rünglic|feit  bietet.  Unter  i^ncn  ift  junäd^ft  bie  Grflärung 
be«  ^eiligen  Flamen«  in  6j  3  namhaft  ju  mad^en.  3)er  5Rame  ^"i^*"  toirb  bort  mit  "y;^  n?"^. 
^;'"^?,  foh)ie  nac^^er  mit  "^v^  «Hein  erflärt.  3)arau«  ge^t  für  unfern  3^<^*  K^^^^föfl*^  f*>^<«i 
^crbor,  ba^  jene  ©teile  J^^""  in  na^e  Se^ic^ung  jum  SSerbum  ^"^  bejh).  feiner  9?ebenform  "^^ 

36  bringt ;  unb  5ti>ar  fc^eint  ber  SSerfaffer  i^in*'  al«  3. 5Perfon  be«  3iw't>^<^'ft'^  äClal  gu  faffcn. 
6r  fönntc  bie  gorm  alfo  ^T}''-  au«gef))roc^en  l^aben,  faß«  nic^t  Weitere  (Srünbe  eine  an* 
berc  2lu«f))rac^e  emjjfel^lcn,  bjh).  forbem  foHten.  —  ^n  ber  il^at  finben  ftd^  folc^e  fc^on 
im  3l2^e  felbft.  Unter  ben  in  il^m  bargebotenen  3««0ttiff^"  für  bie  äu«f))rad^e  be«  3:etra= 
gramm«  fommen  nämlid^  toeiter^in  bie  jal^lreic^en  Eigennamen  in  Setrac^t,  in  benen  ber 

40  ^eilige  ®otte«name  einen  Seftanbteil  be«  ^erfonennamen«  bilbet.  ß«  ejiftiercn  bcfannt« 
l\6^  jtoei  Klaffen  folc^er  -Jiamen.  311«  %\)pn^  mag  einerfeit«  l^i^^'l  o\>tt  '»Jt'i^  gelten  unb  Qn- 
berfeit«  ''"'IP.Tn  ober  "".Pjn.  2)ie  ^orm  "in^,  ju|ammengej^ogen  "i",  tritt  burc^toeg  ate 
Slnfang,  bie  ^orm  '^~;,  jufammengejogen  !^;,  tritt  burc^toeg  al«  Slbfc^lufe  be«  Oefamtnamen« 
auf.  2)abei  fann  fein  3^eifel  beftel^en,  bafe  beibe,  "in^  fotoo^l  al«  ""^1,  ^ier  al«  Slbfürjungen 

46  be«  ®otte«namen«  gemeint  fmb ;  bie  ^age  fann  nur  fein :  ob  toir  i^re  3lu«f))rad^e  richtig 
überliefert  befi^en  unb  fobann,  toelc^c  ©d^lüffe  toir  ou«  i^r  für  bie  Sluefjjrad^e  öon  "irr 
gießen  bürfen  '^  SBa«  ba«  erftere  anlangt,  fo  fommt  un«  für  ''•"J;  bie  öor^in  unter  a)  nam« 
^aft  gemad^te  Il^atfac^c  ^u  §ilfe.  3)ie  aff^jrijc^e  SSBiebergabe  beftätigt  bie  SRidjftigfeit  ber 
maforetifd^en  3lu«fj)ra4ie.    ßinen  ä^nlic^i  jtoingenben  Setoei«  fönnen   toir  freilid^  für  i^": 

60  für  bie  alte  ^z\t  (bor  LXX)  nid^t  fül^ren ;  cier  bie  Slnalogie  bon  'i";  unb  bie  X^t- 
fad^e,  baf;  "n*;  in  i"'  jufammengejogen  loirb,  bürfen  al«  l^inreid;enb  gelten,  um  un«  über 
etiDaige  Sebenfen  ^intoeg^ul^elfen.    gm  übrigen  bal.  noc^  g^f^oto  Sat3S  a.  a.  0. 

SBa«  folgt  nun  aber  au^  beiben   für  bie  aiu«f))rad^e  ?    6«  barf  mit  Seftimmt^eit 
geanth)ortet  toerben,  bafe  junäc^ft  bie  ^orm  '^n;  M  nur  berfte^en  läfet,  toenn  angenommen 

66  toerben  fann,  ber  l^eilige  5Wame  fei  in  erfter  ©ilbe  mit  einem  3l'2aut  gefjjrot^n  toorben. 
2lu«  einem  l^el^räifd^en  SBorte  '^^f^otya  ober  Sil^öe  ober  gil^ba  ^ätte  burcb  JJerfürjung  um 
ntöglid^  ^a^u  toerben  fönnen,  fonbem  liöc^iften«  ije^o  ober  eine  äpnlid^e  Silbung. 
Sautete  aber  bie  boHe  g^orm  ~i":,  unb  befonber«  toenn  fie  ";"!  lautete,  fo  lä^t  jene  ab« 
füv^ung  fw^  fel^r  tool^l   berfte^en,    mag  man  fte   nun  nad^  Strt   einer  Serbaiform   toic 

6()  in»T-9:  beuten,  ba«  burc^  ÜBerfür^ung  bon  "T)*"^p:  au«  /H*"^'^"^  ober  1"*"^^:  entftanben  ift, 


^I|tie  533 

ober  mag  man  fic  lieber  nad)  ärt  einer  9JominaIfonn  h)ic  '^,  ^r;,  ^?*':  Derftel^en,  bic 
au^  nrri  u.  f.  tt).  abjiuleilen  ift.  5RatürIicl^  mu^  and)  im  lefeteren  gaUe  für  ben  lUSaut 
am  ßnbe  bad  Seijjjiel  jene«  33erbum3  ober  ct\oa  ba«  bc^  Slomen«  'inb  (für  ;'v2  ober 
1~3^  hjorau^  unter  anberen  Umftänben,  bgl.  j.  S3.  "^"JP,  getoorben  toäre  "^ris)  ^eram 
gebogen  toerben.  Sgl.  barüber  Äönig  3fl*3B  a.  a.  D.  2ä^  ft^  auf  biefe  SBeife  aud^  bie  ^orm  6 
3ie^o  erflären,  fo  barf  fc^on  bon  f^ier  au«  mit  ^öc^fter  SBSa^rfc^^einlid^Ieit  auf  bie  Slu«* 
fprac^e  ^a^t)c  ak  bie  urf})rüngRc^e  gefc^loffen  toerben.  3"  *>^  ^^^  f^Ö^  ^wd^  fte  ftd^ 
jener  (Srunbform  o^ne  ©c^loierigleit  an.  äu«  ^l?!!  loirb  burdf^  äbtoerfung  bee  n-  bie 
Jorm  ^^5-,  au3  toeldf^^  ""'^  ^6^/  '^^  '^^  ^on  nit^t  auf  il^r  ru^t,  nic^^t  toie  im  vorigen 
^He  ein  'i^;  loirb,  fonbem  mit  SJortoerfung  be«  93oIate  junäd^ft  ein  p],  toelc^^e«  bann  lo 
ju  'in;'  getrübt  loirb,  toie  in  fo  öielen  anberen  ^öUcn,  in  benen  ber  alte  3)i})l^t^ong  au 
(aw)  im  §ebräid&en  ju  6  getoorben  ift. 

c)  Diefe«  (grgebni«  finbet  nun  feine  Seftätigung  au«  bem  3«wö"i^  *>^  Äird^enbäter, 
fon)ie  l^eibnifc^er  Sc^ftfteÜer.  SKm  l^äufigften  toirb  ber  (Sott  ber  Hebräer  afö  7aft> 
Ö^ieron^mu«  tiaS^o)  bejeid&net,  fiel^e  bie  Selege  bei  Saubiffm  a.  a.  D.  unb  ©iHmann- 16 
9wffd,  @£'  ©.  38.  (£«  lann  Idnem  3h)eifel  unterliegen,  bafe  bamit  bie  gnbung  'in;— 
jener  ©igennamen  toiebergegeben  loerben  foH,  aud)  toenn  bei  ßlemen«  bon  älej.  Strom.  V, 
6,  34  'laov,  unb  nic^t  ttWa  ^laovai  ober  'laove  ju  lefen  i[t.  3i^^  '^^^v  toäre  na« 
türlic^  nic^t«  anbere«  afö  bie  birelte  SQBiebergabe  bon  '»n;  in  gnet^if^en  Suc^ftaben ;  aber 
e«  bebarf  feiner  nic^t,  aud^  '/aa>  lann  nur  irgenbtoie  auf  7aou  ober  ein  entf^^red^enbe«  20 
l^ebräifdbe«  älquiöalent  jurüdtgel^en  (bgl.  g.  S3.  1  61^  5,  81  [Bcoe  Bcoxat]  für  ■^;5Si  ober 
ba«  befannte  2'a33ovx  für  pri^).  änber«  Dietrich  ^atSB  III,  283.  SBie  e«  freilid^ 
fommen  lonnte,  bafe  ba^felbe,  n>a8  im  ^ebräifd^^en  felbft  immer  nur  in  ber  3wfö>">"«»^* 
fe^ung,  nie  für  [xd),  borlommt,  ^ier  gerabe  mit  Vorliebe  ate  felbftftänbiger  ®otte«name 
bd^anbelt  loirb,  ift  eine  grage  für  ftd^.  Deli^fc^  (91®  *  VI,  503)  ift  ber  SReinung,  afö  25 
fei  neben  ^al^öe  aud^  aufeer  Äom})ofition  3a^u  al«  felbftftänbiger  ®otte«name  gebrandet 
iüorben.  Slllein  bie«  lönnte  hod)  jebenfatt«  nur  in  ber  Solifötorac^e  ber  t?all  getoefen  fein, 
ba  un«  bie  ©c^riftft)rad^c  nid^t  bie  geringfte  ©})ur  biefer  SJ^atfac^e  bminbet.  &)cx  ift 
toa^rfc^einlid^,  ba^  jene«  ^al^u  gar  nid^t  toirfli^  e^iftiert  l^at,  fonbem  lebiglid^  t)on  ©))ä= 
teren  au«  jenen  mit  il^m  jujammengefefeten  SRamen  toic  Sefaja^u  u.  f.  to.  erfc^loffen  30 
morben  ift  (3)illm.  gj  «,  39  oben).  3n  feinem  ^He  aber  ift  man  ju  ber  annähme  be* 
red^tigt,  bie  3lu«fj)rac^e  be«  boHen  Flamen«  bürfe  auf  jene«  7aa>  gegrünbet  toerben. 
a)em  h)iberf))rid^t  auf«  grünblic^fte  bie  2:i^tfad^e,  bofe  toir  ©teilen  befiften,  in  benen  ge- 
rabeju  jene  oben  au«  anberen  ©rünben  ermittelte  2lu«f})rac^e  3a^t)e  unb  fie  allein  ge* 
forbert  loirb.  ©ie  ftnb  ber  SRatur  ber  Bad)z  nad)  md)i  jol^lrei^,  aber  il^r  ©etoid^t  ift  35 
um  fo  größer.  Sor  allem  aber  ift  l^ier  a:^eoboret  naml^aft  ju  mad^en,  beffen  oben  er« 
tuä^nte  äu^erung  JU  ®j  6  toeiter^in  bie  2öorte  enthält:  Kakovoi  de  avio  IJa/biaQei' 
rat  juiv  "laße,  "lovdaioi  de  'A'ia.  Da«  ledere  ift  ni^n&j  t)on  Qi  3,  14,  jene«  "laße 
bagegen,  in  bem  nur  n^n:  erlannt  toerben  fann,  l^at  gerabe  im  aJlunbe  ber  ©amas 
riter  um  fo  größere«  ©etoid^t,  al«  fte  an  ba«9Serbot  ber  äu«f})rac^e  be«  l^eiligcn  9Jamen«  4o 
im  ©egenfafe'ju  ben  ^uben  nid^^t  "gebunben  [xrit.  SQäir  erfel^en  ^ierau«,  loie  Dalman 
©.41  mit  viidft  betont,  bofe  bie  3lu«f})rad^e  ber  ©amariter  auf  lebenbiger  Überlieferung 
ru^t  unb  fomit  alle  ®eh)%  ber  9li(^tigleit  für  fxd)  l^at.  3)a«[elbe  "laße  tennt  aud^  Qpx^ 
|)l^aniu«  adv.  haeres.  20,  unb  mit  il^m  lommt  o|^ne  3^)^!^  *>^^  genauere  £e«art  "laove 
ober  "laovai  bei  6lem.  a.  a.  D.  überein  (ögl.  Saaarbe  in  ®gä  1870  ©.  807,  unb  45 
©Vmmifta  I  @.  14).  3)aju  ftimmt  aud&  ber  neuerbmg«  me^^d?  (bgl.  2695  1896,  3) 
betonte  Umftonb,  ba^  famaritanifd^e  ©ebid^te  ben  9leim  nad^  nin-^  auf  eh  au«s 
gellen  laffen. 

IL  Sebeutung  unb  ^erlunft.  SBeld^e«  ift  nun  bie  93ebeutung  bon  ^"JH-^ 
Um  biefe  ^age  gu  beantworten,  l^en  toir  gunäd^ft  auf  bie  grammatifd^e  ^orm  be«6o 
2Borte«,  fobann  auf  feine  trabittoneHe  gt^mologie  gu  ad^ten.  ©oUten  [xd}  ®rünbe  er^ 
geben,  über  bie  le^tere  l^inau«gugreifen,  fo  loäre  auc^  bie  ^age  au^eri«raelitifd^cr  3tbs 
ftammung  be«  SBortc«  unb  bamit  jugleid^  biejenige  fremblänbifc^er  §erlunft  ber  ©ac^ 
felbft  in  grtoägung  ju  gtel^. 

1.  3)ie  altteft.  Überlieferung,  a)  911«  l^ebräifd^e«  SWort  bctrad^tet  ift  Trry:  jubs 
einem  33erbum  ^"i^  ("t^)  ^u  fteHen  unb  e«  lann  bon  jenem  3Serbum  an  ftc^  fotoo^l 
eine  bifilifd^e  Silbung  al«  eine  ¥Älf<>tm  fein.  3n  beiben  göllen  ift  ba«  SBSort  al«  Igm* 
perfeftform  (Sag.  ßogitatib)  gu  fafjen.  SRic^t  unmöglid^,  bod^  minber  toal^rf^einlid^  ift  bie 
t)on  Äönig  3at2B  ©.  174  f.  borgetragene  Sluffaffung,  md)  toelc^er  nm-^  au«  ber  2lna* 
logie   berjenigen   SWomina    gu   beuten   tpäre,    bie   burdfi   ^o\>  beribiert    loerben    j^.  33.  «o 


534  ^ne 

n:r:*  =  T?:.  Sincrbing«  lautet  baö  SiiHJcrfcft  Kai  öon  "-n  bcfanntlid^  rj-;ri:,  nic^ft 
H**;?!:,  cbcnjo  bojJ  ^crfclt  9JifaI  n;n?  nic^t  n;ri2.  2)em  cntfjjrcd^enb  Wäxc  aud^  bei  bem 
feitenen  "^^  =  fein  (f.  unt.b)  eine  Kaiform  nin*:^  nid^t  ""^i.  gu  atüarten  (bo<^  f.  nad^- 
^er).   2lud  biefetn  ®runbc  tooHen  mand^e  in  n-^n^  lieber  eine  §ifilform  fe^en.   allein  eö 

6  ift  —  abgefel^en  t)on  ben  aud  ber  Sebeutung  ju  gett)innenben  ©rloägungen  —  ^ier  jc^on 
gu  bebenlen,  bafe  fotool^l  ""ih  =  gefd^e^en,  fein,  aU  '^^^^  fonft  lein  $ifil  lennen  unb 
ber  9Jatur  ber  ©ad^e  nad^  iDol^I  aud^  nie  eine^  befeffen  l^aben :  für  „gefd^el^en  mad^en" 
ober  „fein  machen"  gab  e^  einfad^ere  Sporte  toie  ctu>a  „machen",  „fdjjaffen".  Sebenfaßö 
aber  liegt,   grammatifc^  angefe^en,  tro§  Sagarbe,  Überfid^t  ©.  137,  leinerlei  9Jötigung  gu 

10  j^ifilifc^er  S^ftw'^Ö  bor,  ba  aud;  bie  i;  olformen  ber  SSerba  primae  gutturalis  begto. 
primae  ^  gelegentlich  bei  feflem  ©ilbenfc^lufe  a  ober  e  ftatt  i  in  crfter  Silbe  ^aben 
(nrn:,  rm^^  in^^  i^ztin  §i  19,  3)^  aufeerbcm  befonber«  Flamen  h)ie  "^^n:,  ^ty:':^  -,2t:, 
np^!  biefeibe  Silbung  berraten.  SBenn  tro^  ber  fonftigen  Silbung  ";:n?  ^ier,  ben  eben= 
genannten  Stnalogien  folgenb,  eine  Silbung  njri:  eintrat,   fo  fonnte  fte  rec^t  hjo^l  i^ren 

15  (Srunb  in  bem  SSeftreben  l^aben,  ba«  SBort,  U>o  e«  9Jame  fein  foBte,  bon  ber  ge»üö^n= 
lid^en  3Serbalfonn  gu  untcrfc^eiben.  S)o4^  lönnte  J^.:""^  ftcitt  '^:^1  [xtS)  and)  (3)illm.)  au« 
bem  mittleren  ^ot>  erllären. 

b)  Sffiie  lä^t  fid^  nun  biefe  Kaiform  überfe^enV    ober  erl^eifc^t  etloa  bie  ©d^ioierigs 
leit  einer  bom  Kai  abgeleiteten  Seutunß  boc^  nod^  bie  l^ifilijc^e  @rtlärung  be«  S93orte«'!f 

20  Selanntlic^  bietet  ba«  Wt  un«  felbft  einen  au«fü^rli(|fen  SBorfd^lag  gur  Deutung  .unfere« 
®otte«namen«.  3"  ®J^/  l-^ff-  fr<^ßt  3Mofe  (Sott,  toa«  er,  faß«  bie  3«raeliten  inSlg^^^ten 
il^n  nad^  bem  SRamen  feine«  (Sötte«  fragen  foHten,  i^nen  antworten  tonne  unb  erl^ält  ben 
»efd^eib  n^rtw;  n^t?  n;;™,  toorauf  (Sott  nod^  bieSBorte  beifügt:  bu  foUft  ben 3«raeliten 
fagen,  JT'j^n  l^at  m\d)  gu  eud^  gefanbt.     3>er  3Serfaffer   bon  ®|  3,  U  (E)  läfet   fomit 

25  feinen  3^^f^I  barüber,  ba^  er  Sal^be  burd^  '^^  '^  'fi<  ober  lurgtoeg  bur^  n^n^  crflärt 
toiffen  iuiU.  ^n  bie  britte  ftatt  ber  erften  ^erfon  umgefe^t  toürbc  bemnad^  "'•i:'  fobiel 
al«  ^^^\  3.  $erf.  3nH)erf.  Kai  bon  ^•'^,  bebeuten.  SWun  bebeutet  n-^n,  ba«  unfer  «er-- 
faffer  o^ne  toeitere«  für  ir^t^  einfe^t,  gunäc^ft  nid^t  „fein",  fonbem  „gefc^e^en,  eintreten, 
toerben".    6«  begeic^net  urf})rünglic^  ni^t  ben   Segriff   bc«  abftraften  ©ein«,  lüelc^er 

30  überl^au})t  erft  ein  ?ßrobuIt  ftoäterer  SReflejion  ift,  aber  aud^  nid^t  ben  be«  rul^enben  ©ein«, 
be«  3)afein«,  ©jiftieren«.  aSielmel^,  hjie  bie  faft  gal^llofe  9Rale  t)orfommenben  a3Jcn= 
bungen  "'h;']  unb  i^^^l  =  „e«  gefc^al^,  e«  entftanb"  unb  „e«  hrirb  gefc^el^en,  toirb  eins 
treten"  belöeifen,  begeic^net  i^*"^  |au))tfäd^lid&,  unb  o^ne  S^tx^l  gugkid^  urf})rün9li(^,  ein 
betpegte«  ©ein,  ein  in«  geben  treten,  alfo  „gefc^el^",  „eintreten",    ©rft  in  gJoeiter  ginie 

36  lommt  bie  anbere  Sebeutung  in  ^aQt;  in  biel  felteneren  ^äüm,  unb  erft  in  abgeleiteter 
SBeife  l^eifet  bann  i^^  and)  „bafetn,  ejiftieren,  \xd)  befinben"  (f.  (Sefcniu«=S3ul^l,  Sejil.", 
©.  195).  SBSirb  biefer  Sefunb  auf  unfere  Stelle  angetoanbt,  fo  toirb  e«  nid^t  toa^d^ein- 
lidb,  bafe  fte  gu  überfe^en  ift:  „^d)  bin  ber  id^  bin"  in  bem  ©inne,  ba^  3s<^be  ben  an 
ftd9  ©eienben  bebeute.    ©0  teeint  LXX  fyd)  elju  6  cbv  bie  SEBorte  gefa|t  gu  l^aben;  fie 

40  legt  bamit  einen  (Sebanten  9dleniftif(|f  jübifd^er  ©})eIulation  in  ben  lejt  l^inein,  ber  d^m 
fidler  fremb  ift.  Slber  aud^  bie  5<^ffung  „^d^  »oerbe  fein  ber  ic^  fein  toerbe",  ^aofiai  (og) 
eoofiai,  bie  auf  Slquila  unb  ^eobotion  mrüdgebt  unb  fomit  tDol^l  im  (Segenfa^  gu 
jener  ale^anbrinifc^en  bie  fbötere  einl^eimifcp  jübifd^e  S)eutung  entl^ölt,  ber  auc^f  Sut^er  ftd^ 
angefc^loffen  l^at,  gel^t  nadp  bem  (Sefagten  nic^t  an.     9luf  fte  grünbet  fic^  bie  geläufige 

46  jübifc^e  Ueberfe^ung  „ber  ©toige",  h)ie  benn  auc^  ßutl^er  fagt:  „er  fyit  . . .  leinen  an« 
fang  nod^  ®nbe,  fonbem  ift  bon  ®tt)igfeit  ^er"  (316*  VI,  505  3Inm.);  aud^  fte  ift  ber 
9lu«flu|  fj)äter  ©})dulation. 

SSielmebr  ift  gu  überfe^en:  „3d^  bin  —  ic^  ber  id^  bin"  ober  loa«  ba«felbe  bebeutet : 
„3db  bin  al«  ber  tc^  bin"  unb  fobann:  „3c^  bin  ^at  mic^  m  tud)  gefanbt".    3)er  ®e= 

eobanfe  ift  bann,  ba^  ^^^be  feinen  SWamen  ba^in  erHärt:  ©ofem  unb  toeil  ic^  bin  im 
em})^tifd^en  ©inne  (nid^t  blofe  ejiftiere,  fonbem  in  bie  ©rfc^einung  trete,  mic^  betätige, 
mid^  offmbare),  ^eifee  ic^  „^c^bin".  3)a«  aßeinftel^be  n^n«  fa^t  bann  biefe  (Srilärung 
gufammm:  „3c^  bin"  b.  ^.  nic^t  ber  ©eienbe,  ©liftierenbe,  au4  »tic^t  ber  6h)ige,  fon« 
bem  toieba:   ber  fidj^  Setl^ätigenbe,  Dffmbarcnbe,  alfo  ber  gebmbige   unb  i^^If^^^  wM 

66  mid^  gu  euc^  gefanbt".  SWad^  biefer  3>eutung  liegt  benn  in  ber  %bat  in  bem  SBorte  ga^be 
nad^  j«^'^  wn^  3"^t  ba«ienige,  toa«  ber  3wfö"^"^^^Ä«Ö  ^<^  ®telle  erh>artm  lä^t:  e« 
ift  fotüo^l  bie  Slbleitung  bon  ^^n  in  bie  ©rfd^einung  tretm,  ftc^  betl^ötigm  (bgL  X*^p. 
"^  ""^1)  getoal^t,  al«  auc^f  ber  ©rtoartung  be«  93oUe«  in  ägv>>tm  aenügt,  ba«  eine  m($t 
^i)toa  feinem  ^)^ilofoJ)l^if(|fm  3)mlen,  fonbem  feinem  lonfreten  äebürfni«  entgegenlommenbe 

eo  Deutung  feine«  (Sotte«namen«  ^^en  n)ill.     SSield^er  Steid^tum  bon  ä3egiel^ungm  in  biefer 


^^He  535 

?^ffung  bc^  ©otlcsfnaincn^  ließt,  bcbarf  nur  bcr  Slnbcutung,  um  fofoit  ctfid^llid^  ^u  Jucrs 
bcn.  ätö  bcr  ©Ott,  bcr  fid^  bctJ^ätigt,  ift  3a^toc  Dor  ollem  bcr  Scbcnbigc;  olS^nc  ba^ 
fjjrad^lid;  !^'"  unb  "^n  unmittelbar  jufammengcl^örcn,  ift  hoi)  bc«  ©Icid;Han{j^S  unb  bcr 
inJ^altlid^cn  Seriüanbfd^aft  iDcgcn  eine  Segie^unö  ganj  natürlich,  ©o  ift  in  bcr  %f)ai  bcr 
©Ott  S^graclö  ate  ^al^bc  pgleiclf^  *>^  "^  *'^  «"*>  t>«^  ©c^hjur  "i^"'  "^n  ift  bcr  gcläuftöc  6 
©d^tour  3«racte.  @r  to\ü  nid^t  ettoa  berfic^em,  bafe  ^a^be  lebt  —  ba^  berfte^t  [id)  bon 
fclbft,  fonbcm  (^^n  j^at  l^ier  ebenfo  em^jl^atifc^c  Sebeutung  tok  s^^n  in  nirr^)  ba^  Sa^bc 
überall  in  5Ratur  unb  ©efd^ic^tc  fic^  ate  lebenbig  ertoeift,  fid^  fräftig  bet^ätigt,  überaß 
fein  Seben  unb  SBaltcn  \püxm  lä|t.  So  ift  er  ber  ©Ott  ber  ©cf^ic^te,  bcr  in  ban 
Seben  feinet  3Jolfc^  in  ©lud  unb  2eib  fein  Sffialten  unb  [\d)  felbft  lunbt^ut  —  ber  lo 
Sebenbige  ift  für  ^^xad  jugleic^  ber  ^ilfreid^c;  fo  ift  er  in  ber  ©efc^i(^te  unb  neben  il^r, 
ber  ©Ott  ber  Offenbarung  ber  in  feinem  %i)un  unb  au^erbem  burd^  ben  SKunb  feiner 
Äned^te  feinen  SBiUen  offenbart;  fo  ift  er  cnblic^  ba  ©c^ö})fcr  unb  §err  —  gunäc^ft 
feinc!^  SSolfe«  unb  jebe^  einzelnen,  tociterl^in  bann  auc^  bon  ^immel  unb  6rbe  unb  bcr 
$crr  aller  SSölfer  unb  Sänber.  ©otoeit  liefe  ftc^  ba«  SBefen  Sal^uc«  auö  bent  blofeen  15 
Segriffe  ableiten.  @iner  f})äteren  3^^*  ^ar  ce  bann  borbel^alten,  aud^  bic  Sloigfcit  unb 
Unt)cränberlid^Ieit  Sa^be«  au«  ®j  3,  U  ^erau«julefen.  SBenigften«  fd^einen  ©teilen  n)ic 
3cf  40,  28;  41,3:  43, 13;  44,  6  bic«  anjubeuten  (f.  bef.  3)eli^fc^,  m*  504 f.).  aber 
^ier  liegt  fd^iocrlicp  bie  urfjJrünglic^c,  bon  E  in«  Sluge  gefaxte  ©rllärung  bon  nin-^  ju 
©runbe.  20 

a)ie  ^ier  borgetragene  Deutung  bon  6j  3, 14  berül^rt  ftc^  na^e  mit  ber  fd^on  bon 
3bn  ß«ra  unb  f})äter  t)on  3.  3).  SKic^aeli«  borgetragenen,  neuerbing«  toieber  burd^  SBetts 
l^aufen,  Äom|)oftt.  be«  Öejat.*  72  aufgenommenen.  Se^tcrer  tiberfe^t:  „Sin  fmtemal  id^ 
bin".  (Sine  berartige  25crtoenbung  bon  ^"»^fi«  =  ■'^,  toeil,  ift  burc^  ©teilen  ioie  1  Äg 
8,  3:3  (bgl.  2  6^r6,24)  erhörtet,  unb  bafe  (©ittm.,  ©öWe  grageaJlofe«:  „toa«  fott  id^  juas 
i^nen  fogen"  biefe  tJ^ffung  berbiete,  lann  nic^t  guaegeben  toerben,  ba  ja  ba«  folgenbe: 
„^d)  bin  ^at  mid^  gu  cud^  gefanbt"  bie  eigcntlid^e,  für  bo«  3SolI  beftimmte  3tnth)ort  ift. 
Irojbem  fd^eint  mir  bie  borgcfc^lagenc  ^ffung  rid^tiger,  toeil  nid^t  eine,  toenn  aud^  be= 
legte,  fo  bo^  feltenere  Sebeutung  bon  "i^n,  fonbem  nur  eine  tüeniger  geloö^nlid^e  Äon^ 
ftruftion  cxpA\(i)i  toirb.  hingegen  toerben  burd^  biefe  2)eutung  eine  SRcil^c  anberer,  bie  in  so 
neuerer  S^xt  no6)  borgetragen  toaren,  au«gcfd^loffen.  ^^näc^ft  bie  t)on  ©toalb  unb  in 
tttoa^  anberer  gorm  (nac^  Slafd^i)  bon  SB.  9loo.  ©mit^  unb  einigen  anbem  getoä^lte 
gaffung  „id^  tocrbc  fein  toa«  ic^  fein  toerbe"  —  nämlic^f  ^P.  mit  eud^,  alfo  euer  Reifer 
unb  »ciftanb  (bgl.  ßtoalb,  SBibl.  Il^eol.  II,  238;  ©mit^,  The  prophets  385  ff.).  aJlit 
Siecht  loenbet  gegen  fie  3)illmann,  ej'37,  ein,  bafe  l^ier  gerabc  bie  ©aujjtfad^e,  auf  bie  86 
c«  anfommt,  nic^t  au«gebrüdft,  fonbern  gu  beulen  gegeben  fei,  unb  bafe  eine  fold^e  ©inn- 
ergängung  nid^t  angelte.  Slber  auc^  bie  bon  3)illmann  felbft  a.  a.  D.  ©.  38  gunäd^ft  be- 
Dorgugtc  grfldrung  lann  nic^t  richtig  fein.  @r  erllört  nad^  3-  33.  Stoppe  unb  3.  %.  93edE 
„ic^  bin  ber  ic^  bin"  nämlic^  „ein  feinem  SBefen  nac^  Unnennbarer  unb  Unerflärbarer". 
v^m  ©runbe  \)ai  bamit  3)illmann  auf  bie  bon  i^m  felbft  mit  ©ntfd^ieben^eit  öertoorfene  40 
obtoeid^enbe  Deutung  bon  ßlericu«,  S)at^e,  Sagarbe  in  5Pf alter.  §ieron.  156  gurüds 
gegriffen:  „id^  bin  eben  ber  idb  bin,  glei^giltig  für  eu(^,  toer  ba«  ift".  3Jlit  dU6)t  ^ai 
ba^er  3)illmann  im  toeüeren  SSerlouf  @.  44  biefe  (grflärung  toieber  fallen  gelaffen  unb 
fogar  älltteft.  3:^eol.  217  au«brü4lid^  gegen  fie  })olemiftert,  ba  fotoo^l  93.  15  al«  ba« 
JT'^N  in  3J.  14  gegen  fie  fjjrec^en.  9(ur  betont  ^illmann  bort  ba«  5D?oment  bcr  Um  46 
beränberlid^Ieit  (unb  2^reue)  im  Segriffe  bonga^be,  toie  E  ü^n  tennt,  ftärler  al«  c«  nad^ 
ber  obigen  Srihrterung  angebt 

2.  @ine  gong  anbere  grage  ift  nun  freiließ,  ob  über^au^t  biefe  im  %%  bor» 
licgenbe  et^mologie  binbenbc  Äraft  für  un«  l^abe.  6«  läfet  ffd^  nid^t  beftreiten,  bafe 
ba«  äl2i  mel^r  al«  6ine  Deutung  eine«  ^crfonen«  ober  Drt«namen«  barbietet,  bie  lebigK(|f  60 
ber  SolI«überlieferung  entftammt  unb  ben  ©efe^en  ftreng  toiffenfd^aftlic^er  Unterfud^ung 
gegenüber  bie  ^ßrobc  nic^t  gu  Italien  im  ftanbe  ift.  Son  ^ier  au«  angefel^en,  fd^eint  e« 
ni^t  gu  ben  Unmöglic^Ieiten  gu  gel^ören,  bafe  toir  e«  auc^  in  @£  3, 14  mit  einem  blofeen 
Serfud^e,  bie  Sebeutung  bon  ^a^be  gu  erflärcn,  gu  t^un  l^aben,  bafe  un«  bagegen  bie 
^flic^^t  obliege,  tro^  jener  ©t^mologie  nad^  ber  toal^en  älblcitung  bon  S^^be  gu  fud^en.  56 
3n  bcr  Il^at  finb  Serfuc^e  biefer  »rt  in  5Kenge  unternommen  toorben  unb  fte  toerben 
immer  neu  fortgefe^t  unb  ^ben  aud^  borau«fi(|tli(^  nod^  nid^t  fo  balb  i^r  @nbe  erreicht. 
©ic  teilen  ftc^  in  gtoei  J&auj)tllaffen.  3)ie  eine  bleibt  bei  ber  Slnnal^mc  fte^en,  ba^  S^^be, 
iücil  burc^  aWofe  eingefü^  unb  ^ebräifd^  äbhmft,  einer  ^ebräifd^en  SBurgd  cntftamme 
unb  begnügt  ftd^  bemgcmö|  innerl^  be«  6<Mihhm  nadji  einer  anbem  @rllärung  gu  go 


536  ^a^tie 

fraöcu ;  bic  anbcrc  ift  bcr  3)Jcinung,  c^  fei  übcrl^aiHJt  nid;t  möalid;,  ba^  SBort  ^df)t)c  au^ 
beut  §ebräifc^en  gu  etHären,  lonne  eö  aud^  nic^t  jein,  ba  3^9^^  felbft  feine  urfjjrünglid^ 
l^ebräifd^e,  onbem  eine  Don  au^en  l^er  md)  3«racl  cinöelpanberte  ©ott^eit  fei.  auf 
bicfem  ^Punfte  gel^t  bie  ^xaac  nad)  ber  Sieutung  be«  SEBorte«  3^^^^  ^^n  felbft  in  bie  nad^ 
6  ber  «bfunft  be«  Ootte«  ^a^be  über. 

a)  3)ie  erftere  (ärm^jje  t)on  ©rflärem  ift  teiltoeife  öon  bem  (Srunbfa^  ö^I^i^^^/  ^^^6 
„ber  Seflriff  beS  ©ein^  toiel  ju  abflra!t  unb  refleftiert  fei,  um  an  ber  Pforte  einer  Ste^ 
lifjion  in  fte^en,  bie  nte^r  bringen  tooHte  ate  meta))l^^iftf(^e  (Srunbbegriffe"  (2it.  Gentrat 
blatt  1881,  171).    ©0  berechtigt  biefe  aud^  in  be«  SJerf.  ©efd^.  ber  Hebräer  I,  222  jum 

10  aiu^brudt  gebrad^te  @rU>ägung  ift,  fo  trifft  fte  bod^  nur  gu  gegenüber  jener  oben  abge^ 
lehnten  ^Jaffung  bon  Hin-  unb  H-n^  bie  in  n-n  ben  Segriff  be«  reinen  ©ein«  fielet, 
nid^t  aber  gegenüber  bcrjenigen,  bie  i^'^i^  afe  „in  bie  6rf(^einung  treten",  fomit  aU  Ion- 
tretet  be^ie^ung^reic^e^  ©ein  fa^te.  gd^  l(^abc  fte  ba^er  feit  einer  Slei^e  bon  ^öi^ren  ju 
(Sunften  jener  anberen  aufgegeben,     ©ie  ift  erftmafe  Vertreten  toorben  toon  ^o^.  (SlericuS 

15  (2e  Giere)  1700,  ber  nirj-»  ate  yeveoioi'gyog  seu  creator  et  effector  renim  beutet, 
hjeiterl^in  t)on  ©efeniuö  im  SEI^efauruö  577,  fobann  t)on  Sagarbe  in  gbm®  (1868)  XXII, 
:]31  unb  im  Psalterium  juxta  Hebr.  Hieron.  153  („berjenige,  toeld^er  in«  S)afein 
ruft"),  aud&  Überft^t  k.  137  ff.  (ber  „3}er^eifeung  in«  3)afein  ruft").  Sagarbe  gel^t 
Don    f^rac^ltd^en    @r)oägungen    au«,    über    beren    ©runblofigleit    fc^on    oben    unter  a 

20  bie  9tebe  getoefen  ift.  aber  auc^  abgefel^en,  Don  i^nen  läfet  fid^  nid^t  Derfennen,  ba^ 
hjenigften«  feine  le^te  Deutung  an  ber  Sd^toierigfeit  leibet,  ba^  ^ier  ba«  2i5efentlic^e, 
nämlid^,.ba^  ftal^De  feine  aSer^eifeungen  erfüllt  (S)illm.'3i^ffel«  40),  erftl^imugebac^tttjerben 
mufe.  2i[bnlid9  i)abm  bann  aud^  ^d^raber  in  ©c^enlel«  Sibellej.,  SJeftle  3i^r.  ©igen^ 
nam.  88  ff.,  D.  SBaubiffm  ©tubien  I,  229,  Äatofer^9Kartt  Siel.  ®efc^. «  62  u.  a.  ^al^De  al« 

25  ^ifilifdf^c  KaufatiDform  faffen  tüoHen,  mm  2^eil  mit  ber  (fjjrac^lid^  jebenfall«  rei$t  toroble= 
matifc^en)  aJlobifilation,  bafe  ba«  Serbum  n^n  leben,  ju  n-^n  abgefc^toäc^t,  afe  ®runb- 
form  anjune^men  unb  bemnac^  ju  übcrfe^en  fei:  ber  Seben  ©c^affenbe,  ©d^ö^)fer,  j^um 
3!eil  mit  berjenigen,  ba^  SKofe  in  ^aif)DC  „ben  ba«  (Sefc^fe^en,  bie  (Sefd^id^tc  betoir* 
lenben",   „ben   bie  greigniffe   (Slettung  au«  S[gV})ten)   ^erbeifü^renben"    erfannt   ^abc 

uo  (Jlavfer-^larti).  Slllein  alle«  in  allem  barf  gefagt  tverben,  ba^,  toenn  über^au))t  bei  ber 
aibleitung  Don  l^ebr.  n-tn  =  rm  fein  fte^en  geblieben  toerben  foll,  ftd^  leinerlei  jlDingen^ 
ber  ®runb  erfe^cn  lä^t,  Don  ber  Kaiform  „ber  ©eienbe"  in  bem  oben  befc^riebenen 
©inne  Don  6|  3, 14  oijuge^en,  ba  f})rad^lic^  niri:  al«  ?albilbung  burc^au«  juläffig,  ein 
^ifil  Don  ^"n  l^ingegen  burc^au«  nid^t  gu  belegen,  aud^  gar   nid^t  loal^rfd^einlid&  ift,   fo- 

3ö  toie  ba,  toenn  bie  laufatiDe,  l^tfilif(|fe  Slbleitung  in  alter  ^cxt  in  3«rael  üblich  getüefen 
toäre,  il^r  DoDftänbtge«  SSergeffen«  unb  Sefeitigtfein  fc^on  tn  ber  3^^*  ^^  E  \d)tocx  ju 
Derftel^en  Joäre. 

b)  aber  l^aben  toir  überl^au})t  bei  l^ebr.  ^^'^'f^  =  fein  fte^en  ju  bleiben?  3)a«  femis 
tifd^e  Sejilon    ttjeift  nod^  anbere,  jum  leil  aud^  im   §ebräifd^en  Dorl^anbene  ©tämmc 

40  ^"!"  (""1")  auf.  6in  ^ebr.  9lomen  J^J^  unb  ein  9lomen  ^"jn,  beibe  „SJerberben"  bebeutenb, 
toeifen  auf  ein  Serbum  J^in  „fallen",  ba«,  fall«  ber  %t  richtig  ift,  aud^  §i  37, 6,  jeben^ 
faß«  aber  im  2lrabifc^en  Dorfommt;  unb  ein  anbere«  9lomen  "^,n  „Sege^ren"  toeift  auf 
ben  ©tamm  J^in  (Dgl.  I^ebr.  ^ifi<)  „begehren",  beffen  ©runbbebeutung  nad^  bem  Slra^ 
bifd^en  al«  „iuel^en,  l^aud^en"  angenommen  toerben  lann.    ^r  ben  %oä   nun,  ba|  an« 

45  genommen  toerben  bürfte,  ba|  ^oi^^yt  ein  lange  Dor  ÜRofe  f^on  in  3«rael,  ober  bei  ein- 
zelnen (Sefd^led^tem  ber  3Säter  be«  mofaifd^en  ^^xatl,  ober  aber  bei  aufeeri«raelitifc^en  ©e* 
miten  belannter  unb  Dere^rter  ©ott  mar,  ben  3Kofe  nic^t  erftmal«  geoffenbart,  fonbem 
lebiglic^  nadj^  ^^xad  übertragen  bejh).  beim  ©efamtDolt  (neu)  eingebürgert  l^ätte:  fo  toörc 
natürlich  auc^  teil«  leinerlei  ©arantie  bafür  gegeben,  teil«  au«gef(^loffen,  bafe  Sal^De  ge« 

50  rabe  ein  au«  bem  un«  belannten  §ebräif^  abjuleitenber  SJame  toäre,  Dielmel^  Ratten  ioir 
bann  alle«  Siecht,  nac^  ^einem  bem  übrigen  ©emtti«mu«  geläufigen  ©tamme  J^'^n  ^u 
fud;en.  ^n  biefem  %(ätz,  befonber«  loenn  ber  ^al^Dimu«  gar  nid^t  eine  genuin  i«raelis 
tifc^e  ©rfc^einung,  fonbem  ein  urf})rünglid^  ^eibnifd^e«  ©ebilbe  toäre,  toäre  natürlidjf 
aud^  ^um  Syorau«  alle  SJa^rfd^einlid^Ieit  Dor^anben,  baf;  bie  ©runbbebeutung  be«  SBorte« 

öö  un«  tief  in  bie  3Sorftenung«toeife  ber  SJaturreligion  l^inein  fül^rte. 

3)emgemäfe  l^at  benn  fc^fon  Sagarbe,  Drientalia  II,  27  ff.  ben  Don  i^m  felbft  fxaxlxd) 
toieber  aufgegebenen  SJerfud(f  gemacht,  ^af}\>z  Don  "rt-a  „fatten"  ab;\uleiten  unb  al«  ben 
„gaDenben"  b.  ^.  (Dgl.  ®en  28, 18)ba«S5ait^lion  ober  aber  (al«  .^ilfilbilbung)  al«  ben 
„f^äHer"   b.  1^.  ben  (Setoittergott,  ber  S3li|e  fc^fleubert,   ju  beuten.    ^I^m  l^aben  ©tabe, 

♦w®c|c^.  3«rael«  I,   429.  441  ff.,  u.  o.  jugefiimmt,   tooju  nod^  Derglic^^en  tocrben  mag 


S^^t  537 

SB.  »lob.  @mit^,  The  Old  Test.  423  („ber  ben  SMcgen  j^erabfaffcn  läfet"),  Sd;ii>o%, 
Rbm®  52,136  G/Sc^lcubcrcr")  unb  Äerbcr,  ^ebräif^e  eigennamenSS  (bcr  gaUenbc, 
SWc9ncnbc?'0/  hJö^rcnb  .öoljinger  ©nlcttung  in  bm  ^ejotcud^  204  in  näherem  5anfci^Iu| 
an  ba«  f)Ax.  n;n  unb  njin  ,,gSetbcrben"  Sol^bc  afö  ben  ^^Rerftörcr"  faRcn  toitt.  auf 
bcr  anbem  Seite  erflärt  SöcU^aufen,  Sfijjen  III,  (Slefte  2c.O  175  unb  S^r.  (Sefd^.*  25  5 
Sai^öe  ate  ben  „§auc^cr"  ober  „SQBettergott",  alfo  etgentli^  einen  (Sott  be«  SBinbc«, 
toeld^c  S)cutung  ifd^  nal^e  betül^rt  mit  ber  fd^on  bon  ßtoalb,  ®efc^.  3«r.*  II,  221  ver- 
muteten, bafe  S^^be  „ben  leud^tenben  fiuftraum  (bgl.  arab.    ^'(^     Suftraum)     ober 

§immel"  bebeute,  nur  ba^  SBeH^.  SQBert  barauf  legt,  bafe  im  312  bie  (Sottl^eit  ni(^t  in 
bem  blauen,  fonbem  in  bem  betoegten  i^immel  angejd^aut  toerbe ;   nic^t  ber  §immel  afö  lo 
aßtäglic^e  Sic^terjd^einung  mad^e  einen  folc^en  ©inbrudf,  fonbem  bie  aufeerorbentfid^en  ®r* 
jd^cinungen  beö  im  SBetter  betoegten  ^immete. 

c)  ^eilic^  f^at  man  fic^  nun  über^auj)t  nic^t  begnügt,  ^al^be  au«  bem  bem  ^ebräifd^en 
näc^ftbertoanbtcn  arabifdf^en  ©})rac^gcbiete  obguleiten,  fonbem  ^at  ju  fernerliegenbcn,  fclbft 
aufeerfemitifd^en  Oebieten  feine  Ru^ud)t  genommen,  ©d^on  eine  Steige  älterer  Tutoren  iuie  i5 
bon  ber  älm,  ßolenfo,  Sanb,  Senormant  ^tten  bie  3Reinung  au^efjjroc^en,  bie  ©rtoä^ 
nung  be«  SRamen«  7aa>  bei  grieAifd^en  ©d^riftftenem  toeife  barauf  ^in,  ba^  ba«  alttefta« 
mentlid^e  ^^i^^  au«  bem  l^eibnifqen  ©emitentum  entnommen  fei.    (Gegenüber  biefer  3:^efc 
^at  b.  Saubifftn,  ©tubien  I,  181  ff.,  in  eingel^enber,   ben  bamaligen  ©tanb  ber  3)inge 
crfd^öjjfenber  äb^anblung  ben  Jladf^tüci«  gefül^rt,  ba^   jener  7aa>  fid^   überaß  auf  ba«  ao 
altteft.  letragramm  jurüdEfül^ren  lajfe.     3)ie  für  ba«  griet^tfd^e  7aa>   ermittelte  %M^ 
glaubte  Saubiffm  (©.  220  ff.)   audj  nod^  gegenüber  Senormant  unb  ©d^raber   aufregt 
erl^alten  gu  lönnen,  bie  in  ^af)\>t  einen  au«  ©brien  bejh).  Sab^ilon  ftammenben  (Sott 
crtennen   toottten.     6ine  §auj)troße  in   i^ren   ä3etoei«grünben    f})ielte    ber   SJame  be« 
^'önig«  Igaubtbi  Don  ^amat,  beffen  auc^  ^lubibi  gefd^riebener  3latm  auf  eine  (Sott]^eit26 
3iau   l^inloie«,   in  ber   bie  ©enannten  eine   uralte    ©ott^eit   ber   beibnifd^en  ©emiten 
fal^,  bie  bon  Sab^lonien  au«  gu  ben  Stirem  unb  ftanaanitem  gefommen  fei;   f.  bef. 
Ääl»  ©.3  ff.,  »©.24  f.  SBaubiffm  erllärte  jenen  (Sott^al^u  burd^  Sntlel^nung  au«  3«rael. 
§atte  biefem  Urteil  ^Jriebr.  SJeliftw  urf})rünglid^  (bei  SBaub.  ©.  227)  beigeftimmt,  fo  glaubte 
er  bagegen  1881  in  feinem  35u^  über  ba«  ^arabie«  ©.  158  ff.  ©Araber«  ^Partei  ergreifen  ao 
ju  foUen  unb  gelangte  ju  ben  ©äften:  ber  in  3^wel  ftet«,  ja  biclleid^t  au«fdE>Itepd^  üb- 
lid^e  ®otte«name  fei  '^^;,  ?^^,  toic  bie  ftete  ßwföntmenfeSjung  mit  ^Qi){\i),  nie  mit  S^^be, 
unb  9Jamen  toie  laubi'di  betoeifen;   ^af^n  fei  erft  nachträglich  ju  Igal^be  umgemobelt 
im  ®egenfa^  ju  jenem  ben  §ebräem  mit  ben  ^f^iliftem  unb  Äanaanäem  gemeinfamen 
^a\)u,  ba«  feinen  Urfjjrung  in  Sab^Ionien  unb  gtoar  in  (e^ter  Sinie  bei  ben  borfemitifc^en  86 
Selool^nem  Säbel«  l^abe  (al«  I  u.  la).    3)eli$fc^«  2:i^efe  erfuhr  fofort  grünblic^en  SBiber* 
fj)ruc^  burc^  Stiele  in  IM.  lijbffr.  16(1882)  262  ff.,  gr.  5P^ili})J)i  in  3tfc^r.  f.  9Sölfer»)fVd^. 
14  (1883)  175  ff.,  Äuenen  SBolf«religion  307  ff.  3:ro^bem  tüurbe  fie  loenig  mobifijiert  toie« 
ber  aufgenommen   burdf^  ^ind^e«  in  ben  Proc.  Soc.  Bibl.  Arch.  15  (1892)  13  ff.  (Yä 
and  Yäwa  [Jah  and  Jahweh]  in  Assyro-Babyl.  Inscriptions),  ber  auf  eine  SReil^e  4o 
aff^.5babl;l.  ©igennamen  auf  ia,  ft  (a-a),  iama   u.  bgl.  bertoeift  unb   in  il^nen   jenen 
®ott   ^af)Vi   erfennen   toitt  (j.  S3.  Naadbijau  =  ^^2-13  709  b.  6^r.),   toeiter^in   bon 
SBSindfler,  ®efc^.  3«r.  36  ff.,  ber  ben  i«raelitifc^en  ^al^be  al«  (burc^  35abib  eingefül^rte !) 
Sergeiftigung  eine«  alten   au«  Sab^lonien  l^erübergelommenen  ben  SSBeftlänbem  (Äanaa* 
näem)  gemeinfamen  (SBetter*)  ®otte«  3a^u  anfielt.    3lm  ©inai   bilbete  ftd^  mit  ber  ^zxt  46 
unter  ber  ^jJriefterfc^aft  biefe«  3al^u  eine  eigene  ®e^eimle^re,  bie  ^al^u  al«  ben  §errn  oue« 
©ein«  fafete,  unb  3)abib  Jtoang  biefen  „?ia^be  be«  etoigen  ©em«"   ben  g^^^^lp»""^^ 
auf  an  ©teße  be«  alten  SBettergotte«  ^c^u,    Snblic^  ^at  jüngft  grife  Äommel  toieber 
bie  bab^tonifd^e  §erlunft  ^al^be«  mit  5Rac^brudE  bel^au})tet  (2nti«r.  Überl.  115  unb  Ex- 
pository  Times  1899,  42  ff. ;   bgl.   ebenba  ©a^ce  1898,  522).    SBJefentlid^  neue«  9Ra*  ßo 
terial  ift  aber  auc^  ^ier  gegenüber  bem  bereit«  bon  3)eli^fc^  unb  $inc^e«  mitgeteilten  nic^t 
borgefü^rt. 

Ueberfte^t  man  bie  ganje  bon  ben  genannten  Slff^riologen  enttt)idelte  9eh)ei«fü^rung, 
fo  lann  man  fi(^  be«  (SinbrudE«  nid^t  erloe^ren,  ba|  ba«  feinerjeit  bon  3)eli^fd^  felbft  (bei 
Saub.  227)  gefällte  Urteil:  „3)er  bermeintlid^e  3a^be  finft  jg^iemac^  ju  einem  "^  ju«  66 
fammen"  im  toefentlid^en  nod^  feine  ®eltung  ^abc.  ®enn  tlj^ätfäilic^  ift  lau  ebenfo  toie 
ba«  blofee  i  nur  al«  9iame  be«  Suc^ftabenjeic^en«  für  ni,  ba«  aud^  ilu  =  ®ott  bebeuten 
fann,  nad^geloiefen  (bgL  ba«  Syllabar  S*,  j.  8.  in  3)eli^fd^«  aff^r.  Sefeftüdfen),  nid^t  al« 
9Jame  einer  ©ottl^eit.   3luc^^  bleibt  e«  bei  bem  Urteil  Äuenen«  (a.  a.  0.  310),  e«  fei  mc^r  al« 


638  doliiie 

jU>cifcl^a|t,  ob  jene  tDcitcrc  (Sntbc(!u»{j  jcmate  ßcmac^t  tucrbcn  tucrbc.  3)ic  im  übri^jcn  (^cijcn 
jene  Slfieortc  fjjrcdbcnbcn  (Srünbc  ftnb  faft  cntfd^eibcnb.  3)afe  ^o!f)Vi  unb  ^alj  (^r)  bic  (Srunbf onn 
unb  nic^t  Diclmc^r  Slbfiinung  Don  3^^^^  fei,  ift  an  fid^  in  ^o^cm  ©rabc  untoa^rfd^cinlic^, 
bor  allcni,  toenn  man  bcbcnft,  toic  ba^  alttcftamcntlid^c  ^7  burdf^^^w^  b<^"  ß^araftcr  einer 

6  ^)oetif(i^en  unb  liturgifd^en  äJerfürjung  be«  ©runbtporte«  trägt  (bgl.  bejonber^  \>a^  ^öuf^öc 
n7'^V:?r;  unb  baju  toie  jur  ganzen  ^age  SR.  Jiaftrott)  in  ^tfc^r.  f.  äff.  X  222  ff.,  3at2B 
XVI  Iff.  Q^  tüirb  aber  fo  gut  toie  au^efc^Ioffen  burd)  bie  bon  3)eli^fc^  unb  feinen  an* 
gangem  lange  nic^t  au^reic^enb  getoürbigte  ^^atfad^e,  bafe  fc^on  50lefa  um  900  t^atfäc^s 
lic^  3;al^be  ("''^''),   nidbt  ettoa  3a   ober  3al^u  O-"^,  ^^^)  fdf^reibt.    SBitt  man  bem  bon 

10  SBindler  au^ebad^ten  Stoman  einer  burc^  2)abib  boH^ogenen  getoaltfamen  9iamen^nbe= 
rung  be^  ®otte«  nic^t  beit)flic^ten,  bon  ber  un«,  obtool^I  toir  bodS^  fonft  manc^e^  über 
3)abib  toiffen,  nic^t  bie  leifefte  Qpux  überliefert  ift,  ^egen  bie  aber  bie  fortge^enbc  Ser^ 
ioenbung  bon  ^ai)u  in  ber  3wfcunmenfe^ung  entfc^ieben  fj)ri4>t,  fo  bliebe  nidj^t^  übrig, 
ate  mit  3)elifefd^  angunelfimen,  ba^  bie  alte  ^^rm  ^af)n  ftc^,  toie  eben  jene  ßigennamen 

16  betoeifen,  noc§  lange,  ja  faft  auefc^liefelid^,  im  SJolföbrauc^e  erhalten  f)aU.  ^al)\)t  müfete 
bann  bid  in  f})äte  3^^*^*^  ^«^  ©igentum  engfter  Äreife  geblieben  fein  —  freilid;  toeld^er'^ 
ift  fd^toer  gu  fagen,  ba  bie  ^erborragenbften  ^riefter,  5ßroj)l^eten  unb  Könige  toie  Urija^, 
Sefajal^,  §t«;fij|a^  fic^  nac^  S^W«)  nannten.  S)em  toiberjjiric^t  nun  aber  3Refa  aufjJ  be^ 
ftimmtefte.    S)enn  toenn  irgenb  jemanb  bcn  gemeinüblid^en,  nic^t  ben  internen  ®otte«= 

20  namen  S^^^ete  gebraud^en  mufete,  fo  toar  e^  ein  l^eibnifc^er  Äönig.  SJennt  3Refa  ben 
(Sott  S^rael«  Sal^be,  fo  liegt  barin  ber  jtoingenbe  Setoei^,  bafe  fc^on  um«  3a^r  900 
Sol^be  oer  übli^e  9Jame  biefe«  (Sottet  toar.  3ft  er  e«  aber  bamafe  getoefen,  fo  toar  er 
ed  —  ba«  bürfen  toir  mit  ©ic^erl^eit  be^aut)ten  —  fc^on  feit  ^JJlofe«  3^*t<^"-  ®^""  ^ 
la^t  fic^  lein  ^unlt  in  ber  i«rqelitifd^en  &e\i)xd)U  jtoifd^en  SDtofe  unb  9Kefa  aufgeigen,  an 

35  bem  ber  ©intritt  einer  fold^en  Slnberung  toa^rf(^eintic^  toöre. 

6«  toirb  fomit  nad^  toie  bor  babei  bleiben  muffen,  bafe  SJamen  toie  laubi'di  in 
Öamat  ober  Azrijau  C^'^'"^^),  ebenfall«  in  9iorbf^rien  (f.  SBindler,  gorfd^ungen  1893 
©.  !())/  burc^  gelegentliche  Übertragung  ber  ^^l^beberel^rung  auf  getoiffe  ^eibnifc^e  (Se^ 
biete  gu  berftel^en  fmb,  toä^renb  SJamen  toie  bie  bon  ^Pind^eö  genannten  fic^  jum  2^eil  al« 

:»  Slamen  bon  (gefangenen)  3«raeliten  unb  3uben,  gum  2eil  überhaupt  al«  nic^t  t^eojji^ore 
SRamen  crllären.  (©elbft  bei  laubf  di  l^at  gaftroto  3-  f-  3lff.  X  toegen  ber  ungleic^eniren^ 
nung:  bi'di  unb  ubi*di  lebhafte  Sebenlen  geäußert  unb  bermutet  iubidi  (iobidi)  f ei  = 
ubidi  (3inl>^cft)  unb  ber  9lame  ^abe  Ilu-iubi'di  gelautet).  @ab  e«  je  einen  fumerifc^f- 
bab^lonifc^fen  ©ott  ^an,  fo  f^at  berfelbe  ^öc^ft  toa^rfc^einlic^  mit  bem  biblifd^en  ^ai}u  = 

86  3al[^be  ni(^t«  ju  t^un  —  bafür  ]pxx(S)t  alle«,  unb  nic^t  gulefet  immer  toieber  bie  S^^at^ 
fac^fe,  bafe  bie  gorm  S^^be  fw^  au«  ^an  ober  ^a^n  unb  ^^l  «id&t,  bie  gorm  3al^u  unb 
3al^  hingegen  au«  S^i^be  mit  £ei(|ftig!eit  erflärt  (f.  bef.  toieber  Äönig  in  3at&  XVII, 
172  ff.  —  äu(^  toa«  SQ3.  3Raj  aJlüHer  («fien  unb  eurot)a  312  f.)  au«  ägvj)tif(^en  3m 
fc^riften  beibringt,  fü^  fd^toerlic^  einen  ©d^ritt  toeiter.     6r  tocift  barauf  l^in,  ba^  fAon 

40  unter  Dhutmose  III  (16.  3ol^rl^.  b.  6^r.)  ein  ^aläftinenpfc^er  Drt«name  Bai-ty-a  ober 
Bait-ya'(n-n-n?)  genannt  toerbe.    S)arf  man  biefen  SRamen  mit  ^ebräifd^  n^rr^z  toieber* 

Sieben  unb  ber  ©ad^e  nad^  =  '-?<"ri-a  anfeilen,  toa«  aber  nod^  lange  nid^t  eiloiefen  ift, 
0  l^ätte  e«  allerbing«  eine  altlanaanäifc^e  ©ott^eit  gegeben,  beren  Flamen  bie  äg^i^ter  al« 
la  ober  Ja  ^örten.    Cb  aber  biefer  möglid^e  ©Ott  la  mit  3öi^u-3öi&bc  ober  richtiger 

46  3a^be'3^u  trgenb  eVtoaS  m  t^un  l^atte,  ift  toieberum  ebenfo  fraglich,  toie  ob  ber  ja  aud^ 
bon  ^ommel  u.  a.  (f.  o.)  be]^au))tete  altbab^lonifd^e  ©ott  A-a,  Ai,  la  mit  3^^be  ettoa« 
gemein  l^at.  93gl.  nod^  Jlönig,  9113  ^899,  703  ff.  SRod^  toeniger  lann  bie  foeben  bon 
®J)iegelberg  3*^"^®  1900  borgetragene  aJleinung  in«  ©etoic^t  fallen. 

d)  ©0  toerben  toir  benn  immer  toieber  auf  bie  alle  anberen  5Köglic^Ieiten  übertoiegenbe 

60  aBal^rfd^einlic^Ieit  jurüdgetoorfen,  ba^  3o^be  enttoeber  ein  ein^eimifd^^^^^^^'f^^^  ober  ein 
urfjjrünglic^  ben  gi«rael  nä(^ftbertoanbten  arabifc^en  SBüftenftämmen  ange^öriger  5Rame 
ift.  §ier  lann  nur  eine  gefd^ic^tlid^e  8etra(|ftung  toeiter  Reifen.  X^atfad^e  ift  gunä(^ft, 
bafe  gtoei  bon  unfern  brei  .spau^^terjäl^lem  ber  alten  3JolI«gefd^id^te  (E  unb  P)  bie  ©in« 
ftil^rung  ber  38erc^rung  ©otte«  unter  bem  9lamen  3fl^be  auf  9)lofe  gurüdfülf^ren,  toäl^renb 

töbie  britte  fonft  gefd^id^tlid^  felj^r  bebeutfame  Überlieferung«fd^id^t  (J)  gerabe  in  biefen 
fünften  il^re  naib  bolI«tümlid^e,  gefc^ic^tlic^  toeniger  ftrenge  Gigenart  befunbet,  inbem  fie 
bie  3Sere|^rung  ©otte«  al«  3?^be  fogar  in  bie  3^*  ^^  frü^eften  anfange  ber  ÜKenfj^^eit 
lurüd  leitet  (©en  4,26).  a)fit  boller  Sicherheit  gel^t  ^ierau«  ^erbor,  bafe  man  im  ft)ätercn 
3i«rael  bie  ^^erfon  9Rofe«  in  bie  allemäc^fte  S3ejie^ung  mx  3a^beberel^rung   brachte  — 

60  unb  bie«  ftd^er  mit  Stecht,  toie  ba«  3)eboraIieb  unb  bie  ©efc^id^te  ber  ätic^tergeit  lehren, 


^f^  639 

in  bencn  bic  3öl^V^Dcrc^run(j  bereite  aU  fcftcrScfi^  bcöSJolfc^  auftritt  (öol.  3Ji  7, 18. 20). 
9lun  bringt  jene  Überlieferung  gcrabc  biejenigen  ©tücfe  ber  ©efd^id^tc  SRofe«  unb  feine« 
Solled,  bie  auf  bie  enttuidelung  ber  3fl^ö^<^<?.^w"G  bon  befonberem  ©influffe  finb,  in 
ben  engftcn  Swf^^w^w^^^^^^Ö  ^^^  ^^wx  Serg  ©inai.  3n  ber  SEBüfte  am  ©inai  offenbart 
fid^  ^a\}\>t  bem  2Kofe,  am  ©inai  erfcj^lie^t  S^^be  fi^  unb  jeinen  SBiUen  bcm  gan^eit  6 
aSolIe,  an  ben  ©inai  toiH  bad  SBoII  jie^en,  um  feinem  ®otte  l^ier  gu  o))fem;  Wk  \a 
felbft  fj)äter  noc^  ^^^be  öom  ©inai  au«  jur  Deborafd^lac^t  audjiel^t  unb  fogar  ber  ?$roJ)l^ct 
ßlia^m  §oreb  (=©inai)  ate  ber  Dffenbarungdftätte  ^a^be«  ^JÜgert.  ß«  lommt  boju, 
ba^  ?üJofe,  toä^renb  il^m  jene  Offenbarung  toirb,  bie  er  bem  in  %i;))ten  fd^mac^tenben 
SJoKe  bringen  fott,  fic^  bei  feinem  ©(^tDiegcrt)ater,  bem  ^riefter  t)on  aJlibjan  befinbet,  lo 
unb  bafe  jener  fmaitifd^e  §irtenftamm  ber  Slibianiter,  mit  beren  ^Prieftergefc^lcd^t  5!Kofe 
fo  eng  öerfc^loägert  ift,  gelegentlid^  auc^  mit  bent  f^jäter  mit^^tael  nadj^  Äanaan  toeiter« 
getoanbertcn  Sebuinenftamm  ber  Äeniter  gleic^gefe^t  toirb;  fotoie  bafe  biefe  Äeniter 
toieberum  in  enger  Seriüanbtfd^aft  mit  jener  nomabif^en  ©elte  ber  Sled^abitcn  fte^en,  bie 
bie  fjjätere  (Sefd^id^te  und  mel^rfac^  ate  bie  ben  ^^rob^eten  gefinnungdbertoanbten  unb  bcr^  is 
bünbeten  Vertreter  ber  ftrengen  unb  ungetrübten  :3öiE;beberel^rung  nac^  ber  äSätcr  SßJeife 
belunbet. 

©0  jc^eint  fid^  l^ier  bon  gefd^id^tlid^en  grtoägungen  au^   eine  ungemein  öerlodenbe 
^erf))eftit)c  Dor  un«  aufgut^un:  3i<^be  ift  allerbing«  3«rael,  unb  jtoar  burc^  9)lofc,  am 
©inai  erftmafe  lunb  getoorben,  benn  er  ift  nid^td  anbere«  ate   ein  alter  ©inaigott,   feit  20 
uröorbenllid^en  S^Un  l^ier  am  gu^c  ber   in  bie  SEBoIIen  ragenben  $ö^en  bed  ^eiligen 
Serge«  aU  „ber  gu  gaße  bringenbe"  gerfc^metternbe  (Setoittergott  berel^rt  unb  ate  fol^er 
öon  3Jlofe  ^erübergcnommen   unb   lange  t)on  3«rael  t)ere^rt,  unb   er  ift  guglcid^  nid^t« 
anbcre«  al«  bic  ®ottlf;eit  jener  ^ier  jeltenben  Äeniter,  t)on  beren  5Prieftergefd^led(|t  SKofe 
mit  feinem  SBeibe  S'VJ^^^ö  guöW^^  äI^  *rfftc  SKitgift  jenen  Äenitergott  bom  ©inai  in  25 
(gmt)fang  na^m.    ^a  felbft  ba«  fo  auff attcnbe  2lu«einanbergejfen  ber  Üoerlicferung  jtoifc^en 
J  unb  E,  ben  beibcn  alten  §aiH)tqueli[en,  in  betreff  ber  ©infül^rung  be«  S^^benamen« 
erflärt   fid^  bann,    toie  c«  fc^eint,   tooHIommen   befriebigenb :    J  ift  jubäifd^er,    E  norb^ 
idraclitifc^a  Slbfunft.  9lun  ^aben  bieÄeniter  fic^  an^uba  angefd^loffen  —  l^ier  bei  il^nen 
unb  ben  bon  il^en  beeinflußten  ^uböem  beftanb  bal^er  begreiflic^etttreife  unb  mit  einem  ao 
getoiffen  l^iftorifd^en  ditd)k  ber  ®laube,  bafe  ^af^\>t  feit  uralten  3;agen,   jebenfall«  aber 
lange  bor  ben  ntofaifd^en  3^^^  ker  ®ott  ber  Säter  (ber  Seaftämme)  h>ar,  toäl^rcnb  in 
(S})|iraim  (ben  Slal^elftämmen)  fidf^   mit  bemfelben  3ied[^tc  bic  Überlieferung  crl^alten  l^atte, 
bafe  i^nen  ber  ^al^öebicnft  erft  burd^  STOofe  t)om©inai  ^er  gugebrad^t  tourbc.   3)ie«  ift  in 
lurgen  3^9^*^  ^^^  Stnfd^auung,  toie  fie  Slnrcgungen  älterer  folgcnb  in  jüngerer  3^*  i}CL\}^U  ss 
fädj^lic^  2iele  unb  ©tabe,  fotoie  in  befonber«  anf})red^enber  Sfeeife  jüngft  Subbe  (Sieligion 
be«  33.  3^^-  13  ff.)  borgetragen  l^aben.    SlUcin   fo  toenig  ftc^  bic  ÜJlöglid^feit  biefe«  ober 
eine«  bertoanbten  Hergänge«  fc^lec^t^in  beftrciten  lä^t,  fo   bleiben  boc^  immer  gtoei  toid^ 
tige  Sebenfcn  beftc^en.    ßinmal  ift   un«  gefc^id^tli^  bon  einer  fo  toefentlid^en  religiöfen 
Secinfluffung  3«racl«  burc^  bie  Äeniter  ni^t«  belannt.    SBcnn  äJlofc  ber  ©d^toiegerfol^  40 
bc«  mibianifd^cn  ^rieftcr«  ^ti^xo  Reifet,  fo  folgt  barau«  freilid^    mit  ^o^er  SBa^rfd^cins 
lid^Icit,  ba|  er  mand9e«   toon  ben  gotte«bienftlid^en  ®e>)flogenl^eiten  jcna  SJomaben  am 
Sinai  fic^  angeeignet  l)at  (SRotoadf  ©.  20).    Slber  bamit  ift  nod^  nic^t  gefagt,  bafe  er  unb 
3«rael  ibren  ®ott  ij^nen  banften.    2Bar  S^i^bc  ein  Jtcnitergott,  fo  mü|te  man  fic^  toun« 
bern,  toenn  bie  Reniter,  toie  bie  ®ef^id^te  leiert  unb  fc^on  9Jum  10, 29  ff.  borau«fefet,  in  46 
3«raet  aufgingen  unb  nic^t  ^i^tacl  in  ben  ficnitem.    2Ba«  blieb  3«rael  al«  feine  ©igen* 
art,  toenn  e«  nid^t  feine  Sneligion,  fein  ®ott  toar? 

©obann  aber  bürfen  toir  boc^  aud^  nic^t  gang  überfeinen,  ba^  auc^  Don  bem  l^icrbci 
borau«gufe|enben  SBanbet  be«  ®ottc«  in  ber  Überlieferung  leinerlei  ©})ur  erl^alten  ifi 
Slalom  5!Kofe  ben  fenitifd^en  ®etoittergott  „tJötter",  „SSertoüfter"  0.  bgl.  nac^  g^racl  J^er«  w 
über,  fo  mu^te  bod^  öon  il^m  irgenb  ütoa^  9Jeue«  unb  ©igenortige«  in  bem  aSefen  biefe« 
®otte«  entbedt  toerben,  ba«  benfelben  berechtigte,  g^^öcl«  ®ott  gu  toerbcn  unb  i^n  beföi^igte^ 
ba«  SSolf  t)on  ben  fienitem  gu  unterfd^eiben,  t)or  aQem  aber  cttoa«,  ba«  i^n  befähigte,  nacp 
Söl^rl^unberten  ber  erhabene  fittlid^  l^eilige  ®ott  §immel«  unb  ber  6rbe  gu  If^ei^en.  Sag 
biefer  3"0  gur  ©ittlic^feit  n\d)t  öon  Slnfang  an  in  bem  ®otte  3Rofe«,  fo  bleibt  un«  bic  66 
gange  religiöfe  ©nttoidtclung  I3«racl«  ein  etoige«  SRätfel.  S3ubbc  l^at  bic«  gtoar  beftrittcn 
unb  ^at  gemeint,  Icbiglic^  ber  Umftanb,  bafe  3«rael  göl^bc  frei  getoä^U  Ij^abe,  alfo  bafe 
feine  Sieligion  eine  35Ja^lreligion  getoefen  fei  (©.  29  ff.),  If;abe  ba«  Serl^ältni«  bc«  Solle« 

u  '^al)\)Z  unb  Don  ^ier  au«  ben  ®otte«begriff  3^^<^<^i^  fd^f^  S"  ^^^^^  fittlic^en  gemad^t. 

"".ber  eine  SEBal^lrcligion   ift  nod^  nid^t  eine  ftttlidj^e  SRcligion,  bie  3leligion«gefdni(|tc  lä^t  oo 


540  ;3^4tie 

barübcr  feinen  S^eifcl.  2öa^(,  ani)  Juenn  fic  nod^  fo  frei  ift,  ift  afä  blofte  2BiIßür= 
l^anblung  an  fi^  nod^  lein  ftttlid^er  9llt.  @$  lommt  ollc^  auf  bie  ^{otiDe  ber  9Ba^I  an. 
aber  felbft  Juenn  ba«  3Kotit)  ein  fittlic^e^  toäre,  toirb  baburd^  ber  geloä^Ite  ©egenftanb, 
fott^  er  Dörfer  eö  nic^t  Wax,  nid^t  bon  felbft  ftttlic^  geartet,     öier  loäre  ba^  ÜKotib,  ben 

6  ©ciuittergott  Dom  ©inai  ju  toä^Ien,  ber  Icbiglic^  eubämoniftifc^segoiftifc^e  ©lief  auf  feine 
^öl^ere  9){acl^t.  3)a^  mad^t  i^n  nic^t  jum  ftttlid^en  ®ott.  6ine  2)im  tüirb  baburd^,  bafe 
ein  junger  SJlann,  burd^  i^re  @d^5n|^ett  geblenbet,  fie  ftd^  jur  ^au  tvä^lt,  nod^  nic^t  t)on 
felbft  eine  moralifc^e  ipau^frau.  @ie  tDürbe  e^  aud^,  toenn  i^n  ^ö^ere  ^etoeggrünbe 
leiteten,  nod^  nic^t  ol^ne  toeitere^,  fonbem  nur  toenn  in  ilf;r  felbft  ber  Drang  e^  ju  hjer^ 

10  ben  auf«  fräftigfte  bor^anben  toäre.  3Q3a«  ^af}\>t  fjjäter  tourbe,  ba3  mufe  er  toenigften« 
im  Äeime  feinem  SEBefen  nac^  fd^on  für  3Kofe  unb  bad  ^^xaA  feiner  3^i^  getoefen  fein: 
ber  ©Ott  be«  Siechte«  unb  be«  ®uten  (bgl.  auc^  ajlein^olb  a.  a.  C.  S.  47 ;  SRarti,  9lel.= 
gefd^.'  ©.59).  Siedet  ift  freiließ  nod^  nic^t  ©ittlid^Ieit:  beibe  lönnen  an  fid^  rec^t  Da* 
fd^ieben  fein  (SSubbe  a.  a.  D.),  unb  e«  lommt  aüti  auf  ben  ®eift  an,  in  bem  ba«  ^ti)t 

15  erfaßt  unb  geübt  toirb.  2(ber  eben  bie  SKrt,  toie  l^ier  im  SRamen  ga^De^  ba«  Sted[^t  ge^ 
fafet  unb  ber  ®eift,  in  bem  e^  geübt  tourbe,  muffen  trofe  allem,  toaö  nod^  bon  l^eibnifc^cr 
Unart  unb  UnboHIommen^eit  in  ®otte^nfc^auung  unb  Seben  ftel^en  geblieben  toar(53ann; 
Unbered^enbarleit  S^^be«  u.  bgl.),  bieg  SBoB  unb  feinen  ®ott  über  anbere,  au^  bie 
Äcniter,    erhoben   ^aben.     SP  bie«  aber  ber  ^aD,  unb  lag   ein  3"0   jw^   fittlic^en 

ao  @rfaf|ung  ber  ©otte^nfd^auung  bon  älnfang  an  tm  ©otte^ebanlen  ^ofe«,  bann  ift  ber 
©Ott  3Kofe«,  toie  er  i^n  feinem  Soße  bringt,  auc^  nid^t  einfadj^  ber  fenitif^e  öer^ecrenbc 
©etoittergott  ^a^be  bom  ©inai.  93ielmel(;r  f^at  ftc^  bann  für  3Rofe  ein  SBanbel  in  biefem 
©otte  bolljogen,  ber  i^n  gu  ettoa«  anberem  machte  aU  er  e^ebem  toar:  toie  immer  fein 
Sflame  bon  9Kofe  berftanben  unb  gebeutet  toorben   fein  mochte  —  fein  2Befen  toar  tiefer 

26  unb  reiner  erfaßt.  ®erabe  bon  biefer  SÖJanbelung  feine«  2Befen«  burd^  9Kofe  fagt  un« 
aber  toieberum  bie  Überlieferung  gar  nid^t«,  unb  ba«  ^pxiift  bafür,  bafe  jene  §W<>^^^f^ 
bon  S^^be  bem  Äenitergott  über^au})t  nicbt  bem  toirlli(|fen  ©ad^öerl^alt  entfpric^t. 

©0  bleibt  un«  jule^t  nur  noc^  bie  SJlögKd^Ieit  übrig,  ba^  ein  ^eil  be«  gefamten 
3«tael  fc^on  in  ber  3^*  bor  SKofe  am  ©inai  toof^nte   unb  ba^  bei  i^m  bie  ^^be« 

80  bere^rung  erftmate  geübt  tourbe.  3Jlofe  l)ätk  fie  bann  l^ier  lennen  gelernt  unb  l}ätt^  fie 
bon  ^ier  au«  auf  ®efamti«rael  übertragen,  ^n  biefer  3lrt  i)at  beifjjictetoeife  SJotoadf  fid^ 
ben  ^ergang  gebac^t.  @r  nimmt  an,  ba^  für  ben  äg^))tifd^en  Slufentl^alt  toefentlic^  bie 
9lal(^elftämme  in  älnf))rud^  ju  nel^men  feien,  toäl^renb  bie  Seaftämme,  benen  Sek)t  unb  mit 
i^m  älofe  ber  Seöit  angehörte,  am  ©inai  geblieben  toaren.    9Son  ©inai  ^er   fei  3Kofc 

36  nac^  äg^))ten  gelommen  unb  ^abe  bie  bort  tool^nenben  ©tämme  im  SWamen  be«  ©inai^ 
gotte«  aum  Äamjjf  gegen  il^re  ägVJ)tifc^en  3toing^erm  aufgerüttelt  (a.a.D.  ©.16.  18 f.); 
toäl^reno  aUerbin^«  feelll^aufen  ben  ©tamm  ^o\eip\),  toeil  in  i^m  bie  Sabe  ga^be«  i^rcn 
©i|  ^atte,  al«  bie  eigentliche  §eimat  ber  ^al^beberel^rung  anfielt.  JRad^  il^m  ging  bie  Setoe? 
gung,  burc^  bie^^tael  jum  3SolIe  tourbe,  öonj^ofe})^,  alfo  bon  3ig^J)ten,  au«.  SBill  man, 

40  toie  e«  bie  meiften  Steueren  t^un,  bef onbem  SBert  barauf  legen,  bafe  ^af)t>^  f^on  bor 
3Rofe  3«rael  ober  einem  leil  be«  Solle«  belannt  toar  (bgl.@j  3, 6. 15, 2.  18, 4  „®ott  meine« 
ajoter«"),  fo  ift  ber  bon  Slotoadf  {mi)  fd^on  3:i^olud,  ©toalb;  bgl.  aud^  SJeftle,  gigenn. 
80  f.)  befd^rittene  2Beg  ber  einjig  gangbare.  ^eili(^  lommen  toir  audf^  ^ier  über  bie  blo^e 
$]^))otl^efe  nic^t  l^inau«,  benn  aud^  ^ier  f^toeigt  bie  Überlieferung  fo   gut  toie  bo& 

46  ftanbig.  SlHerbing«  rebet  J  fd^on  lange  bor  3Kofe  bon  Sa^öe,  aber  i^m  ftelj^en,  toie 
toir  fa^cn,  bie  gang  beftimmten  3lu«fagen  bon  E  unb  P  gegenüber,  unb  ©tdlen  toie 
@X  3,  6  u.  f.  to.  ertragen  aud^  bie  Deutung,  ba^  jener  ®ott  einen  anberen  9Jamcn  al« 
3al(^be  fül^rte.  ßbenfo  toeife  bie  2;rabition  t)on  etnem  früheren  38ertoeilen  toefcntlid^er 
3«raelftämme  am  ©inai,  toenn  ein  folc^fe«  auc^  an  fxd)  nii)t  au«gefd^loffen  ift,  tl^atfäc^lit^ 

60  nic^t«,  fonbem  lebiglic^  t)on  einem  engen  3wfammenl^ang  ber  S^^^^berel^rung  mit  bem 
©inai.  äBeiter^in  mu^  man  ftc^  jebenfau«  auc^  bef|en  betonet  fein,  bag  toir  über  ba« 
SBefen  jene«  älteren  öormofaifd^en  i«raelitifd^en  ©inaigotte«  ^a\)\)c,  fall«  e«  einen  fold^en 
gab,  nid^t«  toeitere«  toiffen  lönnen,  al«  ba^  e«  anberer  art  getoefen  fein  müfete,  al«  toir 
un«  ben  g^^^be  3Rofe«  ju  beulen  l^aben.    Dh   er  al«  „aScrtoüftcr"   ober  al«  „SBel^er" 

65  ober  toie  fonft  gebac^t  toar,  bermögen  toir  ni^t  gu  befttmmen,  ba  im  ©runbe  bie  eine 
@t);mologie  fo  gut  ift  toie  bie  anbere. 

JJaffen  toir  alle«  gufammen,  fo  Knnen  toir  mit  Seftimmt^eit  nur  foöiel  be^au})ten, 
bafe  an  ä?ofe«  $erf on  unb  an  ben  ©inai  ftd^  eine  bef onbere  Offenbarung  jene«  für  ^^rael« 
©efAic^te  bon  ba  an  fo  bebeutfamcn  Sal^be  fnlh)fte  —  toie  unb  too^er  aber  9lame  unb 

60  ©oitpe  bem  3Rofe  )ugeflof[en  ftnb,  ba«  toirb  im  legten  ©runbe,  fotoeit  nac^f  menfc^lid^en 


^t>t  3^ttr  541 

SJcrmUtclungcn  gefragt  tpirb,  unb  tvofctn  toir  t)on  bloßen  ^Köglid^Icitcn  abjel^cn,  für  olle 
3etten  eine^  jener  unburc^bringlid^en  (Sc^eimnifjc  bleiben,  an  benen  tetn  ®ebiet  be^ 
menf^K^fen  Seben^  unb  (Sefd^el^en«  fo  reid^  ift  toie  bie  SReltgion  unb  i^re  ©cfc^id^te,  toeil 
lein  (Sebiet  un«  bem  §öc^ften  unb  iJe^ten  in  bcr  SBelt  unb  barum  auc^  ber  (Sreme 
unfere^  SBäiffen«  fo  na^e  bringt.,  6e^en  tüir  bon  jenen  menfd^Iid^en  Sermittelungen  ab,  6 
fo  nennen  toir,  unfrer  religiöfen  Überzeugung  äuäbrucf  gebenb,  jenc^  in  5Kofeö  ®emüt  ftd^ 
boO}ie^enbe  ©efc^ei^^en  eine  Offenbarung  ®otte^  felbft,  ber  bur(|  unmittelbare  S3erül[|rung 
mit  ber  5D?enf(^enfeeIe  toefentlid^e  Seiten  feine«  ffiefen«  5D?ofe  funbt^at,  um  auf  biefem 
SQBege  bie  ftufenmäfeige  ©ntfaltung  toa^rer  ®ottcgerfenntni«  in  ber  3Kenfc^^eit  anjubal^nen. 
aSgl.  nod)  meine  ®efci^.  ber  §ebr.  I,  227  f.  9i.  ftittcL     lo 

<3«iir.  —  ßittcratur:  ?l.  ^uencn,  De  stam  Manasse  in  Theol.  Tijdschrift  XI. 
(1877),  478 ff.;  ®.  @*uitiad)cr,  Northern  'AjlÜD,  fionbon  1890,  137 f.;  berfelbe,  3)a8  füblic^e 
«afon  1898.  45.  109  (=  3b$«  XX,  1897,  109. 173);  gr.  »u()I,  ®eoaropI)ic  bc§  alten  ^a. 
läftina  1896,  256.  —  ÄuBerbem  bie  Äoinmcntarc  ju  bcn  betrcffcnben  ©teilen.  ^g 

35er  9Jamc  3.  bertritt  im  912  jloei  berft^iebene  f^ebräifd^e  gormen,  nämlid^  ""<;  unb 
^"•x;.  S3eibc  gprmen  [xxit>  auf^ufaffen  nad^  Analogie  bon  ö^P;  unb  2^p;bN  ober  ^y^i'^", 
2^;  unb  ^^4?^^:  Die  ®otteöbejei(i^nung,  bie  urf})rünglic^  ju  bem  ©igennamen  gel^örte, 
ift  berloren  gegangen,  ^axt  =  "T:  ift  ein  Set^le^emit,  ber  93ater  be«  ©l^anan,  ber 
nad^  2  ©a  21,  19  ben  ®oliatl^  bon  ®at^,  nac^  1  Gl^r  20,  5  beffen  Sruber  erfd^Iagenao 
^at.  ©0  toirb  ber  9Jame  bom  Kere  1  ß^r  20,  5  in  Übereinftimmung  mit  LXX  {laeig) 
gelefen,  unb  banad^  ift  ber  berberbte  2e|t  in  2  ©a21,  19  ju  berbeffem.  3air  =  ""•»: 
Reifet  eft  2,  6  unb  ©tüdfe  in  (Sft  7,  1  ber  SSater  be«  SKarbad^ai,  femer  ein  mäd^tige« 
i^raelitifd^e«  ©ejd^Iec^t  im  Dftjorbanlanbe.  Um  biefe«  l^anbelt  e«  fid^  ^ier.  SBSir  lefen 
SRi  10,  3—5  auc^  t)on  einem  „SRid^ter"  3.,  ber  S^^el  22  gal^re  lang  gerid^tet  l^abe.  25 
6r  gehört  ju  ben  6  fog.  Keinen  Siic^tem,  Wdd)t  mit  einer  anbacn  fte^enben  gormel,  al« 
bei  ben  6  großen  SRidjitem  üblid^  ift,  eingefülf;rt  loerben  unb  toa^rfd^einßd^  ft)äter,  ate  bie 
gormel  ber  6  großen  SHic^ter,  in  ba«  SHid^terbuc^  eingefügt  fmb.  3)ie  gal^re  i^rer  Sie« 
gierung  entf^red^en  in^gefamt  ben  Salären  ber  Interregna  ber  großen  Stid^ter  unb  fmb 
ebenfo,  toie  bicfe,  aber  hjo^l  abhängig  bon  i^nen,  in  bie  fünftlic^e  G^ronologie  eingegliebert,  so 
toeldpe  bom  2lu«juge  au^  SÜg^J^tcn  bi«  ivm  falomonifd^en  3:emt)elbau  480  3^^^^^  J^W^ 
(1  5tg  6,  1).  ®ieje  22  Sa^re  be^  ^axx  toerben  noc^  Weniger  glaubtüürbig,  toenn  man 
bebenft,  bafe  eine  §errfd^aft  ber  SRid^ter  über  görael,  nac^  ber  Söeife  ber  fjjoteren  Äönige, 
niemate  ftattgefunben  i)at  ©nblid^  l^at  9Jölbefe  (Unterf.  j.  Ärittf  be^  äSE«,  18G9,  ©.  172  ff., 
182  f.)  bargelegt,  bafe  bcr  SRid^ter  gair  nur  ber  heros  eponymus  be«  ^airgefc^led^te«  35 
in  ®ileab  fei.  3air,  ber  »tid^ter  3«rael«,  lann  aljo  in  ber  ®ef(|fid^te  feinen  ajla| 
bcanfprud^en.  SBäo^l  aber  bürfen  h)ir  ben  Inhalt  bon  9li  10, 3—5  für  eine  Unterfuqung 
über  ba^  ®efd^le(^t  3-  ^cnu^cn.  35a«  ift  um  fo  toid^tiger,  afö  mel^rere  angaben  beä 
312:  über  biefe«  ®ef^lec^t,  loie  fic^  jeigen  Joirb,  irrtümlid^  finb.  6«  em})fie^It  ftc^;,  juerft 
bon  ben  ©tobten  3.«  gu  ^anbeln.  5Ri  10,  3—5  rebet  öon  30  ©täbten  (S"'^:?  ^  fte^t  40 
^ier  für  or^J  „©täbte"  um  be«  SKortH^iel«  mit  c^^:^  „©fei"  toiaen),  bie  im  Sefift  ber 
30  ©öl^ne  3.«  gehjefen  feien ;  man  fd^eint  bemnad)  im  änfd^Iufe  an  bie  30  ©täbte  bon 
30  Abteilungen  be«  ©eldj^Ied^t«  gejjjrod^en  ni  l^aben.  3Jon  ben  ©täbten  toirb  eine  er« 
toö^nt,  nämlid)  Äamon,  in  ber  bad  ®rab  3-^  g^J«gt  tourbe  3}.  5.  3Ran  barf  fte  gctoife 
mit  bem  Orte  Äamun  jufammenftetlen,  bcn  älntiod^u«  III.  auf  bem  2Karfd^e  bon  ^Jella  45 
nac^  ®efrun  eroberte  (^ßol^biu«  V,  70,  12).  ^ßeHa  cntfj)rid^t  bem  heutigen  Tabakat 
Fahil;  ®efrun  =  e))^ron  1  3Waf  5,  4Gff.  ^at  «u^l  mit  Kasr  Wäd  el-Ghafr  untieit 
3rbib  an  ber  alten  ©trafee  über  er-Ramtä  unb  Der'"at'nad^  bem  füblid^en  Hauran 
jufammengeftcHt.  55^eilid^  ift  el-Ghafr  im  Slrabifd^cn  nid&t  Eigenname,  jonb'em  ein 
bewnnte«  ©ad^toort  mit  ber  Sebeutung  „SBad^e";  bie  ®leid[iung  ift  be^l^alb  nid^t  50 
fi(|fer.  3>od^  ift  e«  fe^r  toa^rfc^einlic^,  bafe  bei  $ol^biu«  unb  1  aWaf  biefc  ®egenb  ber 
alten  ©trafee  gemeint  ift.  SJafür  \px\d^t  no6),  bafe  fid^  ber  1  3Rat  5, 46  ertoäl^nte  ®ngt)afe 
mit  ber  bon  Dr.  ©c^umad^er  nad^etoiefenen  örtlid^Ieit  el-Buweb  („bie  Heine  ?$forte") 
an  berfelben  ©trafee  10  km  öjüic^  öon  3rbib  gu  beulen  fc^eint.  S)a«  Äamun  be«  ^0* 
l^biu«  toäre  bemnad^  ||toif^cn  Tabakat  Fahil  unb  ber  ®egcnb  bon  ^xb\t>  ju  fuc^fen.  bs 
Dr.  ©d^umac^er  ^at  nun  1885  an  berfelben  alten  ©trafeelO— 15  km  toeftlid^  öon  3rbib 
bie  Flamen  Kamm  unb  Kumem  (Deminutio  be«  borigen)  aufgefunben.  Kamm  ift 
eine  SCrümmerftätte  unmittelbar  nörbli^  bon  ber  alten  ©trafec  mit  nid^t  geringen  3Rauer5 
reften,  bie  bie  früf^crc  Sebeutung  be«  Ort«  betoeifen.  Kumem  ift  ein  fleine^,  noc^  jef^ 
betoo^ntc^  2)orf,  1— 2  km  Don  Kamm  entfernt  unb  ettoa^  jüblid^  bon  berfelben  ©tra^e») 


542  3atr 

gelegen;  anä)  ^iet  treten  einige  olte  -JWauerrefte  ju  2^ge.  ®eipi^  ift  bemnac^,  ba|  l^ier 
etnft  ein  bcfeftigter  Ort  gelegen  l)at,  unb  ber  heutige  9lame  Kamm  barf  ate  3Serftümme= 
lung  be^  alten  Kamun  ober  Kamon  aufgefaßt  Serben,  fo  gut  h)ie  bo^  alte  Setl;  §oron 
l^eute  in  Bei  'Ur  berlürjt  ift  (3b5paS  XVI,  23).    2>a^er  ift  e«  nic^t  ju  lü^n,  Kamon 

6  9li  10,  5  an  ber  Stätte  bon  Kamm  amufe^en.  Damit  tüäre  ein  fefter  ^^unlt  für  bie 
30  Stäbte  S-^  gegeben.  3)a  ber  Sarmui  nac^  SJorben  eine  natürlid^e  (Srenje  bilbet,  fo 
l^aben  biefe  Stäbte  in  bem  Sanbe  jüblid^  bon  g^nnuf  gelegen,  b.  ^.  in  bem  nörblidben 
Seile  be^  alten  (Sileab,  jtoifc^en  bem  3«>^^ön^^öl  i>w  SBeften  unb  ben  §ügeln  ez-Zumal 
unb  ber  SBüfte  im  Dften. 

10  Slufeerbem  loirb  im  912:  bon  ^cltm  ober,  toie  je^t  getoöl^nlic^  überfe^t  toirb,  bon 
Seltbörfern  3.3  gerebet.  5Ru  32,  41  toirb  erjä^lt,  ba^  3.  bie  3elte  ber  Smoriter  08.  41 
ge^t  auf  3J.  39  jurüdf,  3?.  40  ift  in  ben  urfj)rtinglici^en  gwfömmenl^ang  f})äter  eingefd^oben) 
erobert  unb  fie  „3clte  3-^"  genannt  l^obe.  Son  toeld[>em  Orte  unb  toann  3-  ^i^^" 
©roberung^jug  untemal^m,   toirb  nic^t  gefagt.    3lad}  93.  33  unb  3i.  40,  bie  ber  Duelle 

16  fd^rift  P  jujuteilen  fmb,  foH  man  baö  ©reigni«  in  bie  3^*^  SWofe^  berlegen.  3)a«  toirb 
bie  urf})rüngli(|fe  3Keinung  ber  3835.  39.  41  f.  nid^t  fein,  ebenfotoenig  toie  bie  Stäbte  3-^ 
3ii  10,  3—5  bon  ber  mofaifd^en  ^üt  berftanben  fein  toolten.  2)ie  (Eroberung  ^at  h>a9r= 
f(^einli(|f  bom  SBeftiorbanlonb  au«  ftattgefunben  unb  gtoar  ju  ber  ^dt,  afe  ^^ael  bort 
erftarfte,  b.  i.  unter  ben  erften  Äönigen.  3)ie  angaben  be«  212  forbem  jebod^  bor  allem 

20  Slnttoort  auf  bie  tJ'^age,  toie  ftc^  bie  3^*^  (P^^)  3-^  jw  ^^^  Stäbten  3-^  berl^alten. 
Sil  10, 4b  fe^t  beibe  einanber  glei^,  unb  im  Slnfd^lufe  baran  ift  bon  t)erfd^iebenen  Seiten 
(3)illmann,  33ubbe)  bie  5Weinung  au^efJ)roc^en  toorben,  ba|  au«  ben  Selten  \päUx  Stäbte 
getoorben  feien.  3)em  ftel^t  jeboc^  bie  tool^l  ju  bead^tenbe  Sl^atfad^e  im  SSiege,  bajs  noc^ 
l^te  (Segenben,  bie  fid^  bon  SRatur  jur  anläge  fefter  Stäbte  eignen  ober  in  benen  fi4 

26  fold^e  befinben,  bon  ben  'Jlomaben  Serien«  gum  9lufent^alt  für  ftd^  unb  i^re  gerben  nid^t 

!|eh)ä^lt  toerben.  ®«  ift  eine  fefte  ©etoo^nl^ett  ber  9lomaben  (95ebuinen)  im  Dftjorban^ 
anbe,  ba|  fie  mit  il^ren  §erben  niemafö  ba«  Serglanb  betreten  —  felbftberftänbli(^  ab^ 
gefe^en  bon  ben  Slaubjügen,  bie  fte  unternehmen.  3)a^er  fmb  aud^  für  bie  alte  3^it  l><c 
3dte  3-^  wnb  bie  Stäbte  3-^  au^einanber^ul^alten.   3^"^  bejeic^nen  ben  nomabifierenben 

80 a:eil  be«  ®efc^le(^t«  3f  ^^\^  §irten,  bieje  ben  fefel^aften  2eil,  alfo  33auem.  a)ie  Si^e 
ber  Säuern  fmb  oben  beftimmt  toorben,  über  ben  Se^irf  ber  §irten  bagegen  fel^len  nähere 
Angaben  böÜig.  Sluf  (Srunb  bon  1  Äg  4,  13  lönnte  man  i^n  ebenfall«  in  ®ileab  an^ 
Je^en,  ettoa  an  ber  Cftgrenje  be«  ®ebiet«  ber  Stäbte  3-^/  oi"  SRanbe  ber  3Büfte.  3*«>^ 
tfit  bie  Senu^ung  biefer  Stelle  nid^t  o^ne  Sebenlen.    I)ie  auf  bie  3^^^^  3-^  bezüglichen 

86  3Borte  finb  ein  junger  3w|a|  jum  3:ejte,  ber  nod^  ber  LXX  unbetannt  ift;  fein  3"^<^It 
berul^t  bal^er  nid^t  auf  Überli^erung,  fonbem  ift  eine  grud^t  be«  gelehrten  Sd^riftftubium« 
(bgl.  SRi  10,  4).  SEBir  finben  no(^  anbere  angaben  folc^er  3lrt  über  bie  3^^^  3-^  ^^ 
äl.  3lad)  S)t3, 14  foH  3-  '^^  g^njen  Sejiri  2lrgob  erobert  unb  ,Jie"  —  man  beachte 
ben  na(^läfftgen  Stil  —  3elte  3.«  genannt  ^aben.    3Sertoanbt  ift  3of  13,  30  „alle  3elte 

40  3.«  in  Safan,  60  Stäbte".  3n  betben  Stellen  toerben  bie  3elte  3.«  nac^  33afan  berlegt 
unb  3of  13, 30  ben  aixi  S)t  3,  4  belannten  feften  Stäbten  be«  Sejirfe«  Slrgob  in  Safan 
(t)gl.  II,  425)  gleid^gefeftt.  S)ie  §irten  be«  ©efc^lec^t«  3-  f^^^*^  ^^'  ^^"  l^eftigen  Äämpfen 
im  Dftjorbanlanbe  (1  6|r  2,  23)  fd^on  frü^  untergegangen,  unb  an  bie  Stelle  einer 
toirflid^en  Jtunbe  bon  i^nen  trat  in  ber  nac^ejilifc^en  3cit  bie  gelehrte  aJlutma^ung.  gtner 

46  i^  ?5^1&lgriffe  toirb  bereit«  in  3Ji  10,  4b  borliegen,  ba  bie  ®lei(^|e^ung  ber  ^ütt  3-^ 
mit  ben  Stäbten  3-^  f(^toerlid^  ben  ^^atfad^en  entflprid^t,  toie  loir  oben  gejel^en  ^aben. 

3.  toirb  'JJu  32,  41  gu  bem  Stamme  3Jlanaffe  gered^net.  Die  SBorte  „So^n  SKa« 
nafje«"  l^aben  nur  biefen  Weiteren  Sinn;  fottten  fie  bu4)ftäbli(^  berftanben  Joerben,  fo 
mü|te  man  3-  fd^ft  unb   bie   an   il^n  gelnü^jften  (Sreigniffe  ber  bormofaifd^en  3dt  gu= 

60  fd^reiben.  3)at)on  lann  nic^t  bie  Siebe  fein.  6ine  anbere  3)arftellung  geben  bie  i^erfc 
1  6^  2,  21—23;  nac^  i^nen  berbanb  fid^  ber  3wWer  §ejron  (3?.  5)  mit  einer  Xod^itt 
5Kad^ir«,  unb  beffenenfel  toar  3.,  ber  23 Stäbte  in  Oileab  befafe.  Da«  bebeutet:  3uben 
au^  bem  ©efc^le^t  ^e^ron  fmb  in  bie  ju  SKac^ir  (=  SWanaffe,  (Sileab)  gerechnete  (Segenb  ber 
Stäbte  3.^  eingetoanbert  unb  l^aben  fie  bauemb  befe|t.    3-  ^P  ^^^   ^'^  ^^^^  üJlifc^ung 

66  au«  5D?a^ir  (ober  3Ranaffe)  unb  3uba,  in  ber  ^\xt>a  bor^errfc^t.  Da«  fmb  aSer^ältniffc 
ber  nad^egilifd^en  3dt.  Die  ^a\)l  ber  Stäbte  ift  je^t  geringer  getoorben,  itatt  30  nur  23. 
Diefe  Stac^rid^t  be«  Sl^roniften  bilbet  bie  »rüdte  ju  ber  ©rjä^lung  in  1  3Waf  5,  24—54, 
bafe  ^uha^  3Raffabäu«  unb  fein  ©ruber  3onatl^an  bie  im  Dftjorbanlanbe,  im  nörblic^en 
®ileab  unb  barüber  l^inau«  lebenben  "i^ix'tm  fammelt  unb  nad^  3^^fö'^^   ^"  Sic^erl^eit 

tu)  bringt.    3um  leil  fmb  e«  bie  ^vbm  ber  Stäbte  3-*^#  wm  bie  ftc^  3"^«^  bemül^t.    3" 


Sah  daloü  543 

35.  23  ftettt  bcr  ß^ronift  bic  3dtc  S-«.  bic  ©labt  Äenat  0Ru  32, 42)  unb  bic  60  ©tobte 
bc«  äegirfö  argob  in  äafan  (3)t  3,  4)  jufammcn,  mithin  {janj  bctfc^iebcnc  ©inge.  Sr 
fc^etnt  nur  ben  änfang  bc«  3J.,  nämlid^  bafe  ©ejuriter  unb  äramäcr  bic  ßdtc  g.ö  erobert 
Ratten,  au^  einer  alten  Duelle  öejd^öjjft  ju  l^ben.  ©ttt^e* 

Sfalob  ober  ^fiSracI.     9}o4  (efen§mert  ftnb   bie  betreffenben  9(bfc6nttte  in  92temcl^er3  6 
e[)arartenftir    bcr  SBlbcI  (3.  ^ufl.,  ©aflc  i778),   II,  @.  234  ff.,   unb  3   3-  ^cfe,  ®ef4  ber 
^atriorcöen  (3üri(ö  1776),  SBbll.  —  (5.  o.  Scnöcrfc,  Äenaan  (1844),  @.  290  ff.;  3.^-  Ämtj, 
(öefd).  be«  «Uten  SBmibeö  (2.  §1.  1853),  I,  218 ff.;  ^.  dmlb,  ®cf*.  b.  SßoIfcS  3«tocI  (3.^. 
1864),  1,412  ff.,  489  ff.;  6. 3S. ^cngftenOcrg,  ®ef4  bc8 9ieid)c8  ®oitc8  unter  bem  ?1.».(I869), 
1,209  ff.;    91.  S3ernftein,   Urfprung    bcr  Sagen   uon  5Ibvaf)ani,   3faof  unb  3a!ob  (1871)  ;lo 
91.  Äöfticr,  SBiblifcöe  ©cfcfticbtc  912:  (1875)  1, 136ff.;  fi.  ©cincdc,  ©cf^icftte  bc8  SSoIfe«  3«rQcl 
(1876),  I,  40 ff.;  3-  ^opptv,  Urfprung  be8  3Ronot^ci8mu8  (1879),  6.  346  ff.;  ^b.  9fteuB,  S)ic 
(^efd)ic^tc  bcr  1)1.  Schriften  912:  (53raunfc6njcig  1881),   fic^c   bort  boS  SRegiftcr  unter  3Qfob; 
9?.  fiittel,  ®ef(6ld)te  ber  Hebräer,  1,122  ff.;  ogl.  oufeerbem  bie  Kommentare  jur  ÖJenertS  unb 
bic  9lrtifel  3afob  in  SBiner^  SR3B5},    3arob  in  @(6enfcIS  538  (üon  Steiner)  unb  in  9lic!)m8  16 
{^anbioörterbucf)  be$  biblifc^cn  9((tcrt^um$.    2:almubifcf)e  9(uSf(^mü(fungen   unb   ^Reflexionen 
jum  üeben  3Qtob8  fie^c  bei  Hamburger,  ?Real*(Sncijriop«bie  be8  3ubcnt5um«  (1874),  1,543  ff. 
3Seiicre  jübifcbe  Segenben  über  i^n  bei  (Sifenmenger,  ^ntbecftc«  3w^cntum,  Äönig8bcrgl711), 
I,  942  f.  —  *^9l.  QU(6  3ofcp^uS,  Ant.  I,  18  ss.;  II,  1  ss.  —  3um  Segen  3ofob8  ogl.  luetter: 
3.  ®.  C)erber,  ^^riefe  ha^  Stubium  ber  SC^eologic  betreffenb,  I  (1780)  S.  66ff.;  3- Ö- ^urj,  20 
a.a.O.  L314ff.;  ®iift.  ©aur,  ®cf4id)te  ber  altteft.  ©ciSfogung,  I.  (äJicfecn  1861,  S.  216  ff.; 
Subwig  2)ieftel,  2)er  Segen  3afob8,  SBrounfdimcig  1853;  3.$.  9?.  fianb,  Disputatio  de  car- 
mine  Jacobi,  Seiben  1858:  Ä.  Kot)Icr,  3)cr  Segen  3afob8,  »erlin  1867;  A.N.Obbard,  The 
prophecy  of  Jacob,  Cambridge  1867;  ®.  0.  Drelli,  S:ie  altteft.  ®ei?fagung  oon  ber  ^onen" 
bung  beö  ®ottc«reicb8,   «Lien  1882,  S.  118  ff.;   33.  Stabe,  ®ef(ftiditc   be«  SöoIIeS  SSrael,  I  25 
(1887),  145 ff.;  Stärf,  Stubien  j.  9lelig..  u.  Sprad^gefcft.  beg  «2.  II.  1899. 

3afob  ober  3^^^^  ^^^ftt  ber  ©ol^n  ^\aaU,  ber  eigcntKci^  ©tamntbater  bc«  nad^  i^m 
benannten  SunbegDoIIe«.  ßrfterer  5Rame  ^P?:  (feltener  ^'P?:),  LXX  "laxcbß,  nennt  i^ 
nad^  ®en  25,  26  ben  „gerfcnl^alter"  (denom.  bon  ^P?)  ober  auf  ber  gerfc  ^ladf^olQm^ 
ben  toon  bem  bebeutfamen  Ümftanb,  bafe  er  fd^on  bei  feiner  (Seburt  bem  33ruber  feinen  ao 
SSorfjjrung  lajfen  hJoDte;  nac^  bem  getoö^nlic^en  SBortberjtanb  aber  ben  „Überlifter"  (bgl. 
supplantare,  ein  Sein  ftcHen,  3^  9,  3),  bon  feiner  getoanbten  ©(^Iaul^eit(®cn27,36). 
^m  ©egenfa^  bagu  toirb  i^m  ber  9Jame  ^^xad,  ber  jum  üblichen  93oIfönamcn  getoorben 
(ogl.  bie  äugna^men  (Seiger,  Urfd^rift,  ©.  371  f.),  toö^renb  jjene^  me^r  ^erfonenname 
blieb,  ate  befonbere  Slu^jcic^nung  t)on  (Sott  bertie^en,  nac^bem  er  feine  ©trebefraft  in  35 
einem  Slingfam^jf  ^ö^erer  ärt  beloiefen  unb  barin  obgeftegt  ^at.  S)er  9Jame  lie^e  jtd^ 
jtoar  ani)  t)on  H-t:,  ^errfc^en,  ableiten,  allein  (Sen  32,  29  unb  $of  12,  4  beuten  t^ 
„(Sotte«fäm})fer",  bon  ^"'^  fämjjfen.  Safe  ber  (gl^renname  'i^'^^1  Dt  32,  15  für  ha» 
O^x  an  3«rad  anllingen  foHte,  ift  mögli(|f;  leine^fate  aber  läfet  ftd^  mit  ©njalb  (®efd^. 
I,  515,  3t.  3)  barau«  unb  au«  O'^'^«"'  5Ru  23,  10;  5Pf  33,  1.;  2)a  11,  17  folgern,  bafe^o 
e«  einft  eine  grgö^Iung  gab,  h)o  ber  Slamc  3^^^^  afe  -»  '^^1,  ber  ®ottreblic^e,  erOärt 
iüurbe.  —  ©ef^r  loal^rfc^einlic^  ift  übrigen«  auc^  ^atob  Slblürjung  für  3ö'<>^*^^-  ®^" 
in  ber  2:riump^infc^ift  be«  Äönig«  3)^utme«  III.  ju  Jtamaf  toerben  unter  ben  in  ^ßa« 
läftina  eroberten  Drtfd^aften  auc^  angeführt:  "^»^V^  (5Rr.  102)  unb  ^fi^ct:-'  (5«r.  78), 
h)a«  man,  ba  bie  ^g^})ter  ba«  i^ncn  unbefannte  I  burd&  r  umfd^reiben,  ate  Ja'kob-el  46 
unb  JoSep-el  (0  erfennen  tann.  5Die  Scftimmung  be«  jinjciten  9Jamen«  ift  jtoar  lautlich 
^tocifel^aft ;  bie  erftere  aber  (endetet  um  fo  mel^r  ein,  ba  auc^  auf  bab^Ionifc^en  Jlontralt' 
tafeln  ber  9lame  Ja'kub-ilu  gelefen  toorben  ift.  Der  ©d^Iuft,  ben  man  gehjöl^nlid^  and 
bcr  obigen  3"f^^5f^  j'^^^/  ^<^  w"^  ^^^  f^on  im  16.  30^^^^"»^*^^  '"  Äanaan  afö  jtoci 
foorbiniertc  ©tämme  3flJobse!  unb  3bfcj)9-el  begegnen,  ift  aber  aud^  infofem  übcwilt,  w 
al«  nad^  3lnalogie  ber  übrigen  9{amen  bielme^r  Crtfd^aften  biefer  Benennung  gemeint 
fein  toerben.  SBo  biefelben  lagen,  läp^  [xdf  bei  ber  toiÜfüriic^en  Sleil^enfolge  ber  Stufs 
jä^Iung  in  jener  3"f^'^f*  "*^^  beftimmt  angeben.  3Q3a«  bie  urfj)rüngli(^e  Sebeutuna 
be«9Jamen«3^)f*>^'rf  betrifft,  fo  erllärt  i^n  Sätzen:  „El  belohnt."  3)o^  lie^c  ftd^  aiiA 
m  biefem  9?amen  eine  Sejiel^ung  auf  ®en  32,  25  ff.  annehmen :  „6«  ringt  @I."  aSgl.  66 
üu  bicfen  5«amen  ber  Dl^utme«*3nfd&rift:  (äbuarb  5WeVer,  3at2B  1886  ©.  l  ff.;  »ätl^gen, 
«citräge  jur  femU.  SReligionggefd^.  (1888)  ©.  157 f.;  3Q3.9Waj5Kütter,  «fien  unb(guro^)a 
md)  altdgijpt  Denbnälcm  (1893)  ©.  162 f.;  A.  H.  Sayce,  Patriarchal  Palestine 
(1895)©.  194;  ^.  ^ommel,  Slltigraelit.  Überlieferung  (1897)  ©.  111. 

Die  3w0<^w^öcfc^ic^t^  ^ahb»  erfüllt  fein  unabläfftge«  2:rad^ten  nad^  bem  6rftgeburt«s  co 
rcd^t,  ba«  t)on  9latur  feinem  älteren  3toiUiug«brubcr  ßfau  (f.  b.  31.  gbom  »b  VS.  162  ff.) 


544  dafob 

uifani,  aber  bicjcm  burd^  cif^cncn  Seid^tfmn  unb  ^alob^  Sift  öcriorcn  ö"\0-  ©d&on  im 
aKutterlcib,  erjöl^It  ®cn  25,  22  f.,  [tiefen  ftc^  bic  bciben  3toiningc,  unb  ein  Dxatd  ber^ 
Itinbete  bei  entfetten  3Jlutter  ate  Den  Slu^ang  be«  2BcttIam})fc^,  bafe  ba^  größere  3SoIf 
bem  Heineren  biencn  toerbe.  Sieben  bem  raupen,  toilben  6fau  toar  jtüar  S^itob  fricb= 
5  licbenb  unb  jabmer  9Jatur  (25,  27),  aber  babei  berec^nenb ;  gefd^ictt  benüjte  er  bie 
©d^hjäd^en  be^  finnlid^  gearteten  ©rubere,  um  biefem  ben  SSorrang  abzulaufen  25,  29  ff. 
3)abet  tourbe  ber  fittige  §irte  bon  ber  Hugen  3Kutter  unterftü^t,  toö^renb  ber  aBaibgefcIIe 
me^r  beim  SSater  in  ®unft  ftanb.  3)er  ©ieg  tüar  auf  feiten  ber  crfteren.  3faaf  felbft 
legte,  toon  feinem  SBeibe  getäufd^t,  ben  grftgcburt^fegen  loiber  SöiHen  auf  ^atob^  .^avopt 

loJtaJ).  27  (ögl.  b.  2t.  ^\aaf),  toel^er  freilidj^  infolge  biefc«  §anbel«  einfttoeilen  ba«  £anb 
ber  Ser^ei^ung  meiben  mu|te  unb  nad^  bem  tran«eup^ratif^en  3lram,  nä^er  nac^  Äaran 
(f.  b.  21.  S3b  VII  ©.  407)  in  bie  ^eimot  feiner  9Kutter  überftebelte.  2luf  jeiner  2Ban= 
berung  lam  ^aloh  nai)  Setzei  (je^t  Seitin,  toon  too  nod^  immer  ber  SßJeg  ju  ben  ^"P  "-^ 
abjipeigt),  tpofelbft  er  in  göttlid^em  Iraumgefic^t  3a^t)el^  fd^aute,  h)ie  er  burd^  feine  ßngel 

loben  aJlenfd^en  feine  §ilfe  »ermittelt  28,  10 ff.  ©r  gab  bem  Drt,  ber  fonft  iJu«  ^iefe, 
feinen  9iamen  „(Sotte^l^au^"  unb  beftimmte  i^n  bur^  ein  (Selübbc  jur  Äultu^ftötte.  — 
®ine  jtoeite  ^ßeriobe  feinet  2cbm^  brachte  galob  bei  feinen  Serlvanbten  in  §aran  gu, 
tüo  er  fein  .§au^  grünbete.  3)ie  fAöne  SHa^el,  bie  S^odj^ter  Saban^,  be^  ©rubere  feiner 
5Wutter,  bie  er  gleidf^  bei  feiner  3lntunft  am  Srunnen  !ennen  gelernt  unb  bei  ber  er  fi^ 

20  fd^on  bamate  burd^  einen  Sicbe^bienft  em})fo^Ien  \)att^,  »erlangte,  er  al«  Sof^n  für  fieben^ 
jährige  älrbeit  bei  Saban^  i^erben.  S)oc^  tvurbe  il^m  ftatt  i^rer  »on  bem  eigennü^igen 
Sater  bei  ber  ©od^eit  i^re  ältere,  toeniger  amie^enbe  @c^h)efter  2ea  untergefd^oben,  unb 
um  feine  geliebte  Stad^el  mufete  er  tocitere  jteben  ^af)xi  biencn.  Slud^  jeigte  fic^  biefc 
unfruchtbar,  loäl^renb  Sea  i^m  bier  ©ö^ne  gebar:  Stuben,  ©imeon,  Setoi,  3wba.    3"f«>löc 

26  einer  ä^nlic^en  ©teHöertretung  ber  Verrinnen  burc^  i^re  leibeigenen  3Rägbc,  ioie  fie  fd^ion 
©ara  ®en  IG,  1  ff.  in^  SBerl  gef dfet  ^atte,  bermel^rte  fic^  ^atoh^  gamilie  um  bia  toeitere 
©J)roffen:  3)an,  9Ja))l^tali,  ®ab,  Slfd^a,  toorauf  lieber  atoei ©ölf;ne  berfica  folgten:  ^^a- 
dbar  unb  ©ebulon.  3)a  enbli^  gebar  SRad^el  i^rem  (Satten  ben  Sieblingöfo^n  3<>f^^- 
S)a  im  übrigen  ®ottc^  ©egen  [\d)  fic^tlic^  an  ^alobd  ^Perfon  fnüjjfte,  toolltc  ilm  iöaban 

30  nid^t  an^  feinem  3)ienfte  entlaffen,  bod^  ju  feinem  ©c^aben,  benn  fo  bef(^eibcn  ber  2o^n 
fd&ien,  ben  fid^  jener  für  bie  3"'""f^  au^bebang,  fo  unertoartct  reic^  fiel  er  au^,  nid^t 
ol^ne  '^aloH  3"^^""/  ^^  befonberer  ^irtenfünfte  lunbig  hjar.  Unb  e^  balf  nid^t^,  bafe 
Saban  bie  Sebingungen  toieber^olt  änbcrte  (31,  7);  auc^  fo  iuar  ber  ©etoinn  ftct^ 
auf  '^atob^  ©cite  nid|t  o^ne  ba^  S)reinfe^en  ®otte^,  ber  feincnt  ©c^ü^ling  gegen   ben 

36  geizigen  Sol^nl^erm  beiftanb.  Die  ©Jjannung  jhjifd^en  bciben  trieb  Salob  jur  §eimle^r. 
S)0(^  mufete  biefe  ^eimlic^  gefd^el^en,  ba  Saban  fie  fonft  »er^inbert  If^ätte.  Diefcr  »erfolgte 
ben  mit  feinen  grauen  unb  @ixitm  fliel^enbcn  galob  unb  cneid^te  il^n  am  ®ebirge  ®ileab. 
3>od^  tüurbe  ber  namentlich  über  ben  "Sianb  feiner  §au^ötter,  bie  SRa^el  ol^ne  aSJiffen 
i^re«  ®ema^l«  mitgenommen,   erbitterte  älramäer  burd^  ®otte^  SBinI  unb   be^  SBcibe^ 

40  Sift  genötigt,  ben  3*üift  gütlich  beijulegen.  2ln  ben  jtoifc^en  ben  feinblic^en  Settern  ab* 
gcfc^loffenen  Sunbe«t)crtrag  erinnerte  fortan  ber  9Jamc  ®ileab31,48  (aU  ®arßb,  3)enf- 
mm^l^ügel  crllärt).  —  ®ine  britte  ^^afe  ber  ®cf(^ic^te  ^atob^  beginnt  mit  feinem  Sinjug 
in  ba^  gelobte  2anb  unb  feiner  SWieberlaffung  im  ^crjen  be^felben.  3)abei  batte  er  fidj 
juerft  mit  ®fau  abjufinben.    6^^  galt  je^t,  ba«  ftreitige  6rbe  in  Sefi^  ju  nehmen,   n>a« 

46  ni^^t  o^ne  ^ei^en  ÄamJ)f  möglich  toar.  ^atob  ^at  mit  $ilfe  geiftiger  3Räd^te  ba«  3^<^^ 
cneid^t  (»gl.  32,  2  f.)  unb  ben  ^jjrei«  burc^  bie  Energie  feine«  ®ebete«  ®ott  felbft  abgc* 
Hingen  (32, 23  ff.).  2)ie«  fteßt  jener  gel^eimni«»otle,  na^  feiner  3)arftetlung  braftijc^e,  aber 
nad^  feiner  geiftigen  Sebeutung,  »umal  bri  Scrgleic^ung  »on  §o  12,  5,  hjol  erlennbarc 
Stampf  am  ^abbol  bar,  too  ^dob,  ber  fortan  3i«rael  l[^eifet,  bie  ganje  9Jac^t  l^inburd^!  mit 

no  einer  männlichen  ®eftalt  ringt,  in  toeld^er  er  göttlid^e  9Rac^t  erlennt  unb  »on  ber  er  bt^ 
fyäb  n\(S)t  ablaffen  toill,  bi«  er  i^r  ben  ©egen  abgerungen  f)ai.  3lad}  folc^em  ©ieg,  an 
ben  il^n  nod^  eine  Serrenlung  ber  ©^jannaber  erinnerte,  lonnte  il^m  »on  ben  3Kenfc^en 
lein  Seibe«  me^r  gefc^el^en.  ©er  gefürd^tete  6fau  em})fing  ben  Sruber  freunblic^  unb  jog 
fid^  barauf  toieber  in«  öbe  gbomiterlanb  jurüdf,  toä^renb  ^alob  ftc^  in  ©id^em  nieberlieife, 

66  mit  beffen  Setoo^nem  feine  ©öl^e  atlerbing«  in  blutige  ^änbel  fic^  »ertoidtcltcn.  3)ic« 
»cranlafttc  ^atob,  aufjubred^en  unb  junäd^ft  nac^  Setzei,  ber  ©tätte  ber  erften  i^m  gc* 
toorbenen  Offenbarung,  ^u  gielj^en,  too  er  nadb  feinem  ®elübbe  2ranfo})fcr  brad^te.  3>cr 
$err  erfd^ien  i^m  bort  unb  \pxa6)  i^m  ben  S3unbe«fegen  ju.  Sluf  bem  toeiteren  SSJeg, 
beffen  le^te«  3'^'  öebron  toar,  gebar  Stachel  ben  Senjamin,  bei  ber  ®eburt  »erfc^eibenb. 

eo  3)ie«  gcfd^al;  eine  ©trcdte  »or  S))^rat,  toeld^e«  Set^lel^em  genannt  toirb.   (3Kanc^e  galten 


^loti  646 

leiteten  3"f«^  für  eine  ®loffc  unb  öcrlc^en  bicfc!^  ©pl^rat  md)  bem  Stamm  Senjamin, 
hod)  o^ne  aureid^enben  (Srunb.)  ^n  §ebron  begrub  ^^fob  mit  feiitem  Sruber  ßjau  ben 
in  ^o^em  2llter  toerftorbenen  ^jf^of.  —  SSon  Hebron  au«,  tuo  er  länger  bertoeilte,  tüä^- 
renb  feine  ©ö^ne  mit  i^ren  gerben  ba«„2anb  bi«  norbtoärtd  t)on  @i(^em  burd^ftreiften, 
tourbe  ber  betagte  ^alob  belogen,  nac^  %Q\)ptcn  überjuftebeln,  nac^bem  fein  ©o^n  ^o\epl}  6 
(f.  b.  21.),  ber  lange  bermifete,  bort  j|u  ß^ren  gelommcn  iuar  unb  feiner  ^amilie  bei  an- 
^altenber  ^ungerdnot  gute  2lufna^me  öer^ei^en  ^atte.  3^'  Seerfeba,  too  er  im  2lnbenlen 
an  feinen  SJater  3föal  ojjferte,  emjjfing  ber  $atriar(^  eine  Ie|te  gnäbige  S^]%^  ©otte« 
46,  1  ff.  ^n  SftgVl?^^"  tourbe  er  bem  ^P^arao  öorgeftettt,  ber  ben  (Srei^g  mit  ehrfurd^t 
bel^anbelte.  2)ort  in  (Sofen  lebte  er  nad^  ©en  47,  28  (P)  nod^  17  3^^^^  w"^  P^rb  lo 
bann  im  älter  öon  147  gö^ren,  na(^bem  er  feine  ©ö^ne  i)roj)l^etifc^  gefegnct  l^atte  Ä.  48 
unb  49.  6r  tüurbe  nad^  ben  Äunftregeln  ägt^ten«  einbalfamiert,  Don  S^feJ)^  unb  feinen 
Srübem  nac^  Hebron  jur  Familiengruft  gebracht  unb  bort  feierlich  beftattet. 

Sn  95egug  auf  bie  t)erfc^iebenen  Duellen,  toel^c  aud(i  in  biefem  3:eile  ber  ©eneftd 
fi(^  ju  erlennen  geben,  ol^ne  bafe  fte  fic^  mit  ©id^erl^eit  überall  fd^eibcn  ober  gar  l^erftellen  i j 
liefen,  ift  im  allgemeinen  ba«  unter  Slbral^am  I,  102  ff.  ©efagte  ju  bead^tcn.  g^^ft  bie 
gan^e  ©efc^ic^te  §atob«  pflegt  man  au«  ben  @r)öl^lungen  be«  E  unb  J  abzuleiten,  einige« 
toenige  au«  P.  Unb  jJoar  muffen  jene  beiben  erfteren  ©r^äl^ler  toefentlic^  biefelbe  Übers 
lieferung  geboten  ^aben.  ai«  einen  ^vlq,  tooran  man  fie  bon  einanber  unterfd(ieiben  Knne, 
j)flegt  man  anjufüJ^ren,  bei  J  erfd^eine  bie  2ift  galob«  al«  ba«  treibenbe  5D?otito  ber  §anb-  20 
lung,  bei  E  ba«  lounberbare  Singreifen  ©otte«  unb  jtpar  in  ber  i^m  eigentümlichen 
Dffenbarung«loeife  be«  Iraume«  (g.  S.  in  bem  S3eric^t  über  bie  SJermel^rung  ber  §erben 
3afob«>.  allein  bie  ©c^eibung  läfet  ftd^  nic^t  o^ne  ä^ang  bur(^fti^ren,  j.  8.  in  ber 
ja^öiftifc^en  (grjä^lung  bom  S^raum  m  Setzei  28,  10  ff.  ©tärter  ^eben  pd^  bie  berein« 
gelten  ©tüdfe  be«  P  t)on  EJ  ab.  SJJä^renb  bie  2lu«n)anberung  ^atob^  na6)  $aran  in  26 
ber  laufenben  Srgäl^lung  mit  bem  $a|  be«  t)om  ©egen  au«gefci)loffenen  @fau  begrünbet 
ift,  tritt  27,  46—28,  9  (P)  ba«  3Ri6t)ergnügen  ber  ©Item  über  Sfau«  ÜKife^eiraten  in 
ben  3Sorbergrunb  al«  5Kotit)  ber  ©ntfenbung  unb  ©egnung  ^^^fob«.  Sieben  27,  27  ff. 
(EJ)  fann  jh)ar  ber  3lbf(^ieb«fegen  28, 3  ff.  (P)  ani)  beftel^en,  aber  bie  beiben  ©egnungen 
jeigen  ftd^  öon  einanber  unabl^ängig.  äud^  fällt  auf,  ba|  36, 6  f.  (P)  ber  SBegjug  ©fau«  30 
na^  ©eir  crft  nad^  bem  lobe  be«  SSater«  gemelbet  toirb,  toä^renb  nad^  32,  4  ff.  (EJ) 
@fau  fdj^on  bem  au«  'Blefo^^otamien  ^eimfe^renben  ©ruber  au«  jener  ©egenb  entgegen^ 
fommt.  Sergleic^e  über  bie  3Serfd^iebenl^eit  be«  3<^i^ww!te«,  too  bie  Jlamengebung  erfolgt 
32,  28  (J)  unb  35,  10  (P)  u.  f.  h).  ©olc^e  3üge  beuten  auf  Überlieferungen,  bie  fic^ 
obne  S3egug  auf  einanber  fort^jflanjtcn.  SBie  ftar!  fie  bon  einanber  abtoic^en,  lä^t  fi^  35 
bei  unferer  mangelhaften  Äenntni«  berfelben  nic^t  genau  au«ma(^cn.  SBJä^renb  bie  Äritif 
jene  2lngeid^en  nid^t  genug  au§btuUn  iaxm,  toerben  fie  bon  ber  ^armoniftif  nad;  Kräften 
au«geglid^en,  unb  ein  Setoei«  bafür,  ba&  le^ftere  in  ber  :g)au))tfacl)e  im  3lec^t  ift,  liegt 
barin,  bafe  ber  SRebaltor  ber  ©enefi«  bie  berfc^iebenen  Quellen  iuo^l  Vereinbar  fanb.  — 
©c^^hjierigfeit  bereitet  aud^  bie  meift  bon  P  ftammenbe  ß^ronologie  be«  Seben«  3i«fob«.  40 
©e^t  man  Don  ben  130  S^^ren  au«,  bie  er  nac^  47, 9. 28  (P)  gä^lte,  al«  er  öor  $l;araö 
ftanb,  fo  ergiebt  fid^  nac^  2lbgug  ber  7  fruc^^tbaren  unb  2  unfruchtbaren  3«^rc  foloie  ber 
30  ^al}x^,  bie  ^ofej)^  bei  beren  Seginn  jö^lte  (41,46),  enblid^  ber  14  ^ai)x^,  bie  ^alob 
bi«  gu  S^f^J^^  ©eburt  in  ©aran  jubrad^te,  ba|  er  bei  feiner  ^^lud^t  au^  bem  Däterli4>en 
•Öaufe  fd^on  in  einem  älter  t)on  tttoa  77  ^a^ren  ftanb,  »uä^renb  er  in  ben  (Srgä^lungen  46 
H.  28  ff.  offenbar  al«  Süngling  gebaAt  ift.  —  3)ie  ©egenäfjjrüd^e  ^afob«  über  feine 
©ö^ne  Ä.  48  unb  49  toerben  bon  ben  Ärititem  fo  t)erteilt,  ba&  48,3— 6  bem  P,  48, 15  f., 
20—22  bem  E  unb  49  bem  J  angeljjörcn  foll.  Statürlid^  fqnn  e«  [\d)  babei  nicl;t  um 
bie  atbfaffung,  fonbem  nur  um  ©infd^altung  biefer  in  ber  Überlieferung  längft  öorl^an^ 
benen  ©tüdfe  ^anbeln.  3)iefe  brei  ©egnungen  fd^lief;en  [xi)  aber  nid^t  au«,  fonbem  er=  50 
gangen  einanber.  2)er  ©egen  S^ifob«  über  bie  12  ©ö^ne  Ä.  49  tourbe  öon  Sleet, 
%nd),  6h)alb,  ©teiner  u.  a.  au«  ber  3^**  ©imfon«  batiert,  bon  Änobel  u.  a.  au«  ber 
batoibifd^en,  Don  anberen  (©tabe)  in  nod^  f>)ätere  3<^^^  fiinabgerüdtt.  35on  bem  @rgDater 
fönnc  ba«  ©tüdt,  iuelc^e«  mit  folc^er  Seftimmt^eit  bie  geograjjl^ifd^^iftorifd^e  3"tw"i^  '^^ 
©tämme  t)orau«fage,  nic^t  ^enü^ren ;  ber  ©egenftanb  fei  aud^  für  bie  3Bei«fagung  nid^t  65 
n)i^ttg  genug.  3)agegen  lägt  ftc^  eintoenben,  bag  eine  gtDiefacbe  natürlid^e  ©runblage 
bei  bem  greifen  ^alob  für  biefen  ^^mblidf  bor^anben  tüar,  infofern  al«  er  ba«  2anb, 
tool;in  feine  Hoffnung  ging,  genau  tannte  unb  ebenfo  bie  3lnlage  feiner  ©ö^ne  mit  öäter* 
liebem  Sd^arfblicf  burd^fc^ute.  3lud^  toax  bie  älnfiebelung  unb  ©nttoidelung  ber  ©ö^ne 
^atob«  in  Äanaan,  fo  tocnig  ein  geringfügiger  ©egenftanb,  ber  nic^t  tocrt  gemcfen  tuäre,  ßo 

IHeal^&iKDflopäbic  für  X^eoloflic  uiib  ttircDe.  ».  ».  Vlli.  35 


&46  dafob 

banf  göttlid^cr  Srlcud^tung,  Don  i^m  acfd^aut  ju  tperben,  ba^  bicImcBr  bicfer  SSIict  in  ba^ 
„®nbe  ber  S^agc"  bcn  notiocnbtgcn  aibfdf^Iufe  bcr  ©efd^id^te  be«  ^Potriord^en  bilbct  unb 
il^n  erft  bcrftdS^erte,  bafe  fein  Sebcnefant^f  fein  berßeblidber  getoefen  fei.  3)a|  bei  bcr  an- 
nähme nac^ntofaifd^er  3)id^tun0   eine  Sleil^e  bon  ©^rücpen  unbegreiflid^  fmb  (man  benic 

6  ).  93.  an  bie  t>erbei|un9^Iofe  Sibfertigung  2et)id,  be^  nad^^etigen  ^riefterftammed !),  ^ben 
befonber«  Äm^,  ®efd^.  bc^  91.  S.  (2.  2lufl.  1853),  I,  314  ff  unb  3)ieftel  in  feiner  mo-^ 
noQXcCp^k  über  ben  Segen  Safob«  (1853)  not^etoiefen.  gür  bud^ftöblid^e  Slufxeic^nung 
ber  3Borte  ^aiob^  fann  natürlidf!  niemonb  einftel^en;  aber  bieö  l^inbert  nid^t,  ba|  biefc 
einfachen,  nad)  i^rer  ganzen  gorm  unberge^ltd^en  unb  burd^  be^  Srjbater^  älnfel^en   ge^ 

lol^eiligten  ^en!f))rüd^e  bon  ber  @tamme$überlieferung  jÄ^e  fortge})f[anjt  toerben  unb  auf 
ba^  Weitere  Bi)\^al  ber  ©tämmc  Don  beftinimenbem  ®influffe  fein  fonnten. 

3)er  (S^arafter  ^^fob«  toirb  am  beften  burd^  feinen  Doppelnamen  au^ebrtidt. 
^afob  ^ei^t  er  nad^  feiner  angeborenen  ©etDanbtl^eit  unb  @(^lau$eit,  gegen  toelc^e  ber 
p^^fifd^  ftärfere,  Iriegerifd^c  gfau  toie  ber  egoiftifd^e,  beredf^nenbe  Saban  ben  fürjeren  «el^t 

16  2lld  ber  fc^toädf^ere,  inxd^  bie  38erl^ältniffe  untergeorbncte  fw^t  fid^  ^atob  auf  ben  SBeg 
ber  Sift  getoicfen;  er  fügt  fxd)  unb  fd^idtt  fic^  in  ben  SBillen  bc«  Stärferen,  ben  er  fün^itct, 
toei^  aber  babei  ftetd,  mnn  and)  auf  Umtoegen,  fein  mit  Jtraft  unb  9(udbauer  berfolgted 
3iel  ya  erreid^en.  @o  bie(  Unlauterfcit  nun  nod^  an  biefer  Jllugl^eit  ift,  fo  ftel^t  fie  boc^ 
bei  ^atob  nid^^t  im  Dienfte  bloßer  Setoinnfud^t  unb  l^at  barum  nid^t^  ®emeined.   @^  ift 

20  i^m  um  ein  l^ö^ered  ®ut  }u  tl^un,  ate  um  äu^erlid^en  Sefi^.  @r  ringt  al^  ^örael  um 
ben  ©egen  ®otte«,  toeil  er  barin  ben  l^öd^ften  2Bert  ertannt  ^at.  Seine  ganje  Energie 
fe^t  er  bafür  ein,  jebe  @ntbel^rung  nimmt  er  auf  ftd^,  um  fid^  ben  Sunbe^fegen  )u  fu^em. 
3)ted  ift  nac^  ^o  12,  4  f.  fein  Seben^Iampf,  ben  er  bon  üRutterleib  an  begonnen  unb  in 
l>oIIer  ^anned&aft  mit  immer  Karerem  Setou^tfein  burd^gefömpft  l^ot,  tDO^renb  feine 

26  9?adS>fommen,  toie  fie  fd^on  §ofea  an  jener  ©teile  fc^ilbert,  barin  il^m  ööOiig  unä^nlic^, 
nur  ncK^  ein  ftanaan,  ein  gelbgieriged  JlrömerDolf  fmb,  inbem  jene  ^Z^^ttraft  unb  Sei^ 
ben^ftärte  bei  i^nen  nur  nod^  im  2)ienfte  bed  üRammond  ftel^t.  @d  ift  toai}x,  and}  fo 
jeigt  Safob«  ßbarafter  nidf^t  jene  ®erabl^eit  unb  ^auterleit,  toie  fie  ettoa  einem  Äbrai^am 
eigen  .ift.    ßr  fann  nic^t  in  jeber  $infi4>t  alö  38orbiIb  für  alle  ^ütm  gelten.  3l\d)t  ein- 

30  mal  na<^  i^raelitifd^er  ©tl^if  ift  er  ein  3beal,  toie  eö  3l^nenberel^rung  ^ttc  ixd^tm  mögen. 
Gr  ift  ein  toirflid^cr  3Kenfc^,  in  toeld^em  bie  fünblid^e  5RaturanIage  im  Kampfe  liegt  toiber 
einen  befferen  ®eift;  aber  in  l^arter  Seibendfdf^ule,  bie  fein  Seben  ju  einem  trüberen  mac^t, 
aU  ba^  feiner  3Söter  getoefen  (47,  9),  tüirb  er  mel^r  unb  mel^r  geläutert.  Unb  toeit  ent^ 
femt,  bafe  bie  Sibel  bie  mäntt  if)xc^  gelben  rübmlidb  fänbe,   Iä|t  fie  bielme^r  beutlid^ 

36  genug  bie  Sergeltung  erfennen,  toeld^e  über  ^aloh  tarn.  3)er  Betrüger  feine«  35ater« 
toirb  felbft  bon  Saban  fc^nöbe  l^intergangen  unb  erlebt  ben  fd^mmlic^ften  Setrug  bon 
feiten  feiner  ©ö^ne.  „©eine  ®efd^id^te  ift  ein  le^rreid^er  ©piegel  niqt  nur  ber  göttlich 
®nabe,  fonbem  aud^  bcr  oöttlic^en  ®ered[>tigfeit  unb  ber  ©träfe  atteö  ^^eöete"  (^upfelb). 
3)er  treue  Ucbreid^  ®ott  ^jafobd  (32,  10  f.)  ift  feine^toeg«  blinb  für  bie  Unarten  feine« 

4o2iebHng«  (bgl.  and)  ben  f($önen  3ug  29,  31);  aber  toa«  Safob  über  fid^  fefbft  erl^ebt, 
ba«  ift  fein  bemütige«,  ^ei^e«,  nicft  abjufc|recfenbe«  Verlangen  nad)  bem  §eil  feine« 
®otte«,  tpomit  er  enblidf!  nac^  langem  Kampfe  gjftönt  toirb.  2)enn  freilidf!  toeife  ber  i^err 
aud^  \)nxd)  bie  gc^Itritte  ber  ^JJienfdf^en,  \>nxd)  2Beibe«Iift  unb  ^ö'o'&^lift  frincn  ^eitootten 
Slatjc^Iu^  au«gufü^en,  aber  er  t^ut  e«  niAt,  o^ne  feine  ungerechten  2Berf jeuge  feine  eigene 

45  ®ere(^|tigfeit  füllen  ju  laffcn  unb  fie  burcp  ®cric^t  ju  läutern.  3)ie  l^eil«gefdS>id^tIid>e  8e= 
beutung  ^a^b«,  bie  er  fid^  in  folc^cm  Äampf  errungen  ^t,  liegt  barin,  ba^  bie  bem 
älbra^am  gegebene  Ser^eiftung  i^m  ganj  unb  ungeteilt  eigen  geworben  ift,  fo  jtoar,  ba| 
feine  ganje  Ülac^fommcnfcpaft  baran  teil  l^aben  foDte.  @r  ift  ber  cigentltd^e  ©tammtmter 
be«  93unbe«t)olfe«  getoorben,  toelc^e«  feine  ganje  ^{ad^fommenfd^ft  umfaßte  unb  ba«  ge^ 

60  lobte  Sanb  jum  Eigentum  erhielt. 

Db  unb  in  toeldf^em  ©inne  biefe  ^Perfon  eine  gefd^idf^tlid^e  ju  nennen  fei,  barüber 
läfet  \\d)  ftreiten.  3)afe  ^icr  nid^t  §eroenbi<^tung  Vorliege,  fonbem  ed^te  Überlieferung, 
bafür  fpric^t  bie  ©d^Ii^^t^eit  unb  unbefangene  Ireu^erjigfeit  biefer  erjä^Iungcn.  Sland^c 
3üge  toürben  in  fpäterer  3eit  bem  grjbater  fic^erlie^;  nidf^t  angebidf^tet  Sorben  fein.  SRan 

66  benfe  j.  8.  an  bie  gleid^jeitige  (£^e  mit  jtoei  ©c^toeftem,  toe^e«  SSer^ltni«  gegen  ba« 
®efe|  (2c  18, 18)  toerftic^;  ober  an  bie  9[u«jei(^nung  »et^el«  unb  ©tiftung  be«  bortigen 
Heiligtum«,  ba«  ben  ^rop^eten  be«  8.  ^a^rl^unbert«  fo  toer^aftt  toar.  Serfe^lt  fmb  bie 
SBerfuc^e,  Safob«  ®efdS>id^te  au«  9laturmVtben  abzuleiten.  SBä^renb  fonft  nur  ettiKi  bie 
näc^tli^e  ©cene  am  ^abbof  (®en  32)  al«  9lefl  eine«  fold^en  betradf^tet  tourbe,  ^t  Popper 

CO  e«  unternommen,  in  ^afob^S^^f^^^^  b«^  afiatifc^en  §erafle«s9Kelifcrte«  ^alämon,  b.  i.  bcn 


Sofoli  ^M  iSiftifi^ft,  9.  n.  »ofel  547 

ftcgreic^  fämpfenbcn  ©onncnqott  nadS>juh>eiJcn  unb  alle  Sinjcl^citen  ber  biblifd^cn  ©c* 
fd^idf^te  mit  btcfcm  SDl^tM  ^^  3Serbmbung  ju  bringen.  3)afür  fmb  biefe  ©rjä^Iungen 
jc^on  totel  JU  nüdf^tem.  3Re^r  Sledj^t  f)at  bie  etl^nogral)l^if(^  Deutung  bei  einem  Stamm* 
toater,  beffen  9lamen  ba«  3Sol!  getragen  l^at;  pnben  fiä^  bod^  in  ben  Stammbäumen  ber 
©eneftd  bi^  bid^t  an  bie  ^atriarc^engefc^idbte;  ja  noc^  innerl^alb  berfelben  fo((^e  ^)2amen  5 
aU  ^milienglieber  angefül^,  bie  augenfd^einlic^  nie  ^erfonennamen,  fonbern  eben  [tet« 
aSöIfemamen  getoefen  jtnb.  So  \af)  ßtoalb  in  ^atob  ein  frifc^e^  „^ebräifd^e«  3SoI!",  ba« 
aud  ^efo^otamien  au^toanberte  (toe^i^b  er  auq  Slramäer  ^i^t  ^t  26,  5)  unb  ftc^  mit 
ben  fc^on  in  fEanaan  niebergelaffenen  Stammgenoffen  t>erfd^mol2;  unter  benen  e^  fortan 
bie  erfte  SloHe  \pxdU,  toä^renb  frül^er  bort  eingejogene  Elemente  toertoanbter  Slbfunf t  (gfau)  lo 
ba«  gelb  nad^  ©üben  ^in  me^r  unb  me^r  räumten.  ?Dlit  ben  aramäifc^en  SJadf^barn  im 
9lorben  l^inter  bem  ©ileabgebirge  (Saban)  l)ätt^  ber  jafobitifd^e  Stamm  mand^erlei  9lei= 
bungen  ju  beftel^  gel^abt,  tool>on  bie  ®efd^d^te  Saband,  ein  Suftf^iel  ber  Errungen,  er^ 
gö^lic^  er^ä^Ie.  Stabe  ffält  3«rael  für  einen  Stamm,  ber  am  Igabbof  too^nte  unb  in 
5Dla4fanoiim  feine  §auj)tftabt  l^atte,  gafob  bagegen  für  einen  toeftjorbaniteen  Stamnt,  15 
ber  um  Setl^I  ju  ^aufe  toar.  92ad^  i^m  toäxtn  and)  Slad^el,  £ea,  .^faat  ^o\^pf)  unb 
feine  Srüber  ebenfo  l>ie(e  Stand.  3)ie  Sierfd^mehung  j^eier  Stämme  n>erbe  aU  Beirat 
borgeftellt  u.  f.f.  ^n  ber  ^atriard^engefc^ic^te  fouen  nac^  ber  je^t  l[^errf^enben  ännal^me 
nic^t  t)oräg^))tif(^e,  fonbern  t)iel  f))ätere  ^uftänbe  unb  Stimmungen  fic^  tt)iberf))iege(n. 
3lad)  9QeIl|aufen  Ratten  ftd^  bie  bolldtümlid^en  ©efd^id^ten  über  l^afob  unb  @{au  toenig-  20 
ften«  erft  in  ber  früheren  Jtönigdgeit  (nad^  Unterwerfung  ®bomf^)  bilben  fönnen.  3tai) 
Semftein  toären  ber  $atriardS>  3afob  unb  feine  ©efdf^id^te  nad^  ber  2^rennung  ber  Sleid^e 
jur  9Serl(^errIi(^ung  bed  Heiligtum«  öon  Setl^el  erfonnen  toorben.  Unb  Seinedte  meint  gar, 
m  ber  S^erjagt^eit  bed  l^eimiel^renben  ^^lob  ft)iegle  fid^  bie  ängft  ber  au«  Sab^Ionien 
jurütffel^renben  (Sjulanten,  in  ber  Se^anblung  ber  Sidf^emiten  burc^  Simeon  unb  Seöi  25 
(®en  34)  bie  Äunidtoeifung  ber  Samariter  burd^  (Sdra!  allein  auc^  abgefeilten  öon  fold^en 
unglüdlic^en  SinfäQen  toirb  ed  überl^au))t  nie  gelingen,  bie  lebendfrifc^e  unb  c^arafterDode 
3eidS>nung  eine«  Slbral^m  ober  ^atob  in  nationale  (Srtebniffe  ober  SBiberfa^ntifJe  eine« 
Stamme«  umjufe^en.  6«  brängt  ftc^  bietmel^r,  ba  blo^e  ©rfinbung  nic^t  anjunel^men  ift, 
eine  pcrfönlid[>e  SRealität  auf.  Sd^on  bie  t^eo^^oren  9lamen  ^alob'&l,  '^^xa-iSl  fmb  U)ic  90 
Stbra^m  nad^  ber  Slnafogie  toeit  el^er  al«  urf^rünglid^e  ^erfonennamen,  benn  al«  Siölter- 
namen  anjufe^en.  So  benfen  fid^  benn  Äittel,  Äloftennann  u.  a.,  tote  übrigen«  äF^nlic^ 
fc^on  6h)alb,  bie  Iräger  biefer  Stamen  al«  Stammj^äul)ter,  bie  an  ber  S})i^e  eine«  310^ 
mabcnftamme«  ftanben.  ^n  ber  Überlieferung  au«  jener  entlegenen  ^t  ragen  nur  nodj! 
einzelne  ^JJerfönlic^feiten  l^erDor,  toä^renb  ber  mit  i^nen  toanbembe  Stamm  nur  nodj!  in  35 
einzelnen  3^0^  ber  (Srjäblung  l^erDortrilt.  So  barf  in  Sejug  auf  ®efc^tc^tlic^leit  an 
biefe  uralte  Ueberlieferung  in  i|rer  je^igen  ©eftalt  nic^t  ber  aJla^ftab  gelegt  toerben,  ber 
in  f^jäteren  ^erioben  berechtigt  toäre;  aber  ebenfotoenig  ift  i^r  abjufpredj^en,  bafe  fic  im 
allgemeinen  getreue  Silber  au«  ber  ^Ai  be«  erften  Slufent^alt«  ber  SSäter  im  2anbe  ber 
i^er^eifeung  giebt.  n.  DreUt.     40 

^utob  Soraboeu«  ober  d^injolu«,  f.  gafobiten. 

3falob  e^rtpo^i^i,  Sifd^of  bon  Safel,  geft.  1608,  unb  bie  ©cgenrcfor* 
mation  inberSc^toeij.  —  D(ft«,  ©ef^icfttc  ber  ©tabt  unb  iionbf^aft  ^nfd  VI;  S3urc!^ 
l)Qrbt,  ^ie  Gegenreformation  in  \>tn  ehemaligen  SSogteien  8»üingcn,  ^fcffingcn  unb  SBlr«e(f 
bc«  untern  Si«fum«  93afel  am  (£nbe  be«  16.  So^rh.;  ^)üntlid)e  ©ommluitg^bcr  ältcvn  (^ib*  45 
c^enöff.  abfc^iebc  IV,  2;  Vautrey,  Histoire  des  fivikjues  de  Bale  II;  ©egeffer,  fiiibmig 
^^Jfi)ffcr  unb  feine  Seit  II,  III;  gfiala  (öe^er  unb  ©elte);  (S^fe«  unb  3)Jeiftcr,  9?untiatur* 
berichte  I,  1. 

3toei  3Bittelj)unfte  fanb  bie  ©egenreformation  in  ber  Sc^toeij:   in  Sujem  im  Äreifc 
e^fat«  unb,  eth>a«  fjwter,  im  Si«tum  Safel  in  ber  ^erfönlidf^feit  be«  Sifc^of«  ^afob  60 
ß^riftoj)^  Slarer.    3)ie  fd^^toierigere  aufgäbe  bot  fid^  im  Si«tum  Safel,  benn  ^ier  ^anbelte 
c«  fid^  nic^t  nur  um  SBieberJ^pdlung  be«  Äat^olici«mu«  in  einem  t)on  ben  Stteformierten 
fc^on  ^jalb  eroberten  ®ebiete,  fonbern  auc^  um  einen  politifc^en  Äampf  mit  ber  nad^  boller 
Unab^ängigfeit  unb  ©rtoeiterung  i^rer  ®renjen  ftrebenben  Stabt  Sajel.    3)ie  Slecf^te  bon  . 
S3ifd;of  unb  Stabt  gingen  fd^on  bor  ber  Sleiformation  bielfad^  nebeneinanber  ^er:  im  ©e«  56 
biete  be«  33i«tum«,  im  heutigen  bemifd^en  3ura,  beja^  bie  Stabt  an  mand^m  Orten  ge= 
toiffe  ,öi>^eit«red^te,  unb  anbererfeit«  toar  ber  Sifd^of,  ber  feit  @nbe  be«  14.  ga^r^unbert« 
in  ^^Sruntrut  ober  3)el«berg  reftbierte,  nid^t  nur  ber  geiftlid^e  $err  ber  Stabt,  fonbern  mit 

:35* 


548  ^fob  <£l)rifto)ii^,  ».  t>.  »ofel 

iDcitöc^cnben  ^o^cit^rcc^tcn  au^ö^f^^^^^^^^  S^r  ©rucnnung  \>on  Sürgenneiftcr  unb  9Jat  be- 
fugt unb  bte  6tabt  i(;m  ju  nicl(^rfac^en  älbgaben  bauemb  beipflichtet,  ^er  9tfc^ofdl(^of 
in  ber  6tabt  h>ar  ba^  ©igentum  bc«  Sifc^of^,  ba^TOünfter  feine  SSifd^oföürc^e,  ba^^om* 
fapitel  rcftbierte  in  93afel  auf  eignem  ®tunb  unb  Soben;    bid  bid^t  an  bie  %f)oxt  ber 

5  Stabt  erftredte  fid^  bad  toeülid^e  ®cbiet  be«  Sietum^.  ©d^on  bor  ber  lirc^lic^en  8e= 
lüegung  jcigte  fid^  ba«  Streben  ber  ©tabt  Safel,  i^ren  Sefi^  auf  Äoften  be^  Sidtum« 
unb  ber  bifc^öflid^en  Siechte  nad^  ^oglic^teit  ^u  ertoeitem:  ®ebiete  be^  93idtum^  erlangte 
fie  ol^  ^fanbfc^aften  bon  bem  ftarl  berfd^ulbeten  Sifc^of  (1519  bie  ^errfc^aft  ^feffingen) 
unb  fte  füllte  ftd^  mäd^tig  genug,  bei  ©elegenl^eit  auc|  einmal   ein  @c^lo^  bed  Si^tumd 

10  furjer  $anb  )u  befe^en,  um,  tote  man  fagte,  öfterreic^ifc^en  älbfic^ten  juborjufommen. 

3n  ba«  Sal^r  1521  fiel  bann  bie  bon  ber  Sürgerfc^ft  einfcitig  ober  toiberfjjrud^lo^ 
butdS>gefe§tc  Serfaffungeänberung,  bie  fünftig^in  alle  Siedete  bc«  Sifd^^of«  auf  ©mennung 
bon  Sürgermeifter  unb  Slat  befeitigte;  bafe  ber  Sifc^of  ß^Jto^^  bon  Uten^eim  (1502  bid 
1527)  bie«nidS>t  ber^inbem  fonnte,  beh>eift  feine  TOadf^tloftgleit  gegenüber  ber  tbatfräftigen 

16  Sürgerfc^aft.  1524  ^ob  berSlat  bie  bi^l^er  bon  jeber  ^aud^altung  an  benSSifc^of  jöJ^rUd^ 
m  entri4>tenbe  2lbgabe  auf,  1525  eignete  er  fw^  ba^  ^frünbenbefeJungöredS^t  be^  2)om= 
fapitefö  an  unb  na^m  nac^  ben  Sauemunru^en  eine  ganje  Slei^e  bon  Drtfc^ften  be« 
©ii^tumö  in  ba^  Surgred^t  ber  ©tabt  auf:  mit  feiner  angeblid^en  ©igenfd^aft  ate  Se= 
fc^irmer  bed  Si^tumd  unb  bamit  bie  bifc^öflic^en  Sanbe  bei  einanber  bleiben   möchten, 

20  rechtfertigte  er  bicfen  ©ingriff  in  bie  Steckte  be«  Sifd^ofö. 

^ie  (Sinfü^rung  ber  Sieformatton  löfte  1529  bad  le^te  S9anb  ^toifd^en  Sifc^of  unb 
©tabt ;  bie  TOitglieber  bed  3)om!at)itete  fiebelten  noc^  jjreiburg  l  S.  über.  3"  ^"«»" 
Vertrag  mit  ber  ©tabt  bon  1530  gemattete  ber  Sijc^of  $^ili>)p  bon  ©unbete^eim  (1527 
bi^  1553)  für  einzelne  ©ebiete  beg  Si^tum«  bie  3luMbung  ber   neuen  2ebre.    ^n  ber 

26  f olgcnben  ^^\i  ^at  bie  ©tabt  im  Si^tum  immer  f efteren  gufe  gefaxt :  burc^i  neue  SSer= 
i)fänbungen  bed  Sifc^of^?,  burc^  unangefochtene  Ausübung  bon  §o^eit^red^ten  in  firc^licfym 
3lngclegenl(^eiten,  burd^  SJertröge  mit  bem  Sifd^of.  3)ie  bollfommene  3luflöfung  bcö  SiS^ 
tum«  fd^ien  nur  noc^  eine  Sf^ge  ber  QAt  ju  fein,  ber  größere  3^eil  ol^  ßrbe  für  Safel, 
ber  Heinere  Seil  (bef.  ba«  TOünftertbal)  für  Sem   beftimmt.    2)ie  ©tabt  Safel  berfolgtc 

80  if;r  ^xd  mit  unauffälliger  93e^aalid9leit :  immer  me^r  ®emeinben  bed  Si^tum^  tpurben 
burc^  Serpfänbung  ober  burdj!  3Serlei^ung  be«  Surgredf^t^  mit  ber  ©tabt  berbunbcn, —  bie 
Stmter  ^feffingen,  Sir^edt,  ©t.  Urfi^,  ^e^enberg  unb  ä^i'^Ö^"/  ^^  ©ifeöu,  ba«  2)ete= 
bergertl^ol  tourben  auf  foldf^e  3Bei|e  ber  SReformation  gewonnen,  ©elbft  in  ber  bijc^öf= 
lid^en  Jtcfibenj  ^ßrunlrut  machte  fid^  bie  Hinneigung  jur  Sieformation  bemcrfbar.    Sif^of 

86  3)ieldS>ior  bon  Sid^tenfete  (1554—1575)  mad^te  unter  ber  Saft  ber  Siötum^fc^ulben  1559 
neue  3wgeftanbniffc :  o^ne  Sortoiffen  ber  ©tabt  tPoHe  er  in  ben  näc^ften  25  ^af^xm  bie 
genannten  Slmter  tpeber  berfaufen  noc^  mit  neuen  abgaben  belaften  unb  ber  ©tabt  foHc 
baö  Sorfauf^red^t  jufte^en;  jcber  S^eil  foHe  ben  anbem  bei  feiner  Sieligion  laffen.  3)afür 
berjid^tetc  bie  ©tabt  auf  SSerlei^ung  be«  Surgrec^t^  an  Untcrt^anen  bed©tift«.  ©efic^ert 

40  tvax  ber  Seft^ftanb  ber  Sieformation  im  Siötum  freilidj!  ttofebem  nic^t :  ba^  Si^tum  mar 
Sleic^eboben  unb  ber  Slcligion^frieben  bon  1555  fc^to^  bie  äln^änger  3h>i«9li^  au^brüdf= 
lic^  au^! 

©eit  ben  60  er  5;a^ren  regte  fid^  in  ber  ©df^toeij  ein  ftärlerc^  firc^tid^eö  Seben  auf 
fal^olifc^er  ©eite;  feit  ber  Sleife  Äarl  Sonomeo«  na^  ©t.  ©allen,  ©inftebeln  unbSujem 

46  1571  beginnt  in  ben  Urfantonen  beutlic^  toa^mebmbar  bie  ©egenreformation ;  auc^  in 
baö  bcrtoa^rlofte  Sietum  Safel  reichen  bie  aBeUenfd^läge  ber  Setoegung.  3lfö  1575 
Sifc^of  3Keld^ior  ftarb,  ging  bie  3^^*  ber  Slac^giebigfeit  unb  be^  ©efc^el^enlaffend  ju  (Snbe. 
6^  Reifet,  ba^  bei  ber  nun  folgenben  äBaJ^lber^anblung  ber  jüngfte  ber  3)omt;erren,  ^atoh 
Qi)x\\iopl)  Slarer  bon  SBartenfee,  ben  ©enoffen  mit  einbringlid^cn  3Ka^nungcn  ba^  3}cr= 

eofprec^en  abgenommen  l^abe,  für  SBieber^erftellung  bc^  rechten  ©lauben^  ju  toirfen:  auf 
i^n,  ben  33iä^rigen  (geb.  1542),  fiel  fobann  bie  ffla^l  (22.  ^uni  1575). 

^a^  in  ©c^loaben  unb  auf  fd^toeijerifc^em  93oben  anfäfftge  ^iSbel^efc^led^t,  aui  bem 
3;afob  ß^rifto})^  ^erbotgegangen  toar,  l^at  ben  J&eiben  ©lauben«t)arteicn  be«  16.  ga^^r« 
^lunbertd  ^erborragenbe  ©treiter  gefc^enft:  ju  i^m  gehörte  ber  Sleformator  bon  Ulm  31ms 

66  brofiu^  Starer,  femer  3)ict^elm  Slarer,  ber  eifrig  ifat^olifc^e  Slbt  unb  SBieber^erfteller  bon 
©t.  ©allen,  unb  au«  bem  äBartenfeer  3*^^*0^  ^<^  Saeler  ©ifc^of  ^alob  Gl^riftot)^,  ber 
aSorfäm})fer  ber  ©egenteformation.  auf  ber  Uniberfität  JJreiburg  in  Sr.  toar  ^atob  (S^xU 
ftop^  mit  benjenigen  $umaniften  in  engere  Serü^rung  gefommen,  bie  nac^  (Sinfü^rung 
ber  Sieformation  Safcl  berlaffen  l^atten:  ©lareanu«  toar  fein  Se^rer.    Seftimmtere  Slac^^ 

eo  ric^t  über  bie  ßinflüffe,  bie  auf  gafob  ß^riftop^  änfc^auungen   eintoirften,  fe^lt ;   man 


dalob  &ft\fiopf),  ».  ^.  »afel  549 

mufe  fid^  begnügen,  it^n  bon  bem  fid^  allgemein  au^breitenben  (Seifte  ergriffen  ju  feigen, 
^te  älufgabe,  bie  et  ftd^  fteOte,  \oat  feine  leidste :  ba$  Si^tum  n>ar  berfd^ulbet  unb  tird^lic^ 
jerrüttet  unb  bie  Übermacht  ber  ©tabt  8afel  bem  Sifc^of  gegenüber  unjtoeifel^aft.  ßin  paar 
ga^e  be«  fic^  einarbeiten«  vergingen:  gafob  ß^rifto^^  fteHte  fw^  freunblid(>  pr  ©tabt, 
aber  er  fragte  bod^  ben  innerl^Ib  be«  Siötumö  t)ertie^enen  Surgrec^ten  unb  i^ren  red^t«  6 
(id^en  Unterlagen  nad^;  ben  Saliern  erfc^en  e«  be^l^alb  angebrad^t,  ba«  93urgrec^t  mit 
berfdf^iebenen  ©emeinben  ju  erneuern.  Sejiel^ungen  ju  bem  Anreger  unb  görberer  ber 
fdf^toeijerifd^en  ©egenreformation  Serben  ficptbar:  bon  Äarl  Sorromeo  erbittet  ftd^  ^atoi 
(Sfyc\\iopf)  ©^nobalftatuten ;  bie  Sefdf^Iüffe  be«  2:ribentiner  Äonjite  werben  im  Si^tum 
berlünbigt.  3)er  entfc^eibenbe  ©d^ritt  aber,  ben  ^afob  Sbriftoj)^  unternahm,  um  feiner  lo 
I^ötipfeit  einen  fidleren  Slüdtl^alt  m  geben,  h>ar  ber  äbtelu^  eine«  Sünbniffe«  mit  ben 
!at^olifc^en  Äantonen  ber  ©bgenoffenfd^aft.  Igm  3)ejember  1578  fteHte  er  baju  ben  3lns 
trog;  tm  ©et)tember  1579  tourbe  berSunb  abgefd^Ioffen  unb  im  Januar  1580  ju^Jirun* 
trut  feierli^  befc^tooren.  3)iefe«  Sünbni«  h>ar  eme  bebeutfame  Il^at:  bie  lat^olifc^en  ©e* 
biete  ber  meftlic^en  ©d^toeij,  fjreiburg  unb  ©olotl^um,  bisher  ifoKert  jtoifc^en  J)roteftantifc^en  i6 
©ebieten,  gehjannen  mit  ben  neuen  SSerbünbeten  einen  territorialen  gwfammen^ang;  ber 
für  bie  fat^oKfd^en  ©d^toeijerfned^te  fo  toid^tige  3wfl^"0  "^^  tjranlreid^  h>urbe  baburdj! 
geftdS^ert;  gegen  bie  ©tabt  Safel  unb  bie  toon  il^r  geförberte  5ßroteftantifterung  bc«  Si«= 
tum«  ftonb  feitbem  bie  gefamte  fatl^olifd^e  ©bgenoffenfc^aft.  3)enn  auf  gegenfeitigen 
©dS>u$  in  SHeligion^fad^en,  felbft  gegen  ßibgenoffen,  unb  auf  ffiiebergetoinnung  ber  ab^  20 
gefallenen  Untertl^anen  rid^tete  fi4  auftrütflic^  ber  8unbe«bertrag  •  nur  foHte  ber  »ifd^jof 
nidf^t  ol^ne  bie  3wfKmmung  ber  SSerbünbeten  ®eh>alt  brauchen,  ^r  ba«  beutfd^e  SReic^ 
toor  ber  38ertrag  belangreidf!,  h)eil  ftc^  bamit  ein  bisher  mx^i  birelt  jum  Sleidf^e  gelj^örige« 
©lieb  ber  Sibgenofjenfdjaft  anfd^Io^;  ber  Äaifer  erl^ob  jtoar  1580  gegen  ba«  Sorge^en 
be«  95ifc^of«  einf^mid^,  aber  ba«  9i«tum  Safel  ift  feitbem  ein  „jugetoanbter  Ort"  ber  26 
©ibgenoffenfdf^aft  geh>efen  unb  bem  SReid^  berloren  gegangen. 

3)ie  I^tfac^e  be«  Sünbni«bertragc«  tourbe  ben  ^roteftontifd^en  Äantonen  befannt; 
fte  bef^rad^en  ftd^  barüber  unb  forberten  Slu^ärung  über  ben  gnl^alt  be«  Vertrag«  •  bie 
fat^olifd^en  Äantone  jogen  bie  äu«funft  fo  lange  l^in,  bi«  bie  angelegenl^eit  burc^;  feic^s 
tigere«  jurüdfgebrängt  tourbe.  3)er  S9ifd[>of  aber  begann  im  ©efül^le  ber  ©id^er^eit  ju  30 
^anbeln:  feit  1580  trat  er  offen  mit  feinen  äbpd^ten  ^ert)or,  in  fteter^l^Iung  mit  feinen 
S3unbe«genoffen.  ®r  ejfommunijterte  feierlich  bie  ^ert)orragenben  Slni^änger  ber  Siefor- 
mation in  ^runtrut,  er  forberte  bie  ^roteftantifd^en  ©emeinben  be«  S3i«tum«  jur  SRüdEfe^r 
in  bie  !at^oIifd^e  Äirc^e  auf,  er  entließ  bie  ^jroteftantifd^en  ^rebiger,  er  fül(^rte  in  einjelnen 
Orten  ben  fat^olifdf^en  ©otte«bienft  toieber  ein  unb  })rebigte  fogar  felber  an  ben  gefä^r«  85 
betften  ©teilen.  5Der  ^efuit  ßanifiu«,  ber  1580  mit  bem  9luntiu«  Sonomi  nac^  grei* 
bürg  i.  ©.  gefommen  toar,  folgte  einer  ©inlabung  nad^  ^runtrut  unb  entwarf  einen  Äa- 
ted^i«mu«  für  ba«  a3i«tum  äafel;  eine  ©^nobe,  bei  ber  200  ^riefter  ftd^  einfanben  unb 
auc^  ßanifiu«  jugegen  toar,  fanb  im  ä^rtl  1581  in  S)el«berg  \iatt  —  bie  erfte  ©^nobe 
toieber  feit  1503  —  unb  beriet  über  bie  ^age  einer  S9i«tum«bifitation  unb  über  bie  Sie-  40 
form  ber  tief  gefunfnen  ^riefterfd^aft ;  über  ©^nobalftatuten  unb  über  bie  Sleugeftaltung 
ber  liturgifc^en  Sudler  tourben  Sefd^^Iüffe  gefaxt.  SBie  h)eit  bei  biefen  [xd)  xa\d)  folgenben 
Sleformbeftrebungen,  bie  ber  gnitiatibe  be«  Sifd^of«  in  erfter  Sinie  entfjjrangen,  neben 
ßaniftu«  auc^  ber  fdS>h>eijerifd^  Sluntiu«  Sonomi  beteiligt  toar,  ift  nac^  ben  bi«^er  bor* 
liegenben  Dueflen  nod^  nic^t  ju  befKmmen*  getpife  ift  nur,  ba^  ber  Sluntiu«  1580  audS>46 
ba«  S9i«tum  Safel  befud^t  ^at  unb  gu  ^atoh  ß^riftop^  in  ein  engere«  aSer^ältni«  ge^ 
treten  ift:  ba^  er  ben  jungen  Sifd^of  ^od^fd^ä^en  lernte,  jeigte  [xd)  f^äter  in  ber  eifrigen 
Unterftü^ung,  bie  er  bem  bon  ber  Äurie  Stngefod^tenen  gu  teil  toerben  lie^. 

2)ie  ©tabt  Safel  unb  mit  i^  bie  reformierten  Äantone  l^atten  e«  nid^t  an  3Sors 
fteKungen  feilten  laffen,  al«  bie  erften  auf  3wni(fbrängung  ber  neuen  Seigre  l^injielenben  so 
©c^ritte  be«  Sifc^of«  befannt  tourben;  3afob  ßl^fto^l^  be^auj)tete  jebod^  bemgegenüber 
feine  Siechte  ju  biefen  SRafjregeln,  er  fufr  fort,  in  bem  ganj  j)roteftantifdben  ©täbtc^en 
Sauffen  unb  in  ^feffingen  bie  SReffe  toieber^erjufteüen,  \a  er  beftritt  bie  Sle(^t«giltigfeit 
be«  abgefd^Ioffenen  äürgerred^t«.  äu^  ©efanbtfd^ften  ber  fot^oKfd^en  Äantone  fudjten 
bie  Untertl^anen  be«  Sifdf^of«  für  bie  Stücffe^r  jur  fat^olifcben  Äird^e  geneiat  gu  machen,  66 
mit  Slatfd^Iägen  unb  mit  3)ro^ungen:  fie  toürben  bem  ^ifc^of,  il^em  Sunoe«genoffen, 
beifte^en,  tocnn  bie  Untert^anen  nidf^t  gel^ord^en  Sollten,  aber  bie  ^roteftantifd^en  Untere 
tF^anen  liefeen  ftc^  nic^t  bereben :  e«  fam  bielmelj^r  ju  Unrul^en  in  ben  bom  Sifc^of  bear= 
beiteten  ©ebieten  unb  bie  Safeler  brad^ten  il^re  SSefd^^toerben  öor  bie  eibgenöfftfd^e  %aQ' 
fa^ung.    6in  ©c^ieb«geric^t  tourbe   eingefe^t,  ba«  in   jtoeiiäif^riijcn  93er^anbfungen   einew 


550  diafob  iSittl^opft,  ».  n.  Safrl 

ßöfuna  be^  ©treitci^  herbeiführte.  3luc^  ber  Sifc^of  luar  für  ein  Sc^^ieb^ßeric^t  geneigt; 
bie  lebhaften  Sorfteüungen  ber  ^roteftantifd^en  Äantone  in  ben  ^af)xm  1581  unb  1582 
Ratten  bod^  i^ren  ©inbrud  nic^t  ^an^  berfe^It.  3)a^  ganjeSlecl^teberlSfältmö  jtoifc^en  Stfc^of 
unb  etabt  tüurbe  in  ben  SSer^anblungen  be«  S^ieJ^eric^tö  aufgerollt:  galob  ßj^ftc^))^ 

6  erl^ob  9lnfbru(l^  auf  bie  bon  ber  @tabt  eigenmächtig  abgefd^fften  unb  ie|t  ^alb  bergeffenen 
allen  bifd^öflid^en  Siedete,  über  bie  er  burc^  einen  glüdtlid^n  Qa^aü  urlunblic^e  Sufjet^K 
nungen  erhalten  f)aiU.  ^n  Safel  fteigerte  [x^  ber  ©rimm  gegen  bie  tatl^olifd^en  ^ib- 
genoffen,  bie  burc^  ba^  Sünbnid  bon  1579  biefen  3Sorfto|  be«  Sifc^^ofd  emtöglid^t  ^en 
unb  bamit  tueitergc^enbe  SBünfdf^e  berStabt  bereiteren,   ^er  ©d^ieb^f^rud^  Dom  11.  2lj)ril 

10  1585  machte  benno^  bie  (Srgebniffe  einer  fed^jigiäl^rigen  @nth>idte(ung  nic^t  ungef(^el^: 
ipurbe  au4  für  bie  3wlunft  bem  Vorbringen  ber  ©tabt  im  Si^tum  eine  ®renje  ^cfe|t, 
f 0  beftätigtc  er  bod^  ba«  toic^tigfte  bon  bem,  toaö  bie  ©tabt  fid^  o^ne  einen  anbem  9ted^t^ 
titel  ald  ben  ber  3Rad^t  angeeignet  ^tte.  3^^  93erträge  tourben  abgefc^Ioffen:  ber  orfte 
geftattete  ber  ©tabt  93afe(,  aOe  ^obett^nf))tii(^  ber  Sifd^öfe  fotool^l  in  ber  ©tabt   a(d 

löauc^i  im  ©ifigau  unb  einigen  benachbarten  ämtem  für  200000  ®ulben  abjulöfen;  bafur 
berjidf^tete  bie  ©tabt  auf  ade  |)0^eit^red{^te  innerhalb  beö  Sietum^.  ^ad  3)omIaj>iteI 
foQte  für  feine  alten  Siedete  in  ber  ©tabt  eine  Slblöfung  bon  50000  ®ulben  ersten, 
^m  jtoeiten  SSertrage  kourbe  feftgefe^t,  ba^  bad  Surgred^t  jkoifd^en  Safel  unb  ©emeinben 
bed  ^i^tum^  jtoar  bem  9Iamen  nac^  befteJ^en  bleiben,  ba|  aber  lein  Siecht  bed  Sifc^ofd 

20  baburc^  beeinträd^tigt  unb  ber  ©tabt  jeber  ©d^ufe  ber  Untertj^anen  gegen  ben  Sifc^of  ver- 
boten fein  foOte;  bafür  bet))flicbtete  fid^  ber  Sifc^of,  bie  mit  ber  ©tabt  berburgrec^teten 
Untert^anen  bei  i^rer  Sieli^ion  oleiben  ju  laffen  —  er  bel^ielt  fic^  nur  bor,  baneben  aud^ 
tatl^olifd^en  @ottedbienft  mteber  einrid^ten  )u  bürfen:  jebem  foQte  bann  bie  3&af)l  ber  die:: 
ligion  freifte^en  unb  fein  leil  ben  anbem  beeintröc^tigen. 

25  (Sine  heftige  ©egnerfd^ft  er^ob  ftd^  gegen  ben  bom  ©d^ieb^geric^te  borgefc^Iagenen 
unb  Don  ber  gefamten  @ibgenoffenf^a(t  gebilligten  Skrlrag;  bad  SomIa))itel  tooQte  nid^t^ 
babon  toiffen:  ber  Sifc^of  bürfe  ol^ne  3wf^n**«w"9  ^^  Äat)itete  feine  Oebiete  unb  Siechte 
be^  93i^tumd  beräu^em,  bie  an  Safel  überlaffenen  ©ebiete  feien  bad  fed^fac^e  ber  fefU 
gefegten  ©umme  toert,  bie  ©eftattung   ebangelifc^en  ©otte^bienfted  im  Si^tum   fei   un- 

9ü  fc^idüd^.  9luf  betreiben  bed  Somfo^iteld,  beffen  93orfäm))fer  in  biefem  ^e  befonberd 
ber  greiburger  S^l^eolog  gobofud  ßoric^iu^  h>ar,  bertoarf  $a))ft  ©ijtuö  V.  am  15.  3wni 
1585  mit  gro|er  ©c^drfe  ba^S  ganje  9lbfommen:  bie  SSeräu^erung  firc^Iic^en  äSeft^ed,  ber 
38eriid^t  auf  bifd^öflic|e  Siedete  fei  niemate  m  geftatten,  nic^t«  fei  für  aÜe  ©uten  flucj^s 
toürbiger,  nid^t«  ber  bifc^öflic^en  ^jjflid^t  mel^r  entgegengefe|t.    6^  toar  bann  bereit«  ein 

86  ©etoinn,  aU  auf  SSorfd^tag  be«  in  92ieberbeutfc^lanb  toeilenben  Vonomi,  ber  ie|t  feine 
greunbfc^aft  für  ben  Sifq>of  toarm  betj^ötigte,  1586  ein  ))ät)ftlidS>er  Äommiffar  in  ba« 
9i«tum  gcfd^idtt  lourbe,  um  bie  einfd^Iägigen  fragen  ju  unterfuhren ;  rühmten  bod^  bie 
^rf))red^er  be«  Sifc^of«  nid^t  nur  feine  bortrefflic^en  älbftc^ten,  fonbem  fte  fteUten  aud^ 
bie  Einigung  be«  S^ertrage«  aU  93orbebingung   einer  fünftigen  gebei^licpen  SBirffamfeit 

40  ber  Äirc^e  l^in.  3«  5"^^^^«^^^  mad^ten  fic^  aufier  Sonomi  bie  fatl^oUfd^en  Äantone  — 
fie  fa^en  gleich  ben  ^roteftantifc^en  in  ber  »nnaij^me  bet^  Vertrage«  ein  aWittel  jur  (Sr^ 
tung  be«  ^rieben«  in  ber  (Sibgenoffenfd^aft  —  femer  bie  in  2ugem  toeilenbm  ©efanbten 
bon  ©panien  unb  ©abo^m :  ber  im  §erbft  1586  in  ber  ©c^toeij  eintreffenbe  neue  5Runtiu« 
©antonio  lourbe  bon  aüm  ©eiten  beftürmt,  für  ©enel^migung  be«  Vertrag«  in  9lom  ju 

46  toirfen.  3)er  ^öljftlid^e  Äommiffar  Sodann  S9at)tift  be  SRobUi  ber^nbelte  in  tVreiburg 
^erfönlid^  mit  bem  3)omfa))itet ;  e«  kooQte  jeboc^  bon  feinem  SBiberfpmc^  nic^t  laffm,  ob 
h>o(^l  aud^  bie  f^ärfften  ©egner  be«  Vertrag«,  bor  allem  2oric^iu«,  bemVifc^of  felber  ein 
günftige«  3^"0"i^  ^^^^  bertoeigem  fonnten.  SBälj^renb  ©antonio  fic^  feine  ftare  än= 
fc^auung  ber  ^inge  ju  berfc^ffm  h)u^te  unb   fogar  einen  Jtrieg  auf  ©mnb  be«  Vünb« 

60  niffe«  bon  1579  für  gar  nic^t  unertoünfc^t  anfa^,  famen  fc^liefelic^  au«  9lom  borfic^tigere 
SBeifungen:  bie  3^iten  feien  nic^t  günftig  für  einen  Ärieg.  Unb  in  ber  §aiJH)tfadS>e  fc^Iug 
bie  Äurie,  über  bie  $erfönKc^|»feit  be«Vifc^of«  günftig  informiert  unb  nac^^träglic^  bon  ber 
Slotmenbigfeit  be«  Vertrage«  überzeugt,  bm  oft  begangenen  9Beg  ein,  ba«  Verbot  )h>ar 
nid^t  jurüdfjunel^men,  aber  burc^i  ©tiufd^toeigm  jujuftimmen:  ber  9luntiu«  möge  bon  fic^ 

65  au«  bem  Vifc^of  mitteilen,  ba^  er  toegcn  be«  Vertrage«  feine  toeitere  Anfechtung  erfahren 
foQe,  toenn  nur  fe^erifc^er  ®otte«bienft  nid^t  geftattet  unb  ade«  auf  ba«  Äa^itel  Vejüg^ 
lic^e  au«gefc^Ioffen  toerbe. 

@«  geigte  ftc^,  ba^  ber  Vertrag  tro^  ber  in  il^m  liegenbm  Vergic^te  für  bo«  Vi«tum 
bie  fiöfung  bielfac^er  ©d^toierigfeiten  bebeutete:  ba« Slufgeben  unhaltbarer  Sled^^te  unbVeft^ 

60  titel  machte  bm  Vifd^of  —  gan;  abgefel^n  bon  ber  jei^t  eintretenben  finanjiedm  ©efun« 


^afob  (SSitifiopti,  ».  n.  »ofel  ^lob  no«  Sbeffa  551 

bung  feiner  3Ser^ältniffe  —  jum  unbefc^ränften  $encn  in  feinem  (Sebiete;  bie  ©tabt 
39afel,  fo  l>iel  fte  auc^  fonft  burd^  ben  SSertrag  getoonnen  ^otte,  Verlor  if^ten  @influ^  auf 
bifc^bfüd^e  Untertl^anen.  S)ie  gortfüJ^rung  ber  liK^Kd^en  Sirform  fonb  feinen  unübertüinb^ 
lid^eit  9Btber[tanb  me^:  überall  im  Si^tum  getoann  bie  latl^oUfc^e  ftirc^e  toieber  fcften 
^oben  unb  bie  ^ai}l  ber  ^roteftanten  verringerte  fw^  immer  me|^r.  $atle  auc^  ber  Ser^  s 
trag  für  bie  mit  Safel  Verburgrec^teten  ®l>angelifd^en  freie  Sleligiondübung  jugeftanben, 
fo  jeigte  fic^  boc^  bolb,  ba^  ber  Sifc^of  burd^  bie  i^m  jugeftonbene  ßinricl^tung  fat^o= 
tifc^ien  ©otte^bienfte«  neben  bem  eöangelifd^en  ba^  SJlittel  langfamer  Sefeitigung  bedfclben 
befa^:  bie  ^öglidS^leit  }um  ätbfaQ  Vom  etHingelifd^en  ©lauben  tourbe  burc^  bie  bafür  ge- 
toäl^rten  Siorteile  geebnet,  bie  ^ro)>aganba  auf  olle  äSeife  betrieben  unb  balb  aud^  ber  lo 
offene  S^axiQ  nid^t  unterlaffen.  ®egen  bie  bebröngten  eöangelifc^en  Untertl^anen  ftanben 
überall  bie  fat^oUfd^en  Beamten  beö  Sifd^of«,  von  benen  fie  nur  fd^loer  ein  billiget  Siedet 
erlangen  lonnten.  ®rünbe,  bie  evangelifqen  ®eiftß(^en  unter  bem  @(^eine  bed  Sle^ited, 
j.  S.  toegen  @c^mä^ung  ber  ftat^oliien  ju  entfernen  ober  unmöglid^  )u  mad^en,  fanben 
fic^  mit  leichter  2Rü^e;  pe  tourben  bem  mal^nenben  Safeler  Slatc  entgegengel^alten  unb  ba^  i6 
^eft^ten  am  Suc^ftaben'  bed  äSertrag^S  )i>on  1585  betont.  ä(ud  ^runtrut  toar  fc^on  früher 
ber  le|te  $roteftant  verfd^tounben;  bii^  jum  @nbe  ber  80  er  2[a^re  mar  baS  @täbt(^n 
Sauffen  —  urf]prünglidS>  ein  $autotfi^  ber  Sieformation  — -  toieber  latl^olifd^  gemacht;  in 
ben  anbem  Orten  l^ielt  M  bie  Sieformation  noc^  hx^  jur  ÜKitte  ber  90  er  ^oi^x^,  aber 
ftetig  abne^menb  unb  fc^Ke^id^  ganj  Verfd^toinbenb.  ^te  ©tabt  Safel  toar  biefer  QnU  2u 
toidtelung  gegenüber,  toenn  fte  ni^t  ©etoolt  braud^en  tooKte,  o^nmäc^tig:  lein  Slec^t^mittel 
ftanb  i^r  }ur  S^erfügung,  um  bie  burd^  planmaüaz  bürgerlid^e  3untd(fe|ung  unb  )8e« 
brängung  eneidbte  ,,freitoiQige''  Slüdle^r  ber  bifd^öflid^  Untert^en  }ur  tat^olifc^en 
Äirc^e  ju  Verj^inbem. 

Xie  eifrigen  Reifer  be^  Sifc^of^  bei  bem  Setd^rung^toerle  toaren  bie  ^efuiten.  Ur-  25 
fprünglic^  l^tte  ^atob  S^rifto^^  ed  mit  ben  fta))u)inem  verfud^t,  bie  auc^  fonft  in  ber 
©(^toeij  ate  ^orragenbe  2Öerfjeuge  ber  ©egenreformation  aufgetreten  fmb;  aber  fie 
toaren  faft  au^na^mdlod  ber  frangöftfd^en  ©^radbe  unlunbig  unb  tonnten  be^l^alb  unter 
ber  übertoiegenb  franjöfifd{>en  SeVöIlerung  be«  »i^tum^  ben  SBünfc^en  beö  Sifd^ofi^  nit^^t 
genügen,  ©eit  1588  jog  er  bal^  Slefuiten  jur  Unterftü^ung  l^erbei  unb  1591  grünbete  so 
er  il^nen  bantbar  ein  KoQegium  ju  $runtrut.  Sie  ^a^lreid^en  ©(^üler  ber  neuen  ©rün« 
bung  —  im  erften  3«^^  60,  1593jc^on  300  unb  feitbem  regelmöftig  3—400  im^ö^te 
—  trugen  ben  neuen  ®eift  in  alle  ©ebiete  be«  Siötum«  unb  ber  Scac^barfd^ft;  eine  ©r« 
neuerung  ber  ^efterf^faft  unb  eine  Umtoanblung  ber  ganjen  SeVöIferung  VoUjog 
ftc^  bamit.  86 

3)a«  le|te  ^ö^^^^nt  ber  Slegierung  galob  ß^ftotolS^  —  er  ftarb  am  18.  2lt)rU 
1608  —  toar  frei  Von  Jtam))f ;  bie  SUIeinl^frrfd^aft  ber  btt^olifc^en  Aird^e  im  93i^tum  bot 
bie  ©etoä^r  inneren  ^eben«.  Die  SBieberJ^teHun^  unb  Smeuerung  bed  Äat^olicidmu« 
in  bem  räumlich  je^t  befc^ränfteren  Si^tum  glic^  bie  im  SReformation^jeitalter  erlittenen 
aSerlufte  einigermaßen  toieber  au«.  ©olter  @oe<?.     40 

;^ofQb  ber  Siflercietifer  f.  ^aftorellen. 

^fob  von  Sbeffd  (633—708).  —  Sittcrotur:  1.  ü)Mrl*teu  a)  morßenlänbif^c: 
2)iüni)fiuö  uon  Xclma^rc  in  BO  1,  428.  468;  Äa^fcr  (f.  u.)  50;  «ßftocaS  bor  Scrqiuö  uon 
CSbeffa  (Äaljfcr  52);  aRlcftael  bcröroftc  (Chroniquc,  trad.  p.  V.  Langlois,  Venise  1868,  19); 
Barhebracus,  Chron.  eccl.  I,  259.  b)  abenblÄnbif c^c :  Assemani,  BO  1,  465-494;  3.  $.  46 
'iWortin  (JA  VI,  XIII,  447;  VIII,  XI,  155);  W.  Wright,  Syr.  Lit.  141  (=  Enc.  Brit.» 
22,  839);  R.  Duval,  la  litt.  syr.  70.  379;  @.  ÄQt)fer,  2)le  i^ononc«  gafobS  0.  (£.  übcrfcftt 
unb  erläutert  (fiei^gig  1886,  iJeben  50—64;  @(ftriftftcflerlf4e  I^ätigfcit  65—74);  A.  Hjelt, 
Etudes  8ur  l'Hexam^ron  de  Jacqnes  d'Edessc  (Tli^,  Helsingfors  1892.  eh.  I  p.  1—8); 
Raulen  in  ©S  6  1889.  1156.  2.  ®er!c:  no*  feine  ©efamtauSgabe;  bie  ^itcl  beS  bi8  1888  50 
©rfc^icnenen  in  9ieftle,  litt.  syr.  p.  52  f.,  loeitered  bei  Wright,  Duval  (f.  0.);  ©rotfclmann, 
Syr.  Gr.  (1899  6.  105).  ®ld)tlac  (Srflänjungen  ju  ben  uon  Lagarde,  Reliquiae  117  ff. 
(lebrucften,  uon  Äot)fer,  ÄanoneS  ©.11—33  übcrfc^ten  @tü(fen  finben  ficft  nacft  J.  R.  Harris, 
The  Gospel  of  the  Twelve  Apostles  (ßambribge  1900)  @.  7  f.  in  cod.  syr.  Harris  85. 

3afob  t)on  ©beffa  (fo  genannt  nai)  bem  Orte  feiner  geiftlic^en  SBirlfamfeit),  auc^  65 
Crrl^oenu«,  f^rifc^  Urhäyä  arabifc^  Ar-rohäwi,  ift  neben  bem  eOOgö^re  fpäteren  Sar« 
l^ebräud  ber  berül^mtefte  unb  öielfeitigfte  f^rifd^e  ©c^riftfteHer :  Ideologe,  ßiftorifer,  ^^ilo^ 
foj)b,  ©rammatifer,   ein  AvijQ  Tglyloynog,   gleidj!    pi  $aufe  in   ber  Sitteratur   feiner 
SKutterfpracIS^e  unb  ber  ©e^)tuaginta,  belannt  mit  ben  2^rabitionen  ber  ^nitn,  in  mancher 


552  3^fob  non  Sbeffa  3^afob  non  @(^ 

Scjic^ung  ein  fvrifd^cr  §tcron^mu^,  nur  d^araftert^oKer  al^  btcfer.  ©cboren  um  633  ju 
'3nbc6ö  („SEBoIf^ucÖ")  bei  änttod^ten,  im  Rlofter  be^  3<>^<w^»^^  ^^^  Slt^lj^tl^oniu«  ju  Äinnefrin 
C,3lbleme[t")  feine  gried^ifd^en  unb  biblifd^en  ©tubien  beginnenb,  biefelben  in  Sllejanbricn 
öoüenbenb,  tpurbe  er  684  ober  687  (anbere  Angaben :  641.  51.  62.  77)95tfd^üf  bonSbeffa. 

6  SBegen  feiner  Strenge  mit  ben  bortigen  ©eiftlid^en  in  ©trett  geraten  —  in  feinem  (Sifer  f oH 
er  bie  ürd^Iic^en  Äanone«  bor  ber  2Bo^nung  be«  ^ßatriard^en  Julian  berbrannt  l^ben,  toeil 
fie  ja  bod^  nidf^t  geachtet  unb  barum  unnüft  feien  —  legte  er  nad^  4  ^a\)xm  fein  2fmt  nieber, 
lebte  11  ^af}xz  aU  Se^er  ber  5Dlönc^e  im  itfofter  ßufebona,  Weitere  9  ^oi^xt  im  großen  Älofter 
bon  S^ell'eba,  bi«  er  x\aä)  bem  3^obe  feine«  9Jac^f olgerö  §abib  toieber  auf  ben  Sifc^jof^ftul^l 

10  gerufen,  fAon  4  3Konate  nac^  feiner  ßmennung  am  5.  ^unx  708  (1019,  nac^  3)ion^ftu« 
1021  b.  ®r.)  ftarb,  al«  er  eben  feine  S9üc|;er  nai  ©beffa  überfül^ren  toollte.  ©emeg 
©lauben«  5Dlono})^Vfit,  trofebem  auc^  bon  fpäteren  SOlaroniten  ^od^e^alten,  l^at  er  feine 
$au|)tbebeutung  nid^t  auf  oem  tird^Iid^^t^eologifc^en,  fonbem  auf  bem  gele^  litterarifc^en 
Gebiete.    Son  feinen  ja^Ireidf^en  ©d^riften  unb  Überfejungen  ift  jiemlid^  toiel  ^anbfc^riftlid^ 

16  erl^alten,  t)er^ältni§mäpig  nur  h)enigeö  bt«  je^t  gebrudft.    3)ie  toidf^tigften  fmb   folgenbe : 

1.  eine  f^tifc^e  ©rammatif,  eine  ber  erften  unb  l^öd^ft  intereffant,  nur  in  Srud^ftüdten 
(^erauggeg.  t)on  SEB.  äBrig^t,  Sonbon  [1871  unb  5Kerj  1889]),  unb  grammatifalifc^e  Iraf = 
täte,  ^erauSgeg.  öon  TOartin  unb  ^l^iflij)«   1869;    f.  auc^  cod.  Sach.  70  in  35erlin; 

2.  ©c^olien  jum  Sllten  unb  92euen  Xeftament,  einzelne«  barau«  gebrudEt  in  ber  römifc^eit 
20  2lu«gabe  ber  SBerlc  Q\>fycäm^,  Sanb  I  unb  II,  unb  bon  $^illi^  (bi«  2  Äg  2,  Sonbon 

1864);  ein  unboüenbete«  2Bert  über  ba«  Hexaemeron,  bem  fein  greunb  ®eorg,  Sifc^of 
ber  Araber,  ba«  7.  Suc^  ^injufügte  (2anb,  Anecd.  Syr.  I,  1—5;  ?IRartin,  §ielt  [autp 
2)armeftetter,  Rev.  des  £d.  grecques  III,  1890,  180]);  3.  eine  anat)^ora  (lateinifc^ 
bei  Renaudot,  Llt.  Or.  II,  371  ff.);  eine  SHeöifton  ber  Anaphora  S.  Jacobi  fratris 

26domini;  eine  2:auforbnung,  in  bie  SHitualien  ber  Sorbiten  unb  5Dlaroniten  aufgenommen; 
5Hebifiön  ber  Äirc^enlieber;  f.  cod.  Sach.  349  in  Serlin;  ürc^Iidf^e  Äanone«,  teilh)eifc 
gebrucft  bon  2agarbe  1856,  Sam^  1859,  bef.  toon  ila^fer  1886;  aBrigl^t  (Notulae  Syr. 
1887,  11—14);  4.  feine  au^gebej^nte  teifö  t^eolojifdj^e,  teil«  ^^ilologtfd^e  Äorrefponbenj, 
ungemein  inl^alt^reic^.  l^anbf(^riftIidS>  l^aul)tföd^lidS>  m  Sonbon;   barau«  gebrudft   fein  ©rief 

30  über  bie  alte  Siturgie  ber  S^rer  (BO  I,  479,  486),  anbere«  bon  SBrigl^t  (Journ.  of 
Sacr.Lit.  1867  (IV.  X.),  430;  ©^röter  (3bm®  24;  32);  5.  ein  c^ronoloaifc^er  Äanon, 
in  toeldf^em  er  gegen  ®ufebiu«  ben  änfang  ber  df^riftlic^en  Slra  auf  309  ®x.  fe^e^t  (l^r^geg. 
öonSroton,  3bm®  53  [1899]  261;  f.  aud^  534.  550);  6.  Überfe^ungen  au«  bem®rte= 
df^ifd^en:   a)  bie  Äategorten  unb  Slnal^tifa  (nid^t  negl  igjüirjvelag)  be«  Slriftotele«  (i^Ö^- 

86  b.  ©.  ©c^üler,  Serl.  1897  [3)iff.  ßrl.]  31  ©.;  bie  fd^on  borbanbene  Überfefeung  ber^fa* 
goge  be«  ^orp^^^^uö  tommentierte  er;  b)  ber  Kommentar  ®regor«  bon  Sl^ffa  ^u  ^2, 
§omilien  be«  ®regor  bon  9Jajianj  (nac^  Sar^ebräu«;  le^tere  bielfeic^t  erhalten  in  ber 
Sibliot^ef  be«  Sorb  be  la  «B^w^O;  c)  bie  125  kayoi  hdQoviatixoi  be^  Patriarchen  ©c= 
beru«  512—18,  ein  ©d^olion  barau^  über  nin-  ßbm®  32,  465 ff.);    eine  ältere  Über^ 

*o  fe^ung  feiner  $^>mnen  rebibierte  er  mit  großer  ©orgfalt  (bon  feiner  §anb  in  Sonbon  er* 
^cäten  Add.  17134,  ^Ifimile«  in  Wright's  Catalogue);  7.  eine  in  ben  ^ofy:zxs,  704 
unb  705  beranftaltete  forgfältige  Slebifwn  ber  f^rifc^en  Überfe^ung  be«  313^«  auf  ®runb 
ber  ©e))tuaginta  mit  Seijic^ung  ber  anbem  gried^ifc^enüberfcfeungen;  f.  93b  III  ©.  176,  ir,. 
aSon  biefen  arbeiten  belam  ^af ob  ben  Flamen  be«  „äu^Ieger«  ber  S5ü^er"  (f^r.  »^npl  ^'iV^^:}), 

i6  jum  Unterfd^ieb  bon  :,^alob  bon  ©arug  unb  anbem,  mit  benen  er  tro^bem  öfter«  ber« 
loed^felt  iborben  ift.  3)er  95ifd^of  bon  ©arug  ift  ber  3)ic^ter  ber  Sieber,  aud^  be«  Carmen 
de  fide  contra  Nestorium  (teiltoeife  gebrudft  bei  Cardahi,  Liber  Thesauri,  SRom 
1875,  boüftänbig  bon  Ugolini  in  bem  Ommagio  Giubilare  della  Bibl.  Vaticana  für 
Seo  XIII,  1888  fol.),   unb   ber  ^rebigten  ad  versus  Armenos,    azymum   etc.,    bie 

60  bon  berfd^iebenen  unferem  95ifc^of  bon  ©beffa  jugefdf^rteben  toerben.  38gl.  nod^  Les  Fils 
de  Jonadab,  fils  de  R6chab,  et  les  iles  Fortun^s  (histoire  de  Zosime)  texte 
syriaque  (attribu^s  Jacque  ä  d'Edesse)  et  traduction  fran^aise  par  F.  Nau. 
Rev.  S6m.  1899,  54.  gine  eingel^enbe  SBürbigung  be«  SRanne«  fe^It  nod^.     9lef«e» 

^nlob  bon  @I^,  geft.  1581,  unb  bie  ®egenreformation  in  5tur-2^rier. — 
55  etvQiiiberg,  9U)cmif4ev^|[ntiquQrlu«  I,  2®.  295ff.;  ^?arj,  ®e[4  beö  erjftift«  Xrier,  bcfonbcr« 
»b  I;  (Jnbrulat  (?lb^);  Älurf^otin,  S3rlcfe  griebrirf)«  be«  gromincn  I  unb  II;  Soffen,  ^cr 
i^öln.  Äricg  I  u.  II;  ^anfcn,  9?untiaturberid)te  III,  1  u.  2 ;  (5t)fe§  unb  ^elfter,  9?untiatur* 
bcricfite  I,  1;  ©(ftioorj,  9?untiaturforrcfponbenj  ÄaSpar  ®roppcr«;  ®oc^,  ©eitrftgc  jur  @e* 
{4td)tc  ^Ubvcc^t«  V.  unb  be«  Sanb«&erger  93unbe«. 


^alob  noti  iSm  553 

3)ie  Slcformalion  Italic  im  erjbietum  2:rier  ntrgenb«  feftcrcn  ^  flcfa^t.  3)cr  SScr« 
fwd^  beg  Äaf^jar  DIcbtan  öom  gal^re  1559,  btc  §auj)tftabt  Iricr  für  bie  neue  Sd^re  )u 
getoinnen,  tvä^renb  ber  Jlurfürft  ^ol^ann  \>on  ber  £e^en  ftd^  in  Slua^burg  beim  Sleid^og 
befanb,  fd^Iua  fe^I.  ^tvax  bilbete  ftc^  in  ber  ©tobt  rafc^  eine  anfe^nßc^e,  aud^  im  State 
einflußreiche  Partei,  ober  ber  Äurfürft  l^atte  bodf^  nad^  feiner  $eimfel^  feine  aHjugroße  5 
SRü^e,  ber  Semegung  $err  ju  toerben :  ber  SSermitlelung  ber  benad^borten  ^roteftantifc^en 
^rften  bon  $falj,  SSürtlemberg,  Saben  unb  ^ejfen  gefang  e^,  eine  ftrengere  Seftrafung 
ber  äl^ortfü^rer  }u  berJ^üteU;  aber  bie  (Sbangehfd^en  mußten  bod^  bie  @tabt  Xrier  inner« 
^alb  einer  lurj  bemeffenen  ^ft  berlaffen.  greilid^  Ump\tt  bie  ©tabt  in  ber  gfol^ejeit 
mit  bem  Äurfürften  um  bie  Sleid^^ftanbfc^aft,  unb  h>enn  bider  ©treit  auö^  o^ne  beftimmt  lo 
l^erbortretenbe  tird^Iid^e  Xenbenjen  toar,  fo  fnü))fte  fid^  bod^  bie  lünftige  ^ögUc^teit  ber 
Slefonnation  an  einen  für  bie  ©tabt  günftigen  äu^ana  be«  ©treite«;  für  bie  hir* 
fürftlidf^e  fianbftabt  galt  bauemb  ber  ©o^  be«  Sleligionöfrieben«:  cuius  regio  eius 
religio. 

kleinere  (Srfolge  l^atte  bie  ^Deformation  fonft  nur  an  ber  ^eri^l^erie  be^  Srjbidtumd  i6 
crjielt :  bie  ©ebiete,  bie  jtoar  lirdj^Iic^  jur  3)iöcefe  ge^i^en,  ober  alö  politif^e  ©ebiete 
benachbarten  toeltlid^en  dürften  untcxftdlt  hxiren,  gingen  bem  Jtat^olicidmud  berloren  unb 
Don  bort^er  ftred(te  ftd^  tool^I  bie  ^ro^aganba  in  ba^  turfürftlid^e  ®ebiet  herüber.  9(ber 
ol^ne  große  SBirfungen ;  h>o  im  gnnem  beö  Äurfürftentumö  ftd^  gelegentlid^  })roteftantifd^e 
Siegungen  geigten,  gelang  e^  leidet  fte  ju  unterbrüden.  20 

Unter  biefen  Umftänben  bebeutete  bie  ®egenreformation  im  Srjftift  3:rier  nidf^t  toie 
in  ^Iba  ober  auf  bem  @id^felb  einen  93orftoß  beS  Jtatl^olicidmud,  eine  Unterbrüdhtng 
be«  bereite  ^eimifc^  geworbenen  $roteftanti«mu«,  Jonbem  bomel^mlid^  eine  ßmeuerung 
bc^  alten  Äird^cntum«.  3)er  bereit«  genannte  Äurfürft  öon  ber  S^en  (1556—1567)  toar 
noc^  Srjbifd^of,  ol^ne  je  bie  ^rieftertoei^e  enH)fanaen  ju  i^aben ;  mit  feinem  Stac^folger  25 
Safob  III.  t)on  61^  (1567—1581)  fommen  emftere  auffojfungen  bom  geiftßd^en  ämte 
xur  §errfd^aft :  er  tft,  toenn  auä)  in  milber  t^orm,  ber  Kämpfer  für  gegenreformatorifd^ 
Slnfc^auungen.  SBSir  toijfen  ju  toenig  über  feine  innere  ©nttoidtelung,  um  il^  un«  — 
nad9  feiner  fpäteren  Haltung  rüdffd^Iießenb  —  anber«  benfen  }u  tonnen  al«  lebigKc^  ge* 
tragen  öon  bem  allgemeinen  jur  Oegenreformation  fül^renben  ©trome :  feine  ^Perfönltd^  so 
feit  tritt  nirgenb«,  toeber  frtil^er  n«>d^  f})äter,  afe  eigenartig  unb  felbftgetoorben  ^erbor. 
®eboren  1510  au«  bem  alten  trierifd^en  ©efc^Ied^te  ®I^,  in  jungen  ^a^en  fd^on  ^om^ 
berr,  1547  ©ombed^ant  i^  Xxxtttt  5la})itete;  1550  lieft  er  feine  erfte  SReffe,  1564 
Sleftor  ber  2:rierer  Uniberfttät  —  ba«  fmb  bereit«  alle  Stad^ridf^ten,  bie  über  fein  Seben 
bor  ber  3Öa^I  jum  Äurfürften  3(u«funft  geben,  ©eine  SBa^I  (am  7.  St^jril  1567)  geigt  35 
ben  3wftanb  be«  ßrjftift«:  infolge  be«  fortbouernben  3led{^t«ftreite«  mit  ber  ©tabt  irier 
^alte  ba«  2)omfat)itel  feit  gal^ren  nid^t  me^r  in  ber  ©tabt  reftbiert;  bie  3&a\)l  fanb  in 
Äoblenj  ftatt  unb  bie  Sürgerfc^aft  bon  Syrier  l^ulbigte  bem  neuen  Äurfürften  nid^t.  ®er 
^Berfud^  be«  Äurfürften,  bie  ©tabt  jur  9ladS>giebigfeit  ju  jtoingen,  mißlang :  ber  fo« 
genannte  „So^nenfrieg"  üom  ©ommer  1568  —  bie  golge  bielfad^er  fleinerer  ^Reibereien  —  40 
^ätte,  nac^bem  bie  begonnene  SBelagerung  ber  ©tabt  aufgel(^oben  Werben  mußte,  tool^l 
mit  ber  5RieberIage  be«  Äurfürften  geenbet,  Wenn  ber  Äaifer  nic^t  einen  SSergleic^  ber* 
mittelt  l^ätte.  ©d^ieb^ric^ter  foHten  ben  9led{>t«faK  unterfuc^en.  Df)nt  baß  e«  bon  neuem 
}i\x  offenem  Äamj)fe  gefommen  Wäre,  ^at  ber  9led^t«ftreit  nod^  13  '^oi)xt  gemalert:  1580 
t)crh>arf  ein  faiferlidf^e«  Urteil  bie  Sleic^unmittelbarfeit  ber  ©tabt.  46 

3)ie  ^erfönlic^feit  gafob«  befaß  nidf^t  ben  ^ua  rüdEftc^t^Iofer  3^^atfraft,  aber  auf 
feine  aSeife  toerftanb  er  e«  bod^,  einer  SReform  bc«  Äatl^oIici«mu«  im  Srgftifte  bie  2Bege 
jiu  ebnen.  Dbtoo^I  er  fafk  toä^renb  feiner  ganjen  Slegierungdjeit  be«  ©tü^unfte«,  ben  i^^m 
ber  a3efi^  §au)3tftabt  Irier  in  mel^rfadf^er  äBeife  getoä^rt  l^aben  toürbe,  entbehren  mußte, 
führte  er  bennocp  feine  aufgäbe,  bie  freiKd[>  in  feinen  ©ebieten  biel  leidster  h>ar  al3  60 
anberöioo,  mit  gutem  ®rfoIge  burc^i.  ®«  toar  bejcidf^nenb  für  feine  Slic^tung  unb  toie  er 
fic^  ben  Slüd^alt  für  feine  fird^Iid^e  9leformtl(^ätigfeit  backte,  baß  er  bon  Slnfang  an  ben 
offenen  3lnfd^Iuß  an  bie  ftreng  fat$.  5ßartei  boüjog :  fd^on  älnfang  1569  regte  er  bei  §enog 
alba  in  Srüflcl  ben  ©ebanfen  eine«  fat^olifdpen  Sünbniffe«  an,  unb  al«  in  bemfelben 
Sa^re  üom  SRünc^ner  §ofe  au«  bie  Ser^anblungen  jur  ©rtoeiterung  be«  £anb«berger  56 
Sunbc«  begannen,  toar  ber  Äurfürft  einer  ber  eifrigften  Sefürtporter  ber  aufnähme 
Alba«  in  ben  33unb:  an  ben  ft>antfd(>en  9lieberlanben  foHten  bie  r^einifc^en  33unbe«mits 
glieber  —  man  toünfc^te  ben  Settritt  ber  brei  geiftlid^en  Äurfürften  unb  ber  benachbarten 
Sifd^öfc,  femer  ^üKc^.unb  Sotl^ringen«  —  i^ren  feften  ©tü|j)unft  böben.  3)er  ^lorb« 
tieften  2)eutfc^Ianb«  ^ätte  baburc^  eine  mächtige,  feftgefc^loffene  fat^olifd^e  Partei  crl^alten.  01 


554  ^fofob  Hon  (S(^ 

Iriertfc^c  Slötc  ^aben  eine  cmfige  aJ^ätigWt  ju  ®un[ten  be^  großen  Unternehmend 
entfaltet,  aber  bon  ben  tt>etten  planen  blieb  infolge  bed  9Biber[tanbed  bon  ^roteftanttfd^er 
unb  faiferlid^er  ©eite  fd^Iicfelid^  nid^t^  anbete«  übrig  atö  ber  Seitritt  ber  beiben  Äur* 
fürpen  bon   Irier  unb  üJlainj  jum  Sunbe.     3)o^  lonnte  ber  bortoiegenb  fübbeutfc^ 

6  bicibenbc  Sunb  unter  biefen  SSerl^öItniffen  nicbt  fein,  toa^  fte  gehofft  l^atten  —  in  bcm 
»eitritt  «Iba«  l^atte  Äurfürft  Salob  bie  ,,i}t^fit  9lotburft"  gef^cn;  fo  bertor  fu^ 
fein  3wt^^  öl^  —  frit  S^Waij^r  1572  —  bie  Sunbe^ertoeiterung  enbgiltig  ge= 
fc^eitert  h>ar:  bem  Slamen  no4  gehörte  er  bi«  1579  jum  35unbe,  ober  ba  er 
tro^   aller  ^ol^nungen  feine  Seiträge   nid^t  bejo^lte,   fo   berloren  bie  Sunbe^enof(en 

lobun^  feinen  Sludtritt  nid^t  biel.  9(tö  Sieft  be«  großen  $lane«  t)on  1569  blieb  iebod^ 
eine  enge  3Serbinbung  be«  Äurfürften  mit  ben  §öfen  tu  Srüffel  unb  TOünd^en,  ben  beiben 
ßentren  ber  fat^olifq^en  ^Politif  jener  3:age  im  Sleid^;  bie  trierifd^  Slöte,  bor  oHem 
ber  Jtanjler  ^ol^nn  2Bim))felin^,  unterhielten  bie  bertrauteften  Sejie^ungen  ju  ben  Sioten 
ber  beiben  §öfe,  unb  in  ben  lirc^lid^en  Slngelegenl^eiten  be«  Sleic^e«  ftanb  ber  Kurfürft 

16  feft  mit  ben  ®efmnung^enof[en  jufammen :  er  unterftü^te  nad)  üRöglidf^teit  bie  bairifd^en 
^Öffnungen  auf  jföln,  er  toe^rte  fid^  bor  unb  auf  ben  Sleid^^tagen  gegen  jjebed  über  ben 
fteligiondfrieben  ^inau^e^enbe  3^04^^*^^^^^  ^n  bie  ^roteftanten.  SKepr  aU  einmal  trat 
ber  trierifd^e  Äanjler  aBimt)feling  ate  „Säule  ber  ©äe^rjamfeit  unb  ber  Sieligion",  tote 
i^n  9Korone  1576  in  Slegenöburg  bejeid^nete,   al«  •  SBortfü^rer   ber  fatl^olif^en  Partei 

20  ^erbor,  am  einfluftreid^ften  {t)äter  in  ben  ad^tuger  ^ci)xm  bei  Schlichtung  ber  Jtölner 
aCBirren.  ®«  ift  nidjt  untoa^rfc^lid^,  ba|  SBim})feling,  ber  bon  1567—1587  afö  Jlanjlcr 
unter  bem  Äurfürften  biente,  bie  ©eele  biefer  ganjen  gegenreformatorifc^en  ^olitif  im 
2|nnem  unb  au^er^alb  be«  Jturfürftentum«  n>ar:  im  einzelnen  lä|t  ^  ^  nid^t  betoeifen, 
Äer  in  feiner  ^Perfönli^feit  jeigen  fu^  biel  me^r  al«  in  Äurfürft  galob  bie  (Sigenfd^ften, 

25  benen  eine  folc^e  $olitiI  Sebürfni«  toar.  2)ie  Aurie  tou^e  ben  (Sinflu^  unb  bie  X^ätig- 
leit  be«  Jtanjler«  fel^  too^l  ju  fd^en  unb  feftigte  feine  Xreue  burd^  toieber^olte  Sc- 
lol^ngen. 

@d  ift  er!lärlic^,   ba^  biefe  Haltung  be«  Trierer  Äurfürften  in  ben  allgemeinen  Stn^ 
gelegen(^iten   bon  bem  ^igtrauen   ber  )>roteftantifd^  ^rften   begleitet  h>ar:   ba^  er 

80  feinen  Untertl^anen  3;reu  unb  ©lauben  nidj^t  ^Ite  unb  aegen  ben  Sleligiondfrieben  ^nblc, 
ba|  er  fid^  an  Wba  l^änge,  tourbe  il^m  bon  ben  Äurt)fäl3em  borgetoorfen.  (&^  lä^t  ftc^ 
jAod^  nic^t  leugnen,  ba^  Äurfürft  ^atob  lebiglid^  bon  ben  i^m  traft  bed  9{eligiondfriebend 
aifte^enben  Siedeten  ©dbrauc^  mad^te  unb  ba^  eö  bei  ber  geringen  Verbreitung  ber  Sie* 
formation  im  Äurfürftentum  nur  feiten  ju  l^arten  9Ka^egeln  fam.   1568  tourbe  in  9?eu- 

86  magen,  too  ber  ®raf  bon  SQittgenftein  ben  neuen  Selben  3ug<^^g  berfd^fft  l^te,  ber 
lotl^olifc^e  ®otte«bienft  unter  geiftlidber  gü^rung  bed  S^witen  3:^räu«  burdSi  furfürftlic^ 
Seamte  unb@olbaten  toieber^ergefteut ;  au^  ba«®ebiet  ber  el^emaligen  Sieic^^tei  $rüm 
iourbe,  aU  ^  1576  bem  Äurfürftentum  etni>erleibt  toorben  toar,  mit  ben  allgemein  üb- 
lichen 5Witteln  bon  aller  Äe^erei  gereinigt.    1571  entfernte  ber  Äurfürft  alle  9?id^tfatl^o= 

40  lilen  bon  feinem  ©ofe,  —  eine  aJla^egel,  bie  ^aul)tfäc^lidS>  ben  3lbel  traf,  ber  gleic^f 
feinen  Stanbeögenoffen  im  ganjen  Sleid^e  jum  neuen  Selenntniffe  neigte.  1572  erging 
ber  Sefel^l,  ba|  jeber,  ber  aU  Sürger  ober  Selool^ner  irgenbtoo  im  Äurfürftentum  auf« 
genommen  toerben  toollte,  fic^  über  feinen  fatl^olifd^en  ®lauben  au^jutoeifen  l^abe.  ^ö 
fmb  im  toefentlic^en  bie  üRa^nal^men,  bie  fu^  gegen  älnber^löubige  richteten ;  ber  p&p^U 

46  lid^  Sluntiu«  ^ortia  tonnte  1577  berid^ten,  baft  ba«  Äurfürftentum  frei  bon  allen  Äeftc« 
reien  fei,  fanb  er  boc^  fogar  in  3:rier,  troft  be«  ®egenfa|e«  jum  Äurfürften,  fein  ^ä^ 
bon  Sbfall,  fonbem  eine  eifrig  lat^olifd^  gefmnte  93et)öl{erung. 

So  l^tte  ber  Äurfürft  im  ganjen  freie  §anb,    fic^  ber  Sefeitigung  aller  9Kifeftänbe 
innerl^lb  ber  eigenen  Äird^e  ju  toibmen,  unb  hierin  ^t  er  ftc^lic^  —  l>ielleic^t  gefü^ 

60  bon  feinen  Släten  (fflimpfeling !),  auc^  toon  ber  Äurie  eifrig  ermahnt  unb  auf  beftimmte 
5Wittel  ^ingetoiefen  --  toiele«  erreid^t.  3)ie  ©runblage,  toon  ber  a\i^  bie  Sieformen  unter* 
nommen  toerben  mußten,  toar  bei  ^atob^  SBa^l  bereit«  bor^nben:  bie  Sefc^lüffe  bc« 
Äon^il«  bon  Orient.  2)ie  SRittetlung  be«  Sluntiu«  Sommenbone,  bafi  e«  nic^t  gam  leicht 
getoefen  fei,  ^alob  jur  öffentlidjhm  ainnalj^me  ber  Sefc^lüffe  ju  ber^j^id^ten,  ifl  eruärlic^, 

66  o^e  bafi  man  an  ber  ®efinnung  be«  neuen  Äurfürften  ju  jn>eifeln  braucht :  j^tte  bo^ 
bidl^er  fui^  noc^  lein  beutfd^er  Äirdbenfürft  auf  bie  bon  ben  ®egnem  gefc^mä^ten  unb 
auc(^  bon  ben  Stn^ängcm  ber  Äircpe  mit  mandben  g^^if^»^  aufgenommenen  ÄonjU«« 
befc^lüffe  berjjflid^tet.  Dftem  1569  befd^toor  Safob  al«  ber  erftc  in  2)eutfd^lanb  ba«  xri» 
bentinum,  unb  im  ®eifte  be«felben  ^anbelte  er  nod^  im  gleich  ^a^e.    Som  HüpxH  bt« 

eo  3um  Oftober  1569   tourben  bie  Äon)il«befc^lüffe  in  allen  Pfarreien  be«  Äurfürftentum« 


^Ooh  Hon  &^  655 

Dcriünbiöt;  im  ^>uli  U^amx  eine  3?ifitation,  junäc^^ft  be^  Cbererjftiftfi^.  3)a^  ^a\)x  1573 
erfc^ien,  e^c  bicfe  SJifitation  auc^  im  Unterer^iflift,  b.  1^.  in  bcn  tlj^cinifd^cn  Sejirfen,  }u 
(Snbc  gefül^rt  imx.  Ginc  bom  Äurfürften  felber  mit  35eil^ilfe  einiger  ^cfuitcn  au^earbcitetc 
älgenbc  tourbe  1571  aU  3lotm  für  Auttud,  @itten|;u(^t  unb  Gl^efad^en  ^erau^egeben. 
JVreilid^,  bafe  ber  3^^*  ^'"^  boÜpänbigen  Drbnung  bcr  firc^Iic^en  9?er^ältniffe  bamit  6 
nod^  nicbt  erreid^t  tvax,  jeigt  bie  3Wa^nung  ^ortia«  t>on  1577,  eine  neue  3Jifitation  toor« 
june^men,  bann  eine  3)iöcefanfVnobe  obijubalten,  auf  ber  beftimntte  5lormen  borgefc^ricben 
tperben  fönnten.  ®ie  tüeitcren  Slatfc^Iäge  ^^ortia^  Hären  auf,  tooran  bie  bi^^cr  berfudbten  SHe= 
fonnen  franften :  e«  fehlte  on  einer  juberläffigen  ^riefterf^Kxft.  SBaö  an  ©eiftlicpen  bors 
Rauben  toar,  teilte  jumeift  bie  allgemeine  SSerberbni«  be«  fatj^olifc^en  Äleru«.  ^^fob  l^atte  lo 
auc^  auf  biefen  $untt  fd^on  ju  93eginn  fein  älugenmerl  gerid^tet:  aud  bem  römifd^en 
CJollegium  germanicum  l^atte  er  ftd^  1568  fcd^  ©df^üler  al«  Reifer  fommen  laffen, 
unb  biefen  fmb  fpäter  noch  anbere  nodf^gefolgt.  äuc^  bie  Irierer  ^efuiten  —  feit  15(50 
gab  e^  in  ber  Stabt  eine  3;cfuitennieberlaffung  —  ftanben  bei  bem  fiurfürften  in 
bo^cn  6^en :  ibrer  ^ilfe  bebiente  er  fxd)  in  9?eumagen,  in  $rüm,  bei  ber  93ifitation,  i:. 
i^nen  räumte  er  1570  ba«  TOinoritenHofter  in  Irier  ein  unb  fügte  reic^Kd^e  3?otationen 
l^inju,  fo  bafe  i^re  ©d^ule  balb  aufblül^te  —  in  ben  ^Q!^xm  157:3—1589  foHen  jäl^^riic^ 
burc^fc^nittlid^  1000  Sd^üler  ju  i^^nen  gefommen  fein;  berÄurfürft  öon  ber^fatj  mu^tc 
157Ü  Hagen,  bafe  fic^  überall  in  ber  ^ad^barfdf^aft  bie  3<1witen  einbrängtett.  1580  ^t 
3afob  i^nen  auc^  in  Äoblenj  ein  ÄoIIeg  gegrünbet.  Slber  ade  biefe  nü^lic^en  Reifer  leifteten  20 
bod^  erft  bann  bad  9(udreid^enbe,  toenn  mit  il^rer  $ilfe  bie  @nie(>ung  einer  brauchbaren 
^4Jriefterfc^aft  gelang,  ^ortia  mal^ntc  1577  bergeblid^  jur  Snic^tung  eine«  ^riefter* 
fcminar« ;  ber  Äurfürft  l^tte  too^l  ben  guten  SÖiHen  baj;u,  aber  e«  |ie|,  bafe  infolge 
bcr  Streitigfeiten  mit  ber  ©tabt  Irier  eine  fold^e  Orünbung  noc^  nic^t  mögKdJ!  fei. 
(Srft  1585  bat  ^afob«  gleid^efmnter  92ad^foIger  ^o^nn  \>on  @(^()nberg  ben  "^lan  t>tts  26 
iüirHid^t. 

Un^tueifelbaft  entftanben  bem  Äurfürften  aud  bem  Streite  mit  3;rier  fd^toere  §inber= 
niffe    bei  feiner   Sleformtbätigfeit:   i^^m    felber  toar  ber  2luf entölt   in   ber  6aul)tftabt 
unmöglid^  unb  ba«  3)omfat)ite(  naij^m  ben  Streit  jum  älnlaft,    ftd^  feiner  ^^flic^ten  ganj 
m  entfd^Iagen ;  ba  eine  „^teftbeng''  angeblich  unmöglid^^  tDar,  fo  ^tte  auc^  bie  nottoenbige  so 
ätefonn  biefer  oberften  geiftlidf^eit  ftörperfc^aft  be«  ßrjftifted  i^re  Sd^toierigfeiten,  unb  fie 
blieb  für  bie  gefamte  ^ßricfterfc^ft  baö  f^^ledf^tefte  aSorbilb.    ®ie  5KitgIieber  be«  Äat)itete 
lebten,   feit  fie  nic^t  me^  i^rer  3le^beHj|)flic^t  in  Iricr  genügten,   im  ßrjftifte  jerftreut, 
iüo  e«  iebem  gefiel,  fem  Don  allen  i^  geiftlidf^en  ^flidf^ten  unb  ^ufig  fogar  ol^ne  geift^ 
lid^e^Äleib;  1577  gab  e«  unter  ben  Äa>)itutaren  feinen,  ber  jum  $riefter  getoeil^t  toorbenas 
tüärc.    Ocmeinfam  toar  i^nen  ber  SBiberftanb  gegen  jebe  Sleform,  bie  aud^  i^re  ^eil^eit 
bätte  beeinträd^tigen  fönnen;  be^^alb  erhoben  fie  1569  Ginfprud^  gegen  bie  Serfünbigung 
bcr  'Xribentiner  S3efdS>lüffe  unb  legten  fie  ben  g^uiten  in  ber  Stabt  2^rier  §inbemiffe  in  ben 
äöcg  —  fürc^^tete  ber  Äurfürft  boc^,   ba«  Äa^itel  möchte  bei  feinem  3:obe  ba«  3;^fwitens 
follcg  ganj  aufgeben.    3)lanc^e  Seurteiler  meinten,   ber  Äurfürft  foHte  bem  RccpxUl  nur  40 
irgenb   einen  anbem  »lJla|  im  Gnftifte  jur  Slefibeng  befehlen  unb  bann  mit  ber  Sleform 
beginnen ;    ber  Äurfürft  felber  erflärte  ba«  für  unmöglich   unb   fo  ^arrte  man  auf  ben 
3lu«gang  be«  Streite«  mit  ber  Stabt  Irier.    3)od^  ^at  ^afob  1578,    auf  eine  einbring- 
lid^e  >)äpftlic^e  5Wal^nung  l^in,  ba«  Äapitel  gu  einer  furjen  jä^rlic^en  Stefibenj  in  ^faljel 
bestimmt ;  aud^  berf^jradf^en  bie  Äoj)itularen,  ^Priefter  ju  toerben.  SJic  SRef orm  be«  Äajpitel«  4:» 
i)at  3afob«  9ladS>folger  no^  ernftlie^;  befd^äftigt. 

Gin  anbere«  ,§emmni«  burd^greifenber  SReform  be«  ganjen  Grjftift«  lag  barin,  bafe 
für  bie  lu^emburgifd^en  ©ebiete  be«felben  bon  ber  bortigen  älegierung  ein  Placetum  re- 
gium  bei  allen  SRa^regeln  be«  Gr^bifcffof«  6eanf))ru(bt  ivurbe.  Stirgenb«  tuar  bie  ®etfits 
lic^feit  fo  öerberbt  toie  im  ©erjogtum  ^LHütinburi^.  ^a  \mi\l\f^t  unb  geiftlie^e  Oetpalt  w 
\\d}  über  i^re  SWad^tfjj^ren  nic^t  einigen  fnnntcn,  \o  tfntftanb  bcr  ©ebanEir,  \m  iii|^cnibuTö 
ein  eigene«  Si«tum  ju  errichten  —  ein  ^{an^  ben  '^ühh  tiiit  @rfi^%  feetäiiiuftc,  i^^^ne  bftfi 
fid)  freilid^  bamit  ber  fird^lic^e  3w[t^^b  bcfferte,  ^Bcrtiu^ilcr  für  bie  Sffi>Tni  war  bie  Ünv- 
Derleibung  ber  SReic^abtei  $rüm  in  baä  Gt^^ftift,  "^ai  Slrcbcn  bcr  Iricrcr  GtÄbif($ö{t, 
bie  reid)«unmittelbare  äbtei  für  bo«  SrÄfttft  p  Oflflnöcn,  jc^t  iH  btf  H.  'iafy:i}m)>at  && 
i^urüdf;  bie  Seformotion  brad^  bem  Söunjd^e  bie  <S  ' 
3udbt  feit  längerer  ^txi  f^on  in  IkrfaD  bcfinbüi^c  Sl 
Gl^riftojjl;  bon  5Wanberfd^eib  }um  Ö(bt,  bcr  bco  Mmtci 
ben  Serbac^t  ertoedftc,  ba^  e«  bcn  ©rafcn  Don  yjlanb' 
reichen  3lbtei  unb  i^c«6kbiclc«  yt  il^un  \ü.  ^h 


i 


556  ^lob  t>on  @(^  ^afob  tioit  ^aterbogf 

guftanb  bcr  Slbtci  unb  bic  bro^enbc  ®efabr  anfanöö  1574  feftgcftcHt  l^attnt,  bcrfügtc  eine 
t>ät)ftK(l^e  SuHe  öom  24.  Slufluft  1574  bie  eh)tac  93ereim0un0  ^rüm«  mit  bem  ©rrftift, 
fobalb  äbt  6^fto>)^  fterbe.  3)er  Ämfet  ö<*  ^^  5Robember  1575  —  \OQffl  ate  S)anf 
für  bie  Haltung  bed  fturfürften  bei    ber  JlönigdtDa^l  —  feine  ©enel^migung  baju.    9l(d 

6  ber  Slbt  im  Siuguft  1576  ftorb,  h>ar  ber  Äurfürft  jh>ei  Xage  barauf  jur  ©teile  unb  er= 
griff  tro^  i^  SßJiberftreben^  ber  9iJlöncl^e  bon  ber  Sibtei  S9efi$.  2Rit  ber  Sejeitigung  aller 
uöfterlic^en  ©(^äben  unb  aller  proteftantifd^en  Slegungen  in  ber  ©tabt  ^rüm  —  öon 
1576—1578  bauerte  ba«  2BerI  grünblid^er  Steinigung  unter  ber  Seitung  be^  Rinftigen 
äBeil^bifd^ofd   Sindfelb,   eine^  ©(^ülerd  bed  Collegium    germanicum  —  getoann  ba^ 

10  ßrjftift  3:rier  jtoeterlei :  bie  ®efa^r  ))roteftantifc^er  5ßro^aganba  tourbe  befeitigt  unb  bie 
reid^en  5WitteI  ber  Sibtei  famen  je^t  ben  Steformbeftrebungenbeö  Äurfürften  ju  gute  —  toax 
bo4  biefer  3^^^  ^^  ^'^  ®runb  für  bie  @inberleibung  bom  jiurfürften  angegeben  nnb 
bom  ^opfte  gutgel^eiften  h>orben. 

3)er  ertoerbung  ber  Sibtei  $rüm  reibte  fic^  1580  ein  anberer  für  bo^  ®rjftift  nodj^ 

16  bebeutenberer  ©rfolg  an:  ber  ©ieg  im  Sled^t^ftreite  mit  ber  ©tabt  Irier.  ©eit  1575 
l^e  aud^  bie  Slitterfc^aft  bed  ©tifte^  bie  Sleid^unmtttelbarteit  für  ftd^  in  Slnf))ruc^  ge^^ 
nommen,  ©teuem  bertoeigert  unb  ben  S3efudS>  ber  Sanbtage  eingeftellt.  —  3)ie  lanbegfürft« 
lid^e  SRac^t  be«  Äurfürften  h)äre  ftarl  befd^rönft  toorben,  toenn  bie  beiben  (Segner  i^e 
Slnf^rüd^e  burd^gefe^t  Ratten.    9Bäl^renb  ber  ©treit  mit  ber  9iitterf4faft  ftc^  burc^  anbert- 

20  l^b  Sa^rl^unberte  ^injog  unb  1729  ju  Ungunften  be«  Sanbe^l^erren  entfc^ieben  tourbe, 
untertoorf  ber  faiferlid^e  Urteil%rud^  bon  1580  bie  ©tabt  Irier  ber  Sonbe^l^o^eit  be« 
fturfürften:  bie  ©tabt  fügte  fid^  guttoiQig;  [a  bemütig,  unb  l^atob  ^ielt  im  3)lai  feinen 
@in)ug  in  bie  $au))tftabt,  bie  er  bi^l^er  nur  einmal  1568  auf  furje^^it  betreten  (^atte.  Ser 
^t  tDurbe  abgefegt,  aber  mit  ben  ©egnem  bod^  milbe  t)erfa^ren :  nur  einer  tourbe  au^ 

26  ber  ©tabt  bertoiefen.  @ine  neue  Slat^orbnung,  bie  Eltziana,  tourbe  bom  Äurfürften  afe 
©runblage  für  ben  neuen  3uftanb  gegeben. 

S)iefer  erfolg  ftel^t  na\)z  am  ®nbe  ber  Slegierung  bed  ilurfürften ;  er  ftarb  am  4.3uni 
1581.  2Ran  fann  toeber  feine  ^Perfönlid^feit  nod^  feine  3]^ätigfeit  großartig  nennen,  aber 
nad^bem  einmal  ber  2Beg  getoiefen  h>ar,  fonnten  aud^  geringere  fürftlid^e  ©eifter,  geführt 

»0  Don  tüd^tigen  Siäten  unb  angetrieben  bon  ben  feit  ©regord  XIII.  Stegierung^ntritt  iplan^ 
mä^ig  nac^  ®eutfc^Ianb  gefdf^idften  9Runtien,  bie  ©egenrefonnation  jur  3)ur*fül^rung 
bringen.  SSoHfommen  befriebigenb  toar  ber  f trd^Iic^e  ^wftanb  be«  ßrjftifteg  bei  3«! ob^  3^ob 
nod^  nic^t,  aber  fein  ebenf o  eifrig  fat^olif c^  gefinnter  iRad^f olger  3^^"^  bon  ©(^önberg  l^ot 
bod  SBert  im  ©inne  bed  SSorgöngerd  fortgef^t,    bie  bon  i^m  begonnenen  Sieformen  )u 

86  @nbe  geführt,  ^e^rere  ©ebiete  toaren  bem  Srjftift  unb  bem  Äatbolici^mu^  enbgiltig  ber- 
loten  gegangen:  bie  ©raff^faften  2Bieb,  Ba\)n,  ©alm,  bie  l^effifc^en,  babifd^en  unb  })fät 
jif((fen  ©ebiete ;  bafür  aber  l^atte  3af ob  ^rüm  erworben  unb  meif^rere  an  ))roteftantif(^e 
^erren  oer^fänbeten  Seft^ungen  burc^  @inl5fung  für  bad  @r)ftift  gerettet,  ^n  ben  ftnan^ 
gieHen  SSerl^ciltniff  en  be«  Äurfüriftentumö  toar  burc^  galobg  äSertoaltung  eine  erl^eblid^  Sefjerung 

40  eingetreten,  ber  bie  S)ur(^fül^rung  ber  Sleform  erfd^toerenbe  ©treit  mit  ber  ©tabt  3:rier 
loar  befeitigt.  Slud  ben  ©c^ulen  ber  ^efuiten  mud^  mit  ber  3^it  eine  fird^lid^  toiUföl^ge 
®eneration  l^erbor;  ber  breiten  SRaffe  ber  Sebötferung  flögen  bie  IWter  ber  ©efeUfc^ft 
3rfu  in  bielfeitiger  I^ätigfeit  ii^ren  ®eift  ein,  —  e«  fiel  bagegen  toenig  in«  ©etoic^t, 
ba|  fie  ber  ölten  3^rierer  Uniberfitöt  lein  Seben,  feine  Sebeutung  einjul^au^en  bermodj^ten. 

46  Sei  ber  aSieberertoetfung  lird^tid^en  Sebenö  Wax  ber  Äurfürft  fetber  mit  bem  beften  Sei* 
fj)iel  borangegangen :  bie  römif^en  Sluntien  rühmen  immer  toieber  feinen  Sebenötoanbel, 
feinen  (Sifer,  feine  Ergebenheit  für  ben  Vöjjftlid^en  ©tu^l  unb  toie  er  ein  SSorbilb  für  alle 
beutfc^en  Prälaten  fein  fönne.  3)er  Äurfürft  bon  ber  ^Jfalj  aber  flagte  1576  über  ben 
lird^lic^en  ©ifer  ^atob^ :  ba«i  „Slffen«  unb  ©aufeltoer!"  ber  ^rojeffwnen  \)ab^  in  Irier  in 

öoganj  ungetoöl^nlidS^cr  Söeife  tüicber  jugenommen.  ®ie  Semül^ungen  S^lobd  jeigten  barin 
oQerbing^  i^re  beutlid^en  ®rfolge.  ®elang  i^m  au^  nid^t  bie  bollftänbige  ^urc^fü^rung 
ber  Slefonn,  fo  toar  boc^  unter  feiner  Slegierung  baö  ®ntfc^eibenbe  gejc^el^en:  ba«  beh)u|te 
@inlenlen  in  bie  ^af)n  ber  ©egenreformation.  ©alter  @oe^. 

3aIob  tion3^ütcrbo8l(3jafob  b.Äart^äufer),geft.l465.—  Oucllen  u.öittcro* 
ootur:  Unter  ben  75  Schriften  3.d  fommen  für  und  aU  .t^auptqueUen  bie  reformatorifc^  gc 
richteten  in  93etrad)t.  ^d  ftnb  bied  folgenbe:  Tractatus  de  causis  multarum  passionum, 
proecipuc  iracundiac  et  remcdiis  earundem.  Ed.  Sern.  $6i^  in  Bibliotheca  ascetica, 
RatiRDonae  1725,  T.  VIT,  pag.  389  sq. ;  Petitiones  rcligio«orum  pro  reformatione  siii 
Status.  Ed.  @.  ftlüpfcl  in  Vetus  bibl.  eccleeiastica,  Frib.  Brisg.  1780,  p.  14G  sq. ;  De  negli- 
60  gentia  praelatorum.   Ed.  fBald),  Monimenta  medii  aevi,  T.  I,  Fase.  4 ;    Avisamentum  ad 


3fafob  tion  datarbogf  557 

papam  pro  reformatione  ecclesiae  ed.  ^lüpfel  o.  a.  0.  p.  134;   De  Beptera  statibus  eccle- 
siae,  in  apocalypei  descriptus,  de  auctoritate  ecclesiao  ejusque  reformatione.  Ed.  $3qI4  1-  c 
T.  II,  Fase.  2.  3)ic  nioralt^cotügifd&fn  finb  jum  ßroöcn  2^eil  in  bem  unten  ju  ermäftncnbcn* 
^^Irt.  Gaffel«  bcfprod)en.  —  3-ö  ©djriften  finb  jum  Xcil  unter  uerfcftiebcnen  Flamen  erf^ienen: 
er  wirb  nidjt  blofe  Jacobus  de  Jutirbock  genannt,  Jonbern  oucft  de  Junterbork,  Junterbur-  6 
gensifl,   de  Paradiso,    de  Polonia,  Carthusiensis,  de  Erfordia,   de  Olusa,  ift  ober  nid)t  mit 
bem  ^ortlööwfer^jrior  uon  JOütti(^  3.  bc  ©ru^trobe  ju  oenuecftfeln.   lieber  3-  l)anbeln:  üom 
römifdjrfatöolifc^en  Stanbpunftc:    Äellner,    ^atob  uon  3üterbüQf,  in  ber  Tti€>S  S3b  48,   wo 
6.  316  au4  bie  ältere  :^i!tcratur  ücrjeic^net  ftetjt,   unb  teffel   in  f.  Art.  über   3.  ü.  3.  in 
^e^er  u.  3öclleö  Äirdjenlfxüon.  VI.  »b  (&reib.  i.  ©r.  1889),  @p.  1166  ff.    (Sinfeitlg  pro«  10 
tcftanlifcft    verfährt   UHmonn,    Oieformaiion  uor   ber  9?eformQioren  (1866)    l,  194 ff.    JBom 
altfat^oltfc^cn    Stoubpuntte    auS    urteilt    ^Qntpfd)ulte,    5S)ie   Unioerfitöt    Erfurt,  I    (1858) 
8.  15.  16. 

Unter  bcn  fatj^oltjd^cn  5Heformem  bc^  15.  S^^^^wnbcrtö  nehmen  jtoar  bie  franjö^ 
fifc^en  Il^eoloöen  äliUi,  ©erfon,  ßlcmangc  u.  a.  ben  erftcn  ^la^   ein ;   aber  neben  il^nen  15 
bürfen  mit  6^en  and)  2>ertretcr  ber  bcutfc^ien  Äirc^e  genannt  Serben :  befannt  fmb  3lxio^ 
lau^  Don  6ufa,   ©regor  t)on  ipeimburo,    ©eiler  \)on  Äaiferöberg,  toeniger  genonnt  toirb 
3alob   bon  ^w^^bogf,   i^r  ©eifteebenranbter,    ein  frommer,   gelehrter  unb  freimütiger 
3Jlön(IS>  be^   15.  3<*^'^^w"t)ertd.    ©eine  gefd^^ic^tlic^e  Sebeutung   berul^t  ouf  feiner  reform? 
freunblic^cn  Sd^riftfteDerei:    er  ift  ber  erfte  Seigrer  ber  (Erfurter  Uniöerfität,   loeld^er  i^re  ao 
freifmnige  9lic^tung   einleitet,   bie  ^u  Sutber^  3^^  i^  ^umani^mu^  il^re  l^ikbfie  93Iüte 
trieb,    ^eilidf!  l^at  gafob   bon   S^terbogf  nur  bie   fittlic^en  ©ebrec^en   ber  Äirc^e  an« 
gegriffen;   i^re  2)ogmen  anjutaften  toagte   erft  ber  näc^ifte  Sleformfteunb  Srfurt^,  3^ 
^ann  3<uci^ratl^    toon  Dbertoefel,    ber  Sefämpfer   beö   äibla^fc^toinbete ;    ^atoh  l^ingegen 
blieb  bogmatif^  auf  bem  Soben  ber  ^arifer  3:^eoIogen  bed  Äonftanj^er  KonjU^   ftei^cn.  25 
3)a«  2eben  biefe«  5Wanne«  Verlief   in  flöfterlid^er  Sitöe.    ©eboren  tourbe  er  1381   in 
ber  9?ä^e  bon  ^üterbogf,  in  ber  heutigen  preu^ifd^en  ^rotoin^  Sranbenburg ;  fein  eigent= 
lid^er   Sflame   h>ar  95enebilt   ©toljen^agen.    3)en  ärmlichen  SSerl^ltniffen  feiner  Swflenb 
entging    er,   inbem  er   ote  S^^öK^^Ö  i"  ^<^^  polnifd^e  Giftercienferllofter  ^arabied  ein« 
trat.    3lte  Älofterbruber  führte  er   ben  Flamen  3<*to6u^ ;  bai^^    ,. Jacobus    de  Para-  ao 
diso",    ßier  mufe  er  ftd^  balb  fo  au^gejeicl[>net  ^aben,  ba|  fein  2lbt  i^n  auf  bie  Unit>ers 
fität  Ärafau  fc^idte.    2)iefe^  SSertrauen  lohnte  ^atoh  in  reichem  3Ka^e:   er  ertparb  [läf 
nid^t  blo|  bie  p^ilofo^^ifc^en  unb  tj^eologifdf^en  ©rabe,  fonbem  tourbe  auc^  ^rofeffor  unb 
llnil)crfttätöprebiger.    Bpäitx,  ^  tüar  im  ^af)xt  1441,   ate  i^m  im  borgerücften  älter 
bie  ©ittenjuc^t  beö  ßiftercienferorbenö  m  laj  erfd^ien,  trat  er,  toa^  fanonifc^  erlaubt  h>ar,  36 
in  bcn  ftrengeren  Drben   ber  Äart^äufer  ein  unb  fiebette  in  baö  Älofter  ad  montem 
sancti  salvatoris  nad^  Erfurt  über.    $ier   entfaltete   er   noc^   al^  ©reid  eine  überaus 
rege  lilterarifc^e  S^ätigfeit,   bi«  er  1465,  nac|i  anberen  1466,  ftarb.    3)iefer  le|te  SCeil 
feinet  Sebcnö  ift  ber  hjic^tigfte.    Sö^^^f^w«  ^<*^  i"  ßrfurt  nid^t  blo^  afe  tanoniftif(|er  unb 
tlieologifc^er  Sc^riftfteHer,  fonbem  auc^  ate  ^rofeffor  ber  Siedete  an  ber  Uniöerfität  t^ötig.  40 
^^u  tüclc^cr  Sebeutung  er  in  biefer  Stellung  gelangte,  täfet  fic^  fd^on  au^  bem  Umftanbe 
f^liefeen,    bafe  er  1455  SReftor  ber  Unitoerfität  tourbe;    noc^  beutlic^er   aber  fagt  Irit^e* 
miug,  bafe  er  bon  feinen  3«i^Ö^offen  toie  ein  Crafcl  geehrt  tüorben  fei  („Scribendo  et 
disserendo  fama    divulgatus  usque  adeo  nomen  doctoris    obtinuit,    ut   ejus 
verba  scriptaque  quasi  pro  Apollinis   oraculo  haberentur".    S^ritl^emiuö,   catal.  45 
ill.  vir.  bei  ÄeUner  [f.  0.]  ©.  320).   ©e^en  l»ir  nun  auf  bie  gefd^id^^tlic^  tpi(^tige  ©eite 
feiner  ©Ariftftellerei,  auf  feine  reformatorifc^en  Seftrebungen  naiver  ein.    3)a  Sfllo^^  bon 
3üterbogt,    um  mit  Sut^er  ju  reben,  „burc^  3Wönc^erei  in  ben  ßimmel  fommen"  tooHte, 
fo  erftrebte  er,    ein  ÜKiJnc^  bom  ©c^eitet  bi^  jur  ©ol^le,  junäd^ft  eine  ^Regeneration  bed 
Älofterleben^.    2)iefem  3'^^^  toibmete    er  unter  anberem  feine  ©d^rift:   Petitiones  re- so 
ligiosorum   pro   reformatione   sul   Status;    unb  in  ber  ©df^rift:    De   negligentia 
praelatorum,  in  tüelc^er  er  bie  ^4Jrälaten  tabelt,  ba^  fie  i^r  ©trafred^t  gegen  i^re  Unter- 
gebenen  nid^t  gebraud^en,   em))fie^It   er  fogar  im  3Rotfatte  gegen  bie  Älijfter  mit  Sigen* 
tbum^s  unb  Jemporalienfperre  (nid^t  mit  ©injie^una  be«  Äloftergut« ;  bie«  gegen  UHmann, 
Sieformatoren   bor   ber  9tef.  I)  öorjugel^en.    SBalcp,  Mon.  med.  aevi  T.  I,    Fase.  4,  66 
p.  196—198  („Falsis   religiosis  .  .  .    possunt   bona    temporalia   subtrahi,   ad 
tempus  cum  consensu  episcopi  loci"),     ^alob^  3lefonnt)orf^läge  fu^en  auf  ber  bo» 
mal^  freifinntgen  Slnfc^auung  bon  ber  ftirc^e:   ber  ^ßapft  ift  nur  ba^  öorj^üglic^fte  ©lieb 
bcrfelben,    il^r  §au^t  nur  aU  Beamter  (caput  ministeriale  ecclesiae);    bie  unfe^lbore 
33eih)olinung  be«  l;eiligen  ©eifte^  ift  nic^t  i^^m,   fonbcrri  ber  Jtirc^e  t)erl(^ei^en;   biefe  olfoeo 
ober  il;re  rechtmäßige  9leJ)räfentation,   ba^  allgemeine  Äonjil,   l/at  bie  SRac^t,  hm  ^IkH)^ 


558  3M(ot  noii  dfttertogt  3lafob  non  SRtei» 

oBjufcfecn ;  tocr  bicfcn  ©tunbfa^  bcttocrfc,  liefere  bie  Äirc^e  einem  fünbigen  ?Kenf(^en  au3 

(bgl.  ÄeDner  ©.  341).    3)a^er  fyi^i  unfer  Ättc^eiH)oHtifer  ^^biejeniöen,  toeld^c  nid^t  allein 

'  bo^  beilije  Ämb  ber  Sieformation  ju  ertoürgen  fic^  befliffen,   fonbem  and)  feine  3Kutter, 

bcr  Konsilien  Autorität  unb  Berufung,  getötet  ^aben"  (bei  Äamj)f(^ulte,  Unib.  ßrfurt  I, 

6  6.  15).  S^fob  öon  Jüterbog!  ttyax  alfo  lein  $aj>aßft,  fonbem  entfc^iebcner  Äonjiliarift. 
©eine  barauf  bejügliqen  (Sebanfen  finben  fi<^  befonber^  in  ber  refomtatorifdf^en  2)ent 
fd^rift,  h>elc^c  er  1449  an  ben  $aj)ft  Stifolou«  V.  bei  ©elegeni^eit  feiner  S^^ronbefteigung 
einfanbte ;  fte  fü^  ben  Xitel :  Avisamentum  ad  papam  pro  reformatione  eccle- 
siae  (Snl^It  bei  Äellner  ©.  337).    &aitc  fu^   l^ier  ber  e^^rlit^  TOönd^  bemül^l,  bem 

10  $aj)fte  troft  allem  greimut  bod^  feine  ©l^rerbietung  gu  jeigen,  f o  Jd^Iug  er,  nadj^bem  er 
[\ä)  bon  ben  eigentlid^en  aibfid^tcn  ber  Äurie  überjeugt  l^atte,  in  feiner  ©c^rift  ,,Über 
bie  fieben  ^erioben  ber  Äirc^c"  (de  septem  statibus  ecclesiae)  einen  gonj  anderen 
Ion  an  (XM  unb  Sn^t  im  älnfc^lufe  an  "Stpolab^p^t  c.  6  unb  7).  ©ie  entl^ält 
bie  leibenfc^aftlic^e  Jtlage  eined  ^offnung^lofen ;  i^r  greifer  SSerfaffer  glaubt  nid^t  mel^ 

15  an  bie  3Jtöglid^Ieit  einer  Sieformation.  ®ott  lömte  ^toar  l^elfen,  aOein  er  t^ue  bad  nur 
burc^  menfqlid^e  Mittel ;  biefe  aber  feien,  h>ie  bie  @rfal^rung  le^re,  unbraud^bar  getDorben. 
2)ie  ©c^ulb  baran  faQe  bor  allem,  f o  äußert  ftc^  ber  e^rli^e  beutfd^e  ^eunb  bed  93afeler 
Äonjite,  auf  ben  S^Qp\t  ®ugen  IV.  unb  bie  Italiener  (^n^^ngaben  bei  UHmann,  3*ef. 
bor  ber  Slef.,  1866,  I,  ©.  194—201). 

20  $au))tfäd^U(^  burd^  biefe  reformfreunblicben  ^u^erungcn  l^at  ^alob  bon  Jüterbog! 
für  und  ^nteref(e;  benn  aU  ^ogmatiter  ftedrte  er  tief  im  bamaligen  ortl^obo^en  fiatl^olis 
aSmvL^.  „5)urdSi  SReffen,  SUmofen,  ®ebete,  ^often  unb  anbere  gute  SBerfe  fönne  man  ben 
obgefc^iebenen  ©eelen  ju  §ilfe  fommen",  lehrte  aud^  er  (Straftat  über  bie  ©ee(e  nad^  bem 
Xobe).    ^ie  ©ünbent>ergebung,  koelc^e  ber  ^riefter  audf))rid^t,   fa^e  er  nid^t  beKaratit), 

26  fonbern  effeftit)  (Sacerdotes  ipsa  peccata  virtute  clavium  dimittunt,  in  quibus 
davibus  Christi  passio  operatur.  Has  daves  accipit  sacerdos  in  sacri  or- 
dinis  acceptione;  bei  fteOner,  ©.  326).  ä(ud^  in  ber  Seigre  l>om  älbla^,  tt>eU^e  balb 
barauf  ^o^^^^n  Shu^at  ^on  Obertoefel  beläm))fte,  toic^  ^alob  bon  Jüterbog!  nid^t  Don 
ber  römifd^en  Simone  ab.  —    ©eine  gelehrte  äilbung  l^at  im  allgemeinen  noc^  ben  rein 

30  fd^olaftif^en  Sl^araf ter ;  aber  er  toar  nid^^t  tto^  in  ben  3i&itcn  belefen,  fonbem  aud^  in 
ber  l^iligcn  ©d(>rift  gut  betoanbert.  3lAm  ber  großen  änja^I  feiner  fanoniftifd^en,  etl^if(^n 
unb  affetifc^  ©d^riftm  unb  ?Prebigten,  bie  aber  meift  toerlorm  gegangen  fmb,  bel^Iten 
bie  reformatorifc^en  i^rm  befonberen  SBert.  ^oiil  Sfi^acfert« 

3:afob  t>on  SRar  SRottot  f.  yipf)xaaU^  9b  I  ©.  611. 

85  S«Iob  tion  Wt»,  geft.  1429.  —  Satob  bon  aJlie«  (um  feiner  fleinen  ©tatur  toiBen 
gafobeDuö  genannt),  toar  einer  ber  treueftm  unb  mtfc^Ioffenften  ^eunbe  unb  SRitarbeiter 
bon  $u|.  @r  ftubierte  unb  ^romot)ierte  in  $rag,  tourbe  ^agifter  unb  Saccalaureud  ber 
J^ologie,  unb  trat  fotool^I  in  afabemifc^n  äften  toie  fonft  afö  unerfc^rodener  ®efin- 
nung^enoffe  Don  $u^  5ffent(id^  auf.    9(n  ben  Simulationen  aur  @^rmrettung  äBiclifd, 

40  hjeUpe  @nbe  3uli  unb  änfang  Sluguft  1410  ftattfanben,  beteiligte  er  fic^  eifrig,  inbem 
er  am  28.  3uK  bm  ®efaIog  SBicIif«  gegen  bie  erjbifc^öflidS^e  aSemrteilung  bed  Iraftat« 
berteibigte.  äK  e«  fid^  um  einen  \>on  Äönig  SBenjel  felbft  getotinfc^tm  äudgleic^  Jtoif(^ 
^u^  unb  bm  Dberm  ber  böl^mifc^m  Äirdf^e  b^nbelte,  reid^te  bei  ber  $rot)injial(^nobe  in 
^rag,  gebmar  1413,  näc^ft  $ufe  felbji  au4  SKagifter  3afob  bon  TOieg  ein  ©utac^ten 

45  ein,  bad  fui^  mit  unumtounbener  ^^eimütigfeit  audf^rac^  (obgebmdt  in  Palacky,  Docu- 
menta Mag.  Joannis  Hus  vitam  —  iliustrantia,  1869,  493 sq.);  er  le^nt  barin 
einen  faulm  ^eben  entfc^ieben  ab,  unb  begnügt  fic^  nur  mit  einem  grieben  „in  ß^rifto 
3efu",  nac^  TOafeabe  be«  ©efe^e«  G^rifti.  3laä)  puffen«  äbreife  jum  Äonjil  in  Äonftonj 
toar  9Ragifter  3afob  bon  2Rie«,  bamafe  Pfarrer  an  ber  SKic^ael^firdf^e,  ber  nam^fteftc 

60  unter  feinm  gfreunbm  unb  Slnbängem  in  5Prag.  Unb  je^t  ergriff  er  bie  gnitiatibe  in 
einer  älngelegen^eit,  toelc^e  für  $u]^  unb  bm  ^uffttidmud  auf  alle  ^^^^^f^  ^inau^  ma^ 
gebmb  getoorbm  ift.  ßr  fing  ©nbe  be«  ^af)x^  1414  an,  bie  ©^mbung  beö  1^.  äbmb* 
maffU  unter  beiberlei  ®eftalt  ju  toerteibigen,  tva^  er  juerft  in  einer  3)i^))utotion  tl^t;  er 
fd^tt  ober  fofort  auc^  jur  ^at,  im  eint>erftänbniö  mit  einer  änja^l  greunben  bon  i^ufe, 

55  unb  reichte  aU  Pfarrer  ju  ©t.  ^ic^ae(  ol^ne  toeitere^  bm  fielcb  aüm  Jlommunilanten, 
toa^  rafd^  in  anberen  Kinben  ber  ^au))tftabt  Slac^bmung  fanb.  SSSeifungen  unb  SJer^ 
böte  be«  erjbifdf^öflic^m  3Sitariate^  richteten  bei  3afob  öon  "flüe«  nid^t^  aud.  $u^  felbft 
äußerte  fu^  in  ber  ©ac^  ma^boK,  4rat  aber  für  bie  Jlommunion  unter  beiberlei  ®eftalt 


^M  tfpn  äRied  3Mbt  noti  ®antg  559 

cntjc^tcben  ein,  afe  ba8  ÄonjU  biefelbe  untcrfagt  j^atte.  S)urcl^  bcn  bon  Jjafobcll  gcti^nen 
©(^rttt  flriff  bte  lE^uffitifd^e  Steform  in  ba^  ®ebiet  bcd  Äultu^  ein,  unb  ber  ©egenfa^ 
h)urbe  baburc^  er[t  red^t  berfd^ärft.  ^alobeO  ^t  ftd^  aber  aud^  für  bie  Jtinberlommunion 
entfc^iebcn  unb  biefelbe  auf  einer  3)i^utation  im  3a^re  Ul?  ^egen  ©imon  bon  S^ifdj^noto 
öffentli^  t>erteibi9t,  eine  @itte,  tporin  h>tr  eine  beredj^tigte  @tgentüm(i(^{eit  ber  ^ufftten  5 
nid^t  gu  erfennen  t)ermögen.  ^n  ben  gn>an)tger  ^al^ren  galt  ^alobeQ  atö  einer  ber  an- 
gefebenflen  2::^eoIogen  ber  ^rager  ober  Utraquiften.  am  9.  äuguft  1429  ift  er  ge* 
ftorben.  (®.  ßw^lett)  3.  ÄofertV 

^iäot  tion  9Itftbt9,   geft.  338.   —    fiitteratur:   Ephraemi   S.  Carmina  Nisibena 
ed.  Bickell,  1866,  p.  11-15,  20,  97-120;  Eusebius,  Vita  Ck)n8t  4,  43;  Theodoret,  h.  e.  in 
I,  7.  II,  30;  Philostorgius  III,  23;  Theodoniß  Lector  (ed.  Petav.  Mog.  1679),  553;    Bar- 
hebraeus,  Chron.  Eccles.  I,  70.  II,  31  (bafclbft  in  ben  9iütcn  eiia»  Don  9?ipbiS);    fallier, 
Unterfuc^ungen  über  bie  ebcffcnif^e  S^ronl!  (%\X  IX,  1),  @.  95 f.  98;   Acta  Martyrum  et 
Sanctorum  ed.  Bedjan  3,  393-453  im  fieben  bc«  t).  (gugen,  630;  4.  262—273;    Lagarde, 
Praetermissa  92, 1 ;  3)e«  grauftu«  oon  33i)5anj  ©eft^id^tc  ?(rmcnicn8,  übcrf.  üon  Sauer,  Äöln  15 
1879,  @.  17.  21;   Land,  Anecdota  Syriaca  1,   104;    Karekin,  Z,  St.  Jacques  de  Nisibe, 
Pasmaveb  46  (S.  Lazaro  1888)  ©eft  1  (Iltcl  au«  Orient,  ©ibi.  2,850);  ju  üerglcidjcn  As- 
fiemani,  R  0.  I,  17,24,  395,  557.  II,  398.  III,  588.    «ö.  ®.  Xcnftel,  Comparatio    historica 
inter  Jacobum  Nisibcnsera  et  Jacobum  Tentzelium  superintendeDtem  ArostadieDsem  Wit- 
tenbergae  1652  (in®,  e.^en^cl.  Exercitationes  selectae  1692, 1,  229/272)  ntog   ol8  Rcicben  20 
hc^  ®e[djmac!iJ  uergangcncr  äeitcn  crroft^nt  mcrbcn.    {3>ic  3)iffcrtalion  üon  A.  Ck)ville,  De 
Jacobi  Magni  vita  et  oi)eribue,  ^ariö  18S9,  betrifft  einen  um  1425  gcftorbcnen  Wuguftincr» 
mönd)  le  ®ront) 

^atob  bon  !Rifibid,  oft  ^alob  ber  ®ro|e  genannt,  bon  ben  Strmeniem  fölfd^Ud^er« 
toeife  ald  ^^eunb  ®regord  bed  ®rleud^terd  betrad^tet,  tpurbe  im  ^a^r  309,  nac^bem  er  25 
uU)or  mit  ©ugen,  bem  Segrünber  beö  })erjifd^n  9Rönd^tum«,  ein  an  ®ntfagungen  unb 
uSunbem  reid^e^  Sremitenleben  in  ben  mrbifc^en  Sergen  geführt,  (erfter  ober  jtoeiter) 
Si|dS>of  bon  9?iflbi«  (3oba,  nic^t  3ttftbi«,  bgl.  in  ber  ®rabf4>rift  be«  Slberlio«  ben  ^ejameter^ 
au^ang  äoxea  nävta,  Niaißiv),  begann  313  ben  Sau  ber  großen  nad^  il^m  benannten 
Äirdpe,  ben  er  320  beenbete  (SRuinen  nebft  feinem  ®rab  noc^  ^eut  erhalten,  9Jiebu]^r,3o 
9teifebef(^r.  II,  379  f.),  na^m  825,  angeblich  mit  feinem  @d^üler  (Spf^x&m,  am  nicönifc^ 
^onjil  teil  (f.  Patrum  Nicaenorum  nomina  l>on  ©eljer,  ^Ugenfelb,  6un^,  Siegifter; 
Moesinger,  Mon.  Syr.  2,  66,  20 ;  ®.  ^offmann,  äu^^üge  auS  for.  alten  J)erf.  3)l&:* 
Itorer  48),  ebenfo  an  ber  (Sintoei^ng  ber  ©rabe^firc^e  m  S^^lem,  unb  ftarb  338. 
9cad^  Xl^eoboret,  ber  bon  i^m  im  erften  Aa)>itel  feiner  religiosa  historia,  koie  @enna«  35 
biu«  im  erften  feine«  catalogus  l^nbelt,  l^te  er  bie  ©tabt  Stifibi«  bor  ©a))oreö  II. 
tounberbar  gerettet ;  babei  fd^eint  aber  bie  britte  Belagerung  bon  9liftbid  850  mit  ber 
erften  338,  ^ahb  mit  feinem  ötoeiten)  SKadj^f olger  38ologe(eö  bertoec^felt  ju  fein;  bod^ 
toei^  fc^on  (Spl^räm  in  ben  toa^rfd^einlic^  858  gefc^riebenen  niftbenifc^en  ©ebic^ten,  bie 
bon  ^alob  unb  jeinen  SRad^folgem  Rubeln,  ba|  er  ber  ©tabt  eine  ^}){auer  gekoorben  fei.  40 
©c^riften  fmb  feine  bon  i^m  befannt;  Iroftfdf^reiben,  toclc^e  ^aiob  unb  ®^bräm  an  ben 
^atriard^en  ^aüpa  gerid^tet  l^aben  foHen,  toerben  bon  anbem  einem  Äat^olifo«  3of^  V^ 
gefc^rieben;  feine  Berühmtheit  berbanft  er  l^au))tföc^lic^  feiner  ftrengen  firc^lid^  3lmt2' 
fü^rung  unb  ber  frü^jeitigen  Bertoec^ölung  mit  feinem  ettoa«  jüngeren  ^eitgenoffen 
äjil^aate«,  „bem  ^erfifqen  SBeifen",  ber  möglidf^ertoeife  gletdf^fallf^  ben  firc^li^en  9lamen  45 
Safob  führte,  gelterem  gel^iJrt  bor  allem  bad  gro^e  opus  in  vigintisex  (fc^reibe  22 
ober  28)  libris  an,  ba«  neben  einer  S^ronif  fd^on  bon  ©ennabiu«  (bor  495)  bem  Bifd^of 
bon  TOfibi«  jugefc^rieben  tourbe.  6.1, 611  f.  Seine  ©ebenftage,  bei  ben  ©tjrem  12.  Sjar 
ClJlai),  Armeniern  15.  ©ej.,  Äo))ten  18.  lobi  föanuar),  9K<nrtbr.  3lom.  15.  Suli. 

(«^.9i9btgert)  e.fltftU.     60 

3:aIob  t>on  ©orug,  geft.  521.  —  Ou eilen:  (Sine  loo^rft^cinli*  üon  3a!ob  oon 
(Sbeffa  ucrfoStc,  etiua«  rounbcrfücfttig  gefärbte  f^rifcfte  93ioarQp^ie  (gebrudt  BO.  I,  286/9,  bgl. 
9lbbclüüö  89/90),  eine  jioeite  anonyme  (AS  Oct.  XII,  929  unb  «bbelooö  311/4),  ein  ^ane» 
9i)ri!uö  oon  einem  gcwiffcn  (Scorg  (bei  Wbb.  24/85),  ber  ni(ftt  einem  ©t^üler  3a!ob«,  fon^ 
bern  c^cr  bem  äci^Ö^nojfcn  ^atob^  oon  Gbeffo,  ©if(iof  ber  Araber,  ju^uft^reiben  ift.  S5on  66 
3ofob  banbcln  Joeua  ötyliteB,  c.  54;  93aröebTäuS,  Chron.  Ecxdes.  I,  189 sqq.;  9lffemoni 
BO.  I,  283/340.  II,  321.  III,  385/8;  3.  SB-  «bbcIooS,  de  vita  et  scriptis  S.  Jacobi  Bat- 
iianiin  Sanigi  in  Mesopotamia  episcopi  etc.,  Lovanii  1867,  XX,  322  S.;  9(bbeloo8  bon 
chifeitig  fatbolifd&emStanbpunft;  ^atagnc  in  AS  Oct.  XII,  824,31.  927;  fiomt).  Saint  Jaequefl 
de  Sarug,  Extrait  de  la  Revue  Catholiqne,  Ix)uvain;  ^rig^t,  Syr.  Lit.  p.67-72  (=Enc.  60 


560  3^fot  noti  Somg  ^ofob  tioti  Sttaugio 

Brie.  22,  1887.  831);  Duval,  Litt.  Syr.»  352 sq.;  ^ibb^  %  "iDhuiiu  in  bcv  Revue  des  Scieo- 
ces  EccMsiastiques  4.  86r.,  T.  III,  Oct.  Nov.  1876,  309/52.  385/419  unter  bcm  Xittl:  Un 
!ßv6que-Po^te  au  V.  et  VI.  si^cles  ou  Jacques  de  Saroug,  sa  vie,  sod  temps,  ses  oeuvres, 
8C8  croyances;  SBorbenftcmcr  in  3BS*  6,  1173.    ®ebvurft   finbct  fid)  einiget  in  bem  Brevia- 

6  rium  feriale  Syr.  unb  bcm  Officium  Dominieale,  feine  fiobvebc  auf,.ben  »Bäulenfteiligcn  @i* 
mcon  bei  Äffemani,  Acta  SS  Mart.  II,  230—44  mit  Iateinif(l)er  Überfe^ung  (beutfcft  uon 
Sinflcde,  fieben  unb  ?Birfen  be«  ^.  ©imeon,  3nnSbru(fl855,  279,98)  in  8bm®,  S3b  12-1.\ 
25,  28-31  mit  Ueberfe^ungen  uon  ßingcrle,  ©diröter,  ?lbb^ 'äWartin;  Cureton,  Ancient  Sy- 
riac  Documents  1864,  p.  86/107    (fprifc^   unb   cnglifdj).  MouumentÄ  Syriaca  I  (G9)  21  96, 

10  II  (78)  52/63  (fd&on  bei  Sureton)  76/167  {ba^  berühmte  ®cbidit  über  ejed)iel«  ©agengefKÖt, 
f\)r.  unb  orab.);  ferner  jwei  ^omilien  über  bie  Sungfrau  Vlaxia  bei  9lbbeioo8  8.  106-231 
fl)r.  unb  lat.;  Cardahi,  über  thesauri  31;  Acta  Martyrum  et  Sanctorum  ed.  Bedjan  1, 
131—143.  160—172;  3,  665-679;  4,  471-499;  5,  615-627;  6,  650-689.   Ueberfefit  er- 

gjien  "Slot  3a!ub8  QJebic^t  über  ben  glftubigen  Äönig  ^>Ucffanbru«,  üon  ?I[lbre4t]  '©[eber], 
crlin  1852;  ©e^S  ^omilien  2C.  üon  ßingcrle,  S3ünn  1867;  üon  bcmfelben  in  ber  iöO© 
1871.  73.  76;  )öibllütt)e!  ber  Äir(ftenu«ter.  Stempten  1872,  58.  fiief.  uon  ©icfett;  L'omelia  di 
Giacomo  di  Sarüg,  sul  battesimo  di  Constantino  imperatore  (Sir.)  Pubbl.,  tradotta  od 
annotata  da  A.  L.  Frothingham,  Roma  1882,  S.  A.  52  unb  25  ©.  (f.  2:6.  9?ölberfe,  £6« 
83,  22);  6  Specimina  carminum  s.  Jacobi  Sarugensis  in  5Benig,  Schola  Syriaca  I  (1866), 
ao  155/9,  barunter  2  inedita  e  codice  vaticano  58,  @.  155/7  je  4  SSerfe;  3-  S^^Ö^^^f»  6i«c 
ungcbrntfte  ©omllic  SafobS  uon  @arug  überfe^t  unb  crfiärt  I.  Uebcr  3-  ö-  ©•  «"^  f«i"c 
X^^ologte,  8fXr)  1887,  1.  92-108. 

^atoh  bon  ©arug,  ein  berül^mtcr  Sekret  unb  ©dS^riftftellcr  ber  f^rifc^en  Äird^c,  ö^= 
boren  in  Äurtam  am  ©up^rat  gegen  Snbc  be^  '^af)tt&  451,   um  503  aU  7ieQio6evT7)g 

26  bei  ber  @inna^me  bon  9(mib  em)ö|nt,  tourbe  in  feinem  68.  Seben^ja^r  519  93i{d^of  bon 
Satnän  ißäivai)  im  ©ebicte  öon  ©arug  (^^^^  toie  aud^  bie  Stabt  felbft  fj)ätcr  oft  ge^ 
nannt  tourbe),  ba^er  J.  Sarugensis,  unb  ftarb  am  29.  Sflob.  521.  @r  füj^rt  ben  ©Irrens 
nomcn  35oftor  (J^r.  Malpana),  aud^  loirb  er  jutoeilen  „Äanal  bed  1^.  (Seiftet",  „ß^tl^er 
ber  gläubigen  Ährc^e",  ,,®etftlidS^e  ©äule",  feiten  tibelita,  b.  ^.  oecumenlcus  ober  uni- 

80  versalis  (doctor)  genannt,  ©ein  Oebäd^tnid  toirb  öon  S^^obiten  unb  5Waroniten  ge= 
feiert  (29.  '^vXx,  bejto.  3)ej€mber),  unb  felbft  fjjätere  SJeftoriancr  jä^Ien  i^n  ju  ben  irrigen, 
obtool^I  er  \>\^  ju  feinem  3^obe  entf^fiebener  iKono^^Vf^^  ^o^-  ®<*fe  er  bie«  tpar,  ift  f^ion 
t)on  Sflenaubot  erfannt,  öon  äfjemani  unb  toicien  eifrigen  Jtatl^olifcn  bed  19. 3ci^rl^unbert« 
äbbeloo«,  £am^,  3i"9^le  ("^^  2:^DS  1876,  S.  465   „t)on  mel^reren  ©ele^rten  ganj 

86  gereinigt  unb  feine  Ort^obope  anerfannt")  bcftritten,  aud^  bon  SRöbiger  (erfte  aufläge)  Der= 
neint  toorbcn,  toä^renb  anbcre,  toie  3Katagne,  Sidell  i^n  burd^  eine  conversio  in  ex- 
tremis für  bie  fat^olifc^e  Äirdf^e  retten  h>oflten:  e«  fann  nun  aber  nad^  ben  bon  äbb€ 
aRartin  3bm®  30  (1876)  217175  beriJffentlic^ten  2)ofumenten,  bie  teilmeife  nur  furjc 
Seit  bor  bem  lobe  "^attM  aefc^rieben,  ba«  (S^Iccbonenfe  offen  bertocrfcn,   nic^t  länger 

40  bcftritten  loerben.  —  5äte  Sc^riftfteller  toar  ^ofob  fe^r  frudj^tbar,  toenn  freiließ  in  jiemlid^ 
einförmiger  SBeife.  ©iebjig  ©(^^reiber  feien  aüej^eit  befc^äftigt  getoefen,  feine  ^omis 
Ren  ober  metrifc^en  Sieben,  beren  i^m  nic^t  toeniger  ol«  763  beigelegt  h>erben,  ju  fo})ic= 
ren,  alle  in  bem  jioölfftlbigen  nac^  i^m  benannten  äSer^ma^e.  $)ap  lommen  nod> 
einige  ^rebigten  (turgame)  in  ungebunbener  9lebe,  eine  9lnapI;ora  (lateinifc^  bei  Stenaubot, 

46  Lat.  Or.  Coli.  II,  356  sqq.),  eine  Siauforbnung,  §^mnen  (Madrasche),  gieber  (Sug- 
jatha)  unb  Briefe,  bie  firc^en::  unb  bogntengefc^id^tlid^  nic^t  untoid^tig  ftnb.  S3ar^ebräu^ 
l^te  182  feiner  §omilien  bor  fid^,  in  ber  ^ibliotl^ef  be«  3Satifan  finben  fic^  233,  beren 
gnbalt  unb  ^nfang^^eilen  Slffemani  BO.  I,  304/40  mitteilt  (abgcbrudft  bei  äbbeloo«  f.  o.), 
inSonbon  c.l40,  in^ari^  100  ^anbfc^riftlic^  erl^alten,  baju  mehrere  ber  oben  erh>äl^nten 

60©(^riften.  SBiele^  ift  in  bie  SRitualien  ber  ©^rer  aufgenomntcn,  feine  §omilien  unb  5Pre= 
bigten  toerben  beim  ©otte^bienfte  beriefen ;  boc^;  toirb  i^m  auc^  mand^e^  mit  Unrecht  bei* 
gelegt,  nur  loeil  ed  in  jatobittfd^em  äJer^ma^  gefc^rieben  ift.  'J3on  feinen  erl^altenen  äSerlen 
ift  toeitau^  ber  größte  2:eil  nod(>  unberöffentli^t.  @.  »ep(c. 

3?afob  bon  Straggto  (J.  de  Voragine),  geft.  1298.  —  üu^tif  unb  edjarb.  Script. 

66  Od.  Praedicatorura  I,  454—459;    33oUQnb   in  ABB,  t  I  Jan.,    Praef.    p.  XIX  s.;    "Sioit, 

Bevue   de  Part  chr^ien  1867,  XI,  44;    «3.  ©ottenbad),  3)cutf erlaub«  ©efc^ic^tSquellen  im 

?K9t.«,  1893,  II,  464—466;  $ottt)aft,  ^cgioeifer*  k.,  I,  634 f.:  u.  9?ofti>*9?iene(f,  S.  J.,  im 

ÄÄS*  VI,  1178—1182;  ^urter,  Nomenciator  tlieol.  cath.  IV  (1899)  col.  346sq. 

3)er  berüi^mte  3)ominifanertl^eoloae  biefe^  3Jamcn^  tourbe  geboren  um  1230  )u  95is 

60  roggio  (SSorogo  je^t  Sarojjo)  untoeit  ©enua,  trat  in  Ic^terer  ©tabt  1244  in  ben  ^rebiger» 

orben,  tourbe  1267  ^robmjial  ber  lombarbifdf^en  $rot)mj  be^fclben  unb  toirfte  big  128G 


dfatob  tioit  Straggto  561 

mit  bcträd^tlid^cnt  Sinfluf;  unb  nid^t  unbebeutcnben  @cfo(gen  aU  ^rcbiger  in  biefer  @tel« 
lung  (nid^t  zt)n)a  ber  eine«  ®cneralt>ilarö).  3m  3a^re  1292  erl^oB  5ßajpft  Jlilolau«  IV. 
t^n  gum  (Srjbifd^of  t>on  ®enua;  bodfi  ^at  er  bicfc  SBürbe  nur  hirje  ^t\t  beflcibet,  ba  er 
fd^on  1298  (ft)ätcften«  1299)  ftarb. 

Seinen  9{uf  berbanft  er  bome^m(id(|  ber  bon  il^m  beranftalteten  £egenben{amm(ung,  6 
Lcgenda  sanctorum,    Legenda  aurea,    )uU>ei(en   aud^   Historia  longobardica  ge« 
nannt,  toegen  einer  furjen  lombarbifd^en  ßl^ronif,  bie  bem  2eben  be«  ^Popfte«  ^ßelagiuö 
angehängt  ift.    ^alob  trug  bie  meift  fabelhaften  Siograjjl^ien  berfelben  teite  ou«  Sücpem 
gufammen,   teife   na^m   er  fie  au«  ber  2^rabition,  \o  toie  fie  fid^  im  SSoIf  unb  in  bcn 
Älöftem  fortge>)fIanjt  unb  immer  fagen^after  audgebilbet  l^atten.    SRandf^e  ©Icmente  [tarn-  lo 
mcn  au«  aj)ofr^)>^ifd^en  ©üangelien  unb  3l))ofteIs  unb  SKärt^reraften,  unb  pnben  fic^  aud^ 
fonft  in  früheren  unb  gleid^jeitigen  ^ßrofa^  unb  S)id^tertoerlcn,  im  ^afftonol,  in  SKariens 
legenben  u.  f.  h).    Slnbere  fmb  mittela(ter(id^e  @rfinbungen,  unb  jeigen,   toie  fd^neU  bie 
©age  fid^  ber  ©efd^idjite  bemäd^tigtc,  um  fie  au«jufdf|müden  unb  ju  t>erunftalten;  fo  j.  9. 
in  bem  lieben  be«  3)ominiIu«  unb  be«  ^ran;;  t)on  Slfftfi.    SBenn  in  onberen  Sd^riften  i6 
eingeinc  Segenben  nidj^t  o^ne  bid^terijd^en  SRcii  f*"*^/  f^  f)Cfbm  bicjcnigen   3afob«  ni(6t« 
biefer  2lrt.   6r  ^at  nid^t  nur  obne  Äritif,  fonbem  aud^  ol^nc  Jjoetif^en  ©inn  ba«  ®röb|te, 
ba«  9(bgefd^madftefte  aufgenommen;  man  lefe  unter  anberem,  toa«  er  ))on  93ef)>aftan  er^ 
jä^It  in  bem  2eben  be«  2l})ofteI«  3<*tobu«.   3^"^  ^W^  P"*>  übrigen«  nur  bie  ber  Segenbe 
jjebc«  ^eiligen   öorgefe^ten  ßrflärungen  feine«  5Ramen«,  tounberbare  ßt^mologien,  lädf^er«  20 
lid;e  Sj)ielereien  eine«  toeber  gried^ifd^  nod^  ^ebräifdj^  öerftel^enben  3Rbndß,    6inen  felbft« 
ftänbigen  ffiert  al«  ®efd^id^t«queflen   befi^en  nur  einige  toenige  ber  bon  il^m  aufgenom« 
menen  £eben«bilber ;   fo  ba«  ber   f).  §ebh>ig  unb  ba«  ber  ©fifabetl^  t>on  Il^üringen  (f. 
SBattenbad^  S.  465).    ^^e  fdf^on  ift  bal^er  biefe  ©ammlung  ftreng  beurteilt  toorben. 
Screit«  ber  Drbcn«meifter  Serengariu«  be  Sanbora,  \pixtn  ßrgbifdf^of  bon  6om))oftefla  25 
(t  1330),  trug  bem  Sruber  Semarbu«  ®uiboni«,  ]pätn  Sifdjiof  t>on  2oböt>e  (f  1331) 
auf,  ber  ^eiligen  Sebcn  au«  aut^entifd^eren  Quellen  ju  fammeln.  33emarbu«,  ein  fleißiger 
ßiftorienjammler,  folgte  biefem  SSefc^l,   inbem  er  in  4  Sänben  ein  Speculum  sancto- 
rum  gufammentrug,  ba«  inbcffen  ioenig  ®Iüdt  gehabt  l)at  (ögl.  33b  VII  @.  233, 25).    3)ie 
Sammlung  '^atobi  lourbc  jur  Legenda  aurea,   jum  beliebten,  bon  ©})äteren   oft  t>ers  90 
mehrten  golbenen  3}ol{«bud^,   nid^t  nur  tocil  fie  fürjer  toar  al«  bie  toeitläufigc  Jtomjjila« 
tion  bc«  S3ernf;arb,   fonbem  gerabc  toeil  bie  abenteuerlidjicn  ^ciligenbilber  bie  mittelalter- 
Ucl;c  -ilJ^antafic   mel^r   anfpradjien,  al«  e«  grünblid^ere,  einfadf^ere  ßrjä^lungen  t>ermod^t 
Ratten.    35a^er  bie  ja^lreid^en  2tbfd^riften,  bie  allenthalben  bat>on  ejiftieren,  ba^er  bie 
llcberfc^imgcn  in«  2)eutfdS^e,  granjöfifc^e,  gtalienifd^e,  ©^anifdjie,  ßnglif^e,  ba^er  bie  t>ielen  35 
2lu«gaben  feit  ben  erften  3«iten  ber  ©rfinbung  be«  Südf^erbrud«  (nad^  ^ßanjer  nic^t  ioe« 
niger  al«  74  lateinifd^e  bi«  jum  ^afyc  1500).   SBir  führen  biefe  nid^t  an;  man  finbet  bie 
loid^tigeren  berjeid^net  bei  Quetif  unb  ©d^arb  1.  c,   foioie  t>ollftänbiger  bei  Srunet  (Ma- 
nuel de  Tamateur  de  livres,  IV,  687  sqq.)  unb  ^ßott^aft  (f.  0.).   3)a«  2BerI,  beffen 
Scrfaffer  ber  ©panier  3Keld^ior  6anu«,  fein  Drben«genof[e  (f  1560),  einen  homo  ferrei  40 
oris  et  plumbei  cordis  genannt   ^at  (Loci  theologici,  Lib.  II,  cap.  6),   unb   über 
ioclc^e«  Glaube  b'föfpence  (f  1571)  urteilte,  e«  fei  nid^t  eine  golbene,  fonbern  eine  eifcme 
Scgeube,  —  hja«   er  freiließ  bon  ber  ©orbonne  gejtoungen  tourbe  ^u  toiberrufen  —  ift 
aud;  neuerbing«  lieber  mel^rfad^  l^erau«gegeben  hjorben;   fo  mit  ®ene^migung  ber  fat^o= 
lifc^^fird^Ud^en  Se^örbe  ber  2aufi|,  bon  3.  ®.  %^.  ®räffe  (Seipgig  1843;  3.  ä.  )!Bre«Iau  46 
1890).    %üx  bie  Äenntni«  be«  mittelalterlid^en  Aberglauben«   ift  ba«  33uc^  unbejhjeifelt 
bon  großem  3ntereffe,  unb  jur  ©rflärung  bon  bamaligen  3)idf|tem  unb  G^roniften  lä^t 
c«  fid^  faum  entbel^ren. 

Übrigen«  toar  ber  33erfaf[er  nid^t  nur  ein  3"^<^f>ci^  bieifcitigen  SBiffcn«  —  beffen 
3una^me  be  33oragine  be«^alb  bon  ©päteren  (j.  33.  Sirit^emiu«,  al«  l^ierauf  bejüglidji  so 
mifebcutct  hjurbe  (=  „2tbgrunb  bon  ®ele^rfamfcit")  —  fonbem  and)  ein  bor  2tnberen  pxo^ 
buttiber  ©c^riftfteUcr.  33on  feinen  SBerfen  fmb,  aufeer  ber  ®olbenen  Segenbe  nodj^  ju 
nennen:  Sermones  de  tempore  et  quadragesimales  CJJari«  1500,  Senebig  1589, 
2  33be);  Sermones  de  dominicis  per  annum  (SSenebig  1544,  4°,  u.  1566,  fol.); 
Quadragesimale  et  de  sanctis  (^enebig  1602,  2  t.  4^;  Sermones  de  sanetis  65 
(^l;on  1494,  4°);  (^abial500'  SSenebig  1580);  Mariale  sive  sermones  de  B.  Maria 
Virgine  (^i^enebig  1497,  4^  W«  1503;  ÜKainj  1616,  4°).  ©ämtlid^e  ^rebigten  ju= 
fammcn:  S.  1.  et  a.,  fol.;  S.  1.,  1484,  3  58befol.;  bann  aSenebig  1497,  4";  aud^  1579 
imb  1582,  8  33be,  4";  SWainj  1630,  4  33be,  4^  3lug«burg  1760,  4  Sbe  gol.  SlUe  biefe 
^^ircbigtcn  finb  blofee  (Snttoürfe;   bie  über  bie  ^eiligen  finb  boU  Ücgenben  unb  felt^auica^» 

9lca(*(l^nc^r(o))äbie  ffit  ZfftoloqUt  unb  fiMe.    3.  «.  VIII.  "^«^ 


ätuömalungcn  unb  fönnen  tciltocifc  pr  SScröoIIftänbigung  bcr  Legenda  aurea  btenen. 
^ie  160  über  3Ram  feiern  in  al))l^abetifci^er  Drbnung  bie  Xugenben  unb  SSortreff Herleiten 
unb  SBunber  bcr  ^immefefönigin.  —  ^ux  Serteibigung  be^  S)omimfanerorben«,  ol^c 
S^Ä^ü  gegen  bie  angriffe  be«  ffiil^elm  t>on  ©.  ämour,  fc^rieb  3öt«>6w^-  Defensorium 

6  contra  impugnantes  Fratres  Praedicatores,  quod  non  vivant  secundum  vitam 
apostolicam,  SSenebig  1504.  @in  h>aBrf(l(|etn(id^  t)on  il^m  ^errül^renber  Slu^jug  au^  ber 
Summa  virtutum  et  vitiorum  be^  SfeUl^elm  ^eralbu^  erfc^ien  (unter  bem  2^itel  Sum- 
marium  virt.  et  vitiorum)  Safel  1497.  äu(^  foH  er  eine  ©c^rift  De  operibus  et 
opusculis  S.  Augustini  t>erfa^t  ^aben.  —  ©eine  ßj^onif  t>on  ©enua,   big  1279,  ^t 

10  SRuratori  ^erau^egeben,  Scriptores  rerum  italic,  IX.  1  sq.  (t)gl.  5ßott^aft,  ©.  634). 
3)ie  i^m  guerft  öon  ©ijtuö  t>on  ©iena  (Biblioth.  sacra,  Lib.  IV)  jugefd^riebene  italie« 
m\(i^t  S3ibe(überfe$ung  l^t  U>ol^(  nie  e^ftiert ;  nid^t  nur  l^t  fu^  nod^  nirgenbd  toeber  eine 
§anbfc^rift  babon,  noc^  ein  fidf^ere^  gleid^jcitige«  3^wgni«  barüber  gefunben,  fonbem  c« 
ift  aud^  ^öd^ft  untoo^rfdf^einlid^,  ia^  ber  6oni})irator  ber  Legenda  aurea  je  an  bie  3loU 

16  toenbigleit  ber  l^eiligen  ©d^rift  in  ber  SBoIföf^radf^e  foHte  gebadet  l^en. 

((£.  ed^ntibtt)  S^^ltt. 

^ioh  tion  Sttr^,  93if(^of  bon  Slffon,  Jtarbinalbifc^of  t>on  3:udculuni, 

geft.  1240.  —  SSon  ben  jQ^lreid^cn  SBertcn  Sofobö  liegen  gebrudft  tjor:    1.  7  53rlcfc  über 

feine   perfönlid^en  Srlebniffe  unb   ben  SBerlauf   ber  friegerifdjen  (Sreigniffe   in  Starten   unb 

20  «egtjpten  1216-1221.    jüngft   neu  ebiert    oon  Siö^rlcftt    in    8^®  ^4,   @.  101— 118;    15, 

5.  568—587;  16,  @.  72—113;  baju  \>c^l  2  ÜJadjtrögc  ^hb.  6.  113f.;  einen  »rief  an  gulto 
üon  Xouloufe  bei  Chapeaville,  Gesta  episc.  Tungr.  2,  ©.  255—257.  —  2.  ^on  bcn  ^rcbigtcn 
finb  herausgegeben  sermoncs  de  tempore,  ed.  2)amien  ^uboid,  ^(nttocrpen  1575;  @tü(fe  auS 
bcn  sermones  vulgares,  ed.  ^itra,  Analecta  novissima  2,  6.344—461;    ber  prologus  ba^u 

26  ehb.  @.  191.  —  3.  Liber  de  mulieribus  Leodiensibus  unb  Vita  s.  Mariae  Oigniacensis  ed. 
Papebroch  AS  Juni!  IV,  @.  636-666.  —  4.  Historia  orientÄlis  S3u(6  1  u.2  ed.  Moschius 
Duaci  1597;  nur  »uc^i,  loelcbeS  in  ben  ^onbf^riften  iiumeiien  allein  erfcbeint,  vgl.  btc 
^ff.  Eep.  II,  67  bcr  fieipäiger  ©tabtbibliotbet,  ©ongar«,  Gesta  Dei  per  Francos,  6.  1047  bi« 
1124;    ebb.  @.  1125ff.  ein  3.  »uc^;  eine  ebenfalls   ald  3.  »ud)  bezeichnete,    aber  oon  jenem 

ao  t)erfd)iebene  Kompilation  bei  Martöne  et  Durand,  Thesaurus  novus  anecdotorum  III, 
©.  268—287.  »u*  1  unb  Aap.  1-10  t)on  »uc^  2.  fomie  ber  6.  ©rief  finb  überfcjjt  in  bcn 
M^moires  relatifs  ä  Phistoire  de  France  ed.  Guizot  t.  23,  $ari«  1825.  —  3"^*  'öio' 
grap()ic  ual.  augcrbem  nodj  ba§  Supplementum  bc8  9?ifolQu8  t)on  S^antimpr^?  jur  Vita 
8.  Mariae,  ÄS  q.  a.D.  ©.  637ff,;  2:^on!a§tion  ß^antimpr^,  V.  s.  Lutgardis,  AS,  Junii  III, 

86  @.  237 -258;  ^Ibericft  oon  troiS-gontaineö  chronica  MG  SS  23,  ©.  919,  923,  924.  948. 
950;    9{cincr,  Annales,  ebb.  16,  @.  680;    SSinccnj  oon  ©eauuai«,    Speculum  1  30,  thb,  24, 

6.  165f.;  bie  ®ef(6icbt«ftbrciber  be8  «IbigcnfcrfrcujaugcS  ©oquet,  liecueil  19,  ©.  57,  60, 
212;  unb  bie  ^iftorifer  beS  5.  ^eujjuaeS  bei  SRiJ^rid&t,  Scriptores  minores  quinti  belli 
sacri,  ©.35,  56   unb    berf.,  Testimonia  de  V.  hello  sacro,  ©    119,  120,  291,  309.  —   3)ie 

40  Ältere  fi  i  t  t  c  r  a  t  u  r  ocrjcicftnct  bie  hist.  litt^raire  de  la  France  18,  ©.  209  ff.  ?Ju8  ber 
neueren  §ebe  id^  ^eroor  jur  ©iograpftic:  3Wafner,  de  Jacobi  Vitriacensis  crucis  prae- 
dicatoris  vita  et  rebus  gestis,  3)iffertatiün  9Künfter  1863;  Marius  Barroux,  J.  de 
Vitry,  th^  prdsent^  ä  l'^cole  des  Chartes  1885;  bie  3)arftener  beS  5.  Ärcuj^uge^, 
ügl.    je^t   oor   aflem    9iö^ric^t,    QJefc^ic^te    be§    ÄöniarcidiS   Serujalem,    3nn«bru(f    1898, 

45©.  718 ff.  lieber  bie  «Prebigten  ugl.  $itra  a.  a  C.  II,  ©.  XX— XXVII;  Lecoy  de 
la  Marche,  la  chaire  franyaise  au  moyen  äge  sp^ialement  au  XIII©  si^e*,  $Qrid  1886, 
e.  53-GO  u.  i).;  $Ri)^ricl)t,  3^®  6,  ©.  562 ff.;  Grane,  the  exempla  of  J.  of  V.,  1890.  — 
8u  ben  ©riefen:  ©rone  a.  a.  D.  ©.XXXVIII ff.  —  3"^*  ^itif  ber  historia  orientalis  f. 
üor  alleni   3arnrfc    in  ©erid)te    ber    Jäcbf.  ®cfeafd)aft    ber  SSiffenfd).  ^^il.«^iftor.  AI.  1875, 

r»o  ©.  138 ff.;  3o4cr,  3)ie  historia  orientalis  be«  3.  uon  SB.,  5)iffert.  Königsberg  1885.  au^ 
^ott^aft  unb  (S^eoalicr  sub  voce  dcscriptio  terrae  sanctae  unb  narratio  patriarchae  Hien>s. 

9Son  ben  ja^Ireid^en  Äreujprebigem  ber  erften  ^^^^^J^^^t^  ^^  l-^-  Sia^rl^unbert«  l^t 
leincr  in  SBefteuropa  fo  biet  3luffc^en  erregt,  tpie  Safob  bon  SSitr^.  3Son  femer  3wö^*> 
tpiffen  h)ir  nid^t   me^r,   al^  )oon   ber   anberer   großer  ^ßrebigcr  biefe^  3^^*^^^-    ^^^ 

.Vi  ba^  er  au«^  bem  Stabilen  Sitr^  fübltd^  bon  3)ouai  ftammte,  alfo  fiot^ringer  f>on  i&cr« 
fünft  hjar,  barf  mit  einiger  ©id^er^eit  be^oiiptet  hjerben.  SBä^renb  er  in  ^axx^  ben  üb» 
lid^en  ©tubicngang  abfolbierte,  ^örte  er,  h>ie  eö  Reifet,  Don  ben  hjunberbaren  X^ten  ber 
großen  belgifd^en  Segine. 3Karia  t)on  SJibeDe«,  bie  feit  ca.  1205  ju  bem  S3eginent>eretn 
ber  SWutter  bc^  ^rior^  3igibiu^  )oon  Dignie^  (an  ber  ©übgrenje  ber   l^eutigen  ^roötn^ 

r*)  9lamur)  gehörte,  ätebalb  trat  er  afe  Äanonifer  in  ba^  Sluguftincrc^^or^ermftift  btefe^  ent- 
legenen ^leden^  ein.  ^m  SSerfe^r  mit  ben  Seginen  unb  in^befonbcre  mit  SKoria,  beren 
Scidjlttjatcr,  ^rebiger  unb  Siograp^  er  h)urbc,   eignete  er  fwi^  ^ier  bie  2lnf(^uungen  unb 


^Ui  t)on  Sitr^  563 

©runbjä^c  an,  bie  fortan  feine  fieben^fü^rung  beftimmten.  ßirca  1210  ^olte  et 
ftd^  auf  HJlaria^  aBunfd^  in  ^axxi  bie  ^rieftertoei^e  (möglidbertoeife  befafe  er  eine 
^Pfrünbe  in  ärgenteuil  bei  ^ari«.  35a§  allein  fönnte  ber  ^ftorifqe  (Se^alt  ber  3lad)x\i)t 
be^  SSincenj  bon  Scaubaiö  fein,  bafe  er  in  ärgcnteuil  presbyter  parochialis  getoefen 
fei).  (Sirca  1211  unternal^m  er  eine  ääaUfa^rt  xxai^  SRom.  ^ama(i(|  U>urbe  er  burd^  5 
9)Jaria  ju  Dignic^  mit  bem  33ifci^of  guKo  bon  2:ouIoufe  befannt  gemad^t.  S)a«  l^atte 
jur  golge,  bafe  %ulto,  ate  er  im  ^Jrül^ial^r  1213  ben  äuftrag  erhielt,  aegen  feinen  JJeinb, 
ben  ©rafen  5Waimunb  VI.  bon  3:ouIoufe,  unb  bie  SHbigcnfcr  ba«  Äreuj  ju  Jjrebigen, 
bon  bem  pöjjftlid^cn  Segoten  SRobert  be  ßourgon  ben  rebegetoanbten  jungen  ^riefter  fidfi 
ate  Segleiter  erbat.  @o  Verliefe  ^afob  einige  3eit  mi^  mma^  Xobe  (23.  3;uni  1213)  lo 
Dignieö,  um  in  9iorbfranIreiclf|  für  ben  Ärieg  gegen  bie  Äe^er  ju  agitieren.  3m  ^^' 
jal^r  1214  fonnte  er  bem  Äreuj^eer  bor  2^ouIoufe  eine  grofec  ©d^ar  neuer  ©treiter  ;iu* 
filieren,  aber  injtoifd^en  toar  an  Stöbert  bon  ßourgon  ber  93efcI;I  ergangen,  feinem  auf- 
trage gemä^  nid^t  gegen  bie  2llbigenfer,  fonbem  gegen  bie  SRufelmänner  ba^  Äreuj  ju 
J)rebigen.  So  toirfte  benn  aud^  ^aloh  nunmehr  einige  3^^*  i"  S^orbfranlreidfi  für  eine  ib 
neue  §cerfa^rt  nad^  bem  ^eiligen  2anbe.  ©eine  ©rfolgc  betoogcn  ba^  3)omIaj)iteI  bon 
2ttfon'i^n  gum  Sifd^of  gu  toäl^Ien.  aber  ^atob  trad^tete  nadfi  nic^tö  toeniger,  ate  nadfi 
ben  gtoeifel^aften  e^ren  eine^  lateinifc^cn  Sifd^ofö  im  SKorgenlanbe,  er  ioünfd^te  bie 
Äreuggugelegation  für  ^anlreid^.  Um  3"^*>c^"i  m«  \^^  ^'^f^  ^^^"  i^  getoinnen, 
machte  er  fid^  im  3Kai  1216  nad^  ^talim  auf.    ®rabe   einen  iag  nadfi  bem  2^obe  be^2o 

großen  ^ßapfte«  (16.  !5uli)  langte  er  ju  ^Perugia  an.  S)er  neue  nSapft,  ^onoriu«  III., 
eftätigte  jtoar  auf  fein  änfud^en  ba«  ^nftitut  ber  Seginen  für  bie  3)iöcefe  2üttidf| 
unb  ganj  granlreid^.  2lber  bie  fiegation  getoäl^rte  er  nidjit.  SSielmel^  toei^te  er 
am  31.  :^^uli  in  eigner  ^ßerfon  '^alob  gum  Sifd^of  bon  äffon.  3(m  4.  5Robember  1216 
lanbete  ber  neue  Sifd^of  nad^  ftürmifd^er  g^i^rt,  bie  er  felbft  ^öc^ft  anfc^aulid^  ben  25 
lotl^ringifd^en  fjrcunben  fd^ilbert,  an  feinem  Seftimmung^orte,  bem  ebenfo  ^rad^t= 
\m  laftcrboDen  Säbel  ber  Äreujfal^rer.  Son  l^ier  au«  untemal^m  er  im  gebruar  1217 
eine  gro|c  ^rcbigtrcife  burd^  bie  nod^  im  Sefi^e  ber  Sl^ften  bepnblic^^en  feftcn  5piä|e 
unb  beteiligte  fic^  bann  eifrig  an  ben  ^ü^m  be«  großen  Äreugl^eere«,  ba«  [xdf  im  ©e^- 
tember  in  Slffon  fammelte.  ©0  jog  er  im  ÜKai  1218  awi)  mit  gegen  35amie(te.  ^ierao 
fuc^te  er  im  Sunbc  mit  bem  ))äpftlid)en  fiegotcn  bie  gaubemben  9"^^"  J"  ^^"^ 
energifcbcrcn  Kriegführung  gu  beranlaffen.  Stber  fein  gutgemeinter  6ifer  fc^abetc 
mcl^r,  al«  er  nü|te.  35a«  Untemel^men  fdf^eiterte.  gm  §erbft  1221  mu^te  ani)  er 
fid^  ioiebcr  nac^  Sllfon  einfc^iffen.  ©eitbem  tuar  er  unabläfftg  bemül^t,  fein  bomcn- 
reiche«  2lmt  lo«  gu  toerben.  aber  ^onoriu«  III.  lie|  fidfi  nid^t  erhjeid^en  (t)gl.  ba«  36 
©(^reiben  bom  1.  3Kärg  1224).  5lur  geftattete  er  iüol^l,  bafe  ^atob  im  Saufe  be«  3al^re« 
1226  nad)  üuxopa  gurüdffe^e,  um,  toie  einft  1214,  ba«Jtreug  gu  Jjrebigen.  ©0  treffen 
loir  i^n  1227  mieber  in  9iorbfranfreid^,  aber  aud^  in  ben  angrengenben  beutfd^en  ©ebieten 
al«  Äreugprebiger.  ©))äter  feigen  h)ir  i^n  an  ©teile  be«  erfranften  Sifd^of«  §ugo  in  Süttid^ 
al«  Si«tum«bifar  h)irten.  6rft  fein  bertrauter  greunb  unb  ®onner,  ®regor  IX.,  toie  e«  40 
fc^eint,  entbanb  il^n  bon  feinem  Slmte,  aber  er  t^at  e«  nur,  tocil  er  i^n  gu  ©röterem 
beftimmt  l^atte:  benn  bermutlid^  fdf^on  bei  ber  gtoeiten  Äarbinal«))romotion  im  Dftober 
1228  berief  er  gafob  al«  Sifc^of  öon  2:u«fulum=e5ra«cati  in  ba«  Äarbinal«Iolleg.  äl« 
Äarbinal  ift  ^atob  nur  fe^r  toenig  ^erborgetreten.  ©id^er  aber  gehörte  er  gu  ben  3Wännem, 
auf  bie  [xd)  ©regor  gang  berlaf[en  lonnte.  3)a«  ge^t  fc^on  barau«  ^erbor,  bafe  ber  45 
^apft,  al«  ba«  Äat)itel  bon  gerufalem  3.  ßnbe  1239  ober  1240  gum  ^ßatriard^en  toäl^lte, 
fid^  toeigerte,  i^n  gießen  gu  laffen.  fturg  banac^,  am  30.  'Stpxxl  1240,  ift  3-  ^^  9lom  ge= 
ftorbcn.  ©ein  Seid^nam  tourbe,  tote  er  beftimmt  ^atte,  nac^  Dignie«  gebradf^t  unb  bort 
an  ber  ©eite  feiner  geiftlid^en  „SJlutter",  ber  Segine  ÜKaria,  beftattet. 

^>  ;^safob«  2eben  unb  innerer  (Snttoicfelung  f^iegelt  fid^  bie  betoegte  religiöfe  6nt=  ßo 
toidtclung  be«  au«ge^enben  12.  unb  beginnenben  13.  g^^^^w'^i^^'^^^-  Unter  bem  ©influffe 
be«  Süttid^er  Seginentum«  ^at  er  fid^  gebilbet.  äuc^  bie  biefem  bertoanbte  italienifd^e 
35olf«betoegung,  ba«  3Railänber  Äumiliatentum,  ^at  auf  i^n  tiefen  Sinbrucf  gemadjit. 
dhd)  ftärter  toirtte  auf  il^n  ba«  Sfuftreten  ber  9Rinoriten,  bie  er  fc^onl216  ben  lot^ring^ 
ifcl;en  grcunben  liebet>oll  fdf^ilbert,  unb  be«  grangi«Iu«  f eiber,  ben  er  im  Säger  bor  65 
2)amictte  1219  fennen  lernte,  obgleid^  er  nid^t,  toie  bie  SKel^rgal^l  feiner  Untergebenen  unb 
^reunbe,  ben  3)rang  berf})ürte,  bem  ^eiligen  fidj^  angufc^lie^en.  3lber  am  meiften  füllte 
er  [\ä)  tool^l  angegogen  bon  bem  jungen  ^rebigerorben :  i^m  l^at  er  nid^t  nur  bie 
^ö*ftcn  £obJt)rü(fie  gegoHt,  fonbem  il^n  aud^  in  feinen  ©tanbe«})rebigten,  in  bencn  er 
bie  gebier  aller  Älaffen  unb  ©tänbe  ber  ß^riftenl^eit,   au^  ber  SWinoriten,  bure^^erfielt^ea 


664  3^ob  tioit  Sttr)) 

ganj  übergangen.  Qi  etllärt  fidji  ba^  barau^,  bafe  in  biefem  Drben  Seftrebungen  unb 
^beale  ju  boDIommenftcm  Sugbrucfe  gelangten,  bie  3.  f^^f»^'^  f^it  feinem  SRanne^oItcr 
be^errfdjlten:  3-  ^^''^  i"  ^f*^  2'"^«  ^rcbigcr,  ^rebiger  nad^  Srt  ber  ®omtnilaner. 
3ineg,  toa«  er  erlebte,  ^örte  unb  la«,  fu^^te  er  ol^balb  erbaulid^  ^u  Dertoerten.  ©0  ift 
5  auc^  jeine  ganjc  ed^rififteHerei  öon  ber  2^enbenj  bcl^errfd^t,  ©toff  ju  ^ßrebigten  unb  jur 
religiöfen  Erbauung  ju  fammeln,  unb  fo  ^at  er  aud^  ate  5ßrebiger  am  ftärfften  auf 
5Düt-  unb  3lad)\t)dt  eingetoirft.  3*^^^'^^  ^^^  ^f  ^^^  *N  ^iw^"  au^erorbentlic^^en  ®r= 
folg  unb  ßinflufe  berfc|affte:  1.  baö  Seftreben,  burc^  exempla,  b.  i.  burc^  Seif|)icle, 
änefboten,  ^arabeln,  gabeln,  bie  ftttlid^cn  ©runbfä^e,  in  beren  einfd^ärfung  au^  er  bie 

10  Dome^mfte,  ja  bie  au^fd^Iie^KdS^e  aufgäbe  bed  ^ßrebigeriS  erblidft,  ju  beronfc^^auKd^en, 
2.  ba^  äeftrebcn,  burd^  ©taTÜ)eeprebigten,  bie  fid^  auöf^Iie^lid^  m  bie  einzelnen  ®ru))))en 
unb  ©tänbe  ber  ß^riften^eit  rid^teten  —  Prälaten,  toeltlid^e  unb  SReguIarfanonifcr,  Sl^eo^ 
logen  unb  ^rebiger,  ©c^olaren,  Slid^ter  unb  Segiften,  fc^toarje  unb  toeifee  SKönd^e  unb 
5Konnen,  Sremiten  unb  SReflufen,   SKinoriten,  Iem})ler,  ^o^anntter  unb  §of^itaIiter,  äu^ 

16  fähige  unb  ©ied^e,  3lrme  unb  SReid^e,  Äreujfa^rer  unb  ^ilger,  Slitter,  Sürger  unb 
Säuern,  Äaufleute  unb  §anbtoerler,  SKatrofen  u.  f.  to.  —  ftärfer,  aU  e«  bei  ber  üblich 
^Prebigttüeife  möglidfi  toar,  auf  bie  ßwi^örer  ju  toirfen.  33eibe^  hjar  mn  unb  ^at  in  ber 
6nth)idEelung  ber  Äunf^rebigt  ßpod^e  gemad^t,  inebefonbere  bie  einfül^rung  ber  exempla. 
ßrmuntert  burc^  ben  Seifall,  ben  er  fanb,  l^at  ^afob  am  6nbe  feine«  Seben«  feine  ^rebtgten 

20  felber  nodj^  gefammelt.  6r  unterfd^eibet  in  biefer  Sammlung  6  Abteilungen :  1—5.  ser- 
mones  de  tempore,  ^ßrebigten  im  ^erfömmlidf^en  ©til  für  bie  ©onn-  unb  ^fttage  ber 
5  äbfc^nitte  be«  Äirc^enjaf^re«  (ed.  3)amien  3)uboid),  6.  sermones  vulgares,  ©tanbed= 
Jjrebigten  (ed.  ^itra  a.  a.  D. ;  baju  lämc,  h>ie  Sarrouj  be^au))tet,  nad)  einigen  belgifd^en 
§anbf(^riften  nod^  afe  eine  befonbereÄlaffe:  sermones  communes;  boc^  ift  biefer  iitel 

26  nod^  nidj^t  aufgeflärt).  %ixx  bie  Äirc^en*  unb  Jtulturgefd^id^te  am  hjertDoIIften  ftnb  bie 
sermones  vulgares.  5Ric^tnur  finben  h)ir  in  i^nen  unb  in  il^nen  allein  3)Jufter  für  Ärcu^- 
Jjrebigten  (bgl.  ^ßitra  a.  a.D.  ©.421—430  unb  SRö^ric^t  3Ä®  6,  ©.562 ff.),  fonbem 
erhalten  audj^  ein  Silb  bon  ben  3wf^ö"i>^  ^^  toefteuro^äifd^en  ©efeüfc^aft  im  ä^^^lter 
^nnocenj^  III.  unb  Oregon^  IX.,  n)ie  e«  anfdjiaulid^er  faum  bie  jeitgenöffifc^e  3)id^tung 

90  bietet.  2)a}u  flicht  gerabe  in  il^nen  ^afob  in  größter  SKenge  exempla  ein,  fo  bafe  man 
frü^c  fcfjon  au«  i^nen  ganje  exempla-93üd^er  jum  ©ebrauc^e  für  ^rebiger  e5cert)icrte, 
toelc^e  bie  größte  SSerbreitung  erlangten,  bgl.  ^itra  ©.  443  unb  6rane  a.  a.  D.,  ber  bie 
Senü^ung  fol^er  exempla-93üd^er  in  ßnglanb  nac^toeift.  Sei  ber  ©ammlung  biefer 
exempla  berfuf^r  ^aloh  nidf^t  eben  hJcD^lerifd^ :    er  erjä^lte   —  immer  mit  gri)^ter  Stn^ 

86  fd^aulid^feit  —  balb  ©efc^id^ten  au«  feinem  eigenen  betoegten  2eben,  balb  ©rlebniffe 
anberer,  balb  fiegenben,  balb  antife,  balb  mittelaltertid^e  ^^beln  (SReinele  %ud^)  unb 
©agen  (bgl.  über  bie  l^ierau«  fid^  ergebenbe  Sebeutung  ber  Sammlung  für  bie  öer^ 
gleic^enbe  Sitteraturgefcf).,  ßrane  a.  a.  D.).  ©elbft  ©prüdjihjörter  unb  bolfetümlic^e  SBi|c 
t>erfd(>mäl^te  er  nic^t  anjufül^en.  —  ßbenfall«  ganj  t)on  erbaulichen  ^^enben^en  be^errfc^t 

4o;ieigt  fi(^3aIob2.  al«^iftoriIer.  3)ie  hjic^tigften  feiner  ®efd^id^t«h)erfe  finb  bie  Sifc^of 
Äulfo  bon  ^ouloufe  gemibmeten,  jtoifd^en  1213  ^uni  23  unb  1216  3Kai  berfafeten 
©d^riften:  liber  de  mulieribus  Leodiensibus  unb  vita  s.  Mariae  Oigniacensis 
(2»üd^er:  1.  Sud^:  2)a«  äufeere  Seben  a)kria«;  2. 93uc^:  G^aralteriftil  nad^  bcm 
Sd^ema:  bie  fieben  ®aben  be«  ^l.  ©eifte«);   e«  fmb  ba«  bie  iüertöoflften  Urfunben,  bie 

46  h>ir  für  bie  innere  ©efc^ic^te  be«  älteren  93eginentum«  befi^en.  SBcniger  bebeutenb  ift  ba«  S^crf, 
megen  bcffen  Qalob  bieder  in  unfereSagc  faft  au«fc^liefelid^  genannt  ju  hjerben  t)Pegte:  bie 
historia  orientalis  ober  historia  Hierosolymitana  abbreviata.  ^atob  begann  bie« 
SBSerf  im  gelblager  nac^  ber  ®innal^me  bon  3)amiette  am  5.  9Jobember  1219.  gm 
erften  Suc^e  giebt  er  eine  lurje  ©efc^ic^te  be«  l^l.  Sanbe«  bon   ber  geit  3Keld[^ifebel«  bi« 

6ogum  Rieben  bon  1211.  3)abon  ift  nur  ber  le^te  Slbfc^nitt  über  bie  ßreigniffe  öon 
1184 — 1211  originell,  ^n  ben  bor^erge^enben  ^iftorifc^en  Partien  fc^^reibt  er  äÜil^clm 
t>on  3;vru«  ab.  3lber  bie  ^iftorifc^e  3)arftetlung  hjirb  auf  Sd^ritt  unb  Iritt  unterbrochen 
burd^  lange  Srfurfe  über  3Jlul^ammeb«  fieben  unb  fic^re  (entlehnt  au«  einem  berlorenen 
9ud^  be«  aSill^elm  bon   2:^ni«),   über   ba«  Älima,   bie  ^lora,   bie  %üma,  bie  lo^jo- 

66  grajjl^ie,  bie  Schjo^ner  be«  l^l.  fianbe«  (entlel^nt  meift  au«  einer  descriptio  terrae  sanctae, 
au^  Sfibor,  ^^Jfiniu«,  au«  einer  mappa  mundi  unb  oft  fe^r  fel^ler^aft)  unb  enblid^  burd^ 
fittengefc^id^tlid^e  Betrachtungen  über  bie  berfc^iebencn  Sleligion«j)arteien,  bie  Julianen, 
bie  abenblänbifd^en  ©emeinben  ^aläftina«;  biefe  Setradjitungen  finb  ber  hjertboDfte  leil 
be«  Suc^e«.     '^m  2.  Sud^  enth)irft  ^alob  ein  meift  rec^t  büfter  gel^altene«  Silb  bon  ben 

o»  gleid[;geitigen  fittlidj^en  3wftänben  ber  abenblänbifd^en  G^riftenl^eit,  bornel^mlic^  granfrcic^ 


Safob  t}ün  Sitr^  ^[afofitten  565 

(c.  1  bom  2Bud;ct,  5.  t)on  bcn  berlommencn  Prälaten,  6.  Don  bcm  fittcnlofeu  Scbcn  ber 
^arifer  Stubcntcn-  unb  2c^rcrfdf|aft,  c.  5,  7,  8  über  gußo  ))on  9JcuiIK  unb  anbcrc 
Ärcuj))rcbiger  —  §aut)tqucnc,  für  ^ulfo  — ,  c.  12—33  über  bic  SKönd^^orben,  and)  über 
^umiliaten  unb  ^anji^faner,  c.  34—38  über  3Weffc,  ©aframcnte  u.  f.  ».)•  3"  ^^^^^ 
3.  Suct^  tooHte  nun  ^alob  nod)  bie  ßreißniffc  be8  6.  Jtreujjuge«  bte  jur  ©inno^nic  bon  6 
2)amiette  fd^ilbem.  fea^  je^t  bei  Songar^  al«  3.Suc^  fte^t,  ift  ober  md^t^  al«  eine 
lüberlid^c  ÄonH)iIation  au^  einem  t)on  SRid^orb  \>on  ©an  (Sermano  überlieferten  Seric^te 
bc^  ^atriarc^^cn  Don  ^erufolem  an  ^i^wocenj  III.,  au«  einem  })aläftinenfif(i^en  gtinerar, 
au«  c.  1—27  t>on  DliDer«  historia  Damiatina.  S)a^  biefe  5lom})itation  Don  ^afob 
l^errül^rt,  ^alte  ic^  trofe  3^^^*  ^^  3«^^  ^'^^^  f^  unmögüdf^.  ©agegen  ift  auc^  m.  6.  lo 
aanj  au^gefd^loffen;  ba|  bie  Don  3Wartöne  unb  S)uranb  toillrürlic^  afö  3.Su(i^  be^eid^nete 
Äom^jilation,  bie  nur  im  (Singang  mit  bem  3.  Sud^  bei  Songar«  übereinftimmt,  auf 
3afob  aurüdfge^e.  —  SBeit  toertDotter,  al«  bie«  3. 33u(^,  fmb  für  bie  ©efdf^ic^te  bc« 
5.  Ärcu^uge«  gafob«  au«fül^rlid^e,  gerabeju  ate  „3^*wngen"  gebadf^te  ©riefe  au^  ben 
Sauren  1216—1221.  ^afob  fd^ilbert  bann  2anb  unb  2eute  mit  erquicfenber  grifdf^e  unb  iß 
©cgenftänbUd^feit.  5Ric^t«  2luffäUige«  entgeht  jeincm  aufmerifamen  SlidEe,  mag  e«  nun  ein 
merftoürbige«  lier,  eine  merftoürbige  Snftitution,  ein  merfioürbiger  ^xani),  ein  merftoürbige« 
2)enlmal  au«  alter  3cit  fein,  greilid^  l^at  er  aud^  afö  Serid^terftatter  arge  ©d^attenfeiten :  er 
ift  felbft  für  einen  itreujfa^rer  über  bie  SKafeen  leidet«  unb  tounberglöubig  (Dgl.  ©rief  1 
unb  Supplementum  §  15  f.  ©.  672  f.  über  ben  ^ger  SWaria«  DonDignie«,  ben  er  al«20 
2lmulett  am  Äalfe  trug,  femer  bie  td)U  Siartarennadjridjit  über  ben  „(priftlid^en"  Äönig 
5DaDib  =  3:fd^ingi«^6^an,  Srief  7,  3Ä®  15,  ©.  98—101).  ^nd)  läfet  er  [\df  bur($ 
feine  lebhafte  Slebfeligfeit  nur  ju  oft  ju  SBieber^oIungen  unb  ungeorbneter  3)arfteIIung 
Derleiten.  3)arau«  ge|t  l^erDor,  ba&  ba«  SDenfen  nid^t  feine  ftarfe  ©eite  toar,  fonbem  nur 
ba«  Seoba^ten.  ®emgemä^  ift  er  audfi  al«  X^eologe  nid^t  fe^r  ^od^  einjufdf^ä^en.  6r  26 
befijt  jtoar  eine  beac^ten«toerte  ©elefen^eit,  befonber«  in  ber  Sibel  unb  in  ben  SBerfen 
Sem^arb«  Don  GlairDeauj.  ätber  er  ift  fein  ©d^olaftifer,  ja  er  ftel^t  bem  großen  auf« 
fd)Umngc  ber  fird^Iic^en  SBifJenfd^aft  feit  Seginn  be«  13. 3ö|r^unbert«  argtoöl^nifd^  gegen- 
über (Dgl.  ^itra  a.  a.  D.  ©.  365—372  bie  3Ra^nung  an  bie  ©c^olaren :  non  expedit 
in  libris  naturalibus  nimis  occupari,  unb:  non  de  omnibus  inquirereso 
oportet).  $.  JBB^men 

^afobtten.  —  ßittcratur:  $QU|)trücr!  für  bic  fl}rif(6cn  3ö^obitcn  nocft  immer: 
J.  8.  Assemani,  Bibliotheca  orientalis,  Romae  1719—28  fol.,  bcf.  55b  2  (1721)  de  scripto- 
ribus  syris  monophysitis  mit  ber  Dissertatio  de  monophysitis.  Heber  bic  t)on  Äff.  geplanten 
SBerfe  Historia  Orientalis  (t.  6  de  Syris  Jacobitis),  Concilia  ecclesiae  orientalis  (t.  6  Ck)nc.  86 
Syrorum  Jacobitarum),  1 8 ber  Calendaria  orientalia  f.  9(.  Slffcmani  83b  II,  145,32. 146,  il.  Sgl. 
weiter  in  SR®'.  ^Ibeffinifcftc  mtd^t  1,85;  Armenien  2,77.  82;  ©ut^djc»  3,  635  unb  bie  bort 
genannte  Sittcratur.  gür  „Äopten"  injroifcl&en  M,  178,  ^aronitcn  9,346,  gKonop^^filiSmug 
10,  236,  9ieftortaner  10,  497,  @t)rien  15, 181.  3n  3Bctcr-S»eItc»  @^rcr  uon^ie^cr  11  (1899) 
Sp.  1124—1134.  —  5)ic  fogenanntc  ffirc6enge{(fti(^tc  be«  Sac^arioS  JR^ctor  in  bcutfc^cr  Heber-  40 
fe^ung  t)crauggcgcbcn  oon  St.  ^C^rcnS  unb  ®.  Ärüger  (Seidig,  2:cubner  1899  =  fasc.  III 
ber  Bcriptores  sacri  et  profanl)  unb  bie  bort  ©.  VII— aI  tjcrjcidincte  fiitteratur,  bcf. 
S)iefamp,  3)ie  orig.  Strcitigleiten ;  ^le^n,  3alobu8©arabeü«;  ßrüger,  3Jionop6t)fitif(ftc  @trei- 
tigfeiten.  a)ie  Uebcrficölen  über  bic  f^r.  ßitteratur  oon  ©rig^t  1894,  a)ut)al  1899  (»91.1900); 
bic  fie^rbüc^cr  ber  ^rc^cn-  unb  ^ogmengefc^ic^te.  45 

1.  ffio^l  nirgenbg  ^aben  firc^lic^eligiöfe  ©Jjaltungen  tiefere  ©d^eibungen  betoirlt 
aU  bei  ben  ©^>rem.  3)ie  ©^rer  lourben  bie  Präger  be«  ß^riftentumö  im  Orient.  3lber 
neben  ber  Sinl^eit  ber  Bpxad)t  unb  Sieligion  fehlte  il^nen  t)on  je^er  bie  ftaatlic^e  ©in^eit. 
3?amcnt(ici^  feit  bem  grieben  jhjifc^en  ben  Werfern  unb  ^p^inian  363  trennte  eine  f(^rfe 
(Srenje  bie  hjcftlid^en  unter  einem  d^riftlid^en  römijd^en  Äaifer  ftel^enben  ©^rer  bon  il^en  6o 
©jjrac^^  unb  ®(auben«genofJen  unter  ben  feueranbetenben  Königen,  unb  ä^nlid^  gel^bren 
nod)  l^eute  t)on  ben  Sleftcn  ber  ©^rer  im  ^a^xo^  bic  ber  loeftli^en  ©eite  mm  türtifdfien, 
bic  ber  öftlic^en  jum  t)erfifc^en  Sleici^.  äramäer  unb  Armenier  fmb  bie  ©tieflinber  ber 
oricntalifc^en  ©efd^id^te :  bie  ©^rer  toaren  nad^  bem  Urteil  eine«  gelehrten  2)i))lomaten  always 
a  down-trodden  race.  aber  nod^  einen  tieferge^enben  9li&  aU  bie  ^olitif  l^at  bie  SRe=  56 
ligion  bchjirft,  bie  d^riftologijd^en  ©treitigfeiten,  bie  fw^  an  bie  9Jamen  bon  (gutt^c^e«  unb 
3?cftoriu«  Inüt)fen.  „^on  einer  Äramäifd^en  9Jation"  bemerlt  bie  Autorität,  ber  and)  ba« 
iJoranftcf^cnbe  im  iDcfentlic^en  entnommen  ift,  Sb.  ©ac^au  im  9Sorh)ort  gum  3?erjei(i^ni« 
ber  jt;r.  ^bff.  ber  SJerliner  Sibliotl^el  1  ©.  VIII,  „fann  heutigen  a:ag«  nid^t  mcf^r  bie 
Siebe  fein,  h)o^I  aber  giebt  e«  jtoei  SSöIfer  aramäifc^en  ©tamme«,  bie  einanber  fo  fremb  eo 


566  ^atobtten 

gegenüber  [teilen,  h)te  §oBänbcr  unb  ©eutfc^^e,  ^anjofen  unb  S)cutfci^c,  (Snglänbcr  unb 
2)cutfd^c.  9icftorianer  unb  ^alobiten  l^afjen  einanber  faum  tocniger  ate  ben  flcmeinfamen 
^nb,  ben  3Wul^ammebancr,  bem  t^rc  ghJtetrad^t  bie  ^errfd^aft  über  fte  crlcid^tett.  3Benn 
bte  türftfc^en  ^ToDtnjialregierungen  i^re  ä(ften  öffnen  U>oDten,  tDürben  {te  unfägltd^  traurige 

6  Silber  gegenfeitiger  3?erl^efeung  unb  9Jerf olgung  unter  ben  ß^riften  entroHen.  33eibc  3Sölfer 
f^reiben  jtDei  berfcjiicbene  Slrtenberfelben  Schrift  —  biefe  SSerfc^ieben^eit  jafobttifc^er  unb  ncfto= 
rtanifd^er  ©djirift  ift  Don  ©ad^au  fogar  ber  ©inteilung  feinet  fiatalog^  ju  ®runb  gelegt  — 
unb  \pxtd)m,  too  fte  bie  Bpxad)t  ber  33orfal^ren  noi)  erhalten  ^oben,  ^toei  berfd^iebcne 
S)ialefte  berfelben  @))ra(^e.    3Kan  ^at  im  ijerfönKc^en  3SerIel^r  mit  i^nen  ftet^  ben  ©ins 

10  brud;  ba^  bie  X^atfad^e  ber  gemeinfamen  Slbftammung  bon  einem  unb  bemfelben  9SoIf 
ganj  unb  gar  il^rem  Setoufetfein  entfd^tounben  ift  unb  bafe  ber  Umftanb  ber  Ableitung 
&rer  beiberfeitigen  d^riftKcl^en  83eIenntni^formen  auö  berfdben  Urquelle  nid^t  bie  gcringftc 
Äraft  bcö  Sinben^  unb  SSertragen^  ober  gar  be^  33erfö^neng  au^juüben  fd^eint.  SBcr 
mit  ben  SSorftettungen  Don  bem  l^iftorifd^en  ®eh)orbenfein  an^  ber  euroj)äifdf|en  ©ele^rten* 

16  ftube  in  ben  Orient  fommt,  finbet  fic^  fc^toer  in  bie  ©onberfteßung  ber  beiben  ©^rer« 
üöHer  mit  aßen  i^ren  j)raftif(^en  Äonfequenjen  }ure(^t,  toirb  aber  gut  t^un,  um  ber 
3äe(t  ber  Si^atfac^en  gerecht  ju  toerben,  [x6)  )u  erinnern,  ba^  bie  @t>^tung,  toeld^e  biefe 
JJerl^ältniffe  erjeugt  ^at,  fd^on  einer  fel^r  alten  ^t\t  angehört,  ungefähr  berfelben,  in  ber 
bie  Raufen  in  ©adien  einbrangen  unb  ben  3äeg  ber  9{omanifterung  betraten,  in  ber  bie 

20  nac^  Britannien  au^toanbemben  ängeln  unb  ©adf^fen  fidfi  bon  i^ren  beutfdf^en  33oIfe 
genoffen  trennten.  2)ie  Oeburt^^eit  biefer  ©Jjoltung  ift  bog  5.  ^öi^^^unbert,  bie  $aut)tetat)j)en 
auf  il^rem  SBege  ftnb  bie  ÄonjUien  ju  @))^efu^  unb  ßl^alcebon  in  ben  ^af)xm  431,  449 
unb  451". 

©0  ©ad^au,  ber  biefe  33erl^ältniffe  aud  eigener  J)erfönlid^er  3lnfd^auung  lennt.    3"^^ 

26  Seftätigung  feinet  Urteifö  bient  bie  D^atfad^e,  ba&  aud^  biefe  Orientalen  felbft,  unb 
anbere  Beobachter,  nic^t  bon  einer  jalobittfdfien  unb  neftorianifd^en  Äirc^e  ober  Äonfeffion, 
fonbem  Don  bem  3SoU  ber  S^Iobiten  ober  9leftorianer  reben.  33gl.  j.  83.  in  bem  Scrid^t 
be«  Don  ®regor  XIII.  in  ben  Orient  gefd^idften  Seonarb  Slbel  Don  1587  (in  franjöfifc^ 
Überfe^ung  mitgeteilt   bon  ä.  b'äbril  in  ber  Revue  de  TOrient  Chrötien  3, 200 ff.): 

80  „Les  h^r^sies  et  erreurs  principales  de  la  nation  Jacobite",  ober  aud  unfern 
2:agen  in  berfelben  äeitfc^rift  4  (1899)  ©.  428  ben  äuffa^  eine«  römifd^eii  SReftorianer« 
3.  Sabaf^an  „Protestantisme  et  Catholicisme  ch^z  le  peuple  Nestorien.  SBefent= 
lidfi  bon  biefen  f^rifd^en  gafobiten  ift  im  folgenben  bie  9lebe,  nic^t  Don  ben  bogmen= 
gefc^id^tlic^  mit  t^nen  jufammenjufaffenben  foj)tifd^en,   ätl^io^ifd^en,   abeffmifc^en  unb  ars 

36  menifc^en  Äirdf^en,  über  toeldbe  bie  betreffenben  2lrtifel  ju  Derglei^en  ftnb. 

2.  3Jlit  bem  Flamen  ^ölobiten,  beffen  erfte«  Sorlommen  ic^  nic^t  belegen  fann  (am  fjefi 
ber  Ortl^obojie  [©onntag  S^DocaDit]  lautet  ber  ©d^Iu|  ber  3lnatl^ematt«mcn  im  ©vnobicon 
Don  9licöa  787:  ''OXoig  röig  EvTvxiavKnatg  xal  Movo&ekriTaTg  xai  'Iaxü)ßiraig, 
*Avd&€fjia  y,    Kai  änXwg  ebieiv,  näoi  xoig  aigeriHoig,  'Avd&ejua  y),  bejeid^net  man 

40  je^t  ^auj)tfäd^Iid^  bie  f^rifc^ien,  in  früberer  3«t  nod^  me^r  bie  ägvptijdjien  a)conoj)^l;fitcn. 
Ueber  ben  älteren  ©t)radigebrau^  Dgl.  j.  S.  Sem^arb  Don  Sre^benbad^  in  feinen  feit 
1486  oft  gebrudtten  Peregrinationes  in  montem  Syon,  ber,  nac^bem  er  Don  ben 
©arajenen,  Suben  unb  ©uriani  in  S^nifalem  gei^anbelt  ^at,  fd^reibt:  Sunt  praeterea 
et  alii  quidam  Jerosolimis  et  locis  Ulis  homines  in  multis  a  Graecis  et  Latinis 

46  differentes  et  vocantur  Jacobite  sive  Jacobini  a  quodam  magistro  suoJacobo 
euiusdam  Alexandrini  quondam  patriarchae  discipulo  sie  appellati  . . .  Ipsi 
diversis  utuntur  idiomatibus  seeundum  diversas  provineias  in  quibus  habitant ; 
habent  tarnen  quoddam  proprium  idioma,  beffen  Sllfabet  er  bann  giebt,  unb  biefe 
fjjejififd^  jafobitifc^e  ©c^rift  unb  ©J)rac^e   ift  feine  anbere  ate  bie  fo))tifc^e.  —  3)ie  mo= 

60  noj)^vP^if^c  ^^W  toö^  ^^^^  Segünftigung  ber  Äaifer  ^eno  unb  Slnaftafiu^  befonberö 
burc^  Sarfaumaö  Don  ßbeffa,  Xenaja^  (^^ilojenuö),  Sifd^of  Don  3)Jabug,  unb  bun^^ 
5ßetrug  guUo,  fotoie  burd^  ©eDeru^,  ben  5ßatriard^en  Don  2lntiod^ien,  unter  ben  ©^rem 
Derbreitet  toorben.  dagegen  lourben  unter  ^uftin  I.  eine  grofee  3Kenge  f^rifd^er  33ifd^öfc 
abgefegt  unb  Derjagt,  hjeil  fie  bie  geforberte  2lnerfennung  ber  Sefd^Iüffe  be«  c^alcebonifd^^en 

66  Äonjite  Dcrtüeigerten.  3"  *>i^^  3^*^  *>^^  5Jot,  ate  nur  nod;  jloei  ober  brei  re^t^ 
gläubige,  b.  1^.  mono^j^i^fitifc^^e  Sifd^öfe  im  2lmtc  toaren  —  fo  erjä^lt  ber  ältefte  f^rifd^e 
Äird^cngefc^id^tgfc^reiber  go^anne«  Don  CS^^efu«  —  iüurben  in  Äonftantinopel  unter  bem 
^atronat  ber  Äaiferin  I^eobora,  bie  bereitiüilligft  aBe  gegen  ba^  G^alcebonenfe  gerid^teten 
SBeftrebungen   unterftüffte,    Don   bem   bort    feftgebaltenen   monoj)$Dfttifd^en    ^^atriard^cn 

«0  äiejanbrien«,  Xl^eobofiu^,  auf  Sitten  beö  Slraberfürften  ^ärit^  bar  (Säbala  einige  Sifdf^öfe 


^tühlitn  567 

für  bcn  Driait  öcbci^t,  Il^eobor  für  Sofra-^trta,  über^aiH)t  bcn  ©üben,  Igalob  für 
@bef{a  unb  bai  gamai  Dftcn.  Se^tcrcr  toar  ber  Wlann,  tvelc^er  ber  mono))l^^ftttfci^en 
©ac^c  tptcber  aufhelfen  joDte. 

ßi  tt erat  ur:    ^.  ®.  AIci)n,  Jacobus  Baradeüs  de  fltichter  der  Syrische  monophysie- 
tische  Kork,  Ücibcii  1882.  6 

©cborcn  in  %cUa,  im  Äloftcr  ^^afilta  bei  9lifi6i«  crjogen,  lö^a^re  lang  3)lön(^^ 
in  Jtonftantinoj)el,  burd^eilte  er  feit  feiner  Siteof^eil^e  (541  ober  543)  ttnellfüftig  toie 
Slfa^el,  cnt^altfam unb  feine 3Wül^e fc^euenb, ate S3ettleraefletbet  ^ani SSorberafien  bon Bijxim 
unb  ätegvpten  biö  jur  ^autotftabt  unb  bcn  unfein  be8  SReere^  faft  403al^re  lang,  überall  bie 
ÜKeinungigcnoffen  fammeinb  unb  ermutigenb,  bie  (Semeinben  orbnenb,  Sifdf^öfe,  ^rieftcr  unb  lo 
2)iaIonen  hjeil^enb,  teilhjeife  bon  jtoei  3kbnä^,  ßonon  unb  Sugeniu«,  begleitet,  bie  er  in 
3(g^t)ten  ju  Sifd^öfcn  ^atte  toei^en  laffen,  um  fo  ju  britt  bie  Sifdf^of^ei^en  rite  Doli« 
^ie^en  ju  fönnen.  Jn  einem  %aQ  feine  aufgäbe  erfüllenb,  in  ber  Sladf^t  30,  40  unb  mcl^r 
^JJleilen  Leiter  tpanbemb,  entjjing  er  glüdHi^l  ollen  Verfolgungen,  unb,  hjö^renb  bor  i^m 
bie  Bad)t  ber  SKono^^^pten  im  3[u«fterben  toar,  ergö^It  ber  f^ion  genannte,  bon  il^m  jum  i6 
Sifd^of  bon  g^l^efu«  geioei^te  S^^önne«,  ba^  ^alob  toö^renb  feine«  Sebenö  jtoei  ^ßatri« 
arc^en  (Sergiud  unb  $aulu«),  27  (nadfi  einer  anberen  ©teile  gar  87)  Sifc^öfe  geloei^t 
^abe,  unb  glaubt,  berjenige  be]^au))te  nid^t  ju  biel,  ber  fage,  ba^  er  100000  5ßriefterunb 
3)iafonen  gemad^t  ^abe.  3lai)  be«  Seberu«  lobe,  ben  bie  aWonot)l^t^ftten  al«  i^ren  erften 
^atriard^en  jäl^len,  nal^m  er  bie  ^Partei  be«  ©ergiu«  bon  Stella,  feine«  einftigen  Älofler*  20 
bruber«,  unb  nac^  beffen  frühem  %cbt  fejte  er  felbft  ben  au«  Sig^jJten  t>ertriebencn  ^aulu« 
al«  ^atriard^en  ein.  Unter  bem  Seinamen  Sarabäu«,  Saräbai',  ift  3aIob  in  berKird^en« 
gefdjiidS^te  befannt-  fo  Reifet  er  (arab.  -^mN^ibwS,  ft^r.  N^rrra  ober  «rrr-ia)  jjon  feiner 
ärmlichen,  einer  ^ferbebedfe  gleid^cnben  5lleibung;  feltener  l^eifet  er  3<*»^J^w^  x^dvi^akog, 
f.  5Rice))^or.  ßollift.  18,  52:  „ded  rhv  äxgav  evrüeiav"  unb  ^o^anne«  bon  äfien  bei  25 
Sanb,  Anecd.  Syr.  2,  367,  24.  SSon  fc^riftftetterifdf^en  arbeiten  l^at  er  toenig  ^intcr* 
laffen.  ©ine  i^m  beigelegte  8tnaj)^ora  i)at  SRenaubot  in«  gateinifd^e  überfe^t  (Lit.  2 
333 sqq.);  ein  i^m  jugefd^riebene«  ®lauben«belenntni«,  loeld&e«  bie  ^Waroniten  3lbral^m 
(Scd^eHenfi«  unb  5Kairon  au«  einer  arabifd^en  ßanbfc^rift  in  mom  fennen,  pnbet  ftd^  ätbio= 
^ifd^  in  bieten  ^anbfc^riften  unb  tourbe  bon  ßorniH  (3bm®  1876,  ©.  417/66)  mit  Über*  30 
fe^ung  ^erau«gegeben,  feine  ©c^tl^eit  unterliegt  aber  einigen  Sebenlen,  f.  BO  2,  468, 473 ; 
f^rifd^  ift  ba«felbe  n(>d)  nic^t  aufgefunben.  dagegen  fmb  in  einer  Sonboner  fi^rifdfien 
$anbf(^rift  (Add.  14,602)  eine  änjal^l  gnc^flilen  bon  il^m  erl^alten;  nur  bon  fold^en 
rebet  audj^  ^ol^anne«  a.  a.  D.  376,  26,  bon  bem  ioir  eine  boJ)j)elte  Siograpl^ie  be« 
3Wanne«  ^aben;  eine  fürjere  unb  eine  längere  jum  33orlefen  in  ben  Äird^en  beftimmte.  »6 
©ein  Xob  faßt  nac^  2)ionvrtu«  2:ellma^re  (=  ^o^anne«  bon  ®j)^efu«,  f.  SRau,  ROChr 
2,  493)  in«  ^aif^r  889  =  578. 

33on  biefem  göfobu«  Sarabäu«  l^aben  bie  golobiten  ii^ren  Flamen  (f.  Barhebr., 
Chr.  Eccl.  1,  217;  bie  (f»)ätere)  Überfdjirift  bei  2anb  364),  nidf^t  ioie  fd^on  ^o^anne« 
(a.  a.  D.  377)  fagt,  „t>on  bem  ^eiligen,  erften  ber  Sl^joftel  ^dob,  beffen  Olauben  un«  40 
l^cute  biefer  göttU^e  Salob  (Sarab.)  berlünbigt"  ober  gar  bon  bem  altteftamentlic^en 
Patriarchen  ^alob,  anq  nic^t  bon  ®io«foru«,  ber  angeblid^  bor  feiner  Drbination  Igafob 
gel^eifecn  (BO  2,  66,  326).  ©ie  felbft  nennen  [xi)  übrigen«  in  ber  älteften  3eit  mit  3Sor« 
liebe  bie  ©laubigen,  SRed^tglöubtgen,  Drt^obojen  ober  diaxQivöuevoi,  bie  ba«  ß^alce« 
boncnfe  ju  acce>)tieren  jögem;  inä[gVJ)ten  nannten  fie  fid^  Il^eooofianer  unb  ©eberianeris 
(Sanb  377)  unb  3)io«hinaner:  toemt  fte  aud^  gut^c^ianer  genannt  tourben  (1.  äufl.),  fo 
bie«  fidf^erlidfi  nur  bon  i^ren  ©egnem,  benn  bon  ©ut^c^e«  tooDten  fie  nid^t«  loiffen. 

3.  Über  bie  Sel^reigentümlid^Ieiten  (ßl^riftologie,  filioque  u.  f.  U).)  f.  b.  21.  ©ut^d^e« 
SBb  III,  635  ff.,  3Rono))l^i?fiti«mu«.  Vom  fatl^olifc^en  ©tanbj)unlt,  aui  älterer  Reit  ben 
«eric^t  be«  (römifc^en)  Sifd^of«  geonorb  Slbel  bon  ©ibon  an  ©igtu«  V.  (1587),  ber  bon  w 
©regor  XIII.  1583  in  ben  Orient  gefanbt  toorben  toar,  italienifd^  in  S.Baluzis  Tute- 
lensis  Miscellanea  ed.  Mansi,  2uca  1764S3bVI,  150;  franjöfifc^  bon  St.  b'9lt>ril  in 
ROChr  3  (1898)  p.  200ff.,  bef.  216;  au«  neuerer  3lbbeloo«  unb  2ami?  in  ber  Praef. 
jum  Chron.  eccl.  be«  SarJ^^ttäu«  p.  XI— XIX. 

211«  Seifjjiel  für  ben  ©fer,  mit  toeld^em  bie  df^riftologifdjien  Sel^rfragen  erörtert  iourben,  55 
mag  nur  bie  Il^atfad^e  angeführt  ioerben,  ba^  man  nid^t  blofe  einem  ^ajKigei  ben  S^^o^ 
o  axavQio^eig  di  vjuag  jum  Iri«l^agion  leierte,  fonbem  ba&  barüber  bon  ^\aat  öon  3lntio= 
c^icn  auc^  nod^  ein  2136  SSerfe  lange«  ©ebid^t  gemad^t  lourbe  (Opp,  2,  84—175),  unb 
bafe  man  in  ben  bogmatifc^n  §anbfd^riften  be«  ©ritifd^en  3Wufeum«  bie  ©e^eimniffe  ber 
3tt)einaturenle^re  (ovyxvoig,  ovvacpeia  u.  f.  to.)  mit  roter  unb   fd^toarjer  linte  an   ber  60 


668  ^afobtteit 

©d^rcibuiig  bc5  SJaincn«  ^^u^  ß^rifluö  erläutert  finben  fann.  3"  ^^^  änerfcnnung 
bcr  römif^en  Äirdf^c  fanb  ^eonarb  äbel  um  1587  bcn  jafobitifd^^cn  Unterl^änblcr  bereit; 
aber  ben  S)io^Iur  ju  berbammen  unb  6baIcebon  anxuerlennen,  klonte  er  runbtoeg  ab. 

4.  Äultu^.    6ben  fo  fletnltd^  erfcpeinen  un«  oie  in  ber  fonfeffioneöen  5ßoIemt!  be= 
6  tonttn  Unterfd^icbe  be^  Äultu^,  ba^  beim  Äbenbma^I  ba^  Srot  gefäuert  fein   mu^  (ob 

frül^er  auc^  ungejäuert  f.  BO  1,  409.  2,  282)  mit  ettoa«  8eimif($ung  bon  iSalj  unb  Dcl 
(2,  144.  183);  anberö   bie  Äot)ten  (Slenaubot,   bist.  patr.  AI.  425,    Liturg.  1,  191. 

2,  64.  BO  2,  121.  144),  ftet«  frifc^  gebacfen  (2,  83)  mit  meift  ungerabcr  ^af)l  ber  Db= 
laten  (2,  180).    am  toic^tigften  ift  nod^   immer  bie  3Serh)erfung   be«  ß^alcebonenfe,  bic 

10  änerlennung  S)io^fur«   (neben  ^ßeter  guHo,    ©et)eru§,  ^atob  t)on  ©arug,  6bef|a  unb 

3.  Sarabai)  unb  ber^wfa^  im  2^riö^agion.  3)ie  Sefreujung  bollgiel^en  fie  mit  einem  ^nga, 
um  il^ren  ©louben  baburd^  ju  befennen;  ba^er  baö  ^eft  ber  80000  Ringer,  bie  bon  ben 
©ried^en  ben  3Kono))l^vPten  3llejanbria«  abgel^uen  toorben  fein  foDen  (f.  SJiöe^,  Cal.  I 
jum  29.  ©ej)t.).  —  S)ie  SBäa^I  ber  Sifd^öfe  unb  5ßatriard;en  gefd^ie^t  öfter  burc^  ba^  2o«. 

16  Silber«  unb  §eiligenbienft  l^aben  fie  h)ie  bie  gried^ifd^e  unb  römifd(^e  Äird^e,  im  3Dlaricn= 
bienft  feigen  fte  eine  Unterfd^eibung  il^er  Äirdf^e  bon  ber  neftorianifd^en. 

5.  33erfafjung.  —  ßittcratur:  ©ilbcrnagel,  SSerfaffung unb  flcgentüärtiger »eftanb 
fämtl.  Äircj^cn  bcä  Orient«,  fianbS^ut  1865,  @.  251  ff.;  Barhebraeus,  Noinocanon  c  7,  (ed. 
Bedjan  74—116).    a)  3)er  ^atriarcb:  S  Vailhe,  L'ancien  patriarchat  d'Antioche  (Echos 

20d'Orient,  Avril-Mai  1899,  nt(ftt  (\cfe^cn) •  BO  2,  321—386.  479-482;  BH,  ehr.  eccl.  ed. 
Abbeloos  et  Lamy;  Le  Quien,  Oriens  Christianus  2,  1357  ff. ;  Jos.  Guriel,  Elementa  lin- 
guae  chaldaicae,  quibus  aecedit  Series  Patriarcharum  Chaldaeorum  (Romae  1860,  p.  144 
blÄ  215  Cronotaxis  Patriarcharum  Chaldaeonim) ;  ®b.  ©qc^qu,  SSerjeidmiö  ber  fi)r.  ^bff. 
ju  ©crlin  (1899,  2)  571  eine  139  Flamen  umfoffcnbe  öiftc  bi§  jum  ^^Q^folgcr  bc«  1885  = 

26  1574  in^ijarbcfr  jumS^lam  übergetretenen  ^ii'ma.  @ine  ganj  neue  unb  out^cntifcftc  Quelle 
eröffnet  ftc^  buxdi  bic  auf  4  ©finbe  bcre(ftnete  9lu8gabc  ber  Chronique  de  Michel  le  Syrien 
6dit^  dans  le  texte  original  et  traduite  pour  la  premifere  fois  par  J.-B.  Chabot.  Ouvragc 
publik  80UB  le  patronage  et  avec  le  concours  de  TAcad^mie  des  Inscriptions  et  Beiles 
Lettres.  T.  Jier  $ari8  1899  (nod)  nic^t  gefe^cn).    SBflI.  ba^u  J.-B.  Chabot,  les  6\^ue»  Ja- 

30  cobites  du  VHI®  au  XIII®  si^le  d'apres  la  (JhroDique  de  Michel  le  S>Tien  (ROr.  Chr  4 
[1899],  444—451,495—511  äsuivre).  gn  bcr  jur  (J^ronit  gel)örenbcn  fiifte  bcr  jafob.  ^atriar» 
(6en  t)on  @cücru«  512  bis  SWicftoel  I.  1161—1199)  pnb  uon  (5l)riacii8  (793)  nn  bic  Don 
icbcm  einjclnen  ^atriardften  orbinicrtcn  ©ifcftöfc  mit  9iamen  aufgcfüfjrt,  nte^r  qI«  900,  loo* 
burcft  crftmalS  eine  juöcrlftffigc  Uebcrficfit  über  bcn  jeweiligen  SBeftanb  bcöSprenflclS  crniög« 

86  Hc^t  wirb. 

35er  5ßatriard^  ber  f^rifd^en  Safobiten  fül^rt  ben  2^itel  „^ßatriarc^  bon  2lntiod^en", 
inbem  bie  ©ucceffion  auf  ©eberu«  3lntioc^enu«  jurücfge^t.  aber  ba  bie  g^tobiten  al« 
Äe^er  bon  ben  ©ried^en  in  2lntiod^ien  nie  gebulbet  tourben,  fo  tool^nten  bie  jafobitifc^cn 
Patriarchen  immer  in  anberen  Stäbten  unb  filöftem,   befonberö  oft  in  2lmib  (3)iiarbefr), 

40  bi«  mit  aJlid^ael  I.  feit  bem  Saläre  1166  ba«  Älofter  be«  ^I.anania«,  25eiru='d=©a'farän 
CiK-crT,  mr  Za'feran,  f.  Bai^an,  Steife  6.  405 f.;  ROChr  2,  262 f.;  ä.  b^äbril, 
Les  Hi^rarchies  en  Orient  (ebenba  4,  148)  fd^reibt  falfc^  Zag-Faran)  genannt,  na^c 
bei  ber  ©tabt  SKärbin  auf  längere  ^^\t  xl}x  ftel^enber  SBo^nrt^  tourbe.  Slbioeic^ungcn 
famen  aHerbing«  )oox,  fo  befonber«  toö^renb  be«  großen  ©c^igma«  unter  ben  ^[afobiten, 

46  ba«  t>on  1364  bi«  1494  bauerte,  tt>o  jtoar  ber  eigentlid^e  unb  legitime  ^atriarc^  feinen 
©i^  bort  in  ÜKarbin  ^atte,  ber  bon  ben  cilicifd^en  Sifd^öfen  getoä^Ite  aber  in  ©i«,  ein 
britter  „^triarc^  ©^rien«"  genannter  im  Älofter  be«  Sarfuma«  bei  SWalatja,  unb  ein 
bierter,  ber  ^atriard^  bon  3:ur-2lbbin  (b.  ^.  ®ebirg  ber  ®otte«berel^rer,  einer  ©egenb  am 
ligri«  mit  t)ielen  Jtlöftem),  im  JUofter  ©t.  ^atob  ^u&alad).    ©eit  bem  16.3jöl^rl^unbert 

60  gilt  jtoar  bie  itirc^e  in  bem  Älofter  ©a'farani  nod^  forttoäl^renb  für  bie  Äird^e  be«  ^a= 
triard^en,  aber  al«  feinen  2lufentf^alt«ort  finben  toir  meiften«  ßaramit,  b.  i.  2lmib  (S)iiär= 
befr)  genannt.  3)a«  ®ebiet  be«  antioc^enifc^en  ^Patriarchen  ftie^  an  ber  ©renje  t>on 
SigV^ten  an  ba«  be«  fo))tifd^en  ^atriard^en  bon  3llejanbrien  (BO  2,  372);  nur  über  3|c= 
rufalem  famen  beibe  in  ©treit  (Slenaub.  Lit.  I,  444),  h)eld(^e  ©tabt  in  neuerer  ^txt  eben* 

55  fotooj^I  einen  loptifd^en  al«  einen  f^rifc^sjafobitifd^en  Sifc^of  ^at  ^\xx  Slütejeit  ber  \a: 
fobitifc^en  Äirc^e  foÜen  bem  ^atriard^en  100  Sifc^öfe  unterftanben  fein.  3laa)  ber  bon 
e^abot  erfc^Ioffenen  OueHe  ^at  Striaen«  I.  (geft.  817)  in  21  ^a^ren  85  »ifd^öfe  ein= 
gefegt  an  me^r  al«  50  Orten,  SDioni^fiu«  I.  (geft.  845)  in  27  ^abren  99  an  60  Orten, 
gefef  fte^en   unter  bem  ^atriard^en   (5Rel^er  in  ffie^er  unb  SBelte  11    (1899)   1124  ff.) 

60  8  aKetrot)oliten  (Serufalem,  3RofuI,  3Rarbin,  Orfa,  Ä^arj^ut,  3Rar  Ttattax,  baju  2  öfu^ 
menifd^e,  ol^ne  beftimmte  S)iöcefe),  baju  3  Sifd^öfe  für  bie  ci\r>a  150  Ortfd^aften  be«  2:or. 
^m  ganjen  rechnet   bie  angegebene  Duette  für  bie  3i«tof>iten   in  3Kefo^otamien,   ©^ricn, 


3^at0btteit  569 

Rurbiftan  nur  nod^  80000  Seelen;  baflegen  fd^reibt  ©ad^au  1883  (Meife  406),  ba^  ba« 
^opfttum  jofort  ,,J)unberttaujcnbc  3lnl^ängcr"  me^r  l^ältc,  toenn  ber  (bamaltge)  5ßattiarc^ 
$cbro^  unb  fein  ^oll  bic  i^nen  täglic^  offerierte  Union  mit  Slom  annel^men  toürben. 

b)  25er  3Kat)^rian.  —  IMttcvatur:  9Je^cv  iu  ^Öc&cr-Selte*  8,  634/G;  BH.,Nomo- 
canon,  c   7.  6 

35em  ^atriard^en  mx  ©eite  ober  Dielme^r  gunäd^ft  unter  i^m  ftanb  ba«  ^avüpt  ber 
öftlicl;er  hjo^nenben  Safobiten,  ber  Primas  orientis,  ber  9Wa^)l^an,  ]\}x,  n:;^^;,  b.  i. 
ber  Scfrud^ter,  mit  Sejie^ung  auf  feine  ^nltion,  bie  Sifc^öfe  ju  orbinieren,  tioie  aud^ 
ben  neuern)äl?(ten  ^ßatnard^en  burc^  ^anbaufteaung  ju  betätigen.  3"  biefem  2Stcl  ögl. 
ben  aiugbrudt  ber  f^r.  Siturgie  ber  2l>)oft.  6onp.  (ed.  £ag.  245,  30 ;  Srigl^tmann,  litur-  lo 
gies  11,  1):  v7i€Q  rcbv  xaQJio(poQovvTcov  h  rfj  ayia  ixxXrjaia  xai  noiovvrcov 
ToTg  Tievfjoi  mg  kkerifxoovvag.  ©eine  Sefugnifje  tourben  geregelt  unter  bem  ^atriard^en 
go^ann  burc^  bie  ©^nobe  bon  869  (f.  Nomocanon  1.  c).  6r  tritt  getoifferma^en  cox 
bie  ©teBe  be^  bem  9leftorianigmu^  berfaBenen  Äat^oKIo^  (nad^^erigen  ^ßatriard^^  öon 
Seleucia),  unb  er  toirb  aud^  gutoeilen  Äat^ofilo«  betitelt.  3)er  erfte  3W(H)^rian,  ben  "^ahh  is 
©arabai  einfette,  toar  äld^ubeme«,  bod^  lam  bie  Sejeic^nung  5Dl(H)^frian  offenbar  erft  fjjötcr 
auf;  unter  e^iriacu«  (793)  Reifet  er  bei  TOidjiael  Epitrönlsä  (arab.Wakll,  ©teßbertreter), 
\oa^  G^abot  (ROChr  449)  Don  ini^ogcb  „f^conder"  ableiten  mikl^tc.  ©eit  SMarut^a« 
murbc  lagrit  ©ife  be«  SMojj^rian;  m^  ber  gerftörung  burd^  bie  Sraber  1089  jog  ber 
3Jlat)^rian  nad^  SKofuI,  too  er  feitbem  in  bem  SKattl^äu^Hofter  tool^nt,  je^t  freilid^  o^ne20 
3)Jarf^t,  unb  faft  nur  3:itular.  ©eit  bem  ^a\)xc  878  fam  e«  öfter  bor,  ba^  ber  jum  $a« 
triar^en  Oetoäl^Ite  einen  neuen  Slamen  annal^m,  unb  feit  bem  14.  ^al^r^unbert  tourbe 
3ignatiuig  ber  fte^enbe  9Jamc  (toie  ^Peter  bei  ben  3Jlaroniten,  3«>W  ^^  ^c"  ))äpftlid^en 
(J^albäem,  ©imon  unb  eiiag  bei  ben  9leftoriancm).  S)ie  gifte  ber  ^atriard^en  f.  an  ben 
568, 21  angefül^rten  ©teilen  au^  Sar^ebräu«  unb  feinen  gortf^cm,  bie  ber  3Ka})^riane  nad^  26 
»ar^ebr.  u.  a.  BO  2,  41 4  ff.,  unter  il^nen  Sar^ebräu«  felbjt  (f.  b.  31.  äbulfarabfc^  Sbl 
©.  123). 

2)ie  Ordines  unb  bie  ßinfüi^rung  in  bie  Äirc^enämter  befd[^eibt  äffemani  BO  II, 
diss.  de  Monophys.  §  X).    $JgI.  baju  91.  ©raffin,  Ordination  du  Pr§tre  dans  le 
rite  Jaeobite  (ROChr.  1  [1896],  21—36).   6«  ift,  toie  in  anberen  orientalifd^enJtird^en,» 
nid^)tö  Ungetoö^nlid^e^,  einen  berl^eiroteten  SKann  jum  3)iaIonu«  ober  ^ßreöb^terju  mac^^en; 
bo(|)  ift  e^  nic^t  erlaubt,  erft  nac^  ber  Drbination  eine  &)t  einjuge^en.  3)ag  9Jcönd^«Ieben 
ioar  bei  ben  go^obiten  ju  allen  Griten  getoö^nlic^  unb  beliebt.    ^\)xt  berü^mteften  Älöfter 
—  9?onnenflöfter  giebt  e«  nic^t  —  jä^It  Stfjemani  auf  (1.  c.  §  X).    2)ie  3Könc^e  gehören 
nid;t  mit  mm  Klerus,  aber  9ifd[^5fe  toerben  immer  au^  ben  3)tönd^en  getoä^lt,  unb  bie  86 
Älöfter  fte^en  unter  ber  2luffidf|t  ber  Sifd^öfe;  ögl.  auc^  ba«  (neftorianifc^e)  ©ebid^t  über 
130  .^eilige  unb  Äloftergrünber  in  ©ad^au«  8erl.  ftatal.  ©.  234—239.    25ie  öerfd^ie^ 
benen  bei  ben  3i<*'obiten  gebräud^Iic^en  Siturgien  in   fbrifc^^cr  ©^rac^e  f.  lateinifd^   bei 
aienaubot  (Lit.  or.  coli.,  T.II,  1716,  4«),  englifd^  bei  Srig^tmann  (Liturgies  Eastern 
and  Western  Vol.  I.  Oxf.  1896  p.  69—110:  The  Liturgy  of  the  Syrian  Jaco- 40 
bites  including  the  Anaphora  of  St.  James).    3)ie  bon  9tom   auö  für  SKaroniten 
unb  Unierte  gebrucften  ausgaben,  f.  bei  Srig^tman  p.  LVff. 

6.  Über  bic  ©d^riftfteller  ber  ^alobiten  ^anbelte  3.  ©.  äffemani  1721  im 
2.  2:cil  feiner  Bibliotheca  orientalis.  Seichter  jugänglidfi  ift  SBrigl^t«  short  History 
(1894)  unb  namentlid(^  3)ubafö  la  litt^rature  syriaque  (»1899,  M900),  in  toeId^er46 
bic  ©c^riftfteller  Dom  5.  ^a^rl^unbert  ab  nad^  il^rer  3u9«^örigfeit  ju  3iöIobiten  unb  SJ^to« 
rianem  gefd^ieben  fmb.  äufeer  ben  in  ber  31®  bel^anbelten  (3lbu(farabfd^  =  Sar^ebräu« 
»bl  ©.123  u.  bieJJadSiträgeSbll  ©.  780;  Safob  b.gbeffa  f.  oben  ©.551,  t)on©arug 

f.  oben  ©.  559 ;  3!o^anne«  öon  Sjji^ef. ;  3-  ^^^  3)<*w ;  3faaf  bon  3lntiod^ien ;  ®eorg,  ber 
airabcrbifc^of,  S3b  VI  ©.  522  ff.,  ögl.  bie  9Jamcn  ber  Sibelüberfe^er  ^I^ilosenud  bon» 
5Jiabug,  ^aul  öon  lella,  2;i^omag  )oon  §eraHea,  ben  bon  ben  3<ifobiten  angegangenen 
W^ftifer  (BUpf)an  bax  ßubaili,  bie  ^Patriarchen  unb  .?)iftorifer  3)ion^ftu«  t>on  3^eflmal^e, 
unb  9}Jicl;aeI  I.,  ben  Überfe^er  ©ergiu«  bon  SHefd^aina,  SDlofe«  bar  Äej)^a  (geft.  917), 
2)ionVfiu^  bar  ©alibi.  ©«  ift  ein  hochmütiger  ®ebanle  mit  biefem  regen  fieben  bie  3:i^at= 
farf^e  ju  Dcrgleid^en,  ba&  e^  ben  ^ö^obiten  gegentoärtig  an  geeigneten  gül^rem  fel^lt,  ba  66 
il?re  ©eiftlic^en  burd[|h)eg  fe^r  ungebilbet  unb  ungefc^idEt  fmb  in  ber  J^ü^rung  ber  ©efd^äfte 
i^rc^   5>olfe   (©adEiau,  9flcifc  ©.  407). 

7.  ®efd;ic^tlid[ie  Überfielt  unb  gegenit)ärtiger  Seftanb.  2)ie  öftrömifd^en  Äaifer 
tparen  ben  3)lonot)l^vftten  faft  ol^ne  Stu^nabme  entgegen  gcloefen,  nur  Rcno  unb  2lnafta= 
fiu^  begünftigten  fic,  S^ftinianö  toieberl^olte  SJerfud^e,  fie  mit  ber  lat^olifd^en  Äirc^c  ju  eo 


570  datobiten 

bctföl^ncn,  mifelanoen.  Unb  obh)o^I  bcr  burd^  ^aloh  Sarabai  l^crbciocfü^rtc  äfuffd^toung 
ein  nad^^altiger  tuar  fo  l^attcn  bod^  gerabc  bic  f^rifd^cn  S^loBiten  unter  ben  fjiäteren 
Äaifem  fotuol^I  afe  aud^  unter  ber  mu^ammebanifd^en  §errf(^aft  oft  unb  t)iel  xu  letbcn, 
toä^renb   i^re  ä0^>t)tifd^en  Srüber  pd^  mit  ben  mu^amntebanifd^en  Se^örben  balb   öor- 

6  teill^aft  ju  [teilen  iDU^ten.  8eifj)ielc  Don  Sebrtidhing  unb  SSerfoIgung  ber  Safobitcn 
fü^rt  ^ffemani  an  (T.  II,  diss.  de  Monophys.  §  VII ;  toie  fd^on  Don  SKoaDio^  658 
bie  ÜKaroniten  jur  ^^^'""Ö  ^^"  20000  ®enaren  jä^rlid^  Derurteilt  tourben  f.  ROChr  4^ 
178.  323).  3Son  ben  Äreu^fa^rem  tourbc  i^nen  ber  gutritt  jum  ^eiligen  ©rabc  Dertoe^t; 
Dgl.  $.  SJtartin,  les  premiers  princes  crois^s  et  les  Syriens  Jacobites  de  J^ru- 

losalem  CPari«  1889).  gur  3eit  ^at)ft  Oregor  XIII.  (1572—1585)  toaren  fie  fdj^on  fel^r 
jufammengefd^nioljen,  man  fdj^ä^te  bamate  bie  in  @^>rien,  3Refo})otamien  unb  Sabi^Ionien 
jerftreuten  3<*f«>^i^^>^  «wf  50000  ^JamiKen,  bie  meiften  arm  in  Dörfern  unb  Meinen 
@täbten  too^nenb;  (f.  !)^airon,  Euoplia  I,  2,  18,  p.  44  sqq.,  Assem.  II.  diss.  de 
Monoph.  §  VII  gegen  ba«  ©nbe).    ©benfo   fd^ilbert  ber  §oHänber  Äooth)^!  il^e  3«- 

löftänbe  im  ^ahxc  1619  (J.  Cotovici  itiner.  Hierosol.  et  Syriacum.  Antv.  1619,  4*, 
p.  201  sq.).  SHid^arb  ^ocodte  redf^nete  umba^^a^r  1740  inSamaöIu^  unter  20000  6^riften 
nur  200  ©^er  ober  Salobiten  (Sefd^reib.  be8  9RorgenI.,  überf .  D.  Sre^er,  grlangen  1791, 
4^  »b  II,  6.  182).  SRiebu^r  fanb  1768  in  TOfibi«  nur  eine  Heine  ©emeinbe  (Steife^ 
befdjir.  II,  380),  in  5Warbin  Ratten  fte  nod^  brei  Äird^en  (II,  396),  in  Drfa  150  Käufer 

20  (II,  408),  über  ßaramit  (II,  404,  426),  §aleb  (III,  7),  in  ^erufalem  Ratten  fie  ein 
Heine«  Älofter  (III,  61),  ber  2)iftrilt  2^or  toor  aber  nod^  ganj  Don  ^alobiten  betoo^nt 
(II,  388).  Sucfing^am,  ber  im  3a^re  1816  aWefojbotamien  bereifte,  ft)rid^t  Don  2000  3a= 
lobiten  unter  20000  Sinloo^nem  in  SKarbin  (Steife  in  3Wefoj).,  beutfc^e  Überf.  S3erlin 
1828,  8^  ©.  224  ff.  238),   in  S)iarbefr   jä^Ite   er   ettoa  400,   in  aWoful  300  gfamißcn 

26  (ebenb.  S.  263,  340).  Sb.  ©ac^au  fanb  auf  feiner  Steife  in  ©^rien  unb  3Wefo))otamicn 
(SeiDjig  1883,  im  SBinter  1879/80)  im  3^al  be«  ß^abur  nur  nod^  loenige  an  3lom  an- 
^efc^Iojfene  galobiten  (375),  ba«  ß^riftentum  in  äjnaur  „ein  Derlomer  ^ßoften"  (©.  388), 
m  N^ebln  20  jjafobitifc^e  §äufer  unter  200  meift  jübifc^en  (391);  in  ©erubj,  bo« 
400  Dörfer  gei^abt  ^aben  foH,   feine  ©^jrer  me^r,   fonbem  Äurben  (182) ;   in  Urfa,  tvo 

80  ber  d^riftlid^e  Sifd(|of  murakhkhj'is  l^eifet,  fd[^ä|te  er  bie  3«^!  ber  S^riften  auf  15000 
©.  209,  ein  anfäffiger  armenifdf^er  ^ßaftor  auf  17000,  aber  bie  ^alobiten  l^aben  nur 
2  Äird^en,  eine  (©t.  ®eorg)  aufeerl^alb  ber  ©tabt,  5ßaulug  unb  $etru«  in  ber  ©tabt 
®.  479.  S)ie«  Dor  bem  Slutbab  Don  1894.  ^n  5Warbin,  beffen  ©efamtbeDölferung  er, 
h)ie  SudKng^am  1816  auf  20000  ©eelen  fd^ä^t,  toar  burdj^  amerifanifc^en  ©influfe  aud^ 

86  eine  J)roteftantifd5ie  ©emeinbe  entftanben.  (95gl.  über  HJlarbin:  Une  Page  de  l'Histoire 
de  r^glise  de  Mardin  au  commencement  du  XVIII**  siöcle  ou  les  tribulations 
de  Cas  Elia  ibn  al  Qsir  racont^s  par  lui-meme,  publi^s  d'apr^s  le  texte 
Arabe  par  Fr.  S.  Scheu  [ROrChr.  1,  1896,  43—87]).  am  genaueften  ift  fein 
8eridf|t  über  ajloful.    Unter  2328  ß^riften^äufern  (bei  ca.  42  000  (g.)  toaren  llOOÄoufer 

40  Äilbän  (S^albäer  =  Sleftorianer),  900  §.  ©urjän  (^afobiten),  300  §.  ©urjän^SatoU! 
(linierte  ^^^obiten)  16  ^roteftanten,  12  Armenier.  3)ie  linierten  l^eifeen  im  SSoIfömunb 
bic  5Raf[en,  toeil  fie  Don  bem  ®elbe  ber  römifc^en  SWiffion  h>ie  ber  au^ebörrte  ©rbboben 
Dom  »legen  beh)äf[ert  hjerben  (n'^-irV«)  bie  Jlic^tunierten  „bie  Irocfenen",  hjeil  fie  nid^tö 
baDon  befommen  (n'^snN^VN).    über  bie  ftird^en  ber   einzelnen  ©enoffenfd^aften,   unb  h)ie 

16  ftd^  bie  Slömifc^en  in  ben  Scfift  Don  2  ber  4  jalobitifd^en  festen  f.  a.  a.  D.  ©.  350  ff. 
(Über  3)JofuI  fie^e  je^t  (gb.  ©ac^au,  2lm  Qupl^xat  unb  Xigri«.  SReifenotijen  au«  bem 
aSJinter  1897—1898.  Seidig  1900,  ©.  100  f.  ©onft  ift  auö  biefer  neuen  Seröffent^ 
lidf^ung  für  bie  firc^lic^en  SSerf^ältniJfe  loenig  ju  entnel^men).  33gl.  toeiter  ©.  410  ÜRib^ 
jäb   „ba«  aBmäc^tige  d^riftlid^e  Qnxopa   lümmert   ftd^  nid^t  um   bie  G^riften  im  Orient; 

60  in  biefem  ^aH  aud^  ^^anfreic^  ni^t",  iüeil  bie  römifd^e  3)li|riön  bamate  im  %öx 
nod^  nic^t  eingebrungen  toar;  421  „feine  6briften  me^r  in  Säur".  3)ie  Sage  ber 
3aIobiten  toar  bamal«  um  f o  unfic^erer,  iüeil  fie  nid^t  toie-  bie '  meiften  anberen  didu 
gion^gcnoffenfc^aften  be«  Dricntö  Don  ber  Pforte  offijieB  anerfannt  unb  bei  i^r  burd^ 
il^r  geiftige«  Dbcr^aujjt  Dertreten  toarcn;   ba«  l^aben  fte  erft  nac^  langen  Dergeblid^en  Se« 

66mül^ungen  i^re«  ^atriarrf^en  ^ebroö  (f.  ©ad^au406f.)  im^^jal^r  1882  burd^  englifd^cn 
(Sinflufe  crreid^t.  ^m  eigentlid^en  ©i;»rien  ift  i^re  ^al)l  l^eutjutagc  nur  fe^r  Hein;  „ein 
paax  ^amilicn  in  iama^hi«  unb  in  9JebI,  fagt  (Jb.  Sobinfon  (^aläft.  Sb  III  ©.  747), 
baö  2)orf  ©abab  unb  ein  Icil  bc«  2)orfe«  Äarietän  (ioo  bie  TOefjc  nod^  f^rifc^  gelefen 
h)irb,  aber  niemanb,  auc^  ber  fie  lefenbe  ßl^üri  [$aftor]  nid^t  mc^r  f^rijc^  Derfte^t  [©atfyau 

60©.  31J),  eine  Heine  ©emeinbe  in  §omg  mit  ein  )paax  jerftreut  tool^nenben  3"biDibuen  in 


^[afofiiteti  Saohu9  im  .912:  571 

j^iüci  ober  brci  bcnad^bartcn  J^örfcm,  eine  ä^nlid^e  ©emctnbc  in  Qama  unb  hjal^rfd^einlid^ 
eine  fleinerc  in  3lle})i)0  ntad^en  beinal^c  bic  gesamten  änlbänfler  btefcr  ©eltc  in  ©^rien 
au^;  bic  ^^^obiten  tu  erben  \)on  allen  anberen  ©eften  im  Sanbe  ate  §ärettfer  angefel^, 
unb  aU  lold^e,  unb  toeil  fic  gering  an  ^af)l  unb  arm  jtnb,  im  allgemeinen  beracfitet". 
5lur  in  ©abab,  an  ber  ©tra^e  bon  2)ama^lu8  nai)  ^alm^ra  gelegen  (Assem.  II  diss.  6 
de  Monophys.  s.  v.  Baalbach)  ift  eine  blül^enbe  (Semeinbe  (f.  %  2.  ^Porter,  Five 
years  in  Damascus,  Lond.  1855,  8%  vol.  II,  p.  374).  Über  jafobitifc^^e  ©emeinben 
im  Sibanon  (®uni,  3Kaifug  f.  3*^rifi,  ed.  ©ilbemeifter  p.  17;  SRenan,  Mission  dePhö- 
nieie  254,  ^i'^f^'^'f^  bon  1276,  Douwaihi,  histoire  des  Maronites  (en  arabe)  pu- 
blik par  M.  R.  Chartonni  p.  103.  112,  angeführt  bon  2ammen^,  R.  de  rOr.Chr.  4  lo 
(1899)  87.  —  5Den  I^oma^d^riften  in  gnbien  fanbtc  ber  jalobitijc^e  ^ßatriarc^  1653  ben 
Öifd^of  bon  gcrufalem ;  je^t  fmb  fie  jiemlidfi  unabhängig  bon  bemfelben  unb  l^aben  neben 
fic^  etwa  120000  5Reftorianer  unb  250000  mit  SRom  Untertc;  fo  nad^  3.  33.  ß^abot, 
les  Chrötiens  de  Malabar  (ROChr  1,  406  ff.). 

8.  aSer^ältni^  ju  Slom.  SKit  ganj  befonberem  SRad^brucf  h)crben  bon  9lom  auö  I6 
gegenwärtig  bie  SSerfuc^c  erneuert,  bie  ^^tobiten,'  tiberl^auj)t  bic  orientalifd^en  Äird^en  mit 
ber  römifc^en  Äir^c  ju  bereinigen;  bgl.  bie  ßnc^clifa  geo^XIII.  Praeclara  t)om20.I3um 
1894,  ganj  bcfonbcr«  aber  Orientalium  dignitas  ecclesiarum  b.  30.  9lobember  1894. 
3)icfem  ßtDccfe  bient  in  Stalien  bic  3eitfci^rij^  Bessarione  (feit  1. 9Rärj  1896),  in  granf« 
reid^  bie  Revue  de  TOrient  Chrötien,   bie  feit   1896  neben  ber  Revue  bimensuelle  ao 
ein  „Supplement  trimestriel"  ^erau^iebt  (feit  1898  „Recueil  trimestriel"  auf  bem 
3:itel  genannt);   au^  beutfd^em  ©^radj^ebiet  barf  l^ier  9JiUe8,   Calendarium  ecclesiae 
utriusque  (2.  ä.  ^nnöbrudE  1896  f.)  genannt  toerben.    Sägl.  au«  ber  ROChr.  5ß.  SOtid^el, 
les  missions  latines  en  Orient  (I,  93  f.  112  f.  I,  2.  106  f.  II,  215  über©abab,  217 
au«  3Rofful  (1894):   L'avenir  religieuse   des  £glise  chald^enne   et  syrienne  se2ö 
trouve  entre  nos  mains ;  9Jau'«  2?orh)ort  gu  Les  Plerophories  de  Jean,  6v§que 
de  Majouma  Gentes  vers  Tan  515  (3,  235):    importance  poltoique  de  cette 
ouvrage.    La  publication   de  cette  machine   de  guerre  monophysite    doit,  ä 
notre  avis,    ramener  ä  l'unit^  catholique  un   grand    nombre  de  jacobites  in- 
telligents.    Über  bie  SSerJ^anMunocn  in  ^oreng  1439  unb    1441   f.  ROChr.  3,  200  ;80 
über  bie  2:^ätigfeit  be«  belgifd^en  SKifftonar«  ®tt)p\^on  bgl.  §.  Sammen«,   S.J.,    Fröre 
Gryphon  et  le  Liban  au  XV«  siöde,  S3b  4,  68  ff.,  bef.  87.  99.  SB.itoe^ler,  S)ie  la« 
t^olifd^en  Äird^en  be^  3KorgenIanbe«.    Beiträge  jum  S8erfaf[ung^redf|t  ber  fogenannten 
uniert=oricntaIijd^cn  Äirdf^en,  2)armftabt  1898. 

Über  bic  mit  SRom  unierten  ©Vrer  bgl.  9lc^er  in  2B.-3B.  SBSic  bic  früheren  Säerfud^c  36 
bon  1169.  1237.  1247  toaren  auc^  bic  bonglorenj  (4.^bruar  1442)  nid^t  bonSeftanb. 
@rft  fran^öftfc^cn  Semü^ungen  gelang  bie  ©rünbung  eine«  fatl^olifc^en  ^atrian^at^  (®rcgor 
bon  Scrufalcm  al^  Iggnatiud  XVIII.).  '^n  unferem  ^ö^^wnbert  tourbc  e«  toicber^er« 
gcftcUt  al^  'i)iatriarc^at  t>on  ätntioc^ien.  Slm  12.  Oftober  93  tourbe  SSc^nam  S3enni  ge« 
toei^t  (geft.  13.  ©et)t.  97);  ber  gegentoärtige  ^Patriard^  ift  39"<^tiu8  (S^^racm  Sla^mani  II.  40 
2)ie  ncucfte  ©tatiftit  giebt  22  700  ©eelen,  mit  24  »Pfancien,  42  Jtird^cn,  81  5ßrieftem; 
am  meiften  in  3Kojul  7000,  bann  in  SKarbin  4000  (Miss.  cath.  Rom.  1897.  631). 

{(&.  mmqtx  t)  <^b.  92eft(e. 

3afobdbräber  f.  §ofJ)italitcr  9b  VIII  ©.  395,  u. 

5^afob«orben  f.  Gom^JoftcUa  9b  IV  ©.  261,30—65.  40 

^ttfobitd  im  912:.  Safobu^brief.  —  fiitlcratur  jum  ganjen  91. :  ^Bincr  JRcalw. 
301.  524 ff.;  b.  W.  3al.  üon^au^rat^  unb  3.  S3r.  \>.  ©oltmann  in  ©icnfcl«  «ß.  III.  ßu 
3  unb  4:  bic  betr.  ^bfcftnittc  in  b.  neut.  (£inll.  u.  Srebner  1876,  ^ug  1847  bc  ©ctteMSBO, 
©iierife'  1868,  93Ieef«'gJianöolb  1875,  ^ilgenfclb  1875.  SBeife»  1889,  ©olSmann«  1892,  gü- 
Iid)cr  1894,  ;?al)n*  1900;  ferner  @lorr,  diss.  i.  ep.  J.  opusc.  2,  1784;  ©d^necfcnbuvgcr,  60 
53citr.  j.  e.  i.  9?I  1832;  ^ern,  ©ftar.  >inb  llrfpr.  b.  «rüber  3.,  Xüb.  ß.  1835,  2;  9icanber, 
öicfcf).  b.  ^fl.*  1847  II  564;  ©cife,  3).  3.  f.  «r.  ©.  1854,  51;  Ä  @c^mibt,  3)er  fic^rge^. 
bcc^  3  53.  1869;  93cij(c^Iag,  b.  3.  «.  a.  urd)r.  ©cfcfticbtgbcnfm.  26@tÄ  1874,  105 ff.;  fjcine, 
Xev  3.  93.  uiitcrfudit  1893;  bie  Kommentare  uon  ©aluin,  Seja,  4)erber  1775,  @emler  1781, 
Üiofcnmüaer  1787,  |)enSler  1801,  ^ottingcr  1815,  @*ult^e6  1823,  ®ebfer  1828,  6(bncc!cu.  55 
biirgcr  1832,  X^eile  1833,  Kern  1838,  3Qrf)"»an"  1838,  6tier  1845,  SBiefinger  1854,  (Generier 
1850,  be  ^ette>»rücfn.  1865,  ©oumonn  1865,  3.  <p.  fianfle*  1866,  ©utöcrM870,  ©roalb  1870, 
.iiofmaiin  1870,  (Srbwiann  1881,  Sc^egg  1883,  «cljfdjloQ*  1888,  ^rentle  1894,  3Ral)or»  1897. 


672  SatoBitd  im  912: 

0.  6übcu^  1899.  i^u  ;\:  Saccax'ia,  dis».  d.  tribus  Jacobis  1781;  3- 6ticv,  3).^^r.3ffu  in 
«nbb.  f.  gl.  ©cftrlflucrtt.  1824;  ©lernen,  3).  «r.  3.  3öincr8  3.  1,  3,  1829;  3BicfcIcr  X^SfÄ 
1840,  648;  ^ft  6c^af.  S)  SBerfe.  be«  3.,  ©r.  b.  |).  ju  3.  «Ipö.  1843:  fiaurent,  9?eut.  ©t. 
1866,  153ff.;  Eadie,  CJomm.  Galat.  1869,  57 ff.;  fiifl^tfoüt,  Galat.  1865;  3Qt)n,  gorfd).  juv 
6  ®cfd).  b.  ncut.  Äon.  VI,  227 ff.  —  3u  4:  SRau*,  503in.  Ä.  3.  1827,  6;  Softer  l^StÄ  1831, 
586 ff.;  Silfe,  9leut.  JR^ctor.  1843,  484 ff.;  X^ierfcfi,  SBer^.  j.  ^erft.  1845,  52;  ©«»cfllcr, 
9iac6ap.  8.  1846  I.  424;  ?We6ner,  fi.  bcr  ?lpp.  1856,  74ff.;  ficd)Icr,  ap.  unb  nac^ap.'  3.« 
1857,  163ff.;  «aur,  (SWftent^.  ber  3  crften  Sn^r^.»  1860,  122ff.,  neut.  %i).  1864,  277; 
gran!,  3$Ä  1861.  349 ff.;  SReuß.  bist.  d.  1.  th.  ehr.  1864,  I  478 ff.  II,  251  ff.;  C)engftcn* 
lObcrge^B  1866;  ®rimm,  3nj'5:MB70,  377;  SBeiffenbarf),  Uebcr  3af.  2,  14— 26,  1871; 
ebrorb,  Sola  1871,  34ff.;  ©ieffert,  ^ic  3  fat^ol.  ^auptbriefe,  ©eip.  b.  ®Ianb.  1871,  49ff  ; 
ailflenfclb  3tDX6  1873,  172ff.;  Mbel,  ®laube  nnb  3öerfc  bei  3.  1880;  33(om  Th.  T.  1881; 
Älöppcr  QwXf)  1885;  ^aupt  X^StÄ  1883;  Äuttner,  $r.  ^3  1885  unb  3iüXl)  1888;  Ufteri 
X^StÄ  1891,  704 ff.;  ^üt)I,  Xf^Sm  1894,  795 ff. 

16  3"^  3?I.  treten  mehrere  l^ertoorraflenbe  HJlänner  be^  Flamen«  3-  ^"f'  unbcftrittcn 
jtoei,  nad^  ber  richtigen  Überjeugung  ber  meiften  9Jcucren  brei.  3""^^^^  ^^ü^"  ^^  ^ic 
beibcn  3.  beutlic^  au^manbcr^alten,  hjelc^e  jur  3«^^  ^^^  J*^ölf  äj)oftel  gehörten. 

1.  3-  ^^'^  ©ol^n  be^  ^ebcbäu^   erfd^eint  in  ber  et).  Oefd^id^tc,  b.  ^.  (ba  ba^ 
4.  et),  t^n  niemate  crtoö^nt)  in  ben  brei  erften  ®t).  immer  nur  in   fo  enger  3Serbinbung 

20  mit  feinem  ©ruber  3o^anne8,  ba^  fid^  ^ier  feine  jenen  allein  d^arafterifierenben  3üge  pnbcn. 
3)er  aSater  biefe«  S3rübcrt)aare«,  3ebebäu^,  toar  gifc^er  am  galil.  ©ec  (5Kt  4,  21.  22; 
9Rf  1,  19),  t)ielleic^t  Bei  Äaijemaum  bgl.  2c  5,  10  mit  4,  38.  31).  3)afe  fein  §au^  ein 
^od^angefe^ene^  iDor,  fann  man  au^  3^  18,  15,  nid^t  mit  ©id^er^cit  fc^liefeen.  2)agegen 
ift  e^  tpa^rfd^einlid^,   ba|  3<^^^^^"^  t)erl^ältni^mä^ig   tDo^I^abenb  mar,  ba   er  nid(^t  nur 

25  mit  feinen  ©ö^nen,  fonbem  and)  mit  So^narbeitem  fein  ©efdjiäft  betrieb  (5Kc  1,  20), 
unb  feine  @attin  ©alome  }iU  ben  Begleiterinnen  3efu  gel^örtc,  toeld^e  au^  eigenen  3Witteln 
für  feine  2eben«bebürfniffe  forgten  (3Dflc  15,  41 ;  bgl.  Sc  8,  3).  aSerh)anbtfd^aftli(^c  33c= 
jiel^ungen  ber  ©alome  finb  unfic^er,  benn  ob  bie  ©c^toefter  ber  SKuttcr  3^1"  3^  1^»  25 
mit  ©alome  3Rc  15,  40  ju  ibentifijieren  fei,  ift  fraglic^.    Unb  bie  firc^li^en  9Tad^rid^ten, 

30  tüeld^e  ©alome  ate  eine  loc^ter  be«  ^o\t\>f),  be«  ^ßfleaebater«  3^w  «w^  früherer  ®^e 
(Epiphan.  haer.  78,  8)  ober  al^  beffen  ®attin  bejeidpnen  (Niceph.  hist.  eccl.  2,  3), 
fmb  ^altlofe  gabeln,  ©ic^er  ift  nur  i^re  gläubige  Sln^änglidj^feit  an  ^t\\i^,  bem  fie  auf  feinen 
aOäanberungen  burc^  ©aliläa,  auf  feiner  legten  SReije  nac^  3^^f^em  unb  auc^  auf  bcm 
Äreuje«h)ege  treu  unb  unerfc^rocfen  folat  (3Kt  27,  56;  3Kc  15,  40).    3^r  fefter  Olaubc 

35  an  3^u  mefftanifd^e  Seftimmung  \)px\^t  [\d)  jugleid^  mit  ftürmifd^em  9{aturell  aud^  in 
ber  tjoreiligen  Sitte  an  ben  §erm  an^,  i^ren  ©öl^nen  in  feinem  ßimmelreidj^e  ju  feiner 
9le(^ten  unb  Sinfen  bie  $lä§e  ya  geben  (9Kt  20,  20).  S3eibe«  l)at  fid^  auf  il^re  ©ö^nc 
übertragen.  S8on  biefen  ift  getoife  3-  ^^r  ältere,  ba  er  in  ben  aipoftctoerjeid^niffen  immer  (3Rt 
10,2;  aRc  3,17;  2c  6, 14)  unb  aud^  fonft  meiften^  (SKc  1, 19.  29;  5,37;  9,2;  10,35. 

40  41 ;  13,  3 ;  14,  33  u.  f.  tt>.)  bor  ^0  genannt  h)irb.  Db  3-  f^«>«  >"  ^^  Umgebung  be« 
3Äufer«  am3orban  mitSefu^  inSe«e|ungen  trat,  läfet  ^xd)  au^  3^  1,42  f.  nid^t  beutlid^ 
entnel^men.  S)od^  mac^t  bie  hirje  9lrt,  in  ber  beibc  ©ruber  ben  Sluf  3^f"f  ^"  f^^^e 
bleibenbe  5Rad^folge  ju  treten,  erbalten  unb  i^m  folgen  (Tic  1, 19)  c^  toal^rfci^einlid^,  ba^ 
aud^  3-  barauf  Vorbereitet  loar.    ©cit   biefem  äugenblidte   blieben   bie  ©ruber  Sln^änger 

45  unb  ^üriQtt  3cfu  mit  bem  ganj^en  ^cuereifer  i^rcr  Siem^eramentganlage.  SBeld^en  SBcrt 
3efu^  auf  biefe  ß^araftereigentümhd^feit  ber  bciben  legte,  brüdttc  er  in  bem  ©einamen 
ber  2)onnergfö^ne  (Boanerges  =■  bene  regesch  nac^  Vulgärer  aramäifdj^er  3lu^s 
fj)rac^c)  au^,  ben  er  i^nen  bei  irgenb  einer  unö  unbelannten  ©eranlafjung  nad^  3lnalogie 
firtil^erer  gälle   (t)gl.  ©imon  ^etru«)   gegeben   l^at  (Tic  3,  17).    S)cnn  getpife  nid^t  i^re 

60  ©erebfamfeit  tPoUte  er  bamit  rül^men  (bie  Sllten).  Unb  nid^t  einen  2:abel  meinte  er 
i^nen  fo  blcibenb  anjul^ängen  (©urlitt,  Xi^StÄ  1829,  715),  toie  c^  freiließ  gefd^e^cn 
h)ärc,  Wenn  bie  ©eranlaffung  für  jene  ©e^eid^nung  bie  2c  9,  54  er^ä^Ite  SEl^atfac^e 
toar.  311^  bamate  bie  ©rüber  über  ben  famaritifc^en  5'^*^"/  ber  ^c\u  $rebigt  abge* 
toiefcn  i}aitc,  geucr  Vom  §immel  tDoDten   faden   laffen,   mußten   fie   mit   ber  rügenben 

»S^öflc  jurücfgetoiefen  toerben:  ffiiffet  i(^r  nic^t,  toeffen  ©eifted  Rinbcr  i^r  fcib':?  ^ier  jcigtc 
e«  fxi),  bafe  i^re  leibcnfd^aftlicfie  9iatur  audj^  i^re  ©efa^ren  ^atte.  Unb  auc^  }u  unge* 
ftümcn  ffiünf^cn  be<§  ß^rgeixc«  f onnten  fie  baburc^  geführt  toerben,  mie  c^  in  jener  ©itte 
an  ibren  aWcifter  gefc^a^,  in  oer  fic  fid^  mit  il^rer  Butter  bereinigten  (f.  o.)(^c  10,35ff.). 
OetDife  offenbarte  fid^  aud^  in  biefen  fällen  i^re  ftarle  2icbc  ^u  i^rem  ^crrn,   ba«   le^te 

60  3Ral  befonber«  burd^  i^re  ßntfd^loffen^eit,  mit  ibm  unb  für  ii}n  aud^  bie  fd^tocrften  2eiben 
p   ertragen.    Slber   nur    ein    reinerer  SSlu^brud   il^rer  Energie   im  3)enlen   unb  SBollen 


Safobitd  im  912;  573 

fonnte  ben  Stnlafe  für  jene  9Jamengebung  bilben.  Um  biefer  J^ertjorragenben  ßigenjci^aften 
tDtQen  l)at  benn  ani)  ^efu^  bad  Srüber))aar  neben  bem  qUO^  lebj^aften,  aber  me^r  elafti« 
f^en  betrug  unter  aüen  Jüngern  am  meiften  betoorguflt  unb  in  einen  innerhalb  ber 
3h)ölfja^l  \id)  enger  abfd^lie^enben  Rreiö  eine«  faft  freunbfc^aftlidfien  SSertrauen«  auf* 
genommen.  2Bie  biefe  brei  afiein  im  §aufe  be«  t^axxui  ben  §erm  ate  Übertoinber  beö  6 
lobe«  lennen  lernen  (3Kc  5,  37 ;  2c  8,  51),  auf  bem  Serge  ber  Serllärung  eine  Dffen= 
barung  ber  il^m  beftimmten  ^errlidS^Ieit  erhalten  (3Kc  9,  2;  2c  9,  28)  unb  in  Jjenifalem, 
bic«mal  um  einen  bierten,  ben  3lnbrea«,  Derme^rt,  bie  abetenen.  ©nt^üBungen  über  fein 
Kommen  jur  SoIIenbung  feine«  Sleid^e«  entgegennehmen  (9Kc  13,  3  ff.),  fo  bürfen  aud^ 
nur  jene  brei  in  ©et^femane  3^Ö^>^  i>^^  gehjaltigen  ©eelcnfäm))fe  toerben,  in  toeldjie  il^n  lo 
bie  ©d^recfen  be«  nal^enbcn  ^^obeeleiben«  füi^ren.  9lad^  bem  Eingänge  be«  §erm  fd^eint 
bann  freilid^  mit  ber  äuflöfung  be«  nur  burd^  ^erfönlid^^e  ^nbe  jufammengel^altenen 
engeren  Slpoftelfreife«  g.  jurüd^utreten,  ba  berfelbe  nur  unter  ben  3h>ölfen  (31®  1,  13), 
aber  ni(^;t  in  SSerbinbung  mit  ben  augenfdf^einlid^  in  erfter  2inie  fte^enben  3l))ofteIn  5ßetru« 
unb  3io^anne«  (21®  3,  1.  3.  11;  4,  19;  8,  14)  genannt  toirb.  5Rur  eine«  nodSf  toirb  i6 
bon  il^m  beri(^;tet.  Unb  barin  erhält  er  ni^t  allein  jum  erften  3JlaIe  eine  felbftftänbige, 
t)on  feinem  ©ruber  getrennte  ©tellung,  fonbem  and)  ben  SSorjug  i>ox  aßen  übrigen 
2lt)ofteIn.  e«  ift  fein  3Kärt^rertob.  Sil«  ^erobe«  3lgri})j)a  I  Don  Slaubiu«  jum  äfleim 
l^crrfc^er  über  ganj  ^aläftina  gemad^t,  bie  Erinnerung  an  fein  frühere«  fd^iüelgerifd^e« 
2ebcn  burd^  bie  tjoüfte  Eingebung  an  bie  ^^arif.  ^Partei  gu  tilgen  fudjite  (f.33bl©.255,64),  20 
führte  i^n  bie  Äonfequeng  biefer  '^olitif  nottoenbig  jur  Selämjjfung  be«  6l[iriftentum«. 
3Kel^rere  c^riftlic^je  ©emeinbeglieber  liefe  er  gefangen  nehmen,  3.  3^^^^^^  ^^^  ^^ 
bem  ©d^iüerte  l?inrid>tcn  (1*1®  12,  1.  2).  ?Rä^ere«  erjö^lt  bie  ä®  hierüber  nidj^t.  SBJir 
fönncn  ba^cr  and}  iiidit  fceftimmt  fagen,  tooburd^  ;iafobu«  bie  Verfolgung  be«  Äönig« 
gcrabe  auf  feine  ^erfpn  ge,^ogen  l^at.  aber  nac^  bem  ß^arafter  ber  3)onner«tinber  lä|t  26 
fic^  annehmen,  bof^i  i^r  geiiereifer  ben  älteren  ju  befonber«  freimütigem  auftreten  gegen 
ben  ©ebrücfer  ber  ß^tiftfu  ^efü^rt  ^at.  Unb  hjenn  bic«mal  |ein  ©ruber  nidf^t  in  ©e« 
meinfd^aft  mit  ihm  crfc^cint,  fo  liegt  bie  SSermutung  na^e,  bafe  ba«  beiben  gemeinfame 
lebhafte  SJaturell  bei  ^.  in  ^öl^erem  ®rabe  bieSRid^tung  nadfi  Slufeen  gel^abt  l^at,  toö^renb 
bei  3o^annc«  nubr  bie  inni.Te  ®ebanlentoelt  baburc^  betoegt  tourbe.  ©0  ^atte  benn  bei  ao 
3.  fic^  in  nod^  ftärlerem  SWafee,  al«  e«  bei  3«>^J^w^  gefd^e^en  follte,  erfüJDit,  tooju  fic^^ 
beibc  erboten  l^atten,  unb  h)a«  i^nen  öon  3efu«  Der^eifeen  h)ar,  bie  2eiben«taufe  unb  ben 
©d;mer3cn«tranf  gu  ertragen.  Unb  toenigften«  in  jeitlic^er  9*>f9^  ^^^^  ^  wnter  ben 
3lpoftcln  iüirüic^  nadfi  Gl^riftu«  ben  jtoeiten  6l^ren))la^  im§immel  erhalten.  —  2)ie  tirdf^^ 
lic^e  ©age  fud^tc  bie  lurje  9Jotij  über  fein  6nbe  burd^  ben  fdj^önen  3ug  ?u  ergänjen,  bafe  86 
ber  ainflägcr  be«  Sl^oftel«  fic^  felbft  al«  ß^rift  belannt  unb,  nad^bem  er  t)on  3.  ©er* 
^ci^ung  erl^alten,  mit  biefem  jugleid^  ben  SKärt^rertob  erlitten  l)abz  (Clem.  Alex,  bei 
Eus.  h.  ecci.  2,  9).  333a«  ftjöter  bie  Äirdf^e  ©j)anien«  über  eine  bortige  SQSirffamleit 
unb  Seftattung  be«  3-  fabelte,  geriet  mit  ben  neuteft.  8eri(^ten  gerabeju  in  aBiberft)rud^. 
—  3>on  biefem  3-  3*^^^^  ^f^  "wn  gunäc^ft  beutlid^  ju  unterfdjieiben  ber  anbere  ^po\iA40 
be«felben  9iamen«. 

2.  3iber©ol^n  be«3ll))l^äu«  h)irbmit  biefem  boHenSJamen  in  ben  t)ier  2l^oftel= 
bcrseic^niffen  (SKt  10,  3;  3Kc  3,  18;  2c  6,  15;  21®  1, 13)  genannt.  Unb  feine  anbere 
©teile  ift  mit  ©id^er^eit  auf  i^n  ober  feine  gamilie  ju  bejiel^en.  5lamentlic^  ift  aHe«, 
toa«  man  t)on  einer  SSertoanbtfc^aft  be«  3i-  älpl^äi  unb  feine«  $aufe«  mit  3^u«  gefagt  46 
):}at,  t)öBig  grunblo«.  SBie  unftd^er  biefe  Öc^auj)tung  ift,  fann  man  fdjion  barau«  ab= 
ncl;men,  ba|  unter  i^ren  SSerteibigem  bie  einen  bie  9Serh)anbtf(^aft  t>on  3Karia,  bie  anberen 
Don  3of^t>^  ableiten.  ^n\>^m  beibe  üon  ber  9Sorau«fe$ung  au«ge^en,  bafe  bie  9Jamen 
2llp^äu«  unb  Älopa«  ibentifc^  ftnb,  berufen  fid^  bie  erfteren  auf  ^0  19,  25,  toonad^ 
5Waria,  bie  grau  bc«  Jllojja«,  bie  ©c^h)efter  ber  3Kutter  ijefu  fein  foU,  bie  anberen  auf  go 
§egefipjj«  9Jac^rid^t  (bei  ©uf.  III,  11),  bafe  ÄloJ)a«  ein  »ruber  be«  3o|ev^  fei.  2lber  30 
19,  25  ift  e«  fraglich,  ob  Magia  fj  rov  Kkwnä  ba«  2öeib  be«  Älopa«  ober  nidjit  öiet 
mc()r  beffen  loc^ter  ober  3Kutter  bebeutet,  unb  gang  unhjal^rfc^einlic^,  bafe  ^  ädeXqni 
T/J?  /irjzQog  avrov  M,  ^  rov  Kkwnä  gufammen  auf  eine  ^ßerjon  gu  begießen  tft.  3)enn 
c«  ioäre  fonberbar  unb  o^ne  2lnalogie  im  ^%  (ber  b^naftifc^e  ylame  ^erobe«  lann  nxi^i  66 
in  Setrad;t  lommen),  bafe  jtoei  ©ähjeftern  benfelben  9Jamen  SKaria  Ratten.  aSielmel^r 
finb  bort  bier  SJamen  in  äl^nlic^er  ÖnH)))icrung  toie  3)lt  10,  2—4  anjunel^men  (t)gl.  bie 
'ilScfc^ittl^a)  unb  bie  ©df^toefter  ber  2Jlutter  3efu  bemnadfi  t>on  ÜKaria  Älo^ä  m  untere 
fd;cibcn.  3)ie  SJotij  be«  ^egefi^)})  aber  bietet  feine  fiebere  Safi«,  ba  fie  im  viX  feine 
Untcrftü^jung   finbct   unb   feine  3Jac^ric^tcn   mitunter  ©agenl^afte«   enthalten.    iNoUcnb«  co 


574  dafobitd  im  91X 

Verlieren  bcibc  annahmen  bamit  il^ren  §alt,  ba&  bic  3!^^"ti^^^  *>cr  5?amcn  2llt)^äu« 
unb  Älojjaö  ntd^t  ^u  crtocifcn  ift.  S)cnn  nid^t  5tIot)a«;  fonbcm  ba^  babon  fel^r  Derfc^tc^ 
benc  6^al)>^ai  ift  bte  fv^od^albäifd^e  Jorm  für  ^AXfpalog,  h>ic  fic  fic^  bafür  immer  in  ber 
älteftcn  ]t}x,  Übcrfe|ung  be8  Sil  finbct,  toä^renb  bicfclbc  für  Riopan  unb  Rkopf^a^  bic 

B  anbcrc  ^orm  Ä(cj)oja  ^at.  äud^  ber  bed  §ebräifci^en  lunbige  §ieront^mu^,  ber  3)laria 
AIo))ae  für  bie  0rau  be$  9{l}>^äu^  i^ölt,  ben!t  tro^bem  nid^t  an  bie  SJlDglid^teit,  beibe 
9lamen  für  gleich  ju  j^olten.  —  aJlöglid^  toäre  c«,  bafe  3.  älj)^m  3Kt27,56;  9Rc  16  1 ; 
9Kc  15,40;  fic  24,  10  gemeint  ift.  3)ann  toürben  toir  biefen  ©teilen  entnehmen  fönnen, 
ba&  bie  SJlutter  be«  3-  SWciria  l^ie|  unb  ju  ben  3lnl^cingerinnen  3«fu  geJ^örtc,  bafe  er  einen 

10  ©ruber  ^^fe^  i^^i  wwb  ?wr  Unterid^eibung  bon  anberen  ÜKännem  bicfe«  5Wamen^  ben 
Seinamen  be«  Äleincn  ^atte,  tDa^rft^einlic^  bon  feiner  ©tatur.  3)enn  feinenfaH«  lann 
ber  le^tcre  jenen  im  SSerl^ältni«  ju  ^at  3ebebäi  aU  ben  jüngeren  bejeid^nen  tDoHen.  S)a 
aber  für  3.  "Slp^&x  thzn  biefe  im  9Tl  jonft  aHein  gebraud^tc  9Jä^crbejeid(^nung  biel  beut* 
lid^er  hjäre,  fo  lann  e«  auc^^  fein,  ba^  man  bort  an  einen  anberen  jur  ©emeinbe  gel^örigen 

16  3-  jw  benfcn  l^at,  bon  bem  h>ir  nid^t^  toeitere^  toiffen.  ©e^r  uniual^rfd^einlid^  ift  bagegen 
bie  annähme,  bafe  fic  6,  16;  31®  1,  13  ber  5Rame  be«  äpoftel«  'lovdag  Waxioßov 
ii)n  ate  einen  Sruber  be«  3-ä[lj)^äi  bejeid^nen  foDte.  3)enn  bie  ungetDö^nlid^e  ©rgänjung 
bon  ädsXfpog  jum  ®enetit>  ift  l^ier  um  fo  toeniger  ftatt^aft,  ate  in  bcnfelben  3lj)oftels 
berjeic^niffen  einerfeit«  ba«  Sruberberl^ältni«  burc^  ddeXq)6g,  anbererfeit«  burt^  ben  blofecn 

20  ©enetib  ber  9Jame  be8  Sater«  bejeic^net  toirb  {'Idxcoßov  xov  rov  ^AXfpaiov),  3)er  le^s 
tere  ift  ba^cr  auc^  ^ier  anjune^men.  Unb  ganj  unmöglid^  ift  eine  Kombination  bicfer 
©teilen  mit  ben  borl^in  angefüjg>rten,  an  bcnen  eine  3Karia  atö  3Wutter  be«  3-  ""*>  3«>M 
genannt  toirb,  fobafe  fid^  brci  Srüber,  nämlid^  oufeer  3ofe«  bie  jhjci  äpoftel  3af.  unb 
Suba«  ergeben  follten.    3)enn  toären  bie  beiben  lejteren  Srüber,  fo  toürben  fie  unb  nic^t 

26  3.  unb  3of^  genannt  fein,  loo  eiJ  galt,  il^re  3Rutter  9)?aria  burd^  5Kennung  i^rer  ©ö^ne 
ju  d^arafterifteren.  ®benfotoenig  aber  n)ie  ber  9lt)ofteI  3uba«  fiebbäu«  ift  ber  anbere  81)). 
©imon  3eIotc«  ju  einem  ©ruber  be«  3.  3ll)3l^äi  gu  machen.  3"^  5R2;  finbet  biefe  SSer^ 
mutung  feine  ©tü^e,  unb  bie  9lad^rid^t  bed  ^egefH))),  bafe  ber  jtocite  Sifd^of  bon  ^ttn- 
falem,  ©^meon,  ein  ©ol^n  bc«  iUot)a«  fei  (bei  Suf.  4,  32),  ift  fd^on  barum   nid^t  l^iefür 

80  in  bertocrten,  toeil  bie  3b^ntität  be«  Riopan  mit  ält)^äu«  nic^t  feftgeftellt  ift.  —  Son 
ben  Weiteren  ©d^irffalen  be^.,3-  ^IpW  ^örcn  toir  nic|t«  aU  bie  ©age,  bafe  er  im  füb- 
toeftlic^en  ^ßaläftina  unb  in2igbt)ten  gctoirft  unb  in  ber  unteräg^t)tif(fien  ©tabt  Dftrafine 
ben  Äreuge^tob  erlitten  ^abc  (9cice))^.  2,  40).  SlDe  übrigen  aber,  I;ier  unter  9ir.  2  nidf^t 
ertoä^nten  ©teilen  bc«  31%^,  an  benen   ein   bon  3-  3^'^*öi  berfd^icbener  3-  genannt 

86  toirb,  fmb  nid^t  auf  3-  9llt>'^^i  3«  begießen,  fonbem  auf  einen  brittcn  bebeutfamcn  9)lahn 
biefe«  5Jamcn«. 

3.  3ö'fobu«  ber  ©ered^te,  ber  Srubcr  be«  §errn,  )ißorfte^er  ber  ©emcinbe 
bon  3e^f<Je»"/  ^^^'^  ^I^  ei^  bon  beiben  2l))ofteIn  be^felben  9Jamcn«  t)erfc^iebener  3Rann 
im  3{X  an  folgenben  euUv[i  genannt:  m  13,  55;    aWc  6,  3;    21®  12,  17;    15,  13; 

4o21,  18;  1  Ro  15,  7;  ®a  1,  19;  2,  9.  12;  too^I  auc^:  3af  1, 1;  3ub  1,  1;  unb  ber^ 
felbe  toirb  aufecr^alb  bc«  31%^  erloä^nt  bei  3«>fct)I?u«  (ant.  20,  9.  1),  §cgeft))^  (bei 
eufeb.  2,  33)  unb  ben  Jlird^enbätem. 

©d^on  in  ber  alten  Äirc^e  begann  man  freilid?  nid^t  blo«  ba«  eigentliche  93ruber= 
ber^ältni«  biefe«  3-  jw  3efw«  fonbem  aud^  bie  ©jifteng  be«felben  al«  eine«  t>on  ben  ^p. 

46  biefe«  Flamen«  tjerfd^iebencn  3Wanne«  ju  beftreiten.  2)a^  aber  urfbrünglid^  jiemlid^  lange 
bie  Slnerfennung  be«  3<i'obu«  be«  ®erec^ten  al«  eine«  t>on  ben  "äpp.  berfd^iebcnen  eigcnt^ 
liefen  ©ruber«  be«  öerm  (b.  l}.  al«  eine«  ©obne«  ber  3Karia  au«  il^rer  nad^  ber  ®eburt 
3efu  mit  3öfc)>^  eingegangenen  6^e)  in  ber  Jtirc^e  ^crrfd^enb  tpar,  bafür  fmb  ßlemen« 
bon  ailej.  unb  Siertuflian  befonber«  bcbeutfame  3e"9<^"-    ®w  Srftere  fagt  nämlic^  au«= 

60  brüdtlic^,  bafe  biefe  bon  i^m  felbft  abgetüiefene  Slnfc^auung  ju  feiner  3«t  bie  unter  ben 
getoö^nlid^cn  ß^riftcn  allgemein  bcrbreitctc  geloefen  fei  (Strom.  7,  93.  94).  a;ertullian 
aber  toeift  felbft  auf  ,.bie  nad^  ber  ®cburt  Gl^rifti  erfolgte  3?erebclid^ung  ber  HJlaria  (de 
monog.  8  opp.  ed.  Öl^ler  I,  p.  772)  unb  auf  feine  mit  ber3Baria  gufammen  genannten 
©ruber  ^in  (de  carne  Christi  7,  adv.  Marc.  19),  um  gegenüber  tjon  gnoftifc^^  ä[n= 

65  fc^auungen  bie  JRealität  ber  SKenfc^lüerbung  6^rifti  gu  beloeifen.  (Sr  fafet  alfo  bie  ©rüber 
3efu  im  eigentlichen  ©inne  auf  unb  er  fjjrid^t  bie«  nietet  al«  eine  ©ermutung  au«,  fonbem 
al«  bie  in  ber  Äirt^e  l^errfd^enbe  Slnfd^auung.  —  311«  folcfie  erfc^cint  bie  Unterfc^eibung  beö 
©mber«  3efw  bon  ben  2li)ofteln  nod^  in  bem  I.  2^eil  ber  otjoft.  Jtonftitutionm  II,  55; 
VI,  12,  13,  n)o  aufecr  ben  namcntlid^  aufgejä^lten  12  2l^^oftcln   al«  ©ertreter  ber  fatJ^o* 

60  lifd^en  fie^re  ^aulu«  unb  ^.,  ber  ©mber  be«  ^^ctxn,  genannt  ioerben,  iocl(^cr  lejtere  )u 


Sfafobnd  int  KS  575 

bcn  70  Swngcm  gered^nct  h>irb.  S)ic  cigentfic^c  tJ^^ffung  bc^  brtiberlic^^en  33crl^ältniffe« 
h>irb  babci  burdj^  nid^t^  au^gefd^Ioffcn,  biclmel^r  na^e  gelegt  burd^  ben  ätu^brucf  7,  46: 
3d^  3v  ^i«  *^-  *>^  §•  *^^*w  gleifd^e  nad^,  in  h>cld^em  fie  nur  burdfi  ben  ®egenfa|  ber 
gciftigen  (Sr^aben^eit  be^  §erm  befd^ränlt  toerben  f oH.  —  SQäid^tig  ift  fobann  baö  S^wß'^i^ 
be«  ßufebiu^,  toeld^er,  ol^nc  bie  äblel^nung  eine«  3Q3tberf})ru(^d  für  nötig  ju  l^alten,  3-  ^ 
ben  Sr.  bc^  §.  bon  ben  12  3lj)}).  beutlid^  unterfdf^eibet,  inbem  aud^  er  i^n  ju  ben  70 
Jüngern  red^net  unb  im  ganjen  14  2l>)ofteI  jä^lt,  nämlid^  bie  3*^ölfe,  ^aulu«  unb  g. 
(Comm.  Jes.  17,  5;  h.  e.  1,  12;  2,  1;  7,  19).  fflenn  er  ober  einmal  (h.  e.  2,  1) 
ben  3l.  ald  „fogenannten"  Sr.  be^  §.  bejeic^met,  fo  ergiebt  ber  Swf^J'wmen^ang,  ba^  er 
bamit  feine«h)eg^  ein  entferntere«  öerhjanbtfd^aftlic^ed  33erl^ältni«  anbeuten  toill.  2)enn  er  lo 
motibiert  feinen  äu^brudt  mit  ber  ©rinnerung  boran,  ba&  tool^l  beibe,  gefu«  unb  3v  öte 
©ö^nc  3«>f^l^'^  betrad^tet  tourben,  3^M  ^^^^  0»"  Unterfc^ieb  bon  3.)  t^atfäd^lt^  no<^ 
bor  bem  beginne  be«  e^elid^en  Umgänge«  jtpifc^en  S^f."^^  wnb  3Waria  geboren  fei. 

Mein  bie  9Sorau«fe$ung,  ba^  HJlaria  mit  ^ofe))^  in  ein  el^elid(|e«  93erl^ältt)i«  getreten 
fei  unb  Äinber  geboren  l^abe,  tourbe  in  berÄird^e  aHmäl^lid^  befto  anftö^iger,,  jemel^r  bie  16 
bualiftifc^  af fetif^e  SRid^tung  fic^  in  berfelben  berbreitete,  toeldj^  aud^  ju  einer  Überfdf^äfcung 
be«  jungfräulichen  ©tanbe«  führte.  Unb  in  ben  effenifc^sebionitifdf^en  Äreifen,  in  hjeld^en 
biefe  Slic^tung  am  frü^eften  jur  §errfd^aft  fam,  tourbe  auc^  juerft  bie  bleibenbe  ^w^g* 
fräulid^Ieit  ber  ÜRutter  be«  §erm  gum  3)ogma.  2Bic  fe^r  aber  bie  Überzeugung  bon  ber 
Sierfd^ieben^eit  ber  Srüber  be«  §erm  bon  ben  äpofteln  ^errfd^enb  toar,  ge|t  barau«  l^erbor  20 
bafe  fie  pnäcfift  burc^^  jene«  bogmatifd^e  ^oftulat  nic^t  befeitigt  tourbe,  fonbern  biefe«  nur 
gu  einer  Sertoanblung  bc«  brübcrlic^en  SSerl^ältniffe«  in  eine  entferntere  ©tiefbruber^ 
fc^aft  fül^rte. 

Db  bie«  bei  §egefü)^  unb  in  ben  jjfeuboclementin.  §omilien  unb  SRefognitionen  gc^ 
fc^cl^en  ift,  bleibt  fraglic^.    ©ic^er  ift  nur,   ba&  aud^   l^ier  bon  einer  S^^^figierung  be«  26 
S3r.  be«  §.  ^.,  mit  einem  3l))oftel  feine  ©pur  ift.    S)enn  toa«  §ege|t))t)  betrifft,  fo  fagt  er 
nid(^t  nur,  bafe  3.,  ber  Sr.  b.  $.,  al«  ber  ®ere(^te  begeid^net  fei,  toeil  e«  biele  3Jlänncr 
biefe«  9Jamen«  gegeben  ^abe,  fonbern  er  unterfc^eibet  i^n  auc^  beutlid^  bon  benSl)))).  (bei 
ßuf.  h.  e.  II,  23).    Unb  bamit  ftel^t  ni(^t  im  SBiberf^jruc^  bie  ©teile  be«felben  Serf.« 
bei  Eus.  h.  e.  II,  4,  22.    §ier  toäre  e«  frcilid[|  rein  p^ilologifc^  möglid^,  ben  SBorten  so 
ben  ©inn  ^n  entnehmen,  ba^  ebenfo  toie  3-  i>^  ©eredf^te  audfi  ©^imeon   ein  ©ol^n  be« 
Df^eim«  ^efu,   alfo   beffen  Setter  fei  (f.  5Rä^ere«  in  ber  2.  ä.  ber  SCI^iJie).    aber  aud^ 
bann  toäre  feinenfall«  bon  §eg.  fd^on  biegbentität  be«  3.  be«  ®cr.  mit  3.  älpl^äi  au«- 
gefagt.    Überbem  ift  aber  jener  ))l^ilogifd(|  mögliche  ©inn  fad^lid^  bod^  unmöglid^,  ba  ^eg. 
ben  3-  unb  feinen  Sruber  3ubö«  niemal«  ©ö^ne  be«  Riopan,  fonbern  immer  nur  Srüber  86 
b.  §.,  ben  ©^meon   aber  anbererfeit«  niemal«  S3r.  b.  §.,  fonbern   lebiglid^   ©ol^n  be« 
Älojja«  unb  Setter  be«  §.  nennt.    3)ie  ©teile  fann  bal;?r  nur  ben  freilid^   ettoa«  um 
genau  au«gebrüdtten  ©inn  ^aben,  bafe  ©.  al«  Setter  be«  §.  im  Ser^ältni«  ju  3v  *>^wi 
Sruber  beejelben,  ein  jtoeiter  Sertoanbter  be«  $.  toar.    —    Ungtoeifel^aft   ift  femer  bie 
Unterfc^eibung  be«  3-  ^^  ©erec^ten   bon  ben  2(j)p.  in  ben  ^jeubo^glementinen,  too  3-  ^ 
al«  eine  über  ben  "^p.  ftel^cnbe  Slutorität  erfc^cint  (SRefogn.  1, 43.  44—59).    Unb  toenn 
e«  §omil.  11,  35  ^ei|t:  'laxcoßa)  reo  Xex&^i  ädeXwcd  rov  xvqiov,  fo  barf  man  au« 
\>m  kex^htt  feinen  ©d^lufe  auf  eine'abtoeid^enbe  3lnfc^auung   gießen,   fonbern   fann  e« 
ebenfo  toie  ba«  Xsyöjuevog  bei  6uf.  ertlären.  SJlöglidjiertoeife  fönnte  inbef[en  fotool^l  biefer 
SluebrudE  l^icr  al«  ba«  dvi'^nov  deviegov  be«  §cgef.  auf  bie  Meinung  ^inbeuten,  bafe  3-  *^ 
nic^t   ein   eigentlicher  Sruber,   fonbern  nur   ein  ©tiefbruber  b.  §.,  b.  |^.  ein  ©o^n   be« 
3ofep^  au«  früherer  6^e  getoefen  fei.  —   3)enn  ba|  biefe  Slnjd^auung  in  eflenifc^sebionis 
tijc^en  Äreifen  ein^eimifd^  toar,   jeigt  ba«  benfelben   entftammenbe  Protev.  Jacöbi,   in 
toclc^em  3öfej)^  bor  feiner  Serlobung  mit  3Raria  al«  ein  bon  ertoac^fenen  ©ö^nen  um* 
gebener  betagter  3Kann  erfdf^eint.    3lu«  ben  effenifc^-ebionitifc^en  Äreifen  ))flanjte  ftd^  bann  eo 
bie  Sorftellung  toeiter  and)  gu  bofetifc^=gnoftifd^en  fort  unb   enblid^   famt  allen  fonftigen 
an  bie  Äinbl[?eit«gef(^id^te  ftd^   anfnüpfcnben  ^ö^^l^n   in  bie  rolleren  ©c^^id^ten   ber  re^t*- 
gläubigen  Äirc^e.    3^  foldj^en  Äreifen  erfd^eint  fie  juerft  in  bem  Protev.  Jacob!  (9,  2), 
bann  im  5Petru«eb.,  im  Ev.  Pseudo-Math.  8,  4,  Ev.  Thomae  16,  bist.  Jos.  2  u.  a. 
Unb  nocfi  toeitere  ©teigerung  erhält  bie  unberle^te  3wngfraufc^aft  ber  3Karia  in  ber  asc.  66 
Jesaj.  11,  14.    5Jur  bereinjelt  junädf^ft  nal^men   aud^   gelehrte  Äirc^enbäter  unter  bem 
ßinflufe  ber  abne^menben  ©(^ä|ung  ber  ß^e   unb    ber  fteigcnben  Ser^errlid^ung   ber 
3)hitter  be«  öcrrn  jene  gabel  an.    Db  fc^on  3uftinu«  m.  bie«  t^at  (ga^n  g.  IV,  308), 
ift  gang  fraglic^.    2)er  erfte  Äird^enlel^rer,  bon  bem  e«  fic^er  gilt,  ift  ßlemen«  b.  3Ue|v 
ber  au«brücflic^  3<^{o^u«  unb  3uba«  al«  Srüber  3^fu  nur  no^  i^  9(bfiasinititii0  Ml  eo 


576  daloittd  im  9{£ 

3o|et)l^  bcjcic^net  (adumbr.  in  ep.  Jud.  bei  3^^^"^  %ox\ö).  HI,  83),  inbem  bem  Urteil 
ber  ÜWenge  mtgeflen  bie  Unberlc|bar{eit  bcr  ^ungfroufd^aft  bcr  SJlaria  bc^auj)tct  toirb  (Strom. 
VII,  93  f.).  3luc^  ^icrin  folgte  Drigine«  bem  Vorgang  feinet  Sel^rerö,  inbem  er  ben  t>on 
gofe^)^.  ertüä^nten  3-   w«^  f^nen  ©ruber  3iuba«   für  ©ö^ne  S«'!^^  «w^  früherer  ®^ 

6  ertlärte  (ju  3Kc  13,  55  unb  ^o  2,  12).  aber  er  fonnte  fic^  bafür  nur  noc^  auf  einige 
Seute  (riveg)  berufen,  toelc^e  jtc^  barin  ben  a))ofr.  6bb.  be«  $etr.  unb  ^at  anfc^Ioffen 
„toeil  fie  ben  Slu^m  ber  SKaria  in  ber  ^ungfraufc^aft  bi«  jule^t  feftl^alten  toottten".  Unb 
er  felbft  übemai^m  biefe  üJleinung  lebiglic^  um  ber  rein  bogmatifd^en,  äc^t  mönc^ifc^en, 
3Sorau«fe|ung  toitten,  ba^,   toie  3«f-  ^^  (Srftling   ber  Reufd^^eit  (>.  f).  ber  ©^eloftgfeit) 

10  unter  ben  üJlönnem  toar,  fo  SKaria  ber  (Srftling  be^  jungfräulichen  ©tanbeö  unter  ben 
933eibem  getoefen  fein  muffe.  Sffiie  unjic^er  aber  ba^  gefc^i(|tli4>e  ^nbament  jener  3SorftdIung 
fei,  erfannte  er  too^I.  Unb  fo  berliefe  er  fie  einmal  gan^,  inbem  er  ben  Änoten  mit 
SeiDalt  jerl^auenb  meinte,  3-  f^i  ^^^  33r.  b.  §.  be^eic^net  toorben  nic^t  megen  8lut^t)er= 
toanbtfc^aft,  fonbem  in  fütlic^em  unb  geiftigem  ©inne  (c.  Gels.  I,  35).    3"^^^  ^'^  ^' 

15  mal^  noc^  ^errfc^enbe  Überzeugung,  ba|  bie  ä3rüber  b.  $.  ©ö^ne  ^ofe))]^  unb  ber  3Rarta 
feien,  ))erlor  balb  i^re  aKgememe  Geltung.  Unb  in  ber  3^it  nac^  dufebiud  finben  h)ir 
fie  nur  noc^  bereinjelt  bei  bem  Slrianer  ©unomiug,  ben  bon  ßtjip^an.  befämj)ften  S)imoriten 
unb  Slntibifomarianiten,  ®egnem  be^  ^ilariuö,  bei  ^etoibiu^,  S^^inian  unb  5ß^otiu^. 
3Sielme^r  folgten   junäc^ft  bem  Drigine«  in   ber  §^)30t^efe  ber  ©tiefbruberfc^aft  onbere 

20  Kirchenlehrer  toie  (^^rem  ($arri^,  four  lect.  on  the  west.  text  37),  93afUiud,  ©regor 
bon  3Ma,  (S^r^fofi,  Sti^vO,  b.  ai.,  (^pipl)an.,  toeiter  Ölum.,  ©ut^^m.,  im  abenblanbe  ^i^ 
loriu^,  ambroftud,  9lmbroftaft.,  fämtlid^  au^ef ^^roc^ener  3Ra^en  aud  ä^nlic^en  bogmatifc^ 
®rünben. 

SQSo  aber  mit  ber  junei^menben  bogmatifc^en  Abneigung  gegen  bie  älnerf ennung  eined 

26  e^elic^en  2eben«  ber  3Raria  bie  ©infic^t  ftc^  berbanb,  bafe  bie  §^pot^efe  ber  ©tiefbruber« 
fc^aft  jeber  fieberen  ^iftorifc^en  Saft«  ermangelte,  ba  em^)fa^l  fic^;  ber  3Serfuc^  bon  ber 
©tiefbruberf^aft  ber  Srüber  b.  §.  jur  bloften  3Setterfc^aft  toeiter  fortzugeben  unb  t>utdf 
^bentifi^ierung  berfelben  mit  3())b.  i^re  felb^ftänbige  (Soften)  gu  befeitigen,  gumal  baburcf^ 
ben  bon  ben  Srtibem  b.  §.  berja^ten  Sriefen  be^  3.  unb  ^nha^,  beren  fanonifc^ed  Sln= 

90  fe^en  in  ber  ÄirAe  attmöi^lic^  ftieg,  ein  eigentlich  apo\t  Urfprung  gefid^ert  h)urbc. 

3)a^  bie«  fcpon  innerl^alb  ber  ebionitifc^en  Partei  in  bem  ^ebräereb.  gefc^e^en  fei, 
ift  nic^t  toa^rfc^einlic^.  2)enn  au«  ber  5Rotij  (Hier.  vir.  ill.  2),  bafe  nac^  bemfelben  3v 
ber  93r.  b.  §.,  beim  äbenbma^l  jugegen  getoefen  fei,  läfet  P4>  ^^^  ^^^^  fc^liei^en,  bafe 
er  bort  al«  einer  ber  12  3lpp.  betra^^tet  lourbe,  ba  möglic^ermeifc  bie  äntvefen^eit  eine« 

SB  größeren  ^wngerlreife«  boraii«gefe^t  h>ar.  5Ric^t  unmöglich  ift,  ba^  Giemen«  311.  neben 
jener  ©tiefbruber^V))ot^efe  auc^  bereit«  bie  2:^eoric  ber  ^bentifi^ierung  ^atte.  Denn  hjenn  er 
fagt  (Eus.  h.  e.  2, 1),  e«  ^abe  jtoei  SWänner  mit  5Wamen  3-  Gegeben,  bon  benen  ber  eine 
bom  I^urme  getoorfen,  ber  anbere  mit  bem  ©c^merte  hingerietet  hjurbe,  fo  fc^>eint  er  3- 
ben  ®ereci(|ten  mit  3-  3ß^)^äi  ju  bermifc^>en.    3)oc^  fann  e«  too^l  fein,  bafe   er  ben  Ic^ 

40  teren  al«  untoic^tig  übergangen  ^at.  Der  erfte,  bon  bem  toir  pc^er  h)iffen,  ba^  er  g. 
ben  ©erec^ten  für  3. 2ll))^äi  erllärt  l^at,  ift  ^ieron^mu«.  6ine  au«fü^rlic^e  Segrünbung 
feiner  I^eorie  giebt  er  juerft  in  feiner  ©d^rift  gegen  ben  §elbibiu«,  hjeld^er  bie  bleibenbc 
gungfräulic^feit  ber  3Raria  beftritten  l)atU,  Die  geJoi^  ftarl  übertriebene  Sebauptung, 
ba^  ßelb.  mit  feiner  anficht  in  beräBelt  allein  bafte^e,  bemeift,  ba^  bie  früher  allgemeine 

46  3lnerfennung  h)irflic^er  ©ruber  3efu  burc^  bie  mönc^ifc^e  Stiftung  ber  ^txt  unterbrücft 
toar.  aber  bie  3^^"t'Pji^^"Ö  ^^  3v  ^^  Sruber«  be«  §erm,  mit  3-  311))^.  crfc^cint 
bier  bcutlic^  noc^  al«  eine  9Jeuerung,  ju  hjclc^cr  §ier.  nur  greift,  h)cil  bie  übrigen  Slu«^ 
fünfte  i^m  nic^>t  genügen.  Denn  bie  annähme,  bafe  bie  ©ruber  3icfu  ©öl^ne  S^'f^J^^  «u« 
frül^erer  6^e  feien,  h)eift   er,   al«  bon  ben  Söa^neinbilbungen  bcr  ä>)oft^t)^en  abhängig, 

60  uirücf.  Der,  toie  c«  fc^^eint,  auc^>  f^on  aufgetauchten  5DJeinung,  ba^  3.  ber  ©erec^te  mit 
3.  S^'&^^^i  ^^"^  f^^  f^^^  ^  ^^"  frühen  2:ob  be«  le^teren  entgegeit.  Unb  fo  ibentifijiert 
er  3v  ^^n  ^^'  i>-  b-f  ^^^  3-  3ll<)^.,  inbem  er  eine  $}em)anbtfci^aft  be«  le^tercn  mit  3cf«^ 
fo  ju  ftanbc  bringt,  bafe  er  3Karia  Hleo^j^ae,  bie  nac^  '^0  19,  25  eine  ©d;h)eftcr  ber 
SKutter  3efu  fei,  für  bie  grau  be«  (bon  Äleo^j^a«  unterfc^iebenen)  Stlp^äu«  ertlärt.    Slber 

66  flar  unb  fic^er  tou^te  §ieron.  biefe  ncuerfunbene  §^})ot^efe  nic^>t  burc^jufü^ren.  3"  feinem 
Sriefe  an  ^elbibia  (ep.  120)  leugnet  er  bie  :3bentität  xn)ifc(>en  ber  3Kutter  be«  3-  wnb 
älaria  Äleo))^ae,  toomit  er  feiner  ganjen  2:^eorie  ba«  gunbament  ent^ie^t.  Unb  in  feinem 
Äommentar  ju  3<^f  17,  6  giebt  er  fic  tl^atfäc^lic^  auf,  inbem  er,  biclleid^t  burc^>  ältere 
J^orlagen  beeinflußt,  14  Slpoftel  jä^lt,  bie  ^tpölfe,  3.,  ben  Sr.  b.  $.,  unb  ^^iaul.    Diefe 

60  Unfic^er^cit  be«  .^^icron^mu«  reflektiert  fic^  bann  auc^   in  ben  3lnfic^ten   anbcrer  abenb= 


^obttd  im  9lt  57? 

tänbijd^cr  Äirc^cnlel^rcr.  Slmbroftu^  äußert  fic^  über  bic  Bad)t  mit  großer  Slefcrtoe 
3luöu[tinug  lä^t  einmal  bie  SBa^I,  g.,  ben  8r.  b.  §.,  oI«  einen  Sol^n  be«  S^^f^^  ^ö« 
einer  anbeten  ©ottin  ate  SKaria  ober  old  einen  3Sem)anbten  ber  legieren  ju  betrachten 
(iu  ©a  1, 19).  an  anberen  ©tetten  (ju  $f  127, 2  unb  SHt  12, 55)  emt)fie^It  er  bie  jtoeite 
annähme,  inbem  er  au^brüdlic^  bie  ^rt  ber  burc^SKaria  bermittelten  SBertoanbtfc^att  <d^  5 
öang  beliebige  bejeid^net.  3Son  einer  3>i>«wtität  jtoifc^en  ben  ä3rübem  b.  §.  mit  2fo)3. 
jagt  er  nic^tg.  3SieIme^  unterfd^eibet  er  einmal  bie  erfteren  bon  ben  Unteren  auöbrüdflic^ 
(Tract.  28  ju  ^0  7, 4).  3lflmä^lic^  aber  fanb  bie  Sbentifijierunggtl^eone  be«  §ieron.  im 
Slbenblanbe  immer  me^r  aufnähme,  bielleic^t  and^  bei  Slufin,  ber  ben  3v  S^-  be^  §.,  ate 
3l^)o[tcI  bejeid^net,  fic^er  bei  ©elaftu«,  $ilar.  Slrel.,  Äaffiobor,  Spbor.  ^i^.  (MSL,  84, 10 
153:  J.  Alphaei  sororis  matris  Domini  filius),  93eba.  ^m  ÜJiittelalter  ift  fie 
offenbar  bort  bie  allgemein  ^errfc^enbe  2ln}c^auung.  ^m  5IJlorgenlar^e  fam  [ie  aber 
ni(^>t  mr  Verbreitung.  (S^r^foftomu^  nennt  (ju  ®a  l,  19)  3-  ^^"  ®ö^"  ^^  Riopan 
mit  Berufung  auf  „ben  ®bangeliften".  2lber  er  ift  ferne  babon,  unter  Älopa^  ätp^äuö 
m  berfte^en.  3)enn  er  bel^au})tet  unb  begrünbet  auöbrtidflic^  bie  SSerfc^iebeni^eit  ber  is 
Srüber  b.  §.  bon  ben  ^pp.  (ju  1  Äo  15,  7).  2)a^er  fann  man  and^  barau^,  ba$ 
X^eoboret  (ju  ®a  1,  19)  ben  3-  öl^  ©o^n  be«  Älo)3a^  unb  SBetter  b.  §.  bejeidS^net,  noc$ 
gar  nic^t  f^lliefeen,  ba^  er  bie  ^h^nti\\i\ttnnQ^'X^toxk  ^at.  SBie  toenig  biefe  überl^au})t 
in  ber  griec^ifc^en,  f^rifc^en  unb  fo))tif^en  ^irc^e  belannt  tvax,  erhellt  auc^  baraud, 
ba|  ^icr  überall  jh)ei  berfc^iebene  gfefttage  für  3-  ben  ®ered;ten  unb  3-  2lt})^äi  tra^  20 
bitioneU  finb. 

Sllle  biefe  in  ber  alten  Sirene  über  bie  ^erfon  be«  3.,  be«  8r.  b.  §.,  au^efJ)roc^enen 
Slnfc^auungen  finb  (abgefe^eu  bon  ber  ^bentiftjierung  be^  3.,  be^  8r.  b.  §.,  mit  bem 
frü|^e  i)erftorbenen  3-  S^btt>ä\)  and)  unter  ben  neueren  Ideologen  bertreten  toorben,  jum 
2:eil  mit  einigen  Siariationen  unb  Kombinationen.  35ie  Sluffaffung  be^  3-  ^^  ®^-  wnb  26 
ber  übrigen  ©ruber  b.  §.  alö  bon  ben  Slp)).  berfd^iebener  ©d^ne  be«  3<>f^^  wnb  ber 
3)laria  galten  feft  u.  a. :  9li(^.  ©imon,  §erber,  ^^^caria,  ©tier,  SBiefeler  unb  bie  aUer« 
meiften  ^^Jeueren.  SBä^renb  aber  unter  biefen  faft  alle  fämtlidjfe  oben  (9Jr.  3)  genannten 
©teilen  auf  ^s-,  ben  ©ruber  be^  §erm,  begiel^en,  glaubten  ©tier  unb  SSJiefeler  (3)^©tH 
1S42,  79  ff.),  bafe  21©  12,  17;  15,  13;  12,  18;  ®al  2,  9—12  %  mpf)äi  gemeint  30 
fei,  biefer  alfo  unb  nic^t  3.,  ber  ©ruber  be«  §erm,  ber  ©orfte^er  ber  ©emeinbe  t>on  Ige» 
vufalcm  ii>ar. 

5)er  SBorftellung,  bafe  bie  ©rüber  b.  $.  bon  ben  ^p,  berfc^iebene  ©ö^ne  S^fe))^ 
au^  einer  frül^eren  ß^e,  alfo  ©tiefbrüber  ^cfu,  toaren,  fd^lie^t  fic^  Il^ierfc^  (©erf.  j.  i&erft.) 
an,  iväl^rcnb  Ofe^aufen  mit  ber  Unterfd^eibung  ber  ©rüber  gefu  bon  ben  ^p.  bie  ©e^  as 
^auptung  bcrbinbet,  bafe  erftere  boc^  nic^t  eigcntlic^^e  ©rüber  toaren.  2)ie  3beT>tifijierung 
be^  ^y,  ©r.  b.  $.,  mit  3.  äljp^äi  bertreten  bagegen  ßalob,  ©ubbeu^,  ©emier,  §ug,  ©uericfe 
(fc^tpanlenb),  ©c^necfenburger,  2!l^eile,  ©teiger,  ©ouman,  San^e.  ©ine  ärt  t)on  ©er* 
mittelung  jtpifc^en  biefer  unb  ber  erften  Slnfic^t  finbet  [xd)  bei  ©torr,  (Sic^^om,  $ott, 
Ji^incr,  ©c^ott,  §ofmann,  h)el(^>e  gtpar  bie  in  ben  (Sbb.  genannten  ©rüber  g^fu  für  eigent«  40 
licl^c  galten,  aber  ben  in  ber  ccpoyi.  ^rit  auftretenben  3-/  ^«^  S*^-  ^-  $•/  ^^^  3-  ä^j^äi 
ibentifijieren.  6alt)in  aber  nimmt  in  biefer  ^Jrage  eine  eigentümliche  ©teHung  ein,  inbem 
er  bie  ©teilen  bc^  ©alaterbriefe^  auf  3-  9U)E)^äi  bejiel^t,  bie  ^JZac^ri^ten  be«  3ofe>>^^u« 
unb  ^egefujtju^  auf  einen  anberen  Söiobu«,  ber  ju  ben  ©rübem  b.  f),  ju  ©erlaubten 
Sefu  gej^örte.  46 

SJir  ^aben  nun  gefunben,  ba^  burdj^  bie  ®ej(l^i(^te  ber  altfirc^lic^en  2:rabition  lebig* 
lic^  bie  Sluffaffung  ber  ©rüber  S^f«  oi^  eigentlicper  ©öl^ne  be^  S^fc^Jl;  unb  ber  3Karia 
begünftigt  tpirb.  2)iefe  nic^t  au«  bogmatifc^en  ©orau^fe^ungen  abjuleitenbe  änfc^auung 
Wax  jur  ^Äi  be^  2;ertullian  unb  Drigeneö  bie  ^errfc^enbe  Überzeugung,  toöi^renb  bie  Äi;« 
j)ot^efe  einer  blo^  \>nxd)  ^o\tpl)  bermittelten  ©tiefbruberfrij^aft,  junäc^ft  in  ^äretif(§en  50 
5lreifen  entftanben,  in  ber  Äirc^e  auf  ®runb  mönc^^ifc^er  äjiome  eingefül^rt  tourbe,  unb 
burd;  eben  biefe  einige  Äirc^enlebrcr  fjpät,  bereinjelt  unb  unfw^^er  ju  einer  Sbentifijierung 
be^  3.,  be^  ©r.  b.  §.,  mit  X  mpi)äx  geführt  tourben. 

ßbenfofe^r  entf^eiben  aber  and)  bie  Slngaben  be^  91X^  für  bie  erfte  Sluffaffung  gegen 
alle  übrigen.  66 

3unä4)ft  h)irb  au«  3Rt  1,  25  unb  Sc  2,  7  fe^r  tpal^rfc^einlic^,  bafe  nac^  ber  ®eburt 
(Sbrifti  ^o\^f)  unb  3Raria  e^elic^^e  ©emeinfc^aft  gehabt  ^aben  unb  au«  berfelben  Äinber 
hervorgegangen  finb.  3)enn  ber  2lu«brucf  ovx  iymoaxev  avxi]v  tcog  oh  hexe  xbv 
vlov  avTfjg  legt  ben  ®ebanfen  nal^e,  ba^  jene«  yiviboxeiv  f^äter  loirllidS^  gefc^e^en 
ift.    Unb   bie  ©ejeic^nung  be«  Äinbe«  ber  3)taria  al«  i^re«  erftgeborenen  ©ol^ne«  mu^  üo 

2KeaI^(^ci)r(opäbi(  fflr  X^eotogle  unb  SNrd^e.    3.  «.  Vlll.  37 


578  datobttd  im  912: 

nadf  Slnalogic  alter  neutcftl.  ©teilen,  an  benen  jigcororoxog  borfommt,  So  8,  29; 
Äol  1,  15.  18;  §br  11,  28;  äjjf  1,  5,  bie  SejieJ^ung  auf  \)päkx  geborene  Sö^ne  eim 
fd^lie^en.  3)iefe  Folgerungen  aa^  ben  beiben  äu^brücfen  finb  um  fo  natürlicher,  ba  bei 
benfelben  ©bangeliften,  h)el(^>e  fie  gebrauchen,  \päUx  Srüber  3efu  ertoä^nt  tperben.    Unb 

6  ütoar  merben  p^  immer  in  einer  folc^en  SSerbinbung  mit  '^o\epf)  unb  üJlaria  ober  mit  ber 
le^teren  allein  genannt,  ba^  fic  ate  beren  Äinber  gebac^t  finb:  3[o  2,  12;  3Kt  12,  47  ff. 
(ajlf  3,  31;  fic  8,  19);  üJlt  13,  55;  m  6,  3  (fic  4,  22);  S®  1,  1.  5«amentlic^  muf; 
auc^  bie  ^ier  gebrauchte  Sejeic^nung  ber  üJlaria  ate  SKutter  3^«  barauf  fc^liefeen  laffcn, 
ba^  bie  ©ruber  ^^n  in  bemfelben  eigentlichen  ©inne  gemeint  finb.  35iefe  3)aten  f^)red^en 

10  erftlic^  gegen  bie  2lnnal^me,  bafe  bie  Srüber  3efu  ©tieffö^ne  ober  (Sänge)  ^flegefö^nc  ber 
5IJlaria  geh)efen  feien.  Unb  fte  ftc^en  ebenfo  im  SBiberf^ruc^  mit  berjenigen  änfd^auung, 
nac^  tpelc^cr  bie  Srüber  b.  §.  nur  toeitere  SBemjanbte,  ft^egiell  feine  Settern,  unb  bie  unter 
ben  Srübem  neben  3iofc*5  genannten  brei :  3iötobug,  ^\x\>ai,  Simon  mit  ben  %pp.  ^alob. 
211)3^.,  ^u's>a^  fiebbäu«  unb  ©imon  3^tote«  ibentifc^  fein  foUen.    (Sbcn  hiergegen  entfc^ei^ 

15  ben  aber  noc^  anbere  au^  neuteftl.  Suigaben  ju  entne^menbe  ®rünbe.  —  ©d^on  ba^  3. 
b.  93r.  b.  ^.,  an  feiner  einzigen  bon  allen  ©teilen,  an  benen  er  im  31%  (unb  oufeer^alb 
bemfelben)  ertpä^nt  h)irb,  bte  Sejeid^nung  3.  ^tp^äx  erhält,  mac^t  eö  fe^r  unh)al^rfc^etn- 
lic^,  bafe  er  toirflic^  3-  9H>>^öi  hjar.  J^erner  fann  baö  fte^enb  gebraud^te  SBort  ädei(p6g 
^ier  nic^t  einen  3Serh)anbten  ober  3?effen,   fonbem  nur  einen  hjirflic^en  ©ruber  bebeuten. 

20  2)enn  ber  nur  in  ber  ©efc^ic^te  ber  Patriarchen  unb  3)oDibg  einiaemal  borfommenbc  ©e^ 
brauch  be^  SBorte^  „©ruber"  für  einen  SSertüanbten  finbet  fid;  fc^on  im  312:  im  übrigen 
nic^t  unb  ebenfo  niemals  im  31%,  hjelc^^e«  bielme^r  für  ben  ©ertpanbten  unb  Steffen  bie 
beftimmten  ©cgeid^nungen  ovyyevrjg  unb  ävhpiog  ^at  (5Wt  6,  4;  fic  1,  36;  2,  44;  Äol 
4,  10).    gemer  ^at  bie  annähme  einer  aSertüanbtfd^aft  jh)if^en  Q.  W:p%  unb  3.,    toie 

26  r^c^  geigte,  feinen  fidleren  ©oben.  3)a^  ber  erftere  bie  Sljjp.  ^wba^  fiebb.  unb  ©imon 
gelotet  IM  ©rübem  gehabt  ^abe,  ift  burc^  bie  2lrt,  h)ie  fie  im  Unterfc^iebe  bon  ben  alö 
folc^e  bemerflic^  gemachten  ©rüber})aaren  einfach  nebeneinanber  geftcHt  toerben,  au«^ 
gefd^loffen.  3)aju  fommt,  ba^  bie  ©rüber  b.  ^.  bon  ben  ^pp  unterfc^ieben  toerben. 
Unb  iXoax  iperben  fie  nic^t  nur  neben  ben  "Sepp,  genannt  3io  2,  12 ;    31®  1,  13 ;    1  Äo 

ao  9,  5,  fie  erfd^einen  aud^  atö  ein  äu^erlic^  unb  innerlich  bon  ben  Jüngern  getrennter  Äreiö, 
ipenn  oi^fw^  5Kt  12,  46  (3Kc  3,  31 ;  fic  8,  19)  in  ©ejug  auf  bie  i^n  lernbegierig  um^ 
ringenben  Singer  unb  bie  mi^trauif^  brausen  fte^enben  ©rüber  ben  ®cgenfa^  bon  geift^ 
liefen  unb  fleifc^lid^en  ©erlaubten  geltenb  mad^t.  3"  S«'  7,  5  l^ci^t  e^  in  erfennbarcm 
Äontraft  gu  bem  borangegangenen  ©efenntnig  ber  3*^ölfe:    nid^t    einmal   feine  ©rüber 

86  glaubten  an  3^"^/  *^fl^  «wr  ^ei^en  fann :  fie,  unb  pnax  nic^t  blo^  ber  eine  ^o\^,  fon« 
bem  fie  aDe  glaubten  nic^t  (toie  bie3h)ölf),  bafe  3^fw^  berSleffia«  fei  (bgl.3o2, 11,  23; 
4,  39  u.  f.  U).).  —  6rft  XKai)  bem  Eingang  be^  ^errn  erfc^eincn  bann  31®  1,  13  bie 
©rüber  ^efu  mit  ben  "Skpp,  in  enger  ®emeinfc^aft.  Unb  h)o  bann  gu  bem  eigentümlichen 
©er^ältniö,  in  bem  fie  ju  %  ftanben,  noc^  befonbere  ß^arafter-  unb  ®eifte«bor5üge  fohjie 

40  eine  firc^lic^^amtlid^e  ©tellung  ^injufam,  ba  mu^tc  fic^  ein  ^o^er  a))oftelgleic^er  Stong 
bon  fclbft  bilben.  6^  ift  alfo  fe^r  begreiflic^,  ba^  h)ir  in  einem  folc^en  ben  leiblich 
©ruber  b.  §.  unb  ©orftc^er  ber  3Ruttergemeinbe  %  finben.  3lbcr  auc^  h)o  man  jenen 
l^o^en  Slang  bem  ^.  in  boüem  3)Ja^e  jugefte^t,  tpirb  er  bod^  bon  ben  3lpp.  im  engeren  ©inne 
beutlic^  unterfc^ieben.   SDieäBorte  be^^aulu^®al  1,9 :  eteqov  de  rcov  djioarolcov  ovx 

46  eJöov  ei  fii]  "Idxwßov  röv  ädeXq?6v  tov  KvqIov  fönnen,  ba  eteqov  fid^  allein  rücftvörtc^ 
auf  IJhgov  begießt,  nur  bebeuten :  cinw  anberen  3lJ).  i}ab^  ic^  nid^t  gcfe^cn  al^  ben  ?Petr., 
man  mü^te  benn  auc^  ben  3.,  ben  icl?  freiließ  auc^  fa^,  ju  ben  31^)13.  rechnen  toollcn.  ®al 
2,  9  jö^lt  ^aul.  ben  ^^.  gu  ben  ©äulen  ber  Äirc^c,  aber  er  t)ermeibct  ben  3lu^brucf 
3lj)oftel.   Unb  tpäl^renb  er  i^n  f ogar  bor  ^etr.  nennt,  \va^  feine  gang  eigenartige  ©tellung 

60  begreiflich  mac^t,  nennt  er  boc^  nic^t  i^n,  fonbem  $ctr.  aU  bm  ©ertreter  be«  evayyi- 
Xiov  jiEQiiofjirjg.  1  Äo  15,  7  ift  freilid^  ^,  ebenfoh)enig  bon  ben  djiöaroXoi  ndvzeg 
berfd^ieben  h)ie  5Petr.  bon  bm  ^cü^fp^a,  aber  im  Unterfc^iebe  bon  le^terem  fann  jene« 
^ier  nur  in  bem  Weiteren  ©inne  gemeint  fein,  in  tpelc^em  ba^  SBort  aud^  ^^il  2,  25; 
31®  14,  4.  13  unb  tpo^l  auc^  9,  27.  28  fte^t.  —  SBmn  ^.  felbft  in  feinem  ©riefe  fidt^ 

56  nur  dovXog  '/.  X.  nennt  (1,  1),  fo  fann  man  barauf  freilid^  nic^t  mit  3?oth)mbigfeit 
folgern,  ba|  er  fein  31^).  Xoax,  aber  fidler  auc^  nid^t,  ba^  er  fein  ©mber  b.  §.  toar:  bmn 
biefe  ©ejei^nung,  bie  bon  anberen  jur  Unterfd^eibung  unb  jum  Su^me  gebrandet  tourbc, 
h)äre  in  feinem  eigenen  5Wunbe  h)enig  )3affmb  getoefen. 

3)iefe  ©ehjei^grünbe  entfc^eiben  nid^t  blo^  gegen  biqmigen,  hjeld^e  einen  eigentlic^m 

60  ©mber  b.  $.  nic^t  ancrfcnnen  unb  oiv  bm  ©r.  b.  $.,  mit  3-  9llp^-  ibentipuierm,  fonbem 


3fatobiid  im  912;  579 

awi)  gegen  folc^e  38ermittclungen,  nad)  benen  eö  jtoar  leibliche  Srüber  b.  §.  unb  barunter 
and)  einen  3-  gegeben  f)at,  aber  bod^  ba,  h)o  in  ber  cH)oft.  3rit  ein  ^oji^gdel^ener  üJlann 
3.  in  ^ertoorraaenber  lirc^Hc^er  ©tettung  erfc^eint,  überall  (^ott,  6id^^.,  fed^ott,  SBin., 
^ofm.)  ober  boq  mitunter  (©tier,  SBiefel.)  niit  jener  3.,  jonbem  3. 911))^.  gemeint  fein  foD, 
ÖWot^efen,  tpelc^e,  inbem  fie  einige  ©d^toierigleiten  gu  befeitigen  fuc^en,  neue  fdS^affen  unb  an  b 
i^rcr  inneren  ^^nfonfequenj  fc^eitem.  ®enn  toenn  e«  einen  toirlKdS^en  Sruber  b.  §.  mit 
9Jamen  ^.  gab,  \o  lonnte  nur  umfoloeniger  ein  entfernter  3Sertpanbter  S^fw  \^^^  SSei* 
namen  erhalten.  Unb  bafe  ^aul.  itoax  ®al  1,  19  ben  Sruber  b.  §.,  aber  ®aI2,  9  ben 
21^).  3.  Sllp^.  gemeint  ^abe,  ift  t)önig  unglaublich,  ba  er  gerabe  ba^  jtoeite  üJlal  feine 
untcrf(^>eibenbe  9lä^erbejeicl^nung  gebraucht  unb  an  beibcn  ©teilen  gleic^^mä^ig  einen  3Rann  10 
bcgcicpnet,  ber  nid^t  im  engften  ©inne  21)3.  toar,  aber  bod^  ein  aj>oftelgleidS^e^  Slnfe^en 
^atte.  Äciner  SBiberlegung  aber  bebarf  bic  ©rfinbung  SRenanig  (Vie  de  J^sus  25),  3Dflt 
VI,  55  feien  irrtümlic^ertüeife  bie  5Wamen  ber  gläubigen  unb  ate  „93rüber  b.  §."  bejeic^s 
neten  33ettem  S^fu  an  ©teile  ber  gam  unbefannt  gebliebenen  5Wamen  feiner  toirflic^en 
S3rüber  gefegt,  toelc^e  i^n  niemals  anerfannt  Ratten.  15 

aSJaö  gegen  eine  Untcrfc^eibnng  ber  Srüber  b.  §.  t)on  ben  Wßp.  gefagt  ift,  l^at  im 
25orange^enben  bereit«  faft  bottftänbig  feine  SBiberlegung  gefunben,  fo  au(^  ber  ^äufig 
gcltenb  gemachte  6inn>anb,  ba^  bann  t)ier  SBrüber  ^efu  mit  t)ier  SJettem  be^felben  gleite 
'i)?amen  Ratten,  (g«  ^at  ft(^  gejeigt,  baft  aud^  nic^t  ein  3?etter  S^fu  mit  irgenb  toeld^er 
a55aWc^«nIi4>Wt  nad^geloi^en  toerben  fann.  6«  bleibt  alfo  nur  eine  SRamen^leic^I^eit  20 
t)on  brci  Srübern  mit  brei  21))^.  3efu  übrig,  unb  biefe  toirb  niemanbem  berlounberlic^ 
fein,  ber  loei^,  h)ie  häufig  fic^  bie  ani  bem  312^  entnommenen  SRamen  unter  ben  3uben 
überbau)}t  toieber^olten,  fo  bag  j.  93.  bei  :^ofe))^u«  nicbt  toeniger  aU  21  Simon  unb  IG 
3uba«  borlommen.  9Jur  ein  ©inloanb  bleibt  no4>  übrig,  ber  einigen  ©c^ein  l^at,  ba^ 
nämtic^  £ufa«,  nac^bem  er  in  ber  21®  bie  bciben  2lpl3.  be«  SRamen«  3-  «toä^nt  unb  26 
Äp.  12  bie  Einrichtung  be«  einen  bon  beiben,  be«  3-  S^^-f  beridj^tet  ^at,  unter  bem  ein* 
jigen  3^  ^^^  h)eld^em  er  bon  Ä}).  15  an  berichtet,  ol^ne  i^n  afe  neue  ^erfon  einjufül^ren, 
nur  ben  2lpoftel  :^.  211))^.  berftel^en  fdnne,  ba  locber  biefer  in  ber  21®  fpurlo«  berfc^loins 
ben,  noc^  eine  gan^  neue  $erfönlic^leit  auftauchen  lönne.  2lber  man  braudj^t  fic^  bagegen 
gar  nicfit  auf  ben  fc^riftftellerifc^en  ß^arafter  ber  21®  ju  berufen,  loeld^  l^ier  einen  SWangel  so 
an  !l}erarbeitung  i^rer  Duellen  jeige  (Sleef)»  5Denn  ba^  3-  9llj)^.  in  ber  ßrjä^lung  ber« 
fc^toinbet,  fann  nid;t  auffallen,  ba  bie  21®  überl^au})t  nur  bie  ©d^idfale  fe^r  toeniger 
2lpt).  berfolgt,  unb  bafe  ^.,  b.  95r.  b.  §.,  loenn  er  bon  3-  ätljpl^.  berfc^ieben  iDärc,  unbor* 
bereitet  afö  eine  neue  ^ßerfon  auftauchten  ioürbe,  ift  nic^t  richtig.  3)enn  21®.  1  l^at  Sufa« 
bereit«  bic  Srüber  be«  §erm  neben  ben  2l))p.  al«  l^rborragenbe  ®lieber  ber  (S^riftens  sb 
gcmcinbc  genannt,  unb  toie  toir  au«  bem  mit  ber  21®  jufammengel^örigen  ßb.  bc«  Suf. 
h)iffcn,  befanb  fic^  unter  jenen  audj^  ein  %  3)a^er  ift  auc^  bie  3)leinung  unbegrünbet, 
bafe  jtoar  ber  bon  %.  12  an  in  ber  21®  genannte  3-  t^atföd^lic^  ber  bon  3-  äl))]^. 
bcrfc^iebenc  Sr.  b.  §.  fei,  Suf.  felbft  i^n  aber  mit  jenem  bertoec^felt  l^aU,  (be  SB.) 

Über  bie  äußere  unb  innere  2eben«gefc^id^te  be«  3-  M  T^c^f  einige«  bereit« 40 
au«  unfercr  bi«^erigen  Unterfuc^ung  ergeben,  bebarf  aber  nod^  me^rfac^er  ©rgämung.  35ic 
ungläubige  Haltung,  toelc^e  3-  \ott)k  überl^au})t  bie  ©ruber  b.  §.  bem  2luttreten  be« 
lotteren  gegenüber  einnal^men,  ging  unjtoeifel^aft  barau«  berbor,  ba^  pe  mit  ben  ganj 
gctoö^nlic^cn  S5er^ältniffen,  in  benen  fie  mit  i^rcm  ©ruber  im  eiteml^aufc  jufammen« 
gelebt  Ratten,  nic^t  fein,  bie  ^öc^ften  2lnfprüc^>e  erl^ebenbe«,  2luftreten  jufammen^ureimen  45 
bcrmoc^ten.  2)al^er  beflagt  fic^  ^c\.,  nid^t  nur  in  feiner  SJatcrftabt,  fonbem  auc^  in  feinem 
Gltem^aufe  bie  gebül^renbe  2lnerfennung  nic^t  gefunben  au  ^abcn  (3Rc  6,  4).  ©elbft  ba« 
©erebe,  3^fu^  befunbe  einen  bebentlic^en  ®rab  bon  Überf))annt^eit  (2Jlc  3,  21),  blieb 
auf  feine  äRutter  unb  feine  Srüber  ni^t  ganj  o^ne  @inbrud  (plc  3,  31).  3^  f«nw 
gciftigen  ©ertoanbten  fonnte  bal^er  ber  §en  fte  bamal«  no4>  nic^t  ^äblen  (üJlc  3,  34).  w 
grcilic^  nac^>  ber  33äüftenf)3eifung  fonnten  auc^  feine  ©ruber  nic^>t  mel^r  W  bem  ©inbrudt 
feiner  Staaten  unb  ©rfolge  entjie^en  (3o  7,  3),  unb  ber  ®ebanfe  an  bie  SÖlöglic^feit,  baf; 
feine  meffianifd^en  2lnfj)rüd^e  bere^tigt  feien,  fc^eint  ju  jener  ^^\t  in  i^nen  aufgebämmert 
^u  fein  (ebb.).  SBa«  fie  aber  bon  ber  tl|atfäc|>Iic^en  2lnerfennung  noc^  abhielt,  toar  je^t 
offenbar  ber  2lbftanb,  in  bem  [xd)  i^re  meffwnifc^e  ®rh)artung  bon  beut  im  ©er^ältni«  &b 
ba^u  immer  noc^>  unfc^>einbaren  SBSirfen  3^fu  berl^ielt.  9loc^  jur  S^xt  feine«  2eiben« 
muffen  fie  il;re  referbierte  Haltung  betoa^rt  ^aben,  toä^renb  3Raria  gum  feften  ®lauben 
gelangt  toar,  ba  e«  fic^  nur  fo  erflärt,  ba^  3^«^  f^"^  SKutter  ber  ^Jürforge  feine« 
:3ünger«  3«>^önn^^  emj)fal^l  (3o  19,  27).  2)oc^  toirb  fc^on  bie  übermenfc^hc^e  ®cbulb 
unb  ^lul)e,  mit  ber  3ffu^  in  ben  Üob  ging,  if^re  ^er^cn  gewonnen  baben  unb  namentlich  oo 


580  ^lobud  im  ^t 

ba«  bc^  3-    3)^"   biefcin   iüurbc  nun   eine   bon  *'15aulu^   l  Äo  15,  7    ermähnte,   im 

Sebräereb.  fagen^aft  aufgeführte  ©rjc^einunö  be^  äuferftanbenen  juteil,  toeld^c  feinen 
lauben  unb  burc^  i^n  toobl  axxdf  ben  feiner  Srüber  jur  Steife  brad^te.  ©o  finben  hjtr 
jte  benn  gleich  nai^  bem  SIbWiebe  be«  ^erm  olö  änge^örige  ber  jungen  ©emeinbc.    3n 

6  biefer  fd^eint  bann  befonber^  feit  ber  ^inridS^tung  be^  3-  iid)it).  unb  ber  gluckt  bed  ^etr. 
(ä®  12)  ba«  anfe^en  be^  3-  f^^  enttoidelt  ju  ^aben,  fobafe  er  unter  ben  5Pre«b^tem 
ber  ©emeinbe  (3®  15,  22)  eine  tuo^l  ntel^r  tjerfönlic^  ali  amtlic^  leitenbe  Stellung  cin= 
nat^m.  ©eine  3:^ätigfeit  blieb  bon  ber  a))oftolifci[!en  barin  t)erf(i^ieben,  baf;  er,  obfc^on 
tpic  feine  93rüber  h)o|l  auc^  mitunter  mit  feinem  SBeibe  auf  Steifen  befinblid^,  bie  gctoife 

10  mel^r  ber  3»^fP«Won  aU  ber  SKiffion  bienten  (l  Äo  9,  7),  boc^  t)ielmebr  an  ^erufalem 
gebunben  tpar,  afe  bie  anberen  "Slpp.  (®al  1,  17).  ^m  Slange  aber  rüdte  er  nic^t  nur 
ben  legieren  an  bie  ©eite,  fonbem  er  tourbe  auc^  neben  $etr.  unb  ^ol).  afö  eine  ber 
©öulen  ber  jubenc^r.  Jlir^e  aiOlgemein  anerfannt.  ^n  biefer  ©teHung  erfc^eint  er  auf 
bem   3l))ofteHonjiI  nac^  ben  »endeten  be«  $aulu«  ®al  2,  1  ff.  unb  Suf.  21®  15,  1  ff., 

15  bie  in  SSerbinbung  mit  ®al  2,  1 1  ff.  un^  ^"9^^'^  ^^"  fir^lic^en  ©tanb)3unft  bc^  3- 
beutlid^  erfennen  laffen.  3lad)  $aul.  ^at  3-  ^'^  ^^^  S^^^i  anberen  ©äuIena))oftcI  fic^ 
beftimmt  bon  ben  be^  ^aul.  ^eil^eit  belauemben  falfc^en  Srübem  getrennt,  b.  b.  öon 
ben  3w^ö'P^f  toel^e  bie  botte  ®efe^e^beobac^tung  aK  Sebingung  jur  ©eligleit  unb 
barum  au(^>  al«  $fKc^t  für  bie  ^eibenc^^riften  behaupteten,   unb   f^atte  feinerfeit^   an   ber 

20  bon  5ßaul.  bargelegten  2(rt,  ben  Reiben  bo^  (St),  o^ne  ^otberung  bon  Seft^neibung  unb 
®efe^edbeobad^tung  ju  berfünben,  nic^tg  auS^ufe^en,  fonbern  reichte  i^m  bie  ^anb  ber 
®emeinMaft,  um  au^jubrücfcn,  ba^  fie,  obf^on  auf  t)erfd^iebenem  nationalen  ©oben  unb 
barum  freilid^  in  berf^iebener  Söeife,  bod^  im  gleichen  ®eifle  für  ba^  6b.  toirfen  tooUten. 
3)amit  fte^t  ber  35eri(^t  ber  21®  in  Übereinftimmung,  ber  nur  noc^  l^injufügt,  bafe  3-  ^ 

26  toar,  hjelc^er  bie  au^brüdEIic^e  2]erj)flic^tung  ber  ^eibenc^riftlic^en  ®emeinben,  junäd^ft  ber 
mit  3^0^^»"  in  SSerbinbung  fte^cnben,  jur  Beobachtung  ber  noac^ijd^en  ®cbote  burdj^s 
fc^te.  2)amit  machte  3-  nur  jum  jeitJoeiligen  ®efefe,  ma«  im  hjefentlic^en  ebenjo  immer 
in  ben  ®rünbfö|en  be«  ^aul.  gehörte.  2lber  er  befunbete  babei  freilief),  h)clc^e«  ©etoic^t 
er  auf  bie  3}orau^fe^ung  legte,   beren  Ronfequenj  jene  gorberung  toar,  ba^  nämlic^  bie 

30  3ubcnd[;riften  auö  $ietät  unberänberlic^  an  bem  ®efe$  i^rer  Säter  feftl^ielten.  3)enn  fo= 
lange  fie  ba«  traten,  mußten  fie  jebe  SJirf^tac^tung  jener  ®ebote  aU  einen  ®reuel  be^ 
trad^ten,  ben  fie  bei  ben  ju  einer  ®emeinbe  mit  if^nen  berbunbenen  §eibenc^riften  n\d}t 
bulben  burften.  @enau  berfelbe  ©tanbpunft  be«  3-  crgiebt  fic^  auc^  an^  ber  SBirfung 
feiner  J^eunbe  in  2lntiod^ien   auf  ^etr.,  ber  ben  bortigen  Jw^^nt^^f^^n  [^^  anfd^lie|enb 

36  mit  ben  ^eibent^riften  Xifc^gemeinfc^aft  gehalten  ^atte,  aber  biefelbe  nac^  bem  ©rfc^einen 
jener  t^IöfeUc^  abbrad^.  Söo^I  f^atte  3-  toie  bie  anberen  3w^^n^rif^^"  3^^^"^^  P^ 
barin  gefunben,  ba|  ^etr.  im  einzelnen  gälte  mit  einem  gum  (Sb.  belehrten  ^rofel^ten 
(21®  10,  2)  gomeliu^  jufammen  gegeffen  ^atte  (21®  11,  3.  18).  Unb  eine  Äultuß= 
gemeinfc^aft  ^toifd^en   3wben(^>riften    unb    Äeibenc^riften   l^atte   er  burd^   bie  noadj^ifc^en 

40  ®ebote  geloi^  ermöglid^t  toiffen  tooDen.  2lber  ob  er  eine  barüber  l^inau^e^enbe,  jur 
Siegel  getoorbene,  2;ifc^gemeinf(^aft  jtoifd^en  $eiben=  unb  3"b^nc^riftcn,  billigen  hjürbe,  toie 
^ctr.  fte  burc^  feine  ^Beteiligung  gebilligt  |atte,  ba^  ^atte  2e|terer  guten  ®runb  ju  bc= 
|\h)eifcln.  3)enn  noc^  biel  fjjäter  finben  mir  3-  o"  ^^  SJorauöfe^ung  feft^altenb,  bafe  bie 
3ubenc^riften   bie  Beobachtung  be^  altteft.  ®efe^c«  nid^t  aufgeben  burften  21®  21,  2ip. 

46  —  So  ftanb  3-  fllfo,  bon  ben  3ubaiften  tjrinji^jieD  burc^auö  getrennt,  boc^  im  Berl^ältni^ 
ya  anberen  a))oft.  SWännem  i^nen  am  näc^iften.  2)arau^  erflärt  e^  fid^,  ba^  bie  ebioni^ 
tifc^e  Partei,  freiließ  unrcd;tmä6ig,  [\6)  mit  ber  2lutorität  beg  3-  h^  ^^dcn  fud^te  unb  i^n 
tbic  il^ren  ©d^u^t)atron  mit  einem  Äranje  fagen^after  ®lorie  fc^müdfte.  3"  biefem 
erfc^eint   er  bereite   bei   ^egdtp^).,   hjenn   biefer  il^n  al^  SJafiräer  unb  6ffäer  barfteHenb 

50  er5äl;lt,  er  f^abt  bon  feiner  Äinbl^eit  an  hjeber  SBein  noc^  fonft  Seraufc^enbe^  getrunfen, 
fein  Scliermeffer  auf  fein  ^anpt  fommen  laffen,  fid^  nie  mit  öl  gefalbt  unb  nie  gcbabct, 
unb  uur  linnene  ®eJüänber  getragen.  2)od^  ift  nac^  2lbjug  folc^er  Übertreibungen  ber 
Bericht  bc^  $egef.  al^  brauchbare  CueDe  ju  benu^en.  Unb  ba^  3-  ^wrd^  f^n«  gefe^lic^e 
unb  affetifc^e  Sittenftrenge  fic^  ben  9kmen  be^  ®erec^ten  unb   bie  2ld^tung   and}  feiner 

f.5  ungläubigen  3Solfögenoffen  ertoorben  unb  bon  fiiebe  gegen  fein  gefamte^  Bolf  getrieben, 
für  beffen  Sünben  im  jemj^el  auf  ben  Änien  gu  beten  nic^t  abgelaffen  f^abt,  ftnb  3üge, 
Joelc^c  jur  (S^arafteriftit  be«  31.  %,^  boUfommen  ftimmen.  3"  ^^n  pfeuboclement.  iuba= 
iftifc^en  Sd^riften  h)irb  bie  2lffefe  toie  bie  Söürbe  be«  3-  no^  bebeutenb  gefteigert,  unb 
nad^  fö^)i))^aniug  (haer.  30,  16)  ^at  e^  fogar  S5efc^>reibungen  feiner  ^immelfal^rt  gegeben. 

(X)  —  Über  ba^  ßnbc  be^  3-  W>^n  ^^^  S*^<?»  toiberfjjrecl^enbc  Berichte.    SJad^  ^egefipj).  (bei 


dfatobnd  im  912:  581 

(Suf.  h.  e.  2,  2:0  ift  ^^.  nid;t  lange  bor  bcm  Seginnc  bc^  röm.=iübijd;cn  Äricijc^  (bgl. 
^ai}n  Jvorfd;.  VI  2:55),  aljo  cttoa  66  n.  &)x.,  (pQl  geine  9  geg.  .^ilg.)  t)on  bm  ^^J^ari- 
jäern  i)om  3:urme  geftür^t.  3?acl^  S^^f^^"^  (ant.  20,  9.  1)  fott  bagcgcn  btc  fabbucäifc^c 
^ßartci  bcn  3lmtgh)ec^fe(  ber  $roIonfuIn  ^ftu«  unb  aibinug  62  ober  63  ö.  6^r.  benu^t 
l)ahcn,  um  gegen  ben  ffiiHen  ber  5ßl^art|äer  3-  fteinigcn  ju  laRen.  3)iefe  ©tette  becJ  6 
^ofcp^.   unterliegt  aber  [tarfem  SSerbad^t  ber  3i«^^oIation  (ßrebner,  (ginl.  581,  ^ai^n 

a.  a.  0.  301  ff.).  Unb  ba  bie  3^'tangabe  be«  öegef.  bie  ganje  Jjfeuboclem.  Sttteratur  für 
fic^  l;at,  toelc^e  auf  ber  33orauöfe^un^  beruht,  bafe  %  ben  5ßctr.  überlebt  f)abQ,  fotüic 
auc^  baö  chronicon  paschale  (ed.  3Jligne,  1865,  592),  fo  toirb  man  feinem  Serid^te 
ioo^I  ben  SJorgug  ju  geben  l^aben  (t)gl.  auc^  £.  Sc^ulje  in  ^bil  §.  b.  Xl^.  SB.  2  i,  477).  10 

i^on  ben  ftjäteren  ©d^itffalen  ber  übrigen  ©ruber  b.  §.  loiffen  loir  nit^t^,  auc^  üon 
;;5uba^  nic^t,  toenn  loir  t)on  bem  ^u^ö^^ricfe  (f.  b.  31.)  abjel^en.    Über  beffen  Snfel  t)gl. 

b.  31.  SDomitian.  »b  IV  ©.  788,  23. 

4.  3)er  Söl^^f^u^^rief  (335.)  trägt  an  feiner  ©time  eine  3lbreffc,  toeld^e  feinen 
3?erfaffer  unb  biejenigen  bejeid^net,  für  h>elc^e  er  beftimmt  toar.  §ierin  nur  bie  3)ebi-  15 
fation  einer  mit  t)iel  allgemeinerer  Seftimmung  berfa^ten  Se^rfd^ft  ober  §omiIie  ju 
fef^en  (^^alm.  bgl.  Semme),  Verbietet  bie  fte^enbe  ©rufiformel  einer  geloö^nlid^en  gried^ifc^en 
Sriefabreffe  (^igeiv),  Unb  bafe  biefe  Sriefform  nur  jur  fc^riftftetterifd^en  ^iftion  eine« 
unbefanntcn  ^erfafjer«  gehöre  (©d^toegl.  u.  a.),  ober  bafe  fie  eine  erft  in  f)3äter  ^t\t  ber 
©d)rift  gegebene  ©tifette  fei  (§amadf,  Se^re  ber  12  "Stpp.  lejte  u.  Unterf.  II,  106  ff.)  20 
ift  barum  nic^t  an^unel^men,  h>eil  in  beiben  %äüm  bie  Sejeic^nung  be«  5Berf. 
aU  eine«  Slpoftel«  ertoartet  toerben  mü^te.  3)a^er  lä^t  fic^  bie  Slngabe  „ben  12  ©tämmen 
in  ber  3^i^treuung"  in  ber  aforeffe  für  bie  Seftimmung  ber  erften  Sefer  loo^I  berh)erten. 
3)er  Slu^brudf  aber  ^ier  „bie  gel^n  ©tämme"  ift  fo  fj)ejifif(^  national  iöraelitifd^,  ba^  e« 
unmöglich  ift,  i^n  in  bilblidbem  ©inne  auf  bie  gefamte  ß^riftenl^eit  ol^ne  Unterfc^ieb  i^rcr  26 
nationalen  §erhinft  ^u  bejie^en  (§en^tenb.,  §Ug.,  ^ol^m.,  b.  ©ob.).  3)afür  fann  ein 
analoger  ©ebrauc^  bon  Qaf^kn^);)mbohi  ^  für  bie  ^laftifc^e  Sluömalung  ai)ofalVt)tifc^er 
iUfionen  (Hpl  7,  4;  21,  12)  unb  bie  Übertragung  rein  religiöfer  $räbifate  be«  altteft. 
©ottet^olfe«  auf  ba«  neuteftamentlidf^e  (1  $t  2,  9)  nid^t«  betoeifen.  Unb  in  3Serbinbung 
mit  ben  12  ©tämmen  lann  auc^  bie  3^^^w*^9  "wr  eigentlich  gemeint  fein.  ©erSricf  so 
ift  aljo  gerichtet  an  ba«  gejamte  ^lubenbolf,  nic^t  in  ber  jjrembe  be«  ©rbenleben«  (§ofm., 
b.  ©ob.)  fonbem  au^erl^alb  $aläftina«,  bon  toelc^em  au«  mithin  offenbar  ber  38^affer 
fc^reibt.  3^ne  Sejeic^nung  ber  Sejer  erl^ält  ober  eine  ßinfc^ränfuna  baburc^,  ba^  ber 
-iJerf.  fic^  ntc^t  nur  ®otte«,  fonbern  aud^  be«  öerm  3^w«  E^riftu«  äntä)i  nennt.  35enn 
bie  3?ermutung,  ba^  biefe  SBorte  (x.  xvgiav  *i  -X^.)  ein  fbätercr  c^riftlic^er  ßinjc^ub  in  35 
eine  jübifc^e  ©d^rift  feien  (©pitta),  ift  unbegrünbet  (f.  nad^l^er).  35ie  fiefer  finb  ^iemad^ 
fold^e,  toeld^e  bie  Slutorität  eine«  Äned^te«  be«  3-  ^f)^-  anerfennen.  ©ie  finb  alfo  nad^ 
ber  Slbrefje  nid^t  ^wben  ol^ne  Unterfdj^ieb,  c^riftlid^e  unb  nic^tc^riftlid^e  (®rot.,  I^eil., 
Söolf,  firebn.,  öug,  ®uer..  Sänge,  Soum.,)  aber  auc^  nic^t  G^riften  ol^ne  Unterfc^ieb, 
iübifd;er  unb  ^etbnifd^er  Slbfunft  (be  2B.,  ©d^toegl.,  §ilg.,  ®rimm,  ©c^enf.,  Slö)3j).,  §ol^m.,  io 
b.  ©ob.)  ober  gar  bor;|ügli(^>  .^eibenc^riften  (Sutterb.  u.  a.),  unb  ebenfotoenig  gubenc^riften 
au^erl^alb  unb  innerhalb  $aläftina«  (33^ierf(^,  ^ofm.,  ^af)n)  fonbem  au6er))aläftinenftfc^e 
3|ubenc^riften.  S)er  3Serf.  fann  mitl^in  biefelben  al«  bie  jtoölf  ©tämme  in  ber  3^treuung 
nur  im  ©inne  be«  loai^ren  ^^xad,  fotoeit  bie«  au^er^alb  be«  ^.  fianbe«  too^nt,  nennen. 
Unb  biefe  au6er^)aI.  ^wbend^ften  pnb  nic^t  blo^  an  einem  Orte  ober  auc^  nur  in  einem  46 
bejc^ränften  Sejirf  ju  [uc^en,  mag  man  babei  nur  an  einen  3^eil  fämtlic^er  aufeeq)al. 
^ubenc^riften  beulen  ober  annehmen,  baf;  e«  bamat«  über^au})t  folc^e  barüber  ^inau«  noc^ 
nid^t  gab.  @«  finb  alfo  nic^t  blo^  bie  ^u^^nt^i^ipen  in  ben  Sänbem,  in  benen  $aul. 
unb  93amab.  auf  ber  1.  üJliff.^Sleife  prebigten  (ßid^i).),  ober  in  Sllejanbrien  (S5oum.),  ober 
in  ber  35ia«j)ora  ber  ^ettenen  (©d^edf.,  SReanb.,  9B.  ©c^mibt)  ober  in  ben  noc^  bor  60 
beginn  ber  3Kiffion«reifen  be«  ^aut.  in  ©^rien  entftanbenen  ®emeinben  (Se^fd^Iag,  S^ifn), 
2)ic  3lllgemeinl^eit  unb  güHe  be«  3lu«brud«  „bie  jloötf  ©tämme  in  ber  S^treuung" 
mac^t  e«  jtoeifello«,  ba^  fämtlid^e  ^w^^c^nften,  bie  bamal«  ejiftierten,  gemeint  jinb,  unb 
fel^r  toa^rfd[!einlidS^,  ba|  e«  fold^e  bereit«  loeit  unb  breit  gegeben  ^at.  3)iefe  ©rgebniffe 
ber  3lbreffe  werben  burdjf  ben  Srief  felbft  nic^t  toiberlegt,  fonbem,  toenigften«  teilloeife,  65 
beftätigt.  a)ie^rere«  in  i^  (2,  2;  9ff.;  21,  4;  llff.  5;  11. 17)  eignet  fx6^  jebenfoa«  beffer 
für  3ubenc^riftm  (©eife,  Se^fd^l.,  ^ne  u.  a.)  oI«  für  national  gemifd^e  ©^riftm 
(§ol^m.,  b.  ©ob.),  unb  ba«  ©4>toeigen  be«  38erf.  bon  bem  ®ef«|,  bem  %mlpü  unb  ben 
ungläubig  gebliebenen  33oII«genoffm  gegen  bie  jübifd^  ^erntnfi  ber  Sefer  otugtffl^ren 
(b.  ©ob.),  ift  nic^t  berechtigt,  ba  er  bom  ®efe|  nid^  gan)  fiipci0t.Af4  beneo 


682  ^alobitd  tut  9}£ 

2^cm)3cl  aber  unb  bic  unöläubiocu  ^u\>m  ju  rcbcn  feine  ikTanlaffung  ^atte.  3)afi  ferner 
bic  Sejer  G^riften  unb  nic^t  ^vbm  fmb,  ergiebt  fid;  nic^t  nur  au^  2, 1,  h>o  man  lotÄer 
eine  d^riftlid^e  (Sinfügung  angenommen  ^at  (®)3ilta,  t).  ©ob.),  fonbern  mit  grofecr  aSJo^rs 
fd^einli(^feit  aud^  au«  1, 18;  2,  7;  Uff.  5,  7.  Unb  gegen  eine  enge  örtliche  Segrenjung  beö 

5  Seferlreife«  \pxxdft  bie  ganje  fiallung  be«  Srief«,  namentlid^  im  SSergleic^  mit  folc^en 
neut.  Sriefen,  iDeld^e  an  einzelne  Oemetnben,  ober  toie  ber  ®aU  unb  I.  Äor.=8rief  an 
bie  ©emeinben  einjelner  fianbe^teile  gerichtet  finb.  35enn  nic^t  nur  finbel  fic^  ^ier  gar 
niit«  bon  irgenb  toelc^en  )3erfönli(^>en  Sejie^ungen  jtoifd^en  bem  SSerf.  unb  ben  fiefem, 
nidpt«  bon  ©rüfeen,  SefteHungen  u.  bgl.,  fonbem  au(^>  bie  im  ©riefe  berüdpc^tigten  Skr- 

10  ^öltniffe  ber  Sefer  ^aben  jum  größten  Seil  gar  feinen  lofalen,  fonbem  einen  fel^r  oDge= 
meinen  6^arafter.  Um  jo  toeniger  ift  e«  berechtigt,  auf  bie  Beobachtung,  ba^  bic  im 
3®  berücffic^tigten  SSer^ältniffe  me^r  nac^  $aläftina  afö  nad^  ber  3)ia«)3ora  Joeifen  (gcine 
bgl.  3WaVor),  bic  fünftlid^e  §^)30tl^eje  ^n  grünben,  berfelbe  -fei  urfprünglid^  eine  änfbrad^c  an 
bie  ® emeinbe  bon  S^ufalem,  toeldS^e  bann  an  au^er^)aIäftinenflf c^e,  bef onber«  fV^fc^^e,  Öemcinbcn 

16  gefc^icft  fei.  38ielme^r  m  bem  geringen  SKafee,  in  toelc^em  jene  a3eobac^>tung  bietteic^>t  richtig  ift, 
erllärt  fie  fid^  genügenb  baraui^,  ba^  feiten«  be«  SSerf.  neben  ©erücften  über  3Sorgängc 
auö  ber  ^ia^pora  auc^  Srfal^rungen  au«  feiner  näc^ften  Umgebung  bertoertet  ftnb.  S)enn 
über^au))t  tbcrben  im  g^  ^^  Untcrfc^ieb  bon  ben  ^aulinifc^en  ä3riefen  f))e}iellerc  ^oKc 
unb  Umftänbe  niemal«  in  i^rer  lofalen  Sebeutung  in«  äuge  gefaxt,    ©onbem  fie  biencn 

aonur  al«  beranfc^auIidS^enbe  Seifpiele;  pe  toerben  überall  in  allgemeine  ©ebanlenrcil^en 
eingeorbnet  unb  burc^  ^^^otl^etifc^e  9(u«brud«h)eife  in  bie  ^orm  einer  allgemeingültigen 
Betrachtung  gebradS^t  3)er  35erf.  toiH  alfo  offenbar  feinen  Brief  einem  lociten,  örtlich 
nic^t  befd^räntten  Seferfreife  angaffen  j  er  h>iD  über^au^t  nic^t  ba«,  h)a«  man  im  ctgent^ 
liefen  ©inne  einen  Brief  nennt,  fc^reiben,  fonbem  ber  3©  ift   eine   in  bie  gorm    eine« 

25  ^mftoralen  Slunbfc^reiben«  gebrachte  ätnfljrad^e  an  alle  Subenc^riften  innerhalb  ber  offenbar 
fc^on  toeitberbreitetm  ß^rifteni^eit.  9GBa«  ber  Berf.  aber  al«  ben  allgemeinen  ©runbjug 
tn  bem  bermaligen  3uf^<*^^^  f^'"^^  Scferfieife«  crfennt,  ift  Bertoeltlic^ung  unb  Beröu^cr- 
Kd^ung  be«  G^riftentum«.  Unter  bm  in  mel^rfac^>en  formen  anbauemben  Seibm  (1,  2), 
bei  ber  immer  toeitcr  fid^  au«bel^nenben  Berjö^ernng  ber  ^amfie  (5,  7.  8)  beginnt  man 

ao  bie  ®ebulb  ju  berlieren  unb  ba«  §eri  jtoifc^en  ©ott  unb  ber  SBelt  gu  teilen  (1,  7). 
3Rag  man  nun  mit  9Kc^>tac^tung  ber  SStrmen  ben  Seichen  fc^meic^>eln  (2,  1  ff.)  ober  an 
i^nen,  um  i^e«  ©ei je«  toillen  burc^  Berbammung  ben  Unmut  au«laffen  (4,  11.  5.  9), 
mag  man  ©ott  um  bie  SRittel  für  fc^trelgerifc^e  ©enüffe  bittm  (4,  3)  ober  ftc^  im 
©efül^le  eigenm  Äönnen«  unb  Befifeen«  in  gottbergeffene  ©ic^erlf^it  cinh)iegen  (4,  13  ff.), 

86  immer  erfcpeint  in  mannigfachen,  balb  ba  balb  bort  ^erbortretenbm  formen  im  toefents 
liefen  biefelbe  „greunbfc^aft  ber  SBelt"  (4,  4).  Unb  mit  il^r  jugleic^  |at  ftd^  ba«  ©trebcn 
enttbidfelt,  eine  toai^re  ^er}en«frömmiQfeit  burc^  äußere  Jtirc^lic^feit  ju  erfe^cn.  3Ran 
beruft  ftc^  auf  fein  ©laubm«betenntnt«  (2,  14),  man  fc^iva^t  unb  janft  borüber  unb 
brangt   fic^   eifrig   jum   firdf^lid^en   Sel^ramt  (Ä  3).    Slber   eine  h)a^re  Bet^ätigung   bc« 

40  ©lauben«  ift  tomi^  ju  finben.  3)iefe  gwftänbe  nahmen  getoi^  bei  bm  gubcndj^riftm  eine 
i^er  nationalen  Gtgmtümlic^feit  mtfl^red^enbe  ©eftalt  an,  aber  fie  finb  nidj^t  au«  bem 
3ubentum  abjuleitm,  fonbem  au«  bm  ©efal^rm  einer  auf  bie  3^'^  ^^  f^*^"  Siebe 
folgmbm  ©rftarmng  be«  ©laubm«lebm«,  burd^  trelc^e  biefe«  feine  futlic^e  SBirfun0«fraft 
einbüßte  unb   ba^er  bamal«  bei  §eibenc^>riften   trie  bei  Subenc^riften   im  toefentlic^ 

45  gleichmäßig  borau«uife^m.  ^^n^  Beräufeerlic^ung  be«  G^riftentum«  burdj^  mtfj)red[^bc 
SBamungm  unb  SDRoil^nungen  entgegenuitoirfm,  ift  ber  ^\oci  be«  Briefe«  unb  ba^  ber 
3nl^alt  ein  bortoiegmb  )3aränetifc^er.  3ln  1.  bie  ©rma^nung  gu  ftanb^aftem  unb  toeifcm 
Ber^altm  in  ^rümngen  1,  2—12  fd^ließt  fic^  2.  bie  Belehrung,  bafe  bie  (auf  ba«  9«c^t.' 
befte^m   in   ber  Prüfung   gerichtete)  Berfuc^ung   bon  ber  eigenen  fünblic^m  2uft  bc« 

50  3Rmfc^>m  ^errül^rt,  nic^t  aber  bon  ©ott,  bem  ©eber  alle«  ©uten,  bem  Url^ebcr  ber  geift= 
lid^m  SBiebergeburt  burd^  ba«  SBort  ber  SSSabrl^eit  1,  13—18  unb  hieran  toiebcr  3.  bic 
(Srmai^nung,  bie«  SBort  in  fanftmütigem  unb  folgfamem  ©inne  fid^  anjueignm  1, 19 — 27. 
3)ann  folgm  f})ejiellere  SBamungm  4.  bor  i)arteiifc^er  Beborjugung  ber  Sicic^n 
2,  1—13:   5.   bor  trertlofem   toten  ©lauben,  ber  nic^t  feiig  mad^m  fann  2,  14—26; 

55  6.  bor  Se^rs  unb  aBei«l^eit«bünfel  3,  1—18;   7.   bor  SBeltfud^t  unb   ©elbftüberlj^bunö, 

fleifd^lic^er  ©id^erl^eit,  übermütigem  SBo^lleben  unb  ungebulbiger  Älage,  4,  1—5,  11. 

®m    ©c^luß   mac^m    8.   fürjere   SKa^nungm    berfc^iebenm    3"^^'*^  5,   12—19.   — 

3Wit  ber  ^iemac^>  bem  SB.  eignmbm   etl^ifd^en  )3raftifc^m  lenbenj   ^ängt  fein    for= 

melier  ß^rafter  infofem  jufammm,   al«  biefelbe   eine  f^ftematifcf^e   Slnlage   au«fc^^Uefet 

60  ^oi)  ift  ber  3wf^n^'wwi^g  barum  nidj^t  bertoorren  (©c^ileierm.,  be  "S&^ttc  u.  a.).    Biel^ 


3fa!obtt9  im  912;  583 

\mi}x  ift  bic  2)arftcKun0^ivcifc  bic  ö"omcnarti0c,  \v\c  fic  ftd;  ä^nlid;  in  bm  S3üd;crn  alt' 
tcftatucntüd^cr  ©^md;h)ci^bcit  ftnbct,  bei  ber  fx6f  bic  ©ebanfcn  in  t)cr|c^icbencn  ®rm)})cn 
i)crIenartio  ancinanbcrrci^cn.  3)cm  cntfprcdffcnb  ^jcigt  bcr  SluiSbruc!  im  einzelnen  nid;t  bic 
^ISräjifion  cinc^  fc^arf  logifc^en  3)enfcng  toie  Dei  S^avtl.,  bafür  aber  mel^r  r^ctorifd^c  %ix\lc. 
j)ic  ßricc^nfc^e  2)iftion  ift  öcrl^ältni^mäfeig  rein,  enthält  aber  boc^  auc^  nic^t  iücnigc  5 
.s>ebrai<gnien,  unb  bie  ^ßeriobenbilbung  ift  anwerft  einfach  (bgl.  3^^"  ®^"l-  I^  Ö^)-  — 
äiSaö  bie  Ic^r^afte  3lrt  be«  3S.  betrifft,  fo  ift  fein  borloiegenb  et^ifd^er  (S^arafter  nic^^t 
nur  in  feiner  Seranlaffung  begrünbet,  fonbcm  noc^  mel^r  in  ber  Slrt,  trie  ber  ÜJerf.  bie 
c^riftlidj^e  ^ßerfünbigung  auffafet.  Sel^r  bejieiAnenb  nennt  er  nämlid^  biefelbc  baö  botts 
lonimene  ©efej^  ber  greil;eit  (1,25).  SBo^I  rennt  er  alfo  i^ren  Unterfc^ieb  bom  altteft.  lo 
Öeje|,  baji  fie  nic^t  Jüie  biefe^  beni  9)len}c^en  toie  ein  fned^tenbe^  ^o^  gegenübertritt, 
fonbern  in  fein$erjeinget)flan^t(l,  21)  fein  SBefen  ju  einem  neuen  mac^^t  (1,18),  fo  ba^ 
er  nun  au^  eigenem  ^er^en^triebe  aljo  mit^eii^cit  bem  göttlid^en  ©iUen  entfprid^t.  älbcr 
tDcnn  auc^  fo  im  Ser|ältniö  jum  @efe^  ba^  21.33.  ein  boBfommene^,  ift  aud^  ba^  burc^ 
(SI;r.  i)ermittclte  SBort  ber  SBa^r^eit  lieber  ein  ®efe^,  eine  Offenbarung  be^  göttlid;cn  10 
älUUen^,  iüelc^e  bom  3Jlenf(^>en  ba^  etitf^)re(^enbe  ^\xn  berlangt.  ^a,  e^  ift  au^  inl^alts 
lid;  mit  bem  altteft.  ®efe^  h)efentlic^  ibentifc^  (bgl.  2,8  mit  2e  19,18;  2,9  mit  2)t 
U),  19;  2, 11  mit  ©120, 13  f.),  aber  freiließ  nur  infofem  le^tere^  burc^  ^^ju«  angelegt 
unb  auf  ba«  £iebe«gebot  uirüdfgefül^rt  ift  (bgl.  2, 8  mit  3Kt  22, 37  ff.).  Wit  biefer®runb= 
anfc^auung  bon  ber  c^r.  ^erfünbigung  ^ängt  e^  gufammen,  bafe  im  3-33.  aUe^,  toaä  bie  20 
^^Jcrfon  be^  SWittler^  ber  neuen  ®otte«offenbarung  betrifft,  jurüdftritt,  \a  felbft  ber  5Wamc 
ß^rifti  nur  jtoetmal  genannt  h>irb  (2, 5,  7.  8),  auc^  bie  \i)nopt  Segriffc  be«  ®otte^rei(^« 
unb  be^  aWenfc^enfol^ne«  fehlen ;  bagegen  bie  fittlid^en  3lu^fü^rungen  S^fu,  befonber^  bic 
bcr  Sergprebigt,  fmb  in  einem  Umfange  gur  ®eltung  gefommcn,  toie  bei  feinem  anberen 
ncuteft.  ©c^riftfteaer  (1, 2.  4.  5.  9.  20 ;  2, 13.  14;  3, 17.  18 ;  4, 5 ;  5, 10.  12).  infolge  25 
bcffen  ftc^t  ber  393.  bem  2l^oftel  $aul.,  toelc^er  bie  bem  ®efe$  entgegengefe^te  ©citc 
bc6  (gb.  am  fc^ärfften  in^  Slugc  fafet,  berJ^tniSmä^ig  fem.  (S^  fragt  fic^  fogar,  ob  nid^t 
eine  eteUe  be^  3».  2, 21.  24  (bgl.  mit  9lö  3,  28,  4, 2 ;  ®a  2, 16)  einen  unau^Ieid^baren 
©egenfa^  gegen  ^}}auluö  (2ut^.,  Äem,  b.  ©ob.),  ja  eine  betoufete  $oIemi!  gegen  i^n  mU 
bäli  (Säur,  aBciffenb.,  öoI|jjm.)  ober  nur  eine  in  ^öl^erer  ©in^t  berföl^nbare  35iffcrenj  ao 
(2cd;L,  a)Je^n.,  SBJ.  (Sc|mibt,  ©t^Iatt.),  trenn  nidj^t  gar  eine  mit  ^.  bollftänbig  überein= 
ftimmcnbc  ätnfc^auung  (3:^ierfc^,  §of.,  SDätef.,  §engft.,  $^il.).  Äeine^faU^  entge^it  man 
biefer  ®d;n)ierigfeit  bamit,  ba^  man  ben  333.  friÜ^er  ak  bteienigen  Sriefe  becJ  $aulug 
fe^t,  toelc^e  bie  abh)eic^cnben  ©ä$c  entl^alten  (äöeife,  Se^ifc^Iag,  Rai^n  u.  a.).  35abei  bleibt 
bie  grage  nac^  ber  objeftiben  3)ifferenj  unberührt.  Unb  ber  35erbadS^t  eine^  betoufeten  35 
3yiberf^)rud^  toürbe  bom  333.  auf  5ßaulu3  gefd^oben,  ber  ja  in  f^.  Slntiod^ien,  loo^in 
umn  bann  ben  333.  bortoiegenb  gcridf^tet  fein  lä^t,  i^n  nottoenbig  fcnnen  gelernt  ^aben 
mü^te  (togl.  ^a^n).  i^tfäd^li^  ift  aber  aud^  jene  jeitlid^c  SSer^ältni^beftimmung  nic^t  too^l 
burc^fiil^rbar.  3)enn  loenn  auc^  aDe  einzelnen  SBorte,  bic  in  ben  betreffenben  ©ä^en  be^ 
393.  gebraucht  fmb,  fc^on  bor  $aulu^  im  ^ebr.  unb  ^cHenift.  3"^^"^"^  befannt  toaren,  40 
f 0  ift  bod^  nirgenbö  frül^er  eine  ©pur  babon  aufjufinben,  ba^  man  bie  gormel  dixaiovo- 
üni  ex  ntmecDg  IfüiU  (bgl.  ©pitta  207)  ober  ani)  nur  fadj^lid^  irgenbtoie  §cil  unb 
Seligfeit  auf  ben  ®lauben  o^ne  Siöerfe  begrünbete  unb  ba^  man  bafür  bie  ©teDe  ®en 
15,6  bertoenbete,  toöi^renb  atte«  bie^  im  3^.  für  feinen  Seferfrei^  beutlidS>  borau^gefe^t 
ioirb.  2)ergleidS^en  m^  ber  jübifc^en  „Ort^obojic"  abj^uleiten  (S3e^fdS^l.  u.  a.)  ift  burc^  beren  45 
gänjlic^  gefei^lic^en  ß^araftcr  böUig  au^cfc^loffen.  3Ran  mü^te  alfo  beim  ^ftl^alten  an  ber 
^citlid^en  ^^Jriorttät  be^  3^-  bor  ben  betr.  paul.  33riefen  ju  ber  3lnnal;me  flüd^ten,  ba^  bie 
im  erftcren  borau^efe^te  Sefanntfc^aft  ber  Sefer  mit  paulinifc^en  gormein  auf  eine  gleidj^ 
nad;  bem  erften  Slufentl^alt  be«  befe^en  $aulu^  in  3^nifalem  bon  i^m  in  ©^rien  be- 
gonnene ^^^rcbigttl?ätigfcit  ^iuüd;|ufü^ren  toäre  (Äül^l).  dagegen  fprid^t  aber  entfc^ieben  bie  Uns  m 
ti>ahTfd>einlid;tch,  bafi  ^^aitt.  bie  feften  gormein  unb  bie  ©c^riftbetoei^füJ^ng  für  feine 
^Kcd?tfcrttgunjj^te^re  \d}on  vor  feinem  guffl'^^^^ttf^fe  "^'^  ^^^  p^arifäifc^^en  3ubai^mu^ 
au^3€bilbct  (?abc.  l!ö  fragt  [xif  ^iernac^,  ob  ber  3S3-  i>i^  bezüglichen  ©ä^e  ani  ben  ^aul. 
ißricfen  fclbft  betätnpft.  3*^föß^  iP  o*^  ^^  3®-  fl^<*^^  ^^^n,  toa^  er  eigentlich 
bciDeifcii  \m%  ba{i  ein  ©laube  o^nc  entfprec^enbe  ^erfe  nic^t  fclig  machen  fann,  ganj  55 
mit  ^aul.  in  Übcreinftimmung  (bgl.  2  Äo  5, 10).  Sluc^  barin  h)cic^>t  er  bon  biefem  nic^t 
ab,  bafe  er  bem  ®lauben,  ber  fic^  nic^t  im  fittlic^m  ^onbeln  lebcnbig  gu  crtoeifen  ber» 
mag,  überl^aupt  feinen  SBert  beilegt  (bgl.  1  Äo  13,  2).  Unb  bie  beutRäj«  SDiffercnj,  ba| 
ber  333.  nic^t  mie^aul.  nur  einen  gum,  ftttlic^en  Srtoeife  f filzigen  ®Uiubm,  fonbern  einen 
f olc^en,  ber  fic^  bereite  in  SBerfen  ertoiefen   ^ot,  otö  Sebingung  fite  bai  di9§moi0^  «> 


584  ^!obtt$  im  922 

forbert,  Juürbc  ein  fad^lic^cr  2öibctf))ruc^  nur  bann  fein,  iüenn  Ie^tere«>  im  ^'i^.  unb  bei 
%  biefclbc  Sebeutung  ^ätte.  3)a^  ift  aber  nic^t  ber  ^aH.  ällerbin^«  fann  dixaiovo- 
^ai  im  3i55.*  nidS^t  ^ei^en:  jelig  machen  (§ut^.)  ober  aU  (jerec^t  erh)ctfen  (^Prcu^):  bcnn 
bo^  l^ei^t  e«  nie ;  auc^  nic^t  gerecht  machen  (§ofm.,  SDäief.) :  bcnn  babon  iüären  bie  SBcrfe 

5  nic^t  ®runb  fonbem  ^^olge.  Sielme^r  f}at  e^  auc^  ^ier  bie  getpö^nlid^e  Sebeutung :  für 
geredet  erflären.  9Son  ben  beiben  Schattierungen  aber,  iüelc^c  biefer  Segriff  im  religtöfen 
©inn  au^  bem  3wjantmen^ange  erl^alten  fann:  einen  Sd^ulbigen  begnabigen  ober:  einen 
^ommen  afö  t^atföc^Iic^  @ott  too^lgefäOig  anerfenncn,  trifft  l^ier  bie  ^n)eite  ju  (t>gl.  äBct^, 
§ranf,  Se^fdS^Iag,  §ol$m.  u.  a.).    35afür  fprid^t,  ba^  ba«  idixautydrj  35.21    i:t\t>a^  öon 

10  jiiaxeveiv  iXoyia^  avrco  eig  dix.  9S.  23  t)erf(^iebene^  unb  barauf  folgenbe^  bejeic^ncit 
mu^,  unb  ba^  jene«  fic^  nur  auf  bie  göttlid^e  Slnerfennung  \>t^  ©el^orfamg  3lbra^am^ 
beiiel^en  fann  (®en  22, 18 ;  26, 5).  3)ann  aber  bleibt  ber  ))ofitiöe  ©a^  be«  $aul. : 
ber  SRenf^  h>irb  auf  ®runb  be^  ©laubeng  für  geredet  erflärt,  in  tpel^em  festerer  Se= 
griff  bie  8ebeutung  ber  ©ünbenbergebung   ober  Segnabigung  erl^ält,   burc^  bie  äu^fage 

16  beg  SJiS.,  bafe  ber  3Renfd^  erft  auf  ®runb  feiner  ©lauben^trerfe  afe  t^atföd^lid^  geredet 
anerwnnt  h)irb,  gar  nid^t  berül^rt.  SBielme^  h>irb  er  in  Sejug  auf  2lbraF^am  in  feiner 
®eltung  burd^  ba«  eXoyixr&ri  SS.  23  anerfannt.  Unb  e^  trirb  nur  bei  $aul.  me^r  bie 
felbftftänbiae  Sebeutung  ber  ©ünbenbergcbung  betont,  toäl^renb  ber  ^S.  biefelbe  nur  aU 
einen  auf  oie  Slnerfennung  t^atfäc^Kc^er  ®ere(^tigfeit  borbereitenben  2lft  auffaßt  (2,  23). 

20  gn  ettoa«  anberem  3Serl^äItnig  fielet  freiließ  bie  Il^efe  be«  3®.  ju  bem  negativen  ©a^e 
be^  ^aul. :  ber  SKenfc^  toirb  nid^t  auf  ®runb  öon  SBerfen  für  gerecht  erflärt,  in  toelc^em 
(toag  meiften«  überfeinen  toirb)  für  geredet  erflären  ganj  in  berfelben  8ebeutung  h)ie  im 
393.  fte^t :  afö  tj^atfäc^Iic^  geredet  anerfennen.  aber  trobbem  bilben  bie  beiben  Se^auj)^ 
tungen  feine  antit^efe,  toeil  e«;  fic^  bort  um  SBerfe  be«  ©lauben«  ^anbelt,  ioelc^e  ^aul. 

25  nic^t  oX%  aSSerfe,  fonbem  ate  grüc^te  bejeic^net,  l^ier  bagegen  um  SBerfe  be«  ®efe^eg. 
Unb  ber  ^mulinifc^e  ®ebanfe  einerrtttH(^en®ere(|tigfeitbc«®läubigen(9lö6,13— 20fommt 
ber  änfdS^auung  beg^SS.  fe^na^e.  S^mer^in  toürbe  $aul.  nie  gefagt  ^aben,  ba^  ber  9Renf4> 
burc^  feine  ®rauben!gtoerre  bor  ®ott  atö  tl^atfäc^Iic^  geredet  anerfannt  toirb.  2)a«  berul^t 
nic^t  blo|  auf  einer  SSerfc^^ieben^eit  be^  ©(prad^gebrauc^g,  fonbern  barauf,  ba^  ^aul.  ben 

30  Segriff  eine«  ®ott  wohlgefälligen  SSer^alten^  ber  aWenf^en  fc^iärfer  afö  in  ber  altteftam. 
SOSeife  be«  393.  fafit.  Unb  bamit  fte^t  im  ßufammenl^anae  ber  bollere,  me^r  ft^e^ififc^ 
c^riftlic^e  ®lauben!gbegriff  be«  $aul.  35enn  bei  biefem  ift  ®laube  ba^  Vertrauen  beg 
^erjenig  auf  ®otte«  fünbenbergebenbe  ®nabe  in  ß^riftu^,  mitl^in  nottoenbig,  immer 
ettoag  fittlidj^  frud^tbarc«,    träj^renb  im  5®-  ouc^  ein  fittlic^  unt^ätiger  ®laube  boc^  no(^ 

86  ®laube  ^ei^t.  ^iemadj^  ift  eine  35ifferenj  ber  Slnfd^uung  jtrif(|en  bem  3®.  unb  ^aul. 
onjuerfennen,  aber  fein  unau^leic^barer  brinjtoieHer  ®egenfa$.  Vielmehr  ift  e^  jiemli^f 
attgemein  anerfannt,  baf;  objeftib  bie  ^olemi!  be«  333.  „fid^  lebiglid^  gegen  einen  ber= 
fc^obenen  unb  bereinjeitigten  ^aulinii^mu«  richtet"  (§olfem.  5Weut.  i^.  II,  337).  a)ie 
ÜJleinung  aber,  ber  335.  l^abe  bie  J)aulin.  2e^e  jtpar  nic|t  loirflic^  getroffen,   aber  boc^ 

40  treffen  \ooVizti,  ift  ni^t  begrünbet.  2)ie«  barau«  ju  fc^lie|en,  bafe  fonft  „3.  bie  richtige 
SReinung  be«5ß.  l^erau^efteHt  unb  ber  befämjjften  irrigen  äuffaffung  entgegengefe^t  ^ätte" 
($ol$m.  ebenb.  338),  träre  nur  bered^ttgt,  toenn  ber  SSerf.  be^  3®.  ein  tl^eologifc^ 
5Dialeftifer  toie  5ß.  getoefen  toäre.  2lber  er  jeigt  fid^  alö  biei^  fo  toenig  unb  bielmc^r 
fo  fel^r  al«  eine  burc^au«  praftifc^e  9Jatur,  bafe  jene  bei  ber  Serfd^iebenbeit  be«  ©))rad^« 

45  gebraud^  rec^t  fc^trierige  Slufgobe  i^m  gänglid^  fem  liegen  mufete.  3luc^  ift  e^  fraglich, 
ob  er  eine  bafür  erforberlid^e  ganj  genaue  unb  bottftänbigc  ftenntni«  ber  ))aul.  Se^re  be* 
fafe.  ©enn  ettoaige  SRemini^cenjen  au«  früherer  ßeit  (nat^  ®a  2,  2.  9.  14  ff.)  fonnten  ba^ 
für  nic^t  genügen.  Unb  bie  SBefanntfc^aft  be«  333.  mit  einigen  J)aulin.  SBenbungen 
(bgl.  aufeer  2,  Uff.  auc^  1,  3. 18.  22;  4, 1.  4.  12)  bemeift  nid^t  eine  Seftüre  tjaulinif^cr 

60  93riefe)  fonbem  fonnte  burd^  ben  Serfe^r  jtoifd^en  ber  (jaläftinenftfc^en  unb  auswärtigen 
E^riften^eit  bermittelt  fein.  SBielmei^r,  l^ätte  im  3S.  bie  ^aul.  Se^re  felbft  befämt)ft  tocrben 
follen,  fo  toäre  babei  ate  baS  eigentlich  ju  iDiberlegenbe  ein  ©a$  be«  ^aul.  borangeftellt, 
nic^t  aber  ein  ®ebanfe  (2, 14),  ber  beutlic^  mit  ber  Seigre  beS  ^jJauluS  in  SBiberfliruc^ 
fielet.    Über  bem  toirb  im  333.   über^auj)t  nid^t  eigmtli^  eine  Seigre,  fonbem  eine  falfd^e 

66  ^ra|i«  befämjjft.  3Rit^in  bleibt  nur  bie  ännal^me  übrig,  bafe  bort  ein  mit  ber  aSeräufecr= 
lid&ung  be«  E^riftmtum«  jufammen^ängenber  3Wangel  an  pttlic^er  93et^ätigung  beö 
®laubm«,  tt)el(^m  man  mit  mifebräud^li^er,  auf  üRifeberftanb  beml^enber,  3lnh)enbung 
^mulinifc^er  ©ä|e  ju  befc^önigen  fuc^te,  gerügt  toirb.  SBal^rf^einlid^  toar  IcS^tere  Steigung 
)unä(^ft  in  ^eibendpriftlic^en  »reifen  mtftanbm  unb  bon  ba  auc^  in   bie   iubenc^rifUic^en 

60  eingebmngen.  -—  S)iefc  ßrgebniffe  ftimmen  in  betreff  ber  äbfaffungSjeit  be«  333.  mit  ben 


^fobttd  im  912:  585 

früher  bcnicvftcn  3tnjcid;at  bafür  übcrciu,  ba^  \v\x  \i}n  nur  in  eine  relatit)  f})älere  ^^eriobc 
be^  ai)oftoliJd;en  3^^ölter^  fe|ett  fönnen,  in  toeld^cr  bie  Rird^e  bereit«  einen  toeiten  Um^ 
fan^  crl^alten  l}atU  unb  ba«  (^riftKd^e  Seben  feine  erfte  frifc^e  Jtraft  berlor.  äbjutoeifen 
ift  alfo  bie  SKeinung,  ba^  ber  393.  eine  ber  erften  ober  gar  bie  erfte  unter  ben  neuteftam. 
Schriften  fei  (Sc^necf.,  Steile,  I^ierfd^,  $ofm.,  ©d^aff.,  8.  Sffieife,  üRang.,  Se^fc^I.,  3a^n).  6 
2)ie  ^ierfür  angeführten  ©rünbe  ertoeifen  fid^  nic^t  afe  ftic^^altig.  2)ie  ©t^nagoge  2,  2 
ift  feine  jübifd^e,  foba^  noc^  ©^nagogengemeinfc^aft  jtoifdS^en  ^j^ben  unb  ^wbenc^riften 
beftünbe,  fonbem  ein  (^riftlic^er  Sierfammlung^ort,  in  bem  bie  G^riften  §erren  be«  J^aufe« 
finb  (SS.  3).  2)ie  ßrlDartung  ber  naiven  ^^arufie  5,  8  ff.,  finbet  ftdS^  in  ber  gamen  a))oftoI. 
3cit  unb  noc^  loeit  barüber  ^inau«.  3)a^  %  fic^  nur  an  Subend^riften  h)enbet,  betoeift  lo 
nic^t,  ba^  e«  baneben  feine  ^eibenc^riften  gab,  ba  trofe  me^rfad^en  35Jiberf^)ruc^  (Se^ifc^l., 
l>.  ©ob.)  jtüeifello«  ift,  ba^  er  ate  SBorfte^er  ber  juoenc^riftKc^en  3Jluttergemeinbe  o^ne 
a^oftol.  Autorität  junöc^ft  nur  an  feine  gläubigen  SSolf^enoffen,  nic^t  aber  an  bie  ^^eiben^ 
d^riften,  fic^  ju  toenben  beranlafet  trar,  oJ^nt  bafe  baburc^  eine  3SorIefung  be«  35riefg  bor 
ben  gangen  gemifc^ten  ©emeinben  au^efc^Ioffen  tourbe.  Unb  toenn  ber  ^S-  ^^^^  an- 16 
flänge  an  Sieben  3«fw  cntl^ält,  afe  anbere  a^Joft.  SSriefe,  fo  ift  bie«  nic^t  auf  eine  be* 
fonber«  frifc^e  Erinnerung  gurücfgufi^^ren,  fonbem  auf  ben  t^eologifdj^en  ß^arafter  be« 
53riefe«  unb  tro^l  auf  35enu^ung  fc^riftlic^er  Duetten. 

(Sine  beftimmtere  j)ofttit)e  Singabe  feiner  äbfaffunggjeit  ift  nur  in  38erbinbung  mit 
ber  ^age  nai)  ber  §  er  fünft  be«  9rief«,  nac^  feinem  3Serfaffer  unb  feiner  Sc^t^eit  juao 
geben.  Der  l^iefür  ui  berüdfid^tigenbe  firc^Iid^e  ©ebrauc^  be«  3®-  beginnt  fc^on  innere 
^alb  be«  9KE.  Die  ^Berührungen  nämlic^  jlDifdj^en  i^m  unb  bem  I.  $etru«-Srief  ftnb  fo 
ftarf,  bafe  [xt  nic^t  gut  anber«  ate  au«  unmittelbarer  Senufeung  ju  erflären  finb  unb  bie 
Stb^ängigf eit  ift  bann  too^I  nic^t  auf  ©eiten  be«  inaißpmn  3S.  (Srüdn.,  ®rimm,  $oI$m., 
SBeife,  illö^))3.),  fonbem  be«  breiter  au«fül^enbm  I.  ^etr.'Srief«  gu  finbm  (§ilg.,  5eine,25 
©pitta).  3)a«  ©feiere  gilt  bon  bem  äJerl^ältni«  be«  38.  jum  I.  5Hemen«brief  unb  pm 
.^irtm  be«  .öerma«.  SBa^rfc^einlic^  audj^  ^vi\im  b.  SR.,  fieserer  S'f^"^^  wnb  Giemen« 
lÜon  211.,  ^aben  bon  i^m  ©ebraudj^  gemad^t,  le^terer  fott  \!i)n  an^  fommentiert  ^aben. 
Dann  ^at  i^n  Dion^f.  \>.  2(1.  citiert,  Stritt  b.  3emf.  al«  fanonifc^  bel^nbelt,  Dib^mu« 
bon  211.  au«gelegt.  ^n  ber  f^fc^en  Äirc^e  l^at  il^n  bie  ^efdjittl^  in  i^rm  ilanon  auf«  30 
genommen  unb  @pf}xtm  l)ai  fic^  auf  il^n  bemfen.  2lber  freiließ  gerabe  ber  erfte,  ber  il^n 
au^^brüdtlid^  al«  ©c^rift  be«  3-  i>c^  Sruber«  b.  §.  anfüge,  Drigene«,  betrac^^tete  il^n  al« 
unfanonifc^,  ßufebiu«  gä^Ite  i^n  unter  bie  2lntiIegomena  unb  I^obor  bon  3Ro^)f.  f)at  il[^n 
öertoorfen.  3"  ^^  latein.  Äird^e  fagt  ipieron^mu«,  man  fe^e  il^n  al«  einm  unter  falfd^i 
9iamm  gefcfiriebenen  an,  aber  er  felbft  nimmt  i^n  unter  bie  fanonifd^m  Sudler  auf  unb  36 
fein  fohjie  äluguftin«  ßinflufe  pc^ert  i^m  bie  fanonifd^e  ©eltung.  ©eitbem  blieb  biefelbc 
unbcftritten,  bi«  era«mu«  bon  Slotterb.  in  Setreff  feiner  Sd^ti^eit  Sebenfm  äußerte,  unb 
Butler  meinte  bann  infolge  be«  fa(^>li(^en  2lnfto^c«,  ben  er  an  bem  3®.  al«  einer  rec^t 
ftro^emen  Qpx^id  o^ne  et)angelif(i^e  2(rt  nal^m,  er  fei  bon  irgenb  einem  frommm  3Ranne 
»erfaßt,  ber  barin  etliche  ©})rüc^e  bon  ber  2lpoftel  jünger  auf«  5Pa))ier  geloorfm  ^abe.  40 
:;>lucl|  fein  ©egner  Qxiittan  fam  ju  3h?eifeln  an  ber  ^d^t^eit  be«  Sriefe«,  unb  toä^renb 
ßafoin  il^n  in  ©d^u^  na^m,  tourbm  Sut^er«  2(nfdbauungen  bon  ben  SWagbeb.  ßenturien 
unb  lut^erifc^m  Dogmatifem  U)ie  $unniu«  unb  2(ltl^amer,  aber  auc^  bon  bem  Salbiniftm 
SBetftein  unb  bem  arminianer  i&ugo  ®rotiu«  aufgenommm.  2lucl^  in  neuerer  3«*  ^p^ 
^abcn  fonfejfionette  Sut^eraner  toie  ©tröbel,  Äaf^ni«,  Deli^fd^  bm  3-S.  t)em)orfen.  Sine  40 
^iftorifc^sfritifd^e  Seftreitutw  berSc^tl^eit  aber  tourbe  befonber«  bon  beSBette  unb©d^leiers 
mac^er  eröffnet,  toä^renb  wem,  ber  ba«  SBcrftänbni«  be«  35rief«  toefentlic^  geförbert  1^, 
feine  in  ber  2lb^anblung  bon  1835  geäußerten  ftarfen  ^tDÄ^l  an  ber  älc^tl^eit  in  feinem 
Kommentar  t)on  1838  jurüdfno^m.  SKit  größerer  ©ic^er^eit  tourbe  bann  ber  ^3Ö.  bon 
33aur,  ©d^locgl.,  §ilgmf.,  SBeiffenb.,  Slom,  ^olfem.,  t).  ©oben,  ©c^mieb.,  Älöpper  in  bie  ßo 
nac^ajjoftolifd^e  ^eit  bertoiefen  unb  j.  leil  iDuroe  er  babei  al«  ein  rein  l^eibend^ftlic^e« 
(Sr^eugni«  beurteilt,  ^n  äußerftem  (äegenfa^  aber  gegen  le^tere  änfc^auung  tourbe  ber 
53ricf  mit  ©treid^ung  einiger  SBorte  an^  bem  t)ord^ftl.  3iwbentum  l^ergeleitet  bon  ©j)itta. 
—  Die  2lbreffe  be«  35rief«  hjäre  natürlid^  aud^  für  bie  Slbfaffung«fragc  nic^t  ju  ber* 
toertm,  ioenn  bie  2lnnal^me  richtig  toöre,  fie  fei  in  if^rem  gangm  Umfange  erft  fpäter  ^injus  66 
gefügt  toorbm  m  bem  S^edEe,  bie  bon  einem  unbefanntm  c^riftl.  Serf.  I^errül^renbe  Schrift 
burc^  biefe  (Stilette  mit  einem  a^)oftolifc^en  5Ramen  jur  äufnal^e  in  ben  jlonon  geeignet 
,^u  mad^en.  ($am.).  2lttein  biefe  unbegrünbete  SSermutung  fd^tert  baron,  ba|  bann  bie 
2(utorttät  be«  ^erf.  burd^  bie  Sejeic^nung  be«felbm  al«  eine«  Slt^oftel«  ober  toenig^eitf 
eine«  trüber«  b.  ^.  ^erborge^oben  loäre.    9{o^  toeniger  but<i^f%bar  aber  tp  btf  SiNio 


586  3<!olittd  im  m: 

nal^mc,  bcr  Sricf  fei  abgcjc^cii  bon  bcn  bcibcn  J^ätcr  interpolierten  (Jrtüä^nungeu  (S^rifti 
1,  1  unb  2,  1  afö  bie  Schrift  eine«  unbefannten  3[uben  ju  betrachten.  ®a«  i^icrbei  on^ 
genommene  Snterj)olation«Derfal^ren  h)äre  unmotiöiert  unb  entbebrte  aller  änalogic.  3)enn 
bie  öfter«  Dorfommenbe  ganj  begreifliche  ßinfügung  d^riftlid^er  ©ebanfen  in  jübtfc^c 
6  ©d^riften  mit  richtigen  ober  fatfd^en  ^oc^angefe^enen  jübifd^en  3Jerfaffemamen  ift  ettoo« 
ganj  unb  gar  anbere«  afö  ber  l^ier  bel^aut)tete3Serfuc^>,  ben  3Serfaffer  einer  jübifc^en  ©c^rift 
ate  einen  ßl^riften  erfc^^einen  ju  laffen  (bgl.  b.  ©ob.,  Raf^n).  3Ke^rere«  im  58.  aud) 
nod)  au^er  ben  gtoei  bermeintlid[ien  3"?^^^"  *f^  beutlic^  ^riftlic^  (l,  18—21.  25;  2,  8. 
12.  14—26),  bie  bafür  angeführten   jübifc^en  ^aralleten   finb    nid^t   Joirflic^   jutreffcnb. 

10  Unb  U)enn  folc^e  aUerbing«  für  ba«  meifte  (Sinjelne  im  335.  pc^  nac^h^eifen  laffen,  fo 
ift  bocli  ber  (Seift  be«  ®anjen  ein  anberer  al«  ber  be«  nac^fanonifc^en  gwbentum«.  — 
Sftlaber  ^iernac^  baran  feft^ui^alten,  bafe  fc^on  urf})rünglici^  im  3^^-  ^l^  3Serf.  „3-  ©otte« 
unb  be«  §erm  3-  6^r.  Äned^t"  angegeben  ift,  f o  fann  auc^  nic^t  jtDeifelbaft  fein,  \vcx  ba^ 
mit  gemeint  ift.      3.  g^^^^i^^i,   ben  Unterfd^riften  f^rifc^er  lejte  (bgl.  ßrebn.,  3^^")  w"^ 

16  ncuerbing«  göger  (3fl3:^  1878)  ate  Serf.  Vermuten,  i}at  in  ber  im  3S.  gefennjeic^nctcn 
3eit  nac|  bem  Seginn  bcr  SBirffamfeit  be«  $aulu«  nic^>t  me^r  gelebt  (bgl.  3®  12,  2), 
3.  3llj)^äi  tritt  in  bcrfelben  gann  jurücf.  'Stuci^  Wäxm  beibc  afe  äl^joftel  unb  tpo^l  and) 
nad)  ibrem  3Sertt)anbtfc^aft«t)er^ältni«  bejeic^net  toorben.  3)er  einzige  3-/  ber  in  jener  3cit 
^erbortritt  unb  barum  o^ne  jebe  92ä]^erbejeic^nung   einfach   mit   feinem  92amcn   benannt 

aotoirb  (31®  12,  17.  15,  13ff.  21,  18;  ®a  2,  9.^12),  ift  3.  ber  Sruber  be«  §erm,  ber 
Sorfte^er  ber  ®emeinbe  bon  3^nifalem.  Unb  biefem  auc^  ben  3®-  jwjufj)reci(ien,  alfo  feine 
Stc^tl^eit  in  biefem  ©inne  ju  bel^au})ten,  bertoe^ren  feine  burd^au«  j^toingenbe  ®rünbe.  3>a« 
©d^toanfen  ber  älteren  firc^I.  irabition  in  Setreff  ber  Sld^t^eit  unb  fanon.  ®eltung  bc« 
S3rief«  finbet  unter  ber  annähme  feiner  Slbfaffung  burc^  3-  ^«n  S3r.  be«  §.  feine  @r= 

as  flärung  barau«,  ba^  le^terer  fein  2lj).  toar,  bon  ben  ©bioniten  pi  il^rem  ©c^u^tron 
gemacht  tourbe  unb  ber  93rief  ^ßolemif  gegen  5ß.  gu  enthalten  fc^icn.  3)er  G^arafter  bc«s 
fdben  ftimmt  aber  auffallenb  mit  bem  überein,  toa«  toir  bon  3.  toiffen.  3)a6  er  ju^  burc^ 
3)langel  an  aller  3ni>to*ualität  al«  fpäte«  üJlac^toerf  berrate,  ift  nic^t  richtig.  SSiclme^r 
tritt  au«  i^m  ein  fc^arf  ausgeprägte«  Silb  be«  Serf.  I^erbor.    2)anac^   ift   er   ein  3Rann 

80  bon  au«geft)roc^en  praftifc^er  ©crmnung,  ein  abgefagter  geinb  aller  §eudSielei,  äße«  SBci«^ 
l^itebünfel«  unb  atte«  unnü^en  ®efc^n)ä^c«,  ber  fx^  auf  ©pefulation  nic^t  einlädt,  ciber 
auf  pttlid^e  ®eftnnung  unb  gotte«fürc^tigen  SBanbel  bringt,  ein  treuer  3ii"0^'^  3^w,  bcr 
o^e  in  jubaiftifd^cr  Steife  ba«  neue  ^eil«prin2ip  be«  @b.  }u  berfennen,  le^tere«  boc^  im 
Unterfd^iebe  bon  ^}}aulu«  borh)iegenb  bon  feiner,  bem  altteftamentlic^en  @efe|e  jugetoanbtcn 

86  ©cite  betrad^tet  unb  mit  cmftcr  ©ittenftrenge  crbarmcnbe  Siebe  berbinbet,  ein  frommer 
Seter,  ber  gebutbig  auc^  in  irübfal  feine  SSegc  toanbelt  aber  febnfüd^tig  ba«  Äommcn 
feine«  §erm  emjartct.  3)a«  ift  eine  3n^iöibualität,  bie  faft  3wg  für  3"0  öuf  bcn  un« 
au«  bem  3J2:  u.  ßegef.  bcfannten  »ruber  b.  §.  3-  P^^i^  (^l-  ^^^^  ®-  ^80)  ^JSolemif 
gegen  bie  paulin.  §led^tferttgung«le^re  ift  in  bem  93rief  nic^t  3U  finben,  bie  SBamung  aber 

40  bor  i^cm  üJli^brauc^e  ju  ftttli^cr  liräg^cit  ftimmt  gang  gu  bem  fittenftrengen  SBefen  be« 
3.  6ine  ebionitifc^-irenifd^e  I^enbcnj  fonnte  man  bem  Sriefe  nur  gufc^reiben,  toenn  man 
gang  h)illfü^rlic^>  unter  SReid^cn  unb  Slrmen  ^ßauliner  unb  ©bioniten  berftanb  (©d^toegl.). 
Unb  bafe  eine  c^riftl.  Se^rauffaffung,  tpcld^e  trebcr  bie  paulinijc^e  noc^  eine  jubaiftifc^e  ift, 
in  ba«  apoft.  3rftolter  nid^t  ^ineinpafet,  fonnte  bie  Saurfd^c  Äritit  nur  behaupten,  inbem 

46  fie  gegen  ®a  2  3.  unb  bie  Urapp.  gu  3w^flip«i  mad^te.  2luc^  barf  man  nid^t  barau«, 
baf;  im  3®-  i^^^  Segicl^ung  auf  93efc^>neibung  unb  ßercmonialgefe^  fe^lt,  bie  ältematibc 
ableiten,  er  fönnc  nur  enttoeber  bor  bem  9lu«brud^  be«  barüber  geführten  ©treite«  ober 
nid^t  bor  bem  ©nbe  be«  erften  3a^^W"^^^  bcrfa^t  fein.  2)enn  bie  eigentlich  allein 
ftreitige  ^age  nac^  ber  ©tellung  ber  §eibend^riften  gum  ®cfe|  toar  in  einem  für  3"^- 

60  c^^iften  beftimmten  Sriefe  nid^t  ju  ber^anbeln.  Unb  bie  3Sorau«fc^ung,  bafe  bie  l^teren 
bem  ®efe^e  treu  blieben,  ift  im  3»-  nic^t  bemeint,  brauchte  aber  and)  nic^t  ^^ier  betont 
gu  toerben,  tro  e«  nur  galt,  gegenüber  ber  aScräufeerlidbung  unb  9?erlüeltlid^ung  be«  6^ftcn= 
tum«  auf  rechte  ^mmigfeitju  bringen.  2)a«  ber^ältni«mä6ig  gute  ©riec^ifc^  aber  (bgl. 
0.  ©.  583  ,h)  fann  bei  einem  SWanne  burc^au«  nid^t  auffallen,  trel^er  in  bem  gang  gräcifiertcn 

66  ®aliläa  aufgehjac^fen  h>ar  unb  mehrere  3al^tge^nte  lang  bie  fo  ftarfe  ^cUcniftifc^e  (Stementc 
einfc^licfeenbe  ®emeinbe  bon  3^njfalcm  geleitet  ^at  (bgl.  3^]^«  6-  1/  31).  Unmöglidj^  toar 
einem  folc^en  auc^  niclit,  fic^  bie  nic^>t  gang  geringe  Äcnntni«  ber  griec^ifd^=iübifcl^en  Sitte- 
ratur  angueignen,  melcf^c  ber  93rief  gu  bctoeifen  fd^eint  (bgl.  ©pitta).  ©onac^  läfet  e«  ftd^ 
tool^l  benfen,  bafe  bon  ^IJoläftina,  toa^rfc^einlid^   bon  3crufalem  au«  (1,  1)  3v  i>^  85r. 

61  b.  §.,  feine  in  bie  ^orm  eine«  paftoralen  Slunbfc^reiben«  gebradj^te  ©c^rift  für  bie  au^^ 


^alobttd  im  VifZ  S^nnt»  ttnk  3ltmbre9  587 

j)aläftinen[ijcl^cn  3w^<^"4>riftcn,  bic  er  mit  feiner  J)erfönltd;en  SfiJirIfamfeit  nid;t  cneid^cn 
lonnte,  ju  einer  3cit  gefd^rieben  f)at,  aU  ^aulu«  bur^f  feine  ©efangenfc^aft  ober  öielleidS^t 
fd^on  burc^  feinen  lob  feiner  I^ätiöleit  cnUogen  \mx,  um  feine  (^rifllid;en  3SoIf^enoffen 
toor  ber  brol^cnben  ©efal^r  einer  SSertreltlicpunö  unb  ©rftarrung  i^re^  (Sl^riftentumö  ju 
ioarnen.  2)a  ber  I.  ^etru^brief  Joa^rfc^einli(^>  bom  353.  ®ebrau^  mac^t,  feinerfeitö  aber  6 
loof^I  65—66  gefc^rieben  ift,  unb  g^^lobu^  ettoa  66  geftorben  ift  (f.  oben),  fo  hjäre  bie 
Slbfaffung  be^  3-®-  ^"  '^'^^  l^^^  borange^enben  ^af)xz  gu  fe^en.  Öieffert. 

3anncd  «üb  ^n^breö»  —  6ic(je  über  fie  befonberö  Sujtorf,  Lexic.  chald.  talm.  et 
rahbin.,  Basil.  1080,  6.  945  ff.;  Suicerus,  Thesaur.  eccJ.  s.  v.  Vaii'v^;  Fabricius,  Ckxiex 
RseiKlopigraphus  V.T.,  Hamb.,  2  93be,  2.  ^difl.  1722 f.  I,  81 3  ff.;  Schoettgen,  HoraeHebr.  lO 
511  22:1  3,8;  2i?ctftcin,  Nov.  Test,  ^u  berfelben  St.;  2c\)\).  g^olb.  ^öörtevbucft  über  bic  Xar» 
(\müm.  1867  I,  S.  387;  berfclbe.  9Jeubcbräif(l)eS  'föörtcrbucft  II  (1883),  22J>;  (£.  ©cftüvcr, 
(4Jcfc6id)te  be§  3iib.  S3üire§'  III.  1898,  6.  292—294;  Sfelin  SmJ^  1894,  @.  321-326. 
Serncr  bie  Äoinmcntare  ju  2  Ximot^.  unb  bic  9lrtt.  tjon  SBlner  (Sombreg),  ©teiner  (unter 
Sambrcä  in  (5d)enfelö  S3.-2.)»  9^ie^m,  ^onbiuörterb.  unter  QanncS.  I6 

Sännet  unb  ^ambre«  ioerben  2  %x  B,  8  bie  2Biberfacl^er  3Kofe«  genannt,  trelc^e 
feinen  göttlid^en  SBunber^eid^en  i^re  3öubcrfünftc  entgegenfe^ten,  aber  bobei  ben  !ürjcm 
^ogen.  2)eren  9Jamen  finbeit  ftc^  nid^t  im  3li;  ^aulu^  f)at  fie  ber  jübifc^en  ^rabition 
(ix  xfjg  ayQacpov  xGiv  ""lovöaicov  didaoxakiag,  X^eoboret)  entnommen,  tüo  fte  fic^  in 
mancherlei  Variationen  nac^toeifen  laffen.  35er  ^toeite,  Ua/^ßgyg,  largum  s^":^'?-  (eben*  ao 
fall^  mit  ber  griec^ifc^en  6nbung  es  unb  eingefd^obenem  b,  toie  in  Mdußgr]  ®en  13, 18 
(bgl.  granfel,  Sorftubien  ^ur  LXX,  Seipjig  1841,  S.  112),  im  ^kmc^uma  unb  ©o^ar 
ci-^s?;!-^  gcfd^rieben,  bei  ben  2:almubiften  aber  5<r";'?  ober  ^y^'^,  fyd  o^ne  S^vtx^^l  in 
N-?:  —  mz^  n)iberf))enftig  fein,  feinen  Urft^rung.  ©a«  hiph.  n'^'?'?:  ober  part.  ^"^P?^ 
bebeutet  bemnad^  ben  SWebellen.  S)er  anbere,  anöingenb  gebilbete  5Wame  ^lawfjg  finbet  25 
fidE)  in  ber  6d^reibung  ^''?:  (larg.)  unb  ^'"-"^^  (^^ndpuma,  ©obor) ;  biefelbej  $erf önlic^feit 
h)irb  aber  aud^  "jn-^  C^nr)  genannt  (S^alm.).  Sujtorf  unb  Seb^  i^olten  bieg  le^tere  für 
baö  urft)rüng(id^e.  Slllein  bie  änalogie  bon  gfltnbre«  fj)ri(^t  bafür,  ba^  e^  aud^  al^  ßigen= 
fd^aft^loort  ben  auffä|igen  S^aratter  au^rüd^e  unb  f^äter  93ertt)ed^Iung  mit  bem  ge- 
loöF^nlid^en  'JJamen  ^o^anne«  eintrat,  ©teiner  gelangt  bon  cc:  jur  S3ebeutung  „93eleis9o 
biger"  (V).  2Bir  galten  bielmel^r  bafür,  bafe  ber  ©tamm  n'^-  ju  ©runbe  liegt  (bgl.  ?lu32, 7) 
in  ber  Sebeutung  :  abtrenbig  machen,  berleiten  (toelc^  auc^  ba^  targum.  aphel  ^?"ö^  fyii), 
©omit  ^iefeen  bie  SRamen  &«"":i^:7  N";;,  aram.  r^:?  ^T.,  ber  abtrcnbig  unb  ber  rcbettifd^ 
mac^t.  Sei  ber  S)ur(^ridS^tigfeit  biefer  bebräifd[^en  Sebeutungen  ift  e«  nic^t  nötig,  äg^^jtifd^c 
®runbformen  anijune^men,  trofür  audp  big  je^t  (tro^  (Sloalb,  ©efc^.  II,  128  f.)  jeber  Slm  ss 
l;alt  fe^lt.  SQBenig  einleud&tenb  ift  (Seiger«  Verleitung  bon  l^interliftigen  ^inben  ber 
aJtaltabäer,  nämlit^  bon  ben  ©binnen  ^amiu  (1  3Waf  9,  36  f.,  too  übrigeng  bie  beffere 
£91  "AjLißQi)  unb  ben  8eh)o^nem  ^amniag  (Urfc^^r.  unb  Überf.  ber  8ibel,  ©.  474).  — 
SDie  BlDei^a^l  biefer  rr^äubter  ber  Sauberer"  (Xarg.  3ion.  ju  ßj  1,  15;  bgl.  7,  11)  ift 
lüof)I  bon  i^ren  ©egnent  iDlofe  unb  Slaron  abgenommen.  35ie  $^antafie  ber  Suben  mad^t  40 
fie  5u  ©ö^nen  Sileamg  (iarg.  3on.  3lu  22,  22  unb  fonft),  lä|t  fie  fc^on  beim  Sefe^I 
beg  5ß^arao,  bie  igraelitif(^en  Änäblein  ju  töten,  a(g  2lnftifter  auftreten  (3:arg.  3?".; 
San^ebr.  f.  106a;  ©ota  IIa),  \m^  i^ren  loi^igen  SBorttoec^fel  im  Äambf  mit  Slofc, 
beffen£e^rer  fie  früher  getoefen,  ^u  erjäl^len  (5Kena4>ot^  f.  85a;  ÜJlibrafc^  ©d^emotl^  rabba) 
unb  frf^iebt  i^nen  fogar,  nac^bem  fie  mit  üJlofe  auggegogen,  bie  Anfertigung  beg  golbenen  45 
Äalbeg  in  bie  ©c^u^e  (aJlibraf(^  2:anc^uma  «"^n  -^d  f.  115b).  3ule^t  fotten  fte  Sileam, 
i^ren  SSater,  begleitet  l^aben  (3iarg.  3on.  gu  3l\x  22,  22).  —  2)em  in  ©amalielg  ©c^ule 
gebilbeten  Sltjoftel  mußten  biefe  5Jamen  geläufig  fein,  toelc^e  nac^  gehjiffen  älnjeid^  in 
jener  ^6t  felbft  in  ber  l^eibnifc^en  SBelt  mand^en  befannt  limren.  5Wa^  Drigeneg 
(tract.  XXXV  in  Matth.)  unb  ämbrofiug  (ju  2  iX)  gab  eg  eine  befonbere  aboIrlbj)^ifd^  00 
©c^rift  über  S^nneg  unb  üJlambreg  (bgl.  ben  21. 5Pfeubepigra))l^en  beg  913).  ©d^on  ^liniug 
(Hist.  nat.  XXX,  1,  11)  mag  an^  einer  folc^en  gef^ö)3ft  ^aben.  3m  jloeiten  ^af^x^ 
f^unbcrt  fennt  ber  $^tl|agoräer  5Wumeniug  bie  beiben  äg^ptifdj^en  SDiagier  (Drigeneg  c. 
Geis.  IV,  51,  unb  bef.  (Sufebiug,  Praep.  evang.  IX,  8).  9lud^  9lj)ulejug  Apol.  II 
toei^  babon.  ©onft  finben  \xdf  bic  beiben  9Jamen  and^  im  ßbang.  beg  3lifob.  Ä.  5 ;  55 
femer  im  Martyrium  Petri  et  Pauli  Ä.  34  (Sipfiug,  Acta  apostolorum  apocrypha, 
fiei^jjig  1891,  ©.  148  f.),  in  ben  Acta  Petri  et  Pauli  Ä.  55  (bei  Sibfiug  ebenba  ©.  202) 
unb  anberßtoo  (fie^e  ©c^ürer  a.  a.  D.).    gn  2  2:i  3,  8  l^aben  bie  f^i%m  i^  tocftlic^en 


588  dfutiited  nnb  ^mbred  S^not» 

S^cjtc^  MnußQtjg]  cbcnjo  bie  latcinifd^cn  3luloren:  Jannes  (ober  Jamnes)  unb  Mam- 
bres.  aiuffäUig  6)3l^räm  ©^ruö:  Jannes  et  Jamnes.  —  ®ic  abenteuerliche  SJermutung 
2^\>\ß,  ba^  mit  ganne«  iirjjjrünglic^  go^anne«  ber  ^^ufer,  mit  3Kambre«  fein  anbera 
ate  ^^xi^  gemeint   jei,  ber  „äpoftat",   bem   bie  3i"ben  äg^jjtifc^e  3^«^^^'  bortuarfen, 

5  fc^iebt  bem  Serfafjer  bed  Sriefc«  einen  fo  |)Iumj)en  3)ii60riff  in  bie  ©d^u^e,  toie  er  ntc^t 
aöein  bei  $aulu^,  fonbem  überhaupt  bei  einem  (S^riften,  ber  ettpelc^e  tJ^'^^'^O  ^^^  ^^^ 
Subentum  befafe,  fc^Ied^t^in  unbenfbar  ift.  —  3)af;  eine  fold^e  untoefentlic^e  ßntle^nung 
au«  a))oIrV))^ifd^er  Überlieferung  be«  großen  2lJ)ofletö  nic^t  loürbig  iväre,  \^at  man  in  alter 
unb  neuer  ^^t  o^ne  SRed^t  bel^au})tet  (61^.  g.  Säur,  3)ie  fog.  55aftoralbriefe  be«  ^aulu«, 

10©.  103  f.;  t)gl.  36 f.).  —  2)ie  Sergleic^ung  ber  2  %\  3,  6  ff.  befd^riebenen  Seigrer  mit 
biefen  3<^wberem  beruht  auf  i^rem  eigenfwnigen  SBiberftreben  gegen  bie  Serfünbiger  ber 
göttli(^>en  SBa^r^eit  unb  bem  SRangel  an  echter  ©lauben^fraft,  tpelt^cr  fte  toirb  ju  fc^n= 
ben  toerben  laffen.  3)ie  meiften  äu^leger  nehmen  aufeerbem  bei  il^nen  noc^  magifc^e 
Äünfte  an,  unb  in  ber  2:^at  gilt  bie«  nadj^  38«.  13  trenigften«  Don  ben  fc^limmften  unter 

16  il^nen,  toie  auc^  fonft  fold^e«  Untrefen  an^  ber  a))oftolif(9en  3^'^  bejeugt  ift.  ».  Oretti, 

^anoiu,  üRatt^ia«  t)on,  geft.  1394.  —  S3gl.  Si^eanber,  «rag.  ®ef(^.  ber  djriftl.  ^Religion 

unb  ftirdjc,   3.  «ufl.  1856,  II,  777 ff.;    Sorben    (in  SSo^r^eit  <PaIadf^),   3)ie  «orläufer  bc« 

^ufFitcntum«  in  »biimen,  ßcipiig  1846;  $alQc!^.  ®efdji(^te  oon  S3öf)mcn,  III,  1.  @.  173  ff.; 

Segler,  3o^.  oon  SBicüf  unb  bie  ^Sorgcfc^icftte  ber  ^Reformation,  II,  123—131;  ßofcrtl),  4)u« 

ao  unb  ^iclif,  ^rag  1884. 

5IJlattj^ia«  \)on  ^ano\ü  toar  einer  t)on  ben  fogenannten  38orläufem  Don  §uß,  unb 
jhjar  ber  jüngfte,  benn  er  lebte  noc^,  al«  §uß  bereit«  ftubierte,  jualeic^  aber  aud^  ber- 
icniac,  toeld^er  am  tiefften  ging.  ®r  Inar  Don  ritterlid^er  ^erfunft  unb  machte  feine 
©tubien  in  $rag  unb  $ari«,  too  er  neun  3ja^c  Derlneilte  unb  SKagifter  tourbe.    35a^er 

26  pflegte  man  i^n  ben  „$arifer"  ju  nennen.  Slm  1.  Sljjril  1381  erlangte  er,  auf  än^ 
Hidf^en,  \)ox\  Urban  VI.  bie  äntoartfd^aft  auf  eine  jur  ©rlebigung  fommenbc  ^om^erm^ 
jielle  in  ^rag;  fraft  ber  betreff enben  äutle  rüdte  er  am  12.  Df tober  be«felben  3^^^^ 
in  ein  Ranonilat  an  ber  St.  3Seit«fat^ebrale  auf  bem  §rabfc^in  ein.  Srjbifc^of  gol^önn 
Don  Senjcnftein,  ber  in  $ari«  fein  ©tubiengenoffe  getoefen  toar,  erteilte  \!i)m  3SoUmac^t, 

30  an  feiner  ©teile  Seid^te  ju  ^ören.  Unb  biefe«  Stmt  al«  3)oml^en  unb  Seic^tDater  an  ber 
enbifd^öflic^en  §au)3tlirc^e  bel[|ielt  er  bi«  ju  feinem  3^obe,  ber  i^n  nod^  in  ben  bcjjten 
5IKanne«ia]^ren  am  30.  5RoDember  1394  ereilte.  6r  ^at  niemal«  eine  fo  bebeutenbe  SBirf^ 
famleit  al«  $rebiger  erlangt,  toie  Dor  i^m  Äonrab  Don  Söalb^aufen  unb  3Kilitfc^  Don 
Jlremfier.    Um  fo  mel^r  ^at  er  im  ©titlen  getoirft,   teil«  burc^  ^riDatfeelforge  unb  ©e« 

86  h)tffen«rat  an  benjenigen,  bie  ftdb  feiner  Däterlic^en  Seitung  anDertrauten,  teil«  burd^ 
©d^riften,  in  benen  er  bie  ^Jrüd^te  feiner  feelforgerifc^en  ©rfaf^rung  unb  bie  ©rgebniffe 
feiner  ©d[>riftforfc^ung  unb  feine«  9la(^>benlen«  über  ba«  SReic^  ®otte«  unb  bie  ^agen 
be«  ©eelen^eil«  nieberlegte.  ®in  eifriger  g^eunb  be«  Sibelftubium«  Derfaßte  er  Dom 
^ai^re  1388  an  bi«  1392  Derfc^iebene  Slb^anblungen,  bie  er  f))äter  fammelte  unb  ju  einem 

40  ©anjen  orbnete,  bem  er  ben  2;itel  gab :  Regulae  veteris  et  novi  testamenti,  toöl^renb 
ber  .^auptinl^alt,  nac^  ^ciaiiß  Urteil,  ftd^  richtiger  bejeid^nen  läßt  al«  „ba«  h)a^re  unb 
falf(^>e  ß^riftentum".  ®iefe«  ©efamttoerf  ift  nie  DoHftänbig  im  35rud  erfc^ienen,  finbet 
fi(^  auc^  in  ^anbfc^riften  nirgenb«  DoDftönbig,  toürbe  ftc^  aber  au«  ben  einzelnen  ^anb^ 
fc^riften  jufammenfteHen  laffen.    Seile  be«  ®anjen  fmb  irrigertoeife  für  ©c^riften   Don 

46$uf;  angefe^en  unb  in  bie  ©ammlung  ber  SSSerle  be«felben,  ^JJümberg  1558, 1,376— 471, 
aufgenommen  toorben. 

SKattl^ia«  Don  ganoh)  gin^,  ma«  bi«^er  faum  bead^tet  trorben  ift,  bei  feinem  3lad)^ 
beulen  über  bie  ©d^&en  ber  ^trd^e  unb  beren  Teilung  Don  ber  fürjlic^  au«gebro(^enen 
unb  bereit«  c^ronifc^  geworbenen  ^a))ftfj)altung  au«.  @r  erfannte  au«  ibr  bie  Dor^anbene 

60  Serberbni«  ber  Äird^e,  bie  nur  burd^  fittlic^e  (gmeuerung  geseilt  h)erben  fönne.  ®a^er 
ging  fein  ©treben,  toic  bei  Dielen  hjacferen  3^itgenoffen,  auf  eine  Sleform  ber  5lird&e.  ^r 
bie  ^erftellung  ber  firc^lic^en  3uc^t  unb  gegen  bie  in  ber  Äirc^e  Dorl^anbenen  3Kif|bräu(^e 
crf4>eint  er  al«  ber  rül^rigfte  diferer.  ^n  feinen  ©c^riften  toenbet  er  fid^  an  bie  einfad(^cn 
Seute.    ©r  fa^  bie  Urfad^e  ber  ©paltung   in  ber  eingeriffenen  ©elbftliebe  unb  SBeltliebe 

66  bei  ben  ©d^eind^riften,  toelc^e  nid^t  3^wwi  ben  ©efceujigten  lieb  J^aben.  3)urd^  biefe 
©J)altung  fei  ber  bi«^er  feftgefc^loffene  Seib  be«  änticbrift  jerriffen,  nid^t  aber  (Sbtifti  2eib, 
bie  ©emeinbe  ber  ^eiligen,  bie  toa^re  Äird^e.  ®ie  3Rittel  unb  9öege  ber  SReform  fmb 
einerfeit«  äu«reutung  oller  ber  ^flanjen,  bie  ber  ^immlifc^e  3Sater  nic^t  gej)flanjet  b^t 
(5IJlt  15,  13),  b.  1^.  ber  2Jlenf(^^faJungen,  ®ebote  unb  Zeremonien,  toelc^e  Don  ber  Stn« 


^wto  ^n\tn  589 

betung  ©olte^  im  (Seift  unb  in  t>er  SBa^r^eit  unb  bon  ber  (g^re  ß^rifti  abicnfen,  an-- 
bererfcit!^  bie  SurücffüJ^rung  ber  ©laubigen  ju  ber  Siebe  3i«fu  unb  ber  SRac^foIge  in  ben 
55u|tapfcn  be^  ®efreu;;iöten,  in  SRiebrigfeit,  ärmut  unb  ©infalt.  ©o  hjanbeln  aber  nit^t 
j^umeift  ^riefter,  3Könd^e  unb  fie^rer,  bie  SSäeijen  unb  JUugen  in  ber  Söelt,  fonbem  bie 
Kleinen  im  3SolI,  bie  Saien,  in^befonbere  ^ftauen.  ^r  ba^  toid^tigfte  3KitteI  jum  SBad^  5 
tum  am  inneren  3Renfd^en  erfennt  ^anoh)  ba^  1^1.  Sbeubmal^I,  unb  legt  be^^alb,  nad^ 
SWilitfc^^  Säorgang,  ganj  befonberen  SBert  auf  bie  häufige  Kommunion.  35a|  er  aber 
auf  bie  SBoKftänbigleit  be^  ©aframentö  einen  SBert  gelegt  unb  für  bie  Saien  ben  Äelc^ 
geforbert  babe,  lä^t  ftc^  nid^t  burc^  ein  einjige^  SBort  t)on  il^m  nad^toeifen.  Unb  toenn 
3o^ann  3ftof^jana  bor  bem  Äongil  ^vl  Safel  im  ^Qi)xt  1433  be^aut)tet  Jiat,  baf;  '^anofo  lo 
bereite  aud)  ben  Saien  ben  Äelc^  gef))enbet  \)ab^,  \o  fann  auf  biefe  3tu|erung,  toeld^e 
39  3a^re  nac^  ^^i^on)«  3:ob  erfolgt  ift,  ni^lt  aUjubiel  gebaut  toerben.  3?ur  mittelbar 
l}at  ^ano\v  bie  ^ujfitifc^e  gorbcrung  be^  Saienf eld^^  be^rünbet,  fofem  er  bie  Slufmerlfamfeit 
auf  ba^  ^l.  Slbenbma^l  über^auj)t  lenfte  unb  jugleid^  bag  attgemeine  ^rieftertum  ber 
©laubigen  betonte,  gemer  toar  cd{>t  reformatorifc^  feine  Überzeugung,  baf;  .bie  Siebe  ju  i5 
Gl^rifto  bem  ©efreujigten,  atö  bem  einzigen  §erm,  unb  bie  5cac^folge  3^5«  ^^  ©anbei, 
ba^  n)a^re  Heilmittel  für  alle  ©c^äben  ber  ©ecle  unb  ber  Äirc^e  G^rifti  fei,  fotoie  baf; 
menfc^lic^e  ©a^ungen  jurüdfgeftellt  toerben  foHcn,  unb  bie  Sirdf^e  ju  ben  einfad^en  Slm 
fangen  ber  ajjoftolifd^en  geit  jurüdgefü^rt  toerben  muffe.        (®.  ßei^rert)  3*  ß»ftrti. 

Raufen,  Sorneliu^,  ^eft.  1638,  ^anfenigmu«.  —  Sittcratur:  Melchior Ley- 20 
decker,  Historia  Jansenismi  Iraj.  adRh.  1695.  ~  Histoire  g^D6rale  du  JaDsenisme,  Amst 
1700.  —  Sainte  Beuve,  Port-Royal  Paris,  Eugene  Renduel,  Tom.  I,  1840  im  ganjeu 
5  SBftnbe.  —  3).  5Rcud)Un,  ©cfc^idjte  Don  ?Jovt*JRottQl,  ber  Äampf  beö  reformierten  unb  beS 
jetuiiijd)en  Äot^oHiilgmu«  unter  SubtpigXIII  unb  XIV,  2^bc  1839—1844;  Bouvier,  Etüde 
critique  sur  le  Jans^nisme,  Strasburg  1864;  Rapin,  Histoire  du  Jans^nisme,  publ.  par  25 
Domenech,  ^ariö  1865;  Mömoires  du  P.  R^n^  Rapin  sur  T^glise  1644-1699,  publikes 
par  L'Aubioeau,  3  voJ ,  $ariö  1865;  ©djifl,  3)tc  ßonftitution  UnigenituS,  grciburg  i.  ©r. 
1876:  La  v^rit^  sur  les  Arnaulds,  compl^t^e  avec  Paide  de  leur  correspondaDce  in^ite. 
2  voll.  1877  ;  A.  Vandenpeerenboom,  Cornelius  Jansenius,  septi^me  ^v6que  d'Ypres,  sa 
mort,  son  testament,  ses  ^pitaphes,  Bruges  1882;  gungmann,  Dissertationes  selectae  in  30 
hist.  ecd.  VII,  Ratisb.  1887 ;  i.  Sungmannd  Art.  „Sanfcnluö  ber  3üngere"  in  5S8eJer  unb 
«Beitel  tircftenlejiton,  2.  9(ufl..  «b  VI,  1889,  ©p.  1217  ff.;  e.fi.Xö.  C>en!c,  iWeuere  Äircften- 
9cfcÖ!cl)tc:  ieraiiögeg.  u.  (öafe  II,  1878,  ©.97  ff.;  ^ergenröt^cr,  fiircftengefdjidjtc,  3.  Vlufl.  III, 
357  ff.,  463  ff..  511  f.  858  (citiert  ü.  3ungmann  q.o.  O.)  unb  ^urf,  Äircöenflcf*.,  13.  ?liifl., 
18im,  II,  §  160,5  u.  168,7.    %l.  oucft  bk  fiitteratur  bei  bem  ^rt.  „«Port^SRo^oI-.  35 

^'franfreic^  \)at  einen  jloeifat^en  Slnfang  ber  Sieformation  gehabt,  im  ßalöini^muö 
cinerfcit^,  im  ^«"f^ni^w^u^  anbererfeitö.  ®iefe  (Srfd^einungen  umfc^lingt  ein  enged  SBanb 
ber  i^erhjanbtfc^aft ;  beibe  ^aben  aug  ä^nlidj^en  Urfac^en  Verfolgung  erlitten.  3n  beiben 
f^iegelt  fic^  bie  ßigentümlid^feit  be«  franjöftfc^en  Seiftet  ^infw^Öic^  feiner  religiijfen  ^ro« 
buftitoität  in  auffattenb  t)erh)anbter  SBeife  ab.  3)er  %aü  be^  g^^nfeniömu^  toie  ber  be^  40 
galbini^mu«  ^aben  auf  gleid^e  SBeife  jum  S^^^^  ^^  Sieligion  in  ^anfreic^  beigetragen. 

2Bie  bie  SHeformation  ba«  ®anje  ber  Kird^e,  iJeben  unb  Seigre,  befafete,  fo  auc^  ber 
^anfeni^mu«.  Da  neben  ben  Sriefen  $auli  jumeift  bie  ©c^^riften  Sluguftin«  bem  ©lauben 
;^utl;er^  unb  6alt)in^  il^ren  (Sel^alt  unb  il^re  ®eftalt  gaben,  fo  mu|te  bie  ©egenreforma^ 
tion  gerabe  gegen  jene  eine,  n^enn  auc^  toerbüllte,  feinblic^e  ©teHung  annel^mcn.  3^ar46 
mürbe  Stuguftin  nac^  toie  t)or  alö  grofeer  Rird^enlel^rer  unb  ^eiliger  gerühmt;  feine  ©df^riften 
l?atten  im  3Rittelalter  auf  SW^ftifer  unb  ©c^olaftifer  mächtigen  (Sinflufe  geübt,  toelc^er  fic^ 
in  ber  Jße^re  ber  S^omiftcn  (Slnl^änger  be^  2:^oma«  t)on  äquino),  alfo  junäc^ft  beiS  2)o= 
minifanerorben^,  Ir^ftaflifiert  ^atte.  ©ie  machten  bie  ftrengere  Seigre  t)on  ®nabe  unb 
©ünbe  aucli  auf  bem  SCribentiner  Äonjil  gegen  bie  femi))elagianifd^en  ©cotiften,  junäc^P  so 
gegen  bie  ^angi^Ianer  unb  Sefuiten,  geltenb.  Dbgleid^  biefe  in  ber  §auptfad[^e  gewannen, 
fo  h)urbe  bieg  boc^  burd^  3*^^^^w^öteiten  t)er^üDt.  allein  bie  ©ieger  jogen  füi^n  bie 
;;volgerungen  au«  ben  il^nen  gemachten  gwö^tänbniffen.  ^l)ntn  trat  fofort  befonber«  Saju«, 
•»-jirof eff or  ju  £öh)en,  mit  feiner  tjaulinifc^-auguftinifc^en  Sel^e  entgegen  (f.  b.  ä.  8b  II  ©.  363,  öe). 
X)ie  ^^anjißlaner  erlangten  1567  unb  1579  bie  3Serbammung  t)on  76  ani  feinen  ©c^riften  55 
gezogenen  ©ä^en.  3)er  S^fuit  3Kolina  (1588)  ftellte  unter  bem  Sortoanbe  einer  ganj 
neuen  SSermittelung  ben  baren  ©emi})elagianigmug,  ja  noc^  tttoa^  me^r  auf.  Darüber 
crl()oben  bie  Dominifaner  fdj^toere  änllagen  unb  ©treit  mit  bem  fie  immer  me^r  übet* 
flügelnben  ^^Iw^^^orben.  3"  ^^ff^  ©c^lic^tung  berief  6lemeni^  VIII.  1597  eine  con- 
gregatio  de  auxiliis,    um  über  ben  Seiftanb   ber  ®nabe  jur  Jöele^mg  grünblid^ 


590  dfutifett 

entfc^ciben.  $aul  V.  fanb  aber  ocralcn,  1 607  bic  Äoncjrccjation  o^ne  irgenb  hKlc^c  (SnU 
fc^ibung  aufjulöfen  unb  biefc  auf  „gelegenere  3^*"  i"  bertagen.  S)tefe  ift  btö  je^t  nxd^t 
gefommen. 

3ie  fdS^roffer  ftc^  bie  ©tettung  ber  fatj^oUfd^en  Äird^e  ju  bcn  Äirc^en  ber  Sieformation 

6  geftaltcte,  um  fo  me^r  mu^te  h)te  burc^  ein  $Raturgefe^  ber  Semipelagiani^mu^  in  Seben 
unb  Seigre  ber  Iatl;olifc^en  Äirc^e  übertoiegenb  unb  l^errfc^^enb  toerben.  3)er  2!^omi«mu^ 
felbft  hKir  in  ©d^olaftif  erftarrt.  ®al^er  Ratten  bie  Schriften  Sluguftin«  für  3)üt)ergier  be 
§auranne,  nac^l^erigen  äbt  bon  ©t.  (Sgxan,  (f.  b.  21.  SBb  V  ©.  109,  8)  unb  '^an^cn  ju= 
gleich  bie  ganje  59ta(^t  ber  5leu^eit  unb  be^  eE^rtoürbigen  Slltertumg,   al^   biefc   jungen 

10  2:^eoIogen  1612  bei  Sat^onne  biefelbe  gemeinfam  flubierten. 

6omeIiug  ^an\^  toar  ben  28.  Ditober  1585  in  bcm  ©orfe  äfoi  in  ber  ©raffc^aft 
Seerbamm  in  5Jorb^ottanb  geboren.  ©4on  Se^becfer  (in  feiner  historia  Jansenismi, 
Trajecti  1695)  erinnert  an  bie  3il^nlic^feit  ganfen^  mit  feinem  Sanb^mann  §abrian  VI. ; 
in   bcm  beffen  9Jamen  tragenben  Äottegium  ju  Sötren  in  ben  f^)amfcl^en  ^ieberlanben, 

16  beffen  3Jorfte^er  ein  ^eunb  \)on  ^aiu^  toar,  ftubierte  er  "Ideologie,  ©ein  Unibcrfttät^ 
freunb  35übergier  gog  i^n  mit  ftdS^  in  feine  äSalerftabt  Sal^onne.  9Jac^  Sötoen  jurürf* 
geteert,  lehnte  S^^m^  ^"^  })^iIofoJ)^ifd^e  Sel^rftelle  ah,  ba  Slriftotele^  afö  SSatcr  ber  ©c^o= 
laftif  i^m  berl^a|t  toar.  6r  fanb,  bafe  $lato  t)on  ®ott  unb  lugenb  l^öl^ere  gbeen  ^be 
afö  ein  3^eil  ber  lat^olifd^en  2:^eoIogen.    Site  3Sorftanb  be«  ^ul(^eria=5lolIegiumg   leierte 

20  er  3:^eoIogie.  SBir  ^oben  burc^  ba«  SSerbienft  ober  t)ielmel^r  burc^  bcn  §a^  ber  3<1wit«n 
ben  SBrieftoed^fel  S^nfen«  unb  ©t.6^ran«  t)om  19.  3Kai  1617  an.  3)urc^  unau^gefe^tc« 
Sefen  unb  SBieberlefen  ber  ©d^riften  Sluguftin«  überzeugte  fic^  3/  ^«6  ^i^  fat^olif^cn 
J^cologen  beiber  Parteien  bon  ber  Se^re  ber  alten  Äir($e  ganj  abgefommen  feien.  3)cfto 
mel^r  befriebigte  i^n  bie  £el[;re  ber  ©omariften,  trä^renb  er  bie  Slrminianer  ben  S^fwitcn 

26  an  bie  Seite  ftettte.  Sei  einem  Sefuc^e  ©t.  6t;ran«  in  Sötoen  1621  teilten  fie  ibre  ärbcit 
jur  Sleform  ber  Äirc^e  fo,  bafe  ganfen  bie  ber  Se^re,  ©t.  S^ran  bie  ber  Scrfaflung  unb 
be«  Seben«  jugeteilt  tourbe.  $Diit  irlänbifc^en  ^of^en  ©eiftlic^en  (bcm  ütular^ßnbifd^of 
Äonriu«),  mit  ben  §äuj)tem  ber  fid^  bilbenben  Äongregation  bc«  Oratorium«  (Serütlc) 
iDurben  intime  SBerbinbungen  angefnü))ft  unb  fortgetjfifogen.    ^an\tn  reifte  1623  unb  1627 

80  in  ängelegeni^eiten  ber  Uniberfität,  toeld^e  il^re  Sel^tü^le  ben  S^wi^^  B^nj  bcrfd^Iiej^en 
tooHtc,  nac^  üJlabrib;  bie  3^uiten  berbäd^tigten  if;n  bei  ber  bortigcn  3in^uifttion.  3)cn= 
no(|>  iüurbe  er  1630  jum  fgl.  $rofeffor  ber  ^l.  ©c^rift  in  Sötoen  ernannt;  feine  Äom« 
mcntare,  namentlid^  über  ben  5|Jentateu(^>,  belegen  fic^  auf  bem  m^ftifc^en  33obcn  ber 
Siebe,  bie  un«  reinigt  unb  geiftige  3Kenf4>en  an^  un«  mac^^t. 

86  3)ie  beibcn  ^eunbe  Ratten  bi«^cr  für  i^re  ^länc  bcn  Äarbinatminifter  Slid^elicu  ^xi 
gctoinnen  gefudf^t.  311«  aber  1635  bic  §ollänber  bon  §cnogenbuf(^  au«  immer  h)citer 
borbrangen,  unb  Spanien,  bcm  jc^t  a\x^  granlreic^  ben  Äricg  crflärte^  feine  9Jicberlanbe 
nic^t  mcf^r  be]^u})ten  ju  lönnen  fc^ien,  berieten  fid^  bie  §äu})ter  be«  Sanbc«,  toa«  man 
gu  tl^un  l^abe.    S^^'^f^'^f  wm  fein  ©utac^ten  befragt,   foH  geraten  b^ben,   ein  lat^olifc^e«, 

40  unabhängige«  Sanb  au«  ben  betgifd^en  ^robinu^n  gu  bilben.  @in  ©önner  in  Trüffel  teilte 
i^m  aber  mit,  fein  ©utac^ten  fei  berraten,  er  rönne  fid^  nur  burc^  eine  ©c^rift  in  \panu 

Ecm  S^tereffc  retten.  ^an]m  griff  nun  in  feinem  Mars  Gallicus  bic  ^rätenfionen 
anfreic^«  an,  für  toelc^e«,  al«  ßrben  Rarl«  be«  ©rofeen,  ungefd^idte  5ßampbletiften  alle« 
nb  jtoifc^en  ßbro,   SBei^rufelanb   unb  2lj)ulien  in  Slnfpnid^   nahmen,    ^^nfen  fc^ontc 

46  toeber  bie  Äönige  bon  granmic^,  noc^  ben  mit  Äckern  bcrbünbcten  Äarbinalminifter. 
SBäbrenb  ber  5ÖJar«  mithalf  gur  ©efangenfe^ung  ©t.  ß^ran«  unb  Verfolgung  ber  i^m 
Serbünbeten  in  ^^^anfreic^,  trug  er  ^an\en  —  toelt^cr  nun  lange  genug  „ben  ©^uU 
gebauten  unbgfel  gemacht  ^atte",  1636  bo«  8i«tum  ?)>)crn  ein.  '^an\m  la«  bie  ©«Triften 
äuguftin«  gegen  bie  $elagianer  brci^ig=,  bic  übrigen  jcl^nmal.    ^m  ^a^rc  1627  fing  er 

50  an  jur  Slbfaffung  feine«  ffierfe«  über  beffen  Seigre  gu  fd^reiten;  aber  erft  (Snbc  1632  fam 
er,  toie  er  an  ©t.  ß^ran  gel^eimni«bott  melbet,  bagu,  les  affaires  de  Monsieur  Adam, 
b.  l).  über  bie  ben  erften  SKenfd^cn  gegebene  ©nabc  ju  fc^^reiben.  6r  ^atte  fein  SBert 
eben  —  toie  er  glaubte,  unter  bcm  bcfonbcren  Seiftanbe  be«  ^eiligen  Äirc^cnle^rer«  — 
beenbigt,  al«  er,   e«  feinen  3Sertrauteften  ^ur  §erau«gabe  em})fe$lenb,  am  6.  üRai  1638 

66  ftarb.  —  S)er  Stitel  be«  SBerfe«  ift:  „Cornelii  Jansenii  episcopi  Iprensis,  Augusti- 
nus seu  doetrina  Sti.  Augustini  de  humanae  naturae  sanitate,  aegritudine, 
medicina  adversus  Pelagianos  et  Massilienses"  in  ^olio  1640  l)erau«gegebcn.  2)er 
erfte  ber  brei  Sänbe  giebt  eine  ©efc^ic^te  unb  ®ntlarbung  be«  feineren  ©emitjclagiani«^ 
mu«,  iDO^cnb  bieS^fuiten  benfelben  nur  ba  berbammen,  \a  and)  nur  fo  nennen  tooDten, 

w  h)o  er  nid^t  blo^  l^lb,  fonbern  grob  ^clagianifc^  auftrat. 


3faitfeit  591 

3m  Slnfang  bcö  jtücitcn  Sanbc^  toirb  Don  bem  Orunbc  unb  Don  bcr  äulorität  in 
l^eologijci^en  fingen  gc^anbclt,  toobei  btc  ®renjcn  bcr  menfcl^Ud(^en  SJcmunft  unb  btc 
SlutorUät  bc«  f)cil.  Sluguftin  fcftgcftcUt  toerben.  3anjcn  toar  fid^  fear  betoufet,  bafe  Über* 
fd^o^ung  be«  menfd^li^cn  ßrlennen«  unb  Äönncn«  unjertrennlid^  fmb.  gn  jener  Se« 
iic^ung  finbct  er  ba«  ©runbübel  in  bcr  Dor^errfd^enben  Sefd^äftiaung  mit  ^cibnijc^cr  b 
H5^iIojoj)^ic,  namcntlid^  mit  bem  bcr  B6)ola\ixl  )u  ©runbc  liegenben  Sriftoteli^mu^.  ^i^i« 
lofoj)^ic  unb  2^^eolo0ie  feien  aber  ftreng  ju  f(|iciben  (alfo  ift  feine  anficht  bcr  ®cacnfa^ 
bcr  Sc^olaftil),  fie  berufen  auf  Derfc^iebenen  geiftigen  ©innen,  bie  $^ilofoj)l^ie  auf  bem 
intcDcttucIIcn  9?ermögcn,  bie  2^l^coIogie  auf  bem  ©e^ör  unb  ©cbäd^tni^,  hjcld^e  bie  au^ 
bcr  Offenbarung  ftammenbe  münblid^e  Srabition  aufnel^men  unb  behja^ren.  3)ie  Xrabis  lo 
tion  namentlid^  über  bie  J^eil^orbnung  l^abe  Sluguftin  am  ed^teften  gefaxt;  jtoar  ftimmen 
nid^t  äße  feine  ^ufeerungen  überein,  allein  feit  er  Sifc^of  geworben,  fei  i^m  biefe  Seigre 
fel^Ilo«  geoffenbart  tüorbcn.  Qn  feinen  fpätercn  Schriften  leiert  äuguftin  belanntlid^  ent* 
fd^ieben  bie  3HIeinh)irtfamIeit  ber  göttlid^en  Onabe,  unb  gerabe  auf  biefe  ftü^t  ftd^  ^a\\]m 
aU  9lorm.)  „gu  bicfcm  aBerfe  toar  er  Don  Ootte«  ®eift  inf})iriert,  baju  Don  ®otte«  is 
®nabe  Jjräbeftiniert" ;  er  Dor  allem  follte  fie  an  fic^  erfal^ren  unb  erfennen.  2)al^cr  ift 
jcber  5ycrfud^  über  i^n  i^inau^jugei^en,  tooju  fid^  bie  ©c^olaftiter  l^inreifeen  liefen,  mit 
großer  ®efa^r  Derbunben. 

3)ic  Segriffe  bed  ®uten  unb  bc^  S3öfen  toerben  atö  abfolute  ®egenfä^e  gefaxt,  eö 
toerben  feine  Übergänge  ju  ermitteln  gefud^t,  ®ott  mufetc  ben  3Renfd^en,  toie  bie  ßngel,  ao 
l^cilig  unb  aud^  fclig  fd^affen.  ^n  ben  erften  SKenfd^en  unb  in  ben  engein  tonnte  leinerlei 
©ame  be^  S3öfcn  liegen,  toclc^er  ben  ©ünbenfall  erflärtc,  aufeer  ber  aBillcn^frei^eit,  loeldjje 
burd^  bie  auc^  bamate  bem  3Renfc^en  cintool^nenbe  ®nabe  unb  barau^  flie^enbe  ©eligfeit 
nic^t  gefeffelt  h)ar.  I)iefc  grei^cit  h)ar  eine  pofitiD  gute,  göttlid^e,  babei  aber  Derlierbar, 
beibe^,  toeil  fic  [xd)  ®ott  nur  in  Siebe  unterorbnetc,  toorin  aBe  toal^re  ^rei^eit  liegt.  2)ie  35 
ünöglid^tcit  be^  ^Qe»  lie^t  eben  barin,  ba^  9lbam  ftd^  felbft  um  feiner  SSoDtommenl^eit 
iDtüen  lieben  fonntc.  3)ie  ®nabe  toar  i^m  Dor  bem  gaDe  toefentlic^,  nottoenbig,  ein« 
toobnenb,  m  feiner  SRatur  gehörig  (nic^t  donum  superadditum).  ol^ne  fte  ^ätte  er  fallen 
muffen,  aber  jebe  gute  %f)at  3tbamg  toar  barum  bod^  feine  freie,  Derbienftlid^c  Xi}at 
ßbcnfo  DoUfommen  freie  "Xl^at  toar  auä)  fein  %aü.  do 

2)ic  ©rbfünbe  ift  nid^t  blofte  gwred^nung  (reatus),  fie  ift  eine  fid(^  fortjjflanjcnbe 
böfc  Unnatur;  baö  burc^  bie  SBegierbe  befleäte  ^Icifd^  befledt  aud^  bie  ©eele  unb  fo  ift 
imfcr  inncrfter  aßJille  unb  be^  §crjenö  eigenfte  Suft  Don  ber  ©ünbe  gefangen.  Scfonberö 
fc^tocr  auf  bcr  ©eele  lajtenbe  ©trafen  ber  (Srbfünbe  fmb  bie  unübertoinblid^e  Untoiffen^eit 
unb  bie  böfc  Suft,  iDclcpe  jugteic^  DoDüommene  ©ünben  finb;  benn  jcber  bem  götttid(^cn  85 
©cfc^e  unb  ebenbilbc  nic^t  entfpred^enbe,  auc^  unbetoufete  B^ftanb,  ift  ©ünbc.  3)ic  böfc 
Suft  ift  ein  l^abitucllc^  ®eh)i4lt,  toelc^e^  bie  ©eele  gur  unorbcntlid^en  Vergnügung  an  ben 
Kreaturen  nicbcr^icl^t.  2)al^cr  erleiben  aud^  bie  ungetauft  geftorbenen  Ileinen  Äinber  bie 
fül^lbarcn  ©trafen  beö  etoigen  ^uer«,  toa^  in  einer  angehängten  ©c^rift  Don  ßonriu^ 
bctoicfcn  ioirb.  „9Jlanic^äi^mug  unb  $elagiani^mu^  fc^en  bie  8egierbe  Dor  ber  ©ünbe,  4f) 
aiuguftin  nac^  ber  ©ünbe." 

3;n  bem  Slbfc^nittc  „Dom  ©tanbe  ber  gefallenen  5iatur"  toirb  beriefen,  ba^  toir 
jmar  bie  ^rcil^eit  ^aben,  unö  einer  beftimmtcn,  cinjclncn  böfen  2;at,  aber  nid^t  bie,  un« 
bc^a  ©ünbigen«  gu  crtocljiren.  I)a  aber  bcr  3Kcnfc^5  feinen  aSillen  baju  giebt,  fo  ift  e« 
aud^  feine  freie  2^^at :  benn  jur  greil^eit  ift  nic^t  reine  ^nbiffcrcnj  nötig,  jene  beftcl^t  aud^  4b 
ba,  too  ber  2öiUc  fiep  gebunben  ^at,  fei  e^  (mic  bei  ®ott  felbft)  jum  ®uten,  fei  c^  (bei 
ber  fünbigen  3)tcnf^beit)  jum  Söfen.  2)cr  britte  ber  fünf  ©ä^e,  toeld^e  ber  ^ft,  ate 
in  3^"fcn^  Sluguftin  ftel^cnb,  Dcrbammte,  lautet:  ad  merendum  et  demerendum  in 
statu  naturae  lapsae  non  requiritur  llbertas  ab  omni  necessitate,  sed  sufficit 
libertas  ab  omni  coactione,  hoc  est,  a  violentia  et  naturali  necessitate.  ^a^GO 
bie  l^icmit  Dcrbammte  Seigre  fxd),  hjenn  aud^  nid^t  toörtlic^,  in  Raufen«  Sluguftin  finbet, 
fann  nac^  obigem  nid^t  mit  Siecht  geleugnet  tocrben. 

§ier  fnüpfen  fic^  einige  ^Junbamentalfragen  bcr3Jloral  an:  bcr  burd^  ®otte^  ®nabe 
^JJid^tbcfc^rtc  J^at  nur  quasi-Sugenben,  ba  fie  nic^t  au«  ber  eintool^nenben  Siebe  ®otte« 
tommcn,  ja  fie  fmb  ©ünben.  ®iefe  cd^t  auguftinifcbe  Seigre  l^atte  ber  ^JJa^jft  f4lon  gegen  66 
33aiu«  Derbammt.  ^janfen  h)rife  M  nur  bamit  ju  pelfen,  ba^  bcr  ^apft  fie  nid^t  aU 
fc^crifd^,  fonbem  barum  cenfiert  ^abe,  h>eil  fie  ben  Srneben  ftören  unb  nad^  Umftänben 
xHrgcrni«  erregen  fönnte.  33ei  einem  Dertoanbten  StrtiW  unb  äfalle  fagt  ^an\tn,  bie  Rurie 
^abc  ^icr  bem  grieben  ein  Dt)fer  gebradbt,  toeU^ed  fte  ta>o|fl  nvifi  gebracht  ^ätte,  toenn  fie 
btc  äluef^hlc^c  ^iluguftin«  unb  anberer  ^^te  bcBjrrjjtMnt.JMtfe  ^odf  i^t  l^anfcn  am  uo 


592  ^nfen 

©(^luRc  jcine^  SQäerle^  biefe^  unb  fid;  fclbft  bcmüttg  bcm  Urteile  be^  at)oftonfcl^en  Slui^Ic^ 
unterfteUt.  2)er  ©ünbenfaH  oI«  Slbfatt  be«  3Renfcl^en  bon  feiner  gotlerfüHten  Umotur 
jd^ie^t  bie  Unfeligleit  in  fid^,  tute  bic  ©eligleit  toefentlid^  in  Unfünbigfeit  befielet.  (2)amtt 
c^^arolterifiert  fic^  bie  ^nnerlid^Ieit,  bie  Oeiftigleit  ber  Seljire  S^nfenö  im  Unterfc^iebe  bon 

6  ber  äufeerlid^smed^anifd^en  Sluffaffung  ber  Sefuiten,  toonac^  ber  aittniäc^tige  ben  ©ünbcr 
felig,  ben  grommen  unfelig  machen  lönnte.) 

2)er  britte  Sanb  ^anbelt  in  jel^n  Sudlern  bon  ber  ®nabe  G^rifti.  §ier  gilt  c^,  ber 
®nabe  ®otte^  gam  allein  bie  @^re  ju  geben;  jebe  gute  Siegung  ift  göttliche  @nabe.  3)a 
toefentlic^  ber  &iue  burd^  bie  ©ünbe  gebunben  ift,  fo  genügt  ®efe^  unb  ^rebtgt,   furj 

10  Sele^rung  überl^autot  nid^t.  ©ie  Jinb  nur  SMittel,  unö  unferer  §ä^lid^feit  ju  überführen, 
^ie  ®nabe  ift  nid^t  blofee  Offenbarung,  fonbem  medicinale  auxilium.  ßl^riftu^  ber 
„^eilanbsSlrjt"  be^  ganzen  5ölenfd^en.  3ie^t  —  pm  Unterfc^iebe  bom  Urjuftanbe  —  be= 
fte^t  ber  modus  adjuvandi  barin,  ba|  bie  ®nabe  bem  9)ien|d^en  nic^t  blofe  bie  ^BJög* 
lic^Ieit  jum  ®uten  ober  33ö[en,  bie  SBSaljilfreii^eit,  fonbem  ben  3BiUen  unb  bie  %fyd,   bie 

16  einzelne  toie  ben  ganjen  ßl^riftentoanbel  felbft,  frei  fc^enft.  I)amit  ift  aud^  ®otte^  ®nabc 
ftetd  actualis;  fie  lommt  immer  ju  il^rem  inneren  unb  äußeren  ^\d;  SBoDen  unb  SJer« 
tueigem  b©^  ®uten  ftei^t  immer  nur  ®ott,  leinerlei  SBeife  unö  ju.  Gratia  victrix,  in- 
victa  facit  ut  velint.  ^er  ®runb  liegt  nid^t  im  Sorauöfe^en  unferer  ®eneigt^eit  — 
benn   unjer  toiberftrebenber  SBitte  rapitur  gratia  —  jonbem  blofe  im  3R^fterium   beö 

20  göttlid^en  SBißen«.  2)ennoc^  ift  ber  aJlenfd^  babei  nid^t  tote«  SBerf  jeug,  benn  mit  SRüd- 
jic^^t  auf  unjere  Slatur  nimmt  ®otteig  SBerf  ben  SBeg  burc^  unfern  aßillen  ^inburc^. 
®ott  giebt  tool^l  manchem  bad  SSerlangen  nad^  boQtommener  Siebe  unb  Xl^at,  aber  nic^t 
jjcbem  babei  unb  nic^t  immer  ba^  Äönnen,  ba^  SSoUbringen.  ^m^  Serlangen  ift  oft, 
aber  nid^t  immer,  ber  Vorläufer  bon  biefem,  h)ie  bei  ben  Reiben,  benen  aUe  S3ebingungen 

26  ber  toal^ren  ®erec^tigleit  bertoeiaert  fmb. 

3ine^  ®ute  nimmt  feinen  Slnfang  mit  bem  ®Iauben,  toeld^er  allein  auc^  ba^  erfte 
Serlangen  banad^  ertoeden  tann,  au^  bem  ®lauben  folgt  bie  Siebe.  ®ott  mag  einem 
3Renfd(^en  aui)  bied  geben;  fd^enh  er  il^m  aber  bam  nid^t  aud^  ba^  donum  perseveran- 
tiae,  fo  Ijiilft  e«  i^m  nid^tö.    6r  !ann  unö  audp  nur   jeitentoeije  für  einzelne  ^tte   bie 

90  gum  ®uten  nötige  ®nabe  ent^ie^en,  um  un^  unjere  ^lic^tigteit  füllen  ^u  laffen. 

5Kad^  biejem  ift  e«  toirfltc^  bie  Seljire  3luguftin=Sflnfen^,  bie  ber  ^i^opft  burd^  bie 
S3uüe  bom  30.  3Kai  1653  Cum  occasione  in  ©a^  1,  2,  4  berbammte:  9Jämlid;  ©a^  1: 
Gratia  de  se  efficax  vere,  realiter  et  physice  (nur  biefen  ätuebrucf  ber  ll^omiften 
^atte  Sanfen  bertoorfen)  praemovens   et  praedeterminans,   immutabiliter,   infaili- 

36  biliter,  insuperabiliter  et  indeclinabiliter  ita  est  necessaria  ad  singulos  actus, 
etiam  ad  initium  fidel  et  ad  orationem,  ut  sine  illa  homo  etiam  justus  non 
possit  adimplere  Dei  praecepta,  etiamsi  velit  et  conetur,  affectu  et  conatu 
imperfecto;  quia  deest  illi  „gratia  qua  possit",  sive  qua  fiant  Uli  possibilia 
possibilitate   cum   effectu,    ut   loquitur  Augustinus.    9tur   ba^    „etiam  justus" 

40  tonnten  bie  ^anfeniften  mit  einigem  ®runb  ableugnen.  —  ©a$  2 :  In  natura  lapsa 
nunquam  resistitur  gratiae  interiori,  id  est  efficaci,  in  sensu  explicito  in 
prima  praepositione,  quae  secundum  phrasim  Augustini  vocatur  interior. 
@a$  4:  Admiserunt  Semipelagiani  gratiae  interioris  necessitatem  ad  singulos 
actus,  etiam  ad  initium  fidei;    et  in   hoc  erant  haeretici,   quod  vellent  etiam 

46  gratiam  talem  esse,  cui  posset  humana  voluntas  resistere  vel  obtemperare ; 
id  est,  in  hoc  erant  haeretici,  quod  vellent  gratiam  illam  non  esse  efficacem 
modo  explicato  in  prima  propositione.  @nblic^  ©a^  5:  Error  est  Semi-Pela- 
gianorum  dicere  Christum  pro  omnibus  omnino  mortuum  esse  aut  sangui- 
nem  fudisse;  quia  videlicet  Christus  est  quidem  mortuus  pro  omnibus  quoad 

GO  sufficientiam  pretii  sufficienter,  non  tamen  efficaciter,  quia  non  omnes  parti- 

cipant  beneficium  mortis  ejus.    9la^m  ^an\m   mit  ber  latl^olifd^en  Äirc^e  an,   ba^ 

ß^rifti  2^ob  ben  Reiben  nid^t  jugute  fomme,  fo  mu^e  er  ed  überbie^  auc^  bon  bem  nic^t 

mit  perseverantia  gefegneten  %Äl  ber  Segnabigten  lehren  unb  leierte  eö  auöbrücflic^. 

folgen  h)ir  3«"!^^  2Bert  junäd^ft  im  bierten  S3ud^e,  über  bie  g^ratia  medicinalis 

66  Christi:  SBie  bie  ©ünbe,  fo  beginnt  aud^  jebe^  gute  3Berf  mit  einer  ©üfeigfeit  unb  bn^- 
lid(^en  g^eube;  baburc^  toirb  ®otteö  SSJiHe,  fein  adjutorium  medicinale  unfer  SBiÜe. 
"Simn  unfer  SBiße  bon  biefer  Ijiimmlifd^en  delectatione  destituitur,  fo  ift  ihm  aud^  bic 
leifefte  Siegung  nad^  bem  ®uten  ^in  unmöglid^;  tritt  jene  ein,  fo  ift  fie  ftct^  necessi- 
tans.   2)iefe  delectatio  giebt  und  tam  in  appetendo,  quam  omittendo  peccato  ein 

60  ®efül^l  ber  ^ei^eit  toenigftend  bon  äußerem  Sumng. 


dattftn  593 

SBtrfttngen  bcr  ®nabe:  @rtenntnt^  unb  ätec^tferttgung  fmb  tpoi^l  eblc  @aben, 
bie  @nabe  fclbft  befielt  aber  in  ber  Sintpol^nung  ber  göttli^en  Siebe,  ®otte^  felbft  in 
un^,  aSic  bie  erbjünbe,  fo  ift  ®nabe  and)  nid^t  eine  blofec  äw'^w^wwncj,  ein  ©ebad^teg 
(gegen  3lefuiten  unb  $roteftamcn),  fonbem  fräftige  ßintoo^nung.  9lur  bieje  übertoinbet 
bie  ©ünbenluft  unb  bringt  bie  tool^re  reelle  gfr^^eit.  2)ie  ^furd^t  aber,  aud^  bie  Dor  ®ott  6 
unb  §ölle,  löft  ba^Söfe  nid^t  Don  unferem  §erjen  ab,  fie  ift  felbftifd^,  nid^t  göttlid^.  I)er 
aöolf  bleibt  aÖSolf,  ob  er  in  ben  ©tall  breche  ober  gefc^redft  jurüdtoeic^e.  (§ier  fc^iefet  au« 
ber  ^erjtoui^el  be«  ©bftem«  bie  ^age  Don  attritio  unb  contritio  auf,  loeld^e  Dr.  §.  Sir* 
naulb  in  feiner  ©d^rift  de  la  fröquente  communion  energifd^  anfaßte.)  I)er  gefaHene 
5Dlenfd^  mu^,  um  frei  ju  fein,  Änec^t  fein,  aber  ba  e«  bie  Siebe  ift,  bie  unfere  ^eubigs  lo 
!ett  entjünbet,  fo  U)irb  unfer  3BtlIe  je  me^  unb  me^r  lebenbig  @in«  unb  mittoirtenb  mit 
bem  göttlid^en. 

2)ie  ^^Jräbeftination  jur  Selel^ng,  ättä)auer  unb  ©eligfeit  ift  ganj  freie  üfyii 
©otte«  o^ne  einen  ^unlen  Don  eigenem  9?erbienft  Don  beig  3Kenfc^  Seite.  ä)ic  anberen 
))räbeftiniert  @ott  jum  Übel.  @r  liebt  aud^  ba«  33erbammung«urteil,  tuoburd^  er  fte  ^um  is 
etoigen  Sobe  Jjröbeftiniert ;  ift  e«  aud^  nid^t  gut  für  ben,  loel^en  e«  trifft,  fo  ift  e«  boc^ 
gut,  tpeil  geredet.  ®en  ©rtoä^lten  mufe  aDe«  jum  beften,  ben  Übergangenen  aÜe«,  felbft 
bie  i^nen  (o^ne  bie  ®abe  be«  Seljianen«)  gefd^enfte  Siebe  unb  ber  ®laube,  jum  3Serberben 
gereid^en.  2Bie  ®ott  bei  beiben  ba«  3^^'  f^*>  f^  ^"^  ^'^  SDlittel  bagu,  bei  ben  3Jers 
fto^enen  i^re  fünbigen  SBerfe.  äBenn  irgenb  ein  3Jorl;enf4ien  menfd^ltd^er  @ntfd^lie|ung  20 
bei  ®otte«  freiem  ^atfc^luffe  mit  unterliefe,  fo  mü|te  eine  ^nbifferenj  be«  menfd^lic^en 
2i$illen«  unb  bamit  aud^  jugeftanben  Serben,  ba^  bie  ^öc^fte  @ntfc^eibung  nid^t  bei  ®ott, 
fonbem  beim  SMenfc^en  fte^e.  2)ie«  aße«  fe|t  bie  freie  S^at  be«  ©ünbenfaU«  Dorau«; 
(benn  ^ö^fen  ift  entfc^iebener  3nfralat)farier,  ba«  ganje  ©Aftern  beruht  auf  ber  ftrengften 
Unlerf(|eibung  be«  ©tanbe«  bor  unb  be«  nad}  bem  ^aDe).  25 

auf  bie  gangbaren  einwürfe  gegen  bie  im  bloften  SBo^lgefollen  ®otte«  rul^enbe 
^räbeftination  toirb  ertoibert:  6«  lönnte  getoife  bem  SDlenfd^n  leine  gröftere  3w^^ffw^t 
geben,  tDenn  fein  ®efd^id  ftatt  in  ®otte«,  in  feiner  $anb  ftünbe.  %iq  tann  feiner 
fagen,  er  erfülle  fo  feine  $flic^ten  umfonft,  benn  biefe  @rfülluna  ift  ol^ne  Weitere«  ba« 
©eligfte  unb  giebt  eine  ftarfe  Hoffnung,  bafe  toir  nic^jt  ju  ben  Siserftoftenen  gei^ören.  3)ie  so 
Üiertoorfenen  bienen  toefentlid^  jum  geitlic^en  unb  etoigen  Seften,  jur  Heiligung  unb  gur 
SJefeligung  ber  3lu«ertDä^lten,  xn  einem  jj^ö^eren  ©inne  al«  bie  liere  nacb  ®otte«  Drb« 
nung  bem  "iDienfc^en  bienen.  ^en  SrtiKi^lten  toerben  göttlid^e  @igenfd^aften  unb  i^re 
eigene  ©ünbenfllaberei  in  ben  Serfto^enen  bargcfteDt,  jene  loerben  burc^  biefe  angef))omt 
lu  ben  l^öc^ften  Sugenben.    ®ie  ^aü^i  ber  6rtoäl^lten  ift  bie  Heinere.  ss 

^a«  alle«  gehört  jur  ©d^ön^eit  unb  3Joll!ommen^eit  ber  SBelt,  bamit  ®ott  unb 
feine  Siebe  frei  fei,  toa«  boc^  hjic^ttger  ift,  al«  bie  Don  ber  5pi5iilofot)^ie  be^au})tete  aBill- 
für  be«  3)lenfc^en.  I)a  ®ott  ben  SrtDci^lten  fic^  felbft,  nid^t  ettoa  irgenb  einen  SSeiftanb 
fc^enft,  fo  mu^  biefe«  ^öc^fte  ®ut  aud^  gam  Don  il^m  felbft  abhängen. 

2)afe  Sif^of  Stufen  feinen  Sluguftin  fertig  ^interlaffen,  ba|  ber  I)rud  burc^  brei  40 
feiner  ^^^eunbe  beforgt  toerbe,  toax  in  ben  fpanifd^en  5lieberlanben  offene«  ®e^eimni«:  bie 
Sefuiten  h)ufeten  ftcb  noc^  Ujöl^renb  be«  2)rud«  Sogen  ju  Derfc^affen;  ber  'Jiuntiu«  in 
Äöln  fud^te  ben  3)rud  ju  Derj^inbem  unb  fo  bie  fatalen  ©treitfragen  in  ©c^hjeigen  )u 
begraben;  aDein  bie  UniDerfität  Sötoen  befd^leunigte  ben  9)ru(f  unter  ber  §anb,  ber  1640 
tooUenbet  tourbe,  unb  ba«  fe^nlid(^  etoartete  ffläerf  tourbe  fofort  in  $ari«  unb  Slouen  nad^i  45 
gebrucft.  2)ie  SSuße  in  eminenti  rügte  an  Raufen«  SBerf  1642  bie  ßmeuerung  ber 
Irrtümer  be«  Saju«,  fud^te  aber  Dor  allem  ©tißfd^hjeigcn  ju  erlangen.  3lber  erft  nadj^ 
mcl^rjä^rigem  SBiberftanbe  ber  Sifd^öfe,  ber  UniDerfitäten  unb  ^robinjialftänbe  tourbe  bie 
Sülle  in  ben  fpanifd^en  3lieberlanben  publiziert  unb  i^re  Unterfd^rift  erjtoungen. 

^m  ©ommer  1643  erfd^ien  Dr.  ätrnaulb«  ©d^rift  de  la  fr^quente  communion,  m 
morin  er  bie  ))räbeftinatianif4en  Se^ren  aiuguftin^gjanfen«  al«  JJunbament  annal^m.  tiefer 
aJlann  tvax  feit  bem  2:obe  i^ianfen«  unb  ©t.  St^ran«  ba«  ^anpt  Der  janfeniftifc^en  Partei,  — 
ba«  iüngfte  ber  20  Äinber  be«  3lnton  Smaulb  3Sater,  be«  berühmten  STOitgliebe«  be« 
^Parifer  ^^Jarlament«,  ber  burc^  feine  leibenfd^aftlic^e  SRebe  gegen  bie  ^efuiten,  nac^  ber 
ßinnabmc  toon  ^ari«  burd^  §einrid^  IV.  12.  ^uli  1594,  euro})äifd^e«  Sluffel^en  machte,  50 
iüorauf  fte  befonber«  infolge  be«  Attentate«  Gl^aftel«  auf  ben  Jtönig  für  einige  ^üt  au« 
^ranfreic^  Derbannt  tourben.  Unter  ben  20  Äinbem  älnton«  SSqter  ragen  ^erDor  ^ato^ 
bim,  betannt  unter  bem  Äloftemamen  Slngelita,  bie  berühmte  älbtiffin  toon  ^ort^Sto^al, 
aigne«,  ebenfall«  SRonne,  Stöbert  3lrnaulb  b'3lnbiUv,  ©taat«rat,  feit  1648  in  5ßort*9lo^al, 
h)o  feine  fünf  löc^ter  ben  ©c^leier  trugen,   al«  föinfiebler  lebenb,  bcffen  ©d^riften  1675  60 

dtea(>(^ttci)r(opdbie  fUr  X^cologie  uiib  Stirere.  8.  H.  VIII.  3g 


694  3^nfni 

ju  $arid  crjd^iencn;  —  §cinrid^  S.  i).  änger^,  3Serfaffcr  t)on  t)olemt|c^n  ©d^riften  gegen 
bic  $roteftanten.  SBier  anbete  Xöd^ter  l[>on  änton  ämaulb  SJater  tuaren  aud^  9Iotmen 
in  $orts9(o^aI.  2lnton  ärnaulb,  ber  ©o^,  baö  le|te  ber  20  Äinbcr  be«  Änton  9bnaulb 
Später,  geboren  1612^  bon  ben  ^anf eniften  ber  gro^e  9(maulb  genannt,  fhibierte  juerft  bte 

6  Sec^te,  tDurbe  burd(^  ©t.  S^an  jur  X^ologie  befümmt,  1641  $riefter,  1643  SRitglieb 
ber  ©orbonne,  feit  1648  in  ^ort^Slo^al,  ber  borjüglid^fte  ber  bortigen  ©inftebler,  bte  ^ 
anfangt  unter  ©t.  Strand  Seitung,  bon  ben  Öfonomen  getrennt,  um  bad  Hlofier  ^enim 
nicbcrgclaffen,  ein  Seben  ber  ?9ufee,  SBeltentfagung  unb  ber  ©tubien  führten.  3)ie  ^efutten 
Ratten  fc^on  burc^  il^re  Saj^eit  in  Srteilung  ber  ©olramente  längft  frommen  ©eelen  Stnfiofe 

10  gegeben,  aber  babur^  aud^  biele  an  ftd^  gebogen,  ^ie  jefuitifd^e  $ra^id  unb  SRet^obe  beruhte 
auf  ber  Siertei^rung  ober  ßarilatur  einer  ed^t  ebangdifd^en  Wa^me;  ba^  man,  um  be^ 
empfange«  be«  ©aframente«  toürbig  ju  fein,  nic^t  nötig  ^abe,  mit  allerlei  lugenben  ge* 
fd^müdt  ju  fein,  unb  ba^  man  jum  ©arrament  fid(^  naijien  folle  afö  ein  ber  ®nabe  SSe^ 
bürftiger.    i)a«  erinnert  an  Suti^er  (Srief  an  ©))enlein  7.  Slpril  1516   bei  be  SEBette  I, 

16  ©.  16).  aBa«  Sut^er  l^ier  fagt,  um  einen  ftrcngen  ä^feten  bom  Vertrauen  auf  toteffierle 
abtoenbig  ju  mad^en,  ba«  toenbeten  bie  gefuiten  auf  bie  aDerentfd^iebenften  SBeltlidf^n  an, 
rempli  de  Pamour  d'eux  m^me  et  si  attach^s  au  monde  que  de  merveüle,  — 
plus  on  est  d^nu6  de  gräce  plus  on  —  doit  hardiment  s'approcher  de  J.  Chr. 
dans  rEucharistie.    ©olc^c  änftd^ten   tourben   in  einer   eigenen  ©d^rift  niebergelegt 

20  älmaulb  ergriff  biefen  älnla^,  um  fein  ä3uc^  de  la  fr^uente  communion  ju  fd^reiben, 
toeld^eö  ungeheuren  SeifaH  fanb.  ©eit  ber  introduction  ä  la  vie  d6vote  bed  ^an^ 
b.  ©ale«  ^atte  fein  SBerf  ö^nlid^en  ^jn^lt«  fo  biel  ßingang  gefunben.  ©o  grofe  luar 
ba«  8ebürfni«,  fo  fc^reienb  bie  Sjtreme  ber  jefuitifd^en  ©eelforge. 

Um  fo  eifriger  betrieben  bie  gefuiten  bie  SSerbammung  ber  janfeniftifd^en  ©runbfö^e. 

25  Stuf  ber  ©eite  ber  3l^witen  toaren  bie  franjöfif^en  2)ominifaner,  für  ^(m\^n  bie  3)omi= 
nüaner  ©Jjanien«  unb  ^taK^t«.  2)ie  Uniberfität  fiötoen  ^atte  balb  nac^  bem  Srfd^einen 
ber  S3ulle  in  eminenti  bie  ©orbonne  aufgeforbert,  ben  gefuiten  bereinten  35Jiberftanb  ju 
leiften,  bamit  fie  nic^t  unterjod^t  toürben  unb  verfielen  toie  bie  beutfd^en  Uniberfitaten, 
auf  h)elc^en  bie  ^efuiten  SReifter  feien.    3)aburd^   !onnte  bie  Sierbammung   ber  ionfe^ 

90  niftifd^en  ©runbfö^e  nur  abgetoenbet  »erben.  ^Witten  unter  ben  Unrul^en  ber  ^ronbe 
1648—1650  legte  Somet,  ©^nbihi«  ber  tl^eologifd^en  gafultät  in  ^ari«,  biefer  fieben 
©ä^e  jur  Slüge  bor,  h)eld^e,  o^ne  ben  SRamen  ju  nennen,  größernteils  S^nfend  SeJnre 
galten.  Segen  bie  burd^  Einfluß  ber  Settelorben  ju  il^rer  Prüfung  niebergefefeten  Äom^ 
mifpon  proteftierten  60  auguftinifc^e  2)o&oren   an  baS  ^rlament,   toeld^em   aber  toeber 

86  SJermittclung  nod^  ber  35erfud^  gelang,  bie  ßinfenbung  ber  ©o^e  nad^  3lom  ;u  berl^in* 
bem.  Sielmel^r  tourbc  bon  SRom  auö  ben  Slntiianfeniften  bie  Verurteilung  ber  auf  plnf 
rcbujierten  ©öi^e  au^  ätuguftins^önfen  berfprod^en,  tocnn  fte  bem  ^a))fte  biefelben  jur 
6ntf(^eibung  borlegen  Mrben.  2)enn  bie  Kurie  toünfd^te  biefe  ©paltung  ber  ©orbonne, 
biefer  öüterin  ber  gaUifanifd^en  jjrei^eiten,  ju  benü^en,  ,,um  burd^  bie  franjöfifd^en  S3is 

40  fc^öfe  afö  fouberäner  Slic^ter  anerlannt  ui  toerben".  SBirflic^  gingen,  jum  Xeil  auf  an- 
hatten aSincent«  bon  ^aula,  85  8ifd^öfe  ^anfteic^  ben  ^ajjft  um  fein  Urteil  in  ber 
©ac^e  an.  35eibc  Xeile  fanbten  S3ebolImä^tigte  nad^  9lom,  too  eine  Kongregation  jur 
^riifung  be«  ©trcite«  niebergefe^t  lourbe.  ©etang  e«  ben  3lefuiten  nid^t,  ftd^  mit  ben 
t^omiftifd;en  2)ominifanem  ju  berftänbigen,  fo  glüdtte  eS  il^nen  boc^,  bie  franjöpfd^en  unb 

46  bie  nieberlänbifd^en  Stuguftinianer  ju  trennen.  2)er  5ßa^ft  3i"nocenj  X.  (1644—1655) 
gab  am  30. 3Wai  1653  ber  Sülle  ,,cum  occasione"  feine  Seftätigung,  iüoburd^  obtn  ge= 
nannte  fünf  ©ä^e  „auS  3i^"f^"^  Sluguftin"  bcrbammt  tt)urben.  [lejt  in  Magnum  Bullar. 
Rom.  T.  V.  p.  486,  h)o  aud^  bie  fünf  ©ä^e  ftcl^en:  (Srfter  ©a$:  einige  Oebote  OotteS 
finb  für  bie  ©ere(^ten  unmögli^  —  felbft  bie  ®nabe,  tooburd^  biefe  ®ebote  i^nen  mög= 

60  lid^  gemacht  toerben,  mangelt  i^nen.  3^^^^^^  ®ö^  •  ^^"  toiberfte^t  nie  ber  innerlichen 
®nabc  im  ©taube  ber  gefallenen  9latur.  2)ritter  ©a^:  Um  im  ©tanbc  ber  gefallenen 
SRatur  9?crbienft  ober  ©d^ulb  ju  ^aben,  ift  eS  nic^t  nötig,  baß  ber  ÜRenfd^  eine  ber 
(inneren)  SRottoenbigfeit  entl^obene  ^ei^eit  ^abe.  I)ie  be«  (äußeren)  3h)angeS  entl^obene 
^ei^eit  genügt.    JJierter  ©a^ :  3!)ie  ©emij)elagianer  gaben  bie  SJottoenbigfeit  einer  inneren 

66  juborfommenbcn  ©nabe  für  jebe  (gute)  ^anblung  ju,  fogar  für  ben  Slnfang  beS  ©laubenS; 
fie  loaren  aber  barin  ^äretifer,  baß  fte  iDollten,  biefe  ©nabe  fei  eine  fold^e,  toeldj^  ber 
Söille  be«  3Wenfd^en  foioobl  toiberftel^en  aU  ge^orc^en  !önne.  fünfter  ©a$:  6«  ift 
emi))elagianifc^e  ©efmnung  ju  jagen,  ßi^riftu«  fei  geftorbcn  unb  l^abe  fein  S3lut  bergoffen 
ür  alle  SMenfd^en.    (S«  fällt  auf,  baß  biefer  ©o^  nic^t   toie  ber  anbere  für  ^äretifc^, 

Gofoubern  für  falfd^,  bermeffen  unb  anftößig  ertlärt  n)irb,  freiließ  folgt  ein  fel^  fbctngef 


^nfett.  695 

Urteil :  mirb  er  (bcr  ©a^)  fo  berftanben,  gl^riftu^  fei  nur  für  ba«  ©eil  ber  ^räbeftinierten 
geftorben,  fo  erHären  U)tr  ben  für  gottlob,  gotte^Iqierltcl^,  beleibigeno  unb  l^erabfe^enb  für 
bic  ®üte  ©otte«  unb  für  l^äretifd^  (nad^  Stcud^Kn  I,  606).j  2)iefe  aulle  tpurbe  auf 
Setrieb  3Kajarin«  unb  ber  ^efuiten,  ob  fie  gleid^  toeber  bie  Seftätigung  ber  Äleru«* 
Kongregation  nod^  beig  ^orlament^  erhalten  l^atte,  juerft  bon  ben  „§ofbif4löfen"  in  i^re  r> 
2)iörefen  gejd^idt;  anbere  folgten.  2)ie  Sanfentften  erllörten  fid^  bereit,  bie  fünf  ©ä^e  in 
i^rem  fe^erifc^en  ©inne,  ober  nid^t  al«  ©ä^e  S^wf^^/  ^-  ^-  «iät  in  bem  ©inne,  toeld^en 
fie  bei  i^m  ^aben,  gu  berbammen.  Tlan  unterfd^ieb  immer  mel^r  ba«  droit,  bie  6nt* 
fd^eibung  über  ben  ©lauben^unlt,  bon  bem  fait,  ob  bie  3lnlcl^re  ber  fünf  ©ä^e  in 
^anfenö  Sluguftin  ftd^  finbe.  2)ie  meiften  3Sowf^iften  bel^ut^teten,  ber  $a))(t  lönne  jH>ar  lo 
nid^t  in  ber  ©lauben^le^re,  too^l  aber  über  ein  gjaltum  ftd^  irren.  ^edl;alb  erflärte  am 
29.  ©et)tember  1654  ber  ^Popft,  bicfe  berbammten  ©ö^e  finben  fic^  in  ganfen«  Sluguftin  unb 
ibre  SSerurteilung,  cii  Se^re  Saufend,  muffe  unterzeichnet  toerbcn,  bei  ©träfe,  Krd^lid^e 
aöürben,  Siimter,  ©intommen  ju  berlieren.  ^unberte  bon  bi^l^erigen  „Parteigängern  ber 
©nabe"  unterjeid^neten  je^t  unter  fribolen  Keberlid^en  38ortoänben.  i6 

3Bäl^renb  beffen  bertoeigerte  am  24.  gebruar  1654  ein  ©eiftlid^er  in  ber  Äird^e  ©t.  ©ulj)ice 
ju  5ßarig  bem  §erjog  bon  Siancourt  bie  Slbfolution,  toeil  er  einen  bie  Unterfd^rift  ber* 
iucigemben  9lbb6  in  feinem  §otel  ^attc.  D.  ät.  Slmaulb  liefe  barüber  ben  „Srief  an 
eine  ^erfon  bon  ©tanbe"  brudfen;  barau«  tourben  bon  ben  ©egnem  fogleic^  Jtoei  ©ä^e 
au^e^oben :  1.  bie  ©nabe,  ol^ne  h)eld(^e  n)ir  nid^t^  ©ute^  fönncn,  ^atk  $etrum  in  bem  20 
Slugenblidfe  berlaffen,  ba  er  ben  §erm  verleugnete.  2.  3!)a  einmal  nid^t  jeber  pd^  babon 
überzeugen  fann,  bafe  bie  fünf  berbammten  ©ä^e  in  ^an\^  feien,  fo  genügt  fd^toeigenbe 
soumission  de  respect  unter  biefe  J)äj)ftlid(^e  ©ntfc^eibung;  bie  soumission  de  oroyance 
fann  nidbt  für  ba$  fait  berlangt  Serben,  älmaulb  n)irb  beiS^alb  31.  l^anuar  1656  nad; 
hartem  Äamj)fe  Don  ber  ©orbonne  au^efd^loffen,  mit  i^m  treten  80  ^oltoren  au«,  toeil  25 
fie  feine  Sluöfc^liefeung  nid^t  unterfd^reiben  toollen.  ^nit^  begann  ^a^col  in  feinen 
crften  lettres  ä  un  provincial  bie  I^omiften  ju  geißeln,  toeld^c  in  i^rer  äufeerlid^en, 
med^anifc^en  tJ<*ff""Ö  ^^  ^ßräbeftination  mit  Sluguttin-Sönfen  bie  ben  Sribentinem  unb 
ben  3lefuiten  anftöfeigen  ßärten  teilten,  aber  nid^töbeftotoeniger  gegen  Raufen  unb  ämaulb 
ftimmten.  3)ie  fd^olaftifc^e  ©ubtilität  ift  in  biefen  95ialogen  mit  ber  Äeinl^eit  unb  ©atire  ao 
eine«  3Woliere  burc^fid^tig  unb  läd^erlidb  gemad^t.  3)er  ungel^eure  Seifall  liefe  ^a«cal  in 
ben  f olgenben  Sriefen  jum  Singriff  auf  bie  Äafuiftil  unb  bie  S5eid^tfhi^l'3Koral  ber  ^efuiten 
übergeben.  SBääl^renb  baburd^  bic  ©cbilbeten  uno  bie  Sac^er  gewonnen  lourben,  flöfetc 
bie  h)unberbare  §^Hwng  einer  Slid^tc  $a«cal«  in  bem  janfeniftifd^en  grauenflofter  ^ort- 
Storni  ben  3lnbä(|tigen  ©d^eu  ein.  Die  berül^mten  „Sinfiebler",  bie  eine  jeitlang  ^Jort«  85 
9tol)al  l^atten  berlaffen  muffen,  lonnten  fid^  toieber  in  ben  §öfen  um  ^ort-9loVai  be« 
ei^amp«  fammcln,  beffen  Slütejeit  je|t  eintritt,  aber  bic  Parteinahme  ^ort^Sloi^ate  für 
ben  jrü^cr  aufrü^rertfc^cn,  bcrbannten  ©rjbifd^of  bon  5ßari«,  in  toeld^em  man  bie  Unab« 
pngigleit  be«  (g})if!ot)at«  bebrobt  fa^,  bcranlafete  Subtoig  XIV.  am  13. 2)czember  1660  bcr 
aSerfammtung  be«  franjöfifd^en  Äleru«  ju  erflären,  e«  fei  il^m  ©etoiffen«fad^e,  ben  ^janfeni««  40 
mu«  auszurotten.  6«  tourbe  ein  5«>i^mular  aufgefegt,  tryoxxn  bie  Serbammung  ber  fünf 
©ä^e  3ianjen«  auSgefprod^en  toar;  bie  Quälerei  mit  ber  Unterfdf^rift  beSfelbcn  erging  nun 
loicber  über  9lonnen  h)ie  Äleriler.  ^ie  fid^  SBäeigcrnbcn  tourben  gefangen  gefegt,  ©ac^, 
einer  ber  tüd^tigften  ?!)fänner  bon  $ort=9lo^al,  in  ber  SaftiDc.  2BäI;renb  $a«cal  felbft 
bie  2^f)u  ber  fünf  ©ä|e  ju  berteibigen  geneigt  h)ar,  fe^te  9lmaulb  e«  burc^,  bafe  bie  46 
!3anfemften  bei  ber  untcrfd^eibung  bon  fait  unb  droit  beljiarrten.  I)er  ^<üp\t  Sllc« 
pnbcrVII.  (1655—1667)  ^attc  fid^  aber  längft  gegen  bie  Sanfeniftifd^e  Sluffaffung  erflärt 
unb  am  16.  Cf tober  1656  burd^  bie  Äonftitution  „Ad  Sanctam  Beati  Petri  Sedem" 
(Magn.  Bullar.  Rom.  T.  VI,  p.  46  sqq.)  bie  „res  facti"  bal^in  feftgelegt,  bafe  ^a\\\m 
bic  fünf  ©äj^e  im  bertoerflic^en  ©inne  geleiert  l^abc.  3m  Solare  1664  (18.  Sebr.)  bcrlangtceo 
er  burc^  eine  neue  Äonftitution  (j)ubliziert  1665)  bon  allen  SBelt^  unb  Drbcn^ciftlid(^en 
bic  aincrfennung  ber  })äj)ftli(^en  ßbitte  bon  1642,  1653  unb  1656  burc^  eine  mm 
Untcrfd^riftSformcl.  Siele  Sifd^öfe  gaben  bei  bcr  Unterfc^rift  ßrltärungcn,  toclc^c  bic 
Scl^rc  3luguftinS  bon  ber  ©nabe  fd^ü^cn  foDten,  ju  ^rotololl.  35icr  Sifd^öfc  gaben  nur 
baS  Jkrjprcd^en  eines  respectueux  silence  über  baS  fait  unb  liefecn  bicfe  i^rc  Grllä^  66 
ningcn  brucfcn.  ©egen  bicfe  follte  ftrafenb  borgegangen  Ibcrbcn.  äBein  ba  19  anbere 
ä^ifc^yöfc  bic  ©ad^e  jener  zu  bcr  übrigen  maö^tm,  tourbe  eS  ber  Kurie  unb  namentlich  bem 
Äönige  bcbcnflid^.  ^ttyax  loar  er  burd^  baS  S^lcrlangen  eincS  SrebeS  gegen  bie  bier 
S8if4>öfe  gebunben ;  er  nal^m  eS  aber  gerne  an,  bafe  ganz  Ö^^^^int  bon  franjöfifc^cn  35ifc^öfcn 
in   9lom   ein  SBeg  im  SJcrftänbigung  eingefd;lagen  tourbc.    3)icfcr  beftanb  im  ©runbe  00 

38* 


596  S^nfeii 

auf  bcr  Unterfd^cibung  öon  fait  unb  droit  unb  bem  respectueux  silence.  3)cr  ?ßa|)P 
Slcmen«  IX.  (1667—1669)  gab  am  28.  @ct)tember  1668  in  etnctn  Srebe  bie  erffärung 
feiner  Sefriebigung  unb  \pxai)  bem  Äönige  feinen  2)anl  für  bie  griebengDermittleung  ou^. 
3)iefe  „paix  de  Clement  IX."  toar  offenbar  eine  9lieberlage  ber  fiurie,  tuelc^e  bomit 

6  belannte,  bafe  fie  ber  6ad^e  nid^t  SKeifter  fei,  fobalb  ber  Jlönig  nid(^t  guten  SBillen  geigte, 
noc^  feinen  toeltlic^en  3trm  jur  Seftrafung  bot.  2)ie  Äurie  touftte  biefe  2j^atfa^c  px 
ber^üllen,  unb  bieö  gab  i^r  flpöter  ben  Sortoanb,  ate  fei  fte  Don  ben  Unterl^änblcm  ge? 
taufest  tporben,  obgleich  einige  Sifd^öfe  öffentlich  unb  berb  obige  2)iftinftion  bon  fait  unb 
droit  au^fprad^en. 

10  Sitte  ieile  toaren  Dorerft  fd^einbar  bamit  befriebigt,  ba^  bie  S^nfeniften  i^re  ,,golbenen 
gebem"  i^aut^tfäd^lid^  gegen  bie  Sieformierten  rid^teten. 

2)er  Äönig  l^atte  gel^offt,  in  ber  ärgerlichen  ©ad^e,  über  toeld^e  fid^  bie  2)amen  ber 
l^öd^ften  Äreife  geftrittcn  Ijiatten,  burd^  ben  3?ergleid^  bag  Unmöglid^e,  Stulpe,  b.  ^.  ©titts 
fd^toeigen,  ^u  erlangen,    ©c^on  1676  erlief  er  au«  feinem  Sager   eine  ©rllärung   gegen 

16  bie  ©treitigfeiten  über  bie  Unterfd^rift  im  S3i«tum  Slngerd.  3^  feinem  Sefremben  unb 
ärger  fd^rieb  namentlid^  Slmaulb  in  ber  Slegalftreitigleit  (f.  ,,9legalie  unb  ©treit  barüber"), 
unb  einige  jjanfeniftifd^e  Sifd^öfe  nahmen  unerfc^roden  Partei  für  ben  ^Qp\i,  loelc^^er  bie^s 
mal  auc^  bie  Siechte  ber  S3i[d^öfe  gegen  bie  Ünumfc^rän!t]^eit  ber  5trone  in  ©c^u4  na^m. 
3J2an  tryw^U,  ba^  älmaulb   unb  92icole  SJlaterialien  ju  ben  65  ©ö^en  la^er  jefuitifc^ 

20  Äafuifti!  gegeben  Ratten,  toelc^e  ber  $at)ft  am  2.  3Kär^  1679  toerbammte.  2)er  Äönig,  feinen 
Süften  unb  jejuitifd^en  Seid^ttnitem  immer  me^  öerfatten,  \Qi)  biefe«  atte«  ate  perfönlic^ 
Kränlung  an  unb  ämaulb  flüd^tete  im  ©ommer  1679  in  bie  jj)anijc^en  SRieberlanbc,  too 
er  bi«  ju  feinem  3;obe,  8.  2luguft  1694,  unermüblid^  tl^ätig  toar.  (©eine  ja^lreic^en 
©duften  fotoie  Jold^e,  an  toeld^en  er  beteiligt  \t>ax,  unb  feine  ©riefe  tourben   gefammelt 

26  unb  mit  ßinleitungen  unb  ©utad^ten  herausgegeben.  3Man  hoffte  fie  aU  unüber« 
fteiglid^e«  SSotttoerf  bem  einbrec^enben  SoltairianiSmu«  entgegenjufteUen.  3:itel: 
Oeuvres  compl^tes  de  Mr.  Antoine  Arnauld,  Lausanne  1775 — 1783,  48  Sbe  in 
4**.  2)a«  §erj  be«  unermüblic^en  ©treiter«  tourbe  nad)  ^ort^Slo^al  gebracht.)  9lac^  ben 
9lieberlanben   Wax  il^m,   ba   nun   felbft   im  Oratorium  bie  janfeniftifl^e  ^?5artei  gef^redft 

30  toar,  Due«nel  1678  borangegangen,  ber  Senebiftiner  ©erberon  folgte  il^m  1682  nac$. 

©ine  neue  3Benbung,  einen  untoer^offten  3lufjd^ioung,  na^m  ber  erlal^menbe  3<^fe= 
ni«mu«  burd^  ba«  neue  leftament,  toeld^e«  1693  Due«nel  mit  erbaulichen  Slnmerlungen 
Verausgab  unb  StoaiUe«,  bamal«  Sifd^of  öon  S^alon«,  bebijicrte.  (6«  fül^rt  balb  ben 
Xitel  Le  N.  Test,  en  franQois  avec  des  reflexions  morales,  balb:   abr^^  de  la 

35  morale  de  TEvangile,  balb  Pens^s  chr6tiennes  sur  le  texte  des  sacr^s  livres.) 
Subor  aber  fottte  ber  3anfeni«mu«  ber  erften  »^^criobe,  Söffen«,  ätmaulb«  unb  ^ßorts 
Sto^al«,  )um  Stbfd^lu^  fommen.  ^ie  ftrenge,  getoiffenl^afte  ©eite,  toeld^e  für  ba«  fait 
nur  ba«  silence  respectueux  anerfannte  unb  be«^alb  Die  SSerbammun^  ber  5  ©ö^e 
al«  ber  Se^re  Raufen«  öertoeigerte,  toar  in  bem  berühmten  Äirdf^en^iftonfer  a^ittemont 

40  öertreten.  (Sin  unter  ben  3janfeniften  felbft  barüber  au«gebrod^ener  ©treit,  cas  de  con- 
science,  öeranla^te  bie  1701  erfolgte  ^eröffentlid^ung  eine«  janfeniftifc^en  ©utac^ten«, 
loonac^  man  ba«  Formular  unterfd^reiben  unb  fo  in  feinen  ämtem  bleiben  fönne,  auc^ 
tocnn  man  an  bie  Sntjc^eibung  bc«  ^ajjfte«  über  ba«  fait  nic^t  glaube,  unb  biefe«  ®uts 
ad^ten   ber  berftecften  ^^'^l^'^if^^o^^^i   öeranla^te  ©c^ritte   junäc^ft  be«  Äönig«.    3)er 

46  greife  2ubh)ig,  immer  eiferfüc^tiger  auf  feine  Slutorität  unb  geneigter,  ftc^  ber  35erjei^ung 
feiner  Safter  burd^  SSerfolgung  ^u  toerfic^em,  toanbte  fic^  bereint  mit  bem  je^t  bourbonifd^ 
gett)orbenen  ©panien  an  ben  $a))ft  Giemen«  XI.  (1700— 1721),  toelc^er  biefe  (Gelegenheit 
gern  ergriff,  in  ber  gattifanifd^en  Äirc^c  eine  ©c^eingemalt  ju  üben  unb  15.  3wli  ^705 
bie  SuUe   Vineam   Domini   erlie^i.     I)arin   tam   er   auf   ba«   frühere  SSerlangen  ber 

60  gläubigen  3Serbammung  ber  fünf  ©ö^e  al«  Seigre  3;anf^«  o^nc  atte  SRcftriltion  mit  3Wunb 
ober  §er5  jjurücf.  3)a  bie  SRonnen  toon  ^ort-Sto^al  fic^  Weigerten,  bie  SSutte  ju  untere 
fc^reiben,  h)urbe  ba«  Älofter  1709  aufgel^oben  unb  1710  abgebrochen.  Subtoig,  für  ben 
e«  feine  ^^irenäen  mc^r  gab,  lonnte  e«  nid^t  länger  ertragen,  bafe  ein  Häuflein  SJonnen 
einige  ©tunben  bon  Serfaifle«  il;m  irgenb  äBiberftanb  ju  leiften  toage. 

55  33ei  biefer  legten  Äataftrojj^e  ^ort-SRo^^al«  toar  ber  inbe«  jum  ©r^bifc^of  bon  J^ari« 
erhobene  Äarbinal  9loaitte«  t^ätig  getoefen,  er  ^atte  jloar  toon  ben  5ionnen  bon  $ort^9totoal 
für  bie  J)ä>)ftlic^e  ßntfc^eibung  über  g^nfen«  Se^re  nur  einen  menfc^lic^en  &lanbm(V.) 
verlangt,  aber  fic^  fc^on  babei  je  nad^  bem  2Binb  in  ben  ^öc^ften,  namentlicb  fönigli^ien 
Siegionen   gebre^t.    9Wit  bem   bon   i^m   bef^üfeten  Due«nelfc^en  5leuen  2^eftament,  für 

tio  toelc^e«  auf  feine  ^eranlaffung  Soffuet  gefdj^rieben  ^atte,  mar  auc^  bie  ^^erfon  be«  Jtar> 


^ffit  597 

binaWSqbifAofö  burc^  bic  bcn  S^^fwttm  jugcfd^obcnc  ©d^mä^fd^rift  probl^me  ecclesias- 
tique  bcr  Äe|crci  öcrbäc^tigt  hjorben.  9)a  'JJoaißef^  bcr  SJcrfammlung  bcr  franjöfifd^cn 
Stfc^öfc  präfibicrtc,  tocIAe  gegen  bie  unmittelbare  ßntfd^eümng  be«  ^(qjj'tc«  in  ber  SuDc 
Vineam  bie  Steckte  be^  ©ptffopat«  tooi^rte,  In  erfter  S^ftanj  §u  urteilen  unb  j)ä^)ftli(^c 
ßntfc^cibungen  burd^  feine  annähme  gültig  ju  mad^en,  fo  erreid^tc  ober  beobftd^tigte  bie  6 
fturic  mel^rere  ^to^dic  jugteid^,  inbem  fie  burc^  ein  33ret)c  bon  1708  ba«  Que^nelfd^c 
313;  ipegen  janfeniftifd^er  unb  anberer  irriger  Seigren  Derbammte  unb  baö  fiefen  be^felben 
verbot.  2)ic  Semüi^ungcn  ber  Spulten,  toenigften^  einzelner,  bie  Sifd(^öfe  jur  Unterfd^rift 
unb  beren  Stnbcfe^lung  ju  behjegen,  ertoiberte  ber  Äorbinolsgnbifc^of  burd^  ßntjie^ung 
ber  33olImad^t  für  bie  meiften  3>^u'^^  i«  feinem  ©J)rengel  5Beid(^te  ^u  ^ören.  3)iefe  lo 
blieben  i^m  ben  2)anf  bafür  nid^t  lange  fd^ulbig.  2)er  Äönig  hjurbe  burc^  feinen  Seid^t^ 
Dater,  ben  ftarren  3S^f"^*^  2c  Sellier,  betoogen,  ben  gögemben  ^at)ft  ju  einer  SSerbams 
mung  bon  ©ä^en  ju  behjegcn,  toeld^e  2e  leHier  au«  bem  912^  Que^nel«  au^e^oben 
^attc. 

2)er  Jturie  bot  fu^  babei  ©elegenl^t,  namentlid^  aud^  gegen  bie  bon  ben  ^anfeniften  i5 
bcrfod^tene  Se^re  aufzutreten,  bie  Saien,  ja  bie  SBSeiber  ^aben  ba«  SJed^t  unb  bie  $flid^t, 
fid^  burd^  Sefen  ber  J^eiligen  ©d^rift  ju  erbauen  unb  ju  belel^ren;   tooju  laufenben  bie 
bon  ©ac^  berfa|te  ÜberfS^ung,  ba«  N.  Test,  de  Mons,  biente. 

I)iefe  9Jlotit>e  behjogen  bie  Äurie  ju  ber  Suüe  Unigenitu«  Dom  3}obember  1713. 
3!)arin  toaren  101  ©ä^e  au«  Due«nel«  31X  aö  jum  S^eil  janfeniftifd^  ober  fonftzo 
^retifd^  Derbammt.  darunter  fanben  fid^  aber  nid^t  blofe  fold(^e,  toelc^e  beinahe  bud^:« 
ftäblic^  in  ber  ^eiligen  ©d^rift  unb  in  Sluguftin  ju  lefen  finb,  fonbem  auc^  fold(^e,  bic 
ganj  tribcntinifd^  lauten,  j.  95.  ©a^  2:  2)ie  ®nabe  3.  ßi^fti  ift  gu  allen  guten  SBerfen 
nötig,  ol^ne  fte  fann  nid^t«  (toal^rl^aft  ®ute«)  gefc^e^en.  @a^  26:  @«  h)irb  feine  ®nabe 
anber«  al«  burd^  ben  ©lauben  erteilt.  ©a$  29 :  Slu^er  ber  5{ird^e  toirb  teine  ®nabe  25 
gefc^enft.  ©o^  51:  9)er  ®laube  rechtfertigt,  loenn  er  toirtt;  er  toirft  aber  nur  burd^ 
iiiebe.  35ei  biefem  mu^  man  bebenfen,  ba|  eben  bamafö  bic  Sefuiten,  jumal  Sc  Xellier, 
toegen  d^riftlic^^^eibnifd^er  9leligion«mengerci  in  Sl^ina  angeUagt,  einen  üblen  ©tanb  Ratten. 

Um  ftd^er  ju  ge^cn,  lourbe  bie  Sülle  ber  3Scrfammlung  be«  franjöftfd^en  Rleru« 
borgelegt;  bie  Wei^rjal^l  nat;m  fte  an,  9loaille«  berbot  )toar  bo«  93ud^,  tDoUte  aber  bor  so 
toeiterer  Slnna^me  ber  SuDe  bom  $a))ft  berfd^iebene  @rläutcrungen  berlangen.  Sa«  $ar« 
lament  ge^orc^te  jtoar  bem  Sefe^l  be«  Äönig«,  bie  Sülle  in  bie  SReid^efc^e  einzutragen, 
erinnerte  aber,  ba^  bie  Slnftd^ten  ber  Sülle  bon  ber  ©jlommunifation  nid^t  ber  Streue 
gegen  ben  ^nig  nad^teilig  fein  bürften.  Sic  ©orbonne  f^altete  f^d^  in  mei^rerc  älnftd^ten, 
einige  ber  angefe^enften  Selber  ber  Ideologie  tourben  au«  $ari«  bertoiefen  ober  i^nen  36 
ba«  ©timmre^t  genommen. 

Ser  5tönia,  nic^t  getool^nt,  irgenb  äBiberftanb  )u  ertragen,  badete  burd^  ein  ^totional« 
fon^il  ber  ©ad^e  ein  @nbe  ju  mad^en,  auf  toeld^em  fein  Seid^tDater  eine  9toDe  felbft  über 
bcn  berl^afeten  Äarbinatgr^bifd^of  ju  fpielen  l^offtc.  allein  ber  "^cCp^i  hJoHte  bon  einem 
fo  gefä^rlid^cn  aJlittel  nid^t«  l^ören  unb  ber  altgallifanifd(^e  9ledS>t«lebrer  2)ut)in  brachte  4o 
Scbenfen  bagegcn  Dor,  bic  aud^  für  unfercSage  nid^to^nc  3intercffe  fmb:  „ber  Äönig  !ann 
nic^t  jugeben,  bafe  ber  ^^aj)ft  ba«  Slationallonjil  berufe,  ber  ^a))ft  aber  toirb  il^  biefe« 
Siedet  nid^t  zugefte^en.  ^Jerner:  man  fann  boc^  barin  bie  ))ätoftlid^en  Segaten  nic^t  präfl» 
bieren  laf|cn".  ©0  l^interliefe  Subtoig  XIV.  bei  feinem  ©terben  am  1.  ©ct)tember  1715 
bic  Slngelcgen^cit  be«  ?[anfeni«mu«,  tocld^c  er  über  ein  l^albe«  S^^^^^bert  auf  allen  45 
Söcgcn  beizulegen  gefugt  l^atte,  in  ber  größten  Verbitterung  unb  Ssertoirrung. 

2)a«  ^o^e  2llter  be«  ftönig«  ^atte  finge  Äarbinäle  belogen,  bon  (grlaffung  ber  Sullc 
abzuraten;  i^re  Sefürd^tung  erfüllte  fu^  je^t.  Subtoig  XIV.,  toelc^er  ben  ^(tip\t  bazu 
aufgcforbert  l^attc,  ^atte  il^m  zu  jeber  Sergetoaltigung  ber  toiberftrebenben  ®ehnffen  feinen 
2lrm  leil^en  muffen.  2lber  ber  fribole  SRcgent,  ber  Öcrjog  bon  Drlean«,  füllte  nid^t  ein*  so 
mal  fo  Diel  ^rd^t  bor  ber  öölle,  baft  c«  il^m  ber  ?ülü|e  tocrt  getoefen  toärc,  toie  Slic^elieu 
unb  i^ubtoig  XIV.  für  bie  jefuitifd^e  änfid^t,  bafe  jene  gurd^t  mit  bem  ©aframente  ©ünben* 
Vergebung  beiüirfe,  Partei  m  nel^men.  Sie  Slnftd^ten  beibcr  Seile  galten  il^m  für  3;i^ors 
Reiten;  bic  Verbannten  fe^rten  zurüdf,  bie  ©orbonne  toollte  bie  Sufie  nid^t  angenommen 
l^aben.  ^^t  galt  e«  zu  i^\%m,  loa«  ber  $aj)ft  mit  bcn  il^m  zuftel^enben  3Jlitteln,  zumal  65 
gegen  Sifc^öfe,  bermöc^te.  ©r  bebrol^te  1716  bcn  zum  ^räfibcnten  be«  ®etoiffen«rat« 
ernannten  JJoaiHe«  mit  ©ntfe^ung  bon  ber  Äarbinal«toürbe,  ja  mit  bem  Sänne.  Stber 
ein  2:cil  ber  bi«^er  untertl^änigen  Sifc^öfc  Verlangte  bom  $a^)fte  ie|t  aud^  ßrflärungen. 
Über  ber  lieberlic^en,  d^arafterlofen  ^^ipK^^^ning  ber  3Jlcinungen  biefer  ^errenlofen  ^erbc 
erl^ob  [xi)  am  1.  SKärz  1717  bic  2lppellation  mel^rerer  Sifc^öfe  bon  bem  ^apfte  unb  feiner  eo 


598  ^atifen 

SöuIIc  an  ein  fünftigc^,  attgcmcinciJ  Äonjil;  btc  Suttc,  crtlärtcn  fic,  greife  bie  latl^oHfd^e 
@(auben^'  unb  Sittenlehre  an. 

3i^nen  ixatm  gegen  jtpanjig  Sifd^öfe,  aufeer  ber  5ßarijer  nod(^  jtüei  tl^eologifc^c  "^luU 
iäkn  unb  ein  großer,  unb  fioax  n\d)t  ber  fd^led^tere  icil  ber  SBelt-  unb  Äloftergcifttic^fcit 

6  bei.  ©ie  nannten  ftd^  äppeüanten,  i)on  ben  Oegnem  tüurben  fie  3fl^f<^"ipc"  genannt, 
^um  2^eil  mit  Unred^t.  9(ud^  9loaiQe^  trat  öffentlid^  bei,  nad^bem  er  umfonft  )u  t>er' 
mittein  gejud^t,  ber  ^Q!p\i  bielmel^r  im  Srebe  Pastoralis  officii  aHe,  toelc^e  ber  SuDc 
Unigenitud  ntd^t  gel^ord^ten,  aud^  toenn  fie  Äarbinäle  feien,  ejlommuni^iert  ^otte.  2ln  ber 
©J)i$c  ber  Ultramontanen  ober  3lccej)tanten   ftanb  aJlaiDv,  (Srjbifc^of  bon  Sl^eim^;    ein 

10  l^eftige^  ©d^reiben  be^jelben  an  ben  Siegenten,  toelc^er  am  licbften  aßen  ©(^toeigen  auf- 
erlegt ^ätte,  tourbe  auf  Sefel^l  be^  Parlament«  bom  genfer  verbrannt;  ber  ^at)ft  aber 
ernannte  il^n  fofort  jum  Äarbinal. 

3nbe^  ber  3Kinifter  2)uboig  tooDte  aud^  Äarbinal  toerben  unb  ber  JHegent  toollte  • 
ungeftört  ftd^  amüfieren.    ®a^er  tourbe  baö  SSerbot  be^  3^i^t)utieren^  über  bie  33uffc  ge= 

löfd^ärft,  ba^  Parlament  mu|te  fie  1720  regiftrieren.  I)er  alter^fd^toac^e  SRoaille«  fügte  T\ö) 
nod^matö  unb  unbebingt.  ^an  berüdftd^tigte  inbed  bie  äl^^eDation  unb  bie  gaQitantftpen 
älnftc^ten  bom  9led^t  bed  @pifto]|)at^  infotoeit,   ba^  man  bie  ßuftimmung^erflärungen  ber 

.  nic^t  franjöfifc^en  fatl^olifd^en  Sifd(^öfe  jur  Sutte  Ungenitu«  beibrachte.  9lur  ftarrc  äj)eHans 
ten,  meift  Pfarrer,  beriefen   fid^  auf  ben  Unterfc^ieb  jtoifd^en  ber  ecclesia   congregata 

20  unb  ber  dispersa.  5Wodb  ftrenger  trieb  eö  %l^tt),  5Dlinifter  be^  trägen  Subtoig^  XV. 
unb  Äarbinal.  9)er  Sifd^of  ©oanen  Don  ©enej  in  ber  5ßrobence,  toelc^er  unter  anberem 
in  einer  ^aftoralinjhuftion  Due^nete  SRX  empfahl,  hjurbe  1727  burc^  ein  ^roDin^iials 
lonjil  entfefet  unb  fein  babei  t^ätiger  Srjbifd^of  erj^ielt  ben  Äarbinatel^ut.  95ci  ber 
äl^peQation  oe^arrenbe  Senebittiner  unb  J!art^äufer  flüchteten  nad^  Utred^t,  h)o  ftc^  bad 

26  (grjbi^tum  mit  jtoei  ©uffraganbifd^öfen  Don  JHom  faftifd^  lo^fagte  (f.  b.  31.  3lött^niften= 
lirqie  ©.  599  ff.).  I)ie  Dratorianer  bertoeigerten  auf  il^rem  ©enerallonbent  1727  bie  Slnna^mc 
ber  Sülle.  3^re  Unterrid^t^nftalten,  toeldj^c  benen  ber  3l^fwiten  Äonfunen^  machten, 
tourben  gefd^Ioffen.  Slac^bem  bie  SBiberfpenftigen  au^gefd^loffen  toaren,  mufete  bie  Äon= 
gregation  auf  löniglid^en  Sefe^l  1746  bie  Sutfe  annel^men. 

30  3"^#»^  ^Ätt^  *>Ä^  niebere  SSolf  auf  feine  SBeife  bie  ©ad^e  ber  Sl^jjellanten  in  bie 
§anb  genommen,  granj  bon^ari«  toar  1727  infolge  feiner  ©elbft>)einigungen  unb  fßx^ 
teften  freitoilligen  8trmut  mit  feiner  3lj)pellation  in  ber  ©anb  geftorben.  Slad^bem  f(|ion 
einige  tounberbare  Teilungen  gefd^el^en  toaren,  toel^e  afe  bie  l^immlifd^e  Sled^tfertigung 
aj)})ellierenber  Oeiftlic^en  erfc^ienen,  gefd^a^en  bergleic^en  auf  ^ariö*  Orabe;  felbft  Äinber 

36  gerieten  auf  bemfelben  in  ÄouDulfionen  unb  Serjüdfungen,  in  benen  fie  gegen  bie  SuUe 
jeugten  unb  j)roj)l^ejeiten.  Ungläubige  tourben  Don  ber  Slnbac^t  unb  bem  gfcmatidmud 
ber  2!aufenbe,  bie  um  fein  ®rab  auf  bem  Äird^l^ofe  Don  ©t.  2Ketarb  in  ^ariiS  fnieten, 
fortgeriffen.  I)er  Äönig  lie^  1732  ben  Äirc^(>of  jumauem  unb  militärifd^  abfperren. 
9lber  in  Käufern  unb  Äonbentileln  tourben  bie  ÄonDulfionen  gesteigert,  bie  ÄonDulfionäre  auc^ 

40  burd^  ©Aläge  unb  treten  auf  bie  S3ruft  erregt,  fold^en  „secours"  l^atten  bie  fionbulfionärc 
felbft  fid^  erbeten.  6«  iüurben  grofee  Sudler  Don  Slugenjeugen  barüber  gefd^eben,  benen 
Deranfc^aulid^enbe  Äu})ferftic^e  beigefügt  toaren.  3)er  ^Parlament^rat  SBontgeron,  toeld^er 
fein  Steerf  bem  Äönige  übergab  unb  babei  gegen  bie  35ulle  eiferte,  ftarb  in  ber  Saftifle. 
e^  entfpann  fid^  Uneinigleit  unter  ben  ÄonDulfton^läubigen,    ob  ben  gfftatifc^en  obiger 

46  secours  ju  leiften  fei  ober  nic^t,  unb  fo  unterfd^ieb  man  ©eturiften  unb  Slntifefuriften. 
Seiben  ftanb  feft,  bafe  burc^  folc^e  2ßunber  ®ott  ber  Sülle  UnigenituiJ  entgegentreten 
toolle,  ba^er  fie  Don  ben  ^efuiten  unb  i^ren  Slni^ängem  für  S^eufefetounber  erllärt  tourben. 
3lud^  beutfd^e  Ideologen,  toie  Sefe,  9Ko^l^eim,  befaßten  fic^  mit  ber  SBa^r^eit  unb  Se= 
beutung    berfelben;    bie  ©fej)tifer  fanben  SSeranlaffung,   bamit   ben  SBunberbetoeiö    be^ 

60  Sl^riftentum^  ^u  erfc^üttern.  S^eiltoeife  Derliefen  fid^  bie  ÄonDulfionen  au^  in  Äreujigungen 
unb  —  fd(^auerlicbe  SBolluft. 

2)ie  S^wfcniften  ber  erften  ©eneration  l^atten  barauf  gebrungen,  ba^  man  bei  feinem 
orbentlid^en  Pfarrer  beid^te,  nid^t  bei  Settelmönd^en  unb  ^^fwi^en;  bie  Unterbrüdhing 
brachte  fie  je^t  barauf,  aj)j)ellantiftifd^en  ^Prieftern  ju  beichten;   tooHten  fie  aber  lirc^lid^e^ 

66  Segräbni^,  fo  mußten  fie  auf  bem  3:otenbette  bem  orbentlic^en  Pfarrer  beid^ten.  3)ic  3^ 
fuiten  betoogen  bal^er  ben  ßrjbifd^of  Seaumont  Don  $ari^,  feinen  Pfarrern  ju  befehlen, 
nur  folc^en  bie  le^te  Slbfolution  unb  fird^lid;e«  Segräbni«  m  getoäl^ren,  toelc^c  burc^ 
Seid^t^ettel  betoeifen  tonnten,  ba^  fie  bei  gefunben  Sagen  i^ren  orbentlid^en  Oeiftlic^en 
gebeichtet  l}ätUn.    I)a  im  3Märj  1752  ein  Pfarrer  auf  biefe^    ^in   bie  3lbfolution   Der« 

00  toeigerte,    lub   baö  Parlament  ben  (Srjbifd^of  —  jtoar  umfonft  —  Dor  unb  bro^te  i^m 


dfanfen  dlattfeittfteiiltrii|e  59» 

mit  ©J3crrun<^  feiner  Sinfünftc.  S)ic«  flcfd^ai^  benn  aud^  tüirflid^  am  (gnbc  beö  ^al^rc«. 
3!)ie  metften  Sifd^öfe  nahmen  für  ben  gr^bifc^of,  für  Da«  unbefd^ränftc  Stecht  ber  Äird^c, 
über  bie  ©aframcntc  ju  ijerfügcn,  bie  Parlamente  für  bad  5Parifer  Partei,  tüeld^eö  bic 
Steckte  ber  Sürger  gegen  Unterbrücfung  befd^trme.  2lfö  ber  Äöniß  bemfelbm  im  ^ebruar 
1753  ßinmifc^ung  in  geiftlid^^^  Slngelegen^citen  Derbot,  fo  erHärte  e^  ferne  2lmt«tl^ätiöfeit  6 
für  fu^penbiert.  S)ie  SKitglieber  be^  Parlament«  lourben  Derbannt  unb  aerftreut,  aber  ob= 
Qkxi)  ungebeugt  1754  jurücf gerufen,  unb  ber  ©rjbifc^of,  toeld^er  bei  feiner  SSerorbnung 
über  SBertoeigerung  ber  äbfolution  bei^arrte,  tpurbe  Derbonnt  2)ic  Sifd^öfe  baten  mit 
Unterftü^ung  bed  JliJnig«  nun  ben5ßa))ft  um  ©ntfd^eibung,  toelc^er  fe^r  Dorftd^tig  über  bic 
SuHe  Unigenitu^  fid^  auäiefe,  inbem  er  nur  ben  öffentlid^,  ja  gerid^tlid^  anerlannten  lo 
Oegnem  berfelben  bie  ©afromente  bertoeigert  toiffen  toollte.  SDerÄönig  t)erU)ie«  bieÄIagen 
über  ©alrament^ertoeigerung  an  bie  geiftlid^en  ®erid^te,  aber  mit  9l))t)e(Iation$re(l^t  an 
bie  tocltlid^en. 

Über  bie  Aufregung,  toeld^e  ber  SBertreibung  be«  gefuitenorben«  boranging,  ber* 
ftummten  obige  ©treitigleiten.  ©in  S3Ub  ftettt  ba«  biefe  Sluflöfung .  auöfpred^enbe  $arla- 16 
ment  mit  hm  geuerjungen  be«  1^1.  (äeifted  bar.  Äonbulfionäre  Ratten  fc^on  ben  ©turj 
be^  2:^rone«  toorau^efagt  I)er  bereinte  lird^Iid^e  unb  bürgerlid^e  2)rucf  brad^te  eine  um 
natürlid^e  SSerbinbung  üon  emfter,  a^fetifd^er  fjrömmigleit,  bon  ganati^mud,  bon  Unglauben 
unter  bem  9Jamen  ^anfenidmud  in  ben  Igaljinej^nten  bor  ber  Slebolution  l^erbor.  2)er 
trefflid^e  ©i^monbe  be  ©i^monbi  er^ö^Ite  9leu($Iin,  er  ^abc  in  feiner  SJwfl^b  ^<^^  ^Kit^  20 
glieb  eine«  fübframöfifd^en  Parlament«  fagen  gehört:  ja,  id^  bin  Slt^eift,  aber  ein  jan^ 
feniftifc^er.  aJlan  l^atte  bie  ^eimlid^e,  einmal  in  ben  Äeuem  ber  ^olijei  berborgene  treffe 
mit  Äiiü^n^eit  benü^en  gelernt.  3)ie  Sitteratur  über  biefe  ©treitigfeiten  bon  ber  Sulle 
Unigenitu«  an  beläuft  fi$  auf  ber  großen  Sibliotl^e!  in  ^ari«  auf  3  bi«  4000  Sänbe, 
5um  a^eil  glugfd^riften.  3)ie  ^farrgeiftlit^,  toeld^e  1789  in  ben  Sleic^ftänben  im  ©taub  25 
beg  Äleru«  fafeen  unb  beren  Übergang  jum  Sürgerftanbe  fo  entfd(^eibenb  h)ar,  gcljiörten 
großenteils  ber  fogenannten  janfeniftifd^en  Partei  an;  be^leid^en  bie  lonftitutionSfreunbs 
lid^cn  Dratorianer,  j.  89.  ©regoire  (f.  b.  %  33b  VII  ©.  76, 21  ff.).  3u  il^nen  jäl^lte  aud^ 
6amu«.  ^n  ber  ©d^redfenSjdt  traten  ftd^  biele  ^anfeniften  als  tül^e  ®egner  ber  $öbel- 
l^errfd^aft  ^erbor  unb  bluteten  für  Äirdjfe  unb  %ffton  unter  bem  göD^eile.  hieben  bielen  ao 
anberen  toaren  SanjuinaiS  unb  STOontlofier  (ebenbige  aSilber  jä^er  Unerfd^roden^eit  unb 
janfeniftifd^er  ©runbfä^e  ben  äumafeungen  ber  9j^uU«H>örtri  gegenüber.  Jjn  ber  meift 
gegen  ftc^  felbft  ftren^en  nieberen  ®eiftli^feit  ^anlreid^  ftnben  ft$  namentlich  aS!etifd(^ 
Elemente  beS  ^anfeniSmuS.  —  3«  ^talxm  tvax  Slicci,  Sifd^of  bon  ^iftoja,  treuer  ®e- 
l^ilfe  bei  ben  Sieformen  SeopoIbS  I.,  toeld^en  9la|)oIeon  1796  fel^  auSjeid^nete,  in  ge=  as 
toiffem  ©inne  3<^wf^ift,  toie  mand^e  ©ei^ilfen  ben  3leformen  SofefS  II.  bicfen  ©pott« 
unb  ßl^rennamen  trugen.  Sluc^  ber  Srjbifd^of  bon  3!arent,  gofef  Gaj)ece=Satro,  unter  ben 
3laj)oIeoniben  fel^r  einflu^eid(^,  ber  1817  feine  SBürbe  nieberlegte,  toar  bon  biefer  Slic^ 
tung.    3;n  SRom  loirb  ber  ^anfeniSmuS  gel^afet.  (9itndinn  f)  ^out  Xfi^aifert. 

3:atifetitftett!trc^e.  —    S3gl.  meinen  «rtücl   ^^ottanb,  Äir^tic^  ©tatiftü",   93b  VIII  40 
©.  263.    Quellen:  M.  G.  Dupac  de  Bellegarde,  Eüstoire  abr^göe  de  r<:^glise  Mdtropo- 
litaine   d'Utrecht  Principalement   depuis  la  Revolution  arriv^    dans   les  Sept  Provinceß 
Unies  des  Pays-Baa  sous  Philippe  II,  jugqu'ä  Tan  1784.  Sme  Edition,  Utrcd)t  1852;    C.  P. 
Hoyock  a  PapeDdrecht,    Historia  ecd.   Ultrajectinae,   a  tempore   mutatac   religionis   in 
Foed.  Belg.  1725  (au(ft  inS  ^oflänblfc^e  überfc^t    mit  bem  2:itel :    „Historie  der  Utrechtge  46 
Kcrk");  T.  Backhusius,  Bewijs-Schrift,  aantoDendc  dat  de  H.  Apost.  Stoel  het  volle  geoste- 
lijk    regtsgebicd  over   de    Hollandse  Zendinge    altijd    gehad   en    wettig   geoefent   hceft, 
Utrecht  1726—1730,  3  tom.;  R.  Bennink  JaDssonius,  Specimen  Thcol.  de  Born.  —  Catholico- 
nim,  qiii  vulgo  JaDsenistae  dieuntur,  historia  et  principiis,  ®roninflenl841 ;  Dr.  R  Bennink 
Janssoniiis,  Geschiedenis   der  Oud-Boomsch-Katholiekc  Kerk  in  Ncderland,  'sGravenhage  60 
1870;  5.  iWippolb,  ^ic  SRömifdi-^all^oIifcöe  ^ir*e  im  Äbnigreid)  ber  9?ieberIonbe,  1877  (In« 
^oüänbiftöe  überfe^t  mit  bem  Xitel:   „De  R.-Kath.  Kerk  in   Nederland,   na  de  Hervor- 
ming");    Dr.  W.  P.  C.  Knüttel,    De  toestand  der  Nederlandsche  Katholieken,    ten  tijde 
der  Republiek,    'sGravenhage,    Deel  I,  1802;  Deel  II,  1894.     Onderrichting  over  de  ge- 
schiedenis der  Katholieke  Kerk  in  Nederland  (met  bisschoppelijke  goedkeuring),  9?oltevbam  66 
1890;  J    A.  Gorth  van  Wijk,  Specimen  hist.   theol.    exhibens  Historiam  Ecclesiae  Ultra- 
jectinae Romane-Catholicae,  male  Jansenisticae  dictae,  Trajecti  ad  Rhenum  1859  (in  biefer 
^iffertation  befinbet    p<Ö  ©.  179—183  ein  S8erjeid)ni§  ber  bebe  11  tenbften   Don  ber  lltrccfiter 
®eiftrid|felt  jur  SBerteibiflung  i^rer  ©ac^e  1702—1859  herausgegebenen  @d|riften). 

SDie  fird^Iid^e  SRid^tunfl,  tocld^e  ftd^  ju  ben  ©runbfä^en  befannte,  bie  in  bem  Augu-  fo 
stinus   be^  Sifc^of^  ^anfeniu«  (SSßl.  b.  31.  ^an\m   in   biefem  S3anb  ©.  589,  2v )  au^* 


600  (^ttfrntfkttftn^e 

cjeft)rod;en  tparen,  l^intcrRcfe  toebcr  in  Selgtcn;  bcm  3lrbcit<Jfdbc  bc^  ^anfmiu^,  itod^  in 
granlrcic^;  Wo  ^ortsJRo^al  bcr  §auj)tfammclt)la^  feiner  ®eiftc3t)ertoanbten  Wnxhc,  —  mcifl 
au^  politifd^en  ©rünben  — ,  eine  bleibenbe,  fi^tbare  ©pur.  ^n  SJieberlanb  ober  befielt 
feit   jtoei  Sol^l^unberten   eine   nad}  ^anfeniu«   genannte  Sanfeniftcnfird^e.    3)ic    ©lieber 

6  biefer  Äird^e  loeifen  iebod^  ben  5Wamen  ^anfeniften  nad^brürflid^  jurücf  toie  einen  ©df^innjf^ 
namen,  i^nen  t>on  ben  ©egnern  QZQä)m,  mit  bem  ^toerf,  fie  ate  Äe|er  erfd^nen  gu 
laffen  unb  alfo  bei  ben  mit  il^nen  Unbelonnten  älbneigung  gegen  fie  ju  erlpecfen.  S)ic 
fogenannten  ^^f^iP^  nennen  [x6)  felbft  ätnl^änger  ber  altbifd^öflid^en  Älerifct  unb 
il^e   Äird^e  bie  ältlatl^oKfc^e  Äir^^e  \>on  SJieberlanb,    unb  mit  9le^t,   toeil    bod  1702 

10  unter  ben  nieberlänbifd^en  jtotl^olilen  entftanbene  Sd^i^ma  t>iel  Weniger  feinen  Urfprung 
fanb  in  bogmatifd^en  fiel^rfä^en  oI«  in  bem  geft^alten  ber  nieberlönbifd^en  ®etftlic^tett 
an  ben  Siedeten  il^rer  Äird^e.  I)ie  ®efd^id^te  ertoeift,  ba|  in  biefer  §infic^t  bie  Slltfatl^ 
lifen  bo^  Siedet  auf  i^rer  ©eite  ^oben. 

2)er  erfte  ßrgbifc^of  Don  ^oUanb  toar  SBiHebrorbu^,  695  Dom  ^ojjfte  ©ergiuö  pm 

16  ©rjbifd^of  Don  Utred^t  getoeü^t.  3)er  berül^mte  Sonifatiu«  (f  755),  ber  nad^  i^m  bie  3ns 
tereffen  ber  jungen  Rird^e  Dertrat,  jeigtc  bem  $a})fte  bie  grö^öglid^e  Untert^igtcit, 
betrad^tete  benfelben  jjeboc^  nur  aU  primum  inter  pares. 

Son  Sonifotiu^  an  big  jum  ^a^re  1561  ftanb  bie  Utrec^ter  Äird^e  unter  Sifc^öfcn, 
bie  bem  ßrjbifd^of  Don  Äöln  ate  i^rem  SDletrojJolitan  untergeorbnet   toaren.    Unter  ben 

20  Utre(^ter  Sifd^öfen  fanben  fid^  mehrere,  bie  ber  lurialiftifd(^en  ©trömung,  toeld^e  immer 
entfd^iebener  ben  ^ctüß^i  afö  ben  unbefdj^änften  Sefi^er  be^  SRec^teg  jur  SSertoaltung  ber 
ganjen  (Sbriftenl^eit  betrad^tete,  fid^  entgegenfe^ten.  ©o  j.  S.  gel^örte  ber  Utrei^ter  Si= 
fc^of  SBiuem  ju  ben  Sifd^öfen,  bie  1076  ben  ^o^jft  Tregor  VII.  ejfommunijierten ; 
aud^  la^  er  felbft.  unerfc^roden  feiner  ®emeinbe  bag  Urteil  Dor.  3lfe  i^n  ber  5Pa)>ft  nun- 

25  mel^r  bannte,  fiimmerte  er  fid^  cbenfotoenig  um  bieg  Urteil,  toie  eg  feine  ®emeinbe  t^ot 
ebenfo  befleibete  Dtto  III.  10  ^al^re  lang  bog  Sifd^ofgamt,  beDor  i^n  ber  5Pal)ft 
1245  beftätigte ;  ^an  Dan  9laffau  toar  fogar  21  3la^e  lang  Sifd^of,  ol^ne  Dom  ^(iap\i 
beftätigt  gu  fein.  5Rod^  1427  trat  Slubolf  Dan  2)iej)l^olt  aU  Sifd^of  Don  Utrecht  auf, 
obfd^on  ber  $at)ft  für  bie  Dalante  ©teile  ^\oi\>n  Don  Äuilenburg  gen^ä^lt  Ijiatte.    ^toat 

80  tuurbe  bog  Sanb  biefeg  Unge^orfamg  loegen  mit  bem  gnterbilt  geftraft,  bo^  toeber  bie 
®eiftlid^feit  nod^  bag  3Solf  feierte  fid^  an  biefe«  Urteil.  3)er  ©treit  enbete  bamit,  bafe 
1433  ein  neuer  5Paj)ft  Slubolf  Don  3)iet)^olt  ate  Sifd^of  Don  Utrecht  beftätigte. 

Urfprünalid^  h)urbe  ber  Sifd^of  Don  Utred^t  Don  ber  ©eiftlic^feit  felber  getoäl^lt.  3<^ 
mebr  aber  üßac^t  unb  Sleid^tum  beö  Sigtum«  juna^mcn,    um   fo  größer  tourbe  ber  6ins 

86  flufe,  ben  bie  beutfd^en  Äaifer  auf  bie  SBal^l  ausübten,  mag  toieberl^olt  ju  S^\\im  SJers 
onlaffung  gab.  2)iefen  3h>iP^  ^^  ®w^^  i^  machen,  Derorbnete  Äaifer  Äonrab  III.  im 
Sa^re  1145,  bie  SBo^t  folle  Dom  RapM  ber  ©t.  3Dfarting!atl^cbrale  ju  Utrecht  getroffen 
iperben.  2)ie  ©tiftg^erren  ber  anbem  Dier  loHegialcn  Äird^en  Don  Utrecht  toufeten  ober 
balb  bie  Seilna^me  an  biefem  SRedj^t  gu  ertoerben,  fo  ba^  l^infort  bie  fämtlid^en  Utred^ter 

40  Kapitel  bag  dl^i  ber  Sifd^ofgtoal^l  befafeen. 

6g  brandet  laum  ertoä^nt ju  toerben,  bafe  biefeg  Siedet  nic^t  immer  Don  3lom  an= 
erlannt  tourbe.  3^  griJ|er  in  9tom  bie  SReigung  lourbe,  ben  $apft  alg  ben  UniDcrfaI= 
bifc^of  ber  römifc^=fatl^olifd^en  Rird^e  ju  betrad^ten,  umfome^r  mufete  auc^  bie  Utrcd^ter 
Äirc^e  erfahren,  ba^  i^re  legalen  SRed^te  toenig  berücffid^tigt  tüurben. 

46  Sm  ^a^rc  1528  trat  Sifc^of  §enbril  Dan  Seieren  bie  toeltlid^en  3ledS>te  beg  Sig^ 
tumg  an  Äaifer  Karl  V.  ab,  tüobei  aber  bie  "Si^d^U  beg  Utrec^ter  Äopitelg  in  Sejug  auf 
bie  SBäal^l  beg  fürberlj^in  nur  jur  geiftlid^en  9lrbeit  berufenen  3)ifd^ofg  unDerle^t  blieben. 
®anj  anberg  iebod^  h)urbe  1561  in  biefer  §infi(^t  gel^anbelt,  alg  $^iUp})  II.,  Äönig  Don 
Spanien,  in  Slnbctrad^t  beg  3""«^"^^^  ^^  ^^^  \^  Derl^a^tcn  Steigung  jur  Sieformation, 

60  in  ^oDanb  eine  SSermel^rung  ber  Sifc^ofgfi^e  nottoenbig  achtete,  unb  ber  ^apft  Utrecht 
gum  SRange  eineg  ©rjbigtumg  erl^ob.  3)ie  Sigtümer  ^aarlem,  3)eDenter,  SMibbelburg, 
®rontngen  unb  Jperxogenbufd^  lourben  unter  bie  Sluffid^t  beg  neuen  ©rjbigtumg  gefteUt 
älgbann  tourbe  atoijc^en  ^Popft  unb  Äönig  bie  Übereinfunft  getroffen,  ba|  ber  Äönig  unb 
feine  9lad?folger  bag  Siecht  ^aben  foDten,  bie  Sifc^öfe  ju  ernennen,  tocld^c  3Bal^l  ber  8e= 

55  ftätigung  beg  ^opfteg  bebürfte.  3)ie  Übereinfunft  fd^mälerte  unDcrIennbar  bie  SRec^te  beg 
Utred^ter  Äapitelg. 

9lic^t  lange  jebod^  fonnte  bie  ^^tfe^ung  Don  1561  giltig  bleiben.  3)er  ac^t jigjä^rige 
Ärieg  fing  im3ö$rel568  an,  Äat^olüen  unb  SRic^tfatl^olifen  toiberfc^ten  fid^  bem  Äönig, 
ber  1581  abgefc^tooren  tourbe.    Sei  ber  Seenbigung  beg  Äriegeg  im  ^al)xz  1648  tourbe 

60  ©panien  gejtoungen,  alle  Siebte  auf  bie  SJicberlanbe  aufzugeben. 


^«iifttitficiiltniie  601 

äycnnfjicid;  bcr  ad^tjiöjäljjrigc  Ärieg  angefangen  toat  fotoo^l  t)on  bcncn,  bic  jugleic^ 
,,frci  Don  ©Jwnien"  unb  „frei  DonSlom"  ju  toerben  tuünfd^ten,  ali  Don  bcnen,  bic  ,,fret 
Don  6})anicn"  aber  „Dcrbunben  mit  9lom"  fein  tooDten,  fo  toutbe  ber  Ärieg  boc^  auf 
bie  ^auer  Don  beiben  Parteien  nid^t  mit  bemfelben  Slad^brucf  gefül^rt.  3SieIe  Äatl^Hfen 
fürchteten,  ,,frei  Don  Bpankn"  toürbc  DieUeid^t  f})äter  für  ba«  Qarn^  2anb  ,,frei  Don  9lom"  5 
bcbeuten,  unb  ber  entfd^iebenfte  h)ien)ol^l  tueniger  ^al^^lreid^e  ^eil  be$  täm))fenben  äSolfeiS 
—  bie  dalDiniften  —  mißtraute  attmö^lid^  immer  beutlid^er  ben  Äat^oKfen.  ^nmal 
ber  33enatl^  be^  fatj^olifc^en  ®rafen  Don  SRennenberg,  ber  1580  bie  ©tabt  ©roningcn 
ben  Sjjaniem  überlieferte,  —  bie  ©rmorbung  SBäill^ämd  Don  Dranien  burd^  Qpanxtn^ 
SRietling  Saltl^afar  ©erarb«  im  ^a^re  1584,  —  unb  ber  gatt  Slnttoerpen^  im  gal^re  10 
1585,  ber  bie  füblic^en  Slieberlanbe  toieber  unter  bie  3Wad^t  ©Jjanien«  unbSlom«  jugleid^ 
brad^tc,  toaren  ber  Sage  ber  Äat^olilen  in  ^ollanb  nad^teilig.  !Rad^bem  fd^on  um  1573 
in  ber  ^roDinj  ^oDanb  bie  öffentlid(^e  Slu^übung  be«  fat^olifd^en  Äultu«  Derboten  toar, 
blieb  biefeg  3Serbot  in  Rraft  nid^t  nur  6i^  jum  grieben  Don  3Künfter,  fonbem  fogar  bi« 
;;ur  SteDolution  Don  1795.  6^  tourbe  gtoar  feftgefteHt,  bafj  ein  jeber  im  eigenen  ©emüte  I6 
frei  bleibe,  unb  lonniDierenb  tuurbe  bie  fatl^ofild^e  Sieligion  an  einigen  Orten  toleriert, 
aber  Don  5ffentlid(^er  älu^übung  bed  fatbolifd^en  ftultu^  \oax  in  ^oUanb  n)ä^renb  Der- 
fc^iebener  2)ejennien  gar  nic^t  me^  bie  Siebe. 

Unter  biefen  35erl^ältnif[en  ftarb  1680  ber  ©rjbifd^of  Don  Utred^t,  ©(^enl  Dan  2;ou* 
tenburg,  unb  balb  folgte  il^m  im  Xobe  ber  leftte  feiner  ©uffraganbifd^öfe.  @e^r  fd^loierig  20 
tourbe  baburd^  bie  Sage  ber  ^tl^olilen.  S)a^  römifd^e  6t)i^toJ)alf^ftem  erforbert  für  man« 
c^ierlei  Krd^lic^e  3Serrid^tungen  ba«  auftreten  Don  33ifd^öfen;  ber  S^ftanb  bed  Sanbed 
aber  gemattete  ni^t,  bafe  ein  Sifd^of  geU)äl;lt  tDurbe,  unb  jugleid^  ertoecfte  ein  allju  Der« 
trauli^er  Umgang  mit  au^länbifd^en  ^röloten  ben  ©c^n  bed  Sonbe^Denate^.  Xai 
Utred^ter  StapüA  tpünfd^te  feine  geiftlid^e  Aufgabe  in  biefen  fd^toeren  Xagen  forttoö^renb  36 
in  erfüllen,  h)enn  mi)  feinen  ©liebem  bie  tDeltlid^e  @^re  immer  mel^r  entzogen  h>urbe. 

3^ac^bem  ber  2)e(^ant  be«  9Ketrot)olitanfal)itete,  ^jo^anne^  Dan  Srübefe,  nad^  ©d^enl 
Dan  2;outenburgd  Sob  al^  ©enertilDifar  aufgetreten  iDar,  unb  e«  beutlid^  tourbe,  bafe  bie 
©taaten  Don  §ollanb  biefem  eifrigen  änJ^öngcr  Don  ©Danien  ben  Serfel^r  in  ^oßanb 
Derfagen  toürben,  toarb  1683  ©a«bolb  SSo^meer,  lati^olifdjer  ^tor  in  §aag,  Dom  RapM  ao 
jium  ©eneralDifar  getoöi^lt.  ^m  ^afyct  1590  tourbe  biefer  Dom  5Kuntiw8  in  feiner  SBürbe 
beftätigt,  unb  1602  auf  SSorfd^lag  be«  ßrji^erjog«  Sllbertu^,  be«  fianbe^i^erm,  unb  auf  Se* 
feljl  be^  $at)fte«  ^u  SHom  aU  Srjbifd^of  geloei^t,  nic^t  aber  mit  bem  Xitel  ßrjbifdjiof 
Don  UtredJ^t,  fonbem  mit  bem  Xitel  ©rjbifd^of  Don  ^i^ilij)))i,  jebod^  felbftDerftänblid^  nid^t 
mit  bem  S^^^f  f^i^^  Gräfte  bem  Srjbi^tum  $l^ili))^i,  too^l  aber  bem  Srjbu^tum  Utrecht  86 
gu  h)ibmen.  @r  erlebipte  fid^  feiner  ^Pflid^tm  mit  ßifer  unb  Se^utfamleit  jugleid^,  baD> 
in,  balb  aufeer  bm  9lieberlanbm  Dcrbleibmb  unb  ftarb  1612  in  Äöln,  too  ba^  i^m  ge« 
toibmcte  marmorne  ©rabmal  in  ber  ^anjiöfanerfirc^e  i^n  tituliert :  (grjbifc^of  Don  $l^ilij)J)i 
unb  Utrecht  unb  äpoftolifd^er  35ifar. 

9lac^  Säoömeer«  Xobe  tourbe  ^^ilijjpu«  SloDeniu«  Dom  Äajjitel  getoä^lt,  unb   balb  40 
nad^^er  Dom  ßrjl^erjog  unb  Dom^aj)fte  atö  ©eneralDifar  beftätigt.  3lm  3a^re  1620  hjarb 
er  ate  (grjbifd^of  gehjei^t,  loieber  aber  mit  bem  Xitel  Snbifd^of  Don  $l^ili})))i,.  toeil  aud^ 
i^m  bie  3^itt)erl(|ältniffe  no(^  nid^t  erlaubten,  ben  Xitel  ©rjbifd^of  Don  Utred^t  ju  fül^ren. 
3m  3So^te  1633  grünbete  SloDeniu^  ba«  fogenannte  3SiIariat,   toeld^e^  an  bie  ©teiDle  be« 
Utrcc^iter  Äaj)itel^  treten   unb  beffm  Siechte  erhalten   follte,   hjeil  burd^   ben  ©influfe  ber  46 
Sanbc^regiemng  immer  mel^r  toeltlic^e   unb  jum  ^roteftanti^mu«  geneigte  ^erfoncn  gu 
©liebem   biefe«  Ä(q)itefö  emannt  loorben    toaren.     2llle  fl)äterm    at)oftolifd^en   35ifare 
^abcn  bie  Siedete  biefe^  35itariat«   anerfannt.    SHoDeniu^  tDurbe  1640   Don   ben  Qiacdm 
Don  Utrecht  auf  Sebm^jeit  au^  bem  ©ebiete  ber  3Sereinigtm  Slieberlanbe  Dertoiefen,  u.  a. 
meil  er  [\d)  ben  SRamen  ßrjbifd^of   Don  $l^ilij)))i  unb  Utred^t  unb  t)flH)ftlid^er  3Sifar  über  60 
.öoßanb  unb  ©eelanb  unb  bie  anbem  3Sereinigten  5Jieberlanbe  jugeeignet  unb  in  biefer 
Cualität  Derfc^iebene  fird^lid^e  SJerrid^tungm  ausgeübt  ^atte. 

2)em  SRoDeniu^,  ber  1651  ftarb,  toar  fc^on  bei   feinem  Seben  mit  ©mei^migung  ber 
Utrec^ter  ©eiftlic^Ieit   gacobu^  be  la  Xorre  afe    Äoabjutor  jur  ©eite   geftellt.    fie^t* 
genannter,  1647  unter  bem  Xitel  ßrjbifc^of  Don  ßpl^efu«  getoei^t,  folgte  bem  SloDeniu«  56 
in  feiner  Jöürbc  unb  ftarb  1661. 

Snbem  gu  9lom  ber  ©mnbfa^:  ber  $a})ft  fei  al«  UniDerfalbifd^of  über  bie  ganjc 
Jtirc^c  gefegt,  immer  größeren  2lnl^ang  fanb,  ftellte  ber  $aj)ft  ganj  eigenmächtig  bc  la 
Xorre  30^^«^^«^  ^^  3)le$  aU  Äoabjutor  jur  ©eite,  toietool^l  f^on  1656  bie  ^oHänbifd^e 
©ciftlidbtcit  ^oljianne«   Dan  Sleercaffcl  afe  be  la  Xorre«  Äoabjutor   begel^rt   battc.    2)a  6i» 


602  d^nfcntftmftrf^e 

1661  bc  3Kc^  ftarb,  entfc^tcb  bcr  ^ap\i,  Salbuimi^  6a^  fottc  jum  (Srjbifc^iof  gctDci^t 
unb  9lccrcaffci  il^m  aö  Äoabjutor  mit  bem  Stedj^t  ber  SRac^f olgc  mx  ©eite  geftcHt  toerbcn, 
6a^  unb  9lccrcaffel  hjurbcn  jugleid^  gctoei^t.  (grftgenanntcr,  bcr  Den  2:itel  (Srjbifd^of  Don 
5p^iltJ)t)i  erhallen  I^atte,  ftarb  1663,  unb  3JeercaffeI  trat  bc^^alb  unter  bem  3:itel  Sift^of 

6  i)on  Gaftorien  ate  fein  Slac^folger  auf.  2)iefer  toar  ein  9Jlann  i)on  großem  SJerbienft. 
Site  i^eolog  ift  er  befonber^  Don  großer  Sebeutung  burd^  fein  S3uc^  „Amor  poenitens". 
©eine  ©anftmut  unb  feine  SJaterlanb^liebe,  in^befonbere  offenbar  burd^  bie  ÜWa^igung, 
loomit  er  auftrat,  ate  1672  ein  großer  ^ieil  .^oDanb^  Don  ben  granjofen  befe^t  unb 
fogar  bie  Utred^ter  Äat^ebrale  toieber  auf  furje  3«t  für  ben  latt^olifc^en  Äuitu«  eingerid^tet 

10  tourbc,  ftimmte  aud^  Diele  ^roteftanten  günftig  für  il^n.    6r  ftarb  1686. 

9lod^  bei  feinem  fieben  l^atte  9Jeercaffel  über  einen  SRad^fotger  unterl^anbelt.  ©ic 
Unter^anblungen  jogen  fid^  in  bie  fiänge,  bi«  1689  ^etru«  Sobbe,  ber  Don  ber  ^oUan- 
bifc^en  Oeiftlic^feit  Sege^rte,  nac^  mand^erlei  ©d^toierigfeiten  aU  SWeercaffete  SRad^folgcr 
mit  bem  S^itel  Sifd^of  Don  ©ebafte  getoei^t  tourbe. 

15         Unter  biefem  SBifd^of  ßobbe  fanb  ba^  ©c^i^ma  in  ber  Utred^ter  Äird^e  ftatt. 

@d  ift  unleugbar,  bag  bie  lat^olifd^e  ®eiftli(^!eit  tDä^renb  bed  ad^t^igjäl^rigen  Striegel 
Diel  Don  ben  $rotcftanten  ju  erbulben  ^atte.  3^^^  ^^^  ^  gtüdfüd(^erh)eife  eine  grofee 
Slu^na^me,  ba^  in  bem  Sanbe,  h)0  fo  Diele  taufenbe  ^roteftanten  um  il^re^  (Slauben« 
toiHen  getötet  toorben  toaren,   Äat^olifen  ein  gleid^e^  ©c^idffat  traf,  toie  j.  S.  1572,   in 

20  toeld^cm  ^ja^c  eine  Qa^  Don  19  latl^olifd^en  (Seiftlid^en  ju  Oorind^em  Der^ftet  unb  in 
Srietle  Dom  graufamen  Sume^  au  Xobe  gebrad^t  tourben.  ^^\>oi}  lourbe  bie  fat^olifc^ 
Sieligton  nur  fonniDierenb  jugelaffen.  3^^^  h^Q^^  f^^  ^^^  Dbrigfeit,  ^aut^tfäd^lid^  bie 
^anbeteintereffen  in^  3luge  fa^enb,  immer  toeniger  geneigt,  bie  ^lofate  gegen  bie  Äat^o= 
lifen  ftreng  ju  ^anbl^aben;    Don  ber  ©eitc  ber  Jjroteftantifd^en  ^rebiger  unb  ber  refor^ 

26  mierten  ©^noben  aber  tourbe  ftet^  Don  neuem  auf  ftrenge  3KaferegeIn  gegen  bie  pcl!K>\i' 
lid^en  ©uperftitionen  unb  ©efe^übertretungen  beftanben.  SReiftenö  jeboc^  jeigten  fid^  bie 
Seamten,  benen  bie  SSoDftredung  ber  $lafate  oblag,  fel^r  geneigt,  um  eine  ©ummc 
(Selbem  Diele«  ungertigt  l^inge^en  ju  laffen,  fo  bafe  f^toere  finanzielle  Sürben  metft  bie 
§auptbefd(^h)erben  toaren,  toelc^e  ben  fonniDierten  fatl^olifd^en  Äultu«  brüdften. 

80  3)ie  lat^olifd^e  ©eiftlid^Ieit  be«  fianbe«  belam  aber  balb  einen  iDeit  furd^tboreren 
®egner  al«  ben  ^roteftanti^mu«.  2filmäl^Iig  nämlic^  brangen  Slegulargeiftlic^e,  ben  Der« 
toirrten  S^ft^nb  be«  fianbe«  benu^enb,  in  ^oDanb  ein,  too^l  bereit,  unter  i^ren  ©u)je= 
rioren  in  9lom  ju  fte^en,  nic^t  geneigt  aber  ^ottanb«  fird^lic^er  SBertoaltung  Oe^orfam 
ju  letften.    Sefonber«  gilt  bie«  Don  Den  feit  1590  eingebrungenen  3!^f"it^-    ®i"^  0w>fee 

36  Roi^l  Sefd^toerben  tourbe  Don  $ottanb«  fird^lic^en  SSorftc^em  gegen  biefelben  Dorgebradfi 
SBieber^oIt  tourbe  ben  i^oHänbifd^en  SSorftel^em  fogar  in  9lom  Snec^t  gegeben.  3)ann  unb 
toann  tourbe  jtoifd^en  ben  Parteien  ein  SSertrag  gcfd^Ioffen,  looburd^  ben  ^inbfeltgfeitcn 
ein  Snbe  gemad^t  toerben  follte.  Slber  Dergeben«!  3!)ie  l^oDänbifc^en  firdj^lid^en  3?orfte^er 
flagten  barüber,  ba^  bie  ^i^fwiten  grofee  ©ummen  ®elbe«  nad^  bem  3lu«Ianbe  fül^rten ;  — 

40bafe  fie  nad^  ben  reichen  $farrfteHen  lungerten  unb  bie  armen  ^farrfteHen  im  ©tid^ 
liefen,  —  baft  fie  fid^  in  bie  ®unft  ber  Sleid^en  einbrängten,  -—  ba^  fie  burd^  il^re  fd^laffc 
5Dloral  bie .  6^araf tere  Derbarben,  ba^  fie  ba«  33olf  il^ren  5ßrieftern  abgeneigt  machten,  — 
bie  SRegularcn  aber  lümmerten  fic^  toenig  barum.  ^m  Slnfang  nur  praftifd^,  attmäl^lit^ 
aber    aud^   tl^eoretifc^,    l^anbelten    bie   SRegularen  aU   beftänbe    feine    legitime    geiftlic^ 

45  Dbrigfeit  über  .^oHanb«  Äat^oUfen.  2)ie  getreuen  Sln^änger  ©a«bolb  3So«meer«  tourben 
Don  i^ncn  al«  ©a«bo(bianer  befd^imj)ft.  ^n  ber  3Kitte  be«  18.  3|a^r^unbert«  nannten 
bie  Regulären  bie  3lnl;änger  ber  alten  ^ottänbifc^en  ©eiftlic^feit  ©taatefat^olifen  ftatt 
9lömifd)=ftat^oIifen.  2)ie  furc^tbarfte  SBaffe  aber  toar,  bafe  bie  5Regularcn  bie  l^ottänbifc^e 
©eiftlid^feit    ber  Äe^erei  befc^ulbiglen  unb  gtoar  ber  bamafe  fo  Diel  auffegen  enegcnben 

60  Äefcerci  bc«  3«>^l^"^^"^"^-  ^i^on  loieberl^oift  toar  e«  bie  Sefd^ulbigung  ber  Rederei  ge* 
tocfcn,  tpclc^e  in  3bm  Scbenfen  gegen  bie  unmittelbare  Seftätigung  bcr  in  Utred^t  ge= 
h)ä()Itcn  Rird^cnDcrtoaltcr  erregt  ^attc.  Unb  Slom  lie^  um  fo  tüittigcr  einer  folc^  ans 
flagc  ba«  Ol^r,  tocil  bie  Srfenntni«,  bie  ^oHänbifc^c  firc^Iic^e  aSerh)aItung  ^abe  burd^  ben 
Dermirrten  3"P<^"^  ^c«  fianbe«  ju  beftel^cn   aufgel^ört,   ben  SBeg  bahnte,   um  §ollanb  in 

55  ben  9!)Jiffion«^uftanb  jurüdEjubringen  unb  ba^feloe  alfo  in  jeber  ßinftc^t  abfolut  abhängig 
Dom  Dä})ftnd?cn  ©tul^le  ju  mad^cn. 

SBarcn  frül^er  bie  Scfc^ulbigungen  bcr  Äc^erei  einigermaßen  unumtounben  au«* 
gef))ro(^en,  fo  änberte  fid^  bie«,  al«  1697  iüä^renb  ber  ?5rieben«untcr^anblungen  ju  Slii«^ 
tr>\\t  eine   anonyme  ©d^rift  in  franjöfifd^er,  balb   nqc^l^er  in  Iateinif4)er  ©Jjrac^e  erfd^ten 

60  unb  einige  ^affxt  fj)äter  aud^  in  einer  l^oHänbifc^en  Überfe^ung  mit  bem  3;itel:    „Kort 


3fiiitfeittf)eiifMie  603 

pjedenkschrift  van  den  Staat  en  voortgang  van  het  Jansenisme  in  Holland" 
(Äurjc  Sculjc^rift  bc«  ^uftanbe«  unb  gortfd^rittc«  bc«  3anfeni«mud  in  ^ottanb).  (gm  paar 
(Sjcmjjlare  gerieten  in  bic  §änbe  bc^  $etru^  (Eobbc,  ber  fid^  frecilte,  felbft  ba«  Suc^  mit 
einer  9l))oIoai€  nad^  9iom  ju  jd^iden.  ^n  9lom  h)urbe  er  barauf  für  unfd^ulbig  erflärt, 
luenn  auc^  oie  SSerbäc^tigung  boburc^  fein  ©nbe  na^m.  Unb  in  ber  a^^at,  infofem  bie  5 
unbeftimmtc  S3efd^ulbigung  beö  3^"?^"^^"*^^  ^^  äJortuurf  enthielt,  ba^  ßincr  nic^t  bic 
SKeinung  ber  S^fw'ten  ^infic^tlid^  bc«  9{ed^te«  auf  ©elbftftänbigfeit  ber  nationalen  fatj^o« 
lijc^en  Kirche,  ober  J^infid^tlid^  ber  Onabenlei^re  ober  ber  3Roral  teilte,  —  lonnte  biefe 
2lnflage  bamafö  gegen  ^unberte  t)on  ©eiftlid^en  in  unb  au^er  §ottanb  erhoben  toerben. 
©eitbem  aber  aiejanber  VII.  im  3ial^re  1656  feine  ftonftitution  gegen  bie  fogenannten  10 
fünf  2;^efen  be«  3anfeniud  erlaffen  l^atte,  fc^lofe  bie  lonfrete  Sefd^ulbigung  beö  3ä"^"5^' 
mu^  bie  SÄnflage  in  fid^,  bafe  ber  Sellagte  ber  Übereinftimmung  mit  ben  fünf  berur* 
teilten  a^efen  öerbäd^tig  fei  imb  fogar  fu^  toeigerte  angunebmen,  ^^wf^niu«  l^ätte  jene  a:^ejen 
in  feinem  Augustinus  geleiert,  unb  bamit  jene  bon  ber  Äird^e  berurteilte  ^e^erei  bejtoedt. 

e^  fiel  Sobbe  nid^t  fd^hjer  fid^  felbft  unb  bie  il^m  untergeorbneten  ®eiftlid^en  gegen  15 
bie  8el^auj)tung  ju  öerteibigen,  pe  feien  mit  bem  3'i^''^<^  ^^  bom  ^ajjfte  genannten 
ai^efen  cinDerftanben,  toenn  er  [id)  aud^  nid^t  barüber  äußerte,  ob  ^anfeninö  biefe  %\)^m 
h)ir!lid^  geleiert  l^abe  ober  nid^t.  3"  biefem  legten  5ßunft  aber  lag  feit  ber  Sntfd^eibung 
Sltejanberö  bie  grage  ber  abfoluten  Bnpxtmatk  unb  ber  Unfe](;lbarfeit  be^  ?5al)fte^,  unb 
e«  toar  baö  Scftreben  be«  ^efuitenorben«,  gerabe  biefe  ^age  tl^atfäd^lid^  entfd^ieben  ju  20 
feigen,  ^enn  ein  S^ber,  ber  ba«  Formular  Sllejanber«  unterjeid^nete,  geftanb  bamit,  ba^ 
er,  fogar  Wtm  er  Sifc^of  toäre,  ol^ne  Unterfuc^ung  3ianfeniu«  verurteilte,  toetl  il^n  ber 
$aj)ft  Derurteilt  l^atte. 

ßobbe  tourbe  freunbfc^aftlid^  nad^  9lom  eingelabcn,  too  1700ba^3ö^^^^wnbertjubiläum 
gefeiert  Serben  foDte.  6r  begab  fid^  bortl^in,  toieujoi^l  in  einer  toenig  feftlid^en  Stimmung.  26 
3n  9lom,  h)o  er  am  11.  2)ej.  1700  eintraf,   iDurbe  er  äu^erlid^  mit  ber  größten  2lu«« 
j\cid^nung  bel^anbelt,    obfd^on    ^eimlid(^  böfe  $läne   gegen  il^n   gefd^miebet  tourben.    ©ne 
formulierte  Slnflage  lam  il^m  nid^t  unter  bie  2lugcn;  ed  liefe  fid^  aber  bermuten,  toa«  im 
®ange  Wax.  3laq  3Konaten  ber  SJerjögerung  fanb  am   18.  95ej.  1701    eine  SSerfamm« 
lung  ^iatt,  in  toeld^er  mit  ©timmenmel^eit  befd^loffen  tourbe,  Gobbe  freijufi)re(^en.   S)er  ao 
$a))ft  felbft  ^atte  ju  ©unften  be«  Sobbe  geftimmt.  3!)ie  ßntfc^bung  foDte  aber  borläufig 
gel^eim  gehalten  toerben  unb,   toie   (nx^  einem  t)ä||)ftlid^en    Sret)e  öom  13.  SKai  1702 
erhellt,  folgte  ber  erflen  Serjammlung  eine  neue,  bie  ßobbe  für  fd^ulbig  erllärte.    2)iefer 
neue  Sefd^lufe  tourbe  bem  öobbe  felber  nid^ft  mitgeteilt;   er  Dema^m  benfelben  juerft  au« 
^oUanb.    @r  tourbe  aber,  obfd^on  man  i^m  forttoä^renb  mit   ber  gleid^en  ^^eunblid^feit  86 
begegnete,  noc^  immer  in  9lom  gurüdge^alten. 

©rofee  Seftürjung  erregte  in  ©oUanb  bie  3lai)x\6)t,  bafe  ßobbe  entlaffen  unb  bafe 
baö  Oeneratoilariat  bem  il^eobor  oe  Äodf  übertragen  toorben  fei,  je^t  Sobbeö  ®egner, 
ber  frül^er  bie  ©ad^c  Cobbe«  berteibigt  i}Mt,  bann  aber  beö  S^^f^i^"^"^  befd^ul^ 
bigt  toorben  toar.  3)ie  ©taaten  be«  Sanbc«  nahmen  Sobbe«  5ßartei  unb  gtoangen  bie  40 
©egner,  il^n  nac^  §ollanb  jurüdttel^ren  ju  laffen,  fobafe  erzürn  1703  ben  baterlänbifd^en 
33oben  toieber  betrat. 

@«  toar  bie  ^age,  toeld^e  Haltung  ßobbe,  bie  ^oHänbifd^e  Oeifllid^feit  unb  ba« 
Utrec^ter  StoHpM  annehmen  toürben.  gall«  fie  fid^  bei  ßobbe«  unmotivierter  (gntlaffung 
beruhigten,  toar  natürlid^  bie  ©elbftftänbigfeit  ber  Utrec^ter  Äird^e  burd^  bie  ^rei^gabe  46 
ibrer  Stec^^te  bemid^tet.  2)ie«  foHte  nid^t  gefc^e^en.  Dbgleid^  ßobbe  felbft,  au«  Siebe 
jum  ^eben,  bi«  an  feinen  Sob  in  einem  J)affiben  SSerfalten  beirrte,  —  tool^l  feine 
SledS^te  unb  bie  feiner  Äirc^e  bauemb  bei^aujjtenb,  bie  Slu«übung  jener  dt^tt  aber 
unterlaffenb  — ,  fo  blieb  il^m  ein  großer  2;eil  ber  l^ollänbifc^en  ®eiftlid^en  unb  Saien 
treu,  toäl^renb  ein  anberer  2;eil  fid^  auf  be  Äocf«  ©eite  fteHte.  ©0  fülj^rte  Sobbe«  toiber«  60 
rec^tlid^e  ßntlaffung  ju  einem  bi«  auf  ben  heutigen  Sag  nic^t  gel^eilten  ©d^i«ma  in  ber 
I;oUänbif(^en  fat^olifcpen  Äirc^e. 

ß«  ift  begreiflich,  bafe  ßobbe«  Partei,  öon  jener  ^Ät  an  ate  ganfeniftenfirdbe  ber« 
bäcbtigt,  immer  mel^r  an  ^aljl  abnahm.  3*^^^^  Ratten  nod^  im  ^a^xt  1701  ettoa  300 
©ciftlidje,  unter  benen  fogar  14  9{egularen,  fid^  ßobbe  )\u  ®unften  nac^  SRom  getoenbet ;  66 
für  bic  meiften  aber  toar  e«  entfd^eibenb,  bafe  9(om  gefprod^en  l^atte  unb  ba«  Urteil  nid^t 
toibcrrief.  SBietoo^l  im  Saufe  ber  Mt  bie  Utred^ter  Äirdj^e  toieberl^olt  Verlangte,  ein  aU» 
gemeine«  freie«  Rongilium  folle  berufen  toerben,  um  bie  ©ac^e  ju  entfd^eiben,  ift  e«  er« 
flärüd^,  bafe  fid?  ber  größere  Xeil  ber  ©eiftlid^en  unb  Saien,  balb  me^r,  balb  toeniger  über= 
jeugt,  ^ule^t  in  !Mom«  Serbilt  fügte.  00 


604  doufctttfifitltrf^e 

(ginat  ätugcnblicf  fd^icn  c^,  ate  toürbe  bic  2^rcnnunö  geseilt  lucrbcn.  2)ic  Staatm 
bc^  Sanbc^  bcrtDicjen  am8.  Stug.  1703  bc  Äod  bc^Sanbcö,  unb  festen  eine  Selo^nung  bon 
3000  ®ulben  aug  für  benienigcn,  bet  il^n  bem  Oerid^te  überliefern  toürbe.  3!)aburc^  tourbe 
be  Jtod  bie  ä(u^übung   feinet  äiilaramte^  burd^au^  unmöglid^  gemacht.    Seibe  arteten 

6  fc^^iencn  nun  gleid^e«  3Sertrauen  ju  fe|en  auf  ®erarb  5ßotfaml),  einen  fat^oHjd^cn  ?Paftor 
iu  Singen,  bem  fie  bic  Scitung  ber  firc^jüd^en  Angelegenheiten  anvertrauten.  6^  brad^  ein 
Slugenblicf  be^  »Jrieben^  an ;  aber,  nac^bem  ^otfantj)  nur  einen  3Konat  ba^  ^aupt  ber 
lirc^jlic^en  2lngelegenl^eiten  §olIanb^  getuefen  toar,  ftarb  er  2)egember  1705.  SBieber  ent- 
brannte ber  ©treit;  bie  römifd^e  Partei  erwartete,  bie  Utred^ter  ®ciftli(^!cit  toürbc  balb 

10  unterliegen,  fd^on  be^  g^^berlauf^  toegen.  2)ic  Utrec^ter  Äird^e  mu^te  ja  audfterben, 
toenn  i^r  bie  ©eiftlic^en  l^öl^eren  Slange^  fel^lten,  bie  befugt  tuaren,  bie  für  ba«  georb- 
nete  fird^lid^e  Sebcn  ber  9lömifd^-Jtat^oliIen  noth)enbig  erachteten  tirc^lic^en  Verrichtungen 
ju  erfüllen,  tüeld^e  SSerric^tungen  feinei^toegg  bon  ©eiftlid^en  nieberen  3lange^  erfüllt 
tt)erben  bürfen. 

16  3luf  unerwartete  SSäeife  lam  §ilfe.  ß^näd^ft  tarn  e«  ber  bebro^ten  Utred^ter  Äirc^c 
ju  gute,  bafe  fid^  entfd^iebene  unb  energifqe  3Ränner  au«  anberen  Orten  bereit  jeigten, 
Dalante  ©teilen  bon  Utrec^ter  ©eiftlid^en  einjune^men.  äte  1713  ber  $apft  Giemen^  VII. 
in  ber  S3ullc  „Unigenitus"  Duei^nel«  „©ittlid^e  Semertungen  auf  ba«  9KE"  l)erurteiltc 
unb  101  "Xf^f^m  \)on  biefer  auö  ber  ©^ule  ^ort^SRo^ate  hervorgegangene  ©c^rift  für 

20  le^erifd^  erHärte,  fuc^ten  mel^rere  franjöfifc^e  ©eiftlic^e,  bem  ^toariQ^,  jene  35ulle  ju  unter- 
jeid^nen,  ^u  entgegen,  einen  3uPwd^t«ort  auf  l^oHänbifd^em  S3oben,  toie  bie«  fc^on  früher 
einzelne  il^rer  ®eifte«t>erh)anbten  get^an.  2Ba«  aber  ^au))tfäd^lid^  ber  Utrec^ter  ftirc^e  )u 
gute  lam,  tuar  bie  unerwartete  Sefanntfc^aft  mit  äSarlet,  Sifc^of  Uon  SSab^lonien.  ^m 
JSai^re  1719   Derblieb  SSarlet  auf  feiner  SReife  nad^   bem  Orient,  too  er  ber  lal^olifc^en 

2ö  aJlijfwn  JU  bienen  beabfu^tigte,  einige  3^^  ^  ämfterbam.  2)ort  fd^loft  er  Selanntfc^aft 
mit  ©eiftlid^en  ber  ältlat^olilen  unb  prmte  mel^r  afö  100  Äatl^olifen,  bie  aber  nic^t 
alle  JU  ber  alttatl^olifd^en  ^ird^e  gel^örten.  Ol^e  3^^if^I  Würbe  hierüber  in  ungünftigem 
Sinne  nad^  3lom  berid^tet,  benn  laum  l^atte  SBarlet  fein  Si«tum  im  Orient  erreicht,  al« 
i^m    fogleid^   ein  Srief  jur  §anb  geftellt   Würbe,   Weld^er  bie  Slad^rid^t   entl^ielt,   ber 

80  $aj>ft  ^abe  il^n  fu«t)enbiert,  Wenn  aud^  feine  formulierte  Sefd^ulbigung  gegen  il^n  an= 
geführt  tourbe.  2)a  er  bemjufolge  Verl^inbert  War,  im  Orient  ju  arbeiten,  feierte  äJarlct 
nad^  älmfterbam  jurücf.  ©d^on  \)aH^  bie  altfatbolifd^e  ®eifttid^!ett  Von  verfcbiebenen  Aolle^ 
gien  unb  Äanonici  ©utad^ten  erhalten  über  ben  Wichtigen  ©d^ritt,  ben  fte  meinte  je^t  t^un 
JU  bürfen  unb  müRen,  um  bem  ^u^fterben  ber  Utred^ter  Äird^e  borjubeugen.  auf  ®runb 

86  ber  erl^altenen  ®utad^ten  Wäl^lte  ba«  Utrec^ter  RapM  im  gal^e  1723  Someti«  ©teem 
oben  at«  (grjbifc^of,  unb  1724  Würbe  biefer  Vom  33ifd^ofe  Sarlet  geWeilj^t.  @«  braucht 
lüum  erwähnt  ju  Werben,  bafe  ber  $avft  Someli«  ©teenoben  fogleid^  in  bie  9lc^t  erflärte, 
^iefe  (Sjfommunifation  Vcrbinberte  aber  nid^t,  ba^  bie  Utrec^ter  Sirene  au«  ber  a;obc^ 
gefal^r  gerettet  War.    ^thoq  fd^on  1725  ftarb  ©teenoben.    SDa«  Utrec^ter  Ra^jitel  Wählte 

40  nun  S3ard^man  3Bu^tier«  für  ben  bafanten  ©i^ ;  auc^  biefer  Würbe  bon  3Sarlct  geWcibt, 
Wie  gleid^faD«  1733  gefd^aJ^,  al«  nad^  bem  lobe  be«  Sarc^man  SBu^^tier«  2:^eobor  bau 
ber  6roon  ben  erjbif^öflid^en  ©i§  einnahm. 

3Ran  fal^  aber  balb  ein.  Wie  gefäl^rlid^  c«  fein  mufete,  ba«  gortbeftel^en  berlltred^tcr 
Äird^e  bon  bem  2d>m  eine«   einzelnen  SSifd^of«  abhängig   ju   machen.    3!)a«  Sebürfni«, 

46  Wenigften«  noc^  einen  ber  feit  bem  (Snbe  be«  16.  i^^^i^t^unbert«  erlebigten  ©i$e  belleibet 
JU  fe^en,  mad^te  fic^  geltenb.  3)a«  ^aarlemer  RcüßM  Würbe  bemjufotge  aufgeforbert, 
einen  Sifd^of  für  ben  erlebigten  ^aarlemer  ©i^  ju  Wählen.  311«  jene«  Äajjitel  bie  äu«« 
fü^rung  biefe«  Sntfd^luffe«  unterließ,  ernannte  ber  Utrec^ter  grjbifd^of  3Reinbaert«,  3San 
ber  ßroon«  5Ja^f olger,  jure  devolutionis,   1742  öieron^imu«  be  8ocf  jum  Sifd^of  bon 

6o;^aarlem,  unb  weihte  il^n  aud^  al«  folc^en.  6«-  gefc^ia^  au«  bemfelben  ®runb,  ba^  1758 
ber  Utred^ter  erjbifd^of  [x6)  entfc^lofe  nod^  einen  ber  alten  93ifc^of«ri5e  ju  bcfefeen,  We«^alb 
bon  ibm  4).  3-  SiK^elt  al«  8ifc^of  bon  Siebenter  gewäl^lt  unb  geweil^t  Wuroe. 

3>ie  ^famen  berjenigen,  Weld^e  nad^  bem  ßntftel^en  be«  ©^i«ma  bie  altfatl^otijc^e 
Äirc^>c  al«  Sifd^öfe  borgcftanben  l^aben,  fmb: 

56  6rjbi«tum  Utred^t 


Steenobcn 


» 


6.  Sarc^man  SBu^tier«       f 


%i}.  ban  ber  Groon  f 

^.  3.  3Reinbaert«  t 

«>o  ®.  5)1.  ban  9lieuWenl^uijen  f 


8i«tum  §aarlem 

83i«tum  I)ebentcr. 

1725 

§.  be  »ocf           t  1744 

».  3.  Siiebelt  f  1778 

1733 

v^.  ban  ©ti»)l^out  t  1777 

31.  5ReDeman     f  1805 

1739 

3.  »roefmann      t  1800 

6.  >s.  be  ^Nong  ^  1824 

1767 

3.  9licuwen^ui«   t  1810 

ffi.  «et            t  1853 

1797 

3.  Son               t  1841 

$.  ^e^tamp      f  1874 

1808 

^.  :5.  »an  »ttül  t  1862 

1825 

i».  be  3iona         f  1867 
6.  3.  Kinfel 

1858 

1873 

1892 

3fattfetttf)eitfin|e  605 

ßrabtetum  Utrecht  8tetum  §aariem  95i^tum  9)ct>€ntcr. 

3.  3.  öan  dü)xix\  t  1808    §.  3.  t>an  »tiül  f  1862    6.  2)ict)enbaal  f  1893 

©.  t>an  D«  t  1825    «.  be  ^onß  f  1867    9i.  35.  $.  ©J)tt 

3.  öan  ©anten  f 

§.  iJoo«  t 

3.  ^e^faml)  f 

®.  ®ul 

@^  n^urben  öftere  9[$erfu(i^e  gemacht  )ut  SSerfol^nung  mit  beut  $a))ft,  ber  regelmä^ts 
bic  ehrerbietige  SMitteilung  betreff«  ber  3Sal}l  unb  berSQäei^e  berSif^löfe  mit  bem  35eri(^t 
ber  (gjlommunilation  beantwortete.    Sielleid^t  toäre  ber  1771   angefangene  35erfuci^,  al«  10 
ßlemenö  XIV.,  ber  1773  ben  ^efuitenorben  aufhob,  ben  J)ät)ftUd(^en  ©tu^I  befleibete,  Don 
®rfoIg  gelrönt  hjorben,  hjenn  nic^jt  biefer  ^cöß^i  fd^on  ©ej)tember  1774  geftorben  toäre. 

I)ie  altlat^oKfc^e  Äird^c  l^anb^bte  'if)xt  ©runbfä^e  mit  grofter  Sirene.    3m  3- 1763 
I^ielt  biefelbe  ju  Utrecht  ein  Äonjiüum,  beffen  3tlten,  i^rer  aiecptgläubigfeit  unb  SBürbe 
loegen,   Don  bielen  tonangebenben  SRömifd^sÄat^oUten  in  berfd^iÄenen  Sönbem  laut   ge»  u 
priefen  tourben,  unb  bie  ^ugleic^  jcigten,  öon  hjeld^em  (Seifte  fie  il^r  1725  )u  ämerdfoort 
gegrünbete«  ©eminar  ju  burd^bringen  toünfc^jte. 

©ine  emfte  ®efa|r  bebrol^te  bie  altfat^olifd^e  Rird^c,  toelc^e  bie  änja^I  i^rer  ®etft- 
lici^en  unb  Saien  fc^on  bebeutenb  abgenommen  fa^,  alö  §olIanb  1806—1810  unter  ber 
ÜJcrtoaltung  be«  fatbolifc^en  ilönig«  fiubtoig  unb  1810—1813  unter  ber  ^Regierung  be«  ao 
Äaifer«  SRapoIeon  ftanb.  3!)er  eine  fotool^l  al«  ber  anbere  na^m  fic^  bor  bie  Stngelegen* 
l^eiten  ber  fatj^olifd^en  Äirc^e  gu  regulieren.  35orIäufig  tourbe  be«toegen  Don  ber  SRegierung 
bie  emcnnung  eine«  neuen  altfat^olifc^en  Sifc^of«  Derbotcn.  9)er  ©rjbifd^of  Don  Utrecht 
ftarb  1808,  unb  ber  Sifc^of  Don  §aarlem  1810.  3)er  einjig  übergebliebene  Sifd^of  (®e» 
Denter),  S.  3-  ^^  ^«»^Ö/  ^or  gu  ®ouba  in  ®efa^r  gu  ertrinlen.  ©«  lann  bann  aud^  25 
nic^t  befremben,  ba^  bie  ®eiftlici^{eit  ber  ^Ittat^oliten  mit  2)anfbarteit  bie  SQieberl^ers 
ftellung  ber  ©elbftftänbigteit  ^oUanb«  benu^te,  unb  1814  SB.  Dan  0«  jum  ©rgbifd^of 
Don  Utred^t  toä^lte;  fo  tourbe  aud^  1819,  nad^bem  mancherlei  Sefd^toerben,  Don  ber  3le» 
gierung  Dorgebrad^t,  au«  bem  SSege  geräumt  toorben  toaren,  3o^i^ne«  Son  al«  Sifd^of 
Don  ^aarlem  getoöJ^lt  unb  al«  folc^er  geloei^t.  ao 

^ie  ©c^toierigteiten,  toel^e  bie  Jtird^e  bebrol^ten  al«  jfönig  äBUl^elm  I.,  unb  fpöter 
^önig  SBill^elm  II.,  mit  bem  ^a))fte  ein  fiontorbat  gu  fd^lie^en  toünf4lten,  tDobei  e«  fdbien, 
bie  Steckte  ber  ällttatl^olilen  toürben  toenig  bei^ergigt  toerben,  fielen  tpeg  toeil  ba«  Kom 
forbat  nid^t  ju  ftanbe  fam.  3Kufeten  auc^  1825  bie  Sifc^öfe  erfahren,  ba^  bie  99egierung, 
um  bie  Überga^i  ber  9tömifd^^at^olifen  gu  fc^onen,  i^nen  tool^l  ben  Xitd  geftottete  Don  S6 
33ifd^5fen  gu  unb  nidE^t  ben  Don  S)if4löfen  Don,  unb  toar  e«  1845  nur  ber  @inmifd^ung 
ber  ä^J^ii^*^  Äammer  ber  ®eneralftaaten  ju  Dcrbanlen,  bafe  bie  ^Regierung  bem  1843  ge» 
h)äl^lten  Sijc^of  Dan  Süül  einen  9leic^«gel^alt  juerfannte;  fo  Derfd^toanben  al«balb  bie 
©cl^mierigfeiten,  hjelc^e  bie  Äird^e  Don  bem  Staate  ju  erbulben  ^atte.  I)enn  ba«  ®efe$ 
betreff enb  bie  Äird^engenoffenfd^aften,  DomSjö^re  1853,  Derfic^erte  ben  Derfd(^iebenen  Äulten,  40 
aud^  ben  Sllttat^olifen,  Döllige  gj^eil^eit;  bie  Heine  Äirc^e,  toelc^e  aUmö^lig  bie  ^af)l  ifyctt 
©lieber  Don  5000  auf  faft  8000,  unb  bie  il^rer  ^aroc^ien  Don  25  auf  26  fteigen  fa^, 
benu^te  bantbar  bie  aud^  il^r  gu  teil  geh>orbene  ^rei^eit. 

(£«   ift  gar  nic^t  befrembenb,  bcife  bie  altfatl^olifc^en  Sifd^öfe  toamenb   unb   mi^ 
bittigenb  i^re  Stimme  erhoben,  al«  1854  ju3lom  ba«  i)ogma  ber  Unbefletften  (SmJ)fängni«  46 
•DJariä  unb  1870  ba«  3)ogma  ber  j)äpftlid^en  Unfe^lbarleit  feftgefefet  mürbe. 

2)ie  ^auptpunfte  ber  3Reinung«Derfd^ieben^eit  ghjifc^en  ben  Slltfati^olifen  unb   i^ren 
römifc^sfat^olifc^en  ®egnem  finb  bie  folgenben  brei: 

1.  ^ie  älltlat^olifd^e  Sirene  ^ölt  bie  Slbfe^ung  be«  grgbifc^of«  Sobbe  für  illegal,  unb 
fic  bel^aujjtet,  baft,  tro^  ber  ^Reformation  be«  16.  3ö^^^w"t>^rt^  wnb  bcren  Einfluß  auf  60 
bie  aingelcgenljieiten  ßouanb«,  bie  SRömif^j-Äat^olif^je  Äirc^e  in  ^oHanb   ununterbrod^en 
beftanben,  unb  il^rc  Sec^te  auf  eigene  SSertoaltung  al«  nationale  Kirche,  unabhängig  Don 
ber  Äirdje  gu  SRom,  forttoä^renb  behalten  f)at 

2.  ©ie  toeigert  fid^  ba«  gormular  be«  ^apfte«  Sllejanber  VII.  ju  unterzeichnen,  faß« 
e«  i^r  babei  nid^t  geftattet  fei  Unterfd^ieb  ju  mad^en  gtoifc^en  Untergeid^nung  quoad  jus  66 
unb   quoad   factum,    nämlid^  gh)ifc^en   ber  grage,    ob    bie  fünf    iniriminierten  3:^efen 
fc^erij^  feien,    unb  ber,  ob  3Meniu«  biefelben  gelelj^rt,   unb   jtoar  im  Ie|erijd^en  ©inne 
gefeiert  l}abt. 

3.  ©ie  Derioirft  bie  Sulle  ünigenitus,  ba  biefelbe  bie  Slnfid^t  ber  3^fwi^^^  i"  33es 
treff  ber  3)ioral,  al«  geltenb  für  bie  gange  ri)mif(^slat^olifd^e  Äirc^e  erllärt.  eo 


606  3^nfeittfte»tirc^e  ^[attttarittd 

gür  bic  ganjc  römifd^^Iatl^oKfd&c  ß^riftcnl^cit  liegt  bie  Scbeutung  bcr  oltfatj^olifc^en 
Äirc^c  ^ottanb^  ntd^t  nur  m  ber  il^tfoc^e,  ba^  fic  ein  ®enfmal  ift  bc^  ®et^e$  be« 
Äat^oliciömu^  au^  ben  frül^eren  g^^'^'^^wnberten,  fonbem  auc^  barin,  ba^  fie  in  aSerbin* 
bung  getreten  ift  mit  ber  altfatl^olifd^en  Seh)egung  in  ^eutfc^Ianb  unb  ber  Bd^tvAi.  3((^ 

6  nämlid^  ba«  batifanifd^e  Äonjilium  öom  ^o^xt  1870  ba«  3)ogma  ber  t)ä})ftli(^en  Unfe^(< 
barleit  feftgefe^t  l^atte,  erl^ob  [xd)  in  ben  beiben  obengenannten  Sänbem  ber  oltlati^oKfd^c 
Seift,  ©ottte  aber  bie  alfo  entftanbene  fird^Kd^e  9eU)egung  35auer  gewinnen,  fo  mar 
ber  neu  aufgetretenen  altfat^olifd^en  Äird^e  ein  Sifc^of  burd^au«  nottoenbig.  2)iefcg  Se= 
bürfnig  tourbc  erfüttt,  ol^  ber  altfatl^olifc^e  Sifc^of  t)on  35et>enter  im  3[.  1873  —  jur  3eü 

10  afö  ber  erjbifc^öflic^e  ©i|  bon  Utre^t  öalant  toar  —  Dr.  ^.  .p.  Sletnfen«  alö  bcutfdpen 
aWatl^oKjqen  Sifc^of  towi^te.  Unb  toenn  je  in  ber  römifc^^Iat|olijd^en  Äirc^e  ein  geift- 
lic^eö  2öieb«raufleben  ju  ftanbe  lommt,  toelc^e«  Slnfd^lufe  an  ben  Äatl^olici^mu«  bcr 
diteften  gal^rl^unberte  bejtüedft,  unb  jugleic^  ba^Sebürfni«  nac^  einer  bifd^öf Kd^en  93em>al= 
tung  fül^lt,  fo  ift  für  eine  fold^e  Semegung  ber  SBeg  jur  3)auerl^aftiglcit  getüiefen  im  Ser^ 

16  fuc^e  ber  ©emeinfd^aft  mit  ber  fogenannten  S^nfeniftenfirc^e  in  ^ouanb. 

Dr.  3.  %.  (»txtfi  »on  j»ij!. 

3fanitarittd,  ber  ]^ eilige  (S.  Gianuario,  S.  Gennaro),  geft.  305.  —  G. Tutini, 
Memorie  della  vita,  miracoli  e  cuJto  di  S.  Gennaro,  Neapel  1633,  1710;  O.  Bilotta,  Isto- 
rico  discorso  sopra  la  patria  di  s.  GiaDuario  martire,  O^oin  1636;   &.  ^erni^borf,  Dias,  de 

20  sanguinis  s.  Januarii  fluxu  miraculoso  et  inde  oriundo  apud  Neapolitanos  cultu,  bitten« 
bera  1710;  91.  ^a^oc^iud,  Actorum  Bononiensium  s.  Januarii  et  sociorum  mart3mim  vin- 
diciae  repetitae,  Sfltaptl  1759;  3.  ©tilting  in  ASB  t.  VII  Sept.,  p.  76188.;  ©tobler,  ^ci. 
ligenlej.  III,  141  -146;  ©timmen  qu8  3Roria*fiaa4,  93b  XXI,  @.  329 ff.;  ©1.  »ciffcl,  S.J., 
m^^,  VI,  1237  f.  —  «gl.  Stö.  «rebe,  a)aS  «lutiounbcr  (^b  I,  6.142—169  bcr  Sammele 

26  fcftrift:  5)a8  ^cibcntum  in  ber  röm.  Äirc^c;  SBilber  auS  bcm  relig.  unb  fittl.  fieben  ©üb* 
itoHenS,  ®ot^a  1889).  fomie  blc  oon  ^ott^aft  *II,  ISSöjufanimengefteatc  fiittcratur. 

3)er  berül^mte  ©c^u^l^eilige  9Jeai3ete  fott  um  bie  SWitte  be«  3.  ^al^rl^unbert«  enthjeber 
in  biefer  ©tabt  felbft  ober  in  Seneöent  geboren  fein,  einige  3cit  aU  S3ijd5fof  am  le^teren 
Ort  getoirft  l^aben  unb  im  ^al^re  305,  angeblid^  am  19.  ©e))tember  (nad^  anberen  Stn« 

90  gaben  am  1.  ober2.3Kai,  ober  am  19.  DItober,  ober  enbltd^  am  16.  SJejember),  gu^PuteoIi 
ben  SRärt^rertob  burd^^  ©c^toert  erlitten  l^ben.  Site  ©enoffen  feinet  -JWartVrium^  nennt 
bie  Segenbe  ben  3)iaIon  ©oftu«  au^  SRifenum,  bie  35iaIonen  5ßroculu«  unb  9^^/  ^>^ 
Sector  Defiberiuö  unb  bie  t)uteolanifd^en  Sürger  6uti;(^e«  unb  Slcutiu«.  ^n  biel  größerer 
Sreite  aU  bie  ©efc^ic^te  ber  Umftänbe  feinet  2^obe^  ift  bie  feiner  gloria  postuma  unb 

85  be^  auf  feine  l^eiligen  Überbleibfel  bejüglid^en  Äultu«  überliefert.  3lxd)t  ganj  100  ^afyct 
nacS)  feinem  2^obe  foK  eine  Granulation  feiner  Sleliquien  in  eine  Sirene  bor  ben 
Sa^oren  9lea})ete  ftattgefunben  l^aben;  bann  um  820  eine  fold^e  nad^  Senebent  (too^in 
J^lrft  ©ico  angeblich  feinen  Seid^nam,  unter  gwtücflaffung  be^  §aut)t^  in  5Rea})el,  über« 
fül^rte);   ^äter,    1129,  eine  Seife^ung   in   einer   anberen  Äird^e  Senebcnt^.    ©eit  1497 

40  lonnte  toieber  9lea))el  fid^  be^  S3efi$e^  auc^  feinet  Seid^namig  rühmen.  3l^n  birgt  bie 
toäl^renb  ber  ^al^re  1497—1506  erbaute  3januariu^Äa)}ene  (Confessio  S.  Januarii, 
aud)  Succorpo  genannt)  be^  erjbifc^öflid^en  3)om^  bafelbft ;  bagegen  tpirb  bo^  ^a\xpi  bcö 
2Rärtt;rer^,  famt  ben  jtoeicn  mit  feinem  ©tut  gefüKtcn  ©taSfläfd^d^en,  in  ber  ©(^a^fammcr 
eben   biefer  Äatl^ebrale  (bcr  Capeila  di  Tesoro,    erbaut  1608—47)   aufbetoal^rt.    35a^ 

45  berül^mte  SDSunber  ber  ^eittoeiligen  Serflüffigung  be«  33lut^  in  jenem  gläfc^en  foll  fc^on 
im  12.  SÄf^^i^unbert  fi^  jugetragen  l^aben.  ©id^er  unb  retcf^lid^  bezeugt  ift  ed  feit  3Kitte 
be«  15.,  j.  83.  burc^  ^ap^t  ^^Uu«  II.  (änea^  ©^»toiu«),  burc^  ben  ^Webi^iner  Slngelu« 
6ato  1474,  burd^  bie  Soflanbiften  ^enfc^en  unb  ^ajjcbrocf;  (10.  3Rärj  1661),  burc^ 
beren  ft)ätcren  5Rad^f olger  ©tilting   (21.  Sluguft  1754).    5Rodj   in   unferem  3«^^^""^^ 

60  foHen  in  3Serbinbung  mit  bem  rätfell^aften  SSorgang  auc^  fonftige  SBunber  jjid^  jugetrogcn 
^aben.  ^n  ber  S3efe^rung^ef(^id)te  %x,  §urter«  l}at  biefc^  93luth?unber  eine  nic^t  un^ 
toic^tige  Solle  gefjjielt;  f.  §urterg  ©c^rift :  „®cburt  unb  SBiebcrgeburt;  Erinnerungen  au$ 
Italien"  ©d^aff^aufcn  1845  [HI,  339  ff.].  Unb  nod(}  im  borigen  3al^rje|^nt  berfu^erte 
ber  Jefuit  Seiffel  (ÄÄ2'  a.  a.  D.):   Keine  ber  jur  natürlid^cn  erflärung  biefe^  SDSunber^ 

55  aufgcftellten  §bt)otl^efen  genüge  jur  Stufflarung,  unb  fo  „bleibe  nid(}tg  übrig  afe  cinju« 
gefte^en,  ba^  (Sott  toirllid^  unb  in  U)unberbarer  SBeife  ben  ©lauben  unb  ba^  SScrtrauen 
be«  neapolitanifd^en  Solfö  belebt  unb  belohnt"  (!).  —  SÜBegcn  be^  äußeren  Verlauf«  ber 
mit  bem  3Jlirafel  berbunbcnen  gropeia  5ßrojeffion  unb  bcr  babci  ful;  abfjjiclenben  ©^enen 
f.  bcf.  Irebe  a.  a.  D.    SBegen   ber  ben  ^eiligen   betreffenben  Äunfttrabition  unb   feiner 

CO  Attribute  (toilbe  liere,  bie  i^n  umgeben  unb  unberfe^rt  laffen ;  ©(^toert,  Sifc^of^ftab  unb 


Sfanitarittd  ditfoit  607 

3nful,  offene^  Sud^  mitberSnjc^rift:  „Beatus  vir,  qui  inventus  est  sine  macula!"; 
Slutfläfc^c^en  u.  f.  f.)  togl.  ©tabler  ©.  146,  toofclbft  aud^  über  bie  übrigen,  mutber  be* 
rül^mten  ^eiligen  unb  ©eligen  bc^felben  9latnen^  gel^anbelt  ift.  S^^^t^* 

^üplltt  f.  aSöIfertafel. 

Sarc^fi  f.  giafd^t.  6 

S^afott  ift  ein  griec^ifcf^er  3lamt,  ber  fic^  in  maffabäifc^er  unb  nac^maKabäijci^er  QÄt 
öfter  bei  ^uhm  unb  3«*^^"^^^««  pnbet;  toegen  feiner  äl^nlic^leit  mit  bem  J^ebr.'jübijc^en 
9iamen  ^c\n^  (r^'^":)  toarb  er  t>on  l^eDeniftijc^  gerichteten  ober  in  l^etteniftifc^er  Umgebung 
Icbenben  3wben  bielfad^  angenommen,  h?ie  äffimo^  für  ©Ijalim  u.  a,,  t>gl.  3^1^^-/  An- 
tiqu.  jud.  XII,  5, 1  (ed.  9liefe,  §  239).  Son  bemerlen^toerten  trägem  be^jelben  fmb  lo 
anjufül^ren : 

1.  3) er  §ol^et)riefter  gafon.  ^.  Würid^,  Suben  u.  (Arielen  cor  ber  moff.  er» 
f)ebiing  1895;  3-  SöeUöaujen,  3§r.  unb  jüb.  ®eM.  1894,  @.  200ff.;  ©.  Saurer,  ®ej(6.  bc« 
jüb.  «ülfe«,  2.  «ufl.  I,  1890,  6.  150  ff.;  ?(.  S3ü*Ier,  3)ie  2:obiabcn  u.  bie  OnlQben  1899, 
6.100-143.  15 

3ajon,  einSruber  be«  §o^enj)rieftergDnia^III.,  ^at  brei^^i^J^«  lang  (ca.  174— 172 
t).  61^.)  jein  Slmt  innegel^bt.  ©ein  SJilb  fällt  fe^  berfc^ieben  au^,  jenac^bcm  man  ben 
Seric^t  in  2  üRaf  4,  7  ff.  5, 5  ff.,  bgl.  1,  7,  ober  ben  be«  3oje})^u^  in  Antiqu.  jud.  XII, 
5, 1  (ed.  9ttefe,  §  237—241),  bgl.  XV,  3, 1  (§  41),  ju  ©runbe  legt.  9lacfa  bem  erfteren 
ift  er  e^  getoefen,  ber  burc^  feine  ©röfomanie  ba^  unter  bem  ©eleujiben  Slntioc^u^  IV.  20 
@j)i^l;aneö  (175—164  bor  6^r.)  über  bie  t)aläftinif(i&en  ^uitn  ^ereinbrec^enbe  Unl^eil 
in  ber  §au^tfac^e  ^eraufbefc^tooren  l^at  (2aKaf  1,7).  Salb  nac^  bem  Slegierunggantritte 
öon  Slntiod^uö  IV.  erfc^lic^  er  fic^  —  fo  berichtet  3afon  bon  S^^xtm  (f.  u.,  9ir.  3)  —  bei 
einem  3wfö"i»wc"^^^  ^^^  ^^"^  Äönige  baö  l^ol^e})riefterlic^c  Slmt,  inbem  er  für  ba^felbe 
440  Talente  ©ilber^  mel^r  bot  alg  fein  jur  R^xt  amtierenber  Sruber  Dnia^  unb  fic^  für  26 
toeitere  150  lalente  ba^  Siecht  erlaufte,  ein  ©^mnafium  unb  S})^ebeion  in  Senifolem  ju 
enic^ten  unb  3^^(^^^nt  bad  antiod^enifc^e  Sürgened^t  ju  berteil^en.  3^  i^^^  SS^f^ 
lam  er  ben  l^eQenifterenben  Steigungen  bed  ©^rerlönigd  entgegen.  @r  erbaute  in  offenem 
^o^ne  gegen  bie  X^eohatie  gerabe  unter  ber  Sllra  ein  ©^mnafium,  in  toelc^em  bie 
cbelften  ber  jübifc^en  3ünglinge  fic^  nadtt  in  g^mnifc^en  ©^)ielen  übten,  unb  felbft  bie  ao 
^rieftcr  berlie^en  i^ren  3)ienft  unb  eilten  jur  5Paläfitra,  um  ben  gefe^toibrigen  Sluffül^rungen 
beijuU)ol^nen.  3""^  3^*^^  \^^^^  ©iferg  für  ben  beibnifc^en  Äultuö  fc^idftc  er  fogar,  ate 
fid^  ber  Äönig  jur  geier  ber  attc  bier  3öl^e  ftattpnbenbcn  ^ftf^)iele  in  %r)xu^  aufl^ielt, 
eine  2^eorie  mit  300  ju  D^)fem  für  ben  $eraHe^3KelIart^  bcftimmten  ©ilberbrad^men 
bort^in.  3lai)  3  ^af)xtn  id)0(^  toarb  er  tro|  allem  burd^  SRenelao^,  ©imong  ©ruber,  86 
ben  er  in  ®elb-  unb  anberen  ©efc^äften  ju  Slntioc^u^  gefc^icft  ^atte,  au^  feinem  Slmte 
berbrängt ;  ber  (Srunb  toar  tool^l  nic^t  allein,  ba^  ilj^n  biefer  um  300  lalente  ©ilber^ 
überbot,  fonbern  ba^  er  felbft  —  fei  e^  mit  Stecht  ober  Unredbt  —  beim  ©^rerfönige  in 
ben  (Seruc^  eine^  ^tolemäerfreunbed  gelommen  toar,  bgl.  31.  Sücpler  a.  a.  D.,  ©.  1 12  ff.  (Sr 
flol^  in^  Dftjorbanlanb  ju  ben  2lmmonitem  2  3Jlat  4,  26.  93on  bier  feierte  er  170  b.  6l^r.  40 
lüä^renb  be«  2.  ägVt)tifd^en^lbjuge«  öonStntioc^u^  auf  baöSerüc^t  l^in,  ba|  ber  ©^rerf önig 
geftorben  fei,  jurüdt,  eroberte  mit  einem  Raufen  bon  über  1000  3Kann  3^Älem  unb 
richtete  ^ier  ein  gro^e^  Slutbab  an;  ü)lenelao^  flüchtete  in  bie  Surg  unb  leiftete  ^ier  er* 
folgreic^  SBiberftanb.  Sluf  bie  2)auer  lonnte  fid^  ^ajon  nic^t  be^aut)ten..unb  flo^  jurüdE 
in  bie  3lmmaniti^,  bon  ba  ju  bem  Slraberfürften  Slreta^,  bann  nac^  StgV^ten  unb  foH  45 
fc^lic^id^  bei  ben  Sacebämoniem  (nac^  31.  Sudeler  a.  a.  0.,  ©.  127  ff.  toären  bamit  bie 
borif^en  ©riechen  ber  3tg^pten  benachbarten  Äl^renaifa  gemeint)  geftorben  fein ;  2lntioc^u« 
aber  na^m,  atö  er  au^  Steg^jjten  jurücRel^rte  (169  b.  6l^r.),  an  ^erufalem  blutige  SRadj^, 
®anj  anber^  berid^tet  3ofe^^u^  (a.  a.  D.) :  nad^  i^m  erfc^eint  3cifon  boUfommen  ein* 
hjanbfrei,  unb  ber  görberer  be8  ^eKenii^mu^  unter  ben  3uben  ift  bielmel^  3Renelao^  im  60 
Sunbe  mit  ben  Xobiaben  getoefen.  3^w^=3^fon  erlangte  nac^  bem  3^obe  feinet  Srubeng 
Cniaö  orbnung^mä^ig  ba«  Äol^e))rieftertum,  fiel  bann  in  Ungnabe  bei  Stntiod^u«  unb 
nmfete  fein  2lmt  feinem  jüngften  Sruber  Cnia^s^Kenelaoig  abtreten.  ®egen  benfelben  er» 
bob  er  \\d)  aber,  toobei  bie  SKel^rl^eit  be«  Solle«  ju  il^m  l^ielt,  toä^renb  fic^  um  SKenelao« 
bie  mäd^tige  Partei  ber  Xobiaben  fc^arte,  unb  e«  gelang  il^m,  feine  ®egner  ju  berjagen.  66 
5WeneIao«  famt  feinem  Slnl^angc  toanbte  fic^  na^  Slntio^ien  ju  2lntioc^u«  (Sj^ijj^ane« 
unb  ertoirlte  ftc^  t)on  biefem  bie  @rlaubni«,   ein  ®);mnaftum  in  3^^^"^   i^  erbauen 


608  dtfoit  ^»pi» 

unb  bic  ^viöm  ju  örägiftcrcn;  '^a\on  felbft  bcrfc^toinbct  nad^  feinem  Sie^e  über  bie 
5Cobiaben  Jt)urio€f  au^  bem  ©ejid^t^frcte.  2)ic  toeitau«  meiften  ©elel^rten  beborjugen  mit 
SRec^t  tro|  be«  (Sm^mc^e«  bon  §.  SQäiaric^  (a.  a.  D.,  j.  bef.  ©.  83 ff.  Hoff.),  ber  btc 
3)arfteIIun0  be^  2.  SRaRabäerbuc^e«  über  3«f*>n  für  beh)u|t  gefälfc^te  lenben^gcfc^ic^te 
6  ^ält,  ben  Sericf^t  bc«  gafon  bon  Ä^rene. 

2.  3afon,  ©o^n  eieajar^.  ©erfelbe  toarb nad^  l3Kaf8,  17  jufammen  mit  gu= 
))olemo«,  bem  ©ol^ne  S^^anne^',  bon  ^u'öa^  SRaKabäu^  nacf;  SRom  öefqtdft,  um  mit  ben 
SRömem  „in  JJreunbfc^aft  unb  Sunbe^genoffenfd^aft  ju  treten" ;  bgl.  aui)  2  3)laf  4, 1 1 ;  ^o^ 
fejjj^u^,  Antiqu.  XII.  10,  6  (§  414—419).  3)iefe  (Sefanbtfc^aft  fielnac^  1  Wlat  in  biegeit 

10  nad)  ben  ©iegen  3ubaö'  über  5Rifanor  bei  Äop^ar-Salama  unb  33ct^5§oron  (?IRärj  161 
b.  6^r.)  unb  ^atte  ben  »bfc^lu^  eine«©c^u|=  unb  Xru^bunbe«  jur  golge  (1  3Rd  8, 21  ff.). 
3j[^rc  Oef^id^tlic^Ieit  ift  bon  $.  SSiUric^  a.  a.  D.,  ©.  71ff.  in  3h)eifel  gebogen,  ober  c^ 
toirb  tro|  ber  SBirfungölofigfeit  biefe«  Sunbe«  bie  angäbe  1  3Ral  8,  17  —  um  mit 
SBeK^aufen  ju  reben  —  nid^t  „ganj  au^  ber  Suft  gegriffen"  fein  (a.  a.D.  ©.216  Snm.). 

löSSgl.  noc^  @.  ©d^ürer  a.  a.  D.,  I-,  ©.  170 ff.;  3ftp3:^  1874,  ©.231  ff.;  ^.  9litf(^I, 
Acta  societatis  philo!.  Lips.  1875,  ©.  91  ff. 

3.  ^a]on  bon  Ä^rene.  3B.  ®rimm,  Äurjgcf.  eyeg.  ^onbbuc^  ju  b.^Ipofr  bc§  ^Z 
IV,  1857;  G.  ©4ürer,  a.  a.  a  III»,  1898,  @.  359 ff.;  ?l.  edjtQttev,  3af.  ^-  i^-  tn  &cfifd)rift 
ber  t^cof.  3raf.;  ®reif«wolb  1891;  ©.Söiaricft,  a.a.O.  ©.  64 ff.;  33.  <«iefe,  Äritit  ber  beiben 

20  •äRaWabäerbücfter  ncbft  93citrägen  jur  ®cfc^.  ber  matf.  drfiebung  in  C)crnic«,  93b  XXXV, 
1900,  ©.  268  ff. 

3afon  bon  Ä^rene  toar  ein  ^elleniftifd^er  3ube,  ber  nac^  2  3Ral  2,  19  ff.  ein  5  Sucher 
umfaflenbei^,  gried^ifd^  gefc^riebene^  SEBerl  über  guba«  3Kaffabäu^  unb  feine  Srüber,  bie 
5Cem})elreinigung,   bie  Kriege  gegen  9(ntioc^ud  @)}i^l^aned   unb  @upator,   fotoie   bie   ben 

25  Stampfern  für  bad  ^ubentum  ju  ^eil  getDorbene  U)unberbare  göttlid^e  ^ilfe  berfa|t  ^t. 
a)a«felbe  umfaßt  bie  geit  bon  176—161  t).  6^r.  unb  ift  ber  erjä^lung  be«  2.  3RaU 
labäerbud^e^  ju  ®runbe  gelegt,  bie  nur  eine  rl^etorifc^  au^efd^mücfte  unb  lesbarer  gc= 
ftaltete  inirofi^  (2  3)lal  2,  26.  28)  au«  jenem  barftettt;  f.  auc^  2  3KaI  15, 38  f.  »ttc 
38eranttoortIid^teit  für  bie  SRic^tigleit  ber   angeführten  Xl^atfac^en  fc^iebt  ber  ß^itomator 

30  auf  feinen  ®etoä^r«mann  (2,  28  ff.),  aber  barum  ift  beffen  $crfönli(f;feit  bon  iljm  getoife 
nidS^t  blofe  frei  erfunben  unb  lebiglidS)  ate  SKa^fe  für  feine  eigene  ©c^riftftetterei  benu^t 
toorben  (5B.  §.  Äofter«,  De  polemiek  van  het  tweede  boek  der  Makk.  in  Theo!. 
Tijdsch.  1878,©  491  ff.;  a.  Äamjji^aufen  in  5Die 2lt)oIr^l)l^cn  u. 5ßfcube»)igra^ben  b.Sfl:, 
1898,  ©.  84).    3afon  fcf^rieb  bermutlic^  jtoifc^en  162  unb  125  b.  6fjr.,   too^l   noc^  toor 

86  ber  2lufri(^tung  ber  ^a^monäifd^en  §errfd^aft,  unb  ^toax  öielleid^t  in  Slegt^pten  (SHatolinfon 
fe^t  i^n  um  100  b.  6^r. ;  SBittric^,  a.  a.  D.,  ©.  76  gar  erft  in  bie  erften  35ejennien  un« 
ferer  3^^^^"ung).  5flad^  21.  ©c^Iatter  läge  fein  2öerf  auc^  bem  1.  3)laIIabäerbu(^  ju 
©runbe,  baö  eine  l^ebräifd^e  Bearbeitung  be«  ^a\on  fei,  bie  man  fpäter  toieber  in« 
©rie^ifc^e  übertragen  i}abi.    ^n  proteftantifc^en  Äreifen  ift  |\iemlid^  attgemein  bie  ®Iaub= 

40  toürbigleit  bon  2  mal  toeit  l^inter  bie  bon  1 3KaI  geftettt  tüorben,  fte  l^at  aber  neuere 
bing«  in  93.  SRiefe  einen  bead^ten«h)erten  3?crteibiger  gefunben. 

4.  Site  feinen  „S?ertoanbten"  bejeicf^net  ^aulu«  9lö  16,21  einen  6^riften9lamen«3afon 
unb  befteDt  bon  i^m  ®rü^e  an  bie  ©emeinbe  bon  91om  (be^.  ©jj^efu«);  berfelbe  lebte 
toa^c^einlic^  in  Äorint^,  bgt.  SRö  16,  1. 

46  5.  Sei  einem  (S^riften  ^afon,  ber  bon  bem  eben  genannten  tDol^l  ju  trennen  ift  (fo 
bie  3Keiften),  U)o^nte  5ßaulu«  ju  a:i^effalonid^  ah.  17,  5—9. 

6.  Ueber  ben  a})otogetifc^en  Dialog  ^a\on  unb  ^api«fu«  f.  33b  II,  ©.  47,  3:jff. 

tR.  ftrae^fi^mtt. 

3[«0<>ie,  aibert  ©igi«munb,  geft.  1885.  —  1.  92ad)folöenbcr  ©fi^ac  ^aben  neben 
60  perjönlic^en  (Erinnerungen  noc^  Scbenber  bie  uortjonbencn  ^erfonaloflcn  beS  I).  3ö*piö  ju 
ÖJrunbc  gelegen.  Sgl.  auc^  „Silber  auö  bem  fird)!.  ^cben  unb  ber  cftriftl.  fiicbcöt^ätigfcit 
in  "ißümmern",  öerou^gegebcn  com  ^roüin^ioluerein  für  innere  'öKiffion  in  Sommern,  1.  Sb, 
©tettin  1895,  ©.  205 ff.;  fomie  ben  ber  2.  Äufl.  ber  ^ßrebigtfammlung  „Erinnerungen  an 
eincßeit»  wo  eö  trübe  unb  finfter  luar",  i^öln  1888,  üorQn9ef(t)icften  ifebcnöabrife ;  beibed  üon 
66  ber  4)cinb  feinet  ©obned. 

2.  ©d)riften  (9(u8iüaf)l).    53ibelanefboten,   2)re^bcn  1845.    Erinnerungen  an  eine  Seit, 

wo  eS  trübe  unb  finfter  loor,  14  ^rcbigten  quS  \>c\\  SieibcnSjaörcn  1846  47,  Elberfclb  1848; 

2.  9(ufl.,    burc^  IG  «Prcbißten  oerme&rt,  Stöln  1888.    3)er  fl.  Äatecf)i«muS  fiut^cr«,    axi^  p* 

felbft  erftÄrt,    wie  auö  ber  \)L  ©cftrift,    namentlich    i^ren  ®efrf)ic6ten   erläutert,  4  3luSgaben 

<J0  mit  indgefamt  über  50  Auflagen,     .^ilfdbüc^lein  für  ben  Unterricht  in  ben  bibl.  Q^ef(f)id^ten, 


S^»pi»  609 

2.  9lufl.,  eiberfelb  1856.  lÖebenSbilber  au§  bcr  früheren  SSergangcn^cit  bcv  eu.  lut^.  ®c» 
Micinbc  gu  eiberfelb,  (gibcrfclb  185i?.  ^Iqu  für  ba«  rcl.  Untcrri(ftt8gebiet  iii  etoang.  93olf«» 
fcfjulcn,  Stettin  1856.  a)er  Sc^rer  alS  ©cclforgcr  unter  feinen  Äinbern,  ^öln  1861.  ©teben 
©riefe  über  ba§  Sefen  ber  ©ibcl,  ©erlin  1864,  4.  «Tuff.  1882.  Erinnerungen  an  ben  Xag 
ber  Konfirmation,  ©erlin,  über  30  ^ufloaen.  ßeugniffe  oom  ^eit  unb  ßeben  in  ß^rifto,  6 
2  ©be,  eibcrfelb.  S)ie  ©eelforge  unter  Äonfirmonben,  ©erlin  1883.  3Binfe  ju  ©etro(ft» 
tungen  ber  @^ef(i^id^te  bed  Sobedleibend  unferd  ^errn  3efu  S^rifti  nad^  ben  (^ou.,  2  ©be, 
©erlin  1874  unb  1887.  S)ie  7  ©ufepfalmen  aufgelegt,  ©erlin.  S^^^reic^e  einjeln  gebrucfte 
^rebigtcn. 

5Wur  tüenigcn  unter  ben  Äird^enmännem,  tDcIc^e  na^  bcm  aibftcrbcn  bei^  Slationali^s  lo 
mu^  für  bic  (Smeucrung  unb  SSertiefung  d^riftlic^en  ©lauben^leben^  in  ber  beutfc^^ebang. 
Sird^e  i^re  Sebengfraft  eingefefet  l^aben,  ift  eine  fo  langiäl^rige  unb  gugleic^  feclforgerli^ 
f 0  erfolgreiche  SBirlfamleit  befc^teben  getoefen,  toic  bem  ^jommerfc^en  Oeneralfu^jerintenbenten 
D.  3llbert  ©igi^munb  3a«pi^. 

©eboren  am  15.  ^bruar  1809  in  bem   fäd^fifc^en  ©t&btd^en  9loffen  aU  ber  ©obn  i5 
eine«  ©erid^tgbireltor«  unb  3urigt)ta!tifuö  ^ot  er,  h)ie  btelc  feiner  SUter^enoffen,  al«  Änabe 
unb  Jüngling  in  ber  l^arten  ©d^ule  ber  3tök  unb  (Sntbel^rungen  jene  3^^'öl^it  in  ber 
2lrbeit  unb  ©infac^^eit  ber  äußeren  Seben^fü^rung  fic^  angeeignet,   tt)cld;e   faft   aKc  be^ 
bcutenberen  ^erfönlid^feiten  ber  ^ertobe  bor  1870   t)or  bem    tüeic^er  gearteten  unb  im^ 
^ulfiöer  angelegten  ©efc^led^t  ber  ©egentüart  au^geic^net.  3lad)  einer  treu  benu^ten  ©xjm^  20 
nafia[tenjett   in  ^eiberg    a.  SRuIbe   bejog    er  1827    bie  UnibcrfUät  2ei^)jig.    Dbtool^I 
^;\fc^imer  bort  f^on  feit  ettoa  jtoei  $^<^^i^c^i*^  bcmül^t  getoefen  toar,   jtöifd^en  bem 
Dffenbarung^glauben  unb  bem  SRationali^mu«  gu  bermttteln,  unb  neben  bem  aufftreben- 
ben  §afe  gerabe  bamafe  2lug.  §al^n  feinen  auffeilen   erregenben  RanH)f  gegen  ben  SJut 
gärrationali^mu^  begann,  blieb  boc^  bie  tl^eologifd^e  Suft,  bie  ben  ©tubenten  umgab,  im  25 
mcfentlid^en  rationaUftifd^.    ©ein  gleife  unb  feine  Segabung,   jumal  bie  bamatö  bereit« 
bert)ortretcnbe  ^omiletifd^e,  fanben  gebü^renbe  Slnerfennung,  ate  er  in  ben^a^ren  1831  unb 
i882  bie  t^eol.  Prüfungen  ablegte;  baneben  l^atte  er  nod^  3^*^  gefunben,  fid^  ben  ^f^ilo^ 
fojj^ifd^en  3)oftorgrab  ju  em^erben. 

1832  trat  er  ate  Äatec^et   unb  9la(i&mittaggj)rebiger  bei  ber  ^eter^lird^e  in  2^ipm  ^ 
in  ben  Äirc^enbienft.    §ier  emjjfing  er  burd^   ben  aU  Äanjelrebner,  ©eelforger  unb  ßr^ 
jie^er  junger  ©eiftlic^er  rül^mlic^ft  belannten  %.  31.  9Bolf  (über  biefen  t>gl.  Sfitfc^e,  %.  31. 
syotf  al^  ^Prebiger,   ©rimma  1842)    toäl^renb  einer  breijäbrtgen   Il^ätigleit  biejenigen 
geiftlid;en  unb  jjaftoralen  3lnregungen,  bie  feine  5ßerfönlic^leit  bauemb  beftimmt  ^aben. 
3)a^  grgebniö  biefe^  ol^ne  jebe  ©etoaltfamleit  fid^   i)oII«e|enben  -^Jrojeffe^  toar  für  i^n  35 
ein  auf  lutl^erifc^sfonfejfionetter  ©nmblage  fic^   erbauenber,  auf  entf^iebenen  Sruc^  mit 
ollem  fünbig-tDeltförmigen  SBefen  gerichteter  ebenfo  ernfter  töie  inniger  ^pieti^mu^,  ber  feine 
®lut  burc^  ein  intenfibeiS  ©ebet^leben  ftet^  neu  anjufa^en  tou^te.   9Bie  fel^r  gerabe  SBolf 
an  Dem  inneren  Söerbegange  feinet  jugenblic^en  Untergebenen  beteiligt  getoefen  ift,  brücftc 
fic^  noc^  3öJ^i^J^^>^te  fj^äter  barin  au«,   ba|  3-  «^^  ©eneralfujjerintenbent  jüngeren  ©eift-  40 
liefen  ober  Äanbibaten  für  i^re  d^riftlid^e  SJertiefung  unb  ^omiletifc^e  SBeiterbilbung  mit 
SSorliebe  SBolf«  ^rebigten    ju  empfehlen,   nid^t    feiten    auc^   gefcf^enteeife  eingu^änbigen 
pflegte,    gm  ©ommer  1835  tourbe    er  bon  bem  fürftlid^  ©c^önburgifc^en  ^atronat  jum 
^^Jfarrer  in  Sugau,  3  ^a^xt  fpäter  jum  3)iafonu3  in  Sic^tenftein  unb  Pfarrer  in  9löbli| 
berufen.    (Smfige  ©eelforge  unb   bornel^mlid^   treue  SBefd^äftigung   mit  ber  gugcnb  ge-  45 
tpannen  il^m  an  beiben  Orten  fd^neU  bie  ^erjen ;  feine  Äanjeltoirffamleit  erftrecftc  fic^  fc^on 
bamat«  über  bie  engeren  ©renjen  feiner  ©emeinben  ^inau«.  Da  brad^te  ba«  '^afyc  1845 
bic  cntfc^eibenbe  SBcnbung  feine«  Seben«,  ben  Übergang  in  bie  preu^.  Sanbe«Iirc^e.  (Slber? 
felber  Äaufleute,  h)elc^e  auf  ber  Seipjiger  3Jleffe  t)on  bem  Sicbtenfteiner  35iafonu«  gehört 
Ratten,  Veranlagten  e«,  bap  er  um  bie  ©c^lu|^rebigt  für  ba«  r^einijc^e  3Kiffion«fcft  (guni  60 
1844)  gebeten  U)urbe.    3)ie  ^rebigt  mad^te  einen  fo  tiefen  ©inbrua,  ba^  bie  ßlberfelbcr 
cb.=lut^.  ©emeinbe  il^n  nod^  im  $erbfte  1844  ju  i^rem   3.  Pfarrer  U)ä^Ite.     3luf  bem 
fird;lic^en  ©oben  be«  9Buj)t)ertbaI«  fonnten   fid^  S^^t'i^'  &aUn  nunmel^r  fc^ön  entfalten. 
Gin  reiche«  ©emeinbeleben,  get)flegt  öon  ^erborragenben  3Kännem  beiber  eb.  S3elenntniffe, 
tüic  ©anber,  ^aube,  Ärummac^er,   nal^m  ben  3lnfömmling  auf;    jugleic^  regten  il^n  bie  65 
eigenartigen  fojialen  3Jerl^ältniffe  burcf;  bie  umfaf[enben  ^jaftoralen  Säufgaben,  bie  fie  il^m 
[teilten,  mächtig  an.    3lu«  ber  $raji«  l^erau«  entftanb  ^ier  biejenigc  feiner  ^Publilationcn, 
bie  feinen  9{amen  h)eit  über  bie  ©renjen  be«  eb.  3)eutfc^tanb«  ^inau«  getragen  l^at:  feine 
^Bearbeitung  be«  fl.  Äated^i«mu«  Sut^er«   für  bie  ^W^dt  be«  Äonfirmanbenuntenid^t«. 
Unftreitig  ift  bic«  Süd^lein  einer  ber  gelungenften  38erfucf;e  gur  Söfung   ber  fatecf^etifd^cn  go 
3lufgabe  ber  Äirc^e,  toie  man  biefe  in  ber  3Ritte  be«  19.  3«^i^i^wnbcrt«   in  ben   Ärcifcn 

»ea(<«nci)C(opab{e  für  IC^losie  ttab  IHr^   8.  a.  Vlll.  39 


610  ^»pü 

bc^  j)iettftif(^en  Äonfcffionali^mu^  ju  faflen  i^flcgte.  Über  feine  aKgemcinc  {irc^lu^ 
©tettung  l^at  3-  f^^  ^"  ^^"^  ä"  ©anber  gericf^teten  3Sorh)ort  gu  feiner  ^rebi^tfammlung 
„Erinnerungen  u.  f.  to."  (f.  oben)  in  bead^ten^toerter  SBeife  geäußert. 

^a^px^  tft  10  ^a^x^  in  6lberfelb  Verblieben.    3lad)  bem  Abgänge  be^  Jjommcrfc^ 

6  8if(i(}of«  Slitfd^I  lenfte  ber  fäc^fifAe  ®eneralfuj)erintenbent  SMöIIer,  ber  i^n  gelegentlich  ber 
bamalg  toieber  aufgenommenen  ©eneralfird^ent^ifitationen  fd&ä^en  gelernt  ^atte,  ben  Slicf 
ber  leitenben  Äreife  auf  i^n  al^  SRitfc^te  5Wac^foIger.  Sei  feiner  Berufung  in  bic^  ein- 
flu^reid^e  Äirc^enamt  ift  c^  feine^toeg^  glatt  hergegangen,  "^a^^pi^,  Don  9latur  ängftlic^, 
toünfc^te  bie  ©elegen^eit  m  f^egififc^  t)aftoraler  (Semeinbeorbeit   für   fid^   fic^er  geftcttt  ju 

10  feigen  unb  l^attc  aud)  fonfeffionene  Sebenfen  in  3Jejug  auf  bie  Drbination  unb  bie  Don 
il^m  ju  benu^enbe  3lbenbmal^Uft)enbeformel.  S3ejüglic^  ber  biefer^alb  Don  il^m  gef orberten 
©arantien  fagte  bamafe  ber  Oeneral  t).  ©erlac^:  „3-  lommt  mir  öor  toie  ein  @eneral, 
ber  eine  eM^*^?  wobem  foll,  aber  erflärt:  \a,  aber  ne^mt  fte  mir  jubor  ein!"  9)ie  im 
Sorbringen  begriffenen  f onfeffioneUen  Äreife  $ommem^  toünfd^ten  lebhaft,  il^n  p  getoinnen ; 

15  in  Serlin  rang  ber  Unioniömu«  eine^  ^offmann  mit  ben  Äonfeffionellen  §engftenberg, 
93inbeh)alb  u.  a.  um  ben  maftgebenben  ©influ^.  3"  3lnfang  1855  !am  S^^lpi^*  33^ 
rufung  gu  ©tanbe. 

$ier  beginnt  ber  le^te,  äuftertid^    iebenfatl^  gtängenbftc  Slbfd^nitt  im  fieben   be« 
3Wanne«.    ©reif^loalb  ernannte  i^n   unter  Äofegartenö  3)efanat  1856  jum   3)oftor  bct 

20  Ideologie.  Um  feine  Äanjel  in  ber  ©tettiner  ©^loprd^e  fammelte  fid^  eine  aujerorbcnt^ 
lic^  jal^lreic^e  ßu'^^^^^^^^f^/  ^i^  i^^  ^i^  in  f^^^^  legten  Seben^ja^re  l^inein  treu  geblicboi 
ift.  ©eine  Oeneralürd^enbifitationen  in  ber  ^robinj  tourben,  namentlich  in  ben  erften 
gal^ren,  gu  lirc^lic^en  ßreigniffen  erften  SRange^;  feine  ertDecflid^e,  ja  erfc^üttembe  Slrt, 
jium  §eil  in  6](|rifto  ju  rufen,  ben  alten  SKenfc^en  aber  jum  Serberben  beö  ^leifd^eg  ju 

26  übergeben,  ftel^t  bei  Vielen  noc^  fiebenben  in  gefegnetftcr  Erinnerung.  Der  j>ommcrfc^ 
©eiftlic^fcit  trat  er  in  toeiteftem  Umfange  feelforgerifc^  nal^e;  ber  Äanbibaten  fic^f  anju- 
ne^men  unb  auf  fie  erj^iel^lid^  ju  toirfen,  U)ar  er  fonberlicf;  bebac^t.  3Wit  großer  Ircue 
ging  er  altemben  Äanbibaten  nac^,  benen  SebenSmut  unb  Slrbcit^frcubigteit  ab^anbcn  gc^ 
fommen   tvax.     gür  bie  Ausbreitung   d^riftlid^er  SiebeSarbeit   in   ber  gorm   ber  Sereinc 

ao  unb  2lnftalten,  toie  bie  2.  §älfte  beS  abgelaufenen  J^al^rlj'W'^^^^^  P^  au^ebilbet  ^at,  toar 
er  unermübtic^  unb  nid[)t  feiten  mit  erJ^ebtid^en  eigenen  ©elbo^fem  tl^ötig.  3)ic  (äcfa^r 
ber  Seräujerlid^ung,  bie  biefen  Seftrcbungen  brol^t,  l)at  er  frü^  erfannt  unb  abjuloe^ren 
gefud^t;  baS  geflügelte  SKort  Von  ber  ,,innerften  ^Wiffton",  beren  3*^  ^i<^  perfönlic^c  Sc= 
fe^rung  beS  einzelnen  ift,  entftammt  einer  feiner  ^rebigten.     3)abei   U)ar  er  nic^t  o^c 

36  Erfolg  auf  bem  erbaulic^^en  unb  t)aftoralen  (Sebict  fc^riftfteKerifc^  t^ätig;  einige  feiner 
Iraftatc,  namentlich  bie  für  bie  eingefegnete  3^0^"^  bcftimmten,  l^aben  toeitc  Serbrei^ 
tung  gefunben.  Se^errfc^t  erfcf^eint  bie«  ganje,  locit  VerjU)eigte  ffiirfen  Von  einem  ®runb« 
juge:  bem  ber  ©eelforge. 

3n  biefem  feelforgerlid^en  2^on,   auf  toeld^en  3«^)^'^'  ^^erfönlic^leit  geftimmt   h>ar, 

40  liegt  inbe«  aucf;  feine  ©c^ranfe.  3"  ^^^^  ^^^  ^^^^  Sejiel(^ung  ^at  er  bie  Erloartungcn, 
bie  man  an  il^n  ^M^^f  "*^^  erfüllt.  Er  befaj  ein  crleud^tetcS  Sluge,  bie  SBege  be« 
(Seiftet  (Sottet  im  SWenfc^en^erjen  aufjuf^üren  unb  ^u  Verfolgen;  ein  Slann  Ilarer  Ent^ 
fc^lüffc  nnb  jielbeujujten  ^anbelnS  auf  bem  5Dtarft  bc«  Sebenö  ift  er  nid^t  gelvefen.  Ein 
Sannerträger  in  ben  fird^lic^en  Äämjjfen  ber  3^it  ift  er  nid;t  getoorben.    Einen  burc^ 

45  fc^lagenbcn  Einfluß  auf  bie  firc^lic^e  Sertpaltung  ^ommernS  l^at  er  nic^t  au^eübt.  Er 
beeinflußte  bie©eelen,  aber  bel^errfd^te  nic^t  bie®eifter;  er  l;at  im  §eere  3efu  Ebrifti  bie 
fiäffigen  angefjjomt,  bie  9Jiübcn  gcftärft,  bie  Sertounbeten  gejjflegt,  aber  er  i^t  bieitolounen 
nic^t  geführt.  3)aS  tuar  j.  %,  f^on  burc^  bie  Eigenart  feine«  äußeren  5Wenfc^en,  mel^r  aber 
nod^  burc^  bie  feiner  grömmigleit  bebingt.  ©einer  äußeren  Erfc^einung  fehlte  —  außer  auf 

BD  berÄanjel  —  ba«  :3mj)onierenbe ;  feinem  3luf treten  haftete,  tvol[^l  mit  infolge  feiner  ftarfenKurjs 
fic^tigfeit,  eine  getüiffe  Unbel^ilflic^Ieit  unb  Unfid^er^eit  an.  ©eine  unverhohlene  ©leic^iltigfcit 
gegen  alle«,  h)a«  bem  Seben  ©eftalt,  ©c^mudE  unb  Sel^agen   verleiben    lann,   ^t  nid^t 

'  feiten  ber  Äraft  feine«  3^"9"\R^  Eintrag  get^an.  3)abei  haftete  feiner  ^^ömmigleit  un* 
Verfennbar  ein   a«fetifd)'gefe^lid^er  3^0   ^"^   ^^^   ^^^  *>'«  Sebeutung   ber  9laturfeitc  im 

66  5Dlenfc^enleben  manchmal  fo  Verfennen  ließ,  baß  er  offenfunbige  3Jlißgriffe,  j.  S.  in  ber 
Seeinfluffung  be«  religiöfen  Seben«  ber  S^Ö^^^  nid^t  Vennieben  ^at  (vgl.  feine  $rüfung«= 
fragen  Vor  ber  Äonfirmation  in  „©eelforge  unter  Äonfirmanben,  Serlin  1883,  ©.  11). 
3)er  Emft  ber  täglichen  Süße,  bie  ängftli^e  ©orge  um  bie  ©eligleit  machte  bie  ®runb* 
ftimmung  feine«  religiöfen  Seben«  au« ;  ber  triebe  ber  ®otte«finbfd^aft,  bie  greubc  an  ber 

00  Seben«gemeinfdE)aft  mit  @ott  in  El^rifto  baben  if^m  ^^Wax  nid^t  gefehlt,  aber  pc  l^abcn  i^n 


^9px»  ^a»  611 

nic^t  bcl^cvrfc^t.  @r  blieb  fein  2ebtage,  toie  Süc^fel  gefagt  l^aben  fott,  eine  feufjenbe 
Äreatur.  3)em  entfprac^  aud^  ber  Sinbmdf  feiner  ^rebigt,  bie  je  länger  je  m^fyc  ©e« 
n)iffeng=  unbS3ufe})rebigth)urbc(bg[.  ßb.  Äd^jtg.  1888,  ©>).  578),  afe  folc^e  aber  bi«  jule^t 
gewaltig  blieb. 

(Sine  f6h?ere  93eeinträ(^tigung  erful^  feine  @teQung  innerhalb  $ommemd  burc^  ben  5 
(Sang  ber  fonfefftonetten  SBirren  unb  Ääm^)fe.  2)ie  toieber^olte  ©i^jiplinierung  be« 
§au})teg  ber  t)ommerf(i^en  Sut^eraner,  be«  ©uj).  SKeinl^olb,  burc^  bie  ürd^lid^en  Sel^örben 
fii^rte  ju  einer  tiefen  SSerftimmung  biefer  Äreife  gegen  i^ren  ®eneralfuj)ertntenbenten. 
3nan  gab  i^m  ©d^ulb,  er  l^abe  bem  be^örbUc^en  SSorge^en  gegen  SRein^olb  nic^t  energifc^ 
genug  toiberftanben.  ©eine  $altung  auf  ber  aujerorbentlic^cn  ©enerolf^nobe  bon  1875  lo 
öermel^rte  ba^  SKi^trauen  unb  brad^te  i^n  in  eine  Sfolierung,  an  toelc^er  er  fd^mer  trug, 
©eine  ijeinüd^e  ®eh)iffenl^aftig!eit  liefe  aber  bcn  ©ebanfen  an  einen  ©ntritt  In  ben  SRul^ 
ftanb  in  i^m  nic^t  auffommen ;  er  ^at  feine  Kräfte  bi«  ju  ben  legten  SReferbcn  im  2lmt 
bcrbrauc^t.    Sm  20.  ©ejember  1885  ift  er  jur  ^eube  feine«  §erm  eingegangen. 

^atian.  —  fiittcratur:  83.  Stabe,  De  populo  Javan,  ©lefeen  1880.  9?cu  gcbrurft 
in  Sieben  unb  ^Ib^anblungen,  Gelegen  1899;  Gb.  ^hxjev,  G^efc^idjte  bed  ^Utertumd  I  (1884), 
490-494.  II  (1893),  433.  685  ff. 

Satoan,  i;;,  bejeid^net  im  31%  teifö  bie  (Sriec^en  Rleinafien«,  teite  bie  ©riechen  über« 
l^aupt.    tiefer  ©jjrad^ebraud^  ift  bem  äl  mit  bem  ganjen  Orient  gemeinfam.  ®r  erllärt  20 
fic^  au«  ber  im  3Jölferuerfel^r  l^äufigen  2:l^atfac^e,  bafe  ber  9lame  eine«  einzelnen  ©tamme« 
bei  ben  9lad^barböllem  jur  Sejeic^nung  ber  ^anjen  SZation  toirb,  ber  jener  ©tamm  an^ 
gehört.    3)a«  ^ebräifc^e  ";;  entfjjric^t  bem  gnec^ifc^en  "Idoveg,  laFoveg^  ba«  fotüo^l  bie 
Sonicr  in  Slttifa  al«  aud^  bie  an  ber  SBefttüfte  Äleinaften«  bejeic^net.  Stuf  einer  gnfd^ft 
be«  affl;rifc^en  Äönig«  ©argon«  II.  (722—705)  tautet  ber  9lame  Javana,  auf  ber  t)ers  25 
fifc^cn  3!)ariu«infd^rift  I  Jauna,   auf  ber  S^f^^f^  ^^  inbifd^en  Äönig«  3lfoIa  au«  bem 
britten  IJal^rl^unbert  t)or  6^r.  Javana.    Safe  gerabe  ber  Siamc  ber  Sanier  im  Orient 
für  ©riechen  überl^aujjt  üblid^  tpirb,  l^at  feinen  ©runb  barin,  bafe  bie  ^onierftäbte  an  ber 
SKcftfüfte  Äleinafien«  feit  bem   aijim  3ia^r^unbert  ben  Äanbel  nad^  bem  Orient  über 
£anb  unb  über  bie  ©ee  bel;errfc^ten.    ©eit  tuann  biefer  5Rame   bon  ben  Orientalen  für») 
©ricd;cn  übcrl;auj)t  gebrandet  h)urbe,  läfet  fic^  nic^t  beftimmt  nad^ueifen;  bie  SSerl^ältniffc 
bc«  alten  §anbeleuerfel^r«  fi)re(^en  ol^ne  3^^^^"  bafür,  bafe  biefer  (Sebrauc^  fd;on   älter 
ift  al«  bie  perfifc^e  ^Äi  unb  nidj^t  erft  burc^  bie  §errfd^aft  ber  ^^Jerfer  über  bie  ©riechen 
Mleinafien«  herbeigeführt  tDurbe,  U)ie  ©tabe  in  ber  oben  angeführten  Slbl^nblung  annahm. 
!öeac^tenetpert  ift  nod^,  bafe  bie  Orientalen  ben  9lamcn  in  ber  alten  ^rm  (mit  bem  wau  35 
ober  SBigamma)  fennen  lernten.    S«  ergiebt  fid^  barau«,  bafe  il^re  ^erül^rung  mit  ben 
^oniern  in  eine  jiemlic^  ^o^e  ^zxi  l^inaufreic^t  (bei  §omer  ^l.  13,  685  ^Idoveg). 

3)ie  ©teilen  be«  WS.  laffen  fid^  nac^  i^rem  ©inn  in  brei  ©ruj)t)en  teilen.   (Sj  27, 13 
u>irb  ^v  neben  I^ubal  unb  3Kefed^  genannt;   l^ier  fmb  bemnac^  Öeinafiatifc^e  ©riechen 
gemeint,  toielleic^t  ^onier  im  eigentliqen  ©inn,  bie  in  ben  Kolonien  an  ber  ©üblüfte  be«  40 
f4>iüarjen  SKeere«  fafeen  (©tabe).    fl^nlic^  öer^ält  e«  f^c^  nüt  3ef  66,  19,  too  mit  LXX 
,,2ub  unb  a)?efec^  unb  I^ubal   unb  :5at)an"  ju  lefen  ift.    (gj  27,  19   ift  jeboc^  3.  nur 
infolge  uon  Xe^ltoerberbni«  öor^anben,   h)ie  eine  3}ergleic^ung  ber  LXX  bereift;   e«  ift 
bal)ci*  unnötig,  um  biefer  ©tette  toiUen  an  ein  arabifc^e«  3  ya  beulen,   h)a«   man   feit 
©.  Öoc^art,  Phaleg(l651)  I,  132  f.  I^äufig  getl;an  ^at.    2)en  allgemeinen  ©inn  „©ric5  45 
d;cu"  ^at  3.  in  ber  ^NÖlfertafel   ©en  10,  2.  4f.  =  1  6^r  1,  5.  7.    gtoar  fte^t  ©en 
10,  2  3.  neben  S^ubal  unb  a)Jefed;  mie  ©j  27,  13;    3ef.  66,  19,   aber  SS.  4   toerben 
(Slifa  (toal^rfd[;einlid^  ©icilien),  Xarteffu«  in  ©Jjanien,  6vj)em  unb  Sl^obu«  ju  3-  gcred^net, 
unb  %.  5  U)irb  3-  gcrabeju  al«  ba«  3Jolf  be«  mittellänbifc^en  3)Jeere«  bejei^net.    3)a« 
lä^t  fid^  nur  bon  ben  ©ned^en  über^aut)t  Derfte^en.    3)er  SSerfaffer  be«  ^riefterlobej  —  50 
mit  i^m  l^aben  mir  e«  in  biefen  SJerfen  ^u  tl^un  —  fennt  bereit«  bie  SSerbrängung  ber 
^^J^öuicier  a\x^  ber  $ertfc^aft  über  ba«  uRittelmer  burcf;  bie  ©ried(}en  unb  bie  Slüte  ber 
gried;ifc(|en  änfiebelungen  im  335eften   im  fiebenten  unb  fec^ften  S^ii^rl^unbert.    3luc^  goet 
4,  6  ift  t)on  ©riechen  über^au»)t  bie  Siebe,    ©nblic^  bejeic^net  3.  ©ac^  9,  13  (l.  l": "?.?) 
baö  gvied^ifc^e  äBeltreid^,  genauer  ba«  Sleic^  ber  ©eleuciben,  bur^  beffen  3Sernid^tung  ^\on  66 
befreit  toerben  foü.    Da  8,  21  (11,  2)  ift  ba«  3fleid;  Sllejanber«  be«  ©roften  gemeint, 
10,  20  ba«  ©eleucibenreic^.  (&ui\i^t. 

"^ha^f  Sifd^of  t)on  (Sbeffa,  geft.  457.  —  duellen:  Asrumiani,  Bibliothoca 
Orientalin  [,  200  ff. ;  III,  1,  85;  %k  VCfteu  ber  cpljcfinlfc^eu  St)«obc  uon  449  uou  ö).  .t)off* 

39* 


612  ^a»  3^eaKdmitd,  bentfc^er 

mann,  %  Martin,  6.  ®.  g.  ^enl)  (Xitel  bei  9?eftfc,  Litt.  Hyr.  p.  63 f.);  boju  ©.  »cij. 
fäffer,  Xt)S81879,7:  .^aUier,  Unterfucöunöen  über  bie  cbeffenifdje  ©^ronil  (XU  IX,  1.  1892); 
R.  Duval,  histoire  d'Edesse  174;  Litt^rature  syriaque;  ^ornocf,  3)®  II;  J.  B.  Chabot, 
lY^cole  de  Nisibe  (JA.  1896  JuUL  Aoöt  95). 

6  ^ba^,  ^Ißag,  f^rifd^  N?"^":,  meift  öcrfür^jt  «:?"^r'  (=  Donatus),  tourbc  im  3.  435 
Sifc^of  bon  ßbcjfa  afö  ^Jiac^folger  bc^  5labbula^,  ber  eifrig  für  G^riK  5ßartei  genommeit 
unb  namentlich  bcn  I^eobor  bon  3Woj)fuefte  unb  befjen  ©d^riftcn  ju  toerfe^em  gefud^t 
l^atte.  3)afe  ^bo«,  toelc^er  fw^  il^m  ^icrin  mit  aller  ßneröie  tüiberfe^tc  —  bgl.  borübir 
fein  berühmt  getoorbene^  ©(^reiben  an  SRare^  au^  Sctl^^^arbafc^ir  (©eleucia)  am  STigrie 

10  —  ju  feinem  ^lac^folger  getoö^It  tourbe  unb  ftc^  aller  3lnfeinbungen  ungea^tet  bi^  ^wc 
jhjeiten  ej)l^ermif(^cn  ©^nobe  in  feinem  Slmte  galten  f onnte,  jeugt  umfome^r  für  bie  Äroft 
feiner  ^Perfönlic^feit,  ate  bie  öon  ^ba^  Vertretene  gemäßigt  antioc^enifd^e  I^ieologic  bamaü 
au(^  in  ©beffa  im  Slüdfgang  toar.  93eim  ^atriard^cn  ^^5roHuö  unb  beim  Äaifer  ^obo= 
fm^  II.  berflagt,  ba^  er  burd^  bie  ©c^riften  bc^  9Kot)fucftener«,  toelc^e  er  in  Scrbinbung 

16  mit  2  anbem  ©bcffenem,  ßuma^  unb  ^ßrobug,  in^  ©^rifd^c  übertrug,  bie  neftorianifc^e 
Äc^erei  im  ganjen  Orient  Verbreite,  U)urbe  er  Von  ber  Släuberfl^nobe  in  ß^j^cfu^  am 
22.  2luguft  449  feiner  ©tette  entfe^t,  obfc^on  bie  Vorau^egangenen  Serl^anblungen  in 
%\)xn^Stt\}tn^^%\)xu^  am  25.  »Jebruar  bcöfelben  ^a^re^  ju  einem  frieblid^en  Sluötrag  ge^ 
fü|rt  batten;  f.  barüber  unb  über  bie  um  Dftern  in  ©beffa  felbft   ftattgel^abten  Sluftrttte 

20  bie  inftruftiben  Slac^ric^tcn  in  ben  f^^rifc^en  äften  ber  ejjl^efinifc^en  ©^nobe.  §at  bo(^ 
3)i(»fur  Von  bem  „ledten  unb  ungeiftlic^en"  Sifc^of  Von  ©beffa  (§ama(f,  2)®  2,  356) 
baö  Sßort  IoI)3ortiert:  3^  beneibe  ß^riftum  nic^t,  ba|  er  ©Ott  gelvorben;  benn  auc^  i(^ 
fann  ^  U)erben  n)enn  id^  tüill.  3"  G^alcebon  am  28.  DItober  451  U)ieber  ol^  rec^t* 
gläubig  anerfannt  unb  in  fein  Slmt  eingefe^t,   ftarb  ^ba^  am  28.  Dftober  457.    ©ein 

26  Slad^folger  h)urbc  5Jonnu^,  ber  i]^n  fc^on  Von  449/51  erfe^t  l^atte.  ©ein  Srief  anüKareö, 
ber  noc^  teitoeife  in  einer  gried^ifc^en  Überfe^ung  unter  ben  Säften  be8  Äonjil^  Von  6^al- 
cebon  erl^alten  ift  (bei  aJlanfi  VII,  241  [„Vlfl,  242"  bei  $arnai,  35®  2,  393  ift 
3)rudEfeI;ler],  ber  f^rifc^e  lejt  in  ben  äften  ber  et)^efmifc^en  ©^nobe  ift  eine  9lüdfüber= 
tragung  a\x^  bem  ®riec^ifc^en),   l)ai  Sebeutung  ate  eine  ben  neftorianifc^en  ©treitigfeiten 

80  gleid^^eitige  QueUenfc^rift,  unb  ate  juverläfftge«  3^w0"'^  "^^  *^^^  \i^^  ^W^^  ©lautenö^ 
ric^tung.  Sr  tabelt  barin  ben  6^>riu  ^eftig,  ber  in  baS  3)ogma  be«  Slpottinariu»  Verfallen 
fei,  bat  aber  auc^  an  9ieftoriu^  au^jufe^en,  bafe  er  fic^  Vor  ber  $ärefie  bei8  ©amofatener^ 
ni^t  genug  gehütet,  unb  ieigt  fw^  übcrl^aupt  aU  ein  5Kann  von  felbftftänbigem  unb  mög= 
lidift  un^arteiif^em  Urteil.    3)ur(^  ein  gbift  be^  Äaifer«  S^P^^^^^"  ""^  barauf   Von    ber 

36  fünften  öfumenifc^en  S^nobe  in  Äonftantinojjel  553  —  f.  je^t  ©iefamp,  bie  origcniftifc^n 
©treitigfeiten  im  6.  ^ö^^^w^^^  (9Jlünfter  1899)  —  tüurbe  biefer  Srief  atö  eine«  ber 
3  ÄaJ)iteI  Verbammt,  bie  ^perfönlic^e  Drt^obojie  feinet  3Serfafferi§  aber  nid^t  angefochten.  — 
a?on  ben  ^atobiten  h)irb  ^baö  nic^t  anerfannt.  (6.  IRJbiger  t)  @^*  S^efllc, 

^bactttd  f.  5ßrifcillian. 

40  ^bcaliömuö,  bcutfdjer.  —  ^dlöemeineö:  3)ilt^ei),  Säjlcicrmacfteröficbenl;  S.Wcrj, 
European  thought  in  the  19  th.  cent,  ®binburc|t)  1896;  Xtj.  Qiic^^tx,  Die  qciftigen  u.  fo^ialen 
6tröiiiun(\en,  S3erlinl899;  Renoiivier,  Introduction  ä  la  philosophie  analy tique  de  Thistoire ^ 
iPnriö  189Ü;  Kenouvier,  Philosophie  analytique  de  l'histoire  t.  III  u.  IV,  ^ari«  1897; 
Th.  Carlyle,   Characteristios,    beutfcfi    uon    ^enfel    in  „SoiiQlpoIitifc^e  (öcbriftcn  U.  Zt^.  6." 

46 II  1896;  H.  Taine,  Hist.  de  la  Littörature  anglaise,  t.  III  u.  IV,  ^arig  1863—64; 
(Juden,  ficbeneonfcöauuui^en  ber  großen  2)enfer^,  1899;  Surfen,  ®runbbegriffc  ber  Q^egem 
wart^  1893:  53ierfnnbt,  9?nturuöl!er  unb  Äulturuölfer  1896;  ©olbftein,  Äulturproblcm  ber 
©egemuQvt  1899;  '}[.  S)iciü«,  S)eutfc^e  (gpefuintion  feit  Äant  mit  bef.  SRiirfficftt  auf  baS  ©efen 
bc^    9tbfüluten    unb    bie   ^evfönlicftfeit  ÖJotleö,  1893    —    ®ef(^id)tc    ber   ^^ilofop^lc:  Äuno 

60  Sijdjer,  Säinbelbnnb,  Q.  6.  ^rbmann,  S^^^^i  golcfenberg.  Sitteraturnac^ipeife  bei  Uebcrnjeg« 
^einje  III ^  —  ö^cfc^i^te  ber  ßitlcrotur:  Julian  (ödjuiibt,  ©ermnuö,  ^oberftein,  Sljolemu^, 
.^ettncr^^nrnncf,  ^cfterer,  ^illebranb,  ÖJeUcr,  SBronbeö  beutfd)  üou  Sttobtmann.  Sittcratur» 
nQ(ftiüeife  bei  föoebefe,  QJrimbrife',  II  u.  III.  —  ©cfrf).  b.  ©tnoteö  u.  ber  Älrrfje:  u.  Xreitfdjfc ; 
«cur,    ^&  ber  neuereu  Seit  1863;    S3aur,    m   bcS   19.  3at)rft.S  1862;    G.  Cavaignac,  La 

66  formation  de  la  Prußse  contemporaine,  $arid  1891;  ^.  ©iebcrinaun,  Deutf^lanb  im 
18.  3Ql)rft.  1854—1881;  8celel),  ©tein.  3)cutfdilanb  unb  Preußen  im  Zeitalter  9?apoleon«, 
bcutf*  uon  £et)mann  1883-87;  fi.  i>.  9ftanfe,  2)ie  beutfdjcn  miid\\c  1780—90,  1871/2; 
i*.  i>.  Stein,  S8crnjnnun9§(er)re  1805-68.  —  Xarftcflungen  burd)  S^itgenoffen:  ®oet^c,  ?lu« 
meinem   fieben,   2)i(^tung   unb  SSa^rl^eit;    Me.   de   Stacl,  De  TAlleraagne,   Sonbon  1813; 

60  3.  CiJ.  gi^te,  ©runbjüge  be§  gcgenwftrtiöcn  3eitQlter§,   ^^  1896  VIT;   ^.  Steffen«,  SBoi^ 


Sfbealtdmitd,  bentfc^er  613 

id)  erlebte,  5Bic<slau  1840—40  —  ^Mrfungen  auf  ni^Nbcutfcftc  üäiibcr:  2:Qiuc;  93ranbcö; 
i^enfe!,  CSqvIi)Ic,  Stuttgart  1900;  53ranbl,  ^oleribflc  u.  b.  cngf.  9?omanti!  1886;  H.  Berr, 
li'avenir   de  la  philosophie,  ^oriS  1899 ;  Picavet,  Les  iddologucs,  ^ßnvig  1891. 

Der  beutfd^eSbealigmu^  tft  bieienige  ^orm  mobemer  SBiffenjc^aft  unb2cbeu^= 
aujc^auung,  bic  au^  bcr  Slufflärungebetoegung  unb  ber  auf  i^r  erbauten  engfifd^-fran*  0 
jöfifc^en  Kultur  hervorgegangen  ift,  aber  au^  i^r  unter  ben  eigentümlichen  beutfc^en  SJers 
i(>ältnifjen  eine  anbertoeitige  unb  ifjr  in  Vieler  §infi(^t  entgegengefe^te  Formation  be^ 
3)enfen«  unb  Smi^finbeng  ^erborgebrac^t  l^at.  SP  i^^  di^arafterifiert  burd^  ©ogmati^muö, 
ßmj)iri^mu^,  Gommon-Senfe  unb  ©Ie))fi«,  burd^  utilitatiriftifd^e  unb  inbivibualiftifd^* 
atomiftij(i(}e  ©t^il,  burc^  fubjeftibsfritif^e  ©efc^id^töanfci^auung ,  burd^  med^anifd^^ato^  10 
miftifd^e  9laturanfc^auung  unb  ben  bominierenben  ©influ^  biefe^  9Jaturbegriffeg  auf  ade 
©ebiete  be^  3)en!eng,  fo  tft  biefer  c^aralterifiert  burd^  einen  auf  ©rfenntni^ftitif  unb  ©e« 
fü^l^überjeugungen  begrünbeten  3beaKi3mui3  formeller  unb  inl^altlic^er  2lrt,  burc^  eine  auf  att* 
gemeingiltige,  uniöerfale  SSemunftgüter  bringenbe  6tl(|il,  eine  genetifc^sobjeltibe  ©efd^ic^t^s 
anfc^auung  unb  einen  organifd^^b^namifd^en  mturbegriff,  ber  bie  9latur  geiftigen  3h>cdfen  15 
bc^  Uniöerfum^  einorbnet.  ^n  biefer  (Sefamttenbenj  finb  bann  freiließ  jafllofe  ©t)iel- 
arten  unb  Sonberibeen  eingef^Ioffen.  ^nh^m  aber  biefe  (Sefamttenbeng  fic^  toefentlic^ 
einer  Vertieften  äuffaffung  be«  (Seifte«  unb  feiner  3"^ölte  toie  ber  Deutung  ber  SBelt  au§ 
biefen  "^nl^alten  iribmet,  im  übrigen  aber  für  ba«  t)raftifc^e  Seben  in  ©taat  unb  ©efeK* 
fc^aft  unb  in  ©rlenntni«  unb  Bearbeitung  ber  5Ratur  bie  (Srrungenfd^aften  ber  3lufflärung  20 
fortfe^t,  bebeutet  er  i^r  gegenüber  nur  ein  engere«  unb  f^jejialiperte«  ^tingip,  ba«  fi^ 
ba^er  aud^  im  Weiteren  33erlauf  mit  ber  gortbauer  ber  ©efamttenbenjen  ber  3lufHärung 
ioic  in^befonbere  mit  bem  gortloirlen  i^rer  9laturtoiffenf6aften  unb  ©ojialtoiffenfc^aften 
au^einanberfe^en  mu^te  ober  muffen  toirb.  Sine  toiröid^e  gwfö'nmenarbeitung  jene« 
3ibeenge^alte«  ift  nirgenb«,  au^er  in  bem  einfeitigen  6nttoiielung«fi;ftem  §egel«  unb  25 
in  ber  nur  fragmentarifd^en  ©t^il  ©d^Ieiermad^er«  erfolgt,  ©eine  ©efamttenbenj  aber  ift 
Viel  reicher  al«  beibe  unb  fteHt  fid^  oI«  ein  ®anje«  bar,  an  bem  bie  jioKtifd&sfocialen  3"- 
ftänbe,  ^oefte  unb  Äunft,  ^^}l;iIofoi)^ie  unb  9laturtoiffenf(^aft,  ®ef(^id^t«h?iffenfd^aft  unb 
et^if  gemeinfam  gearbeitet  l^aben.  S^^^^efonbere  barf  fie  al«  ein  2Berf  be«  beutfd^en 
^roteftanti«mu«  bejeic^net  toerben,  ber,  Von  ber  Slüfflärung  befrud^tet  unb  burc^  bie  Sil«  ao 
bung  bc«  jjreufeifc^en  ©taate«  in  Seftanb  unb  ©elbftgefüpl  befeftigt,  in  il^m  neue  SBege 
be«  geiftigen  lieben«  ju  erfd(}Ke^en  fud^te,  loäl^renb  an  ber  allgemeinen  SlufHärung  5lomanen 
unbwat^olifeu  fü^renb  mitbeteiligt  toaren  unb  biefe  SRitbeteiligung  i^ren®eift  in  jjranfreic^ 
unb  in  ben  franjöjlfd^  gebilbeten  englifc^en  ©fejjtilem  erfennbar  beeinflußt  l^at.  SSon  außen 
f^aben  nur  jh)ei  (Srfc^einungen  bireft  förbemb  eingegriffen,  bie  beiben  großen  Ueberfd^reitungen  35 
be«  3lufflärung«geifte«,  bie  aber  il^re  borit)ärt«treibenbe  SBirlung  erft  auf  beutfd^cm  33oben 
ausgeübt  l^aben:  §ume  unb  SRouff eau.  ^ume«  ©le))tici«mu«,  ber  in  berÄeimat  nur  eine 
utilitariftifd^e  äbneigung  gegen  3Weta})l^t;fu  unb  metopl^vP^ierenbe  Sogif  befeftigt  l^at,  ^at 
in  Äant  unb  Q^cobi  ben  bogmatifd^en  ®m))iri«mu«  gebrochen  unb  bie  SBa^n  für  bie 
C£infid[)t  in  bie  fc^öpferifc^en  «räfte  be«  Seifte«  frei  gemad^t.  3touffeau«  9labifati«mu«,  40 
bcr  für  granfreic^  nur  bie  revolutionäre  ^olg^  rine«  rationalen  9Jeubaue«  ber  ©efetlfc^aft 
l^crVorbrad(}te,  ^at  für  ben  beutfd^en  ba«  Kulturt)roblem  gefteDt,  bemjufolge  bie  SBerte  ber 
aufftärerifd^en  9leflejion«Iultur  fraglid^  lourben,  ber  %x\A  ju  einer  tieferen  unb  urfprüngs 
lieferen  93egrünbung  ber  Äultur  in  ben  unmittelbaren  fd^öpferifd^en  5Dlä(^ten  be«  ©efül^l« 
unb  ®enie«  entbunben  unb  ber  bi«^erige  ftoifd^^efleftifd^e  S3egriff  ber  5Ratur  al«  be«  Sn-  45 
begriff«  attgemeiner  3Serftanb«grunbfäfee  ju  bem  neuen  Segriffe  fd^öt)ferifd&er,  reflejion«lofer 
Urfprünglicf^feit  umgebilbet  tourbe.  Slußer  Viefen  beiben  großen  ^crfönlid^Ieiten  loirften  Von 
granfreid^  unb  (Sngtanb  freilid^  auc^  nod^  breitere  unb  attgemeinere  ©trömungen  l^erüber, 
ba«  in  ©ngtanb  toieberertoac^enbe  SJerftänbni«  für  98olI«^)oefie  unb  ©l^a!eft)eare,  ber  fen* 
timentale  Soman,  bie  Äunft  jjf^ologifd^er  Slnal^fe,  bie  nac^  ßrfd^öjjfung  ber  meta^jl^^fis  bo 
fc^en  Debatten  eintretenbe  335enbung  jur  §iftorie  unb  ba«  Von  feiner  ^^ilofop^ie  tool^l  ju  unter« 
fc^eibenbe  litterarifd^e  ^Programm  Diberot«.  Dagegen  ift  ber  Vielberufene  (Sinfluß  ©l^inoja« 
nur  ein  fel^r  uneigentlic^er,  ba  er  überatt  bur^  ba«  5Dlebium  be«  Seibnijifd^en  ^^^ibis 
bualitätebegriffe«  unb  eine«  ^oetifd^en  ßnth)iielung«begriffe«  l^inburd^gegangen  tft  unb  nur 
bic  Befreiung  Von  bem  beiftifd^en  3lnt^roi)omort)^i«mu«  bebeutet,  ^m  ganjen  ift  ba^er  b5 
bcr  bcutfc^e  :;;si>«Äli«mu«  eine  burd^au«  felbftftänbige  unb  ein^eitlid^e  ßrfd^einung.  Diefe 
Ginl^eitlid^feit  h)irb  jtoar  in  ben  beutfd^en  Darftetfungen  ^äufig  Verlannt,  bie  bic  (S\>od)^ 
cinfcitig  Vom  ©tanbvunfte  ber  Sitteraturgef^ic^te  ober  bem  ber  5pi^ilofo^l^iegefd(}ic^te  bar^ 
ftctlcn,  bie  ^erfönliqleit  ®oetl^e«  ober  bie  Seigre  Äant«  in  ben  2?orbcrgrunb  fteHen,  ober 
aud^  in  ungenauer  $arallelifterung  ber  6t)od^e  mit  §umani«mu«  unb  Jlcnaiffancc  Vom  eo 


614  3fbealtdmttd,  betttfc^er 

Slcul^umani^nmö  fjjvcc^cn,  \va^  im  ®runbc  nur  für  bic  Sd;ulc  qiU,  ober  gar  bic  iSpod^ 
an  poM\6)^)ßaix\oi\\d}cn  ?!Jia^ftäbm  mcfjcii  unb  l^ier  nur  3luf löfung  unb  St^afyctnf}cit  f^- 
ftcttcn  fönncn.  3)cutlidbcr  i^abcn  au^  bcr  ^emc  (Snglänber  unb  ^anjofcn  bie  @in^t= 
iid^fcit  il^re^  ©cifteö  mannt  unb  il^m  bon  bon  toorftcc^cnbcn  aJlcrfmal   \>^  friticiftifc^cn 

6  unb  ctl^ijc^säftl^ctijd^cn  ^bcaligmu^  ben  9Jamcn  bcö  beutfc^en  gbcaliemud  gegeben.  Ate 
fold^er  btlbet  er  in  ber  %f)ai  neben  ber  2lufflärung,  beren  5Ket^oben  bi^  l^eute  gtanlrcic^ 
unb  ©nglanb  tibertuiegenb  bel^errjc^en,  ben  jitoeiten  großen  %\}p\ii  mobemen  Denlen^,  ber 
biele  Sd^iDäd^en  unb  ßinfeitigleiten  ber  2lufflärung  übertDunben,  aber  atterbingö  and)  toiele 
neue  offene  fjragen  gefteDt  unb  neue  ©infeitigleiten  ^erbeigefül^rt  bot.    3"  ^^^^^  öößigcn 

10  Slbfc^IuJ ,  einer  rul^igen  (Snlfaltung  feiner  Probleme  unb  jur  Slbftreifung  feiner  ibco= 
logifd^en  ßinfeitigfeiten  ift  eö  nic^t  gelommen,  ba  feine  Snth)ictclung  unterbrochen  tourbe, 
®ie  ^olitifd^en  Äataftro^)^en  ber  SReftauration^jeit,  bie  getoaltfame  lonfeffionett^firc^lic^e 
S^ealtion,  ber  neu  borbringenbe  franjöfifd^e  Siberaliömu«  unb  bie  mit  i^m  t>erbünbetc 
Sitteratur  be^  ^ubentum«,  t)or  allem  aber  bie  Erneuerung    ber  em^)irifc^en  9laturh?if[cnr 

16  fc^aften  unb  ber  l)olitifci&=boIföU)irtf(i^aftlic^en  Slealtoiffenfc^aften  l^aben  i^m  ein  Dorjeitigc^ 
unb  borläufigeg  (Snbe  bereitet  unb  l^aben  aud  feiner  fel^r  einfeitigen  Äobififation  m  bem 
^egelfc^en  ©Vftem  einen  ati^eiftifc^en  Äultud  bcr  menfd^lici^en  SScmunft  unb  emen  oDe 
bidperigen  3Berte  möglic^ft  erfc^üttentben  gortfc^ritt^rabüali^mu^  entftel^en  laffen,  ber  mit 
feinen  (Srrungenfci^aften  auf  lange  ^^\t  aufgeräumt   ^at.     93ei    erneuter  6elbftbefinnung 

20  lehrte  jeboc^  bie  beutfc^e  3Biffenf$aft  jiunel^mcnb  ^u  feinen  ^ofititionen,  ju  ©oet^c  unb 
Rani  unb  ben  Intentionen  ber  5Keta})^^fifer,  ^urücf,  um  biefe  mit  bem  in^U)ifc^en  ereidf^ten 
©tanbe  ber  Slealtoiffenfd^aften  gufammenjuarbeiten.  "^n  ©nglanb  unb  granfreic^  hjurbc 
er  t)on  ben  aud^  bort  gegen  ba^  18. 9i«^J^^,unbcrt  fic^  er(;ebenben  Sleaftionen  aufgenommen 
(6arli;Ie,  ßoleribge,  ©tael,  Goufin,  3^"^^^^")  ""^  ^^^^  ^^  ^^^  ftarfer  ©egcnftrömungen 

25  big  l^eute  junel^menbe  gortfc^ritte,  fo  ba^  il^m  lool^l  noc^i  eine  toeitere  frud^tbare  ©nttoide^ 
lung  befd)ieben  fein  toirb. 

1.  SSorgefc^id^te,  SBorbebingungen  unb  allgemeine  SRic^tung  gebenbc 
a^er^ältniffe.  I)ie  SBorauöfe^ung  beö  bcutfcf^en  Sbeali^muö  ift  bie  ^^urc^fc^ng 
ber  Sbeentoelt  ber  englifc^-fran^öfifc^en  Slufflärung  nac^   ber   t^eoretifc^cn  unb  j)raltifd^ 

80  ©eite.  ©0  J^atten  fi^  burd(igef e^t :  tl^eorettf(^  bic  (Sin^citlid^f eit  be^  6rf cnnen^,  bad  lebig^ 
Ii(^  bem  logi|c^en  3*^ange  folgenb  bie  gef4li<^e  6inl^eit  bcö  SBeltgefd^e^en^  in  ber9iatur 
unb  bic  (Sleic^artigfeit  be^  überall  erft  fritifc^  au^  ber  Überlieferung  ^crau^  ju  Ionftruic= 
renben  gefc^ic^tlic^en  @efd^el^en^  aneriennt,  unb  ebenbamit  bie  böUige  3urüdbrängung 
ber  bi^^crigcn,   fut)ranaturaliftif(^en   unb   ftrd^lic^  gebunbenen   3)cnfh)ei{e;   ))raftifd^   bie 

86  grei^eit  bed  ©ebanfeng,  bie  S3efd^ränlung  ber  ^m\ux,  bie  Überh)inbung  be^  alten  ftäm 
bifc^en  unb  künftigen  ^loan^eö,  eine  gebilbetc  9lationaljj)rac^c  unb  ein  gebilbete^  ^ublifum, 
eine  toeltbürgerlic^e,  Iitteranf^5h)iffenfd;aftlic^  interejfierte  SJeuItocife,  ein  beloufeter  3"Wt)i= 
buali^mu^,  eine  tpeltlic^e  @rj(iel^ung  unb  eine  autonome  Sierfclbftftönbigung  ber  bif^^gen, 
lird^lic^  unb  t)onjein(^  orientierten  3Jloral.    3)ie  Scgrünbcr  be^  beutfc^en  gbeali^mu^  Äant, 

40  Seffmg,  §erber,  S^^^^bi,  ©oet^c,  ©dritter,  ^^an  ^aul  f^abcn  fic^  in  i^rer  Sugenb  mit 
ber  loeftlic^en  unb  mit  bcr  bcutfc^en  3luffKirung  ftart  bcfd^äftigt,  unb  il^re  3^een  er« 
ii)ud(}fen  alle  in  einer  emften  äugeinanberfc^ung  mit  ber  cnglifd;en  unb  fran^öfifdf^en 
Sitteratur  (i)gl.  j.  8.  §erber^  lagebuc^  unb  3lbcen).  (grft  bie  auf  il(^ren  ©d^ultem  fte^en^ 
ben  ©encrationen  boBgogen  ben  33ru(^    mit  ber  toeftlid^en  i^ittcratur  unb  mit  ber  SKuf^ 

46  Härung,  fo  ba^  eine  etwa  50  jährige  ^eriobe  faft  DoBftänbiger  Unabl^ängigteit  unb  3fo^ 
lierung  eine«  felbftftänbia  beutfc^cn  ©ciftc^Icbcn^  eintritt.  Slber  biefc^  cigentümlid^e  Gr« 
gebniö  bcr  beutfc^en  äujtlärung  ^at  feinen  ©runb  barin,  bafe  in  bcr  beutfd^en  aiufflärung 
bon  ^^au\t  an^  befonberc  ©lemcntc  unb  allgemeine  guftänbc  enthalten  maren,  bic  l^ier  ein 
anbere^  ©rgcbni^  hervorbringen  mußten. 

60  3ln  crfter  ©teile  ftel^t  unter  biefcn  Urfad(}en  bie  3nbitoibualilät  bc^  bie  gange  beutfc^e 
Slufflärung  bc^errfd^cnben  ©eifte^,  ba^  Seben^toerf  Seibnijen«^  ba^  feinerfeit«  toieber  mit 
ber  j)rotcftantifd^=religiöfen  ©runbric^tung  unb  mit  bem  Sebürfni«  einer  moralifd(}sreligiöfen 
fljufammcnfaffung  beö  in  ben  Sleligionefriegen  furchtbar  jcrriffenen  2)cutfd^lanbg  jufammen* 
^ing.    2c\bn\i  toar  an\   allen  ©cbictcn   ein   raftlo«  CE^erimcntierenbcr  unb  Jjrojeftierenbcr 

66  SWeformer,  ber  bie  tocftlid^e  6itoilifation  in  3)eutfcf;lanb  burj^fe^en  tooHte,  unb  babet  in«« 
befonberc  auf  bem  ©ebiete  ber  2Biffcnfd;aft  bic  matJ^ematifc^^med^anifc^e  9iaturforfd^ung 
unb  bic  ^iftorifc^e  Äritif  nac^  3)eutf Alanb  berpflangte.  2lllcin  er  l^at  mit  bem  moniftifd^en 
aJlcdE^ani^mu«  Vermöge  bcr  religiöfcn  (^runbrid^tung  feiner  ^^crfönlic^Ieit  ibcaliftifc^stelcologifc^e 
eiementc  berbunben,  bie  bem  ©an;\en  einen  neuen  ©inn  gaben.  (£r  Uerh)anbelte  bie  ätome 

60  in  aRonaben,   bie  mcd^anifc^c  firaftlciftung  in  lebcnbige  Äraft,   bie  i^rcrfcit«  mieber   auf 


3^bealti»ittiti»,  beiitfi^er  615 

bcm  Sntenfität^ö^abc  bcr  O'-^ipiö^  2:i^ätt0!eit  bcr  SKonabcn  Ocrul^tc,  baö  ^Jatur^cfe^  In 
bic  ^räftabilicrtc  ^arntouic,  mit  ber  folPoM  bic  SScgrünbung  biefer  ©cfc^lic^feit  in  einer 
^tücrffc^enbcn  {jöttUc^en  ^ntcttigcnji  ate  bie  worrcft)onbenj  Jjj^^pfc^en  unb  geiftigen  ®ef(^e^cn« 
aufijgcfproc^cn  toar.  ©omit  ift  fieibni^  über  bie  fd^üc^teme  religiöfe  Swfr'^wng  ber  nmtn 
aSiffenfc^aft  bei  ßartefiuö  unb  Sode  toeit  hinangegangen  unb  ^at  bie  ganje  SRaturtoifJens  6 
fd;aft  toieber  ben  ^\)im  eineg  religidjen  ©j^irituali^mu^  unterfteKt.  änbererfeit^  ift  er 
a\xd)  über  bie  entfc^Iofjenere  religiöfe  3)eutung  be^  mobemen  SKed^aniömu^  bei  ©l^inoja  ^inauiSs 
gegangen,  inbcm  er  bie  Unbergänglic^feit  inbibibueUer  SBerte  unb  bereit  3wföwmenfaffung 
in  einem  SReic^  götllid^er  Qtü^d^  be^au})tete.  5}or  allem  aber  toor  er  bon  biefer  attge^ 
meinen  Slufd^auung  au^  befäl^igt,  bie  ©efd^id^te  in  ben  gwf^i^w'w^^öng  feine«  ©i^ftemö  lo 
j)rin3ij)ieU  aufzunehmen,  inbem  er  bie  menfd^U^e  ©efc^ic^te  nur  ald  einen  %Äl  ber  burd^« 
gängigen,  f  ontinuierlic^en  3Jeh)egung  ber  3)ionaben  unb  aU  eine  (^iappt  in  bem  6m))ors 
ftreben  ber  3h>^^^^^gf^'it  ^^  Uniberfum«  auffafjen  leierte.  3Kit  attebem  f)at  er  einer« 
feit«  in  3)eutfci&lanb  eine  materialiftifc^e  ober  fifelptifd^e  SBenbung  be«  2)enlen«,  toie  fie 
bei  ßume,  SSoltaire,  3)iberot  unb  6onbittac  fic^  boBjoj,  unmöglich  gemacht,  anbererfeit«  15 
eine  Befruchtung  ber  (Sefamtanfc^auung  au«  ber  ©efd^id^te  unb  eine  öiftorifierung  be« 
@efamtn)eltbitbe«  l^erbeigefül^rt,  bie  bon  ben  93orau«f4ungen  ber  tveftfic^en  9lufl(ärung 
au«  erft  mit  ber  focialen  ©tatil  unb  ©^namif  6omte«  unb  mit  ber  ))]^iIofot)^if(^en  2lu«s 
beutung  be«  3)arn)ini«mu«  miJglid^  tüurbe.  ©0  fe^  er  ben  gefamten  c^rafteriftifc^en 
®cift  ber  Slufflänmg  nad^  3)eutjd^Ianb  überleitete,  fo  fe^r  hat  er  bo<^  biefen  ®eift  in  2u 
feiner  SBurjel  beränbert,  bie  materialiftif^en  lenbenjen  gebroaen  unb  einer  ^iftorifc^steleos 
logifc^en  Sluffaffung  be«  feine  Seben^füKe  gefe^mä^ig  auötüirfenben  Uniberfum«  bie  33al^n 
eröffnet.  Seibnijen«  ©enitoeife  felbft  toor  noc^  mannigfad^  lirc^lic^  unb  mittelalterlich  ge« 
bunben,  aber  bie  bon  i^r  in  Setoegung  gefegten  ^ntereffen  toirften  toeiter,  berloren  i^re 
anac^roniftifd^en,  bormobemen  formen  unb  entfalteten  im  fribericianifd^en  3^ltölter  eine  25 
neue,  überau«  frud^tbare  SSäirffamfeit,  in  ber  [k  ju  bem  ©runbgerüfte  be«  beutfc^en  gbea^ 
li«mu«  Ujurben.  (^ifc^er,  Seibnig;  ®.  $fleiberer,  Seibnig,  Sei^jgig  1870 ;  $ic^ler,  SCI^eol. 
Seibnuen«,  SRünd^en  1869/70;  gudfen;  SDSinbelbanb,  (Srfc^  u.  ©ruber  2lrt£.). 

2)er  jhjeite  galtor  ift  bie  Segleitung  ber  einbringenben  toeftlid^en  ßibilifation  burd^ 
eine  lebl^afte  unb  umfaffenbe religiöfe  Setoegung,  ben5ßieti«mu«,  ber  mit  ber  SlufHärungao 
t)erU)anbt  ift  in  ber  D^j^ofition  gegen  ba«  bi«l^erigc  ©taat«fird^entum,  unb  bie  l^arten  bi«l^erigen 
focialen  ^^rennungen,  in  ber  Entfaltung  eine«  l)rimi^)iellen  3"bibibuali«mu«  unb  in  ber 
»ctonung  be«  einfad^  überfid^tlid^  ^raltifc^en.  ©r  ift  an  ft^  mit  aW^ftil,  9!anfeni«mu« 
unb  3JJet^obi«mu«  nur  ein  ®lieb  in  ber  allgemeinen  religiöfen  SReaftion  gegen  ba«  Äird^en* 
tum,  ben  ©taat«jh?ang  in  religiöfen  3)ingen  unb  gegen  bie  bogmatifc^e  Seräu^erlidbung,  35 
getoinnt  aber  in  ben  befonberen  beutfd^en  SSer^ältniffen  eine  ganj  eigentümliche  9Rac^t 
über  bie  gebilbeten  ©tänbe,  bermöge  beren  er  einerfeit«  ben  rein  toeltlic^en  Seftrebungen 
ber  2luf flärung  ein  fiegreic^e«  (Segengetoid^t  ^ielt,  anbererfeit«  il^r  felber  eine  gefü^l«mä^ige 
fubieftii)e  SReligiofität  ober  eine  pol^e  ^jrattifd^e  SRoralftienge  einl^auc^te.  3)a«  bilbet  einen 
großen  Unterf^ieb  gegenüber  ber  englifc^en  unb  franjöpf^en  ßnttüicfelung.  ^n  6nglanb  4ü 
folgt  auf  bie  (Sj^od^e  ber  großen  religiöfen  Rärmp^t  eine  erftaunlic^e  Slbflauung  be«  religiöfen 
^'sntereffe«.  3Kan  toenbete  ft^  einerfeit«  mit  oller  ®nergie  ben  t)olitifc^en  unb  h)irtfd^afts 
lid^cn  ^ntereffen  einer  böHia  mobemen  Kultur  gu  unb  bei^ielt  anbererfeit«  nad^  furjen 
Sleibungen  eine  latitubinarifc^e  Slec^tgläubigleit,  bie  beibe  bon  ba  ab  fui^  ol^ne  erl^eblic^e  (Jim 
toirfung  neben  einanber  bel^u^)teten  unb  an  beren  SJebeneinanber  aud^  bie  ftoätere  religiöfe  45 
Seiuegung  be«  9Retl^obi«nra«  nid^t«  geänbert  ^at.  3n  ^an^reic^  unterbrücfte  bie  ©taat«» 
religion  bie  janfeniftifc^e  unb  anbere  m^ftifd^e  Setoegungen  unb  gab  burd^  i^ren  l^arten 
Drucf  toie  hwci)  il^re  Serbinbung  mit  ber  beftel^enben  Örbnung  ber  Slufllärung  einen 
jjringijjiell  religion«feinblic^en  6^aralter,  bermöge  beffen  fie  bann  aud^  bor  ben  tieferen 
metaj)l[^yfijc^en  unb  etl(|ifc^en  Problemen  jurüdffd^redtte,  al«  ob  fte  alle  jum  Äatlj^olici«mu«  60 
l^urüctfü^ren  müßten.  3n  3)eutfcf^lanb  bagegen  berbanb  ftd^  bie  einbnngenbe  Slufllärung 
^unäc^ft  mit  ber  religiöfen  Setoejjung  gegenüber  bem  gemeinfamen  geinbe,  bem  bi«l^erigen 
6taat«Iirc^entum,  unb,  toenn  aud^  nad^  ber  Rutüdtbrängung  biefe«  ^^nbc«  bie  ©enoffen 
fic^  rafd^  unb  l^eftig  entjtoeiten,  fo  blieb  bo^  dne  allgemeine,  gefül^fe  unb  ftimmung«« 
mäßige  (Sinioirfung  be«  inbibibualiftifc^en  unb  fentimentalen  ?pieti«mu«  über,  bie  ftc^  mit  55 
ben  föinU)irfungen  be«  fentimentalen  englifc^en  Sloman«  bereinigte  unb  ber  ganjen  beut« 
fc^en  Slufflärung  einen  moraliftifc^en,  religiö«serbaulic^en,  unb  jur  ©eelenanal^fe  geneigten 
@eift  erteilte.  Diefer  Umftanb  äußerte  fic^  bann  fotool^l  in  ber  Snttoidfelung  ber  beutfc^en 
^bilofojj^ie  al«  in  ber  ber^ßoejie  unb  Sitteratur.  3)urc^  biefen  ®eift  tourben  bie  Seibnigi- 
fc^cn  telcologifc^en  unb  ibeoliftifc^en  S^nbenjen  immer  neu  geftärft,  toenn  materialiftifdS!«  eo 


616  ^tedtdtnttd,  betttfc^er 

©citcnftrönmn0cn  ^crDorbrad;cn.  6r  gab  bcr  criDad^enben  bcutjd^cit  Slufllärungöjjoefic,  bic 
in  bcr  Setjjjiger  unb  ©c^U)euer  Sitteraturblüte  i^rcn  äu^brui  ]anh,  ben  Ü^eologipercnben 
unb  erbauKd^cn  ßl^araftcr,  afe  bcjjcn  SSertreter  ©ettert,  ©ottfd^eb  unb  öaKcr  bic  hjciteficn 
Ärcifc  bcJ^crrfd^tcn ;   unb  axxi)  bic  Slnafrcontilcr  toolltcn  nur  bic  Siechte  einer  l^rmlofcn 

6  ©innlid^Ictt  gegen  bic  olhu  auguftinifc^c  .^ärtc  bc^  ^icti^mus^  unb  bcr  Drt^obopc  im- 
teibigcn,  o^nc  bic  Xl^cologie  prin}i))icU  an^utaften;  ift  bod^  bcr  Saublingcr  Sangc  ein 
©ol^n  beg  l^cftigen  ))ietiftif(^cn  Äännjfcr«.  ©ogar  bic  l^ierauf  folgenbc  berliner  Sit^ 
tcraturblüte,  bic  ^oj)uIarj)j^i[ofot)^ic  unb  bic  öon  i^r  inj^jiriertc  2)ic(|tung,  berbanb  mit 
il^rcn  äftlj^ctifd^cn,  ^jvd^ologifd^en,  littcrarifd^cn  unb  SEBo^lfa^rti^intercffcn  gcfül[^Iigc  SRcIigiofität 

10  unb  moralifd^c  ^Probleme.  Unb  afö  überall  bic  ©enieipocfic  ftd^  cr^ob,  ba  beteiligte  fic^ 
gerabe  an  il^rcm  35rang  nac^  neuem  unb  toa^rerem  Scben  bic  j^ietiftifc^c  rcligiöfc  ©ubiefs 
tibität,  bic  nur  bcr  3wni(ffteIIung  bc^  auguftinifdjien  9latur-  unb  Semunftlj^afye^  beburftc, 
um  ein  ^ßrinjij)  futjcräncr  ©rl^cbung  über  bic  SBcIt  unb  Icibcnfc^aftlic^  enegter  ibealiftifc^cr 
Äräfte  ju  merben.    ©o  fmb  ÄIot)fto(f,  §amann  unb  ^erber,  ^i^cobi,  ©octl^c,  '^tan  ?PauI 

16  burd^  btc  @inh)irlungcn  bed  ^icti^mud  l^inburd^gegangen  unb  felbft  bcr  fül^lc  Scffing  fyit 
tocnigftcnö  an  ben  .^erm^utem  fic^  ba^  unbogmatifd^c  SBcjcn  beö  rcligiöfcn*  ©efü^te  Hör 
gemacht,  toie  anbercrfeit^  auc^  bcr  Slabifali^mu«  Äant^  au«  bcr  ^jictiftifd^en  ^uö^nbeintoirtung 
bic  moralifc^c  ©trenge  unb  ba«  rabilalc  Sötc  beibcl^ielt.  Suf  bcr^öl^c  bcr  Sitteratur  aber 
bleibt  bei  aJDler  (Sntfemung  t>on  jebem  ^jictiftifd^cn  SBcfcn  bod^  bcr  3wg   ju  ben  eti^ifc^en 

20  unb  rcligiöfcn  ®runbt)roblemen  eine  SZac^toirlung  bcr  tiefge^enben  rcligiöfen  Searbeitung 
unferc«  SJoRc«  in  bcr  erftcn  Äälfte  be«  18.  3a|rl^unber«.  (SRitfc^I,  ®cfc^.  b.  ^ieti^mu«; 
JR.  Äa^fer,  a:i^omafiu«  u.  bcr  $icti«mu«,  $rogr.  be«  aaSil^cIm^Ov^n.,  .^amburg  1900; 
gre^tag,  Silber  IV;  ö.  SEBalbbcra,  ©oet^c  unb  bic  (£mt)finbfamfcit  1899;  Siebermann; 
©cljcr;  e.  ©c^mibt,  SRouffeau,  SRid&arbfon  u.  ©oet^c  1875). 

26  ältle«  ba«  bebeutet  eine  bon  älnfang  an  bcftcl^enbe  übertoiegenbc  älic^tung  bcr  bcutfd^ 
Slufllärung  nad^  ^nnm.  3lber  nod^  toic^tigcr  ift  ber  9Jad^brudE,  ben  biejc  SBenbung  nac^  innen 
burc^  bic  allgemeine  ^)oIitif(^c  unb  focialc  Sage  2)cutfd^Ianb  empfing,  ^a 
öon  ^icr  au«  erßärt  jid^  erft  bic  SBcbcutung,  toclc^c  bic  ))l^iIofot)^ijd^  ®runbj)robtcme  iJeibs 
nijen«  unb  bic  rcligiöfcn  ^ntcreffen  be«  ^ieti«mu«  gctoinnen  lonnten.    3)ie  2lufflärung 

30  ift  an  fid^  bor  allem  eine  ^)ra!tifci^c  SRcformbetocgung,  bic  bic  2cben«orbnungcn  nai)  neuen 
rationetten  ^tvzi^n  umgeftalten  toottte  unb  in  bcr  bic  eigentlich  ^)^ilojo^l^ifd^e  Strbeit  nur 
vereinzelte  unb  bcgrcnjtc  SBcbeutung  ^at.  3(tte«  ba«  h>ar  im  älnfangc  bic  beutfc^c  Slufflärung 
auc^.  Seibnij,  ^omafiu«,  335olff  unb  il^re  2)e«cenbcnten  toaren  ^jrafttfc^e  ^Reformer,  bic  toie  bic 
tvcftlid^c  älufHärung  bor  attem  focialc,  tDirtfd^aftlid^c,  ^olitifcpc,  )Kibagogi|(^c  9ietorm))länc 

86  Ratten.  aSenn  aber  jc^licpc^  ba«  geiftige  ßrgcbni«  ber  beutjc^cn  Slufflärung,  bcr  beutfc^e 
J5bcali«mu«,  bon  attebem  na^eju  nid^t«  cntl^ölt  unb  aud^  ^jraftifc^e  ^bealc  nur  in  ber 
gorm  abftraftcr  2jbeoric  ober  bereinjelter  )pcrfönlid(}er  Sluftöattungcn  bc^anbclt,  bagegen 
))l^iIofo))l^ifd^e,  ctl^ifd^e,  rcligiöfc  unb  ^oetifc^e  9lngclegenl^eiten  in  ba«  Zentrum  ftettt,  fo 
l^ot  ba«  feinen  ®runb  in  ben  attgemeinen  SScrl^ältnifjen  Deutfc^lanb«,  bic  bic   beutfc^e 

40  Slufflärung  nid^t  ju  einer  attgemeinen  praltif^cn  nationalen  SRcform  toerbcn  liefen,  fon» 
bem  pc  auf  ba«  ©ebiet  be«  inneren  Sebcn«  brängten  unb  bort  neue  liefen  unb  ^ros 
bleme  entbcdfcn  liefen.  6«  fel^lte  ben  jerriffcnen  unb  bertporrenen  beutfc^cn  3Serlj)ältnijfen 
an  jebem  jufammenfaffenben  ^beal  unb  jebe«  geiftige  unb  politifd^c  ßentrum,  h?c«^lb 
fd^on  Seibn«  bon  feinen  großen  9lcformi)länen  fic^  auf  bic  enge  Ierritorialt)olitif  unb  bon 

46  i^  toieber  fc^licfelid^  attein  auf  feine  3lfabcmiej)länc  fid^  gurüdEjicI^en  mu^tc  3)aburd^ 
tourben  attc  Slcformcn  in«  Älcinltc^e  unb  ^pribate  ^crobgegogen.  gemer  fehlte  bei  ber 
(gnttoiielung  be«  beutfc^cn  9lbel«  ^um  S3camten=  unb  3Kilitärabel  ober  jum  2anbe«l^erren 
eine  centrale,  einflußreiche  unb  toeitblicfenbc  ©efettfc^aft,  Wk  pc  in  Sonbon  unb  $ari« 
al«  bic  eigentliche  Seitcrin  be«  geiftigen  Seben«  entftanb  unb  biefem  ba«©an)c  umfaffenbe 

60  3lbedEc  bor^altcn  fonntc.  3)ic  beutfc^c  Slufflärung  bleibt  bon  Slnfang  flcinbürgerlid^  unb 
in  einPußlofc  3^^^^  tool^lmcincnbcr  Scamten,  ©clc^rtcn,  ®eiftli(^en,  Selber  jerf^)littert. 
2)a«  im  beutfc^cn  Slcid^c  forgfältig  fonferbiertc  3Kittelalter  liefe  bottenb«  ^icr  bic  9Jcue= 
rungen,  foU)cit  pc  auf  ba«  ®anje  hielten,  al«  geföl^rlic^  erfc^einen,  unb,  n)a«  ^anfreic^  unb 
ßnglanb  förbem  mod^tc,  fonntc  für  ba«  ^eilige  römifdbc  Jlcid^  mit  bem  tombligicrtcn  ©^ftem 

r>5  bon  fiibcrtätcn,  ^JJribilcgicn  unb  Verträgen  leiit  gcfäi^rlic^  toerben.  ©o  fc^lt  ber  beutfc^en 
Slufflärung  attc«  große  jufammenfaPenbe  ^ati^o«  unb  baburc^  bic  bcgeipembe  SJfac^t.  3)aju 
fommt  bann  femer,  baß  ber  fc^ließlid^c  ©ieg  ber  Slufllärung  in  ben  3:erritorialregierungen  unb 
bic  3lu«brcttung  ber  S^cgierung«ibeen  be«  fribericianifd^en  ©taatc«  atterbing«  bic  ^Reformen 
fd^licßlic^  gröfetentcil«  burc^fü|rtc,  aber  l(;icrbei  infolge  bcr  tiefen  flluft  gtoifc^cn  Slcgicrung 

60  unb  Untert^ancn  unb  bei  bem  3Kangel  einer  bief cn  Slbftanb  bermittclnben  maßgebenben  ®e- 


^bealidmttd,  beutfi^  617 

fcll|d;aft  aUc  ll^ätiölcit  unb  ade  SScranttoortung  auf  bic  ©eite  bcr  %ixx\Un  uub  33caintcu 
fiel.  5Die  SlufHärunö  ift  in  ©eutfd^Ianb  nur  fc^r  paxüiiU  unb  bann  in  burd^aud  be= 
uonnunbcnbem,  abfolutiftifdS^em  ©innc  burd^gefüf^rt  toorben.  Da^  l^at  bcn  über  fie  .C^inau^« 
ftrebenben  bann  bollcnb«  crft  rcd^t  jebe^  3>"t^#  ö"  ^^^  genommen,  pe  l^aben  il^re 
mo^Il^ätige  ^ol^en  begrübt  unb  bcnü^t,  aber  —  bon  toenigen,  nad;  ber  ^jraftifc^^jjoli-  5 
tifc^cn  Seite  onentierten  ^ublijiften  tüic  SRofer,  ©c^Iöger,  Äöberlin,  5Köfer  abgefe^en  — 
fid;  nid^t^  um  fie  geflimmert,  ja  bie  Vertreter  ber  alten  2Bo|lfa^rt^ufKärung,  bie  freilid; 
beren  beutfc^c  SSerltimmcrung  unb  äJerengung  barfteUen,  bie  SRicolai  unb  ©enoffen,  bors 
ncl^m  toerad^tet.  ^f)x  ß^aralter  ift  baburd^  ein  l)rinjij)ielle^  SJBeltbürgertum,  toöKige 
^olitifc^e  unb  ftaatötoirtfc^aftlic^e  (Sleic^giltigfeit,  rein  bürgerlid^e,  inbibibualiftifc^e  unb  10 
geifte^ariftofratifc^e  Äultur  be^  ^ritoattebend,  Pflege  beig  ©ebanlen^  unb  bc^  g!^"^"^^^^'^^- 
2)aburd^  boUgog  fid^  bei  ben  gü^rern  ber  ^l^ilofop^ie  unb  Sitteratur  eine  böllige  SBer« 
tüanbelung  beö  G^aralter^  ber  Slufflärung.  ©ie  berlor  ba^  ^jraftifd^e  unb  feciale  3"*^== 
cffe,  fie  tDarb  lebiglid^  ^u  einer  geiftigen  unb  geftil^fömä^igen  Vertiefung,  jum  gbeal 
reid^er  unb  freier  ©eifteöbilbung  um  i^rer  felbft  tüiKen,  unb  man  begann  in  biefen  i^reifen  10 
in  ber  aSerU)irilid^ung  unb  SUerbreitung  biefe^  ^bealä  bie  f^)ejifif(^e  SKiffton  beö  beutfc^en 
äSolfcß  ju  feigen.  2llle  i^re  biel^erigen  ^ntereffen  tücrbcn  gu  rein  Ujiffenfc^aftlic^en  unb  gu 
reinen  Silbung^intereffen.  3)amit  it)irb  bor  allem  bie  ©teUung  ju  bem  ßaiJj)tftoffe  ber 
Slufflärung,  ben  9Jaturh)iffenfd^aften,  beränbert.  ©ie  ftnb  nic^t  me^r  bic  (Srunblagen  ber 
Xed^nif  unb  ffio^Ifal^rt,  fonbem  ©egenftanb  rein  h)iffenfd^aftli(^^))l^ilofoj)^ifc^en  unb  äftl^e-  20 
tifc^en  Si^terefle^.  3)er  5Jaturbegriff  Dertoanbelt  ft^;  er  bel^ält  gtoar  feinen  moniftijc^» 
gefe^lic^en  G^aratter,  toirb  aber  nur  äftl^etifd^,  potti\ö^  unb  t)^ilofo))l^if(^  bertoertet.  S)ie 
naturtoiffenfd^aftlic^e  S3ilbung  aU  ©runblage  ber  5ßrajiig  unb  beig  gebend  ^ört  bamit  in 
3)eutf(^lanb  auf  biele  ^ial^rgel^nte  auf  unb  loeid^t  ber  ^umaniftifc^en.  Die  SRaturtoiffenfc^aft  felbft 
toeic^t  ber  9latur))]^ilofo^l^ie  unb  5Watur))oefie.  9lic^t  minber  aber  toarb  baburd^  bie  ©teÜung  25 
ju  ben  l^iftorifd^en  SBiffenfd^aften  beränbert.  Die  Slufjfläruna  trieb  t)olitifd^e  unb  ftaat^« 
red^tlid^e  §iftorie,  öerbunben  mit  toirtfd^aftlic^en  I^eorien  uno  tooBte  bamit  ben  beftel^ens 
ben  ©taat  umgeftalten.  ^f)xt  ©tl^if  toar  2öo^lfa^rt«etlj^iI,  bie  bie  äJerbefferung  beö 
Sebenöftanbe^  ftc^  jum  ^kU  fe^te.  3)ie  beutfd^en  35id(>ter  unb  3)enfer  aber  entwerfen  i^rc 
©taat^t^eorien  ^ikl^ften«  jum  Rtü^i  f^ftemotifd^er  Sollftänbigfeit  ober  afe  3lu^flu^  felbft^  so 
ftänbig  feftfte^enber  meta))l^^fif^er  unb  et^ifc^er  Slnfd^auungen.  3Kit  %u2na^mt  ber  englifc^ 
beeinflußten  ©öttinger  §iftorifer  feigen  fie  bie  ©efc^i^te  überl^aut)t  nur  im  attgemeinften 
©inn  al^  SRenfc^^eit^efc^id^te  an,  unb,  toie  il^re  SBirflic^Ieit  al«  6entrum  ba^  geiftige 
33ilbung^intereffe  l^at,  fo  loirb  i^nen  jum  gentrum  ber  ©efd^id^te  überl^au^t  unb  gum 
eigentlichen  Sinbemittel  ber  ©emeinfc^aften  bie  Humanität,  bie  ?Poefte,  bic  Sittcratur,  bic  ss 
^l^^ilofop^ie.  ^f)x^  ®ef(^id(}töauffaffung  loirb  n)ie  bie  i^;reö  eigenen  Seben^,  ibeologifc^ 
unb  übertoiegenb  inbiöibualiftifc^,  infofeme  toenigften^  bie  §umanität«gemeinfd^aft  auö« 
gereifte  3j"^i^i^wen  hervorbringt  unb  borau^fe^t.  Enthält  fie  auf  ber  einen  ©eite  ben 
au|erorbentlic^en  gortfc^ritt  einer  uniberfall^iftorifd&en,  genetifd^en  unb  objeftiben  3Retl^obe, 
Jo  ift  boc^  i^r  3intereffe  felbft  eingefc^ränft  auf  ©eifte^-  unb  ©celcngefd^id^tc,  6ntft4ung  40 
unb  ©nttoidelung  bon  Äun[t,  ^oeftc,  ©l^rac^c  unb  SReligion,  toä^renb  bie  rcaliftifc^cn, 
^olitifd^en,  fojialen  unb  totrtfd^aftlid^en  ©efidf^tgpunfte  au^  i^r  faft  bcrfd^toinben  unb 
unb  crft  langfam  bei  ber  Slu^bilbung  ber  ©^ejialtoiffenfd^aften  toieber  ©ingang  finben. 
Dag  ^ängt  aufg  engfte  mit  i^rcn  Urfprüngen  jufammen.  ffiä^rcnb  bic  cnglifcbe  äuffläs 
rung  ben  cnglifc^en  ^nbuftric^:  unb  SBclt^anbetöftaat  gefc^affcn  unb  n)ä^rcnb  bic  franjöfifc^c  45 
Slebolution  ben  rabifal  erneuerten,  uniformierten  SRec^t^ftaat  ber  gleichberechtigten  Stirger 
erzeugt  i}at,  f}at  bie  beutfc^c  Slufflärung  ben  ))atriarc^alijd[;en  Slbfotuti^mu^  unb  ben  beutfc^cn 
gsbeali^mu^  l^erborgebrad^t,  in  bem  le^tcrcn  aber  einen  l^jju^  menfd^lidbcn  Denfen«  unb 
ßrfenneng,  ber  feinen  befonberen,  bic  reinen  ©eifteöintcrcffcn  ifolierenben  SÖerl^ältnifjen  einen 
l^toar  cinfeitigen,  aber  auc^  tieffinnigen  gortfd^ritt  über  bie  ^^raftifc^c^  unb  2^^coretifd&cö,  so 
':)?aturaliftifc^eg  unb  9;t>^öKftifc^^  l^rinjijjlog  mifd^enbe  Slufflärung  ^inau«  bcrbanft.  Da| 
gcrabe  bie  bon  ber  franjöfifcf^cn  unb  englifc^en  Äultur  l^crfommenbcn  SeurtcUer  bic  ©ac^s 
läge  fo  cmjjfanbcn,  bezeugt  bor  allem  bad  S3uc^  ber  ^au  bon  ©tael.  (©oet^c  •  Gart^lc ; 
lainc;  SKme.  bc  ©tael;  Siebermann  I u.  II 1,  112  660—864,  1070— 1223;  Äramarfd^, 
©cfc^id^te  b.  Xed^nologie  in  3K©3B ;  Ä.  35}.  SRi^fc^,  ©efd^id^te  b.  röm.  SRc^jublif,  (gin=  55 
Icitung  1884).  * 

2.  Der  crfenntni^tj^eorctifd^-ctl^ifc^e  ^Jbeali^mugÄantg.  Die geftaltcnbe 
%üxm  unb  baö  begriffliche  ©erüfte  für  ben  beutfd;en3bealigmug  ging  bon  ber  ^d^jj^ilofojj^ic 
au^,  bie  in  Deutfc^lanb  burc^  bic  gefamte  geiftige  Sage,  burc^  bie  in  aüm,  no^  fo  getrennten 
i^agern  forttoirfenben  tl^eologifc^en  Sntercfjcn  unb  burc^  bic  hiermit  geforberte  Slbtoc^r  bc^  eo 


618  ^ealidmud,  bettifc^er 

öou  SÖcftcn  ntannigfad;  ^crübcrtoirfcnbcn  ^Biatcriali^mu^  in  eine  fonft  unerl^örtc  ^errfc^nbe 
©tettung  ocfu^rt  U)urbe.  ®erabe  ba^  Se^tcrc  gelang  aber  immer  nur  fel^r  mangcl^ft. 
(Sinerfeit^  nämlid;  traten  feit  bem  (Snbc  ber  SBoIffd^en  ^errfd^aft  in  ber  ftrengen  ^ad}^ 
unb  5tat^eberpl^iIojoj)l^ie   bic   in   bem  Seibnijif^sSBoIfffc^en  ©i;ftcm  gebunbenen  Elemente 

6  rationaUibealifttfd^er  unb  em^jirifd^snaturaliftifd^er  Slrt  immer  fc^ärfer  auöeinanber.  2)a^ 
Äernjjroblem  be«  SSer^ältnifJe^  t)on  ®eift  unb  9latur,  berbunben  mit  bem  Problem  ber 
(grlenntni^met^obe,  bie  toom  SBefen  be«  (Seiftet  au^  rational=fonftruftiü,  bom  Dbjcft  au^ 
em))irifc^5analt;tif(^  ftd^  gehalten  ju  müfjen  fcf^ien,  trat  in  ben  SSorbergrunb  unb  brängtc 
bie  toon   ben  ^^ilofojjl^en  ber   erften  .^älfte  be^  ^a^r^unbert^  mit    i^rem  Softem  ber= 

10  fnü^jften  praltifd^sreformerifc^ien  S3eftrebungen  ^urücf.  2lnbererfeit^  Umrbe  auc^  bic 
^o^uIart)^ilofot)^ie,  bie  fic^  Don  biefen  fd(}toeren  Problemen  in  bem  aWafee  abmanbtc  al^ 
fie  bebrol^Iic^  l^erbortraten,  in  le^ter  fiinie  auf  tJ^agen  be^  inneren  Seben^,  auf  ^f^o^ 
logie,  Stftl^etif  unb  3Koral  gebrängt,  inberen3Je!;anbIung  fie  bie  fc^ottifc^e  ©c^ulc  gegen  bic 
fc^roffen  Äonfequenjen  ber  rabifalen  ^ßroblemfteHungcn  j|u  ^ilfe  na^m  unb  Don  allcr^b 

16  ipf^c^ologifc^en  Slnal^fen  au^  (Sott  unb  Unfterblid^feit  ate  mit  bem  SBefen  ber  ©eelc  gc= 
geben  ficf^er  ui  fteUen  fuc^te.  Seibe  Slid^tungen  aber  blieben  in  fd^hjeren  .^emmungcn 
befangen.  $)ie  metaji^l;fifc^e  älrbeit  tourbe  bei  i^rem  bogmatifd^en  5Waturbcgriff  bc^ 
9Jaturalidmui§  nid^t  §crr,  unb  bie  pft^c^ologifd^e  ß^Ö^i^berung  ber  $oj)ulart)^ilofo^)l^ic  öcr- 
toicfelte  ftd^  burd;  i^re  au^  ber  Schule  £ode^  unb  Seibnijenö  beibehaltenen  j^f^^ogenetifc^cn 

20  Setrad^tungen  immer  toieber  in  bie  ©egenfä^e  bon  ©enfuali^mu«  unb  9Jatit)i^mu^  unb 
tourbe  fo  auc^  i^rerfeit^  be«  9?aturali^mu^  ni(|t  §err.  6rft  in  Äan  t  erl^ob  fid^  eine  neue 
Bearbeitung  unb^^öffung  biefer  Probleme,  bie  mit  einem  ©daläge  bem®eifte  bic  ^JJriorität 
bor  ber  9Jatur  fid^erte,  o^ne  bod^  bie^rinjijjien  ber  mobemen  9?aturforf(^ung  im  minbcftcn 
auf jul^ebcn,  unb  bie  ^jftod^ogenetifd^en  ©c^tüierigfeiten  burcf;  eine  ©rlenntni^t^eorie  überh>anb, 

25  bie  nid^t  pf^d^ologifc^e  änal^fe  ber  tbatfäc^lid^en  Seftänbe  be^  ©eelenleben^,  fonbem  Sluf* 
tDcid  ber  l^robuftiben,  auc^  bie  grfa^rung  erft  ermöglic^enben  ©elbftgefefegebung  be« 
®eifte^  fein  toitt.  SBenn  Äant  fic^  bamit  auf  h)eltl^iftorifc^er  ^ö]^e  pi^lt,  fo  \^at  \^n  boc^ 
ber  ®ang  ber  beutfd^en  fönttoidelung  auf  biefe  §öl^e  gefüj^rt,  bie  eine  Slntujort  auf  bic 
grage  nac^  bem  äJer^ältni«  ber  bon  il^r  feftge^altenen  etl^ifd^en  unb  religiöfen  gbealc  bcö 

80  ®etfte^  gu  ben  ©rgebniffen  unb  SWct^obcn  be^  neuen  naturlbiffenfc^aftlidi^en  SBeltbilbc^ 
berlangte.  6r  [tcHt  für  einige  ^cxt  bie  Ic^te  Slu^einanberfe^ung  mit  ber  frangöfifc^en  unb 
englifc^en  ^^ilofojj^ie  bar,  bie  drftreitung  eine^  Soben^,  oer  bon  beren  ^JJroblemen  unb 
S^enbenjen  bi)ttig  frei  ift  unb  ba^er  einer  ganj  neuen,  felbftftänbigen  enttoidelung  9launi 
bietet.    Stber  nid^t  blofe  biefe  SluffteKung  einer  neuen  jj^ilofol^l^ifd^en  3Retl^obe  unb  bic  ba- 

85  mit  gewonnene  ©idjerftellung  be«  S^eali^muö  bebeuten  einen  ©d^ritt  über  bie  bi^^gcn 
fd^toanfenben  S3el(^anblungen  bief er  ?frage  l^inau^,  fonbern  aud^  ber  ®eift  feiner  ^^ilofol^^ic 
felbft  übertüinbet  ben  ®ei[t  ber  Slufflärung.  2)er  ^^Jrimat  ber  t)raltif(^en  SSemunft  bor 
ber  tl^eoretifc^en,  bie  bem  ®eifte  bie  materielle  gefe^mä^ige  SBelt  aufbaut,  loäl^renb  bic 
crftere  i^m  bie  nottoenbigen  3Berte  unb  3^^^  t^c^  autonomen  ®eifte^  geigt,  bebeutet  bic 

40  Befreiung  ber  SBeltanfc^auung  bon  ben  intelleftualiftifcf^sbcterminiftifd^en  ©ebuftionen  unb 
i^re  3uriidEfii^rung  auf  bic  urf Jjrünglid^c  innere  ®en)if;^eit  bernunftnottoenbiger  ^jraftifd^cr  ^cr= 
fönli^feit^gielc.  35amit  ift  ber  inteHeftualiftifd^e,  fc^lie^lid^  immer  in  ben  ^aturali^mu^  ^cr* 
abjie^enbe  Sann  gebrochen.  3}on  ber  Jjcrfönlic^en  l^at  ber  grei^eit,  bom  S^aralter  au^, 
beftimmt  fic^  bie  SBeltanfd^aung  in  le^ter  Sinie.    3lber   auc^  bie  ))raftifc^en  bcmunftnots 

45  toenbigen  Jöerte  be^  ©eifte«  felbft  treten  ju  ben  biöl^erigen  SBerten  in  fc^arfen  ®egcnfa|. 
3l\d)t  materielle  ober  inteneltuellc  ftultur  ober  bie  ®lüdfeligfeit  mac^t  ben  SBcrt  bc^ 
^Perfonlcben^,  fonbem  nur  ber  abfolut  aUgemeingiltige  SBert  ber  bie  ^erfönlic^fcit  auö  ber 
SBelt  ^erau^eftaltenben  fittlid^en  I^at.  3)ie  Äultur  ift  nur  ber  au^  ber  ©innlid^Icit  unb 
bem  fmnlid^en  Suftftreben  l^erborge^enbe  ©toff,  gegen  ben  mit  immer  größerem  unb  reinerem 

50  Äraftaufgebot  ber  einfädle  fittlic^e  SBiUe  fic^  ju  bebaujjten  unb  gu  einem  Sleid^c  freier 
autonomer  SBillcn  fic^  jufammengufc^lie^en  ^at.  3)amit  nähert  fi^  Äant  Slouffeau,  too= 
bei  er  aber  beffen  jiat^etifc^e,  fentimental  nac^  rüdtoärt^  gerid^tete  SSetrac^tung  burc^  eine 
befonnene,  nacf;  bortoärt^  gerid^tete  erfe^te,  bie  in  ben  Äämpfen  einer  felbftfü(^tigen 
Äultur  unb   einer  f^altenben  Sleflejion  nur  bie  pf^c^ologifd^cn  (Srgiel^ung^mittel  jur  §er= 

55  au^arbcitung  ber  toal^ren  j[^ö^eren  SSemunft  unb  jur  .^erftellung  einer  bie  fittlid^e  Steinzeit 
mit  ber  »öcrrfc^aft  über  bie  5Ratur  berbinbenben  ©emeinfd^aft  erlennt.  2)urd^  eine  3lrt  bon 
„2ift  ber  i^etnunft"  gucktet  bie  $Ratur  felbft  bie  Siebingungcn  für  bie  Il^ätigfeit  be«  fittlid^en 
SBilleng  Ij^eran,  unb  ba^  Gnbe  biefer  göttlid^en  ßrgie^ung  be^  5Jienfc^engefd^le<^tc«  ift  bic 
Übertoinbung  be^  5tamj)fe^  um  ba^  finnlid^e  3)afein  burd^  ben  Siemunftftaat  ber  grcüj^it 

öo  unb   be^   eU)igen  grieben^,   eine  Slrt  bon   „j)^ilofo))t|ifd)em  G^iliaömu^".     ©o  bcgrünbct 


dbealtdmiti»,  benif^er  619 

er  mit  Scjfinö,  Sd;ißcv'  unb  ^umbolbt  eine  naic  ®ef(i^ii^töbl^ilofot)l^ie,  bic  älnfang  unb 
(Snbe,  Äaujalität  unb  lereoloöie,  ^jf^c^ologifc^c  ®cfe|mä|i0leit  unb  tuertenbe  älbftufung 
in  ein  SJerl^ällni^  ju  bringen  fuc^t  unb  bem  IgnbibiSuum  in  bem  jetüeiligen  3Ra^  ber 
bon  i^m  erarbeiteten  ^erjönlid^feit  einen  SQSert  berleil^t,  ber  bon  ber  (Srreid^ung  be« 
(Snbjiete  ber  (Sattung  unabl^ängig  ift.  S^fof^n^  Äant  jc^ße^Iic^  baran  auf^  engfte  eine  5 
religiöfe  3)eutung  ber  SBelt  unb  ber  ©efd^id&tc  Inü)>fte,  \o  ift  auc^  biefe  I),eutung  tro$ 
aller  (Sebunben^eit  an  baö  religionöjj^ilofop^ijci^e  ©d^ema  be«  3)ei«mu«  eine  Überivinbung 
beö  SlufUäning^gcifte^.  (Sr  erneuert  ben  93rud^  bon  5Watur  unb  ©nabe  unb  bejeitigt 
bie  rationale  3)emonftration  be«  ©otte^begriffe«;  aber  er  begrünbet  ben  ©otte^begriff  nic^t 
tüicber  auf  übernatürliche  Offenbarung,  fonbem  auf  bie  überall  toirlenbe  ©egentoart  ©ottc^  10 
im  fittlid;en  Setüufetfein  unb  fafet  benSruc^  nic^t  ate  ben  natürlicher  unb  übernatürlicher 
Äräfte,  fonbem  ate  ben  allgemeinen  Duali^mu«  be«  menfd^lic^en  Seben^,  ber  e«  j^toifc^en 
ben  3Jläci^ten  ber  ©innlic^Ieit  unb  benen  ber  autonomen  fittlid^en  SJemunft  teilt.  35a«  ift 
nad^  allen  ©eiten  tro^  ber  Slnlel^nungen  an  2etbni;\ifd^e,  SEBolfffc^c  unb  tl^eologifd^e 
Schemata  eine  neue  ffielt,  bie  aud^  balb  in  einer  au^ebreiteten  t)l^ilofoj)l^ifci^cn  Schule  fic^  16 
geltenb  nmd^te  unb  auc^  bic  femer  ©te^mben  jur  änfiebclung  auf  il^rem  S3oben  einlub, 
fofcrn  fie  über  ba«  bi^^erige  3^italter  l^inau^ftrebten. 

Die  ©mnbgebanlen  be«  ©^ftemö,  ba«  biefe  ungelj^eurc  Äongentration  be«  gciftigm 
Scben«  unb  biefe  Umbiegung  ber  ^wtereffen  betüirfte,  fmb  folgcnbe:  3)ie  $rinjil)ien  einer 
ftrcng  faufal-mec^anifd^-beterminiftifc^en  Äonftrultion,  toie  fie  bie  moberne  9laturU)iffenfc^aft  20 
au^ebilbet  ^at,  fmb  für  alle«  ®rfa^;rung«erfennen  unbebingt  anjuerlennen.  Slber  biefe« 
lüiffcnfc^aftlid^e  SSJeltbilb  gel^t  au«  ber  apriorifc^en  I^ätigfeit  be«  93eh)u^tfein«  l^erbor, 
ba«  nad^  feinen  ©efe^^m  im  Serle^r  mit  einer  au^er  biefer  Sejiel^ung  un«  unerlennbaren 
Sfficlt  bon  2)ingen  biefe«  SBeltbilb  erzeugt  unb  fortfd^reitmb  toiffenf^aftlic^  orbnet.  3)ie 
aßclt  ber  Erfahrung  ift  in  biefem  ©inne  ein  grjeugni«  bc«  S3emu|tfein«,  unb  barin  ift  26 
bic  3Röglic^Ieit  eine«  Segreifen«  nad^  ^rinjipien  ber  5?oth)enbigfeit  begrünbet.  Stber  fie 
ift  juglcic^  ein  ^"'^^Ö^ff  ^^  ßrfc^einung  bon  Dingm,  bie  fic^  für  ein  anber«  organificrte« 
Scioufetfein,  in«befonbere  für  ein  ethjaige«,  aKe  SSejie^ungm  umfaffenbe«  unb  alle«  abfolut 
ergeugmbe«  göttliche«  93eh)ufetfein,  erl^eblid^  anber«,  aber  für  5Kenfd^en  unfaßbar  barftellen. 
©leic^lpo^l  bcfiftt  aber  audp  ber  menfc^lid^e  ©cift  eine  Srfenntni«  bon  bem  SBefen  unb  ao 
fiem  ber  Dinge  ober  bon  ber  intcKigibeln  SEBelt,  infofem  er  ein  a})riorifc^e«  ©efe$  pxah 
tijc^cr  Urteil«bilbung ,  ba«  fittlic^e  aSernunftgcfe^  ber  fic^  felbft  nad^  nottoenbigen  ^htm 
bcftimmenben  ^eii^eit,  unb  ein  ebenfold^e«  ©efe^  ber  Seurteitung  ber  Srfal^mng  nad) 
rcgulatibm  Igbeen  ber  teleologif^4o«mologifd^m  ßinl^eit  ber  SEBelt  aufloeift.  3^ifc^en 
beiben  aber,,  jtoifd^en  ber  med^anifd^en  erfal^mng«erfenntni«  unb  ber  autonomm  ftttlid^m  35 
iNcmunft,  ftept  fc^liefelid^  bie  äft^etifc^e  UrteU«bilbung,  bie  in  ber  gorm  be«  9Jaturh)irfen« 
toic  in  ber  gorm  be«  Äunfttoerf«  eine  abfid^t«lofe,  immanente  3*^edfmä^igfeit,  ein  ^ru 
cinanbcr  toon  ^cil^eit  unb  SJottücnbigfeit  betounbert  unb  geniest. 

3öa«  an  biefem  ©vftem  bie  aufftrebenben  ©eifter  Deutfd^lanb«  begeifterte,  finb  nic^t 
bie  l^ierbei  toortoaltenben  j^erfönlid^en  ^wtereffen  Äant«,  bie  ©id^erftcDung  ber  9Jaturn)iffm*  40 
fc^aft  al«  SBiffenfc^aft  toon  ®efe|m  unb  bie  ©ic^erftcKung  ber  beftimmten  religiö«=et^ifd^en 
©mnbbegriffe,  fonbem  bielmel^r  ber  übertüältigenbe  ßinbmdf  toon  ber  ))robuf tiben  Äraft  be« 
Öetüu^tfein«,  bie  Befreiung  bon  9Rateriali«mu«  unb  ^fVc^ogenefte,  bie  Slnfd^auung  einer 
unergrünblid^m  fc^affenbm  liefe  bc«  menfd^lic^m  ©eifte«,  au«  ber  fid^  fein  5Raturbilb 
tüic  fein  @eifte«inl^alt  erflärt.  Damit  begegnete  er  bem  in  ber  5ßoefie  au«gebilbetcn  Sc^  45 
griffe  be«  ©enie«.  ©eine  3iftl(!etif,  bie  auf  forgföltiger  JJenntni«  ber  3tufflärung«^oefie 
bcm^te  unb  noc^  bon  SBincfelmann  9lotij  genommen  l^at,  fonftmierte  gerabeju  bm  Sc» 
griff  be«  öftl^etijcf^m  unb  fünftlerifc^en  ©enie«.  3lber  auc^  über  biefe  fjjejieHe  Slntücnbung 
^inau«  mochte  fic^  bie  Äantifc^e  Se^rc  bom  ©enie  |;ur  Söfung  großer  Slufgabm  bctoöl^ren,  toie 
ja  feine  gange  Seigre  bom  Setou|tfein  at«  ber  fd^affenben  geiftigen  Äraft  ba«  33ch?ufetfein  w 
al«  ©angc«  nac^  allen  ©eiten  ^in  al«  unbctou^t  unb  noth)enbig  feinm  ^n^t  fd^affenbe« 
©enie  crfc^cinen  liefe  unb  il^m  einen  So«mo«  gegenüberftellte,  ben  er  bei  aller  ©trmge 
ber  Jlaufalerflämng  boc^  al«  ein  Äunfttoerf  ber  abfid^t«lo«  gtücdfmä^igm  Siatur  betrac^tm 
burftc.  Da«  ift  ba^er  aud^  bie  ©teile  geU)orben,  bei  ber  bie  toeitere  ©ntlpidfelung  eim 
fc^tc.  (ft\  gifc^er,  Äant;  ^aulfen,  g.  Äant,  ©tuttgart  1898;  äüinbclbanb ;  31.  Siie^l,  65 
^^ilof.  Äritici«mu«,  «eij^gig  1876;  31.  Sänge,  ©efc^.  b.  aRatertaR«mu«',  2ei>)gig  1877; 
».  (Srbmann,  ^]Ji.  Änui&en,  £eit)gig  1870;  2aa«,  Slrt.  Sambert  3lb8;  Sartl^olmöfe,  Hist. 
philos.  de  racad^mie  de  Prusse,  1850/51  ;  3-  ®-  ©rbmann,  ©efc^.  b.  ^^ilof.  II  j, 
III,  Seipgig  1842;  D.  ©c^laj)}),  Slnfänge  toon  Äant«  Rritif  be«  ©ejd^macf«  unb  ©enie«, 
©trafeb.  Diff.  ©öttingcn  1899;  Dietrich,  Äant  u.  SRouffeau,  1878).  m 


620  dbealtdttttti»,  betttfc^er 

;5.  3)cr  ä^ihi:t\\d)iCif)\\d)c  ^bcali^muö  bcr  bcutfd;c!t  "tliocfic.  2)crScgriff 
bc!d  ©cnie^  unb  fein  ia^  Äantifd^c  ©Aftern  crgreifenbcr  '^nl}alt  ftammt  an^  ber  ))oetif(^cn 
bcutfc^en  £ittcratur,  bie  fic^  au^  bcr  ber  tüeftlic^en  Sitteratur  nacf^folgenben,  mit  religiofen 
unb  !noraKfd)en  ^Reflexionen  bur(f)tränftcn  beulfd^en  SlufHäningßjJoefie  er^ob.  Sie  ift  bur((^ 

5  bie  toorau^ßc^enbe  ©nttüicfelung  unb  burd^  ben  3wfcimmen^anc5  mit  ber  europäifc^cn  ®c^ 
famtlitteratur  äl^nlid^  tüol^I  borbereitet  tpie  bie  Äontifc^e  ^^tlofoj){;ie  unb  ergebt  fu^ 
boc^  n)ie  biefe  auf  einmal  tl^unn^oc^  aud  ber  t)orangel^enben  SKittelmä^igfeit,  ein  3^^* 
ber  toieber  anfd^toettenben  unb  in  ber  Äon^entration  nad^  innen  getüac^fenen  beutfc^en 
Äraft.    eine  unglaublid^  reid^  ftc^  cntfaltenbe  5ßl^antafie  offenbarte  ben  toielüerfc^lungencn 

10  9leic(|tum  be^  Seelenleben«  unb  Qah  ber  SetTad^tung  i^m  gegenüber  bie  innere  grei^eit. 
©0  geU)ann  bie  beutfd^e  Silbung  auö  ber  ^oefie  bie  innere  §rei^eit,  bie  fic  mit  einem 
©(^lage  \>on  ber  t^eologifc^en  ©ebunbenlj^eit,  bon  ber  Slufeerlic^feit  einer  fonbentioneHcn 
5Korai,  t)on  ber  lel^rl^aften  SBerftanbe^mä^igleit,  toon  bem  erbaulichen  Utilitari^mu«  unb 
ber  (Snge  beö  ^orijonte«  befreite,  bie  ftc^  lebiglic^  an  bie  aflgemeinften  (Srunblagen  einer 

15  ibealiftifd^en  Seben^nfd^auung  gebunben  ipufete  unb,  t)on  l^ier  au«  bie  toerfc^iebenen  großen  in 
ber  ©efc^ic^te  ertoac^fenen  @eifte«inl^alte  frei  überbticfenb,  fie  neu  ju  lombinieren  tragen  burfte, 
bie  in^befonbere  bie  brei  großen  im  mobernen  Seben  bereinigten  3Käd)te  ber  Slntife,  bc« 
ßl^riftentum«  unb  ber  9laturtt)if[enf(^aft  poetifc^  belebte  unb  in  bie  berfc^iebenartigften  neuen 
33erfnü))fungen  brachte.    Unb  inbem  ber  reiche  ©ebanfenin^alt  biefer  j^octifd^en  $robuftton 

20  fie  nötigte,  auf  ba«  2Sefen  unb  bie  ©efe^e  biefer  ^robuftion  ju  refleltieren,  burd^  eine  orb^ 
nenbe  litterarifc^e  Äritil  i^ren  überftrömenben  Sleic^tum  ju  regeln,  entbedfte  man  ben 
Segriff  be«  ©cnie«  al«  ber  jjrobuftiben  Straft,  bie  mit  9loth)enbigfeit  ben  göttlichen  Sn^^lt 
ber  menfd^lid^en  ©eele  geftaltenb  au«h?irft.  2)iefer  Segriff  aber  ertoie«  ftc^  auc^  tueit  über 
bie  5ßoefie  ^inau«  bon  gnmblegenber  Sebeutung.    6r  öffnete  über^aut)t  ben  ©lirf  in  bie 

25  freie,  unbetoufet  notU)enbige  ^robultion  be«  Setou^tfein«,  au«  toelc^er  3Jloral  unb  Steügion, 
©^jracf^e  unb  ©efellfd^aft  ä^nlid^  entftel^en  toie  bie^oefie,  bamit  ben  S3lidE  in  bie  Anfänge 
unb  Urfjjrünge  ber  ©efd^ic^ite,  in  bie  treibenben  Äräfte  ber  ©ntmicfelung  unb  in  ein  bie 
©egentpart  bon  ber  Saft  ber  Sleflejion  unb  Äonbention  befreienbe«  neue«  Äulturibeal.  ©o 
ertouc^«  eine  ^oefie,  bie   in   i^rem  innerften  SBefen  ^oefie  mit  aKen  SBiberfjjrüc^en  unb 

30  3Rannigfaltigfeiten  rein  j)oetifd^er  ^beenbilbung  tbar,  bie  aber  burc^  i^ren  ©e^t  unb 
burc^  bie  bon  i^r  auf  ba«  SBefen  ber  jjrobuftiben  Äräfte  be«  ©eifte«  gericbtete  Jleflejion 
in^altlic^  toirfte  toie  eine  neue  ^^ilofojjj^ie.  ©ie  ^at  bie  alten  Probleme  freiließ  toebet 
befeitigt  nod^  gelöft  unb  in«befonbere  burd>  i^tcn  einfettigen  i!i[ft^ctici«mu«  bie  bon  Äant 
fo  na^brüdtlic^  betonten  Elemente  be«  ®uali«mu^  oft  täufrftcnb  berfcfileiert,   aber  fte  f)at 

35  bod^  gerabe  im  3"fö>ww^^nt^^ff^n  "^it  ^c»"  tritidfti|(^cn  ^^LMliönm^  bcv  ßrforfd^ung  be«J 
menjc^lic^en  ©eifte«  unb  feiner,  9Jatur  U)ie  ©efcbtt^te  bcgrifflid?  auffaffenben,  5^cnftl^tig!eit 
unermeßliche  3)ienfte  geleiftet,  bie  mit  ben  au^  bicfem  ^ufammenttcffen  entfpringenbcn 
großen  metaj^l^^ftfd^en  ©^ftemen  noc^  feineismcg^  etfc^öjjft  finb.  (fi.  r^itbebranb,  31.  ©enie 
be«  ©rimmf^en  3B.'-g3.;  g.  ©c^mibt,  9li*atbfmi  ic;  %  «ifc^er,  !jlft^ett( ;  a>.  b.  ©tein, 

ioSntfte^ung  ber  neueren  äftl^etif  1886;  D.  -^arrtad,  Sfaffiid^eiÜfti^etif  bcr  ^eutfc^en  1892; 
a)iltl^cv,  ©d^leiermac^er ;  bie  angefül^rten  £itt.=@efct).)- 

2)ie  SBenbung  gefd^al^  nur  l^alb  unb  bebingt  in  Älo^jftocf  unb  feiner  feraj^l^ifcbcn 
©d^ule,  bann  in2i5ielanb  unb  feiner  ejjiluräif d^en ©dfiule,  bie  beibe  in  ber  3lu«ftrömung 
be«  ^joetifc^en  ©efü^l«  unb  ber  erregten  ^l^antafte  bie  l^öd^fte  Seiftung  be«  Seben«  erfannten, 

45  nur  baß  ftc^  l^ier  ba«  ©efü^l  im  3w|<ini"^^"M0  "^i*  ^^  germanifd^-englifc^en  unb  bibli= 
teen  S^^cnmelt  bem  ^bealen,  bort  im  3"l<i"^^"^!i^^"9  ^^^  franjöfif^en  unb  antilen 
äJorbilbern  ber  ©innli^teit  juU)anbte.  Sei  beiben  ift  ber  neue  G^arafter  unboDftänbig. 
Älojjftod  ift  geteilt  gmifctjen  J)ietiftifd^=religiöfen  ginflüffen  unb  ber  rein  poetifd^en  2eben«= 
anjd>auung,  ffiielanb  jiDifd^en  bem  franjöfifd^^l^öfifd^en  Unter^altung«ton  unb  ber  burc^  ftc^ 

60  felbft  erfreuenben  ^^itofoj)(^ie  ber  ©rajien.  ^a«  felbftftänbige  :,^beal  ber  auf  ftc^  felbft 
geftellten  freien  9Renfc^enbilbung  erfc^eint  erft  neben  il^nen  in  2 cf fing,  ber  eben  be«= 
^alb  in  ber  Serbinbung  eine«  neuen,  ben  ern)ac^ten  beutfc^en  Drang  befriebigenben  Seben«^ 
gefübl«  unb  einer  e«  anfc^aulic^  barftellenben  ^oefie  mit  ber  e«  begrünbenben  unb  bers 
teibigenben  tpiffenfd^aftliclien  9leflejion   ber  3lu«gang«))unft  ber  neuen  beutfd^en  Did^tung 

55  geUJorben  ift.  Sluf  bie  SBerliner  Sitteratenfd^ule  geftü^t,  ein  Äenner  Seibnuen«  unb  auc^^ 
©^inoi^a«,  mit  ben  ^ojjutar^j^ilofojj^en  ju  einem  immerbin  fe^r  ungleichen  Sunbe  mannigs 
fad^  bcrbunben,  ^at  er  bod^  ben  3lufflärung«gei[t  im9!»"crften  beränbert,  inbem  er  fotoopl 
beffen  t^eologifierenbe  ©ebunben^eit  al«  beffen  eubämoniftifd;e,  utilitarifc^e  ober  abftraft 
tonftruierte  3*^<^dmäßigfeiten  beifeite  fe^te  unb  ben  ©el^alt  be«  Seben«  in  ber  jufammen= 

•jo  l^ängenben,  notU)enbigen,  natürlich  freien  unb  eint^eitlic^en  3lu«h)irfung  ber  Seben«betoegung 


3fbealti»titttd^  bnttfi^er  621 

fclbft  erfanntc.  ßö  ift  ta^  fotuolS^I  eine  ^tu^erung  feiner  eigenften  9Jatur  aU  eine  20^- 
Iö|ung  leibnigifd^er  gbeen  t)on  t^eoIogifdS^em  Seitoerf.  SJon  biefem  neuen  Seben^efü^I 
au^  ergab  fidj)  i^m  fotoo^I  eine  neue  Stfti^etif  unb  eine  neue  bramatijc^e  Siic^tung,  ate 
eine  neue  3KoraI,  ^^iIo|op^ie  unb  Il^eblogie.  ^n  ber  gorm  an  bie  ben  2lriftoteIeg  loms 
ntentierenbe  3luftlärungöäft^etif  fic^  ^altenb  \)at  er  bod^  ba«  Stöejen  ber  Äunft  unb  a^idS^s  5 
tung  bon  allen  au^er  i^r  felber  (iegenben  3h)c*en  befreit  unb  ate  ba^  2Befen  ber  2)ic^tung 
bie  {^ödj^fte  unb  fonjentriertefte  ©ntfaltung  einer  in  [\d)  nottoenbig  gufammen^ängenben 
.s>anb(ung  bejeic^net,  bie  ben  §örer  jum  5IKiterIeben  unb  ju  nac^fü^^Ienber  eigener  innerer 
Äraftentfaltung  jtoingt.  ©eine  3KoraI  ^ot  er  toeniger  begrifflich  enttoidfelt,  aU  in  Seben 
unb  ßl^arafter  geftaltet  unb  in  feinen  Jjoetifc^en  Figuren  öeranfdS>auIic^t ;  e«  ift  bie  boHs  10 
fommen  freie  unb  nottoenbige  äuötüirfung  beö  ®\xim  um  feiner  felbft  toißen.  ©0  nol^e 
bermanbt  jene 'Jlftf^etif  unb  biefeSt^if  finb  unb  fo  tief  fte  gemeinfam  in  feinem  ß^aratters 
ibeal  murjeln,  fo  Ij^at  er  bod^  —  barin  bie  (Sinftd^t  ber  älufflärung  feft^t^nb  —  teibe 
niemals  bereinerleit,  toenn  audj;  beibe  freilidj^  niemals  au^brüdflid^  unterjc^icben.  Um  fo  beutlic^er 
aber  l^at  er  ben  gemeinfamen  Untergrunb  beiber,  bie  (Sefamtanfd^auung  t)on  ©Ott,  bem  15 
Uniüerfum  unb  bem  3Kenfc^en  hervortreten  lafjen.  ©iefe  ^h^m  f^at  er  atö  bie  3Sorau^ 
fe^ung  feiner  ganzen  Sebenöanfc^auung  in  heftigem  Äamj)f  gegen  bie  bid^er  alfeö  be^err- 
fdj^enbe  i^eologie  burc^gefoc^ten,  babei  aber  boc^  felbft  ben  Stammen  ber  t^eologifc^en  Se^ 
grifföbilbung  nic^t  t)öflig  aufgegeben.  3^"^  fc^toebte  afe  mafrolo^mifd^er  ©runb  feinet 
2Kenfd^enibealg  ein  mit  biefcm  üertoanbtcr  ©otleöbegriff  Vor,  bie  ^bee  einer  in  ftrenger  20 
einF^eit  unb  5Joth)enbigfett  il^ren  ganzen  unermeßlichen  Seben^gel^alt  t^ätig  au^toirlenben 
©ottl^eit,  in  ber  bie  einzelnen  inbibibuellen  2Be|en  enthalten  finb  toie  bie  ©injelgebanfen 
in  ber  35emunft  unb  t)on  i^r  bie  8eftimmung  einer  Stuötoirlung  jum  §öd^ftmafe  ber 
il^rcm  aOSefen  entfpredj^enben  3:iS^ätigfeit  empfangen.  3jn  ber  ©eelentoanberung  immer 
toieberle^renb  reifen  bie  ©eelen  ju  biefem  ^xA,  beffen  ©rreidj^ung  \)on  ber  göttlichen  äBelt«  25 
regierung  burc^  bie  2lntecit)ation  be^  öottfontmenen  SKoralgefe^e^  in  ben  Offenbarungen 
bc^  alten  unb  nod^  me^r  be^  neuen  3:eftamenteg  j)äbagogifcl^  erleichtert  toirb,  aber  nur  um 
biefe  Hilfsmittel  überflüjftg  ^u  machen  unb  jebe  @ee(e  f^IießUc^  unmittelbar  burc^  eigene 
innere  nottoenbige  erfenntniS  mit  ©Ott  m  üerfnüj)fen.  (3)anjel,  Sefftng;  ßebler,  Seffings 
©tubien;  (S.  ©c^mibt,  2.;  2)ilt^e^,  2.,  ^Jreufe.  ^a^rbb.  19,  1867).  ^  ao 

9Jod;  entjc^eibenberc ©c^ritte  über  bie SlufHärung  J^inauS  tl^aten  Hamann,  Berber 
unb  äöindtelmann.  ipatte 2e|fing  mit2etbnij  im®eifte  ber Stufüärung  bie  grunblegenbe 
l^ätigfeit  beS  ©eifteS  in  betoujter  unb  flarer,  golgeric^tigfeit  unb  Slottoenbigleit  ate 
alleinigen  SBa^r^eitSbetoeiS  anerlennenber  2)enft|ätig!eit  gefunben  unb  biefe  35enfarbett 
nur  im  geftcigerten  ©inne  einer  bie  SBefen^nlage  öottlommen  auStoirlenben  unb  baburdj;  35 
ct\)x\d)  unb  äft^etifc^  bollenbenben  Energie  mit  bem  S3egriffe  be«  ©enie«  berbunben,  fo 
hjerben  ^ier  bie  urfj)rüngnc^  gegebenen  ^"^nl^alte  beS  geiftigen  2ebenS  in  ben  SBorbergrunb 
geftcdt  unb  bie  ^albbetoufeten,  elementaren  Äräfte  ber  ^robuftion  bem  bloß  räfonnierenben, 
xergliebemben  unb  üerbinbenben  33erftanbe  entgegengehalten.  33on  ^ter  entftel^t  ein  neuer 
begriff  beS  ©enie«  ate  ber  mit  unbetoußter  9?oth)enbigfeit  frei  j)robujierenben  Kraft  unb  40 
als  beS  ben  Sßert  biefer  3"^ölte  fouöerän  empfinbenben  unb  be^aujjtenben  ©efül^fe. 
,N>atte  2efftng  im  ©eifte  ber  älufflärung  eine  9Jormalh)al(^rl;eit  gefuc^t,  bie  er  jtoar  in  eine 
C^nttoidtelung  eingel;en,  aber  in  biefer  als  jc^lcd^t^in  einl^eitlic^e  jucceffit)e  t)orbringen  ließ, 
fo  toeitet  fi^^  nun  ber  §orijont  über  bie  taufenbfac^icn  ©d^öpfungen  ber  SJölfergenieS  unb 
i^rc  2ebenSin^altc  auS  unb  umfaßt  eine  nad(?fül;lenbe  2iebe  alle  als  felbftftänbige  SBerte,  45 
bie  nur  mit  3JJü^c  ju  einem  l^öctiften  l^id  fid;  Dereinl^eitlid;cn  laffcn.  ^^nSbefonbere  traten 
fo  (S^riftentum  unb  älntife  auSeinanber,  bie  2eifing  noc^  tro^  gelegentlicher  6mj)finbung 
il;reS  ©cgenfa^eS  gegen  einanber  inbifferen^iert  unb  feiner  ctoigen  a3emunfth)alS^rl;eit  unter« 
gcorbnet  ^atte,  tvie  ja  aud)  bie  ganje  bisherige  Silbung  ÄlafftfdbcS  unb  G^riftlidj^eS  als 
Komplemente  be^anbelt  l^atte.  ^^i  trat  gJ^riftlic^eS,  9iorbifc^eS,  5KoberneS  unb  Älafftfc^eS,  50 
^eibnifd^eS,  2lntiteS  immer  beutlic^er  auSeinanber  unb  begannen  beibe  um  bie  Sieutung  beS 
©cnieS  t)ou  i^rem  ©inne  auS  gu  fämj)fen.  2)ie  beiben  ©runbelemente  ber  euroj)äifc^en  6it)ilis 
fation  trennen  fic^  unb  ftellen  ben  Segriff  ber  menfcl^lic^en  ©eifteSenttoicfelung  öor  bie  fd^toierig? 
ften  Probleme,  toie  fie  ber  ganjen  Sluff lärung  tro^  i^rer  Setonung  ber  l^iftorifd^en  SSerfdj^iebens 
i^eitcn  ber  Kulturen  nic^t  aufgegangen  toaren.  §atte  2effing  fc^ließlic^i  gerabe  unter  Setonung  55 
ber  9{elatit)ität  alles  ^iftorifd^en  unb  ber  ©c^ioierigfeit  ^iftorifc^er  Söetoeife  bie  Silbung  ber 
a^eltanfc^auung  bon  gefc^ic^tlidj^en  Setoeifen  emancijjtert  unb  bie  JJormaltoa^r^eit  nur  in  ber 
©cfd^id^te  ficf^  entioideln,  aber  nid^t  t)on  i^r  betoeifen  laffen,  fo  trat  nun  bie  ^ülle  ber 
l)iftorif^en  2ßelt  mit  i^ren  großen  i^"^«'*^  ''^^^  ^i^  ^^^^  unb  forberte  t)on  ber  Segeifte- 
rung  unb  bem  ©efüljl  bie  ^ufttmmung,  gu  einem  ober  ju  ben  größten  unter  il;nen.    3)ie  eo 


622  dkealidmitd,  betitfc^er 

©efc^ic^tc  U)urbc  hjicbcr  bcr  5Kuttcrb£)bcn  für  btc  Silbunß  bon  ®Iaubc,  ^\>Qal  unb  SBelts 
anfd^auung,  frcilid^  nidS^t  in  bem  Sinne,  ba|  ftc  burc^  übernatürliche  (greigniffe  ober  burd^ 
ben  consensus  gentium  Setoeife  fürSel^rfö^e  lieferte,  fonbem  in  bem  Qan^  neuen  ©imte, 
baj  bie  großen  äJölfer*  unb  ©imelßenie^  ate  fdS)öj)ferijc^e  Kräfte  angefe^en  toerben,  bic  ben 

6  blofe  nadj^fü^Ienben  unb  unfc^öjjferifc^en  bie  Söa^r^eiten  ertoerben  unb  für  fte  burd^  ben 
Dom  ®enie  au^e^enben  ^auhtt  unmittelbar  betoeifen.  Siamit  boHjie^t  fic^  eine  burd^^ 
gängiöe  ^iftorifterunö  ber  gangen  SGBeltauffaffung  unb  eine  SSeränberung  ber  ^iftorifc^cn 
5IKet^obe,  bie  nic^t  me^r  bloj  auf  natürliche  Srflärung  au^e^t,  fonbem  auf  3flac^fü^Ien 
unb  9?ad^fc^affen  ber  Sreigniffe    im  ^f^^ologifc^cn   SSerftänbni^,  nic^t  mel^r  blo^  auf 

10  Rritif  ber  Überlieferung  nac^  SKöglici^feit  unb  Söa^rfc^einlic^leit  be«  Überlieferten,  fonbem 
auf  jjf^dj^ologifc^e  Srflömng  be^  ffierben^  unb  ber  ©nttoicfelung  ber  Überlieferung  felbft. 
Sin  ©tette  beö  allgemeinen,  bon  einer  rationalm  9?orm  au^gel(^cnbcn  3laifonnement«  ber 
„histoires  philosophiques''  unb  an  (Stelle  ber  tenbengiöfen  Singelfritit  tritt  eine  mit 
möglidS^ft  reid^er  unb  lebmbiger  ätnj4>ciuung  erfüllte  ^iftorifc^e  ©efamtanfc^auung,  bie  bic 

16  objeftiüen  treibmbm  Äräfte  ber  ©ejc^id^te  auffud^^t,  ben  3"iÄ>">"^"^önö  ^^^f^  Äräftc  j)oe= 
tifd5>  ^erau^fü^lt  unb,  iebe^Oebilbe  in  feinem  eigentümlichen  SBefen  erfajfmb,  e^  auc^  nur 
an  feinem  eigenen  ^Kajftab  meffm  toill.  $iftorijc^e  ffritif  unb  33crgleic^ung  toirb  nid^t 
mel^r  jur  (Snttourgelung  t]^eoIogi(c^sfuj)ranaturaIiftifc^er  ©ejc^ic^t^beurteilung  aufgeboten, 
fonbem  toirb  um   i^rer  felbft  toillen  bebeutfam,  tocil  fte  ba^  ©d^affen  unb  SQSirfen  ber 

ao  9Kenfc^^ett  belaufcl^t  unb  fo  im  Jlac^fü^lm  bie  ©egentoart  au^  bem  ®enie  ber  SJer* 
gangen^eit  fic^  felbft  bereici^ern  lägt.  Unb  noc^  eine  le^te  toic^tige  SSeränbemng  gebt  au^ 
bem  neum  53egriff  bc«  ®enie«  ^erbor.  (£r  ftellt  bie  Ungleicl^^eit  gtoifc^cn  bm  ^Renfd^cn 
toieber  l^er,  bm  bie  abftraft  gleic^mac^mbe  unb  bie  fupranaturaliftifdben  $ö^en  nibeU 
liermbe  ätufflärung   befeitigt  l^atte.    6r   teilt  bie  SKenfdj^m    in   fc^5j)ferifc^e  unb   nac^^ 

26  fd^affenbe,  in  ®mie^  unb  SJurc^fdj^nitt^mmteen ;  er  lonjmtriert  bm  S^t^'bibuafemu^ 
ber  Slufflämng  in  gefteigerter  SBeife  in  bm  ®enie^,  betont  aber  bei  ben  übrigen  bie  Sil^ 
bung  unb  ©rleudj^tung  burc^  bie©mie^,  tooburc^  um  alle  fd^öj)ferifc^en  9iaturm  fic^  cnt= 
f})re^enbe  Äreife,  SSöllergmie^  unb  ©emeinfc^aft^geifter,  gruJJlpieren.  3)amit  ertoac^t  ba« 
bon   ber  Slufflämng  unterbrüdfte   unb  umgangene  ^roblem  bc«  äier^ältniffe^   bon  ®t^ 

80  mcinfdj^aft  unb  3"*>ibibuum,  bon  objeltibem  unb  fubjeftibcm  ®eift,  )oon  Slutorität  unb 
Eingebung  in  einer  neuen,  bm  üon  ber  Slufflämng  bemic^teten  ©ujjranaturali^mue 
glei^faH^  Jjrei^ebenbcn  Söcije.  ^"^^bibuali^mu^  unb  ©ociali^mu^,  ejtremfte  ©elbft= 
erl(;ö^ung  unb  feinfte  Slnal^fe  ^iftorifc^en  ©mw^Ö^ifte«  fämjjfm  öon  nun  ab  mit= 
cinanber. 

85  35icjc  Ummanbclung  ift  in  ber  ^aujjtfadj^e  ba«  SBcrf  ip  c  r  b  c  r  ^ ,  beö  reic^ftm  unb  feinftcn 
®eifte^  ber  6j)od;e.  SUon  bem  borfritifd^cn  Äant  ju  bomrteil^frciem  3)cnfen  ergogm,  öon 
bem  litterargefdS)id;tlic^  immer  noc^  nic^t  l(;inreic^enb  erforfc^ten,  bunflm  unb  geiftreidbm 
Hamann  mit  l^eftigfter  gcinbfdj^aft  gegen  ben  gergliebemben,  räfonnierenbai  unb  bemonftrierens 
ben  ®eift  ber  äufflärung  erfüÜt  unb   bon  bem  auf  Äant   mit  feinem   moralifc^m,  auf 

ioÄerber  mit  feinem  j)oetifc^en  ^at^og  toirfmben  Slouffeau  für  urfj)rünglic^e,  ^)robuftitK 
^eelmfraft  begeiftert,  bon  Sejpng  unb  9Bincfelmann  jum  93erftänbni^  frei  fc^affmbcr 
Äunft  ergogen,  ift  er  ber  Steformator  na^egu  fämtlic^er  ®eifte^h)iffenfc^aftm  geworben,  ber 
gugleic^  bie  9?atur  al^  Saft^  bc^  ®$iftceleben^  unb  afe  Seftanbtcil  bc^  gefe^mägigen  äBclt^ 
gangen  tief  gu  hjürbigen  toeig,  aber  t)on  ber  eigentlichen  9laturh)iffenfc^aft  unb  namentlich 

46  bon  ber  3)iat^ematif  fic^  abtoenbet.  Sluc^  er  gel(^t  bei  biefcr  9leform  t)on  bcr  Slnal^fe  ber 
})octifc^m  unb  fünftlerifd^en  ©eelent^ätigfeit  au^,  bcrm  9Jad^cmpfinbung  i^m  gum  ©dj^lüffcl 
für  ba^  SScrftänbni^  ber  gciftigen  Sl^elt  unb  bor  allem  il)rcr  nottoenbigen  organifd^m  ent= 
\td}\xnQ  au^  ben  unreflefticrten  Urfräften  bc^  ®eifteg  itjurbe.  6rft  öon  l^ier  au^  gelangt 
er  bann  auc^  gur  Slnal^fe  bc^  et^ifd(^m  unb  rcligiöfen  ®efü^fe.    Sitte  fo  gewonnenen  er= 

60  fenntniffe  aber  fajt  er  gufammm  gu  einer  ®eiftc^5  unb  ©celengcfcl)ic^te  ber  3)imft^^cit, 
bie  er  in  i^rent  burd;gängigm  ^wf^mmcnl^ang,  in  i^rcm  f^runglofm  Syerbcn  unb  i^rcm 
unenblic^en  SReic^tum  ausbreitet.  3)icS  gange  Soeben  unb  Schaffen  bcS  ©eelenlebm^ 
geidt^net  er  fdj^licfelic^  in  bie  9Jatur  hinein,  auS  bcr  eS  übcratt  ^erauStoäc^^ft,  an  bie  eS  gebunben 
bleibt  unb  bie  ba^er  mit  i^m  gu  einem   gro^m,-  einl^eitlid^en   unb   gcfe^mäfeigen  ®anjen 

56  berfc^milgt,  M^  baS  fromme  ®emüt  ®ott  nmnt  unb  in  feinem  eigenm  ^nnem  ate  oie 
anfdj^affenbc  Äraft  cmj)finbet.  §ier  bertoeift  er  auf  Seibnig,  ©pinoga  imb  ©^afteSbur^, 
toäl?renb  er  als  $iftorifer  bie  aufgäbe  ber  3KonteSquieu,  SJoltaire,  ®ibbon  unb  Suffon 
auf  einer  l}öi)mn  ©tufe  fortführen  WoüU.  Slber  bic  ungeheuren  hierin  entl^altenm  än^ 
regungm  toiffenfd^aftlic^  auSgubaucn  toar  §erbcr  nic^t  gegeben.    ^nSbefonbere  gelang   eS 

60  il(;m  nidj^t,  ein  ^id  fcincS  ®cfc^ic^|tS})rogcfjcS  gu  getoinncn,  fonbcrn  er  blieb  immer  bei  bcra 


3fkealti»titttd^  beittfi|cr  623 

nUöcmcinen  begriffe  ber  Humanität,  ba^  tft  eben  ber  urfj)rünöli(^  Jjtobufttben,  rctdS^en 
3Jlcnfc^enbtIbung,  ^aften,  in  ber  i^m  aUe  Sefonber^rtten  immer  toieber  berfc^moljcn.  ©o 
l)<d  er  \\t>ax  ben  Unterjc^ieb  jtoifc^en  Slntile  unb  ß^riftentum,  jtoifc^en  naiber  unb  beioujter 
5IJlenfc^9ettöbirbung  alänjenb  anal^ftert  unb  i)Qi  l^raltifc^  i"  ^cm  ©egenfa^e  beiber  |eit 
fetner  Sücfeburger  Ärift^  energifd^  für  ba«  G^riftentum  5ßartei  genommen.  3lber  eme  5 
h)tf|enfc^aftltc^e  Segrünbung,  eine  teleologifd^e  Äonftruftion  ber  Snttoicfelung  ^ot  er  nie 
gefunben,  ba  il^nt  bie  ßbrifüic^teit  boc^  f(^ltefeli(^  immer  toieber  mit  allem  edS>t  3Rcn\i)f 
liefen,  baö  er  irgenbtoo  fanb,  jufammenflofe,  toie  ben  35eiften  oKe  SReligion  mit  ber  nattir« 
lid^en  SReligion  ibentijt^  toar.  (§a^m,  $erber  1880/85,  Äü^nemann,  $.  1895). 

35a^  in  ber  fo  erf4>Iofjenen  SBJeite  beö  §oripnte^  antue  unb  G^riftentum  beutlic^er  lo 
au^einanbertraten,  ift  badSSier!  ber  neu^umaniftifc^en  $^i(oIogie  unb  bor  aUemäBinlel- 
mann«,  ber,  gleichfalls  bem  t^eologijc^en  unb  aufflärerifdS^en  ®eifte  grünblic^  ab^olb,  auf 
baS  ®enie  unb  feine  Jjrobuftibe,  unbehjujt  nottDenbige  Äraft  jurücfging,  nur  bafe  er  ti 
mit  ^ärtefter  SluSfc^üe^lid^feit  an  ber  Slntife  unb  jioar  an  ber  finnlic^ftcn  Äunft,  an  ber 
antifen  ^(aftif,  enth)icfelte.  ^\xd)  er  ffat  fic^  mit  ^ietiSmuS,  Geologie,  3)ei«mu«  unb  i6 
3luffiärung«j)^iIofopl^ie  I^erumgef4>lagen  unb  fic^  ^on  ber  2itteratur  be«  18.  S^^^unbert« 
jur  gorberung  ber  grei^eit  unb  ber  ©rneuerung  ber  gejamten  Äultur  em^)ortragen  lafjen, 
aber  bon  i^rem  fj)ejififc^en  ^nJ^alt  ift  aufjer  ber  §armonieIel^e  Seibnijen«  unb  ©^afted« 
bur^S  unb  aujer  ber  SSere^rung  ber  ©innlic^teit  unb  Jlatur  nur  \tl)x  toenig  bei  i^m 
übrig  geblieben,  feit  i^m  in  ber  biiS^er  gänjüc^  berfannten,  meiftentetl«  fogar  ungefannten  20 
gried^ifc^en  Sitteratur  unb  Äunft  eine  biefem  SerftanbeStreiben  überlegene  3BeIt  Jjrobuf« 
tiber,  unmittelbarer  unb  lebenbiger  Äraft  aufgegangen  hjar.  ®r  enH)fanb  in  i^r  bie 
Seiftung  ber  9Jatur  felbft,  bie  notmenbig  unb  organifc^  in  ftiDer  ©infalt  unb  ®riJ^c  au« 
bem  l^o^en  ©eifte  be«  gefunben  unb  in  feiner  grbenmelt  befriebeten  Slltertum«  audflo^, 
bie  Uebertoinbung  aller  Unruhe  unb  3i^lI»>P9f^ii  ^^  ätffeltc«  unb  be«  ajerftanbe«  bur^  25 
reine,  an^  bem  3"n<^  quettenbe  ^axmonk.  Siamit  ^atte  aud^  er  auf  feine  S35eife  felbft« 
ftänbig  ben  Segriff  bc«  ©enie«  unb  ber  probuftiben  9Jaturftaft  gefunben,  ben  er  bem 
mat^ematifc^en  unb  mcc^ianifc^en  3ib«al  ber  2luf Härung  felbftbetou^t  entgegenfe^e,  toe«^a(6 
ber  c^riftlid^e  .^amann  in  i^m  feinen  näc^ften  @eifte«Deriüanbten  anerfennen  tooUte,  35i- 
berot  ilS;n  mit  Slouffeau  gufammenftettte  unb  Berber  feine  3lna(tjfe  be«  t^oetifc^en  Schaffen«  ao 
auf  bie  SBindfcImannfc^e  be«  Jjlaftifd^en  grünbete.  Sluc^  i^m  toar  in  biefem  Segriffe  bon 
©enie,  5tatur  unb  Äunft  jugleic^  bie  3KoraI  unb  bie  ®eltanfc^auung  gegeben,  mit  ber  neuen 
Äunftle^re  eine  neue  ßt^if  unb  neue  3leUgiofität,  bie  äft^etifc(>»religiöfe  ?jbee  einer  ^armoni« 
fd;en  Vereinheitlichung  be«  bertoorrenenSebenSuim  Reitern,  ftd^  felbft  be^errfc^enben  unb  in 
fi^  felbft  jufriebenen  Sebenefunftmerl  unb  ber  SBegrünbung  äße«  ©ein«  unb  Seben«  in  einer  35 
legten  göttUdE^en  Duelle  aQer  Stu^e  unb  Harmonie.  S)amit  gugleid^  berbanb  ftci^  aud^  bei  il^m 
eine  Vertiefung  ber  ®efc^i(^t«anfc^auung,  bie  bie  considirations  sur  les  causes  de 
la  grandeur  et  de  ]a  d^cadence  in  bem  neuen  ©inne  eine«  organifc^en  ^ro^effe«  auf 
ba«  ©(f^affen  bc«  ©eifte«  ber  griec^ifc^en  Äunft  antoanbte  unb  bie  feine  ©efc^id^te  ber 
gried^ifc^en  Äunft  ^um  Vorbilb  ber  toeiteren  ®eifte«=  unb  Sitteraturgefc^ic^te  bei  §erber,  40 
ben  ©c^legel  unb  öegel  machte.  ©0  rüdft  burct)  i^n  ba«  ©riedjientum,  ba«  auc^  ©efner, 
(Srnefti  unb  ,&e^ne  al«  S3ilbung«mittel  gu  berfelbftftänbigen  begonnen  l^otten,  in  bie  j)oes 
tifc^e  Beleuchtung  einer  bollfommenen  unb  normativen  Offenbarung  ber  göttlidj^en  unb 
mcnfcl^lic^en  9Jatur  ein,  unb,  inbem  feine  2luffaffung  ber  ^Jlaftif  auf  ^omer«  SJidj^tung 
auegcbcl^nt  tourbe,  hjurben  bie  antifc  ^laftit  unb  §omer  gu  ben  ©d^lüffeln  nii^t  blo|  45 
bc«  3tltertum«,  fonbem  auc^  ber  l^öc^ften  ©üter  be«  ©eiftc«,  ber  Silbung  unb  ber  SBcIts 
anfc^auung.  Quae  philologia  videbatiir,  philosophia  fiebat.  33on  biefem  ©runbfa^e 
m^  reformierte  bann  g.  31.  SBoIf,  ber  ©cnoffc  ber  fflafftfer,  ba«  gefamte  J)^iIologifc|c 
©tubium  unb  fül^rte  bamit  bie  5ßl^ilologie  a(«  einen  ber  §aulptfattoren  in  bie  neue  Sil* 
bung  ein,  U)ie  e«  benn  in  ber  %l)ai  ber  bon  ber  SKat^ematif  unb  9Jlec^anif,  ben  SRatur«  w 
h)iffcnfc^aften  unb  ben  9Jü^li(^feit«reflejionen  fid^  abtoenbenben  unb  in  bie  liefen  originaler 
gciftigcr  S[}robuttion  unb  gefc(;ic^tlic^er  Schjegungen  eintauc^enben  SJenfhjeife  entf^)rac^,  bie 
l;iftorifd;en  ©runblagen  unferer  ßibilifation  mit  neuer  ^^ifc^e  unb  unbefangener  Segeifte« 
rung  ju  burc^forfc^en.  ^eilic^  ^olte  bie  geniale  ^i^^^^ion  Stöinfelmann«  unb  feiner  ©e« 
noffen  hierbei  a\i^  bent  Altertum  gerabe  ba«,  toa«  ber  nad)  einer  Vereinigung  nattirlid^*  66 
unbefangener  ©innlic^feit  unb  l^o^en  ibealen  ©c^tounge«  berlangenben  3rit  fongenial  hjar, 
bie  $laftit,  $omer  unb  eine  j)latonifierenbe  Äunftreligion,  unb  rüdte  fie  obenbrein  biefe 
®ebantenh)clt  in  eine  bogmatifc^  berabfolutierenbe  Beleuchtung,  in  ber  fic^  freilid()  nur 
bie  bügmatifd;c  äluffaffung  ber  Slntife  burc^i  bie  c^riftlic^=firc^lic^e  Stultur,  aber  nun  mit 
äl>cgfaU  bci^  cl;riftlitt;cn  Äom})lementc«,  fortfc^^te.    5)ie  l;iemit  gegebene  fc^roffc  ßntgcgcns «» 


624  dkealtdtittid,  betttfi^er 

fc^unö  gegen  baei  ß^riftmtum  f)ai  fc^iocrc  innere  Äonflüte  unb  ©J)annungen  j^crbd* 
geführt,  bie  erft  biel  fjjäter  eine  toirflid^  l^iftorifc^e  ©rforfd^ung  fohjo^l  beö  ß^riftcntumö 
afe  ber  3lntilc  gemilbert  ^at.  (©oetlS^e,  SBindfelmann  unb  fein  ^a^rl^unbcrt ;  6.  ^ufti, 
SBincfelmann^   1898;   ^auljen,    ©efd^i(^te  be«  gelehrten   Unterri^tö;   amolbt,    g.    a. 

öSIBüIf  1861). 

3lu^  biejen  öerfc^iebenen  Anregungen  entftanb  bie  beutfd^e  Sitteraturrcbolution,  bie 
nndj)  bem Stid^toort  ber  (Sj)0(^e  mit  bem Flamen  berSenie^Sitteratur  bejeid^net  toirb  unb 
an^  ber  bie  großen  SKeifter  ber  jtoeiten  unb  britten  ©eneration  unferer  Sitteratur  ^ert>or' 
gegangen  ftnb.    6ö  finb  burdj^toeg  5IKänner  öoni  reic^ften  ©ebanfengei^alt,  bie  toit  nur  gu 

10  fe^r  in  ber  Beleuchtung  ber  Xenien  unb  ber  mittleren  ^eriobe  ©oet^e^  ju  fe^en  getoö^nt 
finb,  bie  aber  in  SBäa^r^eit  bie  fämtlid^en  (glemente  ber  mobemen  ffultur  jum  lebenbigen 
Slu^brudf  bringen  unb  bie  fämtlic^  ein  hjtc^tige^  SJioment  be^  beutfd^en  ^^^li^n^w^ 
Vertreten. 

Sn   erfter  Sinie  [teilen  ^ier  bie  ®nH)^e  ber  im  eigentlichen  ©inne  fog.  ©türmer  unb 

16  2)ränger  unb  bie  bom  ©enietoefen  mitberü^rten  SJertreter  älterer  SRic^tungen.  35ie  erftcren, 
bie  £enj,  SBagner,  Älinger,  bie©öttinger  u.  f.  h).  bejeit^nen  nur  gonj  allgemein 
baö  ©treben  nad^  mögKcl^fter  ^ntenfität,  Unmittelbarfeit  unb  9?aturgetoalt  ber  ®m|jfinbung, 
bie  6m})örung  gegen  bie  Sleflejion^fultur  unb  Äonüention.  3Son  i^nen  l^at  nur  Älinger 
in  feinen  3l(teröbetradS)tungen   ju  reifer  335eigl(;eit  fi(^  erhoben,    ^n  ghjeiter  §infic^t   ftnb 

20  ju  nennen:  .peinfe,  ber  ben  SBielanbfc^en  (gj)ihiräi^muö  in  ba^  3;roj)enHima  be^  ©ente^ 
berfefete,  Slntife  unb  Slenaiffance  ju  feinen  ^cu^m  aufrief  unb  ba^  jügellofe  Sluelebfn 
be«®enieö  atö^rinjij)  ber6tl(;if  berlünbete;  Si^tenberg,  ber  bie  fc^ärffte  äufflärung^ 
fritif,  geniemä^ige«  Urfj)rünglici^teit^efü^I,  SRouffeaufc^e  5iatum)al?r^eit,  etl^ifcl^e^  unb  gc^ 
fü^Ite^  6l(^riftentum,  einen  jjoetifierten  ©^inoji^mu^,   fauftifc^en   3Bi$   unb   a^nung^ofle 

26  ©cntimentalität  fprung^aft  bereinigte;  t).  §i))^el,  ber,  mit  Äant  unb  §amann  bertraut, 
eine  gefüllte  unb  autonom'}>ra{tifc^e  S^riftlic^feit  mit  S^ouffeaufc^en  unb  9(ufflärung^ibeen 
^umoriftifc^  burc^fe^te;  fc^Iiepc^  g-  §•  3?o^,  ber  bie  Kombination  leibenfd^aftlid^er  SJer^ 
nunftaufflärung  unb  SBincfelmannfi^er  2Htertumgbegeifterung  bertritt.  (3-  ©c^mibt;  ®et 
jer  II;  SRieger,  Älinger  1880/96;  S^eumann,  2i(^tenberg  al«  $^iIof.,  Äant^St  1899). 

80  3n  bielfac^er  Serü^rung  mit  biefer  unb  ber  folgenben  ©ru^jJe  fte^t  ba^  fpejififcl^ 
religiös  gefärbte  ©eniehjefen  berbunben  mit  einer  c^riftlic^  gefärbten  ©efü^femoral.  .§ier 
fte^t  an  ber©}3i^e  ber  geiftreic^e 3!)ic^ter})l(^iIof oj)^  g.  §.  9iöcobi,  ber  bie  gange  Setoegiing 
bon  ben  erften  bi^  gu  ben  legten  Reiten  mit  cinbringenbfter  2luöeinanberje^ung  begleitete 
unb  bie  in  ber  gangen  mobemen  ^enfhjeife   entbaltenen  ©runbgegenfä^e   fd;arffinnig    er^ 

86  leuchtete.  3!)ie  j)f^c^o(ogifc^en  Briefromane  feiner  ^ugenb  finb  bie  2)enfmale  ber  ©cnie* 
moral,  bie  nur  bem  inneren  3^riebe  ber  Kraft  unb  be^  ©öttlidjjen  [xd)  anbertrauen  unb 
allem  ©Aftern  unb  aller  3)ebuftion  ftc^  h)iberfe^en  toitt.  2)ie  fpäteren  Slu^einanberfe^ungen 
mit  ^ume,  ©Jjtnoga,  Kant,  ^idj^te  unb  ©d^efling  fudj^en  biefe  ©enieübergeugung  gur 
3:|^eone  ju  ergeben,    ©eine  Siüffelborfer  ^jwgenb  unb  feine  ©enfer  Sej^rjjal^re  machten  i^n 

40  mit  ^iettemu^  unb  SKaterialiömuö  bertraut,  unb  biefer  ©egenfa^  bertiefte  fic^  i^m,  nad^= 
bem  er  bon  ber  ©enielitteratur  ergriffen  mar,  gu  bem  ©egenfa^  einer  abftraft  ein^eitfid^en, 
an  ber  Stnfc^auung  be^  9Jaturme^ani^mu^  au^gebilbeten  Berftanbe^erfenntniö  ber  SBelt, 
al^  beren  2;bj)ul  i|m  ©Jjinoja  crfc^ien,  unb  einer  gefüi^l^mä^igen,  ben  SBibertoruc^  fubcrän 
unb    Jjaraboj  gum  SBal^rf^eitebetoei^  macbenben  ®Iaubcn^=   ober  ©efül^l^eriEenntni^.    ^n 

46  biefer  ©lauben^erlenntni^  erfaßte  er  ben  perfönlic^en  ©Ott  unb  berfi^erte  er  fid^  ber 
menfdj^lic^en  ^rei^eit  foh)ie  eine^  unenblic^en,  naturüberlegenen  3Q3erte^  ber  menfd^Uc^en 
©eele,  fofem  fte  biefen  ©efül^Ien  fic^  gugänglic^  nmc^t.  $^ilofoj)^ifc^  unbcKimmerter  unb 
mit  no(^  ftärterer  j)erfönn(^er  3Kac^t  mirlte  neben  i^m  Sa  bat  er,  ber,  auf  eine  tüa^r^ft 
geniale  3)ienfcbenbcobac^tung   unb   eine  pF^antaftereic^e  Serlebenbigung   be«  (Sbangcliumö 

öogeftü^t,  ba^  SBefen  beö  Gbriftentum^  mit  ä^nli^cr  intuitiber  Kraft  unb  einer  auf  feine 
Sffieife  ebenfo  unF^iftorifc^en  Serabfolutierung  erfaßte,  tbie  SBindEelmann  ba^  3lltertum,  unb 
babei  bocb  leicf;ter  unb  lebenbiger  berfu^r  atö  ber  bunfle,  in  bie  2)ogmatif  fid^  eintoü^Ienbe 
§amann.  6^  ift  i^m  ber  ©laube  an  bie  ^erfönlic^teitöbcftimmung  be«  9Renfd^en,  bie 
\l}n  ber  9Jatur  entnimmt  unb  über  fie  emj)orträgt,   bie  il^n  in  ber  Seben^berbinbung  mit 

66  ©Ott  lebenbiger  unb  ejiftenter  mad(^t  unb  burc^  bie  Siebe  ade  SJienfc^en  in  biefe  ©pfteng^ 
erl(;ö^ung  ^ineingugie^en  ftrebt.  6«  ift  felbft  ret^t  eigentlich  ^flangung  unb  ©c^affung  be^ 
©enie«  in  ben  bergen,  e«  entbinbet  im  ©efü^l  äße  Kräfte,  bac;  ©enie  ber  Siebe  unb  ba^ 
©enie  ber  ©eligfeit.  ^rit)^m  er  aber  biefe  2lnfc^auung  immer  [tarier  an  pietiftifd^e  Sicb^ 
ling^le^ren  fnüpfte  unb  mit  magifc^en  unb  b^jJnotifdjjen  ©fljerimenten  gu  erläutern  ftrebte, 

Go  berlor  er  feinen  anfangt  mächtigen  ßinflu^  auf  bie  Sitteratur  unb  trat  er  in  bie  engeren 


3f^eattömttd,  betttfc^er  625 

JEreifc  be^  ^icli^niu^  juvüct.  Ji^nlit^  flinö  cö  mit  bcm  befc^cibcncren,  aber  ftnnreidj^en 
unb  lieben^tüürbtöen  latente  be^  3Katt^ia^  6 1  a  u  b  i  u  ^  unb  SunöStillingg.  3«i>^  teli« 
ßiöfen  Setoegungen  nad)  ben  ^i^cit^friegen  fanien  i^re  6mn>irlungen  bann  toieber  jum 
l^orfc^ein,  bann  freiließ  bon  berSRomantif  gefärbt.  (Sitngiebl,  ^acobi  1867;  3^.  $ert^, 
g.  5ßert{^e^«  1872;  Oeljer  II;  ©(^netberreit,  3M.  Slaubtu«  1898).  b 

3)ie  britte  ®ruj)j)e  tft  bie  jogenannte  flaffifd^e,  be^errfc^t  öon  ber  au^erorbentlic^en  ^Per« 
fönlic^teit  ©oet^eg,  ber  freiließ  jiir  Säuterung  unb  Äonjentration  ber  tdte  öeriDtlbemben 
teife  berjärteinben  3)id^tung  unb  ©efülj^lötoeife  auf  bie  flafftfdS^e  Stntile  jurücfgriff,  beffen  SQSefen 
fic^  aber  barin  nidj^t  entfernt  erfdS^öjjft,  ber  öielme^r  in  einem  langen  £eben  äße  )8ilbung«s 
mäd^te  ber  3«it  auf  fic^  f)at  toirfen  lafjen  unb  fte  in  feiner  3((ter«n>eig^eit  in  einer  reichen,  lo 
öorfu^tig  bie  ©rengen  be«  ffii^baren  ac^tenben  unb  bie  2Biberfj)rüd^e  be«  menfc^Kd^en  Sffiefen« 
fc^onenben  3Serfnüj)fung  barftettt.  9Sor  allem  ein  fd^affenber  X\i)ttx  unb  in  feiner  SJb« 
neigung  gegen  ©^fteme  unb  ^beorien  toie  im  SBanbel  unb  ber  ©infeitigfeit  ber  ©tim^ 
mungen  öon  bier  au^  ju  begreifen,  öer^ielt  er  fid^  ju  ber  ^^eenbehjegung  felbft  mef^ 
vegeptib  aU  Slic^tung  gebenb  unb  ^ielt  er  feine  3)enfn)eifc  bi«  gule^t  übertoiegenb  in  bem  15 
Sänne  einer  poetifcfen  3Raturemj)finbung,  bie  Äörjjertoelt  unb  ©eelenleben  gerne  ber  gleichen 
öetrac^lung^toeije  untemjarf  unb  bie  Se^re  t)on  einem  au«  ber  Slatur  erft  im  Oegenfa^  bie 
iüa^ren  SBerte  l^erauöfc^affenben  ®eift  unb  SBitten  alö  ©törung  em})fanb.  $ierau«  unb 
aw^  ber  t)on  ber  Hajfi|(i^en  Sft^etif  unb  $^iIofot)l(;ie  übernommenen  ©c^iHerfc^en  Äon« 
ftniftion  feine«  SBefen«  ift  bie«  in  St^if  unb  SBeltanf^auung  einseitig  antif iftercnb  gefärbte  20 
3)ilb  ®oet^e«  entftanben,  ba«  ben  toirflidj^en  JReid^tum  feiner  ^been  unb  feiner  |>iftorifc^en  Sin^ 
iüirfungen,  bie  bauernbe  Sebeutung  feiner  nur  mit  berjenigcn  Äant«  bergleid^baren  Seben«« 
leiftung  berfennen  lä^t.  3"  SBn^^cit  f)CLt  er  atten  geiftigen  3Käc^ten  ber  A^it,  ber  3lufs 
flänmg,  bem  ©enietocfen,  bem  ©efü^töc^riftentum,  ber  Slntile,  ber  SRaturtoiflenfd^aft,  ber 
Äantij^en  ^^ilofoj)^ie,  ber  metaj)^^fif(^en  ©^jefulation  unb  ben  erneuerten  Sinjeltoiffen^^  25 
fc^ajten  r\a\)c  geftanben  unb  ^at  er  fc^(ie^Itcl(^,  tümn  and)  mit  ber  SRu^e  be«  eigene 
Sebürfniffe  befriebigenben,  fontemjjlatiben  SBeijen  unb  nic^t  mit  ber  ^)rinjit)ietten  ©Aftern« 
bilbung  be«  ^^ilojopF^en,  i^ren  ©ebanfenreid^tum  in  ber  umfaffenbften  SiBeife  au^gemeffen. 
3lu«  ben  überftrömenben,  teutonifc^en,  dj^riftlic^en,  Dlouffeauf^en,  ©^afei})earifd^en  unb 
,Öcrberfd;en  Stimmungen  {einer  ^^ugenb,  in  benen  cxmd)  \)erj(^tebenfter  SJid^tung  iebe^molao 
ber  füueräncn  ©efbftma(^t  be«  ®efül(;te  bie  ^üqü  fc^ie^en  Ue^,  o^ne  fte  jemafö  mirflic^ 
a\i^  ber  ,C')anb  ju  geben,  rettete  er  ftcb  burdj^  bie  ^lud^t  in  bie  2l5mdfetmannfc^c  äntife, 
in  ba«  beibnifc^e  SRom  unb  in  bie  öon'biejen  ]pIaftip=äft^etifdS^en  ^been  burc^toirf tc  3Jatinrs 
miffenfc^aft.  J^on  ba  feierte  er  jurüdf  al«  ber  ^rojj^et  be«  ^eiligen  ®eiftc«  ber  fünf  ©inne, 
cincv  9tatur  unb  ®eift  in  i^rem  !i^neinanber  unb  in  i^rem  ^rungfofen  SBerben  jujammen^  35 
fc^aucnben  ^ant^eiömu«  unb  einer  bie  feelijc^e  3Ratur  lebiglic^  ^armonifierenben,  begrengenben 
unb  fünftlerifdj)  jur  reichen  9|"^iöibualität  fttolifierenben  üRoral.  9lber  babet  lonnte  n>eber 
fein  urfprüngKd^e«  SKefen  fid^  befriebigen  noq  bie  bauernbe  3Ritarbeit  mit  bem  ©treben  ber 
3eit  ftei^en  bleiben.  9Son  bem  ©d^hjung  be«  ©c^illerfc^en  3bcali«mu«  ergriffen,  mit  bem 
CJmft  Äantifd^er  Probleme  befc^äftigt,  öon  ber  Slomantif  ju  bem  toeiten  ^origont  feiner  40 
^ugenb  jurücfgefü^rt  imb  bor  bie  m\im  jjraftifd^en  aufgaben  be«  öeränberten  beutfc^en 
^cben«  geftellt,  betonte  er  bann  gegen  ba«  äftf^etifdj^e  5laturbilb  unb  gegen  bie  antitifterenbe 
■Dioral  mieber  ba«  3"i>i^^^wum  mit  feinem  fittlic^en  unb  religiöfen  2)range  nac^  l(;5(^P^" 
geiftigen  SBerten  unb  ftrebte  er,  ber  Jtantifc^en  SRoral  unb  ber  Seibnigifd^en  SJlonabenle^re 
\xd)  näljernb,  in  ber  (Spoi)t  feiner  SoHenbung  bie  ©^nt^efe  t)on  antiter  unb  c^riftli^er  45 
Humanität,  üon  pant^eiftif(^er  SRaturt)erel(^rung  unb  t{)eiftif(^em  3Jlora(gIauben,  bon  l^iftoris 
fc^er  Überlieferung  unb  ßigengetoi^^eit  an,  bie  in  bem  SKiUen  ber  Qpoqc  lag.  3)er  Slufblidf 
^\i  bcm  gefe^mäjigen,  ba«  Snbibibuum  in  taufenb  Regierungen  berflec^tenben  unb  baburd^ 
begrengenben  ®angen  ber  9?atur  leierte  i^n  auf  ben  3)rang  be«  3inbit)ibuum«  nad^  grengcn« 
lofem  3tu«teben  öergic^ten  u»|b  ju  ®unften  einer  begrengten  unb  gebicgenen  ^raftifd^en  go 
li^ätigleit  entfagen.  aber  in  bief er  ^ätigleit  berfnüjjfte  er  ftc^  toieber  mit  etoigen  SBerten 
unb  ^W^dm  ber  göttlid^en  33emunft  unb  erl^ob  er  ba«  gnbibibuum  in  bie  ©Jj^äre  ibeeHer 
Söerte,  bie  i^m  am  reinften  in  ber  fittlic^en  Äultur  unb  ®ottergebenreit  be«  ß^riftentum« 
bargcftellt,  aber  einer  ©rgängung  unb  erhjeiterung  au«  ber  großen  Kulturarbeit  be«  menfc^^ 
liefen  ©efc^lec^t«  fo  föbig  toie  bebürftig  fdj^ienen.  ©0  ftefit  bie  SB3ei«reit  be«  „(^nU  b5 
fagenben"  fic^  mit  ber  Steife  ^öc^ften  Sliter«  unb  mit  bem  Überblidf  über  na^egu  alle, 
aud;  bie  i^m  fremben  unb  unf^m^)atrifd^en  ober  atlgu  mobemcu  Seben«gebiete  al«  eine 
cingigartig  reid^e  3wf^>"'"^faffung  be«  8ilbung«gcl^alte«  ber  ©poc^e  bar,  bie  gerabe  in 
ber  ©c^onung  ber  SBiberfjjrttd^e,  in  ber  tiefen,  reinen  Smjjfinbung  aller  2eben«gebalte,  in 
ber  iycrbinbung  t)on  ®mft  unb  §umor,  öon  liefe  unb  Schärfe,   bon  iRIar^cit   unb  Um^  60 

9{caI^(Fnct)r(opäbie  für  X^eologie  unb  SNiitc.    3.  K.  VIII.  [0 


626  3)ealti»mttd,  beutfd|er 

fic^t,  üon  a)iilbc  unb  Scfthiunt^cit,  in  bcr  äblc^nunö  aller  Dcr9Ch)altiöcnbcn  S\)\tcmbiU 
bung  unb  in  bcm  boc^  immer  einl^eitlic^en  6mft  l^öc^ften  SBa^r^cit^ftrcbenö,  in  ber  8e- 
tonunö  bc^^  ^raftifd^'^erfbnlid^en  unb  ber  boc^  ftet^  geübten  SJüdffic^t  auf  ba^  ^otfäc^ 
lic^e  unb  SWotiüenbige,  in  ber  toeit  au^ebreiteten  Uniöerfalitdt  unb  ber  boc^  ftet^  bicibcnben 
6  Seflrenjt^eit  ber  perfönlic^^menfc^lic^enSlrt  einen  unerlc^öpflic^en  ©c^a^  öon  ©rfenntniffen,  ©e? 
banfen,  Silbern  unb  ©ejül^len  barbietet,  au^  bem  bie  ©ebanfcnmelt  be^  beutft^en  ^beafemu^ 
ftd^  nid^t  au^fc^lie^icb,  aber  boc^  borjüglic^  genährt  l^at.  (Sioörapl^ien  öon  ®rimm,  Semo^, 
©^öU,  §e^n,  31.  3)1  SJJe^er;  D.^amacf,  ©oet^e  in  ber  Qpod^c  feiner  Soßenbung  1887; 
aöinbelbanb,  3lu^  ©.^  $^ilofoj)^ie,  ©trafeb.  ©oet^eüorträge  1899;  ©logau,  Über  ©o^, 

io©t.5urenth)icIelung  beö  beutfc^en  ©eifte^,  3.f.^^ilof.  u.Ärit.  1890;  Sianjel,  ©.ö  ©j)inD^ 
gi^muö  1842 ;  Sßorlänber,  ®.«  Serl^ältni«  ju iRant,  Äantftubien  1897,98/99 ;  fein  SJer^ältni^ 
jum  ßbriftentum  bei  ptfdj)  1894;  ©ett  1899).  3u  ber  $ö^e  ©oeti^eö  ftrebte  atejtwter 
©deiner  l^eran,  ber  \)m  ber  3lufflärung  ^erfam  unb  il^rem  rationalen  DjJtimi^mu^  unb 
Snbibibuali^muö  immer  treu   blieb,   toenn  er  aii6)  jur  Steinigung  t)on  ber   tenben«öfcn 

16  SJilb^eit  feiner  3w0C"^^i<^^wng  nac^  ©oet^c^  SBorbilb  fid^  jeittpeife  in  bie  Slntife  i)erfen!te 
unb  feine  SBeltfenntni^  burc^  gefdS^idS^tlidj^c  ©tubien  erweiterte.  S)aburc^  nur  gellärt,  aber 
nic^t  befriebigt,  toanbte  fu^  fein  auf  ba«  Slßgemeingiltige  gerichteter  ftarfcr  Säiflc  bircft 
jur  $^ilofo})i^ie,  too  er  in  ber©(^ule  Äant^  bie  enbgiltige  Befreiung  üon  materialiftifc^n 
Slntoanblungen  unb  metap^^fifc^en  Überfc^tüänglic^ifeiten  gehjann,  bie  erlöfenbe  Äraft   ber 

20  Segrünbung  aller  menfc^^li^^en  SBirflic^feit  in  ber  Jjrobuftiöen  3:]^ätigfeit  be^  ©eiftc^  erfuhr 
unb  bie  Sefc^ränlung  ber  tüiffenfc^aftlic^en  ^orfc^ung  auf  SSctoufetfcin^nali^fc  unb  Stuf- 
fuc^ung  ber  bc^errfc^enben  ©cfe^c  be^  ©eifte«  erlernte.  2lug  bicfer  2lnal^fe  ftieg  feine 
gefammelte  Äraft  ju  ber  großartigen  3luebilbung  eine<g  äft^etifd^^etl^ifciS^en  ^j^^^^^i^w^w^ 
emj)or,  ber  im  Üntofc^iebe  t)on  unb  in   beftänbiger  SReibung  mit  ©oet^e«  ^jantl^ciftifc^em 

26  9laturgefü^l  gtoar  bie  5Jatur  nur  alö  erfdj^einung  ju  fc^ä^en  bermodj^te,  um  fo  tiefer  ober 
bie  Sebeutung  unb  ba^  SBefen  beö  ftrengen  fittlic^en  ^hcaU  unb  ber  biefe«  ergänjenben 
unb  mit  biefem  jufammcn  erft  ben  3Kenfc^en  üottenbenben  Äunft  feftftellte.  ^nh^n  ober 
bie  Äunft  erft  ba«  fategorifc^e  JJrei^eitöbetouJtfein  mit  ber  ©innlic^feit  Vermittelt,  merbcn 
il^m  bie  Äunftt^j)en  bie  d^aralteriflifdj^en  §auptt^j)en   ber  menf^lic^en  ©eifte^toerte  unb  fo 

80  fd^ließt  ft(^  an  feine  äftj^etifc^^et^ijc^e  SJetouJtfein^anal^fe  eine  bie  §erberf(^e  ^ufammenfc^u 
unb  Äantifc^e  ieleologie  t)ereinigenbe  ^iftorifd^c  Unterfudj^ung  ber  Äunftt^^fjen,  bie  inSBa^r^ 
^eit  eine  gc|c^ic^tej)l^ilofoj)^ifctie  Äonftruttion  ber  großen  menfd^lic^en  ©eifteött;t)en  ift  unb 
auc^i  bie  beiben  §auj)tgegenfä$e  ber  @}3oc^e,  bie  9Jotur,  ba^  9Jaiöe,  ba^  3lntife  einerfeit^ 
unb  bie  Äultur,  ba^  Sctoußte,  ba^  ©entimcntalifc^e  anbcrerfcit^,  ba^  §eibnif(^=©ried^if(^c 

86  unb  6^riftlic^=©ermanifc^e,  bie  noc^  inbifferenaierte  (Sin^eitlic^teit  unb  ben  moralifd^n 
Siuali^muä  ber  Seben^uffaffung,  gegeneinanberftellte,  um  eine©^nt^cfc  beiber,  bie  Siaito^ 
Werbung  be^  ©entimentalifc^en,  in  le^te  äluefic^t  ju  fteßen.  3luf  bem  ©runbe  biefer  tjrin- 
^ipiellen  ©elbftt)erftdnbigung  er^ob  fic^  bie  große  ©id^tung  feiner  lefeten  ^ai)xt  mit  einem 
bie  ©renken  biefer  I^eorieen  oft  genug  fprengenben  SHeidS>tum  an  ftttlic^en  unb  j)^ilofo^)l^ifc^en 

40  ßrfenntniffen.  3)a^  t)on  il^m  fonftruierte  Kultur-  unb  ©eifteöibeal  felbft  aber  ftanb  un- 
öerlennbar  in  einer  atljugroßen  3lb^ängigfeit  t>on  ber  Didj^tung  unb  äBeltanfc^uung  ber 
mittleren  5ßeriobe  ©oell;cg,  inbem  er  ba^  ©riec^if4>=9Jait)c  entgegen  ber  cigjxen  9latur 
©c^iller^  ate  baö  eigentlich  normative  ^id  aufftellte,  baö  nur  burcl^  baö  Sülebium  ber 
mobemen  ©ubjettivität  l^inburc^gel^en  unb  in  i^m  ficl^  noc^  Vertiefen  foßte.    (Sine  tüirfli^ 

46  l(;iftorifc^e  Slnal^je  be«  ©cntimentalifd^en,  einen  äuftoei^  feinet  3wf^"^»"^"^öng^  mit  bem 
ß^riftentum  unb  mit  ber  norbifc^en  2Belt,  l^at  ©c^ißer  nur  gan^  unfic^er  öerfudS>t.  (5r 
l^t  bag  ©entimentalifc^e  nur  aU  3!)urc^gangeftabium  gctoürbigt  unb  c^  fo  rafd^  al^ 
möQlxd)  in  einer  Kombination  Von  Äant  unb  ©oet^e  untergeben  laffen,  toöl^renb  er  ba^ 
GlSiriftentum  ate  bie  bem  ©efej^  entgegengefe^te  ßtl^il  ber  Siebe  unb  freien   inneren  9iots 

60  toenbigfeit  lieber  mit  bem  i^m  VorfdjijtDebenben  ^id  ber  äft^etifc^-et^ifc^en  ©^ntj^efe  in 
aSerbinbung  brachte.  Der  3tntife  innerlic^  fremb,  bem  Gl^riftentum  nur  Von  ©eite  ber 
ibealen  gorberung  vertoanbt,  auf  baö  fubjettive  Setoußtfein  unb  feine  ©efc^e  fon^entriert 
unb  flevtifc^i  gegen  bie  ßrfenntni^  be^  objeftiven  ©runbe^  ber  Siingc,  aber  boc^  toieber 
bie  äftlSietifd^e  Harmonie  be^  UniVerfumö  unb  be«  Voßenbeten  aKcnfc^entVJ)u^   faft  religio« 

66  cm^jfinbenb  ftcßt  ©dj^ißer  tro^  ber  ©röße  feinet  ©ebanfen^  einen  ©c^toebe^uftonb  in  ber 
Kombination  ber  Elemente  ber  3eit  bar,  ber  nic^t  baucnx  fonnte.  (Sr  gehört  mit  Kant  unb 
gierte  ju  ben  moralijc^en  ßrU^ecfem  unb  (Srjie^em  2)eutjc^lanb«.  liefgreifenbe  SBirfungen 
auf  bie  ©ebanlencnttoidfelung  aber  l^at  im  ©runbe  nur  ferne  ©efd^idS^lö^l^ilofopl^ie  au^eübt, 
h)o    feine   jufammenfc^auenbe  ßnergie   mit  ßrfolg   über  ©oet^e«  ber  .^iftorie  gegenüber 

60  immer  geübte  unb  nur  in  gelegcntlic^jen  2lp^ori^mcn  aufgegebene  ©fcpfi^  l;inau^ing.  aber 


^ealtdmitd^  beutfc^er  627 

a\xä)  l}kx  erfd^iencn  feine  Äateflorien  balb  ju  Hai  w"*^  abftraft.  3"  ^i"w  SSerttefung 
feiner  3:beorie  be^  ©entimentalif(^cn  lag  bcr  ©infa^unft  für  feine  5Rad^f 019er  unbÄritifer. 
(33iogrcH){^ien  üon  »^offmeifler,  SBJeltric^,  -iBinor,  D.  §arnadf ;  %oma\6)d,  B6).  in  feinem  SBer« 
^ältni^  jur  SBiffcnfc^aft  1862;  Übertoeg,  ©c^iCer  aU  ^iftoriler  unb  ^ß^ilofo^)^  1884; 
Mü^nemann,  Äant^  unb  ©c^iller^  äift^etif  1895;  35orlänber,  (gt^ifc^er  Sigori^mu«  unb  6 
fittlic^e  ©d^önbeit.  ^^il.  aWonat«^.  1894.)  3)er  einjige  SRad^folgcr,  ber  ©exilier«  üon^ 
ftruftion  ber  jtunft  unb  ber  ©efd^ic^te  unb  ©c^iller^  Kombination  öon  Rani  unb  ©oetl^e 
unbebingt  fortfe^te  unb  ^ierburc^  [xd)  eine  be^errfc^enbe  ©teHung  in  ber  beutfc^en  ©eifteö« 
gefc^id;te  gewann,  ift  3Ö.  b.  §umbolbt,  ate  3)ic^ter  burd^  feine  nad^gelaffenen  ©onnette 
betunbet,  ben  ^«itgenoffen  aB  Sitteraturfritifer  öon  l^öd^fter  grein^eit,  ai^  $bi(ofo})^  unb  10 
©pracbf orfd^er  betannt  unb  in  feiner  furjen  3Kiniftert^ätig!eit  ber  glänjenbe  ^Reformator  be^ 
beutfc^en  äilbung^toefen^  auf  ber  ©runblage  ber  neuen  äft^etifc^-etl^ifc^en  Silbung.  3"^^*w  er 
bie  ©d^illerfc^e  ©eifte^art  no(^  me^r  in  bem  ba^  9Jaii)e  blofe  fentimentalifc^  bertiefenben  ©innc 
na^m,  begrünbete  er  aU  ejtremfter  ®riec^enfc^|n)ärmer  SBegriff  unb  2:^eorie  eine«  faft  ^U 
turäifd^en  9ieul^umani^mu^,  ber,  bie  griec^ifc^e  5laturt)oIIfommcn^eit  in  bie  ©t)l(^äre  be«  15 
ioufeter  Stefiejion  Derfe^enb,  im  ©enufe  be^  ©c^önen  aU  be^  bie  9?atur  genialifc^  burd^s 
Icu^tenben  (Seiftet  ba«  eigentliche  Silbung^mittel  unb  in  ber  33erbinbung  f olc^er  ©emtiter 
ba^  ^beal  menfd^lid;er  ®emeinfd(>aft  ertennt.  ©eine  ))raftif(^e  ftaat^männifc^e  Sl^ätigfeit 
unb  feine  toiffenfc^aftlic^e  Slrbeit,  in  ber  er  bie  ^ringipien  ber  Äant*©(^iflerfc^en  Slftl^etit 
auf  bie  bergleicj^enbc  ©j)ra(^forf4ung  übertrug  unb  gef(^ic^t^j)^i(ofo}3^ifdJ)  öergleic^enb  eine  20 
größere  ©ered^tigteit  gegen  bie  Derfc^iebenen  .Hulturttj^pen  ausüben  lernte,  fülj^rte  xi)n  jebod^ 
i)on  l^ier  immer  me^r  in  bie3?ä^c  ber  ©oetl(;efc^en  Sllter^toeiö^eit  unb  einer  m^ftifc^  ^lato» 
nifierenben  G^riftlid^feit  (§a^m,  9B.  ö.  §.  1856). 

2)amit  aber  neben  biefer  flafftfc^en  Steinigung  unb  Äongentration,  bie  boc^  bei  aller 
©röf^e  auc^  eine  3?erengung  unb  gemaltfame  .^eHenifterung  be«  mobernen  Seben^  ift,  ber  25 
gan^c  fprubelnbe  unb  miberfprud^eöoKe  SReic^tum  ber  6})oc^e  fic^  toieber  offenbare,  trat 
neben  bie  Älaffiler,  t>on  i^nen  balb  abgefto^en  unb  mit  3<*cobi  unb  §erber  berbunben, 
l\uglcic^  an  Sid^tenberg  unb  §amann  anfnü})fenb  unb  mit  $ip))el  ben  l(;umorifttf(^en 
^Koman  englifd^en  SSorbilbö  pf(egenb,  ^ean^aulg.  Sticht  er,  bei  aUer  gormloftgfeit  boc^ 
ein  grofecr  3)ic^ter  unb  reicher  Denier,  iebenfaH^  ber  gelefenfte  bon  allen.  (Sr  übertoinbet  30 
bie  großen  ©egenfä^e  be«  mobernen  Sebeng,  ben  ©egenfa^  jtoifdj^en  JHeflejiondfuItur  unb 
.^cr^cn^^urfprünglic^teit,  gtoifc^en  berftanbe^mäfeiger  ©!cj)fiö  unb  ©efül^föer^ebung,  jtoifc^en 
mccbanifd^er  3iaturgebunben^eit  unb  fc^öjjferifc^er  ^eil^eit  nid[^t  burd^  §eranjie^ung  ber 
äBinctelmannfd^en  Slntife,  fonbem  burc^  benipumor,  ber  i(?m  ein  f^jejififd?  mobeme^J  Äunft* 
prinjij)  ift  unb  Don  i^m  mit  ber  ^c^tefd^en  ^^l^ilofojj^ie  in  Scrbinbung  gebracht  toirb.  ss 
!5bni  ^at  bie  älntite  Vermöge  il^re^  gangen  SBefen^  nur  in  ber  fmnlic^en  Äunft  ber  5ßlafti! 
ein  abfolutei^  SDJajimum  eneic^en  fönnen,  toä^^renb  bie  bie  IJnnerlid^feit  au^fj)re{^enbe  mobeme 
2)icl)tung  ganj  neue  SBege  ge^t  unb  i^m  mie  ben  Slomantifem  eng  mit  bem  ß^riftentum 
i^ufammenbängt.  '^i)x  lommt  bal^er  auc^  ber  §umor  gu,  ber  bie  iöelt,  ioie  fte  ber  erften 
'ilnfic^t  fic^  barbietet,  in  ber  Äleinl^eit  unb  UntJoUfornmen^eit  aü  i^reg  3:reiben«,  in  ber  40 
'i3cfc^ränftl;eit  aud^  be^  ©rösten  unb  bem  relativen  SKerte  be<g  ffleinften  mitfü^lenb  unb 
Dcrfle^enb  gu  belächeln  toei^,  aber  cbm  in  biefem  ©pott  ein  ^beal  unb  eine  ^ö^ere  Slnftc^t 
ber  ^inge  bejaht,  \)on  ber  au^  fte  afö  blo^e  ©rbenfc^icffale  erf^einen  unb  gu  ber  gerabe  ber 
in2l;ränen  läc^elnbe  ©pott  emportreibt.  2)iefe  l^ö^ere  Stnfic^t  tourgelt  il^m  in  einem  relis 
giöfcn  Qbeali^Jmu^,  ber  bie  Unfterblic^feit^religion  ber  ^uftlänmg  unb  ben  ©efü^l^lauben  be^  45 
©cnie^  gu  einem  bon  aller  3)ogmatif  unb  allen  ©efc^ic^tötounbem  befreiten  6(^riftentum 
bereinigt.  2)ie  SBiffenfc^aft  unb  bie  ^oefte  übernehmen  i^m  ba^er  bie  Slollc  ber  Äirc^en,  unb 
c^  ift  iljm  bie  3Kiffton  be^  beutfc^en  ©eifte^,  mit  biefen  beiben  3lrmen  bie  ^ödj^ften  ©üter 
ber  aRenf(^l;eit  feftgu^alten  cJierrlid^,  3.  %  unb  feine  3eitgenoffen  1876;  3of.  TOütter, 
3.  %  1894).  50 

4.  2)er  fubjeftitoe  ^beali^mu«  unb  ba«  ^bentität^f^ftem.  SJer  ®e» 
banfcngel^alt  einer  fol(^en  ^^oefie  mujte  gang  t>on  felbft  nac^  einer  feften  begrifflichen 
Stille  in  vl>ilofopl;ifc^en  $ringii)ien  ftreben  unb  burdj;  biefe  ^IJringipien  eine  gufammenfaffenbc 
^iluebilbung  gum  flärenben  unb  orbnenben  ©t^ftem  gu  erreichen  fuc^en.  ©0  traten  auc^ 
üon  Slnfang  an  na\)t,  toenn  auc^  immer  fprung^afte  unb  bilettantifc^e,  Regierungen  gur  55 
l^^ilofop^ie  ^erüor.  6rft  lehnte  man  fid;  an  Seibnig  unb  ©^afteebur^,  bann  an  ben 
bi;lü,^oiftifd^  unb  b^namifc^  gefaxten  ©ipinogi^mu^  an.  3)ann  aber  trat  immer  ftärler 
unb  bebcutfamer  bie  Hinneigung  gu  Rant  l}<Mov.  ^JKit  Äant^  3)uali^mug  ^at^afobi  ben 
feinigen  gemeffen  unb  babei  bem  erfteren  bie  ßrgängung  burc^  ein  metap^vftf^e^  SReali« 
tät^gcfül;l  gegeben,  bie  i^n  erft  toirflid;  religiös  lebenbig  machen  follte.   l^on  il^m  l;at  ber  eo 

40* 


628  3^eattdmud^  betitfi^er 

lußcnblid^c  öcrbcr  Jcinc  ^^iIo|üV^ijt^cn  ©runblaöcn  erhalten,  eine  SSerbinbunö  Don  mclas 
{j^^ftfc^er  ©!e})fi^,  bon  emjjtrtfdS^er  Seobnd^tung  unb  jjtaftifc^em  j^beaü^mu«.  ©egen  feine 
f^eibenbe  unb  öorftd^tiQ  auf  bic  Setoufetfcin^onal^fe  fic^  befc^ränlenbe  Scgriff^fiinfi  1^ 
ber  alte  §erber  bie  Totalität  unb  Slealttät  ber  ö^fttö^finnKc^en  5Kenfd^ennatur  bel^)>tet. 

6  ©oetl^e  \ix\)ltc  \xd)  butc^  \f}n  ju  einer  ftärferen  Setonung  be^  ©ubjelte«,  be^  fitlfic^en 
2ÖUlen«unb  bc^  biefem  entft)reci(>enben  ©ottedgebanfen«  öcranlafet,  unb,  mit  ®oet^  gerabe  bur* 
bie  Sdj^ä^ung  Äant«  berbunben,  baute  ©dritter  bie  Äantifcpe  Stft^etif  jur  ©runblage  einer 
aSerfö^nung  bc«  Seiftet  unb  ber  3Jlaterie  au«,  bie  Dom  ©ubjeft  im  ©c^önen  erlebt  unb 
burd^  bie  bie  §erb^eit  ber  ftttlid^en  aSemunft  ergänjt  h)irb.    §umboIbt  führte  biefe  äfÜ^^ 

10  tijd^en  ©ebanfen  nod^^  heiter  au«  bi«  ju  einem  erneuerten  5piatoni«mu«  unb  baxxtc  auf 
biefen  ^rinjipien  eine  ©j)rac^s  unb  ®efd^id^t«j)^iIofopl^ie  auf,  bie  noä)  unbefangener  al« 
©dj^iUer  ben  Steic^tum  menfdj^lid^er,  bie  9?atur  geftaltenbcr  ®eifte«i3rin5ij)ien  entfaltete.  SUIe 
em^fanben  in  i^m  bie  ©ic^erfteßung  be«  ^vbeali^mu«,  ber  Priorität  be«  ®eifte«,  be«  fd^ffen= 
ben  ®enie«,  ade  aber  fuc^ten  mit  feinem  ^)ringipiellen  ^beali^mu«  bic  ^Realität  ber  tyon 

16  ber  ^oefie  mit  taufenbfadjjem  ®Iange  übergoffenen  unb  mit  innigftem  5Waturgefü^l  burd^M 
brungenen  ©innentoelt,  mit  feiner  ftrengen  SSemunftmoral  bie  ©c^ä^ung  ber  im  Siotür^ 
ticken  liegenben  £eben«jn>e(fe  ju  bereinigen,  ©teilte  Äant  bie  ©ic^erftedung  be«  ^beali^mu« 
unb  bamit  ber  9Jorau«fe^ungen  be«  ®enie«  bar,  fo  fdj^ien  in  ®oet^e  bie  Sejogen^eit  be« 
®enie«  auf  eine  reale  öon  il^m  in  i^remSBefen  ju  fü^lenbe  unb  potü\d}    ju    üerflärenbe 

20  SBirflic^feit  öorgebilbet.  liefen  ®egenfa^  ^at  Äant  in  feinen  ft^ärlic^en  äufeerungen 
gegen  bie  ^afftfer  uTtb  ^aben  bie  S)id^ter  in  il^ren  gal^lreid^en  über  i^n  betont.  3)iefen 
®egenfa^  aufjulöfen  ober  toenigften«  aufju^etten,  fonnte  ni^t  me^r  ba«  2öerf  ber  ^oefie 
felber  fein,  fonbem  erforberte  ftrenge  te4nif(^'t)l^ilofot)^ifd^e  ©c^ulung.  6«  tDor  ba« 
SBcrf  ber  auf  Äant  unb  bie  großen  ^oefie  folgenben  ®eneration  bon  5ß^ilofo})l^,   bie 

26  i^re  ßintoirlungen  t>on  beiben  ©eiten  If^er  emt^fangen  Ratten  unb  bie  mit  i^ren  äufs 
löfungcn  bann  toieber  auf  bie  nod^  immer  probuftiöe  ^oefte  beftimmenb  jurüdteirften. 

©ollte  eine  fold^e  Sluflöfung  öerfuc^t  toerben,  fo  mujte  ber  ftrenge  ätu«gang«i)unft 
Äant«  im  normalen  menf^ liefen  Sctoufetf ein  aufgegeben  toerben,  unb  bie©tellung  nid^t 
inbiefem,  fonbem  in  einem  abfolutenSetoufetfein  genommen  toerben,  au«  bem  bann  bic 

aoSlealität  in  ber  2Beifc  abgeleitet  toerben  fonnte,  toie  Äant  bie  SBealität  au«  bem  fflefcn 
be«  menfd^lic^en  Sctou^tfein«  b.  b.  an^  feiner  ©elbftgcfe^ung  enttoidfelt  l^atte,  nur  ba|  hierbei 
bie  bem  SJienfd^cn  immer  nur  gegebene  ®ren^e  be«  Setou^tfein«,  bie  3)ingli(^feit,  au« 
einer  ©elbftbegren|;ung  be«  abfoluten  Setou^tfein«  J^erüorgel^en  mu^tc.  3^  nad^bem  ber  eine 
ober  ber  anbcre  ber  beiben  2lu«gang«j)un!te  hierbei  tibertoog,  toar  e«  immer  noc^  möglich, 

36  biefe  ©elbftbegrenjung  ijon  ber  bualiftifd^en  ©eitc  ju  nel^men,  toonac^  ber  ®eift  fi(^  in 
einer  9?atur  begrenzt,  um  an  il^r  ben  ©toff  autonomen  ftttlic^en  §anbeln«  ju  ^ben,  ober 
fte  mel^r  \)on  ber  moniftifc^en  ©eitc  ju  nehmen,  toonat^  in  biefer  ©elbftbegrenjung  beibe 
©eiten  gleic^toertig  im  ©leic^getoic^te  fte^en  unb  ber  ®eift  nur  bie  fid^  benfenbe  Statur 
toie  bie  9iatur  nur  ber  ftc^  obieftibierenbe  ®eift   ift.    S)a«  erftc  t^at  ^Jic^te,  ba«   jtoeite 

40  tl^at  ©d^eßing.    3)a«  erfte  ift  ber  abfolute  Sbeali«mu«,  ba«  jtoeite  ift  ba«  3ibentität«f^fiem. 

gierte«  ©teßung  l^at  junäc^ft  i^re  Urfprünge  in  ber  ©^ulenttoidfclung  ber  Äantifc^en 

Probleme,  in  bem  Seftreben,  bie  öerfc^iebencn  Ä'antifc^cn  äJermögen   auf  ein  ein^eitlidS^e«, 

in   i^ncn    fid^   nur  bifferengiercnbe«  ^rin^ij)  be«  Setoufetfein«    gurüdf^ufülfiren   unb    ben 

fdS^toierigften  Segriff  be«  5^ritici«mu«,   ben  Öcgriff  be«  ®ing  an  fic^,   in   bie  Seigre  öom 

46  Setoujtfein  ööflig  l^inein^unel^men.  Sr  tourjelt  burc^au«  in  ben  ©egenfä^en  be«  Äritis 
ci«mu«,  in  ben  ®cgenfä$en  jtoifc^cn  Dbjeft  unb  ©ubjcft,  tl^eoretifd^er  unb  })raftifd^er  SSer^ 
nunft,  unb  forbert  Don  bem  pl^ilofopl^ifd^en  ®enie,  bafe  e«  burd^  eine  Slrt  moralif(^})f^ilo= 
fo^)^ifdS^er  ßrleuc^tung  ba«  einl^eitlic^e  SÜJefen  be«  öetou^tfcin«  ober  be«  3^  crfaffe,  au« 
bem  fic^  ber   gan^e  8ctou^tfein«inl(^alt  unb  feine  ©egenfö^e  al«  notlücnbige  S'^'ö^  i>^= 

50  bujieren  lafjen.  ©elbft  ein  folc^e«  ®enie,  ba«  eine  fittlid^^rcligiöfe  $roj)^etennatur  unb 
eine  ftarr  boltrinäre  2)entematur  berbanb,  nai}m  er  entfcbloffen  bie  Bereinigung  öor,  ba« 
3d^  al«  bie  fittlid^e  Semunft  gu  beulen,  bie  burd^  eine  urfprünglid^e  unbetou^te  ^^^at^ 
^anblung  bie  ©elbftbegren^ung  in  einem  Don  i^r  ^öorgebra(^ten  unb  gefefemäfeig  )u 
orbnenben  ©toffe  betoirtt,  aber  nur   um   burc^  Slrbeit  an   biefem  ©toff  jur  Selbpunter^ 

66  fc^eibung  unb  ^um  Setou^tfein  ber  fittli(^cn  »eftimmung  ju  gelangen  unb  i^n  öon  ^ier 
au«  in  unenblidj^em,  jjebe  erreichte  ©tufe  burc^  Sleflejrion  jum  ©toff  be«  SBeiterftreben« 
mad^enben  ©treben  fittlic^  in  fi^  jurücfumel^men.  2)a«  abfolute  ^d)  jerfäßt  burdj^  lünp« 
lidj^e  moralifc^e  unb  re(^t«})^ilofolp^ifd^e  Slötigungen  in  eine  aKel^rjal(^l  üon  relatiben  ^dji, 
bie  bann  jufammen,  in  ber  ®efc^i(^te  öortoärt«ftrebenb,   in  einer  uncnblic^  ftd^  fortfc^en« 

CO  ben  Steige  \>on  I^cfi«,  Slntit^eft«  unb  ©^nt^t«  bic  Seftimmung  be«  abfoluten  ^d^  rca« 


lificrcn.  2)a«J  mcnfd;n4ic  33ciüu6tfcin  ift  ber  Äem  ber  3KtrtliciJ)fcit,  aber  bicfcö  üöcmufet« 
fein  bcfinbet  [xd)  in  einer  unenblid^  t^rogrefftöen  Snttoicfelung,  unb  ber  e«  beutenbe  unb 
förbcrnbe  2)enfer  mu^  in  ber  3)ebuftion  biefer  ©nttoicfelung  a\x^  bem  S35efen  be^  ^i) 
Stellung  ml}mm,  um  Don  ber  gejc^idj^t^f^ilofojj^ifc^en  ©urc^Ieud^tung  ber  l^ergangeni^eit 
au^  bie  3w^""^  8^  Uüm,  ^n  biefen  3wfantmenl^ang,  ber  bie  gbeen  ber  Mi,  bie  ftreng  6 
faufale  9Jaturge|epc^!eit,  bie  Priorität  beg  (Seiftet,  bie  gef(^icl^t!^l^iIofo})l^if^e  Betrachtung 
ber  3BirfIi4>feit,  jum  erftenmal  in  ben  Stammen  eine«  ©nttüicfelung^efejeg  einträgt,  arbeitet 
er  bann  ben  gefamten  ioeiteren  Äulturin^alt  l^inein  ate  gefdj^i^^t^^ilofo^j^ijc^  bebujierte 
Sed^tö-,  Btaat^',  TloxaU,  9leIigion«s  unb  ÄunfH)l^iIofoj)l^ic,  in^altlic^  hierbei  [xd)  an  Äant 
unb  ©dritter  F^altenb.  ©ijc^er,  ^id^te).  lo 

©dS^elling«  ©tellung  l^at  ^unäc^ft  ü^ren  Urft^rung  in  ber  gic^tefdj^en  Se^re,  in  ber 
weiteren  2)urc^arbettung  ber  ^bentität  \)on  ©ubjeft  unb  Dbiett.  Slber  in  biefer  SJurd^arbeis 
tung  geigte  fi(^ra|c^,  bafe  er  öon  Äant^^ic^te  nur  bie  ntet^obifdj^en  95egriff«mittel,  aber  nid^t 
ben  Seift  unb  S^^^ö^*/  ^i^f^  öielmel^r  au«;  ber  ©oetl^efd^en  9laturbetrad^tung  entnahm. 
3)a^er  be^nte  er  bie  3^^wng  be«  abfoluten  34>  —  &«  ^N  ^"^  "od^  fünftlic^er  ton^  15 
ftruierte  ©teile  ate  bei  ^d^te  —  über  baö  ^Jic^tef^e  SRei^  menfc^lic^-em))irifc^er  3^^  Ij'mau^ 
auf  bie  ganje  9Jatur  au«  unb  getoann  fo  ein  benSeibnijifd^en^JJionaben  ä^nelnbeö  Sleid^  öon 
geiftigen,  in  ber  9Jatur  belDu^tlo«  unb  bann  betoufet  organifc^  fc^affenben  Äräften.  Siamit  öer^ 
fd^toinbet  ber  Unterfc^ieb  be«  3lnorganifc^en  unb  Drganifc^en  unb  erfd^cint  ba«  ®anje  ber 
9öelt  aU  ein  in  ftd^  felbft  jurüdffe|renber  Sntlpidfelung^tjrojefe,  ber  au«  bem  Slbfoluten  20 
burc^  unbehjujte  ^robuftion  bie  fd^affenbe  unb  in  fortgef^ten  ©^nt^ejen  enH)orftrebenbe 
Statur  unb  anii  biefer  aU  @lei(^geh)id^t«}>unlt  be«  Slatürlid^en  unb  @eiftigen  bie  ^enfc^s 
I;eit«anfänge  F;ert)orge^en  lä^t,  um  in  ber  üKcnfc^^eit  jur  Srienntni«  be«  Urfj)rung«  öon 
aUebem  in  bem  t^ätig'h)oIIenben  SBefen  be«  (Seifte«  aufgufteigen  unb  in  i|^r  bie  bem 
©an^en  ^\x  ©runbe  liegenbe  S^^ntität  öon  ©eift  unb  9latur,  t>on  ^ei^eit  unb  ©innKc^s  20 
feit  äft^elifd^  ju  genießen.  6ben  be«^alb  h)irb  ftatt  ber  etl(;ifc^en  SJegrünbung  unb  Über^ 
minbung  ber  Urbifferenjierung  öon  Dbjelt  unb  ©ubjeft  bei  Sj^tc  ^ier  eine  äft^etijc^e 
gelehrt  unb  hjirb  t)on  Äant  ni(^t  fotoo^I  bie  grei^eit«(e^re  ate  bie  SSft^etil  meto^j^^pji^- 
^n  biefem  ®ntn)ideIung«j)rojefe  tritt  bei  ©d^eUing  naturgemäß  ba«  giitefc^e  ©runbinter^ 
cffe  an  einer  et^ifc^  normierten  ®efc^ic^t«^l^iIofot)^ie  gurüdf;  fie  fc^toantt  bei  i^m  jtoifc^enao 
einem  nur  bie  .^armonie  be«  ©anjen  genie^^enben,  aüt^  einjelne  ööHig  relatimerenben 
3ift^etici«mu«  unb  einer  mit  ber  öortüärt^treibenben  Snergie  be«  ^rojefje«  bod^  immer  ge« 
gebenen  normatiöen  3^eleologie,  beren  ^iele  aber  toieberum  fc^hjanfen  ^hjifc^en  Äunft, 
äted^t  unb  pant^eiftifd^=religiöjer  ©rfenntni«.  ^n  ben  SBorbergrunb  tritt  öielme^r  bei  il^m 
gunädj^ft  bie  JJaturp^ilofop^ie  ate  })oetifterter,  tjeraeiftigter  unb  in  einen  enttoidfe(ung«})rojeß  a^ 
Dertvanbelter  ©pinogi«ntu«,  bie  Betonung  ber  Äunft  aU  be«  §au^)torgan«  ber  (Srienntni« 
imb  eine  äft^etifterenbe  (&ti}xl,  beren  ©tufengang  er  in  ber  SGBeife  ©dritter«  unb  ber  9lo» 
mantifer  befc^reibt.  (gifc^er,  ©d^etting;  ®.  ö.  ipartmann,  ©(^.«  \>i)\lo].  ©^ftem  1897). 

©eibe  ÜBänner  haben  bamitil(;re®ebanlenarbeit  nur  begrünbet  unb  niqt  boHenbet,  aber 
fie  ^aben  bamit  bie  folgenreiche  ©runblage  für  eine  SReta^jJ^^Vficierung  be«  Äantifc^en  3ii>«ö^['^  40 
mu«  unb  bamit  ben  Stammen  für  eine  ©^ftematifteruna  be«  3*>^^9^Älte«  ber  Sitteratur 
gcfc^affen.  3«  bi^f«  3Ketcilp^^fiI  fmb  ba^er  aai)  öon  2lnfang  an  bie  großen  §auptinteref[en 
unb  ©egenfä^e  be«  beutfd(^en  ®eifte«Ieben«  enthalten:    bie  Slnerlennung   ber   einl(;eitlic^s 
geje^Iic^en  Sioturanfc^auung,  bie  aber  einem  j)ringij)ietten  gbeali^mu«  unters  unb  einge« 
orbnet  toirb ;   bie  Slnerlennung  be«  6nttoidelung«gebanfen«,   ber  aber   bie  Snttüidfelung  45 
an^  ben  geiftigen  ©runbtrieben  l^erDorge^en  unb  getrieben  toerben  läßt,  au«  ben  a^iefen 
be«  Unbetoußten  in  bie  ^Regionen  be«  ©etoußten;  bie  ©d^ä^ung  ber  2itteratur  unb^oefte 
alci  be«  3lu«brude«  ber  ®eifte«gejc^ic^te,  bie  aber  mit  einer  politifc^-rec^tlic^en  8etracj>tung 
ber  ©ejdj^ic^te  im  S^iefpalt  liegt.    Seibe  ftellen  jugleid^  bie  aSerfd^ieben^eiten  ber  ^anpU 
intereffen  unb  2lu«gang«t)unfte,  ben  ©egenfa^  eine«  et^ifc^-fubjeltiöiftifc^en  3beali«mu«  unb  go 
eine«  j)oetifc^4VlöJ^if*W^  3leali«mu«  bar,   mit  tpeld^em  ©egenfo^e  fic^  ber  einer  me^r 
d)riftlic|>  gefärbten  unb  einer  mei^r  antififierenb  gefärbten  ©tl^if  öerbinbet,   obtoo^I  fic^ 
bie  demente  be«  ß^riftentum«  anbererfeit«  boc^   toieber  auf  beibe  ©eiten  tjerteilen,  auf 
ber  einen  ©eite  bie  ällgemeingiltigfeit  unb  äutonomie  be«  ©ittlic^en,   auf  ber   anbem 
bie  al^nung«t)olle,  bie  9Jatur  öergeiftigenbe  3)l^ftif.     ^er   beutfd^e  3beali«mu«  ift  ein  65 
eilipfe,   ^ort  aber  eben  be«^alb  nic^t  auf  nac^  ber  ©ejd^loffen^eit  be«  Äreife«  ju  ftreben. 

5.  ^ie  Stomantil.  Siiefer  ©c^ritt  ber  5P^ilofop|ie  in  ba«  9leic^  ber  ^eta))l^^rtl 
brachte  al«  nädj^fte  SBirtung  eine  neue  gärbung  unb  Belebung  ber  jjoetifd^en  ^robuftion 
l?ert)or,  bie  nun  ben  unter  ben  beutfc^en  33erl;ältnijfen  aetoorbenen  engen  ^wfcimmen^ang 
t)on  ^oefie  unb  £eben«anfd^auung,  gtl^if  unb  SBiffenfc^ft  gum  5ßringip  erl^ob.    6r  erzeugt  eo 


630  SbealtiSmitd^  betttfc^er 

bic  SRomantif,  bic  auf  ©nmblacjc  bicjcr  Theorien  crft  bic  neue  ^ocfic  unb  ^i^^^ilofopi^ic  in 
heftigem  Rannjfc  geöcn  bcn  ®ctft  ber  eiöentUdJ^en  äuftlärung  jur  ig)crr|(i^aft  brachte.  a)ic 
Slomantil  entf^rang  au«  ®oct^e«  unb  ©c^iHer«  ©d^ulc,  ging  aber  öon  ber  flafficipifc^ 
Verengung  auf  ben  iDeiteren  §orijont  ber  ©turm^  unb  2)rangj)ertobe  unb  Berber«  ^uriid, 

6  toorin  einerfettö  ba«  naturgemäße  S3ebürfnte  ber  iüeiteren  3(uöbreitung  unb  gortfd^rctiung, 
anbererjeitö  bie  fouöeräne  Befreiung  be«  gd^  burd^  bie  £e^re  ?j\i^M  unb  ber  in  bcn 
ajl^t^ologieen  unb  Segenben  atter  ^Ätm  ©t^mbole  be«  iemeiligen  ©eifteöguftanbcg  crfenncnbc 
Untberfaliömu«  ©d^eUing«  toirifam  Iraren.  5Rur  ^attc  fte  —  toenn  auc^  gcrabe  bei  i^r  äBibcr- 
f})rü(^e  genug  nod5>   übrig   blieben  —  gegenüber  ber  älteren  ^^Seriobe  bcn   SSorteil   einer 

10  i)^iIofovW4>'Äftf^etifdJ)en  Scgrünbung  unb  gcfc^id^tep^i(ofoj)l^ifc^en  Drbnung  biefcr  3bccn= 
iuclt  mit  §ilfe  ber  injmifc^en  ^erau^earbeiteten  Kategorien,  ©o  lam  eö  ^icr  ju  einer 
Äunftanal^fe,  bie  toie  biejenige  ©c^iHer«  in  ber  Äunftanah;fe  bie  großen  ©eifie«tVJ)en 
enth)idfelung«gefd^id^tlid^  erfaffen  tooHte,  bie  aber  iDcniger  auf  bic  flajficiftift^maibc,  aU 
auf  ben  bon  Schiller  fel^r  formaliftifc^  enttpidfelten  Segriff  ber  fentimcntalifc^en  ?Pocftc  fic^ 

16  ridptete,  bie  ba^er  ben  Slbfc^Iu^  in  ber  ®oet{^e'©c^ißerf(i^en  ©^int^efe  tpcit  J^inauörücfenb 
junäc^ft  bie  begriffliche  unb  ^iftorifc^e  3lnal^fe  ber  fentimentalifd^en  ^oefie  jugleidi^  mit 
il^cr  erweiterten  Set^ätigung  ftdS>  j^ur  aufgäbe  machte,  ©o  entbcdte  bie  Slomantif  ben 
3ufammen^ang  ber  fentimentalen  ^oefie  unb  ©eifteigart  mit  bcm  6F;riftentum,  bie  5|Joefic 
be«  SWitteloIter«,  unb  bie  toeiteren  3*^Ö^^*>i^*^iiw  i>^  mobcrnen  ^oefte   in   bcm  norbifi- 

20  germanifc^en  SBefen,  Iddju  fc^Iießlid^  noc^  ber  ^l\i  auf  bie  inbifc^e  $oefie  unb  5lu(tur  unb 
auf  bie  etoigen  DueUen  ber  ^oefte  in  ber  9JüIf«bid()tung  f^injufam.  Unb  toic  ©exilier  bic 
Jlantifc^e  Seh)ufetfein«lel^re  jur  Srfenntni«  bc«©d^önen,  jum  Scrftänbni«  be«  3Ser$äItniffcö 
Don  Äunft  unb  3WoraI  fruchtbar  gemad^t  l^atte,  fo  übertrug  man  bie  gleic^^en  $rinxij)icn  auf 
bic  l^ierbei   nunmel^r  immer  ftärfcr   f^erbortretenbe    SReligion   unb   auf  ba«   SJcr^ältni« 

26  bon  SlcKgion  unb  Äunft.  ®o  ftra^It  au«  bcm  Äantifdpen  ^bcaliömuö  nunmehr  auc^ 
eine  neue,  feinen  garten  SKorali^mu«  übcrtoinbcnbc  3lnaU)fc  ber  SJcIigion  auf,  gunädj^ft 
nod^  in  enger  SSerbinbung  mit  ber  ber  Äunft,  aber  balb  }u  größerer  ©clbftftän- 
bigleit  fid^  er^ebenb  unb  baö  Äultur})robIcm  mit  neuem  Sichte  crlcuc^tcnb.  Sa« 
atteg    jufammen  gab   ber    geiftc^efdj^ic^tlid^en   2lnah)fc   unb    ber  gcfc^i(l^t«v^ilo|o>)^5f^^ 

30  Äonftruftion  eine  neue  SBeite  unb  iicfc  unb  fül^rte  tro^  alle«  extremen  ^nbibibua^ 
ligmu«  ju  einer  iebem  abftraften  33emunftglauben  cntgegengcfc^tcn  Sctonung  ber  öc« 
beutung  be«  §iftorifd^en  im  menfc^lic^cn  ®eifte,  öor  allem  ba«  Söert  ber  bciben 
©dj^Iegel,  an  bem  aber  aud^  %\d)U  unb  ©c^lciermac^cr,  .^^cgel,  ©olger,  ©dj^elling, 
älbam    5Küller    unb   5Roöali«    fic^    beteiligten,     ©ie   beriüanbclten  bic  fentimcntalifc^c 

5J5  5ßoeftc  in  bie  romantifdj^e  unb,  inbem  \\t  bcren  l^iftorifc^cn  3"f^>">"^"^Ä"0  ^^^  *>^»^ 
ßbriftentum  betonten,  in  bie  c^riftlid;snorbifdJ)smobcmc  ©timmunggjjocftc,  toobci  ober  ba« 
ß^riftcntum  jtoar  })^antaftif(^'aBegorifdS),  aber  boc^  immer  al«  rein  menfdJ^li(^-gef(^i(^tU(^?e 
Srfdjeinung  öerftanben  ift. 

3)ie  })oetifd^c  Seiftung  ber  SRomantif  felbft  ift  bal^er  in  erl^ö^tcm  9Kaße  betonet  toon 

40  ber  21^eorie  geleitete  unb  allgemeinen  ätnfd^auungcn  bicnenbc  ®cbanfenbic^tung  bt«  gur 
®renje  ber  SäHegoric,  nur  mit  einem  ftarfcn  3"fö|  ^^^^  ©timmung^l^rif  unb  fubjefc 
tibiftifc^er  ßaprice.  ©ie  ^at  i^ren  3lu«gangevunft  in  ben  biefen  Il^coricn  entgegen^ 
tommenben  ftarl  fubieftiöcn  5Jaturcn  2. 3:iedf«  unb  b.  ßarbcnbcrg«,  bic,  mit  ben  ©^legete 
unb  mit  ben  ^ßbilofop^cn  in  Sejie^ung  gefegt,  üj^ren  ©ubicftiöi^mu«  ^ic^tifc^  begrünbeten 

46  unb  ©(^eHingifdp  über  SRatur  unb  ®efc^id^tc  ausbreiteten.  2)amit  begannen  fic  ein  bc- 
Haubembe«  ^^antaficfpicl,  ba«  beftänbig  über  ber  öom  abfoluten  5^  gcfc^affcncn  aöirf^ 
lic^fcit  fc^tpebt  unb  baburc^  ber  innigftcn  Slnempfinbung,  ber  fcbärfftcn  Beobachtung  unb 
ber  toiHfürlic^ftcn  ^l^antaftif  fäbig  toirb  unb  in  allcbem  bcn  tiefftcm  ©inn  ber  SBclt  ^u 
ergrünben  meint.  9)ic  in  biefer  ^ß^antaftc  enthaltene  ©c^nfuc^t  md)  ber  abfoluten  JDuelle 

60  aller  aOBirflidS^fcit  in  ber  göttlichen  ^p^antafic,  nac^  bcm  ®runbc,  au«  bem  biefer  ro- 
mantifc^-fentimentalifd^e,  bie  S)ingtoclt  ibealificrcnbc  Äunfttraum  auffteigt,  tourbe  cnt- 
fdj^icbcn  d^riftlid^^mbftifd^  nuanciert,  feit  SBacfenrobcr«  „Jpcrjcngcrgicfeungcn"  bie  ©^mbolc 
biefer  5Kctl(^aj)bt;rif  unb  ©tl^if  in  ber  c^riftlid^en  ^ßocfic  unb  Scgcnbc  aufbedttc  unb  fic  bcn 
allgu  fonfteten  ©i^mbolen  ber  Slntitc  Dorjic^cn  lehrte,  gc^t  ixatm  an  ©teile  be«  älUll^elm 

ö6  5Kcifter«  unb  feine«  Silbungetbcal«  bic  ©tcmbalb  unb  .C^cinric^  bon  Cftcrbingen,  an 
©teile  be«  gräcifterenben  3)rama«  bie  9?ac^al?mung  Salbcron«  bei  Syemer  unb  %.  ©dj^lcgcl. 
®oetl^c«  ^uft  tourbe  al«  Sefc^rung  ^um  romantifc^en  ®t)angclium  begrüßt.  SDamit  toar 
bann  ber  2öcg  jum  3Kittclalter  unb  gur  germanifc^en  ^ocfic  eröffnet,  bcn  Brentano,  bon 
ämim  unb  JJouquö  toeitergingen,   toäbrcnb   j^ugleic^  ber  inbifc^c,  arabifdbc  unb  Jjcrfifc^c 

60  Dften  bie  5ßoefie  anregte,  eine  au«gebreitcte  Überfc$ung«t^ätig!cit  bcn  ®octi^cf(^en  ®cban!en 


^bealtdtittti»,  beittfi^er  631 

bct  äydtlittcralur  öcrii)irfltd;cii  ^alf  unb  bic  9iüt>eIIe  bcn  ct^if(^=vfvc^olo(5ifcl^cn  Problemen 
ber  ©cgcntuart  fic^  jutpanbte.  äuc^  f^icr  ^at  (Soet^c  mit  feinem  „3)it)an"  unb  feinen 
„a[l5a{^Iüerh)nnbtfd()aftcn"  gut  Slomantif  beigefteuert.  3n  allebem  ift  bie  SRomanti!  ber 
3(bfc^Iufe  ber  großen  £itteraturej)0(^e,  bie  (Srla^mung  ber  Jjoetifc^en  ©d^affengfraft  unb  bie 
(Sntbinbung  be^  ©ebanfen^  unb  ber  21^eorie  au«  ber  bi^^erigen  ^)oettfc^en  ^üHc,  ebenba=  5 
^er  unter  bem  mitn)irlenben  (Sinflu^  ber  großen  })oIitifc^en  unb  focialen  Ärifi«,  bie  bem 
bigf^erigen  beutfdj^en  geben  unb  bamit  ben  Sebingungen  beS  bi^i^erigen  3)id()ten«  unb2)enfeng 
ein  6nbe  mad^te,  ber  Slu^gangg^unlt  berfc^iebenartigfter  SRic^tungen:  einer  rein  Jjoetifd^en 
Stimmungeli;rif,  bie  beutfd^e  a)Jotit)e  ftatt  ber  Halftfc^en  bebonugte  unb  in  ©ic^enborff  unb 
bcn  ©c^tpaben  i^ren  Sluäbrudf  fanb;  einer  gräcifterenben  3)id9tung,  bie  aber  nunmehr  bie  lo 
Slntife  burd^  ba«  SKebium  romantifd^er  Stimmungen  betradj^tete  ($iJIber(in,  ^piaten,  ©riU^ 
Jjarjcr) ;  einer  fat^olifierenben  2:enbenjJjoefte,  bie  bon  ber  Jjoetif^en  Segenbenfreube  jum 
®lauben  an  bie  ffird^e  f ortfc^ritt  unb  in  Oörre«,  Srentano,  S35enter  unb  %.  ©c^legel 
i^re  gül^rer  fanb ;  einer  entf^jredjienben  t)roteftantifcl^=})ietiftifc^en  SRidj^tung,  bie  in  Steffen«, 
Schubert  unb  bem  5Pertl(^e«jd^en  Äreife  i^re  2;räger  l^atte ;  einer  jjatriotifd^,  freil^eitlid^  15 
Dolt^tümlid^en  SRicbtung,  bie  fic^  in  ben  ©ängern  ber  gf^^^^^^fi^^Ö^  barftellt.  S)enganjen 
reichen  ©ebanfengel^alt  ber  ©poc^e  faffcn  in  })oetif(^er  grei^eit  gegenüber  aßen  Slid^tungen  unb 
Xenbenjen  nur  ^n^n^^nnann  unb  bor  aKem  SRüdfext  nodj^  einmal  jufammen,  tüäl^renb  ba« 
großartige  bramatif(^e  Talent  ^,  ö.  Äleift«  an  il^ren  großen  S5Jiberfj)rüd^en  ebenfo  ju  ©runbe 
ging  tvk  an  bem  SJlißgefc^idf  feine«  Seben«.  20 

2)ie8cbeutung  ber  ^omantif  ift  bemgemäß  für  bie  allgemeine  Äultur  eine  überau«  mannig^ 
faltige  unb  einbringenbe.  ®o(^  ift  il^r  ^ortfdj^ritt  in  ber  ßnttoidfelung  be«  ®eban!en«  einfach 
ju  bejeic^nen.  6r  liegt  in  ber  Sottenbung  ber  §iftorifterung  be«  3)enlen«,  toomit  bie  unitjers 
fale  3lu«h)eituna  be«  .^orijont«  unb  bie  Setonung  ber  Sebeutung  be«  G^riftentum«  für 
unjer  geiftige«  Seben  t)on  felbft  gegeben  toar.  3^ar  fehlte  i^r  noc^  bie  ©jaftl^eit  unb  25 
9Jüd^tem^eit  ber  ^orfdj^ung,  ober  fte  brachte  bie  birtuofe  2lnem})finbung  an  alle,  auc^  bie 
frcmbeftcn  ©ebilbe  unb  bie  ^iftorifd^e  ©erwl^tigfeit,  bie  jebe  ^t\t  unb  jeben  9Kenfc^en  an 
ben  eigenen  3[}orau«fe^ungen  mißt,  ben  6inn  für  ba«  Unbewußte  unb  §alb6etoußte  unb 
bie  in  biefer  bunflen  Siegion  arbeitenben  ©roßmäc^te  ber  ©efc^id^te.  SSor  allem  aber 
l)at  fie  bamit  bie  älteren  Segriffe  ber  lex  naturae,  be«  common-sense,  ber  angeborenen  so 
Siormcn  unb  ber  abftraft  fonftruierbaren  SJemunfttoa^r^eit  enbgiltig  aufeelöft,  h?ie  bie 
Slufflärung  ^ubor  ben  mit  biefen  Gegriffen  jufammengefjjannten  Segriff  einer  fujjra^ 
naturalen,  firc^Kd^en  3lutorität«norm  aufgelöft  l^atte.  S)ie  5Jatur  bebeutetc  nur  me^r  bie 
Urjprünglic^feit  be«  ©efüf^I«,  ba«  aber  fe^r  öerfc^iebenen  gn^alt  ^aben  lann,  bieSSemunft 
nur  me^r  ben  ©eift  überi^au^jt,  ber  aber  ein  elaftifc^e«  ^5^8^^^  ^^  bunteften  ®nttoide=  ss 
lungen  ift.  ©erabe  ^ierauf  beruhte  bie  ^od^mütige  98era(^tung  ber  Slufflärung,  bie  i^r 
bod^  burc^  ibre  ein^eitlic^-gefe^lid^e  SBeltbetrad^tung  bie  ©rreicfung  bieje«  ©tanbj)unlte« 
erft  möglich  gemalt  l^atte,  ber  ©egenfa^  gegen  i^  abftratte«  SEBeltbürgertunt,  ber  aber 
boc^  nur  bie  in  einer  ^ütte  fonfeet  inbiüibuefier  SJilbungen  fic^  au«toirfenbe  9)lenfc^^eit«5 
ibcc  bebeutete,  fc^Iießfic^  ber  unbegrenzte  ^iftorifc^e  9telatibi«mu«,  ber  bie  einen  ju  ffeptifd^s  40 
friDolem  ©ubjeftibi^mu«,  bie  anberen  jur  ©meuerung  ber  Äird^enautorität,  ioieber  anbere 
jur  bloßen  ©vexialforfd^ung  unb  Solföforf^ung,  bie  bebeutenbften  ©elfter  aber  gur  Stbil 
unb  ©cfc^ic^t«})piIofoj)^ie  trieb,  ^hx  toid;tigfter  6rbe  toirb  baffer  neben  ben  bon  i^r  be« 
fruchteten  ^iftorifc^en  einjeltoiffenfcbaften  ber  ©efc^id^t«})^i(ofo^^  unb  ber  ©t^ifer,  ber  bie 
güUe  biefer  ^Probleme  m  bewältigen  unb  in  3Serbinbung  mit  ber  ibealiftifc^en  9)letas  45 
jj^Vfif  au«  biefem  l^iftorifierenben,  funleinben  6F;ao«  hjieber  allgemeine  SJormen  unb  ^kU 
i^erjufteUcn  ftrebt.  (^a^m,  SRom.  ©(^ule,  1870;  3.  ©c^mibt  IV;  gefter,  S«ouffeau  unb 
bic  beutfc^e  ©ef(^i(^t«p^iIofo})^ie  1890.) 

6.  2)ie  großen  ©^fteme.  ©0  ergab  fic^  au«  ber  iRomantil  ein  neuer  Stntrieb 
für  ba«  fvftembilbenbe  2)enfen,  ba«  jugleid^  burd^  bie  Äataftrobl(;en  unb  3Reubilbungen  be«  so 
Volitifc^en  Seben«  auf  bie  j)raftif*en  aufgaben,  auf  ben  Sijeubau  bon  ©taat  unb  ©efett« 
fd;aft,  gcrid^tct  unb  pi  einer  j)raftifc^en  SSntoenbung  ber  auf  ©Jjefulation  unb  ©efdj^id^te 
begrünbeten  9Jormen  gebrängt  tourbe.  3"öf€^<^  ^f*  ^^^^  V^  berfennen,  baß  ber  ©ruft  ber 
3cit  auc^  auf  bie  ©^araftere  ber  2)enler  felbft  geh)irlt  unb  ben  Überf(^uß  äftpetifd^ 
fpiclcnbcr  2BiUfürIic^feit  toie  bie  lujurierenbe,  bem  geiftigen  ©enuß]  lebenbe  ©elbftfuc^t  66 
bcfcitigt  F;at. 

2)ie  erften,  bie  ben  ©influß  ber  realiftifc^^-lj^iftorifd^en  Probleme  berf^ürten  unb  lunb^ 
gaben,  finb  bie  beibcn  Segrünber  ber  ibealiftifc^en  5IKeta))^i;ftf  felbft,  bie  fxd)  gugleid;  bon 
ben  erftarfenben  unb  c^rifüic^en  ^bcen,  in«befonbere  bon  ©c^Ieicrmac^er«  ©influß,  berührt 
jcigcn.    ©ie  ftreben  nad^  ber  Segrünbung  eine«  religii^sfittlidS^^äft^etifd^en  2eben«ibcal«,  60 


632  3b^<Klidinui»,  bcutfc^cr 

ia^  bic  lonfretm  :3nl[;altc  U^  ö^iftiöcn  £ebcn§  jur  (Stii^cit  gujammcnfa^t  unb  bcrcn  ®i(= 
tialcit  unb  SZottoenbigfeit  auö  bcm  mctopl^^ftjd^eix  ®runb  bcr  3)möe  ableitet,  ^ic^tc 
bUcb  jtoar  bei  bcr  3bec  bc«  au^  bcr  ^^tei^cit  ^crboröc^enbcn  SJcc^t^ftaate«  <d^  S^  ^^ 
©cfd^ic^tc,  ober  er  fa^te  biefcn  ©tnat  nic^t  mcl^r  b(o^  aU  bic  'iSorau^fe^ung  ber  m  feinem 
6  9lal(;men  fid^  bctocflcnbcn  unb  enblo^  boripärtöftrcbcnbcn  J^ci^eit,  Jonbem  ate  fonlreten, 
mit  aDicn  ÄuIturU)erten  erfüllten  Äulturftaat,  ber  feinen  fänUlidJien  ©liebem  Slnteil  an  ben 
®ütem  ber  Slcligion,  ©ittlic^feit  unb  ßunft  ö^toä^rt  unb  alö  DoHenbete  Organifation  bcr 
3Semunft  felbft  auf^  cngfte  jufammen^änQt  mit  bcr  Slcliaion.  a)enn  bcr  religiöfe  @Iaubc 
allein   fid^ert  bie  ©nergie  be«  ftttlic^en  SKillen^,   bic  SReoIifierbarfcit   ber  fittlid^en  3bce, 

10  bamit  bie  Slealität  ber  objcftiöen  Stöelt  unb  er  aHein  getüä^rt  ein  abfolute^  3'^'  ^^  P^^- 
Iid5>en  §anbe(n^,  bie  ©inötoerbunö  be^  enHjirifd^cn  34>  "^i^  feinem  ®runbe,  mit  (Sott, 
©einer  et^ütoirb  bamit  ber  formaliftijc^e  unb  unenblid^e  Jjroöreffibe  G^arafter  ßenommen, 
fie  emt}fängt  ein  in^altlic^ed  unb  abfd^Kegcnbcd  3i<^(/  ^^  )ualei(l(^  bie  nun  t)oQer  unb 
reicher  entn^idelte   ®ef(^i(^t^}>^iIofo^^ie  al^  Don  bcr  (SnttDiaclung  ber  3)inge  gefe^mö^io 

15  J^eröorgebrad^t  lonftruiert.  9Som  ©taate  be^  Semunftinftinfteö  gc^t  eg  ju  bem  ber 
l^eteronomen  Slutorität,  bon  ^ier  gur  fubjeftibiftifc^cn  änard^ie,  an^  biefer  jur  iDiffen= 
fc^aftlid^sf^ehilatiöen  SRelonftruftion  be^  ©taate«  unb  )oon  biefer  SRelonftruttion  ju  einer 
fo  innerHd^en  Slneignung  ber  fittlic^en  ©runbfäj^e  in  ber  Eingabe  an  ®ott,  ba|  biefer 
Staat  afe  SQSerf  innerer  ft)ontaner  Jlottoenbigteit  fic^  barfteut.   Stuf  biefer  ©tufe  fällt  ber 

ao  ©taat  jufammen  mit  bem  jol^^anncifcl^en  G^riftentum,  ba«  bie  ©inl^eit  ber  3Wenf^l^it  in 
©Ott  belennt,  unb  mit  ber  j^ödjiften  Äunft,  bie  bie  ^ei^eit  nottoenbig  in  ber  Grfc^einung 
barftettt.  S)amit  ift  natürlid^  aud^  eine  ^Rcbifion  feiner  2Reta))F;t;fif  tocrbunbcn,  bie  ben 
legten  ©runb  be«  Seloufetfein«  nid^t  mel^r  in  einer  enblo«  tocrbenben  Drbnung,  fonbem 
in   einem   ru^enben   göttlid^en  ©ein  erlennt,  au«   i^m   ba«   em))irifc^e  ^ä)  ableitet  unb 

26  biefe«  im  fUtlic^en  ^anbcln  ju  jenem  jurücffei^ren  lä^t.  3!)a^  er  bi(rfc«  gbeal  in  ber 
Äultur  be«  beutfc^  3beali«mu«  angebahnt  finbet,  mac^t  i^n  ^um  tröftenben  unb  auf- 
ric^tenben  SRebner  an  ba«  beutfd^e  3JoIf.  3Jte  fold^er  l^at  er  aud^  feinen  §auj)teinflufe  au^ 
geübt,  toöl^renb  ber  ©influfe  feiner  Se^re  balb  t)on  bem  bcr  ^cgelfdj^en  aufgehoben  tourbe 
(Ä.  %'x]d)tt]  Sötoe,  $^ilofot)^ie  ^.«  1862). 

30  aSiel  rabifaler  gnffSc^ellmg  in  fein  biö^erige« ©^ftem  ein.  6r  cnnjfanb,  bafe  fein 
3bentität«f^ftem  feine  t)ortoärt«trcibenbe,  jielfe^enbe  Äraft  enthalte  unb  bal^er  nur  glei^^s 
loertigc  JJ^nnen  bcr  S^^ntität  f^ertoorbringc,  ba^  bie  in  i^m  t)orau«gefc|te  abfolute  ^ar^ 
monie  bon  5Ratur  unb  ©eift  in  ber  SBirHic^fcit  burd^  ßlemcnte  bc«  S^^^*^^^/  ^^(^ 
gifc^cn  unb  ben  ©eifteötoerten  geinblid^en  aufgehoben  jci,  ba^  bie  Ableitung  ber  fonfteten, 

Bö  mannigfaltigen  unb  locrbcnbcn  SBcIt  au«  bem  älbfoluten  bon  feinem  bi«^erigen  ^nt^ci«- 
mu«  ntd^t  aufgeflärt  toorben  fei,  bafe  bie  Äunft  mit  il^rer  ©vmbolifierung  ber  gnbiffcrenj 
unb  Sbentität,  mit  i^rer  S3eifeitefc$ung  bc«  SBißcn«  unb  abfoluter  2ßiIIen«h)erte,  nidS^t 
ba«  le^e  Stöort  fein  fönne.  ©o  fud^te  and)  er  in  bcr  SReligion,  al«  in  toeld^  bie  (Sin^ 
l^eit  lote  bie  Trennung   be«  ßnblid^en   unb  Unenblid^en   au«gef^rod^cn    ift,  ben  ©c^lüffel 

40UI  ben  Urfjjrüngcn  unb  fielen  be«  menfd^Iid^en  aOBcfcn«.  @r  bilbctc  bie  t^eofo})^ifd^e 
i^orm  feiner  fie^re  ani,  oie  ben  bon  i^m  jc^t  cm^funbcncn  S^cobifd^en  ©egenfa^  afe 
einen  toon  ^aufe  aui  im  unbiffercnjicrtcn  2lb|oluten  gelegenen  bctraci)tct  unb  au«  einer 
urf^rüngli(^en  3:rennung  be«  abfolutcn  in  bie  irbifd^e  ©eiftnatur  unb  in  bie  lebenbige 
©ott^eit   ben  a5}eltt)rojefe   ober   bie  ßöolution  ©otte«  toom  bunflcn  ^um  flaren  unb  bc= 

46  tou^en  ©ein  l^erDorgc^cn  liefe.  3lu«  bem  urfprünglic^cn  3lbfaß  bcr  Sbeetoelt  t)om  abfo= 
luten,  au«  i^rer  Trennung  öon  bem  fw^  flar  crfaffenben  göttlichen  Sitten  gcl;t  bie  enb^ 
lic^c  SBelt  ^ett)or,  bic  aber  üermögc  i^rc«  göttlid^en  Urfprunge«  ftd^  toicber  ^u  ®ott 
emporarbeitet  unb  in  biefer  Gmporarbcitung  bic  religiöfcn  3bccn  bcr  3K^tl|oloaie  ober 
SWatuneligion  burdj^läuft,  bi«   fie  an  bem  5ßunftc  ift,  bafe  bie  freie  göttlic^ie  Siebe  nun 

60  mit  botter  ©elbftoffenbarung  ober  59Jcnf(^tocrbung  bie  SBclt  jur  Motten  ©in^eit  mit 
©Ott  jurüdffü^ren  lann.  ©o  toirb  ba«  G^riftentum,  beffcn  firc^lic^c  Dogmatil  gnoftifc^* 
etjoluttoniftifd^  gebeutet  toirb,  jum  3icl  bcr  ©eft^ic^te  unb  auf  \f)m  fotten  fi(^  aKinenf^Kift, 
Staat,  SWoral  unb  Äunft  erbauen,  eine  Sc^rc,  bic  nur  in  engen,  Dor  attem  fird^lic^en 
unb   pictiftifc^en  Äreifen   an^änger  gefunben    ^at,    an  bcr  Öffcntlit^feit    aber   jiemli^ 

66  h)irtung«lo«  Vorübergegangen  ift.  (ft.  gifd^^cr;  ^ran^,  ©d^^efling«  ijofttiüe  $^ilofop^ie 
18/ 9;  80). 

©trcbcn  biefe  Genfer  barnac^,  au«  ber  gefül(;lten  unb  anerfannten  5RottoenbigIeit  eine« 
gegebenen  fonheten  ^n^altc«,  fei  c«  bcr  Biaai,  fei  c«  bie  d^riftlid^c  ^Keligiorttät,  ba«  3iel 
be«  ®afein«  gu  lonftruieren  unb  bie  5WottoenbigIeit  biefe«  .^sn^alte«  au«  bcm  ©otte«begriffe 

CO  abjuteiten,  fo  beloältigt  §egel  ba«  ^Problem  burc^  ben  f^ftematifc^-logifd^cn  2lu«bau  be« 


^^ealtdinud,  bentfi^er  633 

SJeöriffcisJ  bcr  ßnttoidclung,  ber  fic^  i^m  bei  bicjcr  ^urd^beufung  juglcic^  atö  inhaltlid^C!^ 
imb  ^iclfe^cnbc«  ^rinjij)  crtDcift.  3)iefer  Segriff,  ber  ungenau,  atter^anb  SSorau^fe^ungen  unb 
bunf le  S^ebenöorfteUungcn  einfc^lic^cnb  öon  Seibnig,  fieffmg  unb  itant,  öon  gerbet,  ©oetl^c, 
©dj^iller  unb  %.  ©c^legcl  gebraud^t  toorbcn  toax,  ben  bann  aber  auf  ®runb  ber  ÄantifdS^cn 
tranfcenbentalcn  3)ebuftion  gidS^tc  unb  ©c^eHing  m  ftreng  ibealiftifd^er  SBBeife  ate  bie  au!^  6 
bent  Sßjefen  ,be^  (Seiftet  nothjenbig  folgenbe,  unbetou^te  ©elbftentgegenfelung  unb  betoufete, 
ftufenmetje  Übertotnbung  biefer  ©elbftentgegenfeteung  fonftruiert  Ratten,  tourbe  öon  $egel 
ba^in  au^gcftaltet,  baj  er  ben  ^^rieb  be«  abfoluten  ©etfteö  gur  ftufentoeife  [xi)  potm- 
jierenben  unb  jum  ©egenftanb  betoufeter  ®inftc(>t  mad^enben  ©elbftbctoegung  bebeutet  unb 
itt  biefer  ©elbftbetoegung  ben  ganzen  ^n^alt  be«  ©elfte«  au«  ber  bloßen  3KögIic^feit  unb  lo 
2^^atjäc^lic^feit  jum  betrübten,  freien,  nottoenbigen  Seft^  ergebt,  ba«  ®anje  sub  specie 
aeternitatis  ein  geitlofer,  in  fid^  gurüdffe^renber  $roje^  unb  nur  für  bie  änfang^ftufen 
nicnfc^Iic^ier  äleflejion  ein  fmnnd^-räumlic^^jeitlic^  t>erlaufenber  3ufant*^^nl^ö«9  ^^^  ^^- 
lüfcr  ^rogreffton.  Q^bm  bamit  tft  bann  aber  aud^  ber  in^altlidj^e,  et^ifc^sreligiö^^äftl^etifc^c 
Gl^arafter  biefer  35entU)eife  gegeben,  infofeme  hierbei  nid^t  b(ofe  ber  ®eift  ber  ®runb  1j 
bcr  SKirflic^tcit  unb  fein  3^edf  ba«  leitenbe  $ringi^  ift,  fonbem  infofern  gerabe  in 
ber  Übertoinbung  ber  gegebenen,  öom  enblic^en  Setou^tfein  borgefunbenen  2^rennung 
bc«  9latürli(^cn,  ^F^atfäd^lidS>en  unb  ©innfic^en  bom  ©eiftigcn,  freien  unb  JJottüenbigen, 
bie  urf^rünglidj^e,  iDcJcntlidj^c  Sin^eit  be«  ®eifte«  ^ergeftellt  unb  in  biefer  ßin^eit  bie  religiöfe 
©cligfeit,  bie  bolltommene  ©d^ön^eit  unb  bie  fittlic^e  ^ei^eit  enthalten  ift.  35er  20 
®cift  ift  aOSiße  unb  nur  barunt  ©nttoidtelung  unb  ©ntgtoeiung,  aber  afö  logijc^  erleud^= 
tetcr  Söißc  ftrebt  er  nad^  bcr  ©in^cit  unb  ?JotU)enbigfeit,  bie  glcid^bebeutenb  fmb  mit  ber 
^ei^cit.  2)abei  gel(;t  in  biefer  6ntU)idfeIung  nic^t«  verloren  unb  ^at  nic^t«  eine  blo^ 
borübcrgel^cnbe  SJebeutung,  fonbem  jebe  erreichte  ©tufe  toirb  in  ber  ^ö^eren  aufgelj^oben 
unb  fortgeführt,  fo  ba^  iebe  jehmlige  ©tufe  fid^  afe  $öF;c))unlt  betrachten  barf  unb  in  ber  25 
Totalität  be«  ©dj^Iuferefultat«  nic^t«  üemic^tet  toirb.  Stuf  biefer  ®runblage  l)ai  $egel  ein 
imVonierenbe«,  an  33oUftänbigfeit  be«  Umfang«  unb  ©efc^Ioffen^eit  ber  3Ketl^obe  nur  bem 
ariftotelifdS^en  öergleid^bare«  ©^iftem  be«  SBiffen«  aufgebaut,  ba«  in  ber  9flaturl)l^iIofo)j^tc 
ben  Salinen  ©c^eHing«  folgt,  in  ber  ®ef^ic^t«p^iIofo})l(^ie  ober  mit  aufeerorbentlid^er  ^m 
l^eit  unb  origineßfter  Äraft  aJDle  an^  ber  bloßen  ©eelennatur  ^erborbred^enben  unb  fi$  in  ao 
i^rcr  9Joth)enbigfeit  erfennenben  abfoluten  ®eifte«h)erte  gu  einem  ftreng  teleologifdben  3"* 
fammen^ang  be«  SBerben«  berfettet  unb  um  ben  Seoriff  be«  bie  Slotalität  ber  (äefittung 
in  antifcr  ffieife  au«Iebenbcn  ©taate«  bie  Ij^öd^ften  wulturtoerte  ber  Äunft,  SReligion  unb 
^^ilofo^l^ie  fammelt.  3!)er  burc^  bie  mobeme  $erfönlic^leit«ibee  bcrtiefte  antife  ©taat«« 
begriff,  bie  ®oet^c:=©d^iUerfc^e  Äunft,  ba«  afö  Sinl^eit  ®otte«  unb  ber  freien  ^erfönlid^fcit  35 
cmpfunbcne  ßlS^riftentum  unb  bie  ^egelfc^e  ©rtenntni«  bon  bem  $erborgang  all  biefer 
fiulturh)ertc  an^  ber  nottoenbigen  ©e(bfte|j)Iifation  be«  Slbfoluten  bilben  bie  normatibe 
Äultur ,  ber  ©egentoart.  SBenn  $egel  bicfe  gegentoärtige  ©tufe  in  ber  l^at  für  abs 
fc^lie^enb  F;ielt,  fo  ^at  bie«  in  fonferbatiben  9leigungen  ber  ^^it,  in  bem  ®efü^(  einer 
eben  ft4>  crfc^ö^fenben  unenblid^  reichen  Sitteraturjjeriobe,  bor  allem  aber  in  ber  ©c^ä^ung  40 
be«  e^riftentum«  a(«  ber  abfofuten  SReligion  feinen  ®runb.  (Ä.  ^ifd^er,  $egel  1900; 
.^at;m,  §egel  1857.) 

2)ie  religiöfe  Sß?enbung  biefer  S^fteme  gelfit  bireft  ober  inbireft  auf  ben  ©influ^ 
©c^Ieiermac^er«  gurüdf,  be«  am  meiften  f Jjejififd^-religiöfen Gl^arafter«  unter  ben  großen 
•^Ji^ilofopl^en,  ber  in  feinem  eigenen  ©Aftern  ben  religibfen  ®ebanfen  in  einer  burd^au«  46 
eigentümlichen  unb  bebeutenben  SEBeife  mr  äuflöfung  be«  bom  Äritici«mu«  geftellten  Jj^^ilo* 
fopF^ifc^en  unb  be«  bon  bcr  3eit  gefteuten  ÄuIturl)robIem«  bertoertete.  So  tourbe  er  in 
F^crborragenbem  ©inne  jum  (g^ifer  be«  beutfd[ien  3!*>^öli^iwu^/  ^boju  i^n  feine  SRenfc^en^ 
Icnntni«  unbeinbringenbe^ßf^c^ologiebefäi^igte.  2öa«§egelau«  bem  Setoegung«gefe$  be«  ab^ 
fohlten  ®eifte«  bcbucierte,  hJoHte  er  mit  JJeft^altung  ber  ftiticiftifc^en  a)let]^obe  burcb  Slnal^fe  «» 
bcr  tl;atfäd(^lid^  borlicgenben  menfc^Kc^en  aSemunftjtoedfe  erreic(>en.  35ie  ^^tefd^e  äorunbung 
bcr  Äantifc^en  Segriffe  benu^enb,  anal^ficrte  er  ba^er  ba«  menfc^Kd^e  Setoufetfein  in  feiner 
boppelfeitigen  b.  f}.  feiner  t^eoretifc^en  unb  ^raftifc^en  Sejie^ung  auf  ba«  ©ein.  3m  erften 
^allc  berl[^ält  c«  fid^  recej)tib'benfenb  unb  bearbeitet  bie  g^ebene  ©innlid^feit  bom  TtaicU 
tnuni  inbibibueHer  Serrinjelung  bi«  aum  aWapmum  begrifflicher  Serein^eitlid^ung,  im  an*  B5 
bcrcn  %aü  berl^ält  c«  fic^  aftib^geftaltenb  unb  bertoirlfic^t  benSemunftjtoedf  bom^ol  be« 
in  ber  ©innlic^feit  nod^  latenten  aSemunft^anbeln«  bi«  »um  5ßoI  ber  alle«  ®eiftige  ber^ 
natürlic^ienben  unb  alle«  9latürlid^e  bergciftigenben  betou^ten  grei^eit.  3"  ^^^'^^  ^äHen 
aber  bleibt  für  bie  menfc^Kcl^e  Vernunft  S)enlen  unb  ©ein  immer  getrennt.  a)ie  alle« 
Scgvcifcn  unb  $anbe(n,  aDe  S3ejicl(>ung  bon  S)enfen  unb  ©ein  toie  aKoHen  unb  Sein  er^^  eo 


634  3fbealti»mttd,  betttfd|er 

möolid^cnbc  Gin^cit  bcr  SBJirllic^Ictt  ift  b(tö<?gcn  gcgam^cirtiö  im  rcliöiöfcn  ®cfül^I,  ba^ 
frcilid^  jiemK^  fünftlid/  mit  %\d)U  aH  bei  ftc^  ru^cnbc  ^nbiffcrenj  bon  §anbcln  unb 
2icnfen  j)f^c^oIogif(l^  fonftruicrt  unb  suglcirf)  nfö  religiö^^metop^^fifd^e«  Sßrinjij)  bc^  Gr= 
Icbniffc^  ber  abfolutcn  Scfd^Ioffen^eit   al(c^  ©ein^  in  ©Ott  bejcic^nct  h)irb.    2(uf  biefer, 

5  bic  urj^rünglic^c  romantifc^c2lb^ängigfcit  bcr  3leligion^anal^fc  t)on  ber  Äunftanal^fe  nod^  beut* 
lic^  bcrratenoen  ©runblage  ergebt  fid^  auc^  bei  i^m  eine  9Jaturt)^iIofo^{^ie  unb  eine  ©ef^ic^t^ 
j)]^ilofot)^ie,  hjelc^e  bie  SBirtlid^feit  ber  Kategorie  be^  ^ortfd^ritte^  t)om  überhjiegenb  ©innfic^en 
jum  überh)iegenb  ©eiftigen  unterwirft,  aber  bei  ben  einfacheren  ©d^ellingfc^en  gormeln  ftc^en 
bleibt  unb  auf  bic  ^egcIfdS^c  3)ebuftiün  cine^  au^  bem  2lbfo(utcn  folgcnbcn  gortfd^ritt^efe^e^ 

10  tocrjic^tct.  ^n  3Q3a|r^eit  fommt  e^  ©c^Ieiermad^er  l^ierbei  auc^  nur  auf  bic  änal^fc  ba 
in  ber  ^iftorifd^en  2Bclt  fic^  betF^ätigenben  SJemunft  an,  beren  bcrfc^iebene  gH^ecfe  er  ^crau^ 
greift  unb  ^ur  3^ota(ität  be^  abjolutcn  Säcmunftjtoccfeg  jufammenfa^t.  3)iit  forgfamftcr 
Umftc^t  erfaßt  er  ieben  biefcr  3h)ecfe  na^^  feiner  fogialen  h)ie  nac^  feiner  inbit)ibucncn 
©cite   unb   beftimmt  er  fie   nacb  il;rem   fpejififc^en   redS^tlid^en,  gefellfc^aftlici^en,   h>if^m- 

16  fd^aftlid^en,  rcligiöfen,  äftl(^etifc^en  3"^^^^  wm  bann  il(;ren  S^begriff  im  ^öc^ften  ©ute  ^u^ 
fammenjufaffen,  biefen  l^öi^ften  SSemunftjtoecf  mit  ber  göttlichen  SBemunft  in  3"fö*"'"^n= 
^ang  ju  bringen,  im  rcUgiöfen  ©efü^l  bie  Äraft  bcr  ^crhjirtlic^ung  biefe^  3^^^  ""^ 
in  ber  ©emeinfc^aft  mit  ©Ott  bie  alle  3^tt  unb  ßnblid^fcit,  aDe  Stelatiöität  unb  Sefonber^ 
i}Ät   übertoinbenbc  2(ntcciJ)ation  biefcr  S?erh)irflic^ung  ^u   jeigcn.    Die  Stdigiofttät   aber, 

20  bie  mit  ber  ©in^eit  ber  SQäelt  unb  ber  ©inl^cit  aßer  Semunft  bie  2lH^eit  ©otte^  unb 
bie  bic  ©innlic^feit  übertoinbenbe  Äraft  be«  ©eifte^  befennt,  ift  i^m  bie  c^riftlid^e  unb  er^ 
fc^cint  i^m  in  bcr  ^erfönlic^feit  S^fw  g(aubenerh)edfcnb  unb  urbilblic^  unb  barum  cr^ 
löfcnb  fonjentricrt.  9?on  ^icr  a\x^  i}at  er  [xi)  bann  fd^Kc^Kc^  böflig  ber  3:i(;eoIogic  unb 
ÄirdJ^c,  ber  pflege  ber  SSoIföfrömmigfcit  ^ugetoaubt,  tooburc^  feinßinflu^  fc^Iie^ic^^  immer 

26me^r  auf  bic  fad^mä^ige  il^cologic  eingefd^ränft  hjurbe  ("Diltl^e^,  Seben  ©c^.d;  ®crf., 
älrt.  ©<j[>.  in  äbS;  Senber,  ©d^.g  3:i^eoIogie  in  i^ren  }3^iIofoj)f^if(^cn  ©runblagcn  1876; 
©igtoart,  Äleinc  ©d^^riften  I ;  bcrf.,  ^h%l}  1857). 

9?od^  nä^er  an  bie  Äantifc^cn  3lu^ang^t)unlte  l(;ält  fic^^crbart,  ber  Sant^  Setoufets 
fcini^nalf^fc  im  ^f^ologiftifc^cn  ©inne  fortfe^t,  um  t>on  i^r  au§,   fotoeit  möglid^,  burc^ 

80  togifc^c,  bic  aBiberfprüc^c  ber  Srfc^cinunggtoclt  ftufenhjcifc  tilgenbe  Bearbeitung  nun  3)ing 
an  [\i)  ber  Slufeenmdt,  bcr  ©eclc  unb  @ottc5  öorjubringen.  6r  finbet  fo  baö  SBcfen  ber 
®ingc  an  fxd)  in  fc^(edS)tI;in  einfachen  iiberfinnlic^en  ©ubftanjen,  bic  crft  in  il(;rcn  gegcn= 
feitigen  8eue^ungen  untcreinanber  unb  jur  menf^Iic^cn  ©eeie  bic  quantitativ  unb  quali* 
tatit»  geglieoerte  vßdt  ergeben  unb  beren  jtoedEmä^ige  3ufÄ^"«c"toirfung  eine  fc^öt^fcrifc^c 

86  unb  orbnenbc  göttliche  ^nteüigcnj  erfc^Iic^en  lä^t.  ©iS  ift  eine  originelle  3(nncil^erung  an 
bie  Scibniiifc^c  TOonabologic  unb  an  bie  Scibnijifc^c  Sc^rc  toon  ©Ott  ate  ber  ^öd^ften 
5IMonabe,  bic  §erbart  in  i^rer  Sebeutung  für  bie  lebcnbige,  ftttlid^e  ^römmigfcit  einbringe 
üd^  unb  fd^roff  gegen  ben  ^oetifc^en  9(eu'©pino5i^muö  unb  feine  Untcrhjcrfung  ©ottc^ 
unter  ben  9?aturbegriff  üerteibigt.    3)em  Stationali^mu«  nähert   fu^  and)  lro|  aller  au^ 

40  ber  neuen  Silbung  gcfc^öjjftcn  gein^eit,  greif^eit  unb  Setoegli^teit  bie  Äulturjj^ilofojj^ic 
§erbartö,  bie  fic^  auf  ben  öon  i^m  nad^getoiefenen,  ber  ©cele  eigentümlichen  Beurteilungen 
über  Die  33er^ältniffc  ber  3leale  ^u  cinanber,  inbefonberc  auf  ben  ctl^ifd^en  Beifall^-  unb 
9Ki^falI^urteilen  über  bie  Bcr^öltniffc  ber  menfc^lidbcn  SBitten  ju  fic^  fclbft  unb  untcreinanber 
aufbaut.  SBcgcn  ber  Begrünbung  auf  folc^e  Urtetie  nennt  er  ftc  äeft^etif  unb  orbnet   il^r 

46  bic  6t^if  ein.  ©o  ergicbt  fid^  ba8  ^bcal  einer  bie  fünf  natürli^en  et^ifc^en  ©runbtbccn 
in  i^rcr  Organifation  öcrhjirflic^enbcn,  befcelten  ©efcllfd^aft,  bic  auf  bcr  Sinftdj^t  unb 
3:i;ätigfcit  ber  ©cbilbetcn  unb  auf  ber  rationcHcn  ©r^ic^ung  ber  ^wgenb  beru|^t.  Son 
^ier  au^  ift  §crbart  jum  SHcformator  ber  ^f^c^ologic  unb  in^befonbere  ber  hierauf  ac- 
grünbetcn  ^jjäbagogif  geworben,  Worauf  fid^  fein  ©influ^  bi^  jc^t  auc^  im  hjcfcntlid^cn  bc* 

60  f darauf t  ^at.  (X^oma^,  ^crbartsS^inoja^Jlant  1874.) 

Sluf  gleicher  Iriticiftifc^er  ©runblage,  U)ic  bie  bi§l;erigen  ©Vftemc,  aber  mit  böHig 
entgegengefc^ter  Sebanblung  bc^  Äultur))roblemg,  ergebt  fid^  f(f)lic6li(^  bic  le^tc  gro^c 
gortbilbung  be^  Sbcalt^mu^  bei  ©d^o^cn^aucr.  6r  lebrte  äl^nlicf?,  Wie  ^d^te  in  feiner 
3ufpi^ung  be«  Sritici^mu^,  ben  SBitlen  atö   ben  ©runb  ber  2)inge  unb  ä[u«gangöi)untt 

66  bcr  ßrfcnntniö  betrachten,  aber  ben  SBiUcn  ate  gänjlic^  unlogifc^en,  öon  feiner  logifcl»en 
9iotwcnbigfeit  in  feiner  öeWegung  geleiteten  unb  ifeine  logifcf)en  ÜJotwenbigfeiten  anftreben^ 
ben,  wie  ba^  bei  ber  ©e^ung  eincö  pofttit>cn  etbifd^en  3tocdfc^  unb  ber  Unterorbnung 
bcr  3)littel  imter  biefen  nötig  ift,  ba^er  über^au^t  ben  SBillen  aU  o^ne  jeben  beftimmten  3h>cd 
unb  ol^ne  jcbc  urfprünglic^c  et^ifc^e  3^enbenj,  benSBinen  aU  blo|en  jiellofcn,  blinb  SRcalität 

fio  unb  3)afcin  begc^renbcn  3:rieb.    3"   *^^  Befolgung  biefe^  X^riebc«  objeltiöiert  fic^  i^m 


O^ealtemitd,  betttfdier  635 

bcr  SBillc  ju  bcr  lonfretcn;  materiellen  2Belt,  axi^  beten  Drgantfation  im  ©e^im  ate  fe« 
funbäre^  ^robuft  erft  bic  ^^teHtgenj  l^ert)oröel^t.  Unter  biefen  Umftänben  Derliert  ©e* 
fd^id^te  unb  ©efdj^ici^tßjjl^ilofopf^ie  jeben  ©inn,  ia  e^  in  ber  ©efdj^idj^te  leine  ^ofitiöen  unb 
aflöemeingiltiöen  3^edfe,  fonbem  nur  eine  cnblofe  ^rogre^fton  immer  unbefriebigter 
SBißen^triebe  geben  fann.  ®ie  ßtl^if  ober  Seigre  t>om  ^\A  ber  SBirflic^feit  fann  ba^er  6 
nur  barin  befte^en,  bie  ^icUofigfeit  biefe^  ^ro^effe^  cinjufel^en  unb  i^m  burd^  Duie^ierung 
be^  aBillenö  ein  6nbe  gu  machen.  2)iefe  Duie^ierung  erfolgt  in  bem  ba^  SBeltleib  em^ 
jj^nbenben  unb  barum  ftd^  reftgnierenben  SKitleib,  in  ber  intereflelofen  Äunft  unb  in  ber 
tviffenfc^aftlid(^en  ©rfenntniS  ber  3*^f*Ioftgfeit  bc«  ^rogeffe«.  %ixx  atte  bicfe  Se^ren  fanb 
Sd;openbauer  einen  Sln^alt  in  bem  bem  ^benblanb  Am  belannt  toerbenben  Subbi^i^mu^,  lo 
tüomit  er  eine  bebeutfame  ßrtpeiterung  be^  bieder  hjefentlic^  auf  ätntife  unb  ß^riftentum 
cingefd;ränften  fulturgejc^id^tlidj^en  iporigont^  beU)irIte.  änbererfeit^  erblidfte  er  mit  grimmi- 
gem .^afe  in  ber  ©elbftfuc^t  unb  ©innlidj^Ieit  be^  Ji^bentum^  bie  SGBur^el  bc^  täufd^enbcn 
3:F^ei^mu^;  auf  bem  aÜe  ©efc^id^tej)l(^iIofo})l^ie  unb  alle  SRebe  Don  ^)ofitit)en  Äulturtoerten 
berubt,  tväbrenb  er  in  bem  reinen  G^riftentum  ßl^rijti  eine  ärt  m^ftifdj^en  Duieti^«  ib 
muö  anettannte.  3"  größerer  SBirtung  finb  biefe  Sepren  erft  nac^  ber  ä^^ftw'^Ö  t^^ 
aUmäd;tigen  §egelfc^en  S^ftemö   unb    in  ben  ^a\}xm   ber   trübften  Sleaftion    gefommen. 

7.  2)ic6injeln)iffenfc^aften.  Streben  bie  großen ©^fteme  nad^  einer  gufammen* 
faffenben,  bie  ÜJormen  refonftruierenben  unb  im  meta))^^ftjdj)en  ©runb  beranlemben  SEBelt^  20 
anjd;auung  unb  bleibt  biefe^  Unternehmen  mit  ben  f(^h)ierigften  SRötfeln  ber  3)letaj)b^fi! 
Derfnüpft;  fo  h)irfte  [id)  anbererfeit^  ber  beutfc^c  ^b^K^n^wö  '«  ^i«^  tounberbaren  Sfleu« 
belebung  unb  :3"fP^^fltion  ber  ^ofttit>en  SBiffenfd^aften  an^,  bei  benen  jene  problemreic^en 
©runbanfc^auungen  jtoar  immer  mittüirften,  aber  boc^  in  ben  J^i^^^^Ö^"^  traten.  3l\6)tö 
l^cigt  me^r  ben  eigentümlidj^en  G^arafter  ber  beutfc^en  ^oefie,  ate  bafe  fie  Don  i^rem  36 
,s>öF;et)unft  aug  unmittelbar  in  bie  ftörffte  tüiffenfc^aftKc^e  ^robuftion  überging,  too« 
bei  freilid;  auc^  bie  fonfreten  Slnforberungen  ber  aiOlgemeinen  Sage  unb  bie  moralifc^« 
realiftifc^e ©müdj^teruug  mit  in  SSetrad^t  fommen.  ©0  entfte^t  bie  ftoejififc^  bcutfc^e 
2i?if|enfd;aft.  :5"  il^r  treten  gunäc^ft  entf^reÄenb  bem  ©eifte  beö  ©anjen  bie 
9Jaturtt)if[enfd^aften  jurüd  ober  rebujiieren  fic^  bodp  auf  bic  5Ratur})I^Uofot)^ie,  bie  un«  ao 
aufgebli4>e  ©runbintereffen  obne  eigentlid^  naturtoijfenf(^aftli(^en  ©inn  verfolgte,  babei 
aber  immerhin  in  ber  3lnt]^oj)ogeoara^l(;ie  b.  \),  in  ber  Sereinigung  bon  ©efc^ic^tc 
unb  ®eogra})bie  (Äarl  Slitter)  Sr^eblic^e^  unb  in  ber  3luffuc^ung  ber  bem  5IKateriaIiömuö 
ber  ©egenhjart  fo  unf^mj)at^ifc^en  j)f^dJ)o(ogifc^en  Abnormitäten;  ber  bamate  fogenannten 
9{ad^tfeite  ber  9Jatur,  Seac^ten^hjerteö  leiftete.  Überbie«  gingen  neben  i^r  bebeutenbe  ^ort==  30 
fe^er  ber  alten  em^irifdben  3KetF;oben  l^er,  bie  toie  31.  b.  §umbolbt  nid^t  o^ne  ©intoirlung 
Don  il^r  blieben.  Um  fo  bebeutfamer  aber  ift  ber ätuffdj^toung  ber  ^iftorifi^enSBäiffen^ 
jc^aften,  too  man  bie  fritifc^en  (SinfidJ^ten  in  ba^  i^atfac^enmaterial,  bie  bie  äufflärung 
erarbeitet  ^atte,  mit  bem  neuen  ©eifte  ber  ^iftorifc^en  Siebe  unb  ©erec^tigfeit,  mit  bem 
iscrftänbnii^  für  baiS  Unbetoufete,  §a(bbetou^te,  ©ojia(})fVd^o(ogifd^e,  für  bie  fc^öjjferifc^e  40 
©enialität  unb  bie  ^nbiDibualität,  mit  ber  aHe  ßrfd^einungen  gur  feinften  2öed(^felh)irlung 
DevIniH^fenben  Uniberjalität  unb  SBeite  be«  ^origont^  be^anbelte  unb  fortbilbete.  3)er  gnt* 
toidelungis^gebante  in  feiner  fjjejififc^  beut|d^en  tJorm,  mit  feiner  (Snttoidelung  beö  Setoufe* 
ten  unb  3)ifferenjierten  au«  bem  Unbehjufeten  unb  Unbiffcrenjierten,  mit  feiner  SSorau^s 
fc^ung  einer  bem  Unbetoujten  immanenten  unb  in  genialen  ^nbibibuen  jufammengefa^ten  45 
teleologifc^en  Sogif,  mit  feiner  Slnerlennung  le^ter  unauflöslicher  ßlemente  in  ber  $ers 
fönlic^feit  unb  einer  ^ierburd^  bebingten  fpejififc^  f^iftorifc^en  Äaufalitöt,  offenbarte  feine 
gan^e  au^erorbentKc^e  ^Jruc^tbarfcit.  $ierburc^  mit  ber  beutfc^en  $oefie  unb  ^^ilofo^^ie 
in  enger  Serbinbung  ftel^enb  tourbe  biefe  ^iftorijc^e  3Ket^obe  boc^  im  fortgefefeten  SSerle^r 
mit  bem  Dbjeft  ju  einer  felbftftänbigen  tpiffenfc^aftlic^en  Denftoeife,  bie  toopl  ber  9lu^  m 
breitung  unb  ©rjänjung  fällig  ift,  bie  aber  bur4>  bie  t)on  'ii}x  ä}ai\äöfi\d)  errungenen  ©r* 
tcnntniffe  fid^  aU  eine  ber  großen  felbftftänbigen  hjiffenfc^aftlid^en  3Rad)U  ertoiefen  ^at.  ©ic 
ftc^t  mit  bem  ibealiftifc^en  ober  reIigiöS=m^ftif^en  §intergrunbe  i^re«  ßnthjidelungSgebanfenS 
aU  ein  gefd^Ioffener  %i)p\i^  ber©efd^id^tSh)iffenfd5>aft  ber  englifriS^-franjöpfc^en  Slufflärung  gegen= 
über,  bie  bie  ©efd;ic^te  auS  5Raturbebingungen  beS  ©c^aujjIa^eS  ober  auS  Sleflejionen  ber  55 
I;anbelnben  ^ntefligenj  ober  gar  auS  foeiaI=mec^anifd^en  5ßrojeffen  cmj)irifd^=rationell  er^ 
Hart,  nac^  bem  SWa^ftab  einer  allgemeinen  SBo^Ifal^rt  betoertet  unb  an  ©tette  einer 
axi^  innerer  9Joth)enbigfeit  ber  göttlichen  ©elbftentfaltung  l^erborge^enben  „enttoidfelung" 
einen  Don  ber  fortfc^reitenben  :3ntettigenj  ju  belrirfenben  „gortfc^ritt"  le^rt  (@.  Sern^eim, 
Sebrbuc^  ber  ^iftorifd^en  5){et^obe  1894;   ©igtoart,  Sogilll;  SBunbt,  Sogif  II;  SRidert,  eo 


636  SbenltiStttttd,  betttfi^cr 

©rcujcn  bcr  naturtüiRciifd;aftlic^cn  öcöriff^bilbung ;  Dou  ?3cIoh),  2)ic  neue  ^iftorifc^ 
SKet^obc,  $iii.  ^Ifd^r.lSOS;  Ditotax  fiorcnj,  3)ie  ©cfd^ic^t^tüiffenfc^ft  in  i^rcn  S^aupixi^: 
tungm  unb  aufgaben  1886:91;  Pnt,  Phüosophy  of  history  1874;  Sort^,  ?J^ilo= 
{o})l^ie  bcr  ©cfd^id^tc  aU  ©octoloflic  1897 ;    9lie|{d^e,    SJom  3Ju^en   unb   Slac^tcU    ber 

6.^tftoric  1874). 

^olU^i]6)\d)U,  ^vi]amr\\m\a^\xnQ  ber  SölIeracfdjitdSite  }ur  Uniberfalgefd^tc^te,  ®ef(^t<^te 
einzelner  befonberer  93etl^ätiflun0en  unb  I^iftortfc^e  KuIturi)^iIoJo})^ie  ftnb  bie  Il^emota,  bic  l^ier 
l(^ert)ortreten,  toobei  bod^  bie  le|tere,  fofem  fte  nid^t  afe  in  ben  großen  ©^ftcmcn  crlcbigt 
gilt,  nur  ald  ))erf önlic^er  ^intergrunb  ber  ^arftedungen  gelegentlich  unb  at)l^orift{fc^  ^erDor- 

io)utreten  ))flegt.  ä(n  h)i(lfürlidj|er  ^l^antafti!,  berfc^tuommenen  älQgemein^eiten  unb  befon« 
ber^  an  reattionären  Xenbenjen  ^at  ed  hierbei  nic^t  gefel^lt,  aUein  bad  rü^  tetfö  Don 
ben  romantijd^en  Urj))rtingen,  teil«  bon  ber  ß^rt^ge  l^er  unb  berül^rt  nic^t  ba«  SBefen  ber 
3)tet^obe.  auf  il^rer  @runblage  l^aben  bielmel^r  nal^eju  ade  Sßiffenfc^ften  Qafftf^e  ober 
\>o6)  ful^renbe  fieiftungen  ^ertoorgebrad^t.  a)ie®e|d^i(|t«h)iffenj(^aft  im  engeren  Sinne, 

16  bie  mit  ben  ©öttingern,  Äant  unb  gid^te  bie  t)oHtiJd^e  SSolföorganiJation  al«  Zentrum 
il^re«  3"*^^«^  fwielt,  lernte  unter  Slbfe^ung  bon  abftra!ten  SRaMtäben,  Don  etnfettigen 
geogra))^i{(^en  unb  fltmatifdjien  @rf(ärungen  unb  bon  rein  fubieftiber  ^otiDation  t^ren 
©egenftanb  genetijc^  erfaffen,  bie  allgemeinen  ©nttoirfelung^tenbenjen  mit  bem  (Stnflu^ 
ber  SnbiDibuen,  bie  immanente  33ilbung«tenbenj  mit  ben  ßinflüffen  bon  aufeen  auögleic^enb 

20  unb  jugleic^  ben  Segriff  ber  @nttoiaeIung  auf  bie  B^^d^^^ff^  ^^^  Urfunben  felbft  an^ 
toenbenb,  beren  3Badjifen  unb  äßerben  ju  berfolgen  iei^t  eine  ganj  neue  9lufgabe  bon  un- 

Sel^eurer  3:ragh)eüe  tourbe.  3"  biefem  ©inne  hat  9liebul^r  bie  neue  Oefd^id^t^ft^bung 
egrünbet  unb  Stanle  fie  boUenbet,  ber  ^ugleicp  in  leichter  älnlel^nung  an  Sc^Qing  bie 
tbeeden  (Srunblagen  ber  ©efc^ic^te  überbad^te  unb  im  @eift  be«  (Sanjen  nai)  einer  Delt- 
as gefd^td^te  ftrebte.  änbererfeit«  ^at  gafob  SurB^arbt,  bie  einfeitige  rec^t^  unb  ftaatds 
gefc^id^tlid^e  Stic^tung  berlaffenb,  ein  9Rufter  ber  ben  ^efamten  Seifte^el^t  beftimmter 
it\>o6)tn  jufammenfaffenben  Äulturgefd^id^t^fc^reibung  geliefert,  ba«  nur  in  ber  ©tdlung 
be«  2:^ema«,  nic^t  aber  in  ber  3Jlet^obe  franjöftfc^en  SBorbilbem  folgt.  5Roc^  unmitlettorer 
gingen  au«  ftlafftcidmu«,  3tomantiI  unb  ^^ilojo^^ie  bie  ©^rac^-,  Sitteratur  unb  Jtunf^- 

ao  gefdjic^te  l^erDor.  §ier  l^atten  Seffing,  SBincfelmann,  §erber,  ©oetl^c,  ©dSiitter  unb  bie 
©<^legel  bireft  borgearbeitet.  3)ic  ©jJrad^gefc^id^te  erftrebte  in  ^umbolbt  unb  S3o})p 
bie  erllärung  ber  ©jjrad^e  an^  ))f^d^oi)l^t)rifc^en  ©runbtrieben  be«  Wenfc^en  unb  eine  auf 
allgemeine  ©jjrac^Dergleic^ung  begrünbete  6nth)idEelung«gefc^ic^te  ber©prac^en,  bie  juglci* 
ate  ©c^lüfjel   für  ®t][|nograj)l^ie,    ^räl^iftorie,  5Ki?t^ologie   unb  5leligion«gefc^i(^te  gelten 

85folltc  3)ie  Sitteraturgefc^ic^te  ber^ic^tete  auf  äftl^etifc^c«  Säfonnement,  erftrebte  al« 
Saft«  ber  ftritif  lebiglic^  eine  biftorifc^e  älbleitung  ber  @runbformen  unb  @runbgefe|e 
ber  ^oefie  au«  ©runbbebingungen  be«  menfdj^lic^en  SBäefen«  unb  jeigte  bie  enttoidelung 
biefer  Sitteraturformen  im  gwfammenl^ang  mit  ber  ganzen  Oeifte«^  unb  Äulturgefi^id^te, 
in  biefem  ©inne  balb  bie  Stiefenaufgabe  einer  (Sefd^ic^te  ber  Sßeltlitteratur,  balb  bie  befd^önl« 

40  tere,  aber  bamit  jufammenl^ängenbe  einer  Oefc^ic^te  ber  Slationallitteraturen  unteme^enb 
(SBac^ler,  ® erbinu«,  D.  5!Mler).  3)ie  Äu  n  ft  g  e  f  c^  i  c^  t  e,  bie  ju  ben  gmjjulfen  SBSindtclmonn« 
bie  2Badfenrober«  unb  ber  Soifferöe«  l^inju  emjpfing,  fuc^te  in  gleidj^er  SBeife  bie  JjfVd^o« 
logif^-l^iftorifc^en  Orunbformen  ber  Äunft  unb  lernte  il^re  ßnttoidelung  im  3wfflwnt«n- 
l^ng  mit  ber  allgemeinen  Äultur  betrachten,  babeiaberbod^  i^re  felbftjiänbige  £Äen«tourgel 

46  im  äuge  be^altenb  (©d^naafe,  SJifc^er).  Die  ^JSI^ilologie  ber  einzelnen  ©^rad^en  hmnbtc 
[\i)  neben  linguiftifd^en  unb  fritifdjien  ©tubien  }ur  Stealpl^ilolo^ie  b.  1^.  \vlx  ä)arfteDun9  ba 
®efamthiltur  berjenigcn  SSölfer,  beren  Seiftung  Dor  allem  m  il^rer  litterarifd(jen  ^intcrs 
laffenfc^aft  liegt,  ©o  l)at  bie  flaffifc^c  ^bilologie  nad^  bem  Vorgänge  SßJolf«  einen  neuen 
ß^aralter  empfangen  (öödt^,   Sad^mann,   äBeWer)   unb    \)at  ftdSj  neben  i^  eine  inbifi^e, 

60  iranifc^c,  femitifc^e  ^{il^ilologie  erl^oben.  ^^«befonbere  tourjelt  bie  germanifd^e  ^^ilologie 
ber  beiben  ®rimm  unb  i^c  Äunft,  ber©i)rac^e  bie  ©ebeimniffe  ber  Urzeit  abju^ören,  in 
bem  beutfd^ai  3i^eali«mu«.  9lu«  einer  Kombination  eitler  biefer  ©lemente  erhoben  fic^ 
SJerfucf^e  einer  auf  bie  änalbfe  ber  religiöfen  ®eban!ens  unb  ©prac^bilbung  bejgrünbeten 
9{eligion«gefdSiic^te,  bie  freiließ,  berRenntni«  ber  religion«gefdj^id(itlic^en  SBirllid^Ieit  ent^ 

66  be^renb,  ^ur  ^ineinbeutung  allju  abftra!ter  ©cbanfen  neigte,  aber  ben  aHein  möglichen 
aSScg  ber  Slufbedtung  unbetoufeter  "JJ^rojeffe  befc^ritt  (©c^eHin^,  ^egel,  ßreujer,  9&elder, 
©(^Iciermac^er).  "^Jic^t  minber  äußerte  fic^  ber  neue  ®eift  in  ben  Siedet««  unb 
©taat«h)iffenfdSiaften,  loo  bie  natunec^tlid^e  SJlet^obe  burd^  bie  genetifdjie  erfc^ 
unb  ®eh)ol^n^eil«-  unb  9Solt«red^te,  bie  ganje  inftinftiöe  9lec^t«er;ieugung  be«  S}oB«geifte«, 

CO  ^erborge^oben   tourbcn  (©abign^,  (Sid^^om).     Die  @taat«le^re,   junöd^ft  bon  ben 


3fbeiiltdmttd,  bentfi^cr  dfeBud  637 

^l^ilofopl^cn  9c))flc9t,  tpurbc  unter  ihren  (Jintüirfungen  auf  j^tftorifdji  *  enttpidclung«« 
^efd^id^tUd^e  Sa^n  oefteQt;  nad^bem  bte  romantifdjisreattionären,  auf  biefem  unb  bem 
tl^coloflijc^en  ©cbiet  am  fd^Iimmften  l^aufenben  ^Icigunflen  tibertounbcn  toaren  {^a\fU 
mann,  b.  9Bohl).  5)ie  2!l^eolo0te  fd^Ke^id^  lernte  bie  35erfud^e  be^  3)etemu«,  bte 
aöürbigung  be^  g^rtftentum«  auf  eine  allgemeine  9leIigion«tl^eorie  ju  begrtinben,  burc^  b 
eine  biel  einbringenbere  jjf^d^ologifd^e  Slnall^fe  unb  eine  genetijc^  »etrad^tuna  ber  Sle^ 
ligion^öefc^ic^te  grünblid^  umbilben,  toobei  bann  freiließ  immer  toieber  emftlid^e  ^Serfud^e  ge^ 
mad^t  tDurben,  ba^  d^riftlic^e  ^rinji))  bem  ^lu^  ber  @ntn)ic!elung  ju  entziehen  unb  ii^m 
einen  ber  ^iftorie  entrüdften  Äern  ju  geben  (§egel,  ©c^leiermac^er,  be  Sffiette,  98atte,  SJaur). 
9l6er  aud^  bie  fonferbatit)'fu))ranaturalifttfdj|en  @)^fteme  nahmen  in  Slnle^ung  an  $ege[  ober  lo 
@d^eQing  eine  @inbe}iel;ung  ber  Offenbarung  in  bie  3Renfdj|beitdentn)ic!e[ung  bor  unb  bie  beil^- 
gefd^id^tlid^e  ©rianger  ©d^ule  mad^te  bie  Sibel  gerabeju  jurllrlunbe  göttli^er  gnttoidfelungen 
innerhalb  einer  fünbigsnatürlic^en  SEBelt,  toäbrenb  bie  33ermitteIung^t^ologie  eine  um  ben 
Äem  ber  übematürlid^en  Offenbarung  o^jiDierenbe,  jebe^al  eigentümlich  S^bibibualifa« 
tion  unb  jeitgefc^id^tlic^c  äu^toirfung  innerl^alb  unb  auf  ®runb  ber  natüriid^en  (SnU  ib 
toirfelung  lehrte (3Künc^ener@efc^.b.Sffiijfenfd^aften;  3- ®<^n^ii>t  IV u.V.  aSgl.  bie  einzelnen 
@nc^tloj>äbien). 

8.  3)ie  Unterrid^t«reform.  ©er  Setrieb  biefer  Sffiij^enfc^ften  tourbe  in  ber 
§au)3tfad[)e  getragen  bon  ben  Uniberfitäten  unb  ift  bal^er  begründet  auf  eine  funbamentale 
^eorganifation  ber  Uniberfitöten  auf  ®runb  ber  neuen  9lnfd^auungen  bon  äßefen  unb  20 
aufgäbe  ber  SBiffenfd^aft,  nad^bem  im  ^^taltcr  ber  äufflärung  bie  in  ber  Überlieferung 
befangenen  Uniberfitöten  eine  3^^^  l^^Ö  ^^  übertoiegenben  6influfe  ben  ä!abemien  unb 
fd^riftfteHernben  SBäeltmännem  überlaffen  Ratten.  SSon  gena  ging  ba«  neue  Uniberfitöt^ibeal 
au^,  too  bie  (äoet^efd^en  unb  Jtantifc^en  Sintoirfungen  ben  erften  feften  ®runb  gefunben 
F^atten,  um  bann  in  ben  Sleugrünbungen  bon  93erlin,  §eibelberg,  Sonn,  Sre^lau,  SWünc^  2b 
organifiert  unb  bon  ^ier  an^  berbreitet  ^^u  loerben.  3)er  ©inn  biefer  9lef orm,  bie  mit  bem 
Untergang  ber  alten  beutfc^en  ©taatentoelt  unb  ben  9teubilbungen  bed  na))oleonifd^en  ^ÄU 
altera  jufammenfiel,  ba^er  eine  Steige  alter  Uniberfttöten  befeitige,  unb  neue  {(^,  tbor  bie  @r^ 
l^ebung  ber  )}^ilofo^^ifc^en  ^ultät  au^  bem  3uftat^b  ^^  facultas  liberalium  artium,  ber 
^umaniftifc^en  Sorfd^ule  für  bie  eigentlich  oberen  ^^Itäten,  in  bie  ^atultät  ber  oiSein  90 
toal^ren  unb  reinen  SÖiffenfc^aft,  bie  in  Statur«  unb  Äulturh)if|enfd^aft  toie  in  ber  bie 
$rinji})ien  beiber  feftfteHenben  ^]^ilofot)l;ie  bie  $rin}i))ien  aller  ßrtenntniö  unb  Silbung 
feftlegt  unb  ber  bie  33erufdfa!ultäten  al^  Vertreter  blo|  j)ofitiber,  nid^t  rein  toiffenfd^ft« 
IxiS),  fonbem  ^rattifc^  orientierter  SBiffenfc^aften  gegenüberfte^en.  ©amit  ift  toenigften^ 
im  ^4}rinjip  ber  lej^te  Sleft  ber  meland^tl^onifd^en  Uniberfität^ibce  aufgelöft  unb  bie  3Sor^err=  sb 
fc^aft  ber  Il^eologie  unb  bed  ©taat^intereffe^  gebrod^en,  toeld^e  beibe  ben  allgemeinen  ^rin« 
5ij>ien  reiner,  borurteitefreierSBiffenfc^ft  angeliefert merben.  95ie5Reuorbnung  ba:  Uniberfitäten 
bcrlangte  aud^  eine  9leuorbnung  i^er  SJorfd^ule,  be«  ©Vw^nafium«,  in  bem  ber  Sleul^umas 
niömu«  SBincfelmann«  unb  ©oetl^ed  ate  9Jlittel  für  bie  Silbung  ber  ^errfd^enben  Älaffe  unb 
für  bie  ©rjie^ung  ju  l^umaner  Stl^i!  unb  loiffenfc^aftlid^em  ©inn  jufammen  mit  einer  balb  40 
me^r  balb  Weniger  betonten  ßi^riftlicf^Ieit  ju  ®runbe  gelegt  lourbe.  3)ie  SRealtbiffenfc^aften 
unb  mobemen  ©j>rac^en,  bie  bie  äufflärung  jur  Slneignung  ber  ibeftlidjien  Äultur  ge« 
forbert  ^atte,  traten  jurüdt  unb  tourben  übermiegenb  ben  SRealfd^ulen  al«  ben  SSorttulen 
blo|  )}raftifc^stec^nifc^er  33erufe  jugetoiefen.  ©elbft  bi«  in  bie  Solföfdbule  unb  fie^rer« 
fcminare  erftredtte  f\d)  ber  Serfucb,  bie  neue  Silbung  in  ^Jleifd^  unb  9lut  be«  SJotfe«  4B 
überzuführen,  njcnn  nmn  natürlidji  auc^  ^ier  naiver  bei  ben  einfad^eren  Seftrebungen 
ber  älufflärung  fte^en  bleiben  mufete  (^aulfen,  ©efd^ic^te  be«  geleierten  Unterricf^t«; 
Ä.  ©c^mibt,  (SncVfloj>äbie  be«  ®r5ieieung«h)efen«;  .^arnacf,  ©cfc^ic^te  ber  ^reufeijdSien  äfa« 
bemie  1900).  Xri»tfc^. 

vtbtomata  f.  Communicatio   idiomatum  Sb  IV  ©.  254.  &o 

3bttmätt  f.  ebom  Sb  V  ©.  162. 

3ebu«  Mttb  3cbttfttcr.  —  Sittcratur:  ®.  fj.  SRoorc,  A  Critical  and  Exegetical 
CommentAry  on  Judges  1895;  Ä.öubbc,  a)a§  53ud)  ber  9?l(^tcr  1897;  aufeerbcm  bie  iüittera* 
tuv  ju  btn  ?(rli!eln  3eru[alcm  unb  Äonaonitcr. 

Sebu«  (w'^s:)  l^at  man  auf  ®runb  bon  5Ri  19, 10  f.  unb  1  6^r  11,  1  f .  früber  aU^  bb 
(gemein    aU   borivnaelitifd^en   9Jamcn   ber  ©tabt   ^'^erufalem   (f.  b.  3t.)  angefe^en.    ß« 


638  ^cbud  Sttffu 

tann  faum  einem  3*^^^f^'  unterliegen,  ba^  2  ©a  5,  6  in  biefer  5Keinung  toon  bem  Qfyco: 
niften  a.  a.  D.  umgeftaltct  loorben  ift.  SDa  nun  and)  9ti  19—21  burc^  eine  nad^c^Iifd^ 
Searbeitung  il^re  Oeftalt  erhalten  l^aben,  unb  ber  Slame  3-  5Ri  19, 10  f.  allem  Slnf^eine 
nai)  bem  &jte  (togl.  befonberö  33.  11)  nic^t  urj))rünglici^  angehört,    fo  ftnb  bie  3^9^ 

6  für  3-  ötö  ©tabtnamen  auffaHenb  fj>ät.  ^n  aDen  alten  ßrjäl^Iungen  finbet  fic^  nur  ber 
9lame  3;^nifalem.  Unb  ba^  biefer  toirllic^  fe^r  alt  ift,  älter  ate  ^l^rael,  ift  ncuerbing^ 
burd^  bie  Teil  el-^Amärna-$3riefe  jh^eifelloö  geworben  (f.  ^^erufalem).  3Kan  ^at  bal^er 
in  ben  oben  angeführten  ©teilen  tool^I  nur  eine  33ermutung  jübifc^er  ©ele^rter  toor  fw^, 
bie   aug   bem  9iamen   ber   bori^raelitifc^en   ßintool^ner   S^uföl^»"^/    3i«b"ptcr   C^'Q?), 

10  ben  ©d^ilufe  jogen,  bafe  ber  toon  i^nen  beloo^nte  Ort  einft  g^^'&wi;  ge^eifeen  ^abc. 
3lber  biefer  ©d^lufe  ift  grunblo^;  benn  toir  erfahren  fonft  nirgenb^,  bafe  bie  ©tabt  i^rcn 
9?amen  getoed^felt  l^abe,  unb  bie  S^^ufiter  tuerben  im  3li  nic^t  auf  bie  ©tabt  3i«nifalem 
befc^ränft,  fonbem  afö  bie  35eh)o^ner  be^  ©ebiet^  (2  ©a  5,  6)  ober  al«  Setoo^ner  bcö 
Oebirg«  über^au})t  (5Ru  13,  29 ;  3o  11,  3)  beaeid^net.    3Kan  fönnte  fid?  ba^er  el^er  ju 

16  bem  ©d^luffe  öeranlafet  feigen,  bafe  ber  S[}oIte=  ober  ©tamme^name  3*wfiter  auf  ben 
Flamen  einer  Sanbfc^aft  (unb  nic^t  einer  ©tabt)  3-  jurürfge^e.  3)o(i^  ju  einer  ©etoife- 
^eit  barüber  ift  nid^t  ju  gelangen.  3)em  ©tamm  ber  3«bufiter  toar  e§  gelungen,  fid^ 
auf  einem  nid^t  unbid^tigen  fünfte  bed  Serglanbed  ol^  $errm  px  bel^au))ten,  nad^bem 
S^rael  fc^on  entfc^eibenbe  ©daläge  gegen  bie  Sanaaniter  gefüj^rt  i^atte.    ©ie  bel^errfc^tcn 

20  toon  ber  Sergfefte  ^xon  (togl.  ^crufalem)  au^  nur  ein  Heiner  ®ebiet.  yii^i  toeit  nörblic^  lagen 
bie  benjaminitifc^en  Orte  9Job,  (Sibea  ©ante  unb  SRama,  toä^renb  im  ©üben  Set^le^cm 
fd^on  ben  Sw^äem  gei^örte.  ^r  ben  S5efi|  ber  3iofe})l^ftämme  loar  bie  ©elbftftänbigfeit 
ber  3*w5*^  ^^^^  befonber^  läftig ;  too^l  aber  ftanb  fie  bem  $Iane  2)atoibö,  bon  ©üben 
au^  bie  ßrbfc^aft  ©aul«  anzutreten,   em^jfinblid^   im  Söege.    ^a^er  toagte  er  mit  feiner 

26  Irieg^geübten  ©d^aar  einen  angriff  auf  bie  fc^toer  zugängliche  Surg  Qxon  unb  getoann 
fte  (2  ©a  5,  6—8;  1  6^  11,  4—6).  2)amit  tuar  bie  Unterwerfung  ber^ebufiter  tooH^ 
enbet  unb  bie  räumliche  3Serbinbung  jtoifd^en  bem  Sleic^e  2)aDib«  im  ©üben  unb  bem 
eigentlichen  i^^xaü  im  Jlorben  geficf^ert.  2)ie  S^Miter  blieben  teitö  freie  Ferren  auf 
i^rem  ®runbbeft|,  h)ie  namentlicf^  bag  Seif})iel  be«  Siratona  ober  Oman  2  ©a  24,  16ff. ; 

30  1  ei^r  21,  Uff.  geigt  unb  auc^  bie  allgemeine  2lngabe  SRi  1,  21;  goj  15,  63  le^rt,  teitö 
h)urben  fie  (burcf^  ©alomo)  ju  ^o^nbienften,  bie  bermutlid^  bem  Äönige  ju  leiften  toaren, 
gejtoungen  1  Äg  9,  20  f.  5)ie  Sefc^rcibung  ber  ©renje  jnjifc^en  3wba  unb  Senjamin 
nennt  '^o  15,  8;  18,  16  bie  §ö^e  im  Slorben  beö  ^innomt^ale^  „Slb^ang  (^^^2)  ber 
Sebufiter".    2)a  biefer  5Rame  nur  im  3DfJunbe  ber  ^^raeliten  ©inn   ^at,   fo   barf  barau^ 

85  ber  ©d;Iu6  g^jogen  werben,  bafe  föäter  bie  ^^bufiter  ^au^jtfäc^lic^  in  biejcm  Seile  S^ru- 
falemg  h)ol;nten.  ^l}x  Oef^icf,  bejfen  noc^  in  \pättt  3cit  gebac^t  Wirb  (Sad^  9,  7),  ^at 
al^  ein  le^neic^e^  S3eif})iel  bafür  ju  gelten.  Wie  t^  and)  anberen  Stämmen  Äanaan^  cr^ 
gangen  ift,  bie  aHmä^lid^  mit  S^wel  toerfd^moljen.  —  ^ö  10,  5  wirb  ber  Äönig  Slboni^ 
jebel  bon  S^wfalem  ju  ben  ämoritem   gered^net.     2)arauf  fönnte  man  bie  3Jleinung 

40  ftü^en,  bafe  bie  ^^bufiter  ju  ben  toom  Sibanon  l^er  eingeWanbertcn  Slmoritem  gehörten. 
2)od^  läfet  fic^  bieje  Slngabe  audS>  fo  toerftel^en,  ba^  bie  2lmoriter  gur  3cit  S^fua^  nur 
bie  Se^errfc^er  S^^nifalemig  Waren,  fo  ba^  bie  S^^ufiter  wo^l  gur  alten  ein^eimifc^en 
SJebölferung  Äanaan^  gehört  l^aben  fönnen.  3luö  ber  l^äufig  Wieberfcl^renbcn  Slufjä^lung 
ber  aSölfer  Sanaang  (Dgl.  b.  31.),  h  «.  3)t  7,  1;  20,  17;  ©en.  10,  16,  läfet  fic^  nid^l^ 

45  ©eWiffe^S  über  bie  §erfunft  ber  ^ebufiter  erfenncn.  ®utfit. 

3e^otitt  f.  Sa^be  oben  ©.  529,7. 

Se^tt,  König  bon  g^rael.  —     l  %  19,  16    17;  2  ^ß  9;  10;   2  6^r  22,  7-9. 
Sßgl.  bie  S3b  I,  6.  259,  2—7  genannten  5®er!e:  5lö()Ier  II,  2,    e.  76—79.  138.   140f.  384 
biö391;    8tQbe  I,    6.541-545.    562f.;    5iPitlcI  II,   ©.237—240.246-248;    ^ScÜljaiifcn 
60  S.  54-57;  2)unc!er  II,  S.  197—200;  gKel)er  I,  6.  395—400.  4llf. 

;^m  Äönig^buc^  finben  wir  auefül^rlic^e  Serid;te  barüber,  Wie  ^)Qf)n  ben  2l;ron  ge^ 
Wonnen,  ba^  .^an^  Sll^ab^  au^erottet  unb  bem  Saalbienft  ben  ©arauö  gemacht  f^at, 
fonft  nur  bie  furje  Slngabe,  ba^  bamal^  §afael  Don  Dama^f  ba^  ganje  Oftjorbanlanb 
eingenommen  ^abe.  $)iefe  Stngabe  bürfte  an^  bem  Äönig^annalenbucf^  ftammen.  :jene 
66Seric^te  aber  finb  Wie  1  Sg  20.  22,  unb  Wo^l  auc^  2  Äg  3,  4—27;  6,24—7,17  einer 
bejonbercn  norbi^raelitifc^en  Duelle  entlel^nt,  bie  alt  unb  l^öc^ft  WertDoD  ift.  2)a^  2Äg9, 
1—13  nietet  au^  biejer,  jonbem  au^  bemfelben  ßrjäl^lung^bud^  über  ©lifa  ^erftamme  Wie 
Jtaj).  2;  4,  1  -6, 23;  8, 1—15  unb  erft  \patcx  bor  ')i.  14  ff.  gcjc^t  Worbcn  Jei  (Sen^inger  im 


^tt  639 

Jiurjcn  §anbIomm.  ^.  '*H%  1899)  ift  Jc^on  be^l^alb  lüc^t  anjuncl^mcn,  tueil  15**  jcncöStürf 
bcutlic^  borau6jc$t. 

3cl?u,  ^'i'T,  affvr.  Ja-u-a,  LXX  ""lov,  Josephus  'Irjovg  f)at  nai)  früherer  än^ 
m\)mc  884—856,  md)  Röf)kx  881—853,  md)  §ommcI  unb  Äamp^aufcn  843/2—815 
regiert.  ®r  toax  ein  ^eerfü^rer  S^ram^,  unb  aU  biefer,  im  Äam})f  mit  bcn  2lramäem  5 
bei  9lamot  ßJileab  bertounbet,  ftc^  nai)  ^^xcd  bringen  liefen,  bettaute  er  ^tl}VL  mit  bem 
Oberbefehl  (togl.  9,  5,  too  mit  Äloftermann  gu  lefen  «'i":  "^.^P?  d^^tü^  unb  Hi.  11).  S)a 
gcfc^a^  eö,  ol^  biefer  eine^  Xage^  mit  bcn  §aiH3tIeuten  im  §ofe  feine«  Quartier«  9lat« 
tjflegte,  bafe  in  erregter  §aft  ein  Jüngling  l^ereinftürmte  unb  i^n  aufforberte,  unter  bier 
älugen  eine  Sotfc^aft  bon  i^m  anju^ören.  3e^u  ging  mit^il^m  in«  ^au^.  2)a  go^  il^m  lo 
jener,  eine«  ^ropi^etenorben«  ÜRitglieb,  im  3tuftrag  6fifa«  Öl  auf«  ^auüpi  unb  crflärte 
i^n  für  gefalbt  im  Flamen  ^a^be«  jum  Äönig  über  ^^xad,  bamit  er  ba«  ®otte«gerid^t 
an  Soram  unb  ijfcbel  boDftrerfe.  2)ann  enteilte  er.  auf  ^^f)\x  machte  bie«  bli^artig  il^n 
treffenbe  ^ro)}^etenh)ort  einen  um  fo  tiefern  ©inbruc!,  al«  er  babei  getoefen  mar,  Ibie 
6lia  bei  bem  Söeinbcrg,  ben  äl;ab,  3^^^«^"^  SSater,  burd^  ben  ^uft'jw^^^^b  an  3labot  in  i6 
feinen  iöefi^  gebracht  i)ättc,  bem  Äönig  ben  Bpxud)  ^a^be«  entgegenfc^leuberte :  „ba« 
33lut  9Jabüt«  unb  feiner  Äinber  ^abe  ic^  geftern  gefeiten,  fVrid^t  ^^^be,  ic^  toill  bir  ber« 
gelten  auf  bicfem  Orunbftüd!"  (2  Äg  9,  25  f.).  3Jun  fal^  er  fic^  jum  äöerlgeug  3;a^be« 
bcftimmt,  bem  §au«  äll^ab«  fein  Siecht  gu  t^un.  9loci^  bebenllid^,  ob  er  bie  @m)}örung 
n)agen  foQtc,  trat  er  tt^ieber  unter  bie  ^auptleute.  9U«  er  aber  auf  i^r  ftürmifd^e«  ^agen,  20 
iüa«  ber  auffallenbe  Sotc  geiDoHt,  bie  ©ac^e  eröffnet  l^atte,  unb  fie,  l^ingeriffen,  i^m  fo- 
gleid^  al«  Jlönig  l^ulbigten,  mar  er  entfd^ieben,  unb  ba«  S[}erl^ängni«  über  äl^ab«  $au« 
brad^  herein.  ^el;u  ^anbelte  entfc^loffen,  iraftboH  unb  rafd^.  6r  liefe  bie  2^ore  ber 
Stabt  betüadben,  bamit  fein  Sote  be«  ©efc^e^enen  bor  il^m  ju  ^oxam  fäme,  unb  eilte 
mit  einer  Äriegerfc^aar  nac^  3<^^^^^-  all«  man  bom  3^urm  au«  fein  ftürmifc^e«  3lci^m  25 
crfc^aut  unb  er  gtuei  bon  ^oram  gefanbte  Soten  nic^t  ^atte  jurücRel^ren  laffen,  fuhren  i|m 
Soram  unb  fein  Scfuc^  ai^a«ia  (bgl.  Sbl  ©.  263,48)  entgegen,  toä^nenb,  ^^l}\x  brächte 
bie  aKelbuna  bon  einem  mic^tigen  Ärieg«ereigni«.  3)er  aber  ertoiberte  auf  bie  ?frage,  ob 
er  gute  3lad)x\d)t  bringe  (ber  Sinn  bon  cnV^r]  ift  nic^t:  „Äommft  bu  in  friebud^er  ab« 
fid[)t  ?",  bcnn  ^ätte  ^oxam  folc^en  3h>^if^'  0^f?^9tf  h)ürbe  er  borfid^tiger  getoefen  fein),  30 
mit  ber  finftem  Siebe,  bafe  e«  rAd)i  gut  ftel^n  lönne,  fo  lange  ba«  ^eibnifd^e  treiben 
ber  Sfebel  toäl^re,  unb  fd^ofe  bem  fliel^enben  ^oxam  einen  5ßfeil  burdji«  §erj.  3)en  Seic^nam 
bicfe  er,  jene«  3tuftritte«  jtbifd^en  (Slia  unb  Sl^b  eingeben!,  auf  ba«  na^e  ßJrunbftücf  be« 
3tabot  njerfen.  ^c^u  j^og  in  3e«reel  ein.  31*^1  ^^^^^  gemerlt,  bafe  fie  berloren  loäre, 
unb  fuc^te  ein  ftolje«  ©nbe.  ®e})U^t  unb  gefd^min!t  jum  genfter  ber  Äönig«burg  l^erau««  35 
fc^aucnb  begrüßte  fie  ^ei^u  al«  einen  neuen  ©imri,  il^n  }u  berlbunben  burc^  bie  ßrinne^ 
rung  an  ba«  fläglid^e  6nbe,  ba«  jener  5iönig«mörber  fo  rafdji  genommen  (1  Äg  16, 
9—18).  ^)Cbvi  aber  antwortete:  „SQ8er  bift  bu,  bafe  bu  mit  mir  rechten  bürfteft!"  (mit 
«loftcrm.  ift  auf  ®runb  bon  LXX  ju  lefen:  -"f^.  ^T^^J^  "^  *"=?-^  ■^';].  unb  liefe  fie  burd^ 
ein  i^aar  Äämmerer,  bie  er  am  g^nfter  erblidfte,  ^erunterftürgen.  Über  il;ren  Seic^nam  40 
machten  fic^  bie  $unbe  ^er,  fo  bafe  nur  Stop\  unb  |)änbe  nod^  gefunben  lourben,  al« 
3eF^u,  nac^bem  er  ein  3)la^l  gel^alten,  fie  ju  beftatten  gebot.  :^e^u  fc^rieb  nun  an  bie  ©rofeen 
in  ©amarien,  bafe  er  gefonnen  loäre,  fic^  be«  3:t;rone«  ju  bemäd^tigen,  fie  möchten,  toenn 
fie  iF^m  entgegen  feien,  ben  tüd^tigften  ber  ^ringen,  bie  bort  loaren,  jum  König  mad^en 
unb  für  benfelben  ben  Sam)}f  mit  i^m  aufnel^men.  ©ie  fül^lten  aber  feinen  3^rieb,  etlba«46 
für  "^f^ab^  ^au«  gu  toagen,  fonbem  crflärten  i^re  Unterwerfung.  3)a  fc^rieb  i^nen  3el^u, 
fie  follten  be«  anbemlage«  mit  ben$äu)}tem  ber^JSringen  bei  i^m  erf^einen.  6«  Waren 
beren  70  in  ©amaria.  ®ie  Sergleic^ung  bon  38.  4  mit  6—8  ergiebt  aber,  bafe  e« 
70  ^ringen  be«  Äönig«^aufe«  überl^auj)t  Waren,  nur  jum  Jeil  ©ö^ne  äll^ab«  unb  ^oram«. 
3)ic  aSJorte  S^^u«  fd^cincn  mitäbfid^t  etwa«  gweibeutig  geWefen  ju  fein,  man  berftanb  fie  aber  50 
richtig  unb  fc^icfte  il;m  bie  ^äujjter  ber  $rinjen  in  Äörbe  berj)adft.  gel^u  liefe  fie  in  jWei 
.C^aufen  am  Il^ore  auffd^ütten,  bamit  jebermann  ftc^  bom  2lu«gang  be«  ä^ab^aufe«  übers 
jeugte,  erflärte  fic^  aber  ^eud^lerifc^  an  biefem  ^rinjenmorb  unfc^ulbig,  ben  @ott  ge« 
fügt  l^abc,  um  ba«  äBort  @lia«  }u  erfüllen,  unb  erfc^lug  bann  noc^  alle  älnge^örigen 
'^iijab^  in  ^zU^A  famt  feinen  Seamten,  Vertrauten  unb  $rieftern.  ^ann  bxad^  er  nad^  55 
©amaria  auf.  Sluf  bem  SBege  ba^in  foH  e«  nad)  2  Äg  10,  12—14  geWejen  fein. 
Wo  er  42  ^ringen  be«  2)abib^aufe«,  bie  jum  Sefuc^  il^rer  3SerWanbten  nac^  ^^\xiid 
reiften,  umgebrad^t  l^at.  ^nbe«  ift  fd^Wer  anjunel^men,  bafe  biefe  jWei  läge  nac^  3f^ 
bei«  unb  ber  beiben  Äönige  3:ob  unb  am  3^ge  nad^  bem  ^rinjenmorb  in  ©amarien 
abiuingölo«  bie  ©trafee  bon  ©amarien  nad;$5efreel  gebogen  Wären.  Da  Wir  bie  in  i^.  14  co 


640  3fel)tt 

angegebene  örtlic^teit  93et'®fcb  nic^t  fennen,  ift  bic  Sac^e  nic^t  aufjuRären;  am  Ictc^ 
tcften  ift  aniune^men,  bafe  eine  ©efeUfd^aft  bon  3)abibiben  am  felben  3^gc,  too  3c^ 
3efreel  überfallen  l^atte,  öon  il^m  auf  ber  Strafe  bon  ©amaria  betreten  toorben  fci. 

3n  bie  3lai)t  öon  ©amarien  gefommen,   begegnete  ^tf)\x  bem  SRet^biten  ^omibab, 

5  ber  fein  (Sefd^Iec^t  au«  ßifer  für  ga^be  unb  gegen  S3aal  toer})fli(^tet  l^tte,  nid^t  in  Ru- 
fern ju  loobnen,  feinen  Sldferbau  ju  treiben,  nodjiSDäein  ju  trinlen,  um  jebe  Sejie^ung  gum 
^aal  ber  fananäifc^en  Äultur  ju  bermeiben  Qer  85;  bgl.  93b  I,  ©.  261,29).  gebu 
fragte  jenen,  ob  er  gut  Äreunb  mit  il^nt  fein  toollte,  toaö  ber  bejal^te,  Joeil  er  too^I  backte, 
bafe  ber  SoDftrerfer  be«  ^lud^e«  ^a^be«  über  ^f)aU  $au«  aud^i  ein  ^nb  be«  »aalbienpe« 

10  fein  möchte,  ^e^u  gab  ii;m  bie  ^anb  unb  lub  il^n  ein,  auf  feinem  SBogen  mit  nac^ 
©amaria  ju  fal^ren,  loo  er  feine  fiuft  fe^en  foHte  an  feinem  ßifem  für  ^af}\>^  (2  Äg  10, 
15—17).  ©0  ergriff  Ige^u  offen  Partei  für  bie,  toelc^e  ben  Saalbienft  nic^t  bulben 
tooHten.  6r  ti}at  nun  auc^  toa«  er  tonnte,  um  biefen  mit  ©tumj)f  unb  ©tiel  au^jutottcn. 
3u  einem  großen  93aaIot)fer   entbot  er  alle  95aalj)riefter  unb  93aaIj)ro})l^eten  im  Sonbe  in 

15  ben  Saaltem^el  ju  ©amaria,  fteHte  fic^,  atö  ob  er  bem  S3aal  oj>fem  toollte,  unb  liefe,  oI« 
er  fo  biele  toie  mbglid^  in  ber  galle  ^atte,  fte  äße  nieberme^eln,  ben  ältar  unb  bic  9lf(^era 
(fo  ift  h)ol^I  ber  le^  ju  berbeffem)  be«^em^}ete  unb  biefen  fdbft  jerftören  unb  auf  bem 
$Ia|  äbtritte  anlegen  (2  Äg  10,  18—27).  3Kan  l^at  too^l  gemeint,  bafe  gelj^u  ben 
»plan,  bie  Saalbiener  burd^  ^uf^ung  ju  fangen,   fid^  berborben  ^aben  toürbe,    tocitn  er 

20  mit  bem  Siferer  ^onabab  jur  ©eite  in  ©amaria  eingefahren  toäre.  3lber  biefe  ®rgä^Iung 
ift  bodji  nic^t  angufec^ten.  ^iel^u  mag  jenen  ^lan  erft  nac^^er  gefaxt  l^ben,  unb  ge» 
üngen  lonnte  berfelbe  bod^,  benn  bie  Saalbiener  mochten  feine  9[ntnü))fung  mit  bem 
einfiufereidSien  SRec^abiten,  loenn  fie  batoon  hörten,  für  eine  9JlaferegeI  ber  Klugheit  ^{ten 
unb  benfen,  ba|  ^e^u  tro^bem  ein  5tönig  fein  fönnte,  ber  au^er  ^a^be  gelegentlich  aud^ 

26  93aal  bereite.  ®ö  !ann  inbe«  audji  fein,  bafe  bie  ©ac^e  bon  ber  Überlieferung  angemalt 
ift,  unb  3e^u  blofe  ein  93aalo})ferfeft,  ba«  er  nur  ju  t)erl^inbem  unterliefe,  benu^t  fyit,  um 
bie  3Jlenge  ber  l^u})tfädSilic^ften  Saalbiener  ju  überfallen. 

SSon  bem,  toa«  nadj^l^er  toä^enb  feiner  28jä^rigen  ^Regierung  geft^e^en  ift,  toiffen  n>ir 
nur,  bafe  er  unglüdlic^  mit  ben  Slramäern  0efän|H}ft  l^at.    „3«  ber  Acii  begann  3ol^De 

30  auf  S^rael  ju  gümen  (ftatt  ri2:;:b  ift  ipo^l  ^^2:pb  ju  lefen)  unb  §afael  bradj^te  i^ncn  im 
ganjen  ®renjgebiete  ^^xad^  9iieberlagen  bei",  lefen  toir  2  %  10,  32.  3)er  ungef% 
ju  gleich  ^dt  mit  ^^^^n  ebenfalls  burc^  Äönig^morb  auf  ben  2^ron  bon  3)amalf  ge= 
langte  «fiafael  (2  Sg  8,  7—15)  toar  einOegner,  bem  ^cbu  tro^  feiner  „tajjfem  I^aten'' 
(10,  31)  nic^t  geh)ad(ifen  toar  (f.  S3b  VII,  ©.  453,23).    2)ie«  Ünglücf  im  «ramäerfriege 

35  loirb  2  Äg  10,  31  barauf  jurürfgefü^rt,  bafe  3e^u  ben  Rälberbienft  in  3«rael  l^at  befleißen 
laffen,  loä^renb  ba«  38erbleiben  feinei^  ®ef(|led{>te«  burc^  4  ©lieber  im  33efi$  ber  Äronc 
ate  So^n  für  bie  Ausrottung  beS  SaalbienftcS  bejeic^nct  toirb  (SS.  30).  3)a«  fmb 
Urteile  bom  ©tanbt)un!te  beS  SJerfafferS  beS  ÄönigSbuc^e«  au«,  ber  bie  Äönigc  ba- 
nac^  fd^ä|t,  loie  bie  grofeen  beuteronomifc^en  ©runbfä^e  be«  alleinigen  gja^bebienftc«  unb 

40  beS  DpferbienfteS  nur  beim  2emj)el  auf  3ion  burd^  fte  jur  ©eltung  gebraut  toorben  fmb 
ober  nxii)t  Sffiir  aber  muffen  unS  aud^  über  bie  il^aten,  tooburc^  3^^w  fidji  beS  X^roncö 
bemächtigt  l^at,  ein  Urteil  bilben  unb  über  ben  2lnteil  ber  eifrigen  Vertreter  be«  alleinigen 
3a^bebienfte§  baran.  ®S  h)irb  too^l  gefagt:  „ber  mit  unred^ten  SRitteln  erf oc^tene  ©ieg  ber 
t)roj>l)etifdSien  5ßartei   l^at  fc^limme  gtüc^te   ge^^eitigt.    (Sr   l^at  bie  Äraft   beS  3Solfeö   im 

46  Jtamj^fe  mit  Serien  gelähmt  unb  fein  ©ctoiffcn  t)crte^t"  (Stabe).  3)aS  ift  aber  eben- 
foloenig  richtig  loie  bie  früher  getoö^lic^e  2lnfic^t,  bafe  ^e^uö  §anblung«h)eife  burd^auS 
löblich  getoefen  fei. 

SSor   allem    beftreiten    toir    eS,    bafe  S^^u    i"^   3)ienfte   einer  Jjroj^^etifc^en    ^rtei 
gel^anbelt  ^abe.    3)urc^  nichts  ift  angebeutet,    bafe   feine  ©albung  burdji    ben  '^xop^m- 

50  jünger  ein  toerabrebeteS  3^^^^"  geloefen  fei.  .  ©ie  fteßt  ftc^  unS  bar  aU  eine  unerlpartct 
ben  ®ang  ber  2)inge  in  neue  33a^n  lenfenbe  j>ro})^etifd^e  %i)at  6lifa«.  Dafe  fie  folc^n 
Seifall  fanb,  ift  jum  leil  barauS  ju  crflären,  bafe  bie  anbem  ÄriegSleute  toon  "^tfyi^  gf^l^- 
rung  fic^  ®uteS  berfprac^en,  jum  anbem  3:eil  barau«,  bafe  feitbem  ftd^  baS  ®eh)iffen  bc$ 
aSolfeS  über  baS  bon  2ll;ab  unb  ^]^hd  an  5Wabot  bcrübte  i^erbrec^en  emjjört  j^tte  unb 

56  ber  5)rol^f})ru(^  ßliaS  barüber  befannt  getoorben  toar,  ftd^  baS  ®efü]^l  berbreitet  l^tc, 
ber©tem  be«  2ll^ab^aufeS  toäre  im©infen.  Unb  nod^  eine  anbere  ©djjulb  gab  eS,  bie  baS 
ÖauS  mit  feinem  ©turje  hü^m  mufete.  2)er  Saalbienft  in  3^tael  loar  burc^  bie  noc^  ol^ 
ÄönigSmutter  lebenbe  ^\d)d,  toeld^er  3l^b,  obtoo^l  er  bon  ^a^be  als  bem  ®otte  feincS 
aSolfeS  nic^t  abzufallen  bad{>te,  ^u  aBillen  getoefen  toar,  auS  einer  unflaren  S^rübung  ber 

CO  ^al^bereligion   ju  einem  3)ienft  geh>orben,  ber  bicfer  im  Söettbcloerb   um  bie  ©eete  bcS 


^^u  ^ffia  641 

33oHc^  fdnbltci^  gegcnübcrftanb.  SDäo^I  toar  bag  l^cilfam  getoefcn,  toeil  c^  unter  bicfcn 
Umftänben  bem  ßlia  ^atte  gdingen  lönncn,  bem  3SoBe  Hat  ju  mad^en,  bafe  neben  S^i^öe 
Saal  ju  tocre^ren,  ben  ®ott  $^^raete,  bcn  Sebenbißen,  verleugnen  fei.  Slber  auf  ba« 
,Öau«  Sll^ab  tüar  bie  ganje  ©^ulb  be^  Saalbienfle^  ö^fommen  unb  toer  bon  bem  Se= 
tDufelJein  burd^^brungen  War,  bafe  ^^xad  gal^toe«  aSoK  fein  unb  bleiben  müfete,  ftanb  mel^r  6 
über  iueniger  beh)u|t  gegen  bag  Äönigg^aug.  2)arum  fonnte  ßlifa^  ©(|ritt  fo  bur^q^ 
fc^iagenben  ©rfolg  ^aben  bei  ben  Srieggleuten  unb  fonnte  ^tf)n^  Unternehmen  bann  fo 
leidet  gelingen.  6^  ift  al\o,  um  ben  Hergang  ju  begreifen,  nid^t  nötig  anjunei^men,  bafe 
ßlifa  unb  eine  bon  il^m  angeführte  Partei  f^on  bor^er  mit  ^ci}\x  unb  anberen  ®rö^en 
im  eint^erftänbni^  gch)efen  fei.  9lur  mag  auf  ®runb  bon  1  Äg  19,  15. 16,  h)0  erjä^It  lo 
n)irb,  bafe  bie  Salbung  ^c})\xi  fc^on  bem  6lia  bon  ®ott  aufgetragen  toorben  fei,  an- 
genommen  hjerben,  ba|  bie  ßrfenntnig,  ^^^u  loöre  baju  beftimmt,  ba^  ©trafgerid^t  am 
§aufe  3ll^ab^  ju  bollgie^en,  ein  SBermäc^tni^  be^  6lia  geloefen  toar.  Db  anberen  3}er= 
trauten  bat)on  SKitteilung  gemacht  toorben  tüar,  ift  unferem  SBäiffen  entzogen;  burc^  10,  15f. 
Joirb  e^  nic^t  loal^rfc^einlid^  gemad^t.  i6 

ßlifaö  %f}at  ift  femer  nic^t  ate  ein  toon  i^m  erfonnene^  SKittel  ju  einem  ju  erreic^en^ 
ben  ^to^i  aufjufaffen.  ©ein  })ro})^ctifc^er  Slidf  erlannte  in  ge^u  ben  Släc^er  g^^be^  an 
bem  baalbienerifdjjen  Äönige^au^  unb  ben  3wftörer  be^  Saaluntpcfen^,  unb  ber  ®eift  fagte 
i^m,  je^t  h)äre  ber  SJlugenblidE  gelommen,  hjo  er  al^  ber  SeboIImäc^tigte  ®otte^  ju  l^am 
bcin  i)ättc.  6r  i^anbelte  au^  innerer  SRothjenbigfeit  l^erau^.  SDafe  aber  ber  ^royl^et  ju  211 
©m^örung  unb  ©etoaltt^at  ben  Slnlafe  ju  geben  ftc^  berufen  füllen  fonnte,  erflärt  fid^ 
barau^,  ba^  folc^  gehjaltjame^  SJerfa^ren  jum  G^arafter  ber  ^^t  unb  be^  2anbe^  gehörte, 
u>o  äufrul^r  unb  SRorb  bie  3)^naftien  h^ec^feln  liefen,  unb  ba^  Siecht  auf  ben  2^ron, 
lüclc^e^  Dmriö  §auö  fonft  no^  üWa  gel^abt  l^ätte,  afö  burc^  feine  Übelt^aten  bertoirft  be* 
trachtet  h)crben  burfte.  ©ö  jeigt  ftc^  aber  aDerbing«  barin  auc^  beutlid^,  h)ie  bie  alttefta-  25 
mentlid;cn  ^ro^l^etcn  nid;t  unbebingt  boDfommene  3Sertreter  ®otte^  getoefen  fmb  (h)ie 
ßngel),  fonbem  9)?änner  an^  bem  ©toff  i^re^  SSolfe^  unb  i^rer  3rit;  bon  ®otte^  ®eift 
behjegt  unb  erleuchtet,  aber  bod;  ni^t  unabhängig  bon  ber  3)cnfhjeife  i^rer  3^i^Ö^»offen, 
®otte^  treue  Diener,  aber  h)egen  ber  3Kängel  i^re^  Segripbermögen^  bod^  ungefüge 
Söerfjeugc  feinet  3iatt^,  burd;  toelc^e  nur  ber^öltni^mäfig  ®ute^  angerichtet  lüerbenao 
fonnte,  ba^  au^  ber  Sage  ber  2)inge  unb  an^  ben  3wfömmen^ängen  ber  §eil^efc^id^tc 
l;aau^  beurteilt  toerben  n\\x% 

enblid;  ift  aud^  nic^t  anjune^men,  ba^  bie  ^ro})l^eten  unb  %tommm  feiner  ^Ät  an 
ber  rüdfic^t^lojen  ®raujamfeit,  toomit  ^d)n  berfu^r,  feinen  Slnftofe  genommen  l^ätten. 
JUenn  au^  (Slifa  unb  feine^leic^en  babei  mel^r  baran  gebac^t  ^aben,  loie  j)ünftlic^  ®otte^  36 
Strafbro^ungen  in  (SrfüUung  gingen,  afe  baran,  bafe  3e^u  ftc^  toerfd^ulbete,  fo  mufe  bod^ 
barau^,  tuie  |\h)ei  3Renfc^enalter  f})äter  §ofea  bem  §aufe  3«^u  ^^0^  ^^  Slutfc^ulb  toon 
!^efreel  ben  Untergang  angefünbigt  l)at  (§of  1,  4),  gejc^loffen  h)erben,  ba^  bie  ^ros 
)pl;eten  bie  ©tröme  95lute^,  bie  ^^1)vl  toergofe,  mit  ©raufen  l^aben  fliegen  feigen. 

3^e)iJ^ta*  —  3)ic  Kommentare  jum  SRIditcvbuc^e  uon  ©liibcr,  Keil,  ßoffel,  83ertl)eau, 
.^aruci),  Ottli,  ^bore,  S3ubbc  u.a.;  5Reu6,  @JefcI).  b.  ^eil.  Schriften  ?llt.  Icft.^  131  f.;  58cll* 
(laujeu,  Kom^jofition  beS  C^ejoteucft«  1889,  228 f.;  SBubbc,  JKid)ter  u.  Samuel  125 ff.;  ÖJ.  Kai* 
l)üff,  3ur  OucHcnfriti!  bc§  iRicftterbiic^e«,  ^ro^r.,  Slfd)erölcben  1893,  20ff.;  JJranfcnberg,  ^ic 
ilümpofition  be§  beutcrünomljd)en  IRic^tcrbucÄe«  1895,  35ff  ;  Kuenen,  Historisch-critisch  46 
Oiidorzoek^  1,  349f.;  ©tüolb,  ©efc^.  b.  SBoIfcö  3§racP  2,  551  ff.;  Stabe,  ®cirf)ic6tc  beS  «. 
^övacl  1,  08;    Köftler,  S3iblifd)e  ©cfc^.  b.  9lit.  »unbed  2,  1,  lOü;    Kittel,  ®efd|.  b,  .^ebröcr 

2,  79  ff.  —  Cappelhis,    Diatriba  de  voto  Jephtae  1083;    Dresde,    Votum    Jephtae    17G7; 
SHeinfe,  öeitr.  j.  (Srtlärung  b.  «2:  1,  419  ff.;  .&engftenbevg,  öeitrüge  5.  Einleitung  in  b.  91X 

3,  127;    Kurt,  ßlX^  1873,  209ff.;    ®erM,  cbenb.  1859,  417ff.;*  ?lubcrlen,  2:t)6tK  1860,  50 
fiiOff.;    König,  Die  ^Hauptprobleme  b.  Israel.  SHeligiouSgefc^.  74;     ©offel,  $9?(£*  6,    ölOff.; 
(^olbsi^cv,   3)cr   3Kl)t()o«   bei   bcn   $)cbväern  1875,  113ff.;    ^.  ©c^mlf,  9lltteft.  ^M-*  79; 
Smeub,  9lltteft.  liRcllgiünSgeic^.  114;  ScHin,  Beiträge  jur  igrael.  unb  jüb.  SReliglonSgcfcIj.  1, 
200 f.;  Kampl;aufen,  Da§  SSer^ältni«  b.  ^cnfc^enopferS  j.  iäroel.  ^Religion  46 ff. 

1.  S)ic  ®efc^id{>te  3e))l^ta«  (nr??,  LXX  hff&ae;  aU  Ortsname  ^of  15,  43;  bgl.  66 
bcn  ^crfonennamen  !^;n?^s  unb  ben  Ortsnamen  '^wSi-nns:-)  ^^of  19,  14.  27)  finbet  fic^ 
nur  im  Slic^terbuc^e  10,  6—12,  7.  2)urc^  eine  ^nbafion  ber  Slmmoniter  famen  bie^g^ 
raclitcn  be^  Oftjorbanlanbe«  in  eine  fo  grofee  3lot,  bafe  fie  fid^  entfd^loffen,  einen  9)lann 
9{amen^5  "^cpt^ta,  ben  fic  früher  hjegen  eine^  auf  feiner  ©eburt  rul^enbcn  3Rafefö  axi^  i^rem 
^anbc  bertrieben  l^atten,  unb  ber  bann  im  £anbe3:ob  (2©a  10,6.  8  t)gl.  1  3Raf  5, 13)60 

Stcar^OrncDMopAbie  für  2:^eolog{c  unb  STinJ^c.  3.  8(.  Vlll.  4.I 


642  ^ffta 

aU  iQäiipÜmQ  einer  ^eibeuterfd^ar  gelebt  l^atte,  jurüc!^urufen  unb  il^m  bie  ^ül^rung  im 
Äamjjfe  gu  übertragen.  3^^^^  lüUIigte  ein,  naqbem  bie  ©ileabiter  feierfid^  \>ix\pxvdfm 
\)attm,  i^n  md)  bem  erhofften  Siege  al^  il^r  §auj)t  anjuerlennen  (11,  1—11).  ©ne 
SJer^anblung  jtoifd^en  ben  J^nben  unb  ^^f^ia,  in  toeld^er  er  ba^  Unbegrünbete  i^rcr 
sanfrrüc^e  nad^toeift,  fül^  ju  feinem  SRefultate  (11,  12—28).  ^epf^ta  beginnt  be^^ 
ben  Stampl  nad^bem  er  3!<^öe  gelobt  ^atte,  i^m,  foH^  er  fiegte,  benjenigen  d«  Sranbc^er 
ju  oj)fem,  ber  il^m  juerft  au«  ber  X^ür  feinet  $aufe«  entgegenträte.  6r  gen)innt  einen 
glänjenben  Sieg  über  bie  Slmmoniter;  ate  er  aber  nac^  ber  ©tabt  3Ki«t)a  jurüdte^, 
ifommt  i^m  Jeine  Sodjiter,  fein  einzige«  Äinb,  an  ber  ©t)i^e  einer  ©d^r  tanjenber  unb 

10  fj>ielenber  SÖeiber  entgegen.  6r  tüirb  )oon  3Senh)eifIung  ergriffen,  ba  er  fem  ©elübbe 
nic^t  ju  brechen  toagt ;  feine  2:od^ter  erllärt  fic^  bereit,  ba«  ju  leiben,  hm«  er  gelobt  ^otte, 
bittet  aber  nur  um  eine  ^ft  bon  2  5Konaten,  bamit  fie  im  SSerein  mit  il^  ©eft^idtn^ 
nen  i^re  ^ungfraufc^aft  auf  ben  Sergen  betoeine.  3la6)  ä(blauf  ber  jtoei  SRonate  te^ 
fte  jurüc!,  unb  ber  SJater  boHjie^t  fein  ©elübbe.    ^um  änben!en  an  bie«  £)})fer  feierte 

15  man  in  S^rael  ein  jä^rlid^e«  %c\t,  bei  toelc^em  bie  SBeiber  öier  läge  long  über  ba« 
©d^idfal  ber  %od)ttt  ^c^f)ta^  Hagten  (11,  29—40).  2)en  ©d^Iufe  ber  5et)^tagef(^ic^te 
bilbet  eine  6})ifobe,  in  toeld^er  bie  ®j)l^raimiten  bem  gelben  bittere  SJortoürfe  machen  unb 
il^n  mit  ber  3^törung  feine«  §aufe«  bebro^en,  toeil  er  fie  nid^t  jur  3;eilna^mc  am 
Äam})fe  aufgeforbert  ^atte.    ^^)^l)ia  antwortete,  bafe  er  fte  öielmel^r  öergebli^  ju  ^ilfe  ge= 

20  rufen  l^abe  unb  fdjilieyid;  genötigt  toar,  ben  Jtrieg  auf  eigene  ^öuft  ju  führen.  6«  fommt 
nun  ju  einem  Äamj^fe  jtoifc^en  ben  bciben  ©tämmen,  in  toel^em  bie  ®lp^aimiten  tyoÜ- 
ftänbig  gefc^lagen  toerben.  ^amit  niemanb  bon  il^nen  enttomme,  befe^en  bie  ©ileobiten 
bie  ^orbanfurten  unb  ti^ttn  aUe,  bie  burd^  bie  9lu«f))ra(^e  be«  SBorte«  ©d^ibboletl^  al« 
©ibboletl^   (mit   c)   i^ren    ejj^raimitifdSien   Urfjjrung   öerraten.    auf   biefe  SEBeife   fallen 

25  42000  gp^raimiten.  ^^i}ta  l^errfc^t  bänac^  fec^«  ^a\^xt  al«  ©d^ofet,  \üonad^  er  fHrbt 
unb  in  5)?i«pa  (fo  ift  toal^rfc^einlid^  ju  lefen)  begraben  toirb  (12,  1—7). 

2.  Unterfud^t  man  ben  2!ejt  biefer  eigenartigen  ©efd^idj^te  ettoa«  nöl^,  fic^t  man 
balb,  ba^  fte,  bie  fte  borliegt,  nid^t  al«  einl^eitlic^e  ^arfteUung  betradj^tet  toerbot  tonn. 
92ic^t  nur  muffen  h>ie  getoöl^nlid^  in  ben  ^elbengefd[iid^ten   be«  Stid^terbud^  bie  etnra^ 

jjo  menben  3Serfe  mit  i^ren  djironologifc^en  unb  Jjragmatifdjien  Slngaben  au«gefd^teben  n>erben, 
fonbem  auc^  toa«  babon  übrig  bleibt,  ift  betttlidji  nic^t  au«  @inem  (Suffe,  ©d^on  ber 
©ingang  ber  ßr^ä^lung  11,  If.  mad^t  einen  unflaren  ©nbruc!.  SSSenn  i^f)ta  ^ier  ber 
©ol^n  einer  Sul^lerin  genannt  loirb,  mu^  man  annel^men,  bafe  bamit  angegeben  toetben 
foU,  bagi  fein  98ater  unbefannt  toor.    Slber  fofort  hjirb  l^injugefügt,  bafe  er  ein  ©o^n  ®i= 

.%  leab«  mit  einem  frembeu  SBeibe  fei,  unb  ba^  bie  legitimen  ©bl^ne  ®ilcab«  i^n  be«h)egen 
avL^  bem  i>äterlid{>en  6rbe  bertrieben  l^ätten.  3)ie«  ift  an  unb  für  fidji  aufföBig,  ba  ®u 
leab  feine  ^crfon,  fonbem  Sejetc^nung  einer  Sanbfc^aft  ober  beren  Setoölferung  h>ar;  unb 
aufecrbem  ftimmt  e«  nic^t  gu  33.  7,  tDonad^  bie  älteften  ®ileab«  3^^*^  gel^fet  unb 
au«  bem  $aufe   feiner  SJäter  bertrieben  l^aben.     ^ner  beginnt  mit  ^.  12  ein  Slbfc^nilt 

40(11,  12 — 28),  ber  fid{>  in  biefer  Umgebung  red^t  fonberbar  au«nimmt.  auf  ben  im 
je^igen  Xejte  ol^ne  beutlid^e  SJerbinbung  ftel^enben  11.  SJer«  (unb  ^^l)ta  rebete  aU  feine 
SBorte  an  3löl^be  in  3Kie))a)  folgt  nämlidji  eine  toeitläupgc  SSerl^anblung,  bie  nadSih>eifen 
foU,  ba^  bie  2lmmoniter  ol^ne  jebe«  Siecht  auf  ba«  £anb  ber  gileabittfdSien  3«raeliten  än^ 
\pxvid)  mad^en.    aber  fc^on  33. 15  Serben  bie  5)?oabiter  neben  ben  Slmmonitem  eingcfü^, 

40  unb  im  toeitercn  33erlaufe  ber  SJerl^anblung  ift  au«fd^licyi(^  bon  i^nen  unb  nid^t  bon  ben 
SKmmonitern  bie  Siebe,  ^n  engem  änfc^lufe  an  9iu  20,  Uff.  toirb  gezeigt,  loie  bie  3^^ 
raeliten  auf  il^rer  SBanberung  nac^  Kanaan  ba«  moabitif^^e  ®ebiet  unbehelligt  liefen  unb 
nur  ba«  nörblid{>  bom  älmon  gelegene  2anb  be«  Slmmoniterfönig«  ©i^on  eroberten ;  95.  24 
forbert  ^cpl)ta  bie  ®cgner  auf,   fid^  mit  bem  ju  begnügen,   toa«  Äemofdji,   alfo  ber  ®ott 

üO  ber  TOoabiter,  il^uen  gefc^enft  ^atte,  unb  ben  ^«raeliten  ba«  il^nen  bon  3^1^^^  berlie^c 
2anb  ^n  laffen;  33.  25  f.  erinnert  baran,  ba^  toeber  33alaf  noc^  irgenb  ein  fjKiterer  moa= 
bitifc^er  König  bi«^er  baran  gcbac^t  l^abe,  bie  nörblid^  bom  Simon  gelegenen  ©täbte  gu 
reHamiercn.  9iebm  biejcn  ;\u  einem  Slmmoniterfönige  toenig  ftimmenben  3wgen  entölt  ba« 
©tüdt  11,  12—28  norf)  eine  SDäenbung,   bie  na6)  bem  anfange  ber  3^f^tögefd^ic^te  nid^t 

55  rec^t  ^affcnb  ift,  nämlic^  33.  27,  tt>o  ^tpl}ta  ben  angriff  ber  geinbe  al«  ein  il^m  felbft 
zugefügte«  Unrecht  bc^ei^net  unb  feine  boDftänbige  Unfd^ulb  ben  ®egnem  gegenüber  be^ 
teucrt.  ®er  folgenbe  Slbfc^nitt,  too  ber  Ramp^  unb  ba«  ®elübbe  Se))l;ta«  erjÄ^lt  n>crben, 
bcrläuft,  bi«  auf  bie  fonberbaren  Drt«beftimmungen  3?.  2\)  Q^p^ta  bereift  ®ileab,  üRa- 
naffc   unb  9Jli«va   in  öilcab)   unb  33.  33  unb  bie  bop})elte  Angabe   be«  2lnfange«  be« 

CO  Ärieg«  35.  29  unb  32,  flar  unb  einl^eitlid?.    Slber  mit  bem  anfange  ber  ®ef(^i<^te  l^r* 


moniert  er  md)t  Qut,  bcnn  ^^f}ta  Ijat  fein  eigene^  JRaud  in  3flx^pa  (3S.  34),  unb  c^  ift 
t)on  ben  @cf})ielinnen  feiner  S^oc^tcr  bie  Siebe,  toa«  bei  einem  foeben  einberufenen  ^ei* 
beuter  tüenig  natürlich  ift.  Sluc^  ber  ©d^Iufeobfc^nitt  ift  an  unb  für  fic^  Ilar  unb  flie^enb, 
ba  ber  SD3iberfj)rud[i  jloifc^en  ber  Slnflage  ber  ®})l^raimiten  unb  ber  ©egenbemerfunfl 
3e))^taö,  er  l^abe  fie  au^brüdlic^  jur  2!eilna^me  am  Jtam^}fe  aufgeforbert,  bodSi  hjol^l  bom  6 
ßr^ä^ler  felbft  beabfic^tigt  ift.  aber  bei  ber  SSerbinbung  biefer  6j)ifobe  mit  ber  übrigen 
©efd^id^te  entfielen  nid^t  geringe  ©c^loierigfeiten.  9?on  einer  angeblichen  Slufforberung 
an  bie  ©v'S^^öimiten  ^ören  h)ir  nic^t^  im  11.  Äa))itel,  fo  bafe  beren  3^0  0ö"J  unborbe« 
reitet  fommt.  Sfufeerbem  berfte^t  man  nid^t,  in  hjeld[|em  SSer^ällniffe  oer  ©trcit  mit  ben 
6))F^raimiten  ju  ben  }h)ei  3Jlonaten  fte^t,  in  benen  bie  2!oci^ter  i^r  ©c^idtfol  betoeint.  3)ie  lo 
©p^raimiten  hjerben  loo^l  mit  i^ren  S?orh)ürfen  nic^t  fo  lange  gekartet  ^aben;  aber  anbe^ 
rerfeitS  fann  man  M  faum  borfteHen,  bafe  ber  bentoeifelte  3Sater  ftc^  loä^renb  biefer  ßcit 
mit  berartigen  i^erl^anblungen  unb  ©treitigleiten  foute  befc^äftigt  ^aben.  Über^auJ^t  ma6)t 
ber  ©c^lu^abfc^nitt  nad^  ber  ^oben  Iragi!  be^  bon  ^^f}ta  gebradj^ten  Dj)fer^  einen  ftören* 
ben  profaifc^en  ©inbrudf,  loogegen  fic^  tool^I  faum  ein  Sefer  boUftänbig  ^at  toel^ren  tonnen,  is 

Um  biefe  Unebenheiten  ju  erllären,  J^aben  mel^rere  eine  fj>ätere  6m>eiterung  be« 
IJe^l^ta-Xejteö  burdb  fefunbäre  3i"^^^o'f^^i<^'^^'^  angenommen.  SlamentUc^  f)aUn  biele 
(i\.  S.  Slölbefe,  2Beul^aufen,  Äuenen,  ÜRoore,  gfranlenberg)  bie  ganjeSerl^anblung  jtoifc^en 
y^ipl}ia  unb  ben  Slmmonitem  11,  12—28  al«  einen  ber^ältnidmä|ig  jj>äten  ßinfc^ub  auf- 
gefaßt unb  bie  urfjjrünglic^e  5Jo^^u"ö  bon  11,  1—11  in  SS.  29  ff.  gefunben.  9lber2o 
gegen  biefe  §^))otl^efe  fmb  §oIjmger  unb  35ubbe  mit  fc^toertoiegenben  Oe^engrünben  auf- 
getreten. ®erabe  bie  6igentümlic^!eiten  be«  2lbfd^nitte^  11,  12—28,  bie  un«  nötigen, 
bie^  ©tue!  bom  SBor^erge^enben  abzutrennen,  jeigen  jugleid^  fc^Iagenb,  ba^  er  nic^t 
ba^  SBerf  einer  fj}äteren  3nterj)oIation  fein  fann.  3)ag  ganje  ©tücf  ]pxi6)t,  loie  oben 
bcmerft,  fo  beullic^  toie  möglich  bon  einer  geinbf^aft  jtoifc^en  SWoab  unb  ^^xad,  26 
unb  bie  9?erfe,  in  benen  bie  SÜmmoniter  genannt  toerben  (^.  12—15.  27),  fmb  ebenfo 
bcutlid^  bon  berjenigen  $anb  geänbert  ober  foncij>iert,  bie  bie  ganje  6^ifobe  mit  bem 
aimmoniterfriege  3c>>l^ta^  in  3Serbinbung  bringen  tooHte.  3)ann  ^aben  h)ir  aber  ^ier  un« 
^iDeifell^aft  einen  felbftftänbigen  Serid^t,  ber  auf  eine  befonbcre,  neben  ber  Srjä^Iung  bon 
:^c)}^ta^  9lmmoniterfriege  befte^enbe  Duette  l^intoeift,  unb  ben  ein  SRebaftor  mittete  ber  auö  so 
ä[;nlici^en  gätten  tpo^Ibefannten  Umgeftaltungen  unb  gwtl^öten  mit  ber  anbem  ©arftettung 
fombiniert  l}at  Sl^nlic^  ber^ält  e«  ftd^  mit  bem  ©c^lu|abfd^nitt  12,  1—7.  äuc^  \^n 
hjoßen  SßJett^aufen  unb  ^anfenbcrg  ate  eine  f})äte  :5nter})oIation  betrachten,  beren  38er« 
faffcr  bie  Gjjifobe  m^  ber  ®ibeon=®efc^ic^te  8,  1—3  ateSlufter  benu|t  ^aben  fott.  Slber 
ber  fleinc  Slbfc^nitt  enthält  einige  fo  c^arafteriftifc^  3^9^^  bor  ottem  in  ber  (Sr^äl^Iung  ss 
bon  ber  ©c^ibboletl^-^probe,  bafe  eine  fold^e  ©rflärung  ate  gan^  unbefriebigenb  bejeic^net 
toerben  mu^.  SÖenn  nun  aber,  tote  oben  ertoäl^nt  lourbe,  biejer  Stbfcf^nitt  mit  bem  un- 
mittelbar 38orberge^enben  faum  )u  berbinbm  ift,  fo  \pxxi)t  bie  l^ö^fte  9Ba^rfd{>einlic^feit 
bafür,  bafe  au^  ^ier  berfc^iebene  Duettenau^jüge  borliegen,  g^  entftel^t  fomit  bie  ^age 
ob  biefe  bcrfc^iebenen  ^agmente  fic^  ju  jufammen^angenben  Quellen  fombinieren  laffen,  40 
unb  l^ier  ift  e«  ben  Unterfuc^ungen  ^oljinger«  unb  35ubbe«  gelungen  eine  Kom- 
bination aufjuftetten,  bie  jebenfate  im  l^öd^ften  ®rabe  beac^ten^roert  ift.  »^oljinger  ber« 
tueift  auf  ben  oben  berührten,  fd^on  bon  3Kel;rercn  ^erborgel^obenen  S5Jibcrfj>ruc^,  ber  jnjifc^en 
bem  Slnfange  ber  ^e^jiti^agefc^id^tc  unb  ber  ßr^ä^lung  bon  ber  D))ferung  feiner  %oi)ttt 
bcftcl^t.  3la6)  jenem  ift  3ej)^ta  ein  au^  feiner  .^einwt  uerfto^cner  JJreibeuter,  ber  erft  jefet  46 
l^urücfgerufen  n>irb,  um  bie  ämmoniter  iu  befämj)fen;  nac^  biefem  befi^t  er  &an^  unb 
;S^of  in  9Jii^a.  älfo  liegt  e«  na^c  bie  6r3ät;lung  bon  feinem  Dp^tt  mit  bem  ^Dloabiter* 
abfc^nitte  ftatt  mit  bem  ämmoniterfriege  berbinben.  Sine  loeitcre  ©tü^e  für  biefe  Äom« 
bination  finbet  ^ol^inger  in  ben  in  i^rer  je^igen  Raffung  fe^r  unflaren  Drt^ngaben 
1 1 ,  33.  3)er  l^ier  borfommenbe  9lame  „Slroer"  bezeichnet  nämlic^  nur  einmal  eine  auf  50 
ammonitifc^em  ©ebiete  liegenbe  ©tabt  Qo]  13,  25),  fonftaber  immer,  h)ie  auc^  in  ber 
!3c))l^tagefd^ic^te  felbft  11,  2G,  einen  am  5Worbranbe  be«  2lmon^  gelegenen  Drt  (baö  jefeige 
^Ara'ir).  „3Kinni^"  lag  nac^  ßufebiu^  nid^t  tt>eit  bon  ber  moabitifc^en  ©tabt  §e^bon. 
Unb  enblic^  \)at  bie  LXX  xu  3?.  33  ein  im  ÜJlafforatejte  fel^lenbe«  ecog  IkMv  äxQig 
\ii}viüv,  basJ  ebenfatt«  nac^  SWoab  l^intoeift.  Seac^tet  man  nun,  baft  35.  33  neben  ber  55 
einen  Slngabe  bei§  Slu^ang^unfte«  eine  bop})elte  2lngabe  berSRic^tung  (bi«  gegen  5Kinnil^ 
f)in,  unb  biö  nac^  Slbel  Jteramim)  entl^ält,  fo  ift  e^  in  ber  2^at  fel^r  toal^fc^einlid^,  baß 
(>icr  ^agmente  eine«  Slmmoniterfelbzugeig  (2lbel  Äeramim)  unb  eine«  53foabitcrfelb= 
3uge«  fombiniert  ioorben  fmb.  ©el^r  gut  ftimmt  e«  nod^  mit  biefer  ßwfammenftettung, 
ba^  ber  in  3Ki«^a  tool^nenbc  ^eerfül^rer  l3e})l^ta   in  ben  SJer^anblungen  mit  ?JJloab  ben  eo 

41* 


644  ^¥^ 

änöriff  aU  ein  il^m  jclbft  jugefügte«  Unrecht  (11,  27)  bcjcid^net,  fohjte  aud^  auf  bicfe 
SEBeifc  bie  SBcnbung  33.  36:  3«^^^  ^^^  ^i^  S*«?^^  über  bctne  gcinbc  öcrfc^afft,  ein  uner» 
toartctc«  Sic^t  cmj>fän9t.  anbercrfeit^  finbet  $oI«nfler  in  11,29  tm^Bpux  bcö  im  Bd^lu^ 
abfd^nitte  öorau^cfc|tcn,  aber  im  ie^igen  11.  Sta^M  fel^Ienbcn  Seri(^te«  bon  ber  bcrgefe 

6  lid^en  ätufforberung,  bie  ^^pf)ta  an  bie  ßpl^raimiten  gerid^tet  l^atte.  ®d  l^ei^t  nämltc^ 
^l  29,  ba^  3le})l^ta  nic^t  nur  burc^  ®ileab,  fonbem  auc^  burd^  3Kanaj|e  gog.  Dl^ne 
näi^üxc  Scftimmung  ift  „9Jlanafle"  nad^  ber  am  näc^ften  liegenben  äuffajfung  ber  toeftftd^ 
bom  ^orban  tool^nenbc  ©tamm,  unb  fo  fc^eint  toirllid^  biefe  im  je^igen  3ufammen$ang 
l^öc^ft  auffällige  Slngabe  auf  eine  Steife  3(il[|tag  nad^  bem  SBefliorbanlanbe  l^ingutoeifen. 

10  S)urc^  eine  Äombination  biejer  t)erfc^iebenen  güge  lommt  ^oljinger  bann  ju  bem  SReJuUate,  bafe 
bie  borliegenbe  rjjejj^tagefc^id^te  auf  jtoei  felbftftänbigen,  ineinanber  gefc^obenen  Duetten  beruht 
2)ie  eine  er^äl^lte,  loie  ber  an^  ber  ^eimat  berftofeene  ^^pf)ta  jurüdEgerufen  tourbe,  um 
bie  2lmmoniter  ju  hdämp^m,  loie  er  nai)  einem  bergeblic^en  SSerfudji,  §Ufe  im  SlBe[tj|orbans 
(anb  ju  finben,  gegen  bie  ^nbe  gog  unb  fie  befiegte,  unb  lüie  er  nad^  bem  ©iege  noi^ 

16  einen  Uamp^  mit  ben  eiferfüc^tigen  6})^raimiten  ju  befleißen  l^atte.  3la6)  ber  anberen  jog  ber 
in  'Sli^pa  too^nenbe  ^^i}ta  gegen  bie  SDloabiter  unb  tbat  bei  biefer  ®elegen^eit  fein  ber= 
J^ängni^boHeiS  Oelübbe,  tooburc^  er  gejloungen  hjurbe,  feine  eigene  lod^ter  ju  ot)fem.  Ob 
biefe  SRefonftruÜion,  berSSubbe  ftc^  angcfdbloffen  l}at,  unb  bie  er  burc^  ben  3lad^toei«  ber 
Weiteren  SSertoanbtfc^aft  jener  beiben  Queuen  ju  ftü^en  fud^t,  überall  ba^  Slic^tige   trifft, 

ao  mag  bei  ber  Jlnab)}l^eit  bed  ^aterial^  unfic^er  bleiben,  aber  im  großen  unb  ganjen 
ma^t  fte  jebenfaU^  einen  ^öd^ft  überjeugenben  (Sinbrudt  unb  bermag  bei  meitem  befler 
bie  ßigentümlid^feiten  be^  3:ejte^  ju  erllären  atö  bie  3nter})olation^]^^})Otl^eJe. 

dagegen  fc^eint  am  anfange  be^  11.  Rap.  (bgl.  oben)  loirllid^  eine  felunbäre  ^nter« 
})olation  borguliegen.    älHerbing^  i}at  bie  LXX   l^ier   einen   glätteren  2:ejt:   xal  amog 

25  vloq  yvvaixog  ndgvrjg,  fi  lyewrjoev  (ober :  xaX  hexe)  rcp  Fakaad  rov  le(p^a ;  aber 
bie^  ift  aller  ^al^rfc^einlid^feit  nac^  nid^t  bie  urf))rünglid^e,  fonbem  eine  j^urec^tgetegte 
Se^rt.  3)ann  laffen  fic^  aber  bie  Seftanbteile  ber  Slnfang^berfe  nic^t  auf  bie  beiben  ers 
ioäl^nten  Duellen  berteilen,  ba  bie  eine  bon  biefen,  fo  loeit  loir  fc^en  fönnen,  bie  unechte 
(Seburt  ^^^ta^  nic^t  berührte;   unb  fo   mu^  too^l  bie  (Srtoä^nung  @Ueab^  al$  SSater^ 

80  3e))^taö  afe  unechte  ©noeiterung  betradj^tet  loerben,  um  fo  mel^r,  ba  äu^brücfe  toie  ^^-*^ 
bom  3Sater  unb  bie  ^ßerfonififation  ©ileab^  in  eine  \päit  3«it  l^inab^utoeifen  fdjieinen. 

3.  2)ie  fo  gewonnenen  fcitifd^en  Slefultate  finb  für  bie  Beurteilung  ber  (Sefc^id^tlid^ 
!eit  3c>>^ta«  bon  mefentlic^er  Sebeutung.  Segen  ben  l^iftorifc^en  ©^arafter  be«  Berichte« 
bom  2lmmoniterIriege  läpt  fic^  nic^t^  geltcnb  machen,   befonbcr^^  toenn  man  bebend,   baft 

36  allerlei  lonfrete  ß^gc  biefer  Quelle  burc^  bie  Kom)}ofition  berloren  gegangen  gu  fein 
fc^einen.  Z^p^^Oi  ift  nac^  biefer  S)arftellung  ein  au^geftofeener  3Kann  nad^  ber  ^rt  ber 
arabifd^cn  chula'ä  (bgl.  ^acob,  ^ilttarabifc^e«  Sebuinenleben  225 ;  Sd^ult^efe,  Hatim  Taj 
ii5)  unb  l^at  in  feinem  §reibeuterleben  unb  baburd^  gewonnener  ^ofttion  ein  genauwJ 
Slnalogon  in  ber  ©efd^ic^te  3)abib^.    3ft  ferner  ber  Slnfang  bon  Koj).  11,  Wie  man  am 

40  nehmen  mufe,  inter^)oliert,  fo  berliert  bie  6rWäl;nung  ©ileab^  i^re  SSebeutung,  unb  fo 
liegt  fein  au^reic^enber  ®runb  bor,  "^^Ifia  ate  Heros  eponymus  eine«  unberül^mten 
ober  boc^  nid^t  für  boll  angefe^enen  gileabttifd^en  (£lan«  (Stabe)  ju  betrad^ten.  3lud^  f))ridbt 
bie  Sifferenj  jWifc^en  ben  beiben  Duellen  nic^t  notwenbig  gegen  i^re  §iftorijität,  ba  bie 
Serfd^iebenl^eitcn  ber  3(rt  fmb,  ba^  bie  beiben  ^Relationen  auf  berfd^iebenc  ^^xi^   belogen 

46  werben  fönnen :  auf  ben  Slnfang  ber  J^ätigfeit  3^^^?^^^  wnb  auf  einen  fjjäter  bon  ijj;m 
gefül^rten  Srieg  mit  ben  üKoabitem  (bgl.  ä^nlid^eig  in  ber  ©efd^ic^te  ©ibeon«).  2)a«  SBid^- 
tigfte  ift  aber,  ba^  e«  nac^  biefer  DueUenfc^eibung  eine  ^Relation  gab,  bie  bon  bem  Opfer 
ber  2od^ter  ^e^^ta«  nic^t  fprad^.  3)anac^  fann  man  nic^t  mel^r  bel^aupten,  ba^  Sejj^ta 
eine  Sd;attengeftalt  fei,  beren  ganxe  ©efd^id^te  nur  i^re  ^ointc  in  bem  Dj>fer  ber  Sung* 

60  frau  ^abe  unb  jur  ßrflärung  be«  ^efte«  bicne.  Welche«  man  alljäl^rlid^  in  (Siteob  ju  ©l^ren 
ber  Xod;ter  3<*^iö^  \A^it  (SöeH^auf en) ,  unb  bamit  fällt  Weiter  jebe  Berechtigung 
Weg,  ^e^i^ta  felbft  cXa>  eine  rein  m^t^if^je  ©eftalt  ju  betrad{>ten.  3"  einem  fold^en 
Slefultatc  finb  nämlid^  einzelne  ©ele^rte  Wie  ©olbji^er  unb  §.  Sc^ul^  gelangt.  Weil  fie 
ben  Serid^t  bon  bem  Cj)fer  ber  2od^ter   ate  l^iftorifterten  ^Jl^t^uö  betrad^ten.    aber  felbft 

65  Wenn  biefe  2)eutung  begrünbet  Wäre,  müfete  man  ^öc^ften«  eine  6inj>fro)}fung  bon  mi^tl^^i- 
fc^en  3^0^'^^  ^"f  ^^^^  l^iftorifc^c  ©eftalt  unb  feinen  neuen  3Rvt^u«  anne|^men.  Db  e«  aber 
nötig  ift,  bie  Cvfere)}ifobe  a\i  mifeberftanbenen  ^R^t^u«  ju  faffen,  ift  im  l^öd^ften  ©rabe 
^Weifelbaft.  3^^^"f^ü^  liegt  in  bem  ©elübbe  S^P^^ö«  wnb  feiner  Sluöfü^rung  an  imb  für 
fid)  nid^t^,   Xoa^  baju  nötigen  fönnte,   bo«  l;iftorifd{>e  ©ebiet  ju  berlaffen;   benn  Wa«  l^ier 

GO  mitgeteilt  Wirb,  l;at  bei  anberen  femitifc^en  äSölfern  ^Analogien,  beren  ^iftorifd^er  ß^araltcr 


Q^plfia  645 

feftftc^t.  ©0  opfert  md)  2  Äg  3,  27  ber  moabitijc^e  Äönig  feinen  erftgeborenen  ©ol^n 
aU  SBranbo})fer  auf  ber  ©tabtmauer,  ali  er  burd^  bie  angriffe  ber  ^i^raeliten  in  bic 
mifeerfte  9iot  gefommen  tuar.  Sefonber«  (e^ncic^  ift  eine  Don  iabari  (1,  1073  f.)  mit^ 
geteilte  ©efc^i^te  au^  bem  7.  nac^c^riftlic^en  ^a^r^unbert.  Sine  %xau  l^attc  gelobt,  i^ren 
Sol^n  ju  oi)fem,  faß^  ein  bcftimmteö  Untemel^men  i^r  gelinge.  211^  bie^  nun  ber  %dü  5 
loar,  begab  fie  fic^  nad;  3Kebina,  um  bie  bortigen  Slutoritäten  ju  befragen,  h)ic  ftc  fid^ 
§u  Der^olten  l^abe.  SlbbaDal^,  ber  Bo\)n  Dmarg,  an  ben  fie  \\d)  juerft  ioanbte,  erflärte, 
bafe  nad;  bem  ©ebotc  Sllla^d  jebe«  ©elübbe  erfüllt  toerben  muffe,  bafe  aber  anbererfeit« 
SlUai^  berartige  Oj)fer  Verboten  i)aU.  ©ie  ging  bann  gu  äbbaHab  ibn  2lbba^,  ber  i^r 
benfelben  Sefc^eib  gab,  fte  gugleic^  aber  an  ba«  S5eif})iel  2lbb  eI=?!JluttaIib^  erinnerte,  ber  lo 
für  ben  '^aü,  bafe  er  10  ©öl^nc  beläme,  gelobt  l^atte,  einen  bon  biefen  gu  o})fem,  fic^ 
aber  mit  (SeneF^migung  bei^  Drafete  bamit  begnügte,  ein  Dpfer  toon  100  Kamelen  j|u 
bringeit.  3"^^ltc>^  ^örtc  ber  bamalige  Statthalter  in  ÜRebina  bon  berSac^c  unb  erflärte 
bie  Sntfd^eibung  ber  beiben  9lbbaQa^  für  unridjittg:  ein  gegen  9lQal^^  ®ebot  ftreitenbe^ 
©elübbe  fei  über^au^jt  ungiltig,  unb  bie  grau  folle  be^^Ib  ällla^  um  Vergebung  bitten  15 
unb  feine  ©nabeburd^  gute  SBerle  geh)innen.  dagegen  !önnte  man  mit  toeit  größerem  Sted^te 
einen  Setuei^  für  ben  m^t^ifd^en  ß^rolter  ber  ©rjä^Iung  in  ber  jäl^rKcben  g^ier  fuc^en, 
bei  toeld^er  bie  gileabitifd^en  ^auen  bie  3;oc^ter  3^^ta^  beloeinten,  namentlid^  ba  bie  toier* 
tägige  2)auer  be^  ^tc^,  bie  mit  ber  Segeben^eit  in  feiner  3Serbinbung  fte^t,  auf  einen 
fultifc^en  3"föntmen^ang  ^injuloeifen  fd^eint.  Slber  eö  ift  bod^  fe^r  fraglich,  ob  biefer2o 
@ine  3^0  ^^  ftanbe  ift,  bie  &x\Qi)l\xnQ  il^re^  ^iftorifc^en  S^arafter^  }u  berauben,  unb  ob 
man  nid^t  Dielmel^r  in  Slnbetracpt  be«  fonftigen  S^^ölt^  ber  3^,^tögefc^i(^te  baran  feft^ 
l^alten  mufe,  bafe  ^ier  loirflid^  eine  ^iftorifd^  beranlafete  ^ier  borliegt  (togl.  Äuenen). 

4.  3)a  in  ber  6rjäl^lung  Dom  ©elübbe  S^^t^^  bon  einem  Srfa^e  feine  JRebe  ift 
(Dgl.  1  ©a  14,  45  unb  bie  angeführte  arabifc^e  ©efd^ic^te),  fonbem  e«  33.  39  einfad^  126 
(;eifet:  er  bottjog,  tva^  er  gelobt  l^atte,  fann  bic  35arfteIIung  nur  fo  berftanben  loerben, 
bafe  ^^'pl}ia  t^atfäd^lic^  feine  S^oc^ter  afö  Sranboj^fer  geoj>fert  l;at.  ©0  tourbe  fie  aud^ 
bon  fämtlic^en  älteren  jübifd^en  unb  dj^riftlid^en  ©rflärem  aufgefafet,  bie  nur  in  ber  Beur- 
teilung be^  ©elübbe^  :Set)^tad  berfc^iebener  ÜReinung  ioaren.  dagegen  ^at  bie  erft  im 
9)Jittelalter  bon  2).  Äimd^i  aufgefteute  ©rflärung,  bafe  ^^f)ta  feine  3^oc^ter  nid^t  getötet,  30 
fonbem  bem  3)ienfte  3lö^be«  getoeil^t  f^abt,  unter  ben  ^riftlic^en  Ideologen  biel  SeifaH 
gefimben.  3"  ^^^^  ®egnem  gel^örte  Sut^er,  beffen  einfache  unb  fAlogenbe  Semerfung: 
man  toiH,  er  ^abe  fie  nidjjt  geoj>fert,  aber  ber  3;ejt  fte^t  flar  ba,  päufig  citiert  toorben 
ift ;  aber  tro^bem  l^aben  biele  proteftantifc^c  äu^leger  fid^  il^r  angcfdSiloffen.  daneben  fteHte 
6ap)}ellu«  eine  birefte  Srflärung  auf,  toonad^  ^^^ta  feine  S^oc^ter  nidj^t  al«  33ranboj>fer  35 
geo)}fcrt,  fonbem  nur  <d^  SJerbanntc«  (O't")  getötet  l^abe.  3)iefer  leftteren  2)eutung  fe^lt 
e^  an  jebem  Sln^alt«j)unfte  im  3^ejte,  unb  ba  fie  aufeerbem  bie  loirflid^en  ©c^toierigfeiten 
in  fe^r  begrenztem  Umfange  l^ebt,  l^at  fte  in  neuefter3rit  feinen  älnflang  gefunben.  3)as 
gegen  finb  no^  unter  ben  neueren  D^eologm  mehrere,  loie  .^engftenberg,  Äeil,  Sluberlen 
(Saffel,  Äöl^ler,  Äönig  u.  a.  für  bie  3luffaffung  be«  D})fer«  ate  einer  mit  ßoelibat  ber*  4«) 
bunbenm  SBeihe  jum  3)ienfte  be^  §erm  eingetreten.  ®afe  man  auf  einen  fold^en  ©ebanfen 
fommen  fonnte,  tft  ni^t  ft^toer  ju  berftel^en.  9Jic^t  nur  toar  ein  3Jlenfd^enopfer  an  unb 
für  ftd^  ettoa^  Sebmflic^e«,  fonbem  man  ^atte,  folange  man  babon  au^ing,  bafe  baö  ganje 
i^cntateuc^ifc^e  ©efe^  bon  SRofe  ^errül^re  unb  aud|  in  ber  Sid^teneit  too^lbefannt  fei, 
eigentlid^  feinen  anberen  ätuötoeg.  3)a«  ©efe^  berbietet  nämlic^  auf^  ftrengfte  3Jlmfc^ms  45 
o>)fer  (fie  18,  21.  20,  2—5;  3)t  12,  31.  18,  10)  unb  giebt  aufeerbem  (2e  c.  27)  eine 
2lntoeifung,  h)ie  man  einen  toegen  eine«  ©elübbe«  ju  o})fembm  3Jlenfd(ien  burc^  eine  genau 
befammte  ©elbfumme  löfen  fonnte  (f.  b.S.  ©elübbe  im  31%  93b  VI  ©.487,^);  bgl.  bie 
d{>arafteriftifd^e  SBiebergabe  bon  SRi  11,  39  im  $ro})l^etentargume :  ein  3Jlann  barf  feinm 
©o^n  ober  feine  %od)tct  nic^t  afö  Sranboj^fer  oj>fem,  h)ie  ^t^f)ia  ^  ti)at,  ber  ben  ^ßriefter  50 
^inel^a«  nic^t  befragte ;  benn  ^ätte  er  ^inel^a«  gefragt,  fo  ^ätt^  bicfer  fie  gelöft  bur^  eine 
erfa^fumme.  älber  nic^t^beftolomiger  mufe  biefer  Srflämng^berfuc^  ate  ganj  berfel^lt  be« 
jcid»net  toerbm.  ©eine  Vertreter  betonm  bor  allem,  bafe  e«  38.  37  nic^t  l^eifet,  bafe  bie  ^^odj^ter 
i^r  Seben,  fonbem  i^re  ^unöf^^^ufd^öft  betoeinte.  3"öl^i^  überfe|en  fie  ben  borle^ten 
©afe  in  3?.  39:  unb  fie  erfannte  (na^m)  feinen  SKann.  2)arau«  fc^liefem  fie  bann,  bafe  i^rss 
D^fer  mefentlic^  in  einem  e^elofm  geben  beftanb.  ®ine  loeitere  ©J)ur  eine«  fold^en,  bem 
I)ienftc  ©otte«  getoeil^ten,  mit  ßoelibat  berbunbenen  2d>m^  loiffen  fie  65  38,  9;  1  ©a 
1,  22  5u  finben,  too  bon  SBeibem  bie  Siebe  ift,  bie  am  (Singange  be«  Heiligtum«  3)ienfte 
tl^aten.  6«  h)irb  aber  nirgenb«  gefagt,  bafe  bieje  SBeiber  Jungfrauen  loarm,  bie  ein  ßölibat«^ 
gelübbe  abgelegt  ^attm,  fo  bafe  mit  biefer  parallele  nic^t«  gewonnen  ift.    aufeerbem   be*  eo 


646  ^pllta  Sferemtad,  ber  ^xopfftt 

beuten  bie  bctrcffcnbcn  2Borte  35.  39  md)  ric^tiöcr  B\)r\iai  r\\i)t,  ba^  bicXoc^ter  na(^^cr 
leinen  ^ann  ertannte,  fonbem  ba^  e$;  bamald  nodji  nic^t  gefdjie^en  h>ar;  unbbag  fte  i^e 
gunflfraufc^aft  betuemt,  befagt  nur,  h)ie  bitter  i^r  lob  baburd^  tpurbe,  bafe  fie  ate3""9' 
frau  fterben  foHte,  ol^nc  ®attin   unb  SRutter  eineö  ©efc^led^te^  getoorben  ju   fein,    ^n 

6  Setreff  beö  entfd^eibenben  Sl.aSerfe«,  toorauf  33.39  au^brüdlid^  jurücftoeift,  ^errfd^t  unter 
ben  Sßertrctem  ber  geiftigen  Umbeutung  ein  bebenllidjie^  ©d^lDanlen.  3Kel^rerc  tootten, 
naö^  bem  aSorgange  Äinu^i«  bie  ©ö^e  bi^junctib  faffen;  toer  mir  juerft  entgegen  tritt, 
foD  (fate  e«  ein  3Henf(i^  ift)  ^a^be  gehören,  unb  (faH^  eö  ein  lier  ift),  oI«  öranboj^fer 
geoj)fert  tocrben,  ein  ©ebanle,  ber   offenbar  nid^t  burd^  ein  einfach  „unb"  au^Ärüdt 

10  toerben  lonnte.  ©benfo  unhaltbar  ift  bie  bon  Äö^ler  borgefc^Iagene  conjunhitje  tJöRu^Ö* 
iDonad^  ^^l)ta  gelobte,  ben  i^m  ßntgegentretenben  S^^toe  ju  eigen  ju  übergeben  unb  gu- 
gleich  ate  33ranboJ)fer  ju  oj>fcm,  toa«  mittete  ber  £e  27,  1  ff.  angegebenen  ©d^ä|ung^ 
fumme  auö^ufül^ren  fei  —  unb  nid^t  h)eniger  bie  bon  Sluberlen  borgejogene  (SrHärung, 
nad^  toelc^er  ^ipJ^ta  ben  il^m  ©ntgegentretenben  ^af)p^  toeil^en,  unb  au|erbem   ein  2:icr= 

16  oj>fer  bringen  tooHte,  toonad^  baö  ©uffij  in  "iti'ri'^brr:-!  batibifd^  fein  foß.  3JJit  Se^t 
l^ben  ^engftenberg  unb  Jteil  erlannt,  ba^  bie  beiben  @ä^e  ibentifdji  fmb,  inbem  ber 
jlDeitc  ben  erften  nöi^^er  erflärt,  aber  tro|bem  glauben  fie  ba^  ertoünfd^te  Sefultat  baburd(^ 
erreichen  ju  lönnen,  bafe  fie  fc^on  l^ier  ba^  2Bort  i^'^nr  \)on  einem  geiftigen  D})fer  öerfte^en. 
Slber  bann  muffte  ber2^ejt  boc^  auf^irgenb  eineSSeife  eine  Slnbeutung  geben,  loorou«  man 

20  erfel^en  lönnte,  bafe  ber  3(u^bru(!  ™"-  J^'^^~  an  biefer  ©teile  eine  gan^  anbere  Sdeutung 
l^aben  foH  ate  fonft.  3)ie«  ift  inbeffcn  fo  toenig  ber  ^H,  bafe  bie  ganje  ©rjä^hmg  über- 
i}aupt  nur  einen  ©inn  giebt,  toenn  bie  2^od^ter  loirflidj  geoj>fert  toorben  ift.  9lur  unter 
biefer  SSorau^fe^ung  finb  bie  SJerjtoeiflung  be^  SSater^  unb  bie  Älage  ber  iod^ter  begreif- 
lich.   5Dafe  ein  SKäbd^en  unberl^eiratet  blieb,  lourbe  loo|^I  Don  ben  S^taeliten  ol«  ©d^mad^ 

26  em))funben  (gef  4, 1),  aber  ettoa^  Unerl^orte^  toar  e«  nic^t.  Unb  merlioürbigertoeife  über- 
fielet man,  ba|,  je  eifriger  man  bemül^t  ift,  burd^  bie  ^eranjiel^ung  ber  bienftt^^uenben 
Sffieiber  u.  ä.  Analogien  jjum  Dj>fer  S^^^ta«  nac^jutoeifen,  ber  gange  gaU  um  fo  getoö^n- 
lid^er  toirb  unb  um  fo  übertriebener  bie  SSerjtoeifiung  ber  .Oauj)t})erfonen.  38or  allem  (Aer 
toürbe  auf  biefe  SBeife  bie  jum  Slnbenlen  an  ein  folc^eö  ßreigni«  geftiftete  Sabreefeier 

80  einen  bebenöid^en  ©tic^  in^  ©currile  annel^men,  toä^renb  fie  je^t  ber  ergreifenbeti  2^ragif 
ber  Keinen  ßrjöiS^lung  einen  entfjjrec^enben  aibfd^lufe  toerleiF^t.  6^  bleibt  alfo  babei,  bafe 
ber  %^t  bie  realiftif^e  äuffaffung  gebieterifd^  forbert,  unb  in  SKirHic^Ieit  bietet  biefe  (Sx^ 
Härung  bei  einer  l^iftorifd^  rid^tigen  Sluffaffung  ber  altteftamentlic^en  Sleligion  leine 
©c^toierigfeiten  bar.    2)a^  bie  ätnfängcr  ber   antijjroj^l^etifd^en  S^^öereligion  in  f})ätcren 

35  Seiten  ^al^Ue  9Kcnfc^enoj)fer  bargebrac^t  baben,  ge^t  au^  ^er  32,  35;  ©g  20,  25 f.; 
2  Rg  If),  3.  21,  6  \)qI  SBli  6,  6  f.  beutlic^  ^ert)or.  aber  auc^  ben  trägem  ber  pro^ 
})^etifc^en  SReligion  lag  ein  folc^er  (Sebanfe  ni^t  öoUftänbig  fem,  toie  bie  ©rgälj^lung  bom 
Dj>fer  3faate  ®en  c.  22  (ögl.  Qi  27,  28)  jeigt.  Unter  biefcn  Umftänben  berfte^t  man 
unfd^toer,  ba^  ein  3Jlann  toie  ^t)i>l)ia  in  einem  ber^ängni^boÜen  2lugenblicfe  fid^  ju  einem 

40  berartigen  ©elübbc  l^inreifeen  laffen  fonnte.  2)a6  er  an  einen  SJJenfc^ai  unb  nid^t  an  ein 
lier  gebac^t  l)at,  jeigt  ber  einfache  Söortlaut  feinet  ©elübbe^,  unb  folglid^  mufete  er 
mit  ber  SKöglic^feit  red;ncn,  ba^  e^S  feine  2;od^tcr  fein  fonnte,  bie  i^m  juerft  entgegen^ 
träte,  ba  bie  bon  einigen  berfud^te  2lu^rebc,  ba^  bie  3u"öf^^w<^>^  ^^^^^  «u^  bem  §aufe  ju 
geben  ))flegten,  bon  3leu|  mit  Stecht  ate  erbärmlid^  bejeid^net  toorben  ift    ©erabe  bann 

46  lag  ja  baö  ungef^eure  Slififo  feinet  ©elübbeö,  ivoburd^  e^  erft  feine  einbringlic^e  Äraft 
getoann.  Slber  anbererfeit^  jeigt  bie  ßrgälfilung  aud^  beutlid),  ba^  e^  fid^  um  einen  ej^ 
orbitantcn  "^aü  ^anbelte,  ber  einen  tiefen  ßinbrud  ^interlic^,  fobafe  e^  gang  berf e^rt  h)ärc 
biefe  ©rgä^lung  ^ur  Seftimmung  bc^  S^urd^fc^nitt^arafterö  ber  bamaligen  3ö^*>CT^liöw>" 
gu  bemjerten.    it^  Ipar  ein  bereingelte^  ;^ert)ortreten  tief  im  iöraelitifd^cn  93eh)u|tfein  l>er= 

50  borgener  Sßurgeln,  bie  erft  biel  f>)citer  unter  frember  äeeinfluffung  unb  im  Äamtofc  mit 
bem  ^ro))^eti^mu^  über^anb  nolj^"^^-  8f-  »«^l. 

3:etewiaö.  —  Gommcntavc  \)on  Umbvcit  1842;  (£.  C>cnberfün  (engl.)  1851;  ©.^Jcunmim 
185G-58;  (örof  1862;  ^i^XQ-  1866;  Gioalb^  l^^Oö;  9?ägctebad)  1868;  mi  1872;  «.8d|oIj 
1880;  etrcanc  (engl.)  1881;  ei)cl)ne  (im  engl.  riilpitCommentory)  1883—85;  tnabenbaucr 

66  1889;  \).  Drcüi»  1891;  öJiefcbrcdjt  1894  u.  a.  %l.  nud)  ÖJrä^  in  b.  SWonotfcftrift  f.  ®efd)- 
unb  58i|fcnfd).  be^  3ubentumö  1883.  --  ^citou^gabc  öon  CSorniU  in  $QUpt§  8acred  Book» 
of  the  Old  Test.  1895.  —  3)ic  oltteftamcntlic^en  Einleitungen  uon  Äuenen,  ©orniD,  Äönig, 
3)riücr,  9teuft,  ^ilbcboev  u.  q.;  91.  Jlatjfer,  Le  proph6te  J^rdmie.  Esquisse  biographique, 
Rev.  de  Theol.  5,  154 ff.;  S^eDne,  Joremiah,  bis  Life  and  Times  1888;  3ÄQiii,  3)cr^ro^tKt 

()0  3ercmia§  öon  ^Inalot  1889;    Üöftlin,  3c|aja  unb  Sercmio,  i^r  i^eben  unb  Sirfen  auö  H^ren 


3^emtai»,  ber  ^ro^i^et  647 

6d)riftcn  1871);  fiajavuö,  3)er  ^lopf^ct  3cvcmiaS  1894-,  ©tolfcr,  Jereniiah,  The  Expositor 
1890;  SeUin,  Scvcmmö  \)üu  «Tiiat^ot,  ««18  10,  257ff.;  ©labe,  ®efd)i(^lc  beS  iöülfcd  Söracl  1, 
646.  673  ff.;  Söeübaiifcn,  S^rocI.  uiib  jübifc^e  QkWidjit*  135-144;  CDu^iit,  2)ic  J^cologic 
bor  ^vo^l)clcii  228 ff.;  6menb,  ?llttcftameutlid)e  JRetigiüuSgcfdj.  §15;  ?(.  ö. 93ulmcnncq.  'Doä 
^ufunft^bilb  bc§  ^rop^cten  3cremin§  1894 ;  %  SBoIj,  S)ic  uorcjitifd^c  Softiücpropl^etie  u.  b.  6 
^JJicffiQ^S  1897,  GS  ff.;  2)a()fct,  J^r^mie  et  le  Dcuteronomo  1872;  g.  ^Küfler,  Le»  deiix 
alliaiiccH  sclon  J^r^mic  1869;  ^.  ®ut][)e,  Do  foederis  notione  Jereraiana  1877,  üfll.  SSnleton, 
3at3ö  13,  247 ff.;  9t.  Äracffcftnior,  S)ic  S3unbcSuorftelIun9  im  ?tX  147 ff.;  9(.  Äilepcr,  Jere- 
niiaj?  librorum  sacr.  interpres  atque  vindex  1837 ;  (Sompe,  5)qS  SSer^ältni^  Scvemloö  iju  bcn 
^^foluicn  1891 ;  (S.  SBvufton,  De  rimportancc  du  livrc  de  J^r^mie  dans  la  critique  de  l'An-  lo 
cien  Te8(ament  1893;  Biaht,  gat^ö  4,  151  ff.  (3cr  3,  6-16);  5,  175 ff.  (3cr  32,  11 -14;; 
12,  276 ff.  (3cr  c  21.  24-29).;  ed)njQni),  ^ic  SRcbcu  b.  93.  Seremio  flcgen  bic  .^xibcn,  äat^ö 
8,  177 ff.;  ©Icefer,  Jcrcmias  Profetieen  tegen  de  Volkeren,  1894;  (Sofie,  ^le  ^eiöfaguiicjcn 
bc-^  3^^ci"io  lüibcr  bie  fvcnibcn  93ülfer  1895;  Skipwith,  The  Becond  Jeremiah,  Jew. 
Quart.  Rev.  6,  278 ff.  586;  «ubbe,  3cr  c.  50.  51,  3b4ö  23,  428 ff.  529 ff.;  CSürnia,  CSap.  52  15 
be^  93.  3cremiQ§,  3^*^  "*»  105 ff.;  6pot)H,  Jerem.  vatcs  e  vers.  Judaeorum  Alex,  enicn- 
datus  notisque  crit.  illustr.  1794.  1824;  SÜRoücrS,  De  utriusque  recensionis  vaticiniorum 
Jerciniac  indole  et  origine  1837;  !föid)ct^au^.  De  Jeremiae  versione  Alexaiidrina  1847; 
ed)oU,  ^cr  mafforclftift^e  Stejt  u.  b.  LXX  ju  Seremioö  1875;  Äüftl,  3)a§  93erö«Ilni«  bcr 
3JjQffora  juv  ©eptuagiutQ  imSercmia  1882;  &or(man,  The  t«xt  of  Jeremias  1889;  ©trcunc,  20 
The  double  tcxt  of  Jeremiah  compar.  together  with  an  api)end.  on  the  Old  Latin  evi- 
dencc  1806;  $.  g.  gronü,  Stiibicn  über  bic  LXX  unb  ^^Jefcftito  ju  3crcinia  1873. 

1.  3)cr  5Ramc  be^  ^ro)}^cten  3^temia^  lautet  im  ^cbrätfc^en  Xcjte  'i^;';"*?  ober  fcU 
tcner  Qa  27,  1.  28,  5—12.  29,  1;  3)a  9,  2;  ß^r  1,  1)  n;-;--;,  in  bcr  LXX  ff- 
QFfuag.  6r  fommt  and)  fonft  tjor,  fo  bei  einem  ©(^h)icgcrt)atcr  bc^  Äöntg^  Sofias  2  Ä9  25 
23,  31.  24,  18;  Jcr  52,  1,  bei  einem  SRelabäer  3er  35,  3,  bei  einem  ^rieflcr  jur  3eit 
be^  9ie^emia^  5Rel^  10,  3;  ößl.  12,  1.  12.  34  unb  an  einigen  ©teilen  in  ben  Oenca- 
logicn  unb  33eric^ten  ber  ßl^ronil  1  &)x  5,  24.  12,  5.  11.  13.  2^ro|  feiner  eminenten 
Sebeutung  h)irb  3^^w^ia^  nid^t  im  Äönig^buc^e  ertüäl^nt  unb  and)  fonft  im  211  nur 
feiten  genannt  (S)a  9,  2;  2  ß^r  35,  25.  36,  12.  21  f.;  m  1,  1).  Sil«  DueCc  feiner  so 
@efc^id^te  l;aben  n)ir  alfo  au^fc^lie^ic^  ba«  nad^  il^m  benannte  93u4,  ba«  aber  in  biejer 
Jöejte^ung  einen  toeit  retd^eren  Stoff  barbietet,  aU  ^  fonft  in  ber  9tegel  bei  ben  ))rot)9c» 
tifc^en  ©d^riften  ber  %aa  ift. 

:^^eremia«  gehörte  ju  einem  ^ßrieftergefc^lec^te,  ba«  in  ber  Ileinen,  nörblid^  bon  3^ 
rufalem  gelegenen  ©tabt  Slnatl^otJ^  tool^ntc  (1,  1.  11,  21.  29,  27.  32,  7.  37,  12).  ©ein  36 
SJater  l^iefe^ilfija  (1, 1),  einDl^eim  Don  i^m©d^allum  unb  bejfen  ©o^n  ^anamel  (32,7). 
3nh)iefcrn   bie  ^rieftcr  in  änotl^otl^  Don  ©bjati^ar  (1  Äg  2,  26)  abftammten,  läfet  fid^ 
md)t  mit  ©idS^er^eit  au^mad^en ;  aber  iebenfatt«  fpric^t  9lUe«  gegen  bie  bon  mehreren  bcr« 
mutete  3bcntität  feine«  SSater  mit  bem   l^oc^gcfteHten  2^emtoelfürften  ^iBija  2  Äg  c.  22. 
SKie  er  feine  3"Ö^i^^  berbrac^te,  unb  inloiefem  er  al«  Sßriefter  fungiert  l^at,  erfahren  toir  40 
nid[)t.    6rft  mit  bem  13.  ^af)xz  be«  Äönig«  Sopia  b.  i.  bem  ^a^xt  627  beginnt  feine  ®e= 
fc^id;tc,  benn  in  biefem  '^af}x^  tourbe  er  noc^  im  jugenbUc^en  2llter  (1,  6)  ^um  '»Propheten 
berufen  (l,  1.  25,  3).    ^icmit  toar  ein  tief  einfdSineibenber  35ru(^  mit  feiner  SJergangcn^ 
l^eit  unb  feinen  bi«^ertgen  Sejiel^ungen  bejeid^net.    6in  3Rann,   ber  bie  C})fer  beurteilt, 
toic  ^Vrcmia«  e«  i^ut  7,  22,  lonnte  natürli^  nid^t  al«  ^riefter  fungieren ;    unb  toie  e«  46 
bic  airt  feiner  ^rebigt  über^aujjt  mit  ftd^  fül[;rte,  bafe  er  fid^  bie  g^inbfd^aft  feiner  2anb«s 
leutc  jujog,  fo  erfahren  toir  befonber«,  ba^  bie  Seloo^ner  Slnatl^ot«  i^ren  großen  ^Kits 
bürger  mit  leibenid^aftlic^em  §afje  berf olgten,  11,21,  o^ne  bafe  er  übrigen«  felbft  aufl^örte, 
fid^  ab  unb  ju  an  ben  Angelegenheiten  feiner  Ileinen  3Saterftabt  gu  beteiligen  (32,  8. 
37,  12).    äl«  ^rot)l^et  ^ielt  er  fid^,  iebenfall«  in  ber  f})äteren  g^t,  borjug«njei{e  in  ber  bo 
^aujjtftabt  auf.    älu«  bem  Umftanbe,  bafe  ber  Äönig  3^^^^  P4  ^^i  "^^^  gunbe  be«  ®e- 
fe^buc^e«  nid^t  an  i^n,  fonbem  an  eine  ^rot)l^etin  in  3^ölem  toanbte,  ^at  man  ge^ 
fc^loffen,  ba^  er  bamal«  nod^  in  älnatl^otl^  h>o^nte,  hja«  boc^  Ieine«h>eg«  f^^^er  ift.  2)ie  ©teile 
IG,  2  mad^t  e«  ^öd^ft  toa^rfc^einlit^,  bafe   er  unber|^eiratet  toar,  tDomit  e«  aud^  ftimmt, 
ba^  naä)  ber  ßinna^me  g^^fölem«  niemal«  Don  feiner  g^milie  bie  5lebe  ift.    3)ie  ^tiU  55 
Dcr^ältniffe,  unter  benen  S^i^^^^iö^  öl«  5ßro))^et  auftrat,  toaren   in   innerer  unb   äußerer 
8c|^iel;ung  ftarf  betoegt  unb  reid^  an  großen  unb  folgenfdjitüeren  Sreigniffen.    ^nf  3^^^^^ 
nad)  feiner  Berufung  lourbe  im  iemj^el  ba«  Suc^  be«  Oefe^e«  aufgefunben,  ba«  bie  ©runb- 
läge  bcr  jofiianifc^en  ^Reformation  bilbete  unb   einen  2Benbe})unIt  bcr  i^raelitifc^en  ©e* 
fd^id^te  beieid^nete.    3)a6  3^^»"iö^  ^^^  jw  ^^"^^  geloiffen  ®rabe  für  biefe  Seloegung  cin^  go 
getreten  ift,  geigen  feine  SDäorte  c.  11  (f.  unten)  beutlic^;   aber  ba«,  loa«  i^m  nad^  feiner 
ganjen  Slrt  baran  bebeutung«Doa  erfc^einen  mu|te,  toax  au«fd^lie^lic^  bie  tiefere,  geiftige 


648  S^emtad,  ber  ^topf^ti 

©ctte  bcr  Siehjcgung;  unb  {jerabc  be^l^alb  mufete  er  balb  bic  DoIIftänbigc  Slu^fid^t^lofiöleit 
ber  SSetüeflunfl  unter  ben  bamaliflen  Ser^ältniffen  erlernten.  Übrigen^  erfo^en  h>tr  leibcr 
fe^r  tDenig  Don  feinem  Weiteren  2luftreten  unter  ^o[xia,  unb  h)ir  lönnen  au5  unten  toctter 
ju  ertoä^ncnben  ©rünben  nid^t  einmal  mit  ©id^er^eit  entfc^eiben,  inhjiefem  er  fc^on  bamol^ 

6  an  ber  ä^funft  feine«  SSoße«  in  bem  ®rabe  berjtoeifelt  l^at,  toie  e«  fj>äter  ber  gall  hxtr. 
Slud^  fönnen  h)ir  nn^  fein  flare«  93i(b  Don  feinen  j^olitifd^en  ßrtoartungen  unter  biefem 
Rönige  mad^en,  ein  ^Jlangel,  ber  um  fo  fühlbarer  ift,  ate  bie  bamaligen  Ser^ältniffc,  too 
ein  örofee«  SBeltrcic^  feiner  Sluflöfunß  entgegenging  unb  neue  Äräfte  fid^  regten,  au^er- 
orbentlic^  bebeutung^tooll  toaren.    3)efto   beffer  fmb  h)ir  über   feine  Stellung  jum  Äönig 

lüSojafim  unterrichtet,  ber  nac^  ber  lurjen  SRegierung  ©aHum«  (JJer  22,10—12)  ben2^on 
afö  äg^^tifd^er  SafaHenfürft  beftieg.  ®ie  SRegierung  be«  neuen  Äönig«  bejeid^nete  einen 
mäd^tigen  Sluffc^hjung  ber  unter  bem  Vorgänger  beö  ^oftia,  SKanaffe,  l^errfd^enben  ^b^ 
nifdjien  SRid^tung,  bie  nid^t  berfel^It  l^at,  ben  traurigen  äu^gang  be«  Steformator«  Sofiia 
ju  il^ren  ©unften  au^julegen.  gojafim  toar  eine  für  bie  Sbealität  be«  ^roj^^eti^mu«  abfolut 

16  unem))fäng(ic^e  9latur  unb  jugleid^  ein  brutaler  3)c^ot,  ber  ju  einer  ^Ät,  ba  bie  ©ro^- 
mäd^te  um  ba«  3)afein  feine«  SSolIe«  fpielten,  bie  Äraft  ber  ^uhä^  au«fog,  um  feine 
Sauluft  ju  befriebigen  (22,  14  f.).  3^^f^^  ^^^^^  folc^en  Äönige  unb  bem  ?Proj)l^eten 
mu^te  e«  nothjenbig  ju  einem  heftigen  3"fö"^^wc"Po^e  fommen.  ®er  $roj)^et  geißelte  in 
feinen  Sieben  bie    bom  ^rften   jjrotegierte   ^eibnifc^e    unb    unftttlid^e  Strömung;    unb 

20  afö  bie  entfc^eibenbe  ©qlad^t  bei  Äarfemifc^  im  ^a^re  605  geKm^ft  h)urbe,  trat  er 
mit  einem  j>ro))^etif(^en  ^Programm  auf,  an  bem  er  in  ber  ^^olgejeit  unerfd^ütterlic^  feft= 
^ielt,  unb  ba«  i^m  ben  bitterften  ßa^  be«  Äönig«  gu^iel^en  mufete.  ©c^on  am  anfange 
ber  SRegierung  ^ojalim«  l^atte  er  im  2!cm})efoor^ofe  eine  Siebe  gehalten,  bie  einen  ©türm 
ber  ßntrüftung  ^erborrief,  ba  er  bem  Xcmpd  g^nifalem«  ba^felbe  ©c^idtfal  t>orau«fagte, 

26  ba«  frül^er  ba«  (Sotte«l;au«  in  ©c^ilo  getroffen  l^atte.  95ie  ©rbitterung  be«  bon  ben  ^rie^ 
ftem  aufgelebten  3SolIe«  loar  fo  gro^,  bafi  e«  einigen  befonnenen  Beamten  nur  mit  9Rül^e 
gelang,  ba«  fieben  be«  5}ro})l^eten  ju  retten  (c.  7.  26).  3)iefer  3)ro^ung  gab  er  nun  in 
bem  erloäl^nten  Saläre  605  eine  beftimmte  ^orm,  inbem  er  auf  bie  ß^albäer  ^intoie«  al« 
ba«  SSolf,  in  beffen  ®eh)alt  ber  §err  ^uha  unb  bie  übrigen  ©taaten  gegeben  ^ättc.  SBie 

80  toic^tig  'a}m  biefe  ®rfenntni«  fdS^ien,  jeigte  er  baburd^,  bafe  er  je^t  feinen  ©d^üler  8aru(^ 
bie  SReben  auffd^reiben  (ie^,  bie  er  in  ben  feit  feiner  Berufung  berfloffenen  23  3^^^^^  8^= 
galten  J^atte.  ^m  folgenben  ^öl^re  lieft  fie  Saruc^  bem  loegen  eine«  großen  ^ftenfefte«  im 
2^emJ)eI  berfammelten  3SoIfc  bor.  6inige  33eamte,  bie  ^ierbon  hörten,  brachten  ba«  Sui^ 
jum  Könige,  ber  fic^  ben  ^n\)alt  borlefen  lief;.    3)ie  j)ro))l^etif4en  SBorte  machten    ober 

85  nic^t  ben  geringften  ßinbruc!  auf  ibn,  unb  ru^ig  jerfd^nitt  er  bie  Slätter  unb  toarf  fie 
auf  ein  im  ©aale  brennenbe«  fjeucr.  3)en  gcfä|riid^en  5Jolgen,  bie  bie«  ßreigni«  für  3^- 
remia«  unb  33arud(i  ^ätte  l^aben  lönnen,  entjogen  fie  fi^,  inbem  fie  fic^  berftedft  hielten. 
Slber  hjenn  aud^  ber  ^ro))l^et  auf  biefe  SBcife  ber  brutalen  Oeloalt  au«h)idSi,  änberte  er 
nic^t«  in  feiner  Sluffaffung  ber  3wfunft  feine«  Solfe«.    ^m  ©egenteil  mufete   er  in  bem 

40  3(uftreten  be«  König«  eine  Seftätigung  feine«  Urteil«  feigen,  benn  S^^jafim  ^atte  je^t  mit 
bollem  Setoufetfein  bie  )}ro^>^etifc^e  SBamung  ganj  auf  biefelbe  SBeife  junidtgetoiefen,  h>ic 
frül^er  ^erobeam  bon  @)}l^raim,  ba  er  2lmo«  jum  ©d;h)eigen  jloingen  looDte  (3lm  c.  7). 
3)ie  (Sreigniffe  ber  folgenben  ^a!f)xt  bxai)Un  '^s^uxtmxa^  eine  ©enugt^uung,  bie  i^m  ober 
bei  feiner  innigen  Siebe  ju  feinem  3Sotfe  nur  bittere  ©c^merjen  berurfac^te.    S'^j^'^"*  \^ 

46  fic^  nad^  ber  9lieberlage  feine«  ägl^ptif^en  ©df)u^I;erren  gejnjungen,  bie  Dber^errf(^ft  ber 
ß^albäer  anjuerfennen.  Slber  balb  begann  er,  auf  bie  äg^ptifAc  §ilfe  bertrauenb,  ba« 
alte  berberblic^e  ©})iel,  ba«  früher  ben  Untergang  ©p^raim«  herbeigeführt  l^atte;  er  fün^ 
bigte  92ebufabrefar  ben  ©el^orfam  unb  beranla^te  baburd^  einen  c^albäifd^en  Singriff,  ber 
ben  Slnfang  be«  ®nbe«   ^erbeifül^rte.    ^ojaKm  fetbft  ftarb,  tuie   e«  fd^eint,   el^e  e«  jum 

50  äufeerften  fam,  aber  fein  Slac^folgcr  Ijefonja  mu^te  fic^  nad;  lurjer  ^Regierung  ben  QfyiU 
bäent  ergeben  unb  tt>urbe  mit  bem  beften  Seile  be«  3SoIfe«  nac^  95abel  gebracht  (i.  3-  ^97). 
3)er  neue  ftönig  ©ebefia,  ber  al«  babl;lonifc^er  XJafaHenfürft  bie  ^Regierung  über  ben  5urüct= 
gebliebenen  Raufen  be«  3?olfe«  übernahm,  ftanb  bem  :jeremia«  nid^t  fo  f einblic^  gegenüber ; 
er  ioanbte  fid;,  menn  bie  ©efal^r  am  bro^enbften  tuar,  mel)rmal«  an  i^n,  um  fu|  Sroft  ju 

55  Idolen,  unb  l^at  tl^atfäc^lid^  ein  \>aax  üRal  ba«  Seben  be«  ^ropl^eten  gerettet.  SQBirllid^e« 
3Serftänbni«  für  bie  ))ro))l^etifd{>en  ©ebanfen  l^atte  er  inbeffen  nic^t;  er  betrad^tete  fte  me^r 
al«  eine  3Röglic^fett,  bie  man  bei  ber  ungeioiffen  3"^""f*  ^1^*  ol^ne  toeitere«  abiebnen 
burfte,  gu  beren  rüdtftc^t«lofer  Befolgung  il^m  aber  bie  fefte  Überzeugung  unb  jebenfaH« 
ber  moralifcbe  3Rut  fel^lte.    Um   fo   entfc^iebener  toarcn   bagegen   eine  SRei^e  bon  f^oä^- 

60  ftel^enben  3)cännem,  bie  feft  an  bem  ^Programm  ^öjafim«  feft^ielten  unb  be«h)egen  ^ere^ 


^emtai»,  ^er  ^topiftt  649 

miaö  mit  glül^citbeni  §affc  Derfolßtcn.  §anb  in  ßanb  arbeiteten  einige  falfc^e  ^roj^i^eten, 
bie  bag  blinbe  38oIf,  ba^  fic^  naä  ber  feieberi^erftellung  ber  ^äu]tt  in  ^emjalem  balb 
iüicber  fo  ftc^er  füllte  tote  ba«  gieifd^  im  %op\t  (6j  11,  13),  burld^  i^re  SSerfjjred^ungen 
einer  nal^e  beborfte^enben  933enbung  ber  3)inge  bet^örten.  Slfö  ^ättc  bie  Vergangenheit 
gar  feine  SeF^ren  gebracht,  begann  man  loieber  auf  bie  äg^^tijc^en  SJerlodfungen  ju  ^ören.  6 
2(ßerbingö  fül^rten  bie  SSorfd^läge  ui  einem  gemeinfamen  9lufftanbe,  bie  3lbgejanbte  ber 
ÜJad^barftaaten  imga^re  593  bem  Könige  matten,  Vorläufig  ju  feinem  SRefultate,  tooju 
Uielleic^t  auc^  bie  einbringlic^en  SBäamungen  be«  S^^^n^i«^  beigetragen  l(iaben.  aber  einige 
Saläre  fpäter  lie^  fic^  ber  c^arafterlofe  Äönig  toon  ber  SSoIf^ftimmung  l(|inrei^en  unb  brad^ 
bem  d^albäifd^en  Dberberm  feinen  6ib.  2Bie  getoöl^nlid^  folgte  bie  ©träfe  bem  S8erbred^en  lo 
auf  bem  §u^.  9Jebufabrefar  fc^idte  bon  Q\)xkn  au«  ein  §eer  gegen  Suba,  ba«  bie  Ie|te 
Belagerung  ber  ,öauj)tftabt  begann.  3)er  Jtönig  erfd^raf  üoer  bie  folgen  feiner  %fyit  unb 
fd;icftc  ju  ^eremia«,  um  ein  tröftenbe«  SBort  ju  beme^men.  3)er  $rot)l^et  ^atte  aber 
feinen  xroft  für  il^n  unb  erflärte  bie  freiwillige  unb  bebingung^Iofe  Unterwerfung  unter 
bie  e^albäer  für  bie  einjige  Sflettung.  ©inen  augenblicf  fa|  e«  au^,  al«  follte  ftc^  bie  i6 
Sered^nung  ber  jubäifd^en  ^olitifer  bewähren;  benn  burd^  bie  änfunft  eine«  äg^lptifd^en 
.^ecre«  Würben  bie  ß^olbäer  gezwungen,  bie  Belagerung  aufzugeben.  95ie  SeWol^ner  ber 
§au))tftabt  jubelten  auf,  aber  Igeremia«  blieb  bon  biefem  ©reignijfe  gänjlid^  unberührt, 
unb  balb  gaben  bie  Begebenheiten  i^m  SRec^t,  bie  ß^albäer  fe^rten  al«  Sieger  jurüdf,  unb 
bie  Belagerung  begann  auf«  neue  (^er  c.  34).  6^e  bie«  gefd^a^.  War  ber  $ro})^et,  al«  20 
er  eine«  Xage«  au«  ^erufalem  ge^en  Wollte,  um  fid^  nac^  ä(natl[|otl^  ju  begeiben,  al« 
Überläufer  ber^aftet  unb  in  ein  Oefängni«  geworfen  Worben.  3)er  ängftlid^e  Äönig  lie^  i^n 
aber  t)or  fic^  fül^ren,  unb  Wenn  er  aud^  nic^t  ben  3Jlut  befafe,  fid^  nad^  feinen  Sorten  j^u 
richten,  fo  liefe  er  xijn  bod^  in  ein  beffere«  (Sefängni«  im  SBad^tl^ofe  be«©d^loffe«  bringen 
unb  forgte  für  feinen  Unterhalt  (c.  37).  3)ie  ®egner  be«  ^eremia«,  bie  mit  Siecht  fürd^s  25 
toten,  bafe  feine  Sieben  unter  ben  je^igen  DerjWeifelten  Umftänben  für  bie  93oH«ftimmung 
gefä^rlid^  Werben  fonnten,  ruhten  inbeffen  nic^t,  unb  fd^liefelid^  ^Wangen  pe  ben  fd^Wad^en 
A^önig,  bie  Rötung  be«  ^ro^Jl^eten  ju  erlauben.  @t  Würbe  m  eine  ßifteme  geworfen, 
bcrenBoben  mitSdjilamm  beberft  War,  unb  follte  bier  berl^ungem.  ^a  trat  ein  am  ^ofc 
bienenber  ät^iotoe  fo  fräftia  ju  ©unften  be«  j)roj>J9etiJ(^en  SKärt^rer«  auf,  bafe  ber  Äbnig  ao 
i^n  au«  ber  ßifteme  ^erauRie|en  unb  in  fein  frühere«  Oefängni«  im  Sffiad^tl^ofe  bringen 
liefe  (c.  38).  Balb  bamad^  befreiten  bie  Bwcbenl^eiten  i^  bon  ben  Slac^ftellungen  feiner 
^einbe.  3lai)  bem  mifelungenen  ^lud^tberfuc^e  be«  5lönig«  Würbe  bie  ©tabt  eingenommen, 
unb  bie  meiften  Bewohner  be«  Sanbe«  in  Jletten  gelegt  unb  )ufammengebrad[it,  um  nac^ 
Babel  geführt  gu  Werben.  Unter  i^nen  War  audb  ^ercmia«,  aber  ein  bab^lonifd^er  Be-  86 
fe^l«l^aber  liefe  i^n  bon  ben  Retten  löfen  unb  fteute  e«  i^m  frei,  ob  er  mit  nad^  Babel 
jiei^en  ober  im  Sanbe  bleiben  Wollte.  3)er  $ro})^et  Wählte  ba«  Se^tere  unb  begab  fid^ 
mit  SReifefoft  unb  einem  ©efc^enfe  berfel^en  ju  ©Aalja,  bem  ©tattl^alter  über  bie  jurüdfs 
gebliebenen  ^ubäer.  3lber  bie  SRu^e,  bie  bem  l^art  gej)rüften  $roj)^eten  auf  biefe  SBeife 
bergönnt  feilten,  bauerte  nid^t  lange.  ®ebalj|a  fiel  al«  Dj)fer  eine«  3Keuc^elmorbe«,  unb  40 
au«  gurd^t  bor  beffen  5<^lgen  enHd^lofe  ftd^  ein  leil  ber  jurüdfgebliebenen.Swbäer,  beren 
'Scii)l  burd^  ^urüdEgefommene  glüd^tlinge  aHmä^li^  bergröfeert  War,  nac^  %bj>ten  au«jus 
wanbem.  ^eremia«,  ben  fte  be«Wegen  befragten,  Warnte  fie  auf«  einbringlicpfte,  aber  bo« 
Bolf  berftanb  i^n  jrtft  ebenfowenig  wie  früher  unb  begab  fic^  fd^liefelid^  auf  ben  Sffieg 
unb  jWang  foWo^l  Sarud^  al«  3^^»"^^/  i^^fl^w  SBorten  fte  nic^t  glaubten,  ben  fie  46 
aber,  Wie  jfrül^er  ©ebefia,  ni^t  entbel^ren  ju  fönnen  glaubten,  mitjujiel^en.  ^n  Stg^j^ten 
ftanben  fid^  geremia«  unb  bie  ^ubäer  ebenfo  feinblic^  gegenüber  Wie  borl^er.  ®ie  3ubäer 
Wollten  i^ren  ^eibnifd^en  Rultu«  nic^t  aufgeben,  unb  ber  ^ro})^et  ^ielt  an  feinem  alten 
Programm  feft  unb  berfünbigte  ij^nen  bie  Eroberung  Slg^lpten«  burc^  3lebufabrefar  unb 
il^re  eigene  Bemidf)tung  bi«  auf  einen  gang  fleinen  SÄeft  (c.  39—44).  60 

3)l\t  biefem,  für  bie  ganje  2^ätig!eit  be«  ^rop^eten  j>arabigmati{d^en  Bilbe  jc^liefeen 
bie  aut^entifc^en  Duellen  feiner  ©efc^id^te.  Bon  feinem  lobe  erfahren  Wir  im  äX 
nicl;t«.  6rft  eine  bon  mel^reren  Äird^enbätern  (^iertullian,  Scorp.  8;  ^ieron.,  Adv.  Jo- 
vin.  2,  37;  $feubej>ip^aniu«.  De  proph.  8)  mitgeteilte  ßrjäl^lung  bend^tet,  bafe  er  in 
%gf)ptm  bon  feinen  Sanb«leuten  gefteinigt  worben  fei,  ol^ne  bafe  Wir  ju  beurteilen  im  ftanbe  66 
finb,  ob  biefe  9?ad^ric^t  eine  reine  fiegenbe  fei  ober  auf  einer  ed^ten  Überlieferung,  j.  B., 
wie  ßomill  e«  bermutet  l^at,  auf  bem  urft^rünglid^en  aber  \p<xttt  Weggelaffenen  ©d;lufe 
be«  Buc^e«  ^cremia«  beruhe.  3^^^M^  if^  «^e«,  Wa«  fonft  aufeer^alb  be«  ä2  bon  biejem 
•JJrojjl^eten  erjä^lt  Wirb,  rein  legenbarifd^er  9latur.  ©0  Wirb  2  5Waf  2, 11  ff.  berichtet,  Wie 
3ieremia«  tttoa^  bom  l^eiligen  geuer  rettete  unb  aufbewal^rte,  unb  wie  er  ba«  l^eilige  ^dt,  w 


650  ^mia^,  ber  "^topfftt 

bei  33unbcelabc  unb  bcn  SJäud^craltar  in  einer  ."^ö^Ie  be^  Sergej  9?ebo  Dcrbarg.  ®aju 
lommen  bie  Segenben  über  ^cremia^  Sriebniffe  nad^  ber  S^^^törung  Scrufalemg  in  ben 
fogenannten  Paralipomena  Jeremiae  unb  ber  umfajfenben  ojjofrwj^en  Saruc^sSitte« 
ralur  (f.Sc^ürer,  ©efc^.b.  jüb.aSolfe^'  3,  22ßff.  285 f.;  Kau^f^  'S^oh^pf^  unb5Pfcub= 
6  e))iörcH)^en  be«  213:  2,  402  ff.),  fohjie  eine  etjä^Iung  im  Seder  Olam  r.  c.  26.  äl^ 
gürbitter  für  bie  ^vbm  unb  3^^fölem  erfd^eint  3i€^«»"iÄ^  iin  Iraumgefu^te  be^  3^^^ 
2  3)laf  15,  11  ff.  Sgl.  and)  m  16,  14,  bie  Äommentare  ju  3lj)I.  11,  3  unb  ^eber, 
3übi|c^e  3:^eoIogie  354. 

2.  3}on  ben  Schriften,  bie  bie  Überlieferung  biefem  ^ro)}l(ieten  beigelegt  l^t,  lommt 

10  für  unferen  3h?ec!  nur  ba^  tononifd^e  93ud^  S^^^^w^i^^  ^n  Setrad^t.  2  6^r  35,  25  l^ei^ 
e^,  ba^  3^^"*'^^  ^^^^  3:otenIIage  auf  '^ofxia  bid^tete,  bie  unter  bie  Älagelieber  mr^pn, 
aufgenommen  tüurbe.  3Köglic^erlüeife  l^aben  h)ir  l^ier  bie  erfte  B\>ux  ber  fpätcr  öielfad^ 
bezeugten  Irabition,  bie  ba^  Sud^  ber  Älagelieber  (f.  b.  21.)  bem  Seremia^  jufd^reibt.  aber 
tDirllic^en  Sert  befi^t  biefe  Überlieferung  nic^t,  ba  bie  ^lagelieber  felbft  burd^  i^ren  ^n^ 

16  eine  2lbfaffung  burc^  3^^^<*^  beftimmt  toiberfegcn.  2)afe  einige  LXX-§anbf(^riften 
$f  65  unb  137  mit  3^^"«^^  in  3Serbinbung  bringen,  l^ängt  nur  mit  einer  \päitxm 
©Ecgefe  jufammen,  bie  leinen  größeren  äBert  ^at  ate  bie  mobemen  3[}erfud^e,  bie  2lbfaffung 
einiger  $falmen  burc^  3^^^"^^«^  nac^^utoeifen.  2)ie  unter  bem  Flamen  „Srief  jeremiae'' 
befannte  aj)ofr^^l^ifc^e  ©c^rift  ift  eine  gried^ifc^e  2lrbeit  au^  fj)äterer  ^Qxt. 

20  Über  bag  3"f*^"^^'''^'n"^^  *^^  Sud^^e^  3^^^"iiö^  bcfi|en  \vix  eine  äufterft  toerttooHe 
Slad^rid^t,  bie  au^erbem  geeignet  ift,  auf  bie  2(rt  ber  pxo)i>\)tti\d)m  Sd^riftftcllerei  über- 
l^u^t  Sic^t  gu  toerfen.  3n  bem  oben  erörterten  folgenjc^toeren  feierten  ^Qi)xz  bed  SÜnigß 
^ojaüm  begann  geremia^  nad)  36,  2  ff.  all  bie  SBorte  über  ^uha  unb  bie  SSöIfer,  bie 
er  in  feiner  bi^i^erigen  23jäl^rigen  Il^ätigfeit  gerebet  ^atte,  bem  93arud^   in  bie  g^er  ju 

26  biftieren.  3)ie  fo  entftanbene  Suc^roHe  tourbe  jloar  bon  bem  Äönige  t)erbrannt,  aber  ber 
$roj)^et  betüog  33aruc^,  i^ren  S^^alt  auf«  neue  nieberjufc^reiben,  loobei  ju  jenen  Sieben  biele 
anbere  äl^nlic^en  3"^^^  hinzugefügt  hjurben  (36,  32).  2)iefe  neue  Sudj^oHe  ift  mit 
bem  jefeigen  33ud^e  3^remiag  nidf^t  ibentifd^,  ba  e«  StüdEe  au«  Diel  fj)äteren  ^Ätm  cnU 
^ält,  aber  mit  t)oQer  @id^erl^eit  tann  man  batoon  au^gef^en,  bag  fte  irgenbioie  bie  ©runb^ 

so  läge  be«  je^igen  ä3uc^e«  bilbet,  unb  ba6  tvir,  um  t^ren  ^nf)alt  ju  relonftruieren,  nur  bie 

2lbfc^nitte  be«  93uc^e«,  bie  älter  fmb  al«  ba«  fünfte  3^^^  31^1^^"^^/  jufammenjufteDen 

brauchen.    Um  biefe  erfte  2lufgabe  ber  Äritil  be«  S^'^^^'niö^  /l«  llöfen,  betrad^ten  toir  am 

beften  bie  einzelnen  2tbfc^nitte  für  fid^  nac^  ber  überlieferten  SReil^enfolge  be«  Suc^e«. 

Äaj).  1  erjäl^lt,  h)ie  ber  fc^on  bor  ber  Oeburt  gum  ^ßrojjl^eten  au«erforene  3^«ww^ 

86  im  13.  ^ai}x^  be«  Sofija  bagu  berufen  h)urbe,  burc|  feine  ^rebigt  38öller  unb  Jtdnig- 
reiche  umjuftürj^en  ober  aufzubauen ;  feinen  iJanb«leuten  foKte  er  bie  ©trafboßjici^ung 
burc^  einen  toom  SRorben  ^er  fommenben  ^einb  berfünbigcn  unb  fidji  baburc^  il^ren  erbitterten 
§a^  S^si^^en.  2)a^  biefer  2lbfd^nitt  ju  ber  oben  erhjäl^nten  ©runbfd^rift  gehörte,  ift  eim 
leuqtenb.    S^gleic^  aber  entftel^t  ^ier  eine  g^age,  bie    fid^   bei  ben   anberen  älteften 

40  2lbfc^nitten  be«  S5ud^e«  loieberl^olt.  g^Hc^en  ber  in  biefem  äalpxUl  erjä^lten  Segebcn^t 
unb  i^rer  9Jieber|c^rift  liegen  über  20  ^afjxt,  unb  fo  ift  e«  flar,  ba^  toir  ^ier  nic^t  bie 
bi})lomatijc^  genaue  3)arftellung  ber  SBirflic^feit  felbft,  fonbem  ba«  in  ber  ©rinnerung 
be«  $ro})^eten  lebenbe  33ilb  berfelben  ju  fuc^en  ^aben.  5^mer  ift  ju  beachten,  ba^  ber 
5}ro))^et  feine  Sieben  nid^t  in  rein  l^iftorijd^em  S^terefle  nieberfc^reiben  liefe,    jonbem  um 

46  lu  einer  beftimmten  ^cxt  einen  beftimmten  ©inbrudf  auf  feine  £anb«leute  au«juüben.  @o 
fidler  be«l^alb  ber  ßl^arafter  be«  $rojj^etcn  Verbürgt,  bafe  er  bon  feiner  älteren  X^tiglcit 
fein  falfc^e«  93ilb  gegeben  ^at,  fo  fe^r  mufe  boc^  mit  ber  3DfJöglid^feit  gered^net  tüerbrn,  bafe 
er  bei  ber  9licberf^rift  bie  SJergangenl^eit  im  Sid^tc  feiner  f})äteren  Srfa^nmgen  ^efe^ 
l^at,  unb  bafe  fein  attucUe«  3nt^^^ffc  i^n  beranlajfen  fonnte,  beftimmte  6injel^eiten  m  ben 

60  SSorbergrunb  gu  rüdten  unb  ftärfer  gu  betonen,  ©elbfttoerftänblic^  ift  eine  qcatU  ©onberung 
gtoifd^en  bem  Urfjjrünglic^cn  unb  bem  ®))ätercn  nid^t  mel^r  möglich ;  aber  in  einjelncn 
^äÜen  fann  man  bo4>  mit  großer  aBai^rfc^eintid^Ieit  2lu«brücte  nac^loeifen,  bie  erft  bei  ber 
^icbcrfc^rift  cntftanben  fein  fönnen.  So  g.  8.  in  biefem  erften  Äaj).  ben  ©o^ :  bie  Äönigc 
3uba«  toerbcn  gegen  bid^  ftreiten  (23.  18),  ber  auf  bie  geioife  gang  anber«artige  Stellung 

66  be«  ^o[xia  gum  ^rot)^eten  (eine  Slüctfic^t  nimmt  unb  be«balb  burdp  bie  fpäteren  Slrbeitcn 
3ercmia«  beeinflußt  gu  fein  f^eint. 

Aap.  2—6.  Da«  erfte  ©türf  in  biefem  2lbfc^nitte  l^at  eine  gang  allgemeine  Über^ 
fdf^rift  2,  1,  unb  bon  ber  urf)}rünglic^en  Überfd{>rift  3,  1  ift  nur  ein  eingelne«  2Bort  übrig 
geblieben.    Dagegen  l^ei|t  e«  3,  6 :   unb  3ö^be  fjjrac^  gu  mir  in  ben  Xagen  be«  Äonig« 

6(>  ^o[xia.    Da  nun  alle  fünf  IEa))itel  na^e  bertoanbt  fmb  unb  biefelben  3^i^^^Ältniffe  ob^ 


^ertmtai»,  itt  ^xopfitt  651 

fpicgcin,  barf  man  anncl^mcn,  bafe  fic  alle  au^  bcr  fonft  im  )öud^c  [tat!  jurüdEtrctens 
bcn  jofijanifc^cn  Il^ättölcit  bc«  5|}roJ}l^ctcn  l^crrül^rcit,  toofür  oud^  xfyc  ^la^  im  Suc^c  \pxxä)l 
3)cit  ^"^alt  bicfcT  9lcbm  bilbm  ftlagcn  über  bie  im  3Boße  l^enfd^enben  ©ünben,  bor 
allem  ben  ©ö^enbienft  uttb  bie  9iei0uttö  ju  Sünbniffen  mit  fremben  äSöIfem,  unb  bro^enbe 
©d;ilberunöen  be«^  naiven  ©trafgeric^te^,  bie  jeboc^  im  Slbfd^nitte  4,  3  bi«  c.  6  mit  ®rs  5 
ma^nungen  ;^ur  Um!e^r  gemif^t  fxnb.  ^ud)  ^ier  finben  ftc^  ^lu^brüde,  bie  un$  e^er 
in  bie  ^»^eit  ^ojalim^  ol^  in  bie  be«  Sofxja  berfeften,  j.  8.  5,  1 :  ber  ^err  tüürbe  3eru* 
falem  Dergeben,  locnn  man  auf  feinen  ©trafeen  a\x^  nur  Sinen  finben  fönnte,  ber  mcd)t 
t^äte.  SSicHcic^t  gehören  audfi  bie  Slügen  U)cgen  Jjolitifc^er  SSerbinbungen  mit  äg^^ten  ^ier^er 
(2, 18. 36),  obfc^on  U>ir  freilid^  ju  ^^enig  bon  ber  poKtif^cn  Oefc^ic^te  ber  gubäer  unter  ^o^x\a  lo 
iüiffen,  um  l^ier  fxc^er  urteilen  ju  lönnen.  SBic^tiger  ift  bie  tJ'^age,  U>ic  e^^  fxc^  mit  bem 
nörblid^en  äjolle  berl^ölt,  toomit  Sererhia^  in  biefen  Äa))iteln  bro^t.  6«  toirb  bom  ^rop^eten 
aU  ein  gchjaltigeö  unb  graufame^  Solf  au«  ben  fernften  (äegenben  be^  9lorben^  be* 
fd)riebcn,  5,  15;  (>,  22;  e^  ift  ein  uralte«  SJolf,  beffen  ©jjrac^e  bie  ^wbäer  nic^t  ber- 
ftel^en  5,  15;  feine  Ärieger  fmb  mit  Sogen  unb  SBurffpiefeen  beloaffnet  unb  I;aben  Stoffe  i6 
unb  ©trcittoagen  (4,  13.  29;  G,  23).  ©inige  biefer  S^ac  Iel;ren  in  ben  fpäteren  Sieben 
tuicber,  tDO  bon  ben  6^albäem  Sie  ^ebe  ift,  unb  man  fönnte  be^^alb  meinen,  ba^  aUe 
biefc  ©teilen  erft  bei  ber  Slieberfc^ift  im  4.  ^a^xc  Sojafim«  lonjij)iert  tüären.  ®a«  loäre 
inbcffen  eine  fe^r  tuefentlic^e  Slnberung  ber  früheren  Sieben,  bei  ber  ber  ^rojjl^et  au^er* 
bem  ©efaf;r  lief,  bon  feinen  älteren  ^w^^rem  lorrigiert  ju  toerben.  SKe^rere  Oele^rte  ao 
meinen  beö^alb,  bafe  bicfe  ©teilen  ec^t  fmb,  bafe  fie  fxc^  ober  in  ben  urf)3rünglid;en  Sieben 
auf  bie  ©f^t^en  belogen,  bon  benen  bie  ^ubäer  loä^renb  ber  Slegierung  bed  ^o[x\a  be« 
brol^t  iourben.  3ft  biefe  2luffaffung  richtig,  fo  mu^  jebenfaHi^  l^ugegebcn  toerben,  ba^ 
3|cremia«  feine  S)arftellung  bei  ber  SJieberj^rift  jiemlic^  ftarf  mobifijiert  ^aben  mufe,  benn 
lüic  bie  Sluöbrüde  je^t  lauten,  Jjaffen  fxe  leine^loeg«  gut  ju  bcn  ff^tJ^ifc^n  Sorben.  Säie  gc*  26 
remia«  j.  SJ.  bam  gefommen  tüäre,  bie  ©I^t^en,  bie  nac^  $erob.  4,  5  ein  junge«  Soll 
ioaren,  ein  uralte«  3?olf  ui  nennen,  ift  fc^tüer  ju  feigen.  Unb  ebenfo  unnatürlid^  ioäre 
bei  einer  ^"bafion  biefer  5fJomabenftämme  bie  2)rol^ung  bon  einer  SBegfü^rung  ber  3u* 
bäer  nad)  einem  fremben  Sanbe  5,  19.  35aju  fommt  nod^f,  bafe  bie  Slad^rid^ten  über 
bie  ©h;t^eneinfälle  fo  bun!el  unb  tDiberfprud^oK  fmb,  ba^  toir  über  eine  ^nbafton  in  so 
bie  paläftinifd^en  (Segenben  ju  jener  ^dt  nic^t«  ©ic^ere«  toiffen  (bgl.  Slölbele,  S[uf= 
fö^e  ^ur  perftfc^en  ©efd^ic^te  8).  ^ie  gan^e  Kombination  bleibt  bed^olb  jiemlid^  un^ 
ftc|er,  unb  e«  fragt  ft^,  ob  ^eremta«  in  feinen  älteften  Sieben  nid^t  e^er  me^  im  all^ 
gemeinen  bon  einem  bie  ©träfe  boHjie^enben  3Solfe  gefproc^en  l^atte,  ba«  er  bann  fofort 
mit  ben  S^albäem  ibentifijierte,  ol«  biefe  auf  bem  ©(^au))la^e  auftraten.  SJon  fonftigen  35 
ßinjeli^eiten  biefer  fiajjitel  ift  no(6  ju  bemerten,  bafe  bie  SSerje  5,  18  unb  bie  entfpredficns 
bcn  äöorte  5, 10  jtoar  nic^t  an  unb  für  [xdf  al«  unjeremianifc^  bejeic^net  toerben  lönnen, 
aber  bod^  in  bcn  ^uf^wtmenl^ang  fo  U)enig  paffen,  ba^  fte  ben  (Sinbrud  machen,  fjjäterc 
milbcrnbc  Interpolationen  ju  fein.  J^mcr  läfet  fic^  bcr  2lbf(^nitt  3, 6—4, 2  faum  ber* 
ftc^cn,  iocnn  man  nic^t  3,  14—18  au«f(i^eibet.  §ier  ioirb  nämlic^  bie  Slettung  ßpl^raim«  40 
al«  ein  Slnfd^lufe  an  ba«  toieber^ergefteHte  3uba  gefdfiilbert,  loä^renb  fonft  in  biefcm  ©tüde 
ba«  an  ©pl^raim  gerichtete  2)roftU)ort  einen  polemif^^en  ©eitenblid  auf  ba«  ©übreic^  ent* 
^ält.  Son  biefer  Interpolation  Unntn  inbcffen,  h)ie  aud^  ©iefebrec^t  erlennt,  33.  14—16 
Don  ^crcmia«  felbft  berfafet  unb  bon  einem  Slnberen  l^ier^er  berbflanjt  fein. 

5iap.  7—10.  ®er  5Prop^et  ^dlt  am  (Singange  jum  S^empelbor^ofe  eine  Siebe,  ioorin  46 
er  ba«  ajolf  gur  Umle^r  aufforbert  unb  e«  tuamt,  auf  ben  lempcl  al«  S^^bc«  SBo^s 
nung  ju  bertrauen.  ga^ren  fte  mit  il^rer  ©ünbe  fort,  fo  l^ilft  i^nen  ba«  Heiligtum  nic^t, 
tüie  ba«  ©c^idfal  be«  beröbeten  ©d^ilo«  le^rt,  U>o  aud^  einft  ein  ®otte«^au«  ftanb  (7, 1—15). 
2)cr  ^rop^ct  foll  für  fein  3SolI  nidfit  beten,  benn  ba«  S}oK  ift  abtrünnig  unb  bient  frem« 
bcn  ©Ottern  (7,  16—20).  2)ie  im  Sempel  gebrachten  Dpfer  fmb  für  ©Ott  o^ne  SBert,  w 
benn  bon  älnfang  an  tyit  er  ©el^orfam  unb  nid^t  Opfer  berlangt;  ba«  3$olI  ober  ift  i^m 
ftct«  untreu  gen)efen  (7,  21—28).  ©ie  füHen  ben  Stempel  mit  ^eibnifd^en  ©Embolen, 
bicncn  ben  ©cftimen  unb  opfern  gar  i^re  eigenen  Äinber  (7,  32—8,  3).  aSergeblid^ 
Ijai  bcr  §err  auf  eine  Umfe^r  gekartet,  ioä^renb  ba«  SJolI  in  feiner  3:^or^eit  glaubt,  ba« 
©efe^  ©otte«  rid^tig  ^u  berfte^en ;  be«^alb  nal^t  ber  geinb  bon  Slorben,  um  e«  ju  bemic^*  66 
tcn  (8,  4—23).  3m  SSolfe  ^errfc^t  bie  größte  Unfxttlic^Ieit,  unb  fo  ift  bie  ©träfe  un= 
bcrmciblic^  (9,  1—21).  ©oloeit  ift  ber  ^^fanrntcnl^ang  im  großen  unb  ganjen  !lar, 
unb  bie  einzelnen  ©tüde  fmb,  toenn  auc^  nic^tju  berfclben  gcit  gefproc^en,  boc^  unt>er!enm 
bar  mit  Slbfxc^t  jufammengefteHt.  S)a«  golgenbe  mac^t  bagwen  einen  fe^r  fragmen^ 
tarifc^en  ßinbrud.    9,  22—23  enthält  eine  SRa^nung,  fxdfi  nid^t  ber  SBci^^cit  ober  ber  eo 


652  Sertmta^,  ber  ^vopfitt 

tücltlic^cn  aRa(^t,  fonbern  bcr  @r!enntnt^  be«  göttlid^en  SDätllcn«  gu  rül^mcn.  9, 24—25  bc^ 
brol^lt  bic  öcfc^ntttcnen  unb  boc^  Unbefc^nittencn  in  3"^^  ""*>  wnter  bcn  Reiben  mit  bcm 
©trafgeric^t.  10,  1 — 16  tjcrfpottet  bic  toten  ©ö^cnbilbcr  bcr  Reiben  unb  ftettt  fie  in 
©cgcnja^  5U  g^racl^  allmächtigem  (Sottc.    S)agcöcn  fc^eint  mit  10,  17  bag3:^a  Don 

5  9,  1—21  tDicbcr  aufgenommen  m  hjerben,  ba  bon  ber  SBegfüJ^rung  be^  3Solfe^  bic  SRebc 
ift ;  aber  ba^  folgcnbc  fü^rt  bod^  in  eine  U)e{cntKc^  anbete  ^id^tung,  benn  mit  älu^a^me 
Don  38.  22  \pxx6^t  f)kx  baö  gcbcmütigte,  reuige  aSolf,  ba«  feine  ©ünbe  erfcnnt  unb  ®ott 
bittet,  feinen  3ötn  über  bic  Reiben  au^jufc^ütten,  ^ixad  bagegen  fd^onenb  ju  bcBanbeln, 
33on  biefen  ©c^Iu^abfc^nittcn   ift   10,  1—16,  beffen  %^  übrigen«,  toie  LXX  iinb  bcr 

loaramäifc^c  35.  11  leieren,  nad^träglid^  criücitcrt  toorben  ift,  feit  5Kot)er«  bon  bcn  meiftcn 
Äritifem  mit  Siecht  al«  fjjätercr  ansang  erlannt.  ®ie  3)arfteIIung  erinnert  locit  d^cr  on 
2)euteroiefaia  ate  an  3^^^*«w^#  wnb  ber  (Scbanfengang,  ber  fwi^  nic^t  mit  bem  ©öt^en- 
bienfte  bcr  untreuen  g^raelitcn,  fonbern  mit  bcn  oJ^nmäc^tigen  ®öttcm  ber  ^cinbe  gdracte 
bcfc^äftigt  (f.  befonber«  9?.  5),  ift  ber  bamaligen  Intention  ber  5Proj)^cten  biamctral  ent- 

16  gcgengefe^t.  ®ie  Ilcinen  ©tüdte  9,  22  f.  unb  9,  24  f.  ^aben  mm  9Sorl^crgel^cnben  leine 
Sejic^ung,  aber  über  il^re  ©ntftc^ung  läfet  fic^  loegen  il^rer  Äürje  nid^t«  fidlere«  fagen. 
®cr  ©d^lufe  10,  17  ff.  loirb  allgemein  al«  ec^t  unb  afö  bic  urfjjrünglidfie  gortfc^ung  bon 
9,  21  betrachtet.  Slbcr  h)cnn  auc^  SS.  17  f.  unb  22  gut  ^um  ^aujjtabfc^nittc  pa\\m,  fo 
gilt  bic«  laum  bom  Übrigen,   ba  bic  plö^lic^c  Sinfü^rung  ber  bom  llnglüdte  belegen 

20  ©emeinbc  im  ^oljien  (Srabc  auffällig  ift.  äu^  ift  biefer  äbfc^nitt  in  Anbetracht  bcr  bor« 
l^crge^enben  felunbären  ©tüdEc  leichter  al«  9?ad(>trag  al«  al«  gortfefeung  m  öcrftc^cn.  äl« 
fidler  jeremianifc^  barf  jebcnfall«  nur  7,  1—9,  21  gelten.  SDiefer  Slbfd^nitt  loirb  bon 
ßi^ig,  §äöcrnidE  u.  a.  bcr  joftjjanifc^cn  ^eriobc  jugefd^rieben.  2lbcr  l^icfür  laffen  fic^ 
feine  jloingcnbcn  ®rünbe   anführen,   unb  anbererfeit«  treffen  tt)ir  26,  2.  9   einige  3?erfe, 

26  bic  unberfcnnbar  eine  furje  3ufammcnfaffung  ber  großen  2:em))clrebc  c.  7  fein  tooucn,  unb 
bic  un«  für  biefe  Siebe  au«brüdElic^  jum  anfange  bcr  Slcgicrung  Sojafim«  füllen  (26, 1). 
®amit  ftimmt  aud^  ber  ^n^alt  bon  7,  1—9,  21  gut  überein,  namentlich  tocil  bic  fiorlc 
S3ctonung  be«  ^eibnifc^cn  Äultu«  tücit  beffer  jur  Slcgicrung  ^iojatim«  afö  ju  bcr  be«  ^o^ija 
pa^t     3)anad^  ift  ba«  ©tüdf  cttüa«  jünger  al«  c.  1—6,   gcl^ört  aber  aud^  jur  Orunb^ 

30  fd^rift  bc«  95ucf>c«. 

^(üp.  11,  1—17.  Scremia«  crmal^nt  nac^  bcn  SSefe^Icn  bc«  §erm  ba«  SSolf,  „bic 
SBorte  biefe«  95unbe«"  (PNTn  r^^^n  •^-ai)  gu  l^altcn,  unb  erinnert  e«  an  bic  ^üd^c,  bic 
e«  fonft  treffen  locrben.  Dbfd^on  aber  bic  SSäter,  bic  bcn  33unb  nid^t  hielten,  bon  ber 
©träfe  getroffen  lourbcn,   fä^rt  bic  jc^ige  ®cneratton  fort,   fremben  ®öttem  ju  bienen, 

36  unb  bef^loört  baburc^  bic  göttliche  ©träfe  l^erauf.  SDa^  S^emia«  l^icr  ba«  unter  ^o^\a 
gefunbcnc  ®cfc^buc^  bor  äugen  ^at,  toirb  mit  SRed^t  aUgemein  ancriannt,  unb  fo  bc= 
ftätigt  biefer  Slbfd&nitt,  h)a«  oben  öon  bem  tcillocifen  3lnf(|lu6  be«  3^^»"^^«  an  bie  Sic« 
formation  biefe«  Äönig«  gefagt  lourbe.  aber  ba«  gan^c  ©tüdE  !ann  nic^t  unter  ^o^\a 
gefj)roc^cn  fein,  fonbern  bc^iel^t  [xd)  l^aujjtfäd^lid^  auf  bcn  erneuten  3lbfaII  bc«  SSoIfc«  unter 

40  5ioi<*fitn,  fo  ba^  ba«  Keine  ©tüdE  auf  lel^rreic^e  SBcifc  jcigt,  toic  bcr  ^rop^et  bei  ber 
9Hebcrfd^rift  feiner  Sieben  33ergangcnbcit  unb  ®egcnh)art  öcrfdfimolj. 

Äaj).  11,  18—12,  6,  ba«  öon  bcr  Slnfcinbung  bc«  $roi)^etcn  öon  feiten  ber  Be- 
amten Slnat^ot^«  ^anbclt,  fc^Kc^t  fid^  formell  eng  an  ba«  38or^crgc^cnbc  („bamol«  licfeefl 
bu  mid)  il^rel^atcn  fcben").    ®a  inbeffen  11,  1—17  feinen  beftimmten  3^i^wnft  mar* 

46  licrt,  ift  e«  eth)a«  unfic^er,  ob  bic«  „bamal«"  fic^  nic^t  cl^cr  bei  bem  urfprünglid^cn  3"= 
fammen^ang  auf  ein  anberc«  StüdE  bcjog.  ^ür  biefe  Slnna^mc  fjjrid^t  aud^,  ba^  „pc" 
33.  18  ol;nc  SRelation  ftel^t,  fo  ba^  man  erft  33.  21  erfährt,  bafe  i)on  bcn  änat^otlcnfcm 
bic  $Rebc  ift.  Übrigen«  entftanb  ber  Heine  2lbf(^nitt  tDol^l  bei  ber  Slbfaffung  bcr  ®runb- 
fd^rift,  ba  ber  fclbft  Don  feinen  9iäd;ften  Derlaffene  ^ro^l^ct  auf  feine  erfte  2cibcn«jeit  jurüd^ 

6oblidfte,  Dgl.  12,  5  f. 

Aap.  12,  7—17  lä^t  ficl^  nid^t  fid^cr  baticren.  6«  beginnt  mit  einem  Älagclicb  auf 
ba«  Don  bieten  ^cinben  bcrhJüftetc  Sanb  (33.7 — 13)  unb  fcl^lie^t  mit  einer  2)ro^ung  gegen 
bic  9Jad)bart)ütfer,  bie  :3«racl«  Sanb  angetaftct  (y^^)  l}ab^n :  ftc  f oHen  f elbft  au«  il^^rcn  Sän= 
bem  iDcggefü^rt  toerben,   faß«  ftc  fid^  aber  bcfel^rcn,   lieber  jurüdffommcn.    ®icfcjh)eitc 

66  .öätfte   Jjafet  gut    auf  bic  33er^eerung  3"^^«  burc^   bie  SJac^barbölfcr    nad^  bcm  2lbfallc 

Sojafim«  2  Äg  24,  2,  unb  banad^  l^aben  biele  Äritifer  ba«  ganjc  ©tüdE  baticren  tooHen. 

aber  bic  Sluebrüde  in  bcr  erften  §älfte  (33.  7.  10—12)  lauten  fo  ftarf,  ba^  man   c^er 

an  bie  ^6t  bc«  ß^it«  erinnert  mirb.    I)a  nun  ba«  Älagelieb  !aum  eine  fingierte,  fon^ 

'  bcm  eine  h)ir!lid^e  ^crhjüftung  t>orau«fc^t,    fmb  l^ier   enttoeber  jtoei  ©tüdEc   au«  Ijerf^ie« 

üt)  benen  3^^^^"  gufammcngeftcllt,   ober  bcr  ©d^Iu^  ftammt  aud^  au«  bcm  (Sjile  unb  bejic^t 


3feremtai»,  ber  ^rofi^et  653 

ftc^  auf  bie  Übcrßriffc  bcr  9?ac^bart)ölfcr  beim  Untctflanße  be^  iubätfd^cn  ©taatc^,   k>fll. 
%  c.  25. 

Aap.  13  bejc^rcibt  in  ber  gorm  einer  fi^mbolifc^en  ^anblung,  h)ie  ^uia  in  Säbel 
gebemütigt  toerben  foll  (33.  1—11),  unb  in  ber  gorm  eine^  ©leid^nifleö,  tpie  bie  gubäer 
jur  S^xt  ber  ©träfe  tt)ie  betrunfen  bafte^en  Serben  (93. 12—17) ;  mit  ber  ^errlid^teit  beä  5 
Könige  unb  ber  Äönigin  5Wutter  ift  ci^  Vorbei  (33.  18  f.) ;  baran  fc^Uefet  fx6)  ein  Älage^ 
lieb,  ba^  ben  beöorfte^enben  Untergang  ^^^f^'^"^^  fd^ilbert  (33.  20—27).  2)ie  meiften 
Äritifer  batieren  bie^  ©tüdf  nac^  33.  18  f.,  U>o  bie  (Srh)äl^nung  ber  Äönigin  ^Kutter  un^ 
fidler  in  bie  geit  Sefonja^  berfe^t,  bgl.  22,  26 ;  29,  2.  ®raf  bagegen  lä^t  e«  jur  3eU 
^ojafim^  entftanben  fein,  ba  eö  über  c.  1—12  ni(^t  ^inau^fül^,  unb  bie  ©träfe  nod^  lo 
al^  fünftig  gefd^ilbert  toirb.  S)a  beibe  33eobac^tungen  gleich  richtig  finb,  fd^lägt  ©iefe« 
brecht  bie  anfprec^enbe  Söfung  \)0X,  ben  2lbfc^nitt  in  Übereinftimmung  mit  (äraf  gu  ba« 
ticren,  aber  93.  18  f.  aU  3wfa§  au«  ber  ^^it  Scfonjaö.  3ft  ^i^  tidfitig,  fo  !ann  ba« 
Äapitel  mit  Su^fc^eibung  jener  93erfe  in  ber  ®runbf(^rift  geftanben  ^aben. 

Sal).  14—15    ift  burd^  einen  furd^tbaren  Siegenmangel   öeranla^t.    S^^^^w^i^^  ^^^^  iß 
ju  ©Ott  für 'fein  33oif,  aber  ber  §err  Verbietet  i^m  jebe  ^Jürbittc;  ber  ^rop^et  toill  ba« 
t)om    falfd^en  ^Propl^eten  berblenbete  93oH   entfc^ulbigen,   ober  ber  $err  tpeift  feine  6nt= 
fc^ulbigung  jurüdE;   felbft  3)lofe  unb  ©amuel  toürben  burc^  il^re  gürbitte  bie«  93oIf  nic^t 
retten  fönnen  (15,  1),  benn  ber  $err  ^at  feinen  Untergang  toegen   ber  ©ünbe  SKanaffe« 
befc^Ioffen.    2)er  ©c^lufe    enthält    eine   perfönlid^e  Klage   be«  $roJ}^eten   über  bie  33ers  ao 
folgungen  öon  feiten  feiner  geinbe  (15,    10—21).    ^ntoiefern  biejer  ©c^Iufe  urfjjrünglic^ 
mit  bem  9Sor^ergel5^enben  julfammen^icng,    bleibt  auc^   ^ier  unfic^er.    3)a«  übrige  bilbet 
bagegen   eine  SinF^eit,   too   jebod^   bie  SHei^enfolge   ber  einzelnen  QUxit   (ögl.  befonber« 
14, 19  ff.),  ab  unb  gu  auffällig  unb  bielleic^t  nic^t  urfprünglic^  ift.  Offenbar  ift  bie  3)ürre 
nid^t  bie  §auptfac^e,  fonbem  ein  2lnlafe  für  ben  ^rojj^eten,  bem  3JolIe  bie  obfolute  §off*  25 
nungölofigfeit    feiner  3wlunft  ^ju  berlünbigen.    3la6)  feiner  ganjen  Haltung  gehört  ba« 
StüdE  gu  ben  Sieben  be«  S^^^i^^  ^^  Slnfange  ber  Slegierung  be«  SojaKm   unb  fann 
banacb  in  ber  ©runbfc^rift  geftanben  ^aben. 

kap.  16—17.  3)er5Pro^^et  barf  nid^t  heiraten,  an  feiner  2^otenIlage  unb  an  feinem 
feftlidj^en  ©elage  teilnehmen,  benn  ber  Untergang  be«  3Solfe«  ift  na^e(16,l— 13.  16— 17);ao 
bie  ©ünbe  ^nha^  fann  nid^t  bergeffen  tüerben,  unb  bie  ©träfe  ift  be«^b  unbermeiblidj 
(17,  1—4).  3)iefe  ©tüdte  fmb  mit  bem  bor^erge^enben  Slbfc^nitte  bertoanbt  unb  tooJ^^l 
unter  benfelben  9?er^ältniffen  entftanben.  2Ba«  bie  beiben  Äaj)itel  fonft  enthalten,  bietet 
feinen  mirflic^en  Swfömmenlf^ang  bar  unb  h)irb  toal^rfc^einlic^  eingefd^oben  fein,  ©inige« 
baöon,  namentlich  bie  Jjerfönlic^e  filage  17, 14—18,  rü^rt  getoi^  bon  S^^^i^^  f^^^P  ^er,  35 
ift  aber  erft  Don  einem  ©Jjäteren  an  biefer  ©teile  eingefügt,  ©c^r  ^loeifel^aft  ift  bagegen 
bie  jeremianifc^e  Slbfaffung  öon  17,  19—27,  too  ba«  ©abbat^gebot  eingcfc^ärft  n)irb. 
SKeber  ^ef  58,  13  ff.  56,  2  ff.  noc^  bie  bon  Honig  betonte  ^ParaUele  2lm  8,  5  machen  e« 
erllärltcb,  ba^  3^^»"i<*^  ^i^  ©abbatö^eiligung  ate  für  bie  3wfunft  be«  9Solfe«  entfd^eibenb 
foQte  betrad^tet  l^aben.  40 

Äal).  18—20.  3)cr  ^rojj^et  fielet  in  bem  3Serfa^ren  be«  %ö\>\^  ein  33ilb  ber  grei* 
I;eit,  momit  (Sott  bie  3Renfc^en  bel^anbelt,  ol^ne  bur^  öorl^ergelf^enbe  SBeiöfagungen  ge- 
bunben  gu  fein  (18,  1—10).  3llfo  fönnte  ba«  33olf  bem  angebro^ten  ©trafgeric^te  burd^ 
SBcfc^rung  entgegen;  aber  e«  ift  ftarrfinnig  unb  tpill  fxc^  nidfit  belehren  (18,  11—17). 
2)aran  fd^liefet  fic^  eine  Jjerfönlic^e  Älage  be«  ^rojj^eten  über  bie  geinbfc^iaft  feiner  uns  45 
bantbaren  iianb^leute  (18,  18—23).  Der  ^rop^et  jerbric^t  im  §innomt^ale  einen  irbenen 
Krug,  um  bie  93erni(^tung  be«  35olfe«  ju  öeranfc^aulic^ien  (19,  1—13)  unb  begiebt  fic^ 
bann  nac^  bem  lempelbor^ofe,  tpo  er  bem  unbufefertigen  33olfe  ba«  ©trafgerid^t  öerfünbet 
(19,  14—15).  3>if*^lö^^#"  läfet  ber  ^Priefter  ^^afc^^ur,  ber  2luffe^er  im  2^emj)el  toar, 
ben  ^IJroJj^eten  t^er^aften ;  ate  er  i^n  aber  am  folgenben  Xagc  luicber  frciEä^t,  tüicbcr=  so 
l^olt  ber  unbeugfame  5ßrop^et  feine  3)rol^ung  unb  berfünbet  bem  lUfc^^^ur  ben  lob 
imtcr  feinen  nac^  95abel  gefd^l^^jiten  2anb«Ieuten  (20,  1—6).  ^um  St^Iufj  tiac^i  S^te^ 
mia«  über  bie  ©c^mer^en,  bie  i^m  fein  $roJ}l5>^tenamt  bereitet,  unb  über  bie  ikrfoiöutu)en, 
bie  e«  beranla^t,  fpriq^t  aber  jugleidfi  bie  fiebere  Überzeugung  au«,  bofe  ber  ^t»*^»^  if?>it 
jci^lie^lic^  ©enugtl^uung  berfc^affen  tüerbe  (20,  7—18).  3)ie  Sllnafiimg^^eit  bicfcr  Mii).ntcl  55 
ift  fe^r  tjerfc^ieben  beftimmt  loorben.  3)odS^  fVric^t,  loie  Äuenen  mit  aic4)t  l)erüDr0cl?obcn 
f;at,  bie  6rh)ä^nung  ^Pafc^l^ur«  afö  lem^elauffe^er«  gegen,  bie  i^cric^ung  uon  Mp.  ilif.i 
in  bie  3eit  ©ebefia«,  ba  bamal«  ein  Slnberer  bie«  2lmt  öerti^attetc  (29,  2b  f.).  %w^\ 
\px\d)i  für  bie  S^t  Soiafim«,  bafe  bon  einer  fd^on  eingetretenen  iü^gfüi^ruiiö  Ut  pub^j 
nad;  93abel  feine  Siebe  ift,   unb  ba^  bie  3)ro^ung  20,  6  nur  il?rc  tjaUc  mix' 


664  dieremiad,  ber  ^ro^et 

übt,  U)cnn  fic  öor  597  ßcfjjrod^m  tüorbcn  ift.  SnbKci^  geigt  btc  furje  ®aucr  ber  (Sefangcn^ 
fd^aft  ber  ^Projji^ctcn,  bafe  Jctnc  geinbe  fid^  nodfi  ntc^t  jo  mächtig  füllten  h)ic  unter  bem 
Äönige  ©ebefia.  eine  nähere  Seftimmung  ift  aber  nid^t  möglich,  ba  bteSBorte  im  19.Äajj. 
jtoar  an  7, 29  ff.  erinnern,   aber  bod^  ebeiifogut  nac^   bem   4.  ^ai^rc  Sojafim^  gefproc^en 

6  fein  lönnen.  2Baö  c.  18  betrifft,  ^at  e^  eine  äl^nlid^e  Stniogc  h)ie  c.  19  f.  unb  in  beiben 
äbfd^nitten  ift  bom  3:ö)3fcr  bic  SRcbe.  3)ana(6  ^abcn  SKe^rere  c.  18  afö  mit  c.  19  f. 
gleic^jcitig  betrachtet.  2lber  ftdber  ift  biefer  ©dylu^  boc^  nid^t,  ba  bic  3wf«"^^"cnftcDung 
ber  beiben  ©tüdfe  aud^  umgefeprt  burc^  bie  gemeinfame  ßrlpä^nung  be^  iö^fer«  Dcran= 
lagt  fein  lann.    Unb  nä^er  betrad^tet  fc^eint   auc^  c.  18,    h)0  bie  SRöglid^Ieit  einer  3"' 

10  rtidfna^me  ber  brojj^etifc^en  3)rol^ung  fo  ftarf  betont  tüirb,  einer  frül^eren  ^eriobc  anjuge« 
^ören.  ®aju  lommt,  bag  c.  18  augenjdfieinlid^  bon  3^^»wiög  f^l&P  ^errü^rt,  h>ä^renb 
c.  19  f.  ju  ben  erjä|[|lenben  ©tüdfen  gel^ört,  h)o  jtoar  auc^  Sieben  beö  ?Pro)3^eten  mitgeteilt 
toerben,  aber  boc^  feine  ©rlebnijfe  bie  ^aujjtfac^e  fmb. 

Ra!p.  21  ift  nadfi  ber  Überfc^rift  au«  ber  3«t  ©ebelia«,  nad^  3S.  4.  9  naiver  an^  ber 

16  ^dt,  ba  bie  Belagerung  ^erufalemd  burc^  bie  (E^alböer  angefangen  l^tte..  ^er  ilonig 
fd^idfte  aRänner  jum  ^rot)|eten,  um  öielleid^t  ein  tröftenbe«  SBort  ui  ^öreii,  ober  3^<^ 
mia^  berlünbigt  il^nen  fd^onungäo^  ben  beDorfte^enben  ©ieg  ber  Belagerer.  Die  Sebe 
[(^liefet  mit  33.  10.  SBa^  barauf  folgt,  ift  jufammen^angdo^  unb  auö  anberen  Se^ 
ftanbteilen  mit  §inblidf  auf  c.  22  lombiniert. 

20  Äaj).  22,  1—23,  8  l^anbelt  bon  ben  Jlönigen  bon  guba.  3w^t  ermal^nt  ber  ^^ro= 
}^tt  ben  (nic^t  )ueiter  begeid^neten)  ^nig,  ©erec^tigleit  ju  üben,  ba  er  nur  baburd^  fein 
mtid)  bor  bem  Untergange  retten  hjerbe,  22,  1—5;  bag  folgenbe  33.  6—9  entl^ält  ein 
Älagelieb  auf  ben  gall  beg  föniglid^en  §aufe^  (?) ;  e^  folgen  bann  func  SBorte  über  bie 
Äönige  ©c^aUum  (S.  10—12),  Sojafim  (35.  13—19)  unb  ^efonja  (B.  24—30),   toa^ 

26  renb  33.  20—23  gegen  ^^nijalem  gerid^tet  fmb.  3)en  ©d^lug  bilbet  ein  SBe^eruf  über 
bie  Äönige,  ber  in  eine  ^erl^eifeung  übergebt ;  ber  §err  toirb  feine  §erbe  fammeln  unb 
i^r  beffcre  §irten  geben  (23,  1—4);  bem  §auje  S)abibg  loirb  ein  neuer  ©Jjrog  (^icr 
beutlidb^  ein  einjelner  Äönig)  erloedft,  ber  ©cre^tigf eit  üben  loirb,  unb  bcffen  5Rame  „3^^^ 
unfer  9lec^t"  lauten  foll  (23,  4  ff.).    3)er  §auj)tfac^e  nac^  mug  biefer  äbjd^nitt  ber  3eit 

30  ©ebefia^  zugerechnet  werben,  benn  unter  biefem  Äönige  fmb  o^ne  3^<^^M  ^^^  Sieben,  bic 
im  cinjelnen  unter  ben  borlf^ergelienben  Königen  entftanben  tüaren,  gufammengeftellt  unb  mit 
ber  lool^l  aud^  ettüaö  älteren  ßinleitung  22,1—5  berfc^en.  22,  0—9.20— 23  fmb  h>a^r= 
fd;einli4  erft  fpäter  cingcfd^obcn.  SQ3ie  e^  fid^  mit  ber  SSerl^eigung  c.  23  bereit,  ijl  eine 
jd^toierige  ^Jrage,  bie  nur  in  3Serbinbung  mit  bergrage  nac^  ber  ©nttoidfelung  berüMcffta^ 

36  ibec  gelöft  hjcrben  tann.  Sldn  Iritifc^  betrachtet  macl^en  bie  33erfe  23,  1—4  einen  au^ 
ge))rägt  jeremianifd^en  ßinbrudf,  toobei  e^  nur  jtDcifellf^aft  bleibt,  ob  fic  ber  borqrilifc^cn 
ober  ber  egilifd^cn  ^6i  angel^ören.  dagegen  ift  nai^  ben  fielen  §irten  33.  4  bic  3*^^^^'= 
bualifxerung  be«  meffwnifc^en  Könige  55.  3  f.  atlerbing^  auffällig,  unb  bie  ßd^t^eit  biefer 
33erfe  be^^alb  fc^hjer  ju  bereifen.    ®cgen  ben  icremianijc^en  Urjprung   ber  legten  33erfc 

40  38.  7—8,  bie  jd^on  10,  15  tjorfamen,  lägt  ftd^  nid;t^  geltenb  madfien;  ouc^  ift  ^ier  eine 
äbfaffung  bor  bem  @jil  toie  bei  33.  1 — 4  feine^tDcg«  unmöglid^ ;  bgl.  32,  37. 

kap.  23,  9—40,  eine  unbatierte,  leibenfd^aftlid^e  Siebe  gegen  bie  faljd^en  ?Pro})^eten. 
9?ac^  ben  fonftigen  SSeric^ten  be^  S3uc^e^  bcnft  man  am  beften  an  bie  ^txt  ©ebefia«. 
Äal).  24.    3)er  $ro)3^et  öergleic^t  bie  mit  3<^fo"ia  toeggefü^rten  gubäer  mit  guten, 

46  ©cbclia  unb  bie  ^wriidtgcbliebenen  mit  fc^led;ten  feigen.    2)ie  Slbfaffungö^cit   h)irb  2J.  1 

ate  bcr2lnfang  berS{egienmg©ebcfia^  beftimmt,  tDomit  ber  3«^alt  auf«  bcfte  l^rmonicrt. 

Äa}3.  25  ftammt  nac^   ber  Über|d^rift   an^  bem  folgenfd^hjeren   tjierten  3^1^^^  3^1^* 

lim«,  bem  3ai^re  ber  Sd^lad[;t    bei  Äarfemijd^.    3)er  $rot)t;ct  tjerfünbet  bem  33olIe,    auf 

ba«  feine  bi«l;erigc  j^ioanjigjäl^rige  3^^ätigfeit  o^ne  Ginflug   geblieben  ift,   bie  SBer^eerung 

60  burd;  Slebufabrefar,  ber  nac^  bem  S3efct^luffe  ®ottc«  70  3a^rc  lang  über  3wba  unb  bic 
übrigen  Sölfer  ^errfcl^en  foll.  3)ie  Äritif  ©c^hjaH^«,  tDonad^  bic«  ganj^e  StcüpxUl  bcm3c= 
remia«  ab^ufprec^cn  tüäre,  l^at  ©iefcbrcd^t  auf  ba«  rid^tige  SRag  jurücfgefül^rt,  inbcm  er 
einen  ed^tcn  »Wem  annimmt,  ber  aber  jiemlid;  ftarl  erhjcitcrt  toorben  ift.  Sefonbcr«  cin^ 
leucl^tcnb   ift   ber   fcfunbäre  Urf^rung  t)on   3L^.  12—14;    auc^  ift  ba«  Sltbafd^  33. '20 

66(©ci^cfd^af  für  33 a bei)  tücnig  im  ©tile  bc«  3^^^*"'^«. 

iXap.  2G  cntlf^ält  einen  35ericfit  über  bie  Iobe«gefal^r  be«  ^rop^eten,  bie  burd^  feine 
Xemjjclrcbe  c.  7  ^crt)orgcnifen  ivurbc  (f.  oben).  3ur  ©runbf^rift  gel^örtc  e«  nid^t, 
benn  gerabc  bei  bicfcm  Äa^itel  ^cigt  ftd^  auf«  bcutlic^ftc,  bag  e«  nic^t  in  Serbinbung 
mit  c.  7  entftanben  fein  fann,  fonbem  ben  oben  crtüät;ntcn  cr^ä^lenbcn  ©tücfen  angehört 

60  l^^aben  mug. 


^eremtad,  ber  ^ro^et  655 

Äaj).  27— 29.  ©cfanbtfc^aftcn  emiger 9lac^barftaaten  ftnb  in  S^ßlem  angefornmen, 
um  gu  einer  gemeinsamen  Slftion  gegen  Säbel  aufjuforbem,  toe^^alb  ber  ^ropl^et  t^nen 
burc^  eine  f^mbolijtte  §anblung  Derfünbigt,  ba^  ein  freiwillige^  S^ragen  beö  d^^Ibäifc^en 
Sod^^  bie  eingige  SRettung  für  ^nia  unb  bie  anberen  9Sölfer  fei  (c.  27).  Sin  ^ro)3^et 
.^ananja  tritt  gegen  3^^n^i<*^  «"f  ^'^'^  berfj)ri(i^t,  ba^  bie  nad)  Sabel  (Sefül^rten  in  jh)ei  6 
'^af)xm  n)ieberfommen  toerben ;  S^t^^iö«  fc^tpeigt  juerft,  Derlünbet  aber  fpöter  bem  ^ananja 
leinen  Sob  binnen  ^a^re^frift,  toa^  bann  au^  gejc^ie^t  (c.  28).  ^eremia«  fd^iat  einen 
33rief  an  bie  ©julanten  in  Sabel,  h)orin  er  fte  aufforbert,  fic^  ru^ig  im  fremben  Sanbe 
einzurichten,  benn  70  ^Qi)xt  lang  foH  bie  d^albäifd^e  ^errfd^aft  bauem,  unb  bie  in  guba 
Rurüdfgebliebenen  hjerben  iai  ©d^idffal  i^rer  ©ruber  teilen  (c.  29).  3)ie  beiben  erften  lo 
Äajjitel  fangen  auf«  ©ngfte  jufammen  (bgl.  28,  10  mit  27,2),  foba|  bie  Datierung  28, 1 
„im  4.  3a^re  i^  ©ebena"  aud^  für  c.  27  gilt.  2)emnac^  ift  bie  Überfc^rift  c.  27, 
bie  Sojafim  meint,  afö  faljd^  ju  fheid^en.  5Kit  biefen  Äa))iteln  ift  toieberum  c.  29  in^alt= 
lic^  na^e  Dertoanbt,  h)enn  aud^  ba^  ^ier  Serid^tete  möglid^erlpeife  ettoaö  frül^er  ftattfanb. 
®er  gange  ätbfd^nitt  gel[^ört  ju  ben  erh)äl^nten  erjöl^lenben  ©tüdfen  be«  33ud^e^,  bilbet  ib 
aber  unter  biejen  eine  Heine  din^eit  für  fid^,  bie,  toie  eö  fd^eint,  einft  felbftftänbig  ejiftiert 
l^aben  mu^.  ^n  biefen  Äa))iteln  toec^feln  nämlic^  bie  getüöl^nlid^en  iWamen^formen  Mufig 
mit  anberen,  hjeniger  urfjjrünglic^en ,  j.  8.  nr^n-^  für  it^^?:"^'^,  9lebulabnefar  für  ^Jebu« 
labrefar.  2lber  inl^altlic^  lä^t  fic|  lein  toefentlid^er  Unterfc^ieb  nad^tpeifen  jU)ifd^en  ben 
anberen  erjö^Ienben  2lbf(^nitten  unb  biefen  unjtpeifel^ft  auf  guter  Information  rul^bcn  20 
Rajjiteln. 

Rap.  30—32,  eine  Sleil^e  Don  3:roph)eiefagungen.  S3on  biefen  Äai}iteln  ru^t  c.32, 
ioie  bag  burd^gängige  „id^"  geigt,  auf  birelter  aJlitteilung  be«  ^ßrojjl^eten  felbft.  ®r  er« 
'^af)lt  barin,  loie  ein  Setter  gu  i^m  !am,  ate  er  unter  ber  Slegierung  ©ebelia^  im  ®es 
fängni^  fa^,  unb  i^n  aufforberte,  ein  ©tüdE  ^Ib  in  Slnatl^ot^  gu  faufen,  unb  toie  bie^  25 
i^m  ainlafe  gab,  fid^  über  bie  fünftige  SlüdRe^r  be«  SSoße^  auögufjjrei^en.  S)ie  Olaubs 
toürbigfeit  be^  3i"^öl*^  ftel^t  im  SBefentlic^en  feft  unb  ift  für  bie  Seurteilung  ber  3u* 
funftigertoartungen  be^  ^PrtjJl^eten  bon  ber  größten  Sebeutung;  aber  anbererfeit«  liegt  ba^ 
Äapitel  nid^t  in  feiner  urfprünglid^en  ®eftalt  bor,  fonbem  ift  burd^  fpätere  §änbe  er* 
tocitert.  9lamentlic^  gegen  bie  6c6tl^eit  \)on  33.  17—23  l^at.©tabe  Orünbe  borgebrad^t, so 
benen  ©iefebrec^t  unb  Jl5nig  mit  9led^t  gugeftimmt  ^oben.  Sl^nlic^  fd^eint  e^  ftd^  aud^ 
mit  S(ap,  33  gu  berbalten,  bag  biefelbe  ^Datierung  trägt,  ©inleud^tenb  ift  l^ier  bejonber« 
bie  Uned^tl^eit  ber  an  23, 5  f.  erinnemben  3Berfe  33,  14  f.  SP  nämlid^  jene  ©teile  felbft 
imec^t,  fo  gilt  natürlidfi  ba«felbe  bon  biefer  9?ad^al^mung ;  unb  foHte  jene  ed^t  fein,  fo 
toirb  S^<^"ifl^  0^h>i^  nid&t  feine  eigene  3)arftetlung  fo  eigentümlid^  mobifigtert  ^aben,  ss 
toie  e^  ^ier  ber^atl  ift.  i)ie  nic^t  befonber«  batierten  ka!p.  30  unb  31  toill  ©menb  bem 
^rojj^äen  DoHftänbig  abfjjred^en.  Sei  c.  30  fc^eint  bie^  Urteil  aHerbingg  gutreffcnb  gu  fein, 
inbem  bie  ieremianif(|en  Sffienbungcn  biefe«  ©tüdfeS  el^er  auf  Slad^ai^mung  gu  berul^en  jc^einen 
unb  be^l^alb  ben  fonftigen  ©d^toierigleiten  gegenüber  nid^t«  betoeifen.  dagegen  fc^eint 
c.  31  me^rere^  (Sdfitc  gu  entl^alten,  unb  namentlid^  liegt  fein  toirflid^er  Orunb  bor,  bem  40 
^rop^etcn  bie  in^alt^reic^e  ©teile  31,  27—34  abgufjjrec^en.  SBa^rfAeinlid^  ift  ber  ed^te 
Seftanbteil  biefe«  Äaj)itete  nic^t  gleid^geitig  mit  c.  32,  fonbem  erft  toöi^renb  be«  ©jite 
abgefaßt. 

Siap.  34    berje^t   unö   in   bie    3^^*   '^^  Belagerung    gerufalem«   unter   ©ebefia. 
tl  1—7  entl^alten  eine  Siebe  an  ben  fiönig,  beffen  ©efangenfd^aft  borau^gejagt  toirb;  45 
ä>.  8—22  ergä^len,  toie  bie  ^wbäer  in  ilf^rer  9Jot  ein  alte«  ©efe^  über  j^ebräifdj^e  ©flaben 
auefül^rten,  aber  fofort  i^re  Diadfigiebigfeit  bereuten,  afö  bie  SSnfunft  be^  ägi^)3ti|4^  §eered 
neue  Hoffnung  ertoedtte.    3)a^  Äapitel  gel^ört  gu  ben  ergäl^ilenben  abfdfmitten. 

Sta\>.  35.  2)ie  Streue,  toomit  bie  Slefabäer  an  i^ren  alten  ©itten  feft^ielten,  toirb  ben 
Subäem  afö  ein  befdfiämenbe^  Seifjjiel  borgefü^rt.  9iac^  3S.  1  u.  11  fällt  tfa«  Äaj)itelBO 
in  bie  ^^\t  ^o\atm^,  afö  ein  §eer  9?ebufabrefar«  iai  Sanb  burd^gog.  Ob  biefer  3wft 
burrf)  ben  SlbfaH  Sojafimö  öeranla^t  -toar,  ober  gu  ber  3^it  ^^^Mc,  ba  9lebufabr«far  ficy 
nadb  ber  SJieberlage  ^Igi^jjten^  605  bieje  ®egenben  untertoarf,  läfet  fid^  faum  entfd^eiben, 
Übiigen^  ^at©tabe  bie^tage  aufgetoorfen,  ob  biefe«  RapM  nid^t  el^er,  gegen  bieätngabe 
S.  1,  in  bie  3^it  ©ebelia«  gehöre.  3)a^  Sa))itcl  l^at  einen  ergäl^lenben  ß^rafter,  ober» 
3eremia^  \pxxd)i  meiften^  in  erfter  ^erfon,  fobafe  e^  mit  c.  18  unb  32  auf  glet<^ 
!^inie  ftel;t. 

Äaj).  3G  enthält  ben  Serid^t  über  bie  9?ieberf(^ft  ber  SBei^fagungen  SeremioS 
4.  Jai^re  ^ojafim^  unb  \f)xz  ^Verbrennung  burc^  ben  Äönig;  bgl.  oben.     2)a« 
orbentlic^  toid^tige  ©tüdf  gel^ört  gu  ben  ergäl^lcnben  Slbfd^nitten. 


656  dferemtad,  ber  ^ro^et 

Rap.  37—44  gehören  ebenfalls  ya  bm  Srjäl^Iungcn  unb  berid^ten  bic  (Srldbntffe  bcö 
$ro))^et€n  tpä^renb  ber  Belagerung  unter  (Sebetia  unb  nac^  ber  ®inna^me  ber  ©tobt; 
öfli.  oben.    ÄoJ).  39  ift  burc^  ®tn|d^übe  au«  c.  52  ftarl  em?eitert. 

Rap,  45,  ein  S^rofttoort  be«  Seremia«  an  Saruc^.     ®ie  Slic^tigleit  ber  S^oticrung 

5  (nac^  ber  Slieberfc^rift  ber  SBet^fagunflen  im  4.  S^i^re  Sojafim«)  tuirb  bon  ©iefebrcc^t  mit 
bea^ten^tüerten,  aber  !aum  entfd^eibenben  GJrünben  bejtoeifelt. 

Äoj).  46—51  entl^alten  eine  Slei^e  \)on  Sieben  gegen  frembe  93ößer,  namlid^  c.  46  gegen 
ägV^ten  (nac^  3S.  2  nad^  ber  ©d^lac^t  bei  Äarfemifc^),  c.  47  gegen  ^P^iliftäa  (35.  1  bcbor 
^l^arao  ©a^a  beftegte),  c.  48  gegen  3Roab,  49, 1—6  gegen  2lmmon,  49,  7—22    gegen 

10  ®bom,  49,  23—27  gegen  SDama^Iuö,  49,  28—33  gegen  bie  Araber,  49, 34—39  gegen 
@Iam  (am  Anfang  ber  Slegierung  ©ebefia«),  c.  50—51  gegen  35abeL  ®ie^  Ic^tere 
Drafel,  ba«  nad^  51,  59—64  bem  Seraja  mitgegeben  h)urbe,  ate  er  im  4.  ^afycc  be«  ©cbefia 
ben  Äönig  auf  feiner  SReife  nac^  Säbel  begleitete,  ift  bon  ben  meiften  neueren  flritifem  mit 
Stecht  al«  nid^tieremianifc^  erfannt toorben.  SBa« toir in biefem Dralel  lefen,fttmmtbur4Km« 

16  nid^t  in  ben  ©ebanfen,  bie  ju  jener  3^^^  S^i^^i^g  erfüllten,  fonbem  atmen  beutlid^  ben 
burc^  bie  Seiben  be«  ßjitö  erzeugten  ^eift.  Die  SBei^fagung  ift  nic^t  nur  öon  ben  fe^ 
lunbären  ^fc^nitten  be«  SSud^e«  ^eremia«,  fonbem  aud^^  bon  ben  filteren  Seftanbteilen 
be«  S9u(^e«  ^^a\a  abl^ngig.  Ob  man  mit  SSubbe,  Sornill,  3)riDer  u.  a.  bo«  Orotel  Don 
bem  Seric^te  51,  59  ff.  abtrennen,  unb  biefen  al«  ec^t  betrachten  barf,   ift  jum  minbeften 

20  fel^r  jtoeifel^aft,  felbft  \t>mn  eine  Steife  ©ebefia«  nad^  Säbel  an  unb  für  ^d^  toa^rf(^n' 
li^  l^iftorif4  ift.  2Ba«  bie  übrigen  SHeben  betrifft,  fo  ift  in  neuerer  3rit  ipxt  6d^t$cit  öon 
©d^toallV,  ©tabe,  SBell^aufen  unb  ©menb  bertoorfen  toorben.  (Segen  biefe  firiti!  fmb  Sleefer, 
SSäilbebocr,  Gomill  unb  2)riber  aufgetreten,  bie  inbeffen  mel^r  ober  toeniger  umfaffenbe 
©rtoeiterungen  beö  urfprünglic^en  2^ejteö  sugeben,  tuä^renb  GJiefebred^t  ftc^  im  SBefcntlidj^ 

26  ben  Srgebniffen  ©c^toaQ^  angefc^loffen  ^at,  ober  bod^  bie  jeremianifd^e  Slbfaffung  bon 
c.  47  (mit  ©treic^ung  ber  3eitangabe  i^.  1)  feft^ält  unb  bei  46,2—12;  49,  7—11  einen 
eckten  Äem  tjermutet.  Segen  bie  jeremianifd^e  2lbfaffung  fü^rt  man  an  bie  Uncc^t^t 
t)on  c.  50  f.,  bie  auffällige  Senu^ung  anberer  äOiei^fagungen  unb  \)ox  allem  ben  mit  ber 
jeremianifd;en  ©ebanfentoelt  fc^toer  ju  bcreinigenben  ©eift  biejw  3lbf(^nitte.  3)er  ?ßro})^, 

80  ber  Ij^ier  fVrid^t,  ift  nic^t  ber  ftrenge  Slid^ter  feine«  Solfe«,  fonbem  ein  ^JJatriot,  ber  fein 
SJolf  tröftet  (46, 27  f.)  unb  Stacke  über  bie  ben  ^^aclitm  jugefügten  SKife^anblungen 
berfiinbct  (46, 10.  48,  27.  42.  49, 1).  Slnberfeit«  fpric^t  für  bie  ©d^tl^eit  biefer  5taj)itel 
ber  toefentlid^e  Umftanb,  ba^  3^^"^^^^  fi^  W"^"  1/^-  lö  einen  "ilJrop^eten  nennt,  ber 
über  bie  Sölfer  geje^t  toar,  unb  ba^  bie  jeremianif^e  ©runbfc^rift  nac^  36, 2  aud^  SRcbm 

36  gegen  anbere  Softer  enthielt  (ögl.  auc^  c.  25ff.  unb  ben  gleichzeitigen  (S^ec^iel):  ferner, 
ba|  biefe  Drafel  mieber^olt  (46,  2.  13.  26;  49,  28.  30)  9lebufabrefar  ate  bm  Vermittler 
ber  göttlid^en  ©träfe  nennen,  fo  bafe  fie  jebenfall^  au^  jeremianifc^er  gcit  ftammm  müffm, 
unb  bafe  bie  3«töngabe  49,  34  nid^t  au^  ber  Suft  gegriffm  fein  lann.  3)iefe  @rünbe 
finb  fo  getoic^tig,  bafe  man  ftc^  jum  minbeften  gebrungen  fü^lt,  einm  jeremianifd^cn  Rem 

40  in  biefm  Äal)iteln  anjune^men.  3luc^  mufe  man  bei  fold^en  ^^agm  nac^  bem,  tüoö 
ein  ^ro^^et  gefagt  unb  nic^t  gefagt  ^abm  fann,  fel^r  öorfic^tig  fein,  befonber«  locnn  man 
bebenft,  ba^  ber  ^roj^l^etiigmu^  eine  fomjjlijicrte  (Srfc^einung  toar,  too  überlieferte  gormm 
eine  bebeutmbe  SRoHe  fj^ielten.  2lber  nid;t«  befto  iomiger  foll  e^  toillig  jugegeben  toerbm, 
ba^  bieje  SRebm,  U>ie  fie  tjorliegen,  jebenfafe  für  un^   etloa^  SRätfel^aftc^   bel^altm   unb 

46  e^er  baju  beitragen,  ba^  Silb  be^  ^cremia^  ju  öertüirrm,  ate  e«  ju  bereic^em. 

Ra\>.  52  ift  nic^t  öon  ^eremia^,  fonbem  ^aujjtjäc^tid;  bem  2.  Sud^e  ber  Äönigc 
(24, 18—25,  30)  mtnommm.  6^  ift  offmbar  hinzugefügt,  um  bie  ©rfüttung  ber  ierc= 
mianifd^m  SBei^fagungen  ju  fonftatiercn. 

3.  3)ie  t)orl(;erge^enbe  ÜberfidJ^t  ergiebt  ate  Slefultat,  ba^  bie  im  4.  ga^re  Sojölini^ 

60  berfafete,  unb  in  feinem  5.  ^aijx^  loieber^ergefteHtc  ®mnbfd^rift  toa^rfd^einlic^  folgcnbe 
©tücfe  entlSialten  i}at:  c.  1,  2—6  (mittelbar  au«  ber  3cit  ^ofiia«).  11, 1—17  (mit  Äücf^ 
Mieten  auf  bie  3eit  biefe«  Äönig«).  7, 1—9,  21 ;  11,  18—12,  6;  c.  13  (mit  Slbjug  toon 
S.  18f.  an^  ber  3eit  Sefonja«).  c.  14— 15;  c.  16— 17  (mit  äbjug  mehrerer  gnter^ 
Isolationen),   c.  25  (fohjeit  e«  urf>)rüngltc^  ift)   unb   c.  46, 1—49, 33  (faß«  unb  infotueit 

55  biefe  SiaüßM  jeremianifd^  finb).  3"^^  3^^^  ©ebefia«  finb  mtftanben  c.  24.  21,  bie  au« 
berfd^iebenm  ©tüdfen  jufammengeje^te  inebe  über  bie  Äonige  c.  22  unb  bie  Siebe  gegen 
bie  $ro>)^eten  23,9—40,  jamt  (fall«  cd^i)  49,  34  ff..  Sei  ben  übrigm  Slbfc^niüm,  bie 
einigermaßen  fic^er  bem  3i^^^»ni<i^  jugefd^rieben  toerben  fönncn,  ift  bie  9lbfaffung«jeit 
toeniger  fic^er.    3)od^  fc^eint  c.  31    (foioeit  e«  ed;t  ift)  nac^  ber  ©robemng   Serufalem« 

60  tjerfaßt  ju  {ein,  unb  ba«felbe  gilt  too^l  aud^  bon  3, 14— 16  unb  bielleid^t  t>on  bm  ed^tm 


dercmtad,  ker  ^rofi^et  667 

SSeftanbtcilcn  bon  23, 1—8.    Ate  fltöfeerc  ©tüdfe,  Die  fw^cr  Don  Seremio^  ntc^t  gefd^cben 
fein  !önnen,  muffen  10, 1--16;   17,19—27,  c.50.  51,  c.52  aelten. 

^agu  lommen  nun  aber  bie  oben  erh>ä^nten  erjäl^lenben  Sifbfc^nitte,  bie  auc^  Sieben 
be^  $ro))^eten  enti^^alten,  aber  bod^  einen  anberen  6l^ara(ter  ^aben.  3)te  ©renje  }h)ifc^en 
i^nen  unb  ben  eigentlichen  Sieben  ift  aUerbing^  flie^enb.  ®«  giebt  ©tücfe,  bie  Don  g^e^  6 
mia«  ^ä^m,  aber  bod^f  burdffgängig  in  erfter  ^Perion  reben,  fo  bafe  man  annel^men 
mufe,  ba^  fie  bem  Saruc^  auf  äJ^^nlid^e  SBeife  biftiert  finb  n)ie  bie  Siebe  felbft;  fo 
c.  18  (U>al[^rf(^einlid^  au«  bem  anfange  ber  Slegierung  Sojafim«),  c.  32  (au«  ber  ^txt 
©ebdia«),  c.  35  (au«  ber  ^Ät  goiofim«).  2)ie  anberen  ©tüdfe  bagegen  erjöl^Ien  Don 
„Seremia«"  ober  Dom  „35roJ}^eten  geremia«"  unb  jeigen  aud^  fonft  burd^  allerlei  ©igen«  lo 
Reiten,  bafe  fte  nur  mittelbar  Dom  «(jrop^eten  ^errül^ren;  fo  c.  19—20.  26.  27—29.  34. 
37—44.  Sludfi  fie  fmb  mf)l  meiften«  Don  Saruc^  gefd^rieben  ober  jebenfaH«  Don  i^m 
überliefert.  aSon  i^m  rül^rt  auc^  c.  45  l^er,  too  ein  2^rofth)ort  mitgeteilt  h)irb,  ba«  3^^^ 
mia«  an  il^n  rid^tete. 

3m  ^nd)t  ^tt^a^  fmb  alfo  ältere  unb  jüngere,  unmittelbare,  mittelbare  unb  nic^t*  15 
jercmianiWfie  Slbfc^nitte  Derbunben  unb  auf  giemlid^  bunte  SBeife  unter  einanber  Der« 
mifc^t.  äSon  einer  d^ronologifd^en  Sleiljienfolge  lann  leine  Siebe  fein,  felbft  toenn  eine  foldbe 
an  einzelnen  ©tetten  burc^fcpimmert  (Aap.  1-6-  37—44);  ober  auc^  bie  Derfud^ten  Slac^* 
toeife  eine«  anberen  Drbnung«})rin}it)«  ^ben  ju  reinem  Slefultate  gefül^rt,  ba  fie  fic^  toieber- 
f^oli  mit  fünftlic^en  unb  femliegenben  Vermutungen  bereifen  muffen.  3n  Sffiirilic^feit  ift  30 
bie  @ntn)idtelung«gef(^i(^te,  bie  ba«  33uc^  burd^laufen  ^at,  el^e  e«  feine  jje^ige  @eftalt  am 
na^m,  für  un«  in  ein  ^unlel  gefüllt,  ba«  tvo'^l  nie  DoQftänbig  gel^oben  ioerben  fann. 
aSJa«  h)ir  mit  ©id^er^eit  nadfitoeifen  fönnen,  bef^^ränft  fid^  auf  folgenbe«.  3"  ®tunbe 
lag  bem  Suc^e  bie  im  5.  gal^re  Sojafim«  Don  Saruc^  nac^  bem  5Diftate  3«f«»wi<*^  Ö^* 
fc^riebene  Slotte,  Don  Deren  Umfang  h)ir  un«  ein  jiemlidb  beutlid^e«  Silb  machen  lönnen  25 
(f.  oben).  3)iefe  (Srunblage  ift  burc^  einige  fpätere  Sieben  be«  5Proj}^eten,  befonber« 
aber  burc^  eine  Slei^e  Don  ergä^lenben  ©tüdfen  em>eitert  toorben.  3$on  biefen  Snöl^lungen 
ftnb  einige  o^ne  3^^<f^I  bon  93aru(^  nad^  ben  unmittelbaren  9)htteilungen  be«  $rot)l^eten 
Derfafet,  toöl^renb  anbere  auf  me^r  mittelbare  SBeife  auf  il^n  mrüdfge^en.  Sin  Slbf^nitt 
baDon,  c.  27—29,  mufe  toegen  fetner  formellen  ©genart  einft  für  fi^  ejiftiert  l^aben,  ob«  ao 
fd^on  er  einen  ä^nlid^en  UrfJ)rung  ge^bt  }u  ^aben  fd^eint,  toie  bie  anberen  ©tücfe.  3)a^ 
bie  er^ä^lenben  Slbfc^nitte  einft  in  einer  !öiograj)l(|ie  be«  5Proj)l^en  jufammen  geftanben 
l^abcn,  lögt  fic^  nid^t  ben)eifen,  unb  ift  e^er  al«  unh)al^rf(^einli(^  p  be^eid^nen,  ba  tDO^l 
fonft  auc^  etn)a«  Don  ber  frül^eren  ©efc^ic^te  be«  ^eremia«  in  fein  ä3u(^  aufgenommen 
toorbcn  toäre.  33ielmel^  fmb  bie  jeremianifc^e  ©runbfd^ft,  bie  f^jöteren  Sieben  unb  bie  35 
Derfc^iebenen  erjöl^lenben  ©tüdte  am  beften  al«  Seftanbteile  einer  umfaffenben  ^eremia«- 
litteratur  ^u  betrachten,  burd^  beren  Kombination  ba«  je^ige  93uc^  entftanben  ift.  Sei 
feiner  Äompofition  ober  bei  fj)äteren  Umgeftaltungen  be«  Suc^e«  ift  man  jiemltd^ 
h)i(lfürlic^  m  SBerte  gegangen,  inbem  bie  Derfd^iebenen  Seftanbteile  ol^ne  irgenb  ein 
erftd^tlic^e«  ^rinjiD  burc^i  einanber  geworfen  fmb.  Slur  an  einer  ©teile  jeigt  ftc^  eine  40 
greifbare  älbftc^t  bei  ber  j^t  Dorliegenben  Drbnung.  SQler  SBal^rfd^einlid^feit  nad^  toaren 
bie  Sieben  gegen  frembe  Söller  c.  46  ff.  einft  mit  c.  25  Derbunben,  ba«  eine  2trt  ©im 
leitung  ba}u  bilbete.  SSon  biefem  $la|e  l^at  man  fte  an  ba«  @nbe  be«  Suc^e«  gerüdEt,  ioo 
fic  je^t  al«  eine  Slrt  Sln^ang  fielen.  S8on  früheren  ©ammlungen  jeremianifd^er  Sieben,  bie 
bei  ber  J{om))ofition  be«  SSuc^e«  benu^t  n)ären,  lö^  fic^  neben  ber  ertDcil^nten  (Srunb^  46 
fc^rift  nidfit«  ftc^ere«  nad^toeifcn.  Qtoax  ^at  man  in  ber  erweiterten  Überfc^ft  1,3  (in 
ben  lagen  Sojalim«  bi«  jur  einnähme  Serufalem«  unter  ©ebdia)  bie  ©J)ur  einer  ölteren 
©ammlung  finben  Wollen,  bie  nic^t  über  ba«3ö^t  586  ^inau«fü^rte ;  aber  bie«  ift  Wenig 
Wal^rfd^einlid^,  ba  ber  SSer«  Wol^l  nur  al«  eine  fe!unbäre,  ungenaue  ttberfc^ft  jum  ganjen 
^\xä)t  ju  betrad^ten  ift.  3>agegen  lögt  M  ftd^cr  nadfiWeifen,  bag  nid^t  nur  einige  jere*  go 
mianifc^e  ©tücfe  au«  ber  3eit  be«  giil«  am  ©c^luffe  be«  Suc^e«  aufgenommen  fmb 
(c.50 f.  c.52),  fonbem  bag  folc^e  Slbfc^nitte  ftd^  aud^  innerl^alb  be«  Su^e«  finben,  unb 
bag  augerbem  ber  lejt  in  ben  eckten  Slbfc^nitten  an  mehreren  ©teilen  teil«  burd^  Stuf« 
na|me  Don  ec^t  jeremianifd^en  Srud^ftüden,  teil«  burc^  fefunböre  Seftanbteile  ftarl  erweitert 
Worben  ift.  66 

3u  biefen  @rgebniffen,  bie  eine  naivere  Betrachtung   be«  ^ebröifc^en  Xe^te«  le^, 
fommt  nun   aber  nod^,  \oa^  au«  einer  itBergleic^ung  be«  mafforetifd^en  Xei^e«  mit  ber 
ale^anbrinifc^en  Überfe^ung  l^erDorge^t.     ^a«  93uc^  ^eremia«  gehört  nömlic^  )u  ben  alt« 
teftamentlid^en  ©Ariften,  Wo  bie  LXX  Dom  SKafforatejte  auf  Wefentlid^e  SBeife  biDergieri     ^^ 
3$on  ben  Xe^tlritifem  ift  biefe  SlbWeic^ung  auf  fe^r  Derfc^iebene  &eife  beurteilt   tO0ibCHg||fl 


668  d^miiid,  ber  ^rofi^et 

SBä^renb  einige  fte  au^fd^Ite^id^  auf  bie  Sled^nung  ber  tDilltürlid^  atbehenbtn  Ütofe^ 
fc^reiben  tooHen,  legen  onbere  ber  ^lejtgeftalt  ber  LXX  ein  fold^ed  ©etoid^  bei,  ba|  fie 
bon  jtDei  berfd^iebenen  Slecenftonen  ober  ädt^aben  bed  Sud^e^,  einer  ))alöfttmfcl^  unb 
einer  ägt^))tif(^en  {))reci^en.  3)urcl^  bie  einge^enben  Unterfucpungen  Don  Jtuenen,  ®tefes 
öbred^tu.  a.  ift  bad  Unbered^tigte  biefer  beiben®|treme  unb  fmb  jugleid^  bte  in  il^nen  mäfoi? 
tenen  aBoi^rl^eitgmomentc  Ilar  gefteüt  toorben.  3)ie  griec^ifc^e  Ueberfe$ung  be«  ^^i^^ini^^  ^ 
feine^tüeg«  eine  boHIommene  Seiftung,  unb  ber  SBerfaffer  ^t  an  mel^reren  ©teilen  md[^ 
nur  feine  äSorlage  mi|berftanben,  fonbem  fte  aud^  giemlic^  toidülrltd^  bel^nbelt.  Sßer 
tro^bem   bleibt   eine  S^ei^e  Don  @teQen,  too  bie  LXX  auf  einen  Xe^t  )urüdtt>eiß,  ber 

10  urfprünglid^er  iftald  ber  mafforetifd^e.  ^ierl^er  gel^ört  freilid^  nid^t,  h)ie  mehrere,  be$mi))tet 
^oben,  bie  Stellung  ber  SReben  gegen  frembe  Völler  in  ber  LXX.  ^n  biefer  Überfe^g 
fte^en  c.  46—51  jtoifdben  25,  13  unb  15  unb  au^erbem  in  einer  anberen  Reihenfolge, 
nämlid^  41,  34—39  ((Slam),  c.46  (ägVJ)ten),  c.  50.  51  (Sabel),  c.  47  (^^iliftoo),  49, 
7—22  (ßbom),  49,  1—5  (ammon),  49,  28—33  (äraber),  49,  23—27  (Damaöfud),  c.  48 

16  (5Woab.).  3)a,  toie  oben  fc^on  bcmerlt  hjurbe,  biefe  Sieben  obne  ä^eifel  urf})rüngü(^  mit 
c.  25  jufammenl^ingen,  tonnte  bie  LXX  l^ier  ba^  Urfijrünglicpe  ben>a|^  )u  ^aben  fd^en. 
älber  betrachtet  man  ben  ^e^t  naiver,  fo  tann  bo^  ber  ^la$  biefer  9ld>en  ntc^t  bor 
26, 15  ff.  gen)efen  fein.  Unb  aufeerbem  ifl  bie  olejanbrinifc^e  SHeij^enfoIge  bei  toeitem  toeniger 
natürlid^  ate  bie  mofforetifc^e  unb  entfernt  fi^  biel  mel^r  t>on  ber  Drbnung  25, 19—26 

20  atö  biefe.  ^n  SBirllic^Icit  tourben  alfo  biejenigen,  bie  biefe  SReben  mit  c.  25  k^erbonben, 
tjon  einem  toid^tigen  ^rimil)  ober  bon  einer  rid^tigen  Überlieferung  geleitet,  in  ber  Äud« 
fül^ng  aber  l^iaben  fie  ftc^  »ergriffen  unb  jeigen  baburc^,  bafe  fie  felbft  einen  Zc^t  öor 
fic^  Ratten,  h)o  «.  46—51  t>on  c.  25  getrennt  loaren.  ^Dagegen  fmb  bie  @teDen  bon 
Sebeutung,  lüo  bie  LXX   einen  lürgeren  2^ejt  l^iaben  afe  bie  ^lafforeten.    Serul^en  ouc^ 

25  mand^e  biefer  ©teilen,  bie  nad^  ®raf^  S^^'w'^Ö  ungcfälSir  2700  SBörter  umfaffen,  auf  ber 
Ungenauigleit  unb  bem  toiltfürlid^en  SBerfa^ren  be^  Überfe^er«,  ober  auf  SKängeln  biefer 
lejtborlage,  fo  bleibt  bod^  eine  3^eilSie  Don  gällen,  too  ba«  in  ber  LXX  ge^tenbe  beut- 
lid^  fefunbärer  9latur  ift,  toeil  eö  ben  3wfÄ»""^^J5>öng  unterbricht  So  j.  8.  10,6—8;  33, 
14—26 ;   39,  4—13,  mehrere  Serfe  in  c.  25   unb  c.  27—29  u.  f.  h).     ©olc^  ©teilen 

80  betoeifen,  ba^  ber  l^ebräifd^e  %^  be^  S5uc|e^  3^«»"^ö«  ^in^  ^^^^  fliefeenben  (Sif(a<dttt 
gel^abt  f)abm  mu^,  unb  ba^  bie  oben  ertoäl^nte  ertoeitembe  Bearbeitung  fid^  in  einzelnen 
$anbfc^riften  giemlic^  lange  fortgefe^t  ^at,  tt)%enb  anbere  ^anbfc^riften,  barunter  bie^ 
jenigen,  bon  benen  bie  Sorlage  be^  aleEanbrinifc^en  Überfe^er^  abftammte,  toeniger  frei 
be^anbclt  lourbe.    3)oc^   ^anbclt  eg  fid^   i}i^  nur  um   ein  3Re^r  ober  SBeniger,  ba  bie 

85  gemeinfame  SBurjel,  auf  bie  folool^I  ber  mafforetifc^e  ate  ber  alejanbrinifc^e  Xegt  jurücfs 
toeifen,  fd^on  burd^  ©infc^übe  unb  (Sloffen  erweitert  loorben  toar,  toie  fc^on  beraromäifc^ 
SJerig  10, 11  geigt,  ber  auc^  bem  alejanbrinifd^en  Überfe^er  borgelegen  ^at 

4.  3)ie  SBebeutung  beg  ^ro^i^eten  ^leremia^  fonnte  nic^t  in  il^rer  ganjen  Siefe  er« 
!annt  toerbcn,  fo  lange  man  bie  ^rojj^eten  loefentlid^  nad^  bem  Snl^^Öe  il^rer  5PräbiItionen 

40  beurteilte,  ^n  biefer  Sejiel^ung  ift  er  nicbt  befonber^  originell,  unb  toefentlid^  fmb  bie 
rein  meffianifd^en  ©teilen,  23,  5 f.;  33, 15 f.  etloa^S  matt  im  SSergleid^  mit  ben  glänjenben 
©c^ilberungen  3^  9,5  f. ;  11, 1  f.  ^m  ©ro^en  unb  (Sanken  fann  man  fagen,  bafe  3ere= 
mia^  in  feiner  rein  j)ro>)^ctifd(>en  I^ätigleit  bie  SJerfünbtgung  be^  ämo^  unb  ^ofea  auf 
3uba  überträgt,  toie  au^  feine  3)arfteIIung   in   feinen  älteften  Sieben  ftarf  an  ben  le^ 

46  genannten  ^roji^eten  erinnert.  ®ie  Unban!barfeit  unb  Ireulofigleit  be^  SSoIIeö  ^en 
feinen  Untergang  unbermeiblid^  gemad^t,  unb  ju  ber  einzigen  Slettung,  einer'  grünblic^en 
äetel^rung,  einem  boHftänbigen  SJeubruc^  be^  äaer^  (4, 3),  hJoHte  e«  ft(^  nic^t  bequemen ; 
bielme^r  beloiefcn  gerabe  bie  SBirfungen,  bie  bie  SReformation  unter  ^ofija  l^tte,  ba^ 
jebc  Hoffnung  aufgegeben  toerben  mü^te.    2llleö,  toorauf  ba^  Siolf  fein  ijertrouen  fe^e, 

50  bie  alten  propl^etif^en  (Srtoartungen,  bie  SBol^nung  ^d}\)t^  in  feiner  SKitte,  toaren  be« 
beutungglo^  biejer  X^atfac^e  gegenüber.  Über  20  ga^re  lang  ^atte  3^^^^"^^^^  ^^^  Ö^ 
)}rebigt  unb  toar  toegen  be^  Sludbleiben^  be^  angebrol^ten  ©trafgeric^te^  bielfad^  bomäSolte 
berfpottet  toorben,  afö  ber  ©ieg  ber  G^albäer  V^ö^lid^  toie  ein  Sli^  bie  fc^ioüle  Suft  jerri^ 
unb  feine  gange  J}roj)l^ctifc^e  Energie  toa*  rief.  @r  liefe  feine  bi^l^erigen  Sieben  nieberfc^raben ; 

56  aber  bie  2lrt,  toie  ber  Äönig  3«>i^Km  feine  ©d^rift  belf^anbelte,  betoie^  i^m  fogleid^, 
bafe  ba«  3?olf  je$t  bie  le^tc  3Köglic^!eit  einer  SRettung  tjemic^tet  l^atte.  S*"'"^  \ifoxu 
ung^lofer  tourben  feine  SDro^ungen,  bi«  bie  ßroberung  SerufolemJJ  um  597  i^  erfte 
ßrfüdung  brachte.  5)a«  t)on  falf^en  ^rojj^eten  bct^örte  38oll  toollte  aber  nid^t  an  bie  l^nb» 
greiflic^c  SßJirflic^feit  glauben;   bie  5)e}3ortation  S^Jonja«  betrad^tete  man  ol«  bie  9lm)}us 

60  tation  eine«  toertlofen  2^eile«  be«  SSolfe«  unb  ertoartete  eine  glänjenbe  äBieber^erfteQung 


^eremtad,  ker  ^ro^^tt  659 

in  ber  nädfiftcn  S^funft.  ^r  3^€"^i^^  bagegcn  bcbcutcte  ba^  Jc^on  ©efd^el^enc  btc  ge« 
nügcnbe  ©rfüttung  feiner  aBei^fagung,  unb  fo  Dcrtoanbelt  fid^  je^t  feine  5Pr*igt  in  eine 
ptaftifc^e  ^Intpeifung:  burd^  gebulbiged  fragen  bed  c^alböifd^en  ^od^  unb  burc^  @elbft' 
bemütigung  t)or  bem  SBelt^errfc^er  muffe  man  ba^  Seben  retten  unb  bem  ©dfiümmften  ent« 
gelten,  aber  ba«  tüal^nfmnige  3SoIf  tüoBte  immer  noc^  nic^t  an  feine  äBorte  glauben,  5 
unb  fo  rief  e^  burd^  einen  neuen  Slufftanb  bie  le^te  unb  boHftänbige  ©rfüHung  feiner 
5)ro^ungen  über  fi(|  ijierab.  3a  felbft  nac^  bem  gatte  S^^l^»"^  mufete  er  feine  äJer* 
lünbigung  in  3luba  unb  fj)öter  in  äg^pten  toieberj^^olen,  benn  ba«  SSoIf  glaubte  noc^  nid^t 
an  il^n,  fonbem  fe^te  forttoöl^renb  fein  SJertrauen  auf  feine  ®ö|en  unb  feine  Jjolitifc^en 
Serbinbungen.  10 

Unb  boc^  u>ar  ^eremia^  feine^tpeg^  ol^^ne  Hoffnung  in  tieferem  ©inne  be^  SBäorte^.  @r  toar 
ipie  Sefaja  bon  ben  tüunberbar  läutemben  aSBirfungen  ber  Seiben  überzeugt,  unb  fal^ 
einer  lid^ten  S^Iunft  entgegen,  ba  ba^  bertoanbelte  3Jol!  jurüdffc^ren  foBte,  um  unter  ge« 
redfiten  dürften  ju  leben,  unb  ba  ba«  Dertoüftete  Sanb  lieber  bon  SSetDo^nem  gefüllt  tuer* 
ben  füllte,  bie  ^Iber  fauften  unb  Kaufbriefe  fd^rieben.  6ine  neue  (Seneration  foHte  e«  16 
fein,  benn  70  ^af)xt  ^atte  ^af)t>t  für  ba«  SBalten  ber  ß^albäer  fefigefe^t ;  aber  biefe  neue 
©eneration  follte  aud^  anberer  Slrt  fein  ate  bie  3Bäter  unb  ba«  ®efe^  ®otte«  nidf^t  auf 
2^afcln,  fonbem  im  $erjen  tragen.  SSon  il^nen  follte  im  toal^^ren  ©mne  ba«  göttlid^e 
aSort  gelten :  id^  bin  euer  ®ott,  unb  i^  feib  mein  33olf.  SBie  alt  biefe  ®ebanlen  bei 
3cremia«  toaren,  gebt  au«  bem  britten  StapxUl  l^erbor,  h)o  er  ben  ©plf^raimiten,  bie  fd^on  ao 
gelitten  Ratten,  bieStüdRe^r  Derbeifet  Slu«  bemfelben  ®runbe  öertünbet  er  24,  6  ff.  ben  im 
Sa^re  597  3)ej)ortierten,  ba^  ®ott  fxe  im  ®egenfa$e  ju  ben  im  Sanbe  ®ebliebenen  be* 
gnabigen  unb  in  bie  §eimat  gurüdEbringen  toerbe.  Unb  felbft  für  bie  Reiben  gilt  ba«= 
felbe  ®efe^:  toenn  fte  fidfi  na^  i^rer  Vertreibung  belehren,  follen  fte  unter  S^ba«  Ober* 
^ol^eit  tDieberl^ergeftellt  toerben,  12, 15  ff.  SSon  ber  äußeren  §enlidf|Ieit  be«  h)iebers25 
crftanbencn  SSolfe«  f^ric^t  9(^c"^iö^  tüznxQ  unb  au6^  nic^t  bon  bem  5Kotii),  ba«  ®ott  bes 
h)egt,  fein  SSolf  nic^t  aufzugeben;  bie  i^atfac^e  fte||t  i^m  feft  unb  genügt  üf^m. 

3eic^nen  fic^  nun  aud^  biefe  ®ebanfen  burd^  i^re  Sleini^eit  au«,  fo  fxnb  fie  bod^, 
h)ie  fdf^on  bemerft,  nic^t bef onber«  originell,  fonbem  im  aOäefentlic^m  SDäieberl^olungen  unb 
äntDenbungen  älterer  ))roJ)lf>etif(^er  ®ebanfen.  3lber  bie  eigmtlit^e  S3ebeutung  be«  ge-  .10 
rcmia«  liegt  auf  einem  anberm  ®ebiete,  h?o  er  äße  anberen  ^rop^eten  überftra^lt  unb 
für  bie  innere  ©nttoidelung  ber  i«raelitifd^en  Sieligion  eine  einzigartige  Sebeutung  ge« 
lüonnen  ^at.  ^m  ©egenfa^e  )u  einem  S[Jroj)lf>eten  U>ie  S^^ja,  ber,  nad^bem  er  fein  an« 
fänglid;e«  Söiberftrebm  gegm  ben  göttlid^en  mf  übertüunben  ffat,  in  feinem  2lmte  bott« 
ftänbig  aufgebt  unb  ftc^  mit  feiner  eigenm  3Serfünbigung  ein«  toei^,  füllte  !3^cmia«  35 
forttDäi^renb  feine  J^roj^^etifd^e  aufgäbe  al«  einm3h)ang,  bie  i^m  ber  größten  Qualen  be= 
reitcte,  bem  er  fidfi  aber  nid(|t  ju  entziehen  t>ermoc^te.  ©r,  ber  fein  35olf  mit  ber  innigften 
üiebe  umfaßte,  fa^  fic^  al«  2anbe«t)erräter  unb  gottlofer  SSeräc^ter  be«  Heiligtum«  ge« 
branbmarJEt,  tpeil  i^m  bie  göttlidfie  SBai^r^eit  l^öl^er  ftanb  al«  ba«,  toa«  er  al«  3Kcnfc^ 
iDünfd^en  möchte.  3)iefe  quatoolle  5Di«^armonie  begeidfinet  feine  eigentlic^m  Seiben,  unb  40 
h)ürbc  i^n  gu  bem  grö^tm  SJlärt^rer  unter  ben  ^roj)^eten  machen,  felbft  toenn  er  nie  in« 
©cfängni«  getoorfm  ober  mit  bem  lobe  bebrot^t  loorben  toäre.  2)ie  3^wgniffe  t>on  feinm 
5iänH)fm  ^aben  tt)ir  in  bm  äbfdfinittm  feine«  Suc^e«,  U>o  er  feine  gel^eimen  (Sefpräc^  mit 
©Ott  mitteilt,  unb  beren  SBor^tbenfein  neben  feinm  rein  t>Toplf>etifc^m  SRebm  ju  ben 
iüunberbarften  ßigmtümlid^Ieitm  feiner  ©c^rift  gehört.  Db  er  bei  i^rer  9iieberf(^rift  46 
nur  einem  inneren  orange  gefolgt  ift,  ober  ob  er  bamit  eine  anbere  Slbfidfit  öerbanb, 
h)iffen  mir  nic^t;  aber  un«  ermöglichen  biefe  rein  perfönlic^m  @rgüffe  unfc^ö^bare 
Qinblide  in  fein  innerfte«  Sebm,  unb  bringen  i^n  un«  menfdfilid^  naiver  al«  irgenb  einm 
anberm  5Pro)3^eten.  ^n  oiefen  älbfc^nitten  (11,18-12,6;  16,10—21;  17,5—18; 
18,18—23;  20,7—18)  Hagt  ^eremia«,  bafe  ®ott  il^n  burc^  feine  Semfung  über«  50 
h)ältigt  unb  i^mben  ^a|  feiner  Sanb«leute  gugegogm  t|iat;  toiU  er  aber  fdf|tt>eigen,  bann 
brennt  bie  göttliche  SBa^^eit  in  i^m  h)ie  ^uer  unb  lä^t  i^m  feine  9{u^e.  ®e«l^alb  t^er« 
flucht  er  ben  2:ag,  ba  er  geborm  tüurbe,  unb  ben  5Kann,  ber  feinem  3Sater  feine  ®eburt 
tjcrtünbete,  ftatt  il^n  fofort  ju  töten.  Ober  er  bellagt  fic^  über  ben  §a^,  tüomit  ba«  un^ 
banfbare  3SolI  xfjn,  feinm  trmeftm  ^ürbttter  bei  ®ott,  t)erfolgt ;  er  forbert  ®ott  auf,  i^n  55 
gu  rä(^en,  ba  er  ja  feine  SBorte  felbftt)erlmgnmb  bertünbet,  bi«  je^t  aber  nur  §a^  unb 
©pott  über  ba«  3lu«bleibm  feiner  35ro^ungen  gefunben  l)at  Ober  er  befd^reibt,  h)ie  fein 
©laube  biefe  2lnfe(^tungm  überlounbm  l^at,  unb  h?ie®ott  il^n  tröftet  unb  ermutigt.  SKa« 
^eremia«  ^ier  fc^ilbert,  finb  allerbing«  Seibm,  bie  burd^  feine  )3ro^)l^etifdf>e  X^ätigfeit  ^er^ 
Dorgcrufm  toaren,  aber  er  befc^reibt  fie  nid^t  al«  5ProJ)l(iet,  fonbem  al«  ein  in  ber  innigftm  eo 

42* 


660  dieremtad,  itt  ^x^p^ti  dferemtad  IL,  ^otritnl» 

©otte^emeinfd^aft  lebenber  SRenfc^.  9[uf  btefem  ®ebiete  ift  er  f(l^öt)ferif(l^,  unb  be^^ 
ein  befruc^tenbe^  3$or6ilb  für  bte  reltgiöfe  ^^nigtett  ber  S^rae(tten  getoorben;  t>on  feinen 
©ebanlen  unb  SBorten  leben  t>tele  ^Pfalmenbid^ter,  unb  t>on  i^  ift  ber  grofee  a)ic^ler  be^ 
Sud^e^  $io6  btelfac^  infpiriert.    ^eremia^  f)cd  mächtig  baju  beigetragen,  bo^  bie  S^nie^ 

6  liten  ber  folgenben  3^^  «i^*  nur  oI«  SKitglieber  be«  SSoIIeä,  fonbem  olg  reltgtdfe  3«' 
bibibuen  t)or  ®ott  traten  unb  im  Setou^tfein  be^  Sled^teig  ber  einjelnenj^erfdnlidplett  i^ 
^orberungen  geltenb  mad^ten;  aber  er  l^t  jugleid^  fte  unb  f^öter  bie  SRenfd^^eit  gelel^, 
n>ie  ba$  Setou^ein,  für  bie  SBa^rl^eit  )u  Iäm))fen,  ben  SRenfd^en  aäm  $a^  unb  ^ott 
übertoinben  lä^t,  unb  tüie  [xdf  il^m  in  ©ebet^efj)rä(^en  mit  ®ott  eine  SBelt  eröffnet,  bie 

10  il^n  über  bie  Setben  ber  ßnblic^feit  J^inau^J^^ebt. 

einem  fold^en  ^ni^alte  gegenüber  lommt  bie  grage  nac^  ber  äußeren  %ovm  ber  ^ar^ 
fteUung  h)enig  in  Setrad^t.  Sei  einer  fouberänen  ))rDt)l[ietifc^en  Statur,  hne  ^^aia,  ift  bie 
J^rmonifd^e  ®d)'6n\)Ät  ber  gorm  eine  h)ol^lbegrünbete  Srfc^einung,  aber  bei  bem  mitten 
in  ben  emfteften  nationalen  unb  reßgiöfen  eiiftenjfragen  fke^enben  Igeremia«  tofirbe  ein 

IS  ftärfere^  §ert)ortreten  ber  äft^etifc^en  ©eite  ber  Darftmung  nur  ftörenb  toirfen.  SBäog  üon 
bem  SRangel  an  !ünftlerif(^er  ^oQenbung,  an  @lötte  unb  Jtraft  be^  @tUe^  unb  txm 
ben  häufigen  SBieberl^olungen  im  Sud^e  Seremia«  gefagt  toorben  ift,  mu|  be^^olb,  toenn 
auc^  an  unb  für  fxd^  nid^t  unrichtig,  afö  ein  ettoa«  fd^iefeö  Urteil  bejeic^net  toerben.  3>ie 
©d^ön^eit  be«  SSud^eä  ift  nid^t  in  ber  j)oeti|d^en  %oim,  fonbem  in  bem  tiefen  unb  d>eln 

20  ©emütäeben,  ba«  ftd^  l^ier  Slu^brudf  gegeben  l^at,  gu  fuc^en.  3)ie  ©teilen,  h)o  bie  ^jer- 
fönlicben  @m))finbungen  bed  ^ro^^eten  ftärter  l^ert>ortreten,  too  er  über  fein  geliebte^  Sanb 
unb  aSolI  toeint  (4, 19;  8,23;  13,17),  too  er  bei  ®ott  für  3«rael  betet,  (14,7ff.; 
18  ff.)  ober  too  er  feine  geiftigen  änfed^tungen  fc^ilbert,  gehören  jum  ©rgreifenbpen  unb 
SRü^renbften  im  312:  überl^aujjt,  nid^t  toeil  bie  3)arftellung  fd^ön  geformt,  fonbem  toeil  fie 

^  toal^r  unb  einfad^  ift.  %t.  8tt|l. 

3eremtad  IL,  ^atriard^  t>on  Jtonftantinopel,  geft.  1595.  —  2)ie  atemltc^ 
umfangreiche  Sitteratur  ift  uifammengeftedt  bei  $^.  SRe^er,  ^ie  tl^eol.  Sitterotur  ber  gried^. 
tircfte  im  16.  Sa^r^unbert,  fieipjig  1899  (Stubien  jur  ©cf^icfttc  ber  2:§eoIoö!e  unb  ber  JTirc!^, 
herausgegeben  oon  ^.  ©onwctfd)  unb  SR.  ©eeberg,  III.  ©b  ^e\i  6),  worauf  ^icr  ber  Äürjc 
80  l^albcr  uermiefen  wirb.  S'^acftautragcn  ift  bafelbft  au«  älterer  3eit :  f)cfe(e,  Ucber  bie  alten 
unb  neuen  SSerfucfte,  ben  Drtciit  ju  protcftantifieren,  X^OS  1843,  8.  544,  unb  aiiS  neuefter 
3eit  Papadopulos  Keramcus,  TtaxQiagxixoi  xaxdkoyoi  (1453 — 1636),  )öi|*.  8eitfrf»r.  1899, 
8.  392  ff. 

geremia«  II.,  t>on  bm  ©riechen  ö  rgavog  genannt,  tourbe  geborm  um  1530  in 

85  Stnc^ioloi^  am  fd^ioarjm  3)leere.  S^tt\i  SBcetropolit  üon  Sariffa,  toar  er  5ßatriarc^  t)on 
Äonftantinopel  Don  1572  ober  1573  bi«  1579,  1580—1584  unb  enblic^  bon  1586 
bi«  1595. 

gr  l^atte  in  feiner  S^genb  leine  toiffenfd^aftlidfie  Silbung  er^lten,  namentlich  l^tte 
er  im  älbenblanbe  nic^t  ftubiert,  bemül^^te  fid^  aber  bid  in  feinällter  unb  nic^t  o^ne  Erfolg 

40  in  ber  5P^ilofoj)l^ie  unb  ber  3;l^eologie  ju  lernen.  5Wamentlid^  eignete  er  [väf  Ämntniö  ber 
äSäter  an. 

©eine  Sebeutung  liegt  barin,  ba^  er,  ein  fittlic^  emfter  unb  energifdfier  SRann,  feine 
ganje  ^Perfon  für  ba^  3Bol^l  ber  i^m  anvertrauten  Äird^e  einfette,  unb  unterftü^t  \>on  ben 
beften  unb  tüd^tigften  2^l5>^ologen  feiner  ^^it,  bie  er  um  fw^  ju  fammeln  tou^te,  toteSRo^' 

46  mo^  3Kargunio^,  ©abricl  ©ebero^g,  ajjeletio^  $cgag,  SDumaeüno^  ©tubiteä  unb  iS^os 
bofio^  ^\)ßomala^,  bie  Drtl^obojie  ber  griec^ifc^en  Äirc^e  in  Seigre,  ©itte  unb  SSertooltung 
unb  bamit  il^re  ©elbftftänbigleit  nac^  3lu|en  unb  nad^  3nnm  fraftt>oll  unb  mit  @rfoIg 
jur  ®eltung  brad^te.  Siöi^er  lä^t  ftd^  feine  SBir{fam!eit  nad^  folgenbm  ©efic^t^unften 
befc^eiben. 

60  ?^nx  inneren  SHeorganifation  ber  Äirc^e,  bie  feit  bem  ©nbe  be«  15.3al^^unbertd  i^re 
bunlelften  ^^xim  erlebt  l^atte,  brachte  er  bie  geltmbcn  ®efe|e  unb  38erorbnungen  toieber 
nac^brüdtlid^  in  ©rinncmng.  ®en  ^'6i}^nntt  biefer  Seftrebungen  jeigt  bie  Äonftantinoj)Ier 
©^nobc  1593,  beren  aften  juerft  ber  ^atriard^  ©oftt^eo«  tjon  Semfalem  1698  in  feinem 
Tö/LLog  dydntjg,   banac^   Ä.  ©atl^a«   in  feinem  Üxediao/Lia  über  ba^  fiebm   be«  gcre« 

66  mia^  ält^m  1870  unb  abtoeic^mb  babon  5Pa))aboputo^=Äerameu«  in  ber  Maurogorda- 
teios  Bibliotheke  ©.  73  ^erau^egebm  hat  §ier  tourbe  oorgegangm  nammtlic^  gegen 
bie  ©imonie,  e^  tourbe  angeftrebt  eine  beffere  Silbung  ber  ®eimid^m,  bmm  aud^  bie 
l^äupgere  ^rebigtt^ätigfeit  jur  ^flic^t  gemad^t  tourbe ;  ba«  SSolfefd^ulmefm  na^  man 
in  Singriff  unb  bie  avvodog  Irötjjuovoa  tourbe  neu  eingerichtet. 


dferemtad  IL,  ^ohriar^  661 

3lai)  augcn  l^m  Dermel^rte  ^eremtai^  bad  S(nfel^en  ber  anatoltfd^en  Kirche  burd^  bic 
©rünbung  be«  ^Poäriard^atö  bon  SWuyanb,  bic  er  auf  einer  Slcife  ba$in  1588  unb  1589 
bcn>irfte.  2Ba$  ba$  ^atriard^at  in  ^onftantinopel  baburd^  an  üRac^tfODe  Derlor,  geh)ann 
e^  tDieber  burd^  ben  ^nfd^Iu^  an  bie  norbifc^e  ©ro^mac^t,  bie  f>orx  ba  an  al$  bic  Sc^ 
fd^ü^crin  bcr  anatolifd^cn  Airc^c  gilt.  5 

®c0cn  bic  römif^c  Äird^c,  bie  in  bem  ^eitalter  ®rcgor«  XIII.  namentlid^  burd^  bie 
ßntfcnbung  bcr  ^cfuiten  na*  bem  Orient  eine  eifrige  I^ätigtcit  entfaltete,  bie  anato^ 
lifd^e  Äird^e  ju  getoinnen,  be9aiH)tete  S^rcmiai^  in  getoanbter  SBcifc  bie  ©clbftftänbigleit  ber 
Ic^teren.  ®r  Icl^ntc  bie  ännal^me  bc^  ©rcgorianifc^cn  fialenbcrd  ab,  eine  ??ragc,  bic 
bamal«  int  SSorbergrunbe  ber  SScr^anblungen  ftanb  unb  nad^  ber  Slnfid^t  bcr  DrtboboEcn  lo 
bad  o^ne|[|in  fd^on  lange  Slcgiftcr  ber  römifd^  Jte^creicn  berlöngcrte.  ^cremia^  $at  im 
ganjen  bicr  ©d^reiben  in  ber  ©ad^e  crlaffen,  bie  id^  a.  a.  D.  @.  92  f.  6efj)rod^cn  l^abc, 
tooju  idfi  crgänjenb  bemerfe,  ba^  bai^  ©.  93  genannte  bierte  ©d^reiben  juerft  bon  ©d^eU 
ftrate,  Acta  orientalis  ecdesiae  contra  Lutheri  Haeresim,  Sloml739,  ©.249—252 
gcbrudEt  ift.  i6 

am  intereffanteften  ift  S^emia«  getoorben  burd^  feinen  Srieftoed^fcl  mit  ben  3^übingcr 
Sut^cranem,  ber  in  bem  berühmten  SBerlc  Acta  et  scripta  theologorum  Wirtem- 
bergensium  et  Patriarchae  Gonstantinopolitani  D.  Hieremiae,  SBittenberg  1584 
Vorliegt.  ®ie  brei  bclannten  StnüDorten  be«  3^^<^  P"*^  Jh)ar  nid^t  \>a^  SBerf  be« 
^atriard^cn  im  eigenften  ©inne,  fonbem  ba$  feiner  ^oft^eologen,  namentlich  be^  X^co-  3o 
bofio^  R\)Qom(da^,  h)ie  ic^  a,  a.  D.  ©.  88  nac^ctoiefen,  aud^  jinb  bie  ©duften  feine«« 
tDcgö  felbftftänbige  tl^eologifd^e  arbeiten,  fonbem  mcl^  ober  toeniger  gefc^idEte  Swfammcn* 
ftcUungen  au«  ben  alten  Sötem,  h)ic  SafiKo«  unb  ßl^rVFoftomo«  unb  au«  ben  ©d^riften 
92cucrer,  n)02u  namentlid^  ^ofe))^  33r)^ennio«,  92i(olau«  Itabafila«,  ©);mcon  bon  ^]^a« 
lonid^  gehören.  3lud^  bic«  ^abe  ic^  a.  a.  D.  ©.  47  ff.  nadtoetoicfen.  2)enno(^  befi^en  bic  26 
©d^riften  If^oi^cn  aSJert  für  bic  Beurteilung  ber  neueren  grieipifd^en  Äirc^c,  bemt  fte  atmen 
ben  ed^tcn  (Seift  ber  ortl^obojcn  Äirc^c^  toie  i^n  bie  ©inttoicfelung  Don  alter«l^er  erzeugt 
^at.  @ie  fmb  auc^  ba«  erfte  offi)iclIe  Urteil  ber  ortl^obo^cn  ftir^c  über  bo«  Sut^ertum 
unb  eine  Slbfagc  an  ba«fclbc  h)o^l  für  alle  Rcitm. 

Über  bie  9lu«gabcn  ber  Acta  l^e  i^  ba«  9l5tige  bemerk  a.  a.  0.  ©.  96,   too  so 
nac^)utragen  ift,  ba^  ©c^clftrate  in  feinem  oben  genannten  SBerIc  nur  91u«}üge  au«  ben 
antworten  ^cremia«  bringt.    3)ie  Urfd^rift  ber  3lef))onJa  toar  noc^  erl^alten  jur  3^*^  *>« 
©^nobe  bon  ^crufalem  1672  (Rimmel,  Monumenta  fidei  eccl.  Orient.  I,  ©.  378). 

S)ie  Bad)t  fclbft  enttoidfeltc  unb  bolljog  ftc^  folgenbermafeen.  2luf  Verlangen  be« 
^reil^erm  3)abib  bon  Ungnab,  bamaligen  laiferlid^en  ©cfanbtcn  bei  ber  Pforte,  eine«  36 
eifrigen  ^roteftanten,  begab  ftd^  Bttpf^an  ®erlad^,  bi«^er  9le))etent  am  tl^eoloaifc^en  ©e« 
minar  in  Tübingen,  1573  nad^  Jtonftantino^el,  um  bie  ©tcQc  eine«  ®efanbf(^aft«^rebigcr« 
einzunehmen,  (h  brad^te  jioei  @m))fel^lung«fd^reibcn  an  ben  ^atriard^cn  mit,  ba«  eine  be« 
Äanjler«  ^oiob  2lnbrcä  in  2^übingen,  ba«  anbere  be«  äJlartin  Srupu«,  be«  geleierten  ©rä« 
ciftcn  unb  §iftoriIer«,  beibe  Sriefe  tourben  too^ttooBcnb  aufgenommen.  Stud^  befreunbetc  4o 
fid^  Ocrlac^  mit  ^^i^eobofio«  ^^omola^,  bem  ?Protonotario«  be«  g^emia«,  toä^enb  er 
juglcid^  mit  ber  Unibcrfität  feiner  ^eimat  im  SScrlc^r  blieb;  bort|Jin  ift  er  aud^i  fj)äter 
gurüdgegangen  unb  1612  in  Tübingen  geftorben.  ^ie  ®elegeniecit  )u  einer  älnnä^crung 
ber  Sut^craner  an  bie  gried^ifd^e  Äird^e  unb  ju  einer  Sclanntmad^ung  i^er  Sc^c  nac| 
biefcr  Slic^tung  fc^ien  günftig  unb  foUte  nid^t  unbenu^  bleiben,  ^al^cr  richteten  älnbreä  46 
unb  Sruftu«  jctft  nod^  jtoei  anbere  ©d^reiben  an  ben  ^atriard^cn,  ba«  erfte  bom  15.  ©e^)* 
tember  1574  mit  gwf^bung  ber  in«  ©ried^ilc^e  überfc^ten  S[ug«burgijt^en  ilonfeffion,  bon 
toclc^cr  ber  ®nH)fänger  genauere  Äenntni«  nebmen  tooHc,  ba«  atoeite  bom  20.  3Rärj 
1575.  3"  bi«f«n  l^teren  banfen  pe  mit  berbinblid^en  SBorten  für  bic  imteifd^en  etn» 
getroffenene  Slüdfäufecrung  be«  ^[ercmia«,  bertoeifen  nod^mal«  auf  ba«  Scfcnntni«  ber  eo 
äluauftana  unb  emeuem  bie  Sttte  um  beren  Segutad^tung ;  benn  babon  ioerbe  er  fic^ 
leicht  überzeugen,  ba^  in  biefcr  ©d^rift  bcr  alte  Rirdecnglaubc  in  allem  SBcfcntlid^en  ge* 
toa^rt  h)crbe,  ba^  e«  alfo  fe^r  too^l  möglich  fei,  tro^  aller  örtlichen  ßntfemung  jh)if(9en 
Tübingen  unb  5ton{)antino^el  ein  93anb  ber  Sintrad^t  in  ©laubcn  unb  Siebe  )u  ntü{)fen. 
2luc^  jloci  ^rebigten  Änbreö«,  gried^if*  überfe^t,  toaren  bem  ^Patriarchen  übermittelt  ßs 
toorbcn.  2)ic  2lnth)ort  be«  le^tercn  erfotgte  erft  1576  am  15.  SKai,  fie  toar  berbunben 
mit  einer  langen  Slbl^anblung,  in  tocld^cr  bie  Äonfefjion  ©tüi  für  ©tüdf  cenftert  toirb. 
einige«  toirb  allerbing«  gelobt,  befonber«  in  ben  ärtifeln  bon  ber  Äirc^e,  bem  geiftlic^en 
2lmt,  ber  ^rieftcrel^e  unb  ben  lefetcn  2)ingen,  allein  ber  3;abcl  überwiegt  bei  tocitem.  S3cr- 
tocrflic^  fei  bic  aufnähme  be«  tilioque  in  ba«  ©);mbol,  bertoerflid^  bic  3urüd(ftcllung  eo 


662  ^mtniad  U.,  ^attiatd^  dfctoBeam  I. 

bcr  guten  Söcrfc  für  bic  Slcc^tfcrtiflung,  and)  bcr  freie  SBiHc  toerbc  tnncrl^b  ber  J^eife^ 
Ic^re  nxi)t  Gehörig  in  2lnfd^Iag  gebracht.  SBäie  bo^  ©^mbol  ^ioiJlf  Slrtüd  umta^t,  fo  mu| 
Ctg  aud)  bleiben  bei  ber  ©icbenja^I  ber  2^ugenben,  ber  Safter  unb  ber  @atramente;  bie 
Sufte  forbert  äufjöf^lung  ber  ©ünben  unb   tperftl^ötige  ©enugt^uung.   ©elbft  bic  brd= 

6  malige  Untcrtaud^ung  bei  ber  ^^aufe,  bie  SKönd^^elübbe,  bie  SSere^ng  ber  ^etUgen  finb 
unanfechtbar,  unb  bic  äBanbelung  ber  (Elemente  be«  2lbenbma^te  mufe  t>im  bcr  Slnrufung 
beö  1^1.  (Seiftet  abgeleitet  tperben.  2)ieg  atte^  toirb  nic^t  aU  Slnftc^t,  fonbem  in  belegen- 
bcr  %oun  t>orgetragen,  ba^er  aud^».  ^«^  fc^Iiefeli(^e  gute  Slat  uim  Übertritt.  2)urd^  biefe 
ärt  bcr  Entgegnung  fanben  fw^  bie  3:übinger  erft  red^t  jur  Segrünbung  i^er  Se^nter^ 

10  fd^icbe  ^erauggeforbert.  3)er  ^ofi)rcbiger  Sula^  Dfianber  uno  3Wartin  6rufiu5,  bie  SSerfaffer  bcö 
jtoeiten  au^füJ^rlid^en  unb  bom  18.  ^um  1577  batierten  ©enbfc^eiben«,  gingen  bie^al 
prinzipieller  ju  SEBcrfe.  5)ie  Slultorität  bcr  38äter  mufe  bem  ©df|iriftj)rinjij)  tüeid^cn,  ijon 
il^m  au^  tüirb  bie  SRec^tfertigung  an^  bem  ©tauben  noc^mate  in«  Sic^t  gefegt  unb  bie 
aSerbienftlid^Ieit  menfd^Iic^er  Seiftungen  ate  mit  ber  ©ünbenüergebung  unüerträßlic^  p 

16  rüdgelüiefen.  2)er  ©afeament^bcgriff  aber  foQ  burc^  bie  ßinfefeung  ^xx^ix  bebingt  fnn, 
nid^t  burc^  irgcnb  toeld^en  ge^eimni^oQen  ^n^alt,  toeil  fid^  fonft  gar  feine  f^d^^  ©ren^e 
feftfteQen  lie^e.  ®tnige«  anbere,  tDie  ber  uuönd^ftanb,  toirb  fc^onenb  beurteilt.  SßirfUc^ 
entfd;Io^  fic^  S^^iö«^  obgleich  erft  nadfi  jtoei  3<^^ren,  benn  er  toar  burc^  eine  Sleife  ab^ 
gehalten,  ju  einer  nod^maligen  (Segenerftärung,  batiert  bom  3Wai  1579,  h>elc^e  aber  toeit 

ao  me^r  einer  3uted^tn)eifung  ä^nlid;  ftebt.  SJtit  einiger  ^enntni«  ber  ürc^lid^  Sittaatur, 
fogar  ber  lateinifqfen  unb  mit  forgfäitiger  3luf}ät|[ung  ber  ©etoä^rdmänner  Derbrettet  er 
[\q  l^auptjäc^lid^  über  bie  Äontroöerfcn  bom  Slu^gang  be«  Oeifte«,  bon  ber  ,®eredi^tigtcit 
be«  ©lauben«  unb  ber  SSJerte,  bon  ber  aBillen^freti^eit  unb  ben  3Kvft^^-  Über  eine  fo 
ioeit  getriebene  ©eringfd^ö^ung  be«  Überlieferten,   tote  fte  bie  5Proteftanten  berraten,  ber^ 

26  ^el^lt  er  fein  Sefremben  nid^t,  fein  fd^toerfter  38orh)urf  ift  ber  ber  Sleuerungdfuc^t ;  toe^ 
benen,  bic  fem  bon  fc^ulbiger  ^ietät,  nur  ber  eigenen  SKeinung  bienen  tooHen!  äuc^  biefe 
33orl^altung  ermübete  bie  eifrigen  Sut^eraner  noc^  nid^t ;  Slnbreä,  ©(^nej)f,  Sibembodji 
unb  .f>cerbranb  erliefen  bom  $age  ^o^anni«  be«  3:äufer«  1580  ein  abermaliges  SSers 
tcibigunggfd^reiben  nad^  Äonftantinojjcl,  bieSmal  aber  mit  geringem  grfolg.  S^^niia«  ant- 

90  toortetc  am  6.  ^uni  1581  toeit  fürjer  unb  fc^lo^  mit  bem  S3emerfen,  e«  fei  bergeblic^ 
SKü^e,  mit  Ideologen  fernerhin  ju  ber^anbeln,  toelc^e  bie  Siebter  ber  Äird^  nidbt  mel^r  in 
ß^rcn  galten  toollen;  fxe  mö&ten  iaf)tx,  ftatt  [xäf  mit  guf^bung  bon  ©djriften  unb 
Sriefcn  toeitere  2Jlü^c  ^u  mad^en,  Heber  il;reg  SBege«  fürbafe  ge^cn,  in  3"^*^!^  ^^^f 
locnn  fic  tooHten,  nur  noc^   au«  greunbfd^aft«grünben  {q)iXiag  evexa)  an  'üfn  fc^reiben, 

36  nic^t  bon  ®Iauben«fac^en.  Sluf  folc^e  SBJeifung  fonnte  alfo  bon  2^übingen  au«  nur  no^^ 
fiirjlid^  unb  abfd^Iie^enb  re))liaiert  toerben.  (®o§  f)  ¥4«  8Ket|er. 

3crobeam  I.,  c??"?:  (Järob'äm),  LXX  'hgoßodfi,  ©o^n  5Rebat«,  ca.  933—912 
b.  6^r.,  erfter  Äönig  be«  ße^nftämmereid^«.  —  ^^l  SBiner,  S3tbl.  »J..®.»,  I,  544 ff.; 
8d)cn!el,  «ibcUfiej.  III,  211  ff.  (6d)enfcl).  $Ricl)m,  ö^S3'  I,  690  f.  (^lelnert).  diualb,  Okfctj. 
40beö  SB.  3ör.»  III,  416 f.,  467 ff.;  Stabe,  ©cfcft.  b.  SB.  3dr.  I,  344 ff.;  Äittcl,  ©ef«.  b.  4>ebr. 
II,  162.  178.  208  f.  215 ff.;  Slöf)Ier,  fic^vb.  b.  bibl.  ©ef«.  II,  1,  6.  447 ff.,  II.  2.  6.4  ff., 
363 ff.;  3»cU^aiifcn,  3§rael.  u.  jüb.  GJefcft.,  8.  48 f.;  Äloftermann,  &c\dj,  b.  35.  3«r.,  193 ff.; 
®ntl)c,  ®cf4.  be§  SB.  g.,  6.  131  ff.;  fiö^r,  ®cfd).  bc8  S3.  3.,  @.  88ff. 

3.  toar  nai)  1  Äg  11,  26  ein  e^^raimit  CP^s«)  au«  gereba  (^T^V").  ®ie«  toirb 
45  toegett  2  6^r  1, 17  (bgl.  1  Äg  7,  46)  mcift  mit  3art^an  ibentifi«ert,  ba«  nad^  gof  3, 16 
nörbl.  bon  S^f^^ö,  nac^  1  Äg  4, 12  untoeit  ^d\)  ©c^ean,  iebenfaH«  aber  im  ®ebiet  bon 
3ffac^ar  lag;  bielleid^t  ^at  ftd^  aber  ber  5Rame  in  surda,  einem  ®orf  4km  norblDefüid^ 
bon  93et^el  erl^alten.  Übrigen«  ift  fraglich,  ob  ha^^ereda  al«  9iame  einer  ©tabt  unb 
nid^t  bielmc^r  eine«  Scjirf«  ju  betrachten  fei.  LXX  Vat.  bieten  1  Äg  11,  26  ix  rrjg 
50  laoeigd  (AI.  bagegen  ZaQidd),  offenbar  nur  eine  33ertoe^«lung  bon  "^  unb  ^  (toie 
Sli  "7,  22),  bie  Icine«loeg«  i\x  ben  tü^ncn  Äombinationen  berechtigt,  bie  I^iu«  (f.  u.) 
batan  gcinüpft  ^at.  3.«  SBater  9Jebat  mu^  frü^  geftorbcn  fein,  ba  bie  3Jlutter  ^aua 
1  Äg  11,  26  bon  born^crcin  al«  SBitloe  bejeic^net  ioirb.  3)er  3flame  ^mia  (bie  äu«= 
fähige)  ift  übrigen«  al«  nomen  proprium  berbäd^tig  unb  beruht  tool^l  auf  einer  jüb. 
56  ßrfc^ung  ober  Umbiegung  be«  urfpr.  5Wamen«  (B^uja?);  in  bem  S^f^^i  *^^  ^^X  Vat. 
m  1  Äg  12,  24  toirb  bie  5Wutter  3-^  f«>9fl^  al^  §ure  be^cid^net.  a!)od^  berbient  biefe 
JJotij  ebenfotoenig  Sead^tung,  toie  ber  V^antaftifc^e  Serid^t  jene«  3ufa§e«  über  bie  än^ 
fange  ber  ©mjjörung  3-^-  ©amac^  toar  3-  S)efe^t«l5>aber  (mit  300  eigenen  ©treithwtgen!) 
beim  33au  bcr  ßtoingburg  ©crira  (nad^  Ilj^eniu«  auf  bem  GJarijim   jur  S5&ibigung  ber 


^oitüm  h  663 

©idficmitcn !),  tDcId^e  Surö  er  bann  and)  nai)  feiner  Slüdfle^r.  au^  äg^jjten  juerft  bc^ 
lagert  ^abe  u.  f.  h).  ^er  qaniz  l^öd^ft  lonfufe  äSerid^t  über  bte  „^^  ^agigd  auf  bem 
©ebtrge  @))t|ratm''  tft  beutUc^  erft  an^  bem  Flamen  ber  ^tutter  @arira  l^erau^ef)}onnen. 
^ad)  bem  böBtg  unberbäd^tiöen  maforei  3;ejt  (1  Äg  11,  26  ff.)  er^ob  3v  ^  Äned^t  ©as 
lomo^  (b.  ^.  cinfad^  ein  Untertl^an  im  ©egenfa^  }u  ben  au^Iänb.  Smj)örem,  11,  Uff.,  6 
n\d)i  ate  Sröger  eine^  beftimmten  Slmte«,  g.  35.  nad^  S^f^^-  3lnt.  8,  7. 8  ber  örgan^yla 
bii  xfjg  'LüöiJTiov  qwXfjg)  bie  §anb  toiber  ben  Äönig,  nad^bem  i^n  bicfer  beim  Sau  be^ 
SWitto,  ba^  ben  SRift  ber  5Dai)ib[tabt  fd^Iiefeen  follte  (olfo  iebenfott«  in  Serufalem),  atö 
tüchtigen  Arbeiter  beobachtet  unb  infolge  beffen  jum  Sluffel^er  über  bie  Sajtträger  auö  bem 
§aufe  Sofej)^  erl(|oben  l^atte.  Sei  einem  äu^ang  an^  S^^lem,  öielleic^t  gum  Qmi  lo 
cine^  95efuc^  in  ber  §eimat,  begegnet  3-  bem  ^roj)^eten  2l^ia  au^Silo.  3)iefer  gerrei^t 
ben  neuen  SJtantel,  ben  er  trägt  (nic^t  bad  neue  älmtdfleib  ^,^,  tt>ie  @tt>alb  toill)  in  gtDölf 
©türfc  unb  läfet  äl-  je^n  für  ft(^  nehmen  gum  S^idfm,  ba^  iJ^m  ®ott  jel^n  ©tämme  ju* 
geteilt,  bem  gö^enbienerifc^en^aufe  3)abib«  aber  nur  einen  ©tamm  gelaffen  l^abe.  ®ie  auffällige 
Verlegung  ber  gtoölf  in  10  unb  1  (ögl.  fd^on  1  Äg  11,  13;  bieLXX  öertoanbeln  11,32.  i6 
36  u.  12,20,  nid^t  ober  11, 13  ben  einen  ©tamm  in  jtoei)  toirb  getoöi^nlic^  fo  erllärt,  bafe 
Senjamin  toegen  feiner  Äleinl^eit  nad^träglic^  nic^t  befonber«  ßejä^lt,  fonbern  mit  gui^ö 
gufammengefa|t  iberbe.  3"  ^^  ^<*^  P^  ^i«  beträd^tlidber  S^etl  bon  Senjamin  (Setl^el, 
©ilgal,  Seric^o)  an  g^rael  unb  nur  ber  Segirl,  ber  bid^t  öor  ben  Igoren  ^erufalem« 
lag,  tourbe  bei  3uba  feftge^atten  unb  t>erfc^molj  früheitig  ju  einem  Sangen  mit  il^m.  20 
Sebenfafe  gä^lt  bie  beuteronomiftifc^e  Slebaltton  be«  Äönig^buc^^  (1  Äg  11, 13.  32.  36) 
fo  gut  h)ie  bie  ältere  Quelle  12,20  (auc^  38.21  i[t  „u.  ben  ©tamm  SSenj."  fc^toerlid^ 
urjj)rüngli(^)  im  fübl.  Sleic^  nur  einen  ©tamm.  auf  Slec^nung  ber  beuteronomiftifc^en 
^ebattion  ift  auc^  bie  Motivierung  ber  9fleid^ft)altung  au^  bem  ©ö^enbienft  ©olomoi^  gu 
fe^en.  1  Äg  11,  4  ff.  toirb  foldfier  er[t  bem  oltemben  Äönig  fc^ulbgegeben,  h)äl()[renb  ber  26 
Sau  be«J  WHo  fjjäteften«  in  bie  SKitte  feiner  Slegierung  gu  verlegen  ift.  ®ie  ältere 
Quelle  fennt  aU  SKotiv  be«  SlbfaH«  nur  ben  brüdfenben  unb  gugleic^  untoürbigen  Rrol^m 
bienft,  ben  ©alomo  ben  ©tämmen  auferlegte  (LXX  ^^f«^  ju  1  Äg  12, 24  geben»  ba« 
mbtn  and)  ber  unerfd[>n)inglid^en  fiieferungen  für  bie  löniglic^  3^fel).  Diefer  3)rucf 
tourbe  Don  ben  @i[)l^raimiten  Vermöge  i^rer  uralten  Siferfuc^t  gegen  bie  ^ubäer  bo))t)elt  so 
fd[>U)er  cmj)funben  unb  bilbete  für  3.  toal^d^einlid^  ba«  eingige  3Kotiv  ber  el^geigigen^piäne, 
bie  er  nac?  1  Ägll,  37  fd^on  vor  ber  Segegnuiw  mit  Sl^ia  bei  ftd^  betvegte.  Seileftterem 
bagegen,  toie  bei  ben  $ro))l^eten  überl^au^t,  gefeute  fic^  gu  bem  ))olitifd9en  ^Jlotiv,  bem 
älnteil  am  ©c^id(fal  ber  ©tamme^enoffen  (S^ia  toar  ©ilonit!),  gu^leid^  ein  religiöfed: 
bie  gune^menbe  ©ntartung  be«  Äönigtum«  Vertrug  fid^  immer  Weniger  mit  ben  berec^*  85 
tigten  gorberungen  ber  5ßropl^eten,  bie  gur  ^Pflege  be«  toal^rl^aften  ®otte*ienft©g  berufen 
toaren.  3Sm  3-  erlannte  a^ia  ben  SKann,  ber  neben  ben  eigenen  Jjolitifc^en  3*^^^ 
gugleid^  bie  religiöfen  bed  $ro)}]^etentumi^  Vertoirllic^en  tvürbe.  ^U)ieU)eit  bie  9tbfall^ 
j)läne  fd^on  bamate  gur  ^Sfyxt  tourben,  lä|t  ftc^  au^  1  Äg  11,26  unb  40  nic^t  beftimmt 
entnehmen.  3)ie  3Serfolgung  3-^  burd^  ©alomo  toürbe  fic^  fd^on  barau«  erJHären,  ba^  40 
Ic^terem  bie  Unterrebung  Sl|iad  unb  3-^  jw  D^ren  fam.  3.  aber  flo^  nac^  ägW*«"^ 
bem  beliebten  Slf^l  für  berartige  glüdjitlinge  (lÄg  11, 18),  unb  Vertoeilte  bei  bem$^arao 
©ifaq  (©d^efd^enq,  Segrünber  ber  22.  35^naftie)  big  ax  ©alomo«  3:obe;  nac^  LXX  gu 
1  Äg  12,24  gab  il^im  fogar  ©ifaq  feine  ©d^h)ägerin  SBlno  gum  SBeibe  (tDol^l  nur  Über* 
tragung  be«  1  ilg  11, 19  Von  §abab  ©rgäl^lten  auf  ^erobeam).  as 

auf  bie  Äunbe  Von  ©alomo«  3:ob  fe|rte  3.  ani  SgVjjten  gurüdf  (lefetere  SBorte  finb 
nad^  LXX  Vulg.  unb  2  Gl^r  10,  2  im  mafor.  3:ejte  1  Äg  12, 2  irrtümlid^  au^gefaBen) 
unb  erfc^ien  mit  ber  3SolI«gemeinbe  3^^«^«  auf  bem  9leid5>«tage  gu  ©ic^em,  um  bie 
SBa^lfopitulation  mit  Slel^beam  gu  vereinbaren.  3)a  e«  jebod^  3-  Wtoerlic^  6mft  bamit 
getoefen  toäre,  fo  beruht  too^l  bie  9lotig,  ba^  er  bei  jener  33erl^anblung  al«  ©))rec^er  ge«  go 
bient  f)aht,  auf  einer  fjpäteren  Eintragung ;  erft  bei  bief er  2lnna|me  erl^äten  toir  für  1  Äg 
12,  20  einen  rid^tigen  ©inn.  3)arna(^  ^ielt  fic^  3-  i>orläufig  abfeit«,  ai«  aber  ber  lin* 
bifc^e  2^ro^  Sle^abeam«  ben  Sruc^  J^^eraufbefAtooren  ^atte,  lie|en  bie  3^weliten  3-  W<>rt 
l^erbei^olen  unb  mad^ten  il^n  gum  Äönige  über  gang  3^wel.    \®em  ^piane  Sle^abeam«, 


ba«  Verlorene  toieber  ju  gewinnen  (bie  180000  Ärieger  fmb  offenbar  mibrafc^artiger  gu*  66 
fa|,  ber  in  LXX  £c  fe^lt),  n)irb  burd^  ben  @infj)ru^  be«  ^rovbeten  ©d^emaja  geUje^rt 
(12,  22  ff.)  —  ein  Setvei«  für  bie  Übereinftimmung,  mit  toeU^er  bie  ^Pro^^eten  bi« 
ba^in  bie  ©ac^lage  beurteilten.  SEBie  Silvia,  fo  erflärt  auc^  ©d^emaja  bie  ©Haltung 
für  ein  gottgewollte«  SSerl^ängni«.  SIHerbing«  fc^eint  bem  bie  Weitere  9?otig  (14,  30; 
15, 6  f.)  gu  Wiberfjjred^en,  ba^  3-  3^  f^"^  Seben«  mit  SHel^abeam  unb  beffen  ©o^neo 


664  ^etokam  L 

abijam  in  ©treit  gckflcn  j^obe.  ®ie  e^onil  (II,  13, 2  ff.)  ergänjt  biefe  Stetig  in 
t^rer  SBctfe  burd^  einen  längeren  Sendet  über  eine  ©d^Iad^t  am  Serge  S^ntarajim,  bei 
toeld^er  ben  400  000  au^erlefenen  Subäem  äbtant«  800000  3«raeKtm  gegenfiberßanben 
unb  bte  mit  ber  !Rteberme^eIuno  bon  einer  l^olben  SRiUion  ber  lederen,  foioie  mit  bem 

6  Serlufte  t)on  Setzei,  3efd(iana  unb  Qpfycon  enbete.  aBid^tiaer  eqd^eint  bie  Slnbeutunfl 
1  %  15, 19,  h)onad^  gmifd^en  Slbiam  unb  ben  9(ramäem  t)on  ^amo^d  ein  Sunb  befionb. 
®ie  ^errfd^aft  über  ©amagfu«  (b.  \).  h)o^l  nur  über  einen  juae^rigen  ganbfjtrid^)  toor 
nad^  litg  11,24  fc^on  unter  @alomo  k>erloren  gegangen;  bod^  benu^en  je^t  bie  l^ubaer 
ben  einftigen  SSafoQen  h)enigften$  baju,  bem  nörblic^en  Sleic^e  Sierlegen^ten  gu  Bereiten. 

10  ^ie  nal[^eliegenbe  SJermutung,  ba^  3.  felbft  ben  SinfaQ  Slel^beamd  burc^  bie  ^erbei- 
rufung  @tfaqd  Vereitelt  l^abe  (fo  bef.  Stoolb),  fd^eitert  baran,  ba|  auf  ber  3nfd^rift@ifaq^ 
gu  5tama{  neben  @t&bten  ^^ubad  aud^  ga^lreid^e  i^raelitifc^e  @töbte  aU  unterit)i>rfen  auf- 
gefül^rt  toerben  (t>gl.  3R.  SB.  SRüQer,  äfften  unb  @uro^a  nac^  altäg^t)t.  2)enlmaleni,  £)>). 
1893,  ©.  166  ff.). 

15  9Son  ben  inneren  5Ka6regeln,  bie  3-  }^^  ©tärlung  beä  neuen  Sleid^  ergriff,  toirb 
Dor  allem  (1  Äg  12,  25)  bie  Sefeftigung  ©id^em«  unb  bie  ©r^ung  biefer  ©tabt  jur 
Sfleftbeng  ertpäl^nt.  dagegen  lann  e^  ftd^  bei  ber  Sefeftigung  $enueld  nid^t  van  eme 
SSerlegung  ber  Sfleftbem  (fo  Stoalb,  ©tabe,  äBelll^.  tt>egen  ber  Srfolge  9ie^abeami^)  ^onbeln, 
fonbem  nur  um  bie  älnlegung  eine^  SBaffen))Ia|e^  gur  Sicherung  bed  öftlid^en  ®ebietd 

20  gegen  bie  benad^barten  SSölfer.  1  Äg  14,17  finben  toir  3.  ju  3$irja,  toeldSfe  ©tabt  feit* 
bem  öfter  (lÄgl5,33;  16,8. 15  ff.)  afe  Sleftbenj  ber  i^raclitifd^en  Äönigc  biö  Dmri  ge^ 
nannt  h)irb.  ^eitaud  ber  tDid^tigfte  ©d^ritt  %^  h)ar  jeboc^  bie  offigieOe  ©anitionierung 
eines  felbftftänbigen  Jtultud  an  ben  beiben  @nb))untten  beS  Sfleid^,  auf  bem  altl^igen 
93oben   Don  Setzei  unb  San,  um   bem  3iolU  für  bie  bebentliAfte  Sinbu^e,  bie  äb^ 

25  fd^Ke^ung  Dom  SCen^jel  gu  S^fwfalem,  einen  ®rfa^  ju  bieten  (t>gl.  1  Äg  12, 27).  Sffler« 
bingS  mod^te  bie  (Srrid^tung  Don  neuen  Jtultudftätten  ber  bammigen  Q6t  m  fid^  no^ 
unverfänglich  erfd^einen,  fc^toerlid^  jebod^  bie  Anbetung  ^^^^^  unter  bem  93Ube  golbener 
©tiere.  Qloax  badete  %  babei  leineSfaQS  an  eine  älbrogierung  DeS  ^a^DeluItuS,  to>ie  bieS 
nadfi  bem  2)euteronomiften  (1  Äg  14,9)  unb  nac^  bem  S^roniften  (II,  12, 15  ff.  13,8  u.a) 

90  erfc^einen  lönnte.  3)ie  golbenen  Jtcilber  Don  ^an  unb  Setzei  toaren  Dielme^  fu^er  nur 
bie  Segitimifterung  eine«  nie  ganj  au^eftorbenen  Äultu«,  toie  er  ben  finnlid^en  Steigungen 
be«  aSolfö  trefflid^  entf^rad^  (fo  auc^  ©todb  III,  472),  unb  e«  ift  ba^er  Dößig  unnötig,  ben 
©tierbienft  ^.«  auf  ben  StpiSbienft  ber  Sägl^jjter  mrücfjufül^en.  ©benfo  getoife  ifi  eö  jAod^ 
auc^,  bafe  biefer  DerJ^ängniSDoHc  ©d^tt  nid^t  erft  in  fjjöterer  3rit  (Dgl.  bef.  2  Äg  10, 29) 

85  Don  ben  toa^ren  ^€ä)t)^cic^^mi  olö  „bie  ©ünbe  3-^"  gebranbmarft  unb  al«  folc^ 
fJ)ri(^U>örtltd^  tourbe.  9lid^t  geringeren  älnftofe  getoäl^te  e«  ber  (fj)äteren)  jubäifd^  9tn: 
fd^auung  (1  Äg  12,31),  ba^  X  für  feine  §ö^enbäufer  ^priefter  ani  allertei  Soll  befteOte, 
bie  nid^t  au«  ben  ©ö^nen  SeDi  toaren.  Sflacp  2  6^r  12, 13  ff.  I^ötten  g.  unb  feine 
©ö^ne  (?)  bie  SeDiten  Dom  ^rieftertum  ^cä)\)t^  fogar  Derfto^en  unb  fo  jur  älu^hxmbes 

40  rung  nad^  ^uia  genötigt.  ®«  bebarf  inbe«  leine«  Setocife«,  ba^  bie  ältere  Slnfd^uung 
aud^  S^rael  al«  eine  ©tättc  be«  3^^^^^"^^  anerfannte;  o^nÄie« .  Rotten  bie  Sendete 
über  bie  fortbauembe  2BirffamIeit  ed^ter  5|}ro>)^eten  in  3^^«^  feinen  ©inn.  —  3)a«  geft, 
toeld^e«  3.  nac^  1  Äg  12,  32  am  15.  Sage  be«  8.  aJlonat«  einrichtete,  follte  offenbar 
einen  ©rfa^  für  Saubl^ütten  bieten.    3)oc^  ift  ber  (Srunb  für  bie  SSerlegung  biefe«  ^te« 

45  Dom  7.  auf  ben  8.  3Ronat  nid^t  red^t  erftd^tlid^,  tocnn  nid^t  etioa  ber  3^ermin  ber  ZJ^om 
beftcigung  3-^  t^ö^ri  «««  Slolle  fjjielte  (fo  2:l|cniu«  u.  a.  nac^  SSatabtu«. 

©c^licflic^  traben  toir  noc^  ber  beiben  ©rjöl^lungen  über  3.  1  Äg  13—14  )u  gebenfen. 
a)ie  erfte  berfelben  (Raüß.  13)  ift  ftc^tlid^  ein  erbaulid^er  ÜRibrafd^  auf  (Srunb  be«  Serid^te« 
2Äg  23,  17 ff.;    le^terer  tourbe  Don  fpäter  ^anb   mit   einer  älteren  ©rjäbUmg,  bie  bef. 

60  Don  lÄg  14, 11  an  beuttid^  burc^fd^immert,  in  enge  9?crbinbung  gebrad^t.  !Rac^3of^^ 
Stltert.  8,  8, 5  i}\^  ber  1  %  13, 1  ertoä^nte  jübifc^e  ^ro^^et  3abon,  b.  i.  o^ne  3to«feI 
ber  ^Vt)o  ober  ^ä"\>o  (obfc^on  berfelbe  noc^  unter  äbia  lebte),  bem  2  6^  9, 29  ein 
Drafet  über  3.  jugefd^rieben  loirb.  dagegen  beruht  äcüp.  14  (bie  Befragung  Sl^ia«  ^u 
©ilo  burd^  ba«  SBeib  3-^  P^^  ö"f  guter  Ueberliefcrung,   mag   and)  bie  je^ige  gorm 

55  ber  a5}ei«fagung  Don  ber  a[u«rottung  be«  §aufe«  3-^  «i^t  o^ne  einige  ^uf&e  (7  bi« 
9,  14—16)  in  beuteronomiftifd^em  (Seifte  geblieben  fein.  3ebenfall«  ift  m  btefer  ©r* 
jä^lung  bie  Deränbcrte  ©tettung  äl^ia«  (unb  ber  eckten  ^}}roj)l^eten  über^auj)t)  ju  bem 
neuen  Seiche  treu  toiebergegeben.  9lac^  jener  a5}ei«fagung  tuirb  e«  übrigen«  begreiflich, 
h?ie  ber  Gi^ronift  (II,  13,20)  einen   getoaltfamen  3:ob  3.«  berid^ten   fonnte  (Dgl.  jebodjf 

eolilg  14,20). 


dler^befttn  L  ^9httm  II*  665 

2luf  bic  genaue  Änfcfeung  ber  22  SRcflicrung^ia^te  Xi  (1  Jtg  14, 20)  h)trb  man  fo 
lange  berjtc^ten  muffen,  aU  ber  einzige  braud^bate  @bn($ronti^mu^,  ber  Aug  be^  S^e- 
fc^enq,  öon  ben  ägV)3toIogen  l^öc^ft  loerfc^teben  (nad^  Sber«  j.  8.  949,  naqi  SDla«J)ero  um 
925)  bered^net  tptrb.  ^an^fil^. 

(^erobeam  II.,  ©ol^n  be«  3oa«,  UrenM  Sel^ug,  Äönig  bon  3«rael.  —  «al.  ©iner, 
58161.  JK..SB»  I,  545;  ©«ettfel,  ©ibcU^cj.  III,  213 ff.  (©«ettfcl);  Ülic^m,  ^m*  I,  692 
(^(einert);  (Sioalb,  ®cf*.  beö  ».  Sör.»  in,  602ff.;  ©lobe,  ®ef*.  b.  ».  3ör.  I,  570ff.; 
mutl  ®efdi.  ber  f)ebr.  II,  251  f.  ;ftö^Icr,  fic^rb.  ber  bibl.  @cfd}.  II,  2,  @.  394 ff.;  ®ut^e, 
"'  "    bcä  SB.  3.  181  ff. 


3.  I^errfdfile  nad^  2  Äg  14,23  ju  ©amaria  41  ^a^xt  unb  jtoar  15  ^al^^re  gleid^«  10 
jctttg  mit  SKmajio  bon  3uba  (2ilg  14,17).  ^ain  ftimmt  jebod^  toeber  2Ägl5,  1, 
nod^  15, 8.  äln  crfterer  ©teße  tft  nottoenbtg  bie  27  in  15  ju  forrigieren  (nad^  Äeil  tft  12:  mit 
T^  bertoed^felt) ;  au«  15, 8  bagegen  ergiebt  fu^,  ba^  3-  *58  3«^;^«  gemeinfam  mit  Slfarja  (Ufta), 
im  ganjen  alfo  nic^t  41,  fonbem  minbeften«  51  ^ol^re  regierte,  ©egenüber  ber  un^alts 
baren  frül[;eren  Slnfefeung  3.«  um  825—772  t>.  6^.  bürfte  bie  3lnfe|ung  um  783—743  I6 
bem  SRid^tigen  am  9cäd^ften  lommen. 

3.  II.  h)ar  ol^ne  g^^'M  ^i"^  *>«  bebeutenbflen  unb  tl^atfcäftigften  Se^errfc^er  be« 
nörbl.  Sleic^«,  obfd^^on  i^n  ba«  Äönig^buc^  (beffen  3«*«^  ^n  3«rael  öon  2, 13  an 
fid^tlidb  abnimmt)  öufeerft  lurj  be^anbelt  2  Äg  14,  23—29  begnügt  fid^  mit  ber  9emer= 
lung,  ba^  3-  ba«  (Sebiet  „bon  gegen  ^amatl^  an  bi«  jum  5Keer  ber  ©te})))e"  an  ^^xad  20 
jurüdEgebrat^t  ^abe.  ©d^toerlic^  ift  babei  ßamatl^  felbft  mit  eingefd^loff en ,  benn  biefe« 
i^atte  nie  jum  jübifd^en  Sleid^e  gei^ört  (auc^  4  3Rof34,8:  3of  13,5;  ©j  47^16;  48,1; 
2  6^r  8,  3  ift  überaß  ba«  an  ^amatl^  angrenjenbe  (Sebiet  gemeint),  unb  bamac^  toirb 
aud^  2  Äg  14, 28  „er  brad^te  jurtidf  bai^  ©amo^hi«  unb  ^amatl^  3"^^  <»^  ^^xad"  loon  bem 
e^emal«  lübtfd^en  @ebiet  beiber  ©tobte  ju  Derftel^en  fem ;  benn  ^ama^m«  l^otte  bamafö  % 
eigene  Könige  bi«  auf  Sterin  (2  Äg  16,  9),  ber  732  bon  3:iglatl^  ?pUefer  III.  befiegt  unb 
getötet  tourbe.  dagegen  fd^Io^  bie  ©übgrenje  am  toten  3Reer  ol^ne  S^^f^'  5Koab  mit  ein, 
ba  9lm  6, 14  genauer  ben  ©te^^enbad^,  bie  @ren}e  }n>ifc^en  SRoob  unb  ®bom  (nad^  anberen 
jeboc^  SSejeid^nung  be«  Äibron)  ftott  be«  ©tej)))enmeer«  nennt;  bgl.  auc^  9(m2, 3,  h)0 
5ur  3^it  o-^  «w^  rine«  SRid^ter«,  nid^t  eine«  Äönig«  in  5Koab  gebadet  h)irb.  1 6l^r  ao 
5, 17  tüirb  berid^tet,  bofi  3-  bon  bem  eroberten  ©ebiet  (ober  toentgften«  loon  ben  ©abltem) 
®efc^led^t«regijter  aufnehmen  Ke^. 

3lad)  ©d^raber  (bie  Äeilinfd^.  unb  bo«  313:*,  ©.  2 12  ff.)  toören  bie  aufeerorbent^ 
liefen  @rfolge  3-^  befonber«  au«  feinem  SSer^cUtni«  )u  9(ffur  )u  erüären.  92ad^bem  3^tael 
bon  ben  bama«cenifd^en  Slramäem  lange  ^obxt  graufam  gÄemütigt  tüorben  toar  (21m  1, 3 :  86 
2Äg  13,  4  ff.,  too  inbe«  ber  38.  5  ertoäpnte  SRetter  nic^t  auf  3oad^^,  fonbem  nadj 
2  Äg  14, 27  auf  3.  II.  ju  bejie^en  ift),  erlitt  ber  Jlönig  SKari  bon  a)ama«hi«  eine 
fd^toere  5Rieberlage  burc^  SRammannirar  III.  loon  Slfjur  (um  800).  ^n  berfelben  3"f<^rift 
toirbjeboc^  auc^  bie  Unterwerfung  be«  Sanbe«  Dmri«,  b.  i.  3^^^^^/ ^&^^*^-  3)amad9  fd^eint 
e«  in  ber  Xl^at,  ba^  bie  ben  Slramäem  abgenommenen  @*iet«teile  naqfmafö  nur  um  ben  40 
5Prei«  eine«  Iribut«  (unb  ber  enbgültigen  Eroberung?)  an  3-  II-  überlafjen  tourben. 
Sbie  §0  10, 14  ertoä^nte  ®roberung  bon  93etl^  ärbd  burd^  ©alman  bejielyt  fv^  nad^ 
©c^raber  (a.  a.  D.,  ©.  440  ff.)  nidpt  auf  bie  galiläifd^e  ©tabt  unb  beren  Eroberung 
burc^  ©almanaffar  III.  (781—72),  fonbem  auf  einen  Sinfall  be«  moabitifc^en  5lönig« 
©alamanu  (ber  freilid^  erft  t>on  ^^igfat^  5pilefer  ertocüj^nt  loirb)  in  bem  tran«iorbanifd^en  46 
»et^ärbel;  bag.  ift  nac^  ffieDI^.,  ffli.  ^xt>p1).\  ©.  126  ©almanaRar  IV.  aemeint  unb 
bie  9lotij  fomit  interJ)oKert.  2  Äg  14,  25  toerben  bie  ©rfolge  3-^  ox^  bie  ©rfüHung  einer 
a3Jei«fagung  be«  5proi)l[^eten  3«>na  ben  Slmittai  bon  ®at^s§ac^ej)l^er  J^ingefteÜt  Ob  ba« 
betreff enbe  Drafel  mit  §i^ig  in  3^  15—16  ju  erblidfen  ift,  mag  auf  ftd^  berul^  (el^er 
bürften  bie  SBorte  3ona«  nod^  in  2Ägl3,  5  unb  14,  26  ff.  burd^IIingen);  bebeutfam  iftfio 
iebo(^,  bafe  un«  ^ier  biefelbe  Srfd^einung,  toie  bei  3-  Iv  entgegentritt.  6in  5ßroj)]^et,  toie 
3ona,  bcffen  Sebeutung  un«  nod^  burc^  feine  t>iel  fj)ätere  SSertoenbung  im  3onabud^  ber* 
bürgt  loirb,  fonnte  in  bem  jungen  3-  ^^^^  Sletter  3^wel«  im  auftrage  3<i^be«  al^nen. 
©anj  anber«  lauten  bie  2lu«fJ)rü(^e  be«  Slmo«  unb  ^ofea  über  3^wel  na^  langiöbriger 
SRegiemng  3'^-  3)i^  umfaffenben  äluffc^Iüffe,  bie  h)ir  beiben  ^ro)3l(ieten  t>erbanlen,  lehren  66 
beutlic^,  baf  ftc^  unter  bem  gleifeenben  ©d^ein  ber  SKad^t  unb  be«  SReid^tum«  ber  fitt* 
lid^e  unb  bamit  aud^  ber  äußere  SBerfaH  be«  SReid^«  mit  Sliefenfc^ritten  boftjog,  trofe  be« 
franfl^aften  SBerfbienfte«,  ber  (freiließ  neben  allerlei  (Sö^enbienft)  bor  ben  3ö^iJ«öUären 
ju  ^an  unb  93etl^el,  fotoie  ju  ©ilgal  unb  felbft  ju  Seerfd^äba  geübt  tourbe.    3)afe  aber 


666  ^erokeam  11.  Sentfalew 

icnc  ^ro^l^etcn  bcu  Stönig  fclbft  für  bcn  9Iuin  be^  Slctd^  i^eranüDortlic^  mad^ten,  klaren 
bic  3)ro^un0cn  §o  1,4  unb  am  1.  9,bic  \id)  ^toar  ntd^t  an  3.  fclbft  (p^l  2%  14,  29), 
bann  aber  nur  um  fo  fc^ncder  an  feinem  @ol^ne  ©ac^arja  erfüllten.  §tamif\i^. 

^crufalem.    —    iüttcratur:  1.  ^Tufna^men  unb  ^luSövobungcn.  1854-1862:  Erm. 

5  Picrotti,  Jerusalem  explored.  Translated  by  Th.  G.  Bonney,  fionbon1864,  2  öbc.  tjranjöfifcö 
unter  bcm  Xitel:  Topographie  anciennc  et  modeme  de  Jerusalem,  Saufanne  1869  ($and 
1«76);  1864/65:  Ch.  W.  Wilson,  The  Ordnance  Survey  of  Jerusalem,  ©outüamplon, 
Ordnancc  Survey  Office  1866,  2«be;  1867—1870:  The  Recovery  of  Jerusalem.  By  Gapt. 
Wilson,    Capt.  Warren  etc.      Editcd   by    W.  Morrison,    fionbon   1871;    Charles  Warfen, 

10  Underground  Jenisalem,  fionbon  1876;  1873/74:  Ch.  Clcrraont-Ganneau,  Archaeological 
Researches  in  Palcstine  during  thc  ycars  1873—1874.  Vol.  T,  iJonbon  1899;  1874:  Henry 
Maudslay,  borüber  53ericf)t  uon  S.  $R.  ßonbcr,  The  Rock  Scarp  of  Zion  in  Quarterly  Sta- 
tement (Palestine  Exploration  Fund)  1875,  81ff. ;  1881:  .^crmoHu  ®u(bc,  ^udgrabuncicn 
bei  gerufnfem,  fieipiig  1883  (=  ^^"^^  V,  1882,  7-204.271-378);  1894-1897:  Dr.  Fr. 

15  J.  Blisö,  Excavations  at  Jenisalem  1894—1897,  fionbon  1898.  3)ic  Arbeiten  in  Serufate m 
üon  1865—1882  finb  i^ufammcnt^efofet  in  Survey  of  Western  Palestine.  Jerusalem.  By 
Charles  Warren  and  C.  R.  Conder,  Sonbon  1884.  ^a^u  Plans,  Elevations,  Sections  etc. 
shewing  the  results  of  the  Excavations  at  Jerus.  1867—70,  50  Xofeln.  lieber  bie  bezüg- 
lichen 9(uf|ät^c  in  ben  Quarterly  Statements  bcS  Palestine  Exploration  Fund  giebt  Hu^funft 

20  ber  Index  to  the  Quarterly  Statement  1869  to  1892  incl.,  liber  bie  einfcölägiße  Sitteratur 
überhaupt  bie  SRegIfter  ju  g3b  I— V,  VI— X  unb  XI— XV  ber  3b$3J  («ilfon,  «dorren. 
(Sonber,  Slcrmont'Öonneau,  ß^oplin,  6cf)icf,  QJul^c)  —  2.  (öefamtborftellunflen.  (Ib.  9}o^ 
binfon,  «Polöftina  (1841)  II,  1-313;  Dr.  (£.  ®.  ed^ul^,  Serufalem  1845;  G.  WiUiams,  The 
Holy  City  1845,  2<Bbe;  3B.  trofft,  a)ic  Xopogvopöic  3erufalem8  1846;  (gb.  9?obinfon,  «euc 

25  Unterfu(f)ungen  über  bic  Topographie  gerufolem«  1847;  X.  2:obIer,  ^ie  Slloafiquefle  unb 
ber  Oelberg  1852;  berf,  3)enfblätter  qu8  Serufolem  1853;  berf.,  3mei  Sucher  Xopogrop^ie 
üon  Serufolem  unb  feinen  Umgebungen,  2  ©be,  1853.  1854;  g.  ©(ötoarj,  S)a8  ^eilige  ßanb 
1852,189-239;  ©b.  üRobinfon,  ^feuere  bibl.  gorfcfiungen  1857,  211-344;  $6.  ©olff, 
gerufatem  1857,  3.  ^luSgabe  1872;  X.  Nobler,  S)ritte  ©onberung  na*  ^alöftina  1859, 206  bi« 

30  370;  ie.  gurrcr,  SBanberungen  burc^  boä  f)eiligc  Sanb  1865,  2.  Zuflöge  1891,  6.  26—94; 
F.  de  Saulcv,  Voyage  en  Terre  Sainte  1865,  I,  341—410,  II,  1—217;  S.  fl.  ^xtLnil, 
^ad)  Seruiniem!  II.  1858;  3.  9?.  Sepp,  Serufalcm  unb  bn«  beilige Snnb»  I,  1873;  ®.  ®ott, 
©cfrf)rcibung  über  3crufalcm  unb  feine  Umgebung  1877;  S.  @d)icf,  3!)ie  Hauptfragen  ber 
Xopogrop^ic  3erufalcm§    in    G.  Wind,   $(uf  biblifcben  ?Jfabcn  1885,  488—507;    fB.  »cfant 

35  unb  it.  $.  $almer,  The  Historv  of  Jerusalem:  The  City  of  Herod  and  Saladin,  fionbon 
1888;  Ch.  W.  Wilson,  Jerusalem,  Thc  HolyCit>%  !dont>on  1888;  Hayter  Lewis,  The  Holy 
Places  of  Jerusalem  1888;  V.  Gu^rin,  Jerusalem,  son  histoire,  sa  description,  ees  etablis- 
sements  religicux,  $ari^  1889 ;  W.  A.  Thomson,  The  Land  and  the  Book,  Southern  Pa- 
lestine and  Jerusalem,  fionbon  1881;    (5.  S(fticf,   2)ie   ©augefcbic^te   ber    @tabt  Senifalem 

4o8b^3S  XVI,  237-246;  XVII,  1-24.  75-88.  165-179.  *25 1-276  (1893/94);  ferner  bie 
?lrtifcl  3erufalcm  Don  ^.  gurrer  in  @(6en!clö  SibcIIesifon  (1871),  8f.  ^?üblan  in  9«icbmS 
©ibi.  ^onbmörterbud) '  1893,  Ä  SJobertfon  ©rnitb  in  Encyclopaedia  Britannlca»  XIII. 
638  ff.  unb  H.  Oort  in  Atlas  voor  l^ijbelsche  en  Kerkelijke  Geschiedenis  1884,  25  ff. 
3.  einjchmterfut^ungen:  3um  9^amen  ber  ©tabt:  ©ritt  in  3atS  IV,  134—148;  G.  9?eftle, 

45  Philologia  sacra  1806,  17;  (Sb.  Slönig,  Scbrgebäube  ber  ^icbr.  ©procöe  II,  1,  437.  —  3um 
Älima:  (SftapHn^Äerftcn,  S)a«  mima  uon  3eriifalem  3b$5S  XIV,  93-112.  —  3ur  3ion* 
unt>  ^trafragc:  (Jf).  (5b.  (Jafpari,  3ion  unb  bic  ^Ifva  ber  8t)rer  X^StÄ  1864,  309—328; 
berf.,  Glironologifc^  geogr.  (Sinleilung  in  baS  Scbcn  Sefu  Sörifti  1869;  Älaiber,  3*on,  3)at>ib8» 
ftabt  unb  bie  Vlfra  inncrt)oIb  bcS  alten  3crufalcni  3b$53  III,  189—213,  IV,  18—56;  berf., 

ßo  i«o*  einmal  3ion,  5)amböftabt  unb 91  ha  XI,  1—37;  ®.  ®att,  3ur  3ion*«rro-5rage  in  X^e 
1884,  LXVI,  34-81;  berf.,  3ur  ^tfra^Sroge,  ebenb.  1889,  LXXI,  77-125;  berf.,  3)ic.&ügel 
uon  3erufalem  1897;  ferner  ;\af)lreic()c  9lrt(fel  uon  ^.  5-  S3ird)  in  ben  Quarterly  Statements 
1877  ff.  —  lieber  bie  ^iaucrn^.S:  @d)ic!*®ut^e,  S)ie  ^tueite  9Wauer  3-§  unb  bic  Sauten  Äon» 
ftantin«  am  t)I.  ®rabc  3b?«  VIII,  245-287;  6.  @cöicf,  9?ef)emiag9Wauerbauin3. 8b*«  X^V^ 

ö5  41-62;  berf.,  ^ie  antifcn  JReftc  an  ber  9?orbnjeftmauer  uon  3.  8b$«  I,  15—23;  berf., 
2)cr  Xauib^tt)urm  in  3.  ebenb.  I.  226-237;  ®ut6e,  3ur  fiage  beS  2:tiaIt^ore5  uon  3.  %Rt 
unb  9?ad)r.  be^  X?«  1895,  10—15.  —  3ur  ^afferuerforgung  3.S:  6.  @4lcf,  3)ic  «Gaffer* 
uerjorginig  ber  6labt  3.  3b??^  I,  132—176;  Gber§*®utöc,  $al«ftina  in  SBilb  unb  Bort  I, 
110-126.  150—154.    —    3itm  faromonifrf}cn  $alaft:   23.  6tabc   in  3atS  III,  129-177; 

60  berf..  ®efd)id)tc  bcS  23oIfe»3  S^^'^el  I,  311  ff.;  Chiinez  et  Porrot,  Le  temple  de  J<^nisalem 
et  la  Maison  du  Bois-Liban,  $ari^  1889.  —  3um  @iIoat)tunncI :  (S.  9?.  ©onber,  The  Siloam 
Tunnel  in  Quarterly  Statement  1882,  122—131;  .J).  ®ut^e,  ^luSgrabungen  bei  3eriifalem 
1883,  84—100;  berf..  ^ic  eiloal)infd)rift  in  3bm®  1882.  725—750;  ß.  ©«icf,  Recent  Ex- 
cavations   at     Hiloah    in    Quarterly  Statement    1890,    257 ff.;    ugl.    3b^3^    XIII,   229 f.: 

65  Ch.  Clcrmont-CJajineau,  Les  Tombcaux  de  David  et  des  rois  de  Juda  et  lo  tunnel-aqueduc 


.Senifalent  667 

de  Siloo  in  Recueil  crarcheologie  Orientale  II  1808,254-294.  —  3u3ofep^u§:  5.  ©picft, 
^Qö  3erufalem  bc^  3ü[cvM,  S5edin  1881.  —  3"^^  3*on«fir(fte  imb  her  Dorraitio:  3)ielamp, 
,iMppoIl)tü8  \)üii  X^cben,  5Wünftcr  1898,  6.  96 ff.;  %^,  3a^n,  3)ic  Dormitio  Sanctae  Virginia 
uub  baS  ÖQiiS  beS  go^anneS  SKorfuS  in  Sf?I3  1899,  377 ff.;  ©.  Sommert,  3)ic  Dormitio 
utib  baS  beutfdje  ©runbftücf  auf  bcm  trabitioitcHen  3ion,  ficipiig  1899;  Jtinera  Hierosoly-  6 
mitana  saeculi  IV — VIII  ex  recensione  l*auli  Clcyer,  Vindobonae  1808  (Corpus  Script, 
ecclesiast.).  —  3ur  SJearicnfircfic  beö  Suftinion  3b^33  XI,  197  ff.;  XIII,  12.  —  3ur  .&crr* 
f(Öaft  bcr  Grober  über  3.  Guy  le  Strange,  Palestine  under  tho  Moslems,  Soitbon  1890.  — 
3ur  ^criobc  bcr  ftreuijüflc:  ®.  S^uglcr,  ®cfd)i*te  bcr  Äreujäüflc,  SBcrIin  1880;  S».  9?i3()vid)t, 
(4Jcf(l)i(6te  be§  ÄiJnigrei*^  3crufQlcm,  öcrlin  1898.  —  3ur  ®cfcfti*tc  bcS  ^IKuriftan  SOlt  u.  lo 
<)?Qd)r.  bcg  b'^^  1898,  65  ff.  —  3ur  ©cf^ic^tc  bcr  gfraniiSfoiicr  in  3.  Gir.  Golubovich, 
Serie  Cronologica  dci  rev.  Superiori  di  Terra  Santa  etc.,  3ctu[Qlcm  1898.—  Qnx  ncueftcn 
©cfcöicfttc  3.§:  <Pf).  ©olff.  6icbcn  ^trtifcl  über  3-»  ©tuttflart  1869:  berf.  in  8b^33  VIII, 
Iff.  9lnftQltcn  unb  ^^eubonten  bei  @(^icf  in  3b$58  XVII,  272 ff.;  XVIII,  149 ff.  foiüic  in 
ben  SReifcbücf)crn  üon  ^oebefer,   9Kel}cr  unb   Li(5vin  de  Hamme   (beutfd)  t)on  (Jofta'^oiov).  16 

4.  ^^Jläne:  Gh.  W.  Wilson,  Ordnance  Survey  of  Jerusalem,  ©outftampton  1864/65;  (£.  3»^' 
merntonn,  Äoiten  unb  ^lönc  jur  ^Topographie  be«  ^Tltcn  3c^^uialen!.  Wi\  SBegIcitfdirift, 
iBafcl  1876;  3"nntermQnn-6octn,  ^lan  bcd  heutigen  3enifoIcm  mit  Umgebung  nac^®.  ©ilfonS 
9lnfnal)mc  1864/65  nnb  (S.  @(^|icf«  ergänjungen  biö  1879,  fieipjig,  S^.  öacbefcr;  H.  Nicole, 
Plan  Topographique  de  Jerusalem  et  ses  Environs,  «ßarid  1886/87;  ©d^irf-äJcniinger,  20 
5f?ft()ere  Umgebung  üon  Sci^wf^^cm.    ^It  9?omenHftc   unb   (Erläuterungen,  fieipjig  1895.  — 

5.  SSilbcrmerfc:  gr.  9lb.  ©traufe  unb  0.  Strauß,  3)ic  Sänbcr  unb  ©tfttten  bcr  ^eil.  ©d)rift 
1«61.  3n)eitc  9lu§gabe  1876/77;  ®.  e6er§  unb  0-  ®"t§c,  ^alöftina  in  «ilb  unb  ©ort  I, 
1883;  |)artmonn*»enginger,  <PaIäftino  (24  ^(quorenbrucfe),  C>amburg  1899.  —  6.  <P6oto* 
grapbien :  Catalogue  of  Photographic  Views  and  Slides  for  the  Ijantern.  Published  by  26 
the  Palestine  Exploration  Fund,  24Hanovcr  Square  [je^t  38  Conduit  Street]  üonbon  W.  1894; 
^()otograpt)ien  üon  ©onfilä  inöeirut  ju  bejie^en  burtfi  bic  S)etIofffc6e  SBuc^^anblung  in  Sofel; 
garbige  ^ß^otograp^icn  nac^  €riginalaufna|men  üom  ^al^xe  1894  »on  ^aläftina  unb  @^ricn. 
45l}otü^rom  Qixxid);  Orientp^otograp^ien  bcr  Äoücftion  ^cmfc^cl.  Äunftoerlog  83runo 
•SKntfdiel,  Seipaig,  3fiüftftra6c  9.  80 

1.  Serge  unb  3:^älcr.  S)cr  S3oben  be«  alten  unb  bc«  je^tflen  3^^^^"^ 
(31«  47'  n.  »reite,  30*»  15'  ö.  Sänge  ®r.)  totrb  burd^  eine  bom  Slücfen  be«  ©ebirge« 
nad;  @üben  bortretenbe  ^od^fläd^e  gebilbet,  bte  i^rerfeitd  burd^  einige  X^äler  in  mel^rere 
§ö^en  ^erfc^nitten  toirb.  S)er  SRücfen  be«  ©ebttge«  ober  bte  SBafferfc^eibe  tritt  bon  ©üb- 
tüeftcn  |er  bi«  auf  bie  Slöi^e  einer  SSiertelftunbe  an  bie  ©rengen  ber  ©tabt  l^eran,  giel^t  86 
fidj^  bann  etlDaö  nac^  SQSeften  jurüdE  unb  erreid^t  in  einem  nac^  Dften  offenen  Sogen  ben 
5ßunft  25—30  SDlinuten  nörblid^  bon  ber  ©tabt  (Ras  el-Mesch&rif),  bon  bem  auö  jie 
ixd)  in  fc^arfer  Siegung  ioieber  nadj^  5Rorben  toenbet.  ^ierburd^  erllört  e«  fic^,  ba^  bie 
^od^ebene,  auf  ber  3.  liegt,  nad^  Slorben  unb  Slorbtoeften  gu  mit  bem  SRücfen  be«  ®e- 
birge«  gufammenl^ängt,  toäl^renb  pe  auf  aüm  anberen  ©eiten  burd^  tiefe  Sl^äler  begrenzt  40 
ift,  unb  bafe  fie  fid^  nac^  ©üben  unb  ©üboften  ju  fenit.  3)ie  SBajferfc^eibe  erl^ebt  fid^ 
im  Diorbtoeften  unb  Slorben  ber  ©tobt  bi«  gu  817  m,  toäl^enb  bie  niebrigfte  ©teUe 
be^  ie^igen  ©tabtgebiet«  720  m,  be«  alten  ©tabtgebiet«  638  m  über  bem  SRittcImeere 
gelegen  ift.  ?Jerner  tüirb  babur^  begreiflid^,  bafe  3.  tiefer  liegt  afe  feine  Umgebung  ($f 
125,2);  im  ©üben  fc^iebt  fic^  ber  Dschebel  Abu  Tör  (777  m)  bon  ber  SBajferfd^eibe  46 
l;cr  nac^  Dften  l^in  bor,  im  Dften  liegt  ber  ©tabt  ber  gefd^loffene  SRüdfen  be«  Dschebel 
et-Tur  (818  m)  gegenüber,  ber  fid^  bon  bem  oben  ertoäl^nten  Änie  ber  SBafferfc^eibe  im 
9brben  3.«  nat^  ©üben  l^in  erftredft.  S)a,  too  beibe  Serge  im  ©üben  3.«  il^ren  gufe 
gegen  einanber  fe^en,  öffnet  jid^  in  bem  Wädi  en-När,  bem  alten  Ribrontl^al,  ber  einjige 
aiu^fc^lupf  jlDifd^en  ben  um  bie  ©tabt  gelagerten  Sergen.  6r  fül^rt,  tüie  au^  bie  anbem  00 
SEI^äler  3ubäa«  öftlic^  bon  ber  SBafferfc^eibe,  jum  lobten  ÜKeere. 

3)iefe  §i)l^en  um  3^i^f<il^n^  pnt>  ""^  tnit  il^ren  alten  Slamen  nur  gum  Seil  be« 
!annt.  2)er  Serg  im  Dften  bon  3erufalem  l^ei^t  ©adS^14,4  ^''^i'n  *il,  im  Slargum 
wxr-^T  -rj,  N;ri-^.T  -rj,  b.  i.  Serg  ber  Ölbäume,  im  Stalmub  rjTO?:r;  ^n,  b.  i.  Ölberg, 
im  31%  TÖ  ÖQog  xcov  üaicbv  5Wt21, 1,  bagegen  2cl9,28;  21,37;  ä®  1,12  unb  66 
bei  3ofep^u«  Antiq.  VI  9,2  iXaia)v,  iXaia>vog,  b.  i.  be«  Dlibenl^ain«  (olivetum).  Slui^ 
biefeni  9Jamen  fotoie  au«  bcr  SQScnbung  2  ©a  15,  30  (ätnftieg  bei  ben  Ölbäumen)  crgiebt 
fic^,  ba^  ber  3.  gugefel^rte  SBeftabl^ang  be«  Serge«  mit  Ölbäumen  befc^t  toar;  ba«  ift 
nodS^  ^eutc  fo,  freiließ  nur  in  geringem  ®rabe.  2luf  bem  ®ipfel  bc«  Delbergc«  toar  fc^on 
in  alter  3eit  eine  ^eilige  ©tätte  2  ©al5,32.  Son  3erufalcm  au«  pel^t  man  bier  ®ipfeleü 
be«  langgeftredften  Slüdfen«.  ©er  jtoeite  bon  9torben  ift  ber  ^öc^fte  (818  m),  er  ^ei^t  Karin 
es-Saijad,  bei  ben  Sateinem  aud^  tüol^l  vir!  galiläi  nac^  31®  1,11.  3)er  britte  l^eifet 
Dschebel  et-Tür  (806  unb  812  m);  er  trägt  bie  alte  $immelfal^rt«fa|)elle  foiüic  ber« 


668  S'entfaleiit 

fc^tebenc  anbete  getpeil^te  (Sebäube  unb  tvirb  ballet  im  getDöl^nltd^en  Qpxaä^cbtau^  foofjl 
aud^  allein  afö  ber  Ölberg  betrad^tet.  Stuf  ben  füblic^ften  Oijpfel  be«el^t  man  ben  Flamen 
n^TO-Jiri  -^n  2  Äg  23, 13,  b.  i.  8et9..be«  SSerberben«,  nac^  ber  ml&aia  fcbw^  mons 
offensionis  unb  banac^  //S^d  be^  ätrgemiffe^''  (mons  scandali)  mit  Slüdftc^t  borauf, 

6  bafe  ©alomo  „auf  bem  Serge  im  Dften  3-^"  Slltäre  für  bie  l^eimifd^en  ®ott^en  feiner 
grauen  einrid^tete  litgll,  7.  3)iefer  ®ij)fel  l^ei^t  l^eute  Dschebel  Batn  el-Hawa 
(740  m).  Ob  bie  l^enömmlid^e  3(nnal^me  rid^tig  ift,  lä^  fld^  nic^t  au^m'ad^en.  3lc^ 
2  Rg  23, 13  l^aben  bie  bon  ©domo  gebauten  Slltäre  im  ©üben  be^  'sn  "irr  gelegen;  ob 
aber  '-^  ""r?  ein  anberer  5Rame  für  ben  ölberg  (i^n^pTpn  •^ri)  ift  ober  loirflid^  nur  ben 

lofüblic^en  ®i})fel  bejeic^net,  ba«  erfc^eint  afö  jtoeifel^oft  (bgl.  Slefd^,  %Vi  13, 2, 37 ff.; 
ßoffmann  in  S^^^  2,175;  5Reftle  in  %f)2^  1896,  129).  ®ie  ^ö^e  im  aßeften  ber 
©tabt  entfjjrid^t  bielleid^tbem3ier31,39  genannten  $ügel  ®areb ;  fie  fteigt  bi«  m  780  m. 
3)er  Serg  im  ©üben  ber  ©tabt  toürbe  bann  mit  bem  3^  31,  39  genannten  ®oatl^  ju^ 
fammenfoitten ;  er  l^ebt  fi(^  bi^  ju  777  m  unb  l^eiftt  Dschebel  Abu  Tor,  mit  bem  Seinen 

16  3)orfe  Der  Abu  Tör.  3)ie  Suroj)äer  nennen  i^n  „Serg  be«  böfen  SlatÄ",  toeU  ftt^ 
l^ier  ^i^l^a^  nac^*  einer  im  14.  ^ol^rl^unbert  aufgelommenen  Segenbe  mit  ben  ^uben  be^ 
raten  l^aben  fott,  loie  fte  ^efu«  tobten  Knuten  Qt>  11,47—53).  gür  ben  Slücfen  ber 
aSafferfd^eibe  im5Rorben  ber  ©tabt  (817  m)  lennen  toir  au^^^f^M  benSRamen  Zxdjtog, 
ben  er  Antiq.  XI 8, 5   (A%  Überfe^ung  („ffiarte'O  bon  Sacpeiv  bejet^net.    3)a^  fü^rt 

20  auf  rci:  ober  Q'^ci^,  loa«  ftc^  mit  Q'^e^^^  jufammenfteHen  läfet,  einer  ÖrÜid^feit  bei  3etu^ 
Jalem,  bie  ber  2Wmub  (5Reubauer,  G^orgr.  du  Talmud  151)mel^rmafö  ertooi^nt,  o^ne 
leboc^  il^re  Sage  anzugeben. 

92ad^bem  \o\x  bie  ^öl^en  ring«  um  3.  fennen  gelernt  l^aben,  tooQen  toir  und  bie 
3:^äler,  bie  bie  ©tabt  umgeben   ooer  burd^fc^neiben,  t)ergegenh)ärtigen.    ®a«  §auj)tt^, 

26  ba«  alle  anberen  in  ftc^  aufnimmt,  ift  ber  S3ad^  Äibron,  l^ebr.  f  ^^p.  ^n:^  bog  nac^  2  ©a 
15,23  bie  ©tabt  Don  bem  Ölberg  trennte  (bgl.  3er  31,  40),  turjloeg  aud^  ^nsrt^  ba« 
2:^al  5Re^2,15;  2e^r33,14.  ®ie  angaben  be«  ^ofepM  BeU.  Jud.  V  2,3; 
6,  1;  12,2;  VI  3,2  (J  x^^f^QQo^^  Kedgcov  Antiq.  VIII  1,5;  fonft  meift  ^  Ke- 
dQa)v  xaXovuhnj  cpagay^)   unb   be«  912  ^o  18, 1  (6  y^iuägpog  xwv  KeÖQiov  [xov 

30  KiÖQov])  beftötigen  biefe  Sage.  ®a«  Il^al  entftel^t  im  ^Woroery  y.«  au«  einigen  floc^^ 
SRulben  in  unmittelbarer  Stö^e  ber  SOiafferfc^eibe  unb  jiel^t,  ftc^  allmäi^lid^  unter  biellm^ 
gebung  üertiefenb,  anfang«  nai^  Dften,  al«  Wädi'Akabet  es-SuwÄn.  An  bem  gu|e 
be«  Ölberge«  toenbet  e«  ftc^  in  f^arfer  Siegung  nac^  ©üben  unb  beljKilt  biefe  SWd^tung 
bem  aib^ang  be«  Ölbergc«  entlang  auf  2*/^  km  bei,  bi«  ettoa  jum  l^eutiaen  Bir  Eijüb 

85  (§iob«brunnen)  am  ©übfufee  be«  Ölberge«.  3)ie  ©o^le  be«  a^^ale«  fällt  auf  biefer 
©tredEe  bon  715  m  bi«  ju  603  m;  ba«  bebeutet  gegenüber  ber  ®urd^f(^nitt«l^ö^e  ber 
©tabt,  bie  ettoa  745  m  beträgt,  fc^on  einen  großen  Unterfd^ieb.  3)iefer  ieil  be«  2^le« 
l^at  gegenwärtig  oonber  5Warienquetle  ('Ain  Sitti  Marjam)  ben  Slamen  Wädi  Sitti  Marjam, 
b.  i.  ^I^al  ber  ^au  3Raria,  in  ber  Släl^e  be«  3)orfe«  Silwän  (©iloal^),  ba«  auf  bem  ab« 

40  Bang  be«  Dschebel  Batn  el-Hawä  (f.  o.)  erbaut  ift,  audj^  Wndi  Silwan.  3m  älbenb^ 
lanb  h)ar  namentlich  im  SRittelalter  unb  ift  aud^  jci^t  nod^  ber  5Rame  2^al  Sofo^)^ 
(vallls  Josaphat)  berbreitet.  @r  ge^t  gurüdE  auf  ^od  4,  2.  12.  ©d^on  Sufebiu«  unb 
^ieron^mu«  (Dnom.  273.  111)  betfte^en  bie  „ebene"  (P^?^),  in  ber^öi^be  bie  Reiben 
rid^ten  h)ill,  bon  bem  H^al  (^narr)  j^ifd^en  g^nifalem  unb  bem  Ölberg,  bem  Äibront^, 

45  ol^ne  bafe  fic^  in  ^oel  4  irgenbtoelc^e  (ärünbe  bafür  erfennen  laffen. 

Unter  ben  Slebentl^älem,  bie  fid^  mit  bem  Äibrontl^al  berbinben,  fommen  ^ier  nur 
fold^e  in  33etrad^t,  bie  oon  9lorbh)eftcn  ober  SBeften  l^erlommenb  ba«  ©ebiet  g.«  berülj^ren. 
2)a«  erfte  münbete  in  alter  Rtxi  gegenüber  bem  ©etl^femanegarten  ber  Sateiner,  gerabc 
unterl^alb    be«    fogenannten   ©olbenen  3:i^ore«   in  ber  l^eutigen  Dftmauer  be«  Haram 

5oeseh-Seherif;  eö  ift  ^eute  fo  gut  toie  ganj  berfd^üttet.  2)ie  Unterfud^ungen  bon  SBiKon 
unb  SBarren  l^aben  gelehrt,  ba^  fidj^  fein  Oberlauf  nac^  jtoei  ©eiten  |in  berjloeigte,  SDer 
§au))t^loeig  bilbet  fid^  im  SJorben  ber  l^eutigen  ©tabt  unb  burd^fc^neibet  bie  5Borbofte(fe 
fotoo^l  ber  heutigen  ©tabt  al«  auc^  be«  Haram  esch-Scherif  in  Jüböftlid^er  9li(^tung 
auf  ba^  Äibront^al  ju;  feine  Sänge  beträgt  ü\oa  1  km.     3)er  füblid^e  Scebenjloeig  läuft 

66  in  ber  Slid^tung  bon  SBeften  nac^  Dften,  nur  200  m  lang,  im  nörblid^en  Seil  be«  Haram 
unb  becbinbet  fic^  mit  bem  ^au^Jtjtoeige  in  ber  Slorboftecfe  biefe«  ^JJla^e«;  er  ift*  böBig 
berfd^üttet. 

3)a«  jloeite  SJebentl^al,  bielleic^t  nur  eine  furje  ©d^lud^t,  ift  burc^  ben  Unteneid[^nes 
ten,   al«  er  1881    bie  3lu«grabungen  be«  beutfc^en  3Serein«  jur  Srforfd^ung  ^ßau^na« 

60  leitete,  nac^getoiefen  toorben,  allerbing«  nur  für  eine  lurje  ©tredfe.     ®ur(^  Jtoei  ©djac^te 


3erttfalem  669 


^ 


ift  bamate  fcftgefteUt  toorbcn,  ba^  ber  urfj)rünglt(^e  gefeboben  unmittelbar  nörblic^  bon       ij^  ^ 
ber  ÜKarienqueHc,  bem  obeten  Seile  bc^  35orfe^  ©iloa^  gegenüber,  12 — 13  m  tiefer  liegt     (r^      g 
oI«  bie  angrenjenbe  §öl^e  im  ©üben,  25-^^  m  tiefer  oI«  bie  benad^bartT^ö^e  im  Slorben.         i  ^U 
35ie  Sluöbel^nunQ  biefer  Sc^Iuc^t,  bie  ie^tebenfoH«  böllig  t)erf{i^üttet  ift,  md)  SBeften  ober       ^'" 
Slorbtüeften  ift  eine  noi)  offene  g^age  (bgl.  ®utl^e,  Slu^rabungen  bei  S^nifalem  153—160.  6 
244  f.). 

3)aö  britte  5Rebentl^aI  münbet  unterl^K^lt  t>«^  ©iloal^teic^e«,  bem  unteren  Steile  be« 
SJorfe«  Silwan  gegenüber,  ©eine  Slnfänae  bilben  jtoei  flache  SKulben  noi^e  oberl^alb  be« 
beutigen  3)ama«lu«tl^ore«.  S)a«  3:^al  felbft  ftreic^t  anfangt  in  füböftlic^er,  bann  in  füb- 
lieber  Sichtung  (alfo  bem  §aut)tt]^ale  paroIIeO  unb  erreicht  burd^  eine  füböftUc^e  SBenbung  lo 
bie  ©d^Iuc^t  be«  Äibron.  3*^  ^^^  2Ritte  feine«  Sauf«,  ber  nic^t  gam  2  km  beträgt,  Der- 
binbet  ftc^  mit  il^m  ein  üon  SBeften  lommenbe«  ©eitent^al,  bejfen  Sänge  nur  gering  ift 
C/i  km),  ba«  aber  ein  ftarfe«  ©efälle  bat  (bon  760  m  auf  710  m).  S)iefe  beiben  3:^äler 
fmb  jiemlic^  breit,  i^re  SBänbe  nic^t  fepr  fteil,  abgefel^en  freiließ  bon  ber  legten  ©trecfe 
bor  ber  Bereinigung  mit  bem  Ribrontl^K^l^.  Seibe  X^äler  finb  gegenwärtig  ftarl  ber*  i6 
fd^üttet;  innerl^alb  ber  ©tabt  beuten  nur  nod^  flache  STOuIben  i^ren  Sauf  an.  S)en  %d^^ 
boben  bedft  eine  ©c^uttfd^ic^t  bi«  ju  20  m,  ber  ©c^utt  trägt  bie  Käufer  unb  ba« 
5ßflafter  ber  je^igen  ©tabt.  Slur  ber  füblidi^fte  3:eil  be«  längeren  I^ale«  ift  nodi;»  l^eute 
aufeerl^alb  ber  ©tabt  beutlic^  )u  erlennen.  ®erabe  biefe  beiben  21S^cUer  fmb  für  bie  ©e* 
fd^ic^te  ber  älteften  ©tabt  bon  befonberer  SBicbtigfeit,  aber  il^re  alten  Slamen  toiffen  tovc  3o 
nic^t.  ßrft  burd^  göl^l^u^  Bell.  jud.  V  4, 1  erfal^ren  toir,  ba^  ba«  bei  ©iloai^ 
(Silwän)  münbenbe  Xl^al  ij  tcov  xvQonomv  nQoaayopevoiLievi]  (pdgay^  toar,  beutfd^  ba« 
Il^al  ber  Ääfemac^cr,  ba«  3:^roj)öontl^al.  liefen  9Jamen  l^at  gof-  ©d^toarj  (ba«  l^eil. 
Sanb  192)  in  bem9lel^3, 13  genannten  a^l^ore  nicdn  ■^:r::  toieberpnben  tooUen,  inbem  er 
ri^cd  nac^  2  ©a  17,29  al«  Ääfe  beutete  (anber«  §aKb^,  Journal  asiat.  [1881]  18,28 
249  ff.).  3)ie  S3obenfenIung,  bie  innerl^alb  3-^  ^^^  <^"  ^W^  3^äI  erinnert,  toirb  l^eute 
furjtoeg  el-Wäd  genannt,  „ba«  H^al". 

^a«  bierte  Stebentl^al  münbet  einige  ^Rinuten  füblid(^er  al«  ba«  X^ro^öontl^al  bon 
2öeften  ^er  in  ba«  Äibronbett  ein.    an  ber  SBafferfd^eibe,  im  SBeften  be«  heutigen  ^a^a- 
tl^orc«  beginnenb,  biegt  e«  birfem  il^ore  gegenüber  nac^  ©üben  um,   nimmt  nac^  einem  so 
Sauf  bon  •''/^km  bie  dftltd^e  Slic^tung  toieber  an  unb   erreicht  bem  füblic^en  ©nbe  be« 
©orfc«  SilwÄn  gegenüber  ba«  Äibrontl^,  ba«  bon  l^ier  ab  ben  Slamen  Wadi  en-Nar 
fü^rt.    ©eine  Slnfänae  liegen  808  m,  fein  @nbe  610  m  über  bem  STOittelmeer.     3Jn 
feinem  oberen  Saufe  fül^rt  e«  ben  Slamen  Wndi  el-Mes  (ba«  ift  ber  arabifdbe  5lame  be« 
ftattlid^en  Zürgelbäume«,  ber  faft  in  ber  SRitte  be«  Xl^ale«  unterl^alb  be«  ^af^^'^ore«  ftel^t  86 
^\)W  XIII,  224);  fein  unterer  Sauf,  ber  burc^  ben  Dschebel  Abu  Tor  (f.  oben)  an 
ber  ©übfeite  überragt  toirb,   l^ei^t  Wadi  er-Rabäbi,  toäl^renb  SRobinfon  für  feine  ^i\i 
(1838)  nocb  ben  Slamen  Wadi  Dschehennam  für  ba«  game  3:i^al  im  SKunbe  ber 
Slrober  borfanb.    35amit  ftimmt  bie  5la(^rid^t  be«  arabifd^en  @eograj)l^en  Idnsi  (1154) 
überein,  ber  für  bie  ©d^luc^t  im  ©üben  %^  ben  Flamen  Wädi  Dschahannum  angiebt  40 
(3b$aS  VIII,  127).    S)ieS3efdi^reibung  ber  „berflu(^;ten  ©c^ludi^t"  §en26.27  bgl.90,26, 
ber  ©ei^^enna  (f.   ben   St.  VI,  418ff.),  toeift  ebenfatt«  in  ben  ©üben  3.«.    SDiefe  3lamen 
gelten  fämtlid^  auf  ba«  ^ebräifc^e  csn  \;  {^:)  <^o\  15,8;   18, 16;   9leMli  30  jurüdt, 
boUftänbiger  1:2-  (^;3)  -,:?  wV5  3ofl5,  8;  18,16;   3er  7,  31  f.;  19,2.6;  32,35;  2  Hg 
23, 10,  unter  bem  nac^  ben  ©renjangaben  3of  15, 18;  18, 16  ein  X^al  (nv)  im  ©üben  46 
3.«  ju  berfte^en  ift  (bgl.  unten  ©.  678, 32).  (g«  fann  bemnadi^  feinem  3h>eifei  unterliegen, 
bafe  biefe«  foeben  befc^riebene  bierte  9Jebentl^al  bem  §innomtl^al  be«  SIX  entfj)ri(^t.  ^Kerl« 
mürbig  ift,  ba^  bie  Stngaben  be«  @ufebiu«  unb  ^ieron^mu«  im  Dnomaftifon  (ed.  beSo^ 
garbe  245.  128)  abn)ei4^enb  lauten;   fte  fe^en   nämlic(;  ba«  ipinnomtl^al  an  bie  Dftfeite 
3«.    3)iefe  Slnna^me,  bie  auf  jeben gaH  unrichtig  ift,  erllärt  fid^  bermutli^  barau«,  baft 60 
fic  bie  ©tätle  be«  ®eric(;t«  nac^  ©a((;  14,  3  f.   öftlicb  bon  3.  anfe^ten  unb  be«^lb  bie 
©e^enna  ebenfo  toie  ba«  a^l^al  3ofa|)l^at  (f.  0.)  mit  bem  Ribront^al  in  SSerbinbung  brad^ten. 
2)er  l^ebräifd^e  9lame   ^t  übrigen«  fc^toerlic^  ettoa«  mit  bem  ©etoimmer  ber  Äinberot)fer 
(®raf  ju  3^  7,  31)  ju  tl^im,  fonbem  ift  ein  Sigenname,  mit  bem  fu^  ber  bab^lonif^^e 
5Rame  gnnam  bei  §ommel,  SUti«rael.  Überlieferung  142,  bergleid^en  lä^.  3m  18.  3al^r*  66 
l^unbert  fam  bie  SKobe  auf,  ben  mittleren  unb   oberen  Sauf  be«  ^innomt^e«  mit  bem 
SfJamen  ©il^ontl^al  ju  belegen,  jeboc^;  bon  irrtümlid^en  33orau«fe^ungen  av^  (bgl.  @.  691  f.). 

2.  SB  äff  er.    SBer  fi^  bie  Sage  3.«  neben  ber  SBaflerfc^eibe,  bie  ^\tma  T 
ber  Umgebung  unb  ben  Sauf  ber  oben  befc^riebenen  3:i^äler  beraegentoärtigt,  toUb 
crfcnnen,  bafe  baburc^  bem  SBaffer  ba«  ©efätte  bon  Slorben  naa^  ©üben  ob« 


670  demfalent 

toeften  naä)  ©üboftcn  borgcfd^ricbcn  tft.  3)tc  aSercintgung  be«  ^titnom*  unb  IKbront^cg 
liegt  630  m  über  bem  ÜKtttelmeerc,  bte§ö^e  ber  SBofferfd^eibc  tft  817  m.  ©o«  ergiefet  auf 
eine  ©tredte  bon  2—3  km  einen  ^öl^enunterfd^ieb  öon  150—180  m,  mtt^^in  ein  ftorfe^ 
Oefälle.    9?on  einem  ©tel^enbleiben,   einer  natürlid^en  Slnfammlunj  be«  SBaffer^  in  bem 

6  mittleren  unb  unteren  Sauf  ber  ^l^öler  fann  bal^er  leine  9lebe  fem,  ^d^ftend  fommen 
folc^e  Srfd^einungen  tpäl^renb  ber  Siegenjeit  borübergel^enb  in  bem  ®elänbe  nai^e  an  bor 
SBafferfc^eibe  bor,  too  ber  Soben  l^ie  unb  ba  ein  natürlid^e«  Seden  bilbet.  S)ic  go^t 
reichen  unterirbifc^en  ©Jjalten,  ®änge  unb  §öl^len  beg  Serglanbe^  bringen  e«  mit  ftc^, 
ba&  ber  Abflug  be«  2Baf|er«  jum  Seil  unterirbifd^  ftatt  finbet.     ®^  ift  ba^  oud^  buri^ 

lobiefen  Umftanb,  nid^t  nur  burd^  bad  ftarle  ®efäDe  ber  ^äler  bebtngt,  tomn  biefe  in 
ber  Siegel  fein  SBaffer  fübren.  ^^eilic^  barf  man  babei  nic^t  bergeffen,  baft  ha§  S9erg- 
lanb  bon  ^Paläftina  überpaujjt  toafjerarm  ift.  2lu«brüdfe,  toie  Sod^  Äibron,  ertoetfen 
irrtümlid^e  SSorfteHungen ;  ba«  l^ebräifc^e  SBort  ^na  bejeic^net  toie  ba«  arobifc^  Wadi 
(Wad)  nic^t«  mel^r  al«  einen  natürlichen  ©raben,  in  bem   tvöl^renb  ber  Sflegenjeit  bosS 

15  überf(^üffige  SBaffer  abfliegt,  mag  biefcr  Oraben  nun  tief  ober  flad^,  fd^mal  ober  breit 
fein,  ©otc^  ein  X^al  fü^rt  bal^er  in  ber  regenlofen  3«»^,  b.  1^.  üom  ^ül  bi«  gegen 
3)ejember,  üibtxfyivcpt  fein  SBaffer,  e«  fei  benn,  bafe  eine  Quelle  ben  S3oben  eine  ©tiwe 
lang  bene^t.  @o  berl^ält  e«  f\6)  and)  mit  bem  fftbrontl^al.  Oberleib  ber  ©tabt  to>erbm 
folool^l  bie  ©ol^le  atö  aud^  bie  äbl^änge  mit  (betreibe  bebaut,  unterl^  ber  ©tabt  ^oben 

20  bie  ßintool^ner  be«  3)orf«  ©iloal^  il^re  ©arten  im  3:i^al.  3^^!^^"  J>^  ®*öbt  unb  bem 
Ölberge  ift  ber  93oben  beutlic^  bom  SSiaffer  au^getoafc^en ;  jebod^  berlieren  fxdf  biefe 
©t)uren  loieber,  toeil  ba«  SBaffer  unterirbifc^  feinen  Sauf  fortfefet.  6in  jufammen^gen* 
ber  Sad^  ift  bal^er  auc^  n)%enb  ber  Slegenjeit  im  Äibron  nic^t  bor^anoen,  nur  bei  fe^ 
ftarfen  Slegengüjfen  ober  bei  rafc^er  ©d^neefc^melje  tritt  für  einen  ober  jtoei  2^ge  bo« 

26  feltene  ©(^aufj)iel  eine«  raufc^enben  S3ad^  l^ertoor.  SRit  ben  je^t  berfd^ütteten  2:^em 
loirb  e«  p(^  in  alter  3^»^  äl^nlid^  berl^atten  l^aben.  ^m  unteren  3:^roj)öontl^ale  entftel^t 
nod^  ie^t  leicht  ein  feister  93ac^  nac^  längerem  Siegen,  ^a  ber  3lu«gang  biefe«  2!^le« 
burd^  eme  ftarfe  SRauer  abgefc^lofjen  ift  (f.  unten  ©.  679),  fo  >)flegen  fi$  bort  bie  ^- 
abflie^enben  aBafjer  ju    einem  ieic^e   m  ftauen;   er  trägt   je^t  ben  5Ramen    Birket 

80  il-Hamra.  3m  §innomtl^ale  fann  no^  biel  toeniger  bon  einem  Sac^e  bie  Siebe  fein. 
3toifc^en  ben  gelbem,  bie  ben  untern  2:eil  beberfen,  läuft  tool^l  ein  fd^maler  ©roben,  um 
ben  Slbflufe  be«  SBafler«  ju  regeln;  aber  ba«  ift  boc^  fein  natürlid^er  9ad^.  S)a«  "Xfyd 
toirb  aud^  im  313:  nic^t  al«  *^n?,  fonbem  al«  5<>i  bejeic^net,  b.  1^.  al«  eine  Slieberung, 
ber  ber  ©ic^bad^  fel^lt. 

86  Sluc^  an  Duellen  ift  bie  ©egenb  bon  3-  ß'^-  3"^  ^^  loerben  brei  Duetten  bei 
3.  genannt,  ber  ©il^on,  ber  SBrunnen  Slogel  unb  bie  2)ra(^enquelle.  3)er  ©i^on  toax 
mi)  2  6^r33, 14  „im  SCl^al",  b.  ^.  im  Äibrontbal;  fein  SBaffer  tourbe  bon  §t«fia  an 
bie  SBeftfeite  ber  ®abibftabt  geleitet  2  6^r  32,  30  (f.  unten  ©.  681,59).  3)iefe  Angaben 
toeifen  mit  Seftimmtl^eit  auf  bie  einjigc  Duelle,  bie  fic^  l^eute  im  Äibrontl^al  bei  3-  ftnbct, 

40  unb  bie  bur^  ben  fogen.  ©iloal^fanal  i^r  SBaffcr  unterirbifc^  an  bie  ©iloa^uette  im 
unteren  Sauf  be«  2;t|roj)öon  abgiebt.  ©ie  tritt  an  ber  tüeftlic^en  (redeten)  ©eite  be« 
^^ale«  im  ©üben  ber  jefeigen  ©tabt  ju  l^age  unb  l^eifet  l^eute  'Ain  Sitti  Marjam,  b.  i. 
Duelle  ber  ^au  ÜKaria,  ÜKarienquelle,  ober^'Ain  Ummed-Deredsch,  b.  i.  bie  Cluette  mit 
ber  %x^p^.    3)en  erfteren  Siamen  fül^rt  fie  toa^rfc^einlic^  in  SScrbinbung  bamit,  ba^  §au« 

45  unb  ©rab  ber  5Waria  md)  Slntoninu«  ^lacentinu«  (590)  im  2;i^al  ©eS^femane  ober  3^= 
fa})^at  gcjcigt  tourbe ;  man  jtoeifelte  bal^er  nic^t  baran,  bafe  fte  an  biefer  Duette  gef(^ö})ft 
unb  bon  i^rem  SKaffer  getrunfen  ^ätte.  3)er  jtoeite  Slame  bejiel^t  ftd^  barauf,  bafe  ba« 
SKaffer  bom  Äibrontl^ale  ^er  auf  jtoei  abtoärtöfül^renben  3:re}3j)en  erreid^t  toirb,  beren 
obere  18,  beren  untere  32  fteineme  ©tufen  jä^lt.   SKäl^renb  bie  erfte  %xtp\>t  unter  freiem 

to  §immel  liegt,  fül^rt  bie  j\h)eite  bereit«  in  ben  Rötpct  be«  Serge«  l^inein  unb  ift  bun^ 
einen  ©Jji^bogen  übertoölbt,  um  bie  3?erfc^üttung  burd^  ©eröD  unb  ©rbe  \n  berbüten. 
S)a«  SJBaffer  ber  Duelle  bcberft  ben  Sobeii  einer  mä^ig  grofeen  $ö^^le,  beren  ^€iU 
636  m  über  bem  ÜKittelmcere  liegt,  toä^renb  bie  alte  ©o|le  be«  Äibrontl^ale«  in  ber  SloBe, 
ber  5^l«boben  bort,  eine  3Keere«l^ö^e  bon  640—647  m  i}at,  ber  umliegenbe  ®d(^utt  aber 

65  fTc^  bi«  über  660  m  erl^ebt.  3)iefe  tiefe  Sage  ber  Duelle  im  Serl^ältni«  ju  i^er  Um« 
gebung  fättt  auf  •  man  toeife  bal^er  nid^t  rec^t,  toie  man  fic^  il^ren  äDbflu^  in«  Äibront^ 
borftettcn  fott.  Db  fte  in  bem  f^jaltcnreid^en  ©eftein  einen  SB3eg  gefunben  l^at,  auf  bem 
fie  toeiter  abtoärt«  5U  3;age  trat,  ober  ob  il^r  SBaffer  nur  in  bem  gatt  bon  ftberfüttung 
be«  5<^l«bedten«  in  ba«  Äibrontl^al  l^inabrann,   lä^t  fw^  nic^t  entfc^eioen.    gür  otte  gotte 

60  mu^  man  im  9(uge  bifydim,  ba^  ber  je^ige  3ud^^0  i^^^  Duette  ein  tünfUid^er  i{L    ^a« 


dfentfalent  671 

gegen  toirb  man  h)ol^I  beredt  ttgt  fein,  eine  merltoürbige  Sigentümlic^feit  ber  Duette,  bie 
fte  je^t  f)at,  bereite  and)  für  bad  ätltertum  üotau^jufe^en,  nämlid^  bod  Steigen  unb  Rotten 
i^re«  Söafferftanbe^.  3)iefer  SBec^fel  tritt  nic^t  regelmäßig  ein,  tpeber  tpa«  bie  3^^  ^^ 
h)a«  bie  SfBaffermenge  betrifft,  ^m  SBinter  lonn  er  tägli^  brei-  biö  biermol  Dorfommen, 
im  ©ommer  ein-  big  jtoeimal,  im  Äerbfte  böd^ften^  einmal.  @r  fann  ben  SKafferge^alt  6 
ber  Duette  um  baö  3)oJ)^elte  bcrftärlen,  bocp  ift  ba^  nid^t  bie  Siegel,  ^an  J)flegt  biefe 
©rfd^einung  burd^  folgenbe  3lnnal^me  ju  erllären.  3)ie  5Worienquette  l^at  jtoei  S^P^ffe 
auö  bem  §nnem  be«  S3erge«,  einen  regelmäßigen  unb  einen  toec^felnben.  3)iefer  leifetere 
fommt  au^  einem  natürlichen  S3edEen,  bog  bie  Don  oben  in  bie  SRiffe  beö  ©efteinö  eins 
bringenben  unb  nad^  unten  burd^fidEemben  SBaffer  in  ftc^  aufnimmt.  3P  t><^^  S3eden  lo 
überfüttt,  fo  fud^en  bie  SKaffer  einen  Sluötoeg  unb  finben  i^n  in  einer  natürlichen  SHöl^re, 
bie  in  bie  SKarienquette  münbet.  3)urd^  biefe  toirb  ba«  SBaffer  Dermöge  be«  S)rudE«,  ber 
bon  bem  aufgebauten  ^rif)alt  be«  Sedfen«  ausgeübt  toirb,  l^inburd^getrieben.  Sermag  ber 
2)rudE  biefe  Äraft  nic^t  me^r  ju  leiften,  toeil  ba^  SBaffer  be«  SSedfenö  infolge  be^  Slbfluffe« 
gefunfen  ift,  fo  l^ört  ber  unregelmäßige  3wff"fe  jwr  Duette  auf,  unb  er  beginnt  bon  i6 
^Jieuem,  fobalb  ftc^  h)ieber  genug  SBaffer  gefammelt  l^t,  um  jenen  3)rudf  ou^juüben. 
ßg  braudf^t  laum  gefagt  ju  toerben,  baß  ber  regelmäßige  3"^"^  i"  "^^^  Slegenjeit  ftärfer 
ift  al^  im  ©ommer  unb  §erbft;  ja  er  ^ört  bi^toeilen  ganjauf,  toenn  nämli$  berSBinter« 
regen  (^ü^regen)  lange  ausbleibt.  2)er  tuec^felnbe  S^^^i  berfe^t  baö  bem  3luge  fid^t* 
bare  SBaffer  auf  bem  ©oben  ber  §ö^le  in  auftoattenbe,  fj)rubelnbe  Setoegung  (Oil^on  20 
läßt  fi^  ^i\üa  mit  „6j)rubel"  überf^jen);  e^  l^anbelt  ftd^  bal^er  l^ier  tool^l  um  bie  gleid^e 
(Srfd^einung,  bie  ^0  5, 2—4  bon  bem  ffijaffer  be«  Seiche«  8etl^e«ba  erjäl^lt  toirb.  3)ie 
oben  gegebene  ertlärung  für  ben  tüed^felnben  3"f'"fe  iP  bermutlid^  fc^on  im  ätttertum 
eine  toenigften^  jum  2ieil  belannte  ännal^me  getoefen.  ^n  einigen  j)ro})^etifc^en  3^« 
funft^bilbem  ift  nämlid^  babon  bie  Siebe,  baß  Don  bem  %tmpdbttQ  ober  über^au})t  bon  26 
^erufalem  eine  Duette  audgel^en  unb  bie  Umgebung  betoäffem  toerbe  (@j  47, 1—12 ; 
3oel  4,18 ;  ©ac^  14,8;  Mriftea«  89  überf.  Don  SBenblanb  beiÄau^fdjf,  a^jolr.  u.$feub:: 
epigr.).  3)iefe  Söei^fagung  ftü|t  fic^  toa^rfc^einlid^  auf  bie  SUmal^me,  baß  im  ^nnzxn 
be«  lem^jelberg«  große  SBafferfammem  Dorl^anben  feien  (Dgl.  bie  Slngabe  über  ben  §ermon 
VII,  759,  53—58).  6«  ift  aud^  nid^t  unmöglich,  baß  man  bei  ber  §crftettung  eine«  ao 
unterirbifc^en  ®ang«  ober  Kanals  auf  eine  folc^e  SBoflerlammer  im  S^wem  be«  XmüßtU 
berg«  geftoßen  ift.  2)a«  SBaffer  be«  ®i^on  toirb  Don  Sofe^jj^u^  Bell.  jud.  V  4, 1  ate 
füß  bejeic^net,  je^t  fd^medft  eö  faljig. 

3)ie   jiüeite  untoeit  S^^ifalem«  gelegene  Duette  ift  Sn  SRogel,  Don   einigen   mit 
ai^alferquette  überfefet.    ©ie  lag  nac^  S^f  15, 7;  18,16  auf  ber®renje  jtoifd^  SBenjamin  S5 
unb  ^uba,  el^e  biefe  Don  Dften   l^er  ba«  §innomt^al  erreichte,  nac^  2  ©a  17, 17  unb 
1  Ägl41ff.   in   einiger  ßntfemung   Don  3-/  ^^^  S^f^PM  Ant.  VII   14,4  in  ben 
föniglid^en  ©arten  (füblic^  Don  ber  ©tabt).  Offenbar  ift  fte  in  ber  9lä^e  ber  3?ereinigung 
beg  ^innomt^aled  mit  bem  5librontl^ale  ju  fud^en.    i^ier  giebt   e«   l^eute   feine  eigentliche 
Duette,  iDol^l  aber  einen  Örunnen,  ben  §iob8brunnen,  B'ir  Eijüb,   toie  il^n  bie  Slrabcr  40 
nennen  (bei  ben  ^wben  goabÄrunnen,  bei  ben  ßl^riften  SleJ^emio^brunnen).   (£r  ift  38  m 
tief,  anfangt  gemauert,  toeiter  unten   in  ^Ifen  genauen  mit  ©citenfammem   unb  3"* 
fül^rung^fanälen.    ^arau«  ergiebt  ftc^,  baß  man  i^n  Don  Doml^erein  barauf  angelegt  ^at, 
ba^    unterirbifd^    fließenbe  SBaffer   abzufangen.      9Jad^   einem   reic^lid^en  Stegenguß   im 
SBinler  ftrömt  ber  S3runnen  über  ober  bringt  ba«  SBaffer  an   einer  ©tette  in  ber  3iäl^e  46 
au«  bem  Soben  l^erDor.  3)ie«  ©reigni«  toirb  Don  ber  SeDölferung  mit  ^nbA  begrüßt  unb 
gilt  al«  Sor^eic^en  eine«  fruchtbaren  ^af}x^,  ®ann  ift  alfo  au«  bem  S3runnen  (arab.  Bir, 
^cbr.  *"i<?)  eine  Duette  geworben,  tuie  ber  l^ebräifc^e  3lu«brudf  Sn  Slogel  befagt.    SBitt 
man  biefe  Örtlic^feit  ber  S5ibel  in   bem  l^eutigen  Bir  Eijüb   finben,   fo  muß  man  an^ 
ncl^men,  baß  bort  ^iait  be«  SBrunnen«  einft  eine  ftetig  fließenbe  Duelle  ju  läge  getreten  ßo 
ift.    ^a«  liegt  nic^t   außerl^alb   be«  SRöglic^en;    benn  h)enn  im  älltertum  SBeft)}aläftina 
o^ne  3^^if^I  "0^  [tarier  betoolbet  toar  al«  je^t,  fo  flößen  ol^ne  grage  auA  bie  Duetten 
ftctiger  unb  reicher,    ©ttoa  600  m  füblid^  Dom  Fir  Eijüb  an  ber  toeftlidjen  ©eite  be« 
Äibront^ale«  befinbet  fic^  eine  Duette,  'Ain  el-Löze,  bie  ebenfatt«  nur  nac^  reid^lic^em 
Siegen  fließt,  im  ältertum  Dietteic^t  ftetig  SBaffer  fDenbete.     ©0   fc^ließt  ber  „93runnen"  66 
Don  ^mU  n\6)i  nottoenbig  an^,  bie  „Duette"  Sn  3logel  bort  anjufe^en,   ba  bie  übrigen 
Sln^eic^en  paffenb  erfc^einen. 

2)ie  britte  Duette  bei  3.  tpirb,  fo  fc^eint  e«,  9?e^  2, 13  genannt.  Slel^emia  Derläßt 
l\u  feinem  nädj^tlic^en  SRitt  um  bie  ©tabt  ba«  a^l^alt^or  in  ber  Slic^tung  auf  bie  ©rächen« 
quctte,  l;ebr.  T^^^  "f?  (LXX   Tttjyij  rcbv   ovxwv,  b.  i.   y^^^n  yy,   Duette   bei   ben  00 


672  ^ernfttktn 

^gcnbäumcn).  3)a  ba«  3:l^aIt^or  toa^d^einüd^  an  bcr  ©üblDeftecfe  ber  alten  @tabt  (f. 
unten  ©.  679, 7)  lag,  unb  Diei^emia  ofttoärt^  auf  ba^  Ribront^ol  juteitet,  fo  xft  biefc  Duette 
enttveber  im  unteren  ^tnnomtl^ale  ober  im  ffibrontl^ale  )u  fudj^en.  ipier  lernten  tptr  ober 
feine  anbem  Duellen  ober  33runnen  atö  bie  bereite  ertDöl^nten.    3)a^  ifi  enttoeber  an- 

6  junebmen,  ba^  bie  Drac^enquette  ie|t  i>errie0t  ift,  ober  ba^  fie  mit  einer  ber  oben  gen. 
DueUen  jufammenfättt. 

3.  ^oben  unb  ®eftein.  ^er  93oben,  auf  bem  bad  alte  ^erufalem  erbaut  tourbe, 
loar  faft  ber  nacfte  gelf en.  ßr  ift  felbft  l^eute  nur  feiten  mit  einer  feftenSc^ic^t  l>on  fruc^t^ 
barer  6rbe  (§umu«)  überjogen,  loeil  bie  Umftänbe  für  bie  ^umu^bilbung  auf  ber  ^öi^ 

lobed  ®ebirge^  nidt  günftig  ftnb.  @ine  ftarle  ä(blagerung  \)on  Degetabilifd^  unb  annna» 
lifd^en  93eftanbteilen,  bie  burc^  äSermoberung  in  ipumud  übergeben  tonnten,  ftnbet  bort  übo^ 
f^axüpt  nic^t  ftatt,  unb  toenn  im  @ommer  ettoa^,  ba^  ber  93ermoberung  entgegengeht,  auf  bon 
glatten  geteboben  liegen  bleibt,  fo  toirb  c^  im  SQSinter  burd^  bie  ftarlen  ^egengüff e  fu^ 
lic^  abh)ärtö  gefd^toemmt,  fei  e^  in  bie  leffelartigen  ©infenlungen  ber  Serge  ober  in  bie 

16  tiefen  Sböler.  Slnberd  ftel^t  e^  mit  bem  $umud,  ber  fid^  burd^  93erta>itterung  bed  ©e^ 
fteind  bilbet.  2Benn  fic^  bie  Oberfläche  be^  ^Ifen^  unter  bem  @influ^  ber  £u^  unb  ber 
t^euc^tigfeit  auflöft,  fo  bleibt  eine  rote  lel^martige  @rbe  gurüdC,  bie  au^erorbentltd^  fett  ^ 
unb  jä|  an  il^rem  felfigen  SKutterboben  ütbt  5Wan  finbet  fie  in  einer  S)id(e  t)on  2  btd 
20  cm  auf  bem  ^Ifen  überall  ba,  loo  eine  @^alte  ober  @enle  e^  ibr  ermöglicht,  ftc^  )u 

20  l^alten.  ^n  biefer  StadCt^eit  l^at  man  ftc^  ben  93augrunb  be^  alten  ^.^  borjufteOten,  i)m 
ben  jeftt  üorl^anbenen,  jum  ieil  feiger  ftarfen  ©cbuttoblagerungen  ift  böttig  abjufe^en. 

S)a^  Oeftein  gcl^ört  ju  ber  mittleren  Äreibeformation,  e«  ift  fr^ftallinifc^er  turontfc^ 
unb  fenonifdj^er  Äalfftein,  beffen  garbe  meift  bunfelgrau  ift.  SKan  unterfd^eibet  je^t  in 
Seru[alem  folgenbe  Steinarten:   1.  ^alati,   ein  ed^ter  ipi^^uritenfalt,  al^  Saufletn  fe^ 

25  gefc^ä^t,  nid^t  l^art,  aber  boc^  lömig.  ©r  ift  fd^neetoeife,  ^at  jebod^  an  ben  Stänbnn  be« 
Sager«  bi^toeilen  eine  bo^nerjrote  ^rbe.  ©eine  Sager  l^aben  oft  eine  SBiäd^tigfeit  Don 
10  m  unb  fmb  nirgenb«  burd^  ©J)alten  jerriffen.  &enn  biefer  ©tein  boUftönbig  t)on 
@rbe  umfd^loflen  ift,  ).  93.  unter  ©d^utt  liegt,  ift  er  fo  toeic^,  ba^  man  i^n  bequem  mit 
bem  SKeffer  fd^neiben   fann.    Unter  bem  ©influfe  ber  Suft  loirb  er  l^ärter.    2.  9Kijji  in 

80  brei  Slrten,  beren  eine  (M.  Jehüdi)  au^erorbentlid^  l^art  ift.  6r  ftel^t  nic^t  in  fo  großen 
5Waffen  an  unb  ift  nic^t  fo  bic^t  h)ie  ber  5Wala!i.  ©eine  t^rbe  ift  enttoeber  ein  ein= 
tönige«  ®rau  ober  eine  fc^öne  ÜKifc^ung  bon  roten  unb  grauen  Slbem  (©anta  6roce= 
5Warmor,  SJerineenmarmor).  3.  Nari  liegt  unb  brid^t  in  platten,  jtoifd^en  benen  Äalf= 
mergel  lagert.    6r  loirb  bon  ben  Slrabem  jur  §erftellung  ber  Ä^uer^erbe  t)erh)anbt,  toeil 

86  er  im  g^uer  (arab.  När)  nid^t  jerf))ringt,  fonbem  fc^^toarj  brennt.  4.  Kalküle,  ein 
milber  Äreibefalf,  fo  loeid^,  ba^  man  mit  ben  Ringern  ober  burc^;  einen  ®rud(  ber  §anb 
feine  Oberfläche  l>eränbem  lann.  ginbet  man  i^n  unter  einer  ©d^uttlage,  fo  erfd^eint  er 
toie  ein  toeifeer  itattjc^lamm.  3)al^er  fann  er  aud^  nic^t  mit  bem  Jammer  jerfdj^Iagen 
toerben,  fonbem  man   bearbeitet  i^n  getüöl^nlic^  mit  ber  ©äge.    3)urd^  Serü^^rung  mit 

40  eifenl^altigen  ©toffen  nimmt  er  eine  gelbliche  ober  auc^  rofenrote  gärbung  an.  3)ie 
fleinen  ©arfopl^age,  bie  ja^lreic^  in  ber  3lä^e  Don  ^^nifalem  gcfunben  loerben,  fmb  ou« 
biefem  ©tein  ^ergeftellt.  ^eute  toirb  er  ju  93auten  unb  ||u  ©rabfteinen  Dertoenbet 
5.  3)ie  jüngfte  ©^id^t  ift  nac^  '^aa^  toeifee  Äreibe  mit  geuerfteinen.  35ie  Sagerung  ber 
©c^ic^ten  ift  regelmäßig,  ol^ne  Sßertoerfungen. 

45  4.  Itlima.  Über  ba«  fflima  Don  3.  finb  toir  je^t  jiemlic^  genau  unterrichtet 
(3b$3S  XIV,  93—112).  3)ie  Slcgenjeit  fäUt  in  bie  SRonate  Oftober  bi«  SKai;  nur 
feiten  fällt  fd^on  im  ©eptcmber  ber  erfte  Siegen,  nod^  feltcner  ber  le^te  im  ^vm.  Die 
mittlere  Rai)l  ber  SHegentage  in  jeber  Slegenjeit  beträgt  52,  bie  mittlere  5Rieberfc^lag«^ö^e 
in  jeber  ytegcnjeit  581,9  mm  (Dgl.   baju  Sonbon   mit   589  mm,   33erlin  mit  521  mm). 

50  3)ic  ergiebigen  Slegengüffe  toerben  Dom  ©übloeft«  ober  Dom  2öeftn)inb  gebracht  SRetften« 
faßt  auc^  im  SBinter  tttva^  ©d^nee,  geloö^nlict  ©nbe  35cjcmber,  im  ganuar,  gebruar 
unb  ainfang  3Kär5,  feiten  im  Sljjril.  3"  ^^  Flegel  fd^miljt  er  balb  toieber  toeg;  jebod^ 
fommen  auc^  fo  heftige  ©c^neeftürme  Dor,  baß  ber  ©d^nee  in  ben  §ö^lungen  ber  8erg- 
l^alben  2—3  3Boc(|en  liegen  bleibt,     ßnbe  3)ejcmber   1879    fiel   eine  ©dbneefc^id^t   Don 

55  432  mm.  3)ie  mittlere  Sufttoärme  im  ^a^r  beträgt  17,1"  6.  3im9Kütel  ift  ber  gebruar 
ber  fältefte  aJlonat  (8,8' 6.),  ber  ätuguft  ber  märmfte  (24,5*^6.).  ®ie  j^eißejien  a:age 
(37,  39,  auc^  44"*  6.)  fönnen  jebod^  aud)  im  ^wni,  3Rai  unb  ©eptember  Dorlommen, 
bie  größte  Äälte  (bi«  ju  4*»  6.)  ift  im  S^nuar  beoba^tet  toorben.  (g«  friert  in  3-  iebe« 
Sal^r  burd^fc^nittlic^  in  fünf  ober  fec^  Diäc^ten,  bod^  l^lt  [xd)  ba«  ©i«  ben  folgenben  %aQ 

coüber  nur  in  falten,  Dor  ber  ©onnc  gefertigten  Sagen.    3)ie  mittlere  monatlic|^  ©c^toan- 


dfentfolem  673 

fung  bcr  Sufttoänne  beträgt  22^2  °  6.,  unb  bic  mittlere  tägliche  ©c^toanhing  10,8*  6. 
3)er  ©egenfafe  l>ort  Jrodcn^cit  unb  ^euc^ttgfeit  ber  £u^  ift  in  ben  Derj^iebenen 
Reiten  grofe.  &on  ben  SBinbcn  ift  am  l^äupgften  bcr  Slorbtoeft,  er  toel^t  im  ^ai^x^hmd)^ 
fd^nitt  1 14  Jage,  (g«  folgen  ber  SBcft  mit  59,  ber  Oft  mit  49,  ber  ©übtoeft  mit  46,  ber  !Worb^ 
oft  mit  :33,  ber  9lorb  mit  80,  ber  Süboft  mit  23  unb  ber  ©übtoinb  mit  11  lagen.  3)er  Slorb^  5 
tüinb  ift  talt,  ber  ©übtoinb  toarm,  ber  Dfttoinb  trocfen,  ber  2Beftioinb  feud^t.  9lorb=  unb 
DJorbioefttoinbe  l^errfd^en  in  ben  Sommermonaten  bor.  Stu^erorbentlic^  tool^Itl^uenb  tüirft 
für  bie  fommerlic^e  3:enH)eratur  3-^  fotoie  be^  Serglanbe^  über^auj)t  ber  Umftanb,  ba^ 
faft  täglid^  gegen  9Kittag  ober  aud^  nod^  fpäter  ein  leidster  ©eetoinb  Don  ber  Äüfte  ber 
ba«  ©cbirgc  erreicht  unb  bie  §i^e  unb  SlrodEen^eit  ber  Suft  milbert.  ^ladjf  ©onnenuntcr^  10 
gang  nimmt  er  ettoa^  ab,  erl^ebt  fic^  aber  balb  ioieber  unb  toel^t  einen  großen  %^\i  ber 
3la^t  ^inburd^.  @r  erfrifc^t  ba^  Derfengte  Sanb  burd^  reic^Iid^e  geud^tigleit.  Dfth?inbe 
ioe^en  im  §erbft,  im  SBinter  unb  im  ^^ling  biö  jum  SKai;  im  ©ommer  fmb  fie 
feiten,  i^m  SBinter  finb  fie,  toenn  fie  nidjft  ju  ftarl  melden,  fel^r  toilKommen ;  ein  ftarter 
Ofttoinb  im  SBinter  h)irb  bagegen  fei^r  geforstet,  h)eil  er  fd^toac^e  ^ßerfonen  Dom  $ferb  15 
l^eruntertoe^en  unb  Safttiere  umtoerfen  fann,  femer  toeil  er  nid^t  feiten  fo  fd^neibenb  falt 
ift,  bafe  er  ungenügenb  befleibete  ^erfonen  erftarren  mac^t.  2)ie  ©igenfc^aften,  bic  man 
bei  nn^  bem  ©irocco  (ital.  Scirocco,  arab.  Scherkl  =  öftlit^)  jufd^reibt,  fommen 
^auptfäd^lid^  bem  ©üboftn)inbc  gu.  35ic  S^emperatur  ift  l^oc^  (30*  6.  unb  mel^r),  bie  Suft 
ojonfrei  unb  äufeerft  trodEcn.  3)en  9Kcnf(^en  mac^t  er  mübe  unb  fd^Iaff,  fogar  franf  (Jtojjfs  20 
loe^,  gieber).  @r  gicl^t  bic  ^cuc^tiglcit  au«  aßen  Ocgcnftänben  l^erau«,  er  öerfengt 
gcrabeju  ganje  gelber  Don  jungem  Oetreibe.  Xritt  er  atö  ©türm  auf,  fo  erfüllt  er  bie 
^eifee  Suft  mit  feinem  ©taub,  ber  für  ÜKcnfd^cn  unb  Jicre  l^öc^ft  läftig  ift.  3)o^  ift  bie 
3eit  ber  Dftn)inbe  nic^t  bie  ungefunbe  gö^r^S^i^*  b.  1^.  ber  3^^^^"»"#  *"  ^^>«  t>^^  flima« 
tifc^en  Äranf^eiten  be«  Sanbe«  Dor^errfd^en.  Ungefunb  finb  Dielme^r  bic  SKonate  9Kai  25 
bi«  Dftobcr,  in  bcncn  ber  Jlcgcn  faft  gänjlic^  fel^lt,  nieberer  SuftbrudE  mit  geringen 
©d^manfungen  unb  ^obe  2cmj)eratur  mit  bebeutenben  täglid^en  ®d(^h)anlungen  getoöl^ns 
lic^  finb,  in  benen  bie  Suft  fe^r  trodfen,  ber  §immel  fcl^r  fc^toac^  betDöHt  ift  unb  nur 
feiten  Dfttoinbe  eintreten. 

3)iefe  genauere  Äenntnid  ber  flimatifd^en  3Scrl^äItniffe  berul^t  loefentlic^  auf  Seobad^s  30 
tungcn,  bic  erft  in  ber  jtoeiten  §älfte  bc«  19.  S^^^^^l^wnbert«  DoHjogen  toorben  fmb;  man 
hat  ba^er  micber^olt  bic  ^age  aufgeh)orfen,   ob  ba«  Älima  ^oläftina«  unb  3-^  ^^  ^»^ 
alten  l;iftorifd^en  ^tiim  n\d)t  ein  anbere«  getoefcn  fei.     3)arüber  ift  au^fül^rlic^cr  in  bem 
^ilrtifcl  ^iSaläftina   ju  reben.    §ier  fei  nur  furj  gefagt,  bafe  größere  i^cränbenmgen  im 
filima  nidj^t  h)a^rf(|einli(^  finb.    ^öid^ften«  fönnte  baran  gebac^t  Serben,  ba^  fic^  in  ber  ar, 
®egcnh)art  bic  ®egenfä|e  ber  göi^re^jeitcn  mel^r  audgeglidj^en  l^ätten,  toä^renb  in  früherer 
3eit  ber  Unterfc^ieb  gtoifc^en  ©ommer  unb  SBintcr  ftärler  getoefen   loäre;   bie  mittlere 
Sol^re^temperatur  h)irb  bicfclbe  geblieben  fein,    ferner  ift  e«  tool^l  möglic^,  bafe  einft  in* 
folge  Don  ftärterer  Setoalbung  be«  93erglanbc«  (Dgl.  unter  ^aläftina)  bie  2)urc^fdS^nitt^ 
menge  be«  jä^lic^cn  9lieberf(|lag«  eine  l^ö^ere  \oax,  ober  bafe  bie  einmal  niebergefd^lagcne  40 
geu^tigfeit  längere  R^i^  0«  bcr  Dbcrfläd^c  be«  S3oben«  feftge^alten  tourbe  unb   nic^t  fo 
fc^nctt  ioie  jc^t  ablief  ober  Derfidfertc.    3lber  felbft  für  ben,  ber  biefer  2lnnal^me  guftimmt, 
mu^  3>-  bod[^  \d)on  im  Slltcrtum  ate  eine  toafferarmc  ©tabt  gelten.  2)a«  betoeifen  bie  jal^l« 
reidS^en  unb  jum  Seil  großartigen  anlagen,  bie  bereit«  in  alter  ßeit  au^gefüf^rt  mürben,  um 
3.  genügenb  mit  SBaffer  ju  Derforgen.     SBir  Serben   fie   in   ben  folgcnben  älbfc^nitten  45 
tcnnen  lernen.  Slllcrbing«  h)irb  bic  natürlid^e  SBäafferarmut  3i-^  i>«  Saufe  ber  3«^rl<^wf^be 
nic^t  geringer,   fonbem  größer  getoorben  fein.    3)ie  allgemeinen  ®rünbc  bafür  finb  ftct« 
bie  gleichen  geblieben,  obtool^I  bie  mittlere  9lieberfc^lagß^5l^e  in  jebcr  Jtcgenjeit  für  3-  (f- 
oben)  größere  ^ai)lm  auftoeift  al«  für  Serlin  unb  SBien.  ©ie  finb  bop>)clter  ätrt:  1.  ber 
^)(cgcn  fällt  nur  h)ä^rcnb  eine«  S^^^^^m«  Don  fed^«,  ^öd^ften«   adj^t  3Konaten  im  '^al^x ;  eo 
2.  ba«  Siüaffcr  fließt  über  fefte«  ©eftein  fd^ncU  abtoärt«  ober  firfcrt  in  lofe«  ©eftein   ein 
unb  läuft  unter  ber  Oberfläche  ab.  6«  ift  flar,  baß  nur  ber  jtocite  ®runb  burc^  menfd^* 
lic^c  5tunft  geänbert  toerben  fann. 

5.  3!)a«  Dori«raelitifc^e  S^^wfalcm.  3)ic  älteren  3lad)xxd)im  be«  213:  geben 
bcutlid^  ju  Dcrftcl^cn,  baß  bic  ©tabt  3-  h)^ber  i^re  ©rünbung  noc^  il^ren  9Jamcn  bem  fr, 
S>olfe  3«rael  ju  Derbanfen  ^at  (Dgl.  5Hi  1,7.21;  2©a5,  6;  3of  10,  1  f.;  15,  03). 
3)a«  ift  ncuerbing«  bun^  bie  in  Teil  el-'Amarna  gcfunbenen  Sriefe  be«  itönig«  'Abd 
Chiba  Don  3i^öl«»"  bcftätigt  Sorben.  2)enn  bort  (1400  D.  6^r.)  crfd^eint  ber  9Jame 
bcr  ©tabt  in  ber  gorm  Ürufalim.  2)amit  ftimmen  bic  Äonfonanten  ber  l^cbräifd^en  Aorm 
zbdi*-^  überein.    äuffaHenb  ift  bagegen  bic  gorberung  bcr  Solalifation  im  SIX,  baß  bic  go 

»cal^i^nct^riop&bie  für  X^eotoaU  unb  ffirf^c.  8.  «.  VIII.  43 


674  ^entfalftn 

(e^te  Silbe  aim  ober  ajim  gefproc^en  toerben  \oü,  unb  bte  bem  entf))re(^enbe  fonfonontifc^ 
gorm  =^VdT-^,  bie  jebod^  nur  3er  26, 18 ;  1  Sl^r  3,  5 ;  2  6^r  25, 1 ;  ©ft  2,  6 ;  ögl.  2  6^ 

32. 9  borlommt.    2)ie  alte  au^fprad^e  be^  9iamen^   l^ot  fo  nt^t  gelautet    3)0«  betoetft 
bie  SSofaliiation  in  ben   aramäif^en  ©tüdEen  e«r  4,  8. 20;   SJa  5,  2 ;  6, 11  C^^^'^?  unb 

5  o?9't-;',  bie  SBiebergabe  in  LXX  unb  im  3i%  "hgovaaki^fi.,  in  Drac.  ©ib^l  X,  103, 
ebenfalls  im  3VX  joh)ie  bei  griec^ifd^en  gd^riftfteßem,  auc^  bei  S^fepl^uö  unb  ^^lo  (Leg. 
ad.Caj.  36)  leQoookvfjLa,  femer  bie  gorm  be«9Jamen«  auf  ben  affl^rifc^  ÄälinfdSnriften 
Urfalimmu,  enbUd^  bie  abtürjung  ju  o^f  ®enl4, 18;  ^f76,3.  Sluf  ben  jübifc^ 
SKünjen,  bie  mir  befi^en,  finbet  ftc^   übertoiegenb  bie  gorm  c'^oi"^"';  nur  auf  einmen,  bie 

10  in  bie  3^^^  ber  ^a^monäer  gefegt  ju  tüerben  t)flegen,  fte^t  a^b^i^^;  öielleid^t  bütjpte  ober 
bie  (Sc^tl^eit  gerabe  biefer  ©tücfe  itoeifel^aft  fein.  3)ie  ßntftebung  ber  3Ut%rac^e  auf 
aim,  ajim  liegt  im  3)unfeln.  ^ie  Slel^nlic^feit  mit  ber  befannten  3)ualenbuu0  t^  ntc^t 
ju  t)erlennen,  bod^  h)ad  foK  biefe  axK  bem  Eigennamen  einer  @tabt?  Wan  totQ  baJ^  bie 
©nbung  ajim   (ajin)  aU  bip^tl^ongifd^e  Sluflöfung   Don  6m    ober  al«  3^*^^^"^Ö   ^ 

15  Slominalaffi^e^  am  (an)  anfe^en  ober  nimmt  eine  oiit  Sofalenbung  aina,  ajim  an. 
^iebenfaH«  fte^t  jobiel  feft,  bafe  bie  2(u«fJ)rac^e  unb  Schreibung  o:Vdi-i^  nic^t  bie  ur- 
fj)rüngli(t^c  ift,  fonbem  bafe  biefe  3lu^ft)radS^e  erft  bei  ber  gelehrten  Bearbeitung  be^  alt= 
teftamentlid^en  3:e|te^  (600—700  n.  6^r.)  allgemein  angenommen  tourbe.  SSJir  toifjen 
nid^t,  toelc^e  ©rünbe  bie  geleierten  3"^^  bafür  l^atten.    ®ine  befriebigenbe  3)eutung  be^ 

2o9lamen!g  ift  bi^l^er  nic^t  gegeben  toorben  (f.  bie  ^intoeife  unter  ber  Sitterotur);  auf  bie 
©>)ielereien  be«  Sofet)^  Antiq.  VII  3,2;  Bj  VI  10;  c.  Ap.  I,  22.  34  cinguge^en 
lo^nt  fi(^  nid^t.    3*^^  ©teilen  im  2121  h)oUen   anber«  berftanben  fein.     Slämlicf^  9li 

19. 10  unb  1  6^r  11,  4  fmb  in  ber  SWeinung  gef (^rieben  tüorben,    bafe  %  bor  ber  Seft^ 
na^me  burc^  ^^xaA  S^bu«  gel^ei^en  l^abe.  SlUein  bie  SDleinung  h)irb  burd^  bie  'AmSrna- 

26  S3riefe  toieberlegt,  fie  ift  baffer  hjol^l  afe  ein  gelel;rter  Irrtum  anjufel^en  (ögl.  ben  Sl. 
3ebu«). 

S3on  ben  ©rünbungöfagen,  bie  fid^  bei  3iofet)^u^  c.  Ap.  I,  Uff.  ^lutard^,  Isis  et 
Osir.  31  unb  ©te))ieanuö  bon  '^tnaxi^  finben,  Derbient  nur  bie  ßrjöi^lung  be«  äg^j>tifc^en 
^riefter«  5Wanet^o  (250  b.  ß^r.)  ertoä^nung,  bie  ^^ofe^)M  c.  Ap..  I,  14—16.  26—29 

30  mitteilt  unb  bef^rid^t.  Stac^  il;r  foHen  bie  ^^ffo^,  nadi>bem  fie  SSg^j^ten  t>erlaffen,  bie 
©tabt  3.  gcgrünbet  ^aben.  3lber  bie  Serbinbung,  in  bie  l^ier  ^\j^o^  unb  Hebräer  gc^ 
bracht  werben,  crlocrft  burc^au«  fein  3"^^"^  5«  ^i^^  ©arfteHung.  3)a«  Sleltefte,  h>a« 
h)ir  gegenloärtig  über  3-  Riffen,  bieten  un^  ol^ne  3*^^'f^I  bie  SSricfe  be«  'Abd-Chiba  in 
bem  ^unbe  bon  Teil  el-'Amarna  (f.  oben).     SBie  fie  erfennen  laffen,  ift  bamal^  'Abd- 

35  Chiba  bem  $^arao  3igl;J)teng  (3lm.enoj)l^iö  IV)  tributj)fli(^tig.  @r  äußert  toieber^olt,  ba^ 
ber  ftarfe  Slrm  be^  Könige  (bon  äg^^ten)  i^n  in  ba«  ©ebiet  feinet  33ater«  eingefefet 
l^abe,  fotoie  bafe  er  ein  Beamter  bc«  Äönigö  fei.  9)le^rere  ©teilen  ertoeden  ben  6inbrua, 
bafe  'Abd-Chiba  nic^t  nur  fein  bäterlic^cö  ©ebiet  bel^errfd^t,  fonbem  auf  Befehl  be^ 
$^arao  eine  Sluffid^t  über  bie   anberen  Äleinfürften   be^  füblic^en  ©örien^  geführt  Inibe. 

ioSRi  1,5—7  ift  unfein  abgeriffene^,  anjd^cinenb  alte^  ©tüd  auö  ber  (Sroberung^efc^^id^te 
Äanaanö  burc^  S^^ael  erhalten.  3lboni  Sefef  bon  ^^s^rufalem  —  3of  10, 1.3  ift  mit 
3lboni  3cbcf,  Honig  bon  3iv  *^obl  berfelbc  gemeint  —  be^eidj^net  fic^  33.  7  ate  ben  Seftcger 
Don  70  Königen;  foHte  baö  DieHeic^t  nod^  mit  ber  ©tcHung  jufammenl^ngen,  bie  bie 
^l^araonen  3i[g^)t)ten«  ben  ^rften  l>on  Ijerufalem  berliel^en  Ratten  V    Ober  gehörte  Sboni 

46  SBefct  (Slboni  ^t\>^l)  ju  ben  Slmoritem,  bie  bon  9Jorben  ^er  borbringenb  \vi)  ftanaan 
unterworfen  I^attenV  Die  Slad^rid^ten  be^  913:  nennen  un«  für  bie3eit  um  1020  to.  6^. 
bie  S^^wfiter  (f.  b.  31.)  ate  bie  .^crrcn  t)on  3-  ^"^^  ^<^  gugel^örigen  ©ebietö.  ©ie  ftü^en 
fid^  auf  bie  geljenfefte  3ion  ("r^.  ~"?!^'-  2  ©a  5,  7);  benn  mit  ber  (Eroberung  bi^«^ 
fc^toer  zugänglichen  ^JSunfteö  burd(^  Dabib  I^at  i^re  §errfd^aft  ein  6nbe. 

60  3!)a  \xx[i  ^ier  ber  9Jame  ^\m  in  ber  ©efd^idj^te  ^-^  5u^ft  begegnet,  fo  bürfen  toir 
an  ber  t)icIbefj)roct»enen  grage  nad^  ber  Sage  ber  3ionefburg  nic^t  borüberge^.  S9id  in 
bie  jtüeite  §älfte  be^  19.  3<^^^^-^  ßi^ö  bie  einl^eHige  3)Jeinung  ba^in,  ba^  ber  S9erg  3'^" 
ben  ©übh)eftl;ügel  3i-^  jtoifd^en  ^innom-  unb  Ji^ropöont^al  bcjeid(;ne,  unb  ba^  bal^er  bie 
3ionefcfte  ber  ^cbufiter  ebenfo  h)ie  bie  3!)at)ib€;burg  auf  biefem  §ügel  (§öl^e  bi^  gu  775  m) 

66  geftanben  l^abe.  ®cgentoärtig  aber  ftimmen  faft  alle  fad^funbigen  §^^4^  ^^^»  übercin, 
ba^  ber  5Rame  ^\on  an  ber  öftlid^en  §ügelrei^e  I^aftet,  unb  ba^  in^befonbere  ber  ©üb= 
oft^ügel  ber  S^^wf^M^fte  entfprid^t.  3)er  Setoei^  lann  au^  bem  311  nic^t  anber^  ge« 
liefert  Serben,  ate  ba^  3lngaben,  bie  fic^  auf  jpätere  i^er^ältniffe  bejie^en,  auf  bie  2)at)ib^ 
bürg  (ober  2)at)ib«ftabt),    auf  ben  ^alaft   unb  ben  "Xzvxiptl  ©alomo^,    ^ier  toorh>eg  gc* 

60  nominen  Serben.   3wnäd^ft  ift  ju  beachten,  bafe  ©abib^burg  (fo  ift  beffer  für  2)abibljlabt 


3ernfa(em  676 

ju  fagen)  nid^t  mit  %  überl^au})t  bcrtoec^lelt  h)etben  barf.  2)ai)ibgburg  (ober  3^on^fefte) 
bcjcidpnet  einen  bejonberen  SCeil  neben  ober  in  ber  ©tabt  3-  ^^ö«  bergleic^e  nur  Stellen 
h)ie  1  Ä0  3,  1;  11,  27;  man  beachte  bie  oftmate  toieberl^olte  angäbe  „er  tüurbe  be* 
graben  in  ber  3)aDib«bur^"  (l  Äg  2,  10  2c.)  unb  ^altc  baneben  bie  bollftänbigere  ^orm: 
Slmajja  tourbe  begraben  m  S^^'^nt  bei  feinen  SSätem  in  ber  2)at)tb^burg  2%  14,  20,  b 
\vo  S^nifalem  unb  3)abib^burg  toie  allgemeine«  unb  Sefonbereö  neben  einanber  ftcl;t; 
enblic^  ertoäge  man,  tüie  9le^  3,  15 f.;  12,  37  bie  Stufen  Don  ber  DaDib^burg  ^crab 
eine  beftimmte  örtlic^feit  bort,  nic^t  ettoa  Stufen  bon  ber  Stabt  %  l^erab  überl^au))t  be* 
beuten,  ^ie  3)at)ib«burg  ift  bemnadj^  ein  3:eil  be«  fpäteren  %,  unb  bie  g^age  geftaltet 
fic^  nun  fo:  3Bo  lag  biefer  SEeil  ber  Stabt?  mad)  2  Sa  24,  18  f.  (bgl.  2  g^r  3,  1)  lo 
unb  1  Äg  8, 1—4  liegt  ba«  SBo^n^auö  3)at)ib«  h)ie  überl^au})t  bie  2)at)ib«burg  tiefer  al«  ber 
i:emi)cl ;  nad^  1  Äg  9,  24  liegt  bie  3)aüib«burg  auc^  niebriger  afö  ber  5ßalaft  Salomo« ; 
nac^  3er  26,  10;  36,  10—12;  2  Äg  11,  19  liegt  ber  ^JJalaft  Salomo«  toieber  tiefer  aU 
ber  3:cm^el,  ber  md)  (gj  43,  8;  lÄg  6,  36;  7,  8. 12  (t)g(.  2  Ägll,  4—16)  Don  bem 
falomonifc^en  ^jjalaft  nur  burc^  eine  §ofmauer  getrennt  toax.  2Bir  erl^alten  barau«  eine  15 
breifac^e  äbftufung  Don  obeit  nad^  unten,  Dom  lemjjel  au«  bi«  jur  3)aDib«burg  ober  ber 
Scburiterfcfte.  3)er  $Ia^  be«  alten  3:empel«  ftel^t  jtDeifello«  feft,  er  ftanb  an  ber  Stelle 
ber  heutigen  Kubbet  eg-Sachra,  be«  ^^Ifenbom«  (744  m).  SlöiU  man  Don  ^ier  au« 
bie  oben  genannte  2lbftufung  nat^  unten  auffuc^en,  fo  bleibt  nur  bie  5Hic^tung  nac^. 
Süben.  ^^nn  toäl^renb  ber  ^eteboben  nac^  SJorben  bi«  ju  760—770  m,  nad^  SBeften  20 
bi«  JU  770— 780  m  fteigt,  finft  er  nac^  Süben  in  Derfc^icbenen  3lbfä$en  auf  716, 
094,  660  unb  650  m.  TOit  ber  ^aDib«burg  ober  ber  ^^bufiterfefte  fommt  man  bem* 
nad^  auf  ben  niebrigften  ber  öftlic^en  ^ügel  jtDifcbcn  Ätbron«  unb  S^ropöont^al,  ben 
Süboft^ügel. 

3)ie«  ßrgebni«  toirb  burc^  mehrere  angaben  be«  Sle^emiabud^e«  beftätigt.  ?Je^  3,  25 
15—26  unb  12,31—37  folgen  auf  einanber  bie  Örtlic^leiten  SKifttl^or,  DueHtl^or,  Stufen 
ber  2)aDibftabt  unb  2BaffertI|or.  3)a  5Je^  12,  38  f.  ber  jtoeite  3)anfd;or  Don  SBeftcn  l^r 
über  9lorben  (SDl^raimtl^or  12,39)  ben  3:em^)eI))Ia^  eneid^t,  fo  jiel^t  ber  erftc  3!)anfd^or 
5>.  31—37  Don  SBeften  l^er  über  Süben  bcm  Xtmpttpia^t  ju.  2)al^er  fmb  bie'ilJunIte 
50?iftt^or,  DueHt^or  unb  Stufen  ber  3)aDibftabt  (i^au«  2)aDib«)  im  Süben  ^eruf.«  an-  30 
5ufe|cn.  ?«un  ergicbt  [xd)  ou«  5Re^.  2,  13  f.,  ba^  ba«  3)liftt^or  im  SBeften,  ba«  CueU* 
t(;or  im  Dften  be«  bort  au«  ber  Stabt  Iretenben  I^al«,  be«  a^l9roj)öontl^aI«,  gelegen  l^at 
(58.  14:  bann  ritt  id^  hinüber,  V?^?).  3)onad^  laffen  fic^  bie  im  Süben  ber  Stabt 
liegenben  Stücfe  be«  3Kauerbaue«,  bie  5Jel^emia  in  feiner  Dom  3^orboften  au«ge^enben 
unb  über  Söeften,  Süben  unb  Dften  nad^  bort  jurüdfel^renben  Scfc^reibung  K.  3  anfül^rt,  35 
fic^er  ^erau«finben.  Stuf  ba«  Cuelltl^or  an  ber  Dftfeite  be«  3;t;ropöontl^aIe«  folgen  bie 
Stufen  Don  ber  ®aDibftabt  ^erab  35.  15,  bie  ©räber  3)aDib«  3?.  16  unb  loeiter^in  ber 
föniglic^e  ^alaft  am  (Sefängni«^ofe  33.  25  unb  ba«  SBaffert^or  SS.  26  (Dgl.  3ld), 
12,  37).  SWitl^in  lag  bie  3)aDibftabt  ober  3)aDib«burg  auf  bem  Süboftl^ügcl  (Dgl.  ferner 
S.  688  f.).  40 

3)ie  3ion«fefte  toar  nac^  2  Sa  5,  6  fd^toer  jugänglic^.  3)iefc  ©igenfc^aft  be«  Süboft= 
^ügel«  fäUt  Don  Dften  unb  Don  Süben  l^er  tro^  ber  SSerfc^üttung  feiner  Slbl^änge  nod^ 
^cute  jcbem  in  bie  äugen,  ßbenfo  toirb  e«  im  SBeften  getoefen  fein,  too je|t  freiließ  bie 
3:icfe  be«  I^rojjöontl^ale«  faft  DoUftänbig  burc^  Sd^utt  au«gefünt  ift.  '*flaq  Slorben  gu 
mu^te  hingegen  nad)  ber  je^igen  SSobenbefc^affenl^eit  bie  ^^^^wf^t^^ft«  fr^^  wnb  offen  ba-  45 
gelegen  ^aben.  2)a«  ift  aber  im  Altertum  nic^t  fo  gehjejen.  S(^onobcnS.668,  58ff.  ift  er« 
h)ä^nt  toorben,  bafe  burc^  bie  3lu«grabungen  be«  beutfc^en  i^erein«  gur  (Srforfd^ung  ^aläftina« 
1881  unmittelbar  nörblic^  Don  ber  5DiarienqucIIe  ein  toeftlic^e«  SRebentbal  be«  itibron 
tüenigften«  gum  Seil  nac^getüiefen  ift.  3)emnad^  ift  e«  nic^t  untoa^rfd^einlid^,  bafe  ur« 
fprünglic^  eine  ba«  S^^rojjöont^al  mit  bem  Äibrontl^al  Derbini>enbe  Sc^^Iuc^t  ben  je^t  al«  00 
eine  gefd^loffene  $öl^e  erfd^eincnben  Süboftl[>ügeI  burd^fd^nitten  l^at.  2)iefe  Sc^Iud^t  toürbe 
bie  ®renje  ber  g^^ufiterfefte  nad)  9lorben  gebilbet  l^aben ;  tüir  l^ätten  un«  bemnad^  i^rc 
.^ö^e  al«  eine  nac^  aßen  Seiten  ^in  abgefc^nittene  DorjufteHen,  toie  e«  bie  fpottenben 
fflorte  ber  3{*uftter  2  Sa  5,  6  Derlangen. 

e«  mu|  auffallen,  bafe  fxd)  bie  ^ebufiter  gum  Stü^punlt  i^rer  §errf(^aft  bie  niebrigfte  b5 
ber  JU  ,^.  ge^örenben  §5l^en  au«gefu^t  l^aben ;  benn  bie  §ö^e  be«  Süboft^ügel«,  alfo  be« 
3ion«,  fc^tüanft  gtoifd^en  694  unb  644  (nad^  ber  jefeigen  §orm  be«  ^^(«boben«),  toä^renb 
ber  Reifen  auf  bem  i:emj)elt)la$  744  m  \)od)  ift,  md)  vloxitw  unb  SBeften  jeboc^  noc^  l^öl^er 
fteigt  (f.  oben).  Slber  biefe  SBo^I  ift  au«  jh)ei®rünben  burc^au«  begreiflid^.  9Jad^  unferer 
gcgenloärtigen  Äenntni«  be«  J^efeboben«  Don  3-   ift  ber  3i<>n  iraf^rft^einlid^  bie  cinjigc  ao  j 


676  3^erufalfm 


^c,  bic  auf  ollen  Seiten  Don  Sd^Iud^ten  umgeben  tvax,  eine  notüriid^e  Sergfcfte,  toie 
jte  laum  beffer  gefunben  toerben  lann.  Slu^erbem  beJ^errfd^t  biefe  §öl^e  bie  3RarienqueDe 
an  i^rem  öftlic^en  gufee  im  Äibrontbal,  bie  allein  in  ber  näc^ften  Umgebung  t)on5 — 7  km 
baö  gan^e  ^al)x  ^inburd^  lebenbige«  Söaffer  fpenbet.    3)er  SWac^tl^aber,  ber   biefe  DueDc 

6  bel^ercidi^te;  tvax  auf  bie  3)auer  ber  eingig  gefid^erte  §err  be^  umliegenben  ©cbictö. 

Über  bie  Sef4>affenl^eit  biefer  ^i^^^f^f^^  *>^  S^'^wftter  fel^len  un«  bie  Slac^ric^iten. 
3)lan  ^at  fie  fw^  gehji^  ate  fel^r  einfach  jju  benfen,  o^nc  eigentliche  Äunftbauten.  3"  ^^ 
ggjorte  "nsi:  2  ©a  5,  8,  ba«  5Pf42,  8  nac^  bem  9leu^ebräifd^en  al«  Stand,  SBafferlcttung 
gebeutet  toirb,  l^at  man  eine  Örtlidj^leit  ber  S^^^wftterfefte  finben  tooUen,  aber  Jooi^tfc^n- 

lolid^  liegt  eine  iejtberberbni^  bor.  Sgl.  93ubbe  jur  Stelle  unb  unten  S.  681,  28  ff.  Die 
Stabt  3lv  ba«  Ursalimmu  ber  'Amärna-S3riefe,  f)at  man  h)eftlid(^  Don  ber  ^^^wf^ter^ 
fefie,  auf  bem  l^öl^eren  Sübtoeftl^ügel  anjuje^en.  Die  Orünbc  bafür  finbet  man  unten 
S.  678,20.    Sie  toar  ioal^rfd^einlic^  eine  offene  Stabt. 

6.  3^^wf«I^"^  unter  Der  baDibifc^enD^naftie.    Die ^iebufiterfefte 3ion  tourbe 

16 Don  DaDib  erobert;  bamit  fiel  aud^  S^^^'^"^  webft  bem  zugehörigen  ®ebiet  in  feine 
^änbe.  Diefen  ©rfolg  enang  DaDib  tDa^^^i^R^  fc^on  in  ber  S^t,  al«  er  nw^ 
Stamme^fönig  in  §ebron  h)ar  2  Sa  5,  6—8 ;  er  ftellte  baburc^  bie  Dolle  räumlidjfe  Ser^ 
binbung  jtoifd^en  bem  füblid^en  3uba  unb  ben  nörblic^en  Stämmen  3^raete  ^er;  bie  norb= 
toärt^  fü^renbe  Strafe  auf  bem  Stamme  be«  ©ebirgc^  im  SBeften  unb  Slorben  ber  Stabt 

20  toar  baburc^  frei  gelüorbcn.  3luf  bie  erft  burd^  DaDib  erfolgte  S3efi$na^me  toeifen  a\xd^ 
bie  Stetten  9li  1,  21 ;  3of  15, 63  ^in,  toä^renb  fic^  SRi  1,  8  nic^t  mit  ben  gefc^i(^tlid(^en 
Il^atfad^en  Dereinigen  lä^t.  DaDib  er^ob  bie  g^on^fefte  ju  feiner  SHefibeng  unb  mod^te 
baburc^  S^fwfalem  jum  ajjitteli)unlt  feinet  ganjen  di^d)^.  ®g  toar  eine  ^ülaferegel  Don 
großer  Älug^eit,   bafe  er  ben  Sife  ber  Slegierung  tveber  md)  ^uba   nod^  in  bo^  ®ebiet 

25  eineö  ber  nörblic^en  Stämme  Derlegte,  fonbem  nac^  einem  Orte,  ber  ba«  Ädnigtum  einiger- 
maßen Dor  bem  §aber  ber  eiferfüd^tigen  Stämme  fieberte,  toeil  er  bi^^er  überl^uj)t  nic^t 
i^raelitifc^  gelüefen  toar.  §ier  l^atte  lein  3^^^^^*  irgenbtoelc^^e  Siedete  Dor  bem  anberen 
Dorauö,  DaDib  allein  l^atte  l^ier  bie  Siechte  }u  Dergeben,  ba  er  ba^  ®ebiet  erobert  ^atte. 
SBeil  DaDib  felbft  gubäer  toax,  fo  lag  e^  am  näc^ften,  ba«  neue  ®ebiet  ju  ^xxta   ju 

30  rechnen,  toie  e«  aud^  ^o]  15,  63  gefc^iel^t.  Später  jebod^  tourbe  e«  ju  Senjamin  ge- 
llä^lt  Dt  33,  12;  3of  18,  15  f.  28;  15,  7  f.  Die  J^ebufiter  tourben  Don  DaDib  ge- 
fd^ont  (ba«  tüirb  ber  Sinn  Don  2  Sa  5,  8  fein  nad^  ber  Sluffaffung  Don  S3ubbe,  The 
Books  of  Samuel  81),  Seben  unb  6igcntum  tourben  i^nen  gelafjen  2  Sa  24,  18  ff. 
Die  ^^ion^feftc  mußten  fie  freiließ  räumen;   um  jo   bic^ter  befehlen  fie  ben  Sübhjcftl^ügel, 

36  ber  nad;  außen  Don  bem  ^innomt^al  begrenzt  lourbe.  Diejcr  erhielt  banacf^  bei  ben 
3«raeliten  ben  5Ramen  „abrang  ber  ijebufiter''  :3of  15,  8;  18,  16.  Die  ^«raelitcn, 
DaDib«  ®efolge  unb  §ofleute,  tool^nten  anfang«  lüo^l  au^fd^ließlic^;  in  ber  föniglic^ 
SRefiben^,  ber  DaDib«burg. 

Die  alte  3ion«fefte  mirb  burdj»  DaDib  ein  toefentlic^  anbere«  3lu«fel^en  erl^olten  l^aben. 

40  „DaDib  baute  (b.  i.  befeftigte)  fie  ringsum  Dom  3KiIIo  an  nad^  innen  ju"  2  Sa  5, 9  (LXX 
l^at  ftatt  ^*';??''  xai  TÖv  olxov  amov),  unb  3i.  11  iDirb  l^injugefügt,  baß  ÄanblDerfer 
be«  §iram  au«  2:^>ru«  DaDib«  SBo^nl^au«  Q^hant  l^ätten.  Die«  le^tere  toirb  9Je^  12, 37 
h)ieber  ertoäl^nt  unb  muß  bana^  auf  einet  ber  h?eftlid^en  Stufen  be«  gion^ügel«  etttw 
in   ber  ,ööl^e   Don  670— 680  m   geftanben   l;aben  (®ut^e,    2tu«grabungen  258  ff.).    Die 

45  ®räber  ber  baDibifd^en  gamilie  (3ofet)l^u«  Antiq.  XVI  7,  1 ;  21®  2,  29)  Jourben 
toa^rfc^einlic^  ^itva^  tiefer  angelegt,  b.  l).  in  gelfen  gel^auen  (®ut^e  a.  a.  D.  258).  Die 
Sefeftigungen  l^at  man  fid^  nic^t  burc^toeg  al«  SRauern  Dor^ufteüen.  2Bo  ber  J^lfen  bagu 
geeignet  toar  unb  au«reid^tc,  bel^ieb  man  i^n  fo,  baß  nac^  an^m  eine  fenfred^te  äßanb, 
oben  eine  ober  mel^rere  ebene  ^läd^en,  nac^  innen  ettoa,  toenn  e«  nötig  toar,  eine  Xret>)>e 

50  bi«  ^ur  Äopffläc^e  be«  gelfen«  l^erau«fam.  iiücfen  füllte  man  mit  a)Jauerh)erI  au^  ober 
er^ö^te  bie  gelfenhjel^r  burc^  forgfältig  be^auenc  Steine,  bie  h)ie  eine  fünftlid^e  SSergröße* 
rung  be«  natürlichen  Reifen«  ju  benfen  finb.  Überall,  too  ber  nattirlid^e  ^«boben  tief 
lag,  h)ar  bie  33efeftigung  burdj;  3)Jauerh)eriE  nothjenbig.  SBei  ben  3lu«grabungen  be«  beutfd(^en 
95erein«  jur  (Jrforfc^ung  ^aläftina«  1881  l^abe  id^  an  mcl;reren  Stellen  be«  $ügel«  folc^e 

66  9(efte  biefer  Sefeftigungen  gefunben.  Unter  il^nen  fmb  befonber«  erh)ä^rten«h)ert  bie  ®runb5 
mauern  eine«  2:^urm«,  ber  unmittelbar  oberhalb  ber  3)Jarienquelle  ftanb.  Die  mörtcUofe 
Sd^id(^tung  ber  Steine  toeift  auf  ein  ^o^e«  älter  l^in  (®utl^e  a.  a.  0.  247  ff.),  gemer 
ift  baran  ju  erinnern,  baß  ju  ber  DaDib«burg  ba«  3^i^<^^liö*""^  gehörte,  in  bem  DaDib 
bie  l^eilige  Sabe  auffteßte  (2  Sa  6,  17),  mit  einem  Slltar  (1  Rg  2,  28).    SKit  bem  ^an 

uobe«  jalomonifc^en  XenH)el«  U)irb  e«  Devfdj^touiiben  fein.    2lu«  3Jel^  3,  16  crgiebt  fvä),  baß 


^crnfftlem  ft77 

aud)  bcr  „Äunfttcic^"  ("7^""  ^t'^t")  unb  ba^  „$au^  bcr  Reiben"  auf  bcm  ^ion  lagen, 
bcr  aiufgä^Iung  nac^  ^ö^cr  oI«  bie  bai)ibifc^  ©rabftötten.  ätu^cr  bem  ,^^au\t  ®abtb^ 
Serben  aud^  .Käufer  für  btc  ^ofbeamtcn  borl^anben  getocfen  fein.  2)icfe  Käufer  ber  alten 
^'^eit  h)aren  burc^auö  nic^  immer  freiftel^enbe  ®ebäub^,  fie  lel^nten  fic^  enth)eber  geaen 
ben  Slbl^ang  einer  geföteraffe,  ober  il^reOemäd^  Joaren  gum3!eU  gerabeju  in  bemJVelfen  6 
au^cl^auen.  2Jlan  bergleidjiie  bie  S3elwe,  bie  in  meinen  Slu^rabungen  267—272  bafür 
angefü^  fmb.  ©nblic^  h)eift  ber  gefeboben  noc^  eine  grofee  Slnjal^I  bon  ^^eid^en  unb 
ßiftemen  auf,  bie  jum  leil  fid^erlid^  auf  bie  ältefte  ©efc^id^te  be«  3'"^*^^  jurücfge^en 
(®ut^e  a.  a.  D.  261—266). 

©alomo  ^at  bie  Slefibenj  ber  2)abtbiben  nad^  9Jorben  l^in  ertoeitert  unb  jur  SSer»  lo 
ftärlung  ber  S)abib«burg  ben  STOiUo  gebaut.    ®tefer  lüirb  freilid^  fc^on   2  ©a  5,  9  er« 
iDäl^nt.    ^o6)  lefen  toir  1  Äg  9,  15.  24;  11,  27  auöbrticflid^,  ba^  er  Don  ©alomo  l^er» 
gefteDt  hjorben  fei;  ber  ?Jome  ift  bal^er  2  ©a5,9  toabrfd^einlid^  nur  jur  Drtöbefttmmung 
bertoenbct  toorben.  9lad^  2  6l^r  32,  5   unterliegt  e«  feinem  S^^^^h  t^^fe  t^^^  5)iino  jur 
3)abib«burg  gei^^örte,  unb  auf  Orunb  üon  lÄg  9,  15  LXX  unb  11,  27  l^at  man  toc^x^  i6 
fd^einlid;  anjuncl^men,   ba^  burc^  feinen  93au  bie  93efeftigung  ber  3)abib«burg  gef(^;Ioffen 
ober  ein  fc^toad^er  ^unft  gebedtt  tourbe.    6«  ift   nod^  ^eute  ungetoi^,   wo  man  i^n  am 
gufe^en  \)at,  toeil  ba^  313;  nic^t«  genaue«  über  feine  Sage  angtebt,  unb  toeil  bie  9torbfeite 
bc«  alten  ^\on  nod)  nic^t  genügenb  unterfuc^t  lüorben  ift.    einige  ^^rfd^er,   unter  i^nen 
Saurat  Dr.  6.  ©c^icf  in  gjerufalem,  bermuten  il^n  (fotoie  ba«  ^an^  an  ober  auf  bem  5WiUo  ao 
2  Äg  12,  21)   im  9iorben  fJlorbtDeften)  be«  ßion.    6«  ift  aud^  jtüeifell^aft,   ma«  man 
fid^  über^au^jt  unter  bem  SDlüIo  gu  beulen  ^at.  ©inige  erflären  baö  SBort  nad)  bem  tar« 
gumifd^en  wxn^r:  ate  aufgefd^ütteter  SBaH  (ä^nlic^  LXX  ävdkmijua  2  6^r.  32,  5),  an-^ 
berc  bcnfen  an  einen  maffteen  2;i^urm,  äl^nlic^  bem  l^eutigen  S)abib«tl^urm  in  3^öl«»n 
(f.  ©.  685,50).  gjlerftpürbig  ift,  bafe  bie  LXX  2  Sa  5, 9 ;  l  Äg  9,  15(10,  23) ;  11, 27  für  25 
iäliüo  äxoa  fe^en  unb  baburc^  an  biefj)äterl^in  (f.  ©.  683,4<;)  fo  befannte  9urg  ber©^rer 
erinnern.  " 

3)ie  neue  Slefibenj  ©alomo«  mit  bem  3:enH)el  log  l^öl^er  aU  bie  3)abib«burg,   olfo 
loeiter  nac^  Slorben,  toie  fc^on  oben  gefagt  tourbe.    2Bir  l^aben  für  bie  $öl^en  nörblid^ 
t?om  3ion  jtüei  9lamen,  ÜWoria  unb  Dpf)zl   3Koria  trug  nad^  2  6^  3,  1  ben  Stempel  so 
unb  tüar  nad^  ber  ©.  674, 50  ff.  feftgefteüten  2lbftufung  bie  l^öd^fte  ber  brei  öftlic^en  §ö^en  be« 
alten  %^  (jefet  ber  l^eilige  5^Ifen  in  ber  mu«Iimif(|en  Kubbet  es-Sachra    mit  744  m). 
2)afe  ber  DppA  (=  §ügel)  in  ber  9Jä^e  be«  2:emi)elb«irle«  Wax]  ge^t  au«  5Re^  3,  26 ; 
11,  21  ^ert)or.    3la^  TO  4,  8   ift  er  ber  ©i^  be«  Königtum«  in  S^^f^I^"^-    ®i«ifl« 
SteDen  bei  3ofeJ)^u«  Bell.  jud.  V  4,  2 ;  6, 1 ;  VI  6,  3  lebren,  bofe  ber  Dp\)d  ("OpXäg)  86 
am  Äibrontbal  unb  im  ©üben  be«  3:em))ete  lag.    3)emnac^   ift  bie  Slnnal^me  faum  ju 
umgel^en,  ba^  ber  Op^tl  eben  bie  mittlere  §ö^e  jtoifc^en  ber  2)abib«burg  im  ©üben  unb 
bem  iempcl  im  5Rorben  h)ar,  bie  ben  föniglic^en  Sßalaft  unb  feine  Slebengebäube  trug  — 
l;eute  bie  fübüd^e  ®egenb  be«  Haram  esch-Schenf,  bcfonber«  bie  bon  ber  Aksa-3Jlofd^ee 
bcbedftc  %lä6)t,  in  beren  3ldf)t,  oufeer^alb  ber  Haram-STOauer,   je^t  ber  natürÜd^e  geifcn  40 
auf  716  m  anfte^t. 

3)ie  neue  Slefibeng  bilbete  ein  Quartier  für  fid^.  ©alomo  lie^  fte  bon  ben  au«  SC^ru« 
belogenen  S3auleuten  burdi^  eine  SRtngmauer  einfd^lie^en,  bie  au«  brei  Sagen  großer  Quaber« 
fteme  unb  einer  Sage  ^altm  bon  ßebeml^olj  beftanb.  3)a  bie  alten  ^P^önicier  mit  ge« 
toaltig  großen  ©teinen  ju  bauen  >)flegten,  fo  h)irb  e«  begreiflid^,  ba^  biefe  9Kauer  ben  45 
©dbu^  be«  föniglid^en  ^olafte«  gegen  au^en  bilben  fonnte.  Über  bie  Sl^ore  biefer  3Dlauer 
^ören  tüir  nid^t«.  ®«  lann  aber  feinem  ß^^^f^  unterliegen,  bafe  biefer  gro^e  .§of  feine 
^^au^jtjugängc  bon  ©üben  l^er  l^atte;  benn  im  ©üben  lag  bie  alte  SRefibenj  fotoie  bie 
©labt  3-  2Bic  aber  bie  Serbinbung  mit  ber  3)abib«burg  ^ergeftellt  toar,  ob  burc^  einen 
natürlichen  gel«grat  ober  burdb  2lu«fünung  ober  Überbrüdtung  eine«  3^al«,  toiffen  toir  60 
locber  axi^  bem  212:  nnd^  burcp  eine  genaue  Unterfuc^ung  be«  bort  lagemben  ©c^utt«. 
iUellcic^t  öffnete  aud^  bon  SBeften  unb  bon  Dften  ber  ein  %1}0X  ben  3wöä"9  ^"  *^M^ 
6of,  bon5Jorben  l^er  fd^toerlic^.  ^nnerl^alb  biefe«  „großen  §ofe«"  (1  Äg7,  12)  befanben 
ftd)  bie  brei  2:eile  ber  Slefibenj.  ®er  nörblid^fte  toar  ber  föniglid^e  %^mpzl,  über  ben  in 
einem  befonberen  Slrtilel  ge^anbelt  toerben  foH;  bie  (Srjäl^lung  1  Äg  7,  1—12  nennt  65 
neben  bem  inneren  §of  mit  bem  2emj)el  (33.  12 ;  1  Äg  6,  36)  unb  bem  großen  §of 
nodj^  ben  anberen  ober  jtoeiten  $of  33.  8,  ber  fic^  mit  bem  mittleren  $of  2  Äg  20,  4 
betten  loirb ;  barau«  ergeben  fid^  brei  3:eile  ber  Slefibenj  ©alomo«.  gjd^  erinnere  nun  l^ier 
mieberan  bie  ®.  674,  go  ff.  feftgefteUte  Slbftufung  jtoifc^en  lem^jel  unb  ^alaft  ©alomo«,  um 
barauf  aufmerffam  )u  madj^en,  ba^  biefe  brei  3:eile  burc^au«  nic^t  in  einer  Qbm^  lagen,  eo 


678  ^crufalem 

Jüo^  burc^  bic  l^eutigc  Sobcnöcftaltung  beftätigt  totrb.  %üx  ein  unb  ba^felbe  ®ebäubc 
f)aiU  man  Unterbauten,  Subftrulttonen  nötig,  um  für  befjen  SJaum  ipenigften^  eine  gldc^^ 
^(öc^e  J^enufteHen  (1  S(q  7,  10).  9(ber  auf  bie  Sinebnung  be$  ganjen  ^laitt^  inner- 
halb ber  Slingmauer  burc^  Unterbauten   unb  ^flafterung  üerjid^tete   man  bamald  no<^. 

6  i^ermutlid^  fmb  nun  1  Äg  7, 1—8  bie  ©eböube  berSlefibenj  ©alomo«  aufter  bem  "Xatnpd 
in  berStid^tung  bon  ©üben  nadi^  Stürben  aufgejöl^lt.  ©üblich  im  großen  §of  felbft  logen 
ba«  Sibanontoalbl^au«,  bie  ©äuIenbaHe  unb  bie  S^roni^aDe.  3)a«  erftere  ^t  feinen  Stomen 
bak>on,  ba^  ba^  untere  ©todtver!  aud  Sebemföulen  gebilbet  h>urbe  unb  auc^  bad  obere 
©tocftverf  jum  Xeil  au^  Sebeml^ol^  ^ergefteHt  toax,    @^  fd^eint  ald  3^0^^  gebient  lu 

10  l^aben ;  benn  ©alomo  Iie|  bie  mit  ®o(b  üJberjogenen  ^rad^tfd^ilbe  barin  aufbetoa^rcn  1  Äg 
10,  16  f.,  unb  ba«  SBalb^au«  mit  bem  SRüftjeuge  ^ef  22,  8  toirb  fd^toerlic^  ein  onbere« 
©ebäube  bejeic^nen.  35ie  ©äulen^aHe  biente  gu  Serfammlungen  ober  al«  SBarteroum, 
ioäl^rcnb  in  ber  H^ronJ^aUe  ber  Äönig  Siedet  fjjrac^.  ®er  anbere  ober  mittlere  ^of  toor 
bur*  eine  ebenfold^e  SKauer,  toie  ber  gro|e  ßof,  abgeteilt  lÄg.7,  12  unb  umfa|te  ba^ 

16  SBol^nl^auö  ©alomo^  unb  ba«  ^n^  ber  %oqin  be«  ^pi^arao.  Über  bie  ©inrid^tung  biefer 
Oebäube  erfahren  loir  nid^tö.  t)ie  nörblid^e  ®renje  gegen  ben  3^emt)ell^of  bilbete  toie^ 
berum  eine  ÜRauer  au^  brei  ©d^ic^ten  ©teine  unb  einer  ©(^i(^t  Sebernbollen.  Über  ben 
3:emj)el  ögl.  ben  befonberen  Slrtifel.  S)er  Sau  biefer  Slefibenj  bauerte  breigel^  gol^re 
1  Äg  7,  1. 

20  "iRai)  1  5tg  3,  1 ;  9,  15  l^at  ©alomo  and)  bie  Slingmauer  ^.^  gebaut,  ^i^ren  £auf 
beftimmen  l^ei^t  ben  Umfang  ber  bamaligen  ©tabt  beftimmen.  ®er  oben  Vertretenen  Slm 
fid^t,  bafe  bie  5)abib«burg  =  3i<>n^Mtc  bon  ber  ©tabt  3-  f^^  h)ol^l  unterfc^ieben  toerben 
muffe  unb  biefe  toeftlic^  neben  ber  3i<>"^f€p^  «uf  bem  ©übtoeftl^ügel  gelegen  l^abe,  finb 
SB.  SRobertfon  Smit^  unb  §.  Dort  entgegegengetreten.    ©ie  befd^rönlen  ba^  alte  3eru- 

25  falem  auf  bie  öftlid^e  §ügelreil^e  gtoifd^en  bem  Ribron=  unb  2:^roj)öont^,  auf  einen 
fc^maleii  Streifen  Sanbe^  bon  ber  ©iloal^queHe  im  ©üben  bi^  jur  l^eutigen  5Borbmauer 
bed  Haram  esch-Scherif,  unb  lafjen  erft  jur  §a«monäerjeit  3«  pci^  öuf  bie^ügel  toeft^ 
lic^  bom  2l;roj)öon  au^bel^nen.  SHobertfon  ©mit^  nimmt  an,  ba^  ba^  ^innomt^l  bem  ent- 
fjjrec^e,  toa^  3ofej)^uö  baö  S^^ro^öontl^al  nennt  (f.  oben  9lr.  1),  unb  Derlegt  boS  3:^U^or 

80  an  bef[cn  Dftfeite,  toäl^renb  Dort  ba«  §innomtl^al  fo  anfefet,  toie  e«  oben  gefd^ej^n  ifl, 
ba§  ^^alt^or  aber  äl^nlic^  toie  SRobertfon  ©mit^  an  bie  S^orbtoeftftredte  ber  ©abiböburg 
fe^t.  ^a«  Jbaltl^or  (scha'ar  haggaj)  barf  jeboc^  Don  bem  §innomt^al  nid^t  getrennt 
h)crbcn,  loeil  biefcg  allein  ben  SJamen  gaj  trägt,  unb  feinen  8auf  mit  bem  3;^rot)öon- 
tl^al  ju  ibentifijieren,  toiberfpric^t  beftimmten  angaben  be«  312^.   ^n  ber  Sefd^reibung  ber 

36®rcnje  jloifc^en  ^vdta  unb  Senjamin  toirb  nämlic^ljof  15,8;  18,16  angegeben,  baf  fid^ 
ba^.$innomtl;al  füblid^  bon  bem  abrang  ber  Qj^bufiter  ^injie^e.  3)iefe  älngabe  ift  bei  ber 
atnnai^me  bon  SRobertfon  ©mitl^  böllig  unberftänblic^ ;  fie  fommt  ju  i^rem  Siedete  nur, 
toenn  baö  ^innomtl^al  bem  l^eutigen  Wadi  er-Rabäbi  gleid^gefefet  unb  bie  nörblic^  bat)on 
liegenbe  §öl^e,  ber  ©übtoeftl^ügel,  aU  bie  SBol^nftätte  ber  3*"^*^  angefel^  toirb.    *3>a 

40  nun,  toie  oben©.  674,5off.  gejeigt  tourbe,  jtoifc^en  ber  3)abib«burg  unb  ber  ©tabt  g.  gu 
fc^cibcn  ift,  fo  bleibt  für  X  junä^ft  feine  anbere  §öl^e  afö  ber  ©übtoeftl^ügel.  Um  biefen 
l^at  bemnac^  ©alomo  bie  Ringmauer  gebaut,  bie  ^jofepl^u^  in  feiner  SefdSfreibuna  3-^  Bell, 
jud.  V  4,  2  bie  ältefte  ober  bie  erfte  3Kauer  nennt.  ^|^re  nörblid^e  Sinie  lief  nac^  ^o^ 
]tpl)u^  bom  §it)j)icugturme  (in  ber  9Jä^e  ber  l^eutigen  ßitabelle  am  ^öfötl^ore)  öftlid^  bi^ 

45  jur  toeftlid^en  §alle  be^  (l^erobeifd^en)  %^mpcU.  38on  biefer  ©trecfe  l^at  man  biä^er  nur 
toenige  SRefte  gcfunben:  ein  ©türf  3Kauer  im  Äeßer  ber  englifd^en  aJliffion^fdSfule  füblid^ 
Don  ber  fogenannten  2)ai)ib^ftra6e  unb  einen  ©etoölbebau  bor  bem  Bab  es-Silsele  am 
Haram  esch-Scherif  (2Bilfon«=S3ogen).  3)iefer  le^tere  überbrüdEt  baö  3:v^oj)öont^al ;  ba 
er  mit  ber  jc^igen  3^emj)clmauer  jufammenl^ängt,  fo  ift  ed  nic^t  toal^rfd^einlic^,  bafe  er  auö 

60  ber  falomonifc^en  3^it  i&errül^rt.  6^  ift  fe^r  ^toäfel^aft,  ob  ©alomo  fd^on  bie  SKouer 
über  bag  a:^ropöont^al  ^inübergefü^rt  unb  nic^t  Dielmel^r  nur  an  ben  abhängen  be^©übs 
toeftl^ügel«  entlang  gebaut  l^at.  3)urc^  biefe  5Rorbmauer  führte  toal^rfdj^einlic^  ba^  ®pfytam: 
t^or  2  Äg  U,  13;  9le^  8,  16;  12,  39  in«  greie,  unb  toeiter  toeftlid^,  too  bie  falomo^ 
nifc^e  3)lauer  nac^^  ©üben  umbog,  in  ber  SJäl^e  be«  heutigen  ^S^f^tl^ore«,  toar  ba«  grft^or 

65  2  %  14, 13 ;  3er  31 38 ;  ©ac^  14, 10.  Sloifc^en  biefen  beiben  SC^oren  ^atte  bie  ^ier  befonber« 
fefte  ?Kaucr  t^ermullid^  ben  5Jamen  bie  „breite  3Kauer"  9Je^  12,  38.  33on  bem  ^ippm^ 
tl^urm  lief  bie  ältefte  3Kauer  nac^  3<>f^>>^w«  Bell.  jud.  V  4,  2  über  ba«  ©ffenert^^or  jur 
©iloa^qucllc,  mit  anbercn  3\5orten  oberl^alb  be«  §innomtbalc«  bi«  in  ba«  i^ojjöontpal 
binab.    9?on  biefer  Sinie  fmb  bcrfd^iebene   5Refte  nac^etoiefen.    3)er  englifd^e  3J"0^*^i^^ 

ö)§.  aWaubela^)  l;at  1874  auf  bem  ©ebiet  ber  bon  bem  ^)rotcftantifc^en'93ifdi^of  @obat  b^ 


3lentfa(em  679 

(ijrünbcten  ®d;ulc  (760  m)  äw^rabwngcn  borgenommen,  burc^  bie  fid^  ^erau^fteUtc,  ba^ 
^ier  ber  gcifcn  ju  [teilen  Se^riel^nen,  ju  t^unnöi^nltc^en  Jöaftionen  unb  Xxtppm  auf  einer 
©trecfe  bon  me^r  ate  100  m  behauen  ift.  3ln  biefem  fünfte  i^ot  bann  Dr.  J?.  3.  Sli^ 
im  Sluftrage  bc«  englif^en  Palestine  Exploration  Fund  1894—97  mit  ßrfolg  lüeiter 
i^egraben.  3!)cr  gelfen  ift  aucb  meiterl^in  in  äl^nlic^er  SBeife  bel^auen,  baran  f4;Iie|en  [xd)  6 
bie  SReftc  ber  ^JKauer,  eine«  i^ore«  unb  einer  au«  ber  Stabt  nu  il^m  fül^renben  ©trafee. 
2tn  biefer  ©übhjeftedc  ber  alten  ©tabt  lag  h)aWc^«"K<^  ba«  ^i^alt^or,  b.  1^,  ba«  ju  bem 
2^al  (gaj,  ge)  »en  §innom  l^inabfül^renbe  SC^or  3lcl)  2,  13.  15;  3,  13  (bei  3iofet)^u« 
biettcid^t  ©ffenert^or).  Db  e«  gerabe  ba«  bon  Dr.  SU|  entbecfte,  junöc^ft  fpäteren  Reiten 
ange^örenbe  Il^or  ift,  lä^t  ft^  nid^t  mit  ©ic^er^eit  au^mad^en.  95on  ^ier  ab  bi«  jur  10 
©übfj)i^e  ber  ©tabt  l^at  Dr.  SSlife  fobiel  SHefte  ber  alten  ©tcä)tmauer  gefunben,  ba^  über 
il^ren  Sauf  fein  3*^«M  f^i"  1^"«-  \i^^^  ©übecfe  ftanb  banad^  auf  bem  gu^e  be«  ©üb- 
toeftl^ügete  (635—640  m)  jtDifd^en  ber  Slünbung  be«  Z'pxopöon^  unb  be«  §innomtl^ale«  in  ba« 
Äibront^ar.  3n  biefer  ®egenb  ift  ba«  SRiftt^or  5Re^  2,  13;  3,  13 f.;  12,  31  anmje^en, 
Dr.  ä3U^  ^at  ^ier  auc^  einen  9(u«gang  au«  ber  alten  ©tabt  gefunben.  9Bie  fxo}  bie  15 
aRauer  ©alomo«  bon  l^ier  an^  fortfe^te,  ift  toieber  jtüeifel^aft  3"^f^^w^  1^6^  P^  ^^  ^^ 
SHidS^tung  auf  bie  ©iloa^queHe  gu  ba«  a^^rot)öont^aI  überfd^reiten  unb  über  ben  Seic^  ©alos 
mo«,  beffen  Sage  nid^t  befannt  ift,  nad^  bem  Dpi^tl  unb  bem  2^emj)elpla^  ftreid^en 
(Antiq.  V  4,  2).  3)a6  bereit«  um  440  il^r  Sauf  im  toefentlic^en  ber  gleid^e  toar,  fe^en 
mir  au«  9iel^.  3,  14—27.  2)er  ^Wti^d  in  Setreff  ber  ^^xt  ©alomo«  grünbet  fii  auf  20 
bie  ©rtüägung,  ba|  bie  Slingmauer  biefe«  Äönig«  boc^  am  äbl^ang  be«  ©übtoeftpügel« 
entlang  gelaufen  fei  unb  fid^  be^^alb  Don  ber  oben  erh)ö|^nten  ©übede  norbtoärt«  getoanbt 
l}abc,  o^ne  ba«  i^ro))öont^al  ju  überfc^reiten.  (gntfd^eibenbe  Slngaben  im  312  giebt  e« 
barüber  nid^t,  abgefel^en  bon  1  Äg  3,  1 ;  9,  15.  2luf  ber  Dftfeite  be«  2:^ro))öont^ale«, 
aljo  bem  SRiftt^or  gegenüber,  mu^  nac^  5Re^  2, 13  f. ;  3, 14f. ;  12,37  ba«  DueHt^or  gelegen  25 
l^abcn;  nac^getoiefen  ift  e«  noc^  nid^t.  2)a«  Il^or  ^at  biefen  5Ramen  erft  erl^alten,  md)^ 
bem  ba«  SBaffer  be«  (Si^on  burc^  ben  fogenannten  ©iloa^fanal  an  ben  fübtoeftlid^en  %\x^ 
be«  ^ion^ügel  geleitet  unb  baburc^  ^ier  eine  Duelle  gefc^affen  toar  (f.  u.  ©.  681  f.).  Ser^ 
mutlid^  tvax  ber  anbere  (ältere)  9iame  „3:i^or  jtoifcpen  ben  beiben  2Rauem"  3^  39,  4, 
nämlid^  jloifc^en  ber  SBeftmauer  ber  2)abib«burg  unb  ber  Dftmauer  ber  ©tabt  3-  SBon  30 
^ier  ab  ^el  bie  bon  3ofeJ)i^u«  befc^riebene  SRingmauer  mit  ber  Dftmauer  ber  3)abib«burg 
jujammen,  bie  fc^on  bon  3)abib  gebaut  toar.  2Bie  biefe  abfc^lo^,  ob  am  5Rorbenbe  ber 
2)abib«burg  ober  am  ^alaft  ©alomo«  —  fie  müfete  bann  bon  ©alomo  bi«  bai^in  tDeiter^ 
geführt  toorbcn  fein  —  ift  ni(^t  belannt. 

Son  ben  5Rad^folgem  ©alomo«  ift  an  ben  Sefeftigungen  3.«  nod^  oft  gebaut  toorben,  85 
mel[)r  tool^^l  al«  im  213:  ertoäl^^nt  toorben  ift;  bgl.2  6^r  26,6;  27,  3  (5Rauer  am  Dpf)d, 
alfo  in  ber  5Rä^e  be«  föniglic^en  5ßalafte«);  32,  5  unb  3ef  22,  8—11 ;  2  (5^r  33,  14 
(loieber  am  Cj)|^el).  SSon  befonberer  SBic^tigleit  ift  bie  9Ja(^ric^t,  bafe  §i«Iia  bie  anbere 
a)iauer  brausen,  b.  i.  aufeerl^alb  ber  bi«l^erigen  ©tabt,  gebaut  ^abc  2  6^r  32,  5.  SRan 
erfennt  barin  bie  „jmeite"  ?Dlauer  be«  ^ofepl^u«,  bie  bei  bem  SC^or  ©ennat^,  ba«  jur  40 
erften  ÜRauer  gel^iJrte,  begann  unb  in  einem  Sogen  bie  nörblic^e  ©egenb  bi«  jur  Slntonia 
einfc^lofe  (Bell.  jud.  V  4,  2).  3iofe>)^u«  befd^reibt  l^ier  toieber  bie  ßuftänbe  ber  Ser« 
gangen^eit  mit  ben  SWitteln  feiner  ©egentoart,  ba«  toirb  leid(^t  mi^berftänblic^.  ©lüdElic^er* 
toeife  l^aben  toir  im  31X  einen  juberldfftgen  SSeridSft,  au«  bem  h)ir  freilid^  nic^t  gerabe 
erfe^en  fönnen,  toa«  gu  ber  bon  §i«fia  gebauten  3Dlauer  gehörte,  ber  un«  aber  bie  SRingmauer  45 
borfü^rt,  tüie  fie  unter  ben  fjmteren  babibifc^en  Äönigen  getoefen  ift,  nämlid^  5Re^  3,  toogu 
nod^  ?ie^  12,  31.  37—40  gu  bergleid^en  ift.  Ser  i^ier  befd^iebene  SRauerlauf  fällt  gum 
3:eil  mit  bem  bereit«  ertoäj^nten  gufammen  (ettoa  5Rel^  3, 11—19);  er  tueic^t  infofem  ab, 
al«  er  über  bie  alte  5Rorblinie  nadj^  5Rorben  ^inau«ge^t  unb  ben  neuen  ©tabtteil,  n:ö73rt 
3e  1,  10;  2  itg  22,  14;  9le^  11,  9,  umf^liefet,  femer  auc^  baburd^,  bafe  er  bie  falo^w 
monifc^e  SHefibenj  mit  bem  Xtmpdpla^  im  5Rorben,  im  Dften  unb  bi«  jur  3)abib«burg 
im  ©üben  umfa|t.  ©inige  alte  SRefte  bürfen  für  bie  Seftimmung  be«  Sauf«  biefer  SRauer 
bertoertet  Serben.  3m  ©ommer  1885  l^at  man  ettoa  60  m  nijrblid^  bon  bem  fog.  3)a= 
bib«turm,  bem  norbiJftlid^en  Sl^urm  in  ber  l^eutigen  ßitabeHe,  unter  ber  ©äffe  unb  bem 
mcftlid^  angrenjenben  ©runbftüdfe  be«  griet^ifd^en  ^atriard^en  un^toeibeutige  Slefte  einer  55 
©tabtmauer  gefunben;  biefe  fönnen  faum  anber«  al«  bon  ber  „gtoeiten"  3Rauer  berftanben 
hjerben.  $ier  toirb  [xd)  bal^er  biefe  an  bie  ältere  5Rorbmauer  ©alomo«  angefc^loffen  l^aben, 
l^ier  loürbc  ba«  Sl^or  ©ennatl^  3of.  Bell.  jud.  V  4,  2  gu  fud^en  fein.  SBeiter  nehmen 
mel^rere  gorfd^er  an,  ba^  in  ber  feften  9Rauer  am  Dftranbe  be«  fogen.  §i«!iateid^«  ober 
Hammäm  eUBatrak  ein  ©tüdE  ber  gtoeiten  ÜRauer  gu  erlennen  fei ;  banac^  tüürbe  biefer  eo 


680  ^entfalem 

leid;  aufecrl;a(b  bcr  3)iaucr  ju  licöcit  lommcn,  ipälircnb  anbac,  \m  mit  fd^eint,  mit  9t^t 
i^n  in  bie  ©tabt  cinfcl^liefecn.  33ci  bem  ®rabcn  ber  gunbomentc  für  bic  beutfd^seDangcs 
lifd^c  (Srlöfcrtird^c  [tie^  man  1893  faft  genau  in  ber  TOttelod^fe  ber  alten  Äirc^  auf  eine 
ftarfe  5Wauer,  bcren   befte  ©teine  attcrbing«  fc^on  frül^er  für  anberc  Sauten   t)ertoertct 

6h)orben  toarcn;  fie  ftanb  auf  bem  ©c^utt  eine«  alten  ©teinbrudf^,  nic^t  auf  gcfeboben; 
bermutlic^  tvax  aud)  fic  ein  SJeft  ber  itoeiten  9Kauer  (Rb^SS  XVII,  128).  ®en  tociteren 
Sauf  ^at  Saurat  Dr.  ©d^idE  nac^  tieften  be«  alten  ^eftung^aben«,  ber  ftc^,  in  bcn 
geljen  genauen,  aufeer^alb  ber5Kauer  ^injog,  bi«  in  bie  Släl^e  ber  SlorbtDeftecfe  bc«  l^tigen 
Haram   esch-Scherif  ju   beftimmen   gefuc^t.    ©eine  Unterfuc^ungen   l^aben   bcfonbere 

10  SBid^tigfeit  für  bie  ^age  ber  ©c^t^eit  beö  ^eiligen  ®rabe«,  fie  finb  bal^  bereit«  unter 
bem  airtifel  ,,®rab,  ba«  ^eilige"  Sb  VII,  49  bef))rodSfen  toorben.  auf  biefer  ©trecfe 
werben  jtoei  S^ore  erh)äl^nt,  nr^-n  -ra  gje^  3,  6;  12,39  unb  c-^T^  ^^,  bo^^ifi^ 
t^or  9ie^  3,  13;  12,  39;  Re  l,,iO;  2  6^r  33,  14.  ®a«  erfte  ^jflegen  h)ir  ba«  „aüe 
I^or"  ju  nennen,  bod^  ift  biefe  Überfe^ung  unfi^er.    3)a  e«  nad^  3ld)  3  unb    12,  39 

16  h)eftK(^er  lag  al«  ba«  ^fc^tl^or,   fo  fefet  man   e«  too^l  bei  ber  Slorboftede  be«   l^tigen  • 
©tabtöiertete  ber  ®rabe«iird^e,  in  ber  9?äl^e  be«  Jjreufeifc^en  3ol^anniterl^ofj)ije«  an.    ?Da« 
gijc^tbor  fuc^t  man  l^ingegen  ba,  h)o  ber  angenommene  Sauf  ber  3Dlauer  bie  ba«  3^- 
j)öont^al  l^inabjiel^enbe  ©tra^e  (el-Wad)   Ireujt.    a)ie  ©teile  3e  1,  10  f.  giebt   ju   ber^ 
ftel^cn,  bafe   in  biefer  95orftabt   ober  SJeuftabt   (^"r-?^)  bie  fanaanitifc^en  (jj^önidfc^en) 

20§änbler  i^r  SBefen  trieben  (t)gl.  3Jel^  13,  16);  bielleid^t  bejiel^t  fid^  ber  bort  al«  3lame 
eine«  ©tabtteil«  borfommenbe  2lu«brudE  •»sn^'?",  ber  SKörfer,  auf  bie  SRuIbe  be«  l^xo^ 
^öont^ale«.  ®ie  Stürme  §ananeel  unb  3Rea  3ier  31,  37  (38);  3ltf)  3,  1;  12,  39; 
©ad^  14,10  h)erben  getoöl^nlid^  an  bie  ©tätte  ber  f))äteren  Slntonia  (f.  unten  ©.  685)  ge* 
fefet,  unb  na^e  öftlid^  bon  bem  le^teren  i^urm  mufe  ba«  B(i)a\ti)ox  9le^  3, 1.  32 ;  12, 39 

25  gejuckt  toerben,  mit  bem  bielleic^t  ba«  Senjamintl^or  3^  37,  13;  38,  7;  ©oc^  14,  10 
ibentifc^  ift.  3Ran  nimmt  nämlid^  an,  ba^  bie  bamalige  ©tabtmauer  auf  bem  ©übronbe 
be«  füblic^en  Slebenjtoeig«  be«  erften  jum  Rtbron  laufenben  JJebent^le«  (f.  oben  ©.  668) 
ftanb  (Bell.  jud.  VII  1,  3).  Untoeit  öftlic^  bom  ©c^aftl^or  mad^te  bann  bie  ^auer 
eine  Siegung  nac^  ©üben,  um  bem  Sauf  be«  Äibront^ale«  ju  folgen;   benn  3Ze^  3,  32 

30  ftcllt  ba«  2]^urmgemad^  an  ber  6cfe  (Sutl^er:  ©öHer)  unmittelbar  neben  bo«  ©d^aft^or. 
2)ie  3)lauer  im  Dften  be«  3^emj)el«  unb  ber  SRefibenj  —  h?ol^l  ju  unterfd^eiben  t)on  ba 
§ofmauer  ©alomo«  ©.677,42  — bedfte  [16)  fd^n)erlid9  mit  ber  je^igen  Dftmauer  be«  Ha- 
ram esch-Scherif,  jonbem  gog  in  einem  flad^en  Sogen  ettoa  30  m  tiefer  al«  biefe,  toie 
an^  einem  3Rauerreft  bon  100  m  Sänge   ju   fdf^liefeen   ift,  ber  burd^  äu«grabnngen  ber 

Hb  ©nglänber  füblic^  bon  bem  iefeigen  fogen.  golbenen  3:j>ore  aufgefunben  tpurbe,  SJie  fie 
fw^  mit  ber  flauer  am  Dp^d  (2  (Si)x  27,  3)  unb  toeiter^in  mit  ber  SKouer  ber  2)aDib«' 
bürg  bcrbanb,  ift  noc^  unbefannt,  ba  hjir  auf  biefer  ©trecfe  nod^  nid^t  einmal  bie  ur^ 
f))vüngli(^e  Sobengeftolt  genau  lennen.  9?ad^  9Jel^  3,  19  f.  unb  24  f.  ^at  e«  l^ier  mehrere 
Söinfel  unb  ©dfen  gegeben,  bic  h)ir  nid^t  red^t  unterbringen  lönnen,  obtool^l  61^.  SBorren 

40  füblic^  ijom  Haram  einige  3)iauerrefte  gefunben  i)at.  Sil«  3^or  ber  Dftmauer  möd^te 
man  nad^  5Rc^'  12,  37  ba«  SKaffertl^or  annel^men,  nac^  9lel^  3,  26  fc^eint  c«  aber  ein 
il^or  am  Bniglic^cn  ^alaft  gelocfen  5U  fein.  ^ebenfaH«  lag  e«  am  ©übranbe  be«D})fyel 
dkl}  3,  2()f.  3)amit  toären  3Kauem  unb  ^l^ore  3-^/  h)ic  fie  für  bie  fjjötere  RöniQÄjeit 
anjunel^mc]!  finb,  bcfprod^en,  bi«  auf  einige  X^ore,  beren  Sage  unbefannt  ift.    3^  39,  3 

46  lüirb  ba«  3)littclt^or  C^>"^~  "t4)  erloä^nt;  man  fud^t  e«  too^l  in  ber  ^Jtorblinie  ber  folo^ 
monifd^cn  9(ingmauer,  h)cil  biefe  burd^  bie  ©ntftel^ung  ber  nörblic^en  Sorftabt  in  bie  SRittc 
S.«  5u  liegen  gefommcn  Jvar,  unb  jtoar  bort,  too  bie  bon  5iorbcn  ^er  m  bie  ©tabt 
fül^rcnben  ©trafeen  bic  alte  SKauer  toal^rfd^einlidb  gefc^nitten  ^aben,  enttücber  im  X'qxo- 
pöont^al  (bei  ffiilfon«  Sogen)  ober  an  ber  ©teue  be«  alten  (g))l^raimtbore«.  ^Jemer  finben 

60  tDir  3<^  ^^/  2  ba«  gi^Ö^I^^o^  (»~^y"u"  *r^,  ©c^erbent^or),  ba«  in«  §innomt^l  ftil^rte; 
c«  ift  bemnad;  cntlDcber  ba«  Stl^alt^or  ober  ba«  aJliftt^or.  ©nblic^  ftel^t  ©ac^  14,  10 
neben  bem (Jdtt^or  (f. oben©.  678,64)  ba«  „erfte 2:^or"  (Sutl^er),  l^ebr. 'p^'«"  ^^^';  einige 
fc^cn  barin  eine  nähere  Seftimmung  jum  ßcft^or  (im  ©inne  „frühere«,  einftige«  2^or")f  anberc 
fefeen  e«  bem  „alten  2:i^ore"  (f.  0.  3- 12  ff.)  gleid^.   3um  falomonifd^en  5ßalaft  geif^ören  bo« 

66  2:i;orbcr  2:rabanten  (P^^^TT  "r:?)  2Ägll,19  unb  ba« Slofet^or (S'v^i^n  '-rg)3cr31,  40; 
3Je^  3,28;  bgl  2  %  11,  16  (S.  6  unb  2e^r  23,  5  too^l  berfd^rieben).  Über  bie  i^ore 
be«  a:cmi)el«  f.  3:empel. 

©c^on  oben  unter  9Jr.  2  ift  ber  Soben,   auf   bem  3-  erbaut  toorben  ift,   al«    ein 
toaffcrarmer  bejeic^net  hjorben.    3)al^er  ^at  bie  ?Vi^age,  toie  man  bie  ©tabt  ^inret(^;enb  mit 

00  ffiaffcr  berforgen  fönne,  bie  §enfc^er  unb  bie  Setoo^ner  3.«  ftet«  lebhaft  befc^ä^igt  S)ie 


^^ttfaicm  681 

einzelnen  ©ruubbcfibcr  l^abcn  Don  jcl^cr  ßiftcmcn  im  ^ctebobcn  au^I;aucu  lafjcn,  um  in 
i^ncn  baö  3flc0entoaftcr  iu  fammeln.  ©olc^e  anlagen  pnbct  ber  ©rforfd^er  be«  getebobcn« 
Don  3-  i"  ö^ofeer  Slnja^I  unb  öon  grofecm  Umfang  (f.  b.  31.  2:cmj)d).  35ancben  f)at 
man  fc^on  frü^  angefangen,  grofee  offene  Se^ölter,  leid^e,  im  gelf en  au^ju^aucn.  9icl^ 
a,  16  toirb  aU  leil  ber  SJaöibeburg  ertoä^nt  n-^^iizi^rr  nD-^sn^  toörtlic^  ber  „genmd^te  6 
leic^",  b.  i.  ber  fünftlic^e  2!eic^,  Äunftteic^;  berSiame  fd^etnt  barauf  ^in^ubeuten,  bafe  er 
im  Ünterfc^iebe  t)on  natürlichen  SBafferanfammlungen  bie  erfte  fünfÜidS^e  Stniage  biefer  3lrt 
lüar.  9üie  j.  ö.  meine  2luigrabungen  auf  bem  3io"^^ügeI  betoiefen  l^aben,  f)at  eg  bort 
eine  grofee  älnjal^I  lünftlic^er  2:eic^e  gegeben.  35ie  fonft  im  313^  genannten  2:eic^e  fmb 
Jc^toer  ju  beftimmen.  3)er  obere  S^eid^  3^  7,  3 ;  36,  2  fc^eint  nad^  ber  festeren  Stelle  lo 
im  9Jorben  ober  9Jorbh)eften  ber  alten  ©tabt  gelegen  m  ^aben;  benn  bie  ©olbaten  Ban^ 
IjcxxU  ^aben  ftc^  bei  il^m  aufgeftellt,  unb  feinblic^e  §eere  lonnten  bie  ©tabt  nur  t)on 
9Jorben  ober  9Jorbh)eften  mitSrfolg  bebrol^en,  toeil  fie  auf  allen  anberen  Seiten  burc^  bie 
tiefen  Später  gefd^üftt  iDar.  @g  liegt  bal^er  naf)^,  biefen  2^eicl^  enttoeber  in  bem  heutigen 
9)tamittatei(^  toeftli^  bom  S^^fö^^^^«  ^'^^  in  b^'n  \oQm,  ^i^Iiateid^  (biefe  Benennung  i6 
rülj^rt  Don  europäifc^en  ^orfd^em  i^er),  ber  Birket  Hammftm  Balrak  (^atriard^enteid^), 
loicberjufinben.  2)a  ber  altteftamentlid^e  9lame  einen  „unteren"  2^eid^  t)orauöfe|t  (bgl. 
^ef  22,  9),  fo  l^at  man  ^äufig  ben  SJlamiUateic^  atö  ben  oberen  unb  ben  ^i^iateic^  atö 
ben  unteren  bejeid^net;  jener  fülj^rt  in  ber  2:^at  biefem  feine  SBaffer  burc^f  eine  Seitung 
^u.  ^ie  je^igen  Einlagen  fmb  nic^t  alt.  Sin  SSetveid  für  biefe  SSorfc^läge  ift  unmöglich.  20 
Da«  aSafferbeden  jtoifc^en  ben  beiben  SKauem  gef  22,  11  tft  nad^  ber  S.  679  au^ 
geft)rod^enen  2lnnal^me  im  2^V^oj)öont^al  jtoifd^en  ber  2)at)ibgburg  unb  ber  Stabt  3-  ju 
fud^en;  t)om  alten  Xeid^  ebenb.  toiffen  \vxx  nid^t«.  Der  2:eic^  ber  Seitung  am  ©arten 
be«  iiönig^  (Sut^er:  Seloa^)  5We^  3,  15  toirb  t)on  toielen  ©ele^rten  ate  ©iloal^tei^  auf* 
gefaxt,  ^od^  mufe  er  unmittelbar  an  ber  3Kauer  gelegen  l^aben  unb  ift  ba^er  öielleic^t26 
Don  einem  Derfd^ütteten  Sel^ölter  ju  üerftel^en,  ben  id^  1881  bort  gefunben  l^abe  (®utl^e, 
3lu«;grabungen  299  ff.). 

Sefonbere  Seac^tung  toerbienen  bie  Slnlagen,  burc^  bie  man  im  SUtertum  ba^SBaffer 
ber  ©i^onquette  (f.  oben  S.  670  f.)  leidster  nu^bar  mad^en  toollte.  9Kan  bat  biefe«  3^^ 
auf  breifadpem  SBege  ju  erreichen  üerfud^t.  ßnttoeber  bahnte  man  bon  oben  ^er,  bon  ber  ao 
•f^öt^e  be«  Rxon^,  burd^  ba«  Oeftein  be«  Serge«  einen  ßwgang  gur  Quelle,  ober  man  fül^rte 
beren  SBaffcr  am  gufe  be«  Serge«  entlang  nac^  Süben  unb  in  ber^^läl^e  be«  DueHtl^ore« 
burc^  bie  Sefeftigungen  in  bie  Stabt  (jum  Siloal^teic^)  hinein,  ober  man  bahnte  bem  äßaffer 
einen  neuen  SBeg  in  einem  Xunnel,  ben  man  fübtoärt«  burc^  ben  gelfcn  trieb,  fo  bafe  e« 
tüie  eine  fünftlic^e  Duelle  innerhalb  ber  Stabt  jum  SSorfc^ein  fam.  Den  erften  2öeg  l^at  so 
Gi),  3Barren  1867/68  entbetft.  SBeftlic^  oberl^lb  ber  SKauerqueße  ftie^  er  beim  ©raben 
auf  einen  fc^räg  abtoört«  fül^renben,  bann  l^orijontal  laufenben  unb  fc^liefelic^  fenfrec^t 
abgeteuften  Sc^ac^t  (ober  ®ang),  ber  pd^  t)on  oben  Ij^er  mit  einem  bon  ber  ©il^onquelle 
au«ge^enben  burc^  ben  Reifen  gehauenen  Äanal  öerbanb,  ettoa  20  m  Don  bem  oben  S.  670 
befc^riebenen  SBafferbeden  entfernt.  SBenn  auc^  jebe«  3^0^^^  über  biefe  mü^eboHe  3lns  4o 
läge  fe^lt,  fo  ift  i^r  3^^^^  t>0(^  wic^t  jtoeifel^af t :  man  tooDte  oben  t)on  ber  Seftung  au« 
einen  freien  3wgöng  jum  SBaffer  l^aben,  j.  85.  für  ben  gall,  bafe  e«  geinben  gelingen 
foUte,  bie  Duelle  unten  ju  befe^en.  Der  jtoeite  SBJeg  ift  in  ben  ^al^ren  1886  unb  1890 
burc^  Saurat  Dr.  Sd^idt  t)on  Süben  ^er  melj^r  al«  jur  §älfte  aufgebedft  toorben;  ber 
nörblic^e  2eil  ift  noc^  nid^t  unterfud^t.  3""^  ^^eil  ift  e«  ein  oben  offener,  in  ben  ^l«s  45 
bobcn  gehauener  Äanal,  ber  mit  Steinj)latten  jugebedft  toerben  lonnte,  jum  2:eil  ift  c« 
ein  bölliger  3;unnel.  Sein  Soben  liegt  0,30  m  f)'6\)tt  al«  ber  Soben  be«  genügen  Si- 
loa^teidj^e«,  er  ftellt  ba^er  nac^  Sd^idt  leinen  2tbflufefanal  ju  i^m  öor.  3Kitl^in  ergiebt 
fid;  al«  3^^^^  biefer  3lnlage,  ba«  SQSaffer  be«  ®i^on  in  ein  Sammelbeden  innerl^alb  ber 
Stabt  5u  leiten,  too  e«  allgemeinem  ©ebrauc^  jugänglic^  toar.  Sielleid^t  aber  foDte  fie  go 
nur  jur  Setoäfferung  ber  unteren  ®egenb  bienen.  Der  britte  SBeg  ift  ber  fd^on  längft 
bcfannte,  burc^  bie  Siloa^infc^rift  feit  1880  berühmt  geworbene  gel«tunnel,  ber  t)on  bem 
aWafferbecfen  ber  Duelle  au«  guerft  in  toeftlic^er,  bann  in  füblic^er  unb  fd^liefelic^  toieber 
in  hjeftlic^er  5Hid^tung  mit  fielen  Siegungen  burc^  ben  Serg  gel^auen  ift,  um  ba«  SBaffer 
bc«  @il;on  bort  „bem  leic^",  toie  bie  :^nfc^rift  fagt,  jumfü^ren.  Den  SReft  bieje«  Xeic^  66 
l;abc  16)  1881  öftlid^  neben  ber  3Künbung  be«  Xunnel«  gefunben;  er  ift  burd^  einen 
größeren  leic^,  ber  fpäter  angelegt  tourbe  (f.  unten  @.  686)  jerftört  unb  jum  2:eil  aufeer 
öebrauc^  gefcibt  toorben.  Sermutlic^  lommt  il^m  ber  5Wame  Äi)nia«teic^  5Wel^  2,  14  ju. 
2luf  bieje  merftoürbigen  SBafferbauten  toerben  tool^l  mit  Siedet  bie  Slngaben  2  ©^r  32,  30 
(2  üg  20,  20)  unb  Sir  48,  17  bejogen,   jo  ba|  ber  Äönig  i^i«fia  al«  i^r  Url^eber  omeo 


682  ^enttatem 

xufelficn  ift.  ©ilt  biefcr  3lnfa$  ate  bcr  fcftc  ^unft,  fo  läfet  fic^  öon  l^icr  an^  ju  einem 
Urteil  über  bic  3«t  ber  anbercn  SStnlaöen  gelangen,  tooftir  gefd^id^tüd^e  dladjxxd^Un  un^ 
Uöllig  fel^len.  Dl^ne  RWÄ\A  ift  bcr  2:unncl  beö  §i^Ita  bie  toottfommenftc  unh  ftc^erfite 
(Einrichtung  ;iur  ©neid^ung  be«  3*^^^^/  *^^^  SKaRer  be«  ®i^on  in  ber  ©tabt  ]d^bp\m  ju 

6  fönncn.  ©obalb  fte  t)orl[;anben  toar,  toirb  man  nid^t  mel^  baran  gebadj^t  l^ben,  fo  un* 
genügenbe  unb  untoolllommene  9lnlagen  toie  bie  bor^er  genannten  ^erjufteHen.  3)a  nun 
ber  jtoeite  3Beg  feinem  ^mit  ebenfalls  beffer  entfprid^t  ate  ber  erfte,  fo  toirb  biefer  bie 
ältefte  ainlage  barftetten.  2)er  jtoeite  2Beg  fefet  bereit«  bie  äbfperrung  be«  3;i?ro}Jöont^es 
burd^  bie  Slingmauer  borau«,  ebenfo  toie  ber  oritte.    ®a  biefe  nun  frül^ten«  unter  ©a- 

10  lomo,  bielleic^t  noc^  fjjöter  ftattgefunben  Ij^at  (f.  o.  ©.  679),  fo  bleibt  für  bie  Äerftellung 
bc«  erften  SBege«  öon  oben  ^er  jum  Oi^on  bie  g^t  Dabib«  ober  aud^  ber  3wufiter. 

Sei  unö  toirb  ber  2^unnel  ^i«Iia«  in  ber  Siegel  ber  ©iloal^fanal  genannt.  ®«  ge= 
fd^ie^t  ba«  im  9lnfd^(ufe  an  ben  ©prad^gebraud^  be«  S^felJl^u«  (^  2doAfi  sc.  jrwyiy  unb 
6  ^dcodfi  sc.  x^Qo^f  *>^  5W2:  3o  9,  7;   2c  13,  4  unb  ber  ätraber  fAin  Süwan). 

16  5Run  fommen  aber  fd^on  3cf  8, 6  bie  „SBäaffer  ©iloa^"  bor  (n'-tsn  r:^  nac^  Sacr  nV;sn)^ 
in  einer  ©teile,  bie  um  734  jur  ^txi  be«  Äönig«  a^a«  gefjjroc^en  toorben  ift.  3Kan  pe^t 
fic^  ba^er  genötigt,  ben  äu^brurf  ^ier  nic^t  bon  bem  2:unnel  be«  §i«Ka  ju  berfte^,  ba 
biefcr  bamafö  nod^  nid^t  toorlj^anben  toar.  ßnttoeber  l^at  man  ba«  SBort  3cf  8,  6  im 
©inn  bon  Äanal  ßo  9,  7)  aufjufaffen  unb  auf  ben   bon  ©d^idf  jum  leil  oufgebedten 

20  Jtanal  am  ^uge  be«  93erge«  auBcrl^alb  ber  ^auer  ju  berftel^en,  ober  man  mu^  i^m  bie 
allgemeinere  Sebeutung  „betoäfferte  ®egenb"  (ögl.  6j  31,  4;  5ßf  104,  10)  jufc|rreiben. 
Äünftlic^e  Sctoäfferung  ^at  bie  Oegcnb,  in  ber  ba«  SC^ropöontl^al  in  ba«  Äibrontl^I 
münbet,  getoife  fc^on  in  alter  grit  au«gejeic^net ;  benn  fte  ift  bie  tieffte  ©tette  in  ber  3flä^c 
ber  ©tabt  unb  trug  ben  löniglid&en  ©arten  2  Äg  26,  4;   3ier  39,  4;   9lel^  3,  15,  ber 

25  o^ne  SBaffer  ^icr  nid^t  gebei^en  tonnte.  Der  ©arten  Uffa«  (Ufw«?),  in  bem  3Kanaffc 
unb  Simon  begraben  tourben  2  Äg  21,  18.  26,  ift  jeboc^  tool^I  in  ber  9lä^e  be«  fönigs 
lid^en  ^IJalafte«  ju  fuc^en,  tool^in  awü^  ber  SSortourf  ©ji  43,  7  toeift. 

©inigc  2lnjeic^en  fprec^en  bafür,  bafe  ^u  ber  ©tabt  ber  batoibifd^en  Äönige  eine  be^ 
beutenbc  Slnlage  gel^ört,  bie  baju  beftimmt  toar,  au«  größerer  %^mz  SBaffer  für  bie  Se* 

30  bürfniffe  3-^  ju  liefern.  6«  giebt  nämlid^  ftibüc^  bon  Set^Ie^em  eine  ®rui)pe  bon 
aSaffcrbautcn,  beren  brei  2:eile  offenbar  auf  einanber  bered^net  ftnb.  ßftlic^  bon  ber 
Keinen  Drtfdj^aft  Artäs,  brei  ©tunben  fübRc^  bon  ^erufalem,  liegen  in  einem  3:^ 
grunbc  brei  hinter  unb  über  einanber  angelegte  grofec  2:eid^e,  bie  eine  bebeutenbc  SBa^er^ 
menge  in  fidj^  aufnehmen  fönnen.    ©ie  tocrben  bie  falomonifc^en  2:eid^e  genannt.    3l^r 

85  aKaffcr  erhalten  fie  teil«  au«  nahe  liegenben  Cuellen,  teil«  aw^  jtoei  gufü^rungÄtanälen. 
3)er  eine,  jum  2:eil  ein  burdj^  ben  ^[fen  gcl^auener  ^^unnel,  fommt  au«  bem  füblic^  be= 
nadj^barten  Wädi  el-Bijar  unb  münbet  am  oberen  %i\6^\  ber  anbere  fommt  au«  bem 
toeit  füblic^er  gelegenen  Wädi  el-'Arrüb  unb  ift  in  ja^llofen  SBinbungen  an  bem  Stt* 
l^ang  ber  nad^  Dften  abfallenben  Serge  bi«  ju  bem  mittleren  SCeid^e  geführt  toorben.  3>ie 

40  i^erbinbung  nad^  :^serufarem  beforgen  jtoei  Seitungen,  eine  obere  unb  eine  untere.  2)ie 
untere  f e^t  fw^  ganj  in  ber  f unftlofen  3lrt  ber  ' Arrüb-Seitung  fort ;  bie  obere  bagegen 
jieigt  in  il^rer  2lnlage  eine  bemerfcn«toertc  ßigcntümlid^Ieit.  Anfang«  ein  geto()l^nli^er 
Äanal,  fei^t  fie  fid^  beim  ©rabc  Stal^el«  in  einer  toafferbidj^ten  Slöf^re  fort  unb  erlangt 
baburd^  bie  itraft,  i^r  SBaffer  fmlen  unb  toiebcr  fteigen  j|u  laffen.  3)er  SJurc^fd^nitt  biefer 

45  SRöl^re  mi^t  cttoa  40  cm ;  fie  beftcl^t  au«  burdj^Iöd^crten  ©teinen,  bie  aufeerorbentlic^  genau 
in  einanber  greifen  unb  in  einem  Settc  bon  ftarfem  iWaucrtoerl  rul^en.  9lörbli(^  bon  bem 
©rabe  Slal^el«  bort  biefe  SRöf^re  jjlö^lid^  auf,  Don  l^icr  bi«  %  finb  nur  unfw^ere  ©})uren 
ber  Seitung  gcfunbcn  toorben.  I)ie  Scitungcn  gehören  nadj^  il^rer  anläge  offenbar  t)er- 
fc^icbencn  ^Äi^  an.    35ic   untere  Scitung   barf   man  iperobe«  bem  ©ro^en  jufc^eiben 

60  (f.©.  686,22);  bic  obere  toirb  man  für  älter  l^alten  muffen,  ba  fte  burd^  bie  untere  ergänjt 
ober  crfc^t  tocrben  foH.  2lber  fc^on  unmittelbar  neben  bcr  oberen  Scitung  ift  ein  anberer 
SScrfudj^,  fte  ju  crfc^cn,  nac^toct«bar.  3"^  ©ommer  1881  bcmerftc  ic^  nörblid^  bon  35et^s 
leidem  an  einer  ©teile,  too  bie  obere  Scitung  gctoaltfam  burc^broc^en  toar,  neben  ben 
©tcinrbbrcn  eine  in  gleicher  §ö^c  mit  il^ncn  gelegte  Scitung   au«  2^|onröl^ren,  bie   eben- 

55  fall«  längft  jcrftört  toar.  Überlegt  man  ftc^  bie  ^icrburd^  angcbeutctc  Sleibcnfolge  ber 
Derfc^icbcncn  Scitungcn,  fo  crgicbt  fic^  bic  2?crmutung,  ba^  bie  obere  Scitung,  al«  bie 
ältefte,  in  bic  ^(M  bcr  babibif^^cn  Jtönige,  Dicllcidftt  in  bic  ßcit  ©alomo«,  ^urücfreid^en 
mag.  3"  ^^  oberen  Scitung  gehört  bcr  obere  SCeidb  unb  ber  3wfül^rung«fanal  ou«  ^m 
Wädi  el-Bijar.    9Ja(^rid^tcn   bcfi^cn   toir  barübcr   nic^t,   l^öd^ften«   einige  8lnfJ)ielungen 

60  ^rb  2,  5 f.;  ^of.  Antiq.  VIII  7,  3. 


;3erttfaitm  683 

7.  Scnifalem  nad)  bcm  6jil  bi§  ^crobc^.  2)ic  ßrobcrunß  X^  unter  Olc^ 
bufabnejar  587/G  l^attc  bie  g^pöning  be^  %^mpd^,  be^  fönißKc^en  ^Palafte^  unb  aDer 
öröfecren  Käufer  burd^  ^eucr  ^ux  ?5oIge,  aud^  bie  SRingwamr  tourbe  gefc^Ietft  2Äg25, 9f. 
ÜJlenfc^enleer  iüurbe  3-  ^wtd^  ^^^  Stalregeln  5Webufabnejar«  nid^t;  aber  bie  ^jurüdblieben, 
tüarcn  ju  arm  unb  ju  mutlos,  ate  bafe  fie  an  ben  SJteubau  ber  ©tabt  l^ättcn  benfen  5 
fönnen.  3)ie  S^^atfad^^^/  ^^fe  ^^  Statthalter  (äebalja  feinen  ©i|  in  TOijjje  nörblic^  bon 
:i^.  auffd^Iägt;  betoeift  ebenfalls,  bafe  bie  gerftörte  ©tabt  ungeeignet  toar,  ate  3Kittclt)unIt 
ber  i>erh)altung  ju  bienen.  9Ja(^  langer  3^*,  erft  519,  ^ören  toir  toieber  öon  guten 
SBo^n^äufem  (6ag  1,  4),  unb  ber  Sleubau  bed  %tmpd^  tourbe  519—515  au^efii^rt 
(f.  b.  21.  ienH)ef).  ^m  allgemeinen  aber  füllte  man  nod^  bie  ^ortbauer  ber  ©träfe  (©ac^  lo 
2,  5—9).  3)iefem  3wftanbe  mad^te  ba«  erfolgreid^e  Eingreifen  9le^emiad  445  ein  ®nbc. 
er  fteßte,  mit  SJoIImad^ten  be^  Äönig«  Slrtajerje«  I.  Uerfel^en,  bie  frühere  Slingmauer,  fo 
Jüie  fie  oben  ©.  679  f.  befcbriebcn  toorben  ift,  mit  i^ren  i^orcn  in  52  Xagen  toieber  l^er 
unb  feierte  bie  glüdtlid^e  SSoHenbung  biefe«  lübnen  unb  fd^toierigen  Unternehmend  burc^ 
ein  3i>eiW^ft  (5Rel^  3,  1—32;  12,27—43).  ©ein  lel^rreid^er  Seric^t  über  ben  3Kauerbau,  i6 
beffen  topogra))^if^e  3lngaben  fd^on  oben  ©.679  ff.  für  ba«  toorejitifd^^e  3- öertoertet  tourben, 
icigt  un^  nebenbei,  ba^  au^  ber  g^törung  burd^  bie  93ab^lonier  boc^  öieied  erl^alten  ge= 
blieben  lüar.  2ln  berSKauer  gab  e^  am  meiften  gu  bauen  im9lorben,  Dften  unb  ©üben, 
toeniger  im  SBeften  unb  ©übtoeften;  bort  toar  fic  alfo  Weniger  jierftört.  aSon  ben  alten 
©ebäuben  begegnen  ung  ba^  ^a\x^  ber  gelben  3, 16,  ber  grofee  3^urm  am  oberen  fönigs  20 
liefen  (b.  l),  falomonifdS^en)  5ßalaft  3,  25  unb  2)at)ib«  ^ßataft  12,  37.  Seiber  ift  ni($t 
rec^t  flar,  ob  bie  2:empelburg  9lel^  2,  8;  7,  2  ate  bereite  öorl^anben  ju  beulen  ift,  fo 
ba^  e«  fic^  nur  um  i^ren  Slu^bau  ^anbelt,  ober  ob  Sle^emia  fte  neujubauen  gebenft.  3^ 
bin  geneigt,  ba^  erftere  anjunel^men  unb  in  biefer  $3urg  einen  baju  geeigneten  2:eil  be^ 
früheren  föniglic^en  ^alafte«  ju  erfennen.  §erfömmlic^  ift  freiließ  bie  5Dleinung,  bafe  biefe  25 
Surg  im  '3iorbtoeften  be^  2emt)ete,  an  ber  ©teile  ber  fjjöteren  9lntonia  gelegen  l^abe  (l>gl. 
3of.  Antiq.  XV  11,  4;  XVIII  4,  3;  f.  unten  ©.  685, 4o).  Ferren  be«  %cxt\ptU  unb 
feiner  Umgebung  tourben  je^t  bie  5ßriefter  (©ac^  3,  7);  öiele  Ratten  i^re  SBJol^nungen 
füblic^  bauon  in  ber  5Wäl^e  ber  früheren  Slefibenj  ber  ®artbiben  aufgefc^lagen  5We^  3, 20  ff. 
""ilad)  5le^  11,  4—19  lann  man  bie  (Sintoo^nerja^l  3.^  ^ox  ber  Silbung  ber  jübifd^enso 
©emeinbe,  öermutlic^  audj^  Dor  ben  Semül^ungen  5le^emia^,  fte  ju  toermel^ren,  auf  ettoa 
10000  öeranfd^lagen.  ^r  ba«  t)on  ber  Slingmauer  umfc^loffene,  jiemlic^  toeite  Oebiet 
tvax  ba«  eine  geringe  3^^^  (^jl-  ^^^  7,  4).  Slber  im  vierten  unb  britten  ^aj^ri^unbert 
mufe  fid^  bie  ©tabt  boc^  merfltc^  gel^oben  l^aben,  tro^  mand^er  garten  ©daläge,  bie  fie  unb 
bie  jübifd^e  ©emeinbe  erlitten.  2Bä^renb  ber  langen  Äriege,  bie  bie  Sßerfer  gegen  bie  86 
!i(g^t)ter  fülj^rten  (408—343),  fc^einen  jtoeimal  Slufftänbe  ber  ^uben  ftattgefunben  gu  l^aben, 
unb  ^tolemäuö  L.befe^te  312  an  einem  ©abbatb  bie  ©tabt  unb  fd^leifte  ibre  9Wauem, 
afö  er  [\d)  nac^  ^J^pten  jurüdfjie^en  muftte.  SBielleidj^t  toar  ber  baburd^  angerid^tete 
©c^aben  nid^t  grofe.  SBenigften^  lä^t  ber  Sobjjrei«  auf  ben  ^o^enj)riefter  ©imon  ©ir  50, 
1—4  auf  ^Äim  ber  Slulj^e  unb  be^  SBo^lftanbeg  fd^liefeen.  SBir  erfahren  ^ier,  bafe  in  40 
feiner  3eit  ber  %m,pd  befeftigt,  ein  großer  2:eid^  gegraben  unb  an  ber  Slingmauer  gebaut 
iourbe  (Dgl.  3of.  Antiq.  XII  3,  3).  ©eit  198  öor  6^r.  blieb  X  bauex*nb  unter  ber 
^enjc^aft  ber  ©eleuciben ;  fie  tourbe  bamate  mit  ^eube  öon  ben  Äeipobnem  begrübt,  fie 
lialfen  bie  äg^ptifc^e  S3efa^ung  au«  ber  „93urg"  Don  S^^lem  Vertreiben  (3of.  Antiq. 
XII  3,  3).  46 

§ier  begegnet  un«  jum  erftenmal  bie  5Wad^ri(^t,  ba^  ein  ^Punft  innerl^alb  ber  ©tabt 
burc^  eine  frembe  S3efa^ung  ate  3^i"ö'^w^9  gehalten  toirb.  g^f^^u«  nennt  biefen5ßunlt 
3«ra  (ebenfo  1  SRaf),  2  Wal  4,  12.  28;  5,  5  toirb  er  aßrojjoli«  genannt.  Über  feine 
Sage  ift  öiel  geftritten  toorben,  boc^  follte  nac^  ben  angaben  1  3Rat  eigentlid^  Iein©treit 
barüber  fein.  2Bir  erfalfiren  ^ier  folgenbe« :  2)er  ©eamte  be«  Äönig«  2tntiod)u«'  IV.  be«  60 
feftigt  168  öor  6l^r.  bie  3)aöib^burg  mit  einer  ftarlen  SJlauer;  baburd^  ba^  eine  93efa|ung 
hineingelegt  toirb,  bient  fie  il^nen  al«  äfra  unb  toirb  eine  Oefal^r  für  ba«  Heiligtum 
i  3Kaf  1,  33—37.  ©imon  gtoingt  bie  ftorifc^e  33efaftung  142  Dor  6l^r.  fid^  ju  ergeben; 
er  ^ält  feinen  feierlid^en  ©injug  in  bie  Slfra  unb  befeftigt  barauf  bie  §ö^e  be«  Siempete 
neben  ber  Slfra  noc^  mel^r  1  5ÖJaI  13,  49—52;  Dgl.  auc^  14,  36  f.  2lug  biefen  ©teilen  66 
fd;on  ge^t  ^eröor,  ba^  ber  ^-Berfaffer  be«  1 3KaI  ben  Slu^brudt  2)aöiböburg  burd^au«  nid^t 
Don  ber  ganjen  ©tabt  3-  Derfte^t,  fonbem  genau  toie  ba«  312:  Don  ber  feften  §öl^e  im 
©üben  be«  lempetö.  SDied  toirb  beftätigt  burd^  7, 32—39 :  na^  bem  a^reffen  bei  Äo))^ar« 
falama  flicht  ein2:eil  be«  f^rifd^en  ^eere«  in  bie  DaDib^burg,  Sliconor  befud^t  benlempel» 
^la^,  too  er  bie  il^n  begrü^enben  ^riefter  Derfpottet,  unb  Derlä^t  barauf  3^<^€in;  uvbm 


684  ^^faiem 

15,  28  bcifet  c^  öcrabqu  btc  3lfra  tn^crufalcm.  ®g  toirb  untcrfc^iebcit  glüitocn  ^amb^ 
bürg  (3llra),  2:emj)eIt)Iofe  unb  gcrufalem,  gang  toic  toit  e«  nac^  bcm  @pxaqQd>xaud}  beö 
313:  ertoarten  müj|en.  ©citfamertoeife  t[t  nun  bicfc  Älra,  bie  Sutß,  mit  ber  3«^  «u^ 
3crufalcm  tocrfd^tounben;    iDie  c«  baju  lam,   crjäl^It  ^of^M  Antiq.  XIII  6,  6;  t)gl. 

6  Bell.  jud.  I  2,  2 ;  V  4,  1 :  @imon  ^abc  juerft  bie  Slfra  bem  93oben  gletd^  gema^^t, 
bamit  ftc^  in  gwlunft  geinbe  bort  nid^t  mcl^r  feftfe^en  fönntcn ;  barauf  fyibc  er  ba^  SBoII 
übcrrebet,  and)  bie  ^öl^e,  bie  bie  3lfca  getragen  l^otte,  niebriaer  ju  mod^en,  bamit  ber 
2:enH3cIberg  jle  überrage;  burc^  eine  gemeinfame  9lrbeit  be^  Siolfe^  t)on  brei  ga^ren  fei 
bie^3i^I  erreicht  tvorben.    ®egen  biefe  @r;äblung  ift  mel^rered  einjutoenben.  Die  burd^oud 

10  glaubh)ürbigen  9lngaben  1  SKaf  14, 36  f.  15,28  WKefeen  e«  gerabeju  au«,  ba^  auf  Simim 
biefe  SSeränberung  jurüdfgel^t.  3)ie  9lngabe,  bafe  ber  Söral^ügel  urfjjrtinglic^  ben  Iem))cl 
überragt  Ij^abe  (namentlich  Bell.  jud.  V  4, 1),  toiberfprid^t  in  biefer  Slllgemeinj^eit  ben  b^ 
ftimmten  Siac^rid^ten  be«  SU  über  bie  §ölfienlage  ber  Datoib^burg  jum  löniglic^  ^afl 
unb  gum  %tn\pd  (f.  oben  ©.  675);   fie  ift  fo,  lüie  fie  lautet,  o^ne  3*'>^iH  übertrieben. 

16  3)ennod^  ipirb  ed  mit  bem  abtragen  ber  9llra,  toielleid^t  aud^  eine«  befonber«  ^ert>ortrcten= 
ben  %di\)'6itt^,  feine  9tid^tigleit  ^aben;  nur  barf  man  nid^t  an  bie  gonje  obere  ^ö^K 
be«  alten  3ion«^ügeI«  benfen,  tooI;(  nur  an  feine  Slorbtoefterfe,  bie  hml^rfc^einKc^  bie  Äfca 
(=  2KiDoV  f.  oben  ©.  677,26)  getragen  f)at  SBettl^aufen  ^ält  §^r!anu«  I.  (134—104) 
für  ben  Urheber  biefer  3Kaferegel  (3«rael.  unb  jüb.  ®efd^id^te%  273).    35iefer  fuc^te  bog 

20  Heiligtum  gegen  5Worben  l^in  beffer  gu  fd^ü^en ;  er  baute  —  biellew^t  mit  ben  Steinen 
ber  aifra  —  an  beffen  SlorbtoeftedEe  bie  93ari«  (3of.  Antiq.  XV  11,  4;  XVIII  4,  3) 
unb  gab  bie  ^eftung  im  ©üben  al«  nu^lo«  auf.  ^ierburc^  berfc^ipanben  lua^rfc^einlic^ 
auc^  bie  altm  Xürme  ^ananeel  unb  3Rea. 

2)ie  Sebeutung  ber  Dabiböburg  ipar  aDmä^Iicb  burc^  ben  2^emJ}eI,  richtiger   bur^ 

26  ben  Xtmpdpla^  abgelöft  iDorben.  ©c^on  ber  §o^epriefter  ©imon  ^atte  i^n  befeftigt  Sir 
50,  1 ;  ber  3Kaffabäer  3uba«  befeftigte  165/4  ben  „85erg  ^\on"  mit  ^ol^en  3Rauem  unb 
ftarfen  SCürmen  1  5IRar4,  60;  6,  7.  9lac^bem  2lntiod^u«  eu))ator  biefe  SBerle  163 
toieber  l^atte  fc^Ieifen  laffen  6,  62,  erneuerte  3ionat]^an  153  bie  3Kauem  um  ben  „Serg 
3ion"  10,  11,  be«gleic^en  um  145  12,  37.    ©o  tourbe  ber  2:em))eI))Ia$  bieSurg  innere 

ao  f^alb  ber  ummauerten  ©tabt  % ;  bort  nal^m  aud^  ©imon  felbft  feinen  SBol^nfl^  13,  52. 
2ln  ber  Slingmauer  l^abcn  bie  ^a«monäer  ebenfalls  toieber^olt  gebaut,  nac^bem  fie  Sbu 
tiodj^u«  ej3ip|ane«  ^attc  nieberreifecn  laffen  (togl.  iWat  1,31;  10,10;  12, 35 f.;  14,37) 
unb  nac^  ber  3erftörung  burd^  2lntiod^u«  VII.  ©ibete«  16,  23;  3of.  Antiq.  XIII  8,3. 
©ie  liefen  a\xq  ^toifd^en  ber  Slfra  unb  ber  ©tabt  eine  ^ol^e  3Kauer  gießen,  um  bie  f^rif^ 

86  83efa^ung  öon  bem  SKarftöerfe^r  in  ber  ©tabt  abjufd&neiben  1  5Kat  12,  36;  tjermutlii^ 
gog  fic^  biefe  3Kauer  auf  bem  Söeftranb  be«  I^ropöontJj^ale«  ^in.  2Ba«  unter  bem  Slu«^ 
brudf  &)ap\)maia  (xacpeva'&a,  x^^^T^^^^"^^  ^  ^^^  12/  ^7)  ju  berfte^en  ift,  tDiffen  toir 
nic^t.   eine  SSermutung  barüber  f.  3b^3S  I,  81  ff. 

9Joc^  einige  anbere  ©ebäubc  %%  gehören  in  bie  3^*  ^^  §a«monäer.    3""^^^  ^^ 

40  nac^  i^nen  benannte  ^ßalaft,  ber  toeftli^  öom  SCemjjel  an  einer  l^ol^en  ©teile  lag,  toabr* 
fc^einlic^  am  Slanbe  be«  @übh)eft^ügel«,  ber  Dberftabt  be«  3ofet)l^u«  (Antiq.  XIV  1,  2; 
Bell.  jud.  I  6,  1 ;  Antiq.  XIV  4,  2 ;  Bell.  jud.  I  7,  2).  (Jr  ging  fjjäter  in  ba« 
Eigentum  ber  §erobianer  über.  §ier  \oax  e«,  too  3^^«  auf  Sefebl  be«  ^ßilatu«  bem 
25ierfürften  bon  ©aliläa  §erobe«  Slntijja«  jugefübrt  h)urbe  2c  23,  6  ff.    ©l)äter  beh>olSi»nte 

46  il^n  3lgrij3t)a  II.,  h)enn  er  fic^  in  ^erufalem  auffielt  Bell.  jud.  II  16,  3.  3u  Seginn 
be^g  älufftanbe«  h)urbe  er  mit  bem  ^alaft  ber  Serenife  unb  bem  ^au^  bed  ^openjjriefterd 
9lnania^  t)on  bem  erregten  3SoIfe  in  Sranb  gefegt  Bell.  jud.  II  17,  6.  hieben  i^m, 
tiefer  im  2;v^ot)öont^al  lag  ber  .t^fto^,  eine  grofee  $atte  ober  ein  freier  5pia^  (Bell.  jud. 
II  16,  3;  Antiq.  XX  8,  11),   ber  lüabrfc^cinlic^   mit  bcm  ©^mnafium  1  5ffia!  1,  14; 

60  2  3Jlaf  4,  12  in  SSerbinbung  ya  bringen  ift.  3tuf  ber  Dftfeite  be«  3:^ro))öon  ftanb  boÄ 
»Jatl^au^,  ber  iSerfammlung^ort  be^g  ©^ncbrium^  (in  ber  3Rifd^na  ri^^n  n2'»pD^  ßollc  am 
XVfto«)  Bell.  jud.  V  4,  2,  in  ber  9iä^c  ba^  äirc^ib  BeU.  jud.  VI  6,  3.  '  ©ne  »rüde 
führte  öom  .t^ftoö  über  baö  2^roj3öontl^al  jum  lempel  hinauf  Antiq.  XIV  4,2;  BeU. 
jud.  II  16,  3.    Über  bie  3^^*/   ^"  ^^^  ^^^f<^  ©ebäube  entftanben,   toiffen  toir  nic^tö  Se* 

65  ftimmtcö.  ^n  ba^  ßnbe  biefer  3^*^^^wm^  gebort  toa^rfc^einlidji  bie  Sefd^reibung  3.«,  bie 
fic^  in  bcm  3lriftea^bricfc  finbet  unb  Dermutlic^  auf  ^elataio^  bon  äbbera  gurüdgei^t 
(f.  2i>enblanb  bei  Äaugfd^,  2li)ofrt)j)F)en  unb  35feubepigraj)ben  be«  äS  II,  1  ff.).  SBaö  bei 
ber  (Eroberung  burc^  i^omjjcju^  63  Dor  6^r.  an  ben  33tauem  gerftört  tourbe,  ^  too^l 
Ö^rlan  47  t)or  ^x.  toieber  (lergefteat.    a5gl.  gof.  Antiq.  XIV  4,  Iff.;  8,5.  Bell.  jud. 

60  I  7,  Iff.;  10,  3. 


dfentfalem  685 

8.  3<^^"föl^"^  ^^^  ^crobc^  bU  jur  3<^^ftörun0  burc^  2^itu^  70  nad) 
(5^r.  Die  für  biefen  Slbfd^nitt  in  Setrac^t  lommenbc  ©eftalt  bcr  ©tabt  ^ai  3ofcj)^u« 
im  aiuge,  tocnn  er  über  3.  fpric^t.  Dal^er  mögen  \fm  einige  SBorte  über  feine  angaben, 
in^befonbere  über  feine  S^c^reibung  3-^  B^ll.  jud.  V  4  toorau^efd^idt  toerben.  3i«>f^^u^ 
unterfc^eibet  regelmäßig  bie  Dberftabt  (ij  ävco  nölig,  fj  xa&vjieg&ev  noXig)  ober  ben  6 
Dbermarft  (?y  ävay  ayogä),  bie  Unterftabt  (^  xarco  tio^«?),  ben  2:emJ)eI  ober  lemjjeU 
borg  (to  «c^ov,  6  kowog  xov  kgov),  bie  93orftabt  (t6  ngodaxeiov)  unb  bie  5Weuftabt 
(//  xaivojioXog)  ber  ^ejetl^a  (BeCeM).  ®en  5Kamen  3ion  gebraucht  3ofe))^u^  niemals. 
2)ie  Dberftabt  kg  bem  Z^mpd  unb  bem  unteren  §ügel,  ber  bie  Unterftabt  trug,  gegen« 
über;  ba^  I^rojjöontl^al  trennte  fw  (Antiq.  XV  11,  5;  Beil.  jud.  V  4,  1).  3)ieUnter=io 
ftabt  ober  2tfra  (BeU.  jud.  I  1,  4;  V  6,  1)  lag  im  ©üben  be«  lempete.  afra  ift 
aud^  bei  3*>f«P^wö  urfprünglic^  5Rame  ber  35urg,  um  bie  jtoifd^en  ben  ^aömonäem  unb 
©eleucibcn  fo  lange  gelömpf t  tourbe.  6«  ift  fel^r  lel^rreic^  ju  felj^en,  toie  3!ofe))^ug  toieber« 
^olt  für  ben  3lu«brucf  Datoib^burg  im  3KaffabäerbudS>e  ba«  SBort  2llra  fefet;  ögl.  1  3)iaf 
1,  33  unb  Antiq.  XII  5,  4;  l  gjlaf  7,  32  unb  Antiq.  XII  10,  4.  Säie  biefe  2lfra«  is 
bürg  nac^S^I^PM  öerfc^toanb,  ift  oben©. 684,  i  ertoöl^nt  toorben.  6r  be^ölt  ben  5Wamen 
bei  ^ur  öegeic^nung  be«  ©tabtteite  füblid^  Dom  %tmpd,  ber  in  ber  Xtyit  tiefer  afö  aDe 
anbcren  lag.  Die  ©efc^ic^te  aller  t)on  Jiofe))^^  ertoäl^nten  Belagerungen  beftötigt  bieje 
Sage  ber  Sttfra:  bie  angriffe  richten  fid^  ftet^  öon  3?orben  gegen  ©üben;  too  immer  bie 
Unterftabt  babei  crtoä^nt  toirb,  lommt  fie  erft  nad^  95efe^ung  be^  %^mpü^  jur  ©Jjrad^e.  20 
ffiä^renb  Dberftabt  unb  Unterftabt  bem  erften  unb  jtoeiten  §ügel  3of.  Bell.  jud.  V  4, 1 
entfvred^en,  ift  ber  ebenbort  ertoäj^nte  britte  ^ügel  ber  2^em^elberg,  unb  bie  öon  ben  §a«s 
monäem  aufgefüllte  ©ci^luc^t  gmifc^en  bem  ^toeiten  unb  britten  ^ügel  tDirb  burc^  meine 
Ausgrabungen  1881  jum  ieil  aufgefunben  fein.  Die  33orftabt  betft  fic^  mit  bem  neuen 
Stabtteil,  ber  Don  ben  fpöteren  babibijc^en  Königen  in  S^^ufalem  burc^  bie  jtoeite  26 
3)taucr  eingefc^loffen  tourbe  (©.  679  f.).  Die  ^^leuftabt  enbli^  entftanb  I^aui)tfäc^lid9  erft 
in  ben  ^^^r^e^nten  nac^  §erobeg  im  9lorben  bed  ien^jefe  unb  toefttoörtd  um  bie  jtoeite 
a)iauer  ^erum  bi«  an  ben  ^ipjjicuötl^urm.  3"  genauerer  ©prac^toeife  fc^eint  3öfe))l^u« 
bie  Örtlic^feiten  Sejetl^a,  5leuftabt  unb  $oIjmarIt  Don  einanber  unterfc^eiben  ju  tooDen 
Bell.  jud.  II  19,  4.  2Bir  JEennen  nur  bie  Sage  bon  Sejet^a,  nämlid^  nörblic^  Dom  ao 
Xcm))el  unb  ber  Slntonia,  öftlic^  Don  ber  §auj)tftraße,  bie  Don  bemX^i^or  an  bengfrauen« 
tl^ürmen  nac^  bcr  Slntonia  füjSirte  Bell.  jud.  V  4,  2;  II  15,  6.  Der  5Wame  toirb  gc* 
iüöbnlic^  burd^  «»77  ^"'2,  b.  i.  DliDenort,  gebeutet;  auffaHenb  ift  jeboc^,  baß  3ofej)l^u« 
i^n  al«  „9leuftabt"  Derfte^t  Bell.  jud.  V  4,  2.  ^m  allgemeinen  muß  man  ftet^  Don 
einer  fidleren  ^enntni^  bcr  frül^eren  angaben  über  3.  au^e^en,  toenn  man  bie  Sefc^reibung  35 
3.^^  bei  ^^f^i^^uS  ^ic^tig  Dcrfte^en  tuiD.  9Ber  feine  angaben  allein  beuten  toiD,  gerät 
leidet  in  ^ertoirrung. 

Durc^  bie  großartige  Sautl^ätigfeit  be«  ^erobed  erl^ielt  3-  ettoa«  Don  bem  Olanj 
einer  ^ellenijc^en  ©tabt.  Die  größte  ^rac^t  entfaltete  §erobe^  bei  bem  Umbau  be^  Sem« 
j)ete,  über  ben  Ij^ier  nid^t  ju  ^anbeln  ift.  5Rur  furj  fei  ertoä^nt,  baß  «t^erobeS  an  ©teile  40 
bcr  l^aSmonäifc^en  Sarid  (f.  oben  ©.  684,2i)  eine  größere  unb  ftattlic^ere  S3urg  erbauen 
ließ,  bie  fpäter^in  bei  ber  Vergrößerung  be^  lemjjel^lale^  bef(en  9iorbtoeftede  bilbete. 
ßr  nannte  fie  Slntonia,  ju  Sl^ren  be«  römifc^en  iriumDird  Slntoniu«.  ©c^on  be«l^alb 
muß  berS3au  in  bie  erften  3«^te  feiner  Slegierung,  Dor  bie©c^lac^t  beiSlItium  (31D.6l|r.), 
gefegt  toerbcn  (Dgl.  lemjjcl).  Der  ^toeite  ^ßrad^tbau  toar  ber  ^alaft  be«  §erobe«,  ber  46 
23  Dor  (S^r.  Don  i^m  bejogen  ipurbc.  ©eine  Sage  läßt  fid;  fc^on  baraud  mit  ©ic^er^eit 
beftimmen,  baß  bie  brei  großen  I^ürme  §it)t)icuS,  ^^afael  unb  SKariamne  ju  il^m  ge« 
l?örcn,  bie  ^ofejjl^ud  ftet«  an  bie  9lorbtoeftedfe  ber  alten  ©tabt  (ber  Dberftabt)  fe^t  unb  in 
ben  Sauf  ber  erften  9Kauer  einrechnet  Bell.  jud.  V  4,  2.  4;  femer  bebrolj^t  ein  Singriff 
auf  bie  Söeftfeite  ber  ©tabt  junäd^ft  ben  föniglid^^en  ^ßalaft  Bell.  jud.  VI  8,  1.  Dereo 
^^IJalaft  lehnte  ftc^  nac^  5Worben  unb  SBeften  unmittelbar  an  bie  ©tabtmauer,  nad^  ©üben 
unb  Dftcn  ^atte  er  feine  eigenen  ÜKauem.  6r  toar  mit  Derfc^toenberifc^er  5ßrac^t  au^« 
gcftattct,  feine  fc^önften  %zxh  (Jlügel  ober  befonbere  ©ebäube),  bad  ßaefareion  unb  Slgri^* 
pcxon,  foUen  burc^  il^ren  ®lanj  ben  2:emj)el  übertroffen  l^aben.  ©äulen  fc^müdtten  bie 
§öte,  biefe  toaren  mit  grünen  ©träuc^em  unb  Säumen  beftanben,  plätfc^embe«  SBaffer  66 
Dcrbreitete  ^euc^tigfeit  unb  Äü^le.  2Bie  bie  Slntonia  ben  2:emj)ell)la|  bel^errf^te,  fo  biefer 
^i^alaft  bie  Dberftabt  (Antiq.  XV  8,  5;  Bell.  jud.  V  5,  8).  ©ein  $au))tboatoer!,ju» 
v^leic^  aud;  ein  ©c^u^  für  bie  ©tabt,  toaren  bie  brei  X^ürme  §ip^icu«,  5ß^fael  unb  5Dla« 
rianmc.  Der  Unterbau  be«  mittleren  ift  un«,  luie  ©c^id  nac^etoiefen  ffat,  nod^  l^eute  in 
bem  fogen.  DaDib^t^urm  berSitabeHe  am  3<^f<i^(>^^  erl^alten.    @r  befielt  gan)  axADMmm^ 


ß86  3fentfaltm 

bcm,  bie  obnc  3KörteI  fo  aufcinanber  gefügt  fmb;  bafe  bcr  obere  ftct^  quer  über  bem 
nnteren  liegt,  ift  olfo  maffib  toie  ein  fünftlic^er  ^elßblocf  (21,40  m  lang,  17  m  breit, 
20  m  l^oc^).  3)iefer  Unterbau  trug  einen  Umgang,  in  befjen  SKitte  ftd^  ein  jtoctter  Sl^unn 
(nic^t  majfib)  mit  berfd^iebenen  ©emäd^ern  er^ob;  bie  ©efamt^öl^e  bed  3:^urm^  belief  fu6 

6  auf  90  ©Ben  (47  m).  ^n  äl^nlic^er  SOBeife  toaren  auc^  bie  beiben  anbeten  "XJßxmt  m- 
gerichtet,  nur  toar  ber  SKariamne-i^urm  Heiner  (bgl.  bef.  Bell.  jud.  V  4,  3  f.  unb  für 
ben  5PaIaft  über^au^jt  V  4,  4;  I  21,  1  unb  Antiq.  XV  9,  3).  98on  ben  Stac^fommen 
§erobe^'  betool^nten  ben  ^ßalaft  nod^  Slrdj^elau«  unb  2(gri>)j)a  I.  ©obalb  bie  Siömer  einen 
^rofurator  über  3iubäa  festen,  h)urbe  biefem  unb  einer  entfj)re(^enben  Sefa^ung  ber  ^ofl 

10  eingeräumt  Antiq.  XVII  9, 3 ;  BeU.  jud.  II  2, 2.  »on  ©effiu«  gloru«  (64—66  n.  6br.) 
I^ei|t  e«,  ba^  er  ben  Slic^terftul^I  für  ftc^  bor  bem  5ßalaft  f)ab^  auffteHen  laffcn  Bell.  jud. 
II  14,  8,  äl^nlid^  lüie  e«  bei  ^ßontiu^  ^ilatu«  (26—36  nad^  6l^r.)  nad^  ben  @t)anflelten 
anjunel^men  ift.  §ier  ^at  man  ba^er  folvoljil  ba^  Sitl^oftroton  (Sull^er  §0(fibflaftcr,  ^ebräift^ 
5«r2-.)  3o  19,  13  al«  auc^  bo«  ^ßrätorium,  ba^  SRic^t^au^,   ju   fud^en  5Wt  27,  27;   3Rc 

16  15,  16;  ^0  18,  28.  33;  19,  9.  :,^n  ber  Oberftabt  lag  femer  ber  ^iJ)pobrom,  bie  SRenn^ 
hai)n  Antiq.  XVII  10,2;  biellcid^t  erinnert  baran  ber  l^eutige  9lame  ber  Strafe  Haret 
el-Meidan  (Meidan  ift  9lenn})Ia^).  3)o(^  ift  nirgenb^  g^fagt,  ba|  biefe  Sniage  auf 
§erobe«  jurüdtgel^e.  3lu«brüdfli^  afe  feine  Sauten  toerben  bejeid^net  ein  i^eater  ir  'h- 
QoooXvfioig   unb   ein  ämp^itl^eater   h  xol  tteöIco  Antiq  XV  8,  1.    ©c^idf   1^  1887 

20  füblic^  bon  3-  oberhalb  be^  Bir  Eijüb  ein  l^eater  entbcrft,  ba«  man  oI«  ba«  bc^  öe= 
robe^  nur  bejcic^nen  fann,  toenn  man  iv  'hQoaoXvfioig  mit  „bei  3-"  überfc|t 

@nblid^  ift  ^erobe«  in  ^erborragenbem  ®rabe  für  bie  SBafferberforgung  3-^  t^g 
oeipefen.  ©d^idf  \^ai  1879  nac^getoiefen,  bafe  t)on  ben  beiben  Seitungen,  bie  auö  größerer 
gerne  bon  ©üben  ^er  ber  ©tabt  SBaffer  jufü^rten,  bie  untere  ba«  Sfeerf  be«  ^erobeö  ijl 

26  @r  entbedte  nömlic^  eine  Heinere  Leitung,  bie  bon  bem  ®orfe  Artas  fübli(^  Don  8et^ 
le^em  in  fübijftlic^er  SRic^tung  nac^  bem  fogen.  ^anfenberge  ge^t,  ber  einft  ein  S(^lo^  be^ 
§erobc^  trug,  ba«  ^erobium  Antiq.  XV  9,  4.  3)iefe  Leitung  ftimmt  in  Anlage  unb 
Sauart  ganj  mit  ber  unteren  Seitung  t)on  ben  falomonifd^en  2^eid^en  ^er  nac^  3.  überein. 
@g  fann   ba^er   laum   einem  3*^^^f^f  unterliegen,  ba^  bie  eine  toie  bie  anbere    bun^ 

80  öerobe^  angelegt  toorben  ift.  ®ie  untere  Seitung  beginnt  unmittelbar  unter^Ib  be^  nies 
brigften  ber  brei  leid^e,  bie  oben  ©.  682, 30  ertoäl^nt  ftnb,  unb  jiel^t  fid^  in  ©<^langen= 
toinbungen  an  ben  oberen  2lnfängcn  ber  nad^  Often  abfattenben  3:^ler  ^in  über  8et^ 
leidem  nac^  $^erufalem,  meift  afö  gemauerter  ober  in  ben  gelfen  gehauener  Jtonal,  ber  mit 
^platten  gebedEt  toar,   unb   nur  jioeimal   in  einem  burc^   ben  5?elfen   gehauenen  2^unnel. 

36  2)a^  ©efäHe  ift  gering,  ©ie  burc^fc^neibct  oberhalb  ber  Birket  es- Sultan  bei  3.  ba^ 
^innomtl^al,  toinbet  fidj^  bann  um  ben  füblic^en  3l6^ang  ber  Oberftabt  unb  tritt  gegen= 
toärtig  bei  bem  l^cutigen  3"^<^"^"öi^^i<^r  '^^  ^i^  ©tabt  ein.  9Jac^  lurjem  nörbltd^em  Sauf 
toenbet  fie  fic^  nac^  Dftcn  unb  erreid^t  über  ben  SBilfon^bogen  (f.  oben  ©.  678,48)  ben 
Haram  esch-Scherif.  ©ie  ift  im  Saufe  ber  Reiten  toieberbolt  au^ebeffert  toorben,  bun^ 

40$ontiu«  $ilatu«  (;sof.  Antiq.  XVIII  3,  2;  Bell.  jud.  11  9,  4),  burd^  ben  TOamlufen^ 
l^errfc^cr  Mahmud  ibn  Kilawün  (um  1300),  burdj^  ©oliman  ben  ^räc^tigen  (im 
16.  3<^^^^)/  ^ule^t  1865,  unb  fj)enbct  aud^  t^cutjutage  l^äufig  nod^  SBJaffer.  ©ie  ^t 
einen  fe^r  langen  3"fü^rung^fanal  auö  bem  Wadi  el-'Arrüb  norböftlidb^bon  ^ebron, 
ber  bie  gleiche  SBautoeife  jeigt  unb  bei  ben  falomonifc^en  2:eic^en  münbet.    iBermutlic^  ^t 

46^erobe!g  auc^  ben  mittleren  unb  unteren  biefer  Seiche  ^erfteHen  (äffen.  auf§erobeö  fü|rt 
Dr.  Slife  auc^  bie  gro^c  Xeid^=  unb  Säberanlage  t)or  ber  ©iloal^queHe  jurüdt,  bie  teite  V)on 
mir  (1881),  teite  t)on  i^m  (180())  aufgebedt  hjurbe.  3)ur(^  fie  tourbe  ber  alte  %A6^  an 
biefer  ©tettc,  öon  bem  bie  Siloa^infcbrift  rebet  (©.  681,65),  umgeftaltet. 

Die  britte  9)tauer  im  9iorben  ^.^   foHte  bie  oben  ©.  685, 7  ertoäbnte  SReuftabt  be* 

eofdj^ü^en.  2lgri^j)a  I  (41—44  nac^  6^r.)  begann  fie  ju  bauen,  mu^te  aber  unter  bem 
2lrgh)o^n  ber  9lömer  bie  ©ac^e  aufgeben,  ßrft  mit  bem  äu^bruc^  be«J  ätufftanbe«  tpurbe 
ba^  ffierf  h^ieber  aufgenommen  unb  eilig  tooHenbet  Bell.  jud.  II  20,  3;  V  4,  2.  ©ie 
begann  im  SBeften  beim  §ij3t)icu^t^urm,  jog  bi^  gum  ac^tedfigen  ^jep^inu^tl^urm  nadb 
9Jorbh)eften,  toanbte  fid?  bann  nadj^  Dften,  burdj^fc^nitt  bie  föniglid^en  Ijö^Ien  (©teinbrüc^)', 

66  bog  oberhalb  be^  Äibrontl^ale^  nai)  ©üben  um  unb  fc^Io^  ftc^  an  bie  alte  ÜRauer  auf 
bem  2lbl^ang  be^  ßibront^ale^g  an  Bell.  jud.  V  4,  2  f.  ©ie  l^atte  mel^rere  Il^ore,  beren 
9tamen  toir  nid^t  fennen ;  cin^  )x>ox  burc^  bie  fogen.  gi^auentbürme  gefd^Ü|t  Bell.  jud.  V 
2,  2;  3,  3,  t)ie((eidbt  an  ber  ©teile  be^  l^eutigen  Dama^fu^tbore«.  SBal^rfd^lidfi  ent= 
fpradj^   ber  Sauf  biefer  9Kauer  im  großen  unb  ganjen  ber  i^eutigen  iWorbmauer  3-^-   3)^ 

CO  ©efamtumfang  3.  betrug  bamafö  33  ©tabien,   ettoa^   mebr  al^  6  Kilometer  Bell.  jud. 


3fcnifaleiii  687 

V  4;  3.  Über  bte  3:{;ürmc  ber  bcrfc^tebcnen  3Kauem  3.«  mad^t  ^ofc^^u^  Bell.  jud.  V 
4,  3  genauere  2lngaben.  2)tc  ^oJ^l  ber  ©nmol^ner  3.^  einf4)liefelic^  ber  ®öfte  bei 
einem  ^aMfeft  foB  bamol^  nac^  ^ofeplSiu«  Bell.  jud.  VI  9,3  (togl.II  14,2)  2  700000 
betragen  ^aben.  3lad)  ©d^icf^  ©d^ä^unö  bürfte  ntan  bie  ^af)l  ber  [tönbigen  ©inlDobner 
3.«  im  anfang  unferer  Zeitrechnung   auf  200000—250000  beranfc^Iagen   (3b^g?  IV,  5 

211  ff.). 

Unter  ber  Slegierung  beö  Äaifer«  Glaubiu«  (41—54)  trat  bie  Königin  Helena  bon 
2lbtabene  am  obem  2^tgri^,  femer  il^r  ©oljin  ^icd^  unb  onbere  ©lieber  il^er  gamiKe 
^um  ^ubentum  über,  ©ie  erbauten  ftc^  auf  bem  ©oben  ber  Unterftabt  in  3-  SBoljinl^äufer, 
bie  bon  ^ofep^u^  öfter  ertoä^t  tocrben  Bell.  jud.  V  6,  1;  IV  9,  11.  2)er  fd^on  gc«  10 
nannte  Äönig  aigripjja  I.  lie^  bie  ©trafen  3-^  "^i*  ©teinen  pflaftem,  ate  nac^  ber  SSoH« 
enbung  be^  2em>)ek  eine  grofee  ^af)l  bon  Slrbeitem  ol^ne  Sefc^öftigung  toar  Antiq.  XX 
9,  7.  Der  Slm^gbalom^^eicb  Bell.  jud.  V  11,  4  ift  obne  S^^^eifel  ibentifc^  mit  bem 
fogen.  §i«fiateic^e  (©.  681).  Der  5Wame  ift  too^I  eine  Oräcifterung  be«  l^ebräifc^en 
'5">'?",  SCJ^urm ;  er  lag  na$e  an  bem  9Wariamnet^urm  unb  ben  anberen  2:^ürmen  be«  ^a^  15 
lafteö.  Der  ©trut^ionteic^  Bell.  jud.  V  11,  4  lag  nörblid^  öon  ber  Slntonia,  ift  jebixi^ 
nic^t  fieser  nad^gelDief en.  Ungetoi^  ift  aud^  bie  Sage  be^  biblifc^en  Set^e^bateic^^,  3^  9, 2 
h)eift  ibn  in  bie  5iä^e  be«  ©c^aft^ore^,  alfo  nörblic^  bom  %mpdplai^.  ©d^idf  Ij^at  tocnigften« 
ben  Setljie^bateic^  be^  3KitteIaIter«  im  SSeften  ber  3lnnenfirc^e  nörblic^  bom  2:empäl)Ia$ 
fieser  nac^getoiefen  (^b^S  XI,  178 ff.;  togl.  ©.  601).  20 

9i}erfen  ipir  noc^  einen  furjen  älidf  auf  einige  ^fünfte  in  ber  Umgebung  3-^-  .2lm 
gu^e  bc«  ölbergig,  ftd^erlic^  nic^t  toeit  bon  ber  ©tabt,  lag  ©et^femane  (aram.  ^«rrd  r5, 
Delfelter)  m  26,  36;  3Rc  14,  32;  Sc  22,  39,  nad&  3o  18,  1  ein  ©arten,  bie  ©tättc, 
an  ber  3^fu^  Penaten  hjarb.  35er  je^t  im  Sep^  ber  fj^anji^lancr  befinblic^e  ©arten  ift 
feit  bem  10.  ober  11.  3ö^^^^^unbert  bewnnt;  früher  fc^eint  bie  ©tätte  ettoa«  nörblid^25 
gezeigt  h)orbcn  ju  fein.  3)a«  ©rabmal  bcd  §erobe«,  b.  1^.  für  bie  gamilie  beö  §erobe« 
(Bell.  jud.  V  12,  2),  lag  toeftlic^  oberl^alb  be«  ^innomt^ale« ;  bort  ift  e«  bon  ©c^idf 
1892  aufgefunben  toorben  {^hW  XVI,  202  ff.).  Der  ©(^langenteic^  BeU.jud.  V3,2 
ift  tool^I  mit  bem  SKamiKatetc^  ibentifd^  (@.  681).  Da«  ©rab  ber  Äönigin  ^elena  bon 
Slbiabene  lag  brei  ©tabien  (556  m)  bon  ber  Slorbmauer  ber  ©tabt  entfernt  Antiq.  XX  so 
4,  3.  3Wit  großer  SBai^rfc^etnlid^feit  toirb  e«  ber  au^ebel^nten  ©ruft  mit  ^ol  ^J?ortal 
unb  ^a^Ireic^en  ©rablammem  gleid^gefe^t,  bie  jje^t  unter  bem  9iamen  ber  ÄönigiSgräber 
nörblic^  bon  bem  Dama^Iuöt^ore  belannt  finb. 

9.  3^^wfalem  bid  ju  Äonftantin  bem©rofeen.  ©d^on  toöl^renb  ber,S3elages 
rung  unb  ber  aDmä^lid^  —  3Kai  bi«  @ej)tember  70  —  fortfd^eitenben  Eroberung  burd^  35 
litu«  l^atte  3-  ftorf  gelitten.  Der  auÄrüdflic^e  93efel^l  be«  Xxtrx^,  bie  ©tabt  ju  jerftören, 
fanb  bei  ben  erbitterten  römifc^en  ©olbaten  ioiHigen  ©e^orfam.  9lur  bie  brei  3^^ürme 
an  ber  9Jorbfeite  be«  bon  §erobeg  gebauten  5ßalafte«,  $i))picu«,  $^afael  unb  SKariamne, 
fanb  3:itU!g  ber  ©rl^altung  toert;  auc^  berfc^onte  er  ben  toeftlic^en  ieil  ber  3lingmauer, 
toeil  fic^  an  fie  ba^  Sager  ber  SefoÄung,  bie  l^aui)tföd^li(^  au«  ber  je^nten  Segion  beftanb,  40 
anlefinen  follte.  Die«  tourbe  bemnacp  auf  bem  ©übtoeft^ügel,  in  ber  Dberftabt,  aufgefc^lagen. 
Da  bie  ©infc^Iie^ung  3.«  in  ber  3«it  be«  ^^affa^feftc«  begann,  fo  traf  ba«  ©d^toert  ber  Slömer 
nic^t  nur  bie  etgentü^en  ßintool^ncr  ber  ©tabt,  fonbem  in  ber  3Ke^rja{^I  bie  ?^ftgäfte 
bon  na^  unb  fem,  icbenfaß«  eine  grofee  5Menge,  für  bie  bie  3^^^^  ^^^  ^o\zpl}ni  aber 
boc^  al«  rec^t  ^oc^  erfc^ieinen  (Bell.  jud.  VI  9;  10,  If.).  6«  ift  begreiflid^,  ba|  bie  46 
3ubcn  ben  Ort,  too  i^r  ©laube  eine  fo  furchtbare  9lieber(agc  erlitten  ^atte,  junäc^ft  mieben. 
Daju  toar  ba«  2:reiben  ber  römifc^cn  Sefafeung,  bie  in  unmittelbarer  Scä^e  i^e  SldEer 
erhielt  (Jos.  Vita  76),  i^nen  ein  Dom  im  iHuge.  Der  9WittelJ)un!t  be«  jübifc^en  Sebm« 
in  ^aläftina  tourbe  für  mehrere  Sö^t^je^nte  "^abnt  (3amneia)  in  ber  ßbene.  Die  junge 
c^riftlic^e  ©emeinbe,  bie  bor  ber  einjd^Iiefeung  burd^  3:itu«  nac^  5ßetta  öftlid^  bom  3<?'^kön  60 
geflol^en  toar,  erneuerte  fid^  jeboc^  balb  toiebcr  (6ufeb.  h.  eccl.  IV,  5 f.;  V,  12).  ©ie 
^atte  i^ren  SKitteljjunlt  in  bem  $aufe  bc«  ©bangeliften  3oi^anne«  3Karcu«  unb  feiner 
aKutter  aJlaria  («®  12,  12—17).  fflaWc^einlic^  toar  bort  aud^  ber  „grofte  ©aal", 
richtiger  ba«  Dbergemac^  (3Kc  14,  15  dvdyatov),  in  bem  3^fw«  ba«  Ie|te  ^labl  mit 
feinen  3wngern  l^ielt,  ober  ber  „©ötter"  (ä©  1,  13  vjiegfpov),  too  fic^  bie3lj)oftei  fotoiess 
bie  übngm  2lnl^änger  3^u  ju  berfammeln  pflegten,  too  fie  auc^  $fingften  beifammen 
toaren,  al«  ber  ^eilige  ©eift  über  fie  au«gegoffen  tourbe  (2,  Iff.).  Obgleich  toir  mit  ber 
Sage  biefe«  .t)aufe«  erft  burc^  eine  Slei^e  bon  gwigniffen  au«  bem  bierten  ^afycf^.  betannt 
toerben,  fo  ift  bod^  an  i^rer  ßuberläffigleit  laum  ju  jtoeifeln.  (S))i>)^amu«,  Sifc^of  bon  ©ola» 
mi^  auf  Supern,   fagt  392  in  feiner  ©c^rift  De  raensuris  et  ponderibus  §  14  (ed«^,^^ 


688  3fentfal(m 

35mborf  IV,  17  —  bc  Sagarbe,  Symmicta  II,  166  f.),  bafe§abrian  bei  feinem  Sefud^  3.^ 
(130/31)  ©tabt  unb  lemjjel  jerftört  gcfunben  l^abe,  obgefeben  öon  toenigen  aSo^n^oiif em 
unb  ber  Keinen  Äird^e  Ootteö  an  ber  Btättz,  too  bie  Sünger  ^^\\x  nac^  feiner  ^intmels 
fa^rt  auf  ben  ©öller  [tiegen  (ä®  1,  13);  biefe  Äird^e  ^obe  iv  reo  jLiigei  JSuov  gelegen. 

5  Seit  e^ria  toon  Serufalem  (Äatec^.  16,  348  naö)  6^r.)  ift  biefe«  ®oÜt^fyn^  (ober  toiet 
me^r  ein  größerer  33au  an  ©teile  be^g  alten)  reic^Uc^  bejeugt ;  e«  fjü^tte  bie  9lamen  Qion, 
bie  ^eilige  3ion  (17  äyla  Zmv),  bie  3Kutter  aller  fiird^en,  bie  Äitii^e  ber  8Cj)oftel  (mit 
33ejug  auf  ä®  If.),  Coenaculum  (togl.  3Kc  14,  15;  2c  22,  16).  SBenn  auc^  ba«®e= 
bäube  mannigfad^  öcrönbert  tourbe,  fo  ift  bie  Drt^Iage  im  Saufe  ber  ^ö^^^S^unberte  too^I 

10  befannt  geblieben,  ©ie  entfpric^t  bem  l^eutigen  en  Nebi  Dü'üd  auf  bem  ©übtoefl^ügel 
im  ©üben  ber  SRingmauer,  einer  ®ru))})e  eng  jufammenliegenber  ®ebäube,  in  bcnen  noc^ 
ie^t  ba«  doenaculum  gezeigt  tüirb,  unter  benen  fidj^  bie  @räber  ber  bat)ibifc^en  ftonige 
befinben  follen.  9ln  ber  norbtoeftlic^en  ©eite,  nur  burd^  einen  SBeg  t)on  biefen  ®ebäubcn 
getrennt,   liegt  ba«  ®runbftüd  ber  fogen.  3)ormitio   (b.  1^.  bed  ©terbel^aufc«  ber  SKaria, 

16  ber  3Kutter  3^fu),  ba«  ber  beutfc^e  Äaif er  1898  läuflic^  ertoorben  unb  bem  beutfc^en  Ver- 
eine bom  l^eiligen  Sanbe  jur  Slu^niefeung  überliefen  ^at. 

Sluffattenb  ift  an  bem  alten  ®ebäube  ber  9Jame  gion.  SBeö^alb  lann  er  btefer 
Äirc^e  beigelegt  fein?  3Ran  pflegt  im  änfc^Iufe  aa  bie  c^riftlid^en  ©(^riftfteller  beö  Dierten 
3al^rl^unbert«  (togl.  aud^  @uf.  Onom.  ed.  be  Sagarbe  248)   ju  antworten,  toeit  fic  auf 

20  bem  Serge  Rion  lag.  3Ufo  ift  3ion  ber  ©übtoeft^ügel  be«  ©tabtgebiet«  Don  3.?  3)a« 
ift  in  ber  l^ai  bie  ^crrfc^enbe  SJleinung  getoefen  bi«  in  bie  jtoeite  ^älfte  be«  ncunge^nten 
Sai^rl^unbert«  l^inein ;  man  folgte  bem  ©prad^gebraud^  jener  ^d^riftfteller,  o^ne  i^  barauf 
^in  i\x  Jjrüfen,  ob  er  mit  bem  be«  212;  unb  ber  3t))ofrVJ3l^en  übereinftimme  ober  nicht 
9lun  ift  oben  ©.  674  f.  gezeigt  toorben,  bafe  biefe  (enteren   o^ne  9lu«na]^me  ben  ©übofi- 

26  l^ügel  al«  ^xon  betrachten.  Offenbar  bot  eine  Säuberung  be«  ©prac^gebrauc^  ftattgefunben; 
e«  fragt  fiq  nur  loic  unb  toann?  S)er  altteftamentlidj^e  ©pracbgebrauc^  ift  ©.  684  bi« 
auf  1 5Kaf  fierab  bcrfolgt  toorben  (ettoa  100  t)or  6l^r.).  95emer!en«toert  ift,  ba^  3ofe|)bu« 
ben  3lu«brud  ^xon  niemal«  gebraucht ;  man  barf  barau«  tool^l  ben  ©d^lufe  jie^en,  ba|  er 
ju  feiner  3^it  für  bie  2)opogra))l^ie  ber  ©tabt  nic^t«  m^x  bebeutete.    ®amit  toürbe 

:w  bie  33orbebingung  bafür  gegeben  fein,  bafe  ber  alte  Sinn  be«  Ort«namen«  burd^  einen 
neuen  öerbrängt  tüerbcn  tonnte.  5Run  ift  ju  beadj^ten,  bafe  fc^on  im  WX  bie  anfange 
eine«  erweiterten  unb  übertragenen  ©inne«  bon  ^xom  l^erDortreten.  (Srtoeitert  tourbe  ber 
©inn  infolgebeffen,  ba^  ©alomo  bie  föniglidj^e  Steftbenj  nac^  9Jorben  bin  bergrö^erte.  3)er 
5Jamc  U)anberte  ebenfall«  toeiter  nac^  9Jorbcn  unb  tourbc  mit  Vorliebe  für  bie  nörblic^ 

:i6  §übe  gebraud;t,  bie  ben  lemjjel  trug  (f.  0.  ©.  675).  311«  S3elege  fü^re  ic^  b'^  ^"^  «w 
3lm  1,  2;  3ef  8,  18;  ^f  9,  12;  20,  3;  14,  7;  78,  68;  87,  2;  132,  13  f.  Dgl.  ©a* 
1,  17,  foloic  bie  ©teilen  1  SWaf  4,  36;  5,  54;  7,  33,  in  benen  ^\on  ben  IenH)elberg 
bejeicbnet.  Daran  fc^liefet  fic^  unfc^toer  ber  übertragene  ©Jjrad^gebrauc^,  in  bem  3<on, 
parallel  neben  ijerufatem,  teil«  bie  ©tabt  überhaupt  3^1  28,  16;    3^  3,  14   ober  bie 

40  ©intoobnerfcbaft  3«!  If  27;  33,  5;  3^  ^^  16,  teil«  bie  ju  erlöjenbc  ober  in  3wlunft  er= 
löfte  ©emeinbe  begeic^net  3ef  40,  9;  51,  16;  52,  1.  7;  60,  14  (baneben  F"^  ra  3ef 
52,  2).  3)icfer  le^tere  religiöfe  ©inn  fanb  früb  Eingang  in  bie  ^riftlicben  Äreife,  man 
nannte  namentlich  in  bicbterijd^  gcbobener  ©prac^e  bie  ^riftlicbe  Äirc^e  felbft  ^M>xi  (t>gL 
§br  12,  22—24).    ©ine  Slbart  bicje«  ©Jjracbgebraucb«   liegt  barin  Uor,  bafe   ba«  3?ers 

46  fammlung«l;au«  ber  crften  d^riftlic^en  ©cmeinbe  in  3-  ^^bie  b^iligc  3^on"  genannt  tourbe ; 
bie  ^ilgerin  ©ilbia  Slquitana  um  390  (ed.  %  ®cl;cr  75.  79)  nennt  ftet«  bie  Äirc^e  gion, 
nic^t  ben  33erg.  3)icfe  3lu«brud«iocife  fc^eint  mir  al«  ber  Slnlafe  baju  aufgefaßt  loerben  ju 
muffen,  ba^  man  fjjäter  bie  ^ö^e,  bie  biefe  Stirere  trug,  ^xon  genannt  b^t,  nämlic^  ben 
©übmeftbügcl.    Der  9iame  ^xon  batte  feine  tojjograpbifd^^  Scbeutung   berloren,   fw^^   ba* 

60  gegen  im  rcligiöfen  ©inne  al«  Segeic^nung  ber  erlöften  ©emeinbe  erl^alten.  3^  biefem 
©inne  toar  ber  5Jamc  an  fic^  gegen  jeben  Ort  gleicbgiltig ;  er  tourbe  jeboc^  öon  ben 
ßbriftcn  bem  ®ebäube  beigelegt,  in  bem  fte  fid^  gu  Derfammeln  >)flegten,  ba«  auf  bem 
©übmeftbügel  an  ber  ©tätte  be«  b<Jutigen  Nebi  Daüd  ftanb,  unb  Don  bicr  au«  ging  er, 
loie  un«  ber  ©jjrac^gebraucb  ^^  ßufebiu«  unb  anberer  jeigt,  auf  ben  gangen  93erg  über. 

56  (Sr  toar  im  vierten  ^^^b^^b^^bert  f^on  fo  üblid^  getoorben,  bafe  man  ben  „93erg  ^xoxx" 
be«  312  nirgenb«  anbcr«  nacbjutoeifen  tou^te  al«  bort,  ©enauer  angugeben,  toann  fw^^ 
biefer  neue  ©jjracbgebraucb  gebilbet  b^t,  bagu  fmb  toir  nic^t  im  ftanbe.  9iur  barauf  läfet 
ficb  t)affenb  bintoeifen,  bafe  nacb  §abrian  bie  cbriftlicbe  ©emeinbe  in  3^if?Icm  öortoiegenb, 
toenn  nicbt  au«fcblie|licb  gu«  öeibencbriften  beftanben  haben  loirb,  bie   fid^   in  ber  neuen 

Ol  Benennung  irgenb  einer  Crtlicbfeit  3-^  burdfi  ba«  iT^erfommcn  nidfit  ge^inbert  foben,    S« 


dentfolem  689 

ift  bälget  möglich,  bafe  bcr  neue  Bpiad^^Axand),  ben  ©übtücftl^ügel  3ion  ju  nennen,  ge- 
rabe  in  ^eibend^riftli^en  Äreifen  üblic^  getoorben  ift.  6r  l)at  longe  ^zxt  l^inburc^  bie 
'Xo\>OQX<ipf)k  be^  alten  'J.d  auf«  örgfte  in  SSertoirrung  gebracht. 

2)er  SSeröbung  3-^  machte  ber  Äaifer  ^abrian  (117—138)  ein  ßnbe.    ©r  gab  ben 
Sefe^I;  bie  Stabt  ^u  einer  römifc^en  Äolonie  neu  ju  bauen.    3)aburc^  rief  er  freiließ  ^n-  s 
näd^ft  ben  blutigen  älufftanb  ©imon«;  genannt  Sar  Äoc^ba,  ^erbor.   SBä^renb  feine«  3Ser- 
laufe«  (132—135)  tourbe^i.  „befreit",  boc^  nur  auf  tpenigc  ^a^re.    9Jac^  ber  93eenbigung 
be«  aiufftanbe«  tourbe  3-  ^n  ^^  ^^^^  jw  einer  römifc^en  Äolonie  erl^oben,  boc^  ol^ne  ba« 
jus  italicum.    @ie  erl^ielt  ben  9lamen  Aelia  Capitolina,  Aelia   nac^   bem  ^milien= 
namen  §abrian«,  Capit.  nac^  bem   fa))itolinifc^en  3u^)iter.    ©etoöl^nlic^  gebraud^tc  man  lo 
nur  ben  5Ramen  Aelia;   er   erl^ielt  fic^  lange  3^t;  bei   ben  Slrabem   in  bcr  gorm  ilija 
(St>W  VII;  158)  bi«  in«  fjjäte  ÜRittelalter.  SBir  befi^en  aWünjen  ber  Äolonie  bi«  in  bie 
3eit  be«  Äaifer«  SSalerian  (253—260),   i^re  auffd^rift   lautet  COL  AEL  CAP.    3)ie 
erfte  ©tabtgott^eit  lüurbe  3iuj)iter  6a))itolinu«,  bem  an  ber  ©teile  be«  jübifc^en  2^em})el« 
ein  Heiligtum  gebaut  ipurbe,  in  bem  eine  Silbfäule  be«  ®otte«  ftanb  (f.  ben  a.  2:em})el).  15 
3m  Chronicon  paschale  (ed.  35inborf)  I,  474   toerben   bie   übrigen  Prachtbauten  be« 
Äaifer«  aufge^äJ^U;  bgl.  bagu  ßb^aS  XVII,  166  ff.  unb  jur  ®rabc«ftätte  G^rifti  ben  31. 
®rab,  ba«  ^eilige  V,  48.    alle  guben  tourben  au«  ber  neuen  ©tabt  au«gefc^loffen ;    e« 
tourbe  i^nen  bei  2;obe«ftrafe  berboten,  fte  ju  betreten.    3)a«  ©tabtgebiet  ipurbe  im  ©üben 
berfleinert,  inbem  bie  SRingmauer  nic^t  am  abrang,  fonbem  bon  Söeften  nac^  Dften  quer  20 
über  ben  Slüden  be«  ©übtoeft^ügel«  geführt  hjurbe  unb  ba«  ®ebict  ber  alten  Dabibftabt 
(3lfra)  aufeer^alb  ber  3Kauer  ju  liegen  lam;   na^  ben  übrigen  ©eiten  hjurbe  jeboc^  bie 
neue  ©tabtmauer  in  ber  $au^)tfa(^e  auf  ben  ©runblagen  ber  alten  erbaut.    3)a«  ®ebiet 
ber  ©tabt  tourbe  in  fieben  93ejirle  geteilt,    ©urd^   biefe  SJlaferegeln  tourbe  ba«  33itb  bcr 
©tabt  gefc^affen,  ba«  ftdb  im  großen  unb  ganjen  bi«  ^eute  erl^alten  l^at.    3)er  Sauf  ber  20 
»ÖauJ)tftra^en  unb  ber  J^ore  ber  ©tabt  fmb  mit  geringen  3[u«na^men  feit  jener  3^'^  ^i^ 
felbcn  geblieben. 

10.  3.  bon  Äonftantin  bi«  pr  Eroberung  burd^  bie  3lraber.  2)er  l^eib= 
nifc^e  ß^arafter  ber  ©tabt  toar  für  bie  Gljiriftcn  fein  ^inberni«,  fie  ;u  befuc^en  ober  fid^ 
bauernb  bort  nicberjulaffen.  aSon  bcr  älteften  c^ftlid^n  ®emeinbe  toar  bereit«  in  bem  30 
bor^erge^enben  3lbfqinitte  bie  Siebe,  '^m  britten  3l<J^t^wnbert  beginnen,  fobiel  toir  toiffen, 
bie  'JlJilgcrfa^rten  na^  3v  iw^  biertcn  gö^tljiunbert  toaren  fie  fc^on  ja^lreid^  (bgl.  V,  49,  '>s). 
©clbft  bie  3Rutter  be«  Äaifer«  Äonftantin,  Helene,  erfc^ien  326/327  faft  ac^tjigjä^rig  in 
3.  unb  liefe  an  ben  ©tätten  ber  ®eburt  unb  ber  Himmelfahrt  ß^rifti,  in  Set^le^em  unb 
auf  bem  ßlbcrgc,  Äirdfien  bauen.  Über  bie  Saut^ätigleit  Äonftantin«  in  3-  ^P  i"  ^^^  ^ 
21.  ®rab,  ba«  {^eilige  Sb  VII,  44  ff.  ge^anbelt  toorben.  ®ie  fc^arfen  3Ka|regeln  gegen 
bie  3"^cn  tourben  bon  il^m  gemilbcrt;  junäc^ft  erlaubte  man  il^nen,  bie  ©tabt  bon  ben 
benad^barten  §ij^en  ju  betrachten.  3)er  Äaifer  Julian  bemül^te  fic^  fogar  um  i^r  SSertrauen, 
inbem  er  tl^nen  erlaubte,  i^ren  Htmpd  tbieber  Ijierjuftellen.  5Kan  begann  362  mit  bem 
Sieubau,  fa^  fic^  fel^r  bolb  aber,  toie  älmmianu«  3JlarcelIinu«  23, 1  erjä^lt,  burd^  flammen,  40 
bie  au«  bem  35oben  ^erborbrac^en,  genötigt,  bie  Slrbeiten  einjuftellen.  Sei  biefer  ©clegen* 
^eit  toerben  too^l  bie  (Sinric^tungen  ^abrian«  an  biefer  ©tätte  i^r  ®nbc  gefunbcn  l^aben. 
9iaA  bem  2:obe  v'sulian«  fc^einen  bie  frül^eren  SSerbotc  in  Setreff  ber  ^nhm  j.  2:.  toieber 
in  Äraft  getreten  ju  fein;  benn  §ieron^mu«  er^ö^lt  in  ^^  1,  Ib,  bafe  bie  ^nhm  nur 
einmal  im  Sa^rc,  am  3^ge  ber  3^^önmg  3-^/  ^'^  ©tabt  betreten  bürfen,  um  an  ben  45 
Irümmem  be«  icm^el«  ju  Ilagen.  3"  .^^  jtoeiten  ^älfte  be«  biertcn  3ö^i^|^ww^^rt^ 
brang  ba«  eremiten^  unb  3Könc^tum  bon  Slgt^ptcn  ^er  nac^  ^aläftina  unb  ©^rien  bor; 
e«  fe^te  fid^  aufeer  in  3-  befonber«  in  ber  SBJüfte  3wba  öftlic^  unb  füböftlic^  bon  3-  f^t, 
biefe  ®egenb  lub  burd^  il^rc  gefc^id^tlid^en  ©rinncrungen  unb  burc^  i^re  Sefc^affenbeit  in 
l^o^em  ®rabe  ju  einem  a«fetifc^4efc^aulic^en  Sebcn  ein.  3)ie  grofee  3^^^  ^^^^  "^^'P  ^^'  ^ 
gebilbeten,  teibenfd^aftlid^en  Seute  l^at  in  3-  toieberl^olt  bei  ben  bogmattfc^en  Äämpfen 
bc«  fünften  unb  fcd^ftcn  3^^^^"^^^^^^^  blutige  ©c^lägereicn  l^erbeigefü^rt ;  man  meinte 
auf  bie  ©ntfc^eibung  3-^  umfome^r  ®etoic^t  legen  ju  bürfen,  al«  feit  453  au«  bem  Si«- 
tum  3-  ^^^  unabl^ängige«  ^Patriarchat  getoorbcn  toar.  2)ie  erften  Älöfter  in  3-  fd^einen 
im  fünften  3Ä^^^wnbcrt  gebaut  toorben  ju  fein.  33on  größerer  Sebeutung  für  bie  ©tabt  55 
toar  bcr  Slufcnt^alt  ber  Äaiferin  ßubofia  (2ltl;enai«),  ber  ®emal^lin  I^eobofiu«'  II.  (408 
bi«  450).  ©ie  begab  fic^  juerft  438  bort^in  unb  tool^nte  feit  444  bort.  3^^  ^irb  bic 
Srneuerung  ber  alten  Slingmaucr  im  ©üben  bcr  ©tabt  pgefc^cben  (Antoninus  Pla- 
centinus).  Daburc^f  tourben  berfd^iebene  ^eilige  ©tattcn,  toic  bic  3i^"^fi'^«#  We  Äird^ 
be«  §a]j;nenfc^rei«,  bie  ©iloai^fird^e  toieber  mit  bcr  ©tabt  bereinigt.    ®lc  legten  Xuisio 

mtaUi^mtitiopähit  ffir  T^cofooic  unb  fiir<(e.    ».  «.  Vlll.  44 


690  Sentfaiem 

grabungen  bcr  ßnfliänbcr  1894/97  l^ben  btc  Slcftc  ber  ©iloal^firc^e  aufgcbedft;  t^  fyd 
ftc^  bobet  ^erau^cftedt,  ba^  \f)x  $3au  jünger  ift  atö  bie  Derfc^ütteten  $allm  unb  @<^ranlai 
t)or  ber  @t(oal^queIIe.  (S^  ift  bo^er  and)  Vermutet  toorben,  ba^  biefe  burc^  ^abrion  ^^ 
gefteHt  fmb  (ögl.  jcboc^  oben  S.  686, 45).    :^m  9Jorben  3.«  baute  gubofia  btc  Bttpfytn^ 

efirc^e  jum  ©ebäc^tnid  ber  ©tcinigung  bcd  ©tepl^anud;  e«  ift  fraglid^,  ob  bic  feit  1882 
aufgebecften,  im  Sefift  ber  Dominilaner  befinbtid^en  SRefte  einer  Äirc^e  im  SZorben  ba 
©tabt  auf  ben  S3au  ber  @ubo!ia  ober  nur  auf  eine  älnlage  bed  8.  ^o^i^unbertd  gurüdf« 
gelten  (3b^a?  XI,  249  ff.).  Son  ber  Sautl^ätigfeit  be«  flaifer«  ^uftinion  in  3.  ^  und 
ber  b^jantinifc^e  ^offc^riftftcller  ^rolopiu^  (De  aedificiis  Justin.  V,  6)  ein  übcrfd^tt>angs 

10  l\d)ti,  aber  rec|t  unf lareö  93ilb  geliefert.  Diefer  Äaifcr  lie^  burc^  ben  Strc^iteften  ©eorgiod 
aud  Äonftantinojjel  531—543  in  3-  eine  grofee  33afUifa  ber  3)]^eotof od  (Maria  nova,  el- 
ine)  in  enger  SSerbinbung  mit  einem  $i(ger^aud  unb  einem  Jtranlen^aud  errichten.  Sie 
lag  mitten  in  ber  ©tabt,  alfo  nic^t  auf  bem  SCemJ)elJ)Ia^e  (ögl.  3b5p93  XI,  204  ff. 
XIII,  12  f.),  öielleidj^t  füblic^  öon  ber  ©rabedfirc^e.    35ie  ©roberung  3.«  burd^  bte?ßerfer 

16  unter  6M^^^  ^I-  ^^^  brachte  gro^ed  @Ienb  über  bie  ©tabt.  Sine  gro|e  ätnja^l  v>on 
^erfonen  tourben  erfc^Iagen,  bie  lirc^Iic^en  ©ebäube  arg  ^erftört.  5IRobeftud,  ber  SCbt  bed 
t^eobormdfiofterd  in  ber  SBüfte  füböftlic^  t)on  3.,  bemühte  fi^  ate  ©tetttjertreter  bed  ge^ 
fangenen  ^Patriarchen  g^c^ariad  mit  bem  größten  6ifer,  bie  befc^obigten  Äirc^  toiebfr* 
^erjufteden  (pQl  @rab,  bad  l^eilige).    9lld  aber  ber  Jtaifer  $eralliud  628   tDteber   ald 

20  ©ieger  in  3>.  einjie^en  fonnte,  lag  nod^  toieied  in  *i;rümmem.  ^m  ©üben  lic^  man  bie 
t)on  ßubofia  erneuerte  alte  Slingmauer  in  ^^rümmern  liegen  unb  baute  bie  bed  i&abrian 
toieber  auf.    3lber  fc^on  638  mu^te  fid^  bie  ©tabt  bem  Äalifen  Omar  ergeben. 

11.  3.  unter  ben  Arabern  iid  ju  ben  Äreujgügen.    3-  towrbe  ben  Arabern 
burc^  aSertrag  übergeben.    3luf  SBunfc^  ber  ©inrool^ner  begab  fw^  ber  Äolif  Omar  bon 

26  ed-Dschabije  im  Dschölan  felbft  na^  ^.,  um  toon  ber  ©tabt  95efift  ju  ergreifen.  33er 
Vertrag  beftimmte,  bafe  gegen  Unterwerfung  unb  2:ribut  bürgerlicher  unb  Ürc^Iic^er  ©d^ 
in  toonftem  SJlafee  getoäl^rt  unb  inebefonbere  bie  Äirdj^en  nic^t  ju  SBo^ngcbäuben  gemacht 
toerben  foBten  (ügl.  3b5ß9S  XIII,  3  f.).  3)iefe  Seftimmungen  fmb  jtoeiJbunbert  3a^re 
lang  im  großen  unb  gan^^en,  abgefe^en  t)on  ben  ©etoaltt^aten  812,  inne  gehalten  tüorben. 

30  SBad  bie  SWuslimen  aud  bem  alten  Xemj)ctpla6e  machten,  toirb  in  bem  31.  ^Xem))el  lurj 
befproc^en  toerben;  ilj^r  ®influfe  auf  bie  ©efc^id^te  ber  ©rabeefirdj^e  ift  oben  S3bV©.  53f. 
bei^anbelt  toorben.  2)ie2lraber  nannten  bie  ©tabt  teite  Bet  el-Mukaddas  ober  Bet  d- 
Makdis,  b.  i.  geheiligter  Ort  ober  Ort  bed  §eiligtumd,  teild  hirjtoeg  el-Kuds,  bad  ^eilig^ 
tum ;  bie  früheren  9iamcn  erl^ielten  fic^  nur  in  gclel^rtent  SEBiffen.  ©ie  toar  bei  i^nen  nic^t  bie 

36  ,^aui)tftabt  bed  SWilitärbc^irfö  ^aläftina  —  bieje  hjar  jucrft  Subb  (S^bba),  bann  er-Ramle 
(feit  716)  —  too^l  aber  loegen  be«  2:emj3el))la^e^  eine  l^eilige  ©tabt  (Äoran,  ©ute  17), 
bie  al^  folc^e  unmittelbar  nac^  3Reffa  unb  ^ebina  folgte,  ^ie  milbe  Haltung  gegen  bie 
ß^riften  ermöglichte  e^,  bafe  biefe  bie  ftetg  beliebter  geworbenen  SBaHfal^rten  nac^  3.  fort^ 
fe^en  fonnten.    älb  unb  ju  Ij^atten  freiließ  fc^on  je^t  bie  ^Pilger  über  fc^lec^te  Se^anblung 

40  Don  feiten  ber  Slraber  ju  Hagen.  SSon  einer  feinblic^en  ©timmung  jtoifc^en  iDrient  unb 
Dccibent  lann  für  biefe  ^6Un  noc^  nic^t  gercbet  Werben.  2)a^  ge^t  namentlich  au^  ben 
frcunblid^en  Sejieljiungen  ^eröor,  bie  jWifc^en  bem  Äalifen  Härün  er-Rasclüd  (786  biö 
809)  unb  itarl  bem  ©rofeen  gejjflegt  Würben.  35iefer  unterftü^te  ni^t  nur  bie  Soften 
in  3.,   fonbem   öerWanbte  fi^   auc^   für  fie   bei  bem  Äalifen;   er  burfte   ein  ^ofpital 

45  (5ßilgerl^erberge)  neben  ber  SKarienf irc^e  errieten,  auc^  ftattete  er  biefe  mit  einer  treffttd^en 
35tbliot^ef  au^.  3)er  Äalif  hingegen  Uc^  il^m  burd;  ©efanbte  bie  ©c^Iüffel  jum  ^igen 
®rabe  übergeben,  ©eit  bem  je^nten  3ö^^^^unbert,  befonber^  feitbem  Wegen  be«  älufftanb^ 
ber  religiöfen  ©cfte  ber  fiarmaten  bie  Söallfa^rten  ber  SWuelimen  929—950  nac^  3-  0^* 
leitet  Würben,   öerfc^led^terte  ftd^  bie  Sage  ber  6^riften  immer   me^r;   bie  Seftimmunaen 

60  bc«  Siertrage^  toon  638  Würben  mifeac^tet,  c^  entftanb  bie  allgemeine  ©ponnung  jlDtfcpen 
36lam  unb  ß^riftentum,  bie  bi^  jur  ©egenWart  noc^  nid^t  aufgehoben  Worben  ifl. 
3Die  neuen  Ferren  ©^rienig  feit  969,  bie  äg^ptifc^en  gatimiben,  erad^teten  fic^  nid^t  an 
irgenb  welci^e  frül^ere  SSerträge  gebunben.  2)er  Äalif  el-Hakim  öerj^öngte  1010  eine 
heftige  l^erfolgung  über  bic  6^riften.    Srofe   biejer  ungünftigen  aSerJ^cütniffe   Wuc^  in« 

66  folge  ber  mit  bem  '^al)x  1000  öcrfnüjjf ten  Erwartung  ber  äBieberfunft  ß^rifti  bic  3^^! 
ber  $ilger.  3)ie  ÜHuelimen  mad^ten  fic^  biejcn  Umftanb  ju  nu^e,  inbem  fte  \>on  jebem 
Pilger  bie  Slbgabe  eine^  golbenen  »VS^nti"^^  f"^  ^«»  eintritt  in  bie  ^eilige  ©tabt  for* 
bertcn.  (S^  gelang  fogar  ben  italienifd^en  Äaufleutcn  t)on  ätmalfi,  um  1030  feften  gu^ 
in  3-  h^  f^ff^n-    ©ie  batten  bie  ßrlaubniö  be«  freien  §anbefet)erfe^r«  mit  ben  @inWo^f= 

00  nem  Don  Slcg^ptcn  unb  ©^rien  unb  Wußten  c^  burd^i^ufe^en,  ba^  il^nen  nac^  unb  nad^ 


^ttfdem  691 

geftattet  tpurbe,  ein  ^^au^,  eine  ÄiTdj^e  unb  ein  Älofter  nebft  einer  Verberge  im  ©üben  ber 
®rabe^Iirc^e  ju  bauen,  ^ie  Jtirc^e  ^ieg  Sancta  Maria  Latina,  ba^  ^on  ben  Sene^ 
biftinem  belDoljinte  Älofter  Monasterium  de  Latina.  Später  rpurbe  baneben  and)  ein 
.ftlofter  mit  einer  Verberge  für  ^auen  errid^tet;  cd  tourbe  ber  SJlaria  SKagbalena  ge« 
tüeiljlt  (and)  Maria  minor).  3tIIein  burd^  bie  ©elbjd^ulen;  bie  1075  3)amadfu§,  1077  6 
3.  eroberten,  tourbe  bie  Sage  ber  ßl^riften  in  3-  unertröglic^ ;  i^re  ©ottedbienfte  tüurben 
geftört,  i^re  ^priefter  mitoanbelt,  il^re  Ätrd^en  Dertoüftet.  I)iefe  gefe^Iofen  gwftänbe  in 
Serien  gaben  bie  3SeranlafJung  ju  ben  Äreujjügen. 

12.  3.  unter  ben  Äreujfa^rcrn.  2ud  ©ottfrieb  toon  Souillon  am  15.  :^uli 
1099  bie  ©tabt  eroberte,  fanben  bie  Sateiner  öon  ben  Kreislichen  ©ebäuben  nur  jtoet  un- 10 
t)erfc^rt  öor,  nämlic^  bie  ©rabedfird^e  unb  bie  lateinifc^  SWarienlird^e  nebft  ber  Verberge; 
benn  für  fie  tourbe  regelmäßig  3^ribut  an  bie  SWuSlimen  gejault.  3SergIeid^t  man  bamit 
bie  große  :^af)l  folc^er  ©ebäube,  bie  toäl^enb  ber  gi^anfen^errjc^aft  genannt  toerben,  fo 
giebt  ft^  baraud  ber  große  6ifer  gu  erfennen,  mit  bem  bie  Äreujfalj^rer  in  3-  gebaut 
^aben.  Der  Slaum  geftattet  cd  nic^t,  l^ier  eine  tJoDftänbigc  Überfielt  il^rer  93auten  ju  16 
Derfuc^cn;  cd  fann  nur  bad  äSid^tigfte  i^eraudgc^oben  toerben,  freilid^  auf  bie  ©cfalj^r  ^in, 
baß  bie  2)arftcnung  ol^nc  einen  Jpian  ber  ©tabt  nic^t  rec^t  berftänblic^  toirb.  2)er  Um« 
fang  3-^  änberte  fid^  nid^t,  bie  SKauem  toaren  bid  1178  in  mangell^aftcm  guftanbe.  35ie 
befannteften  Il^orc  gießen  Dabibdtl^or  (=  ^^f^^^o^)/  ©tctjl^andt^or  (=  Damadfudtl^or), 
1f?or  Sofa))^at  in  Dften,  3^*^"^*'^^'^  ^^  ©üben.  Sieben  bem  2)at)ibdt^ore  lag  ber  2:urm  20 
2)atoibd  (turris  David),  genauer  eine  ^eftung  mit  mei^rercn  ^^J^ürmen,  ©räben  unb  JBor^ 
toerlen.  35ad  ift  bie  l^eutige  EitabcIIe  ber  ©tabt  (el-Kal'a),  bie  fid^  im  Sauf  ber  ^af)X' 
^unberte  auf  ben  Slcften  bed  $erobcdt)aIafted  (©.  685  f.)  erl([oben  ^at.  ©d^on  im  vierten 
^al^r^unbert  toirb  ber  $alaft  5)aöibd  in  biefer  ©egenb  gejeigt,  ol^ne  3^e'f^f  infolge  ber 
SBanblung,  bie  ber  ©inn  bed  9lamcnd  gion  erlitten  l^atte  (©.  688  f.).  35ie  Äönigc  öon  25 
3.  too^ntcn  anfangd  auf  bem  füblic^en  2^cil  bed  2:emlpeI))Iafecd  (f.  Stempel),  fpätcr^in  in 
ber  9iäl^e  bed  I)abibdturmd.  3)ic  ^iondfirc^e  (©.688,6)  fanoen  bie  Äreujfa^rer  inSluinen 
bor,  fie  ftettten  fie  balb  in  anfci^nlidSer  SQäcifc  toiebcr  ^cr.  3)ie  ©terbeftätte  ber  SJlaria,  bie 
jucrft  ber  ^atriard^  ©opl^roniud  öon  5.  (634—638)  fic^er  für  bicfen  Ort  bezeugt,  toirb  teild 
neben  bie  Äirdj^c  in  ein  befonbered  §aud,  teild  in  bie  Äird^e  felbft  verlegt,  fo  baß  biejc  aud;  30 
3)tancnKrdbe  genannt  toirb.  3w^bcrÄird^c  gcl^örte  eine  Sluguftincrabtei.  Sluf  bem®runbs 
ftürf  ber  Äaufleute  bon  3lmalp  gingen  toic^tige  Steuerungen  öor  fid^.  3)ie  93encbiftiner' 
mönd^e  erbauten,  um  bie  toac^fenbe  ^ai)l  ber  ^ilger  unterjubringen,  ein  ^ofjjital  ju  ß^ren 
:3o^anncd  bed  Sarmljierjigen  (ßleemon,  ^atriard^  bon  äliejanbrien  im  fiebentcn  ^af^x- 
l;unbert),  bad  Don  SJlönd^cn  unb  frommen  Saien  öertoattct  tourbe.  ^m  Anfang  bed  jtoölften  35 
!5a(;r^unbertd  trennte  fi^;  bad  §of))itaI  unter  Seituna  eined  getoiffen  ©erarbud  bom  Älofter ; 
er  unb  feine  ©enoffen  bilbcten  unter  mönc^ifc^er  9tegel  eine  eigene  ©enoffenfd^aft,  bie  ald 
Orbcndflcib  einen  fc^itoarjcn  3KanteI  mit  toeißem  ÄreuA  trug  —  ber  Slnfang  ber  ^o^an* 
nitcrritter.  3)ie  „^ofpitolitcr"  ober  „^ofpitalbrübcr"  nahmen  audj^  bad  tociblic^c  .fwbcrgd- 
tocfen  (f.  0.  3-  3  f.)  in  i^ren  Drben  auf.  ^J^r^Jatron  tourbe  balb  ^ol^anned  ber  Xäufer;  40 
ihre  ©ebäubc,  ^ofjjital,  Q>ia,  ^JJlaria  ad  Latinam  major  unb  minor,  toaren  jel^r  gc^ 
räumig  unb  reic^  audgeftattet.  ^ai  ^ßrätorium  ($aud)  bed  5pilatud,  beffen  3Jlauerrefte 
ber^ilger  Don  93orbeauj  (333)  in  ber  2^^alfcnfung  el-Wad  (©.  669,2«)  toa^mal^m,  fud^ten 
bie  granfen  nörblid^  (norböftlic^)  t)on  ber  ^\on^txxd)z,  fpäter  iebod^  an  ber  Siorbtoeftedfe 
bed  2:emj3clj3la^ed,  alfo  öftlic^  t)on  ber  I^alfcnfung,  mithin  an  ber  ©tette  ber  l^cutigcn  45 
türfifd^en  Äajernc.  Demnach  l^ätlc  ber  ©c^merjendtoeg  ß^rifti  (bie  Flamen  via  sancta 
ober  dolorosa  erft  feit  bem  fec^je^nten  S^^^^^unbe^fO  ^^^  ^^  H«it  eine  böHig  anbere 
SRid^tung  ermatten.  2)er  2!ei(^  Setl^edba  (^o  5,  2)  tourbe  im  a^nfang  ber  fränlifc^en 
.^errfc^aft  in  ber  9lä^e  ber  9lnnenfirc^e  gegeigt.  3)iefer  %z\d)  mit  fünf  §atten  tourbe  im 
§rü^ia^r  1888  norbtocftlic^  t)on  ber  genannten  Äir^e  entberft  (3b^3i  XI,  178  ff.),  ©päterw 
^ie(t  man  bie  l^eutigc  Birket  Isra'in  im  5iorben  bed  Haram  esch-Scherif  für  ben 
S3et^edbateid^.  SJic  annenlirc^e  l^at  eine  alte  ©cf^idj^tc,  fc^on  im  ftebenten  3iö^^^unbert 
trug  ein  ©otted^aud  bicfen  9kmcn  ber  3Ruttcr  3Wariad.  Die  ^raufen  erneuerten  bie 
5lirc^e;  fie  lag  nörblid^  öom  Sicm^clpla^c  bei  bem  2;^ore  ^iofap^at  unb  tourbe  f>)ätcr  mit 
einem  J^raucnfloftcr  ijcrbunbcn.  35ie  SBiege  bed  bcutjd^en  Sittcrorbend  tourbe  bad  Hospi-  66 
tale  Alemanorum  mit  einer  ÜKaricnlajjcßc ;  cd  lag  an  ber  ©traße  ber  3)eutfd^cn,  bie 
pc^  bon  ber  bad  SJaöibdtljior  mit  bem  2;emj)c(pla^  berbinbenbcn  ©traße  fübtoärtd  ab* 
jioeigtc.  Um  bie  SBafferberforgung  g.d  mad^tc  fid^  ber  granfe  ©ermanud  tocrbient;  er 
ließ  ben  öerfd^ütteten  Srunnen  SRogcl  (BirEijüb  ©.671,4«))  audräumen  unb  legte  1176 
ben   fog.  ©ultandtcic^  im  2:^^  Sen  .^innom  an.    2)ie  §ö^c  im  (JBeften  unb)  ©übmao 

44* 


692  3erttfttlcm 

btefeS  %\)aU^  nannte  man  bamal^  äSerg  ®il^on;  @a(omo  foQte  bort  )um  Jtönig  gefolbt 
fein,  :3m  %l}aU  ^o\apf)at  (=  Äibron  ©.  .668)  erneuerten  bie  granfen  boiS  ®tab  ber 
Jungfrau  3Karia  unb  bie  baju  gei^örenbe  flird^e,  bie  bereit«  im  vierten  ober  fünften  3^^- 
l^unbert  afö  Oet^femanefirc^e  mit  bem  ©robe  ber  l^eiligen  9Waria  genannt  toirb.    8uf 

5bem  britten  ®i))fel  be«  Ölberg«  (®.  667  f.)  [tanb  um  1130  eine  grofee  Äirc^e  ju  obren 
ber  §immelfal^rt  Gl^rifti;  fdj^on  Äonftantin  ^otte  bort  ein  Heiligtum  erbaut 

13.  3.  üon  1187  — 1841.  3lm  2.  DItober  1187  öffnete  3.  feine  2:^orc  bem 
fiegreic^en  ©alabin.  2)ie  meiften  lateinifAen  ßl^riften  öerliefeen  bie  ©tabt,  bie  gricd^ifd^ 
blieben  jurüct.  9lic^t  nur  ber  abenblänbifd^e,  fonbem  audj^  ber  4|rift(id^e  G^rafter,  ben  bie 

10  ©tabt  unter  ben  Äreujfal^rem  erl^alten  I;atte,  fottte  nac^  9Wi)gli4ifeit  toiebcr  i)crtoif(^t 
h)erben;  c^riftlid^e  Äird^en  unb  Älöfter  tourben  in  SKofd^een  ober  ©c^ulen  Dertoanbelt,  nur 
bie  Äirc^e  be«  beiligen  ©rabc«  blieb  unt)erfel^rt.  Die  Äirc^^e  be«  S^^önniter^of^jital«  tourbe 
ju  einem  Äranfenl^aufc  cingerid^tet  (perfifd^  Bimaristan,  toerfürjt  Muristan).  8Ud3lic^b 
£öh)en^erj  Don  ©nglanb  im  SBinter  1191,92  3.  mit  einer  Belagerung  bebro^te,  liefe  ©o^ 

16  labin  bie  3Kauem  ber  ©tabt  ju  großer  geftigfeit  erneuern.  Dagegen  befahl  ber  ©ulton 
Malik  el-Mu'a??am  toon  Dama^hä,  bie  ^Mauern  toieber  ju  fcpleifen,  bamit  fte  ben 
granfen  nicbt  afö  ein  ©tü^unft  i^rer  SMac^t  bienen  lönnte  (1219/20).  3)o(^  getotg  e^ 
bem  beutfc^en  Äaifer  griebric^  II.,  burc^  aSerl^anblungen  mit  bem  ägVptifc^en  ©utton  el- 
Kämil  ben  S3eft^  3-^  ^^^  2lu«na^me  be«  Haram  esch-Scherif  fiU:  bie  ßl^riften  toieber 

20  ju  erlangen.  Diefer  Vertrag  foHtc  t)om  11*  gebruar  1229  an  jel^n  ^a^re,  fünf  üRonate 
unb  bierjig  2agc  bauem.  3-  tourbe  toiebcr  bcfeftigt,  aber  ber  gürft  öon  Äerol,  en-Näsir 
Däüd,  eroberte  1239  iDieber  bie  ©tabt  unb  jerftörte  i^re5Kauem,  felbft  ben  3)at>ibgt^unn. 
2)er  aSertrag,  burc^  ben  er  ben  lateinifc^en  Soften  ben  Sefi^  3-^  o^ne  jebc  6infd^än= 
fung  juftd^crte  (1243),  fül^rte  ben  enbgiltigen  SBerluft  ber  ©tabt  für  bie  ß^riften  l^erbei. 

25  Denn  ber  äg^plifd^e  ©ultan  Eijüb  rief  bie  Gl^otoare^mier  au«  bem  ^^weren  Slfien«  ju 
§ilfe,  unb  biefe  ^ogen  nun  Jjlünbernb  unb  morbenb  t)on  3)iefopotamien  l^er  burd^  ©^en 
nac^  ägVJ)ten.  ^m  ©e^tember  1244  bemächtigten  pe  fid^  unter  fc^redflic^en  (Sroufam^ 
feiten  ber  toelj^rlofen  ©tabt.  Damit  ging  S-  für  immer  ben  Äreujfoi^em  Derloren.  Der 
©ultan  Eijüb  ergriff  Öefi^  Don  ber  ©tabt,   bie  in  ben  folgenben  ^ö^^^^unberten  too^l 

30  nic^t  bergeffen  tourbe,  aber  ol^ne  jebe  j)olitifc^e  S3ebeutung  toar.  6«  fam  mit  ©^rien 
unb  2i[gVt)ten  1517  burc^  ben  ©ultan  ©elim  I.  unter  bie  §errfc^aft  ber  Surfen,  ©ein 
Dfac^f olger  ©oliman  gab  1542  ben  3Kauem  ber  ©tabt  bie  ©eftalt,  bie  fie  nod^  jeftt 
l^abeit.  aSon  1831—1840  tüar  ©^rien  im  Scfift  SKe^emeb  2tli'«  Don  3ig^>)ten,  für  ben 
es  fein  ©ol^n  ^^^ö^im  ^afd^a  erobert  ^atte. 

an  ©eit  1219  bemühten  fid^;  bie  ^angiöfaner,  im  l^eiligen  fianbe  unb  befonberS  in  5- 
feften  ^u^  ^u  faffen  (Provincia  Syriae  sive  Terrae  Sanctae,  Custodia  Terrae  S.). 
©ie  crliielten  6nbe  be^g  brei^e^nten  3«^^^«"^^*^  ^nige  germane  Don  ben  äg^ptifc^ 
©ultanen,  unb  1333  famen  [\f  burc^  Äönig  SRu^jert  Don  ©icilien  unb  feine  ®emal^lin 
©ancia  in  ben  $3efi^  ber  ^ionefirc^e  (Mons  Sion),  Dielleic^t  auc^  fc^on  anberer  ^eiliger 

40  ©tätten  (beftätigt  burc^  ßlemen^  VI.,  1342).  Die  Äird^e  (Coenaculum)  mufeten  fic  auf 
Sefe^l  beg  ©ulian^  ©olimand  Dom  18. 3Kärj  1523  räumen,  ba^S  anftofeenbe  Älofter  1551. 
Durd^  2tnfauf  eine^  bcu  ©eorgiern  gel^örigen  5Uofter^  erlangten  fte  1559  unter  Soni^ 
fatiu^  Don  Slagufa  einen  neuen  3)tittelj3unlt  in  ber  ©tabt  norbtoeftlic^  Don  ber  @rabe^ 
lirc^e,  ben  fie  ©alDatorflofter  nannten.    Dort  ift  nod;  l^eute  il^r  ©i^.    ©ie  l^aben  toicbers 

45]j;otte  groben  il^rer  ©tanb^aftigfeit  unb  il^re^  opfertoiöigen  93tuteg,  für  bie  ^eiligen  ©tätten 
ju  leiben,  abgelegt. 

©eit  ber  Eroberung  ^aläftina^  burc^  bie  S^ürlen  gaben  bie  c^riftlic^en  SKoc^te  ben 
©ebanfen  auf,  bie  orientalifc^en  (Elj^riften  Don  ber  §errf(^aft  be^  '^^am  ^u  befreien,  ©ie 
begnügten  fic^  bamit  bie  Gl^riften  im  Orient   ju   befd^ü^en.    granfrei^   ging   auf   blefem 

50  aSege  Doran.  ^an^  I.  (1515— 1547)  fc^lofe  mit  ber  "Sürfei  Äaj)itutationen  ab,  nac^ 
Denen  bie  in  ber  2^ürfei  hjoljinenben  J^ranfcn  bei  i^rcn  eigenen  Äonjuln  nad^  i^ren  Dater^ 
länbifc^en  GJefe^en  Siedet  fud^en  burften.  Diefe  Seftimmungen  bilben  noc^  ^tc  bie 
®runblage  für  bie  ©teltung  ber  abcnblänbifdj^en  (E^riften  in  3.,  bie  übrigen  SKäc^te  finb 
bem  Seifpicle  granfreic^^  gefolgt  (1621  erfter  franjöfifc^er  Äonful  in  SO- 

55  14.  Die  neueftc  ©efc^ic^te  ^-^  feit  1841.  Der  Umfc^loung  in  ben  SJer^ 
bältniffen  3-^  i"^  neunzehnten  ^al^rl^unbert  ift  burc^  bie  Jjroteftantifc^en  3Ktfftonare,  Sftmeri* 
taner  (1821)  unb  ßnglänber  (1826),  Deranlafet  toorben.  Die  englifc^en  SKiffionare 
trünfdj^ten  tocltlic^en  ©c^u^  für  il^re  ^erfon  unb  i^re  3lrbeit,  be^^alb  begrünbete  (Snglanb 
1839  ein  Äonfulat  in  3.     ^^^m  folgte  ^^ireufecn  1842,   ba«   fi^;   an  ben  >)olitif(^^  Ser^ 

w  l^anblungcn  mit  ber  .s^ol^en  ^JJforte  in  Äonftantinojjel  1840   beteiligt  b^tte  unb  1841  gc* 


^trufaiem  ^ufalem,  mmm  ®t.  ^aUh  693 

meinfam  mit  ©nglanb  ba^  ebangelifd^e  Si^tum  ju  ®t.  ^afob  in  3-  ßtünbctc.  3)a«  erregte 
bie  äufmerffamfeit  ber  übrigen  3Käc^te,  bie  nun   teiU  bie  jc^on  beftebenben  Äonfulate 
beffer  unb  regelmäßiger  befetjten,  teil«  neue  begrünbeten,   jugteic^  auc^   ber  anberen  d^ft* 
l\d)m  Jtonfeffionen.    ®er  griec^ifd^-ort^obose  ^atriard^  5lVi^Ö«>^  berlegte  1845  feinen  @i^ 
Don  Sonftantinot)el  lüieber  nad^  '^.,  9lom  erneuerte  1847  ba«  lateinijc^e  ^atriard^at.  9Kan  6 
iüetteiferte  in  ber  Einrichtung  üon  ^ilger^erbergen  unb  Äranfen^äufem,  in  bem  S3au  üon 
Äirdj^en,  Älöftem  unb  ©c^ulen.    Da«  ift,  um  mit  %.  2:obIer  ju  reben,  ber  frieblid^e  Rreuj- 
^ug,  ber  im  neunzehnten  S^i^rl^unbert  begonnen  f)at    dt  l}at  bi«l^er  nur  gortf^ritte  ju 
Deri^eid^nen.    ^mn  fleißige  unb  umfid^tige  Srforfc^er  3-^  unb  ^aläftina«  traf  1835  nur 
fünf  ,,5f^nfen"  in  %,  je^t   beträgt  ilj^re  2lnjal^l   etipa  4000 !    6ine   orientalifdj^e  ©tabt  lo 
ift  3-  ^^^^  ^^^^'    ®^<J  ift  längft  über  bie  alten  ^Ringmauern  ^inau^gehjac^fen.  3)er  mu«s  ' 
limifd^e  Srud^teil  ber  ßintoo^nerfd^aft  l^ält  nid^t  Schritt  mit  bem  SBat^tum  ber  E^riften  unb 
3uben.    ß«  ift  ein  bemerlen^toerter  3ug  in  ber  jüngften  ©efd^td^tc  ^,^,  baß  bie  3juben  ber 
3a^I  nac^  unter  ben  Derfd^iebenen  ©^iqten  ber  Sintoo^nerjal^I  bie  ftäriften  geiporben  ftnb. 
9tac^  ©c^ä^ung  befinben  ftc^  unter  ben  60000  eintoobnem  41000  ^uben,  12  800  ß^riften,  15 
7000  9Jlu«limen.    ®ic  G^riften  toerbcn   auf  bie  öerfd^iebenen  S3efenntnif(e  in  folgenber 
aöcife    verteilt:    6000    ©ried^en,    4000  Sateiner,    1400    ^roteftanten ,   800   Armenier; 
200  unierte   ®riedS>en,   150  ÄoJ)ten,   100   Slbeffmier,    100  ©^rer,   50  unierte  armenier. 
2)a  bie  ;^uben  meift  arme  Seute   fmb   unb  bie  Unterftü^ung   il^rer  reid^eren  ©laubenö^ 
genoffen  in  3lnfj)ruc^  nehmen,   fo  entfjjrid^t  i^  Einfluß  bur^au«  nic^t  i^rer  So^I.    Die  20 
älnftalten  ber  einjelnen  ®Iauben«gemeinf4aften   ^ier   aufjujä^Ien,  toürbe  ju   toeit  fülj^ren 
(t)gl.  bie  Sitteratur).    3"  93etreff  ber  beutf^en  ?Proteftanten  fei  barauf  aufmerffam   ge« 
mac^t;  baß  bie  beutfd^e  ebangelifd^e  ©emeinbe  jeftt  in  ber  großen  „Erlöferfirc^e"  auf  bem 
1869  an  ^reußen  gefd()enften  Steile  be«  3Kuriftan   ein   ftattli^e«  ®otte«^au«   beft|t;    c« 
tüurbe  am  31.  Oftober  1898   in  ©egenipart  be«  beutfc^en  Äaifer«  eingetoei^t  (bie  übrigen  20 
%^\U  be«  3Kuriftan  tüerben  je^t  auggebaut).    Der  beutfd^e  Einfluß  ift  burc^  bie  Webers 
laffung  ber  fübbeutfc^en  2^empler  (feit  1873)  toefentlid^  gefti^en;    bie  Äolonie  jä^lt  je^t 
cthja  400  ©celen.   hieben  bem  ^ofjjij  ber  ))reußifc^en  3!ol^anniterorben«balIev  Sranbenburg 
befte^t  feit  1888  ba«  beutfd^e  fatl^oUfd^e  ^ofpij,  bon  .bem  ^aläftinasSerein  ber  Äatl^olifen 
Deutfd^lanb«  gegrünbet.    Diefer  SSerein  beabfic^tigt  aud^,  auf  bem  am  31.  Dftober  1898  so 
i^m  bom  beutfd^en  Äaifer   überlafjenen  ©runbftüdf  ber  Dormitio  (©terbel^au«  ber  9Raria 
©.  688,1:})  eine  Äirc^  für  bie  beutfdj^en  Äatl^olifen  gu  erbauen.  önt^e. 

^ttfaletn,  ba«  anglifanifd^  =  beutfc^e  S3i«tum  ©t.  '^alob  in  —  fiittc- 
vatui:  ^Ibefcn,  \)a^  cüangelifc^e  SBiSt^um  iti  Serufalcm,  gcfdjicfttlidjc  Darlegung  mit  Urhinbcn, 
©crlin  1842.  9töcinioalb«  9icpcrtortum.  ©b  36  unb  45.  9^cueS  SRcpcrtorium  ©b  1845.  9Rif-  86 
fion^bilber  ^ejt  1,  Serien  unb  ^aläftina,  Stuttgart  1876.  Samuel  ©obat,  cüangclifc^cv 
33if(f)of  in  Serufalcm,  93a|cl  1884.  (U^l^orn).  3)cr  ^erv  bauet  Scrufalcml  Sine  a)cnf|(irift 
über  ba§  5Berf  ber  cuangcüfdien  Kirchen  in  Serufalem,  S3erlin  (3KittIer  unb  @o^n)  1895. 
3)ie  Ic^tcre  ©djrift  ift  eine  aftcnmäßigc  3)atfteflung  ber  Sacftc. 

Die  3?erIommenl^eit  ber  ^uben  im  ]^eiligen  Sanbe  betoog  1818  bie  norbamerifanifd^e  40 
■BiijfionggefeBfc^aft  m  93ofton,  jtoei  SJliffionare  nac^  5ßaläftina  abmorbnen.   ^m  3ln|c^luß 
an  bie  Dccu>)ation  oe«  Sanbe«  burd^  3Kel^emet  3lli  1832  trat  auc^i  bie  Sonboner  ej)iffoj)alc 
v>ubenmif|ion«gefeIlf(^aft  in  ba«  Srbeitgfelb  ein ;  1833  ließ  fid)  ber  Drientalift  SJicota^fon, 
nac^bem  er  fc^on  früher  ba«  eigentliche  3Kif|ion«toerf  begonnen  l^atte,  bleibenb  in  $^erus 
falem  nieber.    E«  folgte  1840   bie  Eö)ebition   ber   eurojjäifc^en  ©roßmäd^te  nac^   bem  46 
Orient,  ber  fogen.  DuabnH)elallianj,  burc^  toeld^e  ber  Jl^ron  3Ra^mub«  gegen  ben  über^ 
mäd^tigen  5Paf($a^  bon  5ägVJ)ten  gefid^ert  unb  bie  f^rifd^en  ^ßrobinjen  hjieber  ber  unmittet 
baren  §errfd^aft  be«  ^Pabift^l^   unterUjorfen   tourben.     Die  Äüftenftäbte  ©^rien«  unb 
^is^önijien«  mußten  ftd^  i^ren  glotten   ergeben.    93ei  bielen  3^^Ö^<>R^'i  roac^te  bie  Er- 
innerung an  bie  2^ge  ber  Äreu^jüge  auf.    Sefonber«  beutfc^e  ©timmen  forberten  jum  60 
ßrh)erbe  gerufalem«,  anbere  fogar  jur  Emanjij)ation  $aläftina«  bon  ber  ©eh>alt  ber 
0«manen  auf.    3Kit  ftaat«männif(^erem  93lidf  nal^m  ^ebric^  SEBill^elm  IV.  bon  ^Preußen 
bie  jjolitifc^  günftigen  fionftellationen  ^ur  S3egrünbung  einer  ©tettung  für  bie  ebangelifc^en 
Ebrifteit  im  Orient  iüofyc.  Denn  toäl^renb  bie  armenifc^e,  griec^ifd^e  unb  lateinifc^c  Rird^e 
bier  Don  Sllter«  l^er  unb  bertrag«mäßig  il^re  gefd^loffenen  Äor))orationen  beftfeen,  bie  beiben  55 
lotteren  überbem  i^re  ftarfen  ^ßroteftoren  ^aben,  ging  ber  ebangelifc^en  bi^^er  jebe  fird^* 
li^e  i^ertretung  ab.    au^  ber  .^attifc^erif  t)on  ©ül^ane,  ber  1839   bie  ©leid^l^eit   aHer 
EintDo^ner  be«  Sleic^  bor  bem  ©efe^e  Jjroflamicrte,  blieb  für  i]^re  ©enoffen  o^ne  roirfc 
liclie  Sebeutung.    ©.  ben  2:ejt  j.  33.  bei  5ßetermann,  99eitr.  j.  einer  ©cfd^.  ber  iteueften 


694  ^eritfaicm,  »idtum  (SU  ^fafob 

Stcfonncn  bc«  ottomanifd;cn  9leic^«,  Scrtin  1842.  9la(^bem  ^ßreu^cn  bei  »nlafe  bcr 
Slatififatiou  bc«  aSerttag^  t)om  15.  Suli  1840  für  feinen  Antrag  auf  pemeinfc^ftlit^ 
3ufammentoirfen  jur  ßraclung  einer  toollen  c^rifüidben  SHeligion^frei^eit  im  SRorgcnlanbe 
bei  ben  @ro^ntäci^tcn  nicpt  ba^  geipünfc^te  @ntgegenIommen  gefunben  ^e,  legte  ^ebn4f 

6  ffiill^elnt  IV.  in  einer  ©tjejiolmiffion  Sunfen«  an  bie  Äönigin  öon  SngUnw  bem  Qt^ 
bifd^of  ^on  Santerbur^  unb  bem  93ifc^of  Don  Sonbon,  ald  bem  i^aupt  ber  oudH^ortigen 
anglifanifc^  ©emcinben,  ben  $Ian  jur  gcmeinfamen  ©rrid^tung  unb  Slu^ftattung  etned 
))rotcftantif(i^en  Si^tum«  in  3>^nifalem  t)or,  um  eine  einl^eitlic^e  Vertretung  bc«  ^roteftam 
tt^mu^  unter  bem  Sd^u^e  ßnglanb^  unb  $reu|end,  biefer  beiben  möc^ttgjten  Staaten  bcd 

10  protcftantijd^en  6urot)aö,  im  gelobten  fianbe  ju  ermöglichen.  6«  jollte  babei  ber  preufeifc^ 
Sanbe^ürd^e  „eine  jc^loefterli^e  Stellung"  neben  ber  englifc^^  eingeräumt  toerben.  2)ie 
l^ol^c  ©eiftlid^feit  ßnglanb«  ging  fe^r  bereitwillig  auf  ben  Sorfd^Iag  ein.  ^nbed  fafete  fie 
öon  3lnfana  an  ben  Rh^^*  '^^  h^  [tiftenben  Si^tum«  unter  emem  Don  bem  preuftfc^ 
zt^vai  berfcpiebenen  (ä^d^tdpunlt  auf,  inbem  fte  l^offte,  barin  erften^  eine  Der^ei|ungdlH>lIc 

16  gentralftätte  für  bie  ÜJcij|ion  unter  ^^rael,  unb  jtoeiten«  eine  tJ^^atfäd^Iid^e  Xnboi^ung  |u 
einer  Union  jtoifc^en  ber  englifc^en  unb  beutfqen  Äirc^e  über  bem  ®rabe  bed  @rlöfer^ 
crblidfen  ju  bürfen.  ^n  bem  Don  i^m  Deröffentlic^ten  ©tatement  \pxadf  ber  ©rjibifcH 
fogar  bie  ßrioartung  au«,  bafe  bie  neue  Stiftung  ben  SBJeg  bal^nen  toerbe  )u  einer  toejent-- 
liqen  (Sinl^eit  of  discipline  as  well  as  of  doctrine  between  our  own  Church  and 

20  the  less  perfectly  constituted  of  the  Protestant  Churches  of  Europa. 

Die  Dotation  be«  33i«tum«  toarb  auf  30,000  5Pfb.  Sterl.  feftgefe^,  um  bem  »Mof 
ein  jö^rlic^eg  ginlommen  Don  1200  ^fb.  ju  fiesem.  SQ3%enb  @nglanb  bie  Sefc^offung 
ber  §älfte  biefer  Summe  burc^  eine  allgemeine  Sammlung  übernahm,  befttmmte  bie 
preufeifc^e  Stiftung^urlunbe  Dom  (».  Se^jt.  1841   ein  Kapital  Don  15000  $fb.  für  bie 

25  aiuöftattung  in  ber  2Beife,  ba^  fie  junäd^ft  jö^rlic^  bie  ^m]m  baDon  mit  600  ?Jfb.  )ur 
aSerfügung  ftellte.  Der  33ifc^of  foHte  obtoed^felnb  Don  ben  Äronen  Don  (gnglanb  unb 
^JJJreufeen  ernannt  toerben.  3n  Slnfei^ung  ber  Don  $reu^en  ©mannten  bel^elt  jeboc^  ba 
^i^rima«  Don  ©nglanb  ba«  unbebingtc  SRed^t  be«  3Seto.  ^m  toeitem  h>ar  bo«  Si^tum 
burc^  mt>  burc^  ein  93i«tum  ber  Dereinigten  Jlirc^e  Don  @ng(anb  unb  ^tlanb,  tpeU^e«  ba« 

30  unDmürjte  ©ejpräge  bc«  anglilanifd^en  $artilulari«mu«  an  [\d)  trug.  8i«  bie  fiofalDer^- 
niffe  be«jelbcn  eine  ©eftaltung  gewönnen,  bie  eine  anbere  Slnorbnung  ipünfc^bar  erfd^Kinen 
lic^c,  toar  ber  Stfrij^of  bem  ßr^bifc^of  Don  ganterbur^  al«  feinem  3Dletro})oliten  untere 
tüorfcn.  Seine  Oeridj^t^barfeit,  toelc^e  fic^  für  einftroeilen  au^er  über  5ßaläftina  aut^ 
über  bie  ©Dangelifc^en  im  übrigen  Serien,  in  ßl^albäa,  2(g^pten,unb  äbeffinien  erftretftc, 

36  rid)tete  fic^,  fo  toeit  möglich,  nad^  ben  ©efe^en,  Ganone«  unb  Übungen  ber  Rvcd^  6ngs 
lanb«.  9lur  mit  SintDiQigung  be«  ^Metropoliten  toar  er  befugt,  nad^  ben  eigentümlich 
Sebürfniffen  feine«  Sprengel«  befonbere  Segeln  aufjufteHen.  Um  ber  Vereinbarung  bie 
oberl^o^eitlid^e  ©enel^migung  be«  Btaatt^  ju  fiebern,  toarb  eine  ^ariament«afte  ertirirft 
(5.  Oft.  1841),  Dermöge  beren  für  ein   frembe«  2anb   bie  gnftitution  unb  Äonfefcation 

40  aud;  eine«  93ifd^of«  al«  ftatt^aft  erflärt  tourbe,  ber  nid^t  nottoenbig  Untert^an  ber  brit» 
tifc^en  Ärone  fein  mufete,  infotoeit  toeber  ber  Äronc  ben  §ulbigung«eib,  noc^  bem  grj^ 
bifd^of  ben  gib  be«  ©c^orfam«  ju  (eiften  ^atte,  ^inloicber  aber  ebenfoh)enig  ben  Don  i^^m 
getoeii^ten  Diafonen  unb  ^rieftem  ba«  SRed^t  ju  a[mt«funftionen  in  ©nglanb  unb  ^xlanh 
jufjjrec^n  tonnte. 

46  Über  bie  Stellung  ber  Deutfc^=®DangeIifd^en,  bie  fic^  feiner  3uri«biftion  untertoerfen 
looUten,  galten  teil«  nac^  bem  Statement  Dom  9.  Dejemfter  1841,  teil«  nad^  ben  STOobe^ 
fitationen,  toeldj^e  bicfe«  SleguIatiD  burc^  beit  erjbifc^^öflic^en  ©riafe  Dom  18.  3uni  unb  bie 
Vrcufeifdfie  Äabinet«orbre  Dom  28.  IJuni  1842  erfuhr,  folgenbe  Seftimmungen :  1.  Der 
Sifc^of  tüirb  bie  beutfc^cn  ©emeinben  in  feinen  Sc^u^  nej^men  unb  il^nen  allen  in  feiner 

60  stacht  fte^enbcn  93eiftanb  leiften ;  2.  bie  Seelforge  unter  ibnen  toirb  burc^  beutfc^  GJeifis 
lic^e  geübt,  toeld^e  j\u  bem  ßnbc  bem  33ifd;of  ein  3^0"^^  bon  Iomt)etenter  SSel^örbe  über 
SBanbel  unb  Dualififation  für  ba«  Slmt  Dortoeifen,  nac^  einer  Don  il^m  Dor^enommencn 
Prüfung  unb  auf  bie  Unterfc^rift  ber  brei  ölumenif^en  Symbole  bie  Drbmation  nad^ 
cnglifc^em   iRitual   em^jfangen,  unb  il^m  ben  6ib  be«  fir(^enorbnung«mä|igen  ©el^orfam« 

66  Iciften ;  :>.  bie  Siturgie  ift  eine  Dom  '^JSrima«  forgfältig  geprüfte,  entnommen  au«  ben  in 
^^reu^en  firc^Iic^)  rezipierten  Siturgieen  ;  4.  ben  SWitu«  ber  ^Konfirmation  DoDgiel^t  ber  Sifc^of 
an  ben  beutfd^en  Äatec^umcnen  nac^  anglifanifd^er  JVorm. 

^iemit  ^tte  i^reu^en  fic^  in  aßen  rein  firc^Iid^en  fragen  ber  englifc^^  Jpoc^firc^ 
gegenüber  |;u  toa^r^aft  bemütigenben  Äonjeffionen  ^erbeigelaffen.    Äein  Säunber  alfo,  bofe 

(X)  ba«  gutgemeinte  Untemel^men   bei   feinem  ßnlfte^en   in   toeiten   Äreifen,  Dorab   bei  ber 


dentfalem,  »'mnm  ®t  3fafo(  695 

ÜJtcl^rjal^I  ber  (S\)angclifci^m  tu  ®eutjc^Ionb,  ber  ©c^tocij  unb  in  granfrcid^,  aber,  freilid; 
au^  anberen  SKotibcn,  a\xd)  bei  Äat^olifen  unb  ^ujct^iten,  eine  unöünftiße  aufnähme  fanb. 

3)er  erfte,  tocld^er  md)  Slble^nung  bei^  ^ri^nber«  D.  9Jl'6auI  ben  ncubearünbetcn 
33ifc^of!gftul^I  beftieg,  toor  ber  jübifd^e  Äonbertit  D.  5KicbaeI  Bai  Sllejanber,  5ßrofeffor  ber 
l^cbräifd^en  unb  rabbinifd^en  fiitteratur  am  Äing^sgoDege  ju  Sonbon,  geb.  1799  ju  ©c^öus  6 
laufe  in  'ilJofen.  5Kitfamt  grau  unb  Äinbem  l^ielt  ber  firdj^Iic^e  SBürbenträger  am 
21.  Januar  1842  feinen  Sinjug  in  ^erufalem.  Der  ^Pforte  tourbe  er  Jtgnalijiert  ate  ein 
(gnglänber  bon  SRang,  afö  ein  ^ölj^erer  ©eiftlic^er  ber  englifd^en  Äird^e,  angetoiefen,  über 
bereu  ÜJlitgliebcr  ober  il^r  bertoanbte  ^emblinge  eine  geiftlic^e  Oberauffic^t  ju  fül^ren. 
35amalg  hjirften  aufeer  ein  paax  norbamerilanifd^en  93oten  nur  Slicola^fon  mit  bier  lo 
©el^ilfen  bon  ber  englifc^^Iirc^Iid^en  SWiRion^efeHfc^aft,  bereit«  im  Sefi^  eine«  jum  Sau 
einer  Äirdbe  beftimmten  ©runbfttidf«  auf  3^on.  gwbenc^riftüc^e  JJamilien  fanben  fid^  erft 
brei  bor.  —  älejanber  ftarb  fc^on  am  23.9lobember  1845  nal^e  bei  ßairo  in  berSBüfte. 
3^ni  folgte  ©amuel  ®obat  bon  Gr^mine«  im  bemifc^en  ^ura,  getoefener  3Riffionar  in  äbeffi« 
nien  (f.  »b  VI  ©.  738—740).  i6 

Unter  feiner  9legierung«jeit  jeigte  fid^  fdbon  beutlid^,  ba^  ba«  engKfd^^beutfd^e  Si«tum 
eine  unl^altbare  SSerbinbung  toar.  Die  beutfd^e  ©emeinbe  erftarfte  bebeutenb.  $^^r  3Bad^«s 
tum  Inüj)fte  fw^  an  bie  Slrbeit  auf  bem  ®ebiet  ber  Siebe^tl^ätigfeit  unb  ber  ©d^ule.  ^m 
Sa^re  1851  errichtete  %f).  gücbner  in  ^i^^k"^  eine  ©tation  ber  Äaifer«h)ert]j;er  Diafo^ 
niffen.  Die  ©c^toeftem  leiteten  ein  Äranfenl^au«  unb  eine  6niel^un^«anftalt  für  3Käbcl^en.  so 
3n  bemfelben  ^af)xc  tourbe,  toenn  auc^  nur  ^jrobiforifd^,  am  Difllontffenl^aufe  ein  beutfc^er 
©eiftlid^er,  5ßaftor  SSalentiner  angeftettt.  ©iW^of  ®obat  berjic^tete  auf  beffen  bertrog«- 
mäßige  SKeorbination  nac^  anglilanifc^em  SHitu«.  9Jeben  ben  Jtaifer^toertl^er  Dialoniflen 
mürbe  im  S^^re  1858  ber  3lof?anniterorben  in  ^^^^f^I^'"  toirifam.  (gr  übernahm  ba« 
fd^on  früher  bort  gegrünbete  $ofpij.  §ier  richtete  ber  bamalige  beutfd^e  5ßaftor  ^offmann,  25 
ber  3^ac^foIger  SSalentiner«,  bie  erften  felbftänbigen  beutfd^en  ®otte«bien[te  ein,  h)%enb 
bi«  bafiin  bie  Deulfc^en  auf  bie  5Kitbenü^ung  ber  englifd^  Äirc^e  angetüiefen  toaren. 
Dod^  toar  ba«  nur  ein  Slotbe^elf.  Da«  SSerlangen  nac^  einem  eigenen  beutfd^en  ®otte«- 
F^aufe  maä)U  fid^  immer  mel^  geltenb.  3>"*>^^  h>ar  ein  $Ia^  fc^toer  ju  befd^affen.  "Slan 
rid^tete  feine  Slugen  auf  ba«  $errain,  too  ber  goiSianniterorben  früljier  feinen  ©i§  gehabt  ao 
^atte.  Da«  ftanb  teiltoeife  al«  türfifc^e«  ©tiftung«gut  (SBafuf)  unter  ber  Serfügung  be« 
©ultan«.  ^m  ^al^re  1869  fc^enfte  ber  ©uüan  ben  ^pia^j  bem  Röni^  SBil^elm  I.;  ber 
bamalige  Äron))rinj  ^iebric^  SBil^lm  fonnte  bei  ©elegen^ett  fetner  Sletfe  nad^  5ßaläftina 
am  7.  5iot)ember  1869  bon  bem  5pia$  für  bie  Ärone  ^reu^en  85efi$  nel^imen.  Dort 
tourbe  1871  borläufig  eine  Äa))eIIe  für  bie  beutfd^e  ®emeinbe  errichtet.  86 

^njtoifd^en  toar  auc^  numerifc^  bie  beutfd^e  ®emeinbe  fel^r  geh)ad^fen.  ^atte  ®obat 
bei  feinem  amt«antritt  in  ^läftina  leinen  eimigen  ^roteftanten  angetroffen,  fo  jöl^Ite 
1875  bie  beutfc^  ©emeinbe  bereit«  200  9Jhtglieber.  ßin  2:eil  ber  1868  unb  1869 
nac^  ^aläftina  au«gen)anberten  2:em>)ler  fc^lofe  ft^  ebenfatt«  ber  beutfd^en  ®emeinbe  an. 

Unter  folc^en  SSer^ättniffen  toar  ber  3wfötnmen^ng   mit  ber   cnglifc^en   ®emeinbe  4o 
balb  nur  nod^   ein  äußerlicher.    9?ur  bie  beutfd^freunblid^e  ?PerfönIid^ieit  be«  frommen 
Sifd^of«  ®obat  Dcrbedfte  bie  fd^on  toorl^anbene  a^rennung.    Der  nac^  bem  lobe  be«felben 
1879  Don  ßnglanb  ernannte  5?ac^foIger  ®obat«,  Dr.  Sarla^,  ftellte  ftc^  nur  nod^  amtlich 
i^u  ben  Deutfc^en.    6r  ftarb  ober  bereit«  am  22.  Dftober  1881.    Qie^t  toar  an  Deutfc^= 
lanb  bie  9lei|>e  ber  ©mennung.    Die  jtoifd^en  Deutfd^Ianb  unb  6nglanb  über  bie  SBieber^  46 
befe^ung  be«  S3i«tum«  get)fIogenen  Serl^anblungen  fül^rten  jur  Sluf^ebung  be«  SSertrag« 
bon  1841.    5JamentUc^   bie  Seftimmung  be«  Vertrag«,   baß   ber   beutf^e  Sifc^of   bie 
39  3trttfel  unterfc^reiben  unb   fid^   nac^   anglifanifc^em  SRitu«  orbinieren  laffen  müßte, 
bercn  2luf^ebung  Deutfd^Ianb  verlangte,  ©nglanb  aber  ablehnte,  toar  e«,  bie  ben  legten 
®runb  für  bie  9luf Hebung  be«  Vertrag«  abgab.    2(m  3.  5Wobember  1886  boHjog  Äaifer  w 
SBil^elm  bie  Aufhebung. 

Da«  beutfc^e  Äirc^^entoefen  in  S^^^f^I«"^  lourbe  burc^  bie  ©rric^tung  ber  !3erufalem= 
ftiftung  im  ^af)x^  1889  felbftänbig  georbnet.  Die  ßinioeil^ung  ber  neuen  beutf^en  Äird^e 
in  ®egenh)art  be«  beutfc^en  Äaifer«  am  31.  Dftober  1898  bilbet  einen  ^öpej^unft  für 
bie  ©nttoidtelung  ber  beutfd^en  ebangelifc^en  Äird^e  im  l^eUigen  Sanbe.  ^ 

{mUx  t)  V4  V^e«er. 

^fetttfaltm,  ^ol^ann  griebric^  SBJil^elm,  gefi.  1789.  —  ScIbftblogralJ^le, ab* 
gebrucft  in  ben  „92a(^gelaffenen  ©cbriften",  S3raunf4tDef g  1793 ;  S)5ring,  S)ie  beutf^en  ftan^el« 
rebner  be«  18.  unb  19.  Sa^r^unbert«,  92euftabt  a.  0.  1830;  ^ier  aucf  ein  Ser^eic^nt«  feiner  eo 


696  3erttfttlem,  3.  %x.  SB. 

Scöviflcn;  efc^cnbuiö  in  b.  SDeutfcft.  SHonotöidn-.  1791,  VI,  6. 132 ff.;  93our,  fdehenü^emalU 
bcnltüürbiQer  ^crfonen  V,  @.  401;  ^oöcnbacö,  SSodcfungcn  über  bicÄ®  bcö  18.  u.  19.  S^brö. 
3.  SlufL  I,  6.  351  ff.;  Äolberoei)  in  bcr  3^^^  1869  @.530;  möcnmann  in  bcx  «böXIII. 
1881,  @.  779. 

6  ^o^ann  ^ebric^  SBJil^cInx  3^ölcm,  einer  bcr  audgejeid^netflen  "Sfyolo^üm  unb 
praltifd^en  X^eologen  bc^  tjorigen  Sa^r^unbertö,  mithin  oud?  einer  ber  toürbigficn  iRf- 
pröfentonten  ber  jcne^  S^^'^'^wnbert  c^arofterifterenbcn  SRid^tunö,  ift  geboren  ben  22.  9Jo= 
tjember  1709  m  D^nabrüdf,  h)0  fein  SJater  bie  ©teUe  eine«  erften  ?ßrebigerd  unb  ©utw^ 
intenbenten  belleibete.    Slac^bem  er  in  ben  ©d^ulen  feiner  3Saterftabt  ben  ®runb  gu  feinen 

10  ©tubien  gelegt  ^atte,  begog  er  1727  (nid^t  1724,  h)ie  in  ber  2.  Slufl.  biefc«  SQäcrt«  ober 
1726,  tote  in  ber  SlbSB  gefagt  ift)  bie  Unitjerfttöt  2eij)jig,  um  bort  fid^  bcr  2^coIogic 
5U  loibmen.  ^uxd)  ©ottfd^eb  toorb  er  in  bie  SBolfifd^e  H5^ilofo})^ic  cingcfü^;  in  bcr 
Xl^eologie  berbanite  er  ba«  3Reifte  beni  ©elbftftubium.  SRad^bem  er  in  Scij)jig  bie  SKagiflcri 
tüürbe  erholten,  begab  er  fid^  nod^  £el;ben,  too  ©d^ultcn«,  S3urmann,  3Ruf(pcnbroef   feine 

16  Seigrer  toaren.  ^m  §aag  t)crfal^  er  eine  ^^\t  long  bie  ©tcttc  eine«  ^Prcbigcre  an  bcr 
bortigen  beutfd^en  Äirc^c.  ©obann  begleitete  er  jtoei  junge  ßbellcutc  ate  ^ofmciftct  nacb 
®öttingen  unb  mad^te  bann  nod^  eine  Steife  nac^  Snglanb  mit  einem  längeren  äufcnt^ 
l^alte  in  Sonbon.  S)ic  Selanntf^aft  mit3Wännem  ber  berfd^iebenen  fir^Iic^w  Slid^tungen, 
in  beren  SBefcn  er  ba«  ®ute   unb  3:üd^tige  mit  richtigem  Slidf  ^erau^jupnbcn   unb  ju 

20  hmrbigcn  t)er[tanb,  toirlte  vorteilhaft  auf  feine  für  atte«  ®ute  unb  ®ble  cnH)fängIi(^c  @e= 
finnung.  3Rit  bem  Slu^brud^  bc«  fd^Ieftfd^en  Äriege«  betrat  er  ben  batcrlänbif^cn  Soben 
toieber  unb  nad;bem  er  eine  R^xt  lang  eine  ^^au^Iel^rerftette  in  ßannober  bcHcibct^  toarb 
er  .§ofl)rebiger  be«  ßji^Jögö  Äarl  bon  33raunfd^toeig  in  SBolfcnbüttel  unb  ©rjie^cr  bon 
beffen  fiebeniä^rigem^rmjen(bem  nad^mate  afegelb^err  berüf^mt  getoorbenen  Rarl  3Bi%lm 

26  gerbinanb).  Slad^bem  er  biefe«  Slmt  im  ©ommcr  1742  angetreten,  tourbc  er  im  folgen^ 
ben  :5a^re  ^roj)ft  ber  beiben  braunfd^ioeigifd^en  Älöfter  ©t.  Gruci«  unb  ägibii,  bann  im 
Sa^r  1749  2lbt  bon  SRarientl^al  unb  1752  äbt  be«  Älofter«  SRibbag^^ufen  in  ber9?ä^ 
t)on  Sraunfc^ioeig.  2luö  ainJ^änglid^feit  an  baö  braunfd^ioeigifd^e  §au«  IcJinte  er  ben  Stuf 
ab,  ber  an  i^n  erging,  Äanjier   ber  Unitjcrfttöt  ®öttingen  ju  toerben.    S)afür  toorb  er 

30  1771  }um  93ijet)räftbenten  be«  Äonftftorium«  in  SBoIfenbüttel  ernannt.  Sin  gartet  ©d^lag 
traf  i^n  am  2lbenb  feine«  Seben«,  ba  fein  ^offnung«t)oKer  ©ol^n,  ber  gu  9Be|lar  al« 
9lec^t«ipraftifant  fungierte,  ftd^  in  einem  SlnfaK  bon  ©c|h)crmut  benS^ob  mit  eigener  §anb 
gab  (29.;30.  Cftober  1772,  fie^e  3Kinor  äbS3  XIII  ©.  783  f.).  »clanntlid^  l^aben  bie 
äußern  SBerumftänbungen  biefer  ©elbftcntleibung  ®oct^e  bie  ^rben  geliel(^cn  bei  ber3)ic^ 

35  tung  feiner  „geiben  be«  jungen  SBäcrt^er".  —  ^erufalem  ftarb  l^od^betagt  ben  2.  ©e^- 
tember  1789.  ^n  ber  ßoffirc^e  toarb  i^m  bon  ber  §erjogin  SKutter,  einer  ©d^toefter 
^iebric^«  b.  ®r.,  ein  ^enfmal  errichtet.  3Ba«  S^^^l^*"^  lirc^lid^c  unb  tj^cologifc^ 
SBirffamleit  betrifft,  fo  mad^te  er  fid^  gunäift  um  fein  engere«  SSaterlanb  berbient  burc^ 
®rünbung  einer  l^ö^eren  Se^ranftalt,  be«  Äarolinum«  in  Sraunfd^tocig   unb  burd^   eine 

40  berftänbigc  Drganifation  be«  älrmenioefen«  bafelbft.  2luc^  auf  bie  Silbung  ange^enbcr 
®ciftlid^cn  ^at  er  förbemb  eingeioirft.  2)en  fittlid^cn  ®runbfä^en  be«  ß^riftcntuni«  üon 
-Ö^i^n  5"0^t^«n  unb  t)on  innigfter  ß^rfurc^t  gegen  ba«  burc^brungen,  toa«  i^m  „Sleli- 
gion"  I;ie6,  ging  fein  ©treben  ebenfoloo^I  babin,  ba«  aSefentlic^e  biefer  Steligion  gegen 
bie  Singriffe  be«  Unglauben«  ju  t)crteibigen,   al«  an  ber  ©tcKe  ber  alten,  öielcn   unbcts 

16  ftänblid^  geworbenen  Drtl^obojie,  ^clle,  ber  Vernunft  einleuc^tenbe  SSegriffe  über  bie  gött- 
lid^en  2)inge  unb  i^re  Offenbarung  ju  Verbreiten.  (Sr  ^ulbigte  fonad^  oHerbing«  bi«  auf 
einen  getoiffcn  ®rab  ber  Slufflärung  be«  So^J^l^unbert«,  bon  ber  er  fid^  für  ba«  }}raftif4i« 
6l;riftentum  bie  gefegnctftcn  grüc^te  t)erf jjrad; ;  o^ne  fic^  bom  ©trome  berjelben  ju  ben 
(Sjtremcn  be«  9lationali«mu«  fortreiten  gu  laffen.    ©ein  bebeutenbfte«  SBerl,  ba«  auc^  in 

öo  bie  meiften  neueren  'Bpxadjm  überfe^t  unb  noc^  gu  Slnfang  biefe«  S^^^^wJ^i^^^  biclfac^ 
^ur  2lt)ologeti!  benu^t  loorben  ift,  finb  feine  „Betrachtungen  über  bie  bomc^mftcn  SBa^r^ 
leiten  ber  )Heligion",  bie  er  auf  Slnregung  feine«  el^emafigen  ä^ßlinö^/  b^  Srbl)rinjen 
bon  Söraunfc^toeig,  berfafete  (öraunfdfiloeig  1768—1779,  1785,  1795,  II).  äud^  al« 
^rcbiger  nimmt  ^i^rufalem  eine  nic^t  unbebeutenbe  ©teile  ein.    6r  fc^lofe  ftd^  in  bcr  ^0- 

65  milctifd)cn  TlcÜ)oht  an  3Ko«l^eim  an,  unb  inbem  er  feinen  ®efd^madE  biclfad^  burd^  ben 
Umgang  mit  ber  neueren,  audb  au«h)ärtigen  Sitteratur  gebilbet  l^atte,  lonntc  er  aud^  in 
ber  geijtlid;cn  Stcbc  ben  d^riftlid^en  SBabr^citen  einen  eblercn,  gcbilbetcren  3lu«brud,  al« 
c«  ben  meiften  feiner  3^'itgenoffen  t)ergönnt  toar,  geben.  6«  ift  toeniger  l)ie  3Raö^i  ber 
Stebc  unb  bie  Driginautät  ber  ©ebanfen,  al«  eine  getoiffe  Älar^eit  unb  ©infad^^eit,  toelc^e 

60  feine  55orträge  au«geidfinct.    Slufecr  ben  beiben  ©ammlungen  t)on  ^rebigten  (SBraunfd^toeig 


^[erufalem,  ^.  %t.  3&.  ^ferufalem,  Matriarchat  697 

1715— 175:J,  3.  2(uf(.,  1788,  1789)  fmb  aud^  cinjelnc  gebrucft  Iporbcn.    (gin  i5crjeidbm^ 
feiner  übrigen  Schriften  fie^e  bei  ^Jöring  ©.  153  ff.  $age«ia«^  t  (*a«if). 

^ufalem,  Matriarchat,  feit  451.  —  S)an.  ^apcbrocft,  Tractatus  de  episcopis  et 
patiiarchis  s.  HieroBolymitanae  ecclesiae  (^rolegomena  ju  Acta  Sanct.  Maj.  t.  III,  1G80); 
reicht  biö  1187,  (cnüftf)nt  bed  rocitercn  no(^  ben  $alrlard)cn  i^ajaruä,  14.  Sa^rfe.    (Sin  crftcr  6 
fritifd)cr  SSerJud));  AooldecK,  $atr.  üon  Seruf.  f  1707,  IhQi  kov  h  "[f(>ooo/.vfiot^  jxaioiaQ' 
/jrodvToy  (tjerauÄfleg.  üon  feinem  ^iodjfolger  XQroavdth;,  S3nfarcfl  1715.  @.  b.  ST.  3)ofit^enö 
lion  $f)il.  •imel)er,  53b  V;  auc^  ^attenbuf*,  SSeral.  StonfeiftonSfnnbc  I.   8.  286,  9lnm.  1  — 
id)  vcrbanlc  e§  ^errn  .^onfiftoriolrat  3Äct)er,  baß   id)  bag  SBerl   felbft   ^abe    fenncn   (einen 
fi)nnen,  cS  reidjt  bi^  auf  bie  ^ti\   bc§  2)Df.  lierob  unb  ift  bcfonberä   in  ben  legten  Partien  lo 
lüic^tig  burd)  uiel  fonfreteS  SWaterial.    3i""  @d)lu6  eine  üoUftänbige  ^ifdjoj^*  iinb  ^atriar* 
d)cn(iftc  bi^  auf  bie3eit  bcS5Serf§);  ©elnecciuS.  ^bbilbung  b.  allen  unb  neuen  grled).  Äircfte, 
1711,  fpcjien  Slnl)ang,  @.  61  f.;  Le  Quien,  Oriens  christianus,  tom.  III,  1740,  pag.  101  ff. 
(benüft  bereite  ba^  5Serf  beö  3)ofit^eu§   unb   rei(öt  bi§  jum  jweiten  ^^acftfolgev  be^felben, 
'JD{i(att)eo3,  ber  1733  ^atviarc^  rourbe.    99ei  weitem  bid^er  ba^  n)iffenfd)aftli4  ipevtuoaftc  Q^e*  15 
jQmtioerf.    9?ad)  ber  ©efcftidjte  be§  „Patriarchatus",  6.101—528,  be^anbclt  2t  Ouien  au(^ 
nod)  bic  ©ifdiDf%fd)id)te  ber  brei  Provinciae,  bie  baö  ^Jatriarcfiat  befa&t,  6.  529—784.  ^er» 
nad)  folgt   nocft  eine  ©efc^icftte  beS  Patriarch.  Hierosol.  ritus  latini;    @.  1241  ff.);    3BiItfd), 
.^lanbbud)  b.  fird)I.  ®eogr.  n.  ©tatiftif,  2  93be,    1846,  passim;    ©ilbernagl,   SSerfaffung   unb 
gegentüört.  3ttftanb  fömtt.  Äircften  b.  Oriente  1865,  passim;  Scrnfalem  alS  Matriarchat,  (Ju*  2u 
i'tobic  unb  (Jr^bi^Stum,  üKünd)ener  bift.-polit.  S3I«ttcr  1858,  93b  XLI.  @.  193 ff.,  277 ff.,  365 ff.; 
Viiilhe,  L'erection  du  patriarcat  de  .Jerusalem,  451,  Eevue  de  FOrient  chr^t.  1899,  8.44ff.; 
berjclbe,  Repertoire  alphab^tique  des  monastbres  de  Palestine.  Ib.  1890,    @.  512  ff.,    1900, 
8. 19  ff.  (nocö  nidjt  abgefd)Iüffcn,  n)ifl  nur  bi§  jum  10.  Qabrt).  gcöen);  ^.  ©utfte,  2)ie  griec^.» 
inttjoboje  ^ird)c  im  ftl.  ilanbe  8^?®  93b  XII,  1889,  8.  81  ff.  (befjanbelt  befonberö  bie  neuere  25 
3eit,  übrigens   auf  ®vunb  üon  9B.  9?.  ^itrottjo,  5).  ortt).  ©taube   im  6-  fianbe,   rufpfcft,  er- 
|d)ienen  im  8bornif  I,   1881.    3^*^^^'*  it)irb  aucft  nocft  eine  neuere  84rift  eine«  griecft.  $:^cü« 

logen;     7o>;vo(>/o;,     "^iFnnookvfuag    rJTOt    fJtiTOfWi:    ioioQia  rijg  äyiag  noXecog  *Ieg.  djio    rijg    öf- 

inAunoFOK  avrfjg  fwg  uov  veoTciTtov  xQovcor,    S^ruf.,    3)rucferei  bcö  ^I.  ©rabeö,  1862).  — 
8pC(^iene  Süteratur  bei  ben  einzelnen  9lbf(önitten.  30 

Serufalem  ift  aud^  für  bie  ß^riften^eit  bie  „l^eiligeStabt"  geblieben,  aber  e«  f^at  nie 
irgenbiüie  eine  ma^gebenbe  ©teKung  in  i^r  eingenommen.  Äeiner  ber  großen  2^eoIogen 
^at  bort  getoirlt  ober  ift  aud^  nur  bort  geboren,  leine  ber  ba^nbred^enbcn  j^ierard^ifien 
^^erfönlidfifeiten  ^ot  bort  i^ren  ©i^  gei^obt,  leine  ber  maßgebenden  bogmotifc^en  Sntfdpei^ 
bungen  ift  bon  bort  ausgegangen.  @S  ift  immerhin  borauf  ju  berloeifen,  bafe  nad^  aDersö 
aSa^rfd^einlic^Ieit  baS  fog.  Slic^ilonft.  ©l^mbol,  baS  eingigc  toirflid^  ömmcnif^e,  biejenige 
gorm  beS  Saufbefenntniffe«  rel)räfentiert,  toelc^e  jur  3«t  be«  ß^rill  in  ^erufalem  ge* 
gölten  f)at.  2lber  e«  fd^eint  ein  S^\aü,  bajj  baS  iJofalfbmboI  ber  f^eil.  ©tabt  biefe  ^iftorifc^ 
bebcutfame  ©teHung  belommen  i}at  S)a6  eS  im  §inblitf  barauf,  baß  eS  eben  in  Seruf. 
gelte,  mit  überragenbem  2lnfel^en  au^eftattet  toorben  fei,  ift  minbeftenS  nid^t  ju  betoeifen  40 
unb,  fotoeit  man  ben  ©ad^t)er^alt  überl(^au^t  erlennen  !ann,  nic^t  iDaWc^^^i^'i^-  (®-  i><*^ 
9Jäl^ere  in  31.  „ilonft.  ©l^mbol").  ®an*Jurüdgetreten  ift  bie  ©tabt  bod^  auc^  nicf)t.  ©ie 
hat  einjelne  immerhin  bemerlenStoerte  9Känner  ^ertjorgebra^t.  SKel^rere  ©^noben  t)on 
Sebeutung  finb  bort  gellten  toorben.  ^n  ben  Jlreujjügen  toar  ^tml  ber  ibeale  3JlitteU 
\>mlt  be«  Sn^^J^^^^-  älber  freilief»  nur  al«  baS  Dbjelt,  nid^t  als  baS  ©ubjelt  ber  Slltionen.  46 
Unb  e^  l^at  ate  Ort  nic^t  gerabe  biel  bebeutet  für  baSjenige  ®roße  in  tulturgefc^id^tlic^er 
Sei^iel^ung,  toaS  jene  (groberungSfal^rten  bem  Slbenblanbe  gebracht  ^aben.  ^n  ber  @nU 
ioirfelung  ber  ^ierarc^ifc^en  Serfaffung  ^at  eS  nid^t  fel^r  frü^,  aber  bod^  au^  nid^t  auf= 
fattenb  ft)ät,  eine  fefte  unb  ^oc^angefe^ene  ©teHe  erlangt,  aber  baS  ^atriard^at,  baS  in 
i^  feit  451  einen  ©i^  l^at,  h?ar  boc^  nie  gu  bergleidfien  mit  ben  anbem  ^Patriarchaten,  w 
nic^t  einmal  mit  bem,  auf  beffen  iloften  eS  gegrünbet  tourbe  unb  baS  fonft  ben  minbeften 
einfluß  auf  bie  ©cfc^ic^tc  ber  Äirc^e  geübt,  bem  bon  Slntiod^ia.  @S  giebt  auc^  nid^t  nur 
ein  gried^ifd^eS,  fonbem  auc^  ein  lateinifd^eS  unb  armenifc^eS  ^atriard^at  bon  ^erufalem. 
I)aneben  giebtS  noc^^  einige  SiStümer  bort. 

I.  Die  ©tabt  ^atte  i^re  natürlid^e  Sebeutung  Verloren,  ate  lituS  fte  erobert  unb  66 
,^umal  nad^^bem  §abrian  136  auS  if^r  bie  Aelia  Capitolina  gemadbt,  in  ber  ^ubcn 
überl^aui)t  nid^t  me^r  toeilen  burften.  3lte  biefe  neue,  rein  l^eibnifc^e  ©tabt  toar  fte 
Ijunäc^ft  ol^e  ein  befonbereS  ^ntereffe  für  bie  Äirc^e.  Aelia  l^attc  leine  3wfö"^^"^"= 
^ängc  unb  Irabitionen,  bie  i^r  einen  ßigentoert  berliei^en  Ratten,  ällmä^lic^,  als 
bie  Sd^leier  beS  33ergeffenS  ftd^  bidbter  lagerten  über  bem  Srud^e,  ber  burc^  ^abrianSeo 
Srulalifierung  ber  ^^ubenfc^aft  mit '  offenbarem  ©rfolg  in  ber  (Sefd^id^tc  ber  ©tobt 
unb  ber  d^riftlic^en  ©emeinbe  öon  '^ttul  l^erbeigefü^  Wax,  nol^  bie  nw^  ©emembe 


698  dferufakm,  ^atrtar^at 

einiget  toicbcr  auf,  toa^  i^r  einen  3"ffli"n^^nl^an0  mit  ber  Urgcmctnbc  fd^affen  lonnte 
unb  toa^  fid^  in  ber  Srinnerung  erhalten  l^atte.  2)er  alte  '')lamt  ber  ©tobt  toor  nie 
flan|\  untergegangen,  er  f^atte  ftd^  im  ©j)raci^gebraud^  nic^t  auäöfd^cn  (äffen,  (^od^ 
tourbe   er    erft    im    4.  3<^^^^w«bert   toieber    offij^iett.)     S)ie   „Sifd^o^Ufte"    toutbe   toie 

6  eine  einl^eitlid^e  toieber^gefteßt.  2)o(^  morliert  ßufebiu«  au«brü(ni4  baj  e^  M^XQ^  '^^ 
xard  'Adgiavöv  "lovdaiayv  jioXiogxiag  n\xx  iubend^riftlid^e  Sifd^öfe  inSerufalem  gegewn 
l^abe  unb  fett^er  nur  noc^  ^eibenc^riften,  H.  E.  IV,  5.  S)a«  hmr  eben  ber  funbotnentole 
»rud^  in  ber  ©efd^id^te  biefer  ©emeinbe.  ®^  beftel^t  ®runb  ju  bem  ©lauben,  bafe  bi^ 
auf  „5Karcu«",  ben  erften  Sifc^of  au«  ben  Reiben,  bie  ©emeinbeleitung  in  gerufolem, 

10  njie  immer  organiflert  (toa^rfc^einlic^  noc^  niit  ftreng  monardjfifd^)  in  ber  ^milte  3^« 
geni^t  ^atte.  ^n  ber  UnterfteÜung  unter  btefe  n>ar  man  getoi^,  bog  ®rbe  ber  „Se^" 
ed^t  gu  beftfcen  unb  ju  betoa^ren.  S)iefe  bor^abrianifd^e  ©emeinbe  toar  nid^t  ebtonitifi^ 
(ßufebiuö  glaubt  ba«  berftc^em  ju  lönnen  unb  e«  ift  ganj  glaubl^aft),  aber  fte  bctoegte  ft^ 
noc^   in   jübifc^en  ©runbformen   be«  2eben«.    ?IJlit  ber  Srfe^ung  3^ölem«  bur^  bie 

15  laiferlic^e  ©rünbung  t)on  3(Iia  ^at  bie  ©efamtfirc^e  getpijj  einen  @(^a^  no^  ntc^t  ge^ 
bud^ter  ®injelerinnerungen  au«  ber  3^^^  3^w  unb  ber  Ura})ofteI  öerioren.  3}tenet(^t  b^ 
aud^  —  benn  auc^  ^ier  ^^aben  nic^t  nur  menfd[^Ii(^e  SKäd^te  gehaltet,  fonbcm  auid^  ein 
göttlicher  SBiße  —  ift  mand^e  Serfud^ung  für  bie  ^olgegeit  ber  «irc^e  obgefd^nttten  toorben, 
inbem  bie  3Serh)anbten  3«fu,  bejh).  bie  ed^te,  tpirllid^e  „Urgemeinbe"  ou«  ber   lebenbtgen 

20  @efd^i(^te  au^gefc^altet  h)urbe. 

35gl.  für  biefe  erfte  ^eriobe  im  allgemeinen  ettoa  bie  ©djfilberung  ber  bamoltgen 
iübifd^en  ^uftänbe  bei  ©^ürer,  ®efd^.  b.  jüb.  SSolfe«  im  Zeitalter  3efu  6^r.  1%  1890, 
S.  242  ff.  ^mer  ©d^latter,  S)ie  Äirc^e  ^erufalem«  bom  ^ai)x^  70—130  (Seiträge  .^ur 
görberung  c^r.  a:^eol.  t)on  ©(glatter  unb  ßremer,  II,  3,  1898).    Se^terer  befd^öftigt  fic^ 

26  mit  ber  Sifte  ber  ältcften  93if(^öfe,  berjenigen,  bie  bi«  jur  ©rünbung  öon  Aelia  Capito- 
lina  reid^t  unb  bie  in  ben  un«  jugänglic^en  Duellen  fünfjel^n  SRamen  befafet,  (5Ramen, 
beren  fjorm  nid^t  ganj  übereinftimmenb  überliefert  ift,  bie  ftc^  aber  bod^  ofö  tbentifd^  er- 
tücifen).  Die  jerufalemifc^e  35ifd^of«lifte  bi«  gegen  300  ift  burd&  ©ufebiu«  in  ber  Ätn^- 
gef4)id^te  unb  im  S^roniton,  ferner  bei  @))i^l^aniu«  erhalten,    ^it  i^  l^ot  ftc^  ouc^  ^ar^ 

sonatf,  3)ie  g^ronologie  b.  altd()riftl.  2itt.  bi«  Sufebiu«,  I,  1897,  ©.  129  ff.  unb  218  ff. 
befaßt,  ©(glatter  in  einem  früheren  Stuffa^,  2).  gl^ronograj)^  au«  bem  10.  3^^  *"' 
tonin«  (in  %.  u.  U.  t)on  $amatf  unb  ®eb|arbt,  XII,  1,  1894),  ^atte  für  @l)^^iu« 
eine  eigene  Duelle  lonjigiert.  ,§amad  unb  neuerbing«  auc^  3^"^  ®i^  99tfd^of«lifte  bon 
Serufatem  (^Jorfd^ungen  gur  ®efd^.  be«  Äanon«  2C.  VI,   1900,  ©.  281  ff.)  h>iberfi)ret^, 

86  toie  mir  fd^eint,  bur4>au«  ftegreid^ :  (Spipf).  I^ängt  bon  ber  ß^roni!  be«  Sufeb  ob.  ©uf. 
feinerfeit«  |at  feine  SRotijen  birelt  au«  bem  jerufalemifc^en  ©emeinbeard^iö  befommcn,  3Dlir 
ift  nur  glaubhaft,  bafe  ©djilatter  mit  Siecht  in  ben  fünfge^n  9Jamen  ber  „iubenc^riftttc^en" 
6j)i«Io}}en,  bon  benen  @ufebiu«  eigen«  bcieugt,  ba&  er  fte  i^  iyyqdtpcov  ^abe  (R,  E.  IV, 
5,  2),  feine  eigentli^en  2)iabo(^en,  h)ie  ©uf.  (ber  ftc^  nur  monar^^ifd^e  99if(^öfe  öorfteDen 

40  fonnte,  unD  h)ie  t)ielteid^t  aud^  fd^on  ber  lenor  ber  arc^ibalifc^en  SRotigen  bie  i^m  über= 
mittett  toorben),  fonbem  jum  Steil  gteid^ijeitige  3Känner,  eine  alte  5ßre«b^terlifte,  fte^t  3a^n 
bietet  getoife  bead^ten«n)erte  ©egenargumente.  aber  er  mufe  barauf  relurrieren,  bafe9lamen 
t)on  Sifd^öfcn  nal^e  gelegener  Orte  mit  benen  bon  ^^ntfolem  ^ier  5ufammengefa|t  feien 
Umgele^rt  möchte  id^  beulen,  bafe  nic^t  toirllic^  aDe  9Jamen  ber  älteften  jerufalemifc^  ^re«s 

45  b^tcr  ftc^  erhalten  gehabt,  fonbem  nur  bie  ber  notabeleren  unter  ibnen.  ©c^latter«  ©ebonle, 
bafe  toir  e«  l^ier  mit  ben  9?amen  t)on  9Serh)anbten  3efu,  bie  in  leitenber  ©tettung  geblieben, 
ju  tl^un  l^ätten,  ift  an  ben  Duellen  nid^t  ju  betoä^ren,  finbet  in  i^nen  fogar  getoiffe 
©d^lDierigfeitcn,  bie  3^'^'^  barlegt:  aUetn  jener  ©ebanle  ^at  bot^  au«  allgemeinen  ßr^ 
Tagungen  über  bie  jübifd^e  9lrt,  ftc^  ber  ©emeinbetrabitionen  ju  bergeh)iffem,  etnjo«  für  fU^. 

50  SBäie  ©c^latter  im  ein]\elnen  bie  ?Ramen  beleuchtet,  mit  neuteftamentlic^en  Slomen  in  Ser^ 
binbung  bringt  2c.,  ba«  ift  auc^  für  mid^  freiließ  ju  j)l^antafieboll,  um  i^m  irgenbtoo  jur 
©eite  ju  treten  unb  me^r  al«  allenfall«  eine  „5!Köglic|feit"  jujugeben.  33gl.  ouc^  ©d^ürer« 
Äritif,  2:^23  1899,  234  f. 

3öa«  bie  fog.  Glementinen  über  bie  ©tellung  be«  ^afobu«,  be«  ©ruber«  be«  .^erm, 

55  al«  aSorftc^er  ber  ©emeinbe  p  ^«'^Iflkw,  ber  i^ugleid^  eine  Slrt  Dberbifd^of  ber  ganjcn 
Äirdbc  getDcfen,  borau«fefeen,  barf  auf  fic^  berufen... 

Unter  ben  ^^^eibendjriftlid^en"  Sifc^öfen  bon  iälia=3<^fök"»  ^^^  ^f  3"*>^<*If  w"*^ 
bem  ba«  ^atriard^at  gegrünbet  tourbe,  ^aben  folgenbe  ein  größere«  l^iftortfd^e«  gntereffe. 
1.  9?arciffu«.  (Suf.  nennt  il^n  jiaga  noXkoig  eloixi  vvv  ßeßorifdvog  V,  12.    @r  blühte 

o<)  unter  Gommobu«,  ib.  22,  unb  trat  in  ben  Dfterftreitigfeiten  al«  ein  ^w%t  für  bie  Hein* 


(^iifafem,  Matriarchat  6»9 

afiatifd;c  ©itte  ^crtoor,  ib.  25.  SBcgen  einer  Asn^rj  diaßokrj,  bie  6uJ.  n\d)t  näl^et  be« 
Heic^nct,  trot  er  bon  feinem  Slmt  gurütf,  VI,  9.  ^od)  blieb  fein  änbenlen  ate  eine« 
äüunbcrtl^äter«  fo  lebenbig,  berOIaube  an  feine  ^eiligleit  fo  unerfd^üttert,  bafe  er,  afe  er 
nad)  ^ai}x^x\,  tpä^renb  beren  er  h  igrjfjiiaig  xal  ä(pav€oiv  dygöig  gelebt  ^attc,  cooticq 
i^  (ivaßifoaecog  in  ^eruf.  toieberauftaud^te,  ofebalb  toieber  jum  Sif(^of  getoö^It  tüurbe,  5 
ib.  10.  (Sr  tüurbe  116  gal^re  olt  unb  l^atte  in  ber  lefeten  3eit  on  2.  SUejonber  (au« 
Äaj)pabocien)  einen  „SKitbifd^of".  Sluc^  biefer,  beffen  ©r^ebunß  an  bie  ©eite  be«  9larc. 
burc^  „Offenbarungen"  ju  flanbe  gelommen,  gehört  m  ben  notabelen  SKännent  auf  bem 
etu^I  t)on  Seruf.,  ib.  11,  bgl.  29  unb  39.  ®r  gö^lte  ju  ben  Sere^rem  unb  görbercm 
be«  Origene«,  ib.  8 ;  bon  i^m  tourbe  bie-33ibliotl^eI  ju  3^^];  begrünbet,  bie  6uf.  benüfete,  10 
ib.  20.  Unter  S)eciu«  ftarb  er  im  ©eföngni«,  ib.  39.  ^erfönlid^  bon  geringerer  ©e* 
beutung,  ate  9?arc.  unb  älej.,  bo(^  afö  ieilnel^mer  am  Ronjil  ju  5Ricäa  ju  nennen,  ifl 
3.  5Dlacariu«.  Unter  i^m  gefc^a^  bie  „Äreujauffinbung".  S3ei  ©elafiu«  bon  ß^jilu«, 
Hist.  conc.  Nie,  ift  bon  i^m  ein  belenntni«artiger  Sluffafe,  ber  bem  ilonjil  borgelegt 
fein  foD  unb  nid^t  untoid^tig  ift,  b^)ft>afyct,  f.  fiattenbufd^,  Sljioft.  ©l^mbol  I,  241.  ©ein  15 
9iac^foIger  tbar  4.  3Wajimu«,  eine  ber  ©tilgen  be«  ät^anaftu«.  ©d^on  unter  i^m  begann 
^crbormtreten  ber  litterarifd&  jtoeifello«  berü^mtefte  SSifc^of  bon  ^[erufalem,  5.  6^riD,  ber 
aSerfaffer  ber  Ratec^efen,  geft.  386.  ©.  ben  a.  über  ü}n  in  »bIV  ©.381  ff..  Sin  nic^t 
geringe«  3"^^#  bietet  aud^  6.  ber  in  feiner  SDäeife  tüchtige  unb  c^arafterboBe  ^o^anne«, 
mit  bem  394  Sj)i})l^aniu«  unb  §ieron^mu«  in  ©treit  toegen  be«  Drigene«  lamen.  ©ie^e  20 
ba^u  ben  21.  „Dri^enift.  ©treitigfeiten".  3lod)  unter  i^m  fd^lugen  aud^  bie  burd^  ^ße^ 
lagiu«  erregten  3Btnen  il^re  SBeDen  nad^  bem  Dften;  ©^nobe  ju  Seruf.,  415;  f.  §efele, 
Äonjiliengefd^.  11%  107  ff.,  aud^  ben  21.  „^JJelagiu«  unb  bie  pAaQ.  ©treitigfeiten". 

II.  S)a«  Äongil  bon  9iicäa  ]pxaß  au«,  bafe  e«  nac^  ber  ovWj&eia  xal  TtagdSoaig 
(Igyaia  red^t  fei,  ben  Sifd^of  bon  2llia  ju  „e^ren".  S)em  entfj)red^enb  erflärte  e«  in  20 
can.  7,  biefer  Sifc^of  folle  „tfjv  &xokov^iav  xtlg  ti/tirjg"  l^aben  ober  bel^alten  (ixerco), 
Do(^  fotte  ba«  bem  olxeiov  ä^ico^a  ber  fjLYjXQonolig  nid^t  lu  nahertreten.  211«  lefetere 
ift  ol^ne  ^\o^\\t\  ßäfarea  berftanben.  SBa«  aber  bem  S3ifd^of  bon  älia,  toenn  er  ooc^ 
biefem  ©i^e  unterfteittt  blieb,  in  ber  ©ad&e  unter  bem  litel  ber  äxoXov&ia  xfjg  iijufjg 
jugefjjrodfien  tourbe,  ift  fc^toerlid^  nod^  beftimmt  feftjufteflen.  3)ie  griet^ifd^en  Äanoniften,  so 
3onara«,  Salfamon  u.  a.  (f.  SRaDi«  unb  ?ßotli«,  Zvvxayfm  xayv  '&ei(ov  xal  Ieqwv 
xav6vo)v,  To/ti.  ß\  ©.129  unb  132)  bieten  gönjlic^  un^iftorif c^e  Sbeen ;  aud^  bonabenb« 
länbifc^^en  ilanoniften  toerben  jum  3^eil  l^altlofe  ©j)efulationen  geboten  (f.  barüber  §efele 
r,  403  ff.).  Wx  fc^eint  bei  genauer  ©rtoögung  ber  2tu«brürfe,  ba|  bem  SJifc^of  bon 
2i(ia  nid^t  in  feiner  §eimat>)robing,  tool^l  aber  auf  einem  (Sefamtfonjil  toie  eben  bem  bon  05 
5Ricäa  eine  „ßl^rennac^folge"  nämlid^  nad^  ben  grojjen  ©i^en  bon  Slfom,  2Uejanbria,  2lns 
tioc^ia,  jugeftanben  toerben  foDe.  3n  j)robinjialen  Sejiel^ungen  fottte  e«  fein  Setoenben 
^aben  mit  ben  „^eimifc^en"  9led^t«berl^ältniffen.  ^erufalem  toar  eine  befonbere  ©tabt  eben 
nur  im  ibealen  ©inn,  für  bie  ©efamtlird^e  unb  barum  ettoa  auf  einem  ölumenifc^en  Äonj^il. 
gn  35etradf|t  fam  babei  getoife  befonber«  bie  SRüdfftc^t  auf  bie  „^eil.  Orte",  bie  eben  ba^  40 
mal«  bon  allen  ©eiten  $itger  ^eranjujiei^en  begannen,  ßufeb  rebet  bon  ber  ©tabt  bereit« 
ftet«  toieber  mit  i^rem  alten  ^eiligen  iKamen.  @>)i^)^niu«  nennt  fie  in  feierlicher  SBeife, 
bie  boc^  einer  üblid^etoorbenen  Siebe  ju  entf^red^en  fd^eint,  bie  „?IJluttergemeinbe". 
G«  toar  fe^r  unßar  gebadet,  toenn  man  glaubte,  einer  (Smpfinbung,  ba^  ^erufalem  „ge^ 
c^rt"  toerben  muffe,  in  ber  angegebenen  3Beife  gerecht  toerben  ju  lönnen.  ®a«  SJerl^ältni«  40 
l\x  (Säfarea  toar  fortab  bodb  naturgemäß  geftört.  6«  fam  barauf  an,  ob  in  3cnif<ilem 
^^W^^^'^t  tlMfeäftifl^  Sifcpöfe  fafeen,  ober  fold^e,  benen  e«  gleid^giltig  toar,  ben  95ifd;of 
bon  ßäfarea  al«  5IRetroj)oliten  über  fid^  ju  feigen.  SKänner  toie  3Rajimu«  unb  jumat 
ßt^rin  l^aben  ftc^  möglid^ft  felbft^errlid^  ber^alten.  35em  ßt^riH  trat  2lcaau«  bon  (Säfarea, 
eine  nid^t  minber  Iräftige  ^erfönlid^feit,  fd^lagfertig  unb  nic^t  o^ne  6rfolg  entgegen.  30-  60 
^anne«  toar' nad^giebiger  mit  Se^ug  auf  ba«  olxeiov  d^lcofm  feine«  3Retroj)oliten.  2lber 
e«  beburfte  nur  einmal  eine«  unbeugfamen  unb  intriguenlunbigen  3Kanne«  toie  ^w^^^ol/ 
um  gcrabe  aud^  in  ben  „^eimifc^en"  33er^ältniffen  eine  Sl^renjteDung,  ja  in  ft)ejifif(^em 
3Jla&e  eine  ^räftbialftellung  für  ^txu],  ju  ertoirfen.  9iod^  in  SRicäa  lagen  bie  ^J^^agen 
nadfi  bem  Stange  ber  S3ifc^öfe  giemlic^  einfach,  fte  toaren  ret^tlic^  nur  erft  toenig  ent«  66 
toicfelt.  6rft  burd^  bie  j)olitifd^e  Drganifation  be«  Sleic^e«,  bie  S)ioItetian  borgenommen, 
toar  bie  Äirc^enberfaffung  überl^au^jt  in  bie  S3al^n  geleitet  toorben,  bafe  feft  umfc^riebene 
Gjjardbien  unb  S)iöcefen  entftanben;  erft  je^t  bilbete  fic^  ber  ®runbfa^,  ba^  bie  >)olititoe 
öi)ar4ialbauj)tftabt  ober  /nrjTgojTokig  and)  fird^lid^  al«3}orort  ju  gelten  ^te.  Serufalem 
blieb  in  ber  eigentümlid^en  Sage,  ))olttifc^  gar   feinen  9tang  ju  erl^alten.    Slud^  a(d  $0*9. 


700  dferufaleni,  Matriarchat 

läfttna  \)on  unb  nac^  3ialm^  in  mel^rete  @onber))rot)m}en  jericat  tt)urbc,  tDurbe  cd  ntcbt 
aWetropoIe.  3n  ^aläfttna  I,  tooju  c«  gerechnet  tpurbe,  Wieb  gäfarea  ber  SJorort,  in 
^al.  II  tpar  e§  ©cVt]^o>)oIi^  (©amaria),  in  ^ol.  III,  eine  5ßrobinj,  bie  erft  im  5.  3a^* 
l^unbert  gebilbet   tourbe,  $etra.    ©.  3-  3Karquarbt,  Slöm.  ©taat^ertoaltung  I\  425  ff. 

5  unb  433  f.  3ia\tl)6  ®.  48  ^ebt  ^ertjor,  h)ie  bie  l^eil.  ©tabt  ba^eim  je^t  ret^tltd^  bie  t>icrle 
©teile  einnahm.    3)a«  toar  in  ber  %f)at  eine  unhaltbare  ©ituation. 

^r  bie  ©injel^eiten  ber  Sriangung  ber  5ßalriarc^enh)ürbe,  bie  ^wbenal  Bei  Äaifer 
3^^eobofiuö  II.  erreid^te,  unb  bie  SSorgänge  bor  unb  auf  bem  Äonjil  ju  Sl^cebon,  too 
er  burc^fe^te,  ba^  il^m  bie  brei  Palaestinae  afe  SJiöcefe  jugef>)roci^en  tourbcn,  f.  ben  ä. 

10  „gwbenal".  3luf  bent  5.  ö!umenifc^en  Ronyl  (Äonftantinoj)er  553),  can.  36,  tourbe  be= 
jtnitib  unb,  toa^  bi^  ba^in  nod^  nid^t  gefd^e^en,  mit  bireften  SßJorten  fixiert,  bafe  S^ruf- 
ben  „fünften  ^gdvog"  in  ber  ilird^e  f)>abe. 

gn  ber  langen  Steige  bon  ^atriard^en  —  bei  3)ofttl^eu^,  ber  übrigen^  felbft  bie 
SSifd^öfe  unb  ^atriard^en  ate  eine  ©erie  red^net,  jö^Ie  id^  runb  fünfgig;  2e  Duien  berüd= 

16  pd^tigt  tüeit  me^r  9?amen  —  faDen  nur  Wenige  ?5erfönlic^feiten  auf.  3)er  ?!Rono)>l^^fitiömu^ 
erregte  ^aläftina  lange  unb  tief.  SBäieber^olt  tourben  toiber  i^n  ©l^noben  in  3erufalem 
gehalten,  fo  im  3.  512  (§efele  II«,  ©.  667;  5lai|er  änaftaftu«  l^atte  ben  ortl^obojen 
^atriar^en  @Iia^  IL  abgefegt,  bie  ©^nobe  tourbe  bon  ben  ^Könc^en  betrieben),  femer 
518  (unter  ?ßatriarc^  ^ol^anne«  III.;   §efele  1.  c.  ©.  691),  fobann  nod^  536  (^otriorct 

20  ?ßetrug  I ;  §efele  ©.  773).  3)a6  ba«  „öl.  Äonjil"  bon  553  auf  Setreiben  be«  ilaifer« 
bereitlDillige  Seftötigung  burd^  eine  in  bemfelben  ^ai)xt  gu  3^ölem  abge^ltene  S^nobe 
fanb,  begreift  fidfi,  §efele  ©.  903.  ^m  fiebten  ^^^J^^"*^^^  ^<*tt«  Serufalem  an  ©o^j^o^ 
niu^  eine  berühmte  ©äule  be^  2)Vot^eleti«mu^  (bgl.  über  i^n  einen  befonberen  2L).  3)ic 
l^iftorifc^  bebeutfamfte  ©l^nobe  bon  ^nn\.  ift  mo^I  bie  bon  1672;  f.  über  fie  ben  näd^ften 

25  Slrtifel.  (SBenn  id^  red^t  fel^e,  ^ai  übrigen«  3)ofit^eu«  feinen  Slnlafe  genommen,  felbft  über 
biefe  ©^nobe  ju  l^anbeln). 

S)ie  ©efc^ic^te  be«  ^atriard^at«  ift  mit  ben  SüBed^felfäKen  ber  >)0litif4en  (Sefc^id^te 
^aläftinaig  natürlid^  eng  berfni^ft  gelDefen.  Sine  lurje  Eroberung  be«  Sanbe«  burc^ 
ß^o^roc«  II  bon  ^erften  616   \)attt  noc^  nid^t  biel  ju  bebeuten.    2lber  fd^on  636  unter- 

ao  lagen  bie  Sl^jantiner  bem  Slnfturm  ber  ^ubammebaner.  637  eroberte  ber  6^if 
Omar  3!^nijalem,  ^atriard^)  ©ol)broniu«  bermittelte  auf  SSebingungen  bejüglic^  ber  5Duls 
bung  bc«  c^riftlic^en  ©tauben«  bie  Übergabe.  @«  folgte  bod^  eine  ^eit  bieler  Sebrängung. 
Über  fed^jig  ^al^re  tourbe  lein  ^atriard^  getoäblt  (644—705;  übngen«  ift  in  99ejug  auf 
biefe  R(At  biele«  nod^  fel^r  unllar,  toie  ftd^  ergiebt,  toenn  man  3)ofttl^eu«  unb  2e  Duien, 

86  ber  offenbar  aU  Äritifer  überlegen  ift,  bergleid^t).  3la6)  SBäieberJ^erfteDung  be«  ^atriarc^ 
h)ar  ber^uftanb  berilird^^e  auc^  faft  ftet«  ein  überau«  fümmerlid^er.  3m  einzelnen  getraue 
id^  mir  bei  ber  Unftc^er^eit  ber  meiften  ^atm  —  Jelbft  begüglic^  ber  einzelnen  ^ßer^ 
fönen,  bie  aU  ^atriard^en  fungiert  ^aben  ober  l^aben  foHen ;  f.  befonber«  Se  Outen  — 
feine  ©d^ilberung.    S)ie  Äreujjüge  (©roberung  S^^falem«  1099)  brad^ten  eine  neue  Untere 

40  brec^ung  ber  ©ucceffton  ber  ^atriard^en.  211«  man  e«  t^unlic^  fanb,  toieber  einen  folc^ 
ju  freieren  (juerft  1142?),  refibierte  berfelbe  junäd^ft  in  Äonftantino>)el:  erft  nac^bem 
©alabin  1187  3eruf.  ben  g^ranfen  genommen  ^atte,  l^aben  bie  Patriarchen  i9ren©i§  h>icber 
im  I;eil.  Sanbe,  h)enn  aud^  nid^t  unmittelbar  in  ber  l^eil.  ©tabt  felbft,  genommen.  3)ie 
J})ätere  Rdi  jeigt  fte  in  fc^atten^after  (Sjiften^,  gebrüdtt  auc^  burd^  bie  ^Jatriard^en   bon 

46  Äonftanttnojjel  (bgl.  j.35.  bie  ®efd^icf|te  be«2a^aru«,  5ßatr.  |eit  1332;  2e  Duien  ©.508  ff., 
SJofit^eu«  II,  863  ff.). 

3n  ben  Union«ber]^anblungen  ftanb^cruf.  h)iber  ba«  Slbenblanb.  S)oftt^eu«  geftoltet 
feine  ©efc^idbte  ber  ^satriard^en,  n)o  er  biefer3eiten  gebenft,  ^u  einer  grofeenunb  rücfftd^t«* 
lofcn  ^otemif  toiber  ba«  Slbenblanb,  ol^ne  übrigen«  für  ^^.  felbft  biel  fonfrete«  SKoterioI 

60  ju  bieten.  3)ie  Patriarchen  ^oacbim  (ber  ftd^  in  g'^orenj  burc^  SJlarcu«  bon  ®l3^u«  unb 
ajoftt^eu«  bon  üJloncmbafta  bertrcten  lie^)  unb  fein  9lad^folger  Il^eoip^ane«  III.  fonnten 
einen  2Koment  al«  görberer  ber  Union  erfc^einen,  allein  in  ffiirflid^feit  toaren  fte  ®egner 
(2e  Cuien,  ®.  514  —  bei  I)oJ.  ift  ber  Katalog  fe^r  in  Unorbnung!). 

I)ie  ,6aut)tbebeutung  bee  ^eiligen  2anbe«,  befonber«  ber  Umgegenb  bon  3^v  ^t 

66feitfrül;e  barin  gelegen,  bafe  c«9DJönc^«^,  jumal  Sremitenlanb  tourbe.  ^m  6.  ^aj^r^unbert 
i^atU  ^aläftina  überbaujjt  bie  ?fül^rung  tm  griec^ifc^en  ?Könc^tum.  ^urc^  Ullänner  toie 
Suthimio«  (geft.  473),  ©aba«  (geft.  532),  befonber«  auc^^  T^eobofio«  (geft.  529),  h?urbc 
5ßal.  bie  ^o(;c  ©d^ule,  ba«  leuc^tenbe  SSorbilb  für  ben  gangen  Often.  S^eobofto«  (f.  Ufener, 
3)er  l;eil.  liheobofio«,  1890)  toar  ber  9?orfte^er  aller  Stoinobien  (6  xoivoßidgxrjQ),  Bciba^ 

60  berjenigc  ber  (grcmitenfolonien  (befonber«  in  ber  SBüfte  guba).    Sejüglic^  ber  ^üHe  ber 


dfctttfafettt,  ^atriar^at  701 

3)fönci^ntcbcrlafjun0cn  ift  bcr  oben  ju  jtveit  citictte  2luffa^  Don  35ail^  bef onber^  inftruftit). 
2)od^  tritt  au^  bicfc  SSebeutung  be«  ^eil.  Sanbe^  feit  bem  10. 3<^^^f^-  jurücf,  Iur;\e  ß^ten 
ber  ffiiebetbelebung  unb  Slctorm  bc^  5IRön(^tum«  (j.  33.  im  12.  ^ai^t^unbert)  abgered^net. 
35gL  noc^  i.S.SÄiefe,  2).  gut^^miu«IIofter  2C.,  Bb^SS  XV,  1892,  ©.212 ff.;  ».(g^arb, 
3)ie  0rie4  Älofter  3War=®aba,  5RD©  VII,  1893,  ©.  32  ff.  äuc^^  an  abenblänbifc^en  r, 
^BJön^^niebetlaffungen  im  j^eil.  2anbe  fel(;Ite  e§  nid^t;  belannt  fmb  bie  3Setl^anbIungen 
gmifd^en  bcn  „fränfifd^en"  SRönd^en  unb  ^^ojjft  Seo  III.  über  ba^  filioque  im  ©^mbol, 
809  (tjgl.  ettDO  ^efelc  II»,  750  ff.). 

3Jlan  fann  bei  2)oftt^eu^  leicht  erfennen,  toie  berfatten  im  16.  unb  17.  ^a^r^unbert 
bie  Ser^ältniffe  toaren.    3"^"^^  toieber  beutet  er  an,  ba^  bie  Patriarchen  x^iQ^^  ikeovg  lo 
Ratten  Steifen  (nac^  Jlonft.,  in  bie  3)lolbau,  nad^  SRufelanb)  unternel^men  muffen,  ba  i^re 
eigcntlid^en  SHeDenüen  berfiegten.    S)ie  (Selb  bringenben  ^Ugerreifen  feien  ganj  feiten  ge^ 
gelDorben;   ToJg  idiaig  ;^c^öiv  xarä  xov  äjiöcnoXov  Ratten  bie  Patriarchen  gcittoeilig 
leben  muffen  (II,  ©.  1166).  SBäid^^tig  toar,  h)a^  ®ut^e  nad^  ^itrotoo  au^fü^rt,  bie  Srobe^ 
rung  beö  l^eil.  Sanbe«  bon  feiten  ber  dürfen.    Ximurlenf  ^atte   1400  ©^rien  erobert,  is 
2)0^  baig  iDar  nur  ein  großer,  befonber^  jDüfter  Staubjug.    2)a^  Sanb  blieb  in  ber  33ots 
mä^igfeit  ber  3RameIufenfuItane,  bie  in  ägto^ten  reftbicrten.    dagegen  1517  eroberte  ber 
D^manenfultan  ©elim  ©^rien  unb  etablierte  bie  ^errfd^aft  öon  Äonftantinoj)el  über  biefe^ 
Sanb,  toie  über  äigl^jjten.    ®a^  ^atte  folgen  für  bie  ©tellung  ber  ^Patriarc^n.  3)enn  bie 
dürfen  fafeten  alle  ort^obojen  ßl^riften  im  gangen  SReic^  afö   ein  5KiDet  unb  unterfteflten  20 
fie  fämtlid^  gleid^ertoeife  bem  ^atriard^en  üon  Äonftantinojjel.    ©.  über  biefe  SJerfaffung 
ber  aiajal^  meine  Äonfeffiondfunbe  I,  ©.  158  ff.    fortab  ioar  ba«  ^Patriarchat  ju  3^- 
abhängig  Dom  öf.  ^atriard^at.    SBaren  in  ber  Slraberjeit  ftet«  nur  $aläftinenfer  Sn^aber 
beö  ©tu^le«  be«  l^eil.  ^atob  getoefen,  fo  traten  je^t  bie  ©riecben  in  ben  35orbergrunb. 
"ülad)  bem  SEobe  be«  ^^atr.  2)orot^eu«  (geft.  1534)  tourbe  guerft  ein  ®ried^e  (au«  bem  25 
^etoj)onne«),  ®ermano«,  pxm  Patriarchen  erhoben,   unb   fcit^er  ftnb  ftet«  nur  ©riechen 
^atriard^^en  Don  3^"f-  g^^efen.    ©ermano«  gräjifterte  über^auj)t  ben  gangen  ^ö^eren 
Äleru«  unb  er^ob  e«  gum  ®runbfa^,  bafe  ©in^cimifc^e  gu  biefem  nid^t  jujulaffen  feien. 
35i«  in  bie  neuere  3^^  ^^^  ^^  """  üblid^,  ba|  ber^atriard^  feinen  SJad^foIger  beftimmte, 
hjenn  aui)  bie  fanonifd^en  formen  taliter  qualiter  gelDai^rt  tourben.  5Wand^e  5Patriard[>en  30 
baben  nie  in  ^eruf.  getDO^nt,  e«  laum  befugt,  Dielme^r  bauemb  in  Jtonftantino))el  gelebt. 
©eit  1845  (nad^  bem  SEobe  be«  at^anafm«,  bem  e^riU,  (Srjbifc^of  t)on  £v*>^a  (f.  Äiejjert) 
folgte),  ift  e«  infofem  beffer  getoorben,  afö  bie  ^atriard^en  toenigften«  toieber  ftänbig  i^ren 
©i^  in  Scnif.  genommen  f)abm,    ©.  9iäl^ere«  bei  ®ut^e  ©.  83  ff.  (bej.  audp  bei  Äi^jert 
Grbfunbe  üon  äfien  VIII,  2.  3lbt.,  3,  ©.  490  ff.).    33ei  ®ut^e  gumal  auc^  5Rotijen  über  35 
bie  regulären  SHeDaiüen  ber  ?ßatriard^en.    S)er  Streit  um    bie  ^eit.  Orte  befonber«  mit 
bcn  »^ranji^fancm  ift  (t)gl.  2)oftt^eu«)  neben  allem  anbem  ein  fd^toerer  ©c^aben  geloefen. 
SDie  H^atriarc^en  ^aben  gä^  unb  auc^  nic^t   o^ne  Erfolge  ge{äm))ft.    Sleuerbing«  ^at  ftd^ 
manche«  gehoben.    ®od^  ift  ba«  Ser^ältni«  }u  Slufelanb,  bon  h)o  bie  ^atriar^en  früher 
bie  größte  Unterftüfeung  erfuhren,  feit  1847,  h)o  ruffifc^e  SKifftonen  anfingen  ftd^  im  löanbe  40 
?iu  betl^ätigen,  Dielfac^  ^emmenb  geworben. 

Sn  ber  3^it  ber  Segrünbung  be«  ^^^atriard^at«  befaßten  bie  brei  Palaestinae  nid^t 
toeniger  afö  59  35i«tümer,  35aill^,  ©.  56  f.  ®egenh)ärtig  fmb  nur  einzelne  S3i«tümer 
erhalten,  aud^  fie  jum  3;eil  offenbar  nur  pro  nomine.  (S«  giebt  noc^  einen  Tlzttopo^ 
Uten  t)on  Gäfarea,  aber  er  be^errfd^tc  1880  nur  noc^  einen  Ort  mit  1000©eelen,  $aifa.  45 
Unmittelbar  unter  bem  ^Patriarchen  ftanb  bamal«  ettoa  ein  SJu^enb  Orte,  ^erufalem  felbft 
mit  runb  2500  ©eelen.  ©iei^e  bie  SJamen  ber  bamaligen  ort^obojen  Ortfd^aften  unb  be« 
gefamten  Ürd^lid^en  ©d^ema«  bei  ®ut^e.  3luf;er  bem  bon  ßäfarea  toirb  nod^  aufgeführt 
ein  3Ketroj)olit  bon  ©cVt^o>)oIi«  unb  Sßetra  (toie  feit  Sllter«),  femer  einer  bon  ^tolemai«, 
Set^le^cm  unb  5Rajaretl^,  bann  noc^  fed^  „ßrgbifc^öfe"  unb  ein  „Sifd^of " ;  (man  möge  eo 
babei  bcbenfen,  bafe  ba«  Xitelmefen  in  ber  gangen  Äird^e  be«  Dften«  touc^ert).  ^m 
Sa^rc  1840  foHen  bie  ort^obojen  ß^riften  noc^90<'/o  ber  ®efamtbet)öllerung,  bie  bann 
unglaublich  gering  getoefen  fein  müfete,  betragen  ^aben,  1880  bagegen  nur  noc^  67 ''/o 
--  26000  ©eelen.  (©oUte  nid^t  ein  3)ru(ffe](;ler  in  ®ut^e«Queae  borliegenV  9,0«/o  unb  6,7«/o.) 
^ei  »äbefer,  $aläft.  unb  ©l^rien,  3.  3lufl.  t)on  3.  Senjinger  (früher  bon  3L  ©ocin),  66 
1897,  ©.  LXXXI  finbet  man  teiber  nur  für  ©i^rien  eine  ©tatiftil  fämüid^er  Sieligionen; 
bie  Dier  grofeen  SBiläjet«  ^aben  ettoa  2'/,  ^Millionen  @inh)ol^ner,  boruntcr  ettoa«  über 
200000  ortboboje  ß^riften.  %üx  ba«  „©anbfc^al  Serufolem"  toerben  ebenbort  ©.LXXX 
ettüa  :^20000  ßiniDo^ner  angegeben.  Über  bie  3a^l  bcr  Soften  ber  ©tabt  Seruf.  toirb 
8.  :M  bemerft,  bajj  fte  (unter  c.  60000  ßintoof^nem)  ettoa  12000  bün%t:  toimtcs«) 


702  dfentfalettt,  ^atrian^at 

6000  ortl^.  ©riechen,  \>qI  oben  ©.  693,  i6.  ©.  LXXXII  toirb  feftßefteat,  bofe  bic  2Re^^ 
9M  bcr  3Kctroj)oIiten  2c.  bei  bem  ^atriard^en  in^eruf.  too^nt;  nur  4  reftbiercn  in  i^ttm 
33i«tum.  ettoa  20  Älöfter  in  bet  ©tobt  [teilen  unter  bem  ^ßatriart^en. 

9(u^  alten  unb  neuen  äletfebefd^reibungen  h)are  mand^e^  nic^t  unintereffonte  detail, 

5  befonber«  über  bie  l^eil.  Drte  unb  bie  an  ii^nen  eingerijjenen  Übelftdnbe  beizubringen.  Oft 
befc^rieben  ift  ber  Dftemac^t^otte^bienft  in  ber  ©rabe^nrc^e  (ba«  „l^eil.  geuer");  f.  ettoa 
3B.  Slofemann,  (Saftfa^rten  1880,  ©.850 ff.;  Äie^jert,  (grbl. «pen« VIII,  2, 1  ©.661  ff., 
befonber«  676  f.  bringt  SRac^toeife,  bafe  unter  5ßetra  nic^t  ettoa  bie  §anbeteßabt  ber  '^'' 
batäer  (je^t  Wadi  Musa)  ju  berfte^en  fei,  fonbem  Petra  deserti  =  Äeref,  btc  §au^t- 

10  ftabt  im  alten  Woab.  —  Über  bie  Siblioti^elen  im  l^eil.  Sanb  bgl.  ?m)abot)ulDg  Äera= 
meu«,  "leQoaoXvjLunxrj  ßißXiodTJxtj,  4  Sbc,  ^eteröburg  1891,  94,  97,  99;  Don  bemf.: 
^AvdXexxa  IsQoaoXv/urixijg  oxarvoloyiag,  5  S5be,  1891—98.  ferner  8.  @^r^b,  3). 
früheren  »ibliot^efen  ?ßaIäftina«,lRD©V,  1891,  ©.21 7  ff.  unb  ®ie  griet^.  ?Jattiarc^^ 
»ibi.  ju  Seruf.,  ib.  VI,  ©.  339  ff. 

15  III.  9{o(^  einige  lurje  93emerlungen  über  ba^  lateinifd^e  ^atriord^t  2c.  Jtaum  tiKtr 
nac^  ber  (Eroberung  ^txv\Ä  1099  in  ©ottfrieb  bon  SouiUon  ein  König  ber  ©tabt  unb 
be«  eroberten  bejh).  nod^  ju  erobemben  2anbe^  ertoä^It,  fo  errichtete  biefer  aud^  rin  lotete 
nifc^e^  ^atriarc^at;  ber  gried^ifd^e  ^ßatriard^  toar  nac^  6V))em  geflol^en.  5Da^fcIbe  über^ 
na^m  bie  ganje  bi^^erige  Drganifation  ber  palä[tinenftfd^en  jtird^e.    ^a^  ort^.  ^otriani^ 

20  tüurbe  nic^t  eigentli^  unterbrüdft,  fonbem  nur  ignoriert.  35t«  1291  l^at  e«  fungierenbe 
lateinifd^e  ?5atriarc^en  gegeben,  bann  bi«  1374  nod^  fold^e  bem  9?amen  nac^.  Seit  ©alabin 
3eruf.  erobert  ^atte,  reftbierten  biefe  ^Patriarchen  in  ^tolemai«  (Slccon),  bo<^  ging  auc^  lefctere 
©tabt  1291  verloren.  S)ie  9iominalj)atriard^en  lebten  meift  inßl^jKm.  35gl.9lä|ere«  in  oem 
citierten  3luffafe  ber  §ift.^i)olit.  »lätter  unb  im  RaÜf,  Äir^enlej.*  VI,  1350  ff.  (Don  Sieger). 

25gür  bie  3eit  m  1291  Dgl.  3flö^rid^t,  ®efc^.  b.  Äöntgr.  ^eruf.  1898;  auc^  beffen  S3ei= 
träge  j.  ®efdf|.  ber  Äreujuige  I,  1874,  ©.112  ff.  (3)ie  iläm>)f e  ©olabin«  mit  benS^ten 
1187  unb  1188).  3)ie  3)iffertation  Don  @.§aml)el,  Unterfud^ungen  über  b.  Iat.$tttriar- 
ä^ai  Don  ^erufalem  bi«  jum  lobe  be«  ^atr.  amulf  (1099—1118),  erlangen  1899,  be^ 
^anbelt  ©injel^eiten.  3lte  aße  Hoffnung  gefd^iounben  toar,  bafe  bie  Sateiner  ia^  ^ril.  Sonb 

80  toiebergeioönnen,  tourbe  bie  Äirc^e  ©an  Sorenjo  ju  SRom  ben  je^t  nur  nod^  ate  litulore 
geführten  ^atriard^en  Don  S^wf^f«'"  jugeh)iefen.  ^iu«  IX.  ernannte  guerft  toiebcr  dnen 
Steftbentiallpatriard^^en  unb  -^mar  in  ber  ^erfon  be«  fc^on  Don  ber  ?ßroDaganba  in  ber  fie^ 
Dante  Dertoenbeien  „ßrjbifd^of«  Don  Äorfu"  ^ofe))^  Salerga,  1847.  2)ie  SBa^I  hmr  auf 
ben  redeten  3Rann  gefallen.    Salerga  (gcft.  1872)  ^at  bem  Äat^oliji^mu«  in  ?|Jaläftina 

36  i\x  Der^ältni^mäfetg  l^ol^em  2luffct»toung  Der^olfen.  6r  hat  eine  eigene  Äat^ebrallird^  in 
!5eruf.  gebaut,  femer  ein  ©eminar,  eine  Sleibe  ©c^ulen,  ein  Äranfenl^au«  ?c.  3"^  gcg«^- 
tDärtigm  ©tatiftif  f.  oben  ©.  693,  löf.  unb  Säbeler-Senjinger  ©.  34 :  in  ^emf.  4000  Satdner, 
baneben  einige  l^unbert  Unierte  Derfd^iebcnerSliten.  (gfür„©^rien"  h)erbenc.60002ateiner, 
ettoa«  über  100000  unierte  ©riedfjen,  etioa  60—70000  Unierte  anberer  JRiten  [abgcfe^en 

40  Don  ben  3Jlaroniten,  bie  bejonber^  ju  jäMen  fmb]  angefe^t). 

9?cben  bem  latein.  $atriardfiat  ift  ber  ©rmäl^nung  toert  bie  fog.  Ruftobie  be«  ^igen 
Sanbe«.  ©.a3bVII,  ©.55,30,  Dgl.3Reicr,  3).  ^ropaganba,  il^re  ^roDinjen  unb  i^  Siedet,  I, 
1852,  ©.400  ff.  äuc^  ben  ä.„®rab,  i^ätcr  Dom  ^eiligen"  imÄ.ÄSV.  2)ie  granjiötoner 
l^aben  frü^^citig  bie  3Riffion  im  ^eil.  Sanbe  ju  treiben  übernommen,    ©ie  festen  ftc^  an 

46  mel^reren  Orten  mit  ftlöftem  feft,  bcfonber«  aber  auf  bem  Ölberg  (Älofter  ©.  ©alDator), 
unb  tüufeten  fid^  teil  an  ber  l^cil.  ®rabe^fird^c  ju  Derfd^affen.  2)ofit^eu«  ^anbelt  mit  Dtcl 
erbitterung  Don  ben  ^"^igw^n  ber  (Pqolqoi,  mit  benen  aud^  er  Diel  ju  t^un  ^attc.  S3i« 
5ur  entfenbung  i^alerga«  \oax  ber  ©uarbian  ber  gran^i^faner  Dom  ^eil.  ®rabe  ber  getft= 
lidfie  Obere  in  ^aläftina.     2Ber  ftd^  für  baig  3)etail  ber  fatl^.  ^ro))aganba  intercffiert,  fri 

60  Dcrioiefen  auf  bie  3^itfdf|rift  „3)a«  \}Z\\.  Sanb",  bie  in  ftötn  feit  ettoa  jioanjig  Sö^'f^  ^' 
fc^cint.  %[jix  ben  ganzen  ©cf;emati^mu«  ber  römifc^en  5iird^e  in  ?ßaläftina  Dgl.  SEBemer, 
Orbis  terrarum  catholicus,  1890;  17.  Äo}).  „Patriarchatus  Hierosolymitanus". 
3u  unterjc^eiben  Dom  latcinifdtien  ^atriard^at  finb  nod^  bie  unierten  ^Patriarchate,  fo  baö 
ber  „SJteld^iten"  (=  unierte  ©ried^en;    „Dioecesis  patriarch.  Hierosolymitana  Mel- 

66  chitarum"  3öemer,  ©.  153),  unb  ber  Strmenicr  („Armenorum  Ciliciae",  ^t  1887 
Dom  türfifd^^en  ©ouDemement  ba«  Siedet  erl^alten  eine  eigene  Äirc^e  in  3^-  jw  bauen, 
SBemer,  ©.  147). 

3)ie  gregorianifdfien  Slrmenier  ^aben  feit  bem  17.  S^^'^^'^w"*^^  ri"  „^Potriarc^  Don 
3emf."  gebilbet  (an©teBe  eine^  feit  bem  12.  S^^^^i^unbcrt  befte^enben  ©rjbi^tum«).    ©iel^ 

cobai^u  meine  Äonfejfion^hmbe  I,  211 ;  9Je^er  a.a.  0.  1-554;  SSäbeler-Sen^inger  ©.35.  — 


Seritfalem,  ^atrmr^at  3lentfafnn,  S^ttobe  703 

3)ie  Salobitm  (monol^l^^fitifc^en  ©Vrer)  ^aben,  tote  SSenginger  tnittcilt,  einen  Sifd^of  unb 
eine  Heine  Äirc^e  in  ^eruf.  ferner  beft^en  bie  3lbefftnier  ein  Älofter  nnb  eine  neue  Äirc^e. 
2Ba«  au«  ben  firc^lid^  longe  autolq^l^olen,  übrigeng  ort^obojen  (Georgiern  (=  ^hntt, 
©rufiner,  Sllbanier),  il^ren  Äir^en,  fliöftem  2C.  in  !Seruf.,  beten  ©ofU^eu«  mannigfad^ 
gebenö,  geworben  ift,  fann  id^  nid^t  beftimntt  jagen.  Kiepert  a.  a.  0.  VIII 2,  S,  ©.  493  ff.  6 
(gilt  für  1852)  bemerft,  bie  Äirc^e  berfelben  fei  „gegenwärtig  fd^led^t  in  3eruf.  Vertreten, 
oblDo^l  fie  bem  l^o^en  älter  unb  il(^rer  früheren  Sebeutung  nad^  einen  ber  erflen  $Iä^e 
einnehmen  fönnte."  ©.  baju  bie  auöfü^rlic^e  unb  gelehrte  ,,Mt.  ©tijge  ber  Sejiej^ungen 
©ruften«  gum  ^eil.  Sanbe  unb  jum  Sinai"  bon  21.  3<^flö^dli;  öu«  b.  9luff.  überfe^t 
bou  änbre«,  3b^aSXII,  1889,  6. 35  ff.  ©ie  befafeen  befonber«  ©olgat^a.  ajiele«  ging  lo 
il^nen  lebiglid^  Verloren.  Semiutlic^  ift  i]^re  Äolonie  je^t  abforbiert  burc^  bie  ruffifc^e  Äo^ 
lonie,  bie  ftc^  txxtfylxd)  böKig  berfelbftftänbigt  l^at  unb  öon  einem  (titulierten)  Sifc^of  ge* 
leitet  U)irb.  3f-  Äottenbnfi^. 

^trufalem,  ©t^nobe  bon  1672.  —  3)ic  @t)nobaI6cf(^Iüffc  erWicncn  aläbalb  im 
Xrucf,  junäcftft  o^ne  Eingabe  be«  ^crf.  unb  obnc  autftentifdjc  CiicUen  unter  bem  Xitel:  Sy-  ib 
nodus  Bethiehemitica,  griec^.  unb  lateiu.,  $ariö  1676;  barnac^  üon  bemfelbcn  S^erf.  reoibicrt 
unb  mit  bcnt  2;itel:  Synodus  JerosolyraitaDa  üerfe^en,  ^ariS  1678.  3)cr  Xejt  bei  Aymon, 
Monuments  authentiques  de  la  religion  des  Grecs  1708,  ift  luiflüirlic^  bcfd)nitten.  35agegen 
ift  Harduin,  act.  concil.  XI,  p.  179 sq.,  bemüht,  ben  forrefteu  2:eit  im  ÄnfcftluS  an  bie 
jiücite  ^arifer  ^lu^gabe  ju  geben.  @inc  loirflitb  fritifd)  genügenbc  ^luSgobc  bietet  er  ft  iE  im  m  et  20 
in  feinen  monunienta  fidel  eccl.  orientalis,  Qena  1850,  proleg.  LXXVsq.,  ben  Xejt  ©.  :S25 
bi^  488.  ?(u^  biefcn  ^rolegomencn  l)aben  bie  vScöriften  ber  meiften  neueren  St)mbülifcr  ge* 
IdjDpft;  am  felbftftänbigftcn  ©ob,  Sl)mboIif  ber  gried).  Äirc^c,  ©erlin  1872,  S.  79ff ;  hatten» 
bufdö.  SJergleic^enbe  itonfcffionSfunbe  1890,  6.  145. 

aSon  allen  feit  bem  Slpoftellonbent  ju  ^erufalem  ael^altenen  ©^noben  ift  bie©^nobe25 
bon  1672  bie  meitau^  toi^tigfte.  ©eitbem  Sv^iKu«  Sucari«  (f.  b.  ä.)  bie  oricntalifd^e 
Kirche  in  ben  Serbad^t  calbiniftifd^er  SeUeitäten  gebracht  l^atte,  forgten  bie  3;^fuiten  bafür, 
baft  fte  nid^t  el^er  toieber  gur  3tuf)C  tarn,  atö  bi^  ber  catointftifc^e  ©auerteig  böQig  au^$ 
gejtofeen  toar.  3)er  3Serba(^t  toar  nid^t  unb^rünbet.  2lber  ßtortllö  getoaltfamer  ^ob  im 
aReere  beftegelte  fein  unb  feiner  Sleform  ©d^ictfal.  ©ein  9iac^foIger  G^riHu^  bon  Serrl^oe  so 
berbammte  auf  einem  Äongil  ju  Konftantinopel  1638  feine  Se^re;  ein  ®Ieid^e§  tbat  beffen 
3iac^f olger  $artl;eniu«  auf  ber  ©^nobe  gu  g^ff^  1642,  toä^renb  ber  rufftfc^e  aRetroj)oltt 
bon  Äieh),  ^etru!^  3KogiIa^,  auc^  für  eine  ort^oboje  fie^rfeftftellung  gegenüber  ben  Sleue« 
rungen  in  berSe^re  beforgt  toar,  unb  für  biefe  unter  bem  S^itel:  ^fiQ^ddoiog  öjnoXoyla 

©anftion  nid^t  blofe  be«  ^atriard^en  ju  Äonftantino>)eI,  ^art^eniu^,  fonbem  aud^  ber 
^atriard^en  bon  3llejanbrien,  3lntioc^ien,  3^^^^  unbSRoefau  erhielt.  3)amit  toar  eine 
©c^u^lDe^r  gegen  ben  einbringenben  6atoini«mu«  aufgeworfen.  3!"*>^  *^i^^  infolge  be« 
©efü^fö  ber  Unfid^erl^eit  auf  feiten  ber  griec^ifd^en  S^^eologen,  teitö  infolge  be^  fortgefe^ten 
©c^üren^  ber  römifd^en  Partei  argtoö^nte  man  immer  auf^  neue  catoiniftifd^e  ?5roj)aganba.  40 
Xl^atfäd^lic^^  fel^lte  e^  audfi  nidj^t  an  berbäd^tigen  Sorfommniffen.  3)ie  Sieformierten  h)ie 
bie  SHömifd^en  fuc^ten  mit  gleic^  gefd^äftiger  geber  bie  Hinneigung  ber  griec^ifc^en  Rird^e 
ju  ber  3lnftd^t  ber  einen  ober  ber  anberen  Äirc^e  na(^^uh)eifen,  unb  hielten  ftc^  babei, 
menigften«  nad^  ber  35e^au>)tung  ber  ©riechen,  nic^t  fret  t)on  ber  Unel^rlid^Ieit  ber  Untere 
jdfiiebung  falfc^er  ®lauben«anft^ten.  SJa«  tparb  im  befonberen  ben  ftreitenben  ^Parteien  4ö 
in  bem  bon  ben  ^anfeniften  9iicole  unb  Slmaulb  unb  bem  reformierten  aSrebiger  '^^an 
(Slaube  angeregten  ©Ireite  über  @ud^ariftie  unb  Xranßfubftantiation  borgetoorfen.  3-  Glaube 
bebauj)tete  eine  ©tü^e  für  feine  Slnfic^t  in  bem  älteren  griec^ijc^en  3)ogma  ju  ^aben,  bem 
(Sl;ritl  unb  fein  Sln^ang  erneuten  Slu^brudf  gegeben  Ratten.  3)em  gegenüber  beriefen  ftc^ 
bie  Sanfcniften,  unterftüfet  bon  bem  frangöftfc^en  §ofe,  auf  ba«  ortl^oboje  SSefenntni«  ber  go 
©ried^en.  3)er  5l}atriarc|  9ieftariu«  bon  ^erufolem  (f.  b.  31.)  erlief  eine  eigene  ©c^rift 
tüiber  bie  Se^aujjtungen  glaube«;  fein  5ia(^folger  SJoftt^eu«  (|.  b.  21.  »b  V  ©.  1)  aber 
^ielt  eine  noc^  fräftigere  äbtoebr  für  nötig,  toobei  ber  Sinflufe  be«  framöftfd^en  ©ejanbten 
DliDier  be  SJointel  abermals  im  ©piele  toar.  £e|terer  beftimmte  nämltd^  ben  S)oftt^eu« 
bei  ©clegen^eit  ber  giniDeil^ung  einer  Äird^e  ju  »et^le^em  1672,  eine  ©^nobe  nac^  Se«  55 
rufalem  ju  berufen,  um  feierlid^ft  ein  SKanifeft  gegen  bie  catoiniftifd^en  ^nftnuationen  ju 
erlaffen,  unb  bamit  einen  „©c^ilb  ber  Sledfjtgläubigfeit"  ber  morgenlänbifd^en  Äirc^e  ju 
crridfiten.  gaffen  h)ir  bo^in  gefteHt  fein,  ob  bie  älteren  >)roteftantifd^en  ^ßarteifd^riftfteHer 
mit  Stecht  ben  Patriarchen  nur  al«  ba«  SBerfjeug  einer  j)a})iftifd&en  gntriguc  betradbten, 
icbcnfaDö  teilte  er  mit  Unrecht  ben  ©tol^  feiner  griec^ifc^en  ÄoUegen  auf  ben  fledtenlofen  oi 


uire 
25  für 


704  dftntfalem,  S^itobe 

33cfi^  einer  ort^obojen  Äirc^enlel(;rc,  toä^renb  le^tere  tpeber  in  bem  Setpugtfein  bcr  Rvdft 
nad^toeiiSbar,  nod),  \o  toeit  fie  nac^toei^bar,  frei  bon  bem  5Rebeneinanberbeftc^  ber  fefc 
famften  ffiiberfprüd^e  bei  ben  gleichmäßig  atö  ort^oboj  gefeierten  Äird^enlebrcm  loar.  ^e 
©^nobe,  toeld^e  in  SerlDec^^lung  ber  lofalen  35er||ähniffe  fölfd^lid^   biiStüetien  bie  bet^Icbe^ 

5  mitifdfic  ftd^  genannt  finbet,  toar  noc^  ätuötüei«  ber  Unterfc^riften  unter  bfn  Sefcjlfiffen 
t)on  ben  meiften  unb  bebeutenbften  Vertretern  ber  morgenlänbifc^en  Äird^e  befud^t.  Unter 
ben  68  Unterfd^riften  finben  ftd^  außer  ben  SJamen  be«  ©ofitl^^eu^  unb  feinet  Sorgänger^, 
be«  6j})atriard^en  3leftariu^,  noc^  bie  Flamen  bon  6  ^Metropoliten  unb  SSifd^öfen ;  %i^ 
lanb  ift  burd^  einen  5Könd^  3:imot^eug  unb  ben  Slrc^imanbriten  be«  ^eiligen  ®rabe^  302 

10  fa>)^at  vertreten,  ©omit  l^aben  bie  Sefc^Iüffe  bcr  ©l^nobe  ju  S^^I^^Wf  boticrt  Dom 
20.  3Rärj  1672,  eine  fo  aUfeitige  ©anftion  erfahren,  toie  lerne  ©^nobe  t>tx  ^ed^ifc^ 
Äird^e  nad^l^er  unb  lange  Rzxt  borl^er;  baö  giebt  il^nen  eine  ft^mboUfd^e  Slutontät  öften 
SRange^,  unb  bie  ©^mbolif  ioirb  bal^er  t)or  ollem  an  biefeö  3)oIument  fu^  ju  balten 
l^aben,  fobalb  fte  feftftellen  loiß,  toa^  bie  red^tgläubige  griec^ifc^e  Äirc^e  lel^rt.    3)a^  notigt 

15  un«,  bie  bon  ber  ©^nobe  ausgegangenen  3)oIumente  nod^)  ettoa«  naiver  anjufe^en.  3)a5 
ganje  SlftenftüdE  trägt  an  ber  ©J)i5e  ben  2:itel:  ffäonig  dg^odo^iag  ij  djioioyia  xal 
eXsyxog  ngog  rovg  diaovQovzag  tijv  dLvaroXixrjv  ixxXrjaiav  alQetixcbg  q^QOvdv  h 
TÖig  Tiegi  &eov  xal  xcbv  'ßeicov,  cbg  xaxoqjgovovaiv  ovtoi  avtol  ol  xaXovivoi  dtjXo- 
vati",    3)ie  ©(^ilber^ebung  ift  alfo  nic^t  gegen  Som,   fonbem   gegen  bie  Gafoinijien  ge^ 

20  rid^tet,  loeld^e  geioagt  Ratten,  baS  3^"9"^^  ^^^  morgenlänbifc^en  Kirche  totbcr  bejfereg 
SBiffen  für  ftd^  unb  il^re  S^^ümer  angurufen.  2)a^er  ift  ber  game  erfte  S^eil  nur  baju 
beftimmt,  ba«  unberfd^ämte  (ävaioxvvrovvreg)  Unterfangen  ber  (lalt)iniften  aufjubecfen 
unb  ju  branbmarlen.  ©d^on  ber  ^ßatriarc^  ^eremiaS  ^abe  bie  gubringlid^en  fiut^eroncr 
jured^tgeioiefen.  3Sor  unb  nac^  bicfem  l^aben  Se^rer  ber  ilirc^e  ben  orti^obojen  ©tauben 
jeben,  ber  il^n  fennen  lernen  looDe,  in  feinem  niemals  erfc^ütterten  Seftanbe  bargefteflt, 
bor  aKem  ^etruS  3RogilaS  in  ber  conf.  orthodoxa  (1643).  Slud^  auf  ß^riUu«  äitoiS 
fönne  man  fid^  nid^t  berufen;  benn  bie  ©d^riften,  toeld^e  S'^ümer  mü)altm,  feien  i^m 
untergefc^oben  toorben;  (tro^bem,  baß  bie  tenbcnjiöfe  Untoa^rl^eit  biefer  S3e^aut)tung  auf 
ber  §anb  liegt,  ioieber^olt  fie  bod^  ber  neuefte  gried^ifd^e  ©^mboUfer,  ber  ^rof.  in  »t^ 

80  5IRefoIoraS,  övjußoXixi]  rfjg  oq&oöo^ov  ävarolixfjg  ixxkrjolag  I.  ©.  2 ;  ouc^  t>or  3)ofi= 
tf^euS  l^atte  man  fd^on  einige  3Kale  ben  ä^erfuc^  gemad^t  auf  biefe  SBeife  ben  3SlaM  öon 
ber  Äir4>e  fern  ju  galten,  baß  fie  fo  blinb  gcloefen  fei  einen  ite^er  auf  ben  5Patriarc^Kn= 
ftu^l  gu  berufen)  in  feinen  eckten  ©d^riften  aber  eriocife  er  fic^  aU  rechtgläubig,  toie  eS 
felbftbcrftänblidfi  fei  bei  jebem,  toelc^en   bie  Äird^c  für  toürbig  befunben,  ben  ?ßatriarc^ens 

36  ftul?I  ju  befteigen.  3^  S^ff^  f^i  ^^^^  w'^t  in  ^erfon,  fonbem  nur  in  ben  ii^m  ange= 
bic^teten  ©c^riften  Verurteilt  toorben;  unb  toenn  er  bamac^  1638  bennoc^  }}erfönlid^  ju 
Äonftantinopel  Verurteilt  toorben  fei,  fo  fei  bieS  nur  gefc^e^en,  toeil  er  eS  unterlaffen  ^be, 
fic^  gegen  biefe  Unterlegung  ju  erflären;  foBte  er  übrigen^  toiber  äße  SEßa^rfd^einfic^feit 
bennocp  ber  Url^eber  ber  bejüd^tigten  ©c^riften  fein,   fo   foKe  il^n  auc^  jefet  baö  fc^toerftc 

40  ainat^em  treffen.  95iö  l^ierJ^er  reicht  bcr  erfte  3:cil,  ber  für  un«  noc^  ben  befonberen  SBcrt 
\)at,  baß  i^m  bie  2(ften  ber  bciben  oben  genannten  ©^noben  gu  ^af\t)  unb  Äonftantino}>el 
einverleibt  fmb.  ^n^  übrigen  toerbcn  toir  bie  SetoeiSfü^rung  alS  eine  ebenfo  auf  ©(^rauben 
geftetttc,  toie  ber  2i5a^rl;cit  in  baS  ®cfidf|t  fc^lagcnbc  bcgcid^ncn  muffen.  ^Man  mcrft  leidet 
bie  aibftd^t,  baS  ^^atriard^at  Von  bem  3Jta!eI  ber  Äe^erei  rein  ju  toafd^en,   unb  boc^   bie 

46  f e5crifd(>en  ©d^riftcn  unb  Sc^rmcinungcn,  toelc^e  nun  einmal  ben  9iamen  eines  ^ßatriorc^ 
an  ber  ©tim  trugen,  ju  anat^cmatificrcn.  3)ic  Selege  für  bie  ©laubenSlorreft^feit  bcS 
G^rilluS  finb  ebenfo  toitlfürltd^  an^  minbeftenS  ntdfit  als  ed^t  ertoiefenen  ©d^riftftüdcn, 
^auj)tjäc^lic^  aus  §omilien,  toclc^c  er  ju  Äonftantinotjcl  ivcjmov  rov  xXrjgov  xal  xov 
Xaov  gehalten,  ausgesogen,  als  bie  Argumente  für  bie  angeblid^e  Unec^t^eit   cVriflifd^er 

50  ^rabitionen  auf  abermals  unbetoicfenen  3SorauSfefeungen  ru^cn.  SBo^l  ließe  eS  fic^  auc^ 
benfen,  baß  (S^riH  Vorfic^tiger  coram  populo,  alS  in  jeinen  ©c^riften  fid^  geäußert  ^abe, 
aber  bie  Sjc^auj)tung,  baß  S^riH  felbft  bie  3lutorjcf>aft  bcr  unter  feinem  Sfcamen  auSgc« 
gangenen  unb  Von  ber  ©^nobe  gu  Äonftantinotjcl  felbft  (1638)  il^m  gugefc^riebencn  ©^m- 
bolfdfirift  förmli4>  unb  ciblid^)  abgeleugnet  ^abe,  bleibt  olme  alle  betoeiSfräftige  @rl^ärtung. 

55  —  5Den  gtoeiten  Xeil  bcr  äonlg  ög^odo^iag  bilbet  bie  ovvrofiog  ö/aokoyia,  boS  ift  bie 
confessio,  toeld^^c  35ofitl^euS  im  9iamcn  bcr  vcrfammclten  3Säter  ber  Vertoorfenen  S^m^ 
bolfc^rift  gegenüberftcHtc.  2Beil  fie  eine  ffiibcrlegung  beS  ct^riHifc^en  SSefenntniffeS  fein 
foll,  folgt  fie  bemfelbcn  ©c^ritt  für  ©d^ritt,  RapM  für  Äaj)itel,  inbem  fie  bie  gorm 
bcr  cl;riUifdf|cn  %i}(^m  möglic^ft  beibehält,   aber  ben  ^r\i)alt   bcr   ort^obojen  Se^e  gemäß 

6(>  umgcftaltct,   ausführlicher   ober   tocnigcr   ausführlich,   je   nac^bem  cS  bie  SDBic^tigfeit  beS 


dtntfalm,  (g^ttobe  ^aja  705 

§ 

S)ogma^  unb  bic  Smbenj  ber  3)emonftratton  erforberte.  ©ie  cntl^It  18  decreta 
unb  4  quaestiones.  ^m  einzelnen  betreffen  fie  folgenbe  2e^rfä|e:  1.  bie  S^reieiniglett; 
2.  bie  ^eilige  ©c^rift  unb  i^re  Sluölegung  burc^  bie  Äirc^e;  3.  bie  ^räbeftination;  4.  Ur- 
fjjrung  be^  Söfen;  5.  SBer^ältni«  ber  göttlid^en  $rot)ibeng  jum  Söfen;  6.  ©rbfünbe; 
7.  'Bfenfc^tüerbung  bc^  ©otte^f ol^ne^ ;  8.  bic  SRittlerfd^aft  6I;rtfti  unb  ber^eiligen;  9.  ber  6 
liebetJ^ätige  ©laube;  10.  bie  «irc^e  unb  ber  @i)iffoj)ot;  11.  bie  ©licbfc^aft  an  ber  Äird;e; 
12.  bie  Unfel^lbarfett  ber  Äirc^e;  13.  SRed^tfertigung  burd^  ©laube  unb  SBerle;  14.  bic 
Sciftung^fä^igteit  be^  natürlid^en  unb  be^  toibergeborenen  5IRenfc^en;  15.  fieben  ©alra^ 
mente;  16.  Äinbertaufe;  17.  Suc^ariftie;  18.  S^ftanb  nad^  bem  lobe.  ®ie  bier  quae- 
stiones fmb  folgenbe:  1.  3)orf  bie  l^eiKge ©(^rift  bon  allen  ßl^riften  gelefen  toerben?  2.  Sft  lo 
bie  Schrift  für  äße  beutlic^?  3)  SBcIc^e«  fmb  bie  J^eiligen  ©(^rif ten  ?  (ännal^mc  ber2l»)o^ 
frv>)^en).  4.  3Baö  ift  bon  ben  Silbern  unb  bem  ^eiligenfultu«  ju  galten?  —  ©d^on 
au^  biefer  Überfid^t  ergiebt  fid^,  bafe  h)ir  J^ier,  jumal  in  S3erbinbuug  mit  ben  aiuälaffungen 
im  erften  SEeile  ber  äonlg,  bie  ©umme  be^  ganjen  ortJ^obojen  ©laubenö  \>ox  unö  ^aben. 
SDaö  mac^t  bicfe«  S3elenntni«  ju  bem  bebeutung«t)ottften  be«  gried^ifc^en  ©tauben«.  ?D?an  is 
^at  jjmca  fofort  fein  ©etoid^t  baburd^  fc^mölem  toollcn,  bafe  man  il^m  eine  latinifterenbe 
3:enben3  tjortvarf.  ©o  l^at  fc^on  Sl^mon  biefen  SSortourf  au^efproc^en,  unb  noc^  SBiner 
tüicbcr^olt  biefen  SorlDurf  in  feiner  ©Emboli!  unb  begrünbet  il^n  burc^  ben  §inn)eiö  auf 
bie  Slnnabme  ber  2l})otrV))^en.  2UIein,  bafe  gerabe  bie«  leinSetoei«  bafür  fei,  fofem  auc^ 
bie  conf.  orthod.  bie  ä[t)oIrVJ)l^cn  afö  lanonifd^e  ©c^riften  be^anbelt,  l^at  3Ref.  f^on  in  20 
feiner  ©^mbolif  ©.  132  nad^getoiefen.  S)a6  bie  confessio  be«  3)ofit^cu«  nirgenb«  gegen 
bie  römifc^e  Se^re  l)olemiftert,  ift  oHerbing«  nic^t  blofe  ^\x\oSl,  fonbem  2:enben3,  aber  aud^ 
nic^t  me^r,  unb  ertlärt  ftc^  au«  ber  ganzen  Damaligen  ürd^enpolitifd^en  ©ituation  ber 
orientalij^en  Äirc^e.  3)er  ©egenfo^  rid^tete  ftc^  gunäc^ft  gegen  bie  ^roteftanten,  toä^renb 
man  fidfi  ber  römifd^en  Äird^e  nä^er  tjcrtoanbt  füllte,  ©rflärt  bod^  bie  döJifc,  bafe  bie  25 
^roteftanten  ber  morgenlänbifc^en  Kirche  um  fo  femer  ftel^n,  ate  fic  fogar  t)on  ber  abenb^ 
länbifd^en  Äird^e  abgefallen  jeien,  näoav  ojiXwg  twv  xa^oXixriv  ixxXtjoiav  äTtoTioirjad- 
fievoi  xal  Ekeyyofievoi,  ®ie  5ßroteftanten  finb  offenbar  algeiixol  xai  algetixwv  xo- 
ov(pai6raToi]  ugl.  5tattenbufc^,  bergt.  Äonfeffion^funbe  ©.  145.  9inb.'*$ofmann. 

3:frufalemdfreunbe  f.  lemjjclbcutfd^er.  so 

^tfaia^  ber  ^ro^j^et.  —  1.  fiittcratuv:  a)  ^luSgöbcn:  oon  8.  5Bacr  imter 
^itiüivtung  üou  groui  ^eligfd),  fieip^ig  1872  (jucftt  ben  geiiaiicflcn  tiiafforcti|d)en  Xe^t  3U 
flebeit),  üim  X.  Ä.  S^ei)nc  in  ^aupt«  9(u«gabc  bc«  ?11«  1897  (^rcüiblerter  Ztyi  mit  9luutcv« 
funflcn");  eine  Iritifc^e  ÄuSgabe  be«  (ftidjift^  gcfdjriebcncn)  3;eutciüjcjaja  mit  ncbenftc()enbev 
beutfc^cr  Ueberfeßung  unb  bcgrünbenben  92oteri  unter  bem  2;cjte  ^abc  tcft  gegeben  in  bem  35 
erften  ^cfte  ber  ^©ammlung  bebr.*beutfd)cr  SJibcItejte",  3Hünci)en  1893;  it)r  ift  gefolgt 
QJunning  in  „JesajaXL— LXVI,  Hebreeuwsche  Tekst",  9?ottcrbam  1898.  ^iefe  ül)ne  lieber« 
fc^uim  unb  o^ne  bcgrünbenbe  9?otcn  gegebene  SRejenfion  ift  nur  ju  gebraucftcu  unter  bcftän* 
biger  feergleidiung  ber  ausführlichen  ©e^anblung  oon  3ef  40—66  in  beöfclben  Serfaffev« 
S3ud)c  „Van  Babel  oaar  Jeruzalem",  jRotterbam  1898.  b)  Ä^ommcntare:  ?luS  bcr^üflc  ber  40 
üortjanbenen,  über  bie  reicb^altigere  Scrjeidiniffe  bei  9tofcnmüUcr  (Scholia,  tom.  III,  s.  I 
in  bev  praefatio,  iieip^ig  1791),  bei  GJefeniuS  unb  bei  5)illmann  na^gelefen  werben  fi)nnen, 
nenne  id)  alö  bouernb  loertooU  ober  für  bic  ®cfd)id)te  ber  SefQJaejegefc  bebeutforn :  ben  beS 
.S)ieroni)mu§  (julcft  bei  MSL  tom.  XXIV),  in  roelc^cm  yiad)x\diH\\  über  ben  3:ejt  m\b  feine 
iÖcifionen  unb  über  bie  ältere  jübifdje  3)eutung  beöfelbcn  mit  geitgemööen  ^tnioenbungen  be§  4:» 
prop^ctifcftcn  Sorte§  auf  bie  Ä'irc^e  unb  bie  ^e^er  oerbunbcn  finb,  mie  fie  bie  gric3)ifd)c 
!l:t)eoloöie,  namentlich  Drigeneä  ju  machen  pflegte;  ben  be§  SSitrlnga  (nad)  ber  SBofefer Aus- 
gabe üon  1732  in  jiuei  göliobönben),  in  feinem  grunbicgenbcn  p^iloIogifci*ejegetifc6en  2^eite 
ba§  unerreichte  dufter  wiffenfc^aftUc^eri?(nbQd)t;  ben  beS  fionboncr  ©ifd)of§  9?.  iiomt^  (1778), 
nameutlid)  in  ber  oon  ^oppe  mit  folgenreichen  ^nmcrfungen  au$geftattetcn  beutfdien  9lu«*  go 
c\c[ht  in  4S3änben  1779-81;  ben  oon  ÖJefeniu«,  fieipjig  1820/21  in  3  Xeilen,  ein  93ud)  oov« 
i)i(bUd}er  ^leganj  in  ^in)id)t  ber  pt)iIoIogifd)en  ^ett)obe  unb  ^DarftcQung;  ferner  bic  uon 
fti^ig  (^eibclbcrg  1833),  uon  4)cnbcmerf  (2  »be,  Königsberg  1838. 43),  oon  Umbreit  (2  Söbc 
18il/4L>,  2.91.  1846)  uon  (Smalb  (^rop^.  bcS  91.  ©.  2  Xcile  1840/41,  2.  91.  1867  ff.),  uon 
3)ved)«Ier  (2  Xcile  1845/49,  fortgefe^t  üon  ^aliw  unb  3)elitf*  1857):  \)on  (Sfteijnc  (2  SBbe,  fionbon  55 
1870,  3.  9lufl.  1884);  toon  93reben!amp  ((Srlangen  1887).  3n  ben  grofeen  cieget.  ©ammeN 
loerfeu  ftaben  ben  Sefaja  erllört:  für  ba§  furje  eyeget.  ^onbbudj  Änobcl  (1843;  4.  9lufl.  oon 
3)ieftcll872),  meit  bcffcr  S)illmann  (1890,  neue  91.  oon  Äittcl  1898) ;  für  boS  fiangcfd)c  S3ibcU 
luerf  e.  9?ögcl«bac6  (1878);  für  ben  Keil-Xeliefd)fcl|cn  Äommcntar:  grona  SDeli^fd)  (1.  9lHf(. 
1866;  4.  9lufl.  mefentticb  umgcftaltct  1889);  für  ben  furjgefajtcn  Kommentar  oon  @tracf*  co 
8öc!Ier:  oon  Drcüi  (1887,  2.  9luftage  1891);  für  ben  ^otoad\iitn  ©anbfommentor:  3)uf)m 
(1892) :  für  ben  ^arti^SRo^rfc^en:  ^arti  (1900).  ^ie  Kapp.  40-60  bejubeln  befonbcrd: 
mtaUftncrtUopähit  fttr  X^eologic  unb  fiird^c.    3«  «.  Vlil. 


706  3ef«i« 

S3cc!,  S)ic  cl)vojef.  5Bci§fagungen,  1844 ;  @tier,  Scfaja«,  iti^t  ^fcubojcfQioö  1850;  Stincdt, 
3)cr  ©üangclift  bcö  §1.  So.  1870,  unb  ©unning  in  bcm  oben  crtpö^ntcn  iBu^c.  c)  8lu«  b<r 
UnjQl^t  ber  ©injclab^anblungen  bibl.«l^eoIog.  ober  lillcror^iflorifd^enSnioItc«  enufi^ne 
i(ft  meinert,  Ueber  bic  (Scftt^cil  fämtlic^ier  im  83.  3.  enthaltenen  ©eiSfagungen  1829;  GaS^ari. 

5  93eitr.  jiir  (Sinf.  in  boS  91J 1848 ;  meine  ^(b^ianblung  über  3ef  40—66  inber  813:^  1876, 1 ;  (»xiif^, 
3)Q§  3u!unf t§bitb  be«  Sefojo  1885;  ^ocfmann,  5)ie  SufunttSerwortung  be«  Sefoja  1893  (Dgl.  b. 
Beurteilung  XW»  1897, 557  ff.) ;  ©iefcbrecftt,  S3eir«ge  jur  Sefajofriti!  1890 ;  ©cflin,  Serubbabel 
1898;  gjlein^olb,  3)ie  3efajal)eraäWungen  3ef  36—39,  1898;  S^e^ne,einl.  in  ba«  ©u*  3efQJa, 
überf.  D.  SBö^mer,  ©iefeen  1897;  günfrug,  a)cr  ©otteStnecftt  beS  3)euterojcfaia,  ©öttingen  1899; 

10  93nbbc,  S)ie  fog.  ebeb«3a^)üclieber  u.  b.^ebeut.  beS  Änec^te«  3a^oe  in  3ef  40—55,  öieBenldOO. 

2.  ©tcllung  be^  Sud^e«  S^ffti«  iw^  Äanon.  3"  unferen  ^feBrötfd^en  SiM^ 
auiggaben  eröffnet  baö  S5. 3-  t>i«  Abteilung  ber  fogenannten  „fj)ätcren  ?ßroj)^fcten''  unb 
fielet  bor  3^«wtia,  (Sjec^tel,  offenbar  au«  ®rünben  l^tftorif(^er  Orbnung ;  ebenfo  bei  Q^t, 
h?cl(^c  nur  baö  3*^^''ft>^'^l^^<^^^'^w(^  tJoranfteHen  (bgl.  Hieronymus  ad  Paulinum,  Bibl. 

16  s.  lat.  ed.  Heyse  et  Tischendorf  p.  XXXI),  unb  bei  Hieronymus  im  prolog. 
galeatus  (ib.  p.  XXVII).  S)iefe  Drbnung,  in  ber  alten  ilird^c  reji^Jtert,  toirb  bcftötigt 
burd^  3^"^  ©irac^,  toelc^er  Ä.  49,  6—10  3^emia,  ©gec^iel  unb  bte  12  ^xop^^tm  pxt^, 
nac^bent  et  am  @nbe  bon  R.  48  ben  ^^aia  berl^enlic^t  f)at  @ine  anbete,  im  ^^mub 
(Baba  bathra  fol.  14,  col.  2)  übetliefette,   fteKt  3^^"i<»  W^^  *>ä^  Äönig«bu(^  unb 

20  läfet  yat\a\a  jtoifc^en  @je(^iel  unb  ba«  3*^<^IP^"^  ixtttn,  ©ie  betul^t  auf  einet  ©Ateibers 
fitte,  toeld^e  ba«  längere  ber  jufammengel^ötigen  Sudler  bot  bem  fütjeten  in  »ngtiff 
nal^m.  3)enn  jtvat  nic^t  ber  mafforetifd^en  Sergjai^I  (3ef  1295,  3et  1365,  ®j  1273, 
^tüölfbud^  1050),  tbo^I  abet  bem  iüitflid^en  Umfange  nac^  unb  gemäfe  bet  S^l  betSe^ 
barim  (3er  31,  Sj  29,    3ef  26,  3h)ölfbuc^  21)  ift  3er  ba«  grö|te  unb  3ef  ba«  Heinjte 

25  unter  ben  Süc^etn  bet  fogenannten  größeren  ?ßroj)l^eten.  ^iemad^  fmb  fie  geotbnet  in  ben 
bon  3Rid^aeIi«  ju  3^  1  aufgejä^Iten  §anbfd^tiften  {m  toelc^en  bgl.  be  fiagatbe,  ©l^mifta 
I,  130  ff.) ;  nad^  @Iia«  Sebita  betu^t  bet  Untetfd^ieo  auf  einet  betfc^iebenen  ®eft>ö^ng 
bet  fj)anifd^en  3uben  einet=  unb  bet  beutfd^en  unb  ftanjöftfd^en  anbetetfeitig.  SRabbinij^ 
2i5i^   ted^tfettigte  bie  utfjjtünglid^   auf  tein  äufeetlic^e  ©tünbe  jutüdgel^enbe  äbtoeic^Iung 

30  bon  bet  älteten  unb  fad^gemäfeen  Slei^enfolge  au«  bet  SlüdEfic^tna^me  auf  bo«  ®emüt  be« 
§ötet«,  iüelc^c«  bei  i^t  bon  bet  im  Äönig«bud^e  unb  3^^^^  angefc^auten  3^tötung 
butd^  ben  toenigften«  am  6nbe  au«fd^lie^Iid^  Itoft  fj)enbenben  ©je^iel  ju  bem  fjActoü, 
ber^ei^ung^boHen  ^c\a\a  ^inaufgefül;rt  toerbe.  3Rit  befferem  ®runbe  fagt  Sittinga  (ed. 
Bas.  1732,  p.  20  sqq.),  bafe  man  3ctcmia  mit  bem  Äönig«bu^e  betbanb,  toeil  man  ben 

36  ^^to^^eten  füt  ben  ÜBetf.  be«  leiteten  ^ielt.  ai>)oIogetifc^c«  3"^^«ff«  M  ^^^  Sig^tfoot 
beranlafet,  biefe  Drbnung  al«  3^"9"i^  t>ofüt  ju  benufeen,  ba|  SWatt^äu«  27,  9  ftc^  nic^t 
geittt,  bielmel^t  bie  ganje  j)to>)^etifc^e  2lbteilung  bc«  Kanon«  nai^  3^*"^^  genannt  ^obe, 
unb  neuetbing«  3Kännet,  h)ie  ®efeniu«  (Äomm.  1,  22  f.),  Stpalb  ($to>)l^eten  ©.  55)  unb 
be  Sagatbe  (a.  a.  0.  ©.  142),    au«  i^t  gu  folgern,  ba^  nac^  bet  ©tinnetung  ber  älteren 

40  3wben  ba«  ^ud)  ^^aia,  al«  3^^wia  unb  Sjc^iel  fd^on  i^te  je^igc  ®eftalt  befa|en,  noc^ 
SJctänbetungen  etlitten  t;abe,  obct,  toie  c«  botliegt,  etft  jut  3«t  be«  R^to«  gemad^t  toorben 
fei;  ba«felbe  3ntcteffe  fann  einen  anbeten  betvegen,  bie  allgemeinet  betbteitete  Orbming 
in  unfetet  l^ebtäifdfien  33ibel  ba^in  au«gutegen,  ba«  ^^[aia  unb  3^^^^  \^^^  befinitib 
abgcf4>toRen  maten,  al«  an  (gjcc^iel  noc^  na^  alter  Sla^rid^t  l^erumrebigiert  toutbe  unb  bo« 

45  3h?ölfbu(^  nod^)  feinet  SSollenbung  entgegcntüattete.  ^it  ba«  ®eh)ijfe  bebatf  c«  folc^er 
©tü^en  nidfit,  unb  ba«  Ungetoiffe  toitb  butc^^  biefe  2ltt  bon  Sltgumentation  nidS^t  ßetoiffet. 

3.  Der  2;e£t.  S)ie  ibm  eigene  3Kannigfaltigfeit  be«  3"^alte«  unb  be«  ©ttle«,  bet 
ibeale  glug  bet  ^Hcbe,  bie  Originalität  bet  ®ebanfcn  l^aben  ba«  33etftänbni«  unfete«  S3uc^ 
fd^^on  in  ben  älteften  3^iten  etfd^h)ert.    3?iel    gclefen   unb  oft  neu  ^etau«gegeben,   lonnte 

60  e«  feinen  utfj)tünglid^en  SBottlaut  nidfit  übetall  bei^au^ten  unb  ift  bann  ®egenftanb  einet 
ätuelegung  geivotben,  h)elc^e  mit  bem  Übetlicf erten  al«  einem  unantaftbaren  Heiligtum  fo  gut  c« 
ging  fic^  abjufinbcn  fuc^te.  2Bie  e«  um  ben  Xejt  in  S^f  40—66  fte^t,  fann  man  au«  meinet 
3lu«gabe  be«  Deuteroiejaja  feigen,  toie  um  ben  bon  Ä.  36—39  au«  meinem  5bmmentate  gu 
bem  ^atallelabfc^nitt  im  Äönig«bud5)e  unb  bei  9)teinl;olb ;  fVejieH  übet  bie  ®eftalt  be«  §i«fias 

66  l)falm«  in  Ä.  38  ^anbelt  meine  Slbi^anblung  „Sautbetfc^iebung  im  lejte  be«  $.  ^Pfalm«" 
in  2:i;©tÄ  1884.  Um  t>m%^t  in  Ä.  1—35  ftel^t  c«  fo  übel,  ba^  bot  feinet  ßetftettung 
al«  bet  notircnbigen  3}otbebingung  einet  ridfitigen  littetarif4>en  SBütbigung  aHe  3[u«legung 
fc^mietiget  ©türfe  unb  alle  Sltgumentation  übet  bie  entftel;ung«gefc^i^te  nut  ben  ß^araf- 
tcx  einet  botläufigen,  fubjeftibe  Seftiebigung  begibcrfenben  unb  batum  toibettufbaren  ^o^ 

cofition  in  Slnfvtud^  nehmen  fann.  ©ie  ift  abet  bee^alb  befonbet«  fd^toierig,  toetl  h)tt 
locnig    rid;crc  Äontroll mittel    ^aben.    S)a«  geringtoettigfte   ift   bie  ^te  öfter«  an* 


3ftf«{«  707 

geh)anbtc  SSorflcttung  be«  äuölegerö  bon  bcr  Äunftform  unb  bem  3Rctrum,  beren  fi(^  bcr 
9lcbenbc  bebicnt  ^abe.  S)enn  ben  glüdtlic^ftcn  gaD  gefegt,  bafe  unfer  ©(^ema  fid^  ganj 
mit  bcm  bom  ^roj^l^eten  gebrauchten  bedte,  fo  f^aben  h)tr  boc^  leinerlet  Sürgfd^aft  bafür, 
bafe  ber  $ro|)^et  jelbft  ober  feine  ^wnger  bei  ber  äbfaffung  be^  SSud^e«  ungeänbert  unb 
unberfiirjt  ^aben  toiebergeben  tooDen,  too«  jum  erftenmale  in  fefter  >)oetifci^er  gorm  münb«  6 
lic^  ober  fc^riftUc^  au^efproc^en  toorben  toar.  ©o  finben  toir  in  bem  grofjen  ®cmälbe, 
toeld^e«  ba^  ©erid^t  mit  ben  färben  be«  (Srbbeben^  malt,  24,  1  ff.,  Don  35.  7  an  eine 
al))^abetifc^e  ©legie  bertoanbt,  toeld^e  auf  jeben  Sud^ftaben  ein  §ejaftid^  red^nete.  •  S)a^ 
erfte  mit  ^^^,  ba«  jtoeite  mit  i'^s  (35.9,  fo  ift  ftatt  "i''tt3:3  nac^  ©ept.  mitÄnobel  ju  lefen) 
beginnenb,  ift  jebe«  boD  erholten;  bon  bem  britten,  mit  5^^^  (3?.  11  ^)  anfangenben,  toirb  lo 
aber  nur  bie  erfte  §älfte  mitgeteilt,  toelc^e  fagt,  hm«  au«  ber  ©tabt  gefc^tounben  unb 
h)a«  in  i^r  geblieben  fei  (35.  12).  S)a  ber  $ro^^et  a\xd^  23,  16  blofe  ben  änfang  eine« 
befannten  Siebe«  citiert,  fo  lann  er  fic^  aud^  ^ier  begnügt  ^ben  ju  fagen,  e«  gel^e  bann, 
tüie  e«  ber  2lnfang  be«  befannten,  auf  bie  ^iftorifc^e  Kalamität  eine«  Srbbeben«  bejüglid^en 
Älagegebid^te«  au«brüde,  ob  er  biefe«  nun  in  frül(>erer  geit  felbft  berfafet  ^at,  ober  ob  e«  i6 
einem  anberen  berbanft  toirb.  (gbenjo  läfet  ftc^  5,  15.  16  nur  al«  (Sinlenlung  in  ein  ben 
Sefem  ober  ßwi^örem  befannte«  5ßroj)^etentoort  begreifen,  bon  bem  ein  größere«  ©tüdt  in 
2,  11—21  bereit«  mitgeteilt  ift,  unb  in  tpeld^em  ber  ©a^,  bafe  bor  ber  offenbar  getüor^ 
benen  §ol^eit  ^l^^be«  alle  menfc^Iid^e  $o^eit  ju  nid^te  toirb  (SJ.  11.  17),  ebenfo  h?ie 
bie  3€itH^i'""^wng  „bor  ber  SDtaieftät  g^^be«  —  toenn  er  [xd)  erl(^bt  ad  terrendam  20 
terram"  (35.  19.  21)  bie  9loHe  bon  rebebe^errfd^enben,  in  beftimmten  3lbftänben  toieber« 
fel^renben  ©tic^tüörtem  fpielten.  Stuf  ®runb  be«  3:ejte«  ber  Btpt  Dürfen  toir  bie  3^'^' 
beftimmung  auc^  am  ©c^Iuffe  bon  2,  10  ergangen,  aber  ba«  urfjirünglic^e  ®anje 
biefer  ©c^ilberung  ber  SBäirlungen  be«  ^ö^betagc«  ettoa  gar  mit  §injuna^me  bon  5, 15. 16 
ju  re!onftruieren,  fmb  h)ir  tpeber  bere^tigt  noc^  imftanbe,  unb  be«|alb  ift  ber  i^m  ettoa  25 
abgelaufd^te  Sl^bt^mu«  für  fi^  lein  legitime«  ^Mittel,  um  ben  borliegenben  SBortlaut  ju  bean« 
ftanben  ober  ju  forrigieren.  5Ri(^t  aufeer  3ld^t  ju  laffen  fmb  bagegen  bie$ara})^rafe  be«  3  on  a* 
t^an  unb  bie  Fragmente  aiquila«,3:^eobotion«  unb  be«©vmmad^u«,  toiefie  un«  au« 
ben  gried^.  6obb.  mit  ^qra})Iarifc^en  Slanbnoten,  au«  bem  ©^rol^ej.  unb  au«  ben  9Jadfirid^ten 
be«  §ieront^mu«  befannt  finb.  2Benn  ftc  and)  im  ©anjen  einen  I!ejt  gel^abt  ^aben,  ber  30 
fic^  mit  bem  unfrigen  genau  bedft,  fo  fönnen  toir  einige«  boc^  al«  orft  f^jäter  eingebmn- 
genen  geiler  au«  \\)mn  berbeffem.  ©0  ^at  j.  35.  Sö'^^*^^^*'^  ^i*  feinem  "p^^  in  8,  14 
ein  ci^b  au«gebrüdft,  tpelc^e«  in  bem  1^  hinter  J^^i  berloren  gegangen  unb  be«l;alb  not* 
ivenbig  ift,  toeil  ben  beiben  §äufem  3^^^^^^/  imm  SJal^be  jum  ©tein  be«  ^Dc«  toirb, 
bie  kommen  gegenüberge[tettt  fein  muffen,  benen  er  ftc^  al«  fq^irmenbe«  Slf^I  ertoeift.  35e5  86 
ftätigt  lüirb  biefer  3^ejt  nic^t  blofe  burd^  35ulg.,  fonbem  and)  burd^  bie  2.  ?ßerfon  ©ing. 
ber  ©ej)t.  Ober  er  l^at,  toie  auc^  eine  SSuIgataIe«art,  in  33,  2  ba«  bom  ^aralleli«mu« 
erforberte,  im  §.  burd^  3Serbinbung  bon  12  ju  Q  in  ^'^]  berborbene  richtige  ^^^T^], 
35ot)t)elüberfe|ungen  l^aben  bi«toeilen  i^ren  ©runb  in  berfd^iebener  3lu«Iegung  berfelben 
ffiorte,  bi«tbeilen  in  ber  33erü(ffid^tigung  bon  3Sarianten.  3lad)  (grfurter  aJlfK.  unb  ber  40 
Compl.  ä^egig  gab  e«  ju  oinn  i-y  19^  I8  {=  Aq.  Theod.  ägeg)  bie  35ariante 
c^nn  (=  ^xiov  be«  ©^mm.)  S3eibe«  berbinbenb  fagt  ^onatl^an:  „bie  ©tabt  33  et^« 
feme«,  bie  beftimmt  ift  gcrftört  ju  toerben" (S"^").  2Ba«  bie©eptuaginta  anlangt, 
f 0  lüirb  man  fte  erft  bott  toürbigen  fönnen,  toenn  ju  ber  ©metefc^en  2lu«gabe  be«  Vaticanus 
eine  folc^e  be«  Sucianifd^en  ^^ejte«  auf  ©runb  ber  fd^on  bon  ^ielb  bafür  in  2lnfj)rud^  ge-  46 
nommenen,jumeift  mit  ß^rt^foftomu«  unb  2^eoboret  ftimmenben  6obice«griH)j)e  l^injugef  ommen 
fein  h)trb.  ®ana(9  toirb  man  mit  §ilfe  ber  f;eja))Iarifd^en  SRac^ric^^ten  ftd^  eine  SSorfteDung 
bon  ber  bororigenianifc^en  Überfe^ung  bilben  fönnen.  älber  auc^^  biefe  jeigt  fd^on  ©J)uren 
ber  3Seränberung.  SBenn  fte  33,  7  für  ^^^n  iprs:  obfi«-«  -,n  tpicbergiebt :  Idov  dij 
h  TCO  (poßcp  v/bicüv  ovxoi  woßrj-^joovrai  —  ovg  iq)o߀To&e,  ßorjaotTai  (6obb.  woßt]-  60 
ihpovxai)  Aq?'  vfiwv  xrX,,  fo  ^aben  tbir  l^ier  boj)j)eIte  Überfe^ung  eine«  l^ebräif(^en  xejte«, 
tocidfier  ftatt  cbt^-K  bie  S3u4ftabengru})>)e  "^  crC')5«'i*:  barbot,  voa^  ebenfotool^I  6  (poßog 
vf^io)v  =  „bie  ^rd^t  bor  euc^",  al«  „ber  ©egenftanb  eurer  e^urc^t",  =  ovg  kcpo- 
ßeJo^e  fein  fann.  ®er  erfte  Überfefeer  fa^  ni:n  ==  msri  (ovroi)  unb  erfe^te,  toenn  er 
nid^t  ^isip"'  lo«,  ■'P'i:'^  burc^  ben  Su«brud  ber  inneren  3Serfaffung,  toeld^e  ba«  „SBel^e-  55 
gefc^rei"  befunbet,  q^oßtj^aovrai,  um  ben  Slottentaufd^,  ben  er  ^ier  fanb,  bem  grie« 
6)'\\d)tn  2efer  bemel^mlid^er  ju  mad^en.  2)er  jtoeite  fteDte  burd^  ßorioovxai  Übereinftimmung 
mit  bem  ^cbr.  2;ejt  ipy2:(^)  ^er  unb  gab  ba«  mit  äyyeXoi,  anooraXijoovTai  berbunbcne 
ni:n  =  ^^|inau«"  mit  A(p' v^iwv  toieber.  ^^berll^at  ^at  nac^  bem  ©V^o^^.  biefe  jhjeite 
Überfe^ung  ben  Dbelo«  bor  fid^  ge^t.    ^gegen  ntc^t  bie  ju  (äyveloi)  &nooTaX})ooV'  eo 

45* 


708  3efaja 

rat  (b.  i.  c^nVc)  gegebene  jtDcite  jiagaxaXovvreg  eigrjvtjv,  toelc^e  bem  3Jerfe  angelangt 
ift  unb  mit  bem  ^ebräifc^en  SBäortc  cib^  ft.  ürkm  jugletd^  bcn  angenommenen  ©inn  au^ 
brütft,  grieben^boten  feien  l^ier  nid^t  bie  SJerlünbiger,  [onbem  bie  (Srbitter  bc^  griebe«?. 
Scrflecfter   ift  bie  3)ol)J)eIüberfe^ung  in  2,  16**,  h)0  toxi  im  näoav  0iav  nXoiayv  xaX- 

5  kovg  lefen.  §ier  toor  bie  ec^te  Überfe^ung  xal  inl  näv  nXöiov  xdXkovg,  tnbem  bem 
großen  Äauff<^rer  (bem  Oagoig-^d^x^t,  too^  in  ©ej)t.  ju  OaXdootjg  berbarb)  bo«  gufU 
unb  ^rac^tfd^iff  üugcfcDt  tourbe,  auf  ^ebr.  n-pinn  rrciri-bs  b?i.  ®eratoeiteüberfe|er  lo« 
unfer  l^ebr.  ri^^c  =  ©d^auftüdf  (t?^a),  unb  biefe  SSefferung  l^atte,  bor  jiXöiov  auf* 
genommen,  ijur  golge,  bofe  Tiav  in  jrdöav  unb  jiXoiov  in  nXoitov  ftd^  toanbelte.    8i^ 

10  toeilen  ift  anfc^einenbe  2)op>)elüberfe5ung  nur  ort^ogra^^ifd^  Variante.  SBer  in  8,  23 
^u  bem  überlieferten  tovto  tiqojtov  jiie,  raxv  noiei  bie  ä^arianten  tovto  nganov  ta^v  nU 
xaxv  noiei  unb  ftatt  ber  beiben  lefeten  SBörter  toieber  in  6ob.  304  raxv  Jik  ^in^unimmt, 
fie^t  jofort,  bafe  me  nur  itoiiftifd^er  3)oj)peIgänger  ju  noUi  ift,  unb  bafe  xaxv  Ttoiei 
Ueberfe^ung  bon  bp!^  Jein  fou.  Slber  aud^  bie  tritifd^  gereinigte  ©eftalt  be^  ©e()tuag!nta- 

16  tejte«  hjürbe  nod^  immer  ben  33orh)urf  berbienen,  bafe  ber  Überfe^er  beim  Sntgiffem  feiner 
^ebräifd^en  SSorlage  in  erftounlid^em  ^Jlafee  ber  fieitung  burd^  ein  ftd^ere^  Serftänbnig  beö 
jContqrte^  im  ©anjen  entbehrt  l^at.  3)a^  boc^  nic^t  {c^h)ierige  9ilb  bed  ®u))brat^,  toeb^ 
feine  Ufer  überfd^reitet  (8,  7.  8),  bann  ftd^  in  3"bäa  l^ineinergie^t,  bort  anfc^toiHt  unb  in 
einer  §ö^e  flutet,  bafe  bie  SJlenfc^en  laum  noc^  ben  Äojpf  über  SBaffer  Italien  fönnen,  giebt 

20  er  beirrt  burd^  bie  Semcrfung,  bafe  ber  König  bon  Slffur  gemeint  fei  (S.  7),  fo  h>ieber : 
„unb  er  fteigt  ^inauf  ju  aK  euren  gefef^Iuc^ten  unb  gel^t  bal^in  über  oDe  eure 
3Rauem  unb  nimmt  toeg  au^  3uba  (jeben)  3Renfc^en,  ber  im  ©tanbe  toäre,  ba^ 
§aul)t  ju  ergeben,  ober  im  ©tanbe  h)äre  ettoa^  ju  boHenben,  unb  fein  Heerlager 
toirb   fo   (au^ebe^nt)   fein,   ba^  e^  bie  ©reite  beine^  2anbe^  au^füDt".    ®ie  änr5)e 

25  „bein  2anb"  35.  8  liefe  i^n  auc^  in  SB.  7  ba^  ©uffij  ber  2.  ?ßerfon  feigen;  bie 
SJorfteHung  bon  bem  an  ber  ©J)i^e  jal^llofer  3^rubj)en  crobemb  borbringenben  Äönige 
leitete  il^n  an  r\r^^^  =  ri-:n:»  =  3Rauem  unb  q^nn  in  S.  8  atö  r'^m  ju  lefen. 
3a  fetbft  in  ber  abenteuerlichen  Dbjeft^befc^reibung  benät  ftd^  beutlic^ft  ber  erftrebte  än^ 
fc^lufe  an  einen  l^ebräifd()en  SBäortlaut,  ber  nur  burc^  3:ran^>)ofition  bon  "^«"»s:  t)or  ^^^ 

30  bem  unferer  ä3ibel  unä^nlic^  getporben  toar.  ^enn  tpenn  ed  nur  möglich  erfd^eint,  bafe 
-Kii:  tin^o  =  'x  rjpT  -^.-N  gebeutet  fei,  fo  ift  e«  fo  gut  loie  fieser,  bafe  bie  ©orte 
y^ii^  ny  ^::yi  aufgelegt  tourben  =  ?"?■:  "J<  "J?-"  b.  i.  ber  ba  arbeitet,  bi«  er  ben  ©rtrog 
feiner  Slrbeit  gefi^ert  ^at.  @g  ift  fe^r  bemerlen^mert  für  bie  §od^fc^ä^ung  ber  alten 
©ej)t.,   bafe  §ieron^mu^  g.  b.  ©t.  bemerlt,    biefe  ffiorte   ftel^en  nid^t    im  Hebräer   unb 

3ö  feien  in  ben  gried^ifc^en  6obb.  mit  bem  Dbelo^  gefennjeid^net,  unb  bafe,  obtoo^I  biefe 
6obb.  bal^inter  bie  bon  §ieron.  toiebergegebenen  SBäorte  be^  §ebräer^  geboten  l^oben  muffen, 
bi^^er  nod^  in  feiner  $anbjc^rift  ber  ©et)t.  bie  ©j)ur  einer  anberen  Überfe^ung,  al«  bie  eben 
befjirod^ene,  l^at  entbedt  toerben  fönnen.  ©o  unglüdtlid^  biefe  aber  auc^  geraten  ift,  infof em  ^t 
fte.bod^  9Bert,   al^  fie  jufammen  mit  3«^"^^^^"  ^"f^  beutlidfifte  belunbct,  bafe  baö  pari. 

40  ^?-"  ^^:^,  toelc^e^  (ober  ben  inf.  abs.)  ftatt  ber  maff or.  5ßerff.  ju  fj)rcd^en  bie©vntaj  be^SSer* 
bum^  berlangt,  in  alter  ^Ät  aud)  toirflic^  gef))ro(^en  hjorben  ift.  9iod^  fd^limmer  ift  bie 
Überfe^ung  be^  SBäeinberglicbe^  in  27,  *i^.  iyco  nöXig  dx^gd,  nohg  noXiogxov- 
fxivY){=  n'^x:  mn^  ^:fi<^  alfo  S)ot)j)elüberfe^ung:  beibe  3Rale  hjurbe  ft.  ^i?t^  gelefen 
^'TP-\   ber  erfte  Überfe^er  laö  barauf  "T''^?#  ber  gtoeite  berbefferte  nad^  ben  l^ebräifc^ 

4öÄonfonanten,!^";'^i20  f^idxrjv  (b.  i.  cp^"*""  ft.  •::■'- ^^  noxiib  auxtjv'  äXcoaerai  yäg  wxxog 
(=  "'^"5  ^^'-  "P^^  "|S,  hjobei  1^  =  "m  =  ydg  genommen  (ein  fann),  fifiigag  de  ne- 
öEixai  (n:*i:N  n-i^i^  j^obei  n:i:-c5«^  bej.  n^iz^c  borgufdfilDeben  fd^eint)  93.  4:  xdxog 
ovx  eoxty  {=  T^  ^^'t^),  ;j  (fc^r.  fj)  ovx  ineXdßero  avxrjg ;  (l^ier  ift  au«  SJ.  5  ^V^" "?» 
mit  "'^  =  N-  in  33.  4  bcrbunben  h)orben)  xig  /u  ^]oei  qyvXdooeiv  xaXdjurjv  h  dygco  (= 

50  r;?:nr7:-  rr^a  nrrj  ^-:n-  --^  jnbem  ft.  '^^"r^  au^ef))ro(^en  tourbe  •^^:*9  unb  rvzrbii'^ 
mit  "^"'t?  bertaufdj^t)  did  xtjv  JioXejuiav  xavxrjv  fji}hrjxa  avxtjv  —  xoivw  dtd 
xovxo  molrjoev  xvgiog  Jidvra  öoa  ovvha^e^  xaxaxixav jxai  (5?.  5)  ßoi^aovxai  61 
ivoixovvreg  iv  avxfj.  .ipier  ift  dui  xrjv  jioXejuiav  offenbar  eine  jtoeite  Überfe^ung  bc^ 
l^ebräifd^en  n-:nb?:n*  neben  ber  erften  iv  dygco.    äBieberum  erfd^einen  bie  SQäörter  »/de- 

55  xt]xa  {=  -  wSfi<),  xoiwv,  toenn  auö  x6  vvv  ^  (üytti  ober  el^er)  n5*CD^  j)gl.  »rcrcr;  bed 
3on.,  berborben,  enblid^  ijioitjoe  (^'^r)  al«  ebenfobiel  berfc^iebene  3Serfu^e,  bem  einen 
^ebr.  aSorte  nyu:^^  ©inn  abjugetoinnen.  ©nblic^  fmb  bie  ©ä^e  xaxaxixavfxat  (ettoa 
nn^  •^rn-'irn)  unb  ndvxa  öoa  owexa^e  {md)  37,  26  ettoa  in-  "^n-x-  n73)  bifferente 
SBäiebergaben  bon  ^ebr.  in-»  nrn-'i:«  nn.  2)iefe«  Söenige  mag  genügen,  um  ben  Sefer  ju 

60  überzeugen,  bafe  ber  bororigenianifd^e  ©ept.-^ejt  ba«  $robuß  einer  langen  beffemben  3:^« 


3eftt|tt  709 

tigicit  an  einer  Überfe^ung  toar,  hjelc^e  o^ne  fidlere  @\n[vi)t  m  ben  ©inn  unb  bte  Äimfts 
(^eftolt  ber  proj)l^etifcl^en  Siebe  tpieberjugeben  fud^te,  toa«  i^r  ^ebräijd^,  aber,  mit  unferent 
iejte  berglic^en,  in  teihüeife  tjerblic^ener  ober  fonft  fc^hjer  lesbarer  ober  bielfac^  fe^ler^ofter 
aibfd^rift  t)orlo0.  Slber  bei  bem  meift  ftd^tbaren  Seftreben,  ftc^  an  ben  SBorÜaut  anm^ 
fc^Iie^en,  gelingt  eö  oft,  and^  bei  ganj  befremblic^en  äbtoeid^ungen  ben  ®runb  im  ^ebr.  6 
Xtjctt  unb  ^ier  einen  SBortlaut  ju  finben,  ber  urftjrünglic^er  unb  befjer  fein  fann,  ate  ber 
un^  überlieferte.  ^6^  benfe  nic^t  blofe  an  ber  ©ej)tuaginta  t)125  29,  3,  toeld^e^ 
aDein  erllärt,  toe^l^alb  ber  Slrlel  belagernbe  ^Qi}\>t  in  35.  1  ber  35abibifd^en  Belagerung 
Slriete  in  alten  3^^^  ®rtoä^nung  getl^an  ^at,  unb  h)el(^em  in  unferem  §.  ba« 
minbertt)ertigc  "i'''^?  =  ut  sphaera  (ßier.)  gegenüberftel^t ;  ober  an  riD^nj«  =  fajua  lo 
26, 19  gegenüber  l^ebr.  riiiö^,  h)0  jebenfaU«,  ba  e«  fxd)  um  SBieberbelebung  üon  im  ©taube 
(iegenben  i^eid^en  ^anbelt,  ein  X^an  t)on  $ci(^balfamen  ertoünfc^ter  ift,  al^  ein  au^  £id^tevn 
beftel^enber :  fonbem  aud^  an  ba«  feltfame  reo  dyamjrrp  aov  in  26,  17  hinter  ^-''l^  1?; 
ba«  fc^einbar  borliegenbe  TH''^  gel^t  unjhjeifel^aft  auf  urf>)rüngli(^e«  Tj^p,  jurüdf,  unb  biefe« 
ift  bor  bem  ju  33.  18  gehörigen,  f^einbar  ibentifc^en  T'^c?:  aU  überflüfftg  getilgt.  @ine  ©pur  i5 
mag  man  noc^  in  bem  bo>)j)eIten  ß^p  be«  S^natl^an  finben.  3^  fc^^Ue|e  ber  3}ertoanbt= 
fc^aft  toegen  bte  Überfe^ung  öon  3,  25  an:  xal  vl6g  aov  6  xdkhcnog  dv  äyajiäg, 
toelc^er  gegenüber  unfer  §ebr.  lautet :  irr!'^ :  •'c^  nnn  -»s  S)ie  lanbläufige  Deutung  „Sranb* 
mal  an  ©teile  bon  ©c^önl^eit"  ift  hjegen  ber  ©teHung,  ba  man  na<^  bem  SSorangeben« 
ben  ertt)arten  müfete :  „an  ©teile  bon  ©d^önl^eit  Sranbmal",  loeaen  ber  S^lompatibilität  20 
be«  fonfreten  Segriffe«  „S3ranbmal"  unb  be«  abftraften  „©d^ön^eit"  unmöglich  unb  in 
2Öiberfj)ruc^  mit  aUen  alten  Überfe^ungen.  ®enn§ieron.  überfe^t  pulcherrimi  quoque  viri 
tut,  bie  Sucianifc^en  6obb.  ravrd  aoi  Avil  xov  xaUcomöjuov  aov,  ä^nlid^  ^^n.  „biefe 
Slad^e  toirb  an  i^nen  genommen  bafür,  bafe  fic  abgeirrt  fmb  in  i^rer ©c^önl^eit 
0^.25),  bie  ©c^ön^eit  beiner  gelben"  (=  beine  fd^önften  gelben),  unb,  bem  f^nago^as 
galen  iejte  naiver,  Slquila :  Sri  C^)  ävil  xdXXovg  C^''  r^nr)  ^vdgeg  oov,  äDe  alfo  l^aben 
mit  38.  24*>  einen  neuen  mit  33.  25  eng  berbunbenen  ©a^  ber  Slnrebe  an  ba«  eine 
äBcib  S^äI^w^  begonnen,  nad^bem  bor^er  bie  bielen  löc^ter  3!erufalem«  ©egenftanb 
ber  Siebe  getoefcn  toaren,  mit  2lu«na^me  ^onat^an«,  ber  jtoar  anq  T^'- :  "^'^  toerbinbet, 
aber  mit  SHüdEfic^t  auf  ben  f^nagogalen  ^^ejt  ba«  SBort  "^s:*^  in  ber  ^orm  l^s;  not^  einmal  ao 
babor  fe^t,  um  33.  24*>  al«  ©d^lufe  ber  Siebe  über  bie  bielen  SBeiber  möglid^  ju 
madfien.  Offenbar  ^aben  er  unb  ber  äiXog  in  ben  2uc.  6obb.  ber  bie  ©elbftänbigfeit 
biefe«  ©aj^teile«  au«fd^liefeenben  5ßartilel  "'^  bie  bemonftratibe  S3ebeutung  bon  1?,  ™ 
=  fo,  beigelegt,  liefen  Mnften  unb  ber  Slbrupt^eit  be«  anfange«  bon  33.  25  gegenüber 
ift  ber  Sejt  ber  einleuc^tenbere,  ber,  i^r  guerft  bie  38erelenbung  il^rer  lödbter  aeic^net, 35 
unb  bann  mit  einem  „unb"  baju  fortfc^reitet,  ber  ©tabt  S^ufalem  bie  folc^e«  ©lenb  er* 
Ilärenbe  f(^onung«lofe  3lu«rottung  ber  S3lüte  ibrer  SKänner  borju^alten.  3c^  gtoeiflc 
nid^t,  bafe  ber  ?ßropl^et  gefc^rieben  ^at:  ^nnTii  ftatt  nnrr^D^  unb  bafe  er  ben  mit  25, 12; 
10, 12;  28, 1  berglei^baren  au«brudE  T^'^  ■'^'  "'^-•-  -^  /,We  ©(^önl^eit«blüte  beiner  5Känncr" 
al«  Korrelat  ju  bem  anberen  „beine  §elbenfd^ar"  beabfid^tigt  l^at,  unb  nid^t  ba«  nadfte,  40 
qualität«lofe  T^'-.  ®w  alejanbrinifd^e  Überfe^er  la«  ober  entjifferte  ftatt  T^i^  ""c*^  tjiet 
mel^r  T"^"*  'l^s?;,  gab  T'T'  rid^tig  mit  bv  äyaTtäg  toieber  unb  beutete,  burc^  biefen  ©in« 
gular  unb  burd^  ben®egenfa^  gegen  bielöd^ter  gcrufalem«  beftimmt,  T^"'  ^nn?:  nic^t 
al«  „beine  fd^önften",  fonbem  al«  6  vi 6  g  aov  6  xdUiatog,  3ludb  in  2,  11,  too  §. 
ben  unberftänblic^en  ©a^  bietet  „§offart«augen  be«  niebrigen  ?!Renpen",  ift  ba«  hinter  46 
Tr  t)on  ©e})t.  bargebotene  ""^k  nid^t  ju  berad^ten.  3Kan  mufe  biefe«  nur  nad^  19,  4, 
too  für  ^^^  bie  a)oto>)elüberfe§ung  äv&QCüncov,  xvqicov  gegeben  h)irb,  auf  ein  urfjjrüngs 
lic^e«  07^?  jurüdffü^ren.  3)ann  erl^ält  man  ben  ejllamatiben  ©a^  „bie  3lugen  be« 
2Renfc^en  ^od(ffal[irenb  (n'"^nh.;  =  vi^ftjXof)  unb  (di)  ber  SKenfc^  felbft  ein  niebriger  Sumj)", 
toelc^er  geeignet  ift,  ju  erllären,  fotool^l  h)e«^alb  e«  mit  ber  5Kenf4en  §offart  am  läge  so 
3;a^t)e«  au«  ift  —  loie  fofort  folgt  —  al«  aud^,  h)e«^alb  bie  im  ^ö^enbienft  e^rlo«  ge* 
toorbenen  fic^  öor  ber  ©rfd^einung  ISai^be«  t)erftedfen,  h)ie  unmittelbar  bor^er  au«gebrüdft 
tpar.  ein  le^te«  35eif))iel  fei  ber  3ufa$  T^tl  hinter  17,  11.  ^c^  glaube  nic^t,  bafe  ber 
Überfe^er  bie  SEßorte  toi:«  dkd  «lg  jiaxrjQ  äv&Qomov  gebeutet  unb  xXrjQcoat]  ergämt 
bätte,  toenn  nic^t  in  feinem  %^t  T-^^  Ju  lefen  toar.  Sle^me  ic^  baju  e  lg  ä/nmov  66 
b.  i.  "i"^!:?  "T?  (Dgl.  3!on.  «"^'^^  '^)  ftatt  be«  abfolut  unerllärlic^en  7=  be«  §.,  fo  fann 
man  jur  Slot  beuten :  „magft  bu  im  Slnfange  and)  an  ben  au«  ber  ^rembe  gegolten 
^flan^en  unb  ©ämereien  ba«  frud^tbarfte,  fieberen  6rfolg  berfjjrec^enbe  35}a(9«tum  erleben  — 
(e«  bauert  bod^  nur)  bi«  bießmte  fommt  al«  einS^ag  berÄranf^eit  unb  ^eiDofen  aSe^e« 
für  beine ilinber".  SGBal^rfc^inlic^er  aber  ift  ^-  auf  "^r?  jurürfjufül^ren  unb  gemeint:  „be«60 


710  3«faitt 

reit  ftc^t  ein  (gmten  oin  läge  u.  f.  h).  für  bcinc  Äinbcr".  3luf  aUe  goDc  ctn^pc^Il 
ftd^  in  biefcm  ^^famnten^ang,  ber  für  bic  ©cgentpart  unb  nöd^fte  ßutunft  ®lüd  !onjc? 
bicrt,  um  bcn  legten  Slu^gang  befto  nac^brücflid^er  afö  Unglüi  ju  bmx^nm,  bie  Unter- 
fc^eibung  jhjifc^en  bem  al^  gegentoärtig  angerebeten  2Beibe  unb  i|ren  bie  ßutunft  erleben- 

5  ben  SRac^f ommen.  ^iefc  tpenigen  ä3eif))iele  geigen,  bag  einbringenbe  Unterfud^una  unb  Dorfic^- 
tigeSenu^ung  be«  urf J)rüngli(^en  ©ej)t.52eEte^  bem  Slu^Ieger  l^elfen  lann,  bie  Saiden  unb  bie 
^el^Ier  be«  f^nagogalen  §ebräer^  ju  l^eilen.  Unb  beren  fmb  überaus  t>iele  axxdf  ab-- 
gefe^en  bon  ben  bereit«  gelegentlid^  angebeuteten.  ?Weben  biefen  fd^Iiefee  ic^  l^ier  aud^  folc^c 
au^,  toie  10,  11,  n?o  nac^  bem  ©c^Iufle  bon  S.  9  e«  urf>)rüngKc^  |tefe:  „fottte  id^  nic^t 

10  fo  auc^  tl^un  an  @amaria  unb  i^ren  ®ö^en  unb  an  ^erufalem  unD  xfycm  Silbern  ^'' 
2)cnn  ber  je^ige  3^ejt,  ber  ben  gaD  ©omaria«  ate  bereit«  gefd^el^en  unb  ate  bro^enbe« 
Sorbilb  für  3«nifalem  fe§t,  fann  ©rjeugni«  einer  SRebaltion  fein,  toeld^e  abfid^tlid^  bo« 
^rojp^etentoort  bem  ®tanb>)unfte  ber  ft)äteren,  auf  bie  gefc^el^ene  Eroberung  ©amario« 
gurüdfel^enben Sefer  allomobierte.  S)ie  ^^ler,  bie  idf^  meine,  fmb  fold^e  ber  5ßunItation, 

16  toie  tpcnn  1,  7  unmöglicher  SBeife  n?r:ci  afe  9lomen  ftatt  al«  33erbum  sro»^  ober 
hjenn  10, 13 :  ""Q«l  unb  ^""^'i«"  ftatt  ?,  toie  e«  bie  ?}erfelta  öor^er  unb  bie  gortfe|ung 
K}:7:ni  (gj.  u)  nad^l^er  »erlangen,  bofalifiert  ift.  ©benfo  fte^t  9,  8  "^11  folfc^  Pott 
vn':v  benn  e«  tüirb  erjöi^It.  ©(^limmer  ift  9,  7  ^^"3  ftatt  "?'3  (iWrcrrov  ber  @tpt\ 
benn  ein  göttliche«  SBort  lann  nic^t  „fallen"  b.  1^.  bei  bief em  ©ubjelte  „ungiltig  toerben"; 

20  unb  nid^t  bafe  ein®otte«h)ort,  fonbem  ba^S5eftanbteile3«rael«  gefallen  pnb^  ne^en 
toa^r  unb  fud^en  burc^  gro^e  Sieben  bebeutung^Io«  gu  machen  bie,  toelc^e  fofort  fagen 
(33.  9):  i''C:  D-:nb.  älfo  mu^  ein  «pröbifat  mit  bem  begriffe  be«  gubobenfattcn«  t)or^ 
liergegangen  unb  ba«  faHenbe  ©ubjelt  ©tüdfe  bon  ^^xad  fein.  Reiben  gorberungen 
entfpric^t  38.  7  nur,   toenn  er  bon  einer  3Kenfd[>en  fäUenben  6i)ibemie  C^^)  wb^#   *>•  ^• 

26  tüenn  man  ben  S3egriff  -c:  beibehält,  aber  bie  grammatifd^  aHein  juläffigc  gorm  '^'"^ 
(::=  ©el)t.  ^X&ev  bgl.  1  ©a  11,  7)  f^erftettt  unb  biefe  ^.s^t  mit  bem  ©ubj.  '^^'ij  ccu^ 
\px\6)t.  35ann  bejei^net  „in  S^r^d"  ba«  ®ebiet,  auf  toelc^em  bie  ^eft  i$r  „fallen" 
ausübte.  2lbfolute  3Serh)irrung  jeigt  ftc^  in  ber  Solalifation  unb  Slecentuation,  toenn  fie 
8,  23  "pwöi":n  nrs  jufammenjuorbnen  befiehlt,    ba  boc^  rir  fem.  ift,  unb   ber  änfong 

30  bc«  ©egenfa^c«:  •i*"nN!n  betoeift,  ba^  ber  erfte  ©aj  mit  iTÄKnn  begonnen  tyit  6« 
mu^  aber  (^)*??^  gefj)rod^en  unb  biefe«  al«  ©d^Iu^  ber  borangel^enben  9lu«fage  gefa^ 
toerben,  toelc^e  l^ert)orl^ebt,  bafe  e«  bann  nid^t  mel^r  h)ie  je^t  (f.  irTDcm  n^3:  in  33.  22*) 
fein  tüerbe,  bafe  aftueUe  9?ot  unb  ba«  Dunlel  ber  $offnung«loftgfeit  ba«  gemeinte  Sonb 
i^ugleic^  umfangen  galten  (t)gl.  9, 1).  2)ieferUnterfc^eibung  ber  ßeiten  tni^pnäft  bie  t)erfc^ebene 

36  SBertung  be«felben  2anbe«  burd^  ben  früheren  (^erufalcmer)  unb  ben  lünftigen;  ber  eine 
bp.n,  ber  anbere  "J^^i^:.  (So  ift  ju  fc^reiben;  benn  ber©e})t.  urf>)rünglid^e«  xaioiHovvTcg 
"'5^"'  beutet  auf  ein  OT^^^,  beffen  ^  au«  bem  erften  SSuc^ftaben  öon  T-t  ergänjt  hjerben 
foBte.)  Sin  Xeil  ber  ^e^Igriffe  ber  $un!tatoren  erllärt  ftc^  au«  ben  Slotfein  be«  i^nen 
üorliegenben  Äonfonantentejte«.    SOäeil  [\d)  in  bicfem  35,  1    au«  '^'^  ein  ^  an 

40  icb-'  angeflebt  ^atte,  bolalifterten  fte  bie  unerhörte  gorm  nad^  ber  ofynlidf  Hingenben 
1t::c^  ft.  r:^:,  ©eil  in  9,  2  ba«  ©d^Iufe^He  bon  nrfcn^r;  (=  2,  6  rrmr-^:)  jum  fol^ 
genben  gebogen  toar,  toie  umgele^rt  8,  23  ba«  3lnfang«=H§  bon  "P^^t  (inbem  i^^iü  z=^ 
ri'^::-:?!  iin^?)  jum  SJorange^enben,  beuteten  fte  jene«  al«  Slrtifel  unb  biefe«  al«  tonlofe 
Äafu«enbung  gegen  aHe  ©^rad^möglic^feit.    SBäeil  ba«  Ungeheuer  nb«'^  33,  7  bon  Squ. 

46  I^eob.  ©^mm.  (f.  §ieron.  j.  b.  ©t.)  apparebo  eis  b.  i.  cnb  rrK^iK  gebeutet  toar,  gaben 
fic  il^m  bie  ©eftalt  '^t^'^n,  burc^  2)agefd^  bic  3wfö"^»"«"f^»"däwng  anbeutenb.  Unb  boc^ 
berftanb  eine  ältere  jübifc^e  Überlieferung  ba«  Söort  nac^  bem  $aralleli«mu«  (^eiöengel, 
b.  i).  fold^c,  beren  Slmt  unb  £uft  bie  93cförberung  ber  Söol^lfabrt  auf  6rben  ift),  h)ie  ber= 
fclbe  .^ieron.  be^^eugt,  al«  einen  ßngcinamen.  3"  '^^^  ^W  fd^Ubert  ^ier  ber  [nadf  3S.  10) 

ü<>  rcbenbe  ^al)\)Q  bie  al«  Sleflcj  irbifcper  Vorgänge  in  feiner  ^immlifc^en  Umgebung  ein- 
getretene ©iimmung,  bie  i^n  enbgiltig  jum  unmittelbaren  Singreifen  nötigt.  ^  bo« 
rid^tig,  fo  toirb  man  ber  Sej)t.  uD(^)n^7:  (j.  707,62)  auf  ""^c  -^^yz  jurücffüi^  bürfen  = 
„fic^c  felbft  bie,  benen  ber  2lnblirf  meine«  Slngcfic^te«  jufte^t  (b.i.  bie  bome^mften,  mir 
i)erfönli4>  bertrauteften) ,   felbft   bie  (Don  Slatur  ^eiteren)  ^eiföengel  ^öre  ic^  Hagen  unb 

55  toeincn  (33.  9)  tocgen  ber  3Serh)üftung,  bie  ber  Sroberer  angerid^tet  (35.  10) ;  e« 
ift  3cit,  bafe  \6)  mid^  felbft  ergebe".  Sin  ©ebanfe,  toie  37,29;  ®en  18,  20,  unb 
bem  ^roplf^eten,  ber  in  einer  l^immlifdEien  Slat«berfammlung  feine  SKifpon  erljfielt 
(6,  8),  fe^r  natürlidfi.  3Bieberum  ^aben  bie  ^unltatoren  nid^t  berftanben,  bafe  ber  fion^ 
fonantcnte^t  ju  bem  pkm  gefd^riebenen  ^'^'^"^  (9,  5)  bie  3Sariante  nb  ^injufefete,  toeil  biefe 

w  bie  2)cutung :  „©alem«"  (entjjirec^enb  bem„2)abib«"  inS3.  0)  ermöglichte  unb  bee^lb  ber 


3efflio  711 

aiufbctüa^ning  lucrt  crfd()tcn,  unb  f)abm  tro^  bc«  =  bic  ©übe  cb  bc^^anbclt,  ate  fei  fie 
=^  '-b  ber  älnfang  be«  folgenben  äöorteö.  S)a^  ©letc^e  ereignete  fidS^  in  8,  6,  h)o  ber 
Jtonfonantentejt  ||toei  ©c^reibtoeifen  für  ben  Sluöbrud  be«  ®runbe«  überliefert  fanb,  ber 
bie  S^nifalemer  betDog,  bie  fachte  flie^enben  SBaffer  Siloa«  ju  öerac^ten,  nämlic^  n«ii3?a 
Slejinö  unb  r\i<'::i2  Slejind.  33eibe  fonnten  ri«T,S7:  ou^ef^rodS^en  toerben  =  „bor  bem  ©ebraufe  5 
^Jlegin«";  aber  bie  leftte  fonnte  and^  r^^^^?  (t)8l.33,3;  §«31,23;  41, 17)  =  ,, bor  bcrßr:: 
l^ebung  di."  berftanben  toerben,  unb  bed^olb  toaren  beibe  ber  ßr^altung  toert.  Btatt  aber  ju 
fc^reiben  tno  n«rc::,  fe^te  man,  ba  r«  in  beiben  SBörtem  ibcntifc^  hnir,  bem  nadften'^^ 
bie  bie  anbere  Slu^f^rac^e  fid^erfteHenbe  6ilbe  ^  bor.  ©o  entftanb  täidt::?:,  tpo« 
bann  übel  in  w"i^'2  +  nN  gerteilt  tourbe,  ate  lönnte  ba^  SRomen  „SBäonne"  einen  SHfu«  lo 
fatib  regieren,  unb  bie  'i^erftümmelung  bon  ci^Nb  in  '^  ^«b  jur  golge  ^atte.  @«  ift  fc^on 
fd^limm,  bafe  ben  ^cnifalemem,  toelc^e  in  Slngft  borSlejin  nac^  7, 1  ff.  bie  SBaffer  ©iloa^ 
berad^teten  unb  nadf^  bem  @u))l^rat  ber  af[Vnf($en  ©ro^mac^t  berlangten,  borgel^alten  tpirb, 
fie  ^^aben  an  Jlejin  SBonne  em^funben;  am  fd^limmftcn  ift  aber  bie  ^Punltation  r^N  isrä^i^ 
toa^  im  beutfdjien  ungefäl^r  Hingen  toürbe  „unb  SBonne  be«  ben  Slejin".  ®ie  Varianten,  is 
fo  ftc^en  aber  audf^  an  benSlanb  gel^örigeSRoten  imS^ejte.  ©o  tourbe  in  7,8,  toeil 
na^  3i.  4  —6  Slegin  unb  5pela^,  2)amadl  unb  ©amaria  in  ©^ulb  unb  ©träfe  mfammens 
gel^ören  nu  „bad  ^au!pt  9(ramd,  ^ama^htd,  unb  ba^  ^avüpt  bon  ^ama^Iud,  mt^xn''  an 
ben  9tanb  gefc^rieben,  toad  iu  feilten  fc^ien:  „unb  bad  $au))t  @^^raimd,  ©amana,  unb 
bag  §auj)t  ©amariad,  ben  ©o^n  SRemaliad",  unb  biefe  3lanbgIoffe  am  (gnbe  beö  33crfeö  20 
in  ben  %^  aufgenommen.  Dadfelbe  gilt  bon  bem  ben  ©ej)t.  unbefanntcn  ©a^e  n^Tin  b^«*» 
7,  22,  ber  bur^  TOi^ennung  beö  folgenben  ""?,  toeldS^eö  nic^t  =  „benn"  ift,  fonbem  = 
bafe  („e^  toirb  infolge  ber  reichen  SKil^^robuItion  gefd^el^en,  ba^"  u.  f.  Id.),  unb  burc^  bie 
(Srtoägung,  bafe  §onigeffen  [\d)  ate  golg«  be«  SKUd^eidS^tum«  nidf^t  bon  felbft  berfte^t, 
bcranlafet  unb  ate  6rfa§  für  bie  Xejttoorte  bon  "^  bi«  bD«-  an  ben  Slanb  gefc^rieben  26 
hjar.  Q>old)m  33ermel^rungen  beö  lejte«  Men  38  er  lüfte  gegenüber,  bie  teite  auf 
92ad^läfftgleit  unb  ^n^aü,  teild  auf  nic^t  beachteten  älbbrebiaturen  berul^en.  ©0  h>ar 
^zTzn  unb  rrn^n,  h)ie  nac^  ©ej>t.  für  T^nb«n  ju  lefen,  in  8, 21  urf>)rünali(^  ate  '?2  n-si 
unb  'fi<  ri-'S  gemeint.  3la^  Ä.  7  unb  8  ift  e«  natürlich,  bafe  ber  burc^  bie  unl^eilboHen 
Konfequenjen  ber  ßntfc^liefeungen  be«  Jlöniggi^aufe«  unb  ber  §au})tftabt  beö  Äbo«  in  SSer*  30 
üveiflung  ^ebrac^te  ^erufalemer  jule^t  bem  Aönigdl^aufe  unb  feinen  SSorfal^en  fluc^enb  ben 
^bfd[|ieb  gtebt,  um  ftc^  nac^  oben  }u  toenben.  3"^^"«  ^^^  ('^"'P  ^^  $rät)ofition  fa^te, 
befam  man  ben  nun  objeltlofen  uno  be^^alb  aaq  ftnnlofen  ©o^ :  „er  berflud^t  bei  feinem 
Äönigg^aufe  unb  bei  feinem  ®otte";  benn  jebe  anbere  Überfe^ung  ifl  gegen  ben  ©^rad^s 
gebrauch,  auf  3wf<^  bagegen  gel^t  jurüdt  ber  SSerJuft  bon  ^a^?  (=  ^t:«:  ber  ©ej)t.)  86 
bor  ■'^T«::  5,  9;  benn  e«  folgt  mit  «b  cn  ein  ©c^tour  3a^be«.  auf  äl^nlic^Ieit  mit  s: 
unb  1  ber  i^crluft  bed  jtoifc^en  il^nen  ftel^enben  V^  =  1«^  =  nol/nvia  ber  ©ej}t.)  hinter 
V="'27,10.  ebenfo  ber  bon  "^"^.u?«  öor  m«  ^c«  (bei  ©ej>t.  erhalten),  toelc^e«  ben  ©c^lufe 
bon  Ä.  31  bem  bon  Ä.  32  erft  ^aUel  erf (feinen  lä^t.  Da«  le^te  5IRal  toerben  bie  in 
bem  öbe  unb  toüfte  geworbenen  Sanbe  9lomabifierenben,  bad  wfte  9Kal  bie  in  ^^xn-  40 
falcm  §eimifdj^en  glüdKidf^  ge}mefen,  toeil  il^nen  befc^ieben  ift,  ben  großen  Umfd&toung  jum 
$eile  ju  erleben,  ber  bort  auf  bie  3Sertt>üftung  be«  1^1.  Sanbe«,  ^ier  auf  bie  SBebröngung 
Serufalemö  burc^  ben  Slff^rer  nad^  3fl^beö  9lat  ju  folgen  beftimmt  ift.  ®em  ^c^t  einen 
„^adtofen'' ald  audjeid^nenben  93ef^  beijulegen,  tote  ber  je^ige  $.  t^ut,  ift  feinem  $ro))^eten 
eingefallen,  gbenfo  ift  in  7,  8  jtoifc^en  ''^  unb  ^«"s  aufgefallen  ba«  ©ort  «^n  46 
=  „i(^  toerbe  toegnel^men  ba«  §auj)t  Slram«,  nämlidS^  ®ama«I,  unb  ba«  ^avcpt  biefer 
©tabt,  dttiin" ;  erft  burc^  feine  Srgänjung  getoinnt  man  eine  ber  folgenben  parallele 
2)rol^ung.  Dagegen  lä|t  ber  §.  ben  3^be  biejebermann  befcnnte  unb  an  fiep  gleic^« 
giltige  2:i^atfac^e  fonftatieren,  bafe  S)ama«I  bie  3Ketroi)ole  ©t^en«  unb  SRejin  il^r  Äönig 
ift,  unb  bann  barüber  fc^elten,  ba^  man  ba«  nic^t  glauben,  tooHe.  2Bie  SQäörter,  fo  fmb  50 
aud^  einzelne  Suc^ftaben  au«gefallen,  Wxt  j.35.  in  ^^  -r  7,  15,  Dgl.  ^i  10,  7,  ba« 
anlautcnbe  y  ober  32,  13  in  ""P^  ba«  ?,  toa«  bann  berberblic^e  %olQtt\  für  bie  Sutj^iffe^ 
rung  ber  benaibarten  Äonfonanten  l^aben  lonnte,  toie  3.  93.  20,  4.  3)a  93.  5  ein  bc* 
nannte«  ©ubjeft  bor  fic^  berlangt,  ba  J^tti  -»«r;  gj.  6  ftc^  auf  ein  belannte«  Äüftenlanb 
jurütfbejie^t,  ba  e«  fidS^  nad^  20, 1  um  ^P^iliftäa  ^anbelt,  fo  ift  jtoeifello«,  bafe  ftatt  no  "^c  55 
im  Urtexte  rp'bs  ftanb.  Dem  ging  borau«  '''^f  ni  b.  i.  „e«  \püxt  au^  ^pi^iliftäa  bie  SSlöfee 
Sig^lJtcn«  (35.  6)  unb  fie  geraten  in  ©d^edten  unb  ©d^am  barüber,  ba|  fie  fic^  auf  eine 
folc^e  ©d^eingrö^e  berlaffen  ^^aben".  §ier  ^at  ber  au«fall  eine«  s  in  ber  SKitte  bon 
(-yori  ben  Slnlafe  gegegeben  ;;ur  ßrjeugung  be«  3lu«brutfe«  „3lfterentblö^te,  93lö6e  Slg^j)- 
ten«"  unb  gu  bem  äJerlufte  be«  ©ubjefte«  ju  $}.  5.    "^ain  fommen  bie  j^al^llofen  Ser^GO 


712  aefojo 

tue d^ Ölungen  t)on  33uci^ftaben,  tuclc^e  cnttocber  in  bcr  Sd^rift  ober  ))l^oitettf(J^  einaitbcr 
äl^nlic^  pnb.  3)ag  leitete  ift  ber  %aü,  toenn  in  11,  4  bad  Dom  ^ParoHcIt^nnt«  (3^*") 
erforberte  Vr?  föon.  «3?^n  -:i^^n)  fic^  in  r^N,  ober  h)ennin9,17  "J^oJin-i  ,^fte  t)ertoan^ 
belten  fic^  inSRaudji"  in  ein  nirgenb^  j|u  belegenbe«  unb  abfolut  bunfle«  ^^-N^1-^  ücrfe^ 

6  l^ot.  3)a«  erftere,  tocnn  1,7  am  ©c^lujje,  in  25,  2  unb  in  29, 5  (an  le^teren  Stellen  bieten 
6ej)t.  ba^Jtid^tige)  ftatt  ="'1!  bag  ä^nlid^e  c-'^ht  gefd^rieben  ift,  ober  ft. '-  •):5==eine  t>crbor5 
gene  Duette,  in  1,  8  '-  '"''-,  fo  bafe  nun  gegen  alle  ©rtoartung  unb  3R5gli(^Ieit  bie  bc= 
lagert  getoefene  Stabt  3^oI^"i  w^it  einer  belagerten  ©tabt  berglic^cn  toirb. 
33efannt  ift  bie  3?erbrel^ung  ber  Chivvi  unb  Emori  (fo©et)t.)  in  ^'^nunb  ^^-»,  b.i.  in 

10  jtoei  Sl^peßatiöa  in  17,  9.  3tod^  nid^t  erlannt,  bafe  ba^  neben  ber  ^errfid^feit  be^  fii^ 
banon  unb  ber  $rac^t  beö  Äamiel  unb  ©aron^  übel  au^fel^enbe  unb  nac^  "^PP,  bie 
burd^  ^1^  berl^eifeene  ©teigerung  nid^t  bringenbe  l-*^"»  Jn'^''^nad^©et)t.  au^lTl-n^  ^^  =  bie 


©ej)t.  gcioorben  ift.  Seiber  9lrt  SJerfel^en  liegt  34,  5  t)or,  inbem  öon  ^'^^'^r  {„^AUadt 
ober  getoe^t  ift  im  §immel  mein  ©c^toert")  ba^  ^-  in  ein  ber©ej)t  unbefannted  "•?  au^- 
einanbergejerrt  unb  ber  Sleft  bur^  ßrfe^ung  öon  ^  burd^  ri  in  ein  öerftönblic^e«  ffiort 
t)erh>anbelt  tourbe.  ä(ber  toä^renb  ba^  Slnalogte  unb  SSerftanb  ^at,  ba^  ?|<^^be  fein  ©d^toert 

20  bei  fid^  im  §immel  jd^arf  mad^t,  e^e  er  e«  auf  bie  @rbe  i^erobfa^ren  fä^t,  ift  ed  toiber- 
ftnntg,  bafe  er  eö  ftc^  erft  im  §immel  fättigen  unb  träge  mad^en  lä^t,  e|e  eg  auf  6rben 
ju  frefjen  anfängt.  9luf  geflifjentlid^er  Sefjerung  beruht  bagegen  bie  Umleitung  ber 
t)on  5,  3—6  üorau^gefe^ten  unb  bon^on.  unb©ej)t.  aufbewahrten  erften  ^Jerfonen  5,2 
-inpirNi,   inr-JNi,  pNi,  ip«i    in  britte.     ©ie  fd(>ien  nottoenbig,  toeil  obtoo^l  bie  £iÄ= 

25  überfd^rift  ^"-'•^^  '^  "»^  bie  eiaenen  2Borte  be«  ^^^  ertoarten  lte|,  bie  änfang^orte 
'^T'-:-'':)  rrri  sz-r  ftd^  bod^  afe  Jleferat  über  ben  ^"^^  unb  feinen  Weingarten  burc^  benfelben 
Dritten  au^na^men,  ber  angefünbigt  l^atte,  bafe  er  feinem  iJiebling  einmal  ettooö  t)or= 
fingen  tooKe.  aber  in  SBirflid^feit  toar  ba^  '^T'^'^^  nur  eine  nad^  bem  britten  SBorte  be«  5?. 
gemachte  Serbefferung  öon  ""i;?.  2)er  Ti'r  beginnt  fein  £ieb  mit  ben  SQäorten :  „ein  SQäein^ 

30  garten  fam  in  meinen  Sefi^  (b.  i.  Vt^),  ]o  günftig  gelegen,  ba|  er  mir  ber  beften  Pflege 
unb  be^  fid[icrften  SBertrauen^  ju  feiner  SRentabilität  toert  erfd^ien".  Slnftott  noc^  toeitcre 
S3eifl)iele  ju  Raufen,  fd^Iiefee  \o)  meine  Cl^aralteriRerung  be«  3^ejteg  mit  ber  33el^(am)tung, 
bafe  felbft  ba^  lunfttjott  geglieberte  Oanje  ber  6  iReben  Ä.  28—35,  toenn  man  blo^  bie 
>Hätfcl  im  SCejte  Don  Ä.  28.  30.  32.  33.  35  anftebt,  \)on  beren  Söfung  iad  aSerfiänbniö 

86  beö  3wf^"^"}^"^^"9^^  Q^^i  hjejentlid^  abl^ängt,  nadp  bem  l^eutigen  Hebräer  nur  ^um  Seil 
eine  fidlere  Überfefeung  finben  fann.  2lm  fdplimmften  fte^t  e^  um  Ä.  24—27.  fflo^in 
man  blidft,  ob  auf  ben  angeblid^en  ^a^'o^,  ber  [xd)  au^bittet,  bafe  i^n  einer  in  Dornen  unb 
Difteln  ijertoanble,  toeil  er  bie  ertoünfd^te  SKotion  be«3«^^^  üermiffe  (27,  4),  ober  auf 
bie  ©tabt,  beren  ^tvtxQc  ©d^afe  abfreffen,  im  ^wftanbe  ber  Irorfenl^eit  aber  alte  SBeiber 

40  abbred^en,  um  bann  bie  ©tabt  in  Sranb  ui  ftecfen  (27, 10. 11),  ober  auf  baö  gleid^  einer 
jum  ©rfäufen  t)erurteiltcn  Äaje  in  ben  SBaffem  einer  5IJliftgrube  um  fein  Seben  fdS^toimmenbe, 
aber  immer  toieber  untergetauchte  3Koab  (25, 10.  11);  ober  auf  ben  frommen  3Rann,  ber 
auf  ben  Sob^rei^  ®otte^  unb  bie  ©iege^^^mnen,  bie  er  in  ber  gerne  l^ört,  über  feine 
©d^toinbfud^t  ju  fc^reien  unb  bie  ©rbbetoo^ner  ju  tjerfluc^en  anfängt  (24,  14—17);  ober 

45  auf  ben  „a\x^  SEBanbrnauem  befte^enben  Siegen"  (25,  4),  ober  auf  ba«  ©iefeen  fei  ed  nun 
t)on  „(Seflüfter"  ober  bon  „SCali^manen"  (26, 16)  •  überall  toirb  ber  $^iIoIoge  Änlafe  ^aben, 
berjtoeifelnb  >en  Äo^f  ju  fc^ütteln.  Unb  nic^t  bejfer  ftel^t  e^  um  ben  Slbfinitt  St,  13—23  ; 
benn  alle  Überfe^ung  t)on  Ä.  22  in  feiner  erften  §älfte,  t)on  ä.  21.  23,  Don 
14,  29—18,  7    nimmt  fic^   auö  toie  unfid^ere^  unb  unburd(^ftd&tiged  Oeftammel.    ^a 

to  felbft  St.  1—12  bietet  ©ä^e,  toie  „berborben  toirb  unter  ber  SBirhmg  bon  Öl  ein  3o^" 
ober  (nac^  gtoalb)  „ein  3[unge"  (10,  27),  ober  5,  30.  24*.  17,  toel^ie  für  fid^  gar  nid^t 
j\u  enträtfcln  finb,  ober  toie  2,  8*^  5.  6,  toeld^e  nad^  bem  SBortlaute  berftanben,  in  hm 
3ufammenl^ang  fic^  nxd^i  fügen,  unb  ganje  ©a^grupjjen,  toie  8,  19—23,  loeld&e  bunlel 
bleiben,   obtoo^l  tjon   il^rem  SSerftänbniö  bie  (Sinfid^t  in  bie  Äomi)ofition  be«  ganjen  fie 

^K>  umfaffcnbcn  ^ilbfc^nittc^  abl^ängt.  Unter  biefen  Umftänben  ift  e«  ben  fünftigen  5«>^^^"^ 
bringenb  ju  empfehlen,  baj  fie  ben  oorliegenben  2ei*t  erft  ju  feilen  unb  fidler  ju  t)erfte^en 
fuc^cn,  cl^c  fie  eine  ^öl^cre  Sritif  üben,  bei  toclc^er  bag  nodji  unberftanbene  unter  beifällige^ 
ober  abfdE)ä^ige^  Urteil  gefteßt  unb  enttoeber  bem  yS^\aia  unb  feiner  ^Äi  jugefi)ro<^en 
ober  an   bie  J^üHe    feiner  unbefanntcn  Äonfurrenten   in  ben  9;a^j^unberten   bi^  gu  ber 

60  3JJatfabäerjeit  ^erab  mit  ber  9)Jiene  unfel^lbaren  SBiffen^  tjerteilt  toirb. 


aefojo  713 

4.  2)cr  3){ann  ^ejaja.  a)  3)cr  9?ame  lommt  in  bcr  längeren  ^ebräifd^n  g^rm 
irr^r^-  i  ß^r  25,3.  15;  2(i,  26;  2  6^r26,  22;  32,  32,  im  »ud^egefaja  unb  2Äfll8ff. 
bort  in  Se))t.  mit  ^hoiag,  "hooiag  (p7^%  'Icoaiag  0^;T^''),  in  Vulg.  mit  Jeseias 
(Var.  Jesaias  unb  Osaias),  ^ier  h>ie  andf  2  &)x  32,  32  mit  'Hoatag^  Isaias 
(Var.  Esaias)  toiebergegeben,  t)or;  in  ber  lürjcren  ^"•rd-^  1  6^r3,21;  5Re^  11,  7  =  6 
"hoiagy  Jeseias,  Isaias,  6«r  8, 7.  19  =  'laatag,  Isaias  (tDogegen  bei  ^feubo^ 
c^ra  8,  33  ^leoiag  unb  v.  47  'Üoniag)  unb  ate  Überfc^rift  bor  bem  Sud^e  Sejaja 
@r  ift  crllärt,  inbem  man  bie  erfte  §älfte  ate  SBerbalform  bon  yi''2  (Ritter)  ober  bon 
-t:"  (perf.  Dal,  Äö^ler  ju  ©ac^.,  3)eli^f4),  ober  ate  stat.  contr.  be^  nom.  ^•P'!  an\ai) 
(fo  5.  S.  3.  ^'  3Kic^aeIi^),  unb  geh)ife  tft  er  ate  3lu^bru(f  göttlichen  §eile«  fc^on  lyx  3eit  10 
ber  lebenben  Sprache  gebeutet  tDorben.  3lber  bie  Sinologie  bon  in-'rTN-'^  irT'r?:^"',  b«"^Tn^ 
n\N^,  -»n-^^,  bN*-^,  n-Tn-^,  t^elc^e  atte  für  ba«  Äinb  banfen,  in  beffen  ©eburt  fx6) 
gezeigt,  ba^  3^'^be  bie  ©e^nfuc^t  ber  kommen  anfielt  unb  i^r  Sitten  l^ört,  beftimmt 
mid^,  ben  Slamcn  bon  ^^  abzuleiten.  2)ie  griec^ifc^e  äugfjjrad^e  'Hoatag  gel;t,  toenn 
auf  ben  spir.  asp.  ettpa^  ju  geben,  auf  eine  erleic^tembe  Slu^fprac^e  ^;9''"  für  J^;???  16 
jurücf;  bgl.  auö  Onom.  sacra  (ed.  Sagarbe)  noirj^a  äogdrov,  b.  i.  ^i^?.,  biiaxia' 
au6g,  b.  i.  ""on  (p.  165.  191  u.  «jra^a«^  =  ^:^^:  p.  202).  S«  entf^ri^t  alfo  snp-^V« 
(Simonis,  Onom.  p.491),  3n?^n:  (f.  ®efd^.  ggraete  ©.  96  f.)  unb  ein  ©a^,  toie  3^?^ 
^in  -  ®en  4,  4. 

b)  Sflad^rid^ten  über  feine  $erfon.  9lu^er  in  bem  S.  Sefaja  unb  2Äg2) 
18ff.  bietet  un«  bie  Sibel  nur  jhjei  SRoti^cn  über  ben  ?Jro^^eten,  erften«  2  6^r26,22: 
„bie  übrigen  3)inge  be«  Ufia,  bie  früheren  unb  bie  fj)äteren  l^at  gefd^rieben  ^^a\a  b. 
3lmo|\  ber  ^xop^tt'\  3)er  Sluöbrurf  toeic^t  ^ier  fo  bon  ber  getoöbnlid^^en  ^itierung^ 
toeife  ab,  bafe  man  UnboHftänbigleit  ober  ßntftettung  ober  beibe^  jugleic^  in  btefem^^ejte 
ijermuten  barf,  jumal  ©e^t.  V"^^  P  gar  nid^t  ^aben  unb  yeyga^filvoi  vno  ha-  26 
oiov  T.  7iQ0(p.  überfe^cn,  tDie  in  Vulg.  fic^  bie  Se^rt  Esaias  propheta  fil.  Amos 
finbet.  S^nen  tDürbe  ein  l^ebräifc^er  3^e^  entf^jred^en,  toie  'i^;3^'?  "ti^  C'^ri?.  Seibe 
©ä§c  finb  mel^rbeutig,  auc^  toenn  man  bon  ber  SWöglic^Ieit  abfielt,  ba^  eine  jtoeite 
Quellenangabe,  toeld^e  auf  ba^  Jtönig^bud^  bertoied,  |inter  il^nen  berloren  gegangen 
fei.  ©ie  lönnen  nämlid^  ein  felbftftönbige^  ©rjäi^ilertoerl  meinen  ober  einen  burd^  ao 
ben  92amen  ^efaja  gelennjeic^neten  Slbfc^nitt  bed  Itönig^budf^ed,  ober  bie  fec^  erften 
ftaj)itel  unfere^  Sudf^e^  S^f^i^/  ^^^  ©tüdtc  borau^  mit  mibrafc^artigen  9lotijen 
untermifc^t,  Wk  fie  in  bem  betreff enben  Jlönig^bud^e  gegen  @nbe  ber  SRegierung^ 
beriete  cingefd^altet  getpefen  gu  fein  fc^einen.  gebenfaHö  ift  ©eftalt  unb  ©inn  biefer 
9?olij  fo  unfic^er,  bafe  man  auf  ®runb  berfelbcn  bon  ^^aia  nic^tö  fagcn  barf,  toadss 
man  nid^t  auc^  ol^ne  fie  fagen  lönnte.  ®leid^h)o^l  l^at  fte  borbem  mit  3i^f  1^  1  ^^  S3^- 
h)eig  für  bie  SSermutung  gebient,  ba^  S^^i^  ^^^  ö^njen  113  3^^^^  ^^^  bier  bort  auf« 
ge^äj^lten  Slegierungen  burc^lebt  ^abt,  ob  man  i^n  nun  bon  älnfang  an  afe  ^ro^l^eten 
t^ätig  fe|te,  in  toeld^em  %aXit  bie  Berufung  in  fl.  6  ate  eine  SBieber^erftellung  pxop^^t^ 
tifd^en  aSermögen^  galt,  bef|en  SBerluft  ber  ©e^er  fid^  burd^  fein  fünbige^  ©d^meigen  gegens  40 
über  ber  9lnmafeung  Ufia^,  felbft  ;u  oj)fem,  jugejogen  \)abt  (6,  5  '^ri-'-in:  =  ioKOJiriaa 
nad)  ©i;mmad^u«  ügl.  I^eoboret  unb  §ieronVmu^),  ober  erft  bon  ber  in  fein  25.  vlt^ 
gierunggja^  gelegten  ©rlranhing  Ufta«  am  9lu«fa^e  an,  ©0  ber  S^rgum,  ber  6, 1  ge^ 
rabeju  t)om  8lu^fä$igh)erben  Ufia«  auflegt.  Segünftigt  tourbe  jene  Slnnal^me  burc^  bie 
©teUung  be^  6.  Äaj)itete,  toeld^e  aud^  noc^  neueren  gorfc^ern  Slnla^  getDorben  ift,  45 
R.  1—5  ganj  ober  teiltoeife  an^  Uftaö  früheren  ^afycm  herzuleiten.  3)ie  jtpeite  Slotij 
finben  \v\x  2  6l^r  32, 32 :  ,bie  übrigen  3)inge  §i«Iia^  unb  bie  il^m  toiberfat^renen 
C'^'icn^  ftej^e,  fte  fmb  befd^rieben  r^n?  ^c\a\a^  b.  2lmoj  be^  $r.  im  Pf)  93uc^  ber 
Äönige  u.  f.  to.*  9lud^  biefe  ift  unberftänblid^,  ba  bie  einfad^fte  3)eutung,  bafe  ba^  ©eftc^t 
^efaja^  bem  Äönig^bud^e  gegolten  ^abe,  Unfinn  ergiebt.  Slber  e^  ift  au^  ©ej)t.,  Vulg..  w 
Targ.  baö  bor  -"  berlorengegangene  1  tpieber  in  ben  lejt  ju  fe^en  unb  einjugefte^en, 
baj  ^ier  jtoei  bemSerf.  gef^ieben  borliegenbe  Quellen  citiert  tDerben.  2)a  nun  ,®efid^t9jc= 
faja^  b.  2lmoi*  nad^  1, 1  2:itel  unfere^  fanonifd^en  $rol)l^etenbuc^e^  \vax,  fo  fagt  ber  ß^ronift 
in  ber  2;^at  tpeiter  nid^t«,  atö  \va^  toir  and)  auf  bie  ^age  erhjibem  tpürben,  \vo  über 
^iöfiaö  abfonberlic^e  ©rlebniffe  naivere«  ju  lefen  ftel^e,  nämlid^:  in  bem  j)roi)^etif(^en 
i\ud)t  ^cfaja^  unb  im  Äönig^buc^e,  unb  am  toenigften  \v\B,  er  über  litterarifd^e  Slb^ängig- 
fcit^berl^ältniffe  ^tpifd^en  ben  etnanber  entf^red^enben  ©türfen  biefer^  beiben  Sucher  unters 
rid^ten.  ©leic^tDO^l  l^at  man  fc^on  in  ältefter  3^^^  bei  richtiger  Sefung  --"i  in  biefer 
©teHe  bie  ©pur  einer  felbftftänbigen,  buc^ftöblid^  eine  SSifton  berid^tenben  ©dtjrift  ^efajad 
gefunben  unb  bie  berlorcne,  tote  anbere  berlorene  ©d^riften  ^eiliger  SJlänner  burc^  eigene^  eo 


714  3eWo 

SWac^lucrf  erfefet.  (Sin  foldfrc«  tft  bie  ,aStfu)n  bw;  ^^\a\a'  ^eifembe  unb  mit  einem 
SKorlVrium  behielten  jufammcngcarbeitetc,  fc^on  bon  Drißene«  an  citierte  ©4>rift,  fod^ 
in  ätl^io^ifc^er  Überfcfeung  mle^t  bon  3)iIImann  (1877)  cbiert  tft  unter  bem  2:itel 
Ascensio  Isaiae,  f.  D.  ä.  ^Jf^w^e^igrap^en.  3)ie  l^icr  gegebenen  SRad^rid^ten  ftnb,  fotoeit 

6  fie  nid^t  au^  ber  Sibel  entnommen  erfc^einen,  uim  größten  2!eUe  iübifc^c«  ©tjo^Iung^ 
gut,  toeld^e«  toir  and)  anbertoett  antreffen,  gtoar  ni^t,  ba^  aö  3Sater  3^^!^  ^ 
$rop^et  9lmo«  angegeben  toirb  (j.  93.  4,  22),  eine  3Serft>cc^äung  mit  Slmoj  3^  1^  1/ 
h)elc|>e  nad^  §ieron.  nur  be«  ^ebräifd^en  Unhinbigen  begegnen  fonnte,  unb  ein  (Seiten^ 
ftücf  gu  ber  tJerbrtiberung  Don  V"*'-«  unb  ^^1'^'^%  auf  toelc^e  bie  Slabbinm  bie  lömqlid^t 

10  2lbfunft  3^föi«ö  grünbeten,  tool^I  aber,  bafe  S^^I^  getoaltfamen  lob  unter  3Kana]Re 
gelitten  l^aU,  ffiie  bei  ^u\ün  (dial.  c.  Tryph.  ed.  Otto  p.  430  sq.)  toirb  aud^  l^ier 
5,  l;  11,41  ^t\aia  jzqIovi  ^vUvco  jerfägt  (toe^^b,  erflärt  ba«  bon  b.  ©eb^orbt 
beröffentlid^te  gried^ifc^eaWartVrium 'in  ^ilgenfel  33553:^  1878,  ©.341  ff.;  UgL  ouc^ 
bie   vitae  prophetarum   in  SReftlc,  5KarginaIien   unb   5Katerialien   1893,   ©.47 ff.); 

15  unb  i\oax,  toie  gud^  Drigene^  angiebt,  infolge  einer  98erurteilung  toegen  gefe^toibriger 
bla^l^emifc^er  äufeerungen  über  ®ott  unb  bie  ^eilige  ©tabt  (3,  6  — 12).  ©bcn 
biefe^  finben  toir  j.S5.  in  berOemara,  3*fl»wot^49^  too  e«  l^ei^:  in  einer  alten  geneas 
logifc^en  Jlotte  l^abe  geftanben  ,5Kanaffe  ibt^it  ben  S^^i^S  wnb  bann  ^ingugefügt 
toirb,   biefe^  fei   infolge    einer  98erurteiluug   gefd[iel^en   toegen   anmafelic^er  äleu^enmgen 

ao  bed  $ro))]^eten,  bie  bann  auc^  aufgeführt  Serben,  aber  fic^  auf  benfelben  ober  öln- 
liefen  SBiberfjiruc^  jtoifd^en  jefajanifc^en  ©teilen  unb  bem  ®efe|e  befd&ränien.  3)ie 
äblel^nung  einer  3?erteibigung  bor  9Jlanaffe,  toeld^e  "^^dya  auf  beflen  33erflodt^t  be^ 
grünbet,  erinnert  bann  an  bie  ä^nlid^e  älble^nung  ber  t)on  $id{ia  ge))lanten  93er^ütung^ 
ma^regel  (asc.  Isaiae  1, 10—13).    2)agegen  ift  bie  Weitere  @r)ä^Iung  ber  ©emora, 

26  ba^  S^l^i^  öw.f  ^^^  3öwberh)ort  be^  3flamen^  ^oifoi  bon  einer  ßeoer  berfd^lungcn  unb 
burd^  bie  Slbfägung  berfelben  getötet  fei,  fpötere  Slu^fc^müdfung  (fo  fc^on  ©efeniu«  ©.  12) 
einer  einfacheren  Überlieferung,  au«  beren  SKil^berftänbniffe  bie  33orftettung  ber  asc.  I.  gefloffen 
ift^  S^f^JÄ  \^  "^'*  ^i"^  l^öljemen,  anftatt  mtt  einer  §oIgfäge  jerfägt  toorben.  ©iefelbe  finbct 
fic^  aufeer  in  ber  bon  Slffemani  (Catal.  Vatic.  1,  452)  mitgeteilten  ©teile  eine«  a^rgumd  fafl 

90  gleid^Iautenb  in  ber  Slanbbemerlung  be«  Äob.  Sleud^Iin«  ju  3^f  66^  If  h)eld5>e  au^  einem 
jeruf.  3;argum  beigefd^rieben  bei  be  Sagarbe  (prophetae  Ghaldaice  1872,  p.  XXXIII) 
abgebrucft  ift.  Diefe  genauere  SBerfion  fagt,  66, 1  ff.  ftamme  avA  bem  ®nbe  ber  $rAigt 
Sefaja«  unter  5IJlanaffc,  ncil^er  bom  17.  ^ammuj,  afe  5IJlanaffe  ba«  a\x^  2Jlg  21,7  bc* 
lannte  93ilb  im  ^^cmjpel  aufgeftettt  \jaht.     Da  ^obe  3«^^^  ^"«^  ^^\o\pi  gefügt,   bo  ber 

85  Äimmel  fein  ^xx>x{,  fo  fei  e«  grunblo«,  toenn  3^wel  fic^  auf  ben  falom.  ^XxvXpd  ber» 
uiffe,  bei  bcffen  ©runblegung  er  fdfeon  erllärt  \)cbt  (f.  1  5tg  8),  ba^  nod^  toeniger  afe  bie 
Äimmel  oiefe«  ^au«  feine  §errlic^teit  faffen  lönne.  3^*/  ^^  P^  ^^^  ergümen,  l^be  er  lein 
©efaUcn  mel^r  an  il^m  unb  toerbe  ben  Stebufabncjar  lommen  laffen,  e«  ju  jerftören  unb  bie 
3u^örer  bon  3wwfalem  toeggufü^ren.    ,211«  3Ranaffe  bie  SQäorte  ber  Slüge  3^01«^  ber* 

40  nommen,  toarb  er  3ome«  boK  gegen  il^n,  fagte  ju  feinen  3)ienem :  laufet  l^inter  i^m  ^er, 
^afc^et  il^n !  fie  liefen  il^m  nad^,  i^n  m  l^afcpen,  er  flo^  bor  i^nen,  unb  e«  öffnete  ein 
bürrcr  Saum  feinen  5Kunb  unb  berfd^Iang  i^n.  ©ie  brad^ten  (ftatt  V^'^  lie«  T*^c^-) 
eifeme  ©ägen  unb  fägten  ben  Saum,  bi«  ba«  SSIut  "^^dicA  l^erbor^o^  toie  SBaffer.* 
Unb  im  fj)ejietten  ^inblidt  auf  bie  Untl^at  an  3^«i^  f^'^  ^^^  allgemeinen  Semerlungen 

46  2  Äg  21,  16  unb  24,3.  4  (tooju  bie  SRanbgloRe  p.  XXVI  ju  222,  3  ju  bal.)  gemetni 
3)er  17.  I^ammuj  ftammt  offenbar  au«  bem  an  biefem  2:age  üblid^en  2!rauerfaften  h)egen 
ber  (ginftettung  be«  I^amib  am  17/4  70  p.  Gh.,  be«  SSruc^e«  ber  2  3kxfeln  unb  ber 
äufftettung  be«  cbi:^  hjclc^e  balb  bem  SWanaffe,  balb  bem  Sll^oftomo«  gugefd^eben  toirb 
(cf.  Taanith,  Surenhus.  II.  382  unb  Bartenora  %.  b.  ©t.,  fobann  Talmud  Jenish. 

60  ed.  Krotosch.  fol.  68  a).  Unb  o\x%  einer  3ted&nung«h)eife,  für  toelc^e  in  bem  angenom* 
menen  3al^re  17.  Jl^ammuj  =  6.  3uli  alten  ©tilc«  \o<xx  (im3a^te  70  h>ar  nadf^  unferer 
9lcd;nung  17.  3:1^^.  =  14.  3wK)/  tül^rt  bie  bi«^er  unerflärte  3lnfe^ung  be«  SKart^rium« 
3efaia«  auf  ben  6.  3wli  bei  ben  Slömem  (acta  mart.  Bolland.  Juli  II,  250  sqq., 
bei  ben  (Sried^en  9.  3Kai)   ^er  (bgl.  meinen  3luff.    „3)a«  3)atum  be«  SWart.  ^^a^  im 

55  9{öm.  Äalenber"  in  ©t.  u.  Ä.  1880  ©.  536  ff.).  3)ie  meiften  ber  aufgeführten  SRotijen 
über  3^f^j^  fc^i  G^tiften  unb  3uben  unb  anbere  unbebeutenbe,  toie  bafe  er  ber  ©d^toiegers 
batcr  aJtanaffe«  gehjefen,  ober  toa«  bei  ejjip^aniu«,  ed.  Petav.  p.  138  über  bie  Duette 
©iloal;  in  lefcn  fte^t,  finb  offenbar  au«  biblifdtjen  ©tetten  toiber  il^ren  Sitten  ^erau«= 
geflügelt  ober  nac^  toitttürlid^en  Kombinationen  in  erbaulicher  2^enbeng   erfunben.    aber 

60  bie  eine  bleibt  al«  fefter  Überlieferung«Iem  jurüdt,  bafe  3^^i^  ^*  ^^^  ^anajfe  gcftorben 


3efoi«  715 

fei.  Um  3^1  ^^t  1  ff-  «^^  h^  ^^  S^H^^^^  i>i^f^  Köntflö  gcfprod^^cn  ^n  beulen,  mufete 
man  borau^fcjen,  ba^  S^f^I^  »^«>^  i>^"  Slnfang  feiner  Stegierunfl^jeit  erlebt  ^abe,  unb 
biefc  3[Jorau^fe|ung  h)ar  bem  öom  Sud^ftaben  ber  Sibel  abhängigen  gwben  gegenüber  3^f 
1,  1,  iüel(^e  ©tette  audf^  Slabbinen  bie  ^Äi  3Kanaffe«  unbebingt  au^üufd^licfeen  fc^ien, 
burc^au^  nid;t  leidet  unb  natürlid^.  Sie  mu^  alfo  auf  felbftftänbiger  Überlieferung  berul^t  6 
l^abcn. 

c)  ©eine  3^**-  ^Bir  bürfen  alfo,  um  bie  3^^  ^^  $rol)l^eten  ju  beftimmen, 
biefe  Überlieferung  ju  ber  c^ronologifc^en  9lotij  in  3^f  1^1  ^injune^men.  ©d^on  38itringa 
fa^,  baj  biefelbe  ein  3wKi  i>^  §erau^eber^  fei;  na*  9lm  1, 1,  beffen  jtoeiteö  "^^  ja 
bcm  erften  parallel  unb  nic^t  barüber  jurüdt  auf  "''^3^  bejtiglidfe  gefaxt  toerben  mu|i,  ift  fte  lo 
ui  überfe^en:  ,h)eld^er  Oefidjite  ^atte  u.  f.  h).*,  inbem  nur  bei  biefer  Äonftrulfion  bie 
3}iögli(^fett  beftanb,  '^>"i  "''-''^  ol^ne  ©c^toierigleit  anjureil^en.  2)ie  bon  ben  4  Königen 
angefüllte  ^t\t  Verlängert  ftd^  bemnad^  für  ^efaja  um  eine  unbeftimmtc,  getoife  furje 
©tredte  au^  ber  S^it  3Jlanaffed,  toerlürjt  ftc^  aber  burd^  6, 1  um  51  '^a^xt  bcö  Ufia,  fos 
fem  nad^  jener  ©teile  ber  projjl^etifc^e  Seruf  S^^ja«  erft  t)om  ^^obe^jo^re  Ufia«,  b.  i.  i6 
bon  feinem  52.  ^a^xz,  batiert.  3)enn  ber  ^ier  ßrjäi^lenbe  toirb  beim  2lnblidt  ber 
göttlid^en  §enlid^feit  unb  beim  $ören  ber  anbetenben  ^rebi^t  ber  ßngel  bon  Sa^be« 
§ciligfeit  unb  ß^re,  alfo  bei  einer  Oelegenl^eit,  bie  i^n  innerlich  nötigt,  in  einer  gleich 
entfj)red[ienben  SBeife  mit  anbetenbem  Selenntni^  ju  reagieren,  junäc^ft  bon  bem  erfdjfreien- 
ben  ©cfül^le  be«  äbftanbe«  erfüllt,  in  bem  ftc^  feine  eigene  bi^^erigc  Siebe  unb  bie  bon  ao 
il^m  geteilte  feinet  Solle«  bon  bem,  toa«  er  l^ier  fie^t  unb  l^ört,  betoegt  l^at.  3"^ 
©elbftanbietung  für  ben  Sotenauftrag  gal^bed  mufe  er  erft  burdf^  eine  ^anblung  ermutigt 
loerben,  bie  i|n  ber  Vergebung  ber  i^n  brürfenben  3?erfc^ulbung  berfui(iert  unb  feinen 
9Kunb  l^eiligt,  bafe  er  i^n  mit  ben  ©ngeln  unb  toie  fie  auftl^un  barf,  um  bie  innerlich 
gefc^aute  ^eiligleit  unb  ^enlid^feit  ^al)M  angemeffen  ju  berlünbigen.  3)anac^  lann  e«  gar  26 
feinem  3^^^^f^^  unterliegen,  bafe  er  l^ier  toeranfdfeaulid^en  toitt,  toic  er  an^  einem  atttäg* 
lid^en,  überlieferung«mä|ig  (29, 13)  frommen,  l^ö^be  belennenben  ?J^raeIiten  ein  ^ropl^et 
getoorben  ift,  ber  auf  ®runb  originaler  3^^^'**^"  ""^  unmittelbarer  Serü^rung  mit 
gaJ^tje  bie  i^ovaia  f^at,  t>on  gal^be  aud^  fold^e«  gu  neugen,  loa«  über  ben  Ärei«  ber  bi«* 
l^erigen  3$orftcllungen  l^inau«  unb  gegen  bie  Hoffnungen  unb  Steigungen  be«  SSolfed  so 
3ia^De«  anläuft.  SJel^men  toir  nun  beifpiel^eife  an,  ba^  3^W<^  20.  Seben^jal^r  mit  bem 
52.  Stcgierung^ial^e  Ufia«  jufammenfiel,  fo  toäre  er  beim  9l^ierung«antritte  be«9Ranaffe 
ettoa  81  ^a^re  alt  getoefen,  unb  ba«  t)on6art))ob  gegen  bie^nfe^ung  be«  Xobe«  ^efaja« 
unter  3)?anaffe  geltenb  gemachte  SSebenlen,  ba^  man  nic^t  h)illfürlid[)  ein  aufeerorbentlid^ 
^o^e«  £eben«alter  für  ben  5Prol)^eten  in  Sled^nung  bringen  bürfe,  bei  ber  §inaufrüdfung  86 
feiner  J)roi)l^etifc^en  3^^ätigfeit  über  ba«  52.  gal^r  Ufia«  tool^l  begrünbet,  berliert  für  un« 
alle  Äraft.  SBollen  toir  bie  S^^ja«  fieben  bejeid^nenben  Jlegierungen  ber  jübifc^en 
Könige  in  ber  geto.  3ritred^nung  unterbringen,  fo  ge^en  toir  am  beften  tjon  bem  ^oi)xt 
ber  S^'^^örung  3^fllc»n^  586,  al«  bem  IL^fl^r«  ^ebelia«,  au«;  bann  ift  nac^  ben 
3al^len  be«  Äönigebuc^e«,  ioelc^e  burc^  3^^"^i«  fontroltert  toerben  (ögl.  ben  djironol.  Sln^  40 
^ang  ju  meinem  Kommentar  gu  bem  König«buc^e  unb  ®efd^.  3«rael«  ©.  189  unb  206), 
696  ba«  erfte  SKanaffe«,  726  ba«  erfte  §i«Iia«,  741  ba«  erfte  be«  2l^a«,  757  ba«  erfte 
be«  Sotl^am,  758  ba«  3:obe«ja^r  be«  Ufta;  ba«  $^a^r  ber  6infd^lie|ung  ©amaria«  burc^ 
©almanaffar  =  4.  ^al)Xi  $i«fia«  ba«  3-  722,  unb  ba«  ber  ©roberung  biefer  ©tabt 
burd^  ©argon  =  6.  3-  §i«Ka«  =  720.  3l^^mta  toir  an,  toa«  ba«  toal^rfd^einlidjifte,  45 
ba^  ba«  3^i^w  ^^  ©onnemeiger  be«  9lba«  mit  ber  ©onnenfinftemi«  bom  14.  9Kärj 
—  710  (b.i.  711  t).  6l^r.,  f.  £5bj)oljer,  Kanon  ber  ©onnenfinftemiffe,  bef.  (Sinjel,  fl)ejietter 
Kanon  ber  ©onnen-  unb  SWonbfinftemiffe  u.  f.  to.  bon  900  bor  bi«  600  nac^  S^r.,  93erlin 
1899)  irgenbtoie  gufammenl^ing,  bie  nad(i  einer  9Jlitteilung  meine«  ^eunbe«,  be«  Slftronomen 
Kreu^  um  11  U^r  morgen«  in  ber  ©tärfe  bon  9^1^  ^cü  in  9j^<*I^"i  ftc^tbar  toor,  fo  so 
h)irb  ben  obigen  2lnfä$en  über^aul)t,  unb  in«befonbere  ber  Sered^nung  be«  ^afyc^^  711, 
al«  ber  3rit  ber  ©enefung  J^i^K«^/  ^^^  apronomifd^e  Seftätigung  gu  teil.  SJann  lann 
bie  ©efanbtfd^aft  be«  bab^lonifd^en  König«  SWerobac^  Salaban  (^ef  39, 1)  frü^ten«  in 
ba«  3-711  fallen,  unb  fein  Unternehmen,  bie  aff^rifd^e  Dber^errfc^aft  abjutoerfen,  gu  bem 
er  burd^  fold^e  ©efanbtfd^^aften  Untetftü^ung  fuc^te,  in  ba«  g.  710.  35iefe  ^aUn  fügen  66 
fid;  auf«  befte  in  bie  angaben  be«  ^tolemäifc^en  Kanon«,  toelc^er  bem  SJlarbofempabo« 
12  ^ai}x^  al«  König  toon  Säbel  gicbt,  unb  feinem  Sefteger  ©argon,  ber  bon  ba  an  felbft 
al«  babl;lonifd^er  5tönig  gejault  toirb  {'Agxlavog),  5  ^a^x^,  fo  jtoar,  ba^  ba«  lejte  3a^r 
aKarbofemJjabo«  =  38  aera  Nab.  unb  ba«  erfte  ©argon«  =  39,  b.  i.  710  unb  709 
bor  Sl^r.    2)enn  ba^  ber  ,Rönig  bon  93abel*   3Jlerobac^  Salaban  (gef  39,  1),  nid^t  ein  eo 


716  aefoja 

bcficbiaer  Ufur))ator  biefc«  9?amcn^,  fonbem  bcr  belanntc  9RarboIcm^abo^  be«  ^tolemäu^ 
unb  aJcatbufl^abaRbbtn  bcr  aff^rifc^en  ^^Wriften  fei  (h)ic  ©c^raber,  fteißnfcj^riften  unb 
©cfc^ic^te,  ©.  535  f.,  je^t  felbft  crfetmt),  baran  ^at  mic^  tocbcr  ba^  je  irre  gemacht,  bo^ 
biefer  „©o^n  S^Kn«"  ^«ifet,  nod^  bafe  bie  Sibel  jenen  ;,©ol^n  33alaban«"  nennt.  SJa  ber 

6  ©i^  jene«  Äönig^  Bit  ober  Dur  Jakin  genannt  toirb,  fo  burfte  man  ben  3^^*"^  ^^ 
Bof)n  er  l^eifet,  für  einen  (Srünber  feinet  ©efc^Iec^te«  ober  feiner  §errf(^ft,  mu^te  ibn 
aber  ebenfotoenig  für  feinen  leiblid^en  98ater  galten,  h)ie  Dmri  borum  für  ^^ffu^  äSater  galt, 
bafe  bie  ajf^rifc^en  gnfc^riften  3e^u  ate  Dmri^  ©ol^n  ober  afö  ^rften  be^  Sonbe^  Dmri 
bejeic^net  ^aben  fotten.    Unb   fd^on   öor  9?ägelgbac^  ^abe  \6)  ba«  ,©o^n  Solabon^'  ber 

10  Stbel  für  eine  35eutung  ber  af^nbetifc^en  9SerInüj)fung  t)on  SSalaban  mit  SKerobac^  ge^ 
Mt^"/  toeld^e  für  einen  an  genealogifd^e  labeHen,  h)ie  I6l^rl,lff.  getoö^ntcn  Sefer, 
fel^r  na^e  lag.  —  ßbenfo  l;armonieren  bie  aff^^rifd^en  S^^^^^Ö^i^^  *"i^  unfercn  obigen 
9lnfä§en,  fotpeit  fic  mir  feftftettbar  erfd^einen.  34  9^^^  bat)on  au^,  ba^  bie  fünf  ^c^ 
be^  ^r!eano^  über  Sabel  mit  ben  legten  fünf  ^a^rcn  ©argon^  über  äffur  ebenfo  ibentifc^ 

15  finb,  toie  bie  beiben  92amen.  3lai)  ben  bei  ©mit^  (the  assyrian  eponym  canon 
p.  86.  87)  aufgeführten  Äontrafttafeln,  fotpeit  fte  toirllic^  gelefen  unb  nid^t  blo^  gcrabe  in 
ben  §aiH)tfac^en  Dom  ©bitor , ergänzt  fmb,  fällt  ba^  14.  ^afyc  ber§errfd^ft  ©orgon«  über 
^ffur  mit  bem  Slrd^ontenja^re  SamaSupahir  toenigften«  teiUoeife  gufammen,  ba«  i^m  folgenbe 
Sa  aäur  dubu  mit  ©argon«  15.  über  Slffur  unb,  toie  au^brüdHid^  jugefe^t  toirb,  feinem 

20  3.  über  SSabel;  bemnad^  ift  ba^  13.  göi^t  ©argon^  über  äfjur  ibentifc^  mit  bem  erflen 
über  Sabel,  b.  i.  mit  bem  3.  709,  unb  fein  erfte«  über  Slffur  mit  bem  3.  721,  bem 
i^toeiten  bc^  3Karbofemj)abo^  über  Säbel;  ©argon^  lefete«,  b.  i.  fein  17.  Slegierung^jalir 
aber  überl^auj)t  ift  705,  unb  ba«  erfte  feine«  9lac^foiger«  ©anl^erib  ift  704.  aSon  ^er 
avL^  laffen  ftd^  mit  $ilfe  be«  fogen.  6))on^menIanon«  anbere3)aten  getoinnen,  fobalb  nur 

25  erft  beftimmt  ift,  toie  ftd^  bie  3^^^^/  ^^  ^  meint,  ju  ben  Jtegierung^ja^en  bcr  Äöntge 
unb  be«  ptol.  Äanon«  t)er^alten.  ©ie  fallen  nämli^  nur  teilioeife  jufammen.  2)iefed 
toirb  fd^on  an  fid^  toal^rfd^einlidji,  tpenn  man  fte^t,  toie  auf  ben  obengenannten  Äontrolts 
tafeln  pi  ben  Slrd^ontcnnamen  ,ba«  14.'  ober  ,ba«  15.  3^^^  ©argon*  l^imugefügt  ift; 
benn  offenbar  foll  baburc^  ber  2^eil  be«  3«^^^  ^^^^  beftimmt  toerben.    S«  ipirb  aber 

30)ur  ®en)i^^eit  baburd^,  bag  ba«  Slrc^ontenja^r  ManukiaSurli',  toelc^e«  bem  SamaSu- 
pahir tjor^ergel^t  unb  nac^  anberer  93oraugfe$ung  gleid^  bem  13.  ^af)n  ©argon«  über 
Slffiir  unb  feinem  erften  über  S3abel,  b.  i.  709  fein  mü^te,  atterbing«  mit  biefem  urhrnb^ 
lid^  gleic^gefe^t  toirb,  aber  auf  einer  anberen  iafel  mit  feinem  12.  3^1^  über  SRur. 
§ierau«  ergiebt  ftc^,  bafe  ba«  12.  unb  13.  3^^^  ©argon«,  jene«  mit  feinem  (gnbc,  biefe« 

36  mit  feinem  2lnfange  in  ben  9lrc^ontat  be«  ManukiaSurli'  fallen,  bie  3legierung«jai^e  ber 
Könige  alfo  anbcre  Slnfänge  ^abcn,  al«  bie  9lrcbontenjal^re.  3ft  aber  ManukiaSurli*  = 
12.  unb  13.  ^af)x  ©argon«,  fo  ift  ©argon«  eigener  Slrd^ontat  =  bem  2.  u.  3.  feiner 
Slegietung,  ber  be«  Nabutaris  =  bem  legten  ©almanaffar«  unb  bem  erften  ©argon«,  olfo 
=  722  +  721.    3^^  toar  nod^  Slrd^ont  für  724/3,  er  ift  geftorben  unter  Nabutaris, 

40  alfo  gegen  @nbe  be«  ^af)x^  722,  fobafe  er  ©amaria  jtoar  belagern  lonnte,  aber  bie 
^üd^te  biefe«  Unternehmen«  feinem  9?a^folger  überladen  mufete,  h)el(^er  felbft  berid^tet, 
bafe  er  (im  Seginne  feiner  §errfd[iaft)  bie  S3eutc  ©amaria«  toeggefül^  l^abe  (©ci^aber, 
Ä.  u.  äSC  2.  a.  ©.  273).  aßenn  Dagegen  bie  äff^riologen  noc^  immer  ftatt  be«  3a]^re«  720 
ba«  ben  bibl.  angaben  toiberfpred^enbe  3a^r  722  für  bie  ßroberung  ©amaria«  anfc^,  fo 

45  beruht  ba«  erften«  auf  bem  geiler  ber  3bentifijierung  ber  Slnfänge  unb  ßnben  ber  Äönig«ia^re 
mit  benen  ber  Slrc^onten,  unb  ^toeiten«  auf  ber  toiHtürlid^en  Setjorjugung  t)on  Äanon  1  öor 
Ran.  3  ber  2lrd^onten,  tpetc^cr  le^tere  jtoifc^en  bem  2lrd^onten  ©argon  unb  Tab-gil-i^arra 
nid^t  toie  jener  jtoci,  fonbem  nur  ein  Slrd^ontenjal^r  mitten  inne  liegen  lä^t.  Über  ba« 
aSer^ältni«  ©atmanaf|ar«  ju  feinem  Vorgänger  3:igtat^j)ilefar  lä^t  ftc^  nic^t«  fiebere«  fagen, 

60  ba  bie  fogen.  aSerh)altung«lifte  bic^t  \)ox  jenem  abbrid^t  (f.  baf.  ©.  487).  3ft  «6er  bo« 
erfte  '^a^x  ©an^erib«  704  =  ber  legten  §älfte  be«  9lrc^onten  SRabubiniJJU«  unb  ber 
erften  feine«  'JJac^f olger«,  fo  fann  ©anl^erib  nic^t  im  14. 3a^re  §i«fia«  (3ef  36, 1)  jenen  gelb* 
gug  nad^  SBeften  getl^an  ^abcn,  auf  toeld^em  er  ben  §i«fia  in  3^nifalem  toie  in  einem 
Ääfig  eingefc^toffen  ^aben  toitl  (baf.  ©.  293),    unb   ben   er  felbft  feinen  britten   nennt. 

56  9lc^mcn  toir  an,  bafe  er  in  jebem  feiner  tjoHgejä^lten  9lcaierung«ial(^re  einen  ^elbjug  ge* 
tl^an  ^abc,  toa«  bei  oiefen  aff^r.  §errfc^em  nid^t  unh)aWw<^i"K^  ^%  f^  '^"  i^"^  ^^**c 
gelbjug  unter  ben  Slrc^ontat  Hananu  =  702/1  gefallen  fein.  2)amit  toürbe  bie  ä^n- 
nal;me  ftimmen,  baj  bie  jebehfall«  falfd^e  Angabe  be«  14.  3a^re«  §i«Iia«  (3cf  36,  1), 
h)elc^e  bießeic^t  urfprünglic^  bloj  bor  R.  38.  39  gel^örte,  infolge  einer  aSerh>edS^lung  mit 

60  bem  ^a\)x^  24  ^iefia«  öor  Ä.  36  geraten  fei.   Denn  in  bieifem  ^a^^xt,  b.  i.  702,  begann 


»fuja  717 

toa^rfd^cinltci^  mi)  bcn  aff^^rifd^m  angaben  bie  Scbrängung  Subaö  unb  §iöfia^,   tDcId^e 
nad^^er  in  ber  Slufforberung  an  gemjalcm,  ju  fat)ttulteren,  ß^felt. 

9laci^  bicfcm  allen  bürfen  w'xx  bie  3  ^i*f  i»^  U>elc|er  ^^aia  mit  bem  äuge  eine^  ^Pro^l^eten 
Sa^De«  bem  ©ange  ber  ©reigniffe  jugefc^aut  f)at,  im  großen  unb  ganjen  auf  bie  ga^re  758 
bi^  fpäteften«  690  begrenjen,  gal^re  be«  bunteftcn  Snl^alte^,  ber  cntfc^eibenbften  SBanblungen,  6 
ber  mannigfaltigften Sejiel^ungen  jtoifc^en  benSBölIern,  too^I  geeignet,  ben  ©eftd^t^ftei^ 
einc^  ^ro^^eten  ju  S^^l^'^  "ber  bie  bi^^erigen  Orenjen  ju  ertpeitem.    2)enn  in  biefe 
3eit  faßt  ba«  lange  fortgefefete  energifc^e  Semül^en  ber  afl^rtfci^en  §errf(^er,  in  ber  Ober* 
^;errfcl(>aft  überschrien  unb 5Jaläftina  einen  Slüdt^It  für  il^re  toeiter nac§ 9lorbh)eften  unbSüb^ 
tieften  gerid^tcten  Unternehmungen  ju  geh)innen.  3«  benfelben  tourben  fie  ge^inbert,  teiö  lo 
burd^bie  aufftrebenben  33öller  in  i^rem  müden,  t>on  Denen  bie  5Keber  unter  ©ejole«  in  biefer 
3cit  bie  erften  anfange  il^rer  6elbftftänbigfeit  enangen,  teite  burc^  bie  mannigfaltigen 
J^erfud^e  ber  babl;Iomf(^en  Könige,  bie  afj^r.  DberleJ^nötierrfc^aft  abjutoerfen  unb  bie  be« 
ftimmenbe  ©etpalt  in  ben   tveftUd^en  Sänbem   felbft  au^juüben,   teild  enblidf^  burd^  bie 
SKeg^jjter,  beren  au^tDärtige  ^olitif  burc^  bie  in  biefen  3citraum  faJffenbe  ätl^ioj)ifc^e  3)^naftie  i6 
einen  unterne^menbcren  ß^aralter  belam.  ^uxd)  bie  Dielen  bunt  jufammengefe^ten  $eere«5 
mge,  tpelc^e  burd^  bie  Orenjen  3^^^^^  <^^^   ^^   ^^^^  toorbei   gingen,   fotoie  burc^  bie 
93otf(^aften  ber  ejilierten  S^^^i^Kt^»  ^^^  itnm  mand^e  bie  SSejiel^ungen  )u  i^rem  SBater« 
lanbe  unb  bem  ®otte  il^rer  Säter  mit  SBaQfal^rten  aufredet  erl^alten  l^aben  toerben,  er^ 
tpeiterte  fic^  bie  Äunbe  ber  jerufalemifd^en  ^uben  \)on  ber  ©igenart  unb  ben  öetoegungen  20 
ber  Dom  ©trome  ber  afl^rifdj^en  unb  ägt^j)tijc^en  SßJelt^oIitil  berül^rten  33ölferfd^aften,   fo? 
ba^  e^  un^  nic^t  tpunbem  barf,  benn  tvir  im  93ud^e  3^^]^^^  ^^^^^  ^^"  fleinen  3lad)bax^ 
bölfern  au^  ba^  ©eba^ren  unb  Die  ©ejc^icfe  tpeit  abgelegener  ©tämme  in  ba«  ßidf^t  be« 
j)roj)l^etifc^en  SBorte«  gerücft  fe^en.  Sluc^  für  ben  äußeren  Seftanb  be«  Sollet  S^^^be« 
brad^ten  jene  gal^re  bie  einfd^neibenbften  Seränberungen.    3"  fie  hinein  fällt  ber  icil^e  25 
Slbftur^  bc^  9Jorbreid^e^  Don  ber  fidleren  §ö^e,   bie   e^   naäi)  33ejh)tngung  be^  f^^rifc^en 
©rbfeinbe«  unter  3^«>beam  II.  erreicht  ^atte.    2)ie  3wHüftung  im  gnnem  burd^  gtams 
mc^neib,    liefe    c^    ben   Ufur))atoren ,    bie    gegen    einanber  auftraten,    notJpenbig    er« 
fd^cinen,  für  i^re  %ix\pxixd)c  fw^  auf  bie  riDalifierenben  Tt&d)tt   Slffur  unb  Äg^jjten   ju 
ftüften,  U)ie  benn  3Renal^em  nur  al«  SBafaU  be«  Slff^rer«  fui^  l^alten  ju  tonnen  meinte.  30 
Unter  bem  unteme^mung^luftigen  $elal^  tourbe  bie   entgegengefe^te  ^olitit  befolgt;   bie 
gleiche  9?ot  unb  Sorge  führte  jur  äSerbrüberung  Slram^  unb  3^^^^^  ""^  ^W  §«tfc^cr 
HU  bem  bi^l^cr  unerhörten  SBagni«,  burc^  33efeitigung  ber  babibifc^en  ®Vw<ifti«  in  g^ufalem 
auc^  '^vba  für  ben  gemeinfamen  SBiberftanb  gegen  Slffur  gu  fiesem,  aber  ber  Dom  $aufe 
^aDib^  angerufene  Xiglatl^  ^ilefar  zertrümmerte  bie  'SHad^t  9te}ind  unb  fuc^te  burc^  äBeg^  35 
fü^rung  ber  SeDölIerung  Don   ©ama^I  unb  eine^  2^eile«  ^^xad^  bie  Suft   ju  neuen 
aBiberftanbeDerfud^en  ju  erftidten:  ber  erfte  ©df^ritt  gu  ber  DöHigen.Sluglöjd^ung  eine«  felbft* 
ftdnbigen  ©taateö  3^wel,  toeld^e  mit  ber  bie   äg^ptifd^e  ^ßolitif  §ofea«  ftrafenben  ©r* 
obcrung  ©amaria«  untx  ber  barauffolgenben  9Begfü|rung  Don  S^raeliten  unb  ©inj^flan* 
gung  frember  SJoloniften   erfolgreid^  eingeleitet  hjurbe.   6«  fd^eint,  bafe  Ufia,  befjen  5Potitif  40 
Don  3ö^^ö»n  fortgefe^t  tDurbe,  barauf  bebad^t  getDefen  ift,  fein  fleine«  Sfleic^  Dor  ber  Ser* 
fled^tung  in  bie  großen  SBeltl^änbel   möglid^ft  ju  ftd^em,  feinen  iöol^lftanb  ju  ^eben, 
hnxd)  ©id^erung  feiner  ©renken,  burc^  Sefeftigung^bauten,  2lnl^äufung  Don  Kriegsmaterial 
unb  ©elbmitteln  ba^felbe  ju  einem  feften,  für   aße  ©Dentualitäten  geftdjierten  ^la^e   gu 
machen  unb  fo   bem  jübifd^en  ©lauben  an  bie  Ungerftörbarfeit  ber  ©tabt  go^be«  unb  46 
feine«  Äönig^^aufe«  materielle  ©arantien  ju  fc^affen.    ^^beflen  ber  f^rifdS^=ej)^raemitifd^en 
Koalition  gegenüber  fc^ienen  biefe  hod)  i^ren  3)ienft  gu  Derfagen,   unb  ä^o«,  ber  jenen 
©lauben  nic^t  l)aitt,  tooßte  fw^  lieber  Don  bem  aff^rifd^en  ©rofelönige,  afeDon  ^ai)t)t 
ben  Seftanb   feiner  §errfd[iaft  Derbürgen  lafjen.    älnber«  §i«fia,   ber  ber  Überzeugung 
lebte,  fein  Königtum  Don  ^öi^be  ju  Se^en  ju  tragen  unb  bem  2lff^rer  nid^t«  )u  f^ulben ;  50 
jebodj^  aud^  er  mufete  erleben,  bap  bie  eigenen  ^ftungen  unb  5Kac^tmittel  lein  fd^ü^enber 
2)amm  gegen  bie  SJölferfluten  feien,  toeld^  fein  SSolt  hjegjufd^toemmen  brol^ten,  bafe  aber 
3a^De  ^\d)  felbft  genug  fei,  um,   toenn  e«  fein  ßrbarmen    gegen  bie  ®lenben  unb  fein 
^eiliger  ^oxn  gegen  bie  vßgig  ber  SBelt^errfdjier  anzeigen,  auc|   ol^ne  menfd^lic^e  SKittel 
burd^  fouDerän  Derl^ängte  ^^gungen   bie  loilDefte  glut  ju   brechen.      SBa«  ba«  98oll55 
Sai^De«,  hja«  bie  kommen  au«  biefen  Grlebniffen  lernen  foKten,  läfet  ftc^  unfd^tper  fagen. 
©ie  fottten  nid^t  ben  alten  ©lauben  aufgeben,   bafe  S^^be  ber  ©Ott  3^wel«   burc^  bie 
&^]d)\d)U  feine«  SSotfe«  unb  ber  5Kenfc^i;eit  ba«  feinem  SBefen  entf^rec^enbe  3^^  erreichen  " 
h)iß,  al«  ber  allein  h)al^re  ©ott  unb  .^eilanb  überall  auf  Srben  anerlannt  unb  geehrt  gu 
toerbcn.  ©ie  foUten  nic^t  gu  ber  3Keinuug  fommen,  bafe  er  fein  befonber«  Ser^ältni«  ju  feinem  eo 


718  aefojo 

j^ciligm  Serglanbe  unb  bte  alte  SBcr^cifeung  an  btc  3Sätcr,  bie  tl^rem  ©amen  einen  unt)e^ 
äußerlichen  Stec^t^nfprud^  an  ba^felbe  l^erliel^en  ^atte,  aufgegeben  ^be.  Sie  foOten  ni(^ 
folaem,  bafe  er  bie  ©rünbung  eine^  Sleid^e«  (Sottet,  ba«  Vermöge  [eine«  ftc^tboren  ©egcn«  in 
unfel^lbarer  9ln}iel^ung«Iraft  ftd^  allmäl^ltcl^  bi«  ;u  ben  @nben  ber@rbe  ertoeitere,  tote  e«  mit 

r>  ^aDib  anzufangen  f^ten,  bie  S3e^au^tung  einer  irbif^en  @tätte  feiner  gemeinblic^  3kt' 
el^rung,  bon  ber  bie  ©itten  beffembe  ®otte«er!enntnig  in  bie  gerne  au^ftra^len  lönne,  toie  fie 
inSwjfalem  unb  3ion  getDonnen  ju  fein  fc^ien,  alö  Vergebliche  SSemü^ungen  aufgegeben  ^Kibe. 
Unb  ba«  ettüa  gegenüber  ben  bon  älflur  begonnenen  3Serfud^,  mit  Sift  unb  ®eh>alt  bie 
äSölIer  )u  einem  Sßeltreic^e  }u  t)ereinigen,  in  bem  ber  ßeifd^lid^e  äBiUe  unb  ber  toibecgött^ 

10  lid^e  S^rgeij  eine«  einzigen  2;vrannen  ba^S  oberfte  ®ef e^  toäre,  gegenüber  bem  befiricfenben 
ßauber,  ben  bie  tief  in  ©ö^enbienft  getaud^te  ftultur  fold^er  SKitteljjunfte  be«  2Beltt>erfe^, 
tpie  Säbel,  auf  bie  SJölIer  auMbte,  unb  Dor  tDelc^em  bie  nationale  Eigenart,  bie  alte 
©infad^l^eit  ber  ©itten  bei  il^nen  bal^infd^toanb,  um  einer  bie  ©etoiffen  öertoirrenben,  bie 
SDlenfc^en  \)on  ®ott  entfemenben,  htnftlic^  gemifc^ten  Seben^toeife  $la|  ju  machen.   Sber 

15  inbem  ^Qi)\>t  ba«  bat)ibifc^e  SReic^  au^einanberfallen  unb  gerufalem  nur  für  ben  Reineren 
3;eil  ben  fieben^mittelpunft  bleiben  ließ,  inbem  er  nic^t  ^inberte,  baß  g^aeld  ßonb  einer 
neuen  93et)öllerung  anl^eimfiel,  unb  ber  bat^ibifc^e  Jfönig  jum  Tribut ja^lenben  SSafaQen 
be«  9lff^>rer«  tourbe,  unb  inbem  er  anbcrerfeit«  burd^  bie  tounberbare  Sereitelung  ber  SCfc 
fid^ten  ©an^erib«  auf  g^nifalem  bem  ®lauben  Verbürgte,  baß  feine  5Kad^t  unb  fein  SBiUc 

ao  gu  feiner  Qcxt  in  abfoluter  SBerfügung  über  bie  SSölIer,  3?erberben  unb  §eit  f^)enbe,  toar  für 
bie  kommen  bie  entfc^iebene  Stötigung  gegeben,  i^ren  ®otte^lauben  gu  reinigen.  6«  galt 
alle  bie  SorfteQungen  abguftreifen,  bie  au«  ber  nait)en  9}orau«fe^ung  ertouc^fen,  baß  bie  auf 
ba«  bat)ibifc(^e  Äönig«l^au«,  auf  ^erufalem,  auf  ben  93efi$  be«  ^eiligen  i&inbe«  bafierten 
göttlichen  ®rünbungen  in  biefer  il^rer  3iußerlid^Ieit  fic^  erl^alten  unb  toie  anbere  }}olitifc^ 

26  ®ebilbe  toac^fen  müßten,  um  ju  bem  bon  ®ott  gegeigten  ^iele  gu  gelangen ;  baß  !^a^^  an 
il^nen  gleid^e«  3"^^^^  ^^^^^  '""ff^^  ^^^  ^»^  ©lieber  ferne«  Solle«;  baß  fein  ^er^lten 
baburd^  gebunben  fei  unb  fic^  meffcn  unb  bered^nen  laffe  nad^  ben  natürlidf^  gnterejfen 
unb  Sebürfnifjen  biefer  ©tiftungen,  hjie  bie  in  i^nen  Sebenben  fie  füllten,  ©er  ®ott,  ber 
bem  naiben  übertieferung«mäßigen  ®lauben  flein  unb  t)ertraulid^  geworben   fein  mochte, 

80  belunbete  fidb  je^t  in  toemel^mlid^er  SBeife  al«  ber  abfolut  §o^e  unb  §eilige,  ber  unge^ 
bunben  burdp  irgenbtDclc^e  irbifc^=fleif(^lid[ien  9Serl;ältniffe,  lebiglidS^  bur^  bie  SKaße  feine« 
eigenen  3Befen«  in  feinem  S^l^un  beftimmt,  bie  ©efc^idf^te  in  tDunberbarer  3QBei«^t  gu 
bem  6nbe  lenlt,  baß  bie  6rbe  feiner  @^re  \>oü  h)erbe.  3)ie  alle  Serec^nung  au«fc^ließenbe 
SBunberlic^feit  feiner  ^ügungcn,  baß  er  fein  eigene«  3Solf  fc^lägt  unb  bebrängt,   bem  er 

85  fi^  al«  §eilanb  tjer^eißen  unb  ba«  auf  i^n  fi^  t)erlaffen  foll,  unb  l^eibnifc^en  ^Vrannen, 
beren  ©innen  il^m  toerpaßt  ift,  ©ieg  berietet,  au«  feinem  tpal^ren  SBefen  al«  be«  ^eiligen 
begreif lid^,  mad^te  biejenigen  gu  ©d^anben,  \t>dd)c  iit  bem  überlieferten  ®lauben  bie  ©d^e 
ber  fleifd^lid^en  Hoffnungen,  aber  biejenigen  im  ®lauben  Völliger,  h)eld^e  ben  toa^rl^ftigen 
®ott  felbft  barin  ergriffen  Ratten.    S)iefen  hjar  er  ber  treue,  beffen  SQäegen  al«  gielftdS^eren 

4a  «j  Vertrauen  ift,  au^  too  fte  bem  eigenen  Denfen  giello«  ober  frumm  erfd^nen;  beffen 
Serl^altcn  ftd^  überall  al«  ba«  be«  (Srbarmen«,  ber  ©ered^tigleit,  ber  ^äbagogifd^en  SBei«^ett 
rechtfertigen  hjerbe.  hiermit  ift  bann  bie  Grienntni«  angebahnt,  baß  gu  unterf^eiben  fei  jtoifd^ 
bem  Von  3ial^Ve  gemeinten,  feinem  l^eiligen  2Bcfen  entfpred^enben  ®otte«volIe,  2)aöib«^ufc 
unb  S^ufolcm  unb  bem  fleifd^lid^  emj)irifc^cn,  h)ie  e«  gehjorben  ift.  3)a«  fünbige  Rönigreic^^ 

46?;^obeam«  ift  nid^t  ba«  .^au«  3^^ob«,  ba«  nic^t  vertilgt  toerben  foll  (3lm  9,  8).  auf 
i^ift  unb  ©etDalt  gegrünbet,  ^af)'ot  mit  hjiHfürlic^en  3)ienflen  Verel^renb,  anftatt  mit  ®es 
red^tigleit  unb  erbarmen,  ift  c«  nid^t  beffer  h)ie  anbere  SReic^e;  e«  mag  untergel^en  unb 
fein  Solf  au«toanbem.  ©a«  §au«  3)avib«,  ba«  3leic^  '^nia,  ba«  auf  feine  $olitif, 
auf  feine  geftungen  Vertraute,  mit  feinem  ®otte  \xd)  burd^  Opfer  abfanb,  ol^ne  im  übrigen 

60  feinem  öffentlid[;en  Seben  ben  ß^arafter  ber  ®otte«erfenntni«  aufgu^rägen,  ift  nid^t  ba«, 
bem  bie  SSer^eißung  gilt.  3)ie  ©tabt  ^erufalem,  bie  ba«  SRec^t  in  il^rer  3)Zitte  brüdtt, 
bie  Sarml^ergigfeit  Verleugnet,  frembem  Suju«,  ^^eibnifdjien  SKoben  i^re  3:^ore  öffnet, 
ift  nid[|t  ba«  3^«^"^/  Von  bem  gu  allen  Sölfem  ba«  Sidbt  ber  ©rlenntni«  3ä^*>^ 
bringen  foll.    £)i}m  in  äBiberfprud;  mit  fic^  felbft  gu  geraten,  lann  ^öj^Ve  be«^alb  3^ael 

65  in  bie  ^eibnifc^en  Sänber  gerftreuen,  fo  baß  fein  £anb  eine  SBilbni«  toirb,  bie  Setoo^ner 
^erufalem«  nac^  Säbel  gurüdtfüt^ren,  von  hjo  3lbraj[;am  gef ommen,  ba«  Jlönig«^u«  3)avib« 
lüieber  nai)  bem  armfeligen  Setl^lel^em,  unb  ber  t^eibnifc^en  Sölter  fid^  bebienen,  um  biefe 
©träfe  ber  ©ünbe  ^erbeigufül^ren.  2tber  fo  getoiß  er  fid^  be«  ßrobererVolfe«  bebient,  um 
bie  ©ünben  ber  Sölfer  gu  Vergelten,  für  feine  6^re  unb  ein  neue«2eben  ber  ®ere<l^tigleit 

60  9iaum  gu  fc^affen,  fo  gehjiß  fann  er  fic^  nietet  gum  Wiener  be«  gleidj^  un^eiligen  toibergöttlic^ 


dfefafa  719 

ßj^rgci^e«  ber  gröberer  mad^en,  bie  il^e  (grfolge  fic^  fclbft  unb  erfonnenen  (Söttem  öerbanlen. 
3nbem  er  fte  auf  bem  ©tjjfel  tl^rer  §errli(^Ieit  ftürjt  unb  fein  Soll  neu  grünbet,  mu^ 
aße  SBelt  erfahren,  ba^  fie  mit  il^ren  Slnftrengungen  unb  ©rfolgcn  nur  ben  felbftftänbigen 
Slatfc^iüffen  be«  Sottet  S^^^ete  gebient  l^aben,  unb  bann  ift  Slaum  unb  ^eit  bafür  ba, 
ba&  bie  alten  SSerl^ei^ungen  in  überfc^toänglid^er  %ixUt  eine  SDäirflid^Ieit  gewinnen,  toelc^e  5 
ni^t  mel^r  burc^  bie  §errfc^aft  ber  Sünbe  gefäl^rbet,  bie  Sürgfc^aft  unjerftörbarcr  SJauer 
in  ftc^  felbft  trägt.  2)ann  ift  ber  (Sefamtjuftanb  ber  S)inge  eine  einzige  grofee  unb 
lautere  ^rebigt  toon  bem  fic^  nic^t  me^r  öerbergenbcn  Oottc,  unb  alle«  menfc^Hc^e  3Sers 
galten  hnxd)  bie  ungetrübte  unb  felbftftänbige  (Srienntnig  be«  fo  offenbaren  ®otte^  be« 
ftimmt.  —  2Bie  nun  bicfe  5D?annigfaItigIeit  unb  biefer  Oegenfa^  götttid^er  gügungen  afö  10 
bag  jufammen^öngenbe  unb  fortfdjireitenbe  SQäerf  be«  einen  ^ai)\>^  fid^  barftettte,  fo  aud^ 
alg  bie  ftetige  ®nth)idtetung  unb  ©niel^ung,  ate  SBadj^tum  unb  (grlebni«  eine«  unb  be^s 
felben  ©ubjefte«,  3«raete  unb  ber  aKenfdS^l^eit,  be«  $aufe«  SJabib«  unb  gerufalemö.  @« 
ift  n\d)t  fo,  h)ie  e«  ben  Slnfc^ein  l^at,  ba^  ^af)\>t  fein  Sanb  berläfet,  fein  98olI  jerftört, 
baö  §au^  3)at)ibd  unb  ^^ufalem  i^ertrümmert,  bie  6rbe  berbrennt  unb  bie  3Kenfd^l^eit  15 ' 
bertiigt,  um  eine  au^cr  allem  3wfammenl^ange  bamit  ftel^cnbe  neue  ©(^öl)fung  aniu- 
fangen,  in  ber  e^  il^m  mit  entfj)ret^enben  neuen  ©ebilben  beffer  glüdtcn  mag.  ©onbem  toie 
bie  fterbenbe  Wanje  im  ©amen  unb  im  9lbleger  für  nm^  Seben  erl^lten  toirb,  toie 
bem  ©amen  bie  SSerlüefung  ber  SJurd^angöjJunft  ju  l^errlid^erer  Seben^eftalt  ift,  toie 
bem  9Kcnfd[ien  gefd^el^en  mag,  bafe  er  ftirbt,  unb  boc^  feine  ©eele  al^  unberh)üftlic^er  Äem  20 
bleibt,  ber  )u  neuem  Seben  in  l^errlid^erem  Seibe  toiebergeboren  toirb,  toie  ber  ©efc^led^t^s 
l^ufammen^ang  ^^un  unb  Seiben  ber  SSäter  unb  ber  Jtinber  berartig  t>erbinbet,  ba^  bie 
©späteren  in  ber  ber  früheren  i^re  eigene  ©efc^id^te  erfenncn,  bie  ^JrüJ^eren  an  ber  ber  Späteren 
ainteil  nel^men  (^eif  29.  22  f.),  fo  fmb  bie  bon  ^af)t>t  über  fein  Soll  öerl^ängten  Rata^ 
ftro))l^en  i\vax  Untergang  unb  2^ob  für  bie  ber  ©ünbe  berl^aftete  fleifdS^lid^e  (Sejftalt,  aber  25 
fiugleid^  aud^  Slu^fonberung,  Srl^altung  unb  Vorbereitung  eined  unbergänglic^en  Slefted, 
Äerne^,  ©amen^  ober  einer  ©eele,  toelc^e  ben  lobe^^  unb  Sertocfung^juftanb  überbauert, 
um  aug  il^m  ju  einem  neuen  leiblid^en  Seben  in  unbergänglid[ier  ^errliojWt  l^erborjugel^en, 
in  foüd)tm  loeber  menfd^lic^e  ©ünbe  noc^  göttlicher  Q^m  mtfyc  ift.  ©otteö  lebenf^en^ 
benbe«  3Ra^l  follen  bereinft  aße  auf  3^0»^  f^medten  unb  er  toirb  baju  ben  ©d^Ieier  beö  30 
lobeö  lüften,  bafe  bie  ©eftorbenen  ^erborlommen ;  ba^  untergegangene  38olI,  ba^  bergeb^ 
li^  burd^  natürli^e  ^ortenttoidtelung  toieber  gur  Soften)  ju  gelangen  fud^t,  n>irb  burd^ 
göttlid^e  2:otenerh)edfung  J)löWidS^  ju  feinem  aSollbeftanbe  fommen;  ha&  in  ®un!el  ber- 
fd^hjunbene  ^au^  Dabib«,  ob  jhHir  nur  nod^  in  einer  unbegel^rten  3w«9f^öu  öorl^nben, 
n)irb  }>lö^lic^  in  bem  ©o^ne  biefer  ^fungfrau  }u  neuem  lönigli^en  Seben  erfte^en,  35 
ber  abgel^auene  Saum  ^faid  in  einem  äBurjelreid  lieber  aufgrünen.  Slber  in  n>elc^er 
©eftatt  l^bcn  toir  un«  biefen  bie  ^ulunft  berbürgenben  Äem  ju  beulen?  9lic^t  atö 
Solf,  nic^t  atö  ©taat,  nic^t  afe  ©ef^Ied^t.  ®er  Siatur  ber  ©ad^e  nad^  lonnten  nur  folc^e 
ju  il^m  gehören,  h)elc^e  in  bemütigem  ©lauben  in  ben  Äataftro^^en  bie  §anb  (Sottet  er* 
rannten  unb  erfaßten,  bie  feinen  Sitten  ju  bem  irrigen  mad^ten,  in  ®ebulb  fid^  unter«  40 
orbneten  unb  burd^  bie  Qöttlid^en  ^ügungen  in  [xd)  bie  ftttlic^e  ^^c^t  zeitigen  liefen, 
toelc^e  fte  bejloedEten ;  toir  lönncn  jenen  Äcrn  alfo  nur  beulen  ate  eine  ecdesia  invi- 
sibilis,  ate  eine  nur  ^Q!f:}'oc  belannte,  burc^  gleid^e  (Sotte^Ienntni«  unb  ftttlic^e  ärtung 
xufammenge^örenbe  ©emeinbe.  Sine  fold^e  lann  Seftanb  unb  Untergang  bon  Sol!  unb 
Sanb,  Don  ©taat  unb  Il^ron,  ben  jöi^eften  SBec^fel  ber  äußeren  3«ftitutionen  erleben,  45 
ol^ne  felbft  barum  unterjugel^en.  Unb  ba  e«  in  ^^rael  ber  ^ro^^et  ^a^be^  ift,  toelc^er 
in  bem  Seftel^enben  ben  ^Sitten  ber  göttlichen  ®üte  erlennen  leiert,  bie  bunHe  ©^rac^e 
©otte^  in  ben  großen  SBec^felfötten  ber  ®i\d)x6)U  für  bie  ©eele  unb  bad  ©etoiffen  in 
Äraft  urfj)rünglic^er  ©otte^erfenntnid  bottmetfc^t,  in  finfteren  2^älem  bie  ©emüter  auf« 
richtet,  inbem  er  ba^  bon  il^m  erfc^aute  jenfeitd  leuc^tenbe  Sic^t  ber  $errlic^Ieit  in  fte  50 
l^inein  refleftiert,  fo  fönnen  h)ir  fagen:  bie  toom  $ro})^eten  gcfammelte,  um  ba«  ^roj))^ 
tifd^e  aSJort  geeinigte  ©emeinbe  ift  ba«  unjerftörbare  3ion,  ber  bleibenbe  Sleft  S^rad«, 
h)eld^er  3^*örung  unb  Serfjjrengung  überbauert,  inbem  er  an  ©tette  be«  jerftörten  ^oli* 
tifc^en  Seibe«  bie  Sleatität  be«  ^rop^etijtoen  SJBorte«  jum  ©runbe  feine«  inneren  Seben« 
crl[;ält,  bi«  ber  x\)m  entf^rec^enbe  neue  Seib  fi<^  au«geftaltet.  3)er  5Pro^l^  ift  ber  gött«  55 
lic^e  aJlittler  unb  §eilanb,  mit  bem  unb  an  beffen  §anb  ba«  fterbenbe  3«rael  o^ne 
ju  erliegen  bem  lobe  unb  bem  nmm  Seben  au«  i^m  entgegengeht,  ba«  in  ber  lönig- 
lidben  ^enlid^feit  be«  ©o^ne«  ®at)ib«  feine  Sottenbung  erreichen  toirb.  De«  5|}roj)^eten 
Ser^alten  im  Seben,  fein  $offen  im  Seiben  ifl  Sorbilb  unb  Sürgfc^aft  unb  6rmöglict>ung 
bc«ienigen,  burd;  todqc^  bie  ©emeinbe  an  il^r  S^^^l  gelangt.    Unb  ba  ber  5|}roj)^ct,  h)a«  eo 


720  Scfafa 

er  x%  nur  ift  burc^  feine  geiftöefalbte  ^erfönlic^Iett  unb  bte  bie  §erjen  betoegenbe  3Rai^ 
bed  äBortei^,  \o  t)oD)ie^t  fic^  ani)  l^ier  ein  Stüdjug  au^  ber  3(u|erltc^teit  in  bie  ^nnct'- 
lid^Ieit,  aui  bem  ^(eifd^lic^en  in^  ©eiftlid^e,  auä  bem  ©ad^Iid^en  ini^  ^erfönltd^e,  toie  er 
über^au^t  in  ben  @ebanlen  ber  kommen  burc^  bie  RAt  ^^\a\a^  aufd  leb^fteße  angeregt 

6  tüurbe.  3)enn  hjenn  ^aJi)\)t  oUeö  ®ro^e,  ba«  feine  oofolute  ^o1)t\t  in  ben  ®tmüiem  ber 
SKenfc^en  beeinträchtigt,  ftürjt  ober  feinen  (Slam  üerbunlelt,  obtool^I  er  e«  felber  ^t  tcer^ 
ben  laffen,  fo  ift  feine  irbifd^e  ®rö^e  für  fic^  bem  SKenfc^en  toertöoH,  fonbem  aßein 
3[a]^bc,  unb  ba«  S^^^if^^  "wr,  fofern  e«  ©jjiegel  feiner  ®üte  unb  ^errlic^Ieit  ift  unb 
fein  hjitt.    SBenn  er  bie  5Kaffe  feinet   eigenen  3SoIIe^   unb  feine  t>on  i^m  fclbft  ge^ 

10  grtinbeten  Drbnungen  unb  ®üter  bertoirft  unb  h)ie  anbere^  3^i>*f^^  jertrümmert, 
um  eine  ®emcinbe  be«  ®eifte«,  De^  ®Iaubenö,  be«  inneren  Jlec^tber^Iten^  au^|us 
fonbem,  au^  ber  fein  SJolf  in  neuer  leibüd^cr  §errlicl^leit  erftel^en  foH,  fo  ift  für  i^ 
felber  nid^t  bie  äußere  Sinrid^tung  unb  ®eftalt  ba^  9Bertt)oDe,  fonbem  ba^  innere 
i)erfönlid^e  SBefen.     3)a  ober   äufierc«  unb   gnnere^,  Seib   unb    ®eift   für    einanber 

16  gefd[iaffen  fmb ,  fo  ergiebt  fic^  oer  ®ebanfe ,  ba|  alle«  äufeerlic^e,  2eibH(^  einer 
SBiebergeburt  burd^  ben  3^ob  entgegengefü^rt  toirb,  einer  SBanblung,  in  loelc^  bad  für 
ftd^  fein  tooQenbe  fc^ulbbefletfte  ^^leifd^i  untergeht,  bie  im  tpiOigen  fragen  biefe«  ®eridl^te« 
i^re  ©c^ulb  bü^enbe  ©eele  aber  au«  bem  ®eifte  eine  neue  Seiblid^teit  getoinnt,  h>elc^ 
nid^tg  fein  loitt,  al«  2Berf  ber  göttlichen  ®üte  unb  SBerljeug  ber  SSerl^errlic^ung  S*'^^^^ 

20  2Bie  nun  auc^  S^f^i^»  ^^'^  ^  tjorjuggtoeife  ju  biefer  ®ebantenenttoidterung  J^in- 
gefül^rt  ^at,  lä^t  fic^  au«  ber  Betrachtung  feine«  jperfönlid^en  SBirfm«  unb  ber  feinen 
^amen  tragenben  ©c^rift,  bie  bircft  unb  inbirelt  'oon  jenem  jeugt,  im  einjelnen  ent- 
nehmen.  9lu^er  ben  im  anfange  erörterten  Slad^ric^tm  über  feine  ^J^on  getoinnm  tDtr 
^ier  bie  Äenntni«,    ba|  er  ein  Sürger  ^emfalem«  toar,  bafe   er  mel^rere  Äinber   l^tte, 

25  unter  bmm  ein  ©ol^n  (7,  3)  fd^on  unter  got^am  geboren  fein  mufe,  ein  anberer  (8, 1  ff.) 
nac^  bem  f^>rifd[i=ej)l^raimitifd^enÄriege;  bafe  er  feinSäeib,  feine  Kinber  unb  bie  bebeutmbm 
©reigniffc  feiner  gamilie  toie  lebenbige  Silber,  Urfunbm  unb  5öal^rjeic^m  be«  bon  i^m 
^^errünbeten  ^inftellte,  ba^  er  aud^  nod^  unter  3l^a«  auf  bie  ß.  6  berichtete  9Bei^eftunbe 
al«  auf  beit  entfc^eibmben,  alle«  golgenbe  bebingenben  3Benbej)unlt  feine«  inneren  Sebcn« 

80  jurücfblirfte,  al«  an  \vtld)tm  fein  ffieg  ftc^  auf  immer  bon  bem  ber  SJlaffe  gefc^ieben,  fein 
fittlid[ie«  Urteilm  unb  Irad^tm,  toie  fein  jjatriotifc^e«  ©orgen  eine  anbere  ®mnblage  be^ 
fommm  l^abe,  bie  e«  i^m  ermöglicht  fonber  3^eifel  unb  §urd^t  aufredet  unb  fejijufle^en 
too  alle«  um  i^n  l^er  bunfel  unb  loanfenb  ioirb  (8, 1 1  ff.).  Unb  ba  feine  ©orgm  unb 
^Öffnungen  fo  ganj  anbere  getDorben  fmb,  al«  bie,  toelc^e  ba«  öffentlic^je  fiebm  bermalm 

35  beftimmen,  ^ölt  er  für  feine  tocfentlid^e  jjofitiDe  2lufgabe  (benn  8, 16  ift  "si^  unb  a^^, 
nid^t  3m^.,  fonbern  gnf.,  unb  md)t  ,bu  3^^^^*/  fonbem  ,id^*  ba«  ju  benfenbe  ©ubjeh), 
bie  Sefeftigung  unb  bauembe  ©ic^erung  ber  i^m  getoorbenen  göttlichen  ©rfenntni«  in  ben 
^er^en  eine«  cnH)fänglicf)en  güngerfreife«  für  bie  3"f""f^/  ""*>  f"^^  ^  ^^  übrigen  burc^ 
ftete  Set^ätigung  feine«  getpiffen  ©ottDertrauen«,   ba«  er  and)  in  feinen  ©ö^nen  lebenbig 

40  fte^t,  bie  öffentlid^e  Äcnntni«  gu  erhalten,  bafe  e«  nod)  Don  ®ott  felbft  begrünbete«  Ver- 
trauen giebt,  an  bem  fid^  tröften  unb  aufrid^ten  fann,  h)er  nadfe  §alt  begel^rt.  6«  brudEt 
ftc^  l^ierin  eine  Siefignation  au«,  tpeld^e  auf  ber  Überzeugung  beml^t,  bafe  bie  öffentlich 
3)inge  jc^t  einm  unauf^altfamen  ®ang  ju  bem  Dorau«gefe^cnen  Sluin  nehmen,  bafe  c« 
enttoeber  nod)  nid^t  an  ber  3cit  ift,  ober  ba^  ber  38erfuc^  fc^on  mi^ungcn  unb  bie  3Kittel 

45  erfd^öj)ft  finb,  il^m,  al«  e«  nod^  3^^^  ^^^f  ^^"^  anbere  SRic^tung  ju  geben.  6«  ift  ober 
beibe«  ber  %aü.  3n  ber  2^at  ^at  nad^  Ä.  7  '^c\a\a  in  ber  f^rifc^=ej)^raimitifc^cn  33es 
brangni«  in  ber  auffallenbftcn  SBeifc  unb  auf«  energifc^fte  bie  ^ßolitif  be«  batoibifc^m 
§aufe«  Don  bem  ben  ®laubcn  an  ^al)\)^  unb  feine  beftimmte  S^\%^  öcrleugnenben 
©d^ritte  j^urüdt^u^alten  gefuc^t,  loclc^er  ben  2lff^rer  al«  9tec^t«beiftanb  in  gerechter  ©adjie  gegen 

üi)  Don  3^^i>^  SSemrteilte  l^erbeirief;  unb  nac^  Ä.  8  l^at  er  bem  SSolfe  bezeugt,  bafe  bie  SBaffer 
©iloa^«  genügen,  um  in  il^rem  33eft^e  ba«  Ungeftüm  SRejin«  unb  $efa^«  ju  über^ 
ftel^en.  @«  bebürfe  ba^u  nici^t  be«  SBaffcrfd^tDoKe«  ber  aff^rifd^im  5Kac^t,  ber  einmal 
gemfm  ba«  eigene  2anb  überfluten  unb  feine  Setoo^ner  erfäufm  toerbe.  all« 
ber   Ungcl^orfam    gegen   5al[;De«  SBort   ben  Slnfang    btefe«   Un^etl«j)rojeffe«    begrünbet 

65  l^atte,  toar  e«  fittlid;e  9Jottoenbigfeit,  [xd)  \l}m  al«  einem  göttlid[im  $?erl^ängniffe  ^u  fügen, 
ben  juDor  befunbeten  l^eroifc^en  ®laubcn  an  bie  3Rad^t  unb  Irene  ^a\)t>t^  nun  in  ber 
SBeife  ^utoartenber  ®ebulb  unb  Dertrauen«Doller  Ergebung  an  ben  ®ott  ju  erjeigm,  ber 
e«  üerfte^t  im  ©erid^te  bie  ©einen  für  ba«  Der^ei^mc  ^kl  im  erl^altm.  Sauge  nad^^er 
unb  biefc«mal  mit   einem  hnxd)   au^erorbentlidj^e  ^ügung   glämenb  beftätigtm   Jjofititocn 

60  erfolge  \)ai  S^f^i«  bie  öffentlid^en  ®efd^irfe  feine«  äJolfe«  ju   beftimmen  gefuc^t,  al«  c« 


unter  ßi^fia  galt,  bcm  an^  einem  Sled^t^beiftanbe  gu  einem  unerträglich  forbemben 
2)rän0er  geworbenen  aff^rifd^en  ©rofe^erm  gegenüber  bie  im  toieberauflebcnbcn  ®lauben 
an  ben  (Sott  be^  ^roj)^cten  erftrebte  Unab^ängigfeit  in  einem  Slugenblicfe  in  be^auj)ten, 
\vo  e«  unmöglich  erfdjiien,  irgenbtoeldjie  reeße  3Dlac^t  bafür  eimufe^en  unb  bie  ©tabt  3«= 
rufalem  anber^  bor  ber  ß^törung  ju  betoa^ren,  al^  burc^  rüctlj^altlofe  Unterwerfung.  2luc^  g 
jc^t  f orbert  3>efaia,  toie  gu  2l^a«  3^'^^  JJic^tac^tung  ber  ©efal^r  im  SSertrauen  auf  Sai^öe, 
ben  lebenbigen  (Sott,  ber  bie  ©efd^idte  ber  SSöIfer  in  abfoluter  ^eil^eit  beftimmt,  unb  fein 
®(aube  betoä^rte  fid^/  inbem  juerft  bie  ©efal^r  fid^  entfernte,  unb  bann  eine  Äataftrop^e 
bie  Mad)t  unb  $Iäne  be^  ©roberenS  tjereitelte,  bie  in  toeiten  Äreifen  bie  Überzeugung 
tvecf tc :  hier  l^at  ber  ®ott  v^^taetö  bem  SBorte  feinet  ^roj)l^eten  gemäfe  felbft  gerid^tet  unb  lo 
gerettet. 

5.  3)ai^  Sud^  gjefaja.  (S^  ift  felbftberftänblid^,  ba^  ein  ^ßro^i^et,  ber  in  bebeu^ 
tenbcn  3Benbej)un!ten  fo  entfd^eibcnb  in  bie  öffentlid[ien  2lngelegenl^eiten  eingegriffen,  ber 
fo  bietet  erlebt,  ber  in  ber  ©tiße  be^  privaten  2Am^  fo  unabläffig  bemüht  toax,  eine 
tt)ol^lgerüftete  güngerfc^ar  für  eine  tpeitl^ingebe^nte  3^1"^^^  S"  Qtünben,  nic^t  bto^  ba^u  lo 
bie  ©c^rift  gebraucht  Ifat,  um  an  il^r  einen  unhjiberleglic^en,  bauemben  3^"0^"  ^^  einj^elne 
iserlünbigungen  aufjuftellen,  ober  um  feine  jjerfönlid^e  fflirffamfeit  über  ben  Ärei^  feiner 
unmittelbaren  räumlichen  (Segentpart  l^inau^  ^u  ertoeitem  unb  unter  anberen  g.  93. 
ben  in  ber  ^^^me  unter  fremben  l^öltem  feuf^enben  g^raeliten  in  urfunblid^er  ©eftalt 
propl^etifc^e  ^rofttoorte  ju  übermitteln,  fonbem  aud^,  um  in  bie  ferne  3wtwnft  t^inein  ao 
^u  tpirfen.  3)enn  toenn  e^  in  ber  @ntn)id(elung  bed  göttlichen  Sleid^ed  Jtnoten^unfte  giebt, 
in  bcnen  alte  ^ISrojeffe  abgefd^loffen,  neue  eingeleitet  toerben,  unb  toieber  auc^  3j'^^""^^f 
in  benen  ber  Serlauf  ber  2)inge  nur  ebene  gortenttoidtelung  be^  bort  gefegten  ^euen  ift, 
fo  gilt  bie  proj)betifd^e  SBeifung,  tbeld^e  in  ben  grunblegenben  QÄtm  geboren  tburbe,  bon 
©otte^  megen  aud^  für  bie  J^rommen  ber  aug  il^nen  abfliefeenben  ^"^"J^f*  1  wnb  toenn  ber  25 
prop^ctifc^e  8lirf  in  ben  bo  r  lauf  igen  SlbfdSilüRen  beftimmter  enttüidelung«l)erioben  d^araf- 
teriftifc^e  3üge  be^  e n  b  li  c^ e n  äbfd^luffe^  göttlidS^er  (Seric^t^-  unb  §eiteoffenbarungen  Ibieber* 
erfannte,  fo  mufete  bie  ©rfenntni^  berfelben  bcnjenigen  übermtttät  tberben,  toelc^e  biefem 
2lbfc^luffe  entgegenjutDarten  ^;atten,  aU  ein  3Kittel,  (Sottet  2BerI  in  ber  3^*  wnb  \va^ 
c^  an  ber  3cit  fei  ju  er!ennen.  3)a  e«  fi^  bei  ber  au^  biefem  Sebürfni^  entf))ringen=  30 
ben,  auf  bie  3"^"f^  bered^neten  ©djiriftfteKerei  ber  5Prol)l^eten  barum  ^anbelt,  ben  bleiben- 
ben  (Srtrag  be^  ©efc^auten  unb  Serfünbigten  befinitib  feftgufteHen,  loerben  tbir  fie  am 
natürlic^ften  in  einem  ©tabium  ju  beulen  ^aben,  tbo  bie  gubor  gärenben  3Ser^ältniffe  ab- 
getlärt,  bie  Aufregungen  ber  9?ot,  unter  meieren  bie  göttlid^e  SBal^rl^eit  empfangen  ift, 
übertbunben  fmb  unb  mit  ben  lonfreten  Sejügen  gu  ber  bertbinten  gütte  be^  empirifc^en,  35 
unmittelbar  gegenwärtigen  öffentlichen  Sebend  ba^  me^  3wf^^^9^/  3Sereinjelte  für  ba«; 
betrac^tenbe  ^etoufetfein  ftd^  au^fonbert  unb  bor  bem  SBefentlic^en,  bleibenb  SSJertboHen 
in  ben  §intergrunb  tritt.  Qjn  fold^er  3Serfaffung  ^aben  bie  ^ßrop^eten  Sucher  für  bie 
3ufunft  gefc^irieben  unb  ba^u  il;re  frül^er  gefprod^enen,  bereinjelt  in  ©d^rift  fixierten  9Borte 
in  freier  Serfügung  über  biefe^  il^r  (Eigentum  unb  unter  bem  (Sinfluffe  berfelben  (Seiftet,  ber  40 
fie  i^nen  eingegeben,  bertoenbet  unb  fte  in  ben  3)ienft  ber  litterarif^en  3bee  geftellt.  3)abei 
lonnten  fie,  Wo  ber  lonfrete  SBortlaut  e^  ju  feinem  Sßerftänbni«  erl^eifc^te,  l[;iftorifd^e  9iotijen 
über  bieUmftänbe  einfügen  unb  bii^weilen,  Wie  um  über  eine  3Jlaterie  boHftänbig  gu  fein, 
auc^  bewährte  Sßorte  anberer  ^rop^eten  mit  aufnehmen.  2)a  Wir  nun  in  bem  !3«ffliö 
^ugefc^riebenen  S3ud^e  in  erfter  ^erfon  gefd^riebene  Erinnerungen  aud  bem  52.  ^ai}xc  be^  46 
Ufia  unb  in  engem  fad[|lic^en  3wfÄn^"^^^Änö^  't>am\t  unb  in  gleichem  ©ttle  fold^e  aud 
ber  minbeften^  16  '^a\)xt  fpäteren  3^it  be^  2ll^aö  antreffen,  unb  ba  bie  le^teren  fic^  afö 
jefajanifd^  beWäl^ren  hnxd)  i^re  Äongrueng  mit  ber  umfänglid^ften  unb  glaubwürbigften 
l^iftorifd^en  9lad[|rid^t  über  Sefaja«  2Befen  unb  SSJirfen  in  Ä.  36.  37;  ba  ferner  in  biefem 
Sud^e  ganje  Seilten  bon  fad^lic^  unb  formell  einanber  parallelen  Sieben  unb  ©nippen  so 
bon  Slu^fprüd^en  begegnen,  Wel^e  augenfdfeeinlic^  nac^  bem  ©egenftanbe,  bem  fte  gelten, 
ober  nac^  ber  l^erborftec^enben  'y^htc,  ber  fie  bienen,  georbnet  finb,  fo  fann  fein  3j^eifel 
barüber  fein,  ba^  ^c]aia  n\6)t  blo|  überl^oupt  me^rfad^  gefd^rieben,  fonbem  auc^  einumfaflenbe^ 
93ud^  bon  SBeigfagungen  ^interlaffen  ^;at.  6«  fragt  fic(^  nur,  ob  Wir  e«  boD,  ob  Wir  e« 
rein,  ob  Wir  e^  in  feiner  urfprünglid^en  Orbnung  befi^en.  ©olange  biefed  ftrittig  ift,  nü^  66 
e^  nic^t^  unb  fel^e  \d)  babon  ah,  bie  elogia  }u  Wieber^olen,  bie  nac^  ^efu^  ©iradj^  bon 
Slmbrofiuö,  .öieron^mu^,  ßbrill  bi^  auf  ^^Jicu^  bon  SKiranbula,  unb  bon  Sutl^er  bi«  auf 
(Swalb,  Umbreit  unb  fie  Wieber^olenbe  bleuere  au^efprod^en  fmb,  um  au^jubrüdten,  toa^  S^^ja 
bem  cbriftlic^en,  Wa^  er  bem  fittlid^en,  tva^  er  bem  äft^etifc^en  Urteile  ate  ÜRebner  unb 
©cf^riftfteller  fei.    2öir  muffen  guerft  Wiffen,  Waö  er  au^ebrürft   ^at,   el;e   Wir  barüber  cjo 

di<aU9ncttnopm<  für  X^cotogk  unb  »ixdn.    3.  «.  VIII.  ](j 


722  3cfa|a 

rcflefticrcn,  \vdd)cx  SBcrt  bcm  ^ulommt,  \vk  er  ftc^  au^cbrüdtt.  3"  ^^  Scanttoortung 
jener  ^frage  l^errfc^t  aber  feit  geraumer  ^^t  ein  fold^e«  met^obelofe^  SEaften  unb  fok^ 
Slnarc^ic,  ba^  fie  bon  Orunb  au«  neu  geftettt  tperben  mu|.  6«  forbert  toenig,  toenn 
man  ba^  ganje  Sud^  junädjift  ate  iejajantfc^  nimmt  unb  biefe^  bann  burd^  bic  Sel^au))^ 

5  tung  unb  beremjelte  aiufjeigung  bon  Sburen  iefajanifc^en  (Seiftet  felbft  in  ber  änorb« 
nung  be^  (Sinjelnen  ju  red^tfertigen  jud^t.  3)enn  Wo  ^oben  h)ir  ba^  genaue  Silb  be^ 
iefajanifc^en  (Seiftet,  ba^  \v\x  ben  Oeift  beg  ijorliegenben  S3u(^e«  bamit  gufammcn^en 
fönnten?  Unb  e^  bertüirrt  nur,  tpenn  man  ftd^  m^  \päxl\d)tt\  5Jac^ric^ten  be^  ältertum^ 
unb  au^  ben  Südfen  unfere^  SBifjenö  felbft,  auö  h)iIttürKd^en,  bogmotifc^en   unb   >)fVc^o= 

10  logifc^en  3?orau^fc|ungen  über  ba^,  toa«  ®ott  einem  5|}rol)^eten  jeigen  fann,  unb  aud  ju= 
fäHtg  aufgegriffenen,  nac^  ber  eigenen  Steigung  für  ed^t  jefaianift^  erflärten  ©tücten,  tt!ti>a 
au^  bem  anfed[|tbarften  bon  aßem,  nämli(^  Ä.  1,  [\d)  ein  93ilb  bon  3^^!^  3^  ""^ 
feinem  3^9^^^?}^  ^^^^  ""^  ^^^f^^  ^^^  SKafeftab  gebraucht,  um  nad^  i^m  unbefümmert 
um  bie  lilterarifd[ie  (Sinl^eit ,  be^  borliegenben  Sud^e^  atte«  ba^  l^erau^gufc^neiben,  toaS  xljm 

16  nic^t  entfj)rid^t  unb  feine  ätnberung  ^eifc^ien  toürbe.  2Ran  bcbenit  babei  nx^i,  ha^  nur 
SBiHfür  ben  ^rojjl^eten  baju  berbammt,  immer  mit  eigenften  SBorten  unb  eigenen  Qxpxi- 
bungen  auf  bie  ^agen,  bie  l^eiföbegierige  Oemüter  auftoerfen,  unb  nid^t  auc^  mit  fol4[en 
SBorten  anberer  ju  antworten,  tDeld^e  im  Äreife  ber  ^roj)l^eteniünger  bereit«  ©emein- 
gut  getüorben  h)aren.    Sßiirflic^  l^iftorifd^e  Unterfuc^ung,  bie  be«  aSäitten«  unb  im  ftanbe 

20  ift,  au«  bem  9)t5glic^en  ba«  @eh)iffe  au^jufonbem  unb  )u  aDgemeiner  Slnerfennung  bei 
ben  Sernfäl^igen  ju  bringen,  tann  l^ier  gar  feinen  anberen  3lu«gang«^untt  nehmen,  oI« 
bon  ber  einzigen  au^fül^rlid^en,  glaubtDürbigen  ©rjäl^Iung  über  ^^\aia  in  Ä.  36—39,  boxn 
beibe  Steile  i^rem  ß^arafter  nad^,  hjenn  auc^  ni^t  in  i^rer  je^igen  Drbnung,  au«  einem 
Suc^e  ber  c^n  '^'";;'i  [tammen,  unb  nad)  bem  3?organge  be«  Slebaftor«  unfere«  Suc^ 

26  aud^  Dom  33erf.  be«  Äönig«bu(^e«  bon  bort  in  ber  je^igen  Drbnung  aufgenommen  ftnb. 
3)iefe  beiben  @r}äl^lungen  \)ai  ber  Stebahor  a(«  t^atfäc^Itc^e  ^Kuftratton  )h>if^en  pmi  tDO^U 
georbnete  Steigen  \)on  namenlofen  Sieben  gefteßt,  bon  benen  bie  borge^enbe,  ebenfo  toie 
bie  erfte  ©efc^id^te  in Ä. 86. 37  ben  Umfd[|h)ung  ber  aff^rifc^en  3lot  3uba«  in  $eil  be= 
leud^tet,  bie  nac^folgenbe  ebenfo  toie  bie   jtoeite  ©efc^ic^te  in  R.  39  ftdj^  auf  bie  bab^Io- 

aonifd^e  9lot  bejic^t  unb  iljiren  Umfc^toung  in  §eil  h)ei«fagt ;  bon  benen  biejtoeitc  mit  bem 
Sefel^l  ju  tröften  beginnt  (40,  1  ff.)/  toie  bie  e^te  mit  bem  Sefel^I  ber  ©rmuntening  gum 
2lu«l[;arrcn  gefc^Ioffen  (35, 3  ff.) ;  Don  benen  bie  jtoeite  mit  berfelben  ©egenüberfteßung  bon 
ebom  unb  gion  fc^liefet  (60,  1—63,  6),  toeld^e  aud^  ba^  (gnbe  ber  crftcn  ift  (33,  13  bi« 
35,  10).    9?el^men   toir  baju,  ba^  in  beiben  bor  ber  9lnfd[iauung  be«  $rojp^eten  bo« 

85  heilige  Sanbunb.!5erufalcm  toie  eineöbe  menfd^enarme  ©teppe  baliegt,  toelc^e  einer  SBanb« 
lung  in  lierrlid^e«  Äulturlanb  unb  einer  33erme^rung  ber  Sebölferung  burd^SBieberle^r  ber 
3Jerfc^lepJ)ten  entgegentoartet,  fo  giebt  un«  ber  SRebaftor  auf«  beutli^fte  ju  berfte^en,  ba| 
i^m  ber  ^t]aia  bon  H.  36—39  ba«  toei«fagenbe  ©ubjelt  ^üben  unb  brüben  ift  @«  ift 
be«^alb  untoiffenfc^aftlid^er  ßigentoiUe,   toenn   man  ftatt  Ä.  28—66  ^intereinanber  toeg^ 

40  julefen  unb  Ä.  28— 39  al«©c^lüffel  für  Ä.  40—66  ju  gebrauchen,  hinter  Ä.  35—39  ab-- 
brid^t  unb  fid^  in  S£.  40, 1  toie  burd^  einen  ^u^aü  an  bie  Äüften  eine«  unbefannten  Welt- 
teil« bcrfc^lagen  glaubt,  über  ben  man  noc^  nid^t«  erfahren  l^at,  toö^renb  er  in  SBirfti^^ 
feit  mit  bem  befannten  2^errain  jjufammenl^ängt  unb  bon  bort  au«  längft  ju  Smibe  er^ 
reicht  unb  feiner  Sage  nac^  beftimmt  ift.    355er  35, 3.  4   gelefen,  ftu^t  nid^t  über  40, 1 

45  unb  fein  "^■;^^■^,  ba«  ja  bamit  nid^t  aufl^ört,  ^utur  ju  fein,  toenn  Slägefebad^  fogt,  e«  fei 
an  bie  ibeale  ©emeinbe  gerid^tet;  e«  mü^te  biefe  benn  eine  anbere  ©rammatil  ^K^^^en. 
ffier  Ä.  28—39  gelefen,  nur  ber  berfte^t  48,  3—11,  bafe  ein  unb  berfelbe  5Prop^,  toie 
auc^  in*.  16  jtoei^erioben  feiner  SBei«fagung  unterfc^eibet,  bie  il^rem  S^M^  wnb  i^rer 
Sebeutung  noc^  böllig  v^wUel  gelten,  unb  ba&  er  auf  Orunb  ber  bon  feinem  33oKe  feibft 

50  gejjriefenen  (SrfüHung  feiner  erftcn  2l}ei«fagung  nun  mit  gug  @lauben«gel^orfam  für  bie 
gtoeitc  forbern  fann.  (Sr  fann  bie  25erl^aftung  be«  blinbcn  35olfe«,  toelc^e  nod5>  nidj^t  be- 
enbet  ift,  42,  19  ff.,  bon  ber  Sefeitigung  be«  3?orbreid[ie«  burc^  äffur  berftel^en,  unb  bie 
gef(bel;ene  Befreiung  be«  blinben  33olfe«  an^  ber  ^aft,  toeld^e  bie  3}ölfer  ben  ®ott  l^^ael« 
gu  berberrlid^en  treibt,  43,8—10,  bon  ber  ßrlöfung  be«  eroberten  ^uia  unb  be«  einge^ 

55  gcfc^loffcnen  gcnifalem  (bgl.  29,  1  ff.)  au«  ber  §önb  ©anl^erib«.  @r  lann  e«  begreiflich  finben, 
baj  ber  Prophet  biefe  Erfahrung  geltenb  ma^^t,  um  bie  Überzeugung  ju  unterftü|en,  bafe 
5ial^be  in  freier,  .f)eil  bc^toetfenber  3na6)t  über  gwba  bie  geplante  ©efangenfü^rung  nad|? 
S3abel  ber^änge  urib  bie  barin  liegenbe  Demütigung  burd^  eine  befto  ^lidl^ere  ©rlöfung 
toieber  aufi^u^ieben  fid^  borbe^alte  (43,  11  ff.),    (gr  toirb  o^ne  Slnftanb  56,9—57,21,  toie 

00  e«  bem  natürlid^en  ©efül^le  entf))ricl>t,  au«  bem  (Snbe  ber  iefajanifc^en  3^'^  begreifen  unb 


^m  723 

Ä.  58—63,  7  in  bcm  3Kunbc  cinc^  ^toljl^ctcn  tjerftänblic^  finben,  tDcIc^cr  )dox  einem  bem 
SKuin  be^  ©taate«  cntgegentoartenben  fireife  bon  kommen  biefen  9?tebetgang  afe  ein 
©eric^t  unb  J^^il  bejtoeaenbe^  3Serl^alten  S^^be^  red^tfertigt,  ate  ber  nur  auf  bie  fittlic^e 
Erneuerung  feiner  ©emeinbe  Watte,  um  ftc^  i^r  in  33eh)irlung  ^errlic^en  (Sebeil^en^  ju^utoenbcn. 
(Sr  iuirb  berfte^en,  ba^  biefer  $roi)l^et  bie  burd^  a:i^atfac^en  bcftätigte  gottgehjirfte  5pieroj)l^oric  5 
feinet  3^w9"^fi^  bon  ber  §errlic^feit  be^  fünftigen  §eile«  inmitten  attgemeiner  9lieber= 
gefc^Iagenl^eit  unb  bie  Don  0ott  jugefagte  gortbauer  be^felben  in  feinen  9iac^fommen 
afe  fi^ere^  Unterpfanb  bafür  erlennen  lebrt,  ba^  feinerjeit  bie  JRettung  unfel^Ibar  ein* 
treffen  hjerbe  (59,21;  61,  Iff.,  10  ff.  bgl.  bie  S3egrünbung  in  meine  9lbbanblung  über 
^ef  40—66).  aOSer  e^  toagt,  toor  Ä.  36—39  bie  fed^  mit  "^ir;  anfangenben  SReben  10 
eine«  namenlofen  ^rojjl^eten  in  Ä.  28—35  im  ganzen  al«  jefaianifd^e  ju  lefen 
unb  ftc^  in  biefem  Olauben  burc^  folc^e  angeblich  ejilifc^e  3"f^t^  ^^^  ^-  3^*  ^^r  ^'^  ^^^ 
®anje  erft  auf  feinen  rid^tigen  äbfd^Iu^  bringen,  unb  burc^  folc^e  tounberlid(ie  ^ag* 
mente  tpie  ben  SKaffa  ber  liere  be«  ©üblanbe«,  ober  burc^  baö  über  bie  Äronen  ber 
2;runfenen  (^pl^xam^,  ober  burd^  ba«  georgifd^e  SeH^ürf  28, 23  ff.  unb  ba«  bufolifc^c  gbbtt  i6 
30,  24,  bur^  ba«  loi^ige  Epigramm  über  ben  falfd^en  unb  toa^ren  Slbel  32, 1  ff.,  burc^ 
bie  ungalanten  ^!pi[;antafien  über  ba«  fünftige  Slenb  ber  ©tabtbamen  unb  ba«  ®Iürf  ber 
barbarifd^en  9?omaben  32,  9  ff.,  ober  enblid^  burc^  ba^  ,3Karineftüdt  in  33,21  nid^t  irre 
machen  lä^t,  ber  ^at  fein  toifJenfc^aftKd^e«  Jled^t  für  bie  Sängftlid^feit,  mit  ber  er  e«  ablel^nt, 
in  Ä.  40—66  iefajamjd^e  3lu«fi)rüd^e  unb  ©rfenntniffe  ju  finben.  35afe  ^  ha  toie  Äraut  20 
unb  SRüben  bunt  burd^einanber  gel^t  unb  burd^  ben  erften  2^eil  namentlich  ate  SRal^men 
für  bie  eingelegten  ©tücfe  ftc^  ein  SRaifonncment  verfolgen  lä^t,  loelc^e«  nur  im  2Runbe 
eine«  3^i^0^"^ff^"  ^^  Ä^ro«  natürlich  ift;  bafe  h>ir  im  erften  unb  gtoeiten  2^eile  ©cenen 
au«  bem  ^rojefje  ^a^Mt^  mit  ben  Reiben  über  ba«  ©ubjeft,  ba«  ben  Sled^t^anfjjnu^  auf 
bie  6^re  ber  (Sott^eit  ^abe,  au«  SSabel«  unb  feiner  ©ötter  Demütigung,  au«  bem  Seben  25 
unb  Seiben  be«  ^ro^l^etifd^en  \^eilanbe«  3j«rael«  unb  ber  SSölfer  toie  le^te  ju  ^aräne^ 
tifdben  ^rebigten  an  ba«  unterge^enbe  ober  feiner  Süiebergeburt  entgegenl^arrenbe  93olf 
IJa^De«  be^anbelt  finben :  baft  h)ir,  toie  jubor  ^jjfalmen  unb  Oebete  eingelegt  fmb,  fo  bon 
63,  7  an  ein  mit  göttlicher  Slnttoort  bcrfel^ene«  ®ebet  al«  ©c^tufe  be«  ®anjen  antreffen, 
toelc^e«  im  3lngeftc|te  be«  zertrümmerten  3^0!^^^  geboren  ift  —  ba«  alle«  fann  baran  90 
nidt)t  l^inbem,  foiool^l  bie  blanmä^ige  ßinl^eit  be«  ®anjen  anjuerfenncn,  al«  auc^  bie  Se^ 
red)tigung,  mit  bem  Slebaftor  bie  l^ier  gebotene  3"^*"!^^^^^""^"^^  ebenfo  mit  ^efaja  ju 
berbinben,  toie  bie  in  Ä.  28— 35  entl^ltene.  2Ba«  in  SBirflic^feit  baran  gel;inbcrt  l^at, 
ift  bie  ©orge,  man  möd^te  burc^  bie  änfd^aulidfefeit,  mit  ber  l^ier  Ä^ro«  bi«  auf  feinen 
9?amen,  ba«  @nbe  93abel«  unb  bie  Befreiung  ber  ^xxitn  gefd^ilbcrt  fmb,  gejtoungen  lüer^  sb 
toerben,  eine  3Serfe^ung  gefaja«  in  bie  3wfw'^f^  iujugeftc^en,  toelc^e  bie  beliebte  Jton= 
ftruftion  aller  Elemente  be«  ^ro^^etifc^en  Selou^tf ein«  au«  unferemSöiffen  um  feine  3cit' 
Der^ältniffe  unmöglid^  machen  loürbe.  aber  ic^  finbe  ben  Qabbiq  genannten  Äne^t 
ga^De«  im  SBirfen  unb  Seiben  tonfreter  unb  beutlic^er  gegeic^net,  al«  ben  Ä^ro«  unb  fein 
Serbalten  gegen  iöabel  unb  'i^^xatl,  unb  bie  ^enlic^feit  be«  toiebererftanbenen  gcnifalem  40 
unb  bie  ÜbertJölferung  be«  l^eiligen  Sanbe«  anfd^aulid^er,  al«  ba«  ®efc^irf  Säbele,  unb 
oblool^l  jene«  Silb  beffer  auf  3^fw«  bon  SJajaret,  unb  biefe«,  tocnigften«  äu^erlicb,  beffer 
auf  ba«  3^rufalem  be«  §erobe«  pa^t,  al«  auf  irgenb  einen  nad^tüei«baren  ^rojjl^eten  (ober  gar 
toie  ©ellin  meint,  ©erubbabel)  ober  3uftänbe  ^^rufalem«  in  frül^eren  3^ten,  lel^nt  man  e« 
bod^  in  offenbarer  !3nfonfequenj  ab,  biefe  ^artien  Don  einem  auf  ben3:roft3«röd«  toarten-  45 
ben  3uben  an^  §erobeifd^er  3rit  ober  bon  einem  Slajaräer  i^er^uleiten.  §at  ber  S^^aü  einmal 
fo  fonberbar  gef^ielt,  ba|  bie  ©d^toärmereien  eine«  ^roj)^etif(j^en  ©d^riftftetter«  500  3al;re 
f))äter  jur  SBirflic^feit  tourben,  toarum  fann  e«  nid^t  nod^  einmal  liinfid^tlid^  be«  Ä]^ro« 
gefd^el^en  fein?  ^n  ber  3^^at  fagt  nun  aber  unfer  S3ud^  nic^t,  e«  toerbe  ein  ©iegcr 
tommen  unb  biefer  ben  9lamen  Ä^ro«  tragen,  fonbem  bon  bem  gefommenen  fagt  e«,  bafe  ßo 
nad[|tt)ei«barer  SBeife  bie  mit  i^m  eingetretene  Seränberung  ber  SBeltber^ältniffe  unb  beren 
günftige  J^rud^t  für  S^^be«  SBolf  längft  jubor  bon  ^o^be  berfünbet*  fei  (41,2—4),  bafe 
3erufalem  aÜein  einen  $erolb  berjelben  jubor  gehabt  l^abe  (42, 27,  über  ben  mein 
SDeuterojefaia  j.  bgl.),  bafe  barum  ^ai)\)e  al«  ber  alleinige  ®ott,  ber  Erft^  unb  ©jjät' 
jufünftige«  fo  bor^ergefagt  ^at  (42, 21—26),  ba^  bie  gefc^ic^tlid^en  J^atfad^en  beut«  55 
ific^,  allen  anberen  3"^'^f^*^^wmen  toiberf^red^enb,  mie  bie  9lu«fül[;rung  be«  $ro= 
gramme«  feine«  5Pro^^eten  erfd^einen  (44,  25.  26),  auc^  mit  unloiberleglic^er  Sogif  al« 
ber  alleinige  gefdSiic^t«lcnfenbe  juberläfftge  ®ott  anerfannt  toerben  muffe  (41, 2- -4). 
Unb  toeiter  Jagt  e«,  ba^  bie  ©iege  unb  Erfolge  be«  Ät;ro«,  feine  fonfrete  ^erfon  unb 
fein  9lame  tn   fo   j^toeifello«  beutlic^er  9Beife  bon  '^a\}\)t  borgej^eic^net    getoefen    feien,  <jo 


724  ^cWa 

ba^  jebcr  Äunbige  Qcnötigt  tuerbc  gujugefte^cn,  ^jxo^  fönnc  nur  öon  ^af)\)c  gu  feinen 
^\v^im  inö  l[;iftorijci[ie  2)afein  gcfc^affcn  jein  (45,  1—7),  unb  barum  fei  n>cber  gu 
beforgcn,  ba^  er  feine  ©ie^e  felbftlüiHiö  anberö  gebrauche,  ate  S^^^be  tooDc  (v.  9  ff.), 
noc^  aud),  bafe  bic  6(^re  für  bie  bamit  angefangene  SBeltemeuerung  il^m  unb  nit^ 
5  '^aii\)z  unb  feiner  ©emeinbe  jufaKen  tverbe  (v.  12—17).  !3ft  Wefeö  too^r,  unb  her  Set* 
faffer  mac^t  auf  m'xd)  ben  ©inbrud,  ba^  er  tpal^rl^aftig  fei  unb  in  biefcm  fünfte  nac^ 
l)fl9c^oIogifc^er  9lütn)enbigleit,  tpenn  nic^t  üerrüdft,  bann  toa^r  fein  mufe,  fo  fe^c  ic^  nitbt 
ein,  bafe  ®ott  fic^  grofe  bergriffen  ^ätte,  toenn  er  bic  jefaiapifd^ie  S^tfinfe  geliHi^lt  fwi, 
um  biefe«  3wf""f*^^^^^  bor  bie  2lnfci[iauung  eine^  ^ropl^eten  ju   rüden.    Sefaja  ^  e« 

10  erlebt,  bafe  ber  lange  gubor  \)on  i^nt  Dcrfünbete  (Srobercr,  ben  3«^^^  ebenfaß^  Dom  Hufs 
gang  ber  ©onnc  ertDcdte,  um  auf  Sünbe  unb  Unre^^t  gegrünbete  SSerl^ältnijfc  jur  ©träfe 
ber  fd^ulbigen  3SöIfer  unb  ©tänbe  umjutoerfen,  tuirflid^  eintraf,  um  S^^bc^  ©traftoerf  $u 
boHjie^en,  ba&  er  fobann,  al^  er  felbfttüiHig  übergriff,  toieber  feiner  SBeii^fagung  gemäj, 
h)ie  ein  unnüfter  ©tcden  ^erbroc^en  unb  hjeggehjorfen,  ba|  burc^  beibed  bem  3le[te  feinet 

15  SSolfe^  ein  neuer  2lnfang  gegrünbet,  bafe  burc^  biefe  ©rfal^ngen  ba^  3Solf  bcranlofet 
tDurbe,  bem  (Sinfluffe  bc^  ^rojjj^etifd^en  ^Äsorte^,  ba^  al^  §alt  in  bicfen  3lötcn  ctproht 
hjar,  größeren  SRaum  bei  ftc^  ju  berftatten,  bafe  über^au^jt  bie  um  ben  ^ro^l^ctcn  al^  ibr 
^axüßt  geeinte  (Semeinbe  ate  ba^  unberfe^rbare  Seben^centrum  in  ber  2^obe^efa^  [vi} 
betDä^rte.    5B3arum    foHte    er    nid^t    einen   jtocitcn,    noc^   boHfommener   ben   Slbftc^ten 

20  S^^beö  entfj)reci^enben  Eroberer  Don  Dften  fommen  fc^en,  ber  burc^  ba^  Unglüd,  baö  er 
i^nen  bringt,  in  ben  SJölfern  Saum  fc^afft  für  bie  ©el^nfuc^t  nad^  bem  allein  gu  Reifen 
mächtigen  ^Qi)'oc  unb  burd^  ba^  §eil,  gu  bem  feine  ©iege  für  g^rael  auefc^lagen,  in  bem 
eigenen  Solfe  3iö^be^  pix  3Serbreitung  ber  ffiiHigfeit  beiträgt,  bem  j)rolf)^etifc^en  öeild» 
mittler  ^u  gel^orc^en?   Unb  toarum  foUte  er  nic^t  ben  tooßfommenen  5Proj)^eten  fe^en,  ber 

25  baö  SBerf  ber  (Smeuerung  fo  boßjie^t,  bafe  er  bie  fittlic^e  SBiebergeburt  ber  @emeinbe 
unb  berßinjelnen  fein  einjige^  unb  unDcrrüdteö  ©trcben  fein  läfet,  bie  äußere  bemSBo^l- 
gefallen  feinet  ®otte^  überlädt  (49,  8)  unb  barin  gegen  ben  Schein  gerabe  feine  aSeiä^t 
betunbet  (52,  13)?  2Bo  lag  biefe  Slnfd^auung  Don  bem  ftellüertretenben  $auj)te  ber  ®e= 
meinbe  in  ber  (Seftalt  eineg  ^roj)heten  ol^negleidben  im  Äeime  beutlic^er  Jjräpguriert  toor, 

30  ate  in  ber  grfc^einung  3i^föjfl^  ]db^,  eine^  SWanne^,  ber  in  berfel^rten  gritläuften  bo^n 
arbeitete,  ba^  bie  göttlid^en  3Serl^ängniffe  il;m  unb  feinen  ^wngem  bauembe  ^^d^t  fttt- 
lic^er  ©meuerung  bräd^ten ;  ber  bc^^alb  in  ben  betrübteften  Umftänben  mit  feftcm  ©lauben 
unb  Harem  Sluge  in  bie  3"*w"f^  blidte,  be^  ©potte^  unb  ber  öffentlichen  angriffe  nic^t 
ac^tenb;  ber  an^  ber  S^crborgeni^eit  feinet  §aufe^  unb  burc^  feine  Sotfd^aft  bad  ÜBerbalten 

35  beö  Äönig^  jum  ^eile  bcftimmte  unb,  aU  feine  Reifung  bie  Derfj)rod^ene  Seftätigung  er« 
ful^r,  Dermutlic^  nic^t  blo^  t?on  feinem  ftönige  unb  SSolfe  angeftaunt  tpurbe,  fur^  ber  per* 
fönlid^  mit  feinen  Jüngern  al^  ber  ^eilige  ©ame  erhjiefen  toorben  \vax,  in  h?elrf>em  ®ott 
fein  l^olf  an^  bem  ^erfaßenben  alten  Seben  in  ba^  neue  überfül^ren  looUtc?  ailerbing^ 
meine  ic^  nic^t,  biefe  ^rop^etifc^en  2lnfc^auungen  in  il^rer  SBirflic^feit  au^  ben  ^uPänben 

40  S^föja^  unb  feiner  ^cxt  (herzuleiten ;  benn  feine  toeltbeftimmenbe  ^h^t  fann  au^  ben  il^rcr 
ffiirffamfeit  bor^ergel^enben  Umftänben  burd>  SRed^nung  gefunben  loerben;  jebe  folc^eSed^ 
nung  ift  Setrug.  ©onbcrn  nac^bcm  fie  gegeben  ift,  fönnen  h)ir  rüdmärt^  fc^auenb  für  fte 
bie  (Smj)fänglic^feit  unb  ben  bereiteten  ©oben  auffinben,  tpelc^e  etoig  unfruchtbar  bleiben 
Joürben,   toenn  ®ott   nid^t   fragte,   toen   foß  ic^  fenben?  unb  bem  ®mj)fänglidS^en  3n^ 

45  unb  önb^Joed  feiner  Sotfc^aft  anvertraute,  ^ft  baö  SSorftel^enbe  bcgrünbet,  fo  toirb  c^ 
einer  neuen  Slu^lcgung  Don  Ä.  40—66  bebürfen,  gu  hjeld^cr  id^  bie  ©efidjit^unfae  be^ 
rcit^  frül;er  Dorgejeic^net  \^ab^  (lutl^erifc^e  3^^^f^^-  1Ö76),  unb  einer  neuen  Unterfuc^ung 
ber  Slnlage.  Dabei  mu^  aber  Don  ber  iRüdertfcf^en  ßrfinbung  abgefe^en  toerben,  ba| 
ein  brcimal  toieberte^rcnber   ®ebanfe   ba^   ®an5e   in    8x9   RapxUl    jerlege.     ©te   ift 

50  crften^  oberfläc^lid^  formell,  unb  jtoeiten^  falfc^.  2)cnn  baö  le^te  Drittel  ^t  ben  Slefrain 
nicbt  unb  bie  beiben  ©ä^e  48,  22  unb  57,  21  finb,  hjie  ber  Söecj^fel  Don  „^ö^^e"  unb 
„mein  ®ott"  l^ier  ioie  66,  9  anzeigt,  al^  bie  gtoei  ))arallelen  ®lieber  eine«  DoUtöncnben 
©a^e«  gebaut ;  fie  toollen  alfo  in  öejie^ung  ju  einanber  gefafet  toerben  al«  SSortlang  unb 
9Jad5)tlang  gu  bem  mitten  inneliegenben  ®angen.    Der  jtoeite  Seil  ^at  bemnad^  in  48, 16 

55bii^  22  fogut  fein  ^roömium,  toie  ber  erfte  in  40,  1—11.  ^e  unbefangener  bie  Untere 
fuc^ung  Derfä^rt,  befto  fieserer  n)irb  fie  l^eraueftellen,  ba&  ba«  Suc^  Ä.  40—66  jtoar  nid&t 
aU  folct»e^  Don  ^^aia  l^errül^rt,  bafe  ^  aber  ältere  äöeißfagungen  unb  biefe  in  einer  Söeife 
angeorbnet  unb  Dcrarbeitct  barbietet,  bie  benJRebaftor  Don  Ä.  28— 66  berechtigten,  c^  ol« 
ein  Sud^  jefajanifc^er  Süei^fagungen,  hjelc^e^  bem   anberen  Ä.  28—35   parallel   fei,    mit 

00  ii  36  —39  in  ben  oben  bejei^neten  3wf«nimen^ang  gu  bringen.   Die  Don  Du^m  u.  äSl. 


^efttitt  725 

ncuerbinoö  angefangene  Unterjd^eibung  ber  ,,(Sbebja|^l)clieber"  unb  eine^  Xritoiefaja,  iüeld^c 
gur  ilonfequenj  ^aben  \v\xh,  ba^  tuir  fo  bielc  ^^^^j^^  «^it  immer  ^ö^ercn  5Rummem  cr^: 
galten,  al^  e^  l^infic^tUc^  ber  ©tilgattung  öerfdjiiebene  ©tücfe  in  unferem  Sud^c  giebt, 
folgt  mit  ber  Seibelfialtunö  bc^  9lamenö  r/S^ffli«"  «ud^i  für  bte  ©Jjäteren  einem  ganj 
rid^tigen  g^P^'^'f^^-  3)er  Stebaftor  nötigt  augenfid^tlic^  bic  Ä.  36—39  bem  £efer  aU  5 
ed^lüfjel  auf,  fotDO^l  für  ba«  »uc^  H.  40— 6G,  aU  au6)  für  bai^Suci^  Ä.28— 35:  benn 
aud^  biefe^  fann  erft  bon  Ä.  36—39  auö  afe  jjefaianifc^  toinbijiert  h>erben. 

93ün  ^t\a\a  erfaf^ren  toir  nämlic^  au^  jener  ßrjäi^Iung  nic^t  blog,  ba^  er  fpäteften« 
bom  13.  Qaf^re  ^iöfiaö  an  bi^  über  ben  3wg  ©an^erib«  l^inau«  um  be^  ®otte^h)orteö 
tDiHen,  ba^  fic^  in  i^m  offenbarte,  beim  Könige,  feinen  Seamten  unb  ben  ^rieftem  afe  10 
eine  entfd^eibenbe  Slutorität  in  tDic^ttgen  J)erfönlic^en  unb  ©taat^nöten  galt,  unb  ba^  er 
traft  gottberliel^enen  9lmte^  biefelbe  energifc^  unb  rücffid^tglo«  gebrauchte;  bafe  er  mU 
fc^eibenbe  Serfid^erungen  über  bie  3"^""f^  '^^^^  ^"t^  5Raturgebiet  bejüglid^e  3Sor^er= 
fagungen  beftäftigte,  beren  ©rfüDung  ftnnlid^  beobachtbar  tüar ;  ba&  er  in  ber  beftimmteften 
äöeife,  al^  alle  Sluöfid^t  Derloren  h)ar,  berfi^erte,  ^VLt>a  unb  ^i^nifalem  toerbe  ben  Sin- 15 
fturm  ber  Slff^rer  jum  Sel^ufe  einer  Äonfolibierung  feiner  ßjifienj  tiberbauem,  unb  afe 
noc^  feine  2lHöftd^t  baju  borl^anben  hjar,  bafe  ha^  Äönig^l^aug  eine  Seute  be^  Äönigig  bon 
Öabel  tüerben  muffe:  fonbem  man  fte^t  aud^  aufg  beutlid[ifte,  bafe  ber  ©ntfc^Iufe  $i^= 
fia^,  ben  aff^rifd^en  Slnfprüc^en  ^u  tpiberftel^en,  bereit«  länger  auf  3^^)^^  9Ra^nungen 
unb  Ser^ei^ungen  bafierte,  unb  bafe  S^faja  allein  ate  ber  beranttoortlid^e  ©arant  be^jo 
nun  fd^einbar  unmöglid^en  glürflic^en  3lu^angeö  baftanb.  Slu^erbem  h)irb  in  37,  26  ff. 
beutlic^  bezeugt,  bafe  ^^a\a  fc^on  lange  bor  ©an^erib«  ©rfd^einen  bie  aff^rifd^en  ©iege 
me^rfac^  afe  geredbte  55erl|ängniffe  über  bic  Söller  borl^ergefagt  ^at.  9luf  bie  8eh)ä^rung 
biefer  ©otte^tüorte,  toelcbe  ^^^be  atö  ben  abfoluten  aBelt^erm  befunbete,  ber  bie  ©iege 
aud;  ber  ^eibnifc^en  SBeltmäc^te  nad^  jubor  gefalzten  fittlic^en  S^edfen  beftimmt,  grünbete  25 
fic^  bie  3wberfic^t,  ba^  in  bem  2lugenblicfe,  h)o  i^re  ©iege  jum  Setoeife  gegen  bie  ©Ott» 
^eit  3!^^be<§  hjerben  hJoHen,  göttlid^e  ^gung  jum  Seften  feine«  SSolfe«  ipre  Dl^nmac^t 
neben  $^a^be  an  bcn^^ag  bringen  tperbe;  unb  ba^  biefe^gung  jumSSeften  feine«  33olIe« 
au«fc^lagen  muffe,  f}aiti  feinen  (Srunb  barin,  baj  I^a^be  ben  5Kenfd^en  nur  al«  ber  ju 
:Jerufalem  lüof^nenbe,  al«  ber  Oott  be«  babibifd^en  König«  faßbar  toax,  furg  in  S^^be«  befon«  ao 
berem  iJer^ältni«  gu  ^jerufolem  unb  ju  35abik  2öenn  man  nun  mit  biefer  änfc^auung  bon 
bem  ^iftorifd^en  S^föja  bie  6  ftufenmä^igcn  gortfd^ritt  jeigenben,  unter  fic^  unjerrei^bar 
l^ufammen^ängenben  mit  ''"in  anfangenben  Sieben  in  R.  28-— 35  lieft,  fo  be^ 
fommt  man  neben  bem  ßinbrucf  ber  hinftbotten  fc^riftftellerifc^en  Äomt)ofitton  jugleid^  ben, 
ba^  ber  l^ier  rebenbe  5|}ro^]^et  genau  bie  l^iftorifd^e  ©tellung  einnimmt,  toeld^e  in  Ä.  36— 39  85 
bon  Sefaja  bezeugt  ift,  unb  ba^  biefe  SHeben  gang  unb  gar  in  ben  ©ebanfen  hjebcn,  toeld^e 
at«  bieSefaja«  bon  bortl^er  nad^h)ei«bar  fmb.  6«  fragt  ftc^  nur,  ob  fte  ein®ange«  bilben 
unb  ob  fie  f 0  Don  Sefaja  ober  au«  feinem  (Eigentum  bon  einem  feiner  ©c^üler  buc^mäfeig  gu* 
fammengefteUt  fmb.  Seac^ten«h)erte  3*^eifel  l^oben  bi«^er  nur  30,  6—7,  ein  ©türf,  ba« 
fic^  nac^  »rt  unb  Überfd^rift  gu  ben  ^Waffa«  Ä.  21.  22  ^inguorbnet,  unb  Ä.  33—35  inio 
ainfj)ruc^  genommen.  3lber  ba«  ©ttc^h)ort  „Seute,  bie  nid^t«  nü^en"  berbinbet  jenen  SKaffa 
mit  ber  Sebe  borlier  (30,  5),  unb  nac^  richtiger  2lu«legung  ift  in  v.  7  „ba«  feiembe  Un- 
geftüm"  (rn-x-:n)  au«brüdHic^  al«  ein  6itat  au«  einem  anberen  Seile  jene«  3Kaffa  be* 
geic^net  („id^  gebrauchte  bafür  ben  5Ramen"),  unb  ber  SSefe^l.  be«  Sluffc^reiben«  v.  8  begießt 
fid^  auf  eben  biefen  borbem  bom  ^Jropl^eten  empfangenen  SJlaffa.  Ä.  33  aber,  h)elc^e«  ben  45 
^ier  ebenfo  toie  10, 5  nötigen,  burc^  ein  Überfljringen  auf  ben^^nb  erreichten  ©d^lufe  mac^t, 
unb  tüeld^e«  aud^ßhjolb  al«  jcfaianifd^,  nur  bon  einem  ©d^üler  ^errü^renb,  anfielet,  ^^ängt 
ungerrei|bar  mit  Ä.  34,  unb  biefe«,  h)ie  berfelbe  (Sele^rte  anerfennt,  mit  Ä.  35  gufammen. 
2)enn  bie  Sluff orberung  an  alle  3?ölfcr,  bie  Äunbe  bon  bem  fiinftigen  allgemeinen  ©endete 
ju  ^ören  (34,  1  ff.),  ift  ber  anberen  in  33,  13  tjaraDel,  ba^  fte  ben  Untergang  be«  affi^^  50 
rifd^en  §eere«  ju  §erjen  nehmen  follen.  4^un  fie  ba«,  fo  toerben  fie  bon  ä^nlic^en  Sin- 
griffen auf  3«9be  unb  feinSSolf  abftel^en,  unb  nic^t  bon  bem  attgemeinen  großen  ©erid^te 
über  bie  S^^be  feinblic^en  Söeltbölfer  betroffen  toerben,  tüelc^e«,  bie  gange  ©c^öpfung  er« 
fc^üttemb  (34,  1—4),  feine  §auj)tentlabung  in  bem  feinblic^en  9?ac^barlanbe  9[^wmäa 
finbet.  2)enn  nic^t  blofe  bie  al«  Äleinbiel^  borgeftellten  ©bomiterflane  (v.  6),  fonbem  66 
auc^  bie  i^nen  berbünbeten  unb  öon  bort  au«  gegen  3wbäa  o^erierenben  größeren,  Süffeln 
unb  ©tieren  gleic^enben  i^ölfer  tüerben  bort  aufgerieben,  unb  baburd^  ba«  infolge  biefe« 
©eric^te«  bom  ^lu^e  berbrannte  menfdbenleere  Sanb  gum  reinen  ©egenfa^  be«  tDaffer« 
gefd[|üJ^ten,  fidleren  ^rieben  geniefeenben  3iwi>ö  wnb  S^^M^"^  ('^3/  17.  20  ff.).  2)iefer 
aKanblung  3|bumäa«  fte^t  bann  gegenüber  bie  äßanblung,  burd^  tueld^e  ba«  nac^  33,  8.  eo 


726  3cfoja 

9;  32,20  in  fcincv  9iot  bcrSöüftc  glcid;  gcivorbcnc  jübifd^c  Sanb  ^um  ^errlid^ften  Äultw^ 
lanbc  aufblüht  (35,  Iff.),  ein  ©egcnfa^,  h)dd&er  f4  ebenjo  in  Ä.  62— 63,7;  3o  4, 18  f. 
unb  verbreitert  6j  35.  36  finbet.  2Benn  ©iDalb  \aQi,  St.  35  Hinge  burd^au^  jefaianifciSf 
unb  h)ürbe  bafür  gelten  muffen,  Jucnn  e^  nid|t  \o  eng  mit  Ä.  34  t)erfnüj)ft  toäre,  fo  fagc 

6i(^:  34,  1—17  ^jeigt  einen  nid^t  frejiftfd^  jefaianifd^cn  2^^J)u«  ber  glut^rebe,  toddf^cr  übcr^ 
licferung^mäfeiö  ift;  ba  aber  6bom  oft  \)ox  i|m  ©egenftonb  foM^er  SBei^fagung  getocfen 
ba  Ä.  34  Dom  unb  hinten  auf^  engfte  mit  jjcfaianifd^er  Siebe  berbunben  ift  unb  bicfe 
burd^  feine  |)craugna^me  jerftört  h)ürbe,  fo  f}at  ^^\aia  l^ier  toie  aud^  fonft  ältere^  SBei^ 
fagung^gut  in  feine  SRebe  aufgenommen.    Ober  ift  bcr  ©dj>Iu^   toon  bem   aff^rifdj^en  ©e^ 

10  rid^te  auf  ein  allgemeinere«  SJößergerid^t  ber  3"^unft,  h)ie  i^n  bie  SSerbinbung  t>on  SS,  13 
mit  34,  Iff.  barftettt,  nid^t  berfelbe,  toie  in  bem  ancrlannten  (StüdEe  14,24—26,  toelc^ 
bcn  gegen  2lffur  gefaxten  unb  au^efül^rten  Sefd^Iuf;  ^ci}\>^,  ü}n  auf  feinem  Scrglanbe 
ju  jerfdietten  unb  fo  fein  SJoB  m  retten,  afe  einen  folgen  bejeid^net,  ber  für  alle  anbeten 
yiationen,  bie  in  Äwlunft  ä^nliqe«  unternehmen,  impintertreiblid^  feftftel^e?  9Ran  toorc  nie 

16  mx  annol^me  ejiufd^er  2lbfaffung  für  R,  34.  35  gelommen,  toenn  man  erften«  nidj^t  toilt 
fürlid^  unb  unnatürlid^  bie  ju  tvanbelnbe  ©tejjpe  in  Ä.  35  bon  ber  jtoifc^en  Säbel  \wJb 
Suba  liegenben  SBüfte  berftanben  unb  bead^tet  l^ätte,  baf;  bie  n?2n  35,  2,  bie  ftörfenben 
unb  bie  ju  ftärlenben,  ber  im  toeröbeten  Suba  gebliebene  gääuterte  SReft  finb,  toeld^an  unter 
anberem  aud^  38erme^rung  feine«  Seftanbe«  burd^  fidlere  SlüdEIel^r  ber  SSerft)ren0ten  ebenfo 

20  toerfj)rod^en  ioirb,  h)ie  Ä.  11;  unb  toenn  man  nid^t  jitmten«  in  albemfter  2Beife  ba^Suc^f 
3a|toe«  34,  16  gar  bon  bem  Sud^e  unfere«  ^ropl^eten  gebeutet  l^ötte.  ®«  ift  ja  ba« 
9teid^«bud^,  in  h)eld^em  ber  Itinftige  SBeltfönig  3ia^^e  l^inter  ben  5Ramen  fetner  $roDin)en 
bie  SSölIerfd^aft  eingetragen  ^at,  bie  er  einer  jeben  jugelojt  ($f  87).  3)a  man  nun  nid^t 
in  ba«  t)on  $ed^  unb  @d^h)efel  brennenbe  Sanb  l^^ineingel^en  lann,  um  fid^  mit  eigenen 

25  Slugen  ju  überzeugen,  h)a«  für  Seute  ba  toolj^nen,  fo  bleibt  nid^t«  anbere«  übrig,  al«  ^u 
feiner  3eit  biefe«  9leid^«bud^  aufjufd^Iagen,  unb  ba  finbet  man  bann  nid^t  ein  aJlenf«^, 
fonbem  ein  unreine«  Xierboß  al«  red^tmöf^ige  S3eh)o^ner  ))rotoIolliert.  @in  folc^K«  9ud^ 
ifannte  aud^  ber  ed^te  Sefajja  (4,  3)  unb  ber  2Bi^  biefe«  bilblid^en  9lu«bru2e«  für  bie  Sor^ 
fteHung  ber  völligen  5Kenfd^enleere  eine«  Sanbe«  ift  bem  in  33, 23,  ober  bem  in  30,  32  f. 

ao  ober  30,  23.  24  burd^au«  gleid^artig  unb  bem  neififd^  rätfeD^dften  ß^arafter,  ben  oQ  biefe 
SHeben  geigen,  genau  entfjjred^enb.  ©el^ören  nun  St,  33—35  al«  eine  6.  Siebe  ^ufammen, 
obh)ol^l  Ij^ier  h)ie  in  ber  5.  (St,  31.  32)  bie  einzelnen  ©toffe  fünftlid^  berbunben  fmb,  unb 
gel^ören  überl^aut)t  bie  6  Sieben  um  be«  lüdEenlofen  inneren  ^ortfd[^itt«  Tillen  {ufammen, 
ber  ftd^  in  il^nen  barftettt,   fo  ift  ^^a\a  ber  Url^eber  unb  entfjjrid^t  feiner  gntention  bie 

36  je^igc  Swfflwmenftettung ;  benn  bie  fremben  Elemente,  fei  e«  nun,  ba^  fie  einem  anbeten 
Siebner  ober  einer  anberen  Offenbarung  be«felben  Siebner«  angel^ören,  laffen  fu^  nid^t 
|^erau«löfen ;  bei  Ä.  33—35  unb  30,  5—8  l^abe  id^  biefe«  bereit«  gezeigt,  ebenfo  beutlic^ 
ift«  St.  28,  1—6.  e«  ift  ganj  berlel^rt,  biefe«  für  eine  Siebe  über  ©amaria  ju  l^ßen, 
Dielme^r  ift  R.  28  bie  erfte  ber  6  Sieben  über  guba  unb  ^erufalem,  h)eld^e  nad^  bet  Set* 

40  binbung  burd^  v.  7  bartl^un  h)itt,  ha^  ba«  bermalen  attein  übriggebliebene  ©tüdf  b^ 
5}olfe«  ^a^toe«  nid^t  ber  Sleft  fei,  ben  ber  alte  2tu«f))ruc^  28,  1—6  bem  bem  Untetgong 
gch)ei^ten  @})l;raim  unb  ©amaria  al«  Srben  be«  §eile«  gegenübergeftellt  ^obe,  toie  bie 
|od()mütigen  ^nhäa  felbft  toäl^nen.  Diefer  2tu«ft)rud^  batiert  au«  ber  ^eit  öot  bem 
Untergange  GjJ^raim«  al«  Btqat^,  bie  an  i^n  angelnüj)fte  unb   atte  folgenben  Sieben 

46  fte^en  bie«feit«  biefe«  ©reigniffe«;  jener  lann  be«l^alb  Don  einem  älteren  geitgenoffen  ober 
Don  Sefai«  fetbft  au«gegangen  unb  nad^l^er  il^m  entgegengehalten  fein  (na^  30, 10).  3lai^ 
ber  Sle^nlic^teit  Don  28, 5.  6  mit  4, 2  ff.  gehört  er  mit  biefem  ©tüdf  jufammen,  olfo  betmut$ 
lid^  bem  früheren  ^^a\a  felbft.  ©r  ift  ^ier  alfo  berfal^ren,  h)ie  in  fl.  2—4,  bafe  er  einen* 
eigenen  ober  fremben  frül^eren  ©jjrud^  jum  2tu«gange  feiner  ^ßrebigt  mac^t.   Slimmt  man 

Eü  i^n  fort,  fo  h)irb  28,  7  ff.  fojjflo«  unb  ber  gauK  Stebec^Öu«  jerftört,  toeld^et  aerobe  ben 
5Pro3efe  Verfölgen  M,  hnxd)  toetd^en  bie  bem  gleifd^e«auge  tounberlid^  unb  t^örid^t  et^ 
fd^eincnbe  ©traf-  unb  6eil«bäbagogie  ®otte«  au«  bem^uba  unb  ^enifalem,  toelc^  jener 
t)crl;eifeung«bcgabte  Sleft  nic^t  ift,  biejenige  ©emeinbe  am  ßnbe  ^jerftellt,  toelc^e  e«  fein 
lüirb.  2)ann  ift  aber  ber  Siebner  unb  ber  funfttjotte  3tnorbner  in  biefen  6  Sieben  toefentlid^ 

66  berfelbe,  unb  e«  toer^ält  [\d)  mit  i^nen  anber«,  al«  mit  R.  40—66.  2)er  Sldniltor  ober 
ftctttc  fie  erft  toor  St.  36—39,  toie  St.  40—66  hinter  jene  RopM  toegen  i^er  formett 
unb  fac^Hc^  gleid;artigen  2lnlage,  toeld^e,  um  eine  Slebenfad^e  ju  ertoäl^nen,  audj>  barin 
erfd()cint,  ba^  in  beiben  SJebeganjen  fein  ©ol^n  2)atoib«  al«  aj(effta«fönig  ertoöi^nt  toirb; 
benn  ber  ftönig  33,  17  ift  na^  v.  22  3a^t>e  f eiber.    Sefaja  felbft  lonnte   biefe«  »ud^ 

m  nic^t  tjeröffentlid^en  o^ne  ©elbftbejeic^nung,  unb  ic^  l^alte  e«  für  möglid^,  ba|  ^jef  1,  biefe 


ScfÄja  727 

»ücniöftcn^  tcihücifc  au^  bcm  3(nfancj  3)tanaf|cö  ftainmcnbc  Siebe,  bic  öinleitunö  ^u  bem  Sud;c 
Sl  28—35  btibete,  al^  Sefaja  ober  einer  feiner  ^üwQtt  ba^felbe  ate  3)enlmal  ber  l^i^s 
fianifd;en  ®lanjet)0(i^e  feiner  öffentlid^en  SBirffamtett  für  bie  folgenbe  ©eneration  jus 
fammenfteßte,  unb  bafe  ber  9leboftor  jlüifc^en  Ä.  1  ol^  ber  attgemeinften  ß^aralterifterunfl 
ber  bie  @nth)ic!elung  ber  ©efrf^id^te  unb  ber  SBei^fagung  ber  Rüt  '^t\aia^  beftimmenben  6 
3)Jotitoe  unb  ^tüifd^en  Ä.  28—35,  toeld^e  mit  R,  40—66  bie  ergöl^luno  R.  36—39  um^ 
fc^Iiefeen  foHtcn,  ba^  anbere  jefajamfc^e  33u(i^  R.  2—27,  beffen  beibe  Steile  ja  i^re  eigene 
Ueberfdjrift  l^aben  (2,  1  unb  13,  1),  jtoifc^en  einfd^ob. 

3lbcr  biefe^  ift  nur  eine  j^iftorifc^i  tJöHig  toertlofe  Vermutung ;  toerttJoBer  ift,  baf;  h)ir  nun^ 
nie^r  eine  gefiederte  93afi^  für  bie  ©rfenntni«  ber  jefajan.  $rebigt  l^aben,  breit  genug,  um  Don  lo 
bort  au^  bie  beiben  Abteilungen  St.  2  — 12  unb  R  13— 2  7,  h)elc^e3ef^ia^3{amen 
tragen,  j;u  beleud^ten  unb  gu  beurteilen,  inwiefern  fie  e^  mit  SHed^t  tl^un.  3)a  giebt  e^  nun 
im  einzelnen  nid^t  blofe  eine  ^e  Don  parallelen  mit  Ä.  28—39  (ögl.  j.  S.  2,  20  mit 
30,  22;  3,  8—15.  16—4,1  mit  32,  1—8  unb  9—20;  bie  6  "'in  5,  8—22  mit  benen 
in  Ä.  28—35;  ft.  6  unb  6,  5  mit  33,  17;  6,  10  unb  11  mit  32,  14ff.,  35,  5ff.;  15 
8,  13ff.mit29,9ff.;  10,5ff.  mitie.37;  11,16  mit  35,8ff.,  unb  h)enn  Ä.  12  nid^t  „bem 
fid;  fo  gerne  me^r  Suftmad^en"  eine^  Sd^reiberg  am  6nbe  feiner  SKü^fal  (©Joalb)  ju  Der« 
oanfcn  ift,  unb  v.  1  (I.  nad^  LXX  "nn  _  ndi),  ^^baf;  bu  gejümt,  aber  e^  toonbte  ftd^ 
bein  ^oxn  unb  bu  tröfteteft  mid^"  ju  bem  Slefrain  in  9,  7—10,  4  ba«  burd^  10,  25 
motivierte  ©egenftüd  bilbet,  au«  R.  12  ben  v.  2  mit  30,  15);  unb  e«  ift  nic^t  bIo^2o 
nac^  bem  Dbigen  Ä.  7.  8.  9,  1—6  unb  ba«  mit  R.  7.  8  fad^^lid^  t)erfnü))fte  fi.  6  burc§ 
Ä.  36.  37  beftätigt,  fonbem  ber  tro^  aller  SKifd^ung  bunter  gragmente  unb  gefd^Ioffener 
Stüde  untoerlennbare  ^}5Ian  bon  Ä.  2—12  ftimmt  im  ganjen  oufföHig  mit  ber  äfnloge 
i)on  Ä.  28—35,  nur  baf;  ^ier  me^r  bie  bic^t  beborftei^enbe  38ottenbung  ber  aff^rifd^en 
3iot  unb  3ö^tJe«  fie  übertpaltenbe  333ei«l(^eit  bi«  jur  lüunberbaren  SRettung  Verfolgt  h)irb,  bort  26 
bagegen,  loie  fte  [xd)  feit  langem  Vorbereitet.  2Bir  ^ören  ^ier  nämlidp,  h)ie  bie  allgemeine 
Unbanfbarfeit  unb  2Biberf))enftigfeit  ^vha^  unb  gs^nifalem«  unb  ba«  barum  iur  SRettung 
nottoenbige  Säuterung^erid^t,  toeld^e  fd^on  früher  feftftanben  (Ä.  2—4.  5)  uno  bemSluge 
Sefaja«  unverborgen  loaren  (fi.  6),  unter  3l^a«  fid^  mm  offenen  SBiberf^rud^  gegen  bie 
beftimmtc  propl^etifd^e  Sffieifung  ^ai)^t^  unb  ju  ber  fonfeeten  ®eftalt  einer  Ueberfd^toemmung  ao 
beij^  Sanbe«  burcf;  bie  aff^rifd^en  gröberer  jugefj)i^t  ^at  (Ä.  7.  8).  ©ie  trifft  ^^xatl  unb 
Suba  gleidj^mäfeig  verbient  (Ä.  9, 7  ff.) ;  toeil  pe  aber  im  ©inne  be«  äff^rer«  eine  Ueber^ebung 
ift,  loic  fie  nac^  Ä.  2  an  allem  SRäd^tigen  geftraft  tverben  foH,  fo  finbet  fie  jule^t  Vor  ^e« 
rufalem  burd^  ein  erWfenbe«  ©erid^t  ilj^r  @nbe  (10,  6  ff.),  gd^  alaube,  man  barf  getroft 
bci}auptm,  ba^  St.  2—4  auf  ein  von  ^efaja  felbft  anangierte«  ©anje  jurüdgel^t,  unb  h)ie  86 
er  R.  6  unb  Ä.  8  fic^erlit^  oI«  S3eftanbteile  eine«  jufammenl^ängenben  ®anjen  gefd^rieben, 
bafe  fo  auc^  alle  einzelnen  ©tüde  in  R.  5—12  Von  il^m  ^errül^ren.  aSon  unferen  fd^ift* 
ftetterifc^en  Segriffen  au«  h)ürbe  id^  inbeffen  nic^t  Verfte^en,  h)e«^alb  er  10,  Iff.  Von  5, 
8—23,  unb  5,  24  Von  5,  7  burd^  bie  fed^«  "^iJ^  trennte,  ober  bafe  er  5,  25  Von  9,  7—20 
fd^ieb  unb  10,  20—23  Von  7,  21—25,  ober  bafe  er  l^inter  10,  32  nid^t  einen  in  atem^  40 
loferStngft  erwarteten  ©vruc^  brachte,  toie  ettva  14,24.  25,  fonbem  einen  ^ier  viel  ju  aßs 
gemein  flingenben  bilblicpen,  nämlic^  10,33.  34,  ber  aUerVing«  Vor  11, 1  l^ergegangen  fein 
mufe.  e«  ift  möglid^,  bafe  nad^  ben  ©itten  ber  ^At  biefe«  alle«  ben  Sefem  ^i\a\ai  Ver« 
ftänblid^  toar,  ebenfogut  aber  aud^,  bafe  ber  Slebaltor  ba«  33ud^  S^^j^^  ^^  ^^^  '^ö'^*^'' 
fc^riftli^^en  @eftalt  vor  fid^  l^aiU,  in  ber  einzelne  Qtüit  jtvifd^en  anberen  unleferlic^  ge^  45 
loorben  toaren,  bie  nun  lüeggelaffen  ober  au«  anberem  Sufammenlj^ange  ergänzt  h)erben 
mochten,  unb  bei  ber  ein  ©tüd  früher  ober  fpäter  lommen  lonnte,  ol«  e«  urfprünglid^ 
foßte  (vgl.  bie  ä^nlid^e,  aber  ju  beftimmte  33ermutung  be  Sogarbe«  Semitica,  ©.  7  in  ®'6tt, 
Slbl^bl.  Sb  23).  gortfd^reitenbe  (Sjegefe  tvirb  ober  Viellei^^t  mand^e«  mir  anftöfeig  er^ 
fc^einenbe  foäteren  unanftöfeig  mad^en.  3wber  jh)eitenSlbteilung  be«  93ud^e«,  loeld^ew 
fid^  beutlid^  in  bie  Vier  3Raffa«  Ä.  13—18  unb  bie  fed^«  X.  19—23  fonbert,  leiten  m^ 
beutlid^e  gäben,  folüo^l  VonÄ.  1—12  tvie  von  Ä.  28— 35  l^inüber.  S)enn  ber  in  Ä.30  ein* 
geflod^tene  3Jlaffa  über  bie  liere  be«  ©übldnbe«,  26m  unb  brüllenben  £eu  (lie«  v.  6 
cri")  u.  f.  U).  ift  ben  vier  jtvifc^en  Ä.  19  unb  23  eingefd(|loffenen  in  jeber  §infid^t  gleid^* 
artig,  am  meiften  benen  in  Ä.  21,  1—15;  unb  34,  Iff.  erinnert  an  18,  3.  3tnbererfeit«  56 
ift  in  fi.  19  bi«  Ä.  23  auf«  beutlid^fte  ber  ©ebanfe  ber  bereinftigen  ©miebrigung  olle« 
natürlid^  §ol^en  burd^  ^al}\)^  in  Ä.  2  unb  ber  feiner  nad^l^erigen  SBiebergeburt  au«  bem 
lobe  im  »leid^e  unb  jur  aSer^errlid^ung  Sa^Ve«,  tvie  in  Ä.  4  an  ^crufalem,  fo  ^ier  an 
2leg^j)ten  unb  2:^ru«  Veranfd^aulid()t,  unb  Ä.  22, 1  ff.  begreift  fid;  am  leic^teften  au«  ben 
geftlid^Ieiten,  h)elc^e  man,  von  Slejin  unb  5Pe!a^  errettet,  bei  (Gelegenheit  ber  SBieberfebr  eo 


728  ^ffdia 

bc^  2l^a^  Don  3)aniaöf  (2  Kfi  16,  10)  in  ^crufalcin  tocranftaltetc,  tote  benn  ©c^cbna  bcr 
aScrtrctcr  ber  um  2tjjurö  ®unft  bu^lenbcn  ^olitil  getoefcn  fein  toirb.  (gbenfo  ift  17, 12  ff. 
in  feiner  3Jerbinbung  mit  ber  SBeöfd^hjemmung  ber  ^errtid^feit  ^afob«  unb  bc^  Slefte^ 
bon  2)amaigf  vorbereitet  burd^  8,  7—10   unb   feine  SSerbinbung  mit   ber  SSerlaffcn^t 

6  J)on  Serien  unb  ^^xa^l  burd^  7,  16.  18—25,  toie  anbererfeit«  bie  burd^  ben  9rud{^  ber 
§errlid^feit  Sabel«,  ber  3SöIferbel^errfd^erin,  ermöglid^te  ^eimfel^r  be^  Verbannten  3^rael^ 
in  13,  1—14,  2  unb  bie  el^renbe  SRüdffül^runö  ber  SJerfprengten  in  Ä.  18  burd^  Ä.  11 
vorbereitet  ift  (Vgl.  v.  11  mit  14,1.  2  unb  v.  12  mit  18,3  unb  7).  3)enn  baran  lann 
fein  RfüÄ^d  fein,  bafe  in  Ä.  18  bie  nad)  11,  11  über  ^atro«  unb  Äufd[^  l^inauö  na* 

10  bem  inneren  Slfrifa«  Verfjjrenaten  ^^tcieliten  von  bort,  alfo  von  ben  femften  9?ößem,  in- 
folge ber  in  ofle  SBelt  erfd^ouenen  ©erid^t^  unb  SHettung^t^at  3^1^^^^  ^^  l^eiligen  Sonbc 
ehrenvoll  jurüdfgebrad^t  loerben,  ein  ©efd^enf  für  il^n  toie  66,  20.  21,  unb  ba^  ba^  von 
SBafferftrömen  jerriffene  Sanb,  lool^in  fte  fahren,  eben  jene«  ift,  h)0  bie  SBafjer  1 7,  12  ff. 
gekauft  f)abm  unb  ^lö^Ud^  verfd^eud(|t  ftnb,  baf;  3^roel  ober  ba«  juVor  loeggejerrte  unb  ge= 

16  raufte,  von  nun  aber  aber  furd()tbare  3So[f  ift,  oI«  ba«  e«  ^ier  toie  19, 17  bejeid^nct  h)irb 
(fo  nad^  Trg.  ©e})t.  mit  V.  »^ofmann).  3)ie3Raffa«  unterfd^eiben  flc|>  Von  allen  anberen 
^rot)l^etenreben  ^auj)tfäd^lid^  baburd^,  bafe  bei  il^nen  bie  gorm  ber  SRcbe  ber  unmittelbare 
aiu^brudf  be«  nod^  unter  ber  efftatifd^^en  Aufregung  judfenben  ©emüte«  ift;  benn  plöt^xA 
vor  bie  innere  2lnfd^auung  gerüdfte  frembe  ©eftalten  ber  räumlid()en  unb  jeitlid^en  %ctn^f 

20  ober  befremblic^e  mit  ber  ©egenloart  eine«  betannten  ©ubjefte«  greH  lontraftierenbe  Sil- 
ber unb  Seloegungen  an^  feiner  gw^unft  l^at  ber  $rot)l^et  ju  feigen  befommen,  vor  h)eld^ 
bie  ©t)ontaneität  ber  ganj  von  bem  ®eh)altigen  l^ingenommenen  ©eele  jurüdftritt.  3)ie 
fo  entflanbenen  2lu%rüd^e,  oft  bem  ©el^er  in  ibrer  äbfid^t  bunlel  unb  auf  f^ätere  S)cu= 
tung  burd^  bie  ßreigniffe  toartenb,   behalten  be^ölb   il^r  urfj)rünglid^e«  fiolorit   unb   ibr 

26  pl^antaftif^e«  ©etoanb  bei  unb  gelten  nxd)t  aU  blofee  2lnläffe  unb  3!mt)ulfe  in  bie  pro- 
J)betifd^e  SHebe  be«  aHtäglid^en  Seben«  an^,  loie  biejenigen  Äon5e})tionen,  toeld^e  im  ^n- 
fammenl^ange  be«  eigenen  inneren  Seben«  be«  ^roj)^eten  mit  feiner  3«tgefd^id[^te  crtoorben, 
il^re  SBirffamleit  nur  barin  befunben,  bafe  fte  feinem  öffentlid^en  3^^0'^'ff^  *>*^  3Bärme 
einer  göttlid^  Verbürgten  fittlid^en  Überzeugung  geben,    hierin   liegt  einerfeit«   bcgrünbet, 

3ö  baf;  bie  i^nen  beigegebenen  iHuftrierenben  ober  Verbürgenden  Sjjrüc^e  burdji  i^ren  anberen 
Xon  unb  i^e  ^iftorifd^e  SSeftimmtl^eit  ftd^  grell  Von  i^nen  ablieben  (j.  33.  14,  1.  2; 
16,  13;  R.  20;  21,  16),  unb  ba^  man  fte  anbererfeit«  Von  ben  Sammlungen  ber  öffent^ 
l\d)^n  Sieben  ber  ^ro^)^eten  fonberte  unb  t^nen  ober  einem  ß^Ilu«  berfelben  jufammen- 
georbnet  folgen  lie|,  unb,  ba  ber  ©egenftanb  oft  em))irifd^  nic^t  beuttid^  nad^tvei^bar  h>ar, 

35  fie  naä)  ^ervorfted^enben  ©eftatten  ober  SBorten  il^re«  S^ejte«  benannte.  2)enn  nid^t  barum 
fte^en  pe  jufammen,  bafe  ber  $ro^)^et  l^ier  von  l^eibnifc^en  ®röfeen  Rubelte ;  loie  läme  f onft 
5t.  22  ober  17,  4—14  l^ie^er?  Unb  nid^t  tiefe  emblematifd^e  93ebeutung  f^abm  jenetoun^ 
berlid^en  Überfd^riften,  loarum  fte^en  fie  fonft  nid^t  Vor«.  13.  15.  17.  19.  23 i^  ©onbem 
tueit  ber  ©egenftanb  fid^  nid^t  ol^ne  3Rifeverftänbniffe  mit  einem  fonfret-l^^iftorifd^en  9lamen 

40  benennen  liefe,  nannte  man  21,  13  ff.  3Raffa  „am  2lbenb",  toeil  e«  beginnt  „im  SBoIbc 
am  ai^enb"  (faD«  ^"^^^s,  ^n  tefen),  22,  Iff.  ÜRaffa  „be«  SSiftonent^«",  toeU  al«2o!alität 
be«  5!amt)fgeh)ü^te  ba«  SSifionentl^al  v.  6  bejeid^net  hjar,  ober  30,  6  „ber  2:iere  be«  ©üb* 
lanbe«",  toeil  biefe«  ber  jufammenfaffcnbe  2lu«brudf  für  bie  im  anfange  genannten  Seftien 
Joar.    ©benfo    toirb  21,  1   ber  ungeheuerliche  3tu«brudf  c^  *nT:    eine   SJerberbung    au« 

45  C"^t:-D  -f7:i:  v.  7.  9  mit  »erluft  be«  i^  fein.  Unter  biefen  Umftänben  ift  e«  geboten  ju 
fragen,  ob  biefe  SKaffa«  nad^  einer  fd^riftfteHerifd^en  ^it^  ^^\cL\ai  georbnet  fmb.  3)a  ift 
nun  auffällig,  bafe  bie  Stebe  Von  ^^^iliftäa  (14,  29  ff.),  bem  loeftlic^en  ©renjVolfe,  in 
Ä.  15.  16  ju  3Roab  unb  gbom,  bem  öftlid^en  unb  füböftlid^en,  in  17,  1  ju  a)ama«l 
unb  jum  Fieiligen  Sanbe  übergebt,  um  ben  äufeerften  ®i)>fel  ber  5Wot  in  3«rael  unb  i^ren 

60  überloältigenben  Umfd^ioung  in  §eil  in  gerufalem  (f.  18,  7)  nad^  feiner  l^eilfamen  %mii)t 
m  fd()itbem.  Diefe«  entfprid^t  genau  bem  SBege,  auf  toeld^em  2lmo«  ba«  bie  Umgebung 
fäubembe  ®eric^t  cn\>l\d)  in^luba  unb3«tael  jur  ©ntlabung  !ommen  läfet(äml,2);  unb 
ba  inK.  15.  16  ^t\a\a  felbft  eine  alte  2Bei«fagung  gemobelt  l^at,  bafe  fte  bem  Vorl^ergei^enben 
ü)?affa  ä^nlid^  tourbe,  unb   ba   ber  ®ebanfe,  ba|  bie  juerft  über  l^eibnifc^e  3Sölfer,  bann 

55  aud^  über  i^^xad  unb  ^nha  fommenbe  gud^trute  be«  fremben  Eroberer«  im  l^eiligen  fianbe 
mUxd)  jerbrod^cn  nnb  fo  Slaum  gefc^affen  loerbe  für  ba«  aufblühen  be«  3?olfe«  '^al))^^ 
mä)  ber  ^i5er^eifeung,  nad^  Ä.  37;  28—35;  10,  5—12  fjjejififd^  jefaianifd^  ift,  fo  lüirb 
Sefaja  felbft  biefe  brei  ÜRaffa«  fo  jufammengefteHt  l^aben.  3!)enn  ba  bie  in  17, 12—18,  7 
von  bem  ®ottc  auf  ^xon  betoirtte  ))lö^lid^e  SRettung   an^  ber;  SölIerPut  fohjo^l  in   ber 

60  ©id^erl^eit  loiberfd^eint,  burd^  toelc^e  bie  ©lenben  in  ^xon  ftc^  von  ben  au«fid^t«lofcn  'iP^i- 


3cfoja  729 

liftcrn  (M,  ;]2)  untcrfd^cibcn,  aU  anö)  in  bcm  neuen  3^italtcr  bcr  ©ercd^tigleit,  ba«  unter 
bcm  neubegrünbeten  Steflimente  be^  3)atoibgfol^ne^  an  bie  ©teile  ber  ^etrfc^aft  be«  nun 
gerid^teten  3?ölfert^rannen  tritt  unb  bie  flüd^tigen  Slefte  9)ioabg  aU  in  ba^  einjiae  ätfl;! 
md)  ^\on  lorft  (16,4.  5),  fo  gel^ören  biefe  brei  9Raffa^  entjd^ieben  mit  jenem  nac^folgens 
ben  2t6fcf)nitte  jujammen.  3ßer  ift  nun  aber  ber  Sölfert^rann?  Offenbar  ber  fiönig  be«  6 
©t)Ottliebe«  14, 4^  ff.,  iDeld^e«  bemSoIfc  ^a^be«,  ba«  bie  Sölferflut  17, 12  ff.  überftanben 
(14,  3.  4*),  in  ben  51Kunb  gelegt  toirb.  @r  ift  eine  ^bealgeftalt  gotth)ibriger  2;^rannei, 
ge^eid^net  nad^  bem  Silbe  be«  äff^terd  unb  über  baöfclbc  l^inau«,  n)ie  e«  S^f^i^  Ä-  37 
unb  Ä.  10  gegeben,  unb  fein  ©efd^idf  burd()  ba^  bc«3lff^rer«  afe  Sorfjjiel  Jjerbürgt,  h)ie  v.24 
biö  26  auöbrü(fKd()  fagt  unb  h)ie  e«  in  16, 13.  14.  Analogie  l^at.  6r  l^at  bie  gange  9Belt  lo 
erobert,  je^t  toill  er  in  feinem  Übermute,  inbem  er  ^al}\)^  Solf  bernic^tet  unb  feinSanb 
überfdfihjemmt,  mithin  ^al^be  Don  ber  ßrbe  befeitigt,  ber  ®ott  ber  6rbe  loerben,  ber  altteft. 
2lntid»rift;  ba  ftürjt  er  in  bie  Xiefe  be«  .!pabe«.  Qx  ift  nid(|t,  h)ie  fonberbarer  Untoerftanb 
gemeint  l^at,  ein  DJac^folger  9{ebufabnejar«,  ber  93abel  toerteibigt,  fonbern  ber  im  ©iege^ 
taufe  begriffene,  bie  Gebern  be^  Sibonon  gu  93eIagerung^o})erationen  im  l^l.  Sanbe  ab^  i6 
^aucnbe  (14, 8),  im  Äamj)fe  gegen  Sia^be,  aber  fern  bon  feiner  §eimat  (v.  20)  faUenbe 
jyelteroberer,  an  bem  ba^  ©efd^idf  be«  Slff^rer^  fid^  lüieberl^olt.  2)ur4  biefen  ©d^lag 
3a^be^  h)irb  bie  3Belt  bom  aip  befreit,  il^r  3lnlafe  gegeben,  au«  ber  toeiteften  gerne  ben 
:^a^be  auf  S^on  ju  eieren,  unb  bie  SBieberaufrid^tung  be«  babibifd^en  Königtum«  ermögs 
lid^t  (16,5).  ßbenfo  nottvenbig  ift  aber  aud^  ba«®erid^t  über  S3abel,  biefe  Stätte  berSuftao 
für  bie  äJölfer  unb  ber  ©f laberei  für  bie  Verbannten  3f«^^ö^I^/  wi^^  Ä- 13  ift  auc^  au^brüdE^ 
\\d}  burd^  14,  21—23  mit  jenem  ©j)ottliebe  berfnüj)ft.  3Bie  ber  Äönig  burd(i  ^al^be  im 
^)eiligen  Sanbe  gefällt  toirb,  fo  S3abel  burd^  au,^  fernem  Dften  gerufene  ^eerf^aren  3>al^be«, 
toelc^e  beauftragt,  toeit^in  an  ben  SJölfem  i^re  ©ünben  gu  ftrafen,  ben  9Jcittctpunft  be« 
iöölf erberfe^re«,  ben  ©ta>)eli)la$  ber  SiJeltgüter  auf  i^rem  ^uqc  fc^onung^lo«  ber^eeren.  Da  25 
femer  21,  11  f.  unb  13  ff.  ben  ©a^  13,  14  an  ben  Äarahjonenftämmen  beranfd^aulid^t, 
meldte  empfinblid^ft  bom  ©turge  93abel«  getroffen  toerben,  unb- 21,  .1  ff.  biefen  felbft  ber^ 
gegentoärtigt,  fo  ift  e«  miJglid^,  bafe  ber  5Prot)^et  unter  bem  S)ränger  Ägypten«  in  fi.  19  bens 
felben  I^rannen  gebadet  J^at.  Übrigen«  lag  e«  nol^e,  nad^bem  in  Ä.  18  bie  gurd^t  bor  3a^be 
unb  feinem  iSolfe  al«  bi«  in  ein  Sanb,  h)ie  ba«  be«  9tuberllingen«  jenfeit«  ^ti;io))ien«,  so 
berbreitet  gefd^ilbert  toar,  hieran  ben  ÜRaffa  über  äg^jjten  Ä.  19  amufd^liefeen,  toeld^er 
jeigt,  tüie  ber  9left  biefe«  ftöbtereid^en  Sanbe«  in  gurd^t  bor  3a^be  unb  ^nia  gu 
einer  ^robing  Äonaan«  toirb,  mit  biefem  Sanbe  naä^  v.  19.  20  gufammenge^olten,  toie 
bie  tran«iorbanifd&en  ©tämme  mit  bem  eigentlid^en  Äanoan  (^of.  22).  333a«  bagegen  bie 
rätfel^tc  ©teUung  bon  Ä.  21.  22  jtoifc^en  ben  burd^au«  paxaMm  3Raffa«  Ä.  19.  20  86 
unb  Ä.  23  foU,  ift  fd^toerer  ju  fagen.  3^^!^  ^^^  'f^  ^^<*^^  ^<*B  ^^  ^^  '^^^^  JEleinen  ©tüdfen 
be«  21.  Ä.  gleic^mäfjig  ju  läge  tritt,  toie  bie  bie  ©efc^idfe  ber  l^eibnifc^en  ©täbte  unb 
Sänber  beftimmenben  SRatfd^lüffe  :^^al^be«  in  bem  unter  il^nen  leibenben  l^eiligen  Sanbe 
befannt  finb ;  bafe  e«  bort  SBäd^ter  giebt,  toeld^e  be«  fidler  f ommenben  läge«  toartcn  unb 
ber  im  2)untel  feufgenben  ©emeinbe  burc^  i^re  3:Töftungen  bie  ©ebulb  ermöglid^en.  ©o^  40 
bann,  bafe  Ä.  22  hiermit  be«  Äontrafte«  toegen  gufammenge^ört,  fofem  l^ier  ba«felbe 
i^ifionentl^al,  beffen  SQääc^ter  ob  be«  gunäd^ft  (ommenben  UnglüdEe«  toeint  unb  gur  33u|e 
ruft,  fic^  au«gelaffen  ber  ©egentoart  freut,  al«  fei  e«  mit  bem  Unglüde  borbei  unb  bie 
^ufunft  gefid^ert,  ebenfo  grunblo«  toie  ©c^ebna  in  bem  ©tauben  an  ein  gtüdtlid^e«  Seben 
bi«  ju  el^renbollem  SSegräbniffe  too^lgemut  [xd)  geberbet,  toä^renb  ein  el^rlofer  2:ob  im  45 
eienbe  \i)n  ertoartet.  9limmt  man  bemnac^i  Ä.  21.  22  gufammen,  fo  geigen  fte,  bafe  ba« 
fleifc^lid()e  ^«nifalem  barum,  baf;  bie  j)rot)^etifc^e  Runbe  ber  §eil«ratf(^lüffe  3a^be«  in  i^m 
bie  (Btäüt  il^re«  2)afein«  innerhalb  ber  ÜRenf^^eit  ^at,  ebenfotoenig  bor  bem  feinen  ©tolj 
unb  feine  Hoffnungen  bred^enben  unb  täufd^enben  Untergange  betoal^rt  bleibt,  toie  3tgi;^)ten 
unb  Ivru« ;  bafe  feine  ©ünbe  ebenfotoenig  bergel^en,  ebenfo  burd^  ben  2^ob  gebüßt  toerben  00 
muffe  unb  auc^  i^m  nur  ipoffnung  bleibe,  fofem  3^^^^^  2lbftd^t  toie  au(^  bei  ägVJ)ten 
unb  3:^ru«  ki^Üxd)  nic^t  auf  ben  Job,  fonbem  auf  SBieber^erfteUung  be«  ©ebemütigtcn 
au«  bem  2;obe  ge^t.  2)ie  in  Ä.  22  ftd;  funbgebenbe  ©teHung  be«  ^rot)l;eten  erinnert 
nun  aber  auffallenb  an  ben  SHebner  in  Jt.  24,  toeld^er  mit  ber  beftimmtm  ©etoifel^eit  bon 
einem  bie  SBcltgertrümmerung  Überlebenben,  be«  ^eile«  ftd^  freucnben  Stefte  (v.  13—15)66 
unb,  in  bem  ©taubm  an  ^ab\>t^  geredet  ric^tmbc«  unb  rettenbe«  3Baltm  auc^  in  ber 
©egentoart  hxxxd)  Soblieber  ©eretteter  an^  ber  g^ne  beftärft  (v.  16),  in  feiner  Umgebung 
gunäd^ft  nur  unentrinnbare«  3Serberben  getoa^rt,  für  ba«  e«  feine  Sluf^altung  giebt,  toeil 
ba«  SRauben,  ba«  fte  erleibet,  ein  Sauben  bon  fotc^em  ift,  toa«  felbft  geraubt  toar.  ebenfo 
finben  toir  ben  ©ebanfen,  bafe  StgVJJten,  2^t^ru«  u.  f.  to.  eine  ^eriobe  ber  9Sertoüftung  eo 


730  3lefoja 

unb  ber  Scröcfjcnl^cit  burd;ma(i^cn  muffen,  c^c  ftc  afö  bcmütißc  S)icncr  3öi^*>c^  iüieba  in^  * 
3)afcin  treten,  in  feiner  tveiteften  (Entfaltung   toieber,   ioenn  ^ier,   äl^nlic^  lüic  1  Äo  15, 
24  f.,  eine  ^At  in  äu^pd^t  genommen  hjtrb,  h)o  bie  bie  ©emüter  ber  9Kenfcl(>en  in  gö$en- 
bienerifd^en  S'^u"^  berfü^renben  §immefemäc^te  unb  ®eftime  unb  bie  bie  ®cU)iffen  fnec^^ 

5  tenben  unb  berberbenben  irbifd^en  §errfcl^aften  für  eine  beftimmte  S)auer,  bamit  bie  SRenfd^ 
gan;  unter  bem  (Sinbrude  ber  alleinigen  ^enlid^feit  be^  offenbarten  2S<^be  ftel^en,  befettigt 
fmb,  um  bann  erp  toieber  in  il^re  SOSürbe  aU  ©ebemütigte  eingefe|t  ju  h)erben  (24,  21 
biö  23).  6^  fd^etnt,  ate  ob  ber  ©el^er  l^ier  bie  ^artifulorgerid^te  über  bie  emt)infclj>  b^ 
fanntcn  ®röf;en  ber  bor^erge^enben  flajjitel  ju  einem  unitoerfalen  ertoeitere,  bon  ba  in  boö 

10  ba^intergelegene,  für  aUe  $i)Ifer  auf  S^on  offenbarte  ctoige  §eU  auffteige  (Ä.  25),  bann 
h)ieber  jurüclge^e  in  ben  jtoifdien  ©erid^t  unb  §eil  gelegenen  g^^f^^^jwftanb,  too  bie 
©emeinbe  S^lbe«,  fittlid^  erneuert  unb  and)  ju  loniretem  Solfeleben  toiebergeboren,  fi<^ 
bergeben^  abmüht,  burd(i  natürlid^ed  SBad^^tum  auf  i^ren  SßoDbeftanb  ju  lommcn,  ba  er 
bielme^r  burd^  ßrtoedfung  i^rer  S^oten  J)Iö^Iid^  erreid^t  Serben   foD  (Ä.  26,  1—19;   ijgl. 

16  mit  9,  2 :  „35u  mad^teft  grof;  ba«  3Solf,  ba«  3)u  nid^t  grofe  gead^tet  ^atteft,  eine  greube 
freuen  fte  fid^  bor  bir  h)ie  bie  greube  ber®rnte"),  bafe  er  bann  toeiter  rüdEtoärt«  bor  bcn 
Job  fic^  fteUe,  beffen  ©eric^ten  biefelbe  ©emeinbe  erfl  unterworfen  toerben  fott  unb  in  ber 
§offnung  einer  SRed^tfertigung  aller  burd^  fleifd^Iic^e  ©etoalt  UnterbrüdEten  fu^  aud^  untere 
hjerfen  fann  (26,  20—27, 1),  unb  ba^  er  enblid^  ben  ^offnungäofen  3uftanb  be«  tool^li>ers 

20  bienten  9luine«  be«  Sanbe«  f^^ilbere  (27,  7—11),  afe  ein  3RitteI  3a^be«  bie  ftttlic^  »c^ 
bingungen  ju  befd^affen,  auf  ®runb  beren  nac^  ber  Söieberfammlung  (v.  12.  13)  e«  in  ben 
SieblingSgarten  ^a^be«  (v.  2—6  bgl.  5, 1  ff.)  umgehjanbelt  Werben  fott.  Offenbar  ftcl^t  jener 
guftanb  be«  i^raelitifc^en  Sanbe«  bem  paxaM,  ber  Ä.  23  bei  a:^^ru«,  Ä.19  bei  Ägypten,  K.  24 
bei  bem  §eere  beri^ö^e  unb  ben  erbenfönigen  afe  eine^Paufe,  too  ba«2)afein  cefftert  ^t, 

25  bie  frühere  unb  bie  f})ätere  ®Ianjt)eriobe  bon  einanber  f^eibet ;  unb  tpie  bort  bie  aSiebers 
^erftettung  ein  reine«  ©efc^enf  ^^^be«  ift,  Welche«  eine  SBieberfebr  be«  ©igenbünfcl«  au«* 
fd^liefet,  fo  ftettt  [vi)  26,  16—19  auc^  ba«  ffiad^tum  be«  Solle«  al«  ein  foldj^e«  bar, 
beffen  e«  fid^  nid^t  al«  feine«  eigenen  SBerfe«  rül^men  fann,  für  ba«  al«  ein  Wunberbarc« 
SBerf  ^abbe«  e«  immer  nur  bemütig  banfen  barf.    2öir  bürfen  ^iemad^  \oo^  fagcn,  t>a^ 

90  biefe  lunftboBfte  unb  tieffinnigfte  Äomjjofition,  in  toeld^er  ältere  frembe  unb  eigene  ©tüdfe 
au«  ben  berfd^iebenften  Sagen  ju  einer  3w^wnft«j)l^antafte  jufammengetooben  ftnb,  unb 
Welche  gegen  bie  3)reiftigteit  unb  Unfä^igfeit  ber  3lu«legung,  bie  fte  mife^belt,  ^u  bers 
teibigen  mid^  ^ieif  ju  Weit  fül^ren  Würbe,  beftimmt  ift,  ben  3tbfd^lufe  ju  Ä.  19—23  gu  bilben. 
Wie  17,12—18,7  beräbfd^luf;  bonÄ.  13—17,11  War.  35eibe  §&lften  erg&njen  fid^  aber 

36  unb  re)jräfentieren  einen  8^ortf(|ritt.  2)enn  in  ber  jWeiten  §älfte  ift  ber  ^eiifd^enbe  ©e* 
banle:  ba«  uniberfale  SHeid^  S^^be«,  Wie  e«  au«  ben  SJölfergerid^ten  unb  ber  Demütigung 
atter  gefd^öj)flic^en  ÜRad^t  unb  §errlid^feit«centren  l^erborgel^en  Wirb,  in  ber  crften  bogegen 
3)abib«  i^on  unb  ©tabt.  Wie  fte  in  ber  bie  SRac^barbölfer  berl^eerenben  Ärieg«not  burc^ 
3a^be  er^lten  unb  burd^  ba«  ©d^eitem  be«  Eroberer«  i^nen  gegenüber  gu  freier  ©ntfal« 

40  tung  unb  Weitl^in  leud^tenber  §enlid^Ieit  Wieberl^ergeftettt  Werben. 

3>^  M^  ^^^  SRefultat  meiner  2lu«fül^rungen  in  folgenbe  ©ä^e  jufammen:  1.  bie 
Überlieferung  unb  bie  6inrid(|tung  be«  borliegenben  Sud^e«  ^^a\a  berlangen  bom  Sefcr, 
bafe  er  al«  bie  Duette  feine«  eigentlid^  j)ro})^etifd^en  ^n^olte«,  al«  ba«  Wei«fagenbe  ©üb- 
jelt  in  il^m  ben  ^iftorifd^  befannten  3^aja  anfeile,  ber  münblid^   unb   fd^riftfletterifdj^   bie 

45  offen tlid^c  5Keinung  ju  beftimmen  gefud^t  unb  baneben  burd^  efoterifd^en  Unterridj^t, 
feine  9lad()fommen,  bie  nad^  8, 16  ff.  unb  59,21  (Srben  feiner  ^roj)^etie  Waren,  unb  feine 
jünger  für  bie  5>^^^l^w"9  f^i"^^  8«u0niffe«  erjogen  ^at.  2.  Die  ßrben  be«  iefaianifdj^en 
$ro>)l^etentum«  ^aben  fein  S^^^Ö^^i^  lebenbig  erl^alten  unb  frud^tbar  gemacht,  teil«  inbem  fte 
bie  öf  fcntlid^en,  fei  e«münblid^  ober  fd^riftlid^  erl^altenen  ^ropl^etenWorte  ilj^re«  W)nl)am 

60  au«Wal^l«Weife  unter  einer  Wirf famen  litterarifd^en  ^bee  für  „^wbö  unb$)ierufalcm"(l,  1)  gu 
einem Sud^e  jufammenftettten,  teil«  inbem  fte  imÄreife  ber^^ommen  ba«  im  efoterif($en 
UnterriAt  em))fangene  (bgl.  48,  16)  re})robujierten  unb  jum  Quett*  unb  3'lid^t))untte  i^rer 
änf))rac9en  madfiten.  3.  Um  ba«  3^0ni^  S^f^ja«  im  SBefentlic^en  bottftänbig  p  erhalten,  ber« 
langten  aud^  biefe  2lu«beutungen  jefajanifd^er  SBorte  f^)äter  i^re  fd^riftlic^e  gftjterung  unb  SJer* 

65  einigung  mit  bem  bafür  umjuorbnenben'bi«l;er  etwa  bor^nbenen  öu(^e  S^^i^^-  ^-  3)a 
ber  33crf.  be«  anfange«  63,  7—66,  24,  beffen  ^il^eobicee  jefaianift^e  Sffiorte  re|)robujiert 
(j.  93.  65,  25),  auf  bie  erlebte  Verbrennung  be«  3:em})el«  jurücfftel^t,  unb  ba  ber  fjre* 
biger  bon  41,  1  ff.  ben  2tnfang  ber  ©iege«laufba^n  be«  il^ro«  erlebt  ^t,  fo  fällt  bie 
(Sntftel^ung   ber   un^   borliegenben    le|ten  2lu«gabe  be«  8.  ^efaja  hinter  bie  SKitte  be^ 

60  6.  Sa^r^unbert«.    4.  Diefe  3lrt  ber  Überlieferung  iefajanifd^er  SBorte  unb   i^e  le^te 


3efaja  »efreel  731 

9licbcrfd;tcibuit0  f)at  abgcfc^cn  Don  anbeten  ba^in  Jüirfcnbcn  3"f^^^^  SScrfürjungcn, 
Scrcid^crungcn  unb  UmbcutunQcn  bc^  Urijjtünölid^cn  yax  golßc  getrabt.  SJerlür^unöcn 
t)cr[te^en  fid^  tjon  felbft,  h)0  toic  in  ft\2— 4;  9,  7  ff.  au^getoäj^Itc  ©tücfc  au^  ^eitgefc^ic^t^ 
lid;  Dcranla^tcn  unb  fliliftiid^  toetfci^iebenen  Sieben  im  2)ienfte  einer  großen  Jbee  jufammens 
ijefleHt  werben,  ^d^  jeißte  fc^on  (f.©.  707  ig  ff.),  baf;  bem  aibfd^nilte  2, 11  ff.  eine  au^fül^r*  5 
Iid;ere  Siebe  in  ®ttoj)^en  mit  Slefrain  unterliegt;  gar  nic^t  mel^r  ift  erhalten  bie  Sftebe, 
in  melier  ber  in  29,  17;  33,  15  ate  r^etorifd^e«  ©tid^toort  benu^te  ©^jrud^  feine  gene« 
i\\d)c  ßrflärung  ^atte.  äJerfürjungen  brachte  auc^  ber  ^tvci  mit  ftc^,  für  3uba  unb  ^c^ 
rufalcm  ein  erbauungebuc^  au^  ben  SBorten  ^^\a\a^  jufammenjuftdien,  ber  bod^  auc^ 
über  (J^f^raim  unb  ©amaria,  über  Slffur  unb  3l\neoti}  gehjei^fagt  Ij^atte.  @d  ift  fei^r  auf-  lo 
fallcnb,  bafe  un^  fein  3Waffa  ^cfaja^  ber  Unteren  2lrt  erl^alten  ift,  unb  bafe  alle  auf  biefe 
©röfeen  bejüglid^en  ©})rüd^e  je^t  lebiglid(i  in  bienenbem  3Ser^äItniffe  ju  bcm  auf^erufalem 
bejüglid^en  ^tvcit  ber  Siebe  erfd^einen.  Sereid^erungen  bürfen  h)ir  namentlich  bei 
2)euteroiefaia  ba  erfennen,  h)o  })jalmartige  I^rifdjie  (Srgüffe  alte  j>roj)l^etifc^e  ©^rüd(ie 
umfränjen ,  unb  \oo  rJ^etorifd^^l^^omiletifd^e  äinf^rac^en  an  audh)a^föh)eifc  mitgeteilte,  i6 
meift  h)ie  $rebigttejte  toorangefteHte  au^e})rägte  ^rot)l^etenh)orte  ftd^  anlel^nen.  S)ie 
Umbcutungcn,  bie  ic^  meine  unb  bie  biöh)eilen  ber  SSerlürjung  entgegengetoirlt 
^aben,  fann  man  ftd^  am  leic^teften  an  bem  ©j)rud^e  über  ben  Äönig  toon  S3abel 
(14,  5  ff.)  beutlid(i  machen.  3)enn  bie  §injufügung  ber  auÄrüdtUc^en  ©rflorung  3^1^* 
lai,  ba^  \va^  er  über  2tffur  gefagt,  aud^  für  oHe  anberen  SJationen  gelte  (14,  24— 27),  ao 
erllärt  fi^  füglid^  nur  au^  ber  abfielt,  e^  aU  ber  au^brtidftid^en  3Beifung  Siefaiad 
gemäfe  j^injuftetten,  toenn  im  SJorange^enben  ba^  urft)rünglid^  über  Slffur  ®efagte  auf 
ben  ftönig  Don  Säbel  angehjanbt  fei.  2)em  ä^nlid^  ift  e^,  toenn  toir  in  Ä.  52 
(f.  V.  4)  eine  aud^  bem  Sla^um  befannte  äöei^fagung  über  bie  göttlid(ie  Slac^e  an  2lffur 
finben,  in  beren  nid^t  me^r  erhaltenem  2tnfange  bie  3^^törung  Slineöe^  ate  ©elbft*  26 
offenbaruna  ga^De^  ^ur  Slettung  feinet  38olfe^  angelünbigt  toar  (v.  6:  „an  jenem  3^age 
foH  mein  violt  innelüerben,  ba|  id^  e^  bin");  ober  bie  ©rfe^ung  be^  fonireten  Slamen^ 
burd()  ba^  gegen  48,  20  abfid^tlic^  unbeftimmt  flingenbe  „Don  oort"  unb  bie  ©teUung  biefe^ 
3lbfd;nitte«  hinter  Ä.  46—48  ermäd^tigt  ben  Scfer,  il^n  al«  aud^  für  Säbel  giltig  ju 
beuten.  5.  Unter  biefen  Umftänben  toirb  bie  fünftige  äuöegung  bem  8ud[ie  Qefaja  mepr  s) 
gerecht  hjerben,  hjenn  fte  e^  überall  au^  bem  gnfflwmen^ange  mit  ber  ^erfon  be^  Ij^iftorifd^en 
Sefaja  m  Derfte^en  \\x6)t,  ate  toznn  ffe  in  abfoluter  SSerad^tung  ber  Überlieferung  unb  feiner 
tl;atjäd(|li^en  litterarifd^en  Organifation  bie  au^inanbergejerrten  ©lieber  unfere«  95ud^c« 
nad^  ©utbünfen  jur  ^Huftration  ber  Sorftellung  Dertoenbet,  bie  fic^  ber  Stuäeger  au^  anberen 
Cuellen  über  bie  ©efd^id^te  ber  ©emeinbe  S^^De^  Don  §i^fia  bi^  ju  ben  SKaffabäem  36 
fo  ober  fo  iurec^t  gemad^t  l^at.  «.  Älofteniiaiitt. 

3:efreel.  —    fiittcratur:   $   Stelanb,    «ßalfiftlna   359-370;  e.  @*urcr,   ®efd)i(ftle 
bcd  jübif^en  SSoIfcö  im  Seitolter  3e|u  eftrifti  I  (1890),   41 3 f.;   &.  (Sberd    unb  $).  ®ut^e, 
^5al«ftina   in  S3ilb    unb  SBort  I  (1883),  275-290;    3r,  SBuftI,  ©cograpftie  beS  alten  ^alä* 
ftina  (1896)  106ff.;  204 ff.  —  3u  ^Icgibbo  auf  ben  ä9t)ptifc6en  3nfc6riftcn  S.  3)?aj  Mütter,  40 
^fien  unb  Europa  nad)  altÖ9t)ptif(6en  3)enfmfi(evn  (1893),  157  f.  167. 

gefreel  ift  im  %%  1.  ber  Slame  einer  Sbene  ':'n;?'?T":  ?w  »li  6,  33;  3of  17,  16; 
2  ©a  2,  9;  4,  4;  §o  1,  5;  2,  2.  24.  Qx  ift  gebitbet  h)ie  '^^»n^r  ^o  19,  14.  27 
unb  bejeic^net  bie  ^c^tbarfeit  ber  ©bene  afö  eine  auffaHenbe,  aufeergebö^nlid^e,  offenbar 
Don  ©Ott  betüirfte ;  benn  er  bebeutet  „®ott  fäet"  unb  giebt  ju  Derftel^en,  bafe  bort  feit  45 
uralter  ^tit  2ldEerbau  mit  bem  beften  ®rfolge  betrieben  toorben  ift.  ©ie  ift  bie  gröftte 
ebene  inmitten  be^  33erglanbe^  Don  ^aläftina  (Dgl.  biefen  21.,  in  bem  bie  natürlid^  Se» 
fd^affenl^eit  ber  ©bene  befd^rieben  h)erben  foH)  unb  l^ei^t  ba^er  furjmeg  bie  2:ief ebene, 
^ebr.  p-;?-  30  17,  16;  Sli  5,  15;  1  ©a  31,  7;  1  6^r  10,  7,  in  grie^ifc^en  ©t^riften 
„bie  grofee  ebene"  t6  juiya  jiediov  1  äJlaf  12,  49  (Dollftänbiger  t6  ixkya  neöiov  Ea-  60 
ÖQYikw^i  Sub  1,  8);  3ofevM  Ant.  V  1,  22;  VIII  2,  3;  XV  8,  5;  XX  6,  1; 
Bell.  jud.  II  10,  2;  III  3,  1;  4,  1;  Vita  24.  26.  62.  ffiegen  i|re«  grntefegen« 
mürbe  fie  fd^on  im  Slltertum  —  ä^nlic^  nod^  in  neuerer  ßeit  —  gern  Don  benSebuinen 
aufge|ud(|t  unb  gcplünbert  Sli  6,  „33.  ^ür  SSerte^  unb$anbel  f^atte  fie  eine  grofeeSöid^s 
tigfeit.  3)enn  bie  ©trafee  Don  äig^jjten  l^er  fübrtc  in  brei  3^^'0<^"  ^^  ^^"  ©übranb  ber  66 
ebene  unb  Don  ^ier  enttoeber  in  norbtoeftlid^er  Slic^tung  an  ba«  3Rittelmeer  ober  in 
norbi)ftlid^er  Slid^tung  an  bem  S^abor  Dorüber  nac^  3)ama^fu^,  unb  an  i^rem  öftlid^en 
Slanbe  führte  ber  3Beg  Don  ©amarien  nad^  ©aliläa.  3)al^er  ift  auf  i^r  n)ieberl;olt  um 
ben  93eft^  be^fianbe^  geftritteti  toorben.    3lld  bie  ^^taeliten  eintoanberten,  U^urbe  fie  Don 


732  a^efrccl 

bcn  Äaitöanitcrn  mit  i^rcn  ,,cifcnicn  Söagcn",  b.  I;.  bcn  ©trcith)aacn,  fange  ^^t  gegen 
bie  leic^tbeh)affneten  ©d^aren  ber  &\xttn  berteibigt.  @rft  ber  ©ieg  Sarafö  unb  ber  2)e= 
boxa  bcrjc^afften  bcn  3^raeliten  pd^eren  2lnteil  an  ber  iperrfc^iaft  über  bie^  toertt>oüe 
QiM  be^  Sanbe^  jJRi  5).    Slber  nod^  bi^  auf  bie  Äönig^jett   blieben  bie  flanaaniter  bie 

sperren  in  ben  ©täbten Slegibbo,  3^'^^'"/  2^aanac^  unb2)pr  SHi  1,27  (togl.  aucl^9?.30). 
t)en  ©übranb  ber  ®bene  befehle  ber  ©tamm  3Ranaffe  ^fo  17,  11—13,  im  Dften  fafe 
auf  ben  Sergen  bom  ©ilboa  big  jum  I^abor  ber  ©tamm  Sfafd^ar  ^o  19,  18—20, 
im  9?orben  ©ebulon  3o  19,  10  ff.  3)er  9lame  Sfafd^ar  beutet  barauf  ^in,  ba|  bie  Se^ 
mol^ner   biefe«    ©ebietg   lange   3^^*   fremben   §enn    untertl^an   gelöefen    ftnb,    nämli(^ 

lobenen,  bie  ben  ^anbcfeberfe^r  über  bieSbene  l^in  in  ^änben  Ratten  (togl.  ®en  49,  14  f.). 
®ibeon  aug  3)ianaffe  erfodfit  in  ber  9?ä^e  be«  Drte«  3-  (f-  «"^^  2)  einen  glänjenben 
©ieg  über  bie  üRibianiter  SHi  7.  2tm  ^u^e  beö  Serge«  ®ilboa  tourben  bie  S^^^^l^^^ 
unter  ©aul  unb  ^onat^an  bon  ben  ^P^iliftem  gef dalagen  1  ©a  31.  3"  ^^^  ^lä^c  ber 
©tabt  äl})^ef  (f.  unten)   errang  2ll^ab  toon^^rael  einen  glängenben  ©ieg  über  bie2lramäer 

i6i)on  Damaöfu«  unter  Sen^abab  II.  1  Äg  20,  26  ff.  Sei  3)iegibbo  (f.  unten)  unterlag 
Sofia  bonSuba  bcm  ^^arao 9lec^o  II.  toonSäg^pten  unb  »purbe  bertounbet  2  Äg 23, 29 f.; 
2  6^r  35,  20—24.  3m  ^pxxl  1799  lieferte  5Wat)oleon  Sonat)arte,  aunä#  fein  ©enerol 
Äleber,  ben  dürfen  eine  blutige  ©c^lad^t  in  ber  9Jä^e  bc«  l^cutigen  Drte«  el-Fule  (bgl. 
unten  unter  2).    2)ie  (Sbene  berbient  ba^er  iDof^l  ba«  ©d^lad^tfelb  ^Paläftina«  genannt  ^u 

20  iDerben.  ^n  ber  äufjäi^lung  ber  ©teuerbejirle  ©alomo«  fc^eint  ba«  ®ebiet  ber  ebene 
geteilt  ju  fein  1  ftg  4,  15  unb  17.  3)agegen  laffen  bie  Angaben  be«  ^ofj^^u«  barauf 
fd[^lie^en,  bafe  fie  afö  ein  befonbere«  ©ebtet  jmifc^en  ®aliläa  unb  ©amaria  angefel^en 
h)urbe  (Bell.  jud.  III  3,  1 ;  Ant.  XX  6,  1). 

2.  2)er  5Jame  einer  ©tabt  in  bem  ©tamme  3|öf<^<*^  3^  19, 18.    ©ie  lag  am  gu^e 

26  be«  ©ilboagebirge«  1  ©a  28,  4;  29,  1.  11,  ober^^  ber  ©tabt  Set^  e^an  1  Äg4,  12, 
untoeit  be«  Äarmel  1  Äg  18, 45  f.  ©ie  toar  bermutlid^  bie  §eimat  Sl^ab«,  ber  ^ier  einen 
feften  5Palaft  befafe  1  Äg  18,45;  2  Äg  9, 17.  31.  33,  [x^tt  bie  §eimat  9?abot^,  beffcn 
SBeinberg  an  ben  föniglid^en  5Palaft  angrenzte  1  Äg  21,  Iff.  ©ie  h)ar  ber  ©c^aujjlo^ 
ber  furd^tbaren  Sluttl^aten  3e^u«  2  Äg  9,  17  ff.,  beren  noc^  Äofea  (1,  4)  gebenft.     ,^ub 

80  3,  9;  4,  6  Reifet  fie  ©«brelom,  im  Onomasticon  bc«  ©ufebm«  267  (133)  "Eoö^rikd 
yi)if(^en  ©f^tl^ot)oli«  unb  Segio,  bei  bem  ^Pilger  bon  Sorbeauj  (333  nad^  6^r.)  ©trabela, 
a)iefer  befttmmt  i^re  Sage  auf  10  römifd^e  9Keilen  (15  km)  toon  3RaEimiano))oliö  (f.  u.) 
unb  12  römifd^e  9Weilen  (17  km)  bon  ©l^t^oj)oli«.  2llle  biefe  angaben  ^jaffen  gut  auf 
ba«  heutige  unbebeutenbe  2)orf  Zertn  auf   bem  toeftlid^en  gufee  be«  Dschebel  Fukü*"a 

86  (®ilboa),  auf  ber  SQäaffcrfd^eibe  5h)ifd(ien  bem  S^tban  unb  bem  5Kittelmeere.  6in  öer^ 
faHener  I^urm  fte^t  in  ber  9Witte  ber  hjcnigen  clcnben  §ütten.  "^m  felfigen  Untergrunbe 
befinben  ftd^  auffaHenb  biel  6iftemen  unb  im  Dften  beiJ  3)orfe«  auc^  SBeinfeltem. 

38on  anberen  Orten  ber  6bene  3-  f^i^   ^^^  "od^  folgenbe  genannt.    3^  füblidj^en 
3i>)fel  ber  ebene  lag  nad)  3ofe})f^u«  Ant.  XX  6,  1  ®inäa  (bgl.  Bell.  jud.  II  12,  3; 

40  III  3,  4),  ba«  heutige  Dschenin  mit  reid^er  Quelle  unb  fc^önen  ^almen.  9Wan  ^)flegt 
ba^  alte  En  Gannim  3of  19,  21;  21,  29  auf  biefen  Ort  ju  bejie^en,  melleid[^t  auc^ 
Bei  hag-Gan  2  Äg  9,  27  (Sutl^er:  ^a\x%  be«  ®arteng).  Serfolgen  toir  ben  ©übranb 
ber  ebene  toeiter  naä^  3Bcften  (9lorbh)eften),  fo  fto^en  h)ir  auf  ba^  Heine  Ta^'anuk,  bog 
fc^on  burd^   feinen  9Jamen  an  2]^aanad(>  (15"*"i!)  be^  212;   erinnert   (bgl.  9li  5,  19;    3^ 

45  12,  21;  17,  11  f.;  1  Äg  4,12).  "^ai^  bem  Onomasticon 261.  156  lag  e«  3—4  röm. 
SKeilen  bon  Segeon.  I)iefem  alten  Orte  cntf))rid^t  ba«  heutige  el-Leddschün,  ba«  im 
Onomasticon  liäufig  genannt  h)irb.  e^  ift  nid^t  unn)a^rf^einlic^,  bafe  ba^  in  alten 
SBer^eid^niffen  me^rfac^  genannte  51Kajimianot)olig  nur  ein  anberer  9Jame  be^felben  Drte^ 
ift.    "ilai^  bem  2$orfc^lage   be«  SJabbi  ^ard^on  (1322)   unb  ebm.  SRobinfon«  fud^t   man 

60  l^ier  ebenfaH«  bie  alte  ©tabt  51Kegibbo,  beren  Sage  am  ©übranbe  ber  großen  ebene  feinem 
3h)eifel  unterliegt,  ba  fte  an  einigen  ©tcKen  nad^  3Regibbo  benannt  toirb  (©ac^  12,  11; 
2  e^r  35, 22),  unb  ba  fd^on  bie  Jnfd^riften  I^utme^'  III.  ben  Ort  bort  anfe^en,  too  bie 
befannte  ©trafee  ber  Äüftenebcne  ba^.  ioügellanb  bon  ©amaria  berlä^t  unb  in  bie  ebene 
münbet.    Die  ©tabt  hjirb  bei  bcn  ätg^ptem  3Ka!eti,   in  ben  'Amärna-Sriefen  SKagibba 

65  genannt.  Sie  h)ar  eine  fanaanifdj^e  Äönigöftabt  3of  12,  21  unb  tourbe  toon  ©domo 
neu  bcfeftigt  1  Äg  \),  18.  3n  i^r  ftarb  ä^a^ja  2  Äg  9,27  (über  3ofia  f.  oben).  SBeiter 
nad^  3f?orbn)eftcn  liegt  Chirbet  el-Farrije,  ba^  fid^  mit  bem  alten  Hapharaim  3of 
19,19  (Onomasticon  223.  94  Aphraia)  gufammenfteHen  läfet.  9Jid^t  toeit  batoon  erf^ebt 
fid^  ber  Teil  Kaimün,  bon  bem  ba^  Kammona  be^  Onomasticon  (272.  110)  ju  Der^ 

eofte^en  ift,   biellcid^t  audj>  ba«  altteftamentlic^e  Jokneam  3of  12,  22;    19,  11;   21,  34 


d:efmf  3^ftt  dfftifii  bretfac^ei»  «mt  733 

(1  %  4,  12).  3)ie  toüu  ^ofcjj^u^  Ant.  XV  8,  5;  Bell.  jud.  II  18,  1;  III  3,  1  cr^ 
W)äl)nU  9{ctter[tabt  @aba  (bgl.  3u*>  '^/  10),  bic  in  bcr  grofecn  ©bene  an  bcr  ®rcnje 
j^iDifd^en  ®aliläa  unb  bem  ®cbict  bon  ^tolemai^  lag,  ift  noc^  nic^t  aufgefunben  h)orben. 
Sin  ber  5torbcjrenje  bcr  ßbene  liegt  ein  2)orf  Dschebata,  baö  bem  ®abati)a  im  Ono- 
masticon  246.  128  entfj>ric^t.  Über  ß^efuDoi^,  Qi}i^loti}  If^obor,  Doberat^  unb  ben  6 
»erg  I^abor  bgl.  ©aliläa  93b  VI  ©.  342.  an  ber  3Beftgrenje  ber  ebene  fmb  junäci^ft 
einige  Drte  am  Dschebel  ed-Dahi  ju  nennen.  2)er  fc^mu^ige  Ort  Endiir  entfprid^t 
bem  alten  ©nbor  3of  17,  11;  ^f  83,  11  unb  bejonberg  1  ©a  28,  7.  aBeftlid^er  liegt 
ba^  elenbe  2)orf  9lein,  ba«  bem  Dkin  be«  31Z  2c  7,  Uff.  gleic^iufc|cn  ift.  3ln  bem 
fübmcftlid^cn  gufee  be^  Sergej  liegt  el-Füle  (bie  S3o^ne),  ba^  too^l  mit  Kyamon  (eben*  lo 
fafl«  Sol^ne  bcbeutenb)  3"^  7,  3  gleic^gefe^t  iücrben  barf.  ©üblid^  am  Dschebel  ed- 
Dahi  liegt  Sülem,  ein  freunblidie«  2)orf,  in  bem  ©unem  3iof  19,  18;  1  ©a  28,  4; 
2  Äg  4,  8,  bie  ^eimat  bcr  Slbijag  1  Äg  1,  3  hjiebcr  ju  ericnnen  ift.  %\xd)  bcr$rot)^et 
eiifa  ^ielt  ft^  ^ier  toieber^olt  auf  2  Äg  4,  8.  ßublic^  ift  ein  3l))^ef  be«  212  in  ber 
(Sbene  3.  gu  fudjicn,  nämlic^  baö  1  ©a  29,  1;  1  %  20,  26  unb  2  fig  13,  17  ge^:  ib 
nannte.  ©^  mu^  nac^  1  ©a  29,  1  nic^t  h)eit  Don  ber  ©tabt  l^.  gelegen  ^obcn,  nac^ 
bem  3"ffln^"^^^^fl"9^  ^^^  1  %  20,  23  ff.  an  ber  (Sbcne  3-  ^^^^  cttoa  in  ber  Äüften- 
ebene  (togl.  3i»>f^^"^  Antiq.  VII  14,4).  2lffarl;abbon  erreichte  671  borß^r.  mit  feinem 
.^cere  i)on  3lj)^ef  an^  in  fünfje^n  2;agen  9tai)^ia  an  ber  äg^jjtifc^en  ®renje  (©d^raber, 
Älcilinfd^r.  unb  312:*,  204);  eü  lag  alfo  an  ber  ©trofee.  Die  burd^  bic  gbene  nac^  ägVJ)ten  20 
fü(;rte.  3"  ^^J"  Onomasticon  bc«  (gufcbiuö  (226.  97)  h)irb  c^  in  bie  9Jäl;e  bon  ßnbor 
gefegt.  Iicr  Tlönö^  93ur(i^arb  (1283)  toill  feine  Sluincn  tocftlic^  bon  el-Füle  gefe^en 
l^abcn. 

3.  ßin  Ort  in  ^uba,  bcr  3of  15,  56  neben  ^uüa  genannt  toirb  (bgl.  1  6^r  4,  3). 
er  Wax  bie  öeimat  ber  äbinoam,  be«  SKeibe«  SDabib«  1  ©a  25,  43 ;   27,  3 ;   30,  5  2c.  25 
3>cr  ^Jtame  beutet   auf  eine  bcfonbcrg  frud^tbare  ®egenb   l^in,   unb   be^^alb   fönnte  man 
an  ben  n)afferreid;cn  Wädi  ed-Dilbe  norbhjcftlic^  bon  Jutta  beulen,  ber   felbft  im  DU 
tober  noc^  toon  einem  SSac^c  betoäffert  toirb.  —  4.  ©ol^n  be^  ^rop^eten  $ofea  §0  1,  4. 

3ffu  S^rifli  bretfac^cd  Amt.  —  fieppc,  a)ogmatif  bcS  beutf(6cn  ^rotcftantigmuS  im  so 
16.  3ot)rf).,  ®otl)a  1857,  «MI,  p.  209 ff.,  222 ff.;  ?J.  ©(^iDcijcr,  S)le  ©laubcngle^irc  bcr 
cuaug.  ref.  Äirdic  SBb  II.  3»i^»t^  18^7;  ^cppe,  ^ic  3)ogmatit  bcr  ctoang.  ref.  Älfird^c,  dlbcr^ 
fclb  18G1;  ^.  Sdjmib,  3)ie  ©ogmolil  ber  euang.  lutt).  ftirdic,  6.  ^ufl.,  jjranffurt  1876; 
^^l.  ÄVQU^,  ^a^  ^iittlcrwer!  tin^  bem  8d)cmQ  beS  munus  triplex;  ^b'^i)  1872,  p.  .595ff. ; 
m\W,  JWecfttfertigung  unb  »erfö^nung,  3.  «ufl.  I  p.520fF.,  III  p.  394 ff.  Unter  ben  neueren  86 
^arftellunaen  ber  3)üpmQtit  ugl.  befonber«  ©tj^lcicrmadjer,  SiiiMtÖf  ©brarb  unb  3-  ^-  3)omcr. 
Kriiesti,  de  officio  Christi  triplici,  Opusc.  theol.,  Lips.  1773  p.  411  ff.;  F.  W.  Dresde, 
observationea  in  triplicem  di\isionem  mimeris  servatoris  Dostri,  Witteb.  1778;  B.  F. 
Quistorp,  de  triplici  Christi  officio,  Gryph.  1784. 

3Son  jclj^cr  ^at  baö  cf^riftlidic  9Jac^benfen  S^f"^  ^l^  t>^"  Irägcr  eine^  bü})t)clten  unb  40 
bod^  einbeitlic^cn  t^eofratifc^ien  2lmte«  crlannt,  be^  Äönigtum^  unb  be^  ^rieftertum^.  2)afe 
3efu«  ber  ß^riftu«  fei,  bilbct  ben  ^n^olt  be^  ®runbbelenntniffe«,  bafe  aber  biefer  51Kcfftad 
fein  geiftlic^e^  Äönigtum  burd^  ba^  D))fer  feinet  fieben^  begrünbc,  giebt  bie  auf  feine 
tl^atfäc^lic^e  örfc^einung  gegrünbete  erfa^rung  an  bie  ^anbfäWt  16,  16— 25;  20,25—28). 
2)ic  ^IJarabogic  be^  ®lauben^  an  einen  Ägiaiog  iotavgco/nevog  (1  5to  1,23;  2,2.  8),  45 
tüclrf^er  ^ugleic^  ber  äötoz  ani  ^\xt>a  unb  ba^  gcfd^lac^tetc  Üamm  ift  (3lp!  5,  5  f.  12,  bgl. 
aud^  30  1,29—34),  finbet  in  biefer  ^omt  einen  anfc^aulic^en  Sludbrucl.  3)en  2:eftamcntcn 
ber  }fvöl\  Patriarchen  ift  bie  SSorftcllung  geläufig,  bafe  bcr  SBcltcrföfer  auö  Sebi  unb  3;uba 
ungleich  entftamme  (Test.  Sim.  7 :  ävaoxnaei  Kvgiog  ix  xov  Aevi  (bg  ägxieQea,  xai 
ix  Tov  'lovöa  (hg  ßaadm,  Qebv  xai  ävbQwnov.  Test.  Jos.  19.  Test.  Gad  8.  Lev.  2.  60 
MSG  II  p.  1052  etc.).  "^n  faft  ununterbrod^ener  Steige  läjt  fic^  biefe  Xrabition  eine^ 
2)o})})elamteig  ßl^rifti  bom  2.  ^ö^r^unbert  big  jur  Slcformationd^cit  berfolgen,  jutoeilen 
mit  einer  zufälligen  ^He  anberer  Sexeic^nungen  tocrbunbcn,  meift  aber  flar  bod  Königtum 
unb  ^rieftertum  al«  bie  umfaffenbe  Sefd^reibung  bc^  ß^riftu^  ^erau^^cbenb ,  in  hjcld^em 
nic^t  blog  Datoib  unb  ©alomo,  fonbem  auc^  äaron  feine  2Ba^r^cit  unb  Sottenbung  gc^  65 
funben  (^uftin,  dial.  c.  Tryph.  34.  86.  MSG  6  p.  548,  681 ;  at^anaf.  or.  I  contra 
Arian.  MSG  26  p.  109;  Sactantiu«,  div.  inst.  IV,  7  MSL6p.464;  2luguftin,  Enarr. 
in  Ps.26  Nr.  2;  in  Ps.  149;  inepist.  Joh.  tract.3.  MSL  36  p.  199;  37  p.  1952; 
35  p.  200O;  ^rofjjcr  ätquit.,  IIb.  sent.  346  MSL  51  p.  482;  älcuin,  interpr.  nom. 
hebr.,  de  div.  off.  MSL  100  p.  728;  101  p.  1253;  ^^Jetruö  iJomb.,  collect,  ad  ^Ro  1  co 


734  3^tt  S^riflt  breifac^ed  Umt 

MSL  191  p.  1304).  »ei  ©ufcbiu«  bist.  eccl.  I,  3  cf.  evang.  dem.  IV,  17  begegnet 
eine  t^^ologifd^c  Ableitung  be^  2)ot)t)elamte«  an^  bem  5Wamen  3^M  (entf}>re<^enb  bem 
gü^rcr  S^fuö)  ß^riftu^  (ent^red^cnb  bem  gefalbten  ^rieftet  äaron).  S)iefe  Äonftruftion 
h)irb  t)on  e^ritt,  Catech.  X,  11  MSG  33  p.i>76  Iinb  SRufin,  Comm.  in  symb.  6 
oMSL  21  p.  345  fortge})flanjt.  ©ie  fd&eint  in  ältere  ßeiten  ^inaufgureic^en.  S)enn  ben 
grrtum,  ben  ßj^riftu^titel  enger  mit  ber  J)riefterlic^en,  ate  mit  ber  föniglid^en  Salbung 
gu  Derbinben,  begebt  fd^on  JertuHian,  adv.  Marc.  III,  7  (in  ipso  nominis  sacra- 
mento  sacerdos  Christus  delineatur.  cf.  G^riß,  Catech.  X,  4.  11.  14.  XI,  1: 
Xq.  xahTxai  diä  ro  kgareveiv).     daneben    aber   ^at   be«  ©ufebiu«  ^iftorifi^  ginn, 

10  toeldier  bie  alt^  nnb  neuteftamentlic^e  Offenbarung  gujammcnjufnü]pfen  untemal^m,  in  eine 
realere  j^eifegefc^ic^tlid^e  Betrachtung  jurüdgelenft,  in  beren  Verfolg  er  ß^rifto  ein  brei= 
fac^e«  2lmt  jujd^reibt.  Evang.  dem.  IV,  15;  VIII  prooem.  unb  banac^  (hist.  I,  2 
©d^lufe  MSG  20  p.  67  B)  in  fnaj3>)ercr  gorm  hist.  eccl.  1, 3  toirb  au^efül^rt,  bafe  6  juovog 
xal  ähi9riQ  Ägioxog,   Don  lüeld^em  3cf  61,  1  unb  5Pf  45,  8  gilt,  bie  gtifle  be«  ©eiftc« 

15  befi^e,  um  alle  anliegen  bc^  SSolfe«  ®ottc^  in  feiner  ^erfon  ju  erfüllen.  S)iefeö  toefen^ 
l^aften  ©efalbten  borläufige  abbilbcr  (in  ©rtüeiterung  be«  ©ebanlen«  Sj  26,  30  cf.  §br 
8,  5)  finb  bie  altteftamentlic^en  gejalbten  SUmt^träger:  ^ßriefter,  5ßro))l(^en  unb  ilöntge. 
3)ie  auötoal^l  grabe  biefer  tl^eofeatifd^en  ämter  toirb  nid^t  ate  eine  toitlfürßd^e  gelten 
bürfen:   fie  ftanb,  \ok  fte  ftc^  au^  ber   altteftamentlid^en  ©ejd^ic^te  naturgemäß    ergiebt, 

20  tool^l  W^on  ber  jübifd^en  Irabition  feft.  SBenigften^  be^eid^net  3ofe})l[;u«  (bell.  jud.  I, 
2,  8)  ^Regierung,  ipo^e})rieftertum  unb  $rot)^etenh)ürbe,  tpelc^e  ^o^önne«  §^rIonu«  in  fu^ 
bereinigte,  afe  rd  rgia  xgariarevovTa.  Unb  ^^ilo  (vit.  Mos.  II,  1 ;  III,  1.  23)  tyti 
bie  Seiftungen  be^  TEXeiörarog  fjye^wv  fel^r  ä^nlic^  unter  ben  toier  liteln  be^  Äönig^, 
®efe|geber!g,  §ol^ent)riefterS  unb  ^JÄroj)l^eten  befd^rieben,  beren  jtoeiter  leidet  unter  bem  erften 

26  ober  aud^  legten  mitbegriffen  toerben  fann.  3"^^ff^  bermodjte  ba«  triplex  munus  bie 
feftgetourjelte  2^rabition  t)om  bot)j)elten  2lmte  nic^t  ju  Derbrängen,  toenn  ouc^  bie 
entf^)rec^enben  S5ejeid(inungcn  ß^rifti  t)ereinjelt  ftetg  gebrandet  tourben  (jiemlid^  nal^e  an^ 
einanber  gerüdft  fd^on  3Kart.  ^ol^f.  14:  ägxieQEvg,  17:  ßaodevg  xal  diddoxaXog). 
9Jac^bem  toir  im    5.  3^'^'^^""^^^   ^^^^  Dereinjelten  9Jad^flang   ber  boHen  eufebianif^^en 

80  1^t)ologie  bei  ^JJetru^  ß^r^fologu«  (Sermo  59.  MSL  52  p.  363)  bernommen,  fommt 
unter  ben  mittelalterlichen  Ideologen  nur  XFioma^  Slquina«  Summ.  III,  22, 1  bem 
(Sntlüurfe  be^  ßufebiu«  naf^c,  ol^ne  il^n  jebod^  ju  erreid^en:  Alii  bomines  particulatlm 
babent  quasdam  gratias:  sed  Christus  tanquam  omnium  caput  habet  per- 
fectionem   omnium  gratiarum  (cf.  Aug.  de  trinit.  XV,  46).     Et   ideo  quantum 

:r»  ad  alios  pentinet,  alius  est  legislator,  et  alius  sacerdos,  et  alius  rex :  sed  haec 
omnia  concurrunt  in  Christo  tanquam  in  fönte  omnium  gratiarum.  SBottte 
man  hierbei  auc^  überfeinen,  bafe  im  ©inne  be^  I^oma«  bie  j)roj)^etifc^e  Qualität  ß^ifti 
nad^  2)efinition  unb  Jvftematifc^cr  ©teKung  (unter  ben  gratiae  Christi  atö  singularis 
bomo,   nid^t  ate  caput  ecclesiae,    III,  7,  8)   fic^  feine^toegö  mit  ber   legielatorifd^en 

4obedft  ober  aud^  nur  berührt,  fo  ift  bod^  jebenfallg  bie  ^iftorifd^=mefftanifd^e  2lnlnüj)fung, 
toeld^e  bem  eufebianifc^en  ©ebanfen  feinen  SBert  t)erleil^t,  tjerloren  gegangen.  3)a«  brei^ 
teilige  ©d^ema  bleibt  jubem  unbenü^t  liegen.  S)ag  ®anje  fällt  mit  SRec^t  unter  Golöin^ 
Urteil  (Inst.  II,  15,  1),  meld^er  bon  ben  brei  Slmt^titeln  fagt:  et  in  papatu  quoque 
pronuntiantur,  sed  frigide,  nee  magno  cum  fructu. 

4.-.  2(ud^  bie  ebangelifc^c  2e^rh)eifc  folgte  junäd^ft  ber  Irabition  bom  munus  duplex : 
Sut^er,  ^ei^eit  eine«  6^r.  14.  (S3l  27  p.  184  cf.  Äird^en})oft.  6«  10'  p.  89.  3Bie 
ferne  für  Sut^er  ber  ©ebanfe  an  ba«  ^)ro))betifd^e  ate  ein  britteS  2lmt  lag,  jeigt  feine 
(überfommene)  3)eutung  ber  ®aben  an  ba«  3^"^Ki^t>  (®3l  10*  p.  471):  mit  ®otb  unb 
Süei^raud^i  befennen   fi^   bie  SJJagier    ju  G^riftu^,  alö  Äönig  unb  ^riefter,    bie  3Wvrrl^^ 

wbebeuten,  „bag  er  fei.geftorben  unb  begraben".  3(ltere et)angelifd^e Äated^i^men regiftricren 
ebenfalls  nur  gtoei  Slmter  (Seo  3"^^  Rated^i^men  1534  unb  1535  fie^e  Gooszen, 
de  Heidelbergsche  Catechismus,  Seiben  1890  p.  53f.  S^xA^  II;  33renj,  ^agftücf 
be«  d^r.  ©lauben^  1527  II,  2  fie^e  ^artmann,  ältefte  fatec^etifd^e  3)enfmale,  Stuttgart 
1844;  fad^lic^  aud^  2utl;er,  Cat.  min.  II.  2).    ©rft  ßalbin,   ber   in  ben  früf^eren  äu«= 

66  gaben  ber  Institutio  (I^rifto  nod)  ba^  geläufige  3)o^j)clamt  jufd^reibt  (1536  II;  1539 
IV  ed.  5Heu6  93b  I  p.  69;  515),  ^at  feit  1545  (Cat.  Genev.  I ;  Inst.  VII,  5.  35b  I 
p.  515.  VI  p.  20ff.)  ba«  ^)roj)^etifrf)e  9lmt  an  britter  ©teile  hinzugefügt.  3n  ber 
legten,  fbftematifd^  abgerunbeten  ©eftalt  Jeine«  Sel^rbud^e«  bom  gal^re  1559  bietet  er  bann 
(II,  15)  jenen  gnth)urf  ber  Seigre  bon  G^rifti  3i>ert,  locld^er  gur  ®runblage  für  bie  33e- 

60  l;anblung  biefe^  Se^rftüdfe^  in  ber  reformierten  unb  aföbalb  au^  in  ber  lut^erifd^en  2^eo- 


^cftt  e^ifti  breifac^fi»  Kmt  735 

logic  0ch)orben  ift.  ßatmn  bleibt  nid;t  bei  bem  al({jemcinen  ©cbanfen  ftc^en,  bafe  bie 
©cifte^falbung  bem  Präger  beg  me^rfad^en  älmte^  bie  gütte  ber  Äraft  berliel^en  ^abe, 
fonbem  er  finbet  gugleic^  bie  fonirete  ^eil^efd^id^Üid^e  2lnfnü))fun0.  2)er  „®efalbte"  ift 
bcr  t^eotratifd;e  Stönx^  (II,  15,2).  Etsi  autem  fateor  peculiari  regni  intuitu  et 
ratione  dictum  fuisse  Messiam,  prophetica  tarnen  et  sacerdotalis  unctio  gradum  5 
suum  obtinent,  neque  sunt  a  nobis  negligendae.  3)er  meffmnifc^e  ß^arofier  3efu 
h)irb  gerabe  baran  erprobt,  baf;  er  ber  borläufigen  unb  fttidtoeifen  SSefrtebigung  ber  ein- 
zelnen anliegen  be^  Sollet  ®otte^  ein  6nbe  mad^t:  ut  in  Christo  reperiat  fides  so- 
lidam  salutis  materiam,  atque  ita  in  ipso  acquiescat,  statuendum  hoc  prin- 
cipium  est,  tribus  partibus  constare  quod  ei  iniunctum  a  patre  munus  fuit.  10 
Site  ^^rot)l^et  bringt  ber  SKeffia^  plenam  intelligentiae  lucem  unb  toirb  fomit  om- 
nium  revelationum  plenitudo  et  clausula.  2lte  König  eine^  geiftlic^en  unb  etüigen 
ateid^e^  bringt  er  ben  Seinen  nici^t  blo^  öu^ere  unb  bergänglid^e  §ilfe,  fonbem  ruftet 
fic  Dor  ollem  mit  ben  ®ütem  für  hai  eloige  Seben  au«  unb  toej^rt  alle  ^nbe  ab,  fo 
bafe  er  für  fein  SSolf  atö  §irte,  für  bie  ^einbe  ate  Slid^ter  erfc^eint.  9lte  ^riefter  bers  15 
fd^afft  ß^riftuö  ben  ©einen  burc^  ©ü^ne  unb  gegentuärtige  Vertretung,  bafe  ®ott  nid^t  ate 
Slid^ter,  fonbern  afö  gnäbiger  SBater  mit  il^nen  ^anbelt.  S)a«  breifad^e  ämt  ß^rifti,  toel^ 
c^eö  un«  aUeg  .§eil  in  feiner  ^erfon  finben  lä^t  (cf.  aud^  II,  16, 19)  {(^liefet  ben  Srfo^ 
ober  bie  ©rgän^ung  burd^  entf^re^enbc  menfc^lic^e  gunftionen  au« ;  e«  ift  felbft  bie  ftetig 
h)irfenbe  Urfac^e  für  bie  proJ)^etif(|e,  f^egreic^  föntglic^e  unb  l^ingebenb  ^)riefterlid^e  §als  20 
tung  feiner  ©emeinbe.  3)enn  6^riftui8  lourbe  nid^t  für  fic^  allein  S^räger  be«  ®eifte«, 
fonbem  für  bie  ®lieber  feine«  Seibe«,  toelc^e  be«^alb  mit  "Sitd^t  g^riften  Reifem.  3)tefe 
Sc^rtoeife  ift  ein  fe^r'  geeigneter  2lu«brud  für  bie  Don  Satoin  ftet«  betonte  SBabr^eit,  ba^ 
bie  ®emeinfd(iaft  ®otte«  nic^t  in  irgenb  einem  ifoliertm  SBerfe  S^rifti  ober  auc?  in  feiner 
bloßen  SJatur,  fonbem  in  feiner  lebenbigm  5Perfon  unb  in  ber  2eben«gemeinfd^aft  mit  25 
berfelben  gefunben  h)erbe  (II,  G,  1 :  in  filii  sui  unigeniti  persona  redemptor  ap- 
paret  Deus;  6,  4:  Christus  Invisibilis  Del  imago  cf.  I,  2, 1 :  in  Christi  facie 
redemptor  apparet,  unb  ju  ^0  10,30;  14,9.  III,  1).  6«  forbert  bal^er  Sead^tung, 
ba^  ßalDin  bie  brei  älmter  bor  ber  Sinjelau^fü^mng  ber  continui  progressus  be« 
(5rlöfung«h)erfeö  (II,  16)  mtfaltet,  alfo  mit  Sexie^ung  auf  bie  ganje  ^erfon  be«  Srlöfer«,  ao 
fo  ba^  bie  jeitlid^e  Segrmjung  irgenb  eine«  3lmte«  auf  eine  beftimmte  Seiftung  ß^rifti 
bem  ©eiftc  biefe«  6nth)urf«  burd^au«  h)iberft)re(^en  toürbe. 

Der  ^eibelberger  fiatec^i«mu«,  h)eld(ier  in  gr.  31  u.  32  ßalbin«  ®eban!en  eine  ab^ 
gemnbete  §orm  gegeben  f^at,  tmg  fc^on  burc^  bm  Umftanb,  baf;  er  aud^  al«  ®mnblage 
bogmatifc^er  Sorlefungcn  gebraucht  h)urbe,  tocfentlic^  baju  bei,  ba«  breifac^e  Slmt  ßl^rifti  35 
ber  reformierten  2:^eologie  geläufig  m  mad^en  ($etr.  5Kart^r,  loc.  comm.  II,  17, 11; 
^i«cator,  Aphorismi  p.  55 ff.;  Äedcermann,  systema  theologiae,  opp.  Genev.  1614, 
53b  II,  3ln^.  p.  66 ff.;  ^olanu«,  syntagma  theol.  VI,  29;  «mefui«,  medulla  I,  19; 
ailfteb,  triumphus  bibl.  p.  331  ff. ;  Sa^oKeb,  comp,  theol.  17 ff.;  SBenbelin,  Christ, 
theologia  XVII,  3  ff.;  (Soccejju«,  aphor.  prol.  XXI,  1.  2  u.  Explic.  Cat.  Heid.  31;  40 
Surmann,  Synopsis  theol.  V,  12 ff.;  Se^bedter,  de  veritate  rel.  ref.  IV,  9,3;  §ei= 
begger,  corp.  theol.  Christ.  XIX,  27  ff.),  ijnbeffm  lann  man  nid^t  fagen,  bafe  bie 
Drt^obojie  ben  3j"i^"ti<>"cn  be«  2Reifter«  überall  geredet  getnorbm  toäre.  ^vb^m  man 
anfing,  md)t  blo|  ben  SoHge^alt  ber  meffwnifd^m  $erfon  nad^  brei  ®eftd^t«t)unften  toers 
ftänblic^  5u  machen,  fonbem  ba«  ^iftorifc^  entmidelte  ^eitötuert  gerabeju  nad^  bem  brei«  46 
teiligen  ©d^ema  j^u  biäjjonieren,  entging  man  nid^t  leidet  bem  ÜRifeberftänbni«,  al«  fei 
G^riftu«  juerft  ^rop^et,  bann  ^riefter  unb  enblic^  Jti)nig  geioorben,  toomit  natürlich  ber 
fflert  ber  gangen  ^ormel  auf  bie  ©tufe  einer  erbaulichen  S)eIoration  ^erabfintt  (j.  33. 
Jedermann  III,  3,  7.  8  cf.  5 :  in  Christi  officio  duo  status  destinguendi  sunt, 
unus  humiliationis,  alter  exaltationis  et  gloriae.  Ad  statum  humiliationis  per-  so 
tinet  praecipue  officium  sacerdotale,  .  .  ad  exaltationis  vero  statum  officium 
regium  referendum  est,  .  . .  etsi  [Christus]  in  statu  humiliationis  aliquot 
regiae  suae  dignitatis  et  potestatis  specimina  ediderit).  äSei  ^neinanberorbeitung  ber 
Simter  unb  ber  ©tänbe  (S^rifti  bermag  nur  bie  entfc^iebenfte  f^ftematifd(ie  Äonfequenj  einer 
Serftümmelung  ber  mittlerifc^en  gunitionm  Dorjubeugen.  ^nhtm  bie  meiften  SDogmatifer  66 
auf  falbem  ®cge  fte^en  blieben,  entjogen  fie  bem  irbifc^en  6^riftu«  ettua  ba«  föniglid^e, 
bem  er^öbtm  ba«  jjrojj^etifd^e  ämt,  mad^tm  fid^  alfo  eine«  unbehju^ten  SBiberfjjmc^ 
gegen  bie  ®runbabfic^t  be«  ganjen  ®ebanfen«  fd^ulbig,  in  ßbrifto  bie  güUe  ber  t^eos 
fratifd^en  ©etnalten.  <\u  finben.  9Jur  Sllfteb  unb  in  gröfjerer  Slnlage  2öoUeb  tveifm  ton- 
fequent  jebe«  ber  ^Jlmter  in  jebem  ©tanbc  nad^ :   al«  ber  irbifc^e  6|riftu«  feine  ©emeinbc  eo 


736  ^ftt  e^riftt  breifac^ed  «mt 

ju  jammeln  begann,  ftanb  er  bereite  aU  Jtönig  ba,  unb  ber  ©rl^öl^te  übt  noc^  immer 
fein  })ro})^etifrf)e^  Slmt  burd;  bie  ^rebigl  feiner  I)iener.  3Benbelin  fyit  in  feiner  fcl(>ema- 
tifdicn  iafel  fotool^I  bie  gunftionen  aU  bie  ©tänbe  unter  bem  Xitel  be^  officium  Christi 
befafet,  burc^  toeld^eö   nun   jugleid^   ein  Säng^fd^nitt   unb   ein  Cluerfc^nitt   erfolgt.    3)lit 

5  muftergiltiger  Üogif  tverben  bie  brei  gunftionen  aU  species  officii  Don  ben  jtoei  ©täitbot 
ate  partes  beöjelben  unterfc^ieben.  Die  Slu^fü^rung  felbft  mad^t  ober  Don  biefer  dt- 
lenntni^  feinen  ©ebrauc^,  fonbem  fc|t  bie  breifad^e  3luöfü^rung  be«  Serufö  ß^rifti  in  eine 
^eitlid^c  golge  (primum,  deinde,  denique),  lüobei  ba^  nad)  biblifc^en  Segriffen  boc^ 
mit  ber  5!Jleffianität  ibentifc^e  Königtum  eigentlid^  erft  aufeerl^alb  ber  irbif(t>en  ©rfc^^eiitung 

10  S^u  9taum  finbet  (regnum  redemptione  partum),  ©o  Verlieren  bie  fd^ulmä^igen 
SDiftinftionen  ber  Ortl^obo^ie  tro|  urfjjrünglid^  biblifc^er  Segriffe  jule^t  ben  einfad^ften 
biblifc^=gefc^ic^tlic^en  2lu^ang^})unft. 

I)emgegenübcr  pat  bei  ßocceju^  ber  3ierjid|t  auf  äufeerlic^e  ©d^ematifterung  unb  bie 
5tüdfte^r  jum  lebenbigen  biblifd^en  ajJaterial  neue  fruchtbare  ®eftd^t«J))unIte  eröffnet.    Qsk- 

15  ceju^  ift  im  ftanbc,  bie  ©ad^e  Don  mel^reren  ©eitcn  ju  betrad^ten.  3)ie  ^erfömmlic^ 
^olge  fd^eint  i^m  ex  ordine  manifestationis  infofem  bered^tigt,  ald  S^rifti  SBürben 
jipar  ni^t  in  3BirfIi(^feit,  tDO^I  aber  in  ber  toad^fenben  ©rfenntni«  be«  Sollet  Dorn 
^rojj^etentum  ^um  Königtum  aufgeftiegen  feien.  (Sine  fac^lid^e  3lnorbnung  mufe  jcboc^  ba^ 
^rieftertum   an   erfle   ©teile   fe|en,   für  toeld^e^  ftc^   ß^riftuö  bem  Sater  bereite  in  ber 

20  Dorjeitlid^en  sponsio  ^ur  Serfügung  geftellt  f;at ;  bann  folgt  löniglic^e^  unb  ^)ro))^ctifd^e^ 
2lmt.  Hie  ordo  sie  patet.  Primum  est,  quo  acquiritur  populus;  secundum, 
quo  habetur  acquisitus;  tertium,  quo  ad  cognitionem  et  amorem  regis  per- 
ducitur.  S)iefe  bopjjclte  Setrad^tung  n)tirbe  einen  organifc^en  iJhb  gleid^jeitigcn  3^- 
fammenfd^Iufe  ber  XÜmter  in   ber  lebenbigen  ^erfon   ergeben,  auc^   menn   ßocccju^   nic^t 

25  außbrüdflid^  hinzugefügt  ^ätte,  bafe  bie  Übung  be^  gefamten  SKittlerlrerfe^  bi«  anö  ©nbe 
ber  läge  toä^ren  tvirb.  3"^^  Sertiefung  be^  ort^obojen  ©c^ulbetriebei^  l^aben  biefe  @e= 
banlen  beö  Gocceju^  faum  beigetragen :  Surmann,  U)elc^er  fonft  baö  coccejanifd^e  unb  ort^o- 
boje  ©^ftem  ineinanber  gefügt  l)at,  ift  in  biefem  ^unlte  über  eine  äufjerlic^e  älbbition 
nid|t  ^inau^efommen. 

30  2te^nli(|  tüie  bie  reformierte  Xl^eologie  l^at  ber  römifd^ie  Äatec^i^mu^  I,  8,  5  ß^rifto 
bie  ©umme  ber  tl;eofratifd()en  3tmtcr  jugefdf^rieben.  2)amit  Dereinigt  ftc^  ^ier  ber  au* 
guftinif(^=t^omiftif4c  ©cbanfc  (©.  734,  :u)  Don  ß^riftu^  ate  bem  ^sn^aber  ber  plenitudo 
gratiaque  Spiritus  sancti.  i^^^^f?^"  I^abcn  nur  Juenige  fat^olijc^c  X^eologen  Don 
biefer  Sel^rtüeife   einen  bogmatifd()en  ©ebraud^   gemad^t  (i.  S.  ©d^eeben,    Äatb.  ^ogmotit 

an  1882,  Sb  III,  p.  377 ff.;  ©utberlet  in  Sb  VII  Don  .t^einrid^«  bogmat.  Xl^eologie  ISO« 
p.  242  ff.,  nid^t  aber  Settarmin  unb  ^crrone). 

Ser^ältni^mä^ig  am  frembartigften  blieb  bie  Se^re  Don  G^rifti  breifad^em  Slmtc  ber 
urfj)rünglid^cn  3lnlage  ber  lutl^erifc^en  Ideologie.  S)a^  ^at  ^unäd^ft  einen  formellen  (Srunb : 
bie  ältere  lut^erifd^e  2^eologie  toar  auf  eine  ^ufammen^ängenbe  ©rörterung   be^   SBJerfe^ 

40  ober  ber  §eil^bebeutung  6l^rifti  überl^au})t  nid^t  eingerid^tet,  beja^  alfo  geringen  änlap, 
bie  trabierte  2et;re  Dom  3)o})})eIamte  ju  reDibieren  ober  ju  erweitern.  ÜRelanc|tl?on  l^tte 
ber  il;m  ft;ftematifc^,  lüenn  auch  Dielfac^  nid^t  inj^altlidf;  folgenbcn  ©c^ult^eologie  md)t 
einen  großen  unb  einheitlichen  (Sntmurf  binterlaffen,  h)ic  il^n  bie  reformierte  Drt^obo^ie 
Don  ßalDin  überneF>men  fonnte.    Sor  baö  urfjjrünglic^e  ©d(iema  ber  Loci,  tüeld^e^  nur  für 

45  eine  Sefct)reibung  Deö  jubjelttDen  Sebenapro^effe^  p(^iK  W^^  ^^^  2Reland^t^on  felbft 
allerlei  objcftiDe  t^eologifc^e  ßrfenntniffe  gelagert.  ü)iit  älu^nal^me  Don  §afenreffer  ^ben 
fid;  nun  alle  3)ogniatifer  bi^  jur  TOitte  be^  17.  ^J^^^^""^^*^  n)efentlic^  an  biefe^  fvfte= 
matifc^e  3^it*^^Ö^^i^^c  gel^altcn,  h)eld()e^  unter  bem  Xitel  ber  ^rinität  für  eine  f^jefula- 
tiDe  Se^re  Don  ß^rifti  '^ierfon,  nic^t  aber   für  Jjraltifc^e  unb   DoUftänbige  3luefagen  über 

50  ßbrifti  äBert  9{aum  geioann.  2)aö  Serfabrcn  Don  §utter  unb  ©erwarb,  hjelc^e  an  bac 
trinitarifc^=d^riftologifd^e  2)ogma  l^ier  (Dor  ber  Sc^re  Dom  aJlenfc^en  unb  ber  ©ünbe)  noc^ 
ganj  unDerftänblic^e  ©ä|c  über  ß^rifti  ©tänbe  unb  'Ümter  bangen,  jeigt  nur  bie  Serlegen^ett, 
ein  fid^  bod^  al^  nottoenbig  auforängcnbe^  SJe^rftüd  in  biefer  gangen  fl;ftematijd^en  Einlage 
unterzubringen.    3f?atürlict)  lüeift  biefer  Iljatbeftanb    ber  gönn  auf  eine  (Sigentümlic^!eit 

55  be^  ^^n^alt^  gurüd :  ba^  alleinige  ^ntereffe  für  ben  inbiDibueHen  ßmjjfang  ber  Slec^tfer- 
tigung  lenfte  Don  einer  allfeitigen  ob]ettiDen  Seh:ac^tung  S^rifti  unb  feiner  ®aben  ab  unb 
begnügte  fiel)  mit  ber  im  3"f^n^J"^"^ö"9^  '^^^  SRed^tfertigung^lebre  furg  abge^anbelten  (Sr^ 
fenntni^,  ba^  6l?rifti  iJeiben  unfere  ©<f)ulb  getilgt.  Scbiente  man  fic^  nun  ber  gomiel 
Don   einem   boppelten   älmte  ß^rifti,    fo   ging   bie  S^enbeng   Weniger   ba^in,   neben   bem 

c»  *!j5rieftertum  aud;  nod;  ba^  Königtum  au^^ufagen,  afä  Dielmel^r  ba^  löniglic^e  Slmt  auf  ba^ 


;^it  &tx'4i  bretfai^ei»  Stnti  73? 


j)rieftcrlt(i^e  ju  rcbujiercn.  5KeIan(i^tl^on^  Loci  (CR  XXI,  519,  920)  bringen  bor  bcr 
Se^rc  Don  ber  lotcnauferfte^ung  einen  älbfc^nitt  de  regno  Christi,  toel^er  offenbor 
nur  ba^  f^toörnterifd^e  3)ii^t>erftänbnid  üon  bem  irbtfc^en  l^arofter  bed  ©ottedreid^ed  be^ 
feitigen  fou:  Evangelium  clare  docet  reguum  Christi  esse  spirituale,  hoc  est, 
Christum  sedere  ad  dextram  patris  et  interpellare  pro  nobis  et  dare  remis-  6 
sionem  peccatorum  et  Spiritum  sanctum  ecclesiae.  2)anad^  h)ürbe  6^riftu^  feine 
^errfc^aft  toefentlic^  burc^  {)riefterUc^e  ^untttonen  ausüben,  ^ie  gleid^e  Stimmung  toaltet 
nod^  bei  ipe^^u«,  §auj)tarti!el  d^riftlid^er  fiel^e  1584  p.  635  ff.,  toelc^fer  jufammenfoffenb, 
„Dom  geiftli^^en  9leic^  unb  etoigen  ^rieftertum  ßi^rifti"  rebet  (p.  777)  unb  bie  gunitionen 
be«  Äönigg  (p.  691  ff.;  er  errettet  bom  ßorne ®otte«,  bemjlu^  be« ®efe^eg,  ber ©ünben«  lo 
fc^ulb,  bem  Xeufel  unb  ber  2:obe«fur(i^t  unb  fc^enft  ©eligfeit  unb  Rieben)  unb  be« 
^riefter^  (p.  751:  Serfölj^nung,  SHeinigung,  ®abe  ber  ©ered^twteit  bor  ®ott  u.  f.  h).) 
berartig  bcfd^reibt,  ba^  ein  Unterfd^ieb  nid^t  ju  entbeien  ift.  S«  leuchtet  ein,  bafe  mit 
biefem  S^t^^^^f^  ber  Konzentration  ber  ®nth)urf  be^  munus  duplex  (fo  §eerbranb. 
Comp,  theol.  1573  p.  376 ff.;  ©trigel,  loci  theol.  Sblll:  1585  p.  286,  too  ein  i6 
ämt  lebiglic^  ofö  bie  Kel^rfeite  be^  anbem  erfd^elnt:  ßi^riftu«  afe^riefter  befreit  un«  Don 
®ottc5  Qoxn,  ate  Äönig  fd^^enlt  er  xm^  baftir  bie  ®ere(^tigfeit  u.  f.  h).;  §utter.  Com- 
pend.  III,  35  ff.)  ftc^  Diel  beffer  Dertrögt  (cf.  ©.  733,42),  ol«  eine  ou^gebe^ntere  gä^Iung. 
2)a^  munus  triplex,  urfj)rüngUc^  im  grobe  entgegengefeftten  Si^t^^ff^  fonftruiert,  brong 
iWax  aföbalb  ouc^  in  bie  lut^erifd^e  Dogmatil  ein,  ober  man  fte^t  bei  feinen  erften  SSer»  20 
tretem,  bof;  ein  toeitere«  SCmt  ftd^  nur  toiberftrebenb  Don  ber  bi^^erigen  ©infoip^eit  ob« 
löft.  ©einerfer  (Paedagogia  Christ.  1566,  II,  2,  3;  Instit.  christ.  1579,  I  p.  97. 
II  p.  223.  III  p.  254)  fc^eint  bie  ertoeiterte  gormel  juerft  gebraucht  ju  fyibtn,  3:ro|bem 
bilbet  bie  au^fill^rUc^e  2)arlegung  über  bod  $rieftertum  bo^  bel^errfd^enbe  $au)>tftüa,  )u 
tt)cld^m  fid^  bie  beiben  onberen  ^mter  nur  toie  Einleitung  unb  ©djjluf;  Derlj^olten.  S)em  26 
pxopf)tt\\i)m  9(mte  föQt  bobei  !aum  ein  ^n^olt  ou^  S^rifti  irbifc^em  Seben  ju;  ed  tuirb 
mit  ben  oltteftomentüd^en  SBäei^fagungen  unb  ber  gegentoärtigen  ^rebigt  ou^efüttt,  toeld^c 
auf  bie  $erfö^nung«t^at  Dor^  unb  jurüdbeuten.  S)ie  Sc^re,  mit  toeld^er  3efu^  feine 
Sünger  fammelte,  gei]>ört  ^um  t)riefterlic^en  2lmte.  Ob  bie  Se^rtl^igleit  nun  ofe  ein  be« 
fonbered  9(mt  fonftituiert  h)irb  ober  nid^t  (®erl(iarb,  Exegesis  sive  uberior  explicatio  so 
IV,  321:  officium  triplex  revocari  potest  ad  duo  membra;  sacerdotis  enim 
est . . .  etiam  docere.  Duenftebt,  theologia  didact.  III,  3, 2:  a  plerisque  tamen 
retinetur  tripartita  distinctio),  tt)irb  fo  longe  jiemlid^  gleid^ilti^  bleiben,  old  bie  lon^ 
gentrierenbc  Senben^  nod^  Dorl^crrfc^t.  ©0  ^ot  §emming  (ßnd^iribwn  1581  p.  242)  tro| 
be^  breifad^en  ämte«  unb  beö  regnum  triplex  au^brüdflid^  nur  auf  6l(^rifti  2BirIen  im  86 
regnum  gratiae  Stüdfic^t  genommen,  qui  suo  regali  sacerdotio  et  doctrina  suis 
salutem  acquisivit.  S)ie  gleiche  3wfammenfoffung  auf  einen  ^unlt  DoH^iel^t  noc^  5WiI. 
ipunniu^  (epitome  credendorum  1625)  in  fe^  origineller  2Beife,  inbem  er  bie  Äeife 
befc^affung  burc^  ß^rifti  Dj)fer  ol«  i)riefterlid^e^,  ben  Vortrag  ber  Se^ren  Don  ber  Siedet* 
fertigung  unb  $eil^neignung  ol^  pxop^tix^d)^  9lmt  ß^rifti  obl^anbelt,  bem  lönigliAen  10 
aimte  ober  too^l  ote  bem  umfoffenben  feinen  befonberen  2lbfd^nitt  toibmet  S'^Ä^if^^" 
toarcn  aber  fc^on  §afenreffer  (Loci  1601  p.  160  ff.)  unb  mit  Doller  3)eutli(^Ieit  ®er^rb 
(a.  0.  D.  unb  Loci  de  pers.  et  off.  Chr.  187  ff.)  auf  ben  eufebionifd^scolDinifd^en  ®e» 
banlen  Don  ben  brei  partes  officii  Christi  (©.  735, 10)  obgelenlt.  S)iefe  2Benbung  toirb 
bei  ®er^arb  nic^t  blo|  burd^  ben  SluÄrudf,  fonbem  au4  boburd^  feftgeftellt,  bofe  er  gong  45 
toie  bie  reformierten  2)ogmatifer  ben  Setoeie  bofür  antritt,  ba|  nur  bie  ©umme  ber  brei 
ämter  bie  güHe  ber  SBo^ltl^aten  ß^rifti  für  unfere  Sebürftigfeit  barbietet,  ^m  rinjelnen 
erfc^eint  bemerlen^toert,  ba^  ©erl^rb  für  ba«  löniglid^e  älmt  burd^  Übertoeifung  be« 
regnum  potentiae  ein  llore«  ©t)ejifilum  finbet.  äte  enbtid^  feit  ÜRitte  be^  17.  3a^r* 
l^^unbert^  bo^  alte  metand^t^onifd^e  @(^ema  ber  ^ogmoti!  einer  obieltiD^l^iftorifd^en  Stm  so 
orbnung  be^  ©toffeg  toxi),  entftonb  SRaum  für  eine  jufammen^ängenbe  3)arftellung 
be«  3Bcrfe^  ß^ifti,  bie  nun  regelmäßig  nad^  bem  breifod^en  2lmte  bi«t)oniert  tourbe 
(GaloD,  Systema  VII,  4;  Duenftebt,  Theologia  didact.  111,  3,2;  93oier,  Com- 
pend.  III,  2,3;  Jtönig,  theologia  positiya  §  202 ff.;  ^oDog,  Examen  theolog. 
III,  1  cp.  3,71,  l^icr  mit  einer  legten  ©rinnerung  an  ben  au^ongd))unlt :  si  of- 55 
ficium  Christi  mediatorium  strictiori  sumetur  sensu,  cum  officio  ipsius  sa- 
cerdotali  videtur  coincidere).  Die  bei  ber  reformierten  Drt^obojie  notierten  Unflors« 
l^eiten  jeigten  fic^  bobei  umfome^  ofö  bie  bem  lut^ifd^en  ®eifte  urf))rünglid^  frembe 
gomtel  me^r  h)ie  ein  öufjere^  Slegiftertoerf  übernommen,  ote  in  il;ren  inneren  Irieben 
Derorbettet  tDurbe.  «0 

maumritlopmt  m  Geologie  unb  Stit^t,  3.  «.  VIII.  47 


3)ic  Rutil,  tt)el(^c  (Srncfti  1778  an  ber  l^errfd^enb  gelDorbenen  SeJ^rtDrifc  übte,  tcam 
al^  eine  SVeaftion  be^  genuin  lutberifd^en  @mt)finbend  t)etflanben  toerben.  Smefli  begreift 
nid^t,  toe^l^alb  bie  Hare  unb  l^inreic^enbe  Sejeici^nunö  be«  5B3erfe«  6^ri|K  al3  satisfactio  butdSf 
bilblid^e  SBenbungen  bcrbimlelt  Serben  foHe.  ßwbem  feien  bie  t>erfc^iebenen  äJlmter  ntc^ 
6  gegen  einanber  abgegrenzt.  S)er  ÜReffta«  fei  gu  aWofe«  geit  al«  ein  ^xopf^tt,  in  ber 
^önig$}eit  al^  ein  ^5nig  ertuartet  tüorben,  ol^ne  ba|  ber  ^nl^t  ber  SorfteQung  ge^ 
h)e(^felt  ^abe.  @^  greife  aUed  in  einanber,  tuorau^  bie  Sntbe^rlid^feit  me^rfoc^er  Xüel 
folge,  ^n  Vertiefter  Oeftalt  begegnen  bie  gleid^en  SluöfteBungen  bei  gran!  (@^fi.  b.  c^. 
2Ba^rl^.  3.  »ufl.  1894,  II  p.  208 ff.;  ä^nlic^  Äübel,  c^.  gel^rf^em  p.255f.):  „too^renb 

10  burd^  bie  9?ebeneinanberfteIIung  ber  brei  Smter  e^  ben  ©(i^ein  gewinnt,  ol«  feien  fte  brti 
gleid^toertige  ©tücfe  eine«  pe  in  fic^  befaffenben  ®anjen,  eben  be«  officium  Christi,  fo 
jeigt  fid^  Bei  naiverer  Setrat^tung,  ba^  h>eber  bo«  jjro^jj^etifd^e  nod^  ba«  föniglic^  Amt  mit 
oem  jJriefterlid^en  auf  gleid^er  Sinie  fte^t,  fonbem  ba^  beibe  auf  le|tere«,  ober  t)ielme^ 
nur  auf  bie  barunter  befd^Ioffene  ©ü^nung,  fo  ober  anDerd  ^in^  unb  jurücftoeifen,  biefelbe 

16  aU  boQbrac^te  ober  gu  boÜbringenbe  Doraudfe^en'^  3(n  eine  Srgönjung  ber  fatt^fat^ 
torifd^en  Seiftung  in  ß^rifti  ®erf  bürfe  über^auj)t  nic^t  gebac^t  toerben.  Sttoa^  fremb» 
artige  Seflanbteile  bürfte  bagegen  fd^on  ®mefti«  Schüler  mom^  (diss.  de  Christo  de- 
mandatum  sibi  a  patre  duplex  negotium  exsequente,  Lips.  1785)  in  feinen 
SB3iberf))rud^  gemifc^t  l^aben.    ®a§  er  unb  mand^e  au^eft)rod^ene  Stationaliften  bad  fonig» 

20  lid^e  älmt  al^  eine  befonbere  ^nttion  befeitigen,  h)eil  §efu  mefftanifc^-föniglic^  ©teOung 
burd^  Dj)fer  unb  Se^re  aufgefüllt  toerbe,  entf})ric^t  itoar  einem  alten  lut^erifd^en  @ebanten, 
jugteid^  aber  ber  behjufjten  ober  unbetou^ten  Slbneigung  gegen  eine  über  tnbij)ibudls 
geiftige  SQSirlungen  l^inau^reifenbe  h)a^r^aft  gefd^ic^tlic^e  unb  loemifd^e  9lealitat  be^ 
Sleid^e«  ßi^rifti.    ^n  bie  gleid^e  Kategorie  bürfte  SRitfd^te  Äriti!  bed  munus  triplex  ge« 

25  ^ören :  ?Jirieftertum  unb  $ro})^etentum  ß^rifti  laffen  fid^  nid^t  auf  einanber  rebugieren, 
fonbem  bejeid^nen  h)irflid^  ein  boj)t)eIte«  §anbeln,  einmal  in  ber  5li(^ng  t>on  ben 
5Kenf(^en  auf  ®ott,  unb  umgefe^rt  in  ber  SRic^tung  bon  (Sott  auf  bie  aJlenfdj^en.  2)as 
gegen  bleiben  für  ba^  Königtum  feine  gejonberten  gunftionen,  fonbem  bie  beiben  anberen 
Ifemtcr  müffm  bm  ©toff  be«;felbm  boHftänbig  liefem.    ©J)iegelt  ftd^  nic^t  in  bieferÄritü 

80  ber  ^erfömmlit^m  Se^rtoeife  ber  (Smnbgebanfe  be«  ©toftem«  toiber,  toeldf^er  bie  ^errf^oft 
(Sottet  ftreng  genommm  auf  ba«  ®ebiet  geiftiger  SBirfungm  befc^ränlt  unb  auf  eine  tom 
fequente  Slnjjaffung  ber  G^rifti  föniglid^em  ^Regiment  unterfteDtcn  SRatur  an  ben  ®etfk 
tjerjid^tet'^  3ßäre  bicfe  Vermutung  rid;tig,  fo  toürbe  ber  inl^altlid^e,  nid^t  Mofe  fdj^ema* 
tifae  SBert  ber  5>^i^"irf  ^^^  munus  triplex  für  bie  ßrlenntnid  ß^rifti  unb  ber  gefomten 

86  Dffenbamng  inbireft  erliefen  fein. 

6^  bürfte  ba^er  fein  gute«  3led(|t  befi^en,  baf;  bie  übertoiegenbeSBel^a^I  ber  neueren 
3)ogmatiIer  ba«  trabitioneHe  ©c^ema  feftl^ält.  ©c^Ieiermac^er  ging  in  biefer  Jtid^tung 
boran,  inbem  er  (ß^r.  ®Iaube  §  102)  bm  too^Igelungenm  Slad^Wei«  untemo^m,  ba^  bie 
brei  aiemter  in  i^em  unlö^lid^m  3wf^"^"i^"WIw|  t^^"  ß^arafter  ber  burd^  ß^riftuÄ  uofls 

4obrad^tm  ßrtöfung  DoUftänbig  befd^eioen:  ©tiftung  einer  ®Iaubm^emeinf4Kift,  in  h>el(^ 
ba«  einzelne  ®tieb  in  j)erfönlid^sbeh)ufeter  religiöfer  ©erül^mng  mit  ®ott  fte^t.  Sei  Äu^ 
fd^tu^  be«  t)ro^)^etifc^en  Slmte«  toürbe  baö  flare  Setoufetfein  be«  ®Iäubigen  einer  magifc^ 
^eitet)ermittetung  h)eid^en.  O^ne  ba«  löniglic^e  Slmt  toürbe  bie  Sejiel^ung  be«  fe^iaras 
ttftifd(im  ®läubigen  auf  ein  ©emeinloefen  fel^Im.    3)ie  ätbtoefenf^eit  beS  ^ol^njjriefterHe^ 

46  3lmte«  mblid(i  loürbe  bie  ©tiftung  ß^rifti  be«  religiöjm  ©ehalte«  beraubm. 

3)ie  bi^^erige  ^iftorifd^e  Überfid^t  h)ar  bereit«  barauf  angelegt,  bie  inneren  3:riebe 
unb  bm  SBäert  be«  ®ebanfm«  Dom  munus  triplex  burc^  bie  toirfiid^e  ßnttoidfelung  auf' 

äujeigm.  Die  eigene  Grtoägung  barf  ba^er  in  Äürje  nur  ba«  ßrgebni«  jiel^en.  ®ie 
iebre  tjon  ß^rifti  brcifac^em  SCmte  fteHt  ben  ßrlöfer    in  anfc^aulid^er  Sffieife  ate  bm  ®r» 

60  füller  aller  altteftamentlirf^en  9Bei«fagungen  unb  bamit  aller  SebürfniRe  be«  mmfd^lid^ 
3Befen«  bar.  2öa«  ^^xad  bon  ber  §eil«jufunft  erwartete,  ^atte  fid^  me^r  unb  me^r 
in  ber  Hoffnung  auf  ben  ^Rejfta«,  „ben  ©efalbtm  ®otte«"  fd^Iec^t^in,  ben  S^räger  alle« 
§eil«  für  @ottc<^  SSolf,  fonjentriert  Qo  1,  41 ;  4,  25).  3)enfelbm  backte  man  al«  ben 
König,  toelc^er  bie  «öerrlid^feit  be«  bai)ibifd^en  SHeid^e«  toieber^erftettm  foHte.    §iefe  bo<^ 

56  ber  ti^eofratifd^e  König  al«  ^n^aber  ber  ijorjüglid^ftm  amtlid^en  ©albung  bon  jel^ 
„®otte«  ©efalbter"  (1  ©a  2,  10.35;  12,  3.  5;  24,  7.  11;  26, 9. 11  u.|.h).),  unb  bei  ber 
Seid^tigfeit,  mit  tocld^er  ber  ^jro^^etifd^e  Slidf  bon  einer  untooHfommmm  ©egmhwrt  auf  bie 
tooKenbcte  3"^w"fi  gleitet,  tann  man  in  ben  5ßfalmen  me^^d^  ^toeifeln,  h)0  bie  @rmje 
gtoifc^en  gcfc^idj^tlic^er  3lnfd(iauung  unb  2Bei«fagung  liegt  C^Jf  2,2;    132, 17,  fad^li^  bgl. 

6oau4  ^f  110;  2  ©a  7, 12  ff.).     3e  getoiffer  aber  3«racl   in   feinem  SReffia«  nid^t   eine 


I 


dcfit  e^rifit  bretfac^fi»  amt  739 

btofee  S03icberl^olun{j  babibifd^er  §errfc^aft,  fonbern  bie  %ixÜ^  ber  ©abcn  (Sottet  erh)artet, 
um  fo  bcfttmmter  münbcn  and)  alle  übrigen  Söei^fagungen  in  biefe  eine  flto^e  Hoffnung: 
ber  ^xopi^tt,  Der  al«  2Roft^  Stad^folger  bem  ©oUegboIte  nie  fehlen  foD  (3)t  18, 15),  toirb 
fc^Iie^lid^  mit  bem  3BeJfta«  fo  gut  toie  ibentijd^  (3o  6, 14  f.,  boc^  aud^  1,25).  ©id^erlid^ 
befafe  Ujeber  ba«  ä3:  nod^  ba^  ft)ätere  S^benlum  eine  bur^au«  fefte  J)roj)^etifd&e  2:l^0'  6 
loflie :  um  fo  me^  Slaum  aber  blieb,  in  ber  ©eftalt  be«  üJleffiae  alle  jerftreuten  ßtemente 
,u  fammeln.  Ratten  bod^  bereite  9Kofe^  unb  3)abib,  an  toeld^e  biefe  gwfunftebilber  an^ 
:nü>)fen,  föniöli^e  gü^rerfteUung  unb  ?lJrop^etenh)ürbe  toereinigt  ($f  77,  21;  ä®  2,30). 
dlad)  ber  britten  ©eite  aber  toirb  ba«  93ilb  be«  SKeffia«  in  9Sef  53  burd[^  bie  äugfagen 
über  ben  leibenben,  feine  ©eele  gum  ©c^ulbojjfer  toeil^enben  (Sotte^fned^t  toert)oIIftänbiflt.  lo 
©ic^erlid^  l^at  l^ier  ^^xad  bie  nötige  Kombination  am  toenigften  bottjogen,  toeil  ed  ben 
9Weffia^  lieber  in  §errlid^feit  ertoortete  unb  bie  tiefften  2lbfid(|ten  ®otte«  nid^t  toerftanb. 
"änd)  bie  ^age  mag  unerlebigt  bleiben,  toie  toeit  im  S3eh)ufetfein  be«  SSerfaffer^  bon 
Sef  40—66  ber  flnec^t  ®otte«  fid^  mit  bem  SKefftod  bedft.  2öer  in  ben  altteftamentlid^en 
&ei^fagungen  ettoa^  mel^r  al^  disjecta  membra  eined  rein  menjd^Iid^en  ipoffnungdbaue^  i6 
ertennt  unb  t)on  bem  großen  3(^1^^^'^^  ber  SSoQenbung  au^  ba^  @ime(ne  ju  orbnen 
fud^t,  loirb  tro^bem  nic^t  jtoeifeln,  baf;  nac^  ®otteg  2lbji^t  au(^  biefeig  ©tüdt  ber  ®eftalt 
be«  3)lejfta«  eingefügt  toerben  mufe.  S)er  3:itel  „ber  Äned^t  ®otte«"  xat'  i^oxnv  ftettt 
bod^  einen  2tmt^träger  toor  äugen,  loeld^er  in  unbergleid^lic^er  unb  jufammenfaffenber 
SBeife  ®otte«  SBerf  au^rid^tet  (cf.  aud^  Baij  3,  8).  ©ein  2:räger  fliegt  bal^er  in  ber  30 
Äonfcquenj  notioenbig  mit  bem  nac^  ®otte^  ^erjen  regierenben  t^eofcattfc^en  Äönig  ju« 
fammen,  toelc^er  ben  gleichen  litel  fül^rt  (j.©.  $f  78,  70;  89,4).  ebenjo  barf  baran 
erinnert  toerben,  ba^  bie  ^rojji^eten  unb  cox  i^rer  ©ipifte  9)iofe«  ^äufig  (^otted  Äned^te 
l^eifeen  (3)t  34,5;  2lm  3,  7;  9;er  7,  25  u.  f.  h).).  X^atfödSflic^  übt  ber  beuterojefajanifd^e 
®otte«Ined^t  neben  ber  ©ül^ne  auc^  t)roj)l^etif(^e  (3ef  53, 1 1)  unb  $errfd^erfunftionen  (3ef  25 
55, 4).  aSöHig  geborgen  loirb  ja  fid^  ®otteö  SSolf  erft  füllen  fonnen,  toenn  jeber  Äon« 
flift  ber  t^eolratifd^en  ämter  burd^  bie  ®inl^eit  au^efd^Ioffen  unb  in  einer  einzigen  5Perfon 
(§ebr  7, 23  f.)  jeglic^ed  §eil^ut  ju  finben  fein  toirb.  Slamentlid^  nad^  ber  2öfüng  be^ 
häufigen  l^iftorifc^en  flonflilte^  jloifd^en  Königtum  unb  ^rieftertum  WKiute  man  au« 
(1  ©a  2,35;  ©ad^6, 12f.).  Dem  5Priefterfönige  nac^  SRelc^ifebet«  Sffieife  gehörte  bieao 
Hoffnung  ($f  110,4).  älHe  biefe  berfc^iebenen  Elemente  mußten  um  fo  getoiRer  in  ber 
mejfianifc^en  IJbee  fu^  mifd(ien,  je  Harer  bie  f^)ätere  5ßroJ)l(^etie  in  ber  (Snbgeit  ®ott  felbfi 
ate  bem  Äönige  unb  ^irten  feine«  aSolfe«  ju  begegnen  gebadete  (6j  34,  5.  11.  23  ögt. 
^f  80,  2) :  benn  unter  bem  iitel  eine«  $irten  fd^einen  an  fic^  mehrere  gunftionen  be* 
griffen,  al«  unter  bemjenigen  eine«  König«  (^o  10  3.  9. 11;  2Ufteb,  triumphus  bibl.  ss 
XVII,  4),  unb  in  jebem  galle  l^ört  bie  Sefd^ränfung  auf  irgenb  ein  begrenzte«  ^eil«^ 
loirfen  auf,  fobalb  man  ®ott  felbft  in«  ©})iel  bringt.  S)iefelbe  SBal^r^eit  toirb  für  bie 
menfc^li^e  ^erfon  be«  ertoarteten  ©rlöfer«  baburd^  au«gebrüdft,  bafe  biefelbe  ben  ®eift 
®otte«  in  toielgeftaltiger  gütte  unb  al«  Kraft  umfaffenben  erlöfenben  I^un«  befi^t  (^lef 
11,  1  f.;  61, 1  f.  bgl.  2c  4, 18 ff.,  Z^  3,  34).  3)iefe  ®eifte«falbung  maiji  jur  SBa^r^eit,  10 
loa«  bie  ©atbung  ber  Könige  (l©alO,  1;  16,3  u.  f.  to.),  ^^Jriefter  (6528, 41;  Se 
4, 3  u.  f.  to.),  bereingelt  au(^  ber  nic^t  eigentlich  beamteten,  fonbern  c^ari«matifc^  frei  be^ 
gabten  $rot)^eten  (1  Kg  19, 16,  Dielleid^t  %\  105,15;  boc^  ift  „©albung"  bie  »e» 
ftaDung  über^aut)t:  $r  8,  23)  bebeutet  (1  30  2,  20.  27).  »etennt  ftc^  nun  bie  d^riftlid^e 
®emeinbe  gu  3icfu«  al«  bem  ß^riftu«,  fo  f^md^t  fie  bamit  au«,  baf;  fie  in  i^m  ben  Iräger  45 
aller  ^^ätigfeiten  finbet,  toeld(^e  bem  üBolfe  ®otte«  ba«  ^eil  fd^affen.  3efu«  ift  König 
(3Kt21,  5;  27,  11.  42;  >  1,  50;  18,  37;  äpl  17, 14),  ^^rot)^et  (iRt  21,  11 ;  2c  7,  16; 
13,  33 ;  a®  3,  22 ;  fac^lic^  aud^  2)lt  7,  29 ;  §br  1, 1  f.),  ^o^erjjriefter  (§br  2,  17 :  3, 1 ; 
4,14;  5,10;  6,20;  7,26;  8,1;  9,11,  fad&lic^  auc^  9tö5,ll;  8,34).  Unb  tn  bem 
litel  be«  $irten  (9[o  10;  §br  13,  20*;  1  ^t2,  25  togl.  5,4)  unb  fonftigen  Kombinationen  60 
(gtoiefac^  So  18, 37 ;  §br  5,  6;  7, 1 ;  1  ^t  2, 22—25;  a»)!  1, 13 ;  togl.  oben  ©.  733, 10); 
breifad^  §br  1, 1—3;  21})I  1,  5)  toerben  feine  ämter  jufammengefa^. 

2öäre  nun  bie  Slntoenbung  be«  5!Jleffta«titel«  auf  S^f"^  ^in  2lr(^ai«mu«  ober  eine 
gleic^iltigc  SRfomobation,  fo  toürben  fold(ie  K^fammenfteHungen  nur  ben  SBert  Don 
Spielereien  bcft^en.  3ft  e«  aber  SBaf^rl^it,  bafe  ®otte«  toorbereitenbe  Dffenbarung  für  alle  55 
ßeiten  bie  formen  fc^uf,  in  toeld^en  feine  DöUige  ©elbftbarbietung  bem  menfc^Uc^en  Se= 
bürfni«  naf^e  ju  lommcn  toermag,  fo  toerben  toir  folgerecht  ben  formalen  2Reffta«begriff 
burc^  ba«  ©d^ema  be«  breifad^en  2lmte«  mit  lonfretem  '^vifaXi  511  erfüllen  ^aben.  ®rabe 
in  biefer  unb  in  feiner  anberen  Kombination  toirb  ber  toirfli^  crfd^icnene  5Keffia«  be* 
fc^rieben.    ©0  ertoeift  fw^  bie  gormel   al«  fc^r  braud^bar,  ben  biblifclien  ©toff,   toie  er  eo 

47* 


no  ^tt  e^rifti  bretfai^ed  Ümi 

jur  tooUftänbiöcn  3)arftenung  bcr  ^crfon  ß^rifti  gcl^ört,  tn  feinem  urft)rüngfic^  3"- 
fammen^ange  ju  orbnen.  ^l)x  f^[tematifc^er  3öert  toirb  freiließ  etft  ou^  bem  SRac^toeifc  er^ 
gellen,  bafe  jur  (grfüHung  ber  meffianifd^en  2;i^ätigfeit  nid^t  mel^r  unb  nid^t  toeniger  aU  grabe 
bie  burd^  fie  bejcid^netcn  gunfttonen  nötig  fmb.  3)iefer  SRoc^toei«  ift  in  ben  i>erfd^iebenPen 
6  J^ormen  berfud^t  toorben  {%,  S.  Se^bedtcr,  de  veritate  rel.  ref .  IV,  9,  3 :  Befreiung  öon 
ijrrtum,  ©c^ulb  unb  ©ünbe,  lob ;  ipeibegger,  Corp.  theol.  ehr.  XIX,  27  nac^  1  Ro 
1,30:  oixpiay  dixaioavvrj  re  xai  ayiao/Aog,  äjiokvTQcooig ;  5ßl^ilipj)i,  Stxxi)l,  &lavbcn^ 
Ic^re  IV,  2  ©.3:  Scbrcn,  ©ü^nen,  Seiten),  in  muftergiltiger  f^ftematifc^  Äonfequenj 
\)on  ©d^teiermac^cr  (©.  738,37).  ©eine  ©ebanten  lönnten  nur  baburdji  nod^  eine  feftere 

10  ©lü|e  gewinnen,  ba|  man  fte  bon  ber  Beobachtung  ber  SßirlRd^Ieit  jum  ©tjfafjen  ber 
9?oth)enbigfeit  überleitete ;  eS  toürbe  gezeigt  toerben  muffen,  bafe  ^m  btefer  breiglieberige 
2;^atbeftanb  ber  ßrlöfung  bem  SBefen  ber  SReligion  fö.  5p.  ßange,  5ßofttit>e  3)ogmata, 
©.  794)  ober  beffer  noc^  bem  Sebürfni«  ber  menfc^Iid^en  5Watur  entfjjrid^t  (Sbrorb,  6^ 
Dogmatil  §  400;  Sö^I,  2)ogm.  ©.  361 :  „^nltionen,  bie  jur  ©rftiHung  be«  menfd^Iic^ 

16  £eben«jh)ede^  erforberlid^  fmb".  3)ie  Weitere  Slu^fül^rung  erfc^eint  bei  biefen  beiben  Dog- 
matifern  jebod^  jiemltc^  tDtllfürlid^).  @ine  berartige  Xenbenj  tDol^nt  t)iellei(^t  bereite  ber 
32.  ^age  be«  §eib.  Äat.  inne  (bal.  auc^  ©.  735,  20),  toeld^e  bie  ®rIöferfunItionen  ß^rifti 
in  bem  geben  be«  ß^riften  fic^  fortfe^cn  läfjt  (togl.  au(^  für  Königtum  unb  ^rieflertum 
(Se  19,6;  3li)!l,6;  5, 10).    2)en!en  Jüir  in  ber  menfc^Iic^en  SRatur  um  ben  SRittelpunlt 

30  ber  religiöfen  9(nlage  auf  ©ott  bie  fonjentrifc^en  streife  ber  fittli^fen  älu^bilbung  bed 
t)erfönlid^en  SBäefen^  unb  be§  glieblid^en  Sufammenj^angc«  mit  ber  menfd^Ii(^en  ©emeinfd^ft 
fotoie  b^r  umgebenben  SSJelt  gelagert,  fo  Würben  biefer  ©trultur  bie  mefftanifd^en  ^mter 
in  ber  golge  ^ßrieftertum,  ^ro})l[;etentum,  Königtum  entf^)re(^en.  Sermittelft  biefer  l^s 
tigfeiten  befriebigt  bie  mefftanif^e  ^erfon  bie  anliegen  be^  ÜRenfd^entoefen^  of)n^  Über= 

26  fd^ufe  unb  in  lücfenlofer  SoUftänbigfeit,  hjobei  nic^t  abjufel^en  ift,  toe^^Ib  eine  ftrenge 
fVftematifc^e  Setrad^tung  mit  Kaftan  (2)ogm.  §  58)  ba^  breifad^e  Slmt  ß^rifto  nid^t  al^ 
bem  Offenbarer  ®olte«,  fonbem  nur  unter  bem  ®efid^t^j)unfte  feine«  menfd^lid^en  (Se^or^ 
fam^  jufd^rciben  müjtc.  gnthjeber  trifft  bie  gormel  auf  6^rifti  gefamte  perfönlic^e  SBirt 
famfeit  unter  allen  ®efid^tg^)un!ten  ju,  ober  fte  h)äre,  lüenn  fc^on  erbaulid^,  fo  bod^  jeben 

80  %aM  fvftematifc^  nid^t  bertpenbbar.  SBenn  anbererfeit«  ®ef;  (ß^rifti  ^erfon  u.  SBer! 
III,  ©.  9)  bie  ^ormel  ^u  tt)enig  umfaffenb  finbet,  toeit  fie  jh>ar  ß^rifti  SBirlen  auf  bie 
2Renfc^en  unb  auf  ®ott,  m6)t  aber  auf  fid^  felbft  begreife,  fo  fönnte  man  ftd^  borauf  gurücfs 
jic^en,  ba^  c^  fid^  eben  um  2lmt«h)irffamfeit  l^anbett.  ©ofem  inbeffen  ßl^rifti  äemter 
toon  feiner  einl^eitli^en  jjerfönlid^cn  Haltung  nid()t   gelöft  toerben  bürfen,  unb  feine  gunfs 

36  tionen  ben  Umfrei^  bei8  menfd^lid^en  SBefen^  befc^reiben,  Derfud^t  man  beffer,  a\xd^  jebe 
Slu^fage  über  3«fu  perfönlid^e«  SSer^alten  in  bem  gegebenen  ©d^ema  unterjubringen,  hw« 
auc^  ol^ne  ©d^h)ierig!eit  gelingen  bürfte,  toenn  man  nic^t  Jjebantifd^e,  me^r  auf  ba«  8ilb 
afe  bie  baburd^  bejeid^nete  ©ad^c  gerichtete  änforberungen  fteHt.  S^^^^^fött^  toiegen  formelle 
©c^tüierigfeitcn   in  biefer  Südffid^t  Diel   leidster,  afe  ber  bereit«  feftjjeftettte  S^j^atbeponb, 

40  ba^  jebe  ©treic^ung  innerhalb  be«  munus  triplex  bie  boHe  ßrlöfertoirffamteit  berfürjt 
(©.  738).  2)ic«  gilt  nid^t  blo«  SRifd^tl,  fonbern  an^  granf  gegenüber,  toenn  auc^  in 
minberer  ©d^ärfe.  93efd[;ränltc  man  cmftl^aft  ß^rifti  irbifd^e«  äöirfen  auf  bie  S5efd[K>ffung 
ber  ©ü^ne,  fo  toürbc  man  auf  bie  2)urc^geftaltung  be«  menfc^lid^en  SBäefen«  im  S^fönis 
men^angc  mit  ß^riftu«  über^au^t  berjic^ten  muffen.    2)urd^brid^t  man  ober  mit  gtan! 

46  in  biefer  Ic^teren  §infid^t  bie  ©d^rante  ber  ifoliert^religiöfen  unb  inbibibualiftifd^en  lut^ 
rifd^en  ©dj»ultrabition,  inbem  man  bie  ÜRenfc^l^cit  ®otte«  jum  ®egenftanbe  be«  göttlidj^en 
§cil«})lane«  nimmt,  fo  toürbc  biefer  gcfunbe  ßnttourf  erft  öoUftänbig  feftftel^en,  toenn  man 
bie  ©runblagen  bafür  in  ß^rifti  ßrlöferfunitioncn  tooUftänbig  nac^h)iefe. 

e«  Dcrftel^t  ftcb  übrigen«  tjon  felbft,  baf;  ß^riftu^Jn  jebem  2Komente  feiner  irbifc^ 

50  h)ic  gcgeniüärtigen  SBirffamfeit  al«  Iräger  fämtlid(ier  SÜmter  gu  beulen  ift  CJli^fd^,  ©Vf^em 
§  132).  SVenn  bie  gegenteilige  93e^au})tung  einer  jeitlidj^en  Slbfolge  nid^t  ettoa  blofe  un- 
julän3lid;er  ©l;ftematif  entfjjringt  (©.  735,  47  unb  Sutl^arbt,  ÄonH)enbium  §  52),  fo  \>ct' 
lürjt  fie  bie  ßrlöfungötoirtfamtcit  faum  Weniger,  al«  bie  gänjlic^e  Untcrfc^lagung  eine« 
©tücfe«.    einen  braftifd^en  Setoei«  bafür   liefert  ber  ©ociniani«mu«,  toeld^er  für  bie  ge» 

66  famtc  irbifc^e  3:l^ätigtcit  ß^rifti  nur  ba«  J)ro})l;etifc^e  Slmt  in  2tnft)rud^  nimmt,  um  bie 
übrigen  gunltioncn  al«  blaffe  Detorationen  bem  ©tanbe  ber  ßrl^öi^ung  borjubc^alten 
(Cat.  Racov.  S  191  ff.  456  fjf.).  Slu^t  bod^  ber  SBert  ber  gonnel  bom  munus  triplex 
Juefentlic^  barauf,  ba^  biefelbe  bie  ein|^eitlid^e  6rlöfer))erfon  al«  bie  ftet«  gegcntoätttge 
2:rägerin  i(;rcr  Söirfungen  barftellt.    3)ie«   f^lief^t  allerbing«  ein  „9Sorh)iegen  ber  einen 

60  ober  ber  anbern  ©cite  be«  mittlerifc^en  Serufe«  in  ie  einem  ber  großen  »bfd^nitte  ber 


dcftt  e^rtfri  breifad^ed  9titt  Sefttatctt  741 

GJefd^id^te  (Sl^rifti  ober  and)  in  einzelnen  feiner  ipanblungen"  (Ääl^Ier,  SBiffcnfc^aft  bcr 
d)x.  Seigre,  2.  3lufl.  ©.  332)  fo  toentg  au^,  toie  einen  organifd^en  älufbau  ber  Sftmter  mit 
einem  feften  ^klpuntt^,  nämlid^  bcm  5lönigtum.  auf  biefe«  afö  ben  organifierenben  S^öccf 
be^  ®anjen  beutet  öor  allem  bie  biblifc^e  ©runblage  ber  gormel:  3lu^ang^j)unft  unb 
toefentlid^er  ®e^alt  bed  meffianifc^en  Slmte«  ift  föniglic^e  i^errfd^aft  über  unb  für  (Sottet  5 
^olt,  beren  eigentümlid^e  3){obtft{ation  bie  übrigen  Xitel  befc^reiben.  9luc^  fac^lid^  liefert 
ber  (Sebante  be«  Äönigtum^  ßl^rifti  ben  bentbar  umfaffenbften  ©efid^tö^unft  (©.  737,  lo 
unb  ©o^niu^,  nac^§ej)j)ea.  a.D.  222 f.)  Se^aut)tet  man  nur  ate  ©jjecifilum  be«  föniglid^en 
SKmte^  bie  faftifd^e  3Jlac^t  über  bie  einzelnen  ©laubigen,  bie  ©emeinbe  unb  bie  SBelt 
(Sutl^er,  Cat.  min.  II,  2:  ba«  Jjriefterlid^e  SBirfen  bient  bem  föniglic^en),  fo  toirb  im  lo 
übrigen  bie  SRebe  öon  ß^rifti  regium  sacerdotium  et  prophetia  regia  (Slmefiu^, 
Medullal,  23,32;  SRitfd^I  ©.  738,  28,  ögl.  aud^ §eibegger  unb  Ää^ler  a.a.O.)  nur  ber 
älnfd^aulid^feit  unb  SBaf^rl^eit  be«  gangen  ©nttourfe^  bienen,  toeld^er  ja  ß^rifti  Seben^toerl 
nic^t  in  mec^anifc^  abgegrenzte  Steile  jerftüdeln  (ba^er  bie  beliebte  Di^jjofition  be^Stoffe^ 
nad^  ber  barauf  gar  ni^t  eingerid^teten  gormel  öon  jioeifelf^aftem  SBerte ;  3:]5>ö»"öpw«/  ^ 
&f)x\\i\  ^erfon  u.  SBerf,  3.9lufl.  II  ©.  3  f.,  Ää^Ier  a.  a.  D.),  fonbern  bie  girlulation  be« 
meffianifc^en  Seben^blute«  in  einem  nottocnbig=gefc^(offenen  Äreife  aufzeigen  toill.  3ebe 
ber  urft)rünglic^  öerfd^ieben  orientierten  STuffaffungen,  au^  toelc^en  bie  traditionelle  gormel 
gufammenflo^,  bie  altfir^Iic^-Iut^erifc^e  mit  bem  ^ntereffe  ber  Äonjcntration,  unb  bie 
eufebianifd^scafeinifd^e  mit  bem  anliegen  ber  Äumulation  öerfc^iebener  ämter  beft^t  eben  20 
i^r  eigentümliche^  SRec^t.  6^  gilt  barauf  ju  achten,  ba^  jebe^  äimt  neben  feinen  eigenftcn 
©rengen  auf  jeber  ©eite  ein  gemeinfame«  ®ebiet  mit  ben  beiben  übrigen  teilt,  fobafe  gc- 
toiffe  ^nltionen  unter  öerfc^iebenen  ©efid^t^^junlten  botj^jelt,  n>enn  nic^t  gar  breifad^  re* 
giftriert  toerben  (önnen  (SBunber  unter  bem  föniglid^en  ober  t)ro}}^etifc^en  ämte;  toeiterc 
Seifpiele  bei  SaDindt,  Gereformeerde  Dogmatiek,  Sb  II,  Kampen  1898  ©.  336  f.).  25 
SKber  eben  biefer  21^atbeftanb  entft)ric^t  bem  toirflic^en  2eben  be«  Drgani^mu^. 

©egentüärliger  Slrtilel  befc^ränlt  fid^  ftreng  barauf,  bie  3^ragh)eite  ber  gormel  öom 
officium  triplex  S^rifti  im  allgemeinen  bari^ufteQen.  ^r  bie  genauere  S3efc^reibung  bcr 
einzelnen  ßrlöferfunftionen  ögl.  bie  Slrtifel  Sfleic^  ®otte^,  93erfö|nung  u.  f.  to. 

(S.  %,  ^arl  affiner.     30 

3:efuoten.  —  öJuifeppe  ©onofibe,  Vita  del  b.  Giov.  Colombioi,  9?om  1642;  %  S3npt. 
9{ü(fi,  S.J.,  Triumphus  divinae  gratiae  per  b.  Columbinum,  JRom  1648;  berf.,  Vita  b.  Job. 
Colunibini  Seoensis,  fimdatoris  ordinis  Jcsuatorum  in  ASB  t.  VII  JuJ.,  p.  354—398; 
§cli)ot  III,  407  ff,;  5r.  $üe§I,  2eUn  bc8  fei.  3.  ßolumbini  nud  ©iena,  Stifter«  bcr  3cfunfen, 
JIfcgenSburg  1846;  ©rftfin  JRambuteau,  Le  bienheureux  Colombini  etc.,  4.  6d.,  ^ariö  1899.  35 
—  ©gl.  gtnf,  «rt.  „Sefuaten"  in  ^rf*  unb  ©riiterö  (Snc,  eeft.II,  .£>.  1(S  6. 424 ff,;  ^c\dc, 
SAß*  VI,  1371ff.;  3öc!Ier,  «Sfefc  unb  3Kön*tum  @.  512ff.;  $)einibiirf)er,  Crben  u.llongrc» 
gntionen  u.  f.  ro.  I,  486-488. 

S)er  Drben   ber  Senaten  —  beffen   anfängli^e  Benennung  Clerici  apostolici  s. 
Hieronymi  (ober  anq  §ieron^miten)  auf  ben  eifrigen  Äultuö  |inh)eift,   toeld^cr  in   ber  40 
gtoeiten  §älfte  be^  14.  ^^^r^unbert«  bem  gelehrten  ^eiligen  toon  Setf^lc^cm   gctoibmet 
tourbe  (ögl.  b.  ä,  „§ieron^miten"  Sb  VIII  ©.  40  f.)  —  tüurbe   um  1360  burd^   ben 
frommen  ©ienefen  ©ioöanni  ßolombini  gegrünbet.    3)erfelbe  tourbe,  nac^bem  er  längere 

feit  ate  begüterter  Äauf^err  unb  ©enator  feiner  3Saterftabt  in  glüdlic^er  6l^e  mit  93Iafia 
eröetano  gelebt  l^atte,  unter  @inh)irlung  ber  Segenbe  öon  ber  äg^JJtifd^en  5Dlaria,  tüelc^e  45 
er  gelefen,  ju  bußfertigem  ©inn  unb  SBJanbel  befcl^rt  (1355),  Salb  ergriff  i^n  ein  fo 
[tarier  excessus  divini  amoris  et  fervoris,  baß  er  fic^  toon  feiner  ©attin  —  mit  ber  er 
fd^on  längere  ^c\i  l^inburd^  ein  ©c^einefieleben  nad^  älteren  a^Ietifd^en  SBorbilbem  gefül^rt 
f^atte  —  fd^Iießlid^  gang  trennte,  fie  unb  feine  3!od^ter  mit  einem  2^cil  feinet  SScrmögen^ 
abfanb,  ba^  Übrige  an  Älöfter  unb  2lrme  öerfd^enfte,  unb  nun,  gufammen  mit  feinem  60 
gleid^gefinntcn  ^eunbe  grance^co  5Wiani,  in  völliger  ajjoftolifd^er  SKrmut  lebte,  unter  Ser« 
ridbtung  niebriger  ^flegerbienfte  in  ©^itälern  unb  Haltung  toon  Suß^jrebigten  an  öffent« 
liefen  Orten.  SSom  ©enat  „toegen  3Jerfü^rung  ber  l^offnung^oflften  ^ugenb  gu  if)ox: 
beiten"  au^  ©iena  au^geloiefen,  fe^t  er  feine  3SoBbringung  öon  SDSunbem  barmherziger 
Siebe  in  Strejjo  unb  an  anberen  Orten  fort,  bi^  ber  Sluebruc^  einer  öer^eerenben  ©euc^c  55 
feine  efirentooue  gwrüdfberufung  burd^  bie  35äter  feiner  ©tabt  veranlaßt.  3lte  balb  barauf 
$a}}ft  Urban  V.  bei  feiner  SRüdffel^r  au^  Slljignon  nac^  3lom  5WittelitaIicn  burc^jog  (1367), 
begrüßte  i^n  auc^  6olombini  an  ber  ©Jjt^e  feiner  3ln^ängerfd^ar,  bie  man  ungefäl^r  ijon 
ba  an  aU  „Jesuati"  gu  bejeid^nen  ^jflegte  —  angeblich  toeil  fie  bei  il^rem  ©imug  in 
ajiterbo  \)on  ben  ©äuglingen  biefer  ©tabt  mit  bem  Stufe  „©e^ct  bie  ^^fwatcn!"   begrüßt« 


742  3^fitatcn  ^^ftiUenorbett 

toorbcn  n>ären,  in  aBirllid^Ictt  aber  tool^I  toeflcn  i^rer  ©etoo^n^eit,  ju  änfang  unb  ju 
6nbc  il^er  begciftcrlen  93u6l)rcbifltcn  ben  S^iw^«««^«"  au^jurufen.  3)ic  l>om  gül^er  ber 
©d^ar  an  jenen  ^a}}ft  geri^tete  Sitte  um  (äeftattung  ber  beabfu^tigten  Drben^rünbung 
unb  3SerIei^ung  einc^  Orbenölleib«  blieb  eine  S^  lang  unerfüllt,  toeil  ber  Serbad^t  eined 

5  gufammen^angg  mit  ben  ^äretifd^en  graticeHen  jener  3^^  <»wf  i^w^  laftete.  @rfl  noc^ 
bem  ßolombini  biefen  SSerbad^t  mit  ßrfolg  gurürfgetoiefen,  erfolgte  bie  }}ä^fMid^e  ®cne^ 
migung,  turj  \>ox  bem  am  31.  3«'^  ^367  erfolgten  2:obe  be«  Stifter«.  3)ie  Seitung  ber 
neuen  Drbenögenoffenfd^aft,  bie  toefentlid^  nur  SBerfen  ber  Äranlenj)flege  unb  bamit 
toertoanbten  Siebeebienften  f\d)  tuibmete  unb  vorläufig  blo^  Saienbrüber  (mit  niebcren  SBd^cn) 

10  ju  3Kttgliebem  ^atte,  überlam  nun  jener  grance^co  SJliani.  ^^re  anfänglid^  au«  bend)tt 
tinif^en  unb  frangiöfanifd^en  ßlementcn  gemifc^te  2eben«orbnung  ifi  jpättt  burd^  eine 
Sluguftinerregel  mit  ettoa«  milberen  SSorfc^riften  erfe^t  toorben.  3)o4>  blieben  einige  an 
Die  urf^jrünglic^e  ftrcnge  Sü^er^jraji«  erinnembe  ^üq^,  j.  S.  ba«  fragen  l>on  ©anbalen 
\iait  Sd^uf)en  unb  ba«  täglid^e  ©ic^gei^eln,  aud^   in  biefer  gemilberten  Drben^berfaffung 

16  jiurüdf.  —  ^m  männlid^en  ^ieil  bc«  Drben«,  toelc^em  ^aul  V.  1606  no(^  einmal  eine 
Sleform  (mit  ber  ©eftattung  auc^  bc«  6m}}fang«  ber  ^rieftertoeil^e  für  einen  Heineren  leil 
ber  SKitglieber)  angebei^en  lie|,  rife  im  Saufe  be«  17.  SajE^ri^unbert«  eine  fo  ftarfe  Ser- 
toeltlid^ung  ein  (,,3lquatoitsSSäter"  Rieften  fd^liefelic^  feine  ^itglieber,  toeil  f^e  l^au^jtfäc^Iic^ 
nur  nod^  in  ber  Äunft  ber  2iför=93ereitung  fid9   au^jeid^eten),  ba^   bereit«   1668,  burt^ 

20  Giemen«  IX.,  feine  3luf^ebung  toerfügt  hjerbcn  mu^te.  S)agegen  ^aben  bie  öon  einer  Skr* 
hjanbten  be«  Drben«grünber«  6aterina  6oIombini  (f  1387)  in  ©iena  geftifteten  unb  öon 
ba  fjjäter  tueiter  verbreiteten  ^^fwaten-Sd^toeftcm  ober  gcfuötinnen  bie  urf}}rünglid^e  Strenge 
i^rer  2eben«grunbfä^c  lonfcquent  feftgel^alten  unb  be«l;alb  ben  männlichen  S^eig  ber  ®e- 
noffenfd^aft  um  Dofle  gtuei  ^al^rl^unbcrte  überbauert.    Sie  foHen  bi«  1872  fidf^  in  einigen 

26  SJicberlaffungen  in  S^^lien  be^au^jtet  l^aben.  3di<(tt. 

^efuttcnorbcti.  —  I.  3)er  Drben«ftifter  unb  fein  SBJerl.  —  1.  9(clieftc 
SBiü^rap^icn  unb  DueUfd)ri  f  tenjur  ®e(cöicf)te  2ol)ola§.  S)ie  ASB  t.  VII  Jul. 
p.  409—853  (jum  ai.SuIi)  bieten  nad)  SSorau§icnbunfl  eine§  reic^ÖQÜigen  Comment  praevius 
(üon  So^.  ?5iniu§  quo  &c\ü,  f  1G78),    ^QUplfödjlid)  jiüci  geitgcnöffijdje  üeben«bilber;    a)  bie 

80  Acta  antiquissiraa,  aufflejcicftnct  burd)  2ül)§  ©onjaleji  (fiub.  GenfoIünS)  auf  ®runb  birctlcr 
inünbnd)er  Grjä^Iungen  be§  3ötiatiuö  irä^rcnb  beffcu  legtet  ßcbcnöjd^rc  (alfo  eine  Art 
Selbftbiücjrop^ie  bcö  Stiftcrö  bilbcnb,  uiid)tig  bejonbcv«  für  bcffen  inneren  ©ninjicflung^gong 
lochen  ber  öJennuiflfcit  ber  bovin  nicbcrflelcQlcn  i^rinncrungen  an  bie  einzelnen  Stobicn  feine« 
QUmnl)lid)cn  geiftlidjcn  4>cranreifcn^);   b)  eine  au«füt)rlic^ere  5Sita  üon  bem   jn  Sgnaj^  2ieb* 

35  lin(\«fdjülern  flc^öriflcn  'ifetru«  SRibobcncirn  —  in  i^rer  einfoc^n  Urgcftolt  (92capel  1572; 
mid)  3}?Qbrib  158G;  9(ntiücrpen  1587 f.;  2i)on  1595  k.)  noc^  im  Zorn  eine« mofiiJüDen  ^one« 
gtjrifu«  ßcbaltcn  unb  fvci  uon  2Bunberbei'ldjtcn,  welche  leitete  crft  feit  1604,  auf  SBunfc^  be« 
öJeneroIö  ?(quauiua.  noditifiglid)  uoni  SScrfoffer  (f  1611)  in  pe  eingefügt  luurbcn.  —  Auf 
9?ibQbcneira  folgte  oI«  näd)ftnltcfter  33iograpl)  3ü().  $eter  ^Woffei  (Mapheus  f  1633).     8einc 

40  Sd)rift  De  vita  et  moribus  Igo.  Loiolac  libri  III  (53encbt0  1585;  Sl'öln  1585  unb  1605; 
$avi«  1641  2C.)  gct)ört  fllcid)faaö  nod)  5U  ben  relatiü  lüunberfvcien  SJarfteflungen,  bie  erft 
burd)  fpätcrc  (Srgftn,^cr  (luie  JRod)n$  58uIpiuS :  De  Ign.  Loiolae  gloria  über,  ^obua  1727; 
ugl.  bie  Gloria  postliuma  Igiiatii  in  ASB  p.  77G— 853)  mit  mirafulöfen  Suffi^f^i  belüftet 
lüDrben  finb.  —  9Rand)e«  ©d)te  umfcöliefecn  aud)  bie  Don  Oliücr  3Kannräu«,  einem  ber  legten 

45  übevlcbenben  ®efftf)rtcn  be«  i?üi)olQ,  aufge5cid)neten  (Erinnerungen  (mitgeteilt  im  Comm.  prae- 
vius ber  ASB  p.  578-584;  aud)  feparot  ^erau«geg.  (ogl.  W.  Sader,  Biblioth.  etc.  IV,  382). 
—  S)ic  neuerbingö  burd)  fpnnifd)e  Sefuiten  ücröffentlicftte  bricflitöe  ^orrcfponbcnj  fiojjola« 
(Carlas  de  S.  Ignacio  de  Loyola,  6  93be,  ^Wobrib  1874-89)  bietet  üiel  2Bid)tige«  jur  (Sv 
gän^ung  ber  älteren  S3iogrnpl)ien,  befonbcr«  wa«  bie  äufeere  Xptigfeit  be«  Orben«ftiftcr«  an» 

60  geljt,  lueniger  betreff«  feiner  inneren  Gntiuidclung.  2>ie  ©nmminng  ift  jmar  reid)t)Qltig,  aber 
feine«n)eg«  Dollftänbig.  3WQnd)e«,  um«  iljr  j^nr  Grgonjung  gereicht,  bürftcn  bie  Epistolae 
mixtae,  ex  variis  Europae  locis  ab  anno  1537  ad  1556  scriptae  bringen,  meiere  bie  fpani- 
fd)en  SSätcr  ber  ®ef.  3efu  in  ben  fünftigen  Lieferungen  i^rer  3J?onot«fd)rift  Monumenta  hi- 
storica  Societatis  Jesu  [^Wobrib,  in  4^  feit  1898;  au^  greiburg,  b.  ^erber]  ju  üeröff entließen 

66  beabfiditigen  (vgl.  fiitter.  SRunbfd).  f.  b.  fatft.  2)eutf4l.  1899,  1,  S.  27). 

2.  8pfttcrc  biograpl)ifd|c  ^Jarftellungen.  a)  SSon  fat^ol.  (meift  jefuitifdjen)  SSer* 
foffern:  9?ifoI.  Crlonbinu«,  S.J.,  Sanctus  Ignatiiis,  Dtom  1615;  «ntio.  1620  (©b  I  ber  burtfi 
8acd)inu«,  Quüencinö  unb  G^orbora  fortgeführten  Historiae  societatis  Jesu,  f.  unt.,  9lbfd).  IV 
j.  9lnfg.);  2)aniel  SBovtDli,  S.J.,  Della  vita  e  dell'  Istituto  di  s.  Ignazio,  9?om  1650.  1659; 

60  aud)  i^enebig  1673;  ^Wnilonb  1704  u.  ö.  (fronjöf  in  2  ©ben,  9?om  1672  u  ö.;  neue  ?ru«g. 
üon  3Qcquc«  Xerrien,  S.J.,  iMOe  1893)  —  eine  im  jefuitif^en  Sager  bcfonber«  gefc^fiftc  unb 
nngefel)cne  ^cc^rift,  bie  „eigentlid)e  offizielle  üol)oln*93iogrQp6ic  be«  Crbcn«";  3)c  ©on^our«, 
Vie  de  S.  Ignace,  $ori«  1679    oud)   beutfd)  burc^  3.  Stftrrf,  Äöln  1693,    fotoie  ncuerblng« 


^cfttUenorbftt  743 

burd)  ?(.  ü.  öaja-9{abU&,  Wien  1835;  $.  J&eh)ot,  in  bcr  Hist.  des  Ordres  etc.,  VII,  452 
m  490;  (5^.  ©eneüi,  SJ.,  3)q«  Scben  bcä  ^.  ggnattuS  ü.  So^oIq,  3nn«brud  1848  (neue 
5ruäg.  u.  53.  I^olb,  Sien  1894);  3.  ßlr^tincQU.SoU),  Histoire  religieuse,  politlgue  et  litt^- 
raire  de  la  Comp,  de  Jösus,  6  vols.,  $ar.  1845;  3.  edit.  1859  (aud)  bcutfd):  58icn,  5  S3bc, 
1845—52);  5.3.  ©u6,  5)ic  ÖJefcOfcf).  3efu,  Waim  1853;  6ö.  ©lair,  S.J.,  La  vie  de  s.  Ign.  5 
de  Loy.  d'api^s  P.  Ribadenaira,  ^ßorl^  1691  (rclc^  ittuftr.  ^ra^frocr!).  .&.  3o(l),  St  Ign. 
de  Loy.,  $ar.  1899  (gcbränfltcö  G^araftcrbilb  üon  mcfcntlii  paneg^rifc^cr  ^altung,  gu  ber 
im  Secoffvefc^cn  ^Scrlage  erfcftcinenben  ^agiologif^cn  ©ommlung  „Les  Saints"  gci^örig). 
3i5.  ÄIpbonS  be  $oIanco,  Vita  Igoatii  lx)y.  et  rerum  Societatis  Jesu  historia  1491—1551, 
6  ©be,  ^obrib  1894—98  (erf^iencn  in  ber  oben  genannten  3^ *tfc^r.  Monura.  hist.  soc.  J. ;  10 
aucö  feparat).  —  b)  SSon  jetuitenfcinblijften  (proteftontifc^en  ober  liberaUtat^oIifc^en)  SSer« 
faffcrn:  ©UaS  ^afenmüffer.  Historia  jesuitici  ordinis,  gronffurt  1588  u.  i).  (oucf)  bcutfcft  burcft 
m.  fieporinuö,  1594);  SRub.  ^oSpinimm«,  Hist.  Jesuitica,  3üri(^  1619;  ®enf  1670;  3. 
e^r.  4)Qrenberg.  ^ragrnat.  ©efcfti^te  beS  Crbcn«  ber  3cfuitcn,  2  55bc,  ^aüt  1760;  (3.  6^r. 
«belung),  SSerfuc^  einer  neuen  ©ef*.  beS  ^ef.«©.,  ©crlin  1769 f.;  $et.  $f)il.  ®olf,  «ttgem.  I6 
®cf*.  bcr  3efuiten,  4  Xeile,  3üri(6  1789 ff.,  2.  «uff.,  i?eipi.  1802f.;  fi.  5tim.  6pittlcr,  Ueber 
bie  ®ef(ft.  unb  Serfoffung  be«  3ef.'0.,  fieipj.  1817;  fieop.  9tanfe,  in  »b  I  feiner  ®efd).  ber 
röm.  ^Päpftc  (1834,  7.  5lufl.  1878  —  unter  ben  gebrängtcren  ^orftettungen  üoni  proteft. 
@tanbpun!t  eine  ber  ^en^orragenbften :  quedenmöfsig  unbefangen,  üon  grogartiger  l^iftorifc^er 
?(uffaffung  auSgc^nb);  &.  3«iiu8,  3)ie  3cfniten.  ®efd).  ber  ©rünbuno,  9(u«breitung  unb» 
entmicflung  20.  ber  ©efeüfcö.  Sefu,  3  ©be,  fipj.  1854;  faul  ^offmann,  $ie3efuiten;  ®ef(§. 
u.  ©t)ftem  2C.,  ^Jiann^eim  1870;  3"^.  ^ubcr,  3)cr  3«futtenorben  nac^  feiner  SJerfaffung  unb 
3)oftrin,  ?Birffamfcit  unb  ©efcftidjte  cöarafteriftcit,  S3er(in  1873  (bebeutenbfte  frit.  3)arftenung 
Dom  Ubera(*fat^.  ©tanbpunft).  —  0.  $>enne  am  SR^t)n,  3)ie  3ff"iten ;  bereu  ©ef^.,  SBerfaffung, 
^oral  ?olitit,  SRcIiglon  u.  ©Iffenf^aft,  3.  9luf{.  fipj.  1894;  ©ber^arb  ®otbein,  3gnatiuS  25 
i\  fioljola  (Schriften  beä  SBereinS  f.  SReformationSgefd).)  ^atte  1885;  berf.,  3gn.  0.  fio^ola 
unb  bie  Gegenreformation,  ^olle  1895  (jene  ©rofdjüre  oon  1885  an  9?eic^l)altigfeit  unb  ®e« 
biegen^t  er^eblic^  übertreffenb :  uon  ben  neueren  fritiid)  lüiffenftöaftlicftcn  2)arfteflungen  bie 
bebeutenbfte;  f.  6.  3Kirbt,  in  ^S-  ®b  80  (1897).  8.  43 ff.  aucf)  bie  9?ec.  oon  öenratl):  3)fi3 
1896,  ^r.  7,  fonjie  anbererfeitä  bie  in  ben  jefuitifc^en  Anal.  Boll.  1896,  IV,  449—454).  —  ao 
9)?.  ^aijac,  Ignace  deLoyola.  Essai  de  psychoIogie  reUgieuse  (Th^),  ^ariS  1898;  ^crm. 
9Kü[Icr,  Les  origines  de  la  Compagnie  de  J^sus;  Ignace  et  Lainez,  $ar.  1898  (intereff. 
aber  cinfeitiger  Serfuc^,  bie  Gntfte^nng  bed  Crbcnd  jiim  grogen  Seil  auf  mu^ammebanift^e 
©iniüirfung,  b.  ft.  auf  bie  iWacfta^mung  ber  ®ef}orfam3a*fefe  iSIamifcfter  ©eften  burd)  fio^ola 
unb  fiainej  jurücfiufü^rcn;  ogl.  bie  Äritifen  t». ^nbcrt:  %f)2Q  1899,  92r.  10,  unb  0.  3örf^«^:36 
XfiS^I.  1899,  9fir.  14. 

[3ur  qucüen^fritifcften  SBürbigung  ber  auf  ßo^ola  unb  feinen  Orben  bcjüglic^en  älteren 
^iftor.  fiitteratur  t)gl.  außer  9?onfc  (^Spfie  JC,  III,  im  ?lnftang,  6.  114—116)  befonber« 
"^lox.  SRitter,  3gn.  0.  Soi)oIa;  feine  innere  Gnttoicflung  jc.  {^S  1875,  IV,  305-330),  foroie 
©ot^cin  (1895),  @.  1—10  unb  6.  779f.].  40 

S)ie  ^eimat  ber  ©efeBfdf^aft  3^u  ift  ©t^anien,  ba^  Sanb,  in  toelc^ein  ber  Äamjjf 
jtüifd^cn  ©Iriftentum  unb  3^Iam  übet  fieben  3^^^^^"*^^^^^*«  fortbauerte  unb  ben  romans 
tifd^en  ®eift  bc^  SHittertumg  im  Slbel  am  längften  )[üa(S)  unb  Icbenbig  erl^ielt.  „©Jjanifd^e 
^rieftet"  ift  eine  ber  älteften  unb  gugleic^  ber  treffcnbften  j)oj)uIärcn  Benennungen  für  bie 
5Kit0Heber  biefer  Drbcn^enoffenfc^aft.  ®em  fpanifc^en  Solfögeiftc  entftammt  bie  c£trem  45 
unbulbfame,  am  ^htal  einer  abfolutcn  ®Iauben«ein^eit  aßet  93()lfer  mit  fd^lDärmcrifd^er 
Segeifterung  l^aftenbe  Seben^rid^tung  berfclbcn  im  allgemeinen.  ®leicl^h>ie  e^  frejiett  bie 
^erjönlic^feit  il^rcg  ©rünber«,  eine  ber  lonjentrierteften  SJerlörperungen  be^  fj)antf(^en 
5WationaIgeiftc^  gctoefen  ift,  auf  toelc^e  bie  uncrj^örten  Erfolge  bc^  Drben^  in  feinem  bie 
Sertpirflic^ung  jene^  ^'beal^  (unb  bamit  bie  93elämj)fung  beg  ^roteftanti^mu^  ate  feinet  w 
^iobfeinbeö)  bctreibenben  ©treten  fic^  in  legtet  2inie  jurücffü^ren. 

^on  ^nxQO  2ot>^  be  SRecalbe,  au^  altabeligem  ©efc^Iedj^te  Bpankn^,  toaxh  aU  ber 
jüngfte  ©o^n  be^  SRitter«  93eltran  \>on  So^ola  1491  auf  bem  gleid^namigen  Schlöffe  un- 
ineit  Sl^Jjeitia  in  ber  ^roüinj  ®uij)UKüa  geboren,  ©eine  3^9^"^  berbrad^tc  er  am  §ofe 
gerbinanb^  bc«  Äat^oUfd(^en ;  ritterlidper  ©inn  unb  I^atenbrang  toie  betootc  (S^rfurdf^t  ijor  66 
ben  ^eiligen  tuaren  frü^e  ^cröorftec^enbe  3ü0c  feinet  (S^arafter^.  Rufammen  mit  jtoei 
älteren  Srübem  biente  er  unter  feinem  Se^nö^errn,  bem^enog  DonJiaicra,  mel^rerc  Sö^'^^ 
im  fpanifdl^en  .peere.  9lfö  er  1521  mit  fül^ncr  XcH)f erfeit  $am}}Iona  gegen  bie  granjofcn 
öerteibigen  l^alf,  jerfd(^metterte  i^m  eine  Äugel  ben  einen  %n^.  3luf  feinem  toäterlidf^en 
©c^loffe  unterjog  er  fic^  mef^rcren  fc^merjU^en  Operationen  lautloö  —  bcnnodf^  blieb  ereo 
fein  Seben  lang  ^inlenb.  ^n  ben  einfamcn  ©tunben  be^  Äranlenlagerg  begehrte  erSüd^cr; 
feine  Siebling^leftüre,  SRitterromane,  toarcn  nic^t  aufzutreiben,  [tatt  i^rer  brachte  man  i^m 
ein  iJeben  3^fw  wnb  eine  ^eiligenlegcnbe  (nämli^  be^  ilartäufcrö  Subolf  öon  ©ad^fm 
Vita  Christi  unb  bie  „Flos  Sanctorum",  bcibc  in  taftilianif(^cr  Übcrjc^ung).  S)ie  neuen 


744  ^ititeuorkett 

(ginbrüdfe,  bic  er  aufnahm,  pxä^tm  fic^  \l}m  tief  ein  unb  rangen  mit  ben  Silbern,  bie 
big^er  Jeinen  ®eift  befd^äftigt  Rotten.  S3alb  gebadete  er  ber  ©ante  feine«  §erjen«,  ber 
er  [xd)  m  ritterlid^er  3Kinne  getoei^t  l^atte:  fie  toar  mel^r  ate  ®räfin  unb  ©erjogin;  bolb 
fo^  er  mit  Sertounberung  auf  bie  ^lac^fol^er  be«  armen  Seben«  Sl^rifti  unb   il^ren  tpelt^ 

6  übertvinbenben  Ramp^:  bad  tl^at  @.  ^anjt^Iu«,  ba«  @.  ^ominilu«,  tDarum  follte  tc^  e^ 
nic^t  aud^  tl^un?  ^tnt  h)e(tli(|en  ©ebanlen  ertoärmten  feiniperj,  liefen  ober  äne  fühlbare 
Sfliebergefd^Iagenbeit  jurtidf;  biefe  geiftlic^en  3:rdume  ffimmten  i^n  frol^er  unb  frieblic^er; 
in  ben  erften  erlannte  er  barüm  dingebungen  be«  ^eufete,  in  ben  I^em  göttlid^^  ßr^ 
bedungen.    S)iefer  Unterid^ieb  tüurbe  fjjäter  ein  toefentlid^er  3ug  feiner  geifttid^  Übungen. 

10  @o  gestaltete  ftd^  i^m  ein  glänjenbe^  Silb  be^  geiftlid^en  SlittertumiS,  reic^  an  @ntfagungen 
unb  Djjfern,  an  Siegen  unb  SRul^m.  ^n  ^crufalem,  in  ber  Sefe^ng  ber  Ungläubigen, 
fa^  er  ben  SBirfungöfrei«  feiner  3w^"f^-  3lte  er  fic^  toieber  l^ergefteHt  füllte,  hKxnbte  er 
fi4  nad)  bem  2)ominiIanerIlofter  SKontferrat  unb  legte  l^ier  eine  ©eneralbeid^te  ab  — 
nid^t  tttoa  \)ox  bem  bamaligen  3{bt  (^on  ^uan  be  S^anoned,  92ac^fo[ger  be«  berül^mten 

16  Oarcia  Gi^nero  feit  1510),  fonbem  öor  einem  frommen  ^rieftet  beö  Drben«.  @x  ber^ 
taufd^te  ^ier  feine  reichen  Äleiber  mit  einem  Settlergetvanb,  ^ing  feine  Slüftung  öor  bem 
5Dlarienbi(be  auf  unb  l^ielt  mit  bem  5ßilgerftabe  in  beripanb  öor  feiner  neuen  §errin  nad) 
alter  Stitterfitte  SBaffentoadf^t.  Salb  barauf  finben  h)ir  i^n  in  bem  ©täbtd^en  9Ranrefa, 
in  bejfen  DominifanerHofter  er  l^arten  ©Übungen  obliegt,  beftel^enb  in  töglid^  toieberl^olten 

20  ©ei^elungen,  ftrengen  ^^aften  unb  emften  ©etüiffen^^jrüfungen.  6rft  eine  f^^äterc  Drbeng* 
fage  lä^t  i^n  biefe  Sü^ungen  in  einer  einfamen  §ö^Ie  (ber  cueva  santa  —  Siac^^bilbung 
t)on  Senebift^  ^eiliger  ©rotte  bei  ©ubjaco  ober  öon  graniji^fu«'  I^alfd^Iud^t  bei  äffifi) 
untoeit  3Kanrefa  toome^men ;  in  aßirllic^feit  erfolgten  fie  im  bortigen  Älofter  felbft  (f.  ©o^ 
tl^ein  1895,  ©.214  unb  786).    ätHe  ad^t  3:age  empfing  er  bie  ©udf^ariftie;  immer  pÄn- 

25  lid^er  quälte  er  ftd^  mit  bem  Sluffjjüren  alter  ©ünben,  unb  ba  er  trofe  feiner  Oetoiffens 
l^aftigleit  feinen  ^eben  fanb,  fc^lo^  er,  um  nac^  langem  Äam^jfe  jur  Mul^e  ju  gelangen, 
mit  ber  Betrachtung  feinet  Vergangenen  Bebend  toöHig  ab.  6r  ftanb  bem  9)anbe  beö 
®rabc«  na^e,  ba  werben  i^m  n>unberbare  SSergüdfungen  ju  teil.  @r  fc^aut  in  ber  ®eftalt 
breier  gur  Harmonie  ijerbunbener  Älaüiertaften  bai8  ®el^eimniö  ber  3)reieinigfeit    äfe  ber 

80  ^riefter  bei  bem  Dffertorium  bie  §oftie  in  bie  §ö^e  ^ob,  fie^t  er  über  il^r  bie  ®lorie  be^ 
göttlichen  Sic^te^,  in  i^r  ben  ®ottmenfc^en.  (fin  unbeftimmter  ®egenftanb  öon  toei^er 
^arbe,  au^  bem  ©tra^lat  berüorbred^en,  öerfmnbilbet  i^m  ba«  3Dl^fterium  ber  asät^ 
fc^öjjfung.  Dft  ijergegentoärtigte  fid^  tl^m  h)äl^renb  be«  ®ebete«  bie  SKenfc^^eit  ß^fti, 
balb  in  ber  ®cftalt  eine«  tvei^en  mä^ig  großen  Äörjjer«  o^ne  fidf^tbare  ®lieberung  (too^l 

36  bie  §oftie ;  auc^  bie  Jungfrau  crfc^ien  fo  in  feinem  inneren  Sluge),  balb  al«  eine  groje 
golbene  ©d^eibe  (res  quaedam  rotunda  tanquam  ex  auro  et  magna),  o^ne  3h?eifcl 
ba«  ©^mbol  ber  ©onne.  ©tct«  brachten  il^m  folc^e  3Sifionen  großen  äroft;  bie  längfie 
berfelben  foll,  nac^  ben  SSunberberic^ten  ber  fjjäteren  8iogra))^en  (feit  Sartoli),  \>oUt  fteben 
2:age  geh)äl^rt  unb  il^m  alle  ßinrid^tungen  unb  ®e^eimniffe  feiner  Compania  de  Jesus 

40  bereit«  entf^üDt  l^aben.  211«  er  eine«  2^age«  am  %l\x^^  filobregar  fa|,  toarb  e«  öor  feinem 
®eifte  tüunberbar  l^clle  unb  in  l^immlifd^er  ©rleu^tung  burc^brang  er  bie  etoigen  ®el^etms 
niffe.  Dft  fd^on  toax  i^m  eine  fc^langenartige  ®eftalt  toon  tounberbarer  ©d^önl^cit  genagt 
unb  l^atte  il^n  mit  toerfül^rcrifd;em  ®lanjc  angeblidft ;  je^t  öerftanb  er,  ba^  barin  ber  Xcufel 
ijerborgcn  fei,  ber  i^n  öom^fabe  be«2eben«  abjiel^en  Sollte;  je  l^öl^er  er  in  ber  Heiligung 

46  ftieg,  umfomel^r  iüanbelte  fid^  i^re  Slnmut  in  ^ä^lid^Ieit,  eine  Sehjegung  mit  bem  ©tode 
genügte,  fie  m  öerfd^eud^en.  S)a«  ©lement  fmnli^er  3lnfc^auung,  ba«  in  ben  ©agen  über 
biefe  clftatifc^en  guftänbe  ^erbortritt,  ift  toid^tig  für  ba«  Serftänbni«  feiner  Exercitia  spi- 
ritualia,  beren  ®runbgeban!en  in  ber  %\)ai  auf  bie  ju  üWontfcrrat  unb  3Wanrefa  öon  i|m 
burd^lebten  inneren  Ääm}}fe  jurütfge^en  Serben  (f.  unten,  Stbfc^n.  II). 

60  gJlan  l)at  mi)  £eoj).  Slanle«  SSorgang  öfter«  bie  anfange  be«  Sgnatiu«  mit  benen 
Sut^er«  toeralid^en;  aber  toie  toerfdf^ieben  toaren  beibe  hod^  auf  jebem  fünfte!  gütiger« 
©eelenfam^jf  ging  toon  bem  tiefen  ®efüMe  ber  ©ünbe  unb  ber  SSerbammni«  ani,  ba«  fid^ 
il^m  mit  toemic^tenber  ©nergie  aufbrängte  —  ber  be«  ^gnatiu«  toon  bem  eiteln  2)range,  in 
glänjenber  9lac^eiferung  bie  berül^mtcften ^eiligen  gu  überbieten:  felbft  fein ©ünbenfd^merg 

66  ^aiit  leinen  tieferen  ®runb.  Sut^er  rang  fic^  burc^  feine  3lnfec^tungen  mit  ber  SBaffe 
be«  göttlid^en  SBorte«  —  ^gnatiu«  fc^hjelgte  in  3Siftonen  unb  ^l^antafien.  fintier«  ®etoinn 
loar  bie  ®ered^tig!eit  unb  ber  ^ebe  be«  ®lauben«,  ber  unerf(^ütterlic^  auf  ®otte«  SBort 
unb  bem  Serbienft  (E^rifti  ftanb  —  be«  ggnatiu«  93eftrebungen  liefen  in  ber  unbebingten 
Unterwerfung  unter  bie  Slutorität  be«  römifc^en  ©tu^le«  au«  unb  feinen  ^eben  fanb  er 

60  in  ber  ©elbftgerec^tigleit  be«  eigenen  SJerbienfte«  (ögl.  ®.  61^.  SRietfdf^el,  STOartin  Sutl^ 


dfefttiteuorkett  745 

unb  Sgnaliu«  \>on  So^ola,  SBUtenbcrg   1879 ;   ©ot^ein  in  bcr  0rö|eren  3RonoffCQ!pf)\^r 
6.  213). 

SSon  SKanrcfa  beoab  fic^  ^gnatiu«  nac^  Barcelona  unb  bon  l^icr  1523  nad^  ^a* 
läftina.  Oböleid^  er  feinen  eigentlichen  ^fo^,  bie  Sele^rung  ber  Ungläubigen,  Hüglic^ 
ber^eimlid^te,  fo  geftottcte  il^m  bennod^  ber  mit  a^joftolifc^er  SBoHmadf^t  au^erüftete  gram  6 
ji«fanert)robinjiaI  feinen  längeren  äufentl^alt  in  3l^<^I^"^-  5lur  toenige  ^eilige  Drte 
itonnte  er  befuc^en,  namentKdb  ben  Ölberg,  h)0  er  nac^forfc^te,  md)  toeld^er  $immcl^egenb 
bie  gü^e  ßl^rifti  bei  ber  3luffal^rt  gerid^tet  getücfen  feien.  3lte  er  nac^  mancherlei  ©^idt* 
falen  tüieber  fein  SSaterlanb  erreid^te,  tüar  er  jur  ©rfenntni«  gelommen,  ba|  il^m  jur  geift- 
liefen  SBirffamfeit  eine  gelebrte  Silbung  unerläßlich  fei  —  ber  erfte  3lnfa$,  feine  ^l^an?  lo 
tafien  ben  gegebenen  33erl^ältniffen  angunäbem.  3n  Barcelona  lernte  er  Sie  (Srammati!, 
tro^  feine«  glül^enbe«  6iferg  ein  fc^mierige«  SBerf,  teite  toegen  feine«  borgerüdften  2lUer«, 
teil«  tüegen  feiner  Überfd^toänglid^f eit :  toä^renb  er  amo  fonjugieren  foHte,  öerfentte  fidf^ 
fein  ®eift  mit  brennenbem  Verlangen  in  bie  ©üßigleit  ber  j^immlifd^en  SJlinne.  ^n  Sllcala 
ftubierte  er  l^ierauf  ^Ijilofo^^ie  unb  tüeil^te  junge  Seute,  bie  ftc^  feiner  ^l^ng  an^jer*  i5 
trauten,  in  bie  ©jergitien  etn;  auc^  ^auen  ftanb  er  oI«  ©etoiRenSrat  gur©eite.  (5r  lebte 
bon  Sllmofen  unb  tüibmete  fid^  ber  Äranlen^jflege.  S)ie«  begrünbete  feinen  SRuf,  machte 
il^n  aber  jugleid^  ber  ^jnquifttion  ijerbäd^tig,  al«  ftel^e  er  mit  ben  älombrabo«  (f.  ben  ST. 
93b  I  ©.  388, 30  ff.)  in  SJerbinbung.  ^n  ©alamanca,  tool^in  er  fid^  nun  toanbte,  tuiebers 
l^olten  fid^  biefe  SSerf olgungen ;  obgleich  er  au«  ber  Unterfud^ung  gered^tfertigt  ^erborging,  ao 
tourbe  i^m  boc^  befohlen,  bie  Unterrebungen  über  geiftlic^e  ©egenftänbe,  bon  benen  er 
nic^t«  öerfte^e,  bier  ^a^xt  lang  eingufteHen.  3)iefe  93efd^rän!ung  toar  feinem  inneren 
9>range  nad^  Bearbeitung  ber  menfd^lic^en  iperjen  unerträglicher,  al«  Äerter  unb  S3anbe. 
9Kit  einem  6fel,  ber  feine  Sucher  unb  Schreibereien  trua,  toanberte  er  1528  nac^  ißari«. 
§ier  begann  er,  tueil  er  [xi)  in  ben  ftnffenfc^aftlic^en  ^noamenten  nod^  fel^r  fd^toadb  füllte,  26 
in  bem  Kollegium  SKontaigu  feine  grammatifd^cn  ©tubien  auf«  neue.  ©J^äter  ftubierte 
er  in  bem  ßolleg  ber  ^eil.  Barbara  5pi^ilofo}}^ie  unb  Ideologie.  Sänge  ^At  lebte  er  al« 
Bettler  im  §Dfj)itale;  ber  fanget  an  ©ubftftenjmitteln  trieb  i^n  bann  in  ben  gerien 
nad^  ben  fjjanifd^en  5tieberlanben,  h)o  il^n  feine  >Janb«leute  reid^lic^  mit  Sllmofen  unter- 
ftü|ten.  2)er  ßifer,  toomit  er  junge  Seute  inxä)  feine  (Sjerjitien  in  feine  Babnen  aog,  so 
unb  bie  baburc^  öeranlaßte  ©törung  in  i^ren  ©tubien  l^ätte  il^m  beinahe  bie  fd9im})flic9e 
©träfe  ber  äula,  b.  1^.  ber  Sluten^eitfd^ung  in  bem  Unil>erfttät«faale,  guge^ogen.  2)ie  itlug^ 
^cit,  hjomit  er  bie  Betoal^rung  feiner  6l;re  ber  SWärt^rerglorie  borjog,  jeigt,  toie  fe^r  fein 
@nt^ufta«mu«  aQmä^lic^  in  bie  ©c^ranlen  ber  befonnenen  3Räßigung  eingetreten  toar. 
3:ro^bem  gab  er  feine  Beftrebungen  nic^t  auf.  ©einen  ©tubenburf^en,  ben  ©abo^arben  86 
?5eter  ^er  (Sefetore)  gehjann  er  burc^  9le}}etition  be«  }}l^ilofot)l^ifd^en  Se^rgang«;  ben 
anbem,  granj  iabier,  au«  altabeligem  fjjanifd^en  ®efd^le4>te,  burd^  rücfftd^t«tooBe«  Be* 
nehmen.  S)ie  ©jergitien,  bie  er  fte  üorne^men  liefe,  öollenbeten  feine  ©etoalt  über  fie; 
namentlich  gaber  foll,  toie  ^Qxiai  fj)äter  ijon  i^m  rül^men  fonnte,  bor  anberen  tief  in  ben 
©eift  biefcr  Übungen  eingebrungen  fein.  S)rei  anbere,  2llfon«  ©almeron,  '^atoh  Sainej,  40 
9?itolau«  BobabiBa,  fämtlic^  ©jjanier,  fotoie  ben  55ortugiefen  ©imon  SRobriguej  feffelte  er 
burc^  gleich  unauflö«ltd^e  Banbe.  6r  jeigte  l^ierbei  ebenfo  öiele  5Wenfc^enfenntni«,  al«  an* 
geborene«  §errfd(^ertalent.  ©o  fam  ber  für  ben  Keinen  Berein  toic^tige  ©ebenftag:  am 
15.  Sluguft  (röariä  §immelfal^rt)  1534  begaben  fie  fidf^  nac^  ber  ajtarienürd^e  ju  ^Jlont^ 
martre,  auf  bem  bamal«  nod^  aufeerl^alb  ^ari«,  im  9?orben  ber  ©tabt  gelegenen  Mons  46 
martyrum.  2)er  bereit«  im  Befi^  ber  geiftlic^en  SEBeil^en  befinblid^e  gaber  la«  bie  SJlcffe, 
bann  legten  fie  ba«  ©elübbe  ber  Äeufd&^eit  unb  3lrmut  ob  unb  gelobten,  nac^  BoBenbung 
ibrer  ©tubien  enttoeber  in  Igerufalem  ber  Jtranlen}}flege  unb  ber5Wiffion  fic^  ju  ioibmen, 
ober  faB«  biefer  ^lan  auf  ^inbemiffe  ftofee,  fic^  jeber  ©enbung  be«  ^a^jfte«  gu  unterhielten. 
(Sinen  toefentlid^en  gortfc^ntt  in  ber  ß^arafterenttoidtelung  be«  ^gnatiu«  beutet  biefe  ältere  6o 
natitoe  an:  er  ^atte  gelernt,  ba|  man,  um  bie  Berj^ältniffe  ju  be^errfd^en,  i^nen  bor  aBen 
3)ingen  mit  Älugl^eit  SRec^nung  tragen  muffe.  2öic  gann  anber«  feierte  er  ba^er  1535 
nac^  B\>an\m  jurüdf,  um  feine  toanlenbe  ©efunb^eit  ju  ftärlen  unb  bie  ängelegenl^eiten 
feiner  greunbe  gu  orbnen! 

3m  3;anuar  1537  ijerfammelten  fic^  fämtlid^e  ©enoffen,  burd^  brei  neue  ijerftärft,  in  66 
Benebig.  ^ier  gab  ber  jtüifd^en  ber  3lej)ublif  unb  ben  dürfen  au«gebroc^ene  Ärieg, 
toelc^er  bie  3lbreife  nac^  3i^"|ölem  berl^inberte,  bem  urfjjrünglidf^en  ^lane  eine  ungeahnte 
SBenbung:  inbem  3;gnatiu«  feine  ^ün^n  in  ben  §oft)itälem  beschäftigte,  beren  geiftlic^^e 
Seitung  in  ben  ^änben  ßaraffa«  lag,  —  eine©d^ule,  toorin  fte  eine  betounberunggtoürbige 
i^ingebung  unb  ©elbftt^erleugnung  betoiefen  —  lernte  er  felbft  ben  t)on  biefem  0efiiftd«i|J|| 


746  3^fitttrnorbeii 

2:^catinetorbcn  fctincn,  trcld&cr  bic  Hcrifalm  mit  ben  Ilöftcrlid^en  ^Pflid^tcn  Deretniglc  unb 
bejjen  gan^e  äCSirffamfeit  auf  Srneuerung  be$  fird^lid^en  Seben^  unb  auf  ^eranbilbung 
eine^  tüd^tigen  ^tiefterftanbc«  angdegt  toar.  Äonnle  er  fic^  auc^  in  mcIS^reren  toic^tigoi 
fünften  mit  ßaraffa  nid^t  einigen,  ber  gerne  bie  3Serbünbeten  für  feinen  Drben  getoonnen 

6  l^ätte,  fo  faf^  er  boc^  feinen  2Beg  beftimmter  toorgegeidf^net.  SJac^bem  fämtlic^e  ®enoffen 
in  Senebig  bie  ^riefterlüei^e  emjjfangen  l^atten,  verteilten  fie  fic^  in  bie  ©tdbtc  ber  3(es 
tjublil  unb  toirlten  aU  SSolf^rebiger.  ^n  einem  ©emifd^  bon  ^talienifc^  unb  ©Jjanif^ 
ftraften  fie  bie  fiaftcr,  \>x\t\m  bie  lugenb,  emjjfa^Ien  bie  SBeltberad^tung.  3)ann  traten 
fte  auf  t^erfd^iebenen  äBegen  bie  äBanberung   nac^  Stom   an.    9luf  aKen  SRörften  unb 

10  ©trafen  ertönte  i^re  ^rebigt,  in  §äufem  unb  ©j)itälem  toibmeten  fie  fid^  ber  ©eelforge 
unb  ber  Äranf enj)flege ;  auf  ben  Uniüerfitäten  toarcn  fie  bemüht,  ben  ©tubierenben  einen 
neuen  ©eift  ein^u^aud^^en.  ©elbft  folc^e  Sifc^öfe,  bie  i^nen  anfangt  abgeneigt  ttniren, 
tourben  il^re  Sefd^ü^er.  ggnatiu^  ^atte  toieber,  tüie  in  SKanrefa,  Sifionen,  SJor  Stom 
glaubte  er  in   einer   alten  öerlaffenen  Äird()e  hjäl^renb   feine«  &Att^  ju   fe^en,  toie  ber 

16  SJater  bem  freujtragenben  ©o^ne  ben  ©c^u^  ber  ©efeDfc^aft  übergab,  unb  ju  l^ören,  toie 
ß^riftu«  if^n  fanft  ermutigte:  Ego  vobis  Romae  propitius  ero.  9luf  3SeranIaffung 
biefer  ßrfc^einung  liefe  er  fid^  \pät^,  toie  SRibabeneira  au«  feinem  3Kunbe  toiffen  h)ifl, 
bie  SBa^l  be«  5Ramen«  übertragen  unb  nannte  bie  ©efeUfd^ft  Societas  Jesu,  bie  Äoni= 
}}agnie  ober  Äo^orte,  bie  unter  be«  i^immel^fönig«  ga^ne  bient  unb   länipft,    3"  3*0^ 

20  meinte  er  anfang«  aUe  ^enfter  öerfc^Ioffen  ju  fe^en ;  boc^  gelang  e«  i^m  balb,  ginflüffe 
anjulnü^jfen.  Der  fai|erlt(^e  ©efanbte  Dr.  Ortij,  anfangt  ungünftig  geftimmt,  jog  ftc^  mit 
il^m  nad^  3Konte  ßafmo  gurüdf  unb  machte  unter  feiner  Seitung  60  Xage  long  bie  Sjer^ 
jitien  burc^.  gn  SRom  Verteilte  9i9"fltiu«  feine  Seute  in  bie  toerfd^iebenen  Äird&en;  mit 
etfer  tüibmeten  fie  fic^  ber  Ausübung  J)riefterlidf^er  ^flic^ten.    9ladf^t«  toaren  fie  im  ®ebete 

26  bereinigt  unb  ratfc^Iagten  über  bie  formen,  unter  benen  fie  fic^  enger  jufammenjufc^Iiefeen 
gebadeten,  ©c^on  je^t  toanbem  einige  im  i)äj)ftlic^en  auftrage  nad^  Sre«cia,  ^rma, 
^iacenja,  6alabrien,  toäl^renb  bie  3wnidfgebKebenen  mit  erbetteltem  ®elbe  bie  unter  ber 
benfc^enbcn  2^euerung  bem  junger  J)rei«gegebenen  armen  jjjeifen  unb  bie  Äranfea  Jjflegen. 
3i^r  SRuf  verbreitet  fid^  fo  rafc^,  bafe  auf  93crlangcn  go^ann«  III.  toon  Portugal  ^anj 

ao  Javier  (f.  b.  a.  von  3Kirbt  Sb  VI,  ©.  229  f.)  unb  ©imon  SRobrigueg  fid^  nac^  biefem 
Äönigreid^  begeben,  um  Von  bort  au«  für  bie  inbifc^e  ü)liffion  Vertoanbt  ju  toerben;  fie 
erioerben  fic^  bie  ©unft  bc«  Äönig«  fo  ungeteilt,  bafe  er  ben  lefetercn  bei  fic^  be^lt,  nur 
lavier,  für  beffcn  3lettung«eifer  ^Portugal  ju  Kein  tvar,  läfet  fidj  nic^t  galten.  Unterbeffen 
h)irb   in  91om  bic  firc^li^e  $}eftätigung   Vorbereitet;    eine  Kongregation  Von  KarbincUen 

36  berät  über  ben  Von  '^^na^  eingereid^ten  ©nthjurf.  Obgleich  $aul  III.  auf  ben  erften  93li(f 
barin  ba«  äBerf  be«  l^eiligen  ©cifte«  mit  ©etoife^eit  erlannt  i}atf  fo  Verfte^t  man  fic^  \>od) 
erft  nad^  etnften  Scbenlen  ^ur  6mt)fe^lung  be«  $lane«.  @rft  unter  bem  27.  ©e}}tember 
1540  beftätigt  ^aul  III.  burc^  bie  SuUe  Regimini  militantis  bie  ©efeUfc^^aft  3efu, 
anfang«  mit  ber  Scfd&ränfung   auf  60  5Witgliebcr,  meldte   le^tcre    er  inbeffen  fc^^on   am 

40  14.  a)iär5  1543  burdf;  bic  Sülle  Injunctum  nobis  aufl^ob.  ^tf^t  fc^ritt  man  jur  SBo^l 
be«  ©cncrate.  ©ie  pel  cinftimmig  aufS^natiu«,  ber  (h)ie  ©almeron  in  feinen  SBa^I^ettel 
fc^rieb),  „fie  alle  in  6f;rifto  gezeugt,  al«  ©d;h>ac^e  mit  SKilc^  getränft  ^obe,  unb  barum 
aud;  ber  geeignetfte  fei,  nun  bie  ©erciftcn  mit  ber  feften  ©J)cife  be«  ©e^orfam«  ju  nähren". 
3lber  erft  al«  fic^  fämtlic^e  ©timmen  jum  jtoeitenmal  auf  il^n  Vereinigt  unb  fein  Seiest- 

46  Vater  il^n  ermal^nt  l^attc,  bem  l;l.  ©eifte  nid[)t  ju  h)iberftreben,  cm^jfing  er  unter  bem  @cn\ii 
be«  ©aframcnt«  al«  ©tellvertreter  ©otte«  im  Drben  (locum  Dei  tenens)  bie  eibli(^  be* 
ficgcltcn  ©e^orfam«gelübbe  feiner  Untergebenen.  6«  ift  bcjeid^nenb  für  i^n  unb  für  ba« 
©etüid^t,  ba«  er  auf  bie  ^jiufeerlic^feit  ber  gorm  legte,  ba|  er  fofort  in  bie  Rüd^e  ging 
unb  j^ur  93c}cugung  feiner  Demut  ben  Dicnft  be«  Äüc^enjungen  Verfal^.  %ann  tvibmete  er 

60  fidj)  46  2:age  lang  in  ber  Sirene  bem  erften  ^Religionsunterricht  ber  ^wgenb  mit  einem 
ßifcr,  ba^  er,  toie  feine  Drben«brüber  Verfic^em,  ganj  in  Siebe  ju  glühen  unb  alle  §örer 
5u  entflammen  fc^ien,  obglcid^  feine  ©prad;c  ein  gebrochene«  S^^^^^^'^^f^  ^^^  ^"^  ^^^  l^^ 
@nbc  feine«  Scben«  blieb. 

6«  ift  Von  unberccbcnbarer  Sebeutung,  bafe  gcrabe  in  bem  3^^^"*^^^^^  ^^  ^^  ^'f*^* 

66  teftanti«mu^  nad;  allen  ©citcn  fi(^  ausbreitete,  ein  firc^lic^er  SBerein  entftanb,  ber  Von 
ßinem  ©eifte  burc^brungen.  Von  einem  SBillen  gelenft,  Von  gleichem  ©el^orfam  im  2)enfen 
tvic  im  Jgianbeln  befeelt,  bie  33ertretung  ber  fatl^olifd^cn  ^ntereffen  jum  einzigen  3^^ 
feiner  l^ätigfcit  tüäl^ltc  unb  fic^  unbebingt  bem  römifc^en  ©tul^le  unterorbnete.  ^er 
©d^öt)fer  biefe«  auc^   in   feiner  Und^riftlidf^Ieit   großartigen  gwftitut«  ift  30"<*tiu«.    3Ran 

60  toürbe  geioiß  fel;r  Unred;t  t^un,  iocnn  man  biefen  3)Jann  lebiglic^  al«  Sc^tvärmer  ober 


^fttücnorbeii  747 

ganatifet  anfeilen  iPoHtc.  ßifetnc  geftigfeit  bc«  SBIBen«  toar  ber  ©runbjug  feine«  6^a* 
rafter«;  bie  ätid^tung  auf  ba«  ^rartifd^e  gel^t  fc^on  burd^  feine  etften  ^^^tafien  l^inburd^. 
®er  ©inn  für  ba«  S^tocdfmäfeige  mu^te  fw^  in  il(^m  um  fo  mel^  fd^ärfen,  je  großartiger 
unb  öielfeitiger  bie  aBirffamfcit  feine«  ^"PWwt«  [\d)  geftaltete.  @ntf^ufta«mu«  unb  Klugheit 
burd^bringen  fic^  in  feiner  $crf5nlic^!eit  in  hjunberbarer  3Kif(^ung  unb  fieberten  il^m  eine  6 
unbefc^ränfte  ©cipalt  über  feine  Umgebung.  6r  lenft  ben  flaat^Hugen  fiainej,  er  jügett 
ben  ungeftümen  (gegen  feine  ©runbforberung  t?om  blinben  ©e^orfam  eine  3^  I^"Ö  P^ 
auflel^nenben)  SobabiDa.  (£r  bilbet  ben  fd(^üc^temen  gaber  jum  getel^rten  Ideologen  unb 
feinen  ^ij)lomaten;  er  ^auc^t  bem  "^ani  laDier  ben  ®eift  ein,  ber  if^n  al«  38oubringer 
behjunbem^hjerter  %f)aUn  in  bie  öeibentoelt  hinauftrieb,  äl«  So^ola  am  31.3uli  1556  lo 
ftarb,  jöl^lte  berDrben  bereit«  IS^rotoinjen,  fxeben  baöon  gel^örten  ber  }>^renäifd^en  $albs 
infel  unb  tf^ren  Kolonien  an ;  brei  famen  auf  Stalien,  bie  franjöfifd^e  öerbiente  laum  biefen 
9?amen,  bie  beiben  beutfc^en  ftanben  erft  in  ben  anfangen  ifirer  Silbung,  bagegen  griff 
bie  ©efeUfd^aft  bereit«  mit  toeltumfaffenben  3lrmen  bi«  nad^  SrafUien  unb  Dftinbien.  3lm 
13.3Rär5l623n)urbe3lgnöJ  jugleic^  mitgranj  3Eat)ier  öon  (Sregor  XV.  I^eilig  gef}}rod^en.  i5 
S)ie  bejüglid(^en  SuHen  tourben  erft  am  6.  3luguft  öon  Urban  VIII.  audgefteDt. 

II.  SBefen  unb  ©inrid^tung  be«  Drben«.  1)  lieber  bie  Exercitia  spiri- 
tualia  al«  grunblegenb  für  bie  innere  (SigentümUd)!ett  unb  Sebeutung  be«  Orben«  f.  beit 
bef.  9lrlifel  S5b  V  @.  691-695,  nebft  bem  auf  ^auburnu«  unb  ©erfiarb  uon  8ütp^en  al« 
lüidjtige  33orIäufer  bc«  (5i«ncro  unb  fio^ola  bejüglic^cn  ißac^trag  Sb  VI  ©.  808.  20 

2.  a)te  Drben«üevfnffung.  —  a)a«  (S^efejjbucb  be«  Drben«:  Institutum  Societatis 
Jesu,  mit  b^n  ^onftitutionen  al«  ölteftem  unb  micbtigftem  ^ern  (ug(.  unten).  ^^  erfc^ien  wadi 
möglic^fter  ©e^eim^oltung  ober  njenigften«  Su^^ücf^altung  feiner  früheren  SRcbaftionen  im 
SBucö^onbel  erft  ju  9lnf.  bc«  17.  3aört)unbert«:  SRom  1606  unb  iO^on  1607.  SBi^tig  würben 
bann  bef.  jnjei  belgifd)e?lu«flnben:  Institutum  8oc.  J.  etc.,  ^ntnjer^en  1636  (nebft  einem  ?ln»  26 
bang  uom  3.1665:  Bullae,  decreta,  canones,  ordinatioDes,  instructiones  etc.)  u.  ebb.  1709: 
Corpus  institutorum  Societatis  Jesu  in  2  voll,  distinctum.  3)en  9?ong  einer  offijieflen  ^ox* 
mal59(u«öabc  erlangte  erft  bie  ^roger  ©bition:  Institutum  Soc.  Jesu,  ex  decreto  congre- 
cationis  generalis  XIV.  meliorem  in  ordinem  digestum,  auctum,  recusum.  2  voll,  iol , 
^rag  1757.  ?(uf  t^r  fufet  bie  neueftc  S(u«0.:  moml869ff.  (3  voll,  fol.)  3)en  3nWt  biefe«  » 
uniföngltd)cn  G)efe0c«fobc{  bilben  folgenbe  @)ruppen  uon  llrfunben:  I.  ^ie  bem  Orben  ucr« 
lie^encn  päpftlidicn  53unen,  SBrefen  unb^riüilegien;  II.  baS  Examen  generale  societatis  Jesu, 
eine  S3elcf)rung  für  bie  in  ben  Drbcn  ©intretenben  über  bcffcn  3Befen,  3we(f,  9lufaaben  ?c. ; 
III.  bie  Constitutiones,  fanit  ben  it)ren  einzelnen  ?l6f(I)nitten  (burcb  fiainej,  ugl.  Vlbfdm.  V 
5.  9tnf.)  beigefügten  Dcclarationes,  in  10  Kapitel  tjon  unfllei^er  Sänge  gegliebert  unb  bie  35 
;,eiöentlid)e  SSerfaffungSurfunbc"  be«  Orben«  bilbenb;  IV.  bie  Decreta  et  Canones  Con- 
gregationum  generalium,  nebft  terfrtjiebenen,  bie  (äkf4äft«orbnung  biefer  ©eneralüerfamm- 
lungen  betreffenben  ?lnt)ängen;  V.  bie  Regulae  Societatis  Jesu,  eine  SReilje  rec^tlidjer  unb 
Q«fctifcber  33ürfc^riften,  teil«  für«  gemeinfcbaftlicbefieben  aüerOrben«glieber  (bie  fog.  „Regulae 
communcs**)  teil«  für  bie  ^Beamten  unb  ©et)örben  bc«  Orben«  im  einzelnen  (gelegentüdi  oucft  40 
feparat  gebrucft,  j.  SB.  in  ^oIftcniu«*S3ro(fie  Cod.  rcgularum  etc.  III,  p.  122—196);  VI.  bie 
Ratio  Studiorum  ober  ber  ©tubienplnn  be«  Orben«  —  worüber  im  nftd)ftcn  ^auptabfcftnitt 
nfi^er  ju  ^nnbeln  fein  luirb;  VII.  bie  Ordinationes  generalium,  formuliert  nad)  ber  burd) 
bie  7.  ©enerolfongreg.  feftgeftellten  &affunfl  unb  in  it)rem  bauptf«d)lid)  miditigen  4.  Kapitel 
bie  auf  bie  religiöfc  Seitung  ber  Orben«gIieber  burcft  bie  Oberen  bejüglic^en  Monita  generalia  ^ 
entt)oltenb  (gleid)fQfl«  me^rfod)  in  Sonberou«ga6en  erfc^ienen,  j.  ^.  j^ufanimen  mit  ben  ons 
geftfinglen  Instructiones  ad  Provinciales  et  Superiores,  ?(oignon  1838);  VIII.  brei  ©d)riften 
Q«fetif(^en  3nl)nlt«,  nänilid)  bie  3g"a^fc^en  Exercitia  spiritualia  famt  bem  ba^u  gehörigen 
Directorium  (f.  $Bb  V  8.  691,  43  f.)  unb  einer  Ginleilung:  Industriae  pro  superioribus  ad 
curandos  animac  morbos  —  oerjafet,  loie  auc6  t>a«  Directorium,  auf  93etrieO  be«  5.  Orben««  W 
flcnerol«  9tquaüiüa  (f.  unten,  9(bfd)n.  V). 

Gin  9lpofrt)pöon,  ba«  fid)  9efd)id)tlidi  nid)t  Oeriücrtcn  Ififet,  bilben  bie  fog.  Monita  pri- 
vata  s.  secreta  Societatis  Jesu,  jucrft  gebrudl  ^rofou  1612  unter  bem  fälftftenben  Xitel: 
Monita  privata  Soc.  J.,  Nolobrigae  1612,  unb  bann  be«  öfteren  —  ol«  angeblich  ct^te  (iJe^eim* 
3nftruftion  ?lquaüiüo«  für  3Kitglieber  unb  SBeamte  bc«  Orben«  —  neu  ^erau«gegeben,  fo  Bö 
nod)  uniöngft  burc^  (I^arle«  ©ouDeftre  (Instructions  secrbtes  des  J^suites,  19«  6dit.,  $ari« 
1880)  unb 'burd)  ©.3.  ©raeber,  «ßfarrer  ju  ^^eibericb  (2)ie  geheimen  SSorfcbriften  imb  3l92o* 
Dijcninftruftionen  ber  3efuitcn,  S3armen,  0.  3-  [1887]).  @eit  öiretfer«  geftarnifc^tcr  ©cgen* 
fdjrift  Contra  famosum  libellum  „Monita  privata  Soc.  J."  libri  III  apologetici,  3ngolftabt 
1618,  §at  ber  Orben  biefe«  $amp^let  be^arrlicft  jurüdgeioiefcn.  öd  ift  eine,  iual)rfd&einlicb  60 
t)on  bem  (Sjjcfniten  ^ieronl)mu«  3aorünj§fi  gefdjidt  unb  niit  o^ne  genaue  Äcnntni«  ber  in* 
neren  Orben«üer^«ltnif|e  abgefaßte  ©atire  auf  bie  Ijeudilerifd^e  ^royi«  unb  bie  el)rgeijig« 
berrfd)fü(6tigen  Sntriguen  ber  Sefwilen,  in  biefer  @iaenfd)aft  anerfonnt  nu(§  oon  unbe* 
fnngenen  ®egnern  be«  Orben«  luie  ^.  ©.  ©icfcler  (ficörb.  ber  5iir(bengefd).  III,  2  ö.  656  bi« 
658),  ^ubcr'(2).  3ef»itniorbcn.  8.  104-108),  SReufd)  (^.  3nbej  oerbolener  SBüd)er,  II,  281).  «6 


748  ^^nitenorbeu 

SSQl.SrtnS  imÄÄiJ  VI,  1379;  Qucf)  ©.S)u^r,  gefuilcnfobchi,  3.9luf(.,  grcibutg  1899.  —  [gm 
$ani)}^Iet  oon  ä^nlic^er  Xenbenj  erfd^ien  1645  ju  ^enebig  unter  b.  ^itel:  Ludi  Ck>nielii 
Europaei  Monarchia  Solipsorum  (b  ^.  ,,ber  an  ftc^  felbft  ^enfenben''),  oerfagt  toa^rf(^fin(td) 
Dom  e^jefuiten  (SIemend  @cotti,  geft.  1669.    8.  (^iefefer  a.  q.  D.  unb  bod  bofelbft  cit.  &rf 

6  üon  ißic^ron,  S^ocftricfttcn  üon  berühmten  ©ele^rtcn  XXII,  221.] 

3.  ^ritifd)c  ^^orftcllungen  unb  ^Beurteilungen  bcr  SScrfaffuiig  bt^  3«* 
fuitenorbenS.  @.  Sorben,  3)le  Sefuiten  unb  ber  Sefuitiämu«,  9lItona  1839;  Drcfli,  ^« 
SBefen  beg  3ef.*Orben8,  «Botöbom  1846;  93obc,  3)Q§3nnere  berOefellWaft  3efu,  ßeim.  1847; 
e.  Sirngicbl,  ©tubien  über   baS  Snftitut  ber  ©efeüfcbaft  3efu,    Spi.  1870;    g.  ^uber,  5)er 

10  3cfuitenorbcn  k.,  6.  42—108;  3.  griebrltft,  ©eitrfige  j.  ®ef4.  b.  3ef.^0.8,  «TO«  1881; 
S.  $iaget,  Essai  sur  rorganisation  de  la  Compagnie  de  J^us,  Reiben  1893;  ®otbfin,  ^n. 
u.  Sot)/  u.  b.  ®egenrcf.,  @.  403—467.  ferner  (5^.  ^offmonn,  ^cnne  om  SRt)Qn,  ^ermann 
aRütter  in  ben  früt)er  (?Ibfcftn.  I,  2)  cit.  ©c^riften  (biefe  übrigen«  mit  SSorp^t  ju  benufen, 
namentlich  auc^  ^üQer,  megen  feiner  tueitge^enben^o^ammebaninerung^tenben^). 

16  1.  S)iceicrjiticn.  ®a«  SBefen  be^  jcfuitifc^en  3#i^t^  crfd^eint  auf  gtunb» 
(cgenbc  SBcifc  au^cjjrögt  junädf^ft  fc^on  in  bem  für  bie  ^eranbtlbung  fetner  SKitgUcba 
unabänberfidf^  gur  3Sertt)enbung  gebrachten  SReglement  ber  geiftltd^en  ©lerjttien  SoJ^oIoi 
2)iefe(ben  ftnb  jtüar  axi^  ber  5taci^5  unb  Unibilbung  älterer  SJorbtIber  erttHxd^fen,  bürfen 
aber  nidf^töbeftotüeniger  in  getüiffem  Sinne  aU  felbftftänbige  ©ctfteöfc^öjjfung  be3  ©tiftia« 

20  gelten.  3lfe  unmittelbarfte  SSorlage  ift  —  toie  auf  ®runb  ber  SJadf^toeif e  be«  SeneWftiner« 
|)e}}ej  fd^on  SRibabencira  anerlennen  mu^te  (f.  Sb  V,  ©.  692,  5b)  —  ba«  um  1500  ent^ 
ftonbene  Exercitatorium  spirituale  be«  Sbt«  Gi^nero  bon  3Wanrefa  bon  tl^m  benu|jt 
toorben,  Slufeer  bemfelben  fd^eint  er  aber  aud^  ältere  SSorbilber  nieberlänbifc^  Urfjmm^ 
bor  2lugen  gel^abt  unb  bertuertet  ju   l^aben,  namenttid^  —  tDie  iüngft  ber  iefuttifdpe  ©e^ 

25  (eierte  aBatrigant  in  ben  fitudes  de  la  Comp,  de  Jösus  1897  (20.  Mai,  20.  Juill. 
unb  20.  Oct.)  bieg  toal^d^einlic^  gemad^t  ^at  —  bie  m^fttfd^en  Iroltate  t>on  ®er^ 
3erboIt  auö  3wtJ)^en  (93ruber  bom  gemeinf.  Seben,  geft.  1390,  33erfafjer  bielgelefener  ©r- 
bauunggfc^riften  toie  De  reformatione  virium  animae  unb  De  aseensionibus  et 
descensionibus  spiritualibus)   unb   bon  ^^^^^^^n^  Waubumu^,   genannt   ^I^em^oralid 

30  (Sluguftincrc^orl^err  juerft  in  Signetenberg  b,  3*^*^^^/  ^^^^  ^^^  mehreren  Orten  fjranfreic^, 
geft.  nac^  1500,  aSerf affer  eine«  Kommentar^  j.  ^o^enlieb  unb  eine^  feit  1491  öfter«  ge^ 
brudften  Rosetum  exercitiorum  spiritualium).  S)afe  bon  biefer  nieberlänbifismvpi* 
fc^en  Sl^fetcnfd^ule  —  ber  fog.  „mobemen  Debotion"  (3RoH,  SJorreformatorifc^e  ftird^em 
gefc^id^te  ber  9Jieberl.  II,  360 ff.;  Rödler,  Slöfefe  unb  3KöndE^tum,  ©.544 f.)  —  eine  nic^t 

35  Wo^  inbircfte,  burc^»  ßi^nero  ate  9Jad^abmer  ^^bolii  unb  5Waubumug  bermittelte,  fon* 
bern  birefte  eintoirfung  auf  3fl"^J  ^^i  Slbfaffung  feine«  ejerjitienbüd^lein«  ergangen  ijl, 
l^at  ebenfo  tüie  bie  nur  aUmäblic^e,  erft  gegen  1541  jum  äbfc^lufe  gebie^ene  ßntfte^ung 
bc«  Süc^Iein«  al«  gefiederte  li^atfad^e  ju  gelten  (f.  bef.  auä)  §.  ^KüDer,  Les  origines  etc., 
p.  26—35).    aber  al«  blinber  ^Jad^a^mer  ber  genannten  38oraänger  barf  30"<^J   borum 

40  nid^t  betrachtet  toerben.  ©o  unmöglich  bie  3wrütffü^rung  bc«  SJlanrefa-IraTtat«  auf  eine 
bireltc  Offenbarung  ber  1^1.  gu'^Gf^öw  erfd^eint,  ebenfo  tocnig  toürbe  feine  Suffaffung  ate 
einer  geiftlofen  litterarifd^cn  ÄomJ)ilation,  eine«  fflabifc^en  9Jad^a^mung«))robuft«  o^ne 
felbftftänbige  33ebeutung,  fic^  l^alten  laffen.  ^ie  gejjan^erte  %au\i  be«  f^nifc^en  ftrieger« 
hat  ein  in  feiner  Slrt  ganj  neue«  (Sebilbe  erftel^en  lafjen,   eine  ben  militärifc^en  3wfd(^nitt 

46  bi«  in«  Rleinfte  ju  erfcnnen  gebenbe  freie  3lej)robuftion  llöfterlid^  frommer  nieberlänbifc^Kr 
unb  aragonifc^er  3Sorbitbcr,  für  bie  e«  eine  treffenbere  Sejeic^nung  laum  giebt  at«  ben 
5Ramen  ,,©olbatenfatec^i«mu«"  (f.  8b  V  ©.  692, 20 f.;  bgl.  3ötfler,  in b. angef.  ©<^frift, 
©.  593  ff.).  Ob  mol^ammebanifc^e  aSorbilber  auf  bie  ©eftaltung  feine«  SEBerle«  einen  neben« 
fäd^Iic^en  (ginflufe  geübt  l^aben,   erjc^eint  giemlic^  jtoeifel^aft.    SBa«  ß.  5Wüller  a.  a.  0. 

60  an  2öa^rfd^einlid^feit«momcnten  l^ierfür  beigebrad^t  l^at  —  getoiffe  3Sorpriften  für  bie  Sta- 
bilen ber  i«lamifd;en  ©e^eimorbcn  ber  G^abel^a  unb  ber  Quabt^a;  Sftegeln  für  bie  SSer« 
rid^tung  be«  fog.  2)ifr=®ebet«,  Anleitungen  jur  ®etüiffen«t)iiifung  2C  —  betd^ränft  ft^ 
auf  me^r  ober  toeniger  entfernte  SlnHänge.  Unb  an  bircften  ®ef^ic^t«jeugniflen  für  bie 
bel;auj)tete  Slbl^ängigfeit  Soi^ola«  bon  mol^ammeb.  35orbilbcm   mangelt  e«  bodf^  fe^  (fie^ 

66  meine  9lcc.  im  a^Sm  1899,  ©.  162  f.). 

2Ba«  ba«  Sgna^fc^e  ßjercitatorium  bor  ben  älteren  3^raftaten  bon  ä^nlidf^er  S^cnbenj 
borau«  l^at  unb  toorauf  feine  tief  cingreifcnbe  SBirffamleit  ^aiH)tfäc^lid^  beruht:  ba«  3^^- 
betou^te,  ben  3^^*  ^<^  3Semid^tung  be«  ßigcnloillen«  mit  größter  ©nergie  jur  ^ntd^ 
füJ^nmg  Sringenbe  feiner  aSorfc^riften,  mufe  al«  eigenfte  ®eifte«t^t  feine«  Url^eber«  gelten. 

60  ©0  namcntlid^  bie  überau«  forgfältigc  (SliÄerung  ber  einjelnen  ü)lebitationen !  3^^^  biefer, 
auf  burc^fdf^nittlic^  einftünbige  ä)auer   bered^neten  unb  für  fünf  berfdf^iebene  2^ge«jeiten 


^fnittttorken  749 

bcftimmten  Sctrad^tungen  beginnt  mit  einem  aSorbcreitung^gebete,  toorin  (Sottet  ©nabens 
beiftanb  angerufen  h)irb ;  bann  folgen  jtoei  ißrälubien.  t)a«  erfte  berfelben  befte^t  in  ber 
3Sergegenh)ärtigung  be«  Drte^,  ber  ^erfonen  unb  ber  Umftänbe  be^  biblifd^en  ©reigniffe«, 
mit  einer  Sebenbigleit,  ate  fei  man  unmittelbarer  3^W9^-  äBeldf^e  93Ii(fe  tl^un  [xof  ^ier 
bem  Übenben  auf :  er  fic^t  bie  ©ngel  fallen,  bie  Ureltem  fünbigen,  ben  SRic^ter  t>ers  6 
bammen,  bie  §öße  i^ren  Slbgrunb  öffnen;  er  l^ört,  trie  bie  ^erfonen  ber  2irinität  ben 
9latfc^Iu|  ber  ©rlöfung  faffen ;  er  ftel^t  an  ber  Rüppc,  an  bem  ^orban  bei  ber  2:aufe,  in 
©aliläa  ober  in  bem  %tmpd  unter  ben  erften  ^örem:  er  toeilt  auf  bem  Serge  bei  bem 
3Serflärten;  er  öerje^t  fic^  unter  bie  3w'^9^  ^^'^  Slbenbma^Ie,  er  toerliert  fxi^  in  bie 
©d^merjen  be«  Seibenben  unb  ©terbenben;  er  toanbelt  mit  bem  äluferftanbenen.  ®a^io 
jtoeite  HJrälubium  beftel^t  in  einem  ®AtU,  toorin  ber  Übenbe  um  bie  ©timmung  Pel^t, 
meiere  bem  ©egenftanbe  entfjjric^t,  um  ©d^merj,  3^^*^^w"9  «"*>  2:i^ränen  bei  G^rifti 
Seiben,  um  i^cilige  ^eube  bei  feiner  äuferfte^ung.  Die  an  bie  ißrälubien  jehjeilig  ft^ 
anjc^Iiefeenben  3Kebitationen  geben  jenen  biblifdf^en  ©egenftänben  bie  Sejie^ung  auf  bie 
eigenen  ßwf^'^tje  unb  betoegen  fic^  in  bemfelben  finnlic^en  (Elemente,  fü^en  aber  toeit  is 
über  ben  gefd^ic^tlid^en  Soben  in«  SReic^  ber  ^l^antafte.  ®er  Übenbe  fielet  j.  33.  (beim 
S3eginn  ber  bie  via  illuminativa  eröffnenben  jtoeiten  SBod^e  —  f.  Sb  V  6.  693,4off.) 
ben  §erm  G^riftum  auf  einem  (ieblidf^en  ©efilbe  bei  S^öl^«^  ate  ben  ^eerfü^rer  aKer 
grommen,  tüie  er  feine  3lpofteI  auöfenbet,  fte  jur  Slrmut  unb  äBeltöerac^tung  mo^nt  unb 
jum  ©iege  ftärlt;  bann  auf  einem  gelbe  bei  Sab^Ion  ben  leufel,  ben  Sc^errfc^er  berao 
©ottlofen,  h)ie  er  ja^IIofe  S)ämonen  in  bie  SBelt  fd^icft,  um  bie  3Kenfd^en  ju  ergreifen, 
au  feffetn,  ju  feelenöerberblid^en  Süften  fortzureiten  unb  gule^t  in  bie  $ölle  ju  ijerftofien. 
Ober  er  fteDt  fw^  im  ©eifte  unter  bie  ^eilige  ^milie,  bient  bem  ^of^j^^  ber  S^ngfrou 
unb  bem  ilinbe,  teilt  i^re  Entbehrungen  u.  f.  h).  ^ib^  SKebitation  enbigt  in  einem  ©e* 
\pxäd)^  mit  S^riftu«,  toelc^er  ber  ©ede  burd^  aQe«  ^Vorangegangene  unmittelbar  no^e  ge«  36 
treten  fein  mu|.  ^ie  l^öc^fte  Energie  be«  finnlicl(^en  ©efül^I«  entfaltet  bie  Jlontem)}Iation 
in  ber  fogenannten  3lj)}}liIatton  ber  ©inne.  Qat  j.  SB.  in  ber  erften  SBoc^e  ber  Uebenbe 
fic^  mit  bem  Setou^tfein  feiner  ©ünbe  unb  feiner  38ertoerflic^!eit  burc^brungen,  fo  ftettt 
er  ftc^  bie  $öHe  öor  unb  nimmt  feine  fünf  ©inne  jufammen,  um  fi^  mit  allen 
il^ren  Dualen  innerlich  ju  erfüllen:  er  fie^t  if)re  oben  Sftäume  öon  geuer^glut  burdf^«» 
lobert;  er  l^ört  ben  SBe^eruf  ber  aSergtoeiflung,  ber  in  Sö'"*"^  w'^^  ©otteöiäfterungen 
au«  i^rer  üefe  herauf  bricht;  er  riecht  ben  ©(9toefelbam})f  unb  ben  Dbem  ber  ^ulni«, 
ber  fte  erfüllt,  er  fc^medft  in  f\6)  felbft  il^re  SBitterleit  mit  allen  2:^änen,  bie  bort  getoeint, 
mit  allen  ©etoiffen^biffen,  bie  bort  emjjfunben  toerben;  er  fü^lt  an  feinen  ©liebem  bie 
flammen,  in  beren  So^e  bie  ©eelen  brennen,  gn  ber  jtoeiten  SBoc^e  ift  bie  te^te  Äon«  86 
temj)lation  jebe«  S^agc«  bi^em  SJlanööer  beftimmt.  SDlan  fielet  ben  Ort  unb  bie  ^er? 
fönen,  bie  Unteren  nac^  il^ren  ©efic^t^jügen,  ©etoänbem  u.  f.  f.,  finnlic^  gegentoärtig, 
man  ^ört  fie  reben,  man  fd^mecft  unb  riecht  bie  ©ü^igleit  i^rer  Siebe,  man  berül^rt  mit 
§änben  unb  Si))t>en  i^re  Kleiber  unb  i^re  ©Jjuren.  Sluc^  bie  äußere  Haltung  entfjjric^t 
burdf^au«  bem  ©egenftanbe  ber  Betrachtung.  SSollIommene  älbgefd^ieben^eit  unb  Suxixd-  40 
gejogen^eit  ge^t  burc^  ba«  ©anje  ^inburc^.  ^n  ber  erften  SBod^e,  bie  ber  ©elbfterforfc^ung 
beftimmt  ift,  hjerben  bie  ^fter  öerl^ängt,  ber  5Webitierenbe  toirft  ftdf^  auf  ben  SBoben  ober 
bie  Äniee,  er  legt  ftc^  (Sntbel^rungen  unb  ©ati^faltionen  auf.  ^n  ber  lefeten  9Bo(^e,  bie 
ber  S3etrad^tung  ber  Srl^öl^ung  getoibmet  ift,  atmet  aQe«  ^eube:  er  lä^t  ben  l^eUen 
©onnenftral^l  in  bie  ^^üt  bringen,  er  fd^afft  fidf^  Sequemlic^feit,  er  fe^t  ftc^  an  ben  46 
toarmen  Dfen ;  ber  game  äußere  SRenfd^  toirb  mit  bem  innem  in  bie  ^uftänbe,  um  beren 
SSergeaentoärtigung  e«  ftc^  l^anbelt,  l^incingejogen.  —  35er  Äulminationijjunft,  auf  ben 
bie  erfte  SBodf^e  Einarbeitet,  ift  bie  ©eneralbeic^te.  3n  ber  jtoeiten  SBoc^e  follen  alle  SBe^ 
trac^tungen  be«  öffentlid^en  SBirfen«  ßl^rifti  barauf  Einfielen,  ba^  ber  SKebitierenbe  eine  über 
feine  fünftige  Seben^ric^timg  unb  ^fül^rung  entfc^eibenbe  SBal^l  t)ollgiel^t:  er  foK  fu^  60 
über  ben  ©egenfa^  be«  angenehmen  unb  Unangenel^men,  be«  SReic^tum«  unb  ber  2lrmut, 
ber  6bre  unb  ber  ©d^mac^  ergeben,  er  foH  E^rifti  älrmut  unb  ©c^mac^  bem  ©egenteile 
öorjiel^en  lernen.  &at  er  nod^  leinen  äußeren  ©tanb  im  Seben,  fo  ift  alle«  barauf  bc« 
rechnet,  i^n  ju  be^en  SBa^l  innerlidf^  fo  ju  bi«j)onieren,  ba^  fie  i^m  al«  feine  freie 
%f)at  unter  ber  Ginloirfung  ber  ©nabe  erfc^eint.  Sin  geeigneten  fünften  erhält  er  66 
SRatfd^läge,  toie  er  jur  bollfommenen  Einigung  mit  ber  Äir^e  gelange.    Er  entf^lieftt 

Si),  alle  firAlic^en  Slnftalten  ju  emjjfel^len,  alle  lirc^lic^en  2öerle,  aBaBfa^rten,  äbläffc 
eliquienüere^rung,  §eiligenanrufung,  ^aften,  SBad^en,  Äirc^enbau  u.  f.  n>.  ju  loben, 
enblic^  aber  fein  Urteil  fo  ijöllig  unter  bie  Entfc^eibung  ber  Äird^c  gefangen  ju  geben, 
ba^  er,  toa«  fein  äuge  h)ei^  fielet,  fdf^toar^  nennt,  tomn  e«  ber  Äird()e  beliebt,  (bie  Regu-  60 


750  dtfnitenorkctt 

lae  ad  sentiendum  cum  Ecclesia;  Ijgl.  S3b  VI,  694,  u— 20).  ©0  fül^ren  bte  Übungen 
burd^  alle  Sfalcn  bc«  ©efü^te,  {(plagen  alle  ©aiten  ber  6mJ)finbun9  an,  fe^en  alle  2:ricfc 
febem  ebenfotool^I  ber  tüirflid^en  ^ömmigleit  aU  be«  fc^toärmerifd^n  ^nati^mud  in  3}e= 
tocgung,  um  ben  aOStllen  erft  gut  l^ödf^ften  Snergie  ju  f^jannen  unb  t^n  bann  jum  unbe^ 

5  btnglen  ©el^orfam  unter  bte  Slutoritöt  ber  Äirc^e  gu  beftimmen.  ®a  fie  fotool^I  mit 
^rieftem  tok  mit  Säten  angeftettt  toerben,  fo  begreift  fu^  leicht,  ba^  fie  bielc  toon  bdben 
jum  eintritt  in  bte  ©efeUfc^aft  betoogen  unb  über^au})t  ein«  ber  toirffomfien  SRittd 
tourben,  um  bie  lauen  (Semüter  lieber  für  lirdf^üc^e  ^ntereffen  ju  ertoärmen.  3)a^  b«m 
ba«  frübjieittg,  toie  im  jefuitifc^en  Sager  felbft,  fo  aud)  au^er^alb  be^felben  i^nen  auf«  ttii^ 

10  lid^fte  gcf^jenbete  Sob  (f.  Sb  V  ©.  694, 43  ff.). 

2.  3!)ie  Drben^toerfaffung.  3)urc^  bie  6jercitien,  toelc^e  ber  Drben  auf  gött« 
(tc^e  3;nf>>itation  jurüdEfü^rt,  ^atggnatiu«  bie  adfetifd&e  SRic^tung  be^felben  beftimmt;  ober 
auc^  bie  ilonftitutionen  ober  ©runbgefe^e  ftnb  o^ne  ^toeifel  unter  feinem  ©eneralote  ent^ 
tDorfen  tDorben,  n)enn  auc^  Samej,  unter  beffen  ätmt^fü^ng   fie  förmlich   angenommen 

16  unb  j)roI(amiert  tourben,  bie  SRebaltion  beforgt  unb  i^nen  bie  Id^te  SoIIenbung  gegeben 
l^aben  mag.  SKanc^e  meinen  ben  jtueiten  ®eneral  al«  ben  eigentlid^  organifterenbai  ®eift 
ber  ©efeQfd^aft  anfe^en  ju  muffen.  9lber  in  SQa^r^eit  f^at  biefer  nur  ba«  toon  ^gna)  fc^n 
überfommene  Material  t>erarbeitet  unb  bie  t)on  jenem  ^errü^renben  ©runblagen  gerobeju 
auf  göttlidf^e  ©ingebung  jurüdfgefüi^  (f.  ©otl^ein,  ©.  406  ff.). 

20  3la^  ben  feit  Sainej'  ©eneralat  (t|gl.  unten  abfc^n.  V)  in  il^ren  ©runbjügen  fijrietten 
Äonftitutionen  beftel^t  ber  Drben  au«  toier  Älaffen:  ben  9lot)ijen,  ben  ©d^olaftilem,  ben 
Äoabjutoren  unb  ben  ^rofeffen.  Der  ßw^^Rw^O  jwm  9lot)ijiat  ge^t  eine  genaue  ^Mfung 
ber  SBerl^ältniffe  unb  3"*^*iönen  bc«  3lufna^mefuc^enben,  fotoie  bie  G^rcitien  borau«. 
2)a«  SJotoijiat  bauert  jn>ei  ^al)x^,  bie  in  bem  Ülobijenl^aufe  ijerbrac^^t  toerben.  S)ie  %%t&' 

26  orbnung  fdpreibt  für  jebe  ©tunbe,  ja  jum  3:;eU  SJiertelftunbe,  bie  Scfc^äftigung  firaige 
bor.  Äircl()enbeju(^,  fromme  Seftüre,  Betrachtung,  ®ebet,  ®etoiffen«t)rüfung  tpec^feln  Don 
morgen«  4  U^r  bi«  abenb«  9  U^r  mit  @r^olungen  ab.  3)^^'^^^  i^  ^^  3&od^  giebt 
fic^  jeber  auf  ein  3^^.^^  hni^enb  ber  ^ft  eine«  Woc  Waxxa  bie  S)i«ji>)Iin  mit  ber 
©ei^el,  bie   inbeffen  eine   bIo|e  ^^änbelei  tft.    3*^  6r]^oIung«ftunben  unb  auf  ©>)ajier= 

80  gangen  barf  nur  über  erbauliche  ©egenftänbe  gefprod^en  toerben,  2)iejenigen,  töeld^e  mit 
einanber  au«ge^en,  hjerben  toon  bem  9lot)ijenmeifter  einanber  jugefeHt.  äu^erbem  foHen 
l>erfaffung«mäftig  noc^  befonbere  ?5roben  ^vorgenommen  toerben,  beren  jebe  einen  SRonot 
bauert:  Äranfen^^flcge  im  §ofj)itaI,  Steifen  al«  Scttter,  niebrige  ©ienfüeiftungen,  Unter- 
richt u.  f.  \v,    3lad)  öottenbeter  ^srüfung«jeit  tritt  ber  DioDije   in  ein  Äottegium  ber  ®es 

86  feHfc^aft  unb  h)irb  ©d^olaftiler  (ijgl.  äbfc^n.  III  unb  öon  ben  f^ier  angefül^rten  ©elften 
bef.  9Ker^,  3)te  5ßäbagogif  ber  ^efuiten,  ©.  24  ff.  169  ff.),  gtoei  3a^re  f^at  er  l^ier  bem 
©tubium  ber  Sl^etorif  unb  Sitteratur,  3  ^a^re  bem  ber  5ß^uofoj}^ie,  5pi^^ftf  unb  3Jlat^ 
matif  objuliegen.  @rft  nad^bem  er  hierauf  felbft  5— e^ö^re  lang  ivon  ber®rammatt(  an 
burc^  aQe  klaffen  bie  ^c^er  biefe«  Se^rgang«  al«  Se^rer  t)orgetragen  unb  baburc^   ptd: 

40  tifd^  eingeübt  l^at,  tritt  er  ba«  ©tubium  ber  'Ideologie  an,  ba«  toieberum  4—6  ^afyct 
umfaßt.  SBie  grünblid^  unb  umfaffenb  inbeffen  auc^  biefer  ®ang  auf  bem  ^Pa))icre  er« 
fc^eint,  fo  hjenig  leiflet  er  in  3BirIIic^feit,  ba  5Webitation,  ^ttm,  Äird^enbefuc^,  ©r^Iung 
fo  öiele  ^tit  in  3lnft)rud^  nef^men,  ba^  für  bie  Söiffenfd^aft  nur  t)erl^ältni«mäfeig  toenig 
übrig  bleibt.    Der  ©tubiengang   ift  burd^   bie  Ratio   studiorum   auf«  genauere  bor? 

46  gefc^rieben.  Die  ältefte  ift  toon  1586;  bie  auf  ber  5.  ®eneralfongregatton  befc^^loffene  unb 
1599  gebrudfte  blieb  unter  mand^erlei  SSerbefferungen  bi«  1832  in  ®ebraud^,  too  fte  auf 
SRootl^n«  änorbnung  bur^  einen  neuen  Unterric^t«t)lan,  ber  aber  bem  ®eifte  e^er 
aBiffenfd^aft  ebenfo  frentb  ift  h)ie  ber  frühere,  erfe^t  tüurbe.  9lac^  öoDenbeten  ©tubien 
erhjartet  ben  ©c^olaftifer  nod^  ein  hjeitere«  ^robationöja^r;  noc^  einmal  toerben  bie  gei^« 

60  liefen  Übungen  unb  bie  ganje  £eben«h)eije  be«  Jloütjiate«  hjieberl^olt,  in«befonbere  ^at  er 
Ji4  mit  bem  Söerfe  Institutum  S.  J,  toertraut  gu  mad^en;  bann  erft  ewijjfängt  er  bie 
iPrieftertüeil^e  unb  legt  ba«  ®elübbe  cnttüeber  al«  Coadjutor  spiritualis  ober  ol«  ?Pro* 
feffc  ab.  Der  ©d^olaftifer  leiftet  nur  brei  aRönc^«gelübbe  unb  fioax  soll  Deo  et  non 
homini;   ber  Äoabjutor  legt  biefelben   in  bie  §änbe  be«  ®eneral«  ober  eine«  bie  ©teile 

66be«|elben  ijertrctenbcn  ©ujjerior«  nieber;  ber  Coadjutor  spiritualis  berf^jridf^t  rüdfTu^tlic^! 
be«  ®e^orjam«  nod^  fjjejictte  eifrige  Eingebung  an  ben  3w0^"bunterridf^t;  bie  ^rofeffen 
l^aben  überbie«  noc^  ba«  toierte  ®elübbe  unb  jtoar  in  feierlidf^er  SBeife  ju  befc^toören, 
nämlic^  fic^  jeber  ?IJJijfion  be«  $a))fte«  unbebingt  gu  unterbieten  (Professi  quatuor  vo- 
torum  ober  nostri).    Slu^erbem  tücrbcn   in  ben  Äonftitutioncn   noc^  Professi    triam 

&)  votorum  ol^ne  nähere  Se^eic^nung  ihrer  ©teUung   ertoäl^nt,   ein   bunller  ^unft  in   ber 


^ttitcttorbeti  751 

SSerfaffung  bc«  Drben«,  ber  ju  ben  mannigfalttgften  SScrmututiflcn  3lnla^  gab;  man 
glaubt  in  i^nen  nid^t  o^nc  Orunb  btc  gcl^cimcn  ^i^uiten  ju  crfennen.  3la(S^  Ck>n8t.  P.  V. 
cap.  II,  §  3  bürfen  ftc  nämltd^  nur  au^  getüi^tigcn  Orünben  jugelaffen  tocrben  unb 
muffen  hjenigcr  burd^  h)if[enfc^aftlic^c  Silbung,  aU  hnxd)  bcfonbcre  ®abcn  fic^  em^fe^len. 
3läi}cx^  über  biefe  fog.  Indifferentes  ober  Affiliati  bed  Drben^  (ani)  tooijl  Jesuitae  5 
externi,  Jösuites  de  robe  eourte)  f.  bei  ©ot^ein  (357—363),  ber  mit  SRec^t  ber  je« 
fuitifd^en  äbleugnung  i^rer  ©jiftenj  entgegentritt  (i[)gl.  auc^  $.  SKüDer  Les  origines  de 
la  Comp,  de  J.,  p.  111.  126f.).  —  t)ie  societas  professa  (prof.  quatuor  voto- 
rum)  bilbet"  ber  3<^|t  nac^  ben  fleinften  ieil  ber  ©efeUfc^aft  ©ie  fmb  bie  berechtigten 
©lieber  ber  ©enerallongregation,  fie  betoo^nen  bie  5ßrofe|l^äufer,  hjelc^c  fein  SSermögen  10 
befi|en  jotten,  ober  reifen  im  J)ä))ftlicl^en  auftrage;  in  i^ren  §änben  ru^en  ijorjug^« 
h)€ife  bie  ^ben  be«  Sle^eö,  toomit  ber  Drben  im  römifd^en  ^^^tereffe  bie  SBäelt  umftricft. 
S)urd^  bie  SuIIe  ^ßaute  III.  bom  5.  3iuni  1646  Exponi  nobis  erhielt  barum  bie  ®^ 
feDfc^aft  bad  SRed^t,  Jtoabjutoren  ju  toäblen,  ^Mitarbeiter  aud  bem  geiftlic^en  unb  toeMid^en 
©tanbe,  bie  jebergeit  entlaffen  hjerben  rönnen  unb  beren  ©elübbe  auc^  nur  für  bie  ^At  is 
binbet,  h)äl^enb  beren  fte  bem  Drben  bienen.  Die  toeltlic^en  Äoabjutoren  foBen  hjeber 
lefcn  no(^  fd^reiben  lernen  ober,  hjenn  fie  c8  bereit«  lönnen,  fic^  barin  nic^t  Leiter  fort* 
bilben:  fie  fmb  au^fd^Iie^lic^  auf  ^anbarbeit  angetviefen.  Die  geiftlic^en  ^oabjutoren 
Serben  meift  für  ben  Unterridf^t  unb  bie  Seitung  ber  ÄoUcgien  bertoanbt;  in  älterer  geit 
burfte  ein  ?5rofeffe  SReltorftetten  nic^t  befieiben.  20 

3(n  ber  ©Jji^e  be«  ®anjen  fte^t  ber  ©eneral  (praepositus  generalis).  @r  ift  für 
ben  Drben,  \va^  ber  ^ap\i  für  bie  Äirc^e:  ber  ©teHöertreter  ©otte«.  ©eine  ©teile  Vertritt 
in  jeber  ^robinj  ber  ^ßroüin^ial  (praepositus  provincialis).  Unter  biefem  fielen  toieber 
bie  ^orfte^er  ber  einzelnen  §äufer  ber  $rot)inj,  im  allgemeinen  ©u})erioren  genannt,  f}}c« 
»eQ  Praepositus  (be«  ^rofeg^aufe«  unb  ber  Steftbenj),  Magister  novitiorum  ^e«  26 
^robation^l^aufeö),  Rector  (be«  Kollegium«),  '^zh^m  ©ui)erior  finb  Äonfultoren  unb  ein 
Säbmonitor  beigegeben,  toelc^  le^terer  professus  quatuor  votorum  fein  mufe  unb  i^n 
nötigenfatt«  an  feine  ^flid^t  erinnert.  Die  Äonfultoren  be«  ©eneratö  finb  bie  äffiftenten. 
au^erbem  ioerben  no^  für  befonbere  ^nftitute  unb  erweiterte  ©ejc^äft^Ireife  ^räfeften 
ernannt,  j.  SB.  ber  praef.  studiorum  generalium,  inferiorum,  ber  praef.  bibliothe-  ao 
cae,  ecclesiae,  concionum,  lectorum  ad  mensam,  refectorii  u.  f.  h).  Die  Uniber^ 
ptöten  ^abcn  i^re  befonberen  Seamten.  Die  ^roturatoren  bcforgen  bie  tocltlic^en  ©e* 
fc^äfte,  g.  8.  ^rojcffe,  SRed^nung^toefen  u.  f.  to. ;  ber  toic^tigfte  ift  ber  bed  ©eneral«.  ©ic 
finb  feine  ?5rofeffen.  Die  ßenforen  in  ber  ^rot>inj  }}rüfen  bie  bon  Drben^liebem  ber* 
faxten  33üc^er,  fie  berichten  barüber  an  ben  ©eneral,  ber  fie  ben  SReöiforen  ijorlegt;  auf  86 
il^ren  SBeric^t  beftimmt  er,  h)a«  ju  änbem  ift   unb  bie  6enforen  führen  ben  Sefel^l  au«. 

Der  ©eneral  ift  ber  lebenölänglid^e  Seiter  ber©efellfc^aft;  alle  ©lieber  finb  i^m  jum 
©el^orfam  t)er))flid^tet ;  in  i^m  fonjentriert  fic^  eine  ftarfe  3legierung«gen>alt,  @r  ernennt 
bie  5Probinjiale  unb  bie  übrigen  Beamten  meift  auf  brei  Saläre;  er  entfc^eibel  über  alle 
STufnal^men  unb  fann  au«  bem  Drben  entlaffen  unb  üerfto|en;  er  em}}fängt  bie  93eric^te40 
ber  ^robingiale  unb  anberer  Seamten,  bie  in  beftimmten  ^ften  eingefanbt  hjerben  muffen, 
unb  überzeugt  fic^  burc^  35ifttatoren,  bie  er  bcöollmäd^tigt,  öon  bemguftanbe  ber  einzelnen 
^äufer.  ©r  ^at  ba«  SRed^t  bon  ben  Äonftitutionen  unb  SRegeln  ju  bi«j)enfieren,  fotoeit  c« 
bie  älüdffid^t  auf  Jjerfönlic^e,  örtlid^e  ober  jeitlic^e  3Ser^ältniffe  nottoenbig  mac^t;  bie  ganje 
SJertoaltung,  ^Regierung  unb  ^i^^^'^^^Won  ru^t  in  feiner  Äanb  (über  biefe  gerabeju  er«  46 
brüdfenbe  bi«fretionäre  3SolIgeh)alt  be«  ©eneral«  bgl.  bef.  ^tüHer  p.  124  f.).  ^\xx  Unter« 
ftü^ung  feiner  2lmt«fü^rung  ift  i^m  ber  ©efretär,  ben  er  felbft  toö^lt,  an  bie  ©eite  geftellt ; 
er  tft  gleic^fam  fein  ©ebä^tni«  unb  feine  §anb  unb  teilt  jhjar  nidf^t  feine  ©ehjalt,  h)o^l 
aber  bie  ganje  Saft  feiner  ©efd^äfte. 

Die  ©ehjalt  be«  ©eneral«  toirb  befc^ränft  buw^  bie  ©eneralfongregation,  beren  orbent«  60 
li(^e  ftimmbered^tigte  5Witglieber  bie  ^^Jrofeffen  fmb,  bie  barum,  fofem  nic^t  aHjußjro^e 
,@ntfemung  e«  unmöglich  mac^t,  einberufen  hjerben  muffen,  ai«  au^erorbentli^e  SDlitglieber 
finb  noc^  geiftlid^e  Äoabjutoren  unb  Sleftorcn  ^u  n>ä^len.  3lad)  ben  Seftimmungen  ber 
4.  ©eneralfongregation  (Form,  congr.  gener.,  cap.  I)  tritt  fie  jufammen  l.jurSBa^l 
be«  ©eneral«,  2.  nrenn  e«  fic^  um  bie  Slbfe^ung  bc«felben  l^anbelt,  3.  Wenn  bie  äffiftcnten,  66 
^rotoinjialen  unb  Sofaloberen  burc^  ©timmenmel^r^eit  bie  9Jothjenbigfeit  i^rer  Berufung 
erfennen,  4.  h)enn  bie  alle  brei  ^al^rc  unter  bem  SBorft^  be«  ©eneral«  gu  9lom  tagenbe 
3bgeorbnctent>erfammlung  au«  ben  ^roöinjen  fid^  bafür  au«f))ri(^t.  SBie  ben  $ä))ften  bie 
Äonjilien,  fo  finb  ben  ©cneralen  bie  ©eneralfongregationen  begreiflic^ertocife  ftet«  bcbenf« 
Iid(^ :  il^rer  äSerufung  fud;te  man  böiger  immer  au^utoeid^.    ^x  ^af)l  be«  ©eneral«  eo 


752  dtftttteiuirbett 

bilbet  bie  ©cneraüongregation  ein  ftreng  abgefd^toffene^  jtonKat)e  unb  il^ren  SRitgßebem 
barf  bte  gur  Scenbigung  biefc«  ©cjd^äft^  nur  SBaffct  unb  S3rot  gercidf^t  toerben.  ©obolb 
bie  SBa^l  burd^  ©timmcnme^rl^eit  boHgogen  unb  jirollamiert  ift,  ergeben  pe  jic^  otte  t>m 
i^ren  @i|en  unb  betvetfen  bem  neuen  ©eneral  burc^  Beugung  beiber  Jlnie  unb  burd^  boi 

6$anblu|  i^e  3Serel^rung.  6r  barf  biefe  S^renbejeugung  nid^t  ablehnen,  toeil  fie  nid^ 
feiner  ^erfon,  fonbem  bem  gilt,  bef[en  ©teile  er  ijertritt.  3lbgefe|t  lann  ber  ®eneral  nur 
bon  ber  ©eneralfongregotion  in  beftimmten  ^äHcn  Serben,  g.  SB.  toegen  fleifd^Iic^  SSer- 
ge^ungen,  toegen  Serhjunbung  3lnberer,  toegen  Veruntreuung  ber  ÄoHegiengelber  u.  bgL 
Siegt  ein  folc^e«  SJergel^en  toor,  fo  pnb  bie  Slffiftenten  eibli^  berj)fli(^tet,  eg^ei  ber  ©e^ 

10  f eQfd(^aft  mr  9(n}eige  ju  bringen  unb  bie  (Sinberufung  ber  ©eneralberfammlung  )u  beron^ 
laffen.  SBäirb  ber  3lngeHagte  fc^ulbig  befunben,  fo  foll  mit  il^m  berl^anbelt  h>crben,  ba| 
er  freitoillig  fein  ämt  nieberlege,  unb  biefe  3lbbanmng  foD  beröffentlic^t,  fein  3Jerge^ 
ober  unb  bie  baburd()  motivierte  Slmt^entfe^ung  forgfältig  öer^eimlid^t  toerben.  9let(^t  bie 
3lnIIage  nidf^t  gur  äbfe^ung  au^,  fo  fott  man  gum  ©c^eine,  ate  toäre  bcdtoegen  bie  3Sei> 

16  fammlung  berufen,  anbere  ©egenftänbe  berf^anbeln  unb  ftc^  ftellen,  afö  fei  bon  bem  Ser^ 
gelten  be«  ©enerate  gar  nidf^t  bie  SRebe  getoefen.  —  ^ux  Äomj>etenj  ber  OeneraKongtegatton 
gel^ört  femer  bie  Slbänberung  unb  Srgöngung  ber  Jtonftitutionen.  9iur  borüberge^be 
ßinrid^tungen  lann  ber  ©eneral  treffen.  3[ud^  toä^It  fte  bie  äffiftenten,  beren  icber  eine 
älngaf^l  bon  ^rot^ingen,  Assistentia  genannt,  }u  ret)räfentteren  ^at  @ie  bleiben  bi^  )um 

20  Xobe  be^  ©enerald  im  9lmte  unb  bilben  ebenfotool^l  feine  ftänbigen  Statgeber,  al^  bie  t^n 
forttoäf^renb  fontroDierenbe  Sel^örbe.  ®el^t  einer  bon  il^nen  mit  lob  ab,  fo  toirb  feine 
©teile  burd^  ben  (Seneral  neu  befe^t. 

3.  S)ie  ®e^orfam«boItrin  unb  '}}ra|i«.  —  3)a«  S3anb,  toelc^^e«  alle  ©lieber 
be«  Orben^  umfd^Iie^t  unb  i^r  gefamte«  %\)un  unb  ©trcben  auf  grunblegenbe  SQBeife  t>ott 

25  bem  aller  übrigen  religiöfen  ©enojfenfc^aften  be«  Äat^olici^mu«  unterfd^ibet,  iß  ber  ©e* 
l^orfam.  3"  i^inem  Drben  ift  bie  ©ei^orfam^öfefe  big  ju  biefem  ftraffen  Sligoriömu^ 
angezogen  (^ödtler,  äötefe  unb  aRönd^tum  ©.  593  ff.).  3fcur  burt^  ben  ©el^orfam,  be« 
merten  bie  wonftitutionen,  lann  eine  über  bie  berfc^iebenen  ©rbteile  unter  ©laubigen  unb 
Ungläubigen  Verbreitete  ©efellfd&aft  mit  bem  ^aupU  unb  unter  fic^   in  fteter  (Sin^eit  er= 

80  galten  toerben.  ^m  Segriffe  be^  ©e]^orfamg  liegt  e«,  bafi  ber  bejjonnene  geberjug  augen^ 
blidElid^  abgebrod(^en  tverbe,  tvenn  ein  ^efe^l  beg  ©ut)eriorg  ergebt.  ®r  foQ  fid^  ni(^t 
blofe  auf  bie  3:^at,  fonbem  aud^  auf  ben  SBillen  unb  bm  SSerftanb  erftredfm.  ^tht  bem 
Sefel^l  beg  ©uperior«  cntgegenfte^enbe  eigne  5Weinung  ober  Urteil  mu|  mit  blinber  Untere 
toürfigfeit  verleugnet  toerben,   „fo   lange  man  nic^t  beftimmen  lann,  ba^  ber  93efel^(  eine 

35©ünbe  in  fw^  Wliefe?"  (bgl.  baju,  fotoie  jum  Slu^bmdE  obligare  ad  peccatum:  3^30^ 
1864,  ©.  148  ff.).  Überl^aujjt  re|präfentieren  bie  ©u^jeriorm  ben  einjelnen  ©liebem  gegen= 
über  bie  göttlid^e  S^orfei^ung  unb  ed  ift  bamm  für  aQe  '^flic^t,  fic^  Von  bm  SSorgefe^m 
leiten  ju  laffen,  toie  ein  Seid^nam  (ac  si  cadaver  essent,  Constit.,  p.  VI,  c.  l),  ber 
nur  ber  äußeren  behjegenben  Urfac^e  nac^giebt,  ober  toie  ein  ©tab,  ber  ber  ßonb  feinet 

40  2^rägerg  toittmloö  bient.  ^t  mel^r  ba^  S'^^'bibuum  im  blinben  ©e^orfam  fic^  gerobe  }u 
bem  Verftel^t,  Wa^  bem  eigenm  SBillen  unb  Urteil  toiberftrebt,  befto  Völliger  entfjmc^t  e^ 
bem  göttUd^en  SBiUen.  —  S^ren  llaiftfd^en  SIu^bmdE  l^at  biefe  gorbemng  be«  blinbm  ©e^or^ 
fam«  unb  be«  Opfer«  be«  SnteDelt«  in  ber  (^pi\iA  Vom  10.3lt>ril  1555  gefunben,  tvdd^ 
3gnaj  an  bie  ^jortugiefifd^m  3l<Jfwitenlollegien  richtet,    ^n  biefem  33riefe  De  virtute  obe- 

46  dientiae,  ber  bm  Äonftitutionm  regelmäßig  beigefügt  ju  toerben  J)fl(^t  unb  Von  jel^ 
ba«  l^öc^fte  ^nfei^m  im  Drben  genießt  (f.  ba«  3lnth)erj)mer  Corp.  Institutionum  Soc.  J. 
I,  644  unb  vgl.  S9uß,  2).  ©clettfc^.  gjefu,  ©.  553 ff.;  ©ot^ein,  ©.  450.  454;  §eim* 
buc^er  II,  64),  ^eißt  e«  u.  a.:  „Si^er  ftc^  ©otte  ganj  Eingeben  toxU,  ber  muß  außer  bem 
aBiöen  and)  bie  SJcmunft  —  toelc^e«  ber  britte  unb  l^öd^jte  ©rab  be«  ©e^orfom«  ift  — 

60  ^inojjfcm ;  er  muß  nic^t  nur  im  SöoHen,  fonbem  auc^  im  3)mlm  mit  feinem  ©uj>erior 
Völlig  ein«  hjerben  unb  fein  Urteil  bem  be«  Dberen  bergeftalt  unterloerfm,  baß  ber  fromme 
SßiUc  bie  3l"^clli9^nj  Ö^nj  unb  gar  beugt".  2)er®e^orfam  toirb  ebm^ier  befdf^riebm  ate, 
„ein  Sranbopfer,  toorin  ber  ganje  innere  ^Dienfc^  jtc^  ungeteilt  in  ber  glamme  ber  Siebe 
bem  ©c^öj)fer  burd^  bie  §anb  feiner  Wiener  barbringt",  ate  eine  „Sntfagung,  Iraft  berm 

66  ber  3Kenfd^  ftd^  vöUig  feiner  felbft  entäußert,  um  gelentt  ju  toerbm  burc^  bie  §anb  ber 
Dberen"  .  .  .  „Saffen  h)ir  un«  von  anberm  Drbm  m^ig  übertreffm  in  gaftm,  SBadj^m 
unb  aller  Safteiung,  bie  fte  gemäß  il^rcn  ^Regeln  in  ^eiliger  Slbfidf^t  beobadptm!  34^  aber 
h)ill,  baß  bie  Wiener  ©otte«  in  unfrer  ©efeUfc^aft  fid^  burc^  ben  reinm  unb  Votten  ©e» 
borfam  au«jeic^nen,  (nämlid^)  burc^  aufrid^tigen  Serjid^t   auf  i^ren   eignen  SÖiUm   unb 

60  Verleugnung  be«   eignm  Urteite".    Slußcr  bm  fd^on  angefül^rten  Vergleich   mit  bem 


^nitcttorben  763 

:^ei(i^nam  unb  ©tod  (f.  o.)  muffen  gcIcgcntKd^  noä)  pehjä^Iterc  Silber  jur  Seranfc^au^ 
lid^ung  bteje^  ©e^orfam«  bicnen;  fo  in  bem  öon  SRibabeneira  mitgeteilten  fog.  ,,ieftas 
ment"  So^ola^  (einer  Slufgeid^nung  an^  beflen  legten  Xagen  —  f.  ©otl^ein,  453)  mit 
,,einem  Sffiac^^Iügelcl^en,  ba^  [\d)  in  jebe^orm  brürfen  läfet",  ober  einem  „fletnen  Ärujife 
ba^  nac^  Selieben  fi^  breiten  unb  toenben  läfet".  3)ie  öon  $.  3Kütter  au^  mul^amme-  5 
banifc^en  Urlunbcn,  in^befonbere  folc^en  be«  ©enuffi-Drben^  unb  ber  6^abel^a*©efte,  bei^ 
gebrachten  ^aralleten  gu  biefen  unb  äJ^nlidf^en  ©d^ilberungen  (SJlüDer,  Origines  p.  69  f.) 
fmb  in  ber  li^at  bemerten^hjert  unb  laffcn  bie  annähme  einer  äb^ängigfeit  Soi^ola^  bon 
berartigen  3Sorbilbern  au^  bem  3^lam,  toenn  nid^t  ai^  geboten,  bod^  afö  erftärtid^  unb 
berjei^lici^  erfd^einen.  10 

ein  ©cl^orfam  h)ie  ber  l^icr  gefd^ilberte  fe^t  begreifüd^crtoeife  iJöBige  3lblöfung  \)on 
allen  äußeren  Sanben  \yoxa\ii.  2Ber  in  bie  ©efellfc^aft  eintritt,  l^at  SSater,  9Jiutter,  ©ruber 
unb  Sd^toeftem  ju  öerlaffen;  jebe  natürliche  Siebe,  bie  er  ju  il^ncn  trug,  mu|  ftc^  fortan 
in  eine  geiftlic^e  öerhjanbeln ;  G^riftu^,  b.  1^.  ber  ©ut)erior,  in  ioelc^em  er  ß^riftu^  ju 
t>erel;ren  ^at,  tritt  an  bie  Stelle  feiner  Slut^bertoanbten.  6r  foD  ba^er  auc^  nic^t  fjjred^en:  i6 
„3c^  ^öbe,  fonbern  ic^  ^atte  eitern  unb  ©efd^toifter,  nun  aber  l^abe  ic^  fie  nic^t  me^r." 
er  foll  mit  i^nen  jebe  Äorrefjjonbenj  abbxtd^m,  toenn  nic^t  bem  ©iH)erior  ba^  ©egenteil 
gutbünft.  2llle  ©riefe  finb  bemfelben  offen  m  übergeben;  er  lieft  unb  beförbert  fic  an 
il^re  2tbreffe,  hjenn  er  e^  nic^t  an^  l^ö^eren  älüdtfid^ten  borjie^t,  fie  ju  unterbrüdfen.  ©0 
häufig  unb  bringenb  bie  Äonftitutionen  bie  gegenfeitigc  Siebe  ol^  ba«  gunbament  ber  ®c-  20 
feUfc^aft  emjjfel^len,  fo  toenig  bcgünftigen  fie  nähere  38erl^ältniffe  ber  einzelnen  ©lieber 
untereinanber.  3)er  ^rüfenbe  foll  ben  3lufna^mefud^enben  fc^arf  beobad^ten  unb  über^ 
tvad^en,  ba^  nid(^t  bie  Steigung  ju  f|)euellen  ^reunbfd^aften  (charitatis  particularis 
affectus)  bie  allgemeine  Siebe  beeinträchtige  (P.  I  cap.  III,  §  16).  5Kur  ber  Drben 
felbft  lann  nac^  bem  ©runbgebanfen  be«  ^nftitut^  ba«  Dbjeft  ber  Siebe  fein  unb  ber  25 
einzelne  nur  fo  toeit,  ald  er  i^m  angel^ört.  ®anj  f 0  öer^ält  e«  fid^  mit  ber  ^Rationalität 
unb  bem  ^atrioti^mu^  be^  3^f"i*^"iö9li*^0^-  ^  "^"6  fi^  o}}fem,  toeil  ber  Drben  fortan 
feine  $eimat  toirb.  3"  ^'^^  eingäbe  an  bie  rufftfc^e  ^Regierung  bom  11.  ©ejjt.  1811 
crilärte  ber  Drben^eneral  93r|;ojoiogf\^  tüörtlic^:  „ätHerbing^  finb  auc^  einige  äu^länbcr 
in  unferem  Drben,  aber  fohjie  fie  aufgenommen  fmb,  ^aben  unb  fennen  fie  reine  anberen  .10 
©runbfäfec,  feine  anberen  3n^^^ff^"#  ^te  bie  ber  Äörperfc^aft,  ber  fie  untoiberruflic^  cin^ 
berlcibt  finb"  (Sutterotl^,  ^u^anb  unb  bie  ^efuiten  [tjgl.  äbfc^n.  VI],  ©.  26).  9«c^t 
minber  ift  c^  in  bem  ©runbgebanlcn  be^  Orben^  begrünbet,  ba^  ioer  il^m  angehört,  i^m 
DöUig  befannt  fei  unb  Don  i^m  burc^fc^auet  ioerbe.  3)ie  täglichen  ©eioiffen^forfc^ungen, 
meiere  bie  Siegeln  ijorfc^reibcn,  bienen  nid^t  blofe  bem  ftttlid^en  gortfc^ritt,  fonbern  ben  35 
jjraftifc^en  Drbcn^^toedten.  ©d^on  ber  Slufno^mefuc^enbe  toirb  angetoiefen,  nic^t  allein  bem 
Seid^tiger,  fonbern  auc^  bem  ©u^jerior  ben  freien  S3lidf  in  fein  §crj,  feine  9Jeigungen, 
feine  SSerfuc^ungen  ju  eröffnen  unb  nic^t«  ^u  öer^eimlic^en  (Summ,  const.  32).  er 
toirb  bamit  betannt  gemacht,  ba^  er  ftet^  beobachtet  unb  bafe  alle  feine  3)iängel  bem 
©ujjerior  mitgeteilt  toerben,  beffen  ©orl^alt  er  mit  ©anftmut  unb  ©eloftüerleugnung  an=  40 
june^men  l^obe.  S)a  in  ber  Siegel  leiner  o^ne  ben  il^m  jugetoiefenen  ^Begleiter  ba«  $au^ 
öerlaffen  barf  (Regul.  praep.  dorn.  prof.  §  84),  fo  ift  ju  bicfcr  gegenfeitigen  ©eobac^« 
tung  forttoäl^renb  ©elegen^eit  geboten,  ^icfelbe  gel^t  burc^  alle  ®rabe  burc^,  felbft  ber 
©eneral  toirb  Don  feinen  2lffiftenten,  bie  ®uj)erioren  Don  il^ren  Äonfultoren  fontrolliert 
(toegen  ber  Surdj^fül^rung  bemfelben  ©Jjionagef^ftem^  auc^  in  ben  g^fui^^^fc^u^^n  f-  bt\.  46 
3)Jer^,  ©.  58  f.).  S)er  Sorftcl^er  jebe^  ipaufe^  l^at  Dollftänbige  Äataloge  ju  führen,  toorin 
bie  einzelnen  ©lieber  nac^  9lamen,  2llter,  anlagen,  ©tubien,  Sefc^äftigungen  c^aralterifiert 
toerben.  ^iefe  Äataloge  ge^en  jäl^rlic^  burd^  ben  ^roDinjial  an  ben  ®eneral;  ebenfo 
geben  biefcm  bie  litterae  annuae  umfaffenben  S3eri(|t  über  aUe^,  toaö  in  jebem  §aufe 
Semerfen^toerteö  borgegangen  ift.  ^aburd^  bleibt  ber  ©eneral  über  jcben  feiner  Unter-  50 
gebenen  in  genauer  Kenntnis. 

e«  liegt  am  2iage,  bafe  bie  ununterbrochene  Übertoad^ung  unb  eingetoöl^nung  in  ben 
äußeren  unb  inneren  ©el^orfam,  unterftüfet  burc^  bie  geiftlic^en  ejercitien,  burc^  bie  lage^s 
orbnung,  burc^  bie  ganje  Slic^tung  ber  »efc^äftigung,  burc^  religiöfe  unb  J)erfönlic^e  5Ölo- 
tiDe,  allmä^lic^  bal^in  fü^rt,  ba^  ber  ^«fuit  feine  angebome  eigentümlid^feit  mel^r  unb  mel^r  nr> 
abftreift  unb  mit  ber  Drben^tjl^Vfiognomie  Dertaufc^t.  er  benft,  glaubt,  fü^lt,  toill,  toa^ 
biefer  il^m  metf;obifc^  eingiebt;  er  |at  leine  anberen  Steigungen,  al^  toeld^e  biefer  il^m  er^ 
laubt  ober  Don  il^m  forbert;  fogar  in  feiner  äußeren  erfc^einung  mu^  er  ben  ßwfd^"^** 
be«  ®anjen  tragen,  bem  er  fid^  mit  Seib  unb  ©eele  ^u  eigen  gegeben  |at.  er  barf  fein 
.6auj)t  nid^t  frei  betoegen,  fonbern  mu|  e^  aufrec^^t  I^K^tten  mit  leifer  Seugung  nad;  Dorne;  m 

SReal^dnc^nopabie  für  Z^eoloflie  unb  fi{r(^.    3.  «.  VIU.  4g 


754  ^fnitenorben 

bie  3luöen  follcn  in  bcr  aicßel  bcn  Sobcn  fuc^en,  ofinc  ^aft  ftc^^  rul^ig  ergeben  unb  toa^ 
renb  bc«  9leben«  nur  ben  unteren  %c\l  be«  ängeftclf^tö  bc«  änbem  feieren.  3)ie  ©timc 
barf  nic^t  gerunjclt,  bic  9?afe  nic^t  gerümjjft  Serben,  bie  3^9«  nur  ben  Stu^brudf  ^iaen 
^ieben^  tragen.    ®ang,  Schritt,  Haltung,  Oeftilulation  unb  Stimme  —  in   bem   allen 

6  foll  fid^  bic  toollfommenc  äffeftlofigleit  unb  ber  ftrengfte  2lnftanb  offenbaren  (Regulae 
modestiae).  ®Ieici^U)ol;I  tüürbe  man  irren,  tomn  man  annähme,  ba^  bie  einjelnen  ®K^ 
ber  beftimmt  hjären,  nur  bie  inbifferenten  ejem}>Iare  ber  ©attung  3^"^*^"  5"  tocrbeit 
eine  getüifle  ßlafticität  unb  ^eil^eit  ift  auc^  in  ber  Seitung  ber^nbirtbuen  nic^^t  gu  \Kt: 
fennen.    3)ie  ©ejettfc^aft  iuill  ftc^  atterbing«  i^rer  ©lieber  ijottftänbig  bemächtigen,  borum 

10  mu|  ber  eigne  SBiUe  unterbrüdft  unb  bcr  bc^  3"f^^wt^  ^^^  fubftituiert  toerben,  auc^  bwi 
bcr  inbibibuellcn  (Sigcnttimlic^feit  mu^  aufgegeben  tocrben,  h>a«  nidf^t  in  ben  Drben^eiji 
aufzugellen  bermag.  3lbcr  ift  einmal  bicfe  Operation  öottbrac^t,  bann  toirb  bem,  toa^  t)on 
ber  urf))rünglic^en  ^nbit^ibualität  noc^  übrig  bleibt,  biellcic^t  t)on  feinem  Orben  fo  finrgfam 
Slec^nung  getragen,  h)ie  bon   biefem.    9!)iit   bch)unberung«h)ürbigem  ©d^arfblicf  crgrünbct 

15  er,  hjol^in  jebcn  feine  Seftimmung  hjcift  unb  mittclt  il^m  im  großen  Organi^mu^  ben 
$la$  axi^f  h)0  er  feine  nac^  bcn  Drben^j)rinjiJ)icn  ju  bcn  Drben^jmecfen  au^ebilbetc  Se^ 
föl^igung  am  crfolgrcic^ftcn  für  ba^  @an^e  )u  bertoertcn  t)crmag.  Sben  barauf  beru^ 
jene  Siclfeitiglcit  ber  ialentc  unb  ber  X^ätigfeiten,  meiere  ber  Drben  in  fic^  bereinigt. 
333enn  bie  entfd^cibung  bc^  Drben^  an  bcn  3^"'*^"  ^g4^#   "^^9   P^  ^^^   ^^f  ^^  «^' 

20  bebrungörcic^ftcn,  gefal^rt)ollften  Sahnen  bem  gctriflen  2:obe  cntgcgenfti^ren,  er  unterwirft 
fiep  lautlo«  unb  opne  3<^w^«^  feinem  ©c^icffale,  nic^t  feiten  mit  einem  §elbenftnn  unb 
einer  2iobe^bcrac^tung,  bie  h)ir  mit  93ch)unberung  betrachten  lönnten,  h)enn  h>ir  nic^t 
h)ü|tcn,  h)ic  öiele  eble,  gottgefällige  2;riebe  bc«  §crjcn«  gctoattfam  erftitft  unb  toemi(btd 
tocrben  mußten,  um  fie  jur  $Kcife  ju  bringen. 

26  3)aö  3^^^  ^^cf^^  f^^"  bcred^neten,  lunftöoD  geglieberten  Drgani^mu^  ift  nic^t  bic  ^eac 
be^  inneren  Sebeng,  fonbem  bie  äußere  %l)at;  fein  aBirlung^frei^  nid^t  bie  befc^ulitpe 
©titte  bcr  einfamcn  3dlc,  fonbem  bie  9Belt.  3^r  fünbigt  er  mit  ber  ganjen  Sncrgie  feiner 
tonjcntriertcn  Äraft  bcn  überloinbenbcn  Äan^jf  an  unb  ber  6rfolg,  um  ben  er  ringt,  Vji 
bie  SEBieberl^crftcllung  unb  3lu«brcitung  bc^  mittelalterlichen  Äat^olici^mu^,   bie  ^ercfc^ft 

80  bcr  römifd^cn  Äirc^c  über  ben  ©taat.  ®ie  SRcligion  unb  il^re  Übungen ,  bie  3Biffenf(^ft 
unb  il^rc  Scftrcbungcn  fmb  nur  bie  5Wittcl,  toomit  er  fic^  fclbft  unb  anbere  ^u  biefem 
3n)ecfc  leitet.  S)arin  l^at  bcr  Drben  feine  tocfentlidf^e  Seftimmtljcit,  bie  er  auf  letnem  (Sc» 
biete  verleugnet:  er  ift  bag  ^^^f^i^"^  *>^  abfolutcn  R^^dmä^x^Wxt  älle^,  ioa^  er  jur 
^cbung  unb  Silbung  bc«  inneren  Scbcn«  an  feinen  ©liebem   t|ut,  bcabfic^tigt   nur   bie 

36  äibric^tung  unb  älu^rüftung   gur  il^ätiglcit  nac^  au^en.    Da^er  jene«  öorft^tigc  SRap- 

l^altcn  fd^on  be«  39"^^i"^  (bgl.  obm)  unb  ebenfo  ber  folgenbcn  ©efe^geber  in  i^ren  gor« 

bcmngcn   betreffe  ber  äl^fcfc,  berm  Übungen   fie  burdf^au^  öom  SBillcn  be«  ©m)erior^ 

abl^ängig  machen,  bamit  bie  Äräfte  be^  ©cifte^  unb  be^  Äör})er«  nic^t  erfd^ö^jft  h)erben. 

4.  ^Prebigt  unb  ©eclforgert^ätigleit  be^  Drben^.    3)ie  grtic^te,    h>el(^ 

40  bicfe  in  i^rer  Slrt  au^c^cic^netc  Organisation  be«  Orben^  auf  feinen  beiben  §auj)tarbeit^5 
felbcrn:  bem  bcr  l^cibcnbcfc|rcnbcn  4^ätigleit  toic  bem  be^  innerfirc^lidf^en  —  teil^  fat^o^ 
lifc^'fcelforgerlic^en  unb  ^jjäbagogifc^en,  tcil^  fc^crbclcl^rcnben  —  SEBirIcng  ^eranreifm  madj^tc, 
begannen  jdjion  bei  bc^  ©tifter^  Scbjcitcn  in  ©cftalt  beträc^tlid^cr  ©rfolge  ju  tage  ju 
treten.    Söä^rcnb  bic  2)arftellung  jcincö  äußeren  ü)Jijrion^toirfen^  nni  ^ier  nidf^t  näl^er  fc 

4o  jc^äftigcn  fann  (f.  barübcr  bcn  21.  „SKijfion",  fomie  bie  auf  einjclnc  ^öujjtmiffionare  toie 
Xatoier  (33b  VI  ©.  229)  2C.  bo^üglic^en  2lrtifcl ;  bgl.j.S.  auc^  unten  äbf^n.  V),  gel^ört  ^ier^ 
l^cr  5unäc^ft  eine  fur^c  6^araftcriftif  ijom  inncrfatl[|olijj^cn  2öirfcn  bc^  Drbm^  burd(^  ^re« 
bigt  unb  ©eclforgc,  auf  toclc^m  ©cbictcn  feine  auf  jReftauration  be«  römifc^en  itirc^* 
iocfm^  bcjüglic^m  Sciftungm  juerft  bcbcutfam  hervortreten. 

50  SRic^t  blo|  in  il^ren  äu|crcn  ^ofitionen  toar  bie  fat^olifc^c  Äirc^e  um  bie  SKitte  be^ 
16.  3;^^^^^wnbcrt^  gurüdfgebrängt,  auc^  t^rc  2lnfc^auungen  mu|tm  bei  bem  Solle,  bei  ben 
©cbilbeten,  gum  ^eil  fclbft  bei  bem  Stlcru«  t)roteftantijd^cn  SSorfteHungcn  h)eic|en  ober 
burc^  3Scrmifc^ung  mit  bcnfclbcn  il^rc  ßigcntümlic^lcit  bcrliercn  —  ba  mtfalteten  bie  Se* 
fuitcn  il^re  Il^ätigfcit  mit  raftlofer  fenergic.  Sffiäi^rcnb  fte  ^icr  bie  Söanfcnbm  ju  befeftigen 

66  unb  bie  Sauen  gur  ©ntfc^icbcn^eit  ju  brängen  ijcrftanben,  tricbm  fie  bort  i^e  Äeile  tief 
in  bag  §cr5  bc^  ^roteftanti^mu^  l)m\n  unb  gewannen  teite  burc^  Übencbung,  teild  burd^ 
gctoaltfamc  ^Hcaftion^ma^rcgcln,  bic  fie  Veranlagten  unb  unterftü^ten,  ber  alten  Äirc^e 
gan^^c  Sänberftrcdfm  toicbcr.  i)ic  Hcrifalcn  2lmt^t)cnic^tungen  Waren  in  ber  borreforma* 
torifd;m  3^^^  au^crorbcntlic^  vcmac^läffigt  toorben ;  bie  S^fwiten  unterjogm  fic^  i^nen  mit 

Go  ungeteilter  Eingebung,    ©c^on  ^aul  III.  erteilte  i^ncn  bic  SSoDmad^t,  überall  in  Siix^fycn 


:3l(fnitctiorbeti  765 

unb  ©trafen  ju  J)rcbi0cn,  bic  Salramentc  ju  tocriöalten,  33eic^tc  ju  ^ören  unb  in  aücn, 
fclbft  in  ben  bem  ^ajjftc  rcfertjicrten  fällen,  mit  äu^no^me  bcr  m  ber  SRad^tmaJ^töbuDe 
bejcid^ncten,  ju  abfotoieren.  3)ur(^  bic  93uUe  Cum  inter  cunctas  cntbanb  er  ftc  1545 
Don  bcm  gcitraubcnben  gcmcinfamen  (Singen  bcr  lanonifc^cn  $orcn  im  ßf^ore ;  unb  ha  ftc 
im  Saufe  bcr  3^^^  nod)  ijon  t)ielen  anbern  SScrbinblic^leiten,  toclc^c  fonft  ben  ÜJJönd^^orbcn  5 
obliegen,  g.  93.  t>on  ber  3!eilna^mc  an  ^rojejfionen  unb  SJütgängen,  bi^tjcnficrt  iourbcn, 
fo  tonnten  ftc  ungel^inbert  il^re  ^cit  ber  3lueübung  ber  Herifaten  ^flid^tcn  tüibmcn.  3L^or 
allem  nal^men  fte  [\^  ber  ^rebigt  an;  mit  bcjonbercr  Betonung  foHte  in  berjclben  bic 
SBid^tigleit  ber  tirc^lic^en  älnftalten  l^ertjorge^oben  unb  jur  fleißigen  Säeic^te,  gur  Seiftung 
\)on  93u^n)er!en,  gum  ©ebraud^c  lirdblic^er  ©cbcte  unb  änba^töübungen,  jur  frommen,  lo 
b.  \).  lirc^lid^en  Seitüre  unb  jur  forgfältigen,  im  lat^olifc^en  ©inne  ge^anbl^abten  Ätinber^ 
^ud^t  ermal^nt  toerben.  —  SBirIfamer  noc^  al^  bic  ^rebigt  fonnte  ben  reftauratiüen  Rh^ed cn 
bie  SBeid^te  bienen.  S)en  Sßrieftem  tourbe  bic  forgfältigfte  Sluebilbung  ju  biefem  ^eruf«* 
jtücige  jur  ^flic^t  gemacht.  Scfonberö  follten  fte  ftc^  in  ber  Beurteilung  fc^tüieriger  ®^ 
toifjen^fälle  üben,  eine  lurje  grageftettung  ftd^  angetoö^ncn,  gegen  bie  einzelnen  ©ünben  i6 
ftet^  bie  93eijj)iele  unb  2luigfJ)rüc^e  ber  ^eiligen  bereit  galten,  unb  U)ie  in  ber  ganjen  SSer^ 
toaltung  be^  Su^falrament^,  fo  auc^  in  ber  äbfolution  bie  gleiche  gorm  unb  ^Rctl^obc 
beobad^ten  (Reg.  sacerd.  10— 12).  ©egen  grauen  toirb  ftrengc  3urüdtl^altung  emtjfo^len. 
Sefonbere  Sorfd^riften  betreffen  ben  Sefuc^  bei  benfelben  (Instr.  III,  pro  confessariis). 
!3n  ber  Siegel  JoH  er  ganj  eingeftcDt  unb  nur  im  casus  necessitatis  geftattet  tücrben.  20 
2)iefer  befd^ränlt  ftc^  auf  brei  JJälle!    1.  toenn  bie  ^au   öon  2lbel  unb   änfe^en   ift; 

2.  toenn  fte  ftc^  um  ben  Orben  berbient  gemacht  f)ai]  3.  toenn  man  anncl^men  barf, 
bafe  e^  i^rem  @|cf;erm  nid^t  unangenel^m  ift.  5Wur  hjcn  ber  ^robinjial  baju  qualifiziert 
finbet,  barf  biefc  Sefuc^e  machen  (ijgl.  audf^  ben  St.  „S^fw^^'^^'^^^'O-  3Ri^  befonberer  3lbs 
fid^tlic^feit  gel^t  ber  Drben  barauf  au«,  ben  gtirften  au«  feiner  3Kitte  93eic^tt)äter  m  be-  25 
ftellen  unb  i^r  Serlialtcn  ift  ftrift  öorgcjeic^net.  ^ie  unbebingte  äöal^rung  be«  SSeid^t^ 
fiegel«  fdf^ärfte  1590  9lquat)iba  allen  ?}rieftcm  ein.  6r  öertoarf  au^brüdflidf^  bie  entgegen* 
fte^enbe  SReinung,  bag  man  unter  Umftänbcn  au^er^alb  be«  93eic^tftul^l«  bon  bem  Seicht' 
gel^eimni«  ©ebrauc^  machen  bürfe  (Inst.  V,  de  notitia  habita  per  Confessionem). 
3)urd^  bie  3<^fwitcn  fam  bie  Seichte  in  fatl^olifd(^en  Sänbern  h)ieber  in  öoHe  9lufnaf;me  30 
unb  ift  bi«  auf  unfcre  3;age  ein  hjirlfamc«  3Jlittel  geblieben,  bic  ®eit)iffen  ^u  leiten  unb 
unter  ben  firc^lic^cn  ©el^orfam  gu  beugen,  ©ie  bilbct  baffer  ein  ftänbige«  S^ap'xUl  auc^  ber 
9Kiffton«}}rebigten. 

■Jläd^ft  ^rebigt  unb  Seichte  ioar  c8  bic  ©rjicl^ung  eine«  bon  ben  latliolifc^cn  gntcs 
reffen  ganj  burd^brungencn  ^riefterftanbe«,  Vorauf  ba«  3lugenmcrf  bc«  Drben«  bon  Sin*  .15 
fang  an  l;au^)tjäc^lic^  gerichtet  toax,  ©oUjo^I  biefe«  2lrbeit«gcbict,  ioie  ba«  nid^t  minber 
eifrig  in  Singriff  genommene  ber  ^roteftantenbefel^rung  unb  bircften  8elämt)fung  ber 
Stcformation,  gilt  e«  eingel^enber  Betrachtung  in  ben  nä^ftfolgenben  Slbfc^nittcn  ju  untere 
jie^en. 

III.  ^Päbagogifd^e  Il^ätigleit  unb    hjijfenfc^aftlic^c   Seiftungen    bc«4o 
Orben«.     A.  ©runbföte    unb    ^Ut^obe   bcr   gefuiten'^^öbQgogif.     3^ic   Ratio 
Btudionim  Hocietatis  Jesu  ift  i^rem   auf  Sotjola  felbft  fii  jurücffiifirenben  ^Teinic  nacft  ent» 
polten  in  Pars  IV  bcr  i^onftitutioncn,    loo  in  17  Kapiteln  über   bie  Jloflegicn,  bie  8tubicn 
unb  bic  Uniuerfitftten  be«  Drbcn«  gebnnbelt  wirb.  ?luf  biefcr  filteften  unb  cinfod^flen  ©runb* 
logc   erlüudj«  (unter  ®eneral  ^(quouipa  unb  im  9(njcölu6  on  bic  unter   i^m  1584  geljaltene  45 
oicrtc  ©encralfongrcgotion)  junäc^ft  eine  proüiforijcftc,  bloft  ald  ^amiffript  gebrucfte  ©tubien» 
orbnuuq :    Ratio  atque  institutio  studioniin,   per  sex  Patres  ad   id  jussu  R.   P.  Pnicpositi 
Generalis   deputatos  conscripta,    SRom  1586   (bei  ^odjller,   t.  I,   p.  25 ss.).    3^  bcfinitlucr 
(Geltung  fortgebilbet  unb  crgäni^t  erjd)ien  bie(e  Ratio  studiorum  ^u  9?eapel  1599.  ©ine  neue 
^u§g.  berjclbcn,  mit  einiaen  ubn  ber  ficbenten  ®encraIfongcgr.  befc^lofjencn  SSerbeffcrungen,  50 
trat   ju  SRom  1616   nn«  fiidjt.    S)ie  neuefte  9?ebaftion,    o^ne  prinjipIcUc  Umgeftaltung    bc§ 
^ejt«,    nur  mondie  9(npaffungen    an  bic  ficftr    unb  i!eben§bcbürfniffc   un|cre«  3ol)r^unbertS 
üorne^mcnb,  rü^rt  üom  3a^re  1832  ^cr.    @ie^c  ben  urfunblicö    genauen  ?lbbrucf  bei  (^.  ^l. 
^acfttlcr,  S.  J.  =  Ratio  studiorum  et  Institutiones  scholasticae  Societatis  Jesu  i)er  Germa- 
niam  olim  vigentes  coUeetae  concinnatae  dilucidatae,  t.  II,  p.  234-481  h.  ugl.  überhaupt  bic  55 
brei  ©bc  blcfe«  mertüollen  ©ammchoerf«  (=  tom.  II,  V  unb  IX  uon  ^.  ^c^rbact)«  Monu- 
mcnta  Germaniae  paedagogica),  ©erlin  l'^87--1890. 

Sc^rif  ten  ^ur  Beurteilung  be«  jefu  it.'päbagog.  Sl)ftcm§:  6>.2Beic!ev,  3)aö 
ßc^ulttJefcn  ber  gefuiten    nad)  ben  Crben«gefc&en  bargeftcüt,  ^oüc  1863-  6.  Si^ngiebl    unb 

3.  tuber  a.  a.  D.  (f.  m\d)nA,  2);   3.  Äelle,   a)ie  3efuitengl)mnafien  in  Oftcrrcidj  üom?lnf.  go 
be«  oor.  3a^v^unbert«  bi«  jur  ®egcniüart,  $rog  1873;  bcrjelbe  in  ^3  ©b  35  (1876);  Älucf* 
l^oOn,  S)ic  3cfuitcn  in  95Q\)crn  mit  bcf.  fRücffic^t  ouf  i^rc  fie^rt^ätigfelf,   $8  »b  31  (1874); 

48^ 


766  3efitttenotbett 

SJ.  $Qu(fcn,  ®cf(6.  bc§  gelehrten  UntevricötS  auf  bcutfdjen  ©djuleii  üorn  9lu«gQng  bcö  ^Äe  ic, 
II  (18H5),  282ff. ;  XöUinger'SReufd),  gKoralftreitlflfcitcn  2C.  {\,  u.),  479-511  (bic  Ratio  sto- 
dionim);  ®.  aRüflcr,  Unterri(f)t  u.  ©rjic^iung  in  ber  (äJefeüfc^Qfi  3cfu  loä^rcnb  bc«  16.  S^bls., 
In  Ä.  91.  ScftmibS  „eJefcfeicftte  bcr  ^x^ktiunQ",  fortgeführt  üon  ®.  6*mibt  (Stuttgart  1892), 

B  III,  2,  ©.  1-109;  ®.  3Äer$,  S)ie  ^öbagogif  bcr  Scfniten,  nnd)  ben  Oucttcn  Don  bcr  filtcftcn 
(n§  in  bie  neucfte  Seit  barqefteflt,  ^cibelbcrg  1898. 

©(^uffcftriftcn  für  bie  3efw»tcn*  $äbagogif :  9i.  Gbner,  S.J.,  IScleuc^tnng  bcr 
Sdirift  bcS  3.  Ä^eüc  über  bie  bfterr.  Sefuitcng^nmafien,  ßinj  1874;  tB.  Sauer,  «u«  bem 
Diarium  Gyrnuasii  societatis  Jesu  Monacensis,  ^Kündjcn  1878;  ^.  i&thtr,  @)cfd)i(i)tc  bcr  ge* 

10  leljrten  ©cftulen  im  ©ot^ftift  Somberg,  ^Bamberg  1880;  ^u^i^e^,  S.  J.,  Loyola  and  the  edu- 
cational  System  of  the  Jesuits,  9ie!tJ'?)orf  1891;  3-  3)elbrcl,  S.  .1.,  Les  J^uites  et  la  Pe- 
dagogie  au  seizifeme  sikile,  ^arig  1894;  3of.  SJJciß,  3ffwitcn  unb  3cfuitcnf(^|ulcn  (©eft  III 
ber  ^fibogog.  SSortröge  u.  9lbf)anblungen),  Slempten  1894;  3.  3Qnffen,  ®ef*.  beö  l>cutfdjfn 
S^olf«,  93b  VII,  @.  82ff.;  93ern^.  S)ul)r,  S.J.,  ^ie  ©tubienorbnung  ber  ©cfeUfdjaft  3ffu,  mit 

16  einer  Einleitung  (=  SBibliotbef  ber  fatM.  ^öbagogif,  93b  IX),  &reiburg  1896f.;  bcrfelbe 
in  93b  IV  ber  ^ßacfttlerfdjen  Ratio  studiorum  (MG  paedag.,  t.  XVI),  93erHn  1894. 

B.  fiitterQrifd)e  X^ätigfcit  bcr  Scfuiten.  3m  all  gemeinen:  $ctr.  9?ibü 
bcneira,  lUustrium  scriptorum  religionis  Societatis  Jesu  catalogus,  %nttDer))en  1602 ;  2.  öcr- 
mefirte  ^lufl.  1608  (Qud)  S^on  1609;   9?ouen  1613  unb   1653);  $^il.  9((egQmbc,    Bibliotheca 

20  scriptorum  Soc.  Jesu,  post  catalogum  Petri  Ribadeneira  nunc  novo  apparatu  libronim  ad 
an  1642  editorum  concinnata  etc.;  acced.  catal  martyrum  Soc. Jesu,  ^ntiuerpcn  1643fol.; 
9{at^anael  (Boutt)n)eÜ,  Ribliotheca  scriptorum  Soc.  Jesu,  opus  inchoatum  a  F.  Ribad.. 
continuatum  a  Ph.  Alegambe,  recognitum  et  productum  ad  an.  jubilaei  1675, 9iom  1676.foL; 
Wuguftin  unb  9Uopd  be  93Qcfer  (ft  1873  unb  1883),  Biblioth^ue  des  ^rivains  de  laCJomp. 

2r»  de  J^sus  ou  Notices  bibiiographiques  1.  de  tous  les  ouvrages  publj^s  par  les  Membrei« 
de  la  CJomp.  de  J.,  2.  des  Apologies,  des  Controverses  religieuses,  des  cntiques  litt^raires 
suscit^es  ä  leur  sujet.,  7  voll.  4®,  fiüttic^  1853—61;  nouv.  edit  augm.,  ibid.  1869—76; 
neucfte  crtoeilcrtc  3lu«g.  (in  ca.  10  93bcn)  von  RSorloS  @ommerüogcI,93rüffclu.  $arid  1891  jf. 
93gl.    bcSfelbcn    P.    ©ommerüogcl   Dictionnaire   des   ouvrages   anonymes   et    Pseudonymes 

30  publik  par  des  religieux  de  la  Comp,  de  J.,  2  vols.,  ^ari^  1884.  gerncr:  Moniteur 
bibliographiquc  de  la  Comp,  de  J.,  ^ari«  1889;  XQOagnutii,  Bibliotheca  catholica  Soc. 
Jesu;  93crj.  ber  »üidjtigften  ©cftriftcn  üb.  b.  3efuitenorben  feit  1830,  Sien  1891  ;  «Ifr. 
.(^om^,  S.  J.,  Chronologie  biographique  de  la  Comp,  de  J^sus.  I:  Province  de  Lvon, 
1582-1762,  ^oriS  1900. 

H5  ©efamtüber  blidc  über  bie  uerf(^iebcnen  (äJebictc  jefuitifd}  •  lui  f fcn» 
frf)aftlicl)cr  X^ätigtcit:  ^.  «.  @met§,  %a^  tftat  ber  Sefuitcnorbcn  für  bic  9S8iffcnfd)aft V 
iBeantroortet  in  einem  S^cricicftniö  ber  uorjüglit^ften  ©cftriftftcücr  biefc§  Crben«  unb  i^rer 
©(Triften,  "^ladicn  1834;  93u6,  ^ic  ©efeUfd).  3cfu  2C.  (1853),  ©.  1571-1628;  3anftcn  in 
SBb  VII  f.  ®efc^i(ftte  b.  bcutfdjcn  93ültö;  ^ricS  im  MS  VI,  n.  f.  f.;  C)cimburf)er,  Orbcn  unb 

40Äongreg.  II,  154—196.  —  g)Jcf)r  fritifd):  ^uber,  S^cr  3cfuitenorbcn  2c.,  bef.  @.  403-427; 
SReufdj,  3)cr  Snbej  jc.  (passim) ;  g  Si^ippolb,  3).  jefuit.  ©c^riftftcttcr  ber  ®egcnnjart  in 
S)cutfdjlanb,  fieipjig  1895. 

(Sinjelnc  ®ebiete.  SBiblifc^e  @jegefe :  9?i(^.  ©imon,  Hist.  critique  des  prinei- 
paux  commentateurs  du  N.  Test.,  Sf^otterbam  1693;    ^JKe^er,  ®ef(l)i(^le  bcr  ©cftriftertlfirung, 

46  ©öttingcn  1804,  93b  III,  356.  465  ff. ;  fi.  2)leftel,  3)a<J  «Itc  Xcftamcnt  unb  bic  Sircftc  1869, 
©.  385  ff.  440  ff. 

(öefd)i(^te  unb  ^ivt^cngcfcfticötc:  3-  ^-  ©ti)ger,  S.  J.,  Historiographi  societati.o 
Jesu  ab  eins  origine  ad  nostra  usque  tempora,  SRegendburg  1851  ;  93.  S)u^r,  3)ic  alten 
beutfdicn  Sefuiten  oIS  ;g)iftoriter :    ßtlö  XIII,  57  ff. ;    9BegeIe,  öJefdft.  bcr  bentfdjen  ^iftorio: 

60  grap^ie,  ^JUiünc^cn  1885  (passim).  ^gl.  b.  91rt.  Acta  martyrum  et  sanctor.  (I,  148,  11 
bi§  149,  24). 

^l)iIofop^ic  unb  bog  mal.  X^cologic.  ^leutgcn,  S.  J.,  ^ic  X^eologie  bcr  9?or' 
seit  (1853  ff.)  unb :  ^ic  <P()iIofop^ie  ber  9Sorjeit  (1860  ff.);  Ä.  Serner,  gronj  ©uorca  u.  bie 
©d)olaftif  ber  legten  S^fJ^^unberte,  2  93be,   JHegen^burg  1861  ;    bcrfelbe,  ®cfd).  ber  apologet. 

65  unb  pülem.  Sitt.  2c.  93b  IV  (©d)affi:)aufen  1867).  ^i^gl.  bie  91rtife(  93ajug  (93b  II  ©.  3b3), 
^effelö  (0.  ©.  2),  3Qnfen  (o.  ©.  589).  «^olino,  ©uare^  2c. 

aWoralt^eologie.  ©I.  ^aScal,  Lettres  provinciales,  $ariö  1657  (ug(.  ben  bciitfdicn 
Äu^jug  barau«  üon  3.  Q&.  SDre^borff,  ^^cip^ig  1887) ;  (Saenborf,  S)ic  3Roral  unb  ^oliiif  bcr 
Sefuitcn,  3)armftabt  1840;  93urft)arb  fieu,  *^citr.  jur  3Bürbigung  beö  3cfuitcnorbcn§,  2u^€m 

r,o  1840;  S)öninger  u.  SReufcft,  ®cf(i.  ber  ^Woralftreitigfciten  in  ber  rijm.«fat^.  fiirdjc  feit  bem 
16.  3at)i'Öbt.,  2  93be,  ^«brblingcn  1889;  g.  $).  9Jeufd),  93eitrögc  j.  ©cfcft.  beS  3cfuitcnürbenS, 
TOindjen  1894,  bef.  ©.  169ff.;  berfclbe,  3)er  Subcy  2c..  bef.  II,  327 ff.;  958.  &a^,  (äJefd).  bcr 
d)r.  (£tt)if,  II,  1,  185ff.;  II,  2,  147ff.  (93erlin  1886f.);  fiut^arbt,  ®ef^.  bcr  (^r.  etfeif  II, 
©.  115—141  —  gum  ©Qf  üon  bcr  „Heiligung  bc§  3»DCffS  burt^  bic  Mittel"  f.  i.Xtil  fc^on 

er.  frühere  polcmifdjc  3)arlcgungcn,  lüie  bic  \)on  &bf.  ^axk^  (3efuitcnfpiegel,  8$^  1839 ;  au(ft 
fP);  &•  ^-  ^acohx  (3).  3cfuitcn;  3  SSortröge,  ^oUc  1862);  O.  9(nbrefi,  5)ic  ucrbcrblit^ 
"iDiüroI  ber  3ff"itcn  in  ^?(u^iügcn  au*5  i^rcn   fed&riften,   9?u^rort  1865;    Maurer,  Si^eucr  ^c 


^fefnttenorbeit  757 

fuiteiijpiegel,  ^(üiicftcn  1868,  u.  anbere.  gcrncr  bic  neueren  Jeit  ber  (Spodje  be§  Ä'ultur* 
!am|)f8,  wie :  ^Doctrina  moralis  Jesuitarum.  3)ic  SRorol  ber  3cfuiten  quellenmäSig  narfi' 
geiüieten  auS  iftren  8djriften  uon  einem  Äatöollfen",  2.  ^Tufl ,  (Sefle  1874 ;  3.  89iirggraf,  ^ic 
3ÄoraI  ber  3efuiten  (SSorlrag),  SBittenbergISS?;  3.  4).  ®raebcr,  S)cr  3efultenorben,  4.9lufl. 
S5onnen  l587;  gödfer,  2)er  Scfwit^wctben  nadi  feiner  ©tellung  in  ber  ©ntioicflunflSgeft^ic^tc  6 
beö  ^ön*tum«,  »armen  1889  (@.  48).  «u8  neuefter  geit  befonber«  «ß.  XMacfert,  3efuitlfcfte 
•iDüöccOen,  3ß®  XIX,  2,  367—371.  SJgl.  ben  «rtlfel  „^robabiliSmuS"  u.a. 

^olitif.    eilenborff  a.  a.  D. ;  ©über,  S)ie  rir*Iid)-poIitifcbe  ^Sirffamfeit  be«  3cfuitcn- 
orbenä,  »erlin  1873;  9?(fnfe  in  f.  ^©iftcr.^polit.  Stfc^r^II,  606  ff.  (über  bie  3bec  ber  »olf«* 
fouoeränetÄt  i.  b.  ^cftriften  ber  3cfuiten) :  au*  ®efdj.  ber  $äpftc  II,  179  ff.;  SReufcft,  »eitröge,  10 
@.  1—58;  9?icö.  £reb8,  2)ie  polit.  ^ubliciftif    ber  Sefultcn  unb  i^rer  (äJcgner  in  ben  legten 
3o^rjef)nten  \>ox  «ludbrurfi  beS   SOjä^rigen  Ärieg«,  ^olle  1890;  g.  ^^ippolb  a.  a.  D. 

Watur»  unbSpradjmiffenf  diaften.    Rödler,  ^KifHon  unb  Wffenf^aft  in  ber^ICffl. 
8-  f.  ^iffionSm.  1877,  I;  berfelbe,  ©cfcftictite   ber  SBejiet)ungen  j^ifc^en  Xfieol.  u.  9?atum.  I, 
S.  555 ff.;  II,  332 ff.;  ©über,  Sefuitcnorben,  6.  418—421;    ©eimbut^er,  Orben  u.  Äougreg.  15 
II,  172—178;  3.  3)a^lmann,  S.  J.,  3)ie  8pra(^funbe  unb  bie  SRiffioncn  (50.  ergfinj.-^ft.  3. 
Stimm,  aus  9Kor.-2aa(^),  greiburg  1892. 

^oefie,  §lrc&iteFtur,  bilbenbe  ^unft  k.  »ilmar,  ®er\)inu8, ^oberftein,  Scijneiic. 
in    i^ren  ®efrfi.  ber   beutjcften  "Wotionallitteratur;   3-  3<^»1>I«^  @tubb.  unb  »eitröge  *ur  ©e* 
fcfticfttc  ber  3cfuitentomöbie  k.,  ©amburg  1891;  Sanffen,  ®ef4.  b.  beutf elften  »olf 8  k.  »b  VII;  ao 
^uber,  Sefuitenorbcn,  8.  424-437;   &.  Safob,   3)ie  ^unft  im  ^ienftc  ber  Äircfte,   3.  ^Tuff., 
fianbS^ut  1880;  ©eimbucfter,  II.  178  f.  184  ff. 

A.  3^fwtttfc^e  5Päbago0tI.  2)te  (SefeUfc^aft  3«fw  ift  toefentltc^  unb  in  erfter 
Sintc  ein  ©rjie^ung^orben ;  fie  übertrifft  in  Sejug  auf  forgföltig  funbamentierte  pSta^o^ 
Q\\d)t  S3eftrebungen  unb  erfolgreiche  Seiftungen,  befonber«  im  loderen  Untetrid^tös  unb  20 
©rjiel^ung^toefen,  fämtlid^e  neuere  Drben  be«  RatJ^oIici^mu«.  S)em  Solföfd^ulunterric^t  l^at 
fte  im  attgemeinen  nur  geringe  3lufmertfamleit  getoibmet.  ©eranbilbung  ber  vornehmeren 
3ugenb  fotoie  be^  RIeru«  gemäfe  il^rem  militärifc^en  ©el^orfam^rinjij)  ift  ftetö  il^r  ^axipU 
jiel  bejto.  ein  ©auj)tmittel  jur  ßrreid^ung  il^re«  3*etö  getoefen.  Sorgfältige  Untertoeifung 
m  ben  Haffifd^en  Bpxai^tn,  namentlich  im  Sateinifd^en  —  l^inter  bem  fc^on  bo«  ©ric«  ao 
c^ifd^e,  unb  h)eit  mel^r  nod^  bie  ietoeilige  3Hutterft)rac^e  (2)eutf(^  k.)  ftarl  jurüdtritt  — 
bilbet  überall  bieOrunWage  be«  Unterri^tgöerfol^ren«  in  i^ren  ÄoHegien  (3Rer|,©.82ff.). 
Slber  nur  ber  formellen  ©eifteöbilbung  foh)ie  ber  Vorbereitung  ju  ^öl^erem  ©tubium  im 
©ienfte  fatJ^olifc^^firc^lic^er  ^ntereffen  l^at  biefe  f^jrac^lic^e  ©d^ulung  auf  ber  ©tufe  ber 
studia  inferiora  ju  bienen.  i)ie  auf  ber  jtoeiten  ©tufe  ftc^  anfc^Kefeenben  ejalten  35 
SBiffenfd^aften  —  in  Den  älteren  S^ejten  ber  Ratio  studiorum  nod^  ftiefmütterlic^  be» 
Rubelt,  erft  feit  1832  eingel^enber  berüdtfic^tigt  —  foHen  allgemeine  Silbung  förbem  unb 
ben  ^jraftifd^en  ©inn  h)edten.  3)ie  5pi|ilofo))l^ie  enblic^,  auf  ibre  ariftotelif^^fd^olaftifd^en 
©runbbegriffe  jurüdtgefti^rt  unb  in  ber  ?form  borgetragen,  toeld^e  fte  bem  aJlittelalter  t>ers 
banit,  foU  nur  bie  §anblangerin  ber  lat^olifd^en  ^^eologie  lüerben  unb  biefe  in  il^ren  aH^  40 
gemeinen  3Soraugfe|ungen  begrünben  lielfen.  ^r  ba«  tl^eologifd^e  ©tubium  h)urbe  bie 
©umma  be«  3:^oma«  bon  Slquino  im  allgemeinen  ma^gebenb  (bgl.  unten  B).  ©0  ftel^t 
alfo  ber  ganje  lüifjenfd^aftlic^e  Selirgang  au^fd^liefelic^  im  3)ienfte  ber  Äirc^e.  3luf  feiner 
©tufe  barf  ettoa«  vorgetragen  toerben,  ft)a^  einen  nur  leifen  3*^rifrf  6^^  ^<^^  2)ogma 
aufregen  fönnte,  Vielmehr  ift  ber  Unterrid^  öon  feinen  erften  Slnfängen  an  t)lanmä|ig  40 
barauf  berechnet,  ba^felbe  ben  ©emütem  eimuj)flanjen.  3"  ^^  ^^mtman^ialtm  toirb 
ber  UnterridS^t  unentgeltlich  erteilt,  ba^felbe  ^m  angeftrebt,  ber  gleid^e  ®ang  unb  bie  gleid^e 
3Jlet^obe  eingel^alten.  Unb  bie  beträd^tlid^  lange  2)auer  be«  ©tubiengange^  —  bom6in= 
tritt  in«  ©c^olaftifat  bi«  jum  (gmjjfang  ber  ^Prieftertoeil^e  minbeften«  12  ^Qi)xt  (f.  5Wer§ 
171  ff.;  ögl.  aud^  oben  II,  2)  —  Verbürgt  ba«  $ert)orgel^en  grtinblid^  gefc^ulter,  in  ben  so 
3KedS)aniömu«  ber  Drbenöfunftionen  aUfeitig  eingelegter  unb  ber  Drben^fad^e  unbebingt  er^ 
gebener  5Wänner  au^  biefen  2lnftalten.  SBie  unbered^enbar  mufete  ber  ßinflufe  eine«  3n= 
ftitut^  toerben,  ba«  in  ber  ftegreic^en  2)urd^fübrung  ber  reftaurativen  3!enbenj  feine  einjige 
aufgäbe  erfannte,  ba«  alle  SJcittel  allein  nad^  biefem  3h)edte  bemafe  unb  au^  beffen  Äolle* 

Slien  jufünftige  3legenten,   ein   neuer  ^ßriefterftanb  unb  faft  bie  gefamte  (Selel^rtenlüelt  in  66 
atl^olifc^en  Sänbem  aU  Vertreter  ber  römifc^en  3«tereffen  (hervorgingen ! 

B.  Sitterarifc^e  3:^ätigfeit  be«  Drben«.  —  9tn  (Sele^en  l^at  e«  ben  3e^ 
fuiten  nic^t  gefel^lt,  fte  l^aben  eine  lange  Steige  glänjenber  Flamen  unter  ben  S'^^Ö^  <>"f' 
jutoeifen  —  toal^re  3Biffcnfc^aft  aber,  ein  burd^  Unbefangenl^eit  unb  emften  3Babr|ieit«ftnn 
geabelte«  gorfdjien  mufete  i^nen  fremb  bleiben.  2)ie  SBiffenfc^aft  liat  i^re  ^\ü^at  in  fic^ ;  eo 
ben  3^«iten  h)ar,  toa«  fie  unter  biefem  9Jamen  begreifen,  ftet«  nur  3Kittel  jur  ßrreic^ung 
il^rer  Crbengjtoecfe.     2)ie  SBiffenfc^aft  liat  bie  greil^eit  be«  ®eifte«  unb  ber  Unterfud^ung 


7d8  S^efnttetiotbett 

l^u  i^rcr  uncrlä^id^cn  SSorau^fc^unö;  fte  fann  feine  §cimat  in  einem  ^nftitulc  finben, 
ba^  barauf  au^gcl^t,  jeben  pentalen  ©d^lüunö  be«  ©ttebenö  ju  Demid^ten.  SBo  ftc^  6d 
einzelnen  gefuiten  ®j)urcn  einer  freieren  fritijc^en  gorfdS^unß  finben,  ift  ber  @cip  i^rcö 
Snftitut^  baran  unfdj^ulbig,  fte   l^aben  il^n  verleugnet,    ©inen  reetten  ©ctoinn.  fyabcn  fic 

6  ba^er  bem  tüiffenfc^aftlidS^en  gortfc^ritt  auc^  nur  auf  ©ebieten  gebradS^t,  bie  toic  bic  SRat^es 
inatif,  bie  ^Jaturtüiffenfd^aft,  bie  G^ronologie,  bie  ßrllärung  bon  Hafj.  ©c^riftftellcm  unb 
t>on  Snjdjiriften,  bie  mit  ben  2)oItrinen  ber  Äird^e  in  feinem  näfieren  3jffÄn^n^^n^öng  fte^en. 
Die  SSerbienfte  jefuitifd^er  Slftronomen  toie  ber  Äalenberberbefferer  ^tpf).  Sc^IüjfcI  (ßa- 
biug  t  1612),  ber  ©onnenflecfenentbedter  6l^r)jl^.  ©c^einer  (f  1650),  ber  Homctencntbeda 

10  unb  ä5enu^t)l^afenbeobad^ter  ?^ranx  bon  93ico  (f  1848),  ber  ©onnenerf orfc^er  unb  ÜJleteoroIogc 
Slngelo  ©eccd^i  (f  1878)  fmb  augemein  anerfannt  (bgl.  toegen  bc^  le^tgenannten  bef.  3of. 
$o^le,  P.  a.  ©eccc^i,  Röln  1883);  nid^t  minber  bie  bon  ^p^vFi^««^  ^^  Orbcn«  tote  ba 
Dj)tifer  ©rimalbi  (f  1663)  unb  ber  ate  J)oIt^l^iftorifd^c^  Uniöerfalgenie  (Doctor  centum 
artium)  bielgefeierte  Sltl^anaftu^  Äird^er  f  1680  (f.  u.  a.  S5rifc^ar,  %  Äirc^er,  SBürjburg 

15  1877),  bon  Stnguiften  h)ie  ^o\.  6onft.  Seöc^i  (f  1746)  unb  Sorenjo  §erba«  (f  1809), 
bon  Sbitoren  flajftfd^er  ©d^riflftetter  lüie  Slngelo  5Wai  f  1854  (f.  be  »adter  II,  962 ff.; 
§urter,  Nomencl.  III,  1109  ff.;  StS(2\  VIII,  483  ff.).  @iner  Überfd^äftung  beö  SKert^ 
berburd^  biefe  unb  äl^nlic^e  glänjenbe  9Jamen  rej)räfentierten  iefuittfdj^en  Oele^rtengefd^it^te 
ftel^en  freilid^   manche  (Srtoägungen  entgegen,    gm  5?er^ältni^  jum  faft  unüberfc^baren 

20  öeer  geringwertiger  2lutoren,  \a  toiffenfc^aftlid^er  JJuIlen,  erfc^eint  bic  3ö^l  ber  anerfannten 
äoti}pl}äm  ber  SBiffeufd^aft  bod^  jiemlidj^  unbebeutenb  (t)gl.  Sa  ß^alotai^  bei  ^uba 
S.  403f.  „...  33eieth)a  2000  ^rofefforen  ber 5Katl^ematif  nur  fo  toenig  TOot^ematiferl"). 
Unb  tuenn  nid^t  im  $unft  ber  ©efd^ic^t^forfd^ung  —  too  toenigften^  baö  t)on  il^ncn  ol^ 
j^agiologijdjien  gorfd^em  ©eleiftete  lüirflic^  groj  baftel^t  (j.  33b  I  ©.  148  f.)  —  fp  boc^  auf 

26  bem  gelbe  j)^ilologif(^er  unb  Jjatriftifdj^cr  ©bitorent^ätigfeit  ftnb  fte  bon  ben  aScrtretem 
anberer  Drben,  inöbefonbere  ben  franjöfifdj^en  Senebiftinem  (5Kaurinem),  toeit  überflügelt 
tüorben,  jumal  fte  ni^t  feiten  il^re  2lu^aben  ber  Äirdj^enbäter  im  bogmatifc^en  gntaeffe 
gctüiffenlo^  fölfc^ten.  ^n  ber  X^eologie  ^aben  fie  bor^ug^eife  ba^  gelb  ber  ?Jolemit 
unb   ber  Äafuiftif  angebaut,    unb  unleugbar   l^at  in  erfterer  S5ejie^ung  SeHarmin    bun^ 

30  fd;arfe  ^räjifion  be^  tribentinifc^en  Sel^rbegriffg  ©rofee^  geleiftet  unb  baö  ©VP^*"  beöfelben 
ungleidj^  treuer  unb  toal^rer  bargeftellt,  aU  bie  Vertreter  beö  neueren  3bealfat^olict^mu^, 
namentlich  5Kö^ler.  ©leid^lüo^l  ^aben  fte  ba^  Sebenejjrinji})  i^reö  Drben^  auc^  in  t^r« 
2;^eologie  auf  eine  eigentümlid^e  SBetfe  ^ur  ©eltung  gebracht  unb  baburd^  einen  bebcuten= 
ben  einflufe  auf  bie  lüiffenfd^aftlid^en  SRid^tungen  in  ibrer  Rird^e  geübt.   SBie  ftc^  nämli(^ 

36  bie  fatl^olifd^e  Dogmatif  im  Mittelalter  enttoidelt  l^at,  ging  fte  in  berfd^iebenen  SRit^tungen 
au^einanber;  nid^t  blofe  bie  ©c^olaftif  unb  bie  5Kt^ftif  traten  in  fd^arfen  GJegenfa^,  fom 
bem  aud^  bie  erftere  bilbete  ©c^ulen,  bie  trie  bie  tl^omiftifc^e  unb  ffotiftifc^e  [xdf  in  fe^ 
mefentlid^en  ©runbjügen  unterfd^ieben.  2)arum  fonnte  eine  güHe  mannigfad(^er  biffercnter 
SlnfdS^auungen  in  ber  bamaligen  fatl^olifc^en  SBelt  nebeneinanber  beftel^en;  feit  ber  Siefor« 

40  mation  Ratten  ftd^  nod^  au^erbem  bermittelnbe  ©tanbj)unfte  gebilbet,  auf  benen  ber  grofee 
©egenfa^  be^  16.  3ö'^i^,^"»^bert^  feine  ©c^ärfe  aufgab  unb  in  neuen  3)oftrinen  feine  2(u^ 
gleid^ung  anftrebte.  3)ie  ^efuiten  gaben  in  biefer  Unentfd^ieben^eit  ben  Sudfd^lag.  ©ine 
fo  tiefftnnige,  rein  innerli^e  Slid^tung,  toie  bie  3W^ftif,  fonnte  bei  i^nen  nur  ft)orabif^ 
unb  zufällig  auftaud^en;  meift  ftnb  fte  i^r  feinblidj^  entgegengetreten,  ^btn  tüetl  mit  bem 

45  ^roteftanti^mu«,  toa^  bon  tiefer  ^nnerlid^feit  in  ber  alten  Äird^e  bor^anben  getoefen, 
großenteils  auögefc^ieben  ttjar  unb  fid^  für  fxd)  fonftituiert  ^atte,  fal^  ftc^  ber  römifd^ 
ÄatJ^oliciSmuS  barauf  angelüiefen,  fein  eigentümlid^eS  SBefen  immer  me^r  in  glänjenber 
äu^erlid^feit  unb  in  33e^anblung  ber  religiöfen  SBa^rl^eiten  geltenb  ju  machen.  2)cr  3^ 
fuitiSmuS  ift  ber  fd^ärffte  Sluebrucf  für  biefe  SRtd^tung.    Dbgleid^  ftc^  bie  Qefuiten  in  ber 

50  ©d^olaftif  im  allgemeinen  für  %\)oma^  entfdj^ieben  (j.  befonberS  ben  großen  S^oma^ 
fommentar  i^reS  ©uarej,  5Kainj  1605  ff.),  fo  toäl^lten  fte  bod^  in  ben  einzelnen  Sc^rcn 
mit  befonberer  SSorltebe  unb  mit  Verleugnung  jeber  irenifc^en  ienbenj  meift  bie  ^ofition, 
\vd^c  ber  ))roteftantifd;en  Sluffaffung  am  entfd^iebenften  gegenüberftanb,  —  fo  j.  S.  auf 
mariologifd^em  ©ebiete  baS  fcotijc^e  2)ogma  bon  ber  Immaculata  conceptio,  be^leic^en 

55  im  2el;rftü(f  bon  ber  ®nabe  eine  bom  SluguftiniSmuS  beS^  r,6ngel«  ber  Äirdj^e"  nac^  ber 
femij)elagianifc^en  ©eite  ^in  abhjeid^enbe  3)oftrin  u.  f  f.  Überl^aut)t  folgen  fte,  toie  i^re 
5.  ©eneralfongregation  1593  (Decr.  41)  auSbrücflidS)  erflärt,  bem  Doctor  angeliciis 
nur  bann,  „toenn  er  mit  unferen  Äonftitutionen  im  ßinflang  fte^t".  —  3lur  bie  toefent- 
lid;en  l;iftorifd[>en  SWomente  biefer  ©nttDidtelung  tl^reS  ©influffeS   auf  ba«  neuere  römifc^e 

m  fiirc^entDefen  unb  firc^l.  Sel^rgebiet  jeien  l^ier  in  JJürje  angebeutet. 


3fefutleii0tbeit  759 

B6)on  auf  bcm  Äomilc  ju  %xmi  legte  [\i^  bie  SSebeutuna  be^  Drben^  bar.  (S« 
iuurbe  bie  Äarbtnalfrage  über  bie  Slec^tfertigunfl  erörtert ;  mandS^e  SKeinungen  ftreiften  nal^e 
an  bie  ^jroteftantifd^e  Siuffaf jung ;  ba  gaben  mit  ßaraffa  bie  ^efuiten  Sainej  unb  ©dmcron 
bie  entfdj^eibenbe  SBenbung.  Sllle  berartigen  Sluffafjungen  tourben  berlporfen ;  bie  3t^U 
fertigung  toarb  im  fcl[>olaftijc^en  ©inne  mit  ber  2Biebergeburt  ibentipjiert  unb  ^ule^t  toefents  5 
l\6^  auf  bie  guten  SBerfe  jurüdgefü^rt.  3)amit  h)ar  in  ber  GJrunbfrage  ber  ß^aralter 
be^  Äonjite  entfc^ieben ;  mit  38erlcugnung  jeber  bermitteinben  3:enbenj  fteHte  e«  ben  fatl^o- 
lifd^cn  Se^rbegriff,  toie  i^n  bie  S^olafti!  au^ebilbet  l^atte,  im  Jcproffften  SBiberf^mic^c 
ber  t)roteftantifc^en  Se^morm  entgegen.  Sei  biefem  Slnlafe  berfudpten  auc^  bie  granji^ 
faner  il^re  Orbenöboltrin  bon  ber  unbefledten  ©m^jfängnig  ber  SJlaria  burd^jufefeen :  fie  10 
fanben  in  Sainej  unb  ©almeron  Iräftige  S3unbe^genoffen,  bie  einen  eigentlichen  ©iea  be« 
gmmafuli^mu^  allerbingg  bamate  nod)  nidj^t  erftritten,  aber  ba«,  toa^  unfer  ga^r« 
bunbert  in  biefer  ^inftdj^t  gebrad^t  ^at,  boc^  borbereiteten.  —  ©leid^e  33^ätigleit  entfaltete 
Sainej  afö  ©eneral  in  ber  legten  $eriobe  be^  Äonjite.  3n  einer  auöfül^rnd^en  Siebe  be« 
[tritt  er  1562  \>a^  göttlid^e  Stecht  be«  et)ifIot)at«  unb  Uf)aupUU,  ber  5Pa^ft  fei  bie  cimige  15 
Duelle  aller  geiftlicl[>en  ®eh)alt.  Sei  ber  grage  über  bie  3lefibenjt)flicl(^t  ber  Sifdpöfc 
rühmte  er  befonber^  bie  jtoeibeutige  ^fjung  be«  3)elrete^,  toeld^c  ber  SUi^egung  nac^  ben 
^tgegengefe^ten  Seiten  j^in  Slaum  gebe. 

Überl^au))t  j^eigte  bie  iefuitifc^e  2:i^eologie  [xd)  bemül^t,  bie  ))ä))ftlic^e  3Jladbt  in  fd^ranlen« 
lofer  Unbebingt^eit  barjufteUen.    3)ie  mittelalterlid^en  S)oftrinen,  ba^  bie  Könige  aud)  in  2u 
h>eltli(i^en  Singen  bem  $a})fte  untertDorfen  feien,  t)on  i^m  nad^  belieben  ein-  unb  abge- 
feftt  toerben  Iönnten2c.,  tourben  in  auöfül^rKd[>en  ©d^riften  bon  bebeutenben  Orben^fhibens 
ten  bargelegt  unb  erliefen.    2luc^  bie  Unfel^lbarleit  be«  ^JJa^jfte^,   bie  bod^  in  ber  Äirc^c 
nur  ate  pia  sententia  galt,   gestaltete  fid^   jum  förmlichen  Drbendbogma  ber  g^ui^^i^* 
©ie  lüurbe  nidj^t  blo^  ate  bie  SBafig  bejeid^net,   auf  tt)Ad)ct  baö  änfe^en  ber  allgemeinen  25 
Äonjile  rul^e,  jo  bafe  erft  bie  j)ä))ftlic^e  Seftötigung  ben  Sefc^lüffen  berfelben  ben  ßl^arols 
ter  ber  SCBa^r^eit  gebe,    fonbem   fd(^on  bon  SeDarmin   mit  befonberer  Slbftc^tlic^Ieit  auf 
bie  SSorfc^riften  auc^  be^  ©ittengefe^ed  au^ebel^nt:  aud^  in  biefen  fönne  ber  ^ßa))ft  nic^t 
inen;  toaö  er  befiehlt,  fei  fd^lec^t^in  gut,  toa^  er  berbietet,  fd^led^tl^in  ©ünbe.    @g  ift  bie 
Äonf^uenj  biefer  S)ebuttion,  bafe  niemanb  fünbigen  fann,  toenn  er  gegen  fein  ®eh)iffen  so 
bem  gSefe^le  be«  5Pat)fte«  folgt. 

Um  bie  ©teDung   be^  $a^fte^   fo   l^oc^  al^  möglidb  über  alle  anberen  ©etoalten 

fjinaufjmfd(^rauben,  l^at  £aine}  ju  Orient  1562  bie  ^ä^ftlic^e  Ttad)t  unmittelbar  a\x^  gött^ 
ic^er  ^nftitution,  bie  ©taatigemalt  bagegen  au^  ber  Übertragung  bon  feiten  be^  SSolfed 
abgeleitet.  3)iefer  ©ebanfe  be^  jloeiten  ©enerate  tourbe  bon  ben  bebeutenbften  Sd^remsö 
be^  Drben«  toeiter  au^efül^rt.  ©te  grünbeten  auf  i^n  ba«  SHed^t,  einen  afatl^olifc^en  ober 
t^rannifdj^en  dürften  be^  Il^rone«  5U  berauben,  ja  bie  ^flidj^t,  i^m  ben  ©el^orfam  gu  ber« 
fagen.  3)er  S^fuite  Stöbert  ^arfon^  mad^te  il;n  gegen  bie  Königin  ©lifabet^  bon  (Sng^ 
lanb  geltenb,  SRariana  ^at  il^n  in  feinem  SBud^e  De  rege  et  regis  institutione,  toeld^e« 
er  für  bie  ©rjie^ung  be^  fj^anifd^en  2:^ronerben  fd^rieb,  au^fü^rlic^  erörtert ;  Sellarmin  4o 
l^at  i^n  in  mehreren  ©c^riften,  am  umfaffenbften  in  feinem  SBerle  über  bie  ©etoalt  be« 
?5a))fle«  au^gefül^rt  (f.  bie  oben  angeführten  arbeiten  bon  Slanle,  §uber,  Sleufd^,  Jlreb«, 
befonber«  bei  le^terem  ©.  106  ff.),  ^n  ^ari«  fanatifterte  man  mit  biefen  ©runbfä^en  bie 
©emüter  gegen  ^einrid^  III.  unb  IV.  ©0  rafd^  breiteten  fte  fic^  bort  au«,  ba^  fie  in 
ben  religiöfen  ^arteifäm})fen  granlreic^i^  bie  gemeinfame  Überzeugung  ber  ftreng  latJ^o-  45 
l\]d)tn  $artei  tourben.  3)ie  ^efuiten  loaren  il^re  Url^eber.  2)erfelbe  Drben,  ber  ftc^  in 
unferen  3^agen  ate  bie  ©tü^e  ber  2:i^rone  unb  aU  bie  einjige  ©c^u^toelir  gegen  bie  Sie« 
bolution  an))reift,  toar  in  jener  ^^\t  ber  Segrünber  ber  Xpeorie  ber  SSolwfouberänetät, 
ber  äbbofat  ber  SHebolution.  2)a^  ift  nur  fc^einbar  ein  aSiberfpruc^.  3)ie  ©elbft^enlidj^^ 
feit  ber  auf  ben  ©c^toingen  be^  Drben«  getragenen  römifd[^en  Äirc^e  ift  allein  ber  fte^enbc  eo 
©runbfa^  feiner  ^olitil;  alle«  anbere  ift  toanbelbar  unb  mobifijiert  fid^  nac^  ben  SSe« 
bingungen  ber  S^iU^,  ber  Örtlic^feiten  unb  ber  ^erfonen.  ©elbft  ber  ^ccp\i  fann  nur 
fo  toeit  auf  i^re  Unterftü^ung  rcd^nen,  aU  feine  Haltung  il^ren  gntereffen  entf^rid^t. 

6«  ift  nur  eine  Folgerung  au«  jenem  ©runbfa^e  ber  33olf«fouberänetät,  bafe  bie^e^ 
fuiten  an  ber  ©ren^e  be«  16.  unb  17.  ^al^rl^unbert«  tn  ja^lreic^en  bon  bem  Drben  a))t)ros  66 
bierten  ©d[>riften,  bie  bon  bem  Äonftanjer  allgemeinen  «onjil  bem)orfene  Se^re  bon  ber 
Slec^tmä^igfeit  be«  S^rannenmorbe«  berteibigten  unb  eben  bamit  in  ber  augenfölligften 
aSBeife  ben  ©a|  fanftionierten,  bafe  ber  S^^i  ba«  3Kittel  ^eilige  (bgl.  bie  3tu«5üae  bei 
«Perrault,  La  morale  des  Jesuites,  III,  276 ;  (gHenborf  a.  a.  D.  ©.  400  ff. ;  Steufdj^, 
Seiträge,  ©.  2 ff.  14  ff.  46  ff.;  Äreb«  ©.  108  ff.).  211«  ber  2)ominifaner  ^afob  Element  am  eo 


760  afefttitenorbeti 

1.3luguft  1580  bm  Äonig  ^cinricl)  III.  crmorbetc,  f})cnbcten  i^m  bic^cfuiten  d^ibabcitcira 
unb  Swariana  in  tl^rcn  ©d^nftcn  ungcmcffcnc«  £ob.  3)er  leitete  bcftritt  fogar  bic  @iltig= 
fett  beö  Äonftanjcr  2)cfrctc^,  ft)eil  eö  bic  ^ä))f4c  nic^t  au^rüdtlic^  fanfttontert  litten. 
33alt^afar  ©crarb,  ber  am   7.  3wK  1584  bcn  ?primen  3Bill^elm  t)on  Dranten   erfd^oj|en 

6  ^attc,  fagtc  im  SSer^öre  au«,  ein  ^^\x\U  in  girier  ^abe  il^n  in  feinen  9Rorbgcbanfcn  bc= 
ftärft.  gbenfo  bcfanntc  ß^ätd,  bcr  im  3a^re  1594  ba«  bclannte  Attentat  auf  .öeinric^  IV. 
berfud^tc,  bei  ben  ^i^fuit^n  ftubiert  unb  bon  il^nen  bie  Se^^re  bemommen  ju  |abcn,  ba^ 
ber  Jtönig,  el^e  er  bie  J)ä))f41ic^e  3lbfolutton  embfangen  ^^abe,  ein  Sl^rann  fei,  bcn  göttlid^ee 
unb  menfd^lid^e«  SRec^t  ju  töten  erlaube  (SRanfe,  granj.  ®efc^.  II,  8).    Xa  man  bei  bem 

10  3jefuiten^ater  ^tan  ©uignarb,  SWeftor  be«  Golleö^  bon  ßlcrmont,  mcl^rere  bon  ij^m  fdbft 
Dcrfa^te  Sucher  fanb,  tuorin  er  bie  Äataftro^^e  §cinric^«  III.  üerteibiöt  unb  für  §einric^  IV. 
ben  0lcid;en  2lu^ang  geforbert  ^atte,  fo  iüurbe  er  am  7.  ^^nuar  1595  }um©algen  t>er= 
urteilt.  Selbft  in  bcn  SSer^ören  5Rat)aillac^,  bcr  1610  bcn  Äönig  cnnorbete,  tönen  nwb 
bie  9Ja(^flänöc  jene^  entfe^lid^cn  })ricfterK^en  ©runbfo^c^  burd^.    3lquat)tt)a  erfannte  fe^t 

16  iüot)l  bie  moralifd^e  5Jiebcrlaöe,  tpcld^c  bcrfelbe  feinem  Orben  bereitet  l^attc,  aber  hjcit 
entfernt,  benfelben  afe  unfittlic^  lu  t>erbammen,  befc^ränfte  er  ftc^  barauf,  1614  fraft  bc6 
l^ciligcn  ©e^orfam^  unter  9tnbro|ung  bcr  ©jlommunifation  feinen  Untergebenen  px  tw* 
bieten,  ba|  fte  in  Sorlcfungcn,  Slatfci^lägcn,  münblic^cn  ®cfj)rä(^cn  ober  ©c^riften  au^-- 
f))räc^en,  licitum  esse  cuique  personae,   quocunque  praetextu  tyrannidis,  reges 

ao  aut  principes  occidere  seu  mortem  eis  machinari. 

2)ogmatifcl^  jeigtc  bcr  3^fw^*i^w^u^  ^on  bomlicrcin  eine  unöerlennbare  Hinneigung 
i^um  5ßclagiani«mu«  (f.  bafür  befonber«  ©c^cU,  35cr  ÄatJ^olici^mu«  ate  ?Prin3i)>'be«  gort= 
\d)xüt^,  5.  3lufl.  1898).  ©c^on  in  ber  Censura  de  praecipuis  doctrinae  capitibus 
1560  fprad^en  ftc^  bic  ßölner  l^cfuiten  über  ba«  Ser^ältnig  ber  göttlichen  ®nabc   jum 

25  menfd^lid^cn  3Billen  in  biefem  ©inne  au^.  ^n  bcr  Ratio  studiorum  bon  1586  ftetltc 
äquabiba  eine  9leil[;c  t)on  ©ä|cn  auf,  in  bcnen  er  gcjftattete,  t)om  Sluguftini^mu^  bc^ 
3:^oma^  abjuge^en.  Auf  bic©t)i5e  ipurbe  biefeSel^rentlüidclung  1588  burc^  ben  fpanifc^en 
^efuiten  Smö  5WoUna  (f.  b.  31.)  getrieben.  6r  legte  bem  natürlichen  SBillcn  bcö  üKcnfc^ 
bie  ^ä^igteit  bei,  ftc^  ju  9lltcn  }u  bidbonicren,  bie  man  fonft  nur  al^  übernatürliche  ©naben- 

aoiüirlungcn  ju  betrad^ten  ))flegtc;  er  begrünbete  bic  9lcc^tfertigung  glcid^mä^ig  auf  ba«  ^u- 
fammentüiricn  ber  ®nabe  utü)  bc^  freien  SBiöcn^ ;  er  bertoarf  jcbc  göttlid[>e  ^räbeftination 
unb  gab  nur  ein  göttlid^e^  3Sorau^h)iffcn  ju.  311^  gleichzeitig  (1587)  bieSefuiten  Seon^arbSc^ 
unb  3io^.  §antcl  in  Sölücn  nic^t  blofe  mit  äl^nltc^cn  ^c^aujjtungcn  auftraten,  fonbem  aucp 
—  offenbar  um  baö  normatibe  Slnfc^cn  ber  ©Arift  ju  erfdS^üttem  unb  bem  bcr  2^rabition 

36  untcrjuorbncn  —  bic  unmittelbare  unb  lüörtlid^c  ©ingebung  leugneten  unb  bie  fanonifdSic 
©cltung  cinjclncr  Sudler  auf  ba^  nad^träglic^e  3^9"'^  ^^^  l^eiligen  ®eifte«  grünbeten, 
berbammte  bie  t^^cologifc^c  galultät  34  au«  i^ren  ©c|rtftcn  gezogene  ©äfee.  S)urc^  flac^ed 
SRationalifteren  bc^  ©laubcn^in^altc«  fud;tcn  bie  3^witw  bem  bulgärcn  !Kcnfd^cnberftanb 
3U  fc^mei^eln  unb  bem  ^rotcftanti^mu^  bie  5Waffen  ju  entfremben,   toäl^renb  fic  auf  ber 

40  anberen  ©cite  raftlo«  bemüht  hjaren,  bie  namentlid^  in  2)eutfd^lanb  in  SSerruf  geratenen 
SBallfalirtcn,  Slaricnanbadjiten,  Sitberberc^^rung,  33ruberfd^aftcn,  Slcliquicn  unb  3lmulettc 
ni^t  nur  toieber  l^crjuftcllcn,  fonbem  audj^  anfelmlid[>  ju  berme^ren,  übcr^^aujjt  bcn  firc^- 
lid;cn  Slbcrglaubcn  auf  jebc  33Jcifc  ^u  beförbern.  2lud^  nod^  bie  neueftcn  Vertreter  bcr 
jcfuitifd^=bogmatifd^en  Sirabition   (galten  in   allem  aBcfentlic^cn  biefe  Slid^tung  ein ;   fo  na- 

46  mcntlid^  bcr  1876  ate  römifc^er  Äarbinal  gcftorbenc  ©iobanni  ^ßerrone  (Praelectiones 
theologicae,  9  voll.,  SRom  1828  u.  ö.)  unb  fein  l^oHänbifd^er  9iad^al^mer  ßl^riftian  ^efc^ 
(Praelectiones  dogmaticae,  9  voll.,  ^eiburg  1894— 99;  f.  barüber  a^l^col.  Sittcraturbl. 
1899,  ©.  532  f.).  93gl.  über^au^)t  ©eeberg,  £e^rb.  bcr  2)ogmengcfc^.  II,  455:  „ßängft 
fc^on  f)ai  bic  jefuitifd^c  ©rjic^ung  bcr  fat^olifd^en  ßlf^^ftcn^cit  ba«  gntcreffe  an  ber  c^rift- 

60  lid^cn  fiel^rc  ate  folc^cr  abgclüö^nt.  5Kan  ^ält  c^  mit  bcn  2)ogmen  ungcföl^r  fo  h)ic  mit 
ber  l^l.  ©d^rift :  man  l^at  fic,  ate  bätte  man  fic  nic^t.  3)ic  gcliorfame  UntcrtDcrfung  unter 
bic  ^ormcl,  bejh).  bafe  man  ftdj)  ber  Äritif  an  il^r  enthält,  genügt.  Ober  man  bertpenbet 
hjol^r  aud^  ba^  2)ogma  jur  a^Ictifd^cn  2)cmütigung  ber  „SBcmunft".  Slbcr  bie  eigentlich 
Duellen   bcr  (bcriefuitifierten)  fatliolifd^cn  3lcligion    liegen    nic^t   im   33creic^  ber  Seigre  I 

66  ©aframcntc  unb  gute  äöerfe,  SUcliquien  unb  ©caj)uliere,  SKcfeojjfcr  unb  allcrl^anb  ©nabcn- 
hjaffer,  bie  Wutter  ®otte«,  il^re  ©rfcbcinungcn  unb  i^rc  33ere^rung,  bcr  Äultu«  bc^ 
l^crjcnö  3i^fw  ""b  bcr  SWaria  u.  f.  f.   bringen   bie  ®nabc  unb  regeln   bcn  SBcrfcl^r  mit 

©Ott 2)ic  Äird^c   finlt  mcbr  unb  me^r  in  bic  mittelalterlichen  formen    jurüdt, 

bcnen  frcili^    jefuitifd^c  Äunft   ftet^   auf  ©inn   unb  5lcrbcn   ber   3Jlobemen    bercdbnetc 

eo  5Jüancen  giebt." 


^futtenorbett  761 

3)tc  trauvigfte  öcrüJ^nitl^cit  crlanöten  bic  :o;cfuiteu  burd;  i^rcu  2lnbau  bcr  tbcolo- 
flijc^cn  Wloxal  2)a  fic  babci  lebif^ltdS^  ba^  Sebürjfniö  unb  ben  ®cfic^t^))unlt  be^  Scic^ts 
ftuljilc^  feft^icltcn,  fo  lüurbe  i^rc  9)Jctl^obc  rein  lajutftifd^.  ®tc  ßitdfett,  bic  gcfuc^tcften 
Scid^ttKiter  ju  merbcn,  herleitete  fte  aufeerbem,  ben  ftttlid^en  ßmft  in  ber  (Setuiffen^s 
beratunö  ju  öerfladj^en.  ®k\6)tvo\)l  rühmten  fie  fic^,  um  bie  SDloral  biefclben  SSerbienfte  6 
gu  ^aben,  ft)ie  bie  ©d^olaftifer  um  bie  ©lauben^Ie^re,  ja  pe  tounberten  fid^  felbft,  h)ic 
eben  unb  leidet  burd^  i^re  Semü^ungen  ben  5Wenfc^en  ber  rau^e  aBeg  ber  ©itttic^Ieit  ge= 
hjorben  fei.  6§  ift  lüo^l  ein  9Ki|griff  Manfe«  unb  mand)zx  anberen  §iftorifer,  tuenn  fte 
bie  faulen  5!Koral>)rinji})ien  be^  Drben«  erft  in  ber  3rit  feinet  inneren  SSerfoD^  unb  ate 
ein  ©Vmt)tom  be^felben  bel^anbeln  —  gerabe  in  ber  S3lütcjeit  fc^offen  bie  meiften  biefer  lo 
©iftt)ilje  auf.  ©d^lüad^e  ©egenbeftrebungen  jeigen  ftc^  erft  unb  nur  bereingelt  in  ber 
^eriobe  be^  ©infehö.  (Sc^on  in  ber  fölnifd^en  ßenfur  t)om  3^1^^^  1560  toirb  ber  Segriff 
ber  ©ünbe  auöbrücflid^  auf  bie  tpiffentlid^e  unb  freiwillige  Übertretung  be^  göttlid^en  ®e= 
fe|e^  befc^ränlt.  ©benfo  finbet  ft^  barin  bie  $)e^au})tung,  bie  gorberung  einer  .§crj, 
Oemüt,  ©eele  unb  alle  Äräfte  ungeteilt  umfaffenben  ©itüic^feit  ge^c  ben  SWenfd^en  in  i6 
biefem  fterblic^en  Seben  nid^t^  an.  2Ber  alle^  t^ue,  toag  an  il^m  liege,  leifte  bem  @ebot 
Dotte  ©enüge.  6«  leud^tet  ein,  h)ie  biagonal  folc^e  ©runbfä^e  bem  tieferen  fittlid^en  6mfte 
be^  ^roteftanti^mu^  cntgegenftel^en :  fie  fmb  bon  bom^erein  auf  bie  Sd^toäd[>en  bcr  menfd[>s 
liefen  3latur  mit  fd[>lauer  9Jad^giebigfeit  berechnet  unb  begrünben  eine  Sittenlehre,  bie  nic^ 
manb  mc^^r,  fonbem  jjebem  toeit  toeniger  jumutet,  ol^  er  ju  leiften  bermag.  SBä^renb  ao 
femer  bie  })roteftantifd^e  6t^if  toefentlid^  bon  ben  unantaftbaren  ©runblagen  ber  fittlidj^en 
®efe|gebung  in  ®eh)iffen  unb  ©dj^rift  au^ge^t  unb  i^re  gorberungen  alö  lategorifc^e  be^ 
^eic^net,  fo  fragen  bie  S^fwiten  nur  nad^  SDleinungen  unb  bemeffen  ben  2Bert  berfelben 
na4  i^rer  ^robabilität  (bgl.  b.  21.).  probabel  l^eijt  eine  ÜKeinung,  für  toeldj^eförünbe  bon 
einigem  (Setoid^t,  befonber^  Slutoritäten,  fjjrec^en.  SBer  einer  foldS>en  SKeinung,  tpäre  fie  25 
felbft  nur  t>on  einem  einzigen  anerfannten  ©(^riftftetter  Vertreten,  im  ^anbeln  folgt,  ber 
befdj^toert  fein®eh)iffen  nidj^t,  felbft  toenn  er  bom  (Segenteile  übeneugt  ift  ober  eine  anbcre 
3)leinung  für  fieserer  l^ölt.  §aben  auc^  bie  Qefuiten,  toie  i^re  Serteibiger  je^t  ^^äufig  be^ 
IS^au})ten  unb  il^nen  jugegeben  toerben  mufe,  bie  Seigre  t)on  ber  ^robabilität  bereit«  bor- 
gefunben,  fo  entfd^ulbigt  fte  bie«  nic^t ;  ber  fd^limme  9lu^m,  fte  ftoftematifc^  au«gebilbet  ju  ao 
paben,  bleibt  il^nen.  —  2)er  jtoeite  leitenbe  GJrunbfa^  ber  jefuitifd^en  Äafuiftif  ift  bie  Me- 
thodus  dirigendae  intentionis.  9iad^  biefem  lann  man,  ol^ne  fein  ©etoiffen  ju  be^^ 
fc^toeren,  eine  burc^  ba«  ®efc^  Verbotene  ^anblung  begeben,  toenn  man  nur  nid^t  bie  3tbs 
fid^t  ^at,  baburd^  ju  fünbigen,  fonbern  einen  löblid^en  ^to^i  ju  eneic^en  fudj^t.  — 
2)er  britte  allgemeine  @eftd(^t«^unft  ift  bie  Restrictio  ober  Reservatio  mentalis  (bgl.  35 
b.  31.) :  e«  ift  unbertoe^rt,  ba^  ber  SRebenbe,  um  eine«  guten  ober  aud^  nur  erlaubten 
^toedte«  toillen,  eine  2lntft)ort,  em  33erf>)red^en  ober  einen  6ib  toillfürlic^  auf  einen  engeren 
©inn  befd^ränfe,  ale  ber  SBortlaut  anjune^men  geftattet ;    ober  ba^  er  eine  S^f^Ö^  ^"^- 

iie^eim  bon  SBebingungcn  abhängig  mad^e,  bie  berjenige,  lüelc^em  fte  gegeben  toirb,  nid^t 
ennt ;  ober  enblid^  ba^  er  ftd^  abfid^tlid[)  eine«  jhjeibeutigen  2lu«bru(f«  bebiene,  um  anbere  40 
jur  SBal^rung  bc«  eigenen  3"*^^,^  i^'^c  ü"  leiten  (3lmj)^ibolie).  ©d^on  biefe  allgemeinen 
©runbjüge  jeigen  jur  ©enüge,  h)ie  giftig  bie  Baat  toar,  h)el(^e  bie  S^w'^^n  t^wrdj^  i^re 
fafuiftifdj^en  ^rinii>)ien  au«geftreut  ^aben.  3)iefelben  legalifteren  bie  rafftniertefte  ©elbft- 
fuc^t,  lieben  alle  Segie^ungen  ftttlid^er  ©emeinfc^aft  auf  imb  fe^en  bie  3Kenf(^en  ju  einan« 
ber  in  eine  3trt  bon  Ärieg«juftanb,  in  toelc^cm  alle  l^orteile  gelten.  2)er  Drben  l^at  oft  46 
gegen  ben  ©runbfa^,  ber  ^to^i  beilige  ba«  3Kittel,  al«  einen  i^m  fremben  unb  bö«ioittig 
angebic^teten,  ^roteftiert;  in  ben  Äonftitutionen  ift  er  allerbing«  tiic^t  au«gef})rod^en,  aber 
in  ben  bon  feinen  bebeutenbften  3Jloraliften  bertretenen  Seigren  bon  ber  IJntention,  ber 
ÜKentalreferbation  unb  ber  2lm))^ibolic  ift  er  fo  nadft,  al«  immer  möglid^,  bargelegt,  aiudj^ 
l^at  er  eine  unberlennbare  3lffinität  m  bem  ©eifte  be«  ganzen  gnftitut« ;  eine  ©efellfd^aft,  50 
bie  fdj^on  in  ihrer  ©lieberung  unb  2ebeit«h)eife  ba«  teleologifd^e  ^rinji>)  ju  fo  einfeitiger 
©eltung  bringt,  lann  leidet  ju  einer  fo  fd^arfen  Trennung  jtoifc^en  ©eftnnung  unb  ^anbs 
lung,  xtoifd^en  $lKittel  unb  3^ecf  gelangen,  ©egenüber  ben  feiten«  ber  ^roteftantifc^en 
^olemifer  immer  lieber  auf«  5ieue  au«   naml^aften  3Roralfd^riftftellem  be«  Crben«  bei- 

f[cbrad^ten  Seiegen  für  ein,  \ümn  nid^t  unbcrJ^üHte«,  bod^  mittelbare«  ßintreten  biefer  Slutoren  56 
ür  ben  ©runbfa^  bom  bic  3Wittcl  l^eiligcnben  ^\v^i  bleiben  bie  ultramontanen  Serfuc^c 
iur  Slbloel^r  mad^tlo«.  2lud^  ber  jüngfte  biefer  6ntfräftung«bcrfu^e  (bon  bent  9?allcns 
»urger  S^efuiten  3H.  Slcid^mann  in  3^©  XX,  ©.  95  ff.,  gerichtet  gegen  bie  oben  er^ 
ipöl^nte  wunbgebung  Sfd^actert«)  bermag  bon  bcr  3:l^atfad^e,  ba^  jener  ©a^  bem  ©innc 
nac^  bielfältig  unb  oftmal«   in  3)loralfd^riften  be«  Drben«  feinen  3tu«brudE  gefunben  l)ai,  60 


762  ^efttttenorben 

»  nid^t^  ^iniueg^uftrcitcn.  6^  bleibt  babci :  jtoar  nic^t  h)örtli(^,  aber  „tTanö}>arcnt",  nad^ 
%]6)aicxii  trcffenbem  3lu^brucl,  toirb  bic  £c|^rc  bon  beö  3*»^*<^  öeiligung  burd^  bic 
SJliltcl  in  jenen  ©d^riften  berfünbet  unb  berteibigt  (bgl.  Stieget  im  SJa^lDort  ju  jener  ^eic^^ 
ntannfd[>en  9le>)Iif  a.  a.  D.  S.  102).  —  2)cr  Senebiltiner  SWabiUon  ^atte  in  ber  %i^t  xcd)t, 

6  iüenn  er  mit  S^rauer  flagte,  ba^  bie  ^eibnifd^e  (St^if  folc^e  angeblid^  d^riftUd^c  3:^eo(ogen 
bef^äme,  unb  bafe  ber  fittlic^e  ©rnft  ber  ©etoifjen  fo  erfd^lafft  fei,  ba^  eS  faft  fein  Ser^ 
brechen  me^r  gebe,  baö  man  nid^t  ju  entfd^ulbigen  unb  ju  rechtfertigen  toiffe.  3Bie  grofe 
aber  fear  bie  3«^!  ber  ©c^riftftetter  be«  Drben«,  lüelc^e  in  biefer  Slic^tung  h^irften!  ®er 
Äarbinal  SColebo,  f  1596;  gmanuel  ©a,  f  1596;   I^oma«  ©and^ej,  f  1610;    gran^ 

io©uarej,  f  1617;  SSincenj  gilliucio,  f  1622;  Seonl&arb  Sefe,  f  1623;  Qttpfym  35aun^, 
t  1649;  ^aul  Sa^mann,  f  1635;  ^ermann  Sufenbaum,  f  1668,  unb  ^nton  S^obar, 
t  1669,  ftnb  nur  bie  ^ertoorragenbften  unter  benen,  lüeld^e  burc^  toiffenfc^iaftnd^e  ^S^uxi^- 
fü^rung  biefer  ®runbfä|e  iJ^renzuamen  gebranbmarft  ^aben  unb  toie  ben  Äoti^eber,  fo  ben 
S3eid[>tftul^l  in  eine  Schule  be^  Safter«  unb   be«  fieid^tfinne«  bertoanbeln   l^fen.    SBenn 

16  man,  um  ben  Crben  bon  biefer  ©ünbe  ju  entlaften,  bie  ©c^ulb  ber  äbfc^eulic^feitcn  auf 
bie  einzelnen  ©c^riftfteHer  toäht  unb  ftd^  für  biefe«  Serfal^ren  auf  bie  felbft  bon  manchen 
©eneralen  getabelte  laje  Äano^abung  ber  S3üd[>ercenfur  beruft,  fo  bleibt  eö  bod^  un^ 
begreiflid^,  toie  bei  ber  ftrengen  SSerfaffung  unb  bem  engen  ^wf^mmen^ang  beö  je^ 
fuitifc^en  3«ftttutg  100  ^Q!^xt  J^inburdj)  bie  bebeutenbften  feiner  SDioraliften  eine  Slic^tung 

ao  vertreten  lonnten,  bie  feinem  ^rin5ij)e  burd^au«  fremb,  ja  mit  ij^m  unberetnbar  fein  fotttc. 
§aben  ein^jelne  Drben^fc^riftfteller,  toie  ber  S^janier  ßlijalbe  (in  ber  ©d^rift:  De  recta 
doctrina  morum  H.  IV  auctore  Antonio  Celladei,  St^on  1670),  ober  toie  Slaimunb 
SBonal  in  feiner  Xl^eologifc^en  SJloral  1678,  gegen  f old^e  2lu«toüd[>f e  t)roteftiert;  l^at®eneral 
%l}t}x]n^  ©onjalej  (1687—1705)  toiber  bie  ^jrobabiliftifd^  berberbte  aKorallittcratur  feiner 

26  3jitgenoffen  im  Drben  einen  langen  unb  erbitterten  Äamt)f  geftil^rt  (©öttinger^Sleufc^, 
3Koralftreitigfeiten  k.  I,  120 ff.;  bgl.  b.  21.  „5ProbabiKömu«")f  fo  tommen  biefe  einjelnen 
Dt)Vonenten  gegen  bie  ungel^eure  ^ai^l  berer,  bie  ber  entgegengefe^ten  ©eite  angd^ören, 
nid^t  in  Setrac^t.  Unb  ba^  bie  9s^«iten  in  i^ren  Slnftalten  nod[>  $eute  bon  jenen  ©runb- 
fä|en  o^ne  aOe  ©d(^eu  unb  ^utüdtl^altung  ©ebraud^  mad^en,  bafür  ^pxtd)m  Z^tfac^ 
in  reid^Uc^er  Raf)l    38or  allem   ift  e«  baö  unter  ^xui  IX.  ^u  eieren  gelommm    unb 

80  feitbem  in  bielen  ©J^rac^en  verbreitete  unb  burc^  jal^lreid^e  Bearbeitungen  i^inburd^gegangene 
moralt^eologifc^e  SomjJenbium  be«  franjöfifd[>en  ^aterö  ^^an  ^ierre  ®ur^  (geb.  1801, 
t  1866),  beffen  ^i)t  ^robabiliftifc^e,  befonber«  bei  S3e^^anblung  t)on  (Sefc^lei^t^fragen  mit 
uuglaublid^er  ©d^amlofigteit  ju  SBerfe  ge^enbe  Se^rloeife  eine  ^He  bon  SBelegen  ^[ierfür 
bietet.  Über  bie  berfd^iebencn  Slu^aben  be^felben  f.  5ßoibin,  S.  J.,  im  3Rünfierer  fiittera^ 

86  tur-$anbtoeifer  1875,  ©.  207—213;  au(^  §urter,  Nomend.  III,  11 96 f.;  ^eimbud^er 
II,  163  f.  3ur  6I;arafterifti!  feiner  Se^rloeife  f.  befonber«  Sut^arbt,  ®efd&.  ber  et^a 
II,  142  ff.,  audj^  2)öainger=3fleufciS^,    ÜKoralftr.  I,  an  bielen  ©tetten). 

IV.  äu^ere®efd^ic^te  be^Drbenö  bi« um^Blitte be«  18.3al^r^unbcrt«. 
Historiae  Societatis  Jesu,  1615  ff.,  6  93bc  (^b  I:  S.  Ignatius  \)on  9?icol.  Orlanbino,  fRom 

40  1615,  33b  II -IV  [S.  Lainius,  Borgia,  Everardus]  uon  gr.  ©Qccftino,  SRom  1620—1652; 
S3b  V  [Aquaviva]  begonnen  uon  Sac^ino,  fortgeführt  oou  3of.  gouoancl),  9l?om  1661—1710; 
»b  VI  [Vitelleschi  biS  5.  3.1625]  Uön  SuIiuS  eorbaro,  ^om  1750-59).  3ac.®retfcr,  8.  J., 
Hist.  See.  Jesu,  Sngolftabt  1594  (a\xd)  in  öJrctjerS  Opp.  omn.,  t.  XI,  SRegcnöburg  1731). 
Imago  primi  saeculi  Soc.  Jesu,  Slnttocrpeu  1640  (ftorf  r^etorijcft  gegoltene  3ubiIRumSf(ftrift, 

46  on  ®efd)t(^t§iöcrt  binter  Drianbino,  ©ac(ftino  2C.  fct)r  jurüctftc^cnb ;  vgl.  baS  oben,  ?lbfd)n.  I 
ju  ^Inf.  cit.  Urteil  9?anfe8).  gcrner  bie  übrigen  ©cfamtborftcUungeu  ber  ©efc^.  bcÄ  Orbend. 
oon  93arton.  93ou5üurS,  er^tineau^goll)  2C.  jc.  (f.  ^Ibfcftn.  I).  Urfunblit^cS  jur  (BtWxditt  ber 
einzelnen  9?ieberlaffungen  bc§  Orbenö  bietet  91.  ^amX),  S.  J.,  Documents  pour  servir  ä  Thi- 
stoire  des  domiciles  de   la  Compagnie  de  J^sus,  $ari§  1893.    S^crgfeidje  ha^  neuere  ®erf 

60  eben  be§felben  (oben  ©.  756,  33f ). 

©ini^elne  üönber.  Portugal  unb  Spanien:  ©(ftfifcr,  ®c|cftlcbtc  Portugals,  55b  III, 
549ff.;  V,  7ff.;<PreScott,<Pl|UippIII(beutfd)  oonScftorv,  3S3be,ficipj.  185e:®am«,Äir(ftengcfd). 
©panien§,  ^b  III,  2,  bef.  241  ff.  261  ff.;  öJotbeln,  3fln.fiül).  (1895),  ©.  568 ff .  630 ff. ;  S}?artin 
.J)umc,  Spain :  its  greatness  and  decay  (1479—1786),  ßambribgc  1895. 

65  granfreicft:  Si^nionbt,  Hist.  des  Franyais  ($arl«  1832ff.),  t.  XXI,  p.  32588.;  aiantc, 
granjof.  ®efcf).  jc.  II,  299  ff. ;  S-^rat,  La  Comp,  de  J^sus  en  France  etc.,  4  vols.,  ^ariS  1877 ; 
^ug.  Sarai)on,  S.J.,  Documents  in<5dits  concernants  la  Comp,  de  J^sus,  23  vols.,  ^oilierS 
1863  ff. ;  e.  'ipiaget.  Hißt,  de  l'^tablissement  des  J^uites  en  France  (1540—1640),  fieibcn 
1895.  —  lieber  bie    grogartigen    mifrionorifc^cn  fieiftungen  be§  OrbenS  in  31?  e  u  * granfreid), 

60  bem  I)euttöen  93ritif(ö'9iorbamerifa,  ^onbelt  t>a^  JRiefenmerf  oon  %  ®.  Xöioaite«,  The  Je- 
suit relations  and  allied  documents  1610— 1791  (eictoelanb,  D^io,  1896ff.  [bt«  jc^t  64öbeJ). 


^efuttenorbett  763 

Stalten,  inSbcfünbcrc  Sicucbicj:  9fanfe,  H^äpfte «,  U,  17.  74  ff.  188ff.;  III,  I27ff.; 
3)1.  S9rof(ö,  ÖJcfd).  b.  ilird)cnftQQt§,  ÖJotfta  1878  ff.;  II.  2(>ff.;  (Sapclctti,  J  Gcsuiti  o  la  Re- 
publica  di  Vcnezia,  ^4Sencblg  1873 ;  91.  ^^ürnberQer,  ?apft  $aiil  V.  uub  baS  Uciictiomfd)e 
gntcrbüt:  ^3®  1883,  6.  189  ff.;  S)Qurlflnac  unb  «Papeucorbt  in  ifjvcn  S3iücjrapl)icn  bc§  ^I. 
?lIol)fiu«  tjonöon^aöa  (f.  93b  I,  390,  lO  f.).  6 

3)cutf (^lanb.  Scjn.  9(gricülQ,  S.  J.,  Historia  provinciac  Soc.  J.  Gcrmaniac  superio- 
ri8,  2  voll ,  «ugSbnrg  1727  f.  (nebft  3  53bcn  5ovtfctjuno  bi§  j.  3.  1640,  öon  9lbam  ftlotto 
uub  ^Xft,  i'at).  Äropf,  ebb.  1730  ff.). ;  iJrlcbr.  ^ciffeuberg,  Hist.  Soc.  Jesu  ad  Rhenum  infer., 
Äöln  1764 •  filpmu^ri).  föefcöicfttc  bcr  3cfuiten  in  33al)crn,  2  2:1c,  ^DMinc^en  1816;  bcrfelbc, 
®cfd).  bcr  yefutten  in  ©cftujabcn,  2  Xle,  9Kiind)cn  1819;  ?lnton  u.  93ud)er,  3)ic  3cf"»<cn  in  10 
Sul)cru  \>ox  unb  nacft  iftrcr  ?luf§ebunö,  2  ©be,  ^Äün^cn  1819 f.;  Ä.  §.  \>,  fiang,  ®c[(^.  bcr 
3efuiten  in  93al}ern,  9?ürnber9  1819;  (@ugent|cim),  ©efciftidjtc  ber  3ffiiilcn  in  3)culfd)Ianb 
1540-1773,  2  Xle,  gronffurt  a.  3Ä.  1847;  ÖJuftau  Dro^fcn,  GJcfcö  bcr  ©cöcnreformation, 
SBerlin  1893,  S.  153  ff.  235  ff.  —  3)iefe  üicr  IcUtcjcn.  2Serfe  mc^r  ober  locnigcr  jefuitcn- 16 
fcinblid).  ^oacgcn  opologclifc^  für  ben  Drbcn  cintretenb:  3ottffcn,  ®cfd).  b.  beulfcften  SJoIfS 
IV;  371  ff. ;  ©teinj^uber,  ®cfd&.  bc8  CJoUegium  Germaniciun-HunMuicum  in  $Rom,  2  ©bc, 
2rreiburgl895;  ^cimbucfier,  Orben  u.  Äongr.,  II,@.  86— 96  u.  a.  %gl.  bcf.  aud^  bic  neueren 
rotf).  (5Quifiug*»iogrQpl)ien  (f.  93b  III,  6.  708  bcr  enct)!!.),  fowie  9(.^uonbcr,  5)eutfcftc  3ef.- 
•äKiffiüuarc  be§  17.  unb  18.  SöbtS.,  grciburg  1899.  20 

0  e  ft  e  r  r  c  i  (ft  *  U  n  g  a  r  n.  fiD(^cr,  Historia  Societatis  Jesu  provinciae  Austriacae  (ca.  1730) ; 
fiiponjsri),  ®cfd)i(ftte  ber  3efuitcn  in  5:i)roI,  ^Äünt^cn  1895;  ©iebcmonn,  &t\di\d)tt  bcr  fRt- 
fornmtion  u.  ©cgcnrcformation  im  Sanbe  unter  bcr  @nnS,  5  93bc,  $rag  1879—86  ;  g.  u.Äronc§, 
3nr  ®cfc^.  b.  gcfuitcnorbenS  in  Ungarn  feit  bem  filnjcr  gricben  bi8  j.  ©rgcbniS  ber  ungor. 
3Wagnatenocrf(fttüörung  1645—71  :  ?rr*iü  f.  bftcrr.  ©efcft.  93b  LXXIX  (1892);  berfclbe,  8ur  26 
®cfd).  Ungarn^  1671—1683,  mit  bcfonberer  9?iidfi(i6t  auf  bic  ^i^ötigfeit  berSefuitcn:  ebb. 
93b  LXX,  oud)  fcpor.  (9BBien  1894).  —  93gl.  ©tein^uber  a.  o.  O.;  aud)  bie  93iograp5ien  l^on 
'^eter  «ßäamänt)  (ungar.  uon  9S.  grafnöi,  93ubapcft  1886;  beutfc^eä  ficbenSbilb  uon  @(^U)i(fcr, 
Äöln  1888)  u.  f.  f. 

9?icberlanbe,    9lciffcnberg  L  c.  (f.  b.  5)eutf(6Ianb) :   9?.  fjruin,  De  Wederopliilking  30 
van  het  Katholicisme  in  Noord-Ncderland,  omstreks  den  aanfang  der  XVIlo  eeuw  (in  ber 
3tf(^r.  De  Gids,  3an.  u.  gebr.  1894);  (öotftcin  8.  738  ff.  753  ff.  93gl.  bic  93iügr.  9SiI^clm8 
uon  Dronien  oon  Xft.  3ufte  (Guillaume  le  Taciturae,  5BriiffeI  1873). 

©rojbritannicn.  S^aOoner,  ^cnfmürbigfcitcn  ber  ^iffionSpricftcr  u.  onbcrcr  Äatl&o« 
Hfen,  bie  in  ©nglanb  ben  ^ob  erlitten  ^abcn  an.  1577-1683,  2  93be,  ^aberborn  1852;  3)ie  35 
Scfuitcnücrfolqung  in  ©ngtanb,  ©efdjic^tSbilbcr  au§  ben  ßciten  (SUfabetbS  unb  3o^ob8  L, 
Q.  b.  (Sngl.,  ^ainj  1874;  Destombes,  La  pers^ution  religieuse  en  Angleterre  sous  Elisa- 
beth et  fes  Premiers  Stuarts,  3  vols.,  2e  ^dit.,  Sille  1883 ;  ^Ip^on«  93cnc§^eim,  ©11^.  6ar. 
binal  mtn  jc,  aRoini\  1885;  Nobler,  3)ic  (fatt|.)  ^«rtljrer  englanbä  im  16.  u.  17.  3Wt.; 
3f5:61884,  I  u.  II;  3.  ©pillmann,  S.J,  3)ic  cngltfcftcn  ^ftrtljrer  unter  eiifabctft  biS  1583,  40 
greiburg  1888;  bcrfelbc,  ^ie  3»ftiiniorbe  bcr  2:itu^«£)atcS*93crfc^n)örung:  Stimmen  ou8 
^JJar.^Saod^,  9?r.  22—25;  2.  ^elplacc,  UAngleterre  et  la  Comp,  de  J^sus  1540—1581, 
93rüffel  1891;  2orb  ^acaulal),  ©cfdji^te  (SnglanbS  feit  3afüb  IL,  libcrf.  üon93cfcIer,  93raun* 
f(ftn)cig  1849  ff. 

@fanbinoöien.  %.  ^^fteincr,  8cftiücbcn  unb  feine  ©teHung  ^\\m  ^eiligen  @tu^I,  45 
2  93änbe,  STugöburg  1838;  3.  3BcibIinn.  @d)rocbifd)c  ®cfd)id)te  im  3citaltcr  bcr  9?efor. 
mation,  ©ot^a  1882;  6.  §1.  6orncliu§,  Handbok  i  Svenska  kyrkans  historia,  3.  suppl., 
Upfala  1892  ;  trauert,  G^riftina  üon  ©djrocben  unb  iör  ^of,  2  93be,  93ünn  1837 ;  SRantc, 
köpfte,  III,  77  ff.;  93ocro,  S.  J.,  Conversione  alla  fede  cattolica  di  Cristina  regina  etc., 
^obcna  1874.  60 

98  0 1  e  n  3-  ^trgcnti,  S.  J.,Dc  rebus  Societatis  Jesu  in  Regno  Poloniae  ad  Sigismundum  IIL, 
^rafou  1620;  ®.  90?.  X^.  gifdjcr,  9^crfu(6  einer  ®efd).  ber  »?cf.  in  ^olcn,  2  93be,  ®rat 
1855;  O.  Äonifdi,  ®cf*.  bcr  JRcf.  in  ^olcn,  93rc*Iau  1872;  ^aftner,  93eitr«gc  jur  ©cfc^.  ber 
©tabt  X^orn,  1882;  gronj  3acübi,  3)aS  Xborncr  Xraucrfpicl  üon  1724  unb  feine  uttra- 
montane  83eleuc^tung :  ^cutfd).*eüang.  ©lätter  1886,  $.  X.  55 

JRuöIanb.  ?luton  9?offcüino,  Moscovia,  sive  de  rebus  moscoviticis  et  Acta  in  con- 
ventu  legatorum  regis  Poloniae  et  magni  ducis  Moscoviae,  ©iina  1586 ;  3»  b'Drigui), 
La  vie  du  P^re  Possevino,  '^ax'x^  1712  ;  91.  ^idjlcr,  &c\d).  bcr  firdjt.  Xrennung  jnjifcftcn 
Crient  unb  Dccibcnt,  II  CäJiünd^cn  1865).  ©.  84  ff.;  ^iicrling,  S.J.,  Antonii  Possevini  raissio 
moscovitica,  1883;  bcrfelbc,  Bathory  et  Possevino;  Documents  in^ts  sur  les  rapports  du  (30 
saint-si^ge  avcc  les  Slaves,  $ari3  1887. 

3läd)\i  3*öKm  fanb  bic  ©cfcUfc^aft  J^cfu  bcfonber^  in  Portugal  frü^jeitig  ein  cr= 
gicbioe«  Slrbeit^felb.  3la(i)  A*at)icr^  Slbrctfc  na6}  3"^i^»^  tüu^tc  SRobrigucj  fic^  bcr  (Sunft 
bcd  Äöntg^  Sol^ann  III.  fo  ungeteilt  }^n  ijcrfid^em,  ba^  feinen  Drbcnggcnoffcn  ba^  fönig^ 
lid^c  ÄoHcgium  gu  ßoimbra  unb  bie  Slntoniuefird^e  ju  Siffabon  eingeräumt  tourben.  Sitte  va 
halber  jie  geridjiteten  aSamungen  unb  ©egenbcmü^ungcn  feiten^  bc^3tbcte  unb  berStäbtc 
machte  tl^r  @tnflu|  beim   genannten  ÜDtonard^en  )u  @(^anben.    ^ö^cr  noc^  ftieg  biefer 


764  ^fefuttenorbett 

tl^r  6inf(ufe  unter  feinem  ^Jad^folger  ©cbaftian.   9Jic^t  biefer,  fonbern  bie  ©cfcBffc^aft  ^efu 
regierte  tpä^renb  ber  ^ai)xt  1557—1578  ba«  ^jortugieftfc^e  ^Heic^. 

©c^tDteriger  tourbc  bem  Drben  bie  Slnjiebelung  in  S^janien.  3lur  mül^fam  unb  unter 
fc^meren  Äämpfen  QdanQ  e^  i^m,  fic^  tnSllcala  unb©alamanca  Mjjuf^n-  ®w  ^d^f^ttc 

6  2)ominifaner  3Kel^ior  6anu«  (f.  Sb.III,  712)  trat  i^nenmit  ber  bouen  SBudf^t  feine«  Sn-- 
fel^en^  unb  ©tnfluffe«  entgegen;  er  meinte  in  ü^nen  bie  bom  3l))ofteI  in  2  3:i  3,  2 ff.  ge^ 
toei^fagten  Vorläufer  beö  3(ntid[>rift^  ju  erfennen,  toie«  namentlich  auf  bie  Oefc^idlic^feit, 
tpomit  fie  ®unft  mäcl[>tiger  Siegenten  ju  gewinnen  h)u|ten,  aU  eine  brol^enbe  ®efa^r  ^in 
unb  fanb  f ogar  i^ren  9?amen  „Comp,  de  Jesus"  anftöfeig ;  er  meinte  borin  bie  än= 

10  ma^ung,  ak  ob  fte  allein  bie  Kirche  ß^rifti  rejjräfentierten,  au|gebrü(ft  ju  ftnbcn.  äu(^ 
t)on  bem  geleierten  föniglid^en  Raiplan  unb  SJibliot^efar  Slriag  3Jcontanu«  ft)urbe  bie  ©e^ 
fä^rlic^feit  beö  Drben«  burdSefc^aut  unb  bei  §ofe  toamenb  gefc^ilbert.  Äarl  V.  geigte  gegen 
fie  fid^tlidS^e  Äälte ;  fein  6o^n  ^f)\l\pp  äußerte,  e«  fei  ba«  einzige  ürc^lid^e  :5"fti^^#  ^^ 
er  nic^t  berfte^e.    Iro^bem  berleugnete  ber  Drben  toälirenb  be«   16.  ga^rl^nbert«  barin 

16  feinen  Urf^jrung  nidS^t,  ba^  er  bie  fpanifc^en  Sntereffen  in  feiner  5Politif  Vertrat,  äud^  blieb 
er  im  Sanbe  felbft  nic^t  o^ne  ©influfe,  jumal  feit  ^P^ilij)^«  II.  Jlac^folgem,  ^^ilij)))«  III. 
unb  IV. 

3n  granfceic^  tourben  bie  ^efuiten   anfang«  au«  nationaler  änti^jot^ie  mit  großem 
5Wifetrauen  betrachtet.    Sc^on  30"ötiu«  l^atte   1540   einige   junge  Seute  nac^  ^jkiri«  ge^ 

20  fc^idt;  um  bort  m  ftubieren.  SBeim  2lu«bruc^  be«  Kriege«  mit  St)anien  mußten  fie  1542 
ba«  Sanb  öerlaffen  unb  begaben  [xdf  nad^  Sötoen.  Dbgleid^  fie  in  bem  Äarbinal  t)on 
Sot^ringen  einen  fe^r  toirffamen  S3efc^ü$er  fanben,  fd[>eiterten  bennod^  il^re  Bemühungen, 
in  granfteidf^  einen  feften  ©oben  ju  geloinnen,  an  bem  Söiberf^ruc^  be«  ^rifer  ^ßorla^ 
ment«  unb  ber  ©orbonne;  fogar  ber  ßrjbifd^of  ber  §au})tftabt  toar  i^nen  entgegen.   6rfit 

26  auf  bem  Äonbenle  ju  ^oiff^  1561,  auf  Ujeld^em  fiainej  J)erfönlic^  erfc^ien,  gelang  e« 
i^nen,  in  granlreid^  unter  befdj^ränfenben  SBebingungen  3w^ffwng  ju  er^lten:  nic^t 
einmal  unter  il^rem  9Jamen,  fonbern  nur  al«  College  de  Clermont  (fo  l^iefe  i^r  £)rben«= 
l^au«  in  $ari«)  foHten  fte  auftreten  (©ot^ein  594  ff.).  95ei  Eröffnung  i^rer  Kollegien  be* 
ftritt   i^nen  bie  Uniberfität  ben  ©enufe   afabemifd^er  ^ribilegien;    ber  ©treit   tourbe  bei 

30  bem  ^rlamente  anhängig ;  bie  SRed^te  ber  Uniöerfität  vertrat  ber  nad^malige  Oeneral- 
abbofat  ©tej)^an  ^a«quier,  ber  in  einer  umfaffenben  3)arlegung  bie  ©efa^ren  fc^Uberte, 
loelc^e  bie  bürgerlid^e  (Sefetlfc^aft  t)on  bem  Drben  ju  gelüärtigen  l^atte.  2)ie  6m))fe^lungen 
be«  §ofe«  h)aren  inbeffen  fo  lüirffam,  bafe  ba«  Parlament  ftd^  jeber  ©ntfd^eibung  cntl^iclt. 
©lüctlid^er  toaren  i^re  ßrfolge  in  ben  ^ßrobinjen:   fo  getoaltig  rife  in  fit^on  i^r  ?ßrebiaer 

86  ©bmunb  äugier  fort,  ba|  bie  Hugenotten  jurüdtgebrängt,  i^re  ^rebiger  bertrieben,  i^e 
Äirdjien  jerftört,  i^re  Sucher  Verbrannt  lourben;  al«  2)enlmal  biefe«  ©iege«  erl^ob  ftd^  ba« 
prad^tt)one  Kollegium,  toelc^e«  ba«  banfbare  latJ^olifdS^e  3Solf  ben  gefuiten  erbaute.  3n 
S^on  h)ar  i^nen  nun  ber  erfte  fefte  9KittelJ)unft  gegeben,  t)on  toeld^^em  au«  fie  fid^  über 
^anfreic^   Verbreiteten,     ßine   JEat^^olifdS^    gefinnte  3l"0enb  erjog  burd^  feine  angie^be 

40  ©d^rifterflärung  ber  3iefuite  SDiatbonat.  Ign  ben  Sürgerfriegen  ber  fiigue  h>aren  bie  ^e^ 
fuiten  bie  Seele  ber  ftrengen  Partei.  S)ie  ®oftrinen,  toomit  ber  ^rebiger  3ean  Souper 
unb  anbere  bie  ^Raffen  fanati^erten,  toaren  t)on  il^nen  erfonnen.  ©elbft  in  ber  ©orbonne 
l&aud^ten  fie  ben  jüngeren  ©liebem  il^ren  ©eift  ein  unb  brauten  in  ber  2)enlung«art  unb 
©efinnung  biefer  altberül^mten  galultät  loenigften«  t)orüberge^enb  einen  ftc^tli^en  Um= 

46  fc^h)ung  ^ertjor.  ©egen  §einric^  IV.  intriguierten  fie  anfang«  auf  jebe  SBeife.  !Rad^ 
feinem  (Singuge  in  ^ari«  loeigerten  fie  ftc^,  obgleid^  er  jur  römifc^en  Äirdj^e  übergetreten 
toar,  für  il^n  gu  beten,  toeil  er  nod[>  nid^t  t)on  bem  ^ä))ftlic^en  93anne  gelöft  fei,  S8on 
neuem  eröffnete  je^t  bie  llnit)erfität  gegen  fie  i^re  Klage.  Slntoine  Slrnaulb,  ber  SJater 
be«  berül^mten  gleid^namigen  janjeniftifd^en  i^eologen,  hielt  gegen  bie  ^efuiten  im  ^rla= 

öomente  jene  leibenf^aftlid^e  SRebe;  felbft  bie  Pfarrer  ber  ^auj)tftabt  nahmen  an  bemKamjjfe 
loiber  fie  3lnteil.  3"fölgc  be«  Sittentat«  Spatel«  fprad^  ba«  Parlament  über  fte  bie  3?er- 
bannung  au«  bem^eid^e  au«,  tro^bem  bel^au^tetcn  fte  fid^  in  bemSBejirle  ber  beiben  füb* 
lid^en  Parlamente.  SBenn  fie  gleid^lool^l  balb  barauf  bei  bem  ^ajjfte  auf  bie  3lu«fö^nung 
mit  bem  Könige  l^intoirften,    um  bie  fie  fid^  a\\6}  in  ber  2:^at  Serbienfte  ertparben,   unb 

66  gleichzeitig  ba«  fatbolifd^e  9Solf  in  ^^anfceic^  für  $einric^  ftimmten,  fo  gefc^a^  bie«  in  ber 
ganz  rid^tigen  9Sorau«ficl^t,  bafe  fie  nur  auf  biefem  ®ege  i^re  gefe^lid^e  Sfeieberaufna^me 
in  gtanlreid^  burd^fe|ien  Würben.  2lu^  in  9lom  neigte  fid^  ja  bie  SBage  ber  ^Politif  immer 
ftdbtli^er  bon  ©panien  auf  bie  franjöftfdj^e  ©eite.  1603  ^ob  §einric^  IV.  bo«  SSer* 
bannung«befret  loiber  ben  Drben   auf.    9Jod^  tpar  ba«  5Dli^trauen  gegen  ben  ehemaligen 

Go  Hugenotten  nid^t  bei  allen  Kat^olilen  gefdj^Jounben ;  e«  mufete  i^m  ba^er  fe^r  toic^tig  fein, 


^ffttttettotben  765 

bic  ^cfuitcn,  bcrcn  (Sinflüffc  in  St)anicn  eben  ben  bet>orguöten  2)ominifanem  erlegen 
moren,  an  fein  3i"tereffe  ju  fefjeln.  ©urd^  jie  ^offte  er  and)  unter  ber  tlerilalen  Äor» 
t)oration  für  fidj^  eine  Partei  3U  0en>innen,  auf  beren  ftlugl^eit  unb  betriebfamc  I^ätig- 
feit  er  jäl^len  fonnte;  er  ging  fo  h>eit,  ben  3^witent)ater  ßotton  5U  feinem  93eiclS^tt)ater  ju 
toä^Ien.  ^  ^afycz  1610  erhielten  pe  tro^  ber  Sleflamationen  ber  Ünit)erfität  bai^  JKec^^t,  r. 
in  tl^em  KoQeg  Slermont  )u  $ariS  nid^t  blo|  über  Xl^eologie,  fonbem  and)  über  aQe 
anberen  SSBiffenfc^ften  ^u  lefen.  9lu(^  in  ben  inneren  3«^h>ürfniffen  be^  Drben^,  Don 
toeld^en  ft)ir  unten  reben  lüerben,  nabm  §einric^  entfdj^ieben  für  äquat)iba  Partei.  3)ie 
©efellfc^ft  geigte  i^m  bafür  banibare  Ergebenheit,  fie  t)ertauf(^te  in  i^rer  Orben^olitif 
bie  SBegünftigung  ber  fJ)anifclS^en  ^l^tereffen  mit  ber  ber  frangöftfc^en  unb  blieb  biefcr  ^id)-  10 
tung  auc^  unter  ^einric^  Jlac^folgem  treu.  ©0  ^atte  e^  eine^  faft  eOjä^rigen  J?am^fe^ 
beburft,  um  t^nen  in  granfceic^  eine  freie  SBirffamleit  ju  fidj^em.  SKäc^tig  hwr  aDerbing^ 
ber  ßinflufe,  ben  fie  t)on  je^t  an  bier  übten,  ^nx  ©tärfung  be^felben  trug  inebefonbere 
ber  Slul^m  bei,  ben  i^re  3Kifftonare  feit  1610,  (ber  Berufung  be^  taj)feren  ©am.  bcG^am« 
plaxn  folgenb),  unter  ben  ©ingeborenen  5KeufranIrei(^g  am  Sorenjoftrom  unb  toeiter  toefts  is 
toärt^  (im  je^igen  33rit.  9?orbamerifa),  erwarben  (bgl.  ba^  oben  cit.  I^toaite^fc^^e  3ßerf). 
2)o(^  bilbeten  pe  feine^hjegg  ben  einzigen  gaftor  in  ber  ßnttoicielung  unb  ©eftaltung  ber 
firc^lidS^en  i^erl^ältniffe  granfreic^ ;  i^ren  2)oItrinen  traten  l^ier  anbere  mit  großer  SJe« 
ftimmt^eit  entgegen. 

Um  biefelbe  ^^t,   in  toeld^er  ben  3l^f"i*^n  granfreid^   inxd)  bie  ^ISolitif  be^  ftönig^  20 
geöffnet  tourbe,   fc^Io^  i^nen  3?enebig  feine  Pforten.    2)ort  l^attcn  fte  einen  unerbittlidj^en 
(Segner  an  bem  gelehrten  ©taat^Ionfultor  %xa  ^aoto  Sar^i.    Site  in   bem  Streite,   ber 
gtpifc^^en  bem  j)(H)ftlic^en  ©tu^le   unb  ber  9iej)ublil  über  bie  (Srengen  ber  geiftlidj^en  unb 
ber  n>eltlic^en  Oelüalt  fd^toebte,  ^aul  V.  am  17.2l))ril  1606  über  SBenebig  bad  ^nterbilt 
t)er^ängte,   räumten  bie  3^1«^*^'^   "^i*   ben  2^eatinern  unb  Äajjuginem  ba^  t)enetianifdS^e  25 
©ebiet.    3)er  Streit  ber  fic^  befämj)fenben  ©eioalten  tüurbe  burd^  fpanifd^e  unb  frangö« 
fifdj^e  Scrmittelung  menigften«  äujerlid^  beigelegt,   aber   unter  ben  ?(5unften,  auf  todd)m 
bie  5HeJ)ublif  mit    unerfcpütterlid^er  geftigfeit  be^arrte,   ftanb   in   erfter  fiinie   bie   eh)ige 
3Serbannung   ber  ©efellfc^aft  gefu.    Slud;  ber  fjjanifd^e  ©efanbte   rebete   fein  SiSort   ju 
il^en  (Sunften.    2)er  ^ap^t  mu^tc  jule^t  fclbft  jeben  ©ebanfen  an  il^re  SHel^abilitierung  ao 
aufgeben. 

3in  feinent  Sanbe  ^aben  bie  ^efuiten  un^eitoollcr  in  bie  Ser^ältniffe  eingegriffen 
unb  i^ren  9lamen  tiefer  in  bie  (SJejd^ic^te  ber  ©egenreformationen  berflocbten  aU  in  I>eutfd^s 
lanb.  ©c^on  39«ötiu^  erlannte  bie  SBid^tigleit  ber  beutfd[>en  3Kiffion  unb  grünbete  in 
^Hom  1552  be^uf^  3lu6bilbung  t)on  3l""öli"Ö^n  auö  JJrieeilanb,  3lorbbeutf(^lanb  unb  ber  35 
©(^tpei}  gu  ^niffionaren  ba^  Kollegium  ©ermanicum  (t)gl.  ben  9(rt.  Collegia  nationalia, 
SBb  IV,  228, 3  ff.).  3)ie  l^o^e  SKid^tigfeit,  Wdd)^  er  gerabc  biefer,  bie  Selämpfung  ber 
J)roteftantifc^en  Äe^erei  auf  beutfd^em  S3oben  begtoccfenben  ©rünbung  beilegte,  erhellt  auö 
feinem  SBriefe  t)om  25.  3"l^  ^553,  toorin  er  bie  bamate  im  (Sntfte^en  begriffene  neue 
Slnftalt  al^  beftimmt  „jur  ^ilfeleiftung  für  3)eutfd^lanb  unb  bie  norbifc^en  (Segenben,  40 
meiere  bon  ben  fdj^merften  Äranf^eiten  ber  §ärefien  bebrol^t  fmb",  bejeid^net  unb  feine 
Drbenggenoffen  baju  aufforbert,  „ju  beten  für  GJermanien^  geiftUd^e  9iot,  bamit  enblic^ 
ber  §err  ftd^  biefe^  Sanbe^  unb  ber  Don  i^m  angeftedften  ^roöingen  erbarme  unb  fie  gur 
Sleinbeit  be^  c^riftlid;cn  ©laubenö  unb  ber  Sieligion  gurüdfü^re"  (Cartas  415;  t)gl. 
©otl^ein  ©.  770).  —  ©d^on  um  tbcn  biefe  gcit  traten  bie  erften  3;efuiten  in  2)eutfd^lanb  46 
felbft  auf.  1550  lernte  Äönig  gerbinanb  ben  ^efuiten  2e  ^a^j  auf  bem  SReic^tag  gu 
Slugeburg  fennen ;  md)  bem  ^lat  feinet  $)eic^tt)ater^^,  be^  Sifc^ofd  Urban  t)on  äaihad), 
geftattete  er  il^nen  ein  ÄoUeg  in  SKien;  fc^on  im  folgenben  3al^re  gogen  i^rer  15  in  ber 
öfterreic^ifc^en  .öauptftabt  ein ;  balb  tourben  fie  mit  ber  Uniöerfität  Dereinigt  unb  f ogar  mit 
ber  SSifitation  berfelben  beauftragt.  1556  gelang  ben  „f})anifd[>en  ^rieftem"  bie  Slnfiebes  w 
lung  in  Äöln  unb  3»^0olftabt.  ^on  biefen  brei  ^ofitionen  au^  eröffneten  fte  i^re  ßrobe* 
nmggjüge.  ©c^on  1556  grünbeten  fte  ein  abelige^  (grgie^ungdinftitut  in  $rag,  bem  felbft 
ber  Äönig  feine  ^agen  guh)ie^;  15()1  ftiftete  i^nen  ber  (Jrjbif^of  9iifolaud  Clau«  Don 
(Sran  ein  Äotlegium  gu  It^mau,  bie  ßrric^^tung  anberer  gu  Dlmü^  unb  Srünn  folgte 
nad^.  Sluf  ben  äüunfdi)  Don  g^binanb^  löd^tem  ftebelten  fie  fic^  in  lirol  an.  ^n  ben  66 
9ll^ein=  unb  9Kaingegenben  erfreuten  fie  fic^  ber  befonberen  ®unft  ber  geiftliAen  J^rften ; 
2^rier,  ^Jiaing,  ©peier,  älfdj^affenburg,  äUürgburg  fallen  balb  i^re  Slnftalten  aufblühen.  SiJie 
früligeitig  befonberö  auc^  Strasburg  unb  bie  benachbarten  oberr^einifc^en  ©egcnben  mit 
i^nen  Jöefanntfc^aft  matten,  läfet  fid^  an^  ben  ©<^riften  be^  ©atirileri^  3o^.  ^"^fc^art  er- 
fe^en,  ber  in  mehreren  feiner  fc^neibigften  ©d;riften  feit  1570  Dor  bem  unl^eimlic^en  „^Jiad^t*  w 


766  3fefttttetiotben 

rabcn  ober  ?Rcbclfrä^"  bcr  ©efcHfc^aft  Qcfu  toamt  unb  namcntfid^  m  feinem  ,,3^witen' 
§ütletn"  (1580)  biejer  Sd^ar  ber  ,,3^f"  2Biber"  ober  ©ataniter  (aucl[>  ^önötianer,  Sug^ 
t)oniten  (=  So^oliten],  Sulcaniten  2c.)  befännjft  unb  berf^ottet.  —  ©ett  1559  liefen  pc 
fid^  in  SKünd^en  nieber   unb  berfc^afften  biefer  ©tabt   ben  9Jamen   unb   ben  3lu^m   be^ 

6  beutfd^en  3lom.  1536  jog  fie  ber  Slug^burger  Sifd^of,  Äarbinal  Xrud^fefe,  nac^  2)iIKngen 
unb  räumte  i^nen  fiel^rftü^le  an  biefer  neuen  Uniberfität  ein.  SBeld^en  Umfd^toung  brac^s 
ten  fie  in  biefen  Sänbem  ^ertoor !  ^\)xt  Uniöerfttäten  bilbeten  balb  ein  ©egengctoid^t  gegen 
2Bittenberg  unb  ®enf ;  il^re  ©c^ulen  jeic^neten  fid^  burd^  bie  ©trenge  ifirer  3Ketl^obe,  burt^ 
bie  ©idS^er^eit  i^rer  gortfc^ritte  fo  t)orteill^aft  a\x^,  ba|  felbft  ^roteftanten  i^nen  i^c  ©ö^ne 

10  anvertrauten.  ®eräufcl[>lo^,  aber  befto  unaufl^altfamer  brang  bie  römifc^-firc^Iic^e  ©cftnnung 
burd^  bie  B^ö'^^B^  ^"  ^^^  ^amilien  ein  unb  trug  i^re  ^nidj^te :  bie  gaften  tourben  U)icber 
beobad^tet,  bie  Slofenfrän^e  famen  h)ieber  jum  5?orfd^ein,  bie  üerlaffenen  ®nabenorte  tourben 
hjieber  Don  pilgern  unb  SBaKfalf^rt^jügen  aufgefud^t.  2)arf  c^  un§  tounbem,  tocnn  i^e 
33efc^ü|er  in  (S^renbe^eugungen  gegen  fte  Wetteiferten,  toenn  Äaifer  gerbinanb  ntd^tö  felbn^ 

16  lid^er  loünfdj^te,  ate  feinen  teuern  fie  ^a\)  auf  bem  bifc^öflid^en  ©tu^^l  bon  3^rieft  ju  er^ 
blicfen,  unb  nid^t«  fc^mcrjlidj^er  bebauerte,  aU  bie  entfc^iebene  SBeigerung  be«  3iöwattu^; 
h^enn  Äarbinal  2:rud^fe|  bor  SJegierbe  brannte,  bem  iefuitifd^en  Äatec^i^mu^batcr  ßaniftu« 
(f.  b.  31.  III,  708  ff.)  bie  ^üfee  ju  toafd^en?  Slber  bei  frieblic^en  9Ra^regcIn  blieb  bie 
SReftauration  nic^t  ftel^en;  balb  fc^ritt  man  jur  offenen  ©etoalt.    §erjog  SÖbrec^t  V.  öon 

20  Sägern  nötigte  bie  J)roteftantifd^en  6inh)o|^ner  5Seberbat^erng  enttoebcr  jum  fatl^olifc^en 
SBefenntniffe  jurüdf^ulel^ren  ober  baö  fianb  ju  räumen.  Site  Sormunb  bcö  je^^njä^gen 
3RarIgrafen  $^ilij)))  bon  Saben  liefe  er  feinen  5Wünbel  ju  HJlündj^en  im  !at$olif(|en 
©lauben  erjiel^en  unb  brang  biefen  aud^  bem  babifc^en  fianbe  auf.  S""^'^^**  i^^^ 
Solare,  1570  unb  1571,   Ratten  bie  ^lefuiten  biefe^  9Berf  unter  bem  Seiftanbc  bcr  loelt- 

36  lidj^en  ©etoalt  boHenbet.  5Wit  il^rer  §ilfe  lonbertierte  ber  lurmainjifc^e  Dberamtmann  öon 
©tra^lenborf  ba§  ßid[>^felb,  t)erbrängte  ber  9lbt  bon  gutba  an^  feinem  ©ebiete  ben  ^JJros 
teftanti^mu^,  legte  i^m  6mft  üon  SJa^em  in  Äöln,  3Wünfter  unb  ^ilbeel^eim,  QD^obor 
t)on  gürftcnberg  in  ^aberbom  bie  Slgt  an  bie  Söurjetn.  3tlle  aber  überbot  an  teftaura^ 
tibem  6ifcr  berS3ifd[>of  ^wliw^  6<^ter  bonSBürjburg  (f.b.  21.)  burd^  feine  Äirc^enbtfitation. 

80  1588  jtoang  ber  junge  ©rjbifd^of  SBolf  3)ieteri(^  bon  ©aUburg,  3^9K"0  *^^  bcutfc^ 
ÄoKeg«  ju  3Jom,  feine  J^roteftantifd^en  Untertbanen  burc^  Slnbro^ung  ber  Äird^enbufee  in 
bie  römifc^e  ®emeinfd^aft  jurüdtjufe^ren,  bie  9lenitenten  bertrieb  er.  1595  bertiigte  ber 
33ifc^of  bon  Bamberg  in  feinem  ®ebiete,  in  ben  erften  ^a^ren  bc^  neuen  Sa^^rl^unbert^ 
ber  mainjifd^e  erxbijd^of  auc^  in  Äönigftein  bie  ebangelifd^e  Äird^e.   Unter  Slubolf  II.  be^ 

85gannen  1578  auf  baö  Slnbringcn  be^  ^l^fuiten^jrobinjial^  5Wagiu^  bie  ®egenreformationcn 
in  Dfterreid).  Slm  14.  Quni  mufete  ber  Jproteftantifc^e  ^rebiger  Dpxi^  mit  feinen  ©el^ilfen 
in  Äirc^e  unb  ©d^ulen  ba^  fianb  berlajfen,  in  furjem  tparen  in  Untcröfterreid^  13  ©täbtc 
unb  9)lärlte,  toie  man  e^  nannte,  „reformiert",  natürlich  in  fat^olifd^em  ©tnne.  ©et^ 
gal^re  fj)äter  »erhängte  ßrj^erjog  Äarl  bon  ©teiermarl  Äonfiölationen,  S^il  unb  fc^toerc 

^  3"^^^0""9  ^^^^  f^'^^  ebangelifd^en  fianbe^behjo^ner.  2Ba§  er  begonnen,  boHenbete  feit 
1598  fein  ©o^n,  ber  t)on  ben  ^cfuiten  in  ^ngolftabt  erjogene  Srj^erjog  gerbinanb,  noc^ 
maliger  Äaifer:  mit  SBaffengeloalt  tourbe  ber  ^roteftanti^mu«  aulgerottet,  ^n  bcn^abren 
1599—1603  folgte  bie  ft^ftematifd^e  Unterbrüdfung  beefclben  in  Oberöfteneic^.  ^n  Ungarn 
nal^m  man  ben  ^roteftanten   i^re  Kirchen.    ®egenüber  bem  l^ier  namentlid^  burd^  ben 

45  Äarb.sßrjbifd^of  ^.  ^ägmän^  t)on  ®ran  (geft.  1637)  mit  fanatifc^em  (gif er  betriebenen  Untere 
brüctunggtüerite  blieben  alle  ®egenloirfungen  unb  üorübergel^enbcn  Erfolge  (j.  8.  burc^ 
bie  gneben^berträge  bon  SBien  1606,  bon  5Jitoteburg  1625,  bon  fiinj  1645)  madj^tlo«. 
5Kad^  ioieber^olten  ^eifeen  Jläm^fen  blieb  ^ier,  ioie  in  bem  fiebenbürgifc^en  SRac^botlonbe, 
bie  jefuitifd^e  ©egenreformation  jule^t  ©iegerin.  —  ©cbon  burc^  bie  ©Alac^t  am  tüdfeem 

6o8erge  (1620)  lourbe  auc^  für  8ö^men  ba^  ©d;idtfal  ber  ebangelifc^en  Äirc^e  entfc^^ieben ; 
nur  S^rümmer  jeugcn  in  f>)ärlid^er  93erfümmerung  bat)on,  mag  fte  einfl  l^ier  gctoefen. 
3im  ^al)x^  1624  allein  motten  bie  ^icjuiten  in  biefem  fianbe  16000  ©eelen  gum  oBetn- 
feligmac^enben  ®lauben  jurüdfgefü^rt  l}ab^r\.  „6^  mar",  fagt  SRanfe,  „eine  unermefelid^ 
jReattion.    2Bie  ber  ^koteftanti^mu^  borgebrungen,  fo  ioarb  er  aud^  jurüdtgemorfcn,  ^re^ 

66  bigt  unb  fie^re  mirftcn  aud;  hierbei,  aber  nod^  bei  toeitem  me^r  2lnorbnung,  Sefel^l  unb 
unb  offene  ©eloalt."  2)ie  3^uiten  maren,  mie  bie  3lnftifter  unb  SRatgeber,  fo  bie  SBcrf* 
jeuge:  mie  9laubt)«>gel  jogen  fie  hinter  ben  ftegenben  fatbolifc^en  §eeren  1^  unb  bemät^ 
tigten  fid^  ber  ihnen  Jjrei^egebenen  Seute  mit  ^eifeer  ®ier. 

3lu4  in   anberen  eurot)äifd;en  fiänbcm  feigen   mir  ben  Drben  in  gleid^er  Slü^rigfeit 

(•.<)  IJn  Belgien  ^atte  er  ftd^  feit  1542  niebergelaffen.    Unter  bem  SBiberftanbe,  mcl^  bie 


defnttenotbeit  767 

©täbte  unb  i^rc  3Kagiflratc  Äönig  ^i)\l\\>p  II.   Iciftcten,   mußten  bie  gefuiten  ftc^  mcfpc 
mci^  vertreiben  laffen.    2lber  na(|bem  bte  Äraft  biefe^  SBiberftanbcö  burdj^   bie  SBaffcn 

Sebroc^en  toax,  fanbcn  fte  in  2Hejanbcr  gamefe  einen  einflufercidS^en  ©önner.  ©elbft  ber 
!önig,  tote  toenig  er  il^nen  perfönlic^  getoogen  toar,  überfa^  bod^  bie  Vorteile  nic^t,  hjelc^e 
fte  feiner  §errfc^aft  ficlS^em  f onnten :  in  Gourtra^,  ?)))em,  Srügge,  ®ent,  2lnth)er^)en,  SBrüfjel  6 
erridj^teten  fie  unter  großartiger  Unterftü^ung  i^re  Kollegien :  i^nen  ift  e^  borjug^toeife  in- 
jufdS^reiben,  baß  33elgien,  bamal^  jur  Jpälfte  ntit  ^roteftantcn  beböllert,  ein  au^f^ließlid^ 
lat^olifie^  Sanb  lüurbe.  9Son  Sclgten  brang  1592  ber  erfte  il^re^  Drbeni^  in  bie  bereis 
nigten  Scieberlanbe  ein ;  breißig  ^ai^xt  f))äter  Ratten  fte  fic^  auf  22  berme^rt,  aber  jugleic^ 
finben  toir  220  3BeItt)riefter  t^ätig,  bie  fte  faft  aUe  in  i^ren  JtoHegien  ju  fiötoen  unb  Äöln  lo 
gebilbet  litten,  älu^  einer  gleid^jeitigen  SRelation  teilt  5Ranfe  mit,  baß  in  biefem  ^ai}xt  bie 
aingal^l  ber  Äat^olifen  in  bem  Sanbe  auf  345000  gefticgen  toar. 

Sefonbcr«  mußten  ftd^  bie  ^efuiten  gcreijt  füllen,  an  bem  Sanbe,  toeld^c^  unter  feiner 
jungfräulichen  Königin  ben  Wittellpunit  ber  t)roteftantifclS^en  SWac^t  unb  5Politif  bilbete,  an 
©nglanb,  i^reÄräfte  ju  berfud^en.  ©c^on  SBtßiam  Sltlen  (gcft.  1594;  f.  S3. 1  ©.  371  u.  bgl.  i5 
Sette^^eim  a.  a.  D.)  bemie^  ftdj^  bafür  tl^ätig.  ßr  brad^te  juerft  in  S)ouaV  1569,  bann 
in  SHom  1579  für  fte  ÄoHegien  ju  ftanbe,  beren  S^^ö'^i^Ö^  ^^  feinem  SJaterlanbe  für  ben 
Äat^olici^mu^  ^rot)aganba  mad^en  foUten.  1580  gingen  bie  engltfd^en  3i«f«i^^n  Stöbert 
?ßarfon^  unb  ©bmunb  6amt)ian  nad)  ber  britifdjien  ^n\d,  burc^ftreiften  in^e^eim  bie 
©(^löffer  be«  tat^olifdj^en  äbel^,  l^ielten  ©otte^bienft  unb  ertoedften  neue  ©Vmt)at^ien  für» 
bie  alte  S\xd)t.  Salb  folgten  bie  erften  3^öl^"Ö^  ^"^  i>^  IJefuitenfeminarien  be«  Äontt« 
nent^  nac^.  "^n  35rud)(^riftcn,  bie  ^ier  unb  bort  au^  bem  3)unfel  auftauchten,  tourben 
in  gefc^icfter  Äontroüerje  bie  rijmifc^en  Seigren  einleuc^tenb  bargefteHt  unb  bie  ©u})rematie 
ber  Ärone  über  bie  Äirc^e  burd^  bie  3:^eorie  ber  SSolföfouberänität  befäm^jft.  ©d^on  nadj^ 
jh)et  Salären  orbnete  Glifabet^  SRcjjrefftbmaßregeln  an ;  ein  ®efe$  berj)önte  1582  bie  Ser^  26 
fü^ng  jum  Äat^olici^mu^  ate  §od^berrat,  ein  anbere«  berbannte  1585  atle^cfuiten  unb 
beren  Söö'l^^Ö^  ^"^  ©nglanb.  Unerbittlidf^  lourbe  e^  au^gefü^rt;  ungefähr  200  3Jiärt^ret 
tourben  unter  ßlifabet^^  9legierung  ^ingeriAtet.  ©in  Leiter  ©jiielraum  eröffnete  fic^  ber 
iefuitifdj^en  S^^Wgue  unter  ben  Stuart«.  Jtarl  II.  gab  nocf^  auf  bem  Sterbebette  bem 
SBunfc^e  ätu^brurf,  jur  fat^oltfc^en  Äirc^e  jurüdtjule^ren,  unb  em^jfing  ba«  Slbenbma^l  ao 
nac^  römifd^em  Slitu«.  ©ein  Sruber  unb  9Jad[>folger  ^öfobll.  j^atte  f\d)  fc^on  ate^er^og 
bon  ?)orI  unberl^ol^len  ber  römifd^en  Äirc^e  jugetoanbt.  3)ie  3^"^^^  toarcn  feine  9latgeber, 
ein  ^radj^tbolle«  ÄoHeg  tourbe  i^nen  im  ©abo^  erbaut  unb  fdj^on  bei  feiner  Eröffnung  bon 
400  Böglingen  befuc^t,  bie  jur  $älfte  au^  $roteftanten  beftanben;  mit  befonberer  SSor* 
liebe  jeid^nete  ber  Äönig  ben  ^ater  ©btoarb  $etre  au^  unb  ernannte  iljfn  fogar  jum  86 
Äabinctgfefretär.  3)urd^  feine  üerberblicf^en  3latfd^läge,  benen  Qafob  toillig  ©el^ör  fd[>enfte, 
l^ot  bieferSKann,  toie  SDiacaulai;  jetgt,  lool^l  am  meiften  jur  Äataftroj)l^e  be«  §aufe«©tuart 
beigetragen. 

SludS^  bie  SSerl^ältnifje  be«  öftlic^en  unb  nörblic^en  ßuro^ja  entgingen  bem  fd^arf  be- 
obaitenben  93lict  ber  frömmelt  SSäter  nid^t :  fie  nahmen  fofort  jebe  SJegünftigung  toa^^r,  4o 
toelcpe  bie  Serl^ältniffe  il^ren  planen  entgegenbrad^ten.  S'^^'^l^^"  W^^  ^^^^  ©tani^lauö 
Äofiu«  f.  b.  31.  oben  ©.  382  ff.),  »ifd^of  bon  (Srmelanb  15G9  ba«  erfte  Rolleg  ju  33raung= 
berg  gegrünbet,  rafd^  folgten  anbere  in  Sßultu^f,  in  ?l5ofen,  in  SBilna  unb  anberen 
©täbtcn.  —  3"  ©c^toeben  neigte  befanntlid^  S^^^nn  III.,  ®uftab  SBafa«  jtoeiter  ©o^n 
unb  ©emal^l  ber  ftreng  lat^olif^en  ^rinjeffin  Äat^arina  bon  ?ßolen  (1568—1592),  mr  45 
Slu^leid^ung  bc«  lird^Iid^en  ©cgenfa^e«.  ©ofort  begannen  aud^  bort  i^re  Umtriebe,  ^e^ 
fuiten  brangen  in  ba«  jjroteftantifd^e  Sanb  unb  bearbeiteten  ben  König ;  fc^toebifc^e  3iw"0* 
linge  tourbcn  nad^  Srauneberg,  Clmü^  unb  gulba  gefd(^idt,  um  bort  in  ^^fuitenanftalten 
gebilbet  ju  hjerben ;  eine  faft  römifc^^e  Ißiturgie  tourbe  im  ©otteebienfte  eingefc^loärjt.  8ig 
ui  toeldS^cr  ©eloiffenloftgleit  man  fid^  berftieg,  jeigt  bie  2:i^atfad^e,  baß  ber  2öeÜj)riefter  ßo 
glorentinu«  ge^t  unb  ber  ^efuitc  5Wtcolai  al^  etjangelifc^e  $rebiger  in  einem  neubegrün^ 
beten  Äolleg  ju  ©todE^olm  auftraten,  unb  bte  i^nen  anbertraute  3ugenb  burdj^  3Sorlefungen, 
ba^  5Jolf  burc^  ^rcbigten  für  ben  Äat^olici^ntu^  ju  gewinnen  fud[>ten.  ßnblid^  lam  ber 
Sefuit  ainton  ^ßoffebin  (bgl.  b.  31.)  al«  J)(H)ftlic^cr  Segat,  erteilte  bem  Äönig  Slbfolution 
unb  na^m  il^n  l^etmtid^  in  bie  römifc^e  Äird^e  auf.  3lber  ^o^ann  h)urbe  toieber  fd^toanlenb,  66 
unb  ba  er  ftc^  in  jloeiter  ®^e  mit  einer  fe^r  entfc^iebenen  ^roteftantin  bermä^lte,  fo 
tourbc  ber  Äat^olici^mu^  loieber  üerbrängt  unb  bieyjefuiten  au^  bem  SHeic^e  bertoiefen.— 
(Slüdtlic^er  toaren  fie  in  $olen ;  burd^  ben  Slu^fc^luß  ber  ^JJroteftanten  bon  allen  öffent^ 
lxd)m  !ämtem  bctoog  ber  Äönig  ©iegmunb  biele  Slbeligc  i^um  3lbfall ;  bie  gefuitenfotlegien 
tm))ften  bem  jungen  2lbel  einen  fo  fanatifdj^en  ^aß  gegen  bie  6bangelifd;cn  ein,  baß  ber-  m 


768  ^efuttenorben 

fclbc  mitSranb  unb  5Worb  gegen  fte  tüütetc;  1606  ftümiteii  bie  Sefuitenfd^ülcr  bic  eöan= 
gelifd^e  Äirc^e  ju  Ärafau,  1611  juSÜilna,  1616  machten  fie  bie  bö^mtfd^e  Äirc^c  gu  ^ofen 
bem  ©oben  gleich  unb  liefen  bie  lut^erifd^e  in  glammen  aufgellen.  3l\(i)t^  toar  ^ufiger, 
ate  ba^  bie  f atl^olifd^en  ©erid^te  ben  ^roteftanten  i^re  Äird^en  aburteilten  unb  ben  Äatbo= 

5  lifen^ufjjtad^en.  3lo(i)  im  18.  Jifl^^^w'^t^^t  lonntc  burc^  eine  fanatifdf^  berblenbetc  Suftij 
ein  3Kaf|enmorb  h)ie  ba^  93lutbab  gu  3:^om,  bem  10  lut^erift^e  Sütger  bicfcr©tabt  ai^ 
Dj)fcr  fielen  (7.  ©egember  1724),  berübt  lüerben. 

Sluci^  auf  bie  Union  ber  griec^ifc^en  Kirche  toar  e«  abgefe^en.  ©c^on  158i  bct- 
^anbelle  3lnton  $ofjet>in  mit  bem  ^ax^n  ^Wan  IV.  SSJafjilietoitf^,  um  fte  auf  ®runb 

10  be^  Florentiner  Ronjite  an^ubal^nen.  2)iefe  Unter^anblungen  blieben  ol^ne  ®rgebmö ;  eben= 
fotoenig  gelang  e«  bem  bigotten  ©iegmunb  unb  feinen  S^fuiten,  burc^  Unterftü^img  be^ 
falfd^en  2)emetriuö  fic^  biefem  ^xA^  ju  nähern ;  fobolb  biefer  mit  feinen  abfluten  l^ertoor= 
rücEte,  ^atte  er  bie  Siebe  ber  SRuffen  t>erloren.  ©a^egen  glüdfte  e«  ^offetoin  1590  bi^ 
1596,  ben  größten  3^eil  ber  gried^ifd^en  Äird&e  in  Sitt^auen  jur  Bereinigung  in  9lom  ju 

16  vermögen  —  ein  Erfolg,  ber  inbeffen  nur  Dorübergel^enb  toar,  ba  bie  linierten  bolb  ibre 
^ntereffen  ben  römifd[>en  Sorteilen  nac^gcfe^t  fallen.  —  2lu(^  in  ©alata,  ber  Sorftabt  Äon= 
ftantino^jete,  grünbeten  bie  ^efuiten  1603  ein  Äotlegium  unb  toufeten  n\d)t  blo^  fiaien, 
fonbem  aud^  ©eiftlic^e  anjujiel^en  (Dgl.  b.  21.  Sulari^). 

Äurg,  laum  bürftc  ftdj^  ein  Sanb  in  Surojja  nennen  laffen,  ba^  nid^t  ba«  un^toolle 

20  2;reiben  ber  ©efeUfd^aft  erfahren  ^ätte ;  in^befonberc  ben  t)roteftantifd^en  5Reic^en  tourben 
huxd)  fte  tiefe  SBunben  gefc^lagen.  6«  liegt  in  bem  ^JJrin^ipe  ber  römifdj^en  Äird^c,  bafe 
fte  im  93etoufetfein  il^rer  bermeintlid^  auöfdj^lieyid^en  gi)ttliq^en  Seredfitigung  ben  Slnber^ 
gläubigen  alle«  SHed^t  abfpric^t  unb  barum  tl^nen  gegenüber  feine  gemeinfame  Stet^tebaft^ 
anerlennt.    3)ie  3^|ii*ten  l^aben  fidj^  biefe«  ^ringij)  in  i^rer  $)etämj)fung  be«  ^roteflanti^ 

2r,  mu«  nid^t  nur  angeeignet,  fonbem  e«  auf  bie  ©jii^e  getrieben :  im  ©tnne  einer  toeltlitben 
Ärieg^füf^rung  unb  2)i^lomatte  galten  fte  jebe  SBaffe,  jeben  §inter^alt,  jcbe  2!äufd^ung 
für  erlaubt,  toenn  fte  nur  i^rer  Bad)t  jum  Siege  üer^ilft.  2)iefe  ^erfibie  ^at  me^r  aU 
alle«  anbere  i^ren  3Jamen  mit  glud^  belagen. 

V.   3"««^^    ©nttoicfelung    bc«    Orben«  bi«   jur  Slufl^ebung.      l.  S)le 

soOrbenSgcncrale.  ?lru.  üan  Sefter^out,  Imagines  praepositorum  generalium  socictatis 
Jesu  dclineatae  et  aeris  formis  expressae,  add.  perbrev.  uniuscuisque  vitae  descript  a 
N.  Galeotti,  S,  J.,  SRom  1759fol..(18  ^Porträtö,  barfteUenb  bic  (IJencrolc  ü.Sgnaj  biSiforcn^ 
lIMicci).  @d)cffcr,  Histoirc  des  g^^n^raux  des  J^siiitep,  $arid  1824  (uon  einem  (Gegner  bc-^ 
O.^).    Srieö,   S.  J.,    ^Hrt.  „Sefuitcn"  im  Mfi^VI,  1392ff.  C)eimbud)cr,    Drbcn  u.  tongr.  n, 

SB  üf)— 70.    ^gl.  bie  im  folgenbcn  bei  htn  einzelnen  ©cnerolen  ücrmcvtten  fiittcraturangabcn. 

2.  3)ügm  atifd)e  un  b  "üKüva  l*^on  trouerfcn  oom(Snbc  beS  16.  biö  i^.  Einfang  bc»? 
18.  3a^rt)bt*.  3)e  ©onctna,  O.  Pr.,  Storia  del  probabilismo  e  rigorismo,  2  voll.  Öucca 
1748.  S)öaiu9er*9Md)»  ^ornlftreitigfeitcn  K.,  bcf.  I,  @.  28-355.  535-622.  Sleufd),  S^er 
3nbej  K.  bef.  U,  309 ff.;  bcrf.,  33eiträ9e  5.  ©efcft.  beS  3cf..C.,  ©.50 ff.  169  ff.  196 ff.     »gl. 

40  bic  %  ^evj.3efu*^lt  iöb  VII,  777,  ^oHno§,  Sanfcn,  0.  @.  589 ;  au(^  »oju«  ob  II,  363, 
$)effelS  0.  ©.  2,  ©cnriqucä  S3b  VII,  684,  ^Pa^cal,  9?tCDle  2C. 

3.  SSorgefc^icftte  bcr9luflöfuii0  beSDrbenS.  Uebcr  bie  9lccomobationSftrcitigfeitcn 
auf  ben  ^iffionSgebieten:  f.  im  eiligem,  ben  91.  „'äJ^iffion",  foiuie  bie  betr.  9lbf(J6nittc  in 
ben  cit.  "JÖerfcn  uon   3.  .^uber,  3ef-*Ör^cn  (5.  186-214);    ^'^ergenröt^cr   (.^anbb.  ber  aÜg. 

46  Äirc6cngcfd)if*te.  3.  9(uf(.,  III,  298-322.  538—559);  ^eimbut^eV  (Cvbcn  2C.  II,  196—227). 
©egen  OftinbicnS  inebcf.  ^l.  ^JUiüIIbaur,  QJefd).  ber  fotl).  'DHifioncn  in  Oftinbien  uon  SSo^co 
beöJama  bie  j.  'äKitte  beS  18. 3a^rf)btö.,  TOindjen  1851  f.  9Bcgcn  C)intcrinbicn«;  6.  SiuiHot, 
La  Cochinchine  et  Tonquin ;  le  pays,  Fhistoire  et  les  missions,  ^jiariÄ  1859,  fonjic  $ad)tler, 
3).  e^riftcntum  in  Jontir.,  Soc^ind)ina  2C.  uon  feiner  einfüt)rung    bi«    auf   bie  ©egenmart, 

•w  ^;paberbürn  1861.  Uebcv  G^ina  inöbef.  9(bam  @d)an,  8.  J.,  Historica  relatio  de  ortu  et 
progressu  fidel  orthod.  in  regno  Chinensi  ab  a.  1581  — 1Ü69,  JRegcnöburo  1672;  5  33rücfcv, 
La  mission  de  Chine  de  1722-1735;  RQu.  Hist.  t.  XXIX,  2;"9lbb^  «platcl  {=  9?orbert), 
Memoire  historicjue  siir  les  affaires  des  J^suites  avec  le  saint-si^ge,  7  vols.,  ^loignon 
1742  ff. ;  ^ral),  Historia  controversiarum  de  ritibus  Sinicis,  $eft  1789  (aiicft  bcutfdj  in  3^ben, 

B5  9lug«biirg  1791).  —  lieber  ^araguai):  (Sberb.  ®ütf)ein,  3)er  djriftl.  Staat  ber  Scfuiten  (in 
©c^moüer^  ©taatSfojial.  gorf^ungen  IV,  ^.  4),  Scip^ig  1883;  unb  bef.  3.  ^fotenljauer, 
T'ic  "iKiffioncn  ber  3ef.  in  "jj^aragiiai),  3 Ile,  öJüterölol)  1890-93.  -  lieber  bie  Vertreibung 
be#  Crben§  au^  'iportugal,  Jvanfreitö,  Spanien  2c.  im  aCfgem.:  3oU),  Hist.  de  la  Comp. 
de  J^siis,  t.  V,  p.  176  ff.;    .£)ergenrötf)er,   Ä®  III.  446-454;    $)ubcv,   6.496—029.    «gl. 

»»8d)«)er,  ®cf*.  ^^ortugal«,  V,  7 ff.;  (S.  u.  ^urr,  QJefc^  ber  3efuiten  in  «Portugal,  2»be, 
Ü^ürnberg  1787;  aud)  3Q9emann,  fiebcn  be§  "iWiardiefe  bi  ^Jombal,  auS  bem  ^XciU  3)e|fau 
1782,  foiuie  bie  %  S3enebift  XIV  n.  6(emcu8  XIII.  in  b.  enn)fl.  (11,  572  ff.;  IV,  152 f.). 

4.  9(ufbcbung  beö  Drben§  bur^  ßlemenö  XIV.  3)aö  9lnft)cbung«bc!ret  oora 
2\.  3uli  1773:    Clenientis  XIV    IJreve  et-c.,  publ.  c.  intro<l.  a  1>.  Pantalcone,  9lom  1773. 


defttitenorbeti  769 

Clera.  XIV  Breve,  quo  Soc.  Jesu  supprimitur,  Ärn^cim  1873.  (öin^cl,  Äirdjcn^iftDV. 
Sdjriftfn  II,  252 ff.  (^icn  1872).  Wirbt,  Cueflen  5.  ®ef*.  beö  «Papfttum«,  grcibura  1896, 
6.  222  -  234.  %l.  ferner  {2t  83ret),  ©ominlung  ber  merfioürbigften  ©Triften,  bic  ?tuf« 
Hebung  bc«  3cf.-C.  betreffcnb.  4  SBbe,  granffurt  1773 f.;  31.  \>.  St.  ^ricft,  ®efd).  b.  ©turjeS 
ber  3efiiiten,  0.  b.  granj.  burcft  i?.  v.  Wofeler,  ^amm  1845  (jefultcnfcinblidj  gegolten).  6 
(S.  giiffcl,  5).  «uft)ebiinfl  beö  3cf..C.§,  Woinj  1845;  3.9luf(.  1850  (opologctifdi  für  ben  C. 
ciiitretenb);  er^tienQU-Soh),  Clement  XIV  et  les  J^suitos,  i^oriö  1847;  3.  91.  W.  ^örii^I, 
®e^.  ®efd).  ber  3Bot)I  (llemenS  XIV.  unb  bie  «uf()ebunc|  bc«  3cf.*D..  ^a*en  1848;  (Siein* 
erbinfl),  (£Iem.  XIV.  unb  bic  9(uft)ebuncj  ber  ©cfcUfcft.  3cfu.  ^tugSburg  1854;  ©oraljon,  Ijo 
p^ro  Ricci  et  la  suppression  de  la  Comp,  de  J^^iis  en  1773,  ''Joitierd  1869  (ju  bcn  oben,  10 
uor  ?lbf(^ii.  III  genannten  (5arQl)onf(öen  Documents  in^dits  geprig);  3(nbr.  Jfobler,  S.  J., 
S)ic  9luf^cbung  ber  ©efeüfd).  3efu,  Sinj  1873;  93.  5>ul^r,  3)ic  (Stoppen  bei  ber  9(uf^cbung 
beö  Sefultenorben«:  l]tXti  1898,  S.  432—454.  —  %I.  ^crgcnrot^er  III.  454—460;  au(^ 
ben  «.  ^©Iemen§  XIV.**  (S3b  IV.  153  f.  biefer  ©nc.)  unb  bie  baf.  anjefü^rte  biograpftifdje 
fiitteratur,  inSbef.  ha^  ^auptroert  non  ^.  Xl)ciner:  ©efdji^te  bc§  \|Jontififat8  ©lernend  XIV.,  is 
2  »be,  fieipiig  1853. 

^ic  bciben 'GJrunb^ügc  in  bem  ß^araltcr  be«  ^Ö^^^u«,  ber  fromme  Snt^ujta^mu« 
unb  ber  toellfluge  ©inn  für  3h^«J»«ö|t9fett  treten  in  feinen  beiben  erften  Dla^folgem 
gefonbert  l^ertjor.  2)en  le^teren  repräfentiert  ^atob  Saincj  (1558— 1565),  ben  erfteren 
§ranj  Sor^ia  (1565—1572).  Sainej,  ber  ftc^  bereite  afö  ^robtnjial  Stalten^  (1552  bi«  ao 
1554)  burdj^  lalent  unb  6^arafterftärfe  betüäl^rt  l^atte,  beüeibete  nad^  be^  39"^*^"^  2^*^*><^ 
^ei  3^1^^^^  lang  ba^  ©eneratoifariat  nur  bertretung^tpcife,  h)eil  ber  jh)tf4en  ©panten  unb 
3lom  fd^tpebenbc  Ärieg  ben  ©paniem  bie  leilna^me  an  einer  ©eneraliongregation  nic^t 
geftattete.  6rft  1558  fonnte  biefetbe  ju  ftanbe  fommcn  unb  fiainej  ging  nic^t  o^ne 
mand^en  äBiberfpruc^  ate  ©eneral  au^  ber  SDBa^l  ^ertoor.  3)amal^  nahmen  bie  $rofeffen  26 
bie  üon  39natiug  ^interlaffenen  Äonftitutionen  förmlich  an  unb  bie  3)eflarationen  (ft)al^r* 
fd^einlidf»  fiainej'  2öerf)  lüurben  {hinzugefügt,  ferner  lieft  $aul  IV.  ber  SBerfammlung 
feinen  SBunfc^  eröffnen,  baft  in  3^^"!*  ^i^  ämt^auer  be^  ©enerate  ftc^  nur  a\i\  brei 
3a^re  erftredten  unb  baft  bie  3^f"iten  gleidj^  anberen  Drben  bie  tanonifc^en  3!age^jeiten 
im  ß^ore  gemeinfd^aftlid^  fmgen  foUten.  Seibe  Einträge  h)aren  barauf  bered[>net,  ben  ao 
Drben  U>efentlid;  ummgeftalten :  ber  erfte  muftte  burc^  feine  Slnna^me  bie  monar(^ifd[>e 
©etüalt,  bie  ibn  fo  furchtbar  machte,  erfc^üttem,  ber  jipeite  bie  3luöbe^nung  feiner  praf« 
tifd^en  Söirffamtcit  befc^ränlen.  SKir  erinnern  un^,  baft  $aul  IV.  (ßaraffa),  ber  ©tifter 
be^  X^eaiincrorben^,  i>on  tjom^erein  mit  ber  ßinridS^tung  be«  jefuitifc^en  3"P'^w^^  "'^^ 
ganz  eint)erftanben  getoefen  ift ;  er  mod^te  t)on  ber  f^ranfenlofen  3Rac^t,  ju  ber  e^  auf*  sj 
ftrcbte,  für  bic  päpftlid^e  ©etoalt  felbft  ©efa^r  fürchten.  3lHe  J^orfteHungen,  burdj^  tuelc^e 
Jfainez  ben  alten  3Jlann  bon  feinen  govberungen  abzubringen  üerfud^te,  blieben  erfolglos: 
er  muftte  fid^  fügen.  SlUein  SJJaul  IV.  ftarb  fc^on  im  folgenben  '^a})xt  unb  fein  Stacks 
folger  "ipiu^  IV.  gab  nad^.  Unter  il^m  fonnte  Sainej  feine  bereit«  ertüä^nten  iJorbeeren 
bei  ber  legten  lagung^periobe  be«  2;ribentinumd  pflücten  (f.  oben,  III,  unb  Dgl.  bie  40 
neuerbing«  üon  D.  ©rifar,  S.  J.,  l^erau^egcbenen  Disputationes  Tridentinae  Jacobi 
Lainez.  2  it.,  3""^^^"^  1886).  —  9lod^  einmal  ^at  bann  ber  2)ominitanerpapft 
$iu«  V.  ba«  gemeinfame  ^orenfingen  gcforbert  unb  bem  Drben  unterfagt,  anbere  atö 
^rofeffen  jur  ^rieftertoeil^e  ju  proponieren,  ein  Verbot,  ba«  bie  (Srtoeiterung  ber 
oberften  Älaffe  unb  bie  SodEerung  ber  in  bem  engen  Äreife  berfelben  lonjentrierten  46 
ariftofratifd;en  ©etoalt  jum  ^to^d^  f)atU,  StUein  fd^on  (Tregor  XIII.,  einer  ber 
iefuitenfreunblic^jften  ^äpfte  be«  16.  3al^r^unbert«  (f.  b.  31.,  VII,  126  f.),  befreite  bcn 
Drben  burc^  bie  93ulle  Ex  sedis  apostolicae  benignitate  toiebcr  \>on  biefen  2lufs 
lagen. 

9Jac^folger  bc«  Sainez  im   ©eneralat  toar  inztoifd^en  Jranj  t)on  Sorgia,  §erjog  60 
t)on  ®anbia  gcioorben  (geb.  ju  SBalencia  1510,  ©encral  feit  2.  3"'*  1565).    Site  fpani- 
fd^er  ©ranbe  unb  iU^efönig  üon  Katalonien   i^aitc  er   fc^on  t)or  feinent  Eintritt  in  bie 
©efetlfd^aft   berfelben   feine  ®unft  burc^  ©tiftung  be«  5lolleg«   bon   ©anbia   betoiefen. 
1548  toar  er,  obglcic^  ®aüc  unb  Siater,  eingetreten,   jjeboc^  unter  ber  ©eftattnng,  baft 
er  nod^  brei  3^^^^  f^^"^  tüeltlidj^e  ©tetluna  beibehalten  bürfe.  2)er  le^te  ©ebraud^,  ben  er  66 
üon  feinem  i^ermögen  madS)te,  hjar  bie  ©tiftung  be^GollegiumRomanum  1551  getoefen. 
2)ann  l}aiU  er  üon  1553  an  ate  ©eneralfommiffär  ben   fämtlid[>en   fpanifc^en  ^rot)inzen 
borgeftanben.    ©eine  aötctijd^e  ©trenge  gegen  fid^  ft)ar  fo  groft,  baft  ilin  30"«^«^  öfter« 
jur  ©elbftfc^onung   mal^nen   muftte.    ©r  bat  al«  ©eneral  betenb  regiert;   mel^r  al«  ©e« 
le^rfamteit  fc^d^te  er  an  ben  ©liebern  feine«  Drben«  c^riftlic^e  J^römmigfeit  unb  lugenb.  m 
©eftorben  am  l.Dftober  1572  iourbe  er  Don  (Slemen«X.  I(i71  ^eilig  gefproc^en  —  ber 
britte  ^eilige,  beffen  fid^  ber  Drben  in  feinem  erften  3iefte^en  erfreute  (Dgl.  bie  meifter* 

»taUQknc^tlopmt  fttr  X^eoloflie  unb  Uhdti.    :\.  9(.  VI  11.  .|() 


770  3^ittten0tbett 

i^aftc  6fiara!tcri[til  feiner  ^Perfönlid^feit  unb  feine«  SBirfen«  bon  6.  ä.  ®Ufen«  in  3Ä® 
XVII  [1897],  ©.  577—583,  folüte  bie  in  ben  Monumenta  Soc.  Jesu,  ÜKabrib  feit 
1894,  erfdS^einenbe  me^rbänbige  93iogra))l^ie). 

3la(i)  bem  3:obe  Sorgio«  tourbe  ein  ©elgier,  P.  ßber^arb  3Rercurian,  aetoäl^lt,  ein 
5  fd^tuac^er  SJlann,  ber  ftd^  tmd)  anbere  leiten  lie^  unb  unter  beffen  Slmt^ful^ning  ber 
Drben  burd^  ^arteiungen  in  innere  Stmnnung  geriet.  —  ©ein  ^Jac^folger  tourbe  1581  ßlaubiuö 
äquabiüa,  ein  9leat)oUtaner,  bei  feiner  2Ba^l  erft  .'^8  ^af)xt  alt,  unftreitig  ha^  größte 
§errfcl[>ertalent,  toeld^e«  bie  (Sefeßfc^aft  je  befeffen  i^at,  getpanbt,  flug,  unter  fanftcn  formen 
einen  eifemen  unb   unbeugfamen  ß^aralter  öerl^üHenb.    (Sroje  ©türme  ^e  er  nn  Qn? 

10  nem  ju  befd^lüic^tigen.  a)ic  ©>)anier,  unjufrieben,  ftd^  öon  ber  SRegterung  öcrbrängt  ju 
feigen,  organifierten  einen  nationalen  2Btberftanb  gegen  ben  (Seneral,  ber  fetnerfeitö  bun^^ 
Vergebung  ber  Sftmter  an  feine  Sertrauten,  meift  jüngere  3Jlänner,  bie  Serftimmung 
mehrte.  2)iefe  fanb  il^rcn  Slu^brucf  in  bem  öon  bem  ft)anifc^en  ^efuiten  SRariona  im- 
faxten,  aber  erft  nac^  feinem  2:ot)e  belannt  geworbenen  auf fa^:  Discurso  de  lasenfer- 

15  medades  de  la  compania  de  Jesus,  tooxxn  rüdftc^t^lo«  bie  SRängel"  bed  ^nftitutd  ge^ 
fd^ilbert  unb  über  bie  SBiBfür  unb  ben  ®rucl  ber  Dbem  bittere  SJefc^toerben  gefül^  toerbat 
„aSir  liaben  in  unfrem  Drben  jai^llofe  ®efe|e,"  Reifet  e«  barin  u.  a.,  „aber  ber  ©eneral 
binbet  pd^  an  fein«  berfelben."  lieber  bie  2Biberf})rüc^e  jtoifdj^en  ben  fielen  ®efe|en, 
toobon  immer  ein«  ba«  anbere  aufgebe,  tpirb  l^ier  bitter  gellagt;  be^leic^en  borüber,  ba^ 

20  biefe  Drben^efe^gebung  mit  bem  gemeinen  SRed^t  be«  Sanbe«  bielfad^  ftreite,  u.  f.  f. 
3)ie©))anier  fanben  einen  SlüdE^alt  an  ber^nquifition,  an  Äönig^^ilip^j,  an  Giemen«  VIII. 
2)er  le^tere  orbnete  1592  eine  ©eneralfongregation  an;  Slquaüiba  ge^orc^te,  er  toufete 
aber  feinen  ©influfe  auf  bie  SBal^len  geltenb  lu  machen,  unb  bie  Serfammlung,  bie  ^u 
feinem  Serberben  berufen  fd^ien,  rechtfertigte  i|n  glänjenb.    SBeiteren  3w>"w*un9«^  W- 

26  liji)))«  unb  be«  '^ßa^fte«,  bie  auf  Slbänberung  in  ben  J!onftitutionen  jielten,  namentlich  auf 
bie  älb^altung  einer  ©eneralfongregation  aQe  brei  ^^al^re  brangen,  Wxi)  er  burd^  Huge« 
3ögem  au«.  311«  eine  neue  ©eneralfongregation  1607  nottoenbig  tourbe,  ))arolt^rierte  er 
ben  fjjanifc^en  unb  römifc^en  (Sinflu^  burdj^  bie  ©rllärungen  ^einric^«  IV.  Don  grant 
reid^,  ber  ftc^  9^"L^"  feinem  ©inne  au^fjjradj^.     ©eine  ©egner  tourben  förmlic^   ber^ 

30  toorfen  unb  feine  SKac^t  ging  befeftigt  au«  bem  Äam))fe  Ij^erbor,  ber  auf  feine  Vernichtung 
abgefel^en  loar.  —  ©leic^^eitig  pattt  infolge  ber  ©c^rift  9Kolina«  ftd^  ein  ©türm  ber 
fj)anifc^en  3)ominifaner  gegen  bie  3^fwiten  erl^oben;  SKolina«  Drben«brüber  nahmen  für 
i^n  Partei,  jelbft  3lquat)it)a  unb  feine  Slfftftenten  macf^ten  feine  Slngelegenl^eit  ju  ber 
irrigen,  tro^bcm  fc^ien  feine  Verurteilung   burc^   bie   f))anifd{^e  ^nquifttion  unt)enneiblic^. 

35  ®a  gelang  e«  bem  ®encral,  ben  ^aj)ft  ju  beftimmen,  bafe  er  bie  ©treitfrage  1596  nad^ 
9{om  ;\og  unb  i^re  @ntfc^eibung  ber  t)on  t^m  ernannten  Gongregatio  de  auxiliis  über? 
gab.  Sänge  fdj^ien  ßd^  bie  SBage  ju  ®unften  ber  3)ominifaner  ju  neigen,  ober  aud)  je^t 
liefe  3lquat)it)a  ben  2Rut-  nidj^t  finfen;  er  erreichte  e«,  bafe  $aul  V.  unter  SBorbe^lt  be« 
Urteil«  1607  bie  Kongregation  auflöfte  unb  bier  3^1^^«  fj)äter  beiben  Steilen  ©tiQf^loeigcn 

40  auferlegte  (5Rä^ere«  f.  unter  „5Kolina"  unb  ^jjaul  V.").  2)iefer  Äampf  ber  Drben  öffnet 
un«  ben  Slict  in  ein  ©etoebe  Don  „argliftigen  SBinlelgügen,  t)on  3"triguen  unb  Äobalen, 
bie  loie  Vipern  ben  v^>>f^Ii^^  Qtui}l  umjüngeln"  (Drefli).  Unter  S[quabit)a  erfocht 
übrigen«  ber  Drben  feine  glän;\enbften  3flcftauration«erfolge  unb  errang  feine  gefiederte 
SöeUfteHung.    2lu«  feiner  geber  floffen   bie  Industriae  pro  superioribus,   eine  SleilK 

46  bon  Slnloeifungen  über  bie  2lmt«fü^rung,  bie  ebenfofe^r  jum  Verftänbni«  be«  Drben«,  al« 
^ur  6^arafteriftif  feine«  größten  ©eneral«  bienen  fönnen.  Von  i^m  flammt  and)  bie  ältefte 
Ratio  Studiorum  Don  1586  (f.  oben  III  5.  2lnf.). 

Sin  bie  ©teile  2lquat)iba«  (geft.  1:5.  ^an.  1615)  trat  ber  SHömer  SKutiu«  Vitene«cbi 
(1615—1645).    ^m   engeren  Äreife   al«  „ßngel  be«  ^rieben«"  t)ere^,  befafe   er  nic^t« 

60  t)on  jener  nad[^l^altigen  eifemen  Äraft,  toomit  fein  Vorgänger  bie  toiberftrebenben  6lemente 
im  S'^'^cm  ju  bewältigen  unb  jufammenju^alten  berftanb.  Unter  il^  boll|og  ^5<M>ft 
©regor  XV.  1623  bie  Äanonifation  ber  beiben  Drben«ftifter  ^gnaj  unb  Stabier  (f.  älbf^n.  I 
^.  e.).  Unter  bem  folgenben  $a))ft  Urban  VIII.  beging  bie  ©efellfc^aft  1640  mit  glän= 
^enbem  ®e})ränge  bie  ^wbelfeier  i^re«   100  jährigen  Veftel^en«,   bei  einer  ©tärfe  Don  über 

66  15  000  3Jlitgliebem  in  39  ^roijinjen  (bgl.  unten  VI,  j.  6.).  Slber  bereit«  fingen  bie 
Äräfte  ber  Stuflöfung  im  innerften  Drganiemu«  ju  arbeiten  an;  jener  fiiJ^ne,  toelt^ 
erobembe  §elbengeift,  ber  unter  äquat)it)a  feine  ©d^toingen  fo  fräflig  entfaltet  ^te,  fc^ien 
mit  i^m  gefd^h)unben.  SBie  hjefentlic^  unb  c^arafteriftifc^  ftnb  bo^  aÜe  Veftimmungen 
ber  Äonftitutionen !  1)iad)  ^gnatiu«'  2lnorbnung  follten  bie  ^rofeffen  in  völliger  älrmut  Don 

CO  Sllmofen  leben  unb  bie  älemter,  h)eld(^e  ioeltlic^e  3:^ätig!eit  forbem,  namentlid^  bie  Steftorate, 


^fefttttenorbett  771 

in  bcn  Äänbcn  Don  Äoabjutoren  ru^en;  btc  ^df)l  jener  ©ingehjetl^ten  h)ar  barum  aufeer« 
orbentU(V  Hein;  bei  bem  3:obe  be«©tifterö  betrug  fie  nur  35  unter  1000  SJlitgliebern ;  auf 
ber  erften  Oenerallongregation  1558  h)aren  i^rer  25  Derfammelt.  Um  fo  mächtiger  h)irlte 
biefe  äriftolratie,  je  freier  fie  felbft  bon  oller  SlmtöDertoaltung  ftanb.  3Son  je^t  an  tourbe  bie^ 
anber«;  bieB^^I  ber^ßrofeffen  toud^  unöer^ältni^mäfeiö  an,  fte  traten  in  bie  SSertüaltung,  6 
pe  tourben  3(eftoren  ber  ÄoDegicn,  fie  festen  fic^  in  ben  ©enufe  bcr  für  biefelbcn  beftimmten 
©infünfte  unb  berfd^afften  fwi^  ein  be^glic^eg  Seben.  3)ie2eitung  bc^  Unterricht«  unb  bic 
lird^Iid^en  gwnftionen  überliefen  fte  jungen,  unerfahrenen  fieuten.  93on  läftiger  83eauffid^= 
tigung  frei,  nal^men  {le  ben  ®eneralen  gegenüber  eine  unabhängigere  @teQung  ein.  älu^ 
bie  9lad^f olger  be«  33iteIIeö(^i :  Sinccnj  ßaraffa  (geft.  1649)  unb  ^anj  ^piccolomini  (geft.  lo 
1651),  Dermod^ten  nic^tö  gegen  baö  immer  mächtiger  anbringenbe  Serberben.  911^  ber 
©eutf^e  ®o^toin  9JidteI  —  SReformgebanlen  lagen  i^m  DöDig  fem  —  toenigften^  ba^  Stedf^t 
ber  eigenen  SKeinung  für  ftc^  beanf)3ru(^te,  gab  er  fo  grofen  Sliiftofe,  bafe  bie  ®eneral= 
Kongregation  1661  i^m  ben  ©enuefen,  ^o^.  $aul  OliDa,  einen  @ünftling  be^  $a))fte^, 
afe  3SiIar  unb  Sflad^folger  beiorbnete,  h)aö  einer  Slbfe^ung  boDIommen  glei^Iam.  Dliöa,  iß 
ber  biefe  Stellung  bi«  1664  unb  baö  ©eneralat  bi«  1681  belleibete,  lebte  in  ©equem* 
lid^leit  unb  v!ppim  ^xa6)t  unb  trug  jugleic^  olö  toarmer  ®önner  be^  5ßrobabiIiömug  (f. 
©öDinger,  Sleup  I,  57  ff.)  pr  t^eoretifd^en  ÄorruJ)tion  ber  Drben^t^eologie  nic^t  toenig 
bei.  @o  gänjlic^  ^atte  jtc^  ber  Drben  umgefta(tet !  ^ad  monarc^ifd^e  Clement  erlag  bem 
ariftofratif^en ;  au«  ber  ©c^ar  felbftöerleugnenbcr  fiäm})fer  toarb  eine  ßlique  too^llebiger  30 
intriguanter  3)ij>lomaten.  ©tatt  bie  })äj)ftlicl^e  SJlad^t  ju  ftü^en  unb  ju  Derfec^ten,  tooju  bie 
©efdäfc^aft  gegrünbet  toar,  trieb  fie  auf  eigene  Äanb  5Politit,  unb  oft  mad^te  fie  mit  bem 
framöftfc^en  ©taat^intereffe  unb  mit  bem  @allifani«mu«  gemeinfame  ©ad^e  gegen  ben 
})äj)juid^en  ©tu^l  (f.  in  le|t.  ^infui^t  befonberö  SReufd^,  Seiträge  ©.59—119  „^^ranjö^ 
fifd^e  S^uiten  ate  ©aDilaner").  ©onft  toaren  bie  Jlottegien  oft  betounberte  ©tätten  25 
eine«  raftlofen,  Dieljeitigen  %k\^ti  getoefen,  je^t  tourben  fie  3Wufteranftalten  be«  Safter« 
unb  ber  3wd&tlofigfeit.  ©onft  toar  e«  ©itte,  bafe  ber  (Sintretenbe  fein  Vermögen  ben 
Slrmen  f^^enfte,  je^t  Verfügte  er  barüber  ju  (Sunften  be«  ÄoUcg«,  in  tt>dd)t^  er  auf- 
genommen toarb,  unb  Dertoaltete  e«  unter  mancherlei  Sortoänben.  3)a  bie  ©c^enfungen, 
ju  toelc^en  ber  begeifterte  2luffc^h)ung  be«  fid^  regenerierenben  Kat^olici«mu«  im  16.  ^ai}X'  30 
i^unbert  fortrijj,  fpärlic^er  floffen  unb  jule^t  ftodtcn,  bie  Sebürfniffe  be«  Drben«  aber  fid^ 
erweiterten,  fo  mufete  man  barauf  Sebac^t  nehmen,  biefen  9lu«fall  ^u  becfen.  3)ic  3;cfuiten 
legten  f\^  barum  auf  inbuftrielle  Unternehmungen,  fie  grünbeten  gabrifen,  fie  trieben 
ßanbel,  fie  tnü)3ften  für  i^ren  alle  SBeltteile  umfaffenben  Äanbel«Derte^r  bie  grofeartigften 
Sjerbinbungen  an,  bie  in  Siffabon  i^r  ßcntrum  l^att^,  ä)ie  Kollegien  tourben  jugleid^  .15 
förmliche  Sffiec^felbanlen  unb  hjiefen  auf  einanber  an;  e«  lam  Dor,  bafe  ©efanbte  ^u^ftom 
bei  jefuitifc^en  6onH)toiren  für  i^re  ©ehalte  accrebiticrt  Joaren. 

©d^on  biefer  ®eift  ber  SJertoeltlicbung  machte  ben  Drben  reif  für  bic  M'ataftroj)^c, 
ber  er  enblid^  erlag.  9Jun  aber  traten  noc^  anbere  Greigniffe  l^inju  unb  befd^leunigten  bie= 
felbe,  bor  allem  ber  Ramp\  mit  bem  3önfeni«mu«  (tjgl.  0.  ©.  593  f.).  ©0  ganj  ^atte  bod^  40 
ber  3^uiti«mu«  bie  römifc^=Iat^olifd^e  Kird^e  mit  feinem  ©eifte  nid^t  ju  burc^bringen  ber- 
mod^t;  e«  toaren  in  tieferen  ©emütern  noc^  mandf>c  religiöfc  SRotitje  bor^anben  unb 
fanben  um  bie  3Ritte  be«  17.  3fl^^^w»^i>^t«  ein  Gentrum,  um  ba«  fie  fic^  fammelten. 
2)er  9ianfeni«mu«  unb  ber  g^fuitenorben  ^aben  nid^t«  miteinanber  gemein,  al«  bafe  fie 
beibe  SRic^tungen  be«  regenerierten  Äatl^olici«mu«  fmb,  fonft  fte^en  fie  fid^  im  fc^ärfften  45 
®egenfa|  gegenüber;  toir  begreifen,  bafe  bic  ^cfwiten  alle«  aufboten,  um  biefen  ®egner 
j|u  5<ȧ^  jw  bringen,  aber  im  geiftig  ungleichen  ManH)fe  trugen  fie  eine  moralifc^e 
9tteberlage  baüon,  tjon  ber  fie  fic^  nic^t  toieber  erholten,  '^m  ^af^xe  1656  gab  $a«cal, 
unterftü^t  bon  feinem  Jreunbe  'JJicole,  bie  Lettres  provinciales  berau«  (pfeubon^m  unter 
bem  S^itcl  „Les  Provinciales,  ou  Lettres  ^crltes  par  Louis  de  Montalte  ä  un  m 
provincial  de  ses  amis,  avec  les  notes  de  Wendrock  [=  Nicole]"),  tporin  er  bic 
iefuitijc^e  Äafuiftif  unb  9Koral  mit  ben  SBaffen  be«  SKi^e«  unb  ber  bei|enben  ©atire  fo 
glänjenb  unb  erfolgreid^  befäm})fte,  ba^  er  bie  öffentliche  ■ÖJcinung  nid^t  blofe  ber  ©ebit^ 
beten,  fonbem  felbft  be«  franjöfifd^en  Äleru«  gegen  ben  Drben  einnahm.  3)er  IJanfeni«- 
mu«  mu^te  jtoar  al«  tird;lic^er  äJerein  ben  Slnfeinbungen  ber  9;cfuit^n,  bcn  SSerbammung«-  so 
betreten  ber  ^ßäjjfte  unb  ben  SSerfolgungen  bcr  franjöfifc^en  Äronc  in  ber  erften  §älfte 
be«  18.  S^^^W"^^^^  erliegen,  aber  bie  3tnfc^auungen,  bie  er  i?ertrat,  Ratten  fic^  einem 
großen  leile  ber  Station  mitgeteilt,  toirften  fogar  in  ben  böb^cn  ©c^ic^tcn  ber  ®ciftlic^s 
feit  unb  getoannen  eine  toeite  ^Verbreitung  burd;  gan;;  (Suropa.  fö«  nü^te  bem  Drben 
nic^t«,  bafe  Soui«  XIV.,   um  bic  ä^orfteUungcn   feiner   in   ianfcniftifd;er  ©eifc   frommen  00 

19^ 


772  3^ttttcnorbett 

©cma^Iin,  bcr  2)lamtcnon,  ftc^  nid^t  fümmcmb,  bte  an  fein  6nbc  ftd^  Sefuilm  ol^ 
83ctc^tt>äter  um  fid^  ^otte  unb  bercn  ©eftrebungen  feine  fdbü^enbe  $anb  niemals  entjog  (tjgL 
3)öningerö  Seben^bilb  bcr  ^au  t>.  SRaintenön,  in  f.  2ltab.  Vorträgen,  SRörblingcn  1888, 
I,  420  ff.).    aSie  toenig  innere  Äraft  unb  Sebenöfä^igleit  bie  ©efeüfc^aft  Sefu   feil  bem 

6  @nbe  bei^  17.  g^^^'^^wnbcrtö  noc^  in  fid^  trug,  gc^t  barau^  ^ertjor,  bafe  fie  bcr  Sefäm- 
})fung  auf  bem  ®ebiete  ber  Sitteratur  auc^  nid^t  eine  einzige  ^cröorragenbe  Seiftung  mU 
gegenjufe^en  t>ermocl^te.  SBa«  rDoUten  gegen  bie  geiftt)oIIen  angriffe  5Pa^aI^  bie  Sljjologien 
ber  P.  P.  3)aniel  unb  ^oiret  fagen'^  ©ie  fc^lugen  benfelben  berte^rten  3Bcg  in  ber 
Sßerteibigung  be^  Drbenö  ein,  toic  bie  neueren  Ultramontanen;   fte  berfuc^^ten   ju  geigen, 

10  bafe  man  o^ne  bie  ^robabilitätiSle^re  unb  bie  übrigen  bamit  jufammen^ängenben  ®runb^ 
fö^e  im  ©ebiete  be^  ©taat^leben^  unb  be^3  SRed^tg  nid^t  fertig  hjerbe  unb  bafe  biefelbe 
auc^  bor  ber  Stiftung  be«  ^cfuitenorben^  tjon  ben  angefe^enften  Sirc^enlc^rem  fcftge^Iten 
toorben  feien.  ®amit  aber  bezeugten  fie  auf  ber  einen  ©cite  nur  bie  33ermifdf^ung  ber 
religiöfen  unb  ber  h)eltlic^en  ^ntereffen,  bie  man  i^rem  ^nftitute  ftet^  jur  fiaft  gelegt  ^tte, 

16  auf  ber  anbern  ©eite  aber  leiteten  fie  baö  Oetoic^t  jener  Slnflagen  bon  bem  Drbcn  auf 
bie  römifc^e  ftird^e  ab,  beren  @r^ebung  be^  93ei(^tftul^led  ^um  Slic^terftu^le  aQerbingö  bie 
Aafuiftit  gur  natürlid^en  ^olge  gehabt  ^at. 

9Jod^  gefäl^rlid^er  tourbe  bem  ^efuitenorben   ber  ®eift  einer  neuen   toeltlic^en  8il: 
bung  in  ^anfreid^,  bie   unter  2ubh)ig  XV.   nod^   fic^tlid^ere  gortfc^rittc  machte,  ftc^  mit 

20  ben  fogenannten  })^iIofov^i|c^en  gbeen  be^  18.  ^ß^i^^wnbertö  burc^brang,  in  ben  bcbcu- 
tenbften  Äor^i^^äen  ber  frangöfif(^en.2itteratur  i^re  SSertreter  fanb  unb  balb  gegen  ftin^ 
unb  SReligion  eine  f^ftematifd^^e  Dl^^jofition  gu  ftanbe  brachte.  3e  me^r  bie  gefuiten,  bie 
im  17.  Sö^tl^unbert  fogar  gegen  ba^  5PaJ)fttum  ate  Streiter  für  bie  gaUilanifc^e  grei^eit 
aufgetreten  haaren  (f.  o.)  in  i^re  naturgemäße  ©teHung  jurüdfte^rten   unb   bie  ultramom 

26  tanen  2lnf)3rüc^e  t>crfod^ten,  um  fo  me^r  galten  [k  al^  Sotttoerle  be«  Dbfturantigmu«, 
gegen  iDeld^e  bie  ^vereinigten  3^enbengen  berä^it  ftc^  richteten.  Um  bic3Ritte  be^  IS.^ö^ts 
bunbert^  traten  in  ^anfreic^  ß^oifeul,  in  ©})anien  SBatt  unb  ©quiUace,  in  3l^apd 
2^nucci,  in  ^Portugal  (Sxtt\>al^o  (5PombaI)  ate  3Rinifter  an  bie  ©})i$e  ber  Slegierung. 
aille  biefe  SKänner  bulbigten    in  lirc^Iic^er  toie   in   })oIitifc^er  Scgie^ung  ber  3lufflärung; 

90  il^ncn  mußten  bie  ^efuiten  al«  ein  §inbemi^  ber  9JattonaItoo^lfa^rt  unb  i^rer  barauf 
abgtoedtenben  5Reform)3läne  crfc^einen.  ^nmal  im  SRutterlanbe  be^  Drben^,  too  biefer,  feit 
feiner  ®r^ebung  gu  unbefd^ränftem  (Sinfluß  burd^  ^ß^ili))})  III.  unb  beffen  5lad^f olger,  eine 
gerabegu  ruinierenbe  ©inmirfung  auf  ba^  gefamte  ©taat^mefen  unb  Solfötum  betagt 
^aiU  (f.  bef.  ©öHinger,  93ortr.  über  b.  aBiebertoereinigung  ber  c^riftl.  Äirc^en,  1872),  na^m 

36  bie  antijefuitifc^e  D}))3ofition  einen  erbitterten  unb  untjerfö^nlic^en  ß^arafter  an.  —  Slud^ 
in  SRom  toaren  fie  bamatö  nic^t  eben  begünftigt.  3)urc^  ben  geh)iffenlofen  Seicbtftnn, 
toomit  i^re  SJliffionare  d^riftlic^e  Se^ren  unb  ©ebräud^e  mit  bubbl(^iftifc^en  unb  brama* 
nifcben  Elementen  Derfe^t  Ratten,  um  fie  ben  Reiben  annehmbarer  gu  machen,  l^atten  fie 
ben  Äaß   ber  Äajvugtner  unb  ^wnjiölaner   erregt   unb  Sefd^toerben  bei  bem  ^äpfüic^en 

40  ©tul^l  tveranlaßt.  ^enebilt  XIV.  b^tte  i^nen  i^re  Slccomobation^met^obe  unb  jugleic^ 
alle  93anf*  unb  9Be(^felgefcbäfte  auf  baö  ©trengfte  unterfagt.  9Jun  tourben  fte  auc^  in 
Äonflifte  mit  ben  ©taatcn  tjertoidEclt.  3)urc^  SCaufd^  b^^tte  Portugal  t>on  ©}>anien  1750 
einen  leil  tjon  ^araguato  ertoorben,  unb  al^  e^  t?on  bemfclben  Seft|  ergreifen  tooDte, 
toiberfefeten  fic^  bie  burdp  bie  3<^|witen   aufgeregten  Setoo^ner,  bie   bid  bo^in  unter  ber 

46  })atriar(|alifc^en  Stegierung  bei^  Drbcnö  geftanbcn  l^atten,  mit  gclüaffneter  $anb  ben 
f})anifc^en  unb  )3ortugiefifcben  2:nH)j)en:  erft  1758  gelang  e^,  bie  SßoHgie^ung  bc^  ^ufd»^ 
tjertrage^  unb  bie  ©renjberec^tigung  burc|>gufe^en  (f.  ©ot^ein  u.  5Pfoten^auer  a.  a,  C). 
2)a  bie  ^jefuiten  gleid[>jeitig  gegen  bie  öon  ßaroalbo  jur  §ebung  be^  tiefgcfuntenen  ig^anbcU 
eingeleiteten  SWaßregeln  intriguierten,   fo  toanbte   fid^   bie  Stegierung  an  8enebitt  XIV., 

60  ber  nod^  fünf  ffioc^en  tjor  feinem  Sobe  am  1.  2l})ril  1758  bem  ^atriarc^  bon  Siffabon, 
Äarbinal  t>on  ©alban^a,  bie  5ßollmac^t  guge^en  liefe,  ben  Drben  an  ^avüpt  unb  ©liebem 
in  bem  ganjen  Umfang  beö  flönig^reic^  ju  tjifitiercn  unb  reformieren.  2)er  Äarbinal 
t>erbot  i^nen  untjerjüglid^  ben  ^anbel,  fomie  ba^  ^ßrebigen  unb  Seic^t^ören.  6in 
Sittentat  gegen  bai^  Seben  Äönig^J  3ofc))^^I.   am  3.  ©eptember  1758,  beffen  bie  mäd^tige 

66  gamilie  2at)ora  burd^  bie  Unterjud^ung  überführt  rourbe  unb  in  toelc^ed  man  bie  ^efuiten 
mitöertoidelte,  rourbe  bi^^uf  bie  Sieranlaffung,  baß  i^re  ©üter  eingebogen,  bie  ©efeUfd^ft 
am  3.  ©e))tember  1759  in  ^45ortugal  aufgel^oben,  il^re  ©lieber  aber  ju  ©(^iffe  in  ben 
Äirc^enftaat  abgeführt  tourben.  —  Söenige  ^a^te  fjiätcr  folgte  granlreic^  biefem  35organge. 
3)er  $ater  SaDalette    l}attc  al^  5|[Jrofurator  be^  Drbenö   einen    au^gebe^ten  ^anbel  auf 

CO  ber  ^nfel  3)Jartinique  getrieben,  fonnte  aber  infolge  eine«  ©c^lag«,   h)omit  i^n  ber  fron- 


3^fitttetiorbett  773 

jbrif(^=cnoUf(^c  Äricg  betraf,  feine  Oläubiöcr  in  ^anfrei^  nid;t  befriebigcn.  3)iefc  refta- 
mierten  uergcbKc^  bic  Summe  tjon  2  400  000  2tt)re«  tjom  Otben,  bcr  jh)ar  auf  aWar^ 
tinique  ein  SJermögcn  Don  4  ajitHionen  Sitore«  befa^  (Steiner  a.  a.  0.  I,  27),  aber  bie 
SSerbinbKcl^feit  ganj  h)ibenec^tli(^  Don  f\i)  ablel^nte  unb  auf  ben  ^rolurator  fd^ob.  3)a^ 
^arifer  ^}JarIament  Derurteilte  ben  Drben  jur  JReftitution  ber  Summe  famt  3infen.  Sei  b 
biefer  ©elegenljfcit  nabm  ber  ©eric^tiS^of  Don  ben  Äonftitutionen  be^  Drben^  (ginfi^t  unb 
untcrfud^te  bie  Sd^riften  i^rer  angefe^enften  Äafuiften.  ^m  Sluguft  1761  erging  ber 
S}>ru(i^,  ber  ba«  S^^ftttut  mit  ber  frangöfifd^en  Staat^efe^ebung  für  unDereinbar  erHärte. 
Umfonft  Derfud^te  ber  Äönig  Dom  ^^wi^^Ö^^^l  ^l^^ci  eine  iHeform  ju  ertoirfen,  bie 
d^aralteriftifc^e  Sentenj :  sint,  iit  sunt,  aut  non  sint,  fd^nitt  aQe  tDeiteren  Ser^anb^  lo 
lungen  ab  unb  entfc^ieb  für  ba«  9lid^tfein.  9lm  6.  Sluguft  1762  f^rad^  ba^  Parlament 
bie  Stuflöfung  ber  ©efeDfd^aft  in  Jranfreid^  an^  unb  löfte  bic  ©lieber  Don  i^en  Sßers 
})fKd^tungen  log.  g^Dar  tourbe  Die«  (gbift  unb  ba«  ganje  red^tlid^e  3Serfaj^ren  im  3)ejember 
1764  burc^  eine  föniglic^e  ßntfc^eibung  formell  faffiert,  aoer  t^atfäd^lid^  fofort  baburd^ 
loieber  in  Äraft  gefegt,  ba^  Dermöge  föniglic^er  SJlad^tDottfommenl^eit  ber  Drben  in  ^ant  15 
reicl^  DöHig  aufgehoben  loarb.  —  6in  aufftanb  gegen  ben  ginanjminifter  Squittace  in 
3)labrib  am  28.  5Kärj  1766  bereitete  ben  gefuiten  aud^  in  S})anien  ben  Untergang. 
3^re  Urljfeberfc^aft  ift  ebenfotoenig  nad^getoiefen,  aU  i^re  Sd^ulb  an  bem  Sittentat  in 
Portugal.  3?id^t«beftotoeniger  lourben  pe  in  ber  9lac|t  be«  31.  ?Kärg  1767  in  gang 
S})anicn  Derl^aftet  unb  fofort  nac^  ber  Stufte  gebracht,  too  bie  Schiffe  m  i^rem  Xrang)3ort  20 
md)  6iDitaDecd9ia  f^on  bereit  lagen.  (Srft  am  :3.  2li)ril  erfd^ien  ba^  löniglic^e  ®btft,  ba« 
bie  älufljfebung  ibre«  Drbeng  unb  i^re  Verbannung  auö  S)3anien  anorbnete.  9lm  5.  SRo* 
Dember  1767  fd^lofe  fid^  9lea})el,  am  7.  ^bruar  1768  5Parma  biefen  9Ka§reßeln  an.  -— 
(g^ift  iDaljfr,  biefer  Sturj  ber  3i^fuii^n  burc^^  bie  üJlad^tl^aber  an  ben  bourbonifc^en  $öfen 
loar  bag  SBerf  ber  Äabale;  beft)otif(^e  aBittlür  \}ai  fie  Dernic^tet  unb  bie  ungeredf^ten  Ur5  26 
tdle  tourben  jum  3:etl  in  ber  unmenfc^üd^ften  SBeife  DoIIftredft.  SJic^t^beftotoeniger  burfte 
man  ber  Unterbrüdtung  einer  fo  fc^äblic^en  ©efeUfc^aft  im  Snterejfe  ber  5!Kenfc^^eit  fic^ 
erfreuen. 

SBie  Dergeblidf>  Giemen«  XIII.   be«  Derfolgten  Drben«  ftc^  annahm  unb  toie  6le» 
men«  XIV.,  bem  2)range  ber  Umftänbe  nad^gebenb,  am  21.  guli  1773  i^ur  ^eube  Don  80 
faft  ganj  ®uroj)a  burd^  bie  Sülle  Dominus  ac  Redemptor  noster  bie  @ntfd^lie|ungen 
^Portugal«  unb  bcr  bourbonfc^cn  §i)fe  über  bie  gefamte  lat^olifc^e  ß^riften^eit  au^bel^nte, 
ift  au«  ber  allgemeinen  ©cfc^ic^te  jur  ©enüge  befannt.    3"  ^^  3lufi^ebung«bulle  (loeld^e 
begeid^nenbertoeife  mit  äl^nlid^en  SÖortcn  anhebt   toie  2ut|er«  Sl^efcnreilS^e  Dom  3-  1517) 
iDirb  Dom  5ßaj)ft  junäd^ft   auf  bie  fc^loeren  3Serfd^ulbungen  be«  Drben«,   befonber«  auf  86 
feine   Dielfad^e   Störung   be«  ^eben«  ber  Kirche    ^ingetoiefen  unb   bann   eine  Steige 
Don  93eif})ielen  aufgeaä^lt,  h)o  frühere  5ßäj)ftc  au«  bringlid^en  ©rünben  bie  Sluf^ebung 
tat^olifd^er  Stegularoroen  Derfügt  Ratten,     darauf  folgt  bann  ber  Sd^lufifa^:   „3"  ©r^ 
toägung,  bafj  bie  genannte  ©cfcHfc^aft  bic  ^rud^t,  h>oju  fte  geftiftet  toar,  nid^t  me^r  bringen 
lann, ...  ja  bafe  c«  faum  mel^r  möglich  ift,  ba|,  fo  lange  fte  befte^t,  ber  loa^re  unb  bauer*  40 
l^fte  ^ebe  in  ber  Äird^e  toicber^ergefteHt  toerben  fann",  . . .  I^ebe  ic^   mit  reifer  Über« 
legung,  au«  getoiffer  ©rfenntni«  unb  au«  ber  %väz  ajjoftolifd^er  SKac^t  bie  ertoä^nte  ©e^ 
feUfc^aft  auf,   unterbrüde  fxe,   löfc^e  fic  au«,  f^affe  fie  ab."    Übereinftimmenb  mit  biefer 
(unjloeifel^aft  ex   cathedra  gef)!)roc^enen)  Sentenj   be«  bamaligen    Statthalter«   ß^rifti 
ftettt  eine  im  3^^^^  1773  gefd^lagene  })äj)ftli(^e  3)enfmünje  ben  äßeltrid^ter  ß^riftu«  bar,  45 
loie  er  ben  SJätem  ber  ©ef.  3i^fu  ju  feiner  Sinlen  juruft :  „Nunquam  novi  vos,  disce- 
dite  a  me  omnes!" 

VI.  3)ie  ©efcllfc^aft  3iefu  im  19.  ^a^r^unbert.  —  1.  ©j^lcffalc  be« 
Drben«  bi«  ju  icincr  ^iöieber^erftcllung:  $u^r,  S.  J.,  Ungebrucfte  ©riefe  unb  !RcIq' 
tionen  über  bk  ^uföcbung  bcr  ©efeüfd).  3efu  in  3)eutf4lQnb :  ©ift.Xafrficnb.  1884,  6.  413ff.;60 
3.  e.  5)icnborfcr,  S)ie  9luf^ebung  be«  3ef.-C.  im  S3i«tum  ^offau,  ^affou  1891:  Ä?arb. 
«Wlgaaai  unb  bie  3c(uitcn:  ^3^0  1893,  @.  745  ff.  i^copolb  ©Ittc,  &ricbric^  b.  ®r.  unb  bie 
3e|uiten,  »vcmcn  1892  (bcf.  @.86ff.);  ^.  iJutterot^,  StuBIonb  11.  b.  3e(uitcn  t».  1772-1820, 
übcrf.  u.  S3ir(^,  Stuttgart  1846;  Sara^on,  Missions  des  J^suites  en  Russie  1804—1824, 
$oitier«  1869  (au«  ben  Documenta  in^dits,  9lbt.  T);  3alcn«fi.  Les  J^suites  de  la  Russie-  65 
Blanche,  2  vols.,  «^ori«  1886;  ®.  JBoero,  S.  J.,  Istoria  della  vita  del  rev.  P.  Gius.  M. 
Pigoatelli,  9?om  1857.  91.  ^^IgnatelH"  im  M2  IX,  2110f.  SSgl.  quc^  ba«  oben,  IV.  j. 
9(nf.  cit.  ^crf  von  2:f)iDaitcd  über  ben  Crbcn  in  Äanaba;  be«gl.  bic  ^.  „^n^*^e\\u^üUy 
©bVII  @.777u.,/ßaccanari",füiüie©crgenrött)cr,Ä®»  III,736ff.,  ©cimbucbcr  II,  114—117. 

2.  ^Bicbcr^crfteUung  be«  0.  unter  ^iu«  VII.    3)ie  S3uüe  „Sollicitudo  omnium  60 
ecclcsiarum^'   in  t.  XII  üon  Bullarii  Rom.  continuat.  ed.  Barberi.    SJgl.  ©artolom.  ^qccq, 


774  S^nitcnorbett 

Mcniorie  storiche  per  servire  alla  ntoria  cccl.  dcl  Hec.  XIX  OHom  1830  u.  ö.)  t.  III  (au(^ 
beutjd):  9(u0öb.  1831).  %I.  b.  9(.  «ßm^VII.  b.  @nc.  unb  bic  bof.  ongcg.  l^ittcr.  gcrncr 
^Jiippolb.  ©cfd).  bc§  ^at^oliciöni.  feil  b.  SKeftaurat.  bcö  ^apfttumS  (=  9ieucftc  ft®',  »b  II, 
eibcrf.  1883)  ©.30ff.;  bcrf.,  3)cv  3cfuitcnorbcn  u.  feiner  ^ieber^crftellung  big  jur  ©egcn- 
ö  wart,  '3Kann^eim  1807  (oiid)  in  „kleinere  @d)riftcn  j.  inn.  ®ef(^.  beö  Äatftolici^ni.,  Jena 
1899)  l,  276 ff.;  ©rü^l,  92cncftc  ©ef^ic^tc  bcr  ©efcUf^oft  3cfn  uon  $iu«  VII.  biö  18^16, 
ÖJlcilüi^  1847. 

3.  ®efd)id)tc  ber  Drbcnööcncrale  feit  1814:  Snliu«,  3)ie  Sefuilcn  k.  (oben, 
Vlbf(ftn.  T),  III.  6.  894—1235;  C^eiinbnd)cr  II,  120—124.    ficben  JRootöoan«  u  «IberblneL 

loXMjm,  B.  J.  (flämifd)),  »riigge  1886,  u.  in^ift.^^ol.  931.  1890,  II.  geben  ©ccfj«  üon  «er« 
ftraaten  (^oUb.).  S3rüffel  1888.  Jcnter  93QumgQrtner  S.  J.,  fieben  ?(nberIebi)S  in  „Stimm,  quo 
TOar..«QQ(^"  XLII  (1892),  <B.  241  ff. 

4.  ®cf(fti(t)tc  bcö  OrbenS  aufeerbalb  S)cutf (ftlanbä.  Gorot^on,  Noteö  historiqucs 
Hur  le  r^tablisseinent  de  la  Comp,  de  J^»8uh  cn  Portugal  (Docum.  indd.  J),  ^otticrS  1863. 

lo  Id.  (P.  Delvaux),  LettrcH  concerDants  le  r^tabl.  etc.,  ebb.  1866.  —  9?tppoIb,  2)ic  jmcitc  bei* 
gift^c  JHeüotution  unb  i^re  lirdjl.  (Srgcbniffc,  in  b.  H®efd).  b.  ÄQt()olc8m.  feit  b.  9?eftQur.*, 
e.  399-412;  .^ofe^^rüger,  ^®  III.  2  (S^j.  1897),  ©.813-817.  S)er  ^rojcfe  bc  «ucf  unb 
bie  ?lnflogen  gegen  bic  ^efuiten.  SSon  einem  pralt.  Suriften,  2.  Sl.,  TOinftcr  1864;  J&eim» 
buc^cr  II,  129.  — fi.  ^Q^n,  3).  ^(uflöfung  ber  Sefuiten^Äongregation  in  grnnfteidi  1845,  ft>g. 

•J(»  1846;  ^.  33eQunie,  Uaffaire  des  J^suites  cd  France  envl845:  RQuHist.  1893,  p.  136ff.; 
4?eimbu4cr,  II,  126-128;  Wppolb  a.a.O.  @.  281-322;  ^ergcnrötljer,  m*,  111,869-884. 
er6tineau*3otl),  Hist.  du  Conderbund,  2  vols.,  ^ariö  1800;  g.  ©luntfdjli.  3)cr  6ieg  be^ 
JMabifaliSmu«  über  bie  fatlj.  ©cbmeij,  ©«off Raufen  18.^0;  ©ift.'pol.  531.,  93b  XVII  u.  XK^Il; 
ißippolb,  6.434—466;  .^ergenr.,  ebb.  858-869 ;  93locf4  (SJefc^.  ber  fcöroeiüerifdjen  rcf.  Älrcften, 

25  g3crn  1899,  II,  286  ff.  —  %.  X^einer,  Sammlung  einiger  roid&tigen  Slftenftücfe  uir  ®efd>.  ber 
©manjipation  ber  ^atbolifen  in  ©nglanb,  3Kainj  1835;  9t.  ^urra^,  Ireland  and  her  Church, 
iJunbon  1845;  @bec,  The  Irish  Church,  fionbon  1852;  "föifeman  (gcft.  1865),  ?l6^anblungcn 
über  uerf(6.  ®egenftönbc,  I,  @.  359  ff.  SebcnSbilber  SSifcmonS  u.  »loufang,  Wainj  186r», 
unb  ?D?anning§  n.  ^(.  93ene«^eim.  ebb,  1892.     ferner  91.  Seacd^eim,  3).  erftc  ©unbertjaftr» 

yofcicr  bc«  3efuitenTufleg§  ©tonpbnrft,  im  „Äatboli!"  1894,  II,  193 ff.;  9?ippolb,  5)ic  engl. 
^Kümfo^rten  im  19.  3^bt.,  in  g?^:^  1883,  IV;  berf.,  ®ef*  b.  ^at^cSm.  k.,  323-384; 
.Jicrgenröt^er,  III,  1021-1027.-^.  gacobfon,  3)aS  öfterr.  ^onforbat,  fipj.  1856;  g.  ÄeDe, 
^ic  gcfultengl)mnaficn  in  0efterrei4  $rag  1873  (ugl.  oben,  ?lbf*n.  III) ;  ^.  3f(ftoffe,  Xlc 
tbeol.  ©tubien  unb  ^nftaltcn  ber  Mt^.  ^irc^c  in  Defterreidi,  3Bien  1893;    9iip|)oIb  a.  a.  C. 

:;5  478-492;  ^afe-Ärüger,  III,  2,  894—900;  Äurf,  m'*,  (bearbeitet  uon  Xf^arfert),  II,  2, 
202—206. 

5.  2)er  gefuitiömuö  in  2)eutf*lanb  uor  unb  nacft  1872.  ©.  J^niel,  3)ic  ©cneb.* 
?lbtei 'äPkria^fiaa*,  ^öln  1894;  2.  ?l.  1895;  «.  „^aria^fiaad)"  im  m2^  VIII,  786ff.;  ©tim. 
mcn  QUO  3Kario*fiaadj  (jefuit.  33rof4üren*(J^!luS,  feit  1864);    g.  ©luntfrf)li,    9?om    unb  bie 

io3)eutfcften;  ber  gefuitenorben  unb  ba§2)cutfd)e  SReid),  Berlin  1872;  SBolfg.  Wendel,  ®efd».  b. 
neueften  gefuitenumtriebe  in  3)eu!f erlaub  (1870—72),  ©tuttgart  1872;  tt.  TOidc,  3)cr  fircften» 
pol  ^amp\  unb  ©ieg  in  ^reufeen  unb  bem  ^eutfcben  9?ei^,  S3ranbenburg  1878;  i5.  ^abn, 
C«ef(^.  bed  Äulturfampfeä  in  ^reufeen,  in  ?lftenftüc!en  bargefteat,  93erlin  1881:  g..^.©(ftulic 
(fatl).),  ®efd).  beS  preufe.  JtulturTampfeS  in  «fftenftücfen,  Gffen  1882;    g.  ^riebrl*,  ®ef4.  b. 

i:,  uatü.  Äonäil§,  2  SBbc,  «Bonn  1877—87  (bef.  I,  272.  331  ff.;  III,  17 ff);  ^.  SRolfu«  unb 
(S.  ©irfingcr,  ^ircbengefcftic^tlidie«  in  (^ronol.  DJei^enfolge  uom  uatif.  ^onjil  blS  auf  unfcrc 
Xagc,  3  febc.  9Rainj  1877—1882;  ^^ippolb,  ®ef4.  b.  tat^cdm.  jc.,  bef.  @.  632ff.;  ^fc* 
Äriiger  III,  2,  859-879. 

6.  92eucfte  ^unbgcbungen    für  unb  gegen  ben  Orbcn.      93.  3)ubr,  S.  J.,  3e» 
ö«i  fuitcufabeln,  greiburg  3.  91. 1899  (ügl.  b.  ßit.  bei  11, 2);  %  u.  9?bein,  gcfuiten  u.  (5u.  ©unb.  3eit^ 

gemäfec  SBetracfttungen.  ©peier  1892;  ®raf  %  n.  |)üen§broo^,  S.  J.,  ©arum  foUcn  bie  ge» 
fuitcn  nicbt  nad)  S)eutf(blanb  jurürf?  1891.  ®egen  le^teren  bef.  %  Xf^ocfert,  S)lc  Unöer* 
cinbarfeit  be§  gef.*0.  mit  bem  2)eutfrf)en  9Jelcbe.  in  aut^ent.  ÖJefeJen  be§  CrbenS  no(6» 
gemicfen,  93erlin   1891   (ugl.   audj  5tur^*^(4acfert  m  II,  2,  ©.  113);    aud)  3».  »c^f*log, 

Tm  ©Chören  bic  gcfuiten  ins  2)eutfcbcSRei(b?  Gin  Beitrag  jur  Xageöfrage,  ©erl.  1891;  (&  Sticifcftcl. 
'Biber  bie  gcfuiten;  ©erlebt  JciJcipj.  1891.  Die  gcfuitenfrage  uom  polit.  ©tonbpunft  (au§ 
„l^eutfdj'Cü.  ©lätt"),  ^aüc  1891;  ^.  gering,  3"^'  gcfuitenfrage:  bie  ficbrc  uom  crloubtcn 
^oppcirmn  beim  (£ib  ?c.,  SBcrlin  1891 ;  S.  ^irbt,  2)cr  beutfd^e  ^otriot  unb  bic  3cfuitcn= 
frage  (©ortr.^   ^Karburg  1893.    ®raf  %  u.  ^ocndbroocft   (na*  f.  Uebertritt   ^.   cöang.  Ä.), 

«^» 'ö^überncr  gcfuiti^mu§,  93crl.  1805;  berf,  Ultramontanc  ficiftungen,  ebb.  1896;  bcrf.,  Ter 
Ultramontaniömu^;  fein  58efen  u.  f.  ©efömpfung.  ©erlin  1897  (bef.  ©.  259  ff.),  ©gl.  nod^ 
'jappülb,  5)ie  jcfuitifdien  ©diriflfteUer  ber  ©egcuwart  in  S)eulf4lanb.  ficip^ig  1895;  au^ 
ii.  ft\  ®üet.  gefuitifdic  ©eüctriftif,  in  b.  ©eil.  g.  «ügem.  3tg.  1898,  ^x.  228. 

Iroj^  bc«  pöjjftlid^en  9(uf^cbungöbcfrct^  Wax  bie  SJerbtnbung  ber  Drbeni^Keber  n\d)t 

•iö  9«n|\  geföft,  unb  jU>ar  ba^  umfotocniger,  ba  $a})ft  ^iuö  VI.  (1774—99)  fie  ftc^tlic^  be* 
günftigtc.  3?iele  ber  22  000  Später,  bic  bon  ßlcmen«^  XIV.  Slufl^ebungöfenteiu  betroffen 
toorbcn  iDaren,  jammcltcn  fid^  um  bcn  in  ben  ®enof|enfclSKJftcn  ber  §crjs3efu«S(iibai^t  pd^ 


aefttttenorbcii  775 

tljfnen  bictcnbcn  neuen  >J)itttelj)unIt ;  anberc  traten  ber  1797  f.  bon  3{ifoIau^  ^}$accanari 
geftiftcten  ©efeUfd^aft  ber  „3Jäter  be^  ©lauben«"  ober  ^ßaccanariften  (f.  b.  21.)  bei;  and) 
mögen  einige  burd^  ben  (gintritt  in  ben  ibnen  geifte^ertoanbten  Orben  ber  SRebemJjtoriften 
ober  Siguorianer  eine  ^ufluc^t  gefunben  ^obcn  (bodfi  f.  in  Sejug  hierauf  ben  äl.  ,,2iguos 
rianer").  93or  allem  tarn  ber  bon  9tom  au^  )3roflribierten  ©efeufc^aft  ber  Umftanb  ju  5 
gute,  bag  mehrere  n^eltlid^e  3Jlac^t^a6er  ftd^  um  bad  )}d))ftlic^e  SSerbot  xi)x^  @£iftenA  nimt 
ifümmerten.  ^riebric|!  IL  bon  ^reu^en  lie|  fie  toegen  i^rer  }>äbagogif(if>en  SJerbienfte  afe 
„^riefter  bed  töniglic^en  ©c^ulemSnftitut«"  in  feinem  SReic^e  fortbefte^en;  erft  burc^  feinen 
9ia^foIger  gr.  ©ill^elm  II.  erfolgte  ^ier  i^e  2luf^ebung.  auc^  in  Öfterreic^  iDurbe  ju-- 
näc^ft  (oefonberö  biö  ju  5Karia  i^ercfta^  iob  1780)  mit  «emlic^er  3lad)[\ä)i  gegen  fieio 
Derfo^ren.  ^n  3lu|lanb  beftanb  ber  Crbcn  trofe  bc^  J)äj)|tlid^en  äuf^ebung^efrete«  in 
bottftänbiger  Organifation  fort.  Äatljfarina  II.  ^atte  burd^  bie  erfte  })olnifd^e  2^eilung 
aSeiferu^anb  erl^altcn ;  fte  begünftigte  bie  gefuiten,  toeit  fie  i^rer  ju  bebürfen  meinte,  teite 
um  bie  @^m))at)^ien  i|rer  neuen  Untertl(^anen  ^u  getDinnen,  teite  um  i^re  ferneren  ^läne 
gegen  ba«  unglüdlid^e  ^olen  au^jufü^ren.  ©ic  beftätigte  baljfer  bem  Drben  feinen  ©üter^  iö 
bcfi^  in  biefer  5|Jrot>inj  unb  geftattete  bie  ßrloeiterung  feiner  5Kitglieberja^l  burc^  auf« 
no^mc  frember  ©jiefutten.  1782  toä^lten  bie  rufpfd^en  S^fwi*«"  i>^  ^*>I«^  ©tani^lauö 
ßaemietoicj  jum  ©eneratoilar  unb  $iuö  VI.  liefe  c«  ftiUfc^lDeigenb  gefc^e^en.  Äaifer 
5Paul  I.  räumte  i^ncn  1800  bie  lat^oüfd^e  ^farrtird^e  in  $eteröburg  ein  unb  erlaubte 
i^nen  bafelbft  ein  ÄoHegium  ju  errichten.  3)urc^  folc^e  ßrfolgc  ermutiat,  toanbte  [\d)  ber2u 
britte  ©eneralbitar  Stanj  Äareu  an  ^iu^  VII.  unb  erlangte  ein  pQp\tixift^  SSrebe,  toel* 
d^e«  unter  bem  7.  mäx^  1801  bie  öerftettung  be^  Drbenö  für  ganj  3lu|lanb  au^f^rac^ 
unb  bem  ©enerafoifar  bie  3Bürbe  be«  ©enerafö  tjerlie^.  ©ein  9Jac^folger  ©abriel  ©ruber 
beftimmte  ben  Äönig  gerbinanb  IV.  tjon  9?ea})el,  bon  $iu«  VII.  bie  SReftitution  be« 
gnftitutd  für  beibe  Sizilien  ju  erbitten,  bie  au4  burd^  93reue  tjom  :30.  ^w'»  1804  bäter*  20 
lid^ft  getoä^rt  tourbe,  fo  bafe  5ßater  ©ruber  [xi)  nun  „©enerat  für  Stufelanb  unb  9leat)el" 
nennen  burfte.  3)oc^  lam  biefe  SBieber^erfteHung,  ba  ba^  nea>)olitanifc^e  ^«ftlönb  feit 
1806  toieber  Don  ben  granjofen  befe^t  hjurbe,  nur  ber  3nfel  ©ijilien  ju  ante,  h)0  be« 
fonber«  5|Jater  ^of.  SKaria  ^ignateffi  (geft.  1811,  fj)äter  fanonifiert  unter  ©rcgor  XVI) 
mit  @ifer  unb  ©rfolg  für  bie  jefuitifc^e  ©ac^e  toirltc.  ud 

3m  Saläre  1814  enblic^  glaubte  $iu^  VII.  bie  Sleftauration,  ber  er  feine  eigene 
Slüdtfe^  nac^  9tom  unb  auf  ben  ©tu^l  be«  ^etru^  Derbanfte,  nic^t  toürbiger  e^rcn 
m  tonnen,  ak  baburc^,  bafe  er  am  7.  Suguft  in  ber  Aird^e  ©efü  ju  9lom  burd^  bie 
^uDe  Sollicitudo  omnium  ecciesiarum  benOrben  in  feiner  unberänberten  alten  SSer- 
faffung  mit  aßen  i^m  früher  Verliehenen  ^ßribilegien  reftaurierte.  Dbgleid^  5piu^  VII.  :«> 
ex  cathedra  erllärte,  bafe  er  mit  biefem  Slfte  nur  ben  einftimmigen  SBünfc^en  faft  ber 
ganzen  G^riften^eit  genüge  (f.  bie  intereffante  ©egenüberfteHung  biefer  neuen  })ontififalen 
Ex  cathedra-SSerfügung  unb  jener  Dom  3-1773  bei  3lii)})olb,  Äl. ©djiriften  I.e.  282 f.), 
fo  beloie^  bod^  ber  näd^fte  @rfolg,  bafe  bie  ))ä))ftlic^e  Unfel^lbarfeit  nic^t  btd  gur  richtigen 
SßJürbigung  tl^atfäc^lic^  beftel^enber  Ser^ältnijfe  au^reic^te.  Xuxö)  ^ranlreic^,  3)eutfcplanb  n» 
unb  bie  Slieberlanbe  ging  ungeteilt  ber  2lu^brudf  ftauncnber  Üoerrafd^ung.  (Sinmütig 
toamten  bie  geiftigen  §ü^rer  be^  Äat^olici^mu«  biefer  2änber  Dor  ben  Der^ängni^Dollen 
folgen  be«  ©c^ritte^:  u.  a.  Derlünbete  3-  ©örre^  (im  „Stl^einifc^en  SKertur"  1814, 
0Jr.  133)  mit  J)ro()^etifd^em  Slidt  bie  un^eilDoHen  ©irlungen,  iDel^e  bie  Sw^^'&^^fwnö 
ber  mit  Siecht  Derbannt  ©etoefenen  nac^  fid^  jie^en  toerbe  (Dgl.  3of.  3Küller,  3)er  SReform^  4r. 
fat^olici^m.,  3üric^  1899,  II,  115).  ®er  öfterreic^ifc^e  Äaifer  ^ranj  I.  tooHte  bal^er 
nid^t^  Don  bem  Crben  toiffen ;  ber  ^prinjregent  3'>J^o""  ^^^  Sraplien  unb  Portugal  legte 
^roteft  ein,  u.  f.  f.  9Jur  im  Äird^enftaat,  in  ©j^anien,  in  9leaj)el,  ©arbinien  unb  3Kobena 
gelang  e^  xunäc^ft  ben  3<^fwiten,  fidf>  h)ieber  l?äuölic^  einguric^ten.  3"  ^'^^  fämtlic^en 
^taakn  erfolgte  i^re  SReftitution  im  ^af^xt  1815.  üo 

2Bie  h)enig  bie  3^fwiten  burd^  bie  93anbe  ber  2)antbarleit  fic^  an  bad  Daterlänbifc^e 
3nterefle  be^  ©taateö  feffeln  lafjcn,  jeigt  toamenb  iE;r  SSer^alten  gegen  ba^  £anb,  ba^ 
bem  vertretenen  Crben  attein  eine  gefid^ertc  3wfluc^t^ftätte  eröffnet  patte.  3"  SRufelanb 
toar  aQed  für  fte  gefc^e^en:  i^r  ftoQeg  gu  ^olo^i  toax  tro(  bed  2Biberf))rud^d  bed  Jtultud* 
minifterg,  gürften  Don  ©alij^in,  1812  Don  Äaifer  Sllejanber  jum  SRang  einer  UniDerjität  55 
crijfoben  unb  berfelben  alle  3^fwitenfd^ulen  untergcorbnet  iDorben,  fo  bafe  biefe  nur  inbtreft 
unter  berSlufftd^t  be^©taatetS  ftanben  unb  fi4>  in  DoHf ommener  5vreil(^eit  entfalten  lonnten. 
äluf  bie  ©unft  be^  Äaifer«;  Dertrauenb,  bie  i^ncn  in  fo  au^jeic^nenber  SBeife  ju  teil 
tourbe,  enttoicfelten  fie  nun  ungejd^eut  i^r  ränleDolle^,  toü(;lerifc|^e^  treiben.  ©<^on  früher 
l^otten  fte  3ubentinber  förmlich  geraubt,  um   fte  in  bem  römifc^en  ©lauben  ju  ergiei^^en ;  tio 


776  dfefniteiiorbeii 

au6)  bic  ^roteftantcn  l^atlcii  il^rm  ungcmcffcncn  Scfcl^rung^fcr  crfaf^rc«.  3c§t  richteten 
fic  bcnfclbcn  unDerl^oIcn  auf  bic  gricd^tfd^e  Ätrdi^e,  ftc  t>crlodten  t^rc  Söölinge  gum  Ucb«* 
tritt  unb  baf)nUn  \\d)  burd^  bic  ©ölj^nc  bcn  3w0ö«Ö  li^  Überrcbuitö  bcr  9Rütter.  3Jop 
ncl^mKc^  aber  bcIänH)ftcn  fic  mit  Icibcnfd^ftlidjem  §affe  bic  bon  SUcjanber  mit  gnagie 

6  unb  Siebe  geförbcrte  SibclgefcIUc^aft.  äte  fic  iebodfi  im  3)cjember  1814  ftygar  bcn  Steffen 
bc^  ^ultu^minifter^,  bcn  jungen  ^rften  9(Ie£anbcr  ©aUgin,  in  il^e  92e^e  jagen  unb  }um 
römifd^cn  ®Iauben  Derleitetcn,  brangen  bic  SSorftcIlungen  bcr  Scfonnenl^  beim  5taifer 
burdj^:  am  1.  S^nuar  1816  tourben  fie  au«  $ctcröburg  unb  9Ko«tau  berbannt  unb  i^ 
Kollegien  gefd^Ioffen,  unb  al«  pc  burd^  biefen  ©djilag  nid^t   entmutigt,  fonbem   nur   ge= 

10  rcijt,  i^rc  fedte  5|JrofcI^tcnmadf>erei  nun  aud^  auf  ba«  faiferlic^e  §ecr  au^bc^nten  unb  gegen 

bic   ruffifd^e  iDiRcnfc^aftlid^c  SJliffion  in  ß^ina  intriguierten,   fo  t>erfügtc   ein    Ufaö   am 

25.  3Wärj  1820  il^rc  3Serbannung   auf  ctoige  ^^tcn   au«  bem  gangen  3^^^^*^  C^^- 

Suttcrotl^,  Slufelanb  u.  bieSefuiten  b.  1772—1820,  überfc^t  Don  »ird^,  ©tuttgart  1846). 

®ur(^  bcn  am  5.  gebruar  1820   in  $oIo|f  erfolgten  2:ob  be«  ©cnerate  2^bbäu« 

ib^xpiottm},  ben  bcr  ^ap\t  t>ergcbUd^  nac^  SRom  berief,  tocU  i^m  bic  rujfifc^e  Slegierung 
bcn  $afe  ueriagtc,  l^attc  bcr  Drbcn  fein  ^avCipt  in  SRu^lanb  Verloren,  (grft  nad^  mand^^ei 
Slänlcn,  bic  fi^  in  9lom  freugten  unb  jum  ^cil  im  Drbcn  felbft  il^en  Urfjjrung  ^tten, 
tonnte  bic  jur  ®a^I  eine«  ©cncrate  nottoenbige  Ocncralf ongregation  jujammentreten.  Sie 
er^ob  am  18.  DItober  1820  ben  72  jährigen  ^ßater  Suigi  ^orti«  ju  biefer  SBürbe;  gum 

aocrftenmal  nac^  47  ^al}xm  fd^Iug  toieber  ein  §auj)t  bcr  ©cfcllfd^ft  feinen  §errfc^s 
fife  in  Slom  auf.  3*^^^  W^  ^i"  brol^cnbc«  Ungctoittcr  über  i^r  aufgujic^,  aU  nad^ 
5Pmg  VII.  Slblcbcn  (20.  äuguft  1823)  bcr  Rarbinal  bella  ®enga  unter  bem  9lamcn 
2eo  XII.  (28.  ©e})tcmber)  bic  breifad^c  Ärone  em})fing ;  allein  bcr  neue  5PcH)ft  begünfügte 
ftc  nun  cbenfo  entfc^ieben,  al«  er  fic  Dörfer  befeinbet  ^atte.     6r  übergab  i^r  fd^on  1824 

26  ba«  Äottegium  Slomanum  mit  mehreren  anbem  2lnftalten  unb  legte  bamit  bic  ©rgici^ung 
be«  Älcru«  in  i^c  §anb;  eine  Slcil^c  anberer  ©unftbcjcugungcn  folgte  nat^.  2(uc^  fein 
9lad^f olger-  belDal^c  il^nen  biefe  §ulb.  3Cte  na^  fiuigi  gorti«  lobe  (am  27.  ganuar 
1829)  ^ojjft  $iu«  VIII.  ben  römifd^en  Stu^I  befticg  (31.  9Jlärj),  berfügte  er  um)erjügs 
lid^  bic  Berufung  bcr  ©enerallongrcgation,  bic  am  9.  ^uK  bcn  bclgifc^en  $ater  ^oj^nn 

80  Stootl^aan,  einen  9Jlann  tjon  cbenfo  burd^bringcnbcm  ©df>arfblidt  al«  uncrfc^üttcrlic^em 
ßl^araftcr,  bcr  erft  44  ^afyc^  jäf^ltc,  gum  ©cncral  crtoä^Itc.  9Son  jc^t  an  trat  ber  ein« 
flu^  bc«  gnftitut«  auf  bic  Äuric  unbcriennbarer  ^crt)or  unb  überflügelte  toeit  alle  anberen 
(ginlüirfungen.  3)er  ^cfuitenorben  ift  unter  Sloot^aan  immer  inniger  mit  ben  Senbenjen 
bcr  römifc^en  §icrard^ic  tjcrtoad^fcn   unb   inöbefonbere  bic  Icitenbc  Äraft  bcr  rcftouratiljcn 

35$olitif  getüorben,  hjcld^c  in  unferen  lagen  in  bcn  )3aritätif^en  Staaten  bic  öffentlich 
Su^c  unb  ben  lonfcfftoncHcn  J^ricben  crfcpüttcrt,  in  bcn  fat^olifc^cn  aber  mit  lö^mcnbcm 
3)ru(f  ba«  gciftige  2cbcn  niebergu^altcn  unb  bic  Äird^c  au^cr^alb  ber  £anbe«gefe|gebung 
ju  ftcllen  bemül^t  ift.  ©rcgorXVI.  übergab  bcn  ^cfuitcn  am  2.  Dftober  1836  bic  au^ 
fc^lieyi(^c  Scitung  bc«  berühmten  ÄoDcg«  ber  ^ro})aganba  unb  bezeugte  i^nen  feine  SSer* 

40  cl^rung  baburd^,  ba§  er  1839—1844  bic  3^^'  ^^^^  .^eiligen  no^  burc^  brei  neue  ber* 
mehrte,  nänilxd)  jjranje«cb  bc  ©cronimo,  ^ignatcUi  (J.  oben)  unb  ^eter  Eanifiu«.  ^ud} 
bic  $cUigf})rcd^ung  bc«  Sllfon«  bc  Siguori  (27.  9Jlai  1839)  toax  eine  Dt>ation,  toelc^e 
biefer  ^ojjft  feinen  jefuitifc^cnSicblingcn  bereitet  ^at.  9Jid^t  geringere  SJorKcbc  bezeugte  i^ncn 
$iu«  IX.     3m  Sa^rc   1853   \^at   er  jtoci  5Kärt^rcr  bcr  ©cfcüfd^aft  ^cfu,    goi^anne« 

46  bc  33ritto  unb  2lnbrca«  Sobola,  fclig  gcf})rod^cn.  ^n  bcr  Äommiffion,  iDcld^c  ba«  ^ogma 
bon  ber  unbcflcdftcn  ßm^^fängni«  SJlariä  borberiet,  befanben  fid^  namentlich  bic  ^^cfuiten 
^crrone  unb  ^affaglia,  bcibc  5|[Jrofefforcn  am  römifd^cn  Äottcg.  911«  in  Stom  am  8.  ?Kai 
1853  5Root^aan  gcftorbcn  toar,  toä^Itc  bic  ©encralfongrcgation  imguli  bcn  ^ProDingial  t)on 
£ftcrrcid(^,  $cter  Scdtj  (bclgifd^cr  2lbfunft),  gu  feinem  9lac^foIgcr.    SN  pw^  feitbem  noc^ 

60  bcr  Sd^tocijcr  3lnton  3JJaria  SKnbcrlcb^  (1887 — 92)  unb  bcr  gegenwärtig  an  ber  ©^i^e 
be«  Crbcn«  ftel^cnbe  ©})anier  2ui«  SKartin  (tjon  1892—99  in  ^efolc,  feit  bem  legten 
Sa^rc  in  9lom  rcfibiercnb)  gefolgt. 

3in  ©})anicn  erlagen  jtoar  bic  S^fwitcn  bem  erneuten  2luf^ebung«bcfrete,  toeldj^e«  bie 
Gürte«  über  ftc  am   14.  3luguft  1820   t>crl^ängtcn,   allein   fobalb  ^If^tbinanb  VII.  burd^ 

66  franjöftjc^c  SBaffen  toieber  in  ben  unbcfd^ränftcn  33cft^  ber  föniglic^cn  ©chjalt  gelommen 
tüar,  rcl^abtliticrtc  er  (1824)  feine  ©ünftlingc.  gn  bem  Sürgcrfriegc,  ber  nad^  Jerbinanb« 
lob  (29.  ©e})tcmbcr  1833)  au«brad^,  trat  ber  Drbcn  auf  ©cite  bc«  tjon  i^m  erlogenen 
Infanten  ®on  Sarlo«;  bafür  ftürmte  am  17.  3uli  1835  ba«  93olf  ba«  fioaegium  ju 
3Jlabrib  unb  übte  an  ben  ^^fuiten  blutige  -Kad^e.    9(m  4.  3uli  1834    Verbannte   fie  bic 

GoSlegcntin  SJlaria  ß^riftina  auf«  neue  au«  Bpankn,   aber   erft   1839  toic^en   ftc  au«  ben 


^fttttenorbeit  777 

nörblid^en  5Prot)tnjcn  unb  im  übrigen  ©paniai  fd;Iic|^cn  ftc  fi^  balb  lüicbcr  ein.  — 
^Portugal  tourbc  i^nen  crfl  am  10.  3wK  1829  butd;  3!)on  SDiiguel  toicber  eröffnet,  aber 
au^  am  24.  SKai  1834  burc^  ben  fiegreic^en  2)on  5ßebro  auf«  neue  toerfc^Ioffen,  jum 
Seil  mit  einer  §ärte,  toie  fie  nur  im  ^a^re  1759  geübt  toorben  hjar.  1844  jog  bie 
aSBittoe  9Jaj)oleong  pe  nad^  $arma.  —  3«  Öfterreid;  fanben  1820  junäc^ft  nur  i^re  na^en  5 
®eifte«berh)anbten,  bie  9lebem)3toriften,  förmliche  unb  öffentliche  äufnal^me  (f.  b.  31.  „fii* 
guorianer").  Sl6er  aud^  bie  S^fwtten  erlangten  1838  bie  t^ereftanifc^e  SRitterafabemie  unb 
ba«  ©^mnafium  ju  gnn^rurf.  Obgleich  fie  in  ber  festeren  ©tabt  1844  ein  großartige« 
Äonbift  errid^teten,  blieben  fie  bennoc^  in  2:^rol  un()o^ulär.  211«  ba^er  ber  gelehrte  unb 
freifmnigc  Senebiftiner  ^JJater  Sllbert  3^9^^  ^^^  SWarienberg  in  ben  2?orträgen,  bie  er  lo 
im  SBinter  1843—44  ju  3»^«^^^«*  über  I^roler  £anbe«gefc^ic^tc  ^ielt,  na^hjie«,  toeld^e 
tiefe  SQSunbe  bie  SBirffamfeit  be«  Drben«  ber  Steligiofität  unb  bem  SBo^lftanbe  be«  Sanbe« 
in  bem3ritraume  Don  1567—1767  gefd(^lagen  ^atte,  erntete  er  Don  allen  ©eiten  raufd^em 
ben  Seifall.  3)ennoc^  tourbe  laum  anbert^alb  ga^rje^nte  f})äter  ba«  ganje  ^ö^ere  ©c|uls 
loejen  be«  ganbe«  i^nen  ausgeliefert  (|.  unten).  —  2luc^  in  $ßreufeen  Derfuc^ten  bie  ^e^  i6 
fuiten  feit  bem  Anfange  ber  jtoanjiger  ^a\^xc  ftd^  hjieber  einen  3Birfung«frei«  ju  öffnen. 
3)ie  5Rl^einj)roDinj\  Derfjjrac^  il^nen  um  i^rer  tat^olifd^en  SeDölferung  toillen  ein  auSge^ 
be^nte«  3lrbeit«felb.  9Jamentlic^  tourbe  bie  3^^^  ^^^  jungen  Preußen,  toeld^e  i^re  t^eo« 
logifd^e  83ilbung  in  bem  beutfc^en  Äolleg  ju  Slom  fud^ten,  fo  bebeutenb,  baß  ^ebric^ 
SBil^elm  III.  burc^  Äabinet«orbre  Dom  13.  3iwli  1827  aüm  feinen  Untert^anen  ben  20 
Sefudf>  au«tDärtiger  S^fwit^önftalten  unterfagte.  —  Xmd}  ben  S^fuiten  Stonfm  bearbeitet 
trat  am  24.  Dftober  1825  ^er^og  ^ebrid^  ^rerbinanb  Don  än^alt-Äöt^en  mit  feiner 
©cma^lin  ju  5Pari«  jur  tat^olifd^en  Ätrc^e  über  unb  getoä^rte  xi)mn  in  feiner  Stefibenj 
eine  5&liffion,  bie  fie  jur  äufreijung  gegen  bie  })roteftantif^en  £anbe«beh)ol^ner  miß^ 
brauchten,  bi«  burc^  ba«  im  3ia^re  1847  erfolgte  ©rlöfc^en  be«  ^erjoglic^en  .§aufe«  ba«  25 
Sänbdjw  an  ©effau  unb  93emburg  fiel  unb  ba«  ga^r  1848  bie  ^^fuiten  Dertrieb. 

3n  feinem  europäifd^en  Sanbe  übte  ber  toieber  erftanbene  Drben  eine  unbeftrittenere 
^errf^ft  unb  9Jlad^tentfaltung,  al«  in  Belgien.  9lacb  ber  (grric^tuna  be«  Äönigreid^ 
ber  Dereinigten  9Jieberlanbe  grünbeten  bie  S^fuiten  ein  SJoDijiat  bei  2)i|telberg.  211«  aber, 
auf  fie  geftü|t  unb  burd^  fie  angeregt,  ber  belgifc^e  6piffo|)at  gegen  bie  nieberlänbifdj^e  30 
aSerfaffung  oJ)erierte  unb  fie  ju  befd^h)ören  fid^  toeigerte,  toeil  bie  ©leic^bered^tigung  ber 
Ronfeffionen  barin  garantiert  unb  ba«  Unterric^t«toefen  unter  bie  Übertoad^ung  bc« 
Staate«  geftettt  toar,  fo  befahl  ber  König  ba«  ^loDijiat  ju  fd^ließen.  35a  bie  S^fuiten 
nur  ber  SOaiaffengetualt  h)ei^en  ju  tootten  erflärten  unb  in  bem  Sifd^of  Don  ©ent, 
9Kaurice  be  Sroglie ,  einen  eifrigen  Sefd^üfeer  fanben,  ber  i^nen  fogar  feinen  5Palaft  jur  86 
3?erfügung  fteUte,  fo  mußten  fie  1816  mit  i^rem  ^o^en  ®önner  nac^  granfreic^  au«- 
hHinbern.  3)ie  belgifc^e  SleDolution,  burc^  eine  Koalition  ber  ultramontanen  mit  ber 
liberalen  Partei  herbeigeführt,  öffnete  ben  S^wi^en  h)ieber  ba«  2anb;  bie  Derfaffung«^ 
mäßig  feftgeftellte  ^reil;eit  be«  Unterrid^t«  geftattete  il^nen  unbefc^ränlte  i^ötigfeit.  Sinnen 
iDeniger  ^^^re  errid^teten  fie  faft  in  allen  großen  ©täbten  il^rc  Kollegien  nebft  ^ßenfio-  40 
naten  für  bie  ©ö^ne  ber  bemittelten  ©tänbe  unb  erfreuten  fic^  balb  eine«  ja^lreic^en 
S3efuc^e«.  SBä^renb  bie  übrigen  Drben  fic^  fämtlid^  ber  bifc^öfUd^en  2luffid^t  unterorbneten, 
gelang  e«  ben  ^jefuitcn,  fid^  unabhängig  ju  erhalten,  '^a  fie  traten  nic^t  bloß  gegen  bie 
®taat«le^ranftalten  unb  gegen  bie  burd^  bie  Sibcralen  gegrünbete  UniDerfität  ju  Srüffel, 
fonbem  auc^  gegen  bie  Don  bem  G^jiffopat  gu  Sömen  geftiftete  ftreng  fat^oltfd^e  §oc^s  45 
fd^ule  in  eine  förmlid^e  Cjjjjofition  unb  fud(^ten  beren  3luffommen  ju  ^inbem,  ma«  im 
Sa^re  1846  bie  belgifd^en  Sifc^öfe  Dcrmocf^te,  fid^  befd(^h)erenb  an  ©regor  XVI.  ju  Joenben 
(f.  über^auj)t  9JiJ)Jjolb,  ©efc^.  b.  Katl^cm«.  2c.,  399  ff.). 

Dbgleid^  in  ^rantreic^  2ubh)ig  XVIII.  atte  Sßerh)enbungen  für  bie  gefc^lid^e  Stefti^ 
tution  be«  Drben«  junäc^ft  ablehnte,  fo  leiftete  er  i^m  bo^  baburc^  Sorfc^ub,  baß  er  50 
burc^  Drbonnanj  Dom  5.  Dttober  1814  bie  lleinen  ©eminare  ber  ÜberiDad^ung  ber  Üni=: 
Derfität  entjog  unb  ben  Sifc^öfen  bie  freie  Sel^rerma^l  überließ,  unb  baß  er  burc^  SSefel^l 
Dom  25.  ©eptember  1816  bie  3lb^altung  ber  bi«  bal;in  Derbotenen  3Riffionen  h)ieber  er^ 
laubte.  S5alb  l;attcn  bie  ^«fuiten  in  mel^reren  ber  toic^tigften  ©täbte  ■Jlieberlaffungen  ge- 
grünbet,  in«bcfonbere  gch)annen  t^re  Kollegien  ju  ©t.  2ld^eul  unb  ju  3)iontrouge  balb  al«  66 
§au})tlager  unb  3^^eretnigung«jjunfte  für  bie  Don  i^nen  geleitete  ^-Jiartci  eine  })olitifd(^=fird(^' 
Itc^e  Scbeutung.  ©leic^jeitig  burd^^ogen  fic  miffionierenb  bie  ^roDinjen  unb  bearbeiteten 
ba«  3}oll  für  ibre  reftauratiDen  ßmede.  ^n  ben  lleinen  ©eminaren,  beren  ^a^  bie 
©ifd^öfe  noc^  beträd^tlid^  Dermel;rten,  bemäcl^tigten  fie  fid^  ber  Seitung  be«  ©^mnafial« 
Unterricht«  unb  toirlten  für  .^eranbilbung  eine«  i^nen  ergebenen  Kleru«.    1822  grünbeten  00 


778  ;^fittteitorbcit 

fic  m  £i;on  eine  tjom  ^ßa^ftc  mit  reichen  ^pribilcflicn  unb  Slbläffc«  auj^cflalletc  ©cfcD- 
jd^aft  jur  SSerbrettung  ber  römi{d^en  jtirc^c,  in  h)elc^cr  i^nen  balb  Diele  fiaiett  bienftboi 
lüurben  unb  burd^  gntric^tung  eine«  toöd^entlid^en  Seitrag«  öon  einem  ©ou  i^en  be^ 
beutenbc  ©ummen   jur  SJerfügung   ftettten.    1850   l^atte   fie    eine  reaelmäfeigc   3a^re«* 

5  einnoi^me  tjon  5  3Riuionen  ^ranfen.  Unter  Äorl  X.  ftieg  ber  jefuttifc^e  ©tnfiufe  fo,  bofe 
Jelbft  ein  alter  Sto^alift  unb  frommer  Äat^olil,  ber  ®raf  Don  5KontIofier,  i^ren  Unfug 
in  ©c^riften  befämi)fte  unb  1826  eine  änHage  gegen  fie  unb  i^re  gefe^lDibrige  ©jiftenj  in 
^anlreid^  bei  ber  ^air«fammer  einreichte.  3)ie  iDad^fenbe  Unjufrieben^eit,  bie  fu^  fogor 
in  ftürmifd^en  Sluftritten   lunbgab,   nötigte  ben  Äönig   am   5.  ^^nuar  1828,    ba«  Wi^ 

10  nifterium  SJiCtele  ju  entlajfen  unb  burd^  ba«  gemäßigt  liberale  5Kintfterium  9Jlartignac  §u 
erfe^en.  3)urdf>  bie  Drbonnanj  Dom  16.  ^uni  1828  tourben  ac^t  ber  bebeutenbften  Heinen 
©eminare,  h)eil  fie  bie  gefe^Iic^  erlaubte  3^^!  bon  ©djiülem  überfc^ritten  Rotten  unb  öon 
einer  ijerbotenen  Kongregation  geleitet  iDürben,  unter  bie  älufjui^t  ber  UniDerfität  gcfteUt 
unb  olle  Seigrer  für  anftellung^unfäl^ig  erllärt,  bie  nic^t  burc^  SWeDer«  bie  Sürgfc^ft  geben 

15  JDürben,  bafe  fie  einer  folc^en  Äongregation  nid^t  angehörten.  6ine  jtoeite  Drbonnanj  be^ 
fc^ränfte  bie  ß^i^I  ber  S^öK^Ö^  fämtlic^er  Heinen  Seminare  auf  20000.  2)cr  ©türm 
ber  ^uR^^^oIution  Dertoe^te  bie  S^fuiten  au«  granlreid^,  too  i^re  ^ai)l  auf  436  Olicber 
geftiegen  h)ar;  ba«  ^aui  i^rer  5Kiffionare  in  $ari«,  i^re  ÄoDegien  ju  ©t.  äld^eul  unb 
SJlontrouge  tourben  Dom  toütenben  SSoße  bemoliert,  bie  Drbonnanjen  Dom  14.  ^nn\  1828 

20  traten  h)ieber  in  Äraft.  Serfud^e  einiger  Drben«glieber,  in  ^anfreid^  toieber  einjufc^Ieic^, 
hjurben  mit  ®efängni«ftrafe  gea^nbet.  SlUein  burc^  ben  ßinflufe  feiner  ber  ®ejeBf(^ft 
geneigten  ®ema^Iin  unb  befonber«  burc^  ben  SBunfc^,  ben  legitimiftifc^  geftnnten  (^iflot>at 


für  ftd^  m  getoinnen,  n^urbe  ber  SSürgerfönig  Soui«  $^ili))))  jur  92ac9fi4^t  beftimmt.  ^m 
©tiHen  feierten  bie  S^fuiten  jurüdt  unb  fanben  3)ulbung;   fd^on  1838  tonnte  ber  33if^f 

25  Don  Glermont  e«  hjagen,  bem  ®rafen  Don  SKontlofter  ba«  firc^Iic^e  Segräbni«  }u  Der^ 
lueigern.  ^n  bemfelben  ^a\)x^  eröffneten  bie  ^efuiten  toieber  i^re  üRijfion«))rebigten  gu 
Sl^eim«,  freiließ  nur  mit  ber  nid^t  beabpd^tigten  SBirtung,  ba^  ba«  Soll  fic^  jufommen= 
rottete,  fie  Derjagte  unb  Äird^e  unb  ^farr^au«  Dertoüftete.  Um  fo  glänjenber  toar  ber 
(Srfolg,  ben   ber   ^efuite  SaDier  be  JRaDignan    al«  Äanjelrebner  in  ^ßari«   burc^   feine 

30  glänjenbcn  unb  i^inrei^enben  5ßrebigten  errang :  tro^  be«  gegen  bie  ®ejeD[fc^aft  bcfie^enboi 
2)cfrete«  l^ielt  ein«  i^er  ©lieber  bie  ganje  §au^tftabt  in  Setoegung.  Äl«  feit  1842  ber 
6})iffo})at  unter  Berufung  auf  bie  grunbgefe^lic^  garantierte  Unterric^t«frei^eit  bie  Sc^ 
freiung  ber  nieberen  9ilbung«anftalten  Don  ber  auffielt  ber  UniDerfität  Derlangte,  um 
biefelben  ben  Derbotenen  Äorjjorationen,  namentlich  ben  ^l^fwiten  ju  übergeben,  fc^o|  eine 

36  ^lut  Don  ©treitfc^riften  auf ;  für  bie  UniDerfität  ler^oben  fid(^  bie  5Profef|oren  SDlic^let 
unb  Quinet,  für  ben  Crben  bie  PP.  SRaDignan  unb  ßa^our.  aber  trofe  bc«  gefc^idten 
5piaibo^er«  ber  beiben  le^teren  fc^lug  ßugen  ©ue  ber  ®efellfd^aft  mit  feinem  „©toigen 
Suben"  in  ber  öffentlichen  SJleinung  eine  töttic^e  SBunbe.  3Jlan  erful^r  gugleic^  Don  SloDig* 
nan,  bafe  in^anfreid^  toieber  206  i^r  ange^örige  $riefter  lebten,  eine  angäbe,  bie  frei^ 

40  lic^  fel^r  ber  Serid^tigung  beburfte,  ba  SaDignan  nur  bie  Drben«})roDinj  ^anlreid^  im  Sluge 
l}aiit  unb  e«  Derfd^toieg,  bafe  bie  anbere  ^ßroDinj  fi^on  gleid^fall«  mit  202  Crben«|)rieftern 
beglüdft  toar.  3)urd^  ben  ?Projefe  il^re«  Äajficrer«  2lffnaer,  ben  bie  S^fw*^^  unOuger 
SBeife  im  äjjril  1845  jur  öffentlid^en  Ser^anblung  fommen  liefen,  toar  ber  Setoei«  fcffe 
geftettt,  bafe  bie  gefe^lic^  Derj)önte  Societät  in  fefter  Drganifation  in  ^anfreic^  jum  ^o^ne 

46  ber  ©taat«gefe|e  beftel^e.  ^a  gleid^jeittg  eine  Slique  eifriger  Jtat^olifen  bie  $air«Iammer 
an  i^re  ^ßflic^t  erinnerte,  ba^in  ju  toirlen,  bafe  Duinet  unb  3Kic^elet  Dom  Äat^cber  ent^ 
fernt  toürben,  befd^lofe  bie  3)e})utirtentammer  auf  bie  ^nterjjellationen  be«  ebemaligen 
iWinifter«  I^ier«  am  2. 3Kai  1845,  bie  ^Regierung  jum  SotUuge  ber  gegen  ben  Drben  bcfteben- 
ben  ®efe^e  aufjuf orbern.  3)a«  3Kinifterium  fd(^lug  einen  SKittellüeg  ein :  e«  trat  burc^  ben 

50  franjöfifc^en  Sotfd^after  Sloffi  in  Unter^anblungen  mit. ber  Äurie.  9lac^  einer  mit  ^ater  Sioo* 

t^aan  gefc^loffenen  Übereinfunft  rief  biefer  feine  ®enoffen  au«  ^anfreid^  ab  unb  bie  SRegierung 

löfte  bie  §aui)tbe})ot«  be«  Drben«  ju  5Pari«,  S^on,  2lDignon  unb  ©t.  9ldf>eul  auf.    2)oc(^ 

follte  auc^  biefer  SJieberlage  balb  genug  ein  neuer  ©ieg  ber  jefuitifd^en  ©ad^e  folgen  (f.  u.). 

3n  ber  ©d^toeig   Wax  e«   ber  ®efetlfc^aft  ^c\n  gelungen,   i^re   alten  Äouegicn   gu 

55  ©itten  unb  Srig  h)ieber  einzunehmen.  2lm  19.  ©ej)tember  1818  befc^loj  anö^  ber 
grofie  SHat  ju  ^^eiburg,  tro^  ber  befonnenen  SBamung  be«  Sororte«  Sem,  bie  Üdyt-- 
anftalten  be«  Hanton«  mit  einem  ^onb  Don  einer  3JJillion  ©c^toeijerfranlen  ben  ^efuiten 
ju  Überreifen;  toeitere  ©ummen  tourben  bem  SolI«marfe  au«ge()re^,  um  i^  ÄoU 
Icgium  unD  'tJJenfionat   mit  me^r  al«  Derfc^toenberifd^er  ^rac^t  m  bauen.    SU«  jur  ^eit 

60  ber  gulircDolution  in  mel(^reren  fiantonen  bie  Serfaffung  in  bemolratifc^em  Seifte  reDtbiext 


deftttteit^rbcn  779 

unb  umgearbeitet  tuurbe,  organiftcrte  btc  u(tramontanc  ^^artei,  Don  ben  ^cfuiteu  );us 
fammenge^ten  unb  geleitet,  gegen  bie  neuen  9legierungen  einen  cntfd^loffenen  SBiber« 
ftanb.  ®er  J)äj)ftlic^e  SJuntiu«  felbft  verlegte  feinen  ©ift  \>on  ^reiburg  na^  ®^>^%  beffen 
gut  fati^oUjdpe  Seööllerung  ben  ^cfutten  1836  ein  ÄoIIegium  unb  unmittelbar  barauf 
ein  5|Jenftonat  unb  eine  ©elunbärfc^ule  grünbete;  ja  fie  lieft  e^  fic^  nic^t  nehmen,  burc^  6 
gro^norbeit  ben  Sau  biefer  ©äujer  ju  förbem.  SKand^e  95orgänge  förberten  bie  SJlafes 
regeln  ber  SReattion.  3)ie  Berufung  be«  Dr.  ©trau§  auf  ben  ti^eologifd^en  Se^tu^I 
nad^  3ünc^  unb  bie  9(uf^ebung  ber  aargauifd^en  Alöfter  tpurben  mit  @rfolg  au^ebeutet, 
um  ben  SSerbac^t  im  S[}oRe  ju  ertoedten,  atö  ge^e  man  tjon  feiten  ber  liberalen  SRegie^ 
rungen  barauf  au^,  bie  Äircpe  ju  ;ierftören ;  ben  jefuitifc^en  SBül^Iereien  öffnete  fic^  ein  lo 
iDciter  ©)3ielraum  unb  bie  ßreigniffe  brängten  fid^  mit  8Ii^e«eile.  ^m  3)Jai  1841  tourbc 
in  fiujern  bie  3Serfaffung  im  ultramontanen  ©inne  geänbert;  e«  bilbete  fid^  ber  5pian 
cine^  Sunbed  mit  bem  3*^^^^^  ^i^  lat^olifd^en  Äantone  unb  fianbe^teile  bon  ber  refor^ 
mierten  ©(^toeij;  abjulöfen  unb  al^  einen  felbftftänbigen  ©taatent>erein  i^r  gegenüber  ju 
fteßen.  fiujem  trat  mit  3"9  ww^  ^eiburgju  engerer  Sinigung  jufammen;  tjon  Sujem  i5 
Ipurbe  ber  ^nte  ber  g^ietrad^t  in  ba^  Sfealli^  geioorfen,  unb  mit  jefuitifc^em  ®elbe 
unterftü^t  (ber  S^oner  3Kiffionet)erein  beteiligte  fic^  an  bem  Untemel^men  mit  einer 
©umme  Don  98000  ^.),  überfielen  bie  ultramontanen  Dbertoattifer  bie  liberalen  Se« 
iDol^ner  be^  UnterhKÜlt^  im  9Jlai  1844  unb  bereiteten  il^nen  am  3:rient  eine  blutige 
9lieberlage ;  bie  Unterbrüdfung  ber  beftegten  "ilJartei  unb  ber  Slnfd^lufe  be^  Äanton«  an  bie  20 
einigung  \t>ax  bie  näc^fte  §olge.  Sergeben^  fteHte  ber  ©taat  äarau  auf  ber  Xage^ 
fa|ung  ben  Slntrag,  ben  Url^eber  aller  biefer  ÜJlac^inationen,  ben  Qj^fwitenorben,  Don 
Sunbed  toegen  au«  ber  ©df>h)eij  ju  Dertoeifen ;  ber  2lntrag  nur  Don  Safetlanb  unterftti^t, 
fiel  am  19.  äuguft  1844,  unb  Sujern  beantwortete  i^n  bur^  ben  fc^on  im  ©ejjtcmber 
gefa^en  Sefc^lufe,  bie  3i^"itcn  jur  Übernahme  ber  t^eologifc^en  fiel^ranftalt  unb  be«  25 
^riefterfeminar«  ju  berufen.  3)ie  tiefe  Erbitterung,  toelc^e  biefe  ßreigniffe  unb  befonber^^ 
bie  futftere  unb  brüdenbe  ©d^redfen^^errfd^ft  in  Sujcm  ^erDorriefen,  fanb  i^ren  Stu^brud 
in  tabeln^toerten  Unternehmungen  ber  ©elbft^ilfe:  ba  bie  ^gfa|ung  i^re  Dermittelnbc 
©teßung  nic^t  aufgab,  fo  organifterte  [\d)  mm  ©turje  beö  Der|afeten  Slegiment«  ein 
^etf4;>arengug,  ber  am  31.  ÜJlärj  unb  1.  Wfim  1845  Dor  fiujem  rüdfte,  aber  bort  blutig  30 
aufgerieben  tourbe.  3)urd^  biefen  6rf olg  ermutigt,  fd^loffen  bie  fieben  latl^olifc^en  Äantone 
Sujem,  ^eiburg,  3^0/  ^^^%  Uri,  Untertoalben  unb  SBaHi«  1846  einen  engen  33unb,jiu- 
näd^ft  um  [xd)  gegen  ^reifc^arenangriffe  fw^er  ju  ftetten.  Site  aber  aud)  in  ®enf  im  DI» 
tober  1846  bie  rabifale  Partei  bie  Oberl^anb  gewonnen  ^atte,  erflärte  bie  3iigfa$ung 
im  3wli  1847  ben  ©onberbunb  für  ungefe^lid^,  forberte  beffen  2luflöfung  unb  befc^lo^  am  35 
3.  ©e)3tember  bie  !Äu«h)etfung  ber  ^^uiten.  3)er  SBJiberftanb,  ben  bie  latl^olifd^en  Äan» 
tone  biefen  Sefd^lüffen  entgegenfe^ten,  l^atte  am  4.  9?oDember  ba«  Slufgebot  be«  eib« 
genöffiteen  ^eere«  jur  tjollg^.  3werft  erlag  ^eiburg;  am  23.  SloDembcr  cntfc^ieb  ber 
©ieg  bei  ®i«liIon  aud^  über  Sujem  unb  bie  anbem.  2)ie  ultramontanen  Stegierungen 
fielen;  bie^efuiten  toarcn  bereit«  mit  i^rer  beweglichen  §abe  geflogen.  3^^  übrige«  äJer*  40 
mögen  tourbe  ber  ©taatefaffe  übertoiefen  (f.  bie  oben  angef.  Sit.,  befonber«  einerfeit« 
^ergenröt^,  anbererfeit«  93luntf(^li  unb  9?i(ipolb). 

3:ro|  biefer  5lieberlagen  na^m  bie  SJirffamleit  e«  Drben«  feit  1848  einen  neuen 
Sluffd^lüung.  3)ie  liberalen  })olitifd&en  Setoegungen,  h)elc^e  bie  franjöftfd^e  J^bruar» 
rcDolution  in  Dielen  ©taaten  (SuroJ)a«  nad^  fic^  jog,  toarcn  jum  S^eil  aud^  auf  bie  46 
2)rcimung  Don  Äird^e  unb  ©taat  gerid^tet:  bie  Äurie  hjufete  biefe  ^orberung  in  i^rem 
3ntereffe  ju  benüfeen.  ©eit  feiner  SRücffe^r  Don  ©aeta  am  12.  3lpxü  1850  toarf  ber 
längftregierenbe  aUer  $ä})fte,  $iu«  IX.  (1846—1878)  ben  ^efuiten  (bie  am  28.  ÜJlärj 
1848  bem  SJolfötoiUen  Ratten  h)eid^en  unb  SRom  Derlaffen  muffen)  fic^  rüdtl^altlo«  in  bie 
arme  unb  Dertaufc^te,  Don  i^nen  Döllig  bel^errfc^t,  feine  früheren  )3atriotif4en  Slnloanb-  00 
Jungen  mit  ben  ftrengften  reaftionären  Seftrebungen.  2)a«  SBirfen  be«  Drben«  fällt  Don 
biefer  3^^  an  mit  bem  be«  ^ajjfte«  unb  be«  Ultramontani«mu«  fo  Döllig  jufammen,  ba§ 
i^re  ®efc^id^te  eine  gemeinfame  ift.  SBie  h)ir  toiffen,  toaren  bie  2e^ren  Don  bem  gött» 
liefen  Urfjjrunge  ber  römifc^en  Äirc^e  unb  bem  hjeltlid^en  be«  ©taate«,  Don  ber  barauf 
ru^enben  Dmni})otenj  bc«  römifc^en  ©tul^le«,  Don  ber  9?erberblic^fett  ber  nid^t  Don  ber  b^ 
Äirc^e  geleiteten  SMiffenfc^aft  unb  S3ilbung,  Don  ber  Unfe^lbarfeit  be«  ^aj)fte«,  Don  ber 
unbefledten  gmjjfängnt«  ber  SKaria,  bi«  ba^in  nur  al«  fromme  3Keinungen  beurteilt, 
3)oftrinen  be«  Drben«  Don  Slnfang  an  gemefcn.  ^^re  bogmatifc^  ^ftftellung  unb 
2)ur(^fül^rung  bilbete  ba«  Programm  ber  ^olitif,  ipeld^e  nun  ^IJiu«  IX.  bi«  jum  ^al^re 
1870  unau«gefe^t  befolgte.  3)fe  mit  i^m  nad^  9tom  jurüdtgefel^rten  3^uiten  leiteten  jeben  eo 


780  3^fttttettorbcit 

feiner  ©di^rittc  in  biefcr  Slic^tung.  3)er  ?Dlaria  glaubte  er  felbft  jeinc  JReltung  au^  ben 
fc^lDeren  ©efa^ren  ju  toerbanfen,  in  bic  er  fid^  burd^  feine  früheren  3SeIIettäten  geftürjt 
^atte,  unb  in  romanttfd^er  Segeifterung  toeil^te  er  i^r  Don  nun  an  feine  platonifc^c  Siebe, 
aini  8.  3)e^.  1854  er^ob  er  bie  mariologifc^e  2)oftrin  ber  ^an^i^Ianer  unb  S^fuitcn  gum  att^ 

6  gemeinen  ®ogma  ber  Äird^e;  1857  f)at  er  in  eigner  ^erfon  eine  SBaUfal^rt  nac|^  Soreto  get^n. 

^ie  SBirfungen  biefer  iefuUenfreunblid^en  ober  Dielmel^r  gan^   unb   gar   iefuitifc^ 

?PoRtif  be«  5Pa}>fte^  befamen  junäc^ft  3)eatfc^Ianb,  Öfterrei^sUngam  unb  ^talim  (le^tere« 

aUerbing^  nur  t>orüberge^enb),  ioeiter^in  bann  ßnglanb  famt  feinen  amerifanif^en  Züdfitt- 

länbem,  baju  bie  ©di^toeij,  beibe  9lieberlanbe  unb  bor  allem  aud^  ^ranfreic^  famt  feinen 

10  fübh)efteuro)3äifd^en  9Jad^barreic|^en  ju  Derf})üren.  —  ©c^on  1849  forberten  bie  l>reu§if{^ 
Sifc^öfe  freien  33ertel^r  mit  3?om,  unbebingte  ©eltung  ber  bifc^öffic^en  Srlaffe,  uncin* 
gefd^ränfte  3)i^ji))nnargeh)alt  über  i^re  ©eiftlic^en,  felbftftänbige  Sefe^ung  ber  ^JfatrfteHen, 
unbe^inberte  SSertoaltung  be^  Äird^entoermögen^,  Überwachung  be«  SReligion^unterrtc^te^  in 
ben  ©c^ulen  unb  Silbung  ber  Älerüer  in   i^ren  ©eminarien  u.  f.  Id.,  mit  einem  SBorte 

16  aiufgeben  iDefentlid^er  ^o^eitöred^tc  be«  ©taate«.  ^ebric^  SBill^elm  IV.  gelDoJ^rte  i^ncn 
eine  ^ei^eit  ber  Setoegung,  h)ic  fie  biefelbe  laum  in  einem  latj^olifd^en  ©taatc  je  genoffen 
Ratten,  ^m  ^bruar  1855  [teilten  bie  fünf  Sifc^öfe  ber  oberr^einifd^en  Äirc^enj^rot^im  bie 
gleichen  anf})rüd^e.  1855  fammelten  fic^  bie  beutfcben  Sifc^öfe  jur  ©ölularf eier  be^^War- 
tt^rium^  be«  f),  53onifatiud  ju  gulba  an  beffen  ®rabe,   l^ielten   tägliche  ^rojeffionen  unb 

20  hörten  bie  ^ßrebigten  ber  g^witen.  3"  ^^"^  Hirtenbrief,  toomit  Sifc^of  Äetteler  bie  3la6^ 
feier  ju  SJlainj  anfünbigte,  toerglid^  er  bad  beutfd^e  SßoII  mit  ben  guben:  toie  bicfe  iuxif 
bie  Äreujigung  ^^\\x,  fo  fei  jene^  burd^  bie  ätufgebung  ber  bon  Sonifatiu^  geftiftdcn 
GJlauben^ein^eit  ber  nationalen  unb  fittlid^en  äufldfung  tjerfallen,  tüäf)xtnh  Sifc^of  9{ä^ 
bon  Strasburg   in  ber  6röffnung^)3rebigt  ju  3Rainj  bie  Äönigin   Don  ©nglanb  mahnte, 

26  bie  2^iara  bem  5pa>)fte  jurüdfgugeben.  —  3lm  18.  äuguft  1855  gab  Öfteneic^  buw^  bo^ 
Äonforbat  mit  bem  $(^fte  bie  $ol^eit«red^te  be«  Staate«  )3rei«  unb  öffnete  ben  3^«^*^ 
eine  mu^  ^ra  im  Sleid^e.  ©d^on  1854  b^afeen  fie  bie  Äottegien  in  Sinj,  Seitmcri*  unb 
3nn«brudt,  1857  tourbe  il^nen  ba«  alabemifd^e  ©^mnafium  in  ber  §ai^)tftabt  unb  bie 
ÜniDerfUät  eingeräumt  unb  5ßrofefforen  unb  ©tubenten  berj)fli(^tet,   fonntägli^   il^re  $res 

ao  bigten  ju  ^ören.  ^n  bemfelben  ^a^re  tourbe  i^nen  bie  ti^eologifc^e  gahiUät  ju  3""^ 
brudf  übergeben.  Sereit«  1858  ftanben  Don  256  öfterrei(^ifc^en  ©^mnafien  172  unter 
il^rer  3)ire!tion;  auf  SSerlangen  il^re«  ©enerafe  lourben  bie©tunben  im  Satein  Derminbert, 
ber  Unterrid^t  in  ©ef^ic^te  unb  9laturtoiffenfdi)aften  auf  bie  fc^malfte  X'xät  gefegt.  —  3n 
Württemberg  bewilligte  bie  SWegierung  burd^  i^r  Äonlorbat  (5.  3wm  1857)  bem  8if(^of 

36  Don  SRottenburg  alle  feine  ^orberungen ;  in  Saben  beenbigte  fie  i^ren  Äirdi^enftrcit  mit 
bem  Sifc^of  Don  greiburg  burc^  ba«  Äontorbat  Dom  28.  3uni  1859  (jene«  fiel  bereit« 
am  6.  5Kärj  1861,  biefe«  fc^^on  am  18.  3uni  1860).  3n  Reffen  burfte  e«  ber  »ifc^of 
Don  5!Kainj  im  ßinDerftänbnig  mit  ben  ^efuiten  Wagen,  bie  fat^olifc^e  ^af ultöt  }u®ie|en 
burc^  Berufung  aller  ©tubierenben  ber  ^^eologie  in  fein  5|[Jriefterfeminar  auf  ben  3[u«= 

40  fterbeetat  m  f^en.  3!)ie  ßinrid^tung  biefe«  ©eminar«  Würbe  ber  Ratio  studiorum  be« 
3efuitenorben«  nad^gebilbet;  ba«  berüchtigte  ®urt;fc^e  3RoraIfom))enbium  (oben  III  j.  6.) 
fanb  ^ier  bie  erfte  (Sinfü^rung  in  2)eutf(^lanb.  3)a«  Ser^ältni«  be«  Äleru«  ju  bem 
Sifc^of  Würbe  nad^  bemfelben  ^rin^ijje  unbebingten  ©e^orfam«  geregelt,  Wonoc^  bie 
©lieber  biefe«  Orben«  i^ren  Oberen  Willenlo«  untergeben  fmb;  fd^on  1862  Wirlten  fieben 

46  gefuiten  in  3Rainj,  186 1  Würbe  i^nen  auc^  bie  ^farrfird^e  unb  ba«  ^Pfarr^au«  )u  ©anfl 
e^riftojjl^  übergeben,  gür  ^reufeen  Würbe  ba«  1863  in  ber  einftigen  Senebifnnerabtei 
3Raria-Saad^  errid(^tete  gro^e  3«fuitcn'©^olaftifat  befonber«  einflußreich  (f.  bie  oben  an« 
geführte  ©d^rift  Don  Äniel  unb  Dgl.  ^eimbucber  II,  132).  Slllentl^alben  jogen  bie5ßriefter 
be«  Drben«  auf  aJlifftonen  l^erum.    3"  93erlin  Jjrebigten  ^ottgiefeer  unb  §aßlod^er;    in 

ßo  @raubenj\  eiferten  bie  SWiffton^jjrebiger  fo  fanatifd^  gegen  bie  S^f^^f^  ^^  ^"^^  SBeiträge 
aller  Äonfeffionen  erbauten  Sird^e:  „SBir  glauben  ätt'  an  einen  ®ott",  baß  ber  ^faner 
fie  au^merjen  liefe,  obgleid^  fid^  einft  ©regor  VII.  auf  biefelbe  ©entenj  in  feinem  ©(^reiben 
an  ben  mauretanifc^^en  ^rften  Slnjir  berufen  ^atte.  Sifc^of  Äonrab  5Kartin  Don  ^kber* 
born   jog  1858  ben  berüd^tigten  P.  SRol^  al«  ^rofeffor  ber  Dogmatil  an  fein  I^eobo^ 

66  rianum ;  gleid^jeitig  übertrug  er  ben3efuiten  bie^rebigt  an  ber  3)omtirc^e.  —  9Rit  allen  SDlitteln 
Waren  fie  bemüht,  bie  Saien  Wieber  unter  ben  fird^lid(^en  ©e^orfam  ju  bringen;  burc^ 
©c^ulbrüber  fuc^ten  fie  bie  ßrjie^ung  ber  männlichen,  burc^  ©d^ulf^Weftem,  Urfulinerinnen 
unb  2)amen  be«  ^eiligen  .C^erjen«  3^fu  ben  Unterrid^t  ber  Weiblid^en  3wgcnb  an  fic^  ju 
gießen.  Unter  ben  ©^mnafiaften  unb  ©tubenten  grünbeten  fie  marianifd^e  ©obalitäten,  für 

üo  bie  fünftigen  Älerifer  Änabenfeminarc,  für  bie  ^anbWerfcr  latl^olifc^e  ©efeHenDereine,  für 


3lefttitettorbett  781 

bic  Saicn  33mine  ju  bcrfc^icbciicn  fird^Itc^cn  3*^cdten  (^tu^::,  äJinccntiu^s,  ©etoerinu^s, 
Sorromäu^bcreinc),  bor  allem  aber  fat^olifd^e  Äofmo«  mit  behaglichen  Solalen,  tool^Ifeiler, 
guter  Setoirtung  unb  lat^olijc^er  lage^Iitteratur,  h)orin  Sürger  unb  2lbel  jur  ^örberung 
ber  fatl^olifc^en  S'^w^^  Pfv  ö^^ßis  äufammenfanben.  3)ie  jä^rfid^en  ©encralberfamm« 
lungen  ber  fat^olifc^en  Vereine  tourben  ein  fefte«  Sanb  jur  ©tärfung  ber  ^terar4>ifc^en  6 
8eftrebimgcn.  2)a^  alle«  tourbe  Iräftig  unterftü^t  burd^  Drgantjation  einer  fat^olifdf^en 
treffe,  beren  Organe  fic^  bon  ^a^x  ju  3a^r  tjerme^rten.  —  3)iefer  aiufjd^toung  be«  ka- 
t^olici^mu«  gab  auc^  in  ber  Sc^mei)  ben  tat^olifc^en  Jtantonen  n>ieber3Rut  jurSteftauration. 
1858  tourben  in  greiburg  ben  ^«fuilen  unb  JRebenn^toriften  ilf^re  ®üter  jurüdtgegeben,  balb 
jaulte  ilj^r  ÄoHegium  200  3öglinge.  3"®c^h)Vj  jogen  jie  toieber  ein,  unb  ber  Sefuiti^mu«  lo 
ftanb  ^ier  in  f old^er  S3lüte,  bafe  ba«  Äottegium  um  einen  neuen  Seitenflügel  bergrö^ert  tourbe. 
Sn  SQSatli«  [teilte  bie  SRcgierung  jtoei  3«fwi^^"  ^"^  itanton^l^ceum  ju  6itten  an,  u.  f.  f. 

3n«befonbere  l^at  feit  bem  borle^ten  ?PontifiIat  ber  Crben  feinen  Äamjjf  gegen  bie 
greü^eit  ber  SBijfenfc^aft  gerid^tet.  3lm  8.  3i<^"war  1857  Verurteilte  unter  feinem  ein= 
puffe  bie  Äurie  bie  ©ünt^erfd^e  5pi^ilofo})^ie,  obgleich  biefelbe  unter  ben  l^eröorragenbften  i6 
beutfc^en  Sifc^öfcn  il^re  Anhänger  iäi)lU.  1862  folgte  bie  Verurteilung  ber  ©c^riften 
gro^fq^ammer«  auf  Genfur  ber  3S"bejfongregation.  ©ine  bon  ©öUinger  unb  §aneberg 
berufene  (Selel^irtentjerfammlung  ju  SWünc^en  machte  ju  ©nbe  ©e})tember  1863  einen  fc^üc^« 
temen  SBoffud^  jur  SRettung  ber  miffenfd^aftlicl^en  ^J'^eil^eit,  enbigte  aber  mit  ber  ©r^ebung 
ber  c^riftlic^en  $^ilo{o)}^ie  über  bie  tveltlic^e  unb  ber  UntertDerfung  unter  bie  fir(^lt^e2o 
atutoritöt.  Irolbem  belehrte  fte  ^iug  am  21.  ©ejember  1863,  ba|  fw^  bie  SBiffenfdj^aft 
nic^t  allein  ben  @ntfc^eibungen  ber  allgemeinen  Jtonjilien  unb  bed  a^joftolifd^en  Stuhle«, 
fonbem  auc^  ben  S3ef4^lüffen  ber  J3ä)3ftlicl^en  Kongregationen  ju  fügen  l^abe.  6inc  ^artrf« 
teriftifc^e  ^Duftration  baju  bilbete  bie  am  20.  9lobember  1864  erfolgte  ©eligfj)re(^ung 
be«  P.  Saniftu«  unb  bie  ^orberung  be«  sacrificium  intellectus,  tpelc^e«  ba«  Organ  35 
be«  S^wi^^o^^^^"^/  *^i^  Civiltä  cattolica,  1867  nod^  über  ba«  Dp\ct  be«  Selbe«  unb 
be«  Slute«  fteUte.  äUe  biefe  Vorgänge,  fotoie  bic  toiebcr^olten  SlHofutionen  be«  rebfeligen 
^iu«  IX.  gegen  bie  ^i^i^ümer  ber  ßibilifation  unb  ba«  Ungel^euer  be«  Siberali«mu«  h>aren 
nur  Vorläufer  ber  berüchtigten  ©nc^flila  unb  be«  il;r  beigegebenen  ©t^llabu«,  —  er  foll 
in  bem  $aufe  ®efü  unter  Vorfi$  be«  ^efuitengeneral«  rebigiert  toorben  fein  —  toorin  ^iu«  so 
om  8.  ®ejember  1864  bie  ganje  mobeme  Silbung,  SBJiffenjd^aft  unb  ©efittung  in  Staat, 
ÄirdS|e  unb  bürgerlicher  ©cJeUfcl^aft  tjerbammte  unb  allen  äfat^olilen  bie  ©eligleit  ab\pxaA, 
\a  bie  gürften  ju  i^rer  Unterbrüdtung  aufforberte  —  ein  ©djiritt,  ber  in  ber  ganzen  ge^ 
bilbeten  fflelt,  fogar  in  ber  fat^olifc^en  ^rejfe,  mit  3lu«na^me  ber  jefuitifc^  ultramontanen, 
9}Kfebilltgung  erregte.  Oleic^too^l  em})fing  ba«  ©^ftem,  an  beffen  Slußbau  ber  Orben  35 
unabläffig  gearbeitet  l^attc,  feine  Ärönung  erft  burd^  ba«  allgemeine  Vatifanifc^e  Äonjil, 
ba«  am  8.  3)ejember  1869  feierlich  eröffnet  tourbe  unb  beRen  "S^ätigleit  in  ber  ©r^cbung 
ber  Orben«boftrin  \>on  ber  })äj)ftlic^en  Ünfel;lbartcit  jum  Äird^enbogma  gi))felte. 

6«  h)ar  ein  fritifd(^er  geit^junft,  in  meld^em  biefer  Sefd(^lu^  ju  ftanbe  tam.    ©d(^on 
iDö^enb  ber  fiegreid^en  gortfc^ritte  ber  SReaftion  l^atten  bie  Äurie  unb  ber  Orben  fc^tocre  40 
SRieberlagen  erf(i|ren.    ^m  ©efolge  be«  franjöfif^^italicnifc^söfterreid^ifc^en  Äriege«   1859 
berbreitete  ftc^    bie  SRebolution   in  3^o«fana,  ^Sarma,  aJlobena   unb  ben  Segationen,   vor 
bercn  Sturm   bie  gefuiten  h)ie  Bpxtn  verflogen.    2)ic  ßrobcrung  Sijilien«  unb  9Jeaj)ete 
burc^  ©aribalbi  unb  bie  Sefe^ung  Umbrien«   unb  ber  3Karfen   burc^   bie  Sarbinier   im 
gal^re  1860  jog  bie  Verbannung  ber  3^{uiten  unb  bi«  jum  21.9lobember  bie  ©injie^ung  46 
Von  44  i^rer  Orben^^äufer  nac^  fic^ ;  femer  bie  ©inverleibung  btejer  Sänber  in  Sorbinien 
unb  bie  ©rünbung  bc«  Äönigreic^«  Stauen  mit  ber  §auj)tftabt  glorenj  (1861).  SBä^renb 
be«  beutfc^sfratuöfifd^en  Äriege«  jog  ba«  italienifd^e  §eer  am  20.  September  1870  inStom 
ein,  ber  le^te  SReft  be«  Äir^enftaatc«  tourbe  bem  neuen  Äönigreid^   einverleibt  unb  SRom 
am  26.  Sönuar  1871  jur  §aui)tftabt  bcöfelben  erhoben.   35er  toeltlic^e  Vefi$  be«  $a^)fte«  60 
blieb  auf  ben  leoninifc^en  Stabtteil  jenfeit«  be«  SEiber  befc^ränft  —  bie  aered^te  9Jemefi« 
b<«  in  ber  ®efc^id(^te  fic^  voDjie^enben  SBeltgeric^t«  für  ben   trunfenen  Übermut,    toomit 
bie  Urheber  ba«  vatitanifd^en  a)efrctc«  fic^  an  ber  eigenen  Äirc^e  verfünbigt  Ratten. 

äuc^  in  ben  Siänbern  beutfc^er  ßwnge  jerrife  ba«  neue  3)ogma  toenigften«  geittoeilig 
unb  teiltoeife  ba«  5We^,  in  n)eld(^em  bie  jejuitifd^e  :5"^i0"^  ba«  lird^lid^e  £eben  gefangen  66 
^ielt.  2lm  31.  3"'^  IÖ70,  bierje^n  3:age  nad^  Verfünbigung  ber  Unfe^lbarleit,  ertlärte 
fogar  bie  öftcrrei^ifd(^e  Stegierung,  bafe  fie  nac^  bicfem  ßreigni«  ba«  Äonlorbat  über^au})t 
ni^t  me^  aufrecht  ju  J^altcn  vermöge.  2)od^  ift  l^ier  burc^  bie  fj)ätere  Äird^engefe^gebung 
(feit  1874)  ber  anfängliche  fc^ärfere  ©egenfa^  j^ur  Äurie  tcilmeife  gemilbert  unb  ein  bem 
3efuiti«mu«  im  Joefcntlic^cn  freie  .§anb  laffenber  modus  vivendi  ^ergeftettt  toorbcn.  —  en 


782  dfefttitettorben 

SBid^ttgcr  tourbc  bie  ©tcttunöna^mc  bc^  1870/71  h)iebercrftanbencn  3)cul{d^en  SRctc^   }u 
bem  burd^  bad  SSaticanum  beriefuitterten  ^o^fttum. 

Durd^  9leic^^9efc|  toom  4.3ult  1872  hjurbcn  bie  ©ejeUfc^aft  3«fu  unb  bic  i^  t>«= 
h)anbtcn  Orben  unb  Äongrcgattonen  tjom  bcutfc^en  SRcic^^gebiet  au^ef^Ioffen,  t^re^liebcr- 

5  (ajjungcn  aufgel^oben  unb  jebe  X^ätigleit  in  Jtird^e  unb  @(^ule  i^  t>erboten.  ätte  bon 
^efuitenorben  tjcrtoanbtc  ©cnoffenfc^aften  tourbcn  bom  S3unbe«rot  am  20.  3Rai  1873  bic 
9lebcmJ)toriften,  Sajariften,  ^riefter  t>om  1^1.  (Seifte  unb  bie  ©efettfc^ft  Dom  §ctjen  3^ 
bejeid^net  unb  auf  fte  bie  gteid^en  SKaferegeln  angetoanbt.  2)ur(^  eine  Steige  öon  @efe^ 
tourbe  im  ganjen  Umfange  ber  J)reu^ifc^en  3J}onarc^ie  bie  ©c^ulauffid^t,   foUne   bie  Sor- 

10  bilbung  unb  äinfteOung  ber  ©eiftlic^en  für  @ac^e  bed  Staaten  erHärt,  bie  ©renjen  ber 
tirc^Ktpen  3)igjiJ)Knargeh)aIt  gebogen,  ein  oberfter  ©eric^töl^of  für  geifüic^e  ängclegen^en 
gegrünbet,  an  ber  fir^Iid^en  3Sermögen^toerh>altung  auc^  ßaien  beteiligt. 

®in  Xeil  biefer  Äulturlam})fma^regeln  ift  burd^  bie  frätere,  me^r  romfreunbltc^  SÖen? 
bung  ber  Sidmardtfd^en  $o(iti!  (feit  1885)  aQerbing^  rüdgdngig  gemacht  h>orben  (fo  bie 

i5Äu^eifung  ber  9lebenH)toriften,  toelc^en  imgö^te  1894  toieber  gulajf ung  getoäi^rt  tourbe). 
a)oc^  ift  bie  lat^olifc^erfeitö  eifrig  unb  immer  h)ieberl^oIt  geforberte  SBiebenuIaffunfl  ber 
^efuiten  bidl^er  am  SBieberftanbe  bed  S9unbedrat^  gefc^eitert.  Igmmerl^in  fyd  bie  gonj 
unb  gar  in  Pio  Nono'«  Salinen  bel(^arrenbe  5|JoIitif  £eo«  XIII.  (feit  20.  gcbruar  1878) 
eine  toenigften^  inbirette  ©tärfung  unb  9lu«bel^nung  be«   jefuitifc^en  ®influffed   audi  auf 

20  ba^  rei(^«beutfc^e  tatl^olifc^e  Äirc^enhjefen  m  belDirfen  getou^,  looju  Dor  allem  bie  ©ant 
tionierung  be$  X^omidmud  aU  ber  offtjieUen  römifd^en  9lormal))^ilo{o^l^ie  unb  -t^logie 
(burc^  bie  (gnc^flita  Aeterni  Patris  Dom  4. 2luguft  1879)aBid^tige«  beigetragen  l^tunb 
noc^  beiträgt.  (Sine  angeblid^  tl^omiftifd^e,  in  SKa^r^cit  aber  jefuitifc^e  9leujd^aloftiI  bf- 
l^errfc^t  feitbem  o^ne  toefentlic^e  ©infc^ränfung  baö  bogmatifd^e  £e^rt>erfal^ren  aud^  an  ben 

26  beutf(|en  t^eologifc^en  93ilbung^nftalten,  unb  ^tDar  bied  umfo  me^r,  ba  bie  früher  bon 
bominilanifc^er  ©eite  ber  jefuitifd^en  Bd^nU  noc^  ent^egengefteOte  D)))}ojttion  feit  mel^reren 
Sal^e^nten  gänjlid^  erlojd^en  ift,  fobafe  (befonber^  fett  bem  SBirfen  be«  ju  ben  toiHigpcn 
aCBerheugen  ber  ^olirif  $iug'  IX.  gc^örenben  Oeneral^  3llej.  Sincenj  ^anbel,  geft  1872) 
ein  unterfc^ieb  jtoifc^en  bominüanif^er  unb  franji^tanifc^-jefuitifc^er  2:^eologie  t^tfäc^lid^ 

30  ni^t  me^r  befte^t.  ^ie  ju  ^eiburg  in  ber  ©c^tDeij  unlöngft  errid^tete  2)ominiIanersUni' 
Derfttät  bertritt  einen  ganj  unb  gar  jefuitifcl^en  ©tanb)}unlt.  ^er  l^ier  unb  ba  in  ben 
fat^olif^stjjfeologifc^cngfafultäten  beutfd^er  §oc^fd)ulen  ft^  no(^  regenbe  freiere  (jum  ^beol^ 
fat^olici^mu«  ber  3Wü^ler,  ^irfc^er  2c.  ^urüdfftrebcnbe)  ®eift  toirb  bon  9lom  au«  mitJoilfe 
be«  ultramontanen  gefd^ulten  ®i)ifIoj)atö  möglid^ft  im  ^aum  gehalten  unb  mufe   fi(^  ba, 

35  too  feine  Vertreter  freifmnigere  Äunbgebungen  toagen  (j.  8.  Ärau«  in  JV^eiburg ;  ©cbcfl 
in  SÖürjburg)  bemütigenbe  3Wa^regeln  gefallen  laffen. 

Sie  romanifc^en  ©taaten  fmb  biefem  Sünbnid  jioifc^en  ^efuiti^mu«  unb  ^ierarc^^ 
fd^er  Kurialgeloalt  überall  mel^  ober  toeniger  erlegen,  ^anfreic^,  feit  Slufric^tung  ber 
9tej)ublif  bon  1870   i^nen   noc^  me^r  ate   \6)ün  unter  bem  ^toeiten  Äaiferreic^  witcrt^, 

40  ift  ba«  Sanb  ber  SBunber  unb  ber  SBallfa^rten  getoorben.  ^n  feinen  ®nabenorten  Sour? 
be«  unb  la  ©alette  feiert  bie  mariolatrifd^  entartete  mobern-iat^olifc^e  SieligiofUät  unter 
jefuitifd^er  SSeranftaltung  unb  gü^rung  uncrl^örte  Irium))^e.  3)urc^  ein  über  m^r  al« 
50  3)iöcefen  ausgebreitete«  ©t^ftem  bon  Unterric^t«anftalten,  beffen  Errichtung  ben  gefuiten 
burd^  ba«  ©c^ulgefe^  ^Jallouj  (bom  '^al^x^  1850)  ermöglid^t  tourbe,  ift  bie  Srjie^ung  eine« 

46  beträchtlichen  2^eil«  bc«  fran;|öfifc^en  Dffijierftanb«  in  bie  $änbe  bc«  Drben«  geraten  unb 
fo  ba«  merftoürbige  intime  „Sünbni«  bon  ©äbel  unb  SBei^toebel"  erjeugt  tborben, 
ba«  bie  rej3ublilanifc^e  SHegierung  loieber^olt  in  il^ren  ©runbfeften  erfc^üttert  unb  — -  p^ 
mal  in  bem  berüchtigten  3Jtonftret)roje6  31)re^fu«  (1898—1899)  —  bie  nationale  S^re 
be«  Sanbe«  unb  93olfe«  emftlic^  gefäl^rbet  ^at.  —  Sinen  nic^t  geringen  3;eil  feiner  uner« 

M)  l^örten  (Srfolge  berbanft  ber  l)euti0e  franjöfifd^e  3cfuiti«mu«  t>m  entloebcr  auf  feine  An- 
regung in«  Seben  getretenen  ober  bod^  mit  i^m  gemcinfame  ©ad^e  mad^enben  Äongrega« 
tionen  unb  Drben«inftituten,  loeld^e  unter  anberen  Siamen  epftieren.  Sluger  berfc^iÄenen 
ber  in  ja^lreic^cn  S^ieberlaffungen  über  ba«  üanb  berbreiteten  ^auentongregotionen  (bgL 
b.  a.  5Jb  VI  ©.  236  ff.)  gehört  ba^in  namenüic^  bie  ©enoffenfc^ft  ber  Augustins  de 

65  TAssomption  (3tffumlioniften,  Sluguftiner  bon  ber  Himmelfahrt).  3)ie  Äongregation  fya, 
nac^bem  fie  loä^enb  ber  erften  brei^unbert  ^df}x^  i^re«  (bi«  jum  3^^^  1520  jurucf« 
ge^enben)  Seftel^en«  ein  obffure«  3)afein  geführt,  unter  ben  ^ontifitaten  5|Jiu«*  IX.  unb 
£eo«  XIII,  banf  jefuitifd^er  3Kitl^ilfe  unb  Seitung,  einen  nic^t  unbebeutenben  ©influfe  ol« 
fatl^.  Wiffton«orben   (^ai4)tfäc^lid;  in  ber  Xürfei  unb  93ulgarien,  ^.  ^.  auc^  in  ^nglonb 

eo  unb  beffen  auftralifd(^en  Kolonien)  ju  ixbai   begonnen,  jugleid^  aber  ganj  ^anhdd^   mit 


3lefttiteti9rbeit  783 

einem  Wdbten  9le^  il^er  .§äufer  unb  2lnftaltcn  überwogen,  unermc^Kdi^e  Sleic^tümer  auf 
bem  SBege  erlangter  Segate,  ©c^enhingen  2c.  jufammengel^äuft  unb  mittele  i^re^  journa^ 
liftifc^en  Organ«  La  Croix  (nebft  ja^Ireid^en  Filialen  unb  $roDinjtaI=3lu«gaben)  dne  faft 
unbeimlic^  ju  nennenbe  ßintoirlung  auf  toettefte  SJolföfrcife  beü^ättgt  —  bte  enblid^  burd^ 
ben  ?ßroje^  bom  9i<J«war  1900  i^r  ftaot^eföi^rlicl^c«  3:reiben  entlartot  unb  t^re  fernere  6 
ejiftenj  in  ^^anfreid^  unterfagt  tourbe.  —  ^n  ©)3anien  ^at  feit  SJiebertDerfung  be«  Aar« 
liftenoufftanbk  unb  SBieberJ^erfieUung  be«  Jtönigtum«  ber  UUramontanidmu«  o^ne  iDefent^ 
lic^e  Sefc^ränhing  ge^errft^t;  für  bie  fc^toeren  TOeberlagen  be«  Ärieg«  Don  1893  ift  er, 
be^to.  feine  baniäer^ltenbe  (SinlDirfung  fohjo^l  auf«  Stegierung^f^ftem  toie  auf  ben  SJolfös 

ijetft,  ^auj)tfäc^Ii(^  tjeranttoortlic^  ju  mad^en.  —  ':^n  :JtaIien  f^reitet  bie  ^Regierung  jtoar  lo 
tetig  auf  ber  Sal^n  freifinniger  gnftitutionen  fort,  l^at  ftd^  aber  burd^  ba«  ©arantiegefefe 
bie  ^änbe  gebunben  unb  bebt  Dor  entfdbeibenben  ©4?ritten  gegen  ben,  auc^  l^ier  toefentlic^ 
j|efuitif(^  gefdf>ulten  unb  ba^er  in  ftaatöfeinblic^er  (ober  iDenigften«  jjafftuer)  Haltung  Der^ 
^orrenben  fileru«  jurüdE.    ©inigc  freiere  nationale  Siegungen  innerl^alb  be«  le^teren  (6urci ; 
^aRoglia  k.  —  Dgl.  9JipJ)oIb,  AI.  ©c^riften  I,  74  ff.)   finb  Dom  SSattlan   an^  ftet«  mit  i6 
erfolg  meber^efc^lagen  unb  erftidtt  Sorben.   —    ©ine  toefentUd^   unbefc^^ränlte  §errfd^ft 
^at  ber  3efutti«mu«   biöl^er   in  Sclgien  ju  be^au})ten  getou^t.    :^n  ^oDanb  ~  h)o  ein 
großer  5teil  ber  1872   au«  bem   ©eutfd^en  9lei(^e  au^getoiefenen  ^efuiten  gaftKAe  auf« 
nal^me  fanb  unb  einflufereid^e  SQSerIftätten   für  feine  Scftrebungen  ((gjöten;   3Salfenburg) 
anlegen  burfte  —  \)at  toöl^renb  ber  legten  3|o^rje^nte  ber  Äatpolici^mu«  unter  jefuitifc^*  20 
ultramontaner  fieitung  er^cblid^e  ^ortfdE^ritte  gemad|^t.    2)lel^r  afö  brei  achtel  ber  öeDöIfe* 
rung  biefe«  einftigen  §aulptfi^e«  )3roteftantifd^er  ®eifte«freil^eit  fmb  je^t  tat^olifc^. 

Slud^  im  britif(^en  Seid^e  fmb  bem  Ultramontani^mu«  unb  bamit  bem  :3efuiti«mu«, 
burc^  gef^idte  Senufeung  ber  mobem^i^arlamentarifc^en  9legierung«ma|imen  („^eie  Äird^e 
im  freien  ©taot ;  abfolute  ^Parität"  k.)  toic^tige  ©rrungenfc^aften  jugefaHen.  a)ie  irifc^e  25 
ilatl^oIiIens6mangi})ation  1829,  bie  burd^  bie  traltarianifc^mtualiftifc^e  Setoegung  feit  ben 
30er  Sollen  herbeigeführten  ÄonDerfionen  bieler  anglifanifc^er  (Seiftlid^  unb  reichen 
ätriftohoten ;  bie  ©rünbung  einer  römifc^en  ipirard^ie  für  Snglanb  burd^  $iu«  IX.  1850 
unb  einer  fold^en  für  ©c^ottlanb  burd^  £eo  XIII.  1878;  bie  (Srrid^tung  ber  fjjejififdf^* 
lotl^olifc^en  ftenfington-UniDerfttöt  in  £onbon  1874;  bie  unter  groger  Beteiligung  ^om))l^aft  im 
begangene  ßentenarfeier  be«  jefuitifc^en  ©ton^^urft^ßoUege  im  l^^^uü  1894  —  bilben  bie 
fyivtpittalppm  bicfer  fieg^aft  Dorbringenben  93eh)egung.  Um  bie  SJlitte  be«  legten  ^al^r« 
jd^nt«  be«19.;;'^a^r^unbert«  jä^Ite  bie  englifd^e  ^roDin^  ber  ©efellfd^ft  3efu  bereit«  654 
aWitgfieber  (babei  249  ^ricfter),  bie  irifc^e  254  SRitglieber  (mit  12G  5|Jrieftem).  —  3n  ben 
i^ereinigten  ©taatcn  jä^lte  ber  Drben  fc^on  ju  Slnfang  ber  80er  ^a^e  1100  spätre«  (mit  ar, 
G  5Romjiaten  unb  20  größeren  Se^ranftalten),  toeld^e  3^^.^  feitbem  fid^  na^eju  Derbo)3))eIt 
l^t.  eine  neueften«  bafelbft  l^erDorgetretene  liberabfat^olifd^e  93eh)egung  (ber  fog.  3lmeri= 
feini«mu«,  unter  ^ter  §edfcr,  grjbifdS^of  IJrelanb  Don  SJlinnefota  2c.)  ift  ben  Don  ^Hom 
au«  ergangenen  ©egentoirfungen  balb  genug  erlegen.  —  3"  5Wejifo  i}at  fic^  ber  Btaat 
burd^  bo«  ®ef^  Dom  14.  3)ejember  1875  gegen  ben  burd^  bie  3^fwit«w  Derl^e^ten  Älcru«  40 
gefd^ti^  3n  Sueno«  Sl^re«  entfeffelte  1875  bie  Sefd^ü^ung  ber  gefejlic^  au«gefc^loffenen 
Sefuiten  burd^  ben  ©rgbifd^of  einen  iBolföfturm:  ber  erjbijc^öflic^e  ^i^alaft  tourbe  belagert, 
ba«  ÄoHegium  geftürmt,  bie  S^^f^f!^  Derjagt.  3)oc^  finb,  banf  ber  gefd^idtten  ^olitil  ber 
Äurie  feit  Seo  XIII.  aud^  auf  biefc  9Jieberlagen  nm^  ©iege  gefolgt,  fo  baß  aucl^  in  bicfen 
Ijwnifc^-amerilanifd^en  ©ebieten  bie  jefuitifcbe  ©ac^e  ft^  guten  Webeil^en«  erfreut.  45 

©c^on  im  Sa^re  1626,  ungefät^r  ein  ;^a^rJel^nt  Dor  feinem  erften  Gentenarjubiläum, 
umfaßte  ba«  gefwitenreic^  10  euro})äifc^e  unb  6  außereuroj)äifd^e  Mreife,  toelc^e  in  :JlPJ$roi 
Dinjen  jerfielen;  in  biejem  aUumfaffenben  (Gebiete  falteten  15  19.^  ;Vfwiten  in  H():j.&äus 
fem,  tDoDon  25  5ßrofeßl?äufer,  J67ÄoUegien,  6.*]  5)tijfionen,  165  ^(efibcmen,  :U)©eminare 
toaren  (§uber,  2).  3ef.=C.,  ©.  216).  :;^m  ^a^re  1759,  anbertl;alb  IJabr/ie^nte  Dor  ibrerw 
Sluf^ung  burc^  ßlemen«  XIV.  beftaub  bie  (^efeUjcl^aft  au«  22  5H9  ^U^rfonen;  bie  ^$ro^ 
feßbäufer  toaren  auf  39,  bie  ftoüegien  auf  6f;9,  bie  ^JJtiffionen  auf  273,  bie  ©eminarc 
auf  176  angeh)adt»fen.  Sereit«  ;Hoei  :;);af^r;ie(;nle  na*  il;rer  a«iebcrl;erfteUung  (1H3K)  lebten 
in  173  $äufem  toieber  1246  ^^riefter,  934  ©d;otaftifcr,  HH7  Vaienbrüber,  Wefamtua^l 
3067;  femer  1844  in  233  Käufern  1645  ^^Wefter,  12HI  '5d;olaftifcr,  1207  l'aien,  We*  66 
fomtja^I  4133;  1861  marm  il;rer  2939  ^-PricfUT,  2159  ©(^;olrtflifcr,  2oU)  Hoabiutorm, 
©efamtjabl  7144;  juCSnbe  1876  betrug  letjtac  9546,  \vo\>im  auf  ;Malien  146(J,  auföng« 
lanb  1165,  auf  ©})anien  1382,  auf  Cflcrreid),  Unn(un,  ('»inliAicii,  VWIgicn,  .VSoUanb  2535 
u.f.tD.  entfielen,  ^u  (Snbe  1864  ;iä(;lle  berJ^rben  |:r/(i7  Wilijlicber,  babei  5HK2  ^j^riefter 
unb   3538  ©(l»olafliter  (.Oeimbud;er  11,  135).    Vliigv(id;l*J   bei    beicbtcn    i^piadj^c    bicfer  00 


784  dfefttitenor^cii  ^leftttttittteti 

3a^Icn  unb  angefleht«  ber  unjäl^lbarcn  Setoeifc  für  bic  unDcränbert  unb  o|^nc  Stbfc^toäc^ung 
tortbeftcl(^cnbc  mtttelaltcrKc^srealtionärc,  auf  SJertUgunß  bcr  SReformation^firc^en  au^c^bf 
^enbenj  bc«  Drben^  bleibt  ba«  bom  Urheber  bcr  früheren  JJaflung  bicfc«  äTrtifel^  am 
©(^luffe  be^felben  (^l®^  83b  VI  ©.  641)  au^gefjjrodSienc  Urteil  in  boUer  ©eltung :  „3\5ir 

5  ?Proteftanten  lönncn  über  benOrben  nur  6in  Urteil,  ju  il^m  nur  ©ine  ©tcUung  baben. 
3ebe  Stnerlennung,  jebe  3)ulbung,  bie  toir  feinen  $rinjij>ien  unb  feinem  SJBirfen  j^u  teil 
h)erben  laflen,  ift  nic^^t  eine  ©ered^tigfeit  gegen  i^n,  fonbem  eine  Oleic^giltigfeit  gegen 
unfere  eigene  gefd^ic^tlic^e  33ergangenbeit  unb  3wlunft,  ein  3Serrat  an  unfercr  Äirc^e  unb 
i^rer  red^tlidf^en  Sjiftenj.    ©r  lennt  feine  ©lei^bered^tigung  ber  Ronfejfionen,  fonbem  nur 

10  bic  omniJ)Otente  äueinl^errfd^aft  bcr  römifc^en  Äird^e :  ber  $roteftanti^mu^  fommt  il^m  nur 
fo  iDcit  in  SBetrad^t,  al«  er  ber  ©cgenftanb  feiner  betäm})f enben  unb  tjemic^tenben  Angriffe 
ift.  2)er  S^fuitiömu^  ift  ber  fc^lec^t^innige  ®egenfa^  be«  ^roteftantidniuö,  eine  ben  ©cclcn 
gefährliche,  bic  SJölIer  Derberbenbe  Äorifotur  bc«  6^riftentum«."         (^tci«  t)  S^^^tx. 

^fefutttnnen.  —  SRibabcneira,  Vita  Ign.Lojolae,  1,10.13;  III,  14;  Sanjiore  (=  Siicb. 

16  ©inion)  Biblioth^que  critique,  t.  I,  9lotterbnm  1708),  p.  289;  ßolcrud.  De  Jesuitissis,  Lij**. 

1719;  ^el^otVI,398f.;  (äJotfteiu,  39"-  u.  fio^ola  u.  bic  (Sicgcnrcf.,  ©aüe  189b,  ©.  305—309. 

3)er  SBcrfud^,  bem  ^n\i\tni  ber  ©efellfd^aft  3efu   einen   h)eiblicl^en  Drben  gleich 

9Jamen^  anjugliebem  ober  jur  ©cite  ju  fteHen,   ift  toieber^olt  gemacht  iDorben,   ^at  ab« 

feine  irgenbtoie  bauembc  ©tiftung  in«  Seben  ju  rufen  bermoc^t. 

20  1.  SBä^renb  So^ola,  no(^  tjor  ber  Seife  nac^  S^'fwfol^n^f  in  Barcelona  tocilte,  fam 
er  mit  einer  bome^men  '^au  bafelbft,  Flamen«  Sf^'^^ß^  ^^f^  (Slojel,  de  Rosella)  in 
35erbinbung.  ©r  ]pxa6)  mit  i^r  fo  ^inreifeenb  tjom  goltfcligen  Seben,  ba«  er  i^r  ^eij 
ganj  bafür  geloann.  3lfe  er  tjon  S^^jölem  1524  toieber  nad^  Barcelona  ^urücffc^rte, 
toar  fie  cd,  bic  längere  ^6t  für  ben  Unterhalt  be«  3Wittcllofen  forgte.  ^oÜ^xt  Wattn  feit- 

25  bem  bergangen ;  bie  unflaren,  bemjorrenen  träume  feiner  erften  ^eriobe  lagen  l^intcr  i|^m, 
au«  i^nen  toaren  )3raftifd^e  ^mit,  feftbegrcn^tc  ©nttoürfe  ^erauggereift.  I)a  erfc^ien  jene 
3fabeffa  mit  jtoei  anbem  SJlatronen  in  ^om  (1543)  unb  begel^rtc  fid^  unter  bie  geifüic^ 
Seitung  il^re«  ehemaligen  ^Pflegling«  ju  ftcHen.  SBie  ganj  anber«  l^atte  bod^  ber  Ärei« 
feiner  ^ntereffen  unb  ©ebanfen  fic^  injmifcl^en  geftaltet.  ©onft  bätte  i^m  nic^t«  ®rtoünf<^ 

80  terc«  begegnen  fönnen,  je^t  erfc(;ien  i^m  biefcr  Slntrag  al«  eine  unerträgliche  £aft.  Slber 
bergeben«  berfud^tc  er  mit  atter  SJorfic^t  biefe  Älip})e  ju  umfc^iffen.  ®ie  grauen  über^ 
boten  il^n  an  5Bel^arrltd(^feit ;  bie  t^eologifc^  gelebrte  ^föbella  öerfd^affte  ficb  burc^  eine 
2)i«})utation  über  bogmatifc^e  fragen  bie  ®unft  mehrerer  Äarbinäle  unb  loufetc  fo  toon 
^aul  III.  ben  Sefe^l  ^u  ertoirfen,  ber  fie  unb  i^re  beiben  ©efä^rtinncn  unter  bie  geift= 

35  lidf>e  Pflege  i^re«  Dcre^rten  SBater«  fteßte.  2)icfe  ©tcDung  beuteten  fie  nun  fo  au«,  bafe 
(nad^  ber  3Scrfic^erung  5Kaffei«)  biefe  brei  äüeiber  bem  ©tifter  bur(^  i^re  §erjcn«anlicgen 
unb  ®etoiffen«ffru))el  in  toenigen  3^agen  bereit«  me^r3Rül^e  unbSlrbeit  tocrurfad(^ten,  al«  bie 
Stegierung  feiner  gangen  Äom)3agnie.  3luf  feine  bringenbe  5ßorftettungen  unb  Sitten  entbanb 
il^n  5Paul  III.  1546  öon  ber  i^m  auferlegten  5}erbinblic^feit  unb  Sfln^^w«  beeilte  fw^ 

40  in  einem  fe^r  bij)lomatifd^cn  ©d^reiben  (t>om  l.Oft.  iene«3.)f^tn«cinpi0^2ßo^lt^äterin  bon 
ber  ^flic^t  be«  ©e^orfam«  ju  entbinbcn  unb  fie  au«  ber  ©tcDung  einer  geiftlid^ 
loc^ter  in  bie  einer  guten  unb  achtbaren  3Kutter  ju  berfe^cn  (Slibabencira  1.  c. ;  ögl.  in 
So^ola«  »ricfmcc^fel  [5Rabrib  1884  ff.]  bie  Cartas  87,  89,  93,  108).  3)urc^  ba«  SretK 
Licet  debitum  toom  18.  Dftober  1549  berlie^  ?Paul  III.  ber  OefeUfd^aft  ^cfu  ba«  ?ßrim^ 

46  legium,  ba^  fie  niemal«  mit  ber  geiftlic^en  Leitung  toon  Stonnen  behelligt  loerben  foDte. 

2.  3lu^er  allem  3uföJ"w^«»^^«"9    ^^^   ^^^   f})anifd^en  gefuitinnen   bc«   16.  Sa^r^ 

^unbert«  fte^t  bie  toon  aJlar^  SBarb   1609   ju  ©t.  Dmer  gegrünbete,  aber  1631  burc^ 

Urban  VIII.  aufgel^obene  ©enoffenfc^aft,  a\xi  loelc^er  fpäter  ba«  ^npitut  ber  „(gnglifc^cn 

gräutein"  ^erborging  (f.  b.  31.,  V,  390—392). 

50  3.  6in  anberer  3Serein,  ben  man  anfang«  gefuitinnen  nannte,  toar  ber  bon  3«>banna, 
bcrtoittoeten  3Jtarquife  bon  3Kontferrat,  geb.  Don  Seftonac,  geftiftete  unb  Don  ^aul  V. 
burcl^  SreDc  Dom  7.  3l})ril  1607  beftätigtc  Drben  ber  Kloftertöc^ter  unferer  lieben  grau. 
®erfelbe  ^atte  fic^  bie  ^riftlic^e  ßrjie^ung  unb  Untertoeifung  ber  toeiblid^en  S^genb  gur 
Slufgabe  gefegt   unb   feine  Einrichtungen   glcid^faH«  ben  ©a^ungen  be«  Sö^^^tiu«  nac^- 

66  gebilbet.  ®a  er  aber  bem  Senebiftinerorben  eingegliebert  tourbe,  Don  bem  er  auch  bic 
Äleibung  annahm,  fo  gehört  er  bort^in  (§eh;ot  VI,  398  ff.).  —  'üRit  einem  geloiffen  med?t 
fann  man  femer  bie  grauen  be«  l^eiligen  §erjen«  ober  be«  ®lauben«3cfu  al«  tociblic^en 
3h)cig  bcr  OefcHfd^aft  3efu  anfe^cn  (Dgl.  «b  VII,  78 1,:.«»)-  (Steigt)  S^dUt. 


bcr  im  ?ld)tcn  Sonbe  cnttjoltencu  Slrtifcl. 


»rtifcl:  SeTfafTer: 

4>cffe,  S-  ©erm.  ®.  Strüatt    .    .    . 

©cRcI0,  3o^.  Sötflcr    .    .    .    . 

Reffen,  einfü^runa  bcä  C^^riftcniumg  f. 

S3oitifQtiu«  ©b  III  @.  301. 
Reffen,  ©roftbcrj.      (Äö^fcr  f)  S^öring 
Reffen,   SReformotion   f.  b.  91.  $^ilipp, 

Sanbgraf  unb  ^omberger  @^nobe. 
^6^ufen,  ^acfenf^mibt    .    . 

^f^cbaften  ((^ag  f)  $^.  ST^e^er 

fef9d)iud,  »ibelfrit.  (®Q6t)  S^.^e^er 
^ef^(6lu«.  ^rcb^tcr  (®q6  f)  ?^-  ^«^^c^^ 
^eteriu«  f.  b.  9(.  9bo)7ttaniduiud  SBb  I 

@.  181,.. 
Ocjcr,  f.  ob  Vn  @.  325. 
^titer  f.  üanaaniter. 
öeubiter,  ^.  Seon^.    rX^oIuc!  t)  9tictf  rfiel 
^eu^elei  S.  :8einme    .    .    . 

^umonn,  (S^r.  9(.  (Klippel  f)  %\äiadtxt 
^cufcöredtc  öcnjingcr    .    .    . 

Seüila  f.  »b  I  @.  765, 5«. 
pemter  f.  j^onaaniter. 
^lapla  f.  Drigened. 
^cjenu.^ejcnprojeffe($ntt  t)  äöcllcr 
^^nlin,  3ol&.  (4>erjog  t)  ®-  91. 

©crnouni     .    .    . 
^lerafa»  v         9IboIf  ^amocl 

^ierarc^ie  f.  ütr^e. 

Äicrofle»  Ä.  3-  9?eumann    . 

^ieron^miten  Rödler     .... 

Öieron^mu«  gödlcr     .... 

^ieronmnud  bon  ^rag  f.  |)ug. 
High  Church  f.  S3b  1  ©.  544, »». 

tilarion  (i^rü^mac^er 

ilanu9,  \>.SBirU9      ^aud 
^ilariud  t).  $oitierd  Soofd  .    . 
^üariui»,  röm.^iaf.  ®.  Krüger 

tilaru«,  $apft  ®.  Krüger 

llbebert  $.  ©ö^mer 

Silbegarb,  bie  ^eilige  IBenrat^  . 
ilbed^eim,  Sidt.      ^audt  .    . 
^ilbuin  t).@t.2)enid  ^o^ 


eeite: 

1 

2 


8 
14 
18 
18 


Mflel  ß.  fi.  ©troff 

SiDer  ^ermann  ^ofapp 

^iltaUitoer,  ^of).       ßerman  $aupt 
^ilten,  go^ann         $.  ©olff      .    . 
')tmmel  (Bremer    .    .    . 

Mmmelanbeter  ®.  Krüger   .    . 

>iminelfa^rtdfeft       d^eorg  9{ietfd)el  .    . 
pimmelfa^rt  ^aria  f.  S^aria. 
)i]ninelrei(6  f.  ^tiäi  (S^otted. 

muSß^mSfiÜpähit  fftr  X^eologie  unb  ftitc^. 


19 
21 
24 

28 


30 

36 
38 

39 
40 
42 


54 
56 
57 
67 
67 
67 
71 
72 
73 
74 
76 
77 
78 
80 
84 
84 


3.  ». 


KtHfer:  SerfafTer: 

pin  f.  ST^age  unb  (3emd^\t. 
^in!moru.ail§eim8     «Ib.  5rei)ftebt 


^infdiiud,  $aul 

^tob 

^tppo(t)tuS 

^tppol^tui^brüber 

l^irom,  König 

«)irW,  ■   ^ 

.^irfc^QU 


@ecfel 
?l.  Kloftermann 
S3onn)etf(6  .  . 
3ö(Ker  .  .  . 
u.  DreUi  .  . 
Sagb  unb  jagbbnreS  $BiIb. 
®rü(ma4er 


>irf(6e,  ®eorg  K.      Sari  ©ert^CQU 
^irfcfter,  3ü^.  ©.      d.  ©ei*fä(fer  f     • 
C)irt,  ber  gule  f.  e^riftuSbilber  ob  IV 

@.  73,1.  ff. 
Wirten   bei    ben    Hebräern  f.  ^iel^^u^^ 

bei  ben  ^ebröem. 
Hirtenbrief %  ©infc^iu«  f 


6eiU 

.  86 

90 

97 

126 

135 

136 

136 
142 
146 


146 


|)irtenftQb  f.  Kleiber  unb3nrtgnien,  geiftlic^c. 


.  )idfia 

©ll^elm  fiofe   .    . 
(Äeu6 1)  @.  »eroer 
tlbolf  Komp^joufen 

147 

,  Mftorienbibel 

152 

.  M&iö  Setbinanb 

157 

^)obbe8  f.  3)ei8mu8  m  IV  ©.  536,  ufi 

'. 

;  )0(ftQntt  f.  3Weffe. 
.  )0(^maun 

»offe       .    .    .    . 

162 

,  »o^mut 

fi.  fiemmc    .    .    . 

167 

.  )obge,  d^aried 

fi.  «rcnbel  .    .    . 

170 

.  »öe  t)on  ^öenegg 

D.  grona  3)lbeliu8 

172 

.  »ofling  3.  SB.  8fr. 

©off  ©oubifftn     . 

176 

;  )ö^enbienft 

177 

,  »oefftra 

3.  SRoIeuoar    .    . 
M.  Sider    .    .    . 

195 

.  ^ölemann 

198 

.  )öße  f.  ®e6cnno  »b  VI  ©.418,  ^obeö 

a3b  VII  ©.  295  unb  C)ößenftrofen. 

.  Höllenfahrt  6:i^rlfti 

an.  fiQUtcrburg     . 

199 

^  ^öttenftrofen 

W.  KÄtiler        .    . 

206 

J  ^ofQdter,  S.  u.  SB. 

Kübel  t  .    .    .    . 

211 

Ooffbouer,  (SIem.  3Jlar.  f.  fiiguorianer. 

,  )offmann,  91.  ®. 

®.  granl     .    .    . 

215 

;  i)offmQnn,  ß^rift. 

|.  Xempef,  beutfc^cr. 

.  ?offmann,  3)an. 

(ßen!et)2:f  (Rädert 
Ä.  Köhler   .    .    . 

216 

,  ^offmonn,  ©einr. 

221 

J^offntann,  ^eld). 

Regler     .... 

222 

;  Hoffniann,  ©iI6. 

3?.  Kögel  t      •    • 

227 

öoffmeifter,  3oi 

2:6eobor  Kolbe 

229 

J  ^Öffnung 

©uc^ruder  t    •    • 

232 

^ofmonn,  3.  ©^r.  K.  ^aucf      .... 

234 

^ofmeifter,  ©eb. 

SBIoef*     .... 

241 

4)offtebe,  «Petrus 

©.  3).  üon  93een  . 

242 

^offtebe  be  ®root 

©.  3).  Dan  S3een  . 

245 

ßo^enalt^eim,  ©l)n 
^o^enio^e 

.  4)QUd        .... 

249 

(S^ogel  t)  ^fcftarfert 

250 

VUI. 

50 

786 


Serjetf^titd  ber  hn  aifitn  Saitbe  ettt^ulteitett  ürtitel 


HxtiUl:  ecrfaffcr: 

^üljev  ^rlcftcv  g-r.  SBu^I     .    .    . 

Äol)er  SRat  f.  @l)iiebvium. 
fiü^cäßicb  ü.  DreUi      .    .    . 

^o^Ibad),   %  ^.  X^.,    ©aron  f.  S)clS* 

muö  »b  IV  6.  554, 47  ff. 
•Ipononb  Dr.  3.  ?(.  ®crll)  Mit  ®  i  jf 

^oUaf,  3)omb       (3BQflcnmannt)5Bülff 
.iponat,  2)  (III.)     (©agennmnn  f)  SBolff 

'  S3b  I  ©.  645,  t6ff. 

Dr.  Sßlt\)li)Oxn 
.&en!c  t  .    •    .    . 
»avt§oIomitcn  »b  II 


.^olofcnieS  f. 
^olften 
^ülftcniu^ 
^olj^aufer,  93 
©.  421,Mff. 
Hornberger,  3- 


6r{tc: 
251 

256 


263 
279 
280 

281 
287 


3"ncröfterreirf). 
^üiiiberger  @i)n.  u.ÄO.    ßarl  3Rirbt 
fiomcriten  f.  «roblen  »b  I  @.  768.  t  ff. 
^omtletit  (Sofpori    .... 

^ominarium  griebric^  ^ieganb 

^omtlte  f.  ^omiletil  oben  @.  296,  s  ff. 
«^omtlien,   pfeubo  ctementinift^e  f.  (S^Ie< 

mcntinen  ©b  IV  @.  171  ff. 
Homines  intelligentiae  ^rman  ^aupt 
^oniud  Otto  Giemen    .    . 

^onoriu«I.,^Qpft  (3öpffeIt)Ärüger  . 
^onoriuSlI.,®egenpa))ft  (Sari  ^irbt 
ÄonoriuSlI,  ?apft  (Söpffelf)  i^rüger 
^onoriuSlII.$apft  ^and  Sc^ulj  .  . 
|)onoriu3lV.,^apft  ^on«  ©(ftulj  .  . 
^onoriud  üon  9(utun  ^.  9lo4o(I  .  .  . 
^onoriuS,  ^dfer  ©ictor  ©diul^e  . 
^ontcr  gr.  Xeutf  4  (®  .3).Xcutf(ft  f) 

^ont^etm  ü.  @dbulte    .    .    . 

^oogftraten,  3^^  ^<>n  f.  9f(eu4Iin. 
bc  i)oop  S^cffcT       @.  ©ranicr 
^ooper 

toornbeel 
op^rQ,  9lprieS  f.  Ägypten  ©b  I  @.  215, 1»  ff. 
$)6pitQl,  3Je.  be  S'  f.  ß'^pitol. 
ßoptind  £.  ©renbel       .    . 

"         f.  »b  III   @.  393, 


1.  g.  Äarl  ^Rütter 


Horae   canonicae 

3.  M,  »iff. 
^orbiiid 
^orc^e 

Äoreb  f.  @iiiai. 
öoriter  f.  {&hom  'X^b  V  @.  164.81  ff. 
;)ormi«bQ8,  ^apft      (Qöpffel  f)  Ärügcr 


(^rl  ©ert^eou 
(^odfyvitlif)^,mxhi 


288 

295 
308 


311 
312 
313 
315 
316 
318 
324 
327 
332 
333 
340 

343 
349 
350 


350 


353 
355 


porncju* 

porning 

)or8Iei) 

^ort 

^ofeo,  Äönig 

)ofea,  $rop^et 


(|>encfct)2:f(fta(fcrt 
D.  ^acfenfc^mibt  . 
SRuboIf  ©ubbenpeg 
(Safpar  fH,  ©regor^ 
m\\)tlm  £06  .  . 
©olcf 


^ofionnQ  f.  äituratfrfic  gornieln. 
;)uftud  uon  (Sorbuba  fioofd 


l^ornid,  Stonidl. 
{>ofpiniQn 

ofpitaliter 
_  ofpitalitcrinncu 
^o^ba4 
^ofticu 
|)ottingct,  3ol).  $). 


©cnrat^  .... 
(@ub^offt)®.S.J^arI 
Mütter  .... 
3öcfler  .... 
3öcfler  .... 
3B.  ^onenberg  .  . 
@^eorg  9{ietfd)el  . 
(&m\\  (Sgit   .    .    . 


ottinger,  3.  Sofob  ©mil  (£ali 
otoe  SRuboIf  ©ubbenfieg 

TQbanud  ^aurud    ^and      .... 
irotfiiit  (^eiatä(fert)Houcf 


356 
359 
357 
362 
368 
370 
371 

376 
382 

492 
394 
395 
396 
397 
399 
402 
402 
403 


«rtifel: 
Huber,  @amuel 
Huber,  ©ictor 
Huberinud 
Hubert 
Hubmaier 
Hucbalb 
Hüifenionn 
HnetiuS 
©"9 


Öerfüffer :  etitt : 

(Hagenbodit)  Füller  Mi 

X^eobor  ©cdäfct   .  412 

X^eobor  Äolbe       .  41.^) 

$aul  O^ränberß     .  417 

Hegler     ....  418 

dt,  @4inib   ...  424 

5.  ©üffe       .     .     .  424 

(treffe!  f)  ^fenber  427 

Rödler     ....  42ti 


Hugenotten  f.©bIV  @.  222,  w— 227,  «•. 
Hugenottif(j^e  ^emeinben  in  ^eutfc^Ianb 

f.  9Jefuge. 
Hugo  ber  Steige  (Sari  ^irbt  .  . 
Hugo  uon  (Slunl  f.  ©b  IV  @.183,aiff. 
Hugo  üon  Srieurt)  Sari  ^irbt  .  . 
Hugo  üon  6t.  (Sber  ^eutf4  .... 
Hugo  ü.  @t.  ©Ictor  8ö<*Icr  .... 
Humbert  (Sari  3Rirbt      .    . 

Hume,  3)a\)ib  f.  ©b  IV  8.  548,  i«  biö 

549, 8j. 
Humerole  f.  Äleiber  unb  3npfluifu* 


jumiliaten 
Hnnb 

Hunbed^agen 
Hunniud,  ^gi)b. 
Hunniud,  92iT. 

Hupf<^I^ 
Hufd^le 

Hu6 
Hut 

Hütten,  U. 
^lUtter,  (gliaö 


üon 


3ödler 

©enjingcr    .    .    . 

Wittib.  ©e))fd)Iag  . 

(Henfe  f)  3-  ihin^e 

i^t^tx  t)  3.  ^nae 

llbolf  ftamp^aufen 

9^.  dloc^on        .    . 

3.  fiofert^    .    .    . 

Hegler     .... 

H*  ulniann  .  .  . 
(9Bagenmannt)^üIIer 
(Sagenmannt)  i^un^e 
"    1257 


Hutter,  ß. 

H^aunt§.  ^omtnifanef,  geft. 

f.  ©b  IV,  @.  776,M-*o. 
H^broparaftaten        Od.  Krüger    .    .    . 

H^ginud  H<^ud 

Hymnen  f.  I^ir^enlieb. 

H^papante  f.  ^aria. 

Htipatia,  f.  ©b  IV,  @.  378,8-11. 

H^periud  @.  (S^r.  9(4elid    . 

H^poftafe  f.  ©b  IV  @.  37, 14  ff. 

H^pfiftarier  (3).  Ärüger   .    .    . 

Ht)rranu«  I.u.  II.  f.©b  VII,  @.  467, 41  ff. 

unb  468,58  ff. 
Hl)ftadpe§  (Sagenmann  f)  Krüger 


3. 


3abal  f.  Ptaxn  unb  bie  ^ainiten. 
Sabin  &nilic      .... 

3abIon§fi  $aul  ISIetnert  .    . 

Sacöin  unb  ©ooä  f.  iempel. 
SacobettuS  f.  3o!ob  öon  SRieS. 
3acobi  3öcobi     .... 

3acopone  ha  Xobi   (fiaujmann  f)  JÖempp 
Saeger,    3o5ann    (Crotu«    Slubeonud) 

f.  ©b  V  ©.  432,41-433,4. 
3ael  f.  5)ebora^  ©b  IV  @.  525,ix-to. 
Sagbbeib.Hcbr.        ©enjinger     .    .    . 
3a^baaa^a  III.         &.  S^eftle    .    .    . 
Sa^r  bei  b.  Hebr.       Söil^elm  ßo6    .    . 


431 

433 
435 
436 
445 


447 
449 
450 
455 
459 
462 
467 
472 
489 
491 
496 
497 


500 
500 


501 
5(J6 

507 


5<.»9 
510 


514 
516 


519 
523 
524 


Kttgnäfm»  kr  t«  n^teti  Sänke  ettt^ltciiem  SrttM 


787 


«rHfcl:  SerfafTcr: 

3al)üc,  3f^ouo  9J.  Äittel     .    .  . 

3oiv  ®ut5c      .    .    .  . 

3a!ob  t).  CrcUi  .    .    .  . 

3afob  Savobacud  ober  gon^Iud»  f-  3<^' 

lobiten. 

3atob.  9.)).)BQfe(  $3alter  ®oc^    .  . 
3a!ob  bei-  ©iflfrcicnfcr  f.  ^aftorcttfti. 

3afob  Don  (Sbeffa  9{cft(e      .    .    .  . 

3ati>b  toon  (Sl(  galtet  (S^oe(    .  . 

3atob)).3uterbogt     $aul  Xfdiacfert  . 

3afob    Don   ^ar  ^attai  f.  ^Ip^raated 

»b  I  6.  611. 


eate: 
521) 
541 
543 


547 

551 
552 
556 


3alob  oon  Wt^ 
3a!obD.Wpbtd 
3a!ob  \>.  Sarug 
3afo6D.SSiragfl!o 
3a!ob  Don  »itvi) 
3o!oblten 


(ßc(bfert)Sofcrtt)  558 

(»Jöbigcrt)  9?cftlc  559 

e.  ißeftlc     ...  559 

(Scdmlbtt)  Södler  560 

^.  ööftincr       .    .  562 

(»öbigert)9Mtle.  565 


3o!ob8bruber   f.  ©ofpitolitcr   ©b  VIII 

@.  395,14. 
3aTobdorbcn     f.   (Sompoftffla    ^b   IV 

6.  261, w-M. 
3a!obu8  im  912:       ©icffcrt    .... 
3onnc8  u.3ombrcS  ü.  Creni      .    .    . 
3ano»  (ßcdjlert)   Suferlt) 

Sonfcn  (SteuAUn  f)  Xfd^arfert 

Sanfcnifteiiürc^c        ©cri^u.^Bijf     .    . 
3onuariud  8«>cflfr     .... 

Sop^et  f.  S^ölfcrtafcl. 
Sorc^i  f.  9laf4i. 


571 
587 
588 
589 
599 
606 


«rtlfel:  »erfaffer: 

Saft'n  ^K.  i^vQc{ifd)mav     . 

3ööpiS  C>.  ftffelcr     .    .    . 

3aüan  ®ut^c      .... 

3bo«  (JRöbignDtMcftlc  . 

3bactui5  f.  ^vifciaian. 
Sbcaliömiid,  beutf(]^cr    Iröltfd)   .    .    . 
3bioinQta  f.  Communicatio  idiomatum 

ob  IV  6.  254. 
SbumäQ  f.  ebom  »b  V  6.  162. 
3fbud,  Sebuftter       ®ut^e      .... 
SelJOOQ  f.  3a^üc  oben  ®.  529,7. 
3e6u  f^ili^elm  :^o^    .    . 

3cp^ta  5.  »u^l       .    .    . 

ScrcmiaS,  gr.  Su^l     .    .    . 

ScreniiQ«  IL,  $atv.  ^q6  f)  ?Ö-  "^^'W 
Scrobcam  I 
Scrobeam  II. 
Scrufolcm 
Scrufnlcm,  33iSt. 
3erufalem,3,3r.^. 
3criifnlem,  $atr. 
3eru|Qlcm,  @i)n. 

Serufolemöfrcunbc  f.  Jempcf  bcutfdicr 
Sefaja  91.  J^loftermonn     . 

Sejieel  ®iit^»c      .... 

3c|u  (£f)ufti  bvcifocftcä  9(mt    Ä. 'fiJüUcr 
3cfuatcn  3öd(cr    .... 

Scjuitciiorbcn  ^'6dUv     .... 

3cfultiuiicii  3ödlcv     .... 


607 
(iOS 
611 
611 

612 


'au^fd) 


(®übcrt)*6.'J3?cl)er 
(^agett  ba4 1)  ^aud 
S.  Seottftibufcö  . 
d?ubolf  ^ofmottu 


637 

639 
641 
646 
660 
()62 
665 
666 
()93 
695 
697 
703 

705 
731 
733 
741 
742 
784 


rid* 


788  e^ortfe^ttng  bcr  duf^^e  nttb  Serii^tigititgeit« 

(f.  0.  Einfang  beö  ©anbcS.) 

6*  Sttitb* 

6.  ölG  S'  ''^•»  f"9c  öci:  i*-  ^vün,  3)tc  Segcnbc  uon  bcr  ^faljj»räfiu  ©cnoueja  mid)  beiii 
nod)  ungcbnidtcn,  h\^\)a  Dcrf^oncnen  Xeitc  uon  3o^.  3ciniuö,  'ijirüm  1890 
Cprogv.).  3ö(flcr. 

6.  018  8.  10  füge  bei:  ©cgen  (gmil  2Wicl^acl,  8.  J.,  »eldjcr  in  gf^t).  1899,  ©.  548  f.  bic 
^.  ^c^li(b  foioie  bic  große  ®ertrub  o^nc  weitere«  für  bcn  ßiftcrcienfcrorben 
rcflamtercn  roonte,  f.  U.  ©erli^re:  Sainte  Mechtildc  et  S.  Gertriidc  fiirent- 
clles  B^nedictines?  (Rev.  b^u^d.  t  XVI,  p.  457—401).  welcher  j^cigt,  bofe, 
trog  ^elftQ«  bamaliger  3ugc^örig!cit  jur  ciftcrc.  Äongregat.,  bod)  bic*53cic!d)^ 
nung  „SBcncbiftincrinneu"  für  jene  öeibcn  i^r  guleö  9?ed)t  beJialte.  (Sbcnfo: 
Anal.  Boll.  1899,  IV,  p.  439.  8ücflci. 

6.  657  S'  26  I.  1563  ft.  1463. 


(;57   „   60  ftrei(6c  60. 

666    „     7  I.  1148  ft.  1146. 


7.  »aitb. 


8.  193  3-  55  füge  bei:  @.  ©tcutnfon;  Roh.  Grotwetcstc,  bishop  of  Liucuh).  A  contri- 
bution  to  the  religioiw,  iwlitical  and  intellectual  hiwtory  of  the  XIll  Centiirv. 
fionbon  1899.  -Jocf Icr.  * 

ö.  323  3.  58  l.  ©crfe  ft.  SBorte. 

„  603    „     2  I.  Somm.  ft.  Samm. 

„  603   „   20  ^unifftuijcn  ft.  ^unarf^uiscn. 

„  603    „    36  bie  Bibl.  Carthus.  ft.  ber  ^ibl.  C£artl)uö. 

„  (j03    „    58  exercitii  ft.  exercitu. 

„  604    ,,     5  fiiebner  ft.  fiieber. 

^604   „    17  Seme  ft.  ©eroe. 

^  680   ^     9  1.  G.  ft.  Th. 

^  748    „    31  I.  e.  3r.  «.  »ritfcfie  ft.  e.  3-  «• 

8.  Sanb. 

8.  48  3.  44  füge  bei:  Über  bie  »oMtficinlicfie  (Sntfte^ungSiueifc  beö  l)icvoni)inianifd)cn 
^art^roIogiumS,  üU  in  SRom  feit  ca.  420  teild  ouS  fleineren  ^alenbarieu  be<5 
^benblanbcS,  teil«  au«  bem  f.  g.  Martyrologium  Syriacum  [ridjtigcr  M.  Ni- 
comediense]  iufantmengearbeitete  ^ompilatiün,  für  meldte  ein  ein^eiiHd)cr  ^^er« 
faffer  [ab  ni(6t  nad)tt)eifcn  löfet,  ^at  neuerbing«  ^.  9(rf)cli«  („S)ie  ^?arti)rologien, 
i^re  ®cfd)id)te  unb  iftr  ®ert".  «b^blgn.  ber  ®ef.  b.  «Jiffenfcft.  j  ©öttingen, 
^.  g.  III,  3:  1900)  lehrreiches  fiicf)t  Dcrbrcitet.  3öc!lcr. 

6.  140  ■],    6  I.  «b  IV  ft.  ©b  III. 

„  145  „  39  füge  bei:  5.  Sauc^ert.  3.  93.  ^irft^cr  in  feiner  ©irffomfeit  al«  t^col.  Schrift* 
fteHer  bargcfteüt.    Sntemat.  %i)toL  3eitf(ör.  II— IV.   1894-96. 

„152  „  16  füge  bei:  The  Chronicles  of  Jerahmeel  or  the  Hebrew  Biblc  historial,  traiisl. 
by  M.  Gaster,  fionbon  1899,  ugl.  3B.  ©ouffct  %ti^Q  1900  ©p.  262.  —  Über 
Sofippon:  ®.  9?eubaucr  Jewish  Quarterly  Review  1899  @.  355. 

„  368    „   27  ftrcid)e  ba«  Äomnto  nad)  ©roofe. 

^  369    „    14  u.  41  1.  Biography  ft.  Antiquities. 

„  369    „    53  I.  1881  ft.  1871. 

„  407  „  46  ^err  P.  Cbilo  SRottmanner  in  3Rüncften  ma(ftt  mi(ft  barauf  auf merffam ,  bafj 
ber  unter  ben  ©erfen  ^roban«  gebrurfte  Kommentar  ju  ben  ^roüerbien  uon 
SBeba  uerfafet  ift,  ugl.  MSL.  111  ©.  679  mit  91  8.  937  u.  f.  %f)DS,  1896 
8.  620.  .&. 

„  55;')  „  53  füge  bei:  5)a6  ;,ber  arme  3a!ob",  loclt^er  ba«  üon  Bahmani  1899  ^erauSge* 
gebenc  Tcstaraentura  Domini  nostri  Jesu  Christi  laut  8(!6Iu6fd)rift  ber  ju 
®runb  liegenben  §bf.  „im  ^aW  998  ber  ®ried)en  ou«  bem  ©riccftiftftcn  inö 
8l)rif4e  überfe^tc",  3<i'ob  ^o«  ®^fffö  fei,  ifteine  nabelicgenbe  ^(nna^mc,  bleibt 
aber  not^  ju  untcrfu^en.  3)a  bie  entfprcdienbe  ^orifer  .^bf.  f)inter..bcn  Elften 
uon  tartftaao  unb  ben  iöricfen  S^prian«  baSfelbc  3^^^  f«^  ^i«  Uberfe^ung 
biefer  8tücfc  au«  bem  ®riecftifrf)en  ongiebt,  flammt  üielleicöt  au(6  letjterc 
?trbeit  uon  i^m ;  f.  «.  ©aumftor!  in:  ?Römif*e  DuortaIf(ftrift  1900  8.  8.24  f. 

9?eftle. 

9.  äufluft  1900. 


h  4ütX"  C       4b'}^i 


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