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^ßakncyflopäbie
für proteftantifdjc
3n ^ritter oerbefferter unb oermel^rter Auflage
unter ZHitipirfung
ricicr Ct^cologm un6 anbcrcr (ßclct^rtcn
t^erausgegeben
von
Ptofeffor in £eipii0
:i^cn'c — JlcruifiimcH
Akdover-Harvard
Thbologigal Library
CAMBHIDOE. MASS.
2Iüe ^ediie, insbcfonbere bas ber Überfc^ung für jeben
eiit5elneit 2(rttfel oorbet^alten.
fl. b. i^o\m u. ntH».«8ud»bni(rerel bon «Vr. ^niifle (^nnee & 6o(n), ^rlattflen.
^etieti^ttid «Ott ji6lltlr)tttt0ett.
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^Ibl^anblungen ber berliner 9(fabemie. MSL
Allgemeine beutfd^c ©iograp^ie. HRt :
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«rc^iD für fiitterahir unb Äirt^en* iR3b2:^ -
gef(^i(^te bed Mittelalter^. 97f3
^fb^onblungenb.Münc^ener^fabemie. ^%
Acta Sanctoram ber ^oQanbifteu. $3
ActaSanctorum ordinis 8. Benedicti. Potthast :
9(b^anblungen ber ©«(^ftfc^en ®efea« 9lO@ :
ftftoft ber SBijfenft^aften. ©»«
«Ite« teftomctit. @3Jl« =
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Bibliotheca maxima Patrom Lug- SS
Codex diplomaticus. Xl^3^ =
Corpus Reformatorum. X^S!99 =
Corpus scriptorum ecclesiast. lat. X^23 =
Dictionary of Christian Antiquities X^O® =
von Smith & Cheetham. X^@t^ =
Dictionar^r of Christian Biography XU =
von Smith & Wace.
S)eutf(6c ßitteratur*Äeitung U» =
=r Glossarium mediae et infimae "B^ =
latiniutis ed. Du Cange. SS (S9( =
3)eutj^e 3eitf*rift f. Äirc^enrcc^t. 3SSS?l =
gforfqungen jur beutfd&en ©cfc^ic^tc. R^tSB
(Söttinaift^e gelehrte ^Cn^eigen. Ab^t
^iiftorif4e«3o§rbu(ft b. ® örrcSgefeD W. flbm®
iftortfcfte Seit^rift oon ö. @^bcl. Ab^S
egesta pontif . Rom. ed. Jaffö ed. II. 3^^
Ja^rbüAer für beutfc^e X^eologic.
d^rbü^er für proteftant. ^eologi
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: Patrologiaed. Migne, series graeca
: Patrologia ed. Migne, series latina.
: ^Mitteilungen. [®efc^i(^t8!unbc.
: iReue« 9Ir(^iü für bie ältere beutfc^c
:9Jcue Solge.
: 9^euc 3ö6r6ü(^er f. beutfd^eX^eoIogie.
: i«eue rir4Ii(^e 3eitf(^rift.
: iReued Xefiantent.
i^reuftifd^e 3ö^^büd|er. [Potthast.
: Regesta pontificum Romanor. ed.
: $Römifd|c Ouartaifcftrift.
: 6t(ungdbertd)te b. berliner 9tfabcniie.
,, b. ^ünt^ener „
„ b. SBiener „
: Script ores.
: '^I}corogifcijcr
:r proteftont. 2:^eoIogie.
, igefc^li^te.
SHrd^enorbnung.
Siterarifij^« dCentralblatt.
Coliectlo conciliorum ed. Mansi.
iXaga^in.
Monumenta Germaniae historica.
ia^reSberit^t.
litcraturblQtt.
1 1] c L> f L^ g i f d)c ßiteratur jeitung.
Xljcoiügifdic Ouartalf^rift.
Xl)eoloijit£^c Stubicn unb ^itilen.
Icftc unb Unterfu(ftungen ^rauS*
geg. )?on ü. @(eb^arbt u. ^amad.
Urfunbenbud^.
Serfe. 93ei ßut^er:
Serie (Srianger 9(udgabe.
Serie Seimarer ^tudgobe. [fd^aft.
3eitfc^rift für altteftamentl. Siffen*
„ für beutfc^ei» ^Itert^um.
„ b. beutf(^. morgenl. ®cfeUf(^.
„ b. beutf*. «Palöftina »erein«.
„ für biftorift^e 2:^eologie.
„ für Äirc^engeftfti^te.
„ für Äird^enred^t.
„ für lot^olHdjc X^eologie.
„ für ürt^I. Siffenfc^. u. i*eben.
„ für lutl^er. Xl^eologie u. fttrt^e.
„ für ^roteftantiSmu« u. Äirc^.
„ für X^cologie unb ^rd^e.
„ für joiffenfrtiaftl. X^cologlc.
6. 7H0 3. 57 (Sine alte fatciiiiWc Übcrfc&ung ift in bcr ^olimpfeft^aiibfc^rift LV (5^) ber
Äa^itularbibliot^cl toon Verona, acfdjricben co. a. 500, ermatten, ©ic umfaßte
u. a. bic flanjc SIpoft. ÄO.; erholten ift c. 18,5—30. ^Jfll. Didascaliae apos-
tolorum fragmeDta VeroDcnsia latina. Acoedunt cauouum qui dicuntiir
apostolorum et Aegyptiorum reliquiae. Primum edidit Edmundus Haulcr.
Fase. L Lipsiae 1900.
6. T^b 3- 20 3^re SSorlage war aufÄ cnaftc Dcrtoanbt mit bcm alten, lotcinifdjcn Codex
canonum in SSerona, ben fauler bort auffanb. ^enn berfelbe ent^fiU bie
f^rifc^e ^ibadfalia, bie 9(poftoUf4e ^tT(f)enorbnung unb bie ^tg^ptif^e SHrc^en«
orbnung. ^n i^rem grtec^if^en Original ftanb an Dor(e6ter @teae noc^ bie
©c^rift beg ^ippol^tud siegi xagtofidiwr. 3)ic lateinif(^e Ueberfe^ung ift natö
fauler »o^I no4 im vierten ^at^r^unbert entftanben.
8. 735 3. 32 a)ic lateinifc^e Überfejung in Verona enthält ungefähr brei 9tc6tel ber 3)ibaS*
falia, unb jeigt u. a., ba6 i^r urfprünglit^er Xitel Aidaxrj töjv ajioaroXoiv ober
Atdaxh xai^oXixt) »or. ^gl. bie genannte SluSgabe ^aulcrg.
©. 737 3. 25 a)ie lateinifc^ Ucbcrfe|ung in ©erona enthält etwa bic ^älfte ber 9igt)ptifd)en
Äird^enorbnung, mit fe§r intereffantcn 9lbn)eic^ungen. 83gl. mein SReferat in
ber 5t§a3. 1900. $. «djelig.
3. Saitb«
8. 817 3- 39 ^te d^orgeric^te pnb feine fpejiftfc^ ^ernifdje Einrichtung, aud) nic^t nad) beut
S^orl^errengebäube in ^ern fo benannt. @ie finb uielmel)r einfach bie (£t)C'
geriete ber reformierten fdmjeijcrifcften Äirtfien, an ©teile ber alten 66orgevirf)te
an ben bifd^bflic^en Furien. $)a$ erfte @^egeri(6t ber ©dbiuei^er 9leformation
fd)uf Süric^ burd) bie e^eorbnung ü. 10 3Rai 1525 (ßgli, ?(ctenfammhing 711)
unb e^ mürbe au4 in 3üri(4 ber iRame (£^orgerid)t neben ber ^ejeit^nuug
(5()egericöt gebraust (Egli 831. 847. »uningcr. 9?ef. •©€[*. I, 287). 3)a«
©erner e^orgerid^t ift mie bie ganje bortige ^Reformation feit 1528 Äopie be?
3üri(öerifien 3Rufter8. fBegen bcr Drganifation bcÄ ©eric^tS reifte ber S3erner
yiil 3KanueI ©nbc 3Rai 1528 na* 3üri(ft gu SmingU (3m. SBerfc VIII, 190 f.
ogl. ©trlcflcr, 5(ctenf. II, 415 om ©djlufe). egli.
©. 112 3. 26 I. 1222 ft. 1122.
^ 269 „ 43 I. survey ft. surrey.
5. »attb.
6. Sanb.
©. 315 3. 41 I. «bt ^^ilipp ©djent ju ©Aroeindberg ft. Mi So^anne». S)icfer ^t)ilipp
©c^enf 511 ©Ämein^berg ift nic^t ibentifd) mit bcm gleichnamigen ©prögUng
biefe« «belSgefcftlec^teg, ben bie erfte ^orburger 3Jlatritc( ü. 1527 alä ©tu-
bierenben ber neu geftifteten eoangclifc^en Unioerptät anführt (fo ^eppe, ^ird)en-
gefd). beiber Reffen I ©. 199). 3)cr tejtere ift ein SJermaubter beS fpdteren
©tift«abt». ^. S(. Äijftlin.
©. 51 ft 3- 9 füge bei: 3)en apologetifdjen SJerfucften gegenüber ßrufcft reiben ficft ferner an:
®b. Äoljler, La vie de S. Genevifeve est-elle apocryphe? (Rev. hißt. 1898,
282—320) foroie H. Les^tre ($fr. an ©t. ®cnoo. in ¥ariÄ), Sainte (ienevi^vc,
Paris 1900 (jur ßecoffrefcften ^agiolog. ©ammtung „Les Saints" gcprig). ^0=
gegen ftimmt ber ^rufc^'fdjcn Äitil ju, inbem er gleicftjeitig bie tJiguv ber
feeiligen gonj in§ ^Wijt^ifcfte oerflüdjtigt (®cnoücfa, glelc^ ber SSerena bcr
^(amannen, eine j^orn- ober gflug^ciligc 2C.): @. ^. IBernouQi, ^ie ^eiligen
bcr Werooinger, 2:übingen 1900, ©. 191 ff. 3ijcfler.
(Sri'ttfe^ung am ©c^Iug bed IBanbe^.)
^tffe, ^riebrid^ §crmann, geft. 1888. — SJgl. qjrot. Äir(ft.-3tfl. 1886, ißr. 13;
1888, "Slv. 44 unb 45; g. ißlppolb, S)ie t^cologifc^e (£inaclf(öulc im «cr^ältni« jur eoongc*
lifc^cn l^lrd)c. 3)rfttc unb oicrte ^Ibteilung, 93raunfcött). 1893; S3. ©tobe, 3)ic SRcorganifation
bcr t^eologifcftcn SfafuItSt ju ©icftcn in bcn Sauren 1878—1882, (äJicfecn 1894; S. SBciffcn-
bac^, ^crrn Dr. ©tobe« 5Sa^r§cit unb S)i(^tun9, ©raunfcftro. 1894. 3)ic nat^fte^cnbcn $cr* 6
fonalongabcn fmb bcn Äftcn entnommen.
rcbric^ ^ermann §cffe tourbc aU Qof}n be^ ©c^ulle^ret^ unb Äantor^ ^icbric^
§cffc am 20. gebruar 1811 ju S3arut^ bei ^auü^m in bcr Dbcrlaufife geboren.
aSon 1831—36 ftubierte er ju ©reölou iJS^eoIogie, tourbe 1836 jum 35oftor bcr $j[|iIo*
]op\)k, 1837 jum Sicentioten ber Si^eologie t>romobiert, jj^obilitierte ftd^ 1838 oI« ^ßribat« lo
bo^ent bei ber etHmgelifc^-tl^eoIogifäen ^fultöt )u SSredlau unb tvurbe 1842 ol^ au^er^
orbentlid^cr ^rofeffor no^ ©iefeen berufen. S3ereit« 1843 jum Uniberfitätg})rebigcr befteHt
^at er biefed 3lmt bo(^ erft 1848 angetreten unb bi^ 1866 bertvaltet. 3um orbentlid^en
^rofeffor iüurbe er unter bem 29. ÜKärg 1844 ernannt. 35ag SReftorat befleibete er bon
1857—1858. 1863 tourbe er mit ben gunftionen be« ©tii)enbiaten-@))^oru« betraut, is
3)cn litel (äe^etmer Rird^enrat erhielt er 1872. Slm 6. ä})ril 1878 tourbe er in ben
Slu^eftanb berfefet unb ftarb am 23. Dftober 1888 ju Äe^I.
Sorgfalt, ©rünblid^teit unb Älar^eit, in^befonbere in bcr SBiebcrgabe frembcr Sin«
fd^auungen unb ©^»fteme, ^ben ben afabemifd^en Scl^irer, aufri^tige SJreunblic^feit bei
rüd^oltlofer Offenheit im amtlichen unb })erfönli(^en SSerfe^r ben ÜKenfqen au^ejeid^net, 20
unb bantbare Schüler l^abcn toieber^olt bezeugt, toag fie an §effe ate fie^rcr gehabt l^oben.
2)0« fieiben ber ©(^toer^örigfeit, mit bem behaftet er fc^on in fein Slmt eingetreten tpar,
fyit in ft>äteren ^af)xm feine öffentlid^e SBirffamfeit, jumal bei ben SSer^anblungen in ben
afabemifc^en ÄoHegien, ftart beeinträd^tigt. . SSielleic^* ^«^ ^ «wd; ni^t o^nc ßinflu^ auf
feine in ©utad^ten unb anberen amtlid^en Su^crungen, iüie auc^ in feinen iDiffcnfc^aftlic^en 26
arbeiten ^ertjortretenbe 5Weigung jur Umftänbli(^fcit unb ^ebanterte. 33en §auj)tgcgens
ftanb feiner alabemifd^en ^ätigfeit bilbete ba« (bebtet ber @sedefe, bod^ tft ^. au^ oI«
2)ogmatifcr unb ©tl^ifer tl^ätig getoefen unb ^at gelegentlid^ über Äated[^ettt unb Äirc^en*
ret^t gelefen. 35ie 3<^I f^^^^ SBeröffentlic^ungen ift Hein, unb feine ift barunter, bie m
bem Urteil bered^tigen toürbe, ba^ ,^. bie t^eologifc^c 2Bijfcnf(^aft um neue ®cftd[>t«})unlte so
bereichert ober ba^ fein ipori^ont größere aufgaben umjjjannt ^ätte ate bie ber gelehrten
^JKonograt>^ie. Slbgefe^en bon feiner älntritt«i)rcbigt al« Uniberfität^^rcbiger (Sieben 1848)
unb ben greunbe^toorten am (ärobe Änobete (ebb. 1863) t>eröffentUd[>te §effe: bie Ziffer*
tation de psalmis maccabaicis, Sre^Iau 1837; bie SRcftorat^rebe über „ba« erftc ^af^x-
hunbert ber t^eologifc^en gafultät in ©iefeen", ©ie^en 1858; ben äuffa^ ,,2)er ^Ifenss
^Jetri — fein pfeifen" in ben „3^^^- w*^^ Streitfragen" öon g^. öon ipoljenborff unb
SB. DndEen, 34. §eft, Hamburg 1874; bie größeren ÜKonogra})^ien über „bo« ^Kura*
torifc^e %xaQmmV\ ©iefeen 1873, unb über ben „terminiftifc^en ©treit" ebb. 1877. 35iefe
ätrbeiten, jumal bie Ic^tgenannten, bienen jur Scftättgung be« über bie ©igenfc^aften §cffe«
ate afabemifd^en fielj^rer« ©efagten. 35ie freilid^ breit unb umftänblid^ gefd^riebene 3)ars 40
ftettung ber t^eologifc^en §a^nenfäm^)fe um 1700 barf iebenfaH« nid^t aüein nac^ Slitfc^te
abf})re$enber SRejenfton in ber 1^23 (1877, 3lx. 13, Qp. 365 f.) beurteilt iüerben, unb
mit ber ©c^rift über ba« SKuratorianum ^oben bie ®efd^ic^t«fd^reiber be« neuteftament*
Ud^en 5lanon« fid^ noc^ immer au«einanberjufc^en. 2)ie nad^ §.« Xobe erfd^ienene, Dom
93erfaffer für ben 35rudE boÜftänbig Vorbereitete Unterfuc^ung über ,,bie ßntfte^ung ber 46
neuteftamentlic^en Hirtenbriefe", ^aUe 1889 (ögl. §. §oI^mann in l^SR 1889, 3lx, 13,
©t>. 326 ff.), jeigt beutlic^e ©t>uren be« älter«, bür^c aber mit i^ren 5?a^h)eifcn über ben
f om^ilatorifc^en ß^arafter berS3riefe unb mit ber §erau«fc^älung be« in i^nen erfennbaren
poulinifc^en Eigentum« fic^ änfpruc^ auf bauembe ©eac^tung ertoorben ^aben. ®. Ärüger.
ffitaUikntttUop&hit fflr X^eologic unb ftir(^e. 3. 9(. Vlll. X
2 ^cffel«
^effefd^ 3^'^^'^"^'^/ 9^P- 156G. — Potr. F. X. de Kam, Mrmoire sur la part que
le elerge de Belgique et specialeinent les doct<^urs de runiversit^ de Loiivain ont prise au
Concile de Trente, Trüffel 1841; fiinfenmann, SBojuS u. bie (Örunblegung be^ 3anfeniömuö,
2:übingcn 1867; ^urtev, Nomenclat. lit rec. theol. cath. I, p. 30f. ; Sdjecbcn, 9(. „.^effcl^"
6 im m2^ V; 4)crgcnrütf)er, S)bb. bcr aüijem. ^ird)cn9e|c6., 3. 5lufL III, 352 f. SSgl. Qud) bcn
91. „93aiu§'' in biefer Giic. II, 363 ff.
3ol^. .^cinrid^ ^t^eflel^ (Hesselinus — ntd^t etiüa Hasselinus, aU \växc er ibmtifd^
mit Seonbarb ^oi), ian .öaffelt, feinem 1551 geftorbenen älteren 3^itgenoffcn, mit lüeld^em
er in ^aÜaöiciniig Istoria del Concile di Trento irrtümlicfiertreife bertüed^felt tüirb),
10 iDurbe im Saläre 1522 geboren ju 3lrra^, ober md) anberer Singabc in 2öh)cn. Gr lef^rte
juerft 8 gabre lang in bem ^rämonftratenferflofter $arc untreit £ijh)en, bann Irurbe er
^^Jrofeffor in ber tl^eologif^en gafultät biefer .^oc^fc^ule (1559), aU 5?ac^foIger be^ auf
ben neu errichteten Sifcbof^ftuf;! ?)pern überfiebeinben ÜKartin Salbuin Slit^obe (t 1582).
Gr fd^Iofe fid^ l^icr angelegentlich ber toon feinem älteren MoHegen Sajuig Vertretenen
16 auguftinifc^-antifcbolaftifc^en 3ticf>tung an, inbem er über bie mittelalterlicf^e @nth?icfclung
ber abenblänbifd^cn il^eologie auf bie großen Stird^entoäter be« 3. bi^ 5. ga^rlj^unbert^, toie
ß^jjrian, 3lmbrofm^, ^ieron^muig unb üor allen 2luguftinu^ jurüdfgriff, ^uglcid^ aber bem
Sluguftini^mu^ ber ^roteftanten in fc^arf er $olemif gegenübertrat. 3"!^"^'"^" mitSaju«
unb mit bem älteren ßorneliu« 3^"f^" (nachmaligem Sifc^of üon ®ent, f 1576) ging er
20 1563 al^ i^ertreter ber 2öh)encr gaJEuItät gumirienter Äon^il, an beffen legten ©effionen
er nod; tl^ätigen 2lnteil na^m. Gr fcbeint l^ier ju ben toorbereitenbcn arbeiten für bcn
Catechismus Romanus l^injugcjogen trorben ju fein, ©id^er ift, baj er baö in bcr
25. Seffton berfünbete 2)efret „De invocatione et reliquiis Sanctorum et sacris
imaginibus" ate Sleferent Vorbereiten ^alf — au^ änlaj iDoVon er fpäter nocb ben Xraftat
25 De invocatione Sanctorum et de eorum vitis atque legendis censura (erfc^iencn
1568, gh)ei ^af)x^ nad) feinem S^obe) Verfaßte. — ©d^on in 2:rient Von ber fcbolaftifc^en
Partei ber .Wonjiteüäter ^art angegriffen, fa^ er fic^ aud^ nac^ feiner Slüdffel^r Von ba
nocb JU mand&en abtre^renben Äunbgcbungen nad) biefer ©eitc Ij^in genötigt. 3We^r im
beffen aU baö Gintreten für feine auguftinifc^=baianifc^e 3lid[>tung gab i^m iüäbrenb feiner
80 brei legten gal^re bie "ilJolemit gegen ben ^rotcftantiömu^S unb gegen bie JJrieben^t^eologie
Gaffanber« ju t^un. SJie er benn faum al^ ein entfc^iebener unb unbebingter Vertreter
be^ Sajani^mu^ gelten fann, Vielmebr auf manchen ^^unften Von bem eine fonfecjuenterc
C>)pofition gegen bie Sc^olaftif unb ba^ furialiftifcf^e ©vftem bet^ätigenben älteren Äollegen
abtvic^. 33ejeid^nenb ift in biefer «s^infic^t, ba^, träbrenb Saju^ bie neuerbinge burc^
35 ^^iu^ IX. bogmatifierte granji^tancrlel^re von bcr unbefledften Gm>)fängni^ 3Rariä auf^
fd^ärffte befämpft i}at, §effete vielmel^r ju ben notorifc^en 3?orläufem unb 3Serbrcitcrn be^
Von bcmfclben ^JJa^fte ex cathedra Vertünbeten Unfel^lbarteit^bogma gehört, ba bie Von
i^m gegenüber ben 'ißroteftanten be^au^jtetc indefectibilitas cathedrae Petri (f. u.) Von
bem, h)a^ man jc^t ))äj)ftlidbe 3"f«öibilität nennt, fid^ faft in nic^tg unterfc^eibet. —
40 t<peffel^ ftarb bereite 1566, erft 14 ^a^rc alt. 3?on feinen ©d^rif ten cntftammt bie befou=
ber«^ reicbl^altigc ®rup)3C ber ©treitfdSjriften Iriber bie Gvangelifd()en unb tviber Gaffanbcr
gröfetenteite bem legten Iriennium feinet 3Birfcng, mäbrcnb bie arbeiten eEcgctifcf»en 3"=
^alt^ mcift älter finb, aber — tvie auc^ ber baig bogmatifcl)e %ad) repräfentierenbe Cate-
chismus — erft nac^ feinem 2;obc veröffentlid()t lüurben. 31B jur crften ber brei
45 ©nHJpen geljörig finb (au^cr ber oben crtoälmtcn Censura de invocatione Sanctorum)
JU nennen: Probatio corporalis praesentiae corporis et sanguinis dominici in
Eucharistia, Colon. 1563; Confutatio confessionis haereticae, teutonice emissae,
qua ostenditur, Eucharistiam esse sacrificium propitiatorium, Lovan. 1565;
Confutatio novitiae fidei, quam specialem vocant, adversus Joh. Monheniium,
60 ib. 1565. Gincn 2tnl?ang ju biefer ©trcitfc^rift tribcr ben 2)üffelborfer ©c^ulreftor
'^oi), "SJonlj^cim (f. b. 21.) bilbet ber oben bervorgcbobenc infadibiliftifd^c 2^raftat : De per-
petuitate cathedrae Petri et eins indefectibilitate (fpäter auc^ aufgenommen in
S3b VII be^ Thesaurus theologicus beö Vcnetianifc^cn 3<Jfuiten ^anj 2lntpn ^^ccaria,
1762). gemcr bie anti=Gaffanberfc^cn 2^raftate : Oratio de officio pii viri exsurgente
55 et vigente haeresi (Lovan. 1565): imb: Declaratio, quod sumtio Eucharistiae
sub unica panis specie neque Christi praecepto aut institutioni adversetur
(ib.). — 2)ie ejegetifd^e @ru)3j)e rev>räfenticren: Commentarius de passione Domini,
Lovan. 1568; Comm. de I. Tim. et I. Pet., ib. 1568; Comm.de ev. Matthaei,
ib. 1572; C. de epistolis Johannis, Duaci 1599 (Antv. 1601). — 2)ie bogmatifc^e
GO $au))tleiftuitg ^effetö ift fein Catechismus, ein mel^r biblifd^-crbaulid^ ate fd^olaftifc^
gehaltene^ Sebrbud^ bcr &lauhm^' unb ©ittcnlcl^re, erfc^icncn gu 2öh)cn 1571 (2. ed.
1595) unb in öier 3:cile geQÜcbert: 1. De symb. apost.; 2. De orat. dorn, et salu-
tatione angelica; 3. De decalogo; 4. De sacramentis (toobon bcr biertc %^H um
üoQcnbct blieb), ©eine auöuftinifqsantijci^olaftifc^e ©runbric^tung tritt in bicfcm SBerfe
gumeift, ^crt)or. ^intereffant ift bagfclbc toegen feine« SSerlj^ältniffeig mm Cat. Rom., toon 6
beflcn Clonomie ^, bei jonftiger teiliüeifer St^nlic^feit, barin abtüeidpt, ba^ e« bie ©afra*
ment^Ielj^re ate ©c^Iu^teil be^anbelt. <85cf(er*
Reffen, (Stiifülirnng bei» eijrifteiitttm« f. »onifatiu« S3b III ©. 301.
Reffen, Orofe^erjogtum. Äird^Iic^e ©tatiftü. — SBic^tlöfte ßittcrotur:
9lc. fi.SRt4tev, ÄDC, 1846; (Svcbner, <P^iLb.®r. ie. JHef.0. 1852; öcnj, ©rieftuecftfel fianbgr. lo
$^il. mit 93uter, 3 93be, 1880—1891 ; ÄD ^Harburg 1566 (aud) cb. Don $i. ^ebcr 1847);
Ägenba b. i. SJO ^Rarburg 1574 (babci „Orbnung unb SRef." jc. 1572), tincbcröoU unüer*
Snbcrt 1662 unb 1724; g. «3. .&QffcnrQmp, ^cffifcfte Äir(t)engef*i*te, 2. ?l., 1864; »lichter,
®cf(Ij. bcr Ä.-SSerf. J85t; C)eppe, ^® beiber C)effcn 1876; (5Jc|d)icfjtc ber ^effifcften Ocncrol*
fijnoben 1847; 3)ic ßinfü^rung ber SScrbefferungöpunfte 1849; ^ilnmr, ®e[d)id)te beSÄon* 16
feffion^ftanbcS In Reffen 1868; fiuciu§, S)ie ^effifdjen g-rogeftücfc 1868; griebrt*, Sut^er u.
bic Älrdjentjerf. ber Ref. eccL Hass. 1894; 3B. mtjkv, ©eff- ßircftenücrf. im 8?I. bcr 5»ef.
1894; 2S. 25ieM, 3ur ©ef«. ber Äonfirm. 1897; 6. e()r. «cbcll^, Sct)rb. ber pr. 2:f)eoI. 2.91.
1898; e. 2B. Äö^Icr, ^anbb. ber firc^l. ®efet\gebung b. ©r.Men 1847; ^. SJö&Ier, Äir*en*
redit b. eu. Ä. b. ®r. C)effcn 1884 (9?ad) träge 1890); W. ©c^mibt. Äirc^enrcc^tl. OueOen b. ®r. 20
Reffen 1891; griebbcrg, SSevfaffungögefeJe 1885, 1. ^Jlbt.; S)eut(d)e Beitf^r. f. Äir^enret^t;
8d)ütt, Fingern, ^ircftenblatt, Stuttgart; ^crorbnung«Jb(Qtt f. b. (Sü. II. bcS ®r. ^.*a)arm*
ftabt; ^abid)t, C)Qnbbud) f. b. ©. i^. |). 4. 9(. 1898; 2)ieö(, 8ur ®efd)id|te beS ®otteSbicnfte«
in Reffen, 1899; berfelbe, SJic alten ^eff. S)efinitoriaIürbnungen (2)3Ä$R 9. 83b) ; Pieper.
Äirdjltc^e Statiflit ©cutf^Ianbd X, 1899. 26
33ie ßnttoicfelung ber l^effifc^en cb. Äirc^e im 16. ^a^r^unbert ift burd^ ba^ perfön^
lic^e (Singreifen bc^ Sanbgrafen 5ß^Uipp unb feiner t^eologifc^en Statgeber (^Keland^tl^on,
3h)ingli, Su^er, §^periuö) im ©inne einer SSermittelung jtrifd^en fäc^fifc^en unb obers
beutfc^cn ätnfc^auungen ftarf beeinflußt. 2)oc^ ift in Reffen bi^ jur ÄO bon 1566 (ein*
fc^Iießlic^) eine eigenartige S8erbinbung cpi!^fopaIiftifd)er unb preäb^terialer Sienbenjen mit so
ber fürftlic^cn Hird^engelDalt ju fonftotieren. 3)ie firc^lid^en Drbnungen berufen auf bcm
3ufammeniüirfen be^ fianbgrafen unb ber fird)lic^en ©tänbe. DJac^bem bic auf bcr
©^nobe t)on ^omberg an ber ßfjc (1526) beru^cnbe Ref. eccl. Hass. fiatnbert« (9lid;terl,
56 f.) nid^t jur ©infü^rung gefommen trar, folgte man in ber ©otteöbicnftorbnung bi^
3um 5Dlarburger Slcligion^gefpräc^ gunäc^ft SBittenberger (Sinflüfjen. ©eit 1531 (1527/8?) 35
orbnen (fpäter 6, gclpä^ltc) ©uperintenbenten bie fir^li^en S8er^ältniffe, feit 1537 0ßi\u
tation^orbnung) unter 3JJith)irfung ber (Scnerolf^nobe, cine^ einmal im ^af)x jufammens
tretenben älu^fc^uffc« bcr gciftlic^^cn ©pejialf^noben. '^n ben breißiger fahren ift ÜKartin
Suj^er ber buri^ t>erfönli4>c Beratung unb regen Sriefh)ec^fcl einflußreic^ftc Slatgcbcr
$E^ilipp^. 3^9^'ff^ ^^ ©traßburger ©influffc^ finb bie erfolgreid^en Drbnungen be^ 40
3alj^rcö 1539: bie 3if g^n^ö^ner Ä. 3uci^torbnung unb bie fürÄaffel beftimmtc Ä0(9tic^tcr,
I, 290 f., 295 f.): ©infü^rung ber tcite bom diät, teil^ toon ber ©emcinbe geh)äl^lten, im
©otteebienft ,,bcftätigten" ^p^e^b^ter aU 3luffe^er unb 3)iit^elfer be« ^farrer^ in Äir^en*
juc^t, ,,gemciner ©eelforge unb §irtenbienft" ; erftc Crbnung ber Konfirmation inl)eutfci^5
lanb, bic in §. auc^ im 17., 18. ^al^rljunbcrt fic^ erhalten l)at (3)ie^l a. a.D.) unb für 45
©pener borbilblid^ getoorben ift. G^^ibitibe gormel jur ^anbauflcgung : ,,9Jimm ^in ben
Ij^eil. ®cift" u. f. h). bei gefunb eüang. - firc^l. ©efamtanjc^auung ! Um bcr bei bem
gcl^lcn einer 2lgcnbc für ba^ ganjc Sanb cingeriffenen Ungleid^l^eit in ben gottc^bicnftlid^en
Öebräud^cn ju ftcucrn, gaben 1566 bic ©uperintenbenten bic mefentlid^ Don 2lnbrea^§^s
pmix^ in Harburg aufgearbeitete, caltoinifc^ unb öfumcnifcf» gcbac^te, au^ ©d^rift unb so
©cfd^ic^tc bcr alten Äird^c mit gelehrter ©rünblid^fcit motiöierenbe SÜD ^erau^. 2)ie ©a^
framentcnle^re ift bcrmittelnb. ^r bie brei älmter : ©upcrintenbenten ober 33ifd;öfe, 'Jlltefte
(^^Srebiger unb Saien) unb 3)iafonen (2lrmenpflegcr) ift Drbination mit §anbauflcgung
öorgefe^cn. 3lad} bcm S^obe ^^ilipp^ (1567) Irurbe bon ben üier Sanbgrafcn 1574 bie
bii in^ 19. 3^1^^^"^^^^^^ '" ©cltung gebliebene, 1662 unb 1724 un^jcränbcrt toicber^olte 65
„ägenba b. i. KD" u. f. to. j^crau^gegeben. 5Die KD beruht auf ben Drbnungen toon
1539 unb 1566, ift maßtooH in ben formen, bejcid^net jeboc^ auc^ burd) ba^, lt>aö fie
übergebt, gegenüber jenen eine Sffienbung gutn ftrengcren Sut^crtum, ba^ f\d) ^infort an
bcr k)crmittclnbcn, mclanc^t^onijc^'bu^crif^cn Haltung ^^^ilipp^ bci^ @roßmütigcn unb
4 ^tffeit, Krd|I. StaHftit.
feiner ^üt im S3c!enntniö (SBittenb. Äonforbie, C. A. variata, Corpus doctrinae SRc*
land)ti)on^) nid^t mc^r genügen liefe, inbeffen bod^ bie Form. conc. in §. nic^t jur Slm
erfennung )u bringen Dermod^te (Sanbgraf SubtDig unb äg. $unniu^). ä)a^ lanbe^err^
Kc^e Äir^enregiment toöd^ft f\d) in p. erft jc^t unb befonber« infolge ber b^naftifc^en
6 ©treitigfeiten oEmä^Iic^ ju ber in rein luti^erifd^en 2änbem längft errungenen Stellung au^.
35ie TOeber^effen unter Sanbgraf SBU^elm (bem älteften ber ©ö^ne ^^iüjjj)^) folgten
ber in ©ac^fen atö h^i^tocafoiniftifd^ bezeichneten Slic^tung; bie Dber^effen, gefc^ü^t öon
2. £ubh)ig ju ÜKarburg, vertraten bie lonfcffioneß Iut^erif(|e Slnfd^auung. 35er Sanbgraf
bon 3)armftabt (®eorg I., ber jüngfte) ftanb mit feinen X^eologen auf ber ©eite ber
10 le^teren. 33er immer fc^ärfcr h^erbenbe lonfeffioneüe Oegenfo^ führte jum Sluf^ören ber
©encralf^noben, beren le^te 1582 ftattfanb. 3)ie böHige Söfung be^ lirc^Uc^en (Semein^
fc^aft^banbeg erfolgte, feit nac^ bem äbftcrben ber beiben mittleren S3rübcr nur nod^ bie
Sinien Äaffel unb 3])annPabt übrig toaren. Rh)ifd^en beiben fam e^ toegen ber obers
^efftfd^en (Srbfd^aft ju j^eftigen Ääm})fen, toel^e fd^Iiefelid^ in ben großen Strubel be^
16 breifeigiöi^rigen Äriege^ einmünbeten unb erft mit biefem jum äbfc^Iufe famen. 2)a S. Sub«
toig in feinem Xeftamente ben ßrben bie untocränberte 3lufrec^t^altung be^ unter i^m
aufgerid^teten Sefenntniöftanbe« jur ^flid^t gemacht, 2. ÜKorij bon Äaffel aber burc^ bie
bon il^m berfu^^te Sinfü^rung feiner 33erbefferungg)?unfte (1604) in feinem Slnteil bon
Dber^effen (5Warburg) bagegen berftofeen f)aiic, fo na^m bie barmftäbtifc^e Sinie, um i^ren
2oänf})ru(^ auf bag gange 6rbe gu ftü^en, nun bie ©tellung be^ unberrütften Se^arren^
auf bem alten Sefenntniöftanbe an. 3:l^atfäc^Iid^ l^atte unter S. Subtoig ber Ubiquiti^mu^
ge^errfd^t, unb fo nimmt je^t bie ^effen-barmftäbtifc^e Sanbeöfird^e im (äegenfa^ ju Äaffel
ein immer fc^ärfer au^e})rägteö lut^erifd^e^ ®e})räge an; unter ben Sanbgrafen Subtoig V.
(1596—1626) unb ©eorgll. (1626—1661) boUjie^t fij^ biefer ^proxefe. 3)aneben tourbe
26 bie altl^effifd^e 2^rabition mit unberfennbarer 3lbfx(|tlid^feit möglid^ft feftgel^alten. 3)er fe^r
ftreng gehaltene Steligion^reber^, h?eld^er ben ©eiftlic^en je^t borgefd^rieben irurbe (juerft
1617) enthielt bie a3er))fK(^tung auf bie ungcänberte ä. Äonf. unb 3lj)oIogie, bieSEtttem
berger Äonforbie, bie ©c^malfolb. ärtifel unb ben Catechismus Lutheri. — 3)er lut^.
Äatec^iömu^ toax bereite unter $^ilij)}) bem ©rofem. olj^ne offijiclle Sorfc^rift borl^errfc^enb
ao (baneben S3renj) im Sanbe gebraucht h)orben, 3)aneben enthielt bie fiirc^enorbnung bie
fog. ^effifc^en grageftüdfe, Äonfirmation^fragen, h)c((^e fic^ in ber S)i^))ofition an bie lutl^.
§au))tftücfe, im Sejt bielfac^ an ben größeren Äatec^ii^mu^ bon93renj (ben fog. .^aHifc^en)
anfc^liefeen unb bie ©alramentenlebre im©inne ber bermitteinben meIand^tf^onif(|en i^eo=
logie barfteßen. ©ie toaren bon Sanbgraf ÜKorij ju Äaffel bei ber bon i^m bollgogenen
86 SRefonn feiner Sanbe^firc^e in ben lut^erifc^en Äateq^ii^mu« aufgenommen toorben. 3)icfem
Sanbe^fated^i^mu^ für TOeber^effen tritt loä^renb be^Äami)fe^ ber beiben Linien (feit 1625;
berÄD beigegeben 1662) ein analog gearbeiteter §effens3)armftäbtifc^er ftated^iiJmu^ gegen^
über. 3)erfelbe enthält gleichfalls bie ^effifd^en gtagcftüdfe, h)eld(>e als einStüdf alt^effifc^er
Irabition nic^t angetaftet toerben burften, fo jebo^, bafe bie entfprec^enben genuin lut(>e-
40 rifd^en Scftanbteile ftelj^en geblieben fxnb (bal^er mehrere ^^agen boi}i)elte 3lntioortcn ^aben),
unb aufeerbem nod^ eine 9teiJ[^e neuer ^^ageflüdfe bon auSge))rägt lut^erifd^em 6l?arafter.
©tatt ber (äeneralf^nobcn tritt bem ©u))erintenbenten an bie ©eite baS |og. 3)efiuitorium
(1617 für Dber^effen, jeboc^ in ber Dbergraffd^aft Äa^cnelnbogen fc^on im 16. 3^^^^-
befte^enb), eine Slrt SluSfd^ufe an^ ber ®eiftlic^>feit, an beffen 3)iith?irfung ber ©uperintens
46 beut bei ber Prüfung unb älnfteHung ber ©eiftlic^en gebunben loar. (Sin Äonfiftorium
gab eS 1634 noc^ nicfat; gum erftenmal erfc^eint eS aftcnmäfeig 1638, 1654 gab cS
gtoei Äonfiftorien, ju 3)armftabt unb j;u (Siefeen.
3)ie Snfto'Etion für bie ü)letrobolitane (ßnbe beS 18. ^al^r^unberts Q^fP^^torcn ge-
nannt) unb bie Drbnung ber älmtSfirc^enfonbentc (SejirfSfoUcgien für (Sl^e- unb Äirc^cn=
60 juc^tSfac^^en unb bgl.) (1668) orbneten bie älufgaben ber erfteren, foloie bie immer me^r
fd^toinbenben (geiftlic^en) Scfugniffe ber ©u))erintenbenten unb bie loac^fcnbcn ber Äon=
fiftorien. 35ie ©rünbung ber Uniberfttät ®iefeen im ^ö^re 1607 (1625 mit3)Jarburg ber=
einigt, 1650 h)ieber fonftituiert) biente ben je^t bortoaltenben lutJ^erifcfjen 2:enbcnjcn. 3)afe
inbeffen ber ®eift ber Drbnungen bon 1539 unb 1566 noc^ nid^t gefc^lounbcn war, be-
66toeift bie auf ®runb ber (Srgebniffe ber ©eneralfirc^enbifitation bon 1628 bcröffcntlid^te
„ßrflärung" ®eorgS II. bon 1629 (u. a. über Äird^cnjuc^t, ©onntagS^eiligung, Ä^anbel
unb Äleibung ber Pfarrer, aud^ über bie je^t einjufü^renbe ^^Jribatbeic^te), foioie bie noc^
bebeutfamere „Drbnung bon flcife. Übung beS ßatedfiiSmi, ber Äinberlel^r, mel^rcr Äird;en=
biSji))lin" u. f. h). (1634 — bgl. glöring in 2)entfd^rift beS ^rebigerfeminarS griebberg
eol898, 399 ff.), ©ie orbnet bereits fpontane feelforgerlic^e ^auSbefucpe bei ®eiunben unb
^t^tn, htdil Statift» 5
Äranfen an, ferner in ben Stäbten jum 3^^* intenpberer ©eetforge Silbung Itrinerer
©eelforgebejirf e unter SKittoirfüng bcr Silteflcn, ^ beren jebcm befttmmte ®a^m bejonberö
jugeteilt toerben, in ©eelforge, Sittenjuc^t unb ÜberlDac^ung berÄatec^i^muöte^re unb be«
pier juetft burd^aefü^en ©c^utjtoang«, monatliche Äonbente ber Pfarrer unb Senioren.
i>ie ilj^ränenjeit beö großen Kriege« brachte bie altJj^effxfc^en Settage gu ^o^er Slüte (35ie^l 6
in 3. f. })r. 2;^. 1899, 11 f.). SBä^renb ber ^Regierung ©ruft £ubh)ig« (1678—1739) tarn
ber ^ieti^mu^ nid^t olj^ne fc^lDere Ääm})fe jur ^errfc^aft (ffiincHer in 2)annftabt; 9)tai,
®. ämolb, 3- 3- 5Hatubac^ in ®ie^en; ©e>)aratiften, 3lnf>)irierte, ß^^J^'^'^^f ^^ Dba:^
Reffen) unb fanb auc^ in ben firc^Iid^en ®rlaf[en biefe^ fianbgrafen manchen c^arafteri*
ftijd^en Slu^rudf. 33a^ gro^e ®armftäbter ßantional (bonSriegel 1687) unb bc^ ©arm^ 10
ftobtcr „©eijte. ©efangbud^" (1698) jtnb afe Sieber^ unb ÜKelobienjammlungen an ber
©4lh)eIIe einer neuen ^Ät bon h)eit^in reid^enbem Sinflufe getoefen. ®ie jiüeite .§älfte be«
18. 3«^^u*^t)ert^ erh)ei(^tc bie beftel^enben firc^Iid^en Drbnungen unb 33er})ffi(^tungen.
^od) tonnte ein auf 3Seranlaffung ber ,,gro6en Sanbgräfin" Caroline Jj^erau^egebene^
„jeitgemä^e«" ©efangbud^ im ^aiftt 1772 in§. nod^ nid^t burd^bringen. (Srft ba« S^^i^ ^^
1814 brachte ben meiften (äemeinben be^ Sanbeö ein ungemein bürftige^ rationaliftifc^e«
®efangbu4, ba^ feit 1880 burd^ ein bon D. ©(^lt>abe bearbeitetet berbrängt ift.
3)ie ©ebiet^eränbcrungen, h)elc^e burc^ ben 3leid^be>)utation«^auj)tfc^Iufe (1803) unb
bie SR^einbunb^fte (1806), bann bie Serträge bon 1815 ^erbeigefüM tüurben, burd^^
brad^en bie fonfeffxonette ©in^eit be^ Biaat^, Serlj^ältni^mäfeig beträchtliche Sanbe^teile 20
mit reformierter unb fat^olifcfier SeböBerung lamen Ij^inju. 33urd^ ba^ Drganifation^bift
t)on 1803 tourben für bie brei ^robinjen, mli)c ba« 2anb nun umfaßte (©tarlenburg,
Dber^en unb ba« bi^^er hirlölnifd^e §erjogtum SBeftfalen), brei Äirc^en« unb©c^ulräte
auf böttig territorialiftifc^er ©runblage, gemeinfam für Sut^eraner, Sieformierte unb Ra-
t^olifen errichtet. Sl^einl^effen (1815 ate Srfa^ für SHJeftfalen ertrorben) erhielt f})äter 26
einen Äird^enrat in 9Kainj. 3)a« S'^f^^* ^^ ©ujjerintenbenten fam auf ben äu^fterbe*
etat. 2)ie oltl^effifc^e älgenbe iüurbe auf bie neu erworbenen ^)roteftantifd^en Sanbe^teite
nid^t au^ebel^nt, lam bielme^ feit 1803 auc^ in ben alten Sanbe^teilen aufecr ©ebrauc^,
mit il^r ba« barin entl^altene Drbinationgformular. 35cr Sleligiongreber« Wax bereitgl775
au^er äntoenbung gefommen. ©leic^ertoeife famen auc^ bie fonftigen in ben neuen Sanbe^^ 30
teilen bor^anbenen 2lgenben unb Äird^enorbnungen tl^atfäc^Iid^ aufeer ©ebraudb. ®^ ift
beren eine beträdbtlid^e ^a!f)l ^xx ertoäl^nen fmb bon (ut^erifc^en : bie Slgenbe für bie
©raffc^ft erbad^ (^ule^t 1753 gebrudft), für .^anau^Sic^tenberg (1573), für bie Sleid^«^
ftabt ^ebberg (1700), für bie Surg ^Jriebberg (1704), für ©toIberg-.Oebem (1719); bon
reformierten: bie (pfäljifd^e Äird^enorbnung bon 1563, bie für §anaU'5Künjenberg (1688), 86
ferner eine Steige jum Xeil ungebrudEter Drbnungen für bie ifenburgifd^en unb folmftfc^en
terrfcHtcn (3fenburg 1598, §fenburg=Sübingen 1690, ©olm^^Sraunfete 1582 u. a.).
)ie reformierten Untertlj^anen toaren gleid^ bon 2lnfang mit ben lutl^erifd^en berfelben
firc^Iic^en äbminiftration unterfteHt. ^od^ gab e^ nocf> befonbere reformierte 3nfi)eftorate.
®ie t^atfäd^Iic^e Serfc^mel^ung ber Äonfefftonen bolljog fxd) rafd^. 35ie Union«beh)egung 40
feit 1817 teilte fic^ aud^ Reffen mit. Ünion^ftiftungen fanben ftatt in einer 5lei^e bon
ober^efftfd^en ©emeinben bi« 1822 olj^ne förmliche Urfunbe burc^ gemeinfame 3lbenbmaf)fe
feier, in ganj SR^ein^effen (burd^ oemeinfc^aftlic^e Urfunbe 1822), in ober^effifd^en unb
ftarlenburgifd^ ©emeinben (u. a. ®armftabt, Cffenbad^) fett 1822 burd^ örtliche Urfunben,
fotoie in 1866 ertoorbenen naffauifc^en unb fur^cfftfc^en ©emeinben. daneben na^m in 46
ben onberen ©emeinben bie t^atfäc^Iid^e Serfc^meljung ber Äonfefjtoncn (2lbenbma^fe
gemeinfc^aft, SReligion^unterrid^t, unterfd^^iebölofe änftettung ber ©eiftlid^en unb Se^rer)
i^ren tjortgang.
3)a« fird^lid^ Drganifation^ebift bom 6. 3uni 1832 fe^te an bie ©teile ber Krc^«
liefen ?ßrobinjiaIbe^örben ein gemeinfame^ Dberfonftftorium a(^ abminiftratitoe SKittet so
be^örbe unter ber Äufftc^t unb Seitung be« ÜJliniftcrium^ unb [teilte ba« Slmt bcr ©u))ers
intenbenten toieber ber. ®a^ gleichzeitige ©c^ulebift trennte bie Sertüaltung ber Sotf^s
fc^ule bon ber firc^lid^en. 35ie ebangelijd^e Äirc^e be^ Sanbe^ umf afet nac^ Slrt. 1 be«
Äirc^enebifted „bie lut^erifd^e, bie reformierte unb bie burd^ gcgenfeitige Übereinfunft
unierte Äonfef jton" j im übrigen nimmt ba« ßbift gleid^ ben e^ begicitenben 3inftruftionen 66
auf bie fonfeffbneUe 2)iffcrenj feine SRüdfftd^t. 2)ementfj)rcc^enb toar ba§ Scrfal^ren be«
ftirc^enregimentg toä^renb ber folgenben ^öl^r^el^nte. Sin ciHen fünften, \üo bie fon=
fefjionelle Trennung ^ätte toirffam trerben fönnen, blieb biefelbe aufeer Setrac^t, fo bei
ber Drbnung ber Konfirmation (1834), be« Slltarbienfte^ (1836), bei ber (grrid^tung be«
$rebigerfeminar« in griebberg (1837, baig bortige ©d^uHel^rerfeminar bereinigte fc^on feit 60
6 Reffen, hxd^l StatifHf
1817 oKe cöanaeKfc^c 3lf}3iranten) bei bcr Gintcilung bcr 2)cfanatc (1838), ber Scl^anb^
lung ber ^aroc^taberl^ältniffe, bcr ainftcHung bcr ©eiftlid^cn unb Se^rer. ®er babifc^c
Äatcd^tömu^ t)on 1834 lüurbc 1839 amtlid^ enHjfo^Icn unb fam barauf^in fc^ncH jur
aßöcmctncn 3lnnal^me. ©tatt feiner tourbc 1860 ber lut^erifc^c Äated^i^muö, unb ^toax
6 in bcr gaffung ber ägcnbc toon 16G2, für bic lut^erifd^en (Semeinben ipieber au^fc^Iiefes
lic^ toorßefc^ricbcn. 2)a^ in bemfclben S^i^^ eingeführte, auf bem alten agenbarifc^en gor^
mular ru^enbe Crbinationöformular öcrj^flid^tet auf bie c^riftlid^e Sef^re, \r>di)^ in ben
Sudlern be« 31 unb 9KC^ ,,cntbaltcn" unb „in ben refomtatorifdien Scfenntniffen unferer
Äirc^e, befonberg ber älug^b. Äonfefpon, bejeugt" ift; eine fonbcr^onfeifioneBe Sejiel^ung
10 enthält e« nic^t. —
®ie heutige Drganifation ber Sanbegfird^c ru^t auf bem 3Serfaffungöebift Dorn
6. S^^war 1874. 2)agfelbe begrünbet eine ©^nobcJöerfaffung nad^ mobemem %\}pu^,
am näd^ften an ba^ babifc^e ÜBorbilb ftd^ anfc^liefeenb. 2)a^ Äird^enrcgiment be^ „etoan*
gelifd^en" Sanbe^^erm bleibt erhalten (ber 3^1^ „et)angelif(^" ift t)on prinzipieller Sc-
16 beutung) ; ba^ Dberf onftftorium bilbet bie ^öc^f^^ fird^Ii^e Stegicrungöbe^örbc, für inner*
tird^Iid^e Angelegenheiten unmittelbar unter bem Sanbe^^erm fte^enb. ©eine geiftlic^en 3R\U
glieber (baneben 3 toeltlid^e, barunter ber ^räfibent) finb jugleicb ©uperintenbenten für je
eine ber brei ^roöinjen ©tarlenburg, Cberf^effen unb St^einl^effen. ®ie Sanbeöf ird^e umfaßt
nad^ § 1 „fämmtli^e etoangelifc^e (Iut^erifd()e, reformierte, unierte) ®emeinben beö Sauber
20 unbef^abet be^ Sefenntniöftanbe^ ber eimelnen ©emeinben". Site ©c^u^toe^r fonfeffio=
neUer Sefonber^eiten, toeld^^e fie ftc^ ju erhalten toünfd^en, ift ben ©emeinben (§ 3) für
©egenftänbe ber £e|^re unb be^ Äultu^ ba^ SRed^t ber 3lble^nung tird^engefe^licber Sin*
orbnungen (burd^ bie ©emeinbetoertretung) eingeräumt. 2)ie paro^iale 3wö^t>örigfeit be=
ftimmt ftd^ nac^ bem SBo^nfi^, fofem nid^t eimelne aug fonfeffioneflen ©rünben bie ^u-
26 pfarrung ju einer ©emeinbe i^re^ befonberen Selenntniffe^ ijerlangen (§ 9). 2)ie ©naben*
mittel bürfen feinem ©emeinbegliebe auö bem ©runbe, bafe e« bem befonberen Sefenntni^
ber betreffenben ©emeinbe nid^t angehöre, toerfagt Serben (§ 10). ©ine geftftellimg be^
35elenntni^ftanbe^ ber Pfarreien erfolgte jeboc^ auf baö SL^erlangen ber lonfeffioneHen 9lid^=
tung im ^aifxi 1896. — 2)ie Organe be^ Dberfonfiftorium^ fmb bic ^on ben 3)cfanat^s
80 fynoben gctoäf^lten 35elane unb l^infid^tlid^ bcr fird^lid^en SJcrmögcn^Dcrtoaltung bic Ärci^=
ämter. 2)ie Organe bcr fird^lid^cn ©clbftbertoaltung finb in ben ©emeinben bcr Äirc^cn*
toorftanb (au^cr ben ©eiftlic^en je nad^ bcr ©rö^c ber ©emeinbe 4 — 12 iJaien, auf
10 ^al)xc gctoöl^lt) unb bic ©cmeinbctocrtrctung (12—70 3Ritgliebcr), in ben a^ctanaten
bie 2)cfanat«f^nobc (geiftlid^e unb loeltlid^e ÜKitgliebcr in gleicher Sln^al^l) unb ber ^da-
36 nat^au^fd^ufe, in ber Sanbe^fird^c bic £anbegfi;nobc unb bcr ©i;nobalau^fd;u6 (,,@rh)citertcg
Oberfonfiftorium"). 2)ie ianbeef^nobe tritt regelmäßig aBe 5 Ija^rc jufammcn unb bcftcl^t
au^ je einem geiftUd^cn unb einem locltlid^cn Slbgcorbnctcn bcr 2)c!anat^fi;nobcn, 3 gcift=
liefen, 4 toeltli^en toom ©rofe^crgog ernannten SWitglicbcm unb bem Prälaten, ber aud) njic
ber fatf^olifd^e Sifd^of 2)Jitglicb bcr erften Kammer ift. — 2)ic (Einführung bcr 2>crfaffung
40 gab Slnlafe jur Slcnitenj unb Slmtöcntlaffung einiger lutl^crifc^cr Pfarrer unb ^ur Silbung
ftaatlid^ anerlanntcr ©cparation^cmeinbcn. ^m ^ai)x^ 1875 tourbcn Äirdjcn unb ^Hcli=
gion^emeinfc^aften ba^ Siecht ber Seftcuerung i^rer 3JJitglicbcr ^u fird()lic^cn 3*^^'^^" 9^=
loä^rt (Sanbe^s unb ^arod^ialfircbcnftcuer). ©eine erfte Slntocnbung (1876) erfolgte ^um
gtocdf einer bie ^farrgc^altc \>on bem ßinfommcn ber ^frünben unabl^ängig macbcnbcn
46 Älaffifilation ber ©eiftlid^en in 9Älaffen (gegenwärtig aufecr 3Bol)nung 1800— loOu Sit.,
®r^öl;ung fte^t beöor). 2)er Gcntralürd^enfonb^ reguliert bic 5ülel>r' unb Sünbcrcinnabmen
ber ^farrftcHen nad^ ber^f^ö^c bcö flaffififation^mä^igcn ©cl^alt^ unbgal^lt (fett 1890) alle
©ehalte au^. 2)ie (J'rl^ebung ber Sanbcefird^cnftcucr l^atte im ^ahxt 187() in ^)ibcinbcffcn
bie ©eparation bcr „^ciproteftanten" jur ^olgc; bamate 4800 ^crfoncn, fcitbcm ftctig
60 jurüdgegangen.
Ueber bic Slnftcllunggfä^igfcit bcr ©ciftlid^cn entfd^eibet bie nacb tl)atfäd)Iid; minbcftcn^
7femeftrigem©tubium an einer beutfd^en ^odftfdftulc Dor ber tl^eol. 5öifultät gu ©icfjcn ju
bcfte^enbe gafultäteprüfung, fotoie bie toon einer befonbern (auö ben geiftli4>en ^Jtttviltcbcrn
be^ Oberfonfiftorium^ unb ben ^Profefforen bcö ^rcbigerfcminare bcftcbcnbcn) '^>rüfinu3ö=
66 fommiffion in 3)armftabt abju^altcnbe 35cfinitorialprüfung, bcr ein einjähriger Öcjuc^ be^
^rebigerfeminar« ju griebberg vorausgegangen fein mu^. 2)ic theologifd)c J^^tultät ^u
(äie|en iä^lt 5 orb., 1 a.^o. ^rofeffor, 1 Stepetent unb (©ommer 1898) 59 Xhcoloßtc=
ftubierenoe; baS ^Prebigerfeminar 3 orb. ^rofefforen, 2 a.=o. Seigrer unb im 2)urd;fd;nttt
• 10—15 Äanbibaten. — 3)ie 2)ienftber^ältniffe ber ©ciftlic^cn fmb burd) ba^ ©taat^=
60 gefe^ betr. SJorbilbung unb 3lnftcllung ber ©eiftlic^cn (1887), burc^ bie fird;lid;c 3}icnft=
^fffftt, ttrd^I* @tatifHf 7
))racjniatil (1879), unb ba« 3)t^;iit)Imar9efefe (1883) öcregclt. 35ie Sefc^unß bcr ©teilen
erfolgt feit 1888 nad) ain^örung ber antrage be^ Äird^enöorftanbe«; bur^ baö Dber^
fonfiftorium. 2)ie ©tolgebü^ren lüurben 1891 aiifgel^oben. — ^n ber i^oltefc^ule erteilt ber
©ciftlid^e tröc^cntlid^ 3—4 ©tunben 3ieliöion^unterric^t. 3" ®runbe liegt aufeer ber Sibl.
©efd^ic^te (1884) in lut^erifc^en ©emeinben ber [ut^erifä»e Hated^i^mu^ mit ^eff. ^yrage^ 6
ftüden, in einer Slnjal^I t)on reformierten (Semeinben bcr .'ocibclberger j^atec^i^mu^, in
unicrten ©emeinben ber beibe ijereinigenbe unierte Seitfaben öon 1894. 3Kit ber fon^
finnierten S^Ö^"^ ^^^"^ ö" ^^" meiften Orten nad) alt^effifd^er 6itte in ber 2:rinitati03eit
Hatec^i^mu^Ie^re gegolten. 6ine ein^eitlid^e Siturgie unb !^anbe^genbe beftebt nic^t,
nur (linjelbeftimmungen über fird^licbe ^anblungen. DffijieU ift noc^ baö Württemberg, lo
Äirc^enbud; als ©ebetfammlung im ©ebraud^. 2)oci^ tourbe in ben legten SabrjeF^nten
burc^ einzelne ©eiftlid^e ber überfommenc nüd^teme fübh)eftbeutfc^e ©otteöbienfttt^pu^ inxd)
auiggefü^rtere, bem ÜKepfd^ema ftd^ annäl^embe ©otteebienftorbnungen an mehreren Orten
öcrbrängt. ^\ix 3(uöarbeitung eine^ o^nc agenbarijd^en 3^^"Ö ^^" ^^^' ®^off in reicher
älu^toal^l frei barbietenben fiird^enbud;ö ift eine Äommiffton gegenh)ärtig in l^ätigfeit. — is
2)ie firc^Iid^e Orbnung in Se^ug auf iaufe, Äonfinnation unb Trauung fann (©efe^
t)on 1883) gegenüber ben l^ierin ^flic^ttoergeffenen burd^ 3lberfennung fird^Iic^er gieren-
redete {3äa\)U unb ^atenred^t) gefd^ü^t toerben. 3)a^ Krd^Iid^e Seben h)urbe u. a. ge^
förbert burd^ ^S^f^W^" ^^ ^i^ tirc^Iid^e Slrmenjjflege (1879), burd^ ^Paroc^ialeinteilung
größerer ©emeinben, burcb ßrbauung ^aj^lreirfjer itird^en (Sirc^enbaumeifter), burd^ ^Rafe« 20
nof^men gegenüber feftiererifd^enSeftrebungen (u. a. ^rt)ingianer)unb folc^en „©emeinjc^aften",
bie, teütoeife i^re geiftlid^e Seitung Don aufeerl^alb (6^rijd)ona, Slböentiftcn u. a.) em^fangenb,
fid^ gegen bie Sanbe^fird^e ab(c^nenb ober angreifenb berl^alten, burd^ Berufung eine^
fiirc^enmufifmeifter^ (1891), burd^ ein Don 3. ©. öcrjog bearbeitetet 6(?oraIbud) (1888)
unb ein ^rälubienbuc^ (1897). 2)er Äird^engefang ift an Dielen Orten im ^ntereffe eineö 25
Dolfetümlic^ belebten St^^^t^mu^ reformiert. 2)ie Äird;engefangDerein^beh)egung fanb in§.
feit 1878 fräftige i^ertretung unb toeite Verbreitung (im ^a^re 1898: 106 Ort^Dereine
mit 4482 aftiDen SDiitgliebem ; ferner G^orfd^uten). — Äinbergotte^bienfte mit ©rujjpens
fbftem giebt eö 29 (308 §elf., 6200 Äinber), ol^ne baöfelbe 55 (5000 Ä.). ©emeinbe^
häujer giebt e^ an 3 Orten 5, 9?ercin^(;äufer an 5 Orten 7. (Sinen 5Reifej)rebiger für ^Jiu^ere 30
SJiiffton unterteilt bie Safeler 5Kijfton. §ür innere SKiffion beftel^t ein oberf^effifd^er SSerein,
im übrigen bilbet ß. einen 3^^'9 ^^ Sübh)cftbeutfd;en Äonf. f. 3- 3)1. mit eignem
eefretär. 3)agS)iafomffen^au^3)armftabt (feit 1858) ^at 97 3trbeitöfelbcr, 249©c^meftem;
e^ befte^en 26 Äranfen:; unb ©ied^cnl)äujer ber ^. 501. (120 Pflegerinnen), 62 ©emeinbe-
J)f legen (92 Pflegerinnen), 2 Ariden, 120 Äleinfinberfdjulen (mit 103S)iaf.), 15Äinbcr=35
$orte, 5 3lettung^= unb Srjie^ung^anftalten, 15 Qüngling^-, 5 £ebrling^=, 58 Jungfrauen-,
2 2abnerinnen=3}ereine (mit 804, 360, 1400, 105 aWitgliebem),' 4 .^auö^altungöfc^ulen,
6 Verbergen j. •^., 1 3lrbeiterIolonie (9Jeu=Ulric^ftein), 3 3Kägbel?erberaen, 2 ©tabtmiffionen,
5 (TD. SlrbeiterDereine (1250 SR.), an 54 Orten ©emeinfc^aftcn. — 35on fird^lid^en Stättem
finb 5U nennen : §eff . Sird^enblatt, Äorref^jonbenjbl. ber ^cbb. Äonf ., bie 93litteilungen 40
bcr granff. fionfereng, Äorrefponben^btatt be^ Äirc^engefangDerein^, 9)Jonat^blätter f. 3). ^v
ö. eb. ©onntageblatt, ©D. Söod^enblatt. — 3)ie ^al}l ber erUjad^fenen fiird^enbcfud^er
betrug 1897 in ©tarfenburg 16, Oberl^effcn 34, in SR^einbeffen 23 ^^Jrojent, ber Mom=
munitanten in^efamt 388 542 (©t. 114417, 0. 204937, 9W;. 69188); laufen 21205
©eborene 22 338), konfirmierte 13 522, o^ne ©eiftlid^en Seerbigte im 3tlter Don über 45
6 gabren 172, ©etraute in rein eDang. ©bc 5154 (ß^ejcf^lie^ungen 5245), in SRifd^s
ebe 554 ((^^ejc^lie^. 1201). SSon ben Sinbem au^ 3Rijc^e]^en tourbcn 15 mcbr al^ bie.'oalfte
eDangcIifc^ getauft; Übertritte jur eDang. Äird;e 186, Slu^tritte 38. 3tn fird^lic^cn Siebeö^
gaben famen ein für SSereine unb 3lnftalten 178155aRf., burcf^Äirc^enfoUeften 30478 3RI.,
aU Strc^enoDfer für bie 2trmen 51 606 9)11, an fonftigen freitrilligen fird^lic^en Seiftungen 60
136 785 9Rt.,.burd^ ©c^enfungen unb ikrmäd^tniffe 109 436 5!Rf. Jür bie SJereine ber
Jnnem unb ^lu^em 9Rijfion unb ba^ 3)iatoniffenbau^ tourben gcfjjenbet ca. 82 000 9)JI.
2)er heff. ,s5au}3tDerein ber ©uftaD 2lbolf=©tiftung l;atte eine @innal;me Don 99 626aRf. —
3)ic einnjol^nerjia^l be^ ©rofe^erjogtum^ bcred^net fic^ für 1898 auf 1062859, unb
itüar 714 758 ßDangelifd^e (barunter 986 fep. Stltlutb.), 315211 Äatl^olifen (^al^l bcr 65
Stitfatbolifcn ipirb nid^t befonber^ ermittelt), 3131 a^eutfd^tatboliten unb ^eireligiöfe,
2970 ^eiJ)roteftanten, 680 5Rcnnoniten, 375 Sajjtiften unb Sarb^ften, 120 aRet^obiften
unb Duäfer, 239 fonftige G^riften, unbeftimmt unb ol^ne Slngabe ber 9leligion 193,
25 182 S^raeliten. 2)er ^^romillela^ ber tatl)olifc^en (SiniDol^ncr ftieg Don 1880—1898
Don 288 auf 296. — 2)er etaat^^jujc^u^ an bie cDangelifc^e Kird^e beträgt für 3 Ja^re go
8 Reffen, fhrc^t. StattfK« ^ePufen
(1897—1900) 240000 5K!., an bic fat^oltfc^c Äird^c 137872 5W!. (barunter 40 000 3)«.
befoiü)ere S^W^ffe für 5ßfarrcr mit einem ®e](>alt unter 1800 3Kf.), ber ©rtrag ber etmug.
Sanbeigtirc^enfteuer 480000 3KarI. — 2)ie eöangelifd^c 2anbe«fird^e umfaßte (1. Januar
1898) 3 ©uj)erintenbenturen (ajarm^abt, @it^m, 3Kainj), 23 ®e!anate, 430 ^aro^ien,
6 466 ^farrfteßen, barunter 28 reformierte, 135 unierte. 10 Sljftftenten fielen in öröfeercn
(Semeinben ben ^Pfarrern ju ©eite. 3)efimtit) angefteHte ©eiftlic^e giebt e^ 402, aufeer^
bem 3 ©uj)erintenbenten, 2 ^ofprebiger, 1 3)it)ifionö}3farrcr nebft Slffiftent, 1 ®afoniffens
J)farrer, 3 ©efängni^ljfarrer, 21 Slcliflion^lcl^rer (i^eol.) an l^iöl^eren ©d^ulen.
3)ie fat^olifc^e Äird^e in Reffen, jum 33igtum 5Kainj öe^örig, jä^It 19 2)efanate,
10 161 Pfarrämter, 15 ^farrfuratten, 74 5latolaneien, 11 anbere ©eiftlic^e; bie meiften Äa*
^olifen loo^nen in Sl^eini^effen, bie toenigften in Dberl^ef[en. @nbel898 gab e« 154 bef.
©eiftlid^e, 57 i?a))läne, 31 anbere. — ®em aSerl^iältni^ ber fat^olijc^en Äirc^e jum ©taate
logen ju ®runbe bie Süßen Provida solersque (1821) imb Ad dominici gregis
custodiam (1827), ba§ lanbe^l^errlid^e SSeftötigungöebilt t)on 1829, bie SJerorbnung bom
15 30. 3|ÄWuar 1830, abgeänbert 1853, femer bie 1866 aufgel^obene Übereinlunft jtoifc^en
SRegierung unb »ifd^of (1854). 2)ie Äulturlam}3fgefe^e toom 23. äH)nI 1875 fmb burc^
bie (Sefe^e betr. SSorbilbung unb SlnfteHung ber ®eiftlid^en toon 1887 unb betr. ÜJli^s
brau^l ber geiftlic^en Slmt^eloalt toon 1889 rebibiert. ©tatt be« 3iä]^rigen ©tubium«
an einer ©taatöuniöerfttöt toirb unter geloiffen SSorau^f^ungen aud^ baö in einem in §.
30 befinblid^en fird^Iid^en ©eminar jugelaffen. 2)ie 2ln||eigei)jli(^t bei Ernennung eine« ®eift=
liefen mit bem Siedet eine« (ju begrünbenben) @inf))ruqg be« ©taatg unb bic Seftimmungen
über ben ÜKi^braud^ ber geiftlid^^en 3lmt^ch)alt unb über bie religiöfen Drben unb Äon=
gregationen fmb feftgcf^alten. 3" ^^"^ ®^^^ ^^- ^^^ rec^tlid^e ©teHung ber 5tird^en k.
bon 1875 ift ben Äirc^en ©elbftftänbigfcit unter SSorbe^oIt ber ftaatlicben ©efeftgebung
26 unb Dberaufftd^t jugeft^roc^en. ©eit 1873 erfennt ber ©taat bic altfatbolifc^e Äirc^c
unb bie Suri^biltion i^re« »ifc^of« an. (Ä. ftö^Icr f) 8r. Sriörtng.
^ffffti^ Sieformation f. b. 21. $^ilij)j), Sanbgraf unb§omberger ©^nobc.
.^fPtifcti, 3: il cm an n, geft. 1588. — .^ouptqucne: 3ü^. öJcovgfieucffelb (^oftor prim. in
(SJröningen), historia Heshusiaua, Oiieblinburg unb ?(fd)er§Icben 1716. ferner: Äarl Don
BOßcImoIt, %. $). unb feine fieben exilia, ficipjig 1859; 2öilfen§, X. ^., ein Strettt^eologc ber
Sut^er!ir(^e, ficipjig 1860. S3gl. aufecrbem bie ®efd)ic^tSnjerfc oon $Ianf, ^e\>pc, Saufen.
anbere einft^logcnbe ©Triften finb an ben betr. Crten oerjeic^nct.
Xilemann §e^l^ufen, ber ftreitbarfte unter ben SSerfed^tern bc« ftrengen Sutl^ertum«
im nad^reformatorifd^en 3^'^^""^/ ^^rbe am 3. 9?ot)ember 1527 ju 9iieber^aBe|eI im
85 §>erjogtum Gleöe geboren. 3lte ©o^n lool^I^abenbcr ßltem gum Äaufmannöftanbe bc=
ftimmt, gog er bie Ideologie toor unb begab fid^ nac^ Söittenberg, h)o er 5KcIand^t^on«
©d[|üler, greunb unb lifd^genoffe lourbc. SBä^rcnb be« 3*^^^"^^ ^^^\^^ ^ ^^^ 3luölanb.
3n Drforb ^örte er 5ß. aJlart^r, in 5ßarig feffelte i^n Satable. 5Rac^ SBittenberg gurüdE=
gefel^W^, tourbe er 1550 5Kagifter unb la« juerft über aigricola« S^o^if unb über ^H^etorit,
40 f J)äter, al« bie Unitoerfitöt burc^ bie 5peft nac^ 2iorgau berfd^Iagen toorben h)ar, über 9)Jc=
iand^tl^on« loci unb über neuteftamentlid^e ©d^riften. 1553 erhielt er auf jcine^ Sef^rerö
6nH)fei^Iung bie ©teile eine« ©uj)erintenbenten unb 5ßaftor primarius in ©oölar. (Sr
berbeiratete fufi mit 2lnna 93ert^en, ber Xoc^ter be« Sürgermeifter« feiner SSatcrftabt. 2tm
5. 3Jlai 1555 lourbe er auf Äoften ber ©tabt ®o«Iar jum 3)oftor ber 2:f)eoIogie t)ro=
45 mobiert; ba^ ber „Äe^er unb Sügengeift Dr. ®eprg SKajor" jein ^romotor toar, emj^fanb
er fjjäter al^ ein fc^toere« ber Äird^e gegebene^ 2trgcmi^. Gr geno^ ieboc^ nur furjc 3cit
bie ®unft beö 9Jlagiftrat^. ©ein ßifer für Slcformation ber ÄoBegiatftifte unb ^aucn=
Höfter mad^tc il;n unbeliebt ; fein 3^9"^^ hjiber bie ürd^Iic^en Übergriffe ber Sürgermeifter
unb loiber ba^ berbred^erifd^e Senel^men beö ©o^ne« be^ erften Sürgermeiftcr^ erregte ben
60 Ijieftigften 3otn. Slm 6. 5Kai 1556 lourben feine Ginfünfte mit SeJc^Iag belegt. (Sr
tooHte trofebem bleiben, liefe fid^ aber burd^ ÜKeland^t^on beftimmen, bie ©tcKc nicber=
julegen. S^^^^^f^ '^^Ö^^ ^ fi^ ^^^ SKagbeburg, h)o er an ben (Senturicn mitarbeitete
unb an ben äu^leid^^berfud^en jtoijc^en ^Keland^t^on unb glaciu^ eifrigen Slntcil nabm.
B6)on nad) loenigen SBod^en folgte er einem SRuf nad^ SRoftod, al« ^rofcffor unb "i^^aftor
65 ju ©t. S^fob, an ©teile be^ toegen ^a^iömuö entladenen ^oi^. .öeinecf. 6r fanb bieje
©tabt in ber größten Slufregung. 3)er ^rebiger ^eter ®ggerbe^ ^atte einen bcftigen
Äamjjf begonnen toiber bie Unfittc ber Trauungen am ©onntag unb ber bamit üerbun=
benen §o^jeit«fc^mäufe (©onntaggföfte), femer gegen bie Beteiligung ebangelifd^cr (S^riftcn
^f^^tifett 9
an fatl^oltfd^en SSegräbninen unb btc Sw^teJ^ung fatf^olifd^er "ijiaten. ©. ftcHtc fid^ foglcid^
auf feine ©eite, lüäl^renb go^. 3)raconite^ in nid^t minber heftiger SBeife bie „©abbatl^
fned^te" befänH)fte („toer ben (Sänften ba« ©efeft prebigt, läftert (Sott. Xxoüt V\d), aWofe«,
trotte bic^!"). 3wle^t ejfomniuntjierte §. bie beiben Sürgemteifter, ben einen, toeil er
t>on i^m 5ß^rifäer gefd^olten lüorben toar, ben anberen, toeil berfelbe in feiner eigenen 5
gamilie eine ipoil^jeit am ©onntag abgehalten l^atte. Dbf^on bie jtoei Siferer einen großen
äetl ber Sürgerfd^aft unb ben §erjog Ulud) für fid^ Ratten, tourben pc bennod^ bom
9late abgefegt, au^elüiefen unb am 9. Dftober 1557 getoaltfam Vertrieben (Dgl. SBig«
ger«, %. §. unb ^o\). ©raconite^, SRoftodt 1854). 3)er iperjog toar barüber fef^r untoitttg
unb Verlangte ©d^abenerfa^. 3)urd^ ein ©treiben vom 17. Dftober 1557 fud^te berSKa^io
gifhot bie gan^je ©dfjulb auf ba§ fanatifd^e ©ebal^ren ber 5ßrebiger ju fd^ieben. §. unb
ßggerbe^ antworteten mit ben fdj^redflid^ften Slnflagen h)iber ben 3lat (,,2lnth)ort auf ba^
lügenhafte SKanbat ber Sürgermeifter'O- SBä^renb biefer fianH)f noc^ loberte, erf^ielt ^.
bim^ 2ReIan(^t^on, ^u bem er fic^ geflüd^tet $atte, eine neue böc^ft e^renVotte 3lnfteUung.
Äurfürft Dtto ßeinrid^ ernannte i^n nod^ im 9?ovember biefe^ ^a\)x^ jum erften $ro= 16
feffor ber Ideologie ju iQ^Mb^a, jum Pfarrer an ber ^I. ©eiftlirc^e bafelbft unb mm
®eneralfuj)erintenbenten ber $faifj. fiier getoann er aber aud^ h)enig greunbe. ®en
ÄoDegen an ber UniVerfität mad^te er ben (linbrudE eineö ^ab- unb ^errfcbfüc^tigcn SKam
ne^, bie Oeiftlic^feit Hagte über bie 93eVorj;ugung von 2lu«Iänbem unb über bie SSer«
brängung be^ SSrenjfd^en Äated^iömu^, bie Sürgerfdjaft ärgerte fi^ an ben lut^erifd^en 20
Oebräuqen bei ber Äommunion, bie er einführte, unb nal^m e^ übel auf, bafe er bie
ottgemeine ©ntrüftung über ba^ 9}JaufoIeum nid^t teilte, ba^ fic^ ber Äurfürft im 6^or
ber Äird^e errichten lie^. Dtto §einrid^ ftarb am 12. ^ebruar 1559 unb nun brad^ ber
©treit lo«. 3n 3:^efen, bie fein ®ia!on SBill^elm Älebifc Veröffentlicht ^atte, erfannte §.
ben calviniftif^en ©auerteig. Sr befämj^fte il^n auf^ H^öf^^ wnb verbot i^m bei ber 25
Stbenbma^tefeier ju affiftieren, menn er e« bod^ verfuc^te, fo toürbe er i^m ben Äeld^ au^
ber ^anb reiben. S^lM t^at er i^n in 93ann. Äurfürft griebrid^ III. (vgl. ÄIudE^o^n,
f^ebrid^ ber fromme, 9lörblingen 1879) toar bem ftrengen Sut^ertum abgeneigt. (£r
fud^te juerft in einer j)erfönUd^cn Sefpred^ung bie ©cgner verföF^nlid^ ju ftimmen, bann
verbot er i^nen iai öffentlid^e 3^"^^^ wnb verlangte, fie follen fic^ an bie 3luguftana ao
(variata) galten. Slber biefe 3wmutung machte §. nur um jojomiger. 2)a fe|tc if^n
ber Äurfürft ab (16. ©e})t. 1559), inbem er fic^ jugleid^ an 3KeIan^t^on toanbte unb
um beffen Urteil bat. 5KeIand^tl^on, ber nod^ big in bie Ie|te 3eit n^i^ §• freunblid^en
Srieftved^fel get)flegt ^atte, gab bem Äurfürften red^t, jtoeierlei DJteinung über ba^ Slbenb«
mai)l fei nid^t ju bulben (1. 9?oV. 1559. C. R. IX, 960), unb legte feinem ©rief ein 35
furjeö ®utad^ten bei, in Iveld^em er bie 3lnfid^t ate abgöttifd^ vertoarf ate fei ber Seib
ß^fti im Stbenbmal^föbrot toirflic^ enthalten. 9?un brac^ $. VöUig mit ber milbern Slid^«
tung. 6r fc^tieb „toiber bie ejjifureijd^e Seigre (Salvinö unb 3*^i"9li^" ^^^ 2B^f ^
praesenüa corporis Christi in Coena Domini, Voll heftiger 3luiJfäUe gegen feinen
früheren gteunb unb Se^rer. 3)ag S3uc^ tourbe in ber ^falj verboten. 40
®Iei^ barauf tvurbe §. in einen anberen nod^ heftigeren ©treit über baö Slbenb«
mal^I Vertoirfelt. ^n SJremen trug D. 3ltbert §arbenberg, ^rebiger am 3)om, bel^utfam
ben ^^ili}3))i«mu3 Vor. 1556 batte ^ol^. limann il^n in feinem Farrago förmlid^ be^
21bfattg bejid^tigt. 3)a§ 3)om!ai)iteI, baö auf ^arbenbergö ©eitc ftanb, unterbreitete ben
Streit ber SBittenberger j?afultät. 35ieje entfd^ieb gegen Simann: bie gormel 93rot unb 46
SJein ift ber tvejentlid^e Seib unb ba^ Slut be^ §erni fei ate Steuerung j\u Verwerfen.
3^imann tvar tvä^renb bem Äam))f geftorben, bie ©eiftlid^feit \al} ftd^ nac^ einem iJ^eo*
logen um, ber im ftanbe toäre gegen öorbcnberg bie %af^m beö Sutl^ertum^ l^od} gu
Balten, auf ben SRat be« Sraunfc^toeiger ©uj^erintenbenten '3)JörIin berief fie .s;-)., ber nid^t«
33efiere« begel^rte, al« „mit bem leufefebuben cf^arbenberg unb feinem ©elic^ter" ben Äamj)f so
aufzunehmen. 3KeIand^t^on ^atte §arbenberg Vor biefem ®egncr getoamt unb il^m i^or^
fic^t anbefohlen (oro ut multa dissimules, CR VIII, 736). Um il^n blo^jufteUen,
veranlagtet. benSlat, eine öffentliche 2)i«^)utation anjuberaumen. S)iefe foUte amlO.ÜRai
ftottfinben. §. toar mit brei ©efinnung^enoffen auf bem ^lan. §arbenberg erfc^ien
jebod(^ nid^t, ba« 3)omIa))itel ^atte e^ i^m verboten. 3)er eble Sürgenneifter 3)aniel Von 66
Suren Verteibigte i^n nid^t ol^ne (äefd^id (Vgl. über Joarbenberg :öb. VII ©.108 unb bie
biogra})]^!. SSäerle Von ©d^toerfenbid, (Smben 1859, unb Von93.©picgel, 33remen 1 869. JJerner
ÄotJ^Iänber, 3)aniel von 33üren unb bie ^arbenbergifd^en Sleltgion^änbel, ©öttingen 1893).
3)a vorläufig ^arbenberg nod^ in feiner ©tcBung blieb, nal;m .<q. bie ^Berufung be«
$orftanb«8 ber 3ol^nne«firc^e in aWagbeburg jum 5Ra^folger beiS nad^ furjer Sffiirffam^ eo
10 ^e^ttfeti
feit mit Xobc abßcgangcncrt ©arcctiu^ an unb trat anfangt 1560 in bic^ fein toierteö
ämt. 3Son SKagbeburg a\i^ fe^te er junäc^ft ben ÄanH)f gegen ben ,,9lottengeift ^u
Sremcn" fort, ber ben 2)om ju Sremen in eine SKorbgrube üertpanbclt f^obe. 6r iuo^ntc
im ^bruar 1561 bem Kreistag ju Sraunfc^h)etg bei unb erlebte ben Xriumpl^, ba$ fein
6 SBiberfad^er afö turbator be^ gemeinen ^iebeng abgefegt unb bc^ Sanbe^ berh)iefcn
lüurbe. ferner fc^rieb er gegen SJlelancbt^onö ©utad^ten (responsio ad praejudicium
Ph. M.), toerteibigte feine Schrift über bie Slealpräfen^ gegen (Safoin«, Se^ag, Soquimg
unb Älebi^enö Singriffe (defensio verae confessionis) unb erliefe gegen Strigel bic
©d^rift de servo arbitrio (1562). Seine ftrengen älnfid^ten über Äird^cnjud^t enth)i(fclt
lobieSc^rift: aSon3lmt unb®eh)alt ber ^Pfarrl^erren (1561, neu I^erau^gcgeben bongriebrid^
äuguft ©d^ü^, 2ei}35ig 1854). 1557 \)ati^ bie ftäbtifd^e »e^örbe bem fatbolifd^en ©tift«^
Heru^ gu SBoImirftebt üertraggmäfeig S^ulbung unb ungeftörten Seft^ ber ©üter jugcfagt.
§. \ai) barin eine und^riftlid^e 5iad^giebigfeit. 3luf bem im ^nl\ 1561 ju Süneburg ab^
gel^altenen Äonöente ^atte jtpar §. bem ftrengen Sutbcrtum j^um ©iege ber^olfen, aber
16 ber nieberfäd^fifd^e Äreiötag, ber im Stnfc^Iufe an ben Äonbent gelf^alten njurbc, na^m bic
Sefd^Iüffe be^felben nur an, inbem er jugleid^ ben ^Prebigem ba^ gegenfeitige SJerbammen
unlerfagte. ^nbeffen \vax 3oi^. SBiganb, Don ©trigel auö gcna bertrieben, naö) SKagbc?
bürg gefommen. §. tooUte i^m eine SlnfteUung an ber Ulric^^firc^e ijerfd^affen unb fud^tc
Ml biefem R\V(ti(t ben ^Prebigcr Sebaftian SBemer gu bertreiben. 3)ag liefeen fic^ iebod[) bic
ao äSürgcrmeiftcr nic^t gefallen. $. bdfd^ulbigtc fte, bafe fie au^ gcinbfc^aft gegen bie reine
Seigre h)iber i^n feien unb fprad; i^nen ba^ Siedet ab, ficb in bie Slngelegenheit etnju-
mifd^en. ©g fam ^u einem ©trafeentumult. 2)er dlat liefe einige äTnbängcr be^ .s5. ein=
fj)erren. ^afür ii^urbe er bon |). in ben Sann getrau. 3lun überfanbte ber ßrjbifcbof
©iegmunb ba^ Süncburger Äreii^manbat. §. bertoeigerte i^m ben ©cborfam. 2)arauf
26 berbot i^m ber 'Slat ba^ ^rebigen. §. unterwarf [\d} fdjeinbar, aber an feiner ©teßc
betrat ber Äa^jlan Sartl^ol. ©trete bie Äanjel unb fprad^ fomo^I über ben diät atö über
bie ©eiftlid^feit ber Äirc^e ben grofeen 93ann an^, toobei e^ gefd&a^, bafe einer ber ge=
bannten ^^Jfarrer mit bem 3Keffer auf ben ÄaJ)Ian guf))rang. 9iun tourben foloobl .n. al^
©trele ber ©tabt bcrn^iefen. .s>. erllärte, er fcbe ben 9{at nic^t mehr aU d^riftlid;c Obrtcj^
80 feit an unb toerbe feine ^farrfinber nic^t berlaffen. 3Da betrat in ber 9Jad;t bom 21.Df=
tober 1562 ber SDlarftmeifter mit 30—40 behjaffneten bürgern ben ^^.^fanf^of, ioäl^renb
500 anbere bie anliegenben ©trafeen befe^t hielten. §. iourbe mit feinem ^crfjfcblüangem
SBeibe um 8 Ubr morgend getoaltfam ergriffen unb bor bie ©tabt gcfefet.
^. fanb junäc^ft in feiner SJaterftabt SBefet 3wf' w^^- ®^^^ '^^^^^ f^^^^ M^ V^^
86 an ber ^eft. 2)er SRat bon 3Kagbeburg (iefe bereite am 28. Dftober eine Sd^rift auö=
ge^en, in mefd^er er fein 33orgeben gegen ö. gu redjtfertigen fucbtc. fy. toiberlegte fic
(9loth)enbige (?ntfd^ulbigung unb grünblid^e 58eranttoortung loiber ben crbicbtcten Seri(^t
beö 9lat^ bon 9R.), h)orauf ber 9tat lieber antnjortete. ^^ irurben nod) biele ©d^riften
in biefer 3lngelegenbeit geh)ec^felt. 3" 3Kagbeburg mufete, Ujcr jur 33eid^te ioolltc, bie
40 SJertreibung beö §. gutF^eifeen, fo bafe mandbe jal^relang nic^t mehr jum Slbenbmabl
gingen. §. benü^te femer bie unfreihjiHige 9!JJufee in Söefel, um gegen ^)iDm unb bic
tribentinif^en Sef^Iüffe ju fd^reiben (bon bem Unterfc^icb jtoifAen ber ioa^ren tatholtfc^en
fiel^re ber Äird^e unb ben ^i^T^in^i^n ^^ ^o^iftcn 1564). Slüein ber Ä^cr,^og bon ^i^iiixd)
na^m bie Sejeid^nung be^ ^ajjfte« afe be^ Slntic^rift^ ungnäbig auf unb brang in ben
46 9lat, bafe er §. entferne. 2)er 9lat j^ögerte um fo ioeniger, aU fid& K}. burcb fein fd)roffc€J
35enef^men gegen bie Sieformierten mifeliebig gemact»t hattt unb fo trat §. jum fimften=
mal in^ (gjilium, mit 3urüdfaffung feiner kinber, bie er ber rauben ^abree^cit toegen
nid^t mitnef^men fonnte. 9?on Jytanffurt a. 3)1 lüanbte er fid) am 1 6. 2)c,^cmber brieflid;
an Tlaxbaä), ben l^orfi^enben be^ Äirc^enfonbcntö ju ©trafeburg, mit ber Öitte, ibm ju
60 einer ainftettung in ©trafeburg be^ilflid) ^u fein ober ibm h)enigftenö bie (rrlaubni^ ju
crtoirfen ftc^ in ©trafeburg aufguF^alten unb mit bem i^erfj)redben concordiae studebo.
%xo^ ber toannen ^ürfprad^e ber ©trafeburger 2F^eologen, loollte ber ^Hat bon .s>. nid>t!g
tbiffen. .?). fam anfange 1565 perfönlid^ nacb ©trafeburg unb fu*tc mit JH^tcucning fetner
Unfd^u(b ben Slat günftiger ju ftimmen. SDod^ Wax awd) biefer ©cl)ntt crfolglo^g, bic
66 ©trafeburger Se^örben hattm ibm fein Senebmen in 9Jiagbcburg ^u übel bcrmerft. ^^n
^anffurt, Ibol^in er jurüdfebrte, brobte man ibm ebenfalls mit Sluetoeifung. i^luiS bicjer
traurigen Sage errettete if?n ber ^fal)\graf SBolfgang bon gtoeibrüdcn, inbcm er ibn im
5Kai 1565 burd^ ben Sanbbogt SJoIf bon Söteri^ ,^um Mof^rebiger in Nienburg berufen
liefe. §. ^olte nun feine Äinber unb fu^r mit il;nen rl^einauftoärt«^ nad; ber neuen, ibm
60 fo unbermutet eröffneten SBirfungeftätte. .^ier Iburbe er aU 35erfolgter um Gbrifti tuillen
mit örofeen gieren aufgeitoinmcn. 6r bcrd^clid^te fid^ jum jtocitenmalc mit ber 3:o(^tcr
be^ bamaUßcn ®eraer ©uj)erintenbciiten ©imon 3Kufäu« (4. j?cbruar 1566). 3)er ^fol^-
9raf crtüie« i^m ba« SScrtrauen, i^n im 3Kai 1566 auf bcn Stcid^^tag ju Slugöburg mit^
^unc^mcn. 3)er ^olcmi! f^eint er fid; cntl^altcn ju ^aben. gür feinen Seiben^enoffen
^laciu^ öertvanbte er fid^ in gena, äußerte aber balb barauf fein 9Jli^faUen an beffen 6
fie^rc bon ber 6ünbe. 3lm 11. ^uni 1569 ftarb ber ^faljgraf in granfreic^. a)amit
tüurbc bie ©teflung §.« in Nienburg unftc^er. ßubem febnte er fid^ nac^ alabemifc^er
3:^äti9leit. ©o mar e^ i^m lüiBIommen, bafe ber 9luf, ben er für %lac\\x^ erbeten \^aii^,
i^m 5U teil tourbe. 3lm 10. Dftober 1569 ernannte i^n ^erjog ^of)am SBil^elm jum
^rofeffor in Qena, mit ber f))ejiellen Aufgabe, bag Sanb bem Sutl^ertum jurücfjuerobem. lo
5ölit feinen Äotiegen 3Biganb unb ßöleftin unterwarf er bie Dom ©^"^^0^^*"^^ angeftedtc
©eiftUd^feit 2;i^üringeng einer ftrengen SJifitation, atö beren grud^t er f}3äter (9iot)ember
1570) bo^ Examen theologicum beriJffentUd^te, ba^ aBcrl unfcre« ^^^eologen, baö am
^öupgften toieberaufgelegt h)urbe. (S^arafteriftifd^ für ben Slbftanb biefer Drt^obojie bon
bem ©lauben Sut^er^ ift bie 2)efinition ber Äird^e: coetus visibilis hominum com- i6
plectentium salutarem filii Dei doctrinam et utentium sacramentis. 211^ Äenn^
^eicben ber toa^ren (fic^tbaren Hird^e) erfd^eint neben SBort unb ©aframent ber ©el^orfam
gegen baö ämt. 2lu^ ^ier toirb ba^ ßjfommunifation^red^t ber ©eiftlic^feit unb bie
5ßf(ic^t berDbrigfeit bie reine Se^re ju ftü^en ftar! betont. 1572 enttoidfelte er biefe ®e*
banfen ipeiter in De vera ecclesia et ejus autoritate 11. II mit burd^gängiger Se- ao
rufung auf Äird^enböter unb Äonjilien. ^m gebruar 1570 fam ^atob 3lnbreä nad^
Jöeimar, um ben §erjog für bie Äonforbia ju gewinnen. Sllfobalb trat §. in ber ©c^Io^^
fa))elle gegen biejenigen auf, bie einen falfd^en Rieben fud^en unb baö Äreuj Gbrifti toers
fc^mä^en. Stnbreä befd^irerte [\d) beim öcrpg, inbem er fid; auf feine l^of^en ®önner,
ben fiianbgraf i)on §effen unb ben C'^erjog toon Sraunfd^meig, berief. S)er ßrfolg biefe« 26
©c^ritte^ lüar, ba^ fd^on am folgenben 35ien«tag lo- nod^ toiel beutlic^er gegen bie Slänner
lo^^og, bie ß^riftu^ unb 35elial bereinigen h)oUen. 2)arauf^in bielt e^ 3tnbreä für an«
gezeigt, SBeimar ju berlafjen. S)er .<oerjog entliefe i^n jiemlic^ furj. 2)er Sanbgraf bon
|)efjen mad^te noc^ einen 3Serfuc^. Slber je^t ftefitc fid^ Der .^er^og ganj auf feiten be«
ö. unb lüoUte and) bann nic^t^ bom Union^toer! lüiffen, ate ber Äurfürft bon ©ad^fen ao
mit SSJaffengetoalt bro^te. 3loi) fc^rieb $. gegen ben 2lbiaj)^ori^muö unb e))ifureiömu§
ber Unionömänner feine ©d^rift: 3Som Sefenntniö be^ 9Jamen« Q^fu, 1571. ÜRe^rerc
2!raftate fmb gegen ben 1570 erfc^ienenen 2i5ittenberger Äated^i^mus^ unb gegen ben S)re^s
bener Äonfenfu^ gerichtet. ©egen^Hom ftreitet bie Sluölegung be^ 19. ^falmö (1571) unb
bie ©<^rift De 600 erroribus pontific. ecclesiae 1572. ©eine §auj)tftreid^e fielen 86
jebod^ auf feinen früheren ^eunb unb ©efinnung^genoffen glaciu^ unb beffen Seigre bon
ber ©ubftantialität ber ©ünbe. 2(1« Söiganb unb 5Rörlin gegen biefen lo^brad^en, ber=
öffentlid^te er feine Analysis argumentorum Flaeii 1571, bie er bi« je^t nur ^anb«
fc^riftlic^ berbreitet J^atte. Sluf be^g ^laciuö' „Äurje« Scfenntni«" antlüortet er 2lpril 1571
mit einem energifd^en „©egenberid^t bon ber ©rbjünbe toibcr ^laciu«". S)er Orthodoxa io
confessio be« ^^laciu« fteHt er im 2luguft bie Clara et perspicua testimonia Augu-
stini entgegen, für bie er fj)äter eine Defensio erfd;einen liefe. 2lm umfangreid^ften unb
f(^rfften ift ba« Antidotum contra P'l. dogma 1572, 1576, am em^jfinbli^^ften für
^laciu« bie „3^"9»iff^ Sut^erö, bafe bie ßrbfünbe nic^t fei ba« SBejen be« SDJenfd^en"
(bgl. $reger, §laciu« SK^ricu« II, 329 ff.). «
2lber biefe« fröl^li^e ^olemifieren unb 2lnatbematifieren nabm ein jähe« ßnbe. 3lm
3. 3Märj 1573 ftarb go^ann SBil^elm mit §interlaffung unmünbiger ©ö^ne. Äurfürft
2tuguft übernahm ate 23ormunb bie 3Serh)aItung be^g fiänbe« unb i)attc felbftberftänblid^
nid^t« Giligere« ju t^un a(« ^. unbffiiganb, fotoie an ^unbert ©ciftlic^e unb 2^l^eoIogen
auöälmt unb 2anb ju bertreiben. §. unb 2Biganb rid^tetcn il;re©d)ritte junäd^ft nad^ Ummen- 50
borf m i^rem greunbe 3lnbrea« bon 3)lcienborf unb bon ba nac| Sraunfd^meig, h)0 G^em*
ni§ i^nen 3"P"c^^ ^^^' '^^^ eröffneten fic^ ben beiben ©julanten glänjenbe 3lu«fid()ten.
2)a« 2lmt eine« Sifd^of« bon ©amlanb njar fd^on feit 23. SDJai 1571 burc^ bcn SCob
bon ÜJlörlin bafant. 3RörUn ^atte auf bem 2;otenbett ,<^. af« 9Jacbfolger em))fo^len, aber
bamate ^atte ber .^enog biefen nic^t jieF^en laffcn. ^e^t hjutbe ibm bie fürftli($ botiertc 66
unb etnflufereid^e ©teuung auf« neue angeboten unb er griff mit beiben .N>änben ju. ^ür
9Biganb fanb fid^ bie erfte tl^eologifc^e ^JJrofcffur in Hönig^berg. 51m 7. Quii crt^ielt .§.
bie Sofotion, fünf Söod^en barauf bie üBeftallung unb am 21. ©eptember Ujurbe er im
Äönig«berger 3)om mit grofeem ©e^jränge jum i^ifd^of geioci^t. 2(m 10.9?obembcr folgte
i(^m 2öiganb nad^. 3luf biefer ^o^en ffiäartc !onnte §. beffer al« je feinem Seruf al« oq
12 ^ePtifctt
^ionölüäd^tcr obliegen. I)er ,§of twar i^m ergeben, in ber Äird^e ^errfc^te Sel^rreinl^eit.
Sin äbelifler, griebrii bon äfulacf, ber fid^ jur Ißel^re ßatoin^ befannte, lüurbe in ben
Sann get^an, bie böpmifd^en Srüber an^ bem Sanbe üertoiefen. ^lu« ber ^Jeme untere
ftü^te ^. bie §erjogin=2Bitn)e in ihrer Slenitenj gegen ben Äurfürften. SBiber bie ber=
6 ^ngnidöoHe Exegesis perspicua fd^rieb er 1574 feine Assertio testamenti Christi,
ßl^entnife gab pc^ grofee 9Kü^e, i^n für ba« fionforbienlüerl ju gewinnen, ßernog Sllbert
griebriq forberte SBiganb unb i^n gu einem ©utad^ten über ba« Xorgauif(|e S5uc^ auf.
am 12. ©e<)tember 1576 erlldrte er fic^ im allgemeinen mit bem SBeri lufrieben (er
bema^m au^ i^m, lüie er gegen ß^emni^ ftd^ äußerte, Sut^er« unb ber Sirene ©timme),
10 ober Slnbreä unb feine ©enoffen müßten juerft Äird^enbu^e if)un toegen i^rem früheren un=
lauteren SSerfal^ren unb toegen i^rem greulid^en Säftem auf fromme unb eifrige Se^rer
(änbreä l^atte be« §. 3Sorge^en gegen ben ©^nergi^mu^ mißbilligt), ^ann müßten bie
SSerfedJ^ter falfc^er Se^re mit 9Zamen genannt unb in^befonbere SKelanc^t^on, burc| beffen
©driften immer nod^ bie t^eologifd^e ^ugenb vergiftet toerbe, Aar unb beftimmt ate ^vx-
16 klarer bejieid^net toerben. 3»" allgemeinen ließ i^n iebod^ bie Angelegenheit fü^l. ^ier
nun in Äönig^berg traf iJ^n ba^ ©d^idffal, baß il^m mit bem ÜRaße gemeffen tourbe,
mit bem er gemeffen ^atte. 3n feiner assertio f^atte er ben ©a$ aufgefteUt: Non
tantum in concreto recte dicitur: Chr. est omnipotens, vivificus, adorandus,
sed etiam in abstracto recte dicitur: humanitas Christi est omnipotens, vivi«
30 fica, adoranda. 3)er ©ebanfe i)attt xf)n, toie auö feinem Srieftoed^fel mit Gl^emni^ er«
^eUt, fc^on lange befd^äftigt unb f oHte ein ©d^ad^jug fein gegen bie catoinifd^e Self^re. SJatür^
lid^ berftanb il^n §. nid(it fo afö toürben baburc^ ber menfrf)lid^en 9?atur toirflid^ göttlid^c
©igenfdpaften beigelegt; bie 9Jleinung toar nur, man fönne auf ®runb ber ©in^eit ber
jtoei SJaturen bie gleite SRebetoeife fo gut gebraud^en toie bie erfte. ßinige ))reußif(^c
26 (Seiftlid^e, an ber ©J)i^e 3Korgenftem, griffen ba^ auf unb beuteten baö in abstracto
fo, al« loäre bie menfd^Iid^e 9?atur, nac^ §.^ 9Jleinung, ani) lo^gelöft t)on ber göttlichen
SRatur, göttlic^. ?lJlit berfelben unbarmherzigen Äonfequenjmad^erei, mit ber §. einft bem
Elaciu« bie Se^re unterfd^ob, ber 3^eufel fei ©d)öj)fer loie ©ott, bebaujjtete man ie|t, §.
j^re jtoei aHmäd^tige göttlid^e SBefen. 2)a^ fc^Iimmfte unb unbegreiflid^fte loar, baß
»fein frül^erer Äamjjf- unb Seiben^enoffe SBiganb, ber injtoifd^en, nad^ ©. 33enetu§' 3:ob,
35ifd^of toon ^omefanien geworben toar, unb ber tüiffen mußte, toie §. ben ©a| berftanb,
fid^ an bie ©J)i$e ber Setoegung fe^te. SQäar er neibifd^ auf bie böigere ©teHung be«
§. ober groHte er i^m, toeit berfelbe bie ©teile eine^ Sifc^of« bon •ijjomefanien juerft
feinem ©^toiegertoater gugebad^t ^attt, ober toar i^m über ben Äamj)f um ©j)i^finbig=
86 feiten jebeg menfd^Iid^e ©efübl vergangen, h)ie bem aud^ fei, ffiiganb berfammelte am
16. S^^war 1577 eine Heine 3lma^I bon 2^l^eoIogen unb ©eiftlid^en, bie bie angefül^rtc
93el^aul)tung berbammten, unb afö §. ben ©a| nid^t ate falfc^, fonbcm nur afe miß=
berftänblid^ jurüdfuel^en lootlte, enthob ij^n ber «t^erjog o^ne toeiterc^ feiner ©teflung am
27. 3lJ)riI 1577. SBiganb lourbe Slbminiftrator toon ©amianb unb l^atte mit ben ^^eunben
40 be« §. ein leichte« ©J)iel.
Der Sanbtoeg über $oIen toar burc^ ben Ärieg bertüe^rt, fo jog ö. mit ffieib unb
Äinb auf ftürmif^er ©ee nad^ Sübedf. SQäieberum toar e^ Gi^emni^, ber ibm gu einer
©teHung, feiner ad^ten unb legten, DerMf- «O^jog 3"^"^ ernannte ihn ^juin gtoeiten
^Profeffor primarius an ber neugegrünbeten .^elmftebter Uniberfttät. ^ier fubr er fort,
^ P^ 0^0^ f^i"^ J)reußifc^en Serfe^erer ju bertoal^ren (33e!enntni^ bon ber })erfönüd^en äSer^
einigung beiber 9Jaturen, 1580) unb günftige t^eologifc^e 3^fwren ju beranlaffen. ^m
aSerein mit ben Äurfürften toon ©ad^fen unb Sranbenburg betraute §erjog '^xdm^ bie
ju §erjberg öerfammeften If^eologen mit ber Slngelegenbeit. 3)iefe, 2lnbreä an ber ©pi^e,
gaben am 25. 3luguft 1578 SQäiganb unred^t unb beurteilten ben ©treit aU ein unnötige^,
60 ärgerlid^eg SBortge^änfe. 3^0'^^^^ emj)fal^len fie bie ©infü^rung ber ħ. in "JJrcußen,
bie Slbfd^affung ber bifAöfüc^en 3Bürbc, bie einem einzelnen ^u biel 9)lad)t berleihen, bie
©rfe^ung berfelben burdp Äonfiftorien, einer Sei^örbe, toeld^e nid^t megen jcber Alteinigleit
,,einen großen Äeffel überbängt", unb bießinfül^rung „lateinifc^er öifd^öfe", b. ^. t>on ©u^er^
intenbenten. 3luf ©runb biefeö l^umortjollen ®uta^ten<S lüurben bie preußifd^cn ©ciftlid^en
66 auf bie ÄJ. t)ert)Pic^tet ; bie Siötümer tourben jebod^ erft nac^ ffiiganb^ ^obe (1578)
aufgehoben, älud^ in Sraunfc^meig lourbe bie Äg. eingefül^rt unb e^ ift tooW bem günftigen
Urteitöf}3rud^ 2lnbreäg unb beffen ©enoffen ju öerbanlen, baß §. biefelbe corde, ore et manu
unterfc^rieb, afö ein cbriftlid^, tapfer, l^errlic^ unb nü^Ii^ Öucb, für ba^ man ©ott nid^t
genug banfen fönne. Salb barauf h)urbe bem §ergog ein mit .^eßbufen« 5?amen untere
60 jeic^eter Srief jugefanbt tooH heftiger Slu^föüe gegen 3lnbreä unb baö Äonforbtenbud[^.
^, crHärtc bo^ ©{^reiben für eine gälfd^uitö, afö beten Urheber er bie ßafeiniftcn ber«
mutete, benn ,,bie ßalDiniften fmb nid^t aUein treulos unb betrüglic^, fonbem bie golfd^
l^ieit, Untreue unb Setrug felbft" (Sefenntni^ Don ber Äg. iriber ba« gottloje unb läfter-
lid^e ©ebid^t be« falfd^en ©riefe«, 1578). 3llö jeboc^ bie Äg. gebrucft erfc^ien, toerglid^en
Ö. unb fein Äoüeflc 2)an. §ojfniann forgfältig ba« eingefanbte ©jeni^jlar mit bem ge* 6
f^ricbenen ^^ejte unb fanben eine ganje 3Kengc Slbtoeic^ungen, über bie fie ftd^ bei ß^emni^
befc^tüerten (23. Dftober 1580). ?lJlit ben erüärungen, bie ß^emni^ gab, toaren fie
lüenig jufrieben. Slfe e« fic^ borum ^anbelte, bie Äg. gegen bie reformierten 3lngriffe )u
öerteibigen, loar ß. untüittig barüber, ba^ bie bamit betrauten Xl^eologen (ß^emnä,
©eineder unb Äir^ner) i^n nid^t gteid^ anfangt l^eranjogen. Sluc^ ber §er^og toar mifes lo
ftimmt. er l^attc boig Unglaubliche begangen, einen feiner 6ö^ne nad^ römifc^em 9titu«
gum Sifc^of öon ^alberftabt toeil^en ju laffen (5. ©ejember 1578), unb bamit grofee
©ntrüftung erregt; bie gwrften toanbten [xd) öon i^m ab; bie ©eiftlid^feit, ß^emni^ an
ber ©J)i|e, eiferten gegen i^n, nur §. fd^toieg unb geirann fo an (Sunft, toa« G^emni^
unb ba« Äonforbientoerl Derlor. 2lfö im ©ommer 1582 bie brei genannten 3:^eoIogen i5
mit bem „(Srfurter Suc^" na(^ Sraunjc^toeig famen unb pd^ an §. h)anbten, ba^ biefer
mit il^nen eine le^te SRetoifion beßfelben öomel^me, fd^ricb i^nen ber|)erjog, ^. fönne toegen
£eibeigfd[)h)äd^e tixqt erfd^einen (aüerbingg i}atU ^ jiüei S^^re Dörfer einen 93einbruc6
erlitten, t)on beffen golgen er fid^ nie erl^olte). ^k ^^^eologen erflärten fid^ bereit, fid^
nac^ ^elmftebt gu begeben unb ba« SBerf §. borjulegen. §. ermiberte, fein Sanbe^^err 20
Verbiete i^m, mit il^nen in eine ^ritoatunterrebung einmge^en, ber SBunfd^ be^felben gelj^e
bol^in, bafe fid^ in §elmftebt eine äln^a^l ^er^oglic^er xl;eologen unb SRäte toerfammle unb
mit ber Slngelegenl^eit befd^äftige, ßl^emnife unb feine ©enoffen feien l^erjlid^ eingelaben,
fic^ an biefem Äontoente ju beteiligen. 2)ie il^eologen erfannten barin mit Sle^t eine
a3ertDerfung il^rer 2lrbeit unb toaren fe^r erbittert. 3luf bem jur SBiebergeioinnung be« 26
iper^g« Don bem ilurfürften toeranftalteten Äonüente ju Queblinburg (Januar 1583) for-
berte ä. im 3Serein mit ben übrigen braunfc^h)eigifd^cn Slbgeorbneten eine ©eneralf^nobe
fämtlic|er Untergeid^^ner ber St%., SBieber^erftellung be« urf))rünglic^en lejte«, namentlid^e
SSerbammung ber 3irrlei^rer, föinfc^ränfung ber )üe^re öon ber Ubiquität, unb ßntfemung
„etlid^er unbequemer SReben Sut^eri". 6« tourbe il;nen fo jiemlic^ alle« jugeftanben, tro^- 30
bem unterf^rieben bie 35raunfc^lt)eiger nur mit ber ^laufel, ba^ ber ^erjog feine 3"-
ftimmung gebe. 3)er §erjog geigte ftd^ jebod^ baju nid^t geneigt, unb fo iDurbe bie Si^o^
logie in feinem Sanbe nid^t angenommen. SDiit i^r berlor auc^ bie Äg. i^r änfe^en,
„oblüo^l ber §erjog fid^ bie Slbfaffung berfelben einen Scitrag toon 40000 Sl^ater ^atte
foften laffen". ss
3^ro^ june^menber Äränllic^feit ^örte §. nid^t auf, gegen bie Se^re öon ber Ubiquität
5u fämpfen, teil« in SSorlefungen, bie er, ber SÖid^tigleit ber Qai)^ toegen, fogar ©onn»
tag« nic^t unterbrad^ unb beren 3)iftate ^anbfc^riftlid^ jirfulierten, teil« in befonberen
©Triften (Verae et sacrae Confessionis de praesentia corporis Christi pia de-
fensio, 1583. SSefenntni« t)on ber J)erfönlic^en ^Bereinigung beiber 5laturen, 1586 u. a.). 40
6r le^c, ba^ ß^riftu« im Slbenbmal^l toa^r^aftig gegentoärtig ift, aber h)eil e« fo fein
aOBiHe fei, nid^t al« toürbe er mit feiner 3JJcnfc^l;eit alle« erfüllen. 35ie in ben ßinfe^ung«^
toorten gegebene g^W^'^'^Ö ^^ §^i^^ 9cnüge, jebe ßrtlärung fei Slnma^ung. 3)en Xü-
bingem, bie bel^aupteten, nur toer an bie Ubiquität glaube, betenne toirflic^ bie h)a^rc
©egentoart, fteHt ö- ben ©a^ entgegen, mit bem er unbeioufet ben gangen Setrieb ber 45
Drt^obojie öertoarf, bafe e« nid^t geftattet ift, logifc^e Schlußfolgerungen au« ©lauben««
lehren ben ®lauben«le^ren felbft gleic^juftcllen (non licet ex mysteriis texere con-
sequentias judicio rationis congruentes). 2)te ßalüiniften fallen in biefem äJor«
gelten eine 3lnnä^erung an i^re 2lbenbma^l«le^rc. S^er reformierte ©uperintenbent Sffiolfs
gang Slmlung gu 3^^f^ Ke| fogar 2lu«ft)rüc^e be« §. toiber bie Ubiquität abbrudten. 50
5?atürlid^ üertoa^rte fxd) ^. auf« ^öc^fte gegen biefe greunbfd^aft, ioie er benn aud^ ben
calt)iniftifc^ gefinnten §o^rebiger 3){alfiu« gu einer Jyeftung«ftrate Verurteilen ließ. 3)ie
Tübinger i^rerfeit« toaren gegen §. erbittert. ,,6« jft alle« ijergeblic^, loa« man mit
biefem 3Ranne Vornimmt", fd^rieb Slnbreä, „ber feine« Slrgerniffe« ad^tet, fonbern mit feinem
^«ftarrigen Rop^ l^inburc^fä^rt, e« ge^e, loie e« tooHe ..." 56
aiu« biefen Ääm})fen h)urbe §. am 25. ©et)tember 1588 burd^ ben lob abgerufen.
3n ber ©te<)l^an«Iird^e gu ^elmftebt ift er beftattet. ßr lj»intcrlie& fecl[>« 5tinber. ©einen
©(^toiegerfol^n Dleariu« l^atte er an Äird^ner« ©teile beförbcrt. ©ein 3:eftament (1591
gebrudEt) ift nid^t o^ne religiöfe SBJärme; er behauptet ftet« von perfönlic^em §aß frei ge«
tiefen gu fein unb bereut nur ba« eine, baß er bie ^ottengeifter nic^t noc^ entfter geftraft eo
14 ^f^^ttfftt ^ff^d^afieti
^obc. @^ ift begreiflid^, bafe ein fo [trcitbarer 2;i^eoIo(^c \m $. t)tel gc^afet h)urbc ; man
bcrbrc^tc feinen SJamen in Solemann ©e(fl[^ui^. 2)ie ^F^ili))l)iften bel^am)teten (C. R.
IX, 995), er ^abe nur um ber ßf^re unb beö ©etüinnc^ Tillen ber milberen Slid^tung
ben SRürfen gefeiert ; biefe 2lnf läge lä^t ftd^ jebod^ nid^t aufredet galten, h)enn man bebenf t,
6 h)ie toiele glängenbe Stellungen er um feiner Überzeugung lüiUen in bie ©d^an^e fd^Iug.
6« liegt in feinen fieben „exiliis" unleugbar ettoa^ ^eroifd^e^. §art unb ungered^t ift
§cj3j)e^ Urteil: einer ber h)iberh)ärtigften lutl^erifd^en ^^Sfaffen feiner 3^i^/ Pol^ unb frie«
^erifc^, jelotifd^ unb h)ettem)enbifd^. 6r irar ber ©o^n einer 3cit/ bie t>a^ reine ®oan^
gelium, toeld^e^ Sut^er ber G^riftenl^eit lüiebergefd^enft l^atte, in ein ©^ftem fd^olaftifd^cr
10 ©ö^e ßeibete unb fo bem ^olijeifAu^e ber bürgerlichen SRegierung emj)fa^l, ober bie ben
red(^tfertigenben ©tauben mit £e^r!orreftl;eit gleid[^ftellte unb biefe mieberum jur Unter=
t]^anen))flic^t mad)k, 3)ie ÜRafeloftgfeit in ber älbtoe^r frember Slnftd^ten i^attc er t)on
einem ©röteren gelernt, unb bie Äonflifte, bie er au^foc^t, toaren oft fein ©d^idffal, nid^t
feine ©c^ulb. 3)a6 er, faum toon einer ©teile entfernt, ju einer anberen, oft fe^r e^ren=
15 Dollen, berufen tourbe, ift ein 3^'^.^/ ^*^ ^^^ f^'"^ ffliffenfc^aft unb feine praftifc^e
%üd)t\QU\t gefd^ö^t tourben. 3)ie SBeife, tvk er bie ©unft be^ ^er^ogö \>on Sraunfc^toeig
gewann unb gegen baö Äonforbienmerf auefpielte, unb fein fc^roffe^ 3Ser|alten gegen ß^emni^,
bem er fo biel ju toerbanfen ^atte, Werfen freilid^ ein fc^limme^ Sic^t auf feinen G^arafter.
%ixx feine ^^l^eologie ift bejeic^nenb, ba^ er bie Sibelüberfe^ung Sut^er^ für ein SKer! bc^
20 ^eiligen ©eifte^ anfal^, unb ben d^riftologifd^en Sluöf^jrüc^en ber gried^ifd^en 3Säter biefelbe
95eh)eigfraft gufc^rieb toie ber ^l. ©d^rift. 3lu^er ben an ben betreffenben ©teilen an«
geführten ©treitf^riften ^at .^. nod^ Äommentare (ju ben ^falmen, ^u ben ))aulinifd^en
©riefen), fed^^Süc^er de justificatione (1687) unb mehrere ^rebigtfammlungen öeröffent^
lid^t (je^n $rebigten Don ber Slec^tfertigung, ac^t toon ber ©rfenntni^ ©otte^, bier bom
25 Slbenbmal^l, ^oftiHa über bie gefteüangelien u. f. h).). 2lte ^rebiger ift er nid^t o^ne
aSolfötümli^Ieit unb ©d^toung, aber o^ne Originalität unb Xiefe. D. $ai!enff^ittibt.
^ffqc^afitftl. — Sittcrotur: S)ie Ucbcrfic^t über bie Ducflen om beften üon (S^r^arb
bei Ärumbacöer, ®ef(6. ber 339i. Sitt. M897. S^arfteßungen: ©ngcl^arbt, 2)ie ^Irfcniancr
unb ^cf^cbaftcn in Sögcn^ 8l)Xb 'ob VIII; Stein, @tubien über bie §cfi)d)aften beS
30 XIV. Söljr^., Söien 1874; ©afe, De CJaustris in monte Atho sitis commentatio historica
(©ifjencr UniuerfitätSprogramm) 1865; '^t). ^JKei)cv, 3TO XI; beif., 5)ic ^aupturfunbcn
für hie ®efd)i(^te ber ?lt()o3!löftcr 1894; ^oU, ©ntl)ufia4muö unb Sufegcmalt bei bem griec^.
SWöndjtum, 1898.
Selanntlid^ gehört biefer 9?ame in bie ©efd[^icl^te be^ ?9Jönd^^tum^ unb ber 9)J^ftif
86 be^ öierjebnten 3al^rl;unbert^ unb be^eid^^net bie lefcte größere ©treitbeh)egung ber gried^if(^en
Äircbe innerhalb be^ b^jantinifc^en 3^italter^. uöir geben juerft einen furjen c|uellen=
mäßigen Öerid^t ber Slngelegenl^eit unb ioerben bann auf ben ^i^^alt unb (lnth)irfelung
ber ©ac^e, bie bogmen-biftorifc^e Sebeutung be^ geführten ©treite^, fohjie auf bie toeitcre
©ntn^icfelung ber 3lngelegenl;eit genauer eingeben. — ©eit ber Erhebung ber $aläotogen
40 auf ben Saifert^ron befanb fic^ bie griec^if^e Äirc^c in bauernbcr Unrul^c unb Uneinig^
feit. 2)ie arfenianifd^e Partei, ^ert)orgegangen au^ bem Äonflitt jmifc^en bem "ijjatriarcben
ärfeniu^ unb bem Ufurpator 2)lid^aeP4?aläologue, i^aite gro^e SJerbreitung gefunben, unb
befonber« bie 3}Jönd^e unb bie ©egner jeber Slnnäl^erung an bie lateinifd^c Ätrc^e für
[xd) gewonnen. 3" '^^ ^Regierung l^errfc^ten fc^toanfenbc ©runbfä^e, balb ber Union,
45 balb ber 5einbfrf)aft gegen bie Sateiner, unb bie ^atriarrf)en ber §aut)tftabt folgten bicfem
SBed^fel. gn ber erften ipälfte be^ Dierjel^nten .^al^rljunbert^ brad) ber bcftigfte Sürger«
jh)ift au^, infolgebeffen ber jüngere Slnbronifu^ ben SEbron befticg, nad; feinem 3;Dbe
aber ber fräftige gol^anneö ßantacujenuö ftd; ber Slegierung bemäd?tigte xinD ben Äampf
gegen bie Äaiferin Slnna, bie SBitme be^ älteren Stnbronifu^, fortfe^te. 3" ^i^f^ S^^^
eofäut ba^ Sluftreten ber §efl;d^aftcn, unb ba bie ^jolitifd^cn ©cgcnfä^e aud^ mit firc^lic^en
berbunben toaren: fo bürfen mir un^ nid;t hjunbem, ba^ baö auffaUcnbc ^l;änomen be^
5Wönc^leben^ fe^r berfc^icbcn beurteilt tourbe unb ben borbanbenen ^artcibeftrebungen
ntuü Dial^rung gab. 6^ finb bie gKönd^c be^ «erge^ Sltl^o^ (f. b. 2t. »b II ©. 209),
bie mit ber bamal^ ungetool^nten ^^^^^ '^^^ 3JJt)ftit l^erbortraten. ©ie fprad^cn t>on einem
66 etoigen ungefc^affenen unb bod; mitteilbaren göttlid^en 2ic^t, trelc^e«^ auf bem 23erge ber
aSerflärung geleud^tet unb ba^ aud^ il^nen aufgegangen fei. 3)er gübrer biefer öef^^aften
(7)ovxaoTai, fjovxäCovreg) unb i^erteibiger i^re^ Sic^tjjrinjipg Ujurbe ©rcgorio^S ^^alama^,
nochmaliger (grjbifdbof bon SE^effalonid^. 2)oc^ fallen fie fid^ balb angegriffen i?on bem
geleierten unb fc^arffmnigen Wond) Sarlaam, ber unter Slnbronicu^ III. au^ ßalabrien
^ff^d^aftett 15
uad) Sonftantino))eI (jelommen tvar. Dicfer erflärte bie Seigre jener Cluietiften für irrig
imb l^äretif(^ unb begrünbete feinen SBJiberfjjrurf^ in Untcrrebungen unb Sd^riftftücfen, @r
6e^ai^)tete, ein fo befcbriebene^ fiid^t toürbe ba^ SBefen ®otte^ felber fein muffen, toelc^ed
aber alebann gegen oUen Äird^englauben in ben Ärei^ menfc^lid^er SBa^mc^niung jj^erab«
gepgen n^erbe. Unb ald i^m nun ^Palama« borf)ieIt, jene^ ungefd^affene ©öttlic^e fei in feiner 6
^{itteilbarfeit nur eine göttliche SBirffamfeit unb ©nabe, feineömeg^ bie abfoIuteSBefen^eit:
entgegnete er, ba^ burd; biefc Unterfd^eibung ein boJ)t)eIteö ©öttlic^c, ein 9?a^bare« unb Un«
nal^bare^ anerfannt, aljo eineälrt Don 3h)eigötterei eingeführt tperbe, unb er liefe fufi aud^
nic^t überzeugen burd^ bie ftnnlid^e älnalogie ber ©onne, an n^elc^^er man bie Strahlen
Don ber ©cbeibe unterfd^eiben muffe, o^ne einen bojjpelten SonnenIör))er anjunel^men (ügl. lo
bie Urfunbe in (Sngel^arbtö 2lb^anblung ©. 74). 93ei ber Slutoritöt ber 9Jlönd^e unb
i^rc^ am .Qofe bod^gead^tetcn ©egner^ fonnte bie Qaci)z nidE)t berborgen bleiben ; Sarlaam
f elbft trug auf fir^lic^e 9[}enic^mung ber ÜKeinungcn bei bem $atriard;cn ^o^önne«
an. 2)iefe erfolgte 1341 auf ber erften S^nobe gu Äonftantinot)eI unter Sorft^ bc«
Äaiferd älnbronicu^ unb beö ^atriard^en; Sartaam liefe ftd^ einfd^üd[^tem, n?iberrief2o
unb ging nad^ Qj^^^"^^^ ^urüd. Gine gUjeite ©t)nobe ijerurtetite feinen Slnl^änger ©res
goriu^ Slcinbvnuö, ber biefelbe ^olemif gegen bie .^^^f^^^^^en fortfe^te. 3)ie änfid^t
ber ^Kajorität n)urbe nid^t toenig babur^ beeinflufet, bafe Sarlaam atö 3*^0''"Ö ^^
latcinijd^en 2beoIogic im 9?erbad^t ftanb unb ba« o>ntereRe ber Drt^obojie, toelc^er
auc^ bie 5Könd^c meift angehörten, gegen ftd^ I;atte. SlUgemeinere ©unft ober 3lbgunft 25
f^rac^en auf bciben Seiten mit unb l^aben auc^ eingelüirft auf bie im^ toorliegenben 95e?
richte teilfg tc^ ßantacugenuö, teil^ be^ ^Jicepf^oru^ ©regora^. 3)er erftere, obgleid^
anfangt bem Sarlaam jugetl^an, ergab fiel) boc^ nacbl^er ber tjolitifd^ il^m unentbe^rlid^en
aWönc^^artci unb ftedte i^re ©acbe in günftige^ iiic^t (Joh. Cantac. Hist. lib. II, 39.
IV, 23. 24). ^sl^m ftel^t im ijnterefje be^ Sarlaam mit fc^arfer bod^mütiger Ärifif 90
©regora^ gegenüber, er bel^anbelt bie ^ef^cbaften äufeerft geringfd^ä^ig unb erjäl^It ben
Hergang Don biejem ©tanb^junft mit manchen abu^eid^^enben 9Jebenumftänben (Niceph.
Greg. Hist. lib. XV. XVIII. XIX. XXII. an ijielcn ©teDen). 2)er ungünftigen
©timmung ungeachtet öerme^rtc [\d) injhjifd^en ber Sln^ang ber Sarlaamiten, unb ba
änbronicuö fd^on 1341 geftorben mar, bätten fie unter bem (Jinflufe ber Äaiferin anna, .%
tüclc^e in ber jogenannten britten ©^nobe ben ^atriard^cn 3*>^<in"^ abfegen liefe, leidet
obftegen fönnen, toenn nid^t in bem folgcnben Äriege Gantacujenu^ bie Oberl^ianb ge«
toonnen i}düc. 35iefer ate §err be^ Sleic^ö brang auf Sntfd^eibung ; 3lcinb^nu^ to'xd)
jeber 3Sorlabung au^, bod; fam 1351 bie vierte ©^nobc ju ftanbe, Wo ftatt feiner ein
©rgbifc^of ijon ©p^efu^ unb neben i^m 5?icej)f)oru^ ©regora^ bie ©egenjpartei Vertraten 40
(f. bie Urfunbe in .sjarbuin. Acta Concil. XI, p. 283 sqq.). S)ie^mal tourbe in mehreren
©i^ungen grünblid^ auf bie Sontrobcrfe über 3^ejen unb 35Jir!famfeit eingegangen, unb
bie ©timmenmel^rF^eit erflärte fid) nac^ ^erbei^ie^ung älterer fird^lic^er 9lu^jprüd^e, jumal
bc^ fec^ften ijfumenifc^en Äon^ilig unb ja^Ireic^er ^)atriftifd;er Selegfteßen, in aßen ijier auf^
gcfteüten ^ag^junften für bie Sluffaffung ber 2)iönd^e. 3!)ie 2e|rc ber .^efl;c^aftert toarb 45
bcmnac^ genehmigt, ber ßrjbifd^of t)on ß^jj^eju« nebft anbcren abgeje^t, über Sarlaam unb
acinb^nu^ bie ©rfommunifation gcfJ)rod}en. ^lad) ber iJarftcUung bc^ ©regora^ foßen
Unrec^tmäfeigfeitcn biefcn 3lu^gang erleichtert haben, bcnn er bemerft, bafe bie ^alamiten
bie il^nen ungünftigen ©teilen aixQ ben ©d^riftcn ber 3?ätcr au^gemerjt, ber Äaifer aber
n?ä^enb ber äSerl^anblungen fic^ t^arteüjc^ unb l;enifc^ betragen ^abe (Greg. XVIII, 3 — , 60
XIX, 1—3). 3)aö le^terc fd^eint bic©a4»lagc nac^ je^r glaublid;, tocnn glei^ Gantacujenu^
felbft (lib. IV, 23. 24) ba^ ©egenteil t>erfid)ert. 3lud^ nad; ber ©i^nobe foUert 9iice})^oru«
unb bie ©einigen nad^ beffcn ^erid^t (XXI, 3. XXII, 1—3) Seleibigungen unb SKife^
l^anblungen au^efe^t geirejen fein.
fragen toir ferner nac^ bem ©inn unb ber ©efd()id^te biefer Seigre folüie ber burd^ 50
fie angeregten ©treitigfeit. SBag bie §ef^c^aften hJoHten, tüar eine neue Slüte bei^felben
m^ftifd^en Iriebe^, ber ftc^ üon altera l^er in ber gried^ijdfien 'X^eologie fortge))flangt
iHitte. ©eit Giemen^ t>on Sllejanbrien ftebt c^ feft, bafe man burc^ Steinigung jur (gr*
leuc^tung fommen tann. ^|eubo=Dionl)fiu^ fud)te nac^ einem Crgan ber 3lnnäl;erung an
©Ott, toelc^e^ über bie gemö^nlic^en 3J{ittel ber ßrfenntni^ unb 3(nbac^t ^inau^gel^e ; er 55
befdj^rieb ein .^ellbunfcl, ein ijerborgcne^ £id)t, in ba^ bcrjenigc eintrete, ber ©Ott ju
fcfyauen gen)ürbigt irirb; äl^nlic^eSiufeerungcn unter ä^nlic^em 'JJamen feieren bei 2Karimuö
toieber. S^erjenige unter ben älteren aber, ber am meiftcn baju beigetragen t;af, bie
X^eorie bon bem ©c^aucn be^ göttlidS^cn Sicljt^ ^u einer prinjipicllen Slnfid^t in ber
gricc^ifc^en Il^eologie ju erlj^eben, h?ar ©i;meon, ber neue X^eologe, ber um baö ^ai)x eo
16 ^ff^d^afKen
1000 blül^tc (t)0l. ^oü a. a. D.). Sr fa^tc ba« Stauen ®otte« unb bie baburd^ ^cr*
gcftettte SBerbinbung mit bem lebenbigcn ©ott in origineller unb tiefreligiöfer Söeifc aU
lba& attgemeine ^xd jebe^ SJ^riften auf. Um ba« 3^^' J" erreichen, forbert er für jebcn
eine Jjlanmäfeige erjie^ung, bie an bie Saufe, at^ baö Jöab ber SSÖiebergeburt anfnülpfenb
5 unter ber \p^küm Seitung eineiS „geiftlic^en SSater«" in Übungen ber Sufee unb ber
Sl^fefe unb mit 2lnh)enbung bon faframentalen §anblungcn fxd) bolljie^en foHte. ®ic ®e=
banfen ©^meon« liegen aud^ ber 3;^eorie ber §ef^c^aften auf bem Slt^og gu ®runbe.
S)oc^ ift ba^ 9Jeue bei biefen, bafe fte eine fünftli(^e 5Ket^obe antüenbeten, um ber
©d^auungen teilhaftig ju toerben. 35iefe SJeuerung ift toa^rfd^einlid^ k)on ©inai ^er burc^
10 ben 5Wönc^ ©regorio^ ©inaiteiS im 13. S^^r^unbert eingeführt (5BgI. 33^j. 3^*tf^- IV,
©. 200 unb 5Ke^er, 2)ie $au})turfunben, ©. 74, 3lnmerf. 2). 2lu^erbem aber tourbe bamal^
bie Sid^tt^eorie unter eine bogmatifd^e Beleuchtung geftellt, bie il^r urfj)rünglid^ fremb h)ar;
baju führten bie angriffe be^ Sarlaam. 35aö 2ic^t foHte ein überirbifd^eö unb göttUc^e^
fein, burfte aber nid^t mit ©Ott ibenttfijiert h^erben, loeil jonft bie bel^aui)tete 2BaJ^rnel^m=
15 barleit bla^^emifd^ getoefen toäre ; jur ©rflärung biente ba^er ber Unterfd^ieb t)on SQäefen
unb SBirIfamleit. ^alama^, ber öome^mfte äJerteibiger ber aJlönd^e, berftd^ert nac^brürf:;
lid^, ba^ ba« SQäefen ©otte^ atö fd^Ied^t^in unerreichbar red^tgläubig bon i^nen anerfannt
toerbe. „2lu^ ©Ott ju fein, gelte bon allem ©efd^affenen , auö ber ©ubftanj ©otte^ ju
fein, bon feinem." 2lber nä^er ftel^e xin^ bie SBirffamleit, ber ^^nbegriff aller göttlid^en
20 S^P^R^ wnb Äraftäu^erungen (ivegyeta ydg iouv ^ wvoiHt] iHdaxrjg ovoiag dvvajbUg
TS xai xlvrjoig, §arbuin, 1. c. p. 303), unb loie biefe nad^ oben in eine aUumfaflenbe
©efamtloirffamfeit jufammenlaufen, fo teilen fxe ftd^ na6) unten in eine unbeftimmbare
Slnja^l einzelner Energien ber SBei^^eit, Äraft, be^ 9tat^, ber ©rleud^tung, be^ Seben^.
6^ fmb bie bon ©Ott auöge^enben unb bod^ unlö^^Iid^ mit i^m berbunbenen ©ott^eiten
25 (^Eoxrjreg), bie äuöftra^Iungen ber in fid^ gefd^loffenen 2:rinttät, unb ba in i^nen bad
^eiligfte ©nabengut gefpenbet loirb, müjfen fie in ben Sereid^ ber menfd^Iid^en ©inne
einbringenb gebac^t toerben. 3" ^*<^f^ "Sitil)^ gel^ört auc^ ba^ S^aborlic^t, überirbifd^ unb
[id^tbar jugleid^, e« ift etoig unb ungefc^affen, e^ ^at aber aud^ bie ßigenfc^aft, ba« bon
i^m ®urc^brungene ju bergöttlid^en unb in bie SHegion be« Üngefd^a^enen ju ergeben
30 (Niceph. Greg. XI, 10). 35ag ^räbifat äxriorov tvax alfo abfic^tlid^ getoä^It unb
foUte gleid^fam bie 9JlitteIftufe be« ©öttlic^en bejeic^nen, toelc^e« au« bem Slbfoluten
ftammenb, bod^ eine SerülS^rung mit bem ©üblichen möglich mac^t unb biefem feine ^ö^ere
9?atur einbilben fann. — 2luf biefe 3Serteibtgung Ratten bie ^freunbe bc« Sarlaam unb
Slcinb^nu«, befonber« ber fritifd;e 9?icej)^oru« ©regora«, folgenbe« ju anttoorten. 35ie
35 S3el[^ai^)tungen ber ^alamiten finb toiberft^red^enb. 2)a« ungefcj[^affene Sicljt mü^te ent*
toeber fubftantieU ober al« blo^e ßigenfc^aft gebadet toerben; in jenem 5^lle toäre e«
eine befonbere, au^er^alb fte^enbe SiSefenl^eit, eine bierte §^poftafe, in biejem fönnte e«
nic^t oJ^nc ©ubjeft ejiftieren. 3)er Unterfd^ieb bon SBefen unb aBirffamfcit fäUt ju^
fammen, toeil er enttoeber ju ber giftion neuer §^))oftajen, ober ju ber Slnnal^me fub^
40 jeltlofer Qualitäten Eintreibt. 3)amit Serben in anftöfeiger SBeife jiDei ©ötter eingeführt,
ein jenfeitiger (vjieQxei/uevog) unb ein untergeorbneter (vq)€iiiievog), beffen man burc^
fxnnli^e 2lnfc^auung teilhaftig irerben fann. 33on bem, toa« ©ott ift, barf man nid^t
ba« eine in« 3lbfolute em}3orrüdEen unb ba« anbere al« blofee 3Birffamteit niebriger fteßen,
fonft fäme ba« eine erft mm anberen l^inju, unb tbir l^ätten ein an ftc^ toirtungelofe«
45 3Befen. ©erabe bie SBirffamfeit bebingt unb erfüllt ben Begriff ber göttlid^cn ©ubftanj,
fie lä^t fid^ nic^t al« ein gtbeite« baneben ober barunter fc^en. I)ie beiben nottüenbigften
älttribute- ©otte« finb bie ber Sinl^eit unb be« ©uten. 2)a« erftere jd^Ue^t jebc Rn-
fammenfe^ung au«, ba« jtoeite irirb gar nic^t gebac^t, toenn man e« nic^t im innigften
3ufammenfein bon SBcfen unb SBirfen benfen toiß. 9?ein, beibe fmb in ©ott, cUn toeil
wer ©Ott ift, nid^t berfd^icben; er i)at nic^t, fonbern ift felber bie ävToevegyeia, nur ba«
mannigfaltige ©etoirfte mufe bon i^m bem älHioirffamen unterfc^ieben U)erbcn. 35iefe
©rünbe ^t ©regora« (XXII— XXIV, p. 1050 sqq. ed. Bonn.) in einer 2)i«J)utation
mit bem Äabaftla«, ber ebenfaU« ju ben 9)lbftifern gehörte, mit S3ejiel;ung auf ©äfee be«
Slriftotele«, $roflu« unb SKajimu« au«fü^rlic^ bargelegt unb ben ^alamitcn einen ftarten
65 SDlangel an 3)ialeftif borgetoorfen, loe«l^alb fie burd^ aKipberftanb t)latonifd;er i^bcen irre^
geleitet tborben.
©0 ber^ielten [vi} bie ^nfid^ten, jtoijd^en benen bie ©^nobe ju toäblcn i}atU, unb
toarum ^at fie fo geioä^ltV 3Kan fte^t leidet, ba^ bie Äontroberje ein bop^jcltc« 9J?oment
entl[lält; ba« eine ift bie Unterf^eibung bonaüejen unb SBirffamfeit übcr^auj)t, ba« anbere
60 lag in ber befonberen 3lrt, loie bie ^cf^c^aften i^rc ungefc^affenen Snergien al« ^eortjTeg
bcrfelbftftänbiaten unb gum 5ßrtnji}3 einer gel^eimni^oHen SSergöttlici^unö erl^oben. $ätte
baö leitete allem in %taQt geftanben: fo toürbe tro^ aller SBorliebe für bie SKönd^öpartei
beren ©ad^e fc^toerUc^ gu f)altm getocfen jetn. StHem bie ©^nobe fteHte bog allgemeine
fpefulatiüe 5ßrobIem öoran, o^ne ben eigentümlichen ©tanb^junft, Don bem e^ auö=
gegangen toax, für fid^ xu J)rüfen. . 2)ie 2)iftinItion t)on ovola unb heQyeia toar be- 5
tannt unb in relativem ©inne juläfftg, fie aufzugeben jc^ien gefäl^rlid^er al^ fte unter
ber SJorau^fe^ung, ba^ beibe^ untrennbar fei, ju bcftötigen. S)ie t^eologifd^e ©}3rad^e ber
gried^if^en SSäter !am ben 93eurteilem }u §ilfc, unb anbere SKittel ol« bie ber Slutorität
^a\Xt eine bamalige lirc^Iid^e 3Ser^anbIung toenig in Äänben. 3)a^er lüurben ja^Ireid^e
©teilen ber älteren ®eh)ä^r3männer, eine^ ät^anafmg, S^regoriu^, Saftliu^, ßj^r^foftomu«, lo
©op^roniuö, 3)ion^fiu« jufammengel^äuft, nt^t gerabe mit forglic^er äluötoa^I no^ mit
Seac^tung, ob fte für ben fraglid^en 3^^* ausreichten. 3Son je^er Ratten bie gried^ifd^en
SSäter bie ©jjifee ber göttlichen 3^ranjcenbenj, ate baS 2lbfolutc, baS Unnennbare unb
Uniugängli^e bejeid^net, an baS fein SRame unb fein Slu^e beS ©eifteS ober beS SeibeS
reicht. Um fo mel^r lüurben fie betoogen, anbererfeitö bie 2lnerfennung beS toon bem 15
Slbfoluten au^e^enben SebenS unbSBirfenS ju ))flegen; biefer göttlid^en ©ffeftiöität gelten
alle 9iamen fotüie alle 2^eilungen göttlid^er Äräfte unb übernatürlicher ®naben, fte barf
nid^t fehlen, toenn nid^t baS ©nbli^e auS ber lebenbigen SSerbinbung mit ©ott beraub«
fallen joH. S)ie fc^led^t^in abftrafte 3)efinition beS ©otttoejenS ^atte bie %^\^i, ba^ alle
fonfreten 3lnfd^auungen in eine jmeite Kategorie ber SBirffamfcit öertegt unb in biefer 2)
eine SKannigfoltigfeit öon ^otenjen nad^geiriefen tourbe, für toeld^e ba« Ureinfad^e felber
feinen 9laum bot. ©S hjar nic^t fc^toer, für biefe noc^ jel^r flüffigc Unterjc^eibung, bie
aber aud^ ber SBl^ftif rinen 3lnfnüi)funggpunft bot, 3^w0"^ff^ J" finben. Sogifd^ tourbe
bie I)ifferenj barauS gered^tfertigt, bafe baS C>abenbe mit bem, toaS eS )^aif nic^t ju^
fammenföBt, jene« alfo in gelüijfer Sejie^ung über biefem fte^en mufe. 35ie ©c^riften be^as
2lreot)agiten lieferten SelegfteHen genug, nac^ irelc^en baS 2Befen ©otteS in eine }3räbifat=
lofe ©}3ifee ber ©in^eit auslaufen foHte, an bie fid^ fein Jßerl^ältni« jum anberen an--
fnü^jfen liefe; fold^e ©ä^e bienten baju, aHeS SJlitteilbare in eine jtoeite ©tufe beS gött^
lid^en SBirten«, ba« nid^t bem SKefen ate folc^em zufällt, ju »erlegen. 3luf biefe Einlei-
tungen grünbete bie ©^nobe i^ren bogmatifd^en Sefc^tu^ (§arbuin I.e. p. 302.331). ©^30
loar ein Urteil in SBaufd^ unb Sogen, ol;ne SRücffid^t auf ben in ben m^ftifc^en Kon*
fequenjen ber ^ef^c^aften entl^altenen ^l^ilofoj)l^ifd^en 55^^^9'^^ff- ^'^ mcld^em SHec^t bie
:g>ef^d^aften i^rer befonberen Sntbedtung be« X^aborlic^teS fic^ rül^mten, maS bon gnofti^
fxerenben Sefd^reibung berSnergien ju l^atten unbUjie ber 2Biberfpruc^ cineS ungefc^affenen
©ic^tbaren ju löfen fei, blieb unerörtert. Unb ebenfo gelangte bie J^age über baS SSer- 35
^ältniS toon ©ein unb ffiirfen nid^t ju einer flaren jjaffung. ©regoraö ^atte jebe SJifferenj
5U)ar fallen lafjen, bod^ aber eingeräumt, ba^ jtoifcf^en bem 3lnfic^fein ©otte^g unb feinem
SSerl^lältniS auf baS anbere unterfd^ieben Serben muffe; er ^atte im SBefen felber, twelc^eS
immer jugleid^ ein SBirfen fei, boc^ eine 2)ui)lijität beS 3^eil^aften unb Unteil^aften, beS
aJlitteilfamen unb SRid^tmitteilfamen anerfannt unb bamit bie bem 3^^^"^ "^^ ^alamiten 40
unterliegenbe SBal^r^eit auSf^rec^en lüoHen. @ö fehlte nic^t an Slnlafe, bie Äontroöerfe
fc^ärfer ju Verfolgen, aber in ben SSerl^anblungen felbft h)irb ber fd^micrige ^uvXi, ob
etma ber ganje Unterfd^ieb nur im menfd^lid^en Dcnten begrünbet fei, pyax gclegentlid^
berül^, aber nid^t gehJürbigt (§arbuin 1. c. p. 310). ßnblic^ h)ar man babci aud; über
mand^^erlei logifd^e Ungenauigfeiten nic^t l^inau^cfommen. 2)cr Segriff ber SBirf jamfeit 45
fd^toanfte, SiJirfenbeS unb ©enjirfteS mürben tjermecbfelt, unb n^enn gefragt hjurbe, ob bie
göttliche 93orfe^ung gefc^affen ober ungefd^affen ^ei^en foUe, fo fe§te fc^on bieS eine Un^
flarbeit beS 3)enfen3 öorauS. ©effenungcad^tet ift bie griec^ifc^e Äird^e mit biefem un«
genügenben SRefultat, hjeil ^ ber SRic^tung i^ret il;eologie großenteils entfprac^, gufriebcn
getoefen, unb gleid^jeitige h)ie f))ätere ©d^riftfteHer, $l;ilot^euS, 9)iarcuS (SugenicuS, \:)ohtn 50
eS in ©d^u^ genommen, bie Se^re beS Sarlaam aber als golge einer ^iJcrirrung ber
Lateiner jurürfgetoiefen. 3)er le^tgenannte j. 33. fül?rt in ,4^'H'^9if^if^^''^ fta^jiteln" toeit^
läufig aus, baß toenn man feinen Unterfc^ieb jiDtfc^en SlWfen unb SBirffamteit me^r be=
fte^en laffe, bie XrinitätSle^re üertoirrt unb bie fc^limmften origeniftifcf^cn ßonfequcnjen
i^erbeigefü^rt Serben. 9?ur einige ©riechen blieben in ber Dt)j)ofition, mic ^JJJanuel ÄaletaS, 55
h>elc^er nac^toeift, baß bie 3)ifferenj toon ovoia unb hiqyeia, n^enn fie überl^au))! Se»
ftonb ^abe, bod^ bon ben ^fjalamiten jebenfallS berfannt toorben fei. 3)enn tocnn ftd^
beibe beredten tote 5ßrimäreS unb ©ctunbäreS, Urfacbc unb aiMrfung, Unteilbares unb
heilbares, UnbetoegliAeS unb Seiregtic^eS, Unfid^tbarcS unb ©id^tbareS, fo treten ßigen-
fc^en in ben 95egriff ber SBirffamfeit, bie teils ©ott gar nic^t jufommcn, teils gerabe oo
9leaI4hic))riopabie für X^eologie unb Stirere, s. SI. viir. 2
18 ^ef^d^afKfti ^cf^d^iui^^ ^rrdb^ter
eine 2Bcfcn«bebeutung ^abcn (Sngel^arbt^ SlbJ^anblung ©. 131). ßbenfo l^at fjjöter bic
lateimfd^c Äird^e bic Äritif be^ Sarlaam gegen 5ßalama^ gebtüigt, ja ftc bat in i^r ben
äu^brudf eine^ lüirHid^en ©treitfa^e^ jlüifd^en beiben Äird^en au^gebrüdft gefunben, toeld^cr
barauf l^inauölaufe, ba^ nad) ber einen Se^rtoeife bie genannte 3)ifferenj nur eine gc=
ö backte fein, nac^ ber anberen aber an fti gütige unb objeltiüe SBal^r^eit ^aben foffe.
3n SBirllic^feit l^at aber bie gried^ifd^e Äird^e, inbem fte für bie ^ef^d^aften ^arlei na^m,
i^re eigcnart j)rinji))iell gegen bie ber römifc^en fiird^e öerteibigt. 35er Äam}3f für bcn
^efvd^a^muö ift ber Ramp^ für bie edjit gried^ifd^e änfd^auung, ba^ ber ®eift ®otte« toic
in ber a^oftolifc^en 3cit aud^ Je^t nod^ neufd^ölpferifd^ in berÄirc^e t^ätig i[t($oü a. a.D.
10®. 221). 3^0'^^^ iP ^^ Äam})f be« §ef^d^aömuö ein Äamjjf gegen bie abenblänbifcbc
©c^olaftif geworben, bie bamafö grunbfä^Iic^ unb für immer Don ber gried^ifd^en Äircpc
abgelel^nt ift (g^^arb bei Krumbac^er a. a. D. ©. 43).
Sluö biefer ))rinji))icllen Sebeutung be« ^ef^c^a^mu^ erflärt ^ ftd^, ba^ bie Seigre
Dom ©d^auen be« göttlid^en Sid^t^ nod^ immer in ber gried^ifd^en Il^eologie aufredbt er«
16 galten h)irb. 9?amentlic^ l)at bie @ad)c im Vorigen S^i^i^unbert, afe bie gried^ifc^e «ird^e
fxd) lieber auf fid^ felbft befann, einen neuen Sluffc^toung genommen. SSor ödem ift ba
ber ät^oömönd^ SfJifobemo^ ju nennen, ber in Derfd^iebenen ©d^riften, namentlich in feinem
'Eyxetoidiov ovjußovXevrixöv 1801 bie ^ef^d^aftcn Vertreten \)al 3lber auc^ 3)ogmati!er
toie eügenio« 93ulg. (f. b. a. S3b V, 588) in feinem SeoXoyixov Sb. 2ontot)uIo« 1872 unb
20 ät^anafio« $ar. (f. b. ä. 93b II, 205) in feiner 'JEjriTo/i^ Don 1806 l^aben bie Seigre Don bem
©d^auen be^ Sid^t^ in alter SBeife unterftü^t. 3)aö le^te SBerf über bie voega jigooev^ij,
bie jur Sic^tDifion fül^rt, ift, fo Diel id^ lt)ei|, bie ©(^rift beg älrd^imanbriten ©o))^oromo^
Dom 3lt^o^fIofter §agiu 5Pah)lu: Noegä ovvoyug — rfjg voegäg jiQooevyijg, 9(t^en
f.
1854. m^ t) **. ^t^tt.
26 ^efljc^itlö, 93ibel!ritiler. — filtteratur: Sarben^cnjer, Patrologia,1894,@.163f.;
@(^ürer, ®cfc^. bc§ 3üb. SBoIfg im 8ettaltcr 3cfu ß^rifti 1898, ©b III, @. 314 ff. boju bic
größeren Einleitungen in bQ§ 91. unb ^IX.
9Jeben Sudan, bem befannten ^re^b^ter Don Slntiod^icn unb ftanb^aften SKärt^rcr
(f. bcn airtifel) n^irb ein §ef^>^iug ate »erbefferer beg ^cfte« ber LXX unb be« 31%^
80 genannt. (Sufebiu« bejcic^net i^n VIII, cap. 13 neben ^l^ilcaö, $adtomiu^, X^eoboru^
afö äg^ptif^cn Sifd^of, ber unter SKajiminu« gelitten l^abe, unb bag 9Kart^>roIogium Der*
legt feinen 24)b auf ben 26. 5JoDember; auf Slg^pten unb bie bort gebraud^ten SibeU
^anbfd;riften foU bal^er bie Don il^m angegangene fogenanntc SHejenfion bc^ gried(^if(^en
%0^ cingeiDirtt l^aben. Seiber aber erfal^ren toir nid^t^ über ba^ babei cingejd^lagene
86 SJcrfa^ren, ba^er i}ahtn immer nur äJennutungen, nic^t beftimmtc SRefultate auf biefe
5Hotij gebaut tücrbcn tonnen. 3)ie einzigen 3^wgen finb §ieron^mu^ unb ba^Decretum
Grelasii. 35cr erftere fagt Praef. in Paralip. : Alexandria et Aegyptus in LXX
8uis Hesychium laudat autorem, Constantinopolis usque Antiochiam Luciani
exemplaria probat. Mediae inter has provinciae Palaestinos Codices legunt,
40 totusque orbis hac inter se trifaria varietate compugnat. ^n 93cjug auf bie
©e}3tuaginta mögen alfo biefe Derbefferten 3;ei-te ju bebeutenbem 3lnfel;en gelangt fein, fo
ba^ in 3lg^t)ten unb ällejanbrien bie Don §e|Vd^iu^ ]^errü^renbc Bearbeitung ebcnfo
^enfc^te, Ujic bie be^ fiucian Don Honftantinotjcl bi^ 2lntiod(^ien (Dgl. Hieron. ad Rufin.
II, 26. De vir. illustr. 77). 2lber aud^ auf ba^ ^%, minbeften^ bie ©Dangelien,
46 muffen [xd) biefe SRe^enftoncn erftredt ^aben nad^ ben oft citierten 9Borten be^ Hieron.
ad Damas. praef. in Ew. : Praetermitto eos Codices, quos a Luciano et Hesy-
chio nuncupatos paucorum hominum asserit perversa contentio, quibus utique
nee in V. Instr. post. LXX interpretes emendare quid licuit, nee in Novo
profuit emendasse, quum multarum gentium unguis scriptura antea translata
60 doceat falsa esse quae addita sunt, ba^u Decr. Gelas. cp. 6. n. 14. 15 : Evan-
gelia quae falsa vit Lucianus apocripha, evangelia quae falsa vit Hesychius
apocrypha. §iemad^ fannte §ierom;mu£J eineSlu^gabe auc^ be^ ncuteftamentlic^en Jejtc«
nad^ §eft)d[^iu^, hjcl^e Don einigen, aber hjcnigen fel^r eifrig bcDorjugt tpurbe, aber er
Dertoarf , fte, ba nac^ feinem Urteil i^re (Smenbationen unb 3"!^^^ ^^^ 3luftorität ber
55 älteren Überfc^ungen aegen fic^ l;attcn. 2)amit h)irb bie ©jifteng einer folc^en ^efDd^ianis
fd^en Bearbeitung auc^ be^ 31X^ ebcnfo au^cr 3^cif^^ BcftcHt, h)ic \v\x über bcren 6^a=
rafter DiJUig in Ungcmifel^cit bleiben. (@ö§ f) *^. »U^cr.
^ef^c^ittd, ^rc^b^ter, geft. um bag 3a^r 430. — i!ittcvatur:eaDe, Hist.
lit. Script, eccl. Ed. Oxon. 1740, I, 570 ff.; Süiiflc in (Svfd) unb ö)vubcr, ^JUlgcm. ©nct)!!.
ber a3if|enf(^aftcn unb Äünftc, ©cftion II, ©b VII, 6.222; a3orbcn^cn)cr, Patrologia 1894,
©. 351 unb 353; Änimbo(^er •©^^antmif^c öittcraturgcfc^iic^tc, namentUdö @. 147.
2)ag unter bem 5Ramen bcö §efVc^iug gcl^enbe unb bon MSG 33b 93 jule|t ges
fammelte Kttcrorifd^c SKatcrial ift nod^ ^u fid^ten. ßinem ^re^b^ter §.^ beffen %o't> um
430 anjufc|en ift, barf jugefd^ricben toerben eine bcrioren gegangene Äir^engcfd^id^te, au^ 6
ber auf bem 5. allgemeinen Äonjil 555 k)orgeIcfen tourbe (Mansi IX, 248—249). 2)ie
bei ?Wignc abgebrutften ©tüdfe finb unftd^erer §er!unft. 2)ie Explanationes in Levi-
ticum (a. a. D. 787—1180) gel^iören überl^au^jt feinem ®ried^en an, ba il^nen ber SBut
gatotcjt ju ©runbe liegt. 2)ie jtoei ßenturien a^fetifc^er 3lu«ft)rüci^e (1480— 1544) ge^en
nac^ Angabe einiger Gobice« auf einen ©tnaimönd^ ^eftodj^iu« jurücf. 2)ie übrigen ©d^riften lo
bebürfen nad^ if^rem Urfjjrung nod^ ber 2lufflärung. 9iamentKd^ 6at>e bertritt bie änftd^t,
bafe aU 3Serfaf|er biefer ©d^riften ber ^reöbi;ter ^cfvd^iuö anjufel^en ip, ber um 600 in
Serufalem lebte unb bann bort 33ifd^of tüurbe. 3SieIe anbere ganj objnire §ef^c^ii nennt
Fabr. Harl. Bibl. Gr. VII, ©. 544. (@a6 t) **• ^t^tx.
^etcritiö f. b. a. Slboj)tianimu« S3b I ©. 181,8. i6
^c«er f. »b VII ©. 325.
^fttter f. Aanaaniter.
^fttfitter^ ^tinx'xd} fieonl^arb, geft. 1853. — ^. ©(^mieber, ^Jefrolog in b. ©o.
«3. 1883, @. 289 ff. (Qud) feparat erfd)lenen); 3um öJcbfi^tnig Dr. fi. ^.8, jum ©cftcn ber
^cubnerftiftung öcrou^g. üon ben ^itgliebern bed Ägt. ^rebigerfeminar«, ©ittenb. 1853; 20
@. 9flictfd)cl, ^. fi. ^., ein brenncnb unb ftfieinenb fiidjt auf bem fieud)tcr Sittenberg. ®c*
bactitniÄprebigt beim lOOiä^rigen ©eburtStog (mit biogr. ^^otijen), SBittcnb. 1880; «. Äoc^,
D. ^. ß. $>• in Sittenberg. 3üge unb 3eug«iffe ou8 unb ju feinem ficbcn unb 3Birfen,
*^ittcnberg 1885; iRippoIb, 9?id)arb JRot^eS fiebcn in 33ricfen »Jegifter s. v. ^.; SBangemonn,
S)ie fird)t. ftablnettöpoliti! beS J^ijni^« griebr. 5BiIf). III. k. ©. 171 ff. 182 ff. 26
§eubner h)ar eine jener ürd^Iid^cn ©rö^en ber neueren ^^\t, treidle mel^r toärmte,
ate leuchtete, h)eniger in ber gerne befannt, ate in ber 9?äl^e bere^rt mar, Weniger burd^
bie ©^rift jeugte, al^ burd^ bad lebenbige 2öort, unb Weniger burA biefe« alö bur^
ba^ SSorbilb beiS Seben«. @r fear am 2. 3uni 1780 im §Ierfen Sautcrbad^ im Srj«
gcbirge geboren. 5Rad^bem fd^on im britten ^aijxt ber SSater, ein ^rebiger, geftorben 30
tt>ar, lüurbe burd^ bie ÜRutter ber ©ame ber grömmigfeit in ba« §erj be^ ftnaben ge?
pflanzt, unb bi« in« f))ätefte Sllter leud^tete ba« 3luge bon baalbarer Siebe, fo oft er
i^rer gebadete. 1793 fam ber unter fe^r bürftigen Serl^ältniffen aufgetoad^fene Änabe
nad^ ©(^ulpforte mit einer Slöbiafeit, bie i^n aud^ al« 5Kann nid^t berlaffen, aber
oeifiig getoerft unb burd^ ba« jartefte ®eh)iffen für religiöfe ßinbrüdfe ennjfänglid^. gm 35
^^t 1799 bcjog er bie Unitoerfttät SBittenberg, too ©c^rödf^ al« gelehrter, Äart Subtüig
3?rfefd^ al« bogmatifc^er unb jjraftifc^er 2^eoIoge am ftärfften auf i^n h)irften. ©el^n=
fücptig ftredfte ber innig fromme Jüngling in jener froftigen unb bürren 3^'^ feine %üf}U
fgben nac^ SJa^ng au«: feine anbere äl« bie einer lantifd^en 5KoraI unb einer barauf
begrünbeten Slpologetil tourbe il^m bargeboten. 2)em ©(^retber biefe« l^at ber 3Sers40
etoigte ba« 3Sertrauen gefd^enft, i^m feine 2kigebüd^er au« jenen ©tubienja^ren mitju«
teilen: toie oud^ au« bem faftlofeften §oIg ein fe^nfüd^tige« religiöfe« (Semüt fi(^
?Ra^ng ju fangen toeife, bafür geben fie einen rü^renbcn Setoei«. 3)ie trorfene, ber
^entliq religiöfen ©p^äre fo abgetüenbete fantifc^e 3JloraI, aufgefaßt t)on bem religio«
l^etuegten ©emüte, übte eine religio« erbauenbe unb befrud^tenbe Äraft, , bancben geirä^rte 45
ker Stein^arbfc^e ©uj)ranaturali«mu« einen Sln^alt für bie bogmatifd^e Überzeugung, ^m
^(ä)xt 1805 ^ilitierte ftc^ iQtahntt al« afabemifd^ier 2)ojent unb eröffnete feine SSor«
lefungen mit bebeutenbem SeifaD; 1808 erhielt er ba« britte 35iafonat an ber SBittem
berger ©tabtlird^e unb lüirlte nun bon biefer 3^^ <^^ ^^^ \imm x\)m eigentümlid^en
jorten 2lmt«geh)iffen in beiberlei Seruf, mit einer manchem faft unberftänblid^en, raftlofen, 60
oft peinlid^en 2^reuc. ®rft im^a^re 1811 iDurbe er au^erorbentlid^er ^Profeffor unb be-
too^rte ^ier feine feltene Slmt«treue, inbem er im ©ommer 1813, al« n)äF^renb be«
Rrieg«getümmel« unb ber Belagerung ber ©tabt aUc übrigen ÄoIIegia gefc^Ioffen maren,
nod^ bor einem Keinem Slefte ©tubierenber afabemifc^c SSorlefungcn ^ielt unb aud^ bie
®otte«bienfte, al« bie Äird^e für militärifd^c 3^^*^ i" Sefc^Iag genommen tvax, bor 55
einem Keinen $äuflein änbäd^tiger in einem §örfate ber ©u))erintenbentur mit ©ifer
fortfe^e.
20 ^entuer
Site bei bcr ©äfularfeier bcr ^Reformation 1817 bie SBittenberger Unibcrfttöt mit ber
^aHefc^en toerbunben unb ftatt beffen Don ber ))reu^ifc^en Stegierung ba^ SBittcnber^er
^rebigerfeminar gcgrünbet Sorben toar, erhielt §cubner anfangt afe britter I)ireftor etnc
©tcDung an bemfelben, nai) bem Xobe toon ©c^Ieuöner unb 3l\^\d) 1882 aU cx\Ux, too^
5 mit er jugleic^ In bie toon 3l\^\6^ erlebigte ©ujjerintenbentur einrücfte. ^n biefer ©teflung
l^at er bi^ an ba« 6nbc feinet Seben^ bef^arrt unb, bon ^.netäteboUer Siebe ju feinem
SBittenberg befeelt, alle 2Inträge auf Berufungen nad^ au^en au^cfd^lagen.
2Ite 2:l^eoIoge nimmt er bi^ ettoa 1817 ben Slein^arbfd^en ©tanbjjunit ein: too
irgenb fid^ i^m ©elegen^eit bot, benfelbcn ju befeftigen, tourbe fie bon i^m mit Slngelcgen^
10 ^eit ergriffen. 6in mütterlicher D^eim in ffiien \)attt i^m einen 3lufentl^alt bafelbft für
einige ^^it vergönnt; er bereid^erte ftc^ l^ier mit ber Kenntnis unb f^iätcr mit bem ©tu*
bium berjentgen atjologetifd^en ©d^riften bon ^int, (Salura, ©ailer, toetc^c aud^ jur ©tör?
lung unb gum grommen mancher bem ®Iaubcn treugebliebener ^roteftanten am anfange
be^ ^öt^^^wnbert« bie fat^oIifd[^e Sl^eologie l^atte au^el^en laffen. 3lod) in f^äterer 3rit
16 gebadete er banibar ber 9?ä^rung feinet ©laubeng au^ biefen ÖueHen. 3Kit ©ailer (Sifd^of
öon Slegenäburg) ftanb §eubner in engem freunbfc^aftlid^en Sriefn)ec^fcl, obglcid^^ beibc
ftc^ J)erfönnd^ nie !ennen lernten, liefen ju}3ranaturaIiftifd^=apoIogctif4en Stanbj)unlt
^at §eubner in ber Il^eologie aud^ in ber ft^äteren ^eriobc feinet Seben^ nid^t toer-
laffen. Site befannter SSertreter ber äl^jologetif ift er öeranlafet lüorben, ben 9lrtifel
20 über biefe SBiffenfd^aft in ber ßrjd^- unb ©rubcrfd^en Gnc^flopäbic ju toerfaffen unb bie neue
fünfte Slu^abe Don 9leinl;arbg $lan g^fu 1830 mit eigenen 2lnl^ängen bermel^rt ju be*
forgen, a\x^ ru^t bie ©teinfc^e l^iftorifc^e 2(})oIogetif großenteils auf feinen 3!?orlefungen. 3Bie
i^m bie neueren p^ilofo))l;if4en 3^i*beU)egungen fem blieben, fo hjurbe aud^ bie ©d^leier^
mac^erfd^e unb bie §egelfc^e 2;i^eologie bon il^m nur mit 3)lißtrauen, be^iel^ungsmcife mit
26 3tbfdj>eu betrachtet, ©o trug benn feine Ideologie einen ciWa^ Veralteten gbarafter, toie
bieg and) ber erfte 93anb feiner praftifd^en SluSlegung beS 9US geigt, aber unter biefem
abgetragenen t^eologifc^en (Setoanbe jd^lug baS c^riftlic^e §erj feit bcr ^Äi beS rcligiöfen
ßrtoac^enS in ber ^eriobe ber Sefreiungefriegc immer h)ärmer unb lebenbigcr. ©d()on
k)orl^er ^atte eine greunbfc^aft mit einem oberlauft^ifcf^en ^rebigcr §eubnem in Sßerbinbung
80 mit ber Srübergemeinbe gebracht unb ba« ©tubium bcr 3i"Jc"borffc^cn ©d^riften lüar
i^m befonberS teuer unb toert geworben. 3)amit l)attc fic^ baS feit bem SHeformationS-
Jubiläum toieber in 2tufnal)me gefommene ©tubium ber Sut^erfcf^en ©c^riften öerbunben ; eS
lam bie SSefreunbung mit ^erfönlic^feiten auö ben neu ertoedtten berliner Greifen l^inju.
2)urd^ alle« biejeS ^atte fid(^ bie ^ergenSfrömmigteit ju einer Ijnniö^^'it unb 2Bänne ge-
ssfteigert, hjeld^e über bie gönnen bcS erlernten Sc^ulji^ftemS meit l^inauSging.
2)ie ioirfenbe firaft bcö 33ereh)igten lag über^aut)t nic^t in feinem Äatt^eberöortrag,
felbft nic^t in ben ^}5rebigten. ©eine ^rebigten \vaxtn jtoar ioarm, cinbringlid^, öolfös
mä^ig, aber hod) trugen fie noc^ guöiel Don ber ©d^ule an fic^, aU bap eine tief ein«
greif enbe ffiirlung Don benfelben l)ätU ausgeben tonnen, .^eubneri^ näl)rcnbe unb jeugenbe
40 Kraft lag ganj in ber ^^Jcrfönlic^teit bcö 2)Janneg. Äcine tl^eologifct^e ^crfönlicl^feit l}abm
toir in bem befd^räntten Umfreife unferer Sebene^erfa^rung Icnnen gelernt, treld^er eine fo
allgemeine unb fo unbebingte SJerel^rung Don allen älltcrn unb ©tänbeu, Don ben greunben
unb felbft Don ben ©egncm, bie il;n fürchteten, gu teil gclüorbcn tr>ärc, aU bie §eubncrfd^e.
Sürger, Seamte unb DJJilitärS, Kanbibaten unb ^^Jrcbigcr, ftinber, 3Jlänner unb grauen,
46 tDcnn fie auf ben ©trafen SBittenbergS ober auf feinen häufigen ©tjagiergängen i^m be=
gegneten, feinen fal^ man an bem ,,55ater §cubner", toie er allgemein genannt tourbe,
Dorüberge^en, in beffen Begrüßung nid;t jc^on bcr Sluöbrudf bcr (£*l)rerbictung gu erfennen
getoefen toäre. Unb biefeS öefül^l bcr (Sl;rerbictung \vax eS, bas bis gu ben ©pi^en bcr
Sel^örben l^inaufreic^te. Unter aüm ©c^tDanfungen bcr rcligiöjcn Senbcngcn ber firc^lic^en
60 Beworben ^reußenS, Don bem 2Rinifterium 2lltcnftein bis ju bem 3Jtiniftcrium Sabcnbcrg,
galt §eubner, felbft als er nur nocb 2)iaf onuS an ber 2lUttcnbcrgcr Äircbc Joar, glcic^fam als
eine gel^eiligte ^}5erfönlic^feit, toeld^er niemanb ju nahe gu treten, niemanb n)c^e gu tl^un
toagte. 2llS 3)Jann beS Vertrauens iourbc er im älnfang bcr gtoangigcr ^al^re biefcS '^af^x^
l^unbertS nac^ Komment gejanbt, um bie religiojen Beiücgungen, bie bie ©cfal;r ber
66 ©eftenbilbung unb ©eparation in fic^ fd;loffcn, gu unterfuc^en unb in bcfonncnc Salinen
gu leiten. Unb bod^ toar biefer SlUDcre^rtc mit augenfälligen ©c^mad;l?citcn bcl;aftet:
feinem tl^eologifd^en ©tanb^untt nac^ erfd^ien er bem. jüngeren ©e)c^led)t als ein 3"i^üdE-
gebliebener, feine Unfäl;igfeit, fiel) auf frembc ©tanb^junftc gu Dcrjc^en, ließ ihn — gumal
bei ber §i$e feines ß^aratterS — gegen mancl)e ^er|önli4>feiten ungerc^t h)crben; bie
60 95efc^ränfung auf fein SQäittenberg, iooDon er fid; nur ettoa bei Sabereijen entfernte, unb
in SBittenberfj ft)icbcrum auf ben eitoften ^amiltcnfrete gab il^m für bicie ©rfd^etnungen
unb S5crl^ä(tniffc einen biel ju engen unb f)}ie^bürgerlicl^en ©tanbjjunft ber Settad^tung.
Slber ber SSeretoigte \üax ein 3Rann be^ GJebetei?, ein üJlann rüdffid^tölofefter ©elbftt)erleugs
nung, ber in feiner §infi4>t fid^ felbft, fonbem allein bie Ba6)c feinet Sottet fud^te. 3ft
jemate einer getoefen, bei bem bie Stimme be^ ©etoifjen^ ben unbebingteften GJe^orJam b
fanb, fo h)ar e^ ber 35ereh)igte. SBie unberrüdEt i^m felbft bie ©egenhjart ®otte^ bor
äugen ftanb, fo fam ein ©efüi^I berfelben über jeben, ber fic^ in feiner 9läl^e befanb.
Rein SBunber, h)enn ein fold^er SRann aud^ unter feinen Äanbibaten, unter feinen üJlit^
bürgern ate ein h)anbelnbe« ©etoiffen uml^erging. 3)er Sinbrudf, h)a^ e^ ^eifee, in ber
®egenh)art ®otte« leben, fein geiftlid^e^ 2tmt in ber ^urd^t be^^erm führen, ift ber®es lo
h)inn getoefen, ben getoife bie grofee ?Re^rjal^I ber bielen, toeld^e bem SBittenberger ©e«
minar angehört, atö bie föftlid^fte grud^t babongetragen l^aben. 2lU im^al^re 1845U^Iid^
auf feinen lid^tfreunblid^^en SRiffion^reifen aud^ in SBittenberg ftd^ 3ln^ang ju ertoerben
tjerfuc^te, befanb fid^ §eubner gerabe in *leijli^; Don bort l^er tourbe Don il^m ein in
beiligem ©otte^eifer flammenbc^ ©d^reiben an feine ©emeinbe erlaffen, nad^ feiner SRüdf- 16
febr trat er in einer erfd^üttemben $rebigt über ^o 6, 66 f. toieber auf feiner Äanjel auf
unb allen toül^Ierifd^en 2?erfu4>en toar ber Soben entzogen, fo ba^ bei einem nod^maligen
Serfud^c ber Sid^tjjrebiger bor ben erzürnten Sürgem fein §eil in ber glud^t fu4>cn mu|te.
SKa^ §eubner^ fonfeffioneffe ©tellung betrifft, fo n)offte er, toie Sleinl^arb, aud^ auf
feinem fu^jranaturaliftifd^en ©tanbpunfte nid^tö anbere^ fein, afö ein ber Äird^e, in ber er 20
geboren toar, getreuer lut^erifd^er Ideologe. 6r ^at felbft bezeugt, bafe er niemals in
feinem Seben 3h>eifel an ber 2e^re ber ©d^rift unb ber Iut^enf4>en Äird^e gehabt ^abe.
Pietät toar ein ©runbjug feinet ß^arafter^. SKand^e unferer 3^it unberftänblid^e ^ü^^
berfelben liegen an^ feinem Seben bor: fo bat er bi^ anö 6nbe feiner 2^ge aug ?Pietät
für ben berftorbenen 3Sater einen ererbten fc^toarjen fieibrodf berfelben ftetö auf ber Äanjel 25
unter feinem lalar getragen. 2)iefe ^ietät toar e^, toeld^e e^ il^m auc^ unmöglich ge=
mac^t ^ätte, einen ^ngerbreit t)on bem angeftammten Sefenntniffe feiner Äird^e ju toeid^en.
6r ^atte fi* getoeigert, ber Union beijutreten, bie neue 2lgenbe anmne^men: bie ehr-
erbietige ©d^eu ber fird^Iid^en 33el^örben, toeld^e [xi) nid^t getraute i^n anjutaften, l^atte
i^n getoäl^ren (äffen, ©olange inbe^ bie fonfeffioneffen SBirren in ^reufeen nod^ nid^^t ein= 30
getreten, toar aud^ bei i^m biefer Äonfeffionaliömu^ nur im ^intergrunbe geblieben,
ylac^bem jeboc^ bie lut^erifd^e Slealtion begonnen, trat aud^ bei il^m in biefer §inftd^t
eine größere ©d^ärfe ein. ®ie SJerfammlungen be^ lutfjerifd^en Serein^ in SBittenberg
batten in ben legten ^ai}xm x^n j^u i^rem 55räfe^ ertoäl^It. §eubner ftarb am 12. ^ebr.
i853. ättjä^rlid^ toirb noc^ jefet an feinem ©terbetage eine fird^Iid^e ©ebäd^tni^feier in 85
ber SBittenberger ^farrfird[;e gehalten.
3n bie geklärte SBelt ift er toenig ^inau^etreten ; unabläffig ftubierte er unb fammelte
eine umfangreid^e Sibliot^ef, toeld^e bei feinem SCobe tjon bemÄönige angefauft unb bem
Seminar ^um ©efd^^enf gemad^t toorben, aber auöbrücflidS) lag in feinen ©runbfö^en, ni4>t
fotoo^I burd^ Sucher, atö burd^ ba^ lebenbige SBort ju toirfen. ©0 befd^ränfen ftd^ benn 40
feine geleierten Süerfe auf jtoei Stb^anblungen bom ^a^re 1805 unb 1807 : historia
antiquior dogmatis de modo salutis tenendae unb miraculorum ab evange-
listis narratorum interpretatio grammatico-historica asserta, tooju nodfi bie er-
toä^ntc neue 2lu^abe bon SReinl^arbg 5p(an ^^f" fommt unb eine t)on i^m mit 3wfci^cn
berme^rte Slu^abc bon Süd^nerö ,f)anbfonforbanj, 7. 31. 1845. Slud^ mit §erau^gabe 46
feiner ^rebigten l^ielt er jurüdf, unb nur jtoei ^rebigtfammlungen finb bon i^m erfd^ienen.
äu^ feinem litterarifc^en 9lac^Ia^ unb auö §eften feiner Rui^örer tourben bie t)on i^m im
?5rebigerfeminar gehaltenen 93orIefungen ,,$raftifrf^e (grffärung be^ '^Rmtn 3!eftament^"
1856 unb „6f)riftli4>e Xop'xt ober 2)arfteIIung ber c^riftlic^en ©laubenöle^re für ben ^0-
miletifd^en ©ebrauc^" 1863 herausgegeben. X^otucf f (($J. mietfc^iel), w
tettc^elet. 33ei ben 3lttifem ^ci^t vnoxoivEoüdi im ©4>aufj)icl züma^ barftcBen,
oHc fj)ielen; v7ioxQm]g ift ein ©d^aufpiefer, ber eine ^erfon barftefft, bie er nid^t
ift. 2luS ber 3SorfteIIung einer fremben ^erfon ging imoxQioig über in ben Segriff ber
Öeuc^elei. 3Hit bem SBorte §euc^elei toirb jeber ©c^einjuftanb bejeid^net, in bem man 66
bor ber ©efellfc^aft afö zVma^ gelten toill, toaS man t^atfäd^lic^ nic^t ift. @g ift ein
SRi^berftänbniö, toenn §eud^elei nur ba gefeiten toirb, too man ftd; „mit Setou^tfein" aö
Vertreter bon ©efinnungen ober Überzeugungen gebärbet, bie man nur borfpiegelt, aber
im 3nnerften nic^t l^at: biefe 3luffaffung, bie toefentlid^ baS Sluffallenbfte bead^tet, gel^ört
einer oberfläc^lid^en ^f^d^ologie an, 33ielme^r liegt ^euc^elei überall ba bor, too ber eo
22 ^enc^elft
gtoief^alt jtoifd^en bem bcanfjjrud^ten ©d^ein unb bem tJ^tfäd^Kcl^cn ©ein ba« $er«
fonleben bcr ßinJ^ettltd^feit bc« öefd^Ioffenen 6|^arafter« beraubt. Unfer Äuttur», ©efcK*
fd^aftg:: unb ^oUtifdS^e« Seben ift öoD ^eud^clei. SMel^r bcad^tct toirb jte auf ftttlidj^cm,
am meiften auf religtöfem (Sebtct (©d^einl^eiliöfeit).
6 S)cr ®runb bc« 3*^i^fr^'^^ gtDifd^en ©ein unb ©d^ein im SMenfd^enleben liegt in
bem 3*^i^f^öl^ jtoifd^en ©ein unb ©einfoDenbem in ber Sejd^affenl^eit unb Seftimmung
be« et^ifd^en ^Perfonleben«. gjnbem ba« ftttlid^e unb religiöfe Setoufetfein Iraft ber jeelifd^en
Drganifation ber urfj)rünglid^en anläge bem ^i^bibibuum ein geiftige^ Silb gottgetooDtcr
$Rormalität i)or äugen fteüt, bie Selbftfu4>t ober (mit ©infc^Iu^ ber ©innlid^feit) ber SSer^
10 toirflid^ung be^jelben ftd^ entgiel^t ober toiberftrebt, ft)irb SSJille unb ©tnbilbungOTaft i)iet
fad^ beranla^t, tro$ be« tl^atfäd^lid^en 33el^arren« in ber jünbl^aften Sebenöbeftimmt^eit ftd^
ein getüiffe« ©d^einbilb gottgetPoDter 5RormaIität in ber Slugjjrägung be« Seben« öoqus
teiegeln unb banad^ fid^ fo ju gebärben, atö \ümn biefe« ©d^einbilb SBirflid^feit toöre,
^Diefe ^jbd^ologifd^e ©runbform ber ^eud^elei ift ungemein toeit Verbreitet. Unb ba c«
16 fittlid^e Stufgabe be« 9Renfd^en ift, fic^ in ba« fittlid^e ^Ual ^ineinjubenfen unb ju ber^
fe|en, aber e« nic^t fittlid^e ^orberung ift, jjebem boö eigene innere blo^julegen, fo beborf
e« 5Rüd^teml^eit, 3lufrid^tigfeit unb S35al^rl^eit<8Uebe, um ftd^ nid^t bor fid^ felbft, bor (Sott
unb bor 9Renf^en in täufd^enbem Sichte barjufteDen, o^ne [xd) felbft toegjutoerfen, fid^
§erjen«blö^en gu geben ober bie ©elbftad^tung ju gefäl^rben. 2)iefe ©efa^r ber i^eud^elci
20 lauert alfo neben bem nottoenbigen ?Proje^ be« moralifd^en SBerben«, h)ie er au« bem
fittlic^en triebe ertoäd^ft. Unb toie im ftttlid^en 33etou^tfetn neben bem fittlid^en triebe
ber fittlid^e ©inn in SSetrad^jt fommt, fo fann ber lej^tere bem erfteren in feiner Silbung
fo borauöeilen, ba^ ba« ftttlid^e Urteil ein fe^r enttoidfelte« ift bei jurüdEbleibenber Seben««
geftaltung, unb ein 3h)ieft)alt jtoifd^en ©d^ein unb ©ein fo entftel^t, ba^ ber 3Kenfd^ fic^
26 entfjjredbenb feinem urteil al« moralifd^e ?PerfönIid^feit giebt, n)äl^renb biefe ^infid^tli^ ber
Äräftigleit be« ftttlid^en triebe« biel ju toünfd^en übrig lä^t (3Kt 7, 3—5; m 2, 21 ff.).
3inbem femer bie ©efeUfc^aft für bie ®eltung in il^r beftimmte Slnforberungen fteiOlt, ber^
leitet fte fold^e, beren fittlid^e ©efmnung nid^t Iräftig genug ift, eine il^r entf)}red^enbe
Sebenggeftaltung ju erzeugen, fid^ toenigften« bor ber Öffentlic^feit afe jenen Slnforberungen
80 entfjjre^enb barjufteüen, um bie nottoenbige Stellung in ber ©efeüfd^aft ^u bel^au<)ten.
Unter fold^er SJer^üHung toerben nid^t nur ja^Ilofe Safter berftedtt, fonbem aud^ unenbli(^
biel innere Barbarei unb JRo^eit ben Slugen ber äJienfdE^en fo entzogen, bafe fie fid^ toegen
be« 3?id^t^erbortreten« bem ©elbftbetoufitfein berbirgt ober ber^üHt ober toenigften« be*
fd^önigt. 2luf religiöfem ®ebiet enttoäd^ft bie ^eud^elei (abgefel^en bon ben mit in 33etra(^t
86 fommenben fd^on berüJ^rten ®eftd^t«t)unften) am meiften bem fojialen ßl^arafter ber SRe«
ligion. 3e inbibibualiftifd^er bie SReli^iofität ift, befto weniger Slnlafe jur §eud^elei gicbt
fie. Slber je au«gebilbeter bie Drganifation einer 9teligion«gemeinjd^aft ift, unb je gefe^«*
lid^er \i)x^ ^orberungen fmb, befto me^r Slnlafe giebt fie, o|ne innere« i)urd^brungenfein
mit ber bon i^r geforberten ®efinnung bie Seben«berfajfung in äußere Übereinftimmung
40 mit ber 2)ur(^f4>nitt«normalität unb, toenn e« bie SlüdEfid^t auf ben eigenen 35orteil ge«
bietet, mit ber ^öd^^ften 3?ormalität ju fefeen. Unb au4> abgefel^en bon bem fojialen
gtoang ober 2)rucf, fann jebc« religiöfe ^beal in bem Äreife, in bem e« gilt, ba« Semül^en
erjeugen (2 %x 3, 5), ben 9Jimbu« be«felben o^ne feinen gn^alt [xdj anzueignen (21® 5, 3 ff.).
3ia, im Sid^te toal^rl^after SReligiofttöt liegen überall ba religiöfe ©c^ein^uftänbe bor, too
46 ba« SMotib be« religiöfen $anbeln« baburd^ berunreinigt ift, bag biefe« nid^t Icbiglid^ bem
religiöfen 93eh)u^tfein, fonbem egoiftifd^en, alfo ber tval}xm SReligiofität entgegengeje^tm
SCriebfebem entf)3ringt (5Wt 6, 2. 5. 16; 7, 15. 20; 15, 7 ff.; %xt 1, 16). geber ^ana=
ti«mu« ift alfo infofem l^eud^lerifd^, al« er eifrige« religiöfe« §anbeln au« bcr 3Serbinbung
ber §errfd^fu4>t mit ber SReligiofitöt erjeugt, alfo religiöfe« ,§anbeln l^at, ba« ber Sleligiofität
6onad^ il^rem inneren 33egriff h)iberf))ri4>t (^o 5, 42 ff.; 16, 2 f.). Unb infofem h)a]^rl^afte
Sleligiofttät unb ©elbftfuc^>t in 2Biberf}jrud^ gu einanber fte^cn, bie ©elbftfud;t aber boll=
fommen nur in ber d^riftlidf^en, ebangclifd^m ^ömmiglcit au^ bcr ^Religion au«gefc^icben ift,
ift leine aufeerd^riftlid^e Steligiofttät frei bon §eud^elei (3Jlt 24, 51; 15, 7 ff.), bcr f^JC^ififd^
fatanifd^m ©ünbe (4 Äo 11, 14).
66 2Benn in biefer §infid^t ba« 93erh)erfung«urtcil be« §errn bie ^p^arifäer bcrartig ge*
troffen ^at (Sc 12, 1), bafe 5pbarifäi«mu« unb ^euc^clci unter un« faft glcid^bcbcutcnbe
Segriffe getoorben finb, fo barf man ni4>t bcrgeffen, bafe e« ben ^^arijäcm mit bcr (£r-
füllung be« SBiDcn« ®otte« l^eiliger 6mft fear, ba^ alfo ber biblifd^e Segriff bcr^cuc^clci
ein unglcidj^ tieferer ift, al« ber gen)öl^nli(f>e bcr fd^cin^ciligen ^ömmclci, toic il;n 9Jlo=
60 liöre in feinem berül^mtcn Xartüffe gcjcid[?nct l)at, fo ba^, toa« ÜJJoli^rc bcr 2:artüffcric
^ettc^elet 23
al« ed^te grömmiöfett cntgcgenftdlt, uint grölen %c\l auä) unter bcn neuteftamcntfid^en
»egriff bcr ^cud^eW fotten toürbe. (33ecf, gt^il II, 101 : „^n bcr Sd^rtft Reifet ^eud^elei
atte^ 33encl^men, bei toelc^^em ber ©inn nid^t auf baö SBefen be^GJuten unb auf bie mU
fprct^enbe ©teDuna be^ eigenen inneren baju gerid^tet ift, fonbem nur auf bie ^orm,
auf Slu^cntperl, Jcebenfäd^Kd^e« uJf. to. 93ei fold^er SRic^tung toirb bann oud^ baö äußere 6
SSerl^en nid^t Dom SEBefen ber SBal^r^eit unb nid^t gcmä^ bemfclben beftimmt, fonbem
e^ odRommobiert [id^ nur formeD-unb accibentieD. Sgl. SMartenfen« (Stl^if II, 96ff.) 2)er
®runb, tpe^l^alb bcr $err bie ^^arifäer al« ^eud^Ier branbmarft, liegt nid^t barin, baj
fie fu^ nur fromm angefteßt l^ötten — fie toaren toirflic^ fromm — , ®ott unb SKenfd^en
nur mit einem ©d^ein l^ätten betrügen tooBen — fte fud^ten emftlid(i bie Oered^tigfeit — , lo
fonbem j^ujjtfäc^lid^ barin, ba^ fte ftd^ felbft betrogen burd^ bie 3Serbinbung ber^römmig^
feit mit toeltlid^-irbifd^segoiftifd^em ©inn (SKc 12, 15) ju einer ©elbftfud^t^religion, bie ju
bcr hKil^ren Siebe )u (Sott in au^fc^Iiefeenbem ©egmfa^e ftanb Qo 5, 42), ftd^ alfo tro$
oße^ gifer« afe ©d^einreligiofttät ertpie« (3Kt 23, 27—33), unb fo aud^ anbere in bie
3rre fül^rtm. ÄmngeiAm, bie fonft afö SKertmale ber §eud^elei angeführt toerbm, bie is
$ra^Ierei in bm jübifc^m „gutm SBerfen" (Seten, gaften, 2tImofm 9Rt 6), bie aud^ ba«
(Sebet h)ie ba« ganje Ser^ältni« ju Oott berfe^renbe ©elbfkgcred^tigfeit (2c 18, 11 f.), bie
mit ©elbfüjenärtelung berbunbene ©trmge gegen anbere (Mt 23, 3 f.), ber ^fanatiömu«
ber $errfd^fu(^t (22, 18) unb bcr ^ro)}aganba (23, 13 f.), ba« Verlieren be« 3Hafeftab«
für §auj)tjad^en unb 5Rebenbinge (23, 23) unb bamit ba« jercmonialgefc^lid^c 2tufbaufd^en 20
öon 5Ueinigfeiten unb ©eltenbmad^en Don SKenfd^enfo^ungen (15,7; 23,25; 9Rc 6, 6 ff.;
2c 13, 15), ber SBerluft be« gefunben religiöfen Urteiteftnn« (Sc 12, 56), finb 3lu3toüd^fe
au« jener SEBurjel, ber bie Unbufefertigfeit unb bie Slble^nung be« Sleid^ ®otte« entfj)rang
(3Rt 23, 13). S3ibltfd^ fommt in bem 33egriff bortoiegenb ber ©egmfofe ber grömmigfeit
bc« Sieid^ ®otte«, in bem bie ©elbftfuc^t aufgehoben h>irb bur^ bie SBiebergeburt, gegen 25
bie egoiftifd^ verunreinigte ^ömmigfeit jum 2tu«brud, bie bor ®ott SBert bcar\]pnid)t,
aber nid^t ^ot, bor ben aKenfd^en ©d^cin l^at unb in ®otte« äugen nid^t« ift (3Kt 23, 27 ff.).
2)afe bann im d^riftlid^en ®emeinbeleben jebe h)iberft)rud^«boIIc Verleugnung ber Über^
jeugung (®a 2, 13), jebe falfd^e ©dbftbarfteBung (1 ^t 2, 1), jeber ^o^lc ©citung«::
anfprudp (3Kt 7, 15), jebe trügerifd^e ©c^ein^eiligfeit (1 Zi 4,2) mit bem SBJorte geftraftao
toirb, ergiebt fu^ au« ber Sertoerfung aDer ©d^einjuftänbe, alle« Uned^tcn, 5Wad^geäfften
unb ®cmad^tm (2 %x 3, 5), bie im Sleid^e ®otte« ebenfo ber SBa^rl^eit toie ber Siebe
cntf)>rid^t.
geinc ^eud^elei religiöfm ©d^eintoefen« giebt« überall. ®robe §eud^elei gebeizt am
meiften, h>o bie ®eltung ber gnJmmigfeit ®eh)inn berfj)rid^t. Da bie ^ad^U unb 3h)ang«s 35
mittel be« römifd^m Jtat^oliji«mu« bie $eud^elei gerabeju grofeüc^tcn, entbehrt man in
i^m jebe« tieferm 33erftänbnif[e« berfelben, noc^ abgefel^cn babon, ba^ bie fat^olif4>e Scr«
binbung ber Rrömmigfeit mit t)olitijd^er unb flcrifoler §errfd^fud^t unb mit SBerfgcred^tig*
feit unb felbftertoöl^lter ^eiligfeit burd^ biefen S3egriff in i^rer SBurjel getroffm tpirb
(Slj)ot. 11, 46. 13, 4. 16. 25 f.; ei^mall ä. 3, 3, 18. 27). 40
9in ber ^rotejiantifd^m S)ogmatiI ift bie ^eud^clei feit 33aumgarten in bm ©tufen
be« fünbigen ^uftanb« (status servitutis, securitatis, hypocriseos, indurationis)
cai britter ©teile bcl^anbdt (Sleinl^arb« SKoral. I, § 171), unb biefe S3el^anblung«h)eife ift
in ber gorm bon ®rabm ber $eil«able]^nung bi« in bie ®egmtoart mit 5Dlobififationm
bcibe^altm. SKartmfen l^at in bcn „Snth)ictelung«ftufcn unb 3wf^än^^" ^^ Sünbm« 45
lebm«" bie SReibmfolge: 1. ©id^erl^eit, ©clbftbehju^te Äne4>tfd^aft. 2. Selbftbetmg.
3. §eud^elei. 4. SBerbärtung unb teuflifd^er egoi«mu« (ßt^if II, ®ot^a 1879, ©.119 ff.).
93ei ber unfi^erm ätbgrmjung bon 2)ogmattf unb ßt^if toirb ber ^unft teil« in ber
35ogmatif, teil« in ber ßtl^il be^anbelt. 2)ie facbgemäfee ßinglicberung ift mit bcr ^onero«
logie in bie erftere 2)i«ji^lin. S)od^ läfet ftd^ ^infic^tfic^ ber falfc^cn Stbtocge d^riftlid^er 00
^ömmigleit bie Serü^mng be« ^unlte« in ber St^if nid;t ganj bermeibm. ^n biefer
©egie^ng J^tSed i^ im®egmfa^ jur toabren ^ömmigfeit neben ber falfd^en ^römmig»
feit unter bem Jitel ber ©d^etnfrömmigfeit be^anbclt; er fie^t fie barin (II, 100), baj^
„noc^ innm unb aufem auf bie Sejie^ung jum ©öttlic^m nur bie formelle 3:^ätigfeit
Dertoanbt toirb". („Siac^ innen fmft ba« nod^ beibehaltene ®öttli4>e unter fol4>er SBel^anbs 66
lung ^erab jum Dbjeft bereinjelter )}fvc^ifd^er ^nhionm; bie ^ömmigfeit geftaltct fid^
ba nic^t al« innere« ?ßerfonleben ober al« ^erjen«gemcinf^aft mit ®ott, fonbem teil« nur
oI« tote« ffiiffm, teil« al« ^l^antafieleben, al« Snt^ufiafterei, al« ßrlünfteln bon frommen
©efülj^len unb ®ebanlm: lauter 3Kommte, bie amßnbc jur abficbtlic^en .§cu4>elei fül^ren.
5Ra(^ au^m fe^ fu^ bie fromme ©clbftbet^ötigung cbcnfaß« immer mel(^r um in bereinseo
24 ^etti^elei ^eutitatiti
jcltc J)raftifd^c gunftionen ; — bcn natürlidS^^^ ßerjen^auöbrucf unb ßl^araftcrau^brucf bcr
grömmigfeit bcrbrängt tinc ^^Srofefjion unb SKcc^amf ber ^Jrömmiöfctt, rine geh)ol^nl^ctt«=
mäfetgc unb eiiünfteltc 9lad^al^mung bon formen, ein äggregat äußerer Übungen unb
SBerte ber ^ömmigfeit; eg giebt nad^ unb nad) eine geiftlic^e ?ßlugmaci^erei, too ber
6 aJienfd^ me^r borfteUen tv'xü, aU er \% unb mel^r inö SBerf fe|en, afe er bermag, too
Sieben unb 2^^un über baö materielle Ser^ältni^ ^inau^gefteigert ft)irb unb ber innere
üJlangel nur mit ber äußeren 3^l^ätigfeit berbeit toirb".) Sin äJ^nltd^ lebenbige^ Serftänb^
nid ber ^ömmigfcit, in ber „eine äußere Äird^Iic^feit an bieStefle ber h)al^en innerlid^en
©eredS^tigteit tritt", jeigt SRartenfen an (II, 95 ff.)/ ber bem ^P^arifäidmuö fein ©)}iegelbilb in
10 ber ®egenn)art jeigt. ©eine Unterjd^eibung jh)ifc^en JjartieUcr §eud^elei, bie er in ben
berfdbiebenen fiebendber^ältniffen auftoeift („j)artiene ^eud^elei finbet jtd^ im Orunbe überall
im Öeben"), unb $eu4>elei ate J)erfönlid^er (gjiften^form ober afeOrunbjug be§ ßl^aralterö
berührt ftd^ mit ber Unterfd^eibung ber i^eud^elei aU %f)ai unb aU Sw^^'^t 9^^f* <^^^
über fie ^inaud. ®er Unterfd^ieb jtoifd^en grober unb feiner ^eud^elei ift auf )}roteftans
16 tifd^em 33oben ftetö gemad^t ; aber bie Sinftqt in bie mannigfad^en formen ber le^teren
(bgl. Subbeuö, theol. mor. c. 1 §§ 30. 34) ift fe^r berfd^ieben nad^ bem 5Wa^e ber
^ä^igfeit ber Unterfc^eibung ^toifd^en 3^almi unb ®olb in Sleligion unb ©ittlid^Ieit. 2)0^
^eu4>Ierifd^e ^Jrömmigleit einen biel glänjenberen ©d^ein ^at unb barum bon bieten ^öl^er
gefd^ä^t n)irb ate e4>te, ^at Sutl^er oft l^erborgel^oben.
20 ^n ber Sitteratur, namentlid^ ber erjä^Ienben, ift ber §eu4>ler eine beliebte t^igur.
2)cr mobeme Slealidmud liebt ed, ber gefeüfd^aftlid^en §eud^elei in allen i^ren gormen
bie SKaefe bom ®efi4>t ju nel^men. ®te ^olemif gegen ©eftaltungen ber grömmigicit,
bie man für ungefunb ober übertrieben ^ölt, Heibet ftd^ gern in bad ©etoanb ber Se^
fämjjfung ber ^cuc^elei.
26 2)a| ed nid^t blo^ eine ^eud^elei ber ©ittlid^feit unb ^ömmigfeit, fonbem in3«ten
unb 33er4;ä(tnif[en, n)o bad ©egenteil ate R^\d)m ftarfer ©eifter gilt, aucf^ eine §eu4>elei
ber Seid^tfertigfeit, ßw^^^^^Pö'f^i^ ""^ griboTität giebt, bebarf faum ber @rh)äl;nung. S)er
©ojialidmug ift minbeftend ju neun g^^ttt^'tn §eud^elei. ^. fiemme.
^eumatiti, ß^rifto})^ 2luguft, geft. 1764. — du eilen für fein fieben unb feine
30 Uttcravijd)e ?Birffamfcit finb üor oflem feine eigenen ^tiifjeic^nungen, feine S3ricfe unb ®üttingcr
llniüerfitötSaften; ferner: g. 3. ^Küfers fiejifon ber je^t lebenben Xfeeologen, @. 275 ff.;
©öttcnö ®el. Europa I, 488 ff. ; ©(ftmerfol)!. ®efd)icf)te je^t lebenber ®otte«geI., II, 146 ff.;
3eit» unb ®ef(6id)tdbef(^reibung ber ©tabt ®bttingen, 4jött. unb ^annoüer 1734 ff., bercn
britter 2:cil, bie ©(f)ulgef(6i(ftte ©öttingen«, üon €>• fcl^ft oerfofet ift, unb 6. 126-300 baö
36 Seben ^.§ ate ®i)ttinger 6d)ulreftor enthält, ^eijne, Memoria Heumanni, (iJöttinflen 1764;
®. W.eaffiu^, ^lugfüdrl. fiebcnöbefcftr. J&eumannö, Gaffel 1768 (mit üoKft.Sc^riftenucrjeit^ni«);
a^eufel. Sejüon, t. V; ®. ©• ^offmann in ber SlOg. enc^fl., Sect. II, 2:17, ©. 4t2ff. ®. $>.
Klippel, ^eiitjcf)c fieben«* unb (5^ara!terbilber. 1,276 ff.; ®. fjranf, ®ef(^i(^te ber prot.
^t)Cül. 111, 120 ff.; .£)alni§ 9lrt. ^eumann in ber 5lbS3 12, 327 ff.
40 Gl^rifto))^ äuguft ^eumann, j)roteftantifd^er 2:^eolog, ©d^ulmann unb ^Pol^l^iftor be^
18. ^al)xi). bur4> Sielfettigleit be^ ffiiffenö unb foloffale litterarif4>e ^robuftibität ebenfo
befannt h)ie burc^ 5Wangel an G^arafterfeftigfeit unb tl^eologif4>er Sebrbeftimmtl^eit. @r
tourbe ben 3. 2luguft 1681 ^u 2tlftäbt im 3:^üringifd^en geboren, Wo fein Später SJia-
fonuö unb jugleid^ ^rebiger be^ benad^barten 3)orfe^ 5Wönc^J)föffel tvax. ©d^on in
46 frü^eftcr 3^0^"^ ^^n f4>h)eren ©d^idEfalen betroffen, geriet er nic^t nur felbft mel^rmate
in Scben^gefal^r, fonbem berlor au4> tüenige äBod^cn nad^ feiner ©eburt feinen 3Sater
unb fed^g @efc^h)ifter an einer peftartigen Äranfl^eit. ©eine erfte ßr^ie^ung unb Silbung
berbanfte er bem 3tacbf olger feinet i^ater^, 3Jl. 3lnbrea^ Slofe, ber feit bem ^ahxz 1683
ate ©tiefbater gen)iffcnl)aft für i^n forgte. 1684 raubte il^m ber Stob aucb biefe ©tü^e,
60 tborauf fid^ fein älterer SSruber ^oi^^nn ©amuel, ber nun in bie erlebigte ^farrfteHe be^
Saterö einrüdfte, nad^ Äräften feiner annal^m. 2eb^aften ©eifte^ unb bon glüdlic^en Sin*
lagen untcrftü^t, l^atte er e^ in ber ©c^ule feiner SSaterftabt fo h)eit gebrad^t, bafj er,
laum 15 Sollte alt, ba^S^mnaftum 5U ©aalfelb, feit 1697 bie unter bem Sieftor ©leit^*
mann blü^enbe ©d^ulc ju 3ei$ befud^en lonnte, h)obei er fid^ bie SJJittel ^u feinem Seben^
66 unterhalte unb bie nötigen Sucher teilhjeifc burc^ ^ribatimtenid;t unb ©ingen im 6^or
berbienen mufete. 3Kit bem ^^^Ö^^ff^ ^^"^^ f^^^ gelehrten ^üngling^ (literatissimi ju-
venis) ging er um ?DJidbaeli^ 1699 ^ur Uniberfttät ^ena ah, um bafelbft Stf;eologie unb
?P^ilofoj)l^ie 5u ftubieren. ^t iDeiter er bei feinem raftlofen glci^ in bcn SBiffenfcbaften
fortfd^ritt, aber aud^ je mehr e^ i^m jum Sctoufetfein fam, ba| er nidE^t aUc^ simpliciter
CO glauben fönne, h)aö bie Äird^e glaubt: befto entf4>iebencr ging fein ©trcben auf ein afa-
^eutitantt 25
bemif^e^ Scl^ramt. 3Jad^ cmer bor ber j)l^iIofo)3l^ifci^cn ^fultät crftanbenen Prüfung unb
naä) öffentlicher 3Serteibigung fetner 3)iffertation de duellis principum erlangte er 1702
bic 9Ragiftertüürbe, unb begann im folgenben 3ia^re ate ^ritjatbojent j)^i(ofo)3l^ifcl^e äSor»
lefungen ju l^alten, bie er mit fteigenbem Seifall btö Dftem 1705 fortfe^te, n>ä]^renb er
gleichzeitig atö Ti)toloQ m ber afabemifdf^en Äird^e in 24 Äan;\eIborträgen bie 33ergj)rebigt 6
3cfu erllärte. 3"^^^^^ überzeugte er ftd^, Z^g^^^^^ lel^rcnb unb lernenb, ba^ h)if[enfd^afts
lid^er %U'\% attein gu einer gebiegenen 3lu<8bilbung nod^ nid^t genüge. 6r unterbrad^ bal^er
feine glücflid^ begonnene afabemifd^e fiaufbal^n auf einige 3^'^/ ^^ (2t}jril bi^ Dftober
1705) zu feiner SBeiterbilbung mit einem befreunbeten M. S^renberger eine Steife burd^
einen leil bon 3)eutjd^Ianb unb §offanb zu mad^en, auf iuelc^er er nid^t nur bie be^ lo
rü^mteften ©elel^rten feiner 3rit, namentlid^ 5p. SSa^Ie, SSa^nage, Surieu, Sredfling, $oiret,
SBitfiu^, 9lo§tt, ®ronob, Surmann, 6oj, ban Dale, le Giere, Simborc^, Sitringa, Srau«
niu«, ©bzarb, ^eterfen, ben gitterar^iftorifer ^o^. 3llbert gabriciuö, ben ^^iIofoj)^en 2eibni$,
fonbem aud^ bie ©emeinfd^aften ber Dualer, SKennoniten, Sababiften k. jjerfönlid^ lennen
lernte, unb feine Seobad^tungen unb SBSal^rne^mungen in einem genau gefül^rten 2^ges i6
buc^e (StuiSzüge barau^ bei ßafftu^ ©. 34 ff.) auiSfü^rlic^ aufzeid^nete. an ftörper unb
Oeifi geftänt unb mit mannigfad^en ©rfa^rungen bereid^ert, lehrte er Dftober 1705 nad^
^ena zurüdf, too er mit neuem ßifer feine afabemifd^e i^ätigfeit tüieber begann unb ben
Krei^ feiner Sorlefungen nun aud^ auf einige 3*^^'ö^ ^^ Ideologie unb auf ben latei«
nifc^en ©til augbe^nte. 2)a er aber burd^ feine freifinnigen Slnftcf^ten, befonberg burd^ ao
feine S)ifiertation de facto uxoris Loti non miraculoso (^ena 1706 unb 1708) bei
ber 3^^ufer Drtl^obojie Slnfto^ erregte (fiel^e ßaffiu^ S. 298) unb bei feiner Setoerbung
um bie äbiunftur ber j)l^ilofo))|ifd^en ^Jafultät einem anberen 33en>erber nad^gefe^t tourbe:
übernahm er im ^ai)xt 1709 bie feinen Söünfd^en unb gelehrten SSefd^äftigungen ent^
fprec^enbe Stelle eine^ JufP^Wor« be^ t^eologifc^en ©eminar^ unb Äoffaborator^ be^ O^m^ 26
noftumg in Sifenad^. 3(m Seminarium theologicum f^attt er aud^ ÄoIIegia über $^iIos
fo})^te, Sjegefe unb de stilo au lefen unb fanb fo täglid^ ©elegen^eit, feine brei summa
bona, h)ie er fidb au^brüdfte, ba^ Studium theologicum, philosophicum unb philo-
logicum zu treiben. 3^ro^bem folgte er gern ad)i ^a\)x^ flpäter (3Rai 1717) bem Stufe
be« ©öttinger SMagiftrate^ ate 3nfj)eItor unb ^rofeffor an ba^ bortige ®V"^"^r^um an ao
bie ©tette be^ befannten ^äbagogiarc^en ^uftu^ bon Dranöfelb (ftel^e über il^n Älibbel,
35eutfc^e £eben^= unb ß^arafterbilber I, 258). ^n biefem erlbünfc^ten aBirfung^treife
burc^ ein reid^Iid^c^ ©inlommen gegen 9lal^rung^forgen gefiebert, ern>arb er fid^ bi^ ^nx
©rünbung ber Uniberfität mit au^gezeid^neter Umfid^t unb unermübeter 3:^ätigfeit aU
Seftor, Se^rer unb ©clriftftcller gro^e SSerbienfte. ©r führte (1728) eine neue, hm^^xt-BS
crforbemiffen angemeffene ©d^ulorbnung ein unb brachte burd; eigenen (Sifer im Untere
richten unb burc^ feinen förbernben ßinflufe auf bie übriger Se^rer bie ©d^ule balb fo in
Sufnal^me, ba^ bie Släume faum auörei^ten, äße ©d^üler zu faffen unb eine classis
selecta eingerid^tet tperben mufete. 2)a er bei biefem toad^fenben Sufe oft bon angefe^enen
@ltem au^ ber gerne gebeten tourbe, i^re ©öl^ne in ^enfton zu nehmen, jo ber^eiratete ^
er ftc^ 1719 mit ber 19iä^rigen a:od^ter be« ©tabtf^nbüu« SKinicfer. Dießl^e blieb linber*
lo«, unb fd^toere Seiben ixixhi^ biele 3ia^rc ba« ®lüct berfelbcn; benn bie fräftige unb
bon 9iatur leben^frol^e %xa\i tüurbe nic^t lange nac^ il^rer 3Ser^eiratung bon einem un-
^ilboren ©id^tübel befallen, toeld^e« fie an |)änben unb ?füfeen läl^mte. ^. ertrug bad
* fc^tücre ©efd^idf mit großer ®ebulb, bicie ©tunben bradE> er feinen ©tubien ab, um bie «
Seibenbe zu tröften ober i^r burc^ fromme ®efj)räd^e unb ©ebete bie i^r berfagte Äirc^e zu
erfe^en. ©ie litt bid an i^ren iob 1750. 2)ie Qfyt tvax ünberlo« geblieben.
©iebenze^n ^a^re ^atte ,§eumann mit bcftem Grfolg feiner ©c^ule borgeftanbcn, ate
er im Sl^ril 1734 bon bem fgl. I^annoberfc^en ©rofebogt ®erlac^ Slbolf bon SWünd^^aufen
ben Sefe^l erl^ielt, ba« im ^aulinerflofter befinblicfe ©^mnafium zu eraugurieren, bamit 60
bie ®ebäube be^felben bei ber beborftebcnben Eröffnung ber ©eorgia 3lugufta zu afa«
bemifc^en ^to^m benu^t toerben fönnten (f. feine Primitiae Goettingae academicae
1738, unb Slöfeler, ©rünbung ber Uniberfität ®ottingen 1855). SSeftimmt l}aiU .fr er=
toortet, bei ber ©mennung ber orbentlic^en ^rofefforcn ber 2:I^eologie berüdfficf^tigt zu
toerben, ba er fc^on im anfange be^gal^re« 1728 zu^elmftebt nad^ rül^mlic^ beftanbener 66
Prüfung (öffentlid^ gleid^jcitig mit Wos^eim) bie SBürbe cineö tl^cologifc^cn Doftor« er^
langt, fid^ ate t^eologifc^en ©(^riftfleller in ber gelebrten 2öelt rübmlic^ befannt gemad^t
unb mebrere Berufungen (nad^ .^elmftebt, ^ena, Sln^bad^) an^ Siebe ^u ®öttingen ab-
gelel^nt ig^atte. 2)ennod^ fal^ er fxd) in feiner ßrtoartung getäufc^t ; benn er hjurbe burcl^
fgl. 9lef!ri})t bom 12. Dftober 1734 zum orbentlic^en ^^rofeffor ber Sitterar^iftorie in berfio
26 ^etttitanii
^l^ilofo^j^ifd^en unb banebcn jum aufecrorbentlid^en ?ßrofcffor in bcr t^cologifd^en golultät
mit Seibe^altung feine« bi^^erigen ©eJ^alte« ernannt. SKan toollte il^n für feinen regten
2:^eolo0en gelten lafjen unb traute i^m, toeil er bi^l^er mit fo berf(^iebenen fingen jtd^
befd^äftigt, nid^t ju, bafe er ben t^eologifc^en SBijlenfd^aften genugfam gehmc^ffen fei (MS.
6 @'6tt). ©leiitoo^l Ke| er [\d) burd^ biefe ^urüdfe^ung, fo fel^r fte aud^ feinen ß^rgeig
fd^menen mod^te, in feiner raftlofen S^ätigfeit nid^t ^emmen ; er jeid^nete fu^ bielme^
foh>ol^l burd^ bie ^ai)l feiner 33orIefungen unb 3«^örer, al« inxd) bie Slbfaffung öon ?ßro=
grammen unb burd^ ben SSorfi^ bei öffentlid^en t^eologifd^en ®igj)utationen, olj^ne bagu
ber})flid^tet ni fein, felbft bor ben Don auötoärt«; l^er berufenen orbentlic^en ?ßrofefforen ber
10 Ij^eologie (geuerlin, Srufiug, Dporin) fo fel^r au«, bafe tl^m bie SRegierung burd^ frei*
ft)UIige ®e]^altj«ulage unb mand^e anbere a3en>eife be« ffläo^ItooDen« i^re 3«trieben^eit gu
erlennen gab. Sturer einigen j)l^iIofoj)l^if(^en Sorlefungen, mit benen er abh>e(^felte, lo«
er regelmäßig über bie ßjegefe be« 31 unb 9fl2:«, fotoie über Sitteratur« unb Äirc^cus
gefd^id^te. ^ie anregenbe Sebenbigfeit feine« Vortrage«, t)erbunben mit feiner grünbli^cn
16 unb umfaffenben ©ele^rfamfeit, führte i^m mit jebem ^d^xt eine größere Slnjal^l bon
3ul^örem gu, unb in bemfelben ®rabe, in toeld^em fein S3eifatt auf ber UniDerfttöt ju«
nal^m, Verbreitete ftd^ aud^ fein SRu^m unter ben au«h)ärtigen ©elel^rten burd^ feine
©d^riften. ^m ^al^re 1745 jum orbentlic^^en ^rofeffor ber Ideologie ernannt, fo^ er
enblid^ ba« 3^el erreid^t, nad^ bem er fo lange geftrebt i}aa^, aber fc^on im ^oii)Xi 1758
20 fal^ er fid^ genötigt, Dom alabemifd^en Sej^ramt jurüdf^utreten, tocil er bie nad^ feiner
eigenen 3lngabe fd^on bon me^r al« fünfjig ^Qi)xtn gen)onnene aber bi«lber au« äußeren
®rünben jurüdfge^altene Überzeugung, baß bie Seigre ber reformierten Jlirc^e über ba«
äÜbenbmal^l rid^tig, Sut^er« an^ bem $at)fttum behaltene Seigre bagegen folfc^ fei, auS
ainlaß feiner erflärung be« 1. Äorint^erbriefe« (lu 1 Äo 10, 16. 17 unb 11, 23—25)
26öffentlid^ au«jufj)red^en fid^ betpogen fanb. — 5Die Slbfic^ft i^eumann« tpurbe fuig t>or
bem ©rfd^einen bc« ffierfe« ber Stegierung in ^annoDer befannt, h)e«^atb er e« für ae«
roten l^ielt, in einem au«fül^rlic^en ©d^reiben an ben Äurator ber UniDerfität, ben 9leic$«s
freil^erm bon SMünd^l^aufen, feine 3lbn>eid^ung bom Se^rbegriff ber lut^crifd^en Äird^e felbft
offen barjulegen — mit ber Sitte, i^n glei^tüo^l in feinem tl^eologifd^en fiel^ramt ju U-
30 laffen, eventuell i^m feine frühere ©teDe in ber )}J^ilofo)}^ifd^en ^afultät n)ieber ju geben
(ben 31. Sluguft 1758). 2)ie SSerfud^e, i^n ^um Slufgcben feiner 3lnfic^t ju belegen,
blieben erf olglo«. 3)agegen bcrftanb er ftd^ baju, bie anftößigen ©teilen auf brei nod^ nidj^t
ebierten 3)rudEbogen feine« SBerfe« ju faffieren unb umbruden ya laffen. 5Rad^bem aber
inxjoifd^en aud^ eine Älage ber t^eologifd^cn ^fultät tüegen Serlc^ung be« 3lmt«gel^eims
36 niffe« gegen il^n beim Äuratorium eingelaufen n)ar, tourbe ip. heranlaßt, um feine Smeri^
tierung m bitten, bie i^m benn aud^ unter rü^mltd^er 2lnerfennung feiner Seiftungen unb
Serbienfte mitSelaffung feine« 9langc«, ©ehalte« unb anbcrer aSergünftigungen ^ulbt)onft
erteilt tourbe, nad^bem er „^eiliglic^ unb untert^änigft berfJ)roc^en, baß er feine Stnfid^t
lünftig^in toeber öffentlid^ nod^ l^eimlicf^ lehren unb berteibtgen, — au^ fonft in theo-
40 logicis nid^t« Jjublijieren toolle, h)a« ber sanae et in ecclesia Luth. receptae
doctrinae im minbeften entgegen ju fein aud^ nur fd^einen möchte" (nad^ ©öttinger
atlten bon Sluguft bi« Df tober 1758). ©eitbem befd^äftigte er ftd^ in ungeftörter
9Kuße teil« mit ber 93ollenbung einiger litterarifc^er arbeiten, teil« mit Drbnung feine«
5Ra4>laffe«. ©eine frül^er äußerft fräftige, burd(> ftrenge ®iät unb regelmäßige S3eh)egung
16 fonfert)ierte ©efunb^eit erlitt ^ule^t me^rfad^e Störungen burd^^ fc^lagä^nlid^e anfalle ; er
ftarb nad^ fur^er Äran%it, faft 83 ^a^re alt, am 1. 3Kai 1764.
§eumann« litterarifc^c 2:^ätig!eit toax fo umfaffenb, baß bie 2lufjäl^lung feiner
©c^riften bei feinem S3iogra})^en Gaffiu« nic^t toeniger al« 134 ©eiten einnimmt; fte er^
ftredte fic^ auf 3:^eologie, auf bie Äritif (Parerga critica, 3j^n<^1712, 8^), auf bie p^u
60 lologifc^e ^Bearbeitung einiger ©4>riftfteller au« ber römif4>en Sitteratur, auf bie (Sefd^ic^te
ber ^l^ilofopl^ie (Acta philosophorum, b. i. grünblid^e 9ia4>ric^ten au« ber historia
philosophica (§alle 1715—1727, 18 ©tüdte in 3 Sänben, 8"), unb tjorjüglic^ auf bie
Sittcrärgefc^id^te, um bie er fid; burd^^ ba« Schediasma de anonymis et pseudo-
nymis in 2 Sudlern (Qena 1711, 8"), bie Epistola de circulatoria litteratorum
66 vanitate (Amstel. 1716, 8*"), bie Bibliotheca historicä academ. (1738), bie ^erau«-
gäbe ber SiograJ)l^ien einiger ©cle^rten unb bor allem burd^ feinen fel^r gefc^ä^ten unb
toieber^olt neu aufgelegten Conspectus reipublicae litterariae s. via ad historiam
litterariam (Hannov. 1718, ed. 7, ibid. 1763, 8^ unb ^ule^t noc^ t)on e^rin^ in
2 8änben,1791— 1797) große aSerbienfte erworben f^at 35on feinen tl^eologifd;cn ©d^nften,
ßo loeldS^e l^ier ISföul)tfädS>lidS> in Setrad^t lommen, t>erbient junäc^ft feine Überfe^ung be« 511«
^ettmautt 27
(§annot)er 1748, 2. aiuggabe 1750, 2 Sbe 8**), l^crborgel^oben ^u Serben, toeil er mit
berfclben ntd^t nur in einer Mt auftrat, in \vdd)QX bie SebenfUc^feit, ob e^ über^auj)t
erlaubt fei, ber Überfe^ung ^ut^er« eine neue an bie ©eite ju ftetten, nod^ leine^toeg«
übertounben h>ar, fonbem aud^ beftimmt ben ©runbfa^ an^pxad), baft ber Überfe^er
neben ber treuen Übertragung bc« ©innc^ jugleid^ ber möglid^ften ^eutlid^Ieit, fotpie einer 6
ni^^t nur reinen, fonbem aud^ feinen unb üerlid^en ©d^reibart fid^ befleißigen muffe.
S)iefcr berbienftlid^en unb tro^ mancher tabeinbcn angriffe (toorüber bgl-Gafftu«©. 414 ff.)
im ganzen mit SeifaH aufgenommenen arbeit (bgl. Acta hist. eccl. 73, ©. 103 ; ©d^röd^ 7,
6. 603 f.; aRe^er, ©efd^id^te ber ©c^rifterfl., IV, 389) ne| er bie erllärung be« 9i^«
folgen, todc^fe Don 1750 bidl763 ju ^annoDer in 12 Dltabbänben erjd^ien unb feine Über- lo
fe$ung im einzelnen begrünben unb red^tferttgen fottte. Stu^e^cnb bon ben ©runbfäjen
ber grammatijd^-l^iftorif^en 3interJ)retation, tvk er ftc^ biefelben gebilbet l(^atte, beurteilt er
bie Meinungen frül^erer (Sjegeten, erörtert ben S35ortfinn unb geigt Vertrautheit mit bem
©prac^ebraud^e ber Sibel unb eine grünblid^e Äenntni« ber ©efd^ic^ite unb ber Sllter*
tümer. 2)od^ ^at er fid^ feine^toeg« bon aller bogmatifc^en Sefangenl^eit frei erhalten unb i5
giebt nid^t feiten t)araboje unb gefud^te, jum teil unl^altbare Deutungen. Site 9Jad^trag
unb ergänjung ju biefem SBerfe fmb bie nad^ feinem 3^obe erfd^ienenen „Stnmerfungen
über feine feruärungen be^ 9J2:«" (®öttingen 1764) unb bie „succincta interpretatio
apocalypseos Joannis" (Francof. et Lips. 1764, 8'), ju betrad^ten. 3Siele einzelne
gtagcn au« bem ©ebiete ber alt^ unb neuteftamentlid^en ßjegefe unb ber biblifd^en SÖters ao
tümer ^ai §eumann in feinen Programmen, 3)iffertationen unb 3lbl^anblungen bel^anbelt,
f. ßajfiu^ unb bie unten ju nennenben ©ammlungen. 9Jeben ber Sjegefe ^at er fid^ auc^
mit fird^en^iftorifd^en ©tubien fleißig befd^äftigt unb t)iele bunlle unb jtoeifel^afte fünfte
(au^ ber ^atriftil, SReformation^^, ^Pa^ftgefd^i^te, t^eol. Sittcraturgefd^i^te u. f. to.) burc^
einzelne feiner jaijilreic^en, teite in geitf^riften ober Oelegenl^eit^fc^riften jerftreuten, teite 26
in ©ammlungen bereinigten Programme unb Slbl^anblungen ani bem ©d^a^ feiner im-
menfen SelefenJ^eit, unb nid^t jelten mit glüdlid^^em Erfolg, aufzuhellen berfud^t. 3m
ganjen toirb bie gal^l jeiner 3)i^utationen auf 71, feiner Programme auf 117, feiner
geleierten Slbl^anblungen in 3<^itf4^f*^" ß^f 153 angegeben: ba« meifte babon ift ent*
lolten in ben brei bon i^m felbft beranftalteten ©ammeltoerfen: Poecile, 3 t., $alleao
1722—1731; Sylloge diss. 4 Partes, ©öttingen 1743—1750; Nova sylloge diss.
p. I unb II, SloftodTunb SBi^mar 1752 unb 1754. — SSon bleibcnbem SBerte ift feine
©öttinger ©d^ulgefc^id^te, bie oben in ben Duellen citiert h)urbe.
Dogmatil l^at §. in ©öttingen niemals gelefen „au^er im 3lnfang, ba fein anberer
ba toar", unb gtoar nad^ bem Äom^enbium be^ 33ubbeu«; auc^ unter feinen ©d^riften 36
befinbet fid^ faft feine, toorin er eine bogmatifc^e 3Katerie au^efül^rt f)ätU, ®efto größere«
auffeilen erregte bie furg nad^ feinem lobe erfd^ienene ©d^rift: D. 6. 3t. $eumanng Sr*
toeife, ba^ bie Se^re ber Sieformierten ftird^e Don bem ^eil. Slbcnbma^le bie rechte unb
too^e fei, ßi^leben unb SBittenberg 1764, 8^ 80 ©. ^afe bie beiben 2)rudforte ftmu*
liert feien, um „burd^ biefen toi^lofen 3Kutn>illen mit bem Slnbenfen Sutl^erg Bpott ju 40
treiben", erfannte man fofort; aber aud^ ber ungenannte §erau^eber n>urbe balb be*
lannt — ber berliner $ofj}rebiger unb Äonf.=5lat 21. ^r. 2ß. ©adf, bem ß. fein 9Ranus
ffri^jt fd^on 1762 mit bem Serlangen jugefd^idEt l^atte, baöfelbe bruclen ju laf[en, unb ber
nun nad^ be^ Serfaffer^ 3:ob ftc^ für berpflid^tet ^ielt, „ben au^brücfli^en legten SBiHen
be« feiigen 9Rannc« ju erfüllen", tiefer felbft l^attc gtt)ar, tvk er ©. 27 feiner ©d^rift 4&
befennt, im ^afyci 1758 bei feiner ©meritierung feinen Dbttn bie S^f^Ö^ Ö^öcben, „feine
5Weinung nid^t anberen ju fagen unb nic^t fortjupflanjen" ; aber er ift fo nait), l^injuju-
fe^en: id tarnen ut perpetuo facerem, a me impetrare non potui. iUelme^r
i)ublijiert er je^t nid^t blo| bie früJ^er auf Sefe^l be« Äuratorium^ faffierten äbfd^nitte
feiner ßrflärung be« 1. Äorint^crbrief^, fonbem fud;t aud^ feine 33c^au))tung, bafe bie lu« öo
t^erifd^e äbenbmai^tölel^re eine im ^öd^ften ©rabc abfurbe, bie reformierte aber bie ber«
nünftige unb ^ugleidj^ fd^riftmägige fei, no6^ toeiter ju erh)eifen — freilid^ nid^t folDO^l
burd^ ejegetifcpe ober bogmatifd^e ©rünbe, ate Dielmcpr burc^ eine ^öd^ft oberflä^lid^e unb
leichtfertige 3wfö"^*"«nft«lf«"9 bon angeblid^en 2luftoritäten, öon alten unb neuen 3:^eo=
logen unb Saien, bie teite öffentlid^, teite l^eimlic^ für bie reformierte ober gegen bie lu^ 66
t^erifc^e älbenbma^telel^re ftd^ au^ef)}ro4>en ober aud^ nur burcf^ i^r ©c^n)eigen i^reÄtn«
neigung )u erfterer berraten ^aben follen. ^um ©d^Iu^ ma4>t §. ben prattifd^en ^or«
f^lag, ba^ ©c^iöma ^toifc^en Sieformierten unb Sutl^eranem baburd^ ^\i l)cbm, bafe jene
i^ decretum absolutum, biefe bie lutl^erifd^e Slbenbma^tele^re aufgeben. Sein SBunber,
ba^ biefe ©d^rift — nic^t burc^ bie Sieul^eit ober ©d^ärfe xi)x^ Setüei^fü^rung, too^l aber co
28 ^eumanu ^eufc^reife
burd^ bic Äccf^eit tl^rer ScJ^auj^tunflen, burd^ bic Sd^toäd^c i^rcr Soflü, bie Unjart^eit
i^rer ^orm, bcfonber^ aber burd^ bic gcrabcju mölitiöfc Scrbäd^ttgung angefcl^encr lut^e^
rifd^cr 3:^coIogen uuflcl^cure^ 3(uffc^en erregte unb eine %l\xt bon ©ntgeöttungen unb 2Bibers
legunggfd^^riften ^erDorrief — t)or allem eine Öffentliche Srflärung ber ©öttinger ^^o:
B logenfafultät in ben ©g2l t)om 5. S^H 1764 (©tüdSO), tüorin bie §eumannf^e Schrift
ol^ eine ber Uniberfität toie beren Äuratorium zugefügte Seleibigung auf« tieffte beflagt
unb ^öc^ften^ aug ber bei bem STerfafJer in feinem ^o^en 3Hter eingetretenen ©d^toäd^c
ber Serftanbe^fräfte entfd^ulbigt tüirb. Unter ben tüeiteren Streitfd^riften, bie ber .&cu-
mannfd^e Srtpei^ l^eröorrief (t)on 31. 35. ©rulid^, 6. ®. .^ofmann, ©. £. Sflbani, 3. 2). 6ube,
10 ©. ©. gange, 3- 3- ^K**, 6. 3t. griberici, 6l^r. 93auer, nebft berfd^iebenen anonymen,
bgl. (Smefti, 2:^eoI. g3ibl., 33b 5 u. 6) finb h)o^I bie beiben bebeutenbften bie Don bem
genenfer 3- ®- 3BaId^, gena 1765, unb bie Don 3. 3t. Smefti, Brevis repetitio et
assertio sententiae Lutheranae etc., 2eiJ);\ig 1765, 4^ unb in beffen Opusc. theol.
p. 135 ff. 3« geringer be^ S3uc^e^ hjifjenfd^aftlid^er 2öert, bcfto mebr iuar e« bun^ bic
16 3lrt feinet ©rfd^cinen«, burd^ ben 3Bibcrf)}rudE^, ben eg I^erborrief, aber aud^ bie teiltoeifc
3uftimmung, bie e^ fanb, ein 3^^^" ^^^ 3^'^ ""^ ^^" 3?orgeid^en ber jc^t (feit 1765 ff.)
über bie beiben et)angeltfc^en Äird^en gleid^mä^ig ^creinbred^enben, äße fonfeffioncHcn Untere
fd^eibungölcl^ren ^intücgreifeenben %lut ber 3lufflärung. — 3Son §eumann^ übrigem littc^
rarifd^en 9Ra4>Ia^, über ben er berfc^iebene teftamentarifd^e 3Serfügungen traf, ^at fi^ nur
20 fein gel^altrcid^er, mel^rere taufenb Sriefc au^ ganj 2)eutfc^Ianb umfaf[cnber 35riefh)cd^fcl
erhalten, ber auf ber fgl. 33ibIiot^ef ju A^annoöer aufbetDahrt n>irb. 33riefe t)on tl^m
felbft fmb gebrudft in bem Thesaurus epist. Gesnerianus ed. Klotz unb a. a. £).,
anbere j^anbfcf^riftlic^ auf ber ©öttingcr 35ibIiot^ef. {»Vtpptlf) ?. Xfi^aifert.
^eufc^reife. fiittcratur: ^otftart, Hierozoicon 11, 4, 1; Srcbner, 5)cr ^ropW
26 3oeI,33eilQge 6.161 ff.; 9?ofenmüaer, 3llte§unb neueS ^Diorgcnlanb IV, 6.370 ff.,VI,©.289ff.;
bcrf., 3nicrtumS!unbe IV, 8. 386 ff.; 23urft)arbt, ^öemerfungen über bic S3ebuincn, 8.375 ff.;
bcrf., ^trabien, 8.162; Seesen, JReiten 1,8.346; 3BcJftein, SReifeberidjt über ben^auranjc,
8. 43; berf. in 3)eli6fcf) Äommentar ^u .{lo^elieb unb ^rebigcr, 8. 446; Nobler, Sf^ajoret^,
8. 23 f.; Xriftrani, Natural history of the bible, 8. 306 ff.; 5)inniann, Kommentar ju fieo.
30 11, 22; 9?üiuaff, ^ebr. 3(rc^äüIüC|ic I. 8. 85 unb 115; bic ?ht. ber 53ibchoörterbüd)er Don
8d)enfef, ^^icner, $Hict)m. — gär iucitcve Sittcvniur tjgl. ^iflmann ju 2eö. 11, 22.
I)ie §eu(d^rcdtcn hjcrbcn Don bem ©^ftematifer ber 3:ierh)elt in Set). 11,22 gcred^nct
j\u ben 33ögeln, genauer im Unterfd^ieb t)on anberen SSögeln gu ben „f leinen geflügelten
gieren, bie auf t)ier 5^ü^en gc^en". Diefe ganje ®ruj)j)C t)on 3:ieren ift unrein mit )äu^
36 naf^mc berer, „treidle jtüci über il^re Jyüfec enn^orragenbe .Hinterbeine baben, um bamit
auf ber (grbe ju Rupfen"; t)ier 3lrten biejer 3:iere (f. u.) finD ben 3^i^<*^^it^" jw ^f\^
erlaubt. 3)amit f^at ber Serfaffer ba^ am meiften in bic 3lugen fjjringcnbe c^araftcriftifc^e
3KerImal ber .^eufc^recten richtig angegeben : ba^ l^intere ^^aar il^rer ferf^^^Jüfee, bieSpring^
fü^c, ift bebeutenb länger al^ bie anberen. Sonft ift für bie ,s5euf(^rede nod^ c^arafte=
40 riftifd^ ber fenfred^t niebcrgebogcne Süj)f mit ftarfen ^rcfehjcr^^cugcn unb jtüci gül)l^ömem,
bie grojien 3lugen, ber .^al^fcf^ilb unb ber a\i^ neun Stingeln gebilbcte Seib. 2)ie Dier
^lügcl finb jiemlid) gletd^ lang, bic l)intercn finb bebeutenb breiter al^ bie borbercn (f.
3lbb. bei SRiel^m, .öanbtüörtcrbud; ©. 624 f.).
3lad) ber 33egattung legt baö SBcibrf^en mit bem Scgcftad^cl feine Sier in bie lodtcrc
46 @rbc. 3^" ?fcül>ial^r, tücnn bie Sonne ben ©oben burd;h)ärmt hat (in ©^rien nad; aBe|=
ftein bei Deli^fd^ .s>obclicb ©. 446 fcbon -Dlitte '^Mx^), jdBlüjjfcn bic tpcifeen ober fc^lt>ar=
jen ober grünlid^ gefärbten 3""9^" ^"^ "^ ^cr ©rö^c lr>ic fliegen, in ber ©cftalt fd^on
gan^ tüie bic auögclDacbJcncn ,v>cufd»rcdcn, nur oljnc bic äußeren ©cjc^lccbt^teilc ; and} bic
^lügel feilten i^nen noc^, unb nur ein $aar Rn5j)fd^en bcjeid^ncn ibre jufünftige Stelle.
60 Si^ ju il^rer DoHfommenen Slu^bilbung muffen fic üicr .sSäutungcn burcbmac^cn, nac^ ber
britten treten bic äu^ertidben ©cjcblcc^t^tcile, namcntlid» beim 3Bcibc^eu ber ficgeftad>et,
^ert)or; aud^ bic ^lügel erbeben fid; fentrccbt auf bem ^)lüdcn ber «C^eufc^rede, aber fic
finb nod^ in jtüci leberartige Scbciben gebüßt. 6rft nac^ ber Uicrten \^äutung fönnen
fic fliegen. 9cac^ 3Be^ftein (a. a. D.) i^oH^^icbt fid) bicfcr i)ierfad>c .»päutungi^^roi^c^ in
66 Serien fo rafc^, bafj bic ,^cufd^redenJd;on bon SJJittc 2fpril an ^ur Segattung fc^rciten
fönnen; in ^ci^eren Säubern, j. 35. 3igvj)tcn, gebt bicfc ßnttüidctung nod^ tiWa^ rafc^er
bor fic^.
3?on ben Dcrfd^icbcncn Strten ber .?)eufd^rcdc fommcn für ^^aläftina unb Serien gc^
rabe bie gefä^rlid^ften, bie beiDcn .^>auptartcn ber ^u^- ober 2Banbcrl^cufd;rcdcn üorjug^
tDcifc in Sctrad^t: Acridium peregrinum, bie tartarifd^c SBanbcr^cufd^rcde, unb Oedi-
poda migratoria (f. 2lbb. bei SRic|m, §anbh)örterbud^ 625). 2Ba^ bicfc Spiere jur gc*
fö^rlid^en $Iage mac^t, ift i^rc gro^e ©cfiä^igfeit, bic in allen ©tabien i^rcr @ntn>icfelung
glei(^ ift, unb bie 3J?affen^aftigteit i^re^ Sluftretenö. 2Benn ber au^ ber SBüfte fommenbe
SBinb (Sj 10, 13) ben nad^ SKiHionen jä^lenben gejd^Ioffencn ©d^toarm {Bpx 30, 27) 6
burc^ bic £uft fü^rt, t)erfinftcm fie bie ©onne hjie jd^hjere Söolfen (^[oel 2, 2). ®a3
laut fd^narrenbe ©etöfe, toelc^e^ ba^ ^wf^mmenfc^lagen ber Slügel ^ert)orbringt, tönt toie
aBagengeraffel ober ^agclgepraffel (goel 2, 5 ; Dffcnb. 9, 9). 2Bo fid^ ein fold^er ©d^toarm
nicberlä|t, ba ift, n>ie ic^ jelbft fc^on ju beobad^ten ©clegenl^eit ^atte, in Klrjefter ^ft
aHe^ ©rün ber ©arten unb ©aaten, ber Säume unb ©träud^er aber aud^ ganj t)olIftänbig lo
öerfc^tounben, fogar bie nod^ ^arte SRinbe ber 33äume toxxh abgenagt. „3Sor i^m (bem §eus
fc^redfen^eere) ift ba^ Sanb ein ^Parabiefe^arten, hinter i^m eine öbe Sßüfte" (3ioel2, 3).
3)ie jungen ©enerationen aber, bie nod) ungeflügelt finb, marjd^ieren in bid^ten 3"Ö^ ^m
Soben toeitcr. ©ie bebecfen bie @rbe boUftänbig, oft noc^ übereinanber fried^enb; nic^t
einmal für ben §uf bc^ 5ßferbe^ ift freier ^la^. Äein .'pinbemi^ Vermag 'H^x Sorbringen is
aufzuhalten: in ©räbcn toerben bie Dorberen einfadfi l^inuntergebrängt fo lange, bi^ fie
aufgefüllt finb unb bie nad^folgenben ebenen gufee^ über bie ^ineingeftürjten ^intoegjiel^en
!önnen; 3Jlaucm unb ©e^ege toerben überftiegcn; burd{> Drtjcf^aften gel^t c^ in geraber
fiinie ^inburd^, in bie §äufer bringen fie burc^ 2!^üren unb »Jenfter ein (6job 10, 6;
3oeI 2, 9); nid^t^ bringt fie t)on ber einmal eingefc^lagenen 3^id^tung i^rc^ 3^0^ ^^ 20
(3ocI 2, 7).
Unter biefcn Umftänben rid^tcn aud^ bie mand^erlei ?!Kittel, mit benen bie Säuern
ibre Pflanzungen gu fc^ü^cn t)erfud;en, auf bie 3)aucr nid;t^ au^. ©ro^e ©räben, bie
man jicl^t, unb mächtige gcuer, bie man anjünbet, vermögen am el^eften ben Bd)Waxm,
toenn er nic^t ^n mäd^tig ift, abui^alten. 3luc^ bie natürlichen geinbe ber §euf^reden, 26
befonber^ ber Stötl^elfalf unb bie 3lojenbroffel (Turdus roseus), bie ben 3^g«n folgen
unb eine gro|e 9)lcnge §euf4jreden berfc^lingen, rid^tcn ber SJJaffe gegenüber nid^^t t)iel
au^. 3lm gefä^rlic^ften h)irb i^nen ber Siegen; bie 9Wffe t)ernic^tet bie @ier unb tötet
bie au^gen)a(f|fenen iiere. 2lber bie t)ern)efenben fieid^name berj)eften bann bie Suft unb
^ cntftel^en firanf^eiten (bgl. ^od 2, 20). 3tm grünblic^ften toerben fie beseitigt, toenn so
ber 2öinb fie padt, bem gegenüber fie toe^rloö fmb (bgl. ^j. 109, 23) unb in« 9Keer ober
in ©een toirft (bgl. ßjob 10, 19 ; Qoel 2, 20).
3)ie .^eufc^rerfen finb, toie ertoä^nt, in &i) 11, 22 ate reine eßbare 3:iere bexeid^net;
cbenfo toerbcn fie bann im 31% aU ©peife ^oi^anneö be^ 2^äufer^ erh)äl;nt (5IJct 3, 4;
9Rc 1, 6). 9?o(^ je^t n)erben im Orient in 5DJi^ia^ren au^ älrmut §eujd^reden gegeben; 86
man brät fie in Sutter, ober fod^t fie in ©alzh)affer, ober börrt fie, mac^t fie ju SKe^l
unb üerbadt biefe^ m Äuc^en. ©en)ö^nlic^ ioerben Äo)}f, plügel, ^fee unb ©ingetoeibe
entfernt. Sei ben 2lff^rem tourben fie aU fiedferbiffen gef^ö^t, n>ie eine älbbilbung im
5|?alaft ©anl^erib^ ju Äuiunbfd;if jeigt, h)0 neben JJrüc^tcn, 2BilbJ)ret u. a. aud^ getrodnete,
an Stäben aufgereil^te $eufd;reden jur föniglid^en a^afel gebrad^t toerben (fia^arb, 9Jinit)e 40
unb Sab^lon, beutfc^e Slu^g. bon 3cnfer ©. 259 u. SEafcl XIV). ©eröftete §eufd^reden
fc^ecfen auc^ h)irtlid^ gar nid^t fo übel.
Sei bem häufigen Stuftreten ber §eujd^rcden in ^aläftina ift eö felbftberftänblid^, bafe
fie im 312^ i^äufig genannt unb ju bilblid^en 2tuöbrüden üerloenbet Serben, namentlich
in ben $ro»)l;eten. ©0 fmb fic ein Silb ber ^a^llofcn 5Kenge CJli6,5; 7, 12; 3ier46,23; 45
9?e^ 3, 15; ©ir 43, 17; ^ubit^ 2,20), ber Älcin^eit, Unbcbcutcnb^eit unb Scrgängli4>=
feit (diu 13, 34; 3ef 40, 22; «Pf 109, 23; 5Re^ 3, 17), ber ©ier (3ef 33, 14; SDeut
28, 38), be^ Serberben« (9li 6, 5; ^er 26, 43; 2tm 7, 1 u. a.). 3^r (gin^erjie^en in
gefcblofjenen ©d^^aren toirb $rob 30, 27 befc^rieben, il^r ©))ringen §i 39, 20; n>ie im
Si)nngen, fo in ber ©eftalt öerglid^ man fie mit ^f erben föoel 2, 4; Wpol 9, 7). 3)ie 60
§cu|c^recfen)}lage gehört fte^enb m ben angebro^ten göttlichen ©trafgeric^ten(Deut28,38;
1 Äg 8, 37 ; Slm 4, 9 u. 0.). 6ine ^od^))oetif4>e ©d;ilberung eine« §eujc^redEenjc^toarme«
unb ber bon i^m angerid^tcten Serh)üftung giebt ber ^ro^jl^ct 3loel {^a^. 1 u. 2).
2)a« 311 l^at jur Sejeic^nung ber §eufc^reden eine ganje SBienge 9lamen. ®er
^upgfte ift ~?7^, ba« al« Sejeic^nung ber .^eufd^recfe über^auj)t (j. S. @j 10, 4 ff.), 66
toie aU Sejeic^nung einer einzelnen 2lrt ftel^t. ^ann ift bamit toa^rjc^cinlicl; bie piegenbe
^ugl^eujc^recfe (gryllus migratorius) gemeint, h)elc^e nacf^ 9üebul;r (Strabien XXXVII)
noc$ jei^t biefen 3?amen in Sagbab unb 3Kaefat fül;ren foll. Seü 11, 22 h)erben ba^
neben c^^c, b:.^n unb ^?n genannt. Der 3^1^^ '^^r*;^ „nad^ jeiner 3lrt" ^eigt beutlicl^,
ba^ nidj^t bie berfc^iebenen ©nttoidelungeftabien ber §eufd^rcde gemeint finb, fonbem öer^ eo
30 ^atfc^reite ^ecen ttnk ^q[eii)m)e{fe
fiicbene arten Don fold^en. Übrigen^ foinmt aud^ ^n afö angcmeinbejeu^nunö ber §eu=
f^recfc t)ar (9lu 13, 34 u. o,). S)ie 9?amen in 3ocl ct;, ns-^, pb;:, b-cn (i^ 4; 2,25)
batf man toeber auf bte »erfAiebcnen ©nttüidfclung^l^afen (h>te bte öofd^icbcne Änotbnuna
in beiben ©teilen geigt), nocp aud^ auf berfc^fiebene arten ber ^eufc^rofe beuten. 3taq
6 2)eut 28, 38 ift ^''Qn ein bon ber ©efrä^igfeit be^ Spiere« hergenommener öolfötümlid^er
au^brucf für bie ^euid^rede: ,,ber Treffer" (t>gl. 1 Äg 8, 37; $f 78, 46). S)a«felbe
toirb aud^ i)on ben beiben anberen äu^brürfen gelten, bie ebenfall« fonft ate 8ejei(^s
nung ber ^eujd^retfen überhaupt bienen (2lm 4, 9; 3la^ 3, 16; ^n 51, 27). ©o pxo^
faif(9 ^ier eine naturtoiffenjd^aftlid^ forrefte SlufjäJ^lung ber ^eujd^redfenarten ober QnU
10 toicfelungdftabien toärc, fo toirifam ift bie Häufung bon folc^en t)oIfötümIid^en 3[u«brüden,
um bur^ fie ben allgemeinen Segriff §eufd^recfen ju erfc^öpfen. 9le^men h)ir baju nod)
:a^^ unb :iv. Qef 33, 4; am 7, 1; 5Ra^ 3, 17 unb Diefleid^t auc^ b^'*:!?? „ber ©d^toarm"
(3)t 28, 42, bielleid^t Scjeid^nung einer Ääferart), jo je^en toir in biefem ©tüd einen
au^erorbentlid^en SReid^tum Don ©^non^mcn in ber ©j)rad^c, h)ie bei toenig anberen 85
r^ griffen. S)a3felbe erllärt ftd^ aber leidet au« ber SloIIe, toelc^e gerabe bie ^eufd^rede für
alle £anbe«teile jj)ielte. 3)ie Vermutung legt fid^ übrigen« na^e, bafe biefc Slamen jur
3eit urfj)rünglid^ Derfc^iebenen 2)ialeften x^p. öerfc^iebcnen ®egenben angehörten, unb man
toirb juJ^ fragen, ob nicbt aud^ bie 3?amcn in Set) 11, 22 öpnlid^en Urfi^rung« fmb unb
erft fröter t)on bem ©^ftematifer unb (Sele^rten gu Slrtbejeid^nungen geftem))elt tourben.
20 JBensinger.
^entla f. S3b I S. 765,62.
^eUtter f. Jtanaaniter.
^tfoH^la f. Drigene«.
^rjen utib $r£eti)iro}effe. — l. Slllgm. fiittcratur: eberl^. ^amb Raubet.
26 Bibliotheca, acta et scripta magica, ober ^{ac^ric^ten von {oId)en ^üc^ern unb ^anblungen,
n)cl(6e bie 3)^0(6! be§ Xeufel« in leiblichen SDingen betreffen, fiemgo 1738—1741, H »bc 8';
®e. Äonr. ^orft, 3)ämonomQgie ober (^efc^idjtc bed ©laubenö an 3ouberei nnb bftmonifcöc
©unber, mit bef. S^erücffit^tigung be§ ^ejcnprojeffe« feit Snnocen^ VIII., grantf. 1818,
2 «be; beöfelbcn 3auberbibliüt^et, 6 33be, Wain^ 1821—1826, unb: 3)eutcrof!opie (öeilogc
30 ju ben beiben oorigen), granff. 1830, 2 23be ; ^. ®l. Solban, ®efc^ic^te ber C>cjenprojef|c,
Stuttgart u. 3:übingen 1843; neue 33earbeitung uon ö-ÖW^ 2©be 1880; S. @. o. ©ädjtcr,
3)ie gcrit^tl. SBerfolgungen ber ftejen unb Sauberer in S)eutfc^lanb, in feinen S3eitrSgen jur
®ef(l). be« beutfcöen 6trafre(6t«, Jüb. 1845; ®uftao $Ho§!off, ®efcl). be§ Seufclö, ^^eip^. 1869,
SBbll, ©.206-364; ^öudjmann, Unfreie unb freie ^irdje in itjrcn ©cjic^ungen jur ©tlaoerci,
35 jur ®lauben§* unb ®eiuiffen«t^rannei unb jum S)ftmoni«mu«, 5)re§lau 1873; g. 9f?ippoIb,
vbk gegenwörtige SSieberbelebung be« ^ejenglaubend; mit einem Utterarifc^»frit. §lnbang
über bie Cuellen unb ^Bearbeitungen ber ^ejenprojeffe, ©erlin 1875 (in ^olfenborff« unb
Dncfen« S)eutf(^e Seit- unb Streitfragen, ^b IV, ^eft 57 f.); ®. 3)icfcnbac^, ^cjemoa^n oor
unb nac^ ber ®lauben§fpaltung, granfft. 1886, — eine giftige ultromontane Xenbenjfd^rift,
40 fiut^ern unb ber D^eformation alle ©(^ulb nn ben QJieucln ber ^ejcnprojeffe aufbürbenb.
®egen fie: QJeorg iJängin, 9f?cligion unb ^ejcnprojelj. 3"^^ ^^ürbigung be« 400jälär. Subi*
läum« ber ^ejenbulle unb be« ^ejentjamnierS foroie ber neueften tatl). ®efd)icl)tfct)reibung
auf biefem Gebiete, fieipjig 1888 (ugl. ben ^lu^jug ou« biefem ^^cvfe: S^riftl. Bell 1890,
@. 794—798. 805—810). — ?ll§ me^r ober »oeuiger reicfjt)altig (obfc^on nidjt ben ganzen
46 6toff crf c^öpfenb) gel)ijren ferner t)iel)er : ©. o. ^albbrül)l, 9iatuvforfd)ung unb 4)ejcnglaube,
inSSirdjoro unb ^ol^enborff« „Sammlung gemeinucrftänbl. iuiffenfc^aftlicl)er SBorträge," 9ir. 46,
©crlin 1863 ; Äircbbof, Säejie^ungen bed 3)ömoncn-' unb ^cjemoefenö jur beutjdjen S^rcn*
pflege, in ber ^IQg. 3eitfc^r. f. ^fijc^iatrie, 33erl. 1888; 3. ^anfcn, ^nquifition unb ^ejen«
Verfolgung im 3Jlittelalter: ^3, S3b 81 (1898), $). III, 385—432 (bie reid)l)altigfte neuere
60 ^Monographie, inSbef. für§ 14. bis 16. Satjr^unberl). SBgl. aud) SRiejler (unten "iilx, 2), fo»
»le bie (5ammelfd)rift : „3ur Oefd^. ber ^ejenprojeffe", ^^eimar 189« [auö ©. ©teinboufen«
©citrägen j. ^lturgefcf)id)te, IIJ. — ©on ni(^t*beutftften S^erfaffcrn: ^artpole J^ecft), ®efrf).
beS Urfprungö unb (Sinftuffcö ber ?lufflärung in Europa, a. b. fengl. oon goloroicij. 2. ?(ufl.
1873 (inSbef. Aap. I: „"iD^agier unb fiejerei"); H- Ch. Lea, History of the Inquisition in
Mthe Middle Age, 9?eiu*?)ort 1888, vol. II, p. 379—549; «Inbr. 3)i(ffon 3Bl)ite (norbamcrit.
©otft^after in ^Berlin); The Warfare of Science, Sonbon 1876, fpäter in enociterter iReu«
bcarbeitung unt. b. iitcl: A history of the warfare of science with thcologj' in Christen-
dom, 2 vols., London, Macmillan, 1890 (barin bcf. bie Äapitel: Witchcraft; Demoniacal
poBsesaion and insanity; Diabolism and hysteria — pröjifer unb reic^^alt. al^ ;^ecfl}, beffen
60 angaben bef. in iBe^ug auf ^eutf(^lanb an UnooUftänbigteit leiben).
^tftn nttb ^r£eii)nro)e{fe 31
2. Xcrritorial* unb lofolgcft^idjtlitftc ßittcratur. Äu« bcr foft iincrmcg*
liefen gfüllc ^ic^cr (jcprigcr 6pcjialfcöriftcn (— f. bcn Ucbcrblicf »cnigftcn» über einen Xeil
bcr auf S)eutjd)Ianb unb bie ©(ftweij bezüglichen hd 9iippoIb a. o. D., @. 76—80) fei ^ler
einige« ^auptfäd)li(^ ©it^tige ^erDorge^obcn.
gür Oftcrreit^: ©ormoijr« Xafdjenb. f. ualerlänb. ®eWi(^te 1831; fi. Äopp, ^ie ^ejcn* 5
projeffc unb l^re ®cgncr in 2:QroI, 3nn«6rudt 1874; ©olbon*^eppc I, 493—498; II, 90
bid 93. 133—137. 269-278. JJerner ^ot^inger, 3iir 9?aturgc((^)id|te bcr ^cjcn (mit bef.
53eg. auf Steiermart), ®raj 1883; 5B. ^Rulonb, 8tcirifd)c ^cjenprojcffc, in i^. ©tein^aufen«
.©eitrÄgc j. Shilturgcft^it^te". q. 0. 0. 1898 (befonber» über bcn großen ^ejenprojefe in bcr
l^errfc^aft ©leitftenberg, htm gegen 90 ^erfonen auf einmal erlogen). 10
2für bie @(^meia: fjlfdier, 3)ic ©aSIcr ^cicnproacffc, ©afell840; Jrc^fel, 3)a8^ejen.
mefen im Äonton ©ern (im „»cmer Xafcftcnbud)" 1870) u. a. m. (fie^e mppolb @, 78 f.).
grcrner Solban-^ppc I, 498-511; II, 137—144; 315—327.
grür 93at)ern: diie^Ier, @ef4. bcr C^e£enpro,^effc in $ai)ern, im Sichte bcr aUgem. @nt«
löidclung bargeftcßt, Stuttgart 1896 (ein bef. rcit^^altiged ©erf ; ugl. bie JRcc. ö. C^rouft: I6
3)8® 1897. 3RonatS^. 7/8).
gür bcn ©Aioarjttjalb unb ©reiSgau: ©t^reiber, im Xaft^cnb. für ®ef(^ic!6te unb
«Itertum in ©übbeutfcftlanb 1846.
5ür ©ürjburg, ©amberg, gulba: ©ropp, ü. ©amberg u. a. filt. CueHen, Der*
arbeitet bei @oIban»^cppe, bef. II, 37 ff.; \)g(. JHodfoff, 1. c). 20
tJür Sommern: ^. D. ©tojcntin, ^Iftcnmäfeigc ^a&jx\6)ttn Don ^ejcnprojeffcn unb
3aubereien im e^emaliaen ^^cr^ogt. ?ßommern, in ©tein^aufenö ,, Beiträgen 2C. a.a.O. (1898).
gür Äurtvicr: fiinben, Gesta Trevirorum III; 3Rary, ®ef(^. be8 (SraftiftS Xrier u. a.
ältere 'öcrfe; @oIban*$). II, 23 ff.); «. SRicfeel, 3njci ^ejenproaeffc au8 bem 16. 3a^r^unbert
(fpciicQ aiiö bcn 3. 1581—89), in ©tein^aufen« ©eitr. 1. c. 26
3rür bcn 92iebcrr^cin: (S. $aul«, Ucber Saubernjcfcn unb ^ejemoa^n am Sf^ieberr^ein,
in bcn ©eitrSgen j. ®ef(^. bc8 Sf^icberr^cin«, ©b XIII, 1898 ; bcSglcic^en ©. ©inj in bcr
unten anjufü^renben Sonographie über fBier.
Sür bie SfJieberlanbc: SWoH, 3)te Dorreformator. Äirtftcngcfcft. bcr S^icberlanbc, beutft^
ü. 3uppfe, fipi. 1895, ©. 681 ff.; ©olban-^cjp. I, 511-514. ao
gür grantreid): Esquirol, Des maladies mentales, 2 vols. ^ari» 1838; Calmeil,
De la Folie, ibid. 1845; ©olban*^. I, 223-258. 522—524; II, 163-174.
Sür ©panlen: filorente, ®ef(^. bcr fpan. 3nquifition II, c. 15; III, c. 37; IV, c46;
©olban.^eppe, I, 517 f.; II. 162f. 314f.
5ür Stallen: Daru, Hist. de Venise, I, 463; ©olban*^. I, 514-517; II, 328 f. 86
5ür ©(^weben (inSb. betr. bcn berüdjtigtcn ^roje^ oon ?Kora u. ßlfbalc uom ^af^xt
1669): ^orft, 3aubcrbibIiot6. I, 212ff.; ©olban-^. II, 175-178.
5ür ©nglanb: H. Tuke, History of Insanity in the British Isles, fionb. 1882; @oU
bon«^ppc I, 518-522; II, 144—152.
gür 9iorbamcrifa: Drake, The witchcraft delusion in New England, 3 vols., unb 40
Upham, History of Salem witchcraft, 2 vols. (bcibc üicifatft benu^t uon 3B^ite 1. c); Dgl.
©olban'^pc II, 152—160.
35ag SBort §eje (altl^b. hazes, hazus; ml^b. hecse, hexse; bgl. engl, hag unb
ntebcrl. heks) ift tool^I bon hac „©ebüfd^, ^acig" l^erjuleiten, bebeutet alfo „ein Sufd^-
ober a3SaIbn>eib" (fo SBetganb, 3)eutf(^c« SBörterb., 2. 31., s. v. ; äl^nKcl^ 5K. $e^ne in 46
örimm« SQ3örterbud(> IV, 2, 1299: „bie ba« Sanbgut, ^elb unb ^lur ©d^öbigenbe").
3m uralten SJoßgglauben erfd^eint bie §cje ftet^ nur ol^ eine ^erfon, bie bur^ übers
natürliche 3Ritte( bag Sefi^tum bcr 9laci^bam unb eintoo^ner eine« Swirfe« f^äbigt unb
namentlid^ il^re gerftörenbe SC^ätigleit auf Äorn unb 2Bein, auf ba« 25ie^, feine SBeibe
unb feine 5DJaft, bie (Sicheln rid^tct. — S^w^^^^i if^ ^^^ §anbeln, in toelc^em ber ^an- so
beinbe cd berfud^t, buri^ bie §ilfe übernatürlicher Äräfte, inöbefonbere untergeorbneter
©ciftcrtoefen, cttoa« m behjirlen, unb barum mit bicfcn irgenb eine ©emeinfc^aft ein^u^
ae^cn. ©0 fd^Iie^t fte ben ©tauben ein, nid^t nur, ba^ fol^e untergeorbnete SMäd^te eji«
^crcn, fonbcnt oud) ba|i fie ftd^i finbcn laffen, ba^ c« üJlittel unb SBege gebe in ein
folc^ (3emem((^aft^t)cr^ältnie ju l^ncn ju treten, unb eine SBiffenfd^aft ber ÜRagie (f. b.), 66
toie man ibrc Untetftü^unt^ ftd^ bienftbar machen fönne. SEBa« nun auf bem ®runbe
folc^er i^orauöfe^iuiigcn gcfct!:e(?t, bag fann aud^ au« anbercn (Srünben ftrafbar fein, j. 33.
Befc^äbigiing mi^ä anbctn, Uiijuc^t u. f. f., unb c« fann barum, auc^ abgefe^en bon
jenen ä^ütau^fc^ungen, bom ti}cIllirf»CTi 9iid^ter beftraft tücrben. 6« fann aber auc^ allein
um jener 'linrau^^f cljvmc^en triKcn ftrafbar gefunben tücrbcn ; bie« Untere aber tool^I nur go
Don bcn Vertretern ber Dffenbarungörcligion, tüenn bon bcren eigenen Sefennem bie
3auberei Derfud^t toirb. Unb l^ier rann bann enttocber nur ber Slbfall bon ®ott unb
ber Unael^orfam, bie 3lbgötterei, toelc^e in ber ßöwbcrei liegt, ftrafbar gefunben, aber2)a-
fein ttnb 3Raift ber äBefen, ioelc^en fte t)ertraut, geleugnet ober bal^ingefteUt geladen
32 ^eceu uub ^ecett^rojeffe
tDcrbcn; ober ba^ ^afcin bcrjclbcn jn>ar jugegcbcn, aber ein fold^er Serle^r mit il^nen
unb ein Dienftoer^öltni« ju i^nen t)erh)orfen Serben. So öertparf fd^on bie mofaif(^e ®ef^
gebung bie Räuberei, 5 5Rof. 18, 10 ff. u. a. Sbenfo t^at bon Sllter« ^er bie c^riftlic^e
Äirc^e, unb gtoar in jener ^toicfac^en, nic^t immer trennbören SBeife, bafe fte enttoebcr bie
6 SJorau^fe^ungen berer, hjelc^e göuberei üerfu4>ten, aU inig unb il^re Äünfte ol^ nid^tig
anfal^, ober j)ofitiDe ©ottlofigfeit, 'i&bkifx t)on (Sott unb Eingabe an ben Teufel barin
erblidfte. 3)ie erftere SJorfteUung^toeife unb bamit eine milbere ^rajiö gegen S^wberri
^errfc^t im früheren ?!KitteIaIter (bi^ ^um 13. 3<^&rN"^^rt) entf^ieben nod^ bor. 3)ie
©^nobe JU Sleiöbac^ 799 forbert jtoar ÜJia^regeln ber Kirc^enbu^e gegen ber ^anbtxtx
10 überfül(^rte Söeiber, fc^t aber au^brücKid^ l^inju: am Seben bürfe i^nen nid^td gefd^e^en
(Synod. Reispac. c. 15, ögl. §efele III, 730). 2luf ä^nlid^em StanbJ)unft fte^t nodj^
^ol^anne^ ^ama^ccnuö, beffen ©c^rift „Über 3)rac^en unb §ejen" {IJegl ÖQaxovzcoVf
Tiegl argvyycüv, MSG t. 94, p. 1599—1604) [xi) gegen ben bei S^ben unb Sarazenen
Derbretteten Aberglauben tüenbet, tüonac^ I)ra(f|en fic^ in 3J?enfc^en bertüanbeln lönnten
15 imb burd^ bie Suft fal^renbe SBeiber allerlei ©reuet be^ Slutfaugen^, Seberüerfd^lingen«,
be^ ©rhjürgen« bon Änaben 2c. ju tjoübringen öermöc^ten; ftel^t be<^Ieid^en Slgobarb öon
S^on (geft. 840) afö Sefämj)fer be^ Slberglauben^ feiner ^dt\ fte^t jener in bie SRec^t^s
büc^er eine^ Surfarb unb ^tjo, ja in^ Decret. Gratiani (c. 26, qu. 5) übergegangene
t)feubosanc^ranifd5>e Äanon, toelc^er ba^ aSoII über bie Jiic^tigfeit be^ ^ejentoefenö, ate
20 auf leeren SEBal^n ^inauölaufenb, ^u belehren gebietet (t)gl. ^öBinger, 3)a^ ^a})fttum [5?eus
bearbeitung bc^ „3anu«" üon %. griebrid^, ÜHünd^en 1892], @. 123 f. 424), fte^t 3o^.
toon ©aliöburv, geft. 1180, beffcn Policraticus (I, c. 9—13) t)on teufltfd^er 3Jlagienod^
nid^t^ hjeife, Dielme^r bie üerfd^iebencn Strten beö 3^wberglauben§ ju ben gabeln unb
gUufionen rechnet (3!)öIIinger ebb.). — ßrft alö jeit bem Seginne be^ 13. ^al^r^unberl^
26 ba^ berfc^ärfte 3Sorge^en ber Äirc^enjuc^t gegen §ärefie unb Sluflel^nung jur (Sinric^tung
ber 3"^wifi^on fül^rte, erftrerfte biefe ftet^ il^re ^lufmerffamfeit aud^ mit auf 3öwberei.
Unb Dorjüglid^ toirifam tourbe bie F^ierburc^ beJoirlte SJerbinbung bon SDlagie unb ^ärefie
baburd^, ba^ nun bie eine jugleic^ ol^ ber anbem toefenööerhjanbt unb ate ^cxd^m ber
anbem, beibe al^ 2tbfaII Don ©ott ju böfen ©eiftem, unb bcibc aU picfac^ ftrafbar be^
30 trachtet hjerben fonnten. ©erabe bie ^"^uifition toar e^, toelc^c biejcn Slberglauben im
SSoltc ausbreitete unb bcfeftigte. ©ic unb i(;re c'rjerren, bie ^äpftc, tragen eine §au^t=
fd;ulb an ber baburd; betoirften Vergiftung beS ^^olfeS (bgl. überhaupt 3)öBingers^ebrid^
1. c, ©. 125—131 unb ©olban-'öe^jj^e I, 189—223). ©c^on ©rcgor IX. forbert in
einer Öutte bon 1231 (bei MansiXXllI, 323) baS toeltli^c ©d^mcrt jur Ausrottung
35 bon fefecrifcben 3:eufelSbünbnem auf, in bereu iJerfammlungen ber ieufel balb alS Äröte,
balb als bleiches ©ef))enft, balb als fd[imarjer Äatcr ju crfd^einen J)flege (toelc^e S3ulle
fälfc^lid^ auf bie ©tebinger belogen toorben ift, j. 2)öl(. ©. 444). (£r berbantte biefe
Information bor^ugsmeife bem Äonrab bon 39Jarburg — äl;nli4> h)ie \päUx ßlemenS V.
bei feinem äJorge^en gegen bie ^^cmjjler t)urdb feine ^nquifitoren bon 9JimeS berartige un-
40 ge^euerlid^e SEeufelSgefc^id^ten (bom 2:eufcl alS fc^n)ar5en Äater, bon toeiblid^en 3infubuS-
35ämonen 2c.) erfuhr. 2)ominifanifcf)e 2:beologcn mürben bie ^aujjtfäc^lid^en görberer
biefeS Aberglaubens an 2^eufelSbünbniffc unb an 33u^lerci ber .^c^cn unb 3<^w&^r^^ ^^
Snfubi unb ©uffubi — hjofür fie bef. Auguftin De Civ. Dei XV, 23 als Autorität
geltenb mad^ten. 3"^ 3^^^^ ^^'^^ fd;rieb ber 3)ominifaner unb ^nquifttor 3li!o(auS (S^s
46 merituS fein Directorium inquisitorum, n)elc^cS für bie erfte auefül)rli|^ere Antoeifung
ber 3n^"ifi^«^rci^ 5" il^rem ©cjc^äftc gilt, unb toorin bereits faft jcbe magijc^e Übung o^ne
toeitereS als le^erifc^^ betrachtet unb |c^on barum bor baS J»^^*""^ ^^ ^nquifition gebogen
ift. Alle 3^"^^^^ fi"^ ^^^ biejem „©olbcnen 53ud; ber ©laubenSmäd^ter" (bgl. »&an|en,
a. a. D., S. 400) infideles, superstitiosi, apostatae, fallen alfo alS äc^te ^äretiter
50 unter bie Äompetenj ber ^nquifitoren. ^ann nad) borüberge^enbem i>erfall ber ^rajiS
unb nad; einem Sefc^lu^ bon 1398, burc^ locld)cn baS ^Parifer "iparlamcnt ben §ejen=
J)roje^ bom geiftlid^en Stic^ter an ben meltlidicn berh)icS, gab gunocenj VIII. 1484 in
feiner SuBe Summis desiderantes affectibus ^tvax nx6)i eine erfte Öegrünbung bcS
^ejenJjrojeffeS, aber boc^ eine nacl)brüdlid;e tmcucrung ber |d)on älteren Überioeifung beS-
65 felben an bie ^"^uifilion. 2)ie 33uBe beftätigt bie 2:beorie, toonac^ 9)}agie unb ^ärefie
als eng bertoanbt gelten joBten, unb fie berfcS^ärft bie Aufiorberung, bie aufeerorbentlic^en
Sefugniffe ber ^nouifitoren anjuerfennen unb ii?r (Sin)d;reiten gegen 3ouberei aBer Art
in ben 3)iöcefen yJorb^ unb ©übbcutfd;lanbS (inSbef. ber auSbrüdlic^ f^crborge^obenen
2)iöcefe ©tra^burg) ju unterftü^en. 2)ie ©cgncr biefer 3)Ja^regeln, toeld;en ©tanbeS ober
60 loeld^er SBürbe fie antS} fricn, ioerbcn mit ''ßann, ©uS^jenfion, gnterbilt u. a. furd^tbaren
^titn nnb ^esttMnrojeffe 33
Strafen bebrol^t; nötigenfalls foD ber toeltltc^e 2lrm gegen fie angerufen Serben (f. ben
öoßfiianbigen lejt ber »utte bei SRoöfoff, ©. 222—225, bejto. bie äudjüge bei ©olbon,
SSud^mann, Sängin Jc). 3)iefe J)äj)ftli(^e 9la(i^l^ilfe toar befonber« ben bamate in 2)eutf(^5
lanb aU ^nquifitoren angefteHten 2)oniiniIanern ^atob ©prenger unb ßeinric^ Ärämer
OnfütoriS) jugebad^t, toeldSie benn aud^ ber 33uIIe atebalb ein größere« SBerl jur SRec^t« 6
fntigung eined folc^en ^nquirierend auf 3^^^^^^^ berbunben mit ä(nleitung jum richtigen
äierfo^en babei, folgen li^en. SieS ift ber Malleus maleficarum, guerft gebrudft in Jtdln
1489, bann bi« in« 17. §a^rl^unbert l^inein öfter« neu aufgelegt (Äöln unb 3lümberg
1494, Äöln 1496. 1511. 1520; S^on 1599. 1620; — bgl. auc^ bie ©ammlung Malle-
orum quorundam maleficorum, tomi duo, ^antfurt 1582). ^m ^itel ftel^t nid^t lo
malefioorum, obtpobi männlid^e ^aubtt^ nic^t auSgefc^lofjen unb geleugnet finb, fonbem
nac^ ber größeren 5IJcenge ber gäue unb ber im 93ud^e felbft lib. I, quaest. VI ani^
füjj^Iid^ behaupteten, übertoiegenben 3leigung be« h)eibli4>en ®efd;led^te« jur ©emeinfc^aft
mit bem 2^ufel, maleficarum (f. p. 95 ber le^tertuä^nten SluSg. „dicitur enim femina
a fe et minus, quia semper minorem habet et servat fidem, et hoc ex natura")* 16
5Da« 3Berl giebt in feinem crften 93ud^e (tria continens, quae ad maleficium con-
currunt, ut sunt daemon, maleficus et divina permissio, tpeld^er Ie|te Segriff
ber göttlid^en ^^^^ff^^S ^^"" ^^^ 3)ua[i«mu«, ber mit fo auSgebe^nter SBirffamleit be«
%oxfd^ aufgenc^tet toirb, berbedfen muf;), ben SJac^toei« be« 33orfommen« be« SSerbrec^en«
unb feiner Sertoerflid^feit nac^ 5 SKof. 18; 3 5Dlof. 19 u. 20, beggl. nac^ ©teilen be«20
äuguftin unb be« a;^oma« unb nad^ ber ©rfa^rung. ©old^er ©tfal^ngen fü^rt ba«
jtDeite 93uc^ iDeitere an, fügt aber aud^ fd^on 9Ser^altung«regeln bei, unterfud^t juerft
quibus maleficus nocere non potest (bie ^nquifitoren ober ade, toelc^e fonft „officio
fdiquo publico contra maleficos insistunt", fmb nad^ @. 212 fc^on burcp t^r 9tmt
gef^üfet), unb bann bie modos tollendi et curandi maleficia. 3" ^^^ eigentlichen 26
$roge|t>erfa^ren toirb erft im britten 33ud^e Anleitung gegeben. SBenn aud^ bie Äom-
pttmi ber orbentlic^en geiftlid^en unb h)eltlid^en Stid^ter jum SJerfa^ren gegen maleficas
et earum fautores jugegeben toirb, fo toirb boc^ anbererfeit« burd^ bie 3?ad^toeifung be«
3ufammen^ange« gtoifd^en 3öuberei unb §ärefie ben Snquifitoren, toelc^e gegen bie le^tere
}u Derfaj^ öer})flid^tet finb, aud^ jum ©infd^reiten gegen bie erftere toieber me^r Rn? so
jtänbigleit Dinbijiert. ©ie follen bann nid(>t erft auf einen Slnuäger toarten muffen,
fonbem auf anzeigen fogleic^ öon 2lmt«tt>egcn berfal^ren; bie S^u^^n braud^en nid^t ge«
nannt ju toerben; ein2)^enfor ift nid^t immer nötig, ein m eifriger 2)efenfor aber ift felbft
ol« be« SSerbrec^en« berbäd^tig anjufe](|en, h)eld^e« er entfcpulbigt. ©d^on tuerben aud^ für
ben ®ebraud^ ber gelter, für« ätbfd^nciben aller §aare bom Rötp^ ber i^eje u. f. f. fo 86
grünblic^e Sorfc^ri^en gegeben, baf; felbft l^ierin ber fpätem 3^^^ ^^^^ ^id l^injujut^un
geblieben toöre, h>äre |ie nid^t gerabe in biejer ^inftd^t bejonber« erfinberifd^ getoefen.
— 5Die am reid^lid^ften in bem SBerle al« gelehrte Slutorität zitierte ©d^rift ift ber For-
micarius be« SDominifaner« 3*^^- ^Jiber (geft. 1438), toorin, anfnüjjfenb an ©t)r. ©a 6, 6,
in gorm eine« ®efpräd^ jtoif^en einem Raulen unb einem Ideologen jal^lreid^e anet «o
botenl^fte SKitteilungen über 3ierbred^en ber ^ejen mit 2)ämonen Jc, fotoie über ba« ttu
quifitorifd^e 33orge^en bagegen geboten finb. SBie biefe« 3lmeifcnbud^ berfc^iebenen Slu«*
aaben be« ^ejen^ammer« in öoUftänbigem a^ejte al« ^nl^ang beigegeben ift, fo fte^t bem«
felben ein enH)fe^lenbe« ©utad^ten ber Äölner tl^eol. ^afultät regelmäßig Doran (toelc^e
Kölner 3lj)brobation«fd^rift übrigen« neuerbing« burd^ 3- ^CLW^^n [in ber SBeftbeutfc^en 46
3tf(^. f. ©efd^id^te unb Äunft, Sb 17, ©.119—168] al« einegälf^uhg erliefen toorben
ift). Sgl. nodf ©olban-'§et)t)e I, 267—289, fotoie betreff« 5Wiber« bie SKonogra^jJ^ie bon
©t^ieler, 3Kag. 3o^. 5Rieber, aJlainj 1885, ©. 226 ff.
©0 h>urbe toenige ^a^rjel^nte Dor ber 9leformation«ej)od^e eine unl^eimlid^e ©teigerung
be« ^esentoo^n« unb ber graufamen 93e^anblung ber angeblichen ^e^en betoirft, unb jnmr so
teil« unmittelbar i)on Slom au«, teil« unter 3uP^w^"^«ng unb Segünftigung ber ^äpfte.
Sergeben« ^en neuere 3l))ologeten be« $a})fttum« bie unheilvolle Sebeutung jener $ejen-
bulle Snnocenj' VIII. möglic^ft abjufc^toäc^en berfud^t (©auter, ®ie ^esenbulle, Ulm
1884; ^aOer, Xaä), ©d^toeiaerblätter VIII, 1892; ginfe im $3® XIV, 341 f.; Dgl.
^ojior in ganffen« ©efd^ic^te be« beutfd^en 3Solf« VIII, 495. 507 unb in Oef^. ber 66
$a^fie III, 250 ff.). Siaß in bem ©prengcr^Ärämerfd^en SBerlc ber richtige Kommentar
}u jener Sülle geliefert toorben h)ar, jeigt ni^t nur bie toefentlic^e Übereinftimmung be«
m ber golge bon pö^jftlid^en i^oft^eologen toie ©ibefter 5Dlauolini ^ßrieria« (De strigi-
maganim daemonumque mirandis 1. III, 9lom 1521), Sartl^olom. ©pina (Quaestio
de strigibus, 1523 u. cl, über ba« 3öuber5 unb ^ejentoefen (Sele^rten, fonbem oben? eo
Rca(>«nciino)^bie für Zfitolo^k unb üir^t. 3. 3(. VIII. 3
34 ^VStn nttb ^rsett^rojeffe
brein bcr Umftanb, ba^ fd^on 2Kejanber VI., ^wK"^ I^v S^o X. unb ^abrian VI, alfo
biet bcr nädWtcn päjjftltd^en 5la(i^fol0cr jenciS ^nnocenj, gegen bie 3Kagte gerid^tete Süßen
bon toefentlid^ gleid^er Haltung tpic bie feintge erlaffen l^aben (f. bie 3^e berfelben nebji
nod^ anbeten berartigen bei $eter S3in«felb, Tractat. de confess. maleficarum et
ösagarum, Srier 1596, p. 762 ss., unb bgl. über^aut)t SDöa.^griebrid^, ©. 128 ff.). —
S)a^ bon ben 35orfäm}jfcm ber reformatorifd^en S3eh)egung feine Jjrinji^ieße C)|))jofition
gegen ben in SRebe ftcl^enben SBa^n etl^oben tourbe unb [o ba^ SEBüten ber $ejent)roge^
föt>ibemie bie Sänber ber SDangelifd^en jiemli4> ebenfo l^eftig unb anl^altenb h)ie bie bc^
Äat^oKciömuö ^eimgefud^t i}at, berul^te barauf, ba^ überl^autot ber gciftige ^orijont ber
10 abenblänbifd^'d^riftli^en 2BeIt feinen h)ä^renb ber legten ga^r^unberte be« 3)1^« erlangten
g^arafter nur Je^r langfam gu änbem bermod^te (f. u.) unb ba^ namentlid^ in Sejug
auf bad SRed^tötüef en bie überlieferten ^uftänbe unb Seftrebungen auf^ MM*^ eingeh>urjelt
toaren. 2)ie fürftlid^en ©c^irm^erm ber ^Reformation famt i^ren toeltlic^en SRäten tragen
in biel l^öl^erem ®rabe ate il^re Ideologen bie 93eranth)ortung für bie betreffenben @reuel.
iB ©ie tooHen, angeftd^t^ be« ftrengen Sorgcl^en^ ber Sif^öje gegen ba^ ß^ens unb Raubet:
tpefen, i^rerfeit« nic^t untl^ätig bleiben unb treten fo in ber Oraufamleit ber SRaferegeln
ju birfem 3^edfe mit benfelben in Äonfurrenj.
Jturfürft Sluguft bon ©ad(ifen fe^t in feiner Äriminalorbnung bom ^a^re 1572 ben
geuertob barauf, „fo 3i<^»"önb in SSergeffung feine« d^riftKd^en ©laubeng mit bem 2:eufel
20 ein Serbünbni« aufrid^tet, umgebet ober ju fd^affen ^at". „93ig in baö 15. Sö^'^^unbert",
fagt SBäd^tcr (f. ob. 1) „famen in 3)eutfd^(anb tüof)l ba unb bort ^rojef[e tpegen 3öuberei
bor unb h)urben 3^^^^^^ w"^ 3^uberinnen t)erurteilt; aber h)enn toir bie gölle au^^
nel^men, in tocld^en bie ängefd^ulbigten nebenbei toirffid^e 33erbred^en begingen, h)ie ®ifts
mifd^erei, Äinb^morb, Setrug u. a., fo n>aren folc^e Verurteilungen burd^ toirfüd^e ©e^
26 richte feiten. 9Run aber, bom 6nbc be« 15. 3^^^^""^^^^ ^^f fc^eint 3)eutjd^Ianb i)on
einer toaf^ren §ejenet)ibemie ergriffen n)orben ju fein; bie §ejen}jrogeffe famen h>al^rl^aft
an bie 3^age«orbnung ; taufenbe t)on Unglürfli4>en tourben t)on ba an bi« in ben Slnfong
be« 18. 3ö^r^«n^«rt^ Verbrannt unb aUe — auf i^r ©eftänbni« l^in". 2)ie nur allgu
jal^lrcid^en unglücflid^en Dpfer bieje« Scrfaj^ren« (nac^ mäfeigfter ©d^ä^una gegen 100000,
80 nad^ l^öfjer greifenben Slnnol^mcn mehrere ÜRiUionen), nid^t nur an^ ber fat|oIij4>cn, fonbem
aud^ au« bcr jprotcftantifc^cn Äirc^c, nid^t nur an^ 2)cutfc^Ianb, fonbem auc^ au^^ranfreic^,
Italien, ©))anicn, ben 5iicbcrlanbcn, ßnglanb 2C, tonnen ^ier nid^t einmal in einer 3lu«h>al^l
gegeben n)erbcn (f. o. b. 2itt., 3lx. 2). 3)ic $au^)tfd^ulb am 3wne^men ber SKenge ber
gäUc, befonbcr« feit ben legten '^al)xicl}ntm bc« 16. 3^^^^""^^?*^^ trägt, n)ie fd^on an*
86 gebeutet, bie „©äfularificrung" bc« §CEcnj)ro}effe«, b. 1^. feine Übertragung an toeltlid^e
iKic^ter, n)ic bie« t)ome(;mIid[^ in ben J)rotcftantifd)cn fiänbern gejc^a^, unb bie ^ier jugleid^
feit bem 15. 3iö^^^unbcrt eingetretene änbcrung im SSerfal^rcn, ba^ man nun and) ^ier
„ba« alU, rein formelle SSchjeief^ftem ju öcrla^en, alle« bom ©eftänbniffc ber Stngcfc^ut
bigten abhängig ju machen, biefe« auf ade SBeife ^erbcijufül^rcn", unb barum „nadji bem
^ Vorgänge ber geiftlid^en (Seric^te unb bcr italieniJ4>en ^ra^i« unb 2)oftrin" aud^ in
S)eutfd^Ianb burd^ bie Wolter ^crbcijufc^affcn anfing, ^n gleid^cr SRid^^tung hjirtten feit
bem Verfall ))^ilofo))^ifd^cr unb J^umaniftijd^er Silbung in 3)euttelanb bie bermel^rte Sci^t*
gläubigfeit unb bie Vorliebe für mögli4»ft to^ unb ))^antaftifc^ au«gefci^mücftc 3)oftrinen.
3)ie erlcuc^tetften Il^cologcn ber bcrf4>icbcnftcn Äonfejfioncn hingen mit Übcrjcugung an
46 einem berben §ejenglaubcn unb t)crtcibigtcn il^n al« ein ©tüdt ber aufrccf^t ju erbaltenben
Ortl^obojic. iiut^cr — in beffen ^terbcr gcl^örigen 2lu«j}3rüd^cn übrigen« aud^ manche
SBamung bor Seid^tgläubigfcit gegenüber ben ©crüd^tcn über 3^w'^crci u. bgl. an3utreffen
ift unb bie Vc^ielj^ung auf« .r^e^cniücfcn übcr^auj^t tjintcr bie Sluf^crungcn über ben 2:eufel
unb fein SRcic^ im attgemeinen ftart gurüdttritt — ftanb in bicfcr ^infic^t fcine«iDeg«
60 allein. 6r tourbe biclmcl^r an §ärte ber betr. 2lnfcf)auungen unb Urteile burd^ bie 2:l^eos
logen be« SReformiertentum« bur^fd^nittlic^ übertroffen; — gegenüber Scdt^ I, 47 ff.-, ber
bie« berfennt unb bie Vorurteile lutl^erfeinblid^er Ültramontanen mef^r ober hjcniger teilt,
f. fogar SB^ite [in bem cit. Äaj3. über Demoniacal possession, geg. 6.] unb befonber«
Sängin a. a. D. (bgl. ßl^riftl. SSSelt, ©. 798). ©eitcn« bcr 9Jaturforfd^ung ging nod^
66 feine burd^ toirfU^e Srfcnntni« geftü^tc ©cgcnh)irfung au« unb bcr int Volle, befonber«
feit bem 30 jährigen Äriege junel^mcnben fittlid^en Vertüilberung unb Jto^eit cntfprad^
jener ®laube nur ju fcl^r. 3)ic Volf«maffe untcrftü^te ben Vollzug ber bon allgemeinem
Vorurteil biftierten Urteil«j)}rüd^c imb bie gurd^t bor bicfcm j^errfc^cnbcn Vorurteil fc^tofe
lange aud^ ben SßJenigen ben 3Kunb, hjcld^e bie greulid;c Vcrirrung al« fold;c erfannten.
60 $Rur in feltenen gäUen fc^eint ben unglüctlic^en D))fern ber Vlutrid^ter bcr fic^ regenbe
^tftn ttnb ^cgen^rojeffe 35
SoIföuntPtttc ober bie bcfjerc ©inftc^t einjclner 33cl^örben ^u §i(fc gcfommen ju fein
(h)ie bie^ 1594 ui 9iörblingen ö^l^^^^ ^'^ ^'^ ©tanb^afttgfeit einer Unfd^ulbiöen, bie
tro$ 56 maliger ^olterung fein ©eftänbni« abgelegt f)aitt, jur Urfad^e ber ©inftcHung
ber feit bier ^^xm ^icr n>ütenben 5ßrojefegreueI tourbe; bgl. SBeng, 2)ie 6eEen))rojef[e
in 9lörbl., 1838, fotoie 6^. SBelt, ©. 794). — Unter ben 3:^eoreti!em, \x>dqz ba^ Ser^ 6
fa^en in ben §ejenj)rojej|en mit feinen 3Sorau^fe$ungen nod^ im 16. 3^^^^"*^^^^^ i^
red^tfertigen Derfuc^ten, h)aren unter ben Äat^olifen bie borne^mften ^^an 33obin (Mago-
rum Daemonomania 1579), ber fd^on erh)ä^nte Irierer SBei^bifd^of $eter 33in^felb aud
fiujemburg (gcft. 1598) unb bomel^mfic^ bie 3^fuiten 3Kartin 3)elrio ani Slnttoerj^en, geft.
1608 (Disquisitiones magicae 1599) unb ®eorg Stengel ju ^ngolftabt (geft. 1651), lo
(De Judiciis divinis u. ö.) — t)on toeI4>en beiben namentlid^ ber erftere auf biefem
®ebiete eine traurige Serü^mt^eit erlangt i)at Slu^ bem Jjroteftantifd^en Sager gel^ören
^ier^er: ber §eibelberger 2lrjt I^oma« draftu« (f. b. ä. S3b V ©. 444 f.), Serfafjer einer
Repetitio disputationis de lamiis seu strigibus (Safel 1578), Äönig ^ahh I. t)on
©nglanb (Daemonologia), fotpie an^ bem 17. ^a^rl^unbert bor ollem Senebift 6arj)joD 15
(geb. 1595, geft. 1666), ber fic^ bergöHung bon nid^t n)eniaer ate 20000 3:obe«urteilen
rühmen fonnte unb jur l^ierl^er gel^örigen fiitteratur namentli^ eine Practica nova rerum
criminalium (1635) beigefteuert l^at.
Sin bie ©J^i^e ber neueren Seftreiter be^ Untoefen^ ber §esen|projeffe l^P^^n big
bor turpem ))roteftantifd^e toie lat^olifd^e ^arfteHer (j. 33. 3""Ö"^<^"^ i^ ^atl^ol. Ullagajin, 20
SDlünfter 1847, Sb 3; §ergenröt^er, Se^rb. ber R® III ^ 382 f.) mit Vorliebe bie 3e=
fuiten 2xmner unb ©J)ee — mit SJennung ettoa nod^^ einiger fat^olifd^en Vorläufer ber^
felben (h>ie ßorneliu« £00^ k.), ju fteUen. 6« ift ba^ 5}erbienft be^ S3onner SWebiun-
jjrofeffor« 6. Sinj, biefer Sinfeitigfeit burc^ ben 3?ad^h)eig einer Steige j)roteftantifc9er
^ejenjnrojefegegner aud noA früherer 3«it ate bieje Äatl^olifen entgegengetreten ju fein. 25
®em ßut^eroner ^jol^ann SBeier (Wierus), ^erjogl. Slebefd^em Seibar jt, geft. 1588, S?er=
faffcr ber ölteften lateinifd^en ©egenfd^rift: De praestigiis daemonum (1563; 2. 2lufl.
1564; 7. 2lup. 1567), finb — tok S3inj in ber auf i^n bejüglid^en 3Jlonograp^ie: Dr.
3ob. SSäeier, ein rJ^einijci^er Slrgt, ber erftc 33efämj)fer be^ ^^ejenn)a^ng (2.2t. 9erlinl896)
nac^tocift — nod^ im Saufe be^ 16. ga^r^unbertg mel^rere" tüchtige 5IKitftreiter gegen tbtn-^ 30
benfclben 3Bal^n gefolgt. ©0 bie beutjc^en ^roteftanten ^ol}. ®h)id^, Slrjt ju Sremen
(1584), 30^. ®eo. ®öbelmann, «Prof. juris in SRoftocf (1584 bejlto. 1590) unb äuguftin
Öert^^eimer (eigentl. §ermann SBiteÜnb), ^Profeffor in ^eibelberg, SSerfaffer bon „ß^riftlid^
Sebenden unb Srinnerung bon g^wberei k., §eibelberg 1585 (— ber erftcn beutfc^ ab-
gefaßten Äontrobcr^fd^rift für bie in SRebe fte^enbe ©ac^e, neu ^erau^gcg. bon 3t. SSir^ 35
linger unb 6. S3inj, ©traßburg 1888); femer ber englifd^e ®utgbert^er SReginalb ©cot
(gcft. 1599), SSerf affer be^ auf Jöeier fid^ ftü^enben 33uc^eg The discovery of witch-
craft, 1584, ba« mit befonberer ©nergie gegen bie ^ejenberbrenner ju ^elbe jie^t unb
im folgenben ^öl^^^unbert jtoei toeitere 2tuf lagen (1651 unb 1655) erlebte. Stuc^ ber
arminianifd^ geri^tete reformierte Pfarrer ^ol). ®rebe ju 2tml^eim in $oIlanb, beffen 40
Tribunal reformatum 1622 in erfter Slufl. aniS Sid^t trat (f. barübcr Sinj, SBeier 2C.
S. 117—119), gel^ört ju biefen ))roteftantifd^en 93orgängem ber ^^fwi^^" Sanner unb
Spce. S)enn beö erfteren Theologia scholastica erfdfjien crft bier Ija^re nac^ bem
®rebef(^en 93u4>e (gngolftabt 1626, 4 voll, f.), unb fomo^I in biefem SBerfe, loie in
bem nac^ Weiteren fünf ^a\)xm erjd;ienenen ©^eefc^en n)trb nic^t fohjoj^l ber ^ejentoa^n 46
ald nur ba« graufame ^rojefeberfa^ren gegen bie §ejen befäm))ft. 2öa^ bie ©c^rift be^
Älen griebrid^ bon ©t)ee (geft. 1635) betrifft, bie Cautio criminalis seu de processi-
bu8 contra sagas (juerft anonym ju Stintcin 1631 gebrudtt, in 2. Stuft, fc^on 1632
;u fjronffurt unb bann noc^ öfter), fo befte^t it^re ^erborragenbe Sebeutung in ber fü^nen
Energie, tbomit fie gegen bie ^aujjtbcrteibiger be^ bi^^erigen §ejenj)roje^berfa^ren^ (nament= so
lid^ Sinöfetb unb ^elrio) ju 5^Ibe ^iet^t, foU^ie in il^rcm glüdlid^cn f4>riftftclterifc^en Gr^
folge, fcaft beffen fie juerft „auc^ ben 5"tf^^" bie atugcn über ben h)a^ren ©tanb ber
Sac^e gei)ffnet l^at". 2lm ßnbe be« 17. 3«^^^""^^^*^ folgte bann Saltf^afar Scfter
(f. b.a. »b II ©.545f.), ber Serfaffer ber „Sejaubcrten ffielt" (1691 u. ö.), fotüie ju
änfong be« 18. ß^riftian Il^omafiu^ (Theses de crimine magiae 1701). 3tucl^ bicfesö
beiben ftie^en nod^ auf beftigen 2i5iberf)}ruc^ unb SBiberftanb. Setter, hjelc^cr ben leufel
nad^ ber ^I. ©c^rift j^öc^ften« at^ einen mac^tlofen gefaflenen ®eift anerfcnnen tooHte,
hmrbc h>egen feine« Suc^e« nod^ abgefegt, unb awd) gegen 2:F;omafiu^, tvdd^cx l)kx biet
me^r eingeräumt l^atte, erhoben fid^ nod^ 3"^if^^" wnb Sf^cologen. 3tber burc^ ba^, toa«
jie erreicht ij^en, um ben SSorau^fe^ungen be« §eEenJ)roiejfc« il^ren ®runb ju ent^iet^en, co
36 $e£ett ttttb ^esett^rojeffe ^e^nltit
ift bod^ feit bem Slnfange bc« 18. gobrl^unbert« bie S^xajA^ be^fetten aDma^Gc^ übcratt
gelinber gelDorben bid jum enblid^en (Srlöfd^en.
Snierbing« f}at anq ba« gal^rl^unbcrt ber aufflärung nod^ dnjelnc amtlid^e $«S«ns
morbc, fclbft auf beutfd^em unb beutfc^^fd^toeijcrifd^cm Sobcn erlebt, ©o 1749 in SBütg*
6 bürg bie Sßerbrennung ber 9?onne 9JJarie SRenate Singer (f. 3- tJi^iebridj^, 3fl«- *>• 35öIKngcr,
Sb I, gjJünd^en 1899, 6. 10); 1775 in 9JJemmingen bie ent^am)tung ber a:aglöl^erin
2lnna Ttaxxa ©(^toägelin unb nod) 1782 bie ber 2)ienftmagb Slnna ®ölbi m ®Iantd
(f. überl^aut)t »inj, Dr. 3. SBeier 2C. ©. 128 f. unb ©oIban^et)t)e II, 281 ff. 315 ff.).
©eitbem ift bie unl^eimlid^e ej)ibemie, toie e« fc^eint toenigften« auö bem curoi)äif(^en
10 itulturbereid^e Derfd^tounben. fettpaigen auf i^re gwrücfrufung l^injielenben Sefirebungen
be« Ultramontani^mu« toürbe ber mobeme ©taat fein brachium saeculare tjerfagen.
2)a6 aber im fat^olifd^en 9JJitteU unb ©übamerila nod^ in ber 2. $älfte unfereg 3a^
l^unbert« Derfc^iebene ber §ejerei angeflagte ^erfonen lebenbig Derbrannt toorben ftnb —
1860 eine 0rau ju ßamargo in Tttpto; 1874 eine grau unb il^r ©ol^n ju ©. 3uan
lobe 3flCobo im mejifanifd^en ©taat ©inaloa ; 1888 eine^Jrau nac^ mehrmaliger ®ei^eluna
auf bem 5Karfti)Ia5 einer ©tabt in $eru — fc^eint glaubtoürbig überliefert m fein (t)gL
3lxppoVt> ©. 11 f.; 6l^r. Söelt a. a. D., ©.813). Unb ein fortleben be^ foldj^en ©rcueln
urforünglic^ ju ®runbe liegenben Söal^ng finbet l^ier unb ba im l^eutigen SRomani^mu«
ftcberlid^ nod) ftatt. 9JJögen Serfud^e jur 9lel)riftination be« $ejenglauben« mit l^iftorif^en
20 3JlitteIn, toie u. a. 3. ©örre« (in Sb III unb IV feiner ,;6l^riftl. 5K^ftiI'0 fte fcinerjeit
angeftrengt l^at, feiten« ber bcutfc^en fat^olifc^en SBiffenfc^aft abgelehnt toerben, unb mag
beögleid^en biefe Söiffenfd^aft in ber 9JJe^rjal^[ il^rer Vertreter Dielleid^t nidj^t auf bem
©tanbj)unft folc^er Tutoren ftel^en toie j. 8. Sifd^oföberger, ber SSerfaffer be« berüchtigten
Su(^d über bie „SSertpaltung be« ©jorciftat« nad^ äJlafegabe be« römifd^en Senebiftionole"
26(DgI. barüber 31. SBäeitbred^t in ben beutfd^^eD. Slättem, 5RoD. 1884; auc^ ttj^on ^lippolb
a. a. D., ©.18 ff.): für bie tl^eoretifd^en ©runblagen be« in Siebe fte^enben Sffialj^nglauben«
bilbet ba« tl^omiftifc^e ©^>ftem, bie offijieHe 9JormaItl^eologie unb sj)l^iIofo^l^ie ber heutigen
itird^e SRom«, eine Safi« Don bi« je^t burc^ ni^t« erfc^ütterter geftigfeit. Unb bojj
mm gcft^alten felbft an ben bebenflic^ften ®ä|cn biefe« ©^ftem« forttoä^enb bie ftäriftc
30 Steigung in Slom öor^anben ift, ^at erft jüngft toieber ba« Serl^alten £eo« XIII. unb
feiner Umgebung bei bem berüd^tigten 2i£il=§anbel mit erfd^recfenber 3)eutlidj^feit ju tage
treten laffen. Sfcur ber glauben«fcfte ainfd^Iufj an bie reine, unDerfälfc^te unb unüerfürjte
SBa^rl^eit be« eöangelium« Dermag, toie Don aHer ®eifte«fne(^tf(^aft fonftiger 2lrt, fo aud(^
Don biefer traurigen gorm be« Aberglauben« frei ju machen. {fßiltt f) gBiller.
86 ^e^nltn, 3ol^anne«, be £at)ibe, geft. 1496. — Slograp^ifc^e«: Trithemius,
Über de scriptoribus ecclesiasticis 1494, mit einer SSorrebe uon <>el)nlin, geitgenöffifcftcÖueHc;
Athenae Rauricael778 (fetilcrftaft) ; gr. &if4cr: go^onnc« ^etjnlin, S3afel 1851 (ungenQu) ;
SBilt). S3if*cr, ©cid). berUniuerfitöt ^afcl, 93QieI 1860, @. 157—166 (nur biograp^ifdjc SKije,
aber grunblcgenb). „®ine grünblicf)e ^onogroptiie über ^eijulin luftre eine fcbr roünfc^cn«»
40 werte unb belobnenbe ?lrbeit" (S3i|d^er). — (Sinjeltejte unb ©tubien: Ueber |)e^nlin«
Anteil an ben looifcöen 8lvcitigfeiten: ^rontl, ®ef4id}te ber iiogif, ©b 4, ©. 186 ff. unb
299; ügl. beffen Vlrtifel: „&et)nlin" in ?12)33. lieber $ci)nlin^ SBei^iebun^en gur Unioerfität
^Qri« : DcDifle unb Chätelain, Auctarium Chartularii Univorsitatis Parisiensis. Laber re-
ceptarum natioDis Alemanniae, T. II, col. 003. 907. 013. 016 917. 921). Ueber 4)e\)nlin«
45 ^erbicnfte um bie SBud)brucfer!iinft : A. Claudin, The first Pais Press, an account of the
books printed for G. Fichet and J. Heynlin in the Sorbonne 1470—1472 (lUustrated
MoDographs issued by the Bibliographical Society '^r. VI), fionbon 1898 p. 35—87, unb
'Slot 2. 3. 8. 0. lieber .J)cl)nlin ai^ iÖüd)erfrcunb f (Sari et)riftüpl) SBernouUi, «ofel« ßloftcr*
bibliotWen. lieber ^ct)nlin« Stellung qIö "iprebigcv : 3of)onneö S3ernou(li, S)ie Äirctjengemcin*
60 ben SBoJel« uor ber SHeformation. (S3eibc^ in: SBodler 3Q()rbu(ft 1895.) 2)a§ SBritifcftc mfeum
befi^t eine ©animlung üon ctioa 16 oerfcftiebenen 2)rucfen üon ^et^nlinö Straftat gegen ben
Wigbrauc^ ber ^effe.
SSon 3ol^önne« §et^nlin be £ai)ibc fmb bon Doml^erein gtoei ober brei gleid^namige
unb gleid^jeitige ®elel?rte beutlid^ ju fonbem: 1. ein ßnglänber Qo^annc« be 2a})ibe, ber
66 1418 in ^Jari« ftubierte (3)enif[e unb G^ätclain, Auctarium Chartularii universitatis
Parisiensis, Liber procurationis nationis Anglicanae, ^ari« 1897, tom.II, col. 242);
2. ein 3ol&anne« be Sa^jibe, ber 1422 al« lic. leg. unb bacc. jur. canon. in Äöln
immatrifuliert toar (Äeuffen, aWatrHel ber Uniberruät Äöln I, 189) unb 1430 al« ma-
gister artium ba« Sleftorat ber Unit)errität Scipjig bctleibete (griebbcrg, Da« Collegium
60 juridicum, ein Seitrag jur Oefd^ic^te ber £eii)5iger 3"^^f^«"föt"ltät, S. 98) ; 3. ein 3^*
^e^tiHit 37
Banne« be Sa))tbe, abeltger ©cburt au« bcr 2)iöccfe Äonftanj, bieffetd^t toon Stein am
Ä^ein, ber 1461 ber artiftenfafultät Don ^eiburg i. Sr. angehört unb 1463 mit ©eiler
toon Äaiferöberg bafelbft t)romoDierte (©(^reiber, ©efd^ic^te ber SlIbrecbt^Subtoia^sUniDerTitöt
ju Sreiburg, %l I, S. 234).
35ie §eimat be« 3j<>'^ö""^ $c^nlin ift nad^ mel^r ate einem urfunblid^en Seleg bie 6
3)iDcefe ©jje^er. be Sap\\>t toirb bal^er am beften auf bie babifc^e Drtfd^aft ©tein,
jtDifc^ $fonlS>eim, SJurladj^ unb Sretten, al« ben ©eburtöort §e^nlin« belogen, ©ein
®eburt«jal^ rönnen toir nur burd^ Vermutung jtoifd^en 1425 unb 1430 anje^en. 1452
ftubierte er in 2^m unb fd^rieb bamate feine Slbl^anblung ju ben brei Sudlern be« 2lris
ftotele« t>on ber ©eefe. 2lfe Saccolaureu« ftebelt er bann 1454 nad^ $ari« über, ift 1455 lo
2icentiat, 1456 SRagifter, 1457 ^rolurator unb 1458 3lejel)tor ber Sfiamannennation unb
toirb 1462 ©ociu« ber ©orbonne unb bor 1463 Saccalaureu« ber 3:l^eoIogie. 2)ann
lam er im ©ommer 1464 nad^ Safel, tourbe bort unter SReltor ^ol^ann Shd^erob Don
®otba immatrifuliert unb toufete alfobalb burdj^ ©nergie unb organifatorif^e« Oefd^idE bem
SReafemu«, ben er ftd^ in ^ßari« angeeignet l^atte, in ber Slrtiftenfafultät jum 2)urd^brud^ i6
m öer^elfen. ©r ftanb bamal« einer Surfe bor unb tourbe bei ber Safultät«ft)altung ber
^arteibelan ber SRealiften. 1466 jebod^ fe^rte er toicber nad^ $an« gurüdf unb tourbe
am 28. 5Wärj 1467 ein erfte« 9RaI ^ßrior ber ©orbonne, trat bann aber bereit« einen
3Konat fjKiter toegen äugenfc^toäd^e jurüdf. 3lm 24. ÜRärj 1469 tourbe er Sleftor ber
Umt>erraät 5ßari«, am 25. ÜRärj 1470 jum jtoeitenmal 5|Jrior ber ©orbonne unb ertoarb 20
^ bie ibm nodj^ fel^lenben tl^eologifdj^en ®rabe, 1471 ben Sicentiaten unb 1472 ben
3)oftor. @r l^at neben feiner afabemifc^en Sffiirffamfeit nod) ba« grofee 3Serbienft, bie
Suc^brudferfunft in^ari« eingefüi^rt gu l^aben, unb jtoar burd^au« al« ^Pritoatuntemel^men,
gemcinfam mit ©uiltaume ^c^et, l^inter bem ein ml^Iung«fä^iger ©önner ftanb; §e^nlin
bogcgen, ber in Safel bie 3)rudferpreffe fennen geifemt ^atte, befc^affte jum Setrieb bon 25
öflrfel bie ©e^er, feinen ^eunb 5Wid^aeI gre^burger unb ju beffen Slfftftenten jtoei jüngere
®ele^e, Ulridj^ ®ering Don Äonftanj unb 3Rartin 6ran$ Don ©tein ; e« toaren bie
fogenannten alamannifd^en Srüber; aud^ S^^^»^"^ ämerbad^, ber berühmte Sa«Ier
SÄucfer, bat unter ^el^nlin in ^ßari« ftubiert unb [\i) nod) fi)äter ftet« feine« Seiftanbe«
erfreut 3n bem großen ©daläge, ben balb barauf ber 9leali«mu« gegen ben 9iominaIi«s so
mu^ fü^e, toar §e^nlin beteiligt; benn in bem (Sbifte Dom 1. älärj 1473, toomit
gubterig XI. ben 5RominaIi«mu« in ganj ^Jranfreic^ unterbrüdfte, ift unter ben 2)oftoren
ber t^logifd^en g^fultöt, bie ftd^ ju ®unften be« 9lcali«mu« gegen ben 9lominaIi«mu«
au«geft)ro($en l^atten, aud^ S^^^^'^"^ *>^ 2a})ibe genannt. 2lu« unbefannten Setoeggrünben
liebelte §«^nlin 1474 abermal« nad^ Safel über, bie«mal jebodj^ toirfte er nic^t im 35ienft 86
ber Uniberfität, fonbem im 2)ienft ber Sirene. 3lm erften 2lbDentfonntag 1474 in ber
tird^e ju ©anit Seonl^arb begann er feine l^erDorragenbe 3^ätigfeit al« $rebiger unb
eWe fie in Derfd^iebenen Äird^en ber ©tabt fort bi« gum ga^re 1478, too er oI« ^ßro^
effor ber 2:^eologie an bie ba« ^a!l)x Dörfer geftiftete UniDerfttät 2^übingen überftebelte
unb f(bon im §erbfte beren Steftor tourbe. 2)o(^ Derleibete il^m ber SBäiberftanb ber 5Ro= 40
mtnoliften ©abrief Siel unb ^aul ©frijjtori« ben auf enthalt, 1579 ift er 3leftor be«
©tift« in Saben^Saben unb 1580 entfaltete er eine ftrenge fittenreformatorifd^e unb pä?
bagoflifdj^e ll^ätigfeit in Sem. 2)a er aber bort nid^t ben getoünfd^ten ©rfolg fanb, jog
er Jt$ erft toieber nadj^ Saben unb 1484 bleibenb nad^ Safel jurüdt; ^ier toar er ß^or^
^err unb ^ßrebiger am 5Wünfter, na^m aber bann, ba gerabe bamal« ber ^Rominaliften« 46
ifeeit ben ^ödj^ften ®rab ber Sitterfeit erreid^t l^atte, be« treiben« mübe, am 2^age Dor
3Kariä ^immelfai^rt 1487 Don fdnen ^\il}'6xtm 3lbjd^ieb, um ber SBäcIt für immer Sebe*
too^I ^u fagen. 6r tl^at 5ßrofe^ unb DerbraAte nun feine legten 2eben«ia^re mit ®cbet
unb emfamer litterarifd^er 31^ätigfeit in ber Kart^auje Don Äleinbajel. 3)er ftrenge ^ßrior,
Solob iJauber erlief bem berühmten Untergebenen nid^t ba« geringfte Don ber l^arten eo
Drben^udj^t, nid^t einmal in ber ©tabt ))rebigen burfte er mel^r, jum grofjen Sebauem
feiner Sere^rer, bie ba meinten, „er ^ätte nü^cr mit ^rebigen mögen f^n". Slber Öe^n«
lin ertoiberte, er l^e nur eine©eele unb für il^r^eil gu forgen. Sit« er am 12.ÜJlärj
1496 ftarb, burfte i^m aud^ bie UniDerfttät nic^t ba« ®rabmal errid^ten, beffen ©tiftung
namentlid[^ ©ebaftian Srant nad^ Gräften betrieb, ©eine anfe^nlid^e Sibliotl^ef tam au« 66
ber Äart|SK»ufe nadj^ beren ©ntbölferung burd^ bie SHeformation auf bie UniDerfität«bibIio5
Üfd. ©ie beftonb au« 233 gebunbenen unb 59 ungebunbenen Sudlern, barunter fmb
feine eigenen ©elften.
§ei?nlin toor ungemein Dicifeitig. 3)a« jeigt fid^ and) in feinen ©d^riften. 2)er
Iroftot }u Slriftotele«, fein Seipjiger gwfl^nbtoerf, blieb feine j)^ilofot)^if(^e §au))tleiftung. eo
38 $e))ttUtt ^teralad
©r l^iclt ftreng an 2lriftoteIc« fcft unb toolltc toeber toon ber bie^feiti^en noäf t>on ber
jenfcitigen SBirflid^Icit ber ^h^m ettoa^ toiffen. Über ben 9Reteorftetn Don ©nfi^i^eim
fd^rieb er eine naturtoiffenfd^aftUci^e Slbl^anblung. ^^I^eologifcij» toar er ein eifriger SBcrtretcr
ber unbefledten enH)fän0nt^ gegenüber bem 2)omtntfaner SWeffret. £iturgifd| toirfte er
6 für SHeinigung be« 3Ref;fonnuIar« Don ben älu^toücij^fen ; feine 1492 »erfaßte Schrift gegen
biefe 3Ki^bräuci^e fanb jal^rje^ntelang bie größte 3Serbreitung. 1492 leitete er bie ämbrofui^::
aa^aU be^ So'^^"'^^ älmerbad^. ©eine J^anbfd^riftlid^en ^ßrebigten fmb auf bie genauere
SBeftimmung feiner fird^Iid^en unb t^eologifd^en ©efmnung l^in noc^ unerforfd^t ^m aü=^
gemeinen jeigt er eine mcrf toürbige ^Bereinigung Don Äonferüati^ntuö in tl^eoretifdj^en SMngen
10 mit rabifaler Energie für gortfd^ritt unb Sfleform auf l)raftifcl^em (äebiet. 6r t>erje|rte
M Dor 3lrbeitgeifer unb fonnte ber großen Unruhe feinet Seben« fc^Iie^Iid^ nur baburc^
fteuern, ba^ er Wond) tourbe. 9lirgenbg toar feinet Sleiben« lange ; unb bod^ l^at er
überall, too er toar unb |)anb anlegte, bebeutenbe ©))uren l^interlaffen. „Sr toor/' fagt
SBifc^er, „eine jener faft tragifd^en ©rfc^einungen, bie nod^ furj Dor ber SReformation einen
15 befferen S^ftanb innerhalb ber @d^ran!en ber römifd^en Äirc^e erftrebten, jule|t ober
reftgniert ftd^ jurüdEjogen, ol^ne be^^alb umfonft gearbeitet ju l^oben."
(^ersog t) ^^^^ 9Ib. »entoiitti.
^tcrafaS ttnb bte ^ierafiten. -- fiitteratur: SBal«, ^ift. b. Äctcrcicn I, @. 815
bi« 823; ^ieonber m I, 2, ©. 1231-1236; meine «lltcbriftl. fittt.«®ef*. I, 6. 467f.
20 ^aujjtquette für $., beffen (Srjd^einung für bie 3Sorgefd^id^te be^ 9JJönc^tum^ Don
Sntereffe ift, ift Qpi'pf)., haer. 67 (bgl. 55, 5 unb 69, 7, fotoie Ancorat. 82 unb bie
äbfd^reibcr äuguftin, h. 47 unb Praedest. 47). 3lber fd^on Slriug in bem Don 5lilo-
mebien an 2llejanber D. 2tlej. gefd^riebenen Srief (6t)it)^., h. 67, 7 ; atl^anaf., de synod.
Arimin. 16) ertoä^nt neben ben ßl^riftologien be^ Valentin, 5Kani, SabeHiud bie eineö
26 $ierafa^, bie er nid^t für bie rid^tige i)cit (ovo' cbg 'legaxag Xvpov äjiö Xvxvov, ij (bg
Xajujidda elg ovo). 2lIfo muft fd^on bamate ber 5Diann unb ferne Seigre befannt getoorben
fein, e^ ift fein ®runb Dorl^anben, in jenem ^ierafa« einen anberen al« ben Don 6j)i-
i)^aniu^ h. 67 befämt)ften ju erblidfen, gumal ba biefer c. 3 unter Berufung auf ®e=
h)ä^r«Jmänner erjäl^It, §. fei über 90 ^al)xt alt gelDorben. 3ltfo toirb er ft)ätefteng um
30 275 geboren fein. SBa^ @})ij)^aniu^ Don i^m ju erjä^len toeife, ift folgenbe« : §ierafa«
lebte in 2eonto))olig, ein 3Rann Don ber au^gebreitetften unb Dielfeitigften ©elel^rfamfeit,
gleid^betoanbert in ber gried^ifd^en toie in ber äg^ptifd^en Sitteratur, in ber 5Kebijin unb
ben anberen ejalten Sßiffenfc^aften (Dielleidj^t auc^ in ber älftronomie unb 5Kagie, fügt
6t)ii)^aniu^ bo^^aft ^in^u): d^vv xaxä navta rgonov nennt i^n 6i)ii)l;aniu«. ®ad 31
36 unb 31% !onnte er faft au^lDenbig unb feine glän^enbe ©eleWö"^^^^^ befunbete eine SRei^e
Don Äommentaren in gried^ifd^er unb äg^t)tifcber ©t)rad^e (alfo too^I to\>tx\d) — eineö ber
ölteften 3^9"iff^ f^^ ^^^f^ ©prad^e). So bat er ein größere« SBerf über ba« ©ed^^tage^
toerl gefd^ricben, aud^ ^falmen gebidt^tet u. f. \v. 3)en Seben^unter^olt ertoarb er fxd)
burd^ Saßigrajj^ie, hjeld^er Äunft er aud^ nod^ im l^öc^ften älter obliegen tonnte, ©eine
40 !^cbcn^h?eife \vax ftreng asfetifc^ : 6t)ij)^aniu« Dermag fic nid^t genug gu rüj^men. 3Som
$Kein cntj^ielt er fic^ ganj, genofe übcrl^auj)t nur ba« 9?oth?cnbigfte, ebenfo blieb er el^elo«.
3luf ä^nlidt^ geftimmte ©cmüter übte er einen Qxo^m (^m^n^ {dvvdjuevog TteTaai ywxdg),
unb fo fammelte fid^ um i^n ein 3t«tetenDerein ; aber ovdelg fiei' amcbv awäyerai
äUd €1 eh] jTQQ&evog rj juovdCcov tj iyxQaTi]g fj ;^w^a (^auen im 3l«fetenDerein c. 8).
46 (Sinige feiner ©c^üler — @t)ij)^aniu« hjitft i|ncn, nid^t bem Se^rer, .^euc^elei Dor — ftei=
gerten nod; bie 3l«fetil. 35iefetbe rul^tc auf einer t^eoretifc^ f^jefulatiDen ©runblage. §.
erlannte in bem ®ebot ber äyveia, lyxQdreia, Dor allem ber (S^clofigfcit ben toefent*
liefen Unterfd^ieb jlDifd^en benv 91 unb 9M. „SBa« ifCkX benn berSogo« neue« gebrad^t?"
fo fragte er, ,,ober h?a« ift benn ba« 9Jeue, lüa« ber ßingeborcne Dertünbet unb eingefe^t
60 ^at? etlüa über bie '^urd^t ®otte«? ba« ifCiik fc^on ba« ®efe|. Ober über bie ©l^e?
Don il^r l^abcn fcbon bie ©c^riften (= ba« Wl) grfünbct. Cber über ?Jeib, ^abfud^t unb
Ungerec^tigleit? ba« äße« enthielt fdt^on ba«3li, o'^e ^lovov rovxo xarogSajoai rik^e,
t6 Ti]v iyxQdxeiav xrjov^at iv reo xoojuo), xal mvm) drakeSaoOai dyveiav x. iy-
xpdreiav. ""Arsv de rovrov fit] ' dih'aodai Ci]v'\ (Sr berief fid^ l;ierfür auf 1 Ho 7 ;
66§br 12, 14; 3JJt 19, 12; 25, 21. 3)ie 3luferftel^ung fafete er geiftlid^ {TTvev^ianxij
juv^okoyia fagt (Sj)ij)()aniu«) unb Uljniz bie restitutio carnis au«brüdflic^ ab ; l^ierfür
fud^te er einen umfaffenben ©c^riftbeh?ei« ju geben, ben er auc^ für anbere bogmatifc^e
günblein, um mit G))i^)^aniu« ju rcben, beizubringen untenia^m. 35on einem fmnli^en
$arabie« tooHte er nic^^t« Joiffm; noc^ h)id^tiger ift, ba^ er auf ®runb Don 1 Xi 2, 5
{^ieratad ^teroHed 39
bic ©cligfrit and) bcr Qttan\t fterbcnbcn Äinbcr in SlBrcbe [teilte ; benn ol^nc „®rfenntni«
fein ÄanH)f, ol^ne Äamjjf fein Sol^n". ©eine Drtl^obojie in ber 2:rinitätael^re befd^einigt
i^m e))ij)l^amu« au^brüdflic^. 35ie« [tel^t mit ber 9Jotij be« ariu^ nid^t in SBiberfi)rudj^ ;
benn au« be« äriud 95rief ift ju fd^Iie^en, bafj §ierafa« einer gemilbert^mobaliftifd^en
3)enfh)eife l^ulbigte, bie belanntlidj^ in ber erften §älfte beö 4. 3ö^'^^u«1>«^^ ^on ben b
^^rögem ber Drt^obojie nic^t immer beanftanbet tourbe. 2)oci^ teilt et)it)l^aniu^ mit, Äierafo^
^abe ftc^ befonberen ©j)efuIationen über ben ^I. ®eift l^ingegeben unb, toie e« f^eint in
einer befonberen ©c^^r öwf ®runb Don $br 7, 3 fombiniert mit 9lö 8, 26 unb Ascens.
Isaiae 9 (Dgl. 35iIImann, Asc. Isaiae 1877 j. b. ©t.), geleiert, b. 1^. ®eift fei in WlAd^U
febel erfd^ienen. lo
(^ieju Dgl. Äunjc: SRorcuä dremita, 1895, @. 76 ff. 82 ff.). 3)q6 eS einen Ärei« oon
,,^icrQfitcn" minbcftcnS bi« gegen ßnbe bcS 4. Softr^unbertö gegeben l^at, bezeugt un8 9Rq»
cariuS 2lcg^pliu8 (^reufc^en, $aIlQbiu§ unb 9?upnu«, 1897, ©. 124), ber fic au4 (ftorafterl-
ficrt: @in ħfct im orftnoitifcftcn ®au oerfü^rte gegen 300 ©laubige jur ßc^rc iwv Xeyo/tU'
i'coy 'hoaxizäii'f oTxivfs kiyovoi fATixe xov aoyifjQa xai xvgtov TJfiwv *Irjoom' Xqiötov drügd}- 16
ritvov avEikrirpevai oibfia, firfre fitjv x6 ^/nerFQOv aviozao^ai acöfta, xai Jtd?AV Xiyovai xgeTg
rTvai dgxdg ' ^eov xai vXrjv xal xaxiar, xai JioXXd hega eoxi xd xijg dvoosßeiag avxdjv
ngtaxevjLiaxa. SSgl. baju Äattenbuf*, 9(|)oft. @i)mboI. II, 1, 6. 242 ff. ; ihinje i. b. 9?ßlidjen
3eitf(ftr. VIII, 7, 1897, 8. 550 ff.).
§ierala« ift ein alejanbrinifd^er, c^riftlid^ fird^Iid^er ©elel^rter getoefen, ber ben bon 20
Drigene« ausgegangenen 3*"J>wU^ Ö^fo^öt ift. ©otool^I fein ftrenger SibliciSmuS, ber
i^n JU SluSlegungen toie ber toon §br 7, 3 gefül^rt l^at, al« feine t^eoretifd5>=h)eItfIü(^tigen
Steigungen unb ©t)ehiIationen, laffen fidb bon bort^er erflären. ßbenbal^er ftammt fein
©piritualiSmu« unb gnteHeftualiSmu« ; legerer tritt in ber Seugnung ber ©eligfeit ber
Äinber befonber« ftart ju 2:age. Sludj^ fein gemäßigter aJlobaliSmuS brandet nid^t al« 2b
äbfaff üon DrigeneS gebeutet ju toerben. 2)en!h)ürbig ober ift, baß berfelbe SWann ftd^
nic^^t nur toie Drigene« unau^ef(^t mit ben gefamten 2öiffenf(^aften, aud^ ben ejaften,
befd^äfttgt, fonbem aud^ einen 9Könd^Derein gegrünbet l^at. 3)arf man annel^men, baß
feine 3Rönd^e jugleid^ feine ©(^üler toaren, fo l^aben toir l^ier auf ägVj)tifd^en 95oben eines
ber erften Seif))iele eine« aud^ toiffenfd^aftfic^ gerichteten 2lSfetent>ereinS. 2)ie nur teil= so
toeijen Übereinftimmungen beS^ierafaS mit ben f og. ^^l^eobotianem (Sefd^äftigung mit ben
ejarten Sffiiffenfd^aften, 5Kel(^ifebeff))eIuIation) fmb als jufälKge ju beurteilen; bieSenu^ung
ber Asc. Isaiae alS l^eiliger unb aut^entifd^er ©c^rift ift für bie ©efd^id^te biefeS 95ud^eS
t)on 28i(^tigfeit. ^bolf $arnaif.
^ittatifit f. Jtird^e. 86
6ierofle0,geft.ni(^t bor 306, Gi^riftenDerf olger unb litterarifd^er Seftreiter bcSGI^riftentumS,
hHil^c^einlid^ ibenttfd^ mit bem ©offianuS §ierocIeS einer ^jalm^renifc^en^nfc^rift CLL. III
133 = III 1661 aus ber 3eit jtoifc^en bem 1. ÜRärg 293 unb bem l.SWai 305, bem
©tatt^alter, bem praeses ber ?5rot>iin, ju ber ^alm^ra bamalS gel^örte, nadj^ 5Dlommfen
ärabia SibanenfxS, nac^ SWarquarbt ^ß^oenice Sibanefia. 9Jad^ Sactanx de mort. pers. 40
16, 4 ift §., e^e er praeses tourbe, vicarius getoefcn, toomit baS SJilariat einer mel^-
rere ?Proöinjen umfaffenben 2)iögefe nid^t gemeint fein fann; man l^at an bie auS C. L
ti. VI 1704 belannte ©teHung eines vicarius a consiliis sacris gebadet, über bie
SKommfen, Memorie dell' inst. arch. II, 1865, p. 327 sq. unb 6uq, M^moires
Sr^sent^s ä Tacad. des inscr. I. s^rie t. IX p. 474 — 479 gel^anbelt I^aben. 2)ie46
Seranttoortung für ben SluSbruc^ ber bioIIetianifcf)en Verfolgung toirb bem §. in ^er^
öorragenbem ffllaße jugef d^rieben ; de mort. pers. a. a. D. toirb er auctor et consi-
liarius ad faciendam persecutionem genannt, Sact. div. inst. 5, 2, 12 fogar
auctor in primis faciendae persecutionis. ©ben alS ©tattl^alter bon Sit^^nien toar
er in Slicomebien am 2luSgangS})unIte unb im 9JlitteI^)unfte ber Verfolgung; er befanb 60
fxö) in biefem ämte, als am 23. ^ebruar 303 bie R\x6)^ in 9Jicomcbien jerftört unb am
folgenben 3:age baS erfte ßbift gegen bie (S^riften angefc^Iagen tourbe. 2)ie Slnfid^t, ba^
malS fei glaccinuS ©tatt^alter öon Sit^^^nien unb Jr^ierocIeS erft jein 9Jad^f olger gelüefen,
ru^t auf einem 9JJißk)erftänbniS Don Sact. de mort. pers. 16, 3; ber praefectus
glaccinuS toar nic^t ©tattl^alter, fonbem praefectus praetorio, ügl. SBorgl^efi, Oeuvres 56
complätes X, $ariS 1897, p. 154. §. mar tum e numero iudicum (2act. inst.
5, 2, 12), unb SDonatuS, an ben bie ©d^rift de mort. pers. fid^ toenbet, fiel in feine
Öonbe. SlIS Slad^folger in ber Statt^alterfc^aft bon Vit^^^nien erhielt §. ben ^riScittia=
nuS (de mort. pers. 16,4), toäl^renb er fclber jumDberftattl^alter bon ganj 2i[gl;t)ten, jum
40 ^ieroHed ^ierott^titttett
praefectus Aegypti, em})orftic0 ; Euseb. mart. Pal. bcr au^fül^Kd^en Raffung 211 XIV,4
@. 44 f. ; Epiph. haer. 68, 1 . Slud^ l^ier Verfolgte er bie Sl^riften unb fc^ritt ü^ jur SSertoeifung
d^riftlidj^er grauen unb affetifd^er Swnßfraucn in Sorbette. 3)afe Seomte, bie bergleid^en
Säten, ntdj^t auf ®runb allgemeiner Slnorbnungen, fonbem au^ Übereifer banbelten, fyit
tommfen, SRöm. ©trafred^t ®. 955 mit Siecht bemerft; ©ufebiuö bejeidjnet bo^ S8er«
fahren be« $. al« Tiegav xcav jiQoorjxövzcov. 2)er ßl^rift ^bejiu« fonnte ju SDeionbria
bem &, „auf Orunb ber ®efö|e nad^toeifen, bafe er fte überfd^ntten ^e" ; er ohrfeigte
ben präfeften, toarf il^n ju Soben unb J)rügelte il^n. ^befiu^ toirb gefoltert unb in«
aUeer geworfen (Euseb. mart. Pal. 5, 3; 211 XIV 4 ®. 44 ff.); fein aRort^rium er»
10 folgte mrje 3^^^ ^^^ bem feine« Sruber« 3lmt)l^ianu« üom 2. 2li)ril be« 3. So^re« ber
SBerfoIgung (Euseb. mart. Pal. 4, 15; 5, 2. 3; SCU a. a. D. ©. 28. 42 f. 3Rart^oI.
^ieron^m. 4 non. Apr.). 93on biefem SDatum l9at bie jeitlic^e Seftimmung ouc^ ber
ägb))tifd^en ^räfeftur be« $. au^jugepen. Über $. unb ba« ^art^m be« 9(t)oDoniu«
ügl. vorläufig ällarb, La pers^cution de Diocl^tian II p. 56—58.
16 §. ift einer ber beiben litterarifd^en Seftreiter be« ßl^riftentum«, bie nad^ Saci inst.
5, 2, 2 im grü^ial^r 303 auftraten, jur 3^* *>^ 3^*örung ber nicomebifc^en Äirc^e
unb ber beginnenden 93erfoIgung. @r fd^rieb bamal« jtoei libelli non contra Ghristia-
nos, sed ad Christianos (Sact. inst. 5, 2, 13); ju bem dXi]^ Xöyog be« Selfu«
ber^ölt fein Jigdg Xguniavovg (pdaXrj&rjg Xöyog a ß' fid^ im iitel toie bie (piXo-
30 oowla be« ©olrate« %\x ber älteren o(xpia, 2)ie tuenigen erhaltenen ^ogmente ber
®d9rift finben ftd^ bei 2act. inst. 5, 2. 3 unb bei ©ufebiu« gegen §ierocle« Jtaj). 2
$. erfdj^eint l^ier al« Vertreter eine« j)^iIofot)^ifd^en 9Konotl^ei«mu« (Sact. inst. 5, 3, 25),
ber ja ben })oI^>tJ^eiftif(^en Äult nid^t auöfd^Iofe. %xo% feiner ©rinnerung (m gelfu« hmr
S. in erfter Sinie ))on $or))^^riu« abl^öngig. 92ad^ bem 9lbfd^(ufje be« neuteftamentlic^en
anon« gel^t bie l^eibnif^e $o(emit f^ftematifd^ barauf au«, SBiberf))rüd^e in ber l^eiligen
©d^rift JU finben, beren ©rmittelung fi(^ Dor allem 5Port)l^^riu« angelegen fein liefe;
bierin (Sact. inst. 5, 2, 14) ift §. i|m gefolgt. 9?eu toar bei ü^m nur bie genauere
älu«fül^rung einer ©egenüberfteHung be« 3lt)oIIoniu« bon X^ana unb ^efu unb einer
Überorbnung be« Sl^joffoniu«, mit ber bereit« 5Por})^^riu« begonnen l^atte (bei aJlacariu«
80 aJlagne« 3, 1 p. 52 ed. Slonbel). 35ie 3SergIeid^ung biefer ©teile mit Sact inst. 5,
3, 9 ergiebt S5enu|ung be« ^^ilofojj^cn bei üJlacariu« burc^ §., nid^t gbentität mit i^m,
toie 2)u(^e«ne, De Macario Magnete, $ari« 1877, p. 17 sqq. angenommen l^atte. 3)ie
©tüdfe bei SWacariu« ftammen öielmel^r au« 5Por})^^riu« ; Söagenmann, 3353:1^23,1878,
©. 287; Sleumann, Prolegomena in Julianum p. 21. — 5Kit §. lüirb bie bi«^ei
86 nur tj^eoretijc^e Äritif ber 5Reu^)latoni!er t)raftifd^ unb gewinnt ®influfe auf bie Slegierung.
35ie Sfeürbigung ber $erfon be« .§. ergiebt ftd^ au« bem ©(^eine be« SBSobltooHen« gegen
bie ß^riften im 2itel feine« Söerle«, fonfrontiert mit ber ^Ka^ofigfeit feiner ^anblungen
)U älcjanbria. 2)a« 2. §eft ber Scriptores Graeci qui Christianam impu^aye-
runt religionem toirb au^ bie gragmente be« §. orbnen unb erlöutem unb m ben
40 3wfammenl^ang ber neuJ)latonifd^en $olemif gegen ba« ß^riftentum einreil^en.
S^. 9[« 9leitmaiitt*
^terott^mtten (Hieronymitani; Eremitae s. Hieronymi). — 1. $etr.
be la SBega, Chronicon Fratrum Hieronymitani Ordinis, Compluti 1539. Constitucionee y
extravagantes de la erden de san Geronimo, con annotaciones y avertancias, ^abrtbl613;
46 ^el^ot, Hist. des ordres III, 423 — 447. — 2. Eusebio Cremonese, 6 vero della e pro-
gressi de' Monaci GieroDimiaDi etc., (Srcmona 1645. Eegula d. Augustini cum statutis et
ordinario monachorum d. Hieronymi, ^aüia 1614; ^elQot, III, 447 ff. — 3. ©onnacioU,
Pisana Eremus, s. vitae et gesta Eremitarum d. Hieronymi, qui in religione b. Petri de
Pisis floruerunt, S3enebia 1692; 9lnt. ^ax. S3onuccl, Istoria della vita e miracoli del b.
60 Pietro Gambacorti, fondatore della congrcg. de' Romiti di s. Girolamo, Sflom 1716. Con-
stitutioni delle Frati Eremitani di s. Girolamo, congregazione del b. Pietro di Pisa, 9Si»
terbo 1614 (oucft lat., ebb. 1642); C)elQot, IV, 1—17. — 4. Vita b. Caroli de Romena,
comitis de Monte Granello, ASB 7. Sept.; $6tin, Diction. hagiographique s. Gar. de
Montegranelli; $)cI^ot, IV, 18 ff. — Swlönimenfoffenbe 83cri(ftlc bei ©acftg s. v. im ÄÄß\
66 V, 2014—2017 unb bei $eimbu(^er, Orben u. ^ongreg. I, 481—486.
^ieron^miten ober Eremiten be« ^I. ^ieron^mu« l^ei^cn mel^rere nicf^t nöi^er mit
einanber jufammenl^ängenbe Drben, bie ben 1^1. §ieronl;mu« al« ©cbu^i)atron tool^lten,
nadj^ änguftinersgl^or^errens ober ßremitenrcgel lebten unb teil« in ©^janien unb $ors
tugal, teil« in Italien i^re äu«breitun0 unb Slüte fanben. ^i)x^ ßntftcbun0«jeit fällt
60 jufammen mit ber ©rünbungge^jod^e ber 95rüberfcf»aft Dom gcmeinfamen iJebcn, an toeld^er
^teron^mitett 41
iDenigftcn« afö fiofolbejctd^nung, bcr 5Rame Hieronymiani gletd^fatt« l^oftct Q, S. ©d^ulje
in bem betr. »rt. III, 486, 3. 57; 487, 3. 21; 495, 3. 12 u. ö.). Ob bcm Umftanbe,
bofe fte, tote and) bie genannten Srüber, jiemltd^ genau 1000 ^af)xt nad) bem 3«it>wnlt,
too bcr ^eil. ^teront^mu« in ber ©efd^ic^te l^erDorjutreten begann (c. 1370—1390), ge*
lüftet tourben, eine ©efularerinnerung ju ©runbe liegt, bürfte einer näheren Unterfudfiung 6
toert fein.
1. 3)te fj)anif(i^en §ieron^miten tourben geftiftet um 1370 im Äirci^f))iele öon
2^olebo burd^ ben })ortugiefif^ien granjiöfanerslertiarier Sa^co unb burc^ ben Kammerl^erren
beö caftilianifd^en itönig« $eter« be« ©raujamen, $ebro ^emanbo ^ed^a au« ©uabala«
iora (gefr 1402). ^a)jft (äregor XI. betätigte 1374 ben Drben, ber [xi) m Bpanxm 10
unb 5ßortuaaI fd^neU ausbreitete, felbft nac^ Slmerifa fid^ berj)flanjte unb Dorjug^eife ben
SBiffenfd^aften ft(^ toibmete. ©eine §aut)nlöfter tourben: ©. 5Waria be ©uabel^je (^ßros
toinj 6acere«), ©an ^ufte (too Äarl V. 1558 ftarb), ©. Sfibor in ©ebiKa unb ba« mit
befonberö großartiger ^fSrad^t t>on ^i}xl\pp II. erbaute ©an Sorenjo be SReal, genannt
ö^rial (eigentlidj^ ein ®ebäube!omj)Ie5 Don 17 Älöftem mit ©(^ulen 2c., jugleicb jum is
ilönig«})alaft beftimmt, für 6 SWiKionen 2)ufaten errid^tet 1563—1584 — feit beriUöfter*
auf^ebung 1835 nur noc^ afe 5ßalaft bienenb); femer in Portugal ba« 1497 bon ©ma«
nuel b. ©r. nal^e bei Siffabon mit grofeer ^xad)t errichtete, aß Segräbnigftätte für bie
portugieftfdbe ilönigöfamilie bienenbe Älofter Selem (Setl^Iel^em). Site beborjugte Seid^t=
bäter ber Äöni^e @panm^ unb $ortugafö bilbeten biefe fj)anifd^en §ieronbmiten eine retd^ 20
botierte unb mit l^o^en SBürben geeierte §ofgeiftUd^feit. ^bxt Drbenötrad^t ift ein toeißer
Jlod bon grobem ©toffe, eine Heine Äaj)uje unb ein ©fa)julier, beibeig bon fc^toaner
garbc; betm 3lu^el^en toirb nodj^ ein langer SWantel bon gleicher ?Jarbe übergetoorfen
(f. bieÄonftitutionen be^ Drbeng in i^er legten, mit „Sjtrobaganten" bermel^rten unb burd^
$at)fi eiemen« XII. im ga^re 1729 beftätigten ©eftalt, bei $oIfteniug^SrodRe, Cod. 26
regg. monast tom. VI, Addidament. I, p. 10—87). — 2)er Drben erl^ieU auc^
©^toeftem, bie ^ieron^mitinnen ober 5Ronnen be« ^I. §ieron)?mu«, geftiftet burd^ SWaria
©orda« bon 3:oIebo im Älofter ©t. $aul 1375 (o^ne feierlidj^e ©elübbe, mit einem
toeißen Slodf unb braunen ©fa^julier aU DrbenöHeibung). 3^ feierlid^en ©elübben tour«
ben biefelben erft unter $aj)ft SwKuö II. berjjflid^tet unb jugleid^ ber Slufftd^t ber ^ie« 30
ronl^miten unterfteHt. ^fyct legten Äonbente erlagen bem allgemeinen itlofterfturm be^
3a^re« 1835.
2. ^ieroni^mug'gremiten bon ber Dbferbanj. 2)er britte ©eneral ber
fj)antfd^en ^ieron^miten, £ut)u^ Dlibctu«, {2opt b'DImebo) an^ ©ebiHa, geft. 1433 (bilbete
oud ©liebem be« bi^^erigen Drbeng eine für fi(^ beftei^enbe Kongregation unter bem 9(tas 86
men „ilongregation ber Sremitm be« ^l. ^ieron^mu« bon ber Dbferban^ auf ©mnb
einer axi^ ben SBerfen be« ^ieron^mu« (f. b.) gezogenen SRegel. $abft 3Rartin V. be«
[tätigte biefen 3^riöotben 1426, toie« i^m bie 3llepu«fird^e auf bem 3lbentin gu unb be«
förberte überl^aut)t feine 9lu«breitung in^talieit. Söä^renb er in©t)amm unter ^^ilit)}) IL
mit bm übrigen §ieronbmiten (1595) toieber bereinigt tourbe, erhielt er [xd) in gtalim 4o
oI« „Kongregation be« ^l. §ieron^mu« bon ber Sombarbei" in einigen 5Höftem bi« gegen
bie Slitte unfere« Sai^l^unbert«. ©eine Siegel f. bei ^olftening^Srodie t. III, Add. 26
(p. 43 88.).
3. Sn Stalim fammelte Steter ©ambacorti ober $etm« be ^pifi« (geft. 1435) im
^afyc^ 1377 in einer (Sinöbe bei SWontebcHo au« befel^rten SRäubcm bie ©enoffenfdj^aft 46
ber 6remitm be« 1^1. §ieron^mu« (Pauperes Eremitae s. Hieronymi) nad^ einer be*
fonbcr« fhrengen Siegel, bie inbe« fc^on 1444 5WiIbemngen erfuhr unb im ^ai)x^ 1568
mit ber äuguftinifc^^en Siegel bertaufd^t tourbe. 3)ie Stiftung fanb eine toeite Verbrei-
tung; im 17. SoJ^'f^wwb^ traten mehrere (Sinfieblerbereine in ^a\)mi unb 2^^[roIju ibr
über, boc^ befte^t pe je^t nur nod^ in einigen Älöftem, in«befonbere einem in SSiterbo ^
unb einem in 9lom. ^f)x^ Äonftitutionen f. bei ^olftcniu«'SrodEte t. VI p. 88—128.
SBcgm i^rer ungetoöl^fnlic^en gaftenftrengc (4 jä^rlic^e Duabrageftmalfaften !) f. Sloi^ere«
bei 3WH[er, a«fefe u. aJlönd^tum, 1897, ©. 504 f.
4. 6ine bierte Kongregation bon §ieron^miten ftiftete im gal^re 1406 Äarl bon
SKontegroneßi ju S'^f^'l^r ^'^ Congregatio Fesulana, aud^ Clerici apostolici S. Hie- w
ronymi Jesuati genannt (alfo mit bemfclbcn 9iamen be^eid^net, toelc^en ^ol^. ßolom*
bini« 3^w^^ If- ^-J urf})rünglid^ gefül^rt l^atten). ©ie tourbe aber fc^on unter ßle^
men« IX. 1668 toieber aufgelijft, toorauf bie meiften il^rer 3WitgIieber in bie Kongregation
bed $etnt« be $ift« eintraten. S^ältx.
42 ^terotDfmttd
^icronJ)mit«,0cft.42O.— LÖefamtouSgobcn feiner ?Ber!e : 3). @ra8mu8, S3QfeI1516
bi§ 1520 u. öv 9 tom. fol.; 3ÄQrianuS S3ictoriu§ (Sifc^of ü. SRieti), SRom 1565-1572 u. ö.,
9 t. fol.; g. Ulr. eolijtu« unb ?lbam Xribbetftoüiu«, Srantfurt u. fieipjiö. 1684—1690,
12 t. fol; g. "iWartianQ^, 0. S. B., «Pariö 1693-1706, 5 t. fol. (gumeilen qu* unter bcn
6 9?amen Q. ^Kartianat) u. 51. ^ounet citiert; bocö ftarb biefer OrbenSgenoffe ^.8 fdjon nacj^
ßrfcfteinen üont.I); 5)onunit. S^aOarfi, 3Serona 1734— 1742, 11 t. fol., unb normal« SJeneblg
1776-1772, 11 t. 4« (abgebrucft in MSL, t. XXII— XXX). 3u CSEL ift mit ^tvau^»
gäbe bicrün\)niif4er ©(ftriften bi§ je^t nod) fein 9hifang gemocht, too\)i raegcn ber befonberen
©(ftmierigfeiten, welche ber mangelhafte Buftanb ber — nicftt einmal Doüftönbig befannten —
10 Uebertieferung ben Unternel^mern einer tritifcften Bearbeitung bereitet (ugl. in biefer C>inncöt
91. SReifferfcfteib, in b. Biblioth. Patr. lat. Ital. I, 66. 90. 278). — 9?ur eine fe^r befrfiränttc
9luätt)at)l ber 3öerfe (bauptfödilidö immer nur bie mitfttigeren ©riefe, foroie einzelne ber
fleineren Schriften) bieten bie Ueberfe^er in neuere Sprachen, wie % fieipelt in ber fat^ol.
öibliot^ef ber ^^^., i^empten 1872—74 (2 S3be), ©. aJiatougeS (Oeuvres de St. J^rAme,
15 publi^s, Par. 1858, 1 vol. 8''), $B. ^, gremantle (Select Library of the Nicene and Post-
nicene Fathers of the Chr. Church, Ser. II, vol. VI, 9^em ^orf 1893). — (fBegen ber
?(u§gabcn einzelner ©ücfter f. unten im 2;ejt),
2. S3iograp^ien: Xiflemont, M^moires pour servir k Thist. eccl^s. etc. t. XII, $artd
1707; ©eiHicr, Hist. g^n^rale des auteurs eecKisiastiques, t. X, $ariS 1722 (roieber^olt in
20 t. VII ber neuen 9(u§g.. ?5ariö 1861); SSaQarfi, Vita Hieronymi, in t. XI ber Opp. H.
(f. 0.); 3ü§. Stllting (©tiltincf) in ASB. t. VIII Sept., 1762; ©ngelftoft. Hieronymus Stri-
donensis interpres, critieus, exegeta, apologeta, historicus, doctor, monachus, ^opcn^agen
1797; 3f. 3- ©otlombet, Hist. de S. Jeröme etc.; sa vie, ses Berits et sa doctrine, $arid
unb 2X)on 1844, 2 vols, (beutfd) bur* g. Sauc^ert u. 91. ^noü) 2 Sbe, SRottmeil 1846-1848).
26 0. 3öciEJcr, i)ierom)mu§, fein fieben unb 5Birfen aud feinen Schriften bargefteUt, Ootfta 1865;
Slm^b^c Xbicrrl), Saint Jeröme, la soci^t^ chr^tienne ä Rome et P^migration romaine cn
Terre-Sainte (au8 b. Rev. des deux Mondes 1864, Sept.-D6c.), 2 vols., $ariö 1867;
nouv. ^it. refondue, 1875 (1876). — 9Ke6r nur erbaulid): ©ebaftian ^olci, Maximus Hie-
ronymus, vitae suae scriptor, ?lncona 1750; 3K. @d)ubad), Ueber bie ©riefe beS 6« ^icro*
30 nl)mu§ ald Ouefle ber ®ef(bid)te bcS 4. unb 5. Sö^^öunbertS unb al3 erbauenbe ßeftüre,
Äoblenj 1855 (?rogr.); ®obe§carb, Vics des P^i-es, Martyrs etc., t.VII, ?5arid 1863; (gbio.
8. 6utt§, St. Jerome (Fathers for English Readers), i^onbon 1878; 6. Wartin, Life of
St. Jerome, ßonbon 1888; % iiargent (Pr^tre de POratoire), Saint Jöröme, ^oriS 1898
(ju ber bei 58ictor iiecoffre erfcl)eincnben Sammlung „Les Saints" gel)i)rig — im ganjcn
36pröji§ gearbeitet, aber tuefentlid) bocft nur un!rtt. ^anegl)ritud; ugl. X^fi^l 1899, 9?r. 9).
3. Äritifc^e Sonographien (befonber§ jur SBürbigung ber e^eg. unb ^ift. 9(rbelten
beS ^.)- 3oÖ- (SIericud, Quaestiones Hieronymi anae, ^Imfterbam 1719; ^llfr. @(ööne, Quae-
stionum Hieronymiarum capita selecta, ©erlin 1864; ^l, JRabmer, ^ie ^ebr. Jrobitionen
in ben ©erfen be§ $)ierout)mu8. burd) SSergIeid)ung mit ben jübifd^en Duellen fritifcö be*
40 leuchtet, ZI I, öreSlau 1861; XL II in ber Sonatdfd)rift f. ®efd). u. 3Biffenfd). beSSuben-
tumS, S^^r^- 1865 ff. (nod) unüoOftftnbig; be()anbelt nur bie Quaestt. in Genesin unb bcn
Comm. in Osee — .Jooju jüngft. nacft langer ''l^aufe [1868—98] aud) ber Comm. in Joel
bingugetreten ift); ^Imil. fiübecf, Hieronymus quos noverit scriptores et ex quibus hauserit
(über Umfang unb "3®ert ber Sllaffiferfcnntnid bc§ $.) 2eipi\ig 1872; ^. ^owad, 3)ie ©c«
46 beutung be$ .Jiierom)m. f. bie altteft. X^ejtfritif, ®öttiugen 1875; S. ^aurfer, De latinitate
b. Hieronymi obsen'ationes ad nominum verborumque usum pertinentes, Berlin 1870; ed.
auctior 1880; ^. GJoeljer, fitude lexicographiquc et grammaticale de la latinitö de S. J6-
röme (Thbse), $arid 1884 (472 pp. 8^ — überaus rcirf)baltig. in eti)moI. luic ftjutaft. ^in*
fi4t); (I.@iegfrieb, gWibrafdjiftifdjeS ju feieron. u.^:pfeubol)ierom)mug: 3p«5:t). 1883, @. 346 ff.;
Boberf, ^ie ?(uMpra4e beö ^ebräifdien bei öieront)muö: 3at5B. 1884, ©. 34—83; ®. ßobcrg
(fatl).), De S. Hieronymi rationc intcrprctandi, ^3onn 1886; 9(. 9tö^rid), Essai sur St. Je-
rome ex^göte, (SJenf 1891 (%i}.).
(^onograpbifc^c Citt. ju einzelnen SebenÄumftänbcn, Schriften unb 6c^riftengnU)pen
be^ C"). f. im Xejt. — 3Sgl aucft bie fiitteraturoer^ieic^niffe bei lU. S^eoalier, Repertoire des
66 sources historiques du Moy. Agc, p. 1263—1265, aud) 2689) unb bei SBorben^eroer, ^atro«
logie, grreiburg 1894, 8. 440-445).
1. Sebcnögang. ßufcbiu^ ©ot^l^roniu^ §kron^mm§, ©ol^n beö ©ufebiu^, Jüurbc
im 2. Siertd be« 4. 5>af^i^^bt§. in ber pannonifd[|=balmatifd)en ©rcnijftabt ©tribon geboren.
S)a biefe ©tabt im ;;^s. 377 burd; bie (Soteii völlig ^crftört hjurbc, lä^t fic^ if;re Sage nic^t
60 me^r fidj^er beftimmen. 3?on ben mancherlei SRutmafeungen betrcffiS berfelben (j;. S. bei
^. ©tancobid^, Della patria di S. Girolamo etc., SJenebig 1824; bei %. 5K. '^ppm^
hm, Esame critico della questione intorno alla patria di S. G., ^axa 1833; bei
S?. Sulic, Säo lag ©tribon? |gcftf^# f- D. Sennborf. SSien 18g8]) bürfte bie öon
>Danf6, tnelc^e auf einen jluifäen ben ^tüftcn 3)lur unb 3)rau gelegenen Drt lautet
6'» Qo\' ^cmfö, Divum Hieronymum oppido Stridonis in regione Interamna (Mu-
^terott))tiiitd 43
raköz) Hungariae anno 331 p. Chr. natum esse, SKamj 1874), bcfonbere Sead^«
tung Dcrbiencn. Äinftc^tlid^, bc« ©eburt^jal^rö folgt biefer SBicner ©elcl^rte bcr auf $ro«s
perg Chronicon fu^enbcn Überlieferung, toeld^e 331 al^ bicfe« ^(ä)x angiebt. Dagegen
mad^en Derfc^fiebene Äußerungen be^ &. fclbft in feinen ©d^riften (fotoie eine 5Rotij $ro«s
per« 5um Söl^i^ 420) e« h)a|rf(^einli^, bafe er um 9—10 Saläre jünger toar, alfo erft 6
ca. 340 geboren tourbe (f. mein aJlonogr., ©. 21—24). @r entftammte c^^riftlid^en ®U
tem, tourbe jeboc^ toä^renb feiner in ©tribon Verlebten SwQ^bjeit nod^ nic^t getauft,
fonbem en^jfing erft, nad^bem er jufammen mit feinem ^wßcnbfreunbe Sonofu^ |\um
Setrieb grammattfc^er unb rl^etorifd^-t)^ilofot)l^ifc^er ©tubien nad^ 5Rom übergefiebelt toar,
im reiferen Jünglingsalter (ca. 360) bie Saufe. Daß Sifd^of SiberiuS felbft eS toar, ber lo
biefe I^L iganblung an il^m boDgog (i^m bie vestis Christi barreid^te, lüie er bieS au^
brücft f. Ep. 15 unb 16 ad Damasum), läßt bieHeic^t auf feine bome^e 2lblunft
f4>Iießen, toal^rfc^einlic^er jeboc^ barauf, baß feine reid&en ®aben unb fein alü^enber toiffen«
Waftlic^er ©ifer — genäl^rt burd^ tüchtige Seigrer toie ben ©rammattier Sleliu« Donatu«,
üielleic^t aud^ ben Jll^etor unb ^^^ilofo^^en SSictorinuS 2lfer — i^m frül^jeitig einen 9las i6
men gemac^^t Ratten, fo baß fein befinitiöer (Eintritt in bie d^riftlic^e Oemeinbe afö ein
toid^tigcr ©etoinn für biefelbe galt. 9?ä^ered über bie Dauer biefeS feineö erften Sluf^
ent^altS in Slom, fotoie über bie 9lrt, toie er benfelben ju feiner äluSbilbung öertoenbete,
ift nid^t befannt. ^n ber §aui)tfa(^e bürfte er toä^renb benfelben nur toeltlid^e ©tubien
betrieben l^ben — ob bloß auf ®runb lateinifdj^er Älajfifer, fönnte toegen einer Semer^ 30
lung 3flufing (Inveet. in Hieron. II, p. 635) ungewiß fd^einen; bo^ ft)red^en über«
toiegenbe ©rünbe bafür, baß er auc^ bie ©ried^en bamafö fd^on lennen gelernt ^at (f. m.
^icr., ©. 33 f.). Der Seitüre gried^ifd^er Äirc^enbäter, toie überl^au))t d^riftlid^er ©c^rift^
fetter, fd^etnt er furo ®rfte nod^ fem geblieben ju fein. Dodj^ muß fein ÄreiS geiftiger
Sntereffen immerl^in and) auf 6^riftli(^eS fi(^ erftredtt l^aben, toie feine 2lngabe im ßjec^ieU 26
lommentar (1. XII, c. 40): er fei an ©onntagen ju ben ©räbem ber SJlärt^rer in bie
Ratalomben l^inabgeftiegen, bieS gu erlennen giebt. — Die jufammen mit jenem ^Jreunbe
Sonofuö ou^efü^rte SReife nac^ ©aHien, toel^e il^n u. a. auc^ nad^2:rier brachte, fd^eint
ouf ben mehrjährigen römifd^en 3lufentl^alt unmittelbar gefolgt ^u fein; baß fte in ben*
felben, als ein jeittoeiliger Slbftec^er bon ber ^aujjtftabt m bie $robinj, mitten l^ineinfiel so
ober gor nod^ Dor 6mj)fang ber 2mife bon il^m unternommen tourbe, ift eine unmöglidj^e
annähme einiger älteren Söiograp^en, toelc^e ber Dratorianer Sargent (1. c. p. 5) ol^ne
jeben ©runb erneuert ^at. ^ieron^muS betreibt toä^renb biefeS 2lufenti^altS im öftlic^en
@allten unb „ad Rheni semibarbaras ripas" (Ep. 3 ad Rufin. c. 5) bereits tl^eo-
logifc^e arbeiten ; er fd^reibt u. a. für feinen ^eunb SRufin ben ^Pfalmenlommentar beS 86
§UariuS unb beffen ©d^rift De synodis ab (Ep. 5 ad Florent. c. 2) — eine 95es
fc^äftigung, bie feinen ©intritt in bie d^riftlidt^e ©emeinfc^aft unb fein ni(^t me^r ganj
einfeitigeS ßingenommenfein für ^rofanftubien beutlid^ genug borauSfe^t. 3ln bie gattifd^e
Seife fc^lofe fi^ mel^rmonatlic^er ober öieHeid^t me^rjäl^riger Slufent^alt in SlufinS Sater«
ftabt Slquileja, too er außer mit biefem ^eunbe mit einem größeren Äreife c^riftlid^er 40
3Wänner (toie gl^romatiuS, ber fj)ätere Sifd^of bon Slquileja, beffen ©ruber (SufebiuS, ^o^
öinuS, 9?iceaS, 3>^"«>centiuS 2c.) freunbfd^aftlid^en Serle^r ^flog. ©inige biefer ^eunbe
Begleiteten i^n auf ber Drientreife burd; il^racien unb Äleinafien nad) bem nörblid^en
Si^rien, toeld^e er bann (ca. 373) antrat. 3" 2lntioc^ia, too er bei biefer SReife am
längften Dertoeilte, betrafen il^n mcl^rere emfte (Srlebniffe. 6r berlor ^toei ^eunbe fönnos 46
centiuS unb ^la^) \>wcd) be« lob unb tourbe felbft mit toieberl^olten Äranl^eitSanfäHen
beimgefud^t. Söä^renb eineS berfclben (eth)a im Söinter 373/374) erlebte er baS berühmte
anti^ciceronianifc^e Iraumgefid^t, toeld^eS i^n bemog, bem ©tubium ^eibnifd^er ©d^riftftetter
für längere 3^t gänjlic^ ju entfagen unb fid^ auefd^ließlid^ mit göttlid^en Dingen gu be*
^äftigen. d^riftuS erfd^int bem an fd^toerem gieber bamieber Siegenben als göttlidj^er eo
SltAter, fragt i^n nac^ feinem ©tanb unb Beruf unb bonnert i^m als Slnttoort auf fein
SefenntniS, er fei ein ßl^rift, bie Söortc entgegen: Mentiris, Ciceronianus es, non
Christianus; ubi enim thesaurus tuus, ibi et cor tuum! SBoran [li), bon un«
fic^^tbarer §anb tooHjogen, eine fd^toere ^üd^tigung mit ©eißcl^ieben anfc^ließt, bie ben
um ©rbarmen glcl^enben ju bem ©elöbnis treibt, niemals h)ieber toeltlic^e Siüd^er (co- 66
dices seculares) lefen gu tooHcn (Ep. 22 ad Eustochium, c. 30; — bgl. §eumann,
De ecstasi Hieronymi anti-Ciceroniana, in f. Sylloge dissertationum I, 655 sq. ;
oud^ Djanam, Histoire de la Civilisation an V'^ siöcle, I, p. 301 sq.). Daß biejcS
bifionäre ©rlebniS ü^m baS öor^er leibenfd[|aftltc^ betriebene Älaffilerftubium jcbenfaHS für ^
eine Steige bon ^ci)xm berkibet l^at (bgl. Praefat. 1. III Commentarii in Galat., too «)
44 ^terott^mttd
er üon einem löjäl^gen ^^mbleiben bon ber Seftüre Gicero« unb SSergtl« rebet), Kftt
fid^ fd^toetlic^ bejtoetfeln, mag immerl^in ba« ßafc^^t nad^ r^etorifc^em ßffeft tl^ öeron^
la^t l^oben, bie Sebeutung be« 3Sor0ang« me|r ober Weniger übertreibenb borjufteHen.
auf jcben gaH fielet man in ber näd^ften ^txt nac^ bem antiod^enifc^en Jlran!fein i^n fic^
6 ind ©tubium ber 1^1. ©(^rift toertiefen, tooju er bon bem bamaß ju äntiod^ta lel^renben
(unb toofjl nod^ ntc^t mit bem 3Jia!e( ber ^ärefte bel^afteten) 9l))oIIinartd bon Soobicea
Anregung erhalten l^aben toitt (Ep. 84 ad Pammach. c. 4). S8on einem ftarlen ©rang
)u aigfetifd^em ©überleben ergriffen, begiebt er ftd^ für einige ^txt in bie füböftlic^ toon
atntiod^ia gelegene SBSüfte bon G^alfig, bie „f^rifd^e ^^l^ebai^", too • jal^lreic^e ©nftebler
10 l^auften. ®od^ fd^eint er inmitten ber l^arten Äafteiungen, toeld^en er fic^ l^ier unterzog,
aucb Süc^erabfd^reiben unb geleierte ©tubien betrieben ju l^aben. 2)ie erften, alterbtngd
nod9 fd^toad^en anfange im ©rlemen be« §ebräifd^en berbanfte er ber Anleitung eine«
um biefe ^Ät il^n unterrid^tenben befel^rten ^vü>m (f. Ep. 125 ad Rustic. c. 12 : cui-
dam fratri, qui ex Hebraeis crediderat, me in disciplinam dedi etc.). 9(ud^
16 mit ben in ber fi^rijc^^en ©tabt lebenben nagaräifd^en ^wbend^riften l^at er bamal« Se*
iiiel^ungen angetnü^ft unb bieUeid^t fd^on um jene 3^it burc^ biefelben älnregung jur Se«
d^äftigung mit bem bei i^nen l^od^ge^altenen §ebräerebangelium, bem bermeinten Urtejt
be« fononifd^en ÜRattl^äu«, em^jfangen (De viris ilL, c. 2 u. 3; Comm. in Matth. c. 12).
9iad^ ber f^rifc^en §aut)tftabt jurüdEgefel^rt, emjjfing er (378 ober 379) ani ber §anb
30 be« ortl^obojen (anti^meletianifdj^en) Sifc^of^ ^aulinuö bafelbft bie ^re^b^tertpei^e — bie^
freilid^ nur ungern unb auf ba« bon bem Drbinotor i^m erteilte 93erf})re(^en l^in, bafe er
aud^ be« ferneren 2l«fet bleiben, b. 1^. jur Slu^übung jeelforgerifd^er 3:^ätigfeit nid^t ge*
nötigt toerben follte (Contr. Joann. Hierosolymit. c. 41). 35erfelbe ftarle 3^9 J^
Sele^rtst^eologifdj^em Seben unb ©treben, ber il^n biefe Sebingung ftetten lie^, tneb i$n
olb nad)^tt bon äntiod^ia beg nad) Äonftantinot)eI, um l^ier ju ben ^feen be« grofeen
Äaj)j)aboderg ©regor bon Slajianj fein SBSiffen in ber ©c^riftauölegung ju erweitern unb
ju bertiefen (De vir. ill. c. 117: Greg. Naz , praeceptor mens, quo Scrip-
turas explanante didici etc.). @« fd^eint ^ier — too er auc^ in ^erül^rung mit
©regor bon 9l^ffa fam unb bicfen einft ©tüdfe au« feinem Sffierf gegen Sunomio« bem
80 5Rajianjer borlefen ^örte (De vir. ill. c. 128) — gegen jtoei ^af)xt bertoeilt ju l^aben.
Snefe au« biefer, für feinen toiffenfc^aftlid^en Silbung«gang iebenfab« fel^r toid^tigen ^cit,
l^aben ftdj^ nic^t erhalten. — 3" i^^Herer Seleud^tung liegt bie bann gefolgte ^tit ferne«
jtoeiten römifc^en Slufentl^alt« bor un«. SDerfelbe erftredfte fic^ bon 382—385, fäDt alfo
ungefähr jufammen mit ben testen $ontififat«jal^ren be« 35amafu« unb ift bon Sebeutung
86 toegen ber engen Sejiel^ung, in toeld^e §. ju biefem ^cüp^it unb bamit ^n ben leitenben
Äreifen ber ßpriftengemeinbe Slom« trat. 6ingelaben junädj^ft nur jur 5Kittt)irfung bei
ber jur Beilegung be« antiod^enifd^en Äird^enjtoief^alt« (Schisma Meletii) nad^ 3lom be^
rufenen ©^nobe be« S^l^re« 382 (an ber and) 6t)it)l^aniu« bon ©alami« unb $auKn bon
äntiod^ia teilnahmen), tou^te er fid^ bem $a})fte unentbe^rüd^ ju mad^en unb nal^m fortan
40 in beffen State eine ein^u^reic^e ©teHung ein. 3" SSerbinbung mit fonftigen ^ilf«*
leiftungen in Sejug auf bie fird^Iid^e Sertoaltung, tooju er bon i^m bertüenbet tourbe
(bgl. ben 2lu«brudt „i^ chartis ecclesiasticis adiuvare'', Ep. 123 ad Ageruchiam,
c. 10), erl^ielt er u. a. ben Sluftrag, einen rebibicrten 2^ejt ber lateinifd^en Sibel, auf
®runb be« griec^ifd^en 9leuen leftament« unb ber LXX l^er^uftellen, um bamit bem ÜbeU
46 ftanbe ber ftarfen 3Serfd^ieben^eitcn ber umlaufenbcn abcnblänbifd^en ©d^rifttejte abju^elfen.
6« Jüurbe bamit feiner gelehrten Sl^ätigfeit auf ^^J^^^^^^^nte l^in il^re Slid^tung borgejeid^net
unb il^m j|ur toic^tigftcn Seiftung feine« Seben« bie erfte 3(nregung gegeben. 35ie mittet
alterli^e irabition ^at au« biefer feiner Stellung ju 35amafu« junädt^ft ba« Slmt eine«
))ä})ftKd[>en Strdt^ibar« ober Sibliot^efar« (fo guerft Stnaftaftu«, ber ^n^aber biefe« 3lmtc«
60 unb ^at)ftbiograt)^ im 9. ^^^^^^^n^crt), ft^äter ba« eine« Rarbinalfefretär« ju mad^en
berfuc^t, ol^nc ba^ irgenblDclc^c urfunblic^e ©emäl^r für ettoa« 2)erartige« borläge. ^m:
merl^in übte er h)ä|renb ber bezeichneten brei ^af^xz einen beträd^tlid^en ©influfe, iDogu ou^er
feiner für bie bamalige ^Ät ungelDöl^nlid^en ®ele^rfam!eit ber bon i^m betl^ätigte ßifer
für a«fetifc^e ©ittenftrenge unb für bie SSernjirflid^ung be« mönc^ifd^en 2eben«ibeal« nid^t
66 toenig beitrug (bgl. 3- 6^a))nian, St. Jerome and Rome — in The Dublin Review
1898, p. 42—73). ©n Krei« ^od^geftcßter unb fein gebilbeter ^auen, bie er für biefe«
3beal JU begeiftem iDufete, fd^arte fid^ um i^n, barunter 3)amen au« ben bome^mften
$atriciergefd^Ied^tem toie bie fflitioen 5KarceUa unb ^ßaula famt beren löc^tern Slä|iQa
unb (Suftodt^ium, mie femer $rincij)ia, gabiola, SlfeHa, ©o^jl^ronia k, 2)a ber bon t^m
60 mit benfelben gej)flogene, teil« münblic^e, teil« briefliche 3Serfe^ bei bloßen Selel^ngen
^ierott^ittitd 45
über biblifd^e SJragcn u. bgl. nid^t ftcl^cn blieb, fonbem mit nur ju gutem ©rfolge auf
Seförberung ifrer flöfterli(|en Steigungen abhielte unb in ber nebenbei Don i^m am Söelt«
Herud geübten ©ittenlritil manche« §crbc unb Serle^enbe ju Jage treten lieft, \o tourbe
er baß) mm ©egcnftanb toad^fenber 2lnfeinbungcn, befonberg feiten^ ber ©ciftlic^feit. Sc^on
bolb naq bem %oh feineig ®önnerd 2)amafu« (10. 2)cjember 384) reifte ba^er in i^m 6
ber 6ntfd(^lu6, biefer aHmäJ^lid^ unerträalic^ toerbenben Situation ju entrinnen unb bem^
gemöfe „t)on Sab^^lon l^eimjufe^ren nac^ ^^^f^^^»"" (Ep. 45 ad Asellam c. 6). 35er
Orient, too er bie 3Bonnen eine« frommen ßinfieblerleben« juerft fennen gelernt, jog ij^n
mit untDiberftel^lic^er ®eh)alt h)ieber an ftc^. Unb jtoar Wax e^ ^unäd^ft h)ieber älntiod[^ia,
tDo^in er [xdf — - begleitet Don feinem ©ruber ^aulinianu^, feinem ^eunbe SSincentiud, lo
unb einigen anberen g^eunben — im Sluguft be« ^a\)x^^ 385 begab.
§ierl^in folgte ettt>ad f))äter bie reic^fe Slömerin $aula mit i^rer 3^od^ter ®ufto(^ium
i^m nadj;. ©ie beibe — aud^ ßuftod^ium, toelc^er $. einige 3^ü Dörfer bie ®p\\td „9Jon
ber 9eh>alS>rung ber ^ungfräulic^feit" (Ep. 22) getoibmet ^atte — hwren unter feiner 6in*
iDtrhing ju bem ßntfc^lu^ gelangt, ü^re Dome^me Umgebung in ber 3Beltftabt be« SBäefteng ifi
fionj JU Derlaffen unb in ber 9?ä^e ber ^eiligen ©tätten, Wo ber §eilanb gelebt unb ge«
itten, il^re ^ge ju befc^lie^en. ^ieron^mud tDurbe nun bon älntioc^ia aud, too man im
aSinter 385/386 gen ©üben aufbrach, jum 3leifebegleiter unb geiftlid^en gül^rer feiner
romifien ^eunbin,^u ber er in ein äl^nlid^e^ 3Ser^ltniö trat toie 16 ^a^xt jubor SRufin
jur iDcelonia. ^ie äBaSfal^rer, toeld^en auc^ S3if(^of ^aulinud bon Slntioc^ia ftd^ anfc^log, ao
befuc^ten na^ Überf^reitung bed Sibanongebirgeig junäd^ft ^erufalem unb Setl(^le^em, bann
(nod^mate) bie ^eiligen Örter ©aliläa«, bann ^ggpim, ba« $eimatlanb unb ben §aut)tfi§
ber großen $eroen ber äöfefe. ^n Sllejanbria öertpeilte §. ungefäl^r einen 5Wonat lang
in geirrtem SSerfe^r mit bem blinben Äated^etcn 35ib^>mu5, beffen Vorträgen jur 3lu^
legung be^ $ro})l^eten $ofea er ju^örte unb beffen ©rjö^lungen Dom großen äntoniu«, 36
feinem 30 3^^^ jut)or üerftorbenen ^eunbe, er anbäc^tig laufc^te (Ep. 68 ad Castrut.).
äud^ in 5Ritria toertoeilte er, toie früi^er auc^> Stufin getrau ^atte, einige ^txt ald Setoun«
bcrer be« a^fetifc^ geregelten ®emeinf(^aftölebenö ber ja^lreid^en ßinfiebler biefer „©tabt
bed 6erm" (oppidum Domini), l^inter beren ßl^ören er übrigeng fd^on bamalg „Der=
fkedtc' Slattem", b. f). bad ®ift ber origeniftifd^en ^ärefie Wahrgenommen ^aben hjottte ao
(Inv. contr. Rufin. III, 22).
3m ©jKitfommer 386 nadj^ bem ^eiligen Sanbe gurüdfgefe^rt, liefe er fw^ nal^e bei
Set^le^em al« Setoo^ner einer ©infiebler^elle für ben 9teft feiner 3^^^^^ nieber, umgeben
öon einigen ©efäl^rten feiner mönc^ifd^en Sebenöfoeife unb fotoobl biefen, toie ben eben«
bafelbft ate 5Ronnen lebenben greunbinnen au^ SRom alö })riefterlid^er Seiter unb Seigrer 86
borftejpenb. SSon ^ula mit ben nötigen Sebenöbebürfniffen foh)ie mit ben SWitteln gur
©rtoeiterung feiner Süd^erfammlung au^iebig toerforgt, fül^rte er fortan jene^ gelehrte
©infteblerleben, beffen raftlo« t^ätigen unb litterarifc^ l)robuttiDen ßl^aralter ©ul^jiciu^
©eücru« (Dial. I, 4) mit ben SBorten fd^ilbert: Totus semper in lectione, totus in
libris est; non die, non nocte requiescit; aut legit aliquid semper, aut scri- 40
bit etc. 2)ie naml^afteften unb berbienftlic^ften feiner 2Berfe entftammen biefer 34iäl^rigen
bet^Iebemitifd^en ©4>lufi()eriobe feiner Seben^Iaufba^n : bie Überfe^ung be^ 312!.« au« bem
©runbtcjt, jju toelc^^er er [vi), nic^t o^>ne reic^lid^e^ Se^rgelb bafür ju jaulen, burc^ bei
bem Slobbi Sar änina genommenen bebräifcben ©J)rad^unterridt^t vorbereitete (Ep. 84 ad
Pamm. e. 3 ; contr. Ruf. I, 13), bie beffercn feiner biblifc^cn Kommentare, ber Äatalog 45
d&riftli4[er ©c^^riftfteHer, burc^; toeld^en er jum 5)a^nbrec^er unb früj^eftcn 93orbilb für bie
2)i«ji})lin ber tl^eologifc^en Sitteraturgefd^i^te geworben ift, ber 35ialog toiber bie ^ela«
gianer, beffen f4>riflftellerifc^e ©(^ön^eit (mira venustas) fogar ein bogmatifd^er ®egner
rü^menb anjuertennen genötigt toar (f. 3wKanug öon Sclanum, bei Stuguftin, Op. im-
perf. contr* Julian. IV, 88). Slber aud^ bon ben 6rjeugnif|en feinet leibenfdj^aftlic^en so
))oIemifc^en Siferg imb ber eigentümlich bitteren, biffigen 5tam})fegn)eife, bie ü^n öor am
beren ort^obojen SSätem au^jeid^net, gel^ört bie üJlel^rga^l ber bet^le^emitifc^en g^t an.
©0 t)OX allem bie burdj^ ben ©treit über bie 3lec^tgläubigfeit be« Drigene« beranlafeten
©elften toiber Sifc^of 3o^anne« Don 3^"föl^n^ unb toiber feinen 3u0wbfreunb Slufis
nu« (f. u.). — ®elegentli^ be« ©treitö mit ben ^elagianem ift er, nidt^t febr lange Dor 66
feinem 2ibe, audj^ jum ®egenftanb l^anbgreiflidE^er Verfolgungen feiten« ber ob feiner an*
griffe erbitterten pars Pelagii geworben. Seibenfc^aftlid^ erregte ©cnblinge berfelben
(^nc^e, niebere Äleriler unb allerlei lanbftreid^erifd^e^ ®efmbel) brad^en um ben 2lnfang
bed ^aijt^ 416 in bie Äloftergebäube bei Set^le^em ein, ftedften fie in Sranb, mij^^an*
bdteii ii^re 3>^M^ — ^^ bwfelben, einen a)iaf on, fogar bi« jum 2^obe — unb nötigten eo
46 ^terott^mttd
bcn §. fclbft jur gluckt in einen benad^bartcn fe[ten 2!urm (Ep. 138 ad Riparium;
ögl. §nnocenj I., Ep. 137 ad Joann. Hierosolym., fotoie 2luguftin, De gestis Pe-
lagii, t. X p. 227 ed. Antverp.). — 2lte 2^obe^tag bee greifen ßinftebler^ giebt bic
$ro^t)erfcl^e ß^ronif (ed. SKommjen in M6 Scr. antiquiss. X, 469) ben 30. ©ej)tembcr
5 be« 3^!^^^ 420 an. Seine anfangt in Set^Iel^em beigefe^ten Oebeine foffen fräter na*
SRom, in bie itird^e ©. SKaria üJlaggiore gebrad^t toorben fein. 35o(i^ rül^men ftc^ aud9
noc^ anbere abenblänbifc^e Drte be^ Seft^e« bon ^ieron^mu^^Sleliquien ; j. S. toiJtt bie
Äatl^ebrale ju 3ltpx in ©üb^ßtrurien ba^ ^avCpt be^ berül^mten Kird^enlel^rer« beft^en,
baö nad^ anbetet 3:tabition fic^ im ©gcutial befinben foH (Stilting in ASB I.e.,
10 p. 41 8 sq.).
2. 35ie ©d^tiften be^ §. etftteden fic^ übet faft alle §aut)tlel^tgebiete d^tiftlid^cr
S^eologie, jeboc^ fo, bag a) bet ©c^tif tt Geologie bie jal^lteid^ften unb nam^afteften
aOäetfe angel^öten. ©o bot allem bie ätbeiten gut Setbeffetung, bejto. Übetfe^ung bcg
lateinifc^en Sibeltejte^, bie i^m füt bie bottefotmatotifc^e ^eit bet abenblänbifd^en Äitc^e,
16 unb gtoat nidj^t ganj unbetbientettoeife, einen ä^nlid^en m\ü)m Detfd^afft l^aben, wie bet
eine^ Sutl^et in bet beutfc^en Slefotmation^gefd^idj^te (f. ba^ SJäl^ete im Sltt, „Sibelübetf.,
latein." III, ©. 36 — 41). ©eine Äenntni^ be« §ebtäifd^en, bie in etftet Sinie biefen Se*
mül^ungen um bie biblifdj^e lejtbeatbeitung ju gute fam, betleij^t aud^ feinen ejegetifc^en
Söetfen, namentlidj^ benen an^ bet 3^'* f^i^ 386, mand^e 3Sotjüge bot bet 5!Kel^na]^I bet
20 übrigen Äitc^enbätetfommentate. '^n boHet ©elbftftänbigleit fteiliq> l^anb^abt et bie Äenntni«
bet altteftamentlic^en ®tunbf})ta(9e toebet afe 6jcget nod^ afö 3!ejtbeatbeitet. ®t etfc^eint
übetoU ju fel^t gebunben butd^ jübifd^e Itabitionen unb etgel^t [\d) nut ju oft, tto^ feinet
bogmatifd^en 2lbneigung ^egen Dtigeneö, in SlHegotien unb müßigen ©J)ieleteien nac^
$^iIo« unb bet Sllejanbnnet 2ltt (f. bie nä^eten 5Za(^h)eife bei ßlericu^, Qu. Hieron.,
25 fotoie in m. 5Wonogt., ©. 343—353 ; aud^ bei Slal^met, ©iegfrieb unb §obetg a. a. D.).
Slnetfennung betbient bie Seftimmtl^eit, toomit et ben SBettuntetfd^ieb jtoifd^en ben atl.
3tpoit);})(>f}m unb ben uit Hebraica veritas be« äX.^ gehörigen Süd^etn ettannte; f.
feine aSotteben ;u ben SS. ©am., ju ben ©alomonifd^en ©Triften, ju 3^ob. unb Subiti^.
S)od^ betful^t et auc^ in biefet §infic^t nid^t immet fonfequent (bgl. übetl^auj)t m. „^ie*
soton^m." ©.357—359; aud^ m. Äomm. ju ben %poix, unb ^Pfeubejjigt. 311.«, ©.13 f.).
2)abei fc^abete foh)ol[)l ben bie 9lj)ott^})^en betteffenben toie ben auf fanonifd^e Stid^ct be*
jüglid^en ätbeiten bie Silfettigfeit, toomit et fte bielfad^ abtl^at; mie et benn in jenen
^täfationen fotoo^l bei iobit toie bei S^bit^ bie glüdt^tigfeit biefe« feine« SSetfa^ten«
offen eingeftel^t unb ä^nli^e ©eftänbniffe audt^ betteff« feinet ejegetifd^en 3ltbeiten melj^tfadj^
86 mac^t (j. 33. am ©d^Iug feine« Äomm. in Abdiam, too et bemetft, et fei toegen 3RangeI
an ^dt genötigt getoefen „dictare quodcunque in buccam venerit", äl^nlic^ Praef.
1. III Comm. in Gal., folüie Praef. 1. II Comm. in Eph.). — SBa« feine kommen«
tote unb fonftigen ejegetifdj^en Sltbeiten (enthalten in t. III — VII feinet Opp. ed. Vallarsi
— = t. XXIII— XXVII) bettifft, fo jetfatten fie in btei ©tujjben:
40 a) Übetfe^ungen obet Seatbeitungen bon SBetlen gtied^ifc^et SSotgänget. 35a|^in
gelobten bie bon i^m au« Drigene« übetfe^ten 14 §omUien ju S^emia unb ebenfobiele
ju 6jec^iel (beibe ca. 380 in Äonftantinot^el entftanben) ; 2 §omilien be«felben jum $ol^en=
lieb (übetfe^t in SRom ca. 383), fomie 39 jum 2ufa«ebangelium (übetf. ca. 389 in Setl^s
leidem). Unecht finb bie untet feinen SBetfen (t. IV ed. Vall., p. 1097—1144) übets
46 liefetten Homiliae novem Origenis in Isaiam, beten §. mebet in c. 135 feine«
©d^riftfteHetfatalog«, noc^ in feinem f^jätct betfafeten gto^en ^^f^i^tommentat gebeult. —
getnet gel^ött ^et^et fein al« Seittag jut %o)poQxapf^k be« l}. jöanbe« nic^t untoic^tige«
Suc^ De situ et nominibus locorum Hebraicorum — eine Übetfe^ung be« (Sufebfc^cn
Dnomaftifon (Jlegl rcbv tonixcov dvojudrojv rwv iv m ^eia ygcKpfj) mit einigen
60 etgängenben ^injufügungen, abet auc^ mit bebauetlid^en Slßcglaffungen unb Jlütjungen
(t. III ed. Vall., p. 121—290; bgl. bic frit. 2(u«gabe bei Satfotü unb ^attl^e^, Eusebii
Pamph. Onomasticon urbium et locor. Scr. S., Setiin 1862, fotoie bei Sagatbe,
f. u.). 3lu« betfclben ^^\t h)ie biefc 2ltbeit übet bic biblifdE^en Dtt«namen, nämlic^ ettüa
au« bem ^al)Xi 390, flammt ba« Ie:ii!alifd^ gcattcte Sud^ „Son bet35eutung bet ^ebtäi^
66 fc^en 6igcnnamen" (Liber interpretationis nominum Hebraicorum, ed. Vall. t. III,
p. 1—120). 3>^"^ 'i^0t ^"^^ angeblich auf ^^l^ilo gutüdfgel^enbc ©c^tift übet bie l^ebtäifc^en
(Sigennamen, bie bann bon Dtigenc« (burd; Seifügung bon ^Deutungen neuteftamentliqct
9lamen) ethjcitett tootbcn, gu ®tunbc. Son bcn in gtofect ^al}l barin l^etbotttetenben
$toben bon Unftitif unb mangelbaftct l;ebtäifd;ct ©t^tac^fenntni« faßen jtoat mand^e
eo fd^on bet gried^ifc^en Sotlage jut Saft, bod^ ttägt §., bet and) l^iet fe^t flüchtig geotbeitet
fydtt, am fcl^Ierreid^en ^n\)alt fc^r toefcntltd^ SRitfd^ulb (bgl. bic Irit. X^tan^aht beiber
aSerfe in Sagarbe« Onomastica sacra, ©ötttngcn 1870; 2. Slu^g. 1887).
ß) (Sigene Kommentare ju altteftamentlic^en ©d^riftcn. S)er 3^* bor ber ^lieber«
laffung in Sct^Iel^em, fotoie bcn erftcn 5 3<i^^^ "«t^ berfclbcn gel^ört bie Sleil^e flcincrer
otl-sejegctifd^er arbeiten an, h)el(^e§. in c. 135 feinet Äatalogö aufjö^It: De Seraphim 5
(Hu^legung Don ^t\aia 6, bem $a))fte 2)amafu« getoibmet unb ^erlömmlid^ unter bie
»riefe gefteDt, al« Ep. 18 ad Damas.); De voce Osanna (= Ep. 20 ad Damas.);
De tribus quaestionibus Veteris Legis (= Ep. 36 ad Damas.); Quaestiones
hebraicae in Genesin (bgl. bie bef. Slu^abe biefer ©(^rift Don Sagarbe, 2ei})gig 1868);
femer ein Commentar. in Ecelesiasten ; Tractatus Septem in Psalmos X— XVI 10
(t)erIoren, aud^ in ben jüngft bon ®. SJlorin entbedttcn $falmentraftaten nid^t mit ent*
polten; bgl. unten); Explanationes in Michaeam, Sophoniam, Nahum, Habacuc,
Aggaeum. 2luf biefe minber umfänglid^en 3?erfuci^e folgte in ber 3^* f^^* ^^^ 396
eine Steige größerer, freiließ immer nur ftüdtlüeije unb mit S)a^h)tf(i^entritt längerer Unter«
brec^ungen au^earbeiteter Kommentare, nämlidp ju ben übrigen fieben fleinen ^ro})l^eten ib
(in ber Slei^enfolge: '^om, Dbabja, ©ac^arja, 3}laUad)\, §ofca, ^od, 2lmog), ju S^faja
(attmä^Ii4> entftanben; juerft bie decem visiones Äo)). 13—23 [ca. 395], bann nad)
unb nac^ bi« ca. 400 bie übrigen Äaj)itel; ba^ ©anjc in 18 Sü(^er geteilt), ju 2)aniel
(um 407 gefd^rieben unb ber 5KarceHa gemibmet), i\x ©jed^iel (in 15 Sü^em Derfa^t
jtoifc^en 410 unb 415) unb jugeremia (unboßenbet geblieben; in feinen 6 feit bem3jäl^reao
415 »erfaßten Sudlern nur bie 32 erften RalpM be^anbelnb). — Sinige« ©rgämenbe ift
ju biefen groben feiner atl.sejegctifc^en I^ätigfeit jüngft burd^ ben Senebiftiner ©ermain
ÜRorin in 3Warebfou^ (Selgien) ^iniugcfügt loorben, nämlid^ einige feiner Heineren Xxah
tote ober commentarioli ju ben $falmcn, g. %l. ^erau^gefc^ält au^ einem mit uned^ten
3ut^en ftarf üerfe^ten „Breviarium in psalmos", baö unter ben t)feubo^ieronVmia5 26
nif<^ ©d^riften überliefert ift (bei Saß., Opp. Hieronymi t. VII, p. 1—588). ©ie^e
hierüber SKorin in f. Anecdota Maredsolana I, 3 unb III, 2 (1895—1897).
y) $Reuteftamentti(^e Kommentare, ©ie betreffen nur: einige ber fleinen $aulu^
briefe C^JI^ilem., ®al., Qp\), unb 2:it. — gefc^rieben 387/88, unb gtoar fe^r eilfertig, Dgl.
oben), ba« ©bangelium 3Watt^äi (feinem ^eunbe, bem ^rc^b^ter ©ufebiu^ au^ ßremona so
binnen 14 Ziagen, alfo gleid^faD^ in l^ö^ft flüchtiger gaffung biftiert im ^ai)x^ 398 ; f.
t. VII ber 93allarfif(^en 3lu^. [= ÜRigne t. XXVIJ), baö aWarluiSebangelium (toorauf
ftt^ einige jüngp Don 5Dlorin, Anecd. Mareds. III, 2, ebierte Sraltate ober ^rebigten
bejielJKm), einzelne Slbfd^nitte be« Sufa^eöangelium^ (f 0 baö ©leid^ni« Dom Verlorenen ©ol^n,
q^etifc^ be^anbelt in Ep. 21 ad Damasum, de frugi et luxurioso filiis, unb bie 35
©rjä^lung Dom reid^en SRann unb armen Sajaru^, — ein jüngft Don 3Worin, 33b III, 2,
ebterter Sraftat), ben Prolog beig ^oi^annc^ (Straftat, f. 3Jlorin ebb.), fotoie enblic^ bie
Stpolal^^fe. Da« lefetcre Su(^ ^at §., gemäfe feiner flüd^tigen älrt, fo bel^anbelt, ba^ er
auö einem äj)ofal^i)fefommentar be« SJorbafrifaner« 2:ic^oniu« einen lurjen, ungleid^*
mäfeig gehaltenen (in^befonbere bie brei erften Äa})itel be« Suc^e« mit nur einigen Söorten 40
abt^uenben, erft gegen ba« ©nbe ^in tt)n)a^ au^fü^rlic^er toerbenben) 2lugjug fertigte,
toeli^er fid^ al« „Summa dicendorum" an ber ©Jji^c bc« umfängliclicn Kommentar« be«
f})anif(^en $re«b^ter« Seatu« D. Sibana erhalten ^at (f. ^aufjleiter, 3)ie Kommentare be«
aJictorinu«, lic^oniu« unb §ieron^mu« jur aijJofal^H^, in ber 3f2B2 1886, ©.239—257).
©ine anbere, glcidj^fall« fummarifc^ gehaltene unb an bie e^egetifc^e 2:^tigleit eine« älteren 46
Sorgänger« anfnüjjfenbe Bearbeitung ^atte §. fd^on ^ttva^ frül^er biefem legten bibli«
fd^en Suc^e getoibmet, nämlic^ infofcm, al« er bem 2l^)ofal^}3|efommentar be« 3Sictos
rinu« D. ^ettau (geft. 303), mit beffen dfiiliaftifd^er Haltung er nid^t übereinftimmte, eine
jiemlic^; getoalttij^ätige Überarbeitung toiberfal^ren lie^, bcfte^enb in (Sntfemung be« c^ilia«
ftifc^ ®<(>luffe«, ben er burc^ eine f^jiritualifierenbe äu«legung eigener 2lrbeit erfe^te, in 60
Sorfe^ung eine« ^rolog« unb in Anbringung nodj^ einiger Änberungen im S^ejte (f. §au^s
Wter ebb., ouc^; in bem Sluffa^: „3)er d^iliaftifc^c ©d[^lu^abfc^nitt im ed^ten 3ll)ofal^>})fes
fommentor be« 93ictorinu« D. ^ettau, %f)2^ 1895, 9Jr. 17, unb Dergl. bie bemnöd^ft er^:
f^einenbe fritifd^e aSictorinu«au«gabe §au^lcitcr« in CSEL).
3. §iftorif(^e arbeiten. Siner ber frül^cften l^ier^er gehörigen f(^riftftellerif(^en 66
Serfuc^ be« ^. ift fein um 380 ju Konftantinoj)el Derfa^te« „Sud; ber 3eiten" (Tem-
porum über, Ep. 18 ad Damas. c. 1), b. \). feine lateinifc^e Bearbeitung ber ben
gtoeiten 2eil ber eufebianifc^en Sl^ronif bilbenben geittafcln, nebft gortfc^ung Dom ^ai)x
325 bi« 379 — al« Chronicon omnimodae historiae Don i^m bejei^net in c. 135
be« Catal. vir. ill.; in ben bi«l^erigen 3lu«jügen feiner SBerfe unter bem 2:itel: Chro- eo
48 ^terott))tititd
nica Eusebii s. Canones historiae universae Hieronymo interprete (t. VIII
Vall. = t. XXVII M.). Sro^ bidcr au« ©ufebiu« übernommener gel^ler, bie er nod^
mit eigenen bermel^rte, ^at biefe« SBerf hoi) manchen 9Ju^en geftiftet, fc^on babun^, ba^
e« fpöteren ß^roniften toie 5Pro«j)er, Gaffioboriu«, 3Sictor D. ^unnuna, 3^^""^ Sicla^
6 rienfi« k. Slnregung ju i^ren gortfe^ungen feiner ^a^r^jal^Ienreil^e gehjäl^rte. ©. bie 2lu^
gaben bon 9Ufr. @^oene : Eusebi chronicorum canonum quae supersunt, vol. II,
Berlin 1866 (nebft ben oben genannten Quaestt. Hieronym. aU SJortoort) unb t)gl.
bie Irit. SRad^träge in vol. I ber 2. »u^. (Serlin 1875); an6^ ^ottl^aft, Bibl. bist,
m. aevi *, I, 595. — 3)rei toeitere l^ier^er gehörige arbeiten gehören jur ^agiologifdj^en
10 fiitteratur. ©c^on bor bem Äonftantinoljlcr Sufent^alt, toäl^renb be« erften Sertoeilen«
in ^ntiod^ia, (ca. 376) Derfafete er feine Vita Pauli monacbi, eine a^fetifd^e lenbenj-
fc^rift Don Dolfetümlid^er §altung, beren legenbarifd^er ©toff übrigen« nid^t frei t>on il^m
ei^nben ift, fonbem ani älterer äg^l)tifdj;5mönci^ifcl^er Überlieferung ftammt (f. bie t)on
älmäineau 1892 befannt gemad^ten ^araiOleltcjte in fojjtifc^er ©t)ra(^e unb t)gl. 6. Sutler,
16 The Lausiac History of Palladius, ßambribge 1898, ©.231 f.). Diefem erften S8er^
fud^e folgten einige 3^* ^^^ *>^ 5RieberIaffung in Sctl^Iel^em (ca. 391) jh>ei toeitere
teUigenleben : bie Vita Malchi monacbi captivi (enö^lt angeblid^ auf @runb bon
litteilungen, toie er fie frül^er in ber Söüfte bon 6^al!i« bon bem greifen 3[«feten
5WaId^u« felbft bemommen l^aben to'xü, in SBirllid^feit aber tool^I auf ®runb irgenb einer
20 fdS^rifÜid^en Vorlage ; f. 3. Äunje, S^SSI 1898, 3lx. 34) unb bie Vita Hilarionis —
biefe le^tere reicher an ^iftorij(^-biogra})^ifc^em ©toffe afö bie beiben borgenannten, unb jjpar
auf ®runb einer §iIarionsSiograt)|ie be« 6j)i})l^aniu« unter 9Ritbcnu|ung münbU4>er Xra«
bitionen über ben füb))a(äftinifd^en ^eiligen gearbeitet; bgl. ^i^dUt, ^ilarion bon ®Ci]fit
eine SRettung, in ben 3l^\>%^ III, 1894, too über^aujjt bie bon 3«rael [in ber ßtox^
26 1880], bon Steingarten unb anberen bertretene ännai^me eine« rein romanhaften Snbajte
unb ß^arafter« biefer brei Vitae jurüdEgetoiefen ift. — Äleinere Seben^bilber frommer ($rift«
lid^er 3^^^^*^^^* ^^^ ä^nlid^er l^alb erbaulicher 3^enbenj h)ie biefe SSiten, finb in ®e*
ftalt mel^erer 5RefroIoge in ber Srieffammlung be« $. entl^alten; fo bie et)itat)l^ien be«
5Rel)otianu« (Ep. 60), ber ^abiola (Ep. 77 u. 78), ber $aula (Ep. 108), ber SKarcetta
80 (Ep. 127). 93gl. bie über biefe ganje ©(^riftengnii)))e l^anbelnbe, nid^t l^iftorifc^-lritifdj^,
fonbem mei^r nur erbaulid^ gehaltene 3Ronogra)jbi« ^on 3- §ub. 9lein!en«, 3)ie Sinfiebler
be« 1^. ^ieron^mu« in freier Bearbeitung bargeftettt, ©d^aff Raufen 1864, fotoie teiltoeife
ä. i^ierrV in ber oben, ©ingangig be« 2lrt., citierten ©(^rift. — Unedj^t ift ba« fog.
Martyrologium S. Hieronymi (bei VaU. t. XI, 2, p. 545—608; bgl. MSL XXX,
86 435—486). e« erfd^eint aU eine im §inblii auf Vit. Malchi c. 1 (too §. ben ?pian,
eine ^eiligen« unb 9JJärtVrergef(^id^te bon ber 2l^)ofteljeit an fc^eiben ju toouen, anbeutet)
bon einem Wlönd) beö 3lbenblanb« gefertigte Äomj)ilation. Über ^eit unb Ort feiner
©ntftel^ung toirb geftrittcn. SBö^renb 6. 3)ud^e«ne (ber jufammen mit be Sloffi in ASB
t. II Nov. eine Iritifdj^e älu^gabe feine« Sejte« geliefert l^at) ba« Sffiefentlic^^e feine« 3*^
40 l^alt« f(^on bem ßaffiobor unb ®regor b. ®r. befannt fein unb ba« Oanje furi bor bem
3ial^re 600 in 2lujerrc jur l^eutigen ®eftalt rebigicrt toerben lä^t, be^au))tet Sr. 5truf(^
ba« ßntftanbenfein be« SBerf« im '^a^xt 627 ober 628, unb itpar ni^^t in äu^erre, fon«
bem in Sujeuil (f. feine Slec. ber genannten 3:ejtau«gabc im m% Sb 24, ©.289—337;
bgl. 35uc^e«ne« ©ntgegnung: Anal. BoU. 1898, p. 421 ff.). — SBegen einer auf 5ßad^o=
46 miu« bezüglichen 3lrbeit be« §ieron^>mu« f. unten ben 3(bfd^nitt über feine ©riefe.
äl« h)i(^tigfte ber ^iftorifd^en Slrbciten be« $. I^at fein 392 gu »etl^le^em berfaftte«
unb bem Praefectus praetorio Dejter gehjibmete« Süd^lein De viris illustribus
(VaU. t. II, 821 ff.; MSL t. XXIII, 601 ff.) ju gelten, (gr bietet in biefem na4> bem
SWufter ber gleichnamigen ©d^rift ©ueton« betitelten unb eingerid^tetm (^rifüic^en ©c^rift«
50 ftellerf atalog für je biogra})^ifd^e unb litterarifc^e SJotijen über 135 Tutoren, beren erfter
ber ^iH)oftelfürft $etm«, ber le^te §. felber ift. pr bie erfte, bi« ju 9lr. 78 reid^cnbc
6älfte be« Söerfc^en« bilbet ©ufebiu« (h. e. I— VIII) bie l(^au})tfäd^ltd^ bon il^m benuÄte
Duelle ; in ber mit 2tmobiu« (9?r. 79) unb Sactanj (9ir. 80) beginnenben jtoeitm ^ölfte
bietet er tocfentlic^ ßigene«, ergänjt übrigen« auc^ fc^on jenen au« ßufebiu« gef^öj)ften
66 ©toff mit manchen toertboHm angaben, befonber« ba, Wo e« fid^ um abenblanbifc^^
©c^riftfteller l^anbelt. Irol bieler glüd^tigfeit«berfe^m, 35efefte 2c. unb troÄ i^re« nur
nomenflatorifdg^m S^arafter« fommt ber älrbeit boc^ eine erl^eblic^e SQäic^tigfeit ju. ©ie
bilbet ben erftm SSerfud^ einer t^eologifd^en Sitteraturgefd^ic^te ober eine« Slbriffe« ber ?ßa*
triftif unb l^at — öi^nli^ h)ie bie gortfe^ung ber eufebianifc^m Gl^ronif, ja in nod^ ^öbe»
flo rem ®rabe al« fie — fd^on um i^rer anregenbm (gintoirfung auf bie Slat^folger toium
{>ierott))ittttd 49
ate tocttooH ju gelten, ©iei^e bte i^ren 2^ejt mit bem biefcr Slad^folgcr (©ennabiu^,
Spborug, S'^^f^^M K.) i>ereimgt barbietenben ÄoUeftibau^öaben, tpie namentlich 3-ä[.^a=
bricing, Bibliotheca ecclesiastica (Hamburg 1718) unb Dgl. bie neueren ejegettfc^=fritis
fd^en ©})e5ialbearbeitungen bon ®t. ö. ©^c^olD^fi (^ieron^muö afe Sitteratur^iftorifer,
SRünfter 1894) unb ß. 21. »emoum (3)er ©d^riftftcnerlatalog be« $., a3afeI1895; and) 6
bcöf. Iritifc^e ^anbau^obc : §ieron^mu^ unb@ennabiu^ De viris inlustribus, ^^eiburg
unb £ei))^tg 1895). — @ine Überfe^ung be^ Süd^leinö inö ©ried^ifd^e fd^rieb fd^on balb
nac^ beffen SoDenbung be^ §ieron^mu^ greunb Bopf)xonm^ ; f. barüber ®. SBäen^el, 3)ie
0ried^tf4« Überf. ber Viri inlustres beö $. (2:11X111,3, £ei})3ig 1895), fotoie SemouUi
in ^£3 1895, 3lx. 20). — Über eine erft jüngft entbecfte aSorläuferin biefer Schrift f. lo
unten (d).
c) 2)ogmatifd5>sj)oIemifd^e ©d^riften. ©otoeit^.ba^ firc^lid^sbogmatifd^e £el)r=
gebiet berül^rt ^at, tragen feine einjd^lägigen SSerfuc^e nid&t ben ß^arafter t^etifi^cr ober
ft)eIulatiJoer 3)arfteIIungen, fonbem mel^r ober minber erregter ©treitfc^riften ober Ser^
teibigungen be« ort^obojen Dogmas, ©elbft ber Übertragung ber ©c^rift beö 3)ibt^mu^ ib
„gSom 1^. ©eifte" in« £ateimf(|e (Didymi über de Spiritu S. [Vall. t. II; MSL
t. XXIIIJ, begonnen in Slom 384, üoUenbct erft in S3et^lel^em) liegt a>)ologetifc^=^oIe5
mifc^e S^enbenj gegenüber ben 3lrianem unb ^neumatomad^en ju ©runbe. ^^nlid^e« gilt
t)on feiner Überfe^ung üon Drigene« De principiis, iDeld^e bie ungenaue Überfe^ung
biefe^ ffietfe« burd^ SRufin Derbrängen foHte (gefc^rieben ca. 399), aber bi« auf geringe 20
^agmente toerloren ift (f. biefe Überrefte in ber Ep. 124 ad Avitum, quid cavendum
in libris juqI ägxcov : t. IVall. p. 916 — 922). — Die im engeren ©inne polemifd^en
ÄAeiten »erteilen ftd^ über alle ^auJ)tleben«ej}oc^en be« .ö., an^ebenb mit ben Slufent^alten
in ^ntio<^ia unb itonftantino^)el unb fclilie^enb mit ben legten ^a\)xzn be« 3Köuc^«lcben«
in Sct^Ie^em. ^n ben erften berfelben erfdt^cint er beteiligt am arianifc^en ©trcit ober 25
inelme^r an ben bie ©c^iömen be« üJleletiu« unb be« £ucifer betreffenben Äontroberfcn.
3n jtoei anzapft 2)amafu« gerichteten ©c^reiben au« Stntiod^ia (Ep. 15u.l6adDamas.)
fü^ er Älage über bie einanber heftig fic^ befel^benben antioc^entfd)en Parteien ber 9)le=
Ictianer unb ber ^aulinianer, Joel^e i^n in il^ren ©treit über ben ©inn unb bie 83erec^=
tigung ber 3tu«brücfe ovoia unb vjiöaraoig in älntoenbung auf bie Srinität l^ineinjujie^en 30
fuc^ten (i>gt. unten 3.). Sttoa gleid^^eitig l^iemit, ober um Söenigc« \päUx (379) »erfaßte
er feinen S)ialog toiber bie £uciferianer, toorin er mit gef^idfter ^anb^abung ber ©e^
fpräc^form bie fc^roff feftiererifc^en ©runbfä^e biefer Partei, namentlid^ i^re 9lid^taners
lennung ber ©iltigfeit ber §äretilertaufe, bcläm})ft (Altercatio Luciferiani et ortho-
doxi, s. Liber contra Luciferianos, Vall. II, 171 sq.; MSL XXIII, 155 sq.). — 35
Ungefähr toier ^af}xt ft)äter, iDäbrenb er bei 2)amafu« in SHom oertoeilte (ca. 383), ridbtete
er gegen einen öeftreiter be« fatl^olifd^en ©lauben« an eine beflänbige ^ungfräulic^feit ber
aRoria, ben $elDibiu« (angeblid^ einen ©d^üler be« mailänbifc^en älrianerbifd^of« Slnjen^
üuä) eine ©treitfc^rift bon leibcnfd^aftlic^er ^eftigfcit, toorin er bie perpetua virginitas
ber ®otte«mutter eifrig berteibigt, bie in ben ®öangelien ertoäl^nten „$)rüber bei^ §erm" 40
für SSettem (cognati) ^^n erflärt unb ba^ gute SRe^t ber Äat^olifen bcl;auj)tet, bie burd^
bad SJorbilb ber ^eiligen Jungfrau geheiligte SJirginität ate einen benCS^cftanb anJpcilig*
feit unb ©ottiöo^lgefäHigfeit übertreffenben ©tanb ju betradj^ten (Liber adv. Helvidium
de perpetua virginitate b. Mariae, Vall. II, 205—230; ögl. bie 3tnal^>fc in m.
SWonogr., ©. 94—99). — 6in ©egner ä^nlic^en Stanb})unft^ tük §elt)ibiu^, nur nod^ 45
lonfequenter alg er gegen ben überfpannten 3t^feti^mu^ unb bie 2Bcrfl?eilig!cit ber SEatho^
Ufer m g^be jie^enb, hjar ber bon §. ^u 95etl^le^em, ijiemlic^ balb nac^ 3lbfaffung be^
@(^ftftetter!atalogd (nod^ 392) befäm^jfte ^obinianuö. 3^m gegenüber greift «ö- bie bollere
Serbienftlidj^feit ber SSirginität im S^ergleid^ mit ber ®^e in übcrfc^menglid^cn Slu^brüdfen
(felbft mit ©ä^en toie: Petrus sordes nuptiarum abluit cruore martyrii [I, 26], w
jotoie mit £ob^reifung l^eibnifd^er Jungfrauen, bie jur SJÖal^rung i^rer ijungfräulid^feit
©elbftmörberinnen getoorben feien u. bgl. m.); aufeerbem tocnbct er fid^ gegen {eine 3ln=
griffe auf bie befonbere Serbienftlid^feit ber fatl^olifcf^en ^aften, foioie gegen getoiffe bon
i^m berteibigte fj)iritualiftifd^e £el^ren h)ie bie bon ber Unfünblid^fcit ber ©etauften unb
inm ber böUigen ©leic^^eit be^ l^immlifd^en £o^nc!g für bie boßenbeten ©erec^tcn (Adv. 56
Jovin. 1. I & II, — nebft ber fjjäter an feinen ^^eunb ^ammad^iu^ gerichteten ©d^u^5=
fd^ift: Ep. 48, seu Apologeticus ad Pamm. pro libris c. Jovin. ; f. überl^aupt m.
ßteron., ©. 194—207, unb bgl. SB. Rätter, Jobinianu^, in XU; g?5 11,2 [1897]).—
%>df gegen einen britten 3tngriff ^at §. fpäter bie bulgär=tatbolijcl)e 5\tömmigteit^übung
famt feiner oäetifierenben 5Koral bertei'bigt in ber im ^a^re 406 bcrfa^ten lleinen, aber 00
9lcaU<inc9r(0)»abic fflr X^eologie unb ftirc^e. 3. ?(. Vi 11. 4 ^
50 ^ieron^mitd
überaus l^cfttgcn ©treitfc^rift toiber bcn fj)antfc^cn ^ßre^b^tcr aSigilantiu«, toorin er flegcn*
über biefem ©eifte^Dertüanbten goDtnianö in^befonbere ben tird^Iid^en SRärtt^rer« unb Sle^
liqutenhtlt unb berfd^^iebene mit bentfelben )ufammenl^ängenbe ©ebräuc^e, namentlich bie
Sigilicnfeiem, Derteibigt, aufecrbem aber and) freitoittige 2lrmut bcr 3)lönc^e fotoie ben
6 Älerifercölibat in ©dj^u^ nimmt (Contra Vigilantium, t. II Vall. ; tjgl. a\x^ bie biefer
©treitfdj^rift DorJ^ergcganöene et)iftel an 3li})ariu«, ben SSerlläger beig SSigÖfantiu«: Ep. 109
ad Riparium). — S^W^ *^i^^ ^l^ben mit ^otoin. unb SSigil. fäDt ber Streit bcg $.
mit 95if(^of gol^anne« Don 3^ölem fotoie mit Slufinu« über bie Ortl^obojie be« Dn«
gened, bem einige feiner (eibenfc^aftlic^ften unb üugleici^ umfänglic^ften ))oIemtf(^en %xa!b
10 täte entftammen. ©o ba« Sud^ Contra Joann. Hierosolymitanum, geter. 398 ober 399
(früber ate Ep. 38 unter $.« ©riefen fte^enb, aber t>on SSaHarft mit Siecht üon ba in
bie Steige ber t)oremifd^en Jrattate feine« Sb II (= MSL XXIII) berfe^t; bann bie
}h)ei eng jufammenge^örigen Sucher gegen Stufin bom ^al^re 402 (Apolojriae contra
Rufin. 1. 1 et II) fotoie bad einige 5Wonate ft)citer benfelben gefolgte ,,£e^te fflSort" gegen
16 benfelben (Liber tertius s. Ultima Responsio adversus scripta Rufini). 9lct|ere8
über ben 3Serlauf biefer ÄontroDerfe f. im Slrt. „Drigeniftifc^fe ©treitigfeiten". — Igm
legten feiner })olemif(^en 3Berfe, toiber bie ^elagianer (415), fe^rt §. ju ber bereit« jfüt
eine« ber erften üon il^nen angetoenbeten bialogifc^en 3)arftdD[ung«form jurüdf unb ertotrbt
bamit fogar im gegnerifAen Sager (f. oben 1. j. 6.) ein in 2lnfe^ung feiner gefc^idften
20 unb angenehm lesbaren Jiom))ofttion nic^t unt)erbiente« Sob (Dialogus contra Peiagia-
nos, 11. III, t. II, 693—806 VaU., = t. XXIII, 495—590 M.).
d. Die S riefe be«§. — fc^on im Si«l^erigen in Dielen i^rer 5Rummem citiert —
bilben toegen ber ungemein großen Sielfeitigfeit i^re« S^^^^^I*^ f^h)'^ ^^^^ f^ofj^cn ftiliftifc^
SSorjüge bie anjie^enbfte ©(^riftengnH)})e unfere« Ä25. 6« fjjiegelt fid^ in biefen mit rA«
26 feiiger @legan) gefd^riebenen unb, tro^ teiltoeifer Überlabung mit falfd^em Sombaft, Don
®eift unb SB3i$ jeugenben 6})ifteln, in benen er balb gelehrte Probleme erörtert, bolb
®eh)iffen«fragen beai;itft)ortet, balb Setrübte tröftet, balb Söeltentfagung unb ©infteWers
leben emt)fiel(;lt, balb jeitgenijffifd^e Safter unb 3;^orl^eiten geifjelt, balb ©egnem bie ©j)i^}e
bietet, balb ^eunben ober Qteunbinnen fdbmeid^el|afte ^inge fagt, einerfeit« bie gonje
30 ©efmnung be« SrieffteUer« felbft, anbererfeit« ba« ^i^talter mit feinen eigentümlich
Sebürfniffen, feinen toal^ren unb falfd^en 3^ugenben, feinen tounberlid^en ©egenfcr^en bon
toeltlid^er Üi)t)igfeit unb ftrengfter a«fetifd^er ßntfagung. ©otool^l bie d^ripiid9e ©ttten«
gefc^id^te al« an^ ba« eigene Sl^arafterbilb unb ber Seben«gan^ be« $. getoinnen au«
li^nen mannigfad^e ßrläuterung unb Beleuchtung. Sefonber« in i^ren auf« TOönd^leben
86 bej^üglic^cn 9Jummem bat biefe ©ammlung Don alter« l^er auf toeite Äreife ber fat^olifc^
SBelt anjiel^enb getoirlt. S^cil« bie ganje, gegen 120 SJummem umfaffenbe ©ammlung,
teil« bem flöfterlid^en @rbauung«bebürfni« angei)a^e ßl^reftomat^ien, toeldj^e bie Sriefe ge*
leierten ober einfeitig toeltlid^en ^i^M^^ toeglaffen, fmb bi« ^erab in bie jüngfiegrit eine
Siebling«leltüre frommer Äat^olifen geblieben, älufjer ben oben (unter b) beröorge^obenen
40 6t)ita})9ien ober 9?efroIogen fmb e« befonbcr« bie Sriefe J)aränetifd^en ^npalt«, toelc^e in
Derfürjte ober lonbenfierte ©ammlungen biefer 2lrt überjugc^en t)flegen ; fo Ep. 14 ad
Heliodorum de laude vitae solitariae, Ep. 22 ad Eustochium de custodia vir-
ginitatis, Ep. 52 ad Nepotianum de vita clericorum et monachorum (eine Slrt
^aftoraltl^eologie in nuce, Dom a«fetifc^en ©tanb))un{t an^ entworfen; Dgl. bie oü^
46 fül^rlic^e 3n^alt«ffigje in m. SKonogr., ©. 448—456), Ep. 53 ad Paulinum de studio
Scripturarum, Ep. 58 an ebcnbemfelben de institutione monachi; Ep. 70 ad
Magnum de scriptoribus eccle'siasticis ; Ep. 107 ad Laetam de institutione
filiae (biefe aHe famt bem Epitaphium Nepotiani [Ep. 60] u. ben beiben ©riefen an
3)amafu« [Ep. 15 unb 16J — aufgenommen in bie in nieblic^em 2^af(^enformat er»
60 fd^icncne 6^reftomatl)ie Don $. §urter S. J. : S. Eusebii Hieronymi Stridonensis
presbyteri Epistolae selectae, 3>«n«brudt 1870 u. ö.). — 35ie in 33b I Don SSaHarfi«
2lu«g. (= MSL t. XXII) bur^gcfü^rte 5Jumerierung ber ©riefe ift bie bermalen aSU
gemein gebräuchliche, ©ie ift in c^ronologifd^er §infi^t jtoar nid^t überall eintoanbfrei
(Dgl. ba« unten über bie Äorrcf})onbenj mit Sluguftin ju ©emerlenbe), leiftet aber Sterin
66 boc^ erl^eblic^ Sefferc« al« bie frül^eren ^erau«geber unb Derbient namentlidj^ oud^ toegen
il^rcr 3RitaufTta^me Don ungefä(>r 15 Snefen Don Äorref^jonbenten be« $. in bie ganje
Steige (toeld^c baburd^ auf 149 9Jummem gebrad^t ift) anerfannt ju toerben.
(Sine toertDoHe Srgänjung bat be« §. brieflidt^er S^ac^lafj feit 5Dlitte biefe« Soi^
^unbert« burd^ ^br. 9iitfd^l« DoQftänbige $erau«gabe einer Epistola ad Paulam et
«0 Eustochium de scriptis Varronis et Origenis (tooDon bie Ep. 33 ad Paulam in
^ierott^mitd 51
ber bte^eriflen Srieffammlung nur ein bürftige« ^agment btibete) gefunben ; f. ba« 5ßrogr.
,,2>te ©c^ftpetterei bc« 3K. %tt, SSarro unb bie be« Drigene^ nad^ einem ungebrudften
ÄotalDfl be« ^ieron^mu«, Sonn 1847 (baju 3lebej)enning in ber ^l)^ 1851, ©. 66 ff.).
Som §n^alt biefer gelehrten 6j)iftel — lüeld^e fpäter auc^ ^itra im Spicileg. Soles-
mense III [1855junb neuerbing« gric^ Äloftermann (©3321 1897, 9Jr.39, ©. 855—870) 6
l^audgaben — ift ber auf Drigene^ bcjüglid^e 3^eil bon bebeutenbcm t^eologifd^en ^n^
tereffc. 6r bietet t)on ben überaus ja^Ireid^en SBerlen be^ großen 3llejanbrmerg (be=
Idnntlid^ 6000, nad^ ber freilid^ too^I Übertreibenben 2lngabe bei^ (Sp i))^aniu^, haer. 64, 63)
ein tnd einge^enberc« unb genauere« Seräeid^ni«, ate 9lr. 54 be« Catal. viror. illustrium,
f}at alfo ein Siecht barauf in gelüiffem ©inne ate ein SSorläufer ebcnbiefe« Äatalog« ju lo
gelten. %ixx bie Seranftalter f))äterer SJeuau^goben ber ^teron^mianifc^en ©riefe bilbet
btefe^ neue gunbftüd einfttoeilen bie lüid^tigfte ber eimufügenben ©rgänjungen. — SDlanc^e
anbere ^tngufügungen, toie fte bon biefen ober jenen ©elel^rten beantragt Sorben — j. S.
t>on ^^der, ber ben bi^^er öon ben §erau^ebem ate uned^t betrachteten S3rief Ad ami-
cmn aegrotum für ec^t er!tärt; bon ®. ^orin, ber bie Ep. ad Praesidium de i6
oereo paschali für ec^t ^ält, 2C. — bürften, bebor fie bofljogen tocrben, nod^ genauere
(ritifc^ ©rtoägungen nötig machen. Sgl. über biefe 33or((i^Iäge : Sarbenl^elüer, ^ßatrol. ©. 443.
Screc^ttgt ift jebenfall« ber Sorfd^Iag biefe« ©ele^rten (a. a. D. ©. 437), ber JRei^e ber
©riefe ou« ber näc^ften 3^* ^^^ ^ßaula« lob (26. S«""«'^ 404) jene bon §. für
SufUx^m gefertigte Überfe^ung ber Regula S. Pachomii einzufügen, bie er ber ge^ao
nannten greunbin bamafe (unter Beifügung auc^ einiger ©riefe bon ^Pad^omiu« unb
Ibeoboru«) toibmete. 33gl. über biefen l^^ieron^mianifd^en le^t ber 5ßad^omiu«regcl (in
MSL XXIII, p. 61—100) @. ©rüfemac^er, ^Pa^omiu« u. ba« öltefte Älofterleben (greibg.
1896), ©. Ulf., fotoie Sikller, 2l«f. u. 3Könc^tum, ©. 200 ff.
e. 3QSa« bie uned^ten SBerle be«§. betrifft, fo ^at eine« ber toid^tigften berfelben, 26
bo« fog. Martyrologium Hieronymi, bereit« oben ©ef))rc(^ung gefunben. ®leid^ biefem
^Mttdi jur §agiologie ^at ein unferem Ä33. beigelegte« liturgifd^e« SBerf, ber fog. Gome«
(Über Comitis seu Leetionarius per circulum anni, cum Praefatione s. Epistola
Hieronymi ad CJonstantium, bei Vall. t. XI, pars 2, p. 606—656) eine loeite ©er^
btetamg gefunben unb toirb nod^ je^t nid^t feiten unter be« §. Flamen citiert. 93ie3cug= so
niffe fiir §. al« ©erfaffer biefe« Sefttonar« für römifc^e ^Priefter („Comes" genannt loegen
feiner ©ef&mmung ben ^Prieftem al« beftänbiger ©egleiter für i^r fultifd^e« §anbeln ju
Wenen) reiben bi« in« 5. g^^^^nbert hinauf; bo^ fe^lt e« an toirflid^ jeitgenöffif^en
Xngoben in ©ejug auf bie ©erfafferfc^aft be« §., ebenfo toie an ©elbftjeugniffen bc«-
fdben. ®er in ber Epistola praefatoria angerebete ßonftantiu« fofl nad^ ber ^er^ 86
fömmKd^en 3Jleinung ©ifd^of bon Äonftantino^el getoefen fein — gegenüber toel^er l[|iftorifd^
tmmdglid^en annähme neuerbing« ®. Worin ben ©orfd^lag gemad^t i}at, biclmel^r an
einen Sifd^of t>on Gofenja (el[iemal« Gonftantia) in Unteritalien ju beulen (f. ®. Worin,
Constantius, ^v^que de Oonstantinople et les origines du Comes Romain, in
ber Revue WnÄiietine 1898, Juin, p. 241— 246). SKegcn ber l^anbfc^riftlid^en Über= 40
nefetung unb ber ®rudEau«gaben be« Gome« f. b. 31. „$erifo))en". — 93on ben fonftigen
^feubo^ieron^miana feien ^ier genannt: Homilia S. Hieronymi ad Monachos (ein
alter Gento a«Ietifd^er ©entenjen au« ben ©riefen be« §., — bei SSaß. 1. c. p. 398—408);
R^^ula Monaehorum et Monacharum (ebb. p. 407—529 — eine erft im 15. ^a^r*
^bert bom ^ieron^mitenj^rior 2of e be Dlmebo gefertigte Äomjjilation ; bgl. b. 21. „§iero- 46
nJ^iten'O; Epistola ad Geruntii filias (^errü^enb Don einem ^rc«bvter Gutrojjiu«;
f. ebb. p. 36 sq.); Epistola ad Demetriadem Virginem (ebb. p. 1 — 35) — , ein bem
^agiu« ongel^örige« ©d^riftftüdf, gleic^loie cbm biefem tool^l auc^ bie Commentarii in
Epp. Pauli (t. XI, p. 3 Vall., p. 133—436) angehören ; f. barüber u. a. %. Älafen,
^e innere (gnttoidfelung be« 5ßelagiani«mu«, greiburg 1882, ©. 34f., unb bgl. b. 21. „^e- 60
lagiu«'0- ®^w^ ejegetifd^en (Sebiete gel^ört über^au})t bie TOe^rja^l ber 5ßfeubol^ieron^miana
an; fo noc^ CJommentarii in Evangelia (Vall. t. XI, 3, p. 1—132); ein Liber
nominum locorum ex Actis, ber tool^l e^er Seba bem ß^rtoürbigen ober einem ^t\U
genoffen be«felben angehört (Vall. t. III, Append., p. 758 sq.) ; eine Expositio inter-
linearis libri Job (ebb. p. 895—988), l[|errü^renb, loie e« jc^eint, bon be« $. ©c^üler 66
$^tti)))ni« unb bann bon Seba ertDeitemb überarbeitet, u. f. f. (f. überl^. ^ödltt, ^ieron.,
e. 471 f.).
3. I^eologifd^eSebeutung. 3)a« 2lnred^t barauf, al« ber ©elebrtefte aller
obenblänbifc^ Äird^enbäter ju gelten, lann bem ^teron^mu« unmöglid^ beftritten toerben.
Sbnnentlidb feine mit taj>ferem gld^e ertoorbene unb ni(^t ungefc^iit bon i^m bertoertete eo
4*
52 ^ieroti^mttd
Ä'enntniö and) ber alttcftamentlid^m ©runbjfrad&e, hjoburd^ er jum „trilingiiis" tourbc,
t)crfd^affte tl^m einen 3?onang \>ox ben übrigen älteren a:^eolo0en ber lateinif^en Äirc^e.
6r ift fid^ biefe« äJorrange^ hjol^l belüu^t getoefen. Ego philosophus, rhetor, gram-
maticuSy dialecticus, hebraeus, graecus, latinus, trilinguis, faat er einmal bon ftd^
6 gegenüber SRufin (Apol. adv. Ruf. II). ^Proben bon feiner ßitelfeit bieten feine Schriften
in güUe bar; auc^ hinter mannen Sinterungen, lüeld^e bemütig Hingen — 5. 35. jener
Sergleid^ung feinet ©tite mit bem eine^ ^ertuJDlian : „Quaeso, ne meam stillam illius
üumini comparetis ; non enim magnorum virorum ingeniis, sed meis sum
viribus aestimändus (Ep. 64 ad Fabiolam, c. 23) — , Verbirgt fi^ ein nic^t ge^
10 ringet ©elbftbch)u^tfein. SJon jener Oelel^rteneiferfud^t, bie ben f^riftfteHerift^en Slibalen
übermäßig ^art beurteilt unb möglid^ft ju berlleinem fud^t, fann er nid^t frei geftotod^en
toerben. Sefannt jtnb feine berftedEten Spöttereien über ämbrofiu^, ben er, mit Slnfpie^
lung auf ben lomj^ilatorifd^^efleftifd^en Gl^arafter feiner ejegetifd^en arbeiten, ate oscen
corvus crocitans, mirum in modum de cunctarum avium coloribus ridens etc.
16 be^cic^net (Prolog, in Orig. homill. 39 in Lucam) unb beffen fdjiriftftellerifd^
fieiftungen er im «atalog ber Viri illustres (c. 124) faft mit ©tillfc^hjeigen übergebt.
®abei bietet hod) fein eigene^ gelel^rte^ gorfd^en unb ©d^riftfteUem fo man^e Slö^en
unb ©d^attenfeiten, ba^ aud^ i^m gegenüber ber ©jjott be« auf gleid^em ©ebiete arbeiten*
ben nur aUju leicht fi^ einfteUen fann. ©eine 33elefen^eit in gried^ift^en unb loteinifc^en
aoäutoren bc^ Ilaffifd^en Slltertum^ hjie beritird^e ift gro^, aber feine^lüeg^ frei bon Surfen
unb bon ©))uren eine^ oft red^t oberfläd^lid^en fiefen^; fein l[[ebräifd&e« ©prac^toijfen bietet
ber neueren Äritil unjäl^lige 2lngriff^))unfte. gaft überall ift e^ mebr bie bilberreid^fe
©legan^, ber beifeenbe 3Bi^, ba^ routinierte §anbl^aben fpridE>h)örtlid^er 3lebcn^rten, über-
\)aupi ber angcftrcbte unb erhielte r^ctorifd^e (Sffeft, ald ethjaige tüiffenfc^aftlid^e ©ebtegeus
26 ^eit, iDoburd^ er glänjt. ^gl. baS befannte, !aum ^u ^arte Urteil tint^ Slericu^: Si se-
ponas multam Graecorum et praesertim Latinorum lectionem, coniunctam cum
facultate acriter declamandi aut declamatorie scribendi, pro eins aevi palato,
cetera omnia öunt mediocria. Non modo hebraicae, sed et graecae linguae
modica cognitione fuit tinctus. Theologiam ceterasque disciplinas degusta-
80 verat potius quam exhauserat. In inventione quidem nihil propemodum
habet exquisiti, in ordine nihil ferme accurati. In ratiocinatione vero et col-
lectione consectariorum plus multo pompae rhetoricae atque exaggerationis
invenias quam roboris et iudicii (Quaestt. Hieron. p. 6 sq.).
3lm bemerfbarften treten bie ^ier gerügten ©dfilüäd^en unb SKängel ba ^ertoor, too
86 i^m 9Kitarbeit an ben bogmatifd^en ^Problemen feinet 3^'^^^^^^ jugemutet tourbe, too er
fid^ alfo ate 2;^eologen im engeren unb eigentlid^en ©inn bet^ätigen fottte. §. toar in
fo geringem 3)la6e Dogmatifer, bafe er nur ganj mittelbarertoeife — aU gefc^idter,
r^etorifdSi getoanbter Slntoalt ber Crtl[|obojie feiner ^Ät, nid^t ate Urheber eigner bogma=
tifc^er ©ebanfenarbeit — für bie Gnttoidelung ber abenblänbijdE>en Äirdfienlel^re eine gcs
40 toiffe Sebeutung erlangt ^at. ?yaft ,,fann man in einer 95ogmengefdE>id^te öon i^m
fd^toeigen" (,t)arnadt, Se^rb. ber 2)© III^ ©. 27). Unb gleich ber Dogmatil tjerbanft
auc^ bie anbere 6au))tbi^jit)lin be^ fl;ftematifc^en 2e^rberei(^ i^m beö ®uten nur toenig.
2!)ic ©teile eigentlicher etl^ifc^er Sel^rbegabung tjertritt bei i^m ungefunber a^Ietifd^er Sifer
unb leibenfc^aftUAe^ ©c^toärmen für mönd^ifc^e l^beale. 2!)ie ftarfe 2lbneigung, toclc^e
46 fiutl^er — bei aller Slncrfennung „be^ ©rofeen, ba^ er im Dolmetfdfien getrau" (lifc^.
3lx. 2994) — bod) gegen il^n ate Sobrebner fatl^olifd^er ffierl^eiligfeit unb 3Jlön(^erei
emt)fanb, begreift fid& jur ©enüge. ©. befonber^S lif^r. 5Rr.2650, 6^62, 120: „Sc^toei»
leinen unter ben öe^rcm, bem ic^ fo feinb bin ate §ieron^mo, benn er fd^reibet nur Don
gaften, ©peifc, ^ungfraufd^aft k. 2Benn er boc^ auf bie SBerte be^ ©lauben« brängc
60 unb triebe biefclben, fo toäre e^ ^i^ioa^l 3lber er le^rt nid)t^, toeber bom ©lauben nod)
t)on .^Öffnung, tüeber t)on ber Siebe noc^ bon anberen ^üd^ten be^ ©lauben^!" (togl.
auc^ ba^ ebenster üon Sutl^er citierte Urteil feineö Sel^rer^ ©taupi^: „^d) toottte gern
tDiffcn, h)ie §ieroni;mu^ h)ärc feiig toorben! ^d) l)äüz traun §ieron^mum nit^t mögen
jum ^rebiger haben; erft ift Wo^l fo toünbcrlic^ getoefen").
65 6ö ift namentlich bie Unfclbftftänbigfcit be^ §. ate bogmatifc^en Sel^rerö, feine Um
fä^igfeit unb Unluft ju eigener fpcfulatiüer ©eifteiSarbeit, fein äu^erli^e« ^ingegebenfetn
an bie ort^oboje irabition, tooburc^ etjangelifd^ gerichtete Sefer feiner ©c^riften pd^ jurucfs
geftofeen füllen muffen. 3""^^^ ^^/ ^^ ^^ f^'"^ Se^iel^ungen jum römifd^en ©tu^Ie 1^=
t)ortreten läfet, fotoie ba, Wo er mit toirflic^ großen burc^ ©ebanfenttefe unb S^atter^
60 feftigfeit il?m überlegenen t^eologifc^en ^^Serfönlic^Ieiten jufammentrifft, getoumt man Wefm
^ieron^mtid 53
ghtbrud, ba^ t^m ate 21^coIogcn rigcntlid^ nur geringe Sebeutung jufotnme. 2lug feiner
Rorreft>onbenj ftnb in biefer Sejiel^ung einerfeiti^ bie Sriefe an Dantafu^, anbererfeit^ bie
Überrefte feine« litlerarifc^en 3Serfe^r« mit äuguftinu« \>on lel^rreid^em ©einölt, ©einem
>)ä))ftlid^en Oönner ®amafuö näl[|ert er [\d) \vk ein unterwürfiger §öfling, ol^ne and) nur
einen SBerfud^ jur 3tufeerung einer eigenen bogmatifd^en Stnftd^t ju madj^en. 9lom, bie 6
auf ben ^etruöfelfen gegrünbete Rird^e, foK cntfd^eiben, ob (mit ben TOeletianem) brei
§^l)oftafen in ber 6inen göttlichen ovoia, ober (mit ben ^aulinianem) 6ine göttüdf^e
vTiöoraoig mit brei ngogcbnoig ober ^erfonen ju lehren fei. Sine eigene (Sntfc^eibung in
biefer Streitfrage ju treffen, unternimmt er nid^t, fonbem „jum ©tu^Ie ^etri nimmt er
feine 3"P"4* ; ^ begehrt bon bal^er ©))eife für feine ©eele, lüo er einft bie Kleiber be« lo
^cilg erlangt ^t." ßingebenl beffen, ba^ „loer nid^t in 9Joal^ 3lrd^e ift, bei nal^enber
§lut untergeht", befd^hjört er ben 9iad^folger $etri, il^m eine ftd^ere Sel^rentfc^eibung ju
geh)a^ren. „Decernite obsecro, si placet, et non timebo tres hypostases dicere!
SBenn bu e« gebieteft, f o möchte felbft ein ganj^ neuer, bom nicänifd^en berfd^iebener ®laube
gele^ toerben: h)ir SRec^tgläubigen mürben bann in gleid^en SBorten toie bie 3(rianer ib
befennen", u. f. f. (Ep. 15 ad Damas. ; bgl. ben ganj^ äl^nlid^en ^xüfali be« folgenben
Srief«, unb f. tiberl[|ai4)t $oi\^, §ier. ©. 70—75). — SBie er fid^ ^ier al« ben rid^tigen
Sorganger be« bem ©runbfa^e „Roma locuta est^ causa finita est'' l^ulbigenben
mobemen Ultramontani^mu« ju erfennen giebt, ja m geloiffer SBeife bem jefuitifc^en
Rabat>erge^orfam j)rälubiert, ber ba« SBei^e fc^h?arj unb ba« ©c^toarje toei^ ^u nennen 20
bereit ift, äl^nlid^, "mmn a\xij nic^t in ganj gleichem 5Kafee unfelbftftänbig, berl^ält er fic^
in feinem Srieftoed^fel mit auguftin. äfe eng|)erxiger 3lnbänger be« für ortl^oboj ge*
^Itcnen Überlieferten unb überl^au})t ate fleiner unb fteinlid^er ®eift, ber bor einer über^
legcnen lirc^lid^en Autorität fid; gern beugt, erfd^eint er auc^ bei biefer (Sclegenl^eit —
nur ba^ fc^on feine (Sele^rteneitclfeit i^m bie Setl[|ätigung einer glcid^en Untertoürfigfeit 25
gegenüber bem afrifanifd^en Sifd^of h)ie gegenüber bem SRömer Verbietet. S3on ben beiben
©trcit>)unlten, toelcl^e in biefem »rieftoecbfel (f. bie Epp. 56, 67, 102—105, 110—112,
115, 116 laut aSattarftfci^er äö^lung, ober bei Sluguftin« »riefen: Ep. 28, 89, 40, 67,
68, 71—75, 81, 82) jjloifcf^en ben berühmten 93ätem be^anbelt toerben, lä^t ber eine bei
auguftin, ber anbere bei ,,§ieron^mu^ einen ftärferen 3wg ju ftrengem 2^rabitionalif mu^ so
bertoortreten. 3^ \timxK äufeerungen über ba^ i^ieron^mianifd^e Unternehmen einer Über^
fe|ung be^ 313^^ au« bem l^ebräifd^en ©mubtegt erfc^eint ber Sifd^of t)on $i))f 0 al^ ber
f onfert)atit)ere ; er rät bem §. anfänglid^ ganj bon biefem Unternehmen ah, berteibigt bie
©ej)tuaginta ate bie beffere ©runblage für ben 2;ejt ber lateinifd^en Äird^enbibel unb
giebt erft gan^ jule^t (in Ep. 82 inter. Hier, epp.) infotüeit nac^, ba^ er eine Sered^^ 35
tigung be^ ^MxM^lfm^ auf ben Urtext feinem (Segner jugeftel^t. dagegen fielet man,
hKiö ben anberen flontrot)ergj)unft betrifft, bielmel^r ben gelehrten 6injiebler t)on Set^^
(e^em fic^ alö jä^en SSerteibiger einer älteren S^rabition ber^atten, ber 2innal^me nämlid^:
in ®a 2, 11—14 loerbe nid^t ein toirflid^er ©treit jtoifd^er ^auluö unb $etru^ erjäl^lt,
fonbem ein blofee^ ©d^eingefec^t, ein dispensatorium certamen — für \oA6^^ 2tuffaffung 40
er ftc^ auf Drigene^ unb (El^r^foftomu^ aU ältere (Sctüäl^r^leute beruft, ^rotcftantifd^c Sefer
Iperben, tüäi^renb fie bei jener erftercn ©treitfad^c mit i^ren ©^mjjot^ien mel^r auf §.^
(Seite ftel^en, betreffe be^ jloeiten ©ifferenjtjunfteö unbebingt feinem bifd^öflic^en ©cgner
rec^t geben unb in ber olofe afiomobatiben Raffung ber 'iEabetoorte bc^ $aulu^ eine
a\xi^ in fittlid^ §tnfic^t bebenllid^e ^älfc^ung be^ ed^ten ©d^riftftnnö erblidfen. SBic benn 46
ccd^ §. felbft fj>äterl^in — aHerbing« ni^t fd^on toäFjrenb ber 2)auer feinet bamaligcn
Sricft^el^ mit äuguftin — gur rid^tigeren 3lnnaJ)me übergegangen unb ber einfacheren
unb gefünberen ©jegefe bon (Sa 2 beigetreten ju fein fd^eint (Dial. adv. Pelag. I, 22).
6^ moi^ten tüol^l romaniftifd^e ^etru^f^m^atl^ien gctoefen fein, bie i^n gur jeittoeiligen
SeDorjugung einer fo abenteuerlichen 3lnnal^me tüie jene origeniftifcf^c 3:;^eoric Dom nur 50
bi^tmifatorif^en ©inn ber $aulu^h)orte in ®a 2, 14 mit beftimmt l^atten — toic benn
aud^ flHiter, im 16. ^o^^^^wnbert, ber 9Jiann ber 2'rabition ßra^mnö für bie origeniftifc^=
offornobatibe Stuffaffung be^ aSorgang^ eintrat, loä^renb Sutl^er unb aKe et)angclifd[>en
Aufleger ber 3:^eorie äuguftin^ folgten. 93gt. überl;au^3t 3- ^^- SKö^ler, §ieron. unb
»ug. im ©treit. über (Sa 2, 14 — in f. ©efamm. ©cl^riften unb Sluffä^en I, ©.1—18; 55
3h^. Dt«rbed(, Über bie 3luffaffung be^ ©treit^ bc^ ^auluö mit $etru^ in 2lntiodE)ien
bei ben ÄSS, 33afel 1877, unb: Slu« bem »rieftüec^fcl be« »ug. unb §ier., §3 1879,
©.222—259 (too bie teitoeifc Unrid^tigleit im d^ronotogifcl^cn Arrangement ber betreff em
ben $ieroi^muöbriefe bei aSallarfi, foh)ie bie barau^ geflogenen Sßerfe^en in meiner 3)ar-
Mung, i&ier. ©. 267—275, nad^geloiefen finb). eo
54 ^ieroti^ttttid ^Uariott
äfler l)xtt berül^rtcn einfeitigleitcn, ©d^lüäd^en unb SKängcI ungca^tct, hd^auptü
§ieron^mu^ and) im Urteil ber Steueren eine ber borberften ©teilen unter ben SSötent
be^ ätbenblanbd. ©d^on aBein ber unermeßliche ßinfluß, toelc^en er burd^ feine Sotein*
Bibel auf bie lirdblic^e unb t^eologifc^e ßntlüitfelung ber ^olgejeit geübt fyii, \ittnpdt if^n
5 m einer j)atriftifd^en ©röfee, unb läßt ben ßj^rentitel eine^ Doctor Ecclesiae, toomit ber
f)}ätere lat^oßfd^e ©^rad^gebraud^ i^n gefd^mücft l)Qt, aU nic^t unberbient erf^einen. ^aß
er biefen ß^renjjla^, in 33erbinbung au^ mit bem 5ßräbilat ber §eiligleit, für bie ©eft^id^td^
auffaffung be^ Äatl^olici^muö bi^ in bie Oegentoart be^au^tet l^at, berbonlt er ollerbing«
nur feiner feit ben ©trcitigleiten mit SRufin ^erfelt getoorbenen ßo^fagung bon ber tbeo^
10 logifd^en ©d^ule, lüeld^er er urf^rüngIidE> angehört j^atte unb bon toelc^cr er ein^ne SKei*
nungen unb Slngetoö^nungen — inlonfequentertoeife — bi« an fein Snbe feft^ielt 9lur
toeil er feine SWege gulefet grünblid^i toon benen ber Drigeniften getrennt ^ot, ift il^m bie
©tcUe eine^ §ort^ ber §le(|tgläubigleit unb einer ©äule ber Kir^e eingeräumt toorben,
bie il^m anberen %aüt^ tro| ber SSielfeitigleit feiner SSerbienfte niematö juerlannt tüorben
16 toäre (ögl. §amacl, 95® a. a. D., auc^ Sb II, ©. 472). — 3n ber fünftlerifd^en Übcr=
lieferung feiner Äird^e lorref^onbiert biefer feiner ^luffaffung aU be^ 5ßatron« ber Ü^
logifd^en SBiffenfd^aft unb be« UrtV))ui^ latl^olifc^er ©ele^rfamleit ber belannte 35rau(^, in
i^m (neben bem Sifd^of auauftin, bem ©rjbijd^of ämbrofuiö unb bem ^at)fte ©regoriuö)
ben Äarbinal ber römifd^en Äird^e ju öerl^errlid^en. ^ud^ ba, h)o er ate ^attnadtter Süfter
20 in ber ßinfieblerjeUe, mit Rreuj, ^^otenlo^f unb SJibel neben ftd^, bargeftcttt toirb, pfUq;t
ber rote $ut ober fonfttoeld^ed auf feinen ^o^en Slang in ber ^ierard^ie i^inkDeifenbed
emblem nid^t leidet ju fel^len. B^^itlct.
^ieroti^mud tiou $rag f. ^ui.
High chnrch f. S3b I ©. 544,53.
25 ^tlarioti^ ber §eiliae, geft. 371. — OueU.cn unb Sitterotur: ^leron^mu».
Vita S. Hilarionis, opera ed. Valarsi II, 13 ff., ed. MSL 23, 29 ff., ed. AS Oft. IX, 16
bis 59 ; Sozomenos, Historia ecclesiastica III, 14 unb V, 10 (ed. Huseey I, 272 ff. unb
II, 466 ff.); 2Ö. S^rael, S)ie Vita S. Hilarionis be8 ^icron^mu« QlSOueac für Mc Auffinge
beg 2Kön*tumS frltif« unterfu*t ötoSt^ 23, 129 ff. 1880; O. göcfler, ^ilorion üon ©ajo,
30 eine SRctlung Sfl^hZi) 3, 147 ff. 1894.
^r ba$ Seben bei^ l^eiligen ^i(arion bon ®aia beft^en toir afö DueQen bie um
390 abgefaßte Siogra))^ic be^ §ieron^mu« unb einen Seri^t be« ©ojomeno«. 6tn lurjer
35rief, ben ber Sifd^of ©pi^i^aniu^ öon ©alami^ balb nad^ bem 2;obe beS i^m befannten
^eiligen ^u feiner Serl^errli^ung fd^rieb, ift berloren gegangen (Prologus Vitae S. H.),
35 bod^ l^at \\)n §ieron^mu« für feine Vita benu^t. 3*" toefentlid^en fmb toir für ba« Seben
§iIarion« auf §ieron^muS angeiriefen, baneben bcrbanlen mir bem ©ojomeno« einige angaben,
bie er an^ ber münblid^en Srabition gefd^ö^ft l^at, im übrigen ift aber fein ^erid^t ou«
ber griec^ifc^en Überfe^ung ber §ieron^mianifc^en Vita be« ^Uarion, bie ©opl^roniu« berfofete,
gefloffen (Hieron. de vir. illust. c. 134). 35iefe gried^if^e Überfe^ung be« ©o})l^niuS ift
40 bielleic^t in ber bem ©imeon SDtetajjl^rafte« jugefd^riebenen Überarbeitung erhalten (lateinifd^
l^erau^egeben öon fiijjomannu«, Vitae SS VI, 360 ff., f. über 5ßarifer unb SBiener 6o*
bice«, bie jie griec^if^ mi^altm, ^obriciuö, Bibl. graec. IX, 294 unb X, 235). S)ie
Vita Hilarionis be« ^ieron^mu« ift aber bon ^^xad, bem SBeingarten (^316 * X, 789)
beiftimmte, für gefd^ic^tlid^ böHig iüertlo^ erflärt hjorben; fie fei bott bon abenteuerlichen
46 SBunbererjä^lungen, eine $Rad^al^mung ber f))ätgried^ifd^en SReiferomane, ein gef^id^tlid^er
Äem fei nid^t mel^r ^eraugjufd^älen, felbft bie S^iftenj be« §Uarion bliebe jtoeife^KifL
tiefer ^^t)erlrittfd^en Scurteilung ift 3ödtler mit 3le(|t entgegengetreten, inbem aud^ er ben
ginflu^ f^eibnifd^er unb d^riftlid^er Sorbilbcr bor aÖcm ber Q!potü)pf)m Slpoftelgefd^id^ten
anerfennt, aber bod^ in ber Vita „bon ©agen überiüud^erte ©ef^id^te" fte^t, jumol ba
60 bie neu aufgefunbene f^rifd^c Vita be« Mär Awgtn (ßugeniu«) geft. 363 ÄenfoBte ^ilo«
rion neben Slntoniuö afe ,5au))tl^eiligen be« Cften« ertoä^nt (Sebjan, Acta martyrum
syr. III, 376 ff.). Sid^er l^at oHerbing« ^ieron^^mu« bie Sebeutung feine« ^eiligen ftar!
übertrieben, um ba« j)aläftinenfifc^e 3Könd^tum, bem er felbft angel(;örte, ju toer^errlic^
unb ihm einen bem äg^i^tifd^en Stntoniu« ebenbürtigen ^atriard^en ju geben. 2)a| i^ilarion
55 lebiglid; in engen Äreif cn ©üb^aläftina« befannt tvax, betoeift ba« ©d^toeigen anberer 8e»
ricbterftatter über ba« ))aläftinenfifd^e 3Könd^tum mie ^PaUabiu«, ßaffwn«, SBafiRu« unb
ß^riH« \)on S^tufalem. 2;ro^ 2lnerfennung eine« gef^id^tlid^en Äerne« bleibt c« bo^
' ^Uorion 55
im einjflnen oft jtoeifel^aft, tocld^e 3^9^ «I^ ^iftorifd^ ju fldten ^oben, ba eine jubcrs
lafftge ©runblage ber Rxxtxt fel^It.
^t bie ß^ronolo^ie bed Dilation bi(bet bie ädtgabe bed ^ieron^mud ben 3(u^an9d^
J)unft, bafe ber ^eilige im 2:obe«ial(;r be« äntoniu« (geft. 356) 65 ^oi^re alt toax (c.25),
er toax bemnad^ 291 geboren, lüurbe löjäl^rig, 306 (Sremit unb ftarb SOjäl^irig, 371. 6
®er ®eburt^ort §iIariong ift %abati)a, fünf römifc^e 3DleiIen füblid^ bon (äa^a gelegen.
©eine @Item toaren l^eibnifd^. !3n 2ßejanbria emjjpng er ben erften Unterricht, ^ier er*
lernte er au^ tool^I bie griedfiifd^e Bpxa6)c, ber er fi^ fj)äter nd)m feiner aWutterf^^ra^e
bem }>aIäfSnenfif(^en Slramäifc^ mäd^tig ^eigt (c. 22). 3n ätlejanbria trat er jum Gl^riftens
tum über unb ol^ er bon bem l^eiligen Slntoniu^ unb feinem ©remitenleben ^örte, fachte lo
er i^n auf unb t)ertoeUte jtoei 3Ronate bei il^m. ^ann feierte er in bie ^eimat gurüd
unb begann, nad^bem er fein Vermögen berteilt ^atte, ein ©remitenleben in 9Jad^a^mung
be^ ägj^tjtifc^en ^eiligen tn ber SRäl^e ber §afenftabt (äa^a^, SKajuma. ©ein ßremiten«
^it beftanb au^ brei ©tüden, bem groben l)äxmm Untergetoanb (saccum), bem au^
grellen t)erfertigten Dbergetoanb (ependytes), ba^ H)m 3lntoniu^ gefd^en!t ^aben fott, 15
unb bem lurjen 3KanteI (sagum), loie i^n bie ^irten trugen. ®leic^ ben äg^i^tifd^en
Sremiten bejqfäftigte er fu^ mit bem gled^ten bon Äörben au^ Sinfen, um bamit feinen
Unter^lt )u ertoerben. ®abei beoba(|tete er bie ftrengfte 5?aftenbi^ji})lin, inbem er erft
nac^ ©onnenuntergang fein färglid^e« aJlal^l einjuncl^men t)flegte. ©einen äufent^alti^ort
bilbete eine Heine nac^ ©ojomeno^ au^Sleifig, 3*^9^" unb i^onfc^erben ^ergeftettte §ütte. 20
Ädufige ©ämonenerfc^einungen fud^ten i^n l^eim, balb aber nf)xdt er bie ®abe ber Teilung
®ämonif(^er unb anberer Äcanter. SSor allem burd^ bie i^eilung ber ©ö^ne einer bors
ne^en ^au Striftänete, ber ®attin bed praefectus praetorio @l^ibiu^ lourbe er be«
fannt, unb bie^ gab 329 ben Stnfto^ jur Silbung einer ßremitenlolonie in feiner Um*
aebung. 2)a^ bamald fc^on in gan^ ^aläftina unb aud^ bi^ nac^ ©^rien l^in (Sremiten- 25
folonien entpanben, bie fel^r ftarl beböllert toaren, unb bie ^ilarion bon ^txt ^u ^^xt
infpijierte, ifi fic^er eine ungef^id^tlic^e Übertreibung be« ^teron^mu«, au^ giebt er
ferne fonireten 3^atfac^en axx, au^ benen eine über ©üb^aläftina fic^ ^inau^ erftredfenbe
ffitrffamleit be^ §iIarion gu folgern toäre. 5Kit bem l^eiligen 3lntoniu^ foU ^ilarion
eine Äorrefj)onbenj unterl^alten l)abm, toa^ nid^t unmöglich ift, ba aud^ bie ^Pac^omianis 30
fc^en Älöfter be^ xlf^ebai^ mit bem berül^mten ©remiten 33ejiel[;ungen unterl^ielten (f. b. 21.
^Soc^omiu^). ©inmol befud^te §iIarion auc^ bie f^eiligcn ©tätten in S^^I^n^ (Hieron.
ep. 58 ad Paulinum). SSiel loei^ aud) §ieron^mu^ bon ben S3efel[|rungen jum Gl[;riftens
tum, bie $ilarion betoirlte, ju erjä^Ien, fo foH er bie ©arajenen ber ©tabt glufa in ber
SSäupe Äabe^ bem G^riftentum jugefü^rt l)ab^n, eine 5Rad&ric$t, bie an bem Übertritt fara« 35
^tfc^ ©tämme bereit« bor bem 9legierung^ntritt be« Äaifcr« 9SaIen« (©ojom. VI, 38)
t^ ®tü|fe finbet. Stud^ berid^tet ©ogomeno«, bafe fein eigner E^cibnifc^er ©ro^bater famt
feinem Sertoanbten 3Ua<)ion in Setl^elia burd^ ^ilarion jum G^riftentum bcfel^rt fei (V,
15, 14 ff.), älngeblid^ nac^ aSorl(;erfage lommenber trauriger Mim, ber Verfolgungen
ber Giften unter Äaifer Julian, berlie^ §ilarion für immer $aläftina. ^n Setilium 40
(Set^ia) nal^m er äbfd^ieb bon ben ©enoffen feine« Gremitcnleben« unb tüanbte fid^
nod^ liigqptm. Über ß^no« gelangte er na4> castrum Theubätum (21^aubaftum) un^
toeit be« ©eraj>eum« an ben Sitterfeen, loo er ben feiner DrtI;obojie falber bon Äaifer
Äonftontiu« berbannten Sifd^of Drafontiu« befuc^te (loo^I fidler ibentifd^ mit bem bon
SCt^aftu« jum Sifc^of bon $ermoj)oIi« erl[;obenen 3Könd^ f. SiKemont, M^moires ec- 45
cl^iasüques VIII, 145 ff., 171, 697). ^n^ab\:}lonbd'iBl^m)(>i}x^ traf er einen anbereu
berbannten Sifd^of unb Äonfeffor ^P^ilor an, bielleic^t ibentifc^ mit bem Sifd^of ^. bon
&^rene, ber fu^ ben Suciferianem anfd^Io^ f. 2;iIIemont, M^m. eccl Vlll, 172, 234,
697). ©eine Pilgerfahrt füi^rte i^n hjeiter nad^ ber SJilftabt 2t^l[|robito))oIi« unb nad^
brcitägiger onftrengenber äöanberung jum 2lntoniu«bcrge, um l^ier an ber (Stätte, an ber 00
ber beruhte ßremit jule^t gelebt l^atte unb geftorben toar, einige 3^^ ju beriüeilen.
^ad^ S3eft^tigung be« bere^rung^loürbigen Drte« Unterführung be« früheren 2) olmctfc^er«
be«3lntüniu«, Sfaac (f. betreff ber 95oImetfc^er 3ödtler, Gbagriu«©. 102) unb be«5Könd^e«
$elufianu« toanbte fxd) §iIarion nad^ Siorben unb fam nad^ ber Sorftabt älejanbria«,
9ni4fium. ^ier erl^ielt er bie Äunbe, ba^ bie ©tabt ®aia gegen il^n unb feinen ©d^üler 55
ßefV^« (©oj.: ^ef^d^a«) einen ^aftbefe^I beim Äaifer ^nlxan tocgen 3öw6erei ermirlt
^atte (f. über bie d^riftenfcinblid^e Gattung ®aiai unb i^re Giferfud^t auf bie d^riftlic^e
i&ofenftobt 3Raiuma=Äonftantia ©oj. II, 5; VII, 28); bie« beranlafete feine glud^t in eine
lib^fc^ Dafe. 3lfe er fid^ bann f))äter in ber Äafenftabt ^araitonion in ber äg^t)tif^en
SRormorica nad^ ©ijilien einfd^iffen tDottte, traf er mit feinem ))aläftinenrifd^en ©d^üler eo
56 ^Uorioti ^Uariud tion 9r(ed
§abrianu§ ^ufammen, bcr xi}n naä) ^oläftina mrtidEfül^ren foKte. 35o bie^ bcm ^abrianu«
md)t gelang, bcriicfe er Dilation unter SRttnapmc ber SReijemittel, bie er öon J)aläfttnens
fifd^en ßl^riften für il^n erhalten ^atte. .|)iIarion gelangte nun i^unäd^ft nac^ ©igilicn unb
lebte einige RAt in ber 9Jä^e be^ SorgeSirge^ ^ad^^num aU (gremit. §ier fanb il^n auf
6 tounberbare SSeife fein ©c^üIer ipef^c^iug, ber il^n lange gefud^t unb bon einem 3:röbler
feinen Slufent^alt gufättig erfal^ren l[|atte. ®ang in ber 3lrt ber gried^ifdE^en Slomane folgt eine
obligate SRül^rfjene bei ber 2luffinbung be^ ^ilarion burd^ §ef^cl^iu^. Salb Verliefe ^Ua^
rion ©ijilien, ba fid^ l^ier lüie an ben Orten, an benen er frül[|er öertoeilt ^atte, eine
SKenge bon ©d^ülem um il^n fammelten unb er fo nic^t mel^r einfam al^ (Sremit leben
10 fonnte. @r begab fic^ nad^ ®))ibauru« in ©almatien, too man no4> ju be^ §^^on^"^uö
3eiten feiner tocgen ber tounberbaren $ilfe gebac^te, bie er cinft bei einem großen, inö
^al^r 366 faUenbenben ®rbbeben ben ^etDol^nem gebrad^t l^aben fott (f. über biefeö ©rb«
beben ©ojom. VI, 2; ©oaate^ IV, 3; ämmianuö 5KarceD[inu^, rer. gest. lib. 26, 10,
15 ff.). 5Die legten ^al^re feineig Seben^ brachte er auf (^ijpttn ju, erft in ber 9Jäl^e ber
16 ©tabt $at)^oö, bann an einem einfamen, im ^nnem ber gnfel gelegenen, untoegfamen
Ort, beffen 9Jamen Sarb^ri^ un^ nur ©ojomeno^ überliefert ^at '^n feinen c\}pxx\d)tn 2lufs
enthalt fällt aud^ fein SSerIel(;r mit bem Sifd^of e^i})l^aniu^, bon bem un^ bie mand^t
alte 9Jac^ric^ten entl^altenbe 2lj)o))l[|tl^egmenfammlung ju berichten toei^ (Verba Senio-
rum, auctore Graeco, interprete Pelagio diacono bei §^- Slo^toe^b, de vitis pa-
20 trum 1. V, MSL 73, 866 f. aud^ bie legenbarifc^e Vita Epiphanii bei ^etru^ Oper.
Epiph. II, 319 ff.). 9?ad^bem er furj bor feinem 3:obe feinen einzigen Sefi^, 3;unila,
Aap u^e unb TOantel, feinem Siebling^fc^üler §efVd^iug öermac^t l(;atte, ftarb er, ac^tMgjä^rig.
3n ber 9Jä^e ber ©tabt ^Pajj^oe tourbe er begraben, ober ©ef^d^iu^ \tai)l feinen fieic^nam
unb brachte i^n jum grofeen ©d^merje ber 6^))rioten nad^ SKajuma, ber ©tätte feine«
25 erften SBirfen^. \j^n ^aläftina erhielt fid^ fein änbenfen noc^ lange lebenbig unb ©0^0=
meno« erjö^lt öon glängenben ^eften, bie il[^m ju Qfyctn gefeiert tourben. Sr nennt aud^
eine ^al)l feiner ©(|üler, ©alamane«, ^P^^^Ion, 9Kalac^ion unb Ärigt)ion, bie in SJa^^
a^mung be« §ilarion in ber 9Jäl^e Setl^etia« ein ßremitcnleben fül[|rten (VI, 32, 4 ff.),
gebenfate fommt bem Äilarion bcr Stul^m ju, al^ einer ber erften, lüenn auc^ getoi^ nxdft
30 aU ber einzige fd^on fel^r frü^ in ber erften §älftc beig 4. 5i^i^^u«i>^^ i>ö« ßremiten*
leben nad^ ^aläftina berjjflanjt ju l^aben. ©eine SBirffamfeit erftredft ftd^ aber lebiglid^
auf ©übjjaläftina, unb auc^ ^ier l^at er nur ba« ßremitcnleben in ber älteften ägqpii\d)in
gorm eingebürgert, ol^ne irgcnb toelc^e Umbilbung ober SBeiterbilbung an il^m borm«
nel^men. Die fd^netle 93erbreitung be« Sremitentum« unb bie ßntftel^ung jal^lreic^cr Älöfter
86 in ^aläftina im Saufe be« 4. 3ö^i^^u"i>^t^/ über bie toir burd^ Saftliu« (ep. 207, 223,
226) unb ^ieron^mu« (ep. 82) unterrid^tet finb, ge^t Ieine«toeg« auf §ilarion allein ober
nur in erfter Sinie jurüdt. ^rü^mac^er.
^ilortttS, SBifc^of bon ärle«, geft. um 450. — MSL 50, @.1213ff. ASB Sßtai
2. 93b @. 25ff. ; m\^r, S). djr. röm. St^eologte, tarier. 1837 6. 338; ©bert, fiitt. bc« W^
40 I, 2.?hifl. Seip^ig 1889, ©. 449; «rnolb, (Säfariu« üon 9(retatf, Seipjig 1894 passim.;
Sungmann, Instit. patrol. 11,2 Snn^brucf 1896 ©.336; ©arbcn^eipcr, ^atrologic, 5^"eiburg
1894 6. 489 ff.
.^ilariu« ift loalirfc^eintid^ im Seginn be« 5. g^^^i^^w"^^^ '^^ nörblid^en ober mitt^
leren ©allien geboren. @r loar ein Jsertoanbter be« ^od^ angefcl^enen Slbte« ^onoratu«
45 t)on Serinum unb lourbe bon i^m für ba« a«fetifc^e Seben gewonnen, V.Hon. 23 ©. 1262,
V. Hil. 3 ff. ©. 1223, er fd^lofe ftd^ ben 3Rönc^en in bem Älofter Serinum an. Damal«
mu^ er nod^ in jugenblicben ^abren gcftanben fein; .^onoratu« l^at bie legten ^a^rc
feine« Seben« nid^t bort ^ugebra4>t; er loar t)om ^al}xi 426—429 Sifc^of bon ärlc«.
311« er ftarb, trurbe ber t)on il^m emjjfol^lene .f^ilariu« ju feinem 9Jad^f olger geloöf^lt.' ©ein
50 bifd)öflid)c« SBirfen trirb bon feinen Siogra^j^en l^od^ ge^riefen ; auc^ (SJennabiu« de vir.
ill. 70 ©. 85 \px\d)t fe^r anerfenncnb babon. ©afe er al« ^rebiger ft^ bon bem rl^es
torifd^en ©cfetüulft frei l}\di, ben feine ßeitgenoffen für fcfjön l^ielten, jeigt feine im ganzen
cinfad>c Sobrcbe auf feinen 3Sorgänger ,f)onoratu«. 2)ie ßl^arafteriftif be« J[^ilariu« al«
^rebiger in bcr vita 14 ©. 1231 ift bemnarf^ irrefü^renb. 2)a« a«fetifd^e ^htoX i}klt er
56 aud^ al« Sifd^of feft : bem cntfjjracb e«, bafe er ben Älcru« feiner Äirc^e ^u gemeinfamcm
Seben bereinigte, V. Hil. 10 ©. 1229 ; bgl. aud^ (Senn. 1. c.
2ltlgcmeincre Sebeutung bat er burd^ feine ©teUung jum 2luguftini«mu«. 2lu« bem
»riefe ^ro«))cr« an Stuguftin, 2tug. ep. 225 ©. 624 ff., loiffen mir, ba^ er ftd^ ber
auguftinifc^en $räbeftination«lel^re fd^roff ablc^nenb cntgcgenftellte : er fal^ barin eine Slb-
^tlarittd tioti ar(ed ^iluriitd tioti ^ottierd 57
ipctcimng t)on bcr überlieferten Sffia^rl^eit. äuguftmö Schrift de correptione et gratiä
getoann il^n nid^t ; fte [tiefe V)n bielme^r ab. @r urteilte, äluguftin Uf)x^ fataliftifd^. ©eine
eigene änf(^auung fafete ^ro^er in folgenben Sö^en jufantmen: Omnem hominem
Adam peccante peecasse. Et neminem per opera sua sed per Dei gratiam re-
generatione salvari. Universis tamen hominibus propitiationem quae est in b
sacramento sanguinis Christi sine exceptione esse propositam, ut quicunque
ad fidem et ad baptismum accedere voluerint, salvi esse possint. Qui autem
credituri sunt, quive in ea fide , quae deinceps per gratiam sit iuvanda,
mansuri sunt, praescisse ante mundi constitutionem Deum et eos praedesti-
nasse in regnum suum, quos gratis voeatos, dignos futuros electione et de lo
hae vita bono fine excessuros esse praeviderit. Ideoque omnem hominem
ad credendum et ad operandum divinis institutionibus admoneri, ut de appre-
hendenda vita aeterna nemo desperet, cum voluntariae devotioni remuneratio
Sit parata. ^roö^er erfannte bie 35ebeutung biefe^ ©egner^ fofort. Slber bie bon xl)m
öeranlafeten ©c^riften Sluguftin^ de praedestinatione sanctorum unb de dono per- i5
severantiae öermoc^ten bie ©aUier nid^t ju überzeugen. SSJenn ©aUien junäd^ft bem
Sluguftini^mu« berfc^Ioffen blieb, fo toar bai^ mit bem (Sinflufe be« arelatenfifc^en äifc^of«
jujuf^^reiben.
2Benn §ilariu« in biefem %aü bie Unabl^ängigfeit feiner ©efmnung axxd) einer grofeen
äutorität gegenüber hja^rte, fo in einem anberen bie Unabl^ängigleit feiner ©teKung. 2)ie 20
©if(^öfe bon 3lrle« nal^men infolge ber t)Dliti|d^en Sebeutung, bie bie ©tabt im
5. gal^^unbert l^atte, unter bem gaUifd^en @t)iffoi)at bie erfte ©teUe ein. 3)arauf^in
baut f(^on 8. ^atroclu^ ben SSerfuc^ gemad^t, ben Primat über ganj ©übgaUien für
^rle« gu gewinnen. §ilariu§ ^at il^n, anfangt mit großem (Srfolge, erneuert, traf aber
ft^IiefeUd^ auf ben mäd^tigen SBiberftanb Seo« b. ®r., f. Sb II ©. 58, 9 ff. ßr ^atteae
ouf einer gaUifd^en ©^nobe einen Sifc^of 9Jamen^ ß^eliboniu^ feiner ©teUung entfe^t, vit.
Hil. 21 ©. 1236. 3)iefer ajjjjeHierte nac^ SHom. Söäf^renb 2eo bie 3lt)))eIIation annal^m,
erllärte fie §ilariu^ für unbered^tigt unb fügte fic^ aud^ bem Urteil einer römifdfien ©^nobe
in btefer ©a^^e nid^t I.e. ©.1237 f. 2eo ^at \i}n infolgebefjen feiner ©teUung ate gaDifc^er
^rima« entfe^t, auc^ SSatentinianI II. ju einem ßrlafe gegen il^n t^eranlafet. ©^ätere Ser- 90
Ij^anblungen fd^einen ein leiblid^e^ S?erl[|ältni« jtoifd^en beiben 5Kännem lieber l[iergefteHt
ju l^aben, vit. ©il. 22 ©. 1238.
35on ©(^riften be^ .^ilariu« ift jtüeifello« ed^t bie ertoäl^nte Sobrebe auf §onoratug,
bie oI« vita Honorati citiert ju iüerben (pflegt, ein unbebeutenber ©rief an guc^eriu«
t)on 2t)on bei MSL59 ©.1271; möglicberhjeife gel^ört i^m an ba^ metrum in Gene- 36
sin (f. 33b VI ©. 409, isff.), bod^ l^alte id^ e^ nic^t für toaj^rfd^einlid^. ©ic^er nid^t
toon ibm ift ba^ Carm. de provid. (f. a. a.D. 3-i^ff)- 3" f^^^^" Siograjjj^ien toerben
folgenbe ©d^riften aufgejäl[|It : Vita Honorati, homiliae in totius anni festivitatibus,
Symboli expositio, epistolae, versus fontis ardentis, 14 ©. 1232. ^omilien bon
il^m vermutet man unter ben homil. 56 ad populum et monachos MB VI ©.618 ff., 40
Dgl. Sarbenl(;eh)er ©. 222.
.^ilariu« ftarb um bie 9)Jitte be^ 5. ^a^rl^unbert« (®ennab. de vir. ill. 70) Valen-
tiniano et Martiano imperatoribus). ^aitif.
I^ilmriitd \>on ^^oitier^, geft. 367. — Ouellcn finb tjorne^mlirfi bie3öerfebe«
^ilariud: S. Hiiarii opera ed. mou Ben. (cur. P. CJoustant, ogl. Tassin, ®elel)rlcn9efc^. ber 46
ftongregation öon @t. 'äWaur. ?luö bem JJran^öfifcbeii. granffurt 1773 unb 74. II, 33 u. 40),
^arid 1693, 1 vol. fol. — über bie altern 9lu^gaben f. 6. %. ®. Scöönemonn, Bibliotheca
hi8torico-litteraria patrum iatinorum 2 5Bbe. ficip^ig 1792—94 (I, 273-294 =1 MSL IX,
207—222) — ; S. Hiiarii opera ed. raon. Ben. . . . nunc vero libris de trinitate et com-
mentariis in psalmos. . . locupletatis (cur. Scip. Maffei; vgl. Tassin, II, 42), ?3erona 1730, W
2 voll. fol. (Qbgebrucft «enebig 1749 unb MSL IX unb X, 1844 unb 45) ; Opera . . . re-
cudit 5. £)bcrtt)ür, ®ür.^burg 1785-88, 4 voll. 8*»; S. Hiiarii tractatus de mysteriis . . .
ed. J. F. Gamurrini, 3?om 1887 (Biblioteca deli' accademia storico-giuridica vol. IV):
S. Hiiarii . . . tractÄtus super psalmos cd. 91. Singcrlc, 1891 (CSELXXII; ogl. bie p. VII
«nm. 1 genannten 53oravbeiten, ferner ^leufcficn It)28 1892 col. 132tf. unb Bingevle 62B51 55
128. 1893. «bljanbf. X; ju ben ©cftriftcitatcn bcs^ .^i^ariu^ baö Xf)36 18, 242 genannte
Programm üon g. 6d)eQauf). 6obann Sulpicius Sevcrus (chron. II, 39—45; cd $alm
CSEL I, 93—99), Hieronymus (passira, nornc^mlid) de vir. ill. 100; ugl. 8t. ü. 8l)c^oiü§fi,
Öicront)mu§ al« fiittcrürt)iftürirer, fünfter 1894, 8. 181 f.) unb bie Cuellen beS arianifcf)en
Streitet (ogl. bie selecta vetcrum testimonia de S. Hilario, opp. ed. Vcron. I p. CL VII sq. ßo
= MSL IX, 203—07). l)k etwa 200 Sa^re mdj bem Zoht be§ ^ilariu« gcfcftriebene vita
58 ^tliiritid tioti ^oUterd
Hilarii bc8 [VenantiusJ Fortuoatus (opp. ed. Veron. I p. CXLI— CLII = MSL IX, 183 bi«
199; ed. 93. Stuf«, MG auct. antiquiss. IV, 2. 1885 p. 1—11) ift faft o^nc jebcn ©crt.—
©itiert finb bie fßerfc beS ^ilariuS im folgenben Sl. nocö bcr 93cronc|er ^tuögobe, bereit
©eitenja^Ien bei MSL In ben ^e^'t cingcbrucft finb.
6 Sittcrotuv: AS San. I, 1643 p. 782—803; P. Ck)ustaDt, Praefatio geoeraUs, ed.
Veron. I, I— LVIII = MSL IX, 11—26 (üornebmii« bopmenflefcbtcbtii«), unb vita 8.
Hil. ex ipsius scriptis etc. I, LXXXIX— CXXXIX = MSL IX, 126—184); Tillemont,
M^moires VII ^d. de Vönise 432—469 unb 745—758. — ©eitere ältere ßitterotur bei 3.
^. JReinfen«, ^ilariu« ü. «Poitier«, ©cbaffftaufen 1864 (p. XXIX— XXXVII; 9l.ö eigne«
10 dnc^ ift, n)enn au4 6ie unb ba breit, bod) forgfältig, nur biograp^ifd), nic^t au4 bogmen«
gef*i*tli* intereffiert); «l. Gbert, m^. ®ef Siebte ber fiittcratur be« Mittelalter« im «benb-
lonbc 1, 2. «ufl., ficipjig 1889 @. 134—142; ®. S)reüe«. S.J., ^q« $)Qmnenbucb be« bl- ^.
(3f2:ö XII, 1888 ©. 358-361); O. 93arbent)en)er, ^atrologtc, Sfreiburg 1894 (wo @. 382 f.
no(!b einige mir unjugfinglicbe fatfjolifcbe ßitterotur genannt ift). — ^ogmengef(bi(btIi(ft
15 oufeer ben 93b IV, 752, 53 ff. genannten fiebrbücbern unb ben 93b IV. 16, 30 f. angefübrten
©erfen von 93aur unb 5)orner: 3. 93. ©irtbmüller, ^ie fiebre be« ftl. ^ilariu« \>. ^. über
bie @elbftentäu6erung Sbnfti, uertbeibiget gegen bie ©ntftettungen neuerer proteftontifAer ZljtO'
logen. (Sine ^abiIitation«f(brift (IV unb 83 @.), 9flegen«burg 1865; 93alter, 5)ie X^eologie
be« ^. üon % (Programm be« QJ^mnafium« ju iRottweil 1879); %fi. &örfter, 3ur 2bco-
30 logie be« ^ilariu« (XftStÄ 1888, @. 645—686); 93al6er, 5)ie ©briftologie be« ©. ü. %
(^roaramm be« ®^mn. ^u JRottweil 1889); 3. @tij, 8um @<)racbgebrou(^ be« bl. €>il- «• %
in feiner @d)rift de trinitate ($rogromm be« ®Qmn. ju IRottroeil 1891, — pbilologiftb).
§ilariu« \>on 5ßoitier«, „burc^ S^l^atcn, Reiben unb Sd^riften ber Slt^anaftu« be^
SCbenblanbe«" (fo — jucrft? — §afe, Äird^engcfd^.) tritt erft na^ ber ©^"«'bc öon 5IRai'
25lanb (355; bgl. SJb II, 30, so ff.) unb nur für tütoa jei^n ^al)x^ in ba« 2\d)t ber ©c^
fd^ic^te. SSon feinem Seben bor biefer 3rit totffen toir fe^r toenig. 6r toar al« ßctbe
(Tillemont VII, 747 f.; t)fll. in psalm. 146, 13, CSEL XXII, 853, 9 f.) in ^JoUier«
(Hieron. praef. in IIb. II comm. ad Gal. Vall. VII, 1 p. 427*^; Ven. Fort. carm.
lib. VIII, carm. 1, 13 f.) offenbar in too^I^abenbena3cr^ältniffen(9leinIen«©. 7änm.3)
30 geboren unb — feine §eimat fonnte bie« bieten — forgfältigft crjogcn toorben (Sieinlen«
©. 7 f.). 9Ja(^ ber l[|icrin bermutlid^ glaubtoürbigen vita be« Fortunatus (l, 3 unb 6 ;
ed. Ärufd^ p. 2 unb 3) \)att^ er — toal^^rfd^einlic^ noc^ al« §eibe (SReinlen« ©.31 2lnm. 2 :
in psalm. 143, 13 p. 822,6) — fid^ »erheiratet, toar bann, anfc^einenb burc^ bie ^ß^ilo«
fo^E^ie l^inburd^, ju9Kofe« unb ben ^rojjl^eten gefül^rt (de trin.I, 1—5, opp. II, 1 — 4),
36 l^tte fu^ taufen laffen unb toar banac^, geraume 3rit bor 355 (de syn. 91, II, 518 A.
aliquantisper), Sifc^of bon ^oitier« getoorben. ßr lann jurg^it berÜRaiIänber©^nobe,
obtool(;I er leine 13 ^al^re mel^r gelebt \)at, nad) einer gelcgentlid^en Säuberung ou« bem
3a^re 360 (ad. Const. 2, 2fin. II, 544 A) l^öc^ften« ein SSicrjiger getoefen fein. 3n
ben arianifd^en ©treit toar er noc^ nic^t berflod^ten iDorben. 3^/ ^i^ toiffen bon i^m
iofelbft (de syn. 91,11, 518 A), ba^ er bi« ^u biefer 3^it ba« nicänifd^e ©^mbol garnid^t
Icmnte, t)on „Homousion" unb „Homoeusion" nod^ nic^t« gel[|ijrt l^atte. Sin abenb»
länbifc^er Sifc^of öon fold^er 9Jaibetät gegenüber ber ben Orient betoegenben grage, ift,
felbft toenn toir i^n nic^t genauer lennen ju lernen bermöd^ten, eine lel^rreic^e Srfc^einun^.
©ie betoeift, toie toenig tro^ ber ©^nobc üon ©arbifa ber Dccibent bor 353 in ben ©treit
45 jj^ineingejogen toar; fie lel^rt, toie fidler ber Dccibent oE^ne ©treitt)crl[ianblungen im 33cft|
ber catholica veritas fi^ fül^Ite. 9Jod^ toicl intereffanter unb le^neid^er ober toirb bicfe
©rfd^einung baburc^, bafe tt)ir im ftanbc ftnb, bie älnfd^auungen biefe« naiben obcnb^
länbifd^en Sifd^of« nod^ l(;eute ju ftubieren. 3)enn ber unter ben SBerfen be« §ilartu«
— leiber im Eingang (bgl. Cassian c. Nest. 7, 24 CSEL 17, 383, Iff.) unb im
w©d^(u6 (opp. I, 811) berftümmelt — auf un« gelommene Commentarius in Mat-
thaeum (opp. I, 655—811), an beffen ©c^tl^eit nid^t im geringften ge^toeifelt toerben
lann (bgl. bie 6itate bei Hieronymus ep. 20, 1, Vall. 1,1 p. 64 C = in Matth. 21,3
p. 772D, unb bei Augustin de nat. etgr.62, 72 MSL 44,283A= in Matth. 4, 7
p. 681C), ift bereit« bon ben 3Kaurinem (I, 661 f.) unb nod^ entfd^iebener bon Sleinlenö
65 (©.59 f.) berßeit bor 355/56 jugetDiefen. Unb toenn aud^ ben SKaurinem ber Setüci^
bafür, ba6 bcr Kommentar lurj öor 355/56 gefd^ricbcn fei, nid^t geglüdtt ift, — fo ift
bod^ übrigen« bie bon il^nen Vertretene 2;i^efe gctpi^ rid^tig; \a toa^rfd^einlid^ ift, fd^on
in Slüdfft^t auf bie 3llter«t)erl^ältniffe bc« §ilariu«, auc^ ba«, bafe bcr Kommentar nid^t
gar lange bor bcm Übertragen-3Berben be« arianifd^cn ©trcite« in ben Dccibent, alfo
flo tttoa in bcr 3rit jtoifd^en 350 unb 353 berfafet toorbcn ift. Sebcnft man, ba^ toir au«
ber ^txt bor bem feit 356 im SBeften ftarl tDcrbenbcn gried^ifc^cn ginflu^ nur berfc^totns
benb toenige 3^Ö"if!^ ^'^»er bie abcnblänbifd^e Ortl^obojic bc« bicrten ^al^r^unbert« i^oben,
^aartitd t>on ^ottierd 59
Jo ift m bet D^at ba^ bogmengefc^id^tKci^e S^tereffc bc« 5Kattl^u^fommentarö be^ ^ila*
riud fe^r grofe. 6^ genügt nic^t, in biefer S^tift mit Steinten« (©. 59) „unbefangene, im
3ufammen]^ange richtige, aber bon arianijc^er ©j)^finbigleit leidet berbre^bare äufeerungen"
anjucrtennen unb baneben ju bel^aiH)ten, ba« redete 3Ser[tänbni« beffen, too« ba« „Ho-
mousion" befagen tDoQe, l^abe ^ilariu« bamal« au« ber @d^rift fc^on gehabt, ^reitid^ 5
InäjDft ba« leitete Urteil an ein SBort be« ^ilariu« jelbft an (de syn. 91 p. 518 A),
^iloriu« ift fic^ eine« 3Keinung«n)ec^feI« nid^t betoufet ^toefen; allein toir lönnen beut*
ud^cr, oI« er, erlennen, toeld^e Stellung er in feinem 9Katt|äu«Iommentar fju ber frühem
unb f^Mitem Snttoidfelung einnimmt. 6« ift bie alt^abenblänbifd^c [tertuDianifd^^] noöo*
tiantfc^e ß^riftologie (ögl. Sb IV, 41,36—44), bie im 5IRattl^äu«Iommentar be« ^''^^^^^
fi^ geigt — o^ne bie leifefte ©J>ur einer (Sintoirfung be« 5Ricänum unb ber (Schlagwörter
ber 3eit; benn bie SeJj^au^Jtung ber communio paternae substantiae (8, 8 p. 706 C
unb 12, 18 p. 731 B), fotoie ber eadem utriusque substantia (11, 12 p. 725E)
ftammt nid^t au« bem 5Ricänum, fonbern a\i& ber tertuDianifc^snotjatianifc^en 3^rabition.
©elbft übet bie ©toigleit be« ©ol(;ne« benft §ilariu« bamal« nod^ gan^ noöatianifd^ (ögl. i6
31, 3 p. 801 C: scirent verbum in principio deum, et hoc in principio apud
deum, et natum esse ex eo qui erat, et hoc in eo esse, qui natus est, quod
is ipse est, penes quem erat antequam nasceretur: eandem scilicet aeterni-
tatem esse et gignentis et geniti, unb 16, 4 p. 748 E: est ergo filius dei exdeo
deus, unus in utroque; theotetam enim, quam deitatem Latin! nuncupant, ao
aetemi ejus parentis, ex quo nascendo est profectus, accepit. accepit autem
hoc, quod erat, et natum est verbum, quod fuit semper in patre. atque ita
filius et aeternus et natus est, quia non aliud in eo natum est, quam quod
aetemum est), älud^ bie gleic^faQ« ber tertuQianifd^snoDatianifd^en 2!rabition ange^örigen
5Ra^toirIungen be« uralten ^riftologifd^en ©d^ema« xatä odgxa unb xatä Twevfxa (bgl. 26
33b IV, 23,44) finben fid^ [toie im fog. symbolum Sardicense bei Mansi III, 85 B,
unb bei ^a\^n, Sibliotl^el 3. 2tufl. § 157, fo auc^] im aJlatt^äu«fommentar be« §ilariu«,
unb itoar mit bem gleichen naiben SBed^fel ber Segriffe corpus (caro) unb homo (ögl.
). 93. 4, 14 p. 683 E : Jesus domino nostro nomen ex corpore est ; 12, 17 p. 731 A:
consistens in eo paterni Spiritus substantia; 31, 3 p. 801 B: spiritus passio so
cum corporis passione; 3, 1 p. 677A: libertas spiritus sancti hominem suum . . .
diabolo offerentis; 33, 6 p. 808 CD: clamor ad deum [9Kt 27,461 corporis vox
est recedentis a se verbi dei contestata dissidium), \a gelegentlich Hingt noc^ bie
binitarifd^ (t)gl. 35b IV, 26, 36 ff.) GJIeid^fefeung öon verbum unb spiritus burc^ (ögl.
au^er ber eben citierten ©teBe 33, 6 j. 33. 3, 3 fin.). Überbie« ift ba« c^riftologif^e 86
3nteref[e längft nid^t ba« einzige, ba« m bem 3Dlatt|äu«Iommentar feffelt. Eigenartig
abenblonbifc^ ift aud^ bie ©tärle be« ^^aulinifd^en ßinflufje«, bie ®egenüberfe|ung bon lex
unb evangelium, bie 33etonung ber fides justificans (fides enim sola justificat
8, 6 p. 705 D) u. a. ®« toürbe fic^ lohnen, biefe ältefte ©c^rift be«§ilariu« unter ^u»
l^fena^me be« symbolum Sardicense, ber ©c^riften Sucifer«, ber ©riefe be« Sibenu« 40
unb ber antiarianifc^en ©d^rift be« 5ß^öbabiu« öon 3tginnum (bgl. 33b II, 34,6) jum
©cgenftonbe einer bogmengefd^id^tlic^en TOonograt)l^ie ju mad^en. ©c^lüierig ift bie^age,
bie in einer foId[^en 2lrbeit au(^ borgenommen trerben mü^te — bie ^age, au« locld^en
jQueden $ilariu« bie in feinem aJlatt^äu«fommentar fid^ jeigenbe t^eologifd^e 35ilbung ^t.
3)0« nodj^ in unfere 3eit ^ineinragenbe alte SKifetjerftänbni« öon Hieronym. cat. 100, 46
bemgufolge ßilariu« auc^ im 9Jlatt^äu«fommentar bem Origene« gefolgt fein fotlte, ift
longft toiberlegt (opp. I, 655 Nr. II unb III; Steinlen« ©. 70 ff.; t)gl. aud^ ben grie^:
^\]^ SEejt be« fog. ©ojj^roniu« 311 XIV, 1*» ©. 54). aiUein blofe auf ein ®elel(;rt*
fein burc^ bie ©dfirift barf man fic^ auc^ nid^t jurüdtjiel^en. 2;ertullian unb ß^^rian er«
tDO^nt ber fonft mit 9Jamennennungen fjjarfamc SDiann eben im 3Kattl^äu«fommentar (5, 1 60
p. 689 D) al« 33erfaffer i^m befannter 3lu«legungen be« SSaterunfer«. Unter bem 9Jamen
eine« biefer beiben h)irb er aud^ 5Rot)atian« „de trinitate" gelefen l^aben. 3)a^ ^renöu«
bem ^ilariu« nid^t unbefannt geloefen fei, bie SSermutung legen einjelne Oebanlenreü^en
no^; bod{> fte^t foldber ^^jjotl^efe audfi mand^erlei entgegen, ©ried^ifd^eßinflüffe irgenb=
toelc^er Art fmb nic^t nad^ijuloeifen, ja burd^ ba« ^e^len jeber StePegion auf ben gried^i^ 66
f(^ 33ibeltejt au«gef(^loffen. ß« ift bie« le^terc auc^ biogra<)l^ifd^ für §ilariu« toic^tig.
3)enn neben ber Unbefanntfc^aft mit ben lermini« ojuoovoiog unb ofxoiovoiog macpt
biefer Umftanb e« ^er^lid^ unloal^rfd^einlic^, bafe §ilariu« fd^on burc^ feine Sugenbbilbung
eine „gute Äenntni«" be« ©ried^ifc^cn erl^alten ijobt (bgl. bage^en auc^ Tillemont VII,
748 not. 3). @rft fein ^ineingejogen^aßerben in ben arianifc^en ©treit ^at §ilariu« 60
60 ^Uorittd tion ^ottterd
ttjm ,,ät^anafiu« be« äbenblanbe^", crft fein ©jtl im Orient il^n ju einem gräjifterenben
%\)toioQm be« SBeften^ gemad^t.
2. ate ^aulinu« bon SCrier (353 in arie«, bgl. 33b II, 30, 4«), gufebiu« bon Ser^
ceHi, Sucifcr bon galari« unb 3)ion^ b. 5WaiIanb (355 inWailanb; böI.Sb II, 31,8 ff.)
6 ejiltert toaren, begann für §ilariu^, ber toeber in ärle^ nod^ in 5DlaUanb gegentoärtig
getocfen lüor, ber arianifd^e ©treit. 3h)arl[|atte er, h)ie er fagt(contraConst. 2,11, 562 B),
eine ©efal^r für ben Olauben fd^on lange \>xol)tn fe^en; allein erft je^t fam für il^n bie
5Kögfi(^Ieit eigenen eingreifend. 5D?it anberen gaüifd^en Sifd^öfen fagte er ben S3if(^öfen
Urfaciu^ unb SSalen«, bie in 3JlaiIanb bie Situation bel(;errfd^t Ratten (t)gl. S3b II, 30,59),
10 unb i^rem gallifd^en §elfer«l^elfer ©atumin bon Strieö bie Jtirc^engemeinfc^aft auf. @Uxd^'
jeitig (nod^ 355 ober ^n 95eginn be^ ^al)xt^ 356) fd^rieb er feine erfte ©c^rift ad Con-
ßtantium (opp. II, 535—40 ; bie 3^t folgt au^ c. 8, fohjie barau^, ba^ §ilariu« felbft
offenbar nod) nid^t berbannt ift; bie ©c^rift ift nid^t boDfiänbig erl(;alten, bgl. bie
SRanbnote bei c. 8 p. 540 C unb ba« „gragment" 6, opp. II, 713A). @« ift bie«
16 opusculum eine, bermutlid^ bon ben Oefmnung^genoffen §.« mit unterfc^riebene, ßingabe
an ben Äaifer, bie, ol^ne auf (Erörterung ber bogmatifd^en g^age einjugel^en, über ba«
treiben ber 2lrianer flogt unb um ^inftetlung ber Verfolgung fotoie SRüdEberufung ber
Verbannten bittet, ©iefe ©ingabe ertoö^nt ba« 9?icänum (c. 8 p. 540 C), betoeift, bafe
§ilariu« nun t)on bem 3:reiben ber 3lriancr genauere Äunbe erl^olten l^atte (5 p. 538 A):
30 §ilariu^ fal^ fic^ jefet aü S^b^ologe für ba« 9Jicänum engagiert, toeil e« nur au«fj)rad^,
too« er ftet« geglaubt ju l}ahm meinte (de syn. 91, II, 51 8 A). 3luf ber ®egenfeite
mufe man e« geloürbigt ^aben, toa« ein i^ilariu« afö gül^rer ber SBiberfad^er bebeutete:
man fe^te alleö boran, il^n aud^ in ba« ©^idtfal ber Verbannten l^ineinjujiel^en. ©atumin
eneic^te bie^ 3^^' 9l^4> ^^^ ^^ ©^nobe, bie er im ^cii)xt 356 ju Biterrae (Beziers;
26nörblicf^ \>on Narbonne) abhielt (Hieron. cat. 100, chron. a. Abr. 2372; Tillemont,
not. 5 p. 749). §ilariug hjar [öielleic^t burd^ ein jjrobojierte« gingreifen be« ßäfar«
3ulian, bgl. ad Const. II, 2 p. 543 C] genötigt Sorben, ju erfd^einen, berfud^te aber
hergeben«, feine ®egner ber §ärefie gu überführen (contra Const. 2, II, 563 A), —
offenbar ^at man f)i^, toie in TOailanb (bgl. S3b II, 30,59), jebe bogmatifc^e 3Serl^nb=
80 lung abgefd^nitten — , unb nad^ ber ©^nobe erhjirften ©efanbte berfelben bei bem Äaifer
bie Verbannung be^ §ilariu^ (contra Const. 1. c; ad Const. II, 2. II, 543 C). SBo
ber Verbannte interniert hjerben foDte, blieb mnäd^ft gel^eim (de syn. 2. II, 459 A:
exilii secretum) : nad^ einer Steife burd^ Diele ^rot)injen (de syn. 1 p. 457 A) gelangte
er in bie 95iöcefe Slfta ; bort blieb er (de syn. 63 p. 498 B) bi« nac^ ber ©^nobe in
36©eleucia (bgl. Vb II, 36, uff.); unb Wmn §ierom;mu^ (cat. 100; chron. a. 2372)
t)on einer „Verbannung nad^ ^^r^gien" rebet, fo loirb biefe genauere Vegrenjung be^
Verbannunggorte« barau^ ju erflären fein, bafe §ilariu« bomcl^mlic^ in ^pi^r^gien ftc^ aufs
^ielt (Sulp. Sev. chron. II, 42, 2). — Diefe esitejeit ift für §ilariu« eine ßeit be«
©tubium^ unb eine 3^* reid^fter unb einfd^neibenbfter Seben^erfa^rungen geloefen. ®in
40 urlunblic^e^ 3^9"^^ f"^ ^^^ ßrftere ift ba^ §au})tn)erf be^ §ilariu^, feine libri XII
„de trinitate", toie je^t nad^ bem 3^w0"i^ einiger §ff. ber ^itel lautet (II, 1—444),
bie Vüc^er „contra Arianos", hjie fte öicron^mu^ nennt (cat. 100; bie ^bentitöt be^
toeift ep. 55, 5 Vall. I, 1 p. 299 D), bie libri „de fide" ober „fidei", toie fte bei
Slufin (h. e. 1, 31 MSL 21, 501 B), bei Saffian (contr. Nest. 7, 24; aud^ l^ier (S.U
46 täte) unb anberen (bgl. bie praefatio 9Jr. 2 ff. II p. Vsq.) l^ei^en; — toelc^er litel
urf J)rünglic^ ift, ift m. ß. nic|t auöjumac^en. ©ic Vüd^cr fmb nac^ genauem 5ßlane (bgl.
1, 20 ff.), ba^er, h^enn auc^ nic^t o^ne Slbfä^e (ügl. 4, 1 unb praef. 3h. 22), fo boc^
ate ein aud^ jeitlic^ jufammengel^örige^ ©anje^ in ber ©jil^jeit be« §ilariu^ (ögl. 10, 4
p. 323 B) gefc^riebcn, unb jtDar, \vk mir fäcint (gegen praef. Ben. in libr. de syn.
6o9lr. 1, II p. 446), t)or ber ©c^rift de synodis, e^e §ilariu^ ben [in de trinitate
m. 3B. nirgenb^ crtpä^nten] ^omoiufiani^mu^ fennen lernte, — alfo bor ber ©^nobe in
änc^ra im ^^ni^i^l?!^ 358 (ügl. Vb 11,34,2.0. Verglei^t man biefe umfangreid^e ©d^ift
mit bem 3Wattl^äu^fommentar, fo jeigt fid^ freiließ bic^bentität be^ Verfaffer« auc^ barin,
bafe bie eigentümlid^ abenblänDifc^c d^riftologifd^e SCrabition auc^ in de trinitate nod^
66 nad^tüirft : tro^ beö natürlich me^rfac^ üorf ommenbcn Vegriffe^ „trinitas" Hingen bini=
tarifd)e Slnfc^auungen ftarf burc^ ; ber spiritus sanctus gel^ört jtoar ju bem „totum"
(2, 29 p. 43 B), aber ber Vater ift ber ®eift, unb ber ©o^n ift ber ®eift (2, 30 ; togl.
auc^ 10, 15 p. 330 C: virgo ex suo [seil. VerbiJ sancto spiritu genuit); e^ ge«
nügt bem ^ilariu^ m n>iffen, bafe ber ^l. ®eift ®ottc« ®eift ift (12, 56 p. 443 B: Dgl.
Gogörfter ©. 650 f.), für eine felbftftänbige §^t)oftafe fd^eint er i^n nid^t ju l^alten (t)gl. 2, 2
^ilarind non ^oitierd 61
p. 27A: adorare patrem et venerari cum eo filium, sancto spiritu abundare) ;
audi bog „suscepti hominis sacramentum" (10, 16 p. 331 A) f)at abenblänbif^
gärbunfl. Jloc^ bcutlidSier aber ertennt man, ba| ^ilariuö tngh)ifd^m bon griccl^ifqer
X^eobgie gelernt l^at: ba^ ,,Homousion'' ift \f)\n je^t belannt unb überaus toertboQ
(4, 4 — 7); an SteDe ber noüatianifcben ^Jaftung ber etuigleit be« ©ol^ne« treten Kare 6
äu^fü^ngen über bie ehjiöe ^«wöung (12, 15—32; ögl. 35b IV, 41, 48 ff.); anftatt nur
t)om „corpus" ß^rifti ju reben, h)ei| ^ilariuö je^t — freiließ ol^ne flar ojJoHinariftifc^
©ebamen au^jutoeicl^en — bon einer burc^ ben Sogo^ gefd^affenen „anima" ß^rifti neben
bcm t)on bem £ogo^ au^ ber SKaria gebilbeten Seibe (10, 22 p. 334 D) ; unb tro| äße«
Sieben^ t)on bem susceptus homo üermag §ilariui^ ^rqife bie ^bentität beö fiogo^fub* lo
jeftS in bem men{c^geh)orbenen Sogo« ^u tDal^ren: natus est, non ut esset alius at-
que alius, sed ut ante homlnem deus, suscipiens hominem, homo et deus
posset intelligi (10, 22 p. 335 B), ja (o fe^r nähert fi(^ §ilariu^ alejanbrinifc^en Sin-
fc^auungen, bafe infolge ber ^jräjifen ©leic^ftettung bei3 gefc^ic^tlid^en ©^riftu« mit bem
[aud^ im äbenblanbe ftet^ für leiben^unfäl^ig gel(;altenen] Sogo^ „bem I)ofetifc^en toiber i6
SBUIen eine ©teDe bleibt" (3)omer I' ©. 1078; görfter ©. 662 ff.; ^arnacf 35® II*,
301 3lnm. 1); gugleic^ öerfcl^hjinben bie im SRatt^äuiäfommentar (5, 8 p. 692A) unleug«
baren ätemini^cen^en an bie ftoifc^e (tertuQianifc^e) älnno^me Don ber Hör))erlic^leit au^
be^ ©eiftigen. @d toürbe bon nic^t geringem ^ntereffe fein, feftjufteHen, toelc^e griet^if^en
2:^eoIogen bei ^ilariu^ biefen gortf^ritt ber ©rfenntni^ ^erbeigefül^rt ^aben ; boc^ bin i^ 20
aufeer ftanbe, auf biefe ^rage Stnttoort gu geben, ^arnact (3)© II' ©. 243 Änm. 2)
nimmt ftar!e „2lbl[|ängigfeit öon ält^anafiuiJ" an. Sfter ber Setoei^ bafür, baft fieftüre
ot^onafumifc^er ©c^riften ber 2lbfaffung ber Schrift de trinitate borangegangen ift, bürfte,
fo glaublich? biefe Slnna^me ift, boc^ fc^loer ju führen fein. 3)afe Drigene^©tubien bei
§ilariu^ borauöjufe^en jtnb, mac^t bie ]pätttt 2(nle^nung be^ gjegeten §Uariu^ an Dn- 26
gene^, ma^t auc^ mancherlei in ben ©ebanlen ber ©c^rift de trinitate loa^rft^einlic^.
3)eutlic^ aber fmb bie gattoren aufjutpeifen, ipeld^e ben loeitem, bomei^mlic^ ber
firc^en^olitifd^en ©infic^t gu gute fommenben JJortfc^ritt in ber grlenntni^ be^ §ilariuig
bebingt ^en. SfitU aufmerffamer Seobac^ter Verfolgte ^ilariud ba^ erregte firt^enpolitifd^
treiben im Orient: bie ©^nobe ber ^ofbifc^öfe in ©irmium im ^ai)xt 357 (»gl. 95b II, so
33, 2 7 ff.), beren d^arafterlofe gormel (bie fog. 2. fmnift^e) felbft ein ^ofiu^ unterfc^rieb
(ögl. de syn. 3 unb 10 f. II, 460 unb 464 f.), ba^ auftreten ber ^omoiufwner auf ber
©Vnobe ju änc^ra (bgl. S3b II, 34,25; de syn. 12 ff. p.466), ben Äampf be«33afiliu«
öon Slnc^ra, guftat^iu« bon ©ebafte unb ßleufiu^ bonßyjifu« (de syn. p. 90 p.516B)
mit ben $ofbif(^öfen (S3bII, 34, 35 ff.), bie 5Hcje))tion ber Äirt^toei^formel auf ber firmifc^en a>
©^nobe bon 358 (95b II, 34, 3 7 ff.; bgl. de syn. 29 ff. p.478), bai^ aSJieberl^ocl^fommen
ber arionifierenben S^enbenjen, bie ^^Sldne einer neuen ©imobe in 9iifomebien (95b II, 50 ff. ;
de syn. 8 p. 462 E). ^n biefer ^txt ttl)'\dt ^ilariu^ enblic^ 3lad)xxd)t an^ ©aßien:
auc^ bort ^atte man, unb jloar in benfelben 2!agen, in benen bie ©^nobe bon Slnc^ra
tagte (de syn. 28 p. 477C), alfo Dftem 358, bie finuifc^e Jormel abgetoiefen (de syn. 2 40
p. 459 B); ©atumin bon ärle^, bem man nad) ber afiailänber ©bnobe (alfo frü^eften^
©ommer 355) bie Äirc^engemeinfc^aft aufgcfagt ^atte, loar, obmo^l inglpifd^en brei boBe
^afyct bergangen toaren (de syn. 2 p. 459 B), noc^ nid^t loieber in günftigere ^ßofition
gelommen. 3e beforgter ^ilariu^ gegenüber bem bii^^crigen ©c^toeigen feiner Sanbeleute
getoefen toar (de syn. 1 p. 458), befto me^r erfreuten i^n biefe Jiac^rid^ten. 2!)od^ toecften 45
fic gugleic^ 95eforgniffe. 2)er ^^Slan einer neuen ©^nobe in Sit^^nien, ju ber auc^ bon
ben ©aUiem [fd^on bor i^em SriefcJ einige citiert maren (de syn. 8 p. 462 f.; bgl.
not a), botte fidf gtoar nad^ bem (Srbbeben bom 24. 2luguft 358 jerfc^Iagen (95b II,
34,56); aUein ber ©ebanfe einer neuen ©^nobe überF^upt blieb lebenbig — unb erfüllte
^iloriu^ mit ©orgen. 6r ^atte injtoifc^en über bie noc^ Heine (de syn. 63 p. 498B)eo
^omoiufianij^e ^Partei be^ Orient« tro^ i^reö älUberftreben« gegen ba« „Homousion"
günftig beuten gelernt; aber er tou^e, ba^ feine greunbe in ©atlien meinten, überall
au|er^!alb ©aHien« gäbe e« nur .^äretifer (de syn. 8 p. 463 A): mu^te nic^t bei einer
neuen ©^nobe ba« gegenfeitige 3)ft|trauen ber äbenblänber unb ber §omoiufianer (de
syn. 8 p. 463 B) ben ärianem ju gute fornmeni* ^iefe ßrtoägung ^at bem §ilariu«, 66
al« ftott ber einen ©^nobe fc^on eine Soj)t)elfbnobe in Slnc^ra unb Stimini in äußfid^t
genommen toor (de syn. 8 p. 463 A; bgl. 95b II, 34,:>9), ßnbe 358 ober älnfang 359
— toifl man biefe alte, au^ allem Obigen ftc^ ergebenbe 2)atierung (Coustant, vita 51)
lUH^ tnröjirieren, fo fc^eint mir „Anfang 359" (d^eintens ©. 174) riäitiger al«„enbe 358"
(Gwatkin ©. 164) — , bie 9[}eranlaffung gegeben ju bem 3)oj)j)elfenbfd^reiben an bie oo
62 ^tliirind tioti foitia»
©attier unb an bie ^omoiuftaner, ba^ ^icron^mu« (catalog. 100) oI« „liber de
synodis" citiert, toä^rmb e« gcgentoärtiö unter bem jumS^eil bon ben Senebiltmem gcs
fqaffcncn (praef. 9h:. 5 I, 447) %\ttl „de synodis, seu de fide Orientalium"
bflannt ift (opp. II, 457—520). ®te« Heine ©d^riftc^en ift eine ber mterejfantcfien
5 Urlunben be« arianifd^en ©treite«, eine Oclegen^eitöfd^rift, bie öon ber ebenfo treuen unb
eJ^rlid^en atö fingen unb h)eitjt4tigen ,,8efenner"-®röfee beö ^iloriu« ein rü^menbe^
^eugnt« ablegt unb ^ugleid^ bie $arteit)er^ältniffe i^rer 3^* \o fq^arf beleuchtet, ba^ erft
bie neuere ^orfd^ung (ögl. 8b II, 32, 52 ff.) i^r in hjac^fenbem 3Rafee f}at gerecht toerben
lönnen. 3)te ©d^rift (ögl. ba« SReferat bei SReinfen« ©. 173—183) ift ein (Segcnfttic! ju
10 ber faltifc^ arianifierenben „^eben^formel" ber ^ofbif^öfe, ber fog. 2. firmifc^en gonnel :
ein aWanifeft %ux Einigung ber 3lnti=2trianer, ber §omouftaner be« Dccibent^ unb ber
ßomoiufianer be« Oriente. 3lai) einer bon feinen ßrfal^rungen unb ben IirdS^t)oKttfdben
Ser^öltniffen im allgemeinen au^el^enben, bel(;utfam ba^ SBo^Itootten feiner gallifcpen
greunbe ftd^ erbittenben ©inleitung (1—9) toenbet ftd^^ilariu« in bem erften Seile feine«
15 ©enbfd^eiben« (10—15) an bie Dccibentalen, um biefen Ilar m mad^en, boft bie $omois
uftaner be« Orient« im ®runbe ba«felbe tooflen, toie pe. 3u bem ^}^^ erläutert er
nad^ SBoronftettung ber „bla«))^emifd^en" jhjeiten firmifd^en gormel bie biefer entgegen^
gefÄten älnat^emati^men bon Slnc^ra (S3b II, 34,28 ff.), bie Äird^toei^formel bon am
tiod^ien [bie bon ber britten firmifc^en ^ormel aufgenommen toar, S3b II, 34, 40], ba«
20 SJefenntni« ber Orientalen bon ©arbila (S3b II, 27,29) unb bie [gleid^faB« 358 in Sir-
mium acce^tierte] fog. erfte firmifd^e ^ormel bon 351 (Sb II, 30, 11 unb 34,3^). @^
legentlic^ biefer Erläuterung bef^riAt §ilariu« bie bifferenten Sermini mit itm^toti, bie
toefentlid^ gleid^e abftd^t bcrfelben ilar^uftetten, unb fd^lie^t nad^ 3lu«fü^rungen über bie
SDlangel^aptigleit aller gormcln — non enim infinitus et immensus deus brevibus
25humani sermonis eloquiis vel intelligi potuit vel ostendi (62 p. 497 B) — , mit
abermaligem ^intoei« auf bie 2Birren im Orient (c. 63) unb mit einem eignen, burc^u«
ort^obojen S3elenntni« (64. 65), ba« ol(;ne SSertoenbung ber Sermini djLioovaiog unb 6-
fjLoiovoiog ben älbftd^ten beiber gerecht gu n)erben fuc^t (non unum subsist^ntem,
sed substantiam non differentem, c. 64 p. 499 B). gm jtoeiten Seile (66—92)
90 toenbet ful^ §. an bie Orientalen, fpejieH an bie „sanctissimi viri" Saftliu« b. änöjra,
©uftat^iu« bon ©ebafte unb @leufiu« bon G^jifu« (c. 90 p. 516 B), jeigt i^nen, ba^
ba« öjuoovoiog, ob e« gleich irrig berftanben toerben fann, feinen guten ©inn f)at, er*
örtert bie gute Slbfid^t be« öjuowvaiog, tabelt freimütig bie Sertoerfung be« Sfioauoiog,
redj^tfertigt ba« 5Wicänum, bef^ri^t bie Verurteilung h^öfxoovaiog auf ber antiod^enifd^en
86 ©^nobe gegen 5ßaul bon ©amofata (bgl. S3b II, 34, 38) unb bie ©efal^ren be« Serminu«
öfwiovoiog, um mit ber energif^en Sitte um änf^lu^ an ba« rec^tberftanbene ö/xoovaiog
2U fd^lie^en: oro vos, fratres, adimite suspicionem ; . . ut probari possit homoe-
usion, non improbemus homousion (91 p. 517 A). polest inter nos optimiis
fidel Status eondi (ib. p. 518B). — ©iefe ©c^rift beö ^ilariu^ eilte ber Snttoidtelung
40 um mel^rere ^a\)xt borau«, occibentalifc^e ßiferer — fiucifer bon ßalari^ bor anbem —
l^aben fie angegttffen, ^ilariu^ l)ai eine apologetica ad reprehensores libri de syno-
dis responsa fd^reiben muffen, bon ber nur toenige gragmente auf un« gelommcn
ftnb, toeld^e bie gorm biefer 33erteibigung^fc^rift ni^t mc^r erfennen laffen (opp. II,
521—24).
46 Sermutlid^ nod^ e^e §ilariu^ ju biefer apologetica responsio genötigt tourbe, jog
er felbft bie ))raltifd^e Äonfequenj auö feinen irenifc^cn 3lugfü^rungcn : tüä^renb ber ©^nobe
in ©eleucia (Sb II, 36, 35) fanb aud^ er — toie ©ul))iciu« ©eberu^ (chron. II, 42, 2)
berid^tet, aufSefe^l be« Sifariu« — bort fic^ ein (contra Const. 12, II, 572 AB) unb
^at l^ier, fo fe^r er bon ben arianifierenben §omöem unb bon ben änl^omöem ftc^ ab«
60 geftofeen füllte (contra Const. 13 p. 573 B , bgl. 33b V, 579, 11 ; ae^nlid^eg ib. 14
!). 574), offenbar mit ben §omoiufianem fic^ jufammengefunben, toä^enb ber SSer^Ktnbs
ungen bei i^nen „j^o^jjitiert" (Sulp. Sev. II, 42, 5; bgl. contra Const. 12 p. 573 A).
6r begleitete aud^ (Sulp. Sev. II, 45, 3) nad^ ber ©l^nobe bie j^omoiuftanifc^en ®es
fanbten (93b II, 37,22) in bie §aut)tftabt. .§icr toetltc er, n)ä^renb bie 95ej3utierten bon
66 ©eleucia mit benen bon Stimini, gu bcnen auc^ fein ©egner ©atumin bon Slrled gehört
)u l^aben fd^eint (benn nac^ ad Const. II, 2. II, 543 D ift er unter ben „ceteris" bei
Hil. fragm. 10, 1. II, 693 B ju fud^en), auf ©runb be« blaffen ^omöifd^en »elcnnt*
niffe^ ^xd) bereinigen mußten (93b II, 37,25—35). 9Jod^ loäl^rcnb ber Äonftantinopolitoncr
©^nobe bom ganuar unb ^Jebruar 360 (ad Const. II, 8. II, 548 A) toar er in Äon=
00 ftantinopel (ad Const. II, 8. II, 548 A). ^amali^ (ad Const. 1. c.) f^rieb er feine
^aonttd tiott ^mtt» 63
jtoeitc ßtngabe an bcn Äaifer (ad. Const. II. II, 543—550). S3efd^eiben, \a xxxäfi Qoni
ofyxt Äurialfttl (t)0l. 4 p. 544 C: optime ac religiosissime Imperator), ober unter
mutigem §inh)ete auf bie ^eillofe SSertoirrung ber ©cgenlüart — bie c. 5 p. 546A er«
toa^nten öier gormein „beiS aSorjjoi^re«" fmb m. @. bie bierte jtrmif^e (^a^n* § 163),
bie definitio ber Dccibentalen in Slimini (Mansi III, 298 DE), bog ©V'"''^*>I ^^ Slcos 6
cianer in ©eleucia, auf bcffcn Slnfang Äilariuö m. ®. beutlic^ auffielt (^a^n* § 165),
unb ba^ Jlonftantinoj)oIitanum ber ©^toeftemac^t 359/60 (§a^n' § 167) — unb unter
d^attert^oQer ^iptOigung bed b(a{fen ^omoi^mu^ (ber miserabilis nostri temporis
fides, 5 p. 546 B) bittet ^ier $., bor ber berfammeltcn ©^nobe in ©egentoart bed
Äaifer« mit ©atumin fonfrontiert ju toerben unb über ben ©lauben reben ju bürfen. lo
®iefe ©ingabe ^at ba« ©ii^idfal beö §ilariu« getoanbelt (Hieron. chron. ad ann. Abr.
2375): e^ toarb il^m, loie ©uljjiciu^ ©eberu^ fagt (chron. II, 45, 4), „befohlen", nad^
®allten jurüdjufe^en, nid^t toeil man ba«@jil i^m erlaffen l^abe(©inn? bgl. CJoustant.
vita 82; Tülemont VII, 453), fonbem toeil man il^n al^ „discordiae seminarium
et perturbator Orientis" anfa^. ^ieron^mu^ (chron.) fagt nur, §ilariug fei nac^ einer i6
Singobe an ben Jtaifer nac^ ©oQien jurücfgelel^rt, aucf^ ©ult)iciud toeig in ber vita Mar-
tini (6, 7. CSEL 1,117) nur öon „erloubnt«" inxdlMUfyc, unb^ilariu« felbft fc^eint
onjubeuten, ba| er [au^ Äonftantino^el] entflogen fei (contra Const. 11 p. 570 C, t)gl.
unten). Stuf ben fbon ^ieron^mu^ abhängigen] Serid^t be^ ©u^)iciu^ barf man be^j^olb
fc^toerlic^ bauen. @enug, ^ilariu^ !ebrte gurüdf. 3o
3. Sn toelc^er ©timmung er jurüclfel^rte, geigt fein jomige« ©dbreiben an feine [gallifd^en]
9)litbif^öfe, ba^ unter bemütel contra Constantium — unboUftänbig (gegen praef. 15
p. 559), aber j. 3:. mit einem au^ de trinitate jufammengeftüdften ®rfa^©(^Iuffe — er«
iKiIten ift (opp. II, 561—586 bejlo. 583). §ilariu^ ruft ^ier auf gu tobe^utigem
Äampfe gegen ben „3lntid^rift" Äonftantiu« (c. 5 p. 564 D), fritifiert in rl^etorifd^er Sin? 25
rebe an ben Äaifer felbft, beffen gefamte Äird^enj)oHtiI, bomel^mlid^ (c. 21 p. 578) ben
t>on i^m eingeführten ^omöi^mu^, mad^t ben Äaifer beranttoortlic^ bafür, bafe bie Äir^e
bani ben fteten Snberungen im ®lauben (c. 23 f.) unb bani ber ©efmnung^lofigleit ber
Sifd^öfe (c.25. 27) jum „©efjjött h)irb"(25p.581C). 3Ran E^at früher ben gemäßigten,
ben ^omoiuftanem entgegen!ommenben ^ilariui^ l)m nic^t toieber er!ennen ju lönnen ge« so
meint (bgl. praef. 1 p. 553). allein einen 3Biberf))rudE> ju ber freunblid^en Beurteilung
ber §omoiuftaner in de synodis ^at man nur gefunben, loeil man bie ?$olemiI gegen
bie „simüitudo" nic^t )pxäix\t al^ ^olemil gegen bai^ bloße Sjuoiog faßte (auc^ praef. 2
unb p. 579 not. b ift nic^t rid^tig) unb loeil man ben ©pott in c. 25 nic^t t>erftanben
fyd (hierüber Slid^tigeö in praef. 2): — eine „pia intelligentia" (apologetica p. 521 C) 86
be« SjiAotovoiog lennt auc^ bie ©d^rift contra Constantium (t)gl. 12 p. 573 A).
„aWilbe" unb „gemäßigt" freilid^ ift bie ©c^rift nid^t. TOit einer Serebfamleit, bie toie
ein übert>ofler ©ebirg^bac^ bal^inftürmt, fä^rt §ilariu« gegen ben Äaifer lo^. Mein baö
gereift i^m h)a]^rIidE> nid^t jur Unel[|re. (Gegenüber ber elenben „griebeng"5^olitif eine«
Äaifer«, ber bur^ feine aDer^öd^fte ®unft bie ©eloiffen ertötete — intra palatium ho- 40
norat ad servitutem . . ., unitatem procurat, ne pax sit (c. 5) — , toirlt „ber
30m ber freien SRebe" erfrifd^enb, loie ein ©eioitter in fc^loülcr 3)unftatmof))l^äre. S^^t
toäre bie ©c^rift nac^ Äonftantiu«' 3:ob gefc^rieben (Hieron. cat. 100 ; baß mit bem
,,aliu8 libellus in Constantium" unfere ©d^rift gemeint ift, ift, abgefei^en bon ber frag-
lichen 8etoei«feaft ber ep. Hieron. 108, 13 Vall. I, 2 p. 703 cf. not. c, m.Q. fic^er), 45
fo yoare pe nid^t mel^r toert, al« ber Iritt be« ßfete auf ben toten Sötoen. Slttcin bie
Schrift felbft betoeift, baß fte fünf Sal^r na^ ber SRailänber ©^^nobe (c. 2 p. 562 B),
ju ber k^ gefd^rieben ift, ba Äonftantiu« ben Orient unter bie g'^rmel bon Äonftan«
tinopcl beugte (c. 15. 25. 27) — ^rti^ia^r 360 (9leinlen«©.234: 2)eaember 359; irrig,
bcnn c. 7 jtoingt nic^t, unb bie 3lbfaffung nac^ ad Const. II ift jloeifello«). 2)ie so
„^erou^gabe" in bie 3^^ ^<^^ Äonftantiu«' 3:ob berjögert j\u beulen (Bened. praef. 14),
mad^t ber Irrtum be« §ieron^mu« nid^t nötig, ber ßl^arafter be« §ilariu« nid^t rätlic^.
^iloriu« toar, ate er biefe ©4rif t fc^rieb, noci^ „Verbannter" (c. 2 p. 563 A), toußte [16)
„Derfolgt" (c. 9 p. 568 A): ba^ läßt im 3Serein mit bem rätfel^aften „fugere mihi
sab Nerone licuit" (c. Const. 11 p. 570 C; bgl. oben) barauf fc^Iießen, baß bie»
©c^rift auf ber me^ eigenmäd^tigen al^ „befoE^lenen" SlüdEreife bon Äonftantino^el nac^
(Soilien entftanben ift. gn biefe ©ituation pa^i ber 3:on bortrefflid^. Übrigen« loiffen
toir )^on biefer SRüdEreife nur, baß §ilariu« — unb ba« J)aßt ju i^rem nic^t befohlenen
ß^tahcr — }u ©d^iff Äonftantino^el öerlaffen f^ben muß; benn bie SBeiterreife fü^e
i^ über %>m (Sulpic. Sev., vita Mart. 6, 7 ; Dgl. chron. 11^ 45, 5 : permensus ao
64 ^ilorittd tioti ^oitierd
orbem paene terrarum). SBann er nad^ 5ßoitierg jurüdflel^rte — ob noc^ 360 (toa^
mir fei^r untoa^rfd^dnlic^ ift), ober erft 361 (fd^on bor Äonftantiuö* lob machte ^ulian^
©rl^ebung bie^ unßefäl(;rlic^) —, lä^t fic^, je unfic^erer bte Umftänbe ber Slüdtlel^r fmb,
befto tocniger fagen. 3)a^ aber toiffen toir, ba^ ^ilariu^ — unus Hilarius, fagt ©ul=
6 piciu^ ©ebcru^ (chron. II, 45, 7) — nad) feiner SHücffel^r in ©oDien bie ^örefte gu-
rücljubrängen bermoc^te (Sulp. Sev. chron. II, 45, 5 ff. ; Hieron. chron. ad ann. 2376).
3)ie ben Satumin ejlommuni^ierenbe ©^nobe in^ari^ (100^1361), beren SV"«^^^^'^^^"
toir noc^ l^aben (Hilar., fragm. 11 opp. II, 697 ff.), gehört in bicfen gef^ic^tUd^en 3«=
fammen^ng: §ilariu^ too^nte ibr an (1 p. 698 B unb 4 p. 700 A), unb feinen ©eift
10 atmet ber ©^nobalbrief. Unb nid^t auf GJaHien allein befd^ränlte §ilariu« feine antis
^öretifc^e 3^l^ätigfeit. ^n Italien reid^te er ju ö^nlid^em 2^un bem au^ bem ® jil jimitfs
gelehrten ßufeb öon SerceUi bie §anb (Rufin. h. e. I, 30 fin. MSL 21, 501 A; bgl.
Sb V, 623, 55 ff.). aiDein i^r ^au^jtgegner, 2lujentiu« toon 3JlaiIanb (geft. 374), ber ^o=
möifc^e 5Ra4folger be^ ®ion^pu^ feit ber 5Railänber ©^nobe (tjgl. 35b II, 31,«), tou^te
16 fie bem im Jlobember 364 (Qoyau, Chronologie p. 507) in 3JlaiIanb einjie^enben
neuen Äaifer, 3Jalentinian, al^ ©törenfriebe J^injufteHen (bgl. contra Aux. 7. II, 597 B
mit ben f^ätem äu^fagen be« aujentiu« ib. 13 unb 15 p. 600 D unb 602 C): aSalen^
tinian berbot nun „edicto gravi" ben ^rieben ber [bon il^m für ortl^obog angefel^enen]
ÜRailänber Äirc^e gu ftören (1.' c. 7; bgl. Sleinleni^ ©. 258 not. 5). §ilariu^ aber machte
30 „ino^j)ortune", ben Slugentiu^ anflagenbe ©egenüorfteHungen, unb Salentinian liefe barauf
beibe in (Segenloart bon jel^n anberen $if(^öfen Don bem Quaestor [sacri palatii] unb
bem Magister [officiorum] ber^ören: atusentiui^ bequemte fic^, aU ^erfönlit^e SSerbäc^s
tigungen nid^t^ öerfd^Iugen, loie §ilariuö fagt — unb er beruft fid^ auf ein ^ProtofoD,
ba^ er nebft einer neuen Eingabe burc^ ben Duäftor bem Äaifer überreid^en liefe, -— gur
26 Slnerlennung ber ^omoufie (c. Aux. 7 p. 597 D), toufete bann aber — ettoa 2lnfang
365 (^umeift: noc^ 364; aDein bie ©ac^e fann fic^ red^t too^I länger ^ingejogen i^abm,
unb baö „ante decem annos" in c. 13 p. 600 D toeift auf ^l^jal^r 365) — in
einer Singabe an ben Äaifer unter boHeren gormein auf l[;omöifd^en ©lauben [\d) jurüdE=
äujiel^en (c. 14 — $a^n^ § 134) unb ben §ilariu^ unb ßufebiu« auf^ neue ju t)er=
►äd^tigen (ögl. 95b V, 623,58). Site barauf ^Uariuö bie 3;rügereien be« aiujentiuö —
offenbar in mtinblic^er 3lgitation — aufjubedfen berfud^te, tourbe er angeloiefen, 5KaiIanb
ju berlaRen (c. 9 p. 598 C). 3)ag offene ©d^reibcn, in bem er (jloeifello« 365) aßen
rec^tgläuoigen 35ifd^öfen unb fiaien üon biefen ®efd[>e]^niffen Äunbe gab (opp. II, 593
bi^ 602), ift ate „elegans contra Auxentium libellus" fc^on öon ^ieron^mu^ er*
a6h)ä^nt; t)on ben Beilagen, bie §ilariu^ Derfjjrid^t (c. 7 p. 597 D unb 10 p. 598 D),
ift bie ßingabe be^ Slujentiu^ erhalten, bie be^ ^ilariu^ famt bem ^Protofott über bie
Ruftimmung be^ 2lujentiu^ jur §omoufte berloren. — 3)ic^ ©(^reiben betreffe bed
Sujentiu^ ift ba^ le^te batierbare ßreigni^ au^ bem Seben bc^ ^ilariui^. ©ein iob [in
^oitierö] ioirb Don ^ieron^mu^ in ber ßE^ronif in ba^ [elfte ^a^x t)or feinem ©c^lufeio^r
40 378, in ba^] vierte ga^r be« iklcntinian unb Salen^ (b. i. ^rü^ja^r 367 bi« grü^*
iQi}x 368) gefegt, bon bem [übrigen^ tocniger öerläfelic^en] ©utjjiciu^ ©eüerug (chron. II,
45, 9) in baiS fec^fte "^al^x „postquam redierat". 35eibe 3lngabcn brauchen nic^t ol^
bifferierenb gebad;t ju »erben, loenn man annimmt, bafe ^^^lariuö erft 361 in ^oitierö
toieber eintraf (bgl. oben). 2)ie Äalenbertage ber ^^rabition — ber 13. gönuar ^ier, ber
45 1. 9lobember bort (Coustant. vita 1 13) — erfc^eincn n>enig berläfelid^, unb ber 13. 3«=
nuar 368 pafet leineefall^, ber 1. 5Rot)ember 357 (fo Coustant, vita 114) fc^toerlic^ )u
ber älngabe bei3 ©ul))iciu^ ©eberu^. ''Man loirb o^ne nähere 2lngabe bei bem ga^re 367
fte^en bleiben muffen.
4. Über bie äKerfe be^ ^ilariui^ giebt ^ieront^mu^ (cat. 100) eine fd^endtoerte
60 Überfielt. Qx nennt 1. duodecim adv. Arianos libros (^= de trinitate), 2. librum
de synodis ad Galliarum episcopos, 3. in psalmos 1. 2. 51—62 unb 118 — 150
commentarios, 4. ad Constantium libellum, 5. alium in Constantium, 6. einen
liber adversum Valentem et Ursacium, historiam Ariminensis et Seleuciensis
synodi continens, 7. ad praefectum Salustium sive contra Dioscorum, 8. einen
65 über hymnorum, 9. — bafe 8 unb 9 ju trennen finb, ift offenbar (gegen 6bert I,
142 Slnm.) — einen über mysteriorum, 10. commentarios in Matthaeum,
11. tractatus in lob, 12. ben libellus contra Auxentium, 13. nonnullas ad
diversos epistolas. 3[}on biefen Opera Hilarii finb 9]r. 10, 1< 2, 4 (= ad Constant. II ;
bgl. chron. ad ann. 2375), 5 unb 12, foipie ber bem §ieron^muö unbelannt geblie^
öo benc ober Ijon i^m mit ju 13 gered;netc libellus 1 ad Constantium unb bie glei^folte
^Uortud t>ou ^ottterd 65
J?on ,g)ieronVuiuö nic^t ertoä^ntc, ober bielleid^t ani) gu 13 gercd^ncte apologetica re-
sponsio ad reprehensores libri de synodis im SJorigen fc^on au^rcid^enb bcfj)roc^en.
äu^crbcm finb Don bcn burc^ ^ieronbmu^ bezeugten SÖcrfen erl^altcn 3lx, 3, teiltoeifc
9?r. 9, Fragmente öon 8 unb 11. 2)ie tractatus in psalmos (9Jr. 3) bcfi^cn h)ir
(opp. I, 1—654; ed. 3i"9^I^ CESL 22) fogar boUftänbigcr, aU §ieronVmu^ fic 6
fanntc (^f 1. 2. 9. 13. 14. 51—69. 91. 118—150). |)«ariu« gel^t in bicfcr, feinen
lefeten Sebenöja^ren angel^örigen (admon. 2) ^falmenerflärung, freiließ jelbftftänbiger aU
^leron^muö e^ barfteHt (apol. in Ruf. 1, 2, Vall. 2, 1 p. 459 C), aber o^ne felbft*
ftänbigc Kenntnis be^ .Oebräifd^en (bgl. Hieron. ep. 34, 3, Vall. 1, 1 p. 156 D), in
ben 33al(;nen beö Crigene^ ; feine Gjegefe ift, obglei^ fie ben Söäortfmn nidbt burc^aui^ lo
ignoriert, a\x6) ^ier toefentlic^ (tric im 3Katt|äuöfommentar auöfd^liefelic^) auf ben
t^^jifdfien unb aDegorifc^en ©inn gerid^tct. — 2)er liber mysteriorum galt, obtüo^l
ä. 3Kai nod^©))uren einer §anbfci^rift in ^Hontecafftno fanb (Nov. Bibl. Patr. 1, 1, SRom
1852 p. 472), nod^ für SReinlen^ al^ t)erIoren; man bermutete mit ßouftant (vitalU)
tn i^m eine drläuterung ber griec^ifdE^en Siturgie. ^m ^a!i)xt 1887 aber l)at ©amurrini i6
(ögl. oben bei ber Sitteratur) au^ einem codex Arretinus, toenn aud^ unboUftänbig,
einen [in ber §anbfc^rift in ^iüei Sucher geteilten] tractatus mysteriorum S. Hilarii
t>ubli}tert, beffen S^^^i^öt mit ben bon ^ieron^mu^ crtoä^nten ßbert (I*, 142 2lnm.), toie
mir fc^eint, mit Unredfit, jebenfallö mit unjureidE^enben ©rünben beftritten l^at. 2)ie fieberen
jn^ot^efen über ben ^nl^alt beö ^ilarianifc^en liber mysteriorum (SReinlen^ ©. 267) ao
^at biefer ^unb grünblic^ beifeite gefc^oben: bae Sud^ erflärt bie „©el^eimniffe", toelc^e
bic ^Vt^ologie in ben 3^^aten unb ©rlebniffen ber 3Hänner bc^ 313: „ab Adam usque
ad Noe, deinde Abraae, Isaac"etc. (subscriptio cod., Gamurrini p.28) finbet. 2lu^er
bcm §inh)eife auf bie ^ebräifc^e unb griec^if^e Sebcutung be^ 3Borte^ Slbam (Gam.
©. 4) loeift in bem Gr^altenen m. 6. nic^t^ in bie ft)ätere Sebenöjeit bc^ §ilariu^. 26
aSon ben ^l^mnen (9Jr. 8), bie unter bem 9iamen beö Jpilariu^ gcl^^, galt bi^ auf ®a=
murrini^ %nn\>, feiner für ec^t, auc^ nic^t (t)gl. Seinfen^ S. 313 f.) ber ÜKorgen^^mnuö
„Lucis largitor splendide" (opp, II, 529 f.) unb ber3lbenbl(;^mnuö „Sed coeli clara"
(Mai, Nova Bibl. patr. 1, 1 p. 491 f.). ©eit ©amurrini ^at (tro^ (gbert I, 412 3lnm.)
ber t)on i^m [nic^t ganj boUftänbigj publijicrte trinitarifcfic Slbecebariu« (©. 28—30 ; 30
and), unb beffer, bei 2)reüe^ ©. 360 f.) Slnf^rurfi barauf, ai^ e(^t ju gelten, bi^ — \vai
bislang nic^t gefc^el(;en ift — bie Unmöglid^feit biejer Slnnal^me bqrget^an toirb. ©egen
bie 5h?ei anbem §^mncn aber, bie im fiober t)on Slrejjo unter ber Überf^rift „Incipiunt
hymni ejusdem" bem ertüö^nten Slbecebariu^ nac^ einer Südfe t)on 12©eiten folgen (Gam.
®. 30—32 ; 2)reDe^ a. a. D.), taffen \xd) Sebenfen geltenb machen ((Sbcrt a. a. D.), bie 35
and) 2)rebeg nodfi nic^t befeitigt l^at. 3}on ben tractatus in lob (5lr. 11), „quos de
Graeco Origenis ad sensum transtulit (Hieron. cat. 100), ^at Sluguftin jloei
gragmente erhalten (opp. II, 7 1 1 ff .). ©ie muffen toegcn il^rer Slb^ängigfeit bonDrigene«
(ögl. aud^ Hieron. Apol. adv. Ruf. 1, 2, Vall. 2, 1 p. 459 C) ber ßeit nac^ ber SSer«
bannung be^ §ilariu« angehören. 3)er brevis libellus, quem scripsit [Hilarius] 40
contra Dioscorum medicum, [in quo] quid in litteris posset ostendit (Hieron.
ep. 70, 5, Vall. 1, 1 p. 430 A, oben ^ir. 7), ift f^jurlo« bcrloren. 33on ©riefen be«
^ilariuö (oben 9?r. 13) ift, abgefel^en bon ben fd^on ertoäl^nten, ^umeift aud^ t)on ^iero^
n^muig befonber^ genannten briefartigen 35}erfen, nic^t^ er(^alten, njenn bie epistula ad
Abram filiam (opp. II, 525—528) tro^ ^ortunatu^, mit beffen vita fie famt bem 45
oben ertoä^nten SBJorgen^l^mnuö l^anbfc^riftlic^ berbunben ift, für uned;t gehalten werben
mufe. Gouftant (p. 523) unb au^i lillemont (VII, 448 unb not. 10 p. 751) ^aben
freilid^^ biefcn ©rief gegen altcgtoeifel t)erteibigt; allein, berec^tigtemjeife, mit loenig 6rfolg
(Sleinlenö ©. 227 ff.; Ärufc^, MG auct. antiq. IV, 2 p. VI). Db ber bon gortunatu«
ertDol^nte ©rief an bie Stbra, ben man in feiner ßeit „mit ber eigenen Unterfd^rift be^ 50
ipUariuig" in ^oitiere aufbetüal^rte (vita 6), ein mit bicfem JJalfifilat ibentifd^e^, ober ein
öon i^m ju unterfc^eibenbe^ Falsum (fo Ärufc^ p. VI), ober td)i geipefcn ift (f. Sleinfenö
231 f.), lann m. 6. nic^t mit ©id^erl^eit entfd^ieben werben. — CSinc überaus fd^tüierige J^age
giebt 5Rr. 6 ber §ieroni9mianifd^en i^ifte auf (t)gl. Skinfen^ ©. 210 ff.). 2Bir ^aben — jum min-
beften (t)gl.praef. 2 fin., opp. II, 603) burc^ jtoei ^anbf^riften — 15 ^agmente „ex opere 66
historico" erl^olten (opp. II, 617—710), mit ß^Hc^e^bcmerfungen berfel^ene Urlunben,
bie biö in bie ^eit beö Äonjil^ toon ©arbifa jurüdfgel^en (Fragm. II) unb nod^ einen
Srief be« Urfaciu^ unbSalen^ t)om 18. ^ejember 366 unb bie Slnttoort be^ ©erminiu^
b. ©irmium (Fragm. XI ; Dgl. 83b II, 39, 2. i:j) mit umfaffen. 3)ie ^agmente 1, 2,
4, 12, 14, 15, 6 unb 10, bie in ben Jpanbfc^riften hinter ben mit i^nen nic^t orga- oo
»eaUdncpriopäbie ffir iT^eoIogte uub Stirere. 3. 21. Vlll. 5
66 ^Üariui^ Hott ^oitttri^
nxjd) tocrbunbcncn Fragmenten 11, Vo, ;>, 8, 9, 5 unb 7 i^ren $Ia^ ^aben, fmb burc^
Üoerjc^rift (Incipit liber S. Hilarii Pictavensis . . ., in quo sunt omnia, quae
ostendunt vel quomodo, quibusnam ex causis etc factum est Ariminense
concilium etc. opp. II, 617) unb Unterfc^rift (Explicit liber S. Hilarii ex opere
5 historico, praef. 2 p. 603) bem §ilariu^ jugcf daneben ; bic erfte Steige bcr ^xa^mtnic
ift anont^m, aber i^rer Slrt nac^ ber jtoeiten burd^au^ toeriüanbt. ©inb oDc bicfe ^oq-
mente ober hjenigften^ einige öon i^nen gragntente be^ bem §ieron^mug befannten
liber adversum Valentem et Ursacium, historiam Ariminensis et Selcuciensis
synodi continens" V ober fmb e^ ^ragmente einer anberen ©c^rift ? ober 5Katerialien
10 ^u einer ©c^rift '^ 2)ie le^tere SKöglic^feit ift bem ^anbfc^riftlid^en 3^"9»^i^ gegenüber
(„ex opere historico") m. (S. beifeitc ju laffen ; aud^ bie jtoeitc öerbient nad) bem g^uflni^
ber Überfc^rift ber .^ff. nic^t toertolgt ju Serben. 2)ocl^ felbft toenn bieg zugegeben U)trb,
bleiben nod^ Diele F'^agen. Gouftant leitete alle ^wgmente au« ber ©dS^rift gegen Urfaciu«
unb 93alen« ab ; auf mobem^römifc^er ©eite ift, toeil Fragm. IV unb VI (= 3aff6 *
ib3lx. 207 unb 217—219) für bie Siberiu^grage toon Sßic^tigfeit ftnb, bie ^H« be« 3e^
fuiten ©tittincf (AS Sept. VI, 754—80) beliebt, ba^ nur bo« erfte gragment ein
^(i)M Fragment ber ©c^rift gegen Urfaciu« unb SSalen« fei (fo auc^ SorbenJ^toer
©. 378 ; ba« ftirc^enlesifon toon SBJefeer unb SBelte 2. Sufl. V, 2051 Iä|t oud^ ba«
gtoeite gelten, ©tiltincf toar felbft ^ier f<|n)anfenb); Sleinfcn« f(^ieb in ber [m. ß. gänglid^
20 unnötigen] 5Weinung, ba^ 3Berf be^S §itariii6 jei in Äonftantinoj)el tooHenbet, alle jüngeren
^agmente (XI— XV) au«, ^ielt aber (©. 2 18 f.) ^ragm. IV unb VI, ganj obgefc^en
batoon, ob fie ed^te Briefe be« Siberiu« gäben, für ec^te Fragmente be« §ilariu«. 3" ber
SC^at ift bie^rage nac^ ber ßc^t^eit bcr £iberiu«^8riefe (^aff^ 207,217—219) öon bcr
IJrage ju fd^eiben, ob Fragment IV unb VI §ilariu«=5ragmente fmb; benn felbft ba«
26 toäre bentbar, ba| .öilariu« Fragment IV al« gdlfd^ung jur Slo^ellung ber tJ^lfd^er
mitgeteilt ^ätte (fo Coustant p. 667 not. g). 35enno(^ ift eine 6ntf(^eibung fc^toer.
3)0^, bi« bie neue 9lu«gabe im CSEL vorliegt — erft bann h)irb einbringenbe Unter-
fud^ung lol^nenb fein — , mu^ m. @. bie§W^^^^f^/ ^^6 ^^^ 15^agmente toon §ilariu«,
unb jtoar an^ bem liber adversum Valentem et Ursacium ^errü^ren, aU bie un^
90 anfecptbarfte gelten. — 33on einem Äommentar jum §obenliebe, toon bem ^ieron^mu^
(cat. 100) fagt, ajunt quidam scripsisse cum et in cantica canticorum, sed a
nobis hoc opus ignoratur, l^aben toir feine toeiterc Äunbe; toielleic^t liegt eine Ser^
toec^^lung mit ben tractatus in cantica graduum (in psalm. opp. I, 414 ff.) toor.
Seftätigt fic^ in bicfem ^e^len jeglid^er 9iad^rid^t über einen Kommentar be^ ^ilariuö
35 jum §o^enlicbe bie [burcb 9üd^terh)ä^nung be« liber I ad Const. unb ber apologetica
— togt. oben — faum bceinträd^tigtej SJollftänbigteit be^ ©c^riftentoerjei(^niffe« be^ $iero=
n^mu^, fo ift e^ begreiflich, ba| alle biejenigen im Saufe ber legten brei S^^^^S^ww^^^
al^ ^ilarianifc^ jjubli^ierten ©d^riften, ioelc^^e bie au^ ^ieron^mu^ belannte ^interlaffcn«
fc^aft be^ §ilariu^ toerme^ren fodten, fic^ al^ unecht ertoiejen l^aben : togl. i&er bie l>on
40 (Souftant in bie appendix Uerioiefenen brei ©tüde beffen praefationes p. 715, 719
unb 723 ; über ben ijon 2)ligne ^ier angefc^loffenen [übrigen^ anonym überlieferten] gunb
Irombellig „epistula seu libellus" (MSL X, 733—750, bejh). mit änm. 727—878)
togl. -Hcinfen^ ©. 271; über ben "oon bemfclben 'Xrombclli Veröffentlichten sermo de
dedicatione (MSL X, 878—884) XrombeUiö eigene l^orrebe (ib. 879 A); über bie öon
45 21. Tlax (Nov. Bibl. Patr. I, 1, 9tom 1852 p. 477—489) ebierten äb^anblungen über
bie Slnfänge bcö 3Jlatt{?äuö= unb be^ 3>^'^^"«^^=^^<^"9c^i""^^ bgl. Sleinfen^ ©. 276—279 ;
über bic ebenfalls Don ÜKai (a. a. D. p. 490) Veröffentlichte ßrflärung toon 3Kt 9, 2 ff. bgl.
Sleinfen^ 279 f.; über bie burcb ^itra (Spicil. Solesm. I, ^ari« 1852, p. 49—159)
al^ ^itarianifcf) gebnidftcn [faftifcb bem SLI^eobor öon a}?o})fuefte gel[^örigen] Srflärungen
50 jum ©alatcrbrief unb ^n ben fleinen ^^aulinen f. S^einfen^ ©. 274 ff. unb Theodori...
in ep. Pauli commentarii ed. H. B. Svvete, Gambribge 1880 unb 1882 ; toad bei
ptra (©. 159—170) nod; folgt, ftebt biefcr jclbft nic^t für ed^t an (SReinlen« ©.275 f.).
Unter bicfcn Umftänben haben bie ^Hüdtf^lüffe auf Verlorene Äommentare be^ §Uariii^
j;u J)aulinifc^cn ©riefen (^einfcn^ ©. 272) m. (S. toenig Überjeugungöfraft ; ■— bc^ felbft
55 ein 2tuguftiu irrig citicren tonnte, jeigt ba^ untet ben Fragmenta ex aliis operibus
Hilarii an le^ter ©tcUc (opp. II, 714 B) gcbrudfte Fragmentum dubium.
i^on bem ©til be« c^oilariue fagt ^ieronmnuiS (ep. 58, 10, Vall. 1, 1 p.326BC):
Hilarius (lallico cothurno attollitur, et, cum Graecis floribus adometur,
longis interdum periodis involvitur et a lectione simpliciorum fratrum
CO procul est. 35a^ ift nic^t gan^ unrichtig, ti^ut aber bem i^Uariu^ )u gunften bed
^ilariitd Hon ^ottterd $ilbebtrt 67
Sj)icgcUbcafe, an bcm §icronl;inu'^ mi^t, Unrecht. iJccrc^ ^at^o^ ift bem .^ilariu^
ficmb; er iji nic^t jcitcn fc^tocrfäHig, btetoeilen unburc^fid^tig, ober nie ixxvxal, öiel-
mel^r fcmig unb d^araftertjoll ; — h)o er fic^ hjirflic^ berebt jeigt, h)ic in contra Const.,
ba l^t i^n me^ bie ©ac^e, bie i^n erregte, ate bie SR^etorif berebt gemacht.
Über bo^ gelegentlich Semerlte ^inau^el^enbe Slu^fül^rungen über bie G^riftologie 6
be^ ^ilariuö toerbcn bcm ä. fienoft« toorbel[^alten.
tier |ei nur ba^ noc^ Qcfagt, bafe §ilariu« gu ben Äirc^enöätem gel^ört, beren Diad^ru^m
teinlemS S. 321 ff.) nic^t belrittelt gu Serben braucht. (Sr hjar toirllidji ein „disci-
pulus veritatis" (contra Const. 12 p. 572 A), ein ^inb toon aü bem ©(|einh>ejen, an
bem bicÄin^e feiner 3cit fo reic^ h>ar. 3loä) l^eute be^erjigen^hjert ift baö c^aralteriftifc^e lo
SBort, bod er (contra Aux. 12, II, 600 A) glatteren 3:^eologen ber toerbenben Staates
bxdft entgegenhielt: Male vos parietum amor cepit, male ecclesiam dei in tectis
aedificiisque veneramini, male sub his pacis nomen ingeritis. fioofi^.
^üütinS, röm. 3)iafon. — SSgl. @. Itriiger, fiucifcr uon 6a(ari§, ßeipjig 1886,
S. 13 u. 88f. 16
ßteron^mu« gebenft im Dialogus contra Luciferianos cp. 21, 2() unb 27 eine«
römif^en SHoIonen §ilariu«, ber aU 3lnf;änger bc« Sifc^of« Sucifer \>on Salari« (f. b. 31.)
ftc^ l>on ber Äirc^e getrennt ^at unb, ate ein Deucalion orbis, bei Strianem bie SEBiebers
taufe angetDanbt tDtffen tvoUte; er i}attt bicfe 9(nftc^t ani^ in libelli de rebaptizandis
haereticis öerteibigt, bie Wxt nic^t me^r befiften. ^nx 3^it ber SUbfaffung be« 2)ialogeg 20
toax ^, nid)t mcfyc unter ben Sebenben. ©c^ule ^at er nic^t gemadbt, benn §ieront;mu«
fagt: cum homine pariter interiit et secta. 2)a6 er ein geborener ©arbinier ge^
tpefen fei (foßaöe, Hist. Litt. 1, Safel 1741, 217 u. a.), berichtet leine Cueflc; bie am
nähme berul^t Ipo^l nur auf einer Sertoec^felung mit bem ^a))fte §ilaru« (f. b. 31.).
aSJa^c^etnlic^ toax e« unfer §ilariu«, ber ben Sucifer 355 nac^ 3JlaiIanb begleitete unb 25
bort neben bem Sifiof ftanbl^aft au^^ante. 3" "^^^ Stnna^me, bafe er toor feinem lobe
Stt fat^olifc^en Äirc^e jurücfgefe^rt fei (fo bie Srüber (Soleti in ben ^rolegomena if^rer
uS^abt ber SBerfe Sucifer« p. XXXVI 5W. 2), ift fein (Srunb toor^anben. ©anj unbe=
rec^tigtertDcife |^at man in §. ben fog. Slmbroftafter (f. b. 21. S3b I 442, 2) erfennen
tDoIIen. Stuguftin (togl. adv. Pelag. 4, 4, 7) toürbe einen Sucifcriancr unb aOBiebertäufer so
niemol« sanctus genannt l^aben. ®. S^rfiger.
filom«, ?Jaj)ft, 461—468. — S8gl. bed ^apfte« ©riefe unb S)e!rete in IVISL 58,
unb (fritifc^) bei 91. 3:t)iel, Epp. Pontificum Romanorum 1, l^runsb. 1868, 120-174;
bcutfd) üon @. ©cnjIoiüSh) in: ©riefe ber "ipäpfte u. f. m., 6. ©b (53ibl. ber ^ircbcnu.),
Kempten 1879, 1—98; Liber Pontificalis ed. Zt). aRommfcn 1, Bcrol. 1898, 107— 111; 35
G. 3. «• ^feJc, ßonAiIien9ef*id)te 2% grcib. 1875, vv. 11.; 3. ©armbt) in DchrB 8, fionb.
1882, 72—74; Ph. Jaff^, Regesta Pontif. Roman. 1*, Lips. 1885, 75-77; JJecbtrup in
ftfi 5, 8rrcib. 1888, 2052-56.
a)er ©arbinier (Lib. Pont. 107, 1) §ilaru^ tourbe toa^rfc^einlic^ am 17. 9totoember
461 ol^ 5Wa(^folger 2eo^ I. jum römif^en Sifc^of getoä^lt unb am 19. 9Joöember ton- 40
fefriert. (Sr ^atte aK Seo« Strc^ibiaton 449 (ögl. Theodoret. Ep. 118. MSG 83, 1328)
ber jtoeiten ©^nobe ju 6})l^efuö beigetoo^nt, ber 3SerurteiIung ^lauian^ energifd^ toiber^
ft^ro^en unb fic^ ber i^m bro^enben 33ergehjaltigung nur burd^ bie glud;t entjiel^en fönnen
(t>gL Ep. 1 = Ep. 46 ber Sriefe 2eo«). 311^ 5ßapft f;at er, in 2eo^ (Bpmm ge^enb, bie
9nf)>räq)e bc« römifd^en ©tu^le^ fräftig geltenb gemacbt. 3" ^^^ orientalifc^en Söirren 45
ctnjugretfen, ^t er — tro$ ber Lib. Pont. 107, 4 crmäl^nten 2)efretale — feine SSer^
anlaffung genommen. 2)agegen befd;äftigten il^n mef^rfac^ bie 3lngelegen^eiten ber fübs
gattifc^ Äirc^e. 3öie 2eo §ilariu^ öon 3We« (f. b. 31.) feine 9)lacbt füllen lie^, fo
^ilaru^ ben SKamertu^ toon l^ienne (ijgl. Ep. 10 toom 25. i^ebruar 464). 2eontiu^ Don
Ärle^ hxnr fein gefügige^ SBcrfjeug. 3lud) ber fpanifc^cn Äirc^e ^at er ©efe^e gegeben 50
(t)gl. Epp. 13—17; befonber« bie aU Ep. 15 bezeichneten 3t{ten ber am 19. 5?oüember
365 abgel^Uenen römifd^en ©i;nobe, ber. erften, beren XJer^anblungen erl^alten fmb). 3)a^
^fkbu4f rül^mt it^m grofee SJcrbienfte lim römifc^e Äird;en unb Älöfter burc^ Sc^enfungen
Otter Art na4 gr ftarb nac^ einer 3(mt^jeit uon 6 3^^^^". 3 9)lonaten unb 10 2:agen
(Üb. Pont. 107, 3) am 28.(?) ?februar 468. (ä>. »rüger. 66
^Ubebert Hou fianarbin^ Sifdtjof üon 2e aKan^, Grjbifd;of toon Xour^,
geji. 1133. — Opp. ed. Antonius Beaugendre, ^ari§ 1708, um einige ©lüde ueij
5*
68 ^ilbebert
luib loiebcv ^erauägeg. üoii J. J. Bourass^^ MSL t 171, p. 1— 1486;jur ^riti! bicfcr fe^v
idjiedjten unb unjuüerlnffigeii 9lu§flabe ugl. B. Haur^au, Notices et Extraits de la biblio-
th^ue nationale XXVIII, 2, p. 289-448; XXIX, p. 231— 362; XXXI, 2, p. 126-140;
XXXII, 2, p.7, 84-106 unb bejonberS p. 107-166; XXXIII, 1, p. 257 ff.: einen jünoft
6 entberften 53ncf $.ö an 33ilt)elm II. uon (Snglanb f. bei Dieudonn^, Hildebert etc p. 206- 2(S ;
ebb. p. 115—147, 219—232 fritifd)c SBemerfungen ju ber (Sbition ber epistolae; bie ©riefe,
bic ficö auf bic ®efangenfc^aft ^afcftaliS II. be^ie^en, II, 21, 22 je^t in befferer ^uSgabe
MG., Libelli de lite imp. et pont. II, p. 668. — S)ie für bie iöiograp^ie in ©etrodjt
fommenben Ur!unben ücrjeicftnet 3)icubonn^ a. a. D. p. 1—14 unb ^a&jlva% 289; uon ben
10 erjiätjlenben Clueflen finb bie roicftligften bie vita Hildeberti in ben Acta episcoporum
Cennomannensium, abgebrucft uon ©eougenbre unb ©ouroff^ in ber Einleitung i^rer 9lu§*
gaben; Ordericus Vitalis, bist, eccles. ed. Le Pr^vost, II, p. 250f , 576; iV, p. 41 ff.;
103, 374; Wilhehn von Malrasbury, de regum gestis Anglorum III, § 284; IV, § 351
ed. W. Stubbs, Rolls Series nr. 90, p. 338—340, 402 f. 3)arfteUungen: bie älteren
16 (Le Corvaisier, bist, des ^v^ues du Maus; Bondonnet, vies des ^vdques du Maus; Mäan,
bist. eccl. metrop. Turon ; 53eaugenbre in feiner ^uägabe: bist. litt(5raire de la France XI,
p. 250—412, XX, p. 20; Piolin, bist, de l'^glise du Maus; Haur^au in feiner bist, litt^r.
du Maine II, Galüa cbrist. XIV, p. 78 ff. 377 ff. ; Nouvelle biograpbie g^n^rale, XXIV,
667 ff.; H^bert-Duperron, Tb6se deCaen; D^servillers, un ^v^ue auXIe siMe, H. deL. ,
20 ¥ari§ 1876) finb alle antiquiert burd) Dleudonn^, Hild. de L., ^vöque du Maus, arcb^vöque
de Tours. Sa vie. Ses lettres, <ßarig*:iD?attiperg 1898. kluger biefcm SBerfe ift nod) ja uer»
gleichen Freeman, tbe reign of William Rufus and tbe accession of Henry tbe first, vol. II,
p. 191-245, 274—302, 625-645, 654-656.
§ilbcbert tourbe um ba^ :;^^a^r 1056 auf bem ÄaftcH Saüarbin bei ÜKontoirc am
26 Soir (3)6j)art. 2oir unb 6^cr) alö ber ©ol^n bc^ ,<oili>ebert, 2)ien[tmannen be^ ©eigneur
Salomo bon Sabarbin, unb ber Serfenbi^ geboren. ^üf;e fc^on, toie e^ fc^eint, tourbe
er bon ben finberrei(^cn unb tuenig begüterten @ltcm jum geiftüc^cn ©tanbc beftimmt.
SBeld^e ©c^ule er befuc^te, ift nic^t überliefert, ©a^ Serengar bon 2:our« fein Se^rer
getoefen fei, melbet nur SEBil^elm bon 3)lalm^bur^, finbet aber barin eine ©tü§e,
aobafe er ein (Sebic^t auf ben 2:ob be^ 3)leifter^ berfa^tc. ^ad) 1085 begegnet er un^
ate ©d^olaftifug am 2)ome bon 2e 9Kan«. 1091 tuarb er ebenbafelbft bon SBifc^of
§oel jum airc^ibiatonen beförbert. 3la6) bem S^obe biefe^ feinet ©önnerd, am
28. ^uli 1096, tuä^lte i^n bie SKajorität be^ Äleru« in überftürjtem 3Serfal^ren jum
Sifd^of. 2)er §err bon 2e 3Ran^, §elia^ be la gtöc^e, ftimmte nac^ einigem ^ö^ttn ju.
86 Slber eine 3Jlinorität be^ Äleru^, bie auc^ $^bo bon G^artre^ jeitlueilig für ftc^ ju gewinnen
tuu^te, unb, tuag toid^tiger toar, ber berjeitige Dberle^en^^err be^ ÜKaine, Äönig SBiU
l^elm II. SRufu^ bon ©nglanb, erhoben 2Biberf})ruc^. 3»^föl0€i>cffen ber^ögerte ftc^ nic^t nur
§.^ Äonfefration bi^ äBei^nac^ten 1096, fonbem l^atte er aud^ bi^ gu SBJil^elm^ 2:obe fe^r
biel unter bem ÜbeltuoHen be^ englifc^en §ofe^ ju leiben. 3laä) Seenbigung be^ gleiten
io^elbjuge^ gegen SÖlaine, 1099, toarb er fogar genötigt, bem Äönig in falber ©efangcn^
fc^aft nac^ ©nglanb ju folgen, tueil er in SSerbad^t ftanb, bon ben lürmcn ber Äas
t^ebrale au^ ba^ föniglid^e Äaftell in 2e 3)lan^ bcfd^offen ju ^aben, unb man il^n
jtDingen tuolltc, bie Stürme abzutragen. Slber ^ilbebert 50g fic^ burc^ fluge^ S^em*
j)orifiercn au^ ber Schlinge unb lüufete noc^ bor bem 2. ätuguft 1100 feine ^eilaffung
46 burc^jufe^en. Äurj nad^ bem genannten Termine unternaj^^m er bon 2e 9Ran^ aui eine
Steife nad^ 3^^^^^- 2B'^ ^^ \^^W angiebt, iDoHte er in 9lom um gnt^ebung bon
feinem Slmte nad^fuc^en (epst. III, 7 gegen 2)ieubonn6). Slber ^afd^ali« II. ging nid^t
auf feine Sitte ein. — 6r beftätigtc biclme^r §., tuie A>. lüo^l crtoartet unb beabfic^tigt
^atte. 3)lit reid^en 5)iilte(n jur ^ortfe^ung be^ 33auc^ ber Äat^ebrale berfel^en — er
60 ^attc felbft in Stpulien unb Sizilien gu bem ^tv^ic gefammelt — fe^rte er bann na^
"^fingften 1101 nac^ 2c9Jlan^ gurüct unb betrieb nunmel^r ungefäumt ben Slu^bau bon
©t. 3"li^"/ ^i^ ^Hcorganifation ber berh)üfteten unb ucrfallencn bifc^öflid^en ^errfc^aft,
ben Sau einei^ Äajjitel^aufe^, in bem er, tuie e^ fd;eint, ben 2)omfleru^ ju gemeinfamem
2eben bereinigte u. f. \v. 2)iefe rührige abminiftratibe il^ätigfeit tuurbe nur unterbroc^
66 burd^ Steifen beö Sifcf^ofö ju größeren fran^öfifc^en Alonjilien unb burc^ eine me^rmonot^
lic^e ©efangenfd^aft in bem ©^loffe ?Jogent4e=9flotrou be^ ©rafen 9totrou bu ^erd^c
(1112), auig ber er h)ol;l erft im 3)iärj 1113 infolge beiS englifd;'fran3öftfc^en grieben^J
befreit iDurbc. ^n eine^ ber folgenben ^a^xc, luo^l in ba^ ^a^r 1116, faßt ba^ auf»
treten be^ apoftolif4)cn SKanbcrprebiger^ A^einrid) uon 2aufanne in 2e 9Jlan«. §. ftanb
60 ^hcn im Segriff nad; 3tom gu reifen — luobl jum Sateranfongil bom 9Jlärj 1116 — ,
al^ am Slfd;ernütth)oc^e jiuei ©enbboten ^einri^^ uor i(;m erfc^ienen. @r empfing fte
freunblic^ unb befahl, i^rem ^teifter tuä^renb feiner Slbtuefenl^eit aQe mögliche Stüc^tdS^t
$t(bettrt 69
ui teil tocrbcn ju laRcn. Silber ^einrici^ täufd^te feine ßrtüartungen. @r jjrebigte rü(f=
fic^t^Io^ halber ben f)ol)tn Äleru^. 'Sin Stoff baju fel^lte e^ i^m nic^t. §.ö äJorleben War
n\d)t mafello^ gctoefen. 6r haiU jubem bie 5Jaibität befeffen, feinen natürlid^en ©obn ®ers
twftu^ mm®oml^erm an feiner eigenen Äird^e gu ernennen. Unb noc^ Weniger mi\pxad) ber
SBonbel bei^ Äleru^ ben 3^ealen bc^ a})oftoRfd^en 5ßrebiger^. 3)a^ beh)eift nic^t nur bag 5
bcrbe Urteil ©ottfrieb^ bon 3?enb6me, fonbcm auc^ bie 2^atfac^e, bafe einer ber
Stabtgeiftlic^en ben bejeic^nenben Seinamen Quinonbibitaquara führte. 2)a^ 3Sol! be-
grübe bo^er mit Segetfterung bie antifterifale Slgitation. 2)afe ba« RapM über ßein«
rid^ ben 33ann »erlangte, machte feinen ©inbrucf. 2lte§. um 5ßfingften jurücKe^rte, ent-
lüicb itoax §einric^ nad^ Saint=6alai^ füböftlic^ bon 2e 'SSlan^, aber ba^ 3?olf berlie^ 10
tro^bcm feine Sac^e nid^t: e^ emtjftng ben frülf^cr fo beliebten Dber^irten mit SSer«
toünfc^ungen. e^. fuc^te für« erfte eine Unterrebung mit §einricl^ nac^. ©iefelbe berlief
erfolglos, ßr erlief ba^er einkehret, burc^ hjelc^e« ber „^äretifer" au« berStabt unb
©töcefe für immer üerbannt hjurbc. Slber bie Aufregung, bie §einric^« Sluftreten ber-
utfac^t ^atte, gitterte noc^ lange mi^. 2)a« giebt aud^ unfer flerilaler ®eh)ä^r«mann I6
fc^on 5u. — 2lm 25. 2l})ril 1120 l^atte ^ilbebert bie ^eube, bie boUenbete Äat^e^
brale toei^en ju fönnen. 3" 35eginn be« 3ial;re« 1123 reifte er jum brittenmale nac^
9lom, |\u Äalijt« II. gro|em Sateranlonjile. 1125 hjurbe er gegen feinen SEBiHen
burd^ SubhJtg VI. bon granfreid^ jum (Snbifc^of bon SCour« erl^oben. 2)a« neue 3lmt
t)em?icfelte i^n fofort in neue langhJterige .Kämpfe : mit Äönig Subtoig um bie Sefe^ung 20
ber ftiftifc^en 2)igmtäten, mit bem Sifc^of bon 3)ol um bie ^wti^biftion über bie bre*
tonifc^en 3)iöjefen u. f. \v. ^n bem römifd^en ©d^i«ma bon 1130 nal^m er junäc^ft im
j^inblidfe auf bie 6^nH)at^ien be« englifc^en Äönig« für 3lnaflet II. eine abtoartenbe
Haltung ein. 6rft, aU e« Sem^arb bon ßlairbauE gelungen toar, jenen ju gewinnen,
liefe auc^erfic^ ^erbei, 3""<>cen;i II. amuerfenncn. 3lm 5, ^ebruar 1133 begegnet er un« 2b
no^ einmal bei einer Äirc^loei^e ju Sitebon. einige ^JRonate banad^, am 18. 2)e5ember
1133, ift er ju 2:our« geftorben.
in. ^at fic^ in Se 5Kang ein gute« Slnbenfen geftiftet burc^ feine großartige Sau^
tbätigfeit unb feine ungetoöl^nlic^e abminiftratibe Segabung. 6r l^at femer leine geringe
Siolle gef})ielt in ben })olitifc^en unb fircblic^en fiämljfen feiner ^^\t älber berül^mt ge* 90
toorben über bie ©renken feiner 2)iöcefe, ja ^anfreid^« f^inau« ift er bod^ nur burc^ fein
litterarifc^e«, ober genauer burd^ fein bic^terifd^e« ©(Raffen. — 33eaugenbre, ce moins
sagace 6diteur, ^at nun leiber in feiner 3lu«gabe alte anoni^men ©c^riftcn, bie i^m
unter bie §änbe famen, unb bie er feinem gelben jufc^reiben ju bürfen glaubte, auf«
genommen, öouraff^ If^at feine ^^ler nur toenig berbeffert unb jum leile fogar nod^ 35
Dcrmel^rt. S)ie fritifdS^en öemerfungen, in«befonberc §aur6au« ju beiben 3lu«gaben aber fmb
fe^ j^rftreut erfc^ienen unb nid^t leicht jugänglic^. ^'^f'^'ö^^^ff^ ^^^^ ^^ "^^'9 f^i^f
erft turj barjulegen, loa« in bem umfänglid^en Sanbe ftd;er ober mutmafetic^ bon §.
feerrti^rt, e^e ber ^erfud^ geh)agt tDirb, fein litterarifc^e« ©4)affen ^u c^arafterifieren.
I. ffierfe in^rofa: 1. bie Epistolae, Souraff^ ©.141—312, bon Seau^ 40
genbre nic^t in ber Drbnung ber §bff. herausgegeben, audb nic^t c^ronologifd^, fonbem
nac^ einem unjulänglic^en fiac^lic^en ©d^ema georbnet. Il) 3lx. 45 ift bon .^ieront^mu«,
I, !Rr. 17, III, 32—33 ftnb bon 3lbt Dbo bon ©aint=^^re=b'3lu5erre ober ©anft ©e=
nofeba in ^ari«, III, 34 n)a^rfc^cinlid^ Don §ugo bon Se 3Jlan«. 3)ie übrigen finb ec^t,
tjgl. 2)ieubonn^, ©. 715 ff. — 2. 3)ie Sermones, Souraffö ©. 339—904, in ©umma 46
144 9lummem. 3lber bie beiben 9?r. 143 unb 114 bilben t^atfäc^Iid) einen sermo, ber
nid»t bon §. ^errü^rt, 142 ift ibcntifd^ mit 5Jr. 101, Don ben übrigen, fc^on Don "idtaxi-
genbrc abgebrucften, finb 2 ebenfalt« j\n?eimal bon bem ©bitor l^erau«gegeben(9Jr. 127 -=
Slx 44; 137 = 3lx. 65): bleiben 139. 3)abon rühren narf» bem 3^ii9"iff<^ ^^^ §ff-
r>on ^. ftc^er l^er nur 4 (9Jr. 42, 88, 105, 141), möglid) ift bie 2lutorf^aft §.« bei toei= eo
teren 2 (9Jr. 54, 97). 3?on ben reftierenbcn 133 fmb 53 berfafet bon ©obofrieb Sabio
(9lr. 1, 10, 11, 15, If), 18, 22, 2(>— 28, 30, 31, 31, 37, 38, 40, 41, 44, 46—49,
51, 52, 56, 65, 71, 79, 81—84, 91, 92, 94, 95, 96, 98 ['4 104, 106—110, 113,
116, 118, 120, 123, 124, 126, 128); 25 bon "»^Jetru« Sombarbu« (5Rr. 4, 6—9, 12,
13, 21, 23—25, 32, 35, 26, ,43, 45, 55, 57, 58, 72, 78, 80, 99, 111, 112, 115); b5
24 bon ?5etru« ßomeftor (9Jr. 5, 14, 20, 29, 39, 50, 53, 59, 60, 62—64, 68, 69, 70,
73, 85, 90, 93, 102, 119, lll, 125, 132); 7 bon^Wori^ be©ull^ (5Wr.2, 61, 74—77,
86). 2)er Seft ift anonym. 3" beachten ift: ber befanntc sermo 3lx. 73, in bem ber
terminus transsubstantiatio borfommt, ftammt nicbt bon .^ilbebert, fonbem bon
$etru« (Someftor; bgl. bier^u bor allem .^t^ur^ciu a. a. D. XXXII, 2, p. 107—166. — no
70 $ilbettrt
3. Vita 8. Radegundis unb vita Hugonis abb. Cluniac. p. 965—998 cd^t. —
4. Liber de queriraonia et conflictu carnis et spiritus seu animae, p. 989—1004,
cd^t, tocrfa^t ca. 1100. — 5. Moralis philosophia de honesto et utili p. 1004 — 1056.
fi^cr nid^t toon §., fonbcni tüal^rfc^cinlid^ Don Sßil^elm toon Sonc^eö, ^aur^au a. a. £.,
B XXXIII, 1, ©. 257 ff., aber ftd^cr nxd^t, Wk §.mctnt, ca. 1153 für §cmric| II. anjou^^lan^
lagertet toerfafet. — 6. Traetatus theologicus p. 1065—1150, nic^t üon §., fonbem
ein Xeil ber ©entenp be^^ugo bon ©t. SSiltor, togl. Siebner in Xf^iSt 1831, ©.254,
unb neuerbing^ 3)enif(e in 2lS5t® 3, p. 637 f. — 7. Brevis traetatus de sacramento
altaris p. 1149—1154, t)on Seaugenbre nur, hjeil in bemfelben Äobej auc^ ^rcbigten
10 §.^ ftanben, ß. jugetoiefen. — 8. Liber de expositione missae p. 1158 — 1176, toegen
angeblid^er Übereinftimmung in ber 3!)iftion toon Seaug. §. beigelegt. — 63 verbleiben
mithin bon 5ßrofah)erfen alg unjhjeifet^aft ^t bcm §. : 4 ^ßrebigten, de querimonia etc.,
bic beiben .^eiügentoiten.
II. 35 le ©ebic^te. §ierbon fmb giüeifelloö ec^t nur bie Versus de sacrificio
16 missae p. 1177 — 1194, de operibus sex dierum p. 1213—1218, inscriptionum
christianorum libellus p. 1281 — 1288, vita Mariae Aegyptiacae p. 1321—1340;
öon ben carmina miscellanea p. 1381—1442: 5Rr. 40,43, 50—52, 54, 58, 63, 64,
71, 75, 79, 106, 110, 112, 127, 139, 140; bon ben carmina indifferentia p. 1441
— 1448: 5Rr. 2, 4, 14; bielleid^t rül^ren bon .^. ^er: bie historia de Mahomete
20 p. 1343—1366; toon ben carmina miscellanea: 9lr. 55, 56, 59, 60—62, 111, 113,
114, 118, 119, 121, 122, 128; bon ben carm. indiff . : 3lr. 3, 7, 11—13; bon
bem Supplementum : 3lx. 8 de rota fortunae, bgl. I^ierju bor oDem §aur6au, a. a. D.
XXVIII, 2 p. 289—448. 3loä) nid^t unterfuc^t ift bie ©d^tpeit bon : de ordine mundi,
Carmen in libros regum, versus de s. Vincentio, de inventione s. Crucis, la-
26 mentatio peccatricis animae. älUe^ Übrige ift unecht, b. i. nx^t t?on &., fonbem
bon 5ßetru« Sliga, 5ßetru« ^ßiftor, 3:ibalb (Physiologus), Seml^arb ©ifeeftrt« (Mathe
maticus ed. §aur6au mit ber passio s. Agnetis be^ ?ßetru^ Sliga, bie öon Seaugcnbre
ebenfalls §. jügefd^rieben toorben ift, ^ßari^ 1895), ?JI^Ut})}) toon 8onnes®f})6rance, Sal^
berief bon Sourgeuil, Dbib (!), Slufoniu^ (!), ober tjon biglang nod^ nid^t ermittelten äutoren.
30 2lug biefer Überfielt ergiebt fid^ ^ur ®enüge, bafe man §.« gruc^tbarfeit biö je^t
bebeutenb überfd^öfet ^at. 3lber ba^ toürbe nid^t« au^mac^en, toenn ber i^m i>erblcis
benbe SReft bie üblid^e ^o^e SEBertung feiner Seiftungen red;tfertigte. 2)ag ift nun nid^t
ber %aä. §. toar h)efentlic^ ein gormtalent. 6r ift ber erfte mittelalterlid;e ©d^riftfteDcr,
ber ba^ Satein toieber h)ie eine lebenbe ©>)rac^e bel^errfc^te. Qx toerbanfte biefe §errf(^ft
36 bem eifrigen ©tubium ber beften antif en 3)lufter, gicero^, ©enecag, 2:erenj«, 35ergite,
§oraj« unb in^befonbere Dbib^, beffen anmutige ©lätte unb Klarheit ü^m h>o^I al« un=
erreichbare^ SBorbitb öorfc^tDebte. Slfö incomparabilis versificator ^at er barutn ben
l^öc^ften SRu^m erlangt. Stber er ift immer mef^r versificator aU poeta. 9Jur feiten ber^
f})ürcn toir in feinen SJerfen — fo j. 93. in bem ©ebic^t auf ben a:ob Serengar«, in ben
40 2)iftid^cn auf bic SRuincn Slom« (Par tibi Roma nihil) unb in bcm Xrium})^lieb auf
ba« ^äj^ftlic^e SRom (Dum simulacra mihi, mit bem c^arafteriftifc^en SBerfe : Plus
aquilis vexilla crucis, plus Caesare Petrus) — einen §aud^ toai^rl^aft bic^terif^cn
em})finben«. — 9Jäd^ftbem ift §. berühmt getoorben afö S3rieff(^reiber. ©eine ©riefe,
frü^c ^efammelt unb tocit berbreitet, tourben in ben framöftfc^en ©c^ulen gerabeju jum
45 Unterrichtsmittel, ^ßeter öon Sloi« g. 93. tourbe als S^ngling baju angel^alten, fie loört^
lic^ fid[) einju})rägen. 6r rü^mt i^re elegantia unb suavis urbanitas. 2)ieS Sob ift
berechtigt, tro^bem ober öielme^r h)eil §. nic^t fllat)ifcf) bie Sllten nac^a^mt, fonbem
bie ßigentümlic^feiten beS ©aUolateinS mafetJoD pr ©eltung fommen läftt. aber bie
©c^ön^eit unb ej)igrammatifc^e ßi^lic^f^it ber ©J)rac^c paaxt fid^ nur pi oft, h)ie in ben
60 metften 93riefn)ec^feln biefeS an ber ungcmol^ntcn §errfc^aft über bic gorm ftc^ beraufd^en^
ben 3cil«^t^^/ bgl. bic 93riefe 93edfctS, mit toerfältniSmä^iger 2)ürftigfeit beS :3nl^altS.
%üx ben ^iftorifcr ift barum bic ©ammlung Diel tDcnigcr tDcrtboU, aU j. 95. bie lange
nid^t fo bcrül^mt gcn)orbcnc Äorrcfj)onbcnj :^^^^»"^ bon ©alisbutb. — Leiter ift §. be=
fannt gctoorben burc^ feine 93iügraj)f;icn ocS §ugo bon ßluni unb ber SWabegunbiS. 3lber
55 biefe Siograt>l^icn finb nichts als ftiliftifcf^c Überarbeitungen ber älteren Siten (ß^clp
unb bcfonberS ©ilo für §ugo, bgl. l'^uillier, Saint Hugues de Cluni p. 565 ff., unb
^^ortunatuS unb 93aubontbia für StabcgunbiS, bgl. Ärufd;, M. G. SS rerum Meroving. 11,^
p. ;»60). Gnblid; l}ai fid^ §. nod^ einen 5Kamcn gemad;t als ^rebiger. 6r })rebigte fran*
^fifcf^ unb latcinifd^. Stber eS ift d;araraftcriftifc^ für i^n, ba§ er nad^ bcm Urteile feineS
60 93iogral3l;cn latcinifc^ leichter unb Icbl^aftcr rcbctc, als in ber 33olfSJl)iac^c.
^übeBert $tibegark 71
3Öir würben jjeboc^ Unred^t ti)m, toenn ft)ir in feinen ©d^riften unfer Slugenmerf
blofe auf bie gönn xÜfMm. %ixx un^ ift ani) ber gnl^alt überaus mcrihjürbig. C'^- ip
ber erfte ^erbonagenbe 9lej)räfentant jener lücltfreubigen, am ©eifte ber Sllten fic^ nä^?
renbcn Slic^tung beö rcrtnanifc^en SBeltftcru^, bie man al^ eine SBorläuferin ber roma= 5
nifc^ Sienaiffancc betrachten barf, unb beren tüeitere Ausbreitung nur burd^ ben toor»
ne^t^ an ben Slamen beS ^I. Seml^arb fic^ fnüjjfenbcn Sluffc^toung beS 3Könc^tumö
unb bann bur(^ bie Jöirffamfeit ber Settelorben gel^emmt toorben ift. 6r benft bo0=
motifc^ burc^auS forreft. @r [tel^t auc^ in bem großen SBiberftreite )tt)ifd^en Jtaifertum
unb ^Pajjfttum burc^auS auf ©eiten beS lefeteren, mcnn er ftc^ aud^ nac^ ber ©efangen? 10
nabmc ^afc^aliS II. einem itolienifc^en Äorrefi)onbenten gegenüber fe^r toorfid^ttg über
§etnru^ V. äußert unb bereits fel^r lebhaft über baS Untoefcn ber 3lj)})eUationcn flagt. 9lber
fein SBanbel entfjjrad^, hjenigftenS t)or feiner (Sr^ebung auf ben bifc^öflic^en ©tul leineStüegS
ben Qbealen ber Äird^e, unb feine SBcItanfc^auung ftanb eben fo ftarf unter bem (Sinfluffe
ber Sitten, toic unter bem (Sinfluffe ürc^Iid^er SSorfteHungen. ©in Seleg .bafür ift fein be- 16
rü^mter Iroftbrief an §einrid^ I. toon Snglanb nac^ bem lobe beS Ät^elingS SBU^elm
(I, 12) : biefer Srief atmet mel^r ben ©eift beS ©eneca unb ber ©toa aU ber 33ibel.
aber ä^nlic^eS finbet fid^ in aü feinen ©d^riften. (Sr berbinbet immer in ganj naiöer
3Öeifc c^ftli(^e unb antife ©ebanfen, unb man i}at oft ben (Sinbrucf, bafe bie (enteren
fto i^n me^r bebeuten ate bie erfteren. $. »ö^mer. 20
^tlkegarb^ bie l^eilige, geb. 1098, geft. 1178. — 3)lc mufter^aft genauen unb
umfaffcnben bibltograpiifcften ^J?a^»cifungen betr. ^.S @d)riften in: 0. b. Sinbe, ^ie ^anb»
fc^rlften ber fgl. ßanbeSbibliottief in 5SieSbaben (ebb. 1877) ge^en rocit über baS f)inau§, idq8
Potthnst (Bibiioth. bist. med. aevi, s. v. Vitae) bietet. SJon Bearbeitungen finb fteröorju-
^cben: ^rcgcr, @ef4icbte ber beutfcften ^l)ftif I, 1874, 6. 13—34; Stinting. De S. H. 25
(AS ad 17. Sept.); S)at)I, 3)ie 5I. ^., ^ainj 1832; fi. (SlaruS, iJebcn ber ^I. ^. (im 1. SBbc
ber 9?egcn«burger 9(u8g. o^ne S^riefe, 1854); 8cf)mcläei«, ßebcn unb3Birfen ber ^I. §. 1879;
berf.: «rt.^. in233ö 83b 5; ec^neeganS, 3)ie ^I. ^. (©armen, 0. 3.) ^)ot)ulär. -• 2)ie „Vita
& Hildegardiß" bcr^iöndic ®obfrib unb Xfjeoboric^ bei A.S., ©uriu§ unb MSL 179; bort
ou4 bie Acta Inqnisitionis. 30
^ilbegarbS ©(Triften. 3" ben ÄanonifattonSaften üon 1232 h)crben alS folc^e
aufgejä^It : 1. Scivias (Sci-vias sc. Doinini); l. vitae meritorum; 1. divinorum operum;
l. expositionis Evangeliorum ; J. cpistolarum: 1. simplicis medicinae; 1. compositae medi-
cinae; cantus cum lingua ignota (ugl. AS ad 17. Sept. p. 007; MSG II, 1. 197,
col. 131). ^a^u fommen nocft: Solutiones triginta octo quaestionum; cxplanatio EeguJae 86
S. Benedicti, Explanatio Symboli S. Athanasii, Vita S. Ruperti, Vita S. Disibodi, Physica
(9 93üd^cr), welche fämtli^ bei TOgne a.a.O. col. 145—1352 abgcbrurft finb, wä^renb* oon
ben obigen bort nur Scivias (frühere 9lu§gabcn: Paris. 1513, Coloniae 1628), 1. divinorum
Operum (Baluz. Miscell. cd. Mansi t. II, p. 336 sq.) unb bie SBricffammlung (CoL 1566,
1()i8 9?ummcrn; Bibl. max. vet. Patrmn, p. 537— 6()0 [Lugd. 1677]; Marlene et Durand, 40
Vet Scriptt. ampl. Coli. [<Parig 17248q.], II, p. 1012— 1138 gaben ba^n nod) 84 unebierle
©riefe an ^. ncbft ben ?Intwortcn) fic^ finbcn. '2)ie bi^ batjin nicbt ebierten ©djriften it.^
bei Pitra, AnaL Sacra VIII [1882]; aud) ©riefe. 5)ic SBriefjammlung ift au(ö in beutf(^er
Ucbcrfe^ung oon 2. 6(aru8 [SBoId] crfcfticnen (53ricfe ber 1)1. ^., 2 SBbe, JRegcn^burg 1854).
$rcger bat a. a. O. 8. 13 ff. aug ber oon il)m mit iHec^t ^eroorgct)obenen SScrfcftiebcu^eit 46
jroiftöen bem ©tu ber 53riefe — ober ulclmc^r einc^ einzigen oon biefen — unb bem 6ti(e
ber übrigen ©Triften ber ^., fomie aud bem Sn^alle be« ©ciüiaö aüjumeit geftcnbe Solge*
rungen gegen bie (St^t^eit ber fftmtlicben ©c^riften gcjogen. Senc SSerfc^iebcnt)eit erflftrt fic^
f(6on barauö, bafe bei bem 9?ieberfd)rciben ober gijicven ber „Offenbarungen" ^.^^ bie uer*
mittcinbe 2^^8tigfeit be§ ©c^reiberd eine anberSgeartetc war, al§ bei bem S^ieberf^reiben üon 50
^.d ©riefbiftatcn. ©ejüglid) ber oon ^reger urgierten (Erörterung fcjueller 58cr()ältniffe im
©düiaS ober mu6 im 5luge qef)a(tcn werben, baft biefe ^(udfüfirungen bocb einen ernft-parö*
netifc^en G^araftcr unb S^vcd ^aben unb bafj ^,§ ©teflung foiuic bie bamalige minber fpröbc
?lnfd)ouungSttjeife c§ erflftren, loie man berartigeS au§ bem ^unbe einer frommen 9?onnc
ftören fann. ^regerS JTufftellung ift mit ftarfen änderen ©rünben unter 53ejie^unö auf ben ^
SJieöbobener ^auptfobej non ^.§ ©cftriften burd) 0. b. Sinbe (f. u.), fowie mit äußeren unb
inneren S3emeiSmitteIn burd) ^fr. ©djmeljeid ju (SiOingen (^iftor.'politifc^c ©Ifttter, 1875,
53b 76, ©.604-628, 659—689), jurüdgewiefen iporben. — lieber bie©c^nftcn mebijinifc^en
3n^alt§, fofern [\t gebrudt finb, ogl. (Sfoulant, SBüd)crfnnbe für bie ältere ^iebijin, üeipjig
1841, @. 302 ff. 00
3" ^^"^ toeftlid^en ^eutfc^lanb regte fic^ im ?iKittcIa(ter juerft ba^ geiftigc 2^bm,
getragen Don einem freifinnigen Sürgertume, melc^e^, an ber großen Söeltftrape angeficbclt,
ollen Anregungen t)on au^h)ärt^ j^ugänglid; toar. ^ier niad)te fic^ auc^ juerft unb am
emtjfinWid^ften ber SRücffd^lag geltenb, aU im 11. unb 12. g^^r^unbert bie laifcriicbe
72 $Ubfgarb ^ilbed^eim
©etoalt unb bie alteDrbnung imSeid^c, bonSlom au^ unterminiert, langfom jcrBrödfcltc,
tüäl^renb jugleid^ bic Dl)})ofition auf bem fird^Iic^en ©cbiete Icbl^aft ^ertoorbrad^. §ilbc5
garb^ SQäcfen unb SBirfcn ift nur auf bem ^intergrunbe biefer geitgenbjftfc^en ©nth^irfe^
lungen toerftänbltc^. „2Bag Sem^arb toon ßlairtjaur für ben größeren «rei^ ber abenb-
6 länbifc^en Äirc^e in l^ö^erer SBeife hjar, nämlid^ ber j)ro))^etifc^e Suftjrebiger, ber ©iferer
für ben tüieber auf juric^tenben berfaHencn 93au ber Äirc^e, ba« iüar ^. für einen S^eil ber
beutfd&en Kirche" — fo jcic^net $reger treffenb bie Sebeutung ber 5Keifterin ber Spönnen
toom 2)ifibobenberg unb toom 9lu})ert^bcrg bei Singen, ©eboren auf ber Surg Sörfet
l^eim unb jtoar nac^ eigener Sttngabe unb ber i^re^ Siograj)l^en 2:^eoboric^ 1098 ober
10 1099 (bagegen fte^t eine Slngabe ber 3lnnalen t)om 2)ifibobenberg [Söl^mer, Fontes re-
rum Germ. III, ad a. 1136], lüelc^e auf 1104 ate if;r ©eburt^jal^r führen Ipürbe),
ift $. burc^ bie fromme ^wtta öon Bponl)c\m in bem Senebiftinerinnenflofter ©ifiboben-
berg erjogen ft)orben unb biefer 1136 al^ Säbtiffm bort gefolgt. ScJ^on ate Äinb ^ell^
fel^enb, begann fte mit bem S^^re 1141 bie SSiftonen aufzeichnen ju laffen, tüelc^e burcb
15 ba« „innere Sid^t" il^r ju teil tourben. ^f)x 3uftanb fc^eint babei nid^t efftatifd^, fonbem
nur toifionär getoefen ju fein, unb jahrelang ^abm bie einzelnen SJifionen fte befc^äftigt,
bi^ fie in il^ren öerfc^iebenen Schriften niebergelegt toorben pnb. Diefe ©d^riften, bie
älteften SJenhnäler im Sereid^ beutfd^er SK^ftil, finb nic^t aDein für ^3 eigene Seur^
teilung öon SBert, infofem fte SRic^tung unb Umfang il^rer 2^^ätigfeit bejeic^nen, fonbem
2n aud^ ate 3^w9^^ff^ f^^ ^^^ religiöfen unb lird^Iic^en 3wftänbe il^rer ^t\t Über beren ^ox-
urteil ergaben, forbert fte ftrenge ©ittlic^Ieit, bie ftd^ nic^t in mönc^ifc^er Sl^fefe aHcin
finben fott; bie SJerberbni^ ber (Seiftlic^en ftraft fie ebenfo fd^arf, toie ben fe^erifd^en 3(b'
fall; fte toerfünbigt fd^toere ©eri^te, aber auc^ ben fd^Iiepc^en ©ieg unb bie Säuterung
ber Äir^e. (Sine toeitreic^enbe 2ßirffamfeit nac^ aufeen ^in übU fte auf Steifen nac^
25 tJj^anlreic^, nad^Äöln unb bem 5Rieberrl^ein, nad^irier, 9Ke$ unb burcpSc^toaben; jugleid^
Surc^ einen au^gebe^nten, über lird^lic^e unb ©etoiffenöfragen aller 2lrt ft^ t)erbrettenben
brieflichen 3Serfe|r, in toelc^em Äaifer unb $ä})fte, Äarbinäle, Sifd^öfe u. f. h). big gu bem
einfachen Älofterbruber ^inab ate ©d^reiber unb Slbreffaten begegnen, ^m Qia^rc 1147
ftiftete §. bag Älofter auf bem Slujjertgberg, too fte noc^ big 1178 ^o^toere^rt in pvo^
30 i)IS>^ttfc^5reformatonfc^er äBirffamfeit gelebt ^at „SReine §errin," fcfjrieb i^ bie ^l. ©lifa^
betj^ bon ©d^önau, „mit Siecht ^ei^eft bu ipilbegarb — b. l}, ©tacf^el beg ©treiteg — ,
toeil ber göttliche ©tac^el in bir h)irfet mit h)unbafamer Äraft ^nx ©rbauung feiner Äird^e"
CPreger, ©. 34). — Dblpol^l §.g 9tame im 15. 3al;rl^unbert in bag SKart^rologium ber
fat^olifd^en Äird^e aufgenommen h)orben ift, fo l^at boc^ toeber t)orl)er noc^ nad^^er eine
35 eigentliche Äanonifation ftattgefunben, ©c^on gu ©regorg IX. ^txt wax biefelbe beantragt
toorben; aber bie 1232 eingereichten Sitten erfc^ienen ate „non satis accurata", unb
f})ätere SJerfuc^e blieben gleichfalls erfolglog. §.g ©ebenftag fällt auf ben 17. ©e})tember.
^tlbcS^rim^ S igt um. — Sanife, U93. bcg ^ocftftiftg ^ilbeg^eim I, 1896; Gesta
40episc. Hildcsh. MG SB VII @. 845; VIII @. 845; S3ifc!)ofgfatnIo9C SS VII @. 848 unb
XIII e. 342, mi XIII ©. 624; S3eräeid)nig ber eti(t«t)erren Scr. VII @. 847; Annal.
Hildesh. SS III @. 18 ff. 3)ic Oucücn jur (^cfcft. 33erniüarbg unb ©obe^arbg f. bei bicfen
mi SBb II @. 643,25 unb 93b VI ©. 743.38; Xlün^el 91., SDie öltere 3)iöcefe ^ilbcgfteim,
ßilb. 1837; berf., ®ef4. ber 2)iöccfe unb ©tobt ^ilbeg^eim, 2 93be, $ilb. 1858; JRettberg,
45 m 3)eutfc6tanb§ II, mit. 1848, @.465; ^aucf, m 5)eutfcblanb§ II, 2e\pi, 1890, @. 620;
SBcrtram, S)ie SBifcb. üon ©ilbeö^eim, .i^i{b. 1896; berf, ®c((ft. b. ©igt. .t)ilbcg^cim, 1 93b,
4)i(b. 1899.
^ilbeg^eim ift bag Sigtum für bie oftfälifd^en &a\xt im 9Jorbtoeften beg §arjeg.
Über feine ©tiftung fehlen juöerläffige 9?acf)ric^ten ; bcnn bie fjjäteren eingaben, bafe
50 Äarl b. ©r. ein ©tift in ölje gegrünbet \}ab^, bag bann nacb ßilbegl^eim berlegt unb
^um 3!)omftift umgebilbet Sorben fei, Uerbienen feinen ©lauben (f. 9lettberg II ©. 466
unb 93ent^eim 9J31 XX ©. 62 unb 74). 5Kit großer 3Bal^rfd;einlic^feit ift anjune^men,
ba^ bie ©tiftung in bie erfte ^^\t Subtoigg b. %x. fällt. 3)enn ber §ilbegbeimer Sifc^ofgs
fatalog fennt itoei Sif^öfe Uor 6bo. 2)cr (entere aber l}at bag 93igtum turj Uor ber
r^Tt SKain^er ©^nobe Don 847, an ber er alg .^ilbegbcimer Sifd;of 2lnteil nabm, erl^altcn.
©egen bic 9lamen ©untar unb Slembert alg erfte Sifcböfe bon ,?)ilbcgbeim beftej^en leine 93c=
benfen ; fie finb nid^t nur burdf» bic (Eintragung in bag ,^ilbcg^cimcr 9^efrologium gefc^ü^t,
fonbem jtcmbert aud^ burcb bie@rn?äbnung im 3kicf)cnaucr SSerbrüberunggbucf), ©p. 22,24
©. 159. S)ie berborragcnbften imtcr ben §ilbcg^eimer 33ifc(ü>fen finb ber toielfad^ })olitifcb
«K) tl^ätige Slltfrib, ber grbaucr beg ^ilbcebcimcr T>omg (gch)cil;t 872 Ann. Hild. j. b. 3.),
^tlbei^^etm $Ubntu 73
unb ©rünbcr bc« ^aucnflofter^ effen in ber 3)iöccfc Äöln (ehr. Hild. 4 MG SS VII
©. 851 ; bic etiftungeurlunbe i^acomblet U» I ®. 34 9Jr. 69 ift unecht), SemtDarb,
f. b. ä. »b II ©. 643 unb ©obe{?arb, f. b. 21. Sb VI e. 743. 2)a« toic^ttgftc Älofter
in ber §ilbe^^cimcr 2)iöccfe ift ©anber^^cim, 852 in Srun^^aufcn gegrünbet, 856 nad)
©onbcr^beim toericgt. 6
Sif(^of«Iiftc: ©untar, JRembcrt, 6bo, ältfrib geft. 874, Subolf 875, aJlarfhjart geft.880,
m^tvt 880—908, 2BaH)Ctt geft. 919, ee^arb 919—928, SC^icb^art 928—954, Dttoin
954—984, C^bag 985—989, ©crbag 990— 992, Scmhjarb 993—1022, ©obcl^arb 1022
bi^ 1038, Sö^ietmar 1038-1044, %lin 1044—1054, .e^cjelo 1054—1079, Ubo 1079
bi^ 1114, Sruning 1115—1119, ScrtMi> 1119—1130, »cm^arb 1130—1153, Sruno lo
1153—1162, »öermann geft. 1170, 3lbcIog 1171—1190, S3em 1190—1194, Äonrab I.
1194—1198, §artbert 1199—1216, Sigfrib I. 1216—1221, Äonrab IL 1221—1246,
Öeinric^ I. 1246—1257, ^o^annl. 1257—1260, Otto I. 1260—1279, Sigfrib IL 1279
bi^ 1310, .t^etnric^II. 1310—1318, Otto IL 1319—1331, i^einric^ IIL 1331—1363,
3o^mm IL 1363—1365, ©etf;arb 1365—1398, ^o^ann III. 1399—1424, 3Ragnu« i6
1424—1452, ernft 1458—1471, §cnning 1471—1481, »art^b 1481—1502, @ric^
1503, Sobann IV. 1504—1527. «aucf.
^tlbutn, äbt bon ©t. ©eni«, geft. 840. — Quellen: MßL 106 8. 109ßq.
MG Epist. V, 8. 32r)ff ; Ermoldus Nigellus, 1. III v. 2708q. 1. IV v. 412; Einhardi
transJatio SS. Marcellini et Petri, })a8sio St. Dionysii ; Gerhard Vossius de historicis Graecin 20
8. V. Aristarchus; 91. euifcn, gur (iJcjc^iclite ^U^cnö in ben ®öttinger @tubicn1847, 2.916-
tcilung, ©. 808 «Inm. 2; 91. gHommfen, Athen, christianae, 8. 42 unb 43; JRanfe, ^clt-
gefdjidjte 4. «b @. 64 ff.; Übcnoeg, ®efd)id)tc ber ^^iIofopt)ie, 1. %i, @. 170; ©ngelfjorbt,
3)ion^fiu8; C>JP^cr, 2)ion\j|iu§ ^trcopagito, 9?cgen§buvg. Wonj 1861; erigcna Scotu8, MSL
122 @. 1127 ff.; S)üntmlcr, ®efd)id)te beS Dftfränfi|d)cn JReidieS: ©imfon. fiubnjij b. 2rr.; 26
D. 9Joorben, ^Incmar; 8d)rörS, ^incmar; gofe, 9lbt i)ilbuin üon @t. S)cn!8 : 3)ioni)fiu8 Ärco*
pagito, ^rooramm beö iluifenftöblifc^en 9?fQl9l)mnQfiunid ju Berlin, Dftern 1886; ©efel
unb fBelte, fer^enle^ifon.
^ilbuin (Äam})fe^h)onne) gel^örte einer borne^men fränfifd^en ^^milie an, üon ber
toir au^er il^m nod) brei Srüber lennen. ffiann unb h)o er geboren ift, lönnen toirao
nic^t angeben. @r fear ein ©d)üler 2llfuin^ unb ein gelehrter 5Kann, bem SRabanuö
5Wauru^ feine Schriften fanbte unb ben Sßalafrieb ©trabo al^ einen magnum Aaronem
Jjreift. ©ein ©c^üIer, ber berül^mte §incmar, Grjbifd^of Don SReim^, ^ing ftet« mit großer
Siebe an i^m. 6nbe 814 ober Slnfang 815 tourbe er Slbt toon ©. 2)eni^, obhjo^l er
noc^ nic^t 5Könc^ iüar unb erft biet fpäter bie ©elübbe ablegte. 819 ober nad^ anberen86
822 tourbe er ®rjla))cllan bei Subtoig beni frommen. 311^ ©eiftlic^er ift er toenigcr be*
beutenb, benn al^ ©taat^mann. 6ö fd^eint, al^ ^abe er feine ^itbtei nid^t befonber« toer*
toaltet, toenn man i^n aud^ nic^t für aüe 3Kifebräud)e beranttoortlic^ machen fann, bie
ftc6 bort l^erau^fteÜten. Sei bem ©treit um bie Silberberel^rung unb bie $räbeftination«s
lebre ©ottfc^alt^ ^ören toir nic^tg üon i^m unb toenn toir öemel^men, bafe er 826 für 40
ba^ Älofter ©t. SKcbarb in ©oiffon^ bie ©ebcinc bee SWärt^rer^ ©t. ©ebaftian ertoorben
bat, fo fc^eint c^, afö i}aU er bem ^uQt ber ^c'it nachgegeben. Äarl b. ©r. ^ielt nic^t
öiel öon Iran^Iationcn, bod^ tourbe ba^ anber^ unter Subtoig b. %i., ber bem @influ|
Senebift^ bon Slniane folgte. 3SicI mäd;tiger ift .v^ilbuin baburc^ getoorben, bafe er eine
vita Sancti Dionysii fd^rieb. @inc bt^jantinifc^c ©efanbtfrf^aft be^ Äaifer^ 3)li^ael 93al- 45
bue bxadjU 827 bie SBcrfe bc^ S^iont^ftue 3lreo^agita aU ©cfc^ent Subtoig b. ^. mit.
2!/iefcr überliefe fie bem §ilbuin, al^ bem 9lbte Don ©t. 3^eni^. 3)a im Slbenblanbe nur
tpenig Seute griec^ifc^ berftanben, fo ijeranlafete Äarl ber Äa^lc, ber fic^ fe^r für Silbung
intereffierte, ben drigena ©cotu^ um 850, bafe er bie 2ßerfc be«J 2)ioni;fiu^ 2(reoj)agita
in« Sateinifc^e überfe^te. 60
5m 3a^re 835 erhielt .sMlbuin Don Subtoig b. gr. ben 3luftrag, ba^ Seben be^ ^l.
lion^ftu« ju fc^reiben^ bem fid) ber ßaifcr ganj befonber^ bervflid^tet füllte. 3!)iefe
Slrbeit ^ilbuin^ ift nun baburc^ toic^tig getoorben, bafe er ben 1)1. 2)ionl;fm^ unb ben
5Eion^fiu« 3lreo>)agita ai^ ein unb biefclbc ^crfon betrachtete. Dbgleid^ fd^on nic^t alle
3eitgenoffen bicfe 3(nficf>t teilten, fo fiegte bod^ .^pilbuin^ 3Heinung. 2)a^ ganje 3)littelalter 66
blieb in bem 3^""^ befangen, ben erft Saurentiu^ ^aüa unb ©i^monbi aufbedften (f. b.
a. 3o^anne^ ©cotue). 3^icfe^ SBerf Derfafetc .«nilbuin nac^bem er feine j)olitifd^e JRoHe
ou^efjjielt ^atte. - 'Ji^ie fd;on bcmcrtt, tourbe er 819 ober 822 (Sr^fajjcllan. i]^mn xi)
nun annelf^me, bafe er eö 822 tourbe, fo fü^re id) bafür folgenbe^ an. Gr geborte al^
2.<ertoanbter be^ laif erliefen A^aufeö bem Greife fräntifc^er .sjerm an, bie, toie er, ju ber v*)
74 ^Ubitiu ^iOri
rcgtcrenbcn ^amilic gehörte«. 6^ tüarcn ba^ äbal^arb, SBala, 2)ro0O unb .§U0O. 2ltö
fte im 3jö^^^c 822 am ßofc bic Dberl^anb erlf^ielten, mu^tc e^ il^ncn toid^ttg fem, einen
©efmnung^öenoffen aU erjfaj)cttan alfo aU Äultu^minifter bort ^u tüiffen. 6ie alle tooDten
bie (Sin^eit ber SKonarc^ie erhalten. 2)e^^alb iüurbe ipilbuin, Ipie aud^ ade Diefe §erm
6 in ben Äam})f Subtoig^ b. %x. mit feinen Söhnen Uerhjicfelt. 6r toerlor bobei 830 feine
©teile ate 6rjfa})eIIan, unb mar eine3cit lang in ber Slbtei Sorbe^ gefangen, ^a man
na^m i^m 831 auf bem Sleid^^tage ju Slac^en feine älbteien: ©t. 3)eni«, ©t. ©ermain
be^ ^r^ ju ^ari«, ©t. 3MÄarb in ©oiffonö unb ©t. Duen. Slber balb fourbe er toon
fiubtüig b. ^. begnabigt unb erhielt einige jener älbteien hjieber. SQäeber ©imfon, nod^
10 9?oorben unb ©c^röriS l^aben mel^r aU bie Ij^atfac^en beigebrad^t, bie naiveren ©rünbe aber
nic^t Ilar legen lönnen. ©eitbem finben h)ir §itbuin nid^t toeiter in bem ^ßarteilamjjfe,
fonbern er toibmete ftd^ feinen geiftlic^en 5Pflic^ten. 3""^^f* reformierte er feine Slbtei
unb foH and) ba erft fein 5Kön^^elübbe abgelegt l^aben. @r ftanb mit Subhng b. ^.
unb 3ubit^ gut unb erhielt mehrere $rit)ilegien für fein Älofter. 2)en lob Subtoig^ b. %v.
16 erlebte er no^, benn er ift erft am 22. 9lot)ember 840 geftorben. 8foS-
^tBcI. — filtteratur: lieber bic Schule ^\M^ bbti n^n unb bie ©*ule ScöammaiS
ögl. ^b. 8(^10015, 3)ic ÄontroDerfen ber 6c^ammaiten unb i£)incliten I [2)ie ©rieidjtcrungen
ber @*.L ÄarlSrti^e 1893 (HO ©.); ©d)ürer, ÖJefcfi. *II. 297 f. = »361 f.; Äbr. ®eiger,
3)0« gubcnt^um unb feine ®efd|id)lc, 2. 9(uff., 93reglau 1865, I, 99—107: $>. ©räf, ©et*.
20 ber guben, 2. 9lufl., fieipj. 1863, III, 172; Örrj. S)eli0f(ö, 3eM unb 4)iacl, Erlangen 1866;
8. «ufl., 1879; «lej. ^if4, ficbcn unb Söirfen Riffel beä (Srften, 3Bicn 1877 [unbcbculcnb] ;
®. ®oitein, ^ng. f. bic ^Iff. beö Subt. 1884, 1-16. 49—87; ®. SBatftcr, 3)ic %aba ber
Xannaiten I, Strasburg 1884, @. 4—14; 15. @d)ürer, ©cf«. bc« jüb. ^olfeg im Beitaltcr
3efu (Jferlfti *I1, 295—299 = »359-363.
26 2)er 9lame §illete toar noc^ im anfange be^ jtebenten 3<J^rj^^E>"t^ ^J" i" ßj^riftcn^
Ireifen tüenig genannter, ©a öerl^alf i^m 1863 ^u fc^nettem Selannthjerben ß. SHenan
burd; fein Vie de Jesus betitelte« ^^antaftegemälbe, in toelc^em ^ u. a. f)Äit: „Qx
[3efug| fd^lo^ ftd^ jumeift an ^iHel an. ,,^illel l^atte 50 ^a^xc öor i^m 3[t)|iori«men
au^ef^roc^en, toelc^e mit ben femigen toiel S|nlid^feit l^atten. Vermöge feiner bemütig
30 ertragenen Slrmut, ber ©anftmut feine« G^arafter«, ber D>)>)ofttion, bie er ben 5ßrieftem
unb .g)cu(^lem machte, Wax §illel eigentlid^ ber toal^re Seigrer ^^^n, ft)enn man ba toon
einem Seigrer fjjred^en fann, h)o e« ft^ um eine fo erhabene Originalität ^anbelt". 5Rod^
toeiter ging 1864 abr. ©eiger, nac^ beffen anficht ^illel „ein echter Sleformator" ift
(Subentum u. f. ©ef4 I' [1865], ©.104: „Seftaurator ober ein ^Reformator be^^ubem
86 tum«"; 106: „reformatorifc^e« SSBirfen ^iHel«"; 109, 151), toäl^renb er gefum „einen
5ß^rifäer" nennt, „ber in ben Söegen ^iHcl« ging" (©. 117), unb toon unferem ©rlöfer
fagt: „einen mnm ©ebanlen fj^radft er Ieinc«toeg« au«" (baf.). 2)a biefe Beurteilung
$ittel« unb feine« 3?er^ältniffe« ju S^fu ben ^uben ba« »Jeftl^alten i^re« ©egenfo^e« gum
E^riftentum fe^r erleid^terte unb i^rer ßigenliebc fd^meic^elte, ^at fte [xd) rafc^ S5al^n gc^
40 brocken, togl. g. 93. Sßeife, ©efc^. b. jüb. Irab. I (1871), ©. 233: ir^*^"!« l-^-r: dö^
trcnn n^in nr:N ■':d ns:-:: [^efuj ; ©man. ©c^reiber, 2)ie $rinji»)icn be« ^ubentl^um«,
fiei))^. 1877, ©. 8 (togl. ©. 25:]): „3efu« — ber, en passant oemerft, nur bie Seigren
i^ittel« toerbreiten iPoHte" ; Äifc^, §iBcl, ©. 4 : §. f)aU bie gel^re in ^^xad „jum mäc^=
ttgen 2eben«baum" erftarfen gemad^t, „ber feine SEBur^eln über bie gan^e 6rbe au«ftrecfte,
45 in beffen ©chatten fid^ aber auc^ ^eute bie ganje gefittete SBelt birgt". 2)a^ burt^ ber^
artige 3lu«fj)rüd)e §. ungebül^rlid^ überfd^ä^t, g^fu einzigartige Scbeutung toöHig toerfannt
ft)irb, ^at 2)eli^fc^ in feiner 3Jlonograj){?ie „Sefu« unb Rillet" überjeugenb barget^ian.
©egen bic 3lnnal^mc einer Secinfluffung ^efu burd^ §., ber aUerbing« „faum noc^, aber
bod; noc^ eine toordt)riftlid)c ©röfee" mar, fjjtid^t nidbt nur ba« %t^m jebe«, fei e« nod^
60 fo unbebeutenbcn ^^ugniffe«, fonbern aud^ bie bei gcnauer^Setrac^tung beutlid^ fid^ jeigenbc
toöUige SSerfc^iebenl^eit ber 3!)cnfmeifc Seiber.
§illel, 5um Untcrfd^iebc toon anbercn ^^crfoncn bcefclben 9?amen« fc^on in ber SKifc^na
ha-zaqen „ber Sitte" genannt, ftammtc au« einer armen bab^lonifd^cn ©tulantenfamilie,
bal^er aud^ ha-Babli, bie il^rcn Stantmbaum auf ben Mönig ^atoib jurüdfül^rte (jer.
66 SCalm. la'anitl? 4, 2, «(. OB, 1; Scrcfc^ill^ »iabba, Slbfcbn. 98). SDiefe Überlieferung ift
aber nid^t rid)er, f. Revue des 6tudes juives XXXI (1895), 202—211; XXXIII
(189()), 14:] f. ^ad) ©ipl^re ju 3)t 34, 7 (l>(u«g. to. ^ricbmann 150*) l)atte er fc^on
ein 2llter toon 40 3^^^^'"^ ^^^ ^^ ^"^ f^^^^^ §eimat nacb ^aläftina ioanberte, um ft^ in
^erufalcm bem ©tubium ber ©cfc|c«funbc ^u ioibmcn. ©eine xHrmut nötigte il^n, ftc^
m al« 'iagli)l|ner ju tocrbingen. äBic bie Sarajtl^a ^oma 35 ^ erjä^lt, toertoenbete er bic
.^iHcI 75
.C>älftc feiner ßtnna^me, ein Xroj)aifon (Victoriatus = '/i 3)enar oba 35 ^f.), ju
jeinem ober feiner Äamilie Unterhalt; bie anbcre ^älfte beanjj)ruc^le ber §au^nicifter bcö
öon i^m befud^ten Öet^ ^a=mibrafd;, in hjcld^em bamafe ©d^emoTja unb 2lbtalion, bic
berül^teften ©efefeeöfenner i^rer ^c\i, iBorträge hielten. Sil« er eine^ Slbenbö, am %aQC
obne SSerbienft geblieben, ben §auemeifter ni^t bcj^al^Ien fonnte unb ba^er toon biefem 6
^lirücfgehjiefen tourbe, flettcrte er gu bem in ber flauer befinblid^en ^^nfter em})or, um
öon bort au^ ben ©i^fuffionen ju laujd^en. 3!)ie SBinterfätte aber — e^ toar im 3Konat
2ebetl^ (2)ej.;3ön.) — lie^ i^n m ßrftarrung DerfaDen, fo ba| er balb bom ©(^nee be^
bedt h)urbe. 6rft in ber ^^c be^ näc^ften SWorgen^, mt^ ©abbatl^^, gctoa^rte man
ben UnglüdEIic^en, l^olte i^n eilig ^erab unb brachte i^n burc^ angeftrengte Semül^ungen lo
toieber jum geben; benn „er fei e^ toert, ba^ man um feinettoiticn ben ©abbat|> ent«
toei^e". Sei fold^em SBiffenöburfte ertoarb er ftc^ aufeerorbentlic^eÄenntniffe; boc^ i[t bie
Semerhmg, er l^abe au^ bic©j)raci^e ber Serge, Kräuter, a:iere unb 2)ämonen öerftanben,
nic^t tüörtlici^ gu nehmen (©o})(;erim 16, 9; ögl. bie 3lu^abe Don ^od 3KüBer, 2ci})jig
1878, ©. 219). Unglaubtoürbig ift bie 2lngabe, er fei an ©teile ber untoiffenben Sen§ i6
Set^era «""rn -^rs ^um 5ßräfibenten be^ großen ©^nebrium^ gemacht toorben. ®egen bie
auf ungenügenba jübifd^er Irabition rul^cnbc 3lnna^me, bie fünf „5ßaare" ^^^"^t (Mittel
unb ©^ammai, unb i^re Vorgänger) feien ^räfibenten, bejio. 3Sice]präfibenten im ©^ne^
brium getoefen, f. Slbr. Äuenen, ©efammelte älb^anblungen jur bibl. 3öiff., ^eiburg i.S.
1894, 56—61; ©c^ürer, ©efc^. be^ jüb. SSolfeö *II, 155—158 = »202—206. 5Ki(^t jo
au^reic^enb fmb bie (Segengrünbe toon 3). ^offmann in ber Slbl^anblung „®er oberfte '
©cric^t^^of in ber ©tabt be« §eiligt^umö" (gal^reeberic^t be^ 9labbiner5©eminar^ für bo^
ort^oboje Subentl^um pxo 5638 [1877/78J, Serlin). Qx foU, toie 9Kofe unb SR. äfiba ein
aitcr toon 120 Sauren erreicht ^aben (©i})^re a. a. D., Screfc^it^ SRabba äbjd^n. 100).
— Slber nic^t nur toegcn feinet ©trcben^ nac^ Söiffen berbient §illel 2ld)tung, fonbem 26
au(^ iüegen feiner großen ^lerfönli^en ©ebulb unb ©anftmut, bie er in SBort unb 3Berf
bct^ätigte. 2)ie ©Jjrüd^e ber i^äter ($irle 3tbot^ 1, 12—14; 2, 4»>— 7) unb anberc
Duetten !;aben \xn^ manche fc^önc ©entenj mit ^illel^Jlamen beloa^rt; mand^e^ Seif>)iel
für ba^ SSorl^anbenfein ber genannten ßigenfd^aften bei i^m ift im lalmub, bef. ©abbatl^ 31,
berichtet (ber 9Kann, hjeld^er um 400 ©ug [2)enare| ioettete, ba^ er im ftanbc fei, §ittel ao
in 3«>^ jw bringen, unb bie SBette berlor; ber ,^cibe, toeld^er 5ßrofeI^t toerben hjottte,
toenn er nur bie gefc^riebene, nic^t bie münblid^c Se^re amune^men brauche; ber §eibe,
toelc^er jum ^ubentum überzutreten bereit toar, ioenn er .^ol^ejjriefter loerben tüürbe, u. a.).
§iuefö ©utmütigfeit aber ging über baö richtige 3Wa| ^inauö. ©o toirb Äetl^ubot^ 67 ^
erjä^lt, ba^ er für einen Verarmten Slcid^en nid^t nur ein $ferb unb einen 2^rabanten ge= 36
mietet ^abe, fonbem aud^, ate einmal ein Säufer nic^t ju ^aben toax, felbft brei 3Kiglien
toor i^m hergelaufen fei. 3^ ft)gar gur SSerle^ung ber Söa^r^eit liefe §. burc^ feine ^e*
beneliebc fid^ herleiten, Seja 20*. — Setrac^ten toir nun, toie ^ittelö 3Ser^ältni^ gum
©efe^e in ben Duellen gefqilbert toirb, fo erfennentoir balb, bafe er auf ben ß^rennamen
SHeformator feinen 2lnf})ru4 machen fann, bafe feine Stuffaffung^ioeife eine „tafuiftif(^e 40
unb national-beengte" toar, bie mit ber 3^fu ftd; in feiner SSeife meffen fann. 2)ie fieben
^ermeneutifc^en Siegeln ober SÖlibbot^, toelc^e auf 6. jurüdfgefü^rt toerben (f. meine ©in«
lätuna in ben 2:almub\ 2eit)jig 181)4, ©. 99 f.; ©d^ürcr, ©efd^. ^11, 275 f.), fmb nic^t
l>on i^m erfunben, fonbem er ^at nur baö bamal^ übliche SeU^ci^üerfa^rcn in biefen
Sä^en, bie rid^tige ©ebanfen enthalten, mit beren .s)i(fe aber aurf> logifc^ Unbegreifliche^ 46
beloiefen loerbm fann unb beiriefen tourbe, jufammengefafet. 3)en ©eift, in h)eld;em bie
^lac^ifc^m 3)i^fuffioncn jener ^cit geführt tourben, crlennt man gut au^ bem berül^mtm
©(^ulftreit über ba§ © (Deli^fcb ©. 20—22). 2öie man ben 5J]ro^boI (jigoopokrj
2)Hf(^na ©d^ebi'it^ 10, 3. 4), burd> n)eld>en ba^ ®efe§ Dt 15, 1. 2 faftifd^ befeitigt
tourbe, für ba^ SBerf cineö 9kf ormator«; erf lärcn ,^u bürfen geglaubt ijat, ift unberftänbli(|. co
Unb eine h)ie nicbrige Sluffaffung ber C5^e ift e^, tocnn ber ©c^eibung^mnb "■'"^^' "^"^
2)t 24, 1 t)on $illelö ©d^ulc gebeutet irirb: „auc^ fd[>on, iocnn bie grau ba^ 6ffm ber«
brannt ^at" (aJlifd^na ©ittin 9, 10)! ^Ittcrbing^ I;at 3. 2)erenbourg, SKonat^fc^rift für
©ef4 unb SBiff. be« Jiubcnt. 1880, ©. 180, biefm ©a| für „©c^er^" unb „©J^afe"
erflärt. 2)agcgen mit Siedet 33en ©ceb, ^^süb. i^itbl. 1880, ©. 115, barauf Soeto^ in 66
-7T:rrn r-ip- «ßl. 105ff. bcfonberö auf 5.krcfd;itb diabba 17 mwci\t.
3Kit befonberem 9Jad>brud ift oon jübifc^er ©citc barauf ^ingetoiefcn ioorben, bafe
ber au^fj)mc^ 3^f" (3)U 7, 12): „9lttc^ nun, ba<ö iljr tooUet, bafe eud; bie Seute tl^un
fotten, ba^ tl^ut i^r il;nen aud); ba^ ift ba^ ©efe^ unb bie $ro})l;eten" fd^on Dörfer Don
.§ittel Qti^an ioorben fei. 2lber crftcn^: ber ©})rud; ift Uiel älter alö §iflel, f. Jobia^eq
76 ^tOd ^iOtr
4,16; j;h)ctten^: fclbft hjcnn aUc moraltfc^en ©ifta ht^^lZ ftd^ bei älteren (NB) jübifcbcn
Slutoritäten nac^tücifen liefen, trärc bamit nodj teineehjegö bie auf gan;; anberem ©ebietc
liegenbe Drtginalität unb ehjige Sßa^rt^eit be« Sf;ri[tcntum^ triberlegt. Slud^ abgefe^en
toon biefer aÖgememen Semerfung ^at bie Sergj)rebtgt in bem toorliegenben ^Üe (nur
5 biefen betrauten tDir, toeil auf \f}n befonber« oft refurrtert toirb) feinen Sergleid^ m
fctfeuen. (Sin §eibe, fo toirb ©abbat!) 31 * erjä^lt, lommt ju ©d^ammai unb üerfj^ric^t,
$rofelt;t JU toerben, toenn er ba^ ganje ®efe^ auf ßinem gu^e ftef;enb lernen fönne.
©d^ammai treibt i^n entrüftet ^intüeg. 3!)er §eibe fommt ju ^illel. 3!)iefer ertoibert
auf biefelbc 3lnrebe: „SBJa^ ©ir öer^a^t ift, tl^ue ©einem Diäc^ften nic^t — bie« ift ba«
10 ganje ®efe$, ade« anbere ber Äommentar baju: gef^e ^in, ba« lerne!" ^r §. gi>)felt
alfo bie jübifc^e Sieligion in einem 3Horalfj)ruc^e, ber in biefer So^eriffen^eit öon allem
©öttlic^en and) in bebenflic^er SBeife Uerftanben iüerben fann. — 3^" 9tuöf})ruc^ ^in=
gegen „ftel^^t in tiefem religiöfem 3ufö"^"^^'&önge, inbem bie ^flid^t ber Släc^ftenliebe au«
ber barmherzigen Siebe (Sottet al« bem 3Sorbilbe, bem toir ä^nlid^ iüerben muffen, l^er^
16 geleitet h)irb". 3Biß man ^iUel unb '^Q\\im dergleichen, bann fe^e man neben ^illete
augfprud^ bie Slnttoort, toel^e 3efu« (W 12, 29 ff.) auf bie ^age erteilt, toelc^e« ba«
toomel^mfte (Sebot toon allen fei. $. ß. ©trocf.
^tOer^ ft)ürtt. ©ic^ter^ unb 3:l^eologen'familie. — Sitteratur: ad 1.
@oI. $fifter im Hierophyticon Utredjt 1725; ad 2. ^orrebe ju „5)enfmQl ber @rfenntni8"
20@tuttflQrt 1711; ^od), ©efc^ic^le bc8 ÄircftenliebS 2. ?l. IL 186; 3.«. V, 59ff.; ad 3.
D. 2rr. ^örncr, 9?Q(^rid)ten üon Sieberbicfttern be§ ^liig^b. ®e[angbu4S, 2. 91., ©(ftiuabac^
1775, @. 119— l'J9; ^og. gr. JRooS. S^riftl. 4)auöb., ^Jürnberg 1808, SSorrcbe @. V;
?llb. ^mpp, e^riftoterpc 1842; berf., «Itmürttcmb. 6^ara!tcre, Stuttg. 1870, @. 78—142.
ficbenöabri^ in : ^ö. fjr. $.§ fämtliie geiftlicfte Sieber, fterouSg^ t»on S^. 6ör. @ber^. Sämann,
26 9fJeutl. 1844; (£b. ©m. Äocft, in ^ipcrg (So. Äalenber 1853, @. 199 ff.; bcrf.. ©eft^icfttc bcö
IKr^enliebS, 1 «ufl., ©b I, 314 ff., 2.«. II, 225ff., 3. 91. V, 107ff.; JJ. $ipcr, Beugen ber
Salftröcit, IV, 466 ff.; 3iiL ©ogeninann in gb^ft 1870, 207 ff.; ©ert^cau in WbÖ 12, 425ff.;
©. aiouä, SBürtt. Säter, Stuttgart 1887, I, 257 ff.
1. 3)latt^äu« §iller, geft. 1725, einer ber erften Drientaliften be« vorigen
80 Sfl^t^unbert«, geboren in Stuttgart 15. g^bruar 1646, 1677 2)iafonu« in §errenberg,
1685 Älofterj)räje^tor in Sebenl^aufen, 1692 $rofeffor ber l^ebräifc^en ©})rac^e, 1698 ber
2:i^eologie in a:übingen, 1716 3lbt(^rälat) in Äönig^bronn, h)0 er S.gebruar 1725 ftarb.
äu^er toerfd^iebenen fleineren ©c^riften ^ur ^ebräifc^en ©rammatif unb ben biblifc^en Sflters
tümem, jur ©jegefe be^ 91 unb 31%^ tüaren gu feiner geit berühmt fein ^ebräifc^4ateinifc^e«
86 Sejifon, feine ©c^rift de arcano Keri et Kethib (1692), bie SBagenfeil fogar für
inf})iriert erHärte; fein Onomasticon sacrum (1706), eine ett^mologifd^e (Srflärung ber
biblifc^en (Eigennamen, unb fein Hierophyticon (1725), eine (Srflärung ber biblifd^en
^flangennamen. — 2. griebrid^ Äonrab .filier, Sieberbid^ter, geboren 1662 in
Unterötoi^^eim bei Srud^fal, Surift, langjähriger l^erjoglid^er Äangleiabtoofat in ©tuttgart,
40 gejtorben bafelbft 1726, bietete 172 geiftlic^e Sieber, tüorunter g. S5. bie Äemlieber ^d)
lobe bid^, mein 2luge fc^auet; D ^^erufalem, bu fc^öne; Stülpet iüo^l, il^r 2^otenbeine,
gefammelt ^erau^egeben unter bem iitel : 2)enfmal ber ßrfenntni^, Siebe unb Sob ®otte«
in neuen geiftlid^en Siebem", ©tuttgart 1711. — 3. ?ßl^ili}))) griebric^ filier,
Sieberbic^tcr, geboren 6. Januar 1699 ju 3Hübl^aufen an ber @nj afö ^farrer^fol^n,
46 gebilbet in ben Äloftei-fc^ulen 2)enfenborf (unter SengeO unb 3HauIbronn unb bem Tü-
binger ©tift, nad^ me^rjä^riaer 33ifariat^jcit .sjauöle^rer in 9lünibcrg (1729—31), too er
fämtlic^e (Sebete be« Stmbfcben „$arabie^gärtlein^" in Sieber brachte unter bem litel:
3ol^. Slmb^^arabieögärtlein toon neuem angelegt, l.u. 2.3^1. 9Jümbg. 1729, 3. u.
4. 3:eil bafelbft 1731; 1732 ^faner in 9Je(fargröningen, 1706 in aJlü^l^aufen a. ©ng,
60 1748 in ©teinl^eim a. 2llbud^, Wo er am 24. 3l^ril 1769 ftarb. 2)iefer le^te Ort feine«
SBirfen« \vax für i^n eine befonberc Ärei^e^fd^ule, ba er feit 1751 feine ©timme faft
toöllig toerlor unb fein ^itmt auf ber Mangel nid^t me^r üertüalten lonnte. Um fo lauter
unb nad^l^altiger toirfte „ber ftimmlofe Pfarrer" burc^ feine jabtreic^en Sieber (im ganjen
1073), beren meifte unb befte in biefer ^c'xt inelfad^er äußerer unb innerer Slnfe^tung
56gebid^tet finD. ©ie finb niebergelegt in feinem „(^kiftlid^en Sieberläftlein"; 1. 2^cil:
5. gum Sobe ®otte«, beftel^enb an^ 366 Meinen Oben über biblifc^e ©Jjrüc^e, ©tuttgart
1762; j\h)eitcr 3:eil : Setrad^tung be« lobe«, ber ^^funft G^rifti unb ber ©toigfeit, baf.
1767. Slufeerbcm öerfafetc er nod> ein „Seben ^q]\i (Sl)rifti" in 2lle]ranbrinem (1. Seil
^eilbronn 1752, 2. 3:eil Tübingen 1752); furjc unb erbaulicfje 3(nbad)ten bei ber Seidjit
«10 unb bem l^eiligen 2tbenbmabl (Xübingen unb ©tuttgart o. 3al;r) ; ^Korgen^ unb 2tbenb-
^tQer ^iltalittger 77
anbackten naä) bein ©cbet be^ §errn (©tuttgart 1785); enbUc^ ein j)ro|aifc^e^ SBcrl:
Sßcue« ©vftem aller SSorbilbcr 3efu Sf^rifti burc^ ba« ganje as in jtoci 2:cilen (©tutt*
gart 1758—68). Se^nbcn fic^ glcid^ unter ber großen 3Kaffc feiner 2)ici^tun0en, bie
R. Gl^r. 6b. ermann gebammelt ^^txani^ab (f. o.), aud) manche matte Sleimereien, |o jeidj^nen
fic fic^ boc^ ber 3Ke^rga^I nad) au^ burd^ Irarme 3""igi«it^ «c^te SSoIfötümlic^feit, be= 6
fonben^ aber — eben im (Seift ber Sengelf^en ©d^ule, beren ßauptfänger er ift — burc^
biblifd^e ßinfalt unb gefunbe ©c^riftmäfeigieit. 3)urc^ biefe etgentümlic^feit ift er in««
befonbere ber geiftlic^e 2iebling^bi(^ter be« eüangelifc^en 3llth)ürttemberg geworben; fein
8ieber!äftlein ift ^ier, unb jtoar bei ben üerfd^iebenften religiöfen Parteien in jai^Uofen
äu^aben verbreitet unbgente^t unter ben ßrbauung^fd^riftcn ber lut^erifd^en Rircpe näd^ft lo
ämb^ „toabrem S^riftentum", h)oI;l ba^ größte 3lnfe!;en. Äemlieber h)ie: ©ie^ bein
Äönig !ommt ^u bir; 2Bie lieblid^ flingt^ ben D^rcn; 3«fu^ 6l^riftu« ^errfd^t ai^ Äönig;
SJlir ift grbarmung toiberfabren ; ffiie gut ift'«, Don ber ©ünbe frei; 6« lammre, h)er
ni(^t glaubt; 2)ic Siebe barf too^l toeinen; 3Bir toarten bein, o®otte«©o^n, finb h)O^I
in bie meifteit beutfc^en ©cfangbüc^er übergegangen; ba« toürttembergifc^e toon 1841 jäl(^lti6
unter 651 2iebem 51 Don bem „fc^toäbifd^en ©erl^arbt". ^cnttaim ^ofa)i)i.
^tltaltngcr^ 3;ol^ann, geft. 1392. — 9R. gr. 9lnton. ^ö^n, Chrouologia pro-
vinciae Rheno-Suevicae ordtuis f. eremitarum s. p. Augustiui, sSüvjburg 1744, ®. 65 ff.;
J. Trithemius, De scriptoribus ecclesiasticis, Colon. 1540, S. 293; Qo. gel. Dffinflcr, Biblio-
theca Augußtiniana, Siigolftübt u. 5lugeburg 1768, ©. 440f.- 3- 5llb. gobviciu^, febliotheca 20
I^tina mediae et infimae aetatis. Vol. Iv, ^aiiib. 1735. 6.149 unb 277; ^ertn. 4>öupt,
Soöanncä ^QÜan, in 8TO VI. 3H4ff.; 58*2; bcrf., 3)aS @ct)iöma be« ouSgciienben 14. 3a^v^.
in feiner einiuirfumi auf bie oberrljcin. fianbfd)aften, in ber S^iUcfir. f. b. öJefd). b. Ober»
röein^ 9ig V, 291/296, 318f.; 9?5 VI, 8.212, 231; (£. (Subel, 3)ie Provisiones praela-
torum roö&rcnb be« großen 84iöma§, in ber SRÜS f. c^riftl. ^lltcrt.^Ä. u. Ä® S5b VII 25
(1893) @. 412 unb SBb VIII (1894) ©.261 f.; Denifle-Chatelain, Chartularium universitatis
Parisiensis Tom. II, ^ariS 1891, ©. 684 unb Tom. III (1894) 6. 302, 319, 395, 411 ff.
5)ic eingaben ber älteren bibliogravljifdjen 5Serfe über 3. ^. pnb jum Xcil ^ötftft irre»
fü^renb. 9Jbcr oud) nocft .£). 4>urter, Nomenciator liter. receut. theologiae catholicae T. IV,
Oenip, 1899, @. 555, 609 modjt auö .^iltalingcr jtuei oerfd)iebene .^erfönlic^feiten, einen so
?luguftincr 93QfiIiu§ (!) ^iltalinger unb einen ^ominifancr 3oWnn uon iafel (im Änfc^Iu^
an ben 3rrtuni Quetifs, Scriptores ordiuis i)redicatorum I, 695).
gol^anne« §iltalinger (auc^ S^^^onne^ Don ^iltelingen, 3<>^onne« toon Safel, 30=
banne« ängelu« genannt) toax im jtoeiten ^a^rjef^nt be« 14. ^a^r^unbert« ju Safel ge«
boren, tourbe ©lieb be« Drben« ber 2luguftiner-@remiten, beren ©tra^burger Älofter er 86
längere ^At al« Seftor angehört ^u ^aben f^eint, unb ertoarb 1371 in ^ari« ben t]^eo=
logifc^en 5Kagiftergrab. ©c^on frü^jeitig trat feine Sebeutung innerhalb feine« Drben«
^eröor; er galt al« ber SJertreter unb ^Ratgeber be« Drbendgenerate I^oma« öon ©tra^^
bürg (geft. 1357); t)on feinem Orben«bruber S^rban bon ©ac^fen (geft. 1380) tourbe
i^m beffen SBerf „Vitae fratrum ordinis s. Augustini'' geiüibmet. Som 3a^re40
1371—1377 befleibete §. ba« Slmt be« ^roüin^ial« ber r^einifd^^fc^lpäbifc^en Orben«^
t)roöinj, gu h)eld;er SBJürbe er, nad^bem er unterbeffcn al« ©eneral='ißrofurator feine«
Crben« nai^ SRom berufen tüorben loar, 1379 lüiebert^olt erhoben iourbe. Sei 3lu«bru(^
be« großen ©(^i«ma« ^at fic^ §. offenbar fofort auf bie ©cite be« ©egen^jajjfte«
Giemen« VII. geftcUt, ber am 18. ©ej)tember 1379, nad^bem ber Drben«general ber 46
Sluguftiner SBonaöentura mit einem 2:cil ber Drben«font)ente fid) ber Cbebienj Urban« VI.
angefd^loffen l^atte, ^oi^anne« §iltalinger jum ©enera(j)rior be« Sluguftinerorben« ernannte;
no^ 1380 ^at §. biefe ©tellung betleibet. 2^em iJienftc be« ^a})fte« Giemen« VII. ^at
§. fu^ in ber golge mit raftlpfem ßifer gelDibmet. ©einem ßinflufe toirb e« uigefd^rieben,
ba^ §erjog 2eoj)olb III. üon ßfterreic^ ft^ für bie Dbebicn^ tjon 2ltoignon erttärte. Sil« 60
1388 für ben öfterreici^ifd;en, jur Cbebienj Giemen«' VII. I^altenben, SEeil ber Äonftanjer
2)iocefe in greiburg ein befonbere« ilirc^ienregiment errid^tet mürbe, finben iüir ^o^anne«
Öiltalinger bafelbft toieber^ott in leitenber ©tettung unb al« })ät)ftlici^en a5ertrauen«mann.
Jm 3a^re 1384 erl^ält er tjon Giemen« VII. ben Stuf trag, ben Urbaniften in ber5ßrot)inj
Si^cim«, ba« l^eifet tüo^t in ben flanbrifc^en 33i«tümem 2)oomif unb 2;eru?aan, entgegen* 65
jutpirlen. 3« ^M^" 3wf<*"^"^c"^öng bürfte ipof^I aud^ bie il^m jugefc^riebene grieben«ftifs
tung jtpifc^en ben ^erjogen Uon Sotbringen unb Öurgunb gel^ören. Sluc^ mit ber $arifer
Unii>erfität feigen toir i^n in biefer 3eit enge »ejie^ungen unterhalten. 2lm 10. Tläx^
1389 belohnte Giemen« VII. §iltalinger« treue 3)ienftc burc^ feine Gmennung jum
Sifd^of öom 2omb^ {Xtp. ©er«) füböftlic^ toon 3luci^), bie i^n inbeffen nid^t ^inberte, oo
78 ^iltalinger giften
am Dbcrrl^ciu für bic ©ad^c 9lt)i0non^ fortgcfcfet ju tüirfcn. ©o ftnbcn W'ix \l)n 1:390
in ©trapurg, Wo er mitßrfolg für bcn 9lnf^(u^ bicfcr 3)iöcefc an bic 9lt)ignonefif(^e
Dbcbienj eintritt unb bie ©cfangcnfc^ung bc^ eifrigen Urbaniften ^^^^'^'^^^ SRalJEau
burc^auje^en U)ei^. 3" ®"^^ ^^ !3a^rc^ 1891 tüirb er Don Slemeng VII. mit bcr
6 ©ntfcpeibung in ber @^efc^eibung^=2lnge(egenl;eit be^ 3)larfgrafen 95emf;arb I. öon Saben
beauftragt. Äurj barauf, toor Df tober 1392, ift §iltalinger ^oc^betagt geftorben; feine
©rabftätte ^at er in ber Sluguftinerlirc^e ju Jreiburg im ^reiigau gefunben. Son feinen
©c^riften Serben u. a. „Commentaria in libros sententiarum" erh)ä{^nt.
^ermatt $att)it.
10 ^iltett, 3<^M"^/ 5^^"J^^^ö"^^"^önc^ ju ßifenac^, geft. c. 1500. —
du eilen: Söcric^t eine? ^öndjc^ au? ^^angenfal^a unb 5öviefe beö ^i)coniuö an iJut^cr
ncbft ?«ad|fc^rift in (6. ^. ^eumann) Parerga, Goettingae 1736 I Hb. III @. Iff.; ba^u
Sm III, 305 ff.; XIII, 163 ff.; unb Unfdjulb. 9Mr. 1744 S. 317; — Apolog. art. XIII
de vot Mon. (Symbol. Söücfter ed. ^üUer 8. 270 ff.); i!ut§er: ©^^(551 25,325; 60,286.
16 Sf. ^cr. u. be 3Bette III, 514, 522; VI, 563. g3riefiücc^|. ^er. uon ©urf^arbt 6. 36, 136;
Jifc^r. fter. uonSörftemannlll, 252; — CR I, 1108, IV, 780 [•= Script, publ. propr. I, 62
bei be 3Bettc unb Surf^arbt], VII, 053, 999, 1006, 1112; XIV, 841; XXIV, 64, 225;
XXV, 14, 80; XXVII, 627; g. ^Katt^efluö, D. ^IKarttn Sutt)er^ Scben; 1.15. 16. $rcb.;
©rief beö 'äÄl)Coniuö o. 21. fjebr. 1549 on ^^J.iSbcr (in P. Jenisius, Annabergae Misniae urbis
2ohi8toria, Drcsdae 1605, II, 12 b.). ^ie l)anbfd)riftlicöe ®cfd)id)te ÜRafcbergcr« über öut^er
unb feine ^c'it, f)cr. uon 9?eubc(fcr, 3ena 1850; ^. 9lbam, Vitae germanorum theologorum,
Francof. 1653, p.,3 ff.
fiitteratur: 9Ib53 XII, 431ff. (3ü4cr II, 1611. ®roM UnimfQlIcjifon, Scip^ig
1735, XIII, 98: (Srfd) u. ®ruber II, 6, VIII, 190); ^. (S. ßöfd)cr, SSoUftänbigc JKefor.
26 mationS^^fta, fieip^ig 1720, ©. 148 (3.©. ©öfc, Observationes hiet.-theol. de J. Hiltenio,
Lubecae 1706 ift nad) Xen^el, Guricufe S3ibIiot^ef, grantf. 1706 III, 777f. nur (Erläuterung
ber @tefle in ber Apologie; Ä. ^ngclu^, Äurjer, jebocft geiüiger unb flriinblid)er Scricftt t)on
3o^. 4)ilten unb feinen feeißagungen, granf f. a £5. 1597, ^anbfcbriftlit^ auf bcr S3ibliot^ef beS
9Wagiftrot§ ju 53erliu, entljält fo^lic^ baöfelbe wie beefclbcn S^crfafferS: Annales marchiae
80 Brandenburgieae, granffurt a. 0. 1598, ©. 299 f.). Gleitete Sitteratur bei 91. Xopp, ^iftorie
bcr <Stabt (Sifcno* 8. 27 f. in ©&. Suncfer, ©inc^ «noni}nti 8taat, ^ifenadf) 1710; ©. ^.
Sabriciu«, Centifolium Lutheranura, Hamburg 1728 S. 18, 345, 779; bcöf. Bibliotheca mediae
et inf. lat, 4)amburg 1735, VII/VIII, @. 789.
3ol^ann ,§ilten (gilben, §ielben, Riehen, §iltin, 3^*^"/ 3"^^"'"^) *>on SKeland^t^on
86 in ber Sljjologie afö ^ro})l^et auf bie Sleformation angeführt, feitbem oft ertoäl^nt, hjirb
unter bie testes veritatis ge^ä^It. Sut^cr, ber fc^on al^ ©d^üler in ©ifenad^ burc^
.Oeinrid^ ©c^albe (CR XXVII, 627 • ,v Äöftlin, 3Kartin Sut^er I, 39, 777) öon feiner
§aft gel^ört, forberte, nad^bem in Harburg ba^ ®c\pxäi^ auf .^ilten gefommen, am
17. Dftober 1529 (©riefe ^er. t)on be 9üette III, 514), unterftü^t bur(| 9»eland^t^on
40 (CR I, 1108) aWvconiu^ ju 9taci^forfc^ungen auf. Unb biefer üerfc^affte ben Sleformatoren
bie getoünfc^te älu^Iunft.
(Seboren im erften Viertel be^ 15. Söf^^^"»^^^'^^/ angeblid; im ©tifte gulba (CR
I, 1108 2lnm.), trat §ilten, nac^bem er in ßrfurt, bcfonber^ ^^biIofo})(^ie ftubiert unb in
Sitolanb get)rebigt l^atte, in ba^ gran^i^fanerfloftcr ju 9J?agbeburg. 3" ^^" Älöftem ju
46 2ßeimar unb ßifenac^ hjurbe er feit 1477 in .?)aft gel^alten. "ülad) bem Sangenfal^aer
2Rönc^ — toieüeic^t Sartolb ©runjebacf) (3Kattf;cftuö I) — tüurbe er „t)äterli(^" be^
toac^t, bamit er nic^t bon bem einfältigen Solle für einen ^roj)f;eten gel^alten toürbe.
3lai) anbem W6nd)cr\, beren Slu^fage SDl^coniu^ Sügcn ftraft, mar er toegen Slu^fa|e«
eingefd^Ioffen. 3!)ie ^^atfad^e, baf; bie SKönci^e nicbt mit ber ©Jjrad^e ^erau^ iDottten, bie
60 Urtunben über .seilten ju öerbeimlid^en fuc^ten unb au^ bem bon SR^^coniu^ eingefe^enen
3)lanuftri})tc bie Slätter auf benen §ilten feine Seiben^gefd^ic^te er^äl^It ^atte, i^nau^-
geriffen l)aücn, ^cugt bafür, bafe er in fc^arfer §aft gehalten iourbe, iDcnn er auc^ nid^t
^unger^ geftorben ($eucer, Praefatio S. Aiiy ju Omnia opera Melanchthonis, Witte-
bergae 1562) nod^ lebenbig eingemauert ij't (fo nod^ Söttc^er, Germania sacra,
66 £p^. 1874, ©. 699). ^ad) bem Serid^te t)on 'JJJcIanc^tfjon in ber Sinologie ^at §ilten, im
Äerfer erfranft, ben ©uarbian ju ftc^ bitten (äffen, il?m feine ©c^loac^^eit angejeigt unb bann
ate er öon biefem f;art angefahren tourbe, erflärt, bafe er bie^ Unred^t um G^rifti mitten gern
tragen lootte, mietoo^l er nic^t^ bem 5JJönd^tum ?Jarf^tciIigc^ gelehrt, fonbem nur noto=
rifc^e 3Ri^bräud^e angegriffen i)ab^. 3)arauf l)at er bie angcfül^rte SBei^^fagung über bie
CO Sieformation gef})rod^en. 2)er Sangenfaljaer 9JJöndb, meld^cr Slugcn^euge feinet Xobe«
mar, berid^tet, ba^ §ilten in bie ilranfenftube gebrad^t, im Seifein beg ©uorbian $einrid^
^ilteit 79
ftunc unb bct seniores loci (iüo^I bcr älteren 3)lö«c^e) mit ber (e|tcn Ölung berfe^en
in gticbcn gcftorbcn fei. 3!)ie Srüba habe er hjegen bc^ uon i^m gegebenen Slnfto^e«
um 3Serjei^ung gebeten, jeboc^ erflärt, bafe er feine äöei^fagung nic^t bereuen fönne. ®^
ift fein ®runb nur bie Sluöfage be^ 3Könci^e^ p ®runbe gu legen, hjie 3lb93. 2)er 3Kön(^
toor \a nur einen SRonat in ßifenac^ unb erflärt au«;brüdtic^, bafe er nur ben Slu^gang 5
be^ ichm^ öon §ilten gefet^en. Seibe Serid^te finb tüo^I ju bereinigen, hjenn man bo^
öon 3Rdca\ä)Ü)on ßrjä^lte bor ba« üon bem SKönc^e berichtete fe^t. 9ßir tbiffen ouA gar
nic^t, tote lange 3^^* jtoifc^en beibe« faßt. SJon einer befonber^ bebeutfamen SBei^s
fagung toei| and) ber 9)lönc^. §ilten^ 3:obe«ia^r ift unbefannt. Sutl^er fagt, ba^ Eilten,
ol« er in Sifena^ toar, nod^ gelebt f)ahi ober fürjlic^ geftorben fei (CR XXVII, 627 ; 10
aBaSea 60,286). SDemnad^ toürbe §ilten^ 2ob in bie legten Sa^re be^S 15. ^a^r*
^unbcrt ober ben Slnfang be^ 16. fallen.
^ilten l^at Kommentare jum 2)aniel unb ^ur 3l})ofal^})fe gefc^rieben, bon benen je^
boc^ nur gragmente jur Äenntni^ ber ^Reformatoren famen. 5ül. 2lbam fülf^rt au^ il(^nen
©tdlen an unb bii}au!pi^, bafe bie 3)Januffri})te im 33efi^e toon Slbr. ©cultuö getoefen; 16
bicfer aber beruft fi(^ nur auf ÜKeland^t^on (Annales evangelii, §eibelberg 1618 p. 5).
Se^tercr bejeugt, bafe er bie 3Kanuftrii)te eingefel^en (CR VII, 1006 f.). fiilten, ein
3Kann t)on toiffenfc^aftlic^em ßifer unb mufter^aften SBanbel, befc^äftigte ftc^ eifrig mit bem
©tubium ber Sibel. 95ie ßntfte^ung ber ^ärefie leitete er an^ ber ^i^aci()tung ber beiben
©runbfä^e ^er, ba^ ber 6cbrift feine ©etoalt angetl^an toerbe, unb bafe in ber (Sjegefe 20
ftetiS eine aSergleid^ung ber Sc^riftfteHen ftattfinben muffe, ßr ftubierte bie SBeiöfagungen
ber ^l. Sirgitta unb bie feinet 3^'^9^"^ff^" 3^^^*^" 2id;tenberger, beffen Sßeigfagungen
Sut^er 1527 mit einer 93orrebe ^erau^gab (2022 621 63, 250 f.). @r griff firc^lid^e
3Rifebräuc^e an unb berfünbete auf ©runb feiner aj)olali^i>tifci^en Stubien gro^e llm=
toäljungen in ©taat unb Äirc^e. 6r beitagte bie Unterfc^eibung t)on Äleru^ unb Saien 25
unb befteitt ben 3lnfpruc^ be^S ^a))fte^ ©tattl^alter S^rifti ju fein ; in 9lom \ai} er bie
ai)ofalV})tifc^e §ure unb fejte ba^ ©infen ber })ä^ftlicl^cn 5Kac^t nac^ ^K^coniu^ in ba^
3al^r 1514, toorüber biefer fein (Srftauncn äußert, nad) ajleland^t^on in ba^ 3^^^ 1^16
(CR IV, 780, VII, 1006 f.) bie ^errfc^aft ber dürfen in &\xxopa beftimmte er nad)
SDtoconiu^ für bie 3^^ toon 600—1570, nad^ SRelanc^tl^on i}ai er bie 3Wac^t ber 3:ürfen so
ol^' be^ ©og unb aJlagog (CR XXV, 14) in $Deutfc^lanb unb Italien auf ba« ^a^r
1600 toerfünbet (CR VII, 999. 1006. 1112; XXIV, 64). 33arauf ertoartete er eine
SJeformation ber ßl^riften^eit unb eine Vernichtung be^ 5Ku^amebani^muö. 2)er le^te
römifd^e Äaifer toerbe refignieren unb G^rifto feine 3Kad^t gurürfgeben; nac^ bem gatte
Som^ toerbe ber Slntic^rift erfcf^einen. 5Da« (Snbe ber 2yelt berlünbigte er für ba« i^a^r 86
1651. 3)ie SBei^fagungen fmb toielfac^ angefochten iuorben. ©0 erllärte ber .^ofj)rebiger
Äarfe V. ai))^. 23irtoefiu^ (Philippicae disputationes, Colon. 1545 ©. Eeij 2) bie
SiJeiefagung §ilten« über Öut^er für „^offen" (toogegen 3. 33. 6art)jot), Isagoge in
libr. Symbol. £ei})jig 1665, p. 719), toä^renb ^ilten^ Drben^enoffe ber el^emalige
Sc^eibergefeBe unb fpätere 2Bei^bifd^of toon Srijen, '^^o^ann 9Jafe, geft. 1590, (ba« anbere 40
^unbert ber ©uangelifc^en toal^rl;eit, SnQolftabt 1570 ©. 228) bie über bie Xürfen ate
„erbic^tete $ro})^ece1^" ber^öl^nt. 211^ irrig ift feine 2Öeiefagung aud) toon §eumann
(Lutherus apocalypticus, ^annotoer 1717 p. 160 f.) I^ingeftellt, (toogegen Unfc^ulb.
«ac^ric^ten 1718 ©. 664 ff.).
SRa^eberger legt §ilten nod^ ben 2lu^fprud^ in ben 2Jlunb; Sub Leone exoritur 45
Hieremita, qui reformabit fidem Romanam; hiergegen ift ^u toergleid^en: 2lmolb,
Un}jartl^eiifd[>e Sitd^m- unb Re^erl^iftorie, ©c^afff^aufen 1740, I, ©. 917. 3"0cf^'^^^'^^"
toirb i^m auc^ eine oft angeführte SBeißfagung über ba^ ©c^ictfat ber brei ftlöfter 3Kagbe=
bürg, 2öeimar' unb gifenac^^. Xai 3Kagbeburger follte in eine ©c^ule (©. Subotoici,
S<^uI--§iftorie, £eit)jig 1708, IV, 74 f., 92 f.), ba« 2Beimarer in einem aSiel^ftaH (armen- m
tarium, nic^t armamentarium, 2lugcrlef. 2:^eol. Sibliotl^el, iJeipjig 1732 V, 1040 ff.;
% SBolff bei ©edfenborf, Comraentar. de Lutheranismo, ^ei^jig 1694 schol. ad
indic. I, 9lr. XXVI), ba^ ju 2\}ittenberg in ein Äoml^auö toertoanbelt toerben. ©0
3R. 2lbam, anber« ©ectenborf III, 62. 2lufeerbem ge^t aud^ unter feinem 9Jamen bie
fficidfagung Dxaüp^ (Unfd;. 9iad;r. 1706 ©. :]18), nac^ einigen 2lbbretoiatur für Omnia 55
redibunt in pristinum statum (3^© III, 30621), nad^ anberen für Ora pro nobis
ate Sejeic^nung für baö &tbct ju ben ^eiligen (2lrnolb a. a. D. I, 572).
2lu^ mi^erftanbenen DJacf^ric^ten bilbcten fid; um ,^iltcn ©agen (togl. 9)i. 3Kerian,
Topographia superioris Saxoniae, ^anffurt 1650 I, 56 f.), toeld^e noc^ in neuerer
3eit toon eijenac^ Sofal^iftorifem Q. ^. ajle^, 2}aterlanb^funbe, ßifenac^ 1823 ©. 83 f.) go
80 ^ilteit ^tmmel
flet)flcgt tvurben. ©o bcrlegt fd^on SRanlu^' (Locorum communium collectanea Basileae
1563,1, p. 76), feine SBetefagungen m^ ®oü}a. 2)er märlifc^e ß^ronift Slngelu^ (Annal.
S. 299 f.) mad^te i^n gu Sut^er^ Seigrer, iDte nad) §eumann (Lutherus apocal. ©. 163,
Parerga I libr. III, 3 3lnm.) fc^on Dornet ©locceru^ in feiner Vita Lutheri, unb
5 noc^ 3. $. 5Jle^ (3cits unb Slegentengcfc^ic^te ber ©tabt unb bed ^^^^ftentum^ ßijenac^,
eifenac^ 1826 ©. 144) fagt, baf Ritten auf Sutl^erig SSUbung ©nflu^ geübt. 6l^r.2öiner
toerfertigtc auf i^n eine Dbe unb bie a5Jitn)e be^ ^er^og^ S'^^ö"" ®i^P ^^^ ßifenat^,
S^riftine, liefe i^m in ber ©eorgenfirc^e ju ©ifenad; ein 6pitat)^ium mit einer toom 3leftor
aSal. SBcinri^, (geft. 1622) toerfafeten Snfc^rift fe^en (PauUini Syntagma, granff. 1698,
10©. 122; 6. aß, ©c^umac^er, aJlerfiDürbigfeiten ber ©tabt @ifcnad&, (gifenad^ 1777, ©.23,
73, 94).
§ilten fann nic^t atö ein „5?orläufcr ber Sieformation" noc^ ate ein „Sefenner
cbangelifc^er 2e^re" angefe^en Iperben, hjie benn -Dlvconiu^ feine Unfic^er^eit in ber Slec^t^
fertigung^Iel^rc bebauert, aber er gehört in bie Steige jener ÜRänner, toelc^e eine SReform
16 ber Äird^e crfel^nten unb ba^ Verlangen bana(^ burc^ SBei^fagungen lebenbig ju erl^alten
juchten. 6r ging auf bie ©c^rift ^urürf unb beflagte ben SKiberfprud^ ber ^terarc^ifc^en
atnfprüc^c unb be^ ürd^Iic^en Seben« mit ber Sibel. 6ine 9leform ertoartete er jeboc^
allein burc|> ba« gintreten ber in ber 3lt)ofal^})fe getoeiöfagten (Serid^te ©otte^.
20 ^immcl. ©(ftoettgen, hör. hebr. et talm. p. 718 sqq.; §. 3Beber, 3üb. J^cologic auf
®runb be« 2:almub unb Dcrmanbter 8d)riften, 2.?tuf[. 1897, §33.44; Sedier, 2)cr ^immel
bc8 9?aturforfcl)erd unb ber ^immel bc§ ©Triften, ^eibelberg 1882; SRic^m, $lrt. ^Immel im
^anbttjörtcr bud) be^ bibtifcftcn 9lltcrtum3; Ää^ler, 5)09matifc^c 3citf ragen, 2.^eft: jur öc^rc
Don ber SSetjö^nung, fieipjig 1898, @. 300 ff.; ''^J^. ^.C^otju, ®ebanfen 00m $>imme!. hinter«
26tiurl780 (in „cincS ungenannten Sc^rlftforjc^cr^ uermifcftte t^eologifc^e Schriften", 4.33anb);
3. 5. Dberlin. 3ion unb 3erufatem, ein S^ermäc^tnid für bie öJIäubigen, bie in ß^rifto loan«
bcln unb fic^ nac^ ber oberen ^eimat fernen, Stuttgart 1841.
3)ie altteftamentlic^e ©d^rift ^at nod) leinen einheitlichen Slu^brud für ba^ Sßelts
gange ober ©^öpfung^ange, fonbem begeid^net ba^felbe aU Jpimmel unb 6rbe. ^n ben
30 2lj)oIrV})^en hjirb guerft im 35. ber SBei^l^eit, fotpie im 2. S. ber SKaffabäer ber bei ben
©ried^en angeblich feit ^^t^agora^ gur Segeic^nung be^ SBJeltgangen aufgelommenc, ieben«
fatt^ juerft toon ber Sleflejion in biefem ©inne öcrlüenbete älu^brurf xoojuog gebraui^t
2Bei^^. 1, 14; 5, 21; 7, 17; 9, 9; 11, 18. 23; 13, 2; 16, 17; 17, 19; 18, 24;
2 3Kc 7, 9.23; 12, 15; 13, 14; 8, 18. Suc^ im 5R2 toirb xoo/iiog in biefem ©inne
36 gebraud^t Slct 17, 24; SRöm 1, 20; 30 17, 5; 21, 25 ; togl. auc^ ben aiu^bruct «jto xa-
raßoXfjg (aWt 24, 21 : an' äQxfjg) xoafiov ÜJlt 13, 35 ; 25, 34; 2c 11, 50 ; gpH, 4;
§br 4, 3; 9, 26; 1 p 1, 20; ä[»)1 13, 8; ^o 17, 24. ©onft aber bejeic^net xoofiog
bie SBelt ate ©tätte ber 3Kenfd9^eit, in bie ©ünbe unb 3:ob eingebrungen ift, beren $ert
unb Äönia barum nic^t me^r ©ott ift, lüeil ber ^aian fid^ baju bi^ i^ur 3^^^ \Än^ ©e«
iorid^te^ aufgeiüorfen l^at, — im Slnfd^lufe baran bann bie öon ©ott abgetoanbte, j^u i^m
unb feiner Offenbarung fic^ gegenfä^lic^ toer^altenbe 3Jlenfc^^eit, f. b. 21. 3Belt. ätl^ 8c=
geid^nung beö ©c^ö})fung^anjen ift ber 3lu^brud„§immel unb (Irbe" beibehalten 3Ht 5, 18
24, 35; 2Rc 13,21; Sc 12,56; 16, 17; Slct 14, 15; 3a 5, 18;äct4, 24; ögl. 6^)^1,10
Äol 1, 16. 20; 2 p 3, 7. 13; 2lpo! 21, 1, gang toie Pato Euthyd. 296, D fagt: ngiy
46 ovgavöv xal yijv yeveo&m. 2)ie SBurjel be^ ^ebräifc^en cr^'f ift ebenfo unflar, h)ie
bie be^ gried^ifc^en ovQavog, toetc^e^ $ott auf var, bedfcn, jurücffü^rt, Värunas ber
©Ott be^ SBafferg, „Umfaffer be« 2111^", toä^renb ©c^ioeijer e^ öon varsh, regnen, ah^
leitet (gurtiu^, ©runbjüge ber gried^ifd^en ßt^mologie, 5. Slufl., ©. 350). 3)ag beutfc^e
aCBort „§immel" gebt nad^ ©rimm Don ber Söurgel ham = bedfen auö „unb l(^at bie
60 eigentliche ©ebeutung einer 2)ecfe ober eine^ 3)ac^e« ber 6rbe", h)ä^renb ba« nieberbeutfc^e
heben, englifc^e heoven auf bie SQäurjel hab = ^ebcn, galten gurüdfgel^t unb ben §im=
mel alö Umfd^lie^er, §alter ber ßrbe bejeid^net (3Jl. -öe^ne in ©rimm^ beutfc^em SBiJrterb.).
2)a^ §ebräifd^e C'?;"^ ift toal^rfc^einlid^ ein $lurat ber äbftraltion mie ="r»'-^, C"^?n^ tm^r^,
unb cm biefen 5ßlural fnüj)ft bann ba^ jübifc^e Il^eologumenon toon einer 3Kel^r^eit öon
66 Fimmeln an, toie oxk biefe^ toieber im beutf^ien ^Jlittelalter ftc^ bie S^orftellung toon je^n
Fimmeln anfc^lie^t.
3unäc6ft bejeic^net ber,öimmel im J)^^ftfd^en ©inne ben Ort ber©eftime, ©en 1, 14; 15,5;
3er 33, 22; ©en 22, 17; 5Rt 24, 29; §br 11, 12; Slpl 6, 13 u.a., berSBJolfen, ®enl,9;
7, 11 ; 2)t 28, 23 ; ^f 147, 8 ; 148, 4; 3Rt 24, 30 u. a., beffen Gräfte unb (Srfc^einungen
60 bie erbe beeinfluffen ^i 38, 33; SKt 16, 2. 3; 24, 29; 3a 5, 18. Unter biefem ^immel
^immcl 81
ift bic (grbc, ff M ovgavov $roD 8, 28; §i 2, 2; 18, 4; U, 13, bon i(;m olö eine
Sm^eU umfc^lofien fto^el 1, 13; 2, 3; 3, 1 ; 3lct 2, 5; 4, 12; Sc 17, 24; Äo 1, 23. ©e^:
bac^t ift er ol« eine gefte, rPT ®en 1, 6. 8; iM' 19; 2; 1^0, 1, bie über bcr ßrbe ftel^t,
geftü^t bon ben Sergen afö ©äulen §i 22, 14; 26, 11. ÜJiit i^m gufammen gel^ört bic
an i^ gebunbene 6rbe, bie mit i^m bo« ©anje ber ©c^ötjfung bilbet unb mit il^m ber? 5
geben toirb, um einem neuen §immel unb einer neuen ßrbe ^la$ j^u machen, in melden
(Screc^tigfeit too^, $f 102, 27; 3icf 13, 10. 12; 34, 4; 3;oel 3, 3f.; 2^t3, 7. 10;
a»)f 6, 12 f. ; £c 21, 33 ; 3ief 65, 17 ; 66, 22 ; 2tpf 21, 1.
^ier fe^t nun jofort eine gleite Scbeutung beiS SBortc^ ein, inbem bie religiöfe Se^
trac^tung mit bem §immel, tocld^cr bie 6rbe überragt, bie 2?orftettung ber 3Öo^nung lo
©ottc^ berbinbet, toie ö^nlic^ Aristot. de mund. 2 fagt: rov xoojuov t6 ävco '&€ov
oixTjxrJQiov, de coel. 2, 3 : Jidvreg yäg äv&Qaynoi negl ^ecbv e^ovoi v7i6h]ifHv, xal
Jidvzeg löv ävcotäto) reo deUo rojzov änodidoaoiv, xal ßdoßaQoi xal ikkrjvEg,
ooouieg dvai vo/jlICovoi '&€Ovg, drjXovon cbg reo ä^avärco xö äi^dvarov ovvtjqt^]'
fieyov. ajer ^immel ift ®otte^ Sf^ron $) 2, 4; 11, 4; 20/ 7; ^^ej 66, 1; ^cf 1/ 1; i^
3Kt 5, 34; Slct 7, 49; §br 8, 1, im |)immcl ift fein 2:emi)cl, fein A^eiligtum ;^cf 6;
äpt 11, 19; 15, 5, ba^ Sorbilb beö irbifc^en ^eiligtum^ (gj 25, 40; 26, 30; Slct 7, 44;
Sybx 8, 5, bie äÖol^nung ®otte« %\ 115, 3; 5lo^d 5, 1; 2 (Sl^ron 20, 6; bom §immel
i^erob fc^t ber $en $f 14, 2; 33, 13; 53, 3; 80, 15; 102, 20; 3ef 63, 15; 2^ren
3, 50; bom ^immel ^erab rebet er 35eut 4, 36; 9ief^ 9, 13, h)e^(;alb auc^, h)a« Dom 20
§immcl ^erab gerebet ift, unbergönglid^c etoige ®eltung beanf^jruc^t ^f. 73,9; §br 12,25,
benn toa« bom §immel ftammt, ba^ ftammt bon ©Ott unb gilt uubcbingt für bie 6rbe
unb für bie gum ^immel l^in geloiefene bejU). auf ben ^immel angetoiefcnc aJtcnfc^^eit,
aRt21, 25 f.; 30 3, 13; Sc 3, 22; a)k 1, 11. 2)arum fommt e^ bei bem, ioa^ auf ßrben
gefc^ie^t, inöbefonbere bei ber bon 6^rifto erteilten ä^ergebung bcr ©ünben (ü)tt 9, 6 bgl. 25
m. 16, 19; 18, 18 f.; 23, 9), auf bic®eltung an, bie eg im §immel ober bei ®ott l^at.
gjom ^immel ^er erhört ®ott ®cbcte 1 Hö8, 30ff.; 2 6^r 6,25. 35. 39; 3icl?9,27f.;
%\ 33, 13; Seil, 13 u. a. SJon l;ier au^ erhält ba^ SBort ^^5auli miber fx^ felbft ober
ben @ngel üom ^immel, ber ein anberc^ (Soangelium Dcrfünbigen njerbe, ®a 1, 8, feine
ganje grofee Tragweite. 2Bo ®otte^ §oI;cit unb unbebingte §crrfd^aft, feine unumfc^rönftc so
SRac^t J^crtjorge^oben tocrben foU, Reifet er ®ott bc^ §immcl^ 3Rcl; 1, 4. 5; 2, 4; ®en
24, 7; ^f 96,5, beffen 30m über alle« gottlofe ffiefen ber aJienfd^cn, bic bic 3Öa^rl?cit
in Ungerec^tigfeit aufhalten, Dom §immcl ^er geoffenbart hjirbStö 1, 18, Dgl.2 ^ü} 1,7. 8;
1 2^ 4, 16. ^Mm §immel fd^rcien bie Sünben, bie ®otte6 ®eric^t unb ©träfe ^crauö-
forbem 2c 15, 18. 21 Dgl. mit ®cn 4, 10; 1 ©a5, 12. 3um §immcl \)'m tocnbct fic^ 35
ber Setenbe aWc 6, 41; 7, 34; :Jo 17, 1 u. a. (S^ ift nirf^t bic abftraftc :3cnfeitigfcit,
bie unnai^bare 3:ran^enbenj unb ^eme, bie bamit auögcbrüctt toirb, ba^ ber Jpimmel al^
©otte^ SBol^nung angefei^en toirb, — eine folc^c fennt nur bie Ideologie ber ©^nagoge,
nic^t ober ba« 313: — , fonbem mit feiner Grl^abenl^eit über allem, ma^ auf (Srbcn ift
9)a 4, 23; $f 68, 15, ftel^t aud^ fein ben 2Kenfc^en gcltcnbcr ffiille 2)t 4, 36 unb gmar 4.)
infonber^eit fein ^eil^toittc unbebingt feft SDt 33, 26; %\ hl, 4; 89, 3, unb bie Scncn^
nung ®otte^ alö 6 naxrjQ fioVf vjucöv 6 ev xoig ovQavöig bei 3JJatt^äu^ unb ^JJtarcuö
0Kt5,16. 45.48; 6,1.9; 7,11.21; 10,32f.; 12,5U; 16,17; 18,10. 11. 19; 23,9;
ajic 11, 25 f.), tücld^e ß^riftu« gebraucht, cntrürft il;n unö nid;t, fonbem crmcrft basJ 'JBers
trauen ju feiner SJaterfc^aft unb feinem väterlichen crlofcnbcu Jpanbcln um fo mcl^r, aU 45
„ber öimmel ^öl^er ift benn bic ßrbe unb feine ©ebantcn ^ö^er bcnn unfcrc ©cbanfen"
%\ 103, 11; 3^! ^öf 9 ff- 3)eiSl^alb toirb gu i^m gebetet, ba& er bie .§immcl jctrci|en
mächte 3«f64, 1. Da^er bie gorberung eincö 3^i^<^"^ bom Jpimmcl jum (Srtoeiö ber
aReffianitöt Sefu 2Rtl6, 1 Dgl. m.24,30; Sc 9, 54. 3)cr Eingang ß^rifti in ben §immel
bebeutet feine ©r^ö^img gu göttlicher e^re unb ßenlid^feit Sc 24,51; ::Uctl,10f.; 2, 34 50
bgl. m. 30 3, 13; 6br4, 14; 8, 1 ; 9, 24; 1 $t3,22, unb begrünbet bie unbebingte Sln^
erfennung unb Unterorbnung feiten^ ber ^})ienf(^en, fotoic feinen $)cfi^ göttlicher 3Jlac^t
}ur Sluöfü^rung feine« ^eil^toillcn«, bgl. 2lct2,34-36mit(Sp^ 1,20— 22; ^:iJl?t2,9— 11.
3)iefe änfc^auung, bafe ber »öimmel ©otteig 3Üol;nung unb ©otte« 2^ron fei, fc^lie^t
aber auf ber anberen ©eite bie Slnfc^auung Don ber an feinen Ort gebunbenen Öciftigteit 66
©otte« ni(^t au«; im©egenteil 1 fiö8,27 f bricht c« bcutlic^ au«, bafe „bcr §immel unb
aller §immel §immel il^n nic^t faffen mögen" ober toie 3^)"^ \<^%^, ba^ ©ott ©eift ift,
nu^t axi Slaum unb Ort gebunbcn unb barum Don icbcrmann ju finbcn, bcr il;n cmftlid;
„in ®eift unb SBa^r^eit" anrufe unb anbete. 2)arum l^abcn toir in CS^rifto bie naQQjjoia
«nb nQooaymyji }u i^m in ber ^wberfic^t be« ©laubcn« Öpl? 2, 18; 3, 12; 3tö 5, 2. üo
»eaIs<hici>fIopäbic für a:öcoloßlc unb Äirdjc. 3. Sl, Vlll. f: ■
82 Fimmel
©Ott ift bcrSBelt überall ßCöcntDärtii^, »Denn er aud) nid^t überall ba$ öleid^c h)irlt; aber
JDie er jeben an jebem Orte finben lanw, fo fann er bou iebennann an jebem Orte erlebt
toerben, ^f 139; 145, 18; gjer 23, 23 f. 3)amit ift nic^t au^gefc^Ioffen, fonbem eim
gefd^loffen, ba^ jeine ©emeinbe, bie in ber 3BeIt i^re Statte \)at, ein xaroixrjri^Qiov rov
5 -»eov h Tivevjuan ift (g))^2,22, ein %mpti ®otte^ 1 Äo 3, 16. SSon ^ier auö ergiebt
ftd^, in toelc^em ©inne ber ^immel ate ®otte« SiBo^nung unb ®otte« 2:^ron, bie ®rbe
ali fein f5wfeW«n«I(3^f 6(), 1) anjufe^en ift, nämlic^ atö ber Ort ober3:eiI ber ©(b(Jt)fun0,
an toe^en ber Offenbarung feiner §errli(i5)feit nic^t« im SKege fte^t, toie bie« auf ßrbcn
burd^ bie ©ünbe ber %aü ift.
10 SDenn — unb bie« ift ber britte für bie biblifd^e änfc^auung unb 3lu«bru(f«tDctfe
mafegebenbe ^unft — ber §immel ift im Unterfc^iebe üon ber (Srbe eine l^öl^ere Drbnung
ber SDinge, bie ©tätte etoiger unbergänglic^er ®üter aWt 6, 20; iic 12, 33; Sic 10, 21;
2 Äor 5, 1 ; Äo 1, 5; ^^i 3, 20; 1 ^tr 1, 4; -öbr 10, 34; 12, 28, barum bie ©tätte be«
Urbilbe« für bie abbilblic^e §eil«orbnung unb i^rer (Einrichtungen auf ©rben ßj 25, 40 ;
16 2(), 30; äct 7, 44; öbr 8, 5, bon ber ^er bie ÜKitteilung ber toirflic^en $eil«güter erfolgt
3o 6, 31 ff. bgl. 1 Äor 15, 47 ff.; ;^so 1, 52. (Sr ift bie ©tätte ber toal^rbaftigen unb
elüigen §eil«güter 5Kt5, 12; 10, 21; Äo 1, 5; l^tr 1, 4, ber Ort ber jc^on öoüenbeten,
am ^ki angelangten ©erec^ten, .^br 12,23 bgl. £c 10,20, unb barum ber Ort ber ©e=
ligen toie ber Ort ber Sngel ober ber m ihrem 35ienft berorbneten jtvevjuara Xenovgyixd,
•j() ber einft auf ber erneuerten ©rbe erf(|cinen toirb 3l})f 21, 1 ff.; 3Sli 24. 30; SRc 12, 25;
Sc 2, 15 u. a. SSon ^ier au« barf gefc^loffen toerben, ba| fc^on bie Sienennung be«
©c^öj)fung«ganjen al« „§immel unb ©rbe" auf bie Seftimmung be« SKenfd^en für bcn
^immel ^inmeift, inbem er, burd^ ©eift bon ©otte« ©eift lebenb, fein ^id in biefer ^ö^e«
ren Drbnung ber 2)inge finben foHte, beren ©in^eit mit ber (Srbe toieber ba« ©nbergebni«
25 be« aufgeführten ®rlöfung«ratf(^luffe« bilbet 31^)121,2.10. SJenn ba« gegenwärtige SSer«
l^ältni« ber ©rbe jum .§immel, h)ie e« burc^ bie ©ünbe geworben ift, ift nid^t blo^ nic^t
ba« t)ollenbete, fonbem über^au))t nic^t ba« normale, fo ba^ t)on ^ter au« ftd^ eine
Umgeftaltung begU). ©meuerung ergiebt, toenn erft ba« ©öangelium aller Äreatur gc*
J)rebigt unb bamit ba« @nbe ber gegenwärtigen SBeltjeit gefommen fein Wirb, ©o Wirb
8ofie auc^ berftänblic^, ba^ im ©ebet be« §erm gebetet Wirb: yevrj'&rJTü) xb ^Ürj/Lui oov
(bg h ovgavcß xal hu yfjg ÜKt 6, 10, bafe ba« SReic^ ©otte«, bie ßaadeia rov ^eov,
in Welcher bie ÜKac^t ©otte« für Stecht unb ©erec^tigfeit ju ©unften feine« bebrängtcn
Solle« eintritt, al« im §immel bor](^anben betrachtet Wirb 35a 2, 44, bgl. ^f 103, 19 ; 97, 6,
alfo eine ßaoihia x&y ovgavcbv ift. Wie ber 3(u«bru(! bei 3)2att^äu« lautet, bi« ba|
a6 e« burc^ ben aJlejfxa« ©cgenwart auf (Srben gewinnt SRt 3, 2; 4, 17; 5, 3 u. a. Diefe
feine ©egeWart auf ®rben f)ai e« bort. Wo feine ©üter, ©ered^tigfeit, ^ebe unb greube
im l^eiligen ©eift 9lö 14, 17 Sefi^ ber 5IBenjc^en fwb, bi« ba^ c« beremft in ^errlic^feit
offenbar Werben Wirb, Wenn alle 5IBacf^t be« Söfen unb aHe« Übel ^inWegget^an Werben
Wirb m 25, 31 ff.; 6, 10. 13. ©o ift e« ber ^immel, in ben ß^riftu« er^ö^t ift unb in
40 ben biejenigen berfe^t fmb, bie mit ß^rifto auferWedt finb (ßp\^ 2, 6; Äol 3, 1—4), unb
in bem fte x\)x jioMrevjua l^aben, ba« ©emeinwefen, bem fie angel^ören ^^i 3, 20.
3Ka« bie ^luralbe^eic^nung anbetrifft, fo ergiebt eine Überfielt be« ©j^radjigebrauc^,
ba^ bie LXX mit berf^winbenben äu«na^men (l ©a 2, 10: 2 ©a 22, 10; 1 Äö 8, 27;
2 6^r 2, 6; 6, 18. 23; 3ef 44,23; 49, 13; ^ab 3,3; ^roö 3, 19; 8, 26, foWie in
46 einigen ©teilen ber ^falmen 2, 4 ; 8, 1 . 3 ; 33, 6 ; 50, 6 ; 57, 5. 10. 1 1 ; 69, 34 ; 96, 5. 1 1 ;
97, 6; 102, 25; 107, 26; 108, 4. 5; 113, 4; 144, 5; 148, 4) c^-'^ ftet« burc^ ben
©ingular Wiebergegeben ^aben; auc^ in ben 3(t)ottVt)^en finbet ftc^ mit 9(u«na^e be«
»uc^e« ber SBeiel^eit (9, 10. 16; 18, 15) ftet« ber ©ingular. (g« ergiebt fic^, bafe ber
Plural nur in befonber« gehobener j)oetifc^er ©prac^e, aber auc^ ba nxd^t einmal immer
50 gebraucht Wirb. (Sine SJeeinfluffung burc^ bo« jj)ätere jübifc^e 2DI[|eolpgumenon t)on einer
30iel;r^al^l üon .öimmeln l)at aljo nic^t ftattgefunben. 2)a« gleiche bürfte gelten für ba«
neueXeftament, Wo allerbing« bei SWatt^äu«, ^^Jaulu«, ^ebräerbrief unb2. $etri ber^lurol
fid^ häufiger al« ber ©ingular finbet, Wäl^renb bei -öiarcu« ber ^lural nur 9)tcl,lü. 11;
11,25. 26; i:], 25, bei Suca« unbeftritten nur 3lct2,34; 7, 56 unb Wa^rf<^einli<^ noc^?
65 2c 10, 20; 21, 26 borfommt; ^o^önne« i}at im ßöangelium unb ben Sriefen ben ^lural
gar nic^t, in ber Sljjofal^pfe nur 12, 12 in ber poetifc^en 2lj)oftroj)^e: evq^Qoivea^e ol
ovQavoi. (Sin Unterfd^ieb in ber S)ebeutung lä^t ftc^ auc^ ^ier nic(|t nac^iweifen, ögL
a)et5, 12; 22, 30 mit ^3Jic 10, 21; 12, 25; ferner ögl. 1 %\i 4, 16 mit 1, 10, fotoie
2 Äo 5, 2 mit 3?. 1. 3)ie einzige ©teile, Wo Wirflic^ bon einer ÜKe^r^eit ber ^immel
GO bie 9{ebe ift, ift 2 5to 12,2, Wo ber älpoftel bon feiner S^ergüdung ^co? iQixov ovqovov
^tmmcl 83
rcbct, iüofür er i^. 4 fjoTTcrp] «V rov TragadFiaor cinjcfet, tücld;cö utd;t aU eine Über-
bittung ber äu^fagc S.2, fonbem aU eine nähere (Srllärung berfelben anjufc^en tft.
Stuf feinen goH fann barau^ gefd^Ioffen toerben, ba^ ^aulu^ ba« I^eologumenon bon
ber ©ieben^a^l bcr §immel geteilt habe, jumal nac^ bem 3^"9"^^ ^^ Stabbinen bie
■IRetnungen au^nanberoingen, SR. 3<^^w^ö nur 2, 91. ©c^imcon bm 2at\\d) bagegen 5
7 §immel onnal^m (f. SBeber a. a. D. ©. 204) — lefetere^ bie getüö^nlic^e, and) in ba^
test. XII patr. übergegangene 9(nfc^auung. ^a $aulud üon feiner 33er}üdung a(^ bon
einem ©c^en ober |)ören (Sottet rebet, fo ift eine nod) barüber ^inau^ge^enbe 3^^^
ou^ef(^^Ioffen. 3)ann fragt [xdß nur, U)ie er auf ben Slu^brucf ecog tqItov ovgavov
gefommen ift. Die« bürfte fxd) fo erfiären, ba| er ben §immel im Jj^^fijc^en ©inn, ben 10
^immel im allgemein religiöfen ©inne unb in biefem mieber bie ©tätte ber eigentlichen
©cgcntoart ®otte« in feiner Offenbarung unterfc^eibet.
J^ierouf toeift \a and) bie breif ad^e 93ebeutung be^ .^immelo im biblifc^en ©^rac^^
gebraud^ i^. 3)a^ ju unterfd^eiben ift jloifci^en bem .H>immel ber 2öoI!en unb ®eftime
uiü) bem ©immel alö ber ©tätte ber etoigen ®üter, bem Orte ber ©eligen unb bem 3n= 16
begriff aller ©eligfeit berfte^t fid^ öon felbft. 35a| biefer le^tere 01' ravrtjg rijv xrioeojg
^% fogt $br 8, 11 auöbrtirffic^. SDa^ feine Überorbnung über bie bie^feitige 2öelt burc^
eine bon ber Sotalitot hergenommene $rät)orttion ^um Slu^rud gebracht to'xxb, liegt an
ber ©ebunben^eit unferer ^orfteHungen an ben irbifc^en Slaum, h)cl(be e^ au4> mit fic^
bringt, bafe ber Ort ber a:oten be^to. ber SBerlorenen im Ser^ältui^ jur ®rbe aU bem 20
^immel entgegengcfe^t unb alfo aU „unterhalb" bejeic^net h)irb, ijgl. $bi2, 9; 6^)^4,9.
®a^ ober t)on biefem §immel, in toelc^em bie .^cnlid^Ieit (Sottet ober aü^, toaö er
®ute^ für un^ ift unb ^at, anberd offenbar n)irb, aU auf Qrben, nod^ bie abfolute Über-
orbnung ®otte« über alle^, toa^ ift, alfo auc^ über biefen ,^immel ju untcrfc^eiben ift,
unb baft ba^er eine äu^brud^meife toie 2 Äo 12, 2 möalic^ ift, ift unbeftreitbar. SDenn 26
toie h)tr unterft^^eiben muffen jtoifc^ien ber allgemeinen 2Öeltgegentt)art ®otte^ unb feiner
^etldgegentoart unb feiner Offenbarung, fo muffen toir auc^ unterfd^eiben ^toifc^en bem
fdigen ©ein bed fjiovog uaxäoiog ^Fog, (pojg oIhcov äjigoairov, ov Elöe%' ovdelg
ärdgcoTKov ovre IöfTv övvatai (1 %x fJ, 15 f.) unb feiner Cfjfcnbarung im §immel. 3"
tDciterge^enben 9(udfagen fmb mir aber nid^t befähigt, fonbem märten auf ba^ ©d^auenao
jiQ6oa)7ior ngog jigoaconov 1 Äo 13, 12, Womit au* 2 Äo 12, 2—4 ftimmt, fo ba^
jeber ©ebonfe an eine rabbinift^ i^eorie ate söeftanbteil ber t)aulinif(^en 2)ogmatif ^ier^
bun^ au^cfc^Ioffen ift.
9(u(b im S^rief an bie Hebräer liegt bie Bad)^ nxd^t anber^. 9(uf ben Unterfc^ieb
jtoifc^en bem ®ebrau<^ be« Singulare (9, 24; 11, 12; 12, 2G) unb bem be« Pural^36
(1, 10; 4, 14; 7, 2G; 8, 1 ; 9,28; 12, 28. 25) ift fein ®eh)ic^t ju legen; toa^ ber i^er^
faffer 9, 24 fogen tooHte, erforberte ben ©ingular, obmobi 33. 28 ber ^lural gebrandet
toor, aber er unterfc^bet ni^t ahov rov ovoavöv üon ben ovoavoL ^m .^immel ift
bad Urbilb be^ irbif^en §eiligtum^, ov Tnrrrjg rtjg xrioeog - - ^h)0 ju beachten ift, ba^
er mit biefem äu^brud nid^t bie ®ef(^affenl^eit beefelben überbauet auefd^Iie^t, fonbem 4o
nur feine 3w9*örigfeit ju „biefer ©^öpfung." 2)iefe^ ni(bt mit .nSänben gemachte Urbilb
be« irbifc^ ^r>eiligtum« befmbet fid» ir rötg ovoavolg, ift für \m^ jenfeitig. 3^ biefe«
JOeifigtum, bie ®o^ung ®otte«, bejm. entfjjrec^enb bem Unterf(^iebe ijmifcben bem .>SeiIigen
unb SWeri^eUigften im irbifcben .^eiligtumc, in baö 5MlIerbciIigitc bics foK «V avrov
xifv ovgaviv jum Suebrud bringen — ift 3^"^ cmgegan.]cn in ftraft feine« 33Iute«, 45
um ju erfc^nen bor bem ängefiAte @otte« für nm, um burcb fein Eintreten für un«
jugleic^ un^ ben S^^Ö^^Ö S" öffnen (10, 19—28;. Crr ift in biefer feiner @emeinfd;aft
mit ®ott {nptjloreQog xorv ovoavoiv 7, 20 de einer ber öieh]h)d()ig rohg ovoavovg
ift 4, 14, alfo erboben über alle, bie im §immel fmb unb bie auf ibre aiufnabme in
benfdben toarten 12, 28, toomit jtoar toobi bie Unterf(^iebenbeit ©otted öom ©immel, b^
nic^t ober ein Unterfd^ieb in „ben igimmeln" ou^efagt ift. Xic 'Varufte toirb .<&immei
unb 6rbe betoegen unb ein neue« fc^anen, fo bafe mir bann eine ßanihia äodXe^^rog ^ben
12, 27. 28.
a)o6 1 «g 22, 19-22; .^Si 1, G ff.; 2, 1 ff.; Zad> 8, 1 ff.; 31»}f 12, 7 f. ber ©atan
bejto. bie böfen ©ftfter im §immel üor ©otte«; Ängeficbt erfcbeinen, foU nid»t befagen, 66
bo^ fie cbenfo toie bie beiligen Gngel ihre Stätte bort haben, fonbem ift nur ber 2lu^
hud boför, bof; au<b Re nid>t anbers ale mit ©ottee ©illm unb unter ©ottc6 3ulafiung
toirfen fönnm. 3?afe au<^ „bie »f»immel nicht rein finb t^or ©Ott" «.{Vi 15, l-'>) foU nicht
6ei^, bofe ,,6nge( unb ^immel mblid^e unb alfo nicht über bie 3Bibglichfeit ber ©ünte
unb Scfledung fc^Cec^t^ erhobene £$efm feien'', toad gegen 'S. 14 toäre, fonbem ift ein •»
G*
84 ^imtncl
übertriebener Slu^bruc! be«5 6Hi)f)aö bou Ifjcman, um $iob feine gejc^ö^jflid^e 9?ic^tigfcit
unb Sünbigfcit (©. 10) jur förfenntni^ gu bringen. 50lit ©ebanten trie »<obr 9, 23 f}at
bie^ nid^l^ m tl^un, bie^ um fo toeniger, ate bie l^immlifc^e ©(^öpfung ate biejenige cr=
fd^eint, toelc^c md) 2c 16,11; §br8/2; 9,24 rd äXr]'»ivd in fxc^ befafet.
6 6^ fragt fic^ noc^, ob jemate ber ^immel, toie jule^t nod^ gd^ürer jur ßrflärung
be« älu^brud^ ßaaiXeia rcbv ovQavcov eingenommen (9i>>Ä^ 1870, 166 ff. ©efc^ic^te beö
jübifd^en Solfe« im 3eitaller ^efu 6^fti >, 2, 539) unb toofür man fic^ auf 2cl5, 18.21
berufen, aU ßrfa^ be^ ©otte^namen« erfc^eine. 9)afe Sc 15, 18. 21 ettoa« ganj anbere«
au^^fagt, nämlid^ ein 35e!enntni^ l^imntelfc^reienber 6ünbe ift unb ber t)erIorene Bofyn
10 jagen hjill : ic^ Ijah^ nic^tö anbere^ gu ertoarten, aU ©otte« ©eric^t, liegt auf ber .^anb
unb ift fc^on oben au^efü^rt. 3)a^ aber in fj ßaodeia tcov ovgavcbv baö le^terc natur-
gemäß für ©Ott fteJ^en foD, ift angeftc^t^ bon ^t6, 10; 5,34 nic^t faltbar, ertlärt ouc^
nic^t^, fonbem ift offenbar nur aud bem Sebürfni^ nac^ einer möglidjft „j^eitgefc^ic^tlid^en"
(Srflärung biefe^ äu^brucf^ ^crborgegangen unb h)irb nic^t burd^ bie 3:^atfa4c geftü^t,
16 ba| C"^7:a unb öipr in 2^almub unb ÜKibrafd^ bie ©teile be« göttlichen 9?amen^ t?ers
treten, bie man nic^t entl^eiligen tooDte. SSgl. mein SBörterbuc^ ber neuteft. ©räj. unter
ßaaiXeia.
6« fmb große ©runbanfc^auungen, toelc^e bie Dffenbarung^religion mit il^rem än^
f^ruc^, bom §immel ju ftammen unb gum ^^immel ju toeifen unb ju jiel^en berbinbet.
20 ©0 tote fie unterfd^eibet leine SReligion jtoifc^en §immel unb 6rbe, — fo toie fie binbct
leine bie 6rbe unb ba«, toa^ auf ©rben gefc^ief^t, an bie ©eltung, bie c^ im §immel
^at. gür fie ift ber §immel ©otte^ SBo^nung unb ©otte^ I^ron, unb boc^ ioirb ©ottc«
©eiftigleit nic^t bom Jpimmel umfc^Ioffen, fonbem in i^m toirb nun aüe^, toa^ er ift,
ungef^emmt unb ungel^inbert offenbar, ^m ^wf^ntmen^angc bamit ift er bie ©tätte ber
25 toai^r^aftigen unb etoigen ©üter unb be^ unauflödlid^en Seben^ ; mit ^immlif(ben ©ütem,
bie bon oben ftammen unb be^ ^immel^ärt an fic^ tragen (@p^ 1,3), toerben toir burd^
ß^riftum fc^on l^ier gefegnet, biö er bereinft bom §immel ^er mieberfommt unb fein l^imm^
lifd^e« SReid^ ben©ieg bef^alten toirb über atte^, toaö toibcrftrebt. gn bem toaö bie ^eilige
©c^rift üom §immel fagt unb toie fte toon i^m rebet, pxäQt ftc^ SBefen unb SBert ber
80 Dffenbarungöreligion, ber Steligion ber ßrlöfung auö, unb fo unjureic^enb auc^ bie 38or-
fteßung ift, bie h)ir mit bem aKorte berbinben, fo ift e« boc^ ba^jenige SiBort, o^ne
toelc^e^ ba« ßf^riftentum faum fagen fann, toa^ e« bietet unb forbert. Creme?.
^immelanbeter, Coelicolae. — S3gl. 3. «nbr. Scömibt, Historia Coelicolarum,
^clmft. 1704; 6^r. S. g. ^ald), Historia Patriarcharum Judaeonun, 3en. 1752, 5ff. ;
35 3. 9K. ©dirörft), Sftriftl. Äirc^engefc^ic^tc, ob 7, fietpi. 1780, 442—444 ; e. 6d)ürer, a)ic Subcn
im bo^poranifc^en SRcidjc unb bie ©cnoffenfdjaftcn ber aeßd^tevoi xdv i>e6v vytoTov ebcnbafclbft,
in 63321 1897, 200—225 (bcf. 223 f.); f. auc^ bie «. 3KeffaIianev unb 4)^pfiftarier unb bie
üor biefem W. anflegebenc Öitteratur.
3n einem ©rlaffe ber Äaifer §onoriu« unb I^eobofiu« II. bom ^af^xt 408 (Cod.
40 Theodos. 16, 5, 43) toerben bie gotte^bienftlic^en ©ebäube mehrerer Parteien, barunter
aixi) bie ber Coelicolae, qui nescio cuius dogmatis novi conventus habent, ber
fatf^olifc^en Äirc^e gugefprod^en. 3"^ Saläre borauf verfügt ein @ria| berfelben Aaifer
(Cod. Theodos. 16, 8, 19), ba^ bie Coelicolae enttoeber binnen einem 3^^^ ^
c^riftlic^en ©lauben annef^men ober ber auf Äe^erei gefegten ©träfe berfallen foUen. 3)abei
45 toirb i^nen ein ^auj)tbcrbrec^en auö propaganbifiifc^en Umtrieben gemacht, mit benen fie
einige ß^riften jüm Slbfatt jum 3ubentum »erführt Ratten. 3luguftin (Ep. 44 al. 168
Opp. Ben. 2, 80) bezeugt bie (Stiften j ber ©e!te in 9iorbafrifa, too^in auc^ bie faifer=
lid^en (Sriaffe hjeifen bürften. 9?a^ il;m übten fte eigene 3^ufe unb Ratten einen maior
an ihrer ©pi^e. Offenbar l^anbelt e^ fxc^ bei biefen Slngaben um eine neu aufgetaud^te
60©e!te, bie ben 3"^«" ^^^^ ft^nb unb ate beren Slnalogon im Dften bie ^i^pfiftarier
(f. b. 2t.) erfc^einen. 3)en 5lamen „§immelanbeter" mögen fie ber gegnerifc^en ^olemif
uerbanfen. Sie felbft tocrben baö §auptgert)ic^t auf bie bilblofe ©otteeöere^rung gelegt
baben. SJieüeic^t geigt ber Serfaffer ober (Jmenbator ber lateinifd^en Überfe^ung ber 2®
in Cod. Cantabr. D Sefanntfc^aft mit unferer ©efte, ba er an gtoei ©teflen (13, 60
66 unb 17,4) baö griec^ifc^e oeßo/nevoi (töv '&e6v) mit coelicolae toiebergiebt, unb jÄen«
faÜ!^ fjanbelt e^ fxc^ babei um Dernjanbte ©rfd^einungen. ®. ÄrÄget.
^immelfttljrtöfeft. — alte 2:ag ber Himmelfahrt ß^rifti ift 31© 1, 3 ber bienigfle
2ag nad^ ber ätuferfte^ung genannt. 3" ^P* Barnab. c. 15 bagegen toirb bie toöc^ent'
^tmmdfal^rtdftft 85
Kc^ gcier bc^ 6onntag^ bamit bcgtünbct, ba| am „ad^tm*' %aqc „xal S ^Irjaovg Mxnrj
hc vexQwv xal <paveQ(o^ek äveßrj". Cb bcr Serfaffer mit bicfcn SBorten äufcrftc^ung
unb Himmelfahrt aU an einem unb bemfelben 3^ge gefd^e^en bc^cid^nen w'iü, ober le^terc
ate an einem f})äteren Sonntage erfolgt anfielet, lann au« bem SBortlaut nic^t crjc^en
toerben. aKenn biefe ©teile mit bem Seric^t ber 21® angeglichen toerben foD, fo lönnte 6
nur angenommen toerben, ba^ £ufa« bier SBoc^en ate bier 35efaben gejault ^at, loic ja
f^Kiter in ber Kirche auc^ bie ©onntage bor ber ^afftonöjeit nad^ ®efaben al« Dom.
Quinquagesima, Sexagesima, Septuagesima ungenau ge^ät^lt tourben. 2)o(^ lauten
bie „bicrjig 3^age" bei üufa« gu beftimmt, fo ba^ biefer 3lu«h)eg nic^t möglid) erfd^eint.
9{eanber (Ä® ' 1, 508) nimmt an, ba| bie fad^Iic^c jkrbinbung bon Sluferftel^ung unb lo
^immelfa^ ben 3?erfaffer be« 35amaba«briefe« gu biefer jeitlic^en SSerbinbung, auf bie
fen ©ehjid^t gelegt toerben bürfe, berleitet l^at. Die Äird^e ](^at ftet« na^i ber 2lngabe
ber ä® auf ben 3)onnergtag ber fed^^ten SQSod^e nac^ Dftem baö geft ber Himmelfahrt
gcfe^. ^od) fonnte bie ^eier biefe« 3^age« erft erfolgen, nacbbem ba« 2luferfte^ung«5
unb ?5fingftfeft feftgelegt toaren. Drigene« (ct. Geis. VIII, 23) lennt ba« geft no^i ni^t. i6
S^ogegen finben ioir e« bezeugt in Const. ap. V, 19; VIII, 13. gn ber le^tgenannten
©teUe ifk beftimmt, ba| bie ©Haben am Sage ber ^immclfal^rt (rijv dv(xXrniHv) bon
ber ä(rbett ru^ foHen „did rd negag tijg xarä Xqiotöv olxovojulag''. Son Gbr^fos
ftomu« ift eine jebenfall« ed^te §omiKe (neben anberen uned^ten Opp. ed. Montf. III,
©. 957 ff.) bom ^immelfal^rt^feft, ba« au^erl^alb ber ©tabt äntio^ien in ber ilirc^e ju 20
Sftomonepa gefeiert tourbe, überliefert (1. c. II, ©. 529). 2lud() erioöl^nt 6br. in ber
ftoeiten bon i^m un» überlieferten ^fingfi^rebigt au^brücf lic^ ba« borau^gegangene ^immet
ol^rt^fcft (1; c. II, ©. 555). 3n ber cat)})abocifc^en Äirc^e ift ba« ?feft ate ^eft ber
bottenbeten ßrlöfung ioo^l mit bem SRamen 1) emocoCo/Lievrj bejeic^net toorben (Greg.
Nyss. Opp. II, p. 873. 33gl. £eo SlHatiu«, de dominic. et hebdomad. Graec. 25
§ XXVIII; Sing^am 1. XX ep. VI § 5). 3luc^ bei ßf^r^foftomu« finbet ftc^ eine ^o--
milie t^ xvgiax^ Tfjg intacoCo/LiSvrjg. Db aber bamit ber ©onntag nac^ Dftem (Opp.
Chrysost. ed. Savil.) ober ber ©onntag nac^ H'"^"^^^f<*N gemeint ift, ift nic^t beftimmt
fcftjufteßen (über bie Sebcutung be« 5Jamcn« iTziocoC- bgl. Slugufti, 35enIU)ürbigfeiten
1, ©. 169 f. ; 2, ©. 356). — ©ofrate« (bist. eccl. 7, 26) berichtet bom 3ia^re 390, ba^ 30
ba« Soll ba« ^ft ber Himmelfahrt in einer 33orftabt Jtonftantino})efe au^ alter^etoo^ns
^eit (i^ ^ovg) feiere. — ^m älbenblanbe ift bie ^ier be« ^immelfai^rt^fefte^ bielleic^t
burd^ ben can. 43 ber ©^nobe ju ßlbira 306 bezeugt nad) ber aÜerbingö bunflen J^ffung
bei Mansi II, p. 13 (bgl. SReanber a. a. D., ©. 518). 3lad) einer anberen Raffung
bed betr. Äanon (Srunö II, ©. 7) ift nur bie ^ier be« ^fingftfefte« o^ne Segie^ung auf 35
ben biergigften 3^g eingefc^ärft. g^^^f^^ ^^^^ 2luguftinu« ba^ geft ber ^immelfal^rt
atö ein längft eingebürgerte^, fo ba| er e^ auf a^joftolifd^c ©infe^ung ober Äonfen^ ber
gefamten Äirc^e jurücffü^rt (Ep. 54 fal. 118] ad Januar. MSL 33, 200). — 2)a^
^immelfo^rt^feft lourbe, mit befonberem ©lange gefeiert. 3?gl. bie ©c^ilberung bemfelben
in ber Ährc^e auf bem Ölberg am @nbe be^ 7. 3.^^^"«^^^ ^^^ Adamanus Hyensis, 40
de loc. sanct. 1, 22 (MSL 88, 792). ^>auj)tfäd)lic^ loar auc^ bie ^rogeffipn an biefem
gefte bon Sebeutung, bie ben ®ang be« $erm mit ben Jüngern auf ben ölberg abbilben
foUte, h>cl(^e ^rogeffion nac^ ber Slnftc^t fpäterer mittclalterlid^er ©d^riftfteHer fpäter auf bie
Sonntage berlegt toorben fei (©icarb bon ßrcmona. Mitrale VII, 8. MSL 213, 373 f.;
»eletl^uö, Ration. Div. off. e. 7. MSL 202, 20; Durand., Rat. div. off.I, IV, 6). 45
iie Cfterlerge, bie biergig Sage lang bei jeber SDleffe gebrannt toirb, toirb am ^immel^
fa^rt^feft nadj^ ber 93erl^ung bc^ ßbangelium^ au^elöf^t. Diefe Drbnung ift burc^ bie
Kongregation ber Sliten feit bem 19. 5Kai 1697 für bie gange Äirc^e borgefc^rieben, nac^s
bem fie fc^on feit 1263 im ?^angi^fanerorben üblicb toar (5öabbing, Annales min. s.
trium ord. etc. IV, 219). — Über bie ©ittcn bei bem ^yefte im 3KittclaIter bcnd()tet 50
I^omo« Slaogeorgu^ (Äirdbbauer), regn. papist. IV, bgt. audb §of)[)inian, de festis
Christ, p. 72. ein gefc^ni^teö 6&riftu^bilb tourbc in ben Äirc^boben burc^ eine Üffnung
^inaufgegogen unb eine brennenbc, ben ©atan borfteHenbe ©tro^jjuploe fobann l^erab-
gelDorfen. ^tlic^e SDlablgeiten tourben gel^alten, bei benen barauf geachtet tourbe, bafe
jeber ®aft einen gangen Nyogel berge^re. Die l^crmäblung beö Dogen gu 93enebig mit 66
bem 3Reere, bie an biefem Xage bi^ gum ^afjxc 1798 (2luflöfung ber Slcjjublif iknebig)
ftattfanb, ^at feine fird>lic^e, fonbem nur jjolitifc^e Sebeutung. — Die lutb.^beutfcbe JHc^
formation bel^ielt baö ^immclfal^rt^fcft aU auf ber ©d^rift rubenbe« ^errcnfcft überall bei.
3lur bie Ulmer ÄD 1531, bie reformierten %\)pui trägt, fdbaffte alle J^eiertage aufecr bem
Sonntag alfo aud^ biefe« %^\i ah, ^sn ^reufeen tourbe im Ji^l^^^ 1773 burc^ föniglid^eg eo
86 ^ttnmelfa^rtdfeft ^inhnar tion St^eitnd
SDcIret ba« Jpintmclfa^rt^feft aufgcl^oben, im ^al)xc 1789 aber auf gleichem SGBegc toicbcr
eingeführt. ®cor8 »lletfi^er.
^tmmdf flirrt 3ilaxi& f. 3)taria.
^immelreid^ f. Sleici^ ©otte^.
o ^itt f. 3Ka^e unb ©etoic^te.
^infmar, erjbifd^of bon St^eim«; geft. 882. — Hincmari opera ed. Sirmond,
^jQriöl645; ^ufäud, HiDcmari Rhemensis archicp. epistolae, Moguntiae 1602; MSL Tom.
]25/6; MG XIII, 412- 599; BMXIV; Mansi XIV/XVI; Hist. lit. de la France tom.IV/V;
351® 1888, X, 6. 92-145; ©cfe, 9Kcr!mürbip(eiten aud bcmfieben unb ben 84riftcn ^int*
loniarö, ©öttingen 180fi: $ri(t)arb, The life and times of Hincmar, fiittlemore 1849; ?Bcij'
fäcfcr, 4)infmar unb ¥feubo*3ftbor, in 92icbner« ©3 1858, ©. 327-430; 3)iej, de vita et
ingenio Hincmari, 9((\enbici 1859 ; SciAfSrfer, ^8 1860, 93b III, 8. 42—96 ; üon 9?oor«
ben, 4)3 1862, S3b VII, 6. 310—350, ebo ©infmar unb $feubo gpbor; berfelbc, |)infmar,
(Srjbifdjof Don 9tbcim^, SBonn 1863; Loupot, Hincmar archevöque, de Reims, sa vic, ees
15 ceuvres, son influence, SRcimö 1869; Vidieu, Hincmar de Keims. Etüde sur le IX. siMe,
^ari§ 1875; @bro(erf, ^infmorS nun SRcimö fononiftifcbeö ®uta(tjtcn über bie CS^cfcbcibung
beö ^önlgd iJotböt II, Srciburg 1881; ©cbrörS, ^infmar, (Srjbiidjof uon 9leim§. fjreiburg
1884; Brissaud, Etüde sur Hincmar, archev^qnc de Reims in ben Travaux de TAcad^mie
de Reims 1841 ff., ^a^rg. VI, 571 f.; ebenba Slb^anblungen über ©tufmor XLI, 1 ; XLV, 46;
20XLVI, 1. ^«Mufeerbem finb ju üerflleldjcn : ©cftrörff), ©ftriftl. t® XXIV; ®frörer, ®efc^. bcr
oft» unb «jcftfrönfifc^cn Äarolinflcr, grciburg 1848; ©end, 2)aÄ oftfrönfifdje SReicb nocb bcm
»ertroge \)on ^erbun, fieipatg 1851 ; ^efele, tonjilicngcfcö. 1860, »b IV; Tümmler, ®efd).
beö oftfrönf. SRcidiS 1887/8.
^tnlmar entftammte einem eblen frönlifc^en ©efcbled^te unb tDurbe zitoa um bod
25 gal^r 806 geboren, ©c^on frül^geitig h)arb er bem Älofter ©t. Denig gur ©rjiel^ung über^
geben, too 3lbt §ilbuin fein Seigrer toar, ein 3Kann, ber fic^ ber befonberen ©unft bc^
Äaifer« fiubtnig b. %t, erfreute, ©o lam e^, ba|, al^ berfelbe im ^ai}x^ 822 an ben
laiferlid^en §of nac^ Stachen berufen tDurbe, aud^ ber junge ^intmor il^n bort^in begleitete,
^r §infmar foDte biefer äufent^alt in ber faiferli^en 5PfaIj t)on einfc^neibcnbfter 93e=
30 beutung fein ; benn ^ier lernte er ba^ ©etriebe ber ftaatUc^en ^olitif an^ näc^fter Um-
gebung tennen unb machte ftc^ jene bit)lomatifc^e ©etnanbtl^eit unb jenen ))olitifc^en ©c^arf^
blicf ju eigen, bie tnir fpäter fo oftmafe an ibm betüunbem fönnen. ©o ^er^Iid^ ba^ Ser»
l^ältnt^ jtoifc^en 2lbt §ilbuin unb feinem ©c^üIer Inar, f o na^m boc^ ^intmar leinen Slnteil
an ben politifc^en Umtrieben feine« Seigrer«, tüie fie fid^ feit bem ^af)xt 828 am taifcr^
35 liefen §ofe regten unb bie bal^in ftrebten, bie Sleic^^einl^eit unter be« Äaifer« ölteftem
©o^ne Sot^ar ju Ina^ren. 3)agegen fträubte ftd^ fein Slec^t^efül^I unb fein Vertraute«
SBer^ältni« jum Äaifer. 35oci^ bie unitariftifd^e 9leid^«t)artei unterlag unb auf bcmSReid^
tag gu 5RVmh)egen 830 hHxrb ©rjfa^eHan §ilbuin nac^ 6ome^ verbannt. ^eitniHig ging
§in!mar bort^in mit, unb feine Sitten beim Äaifer bracj^ten e« ju tüege, ba^ ^ilbuin
4<) fc^on balb n?ieber begnabigt tourbe unb bollftänbige SSerjei^ung erlangte, auc^ feine äbtei
©t. Deniö jurücferf^ielt. §ier pnben ton benn beibe auc^ toäbrenb be« fturmbetoegten
^af)x^ 833, h)o ein neuer äufftanb ^\x gunften Sot^arö lo^brac^, ber nac^ ben traurigen
Vorgängen auf bem Sügenfelbe beißolmar mit bem fieittoeiligen ©turj be« Äaifer« enbete.
35ie«mal Wieb §ilbuin jeboc^ burd^ ^infmar biefer Setoegung fern, aber noc^ einmal
45 fiel berfelbe fpäter ^ium ©^merj ^infmarö jur Partei fiotl^ar« ab, 840 nac^ Äaifer Sub«
toig« lobe, ftarb jeboc^ balb barauf. SBä^renb ber ganj^en 3^t f<Jf* ^(^^ 833 ^otte fic^
§inlmar in ber flöfterlic^en Slu^e gu ©t. 2)eni« aufgehalten unb ^ier ^at er fid^ bie um
geheuere Sclefenl^eit ertoorben, bie toir an i^m behjunbem muffen unb j^u ber i^m fem
fj)ätere« äeben faum ^txt gelaffen ^ätte. 3" älnerlennung ber treuen 3)ienfte, bie er
5(> feinem XJater geleiftct, berief i^n Äönig Äarl b. Ä. balb in feine 9iäl^e in befonberer $er=
traueneftellung, unb feinen befferen Berater l^at Äönig Äarl toäbrenb feiner langen 9les
gierung^jeit gehabt aU ^infmar. 3"^ Selol^nung für feine Streue öerlie^ il^m ber Jtönig
ben galanten erjbifc^öfltc^en ©tu^l bon Sibeim«. 2)iefen ©i^, ber ber glän^enbfte toar in ber
ganzen gollifc^en Ätrc^e, l^atte borbem CSrjbifc^of ßbo inne gel^abt. 3)erfelbe aber Unn:
:>5 toegen feine« Sreubruc^« gegen ben Äaifer 833 gu 3)iebenbofen 835 feine« Slmte« ent^
fe^t unb nac^ %uU>a in ©cma^öm gebrad^t. Sei Subtoig« iobe n?ar er jebod^ reftituiert
unb nad; ^l^eim« j^nrücfgefel^rt, l^atte l;ier ba;\unml auc^ mehrere firc^licbe SBeilj^en erteilt,
toaö f})ätcr ju erbitterten unb langen Äämpfen mit §infmar führen folltc, bi« er beim
^intmar tion St^dtnd 87
Xnniden StaxU 841 obecmold flüd^ten mu^e. !Run beftgniert ber jfönig ^infmar für
ben erlebtgten Stu^l, unb nad^bem feine 9Ba^( burc^ ^olt unb 5t(eru^ )u Seauüaid
(18. älptil 845) otbnung^mö^ig boH^ogen tft, tüirb er am 3. 37tat 845 feierlich in fein
er^bifc^öflic^ed 9mt eingefül^rt. SSon biefem ä(ngenblicl an finben tuir ^infmar in l(^ers
öorragenber SBeife an ben ©reigniffen feiner 3cit in Staat unb Äirc^e beteiligt unb faft 6
t)ifr 3[Ä^ifJ«^ *^^ « cntfc^eibenb in ben @ang berfelben eingegriffen. 2UI bie Ään^jfe,
bie jene betoegte 3^ bon ber SKitte be^ 9. gal^r^unbertd an bur^jogen, breiten fid^ um
feine ^erfon ober ftanben boc^ mit berfelben in engfter 93ejie^ung.
Sc^on bülb nac^ feiner erjbifc^öflid^en ©r^ebung tüarb er in einen ©treit ^ineingejogen,
ber bie ©emüter bamatö oufd ^eftigfte cnegte unb gleich einem öer^eerenben geuerbranb lo
burc^ bie gonje gadifc^e Jtirc^e ^og, biefelbe in i^ren innerften @runbbeften erfc^ütternb,
ber ^räbeftinotioni^ftreit. Serfelbe toax burc^ ben föc^ftfd^en Tlönd^ ©ottfd^olf beranla^t
(f. b. «. Sb VII 6.39). Slaban ^atte i^n bor eincS^nobe ;u aWainj (848) gefteKt unb
bamt feinem (Srjbifc^of i^intmar aur 93eftrafung überfanbt. unb nur ^u gut entlebigte
fic^ ber Sl^imfer ^rölat biefe« Auftrag«. 2luf ber ©^nobe ju ßl^ierfe^ 849 fülj^rte er lö
eine neue Verurteilung ©ottfc^olfö ^erbei (f. 93b VIT ©. 40, 4i). ®od^ mit ber ein=
terterung bed unglüAidjien SJlönc^ed mar biefe Streitfrage feine^toeg^ beenbet. 3)läc^tige
©ttmmen erl^oben ft(^ bon allen Seiten für ben auguftinifc^en Se^rbegriff (f. S5b VII
©. 41,5). ©0 mufe aud^ ^infmar in biefen toiffenfc^aftUc^en Jtam})f eintreten (f. ©. 41, ii).
2)a t& bem @r)bif(|of nid^t gelungen ift, burc^ toiffenfd^aftlid^e Erörterungen be^ n)ogenben 20
©tretted $err p toerben, fo berfuc^t er e^ nun mit ft^nobalen 3)lac^tmitteln. ^JDcit ber
©i^nobe m G^terfe^ 853 eröffnet §inlmar ben fi^nobalcn Rartxpl unb j^ier toar e«, too
er feine belonnten 4 ärtifel in ©ac^en ber ^röbeftinatlon auffteUte, bie im ioefentlic^en
einem gemäßigten ©emi))e(agiani^mu^ ^ulbigen. Sem aber trat eine ©^nobe }u ^arii^
858 unb bomd^mlid^ bie bon SJalence 855 mit i^ren 6 ä(rtileln entgegen, toorauf ^inlmar 26
fein erfted ®erl über bie ^räbeftination fd^rieb. !Rac^bem bie 2lrtim bon Salence bon
ben Xn^ngem ber auguftinifd^en 9(uffaffung einer bot)^e[ten ^räbeftination }u Sangre^
859 bon neuem gebiQigt, eine 859 p ©abonni^re^ berfuc^te Einigung aber fel^(gefd^lagen
toar, Derfa|te §infmar auf SSeranlaffung be« Äönig^ feine gtocite grofee ©treitfc^rift über
bie ^^räbeftinotion. Da« Äonjil bon 2:ouf^ 860 foHte über bie Streitfrage entfd^eiben ; 30
ober auc^ ^ter toarb leine förmliche ßinigung erhielt. Dod^ toar man beiberfeit« mübe
be«J langen ©treite« unb mitSlbfaffung beg©^nobaIfc^reiben« l^at §in!mar faltifc^ ba« le^te
SBort gef})ro(^ in bem lange l^in unb ^er toogenben itam})fc. Steilic^ fipäter brol^te ij^m
no<^ einmal eine emfte ©efoi^r ob biefc^ ^anbel^, aU ^a)>ft 9(ifo(au« fic^ be« unglüd-
lid^ @efangenen bon ^autbidier« annehmen unb bamit ben laum beigelegten ©treit 35
toieber aufnehmen gu toollen fc^ien; unb mit emfter Scforgniö fal^ ber ©nbifc^of bem
fc^on entgegen: aber befonbere 3^itber^ältniffe ließen ben ^ajjft babon abfte^en unb bie
bro^enbe ®efa^ ging glüdtlic^ an §infmar borüber. — Unb noc^ in einen anberen ©treit
^at Oottfd^If ben 3lJ^eimfer grjbifc^of bertoicfelt, über bie Srinität. 3n einem alten
Äirc^enlieb fanb fid^ nämlid^ bie ©top^e „te trina deitas unaque poscimus". §inf* 4o
mar, ber hieran änftoß najS^m, änberte ben jtoeibeutigen 3lu«bruc! in „summa deitas",
mußte fic^ aber ob biefer eigenmöd^tigcn Sinberung bon feinen (oräbeftinatianijc^en ©egnem,
boran bon ©ottfd^all mit feiner 2lb^anblung, schedula betitelt, auf« ^eftigfte angegriffen
fe^, fo baß er ouc^ bagegen ftd^ jur äbtoe^r genötigt fie^t mit feiner ©c^rift de una
et non trina deitate". 45
Snjtoifc^^ aber toar ein anbcrer, toeit l^eftigerer unb gefährlicherer Äamfof gegen
|)infmar entbrannt, ber if^n faft in feiner ß^ftenj bebro^te. 3lad) feiner Slcftitution ju
3ngel^m 840, bie i^ auf lurje ßeit auf ben Sl^eimfer ©rjbifd^of^ft^ jurücffü^rte, l^atte
&)o fir4»fic^e SBeii^ an mehreren Älerilem boUjogcn unb fxd) baburq) in benfelben einen
bertrauten Stn^ang in ber St^cimfer Diöcefe gefc^affen. 311« nun §inlmar i^nen bie äu«* 60
Übung i^rer geiftUc^en 3imter unterfagte, begegneten fte i^m mit feinbfeliger Agitation.
Um biefem i^irem treiben ein 6nbe ^u machen, ftcDt ^infmar fte bor bie ©^nobe ju
©oiffon« 853. Sorgeforbert legen fie eine Sejc^toerbefc^rift ein, in ber fte bie SReftitution
6bo« rec^tlid^ begrünben auf ber ©runblage pfeubo4fiborifc^er ^rinüijjien, bie ^ier au«
biefem Äreife ber Sl^eimfer Äleriler ^erau« jum crften äWal al« fanonifc^e 9lec^t«quene auf^ 55
tauchen. Unb al« bie ©^nobe bie Slbfe^ung @bo« für giltig, feine Sleftitution bagegen
für ungiltig unb bamit bie Drbination §infmar« jum ©rjbifc^of bon Sl^eim« al« legal
— le^tere« ift ber eigentli^c 3'^*^""^^ ^^^^ too^lbercc^neten 3Sorgel^en« — unb i^re
9Bei^ al« ungefe^lic^ erflärt, ba legen fte eine neue ©d^rift bor, in ber fte bifdböflic^e
3eugen für bie legal ftattge^abte Steftitution CSbo« in ber Äat^ebrale ju Stl^eim« bor- eo
88 ^infmar tidit St^tintd
bringen. 3lxm trifft ftc toegen falfc^cr StnßaBcn ba« SScrbammung^urtetl bcr ©^nobc, über
bog fie aber — toiebcrum nac^ ^feubo-Sfibor — 2lj)t)cIIation an ben römifd^en ©tul^I
einlegen. ÜKit i^nen toenbet fic^ auc^^inlmar bort^in um 93eftätigung bc^ ©^nobalurteitö,
bie inbe^ erft 93enebilt III. erteilt unb axxi) nur unter bem au^brüdlic^en SSorbef^olt, si
6 ita est". — Xod) bantit toax biefe <Sai)z leineötoegS erlebigt. 6iner Don jenen Sifc^öfen,
bie nad) Angabe ber 5R^eimfer Älerifer ber feierlid^en 2Biebereinfe|ung 6bo« in ber Sl^eimfer
Äat^ebralc beigetüo^nt j^aben foDten, toax Stfc^of Slot^ab Don ©oiRon«. Serfelbe ftanb
fc^on bon früher ^er nic^t im beftcn (Sintoeme^men mit §infmar unb er ift e«, ber fic^
nunmehr öl^ SBortfül^rer jener abgefegten Älerifer annimmt unb i^re Jjfeubosiftborif^en
10 Orunbfö^e Derfi4>t. g"'" öffentUd^en Srud^ ^toifd^en ü^m unb ^inlmar fam e« jeboc^
erft im ^afycc 861, aU §infmar einen Don Siotl^ab abgefegten Äleriler eigenmächtig toieber
cinfe^t. Site er fic^ bicjer ^Kaferegel feinet 3Ketro})oIiten nic^t fügt unb bei feiner Dppo^
fition be^arrt, toirb er 862 ju ^ifte^ feine« 2lmte« entfe^t unb ju HöfterKc^er §aft Derur^
teilt. 2)er unbotmäßige Siifqiof toar fo Dom 9Wetro})oliten gu Soben geworfen ; boc^ an
15 feiner ftatt erfte^t i^m nun ein tüeit gcfäl^rlic^erer ©egner in bem getoaltigften ^aj)fte
jene« S^^i^^wnbert«, einem SRilolau« I., unb ber nun ani^ebenbe 5lam})f ift einer ber ent«
fc^eibenbften unb folgenreic^ften aller 3^^ getoefen. §anbelte e« fid^ boc^ in bemfelbcn
um nic^t« geringere«, al« um bie päijftlic^e ©anftion ber })jeubo-ifiborif(^en gälfc^ung, auf
ber bann fortan bie t)äj)ftli(^e Äirc^e il^ren tüeiteren ftoljen Silufbau begrünbete unb DoUjog.
20 alte Slifolau« Don ber Verurteilung Siotl^ab« tro^ feiner an ben römifd^en ©tul^l eins
gelegten SljjJjeDation bur^ ®egner §inlmar«, bie lot^ringifc^en Sifc^öfe, l^örte, forberte er
ben gema^egelten Sifc^of Dor fein gorum nac^ 3lom; unb tool^l ober übel mußte ber
ßrjbifd^of bem nac^fommen, tüenn auc^ mit fc^toerem §erjen unb in ber getüiffen SSor-
au«fid^t, baß ü^m bamit neue Äämpfe erfte^en n?ürben. Slot^ab langte 864 allein in
26 Slom an ; unb bie nun folgenben ©reigniffe machen e« jur ©etoiß^eit, baß er ben ^aUß^i
in fein ^wtereffe ju xie^en Derftanb unb in ü^m einen mächtigen SSerfed^ter ber Don i^m
überbrad()ten })feubo4fiborifd^en ^älfd^ung getüann. SBäie ^ätte ber ^ajjft auc^ einen fo
mächtigen 35unbe«genoffen jur ^ebung ber t)äftlic^en 3Rac^t, tüie er fic^ in ^feubo-^iftbor
tl^m bot, Don ftc^ toeifen mögen, ©eit Slotl^ab« Slntoefenl^^eit in Slom gelangt ^feubo-
80 Sfibor ate Duelle be« fanonif^en Siedet« })äj)ftlid&erfeit« jur 3lnh)enbung. Unb auf biefer
©runblage toarb benn auc^ SRot^ab toieber in fein Slmt Dom ^(Oß\t feierlich eingefe^t.
§infmar aber toar in biefem Jtamj)fe gegen bie ^feubo4fiborifc^e $artei unterlegen.
5Jac^bem aber Slotl^ab« ©ac^e fo h)o^l au«gej(blagen tüar, ba regen ftc^ aud^ alfo*
balb tüieber jene Sll^eimfer Älerifer, bie mit il^m um biefe großartigfte aller gölfd^ungen
86 lüußten unb an berfelben jebenfaD« felbft mitgearbeitet Ratten. Site ba« §auj)t biefer
35etretalenfäl|d^er erfd^eint je^t ein getoiffer SBäulfab. 3luf i^re SlppeUation nimmt !Rifos
lau« auc^ i^re 3lngelegenl^eit tüieber auf unb Deranlaßt »^inlmar, Don neuem über i^re
Steftitution ju Der^anbeln. 6ine ©^nobe vn ©oiffon« 866 fpric^t fic^ auf j^inJtnar« 38ers
anlaffung nid^t au« 9le(bt«grünben für i^re SReftitution au«, ba bie« lei4)t gefc^rlid^ für il^n
40 au«fd^lagen lonnte, ^onbem emjjfie^lt biefelbe lebiglic^ ber ®nabe be« Sßapfte«. 35od^ !Ritos
lau« burd()fc^aut §inlmar« ^olitif unb Derlangt lategorijc^, bie Sleftitution ber Älerifer
enttüeber al« eine re4>tlic^e anguerfennen, ober i^re 3lbfe^ung al« eine gefe^mäßige nac^s
gun?eifen. 3)a muß fidb .^infmar bem J>äj)ftlid^en SJlac^ttüort beugen unb unterwerfen.
3)od^ ba« ©d^tüerfte jottte i^m erfj)art bleiben. 35ie Ääm)}fe mit ber orientalifc^en Äirc^e
46 Deranlaßten 9Kf olau«, gegen ben SH^eimfer 53letropoliten, beffen Seiftanb i^m hierbei äußerft
tüic^tig erfd^ien, milbere 2^öne anjufdj^lagen, unb balb barauf fanf er in« ®rab am
13. SloDember 867. ©ein 9?a(^folger ^abrian aber ^ielt e« für geraten, Don einer Weiteren
Unterfucbung bcr 6bo-3Bulfabfd^en ©ad[)C abjufe^en unb bie Sleftitution ber Älertter ein^
fac^ gut JU Reißen, ©o Ratten auc^ biefe bebro^lic^en SBulfabjc^en §änbel für ^infmar
eonod^ ein letblid; gUm)[)flic^e« @nbe genommen.
2luc^ in ben ©l^e^anbel Äönig Sot^ar« II. griff öinfmar entfc^eibenb ein. 3)erfelbe
l^atte feine legitime ©enmblin 3:^eutberga Derftoßen unb feine Sudlerin 2öalbrabe gee^elic^t.
SDa War e« .^infmar, bcr ft^ in feiner 35entj(^rift „de divortio Lotharii regis et
Tietbergae reginae" ber bebrängten Unfd^ulb in encrgifcber SfiJeife annahm unb bie
66©eit>iffen Wedte. ©einem ßingreifen ift c« jumcift ju^ufd^reiben, baß bie e^ebrec^rifd^en
©elüftc biefe« Äönig« nic^t bie 3"f^"^"i""9 ^^ fränfifc^en Jperrfd^er erhielten, noc^ auc^
bie v<ii>ftH(^e SiHigung fanben. Dbne ittoa^ Don ber einen ober anberen Seite erreicht
JU l)aben, ftarb Sotl^ar auf feiner 5Homfa^rt 869 ju ^iaccnja.
2)ie Sl^cimfcr Älerifer Ratten in bem langen Äanij)fc gegen .öinfmar obgefiegt; unb
60 bie Wuchtige Jßaffe, an bcr aller SBibcrftanb bc« Grjbif^of« mad;tlo« ab})ralltc, War
^tntmar tiott St^etmd 89
$fcubo=3fibor gctocfcn. ®o öerfuc^en ftc c^ nod^ einmal, beffcn SEcnbcnjcn tücitcr jur
©eltung ^u bringen, unb bicönial ift c^ ber eigene 9Jeffe be^ ©rjbifc^ofg; ber i^rc ©ac^e
bertritt, SBifd^lof §inlmar bon Saon. gn nod^ jugenblid^eni SlUer f^atte berfelbe auf bic
gürf^ac^e feinet O^eim« l^in baö Si^tum £aon etbalten (858). SBalb aber jc^on tüar
er mit i^m verfallen unb berfagtc i^m fd^lie^lid^ in eigenfmnigcm 2ro$ bcn bifc^öflic^en 6
®e^orfam. ßbenfo h)ibcrfj)enflig tritt er gegen ben Äönig auf. ^ur Sled^enjc^aft aejogen,
t>er^gt er ben Sann über feine 2)iöccfe unb ajjpeUiert gleid^jeitig nac^ Slom. Sfcad^bem
er bann auc^ nod^ ben ä^erbac^t bed ^od^berratd auf fic^ gelaben, ift fein ©efc^id be«
fiegelt. auf ber g^obe gu I)ou5e 871 h)irb er tüegen Ungel^orfam« gegen bie itrone
aibgefe^t unb f})äter geblenbet. 9Jur einmal boren tüir bann nod) bon bem unglücfs lo
Hc^n 3Kann, auf ber ©^nobe ju %xo)^^ 878, h)o er mit einer S5efc^toerbejc^rift bor
bem bort anloefenben 5ßai)ft erfdbeint unb i^n um Erbarmen anfleht. Unb bie ©^nobe
toilligt barauf in eine teiltoeijc Sleftilution, aber fc^on im folgenben 3^^ ftarb er.
3n biefem aufregenben ©treit mit feinem Dieffen fd^rieb Jpinfmar fein umfangreiche«
(55 Äaj)itel) SQäerf „opusculum LV capitulorum", ba« ^inlmarö ©tellung ju $feubos 15
gfibor genau erfennen lä^t. ^i^m gilt aU fanonifcbe Stetbt^ueDe au^fc^lie|Iid9 ber bio*
n^fios^brionifc^e Äobej. Site i^m nun bie neue i)feubo5ifiborif(i^e ©efe^e^jammlung ents
gegentrat, ba füllte er too^l me^r ober minber il^re Uned^t^eit; ja bei einigen Defretalen
toeift er fogar i^re Unterjd^iebung nad^: aber eine flare Äenntni« biefer großartigen %äU
f{^ng ^t er boc^ nic^t. Unb n)cil er alfo il^re Srbic^tung nic^t fc^lagenb nad^toeifen 20
fann, fo b^iorifelt er auc^ im allgemeinen toeniger il^re ßd^t^eit, fonbem beftreitet biel-
mcbr i^e gcje^lid^e ©iltigleit. ^n bem Äampfe, ben i^m biefe ©ammlung aufbrängte,
fyd er biel ©eiftei^fc^ärfe aufgetoenbct, ben 33etrua ju entlarven ; unb n?enn einer feiner
3eit ba« ^ätte aufbedten fönnen, fo l^ätte e« §in!mar gelingen muffen — aber eben, er
k>ermo(^te e« nic^t; unb barum mußte fein gange« berxtDeifelte« 2lnfämj)fen bagegen Ders26
geblt(^^ fein unb bamit fonnte er i^re ©inbürgerung nic^t aufhalten. — 3)te ©teüung ^inU
mar« jum $ai)fttum f}abm toir mm 2^eil j^on erfe^cn. 3)em geiftgehjaltigen 9li!olau«
muß fu^ ber ftolge 9WetroJ)olit fc^ließli^ in ber Sotl^abfc^en unb SBulfabJc^en ©ac^e nac^
langem loergeblic^en ©träuben fügen unb beffen $ol;eit«re(^te über bie gallifc^e Äirc^e uns
bebmgt anerlennen. 3lnber« aber loirb« unter bem greifen §abrian II., ber ftc^ gar so
mancpe« fül^ne SQäort bon bem getoaltigen 3Wetroj)oIiten fagen laffen muß. 3)o(^ neue
3)emütigungen lourben il^m bur^ 3o^<^"" VIII., afö berfelbe im ^ai)xt 876 al« pöp\U
liefen SJifar im ^anfenlanbe bcn jungen 6rgbif4>of Slnfegifu« bon ©en« ernannte unb
bobei §tnfmar umging, ber ba« erfte 3lnred(>t auf biefe SBürbe gel^abt ^ötte. Unb biefe
Äräniung ^^at §inlmar benn bem ^aj)ft aucb nie bergeffen fönnen. 35
3U« ^olitifer ^at ^infmar eine große SHoDe gefj)ielt unb e« giebt lein toic^tigere«
jHjRtifc^c« ©reigni« feiner 3cit, an bem er nic^t in l^erborragenbem 3Waße beteiligt getoefen
toare. 9Son frü^ an in befonberer aSertraueneftcDung jur Krone ftebenb, ift er ber treuefte
Serater ber toeftfränfifc^en Äönige burc^ mel^r benn brei (Senerationen getoefen. (Sine
felfenfefte Sirene jum angeftammten iperrfc^erbaufe fennj^eid^net biefen 3Wann, ber mel^r 40
benn einmal ba« gefäl^bete ©taat«fc^iff burd^ gcfä^rlid^e Slii)pcn mit funbiger^anb pd^er
^inburc^fteuerte unb be« h)eftfränfif4)en 91eic^c« Scftanb bor bro^enbem Untergang rettete.
Sliemal« \)at er feinen Äönig berlaffen, mocbte i^m berfelbe feine treue Eingebung auc^
no<^ fo oft mit fd^nöbem Unbanf lohnen. (Sr \vax e«, ber in ber fäl)rlic^en ^6t be«
erften beutfc^en ßinfaH« 858, al« alle« für Äarl bcrlorcn fdbien, burdb feinen SBibcrftanb 45
im SJerein mit ben toeftfränfifcben Sifc^öfcn fiubtbig jum SRüdjug gtoang unb fo ba«
Mdf rettete. Qx geid^net ber ' tbeftfränfifd^en qiolitif Äarl« in ben ^a^ren 860—870
ibre Sonnen bor, bie gur ßrtüerbung Sotl^ringen« führen. Unb er tbicber ift c«, ber,
nac^bem er ben Äönig bergeblidf) bon feinem jjbantaftifdben SHömerguge 875 abgemahnt,
einem erneuten Sorbringen Subtoig« b. 2). (£inbalt gebietet, unb fo feinem Könige ba« 50
8anb abermal« erhält. Unb gerabe bicr geigte fic^ fo rec^t König Karl« fdbmä^lid^er Un^
banf gegen feinen treuergebenen Äangler: benn auf feine Seranlaffung toarb bei biefer
Slomfo^rt änfegifu« gum ^ä^ftlid>cn Sifar ernannt, toäbrcnb gu eben jener ^dt ßinfmar
al« getreuer ^labin be« Steidbc« (^rengmarf fdjüljtc. Unb auc^ ben 9?acbfommcn Karl«
auf bem I^rone blieb .^infmar mit ber gleichen Xrcuc ergeben, obfdbon er auc^ l^ier 66
bafür bielfac^ nur löniglic^cn Unbanf erntete; unb nod[) einmal toarb er ber Setter be«
9iei<^ bei bem ßinfall ber Seutfcben im J;abrc 870.
Üflicbt minber ^erborgubebcn ift «öinfmar« Ibättgfeit al« Kirdbenfürft. Gr h?ar ein
3Renf(^enalter lang ber ancrfannte Jyübrcr ber gallifcbcn Kirche, bcrcn nationale ©c(bft=
flänbigfett er in bem Kampfe gegen baö allmäcbtig tDcrbcnbe 9lom gu retten fud^tc. SBe«- m
90 ^tnfmar tioit St^etmd ^tnfd^ttid
f}alb i^m ba« nic^t gelang, fallen h)ir oben. SDer föniglic^en ©ctüalt gegenüber berfi(^^t
er mit eifemer Energie ben ®runbfa$, ba| ber geiftltc^en aRad^t bcr33orrang gebührt Dor
ber tveltlic^en unb feine Übergriffe ber (enteren in erftere bulbet er. ©einem Sl^eimfer
©prengel mar er ein treuer geiftlid^er ^irte, ber überall auf §ebung be« fird^Iic^sftttlic^en
6 Seben^ bebac^t tüar.
3n feinen tJ^eologifc^en 2(nfc^auungen ift ^infmar ein Äinb feiner ^cit. ©eine
Stellung jum ^räbeftination^ftreit fallen U)ir bereite, ^n ber 2lbenbma^tete^re l^ulbigte
er ber fmnli(^en äuffaffung eine^ ^afc^afiu« SRabbert. @benfo nimmt er teil an bem
aHgemeinen 9Öunberglauben feiner ^eit, in ber ja bie Se^ren üon ber tounberbaren ®eburt
10 au^ ber ^ungf^^öu unb ber Himmelfahrt ber aRuttergotte« fid^ bereite borfinben ; tüö^renb
er in ber Silberbere^rung bem feit Äarte b. ®r. geiten in ber fränfifc^en Äirc^e allgemein
^errfc^enben nüd^temen Stanbpunfte juneigt.
91B ©ele^rter überragt ^intmar olle feine ß^itg^^^offen. ©eine Selefen^eit ift ge^
rabe^u erftaunlic^ unb man mufe fic^ faft hjunbem, tüie ein SJlann in feiner arbeit^reic^^en
16 ©teÖung ftc^ fo üiel aSBiffeneftoff ^abe aneignen fönnen. SDocb finbet fic^ auc^ bei i^m
toenig ©elbftftänbigleit ber ©ebanfen; gemä^ ber ganjen Slic^tung jene^ 3^^^<*'^^ 'f*
auc^ bei i^m tüijfenfc^aftlid^e Slrbeit faft nur eine ^Het)robuftion. Slfö §iftortfer bagegen
fte^t er über allen anberen, unb feine Steic^^nnalen fmb eine ber toerttJoUften Quellen jur
Kenntnis jener 3ciiö^^^<ilt'^iff^-
20 SBäa^ bie ganje ^erfönlid^feit biefe« 2Kanneö anlangt, fo ftnb il^m nur toenige feiner
3eit ju öerglei^cn. @r gehört ju ben getoaltigften 3Kännem be« 9. ^a^rl^unbertg, neben
einem Äarl b. ®r. unb 5JiIolau« I. ßin bebeutenber (S^aralter, ber aÜerbing^ nic^t frei
bon ©c^toäc^en unb gärten ift, in bem aber boc^ bie lichten ©eiten bie bunleln toeitübcrs
[trauten; eine im)}onierenbe ®eftalt, bie fic^ lid^tboH abgebt bon bem bunfeln §intergrunb
26 ii^te« 3ia^r^unbert^.
SBie §infmarö ganje^ Seben bon Rantp^ umgeben tüarb, fo tüar e« au(^ fein @nbc.
3lte bie 5Wormannen bei einem i^rer Slaubjüge 882 felbft bi« in bie unmittelbare !Rä^c
bon Sl^eim« borbrangen, flüchtete fic^ .^inimar mit ben ^Reliquien be^ ^l. Slemigiu^ unb
ben Sl^eimfer Äirc^enfc^ä^en nac^ bem jenfeit« ber 3Rame gelegenen ®el^öft ß^jema^ unb
30 ^ier legte er bann am 21. 3)ejember 882 fein mübe« $au})t jur legten SRu^e nieber.
©eine ®cbeine tourben jpäter beigefe^t in ber bon i^m fertig geftellten Äot^ebrole }u
SR^eim«. «Uert 8rre9pebt.
^infd^tnd, ^aul, Äirc^cnred^t^le^rcr, geft. 1898. — ^rje «utobiograp^ie in
@d)ultc, ©ejdiidjtc ber Cucflcn unb fiitteratur bei !anonifd)cn SRecftt«, S3b 8 ^bt 2, 1880,
86 ©.240. — 9?ad)rufc in oüen großen Xaoe^aeitungen 3)eutjcölanb8 uom 13., 14. ober 15. 3)e5.
1898, djaraftcriftifdj ©crmania uom 14. 3)ej.: ferner U. ©t(u^) in ber Sonntagsbeilage ber
91 üg. 6(tj»eiicr 3eitung oom 25. 3)ciiembcr 1898; ®. @tampcr in ber SUnftrierten ^eitung
Sf^r. 2896 uom 29. 5)ej. 1898 (mit ©ilbnife); (5. ©edel in ber 3)eutf4cn Suriften-Seitung
Sa^rg. 4 9h*. 1 oom 1. Sanuar 1899 @. 14. 15; Ä. X(aranger) in ber nonoeaifdjen Tids-
40 8krift for Retsvidenskab, J^af)rg. 12, 1899, @. 92—94; fj. SRufflni, Paolo Hinschius, in
ber ito(ienif(f)en 3citjcl)rift Filangieri 1899, ©51, ©. 1-6 (mit ©ilbniS); (5. griebberg in
^3Äm S3b 9. 1899, ©. 1—3; ^ift. 183©d)r. S3b 2, 1899, ©. 292 fg.
©diriften. I. 9?acf)rid|ten über luriftifcbe (inöbefonbere fanoniftifc^c) ^anbfc^riften in
italienifdien 93ib(iot^efen I (9?eapc(). II uwb III (?Rom, ^Diobena) in 3. f. SHe(I)t§ge|d)td)tc,
46 83b 1, 1861, ©.467—480, »b 2, 1863, ©.455-473; 3)ie frü^te »cnujung be« ©rotioni.
fdjen 5)cfrete§ in ber 9{iJmifd)en Äurie in einer biStjcr nidjt befannten 2)efretale ©ugend III.,
in 3Ä9?, ©b 2. 1862, ©. 219—232; Ucbcr $feubo^3fibor*$anbfcf|riften unb Äanonenfornm-
langen in jpanifdjen iöibIiot6e!en, in i\m. 93b .3, 1863, ©. 122-146; Decretales Pseudo-
Isidorianae et Capitula Augilrarani, Lipsiae 1863 ; 3"^ (Erinnerung an %em. Subio. 5Ri(ftter,
60 in 3. f. iHed)tögcid)ict)te, 33b 4, 1865, ©. 350-379; 3)er 93ciname : Mercator in ber 5Sorrebe
'ilJfeubo.gfibüvö, in 3ft:H, S3b 6, 1866, ©. 148—152; 3)ic fanoniftifcben ^anbfdjriften ber
.^amiltoujcfjcn ©ammlung im Äupfcrftidj Kabinett beö fgl. 3Kufcum« ^u ©erlin, 8^^®^ 53b 6,
1884. ©. 193—246; lieber iBufefanoneö in einer C>anbi(t)rift ber Äommunalbibliot^t ju
«ßalevino. in 3.^<H. ^^b 22 (9^5 7). 1889, ©. 433-435; ©in Formular be« öerbaft«befebld
55 ber fi^ilianifcbcn gnquifition, in 3)3ftSR, S3b 6. 1896, ©. 230—232; ^ie ?ln»eijungen für
bie ipani|d)c :;\nquifition vom 3nbrc 1561, in 5)8^9?, ^b 7, 1897, ©. 76—121. 203-247.
II. De iure patroiiatim regio. Disöertatio iiiauguralis, quam ... die X. m. febr. a. 1855
. . . dcfcndet, Berolini ». a.; 3)aö Ianbe§^crrlid)c ^atvonatrecbt gegenüber ber fat()oli|d)cn
Sl^irc^c, 5öcrlin 1856; iBcitrftgc juv i!el)rc oon ber Gibeöbelotion mit befonberer 9?ücffidjt auf
(w baö fanonifdjc ^Kccljt i.£)abiIitationöf(l)rift), ©erlin 1860; 3)a« Gt)efd)eibung«recöt na(ö ben
ongclfftdjfifdicn unb frnnfifdjcn ©uftorbnungcn, in 3- f- beut|d)eS ^Herfjt, brSg. oon ©efeler,
iKci)jcj)cr unb ©tobbc, Süb 20, 1860, ©. 66—87; Beiträge jur OJef^idjtc be« a)efcrtion»-
^infd^ittd 91
^rojcffcd nad) cüangelifdjcm Äirdjenre*», in 3.^. ^h 2, 186'2, @. 1—38; lieber btc 6uc-
ceffion in ^atronatre^te {öfularifierter petftlid^er ^nftitute. ^it SRüdfidlt auf ben fog.
fiölner ^atronalSftreit, in 3^9*, ob 2, 1862, S. 412—436; 3)qS ^otronotrcdit unb bie
mobcrne (Skftallung bc« (Sirunbeigcntumö, in3Ä5R, 33b 1, 1867, 3. 1-55; 3)a§ Äirdjenrecftt
ber Üat^oliten unb $Toteftanten in ^eutfd^Ianb. (Softem bed tat^oHMen Stirc^enrecfatd mit 5
bffonbcrer »üdfi^t auf 5)eutfd)lanb, «b 1. «erlin 1869; «b 2. 1878; «b 3, 1883; »b 4,
1888; «b 5 «bt. 1, 1893; »b 5 «bt. 2, 1895; »b 6 «bt. 1, 1897; 3ur ®cfd)id)tc ber
Sntorporation unb be« ^atronatrec^ted. in: geftgaben für %. ^. £>effter i^um 3. 9(ug. 1873,
Öerlin o. 3., 8. 1—28; «er ift ^(^ 6ubjeft bcd (Siflentums^ bei ®runbftüden inforporierter
Pfarreien in ben öffentlichen (©runb- unb^l)pot^e(en»)«ü(6em ciniiitraflen, in 3^91, ©bl9, lO
1884, 6. 223—238; 3)ie 9Rentolrefertjalion bei ber e^efd)lie&unfl nadi fatbolif(l)em Äird)en»
rerf)t, «rdj. f. b. cio. ^rojri«, S3b 83, 1894. 3. 321-335. III. «e. Ö. 3ii4ter, ©eitröge
jum preufeifc^en ÄirrfKnrecöte. ?lu§ bcffen 9?Qd)laB bg. uon ¥..&., iicipjig 1865; Xie ctjon*
geltfd)e SanbeÄfirdje in ^reußen unb bie (Jinverleibung ber neuen ^roüin^en, ©erlin 1867;
['Änontjni:] 5)er (Sinflufe ber neuen ®ebietöcrwerbungen ^reufecns auf bie Union unb bie 15
lut^erifdie ÄirdK- ©on einem Suriften, in 9?euc ©0. t3. Sabrg. 9 9?r. 3 unb 4, 1867,
3p. 37—40. 55-59; 3)ie preufiifdjen fiirdjengefe^e bc« gabres 1873. herausgegeben mit
(Einleitung unb Äommcntar von % .&., ©erlin 1873; 3)ic Crben unb Äongregationen ber
lat^oUfdKn ifird)c in '©rcufeen. Sbrc Verbreitung, tljre Crganifation unb ibre 3rocrf'^- Unter
©enu^ung amtlidKr iRaterialien, ©erlin 1874; ^ie Crben unb Kongregationen ber fatbo' '.i>
liidjcn Äir4e in ^reu&en, $3 ©b 34. 3. 117—148; Xaö preumfcöc* (SJefeft über bie ©eur«
funbung beS $erfonenftanbed unb bie gomi ber (Ebefc^ließung üom 9. *^5rj( 1874 mit Korn»
mentar in ?lnmerfungen, bg t)on $. ^., ©erlin 1874; 5^aö preu6if(6e ©efe^ über bie ©er»
roaltung erlebigter totbolifdjer ©iötümer fom 20. Wai 1874, in ^artmannS 3- f- ®efejgebg.
unb ^royiS auf bem öebiete beä Teuifcben öffentlidjen 3?et6teS, ©b 1, 1875, 3. 241— 267; 25
Xic prcuftifdjen Äirdjengefe^e ber 3ö^re 1874 unb 1875 nebft bem Steicödgefe^e Dom 4. "Kai
1874. ^raudgegeben mit Einleitung unb Itommentar Don ^.^., ©erlin 1875; ^aS^teic^^
geff^ über bie ©eurtunbung beS $erfonenftanbed unb bie ^befc^liegung üom 6. gebr. 1875
mit Kommentar inSInmerfungen berouögegcben. 1.9lufl. ©crlin 1875; 2. Aufl. 1876; 3. ?(ufl.
1890. ©erglcid)enbe Ueberfid)t ber neuen preumfcben. bobifd)en, beffifdien unb öfterreic^if(t)en ao
^fe^gebung über bie ^Regelung bed ©erbfiltnijTeS beS 3tQateä jur fattiol. &ird)e in .i^art«
mannd 3- f. ©efeftgebung, ©b 2, 1876. 3. 131-16n. 533-571; Äo4, «flgemeineS fianbrecftt
für bie preu§if(öen 3toaten. brög. mit Äommentar in Änmerfungen. y?acö be§ ©erf. ^^obe
beorb. üon g. jörfter, 9».3oboro, % ^infdiiue. ^r.^cbiöeö, «. Talrfe, ©b 1*. 2—4», ©erlin
1874—76; ©b 1^ 2— 4V 1878—80; 8. «. mit befonberer ©erüdfiditigung ber »ieidjdgefet^ 35
gebung beorb. Don «. «(biaeS, $. 4)infdiiuS. :M. Joboro, ^. ©ierbauS, ©b 1—4, 1884—86;
i)k ftrafre^tlidK ©erantmortIid)feit ber KircbeU' unb ^eligiondbeamten nad) ben neueften
beuti^en Spejialgefe^en, in; ü. C)»>l&enborff, ^anbbud^ beS 'beutfd)en 3trafre*tä. 4. (3upple*
mcnt-)©b, ©erlin 1877, 3. 499ff.; Xo* preumfcbe Siräjengefe^ üom 14. 3uli 1880 nebft
ben ®efe(en oom 7. 3""^ l^^ß ""b 13. JVebruar 1878 berauÄgegeben mit Äommentar oon 40
¥- ^. 9?ad)trag«^ft ^u ben Äommcntoren ber prcufeifdjen Äiräjengefe^e ber 3öÖ« iHl^,
1874 unb 1875, ©erlin unb Seipi^ig 1881; 2a« prcu&ifdje ®efc^ betrcffenb ^bfinberung ber
fircftenpolittfdien d^efefie x>. 31. "iRai 1882 in feiner Ginmirfung auf bic bisherige ftaatSfirtb*
lidK »efe^gebung ^reußene, in 3fi^. ©b 17, 1>^HX 3. 166-187; Xie preü&ifdien ®^ai.
gefe^ unb ber «u^leid). in; 2)eutfd|e 9?epuc IV, 3, 1883, 3. 281-308; Xae preufeifdje 46
Äir(ienre(6t im (Gebiete bee 9lflgemeinen fianbredjte. 9tbbrud uon Teil II litel 11 ou§ ber
H. Aufl. pon (L er. fiodjö Äommcntar jum ?lfiiH., ©crlin 1884 ; lieber bic juriftifcbe ^cr»
ionItd)feit ber 3))nobal«Aajien in ber cDangcl l'anbevfird)e ber ölteren prcußifd)en ^rooin^^en,
in: Suriftifdie Äbbanblungen, SJeftgabc für ®. ©efelcr, ©erlin 18«S5, 3. 31—47; Xoö
preuBifcfee Äircftengefe^ betrcffenb ?lbSnbcriingen ber ürcbcnpoliiifdjcn O^cfc^ic oom 21. ^ai ^)
1886, erlfiutert oon ?. ^., ©erlin unb Seip^ig \>^f^: Xa? prcußifdjc ftircbcngcfc^ betrcffenb
^bfinbentngen ber firdjcnpolitifdjcn ÖJefc^c üom 29. Slpril 1>i87, crlSutcrt von $. ^. "^lad^*
tragebeft ju ber 91u^abe bcS preuBifcben Äird)cngefe$ic5 pom 21. IVai \f<^(\, ©crltn unb
Seipi^ig 1887: Xa« ?erfonenrcd)t ber Gbcgattcn im Gnlrourf eines ©®© für bae bcntfcbc
3leid), in «rdj. f. b. ciü. ¥ra^ie. ©b 74. 18^9, 3. 55—96; Xie 3nfel öelgolonb unb bie oTj
Sorfcbriften be« ©ö©. über bie C£befd)licBung. in: Xeutfcfac ^uriftfn*3citung, 3abrg. 2 9?r. 24,
15. Xfj. 1897, 3.489. IV. Tic 3teÜung ber Xcutfdjcn 3lQat«rcgicrungen gegenüber ben
©efd)lüffen be? oatitanifcben Äon^ib. ©crlin 1^71: Xic pöpfilidje Unfcblbarfeit unb ba^ oati*
tanifdje Äoniil. ©ortrag, Äiel 1.S71 ; 9irUKmeine XarftcUung ber ©crboltnifie pon 3taat unb
Äirdie. in IRarquarbfen« Jpanbburfi tes önentlidifn rHcd)te bei ©egenroart, ©b 1. Rrciburg ix)
unb Xübinpen, 3. 187—372. 1^^:"; italicniicbc Ucl'f rfe^ung : E.sfK>«izione generak? delle re-
iazioni fra lo Stato e la Chiesa. in: Biblioteca dl Scienzo politiche. diretta dal IJrunialti,
vol. 8, Torino 1892. p. 583 S2H: Ucber bon GrlaR bce i^ürftbifAofv pon ©rcelau pom
19. «firj 1883. in: $oliiifd)c :3Wo(bcnfd)rift. ^alin^ang 2 ^??r. 2'» r©erlin 23. 3un! \''f<'M
6. 2<»l— 202: 3)er 3taat unb bic fatbolifcbc Äirtbc in iircuf>on, in: Xie C^cgcnioart, ©b 31, ».-
«T. 21 (21. «üi 1887) 3. 321— :>24. V. Öcf^idjte unb Cucücn beö fanonifdien iHedjtö.
in D. ^ol^enborff« Gncijflopöbie ber rHidiifiuin'cnidwft in iuftcmatifdjci ©earbcitung von
92 ^tnfi^iud
ber 1. 91. an, anlegt) b,%, 1889, 6. 185—211; 3)aS Äircficnrcdjt, cbcitba (oon bcr l.?I. an,
julejt) 5. 9t., 1889, @. 857—907. [eine äönlidjc enci)!Iopäb!fd)c Xarftcflimg be« Äirtftcn-
retftt« mirb bcmnädjft in einem ©ammeliuerfe — al§ einzige poftumc Scfjrlft — erfcfjeinen.]
3a6lreid)c 9(rti(el in biefer 9{G, 2. unb 3. 9(uf(age; in t». .^ol^enborffö 9?ecötS(ejifon; in
ü. Stengel^ ©örtcrbucö bc§ beutfc^en SScripaltungSrcrfjtö ; in ©rfd) unb ©ruber, ^lUgcmeinc
ena)fIopäbic bcr SBiffenWaften unb fünfte. Smcitc @e!tion, »b 36 (1884). VI. 9?ccenfionen
5 !ircf|cnrc(^tlid)er (unb anbcrcr, gcrmaniftifcfjer, romanijtifdjcr) ©crfc in 3^3'*' ©3' S^^» ^•
fiit.8., 3. f. SRcdjtSgefc&icöte, 3. b. 6auignt)«@tiflung für 5Redjt§gefcöid)tc, ®erm. u. rom. 2lbt.
— 3)ie übrigen 8(f)riften uon ^in|d)iu#, bie bicr nicftt in^rcffieren, ftaben xum ©cgenftanbc
(Jiuilretöt, inäbefonbcrc preu&ifdjeö, einfcöliefelid) 9(utorrecöt; (£it»iIproi^eft; SücrroaltungSredjt.
^ie einfc^Iägigen 9luf|ä{^e unb $efpred)ungcn finben fi(^ in: $rcugifc^e 91nroalt§^eitung,
10 öerauög. uoii g. unb $. ©infc^iuS 1862-1866, 3citf4rift für ©cfe^gebung unb 9?ed)töpfleflc
in breiigen, öeranSg. oon fj. unb $. ©infcftiu« 1867. 1868; im ^Ircftiu f. bie ciö. ^rayi^*,
«b 47. 1864, 6. 101—132, in 36ering§ 3a^rb. 33b 26. 1888, @. 185-197. ©cnannt fein
mögen noA: 3)ic 3)i§ijiplin über bie ^rioatbo^jenten an bcn preufjifcöen llniüerfitälen, 1896,
unb ©uarej, ber ©c^öpfer be« prcugificn fianbre(ftt§ unb ber ©ntmurf eineS 93®^. für ba8
16 beutfd)e SRcid), SRebe bei Uebemol^me be« SReftorat«, Berlin 1889 (= ^reufe. Sa^rb. Sb 65,
1889. @. 289—300).
grang 6arl ^aul ipinfci^iu« i[t geboren in Scrlin am 25. Sejember 1835 ateSol^n
be« ^ec^t^ntoaltö unb Slotarö, ©el^eimcn ^wf^ij^^*^ ^^' j^r. (h. c. Berol.) granj
©ale« Siuguft »^infc^iuS. ©eine ©c^ulbilbung fc^Io| er auf bem ©^mnaftunt juni ©rauen
aoÄIofter in Sertin ab aU einer bcr beftcn Schüler, ber ingbefonberc für alte unb
neue Sprachen unb ©efd^ic^te glänj^enbc Segabung betoiefen ^otte. 3Wit 16 V4 3^^^^
6^og §infc^iuS im ©ommer 1852 bie »^o^f^ule; er ftubierte fed^ ©emeftcr ^nxa, jtoci
in §eibelberg (©ommer 1853 unb 54), bier in Serlin. Unter feinen fie^rem ftettte er
Äefler aU ^uriftcn am böc^ftcn; auf feine lanoniftifc^cn ©tubien tüar Slic^ter (f. b. 31.)
26 Don cntfc^etbenbem (SinPu^. Site berliner ©tubiofu^ löfle §. eine romaniftifc^e ^rei^=
aufgäbe (über bie Serec^nung ber folcibifc^en Quart bei bopjjelten Xeftamenten). 3Kit
19 ^ai}xm jjromobierte er in 35erlin am 10. ^bruar 1855 magna cum laude mit ber
Differtation De jure patronatus regio, bie Don Slid^ter überaus anerlennenb genfiert
hjor, jum SDoftor beiber Siechte. SSon 1855 an arbeitete er in ber ^raji« ate äußful-
90 tator (5Kärj 1855), »leferenbar (1. ©ejember 1856) unb ®eric^t«affeffor (L ®Q. 1859)
big }iU feiner Beurlaubung am 1. gebruar 1860. 9?oc^ ate 2lfjeffor l^abilitierte er ftc^
am 10. 2)e5ember 1859 ate ^ribatbojent für ffiirc^cnrcd^t unb (SiDiljjrojel auf ®runb bcr
©d^rift über bie ßibc^belation. 9Son 2lnfang 1860 bie (Snbe 1861 untemal^m er auf
Äoften feinet SSaterg eine grofee tüiffenfd^aftlici^c Steife jur 3?orbercitung ber fritifc^cn Slu^*
36 gäbe ber jjfcuboiftborifc^en SDcfrctalcn; fxc fül^rte il^n burd^ 3^^^^^/ ©J)anicn, ^anfreid^,
(gnglanb, ©4iottlanb, ^rlanb, ^oHanb, Selgien. ^m ^erbft 1862 folgte eine Steife in
bie ©d^tücij, um ben toic^tigen ©angaDcnftS gu dergleichen. 3Kit bem ©rfc^cinen be«
^Jfeubo^^fi^or (1863) faßt §infd^iu«* ßmennung jum aufeerorbcntlid^en ?ßrofeffor für
fitrd^enred^t, beutfc^e« Siedet unb Gibilproi^cf; an ber Unibcrfitöt .^aOc (18. 3lt)ril 1863
40 auf 1. Oft.) jufammen. 2lm 15. 3""i l^^ö tourbe er in gleicher ßigcnfc^aft an bie
Unibcrfität SSerlin berfe^t. ^on §erbft 1868 (emennung: 29. ^uni) an beflcibetc er
eine orbentlic^e ^rofcffur ber Siechte (auc^ für prcufeifc^c« (Sibilred^t unb §anbcterec^t) in
Äiel; big er am 27. SRärj 1872 auf 1. äj)ril gum orbentlic^en ^rofefjor an berSertiner
guriftenfafultät ernannt tourbe. ©eine Berufung erfolgte auf Betreiben gälte, nac^bem
46^infd^iuö 1871 ju bcn Bcfc^lüRcn be^ batifanifd^en Äonjite öffentlich ©tellung genommen
l^atte (f. oben ©d^riften unter VI). %Qlt tvu^t^ xi)n and) bon bem i^m 1872 übertragenen
Drbinariat in ©trafeburg freijumad^en. gn Berlin l^at ipinfd^iu« 53 ©emeftcr, biö gum
©ommer 1808 cinf(|lie^lic^, mit grofecm ®rfolgc bor banf baren ^örem gclcfen; er loertrat
Äirc^enrcct»t ncbft (g^crcd()t, (Sibili^rogc^, ^)reu6ifc^cg ßibilrcc^t, gulc^t auc^ gamilicnrec^t bc^
60 Bürgerli4>en ©cfcöbuc^^. — 3)cn ©(orud^foDcgicn bei bcn Snriftcnfafultötcn gcl^örte ^in«
]6)xn^ in §allc (bom 9. 5Jot). 1863 ab) ate au^erorbcntlic^c^, in Atel unb Berlin ate
orbcntlicbeg 2)Jitglicb an. 3Rit ßifcr tüibmcte er fic^ bcn Bcrlüaltung^cfc^äften ber Uni-
berfität Berlin, in bencn er h)ie h>cnigc fac^funbig mar, ate 3)elan, Slcftor (1889—90),
Bertretcr bc^ Unibcrfität^rtctitcr!?, TOitgltcb be^ afabcnüfc^cn ©cnatcö, ate langjälj^riger
66 Borft^cnbcr bcr ^rofeffürcn-3i$itn?cn- unb =2öaifcnfaffc unb Borftanb^mitglicb bcr burc^
i^^n in feinem Stcftorat^jobrc bei bcr Unibcrfxtät begrünbeten .^pilf^Iaffc mm Beftcn bcr
Hinterbliebenen bcr Dozenten unb Beamten. 6r mar ftellbcrtrctenbcr 3Sorfi^cnber bciS
littcrarifc^cn unb 93fitgltcb bc^ gch)crblid^cn©ad^bcrftänbigcnbcreing. 2lm fircf^lic^en fieben
beteiligte er fic^ ate 3)Jitglicb fird^Uc^cr Äört)crfcbaften: ber ^robinjialfvnobe ju SRcnb^
fio bürg 1871, Wo er einer bcr gü^rer bcr liberalen ^artci ioar, bcr branbenburgifc^cn
$tot>tnjialfvnobe unb bcr ©cmcinbcDertrcturig bei bcr Scrlincr 3^i>ölf-3lpüftcl- unb Sut^cr-
Rn^. ^lamcntarifd^ toat er tJ^ätig aU Sleic^^^tag^öeorbneter für ^Icn^bw^Ö'3li)enrabe
1872—78 unb 1880—81 unb ate Ü)iitglieb be^ J)reufeif(^en Jperrcn^aufe« für bic
UntocrfUät Äiel 1871—72 unb für bie Unibcrruät SBerlin 1889 bi« ju feinem lobe.
Unter galf ^t ^infc^iu« im preufeifc^en Äultu^minifterium 1872—76 an ben ©nt* 6
toürfen ber ßrd^enpolitifc^cn ©efe^e mitgearbeitet. — 3lm 13. ^ebruar 1884 tüurbe i^m
ber (SJ^olter eincö ©e^eimen ^uftigrat« beigelegt, ^m guni 1888 empfing er ate
Slbgefonbter ber Setliner UniDerfxtät in Säologna bie 2ßürbe eine^ doctor universi-
tatis Bononiensis; am 16. gebruar 1897 berlief^ i^m anläyici^ ber 3Welanc^t^onfeier
bic berliner tl^eologifc^e galultät (Jl^ren f^alber ben tl^eologifd^en 2)oftorgrab ate „ecde- lo
siastici juris investigatori accuratissimo scriptori praeclarissimo praeceptori
doctissimo eidemque de universitatis nostrae litterarum salute caute promo-
venda varia per tempora egregie merito". — 5Ja(^ längerem fieiben entf erlief
$inf(^^iu« eine« fanften Sobe« am 13. SJejember 1898 ju Serlin, faft 63 Sa^re alt.
^infc^iu« mar eine au^eprägte ^erfönlic^feit. ^n bcr SBiffenfc^aft tüie im Seben is
betl^igte er rürffic^tfilo« ben 3Wut ber eigenen Überzeugung, bie d^arafteröoUe Selbft^
ftanbigfeit be« 3)enfen^ unb SäJoDen«, ol^ne fic^ burc^ Stüdfit^t auf ©unft ober Ungunft
\>on tDclii^er ©eite immer beirren gu laffen. ©einen ^eunben toax er ein treuer greunb,
fielen jungem Seruf^enoffcn ein tool^lhjoltenber, gütiger, ftet« j^ilf^bereiter ^örberer, ber
ba« i^m entgegengebrachte SJertrauen auf« reic^fte vergalt, ^eilic^ fc^lo^ ftc^ feine fpröbe ao
9tatur nic^t jebem änlömmling auf, unb nid^t ^cb^nnann füllte fid^ bon feiner Off en^eit
unb ©erob^eit im crften ÜHomcnte angezogen, ^embcm ©c^affen bie Derbiente Slner«
fennung ju teiltoerben ju laffen, machte il^m aufrichtige ^eubc ; feinen eigenen fieiftungen
flonb er mit faft übergroßer Sefd^eiben^eit gegenüber, ^m gefeiligen SSerlel^r jeigte
^infc^iu« gro|e fiiebenetoürbigfeit. 3)e« SBorte« mar er in ^ol^em ©rabe mächtig, mi^ig 26
unb fc^togfertig floß i^m bie SRebe öom 3)lunbc. §inter ber oft farfaftifc^en atußenfeite,
hinter bem Seftrcben, nid^t meic^ ju erfd^eincn, Derbarg fic^ ein tiefe« ©emüt, ba« fic^ im
glücflicl^ften Familienleben au«ftral^len tonnte.
3U« Se^rer jäl^lte ^infd^iu« gu ben l^crborragenben S^^^^^^^n ber berliner 3iui^iften-
folultät. ©eine Vorträge toaren lebenbig, mi^ig, oft mit beißenber 3lronie gemürgt — so
eine 3)lenge ^nefboten laufen um — , prägife, in^altreic^, ettoa« abftraft. Siefonberen ©r*
folg ^e er in feinem ©eminar, ba« nic^t nur jal^lreic^e ©tubentcn tro^ ber an i^nen
geübten f(^onung«lofen Kritif, fonbem auc^ reifere §örcr, barunter fatl^olifci()e 2^l^eologen
unb öiele 2lu«länber, angog. 3tu« feiner ©d^ule gingen j. 9. eine 9ieil)e l^eute mirfenber
italienifc^er fianoniftcn ^ertjor (Sluffini, ©cabuto, ©^iappoli, ©alante). ©eine ©d^üler 86
toußte er mit feinem ©eifte ju erfüllen unb ben Fälligen unter il^nen feine Slrt be« 3lrs
beiten« beizubringen. 6ine ultramontane ©timme atteftierte il^m bemgemäß im 9ieIrologe,
baß ,4^ SBirfen al« afabemifc^er Seigrer fein fegen«reic^e« mar"; feine Se^rtötigleit ift
tod^renb be« Äulturfampf« unb nad^^er bon feinen firc^enpolitifc^en ©egnem mißtrauifd^
t)erfolgt morben. 40
^r ben ©pegialiften be« Äir^enrcc^t«, fall« er fic^ nic^t auf monograpl^ifd^e Se^
^anblung abgegrenzter 3:eile befc^ränfen, fonbern ba« ©efamtgebiet felbftftänbig erobern
mitt, finb außerorbentlic^e ßigenfd^aften erforberlid^. Jpinfc^jiu« mar Don bcr größten Siel«
feitigfeit in feiner Silbung, )Öefä^igung unb 33ctbätigung al« S^rfc^cr, ©d^riftftcllcr, Sc^rer
unb ^olitifcr bc« Äirc^enrec^t«. itx verfügte über eine gcmaltige 0elel;rfamfeit auf ben ^
in fein gac^ einfcf^lagenben ©cbictcn bcr :3urieprubenz, ©efc^ic^te, ^^.l^ilologie. Der Äanonift
bebarf bor allem ber juriftifc^en 3)ictl^obe unb einer )öcbcrrfc^ung bcr 4)egriffe unb 0runb=
fä^e aller juriftifc^en 2)i«ziDlinen, ba bie Mirc^e ibr eigene« i}erfaffung«=, Jßcrmaltung«^,
Strafe, ^rojeß-, $riüat= (Scrmögen«=, (S^c^, ®enoffen|^aft«'9tec^t au«gebilbet l^at; ^im
fc^iu« befaß üon feiner ©tubentenzeit l^er ein fort unb fort fic|^ me^renbe«, unglaublich ßo
au«gebe^nte«, ftet« J)räfente« juriftifd^c« SBiffen, unb in romaniftifc^er &i)uk, in«befonbere
in Retler« berühmtem ©eminar, \)attc er ftreng juriftifc^e« 2)enlen gelernt. i)ic anregenbe
^Ikrfönlic^Ieit SHid^ter« gab feiner Slrbeit bie fpezicUe ^ic^tung ; Don feine« Se^rer« fanoni-
ftifc^en Übungen fagt §infc^iu« felbft: „jjeber ber bamaligen ©enoffen . . . mirb mir barin
beiftimmen, baß mir jene ©tunben nic^t nur zu ben glüctlid^ften unb fc^önften, fon* 66
bem au(^ z" ^^ folgenreic^ften unferer crften miffcnfc^aftlid^en 33eftrebungen recf^nen
fönnm". 3" ^^ re(^t«bogmatifcben ^ertigfeitcn müfjen bie Dirtuofe öel^errfc^ung ber
^iftorifc^Iritifd^en SWet^obe unb aller ^iftorif^en $ilf«miffcnjd^aften, ein Doller ©inblid in
bie SlflgemeinentmidEelung ber politijc^cn, Äirc^en^ unb Kultur5©ef(^ic^te jcit ben Reiten
be« Urd^riflentum«, eine lüdenlojc Ä^enntni« bc« ungeheuren duellenmatcrial« ber Äirc^en= w
94 ^tufd^ind
rccl^t^ef(f)id;tc Einzutreten; .r>infdnu^ ^iclt fein ^iftorifd^e^i SBiffcn burc^ anbaucrnbe axi^'
gebreitete Seftüre auf beni neueften ©tanbe unb raffte ju jebem Äaj)itel feinet grofeen
^aupttoerfe^ bon ben crften c^riftüc^en Duetten bi^ ju ben jüngften SDetreten ber Äurie
ben ©toff jelDeife in überrafc^enb fc^neller 3lrbeit, für bie im Semefter h>enige Xage^=
5 ftunben gur Verfügung ftanben, jufammen. Sei all bem tarn ii)m eine DoUfommene
^errfc^aft nid^t blo^ über bie alten Haffifc^en ©J)ra(Een unb ba^ mittelalterliche fiatein,
fonbem auc^ über fämtlic^e h)efteuroj)äifci^en mobernen Sprachen ju gute; jumal ba«3^=
lienifd^e U?ar i^m jur jtoeiten SDlutterffjrad^e gctoorben. — 3)ie i^m eigene ©efd^äft^^
getüanbt^eit unb bie fiebere SSertraut^eit mit ber^raji^ bi^ in ba« fleinftc Seifert hinein
10 toaren il?m anerzogen auf ben berliner @erid;tcn unb in^befonbere in bem Süreau feinet
afö Sled^t^antüolt, S^nbÜu^, SJermögen^bertDalter bielbefd;äftigten, funbigen l^ater^, ben
er in feiner Dorafabemifc^en 3^^* ^^^ mcl^rmalö bertreten l^at. §ier liegt ber Urfprung
feiner 3Sorliebe für baö jJreu^ifc^e ^riüatrec^t unb ben preu^ifc^cn (Sioilpro^e^, bie xi)n ber
6ibilj)rojefeorbnung unb bem Sürgerlid^en ©efe^buc^ bc^ Steid^e« gegenüber eine gemiffe
16 Iritifd^e Stimmung feft^alten liefe. ^^JJraftifc^e Sefc^äftigungen gingen bei ^infd^tu^ immer
neben ber atabemifc^en Se^rt^ötigfeit unb ber ©d^riftfteßcrei ^er, tüie un^ fein Seben^lauf
bereit« gcjeigt ^at; ja er trug fic^ einmal mit bem (Sebanfen, ben Scl^rftul^l mit bem
Si$ in einem (^öd^ften ©erid^t^^of ^u bertaufc^en. Urteil^enthjürfe i}at er in^befonbere im
.^ouefc^en ©prud^foUeg in großer ^a^ au^earbeitet ; ate ©utac^ter toar er ^äufig
ao für ba« preufeifc^e Rultu^minifterium, für aufeerpreufeifc^e beutfc^e Slegierungen, für
beutfc^e Sif^öfe unb für bie ©ac^üerftänbigenbereine, benen er angehörte, t^ätig, für ^ri«
)DaU nur in ^^atronat^fac^en. — §inf^iu« tüud^« auf in 93erlin, too er biig auf
8 »;, ^ai}xt fein gan^e« geben jugebrac^t ^at ; aufeer^alb ^reufeen« »ar er nie amtlich
t^ätig. ©eine Segeifterung für ben nationalen fouberäncn ©taat, bem aud^ bie Äirdf^e
26 fic(i unterjuorbnen ^at, jog i^re Sla^rung axi^ ben großen ©reigniffen, bie jur ©rünbung
beiJ SReic^e« führten. 3)ie aftibe Beteiligung an ber ^olitif fc^ärfte feinen ©lief für bie
politifd^en galtoren be« firc^lic^en Seben«. ©eine freiefte proteftantifd^e Sßeltanfc^uung
toar Don bem tirc^lic^en unb bogmatifc^en Siberaliömu« getragen, in bem er aufgetoac^fen
toar unb bon bem er im 3Banbel ber 3^iten feinen ©c^ritt ^urücfgetoic^en ift. 3)em in
80 audfc^liefelid^ ebangelifc^e Umgebung hineingefteOten ^roteftanten toirb e« nic^t leidet, mit
bem fat^olifc^en ®ogma unb ben ßinric^tungen ber latl^olifd^en Äirc^e fic^ bertraut ^u
machen ; ^infc^iu«; beffen 9?ater Äat^olif toar, erfaßte in Slid^ter« ©c^ule SBcfen unb
SBirlEfamleit ber latl^olifd^en Äirc^e unb fertigte auf feinen Steifen in ©panien unb auf
toieber^olten SSefuc^en Italien« feine lebenbige Slnfc^auung be« romanifc^en Äat^oliciömu«.
86 — ©eine inbibibuelle ^Veranlagung für ben ©elel^rtenberuf toar eine überaus glüdtlic^e.
(Sifemer pfeife, nie ermübenbe Slrbeitefraft, ein treffliche« ©ebäcf^tni«, fiebere« unb rafc^c«
Urteil, freubige aufopferung^boDe Eingabe an ba« fieben^toerf ermöglichten i^m eine fruc^t^
bare fc^riftftellerifc^e ^robuftion. atUe feine SBerle geigen unbebingte guberläffigfeit unb
©enauigfeit, boUe ©toffbe^errfc^ung unb erfc^öpfenbe ©rünblic^feit, ©inn für ba« SBefent-
40 lic^e, gefc^ic^tlic^e Intuition, prattifc^en ©c^arfblirf, leben^boHe änfd()auung ber realen
aSerl^ältniffe, flare georbnete gebrängte Sarfteüung, ^räjifion ber Formulierung, ©legang
ber Sonftruftton, energifc^e 3wffl"^»n^nf^ff«"9 ""^ jw^if^l^ einbringenbc Sur^arbeitung.
!Rie berläfet il^n bei Beurteilung ber örfcbeinungen, bie nüchterne Äüljle unb Slu^e, bie
toiffenfd()aftlicEe Dbjeftibität, toie fie nur proteftantifcber aSorurteilölofigfeit gegeben ift. 3)ie
46 größte Betounberung berbient feine au« bobem fittlic^em ©mft geborene ftrengfte Unpar^
lic^feit, ber SBJal^rEeit«' unb ©erec^tigfeit^finn, bei i^m, ben au^gefproc^enen firc^enpoli-
tifd^en ^arteimann, in feinen toiffenf^aftlidbcn ©c^riften bie Stefultate j^inftellen läfet, ol^ne
Slücfftcbt barauf, ob fte greunb ober ^einb frommen. (Sin d^arafteriftifc^e« Seifpiel bafür
bietet feine rec^tlic^e Beurteilung be« ^ltfat^olici«mu«.
60 3)ie erfte epoc^emad^enbe Seiftung bon §infct)iu« ift bie 9(u«gabe ber falfc^en 3)efres
taten $feubo:=Sfibor« (1863). Bor ibm gab e« feine fritifc^e ©bition. Da« fritifcl^e
^roblem lag fel^r bertoidclt einmal toegen ber ^^üHc ber .^anbfc^riften, bon benen einzelne
bi«Eer überfd;ä^t toaren, bann toegen be« Borliegen« mel^rerer Stecenftonen, enbüc^ toegen
be« bon ben fintil^em Autoritäten unrichtig beftimmten Berl^ältniffe« bon 5ßfeubos3ft^o^f jw
66 Senebiftu« Sebita. Unter ben übrigen 6inleitung«fragen ift berüchtigt bie nad^ ber
§eimat $feubo-9jfibor«. Die 2lu«gabe, auf bie unget^eurer gleife (j. B. burc^ Bergleic^ung
ber ettoa 10 000 Gitate) bertocnbet ift unb bie ber ©a^^funbe be« $erau«geber« ein
glänjenbe« 3^"9"i^ au«fteUt, ift bie ©runblage für .^^infc^iu«' toiffenfc^aftlic^en 9lul[^m ge^
toorben. 9Jur in einem fünfte toirb fie ben ju fteUenben ätnfprüc^en nic^t bott gerecht:
6<» fie giebt bie Jlonjilien unb eckten Defretalen in erfter Sinie nacb ben gebrucften 2^en
^tnfd^titd 95
cc^^tcr ©ammlungcn (Hispana u. f. \\).\ iDäbrciib 5Maa|en in fetncii ^fcubos^r^bor-Stubtcn
naf^etDiefcn ^t, bafe ^4Jjeubü=!j5fibor eine eiöentümlid^e ^icbaftion ber .öijj)ana benufete,
bte öon i^m ^elbft bereit« mit ilerfälfdbungen unb falfc^en BiMtn burc^^fc^t toar. 2)ie
älefultale, gu bencn i&infc^iuö' treffliche, noc^ l^eiite grunblegenbe Praefatio gelangt, finb
^am %til unangefochten geblieben, fo bie (Ermittelung beg Ser^ältniffe« ber faljc^en 5)es b
tretalen ju ben fatfd^en Kapitularien ; bie bon .^injc^iu« getroffene Älaffififation ber
Sobice« toirb bon ber l^errfd^enben Se^re feftge^alten ; bie c^ronologifc^e ^jierung ift
emtgermanen berid^tigt toorben; bie SBermutung, bafj bie gäl|c^ung in SReimi^ entftanben
fei, tft tool^l nod^ feft^u^olten tro^ ber geleierten unb fci()arffinnigen Singriffe, bie in ber
au^iebigen feit^er ^injugefommenen iJitteratur gegen fie gerichtet toorben fmb. ^infc^iu« lo
felbp ftanb ber ipVJ^ot^ejc bon £e dJlan^ minbeften« ntit einem Non liquet gegenüber.
3)er ®efc(|i^te nic^t blofe ber aüiffenfc^aft, fonbern auc^ ber ®efe^gebung ^reufeen«
unb be« Sleid^e«, gel^iW ^inf^iue' Beteiligung am ÄuUurfampf an. 2)ie $au})tfrage, bie
ber Äirc&enpolititer $infc^iu«J t^eoretifd^^ unb praftifc^ inSMngriff genommen ^at (1871— 76,
1883), ift bie be« äJer^ältnifjc« öon Staat unb fat^olifc^er ftirc^e. (Sr bertrat ben ©tanb^^ i6
pnntt, baft ber Staat feine ^ngelegenbeiten Dom tirc^lic|[)en ®ebicte fac^lic^ fc^eibe unb
feinerfett« gur mafegebenben SSeftimmung ber toec^felfeitigcn Sejiel^ungen jiüifc^cn Äirc^e
unb Sftaai berufen fei. 3)iefen backte er ftc^ nicbt al« fd^lecbt^in omni)30tent, too^l aber
atö ben für bie äbgrengung feiner Äompetenj allein ^uftänbigen ^aftor. SDa« entgegen^
gefegte ultramontane Softem berh)arf er für bie mobeme ©efe^gebung, unb er toufete ftc^ 20
bomit im (SinÜang mit bem ^jraftifc^en Sjert^alten aller heutigen beutfc^en Staaten. 5)ie
Jtirc^e fte^t nic^t aufeer^alb be« Staate« gleic^fam in ber iiuft, fonbern fxe lebt im Staate
al« «nftalt be« öffentlichen Siecht«. 3lxd)t alle« SWed^t gel?t Dom Staate au«; „e« mu^
ol« eine falfc^e Stec^tspolilit begeic^net toerben, trenn ber Staat bei ber rechtlichen ©eftal-
tung feine« 3Jer^ältnifje« ^u ben großen c^rtftlic^en Ätrcf>en il^rer l^iftorifc^ entioicfelten 25
Serfoffung unb ij^^rer t^atfäc^lic^en SDlac^tftellung gegenüber i^ren 3lnl?ängem feine Hkd)-
nung trägt." SDer Staat ^t bie etl^ifc^e ^flic^t, bie Äirc^e i^re innem äSer^ältniffe unb
einric^tungen felbftftänbig autonom regeln gu laffen, fotoeit nic^t baburd^ ber ftaatli^e
®nmbfa^ ber ®eh)iffen«frei^eit unb bie ftaatlicl?e ainerlennung ber Berechtigung anberer
jtirc^en unb 9leltgion«gcfellfc^aften berieft toirb unb fotoeit nic^t barau« für ben Staat so
felbft unb für bie ben einzelnen ^ufte^enben ftaat«bürgerlid^en Siechte ©efo^ren entftel^en.
2)iefen ©efa^ren l}at ber Staat burc^ energifc^e 5Hcj)reffion unb, unter t^unlic^fter SJtci«
bung gel^äffiger Setjormunbung, burd^ ^^räüentibma^regeln borjubeugen. ÄoUibiert ber
5led^t«fa^ be« Staate« mit ber Sa|ung ber Äirc^e, fo gelten für ben Staat nic^t beibe
totberfpre^enben Siormen (tra« >)rattifcb unmöglid^ ift) unb nic^t bie tirc^lic^e 5lorm bor S6
ber ftaotlic^ien, fonbern bie ftaatlic^e bor ber firc^licben; ber Staat unb nic^t bie Äird^e
ift fouberön. S)ie ganje ^age ^at §infc^iu« in bem 93uc^e über Btaat unb Äird^e
(1883) nad^ allen Seiten l^in, ^iftorifc^, juriftifc^, rec^t«bergleid^enb unb })olitifc^, beleuchtet
in J)laftifc^er, einbringlic^er 3)arftellung, mit ruhigem leibenfc^aft«lofem Urteil, nac^ ber })05
fitibiftifc^en SKet^obe, bie auc^ de lege ferenda ben ^iftonfc^ gegebenen Berl^ältniffen 40
unb ben realen Sebürfniffen gerecht toerben tpill. — 9)üt ben lirc^enpolitifc^en ©efe^en
ber ^af^xt 1873—75 (SSiaigefe^e, $erjonenftanb«gefe^), an beren tecbnifc^er unb ftoffliqier
äu«arbeitung er ^erborragenben Slnteil ^at, fc^ien .vSinfc^iu« für ^reufeen bie ftaatlic^er-
feit« ertbünf^te Siegelung be« Ber^dltniffc« bon Staat unb tatleolifd;er Äird^c im all=
gemeinen erreicht ^u fein. 3)afe man in ben adbtjtger 3^^^^" ^^^ ,^u«gleic^* ^erbei= 45
fü^e, l^iclt er für eine })olitifc^)e Äur^ftc^tigfeit. 3)er Äulturfam>)f ift ein etoiger, nur
burc(i 3Baffenru|^e unterbrochener, ^n t>m „prinzipiell bcrfc^iebenen unb unberföt^nlic^en
änfd^uungen liegt eine nic^t ju befeitigenbe Duelle ju Äonfliften, toelc^e jeben ^Äugen^
blitf jtbifc^en Staat unb Äird^e au«brec^en tonnen" ; bie Äirc^e fann ben 3Jloment toä^len,
„in tbelcj^em e« i^r borteil^aft erfc^eint, bie blofee tF)atfäc^lic^e Söaffenru^e ju brechen". 50
9iac^ bem äbbau ber Sc^ufgefe^e tpirb 5|ireuften, ber Staat, tbelc^er „nac^ feiner QnU
tbicfelung unb feinem SBefen ber Äurie ber aUerberl^afetefte ift", „ben Äampf bon 9?euem
unter ungünftigeren 33er^ältniffen al« früher aufnehmen muffen". „6« tbirb fic^ tbieber
ber alte Sa^ betoal^r^eiten, bafe man ber Äuric gegenüber nur burdji jä^e unb fefte Äom
fequem jum ^kk gelangt". 66
3u ben preufeifdjien firc^enpolitifcben ©efe^en 1873—87, ju bem lirc^enred^tlic^en
litel be« preufeifc^en fianbrec^t«, ju ben ^erfonenftanb«gefe^en ^at .^^infc^iu« (Sr^
läuterungen gefc^rieben. 2)en guten ©efe^e«fommentator ma^en bie bolle Stoff^^
be^errfcl^ung unb bie ^He ber praftifcf^en ^ilnfd;auung. 3)a ^infc^iu« beibe in ^^er^
borragenbem 3Ra|e befafe, f)ai er al« Äommentarberfaffer anertcinnt SKuftergiltige« ge- no
96 ^infrffiitd
Icifte^. Unter feinen Äommaitaren erlangte in^bcfonbcrc ber 3um iReic^i^-^erfoncnftanb^=
gefe^ großen ©influ^.
5Da^ :&au})tn>erf feinet äAcn^, mit beRen crftem S3anbe §infc^iu^ 1869 ^crt>or=
getreten toar unb ju bem er r\ad) 1876, nai) bem firct^en^jolitifc^en gnterme^jo feiner
5 Saufbal^n, für immer jurüdtfet^rte, ift t>a^ Äirc^enrec^t ber Äat^olifen unb ^roteftanten
in 3)eutfd^Ianb. 2)aö SBert, 5 Sänbe unb ein §albbanb, gufammen 4600 Seiten großen
pormate^ unb engen 2)rudte^, ift ein 2;orfo geblieben. SoIIenbet ift bom Softem be^
rotl^olifc^en Äird^enrec^t^ ber erfte §auj)tteil: ,3)ie §ierarc^ic unb bie Seitung ber Äirc^e
burcl^ biefelbe' big auf jtoei Äapitel (aSertoaltung ber ©eriti^tebarfeit m ftreitigen
10 firc^Iic^en 3lngelegenl^eiten, 3Sermögengre4t), toäl^renb ber jtocite §auptteil (bon ben
Steckten unb ^fli^ten ber Äirc^englieber, g. 93. ßberec^t unb toon ben firc^lic^en ®e-
noffenfc^aften) unb ba^ Softem beö ))roteftantif(!^cn Äircl^enrec^tö fehlen.
3)ag SEBerf ift eine toiffenfc^aftli(!^e Seiftung erften Stange^, bon unbergänglicl^er Se-
beutung für bie fanoniftifti^e 9lwi^tögefc^i(!^te unb JRecI^tebogmatif, ba^ „fül^renbc SBerf"
16 (®tu^) ber firc^enred^tlid^en SDiöjipIin, bag für bie arbeiten ber jungem heutigen
Äanoniftenteule im gn^ unb Slu^Ianb toorbilblic^ getoorben ift, unb borau^fid^tlid^ auf
3Wenf(!^enalter l^inau^, toie nur bie toornel^mften feiner 3SorIäufer, bie grunblegenbc 3)ar=
fteHung beö fat^olifc^en Äirc^enreti^tg bleiben toirb.
§infc^iud' Äird^enrec^t inauguriert nic^t einen 3lbfc^nitt in ber ©efc^ic^te ber SBiffen-
20 fc^aft, aber er fü^rt einen Slbfc^nitt auf feinen ööi^e^>unft. SDag 93uc^ trägt ben ©tem^^el
be« 3^italterg, in toelji^em e^ entftanben ift. 2)ie ^eriobe be^ 9Jatunec^tg toar über=
tounben, ebenfo, feit SRid^terg SBirfen, bie ber „bürren älet)robu!tion ber im Corpus iuris
unb im Xribentinum enthaltenen Sted^töfä^e". ^ofitiüe, mal^r^aft ^iftorifc^e unb toa^r^
l^aft prahijc^e SBiffenfti^aft finb bie neuen ^beale.
28 6in ,©^ftem* be^ Äirc^enreti^tg im großen ©tile fonnte fic^ felbftt)erftänblic^ nic^t
befd^änfen auf au^fc^lie^Uti^e 5Dogmatif be^ geltenben Slet^teiJ mit furjen l^iftorifc^en 6in=
leitungen, e^ mu^tc toielme^r ba^ geltenbe Siecht aU bie oberfte Sagerung auf Dem breiten
gefc^icptlic^en Untergrunbe erfc^einen taffen, ol^ne beffen Kenntnis fic^ ein botteö SJerfte^en
be^ l^eute ©eltenben nicl^t eröffnet. „3n unfcrm ^^^^i^^^^^^^ ift ^i« ^^^ ^^ ^iftorifc^en
80 Schule juerft für baö römifc^e ?fttö)i angetocnbete SKet^obe in 3)eutfc^lanb au^ auf bie
Se^anblung beö Äirti^enrec^tiS . . . übertragen toorben ; bie beutfc^e Äirc^cnrec^tdtoiffenf(!^aft
ift baburt!^ in unferm ^al^r^unbert an bie Qpx^t getreten unb nimmt ^eute bie erfte
©teile ein" (§.)• ^Jreilic^ gilt bieg einmal nur für bie unbefangene, Jjroteftantif^^e toie
fat^olif(!^e go^c^ung, bie auf „rein un^3arteiifc^e SSorfü^rung ber SRed^töfo^e o^ne Streben
86 nac^ 3ier^enlic^ung ber Äirc^e" (^.) augge^t, nic^t für bie tenbenjiöfen ultramontanen
Sßerfe unb für bie Sucher getoiffer in üerte^rt ibealifierenber 5ti(!^tung üorge^enber Äa-
t^olilen, bie „toiele ©runbfäfee", toelc^e „erft nac^ unb nac^ fic^ enttüicfelt l^aben", „in bie
erften anfange ber c^riftliqen Äirti^e jurüdtoerlegen" (§.) toollen unb, toenn fie bem
S)ogma treu bleiben, jurüiüerlcgen müRen. Unb toeiter gilt jener felbftbeiuu|tc äugfpru^^
10 noA nic^t für bie Seorünber ber j^iftorifti^en Qö^nU in ben erften gal^rjclS^nten unfereg
gaprl^unbertg, bie il^r Programm befanntlit!^ auf aüm SRec^tggcbieten nur gum fleinften
leile felbft au^gefül^rt l^aben. Sticbter juerft l^at bie geftellte Slufgabc in Slngriff ge-
nommen, ü^ne freiließ in feinem 2cl?rbuc$ me^r aU l^iftorifc^e Stijjen liefern ju fönnen.
auf Stic^terg (Schultern tritt ^inf^iug. (Sr juerft l^at mit ed^t gefc^ic^tlic^-fritifc^cr
46 SWet^obe eine realiftifc^e, aufgeführte ©c^ilberung gegeben toon bem „für bie 9{ec^t0= toie
bie allgemeine fiulturgefc^i(!^tc gleicl^ intereffanten ^roje^ ber Serfc^meljung romanifc^r,
germanifc^er unb fanonifc^er Stnfc^auungen" (§.); er juerft ^at bag ungeheure, fpröbe
©efamtmaterial mit untrügli(!^em fritif(!^en Sc^arfblid tooüftänbig burc^muftert, bie c^^arat
teriftifc^en Selege mit ftc^^erer §anb l^erauggefc^ölt, mit feinfmnigem Serftänbnig bie Der^
60 bedEten gef(^i(^tlid^en äluggangg^unfte flargelegt, ben ®efamtt)erlauf mit glüdtlic^em labe
tjeriobifiert, bie IcbengtooUen praftifc^en (Sinjell^eiten aufgebedt, bamit erftmalg eine an-
fc^auung geliefert, toic unb too bie großen ©runbfä^c in bie Sreite gctoirft l^aben.
UeberaU ift bie fpejififd^ juriftifc^c Seite ber ßnttDidelung ^crüorgel^oben. Unfer SBBiffen
Don 9le(!^tggefc^id^te, Äirc^engefc^iti^te, Äultur- unb ©taatengefc^ic^te toirb um tocrtDoHe
66 ©efamtanfc^auungen (fo j. S. nocl^ jule^t um ben Öctpeig üom firc^lic^en, nid^t ftaat=
liefen 6l^ara!ter ber fpanifd^en ^nquifition) unb unjöl^lige neue ©injel^eiten bereid^ert.
SDabei ttjar §inf(^iug auf langen StredEcn ein einfamer Arbeiter; nur toenige mono«
grapl^ifd^e Vorarbeiten erleid^terten bie gortfül^rung feinet öanbbuc^eg.
gür Jpinf(^iug' Si;ftematifierung ift bejeic^nenb bie fc^arfe ©(i^eibung jtoifc^ loti^o-
eo lifc^em unb et>angelif^em Jlir4>enrec^t. ©ie bejtpectt bie Befreiung beg le^tem a\i^ ben
^tnfii|htd «^tob 97
^nben bcr fanonifc^cn Überlieferung unb feine felbftftänbige ^erau^Jarbcitung auö ben
ibm eigenen, burd^meg ))artifularen, Cluetten unb in bem i^m eigenen Seifte. — 3)ic
©nteilung bcö fat^olifcl^en ÄirdS^enrec^t« im ©ingeinen ift eine 3Wobififation be^ SRic^terfc^en
S^jiemg, toeld^e einzelne ©lieber in beffere Seleucbtung rüit, aber aui) ibrerfcitö nid^t
Dor ieber SBieber^olung fcl^ü^t. 3?on ber l^eute noc^ bielfad; an.^iitreffenben Übcrfc^ä^ung 5
bcö f^ftematifd^en SKomcnt^ ift §infc^iuö tDoF;! freijufpred;en. 3)a6 ber 2lu^fü^rung be^
©^ftemö in §infc^iu^' $anbbuc^ bie ein^eitlidbe unb fünftlerif^e ©eftaüung bielfa(| ab=
^d^t, toirb man jugeben fönnen; bie 3)lo(e^ be^ Stoffe^ ift oft ju gro^, um aufgebaut
ftatt aufgetürmt gu merben, unb ber 35erfaffer f elbft ift mit bem ^Jortgang beö SBerfe^ ge«
txHid^fen. SDaig ©^ftem ^at fic^ immer tnel^r, tro^ ber äufeerften ©ebrungenl^eit ber 3)ar= u)
ftettung, ju einer ^olge umfänglicher 3)lonogra)){^ien ertüeitert, fo über ^atronatred^t,
ftongilien, ©trafrec^t unb ©trafprogeg; ,felix culpa* (barf man mit Sluffini fagen), ba
gcrabe bie ing ©injelnfte au^gefüF;rten 2(bfc^nitte ju ben größten fanoniftifAen Seiftungen
aller 3riten gel^ören. ^JJanc^mal ^at §infct^iu^ feine ©ä^e jum3tt)edE ber Komprimierung
ftofflic^ überlaben unb biefem ^\ütdc bie I)urc^fic^tigfeit geopfert ; im übrigen toirb in 15
reichem 2Ra^e bem Sejcr auct^ äftl^etif^eiS SBe^agen bereitet burc^ bie meifter^afte Direftion
ber 3Kaffcn unb bie leuc^^tenbe itlar^eit ber Segriffe, Semei^fü^rungen unb 3)ebuttioncn.
2)ie 3)arftettung be« geltenben SRec^t^ im ©^fteme geigt un^ ^infc^iu^ tüieberum
ate ftrengen ^^ofitiüiften. W\t borne^mer, Ieiben|c^aft^Iofer SRu^e, o^ne SBorurteile unb
o^nc Senbenj, auc^ o^ne ,geiftbotte' '^^ßaraboja, giebt er ben ^^il^^'t ^cr Slec^t^fä^c au^ 20
bem oft bertoidtelten SHueffenbeftanbe in Dotier 2luöfül^rlid;feit tüieber. 3)a^ juriftifc^e
ffiefen ber einzelnen ^inftitute tuirb mit fieserer i^onftruftion gu plaftif4>er 2lnfc^auung
gebracht. 3)ic Uonfequengen finb mit praltifc^cm %atU gejogen, unb ber ©rab ber
prottifc^en Sebeutung \)on loirllid; ober fc^einbar t)eralteten Sä^en ioirb auö ber le-
benbigen Äenntui« be^ firc^lic^en unb ftaatlid^en Slec^teleben^ ^erau^ abgetönt. — 25
3)0^ Äirc^enre(^t al^ foI(!^ei§ fc^ien §infd;iu^ (ioie ber ^errfc^enben Se^re) üon bem aüefen
ber Äirc^e geforbert, nid^t mit bem SBefen bcr Äirct^e im SBiberfpruc^ m fein; er J^ielt
bafür, ba| o^ne eine beftimmtc äußere Drbnung bie 2lufgaben be^ ß^riftentum^ inmitten
be^ h)eltlic^en Seben^ nietet bertt)irtli(^t tüerben fönnen.
3)ie ebangelifc^en 2^^eologen unb ^irc^en^iftoriter n?erben ^ bem ^u^ften .^ginfc^iu^ ao
jum befonbem SSerbicnfte anred;nen, bafe er ber protcftantijc^en fflclt einen tiefern (gim
blirf in baö ma^re SBefen unb bie tpal^re ßntiindelung ber tat^olifcben Äird;e gewonnen
^t. aäJo ba^ §aupttoert berfagt, treten gum Seil $inf(^iu^' Gingelfc^riftcn in bie Südte.
©0 h)irb öon einem äluöfd^nitt auö bem firc^lic^en ©enoffenfc^aft^rec^t, \>on bem Steckte
ber Drben unb Äongregationen in ^reufeen „nac^ burc^au^ fidleren unb autl^entifc^en 86
CueDcn" erftmal^ ,,ein geifaue^ unb betaillierte^ 33ilb" entloorfen; inebefonbere tüirb
bem gurüdEgegangenen 3JJönd^tum gegenüber ber Segriff ber Kongregation, il;r SBefen,
i^re raffinierte Organifation, il^re praftifc^e Sebeutung, Verbreitung unb Krc^enpolitifc^c
©efö^rlic^Ieit in l^elleö Sic^t gerüdt. Die Äurie l^at für ba^ fleine Suc^ quittiert,
inbem fie, cd^ einzige bon §infd;iuö' ©d^riften, biefeö ,opus praedamnatum ex 40
reg. II. Ind., sicuti omnia similia opera haereticorum, Decr. 11. Dec. 1874*
auf ben Index libroruni prohibitorum (tjgl. neuefte 2lu^gabc Aug. Taurin. 1895
p. 185) fe^te.
©ein monumentale^ .^aupttrert giebt §injc^iuö ba^S ■•Ked^t, unter ben l^erbor=
ragenbften Vertretern ber 3öiffenfd;aft in bcr jtocitcn .t^älftc bc^ 19. 3«^^^;ii"^crt^ ge= 45
nannt ju toerben aU eine bcr ©röfecn, bcncn 2)eutfc^lanb unb bcncn bcr "^irotcftanti^mu^
bie fü^renbe Stolle auf geiftigcm ©cbictc tocrbanft. (J. 8ec!el.
^tob. — I. Cittcvatuv: A. Xcitau^gabcn: @. iöaev. Über Jobi 1875 (()ebr.
2:ejt noc^ bcr mofforetifdieu Ucberlicieruuö) ; Siegfrieb, the b<Jok of Job 1893 in % .^auptö
Sacred books of the Old Testament (mit .t'>erüürt}ebuiig bcr aU urjpriinfllid) unb ber alö 60
nidjt uriprünglic^ augefcl)eueu XcitelemeiUe burd) ueif(t)iebenc Sorben); ^Dierj, 3)aö (Öebicftt
oon 4>iob, 3ena 1Ö71 (()ebr. le^t unb bcutjct)e Ucbcvfctjung auf ©ruub fvitifdier Gvmittc*
lungen); alö SScrtretung triti)cl)er Xejtausgabeu fi3uucn gelten bie Ucberfejjungen uon ©aetbgen
1895 (in füulfüfeigcu ganibenjeileu), uou ^ut)ni 1897 (und) bem llmid)Iage in bcu 55er§'
maftcn ber Urfdjrift. nad) p. XII, ^<?lumertung, in ^^erfeu. bie um eine .^ebung länger finb, 56
alö bie bcr Urfdjrift), namentlid) üon ÖJeorg .^poffmnnn. iliel 1891 fmit begrünbenben 9|?oten
unter bem %cpt unb einer an eigenen (äcbanteu reidjen unb auf ben ®ruub ber ^i\ö:it
jiclenben (Sinlcitung). (Sine befonbere Steflung nehmen bie 9luögaben löirfeflö ein: cnriuina
veteris tcetamenti metrice, Qnn^brurf 1882, p. 151—187, luo bie Sieben unfeve«^ 5Bud)e'5 in
latcinifd)er Umft^rift, ftidjifdj unb unter a3e5cid)nung bei 4)ebunQen (mit gelcgentlid)en fri* eo
ffttaU9nctftio\>&hit für I^eoloßlc unb «ir*e. 3.31. Vllf. 7
98 ^tob
tijc^en ?Innierfungen »uicbergcgebcn finb; fobann bic ert)c61icl) abiueicftenbe „fritifc^c 93corbci«
tiing beö QobbialügcS" im 6. *u. 7. 53onbc bcv SBicner geitfdjr. f. b. SÜunbc b. ^bigculanbc^
(bcginnenb VI, @. 137), in ber bcr fritifd) ermittelte Xcjt in ^cbv. fictlcrn ol)nc ^^unftc in
ber einen unb bie bic ridjtigc 5)etIamQtion fic^ernbc lateinifc^e Umfc^vift beSfelben in bcr
6 anberen (Kolumne geöcben finb, roä^renb iRoten unter bem 2:cjte \)Ci^ in i^m^egebenc red^t»
fertigen. 3)icfe tHrbeiten, nl§ beren ertrag ber bcutfdie 2:ejt in be^felben S^erfS „^ud) 3ob
noc^ 9ln(ettiing ber ©trop^it unb bcr Septuaginta . . . überfc^t", SEBicn 1894, angcfe^en loer*
ben barf, toerbienen wegen ber (Energie, beö S^cifee« unb beö Scharf finned, bie fic offenbaren,
©erounberung ; aber inbem balb bie öorbejopIariHc ©eptuagintaiibcrfefung, balb bic me»
10 trifc^c 9?otn7enbfgfeit, batb \>a^ eigene Urteil über bic Intention bed ^icf)ter§ imb bad i^r
?lngcmeffenfte bic ^a^I bcr 5:ejtgeftalt bcftimmt, forbcrn fie ben felbftftänbigen fiefer ju
ffcptild^er 9iact)prüfung ^erau§. — (Bofern eine tünftigc 2:ejtou§gabe aüc SSariantcn, bic bie
alten Ueberfefungcn barbieten, in i^rcm Apparat ipirb mitteilen muffen, ift 5Bcerö „bcr
Xcjt be« ©H(t)e§ ^iob'' in iiuei ^eftcn 1895. 1897 bic befte SSorarbeit. ^Rit umfaffenbem
15 unb gemiffen^aftcm Sficißc ift bier jufammcngeftellt, maö bic SScrfioncn für Äonftituierung unb
5)cutung beS S^ejtcS barbicten; Icibcr fc^It ju Einfang ober ju ©nbc eine S^arafterifierung
bcr Uebcrfefiingen im ©roften nacft i^rem Söcr^ältniS jum l^cbr. 3^ejtc unb untercinanber. —
S)a für bic Xcftfritil bie ©eptuaginta fomo^l in i^rer ^ejaplarlfcften al« in i^rer \)or»
origenianiid)cn ^eftalt bic grögte 93erücffi^tigung uerbient, feien ^ter a(S neue ^ilfdmittct
20 für bic (Sruierung unb Untcrfd)cibung jener beiben ©eftaltcn cnoä^nt: 1. bie fabibifd)e lieber*
fefung, roeHe mit auf ^(uregung 33icfenö Ciasca im 2. ©anbe bcr Sacrorum Bibliorum
fragmenta Copto-Sahidica, JHom 1889, mit einer lebrreicften (Einleitung ucrüffcntlid)t bat;
\)a\\a&i Am^lineau in bcm franj(i)fifcb gcfcl)riebenen ^uffa^c the Sahidic translation of the
book of Job in Transactions of the 8ociety of Biblic. Archaeology IX, 2, 1893, p. 5 ff.
25 ?(u6cr oon SBicfefl ift fic alS g^uö"^^ 9^9^" ^te Urfprünglicl)feit unfcreö C)ebrfier« bcnu^t
Würben üon ^atdj, essays in biblical Greek, 1889, auSjübrlic^ befprocben unb an 3Scrt
l^cruntcrgcminbert öon S)itlmann in ben @©?l 1890, @. 1345 ff. 2. 3)ic uon bc fiagorbe
im 2. »anbe bcr 9Rt 1887, @. 189 ff. ucröffentlicfttc neue 9(uSgabc bcr Ueberfe^unq beS
grie^if.dien 3ob burcb J&ieron^mu§ nad» ber fd)on löngft bcfanntcn ^anbfc^rift in iour§
30 unb einer fc^on uon Q^rabe, banad) \>on ©icfell herangezogenen bob(ejanifd)en. 9?ad) melcben
®runbfä0en bc fiagarbe ucrfabren ift, fann id) nid^t ertenncn. ©alb folgt er im iejtc mit
bcr ©efung ber fritifcben Seitiicn ber einen, balb ber anberen ^anbfc^rift, üfjne auf bie ©c«
glaubigung 9?ücffi(6t ju net)men, mclcbc \>cn Cbeli unb ^fteridfen bcr einen ober ber anberen
aus ben fünft überlieferten ^cjaplarifd^en 9?otijen criüa(f)fen. 92a4 ber SSorrcbe 8.192 fd)eint
35 er in bem S)rangc ju brucfen fi4 bie auf^altenbc ?(rbeit ber Ermittelung be§ Urfprünglidjcn
crfpart ju babcn; aber bei bcr Sorgfalt, mit bcr bic 3)ifferenjen ber beiben ^anbfijriftcn
unter bem iejte angegeben finb, ift für ben bie iWoten bcacfttenben fiefer bcr Sdftabc nic^t
groß. 3m übrigen ift als umft(fttig unb bele^renb bic G^araftcrifierung bcr 8cptuaginta
jum^iob in ber Warburi^er 3)o!torbiftertatiün ©icfcOö oom Sa^rc 1862: de indole ac ratione
40 versioDis Alexandrioae ju empfeblen. S)ic längft oon ibm aufgegebene SWeinung, bai bie
Äbroeidjungcn ber Scptuaginta oom ^ebröer lebiglicft ßwS error vel licentia vel consilium
ioterpretum abzuleiten feien (§1 S. 1), t^ut bem^erte feiner 53ef(breibung feinen ©intrag. —
B. Xejterfl&rungcn. '©er bic reiche ejegetifc^e i?itteratur über baS ©ucft^iob fcnnen lernen
miH, finbet auSreicbenbc SSerzcitöniffe in 9?ofcnmüllerS @d)olien unb bei bem $)onfinbcr
45 3Rattt)e«, het boek Job vertaald en verklaard 1865 u. 2. Aufl. 1877. iWadjträge giebt ^ill-
mann in ber 2. 9lufl. unb ju biefem mieber 93ubbe in feinem Kommentar. 9luS bem ?llter*
tum enuft^nc icb befonberS ben bei fiomma^fd) (Origenis opp. tom. XVI) abgcbrucften pfeubo*
origcnifdjcn Kommentar, bcr (nacb unbegriinbetcr SBermutung burd) Sfibor überfc^t) nur
lateinifd) crl}altcn Icbiglicft bie brei evften Äapitel unfercS ©ud^eö bebanbclt, unb jwar mit
50 ©cmerfungcn, bic bod) mit ben geringen iRcften origenianifcber (Srfärung biefer ftapitel in
ben ^iobfatenen oermanbt fcbeinen. (Ir ift einmal beSbalb intercffant, loeil bcr oon ibm
citicrte 2^ejt bic fignififanten fiefungcn beS 9llej:anbrinuS aufmeift. (j S. $)i 1, 21 + in
saecula p. 120 = fk rois aiwrug Alex.; quarc, ober nacb p. 191: cur, ut una ex in-
sipientibus mulieribus locuta es (p. 190) z= Iva li beS Alex, in ^i 2, 10; neque in
55 conspectu domini neque in labiis suis ^i 1 , 22 (p. 123) = ovx ijftagrFv 'Iwß ovdh
(fd)r. ovdf) Fvnvti xvQiov ovde iv Totg /fiV.foo* aviov Alex. ; cublid) l)ci6t p. 237 ber
jßater .J)iobS Zareb, maS gewife auS be§ Alex. Zag^O ^'\ 42 , 17 c burd) ^errocc^fclung
oon li u. 6^ entftanben ift). Breitens bcS^alb, weil er I^eigt, loie oiel gciftrcidjc Üicflcjion baS (ftriftl.
^lltertum an unfer Sud) getuanbt, unb mie oft cS fd)on audgefprod)en \)Ci\, roaS Unerfabrenen
GO als (Entbedung ber ^^cuzcit crfc^einen fann. 3d) lege fein Semicbt barauf, bog bie üblid)en
©emerfungen oon ^enbeioerf ju Qef 1 biS auf ©enjinger (9^@ s. v. 6fel) über bic ^ÖJunter«
feit ber palftftinif djen (£fel ibr ^orbiTb in bem 8afe babcn (p. 24): quod nunc equi et
muli perficiuDt, hoc nihilominus asini impiebant, praesertim tales quales sunt in regione
Arabiae et Palaestinorum asini, qui veloces sunt similiter ut equi, ober bafe bic @r«
05 fc^ung oon illuc (p. 115 ^i 1, 21) burd) sub terram (p. 114), mie bei einigen Steueren burc^
ben ©cbanfen gcredjtfertigt loirb, bafe terra raator omnium, omnium domus fei. Aber wenn
^ubm im ^Sibcrfpruc^ gegen ben Kommentar (@. 8, mo er „fluchen" übcrfcj^t) in ber oben
angeführten Ucterfe^ung für 'rpi 1.5 (()icr aud) im Äommentav); 1,11 u. f. lu. „fegneu"
wiebcrgiebt, unb bann roieber im Ä^ommcntare (S. VIII) biefe ehrbare llmfcftrcibung bem
ängftlic^en ?(utür beS „^olfSbudjcö" bcilcßt, bem gegenüber ber S)icftter „fein ©lott tjor
ben ^unb nimmt", fo fdjeint mir jener alte ^u^Ieger mit befferem ®rnnbe ben frommen
9tutor brS Sud^ed unb bcu rebenben Satan felbft 51t unter{d)etbcn. ^ewcx non ita scripsit r»
sicut diabolus locutus est, sed decentius et benigDius, utpotc Dei famulus. Diabolus enim
cnideliter ac nequiter locutus est et . . non dixit : si non in faciem te benedixerit, sed, si non
in faciem tibi maledixerit. ^er ^utor t)abt biefe iliicita vox abgeäubert in bcncdicet.
Sieberum, wenn nocft in unfercm Sa^rftunbert ber Stoff beö ®ebid)te§ für ebomitifc^, unb
na(6 talmubifcftem unb patriftifdjem ^Jorgangc ^ofe für ben Bearbeiter gehalten morben ift, 10
n>enn 9{euere au^ bem ^egenfa^e ^luifc^en bem auf ben ^immet unb ben Satan refurrieren«
ben $rolo0 unb bem baoon nid)tS at)nenben Dialog auf uerfct)iebene 9Iutoren gefc^Ioffen, unb
wenn einzelne in bem 3)ulber ^io6 ha^ leibenbe 3^rael gefefeen baben, fo finbet fid) bicfe^
alle« auc$ in unferem Kommentare. 92ac6 Sepluoginta fei ba§ Budj au§ bem fi)rifd)en,
welc^ed ou(ft bie Sprache ber C£bomiler ift, überfej^t, unb jnjar in 9(egl)pten burd) ^JKofc. ir>
(^d fei }u untertreiben jioif4en bem Urbuc^c unb bem Bearbeiter, ber iijm feine je^ige Q^c*
ftalt aeaeben. Erat nimirum pridem Syriace ex parte scripta non ita diligenter, neque
ita vigilaDter, quemadmodum postea a Mose. Solac enim rcsponsiones atque replica-
tioDes a primordio scriptae sunt 35ie Unterrcbner lüußlcn md^\^ uon ben t)immlifc6en
Sjenen; uon biefen fonnte nur ber burd) bie Offenbarung beö t)eiligen QJeifteö unterricbtete 20
iHofe er^aijlen (p. 4. 5), unb er bat ba^ 93u(ft ^iob feinen in ^2tcgi)pten gebrücften Bolf«*
genoffen gcf(ftenlt, bamit fie am Beifpiele beS gelben fid) jur (S)ebulb im iüeiben aufrichteten:
Dolite fieri desperantes, sed sustinete constanter . . . erit namque et vobis liberatio, quem-
admodum et iUi (p. 7) ... erit vestra inspcctio, sicut et illius facta est ... reddetur vobis
tolerantiae remuneratio, sicut et illi reddita est (p. 8). (^nblid) loenn neuere ^uSleger 2r>
wie i. 33. Birfett, ^offmann, 5)u()m u. a. ^i 27, 7 ff al§ eine JRcbe be« So\>^^^ binfteflen,
bamit bie 3)reija^I ber Eingriffe auf .J)iüb and) im brittcn 9?unbgange beS ®eipväd)e8 crjielt
werbe, fo gölten fie fid) auf p. 209 berufen fönnen. luo uoni Sntan gefagt luirb. er babe
bie brei S^^eunbe angetrieben novem rcsponsiones blasphemiae ad versus Job dicere, unum-
quemque tres, aber ^iob fei ibnen nid)t gcmid)en, fonbcrn l)abe totidem, quin imo potius 30
pluribus et majoribus omnibus illis . . . il)re ungered)ten Befdjulbigungen miberlegt. BieU
leitet Rotten fie bann gefcbloffen, in ber Septuaginta biefcö 3Kanned b^tte nod) bie britte 9kbe
3op6ard i^ren 9?amen getragen unb fo einen urfunblidjen Beleg für ibre .£)V)potbefe gc*
Wonnen. ?inerbing§ ba ber oon (£. 5lIoftermann C^lnalefta S. 68) unter b augcjogene
Senebiger i^obej bem Sopbar nur jioci hieben beilegt, luie aud) bie Sl)nopfc be^ ®bvl)fofto- 36
mud (MSG 6, p. 362 u. 366 : tujxhi notKOhrcg Tor 2'. To/ro)s), f 0 wirb nufer Berf. wabr-
f(^cinli(ft unter ber 9. SRebe bie fonft alö uier gejäb^ten 3iebcn be§ Gtibu uerftanben böben,
bie aucb bie S^nopfe a. a. O. neben ben bvci beS @lifa^. bax jwei be^ Sopbar. ben brei
be« ^albab (fo orbnet fie) nur al§ eine jöljtt. — Ot)nc burc^ 92id)tnennung ein abf(bnljigeS
Urteil ou^brürfen ju woflen, füt)re id) atö für it)re 3^^t bebeutenb ober burcb iljre 9ln« 40
regungen fortwirfcnb ober alö nocft ()eute bcad)tenöwert an: ben .Kommentar be§ iJaiboIifen
3obanne8 bc Spineba ^abrib 1597; be<J 9lrabiften 91. Sd)ultenö fieiben 1737, 9?cisreöi cou-
jecturae 1779; bie Äomm. oonStubImann iQamb. 1801. Umbreit 1824. töfter 1831, (Swalb.
35i(ftter be8 91. B. III. 1836, bie Bearbeitung §ir,^el§ burd) 01§baufen im furjgefafjten ej.
i^onbbut^e 1852. ber 5)inmann§ Kommentar 1869. 2.?r. 1891 gefolgt ift; ferner oon Stiefel 46
1842, oon Scbtottmann 1851. üon2)eli&fdj in ÄeiU unb 3). bibl. 5t'ommentar 1864, 2 9liif(.
1876, bem am nSd)ften fte^t Botcfö Bearbeitung in bem Stracf-3iJrfffi^fc6cii ^''"intcntar Bb 7.
1889; ber Kommentar con Bubbe 1896 bilbet ben j^weiteu Bnnb beö 'il?üwacfid)en, ber nenefte.
oon ^u^m 1897, bie jweitc fiieferung bc8 'üJtartifd)cn furjcu ,&anbfümmentnr^. -- C. ?luö
ber fJüQe ber (Slnjelabbanblungen über bie S^ompojition be-S Biid)C5^ ober fd)iüierige bo
Partien bc^felben, oon benen man bie über (£tibu bei Bubbc l)inrcid)cnb fenncu lernen fann.
feien befonberd ^eruorgeboben: $upfelb. Stellnug unb Bebeutung beö B. .J). in 3eiifd)r. für
djriftl. ®. 1850. Stuber, über bie 3ntegrit«t be§ B. i^xob in SpVXl) 1875; unb fein (Gegner
Subbe, Beiträge jurÄritit. Bonn 187G; oon anbcrem (iJciid)t^5pun!te auö begrünbet «eiftlei^
bie (Jcbtbeit ber ©Hbureben Beftmann in bem '!?Ibfd)nittc über baö Bn(^ ^iob. S. 132 ff. feiner 56
Gntwicfelung«gefd)iite beS ?Rcid)e« ©ottcd 1S96 Bb I. Serner ift ju erwftbnen beö fein»
finnigen ®ie|ebred)t, „ber 3Senbepunft bed B. ^iob" 1879. 9n§ aUerneueftc finb mir befannt
geworben fiaucS Ä^ompofition bed Bucbeö C)iob, ^laHe obnc 3"bvcÄQngabc, unb be§ 9tabbiner8
äönigöberger ^iobftubien, Breslau 1896. woju ugt. It)l*B 1899 ')h. 37. 38.
II. Stellung tmÄanon. Unter bcnJt«tl;ubim (über bcrcnSlnorbnungSb IV, S.87,7 eo
m t)al.) beg i^ebräifc^enS^cjte^ fte^en bie brei burd^ gleiche ^itfjentuation au^gcjcic^ncten Sucher
^falmen, Bpvü6)C, §iob immer ^ufamtnen, unb iwax m biefcr golgc (vox mem. rriN) in
ben §anbf(i^riften beutfc^er Älaffe, tüofür bie ßufammenge^örigfeit üon Daüib unb ©alomo
mafegebenb getoefen fein tüirb, ober nac^ ber vox mem. 3«^ fo, bafe .sjiob jlüifd^en
?ßfalmen unb ©prüfen fte^t, \m ber lalmub (in Baba bathra 14 '0 orbnet unb bie «.5
^nifc^ §anbfc^riften, bermutlic^ nac^ ber aud) fonft beobachteten Sc^reiberfittc, ba^ unt=
100 ^tob
f angliedere 93uci& bor beut iüeniger umfänglichen anzugreifen. ''Jlad} be^ .C^ieron^mu^ prol.
gal. (ügl. GaffioboriJ l.Drbnung bei 3a^n, ®efc^icl^te be^ 9?2;. II, 272) l)at bei ben
Hebräern §iob aber auc^ bor bem ^falter geftanben, toeil man i^n für älter aU 2)abib
l^ielt. äBieberum fc^eint nac^ Drigene^ (bei ßufeb. Ä® VI, 25) bei ben ^uhtn einmal,
6 toä^renb bie ^falmen unb bic brei falomonifc^en ©c^riften ^tüifd^en ben l^iftorifd^en unb
j)rojpl^eti|(!^en erfc^einen, .yiob l^inter ben mit 3)aniel unb ßjec^iel fc^lie^enbcn $roj3l)eten
bor eft^er geftanben ju l;aben, eine Drbnung, toelc^e ^um 2:eil auc^ bei Gaffiobor
(2. Drbnung) unb im Stmiatinu^ ju beobachten ift, too auf bic legten ^rop^eten (Sla-
lad^ia^) §iob unb auf biefen 2obia^ folgte, toä^renb ^falmen unb ^rob. — SBeiöbeit
10 ©irac^« bor ben ^ro))^eten fte^en. 3Welito bagegen (ßujeb. IV, 26) ftettt §iob l^inter
ben ^falter unb bie 3 falom. Sucher unb lä^t biefe 5 bie Glitte jtoifc^en ben mit ß^ron.
enbigenben ^iftorifc^en unb ben ))ro})l^etijc^en Suchern einnel^men. ß^ ift überflüffig auf
alle Äataloge ber biblifcfjcn Süci^er ein^ugel^en, bie unö überliefert finb; ic^ bemerle nur,
ba^ bie SRüific^t auf bie ftici^ifc^e ^orm ber ©cl^riften bei ß^riH (S^^n 178 f.), bei Oregor
2o3lai. (baf. ©.216), bei älm))f|iloc^iu« (©.218) ber anlafe getüefen ift, tüenn fte §iob
^f., ^rob., effl., (Sant. in biefer golge, toelci^eauc^ ber o)). Äanon 85 (©. 191 f.) unb bie
©^n. bon §i})))0 barbieten, ben ^ift. unb ben \>xop\). S3üc!^ern entgcgenfe^ten. Ü)iit biefer
SBerbinbung ftimmt ber Saobicenifc^e Äanon (©. 201) unb Slt^anafiu^ (©.211), toelcbe
$iob bie le^te©teHe geben, be^l. ber cod. B ber©e>)t., femer 9Jice|)^oruö (©.298) unb
26 ber cod. A., nur ba^ biefer toic ber 2^almub .v>iob jtoifc^en ^falter unb falomonifc^en
©c^riften einfc^altet.
2luf ber anberen ©eite ^at bie 3?ertoanbtfc^aft ber ©efc^ic^te be^ frommen ^iob mit
ber anberer ^ommer Slnlafe gegeben, :^iob mit lobia^, 3"^i^^/ ©ftl^er, aucl^ Q^xa unb
3Raffabäem gufammenjuorbnen. ©o bei Gaffioboriu^ (2. Drbnung ©. 272), toelcber bie ^olgc
30 §iob, 2;obiaö, öftrer, ^ubitj^ an bie ^iftorifc^en Sucher anfd^lie^t, ebenfo toie ber can.
Momms. (©. 144), bei ^nnocenj I. (©. 241), toelcf^cr ate historiarum libri biefe bier
nennt unb 9Kaffabäer, 6^ra, G^ronif auf fie folgen läfet, unb im Äatalog be^ Claro-
montanus (©. 158 f.), h)elc^er :&iob unb %obxa^ nac^ S^^^^^r 6^^^/ 6ft^er auf bie
$ro))^eten folgen löfet. 3um ©^lu^ fei (bgl. 916 III, 170) noc!^ ertoäbnt, bafe ber
:j5 f^rif^e Äanon baö 93uc^ §iob nebft ^ofua an bie ©^i^e bc^ auf ba^ ©efe§ folgenben
2;eileö ftellt, toelc^er über sessionum ^ci^t, toie e^ auc^ §ieron^mu« in feiner Üeberfid^t
in ber ep. ad Paulinum bei ^eife-Xifc^enborf p. XXX get^an ^at, offenbar bon ber
annähme a\xi^, ba^ e^ bon 3Kofe berfa^t fei, ober fein §elb ber mofaifd^en :^t\t ebenfo
angel^öre, h)ie Sileam, ber nac^ bem ))feubol^icron^mifc^en Kommentar jum §iob (ed. Migne
40 VII, 721 f.) fic^ hinter b^ ^gur be^ ©li^u berftectt. Slu^ bem allen ergiebt ftc^, ba^
bie Sücfftd^t auf bie gleiche poetifc^e ^orm, ober auf bie SJertoanbtfc^aft be^ 3"^^^*^/
ober enblic^ auf bie borauögefe^te d^ronologifc^e ©teile be« Slutor^ ober feinet gelben
für bie berfd^iebene gufammenorbnung be^ Suc^e^ mit anberen beftimmenb getoefen ift.
III. lejt. 1. 3)q« bcfte Hilfsmittel ben überlieferten Hebräer ju fontroßieren, l^aben
46h)ir an ben bireften Überfe^ungen: bem S^argum, ber öftere 3)oJ)J)cIüberfekungen
unb bercin^elt j^aggabifd^e ^u^äi^t giebt, toie menn er .^iobö SBeib mit 3)ina, ber Xoci^ter
3iafobS ibentifi^iert, ber ^ejd^itta, ber Überfe^ung beö §ieron^muS unb ben grtec^ifc^en Über^
fe^ungcn, an^ benen Drigeneö bic bon il?m ju ©runbe gelegte alte ©et)tuagintageftalt beS
§tob jur Gbenbürtigfeit mit bem .<ocbräer ergänjte. 3)ie l;ebräifc^e Vorlage biefer Über-
60 fe^ungen barf als ©neugniS berfelben SKe^enfion betrad(^tet tücrben, auf bie auc^ unfer
tcbräer jurüigel^t. Sagegen entfernt fic^ bon i^m in befremblic^er SSJeife ber icjt ber
e})tuaginta unb ber auS i^r gefertigten altlateinifc^en 33erfion, nic^t blofe burc| 3"'
fä^e, h)ie bie Siebe beS SBcibcS §iobS ÜcOp, 2, bon ber leicht cinjufe^en ift, ba^ fte baS
bom Hebräer allein bargebotene furje 9Bort jjf^c^ologifc!^ bermitteln foH, unb ben an bic
60 ©cb(u|bemer!ung bon H^^bS fünftiger Slufcrftc^ung angefc^loffenen, au^ „bem f^rifd^en
33uc^e" entnommenen ßpurS, toelcf^er bem §iob burc^ ^bcntifi^ienmg mit bem altibumäifcben
Äönige '^sobab (®en 36, 33) feine ©teile in ber biblifc^en (Scfc^ic^te anhjcift, fonbem bor
allem burcl^ baS crl^eblic^e 3)linuS ber Slebetejte. Ilähv re av (fo flagt DrigcneS im Sr.
axK ^\x\. 3lfrifanuS g 4 ed. gomma^fd^ tom. 17) Tikeloxd re Soa did neoov okov rov
bb'Iü)ß Jiag^ 'Eßgaioi'; fxhv xeirai, nag* i'j/buv de ovx^, xal nokXdxig jukv enrj rio-
oaga fj rgia eaü' (ke de xal dexareooaga xal dexaevvea xai dexae^ (fo be la SRue,
toal^rfc^einlid) xal e^t]g). xal ri jlif dei xaiaXeyeiv ä /nerd ttoXXov xa^idrov äve-
keSdjueßa vjieg rov juij kar&dveiv iifiäg rrjv diaqpogdv rcor Jiagd Uovdaloig xal
rjfur dvTiygdcpcov. Dem ^at bic altlateinifc^e Überfe^ung entf})rod^en, toelc^c $ieron^muS
60 juerft burc| feine lateinifd^e SBiebergabe ber ©e^>tuaginta iuxta Graecos, nac^^er burd^
$tob 101
feine editio iuxta Hebraeos ^u erfe^cn fud^tc. 2)enn in bcr ÜBorrcbe ;ju jener an $aula
iinb ®u[tDC^ium jagt er, er ^abc bcm feltgen §iob burc^ feine loteinifd^e älu^abe feinen
toeriomen Sefife toieber erftattet unb ba^ toaö in il^m entftellt unb finnlo^ getoorben mit
angeftrengtem ^^lei^e Derbeffert; benn adhuc (beatus Job) apud Latinos iacebat in
stercore et vermibus scatebat errorum. Unb in ber Sorrebe ju biefer toeift er auf 5
ba^ 3€Wfl'^^ ^^ ^^ Sücfenl^aftigfeit ber ©e))tuaginta l^in, toelc^e^^ Drigenc^ burc^ feine
ergänjungen ani bcn anbern Ueberfe^em ablege, unb fc^üc^t, ba^ eine Überfe^ung, toeld^e
fotoicl au^elaffen l^obe, notgebrungen aud^ in bem, toa^ fie giebt, ^in unb toieber mit
^e^Iem behaftet fein muffe, befor^erd in Job, cui si ea quae sub asteriscis addita
sunt, subtraxeris, pars maxima detruncabitur et hoc dumtaxat apud Graecos. 10
Geterum apud Latinos — ante eam translationem, quam sub asteriscis et
obelis nuper edidimus — septingenti ferme aut octingenti versus desunt, ut
decurtatus et laceratus corrosusque liber foeditatem sui publice legentibus
praebeat. 3Kan lönntc in bicfen jebenfate nad) oben abgerunbeten ^al)lcn eine arge
Ucbertreibung vermuten; aber erften^ ftettt in ben angeführten SQäorten §ieron^mu^ bie is
oltlateinifd^e Überfe^ung ate noc^ lücfenl^after unb entfteßter ber griec^ifd^en Vorlage
gegenüber, unb jtoeiten« übertreffen feine S^i}Un bod^ nur um toenige« bie ftid^ometrifc^en
angaben, toel^^e über ben Umfang be^ griec^ifd^en ^iobtejteö in feiner urfprünglic^en unb
in feiner berbefferten ©eftalt überliefert fmb. 9lac^ ber labeHe bon 3^^" (H/ If
©. 394. 95) fd^toanfcn bie Angaben für bie erfte ©eftalt jtoifd^en ber 3abl 1800 (3tu 20
ctp^ütni, eine §anbfd^rift be^ can. Momms.), 1700 (Column. 7. 8. 10 unb bcr
©t ©aüener cod. be« can. Momms. nac^ II, 2, ©. 1008) unb 1600 (ber cat. Cla-
romontanus). 3)ie 3^^^^ 1600 tüirb beftätigt burd^ bie Untcrfd^riften be^ cod. Barb.
III, 36 (6. Äloftermann, älnalefta ©. 81), be« Vat. gr. 346 (§oIm« 248), be« cod.
Dresd. A 170, toeld^e alle ,ax' ^aben (f. g. Äloftermann S. 45), unb tüclc^e für ben 25
burc^ bie Slfteri^fen berme^rtcn %^t bie ^af)i 2200 (jßo') ariQ^hm, ^amd) barf bie
angäbe be« bon Slrebalu^ abgcbrudtten Äatalog« bei 3al^n II, 1, S. 410, toclc^er 1700
vers. sine asteriscis unb 2700 cum asteriscis angiebt, burc^ UnterbrüdEung beö auf
aSerfe^en beru^enben ^a^}^Äd)m^ D auf Den Unterfc^ieb bon 1700 unb 2200 berab=
geminbert Serben. Denn bie großen Äobije^ B mit 2153 (toelc^e Slngabe nac^ meiner so
3ä^lung genau ben Stid^en be« ©tüetef^cn 3)rude^ cntf))ric^t), S. mit 2126 beftätigcn
burc^ i^re ©(^lu^angaben über bie Sänge be^ §iob bie runbe ^al^l 2200, unb auc^ A
mit 2021 fommt i^r nal^e; auf ber anberen ©eite ftimmt mit xljx bie mafforetifd^e älm
gäbe, bafe §iob 1070 l^cbräifc^e SSerfc cntl^alte. Da bicfelben übertoiegenb au^ 2 ©ticken
hefteten unb bie breiftic^ifc^en jum großen SEeil burd^ bie einftidbifc^en angeglichen toerben, 36
fo lann man aud^ ben ^cbr. 4ejt auf runb 2200 Stielten beranfd^lagen. SQäenn alfo
nad^ biefen 3<Jwgniffen ber bem Hebräer angeglichene griec^ifc^e i^iob um 500 ober
rid^tiger (auc^ nac|> öef^d^iu^) 600 ©tid^en umfänglid^er toar, al^ bcr §iob bcr alten
S^tuaginta, fo toirb beö §ieron^mu^ Angabe über ben noc^ ärmeren Lateiner nicl^t ju
fe^ übertrieben erfd^einen. Über bie Differenj ber obigen ©tid^enjal^len unb über i|)r 40
»er^tni« ju ben 373— ca. 400 3ufapd^en, iüclc^e SidEctt (Differt. p. 30), unb mit
3u^ilfenal^me ber fal^ib. Überf. ßia^ca unb Dillmann gc|jä^lt l^aben, ift c^ unnötig ftc^ bcn
ftoJ)f lu gerbrec^cn. Denn erftenö iüiffen toir nic^t, h?ic jene Angaben gefunben ftnb, ob
burc^ Sergleic^ung eine^ Äobej ber alten ©eptuaginta mit einem folc^en ber neuen, ober
burc^ 3^^'wng ber burc^ äfterigfu^ au^gegeic^neten 3ufö^5^I^ i" ^^^^^ ß^em^lar ber 46
neuen äu^abe unb ©ubtraftion berfclben t)on ber ©cfamtjal^l ber Mlcn, ober burc^
3ä]^lung ber ettoa am SRanbc einer ©et)tuagintal^anbfd^rift angcbraqten ^craj)larifc^cn
ergönjungen ober burd^ 3.^ergleic^ung ber berfcl^icbencn Äolumnen in ber§cra))la. 3^«iten«
fyit ^ ©eftalten ber ©ej)tuaginta gegeben, tüclcbe t)on ber bon Drigeneig ju ®runbc ge-
legten an Umfang abtüid^cn. aSenn ba^ bei ClVmj)iobor unb bei einem 3lnon^mu«60
be^ 3uniu« erl^altcnc ^agment ju §i 32, 11 mit bc la ^nc auf Drigcnc^ felbft jurüdE^
jufül^ren ift, fo ^at er .^anbfcf^riftcn gcfannt, in tüclc^cn auf igco yäg v/umv axot^ovrov
bie gVoei ©ticken folgten: idov fjxovoa lohg köyovg r/uorv, ijvconod^rjv ä/gi oin'e-
oeoyg vjllcov, bie noc^ ^eute im c. Alex, abgcfe^en t)on juexQ'^ t^t ä/gi crl^alten ftnb,
unb Don toeld^en er fagt, nacb i^rem xcjte unb ben baDon au^brüdEli'^ unterfc^icbcncn 65
Dolmetfcl^ungen ber anberen i^crfionen lüürbe öli^u fagcn: „nac^bem ic^ euc^ i)ab^ an^^
reben laffen, !önnt il^r auc^ mir einmal ^ubörcn" ; bagcgen nacf> ben jing' f}f.uv ävri-
yga(pa fage er nur : igo) ovdev vmQoyxoVy aXk' o dvvao&f doxi^idoai, natürlich, tücil
i^ mit Derftänbigcn Obren {vjiKhy dxovovron') babei feib. Dritten^ finb bie xin^ übcr^
lieferten l^ejajjlar. 9Jotcn (über bie 5^unbftätten togl. %kM ^^a)pla II, praef . ^n ^ob) eo
102 $tob
toeber boUftänbig, nod^ überall rid^ttg, nod^ immer red^t Derftanben. SEBenn e^ §i 9, 8 l^ei^t
ov jui] VTiaxovou avrco iva ßxrj ävtebifj Jigög iva X6yov ix xiXiioVf fo liegt e^ für
ben, bcr unbetüu^ ben überlieferten l^ebräifdjen ie^ jumaiuggang^unftbe« Urteil« nimmt,
fel^r nal^e, l^ter eine 3)ot)t)elüberfe^un0 Don ■'--3^- ^ ju feigen unb bie ^esoj^Iarifd^e 9?otc,
5 toeld^e lautet: 2. 0. ov jurj vjiaxovofj avrco. dmXt] ygatpi] ovd* ov jurj dvreiJiij, fo
gu beuten, ate ob bie bor ^Vou^ ftepenben* 3Borte ber ©elptuaginta au« biefen lieber*
feiern eingetragen feien, ^n 2iBtrHic^!eit bebeutet aber jene 9lotij: erften« bie anberen
Ueberfe^er l^aben blofe ben ©a^ ov ßiij vnaxovofj aircco, nid^t auc^ ba« iva ßirj ävtebif]
ber ©et)tuaginta, bem ja auc^ im Hebräer nid^t« entfjjric^t; unb gleiten«: neben iva fifj
10 Avtebiri finbet fic^ al« Variante ovd^ ov urj ävt. 3)iefe ^uffaffung beftätigt bie
fa^ibipe Ueberfe^ung; unb ftatt ju fagen, i}m fri ein j^ejojjlarifc^e« ©lement in i^re
gricc^ifd^e Vorlage eingebrungen, foHte man anerlennen, bafe bie ©et)tuaginta gtoei burd^
iva ober burd^ ovd' ov Dcrbunbene Serbaiformen au«gebrürft unb toa^d^einli^ in i^rer
aSorlage l^inter "i^^T'^ «b noc^ (irp^^i:^ «bi gelefen l^at. — auf atte Äöae barf man ben
16 griet^ifc^en §iob ber alten ©et)tuaginta minbeften« um ein Viertel lürjer fc^ä^en, afö
unfer ^ebräifd^er ift. ©el^t man Don ber trabitioneEen äSorau^fe^ung au«, ba^ ein un-
ferem Hebräer entf})rcd^enber Urtejt bem Überfe^er vorgelegen l^abe, fo toirb man ba«
aWinu« ate Serlürjung ju begreifen fu(^en, fei fie jufäHig, h?ie 5. 33. toenn ein ^omoiote-
leuton ba« 2luge unb bie ^ber be« ©d^reiber« etliche SBorte ober ©ä^e überft)ringen
20 liefe, fei fie abfid^tlid^, toie toenn bem Überfefeer ber ^n^ali eine« ©a^e« anftöfeig ober
bie SBorte il^m nic^t berftänblid^ toaren, 00er etn>a aud^ ju lang, ©iel^t man ba*
t)on ab, bafe in mel^reren folc^er JJöIIe aud^ rein innergriec^ifc^e 3Serberbni« Vorliegen
lann, fo läfet fid^ unjtoeifell^aft einige« fo erllären. aber toenn man bie ©efd^icHid^feit
ertoägt, mit ber ber Übcrf^er bunflen ©orten einen für ©ried^en öerftänblid^en ©inn
36 beilegt, unb bie gwtl^aten, burd^ bie er ber Äürje be« l^ebräifd^en 3tu«brudt« abl^ilft, h?ie
gjil (paTvtjg l';cft)v rd ßgcüjuara (6, 5) = ^^^-^ ^^ , h)0 bie brri erften SBorte bem l^ebr.
br unb "i" entfjjred^en, fo toirb man Sebenlen tragen muffen, ju fagen, er l^abe au«
©treben nad^ Äürje, unb er l^abe fold^e«, n>a« un« fd^ti>ierig fd^etnt, tueggelaffen, h^eil e«
auc^ il^m o^ne ©inn ober un|)affenb erfc^ien.
80 Sluf ber anberen ©eite l^at man, gu fel^r in ber auf bie anberen gried^ifd^en 33erfionen
unb §ieron^mu« jurüdfgel^enben 2;rabition über ben ©inn be« Hebräer« befangen, bei
ben ©et)t. freie ^l^antafie gefunben, too il^re ^ara))l^rafe bod^ toie bei ben largumen
beutlid^ burd^ l^ebräifc^en SBortlaut beftimmt ift. SEBenn e« 6, 5 Reifet: ri ydg ; jurj did
xevfjg xexQa^etai dvog äygiog, dXX' fj id oira C^wVf fo ift Jtoeifello« ba« an ^^^
86 anflmgenbc <UA' tj mitfamt Cr}ra>v eine $ara})l^rafe jene« einen Ser^ältni«n>orte«, aber
diä xevrjg ebenfo gut toie 9, 17 Überfe^ung Don Q^n^ b. 1^. ftatt ptirti f^at bie Vorlage
eine ©eftalt gel^abt, toeld^e bie Deutung {^^)V Q?"^ Deranlafete. Ober 6, 7, Wo ftatt
ögyi^ getoife ögurj ju lefen unb al« Deutung t>on ""'»zde: im ©inne ber Segierbe be«
junger« anjufel^en ift, ßgcb/biov ydg 6gcb rd ahd juov dioTieg ^oji^v liovrog, hwi«
40 im ^ufammen^ange be« griec^ifd^en ^iejte« nur bebeuten lann : bie äBal^mel^mung, bafe
meine ©})eifcn bem (nac^ ben alten Äatenen j. b. ©t. atte 2:iere au« feiner 9lä|^e tw*
treibenben) ®eftanle be« fiötoen an eflem SDuftc gleichen, l^inbert mid^ meine SSegierbe ju
ftillen. 2)ie Überlabung biefe« ©a|e« ift nid^t barau« au erflären, bafe eine ©loffe in ben
2ejt gebrungen fei, fonbem au« bem Seftreben, in ber ^ara))^rafe bod^ bie ^ebräifcl^en
46 3lu«brüie aufrecht ju erl^alten. 3)enn fo ^toeifello« id ohd fwv unferem '^t^\ entfjjrid^t,
fo getüife ßgcö/biov einem ^^^ (unfer l^ebr. i^"-") unb (äoneg-Xeovrog einem mit bem
^ebr. ""!"»- iorreft)onbierenben ■""»- ober "^s^-. 3)iefem l^ebr. ©a^e: „lötoengleic^ ©tin^
fenbe« ift meine ©peife" l^aud^te ber Überfe^er burc^ erlaubte t)ara})l^raftifc^e 3wfä|e Seben
ein, inbem er au« ßgcb/tiov ben Segriff ber do/^ij al« tert. compar. in bem Der*
60 fürjten Sergleid^e (h?ie ber fiötue = toic be« fiötoen) au«brüdlid^ l^crau«^ob, unb ba
e« ficl^ nur um bie fubjeftibe 6mt)finbung^iob« l^anbelte, ben ganzen ©a^ unter ba«
SBort 6go) ydg fteHte. 2lud^ bie fo freie Überfe^ung 4, 12: „toenn ettoa« SBa^re« in
beinen SBorten getoefen toäre, fo toürbe bir nid^t« t)on biefen Übeln Jjaffiert fein", ift nur
$ara))^rafe eine« fjebr. le^te« "??; *"^"^^ "^=^1 "^ c^'l b. i. „fo toürbe bid^ biefer '« '"»
56 fc^ü^cn". 3). l}. ber ägt;j)tifd>e .^ebräer i}aiU ben 3Mf^^ ^'^f ^^ ^"^ ^^^^ Hebräer
»ertragen fann: er la«^":^^ flatt -:^"' unb beutete ^-^i = ^^'^«" nac^ bem 3ufö"tn^W'
l^angc in ba« fonfrete "b dn: um. 2)iefe 8eifj)iele, bie ic^ leicht toerme^ren lönnte, jeigen
nid^t blofe, bafe ber ©e^tuagintate^ eine felbftftänbige unb genauere SBürbigung, d« er
bi«^er erfahren ^at, bcrbient, fonbern bor allem biefe«, Jpie berfei^rt e« ift, fic^ ben Über-
60 je^er bor unferem bcbräifc^en lejte fi^enb ju beuten unb i^n unter ber ^J^age ju ftriti-
^ioi 103
fieren, toad er mit i^ angefangen l^abe. @r l^at ftc^ t>ielmel^r um {eine ^ebräifd^e SSor^
läge bemüJ^t, unb biefe toax jvoar unjerem jr^ebräer auf^ engfte i>erh)anbt, bot aber fotool^I
jum Sejferen, ald jum Schlechteren erJ^eblic^e äbtoeid^ungen, unb oft erh>ei«Kc^ Urfjjrüng*
lic^ere^. SBBer g. 83. ba« ?^c:n 4^ 2, an bem bie ©jegeten toergeblic^ fid^ abquälen, nad^
©<l)t in ns'-n toieberl^erftettt unb "n^^i auiSf^ric^t, erl^ält ben für biefe erfte Siebe be^ 6
güfaj aEein jmffenben ßingang : ,,Dir lange Sieben galten, ift jtoar eine leibige aufgäbe,
aber id^ barf gu beinen SBorten nic^t fd^toeigen." 3)amit fällt aber auc^ ber ©intoanb
Sidfctt« gegen bie ©d^t^eit be« unentbel^rlid^en Sa|e«, ba^ ©lifaj rebe, aU ob fc^pn Dorl^er
SBorte an ^iob gerichtet toorben feien. SBelci^e ©d^toierigfeiten bereitet 6, 6 rn7:bn ^.-^nn,
ob man ed nun afö Sd^Ieim be^ Sibotter^ ober aU Jtrautbrül^e faf[e, )u fd^tveigen Don 10
ber Ungel^euerKc^Ieit, ba^ §iob in biefem ganjen SDbfd^nitte feine Dualen mit einer ge*
fc^modtlofen ©t)eife Dergleic^e, bie er effen foue, aber nic^t gerne möge! 3)er 3^ejt ber
ScJ)t ^Krtte ri'Td'n ''"i^'i^ b. 1^. in 2^raumreben; unb bie 5Ileinung ^iob^ ift, ba| bie
greunbe Unrecht t^un, inbem fie feine ^ieberreben, bie bocl^ nur 2(uÄrudE eine^ au^ ber
»offung gebrachten ©emüte« pnb,.auf bie fritifc^e golter fjjannen, afö feien fie ber befini« 15
titoe äu^rudf feiner })rinjit)ieHen Überzeugung. Sluf leinen gaH lann bem Überfefeer ju$
getraut toerben, ba^ er l^ier bie unberftänbhc^en SBorte unfereö 2^ejte« burc^ tüittmrlic^e
8ef[erung ober überlegte Äonjeftur gu il^rem nottoenbigen Serftanbe gebracht l^abe. Sluc^
üon biefer ©eite ber Betrachtung ^er fommt man gu ber 2tnna^me, bofe bie in ©ejjt.
fel^lenben ©ä^e unb ©tütfe unfere« ^ebräerg, fotoeit fie nic^t nac^toei^lic^ ober nac^ er« 20
laubter SSermutun^ erft innerhalb ber ^ortjjflanjung be^ griec^ifci^en ^iob abl^anben ge?
lommen fmb, bereit« in feiner l^ebräifd^en 3}orlage nic^t geftanben ^aben. ®« ift bemnac^
anjuerlennen, ba^ e« neben unferem ^ebräifc^en §iob, ben toir ben paläftinifd^en nennen
fönncn, im Saterlanbe ber ©e^>t. einen jtoeiten gegeben l^at, ben toir ber Äürje toegen
ben ägVJJtifd^en nennen motten. Seibe gelten auf einen 33ater ober ®ro^t)ater fd^liefelid^ 25
^urüct. S)enn beibe f^abm, toenn auc^ ber äg^ptifc^e in tttoa^ bereicherter ©eftcilt, ben
t)on einigen Steueren beanftanbeten Prolog unb @))ilog ; beibe ^oben nic|t bie Don einigen
Sieueren »erlangte britte 9^ebe be« S^^ox, fonbem ftatt berfelben eine fold^e §iob«; beibe
^en bie Don einigen Steueren ate nic^t urfj)rünglic^ auiSgemerjten Sieben be« Slil^u, unb
über^auj)t benfelben Stufrig be« bialogifc^en ieile«. ©treientoeife ge^t bie au« ber toört* ao
ticken ober |jara))^aftifc^en Überfe^ung ju ermittelnbe Siebe be« äg^j^tifc^en bem palä\ix^
nifd^en 2^ejte fo tjaroHcl, ba^ man fie aneinanber f ontrollieren unb au« beiben ben ©runbs
tqrt J^i^erfteÖen fann, au^ bem fie entftanben finb. 5Dagegen jeigt gerabe im 3)ialog ber
^ebräifd^e öfter ein 5piu«, bem im äg^))tifc^en nic^t« ober nur einzelne Slubimente ent^
fprec^en. ©0 Derfe^rt e« ift, toenn man Don Doml^erein annimmt, ba« ^lu« fei urfjjrüng- 86
lic^, fo falfc^ toäre feine unbefel^ene äluefd^eibung al« eine« fpäteren 3"f<^^ ^^^ ^^
Siegel, bafe ba« Äürgere al« fold^e« urfj^rünglid^er fei, al« ber längere 2;ejt. 3)iefe SSor«
au«fcftung fyd Dorbem tJ^W«^^ Urteil über bie 2:ejtgeftalten be« 93uc^e« 2^obia« grünb«
lid^ in bie Qrre geführt. 3Son Doml^erein ift nac^ ber ©rfal^rung fotool^l möglid^, bafi
ber ))aläftinijd^e Xegt burd^ 3"f^l^ bereichert, al« aud^ ba^ ber äg^Jjtifd^e burd^ SJerlup 10
Derarmt ift, unb e« fann auc^ beibe« jugleic^ ftattgefunben ^aben. 3)ie Verarmung fann
toieber burd^ getoaltfamen gufall, burd^ Slac^läffigfeit ober and) burc^ 3lbfic^t l^erbeigefül^rt
fein, mag biefe nun i^en ©runb barin l^aben, bafe ber 3lbfd^reiber Slnftofe am ^i^^^ölt«
nalj^m ober baft er ba«, h)a« er nicbt me^r entziffern fonnte, nid^t fortjupflanjen toagte.
Unter biefen Umftänben l^aben toir jtoei älufgabcn Dor un«, beren ©rjfüHung nur gelingen «6
fann, tomn toir fie — foDiel toir aud^ ben paläftinifc^en %tjct beijiel^en, um au« bem grie^
(^ifc^en ben äg^jjtifc^en Hebräer ju ermitteln, unb ben griec^ifc^en, um ben Jjaläftinifc^en
^u toürbigen — getrennt ju löfen fuc^en. 3)ic eine ift, ben un« überlieferten i)aläftinif4cn
Hebräer mit atten ju ®ebote fte^enben §ilf«mitteln ju beuten al« bie le^te 2lu«gabe eine«
ärc^et^jju« für bie paläftinifc^e ©emeinbe, ber auc^ ber St^nl^err be« äg^jjtifc^en §iob ge^: öo
toefen ift. Der Umftanb, ba^ er getoiffc ©tücfe ^at, bie biefem fel^len, barf ba« fritifc^e
äuge tool^l fc^^ärfen, aber ni(^t unluftig ju bem SSerfuc^c machen, fie al« organifc^en S3e=
flanbteil be« ®anjen ^u begreifen. 2)ic jiueite ift, in bem griec^ifc^en §tob ber ©ejjt.
mit au«merjung aller innergriec^ifd^en Serberbniffc (man benfe an vovg ftatt ovg in
12, 11 unb beim c. Alex, auc^ 34, 3; ober an bie äotga ftatt aojQanai 20, 25!) 66
%n fd^eiben, toa« SBiebergabe ^cbräifc^cr SBBorte unb toa« umfc^reibcnbe 3"*^^^ ^^ ^^^'^''
fe^er« ift, unb ben ju erfc^lie^enbcn l^ebräifc^en S^ejrt barauf ^in ju Jjrüfcn, ob er mit
feinem ÜRinu« in fid^ felbft beftebcn fann unb ber i^^bce be« ®crfe« fongruentcr ift, al« '
ber ^Hilöftinifc^e Hebräer, ober ob er ben ßinbnicf ber Sücfcn^aftigteit unb be« ^agmen^
tarifc^^ madj^t. 3)ie jtoeite Slufgabe ift ^eute nur in anwerft befc^ränftem 5Jlafec ju löfcn. eo
104 ^ioi
äJon bcr .^cjöl^to l^abcn \t)\x nur reid^lid^c ^agmentc; einen gried^ifd^en Icrt, bcr nur
bie ©et)t. be^ §iob unb biefc ganj lüiebergäbe, toenn and} nur eine ^anbf^riftlid^e ®e=
^talt berfelben, beft^cn h?ir nicl^t; ber fal^ibifc^e $iob, ber ber SSetu« Satina finb au^ grie^
d^ifd^en .^anbfd^riften mebr ober Weniger gut überfe^t, bon benen h?ir nid>t tpiffen, unc
B fte ftc^ ju bem urf))rünglicl^en Se})tuagintatejte ber^alten. 3Rit jeber Slüdüberfe^ung, bic
toir mad^en müfjen, ift eine neue ^fel^lerquefte gegeben. 3)aju !ommt, bafe ber aleyan^
brintjc^e Überfe^er in feinem SSerftänbniö beö Hebräer« burc^ einen aramqifc^en Xargum
beftimmt geh)cfen ju jein fd^eint. 6^ ^at fc^on jur ^Ät ©amaliete be« ^Jl. einen folc^en
gegeben (f. 93ul^I, Äanon unb %tp u. f. W. S. 171); bie öaggaba eine« „fl;rifcben
loSud^e«" jiej^t ber 6d^Iufe in beutlid^er Unterfc^eibung bom eigentlid^en .?)iob an; an
bie targumifc^e Slrt erinnert bie l^äufige ))ara^^raftifd^e SBiebergabe ber furjen ton=
fceten ©ä^e be« Urtejte«. 3^ f^^^^ 5" ^^ Seiegen im l^eol. Sitteraturblatt 1899,
©. 446 f. ^inju einige ©tetten an, too nid^t l^ebräifd^e, Jonbem aramäifc^e SBörter über^
fe^t finb. 3)a« ißotj^oa am Snbe bon 29, 12 ift Überfe^ung eine« bem ^ebr. r^^*-
16 38. 13 entftjred^enoen aramäifd^en rip^ic =^ ic^ i)abt gerettet, unb ift üon Drigene«, alö
er 33. 13a an^ ben anberen Überfe^em na^m, ftel^en gelaff en , h)orben. 3)a« feltfamc
Tiagä rov biioxonov 20, 29 ift = aramäifd^em ^t"'^^?.r (l^ebr. ''?N":"i'"'?:n). gnblic^ ba«;
in 42, 11 l^ingugefügte xai aorjutyv (refj). äatjjuov) ift = aramäifd^em N""Ci, ©über,
benn baö gel^ört gum ®oIbe. 3)iefe SBa^mel^mung fom))lijiert bie ^age nac^ ber S3or=
20 läge ber ©e})t. noc^ mel^r. Slber e« ift gut, ber äfufgabe beftänbig §u gebenfen, bamit
h)ir nic^t burd^ unfer bermeintlid^e« SBiffen um ben äg^j)tifc^en ^iob un« berleiten (äffen,
au« bem ^ebräifd^en %tpt eine ^igur l^erau^^ufd^ölen, bie nie ejiftiert l^at.
2. 6in h)eitere« §ilf«mittel für bie Beurteilung be« %0^ l)at man gefunben in
ber j)oetifc^engorm, unb fidler mit Stecht, fofem man fic^ auf bie®runblage ber })oes
26 tifc^en Siebeform, auf ben fogen. parallelismus membronim befd^ränft. 3)ie flar cr^
fannte ©trultur ber einen ^tiU ift ein fieserer 2eitfaben für bie Beurteilung ber i^r ju^
gel^örigen jtoeiten, fotool^l in ipinfic^t be« ©inne«, afö auc^ be« Umfang«. ®e^t tnan
aber über biefe 2^atfac^e-l^inau«, um bie jtüei^ ober aud^ breiglieberigen ©ä^e ju ben
größeren ©inl^eiten ber ungtoeifetl^aft in ben l^ebräifd^en Siebern ju bcobad^tenben tetra=
90 ftid^ifc^en ober ^ejaftic^ifd^en ober nod^ mel^rjeiligen ®ixopf)m jufammenjufaffen unb jtoi-
fc^en mel^reren folc^er ein fefte« Äorref})onbenjberl^äItni« gu ftatuieren, fo betoegt man [xd}
auf einem ganj unftc^eren 33oben, unb l^at iebenfall« fein Siedet, au« bem t)orau«gefefeten
©d^ema einen fritifc^en Äanon für bie ©d^eibung be« UrfJjrüngKc^en unb be« Unedpten
l\u mad^en. 3)enn erften«, ba bie -Weben ber unterfdf^iebenen $erfonen augenfid^tlict^ tjer^
86 fd^ieben lang finb, fo ift e« bon boml^erein untoa^rfc^einlid^, ba^ f^e alle biefelbe [tro^jj^ifc^e
?form getragen l^aben f ollen; unb gtoeiten« fann bie ftro})l^ifc^e ^orm, bie toir an einem
©tütfe entbedtt ju l^aben glauben unb bann al« ?Ka6ftab für ein jugel^örige« jtoeite« an=
toenben, boc^ em irriger ©c^ein fein. 2)enn tüir l^aben gar feine Sürgfc^aft bafür, bafe
bie Slejenfenten unfere« ^^ejte« unter allen Umftänben bie Äunftform intaft miebergeben
40 fonnten unb hjoHten, toelc^e ber 3)id^tcr feinen SQäorten toerlie^en l^atte. ®a« fic^ burc^
bie h)ed^felnben ©d^icffale langer Reiten ju il^nen burc^gerettet batte, ba« gaben f^e fo
tüieber, bafe e« ber ©emeinbe berftänblic^ unb erbaulid^ fein fonnte. Dafe fie aud^ ba«
©el^ör unb ba« 3ji^^^^« für bie 3)tetrif unb ©troj)^if l^ötten beji^en unb bei ber ©e=
meinbe befriebigen tüoHen, al« fie ben %^ l^erau«gaben, ift gänjlic^ untüal^rfd^einlic^.
46g?a4>bem Äöfter ftrojj^ifc^e Drbnung fuc^en gelehrt, unb toä^renb Sei^ ba« .§ebung«fc^ema
be« beutfd^en 38erfe« al« ©^lüf|el für bie üRetrif ber »«oebräer gebrauchte, l}at Sicfell in
unermübeter SSerfud^rbeit bon rid^tigen ©runbgebanfeh au« unb met^obifc^ borge^enb
ein fefte« unb flare« gormgefe^ für ben Vortrag ber §iobreben gefc^affen (fiebenfilbigc
feilen mit brei Hebungen, ju 2;etraftic^en gufammentretenb) unb bamit ba« ?ficd)t, ba«
60 aSiberftrebenbe au« bem urfj)rünglicben Sterte au«jufonbem. Slber er M ba« 3^^^ 5"
fernen genommen. S)enn bie 2lu«fj)rad^c unb bie 33etonung bcr ^ebräifd^en SBörter unb
©ilbcn i^ur 3^^^ be« 2)ic^ter« ift un« fo gut h)ie unbefannt. 5öenn BirfeH ffanbiert unb
f})rid»t : Jobäd jom ivval^d bo, fo balte idb jöbad jöm ivväld bo für ebenfo berecbtigt
unb möglid(), unb toenn xd} mir ben 3Bec^fel ber ©timmung in ben Slebeergüffen ,^iob«
w unb ben feierlich patbetifd^en unb lüicber lüilb bro^enbcn '^nl^alt ber Sieben ber ^eunbe
bergegcniüärtige, fo toiü e« mir unmöglich crfd^einen, ba^ ein gcfc^macfooHer SDid^ter in
ber an ficb munteren, aber burd> etoige SBieber^olung monotone @efd>h?ä$igfcit anneb^
menben ^orm lüic „^3Jicin ^erje gc^t in ©prüngen" ober „6« giebt fo manct^e SBeine"
ben ganjcn ,?)tobbiaIog erftmalig borgetragen l^abe. 3)aju fommt bie ©etoaltfamfeit ber
60 !Durd)für)vung bc« tetraftidbifcbcn ©d(>ema«, ioo bcr Icrt fid) nidbt fügen toill. 5le^mc xd)
/Qioh 105
bic jcbcnfate forgfam übctlcfltc Gröffnunf^^frcbc Ä. 3, fo finbc id; nai) bcr loflifd^m @lic^
berung ber Siebe beutlic^ 3 ebenmäßige l:cHc untcrfc^iebcn: 93.3—10,«. 11 (""-^) —19;-
äj. 20 (n?2b) —26; benn bie jlüct aBarum'^ fmb beutltd)e SBegmarfen. gäl^Ie \dt) bic
Seilen, fo l^ölt ber erfte äbfdbnitt, bon 35.3 als Sluftalt abgefebcn, 18 feilen, ber jtoeite
ebenjotoiel, hwiö jtoeifello« auf abftc^t bcrul^t, ber britte aber nur 14. 2Benn id& benerften ö
abfc^nitt anal?fiere, fo finbc ic^, fobalb man in 23. 6 wNi~ z-r- ftatt „biefc 9iac^t"
n>tcber^erftellt — benn c« ift im folgenben bon einem SBefcn bie Siebe, ba^ in „bie Ra\)l
ber läge" gel^ört unb beffen Dlatur ba^ 2)un!el tDiberfpric^t — 9 geilen auf bie ^Ber*
pUi(^ung be« %aQ^ (9S. 4—6) unb ebenfobiel auf bie ber 9lac^t bertoanbt QU, 7—10).
äuc^ biefe« ift fidler äbfidbt, unb mieber finbc ic^ e« d^aratteriftifd^, baß bic glud^formel, lo
atö fofie fie möglid^ft boUftänbig unb n^irffam fein, in lemaren bon g^ii^^^J^ beginnt,
lüclcbe h)a^(i^einli(i^ bei aßen ©e^en«^ unb 5Iu(itft)rü(^en ftiliftifd^c Sitte toaren. 2)enn
in 3 mal 3 jufammengcl^örigen ^axkn abfotoiert ftc^ ber %i\idi) über ben Sag in 3?. 4—6,
unb too ber in 93. 8 angefünbigte über bic 9lad^t formuliert tuirb (93. 9), tritt tuicbcr
ber 2:emar ein. ^d) finbc alfo ben SÖcd^fcl j;h)ifc^en ben Iriftic^cn bc« SKnfang^ unb is
ben 3)iftid^cn ber auf ben ^lucb folgenben Sicflejionen in bcr 9latur be^ 3J^f>«'^*^ ^^
grünbet unb ben aSerfud^ SirfcU^, burcb !onfequente äuMcrjung je einer geile bic 2:ri=
fti4>en in gtocijcilcr ^u bern^anbcln, burcb nic^t^ ate burcb fein i^orurtcil gerechtfertigt.
auf ber anberen Seite Joirb man burc^ ba^ genaue ©benmaß ber beiben erften drittel
ju ber grage genötigt, toe^^alb baö britte mit feinen 14 ^a'xUn an Umfang mcrflid^ ba^ 20
gegen ^urücfblcibt. 3Ran fönntc f^c gelaffen mit bem 33cfenntni^ beifeite fcbieben, baß
tütr ba^ nic^t h)iifen. 3lbcr eine bom rein cjregctifcbcn ©tanbjjunftc au? gcfül^rtc Untere
fuc^ung^be^ britten Sbfc^nitte^ läßt fomo^l bor bcm 3?. 23, bcfjcn ""^^i" unmöglid; bem
in- TT^ in 93. 20 nac^ allem baj^h^ifcben licgcnben unterfteHt hjcrbcn lann, al^ aud; bor
93. 24—26, tbo bie erfte ^erfon mit einem unerllärlic^cn "'S ganj unbermittelt unb bie 26
Segriffe be« Srotcs unb be^ 2öaffer« h)ic ein reiner gufaH erfcbeinen, eine fleinc Sude
bermuten, bic burd^ ben 3luöfall bon 2 mal 2 geilen cntftanbcn fein mag. ©roßer
S^abe für ba« ®anjc ift baburct^ nid?t berurfac^t; aber. für bie 2:e]ctgejcl)i(!^tc ift eg be-
mer!cngn>ert, baß aud^ bcr gemeinfc^aftlicl?c 3lrd^ctt;j)u^ bei8 ^aläftinerö unb be^ lÜg^))*
ter^, oUenfaHö bi^ auf cinjelnc Sjiurcn, ba^ fo 3>crmißtc ni^t mel^r bcfeffen ^at. 30
3. ©iemafforetifd^c ^unhation ift bcr tDcrtbotlfte Äommentar gum §iobtcrtc unb
in Slnbetrad^t ber großen Sdbmierigfeit bcsfclben ein burd^tbcg gclungcncig SÖcrl. 3Ranc^e
äu^t)rad^en berftc^cn h)ir jhj'ar ni^t, h)ie "":: ftatt ""~^: 19,11; '^-■^=?r:. ftatt '^"Vr^'^r^
20,26; :i>n ftatt nbn 21,24; aber ba^ hjunbcrlic^c "J~ 1,18 ftatt ^r beruht jiloeifelloö
auf ber 9Keinung, baß bcr fflcc^fcl in ber Äonfonantenfd^reibung gegen "^- 1, 16. 17 35
ein>a^ bebeuten muffe, gleict)h)ic bic bcfeftibc Schreibung bon 'l"^^ ^^ h)ic fcl^r! in 19,13
%u ber Deutung >"? Slnlaß gegeben l^at; cbcnfo tuirb n-.:^ ftatt -■^:^ 6, 20 ober r"'^"
ftatt "ipn-^ri 19^ 13 barauf bcnibcn, baß ber Äonfonantentcrt ba^ au^lautenbc ü nid^t
eigen« burc^ gefemuttcr au«gcbrüdt battc. gbenfo ift über^^PTr ^z -7 ftatt bc^ not^
hjcnbigen ^P'^'^ ju urteilen.' Gbenfo 33, 6 -^t. ^^cil nicbt '-^^ x? (ic^ bin tbie bu „fein 40
©Ott", fonbem ein fterbltc^er SKcnfd?) gcfcbricbcn n^ar. 2Bicberum tft 19, 29 V^'^ ju
fprec^en befohlen, bamit man V" nic^t, Wk es fein muß = 'CJ -^ 9lid>ter, fonbem =
-f-; = ©erid^t auflege. 2)cm "'^r^: = er fpä^t 39, 8, mie bic ^Ncrfioncn ricl?tig beuten,
ftnb bie SJofalc bon *-'^^'; gegeben, n^cil man bic ^form für ein ÜJomcn anfab, ba^ im
gufammen^angc nur ben ^uttcrertrag bcr Serge bejcicbnen fonnte. SDic.93ofalifation 45
=?rP15, 29 bcrul^t auf einer 2)cutung'bicfc^ Umbortc^, bei U^eldier -7 — - ~; genommen
h)urbe = bon bem tva^ i^r eigen ift; bie Scfung '^-^ (),29 auf bcr ^ilnalcgic bc« 3tn=
fang^Vborte«, tbcil man bie mit '©cn24, 14 ju bcrgleictjcnbe Sonftniftion be^ Sa^c« „baß
ic^ h)ieber umfcl^rc, bar in folt bann meine ©creci^tigfctt bcftcbcn" nid)t berftanb. 9Beil
man 9, 15 nid^t auflegte, tbie e^S fein muß „;;u feinem guten 'Siidjtc bin;\u fid^ nod^ so
auf« Sitten legen," fonbem „fein l'KeclU aufleben", crfanb man in frommer Sieflerion bie
uner^ijrte^oelform ""^vw*: ftatt ^::r:f-: ; benn ^u ©ottc, feinem 3{icl)ter, barf ber "iDtcnfc^ flebcn.
auf ä^nlid^e fromme Scbeu führe id) 9, 21 ■^^* ftatt '^^* ('^.^efc^. unb arrog ber Se^t.)
jurürf. Se^r tba^rfcbeinlidb hat bcr Honfonantcntcrt aucb 3lbfür|\ungen unb 2)oi3j)ellefungcn
enthalten, bie bann aU bolle SBortcr ober al^ gleid> notn^cnbige Sa^tcilc angefeben hjcr- 66
ben fonnten. So ift bermutlid) ^*' 29, 29 aii C'-)^'^, unb nic^t ^*'- gemeint; baig un-
ertlärlic^e i^''"« 12, 1, tocnn nid;t — "•^^\ ,;;ufammcngcfcf)oben au^ ""^n (bgl..s>of 13,10)
unb "!5< : ,,h)o l^ätte c^ je einen gegeben, bcr ,^u ©Ott fd>ric unb bem ba^ .C^ohngcläditcr
J^ommer anttbortete" ; cbcnfo finb in 12, 8 ''^" — „benn" unb ^^^ - „ob cttoa" ,^ur
95}a^l geftcHt, unb 42, !)b bctocift für bic größere Urfprünglicbleit bcr (enteren i'cfung. üo
106 $toi
3tocifell^aft lann man barübcr fein, ob falfd^e SBorttetlungcn erft ben ^unftatoren ober
fd^on bem Äonfonantentejte jur Saft ju legen ftnb. ©o ift 13, 13. 14 bie burc^ 3lna-
logteen gebeAc^ormel i^'^ ^y i^^ = quidquid id est burd^ : l^inter bem erften ^'- j^er-
ftört unb f)ai 93. 14 ein ©lement befommen, toelc^e^ bort abfolut Dertoirrenb toirft. 3n
6 19, 14. 15 ift "r-n ^^ öon feinem 9Serb ^^ihdo in 93. 14 burd^: fälfc^Iid^ gefd^ieben.
ebenfo ift 34, 17. 18: „toittft bu ben t)erurteilen, ber ha fjjrid^t p'^wsn ftatt '^^:^?-)"
au^inanbergejerrt, inbem l^inter -'•c^n ein: gefegt n>urbe; unb in 40, 24 ift in bem
©a|e: „er nimmt il^n auf, aU h)äre e^ ©})reu, ein SJleer fangt er in feine SRafc"
'■?SN2; p:: 0; ti]? t:2 burc^ SSerbinbung ber brei erften SBörter gu a-^jpi-in unb burd^
10 Slnfd^Iufe Don - an P^- ber unmöglid^e ©a| cntftanben : „mit ^ftridfen burc^bol^rt er
SRafe."
4. 3)er ältereÄonfonantentejt ift im großen unb ganzen anjufel^en aU bie Don
einer gemeinblid^en 2(utorität Deranftaltete SBiebergabe eine« teitoeife in mehreren ©jemj^Iaren
DorKegenben noc^ älteren 5Eejte«, bei h)el(^er bie 5Ereue ber 3lei>robuItion gefceujt tourbe
16 erften« burd^ ba« Streben, ber (Semeinbe eine Derftänblid^c Siebe ju geben, aucb too bie
95orIage unbeutlid^ ober entftettt toar, jh)eiten« burc^ bie ©orge, änftö^c für ba« religiöfe
®efül^I be« Sefer« m befeitigen. 9iene« mac^t fid^ gum 2;eil geltenb in ber Don bem
3Ra6e be« eigenen 93erftänbnifje« ber Sbitoren eingegebenen B^f^ung ober UnterbrüdEung
ber fiefemütter unb in ber Sd^eibung ber SBörter. ©o ift bem .in ber 9Sorlage toa^r^
»fc^einlid^ befeltib gefc^riebenen "i- 1, 16—18 bie %ni\pxa6)t "fy burc^ SwI^^^^Ö ^^^
Waw in ben beiben erften 95erfen, aud^ für ben analogen britten gefiebert, unb nad^bem
34, 23 "^^- feinen 2(nlaut in bem auslaute Don Q*'^'' Derloren l^atte, tourbe ba« übrige
bleibenbe ^^ burd^ biefelbe Sefemutter gegen bie mögfic^e ^Deutung ^y = einen 3^0^
gefd^ü^t. eine falf4>e 2:eilung l^at ftattgefunben, toenn "P^by i8, 20 burd^ ©infd^iebung
26 Don Waw in bie 2 SBörter '^•^2^-'^? gerfättt tourbe; bc«gleic^en ift r73(N)Nn 6, 13 = „foO
id^ glauben (©e))t. inenol&eiv), meine §ilfe fei bei il^m, toä^enb alle '^ au« mir fortgetrie*
ben ift?" unter ©infe^ung Don « Dor T in jtoei in il^rer golge unDerftänblid^e 3Börter
1^ ONH jerlegt unb infolge beffen ^2i in -a Dertoanbelt. Denn bei ber SWac^Iäffigfeit
ober ber lompenbiarifd^cn ^orm, in toelc^er bie frül^eren ©dj^reiber bie äffije unb ©uffije
ao ber SBörter fc^rieben, toar bei i^rer SBiebergabe bie größte ^reil^eit unb bamit befonbere
®elegcn^eit jum ^^l^lgreifen Dorl^anben. m genügt, auf ''^1« ftatt "iJ^fi^ 14, 3, auf
■^3 ftatt "^2 19,28, auf "pw-^ ftatt '^'^yr 9, 19 ^ingutoeifen, too bie britte ^erfon burt^
ben ^araHelt^mu«, burd^ ben logifd^en g^^'^Ö ^^ ©a^e«, burc^ bie 93erfionen gef(^ü|t
ift; ober auc^ auf 19, 29, too in ^: "«^"Jn (= «pf 58, 12): „i^r fottt toiffen: e« giebt
35 einen SHid^ter" ftanb unb burd^ 93erlefung in ^ ba« 3^^ jwm ©c^luffe be« SBorte« ^^nn unb ba«
übrigbicibenbe '«^ jum 2(nfange Don 7"! gemad^t toorben ift. (Sinen 93etoei« bafür, bafe
bie fiefemütter al« 5ProbuIt ber Deutung angefel^en tourben, liefert ber altrabbinifc^e ©a^
ju 12, 2 : \)pxMj nid^t r\rzr\^ fonbem ri^'^r». Son ber Sluffaffung au« : „il^r feib eine ®e-
feHfc^aft, bei ber bie 333ei«l^eit bem §enIertobe überanttoortet toirb," ift l^ier gefagt, bafe
40 man mit ri?:n beffer, al« bie aud^ bekannte 3lu«fprad^e P^rr (= fie ftirbt au«), bie anbere
n^nn (= fie toirb getötet) Derbinbe. Slber awö^ für 3tnberungen au« religiöfer ©c^eu l^at
bie jttbifc^e Überlieferung beutlic^e (Erinnerung betoal^rt. ©ie fielet 7, 20 ^^? al« einen
2^iqqun ©ofcrim für "^^?, eine Don ©ej)t. erl^altenc 2e«art, an. "^aii bem ^aratteli«^
mu« tonnte §iob nid^t in bem günftigen ©inne Don 3^ 46, 2.3 für ®ott ein fi*'«^?: fein;
46 aber im ungünftigen ©inne Don ®ott gu fagen, bafe ber JJtomme il^m, anftatt fic^ felber
gur Saft getoorben fei, ba« toar gegen ba« religiöfe 3)e!orum. 3!)e«gleid^en fagt fie, in
32, 3 l^ätten au« bemfelben ?l!KotiDe bie ©c^riftgelel^rten ^t"« rix für urft)rünglid^e«
D-'nbN rx eingefe^t. 9Bie aud^ fonft in biefen 2^rabitionen, liegt l^ier ein ?Ki^Derftänbni«
Dor. ^^ai) ©e})t. ftanb -i^x TwS ^jidmel^r urfjjrünglic^ l^inter n:r?: i«i:^: «b unb tourbe
50 toal^rfd^einlid^ fortgefal)ren •r^r'nrib. gife aber au«, "i^y-^r-^nb getoorben toar TT'd-'i, lag
e« für ben fiaien na^e, ba« folgenbe "n^bw^i = z^rfbx al« Dbjeft ju tt^td-"^-) m begießen,
unb um biefen 3lnfto6 au«jufc^lie^en, fe^te man ^-i^n nx ^on feiner urfDrünglid^en ©teile
toeg l^inter ir-'C-^-^i, um i^m fein rid^tige« Objett ^u fidlem, ©leid^tool^l ift biefe Über=
lieferung Don 93ebeutung, benn fte fe^t Dorau«, bafe e« notorifd^ fei, bie ^reunbe ^aben
66 .&iob für gerecht tariert unb bamit fttUfc^toeigcnb Sott in« Unrecht gefegt. ®a« toar
aber nur notorifd^, toenn ber Slutor be« 8ud)e« in 32, 1 gefagt ^atte, toa« er nad^ ©et)t.
gefagt ^at: „.^iob toar gerecht in ij^ren 3lugen" = sn-r-^rn, unb nic^t TT^y^, toie ber
je^ige Hebräer l^at. G« ift unbegreiflich, toie man ben ©a^, ba^ ,^iob fic^ felbft für ge^
rec^t gehalten, al« 5JiotiD für ba« nunmel)rige ©c^tocigen ber ^freunbe ijdX anfeilen lönnen,
00 nad^bem eben biefelbe Ibatfad^e fie bi«^er umge!e^rt jum Sieben Deranla^t ^t. 3P ^^^
^toi 107
„in il^ren Slugen" rid^tig, fo fättt bic Scfunß „in feinen älugen" in bic Äategoric ber
33<ffeninflen aud frömmer gd^eu, ju benen bie iübifd^e Überlieferung bie ©infe^ung Don
nr« r« in ba« ©nbe )Don 33. 3 red^net unb d^riftl. 3191. Don ben ölteften geiten an bie
SSertoufd^ung be« „®ottberfIuc^end" in ein „Segnen" im ^rolog. S8iettei(!^t ani) bie
feltfame ©d^reibung n-^rcn ::: unb "■"- c r: in 38, 1 ; 40, 6, toeld^e ftc^ nur auö ber 6
Unterbrücfung eine« mit = anlautenben SBorte«, j. S. n^;^^" „au« bem Slaujcl^en be« ©türme«"
erHoren lä^t 6« ift nid^t unmöglich, bafe man in ""^^^^ anber« al« in ^^^ 9, 17, too 2:arg.
ba« ßaar öerfte^t, nid^t benSBinb al« 9?aturerfd^einung, tooju ba«3laufd^en pa^i, fonbem
ben ©etoilterftinnn ber %f)top\)ank berftanb, in bem @Iia gum Äimmel gel^olt h)urbe, unb
beö^olb bie finnlic^e HTin: nic^t gu toieberl^olen toagte ; in anbererSBeife l^at ^c^ S^org. gel^olfen, lo
inbem er unter Sejugnal^me auf «""^ „au« bem ©türme ber ©d^merjen" beutete. Sieben
änberungen folc^er Art mufe man natürlid^ and^ auf alle bie gufcUIigen SJerftümmelungen
in ber Vorlage be« Äonfonantentejte« ober in i^m felbft gefaxt fein, toelc^e alle Xejte
be« äüertum« bei il^rer gortjjflanjung erfahren ^aben. ©o finb Suc^ftaben berfe^enüic^
au«gefatten, toie in Tinnir ftatt "s nnnn ein c in 13, 6 (nac^ bem ^araUeIi«mu« unb n
©e^t.), be«gleic^en ein '2 hinter a^'^^ in 34, 23, toorüber fc^on oben, ein n in ^•i^x ftatt
^rroz^ 9, 27; unb in bem 42, 3 nottoenbigen unb ber gormel i^T nr« ©cn 27, 21 ent^
ft)red^ben ht ^:n =: ^^ic^ j^jer" ^at erft ber SBerhift be« « bie Umtoanblung Don "•- in
•'^ nadj^ 38,2 t>erurfa(!^t. 6« finb aber auc^ ganje ©üben au«gefanen, toie 21, 32, too
nad^ 5, 26 ri-^s ftanb unb je^t "^^l übriggeblieben ift; in 12,2, too ba« unberftänbUd^e 20
er al« Slefl üon ^^Ti mö) 34, 2 ju ertlären ift: „^l)x feib bie 3ii^^ö^«^ ber SBiffen^
fc^ft, unb mit euc^ toirb bie 35Jei«^eit au«fterben"; ober Söörter, toie N^bor'^ST^ 11,16
(ögl. 2. ©. 14, 14 unb ©et)t.) unb rirrb in 32,3, toelc^e« ©e})t. bor 2rN PwS no(^ in i^er
Vorlage l^atte. — 6« fmb femer einanber fei e« in ber alten, fei e« in ber Duabrat«
fc^rift ä^id^ au«fe^enbe8ud^ftaben ober auc^ ä^nlic^ ftingenbe Saute bertoec^felt tooroen. 3)a« 26
erfte ifk ber gaU in bem unerflärlid^en -"IvN 30, 3, toeu^e« au« n^?^ = i^re SKutter (Q«
(teilte fd^on §offmann ^er) berfc^rieben ift. 5Da« britte, )n)^n 7, 9 nbs ftatt ^^^ (benn
ba« t)Iö|lid^e ©c^toinben einer auffteigenben, ©d^atten ober Siegen Derl^ei^enben SBBolIe ift
bo« tert. comp.), ober toenn 21,32 Tipw- = ,,cr toad^t" ftatt z^P^'' = „er lommt gur
9lul^", ober toenn 36, 8 c^i ftatt sn-i gefdbrieben toorben ift. Unter ben jtoeiten gall so
gehören 35ertoed^«lungen im Sin taut, toie "^"^ ftatt ''"s^ 24,24 (ironifd^e äufforberung
au« bem ©inne ber ^eunbe: „^abt nur ein toenig ©ebulb"), ober ^"«^"''! ftatt '"^ n:T
in 14, 6 (©et)t.), ober '^•n: ftatt "J^^"* 20, 17 (Säc^e Don Öl); femer im 3 n laut,
tote 33-^« ftatt nrc« 7, 21 (©et)t.), ober ^™3*n ftatt W^l^^ 23, 9 (©^.); enblic^
im 3lu«laut, toie toenn 30,5 V; T? ftatt "A^; l^erborgebrac^t ift. SJle^rfa^e Ser^ss
toec^Iungm bietet nr: ^t~- is, 13, too r>n -2-1 («pf 9I, 3) ftanb unb ber SBer«
lautete: „er fri^t, fo Diel fein ^ff faffen fann (V^ nad) ©^r. unb bem 2. 3;ars
gum), e« fri^t feine cigmm ©lieber eine tüdfifc^e ^eft." Sluf ungenaue« ©el^m ober
^ören fü^en [\d) Umftettungen jurüdf, toie 8, 13 rn-wS =: ^pf^^e, ftatt n^nx = ba«
(£nbe, ober 20,23 rrnbn (in feine ©})cifc) ftatt =->?n (©tridte, ddvvai ber ©et)t.), ober«
enbli^ in 35, 11 ■i:cb:': (al« fei biefe« = "i:^^«^: = ber un« Ic^rt) ftatt "^^^ (bon^bsn)
= „ber un« au«jeid^nete bor", 6 öioqICmv bcr©eft. 911« ein Seif})iel bafür, toie falfd^e
Xeilung, SSertoed^felung unb SSerfteHung einen unmöglic^m ©a^ ergeben l^abcn, möge
29, 23 bienen : „fie toerben meiner barreti, toie be« Siegen«, unb il^ren 3)lunb ^aben ^e
aufgef))errt gegen ba« ©c^auer" w-p7:b T^rs ürrzi^ obtoobl boc^ ber Siegen nid^t mit 46
bem burftenben SKunbe aufgefangen toirb unb nic^t ba« jur Diebe fte^t, toie pe ben Siegen
begrüben, fonbem bafe fie §iob« 3Borte toie ber Soben einen erquicfenben Siegen banfbar
über fid^ ergeben laffen. §ier ift nad^ ©e})t., toelc^e ba« tert. comp, in ojoTieg yfj
diy^cboa erhalten l^at, ftatt ''^i ^er^ufteßen ""^f unb au« ^"-^ t=" ba« Slomen m5:":i":n,
fo bafe ber©a| lautet: „©ie toerben meiner Darren, toie be« Siegen«, toie bie ätferf (Rotten 50
auf ba« S(^auer".
6nbli(^ ftnb auc^ burd> 3lufna^me )oon Slanbgloffen ober ficfungen anberer 3lbs
fd^riftm mand^e ©ä|e überlaben unb uuDerftänblict^ gemad^t. ©0 ift in 16, 8: „Unb er
^ot mic^ l^ingeftettt ju einem türfifd^en 3^9^"" ^v i- "?" "^"^ "r.r"?.;: ba« erfte Jl^ort
unter @intoirtung Don falfc^em r-:-:;- ftatt ^n ccrr Dörfler unb "r:::^'^" nac^^er (2.^. 9)o6
in "':::^pp'i beriefen, bann bic rid^tigc 2efung ^:":7"^ Dom Slanbe an ben ©c^lufe be«
©a^ aufgenommen unb fjjäter unter bem 3^anö^ ^^^ falfd;en 2)eutung "^" "J-- = ba«
tourbe jum 3^0^/ i" ^- ^""'' gemobelt — „unb trat gegen mid> auf'. ®anji äbnlid; ift
ber gaU 18,3; l^ier lautete ber'©at3: „SKarum finb toir toie ba« i^ie^ geachtet C^-"";!?)
in beinen 3lugen", toorauf fortgefahren toirb „eine« 3)lanne«, ber (t^öric^ter al« baeÄ^iel^) (üj
108 $ioi
in feiner SUut^ fic^ felbft jerfleijci^t." ßu bem 2«ortc •:-:•: (bgl. Se})t.) gab e^ bie äJa-
riante ober bie 3KarginaIbeutung "-wh:; bicfe tourbc bor r:-:n2z hx ben Xejt aufge^
nommen unb fo ein boHer ©a^ ^ergefteHt, bem pr-:: '.r*:-: a(^ ein gU^citer nur ent-
ft^red^en fonnte, tvmn man ba^ formale i-"""!; in ba^ in^alt^reic^ic ^:""-^: umivanbelte —
6 ,,ftnb h)ir unrein getoorben in beinen 3lugen." I)a^ ift jugleid^ ein Reiner 93elcg bafür,
tüie ber ^ebräifc^e S^ert an Umfang gegen ben äg^})tifd^en gen)ad;fen ift. — 3d^ fc^Iiefee
mit einem t)on ben Sluölegern überfe^enen ^^atte, U^o ber .^erau^eber be^ Sonfonanten=
tejte^ unb toa^rfc^einlic^ anö) bie ^unttatoren mit Setoujtfein ^tüci Sefungen in ber !om-
))cnbiarifc^en gorm afö t)or^anben bezeugt unb ^ur 3Bal^I borgelegt l^aben, bie an Dielen
10 Stetten be« 31SC« beobadbtet toerben fann. ®a« ift ba« 2öort nrrs-:: 42, 13 ; ba^ fott
nid^t bebeuten, ba^ ber 3lutor, ber bie 7 Söl^nc §iob« - "tr**^ nennt (1, 2), fie ^ier
fpaffe^l^atber mit bem nie erl^orten ^»Jal^ltüorte ^=--P beziffert l^abe, fonbem: ,,in ber ^JSor-
lage fte^t '\^^'4 D. ^. ein 2)oj)})elfiebenb (— i:^-'^ ref)). ^rl^'^); nad^ anberer Übers
lieferung Reifet eg ~r'*^"- S^bem ba^ ", burd^ toeld^c^ bie eine gorm üon ber anberen
16 bifferierte, hinter ba^ ©c^tu^nun biefer gefteHt tüurbe, befam ber Sorlefer baö 5Wed^t, fic^
bie eine ober bie anbere au^jutüäl^len. ^n ber 2^l^at pa^t ba^ aU Siomen emj)funbcne
abftratte 3)ot)})elfiebenb gu bem ftngularifd&en "'~^", unb fein 2i5ert fte^t in richtiger ^^Jro::
poxüon ju ber Doppelung be^ 3}iel^^ im 3S. 12; unb ba^ e^ biefe gefung gegeben, bezeugt
ber liargum mit feinen 14 ©ö^nen Jpiobg. 3)a6 e^ aber aud^ bie fiefung ~:?-w gegeben,
20jcigt ber le^t ber ©et)t.; bennod^ ertoedft f^e ben 3}erbad(^t au^ ber SReflejion eriuad^fen
ju fein, bafe bei ber ©teic^l^eit ber 3^'^^^" ^^ ^tten unb ber neuen S^öc^ter, auc^ bie ber
alten unb ber neuen Sö^ne einanber entf})rec^en muffen, unb aug ber anberen, toelc^e
toie bie griect^ifd^en SSciter ber Äatene, fo auc^ bie ^uben anftetten lonntcn : ba^ verlorene
3Siel^ toar auf immer verloren, bie frommen Kinber aber blieben, toeil in ©Ott für bie
25 äuferftel^ung geborgen, tro§ il^re^ Sobe^ $iob^ Eigentum. Um il^m fein frül^ere^ Eigen-
tum boppelt p geben 42, 10, mufete ®ott jtoar fein 3Siel^ auf ben bo})})elten Seftanb
bringen, aber ju feinen frül^eren 10 Sinbem nur 10 neue Ijinjufd^enlen.
3Rad^ biefem allen lönnen tüir fagen, ber bcbr. itonfonantcnte?t ift bie SBiebergabe
eine^ ©jremplare^, tüelc^e^, toir toiffen nic^t burc^ toic biet 5!Rittelglieber, auf einen Slrd^e-
30 i\)pn^ jurüdgel^t, ben aud^ bie ^ebräifd^e äJorlagc be^ griec^ifc^en ^iob, toir toiffen nid>t
burc^ tüie toiele 3^if4^^nglieber, ate ibrcn Sl^nberm gu erfennen giebt. 3)er 3lrc^etVJ)u^
\oax fc^on burc^ Sefefe^ler unb Äorrefturen, burc^ SüdEen unb älu^toüd^fe entftettt. ^m
Saufe ber gefonberten 5vort))flanjung l^aben biefe ßntfteHungen pc^ fo gemehrt, ba^ bie
beiben 2lblömmlinge tro^ ber größten gamilienäl^nlic^Ieit oft im eimelnen einanber ^an§
35 frcmb erfc^einen. ^n bemfelben SWa^e, al^ e^ un^ gelingt, biefen 3lrc^ett;})u^ auö feinen
S)e^5enbenten ju refonftruieren unb mit feinen ^el^lem, Sluölaffungen unb 3wf^^ }M
üerfte^en, nähern h)ir un« ber ©eftalt, bie ber 3)ic^tcr feinem 2Ber!e gegeben bat. ^eilid^
liegt nad) ber anficht ber meiften Äritifer t)on l^eute gtoifd^en beiben noc^ eine einfc^nei«
benbe SBenbung in ber ®efd>i(^te be^ lejte^, nämlid^ bie ©rtoeiterung ber Urgeftalt be^
40 §iob burd^ bie ginfügung ber 4 Sieben ©lil^u^ .^. 32—37. 2lber ber Umftanb, bafe ber
übrige lert tueber Dorl^er, nod^ nad^ber auf ba« auftreten ßli^u^ Se^ug nimmt, biefer
§au))tgrunb ber ißerbäd^tigung i^rer Ürfprünglic^Icit, bem er mit h)cnigen Störten bätte
juborfommen tonnen, betoeift bann eben, ba^ ber ©infügcr bem lerte, in ben er einfügte,
mit ref))eftt)oller 3w^rf^<Jf^""Ö gegenüberftanb, unb bürgt bafür, bafe man in ber älteften
45 3^it ben .öiob al^ baö unberle^lirf^e ©igentum eine^ gotterlcuc^teten 3)ic^ter^ anfa^, für
baö er felbft bie 3[}erantn)ortung trage. 6rft aU er jum ©emeinbelefebuc^e geworben toar,
für beffen ^Mitteilung an bie ©emeinbe i^re leitenben 2lutoritäten bie Sieranttoortung
trugen, nabm man fic^ ju änbernben ßingriffen bie ^ei^eit, too ber 3*^^* ^^ ©rbauung
ber Wcmeinbe e« unabtüeiöbar gu verlangen fc^ien.
£0 IV. Einlage, ^^^cjlt unb 3tbfic^t. 1. Glibu. G^e man bie fünftlerifd^e 3lm
läge be^ ^43ud;c^ hJürbigt, mufe man über ^ic ?frage im ^Keinen fein, ob bie bier Sieben
(Siibuö Si. :V2 37 urfprünglic^ ober ein fpätercr ßinfc^ub feien. Dem untoeigerlic^en
ßinbrucfc, ba^ fie einen abh?eid^enben ©prad^d;arafter »erraten, fann man fic^ burd^ bie
Slnnabmcn ent,^ieben, baj^ fie unfertiger Veröffentlicht, unb ba^ fte in ber Überlieferung
66 t)ielfaci[> torrumpiert feien, "ibcr 33ebauJ)tung, (Slibu bringe gegen bie greunbe n\ci)tö neue^
unb nebme Dortueg, Wa^ bem :,^abt>c ^u fagen üorbebalten fei, lä^t fid| mit gutem ©runbe
entgcgcnbaltcn, bafe CSlibu ju ,sMob unb feinem Reiben fid() boc^ anber^ [teilt, afö bie
^eunbe, unb ba^ er auf ber anberen ©eite ben menfdblic^en ßljarafter feiner Siebe be^
tonenb (:J:>, fJ), beftimmtc 'JiufKrungen .<Siob^ einer an^ ber menfdj>lic^en ßrfal^rung ge-
•i-» fc^öj)ften 5lritif unter^iebt. Dagegen fällt in^ ©eioidS)t, ba^ nad^ 2, 11—13 ber Sefer
^ioh 109
nur barauf Vorbereitet tft, Sieben ber (genannten brei J^reunbe an .s^iob §u ^ören, bafe
be^Ib 32, 4 toie ein 3[$erju(^ erfdbeint, bem (Sli^u na^träglic^ -Maum |;u fc^affen, unb
bafe 3^^^ i*^ 42/ 7. 8 nur ju ben Sieben §iob^ unb benen ber brei greunbe urteilcnb
Stellung nimmt, ober mit anberen ®orten, bafe ber Ü^erf. be^ 'ünci^t^ in bem Sefer jtoar
ba« natürliche Serlangen borau^fe^t ^u erfal;rcn, ob §iob ober bic brei greunbe SHed^t 5
gelobt, aber in feiner SBeife ba^J anbere, tüeld^er SBert in @otte^ Slugen ben 3)arlegungen
bc^ Sli^u jugefommen fei. Unb bo(^ ijäik ber l^erf. bur^ bie Öinfü^rung biefe^ neuen
9Ranne!^, ber jid^ üermifet, burc^ feine ojjarte Ginftd)t beibe ^4Jarteien inö Unrecht ju fe^n,
alle^ getrau, um bem Sefer bie Jrage in^ ßerj unb auf bie Si^jjen ^u brängcn, ob bie
Sieben biefeö 3J?anne^, h^elc^er ,^iob hjegen feiner berfe^rten Öel;auptungen blo^ftellt, ben 10
Seifatt ober ben 2^abel be^ ®ottc^ gefimben fjabcn, ber ^iob baß bie greunbe blo^«
fteHenbc geugni^ giebt, ba^ er ibnen gegenüber bie -iöat^r^eit vertreten l}ab^, unb ba^ er
nur auf bie gürbitte biefe^ von ibnen gefolterten ffia^r^eitöjeugen il;nen il^re berfel^rten
Sieben Vergebe, ©el^ört (Sli^u j\u biefem SBafir^eiti^jeugen, fo ba^ er von felbft frei au^=
ge^t, er ber ben .<piob befc^ulbigt, bafe er ju feiner ©ünbenfc^ulb nod^ religiöfen 3lbfatt 15
burc^ feine Sieben hinzugefügt I?abe (34, 37), ober gef>ört er auf bie Seite ber ©egner,
von benen 3a|^Ve für il^re Sieben Su^e Verlangt V SDiefe ^rage brängt fid) bem Sefer beö
Suc^e^ unentrinnbar auf. SÜenn ^^^be biefen angeblichen 3Öa^rI?eitöjeugen neben feinem
Jhied^tc §iob, ober biefen 5ßerurteiler ^iob^ neben ben brei anberen ©egnern ignoriert, fo
^ei^ ba^ nic^t^ anberen al^: ber SSerf. be^ !öuc^e^ unb bie Sefer, benen er e^ in bie 20
§änbe gab, fjaben ben (Slii^u auch ignoriert; jener l^at für biefen 3^^f^^nfömmling fein
Sntereffe in 3lnfj)nic^ genommen, unb bie von i^m gebac^ten Sefer ^aben auc^ fein ^n^
tereffe an i^m ftnben fönnen, mit anberen Söorten: e^^ bat eine ^axt gegeben, loo ba«
85uc^ §iob o^ne bie Sieben be^ @libu gelefen tourbe, tDO auf ba^ Sc^meigen ber greunbe
unb bie le|te Siebe öiob^ ®ott felbft belebrenb unb ^^urect^ttoeifenb auftrat, unb biefe 3cit 25
liegt ber (Sntfte^ung ber Sieben ober ber ^igur be^ Glibu Vorauf. Seftätigt toirb biefer
an ficb nottoenbige ©ct^lu^ burd; baö auöbrüctlic^e ^^^9"^^ ^^^ ^^^ H^f^ 6ei ber Ses
grünbung feinet föintritte^ in bie2)i^fuffton: „ic^ geioa^re, ba^ feiner Von Qud) mü}x afö
3urec^tU)eifer auftritt (32, 12). Sagt nicbt: toir fmb auf Söeiö^eit geftofeen, nur ©ott
mag i^n ettva nod; tverfen, SKenfd^en nic^t ! (v. 13) ba er bod; mit mir nod^ nic^t bi^ so
pnüctt ^at, ber tc^) gebenfc mit anberen Slrgumenten il^n ju hjiberlegen, ate i^r fie ge«
braucht l^abt" (v. 14). 3)a bie^eunbe mit feinem Slöorte gefagt l}abm, ba^ .^xob i^nen
unb allen SWenfd^en an Älugljeit fo überlegen fc^eine, ba^ nur ©ott i^n tUva noc^ be<J
3rrtum^ überfül^ren fönne, fo fann (Jlibu nur unter bem ßinbrude fo reben, bafe in bem
Suc^e $iob nacb ber ^«^^ntion unb Crbnung feinet iWrfafferö unb nac^ ber S}abmel^= 35
mung feiner Sefer je^t, h)o bie ^reunbe auf bie le^te ^Hebe §iob«J Vcrftummen, ©ott felbft
mit bem ©rfolge ba^ SBort ergreift, ba^ io'xob bie X^or^eit feiner Sieben befennt. 3)a^
^ält er für einen 9)langel, Joeil bie ^eunbe mit i^ren (Sintoenbungen feine^gtoeg^ baö er=
fc^öpft l^aben, tva^ fic^ gegen .^iob^ ?3eti)ei^fübrungen au^ bem (Srfenntni^fc^a^e erleud^teter
unb gebilbeter 5)lenfct^en inö ^elb fteHen lä^t. 2)em 3)ic^ter aljo unb feinen Semunberem 40
gilt inbireft jene^ -t-7:Nr 'z (v. 13) ; @lif;u ioirb fic^ ioie überhaupt burc^ feinet TOenfc^en
änfeben, auc^ nic^t burc^ ba« Slnfeben bcö 2)ic^»terö in bem irre mad^en laffen, toaö e^
ibn brängt vonutragen (v. 18—21), unb ebcnfoiocnig in ben Vom 2)ic^ter Vorgefe^enen
ä^fcbler (13, 7 ff.) Verfallen, ©otte gu fcbmcid^cln unb il?m |^u liebe bq^ für &oti unvor^
teil^ft fc^einenbe ju ignorieren ober ju bcfd;önigcn (v. 21 fc^jr. wX .xb Vn rw\r). '$i^\\n er 45
$arteilic^feit überl^aupt in biefem Sinne üben tooUte, „bann mürbe mic^ mein Sc^öj)fer
alebalb verfc^n)inben laffen (v. 22)", b. h. ber Slutor, ber mid; erfunben l^at, toürbe
micb mieber jurüdjiel^en. SJialeacl^i fagt von ben guten alten ;^ctten, bafe bie Ji^ommen,
h?enn il^r eigne« Unglüd unb ba^ ©lud ber grevler fie bcbrüdte, ^u gemeinfamer Se^
rcbung jufammengetreten feien (3, IG); unb §al)Ve babe ihre äi>orte in ein 33ucl^ be« w
©cbä^tniffe« eingetragen, um i^nen an feinem Xage fein Erbarmen unb bamit ben Unter=
fc^icb be« Soofe« jtoifcljen feinen treuen Hned)ten unb ben frevlem §u erjeigen. Q^ ift
nnmöQlxd), babei nicl?t an baö 53ud; .piob ju benfen, in ioeicf^em 6iob tüünfcht, fein Ver^:
fannte« Stecht möge bocl? für bie ferne 3w^w»^ft in ein Sud^ gejc^rieben merben (19, 23),
unD ©lil^u (37, 20) bie grage aufioirft, ob Jiahve einen Sofer (fo Sept.) habe, ber von 55
Ämt^toegen notiere, h)ae &xhn rebet, ober oh baö ii>ort eine^ ehrlid;en (lie^ "? für ^^)
TOanne«, e^e eö gur i^ormerfung tonime, Verfd;lungen ioerbe. 3luf alle ?^älle fennt 3)la=
Icac^i consessus ber /vrommcn alter ^c'xt, in toelchen verfudn tourbe, ben Übeln beö
SBcItlaufe« gegenüber ju einer l:heobicee ju gelangen. 2iseun irgenb ein iöuc^ bal)in ge=
^örte, fo tvar c« ha^ 33uc^ ,s)iob, unb toenn irgenbloo, fo mufete bei folc^en i^erl;anb= go
110 ^tob
lungen and) jur ^Jrage fommen, ob c^ genüge, ob c^ mit tcm ^ortfd^rittc bcr ßrlenntni^
ntc^t aufgehört ^abe, bag toofffommenc üJlufter einer I^eobicee m fein. 3)enn ha 6ü^u
ft4> al^ ben Don neuer @r!enntni^ erfüHten unb barum au^ feiner 2ncfcrt)e ^erau^gegmunge-
nen jungen 3Rann ben änberen ate ben 2llten unb il^rer alten SBei^^eit gegenüberfteüt,
5 fo fann fein 3^^^H f^'"/ ^^fe ^^ ^^^ ^"^<^ ^}^ ^rebigt ber ^ro})I^eten gewonnene 6r=
!enntni^ Don ber jiäbagogifc^en Sebeutung ber Übel für bie ©emeinbe ©otte^ bem alten
93uc^e §iob gegenüber aU eine folc^e Vertreten foll, bie in i^m nic^t nad^ ©ebü^r ^u
SfiJorte gelommen fei. @ö bleibt nur bie S^age, ob berjenige, bcr bie 5^9^^ (Slil^u^ ein=
fc^ob, [\d) felbft mit i^r ibentifijiert ^at, ober ob er fic^ Don ibr unterfc^iebcn toijjen
10 tvxÜ. SBcnn in ber ©elbfteinfü^rung be^ ©li^u mit Siedet bie gcfpreijte ©itelteit
em})funben toorben ift, mit ber bcr Siebner im SSorau« ba« 9leue, ba^ aöict^tige, ba^ Un-
toiberleglid^e, ba« er beibringen toerbe, anfünbigt unb Dor ben ^wi^örem [xdi) fc^abet, fo
toirb man ftd^ ju ber le^teren Slnna^me bequemen müfjcn unb fagcn: bcr Ginfüger l^at
bie gigur beö 6Ii^u gef^affen unb fte hinter bie Sieben §iobö unb feiner g^^eunbe ai^
16 einen baDon ^u fd^eibenben (31, 40 *») älnl^ang eingefc^oben, um bem gebü^renbe 3Rec^nung
ju tragen, h)a^ Don ben jüngeren SBei^l^citj^fc^uIen an SBiberlegung anftöfeiger ätu^erungcn
$iob§ unb an (SrHärung auffälliger Seiben^fc^^idtfale im alten 93u^c Dermifet tourbe, unb
toa^ nac^ i^rer 3Jleinung o^ne ben deus ex machina am Gnbe, noc^ Dom menfc^Iic^^en
©tanbpunfte au« ^ätte geltenb gemacht toerbcn fönnen. 3)lit Siedet, toenn e« ftc^ barum
20 ^anbelte, bad Su^ ^iob ju einem Stufter- unb Srbauungebud^e für aße auf ben erften
Slidf ol^ne erfi^tlic^en ®runb ge})Iagte gal^Degläubigen gu mad^en; unb infofem marcn
bie 33erfuc^e ber Srgänjung e« toert, jum Slu^brudEe gu fommen. SJlit Unrecf^t, toenn
man bie im ^rolog fo beutlid(^ ate möglich ^crDorgcl^obene ©ingularitöt be« JJaHe^^iob«
in« äuge fa^t, toelc^e c« unmöglich mati^t, ba| ber toieberJ^ergefteHte §iob toie ber Don
26 @lil^u gebac^te burd^ Seiben ä3efel^rte ^ätte Don feinem ©c^icffale fagen fönnen, e« fei barum
über i^n getommen, toeil er fid^ Derfünbigt unb ba« Siecht gebeugt l^abe (33, 27 f.). 3n=
bem ber Sinfüger bal^er ben ©li^u mit ben größten 5}erfpre^ungen auftreten unb nacbj^er
in crfd^redEter Serfaffung mit bem Sefenntni« ber Unfinbbarfeit ©otte« fd^Iiefeen läfet,
h)o ba« Slufjie^en be« brol^enben (37, 1) 2Better« i^n befonber« nal^ejubringen fc^eint
30(37, 23), im übrigen aber ben ©d^Iu^teil bc« urfprünglic^en ^iob fo toiebergiebt, Jme er
Dor ber Einfügung ßlil^u« toar, giebt er ^u Derfte^cn, ba^ ba« 93ud^ §iob richtig auf=
gefaxt Don ber burd^ßli^u re})räfentierten inbireften Äritif nic^t tangiert tocrbe. 3ft ba«
richtig, fo bürfen toir i^n für einen bem urfDrünglid^en Siebter ebenbürtigen ©eift ^Iten
unb bie Sieben feine« ßlil^u für ebenfo ber Slufnal^me in bie ^eilige ©c^rift toürbig, toie
36 bie Sieben ber brei greunbe; benn hjie fie Dertritt er unbeftreitbare SBa^r^eiten, aber bie
9lrt, toie er fte auf $iob anioenbet, ift eben fo Derfe^rt tüie il^re.
SJac^ biefem mu^ man alfo 6Ii^u toegbenfen, toenn man bie Anlage unb bie W)-
jtoedfung be« urf})rünglic^en §iobgebi(!^te« Derfte^en toitt. SBelc^e Umbeutung ber gigur
be« §iob gegeben h)erben mu|, toenn man ßli^u für einen integrierenben Seftanbtcil be«
loSud^e« l^ölt, fann man am beften bei S3ubbe fc^en, tüclc^er mit unermüblic^^cr arbeit
unb erfinbcrifd^em ©c^arffinn il^n für ben 3!)i(^ter ju Dinbi^ieren gefuc^t ^at.
2. 2)er2lufri6 be« bialogifd^cn leile«. SDen eigentlid^m Äör})er bc« ©ebic^te«
bilbet bie Untcrl^altung ber Dier in 2, 1 1 aufgcftedten greunbe, in ber man Don alten 3eiten
l^er brei Slunbgänge be« ©efpräct^e« unterfcbicben bat (Ä. 3—14; 15—21; 22—26);
46 nac^ i^rer Seenbigung rebet nod^ je ^tücimal erft §iob (Ä. 27. 28 unb 29—31), bann
Sal^De au« bemStauf^en be« SQäinbe« (R. 38. 39 unb 10, 6—41, 26). 3)a ber «erf. in
3, 1 ben bie ganje Untencbung cröffnenbcn unb beftimmenben ©c^merjen«au«bruc^ $iob«
burd^ ba« SBort „banac^" in bie engfte jeitlic^c Sejic^ung ju ben fieben S^agen unb
3tädi)Un bc« ©d^toeigen« (2, 13) geftedt l)at, unb bie Scgrenjung be« ©d^toeigen« ber
60 ^eunbe auf bie fieben "J^age einer 2öodf>e nur Derftänblit!^ ift, tocnn am ati^ten 3:age ober
am erften ber jlüciten äöod^e jene ba« ©d^toeigen gebrochen b^^en, fo bürfen toir al«
fic^er annebmen, bafe mit ber Älage :&iob« aud^ bie baburc^ Deranlafeten brei Sieben ber
greunbe unb i^rc erlüibcrungen burc^ öiob, b. f}. ber crfte Slunbgang be« ©efpräd^e«
ben erften lag ber gleiten ffioc^c angefüßt l}at. 3lad) ber älnalogie toirb man geneigt
66 fein, ben jtoeiten Ä. 15—21 auf ben jttjeiten lag, unb ben britten Ä. 22—26 auf ben
britten lag ju legen, ^n ber 2:^at fagt^iob, Wo er im britten Slunbgänge jum erften^
male ba« Sßort ergreift (23,2): ,,auc^ Freute finb meine ©ebanfen bitter (I. "^^); meine
^anb ift fc^tücr gcmorben bei meinem ©d^merjgeftöl^n". an bem 'Xejte ift abgefelj^en Don
"•"^-, beffen ^ ein fleine« " h)ar unb bie 2efung "i"'- neben ""- jur SBal^I ftälte, nidj^t«
eo JU änbem ; benn ba« f(^einbar unbeftimmte „i^n" in v. 3 Derfte^t fic^ nad^ ber ÜRa^«
^i»i 111
nuna beö SKfaj „Ic^rc jum ällmäci{|tt0en jurücf" (22, 23), „ergebe ju Sloal^ 2)em ätm
gcji^t" (v. 26) o^nc ©^hjierigfeit. ®a^ ©c^hjcrhjcrben ber $anb ift gemeint toie bei
3Jlofe @j 17, 12; bie §anb ift au^eftrccft gu ®ott, um Sinberung unb 8efci{|h)ici{|ti0un0
ber hap ®eftö^n Derurfadf^enbcn ©df^merjen Don i^m inßmpfang ju nehmen, mic?ßf77,3
(too JT^?; nad^ ©ej)t. ju lefen). S3eibe 3KaIe ftcßt ftc^ ber Seter bar aU einen, ber bie 6
gange Siac^t Dergeblidti jju ®ott um §ilfe gefleht ^at. 6^ ift feine Sinberung eingetreten,
be^^b ift auc^ ^eute jeine Stimmung eine folc^e ber Serjtoeiflung. ^c natürlid^er biefe
SSorte lauten, befto ftd^erer ift e^, ba^ ^iob ben heutigen %aQ geitlid^ Don bem geftrigen
unterfc^tbet unb inl^altlic^ mit i^m gleic|ftellt. @r beftätigt dfo bie Dom Serf. an bie
©anb gegebene Slnna^me, ba^ bie brei ©efprädf^e auf ben erften bi^ britten S^ag nac^ ber lo
SSSoc^^e be« ©c^meigen« Derteilt ju benfen jeien. 2)a^ ift aber Don SOSidfitigfeit für bie
S5eanth>ortung ber t^age, toe^^alb ber 2)id^ter bie nai) SBeenbigung be^ ©ef^jräd^e«! fol«
genben beiben Sieben §iob^ 27. 28 unb 29—31 burc^ bie an 3, 1 anfniH)fenbe gormel
„ba t^t $iob einen Weiteren älu^fpruc^ unb fagte" (27, 1; 29, 1) Don ben früheren
unb Don einanber gefd^ieben, unb hjeöl^alb er jmei Sieben gal^De« au« bem raufc^en= i6
ben ©turmtoinb mit gleicher (Einleitung (38, 1; 40, 6) ftatuiert unb mit jeber ein
Sefenntni^ ber ©elbftbemütigung §iob^, gemifferma^cn afe Sleflej be^ ©inbrucfe« ber
Siebe Derhiüt)ft ^at (40, 1—5 unb 42, 1—6). ,Sh)^iHl«>^ nämlid^ mit ber 2lbfi^t, ba^
ber Sefer bie beiben fclbftftänbigen Sieben ^iob^ 5i. 27—31 ate am 4. unb 5. iage, bie
3al^Dcd am fedf^ften unb fiebenten 3:age erfolgt benfen foH, toie benn auc^ nad^ ben 20
fieben 3:agen fieben (42, 8), unb nic^t nad) ber Hojjfjal^l (toie 1, 5) brei Dpfer Don
ben greunben geforbert Serben. 2)ann fte^cn ben genau bemefjenen fteben Ziagen be«
S<^h)eigen^, beren golter ben .§iob Deranla^t, in milber ßtregung fein fieben ju Der^
iDünfd^, ebenfo genau bemefjene fieben 3:agc beö Siebend gegenüber, an beren 6nbe
fic^ §iob in bemütiger ©elbftDerleugnung C^^- ^^i-^ = iq)avltaa efiaviov S) bem 26
(Sötte an^eimgiebt, ber fic^ il^m in feiner bie trabitioneße SJorfteBung überragenben
Oröfee gqeigt ^at, unb bod{i ba^ 3^WÖ^^^^ em^jfängt, ridf^tiger Don Sott gerebet gu
^ben, atö jeine brei i^m toiberf^jrec^enben ^reunbe. SJlit abfic^tlic^er Äunft ift alfo
ba^ SBcrben ber neuen religiöfen erfenntni<^ burc^ ba^ 3RitteI einer fiebentägigen SJer^anb«
lung Deranfc^aulic^t, bie ftc^ an ben )öejudfi ber ^eunbe unb i^r ftebentägige« ©c^meigen so
anf^Ke|t. SKit Siecht l^at beö^alb fd^on Il^eobor Don SJlopfuefte ba« 33ud^ $iob mit ben
3)ramen ber ©riec^^en Derglidf^en, in h)elc^cn bie Sieben ber auftretenben ^erfonen ber freien
Äunft be« 2)id{|ter« i^re ©ntfte^ung Derbanten. 3lud^ unfer Siebter l^at bie Unterrebner
ate inbiDibueH ge})rägte ^erjonen crjc^aut, auc^ bie brei ^eunbe, tro^bem ba^ fie bie=
felben ©runbfä^e Dertreten, toie bem aufmerfjamen 3"^örer nid;t entgegen, ^ier aber nxä^i 35
bargelegt toerben fann. SJlan l^at bagegen eingehjanbt, e^ fe^le bie §anblung. Silber ba«
SBerben neuer religiöjer erfenntni« be^ 3){enjd?en im Äam^jfe ber SJleinungen, im ffliber«
ftreitc ber ©efül^le, im SBcd^fel ber affefte, bie burc^ ein uner^örte^ ©d^icfjal erregt fmb,
in flarem gortfd^ritt Dorgefül^rt, toeel^alb foB baö nic^t al^ §anblung betrachtet hjerben,
ba bo<^ ba« religiöfe ©rfennen aud; ein .^anbeln ift? 3)a| §iob ben ©d^merjenefc^rei 40
bc^ Ä. 3 in 6, 2—7 felbft al^ ein burc^ ba^ SBunbfieber feinet Scibenö i^m abgepreßtem
3rrcreben ^jreiägiebt, bofe er in ft. 27—28 ben biöputatorifc^en Slusfü^rungen gegenüber,
bie bie ^^eunbe erjc^reoen, feierlich beteuert, bei ber grömmigteit al^ Seben^grunbja^ Der^
^arrcn ju toollen, bafe er am ©c^luffe ben Äontraft ^toifc^en feinem früheren ©lüde unb
ber graufamen SRi^^anblung, bie i^m tro^ bcö beioa^rten reinen ©etoiffen^ gegen ®ott 45
unb bie SRenfc^en Dom ©d^idfal ioibcrfal;rcn ift, mit garbcn jeic^net, meiere nur bie
©c^nfuc^t bem ^erjenm nac^ bem tebenbigen (^ott mifc^en fonnte, bam allem jeigt boc^,
bafe Dor unferen D^ren innerlich gearbeitet mirb, ba^ ein Strom bem Sebenm Dor unm
toogt, ber nad^ Übertoinbung aller ^inberniffe bam '^xzi feinem iJaufem erreid^t.
3. 3)ie Sieligion §iobm unb feiner (Senoffen. ^iob ift fein ^ro^jj^et, w
ben ©Ott unmittelbar unterrichtet, er ^at feinen religiöfen Unterricht Don 3Jlenfc^en em«
j)fangen unb bamit eine öefc^ränft^eit feinem 2)enfenm unb Urteilenm, Don ber i^n erft
bie ureigne ®rfa^ung Don ©Ott nac^ 42, 5 befreit \:}ai. (Sr ^at feine frühere ©rfennt^
nim nic^t aufgegeben; berfelbe ©ott, ber i^m bim^er burc^ Xrabition funb getDorben
Xwa, ift em, Don bem er jagt, je^t ijaU er i^n mit eignen 2(ugen gefd^^aut. (Sm l)anbelt 66
Svi^ olfo um einen gortfd^ritt in ber älnfc^auung Don ©ott, bei toelci^em bie frühere
©tufe ni<^t alm S'^"'"/ ober alm UnDolltommen^eit erfc^eint, fofem ©ott nid^t in feiner
ganjen ©röfee, ber Segriff ©ottem nicl)t in feiner Dollen 2:iefe erfaßt Sorben ift. 3)ie
SleUgion §iobm unb feiner greunbc ift feine i^olfmreligion, fonbem fte ift bie Sletigion
ber SBeifen, ber gebilbeten ©ro^en, meldte ju einer ^armonifc^en a^eltanfic^t gelangt 00
112 $tob
finb unb fic aU bcn örtraij x^xcx Sebcn^erfa^ruug unb iücit uinfd;aucnbcr Scobad;=
tung in Stegcln unb ©entcnjcn i^ren ßrbcn übermitteln. 3Kan fann fic mit bem 5?ür=
fc^ung^glauben ber griec^ifd^en unb römifd^en 3Beifen (j. 93. ^lutarc^^ unb Senetaö)
toergleicben, iDenn man nur nicbt bie Energie überfielt, mit ber bic ®ottf)eit ate ber per-
6 fönlid^e 3Beltfönig bem ^jerfönlic^en 9Jlenfc^en gegenüber gefaxt ift, unb bie Sebenbigteit
be^ religiöfen ©efü^le^, toeld^e^ in allem ®ejcbel;en 'Üu^erungen biefe^ ©otte«; fielet unb
fic^ bur^ bie güDe ber 3JJittelurfac^en nid^t ^inbern lä^t, fie al^ fold^e ju empftnben.
©Ott ift ber unbergleic^lid; 2öeife unb 3Käc^tige, ber bie SiJelt be^ 9Jlenfd;en l^ert)orgebrad>t
l^at, ihren Sauf na6) beftimmten ©runbfä^en lenft. @r ift ba^ fitttic^e Urbilb be^
10 3Renfc^en, fofem er mit ^reunblid^teit unb (Srbarmen feinen ®ejd;öpfen guborfommt, ba«
Unrecht fei e^ burc^ natürliche Äonjequen^ fic^ felbft h)ieber aufl?eben ober burd^ pl?äno=
menalen (Singriff in ben Sauf ber3)inge gehjaltfam beseitigt Serben läjt. dagegen ru^en
feine 2lugen tüo^lgefäHig auf benen, tüelcbe i^m aU i^rem S^iöpfer unb iserforger bie
ei^re geben, nac^ feinem Silbe ©erec^tigteit unb barmherzige Siebe üben, in 3:rübfal auf
16 feine §ilfe ^offen ; unb er beftätigt if)nen il;ren ©lauben unb SBanbel burc^ Fügungen ber
©rrettung au^ ber 9lot unb huxd) Sicherung inneren unb äußeren ®lücfe«{. 3)er t)om
SBeibe geborene 9Kenfd^ toieberum ift jhjar um feiner natürli^en Sünbl^aftigfeit h)itlen
unb, h)eil ©ott unb ben ©eiftem gegenüber au^ irbifd;em Stoffe geworben, bem Soofe
ber )8crgängli(^feit untertüorfen ; in beftimmten 3^it»^<i6cn erfc^öpft fic^ jeine Seben«fraft,
20 f obafe er au^^auc^t unb in ba^ 3leic^ be^ 3)unfel^ entfc^toinbet ; unb auc^ o^e baö ift er
toel^rlo^ gegen ba^ SJerl^ängni^ eine^ plöftlic^en unb gemaltfamen 3:obe^. 3lber jtoifd^en
feiner (Smpfängniö unb feinem (Snbe ^at (Sott bem 3Jlenfc^en eine grift be^ ^eranmac^fen^,
be^ SBirfen^ unb be^ ©cnuffe^ toerftattet, meiere ba^ Seben boc^ lebeneioert madj^t. SKit
liebet)otler ^wrforge bilbet ©ott fic^ ben ü)tenfd^en ate ein über ben anberen fmnlic^en
25 Scbemefen fte^enbe^ ftunftmert l^eran, unb erjie^t i^n ju bem redeten Seben^Derftanbe. 3Dcr
aber bcfte^t barin, ba^ er ©ott aU feinen unb aller ajiitmenfc^en Sc^öjjfer unb al^ ©eber
aUeig ©Uten erfennt, in 2)emut auc^ ba^ Übel l^innimmt unb auf (Sott al^ Sletter t)er=
Iraut, bafe er um feineth)itlen fic^ rein erl;ält t)on ber 93eflecf ung 't>uxd) fünblic^e 33egierben
unb, in bem SelDufetfein Don ©otte^ öergeltenber ©credj^tigfeit unb ©rbarmen, im 3ierfel^r
30 mit ben 3Renfd[)en ba^ Stecht ma^rt unb ber 93ebrücfung unb 9Jot meiert. Db er bitfen
SJerftanb lernen tüitl ober berac(>tet, baüon ^ängt ©erec^tigfeit unb gret)el, ©lud unb
SSerberben ah, n)etc^e al^ unmittelbare Sleaftion beö göttlichen SBo^l- ober 3)iifegefallen^
erfdfieinen. SBer burc^ ©otte^furdj^t unb a)kibung beöSöfen afe burc^ bie h)a^re menfc^=
lic^e SBeie^eit, fid[) in bie auf ©otteio unbegreiflicher SBeii^^eit beru^enbe ®utajie be^ 3Bclt::
86 all^ ^armonifdf) eingefügt j[)at, ber fommt too^lbe^altcn burc^ bie SBelt unb glüdlid^ ju
feinem ^kU. 2)a^ aber ift, bafe er Dom ©enu^ eine^ befriebigten SebemS gejättigt, am
6nbe feiner 3:age jur SRu^e be^ ©rabe^ eingebt, gleich bem SBci^en, Der abgefc^nitten auf
bic 3:enne gebracht mirb, nac^bem er in bem reifen Äorne ba« 3^^^ f^^"^^ Öeftimmung
eneic^t ^at.
40 (^^ liegt auf ber §anb, ba^ eine folc^e SBeltauffaffung fid^ nur ba bilben fonnte,
too blo^ ein eng begrenjter 2:eil be^ ^JJienfcb^eit^leben^ ©egenftanb be^ 3;"^^^^ff^ h)^^^
too ber 'JJienfc^ nodb in unmittelbarer äBec^felioirtung mit ber t)on ©ott erfüllten 9iatur
ftanb, too eine einfad;e unb burc^ficl)tige Don ben HidUxn ^er überlieferte Orbnung ba^
©emeinleben regierte, h)0 ber §auet)ater für fiel? unb bie ©einen ftd; (Sötte birett t)erant=
45 toortlid^ Jou^te, h)o nod^ nic^t bie fomplijierten iser^ältniffe ber großen ©täbte unb bie
el^irgei^ige unb geipalttbätige ^olitif ber äüeltb^Haftien fic^ \m eine fflanb jtoifc^en ben
(Singeinen unb feine $flid^t, jiüijcl^en ben 3){enf4>^n unb ©ott gefdj^oben b^tte. Unter
fold^en einfachen Sebenebebingungen beloäl;rt fic^ mciftenteite burc^ ben t^atfäc^lic^en
erfolg ba^ 3,^erl)alten ber ©otte^furc^t unb ber 3){eibung be^ Söfen alö bie jum
60 ©lüde fübrenbe Älug^eit, ba^ SBiberftreben gegen i^re ©runbjä^e unb bie barauf ge-
bauten Crbnungen al^ felbftmörberifdbc 3:l)or(;eit. 3lu^ 3)Jufterfällen unb burc^fid^tigen
©c^idfalet)ertettungcn erfennt man bie juücrläjfige ©erec^tigteit, mit ber ©ott ha^
Seben ber '3Jienfcben regiert, unb in ber ©c^neUigfeit unb ^iegelmä^igteit, mit tüclc^er
ber be^ 3)ienfd;en 3i>erf bebingenbe Dkturlauf au^ 'ilberrationen, loie ^JJii^mac^s^ unb
66 Neuerung, ©ehjitterfdniben, ©turmfluten, geueröbrünften, äJultanauöbrüc^en, (Spibemien,
jum normalen ÜBege unb ©tanbe gurüdfe^rt, nac^bem er in bem betroffenen Sanbe
bie ©otte^furc^U neu bcgrünbet, bie :3^<^"ben äurüdgcbracl)t, bie I^rannen ju fc^anbcn
gemacht, bie grontmen in bemütigem ä^ertrauen beioäbrt l^at, fonnte man nid^t blo^
bie gerechte unb ergiebenbe §anb ©otte^, fonbcrn auc^ eine ^^Jrobe barauf erbliden,
CO ba^ bem 3)ienfd^en noc^ bei Seibeeleben toiberfä^rt, ma^ i^m nad^ göttlid^er SRe^töorbnung
^iob 113
^ufontmt. SBa^ man fo gelernt, toenbet man natumotlDenbig, toenn man fie nxd)t ab^
f^tlic^ ignoriert, um jic^ ntd^t irre madf^en ju (äffen, and) auf bie galle an, bte nic^t
bur(^fi(^tig finb. 3Ran fann [\d) auf ba^ unbefannte S^^'^^Cf ^uf berborgene ©ünben ber
Umgefommenen berufen, toelc^e bem atte^ burd^fd^^auenben ©otte offenbar ftnb. 3Kan fann
ben etnjetnen 3Kenfc^en im 3wf^"^"^^'&ö"9^ /"^ \mm Siac^fommen faffen, unb fo 6
bie 3^'^f"^ ^^ ^^ ^^^ §immcl ber göttlid^en ©ered(>tigfeit jur boHen Älar^eit ^urü*
fe^rt, über ben 3:ob be« einzelnen l^inau^ verlängern. 9Äan fann ba« lange bauembe ®Iüdf
be^ gteöler^ burc^ bie aufeerorbentlic^e ^eftigfeit (einer enblid^en Äataftropl^e, ba« Seiben
beö grommen burc^ bie ade feine SBünfd^e überfteigenbe Orö^e feinet fd^Kefelic^en ®lüdfe«,
man fann beibe burc^ bie innere '']im unb 3lngft be^ böfen ©etüiffen^ bort unb bie lo
friĀt)oIIe (Selaffen^eit bed guten Oetoiffen^ ^ier fom))enrtert benfen unb fo fid^ gegen alle
Stngriffe ber ©jpötter unb Ungläubigen gebedtt mahnen. 3)iefe 2lnfd{iauung \)at toiel SJer«
toanbtfd^ mit ber Sieligion 3^rael^, unb bie Sieben ber g'^eunbe, hjenn mir i^nen bie
aftueHe SSejie^ung auf ben perfönlid^en ^U §iob^ nel^men, fönnten jur ©eite ber bibaf«
tifc^en $falmen einen ^la^ im 2ieberbud^e ber i^raelitifc^en ©emeinbe beanfpruc^en. i6
Iro^bem ift fie d^arafteriftifc^ babon berfc^ieben, toeil i^r ber Segriff ber 5Wenf(^^eit unb
i^ ©efd^ic^te fe^lt, in ber fid^ ®ott fortfc^rcitenb offenbart, um fie an bae i^rer @r«
fd^affung ju ©runbe licgenbe S^d ju fül^ren; eö fel^lt bie 33erl^ei^ung, toel(^e ^^xatl be«
^rogramme^ ber göttlidf^en 2Beltleitung ^jofitib getoi^ mad^t, fobaf e^ felbft ben ©egenfa^
bon Sieben unb 2:ob, bon 3lufblü^en unb 3^^örung aud^ be^ au^erforenen 3Solfe ge*ao
bulbig ertragen unb al^ nottoenbige^ 3Kittel bem erfannten 3*ücdfe ®otte« einorbnen fann.
6^ fe^lt ber grofee lag 3Äl^t)e^, toeldf^er alle im Saufe ber 5üJenfc^^eit^efc^id)te gefd^ürjten
Änoten löft, alle ungeftillten J^ränen abh)ifdE)t, alleiS unterbrüdfte SRed^t mieber^erftellt, alle«
Unfraut unb alle ©preu befeitigt, alle Äcime gotterfüHten Seben« jur t)ollen Entfaltung
brinat, ollem gragment ®ebliebenen bie SoHenbung fc^afft unb ba« ©eufjen ber Äreatur 26
burc9 SSerflärung ber 9latur in ^vbd unb ^^ud^jen ioanbelt. 2lber jene Sieligion ^at
Äeime in fu^, tozl^t nur entfaltet m toerben brauchen, um fte ^u bottenbcn, unb J^anb*
greiflic^e Söiberfprüc^e, bie burc^ ©rmeiterung unb Vertiefung il^re« porttit)en ^rinjij)«
gelöft toerben muffen. 3" i^"^ gel^ört in erfter Sinie bie energifd^^e ©rfaffung ®otte«
ol« be« lebenbigen perfönlid;en, mit feiner ganjen ^^eilnabme bem 3)Jcnfc^en jugemanbten, 90
unb ber Sejie^ung bee TOenfc^cn ju i^m al€ einer fold^en bon 3^ wnb 2)u, tvtl(i)t bem
J^ommen ermöglid^t, in i^m ^eube ju ^aben unb auf i^n ju Vertrauen in aller ^txi.
©obonn ber fefte ®laube, bafe ber Staturlauf unb bie Äette ber ©c^idffafefügungen mit
aßen i^en fonft ba« 3)enfen berioirrenben 5)unfel^eiten cntfelbftftänbigt, in ®ott gefegt,
alö ©elbftbet^ätigung ®otte«, be« fittlic^en Urbilbe« be^^ SJlenfc^eu aufjufaffen feien. Slber 35
eben ^ier liegen auc^ bie nieberjurei^enben ©df^ranfen, bieSöfung ^eifc^enben aSJiberfprüc^e.
3ft ber ben Slaturprojefe unb bie SKenfc^enfd^idffale allein hjirfenbe ®ott jugleic^ ber, ber
ben J)erfönlic^en SKenfc^en bilbet, gu einem bei atter Jurc^t hoi) fo gu nennenben Vertrau-
lich SJer^ältni« burd^ liebenbe ^ürforge ^eranjie^t, hjie fann ber lobei^^uftanb, ber boc^
aui^ ein bon bemfelben ©otte gefegter ift, al« ein enblofe« ffleilen ber gottentleerten 40
©ccle im abfoluten 2)unfel gebac^t toerben'c^ Reifet eig nid^t ben aUmäc^tigcn ®ott, ben
man gefegt, toiebcr aufgeben, tomn ber Stob bie ÜDlenfd^cn feiner §anb cnt^ie^t'f §ei^t
e« nid^t, bie tröftlic^e SBal^r^eit, ba^ ber gronime ©otte pcrfönlid) mert, ein SDloment im
göttlichen 33eh)u^tfein ioerbcn fann, n)iberrufen, ioenn ber in feiner perfönlid;en ©emein=
f(^»aft Slu^ereifte, fobalb er gcftorbcn, ber Öetbätigung ©otte^ an ibm eiitriffcn ift unb 45
©Ott boc^ nad^^er berfelbe ©ott bleiben foH, ber er juvor gcioefenY Ünb meieren ©c^ein
h)irft biefe« ßnbe, fobalb e^ al« Von ©ott feftvjeftellte« 3iel gebadf^t toirb, auf bie Voran-
gegangene ©emeinfc^aft'^ 3>f* c«©olte perfönlict^cr (Srnft bamit getoefen, l^at er fic^ h)irtlicb
bem Slenf^^en aU fein bcfeligenbe^S ©ut gegeben, ober tvar eö nur eine leere, no6) baju
von ®ott felbft ^ervorgebraci^te ßinbilbung be« ^Kenfc^eni* SlUeberum bie SSertraulic^feit »
bc« 3Ser^ältniRe«, in toelcbcm ber fromme ju bem äUtoeifen unb 3lllmäc^tigen ftel^t, ber
nac^ ben ©runbfö^en urbilblicber ©ittlid^^feit ben Sauf ber Statur unb ber SKenjc^en^
gefc^icfe lenft, erh)edt naturgemäß ben 2rieb, nacb bem S)ia^c ber eignen fittlid^en (Sr^
fenntni« bei aller bemütigen %nxd}t Vor ber überragenben Süei^l^eit ©otte« bie göttlid()en
Fügungen nad^jurec^nen unb al« gerecht ju erproben. 2lu« Slettungen unb au« ÜJer* 55
tilgungen, bie biefelbe ©eneration erlebt, bie auc^ bie Unterbrücfung be« Unfc^ulbigen unb
ba« ©ebei^en be« frevler« mit angefel^en ^at, ift ba« geredete ©erid;t ©otte« ju erfennen,
baburc^ le^rt ©ott bie SJlenfd^beit ba« Slccbt. CSr lä^t fidi bie So«l?eit entmideln unb
bie ©erec^^tigfeit \xi) im Seiben voücnben, aber er ^at beibc« in fefte 'Ü)ia6e gefaxt, unb
man barf feine« eingriffe« in gebulbigem SSertrauen l^arren. 2lber n)ie lange fann man ♦»
«caUdnctjflopäbic für ^bcoloflie mib «Irdjc. 3. %. VIII. g
114 $tob
garten V 2)od) nur biö an baeßnbc bciSSebcn^, \)ox bcm man niemanb oIücHid; pXQ^cn,
über feinen ein befinititoe^ Urteil fallen !ann. 2lber lüenn nun ber lob ben erfolgreichen
gebier ber ftrafenben, ben unf(^ulbig ©e^lagten ber rcttenben .^anb ®otte^ entjiel^t, toenn
mit ber Oeneration auc^ ba^ 2tnbenfen an bie nodfi ungebü^te ©c^ulb, an bie nod^ nid^t
6 gerec(^tfertigte ttnfc^ulb ftirbt^ foQ man aud^ ba nod^ auf ba^ geredete @ertc^t @otte^
^offen unb toem fommt e^ ju gute'c^ ®ie 33öfen unb bie UnfAulbtgen felbft trifft e^
nid^t me^r, bie fünftigen ®enerattonen toerfte^en e^ nic^t me^r; lurj bie fo fic^ etma er=
geigenbe ©ered^tigfeit be« nic^t^ bergeffenben ®otte^ ift bann eine fpejififc^ anbere, aU
bie er bon ben aWenfc^en forbert, bie er fie leiert, bie er ber 2^^efi^ nac^ i^nen burc^ feine
10 gügungen beftätigt. gft fte aber eine fl^ejififd^ anbere, bem 3Kenfd^en tro^ feiner ©otte^-
bilblic^feit unberftänblid^e, fo fann fic auc^ alö bie auf ben llnterfci()ieb t)on böfe unb gut in
ber 3Kenfd^^eit ^ar feine SlüdEfic^t ne^menbe ©elbft^errlid^teit be^ abjoluten SDeöpoten gefaxt
toerben ; unb bie ga^lreic^en ^^lle, in benen gan^e 3Renfc^engrui)pen tro§ be^ unter i^^nen
befte^enben ©egenfa^eiS t)on ©c^ulbigen unb relatib Unfc^ulbigen, toon 33eranth?ortlic^en
16 unb Unberanttüortliqien burc^ biefelbe ^lage ^ingcrafft hjerben, ober ein burc^ blutige (Sr=
oberungen i^nen aufgenötigte^ entU)ürbigcnbe«J ©flabenjodfi tragen unb auf Äinber unb
Äinbe^finber Vererben, ate toäre eö immer fo gehjefen unb toürbe auc^ f o bleiben, unb anbere
mel^r fönncn bann afö getoic^tige ^nftan^cn bienen, um bie gölle loieber aufju^eben, in
toeldf^en ber ©laube baö geredete ©crid^t ©otte« erjd^aut l}at, unb fo brol^t bie f lare 3?er=
20 traulic^feit be^ SSer^öltniffe^ gu ©Ott fic^ in beängftigenbe^ 2)unfel ju berhjanbeln. 6^
ift flar, bafe toenn biefer ©laube burci; eflatante (Srfa^rung erjc^üttert toirb, er fidj; felbft
aufgeben ober \\(i) bertiefen unb erweitern, bie Äeime ber SBal^r^cit entfalten mufe, bie id^
oben aufzeigte. @r mu^ baju fortfd^reiten, ba« perfönlid^e 93erl^ältni^ be^SKenfd^en fo ju
benfen, bafe auc^ ber 2;obe^juftanb il;m alö ein 3)urc^gangeftabium jur äJoHenbung cin=
26 georbnet toirb, unb ba^ bie 3Jienjd^l^eit barum für einen bie ©efc^id^te abfc^liefeenben Jag
aufbelDa^rt hjirb, too olle SQSege ©otte^ fic^ bor i^r rec^)tfcrtigen, toie fie e^ in inbibi-
bueß unb jeitlic^ befd^ränften ^rälubien erlebt unb barauf l^in geglaubt f)at.
4. 3)ie ben 2)ialog umra^menbe ßrjä^lung. 3tber toie follen toir un^ ben
eflatanten gall benfen, ber geeignet ift, ben altt)äterlic^en, ba^ irrationale 3Dogma t)on ber Se=
90 enbigung ber 3tngel^örigfeit be^ 3Henf4en an ©ott burc^ ben 3:ob mit fi^ fü^renben ©lauben
JU erfc^üttem, unb jum Sangen nac^ trofttootterer SDSa^^eit ju reijenV Offenbar am
beften fo, ba^ ein ejemjjlarifc^er S3efenner biefed ©lauben^, beffen 2Banbel in ©otteefurd^t,
in ftttlid^er (Selbftguc^t, in ®erec(^tigfeit unb ä3arm^er;igfeit allgemein befannt unb i^m
felbft h)ie allen anberen burd^ ftet^ ftc^ gleidf^bleibenben Segen bed ©rge^enö göttlich be=
36 Jfötigt ift, plö^lid^ burd^ eine auffallenbe Häufung ungetoö^nlid^er, fid^ aU birette göttliche
Ser^ängniffe barfteHenber Äataftrop^en aller feiner, auc^ ber bem §ergen teuerften ©lüd^^
guter graufam beraubt toirb; toenn eben berfelbe, nac^bem er in bemütiger Selbft^
bejc^eibung [xi) unter bie gehjaltige §anb ©ottei^ unb i^re ©erläge gebeugt l^ot, h)ie jum
So^ne bafür plö^lic^ bon einer quafooHen unb efel^aften, unj^eilbaren unb ju einem ent=:
40 fe^lic^en iobe fü^renben ßranf^eit befallen mirb, bie aU eine ©otte^ftrafe gilt unb bie
man bem 93erfluc()ten antoünfc^t. fflenn bann enblic^ berfelbe ©laube, ben er mit SßJort
unb ffianbcl befannt ^nt, um biefe^ feineö Sc^idfal^ toillen gegen ij^n auftritt, i^n al^
))raftif^en SHenegaten auflagt, auf bie Wolter legt unb fid^ anjt^idt, i^n ben flammen ber
menfc^Uc^en aSerbammung alö einer Jjflic^tmä^igen Seftätigung be« göttlichen Urteile ju
46 übergeben. Xamx fommt in ber Seele ber ©laube, ber boc^ gelebt unb ate SBal^r^eit
erfahren toorben ift, in Äonflift mit ber unaufgebbaren inbiöibuellen fittlic^en Selbft-
getoi^l^eit, ol^ne bie er felbft nic^t SBal^r^eit h)äre; eö ergebt fic^ ein Äampf ber ©efü^lc
unb ber ©ebanfen, in h)eld;em ber ©laube, fofem er ^raftifc^c SBal^r^cit ift, ftc^ jmar
be^auj)ten mag, aber ba^ ©emanb ber tl^eoretijd^en Äonfequenjen ober §ilfeborfteUungen,
60 ba^ er bi^l^er getragen, ber 3^^f^^""9 P^ci^Ö^^^" ^^'^ T^^ au^i^^cn laffen mu^, um ein
beffere^ ju fuci^en. 3)enn nic^t ber ©laube felbft, fonbem bie Sc^ranfen unb bie ^^«l^ler
feiner bogmatijc^en g-affung haaren ^, bie unter ber 3Ka«fc be^ ©lauben^ bie inbibibueHe
fittlid^e Selbftgetoi^l^eit ju bernic^ten fuc^ten.
^nbem er biegigur be^^iob erfann — benn nac^ bem alten talmubifc^en Spruc^
BßNin Vw": NbwN ws-n: wN^t rrn n:: (ßab. bath. 15^) ift §iob feine ©eftalt ber ©cfc^id^te,
fonbcrn ber bid^terifc^en ©rfinbung — unb il^m in einem beftimmten 3Romcnte feinet
©rgcl^enö bic^wunbe jugefetlte, fc^uf er bem C^robleme eine ergreifenbc ^jerfönlid^e ©eftalt
unb ben Slrgumenten ju feiner Söfung perfönlic^e 2:räger; barum ift beibe« hja^r, ba^
bie getüaltigfte ßrregung bc^ inneren Seben^ in bem gelben ber §anblung bor un^ bo^in^
60 flutet, unb auc^ ba^, h)a^ 2:^eoboruö unb §offmann bon ber r^etorifc^en 3)cflamation
^iob lt5
fa^en, bic bcn Dialog (^araltcririert. 2)enn bcr S^^tcllclt fuc^jt [;icr im aSäettbctocrb ber
Sntcrcffcntm ein auföegebcnc« (Sjemi^el au^mrec^nm ; ^ ift natürlich, bafe mit r^ctorifd^en
Slitteln ber eine SJerfud^ ben anbeten nieoer^ ober übertrunHjft. 316er ba^ ?ßrobIcm ift
fein rein t^eoretijd^ aufgegebene^, fonbem eö ^at ^^eifc^ unb Slut angenommen, e^ tritt
in ber ©eftalt ^\oH auf bie 93ül^ne, ber ficb jelbft gum SWätfel gelDorben ift, beffen 2ö* 6
fung er fudf^en mu^, um ftd^ in feinem SBerte ju bc^au)jten, unb ba« feine greunbe unb
©lauben^enojfen in bem SenjufetWn ju entziffern fuc^en, bafe c^ fic^ um Seben unb %o\>
^nbelt, toeil um bie Jrage, ob fic bon ®ott rid^tig ober bcrle^rt reben.
SBer bie organifc^e SSerbinbung ber fieben Jage be^ Siebend mit ben fieben Jagen
bed @^h)eigen^, in bie bie er^äl^knbe @inleitung ausläuft, ertannt unb bie Überzeugung lo
gewonnen \)at, ba^ nur bie gigur unb ba« ©c^icffal §iob«, toie fie in Ä. 1 unb 2 ge-
jei(^net fmb, ben Slnlafe ju ber ©cbanfenbeloegung, hjeldt^c bie eigentliche §anblung bilben,
gegeben ^aben fönnen, toirb l^üben unb brüben bie ©d;ö^fung ciiie^ unb beöjelben ^ii)-
terd fe^en unb bie Serfuc^e für t^öridf^t galten, bie man gemad^t ^at, um bie Sieben für
fid^ unb al^ bag SQäerl cine^ anberen 3Kanne^ ju berfte^en, aU ber 3?erf. ber Einleitung i6
toar. Unter i^nen l^at ncucrbing^ äJerbrcitung gefunbcn bie 3tnna|^me, bie gefd^ic^tli^en
Xeile Ä. 1 unb 2 unb in Ä. 42 feien bie Überbleibjel eine« felbftftänbigen „äJolföbu(^e«".
S^iefe ©ntbedung ](i)im fo neu unb intereffant, bafe bie ännal^me fidb unt)erjel^en« in eine
fonfeete litterarifd^e J^atfac^e umtoanbelte, auf bie man anbere annahmen bauen fonnte.
3Ran ifoi \d)on gefragt, h)ie ba« ©tüdf too^l au^efel;en l)abi, ba« ber bic^terifc^e 33e« 20
arbeitet jtoijd^en Ä. 2 unb 42 toegbradfi, um e« burc^ feine freie, überaus toertboHere
ßrftnbung, nämlid^ burc^ bie langen SReben ber 3DJen}d{ien unb ^ai}t>^ ju erfe^en, unb l}at
barin ben ©egenfa^ alter bolfetümlic^er unb mobemer gcbilbeter S)enfrt)cife geh)ittert. SJlan
hat bem SSolitebuc^e feine l^iftorifd^e Stelle in bcr altt. Sittcratur angeh)iefen unb ju fagen
getoufet, ba^ ejedf^iel c« fd^on unb noc^ gcfannt l^abe, bafe al)o ber 2)id^ter bc« S^ialoge« 25
in bic 3^'i ^i"^^ ßjed^iel gehöre. 3"^^^^»^ "^w ift biefe anfielt nic^t. Sieben ^Pfeubo^
Origene«, ber umgefel^rt bie Sieben für älter ate ben bon 3)lofe gejc^riebenen ^rolog ^ielt,
nenne ic^ I^eoboru«, auf beffen 3tutorität hja^rfc^einlic^ S"*^^^^"^ ^^"^ ^^^^^ i^^"^ ©teile
unter ben l[^iftorifd^en unb unter ben Suchern mediae autoritatis angeh)iefen f)at @r
fc^eibet bie ^iftorifc^e internationaler SJcrbrcitung ftc^ erfreuenbe ßrgä^tung bon bem so
geredE^ten $iob (MSG 66, p. 697 unb 698) auf« fc^ärffte t)on ben Sieben, bie ein
e^getgiger r^etorifc^er Sitterat erfonnen, unb mit bencn toie mit anberen ^ufö^en er
ben gerechten §iob öerune^rt unb bie einfache historiam secundum divinae S. et sim-
plicitatem et subtilitatem propositam burd^ verba superflua et ad probationem
coDficta uneingebenf ber multa differentia gtt)ifc^cn bcibcn total öerl^ungt ^abc. SBie 35
tonnte bcr lüirüic^e $iob bie unfmnigcn ^lüc^e Ä. 3 au^f^jrec^en, ober ©Ott folc^c aben-
teuerliche Sieben über bie ffiaffcrbcftien l^alten ''! Ober toic tonnte §iob feine eine Jo^ter
nac^ bcr 3i^9^Ämme be« ^m^ „ba« §orn ber älmaltl^ea" nennen V 3)icfe« Öeifjjiel
bch>eife, ba^ er bei ben j[)eibnifc^en 3)icl)tcm in bic ©dj^utc gegangen unb be« SBiHen« ge^
tDorbcn fei, e« i^nen gleich gu t^un. 3)a« tann ic^ berfte^cn. 3)agegen ba« nid^t, toie 40
man bon einer richtigen SBürbigung ber Sieben au« bcn ^^Jrolog für cthja« anbcr« galten
tann, al« für ba« notmcnbigc Söcrt bcefclben 2*ic^ter«. 2)cnn formcH offenbart bcr
SgcncntDCc^fel jtoifc^cn .^immcl unb 6rbc, bic SJcrgcgcntoärtigung bc« bcn ßrcigniffen
t)orangel[^cnben ^eimlic^eri göttlichen Slatc« unb bc6 it;ncn folgcnben 3Scrl^altcn« bc«
SRcnjd^en biefclbc bramatif^e Äunft, wk ber 2)ialoo. 5)urc^ bic SJlonotonie in bcr 46
SBicbcr^olung ber bier Unglücf«fällc burc^ bic S3otcn (1, 13 ff.), in 1, 6 ^ 2, 1, in bcr
Siebe Satan« 1, 11 = 2, 5; 1, 7 = 2, 2, burd^ bic fc^cmatifd^cn, in fcftcr ^^Jropor^
tion gu cinanber ftc^cnbcn ^ahUn für bic ölücf«gütcr §iob«, burc^ i^rc 2)iultiplifation
mit 2 bei feiner SBiebcr^crftcUung gicbt er bcutlid; gu crtomcn, bafe er bic gigur eine«
Vc^ geic^ne ; unb bie 6infül?rung bc« 2efcr« in bic l^immlifct^cn Sgcncn fc§t, mie ber w
euri^jibeifc^e SDramenprolog, ibu in bcn Stanb, für fic^ fclbft bic i^crhjictclung t)on l^öl^ercm
®efic^t«^)untte au« gu übcrfc^aucn unb guglcic^ ba« h)a^rl;aftc, in gurc^t unb3Kitlcib bc-
ftc^^e, tragifc^e SRitgcfü^l mit bem in Untcnntni« bc« göttlichen Slatc« Icibcnbcn, ringen^
bcn, trrenben gelben gu crgcigcn. 6« ift bod^ eine ftartc Zumutung, ba^ toir glauben
foDcn, ba« fei nic^t bic ^Vorbereitung auf bic un« jcfet borliegcnbc .§anbtung, gu bcr 66
jie unentbe^rlid^ ift unb Jja^t, fonbem gu einem angeblich hjcggcbroct^cnen unb abfolut
unbetanntcn Stücte bc« ^Vpotbetifc^cn ^l>olt«6uc^c«. Gntfprid;t e« uid^t bcr oben gegebenen,
ou« ben Sieben gefd^ö^jften Stijgc t)on bcr Stcligion .C^iob« unb feiner greunbc al« einer
bcr t«raelitifd^en eng bcrhjanbtcn, unb boc^ ioeit unter i^r ftc^enbcn, locnn bcr bcn
3a^tjc bcfcnnenbe i«raelitifd^e 2)ic^tcr bcn §iob unb feine greunbe al« ©bomitcr borfteüt, go
8*
116 $tob
ate ängc^örigc einc^ Solfc^, befjen Sl^n^crr ein 33rubcr '^citob^ unb, Wk '^atob, ein
@rbe ätbral^am^ unb feinet SWeligion, nur ol^ne bie auf gafob befc^ränltc fpejielle
©otte^berJ^eifeung über bie S^fwnft mar, unb ba^ ber §elb toie ein §trtenfürft erfd^eint, ber
ba« Seben ber ßrjbäter fortfe^t? 2ln einem fol(^en gelben allein fonnte ber 2)i(^ter
6 jeigen, bafe bie aufrichtige ©otteöfurc^t aufeerl^alb ^^^raeU unbetou^t nac^ ber in Si^'^ö^^l
ertoadflfenen ßrlenntni^ aU nad) i^rer SJoHenbung tafle unb lange, ober ba^ biefe 2ln=
fnüt)fung^))unfte unb offene ©teilen in jener finbe, gleic^toie bie Stpologetai feit 2^ertutlian
ein ^iofitibe^ 3?er^ältni« ber c^riftlid^en Dffenbarung^ma^r^eit ju ber fd^ö^jfung^mä^igen
anläge be« üHenfc^engeifte^ nac^getoiefen unb bamit ben ®ert jener um fo gemiffer ge=
10 mad^t l^aben. Slber aui) einzelne ^ü^^, Wie ba^ ©ül^no^fer |)iob^ unb feiner fiinber
(1, 5), bie fd^roffe 3w^rf*^^fwng be^ SJerlangen^ feiner grau, er foHe unter |)o^n gegen
©Ott burd^Selbftmorb fid^ bem Slllgetoaltigen entjie^en unb feine n)citeren ^enfereabfid^ten
vereiteln (2, 9), laffen fid^ nur barauö erflären, ba^ $iob nac^^er mit Srlec^t foU fagen
fönnen, er fei lein ©otte^berleugner (6, 10; 13, 16; 23, 11 f.) unb »ilbab nur mit Um
16 rec^t, ba^ fotoeit eö fic^ um feine Äinber l^anblc, i^r 3:ob berbiente ©träfe i^re^ ^ebeU
fei (8, 4).
®en §au})tanla^ jur Slnna^me eine« älteren SJoltebuc^e^ fc^eint mir bie gigur beö
©atan^ gegeben ju ^aben, bie man mit bem 2^eufel gelDiffcr beutfc^er ©agen jufammen=
[teilte, unb be^^alb für eine bem SJolf befonber^ ergö^lid^e ^l^antafiegeftalt anfal;; benn
20 bann bot fic^ Don felbft ber ©c^lu^ bar, bafe loie ©oet^e na6) bem SSorgange älterer
3)ic^ter au^ bem SBuc^e Dom 35o!tor gauftug feinen %au\i ^ergefteßt ^at, fo auc^ bem
^id^ter unfere^ Suc^e^ ein SJolföbud^ bom Kampfe &xoM mit bem leufel baö SKaterial
für fein SQSerf, inöbefonbere bie Unterlage für bie ©c^affung feinet rebnerifd^^en 3lbfc^nittei^
geliefert ^abc. Seiber trifft bie 2lnalogie gar nic^t ju. 3)enn |)iob unb feine ^eunbe Joiffen
26 bon einem ©atan gar nid^tg, unb ber .§elb l^at gar fein 8eh?ufetfein baöon, ba^ er
gegen ©atan ^u fämj)fen unb burc^ fein 3?erl^alten jenem ben Säftermunb ju fdj^liefeen
^(Ae, ©Ott felbft fämjjft gegen §iob, geioi^ geredf^t — fo meinen bie greunbe — graufam, o^ne
giltigen 9ted(|t^runb — f o meint §iob. 2)ie Vorgänge in ber ^immlifd{icn Stateüerfammlung
©otte^, unb beßl^alb aud^ bie %'\QVix ©atan^, h)el(|e allein in ben proj^^etifd^^en 35ifionen
aober i^ra clitif 4 en ©ei^cr, h)ie3)iidfia ben Simla,3iefaja unb ©adf^arjai^r Slnalogon ^aben,
fmb i^nen t)erborgen; ber barin au^e})rägte ©ebanfe, ba^©ott bieSef^ic^te be^ 3Jlenfd()en
mit 9lücffid^t auf bie SBelt ber ©cifter über il^m unb auf bie Äreatur unter i^m rat^
fd^lu^mä^ig leitet, biefe im 2t toie im 9KE bezeugte ©rlenntni^ gel^ört eben ju ber 3Q3elt=
anfd^auung be^ i^raelitifd^^en SDic^ter^ unb ju ben c^arafteriftif^en Ü){erf malen, burc^ bie
86 fie fid^ Don ber feinet gelben ate bie ^ö^ere unterfc^eibef. 9S^t ein 3Solfebuc^, ettoa gar
ein ebomitifc^e^, fonbem bie nad^benJlic^e ©rtoägung ber in ^^xad lebenben Offenbarung^-
erlenntni^ ^at ben 3)i(^ter in ben ©tanb gefegt, ben §iob ju erfc^affen unb fein ©c^iidfal
für ben Sefer hmi) bie Vorgänge im §immel in bie redete Selcu^tung ju fteHen. ^ene
l)at fofort ben ))erfönlid^en 2lnfang aller 2Renfc^engefc^id{|te in 9tb^ängig!eit Don bem gött=
40 liefen State geftellt. 3tuf einen im göttlid^en diaU gefaxten Sefc^lu^ (©en. 1, 25) ge^t
bie ©rfd^affung be« 3Rtt\\i)m ate be^ gotte^bilblic^en ßrben^errn jurüdt, auf einen cbm
fold^en (©en 3, 22) bie Vertreibung beö fünbig getüorbenen au^ bem ©otte^arten. 2lber
Slbam ift ni^t blofe ber ©tammtoater ber natürlid^en 3)Jenfd{i^eit unb alö folc^er ein
%\^pn^ be^ anberen 3lbam«, G^riftu^, fonbem er ift nac^ bemfelben ?ßaulu^ aud^ ein 33or=
46 bilb jebe^ einzelnen 3Kenfd^en, ber burc^ bie ©ünbe mittelft ber S3egierbc um ba^ ©lücf
feinet Seben^ betrogen h)irb. Slbam l^at bie 3?erfuc^ung burc^ ba^®lücf nic^t beftanben
unb ift ber 3"^^^9"^Ö ^"^^ ^^^ Unglürf herfallen. SJerfuc^t lourbe er, inbem er an^
geleitet tourbe, fein ©lud aU ein angeborene^ Siedet ju betrachten, unb nid;t aU ein reinem
©efd^en! ber juDorfommcnben ©üte feine« ©c^öj)fer«, unb barum bie ©d^ranfen beefelben
60 aU eine n)illfürlid^e Drbnung, bie bie neibifc^e ©iferfud^t einer nur auf fic^ bebad^ten
2)e^potie gefegt l}abc. ^Ran fann nic^t uml^in, biefem 3lbam ben $iob gegenüberjufteUen,
ber angefid^t« be« 3Serlufte« aller feiner ©lüd^güter befennt, ba^ er nadt unb abfolut rec^^tlo«
in bie SBelt getreten fei, ba^ ©otte« freie ©üte i^m aü^ gcf^enft, unb bafe ©Ott nur
\)on feinem ©d^öpf errec^te ©ebrauc^ gemad;t l;abe, n)enn er e« i^m h)ieber na^m (1, 21).
66 §iob ift alfo ba« pofitibe ©eitenftüd ju 3lbam ; bie SJerfuc^ung burc^ ba« ©lud ift i^m
feine geU^efen; biefe^ ^at in il;m bie Öegierbe nic^t gu erzeugen Dermod^t, bie über ba«
3Ra6 be« t)on ©ott ©eftattetcn ^inau« miß (Dgl. K. 31). Unb mä^renb Sbam auf bie
©timme feine« lüftem geworbenen SiScibe« ^örte, um bie ©timme ©otte« ^u bergeffen, l^at
$iob fic^ burc^ bie ©timme feine« Derjmeifelnben 3Beibe« nic^t herleiten laffen, bie eben
60 bejeic^nete ©teßung ^u ©Ott aufzugeben (2, 10). 2)a^ aber 3lbam fiel, \oai bie Scr-
^iob 117
toirllicbunö ber 5l6ft(^t bcr Kftigen ©d^Iongc, hjelc^c bcm SRmfd^cn burd^ i^en ä^fP'^"^
ben gütigen Schöpfer ai^ einen neibifdf^en unb auf feine ^rit)ilegten eifetfü^tigen 2^^rannen
öDtgegaufelt ^atte. 2)arin betüie^ [xt [xi) aU ben SBiberfadf^er Ootte« unb be^ 2Renfd^en,
toeld^er ©Ott bie JV'fCwbe an bem 3Renfd^en alö bem gelungenen ä^bfc^Iufe feiner ©d^ö^Jfung
t>erber6en hjiH. ittan broud^t nur ben ©atan be^ Suc^e« §iob baneben ju galten, ber 5
bem 3a^De bie greube an feinem frommen nic^t gönnt unb biefen baburc^ ju g^H ju
bringen fuc^t, bo^ er i^m ftatt h^ gütigen unb geredeten SKenfd^engotte«, an ben er
geglaubt, ba^93ilb eine« launenl^aften unb graufamen 2^t;rannen bor bie äugen malt, um
JU erfennen, tool^er ber 2)id^ter ben ©atan unb feine SRoHe in bem l^immlifd^en dlaU ge^
fd^öj)ft ^at. 6« bcbarf nur einer geringen Überlegung, um bem, hja« nad) ®en 2—3 10
auf Erben [xi) ereignet ^at, eine ^immlij^e ©cene boranjubenfen, in ber (Sott fagt: fie^e,
i(^ fyibt bem Slbam gottgleid^e §crrlid^feit gefd^enft, unb er banft mir, inbem er ftd^ ge^
^orfam in ben ©d^ranfen meiner Crbnung bält; in ber ber Batan antwortet: hjie foute
er h}ol[^l anber«, ba er nur beine ©timme gehört l^at, bie i^n für bie Überfd^^reitung beiner
Crbnung mit bem 2^obe bebro^te ? 2a^ ilin einmal eine ©timme l^örcn, bie i^n in bie 16
entgegengefe^te 9tid{|tung lodft, ob er nic^t beiner unb beiner Drbnung bergeffen h)irb,
unb in ber bann (Sott fagt: e« fei bir ber Serfuc^ geftattet, nur ^üte bic^ jener ©timme
ben Älang meiner ©timme ju geben, al« ob id^ ba« ®ebot hjiberriefe, ba« id^ i^m ju
^ören gegeben, auf alle gäHe iourjelt bie gro^artiae unb gar nid^t t)olf«mä^ige Slm
fc^ouung, bafe (Sötte« nolvnoixdog aocpla in ber Seitung be« SBeltlaufe« auf bie DoH^ 20
fommcn gerec^fte 3Kenfd^^eit ge^e, um ba« S33erf ber 3Kenfq>enfd^ö^)fung bor ben (Seiftem
p rechtfertigen, bie i^m bei ber §erborbringung ber ffielt behjunbemb lufc^auten (38, 7),
in ber Offenbarung, au« ber toir ®en 1—3 ju begreifen ^aben; be«glei(^en bie babon
unzertrennliche eine« großen ^rojcffe« jtoifd^en ®ott unb ©atan, in melc^em biefem Der^
ftottet ift, ®ott ber $arteilid^feit ju berbäc^tigen, toeil er burd^ nod^ unberbiente ®aben 25
ben ÜKenfd^en für fid^ ju geh)innen fud^^t (9tbam), toeil er ben au«gejeic^neten kommen
burc^ ein au«gejeic^nete« ®lüdf Dor ben £eiben«Derfuc^ungen betüa^rt, bie er ioi) über
anbcre 3Renfc^en fommen läfet ($iob), toeil er enblid^ unter 3wt>^wi^Ö f^"^^ ©ünbe ben
3Wenfd{ien au« berbientem Serberben rettet unb in einen neuen Slnfang fteUt, h)ie hjenn
ein angebrannte« ©d^eit au« bem ^euer gebogen toirb (3|ofua in ©ad^ 3), unb too ®ott so
feine Un})arteilic^eit barin erzeigen mufe, bafe er bem ©atan geftattet, feinen 9led^t«fd^ein
bur^ feine Äünfte ju rcalifieren, um bod^ }d()lie^lid{i befc^ämt gu toerftummen. öat aber
ber 2)i(^ter im ®ebanfen an 3lbam, ben burc^ bie ©d^meid^eleien be« ©atan« ben 35ers
fud^ungen be« ®lüdfe« ertegenen SReufd^ent^tJu« (benn nad^ 31, 33 fennt er fogarälbam«
geigenblatt unb fein befc^önigenbe« Seugnen), bie ®eftalt be« §iob gefc^affen al« ben 86
%)ifpn^ be« im ®lücfe betüä^rten, toom Satan beneibeten unb angefcinbeten unb barum
buni^ ba«Unglücf gu Derfuc^enben 3Kenfc^en, fo berftel^en h)ir auc|, bafe er feinen Reiben
nicbt h)ie feine ^^eunbe nad^ feinem ®efc^led{|te, fonbem mit einem 9iamen bon appeHa^
tit)if(^er 3)urd^fi^tigleit bejeid^net, ber au« ber ®efd^ic^te Slbam« gefc^öpft ift. B(i)on ber
Xalmub (Bab. bathr. 16*; Nid. 52») tüeife, ba^ :="i^ö< ber ®cgen))ol ju ^s^''« ift; ® Ott 40
bejubelt ben §iob tüie feinen =1'^''« (13, 24, t)gl. 19, 11), ber er bod^ nid^t ift. Slber
ber Sefer iDeife au« bem Prologe, ba^ nid^t ^einbfd[)aft ®otte«, fonbem bie be« Batan^
in bem ©c^idfal gum 3tu«brudf fommt, ba« il^n umfangen l^ält ; ^iob ift ber Slngefeinbete
^tan«, an i^m fann man in concreto fehen, loa« bie geinbfd^aft ©atan« jutoege
bringt. SEBenn man ermägt, bafe ®en 3 bie ®efc^ic^te be« SD3eibe«famen« unter ben ®es 45
ft(^t«j)unft ber J^^^^ gtüifc^en il;m unb ber ©d^lange geftcHt h)irb, tüctc^e fc^lie^lidf) tro^
oller 3Serh)unbung be« 5Wenfdf)cn mit ber 3wfd(?metterung ber ©erlange enben foH (v. 15),
fo gab e« für ben Reiben unfere« Suc^e«, meld^er tgp^d) biefe "7^^ getragen unb tro$
aller SBunben ficgreic^ barau« l?ert)orgegangen ift, feinen fignififanteren 9Jamen al« ben
öon berfelben SBur^el abgeleiteten ^1^^. Um ber übrigen 9iamen toiHen, bie fo nic^t ju 60
begreifen finb, eine 3}olf«fage ober ein SSolfebuc^ anjunebmen, ba« toäre gerabe fo be?
re^tigt, toie hjenn einer ben Umftanb, bafe ^^\u^ ben 5Reid)en, in beffen ©eele h)ir bod^
^incinfe^en, jikovoioo ng, bagegen benSlrmen, beffen ©eele un« Derfc^Ioffen bleibt, (Stea*
jor genannt i^ai, au« bem @ebraud)e einer ©cfc^id^te be« Sajaru« erflären tüoHte.
5. 3) i e 31 b f i d^ t. 3ft «b^ ber er5äl^lung«ral^men ganj unb gar bie planboHe (Srfinbung 66
unfere« Siebter«, fo mufe man auc^ Icbigtid) il^m cntnef)men toa« er h)itl. ^d) l^alte e« für
t>erlel^, toie 3)elifefc^ in bcr 2. 9lufl. ber St® nacb ber Sibel ein ©c^ema ber Seiben auf jufteHen,
bie ®ott über ben uRenfdben fommen läfet, unb ju fragen : ift ba« Seiben .^iob« ein ©trafs, ein
3flc^tigung«', ein ^riifung«letben, unb h)a« n)itl bcr Siebter barüber lehren '■ 2)enn bie ©renken
fliegen in einanber, unb jotoic bcr Prolog ®otte ba« aßiffen um .^iob« Sauterfeit beilegt unb go
118 $tob
bem Satan bcn ^^^^^f^"' lönntc man bteltiic^r jagen, ba« Selben §iob^ \)at feinen ®runb
barin, ba^ ®ott i^n aU jütdQxvg gebraud^cn toiH, um ben Satan feiner Süge unb feiner
Dl^nmaci^t ju überführen, er leibet toie ein SKärti^rer um (Sottet toitten unb j^u (Sottet
Sobe (bgl. Subbe). 3lo6) tounberlic^er ift e^, toenn man im S5uc^e Äiob bie ^agc bejaht
6 pnbet, ob e« ,,Iol^nIofe g^ömmigleit" gebe. SBir glauben ber SBal^r|eit, toeil fie unferen
®eift befriebigt, aber toir fc^eibcn biefe Sefriebigung nid^t afö feine Selol^nung bon bem
SJer^alten be^ ®lauben« an fie ; fie ift bielmel^r bie lebcnbige SBirlung ber SBa^rl^eit f elbft,
unb niemanb glaubt an ci\t>a^ al« toa^r, o^ne ba| e^ i^n bcfrtebigt. SBir glauben an
®ott, toeil un« ber ®laube befeligt ; bie Seligfeit ift nic^t ber ßo^n be«; ®lauben«, fon-
10 bem ift bie lebenbige SBirfung bed im ®lauben erfaßten ®otte^ felbft, benn in feinem
SSegriffe liegt biefe^, ba^ er ha^ feligmac^enbe ®ut für ben 3Renfcl^en ift. 6« ift bie
größte I^I^or^eit bon einer unintereffiertenSfrömmtgleit ju f^jret^en, ba fie bod^ bie SBSa^r-
nel^mung be« l^öc^ftcn ^"tereffe^ ber bon®ott unb ju ®ott gefd^affenen Seele ift. 9iic^t
nac^ feinen t)erlorenen Sd^afen unb Äameelen berlongt §iob, ol^ nac^ bem fc^ulbigen
Iß So^ne für feine ^ömmigfeit, fonbem nac^ ber ®etoife|eit, einen gnäbigen ®ott ju l^aben,
b. 1^. nac^ bem lüol^ren ®ott, beffen ®eftnnung geaen $iob ber ^rolog jeid^net; jene ift
\i)m erfc^üttert, toeil er nur 3»tn bon ®ott ju erfahren glaubt. 2lu^ ba^ ift toerfel^rt,
h)enn man ba^ S3uc^ $iob atö eine @ta^)J)c in bem ®ebanIcnt)roje^ begreifen to'xü, ber
burc^ bie ?ßrop^etie angeregt, bie angeblidfie ftarre SJergeltung^le^re be« 312;« ober be^
20 alten ^^rael^ }u ertveic^en ober ju bred^en gefud^t l^abe. 2)er ^id^ter l^at $iob au^er^
^alb bc^ ®ebiete« be« göttlidf^en SBerl^ei^ung^toorteö gcbat^t, in toeldf^em er felbft mit
feinen Sefem fte^t, auf einer Sleligionefftufe, too ber lebenbige ®otte^laubc be^ 3"^ibi-
buum^ bie Stufen feiner Selbftgetoi^^eit in ben ©rfai^rungen beö bon ®ott geleniten
finnlid^ toa^mel^mbaren SBeltlauf e« fu^te, unb ber S3lidf über ben Job nid^t ^inau«reid{|te.
26 gben barum fagt Satan fofort, bie ®otteöfurc^t $iob^ fei ni(^t afö bie fittlid^e 2^^at
freier Selbftunterorbnung be« ®efc^öpfed unter ben urbilblic^en Schöpfer ertoiefen. 2)ie
bon ben SSätem überlommene unb ol^ Jltugl^eit emt)fol^lene Seben^form \)abt er beobad^tet
unb burd^ aufterorbentlid^e ®lücf^fügungen ate pxobai beftätigt bekommen. Sobalb ®ott
bon feinem abfoluten S^öpferrec^te toiber i^n®ebrauc^ mac^e unb julaffe, bafe bie finn^
30 lic^e ®eftalt feinet Sd^id^ate feinem ®lauben h)iberfj)red{ie, iDerbe $iob biefen toie einen
eitlen SBal^n bon fid^ tlj)un unb h)ie einen entbedten 35etrug ®otte bor bie %ü^z toerfen.
Slber inbem §iob ®otte bemütig bie 6l^re giebt, afö il^m fein Sefi^ geloaltfam genommen
ift, unb, al^ er barauf bon ber entfe^lic^en firanfl^eit gequält h)irb, fein gegen ®ott em-
pörte« 2Beib toegen il^rer ®otte«leugnung \i)\Ü unb ben SBiBen befunbet, bon ®ott anä)
36 ba« Übel ^innel^men ju trotten, betoeift er, ba^ bie ®otte«fur(^t in feinem perfönlidf^en
Innenleben tourjelt unb bafe er fic^ nic^t bon tl^r abbringen laffen toirb, toa« ®ott and)
über il^n toerl^ängen möge. SBäre er nun geftorben, fo ißtt^ ®ott ben Satan al« über^
füj^rten Sügner fd^^elten fönnen; aber für,öiob felber unb feine ®enoffen, bie nxd^t in ben
§immel l^ineinfa^en unb leine §offnung ber äuferfte^ung l^atten, h)äre ba« ®nbe §iob«
40 ein quälenbe« SRätfcl geblieben. Unb bod^ l^at ber 2)ic^ter, ber ben 2^ob §iob« burc^
einen befonberen SJorbe^alt ®otte« (2, 6) ber^inbert toerben lä^t, fic^erlic^ zbcn be«^alb
auc^ ben %aü ben!en tonnen, ba^ ein ^ommer am 2lu«fa|c bal^inftirbt. 2)amit aud^
für folc^e %ä!Ht bie Seigre unb ber 2^roft gelte, bie er an §iob beranfc^auli(^tc, ^at er
bie Äranf^eit feine« §elben al« eine fold^e gejeic^net, h)el(^e nac^ beffen eigener @m))finbung
46 unter ben peinlid^ften Dualen bem borjeitigen iobc fidler entgegenfül^rt unb nac^ menfc^^
lid^er ©rfal^rung unl^eilbar ift. ®er franle $iob fül^lt fid^ ol« bem Stachen be« Sobe«
anheimgefallen. 6« toürbe alfo nid^t iDeiter führen, toenn ber SDic^ter un« nac^ ber 9lna-
logic ber beiben erften eine britte Sjene im $immel borfül^rte. 2)enn Satan toürbe fagen :
lieber ein lebenbiger .'punb, al« ein toter Sötoe (Äol^ 9, 4), rül^re nur einmal fein Scben
60 an, ob er bir ni^t flud^en toirb ! 2)enn über ben 2ob ^inau« gu erjä^len unb bie SBicber-
l^erftcüung au^ i^m ju beranfc^aulic^en, h)äre gegen alte bid^terifc^e a(oq)Qoovvrj getoefen.
2)ie 3Säter ber ftatene fagen be«l^alb mit SRed^t, ba« SSerbot an ben Satan, §iob« Seben
JU nel^men, fei be«^alb ergangen, bamit ®ott Slaum bleibe für eine bie«feitige 2Bieber=
lerfteKung feine« ^ommen bor ber allgemeinen Sluferftel^ung. äöieberum eine britte
66 ^immel«fjcne ein^^ufügen, in tDelc^er bem Satan bie jeittüeife geftattete 3Ra(^t über ^iob
burd; feierliche« Urteil ioieber entzogen h)ürbe, toar abgefel^en bon bem eben ®efagten
überflüffig, h?eil nac^ 2, 3. 7 jeber Sefer imftanbe toar, in ber göttlichen %i)at ber
fflieber^erftcUung 42, 10 ff. ben gefc^id^tlid^cn SSoHjug folc^en Urteile« ju erfcnnen.
6. 2)ie organifci^e 5?erfnü})fung be« 3)ialog« mit ber ©rgä^lung. 3lber
6«> bie i^erfud^ung §iob« ift bamit nic^t jußnbe, bafe er feinem SBeibc gegenüber ba«3Kurren
$iob 119
gegen ®ott Don [xd) iDeift unb fxd) in ®ebulb bem göttlid^en S^er^ängniö unterwirft.
Sei ber Autorität be« 9Ranne^ gegenüber bem SBeibe unb ber offenbaren Unfrömmigfeit
bc« aCu^brud^e« il^rer SSerjtoeiflung fonnte biefe 93erfuc^ung an feiner ©eele nic^t Soften
unb feine ©ebanfen unb Sieben beirren. 33icl fc^tperer, ja ber ®i^)fel ber SSerfud^jung ift,
ba^ i^m SlutoritäteU; h)ie er felber eine \oax, Autoritäten unb Vertreter beöfelben ©lau* 6
bcn^, ben auä) er befannt unb geteert ^at, nämlic^ feine greunbe burc^ fiebentägigcö
©(^toeigen ju erlennen geben, ba| iF^r ©laube für fein ©d^idtfal feinen 3:roft i}at, ba^
e^ ein Slätfel ift, beffen Unl^eimli^feit bem natürlid^en 3JlitIeibe ben 3)tunb f^lie^t, h)eil
e^ fürchten mu^, fi4> gegen ®ott ^u toerfünbigen, ber ben notorijd^en frommen ioie einft
2(bam burc^ jä^en ©turj au^ bem ^^iarabiefe feiner ®unft bertrieben unb burc^ entfe^:: lo
Ii(^e Äranl^eit aU SSeute einc^ borjeitigen, quabotten 2^obe^ gejeid^net ^at. Unb bollenb«,
toemt biefe felben Autoritäten ben nod^l^er toon i^m felbft aU fiebembe^ 3^^^^^ ^^
5ei<^neten äu^bruc^ be« ®efü^Ie« ber ®ottt)erIaffenF^eit, ba^ i^r ©df^hjeigen ertüedft f)ai
unb in toelc^m er ba^ 2^bm bertoünfd^t, ba^ in fold^e^ ©d^icffal auslaufen fottte, ate
einen Setoei« bafür feftnageln, ba^ bic iroftgrünbe feinet eigenen ®Iauben^ nad^ feinem i6
eigenen ®eh)iffen auf i^n nid^t antoenbbar ftnb (4, 3 ff.), unb bafe eine gebeime SJerfün«
bigung im SJerte^e mit ®ott, j. S. eine unmutige SelbftbertDünfd^ung h?egen gehäuften
Übermutes (5, 3, too mit ©e})t. bie 3. ^ßerfon, alfo JP^i ^erjuftellen ift), ®ott Deram
lofet l^aben fönne, i^m ad oculos ju bemonftrieren, \t)dd} ein 3l\d)t^ ber fterblic^e SJlenfc^,
ber Se^m^üttenbetoo^ner bor i^m fei (4, 17—21). ^e me^r e« bie ©ä^e beg eigenen ao
©laubenö fmb, bie il^n Verurteilen, ber feiner Unfd^ulb geh)i^ ift, je geredf^ter ber ©c^ein
beg SRebellen gegen ®ott ift, ben fein untoerbiente« ©d^idEfal auf il^n mirft, befto geh)at
tiger ift berÄamJjf ber h)iberftreitenben ®efü^Ie unb ©ebanfen, bie fid^ nun in^iob« ©eele
ergeben unb bie ber 2)ic^ter mit unbergleid^Iid^er Äunft in bem bialeftifd^en Äampfe ber
Siebenben jum Slu^brudt bringt. 2)er ®laube, in beffen ^ffung er mit ben gteun« 26
ben übereingeftimmt ^at, unb bie ®en)i^^eit ber Sauterfeit feiner ^römmtgfeit finb in bie
feinbfeligfte ©pannung geraten, ^enen fann er nic^t aufgeben, loeil er bie £eben^h)urjel
feine« fittli(^en SSerl^alten« Joar, burd^ ba« er ein gute« ®eh>iffen \)ai, unb biefe« toieber
J)rei«mgeben bor bem i^m entgcgengel^altenen 93erbifte be« ®Iauben«, toürbe biefen jur
teucpelei mad^en. 9tad^ bem gemeinfamen ®lauben ift in bem engen 3lu«fc^nitt be«8o
Seitlaufe«, ber bem Slidfc be« fterblic^en 3J?enfd^en unterliegt, bie ®erw^tigfeit be« SEBelt«
regenten offenbar, unb ba« bie«feitige fenbfc^icffal be« SKenf^^en ift ber erfc^öpfenbe Stu««
brucf für feinen fflert bor ®ott. Unbcfc^abet alfo unb bielme^r fraft feiner ®ered^tigfeit
^at ft^ ber gütige ®ott, ber fid^ bor ben 3)Jenfd^en ^u il^m al« feinem untabeligen Änec^^te
belannte, in ben unerbittlid^en ©trafric^ter bertranbelt, ber i^n oI« verurteilten 3Serbred^er 86
bor ben 3nitmenfd{ien an ben oranger fteHt. aber §iob l^at feine ®otte«furd{|t unb
Ireue nid^t Verleugnet; alfo l)at ®ott fid^ o^ne gerechten ®runb gemanbelt, unb foH er
beibe ©eftalten ®otte« al« 2lu«brudf eine« fontinuierlid^en Ü\5illen« benfen, fo graut il^m Dor ber
unentrinnbaren 9?otmenbigfcit, bie frühere greunblid^feit al« bie blo^c 5Wa«fe ber enblic^
offenbar geworbenen geinbfeligfeit auf^iufaffen. 6r ber^e^rt fid^ bielmel^r in ©e^nfud^t 40
noc^ bem freunblid^en ©otte, beffen Silb er noc^ im S3ufen beiDal^rt unb beffen ffla^r«
^eit i^m iuxi) feine frühere ©eligfeit Verbürgt ift. 3tber auc^ ben geredeten ©Ott fann er
nic^t laffen; jje beutlid()er auf fein ftdbtbare« SSerfabren gegen ,6iob ^in bie ®lauben«-
genoffen o^ne eigenen S3ch)ei« i^n Verurteilen unb bie öffentliche ^JJleinung einen ^n^ixi-
morb an il^m begebt, befto nothjenbigcr ift i^m ©Ott al« ber einzige au|er i^m, beffen 45
untrügliche« SBiffen feine Unfd^ulb fennt. ^n ber at^cHation an ben im öi"^"^«l ^^'^o-
nenben @ott, ber nic^t bulbcn fann, ba^ fein gegen §iob ungercd^te« SBalten auf 6rben
Von ben SJlenfd^en al« 3tec^t«grunb für eine ungerechte Einrichtung be«fclben 9)Janne« i^rerfeit«
au«genufet Ivirb, bemeift .f^iob nic^t blo^ feine ©e^nfuc^t nacb bem Icbenbigen ®otte, fon=
bem aud9, ha^ tro^ aller anber« lautcnben bi^utatorifdben Ibefen unb ai^agogifd^en ©d^lu^^ 60
folgerungen fein §er2i®ott nicbt o^ne feine untrügtidf^e ©crcc^tigfeit bcnfen fann, fo fel^r
er aud^ barüber f lagen mufe, ba^ ©Ott für fein ©efcljrci über ©eh)alt fein Df)x babe.
©etoife ^at ber fieberfrante Mann, h)ie ber 2)tc^ter burcl) '"r^'^^n anbeutet (2, 10), hjie
§tob felbft nid^t blo^ ©otte gegenüber, fonbem aud^ im ©efpräd^e jugiebt, in ber .fM^e
be« Äampfe« unb be« Vergctraltigten guten ©etriffen« 'Jlufterungen getrau, ioeld^e bem 66
frommen decorum al« titanifd^e Übcr^^ebung ober ineligiöfe Rritif be« .^eiligen flingen ;
aber bann ftel^t i^m nic^t fein ©ott, ber lebenbige, ioahre ©Ott Vor Slugen, fonbem ber
®ott, ben bei ber älnioenbung ber alten ©lauben«theorie auf fein ©d^idffal bie logifd^e
Äonfequenj erzeugt l}at, ein ©cbantenbing, ein 3Babngebilbe. ^JJid^t ©otte, nicl)t bem
®otte«glauben, ben er al« befeligenbe iisal^rl;eit er))robt bat, gilt fein f^ampl fonbem bero«»
120 $to6
üergängKdfien Bd)aU, in bcr er noc^ ftecft ; jcin ®Iaubc rüttelt unb pod)t an ben Sliegeln,
bic il^n gefongcn galten. 6« ift unbcgreiflirf), tote man l}at fagen fönnen, in ben
Sieben i)abt §io6 feinen äbfall Don ®ott tjonjogen (2am) ; bo boc^ ber ^ii)tix, fo lange man
feinem §io6 nic^t einen neuen felbftgebi(^teten fubftituiert, am 6nbe be^ Dialoge«, ba bie
6 greunbe öerftummen, feinem Selben einen feierlichen ©d^tour be^ 3"^^^*^ ^" ^^ 3)Junb
legt, ba^ er bi« ^um lefeten Sltemjuge an bem feft^alten h)erbe, toa« feine 3:ugenb, feine
®ereci{|tigfeit getoefen unb toorin er ftc^ befeligt gefüllt (27, 1 ff.), b. i. ber ©anbei in
©otteöfurd^t, ba^ fei bie einzig hjal^re SBeiiS^eit für ben in ben unergrünbbaren Äo^mo^
®otte« geftettten aJlenjc^en (28, 28). ^nbem ber S)id^ter burc^ biefe^ feierlid^e Selenntni«
10 bie SSerl^anblung mit ben greunben abfcifiKefet, giebt er beutlid^ ju berfte^en, ba^ Jpiob
ebenfo h>ie bie leid^tere SSerfud^ung burd^) ba^ Söeib, ani) biefe fc^tüerfte burd^ ba^ ©c^toeigen
unb burc^ bie Sieben ber ^eunbe fiegreic^ überftanben l^at, o^ne ba^ ba^ Slätfel feinet
©d^icffale^ [i6) gelöft l^ätte. 6^ bebarf be^^alb nur no4 ber Slefapitulation biefe^ 9lätfel^
in einem gefammelten unb bod^ Dom ©d^merje ber ©el^nfud^t erfüllten SRücfblide auf ba^
16 fo befdfiaffene ßrgel^en unb ba« fo bef^affene fUtlic^e SSer^alten, in beren Seieinanber bie
Harmonie einer ba« SQSiberftrebenbe jufammenfnü))fenben "^^ bermi^t tüirb, um ba« @tn=
treten be« rebenben ®otte« Dorjubereiten.
7. 2)ie®otte«reben. SJlit betoufeter abftdf^t ^ält berSDiAter bie SSorfteHung einer
2^eo))l^anie ober einer SJifion ferne, toie fie ber i«raelitif(^e ^ro))9et erlebt, um ben ^imm^
20 Kfc^en diai in berftänblidbem Silbe ju erfd^auen. 2)enn §iob fte^t nx(i)t im ®ebiete ber
teU«offenbarung, fonbem auf bem ber Slaturoffenbarung. 3)iefer ift e« eigen, ba^ ber
lenfd^ in einem äugenblidfe ba« 3Siele ber Slaturerfc^einungen in feinem lebenbigen
etoigen ®runbe xufammenfd^ut, unb ba^ emporgel^oben burc^ biefe Intuition er in ber
SelDegung ber ©rfc^einungen bie Stimme ®otte« bemimmt. Vorbereitet jur ©rl^cbung
26 über ba«, toa« bie 2lugen feigen unb toa« bie 3Kenfc^en fagen lönnen, laufest ba« geiftige
Df)x §iob« gef^jannt auf ben Sltl^em be« lebenbigen ®otte«, unb fie^e, ba« 9laufd{ien be«
SBinbe« hjirb il^m jur Deme^mlic^en ©prad^e ®otte«. 2lber toa« er bemimmt, ift bann
nid^t ettoa ein göttlicher Unterricht über bie änfc^hjärjungen ©atan« unb bie unDeränber=
lid^e Siebe ®otte«, bie i^n eine furje 3^^^ ^^be leiben laffen, um i^tn gu toiberlegen,
30 unb bie i^n nun um fo l^enlic^er tröften tooHe. 33ann ^tte ©atan mit ®runb über
foul play Hagen fönnen; nein, toenn ©atan al« falfc^er Slnfläger erfd^einen foHte, fo
mu^te fic^ $iob unter benfelben 93ebingungen beloä^ren, unter benen feine grömmigfeit
ftonb, al« ©atan fte berbäcptigte. ^iob lernt unb erfolgt be«^alb im einzelnen gar nic^t«,
toa« er ni^^t toüfete ober im geh)ö|nlic^en Saufe ber 3)inge nic^t ergrünben fönnte, aber
36 er h)irb gu einer 3wfammenttau be« ibm offenbaren SQSelttoalten« ®otte« al« einer loun-
berfamen Öfonomie emporgehoben, toelc^e fittlic^c unb natürlid^e 3^^dfe jur SSerl^enlic^ung
®otte« »erfolgt, unb toelc^e ®ebiete umfaßt, bie über ben §orijont ber SBeltfenntni« unb
SBelttl^ätigfeit be« 3Renfd^en ju toeit l^inau«Iiegen, al« bafe er fte nad^rec^nen fönnte.
SBon il^r ju fagen, bafe fte auf feinem toeife unb gerecht entlDorf enen $lane berul^e(38,2),
40 unb bafe fte ju feinem ber a5}ei«l^eit unb ®erec^tigfeit ®otte« entfpredjienben 3^^^^ 9^=
langen fönne, ba« fönnte nur einem anberen ®otte jufte^en, ber ber ®rünbung unb
Senfung ber 2Belt bon 3lnfang mit überlegener Äritif gugefel^en i:}ätk unb bie 3Ra6)i bc-
fä|e, eine beffere SBelt gu fc^affen; nid^t bem 3Kenfc^en, ber bem attgetoaltigen ffielt^
fd^öpfer unb ©rl^alter fein 2)afein berbanft. 3?ac^bem biefe Siebe ®otte« nac^ ber Jraum^
46 beutenegel ®en. 41, 32, um befinitibe ®etoi^l^eit ju fc^affen, ftd^ toieber^olt ^at, ergiebt
fid^ $iob in ber ßrfenntni«, ba^ fein ®ott atte« fann, aud^ ba« Don i^m in feiner SJer^
gtoeiflung für unmöglich ®e^Itene unb bod^ ©rfe^nte, mit bem unumlDunbenen Sefennt*
niffe, baf er getabelt habe, toa« er nic^t öerftanb, freitoißig in bie ©teDung gurüdf, bie bem
®efci^öpfe gejiemt, ba« feinen Schöpfer e^ren mill (42, 2 ff.). Unb ®ott toieber fe^t i^n
50 in bieSteHung feine« Änec^te« unb 2i}al(^r^eit«jeugen toieber ein, inbem er an feine gür^
bitte bie SSerfd^onung ber brei 5^eunbe binbet, ein beutlic^e« S^ii)tn, ba^ il^re SSerfün^
kißwng gegen ®ott in il^rer Slnfeinbung §iob« beftanben l^at. 311« ber Vertraute ®otte«
fungiert §iob, inbem er für feine greunbe bittet, al« folc^en erfcnnen fte il^n in berfelben
®eftalt an, bie fie Dörfer tjeranlafete, il^u für einen Siebellen gegen ®ott gu galten. SBenn
66 erft banac^ bic äußere ffiieberl^erftettung gefc^ie^t, fo leiert ba« inbireft auf« unghjcibeutigfte,
ba| §iob, aud^ h)enn er ftatt beffen geftorben h)äre, im 3;obe bon ®ott für eine ben
SBiberfprud^ feine« ©d^idtfal« toor il^m unb feinen ®enoffen auflöfenbe SBieber^erftellung
aufbebalten fein h)ürbe. "^tnc ift nur ein bie etoige VoHenbung al« 9tngclb Derbürgenbe«
3eic^en. ^m übrigen foU bie Siebe ©otte« an (Jlifag 42, 7 t)on ber im aBinbe«raufd^en
<;o ergangenen an &\ob getrennt unb al« ein Drafel gebac^t hjerben, ba« an einer ^eiligen
^\oh 121
®tä!Ut erfragt ober, nad& ber Slnoloöie bon 4, 12 ff., bein ®Ufaj in einem 2^roumöefic^te
ber fflaä^t ju teil geh^orben ift.
§tob l^at alfo gelernt, feinen alten ®ott toiel größer unb mächtiger lu benlen, i^m
üielmd^r jujuglauben, afe bie ^fjung feine« bi^berigen ®lauben« jugelaffen ^t, il^m
alfo tn^befonbere <md) bie SRcalifterung beffen jujjutrauen, toa« er aU befriebigenbe Söfung 6
feined Äreuge« erfel^nt, in freier ^^antafie entn)orfen, aber afe unbegrünbet unb unmögli^
jurücfgetoiefen ober aud^ al« ^oftulat im S'^i^^^ betoa^rt ^at.
8. 2)ie SSerfudf^e §iobö fein ©d^idfal ju begreifen. 3"^ Seftätigung
beffen, toa« id^ oben über ba« iaften unb Sangen nad) l^öl^erer äBal^r^eit in ber
©ebonfenbeloegung §iob« gcfagt ^abe, mu^ \d) m\i) an biefcr ©teile, ioo eine 3lnas lo
I^fe be« Dialog« nid^t gegeben toerbcn fann, auf loenige furje 3lnbcutungen be^
fd^ran!en. $iob erflört feinen toilben 9(uffc^rei jtap. 3 in ber @m>iberung üaüp. 6 au«
ber unerträglichen ©d^hjere jciner §cim}uc^ung (6, 2—6), toelc^e feine ©eele jebe«
grieben« beraube (v. 7), loeil bie Sern ©laubigen pftel^enbe Hoffnung einer fünfs
tigen @rieici{|terung burd^ ba« unaufl^attjame ©(^toinben feiner 2eben«Iraft (v. 11 bi« is
13) abfolut unmöglich gcmad&t ift. 6r fann fein Seiben be«^alb nic^t me^r, toie
er e« nac^ bem ®ebote ber grömmigicit (4, 3—7) bi«l^er get^an l^at, al« eine bor^
überge^enbe ^eriobe ber 3üc^tigung anfeilen, hinter h?elc^er eine anbere ber Befreiung au«
ber fc^Iagenben §anb ®otte« (6, 9), ber Stufatmung unb ber ©r^olung toinfe (v. 10»).
3n bem %a\i^ Mrbe er, ftatt t)erjtoeifelt gu fdf^reien, ol^ne toeic^ ju h)erben (I. mit ©ej)t. 20
T2n^\ bie geftigleit unb Unerfd^ütterfic^feit einer aJlauer erjeigen (I. -?:inD 6, 10). Sllfo
bie in feinem -goUe offenbare Unmöglic^feit einer bieefeitigen aBieberJ^erftellung jufammen
mit bem 3)ogma, ba^ ber 2^ob au$ ben glommen bem 2luge unb ber §anb ®otte«
entgiebe (7,6—10), mad^en e« i^m unmöglich, bie 3w*'^Pc^t ^wi Seiben ju erzeigen, bie
ber ®laube forbert (4, 3 ff.) unb ermöglicht. Unb boc^ le^rt bie ®rfat;rung biefe« 25
®lauben«, bofe ®otte« 3«>ntaffeft fid^ erjc^ö^jft unb ber ©timmung be« 3RitIeibe« mit bem
®ef(^ö))fe, ba« fo lange gelitten, $la^ mad^t (4, 17 ff.; 8, 21 f. u. ö.). ©ollte, hjenn
ber 3Rm\d) juDor bem 3:obe erlegen ift, ®otte« neu ertoad^tem SJlitleibe ba« Objeft fehlen,
an bem e« pd^ erzeigen mu^ (7,8.21)? Unb barf nid^t fmieH ^iob auf eine folc^e
SBonblung in ®ott rechnen, er, bem ®ott, tocnn er nic^t tücfifcp jeine ^einbfeligfeit hinter 90
ber 9Ra«fe ber greunblic^feit barg (10, 13), ho6) einen Stnfang be« Seben« bereitet ^ai,
tDO er bie $ulb unb ßut feine« ®otte« (10, 12), h>ie bie liebenbe prforge be« Hünftler«
für ba« ®ebilbe feiner §anb, erfuhr (10, 8— 11)? 3Benn berfelbe ®ott nun toä^renb er
ben Unlauteren ba« Seben«lic^t erhält (10, 3), gerabe ben §iob, beffen Sauterleit er bod^
lennt (10, 7), aljo ba« gelungene SBerf feiner öänbe unter bem ©c^eine ^erfoltert, al«36
gelte e« feine ©ünbe ju ^nben (10, 3—6), ba«Srtec^t ber 93ergebung md)t braucht (7,21),
bagegen ba« Siecht ber Sergeltung, auc^ ber in jebcr (SnttoidEelung fid^ jinbenben ^wgenbs
fürten (13, 26) gegen §icb fo ftrenge ^anb^abt, al« tooHte er au« bem natürlich unreinen
SRenfd^en burc| feine 3"^^ einen abjolut reinen ^erftetten (14, 4), fo be^anbclt er il^n
faftifd^ ni(^t toie ba« Don fclbft fallenbe Statt, bem ber natürlidbe 2Kenfc^ boc^ gleid^t 4o
(13, 25; 14, 1. 2.5. 6), unb bem man billig fein e})^emere« 3)afein gönnt, fonbern toie
ein ^ö^ere« SOSefen, Don bem ©ott abfotute Seranttoortung forbem fann (14,3), an bem
er leinen gtedten butbcn toiH, bcfjen ©c^ritte er eiferfü^tig betoac^t, beffen gebltritte er
forgfättig toormcrft (v. 16, Wo mit ©e})t. "-'t ft. ^'-^^ ^u lefen), um boHe Sufee ba«
für gu ermatten (v. 17). äöctd^^en SKert mufe für ®ott ein SBefen ^aben, um beffen 45
Steinigung er fw^ fo bemül^t? ©oUte man ba nic^t meinen, ®ott merbe, h)enn mit
bem Eintritte in ben 3:obe«juftanb bie Su^e be« 3J{enfc^en DoHenbet unb ®otte« ^oxn
gegen i^n erf(^ö))ft fei (14, 13), inget^nfucbt feine« ©cfc^öpfe« fic^ micbcr erinnern unb e«
in neuer Seben«geftalt au« ber Unterhjelt ju ungetrübter ©emeinf^aft mit il^m h)ieber l^er^
üorrufen, er ber boc^ ben trertlofen S3aum, toenn er abgebauen ift, ju neuem Seben unb so
aSac^tum gelangen lä^t (v. 7. 8. 13—15)? 3" ^^m ^aüc toürbc öiob l^offnung«DoD[
bi« mm 6nbe be« ganzen Setbcnö^jroj^efje« tragen unb t^arren (v. 14). 3Ran fie^t ^ier
beutiic^, ba| ^iob auf bem SKegc ift, ben alten ©laubensja^: „toarte beine« ©otte« in
©ebulb, hjeit bu feine $ilfe noc^ erfahren h)irft", Don bem er Ä. 6 ertlärte, er f önne il^m
nic^^t nadt^fommen, toeil angefidbt« feine« na^en 2:obe« für il^n feine .!pilfe met^r möglid) fei, 66
babur(^ m erweitern, baft er auc^ ben 2^obc«;\uftanb in bie Äategorie ber Seiben begreift,
auf h)cl($c bie §ilfe ©otte« folgt ; unb, ira« fcl^r bemerfen«njert ift, nicbt in ber Strt, ba^
er ein finguläre« ^oftulat für feinen fingulärcn ?^all aufftellt, fonbern in ber gorm ber
allgemeinen SReflejion, ob c« für ben 2)ienfci^cn überhaupt ein getoiffen ^JiaturDorgängen
analoge« SBiebererioac^en aue bem ^obe geben fönne (v. 10. 12 Dgl. mit v. 14*). Stbereo
122 $to6
er mu| bicjc SReflejion iDicbcr aufgeben, \ml nad) bem 3)ogma feinet olten ©laubcn^ ber
2ob ein enbgtltige^ ©otte^geridf^t auf immer ift, eine Sierftofeung an^ ®otte^ ©emein-
fd^aft, h)ie bie Vertreibung äbam^ au^ bem ^arabiefe (v. 20 bgl. ®en 3,23).
Offenbar l^at ber SDid^ter ^ier ben^iob in ber Dual ber ©rbrüdtung burd^biefe^ 2)ogma
6 eine bejfere S3egrünbung ber Hoffnung auf Übertoinbung be^ 2^obc^ a^nen laffen, al^ fte
bie 5ßl^ilofopl^en Don ^laton bi« Seibni^ in berSe^re bon ber Unjerftörbarfeit ber unteil=
baren unb immaterietten ©eelenfubftanj gefunben i}abm, I)a^ ift ber ©ebanfe, bafe ber
aWenfc^, ein Äunftgebilbe be« ©c^ö^Jfer« unb afö folc^e« (Sötte h)ertt)on, burc^ bie ftrenge
fUtlidS^e 3"^*/ ^^^ ®^^^ ö" ^^*" ü^* w"^ ^^^ ^^ SKenfc^ fic^ in gebulbigem ©e^orfam
10 unb Vertrauen bi^ in ben lob hinein gefallen läfet, ju einem unaufgebbaren })erfönlic^en
SBerte unb für ein neue^ Seben unter DoHIommeneren Sebingungen njürbig hjirb. "Hon
ferne rü^rt baran ber Sa^ be« 2;imäu^, bafe bie Seele eine Äom^jofition fei, bie für ben
t^, ba^ fte gut gerate, nic^t aufgelöft toerbe ; unb ya bem Verl^ältnid bed im ^obe ^u
®nbe ge^enben Seben^ ber göttlid^en 3üc^tigungen ^u bem neuen, bem göttlid^en gome ent=
15 nommenen, fann man ben 9Jl^tl^u« be^ ©ofrated im ^l^äbon Dergleichen, nac^ h>elc^em toir
im bie^feitigen Seben un^ ju benSeligen Der^alten, toie bie auf bem ©d^lammboben be^
aWcered SBol^nenben gu ben im fetten Sonnenlichte auf ben ^i^feln ber 2Keere^oberfIäd^e
Sebenben.
Slber noc^ anbere Verfud^e mai)t bie geängftete ©eelc §iob^ in bem S3eh?u^tfein, ba^ fie
20 auf bie SBieber^erfteHung nic^t l^offenbarf, toeil er ber Sotentoelt fc^on angehört (17, 13. 14),
unb fein §offen unb fein §arren (v. 15) angemachter SKa^en nid^tmit il^m (v. 16 1. mit ©e|)t.
■'1'^5'n) jufommen in ben ^abe« l^inabfteigen unb fic^ bort afe feine« ©rfolge« ftc^ere«
33erl^alten fortfe^en lönnen. ®r felbft erllört fie für abenteuerlich, bemSpotte ber^eunbe
ijerfollen (v. 10), bie ba fagen, er »erlange bamit nic^t« ©eringere« al« eine VerrüdEung
26 ber SEBeltorbnung um feiner 5ßerfon toiHen (18,4); aber fo oft er feinen ©cbanfen freien
Sauf läfet 0-^?? ^r?), fprengen fie bie %t^An feine« ^erjen« (l. mit©ej)t. •'r'?^: 17, 11),
fie machen bie bunfle 3lad)t um il^n tage«l(>ell unb getüä^ren i^m tröftlid^e« Sic^t, cbe bie
bräuenbc ginftemi« tooDenb« ^ercinbrid^t (v. 12). ©o rebet er felbft über bie ^ßj^antafiebilber,
bie bod^ im 3*^ange ber gehjaltigften ©eelenerregung entftanben finb. SDenn ©otte« ©erläge,
80 bie ben 2lnfd^ein fatanif c^er grinbf eligleit tragen (16, 7—9), fmb ben SKitmenfc^en, bei benen
er 2^roft unb Seileib ju finben erwartete, jum l^inreic^enben SRec^t^grunbe gelDorben, i^n
iJoHenb« afö übertoiefenen SSerbred^er abjut^un (v. 10), i^n, beffen^anb mit ifeinem ^J^eDel,
bef[en ©ebet mit leiner Süge befledft ift (v. 17). ©o foH benn fein unfc^ulbige« S3lut mit
il[^m begraben toerben, ba« ungefül^nte ber Vergeffenl^eit an^eimfatten unb fein ©efc^rei
85 über Unrecht ungel^ört Derl^atten (v. 18)! ®a« ift für fein fromme« Sehju^tfein unmög-
lid^ ; benn er f}at \a einen 3Rittoiffer um feine Unfc^ulb in ber Verborgenheit be« §immel«
(v. 19. 20), e« fann nic^t anber« fein, al« ba^ biefer bereinft nod^ für ben ©terblic^en bei
bem ©otte eintritt, ber il^n al« Verbrcd^er gef4>lagen ^at, für il^n eintritt, h>ie ein
5Kenfd^ e« für feinen SKitmcnfd^en t^ut, toie e« bem §iob aber bon feinen ^^^eunben ge=
40 toeigert h)urbe (v. 21, mo mit 2^arg. P^ ju lefen). aber mie mag ba« gef^^e^cn, toenn
$iob geftorben, fein jum Ungetüm Derunftalteter Seib beftattct ift? §ier fe^t nun bie
$l^antafte ein: ©ott möge, toenn bie 2^otenflage beginnt (v. 22 h)o "^sp';*^ r^'^^a nai)
©en 50,4 ju lefen), h)enn ber SBinb fein Seben entführt \)ai (17,1 "b-^n-^h n'i-i ©cj)t.),
bie Veftatter jufammengerufen finb (^P- t:), ba er feinen anberen 3lec^t«freunb I^K^t, feinen
46 Seib hjie ein i^m anvertraute« 3!)ej)ofitum (v. 3 l. mit Dl«^aufen "'P-t^) ^^^ ^^ natür^
Hd^en Vertoefung unb fonftiger 3ctftörung bemal^ren, um burc^ biefe« ?ß^änomen ber Slac^toelt
ba« Setoufetfein ju ertDecfen, ba^ e« mit bem toten §iob eine befonbere Setoanbtni« l}abt
unb fein ©d^idEfal ber äufflärung nod^ ^arre. ^mn er nimmt in 3lu«ric^t, ba^ er fo
für tocite 3Wenfc^enfreife ein portentum fein h)erbe(17, 6 J^?^-), ba« bie ^tommen ftu^ig
ßomad^t, bie ©erec^ten famt ben gretolcrn in (grregung berfe^t, jene mit bem ©rfolge, ba|
fie im §inblidfe auf bieje« SBunber um fo getrofter bei il^rem geredeten SEBanbel toer^arren
(v. 8. 9). 3)ann ift ba« 3^ugni« be« ©otte«, ber ben lebenben §iob berbammt unb ben
ungerechten OJlenfd^en al« ^ia^rid^tem prei«gegeben ^at (16, 11), burc^ ba« 3^ff!^i^ ^<^
.§immel«gotte«, ber auf feine Stplpellation über feinem Seidf^nam hjac^t, für bie 5lac^h)elt
66 toieber aufgel^oben. aber bie ©eele §iob« l}ai nid^t« babon. (£« ift be«^alb ein not-
toenbiger jjortfdfiritt, toenn er bei ber abfoluten Verlaffenl^eit Don allem menfc^lic^en 3:rofte
fid^ in bie ferne 3«^""?* flüchtet unb in bem (Sebanfen, bafe fein $roje^ bort noc^ jur
©rtebigung fommen muffe (19, 23. 24), fic^ ben alten i^m Vertrauten ©Ott feine« ©lüde«,
ben er im ©d^reine feiner Vruft feftgel^altcn ^at (v. 27 too ^•?"b^ '^2 ju fpr.), gum Ver::
♦i<» treter ertpä^lt. SBä^rcnb jonft oft ber ©oel nod^ crft geboren toerben mu^, ftel^t feiner
$iob 123
fc^on im Scbcn unb tDirb für i^n ben längft gcftorbcnen cnbKc^ öffentlich ouftrctcn (v. 25,
too ^ET^sr j^ufteHen); unb cntfi^redSienb feiner äppeUation an biefen ®ott p J^thä^ ^px
V. 27), toirb §tob i^n auc^ ju fe^en bcfommen ( ^ nrnx v. 26), nac^bem er cntlcbigt
ifi (^-3^ *nK, Snf.Don ""•^, fonftr. toie 21, 3) bicfer Umlnebelunö (ncp: ipie ^ef 3, 24,
b. i. feine« ijerunftalteten, i^n an jcber SelDegung ^tnbernben Selbe«) unb öon feinem 6
Meifc^. §ier ift offenbar eine SJejie^ung gefegt jhjifd^en bem, toa« ®ott ^ier oben auf
erben tbut, um ba^Snbenfen be« frommen ju reinigen, nnb jtoifc^en bcr im $abc«
toeilenben nadften ©eele; bie lefetcrc erfäl(^rt eine i^r ©eignen ftillenbe, bie Stimmung ber
Scfricbigung l^^erfteHenbe ßintoirfung bon i^rcr SRedjitfertigung. ©d^toerüc^ beult ßiob fie
aber auf [xi) befd^^ränft; untoiDfürlid^ toerben boc^ auc^ bie nac^ il^m geftorbenen §reunbe lo
afö boijon betroffen gebac^t, toenn er i^nen fofort juruft, auf il(^re eigene Seele bebac^t
S[ nehmen unb nic^t tötlic^e Sc^ulb auf [xi) ju laben, e« gebe einen SRid^ter (v. 28. 29).
ud^ ^ier ift offenbar, ba^ bie in ber Hoffnung 3«raete Verbürgte Setoa^rung be«£eibe«
unb ber Seele für eine fünftige befinitiöe Selbftbetoeifung Ootte«, bei ber bie ©erec^ten
fein ängeMt ju fd^^auen befommen, Don bem unter bem ^annt be« l^offnungölofen i6
33ogma« jtel^enben ^iob langenb unb taftenb, aber mit fteigenber ^uberftc^t geahnt loirb.
®er %mb baju ift bie lebenbige religiöfe ©eioi^^eit bon bem geredeten ®otte unb bem
Jjerfönlid^en SJerl^ältniffe be« glommen ju il^m; unb bod^ lönnen toir bei §iob aDe bie
©ebanfenelemente hjieberfinben, bie Siant in feiner froftigen unb mül^famen Slec^nung Dom
unenblic^n gortfc^ritt ber ©rfüHung be« fategorifc^en 3mperatit>« burc^ bie 2^ugenb, Don 20
bem ens re^issimum, ba« bie $rot)ortionalität Don Xugenb unb fmnlic^em äßo^Ifein
verbärge, unb bon bem hierin bcfte^enben Bummum bonum toertoenbet ^at.
3ulc^t iftnod^berÄritil ju gebenfen, bie an bem 3)ogma toon ber bie«feitigen fid^ts
baren SSer^eltung be« geredf^ten ®otte« geübt toirb. 33a« augenfc^einlic^e ®lücf be«
^eöler« toirb nic^t burqi ba« ettoaige Unglücf feiner 5Jad^fommen toieber gut gemacht; 25
i^m felbft foHte Dergolten toerben, aber bcr 2:ob rettet i^n ja bor bem Unglürfe feiner
9ia^fommen (21, 7—21). fflenn man bebenft, bafe bcrfelbeSiob be« glürfUc^cn J^rannen
unb be« unglüdlid^en 2lrmen Seben befinitit) enbet, toie fann man bann nocb fagen, ®ott lel^re
bie SMenfd^en bur(^ bie ®eftaltung i^rcr ®efd^idte ba« SRed^t (v. 22—34). 9tun gar, toenn
®ott bagegen gar ni(^t reagiert, bag ettoa eine getoaltfam unterjod()te 93et)öuerung ein so
barbenbe« Sllaöenleben in i^rer §eimat fül^ren mu^, too an jebem 5pia^e ba« ungefül^nte
SSlut i^rer ängel^örigen jum §immel fc^reit (24,2—12); ober toenn er einen notorifd^en
®etoaltmenfd^en Don böfer ßranf^eit, bie fd^on al« ®ottc«geric^t Don ben 3^tgenoffen begrübt
toor, unertoartet toicberberfteHt, unb jtoar mit bem Erfolge, bafe feine begei^rlid^en 2lugen
toieber i^e alten 3Bege einf^^Iagcn (v. 18—23), fo toirb ber Sprurf) be« ®Iauben«:85
„toartet nur ein toenig, ®ott toirb balb eingreifen" jum §o^ne (v. 24. 25). 2lber biefe ganjc
aiu«fül^rung ftel^t unter ber ^age(24, 1): „toarum fmb Dom äUmäd^tigcn l)ct nid^t fcfte
^eitmafee erf^ä^t ("i'|"'s:l::) toorbcn, unb toarum ^abcn feine ^eunbe feine Stage m6)t ju
feigen beIommen"(^Tn)>' 2). j^. ^iob toürbe ba« unt^ätige 3wfci^öuen ®otte« beim 3:oben
bcr..2^rannen, beim Seiben bcr Unfd^ulbigen Derftc^en tonnen, loenn bie 3Renfc^engefd^id{|te 40
in äonen DerUefe, bie burc^ göttli(()e SCagc ber ®cric^t«cntfc^cibung ibr pofitiDc«, feiner ®üte
unb ®ered^tigfeit entfpred^enbe« (Snbe fänbcn, unb toenn bie ®ottDcrtrauten biefe Don ®ott
in 2lu«fic^t genommenen 3:age auc^ im 'isorau« fcbauten. 3Jun toobi, ^^xatl l}ai ^^^^
unb ünn^ Die toie beftetttc SBJäc^ter auf ben 2:ag i^al}\)c^ toartcn unb fein fiebere« 5?aben
Derfünben, um bie Sünber j\u fcbrccfen unb bie (Gebeugten ^u trijften. Sllfo and) nai) 40
biejer Seite Deranfc^aulid^t .^iob, toie ba« gottgcfd;affcne SDienfd^enber^ fic^ nac^ ber Offene
barung«toa^r^eit in 3«rael ftrcdtt; unb gctoi^ l)ai bcr 3)ic^tcr biefe pofitiDcn iscrfud[)c, ben
alten ®otte«gIauben ju Dctticfcn unb j^u ertocitcm, im 3(uge, toenn er Sott urteilen lä^t,
im ©egenfafe ju feinen greunben habe cC^ob ri^^tig über ihn gercbct. 3)cnn bamitJann
er nicbt «t^iob« Unfd^ulbbctcucrungcn meinen, aucb nid^t feine SKcben über ®otte« 9JJac^t — eo
jene finb feine Sieben über ©Ott, unb an i^crbcnlidE>ungcn ®ottc« ^aben c« bie Jyreunbe
caid) nic^t fel[^Ien laffen — fonbcrn nur bie 3lu«tübnmgcn, in benen, toie ))b^ntaftifd() auc^
bie SJorfteDungen ftd^ au^ncl^mcn, bcutlid) ^u 2age tritt, bafe ben gütigen, gerechten
ÜWenfd^engott aud^ bie lotcntoclt unb ba« ^a^infd^toinbcn ber ©cncrationcn nic^t ^inbem
lann, fic^ al« fold^cn an ben 9}Jcnfcbcn ^u ibrcr fd^lic^licben SJcfcligung ^u ertoeifcn. 56
V. 38 er f äff er unb (5ntftebung«5cit. 2)a unfcr Öu4> tocbcr feinen i^erfaffer
nennt, no<^ ein i)atum feiner älbfaffung Dcrrät, unb ba eine unabhängige Überlieferung
über beibe« nid^t ejiftiert, fo tann e« anA fein 2lUffen Dom i^erfaffcr unb bcr (Snt^
ftel^ung«jeit feine« SBerte« geben. ^Jtur bem Ikrlangcn ^xi toiffen, loa« fic^ nicbt toiffen
iäfjx, fmb bieSJermutungcn cnlf^rungcn, toctd;e bem iserf. in bcr großen ^^1^1 bcr ^abrl^unbcrte eo
124 ^tob
jtüifc^en 5Wofc unb bcmßnbe bcrpcrftfc^en^cit feine ©teile anireifen. 2)ie naiDe Slefle^ion,
bo^ mW .^iob ber fünfte bonSlbra^am geh>efen, aud^ berfelbe 3)lofe, ber über älbra^am^
Siad^fommcn gefc^riebcn f}at, fic^ Don felbft aU ben SJcrf. be^ in feinem erjä^Ienben 2:ei(
an bie ^atriard^enbilber ber ©eneftö erinnemben S3ud^e«( barbiete, öerbanft i(;re 6nt=
B fte^ung ber ajjofr^^jl^en ©leic^fe^ung \)on §iob unb bem ßbomiterfönigc ^ohab. 2)ie
SKeinung, ba^ bog Sud^ ber falomonifd^en 3eit angehöre, Don ß^r^foftomug big auf
©eliftfc^ vertreten, berul^t auf ber ©rtDägung, bafe bamafö (1 Äg 5, 16) S^'^öefe SÜeig^
l^eit bie ber Sip ^:s überragt ^abe, ju bencn aud^ §iob ^ä^It (1, 3), unb auf bem
^ufammenHang mand^er Oebanfenrei^en jh)ifd{ien ^iob unb ben falomonifc^en Sprüchen ;
10 ober biefe SEBeigl^eit ift mit ©alomo nid^t auggeftorben. 5Wod^ naiöer ftnb bie SBerfuc^e,
in ben Unglücfgfd^Uberungen, bie ber 3)ic^ter bem ©bomiter §iob in ben 3)iunb legt,
3uftänbe beg i^raelitifd^^en SSolfeg in ber Slff^rerjeit ober unter bem SWegiment SWanaffeg
toieberjuerfcnnen. ^mn ber 3Kann, ber bie S5erid^te SReifenber anfül^rt (21,29), ber bie
2^tertoelt 3(gV)^teng jeic^net, lonntc feinen gelben bon Ärieggelenb, bag fo alt h)ie
16 bie SBelt ift, reben laffen, h)o eg fw^ fd^idtte, unb nid^t erft bon ba an, h)o er eg am
Selbe feine« eigenen SSolfeg erful^r. ©i(^ auf bie 33ergleid^ung ber Drt^ograjj^ie beg
Sud^ed mit anberen berufen, ^ei^t ben ort^obo^en 3opf anftedEen, nac^ h>elci{iem bie
heutigen S3ud{iftaben birelt Don ber §anb beg Slutor« abftammen; in fflirflid^feit beruht
bie Sßerfd^iebeni^eit ber Drtl^ograj}^ie auf ber Serfc^iebenl^eit ber Sec^nif ober ber ^Jä^igJeit
ao ber 2lbfd^reiber unb auf ber me^r ober Weniger großen 2luf merffamfeit, bie bie Se^rer ber
©emeinbe bem Xtjct^ ber in il^rer 3)ignität berf^ieben eingefc^ä^ten ^eiligen 93üd{ier ju^
iDanbtcn. Slud^ bem ©prad^gebrauc^e ift fein 5WerfmaI ber (Sntfte^ungg^eit abjulaufd^en ;
benn obgefel^en ^on ben ®ntftellungen unb SSerbefferungen, bie bie heutige ©eftalt beg
Suc^eg berrät, ift eg in Slnlage, ^ni}aü unb ^\o^i fo eigenartig, ba^ eg felbft
26 gegen jeitgenöjftfd^e ©d^riften anberen gn^ölteg abftec^en mü^te ; unb über^auj)t giebt
eg leine ©efc^ic^te beg bibl. ^ebr. ©j)rac^gebraud^eg, tüeld^e, fieser begrünbet unb allgemein
anerfannt, bie offene ©teile umgrenjte, in bie bag Suc^ §iob allein unb botlfommen
^incin^ja^te. 2lm nid^tgnu^igften fmb bie SBehjeife, bie man an^ bem ißer^ältnig ber Se^r^
tbeen beg Sud^eg §iob ju ber Oefc^id^te ber religiöfen SSorftellungen in ^grael entnimmt.
90 3n einigen Äöjjfen mag jtoar ein d^ronologifc^ beftimmteg ©d^ema für bie lefetere bor^
Rauben fein, aber bag ift boc^ feine Urfunbe, nac^ beren 3)aten man anbere Rö^jfe nötigen
lönnte, bag ^nd) §iob in ein« ber bort eingerichteten ^eitfäd^er ju fd{|iebcn. Unb tüic
bie Ronfequenj ber Ort^obojcie, ba^ alle ^eiligen ©c^rif^teUer biefelbe §eiföerfenntnig be=
jeugen, aufgegeben ift, fo mufe auc^ bie fie nac^a^menbe aSorftellung au^er 93raud^ gefegt
86 tperben, ba| bie ^ebräifd^en Genfer, ftatt il^rc ßeit überragenbe 3lnbiDibuen eignen SBerteg,
lauter 5HeIruten gehjefen feien, bie nur bie Uniform unb bie ©atnitur i^reg 3^'^^'^'
unbertg getragen laben. SBieberum h>er fpejieH ben ©atan beg §iob mit ben jtüei anberen
©tetten feine« Sortommen« fombiniert unb \>anad) augrec^net, toie unfer Sud^ fidb gu ben
litteraturgefd^ic^tlic^ annä^emb gu fijierenben anberen ©teilen jeitlid^ ftette, ber ^ulbigt in
40 Ignorierung ber offenfunbigen 2^^atfad^e, ba| unfere biblifd^en Sudler nur ber fümmer=
Ud^e Überblieb au« einer untergegangenen reichen Sitteratur finb, bem alten 3^Pf^/ f^^
ben biefe gragmente ein gefd{|loffene« ©toftem bilbeten. 3Kan jie^t gtoifd^en ben einanber
entfpred^enben fünften biefe« jc^einbaren ©Vfteme« bie geraben SJcrbinbung«linien unb
bilbet ftc^ ein, biefe O^jeration bialeltif(^er SRedf^enfunft erfaffe bie ganje 2Bal^r^eit unb
46 fei obenbrein bie genaue SReprobultion i^re« gcfc^ic^tlic^en SBJerben«.
6« giebt nur ein ÜRittel, inbireft ju einer allgemeinen Umfd^reibung ber 6nt=
ftel^ung«jeit p gelangen, nämlic^ bie litterarijd^e SBed^felbejie^ung jh)if(^en §iob unb
anberen batiertcn ©d^rtften. 2)enn nid^t batierte, h)ie bie le^r^afte (Einleitung in bie
^rotoerbien, t)on ber 9iiemanb tüei^, tüann fic entftanben ift, tüenn e« fic^ auc^ ber eine
60 ober ber anbere ju miffen einbilbet, ober ber „.^ejateud^" ober feine jum 2^eil blo^ an^
geblichen, jebenfaü« rnd^i ju retonftruierenben CueHenfd^riften, muffen folange aufeer 93e=
trac^t bleiben, al« ber ©runbfa^ nod^ nic^t abgefc^afft ift, ba^ Unfic^ere« nur t>\ixi) feine
ertannte Sejiebung gu abfolut ©id^erem ertennbar toirb. 3" ^^ batierten gehören ^ere^
mia unb (S.^ec^iel ; gmifc^en ber 3lrt, h)ie jener feine ©eburt Derfluc^t (20, 1 ff.), unb tüie
66 e« .t)iob Ä. 3 tut, beftel^t ein jtoeifellofcr 3wfammen^ang. älber ber eine fagt : ba ic^
bei lebhaftem ©c^mcrge eigne 3Borte finbe unb nid)t na^ folc^en greife, bie anbere no=
torifc^ in ä^nlic^er Sage befinblirf^e bor mir gcfprod^en ^aben, unb ^ewmia mir barin
gleicht, fo fann er \\d) nic^t l^aben hnxi) ^emini«cen^ an §iob 3 beftimmen laffen.
33er anbere jagt: mir unb Dielen anberen ift e« bei fc^toerem ©Aiifal natürlidfi, nac^
60 einem flaffifd^cn SBorte alter (Slauben«|\eugen ju greifen, j. 33. §i 1, 21; ic^ ne^me ba«
$tob 125
@Iet6e für ^[ercmia an. Bei bcm ic^ aud) fonft bcobad^te, ba^ er längft ausgeprägte SSerfe
unb 3leimc amg nac^toetöbar älteren 3lutoren in suum usum fonbertiert. ©ubjeftibc
®cf(^niadE6urteiIe ^aben für bie ffiiffenfc^aft leine SetoeiSfraft; unb für bcn, ber fid^ auf
feinen ®efci{imacf toerlä^t, toirb eS immer Slueflüc^te geben, um fid^ bem 3h>^"0^ tüiffen«
f^aftlic^er Setoeife ju entjiel(^en. 3lber bie g^^f^^^i ""^ 3^^"^^^ ^f* l^ unnötig, h)enn s
Sge^iel, fein jüngerer ^>^eitgenoffe, bei feinen gw^örem ben §iob aU ebenfo belannt Dor?
au«fe^, h)ie 3locS} unb 3)aniel (14, 14 ff.); benn bann barf er aud^ aU bem ^eremia
befannt gelten. 3lber ^ier ergebt ftd^ nun baöfelbe ©piel ; benn toä^renb bie einen fagen,
unfer 93ud^ fei bcm 6;icc^iel befannt gelDefen, bel^aupten bie anberen, nic^t unfer §iob,
fonbern bie angebliche Solfefage ober baS ol^ne aegrünbeten Stnlafe angenommene SJolfe lo
bu(^ fd{|h)ebe bem" ^ro})l^eten t)or. 5?^eilid^ ßgec^iel miß nic^t ©eredf^tc fc^ledf^t^in auf^
jagten, fonbern fol(^e tüunberbar gerettete ©erec^te, um berentmiHen ober auf beren gür^
bitte mit i^nen auc^ ii^te Angehörigen ober fonft bem 2?erberben berfallene ©cnoffen au«
bcm ©eric^te gerettet fmb. Um 3loa\)^ toilten ift feine ^amilie, auf SDaniete J^^bitte fmb
jeinc greunbe unb bie d)albäifd^en SBeifen, auf §iobS ©cbet feine brei 3Kituntcrrebncr i6
gerettet hjorben. ®aS „3Solföbuc^" (Sjec^ieB muj alfo nid^t blo^ bon ber gürbittc
Öiob«, fonbern auc^ bon ben §iob gegenüber unridf)tigen, ©otte« ©eric^t toerbienenben
Sieben ber g^cunbe eine ätnfd^auung gegeben unb alfo ungefäl^r toie unfer §iob auS*
gcfc^cn ^abcn.
Stuf ade gäße toirb unS burd^ feine h)irflic^e SDäiffcnfd^aft berboten, anjunel^men, 20
ba^ SWalead^i (3, IG ff.) unfer $3ud; im Sluge l}at, ba^ ©jec^iel e« tannU, bafe 3^^<^
bie ba« ganje ®ef})räd^ toeranlafjenbe bittere Älage §iobg Ä. 3 im ^er^en trug, unb alle
3^cnfübungen, toelc^^e aufgeboten toorben finb, um ^icb in bie ejilifd^e ober nac^egilifcbe
3eit cinjuloeifen, jtoar alö frud^tbare Äeime eine« fünfttgen l^iftorifdj^en SHoman« }^v^ be*
tounbem, aber au« bem ©ebiete ber nüd^temen ©efc^ic^teforfd^ung auS^ufd^eiben. @S 25
^bclt ftc^ nur noc^ barum, bie obere ©renje für bie ^eriobe iu ^nben, innerhalb bercn
nac^ ©^lüffen au« littcrarifc^en ^atm bie öntftebung beS ^iobgebid^te« angefeilt toerben
borf. ^i) ^abe fold^er für bie obere ©rcn^e feine anbere, ate baS fc^on befonberS bon
3)clt^f(^ betonte, bafe baS ergreifenbe i^lagcgebet eine« Sluefäfeigen 5Pf 88, meldte« toir
au(^ im SWunbe ^iob« bor K. 3 begreifen fönnten (bgl. 6, 8), bem berühmten Siebter 90
unb ©änger §ßman beigelegt n)irb, unb ^hjeiten« ein bon mir fc^on bor 12 ^a\)xm im
Äommentare ju 1 fig 5, 11 ^erborgel^obencS. ^ugenfd^eintic^ auf ©runb einer alten ^^rabition
ber betr. Sängerfamilie fagt nämlic^ bie ßl^ronif (1, 25, 5) bon $dman, er fei „ein ©e^er
bcö Äönig« getoefen, ber in göttlid^e i^orgänge ^ineingefc^aut ^abe, um $orn ^u ergeben",
unb ©Ott \)abt i^m 14 Söl)ne unb 3 2:ö(^ter gegeben. Wxö^ tounbert, ba^ bie ßrfinber 35
bcd alten SolfSbuc^eS l^ierbon feinen ©ebrauc^ gcmad^t ^aben. 2)cnn ba« Sl^jarte be«
Sucres $iob befte^t barin, ba^ fein 3Jerf. bie Sefer in 93orgänge in ber ©eiftertoelt
^ineinbliden lä^t, bamit fxe, h)enn fie aud^ bis jum lobe unberbient fc^mer leiben, nic^t
an ©otteS ©erec^tigfcit unb Siebe Derjtoeifeln, fonbern ben 3Rut auebauember ©ebulb unb
ßubcrfui^t erzeigen; unb toenn §iob fd;liefeli(^ mit 14 ©ö^ncn (t)gl. ©...108) unb 3 3:öc^tem 4o
bcfd^cnft toirb, fo mufe man entiueber fagcn : unfer Dichter \}aht bie Überlieferung ber $§s
maniben über il;ren 3l^nl;en:n benu^t, um ben öiob ju fcl^affcn, ober in jener Über^
(teferung befunbe fic^ bie Stnnal^me, baj Ajeman tjeranlafet burcb fein eignes ©c^idtfat ben
jpiob gebic^tet l}aU, unb bie natürliche Dicigung, baS bem §iob geworbene ©efc^enf ber
14 ©ö^ne unb 3 lödj^ter in ben 1 4 ©ängcrn .^jemanS mieberjuerfennen, beren le^te 7 \>ux6) 45
i^c Flamen befanntlic^ ben ganj^cn ^^Jro^e^ einer im ©laubcn ficgrcid^ überftanbenen SeibenSs
Prüfung barfteHen; ober enblicj^, ^ernan haU ein ©ebic^t gcfdmffcn, toelc^eS in fo
iDcfentlic^en ßügen mit unferem §iob jujammenftimmte, bafe biefcr nur als eine erioeiternbe
Umbi^tung jeneS gebac^t njerben fönne. 2)a berßbronift gar fein eignes Öemu^tfein bon
ber 93ejiel^ung jtoif^en §eman unb §iob berrät, fo n)erbe ic^ midE> tüol^l lauten, baS et)entuelle eo
SBcrf§dmanS unb unjercn§iob obne iueitereS ^u ibentifijieren. §at aberJpeman ein ilf>m
ä^nlic^^eS ©ebic^t Derfa^t, fo ift eS nicbt fo pl)antaftifcl), ioie Senjinger meint, in 1 Äg
5, 11 bie bem iliijam als ,,Söbnc beS SiunbgangeS" gegenübergefteHten „.§eman, Äalfol
unb Darba" als Figuren eines ©ebid;teS auf^ufaffen, bie im Stunbgange eineS ©efpräc^eS
i^rc SBciS^eit ju ^ören geben, hjie bie Cilifa^, Silbab unb ^o\ax im 5)ucl>e A^iob. 3tuf 66
oJDfc %öüt barf man fagen, bie (S'ntftehung unfereS ^iob liege bieSfeitS §emanS unb fte^e
in urfäc^lid^er Schiebung ju bcnt, \m<6 biefer alte Siebter erlebt ober gebid^tet, ober auf
©runb feiner SebenSerfabrung in einem bic^terifcl)en SSierfe bargeftcUt baben foU. 3)a^ h)ir
fo gor nid^tS über i^erf. unb (rntftcbungSjcit hjiffen unb nur fo unbcftimmteS unb h^eit^
f^i^^tigeS auS litterarifdien 2)aten erfc^liefeen fönnen, ift bei einem bon aller ^iftorifc^en eo
126 $tob $t^)iol4tttd
Dricnticrung abfcl^cnbcn, einem rcligiöfen Probleme ö^^^ibtiictcn Äunfth)erfe ein ))roi)iben=
tictter SBSinf für un^, e^ mit aller Äraft rein in fic^ felbft gu genießen unb rein a\i^ [\d)
felbft ju beuten. 2)afür gi^bt e« nod^ Diel ju lernen unb ju leiften. *. Älojtermatiti.
6 ^i^J^loI^tn«. — ?l umgaben: erfte ©efamtouSgabc ber ©cftviften ^.S üon 3. ^(. ga*
briciuS, S. Hipp, episc. et mart. opp. gr. et lat., ^amb. 1716 unb 1718, 2 SBbe; ©aHanbi,
BibJ. vet. patr., i8b 2 (1766); MSG Söb 10, 1857; $. 91. be fiogorbe, Hipp. Rom. quae
feruntur omnia graece, fieipjig unb ßonbon 1858; moju ©rgänjungen in be fiogarbe, Ana-
lecta Syriaca, ebenbo 1858, ®. 79 ff., unb Appendix @. 24 ff.; aucft ^atcr. jur ®ef(^. u.
lOÄrit. b. $cnt., 2, fieipgig 1867; ©.§ ©crfe C^liiäg. ber SBerl. «fab.), S3b 1, üon 9?. SBou'
wetfd) unb §. ^d^cli«, üelp^ig 1897, S3b 2 üou ©. 9ld)en« in SBorbcrcitung. 3ucr[t gebrurft
lüorb bie p(eubo^ippoI\jtif(6e ©c^rlft De consummatione mundi burcft Qo^. ^icuö, ^oriö 1557;
^offeüinug üeröffcntUtibtc Adv. ludaeos, )öcn. 1603; SÄarqu. ®ubiud ebierte gucrft bic De
oonsumm. gu ®runbc Hcgcnbe 8c6rift De Antichristo, $ari§ 1661. Sie lourbe tDicber^oIt,
16 ncbft g-vagmenten onbcrcr ^erfe ^.§, biird) gr. ©ombefiS, Bibliothecae graec. patnim aiicta-
rium novisfiimum, S3b 1, ^ariS 1672. 9?ur cinjcinc neue e(^tc gragmcnte ^.^ bei 8lmon
be ^agiftri«, Acta martyrum ad Ostia Tiberina, SRom 1795. Um fo umfongrcicöcre ba*
gegen bot ?(ng. ^Woi, Scriptor. veter. nova collectio I, 2 166, 5Rom 1825 unb I, 3, 5Rom
1831; jum Xeil fef)rcn biefclben loieber bei ^itro, Anal, sacra, ®b 2 (1884) 6. 218ff.;
20 bort ober oucft {Qrifd)e unb armen. @tücfc ©b 2 u. 4. 5)q§ erfte ©ucft ber Philoeophumena
gob juerft ^erouS 3ttf. ®ronouiuÄ, Thesaurus graec. antiqu., S3blO, 1710; in ben Drigeneö-»
ausgaben, De la ßue I, 872. üommofft^ ©b 25, 279; ncuefte ^uÄgabe üon ^. S)iel^, Do-
xographi graeci, ©crlin 1879. 3)q3 gonjc 3Scrf Auerft ebiert oon (£. Miller, Origenis Philo-
sophumena sive omnlum haeresium refutatio, Öjf. 1851 ; befte ^uSgabe üon S)uncfcr unb
25 ©d^neibemin, S. Hipp. ep. et mart. refutationis omn. haeresium Über X quae supersunt,
®ött. 1859, Qbgebructt in MSG 16, 3, ^Qri§1860. (Sine Ucberfcfung uonDeAnt. tjeranftaltete
not^ ben «uSgoben üon Sabriciu« unb (JombcfiS ®röne in ©ibl. b. Ä©S3, Kempten 1873.
S)ie altflatjifcfte Ueberfe^ung üon De antichristo (üon De consumm. einen 9lbbrucf ber 9Wo§«
fauer Äu^goben üom ^af^xe 1647 unb 1701) ebierte 9?eüoftrujeü, SHogfou 1868 (boju ©arnod
30 8Ö2:§ 1875 @. 38 ff.), (gbenfo 3. ©rejncüSfij, S)ie 8agen oom «ntidjriften in floüifcften
Ueberfe^ungen ber SBerfe be« 1)1^. (ruff.), @t. ^eterSb. 1874; hierin jugleidj ba^ 2. SButft
unb Xeile bc« 1. be§ 2)QnieIfommentQrS in Qltflaüifd)er Ueberfcfung. (Sine bcutfdje 5Bicber-
gäbe ber altflauifcften Ueberfe^ung üon De antichristo üon ©onroetfcb, 91®® 83b 40 (1895).
©riec^ifcft gab boS 4. SBucft bicfcS ^ommentard GJeorgiabeö in ber 'KxxlrjoinoTtxtf 'AX/jOria
36 1885. 1886 ^eroug; obgcbrucft üon (S. 83ratfe, JBonn 1891. Fragmente ber Capita adv.
Caium ^crou^geg. burcft 3- ®n)t)nn, H. and his ,,Heads against (Saius", Hermathena VI,
1888, S. 397ff.;'aud) bei ^ornacf 2U VI, 3, 121 ff. unb 8ae)n, ®efd). b. ntl. Sfanou« 11,2,
973 ff. 3)ie (Söronit guerft ebiert burcft (Sanifiu«, Lect. antiqu. S3b 2 1602; julejit üon
2^. ^ommfen, 9(bt b. fäc^f. ®ef. b.SSiff. 1850 unb Chron. min. s. 4— 7 (MG Auct. antiq.9)
40 I, ©erlin 1892, 78 ff. unb üon (£. &rid. Chronica minora I, Seip^ig 1893. ^ie Canones
arabifc^ mit (atein. Ueberf. üon ü. .^aneber^, ^D2ünd)en 1870 (banac^ beutfd) üon ®r5ne a.a.O.
1874), in üon ^iel^aber unb Stern reüibierter Ueberf. beutfcft bei ^. 9lcfteli§, 3)ie älteftcn
Ouellen be§ orlental. Äircftenredjt« I.XU VI, 4 (1891). ©eitere eingaben f. in ber ©erlincr
Aufgabe, ferner bei ©a^pari (f. u.); i^. 9iicbarbfon, Bibliographical Synopsis (The antenic.
46Fathers), 53nffalo 1887; Chevalier, Rupert., des sources hist. 1067 f. 26.50 f.; ^arnarf, 9IIt»
djriftl. Sitter. I, 605ff.; 893ff.; iiigl)tfoot (). u.); ®arbent)eiüer, <|JatroIogie S. 135 ff.;
^.Shüiier, ®efd). b. altd)r. IMtteratur, J>reib. u. ficipaig 1895. 6. 201 ff. unb ^«atfttrag 8. 27 ff .
»onmetfd), ^iacftricftten b. i^& 1896, 1 (aucft XU, "i)25 I, 2); «c^eliS, $)ippoIt)tftubien, XU
«Rg I, 4, 1897; $. ©enblanb. ©erme« 1899 @. 412ff.
60 ßitteratur fict)e an ben genannten Cvtcn. S3gf. befonberS 3- 3)öUinger, ^. unb
ÄrtfliftuS. SJcgcnöb. 1853; g. (5. Cüerbec!. Quaestion. Hippolytearum specimen., 3ena 1864;
e. % ßadpari, Ouellen j. (SJefcfi. beS Xaufjl)mboU u. b. ©laubcnöreg. III, (J^riftiania 1875,
8.377ff.; S3arbcn6eiDer, 5)e§ Ijl. ©. ü. SHom Kommentar j. 93. Daniel, grcib. 1877; ®. Sal-
mon in DchrB III, 85 ff. The Cross-References in the Philosophumena, Hermathena V
56 (1885), 389ff. unb The comm. of H. on Daniel, Hermathena VIII (1892) 161 ff.; 6t5^elin,
3)ie gnoft. CueUcn $).§ in f. ^auptfc^r. gegen b. .J)«rctifer: XU VI, 3 (1890); üig^tfoot,
H. of Portua in St. Clement of Rom. II, 31 7 ff.; (Srbe^, 3)ie fiebcnäjeit bc« $>. k, 3prX^
1888 6. 611 ff.; ^. 3. 92cumann, Xer rbm. ©taat u bie aOg. ^ird)e biö auf S)iocIetian I.,
Scipgig 1890, @. 21 3 ff. 257 ff.; ^. ^icfer, Stubien ^ur iM^ßg^ Seipjig 1893; »onmetf*,
60®g?l 1894, 753ff.; ^a*r. (ö(^ 1895, 515ff. „Xic S)aticrung ber (SJeburt ß^rifti in bem
3)an. fomm. ^.^" (f. bafelbft aucb über bie betreffcnben Untcrfud)ungcn üon 91. ^ilgenfelb,
StoZf) 1892 6. 257 ff. 1893, I, 116ff.; Q. SBratfe, ebb. 1892 u. a.). etubien ju ben tom*
mentaren ,§ § jum iB. Xanlel unb ^ül)en fiieb, XU, 9^5 I, 2; aucft X^fi^I 1892, 257 f.;
^. ?(c^eli§, ebcnb. I, 4. Xic älteftcn Ciieüen bee orlental. Üirc^enrcdjt^ I. Xie Canones ^.,
CT, XU VI, 4 (1891). ^. im Äircftenrec^t S^® 15, 1894. Uebcr ^.^ Dben unb feine Schrift
„3ur großen Cbe", 9?a4r. ®(S 1896, @. 272 ff.; unb 93b I, 736 ff.; g. X. gunf, 3)a« a(^te
^i^Miol^tnd 127
»ucö ber ^oft. eouftit. iKottcub. 1891, 8. 254 ff.; I^DS 1893 @. 594 ff.; ^ift. 3a^rb. b.
®örr. ®ef. 1895, 1 ff. 473 ff.; ?(. ^arnatf StÄi 1893 6. 403 ff.; 3)räfcle, ®efamm. patrift.
Untcrfucö.. «Itona u. ficipaig 1889 @. 56 ff. (öcron u. «Pfeubo-^.); o. ©utfdjmib, 3ur Äritif
be« dta^Füioftog Tt-jg yf-jq 9i^cin. 3Ruf. 1858 ©. 377 ff. unb Stleinc ©djriftcn V, 240 ff.;
4). ©eljerrScjt. 3ul. ^Ifrifonu« u. b. b^j. e^ronograpljic II (ßcipjig 1885), Iff.; «fbcrgcr, 6
@cf4. bcr *nftl. efc^QtoIogie, grcib. 1896, 8.271; ©ouffct, S)cr ^Inticftrift, ®öttingcnl895;
e. 9lolff«, Urhinbcn qu§ beni ontimontaniftifctjen Äampf beö ^bcnblanbcä, XU 12, 4, 1895,
©.99 ff.; fjr. 3)icfamp, 2)lc bem bl. ^. t». 9?om gugcfdjriebenc ©rflörung uon ?(pof. 20,1—3,
2^8 1897, ©. 604 ff.; $». o. Stbebcn, 3Rünfter 1898; ^. SRiebcf, 3)ic ^ircftenrec^t^qucaen
bc^ ^Qtr. «lejanbricn, § 32 ^ic Äanonc^ bc« ^., ßcipjig 1900. lO
Si^ üor einem falben göi^tl^unbert lonnte §it)t)oI^t mit Siecht ol« ber gro^e Unbe*
fanntc bcr Äirc^e bc^ Slltertum«^ bejeic^net toerben. 5Rur toenn h)ie bei ©imon be SDita-
giftri^ (f. o.) Sebenbigleit bcr $bantafie ben SKangcl gefiederter ßrtenntni« €rfe|te, lie^
fidj? cttoa^ über feine ^erfönlid^fcit Jagen. • SKac^t bod^ felbft ©ufebiu« jtoar ac^t feiner
©elften nam]S;aft unb gcbenit bc^ SSorl^anbenfein« öieler anberer (Ä® VI, 22), ober ben is
Ort jeincig 6j)iftot)at^ bermag er nic^t ju nennen; er bemerft bielme^r nur (ĮVI,20):
biioHonag dh oinog (BiJQvXXog) ^v xcbv xaiä Booigav 'Agdßcov. (baavrcog de xai
'biTidkvTog hegag nov xaX avrog ngoeoiibg ixxXt]oiag. ^em entjpre^fenb ^ieron^s
mu^ in 6ufeb^ 6()ronit (ed. ©c^önc II, 179): Geminus presbyter Antiochenus et
Hippolytus et Beryllus episcopus Arabiae Bostrenus clari scriptores habentur. 20
^ieron^mu^ nennt mel^r Schriften §.« aU ßujebiug, aber äud^ er erflärt : H. cuiusdam
ecclesiae episcopus, nomen quippe urbis scire non potui (De vir. inlustr. (>1).
3m äbenblanb berichtet ber 6i;ronograi)b bom '^al)x^ 354 (Chronica minora saec. 4—7
ed. %ff. üKommfen I, MG Auetor. antiquiss. IX, 74 f.): Eo tempore Pontianus
episcopus et Yppolitus presbiter exoles sunt deportati in Sardinia in insula 26
vocina (L nociva) Severo et Quintiano cons. (235) in eadem insuia discinctus
est (cntfagte feinem 2lmt) IV kal. Octobr. et loco eins ordinatus est Antheros
XlkaL Dec. cons. ss. (285), eine angäbe, bic ber Liber pontificalisl, 24ed.3Komm5
Jen cth)a^ umgeftaltet ^at. ^Jerner ^ci^t e^ bon il^rer SSeife^ung in jenem S^ronos
grojj^en (©. 72 ed. 3J?ommfen) idus Aug. : Ypoliti in Tiburtina et Pontiani in 90
CaUisti. »ifc^of S)amafu^ (366—384) l^at §. an feiner ©rabftätte eine ^ufd^rift ge:=
fe^t: Hippolytus fertur, premerent cum iussa tyranni, Presbyter in scisma
semper mansisse Novati; Tempore quo gladius secuit pia viscera matris,
Devotus Christo peteret cum regna piorum, Quaesisset populus ubinam pro-
cedere posset, Catholicam dixisse fidem sequerentur ut omnes. Sic noster 35
meruit confessus martyr ut esset. Haec audita refert Damasus, probat omnia
Christus (Damasi epigramm. rec. M. Ihm S. 42). Unter Äenntni^ biefe^ ßpigramm^
^ot ^rubentiu« im 11. §^mnu^ be^ (Sebic^t^c^Ku^ negl aieipdvwv ben SJlärt^rer §.
gefeiert, jum 3:eil im Slnjc^Iufe an ©eneca^ Phaedra (bgl. gicter a. a. 0.; 6. SÖSeV«
mann, ©encca unb ^rubentiuö [Commentationes Woelfflinianae, 2tipi\Q 1881]) unb 40
tpo^I auc^ on eine Übertragung be^ Sd^idtjal^ be^ If^efeuöjo^ne^ auf ben 3}iärt9rer §.
burx^ bie Segenbe. ^m 2lbcnblanb befi^t man fortan faft nur ftunbe bon ber l^egenbe
über ben J^eUigcn §. 2)ie römijc^c Segenbe cr^äl^lt fein 3Jiartt;rium al^ berbunben mit
bem bed Sourentiu^; boUftänbig bei %. S. ©uriu^, De probatis sanctorum historiis
coilectio, IV, 581 ff., Äöln 1573 (cmc^ bertür5te, umgeftaltet auc^ griec^ifc^ bor^anbene, 45
Raffung bei Sagarbc, .OW^I. ©• XIII ff), fie flingt aber fc^on bei ©reger bon Xoxxxi
unb anbermörtd nac^ (bgl. atcl;eli^, iji^jjjolbtftubien 47 ff.). i)ic ^jortucnfif^c Segenbe ^at
bagegen §.^ 3Warti;riuin mit bem ^at^lreic^er ^JJiärt^rer au^ ber Sofaltrabition bon Dftia
unb ?5ortu^ berlnüpft (3lc^eli^ a. a. C ©. 54), jpe^ieU .^. mit bem portuenfifc^eu 3)iärs
törer 9Jonnu^ ibentifijiert (bgl. ,,Hippolytus qui et Nonnus dicitur", AS, 3luguft60
IV % 506 D). SJertoertet Serben bic Sd^rifteu .hS.^ bon ältubrofiu^ (bie ßrflärung jum
ßo^el., Sontoetfc^, ©tubien ®. 10 ff. 17 f.; Hieron. ep. 84, 7. MSL 22, 749: Am-
brosius sie Hexaemeron illius [be^ Crigenee] compilavit, ut magis Hippolyti
sententias . . sequeretur), ^icronbmuö, tool^l auc^ l^coniu^, aber bie (Erinnerung an
ben ^iftorifc^en §. ift erlofd;en. — ^m Drient finb bie Slngaben über .§. burd^iocg au^ 66
ber Settüre feiner Schriften crmac^fen. at^joUinari^ bon Saobicea ertoäl^nt feine {'InnöX, 6
äyuotarog inioxonog 'P(J)fii]g) 2)eutung bon I)an. 2 unb 7 (löiai, Script, vet. nova
coli. I, 2, 178). SCf^eoboret nennt il?u im 3tnfd;lu6 m ^gnatiuö, "i^üolbcar)), ^^^enäu^
unb Suftin, bie jumeift er,:^pricfter \vk 3JJärti;rer genjefen (ep. 145. MSG 83, 1384),
Seontiu^ bon ''^'tiiCiXKi (De sectis :], 1. MSG 86 I, 1213) unter ben borfonftantinifd^en 00
128 $i)^lol4ttt^
äc^rem uub äJätern (Sönat.; Sren., ^u\t, Jticm., IjrnoXvTog biioxonog P<üjüit]g, 3)ion^f.,
SJlet^ob., ®rc0or. %l)aum., ^etru^). $jeuboc^r^f. gcbcnft feiner ('InnöX. 6 ykvxinatog xal
evvovmaiog) neben ßuobiu^, 39"^^^"^^ S3afiliu^; Sltlfianafiu^, (Sre^oriu^ 2^eol., @j)^räni
(Chrys. opp. ed. Monf. VIII ©. 79). Ä^riH toon Sct^t^opoU^ beruft fic^ auf i^n d^ C^rono=
5 Qtctp}^m (Vita Euthymii unb Vita Sabae, Cotelerii Ecclesiae graecae monum.
IV, 82. III, 353). 'O fxoLQxvg xal tiioxojiog 'Pwjurjg Reifet er bei ßuftrotiuö (um
582 ; ebcnfo bei gafob bon (Sbefifa, (Seorg Sifc^of bcr Araber (f. b. a. VI, 525, 26) unb
bei Decumeniu^ (um 1000), IjuioX. 'Pcojurjg beim Patriarchen ©ermanu^ (geft. 733).
©eine^ 2)anielfommentar^ gebenft auc^ ^o^anne^ ber ©t^lite (§.g SBerfe I, 1, XV f.).
10 SBieberl^olt nimmt auf il^n (^IhtioL legog (pdöoocpog, enloxonog IIöqtov tov xard
TTjv Tio/Lirjv I, 674) ber ^xonoQxaüp^) ©eorgiu^ S^ncedu^ Sejug (§.«SBer!eI, l,XVIf.;
ac^eli^, Stubien 16 f. 25; bem ©^nfeDen folgt 3onara«, Epit. histor. 12,15. 111,123
ed. 2)inb.). ^^otiu^ nennt il^n einen ©c^üIer be^ 3^^"^"^ {/Lia&mrjg dh Etgrjvatov 6
^InnoXvTog Bibl. cod. 121, Eigrjvalog 6 ' Aovydovvwv xal IjiTidXvrog 6 amov
ib ua&r]TYig De spir. s. mystagogia ed. ^ergenröt^cr ©.115) unb fagt, bafe bie SBiber-
legung ber §äreften in .§. ©^ntagma ojudovvrog Eigrjvaiov erfolgt fei (Bibl. a.a.O.;
bie 3lb^ängigfeit be^ ©^ntagmaö bon S^^^^u^ ^oc^ tDO^I ftc^cr eine littcrarifd^c). 5bd)
6beb 3^fw ^^ 14:. ^ai}xf). fennt felbft bon (Sujebiu^ unb ^ieroni^mu^ nic^t genannte
SBerle $.^ (äc^eli^ 17 f.). ©omit ift §., obtool^l 3lbenblänber, toeil griec^ifc^ fc^reibenb,
20 im Orient biel unb lange gelefen toorben ; bon toem im einzelnen ift nod^ nic^t unter=
fud^t (ögl. für ben 3!)anielfomm. [= 3)Ä] Sarben^eber a. a. 0. unb m. ausgäbe, für
ben §ol^eliebfomm. [= ^Si] m. „©tubien" ©. 8 ff.), ©ein ©^ntagma l^aben ^feubo=
tertuüian, gitafter unb ßpip^aniu^ benu^t; ber te^tere aucb anbere polemifc^e ©c^riften
.§.^. 2)aö 10. Suc^ ber ?}^ilofol)^umenen ift bon 3:i^eoboret ftarf t)erh)ertct Sorben.
26 ^I^otiu^ fonnte über berfd^iebene SBerfe §.^ Serid^t erftatten, unb noc^ 2)iont)fiu^ Sar
©alibi (12. 3^'^^^) äu^jüge au^ §.^ Capita adv. Caium bieten, ^n^ ©^rifc^e, 3lr^
menifc^e, ilot)tifd^e, 3lrabifc^e, 2lltflat)if(^e ftnb ©c^riften §.^. gang ober teiltoeifc überfe^t
iporben. ^n tirt^enrec^ttid^en fragen galt §. Äo^iten unb ät^iojjen für eine Autorität;
in e^c^atologifdjien ma^te er SKet^obius Äonturrenj.
30 $W ^a^xt 1551 tuarb in ober bei bem Coemeterium §.g an ber via Tiburtina
eine 3Karmorftatue (je^t im d^riftlic^en 3Jlufeum be^ Sateran; bcr leiber fe^lenbe Obers
tötptt ift ergänzt) ausgegraben, iüetc^e ben §. auf einem ©effel fi^enb barfteüt, auf beffen
beiben ©eiten fein Ofterranon eingegraben ift, ebenfo ein SJerjeid^niS feiner ©c^riften „auf
ber abgerunbeten fc^matcn ^läd^c, h)el(^e bie linfe ©eiten- mit bcr SlüctenPäc^e bcr Äa=
35 tl^ebra berbinbet" (Slc^cliS ©. 3, bort ©. 4 auc^ eine SBiebergabc ber ^nfc^rift). 2)ie
fünftlerifc^e Se^anblung ber ©tatue h)eift nacb ßrflärung ber Äunbigcn ebcnfo in baS
3. 3ö^^f?w"^^t ^i^ ber Umftanb, bafe nur unmittelbar nac^ bem 3:obe §.S ein Slnlafe
loar, il^m bicS 3)enfmal gu fc^en, unb bafe §.g Ofterfanon fic^ balb ungenügenb jeigte.
2)ic crften 3rilen finb ni^t me^r Icfcrlid^, bie folgenbcn nennen 9 ober 10 ©c^riften,
40 benen fj)äter noc^ 2 ^injugefügt h)orben finb.
3:ro^ bicfer einzigartigen SluSjcid^nung unter ben Äird^enbätem ift ,§. bod^ erft burd^
bie ßntbcctung ber fog. ?}(?iIofop^umcna in ein gcfc^id^tlic^cS Sid^t gcrüdt toorben. 3)aS
erfte 33u(^ mar unter biefem iitel fc^oit trüber baannt, aber erft 1842 tourbc baS bicrte
bis 10. 35u(^ in ©ricc^entanb in einer .t>ö"bfcttrift 14. 3al^r^. aufgefunben unb baSSange
46t)on e.'^Killcr aU 9Berf beS OrigeneS, Oj:foTb 1851, herausgegeben; 2)under unb©c^nci=
betoin l^aben cS bann als 9Bcrt ^.ö forgfältig cbiert. 93erfoc^t anfänglid^ namcntlid^
Säur ben ^reSb^ter (SajuS als iHTfaficr^ |o tft, j^unäc^ft burc^ 3)öllinger (f. o.), $. 2lutor=
fc^aft faft aHgcmcin anertannt (IH3L bcf. gun!, %i)£ie 1881 ©. 42^ ff-). 2(n i^r ift auc^
nic^t gu gtDcifcln. ^fvax ^^otiuS nennt als SJerfaffcr beS Don i^m als iJab^rintl? bc^
öT) zeichneten 10. 55ud^eS ßajuS unb toeift biefem aud^ bie Schrift jiegl xfjg xov nay^og
ovoiag ju (aber bieS le^tcrc nur auf (ärunb einer -Kanbbemertung in einer ^anbfc^rift,
Bibl. cod. 48). 2)iefe aber ift bielme^r na^ bem ©c^riftberjcic^niS ber ©tatue ein
aBert §.S, unb auf fie bcgiel^t ftd^ ^l^ilof. 10, 32 ©. 536, 19 ber $erf. als auf fein ffierf.
3tac^ ©. 2, 19 f. l}at ber SBerf. bcr ^^ilofo^^umcna einft eine furje ©c^rift gegen bie
66.t)ärefien gefc^riebcn, h)ic §. nac^ gufebiuS 6,22. Qx ift SRömer, ift 33ifdS>of (©. 4, 52 f.
^jLuTg . . jH£T€xoit€g ägxiegareiag), feine Sieben baben auf 3^^^^^" Ginbrud gemacht
9,11 ©.450, 76 ff., aus JKüdtftd^t auf i^n l^at «aHift ben ©abcHiuS ejtommunizicrt
9, 12 ©. 456, 72. Sine fold^e ©tellung na^m bamalS nur §. ein. 3)ieS SHcfultat
h)irb beftätigt burdj bie inl^altlid^c Übercinftimmung mit ©d^riftcn §.S ; ügl. g. 35. Ad
eoGraec. ©. 68,15ff., 70, 3 ff., 71,11 (ixßgdaocov), 72, 8 ff. mit ^^ilof. ©.544, 31 ff.,
^t)i|iol4titd 129
536, 14 ; C. Noet. ®. 56, 4 (aui) ju «JJf 2, 7, I, 2, 146, 3 f.), 50, 27, 56, 20 f., 52, 28,
51,1 mit 5ß^Uof. 544, 13ff., 536, 3, 450, 62 f., 458,78, 538,50; 2)Ä 2, 18. 19
mit ^ü. e. 494 ff.; De Ant. I, 2,5t. mit ?P^il. 540, 79 ff. a)ie ^^Uofop^umcna
eröffnen nun ober einen (Sinblid in bie Sebeneüerbältniffe .V).^. Über fein Sier^älts
ni« ju 3renäu^ fagen fte nic^t^. Sic geigen .s^. in 9lom, h)o er fc^on jur 3«it be^ 6
»ifd^of« 3epl^^rinu« «Pre^b^ter getoefen fein mufe. 3iad^ ßufcbiuj^ K® VI, 14, 10 meilte
Drigene« unter 3^^^^.^" ju 9lom (nad^ ßafpari a. a. D. III, 352 einige ^jal^re öor 216),
bomafe ober 1^ er einer ^rebigt §.^ angetoo^nt (Hier. De vir. illustr. 61 : Uqooo-
fiuiav de laude domini salvatoris, in qua praesente Origene se loqui in ecclesia
significat). auf ^t\>f^\jfm\x^ folgte ÄoHift. 3^ *N ^^^^ \^^^^ §• ^m fc^rofffteu (Segen- lo
fa|, f otool^I in ßinfic^t ber ß^riftologie h)ie bcr ©emeinbebi^^ij^ün, unb e« tarn jum Sruc^
ber Krd^lic^en ©emeinfc^aft (§. ^^ilof. 9,12 ©.458, 99 ff. bon ÄaUift awear^oaio
didaoxaXeiov, ögf. ©. 458, 6, 462, 38, 458, 8 ff. unb bajtu gicfer S. 73), lüetc^er [\d)U
lidf audf bei beffen Diac^folgem forbauerte. 3)amit ftimmt bie §. in ben SHeften feiner
JBcrlc toie burc^ bie au^ biefen Schriften fc^öjjfenben griec^ifd^en 3^w0"'fl^ juerfannte Säe^ i6
jeic^nung al^ römifc^er Sifc^of unb feine 3w^^^if""9 ^^ ^^^ noijatianifc^e ©c^i^ma burd^
bie ©omafu^infc^rift: ^. Wax fd^i^matifd^er Sifd^of t)on 9lom. ßufebiu^ unb §ieront;mu«
lonntcn ba^er feinen Sifc^of^fife nic^t au^finbig machen, benn innerhalb bef if;nen be-
tonnten römifc^en Sifc^oföUfte fehlte §. 3Ran fann i^n bal^er and) nic^t mit be Stofft
nur 5Preöb^ter, ober mit Sig^tfoot Sifc^of ber fluftuicrenben ßl^riftengemeinbe t)on ^ortu^ ao
fein loffen; äi^nlic^ 3Kommfen, fo bafe §.« SJejeic^nung ate römifd;er Sifc^of nur un=
genau toäre, unb auf einer leicht möglichen ä5erh)ec^felung beruhe (3Jiommfen, Chron.
min. ©. 85 2lnm.). ^n feiner ^d^tcn ©4rift l^eifet §. Sifid^of Don $ortu^, bie^g ift alfo
nur gele^jrte SSermutung, fie finbet fid^ bann au4> in ben Fragmenten ber ^affac^ronif
unb bei ©^nleOo« (bgl. 31®® 1891 ©. 756). 5P^otiu6, Bibl. Cod. 48 berichtet atter^ 20
bingö öon 6aj[u^, ben er ^ier mit §. bermec^fctt, x^^Qo&fjvai de aurdr xai tlh'cbv
biioxonoVf aber bieg borf nid;t ate ^eibenbifc^of gebeutet unb mit ^aa)n (@efc^. b. ntl.
Äonon^ II, 988) unb gicter (©. 86 ff.) au^ ^^ilof. X,31 crHärt h)crt)en, fonbcm ift toie
bei ber gleic^lautenben Benennung öon ©eorg bem äraberbif^of (f. Sb VI, 523, 48) afö
„93ifc^of ber SSölter" b. ^. arabif^er Stämme ju t)crftc^cn; folglid^ ift §. bamit ebenfo ao
ol^ 33ifc^of Don 33oftra begeic^net, mie bie^ burc^ ein ÜKi^toerftänOni^ Don 6uf. VI, 20
Qudf fonft Dielfa^ gefc^e^en ift, Dgl. ®g3( 1897 ©. 753 f. — 2Begen ber SJerlegung
feinet SKart^rium^ an^ 3Reer ober ber ^. befonber^ in ^ortu^ ermiefenen SBere^rung h)arb
er mit Slonnu^ ibentifigiert unb fo jum 33ifc^of Dom ^ortu^. — ©d^i«matifd>er 33ifd^of
bcr römifc^en ©emeinbe ift §. geblieben, bi^ er 235, burc^ bie Verfolgung 3)iaEiminö 85
(f. b. ä.) betroffen, mit bem 33ifc^of bcr ©ro^firc^e ^ontian jufammcn nad^ ©arbinien
Derbannt tourbe. 2)o^ auf biefer ,,nociva insula" il^n ebenfo mie ^ontianuö bcr Xob
ereilte, toirb burd^ bie 3lngabe be^ ß^ronograpl^en (f. 0.) über il^rc gleichzeitig batiertc
©eife^ung toa^rfc^einlic^. 2)ie 93erbinbung 6.^ mit bem noDatianifc^cn ©djiöma in ber
3nf(^ft beg 3)amafu^ unb bei bem i^r folgenben ^rubentiu^ erflärt fid^ leicht au^ ber 40
nur unbeutlic^en Äunbe, über bie 2)amafu^ Derfügte. 9iad; 6uf. Ä® 6, 16 ^at jtüar 2)io-
n^fiu^ Don SUej. nac^ Stom eine ©c^rift burc^ einen ,H^. übcrfanbt, unb cö liegt nal}^ an
ben berühmten ju benfen, aber ©ufcbiu^ bürflc bo^ li>o^l nur ben 5Jamen §. afö
Überbringer genannt gefunben l)ahtn. Über ben antioc^cnifc^cn 9Jiärti^rer fy. (Martyrolog.
syr. jum 30. ganuar) erlaube ic^ mir lein Urteil, nod; iocniger über ben unter ben 46
„gried^ifc^ SKärt^rem" genannten H. monachus, qui habitabat in Cryptis (Dgt.
jule^t «^elijf ©. 51).
§. ift ein fe^r frud^tbarer fird^licl)er ©c^riftfteller geioefen. "Hox allem Wax feine
ejcgetifc^e S^tigfeit eine aui^gebrcitete ; bie iWcftc ber ejcgetifcben äiSerte im crften 53anb
btr ©erliner 3(u^gobe. 9Jur jioei biefer ©d^riften finb nod^ Dollftänbig erl^alten: De so
Antichristo unb ber (fjjätere, Dgl. 2)SE 4, 7, 1) 2)anielf ommentar ; nur bie erftere noc^
gon} im griec^ifc^en Urteyt, in brei §anbfd^riften bev 10., 15. u. IG. y^aijxh., ba^u in
einer oltftaDifc^en Ueberfe^ung h)obl bcö 11. :r>abrl;.io unb burd) inbirefte Überlieferung in
Morilegien, in De consummatione unb anberh)ärt^. :3"^ö^^^i^ ^f^ ^^^ 3lnfd;lufe an
grenöud nic^t gu Derfennen (Dgl. au^ 3l^berger a. a. D.). >Der I)auielfommentar, einft 66
bod gelefenfte ejegetifd^e SBerf .v).ö, ift nur Don öuc^ 1,29 an in einer 3ttl)oebanbfc^rift
bed 10., Sud^ 4 auc^ in einer (J^alfil?anbfd;rift bc^ 15. 3ii(>^^^i»n^crt^ Dor^anben, ba^
Skmje in ber gleichen altflaDifAen Überfe^ung ; ba^u tommt dud) bier eine inbirefte Über=
(ieferung namentlich in ben (Satenen, aber aucb burc^ ©lüde in'fvrifc^er unb armeitifcber
Überfe^ng. ©efc^ricben ift ber ibmmentar nic^t gu lange nad^ einer heftigen SSerfolgung co
dUaUüntr^tiopmt für ^ijeologie unb Sitrd)C. 3. %. VIII. 9
130 ^t^^ol^titd
(4, 50 f.) ; ba^er fd^tocrlic^ geöcn (Snbc bc« Scbcn^ ^.^ (jo ©. Balmon, «öcrmat^cna
8, 161 ff.; baöegen ^al}n a. a. D. II, 1020 ff.), fonbem too^l noc^ gcöen mfang be^
2. SJfli^t^unbcrtig. S3on ber bequemen Sreite biefe^ Äommentar«, toeld^cr fid^ faft nur am
©^lufe ber einzelnen Sudler ju l^ö^erem Sd^toung ergebt, fliegt ber r^etorifc^e Gl^araltcr
6 beg Äommentar« jum $2 mcrflid^ ab. §ier \px\d)t §. einmal ouc^ au^brüdflidji a\i^,
bafe eben ba« Ofterfeft fei (I, 1, ©. 355, 26 ff.), ^uc^ iJom^Ä. befx^en toir öome^mlic^
Fragmente einer altflaöifd^en Überfe^ung, baneben folc^c einer armenifc^en; anbere^
ormenifc^ (Sr^altene ift (gam ober faft ganj) unecht, ^agmente jur ®enefi« i}at bejonber^
bie Dftateuc^catene be^ $rou))) öon ©am aufbch)al^rt. ©ie gehören nur ju ®enl, 5. 7;
io2, 7ff.; 3,7.21, fonft gu ®en49; bopcr fann ^rolo}) ben toon §ieron^mu^ naml^aft
gemad^ten Äommentar jur ©eneftg nic^t gefannt ^aben. ^ieron^muig ^at ein Ji^ogment
m ®en 27, 1—28, 5 mitgeteilt ($.« fflerfe I, 2, 54 f.) unb ouf Semerfungen über bie
aird^e 3loai)^ (ögl. auc^ $^iIof. 10,30 ©. 534,60) unb über SReld^ifebel Segug ge=
nommen (2lc^eH«, SU 91^ 1,4, 109 f.). 3Son bem unter bem Sitel „§. ber Su^Icger
16 be^ Xargum" arabifd^ ©r^oltenen gehören $. Don ©eneftöfragmenten (au^cr ettoa
©. 90, 10 ff., 91, 7 ff., 92, 8 ff.) tool^l nur bie ju ®en 38, 10 ff. on, unb auc^ Don ben
©rflörungen gu Slumeri unb 3)euteronomium ift nur 6inige^ cc^t. 3lad^ 6u jebiu^ VI, 22
l^at §. Elg rrjv i^arjfiEQov unb Elg xä fxexä xrjv i^arifxeQov gefc^rieben. 5Jac^ ben
Fragmenten mu^ ^. auc^ gum ^faate^ unb galob^fegen gefc^rieben ^aben, Seontiu« l^at
20 ein j^agment ^um ©egcn Sileamö betoa^rt, 2:^eoboret brei folc^e jum ©egen SJJoje^ ;
bo(^ ift ein ein^eitlic^eg SQäerl §.ö, toelc^^em biefe Ji^agmente entftammen fönnten, nic^t
belannt. Äieron^mu^ l^at aud^ eine ©c^rift in Exodum aufgefül^rt. 2)urc^ ein üon 3lc^eli^
entbedte« gragment in einer 2ltl^o^I?anbjd^rift toarb bie erfte Äunbe Don einem Äommentar
§.^ ju 9lut^ (I, 2, 120). Sei a:^eoboret begegnen ßitate auö Elg tov ^EXxaväv xal
26 dg xfjv ^Awav. Sine ©(^rift Elg iyyaoTQifivbov ertoäl^nen bie Snfc^rift unb $ieron^-
mug (De Saul et pytonissa), ober ba« nur burc^ einen (SinfaD Don be 3Kagiftri^ ö.
ijugefc^riebenen gragment ift unecht. 2)ie ©c^rift Elg tpdXfjLovg toax Jc^merlic^ ein DoÜ=
laubiger ^falmenfommentar (äc^eli^, ^.ftubien 125 f.); f^rifc^j erl^alten ift bie Einleitung
in bie ^falmcn mit gejd^ic^tlid^em ^n^^lt I, 2, 127 ff., griec^ifc^ einige Fragmente burA
aoS^eoboret (Dgl. I, 2,146, 3 f., 10 f. mit C.Noet, ©.56,4.20 unb 146, 21 f. mit 5DH
4, 24, 3. 5. 1, 1, 246, 4. 10) unb ju «PJ 3, 8, in benen jeboc^ Qxk\paxx ©. 378 Dielmel^r
ßomilien erblicfen möchte. 2lu« bem Äommentar gu ben ^roDerbien l^aben bie ßatencn
^ruc^ftücfe aufbetDa^rt (einiget auc^ bie Duaeftionen bed 9tnaftafiui^), bei tDeld^en noc^
eine in« Singelne ge^enbe Unterfuc^ung ben nic^t ganj geringen eckten Seftanb feftju«
86 ftellen ^at. ©el^r unbcbeutenb bagegen fmb bie Sftefte au« De ecclesiaste, Elg irjv
AqXV^ rov 'Hoatov unb Elg juigtj xov IsCexii^X; au« In Zachariam fel^len fie gang.
3um 3Jlattl^äu«tommentar, beffen ^ieron^mu« gebeult MSL 26, 20, bürften, fofem unb
fotoeit fte ec^t fmb (I, 2,200, 30 ff. entfjjric^t nic^t 3)Ä 4,52 1,1,320, 17 f.), bie bo=
peirifc^, ätl^iot)ifciS> unb arobifc^ erl^altenen, tooi^l ber gleichen Gatene entftammenben (Slc^eli«,
*o^.ftubien 165 ff.) Fragmente ju aJlt 24 gehören, unb ju aJlt 25, 24 ff. l^at Il^eoboret
ein ^agment aufbetoo^rt. fflie jene Fragmente fo Ratten e«c^atologiJc^en 3"^fllt ^^^
ber Äommentar jur 2li)o!al9})fe (baDon noc^ ec^te arabifc^e Fragmente Dor^anben), bie
RanpM gegen ßaju«, Don benen ®h)^nn Sruc^ftüie DeröffentUc^t ^t, in anberer ^inftc^t
aud^ Über bie Sluferfte^ung an bie Äaiferin 3Kammaea (baDon noc^ einige f^r. u. griec^;.
46 Fragmente), boc^ too^l ibentifd^ mit ber IJegl &eov xal aagxög dvaordaecog auf ber
©tatue bejeid^neten unb mit jener Ilegl ävaordoecog xal äcp^agalag, au« ber änaftafiu«
ein ^agment mitteilt. 2:^eoboret l^at toie fo mand^e« $i})pol^tifc|>e auc^ einige« au« ber
SHebe auf bie beiben SRäuber beioal^rt. dagegen fönnen bie gricdSiifc^ unb j^ifd^ erhaltene
Siebe Elg xov xexgarjjuegov AdCagov (f^tif^ „2lu« bem Äommentar . . . jum ©Dangelium
60 be« ^ol^anne« unb ber Slufertoedfung be« Sajaru«") unb nod^ toeniger bie Elg xd äyia
^eowdveia (tro^ il^rer SSeileibigung burc^ Slutoritäten mie fiig^tfoot, ©almon, 3^^"
[in«befonbcre auc^ burc^ Äteinert, 3ur c^riftl. Äultu«* unb ©ittengefc^. 1889 ©.21 ff.,
267 ff.]; Dgl. bagegen $. ac^eti«, .^-ftub. 197 ff., ^Mutoei« auf folc^e«, loa« jur ^erfon
§.« nic^t ftimmt) nic^t ed^t fein, ba fie nac^ ^^rm unb Sn^alt Don ber SBeife ^.« ab-
66 toeic^en. 2)ie ©dj^rift Ilegl xov dyiov jidaxa, Don ber griec^ifc^e unb f^rifc^e 33ruc^ftü(fe
überliefert finb, ift gu unterfc^eiben Don jener bei ©ufebiu« Ä® 6,22 gleichnamigen an^
beren, bie auf ber ©tatue 'Ajiödei^ig xQovojv xov ndoxa l^eifet unb ben fectf^e^njö^rigen
Dfterfanon, mit bem 1. 3ja^r be« Sllejanber« ©eDeru« (222) beginnenb, entl^ielt. — SBon
ben polemifc^en ©c^riften .^. ift bie Ilgog Maqxiwva ft)urlo« Derloren. 3)a« ©Dntagma
eo gegen alle §ärefien, toelc^e« nac^ ^^otiu« (Bibl. 121) 32 ^ärefien, Don 3)ofU^ bi«
^t)Mio(4tttd 131
3lßei, eittl^telt, ift bic ö^nirinfame DucBe für ^PfeubotcrtuDian, (S})i})^amu^ unb Jilafttiu«,
tone bffonbet« 2ip^u& fiejetöt i^at (\>qI 8b V, 418, 6 ff., 420, id— sr,), ba^cr ipcniöften«
Me 3leil5>enfoIgc bcr barin bc^anbdten §ärefien nod^ fcftjuftettcn. Sluf bteje ©d^rift be*
jid^t jt^^ §.« Scmerfuiig iß^ilof. ©. 2, 19 f. cov (bcr .^äretiler) xal jidkai.. rd doy-
/iora i^e&i/JLe&a, ov xard XcTtidv biidei^avteg, dXXä ädgojueQÖJg ikh^avteg. %taQi 6
lid^ aber bleibt, ob ettoa ben ©c^Iufe bicfe^ ßißXiddQiov bie nodji erhaltene „§omtKc"
gegen 9lo§t ßebilbet fyit (t>gl. ßaf^jari 399 ff.). 3)ocl^ ift \)on einer felbftftänbigen gegen
bie 9Dlonar(i(;ianer feiner 3^ gerichteten ©4rift §.ö (ate beren Seftanbteil vermuten fie
ajolfmar, §. unb bie röm. 3«tgenoffen ©. 94. 136, Äamacf, Qa]paxx [ber eine 6on-
tamtnotion mit bem ©c^Iufe be^ ©^ntagmaö annimmt]); ^i^^^'^J^^'^f^^'^'^^^^f SRolff^io
©. 130 [t>gl. auc^ beffen 2lu^fül^rungen über ben Sraltat gegen 9loet ©. 127 ff.] u. a.)
nic^ betannt (ögl. auc^ jiaöai roaavrai algiaeig C. Noet. 8, ©. 50, 14 f. unb ba^
ej)ij)l^iui^ ÄaJ). 1—8 ber „§omilie" au^efc^ricben ^at). 3" 3*^* <^^ beftel^t bie
Vermutung, ba^ §. ber SSerfaffer be« Don 3:^eoboret (Haer. fab. 2, 5) afö Heine« Sab^^
rint^ bejeic^neten, Don ^l^otiu«, Bibl. 48 aud^ Saju« gugefd^riebenen Znovdaoua xard rfjg i6
^Agtefjubvog algiaecog fei (öuf. Ä® 5, 28), toenn auc^ ungetoife bleibt, ' ob ^^otiuö
t^äc^Iid!; Bibl. 48 biefe ©d^rift im äuge ^at (ßa\paxx 404 ff.); fte mufe fjjäter ol« bie
$^Uofot)^umenen fein, ba ^ier ^rtemon nod^ nidjit ertoä^nt toirb. ^atk ^. gegen Saju«
bie 8[i>olttI^>3fe Derfoc^ten, fo l^at er auc^ gegen bie ©^ner ber jol^anneifc^en ©c^riften
Td vTtkq Tov xard ^I(odvi]v evayyeUov xal dnoxaXvxpecDg (fo bie S^f^^^f^) ^'^^ \^^^ ao
„8tj)ologie ber Offenbarung unb ber SSerfünbigung be« :3ö^^""^^ be« 31)). u. (Söang."
(fo ®beb 3^fw) ^«föfet: ben gnl^ah fönnen toir teiltoeife au« @))i))^aniu« haer. 51, too
too^l fu^er $. au^gefcprieben ift, erfennen. (£benfo toirb aber anbererfeit« in Epiph.
haer. 48 §.« ^ßolemil gegen bie SRontaniften, über toeld^e ©tej)l(^anu« ®obaru« bei
^^otiu« Bibl. 232 berid^tet, loieberfe^ren (bgl. meine ®efc^. b. aKontan. ©.36 f. unb 36
^olff« ©.99 ff.). 2)a«eini|ige faft gang erifialtene unb öieDeic^t bebeutenbfte)3oIemifc^ea33erI
^ J jtnb ober feine $l^iIofo))^umenen, fein Kaxd naocbv aigioecov eXeyxog, t)icnei4t au(^
iaßvQiy&og ^pi^ilof. 10, 5 (3:i^eoboret, ?P^ot. Bibl. 48) genannt. §icr unternimmt er e«,
hm Urfiming ber^ärefien in ben 5P^iIofoj)I?ien nad^^umeifen. 9Jad^ 3)iete (f. o.) ©. 144 ff.
fyA er babei für bie Seigren ber 5pi^ilofo)i^en bürftige 6jcer})te benu|t. Suc^ 2. 3 unb so
Slnfong be« 4. ftnb berloren, bon ben älftrologen ^anbett ber SReft be« 4. 35u(^. 2ludb
bei ben ^ärejten begnügt fx^ §. faft nur mit il^rer ©arfteDung ol^ne emftlid^e ^olemtl.
©eine ©d^ilberung ber gnoftifc^en ©^fteme fd^lic^t fic^ gum 3:eil an ^xcnäu^ unb 2:ers
tuttion on. Dort, h)o er felbftftänbig berfäl^rt, \)at man geglaubt eine aUgu bertrauenöüolle
Senu^ung gefölf Ater ©d[;riften annehmen ju muffen (©almon unb nad^ il^m ©tä^elin 36
f. 0.), aber eine (Srbid^tung jum 2;eil fo frefulatiüer ©^;fteme toie g. S. be« be« Saftübe«
bleibt untoa^c^einlic^. änerfannt unecht ift bie ©c^rift Kard Brjqcovog ober Ilegl
i^eoXoyiag xal oagxcooecog. — 2ln bie Reiben toenbct fic^ bie ©d^rift Ilgdg ""EXXrjvag
xal Tigdg IIXdx(ova fj xaljiegl Toi5 7rarTog(fobie;3n|d^rift) ober Ilegl rfjg xovnavxbg
odaia^ CPI^ilof . 10, 32 ©. 536, 19) ober Ilgog 'EXXrjvag xard ükärojvog Tiegl tfjg tov 40
Tuxvtdg ahiag (^^otiu« unb ba« ^agm. ©. 68 ff. ed. Sag.) ; ba« erl^altene ^agment
^belt „t)om§abe« unb bem bop))elten Ort in i^m, bem, too bie ®erec^ten, unb bem, too bie
Ungerechten toeilen, Don ber 3luferfte^ung, bom ®end^t unb i)on ber etoigen UnfeKgfeit ber
©ottlofen unb ©eligleit ber kommen" (ßajtjari 347). 3ln bie gwben bagcgen gerid^tet
ift bie lAnodeixTixrj jigög 'lovdaiovg ; be« erlf^altenen Sruc^ftücfe« ^n\}alt ift ber „9Jac^= 46
toei«, ba^ bie 3"ben fic^ mit Unred)t rül^mcn, 3efum . . . jum 2^obe Derbammt unb il^m
effig unb ®aDe ju trinJen gegeben gu ^aben, inbem bie« . . . furchtbare (l)ro))I?etifc^e)
Drohungen unb fc^recflic^e Seiben (bie ))artieUe Erfüllung jener 3)rol^ungen) jugejogen
bttbe", toek^erSRacbtoei« au« ^:pf 68 (69) unbaBei«^eit 2. 5 gefül^rt toirb (ßafpari ©.395).
iuf ber S^f^rif* ^^ ©tatue ift allerbing« feine ©c^rift Ilgög rovg 'lovdatovg ju Icfen eo
{tjfli. Sld^eli«, ^.ftuD. 5 f.), auc^ fann ganj in ber borUegenben ®eftalt §. bie ©c^rift
nid^t gefc^rieben ^aben (avrdg ydg ioriv 6 reo Txargl ovvatöiog 7 ©. 66, 12 ; immerlfiin
bebenüidj; erfd^eint auc^ bie Betonung be« dia jiavtog [^^Jj 69, 24] für bie je^ige Sin^U
f^aft 3«rael«), tocil^renb anbere« (j. 8. S. 64, 29. 65, 2) an §. erinnert. 2)afür, bafe
$. eine ontijübifc^e ©c^rift berfafet ^abe, fpric^t aud^ bie 33erh)ertung bon ^.ifc^em 9)JateriaI 65
in f^Kiteren antijübifd^en ©c^riften (togl. meine „©tubien 2C." ©. 13 f. 19).
aSon ben ©c^riften Kaxd judycov (W^lvl 6, 39 ©. 298, 47), Ilegl ^eoXoyiag
(Slftcn ber ßateranf^nobe. Sag. 8), Ilegl xdya&ov xal nd^ev rö xaxov (^nfc^rift,
Ilegl olxovofiUxg (©beb ^^f") fcnnen toir faft nur ben "Xitel. Die Ilegl xf^gtajudxcov
lAer Ilegl x^^Q^ß^^ov dnooxohxi] Jiagddoaig (je nac^bem man bie 2lngabe ber S^^f^^^ft ^
9*
132 $t)MioIt|titd
bon einer ober Don jtoei ©(^ritten t)erftel^t) bürftc iuo^l in bic AidaoxaUa rcov ayiwv
djioaxokcüv Tiegi vagiajudrcov übergeöanöcn fein (f. and) Sb I, 736, :^ ff.). ^. 2lc^cli^ l}at
bcn SJerfuc^ ßema^t, feftjufteUen ioa« ^. anöelf^ört {XU VI, 4 ©. 269 ff.), aber bie SBe^
nterlunöen bqu Don ^. ®. SSoißt, (Sine berjd^oHene Urfunbe beö antimont. Äamjjfe«,
5£eiJ)gi9 1891 S. 179. 200. 215ff., anerfannt; DöI. auc^ ^arnacf, £®. I, 643f. 5Die
Aiard^eig xwv avröjv ayiwv äjioaröXcov Jiegl xsiQOiovicbv did ^Ijuzokikov = Apost.
Const. 8, 4 ff. finb ein Stu^gug au« einer älteren gaffunfl ber 3lt)oft. Äonftitutionen unb
ge^en md) äc^eli^ (auc^ 33b I, 737, 10 ff.) unb §ama(f auf ec^te Äanonc« §.^ ^urücf,
bon toelc^en eine Überarbeitung in bem arabifd^en Canones Hippoliti nod^ borließt,
10 toä^renb g. X. guni biefe le^teren auf ber fog. äg^Jjtifc^en Kirc^enorbnung unb auf ben
Äonftitutionen berul^en läfet; bgl. baju bef. 3lc^eliö, ßÄ® 15, 1. 5iac^ ac^eli^ ift bie
©c^rift Uegi xctQ^f^j^d^cov bon §. nod^ al^ ®lieb ber lat^olifc^en ©emeinbe gefd^rieben
unb gilt bie äu^fül^rung, ein unmiffenbcr ober fittenlojer Sifc^of fei fein toal^rcr 33ifc^of,
3e})^^rin, toöl^renb bie «anone^ bie fejjarierte ©emeinbe §.^ orbnen foUen; trifft bie^ gu,
16 fo fmb fie bon l^o^ein gefc^ic^tlic^em 2öert. Äirc^enred^tlic^er arbeiten X),^ gebeult aud?
^ieron^mug ep. 71,6: De sabbatho. . . ., utrum ieiunandum sit, et de eucharistia,
an accipienda quotidie, quod Romana ecclesia et Hispaniae observare perhi-
bentur, scripsit . . . Hippol., vir dissert. — 33ejonbere^ Slnfe^en genoffen §. d^rono=
grap^ifd^e arbeiten, toie f(|on bie Dftertafet mit fed^je^niä^rigem 6l;Hu^ für 222—233
20 auf ber Statue jeigt. 2tuf fie berloeift bie 3"l^^if^ AnodeiSig xqovojv tov ndoxa xal
rd iv xcp mvaxi, unb offenbar biefetbe jäl^^lt ©ufebiu^ Ä© 6, 22 in erfter Stelle al^
d^ronologifc^e Sd^rift Uegi tov ndoxa aujf, mit ber S3emertung, ba^ fie bi^ jum crften
^Qiji Sllejanberö ge^e. Salmon begrünbet bag ^oijx 224 al^ ba^ ber .^erau^gabe be^
Cfterlanon^. 3)ie Sdjirift Xgovixcöv (fo bie 3»^f^^iW ift nur nod^ in lateinif^en S3e=
26 arbeitungen erhalten, unb ^toar im Liber generationis (biefer fotool^l in §anbfc^riften
tote im 15. äbfc^nitt be^ ß^ronograp^en bon 354) unb im fog. Barbaras Scaligeri
(über biefen ^oebeler, Sonn 1895, Äöln 1896). ©egen gricfö 33eftreitung ber (S^ronit
t.^ afö SJorlage für ben Liber generationis bgl. üJlommfen (f. o.) S. 86 f. 93on
eljer^ fc^arfem Urteil über §. afe (5^ronograj)^en (II, 23) erfc^eint biefer burc^ feine
90 angaben im 2)Ä 4, 3, 5 jum 2:eil gerechtfertigt. Über ^.^ Serec^nung be^ 35atumg
ber ©eburt (J^rifti bgl. SJac^r. ©© 1895, S. 515 ff. iDh auf einen 3ufammen^ang mit
§.^ 6l^ronograj)l^ie bie Se^eid^nung be« in 3)iefam})!g forgfältiger Unterfuc^ung bem 7. unb
8. ^al^r^unbert jugetoiefenen 6^ronogra))l^en atö .§. bon 3;^eben ^inbeutet, ift minbe^
ften^ jtoeifel^aft.
86 älm Sd^lufe ber ^J^ilofojj^umenen — alfo in ber ^üt obfc^liefeenber Steife — giebt
§. eine lompenbiarifc^e 3)arftellung beffen, toad il^m ben ^r\f}alt toal^r^aft d^riftlid^er (Sr=
lenntni^ bilbet. 2)a^ ganje 3Jlenfc^engefc^lec^t möge bon ben ßl^riften, ate nac^ (Srtenntniig
unb 2:ugenb ben greunben ©otte^, lernen, rl rd ^eiov xal <^xlg» f} tovtov evraxxog
drjfiovgyia (bgl. X, .32 S. 536,97; 34 S. 544, 25 f. ed. Gotting.). 3)er 9Ba^r^eil^=
40 befi|j ber ß^riften ift i^r äBiffen um ben ßinen ©Ott, ben Sd^öt)fer unb $erm be^ 2111^.
äHein etoig f)at er au^ freiem SBillen {^eXi^oag, bgL C. Noet. 10 S. 51, 1 ff.), ol^ne
materielle^ Subftrat, baö nur in feiner SJorauefid^t jubor ejiftierenbe Seienbe gefc^affen, guerft
bie bier ©lemente, ba^ SBeitere au^ i^nen ; fobiet babon jufammengcfe^t ift, ift lö^lic^, alfo
fterblic^. 3)ie §ellenen aber ^aben, bie etoigen Urfac^en be« Sein^ nic^t fennenb, leile
46 ber Sd^ö})fung berel^rt, bon il^nen bie ^äreftarc^en il^re ^ärefien überfommen. 3)er 6ine
©Ott \)at juerft ben fiogo^ benlenb erjeugt, ben i^m innerlichen ©ebanlen beö äU^, unb
jtoar au^ ftc^ felbft bem allein toa^rbaft Seienben. 2)a^ Sffiollen beffen, ber i^m erzeugt,
in fic^ tragenb unb feinet Sinnet lunbig, ift ber 2ogo^ jugleic^ SJJittler aller ^et^ätigung
beefclben, bie Urfac^e ber Seit, in fic^ bie 3Beltibeen befaffenb ; alle«; einzelne in ber äöelt
60 ift in feiner Stufenfolge unb 3lrt bon il^m gemä^ bem aSillen ©otte^ erfc^affen. älli^
^enn über bie^ alle^ ober fc^uf er ben SRenf^cn auö allen gufammengefe^ten Subftanjen
(S. 538, 51), -toeber al^ ©ott toie ben fiogoö, noc^ al^ ßngel. „SBiUft bu aber aucl^
©Ott toerben, fo gel^orc^e beinem Sd^öj)fer"; ,,im ftleinen treu befunben, toirb bir ba^
©ro^e anbertraut toerbcn." „Sein 2ogo^ allein ift au^ il^m felbft, bee^alb auc^ ©ott,
66 bie Subftanj ©otte^ feienb. 2)ie 3Belt aber au^ nic^t«, be«l^alb nid^t ©ott." SBeil gut,
l^at ©Ott nur ©ute^ g^fc^affen; aber ber 3Renfd^ felbftmäc^tig, jeboc^ nic^t felbftl^^errlic^
(Ccbov avxE^ovoiov . ., dXXd dovXov), \)at a\i^ feinem SBillen ba^ 33öfe baju gejeugt.
Sffiegen feinet freien ffiillen^ aber em^jfdngt er mit gutem ©runb ein (äefe| (540, 69) :
juerft burd^ gerec^)te 5Känner, bann burc^ SJlofe, bann burc^ ^eunbe ©otte^, bie $ro=
«0 ^^eten, fo genannt did xö 7igo(paiveiv xd fieiXovxa, ba fie burc^ olle ©enerationen ^in-
^t)»)ioh|tiid 133
burd^ ia^ ^xilm^ii^t berfünbigt l^obcn ; atte« unter SSertüaltung unb in Äraft be« Sogog,
ber nad^ ®oUc^ Sefel^l btc SKcnfc^en bom Unge^orfam jurticfgefül^rt, ov pia dvdyxtjg
(bgl. Stcnäud 5, 1, 1 „secundum suadelam") dovXaycoycbv, äil' in iXety^egiav
ixovaup ngoaigioei xaXcov (542, 93 f.). ^wl^t fanbtc bcr SSater bcn Sogo^ felbft, bcn
er nun nid^t mc^ burc^^ einen ^ro^^cten berl^üUt reben, f onbem \>on änöeftc^^t offenbaten 6
unb geöentoärtig fc^^auen laffen h)oIIte. 2)a^er rovrov syvwfxev ix nag^hov ocbua
aveiXtitpora xal xdv naXaiov äv&gcDTtov dwL xaivrjg nXdoewg netpoQrjxöra, iv pUp
diä Jtdatjg ^Xixlag iXrjXv&öraf tva jidofj '^hxia avxbq vöfiog yevrj&fj xal axonov
TÖv idiov äv^Qcojiov Tiäatv dv^gwTtoig ijiidel^rj Tiagchv (542, 1 ff.). Sr ^at bamit
jugleid^ betoiefen, bafe ®ott nic^t« 93öfe« gefc^affen unb ber 3Kenfc^ felbftmäc^^tig ba« lo
®oIIen unb Slid^ttooDen in feiner §anb l^at. SKit ung berfelben iRa\m (qwgdjuaTog),
ba er nur \o unö il^m afe bem Sefrer nadj^forgen l^eifeen lann, l)at er auc^ alle 3Rti^faIc
unb Seiben ber menfc^Kc^en 9?atur erbulbet, bamit ber SJlenfc^ fid^ auc^ nun ba^ (Sletd^e
erhoffe, ©o forbert benn §. oI« menfc^enfreunblid^er ©c^üIer beö mcnfc^enfreunblid^en
2ogDö nod^mote auf, ftd^ bon ber fc^Iic^ten Iird(^Iic^en 2Ba^rl(^eit über ben toabren ©ott i6
unb bejfen too^rgeorbnete^ ®c^öt)funggh>erf belehren gu laffen, um l(^ierbur(t> bem brol^enben
@eri(^t ju entrinnen. Unb er öerl^eifet: ^edv röv ovra diday&eig ^^eig . . d&dvarov
tö ocüjna xal äcp&agxov &jiia yfvxfj, «xaJ» ßaodelav ovgavfTjv djioiiyy^/y, 6 iv yn
ßiovg xal ijiovgdviov ßaodea imyvovg, eorj de djbuXrjrrjg 'deov xal ovyxXrjgovo-
fiog XgwTOV, ovx ijii&vutaig i) nd^eai xal vöaoig öovXovfievog . yiyovag ydg 20
^eog ' . . i&eonovfi^g, dudvarog yew?y^f/c . • Xgiarog ydg iariv 6 xaxd ndvxoyv
^e6g, 8g rrjv äfiagxiav i^ dv&gwjicov äjionXvveiv Tigooha^e, veov xov naXaibv
äv^QConov dnoxeXcbv, etxova xovxov xaXeoag dji* dgyfjg, . . xal dyadov dya'&bg
ytvopLfvog fii/jifjxrjg ?of] öjuoiog M avxov xijurj^eig. ov ydg Ttxcoj^eim '&edg xal of.
deov Ttoirjaag elg dö^av avxov (10, 34 ©. 544, 34 ff.). 25
®ie^ finb in ber %}^at bie ^. eigentümlid^en Slnfd^auungen, nur bafe in ben früheren
Schriften ber (Sinflufe ber ^^ilofojj^ie fd^toäd^er, bagegen ber gwfömmen^ang mit^tenäuö beut=
lic^ ift, unb beffen e^atologifc^e Stimmung unb m^ftifdber Sleali^mu^ ftärler t^inburc^Hingen
(über bie in2)Ä unb $K niebergelegten ©ebanlen bgl.m. „Stubien", 2:11,91^1,2). 2Bie
$^f. 10, 33 fo forbert ^.burc^toeg auf, im ®egcnfa$ jur irbifd^en SBei^eit ber^eHenen so
(aber auc^ ju einem t^öric^ten ©ic^=3Serrajfen auf ©efid^te ®Ä IV, 21,1; ^l^iloj. 8, 19. 10, 25
unb ju eigenen ©^Dogi^men, (Suf. Ä® 5, 28) ftc^ gujutDenben xoTg ^eonvexfoxoig ngo-
wrjxaig xal ^eov xal Xoyov i^rjyrjxaig (Ad Graec. ©. 72, 17 f. ed. Sag.; bgl. 3!)Ä
in, 2, 2, 3), bie in ber ©c^rift, bcr ^eiligen Duelle c^riftlid^er ©rfenntni« (De ant. 1),
bie göttlid^e SfBal^rl^eit niebergelegt l^aben (C. Noet. 9 elg \%6g^ 8v ovx äXXa&ev intyi- S6
voHJxouey , . f) ix xcbv dyiwv ygatpwv, a)Ä I, 31, 3. IV, 15, 1. 18, 2. 19, 1. 20, 1 ;
®uf. ft® V, 28). ©ie ^erfaßt m ba^ 2( unb 5R2: (2)Ä II, 36, 7; bgl. §« ©. 344.
345. 348) ober toirb aud^ oX^ „ba^ ®efe^ unb bie ^ro^j^eten, bie ßbangelien („ber §err")
unb bie ät)ofter' bejeic^nct (De ant. 58; 2)Ä IV, 49, 2 f.), ober aud^ einfach „bie
^ro^j^en unb bie aq^oftel" (2)Ä IV, 12, 1). Slud^ bie ntl. ©c^riften toerben bon §. 40
einfach oi ^eiai ygacpai genannt (Ä® V, 28, 3); anbererfeit^ loerben boc^ auc^ „bie
beiltgen ©c^riften" ben uaxdgioi evayyeXioxai an bie ©eite geftellt fip^ilof. 5, 23
S. 214, 98). Über bie ^orm ber Se^ugna^me auf bie©c^rift bgl. „©tubien" ©. 21 ff.
SBome an unter ben ntl. ©c^riften fte^t für §. loie für 3^^"öuö ^^^ „vierteilige ^oan-
gclium" (3)Ä I, 17, 11). ©einer ©ammlung J)aulintfd)er Sriefe fc^lt ber bon i^m 46
jd>od^ nic^t feiten („©tubien" ©. 25) bcrtoertete .öebräerbrief (^^otiu^ Cod. 121). §.ge=
broud^t ouc^ ben 2. ^etru^brief (DJ? III, 22, 4. IV, 10, 4), unb m. 6. DA III, 6, 9.
IV, 12, 2 a\x6^ ben Safobu^brief (über SBeitereö „©tubien" ©.26 f.). — Die ^ro^j^eten
finb i^m auc^^ nac^ De ant. 2. DA II, 22, 4. 4, 8, 8. 3, 8, 2 bie ba^ 3ufünftige
t>oraud ©(^auenben (De ant. 2 xaxd xiva Xoyov 6 jigocpmrjg jrgotp/jxrjg Xex^iioexai, 60
d utj Sxi Txvevfiaxi Ttgoewga xd fxüXovxa), bercn SBort bie ßrfüHung aU göttlich er*
toetft (DU 4, 24, 9. 5, 5. 25, 1). 3Rur bie ®nabe aber erfc^liefet ba^ aSerftänbni« ber
©c^rift (De ant. 2. DA 3, 16, 4. 19, 4. 4, 12, 1); bagegen ift \m bem Teufel (DA
1, 6, 3. 4), fo auc^ ben Ungläubigen biele^ in ihr üerfd^loffen (Dil 4, 33, 6. 34, 1). —
3)er ^nf}<dt aber ber ©c^rift ift @ott aH ber ©c^öj)fcr ber SBelt, bem gegenüber fxc^ 65
rndji^ ai^ ungetoorben unb anfang^flo^ rübmen barf (DA 2, 30, 4). 3JJittler aber ber
©d^^jfung ift ber Sogo^ (ebb.)- ©eine ^)erfönlid^e Üntcrfc^iebcnl^eit Dom 3?ater (jigoxö-
xoxog ix {^eov tva Öeihtoog juexd xov Jiaxega inög deov o\r ^o^^a;^^^/; D5?4, 11, 5)
^ ^. toie gegen ©abeUiuS unb ÄaHift ($^iloj. 9, 11. 12), jo fc^on juijor gegen 9io6t
bcrtreten. Den 35orti>urf bc^ Ditbei^mu« le^nt §. ab ; burc^ Clonomie ift ber eine eo
134 $t)Miob|tttd
©Ott i\m ^rofo>3cn, bam afö brittcö bcr 1^1. ®eift (C. Noet. 11 nagimaro [6 '&eog\
avTcp eregog . Biegov de Xiycov ov ovo ^eovg Xiyco . 14 ©. 52, 28 ff. dvo fikv ovx
igd) &eovg, äXk^ f} eva, Ttgoocona de dvo, olxovofiiq. de rgirrjv rrjv x^Q^'^ ^^^
ayiov nvevuaxog. Tiarijg /ih yäg elg, ngöocoTia de dvo ön xai 6 vlog, x6 de
hxgixov t6 ayiov Ttvevjua.,' oixovofiiq ovjuqpcovta ovvdyetai eig Iva ^e6v. elg ydg
iaziv 6 '9e6g, 6 yäg xeXevcov naxrig^ 6 dk vnaxovcov 6 vlög, x6 de oweril^ov
äyiov nvevfxa . . [53, 16] diä yäg xrjg xgiddog xavxtjg jiaxrjg do^dCexai, 8 ©. 50,
1 ff. xaxä xrjv di'fvajbuv elg ioxi ^eög, . . xaxä xrjv otxovo/buav xgixrjg ^ änödei^ig.
3totfd^en Sogo^ unb®etft bcrftc^t babci§. nur unbeutlic^ gu f(i(;etben(C. Noet.l6 ©.54,
10 24 ff.; über bic Sogo^lc^re J&.« ögl. 3)öamöer ©.206 ff.). Stlletn feicnb unb nic^t« ®leic^=
ctoigeö l^abenb (bic Sejctd^nunö bc^ Sogo^ atö xcß naxgl <wvatdiog Adv. lud. 7 ©. 66, 12
lann nid^t l^it)t)ol^tifd^ fein [f. o.]), toar ®ott boc^ nidjft äXoyog nod) äoocpog, ddvvaxog,
dßovlevxog. 6r trägt öielmei^r ber ^otcnj nad) ben Sogo« unb bog 3lu in fxd^. 3lad)
feinem SRatfc^lufe (C. Noet. 10 ©. 50, 27. 51, 1) \)at er juerft ben 2ogo«, ben er ^ubor
16 il^m allein ftd^tbar olö feinen vovg (bgl. axxi) 49, 9 f.) in fic^ trug, ol^ SKitberater,
SBerlmeifter unb ^errn ber 393elt erjeugt, ngoxigav (pcDimv (r^eyyöjLievog xal (pa>g ix
^^dg yewcov (ebb. 51, 6 ff.); biejer ift i^m fo gegenftänolidj;, toie Sid^t Dom Sic^t,
2Baf|er bon ber Duette, ber ©tra^l auö ber ©onne, eine Jlraft ou« bem ®anjen, ba«
®anit aber ber SSoter (ebb. 11 ©. 51, 12 ff.), attc^ ift burc^ i^n, er attein au^ bem
30 aSater (51, 16). 2)er ©inblicf in ba« „SBie" be« ©rjeugtfein« beg 2ogo^, Svjieg ßovXrj-
^eig 6 'äedg naxfjg iyewrjaev (bg fj&elrjoev, ift ung noc^ borbel^alten (ebb. 16). 2)ie
ganje atl. Dffcnborung ift burd^ i^n geworben (S)Ä 3,14. 7. 36, 4. 5; C. Noet. 11. 12).
SD&er obfc^on xeXeiog Xöyog ift er afö Xoyog äaagxog noc^ ni(i(;t xiXeiog vlög (C. Noet.
15; baju ^arnod ®®^ I, 475 21.), jonbem erft, na^bem er ate äv&gcojiog ivaagxog,
26 ^iugleic^ ®otte«^ unb SKenfc^enfol^n (i)Ä 4, 39, 5. 57, 2. 11, 1 u. o.) in ber äBelt er=
fc^ienen. 3)a l^at ber erftgeborene Sogog fidji mit bem erftgeborenen SKenJd^en in ber
Jungfrau berbunben(De pascha 1. 1,2,267, 2 ff. unb m3)t 33.1,2,83), ift afe §elfer
be^ beficgten 3Kenfc^en erfc^ienen unb l^at ate ber etoig Sebenbige ben burc^ Ungel^^orfam
©eftorbenen l^eimgefud^t, aU ber greie burc^ feinen (Self^orfam ben ©Haben frei geigen
80 tootten (a. a. 0. I, 2, 83). S^nlic^ fagt Ä. De ant. 4, ber Sogo«, gubor äaagxog,
l^abe ba^ ^I. gleifc^ (bie unbertoeölid^e 1)1 Sooe 2)Ä 4, 24, 3. 5) au^ ber Sw^öf^^" ^^'
gebogen, ftc^ in bem Äreuje^Ieiben ein Äleib toebenb, onojg avyxegdoag xb '&vrjxdv
'^ucbv acöua xfj iavxov dwduei xal jM^ag xö (p&agxdv xcp ä(p&dgxcp xai x6 da&e-
veg xcp loyvgcß ocoau xöv ojioXXvfxevov äv&gojnov (bgl. C. Noet. 17). ®er bor
86 ottem au« oeg SSoter« §erjen geborene Sogo« (De ant. 26. ^9, 17. I, 358, 18) ^at
ft(^ geeint mit ber <xvi^ bem ®ejd^led^t ber altl. SJöter ftammenben (3)Ä 2, 27, 6 ff. ju
a)t 5 I, 2, ,111, 2 ff. Ad graec. ©. 96, 22) odg^ unb baburd!; bie dvdnXaoig be«
burc^ feine Übertretung fterblid^ geworbenen (3)Ä 2, 28, 5) SJlenfd^en gum 33ilbe ®otte«
bottgogen (De ant. 26 ävdgaynog iv äv&gconoig iyewrj^f ävanXdoooyv dC kavxov
4ßx6v "Addfi, §Ä 15. I, 353, 14) Seugnung bcr ®ot^eit toie bcraJlcnW^cit ß^rifti mac^t
ba^er bc« Äeite bcrluftig (ju üKt 25, 24 ff. I, 2, 209). — 3ft für bie (Srlöfung f>3e?|ien
ber a:ob 6|rifti bon Sebeutung (2)Ä 2, 36, 8; De ant. 26 diä ^avdxov Mvaxov
vixrjoag), fo legt bod^ $. ba« entfc^cibcnbc ®eh)i(^t auf bic burc^ (S^^riftu« erfolgte SSott^
enbung ber Jc^on in 5Ratur (3)« 2, 27, 10) unb ©efdj^ic^te (3)Ä 3, 4, 4 ff.), befonbcr«
46 aber burc^ (Sefe^ unb 5pro>3l^eten gegebenen ®otte«erfenntni« (DA 4, 24, 6. 32, 2. 6.
34, 1 ff . 41 : dXi^i9eta iv xcp xdofxcp (paveig dXi^^eiav idlda^ev). 3lun lönnen bie,
loeld^e cinft burc^ i^ren freien *2BiUen gefünbigt, toieber burd^ benfelben ju gottgcfättigcm
SBanbel ^ergeftettt (2)Ä 4, 59, 6) burc^ i^re guten SBcrlc jum Himmelreich gelangen (Ad Graee.
©. 73, 13 f. 71, 15). 6« gefd^iel^t bod(^ burc^ eine fo innerlidfic Aneignung be« Sogo«,
üObafe biefer ipcilige gebärcnb fclbft bon i^nen toieber geboren toirb (3)Ä 1, 10, 8; De
ant. 61). 2)enn bie Äirc^e ift „bie ^eilige SSerfammlung ber in ®erec^tigfeit fiebenben,
. . ba« geiftlic^e ^au« ®ottc«, auf ßi^riftu« . . gepflanjt" (S)Ä 1, 17, 5 ff.), ^ xXfjatg
xcbv äyicov (2)Ä 1, 14, 5). Gl^riftu« „burd^ ba« Dierteiliae Sbangelium in ber gangen
aBett t)erfünbigt" „^eiligt atte an i^n ©laubenbcn" (5DÄ 1, 17, 11), erfüttt bie nac^
66 ®otte«gemeinfd^aft bürftenbe ©eele (§Ä ©. 3433.) unb mad^t SBo^nung im gunerftcn
bc« bergen« (M 15. I, 352, 4 ff.). 2)argereid^t toirb ber ber etoigen Duette entft)rubelnbe
2:ranf ber Unfterblic^feit gunäd^ft burc^ bie Saufe (guSRutl^ I, 2,120, 7 ff.; bgl. gu ®en
38, 19. I, 2, 96, 13. 16) mit i^rer 3lcinigung bon ©ünben (3)Ä 1, 16, 2. 4, 36, 4),
aber aud^ 2luMftung mit bem ®eift (De ant. 59. 3)Ä 1, 16, 3). 3m äbeubmabl ift
60 Gl^rifti 2eib unb Slut ein llnter})fanb cioigcn geben« (ju ®en 38, 19). 3e|t ift bic
$t)Mioh|tttd $t)Mioh|ttt96tfiber 135
Äin^e au« bcn Reiben auf ba« ©efc^Icc^t ber Sätcr gefolgt, ggrad f)at burd^ Unglauben
haS ßetl betloren (De ant. 57. $Ä 4. 7. 16. I, 345, 8. 346, 5ff. 355, 25ff.). (Srft in
bcr ©nbjett toirb ^, jubor noc^ bem äntid^riften jugefaUen (De ant. 54. ®H 4, 49, 5.
50, 3), pc^ belelfnren (ju ®en 49, 8. I, 2, 58, 14 f.). 3ur Ätrd^e aber gehört nur, toer
bic ®ebote betoal^rt; fonft ift er „beraubt be« ^eiligen ©elftem" „ou^etrieben au« ber 6
flirc^e" (3)Ä 1, 17, 14). 3)enn mag er i^r auc^^ noö) äu^erlid^ angel^ören, il^m ntiftt
boc^ bie ©emetnfc^aft ber heiligen nid^t« (®Ä 4, 38, 2) ; bielme^r toirb, toer „fid^ gläubig
ncrnit, aber bie SBerle bcr Ungläubigen boUbringt . . bon ®ott bojjjjette SJerurteilung
enH)fangen" (S)Ä 1, 24, 4 f.). mn 9Jamenc^riften leibet bie Äird^e nid^t toeniger (DA 1,
21, 2), ate bon ^äretilem (35Ä 1, 22, 5. ^R 14. I, 349, 18 ff.). 3)a^er \)at §.« lo
Dp>3ofttion ebenfofe^r unb h)ol(^l noc^ me^r ÄaDift« (f. b. a. Sb III ©. 640) firc^en*
bi«jij>Iinarifc^er 9Jac^fic^t toie beffen monarc^ianifterenber 2^l^eologie gegolten (^pi^ilof. 9,
12. ©. 458, 1 ff.), aiber ungcad^tet eigener SBertung ber 2lölcfe unb tro$ feiner Segeifte«
ning für ba« ^Kart^rium (3)« 2, 19, 7. 21, Iff. 38, 4. 36, 7. 3, 23, 1 ff . 24, 4),
tritt §. ioi) ben montaniftifc^en neuen ©eboten, namentlich in 33euig auf ^ftenbi«jii)lin, i6
entgegen (^l^ilof. 8, 19. ©. 436, 79; 2)Ä 4, 20, 2). SBie im ©t^ntagma unb in ben
^^iIofot)^umenen l^at er fie auc^ in einer befonberen ©d^rift befäm})ft (f. o. unb Slolff«
0. a. D.), freiließ aud^ il^re e^remen ©egner, bie Seftreiter ber jo^anneifc^en ©d^riften
(f. 0.). 3luc^ gegen unbcfonncne e^d^atotogifd^ie ©rtoartungen toenbet fxc^ §. im S^^^^ff^
(^riftlid^er 9lü(^teml^eit (2)Ä 4, 18. 19). ©ein eigene« e«<^atologif(^e« ^ntereffe belunben 20
feine jal^lreic^en ©c^riften e«(^atologijc^cn ^^^^Ite« (über benfelben bgl. Souffet unb 31^^
berger a. a. D.); im ©egenfa^ ju ©aju«, für toelc^en bie Sinbung be« ©tarlen bereit«
Ttjoi^aä^t ift, Mt Ä. bem aKillennium nod^ entgegen (35^ 4,23, 4 f. 60, 2. 37, 4 [bie
leilna^me baran 5ßrärogatiDe bcr ^ro>3^eten, Wpo^td unb SJlärij^rer]). 3lber er benit
ba«felbe möglic^ft geiftig (3)Ä 4, 60, 1 f.). S^ax berechnet er bie 3^*^ in toelc^er bie 25
$antfie ß^nfJi ju ertoarten ift, aber er je^t fte erft in eine ferne B^iunft unb betont bie
iobegftunbe be« einzelnen al« bie be« ©eric^t« (3DR 4, 18, 7). Si^bt §. nod^ in ganj
anberem SDla^c in jener Slidjitung auf bie c^rifttid^e 3u^nft«I?offnung toie bie folgenbe
3eit, fo bod(;J[c^on nic^t me^ in einer SBcife toie noc^ ^renäu«. ©in abbiegen bon bem
un^riftlic^fen 9teali«mu« eine« ^renäu« ift aud^ in biefem ©ebiet nid^t gu bertennen. 90
2)c<)<)elfeitig ift aud^ §.« ©tellung jum römifc^en ©taat. ©0 fc^arf er über bie 3SdU
reic^ urteilt (S)Ä 2, 4, 2) unb in«befonbere über ba« römifd^e (De ant. 49. 2)^4, 5, 2 f.
7,4. 8, 7. 9, 2 ^ ßaodEla <^^vvv» fjrig xgarei xax* ivigyeiav rov aaxava), fo ftelf^t
i^ boc^ bie 33lüte SRom« in Sejicl^ung jum 2)afein ber ÄirdS^e (3)Ä 4, 9, 2) unb l^ält
ba« römifd^e Sleid^ bie §errfd^a^ be« »ntic^riften noc^ auf (S)Ä 4, 6, 4. 7, 6. 14, 1);86
eine ih)ieft)ältige Beurteilung, bic ftd^ boc^ aud^ fc^on in ben früheren ^zxiza ber Äirc^e
na^toeifen löfjt. S3on §. aber fann in ieber ^inftc^t gejagt toerben, ba^ er einen fflenbes
t)unft ber firc^lid^en unb t^eologifc^en ©nttoicfelung rej)räfentiert. »ottwetfc^.
^iW«>I^tn«brüber («ruber ber c^riftl. 2iebe bom ^l. Äijj^jol^t). — ^. ©c*
rt|ot, Äloflcr- unb Üitttcrorbcn IV, 174-178; ©t.SBeiffel imÄÄS*, VII, 1999; ^eimbud)cr, 40
Crben unb ftongregat. I, 8. 496.
SHefe« fjKmifd^^mcjilanifc^e ©eitenftüd gum Sannl^crjigensSrüber^Drben 3oi^«n^^^
bon ©Ott tourbe 1585 bon Semarbino 3tlbarej mit bem 3(amcn Congregatio fratrum
S. Hippolyli in bcr ©tabt 3Jlejifo gcgrünbet unb mit ber Seitung eine« cbcnbafclbft
bon il^m errichteten §oft)ital« betraut, toeld^c« er bem ^l. §it)^)ol\^t tücil^te, al« bem ©c^u^ 45
^eiligen be« Sag« bcr Scfi|crgreifung 3)lqnfo« burc^ ßorte^ (13. 2luguft 1521 — bgl.
bie ASB t. III Aug. p. 4—15). Die ©lieber be« l^ereinc« traten al« „Srüber ber
dS^nfllid^en Siebe bom Ifil. §ippolt;t" mit bcn an einigen anberen ©^jitälcm SWcjifo«
toirfenben Sleligiofcn ju einer flöfterlid^ Icbcnbcn 33crbinbung (mit äl(^nlid>cr 2^rad^t toie
bie jener Jjortugiefifc^cn „53armbcr|\. 93rübcr") jufammcn, inbcm i^nen 3llbarcj eine feiner 60
©ü^ng entf^jrec^cnbe fionftitution <^ob, bie er an %a\^\i ©regor XIII. jur ©ene^migung
einfanbte. ®ie SBeftätigung bc« ©tatut« erfolgte, ba ©rcgor XIII. bereit« geftorben toar,
burc^ feinen 9Jac^folgcr ©ijtu« V. I)a« ©tatut enthielt namentlich bie Seftimmung, ba^
jd^ ^Kitglieb au« ber Kongregation auc^ toicbcr au«trcten fonnte unb nur bie ©elübbe
ber ärmut unb ber c^riftUcbcu Ji'icbc ablegte. 2)cr Orbcn«general ^iefe „3)laior" unb 66
imirbe bon ben 20 ältcftcn Srübcm geh)äl)lt. I)ic Kongregation berbreitete ftd^ balb
immer me^ unb erfreute fid> mand^cr Scgünftigung bom pä))ftlic^en ©tu^le: namcntlid^
berlte^ i^ ßlemcn« VIII. einige ^^Jribilcgicn. 2Dod^ führte ber frei gelaffene 3lu«tritt au«
ber Äongregation ju mand^cr Unorbnung, ioclc^e ber genannte ^JkH)ft baburd^ ju befeitigcn
136 ^ippoltfiu»ttiitt ^tram
fud^te, bafe er bcn Srübcm burc^ ein Sretoe bom 1. 9Jotoember 1594 nocf) bic 3?erj)flt(i^=
hing lium beftänbigen ©c^orfam unb jur beftänbigen ©oftfrei^eit auferlegte. 3)ie (Störungen
unb Unorbnungen bauerten fort, tette meil e« an einem Drbenötoorfte^er fehlte, ber feinen
ßinflufe auf bie SSrüber geltenb gu machen touftte; teite toeil biefe ftc^ nic^t für eigcntlid)e
6 5!Könd^e l^ielten. 3)er ®eneraI^)roIurator beö Drben^, 3«^^^"" ßabrera, glaubte bie Ur^
fad^en biefcr fortbauernben Störungen baburc^ ju befeitigen, bafe er bei Snnocenj XII.
(1700) nic^t nur auf eine neue unb geeignetere SBal^Iorbnung für ben SWaior, fonbem
auc^ auf bic ßinfü^rung ber Siegel bc« 1^1. äuguftin antrug. 3)er $a|)ft ging inbeö auf
ben 2lntrag nirf^t ein, fonbern beftimmte nur, bafe bie Srüber mit ben ©elübben be^
10 ©el^orfam^, ber ©aftfreil^eit unb 2lrmut auc^ baö ber üeufc^l^eit ablegen foBten. Um
ben 3tnfang bc« Vorigen Sal^r^unbertö gehjö^rte i^nen ßlemen« XI. bie Privilegien ber
Settelorben. Sie foHen ate ben Sarml^erjigen Srübern go^ann« bon (Sott aggregierter
SSerein — nur burc^ bie bunllere (nämlic^ braune) garbe il^rer 2;rad^t toon benfelben fid^
unterfc^eibenb — biö in unjer ga^rl^unbert l^inein beftanben ^aben. 3öcf(cr.
16 ^tram, Äönig. — g. e. 3Koucr«, 3)ie ^Ijön^icr II, 1, «Berlin 1849, ©. 326 ff.;
«Bictfdjnmnn, ©efcöicöte ber ^^öni^icr, Jöerlin 1889, 6. 294 ff.; $). (Siualb, ÖJcfcftidjte beS
SSoIfeä garoel III (.3. ^Tufl 1866) 306 f. 379 f. 400. S^gl. überhaupt bie SJarfteüungen ber
®cfrf)idite 3^t-ael§ Uim ^ö^ler, ©tobe, Äittel u. f. iu. unb bie Kommentare ^um ÄiJniQöbud)
unb jur (5t)ronif. ©benfo bic S(rt. in ben bibliWcn C^önbtoörterbüdjcrn uon 9?tc^m, ©^enfel
30 (öon Srißfc^e) u. f. nj.
§iram ift ber 5Wame eine« mit 3)abib unb Salomo befreunbeten Äönig« bon 2:vru«.
Diefer SJaine lautet ^ebräifc^ ^T^ (2 Sa 5, 11 ; 1 Äg 5, 15. 21 f. u. a.) ober C-T
(1 Äg 5, 24. 32. bgl. aff^r. Hirummu) ober auc^^ a:^'n (2 6()x 2, 2 u. a.). gbenfo
toirb ber gleid^namige t^rifc^e SKetallfünftler balb Chiram (1 Äg 7, 13), balb Chirom
25 (lÄg 7, 40), balb Churam (2 6^r 4, 11) genannt. Sluf j)l^i>ni;iTfc6en Snfc^riften finbet
fid^ ber 9Jame 3"n CIS 5. ^tm 3?erfc^iebenl^eit ber !?k$(i>rat^e ^thm and) bie unter
\xd) ftarl bifferierenben gried^ifc^en ^rmen toieber: LXX: XrAod^i (Xigd/x), Sei ^o^
\^f)\x^ fcbtoanlen bie SKffr. ftarl. Sliefe beborjugt ETgco/üLog (c. Ap. 1, 17 f. u. fonft)
ober EiQcojuog (Ant. 8, 3, 4) ober 'legojfiog (Ant. 7, 3, 2); für ben Äünftler bagegen
30 XetQCüjuog, anbere Xiga/tiog, 2)agegen l^aben anbere ^anbfd^riften für ben Äönig:
EigajLiog, Xelgajuog u. f. f. Sei §erobot (7, 98) l^eifet §iram II Zigtofiog, fo auc^
bei S^nceBu« für beibe Äönige p. 243 ff. (Snblic^ eu})olemo« bei dufebiu« Praep.
evang. 9, 34 fd^reibt Zovgcov, — 2)er 5Rame ift tool^l 3lblürjung bon Achi-räm,
„mein ©ruber (Umfd^reibung ®otte«) ift erl^aben". SSgl. äbiram u. &.
86 Äönig ^iram ju Z\)m^, beffen Slegierunggjeit noc^ nid^t genau ermittelt ift (SBiner
1023—990 t>. e^r.; ßtoalb 1033—999; SKober« 980—947; (Sb. üKe^er 969—936),
loar einer ber berüf^mteften unb ift nod^ ^eute einer ber belannteften pl^önijifd^en Äönige,
ba un« au^er ben biblifd^en Slngoben aud^ fold^e au« t)l^önijifc^en Duellen erhalten fmb.
Slamentlic^ giebt 3öfe})bu« Ant. 8, 5, 3 unb contra Apion. 1, 17, 18 Slu^jüge au«
40 ben freilidj jungen Scfiriftftetlem ?Dlenanber unb 2)io«, toelc^e alte ^j^önijif^^e äuf^eidSi^
nungen bcnü^t ^aben. äu« 3ofe})l^u« l^aben biefe SJotijen aud^ S^ncellu« (p. 344) unb
©ufebiu« (Chron. I,p. 1 13ff. ed. Sd^öne) gefd^ö))ft. ffienig SBert l^aben f})ätere fagen^afte SKit--
teilungen ber üird)ent)äter au« ben Serien be« Gl^ätu«, ^l^eo^j^ilo« unb ©i^jolemo«. 3?ad^
aRenanber unb 2)io« ^at §iram, ber So^n 2lbibal«, toäl^renb feiner 34iä^rigen ^Regierung
45 (er erreichte ein älter bon 53 S^^^^^»^) f^i"^ ipaiH)tftabt in großartiger Seife ertoeitert
unb berf^önert, inbcm er einen neuen Stabtteil im Dften ber ^n\d anlegte. (Sr berfab
bie tiirifcbcn .{Heiligtümer mit ßebembebad^ung bom §olje be« Sibanon unb crrid(^tete u. a.
eine biel betounberte (bgl. nod^ öerobot 2, 44) golbene Soule im Heiligtum be« „ol^m-
t)ifd)en 3^"^'^ ^- ^- ^^^ 33aal dU §immel«gott. 3lad) f>3äter Sage berietet fogar ßujjos
60 lemo«, Salomo l^abe biefe golbene Säule nac^ 2^^ru« gefanbt; ä^nlid^ 3:^eoi)l?ilo«, Sa=
lomo babe fte au« bem bei ber 2lu«ftattung be« lemjjel« übrig gebliebenen ®olbe gemad^t.
Sie^e Sufeb. Praeparatio evang. 9,34. 3ludf^ nac^ außen regierte ber J)rad^tlicbenbe
^irarn fraftboD unb glücflic^. ©r jtoang ^. S9. burd^ einen Ärieg bie rebeüifc^cn Äittier
(Setüol;ner bon ßbpem) bie bertoeigerten Steuern toieber ju entri^ten. Überl^au})t toußte
66 er bie Hegemonie ber Stabt 2:^ru« über ^^önijien unb bie Kolonien ju befeftigen.
3u bem neu cmjjorgefommenen Königtum S^wel« ftellte fid^ §iram freunblid^, toofür
er gute Orünbe haiU. Sotoo^l 3)abib al« Salomo ^aben mit i|m in freunbfc|aftlic^er
8ej\iel)ung geftanbcn. äiJenigften« fc^eint e« nac^ 1 Äg 5, 15 unb noc^ beftimmter nac^
2 ßbr 2, 2, baß ber langj[ä|rige ^cunb Salomo« berfelbe toar, ber fc^on al« einer ber
^tram 137
erften Wtai)ti)Qbn 3)atoib ate ebenbürtigen Äönig anerfannt unb ü^n bei feinem ^alaftbau
unterfttifet l^atte (2 ©a 5, 11 f.; 1 6l^r 14,. 1 f.). Dabei entfielt jeboc^ eine c^ronoIoflifdSje
©(^toicnaleit. ^lai^ 1 % 9, 10 lebte §iram noc^ 24 ^a^re mä) ©olomo« 2:^ronbefteis
«tnß. SDonn fönnte er aber nac^ ber oben angeführten SRotij be^ 5Wenanber, ber feine
OTegiening ju 34 ^a!^xm angiebt, nur in ber Testen Qtxt 2)abib« mit biefem regiert ^aben. 6
3li>d) enger lüürbe biefer 3^toaum begrenzt bur^ bie Angabe be« 3ofe>)^ug (au^ toeld^er
Duette?), bafe ber 3:em))elbau im 12.3a^r .^iram^ begonnen f)abt (Ant. 8,3,1; contra
Apion. 1, 18, 5). ©o entfielen nur 7—8 ga^re auf §iram^ SWegierung mit 3)at)ib.
9iun l^at man jtoar aRoöer« ^ujugeftel^en, bafe gerabe betreffenb bie SHegierung^gefd^ic^te
3)abibö bie Speisenfolge ber ßrjä^lungcn feine rein c^ronologifc^e, fonbem öielfad^ burc^ lo
fad^Iid^e ©efK^töpunfte beeinflußt ift. Slber ate unnatürlich mu^ man bie annähme be^
jcid^nen, bafe 2)abib erft fo fjjät an ben 33au feine« ^alafte« gegangen fei. Dem toiber^
flprid^t axii), ba^ 2 6a 7, 2 (bor ber Oeburt ©alomo«) ber ^alaftbau fd^on fertig ift.
©iel^c Äöl^Ier, ©efc^. II, 300 f. ©o bleiben nur jtoei äu^toege. 9JJan mufe enttoeber jene
Angaben SKenanber« t>crh)erfen unb bem Äönig §tram eine längere £eben«= unb SRegie« 10
rung^xeit jufc^reiben (Äeil unb ßrbmann ju 2 ©a 5, 11) ober aber bie S^entität be«
^eunoe« Dabib« mit bemjenigen ©alomo« aufgeben. Die bann jujugebenbe Ungenauig*
feit ber biblifc^en DarftcDung mag fo ju erflären fein, bafe ber berühmte ^xxam einen
toeniger befannten .^errfd^er in ber Dat)ibgefd^i({ite berbrängt ^at. 6« ift aber aud^ mög«
lic^, ba^ ^ ftc^ um gleichnamige Äönige ^anbelt. ©0 benft ftd^ ©toalb, bafe auc^ ber 2 »
©ro^öater be« falomonifd^en .^iram biefen Flamen fül^rte unb ber ^eunb Dabib« toar,
toäl^renb onbere Vermuten, bafe Slbibal, ber Sater §iram« aud^ biefen 5Ramen führte (fo
Il^eniug ju 2 ©a 5, 11; Sert^eau ju 2 ß^r 2, 2).
^'' " " 6l^r 14, If.) erfennen, bafe e« jur Mi
t^rifc^^c Äönig toar, ber au« ^)olitifd^em unb merfantilem QS'^^ereffe beffen ^eunbfc^^aft 25
Deutlich lä^t 2 ©a 5, 11 f. (1 ß^r 14, 1 f.) erfennen, bafe e« jur ^eit Datoib« ber
fuc^te. 6r ^ettte i^m für ben ^alaftbau in ^erufalem Sau^olj unb Saulcute jur Ser^
fügung, toa« Daöib in 3tnbctrad^t ber Überlegenheit ^j^önijifd^er led^nif (1 Äg 5, 20) fxdf
gefatten lie^. Sluö bemfelben ®runb h)ar ber untemel^menbe, bautuftige ©alomo bon am
fang an befliffen, bie ^eunbfd^aft mit bemfelben loarm ju galten unb ftd^ bor aüzm
feiner Unterftü^ung jum %tmpdba\x ju berftci[^em, 1 Äg 5, 15 ff. §iram ertoiberte feine»
©efonbtfc^aft ebenfo berbinblic^ unb madbte ftc^ anbeifc^ig für jene« Unternehmen ba«
nötige ?5erfonal unb 59laterial ^u beftfcaffai, nanicnllid) Gebern unb ß^Jjreffen bom Sibanon,
bie in ^löfeen ber Äüfte entlang naöi S«*>^o (S^iffa) beförbert tourben (2 6l^r 2, 15). 3««
©egenletftung l(^atte ©alomo ben tt^rtfcfien A^of mit ©etreibe unb Öl, auc^ mit SBein ju
berfel^en, an toeld^en ^ßrobuften ba^ ^jbönij^ifc^e Üaub arm, ba« iöraelitifc^e reid^ tüar. 36
Diefe SSer^anblungen finb ol^ne 3^iJ<^it^I fcI^riftUd) geführt loorben, loa« Gl^ron. au^brüdtlic^
fagt. $^ofej)Su« be^aujjtet fogar, ba| bi^ bctrcffeitben ©c^riftftücfe ober i^re 3lbfd^riften,
h)ie über^au)3t ber Sriefmedpfel j^toifc^en §iram unb ©alomo, nod^ ju feiner R^it im
ard^ib ju I^ru« aufbetoa^rt toürben (Ant. 8, 2, 6 ff.; cAp. 1, 17,6). Dod^ ift bie«,
toenn auc^ Slufjeic^nungen über ben SSerfel^r biefer Äönige bort borl^anben fein mochten, 40
nic^^t genau ju nehmen, ba nid;t einmal bie ebenba au«gefj)rod^ene 8cl^auJ)tung zutrifft,
bafe bie Swben noc^ bie 2lbfcf>riften biefer Briefe bcfä^en. 3luc^ einen in 9)letattarbeiten
befonber« gefd^icften 3Reiftcr (nic^t Slrcbiteften), um toelc^en ©alomo nad^ 2 6^r2,6 eben^
fall« gebeten l^alte, fc^idtte §iram nac^ ^i^^f^I^"^- Derfelbc ^iefe ebenfatt« .^iram (nad^
2 6^r 2, 12 Churam-abi, toa« ©tabe borjiebt) unb tüar ber ©obn einer äöittoe bom 45
©tamm 5Wapl^t^ali, nac^ ß^ron. au« (ber ©tabtV) Dan, unb eine« t^rifc^en 33ater«.
©d^toerlid^ mit SRed^t taffcn bie Slabbinen biefen nur al« ©tiefbater gelten, unb 3ofei)M
(Ant. 8, 3, 4) nennt i^n ©ol^n eine« S^^öc'tit^n Uria«, fo ba^ bie SBitme il^n au^ erfter
(S^ mitgebracht l^aben müfetc. Dod^ fprid^t auc^ ber 5Jame .^iram für t^rifcbe 3lbtunft.
Diefer gefd^idfte Äünftler fertigte bie eisernen |il5rac^tftüdfe für ben %cmpd an, j. 53. bie 50
beiben ©äulen bor bemfelben, ba« bon 12 SRinbern getragene eherne 3Jicer, unb bie me«
tottenen (Seräte unb Ornamente. 1 Äg 7, 13 ff.; 2 (Sbr 2, 12 ff.; 4, 16. — äufeerbem
^at §iram eine beträd[)tlic^e 5Dienge ®olbe« geliefert, nad; 1 Äg 9, 14 (bon Äloftermann
freili^ beanftanbet) 120Äiffar (Solbe«, mofür i^m ©alomo fj)äter (md) 20 '^)ai}xm 1 Äg
9, 10 ff.) 20 nörblic^ gelegene ©täbte abtrat. Diefe geborten jium urfj)rünglid^en £anb b6
©alil in ber ®egenb bon Äebe« in 5?a))btali, too meift ^eibnifcl^e Sebölterung lüo^nte.
Der ^l^önijier toar übrigen« bei ber Öefic^tigung biefer ©täbte nic^t lufrieben, toomit ber
9Solf«h)i^ ben Flamen be« 2anbe«, Äabul, in SBerbinbung brachte. Der ßlfironift (2 6^r
8, 1 f.) erjäl^lt freiließ \tatt beffen umgefe^>rt eine älbtretung bon ©täbten burd> .<oiram
an ©alomo, ber fie bann au«baute. Die Stabbinen bereinigen beibe« burd; bie 3lnna^me, go
138 ^hram ^trfc^au
eö l^abc jtoifd^en ben befrcunbeten gürftcn ein Sanbtaufd^ [tattgefunbm. 2(ber e^ toärc
feltfam, Wmn ba« Jtöntö^buci^ nur bic eine, ber S^ronift bie anbere §älfte be^ Xau^d}^
berid^tet l^ötten, beibe mit tüörtlid^ berfelben d^ronologifd^en ©infül^rung. 93ermutlic^ $at
[\d) bielme^r bie Serfxon ber Gl^ronil gebilbet, ba man nicf^t gerne bon aibtretung iörae=
6 litifc^en Sanbe« an Reiben la« unb biefer Strich Jlabul f})äter toirfli^ ju g^rael gei^örte
(2 ftg 15; 29). Äloftermann meint, §iram l^abe ba^ ©ejc^enl ©alomo^ nid^t angenom^
men: „toa^ Jollen biefe ©täbte?" 3lber ber ©inn ift beutlic^: toa^ fmb fie toert! 3)iefe
aiufeerung jeigt, bafe ber 2:5rier feinen Vorteil forgfältig toal^mal^m unb ftd^ feine Dienfte
gut bega^Ien liefe, ^ntfy feine §ilfleiftungen bei ben JJ^i^rten nad^ Djj^ir (f. b. 21.), toofür
10 er ^immerleute unb Seeleute fc^idfte (1 Äg9,26ff.; 10, 11. 22; 2 6^r 9, 10.21) toaren
getoife gut bered^net, ba e« gar fel^r in feinem ^ntereffe liegen mußte, ben in S^^^eU
Seft$ befinblic^^en §afen @tat^ am roten 3Keer für feine ^anbeföfal^rten benü^en ju
lönnen. ©o jog er an^ biefer äffogiation nid^t toenig (Setoinn.
2(ud ))^önijifc^en Duellen ftammt bie bei ^^fcp^u^ (c Ap. 1, 17 f.) erhaltene Sage
16 toon SRätfeltumieren, bie ;|h)if(^en ©alomo unb ^iram ftattgefunben l^ätten unb toobei
guerft ©alomo ©ieger toar, fo bafe i^m §iram biel (Selb bexal^len mufete, big ein ge=
toiffer äbbemon ober beffen jüngerer ©ol^n bem §iram beiftanb, loorauf ba^ S^^tn an
©alomo fam. 3" ^^^ jüngeren Duellen {&}ätu^ unb SJlenanber bon ^ergamu« bei
Xatian, Or. c. Graec. § 37, Giemen« ailej., Strom. 1, 21, § 14; bgl. I^eo^j^ilu« bei
20 @ufeb., Praep. evang. 9, 34) berlautet, bafe ©alomo eine 2^od^ter bc« §iram gel^eiratet
l^abe, toa« bei ber ®e))flogen^eit befreunbeter §öfe an fw^ nid^t untoa^rfd^einlid^ toäre,
artnol ©ibonierinnen, b. 1^. $l^önijierinnen in ©alomo« ^arem erfd^einen (1 Äg 11,1.5).
aBeitere toertlofe ©agen über §iram f. bei SRober«, $^ön. II, 1, 338 f. 2)em großen
Äönig folgte fein ©ol^n Saleagar auf bem 2;^ron. ©ein ®rab tüirb eine ©trecfe füb=
26öftlid9 öon ber ©tabt %\)xn^ gcjeigt. 35od^ ift biefe« Kabr Hiräm jloar mit einem
mächtigen ©arlo^j^ag au«geftattct, ermangelt ober jeber S^W^f* ""*> feetoä^r für bie
©c^ti^eit. ©iel^e bie Sefd^reibungen bei 3tobinfon, 5Paläfttna III, 658 f. ; SWitter, ßrbfunbe
XVI, 792 f.; Säbeler, ?Paläftina* 276. — (Sin jtoeiter t^rifc^er Äömg 5Ramen« §tram
lebte gur ^Ät be« (S^ru« unb regierte 20 3a^re (551—532?) nac^ SDcenanber bei ^of.
80C. Ap. 1, 21; t>gl. §erob. 7, 98. ©ie^e über i^n SKober«, 5P^ön. II, 466 f. — ä)en
9lamen Churam fül^rt noc^ ein Scöit 1 6^r 8, 5. ». Dretti.
^trfc^ f. 3agb unb jagbbare« SBilb.
^trfc^au. — Duellen; Vita bc« 5lbtc« ^ilMm üon ^., na* 1091 üon ^rior^Qt)mo
üerfofet, cap.25ff. nja^rfc^cinllc^ fpätcrcr SufaJ MG SS XII, 209—25 ed. ©attcnbo* ; ba«
86 ^irfd^QUcr 2^VQbitton«bui, Codex Hireaugieneis, begonnen im 12.3at)rf). mit fpfttercn 92qcö*
trögen, am ©nbc be« 16. 3a^r^. unter Senu^unq Xritlieim« überarbeitet unb üollenbet,
«ibi. b. Sitter. «er. in ©tuttg. ®b I, 1842, MG SS XIV, 254-65; Constitutiones etcon-
suetudiues monachorum Hireaugiensium, furj nocft 1080 abgefaßt, .^crgott, Vetus discipÜDa
monastica, $ari« 1726, 8. 37—132; Johannes Trithemius (f 1516), Chronicon insigne
40 Hirsaiigiense üon 830—1370, ©afel 1559 unb Annales Hirsaugienses btd 1513. ©t. ®aUen
1690 2«be; 3ot)annc§ ^arfimoniuö, Collectanea gut (äJcfcftidjte üon ^. 1579, im ^anuffript
ju 8tuttgoTt unb ^olfenbüttcl, WuSjüge bei ficffing, ^Beiträge ^ur ©efc^icftte unb Sitterotur
1773 (©erfe V, 242 ff., «luögabe uon 1855).— fiitteratur: SÄ. Werfer, 5Bilf)eIm ber ©elige,
«bt ju ^., 2:übingcn 1863 (®g9l öon ^agcnmann 1863); ^elmebörfer, gorf (jungen jur
46 ®efc6irf)te be§ SlbteÄ 3B. üon ^., ®öttingcn 1874; Sitten, 3)cr fei. 5S., 9lbt üon ^., ©onn
1890; e^r. 3). ß^riftmann, ®efd). bed ÄlofterS $., Stübingen 1782; g. @tec!, 2)a« tloftcr
^., ^iftor.'topogTap^lfdj befc^riebcn, ßalw 1844; ^. ®ifcte, 9(u§breitung ber ©.*$Regel burcft
bie ßlöftcr 5)eutfct)lonb«J, ©Qmn.^^rogramm ^alle 1877; ^. (öifefc, ^ie 4)irfct)auer lon^renb
be« 3nueftiturftreitc§, ©otlja 1883; Ä. ^aiber, ^loftev ^., Tübingen 1886; O. ^afner, 9te»
60 gcften jur ©efd). be« fdjtuäb. ^(oftcr^ .^. in Stub. u. ^t ou? b. SBencbift* unb Siftcrjienfcr*
orben, 1891—95, XII, 244ff, XIII, 64 ff., XIV, 74 ff., XV, 82 ff.. XVI, 54 ff.; ß^r. gr.
Statin, Sirtcmbcrg. ÖJejcftidjtc 33b 1—4 Stuttgart 1841—73 u. ©efcftrcibutig beö DberamtS
CaliD, Stuttgart 1860, S. 236 ff.; ^. JJr. Stölin, ®efd)icftte SSürttembcrgS'l, lu.2, ®ot^a
1882 u. 87; 33. ?llberg. ^. unb feine ©rünbungcn oon 1073 an. geftfdjrift juni llOO*
jährigen 3nbiI8um bcd bcutfcften Cainpo Santo in 5Rom, Srciburg 1837 S. 115—29.
66 ^n ber 9iä^e ber jefeigen lüürttembergifc^en Dberamt^ftabt gallo, in einem ber an-
mutigften Xl^äler be^ ©c^tDarjloalbe^ liegen bie jjrac^tboHen unb malerifd^en Sluinen be^
e^emate berül^mten Senebiftinerflofter^ ^irfd^au ober ^irfau, ba« jum Si^tum ©^je^er
geborte. Über bie angeblid^e erfte ©tiftung burd^ eine Söittoe .^elicena, bic 645 in ber
9Iä^e be« f)}äteren Klofter« ein 5tir^lein bei^ 1^1. 9Ia)ariud famt einem ^auiS für bier
^irfdiait 139
5Wönd^e gebaut l^aben fott, berichtet erft eine beut?c^e Urfunbe, bie 1534 au« bem älteste
be« a)omla<)iteK Don ©^je^er bent Slbt ^o^ann II. bon §. überfanbt tourbe. ®afe toir e«
l^ier mit einer böBig toerllofen Segenbe gu ll^un ^aben, bie ben Urf})runö be« Älofter«
möglidl^fi l^inaufbatieren tuill, ift je^t allgemein jugeftanben. Über bie jtueite (Stiftung bed
Rlofter« im ga^re 830 gelten bagegen bie 3Keinungen nod^ au^einanber. 6« lann gu« 6
näcpft feinem 3h)eifel unterliegen, bafe Iril^eim \vx bie ältere ©efdj^ic^te be« Älofter« nidj^t
me^r afö Duelle bertoanbt tocrben barf. ©eine au«fü^rli(i(;e ©rgö^Iung ber ®ejd(;id^te ^.^
bon 830—1049, für bie er ftc^ toor allen auf eine angeblid^e ^Jutbaer ß^ronil üKeginfrib« beruft,
ift in allen ©ingeli^eiten mit ber gangen Slbtöreil^e, ben SJamen ber berühmten ©c^rifts
fteOer, Sifc^öfe unb ^eiligen ^.«, ber »tüte ber Älofterfc^ule freie (Srfinbung (6. SBolff, lo
Sol^anne« 2:ritl^emiu« unb bie ältefte (ScfdS^ic^te be« Klofter« §., SBürttemberg. ^a^rbüc^er
1863 ©. 229—81 ; ^. SKüCer, DueCen, h)elc^e 2lbt Stritl^eim im erften (gleiten) Seil
feiner Äirfauer 2lnnalen benu^t l^t, Sei^jg. 1871 (^atte 1879); 333. SBattenbad^, S)eutfd^c
©efd^ieft^quetten im SKittelatter, "Sertin 1886 II, 45—46). 3)enno(|> ift e« unrid^tig
bo« Seftepen eine« Älofter« in ä. bor 1065 über^auj)t gu leugnen (®ifele ©.7; §elm«* i6
börfer ©.110), ba ber laiferlicfe SSeftötigungöbrief bom 9. Dttober 1075, bie t)ä^ftlicl^e
SuBe Urban II. bom 8. 3Kärg 1095, unb ber §irfd^auertrabitionenfobej e« bezeugen unb
bie äudgrabungen im ^a\)x^ 1892 bie ©runbmauem einer au« bem Äarolingifc^en Qtii^
alter flammenben Kirche aufgebedft ^aben (Setlage 3lllgem. MiQ. ^ai^x^an^ 1892 9lr. 252
unb §afner ©tub. u. SKt XVI, 436). SSon biefer ©rünbung be« Älofter« toiffen toir 30
aber nic^t« toeiter, al« bafe ®raf ßrlafrib toon 6alh) 830 eine Äirc^e m S^ren be« l^eil.
$etru« unb be« armenifd^en Sifc^of« äureliu« (geft. 383), beffen ©ebeine fein ©ol^n
Sifci^of Spotting bon SSerceÖi nad^ 3)eutfd^lanb gebracht ^atte, erbaute unb ba« Älofter
mit 3Jlönd!;en au« ^Iba beftebelte. SBa^rf({ieinlid^ trat balb ber SSerfatt be« Älofter« ein,
ffleltgeiftlic^e Rauften im ülofter ftatt ber SRönc^e, bie ®rafen toon 6ath) erbauten f>3äter 26
eine 9urg an ©teile be« Älofter« unb nal^men bie bem Älofter gefc^enlten ®üter toieber
in 33eft^. ®ie Slnregung gu einer 9leugrünbung be« Älofter« ging bon ^aj)ft fieo IX.,
einem Dl^eim be« ®rafen Slbalbert II. bon Gallo au«. 3m §erbft 1049 befud^te er
feinen Steffen in $. unb mal^nte i^n gur SBieber^erftellung be« abgegangenen äureliu««
Hofter« (f. ben 2:rabitionenfobej bon §., Sambcrt bon 6er«felb MG SS V, 134, Hermanni so
Contracti Chronicon bei Uffermann Prodr. 1, 162). 3)oc^ erft 1059 tourbe ber Sau
ber 3lureliu«fird(;e bom ®rafen auf 3)rängen feiner ®emal^lin SSäiltrube begonnen unb
1065 lamen au« bem Älofter ginftebeln bie erften 9Könd^e, an il^rer©)3i^e 3lbt griebrid^
(SRtngl^otg, 2)e« Senebiftinerftifte« ßinftebeln Il^ätigleit für bie SReform beutfc^er
5«öfter bor bem mu SB. bon$. ©tub. u.3Kt b. »eneb. u. Gift. Drben 1886 VII, 50 ff.). 86
©4^on 106Ö tourbe W)t ^ebri^ auf berleumberifc^e Slnflagen feiner SKönc^e bom ®rafen
Slbalbert abgefegt, er berliefe ba« Älofter unb fanb älufnal^me auf bem ©t. 3Kid>ael«berg,
bem l^eutigen §ciligenberg bei .^oeibelberg, too er 1071 ftarb. ©ein Dlac^^f olger tourbe
aaSil^elm (1065—91), ber ba« Älofter gur ^öc^ften Slüte unb gu loeitreit^enbem (ginflu^
er^ob. 335ill^elm toar in Saiem geboren unb i)atti im Älofter ©t. ©mmeram in JRegen«* 40
bürg eine grünblic^e toiffenfc^aftlid^e Silbung erl^alten. 311« Äruc^t biefer ©tubien, bon
beren ft)äterer gortfe^ung toir nic^t« ^ören, liegen un« bie beiben ©d(>riften de astro-
uomia (nur ber Prolog gebrurft bei ^eg, Thesaur. anecdot. nov. Tom. VI pars I,
259 ff.) unb de musica (bei ®erbert SS eccles. de musica II, 154 ff. unb tritifd(;e
3tu«gabe mit beutjc^er Überfe^ung bei §. SKüDer, bie aKufi! SB. b. §., granffurt 1883)45
bor. airibo ©^olaftilu« (MG SS V, 462) fd^reibt bem 2lbte SB. aud^ bie Grfinbung
einer eigenttimlid^en 9JJeffung ber ^löte gu, unb fein treufter ©c^üler 3lbt SDietger bon
©t. ®eorgen l^at ebenfaU« ein Suc^ über ^Kufif (®erbert SS eccl. II. 182 ff.) getoi^
nid^tol^ne Anregung bon feiten SB.« berfafet. 2)icbem2lbte 2B. b. §. gugefd^riebene Philo-
sophia Wilhelmi ift aber ftc^er nic^t fein SBerf, fonbcm ftammt it)a|r|c^einlid^ bon SBill^elm 60
bon Gonc^e« (§elm«börfer ©. 72 ff.). 311« SSorftef^er .s>.« mar gunäc^ft bie 3lbrK^t SB.« auf
Befreiung be« Älofter« bom ^atronat be« ®rafen 3lbalbert unb auf Umtoanblung ber
5laftbogtei in eine ©c^u^bogtei gerid^tet. Seibe« erlangte er 1075, freie 3tbt«= unb Sogt«^
tüa^l tourbe bem Älofter bom ®rafen jugeftanben unb burc^ bie faiferlic^e Seftätigung
bon .^einric^ IV. am 9. Dftober 1075 gctüäl^rleiftct (SBürttem. Urfunben B. I, 276—80). 60
©leic^geitig tourbe §. bem päpftlic^cn ©c^uft unlerflellt unb SB. ging })erfönlid^ nad^ SRom,
um bon ®regor VII. auc^ bie t)ät)ftlic^c Slnerfennung ber Siechte be« Älofter« im §erbft
1075 gu erlangen (3aff6 3979). 3)urc^bnmgen bon bem Sebürfni« einer SReform be«
aSenebiftinerorben« in ^eutfc^Ianb enttoarf SB. nac^ bem 3Sorbilb ber Gluniacenfer Gin*
rid^tungen feine Constitutiones Hirsaugienses. 85i« 1077 l^atte man im Älofter §. eo
140 ^trfc^au
bic Stegel ©enebift^ mit ben ©etüo^nF^eiten ©t. (Smmcramig beobachtet, bor )3ä))ftlid)e Scgat
Sem^arb, Slbt be^ mit Gluni eng berbunbenen Äloftcr^ St. 93iftnr ju ^KarfeiÜe, ber ftc^
1077 ein ^an^^ '^af}x in .<o. auf(?ielt, tüufete ben eifrigen 2lbt toon ber 9iottüenbigfeit ber
ßinfü^rung ber (Sluniacenfcr ©etool^nl^eiten ju überzeugen unb ber I3ugenbfreunb 2B.ö,
ö^rior Ulrid^ bon SeH (6. ^aubifler, ll.b.6Ium;, 9Künfter 1896) jd^rieb auf Sitten 3B.^
bic ®ebräud{>e Gluni^ für il^n nieber (f. 21. Sb III, ©. 184, 37). 2)ie (Selüol^n^eitcn §.0
unterfc^eiben fid^ nur toenig bon benen ßluni^, bie ^Hnberungen finb burd^ ba« anber«-
ortige Älima unb bie Slücfftc^t auf aliz Älofterfttten bebingt. "äJlit ben neuen filoftcr^
bräud;en nahmen bie 3Jlönc^e eine beränberte Irac^t an, fte trugen je^t tüei^e fileiber
10 unb anftatt be« alten Obergelpanbe^ ber cuculla toie inßluni ben froccus, ein toollene^
®eh)anb mit toeiten Jtrmeln, barunter ein gtoeite^ Äleib, ba^ alte Scapulare, unb für
bie garten SBinter bc^ ©d^marjtoalbe^ fül^rte S8S. nod) ba^ stamineum ein ipoHeneiS
.^emb unb baö pellicium einen ©c^af^elj, ber unter bem Dbergetoanb getragen tDurbe,
ein. 2lud^ trugen bie "Bfönc^e femoralia, $ofen, bie für ben SBinter au^ ©d^af= unb
16 Äa^enfeB l^ergefteHt h)aren. 5Die grofee 5Eonfur, bie corona monastica, h)ic fte in Gluni
Srauc^ toar, unterfc^ieb bie ^irfd^auer bon ben nic^t reformierten Senebiftinem. Strenget
©tinjc|h)eigen tourbe im Älofter beobachtet, unb nur eine eigentütnlic^e 3«c^^nfJ)raci^e biente
ben größten 2;eil be^ 2:age^ ben 3Jlönc^en jur gegenfeitigen Serftänbigung. Dläc^tlid^e
ainba^ten unb ba^ galten be^ Äa^jitefe, ba« au^ ^rebigt, Seichte ber Serfäumniffe unb
20 Seftimmung ber ©trafen bafür beftanb, tourbe ebenfalls nac^ bem Sraud^^e ßluniö in §.
eingeführt. 9leben ber Äerftellung einer ftrengen, bi^ in^ einjelnfte unb Ileinfte geregelten
Dbfertoanj, toie fte bie Äonftttutionen SB.ö borfd^rieben, mad^te fic^ SB. um bie Organi*
fation be^ gnftitut« ber Saienbrüber berbient. 2)iefe ßaienbrüber ftnb ni^t nac^ bem ?Dtufter
ßluniö in «ö. erft eingeführt, 2B. fanb fic bereite bor (®ifelc ©. 49), nur too^nten fie
26 urft)rünglic^ nid^t im ülofter unb trugen loeltlid^e Srad^t. ©ie fül^rten ben 5Wamen fra-
tres laici, conversi ober man nannte fie barbati, toeir fte im Unterfc^ieb bon ben
monachi literati einen Sart trugen, ober exteriores, tocil fie alle äufeeren ©efd^äfte
für bie mit bem ©otte^bienfte befc^äftigten 5Könc^e beforgen mußten. 3)ie Saienbrüber
lebten unter ber 3lufftd^t eine« eignen SReifter« (magister), ftanben unter ber Älofter=
aobi^jiplin, Ijklim aber nur ein abgelürjtr« officium, um il^ren ©efc^äften nicifit aHju
lange entxogen ju toerben. ^n biefen Äonberfen befaf; ba« Älofter eine allzeit bereite
atrbeiterfc^ar, bie ftc^> befonber« nü|Iid^ auc^ für bie Kirc^^en- unb Älofterbauten ertoie«.
5Roc^ fel^r umftritten ift e«, ob c^ ncb^n ben beiben genannten Klaffen bon 3Jlöndben nod)
eine britte gab. 2)a6 bie fogenannten oblati ober donati, bon benen Iritl^eim berid^tet,
86 nic^t ejiftiert l^aben, ^at |)elm«börfer (©. 55) nac^getoiefen. ©id^er ift e« aber, bafe bie
religiöfe Segeifterung in ©c|tt)aben bamate mrSilbung religiöfer Sruberfc^af ten ftnb^auen=
gemeinfd^aften führte, bie fic^> unter bie Seitung eineg reformierten 5)lönc^e« ober ftreng-
gläubigen ^riefter fteüten, ftc^ ber Ilöfterlic^en Siegel fügten unb in Sleinl^eit ber ©itten
miteinanber Wetteiferten (f. SuIIe Urban II. bon 1095 3aff6 4149).
40 3)ie SWeform blieb aber nid^t auf ba« Älofter §. befd^ränlt, neben bem fd^toäbifd^en
Jöofter ©t. Slaften tourbe 6- eine J&aujjtftätte ber Älofterreform, gal^lreid^e Älöfter
bcfonber« tourben bon .<3. a\x4 gegrünbet, ober mit 5)tönc^en unb Siebten berfelfien ober
reformiert, fo in Somburg, SHei^enbad^, ©t. ©eorgen, Slaubeuren, 3*^i^f^f^^"/ Erfurt,
©d^aff^aufen, ^ßeter^l^aufen, SBeillfieim, fj)äter na^ ©t. ^eter auf bem ©c^^toarjtoalb
46 berlegt (3. 3Ra^er, Die SSenebiltinerabtei ©t. ^eter, ^eiburg 1893). 2)er S3ifd^of Otto
bon Bamberg reformierte ebenfalls mit §irfd^auer W6nd)m bie ülöfter feine« ©jjrengete.
äuc^ in 5Rorbbeutjd^lanb tourben bie Consuetudines Hirsaugienses bielfac^ eingeführt.
®ie Silbung einer Äongregation nad^ bem 93orbilbe ber bon Ituni gelang aber 2B. auf
beutfc^em 35oben niAt (gegen ^elm«börfer ©. 106). 6« tann leine grage fein, ba^ er
60 fte jtoar angeftrebt l^at C^rolog b. Cons. Hirs.), aber fel(^r balb macbten fic^ bie refor*
mierten Älöfter bon ber Seitung .sj.« nidfit obne Unterftü^ung ber Sifd^öfc frei. 2)ie
etngige SSerbinbung, bie ftd^ auf bie Dauer erhielt, aber auc^ gtoifc^en ben reformierten
Rlöftem Dcutfc^lanb« unb Gluni unb anberen SMeformcentren be« äuelanbe« beftanb, toar
bie ber Äonfraternitäten, burc^ bie man fid^ j^um gemeinfamen ®ebet für lebenbe unb ber-
66 [torbene ©lieber ber einzelnen Älöfter beri)flicbtete. ^n allen biefen reformierten Älöftem
ttmrbe bor allem a^fetifd^e ^ömmigfeit gepflegt, ba^ ein 2luffc^toung ber toiffenfd^aftlict)en
SWeit bon biefen Älöftern ausgegangen ift, ift böllig unrichtig, ba« gnterejfe für ©ele^r=
iomfeit fel^lte faft ganj, man bef^äfttgte ftd^ nur mit Süd^erabfc^reiben unb be« Ootte«-
nenfte« falber mit 3)lufif unb ©efang. 9Jur bic SBaufunft erlebte eine SBlütejeit (®. §agen,
eo Die ^irfdl^auer filoftenefonn unb bie romanifd^e Saufunft S5at»em«, 5Konat«fc^rift b.
^irff^att 141
Kft aSerdnö Don Dberbal;cm III, 120 ff.; 6. ^. 33aer, 3)ie §. 33aufc^ule, ©tubien gur
Saugefd^id^te be« 11. gja^r^unbcrtö, greiburg 1897). 2)ie 1091 fertiö öcfteUtc ^eter«*
Itrc^e §.^ JDar im romanijc^cn ©til aufgcfül^^^^f ^^^ ^^"^ Ulmer SKünfter ba^ größte
®oUc«^au« ©übtücftbcutfc^Ianbö.
äuc^ an bem fird^Uc^en Ramp\ gtoijd^en Äaifcr unb ^ajjft nal^m 2B. Don §. einen 6
bebentfamen Slntcil. (Sr ßel(|örte gu ben treuften Stn^änöem bcr (Sregorianifc^en Partei
2)eutfd[|Ianb^ (5ßaul t>. Semrieb, Vita Gregorii VII., 2öatterid^ I, 453). SBal^rfd^einlic^^
toax er üon ©regor VII. bei feinem römifd^en 2lufent^alt 1075 für ieine ©ac^e ge^
toonnen toorben. 1077 finben toir ben ©egenfönig Slubolf Don SRI^einfelben in .'o- unb
1081 toanbte fid^ ©regor VII. an Siic^of älltmann Don 5ßaffau unb SB. Don $., um lo
fiur bie SBa^l eine^ bem a^oftolif4>en ©tu^I ergebenen Äönig^ gu tüirfen (Mansi Collect.
XX, 342 — 344). SEBag aber ben fittenftrenaen unb eifrig frommen Slbt auf bie ©eite
®regor$ führte, toar ba^ 3"^^«ff^ ö" ^^ Mirc^enreform, ber Äamt)f gegen Ünjud^t unb
©imonie, nic^t bie Unterhjerfung be^^ Äaifer^ unter bie 2BeItl(ierrfd^aft be^ ^}}a))fttum«.
2)a^er fd^eute er fic^ nic^t ben mit bem ^ßopfte an^ poM\d)m ^ntercffen Derbunbenen, i6
antifaiferfid^en Sifd^öfen ©ac^fen^ in einem S3riefe an ben ©egenfönig ^ermann Don
Äijemburg bie fc^toerftcn SSortoürfe toegen il^rer ben 3leformforberungen ni(|t entfpred^en*
ben ürc^lic^en Spaltung ^u machen (©ubenborf Registrum I, 50 ff.), toorauf bann Sifc^of
SBJoIram Don Naumburg namens bc^ jäc^fijd^en et)iffo})at^ gegen ben frechen Plebejer unb
fein niebrige^ ÄaJjujenDolf re>)lijierte. ao
©d^on mit bem 2;obe ber im})onierenben SPerfönlic^Ieit be^ Stbte^ SB. begann ber
firc^lic^^e unb })olitifc^e Ginflu^ ,^J ju finfen, tro^bem ba^ftlofter burc^ gal(|lrei(^e ©c^en«
fungen ju gro^ent SReic^tum gelangte, ©ein Ütad^folger Slbt ®ebl(|arb 1091 —1105 aui^
bem ©efd^Ie^^te ber ©rafen Don Urad^ gab ben ©ebanfen ber ©rünbung einer Äongre=
gation DöQig auf unb ^. l;örte aud; je^t auf im ^nDeftiturftreit ber ^auptfi^ ber Oppo^ 25
jüion ju fein, nur ber 2tbt 2)ietger Don ©t. ©eorgen blieb ein unDerfö^nlw^er ©egner
auc^ t^einric^ö V. I)er e^rgeijige ©ebl^arb (geft. 1107) nal^m bagegen ba^ Si^tum
©j)e^er ouö ber §anb bc^ Äaifer^ unb erlangte al^^ Sifc^of burc^ bie graufame Sel^onb-
lung ber fieic^e be^ gebannten Saijerö .sjeinric^ IV. eine traurige Serü^mt^eit. Dbtoo^I
bie beiben folgenben Sbte »^.^, SJruno au^ bem $aufe ber ©rafen Don SBürttemberg« ao
Seutetebad^ 1105—1120 unb SJoImar 1120—1156, tüd^tige unb fromme 3Känner toaren,
fo liefen boc^ bie neuen Crben ber (Sifterjienfer unb ^Jßrämonftratenfer, in benen ein le^
benbigerer ©eift })uirierte, ben ^irfc^auem ben Stang ab. ©c^on ^a^\t ^nnocenj II. mu^te
ben Siebten be^ ßifter^ienferorben«; bie Slufnal^me Don a)tönc^en au^ ^irfc^auer Älöftem
»erbieten (^mifc^en 1130—43, SBürtt. Urfunbenbud^ V, 348). 3lad) bem SEobe beiS2lbtc«86
3Kangolb 1157—65 begann bie gcit beiS fittlid^en unb öfonomifd^en 3ierfalte be^ Älofte»8,
obtoo^il ^ä>)fte unb Äaifer l?äufig bie alten ^riDilegien betätigten. 1215 übernahm JCaifer
^iebric^ II. bie ©4>irmDogtei be^ 0ofterö unb biefe blieb fortan bei bem jetoeiligen
Äaifer, bod^ übten ftettDertretenbe ©c^u^Dögtc feine SHec^te an^ (äBürttemb. USIII, 27).
3uerft ioaren e^ bie ^faljgrafen Don Tübingen, feit 1342 bie ©rafen Don 3öürts 40
temberg, bie f})äter bie Sanbee^eaen be^ Älofter^ tourben. Si^ 1428 hjaren alle SJer«
fud^e bie Ilöfterlid^e ^xxd^i ^er^uftellen Dergcblic^. 2lbt ^iebric^ 1400—28 toar jtoar
eifrig auf eine Sleform beö Älofter^ bebad;t, loo^nte bee^alb 1417 bem 5ßroDin}ialIai)itel
beö Senebiftinerorben^ ju^eterel?aufen bei Äonftan^ bei unb befc^toorbie SReformoorfd^läge
be^ Äonftan;\er Äonjil^, Dermo4>te aber feine 'Ünberung tocgen be^ älUberftanbeö feiner 46
3Jlönd^e burc^jufefeen (Strit^eim, Annales II, 348—50). 1418 erl^ielt er Dom ^ajjfte
aWartin V. baö ylec^t bie ^ontififalinfignien tragen unb bie bifc^öflic^e Senebiftion er*
teilen ju bürfen. 6rft bem älbte SÜolfram 1428—60 gelang ^ 1457 burc^ (Sinfü^rung
ber SBur^felber DbJerDan^ in §. bie ^uc^t unb ©itte, SÖermögen imb ätnfe^en ju lieben.
3)0^ Älofter erlebte je^jt biö ju feiner >)roteftantifd^en ^Reformation 1534 eine jtoeite 60
S3lütegeit unb fanbte, n?ie ^u ben :^t\im ätbt^ SB. o. §. feine Sleformfolonien in anbete
Älöfter. äbtSlafiu^ 1484—1503 fdt^mücfte bie brei Äreujgänge be^ Älofterö mit J^errlid^^en
©la^emälben auö ber biblifc^cn ©ef4>ic^te, bie me^r als 300 ©olbgulben fofteten unb
bie Setounberung ber 3^i^g<^noffen erregten (Iritl^eim Ann. II, 545). 3)er le^tgenannte
äbt unb fein 5Rac^f olger ^o^ann I. 1503—24 Deranlafeten auc^ ben berühmten äbt Don 66
©panl^eim, :3ol[^ann 2:ritl^eim (geft. 1516) ^ur 3lbfaffung ber beiben oben genannten SBerle
über bie ©efc^ic^te be^ Äloftere §., in benen er für bie 3)lönc^e feiner ^Ät mit })^antaftifd^er
gölfc^ung ber ©efd^ic^te ein alte^ rul^mgefrijnteö §., ein Eldorado für a^fetif4>e ®e=
mtiter, fdj^ilberte (§afner XV, 463). "äbt ^o^ann II. 1524—56 erlebte 1525 ben
öaucmhieg, in bem ba^ Älofter erftürmt unb fc^toer gefc^äbigt mürbe. Derfelbe 2lbt 60
142 ^be^itm ^trfd|c
mufetc ^ aui) bulben, ba^, ate bic SReformation im ^crjogtum äBürttcmberg burd^
Ulric^ cingcfüj^rt tourbc, 1535 ein cöangelifc^cr Sefcmeiftcr nac^ ^. h)ie in anbete
5llöftem gefc^icft tourbe. 3)iefer gefeierte etoangelifd^e 2:i(|eolo0e, 3:^eobor SRai^mann, gab
ben 5Rot)ijen unb 18 ÄonDentualen Seftionen in ber ^eiligen ©c^rift unb ben alten
6 ©brad^en unb })rebigte auc^ mit SeifaD Dor bem 35oß. S)ie 5Könci^e iüie ber lot^olijd^e
Slbt, ber allein im Jtlofter bleiben burfte, erl(|ielten 1535 ein Seibgebing.
3la^ 35erfünbigung be« 3>"^^"^^ ^^ 22. guli 1548 lehrten nod^ einmol lat^olifc^e
üJlönd^e in ba^Älofter jurücf, aber nad^ bem ©iege 3)tori|' üon ©ad^fen über ben Äaifer
Ke^ $erjog 6^riftoipj[| am 11. ^uni 1552 ben Sefe^l an feine 3ibte ergeben, ber bie
10 äufnal^me Don SfloDijen unb latl^olifd^en ®otte«bienft toerbot, unb burc^ feine Älofter^
orbnung bom ^al^x^ 1556 rid^tete er in §. eine ber Dier l(|ö^eren Älofterjd^ulen feineiS
Sonbe^ jur §eranbilbung eöangelifc^cr (Seiftlid^er ein. 3^^^ erl^ielt ber äbt ^[o^ann II.
in bem alten ÄIofterj)rior Subtoig 3Selberer 1556—1560 noc^ einen fatl^oUfc^en Siad^-
folger, aber 1558 tüurbe i^m tro§ aUer ©inreben ein proteftantifd^er Äoabjutor in^einri^
16 SBeidEer^reuter, 3)efan in ßalto gefegt {Qi}x. ^Jr. ©tälin IV, 142) unb biefer nac^ bem
3^obe SSelberer^ gum erften ebangclifd^en 3lbt ernannt, ©ein 9lac^foIger toar ^[o^anneig
^Porfimoniug (Äarg) 1569—88, ein ©c^üIer fintier« unb 5KeIanc^>t^ong, gebürtig an^
SKug^burg, Don too er burd^ ba^ 3"*^^"^ bertrieben toar; er machte fic^ aud^ um bie
©efd^id^te be« Jtlofter« Derbient (f. oben). 3m brei^igiä^rigen Äriege tourbe infolge be«
20 SReftitution^cbift bon 1629 baö Ä'Iofter 1630 bon faiferlid^en Irujjpen befe^t unb ber
Soteftantifd^e älbt älbrec^t Saul^of mufete toeic^en. SBon 1630—31 ^ielt ber fatl^olifd^e
&t änbrea« ®eift ba« Älofter befe^t unb nac^ bem Slu^ange ber ©c^Iac^t bei 5Rörb'
Knaen 1634 fonnten bie Äat^olifen ba« Älofter bi« 1648 be^au))ten. 3)er Ie|te fat^o--
lijc^e Slbt 2BunibaIb 3^^^^^ 1637—48 toeigerte ftc^ fogar ben toürttcmbergifd^en ^erjog
26 ab Sanbed^erm anjuerfennen unb nal}m für fein Älofter SReic^unmittelbarldt in 2ln=
fj)tud^. ©eit bem toeftfölifc^en ^rieben btente §. feiner neuen fegen^reid^en Seftimmung
old ebangelifd^e 5lIofterfc^uIe, bi« am 20. ©ej)tember 1692 ber franj^öfifc^e ®eneral SRelac
mit banbalifc^er 3lo^eit ba« Älofter in SBranb ftecfte unb ben ebangelifc^en 2lbt 3)re^er
cii ©ei^el nac^ üJle^ fd^Iej)|)te, too er im ©efängni« umfam. 3)ie Älofterfc^ule itjurbe
80 ^^ierauf nad^ 2)enIenborf berlegt. (Sbangelifd^e litularöbte bon §., bie aber ni(^t mel^r
bort refibierten, gab e« nod^ bi« 1815. ^iebri^ SödE, ^rälat unb ®eneralfuj)erintenbent
in lübingen h)ar ber le^te befignierte äbt bon §. 3Son bem e^rtoürbigen 3)enfmal
d^riftlid^er Äunft unb grömmigfeit ift nur noc^ ber Äreuggang be« Älofter«, ein Äirc^turm
ber ^eter^firc^e au^ bem elften S^^^J^^^nbert unb bie bon 2lbt ^o^ann I. 1516 erbaute
86 5Karienfapene erhalten, bie je^t ber ebangelifc^en ®emeinbe §. alö Äirc^e bient. ^n ber
Sluine be« 1592 bon §ergog fiubtoig erbauten S^Ö^f^löffe« befinbet \xd) bie berühmte,
bielbefungene, bor allem burc^ Vi\}larit> betannte Ulme. ^rft^mac^er.
$trfc^c, ®eorg Äarl, geft. 1892. — S^gl. 3o^. (Sropp im a)eutf(^en «Protcftantcn-
blatt 1892, ^Jir. 32; ^. Ütieflcl in ber ^rot. ^irc^enicituiig 1893, i«r. 25.
40 ®eorg Äarl ,§irfc^e lourbe am 19. Wßxxl 1816 gu Sraunfd^toeig geboren; feinSater
iiHir SädEermeifter. (£r befuc^te ba« DbergVmnafmm feiner SJaterftabt; nac^bem erl^/jg^^^^
©d^üter ber ^rima biefer Slnftalt getoefen nnb namentlich burc^ ben berühmten 2)ireftor
berfelben, ^rofeffor ®eorg 2l^eobor äuguft Ärüger (geb. 1793, geft. 1873), in bie flaffifc^en
©J)rad^en eingeführt h)ar, trat er um SRic^aeli« 1831 in ba« l^ergoglic^e Äoüegium
«Sarolinum über, auf toeld^em er Sorlefungen über berfc^iebene ®egenftänbe ber ^^ilo=
logie, ®eograj)l^ie, 3)iat^ematif unb ^l^ilofopl^ie ^örte. ®ang befonberen (Sinflu^ getoann
^|ier auf i^n ber noc^ jugenblid^e ^rofeffor extraord. ©ruft Submig Il^eobor $ente (geb.
1804, bon 1828 biö 1833 am ßarolinum in »raunfd^meig, bgl. »bVII ©. 677), bei
toelc^em er ®efc^ic^te ber ^^ilofo})^ie, ®ef(^ic^te be« ß^riftentum« unb t^eologifd^e Qn-
60 c^flo))äbie ^örte. §enfe ioar e«, ber nac^ ^irf^e« eigener Slngabe in i^m ben (Sntfc^lu^,
Geologie gu ftubieren, gur Steife brachte; bon i^m \'pxad) §irf(|e immer mit großer !^iebe
unb !ßerel)rung. Um Cfteni 1833 begog §. gum ©tubium ber Ideologie bie Uniberfttät
®öttingen. §irfd^e ^örte bier au^er ben S^orlefungen bon®iefeler, (gtoalb unb S3o^§(9leligion«=
J)^|ilofo))^ie) namentlid^ :^üdEe, geb. 1791. gricbrid^ Sücfe, feit 1827 ^ßrof. ber i^eologie in
65®öttingen, feit 1832 Äonfiftorialrat, ftanb bamal« auf bem §ijl^e})unf t feiner tl^eologifd^en
SBirIfamfeit ; er toar o^ne eJ^age bamalg ber bebeutenbfte ber bortigen S^eologen. ^irfc^e
^örtc gleich in feinem erften ©emefter Sütfe« 35orlcfung über bie go^anneifc^en ©c^riften
unb tparb aUmä^lic^ ein begeifterter ©c^üler Sücfe«, beni er balb and) ))erfönlic^ näl(;er
ttat. @r nannte ftd^ nod^^ in feinem ällter mit SSorliebe einen ©c^üler Südte«, tuie benn
^trfdie 143
au(^ fiüdci^ SUb, bic bcfanntc £it^09ral)^ie, toenigftcng toä^renb §irfc^ed §amburöer g^t
bejiänbiö über feinem ©d^reibtifd^e f)mQ, ^n ©öttingen blieb ^irjc^e bi« SKid^aeli« 1835,
alfo im ganjen fünf ©emefler. 2)ie größeren gerien brachte er too^I immer gu §aufe
ju. atudS^ ben aSinter bon 1835 auf 1836 Verlebte er im §aufe feiner (Sltem §u S3raim=
fd^toeig ; er erteilte l(|ier ^ritjatunterrid^t, toie er aud^ „fd^on feit bem breije^nten ^aÜ^t s
big jum aibgange jur UniDcrfität au|erorbentlid^ öiel unb in ben mannigfoltigften Segen«
ftänben unterrichtet" ^atte, unb befd^äftigte ftc^ namentlich grünblid^er mit Äird^engefc^id^^te
unb Dogmatil. 6r toünfc^te bann, toenn irgenb möglid^, auf längere 3^'* ^^^ Serlin
m geilen, „um forttoäl(;renb eine tüiffenfd^aftlid^e Anregung gu genießen, bie mir jur Se«
förberung meiner ©tubien, h>ie id^ befonber« biefen Söinter in bem leeren Sraunfd^toeig lo
gefül^lt tyibt, nottoenbig ift". „Um biefen SBunfc^ aber au^fül(|ren ju lönnen", fo fagt er
in einem ©d^reiben an &Mt üom 7. äl})ril 1836, bem auc^ feine fc^on angefül^rten SBorte
entnommen fmb, „fel&e id^ mid^ burd^ meine aSer^oltniffe genötigt, fobalb ate e^ ange^^t,
ate $au«lel^rer in äerlin ein Unterfommen gu fuc^en", unb er bittet £üdEe, ü}m gu einer
folt^en ©teittung ju Der^elfen. ©r reifte bann (Snbe älj)ril 1836 nad^ Serlin, lonnte i6
^ier aber nur bi« ßnbe ^ulx bleiben, ba er tro$ Südfe« em|)fe^lungen bie erfe^nte §au«s
le^erfteHe nic^t fanb. ©d^leiermac^er (geft. 1834) ^at er nid^t mel^r gehört ; er toar auc^
f})äter entfc^ieben ber SlnfiAt, ba^ Sd^leicrmac^er^ Ideologie auf ü}n leinen 6influ| ge=
l^abt \)abt, Qx ^örte brei Kollegien, unter benen ftd^ Srbmann« ©efd^id^te ber 5p^ilofoj)|ie
befanbj bie anbercn bciben ftnb nid^t nac^toeißbar. ^m übrigen bereitete er ftd^ auf ba^20
tij^eologifd^e ßjamen öor; am 16. ^uni fc^rieb er feinen „ßltem, ba| er noc^ nie fo Diel
unb mit fo großem (Srfolge l;abe arbeiten tonnen". 3lm 1. Sluguft 1836 toar er toieber
in Sraunfc^toeig ; toal^rfd^cinlic^ burt^ ben ©influ^ §enle^, ber je^t Äonfxftorialrat in
SBolfenbüttel toar (togl. S3b VII ®. 678, 8), tourbe er befonber^ fd^neU gum gjamen gu«
aelaffen; fc^on am 4. 9?oöember 1836 beftanb er bie fog. „Vorläufige t^eologifc^e ^rü^as
fung", b. ff, bag erftc ßjamen, in SBolfenbüttel. ^m Söinter 1838 auf 1839 toor er
bei äbol})^e SKonob in SBJontauban; er unterrichtete l^icr in einer Änabenj)enfion im Sa«
teinifd^en unb 2)eutfc^en. 2lm 7. Sluguft 1840 beftanb er in SSJolfenbüttel ba« t^eolo«
gifc^ „Jg)au))tejamen", „too^l unb in toiffenfc^aftlid^er ^inftd^t infonber^eit mit Slu^geic^s
nung", toorauf am 5. SJoDember 1840 bie Prüfung ate Äanbibat be^ ^ö^eren ©d^ul« ao
amte« folgte. 3)ie erfte amtliche ©teDung, bie bem jungen Äanbibaten gu teil tourbe,
taKtr bie eine^ fiel^rerö an ber erften Änabenllaffe ber neu errid^teten 35ürgerfc^ule gu
^olgminben; bie 2Bal^l erfolgte am 20.Dftober 1841. 5Wit biefer ©teile toar bie 38er))fli^s
tung Derbunben, alle ad^t ^od^en gu ^olgminben ober gu älltenborf gu ))rebigen ; bo^
®ebalt betrug 250 I^aler. 2lm 13. Dftobcr 1846 toarb $. gum britten ^rebiger ju 86
©t SKarien in D^nabrüd getoäl^lt. 3U^ ber SKagiftrat beim geiftlid^en SKinifterium m
^annober bie Seftätigung ber SSai^l nac^jud^te, legte er gugleic^ eine Eingabe Don t^ielen
(an ^unbert) a^tbaren bürgern bor, toelc^e bie Seftätigung gu berfagen beantragten ; fte
Ratten Slnftofe an feiner ffia^lprebigt genommen, ^a ba« ©tabtf onfiftorium in Dönabrüd
an ber ©ac^>e felbft bet^eiligt toar, übertrug ber Äönig bon §annobcr bie Unterfud^ung 40
bem ^annöberifd^en Äonfiftorium, auf beffcu S5eric^t bin bann ber Äönig bie Seftätigung
t>erfagte. 5Rac^bem biefe ßntfc^cibung burc^ ein 3Jiiniftcrialrcffri})t bom 17. 3)egember 1847
bem SKagiftrat gu Dönabrücf mitgeteilt toax, toanbten fi^ 337 5Kitglieber ber bortigen
©t. Äat]((arinengemeinbe am 24. Januar 1848 an ben SQiagiftrat, er möge bei bemÄönige
um ^.^ Seftätigung })ctitionieren. Der Wagiftrat folgte biefer Slufforberung, unb ber 45
ingtoifd^en an ©teDe bed ©rafen bon 333ebel gum Äultu^minifter ernannte Dr. S3raun
ft^lug bem Äönige bie Seftätigung bor, bie benn auc^ am 27. 3Kärj 1848 erfolgte. ®d
loar biefe« bie erfte 3:^at be« neuen Äultu^minifter^, bic bon ben liberalen Parteien al^
eine offigielle 2lnerfennung be^ SRationaliömu^ in ber ^annöberifd^en Sanbe^firc^e bweic^net
tourbe. §irfd^e tourbe barauf bom ©enat gu O^nabrücf am 9. 3Wai 1848, 19 Monate w
nad^ feiner SBal^l, berufen unb trat fein 3lmt bort balb barauf an; er tooDte übrigeng
fc^ion bamate nid^t gern fo einfad^ für einen Siationaliften gelten unb Ivar iebentaflg
\pattx aui) felbft ber Slnfic^t, baft bie beanftanbeten ©teDcn in feiner 2Ba^l))rebigt un*
borfic^tige Siu^erungen entl^alten Ratten, ^m SKärg 1855 tourbe er gum 3)ireftor ber
Sürger- unb §reifc^ulen, ber ffiaifenl^aug' unb ©amifon^fc^ule unb be« ©d^ulle^rerfeminar« 66
in SJolfenbüttel ertoäl^lt unb fobann am 31. S^nw^^ 1858 in Stnerlennung feiner SSer^
btenfte um ha^ ©d^ulmefen gum ©eiftlidf^en diät am ^ergogltc^en Äonfiftorium ernannt.
3)oc$ ging er ni6t ungern toicbcr in ein geiftlic^e« 2lmt gurüd. 3tm 15. gebruar 1863
toarb er atö 5Rad^f olger bon 6äfar SBill^. Sllcj. ftraufe (geft. ben 12. 3iuli 1862 in S3ab
^omburg) gum ^aui)tt)aftor gu ©t. 9ticolai in Hamburg getuä^lt. (£r trat biefe^ 3lmt 60
144 ^itrff^c
im '^nni 1863 an unb iüirtte in i^m nod; langer aU 28 ^af)x^. ^fe .^auptpaftor imx
er gugleic^ 5Kitölieb bed ©c^olarc^atc^ unb fonnte fo feine ©rfal^rungen auf bcm ©ebtete
be^ ©c^ultoefen^ bermerten. Sei ber Umgeftaltung be^ ©cf;ultoefen^, namentlich be^ SSoIfe-
fd^ulmefen^ in Hamburg, ift er bann in ^erborragenber Süeife tf^ätig gctoefen; er tüurbe
6 bei ber ©infe^ung ber neuen Dberfc^ulbef^örbe im ^l^^re 1871 3)iitglieb berfelben. Um
bicfelbe 3^^^^ ^^^^ «^ öud^ in ben Äirc^enrat getoä^lt. '^n beiben Stellungen üerblieb er
fo lange, aU er amtlich tJiätig tüar, b. 1^. biö jum Sc^lugi be^ ^a\}xt^ 1891. Ulm 8. Cf=
tober 1879 iparb er bom Kir4>enrat jum ©enior 3Jtinifterii ern)ä^lt; al^ folc^er h)ar er
35orfi^enber beö 3Kinifteriumg (b. f), ber Stabtgeiftlic^teit) unb Der ÄoDegien ber £anb=
10 geiftlid^en. (Sr erfreute fid^ in feinen üerfd^iebenen Stellungen unb Ämtern einer großen
Seliebtl^eit, namentlich in ben bürgerlid^en Streifen, aber auc^ bei feinen ÄoUegen, maö
eine ^olge feiner 5Kilbe unb feinet ernften Semül^enö, nur toon fac^lid^en ©efic^t^puntten
fid^ leiten ju faffen, toar. Slnfang^ h)ar er in Hamburg ÜKitglieb beö ^^{roteftantenüerein^ ;
ol^ er aber ©enior tourbe, trat er au^ bicfem 3Jercin au<§, um auc^ ben ©c^ein einer
16 3Soreingenommenl^eit feinen ÄoUegen })ofitiüer SRic^tung gegenüber gu bermeiben. ©eine biel=
foc^en omtlic^en Sefc^äftigungen liefen i^m aber noc^ ^tii ju toiffenfd^aftlicl^en arbeiten.
6^ fmb ^ier befonberg ^erbor^ul^eben feine Unterfuc^ungen über 2^oma^ bon Äemj^en
unb beffen Sucher „l)on ber 9Jac^folge 6^)rifti". 2)iefen ©tubicn ^at ^irfc^e einen großen
2^eil feiner ^Ät unb Äraft getoibmet; i^re Slnfänge fallen in bie erften ^aj^re feinet
ao äufent^alte^ in «Hamburg ; er l^at bann fo lange, al^ er arbeiten lonnte, nic^t toieber
bon i^nen gelaffen. Q^ tarn ü}m babei ^au))tfäc^lic^ auf jmeicrlei an : er tooHte ba^ SBerf
„bon ber 9Iac^folge ß^rifti" genou in feiner urfj)rünglic^en (Seftalt ^erau^eben, unb er
tüoDte ben SeioeiiS bafür erbringen, ba^ 2^oma^ ber SSerfaRer be^ SBerfe^ fei ; bie Sö^
fung beiber Slufgaben griff üielfac^ in einanber über, unb gcrabe ba^ öerlic^ ben @rgeb-
26 niffen feiner ©tubien i^re überjeugenbe Äraft. 3Jian toirb fagen bürfen, bo^ '\l}m, ob-
too^l er feine arbeiten nid^t DoUenbet ^at ober, ri^tiger gefagt, ben 2lbfcl)lufe berfelben
nid^t rm^x jum 2)rucf au^carbeitet i:}at, beibeiS gelungen ift. ^n ben ^al}xm 1866 unb
1867 reifte er nac^ Selgien, um in Srüffel unb an anberen Drten bie 33ibliot^efen für
feine ©tubien ju burd^forfc^en. Die freunblid^e 2lufna^me, bie ü^m bon ben bortigen
30 ©ele^rten, namentlich »on bem Äonferbator an ber fönigl. Sibliot^ef ju Trüffel, ß^arle«
SRuelen^, ju leil iourbe, tou^te er nic^t genug ju rühmen, ^n Srüffel lernte er ein
äutogra^)^ ber Imitatio bon i^omaö au^ bem 3;al^re 1441 fennen; an^ i^m erfa^ er
bie urf))rünglidf)e ©eftalt he6 SBerfe^, bie bie §erau^eber M SBerfe^ biö^er überfe^en
f)atUn, üor allem, bafe fidf; in i^m 3teime unb Sl^t^t^mu^ fonben. S)iefe (Sntbecfung t)er-
36 anlaste i^n gur 2)urd^forfd^ung ber übrigen ©c^riften be^ 3:l)omaö unb ber ganjen ber=
toonbten Sitteratur, toa^ aUerbing^ feinen arbeiten einen üor^er ungeal^nten Umfang gab,
aber fic^ jur Söfung ber gefteHten 2lufgabe al^ uncrlä^id^ ertoie^. SSon biefen ©tubien
unb il^rem ßrgebniffe berichtete er fobann juerft im l.Sanbe ber „^rolegomena ju einer
neuen 3tu^abe ber Imitatio Christi nac^ bem Slutograt)l^ be^ ä^oma^ üon Äcm})en",
4oS3erlin 1873 bei (Sari §ebel, unb in bemfelben Verlage erfc^ien im ^«^re 1874 bie neue
äiu^abe felbft. (^^ folgte fobann fein Slrtifel über bie „Srüber be^ gemeinfamen Seben^"
im 2. »anbe ber ^3l(£- 1878. Dbfc^on biefer 3lrtifel für bie StealencVtlopäbie üiel ^u
aro^ toar, er umfaßt mehr al^ fünf 33ogen, — ba §irfc^c bie einzelnen Sogen feinet
^onuffript^ crft toä^renb be^ 2)rucfe^ lieferte, iuar ^^litt i^m gegenüber mad^tloö unb
46 mu^te bructen laffen, toa^ fam, bamit ber 3)rucf nur überl^aupt ni^t gänjlic^ ftocfte, —
fo toar er boc^ in^altlid^ l)on großer Scbeutung ; unb für »'pirfc^e ioar c^ gut, ba^ er,
tüeil er bodf; nun ben l)erf>)rod^enen X^lrtifel liefern mufete, ge^toungen toarb, biefe ©tu-
bien, bie für feine arbeiten bon 3:^oma^ nur Vorbereitung unb ©runblage maren, einmol
abjufc^liefeen. (£r l^at l^ier ^um erften 3)lal in 2)eutfd^lanb eine toirtlic^ au^ ben Quellen
60 gearbeitete unb jugleid^ bie neueften nieberldnbifc^en arbeiten benu^enbe ®efd^ic^te biefer
für ba^ iJerftänbni^ be^ firc^lid^en Seben^S im auege^enben SJiäl fo tüic^tigen ßrfd^einung
geliefert, unb e^ ift ioobl ju berfte^en, bafe biefer ärtifel für üiele toerttjollcr ift, al^ feine
einge^enben St^omaeftubien, beren Stefultat gtoar jebem toic^^tig ift, benen aber in^ Gin=
jelne gu folgen nicl^t jeber 5Jeigung unb 3*-'^^ W- %^^ ^i^<^c toarb biefe 2lrbeit boburc^
66 befonber^ tuic^tig, bafe fie ihn üöUig babon überjeugte, ba^ bie 33rüber be^ gemeinfamen
Sebeng nic^t im eigentlichen ©inne iJorldufer ber Steformation feien (bgl. 5ß9l6- II,
©. 759 f.); c^ toax ba^ für feine Beurteilung beöXl^oma^ unb für feine eigene t^eologifc^e
Stellung bon großer Öebeutung. 2)en Jortfc^ritt feiner arbeiten am 3:^oma^ ^emmte
jtoeierlei: einmal toarb ber Umfang feiner amtlid^en arbeiten fel^r erhjeitert, afö er im
eo ^<ii)xc 1879 ©enior hjurbe (»gl. oben) ; fobann ober fteHte fic^ um biefe 3^'* fd^on ba«
^trff^e ^irff^et 145
äu^cnfcibcn , eine ^olge feiner cingel^enben Sefd^äftigung mit Dielen äu^crft Hein fles
fd^nebcnen SKanuffnpten (ööI. bie ©ci^riftt)roben am 6nbe bed 2. S5anbe^ ber ^Pro^
legomeno), bei i^m ein, baö, n)enn eö auc^ too^I einmal gu tüeid^en fc^ien, il^n boc^ nie
toieber öerlaflen i)at unb i^n aCmä^Iid^ faft DöDig blinb toerben (ie^. @r l}at biefeö
fd^toere Seiben, ba^ i^n bei feiner Seb^aftigfeit gang befonber« ^art traf, mit ^riftlic^er 6
©ebulb getragen; junäd^ft lonnte er ja and) nod^, toenn auc^> mit üielen Unterbrechungen,
feine Slrbeiten fortfe^en. 6ine gro^e ^i^eube hjar ^ i^m, ba^ i^n in Slnerfennung ber^
felben am 15. Stuguft 1881 bie t^eolcgifd^e ^afultöt gu (Sieben honoris causa jum
35oftor ber 2;^eo(ogie ernannte. 3m ^ö^re 1883 (bie aSorrebe ift toom 13. Dejember
1882) erfc^ien ber 2. 93anb ber ^rolegomena mit bem 5Webentitel „Äritifc^seEegetifd^e Q\n= lo
leitung in bie SBerle beö 3^oma^ t>on Äemjjen" ; toö^renb be^ 2)rurfed biefe^ Sanbed
tourben auc^ fd^on bie erften Sogen be^ 3. 33anbe^ gebrurft, in iuelc^em §irfdf)e auf ®runb
ber früheren Unterfuc^ungen ben inneren unb ben äußeren Setoei^ bafür bringen tüoUte,
ba| %\)oma^ ber SJerfaffer ber Imitatio fei. 2lbcr er fonnte bie älrbeit nic^t DoHenben.
©ein Slugenleiben na^m fo ju, ba| er jule^t nur noc^ mit §Ufe frember 2lugen arbeiten i6
lonnte. Unter großer Seteihgung feierte er am 15. gebruar 1888 fein Hamburger 2lmt^5
Jubiläum. 6r l^at bann noc^ eine j^eite 2luf(age feiner 2lu^abe be^ X'l^oma^ (Dftober
1890) beforgt. 3"^^ Derfu^te er feiner jtoeiten grau, bie i^m in feinen legten 2eben^
jähren in jeber §infic^t, au4 bei feinen arbeiten, eine treue unb nie ermübenbe §ilfe
toax, eine beutfdE^e Überfe^ung ber Imitatio gu biftieren unb lain barin bi^ gum @c|lu^ ao
be« fog. erften Suc^eiS, ba^ er im Urtejt faft toörtlic^ au^toenbig tou^te ; ba fonnte er
nic^t me^r. Segen ßnbe be^ ^af^xti 1891 legte er auf ben 1.3Änwö^lö92 feine Sämter
nieber. 6r i)ai bann noc^ einige SKonate auf feinem Sanb^aufe gelebt. 3lm 14. ^ulx
raubte i^m ein Sdf^lagflu^ bie ©})rac^e; am 23. S^^I^ 1892 ift er rul(|ig eingefc^lafen.
äu^ erfter 6l^e überlebten il(in gtoei ©ö^ne unb eine cai ißrofcffor §ermann Sliegel in 25
Sraunfc^ioeig oerl^eiratete loc^ter. — 2)en fc^on unter feiner 3tuffic^t öor ge^n 3^^^^
gebrucften Sogen bed britten Seilet feiner ^rolegomena ^at ber Unterzeichnete biejenigen
Slbfdjnitte be^ 2Berfc^, bie fidf; in §irfdf)e^ 9tadS;lafe brucffertig ijorfanben, fotoie bie oben
ertpd^nte Überfe^ung be^ erften Suc^e^ hinzugefügt unb ba^ ®ange atö 3. 93anb ber
^Prolegomena unter bem ©cparattitel „(Srmei^ ber Slutorfdf^aft bed 3:^oma^ au^ bem so
gn^alte unb au^ ben §anbfc^riften ber Imitatio", Serlin 1894 l(;erau^egeben ; l^ierburc^
^ot bad gro^e, toeitläufig angelegte unb eine güHe Don ©})ejialunterfuc^ungen entl^altenbe
SBerf, tüenigftenö fotueit alö möglich toar, einen 2lbfc^lu^ erhalten; tva€ §irfc^e noc^>
namentlich über einen leil ber §anbfc^riften ^injugufügen ^atte, ift nic^t fo toejentlid^,
ba| ba^ üon i^m gewonnene SRefultat nic^t auc^ o^ne Vorlage biefer Unterfud^ungen 86
bcutlic^ l^erauiSgeftellt toäre ; unb infofem barf gefagt Serben, bafe biefen arbeiten ^irfd^eig
für bie S^oma^forfc^ung eine bteibenbe 33ebeutung jufommt. Gorl IBert^eau.
^irfi^er, 3 o ^ a n n S3 a J3 1 i ft , geft. 1865. — »gl. ben Ü^ichrolog oou 3Kac! in X6Ü@
1866, 298 ff.; Söeccft, ©abifc^c «iograp^ie, I, 272 ff.
3- S3. $irfd^er, geboren 20. 3<^»^wöt 1788 gu 2lltergarten bei 5Ral)en^burg in Dber= 40
fd^toaben, ftubicrte in greiburg i. Sr. fatl^olifc^e ^Ideologie, tourbc 1812 ate Stcjjetent an
bie üon ber hjürttembergifc^en Regierung in (SDitjangen erridf^tete t^eologifc^e gafultät be-
rufen, 1817 am oberen GJ^mnafium in Slotttoeil a. 9B. unb hierauf im gleid^en g^^re
an ber nad^ Tübingen Verlegten tl^eologifc^en gafultät ate ^^Jrofeffor ber "Sloral unb
^aftoralti^eologie angcftcUt, 1837 alö ^rofeffor nac^ grciburg für Ü)toral unb 3(eligion^= 45
Ic^c berufen, 1839 gum i)omtapitutar, 1850 gum 2)ombefan bafelbft ernannt. Die ^ro^
feffur l^at er 1863 niebergclegt unb ift 1865 geftorben.
§irfc^er l^at in 3:übingen 1819 biel^D© mitbegrünbet unb toar eifriger 5Ritarbeiter
an berfelben. ©eine ©d^riften gel^ören öorgüglic^ bem ©ebiete ber SKoral, fobann ber
j>taftifc^en Ideologie an, aufecrbem ift er in 3«^^f^<i0ci^ mc^rfad^ öffentlid; aufgetreten, ßo
©eine d^riftlid^e SDioral ate &l;re öon ber aSermirtlic^ung be^ göttlid^en Steid^^ in ber
üKenfd^l(;eit ift guerft 1835 erfd^ienen, bie Sated^etit ober ber 33eruf bei^ ©eelforger^, bie
i^ anvertraute S^g^nb im ß^riftentum gu unterrid^ten unb ergießen, guerft 1831. S3eis
träge gur §omiletif unb Äatec^ctit 1852. ^n bie })raftifc^e S^eologie gehören feine „Se«
tra^tungen über bie ßbangelien ber ^Jaften" guerft 1829, über bie fonntäglic^en ©»an- 66
gelien feit 1837, über bie e>)ifteln feit 1860. S)ie ®cfc^icl)te gcfu 1839. a)ag Seben
3Rariä 1854. 2)ie §auptftücfc beö d{;riftlic^en ©lauben^ 1857. 9lu^ anberen ©ebieten
mag noc^ ertoäl^nt ioerben : Missae genuinam notionem eruere ejusque celebrandae
rectam methodum monstrare tentavit etc. 1821. Über bad ä^erl;ältni^ be^ (^oan-
mtaUf^ctttlopühit für ZfftoloQic unb Stir^e. 3. 9(. Vlll. IQ
146 $M<^er ^irttitftab
geliumg gur tlj^eofogtfcl^cn ©c^oloftil bcr neucftcn ^cit im fat^oKfd^en ©eutfcfjlanb
1823. Slnftd^ten bon bem 3iu6iläum unb unmaßgebliche Slnbeutungen gu einer gtoedf=
mäßigen geier bc^felben 1826, umgearbeitet: bie fatl(;oIifc^e Seigre l)om 2lblaß, })ragmatif(f)
bi\)anMt, 1829.
6 3« ^^ 5Kora( unb ))raltifcl^en X^eologie, toie über^au))t in ber ©efamtauffaffung
gel^ört er im Weiteren ©inne ber Sailerif(|en Sd^ule ju. 6r l^atte einen feinen (Seift
unb ein toarme« ^erj für bie Sad^e beö ß^riftentum« unb fa^ im SReid^e Sottet bie
ebelfte SKenfd^enbilbung. 3Bag an ftrenger toiffenfc^aftlic^er 3Jlet^obe toermißt toerben
fann, ift reic^lid^ erfe^t burd^ bie ^bealität unb l^umane Slid^tung beiS gangen Strebend.
10 ©eine ibeale 2luffaffung bed Äot^olici^mu^ unb ber emfte SBunfc^ einer religiöfen 9legenc=
ration führte il^n \d)on in ben ghjanjiger unb breißiger S^^ren mit ber fübbeutjd^en Ia=
tl(|oIifd^en 9leform})artei jufammen. Sber e« geigte fi^ überall, baß er Äonf ertjatiüer h)ar ;
bei allem ))raftifc^em Drange toar er bod^ gu ariftofratifd^ unb äft^etifd^ angelegt unb
fd^eute bie Äonfequengen alfer einfd^neibenben ^Reformen. ®o(^ ^atte er eine ©tellung
16 eingenommen, toeld^e bie Äurie toeranfaßte, bie Seftätigung gu Dertoeigem, afö bie toürttem^
bergifd^e ^Regierung il^n gum Äoabjutor be« Sifd^ofg Don Slottenburg toünfdf^te.
©d^on bor ber SReboIution bon 1848, aber toorgüglic^ burd^ biefe, tourbe |)irfdf)er Ver-
anlaßt, im öffentlichen Seben aufgutreten, teiU mit ber geber, teife l^anbelnb al^ 5WitgIieb
ber babifd^en Sanbe^toertretung. §ierl^er gehören bie (Erörterungen über bie großen reli=
20 giöfen gragcn ber ©egentüart, 1846, 1847, 1855, ^Rottoenbigleit einer lebenbigen Pflege
beg })ofttiüen ß^riftentum^ in allen filaffen ber ©efeüfd^aft. 3)en beutjd^en Jlcgierungcn,
junäc^ft bem beutfc^en Parlamente gur ffiürbigung borgelegt 1848, unb anbererfeit^ feine
5Wotionen in ber erften Äammer 1848 unb 1850. $irfc^er toitt bie Säumer ber ^^\t
mit Sfleligion belän^jfen, bie 8eh)egung ber 3^t ift i^m ber tüiDfommene 2lnlaß, für bie=
26 felbe einzutreten, hinter ber ibealen ^üDe religiöfer SBilbung unb (Srgie^ung mit i^ren
tool^Itl^ätigen folgen für ba^ gange öffentlid^e Seben birgt fid^ aber aUerbing^ giemlidfj
burc^fic^tig bie gorberung einer mieber^ergefteHten ^errfc^aft ber Äird^e, gu toelcber ber
©taat (reifen foU. 2lber §irfc^er h)ar nid^t ber 3Jleinung, baß bie Sirdf^e o^ne Sieform
an fid^ jelbft bagu gelangen lönne. 6r fc^rieb 1849 : „2)ie lirc^Ud^en 3wftänbe ber
80 ©egentoart". 2)ie in ben beutfd^en ©runbrec^ten für bie Äird^e ertüorbenen ^eil^eiten
fc^ienen i^m auc^ mit großen ©efa^ren gu bro^en, toenn eben nid^t aDe Äräfte ber lird^=
li^cn ©efamt^eit fic^ Dereinigen, für fie eingufte^en. ®agu fottten nun öor allem 2)iö'
cefanjl^noben tüirlen, in tüdd^en ^riefter unb Saien gur Äird^enregierung beigegogen
toürben. ^irfd^er tüxü bie Äirc^e ftärfen, aber er toxü fie mit ben 3RitteIn ftärfen, toelc^e
86 bamate im 3^i^9^^P ^^Ö^" • 5Re})räf entation, ©elbftregierung. 3Bo er bann bie tjtagc
oflenfaDfiger SReformen ber Äirc^enorbnung unb be^ Äultug be^anbelt, gotteebienftli^e
©})rac^e, Seichte, Slblaß, §eiligenl)ere^rung u. a., ba ift er gtüar äußcrft Dorftc^tig unb
fc^onenb, bringt aber boc^ ber Äfage genug öor über ba^ befte^enbe, um toeiter ^inau^
gu leiten, ^irjc^er^ ©df^rift fam ba^er auf ben römifd^en 3"^^# ""^ ^ f^'^ff ^^^ f^^
40 unterworfen, äußerbem l)at er aber im folgenben beutfd^en unb babifc^en Jtirc^enftreit
bie fogenannte f^ei^eit ber Äirc^e in ber belannten SBeife mittoertreten, fo in ber ©c^rift :
gur Orientierung über ben bergeitigen Äird^enftreit, 1854. ©eine eblen ©efmnungen ^aben
ju^ bamit nidf^t geänbert, er Vertrat nur feine eigene anfielt, man lann audf; fagen, feine
§a(bl^eit. g^benfaH« toar er in ber (enteren immer guten ©lauben«. (S. Söeiafocfct f,
46 ^ivi, bcr gute f. (Sl^riftu^bilber Sb IV ©. 73,i9ff.
Ritten bei ben Hebräern f. Siel(;guc^t bei ben Hebräern.
^irtcnbricf ift ein öffentlid^e« (©enbs)©c^reiben, tüelc^e^ feiten^ eine« Sifc^ofö an
bie Säten ober ben ßleru^ feiner 2)iöcefe ober an beibe gemeinjc^aftlic^ erlaffen ioirb, jo=
fern er bie^ für notmenbig ober auc^ nur angemcffen erachtet, um bie erfteren über
60 ©laubenötüa^r^eiten ober il^re religiöfen ^flid^ten gu belehren, fie Vor ®efal(;ren gu bc=
tüa^ren ober t^nen 3?erF?aItung^maßregeIn bei befonberen änläffen gu geben ober i^nen
3:roft gu fjjenben, bem Ic^teren Slntoeifungen über baö priefterlicf^e unb feelforgerlic^e 3}er=
galten, über feine ^flic^ten, über bie 3?ertoaltung be^ ©otte^bienfte^ gu erteilen, ©olc^e
Hirtenbriefe toerben aud^ in regelmäßiger 9Bieberfe^r gu beftimmten firc^Iic^en 3^^^^"/ W
66 namentlich gu Seginn ber gaftengeit (fog. gaftenmanbate) erlaffen. ¥• ^infc^iuSt»
^irtcuftab f. Äleiber unb S^fißi^i^Wf geiftlid^e.
^idtia 147
tiöKa, Äöntg Don 3uba. — 2 Äg 18-20; 3ef 36-39; 2 df^x 29-32. - %I.
.259 3. 2-7 angeführten ^crfc: Äö^Tcr, 11,2. ©.429-450; ©tobe, 1,6.606-624;
Äittcl. n, @. 301-314; ^Bett^aufen, 6. 85-88. 91; ^mdcx, II, ©. 320f. 351—366;
iRcQcr, 1,6.433.466— 469.567; ferner SBcttfiaufcn in ©leef, ©inl. in« 91X*. 1878, ©.254 f.;
ftucnen, ©oböbienft Dan ^hxad, 1, ©. 86-88; Dieuft, ®ef4. bcr beil. ©Triften §IX. 1883, 6
©. 329 ff.; aWein^oIb, 3). Sefajaeriö^lungen 3ef 36—39, ©öttingen 1898.
^mxa, i^^pTH, 3cf 36, 1 u. ö. 2 % 18, 9. 13. 17 ff.; 19, 1 ff.; 20, 1 ff.; 1 G^r 3,
13 u. ö.; ^:P.n 2 Äg 18, 1. 14—16, in'jpm:, 2 Äg 20, 10; ^ef 1, l; ^er 15, 4;
1 6^r 4, 41 u. ö., n^ptn^, §of 1, 1; üJli 1 1; aff^r. Hazakija'u; 'ECexiag, Vulg.
Ezechias, ein So^n bc^ Sl^a^, i}at nac^ früherer Sered^nung ' 727—696, nad) Rödler lo
724 — 696, nac^ SJuncfer 728—697, nad^ SBcDj^aufcn, Ram})^oufen, 3Rc^er, ©tobe
714—686 regiert. 2)ie Sc^toierigleit ber g^^'^^f^wimung befte^t bartn, ba| in ben
Scrid^ten be« Äönig^buc^e^ über ^i^Iia jtoei angaben Dorfommen, toclc^e bie ge^
nauefte Serec^nung julaffen, ftt^ ober miteinanber nic^t Vertragen. Slämlid^ 2 Äg 18, 10
fkel^t, bo^ im 6. 3^^^ §i^Kaö Somalia gefallen fei, toorau« fxd) ergiebt, bafe er 728 ben 15
X^ron beftiegen \)at, ^n 93. 13 aber toirb gefagt, ba| in feinem 14. ^ai)xt Bani}mh
nad) ^nha gefommen fei. 5Run fte^t auf ®runb ber leilfd^riftlid^en 5Rad^ri^ten bollftänbig
feft, ba^ biefer ^«9 ©an^erib« 701 ftattgefunben \)at, fobaft fid^ bon ^ier au« 715 ate
antnttöja^r be« ßi^Iia ergiebt. 3)ie Slngabe in 2 Äg 18, 13 toirb burc^ bie ©rgä^fung
Don $i«Ka« Ärani^eit in Äaj). 19 einigermaßen beftätigt, benn bicfe Gegebenheit ift m^ 20
19, 1, DgL 33. 6, um biefelbe 3eit gefd^e^en, toie ba« in Ä. 18 ; 19 erjä^ltc, in 35. 6
aber toirb bem Äönige eine S3crlängcrung feine« Seben« um 15 ^ai^xt pgefagt, tooburc^
toir, ba er 29 ga^re regiert l)at (18, 2), ebenfall« auf 701 al« fein 14. ga^r gefül^rt
tocrben. 2)ie« toirb öon SBea^aufen (^bSC^ XX, 1875, ©. 631 ff.), (Sb. 3KeVer, ftanH)=
^ufen, ©tabe feftge^alten. ®ie angäbe 18, 9 f., toonac^ ©amaria in feinem 6.3«^^^ 0^ as
fallen fein foll, toirb babei für unrid^tig angefe^en, toa« auc^ ol(;ne ©c^tüierigfeit ange=
nommen toerben fann, toeil bie ©^n^roniömen ber i«raelitifd^en unb jübifd^en ®efd^ic$te
nic^t überliefert toaren, fonbem nad^träglid^ bered^net toorben fmb. ®ie Bad)t ift freiließ
unftc^er, toeÜ e«fein fönnte, baß bie ä^i^^ngabe in 18, 13 nid^t quettenmäßig tüäre, fons
bem nad^träglid^ auf ®runb baöon an ©teile eine« „3n feinen lagen" getreten, baß bie ao
toegen 19, 1 in« gleiche 3a^r gefegte ©efd^ic^te 19, 1—11 im 14. ^a\)x be« 5tönig«
fpiät ^od) ift bie ^al)l 15 in 19, 6 bieDeid^t umgefel^rt erft auf ®runb ber ßcitangabe
in 18, 13 au« urf})rüng(id^er 10 l^ergefteDt, f. unten ©. 151, unb e« bleibt aud^ be«l^alb
tDo^d^einlid^, baß §i«fia erft nadf; 722 ben 2:^ron beftiegen l}at, toeil gtoifc^en ^t\)u^
3^onbefteigung, bie toa^c^einlid^ 842 ftattgefunben l)at, unb bcr 3^ftörung ©amarien«, 35
722, bie jtoift^enge^örigen 3^itbeftimmungen be« Äönig«buc^e«, bie für 3uba eine ©umme
toon 165, für3^rael bon 143\/n 3^^^^" betragen, nic^t ^la§ finben, unb unter ben Sln^
na^en, tooburd^ ber 9lu«glei(^ gelingt, laum bie ju entbehren ift, baß 2l^a« le|te unb
§i«fia« erfte 6 3^^^ ^i^^ ^^^^ i" ^i« ^eriobe bor 722 gehören.
$i«fia h)or bei feinem 9legierung«antritt nac^ 2 Äg 18, 2 fünfunbjtoanjig 3^^^^^ oltf 40
bo(^ fd^eint ba ein Schreibfehler tjorjuliegen unb er erft 15 3^*'^'^^ ^^^ gctoefcn m fein,
ol« er 5tönig toarb. ®enn fein Sater 2l^a« ftarb nadf; 2 ffg 16, 2 im Slltcr t>on :563abren,
ober fall« er 20 ^af)xi regiert ^at (nac^ Äamj)j[iaufen, tjgl. 8b I, ©. 262 ^) toierjigiä^rig,
unb i^i«fia« ©ol^n SKanaffe ^at 29 '^ai)xt fpäter ben 2:i;ron mit 12 '^al}xm beftiegen,
baß aber Sl^a« bei ber ©eburt be« Il^ronf olger« 15, §i«fia 42 3^^^^ ^^^ getocfen fei, 45
ift beibe« toenig toa^rfd^einlidf). .^i^lia ift einer ber tüdiligften Könige feine« SSolfc« ges
toefen. 6r befaß 2Bitlen«fraft unb 3Rut, toar flug unb t^ätig, auc^ mit ©inn für geiftige
©uter begabt. Dagu geidf^neten i^n ®otte«furd^t unb ®ottt)ertrauen au«. 2lußer ^o[ia
ift er ber einjige Äönig, Don toelc^em ba« Sönig«bu^ fagt, baß er ganj toie ©atoib ge«
t^ l^ab^, toa« 3^^^ too^lgeficl, 2 Äg 18, 3. SBa« il^n öor anberen frommen Königen 60
toie äfa unb 3ofapl^at au«3eid^nete, toirb in 35. 4 angegeben: „Sr fc^affte bie §ö^en
ob, er jertrümmerte bie 9Jialfteine, er ^ieb bie älfc^era (ob mit ben alten Überfe^em
ber ?piural ju lefen ober bcr ©ingular be« ^3M beizubehalten fei, ift jtocifell^aft) um unb
er jerf^lug bie el^eme ©erlange, bie 3Kofe angefertigt ^attc, benn bi« bal^in Ratten bie
3«raeliten i^r geräud^ert, unb man nannte fic „ben ©l^emen" ('»"^r^^?)- 3)^ ®cbraudf) 55
toon mehreren $erfeften, bie mit „unb" aneinanbcrgcreil^t fmb, crflärt fid) ^icr au« bem
ß^arafter be« ©afee« al« einer ätuf^äl^lung, fo baß toir barin leinen gcnügcnbcu ®runb
für bie Slnnai^me finben, nur bie Ic^te biefer 2lu«fagcn fei urf))rünglid), bie üorl^crgc^cnben
fpoter jugefe^ hinfällig finb audf; bie fac^lid^cn ®rünbe, toclc^e man Dafür gcltcnb gc^
moc^t pot. ä)aß Jpi«Iia gegen ben §öl(ienbienft eingefd^ritten ift unb e« burc^^ufc^cn tocr^ eo
10*
148 ^ima
fud^t l)atf ba^ blofe beim Icmpel auf 3»on D|>fcrbienft ftattfänbC; toirb auf ©runb unfcrer
©teile im 3wfön^wi€n^olt ^^^ 3)?t 1, 5 um fo me^r ju Uijaxipttn fein, afö g^f^^j^^ Q^W
Slrt, Don 3ö^h)^f bem einen ^eiligen ©ott g^taelö unb öon feinem Heiligtum auf 3^«>"
JU reben, e^ außfd^Iie^t, ba^ il^m bie Slltäre au^er^alb S^ujalem^ mit ihren Silbern unb
5 oft ^alb^eibnifc^en ©ebräuc^en aU richtige S^^hj^^Itäre gegolten Ratten, toenn fid^ auc^
in ben un^ erhaltenen Sieben fein SBort Don i^m gegen fie finbet. i^orau^efe^t toirb
bie Sefeitigung ber §ö^enaltäre burd^ §iöfia and) in ber folgenben ßrjäl^Iung, f. 18, 22,
unb toenn biefe aud^ nid^t öon einem Slugenjeugen gefd^rieben ift, fo l^aben boc^ i^re an-
gaben 2lnf))rud^ auf Seac^tung. SBa^rfcbeinlid^ genug ift eg übrigen^, bafe bie 6ntftef;ung
10 be^ 2)euteronomium^ über bie 3^^^ §i^tiaö jurüctrei^t unb ba^ feine ^orberung, ba^ nur
an einem l)on ^ai)\v^ ertoä^Iten Drte geo))fert toerbe, bamafe nid^t juerft aufgeftellt Sor-
ben ift (ög(. aud) ©teuemagel, bie ©ntfte^ung be^ beuteronomifc^en ®efe$e^, 1896,
©. 99 ff.). 6^ tüirb bemnac^ richtig fein anjune^men, ba^ ^iefia bie in 2 Äg 18, 4 i^m
gugefdf^riebenen 3Ra^regeln toirflid^ getroffen f}al 3)a^ bebeutet, ba| er ben Suftu^ üon
15 folc^en Seftanbteilen gu fäubem unternommen ^ot, toeld^e er aö ber redeten ßrfenntniö
unb 33erel^rung S^^toe^, beö ^eiligen übertoeltUc^en ®otted teite jutoiber (Slfdf^eren, 9le=
d^ufd^tan) teite geföJ^lid^ (§öl^enaltäre mit i^ren SKaffeben) erfannte.
S)ie ^rage ift nun, ob §igfia bie^ getrau ^abe im Slnfang feiner Slegierung ober
erft f|)äter. 3^"^ if* t^i^ SKeinung be^ 35erfafferd be« Äönigöbud^e^ fotoie be^ (S^roniften,
20 toeld^er eine auöfü^rtid^e Sc^ilberung ber Don ^i^Iia im erften in jeine Slegierung faHenben
5Rifan Vorgenommenen 2;em})elreinigung unb einer im folgenben SKonat abgcl^altenen
(9Jac^-)^affal^feier giebt. ^uc^ in ber ©an^eriberjöl^Iung ift 18, 22 Dorau^efe^t, baft
^iefia^ Äultu^reformation öor bem Slff^rereinfatt ftattgefunben l^ötte. 3Ilan |at freiließ
gemeint, ba^ fic^ bie SHeform, toeld^e &\^tia im Sinne 3^äjo^ bun^gefül^rt l^at, „nur
26 au^ ben ßreigniffen be^ ^^Ij^red 701, toeld^c bie Sluffaffung beiS $ro})^eten beftätigt Ratten",
„ungejtüungen" erllöre (©tabe, ©efc^id^te, I, ©. 608). SlHein bad fann nic^t jugegeben
toerben. ^m ©egenteil fe^t bie 2lrt, toie §ii3lia in ber 9lot fic^ an ^z\a\a anttammert,
Vorauf, ba^ er fd^on Voriger i^m folgfam getoefen tpar. Slu^erbem ift e^ gemi^ toa^r-
fd[>ein(ic^, ba^ ber Untergang bei^ 9leic^e^ ^^xaü in ^uba eine ©trömung erzeugt ^atte,
30 bie auf Serbcfferung ber fittlic^-religiöfen ^uftänbe Einging, bamit man ni(^t toie ^örael
Don ga^toe Derlaffen hjerbe, unb bafe ber junge Äönig gerne barauf einging.
3)em äBo^toerl^aften §i^Iia^ gegen ®ott ffaUn bann aud^ bie ©efc^icfe feinet 2e=
ben« entfj3rod[>en. S)a« Äönig^buc^ fü^rt 2 Äg 18, 7 f. ate Setoeife für fein ©lürf an,
bafe er ba^ aff^rij^e ^od) abgeworfen unb bie ^^ilifter gefc^Iagen ^abe. 3)er 2lbfaU
86 Don Slffur toar aDerbing<«J gegen ^^öja^ 'Siat unb SBillen gefd^el^en unb l^atte bie fc^toerften
SBebrängniffe jur ^Jolge, aber bie fc^limmftc ©efa^r ging glürflic^ Dorüber, unb toenn audE>
bie Sage '^v!ta^ nad^l^er ben gel^egten Hoffnungen gar nic^t entfprac^, fo toar bod^ ein
Iriumj)]^ be^ ©otte^reic^e^ erlebt toorben toie nie juöor.
3)er Slbfalf Don älffur ^at toal^rfc^einlid^ nac^ bem 705 erfolgten getoaltfamen 2^obc
40 ©argonö ftattgefunben. ältö beffen 5Rad^foIger ©an^erib fogleid^ burd^ einen neuen iJerfuc^
5Ulerobac^baIabang, fid^ gum §erm 33abete ju machen, in 3lnf|)ru(^ genommen toar, regte
[xd) and) im Söeften ber grei^eitgtrieb ber ^^ölfer toieber. äu^ ber 2 Äg 20, 12—19 er=
iäl}ltcn ©efc^id^te ift toof^l ju entnehmen, ba^ 3Ilerobadf)ba(aban ©efanbte gefc^irft ^atte,
um fie jur älbfc^üttelung be^ aff^rifc^en ^od}t^ amutreiben. 3)enn ba^ bie babt^Ionifd^en
46 ©efanbten ju §iefia gefommen feien, um il^m ©lücfmünfd^e jur ©enefung nac^ ber
fc^meren Äranf^eit gu bringen, toirb man fic^ tool^l erft jpäter gebac^t ^aben, al^ ber
toa^re ©ac^Der^alt Dergeffen War. SBenn bann erjäl^lt toirb, ba| ^^\aia bamate bem
§i^fia gctoeiefagt l)aU, bie Sc^ä^e, Welche er ben Söab^Ioniern gegeigt l^atte, mürben einft
nac^ Sabel fortgefd5>le})})t toerben, fo bürfen h)ir barin bie richtige ©rinnerung finben, ba^
60 ber ^}}ro>)^et burc^ eine bro^enbe SBeiefagung bie burc^ ben S3efuc^ ber Sab^lonier unb
bie Don \i)mn eröffnete älu^fid^t auf bie Sföiebererringung feiner DoHen ©clbftftänbigfeit in
$i^fia ertüedfte ftolje ©timmung gebäm})ft l}at SBörtlidf; fo, toie e^ \päUx txiä^t toarb,
fann ^^\a\a md)t toobi gefjjroc^en {^aben, benn nac^ ber Sranbfc^a^ung burc^ ©an^erib,
2 Äg 18, 14—16 t^at ^istia feine Don feinen 2Jätem angel^äufte ©c^ä^e me^r ju jeigen
66 gel^abt, Dörfer aber ^dtte ^i\a\a fe^r falfc^ angefünbigt, ba^ biefelben nac^ S5abel toeg^
geführt toerben foUten, ba i^nen bie SÖäegfüi^rung na^ -JttmDe beDorftanb. ffiol^l aber
fann feftge^alten toerben, ba^ Sl^f^i^ ^^^ biefem Slnlafe überl^au))t getoei^fagt ^abe, ba^
Sabel, toenn ^ fünftig einmal gur 2Beltmac^t erftarft fein toürbe, fic^ für ^n\>a ti)o=
mögli^ noc^ gefäl;rlicf>er ertoeifen mü^te al^ jc^t Slffur. ®ie fd^arf S^f^^i^ ^^^ 2lufs
eo lelj^nung gegen bie aff^rifc^e Dber^errfc^aft befäm^ft ^at, fe^en toir au^ ben un^ erhaltenen
^ima 149
Sieben, 3ef 14, 29—32 unb S. 29—32. §töfia mag anfang« gefc^toanft l^aben, aber
am enbe Itc^ er fid) bon feinen ©ro^en jum 2lnfcl^(u^ an ben 2lufftanb bcr Slac^bats
toölfer beftimmen. 6r fd^eint fogar l^ertjorragenben änteil baran genommen m l)abm,
benn ber toegen feiner ireue gegen ben ©ro^önig abgefegte Äönig $abi. toon ©fron toarb
i^ in ©etoo^rfam gegeben. 2lu(f) fd^eint er bie aSerl^anblungen mit liggpim befonber« 5
eifrig betrieben ju ^aben, bgt. 3i^f 30; 31.
3laci^bem San^erib ben 5Kerobad)baIaban niebergetoorfen ^atte, gog er 701 au«, um
feine ^errfd^aft om 5KitteImeer lieber gu begrünben. SBir beft^en über ba«, toaö gtüifd^en
i^m unb §i«!io bamate borgegangen ift, jtoeierlei 9Jad^rid^ten: 1. bie biblifc^en in 2 Äg
18, 13—19, 37 Qef 36; 37), 2. bie aff^rifc^en in ber ^ri^mainfd^rift (unb einer anbem lo
im toefentlid^en gleid^lautenben) be« ©an^erib. ©id^ergefteHt ift burd; bicfe DueHen, ba^
$i«fia Durd^ fc^toere 2)rangfa(e, tücld^e bie golge feine« älbfalle« bon Slffur hjaren, geleiert
belommen l^at, toie fe^r red^t ^z\a\a gel^abt ^atte, ate er biefen toiberriet, bafe er bie
Dberlj^errfd^aft Slffur« Don neuem anerfennen unb einen ^o^en 2:ribut f^at entrid^ten
muffen, ba| aber auf ber anberen Seite gemä| bem SQSort ^^\a\ai ©an^erib tüirflic^ 15
nac^ 9Jinit)e l)at jurüdfel^ren muffen, o^ne g^nifalem, h)ie er e« tooHte, eingenommen gu
^en. SBie jeboc^ ber Serlauf ber 2)inge im einzelnen ftc^ geftaltet ^at, bleibt einiger«
ma^en bunfel, toeil oße öorliegenben Serid^te unboDftänbig fmb unb i^re 35erbinbung gu
gegenfeitiger ©rgänjung nid^t ganj befriebigenb gelingt. 3"^ Äönig«bud^ finben h)ir ju«
näc^ft in 2 Äg 18, 13 bie Slngabe, ba^ San^erib l(|eraufgejogen fei unb alle feften ©täbte ao
3uba« (aufeer S^nifalem) eingenommen l^abe. Da« in 35. 14—16 folgenbe, toa^rft^einlid^
au« bem fiönig«annalenbud^ ftammenbe ©tüdfd^en, burdf; ben ©ebraud^ ber furgen 5Ramen'
form ^rpm au«gejeid^net, teilt mit, ba| §i«Iia an ©anl^erib nad^ Sad^i« bie Sitte um
©d^onung gerid^tct unb il^m bann einen fepr l^o^en Iribut beja^lt f^abz. Darauf tüirb
in 18,17—19,37 au«füfi»rlid^ ergäl^tt, toie ©an^erib bie Übergabe 3«^^wM^^ berlangt, 25
j&i«fia aber auf ^^\aia^ 3ufage Ifin, bafe bie ®otte«ftabt nic^t merbe erobert toerben, fte
öertoeigert l^abe, unb ba| ©anl^erib baburc^ gu .f^cim!e^r gegtoungen tüorben fei, bafe ber
©ngel ^a^toe« 185000 SRann in feinem §cere gefd^lagen ^abe. SQSo^er ber Urheber be«
Äönig«bud^e« (au« toeld^em erft fxe in« Sefajabu^ gelommen fmb) biefe ßrjäl^lungen ge=
nommen \)abi, ift nic^t feftuiftcllcn. Die Slnna^mc, ba^ eine Sefajagefd^id^te ber ^nbort so
getoefen fei, ift unfic^er. Da« ©tüdf ift inbe« nic^t ein^eitlicf), fonbem au^ ^toei Steilen
lufammengefe^t: 18,17-19,8 unb 19, 9—37 (bgl. ©tabe, S^^ 1886, ©. 172 ff.;
ÜRein^olb a. a. 0.) ; ber Ur(>cber be« König«bud^e« l^at biefe fo auf einen unb benfelben
3ug ©an^erib« belogen, ba^ 19, 9 ff. bie grjä^lung be« bor^erge^enben ©tüdte« fort=
fe|en foß. ^zi^i nel^men manche an, ba| e« eigentlid^ gtoei öon einanber abtoeid^enbe ss
^arallelerjäl^lungen feien (©tabe, 9JJein^olb), beren eine ben ©an^erib feine Sotfc^aft
münblic^ bcftellen unb ben Sefaja toerfünben laffe, ba^ ©an^erib auf ein (Serüdf^t ab«
jiel^en toerbe, tüä^renb in ber anberen ©an^erib einen Srief fd^reibe unb ein J}lö^lid^e«
©terben im aff^rifc^en §eere ^erufalem rette, ^n ber %^ai ift nid^t rec^t toal^rfd^einlic^,
bofe Sefaja lurj nac^ einanber bie Sefc^eibe 19, 5—7 unb 20 ff. erteilt l^abc 2lber e« 40
ift bo^ aui) fc^toer ju glauben, bafe über benfelben SSorgang jtüei fo toeit au«einanber
gel^enbe S3erid^te Vorliegen foHten. Denn toenn auc^ bie beiben ©rgäl^lungen nicbt Don
äugenjeugen ^errü^ren fönnen, fo ift boc^ fein ®runb borfjanben, fte für blo^e Se*
genben gu erflärcn (©tabe, Du^m, aJleinl^olb), toietmebr burc^au« tüa^rfd;einlic^, ba^
i^en gute Überlieferung ju (Srunbe liegt. De«^alb ift Söincfler« 3tnficl)t ((Sefcl). Sab. 45
unb aiff^rien«, 1892, ©.255—258; ältteftamentl. Unterfuc^ungen, 1892, ©.26 ff.), bafe
bie (Srjä^lung 2 % 19, 9 ff. öon einem anbem, in feinen fj}citeren ^al^ren unternommenen
3ug ©an^erib« nac^ bem Söeften ^anbele, aller Seac^tung tüert. 5Rur mufe abgekartet
toerben, ob biefer t)on 2Bindfler fjauptfäc^lic^ au« einer äufjerung Slfar^abbon« über einen
erfolg feine« Sater« gegen bie äribi (jtoifc^en . (gupl^rat unb $aläftina) im 3ufammen= so
^alt bamit, ba^ §erobot II, 141 ben gegen 3lg^bt«^ jiel^enben ©anl^erib ,,Äönig ber
aff^rer unb äraber" nennt, crfc^loffcnc fbätere 3ug gegen Stir^ala, ber nad^ ffiinrfler erft
feit 691 §err \>on äg^btcn getoefen ift, al« 2:i^atfad^e toerbe beftötigt toerben. ^n ber
biblifd^en grgä^lung fpric^t für biefe 2lnnal^me, bafe nadf; 2 Äg 19, 35 ff. ©an^erib balb
nacb ber Slücfle^r, öon ber ba berichtet ift, ermorbet toorben ju fein fc^eint, toa« bod^ ee
erft 20 3ia^re nadj^ 701 gefcf^e^en ift; femer, bafe 19,9 üon einem §erangug be« lirl^ala
bie Siebe ift, bcr nid^t toobl ftattge^nben l^abcn fann, elje er ^pi^arao üon 'Jlg^jjtcn ge«
toorben toar (691). aiUerbing« bat man bie au«fage 33. 19a „al« er aber über 2:irl^afa
bie Äunbe berna^m" al« erfüllung ber aBei«fagung in 33. 7 tocrfte^en unb be«l^alb jur
erften (Srjäl^lung jiel^m toollm, berm äbfdf^lu^ burd^ 3S. 36 f. gebilbet Sorben fei. 3tber eo
150 ^i9Ka
btcfe ©ä^e ftnb and) aU 2lbfc^lu^ bc^ anbeten ©tücf eg ntd^t ju entbel^ren (ögl. bef. 5?. 28 —
38. 7b bürfte nad^ ber ßuiöntmenfügung ber beiben 6rjäl(|(ungen jj^injugeje^t toorben fein — )
unb bie 3w0^^öng!eit l)on SS. 9a gur erften ©rgäl^lung ift be^l^alb nic^t toa^rfc^einlic^,
toeil bie Ißad^ric^t bom §eranjug %\xi)ala^ einen San^erib nic^t tüo^f gut 5Rücffe(>r mi)
6 aifl^rien beftimmen fonnte. „Unb ^ötte, Sefaja in bicfem %aüt nid^l lieber angefünbigt,
ba^ ©anl^erib fid^ bor ben 3ig^})tem (ät^io^jen) jurücfjie^en toürbe? 3Kan mu^ bei ber
„Äunbe" 93. 7 an eine SZad^rid^t aud bem Dften benlen unb fann mit SBinrfler anne^-
men, ba^ Sanl^erib burd^ bie 9Jad^rid^t bon ber @m|)örung be^ Selibni in S3abel gurütf=
gerufen toorben fei. 2)ie betreffenbe Slngabe ift im biblifd^en 3:ejte too^l bei ber 3"=
10 fammenfügung ber ©rjä^lungen au^gefaDen.
©an^eribg ©arftellung ber ©rfolge feine« 3. gelbgugeg im ^ja^re 701 (Äeilfdf^riftl.
93ib(. II, ©.91 ff.) berichtet über bie Seträltigung oer |)l^önififd^en ©täbte, über bie S3e=
jtüingung ^x\>ta^ bon äl^falon, über bie Sroberung bon Gfron tro§ bem älnjug eine«
äg^j)tifc^sät^iopifd^en ßrfa^^eere«, toefd^eiS bei SUtafu jurüdEjefd^Iogen toarb, unb enblid^
16 über bie (Srfolge gegen §töfia. 3)iefe befte^en aber nur bann, ba| §i«fia toie ein Sogel
im Ääfig in S^^ifalem eingef))ent toorben unb jur aiu^Iieferung be« ^abi genötigt toor^
ben ift unb ba^ er bem (Sropönige einen ^o^en 2^ribut nac^ 5Rinibe nad^gefanbt, aud^
einen ©efanbten jur §ulbigung gefd^icft l^abe. 2)er SSergleid^ biefcr Slngoben mit ben
fonftigen ©iege^berid^ten ©an^enb« jeigt beutlic^, ba^ ba« Unternehmen gegen §i«Iia in
20 ber §au})tfac^e mit einem 3Jli^erfoIg geenbigt \)at ©anl(;erib ift eiS nid^t gelungen ^S^rus
falem in feine (Setoolt ju befommen; er ift nac^ SRinibe jurüdfgefel^rt, ol^ne §iöfia fo ge=
güc^tigt ^u ^aben, toie e« feinen Steigungen entf^roc^en ^ötte. Sticht einmal ba« fann
richtig fem, ba^ bie ^^ributjal^lung .^iöfia« ben äbfc^lu^ ber ©ad^e gebilbet l^ätte. 3)enn
bie Slngabe 2 Äg 18, 14 ff., ba^ bie Jributleiftung ftattgefunben ^abe, ate ©an^erib ftc^
25 in Sad^i« befanb, leibet leinen 3^eifel, unb ba^ erft na^l^er ©anl^erib jur SRücffe^r nad^
5Rinibe unter JJerjic^t auf bie Eroberung 3i^^f<»I^w^ fi^ I^^n gejtoungen gefe^en ^aben,
ergiebt fid^ au« ber ©acf^lage.
SBal^rfd^einlid^ l^at ©an^erib, toöbrenb er mit bem §au))t^eer in ^^iliftäa lämjjfte,
eine Abteilung nad^ ^v!t>a gefanbt, toelc^e ba« Sanb befe^te unb ber^eerte unb 3icnifalem
30 einfc^lo^. ^i^Iia gab nun ba« Unternehmen, an beffen ©|)i^e er mit aeftanben l^atte,
bertoren. Sfcad^ Sad^i«, alfo too^l nad^ ber ©c^lad^t bei ©Itele, jebod^ toaprfc^einlic^ nod^
bor bem %aü bon Sfron, fanbte er bie Sotfd^aft feiner Unterwerfung, inbem er jugleic^
ben *;pabi ^erau^gab. ©an^erib, ber in ^^iliftäa ftarf befd^äftigt toar unb tro$ bem
too^l nic^t entfd^eibenben ©ieg bei gltefe feine Äräfie noc^ für ben $auptfam))f mit ben
86 ägi^ptem fd^onen ju muffen meinte, toar bamit junäd^ft jufrieben. $ßac^bem aber ©fron
eingenommen toar, unb nun fübtüärt« gegen Sg^j)ten 9i^o§^ toerben follte, fanb er e«
boc| nid^t gut, bie ungebrochene fefte ©tabt §igfia« im Slüdfen ju behalten, unb berlangte
burd^ ben ^abfafe bie Übergabe S^^ifalem«. §i«fia geriet barüber in gro^e Seftürjung.
3)ie einnähme ^^^^^^"^^ ^w^^ ^^^ 2lff^rer ^ötte bem 3left bon ©elbftftänbigfcit, ben
40 man nod} befa^, ein 6nbe gemad^t unb ben bei ©an^erib übel angefd^riebenen ^iöfia
bcrfönlic^ in bie fc^toerfte ©efa^r gebrad^t. 6« gab inbe« fein menft^lid^e« 9Kittd ber
älettung me^r. 2)a Ivanbte fid^ §i«fia benn an feinen ©Ott. SBa« äll(ia«, ber gottlofe,
nic^t bermod^t l^atte (bgl. 33b I, ©. 262, 42 ff.), toar bem gotteöfürd^tigen §i«fia, too er
nun enblid^ eingefe^en l^atte, ba^ ber Serfuc^, burc^ toeltlidbe ^olitilf gegen bie S5}elt=
46 mäd^te ettoa« au^jurid^ten, unred^t gctoefen toar, je^t möglich : gu glauben, ba^ ©otteiS
SSolf burc^ ©otte« 3Jlad^t gerettet Werben fönnte, auc^ Wo e« für SRenfc^enaugen ber=
loren ju fein fd^ien. Unb Wie ^^aia barin Siecht bel^alten ^atte, ba^ 3^^^^' "wr ©df^a^
ben babon haben fönnte. Wenn e« fic^ an ben 3Belt^änbeln beteiligte, fo erWie« fid^ nun
and) bie SSerl^eifeung, bie er gu geben ermächtigt War, aU rid^tig. ©an^erib l^at nac^
BO feinem eigenen ©eftänbni« nidf^t me^r afö ba« erlangt, Wa« er fd^on früher in Sac^ie
entgegengenommen ^atte. 6r mu^te nadf; ^aufe jurücffe^ren, ol^nc ^^^lem in feine
©cWalt befommen ju ^aben. Die Urfad^e babon War Wol^l gemä^ 2 Äg 18, 7 bie9Jac^=
ridfjt bom Sluebrud^ neuer Unruhen in 93abl;lonien. 3)aju Wäre, Wenn 2 Äg 18, 9—19,36
ebenfall« bon bem ^anbeln follte, toa^ 701 gefc^e^en ift, ein fd^Were« SKi^gefd^idt, Wal^r=
66 fd^einlicf) eine $eft gefommen, bie fein |)eer befiel, al« er Weiter nad^ äg^pten ^in bor5u=
bringen fucl)te. i)af eine folc^e Jpeimfu^ung eine« §eere« be« ©anl^erib an ber ©c^Welle
ätgvpten« Wirflid^ ftattgefunben f)at, Wirb burt^ bie bon Äerobotll, 141 mitgeteilte ©age
bestätigt, Wonadf; auf ba« ©ebct be« burc^ ©anl^erib« 3fngriff ratio« geworbenen ägop-
tifc^en ^ricfterfönig« ©et^on ftc^ bei SZac^t ein ©d^Warm bon gelbmäufen über ba« affi^=
60 rifc^e Säger ergoffen, bie Äöd^er, Sogen unb ©d^ilbJ^anbl^aben jemagt unb fo ba« §eer
^idtta 161
toe^Io^ 0cmad)t i}abt, fo ba| e« fliegen mu^te unb eine üKenge öon 2:oten Derlor. 5Kafl
ba nac^> ber getüöldnUc^en Slnftc^t bie 2Raug gcrabeju ate ©^mbol ber ^eft (ögl. 1 ©a
6, 4)ju beuten fein ober nidbt (SKeinl^ofb a. a. D. S. 34 ff.): ba^ ein §eer Sanl^erib«
üor 3i[ipV|>ten Durc^ ein plöi^iidf^^ Unheil gum Slücfjuö genötiöt toorben ift, mu^ afö
©runblage biefer ©age ongenommen toerben. 6
2)o| aber bie^ ßreignte nid^t 701 fonbem crft fpäter ftattaefunben l^abe, al^ ©an*
^erib no^ einmal gegen atg^jjten unb jtoar bie^mal gegen lir^ala gog, ift tüie toir ge*
feigen ^aben, nic^t untoa^rfc^einlid^.., 5Raci^ SBtnrfler ift ©an^erib ba nidjt burd^ ^alöftina,
fonbem bon Arabien au^ gegen 3i[gV>)ten gejogen unb f)at öon ©üben l^er an §igfia bie
äiufforberung gerid^tet, il^m je|t Serufalem ui übergeben. 3)od^ "l^at eben toegen be^ Um lo
glücfö, ba« über fein §eer lam, ein Singriff auf 3^^!^"^ nid^t ftattgefunben, fonbem
nur ütva ein Sinfall in bie füblidj^ften 2:eile ^ubaiS. 3)aju ftimmt bie SBei^fagung 3e*
faja«, 2 Äg 19, 32 f. (33. 34 ift too^I nid^t urfprünglic^), toonac^ ©an^erib nic^t nur
nid^t in bie ©tabt einbringen, fonbem fte nid^t einmal einfd^Iie^en unb berennen fottte,
auf« befte. dagegen bürfte bon 33. 29—31 anjune^men fein, ba^ fte in« ^Qi}x 701 is
ge^örm unb hinter SS. 7 fte^en foHten.
®enn e« ®oti aber aud^ nid^t bal^in f)Qi fommen laffen, ba^ 3^^^"^ bon bm
affVrem eingmommen Iväre, fo ift §i«Iia bod^ ein SSafaH Slffur« geblieben, er l^atte ja
toieber Iribut bejal^lt, unb e« lann aud^ leidet fein, bafe er fd^lie|lic^ einen ©efanbtm
nad^ Slinibe gefc^idt unb au«brüdftic^ toieber ge^ulbigt ^at, toie ©an^erib am ©c^lu^ ao
feine« 33eric^te« behauptet. 9Jur eine getoiffe §albfelbftänbigleit ift too^l bie golge be«
(jtoeimaligen?) Slbjuge« ber 2lff^rer au« bem Sanbe, o^ne 3^^!^"^ eingenommen gu
poben, getoefen. 6« fd^eint infolge babon mbglic^ getoefm ju fein, ba| §i«fia um bie
jubäifd^en ®ebiet«teile, toelc^e ©an^erib ben Äönigm bon 2l«bob, ßlron unb ®aja gu*
getoiefen gu l^aben berid^tet, mit biefm einm fiegreid^m Ärieg fül^rte. 3)enn nur in biefe 26
3eit lä^t fid^ bie Slngabe 2 Äg 18, 8 gut unterbringen. SJle^r toert toar ber ©etoinn
on ®lauben«feaft, bm bie frommm 3uben au« jenen 9löten baöongetragen l^abm. 3)a«
33olf fc^eint fxd) übrigm« jiemlic^ raf^ toieber leiblid^ erholt gu l^aben, fobafi bie SRaffe
balb ber Sel^rm ber fd^toerm ^dt bergab unb in ba« unftttli(|e 3Befm, toelc^em ßi«fia«
guter SffiiHe nid^t ftmem lonnte, böHig jurütffiel, unb unter SKanaffe bie ftttlid^^refigibfm ao
ßuftänbe in jeber Segiel^ung toieber fc^limmer toerben lonnten, at« fi« .^i«fia borgefunben
$atte. 2)al^er ift benn fd^on unter ^i«!ia (bgt. 3^ 26, 17—19) bon 3Jlid^a getoei«fagt
toorbm, ba^ bie 3^^ ^^^^f ^^ ^cxn\altm bon ®ott ber 3^^ömng toürbe })rei«gegebm
toerbm (SRi 3, 12).
$i«!ia« innige« 33erl^ältni« gu feinem ®otte toirb begmgt burd^ bie Srgöl^lung bon 86
ber Äranf^eit, bie ii^n bem 2:obe nal^e brad^te, nad^ einem brünftigen ®ebete be« Äranfen
aber burd^ ein bon ^^f^i^ angetoanbte« 5Kittel rafc^ geseilt toarb. ®er ^ro))^et burfte
bem Äönige fogar anfünbigm, ba| ®ott feinem £ebm nod^ eine 9leil(ie bon ^af^xm ju«
gelegt ^abe. 35ie« (fd^toerlic^ bie ®mefung, toie ber SBortlaut unfere« 2:ejte« atterbing«
fagt, ba biefe al« fofort eintretmbe bod^ leiner SSerbürgung beburfte) toarb i^m burc^ ba« 40
3eidS>en berbürgt, ba^ ber ©d^atten an einer bon 2l]^a« aufgefteHtm ©onnenul^r (unbe=
wnnter ©inricf^tung) 10 ©tufen rüdftoärt« ge^en mu^te. 33ielleic^t barf man ffimiaä) ber«
mutm, baft in 33.6 urfbrünglid^ „10^a\)x^*^ aeftanbm f)at unb bafe jemanb bie 3^^^ 10
in 15 berbeffem gu muffen gemeint l^at, toelqer toä^nte, biefe ®ef^ic^te gehöre toie bie
borl^ergel^mbe in« 14. '^ai^x be« $i«!ia. 2)a« ^'^'^^ u^-i-^n, 20, 1, geftattet aber fie mel^rere 45
Solare fpäter gu fe^en. 3^re 3Serfnü))fung mit ber bon ber ®efanbtfc^aft SKerobad^bala-
ban« bem^t o^ne^m tool^l auf einem ^^f^un^ i>^ Überliefemng.
3m 3«f^ö'&wcl^^ toirb ein Sieb mitgeteilt, ba« $i«fia nad^ biefer Äranf^eit gebid^tet
^aben foD. SKan urteilt barüber je^t meiftm«, ba^ e« bie Slrt jüngerer 3)idf)tung an ftc^
trage unb einer ©ammlung religiöfer §^mnm, bie gum liturgifc^en ®ebraud^ beftimmt 60
toarm (bgl. 33. 20b), entnommen gu fein fd^eine, toe«l^alb man feine 2lbfaffung burc^
Öi«Iia begtoeifelt. 6« fann inbe« nic^t geleugnet toerbm, ba| e« ein ber bamaligen Sage
^i«fia« burc^au« angcmeffme« (bgl. bef. S. 15) 3)anllieb ift unb in feiner fd^lic^ten Slu««
bmdf«toeife, bie fid^ an bie 3trt anlel(|nt, toie man im Semijjclgefang £ob unb 3)anf au«*
guf))re(^m ))flcgte, gerabe fo befdf^affen ift, toie man e« ertoarten mu^, tocnn ber SSerfaffer 66
gtoar lein 3)ic$ter aber ein '^xturio ber l^eiligm 2)id^tfunft toar, toie e« bon $i«fia an*
gune^men ift.
t ©id^erlic^ mit.Unrec^t toirb bon bm Dimeren aud^ bie Überfd^rift ber ©))mc^fammlung
Qpx 25—29 mttoertet : „Studf; bie« finb ©))rüd^e ©ciomo«, toelc^e bie 3Känner §i«Iia«
gufammengefteHt l(|abm." Sic ift ein unbertoerflic^e« 3^wgni« bafür, ba^ $i«Iia eine eo
162 ^töNa ^iftoriettBüd
Äommiffton einöefc^t bat, jur SSeranftaftung einer fieje falomonifd^er Bpxixd^t. 2)a^ bic=
jelbe and) onbere htterarifd^e Slufgoben, infonber^eit bie ber ©ammlunö öon ^fafmücbem,
gelobt l^abe, barf toermutet tüerben.
6c|lie|Ii^ ift ju ertoä^nen, ba^ md) 2 Äg 20, 20; 2 SE^r 32, 30 (St 48, 19) §iöfia
6 einen unterirbi|d^en Äanal bom ©il^on, ber l^eutigen 3)?arienqueIIe, am Oftabl^ang be^
füblid^en Slu^Iäufer« be^ ^ion nad^ einem 2^eicl^ am unteren 6nbe be^ I^ropoiont^ale^
geleitet l)at, ®a^ SBebürfnid nad^ einer fold^en bog SBäafler bor bem geinb fid^emben
JJorfe^rung l^atte fic^ in ben aff^rifd^en Ärieg^Iäuften geltenb gemad^t (Dgl. 9;^f22,9— 11;
2 &}x 32, 3. 4). 2)ie in biefem iunnel 1880 aufgefunbene fogenannte Siloal^infd^rift
10 gilt oI« au^ ber ^Ät §iöfag ftammenb für bie ältefte befannte i^raelitifcfje ^infd^rift. 2)orf)
glaubt ^pildfjer in Proc. Soc. Bibl. Arch. 1897 S. 165—182 fie nac^ i^rem paläo-^
graj)l^ifdE>en ßl^arafter in bie le^te ß^t bor ßl^rifti ©eburt fe^en unb biefen lunnel für
eine Slnlage be^ §erobeg onfel^en ya follen. ®ann h)äre §igfiaö SBäaffevIeitung noc^ nidf^t
aufgefunben. g^^^f^Il^ ^^ ^P ^^ 3^f Ö, 6 ertoä^nte Silool^ ein SBajJerlauf getüefen,
16 ber fd^on bor §igfia beftanben l^atte. mi^tim £o^.
^iporienbibeL — fi. Runj, ©otteSbtenftlidftc SJortrögc ber 3ubcn, SBerlin 1832 ;
(äJübemann, ^aggaba^ unb TObrafd^-^aggaba^, 3ubelf(ftr. j. 90. ©eburtStag t). fi. S^^h
©erltn 1884; 3). ^. ^HüIIer unb 3. ü. Scftloffcr, S)ic ^agqaba^ oon ©arajeoo, SBien 1898.
e. SReu6, 3)ic beutfrfic ^iftorienbibcl, 3cna 1855 (»citr. 5. b. tfteol. 3Biff.. VI) ; berf., ®efd);
aob.^eil. @d)riften SflZ^, 6. Sl., 1887, § 463 f. (roofclbft bie ältere Sitteratur); %\). gj^erjborf,
©Ibliot^efarifd^cUnter^altungen, DIbcnburg 1850; bcrf., 3)ic beutfcfje ^iftorienbibel, Siübingen
1870, 2 93bc ; ^. ?^alm, (Sine mlttel^otftbcutf^c ^iftorienbibcl, SrcSIau 1867 ; 5S. 5BaItt)er,
3)ic bcutfcbe Sibelüberfe^ung, ©raunfc^tüeig 1889—1892, 3 ©be; Les Quatre livres des
Bois, tjerauSgeg. üon fie SRouj bc fiinctj, $art§ 1841 ; 9f?cu6, Rev. de th^l. et de philos.,
25 XVI, 1857, 6. 1 ; @. SBerger, La Bible fran^aise au moyen Äge, $ari§ 1884; berf., Les
Bibles castillanes, Bomania XXVIII, 1899; 3» 93onnarb, Les traductioDs de la Bible en
vere fran^ais, ^ariS 1884 ; Le roman de S. Fanuel, berau«gcg. oon ®. (£f)abQneau, $ari§
1889; % ^Äe^er, Bomania XV, @. 334; XVI, @.44, 214 u. 248; XVII, 6.121; XXI,
@. 3. ; L. Delisle, Livres d'images destin^ ä riDstruction religieuse des laiques, 55ari§ 1890
30 (Hist. litt, de la France. XXXl); @. SBcrger, Les manuels pour rillustration du Psautier,
M6m. de la Soc. des Antiq. de Fr., LVII, 1898; J. Th. Berjeau, Biblia paupenim, fion*
bon 1859; fiaib u. d. ©c^roarj, Biblia paupenim, 23ürjburg, 0.3« ^gl- oui b. 9t. 3)eut(rf)e
unb ?Romantfc^c Sibelüberfejjungcn.
§iftorienbibel nennt man belanntlicf) im allgemeinen jebe Bearbeitung ber l^eiligen
86 ©d^ri^ tüelc^e borjug^toeife bie gefd^id^tlid^en äbfd^nitte berfelben berücffic^tigenb, fei e« burc^
einfach treu toicberl^olenbe ©rjä^lung, fei e^ burd^ tiefer eingreifenbe Umgeftaftung in
äu^lDa^I be« Stoffel, in ^cnrfteHung ber 2:i^atfac^en, in erbaulid^er äntoenbung, jenen
2:eil be^ ©d^riftge^alte« ben ß^edfcn ber 35olföerjie^ung bienftbar mad^t. 3)a biefe SKet^obe
nid^t nur burd^ unfere neuere c^riftlic^e Sitteratur, fonbem felbft im ©d^ofee ber gamifien
40 eine oDbelannte unb toielgeübte getoorben ift, auf ber anberen ©eite aber unfer 2öörterbuc^
nid^t baju beftimmt ift, fritifd^e unb J)raftif^e Siegeln über aingelegenl^eiten be^ firdj^Iid^cn
unb l^äu^lic^en Seben^ auf^ufteDen, toie tüid^tig biefe aud^ fein mögen, fo tüoßen tüir
biefen 2lrtifel auf bag ©ebiet ber Äird^engefc^id^te bertoeifen unb befc^ränfen, innerE^alb
beffen ii^m, toie fo mand^em öertoanbtcn, nod^ nic^t bie gehörige 3tufmer!famfeit ju teil
46 getoorben ift.
3)a« aSefen ber §iftorienbibel ift ber SReligion^unterrid^t im ©etoanbe ber (Sefd^ic^te.
3ln unb für fxd) lönnte ein folc^er überatt borfommen, too jene beiben Elemente, ®Iaube
unb Überlieferung, überl^aupt ©egenftanb einer betoäl^rten unb metbobifd^en 3)Jitteilung
an ba§ jüngere ©efc^ted^t toären. SlDein nic^t nur ift le^tere« bei ben SRenfc^en bon
60 jel^er feltcncr getoefen, aU h)ir nad^ unferer jjerfönlid^en (Srfa^rung beulen follten, e^ fmb
aud^ jene Elemente bei toeitem nid^t überall in einem innigen toec^felfeitigen Ser^ältniffe
geftanben. 3)ie ^eibnifd^e 3%tbologie l^at bon ber ©efd^i^te nur bie §orm; fie toar
unb blieb ^ocfxe unb SlUegorie, unb tourbe barum auf bie 2)auer, h)0 nid^t ganj h)eg=
loeggetüorfen, bod^ aufgelöft. ®ie toirllid^e 9Jationalgefd^id^te aber h)ar nirgenbg al^ bie
66 göttliche i^at aufgefaßt unb fül^rte barum, fotoeit fie ©emeingut unb (Srjiel^ung^mittel
tourbe, eben auc^ nic^t auf rcligiöfe ^totdi unb SBirfungen ^inau«. Se^tere« gilt nun,
h)ie fd)on ber 9tamc fagt, bon allem, toa^ man fonft ^rofangefc^id^te nennt, ffia^ alfo
aufeer bem 95ereid^ ber bon 3^^ödit^n u«^ ß^riften (bem „SSolfe be^ S3u(^" nadf; aJJo^
^ammeb<§ treffenbem auebrudf) al« l^eilig bereden, b. \), al« einer unmittelbar unb aufeer-
«0 orbentlic^ bon ©ott geleiteten ©efc^id^te liegt, mag too^l in feiner einftigen J)raftifd^en
^tporiettBtbel 153
SSertDcnbung einjclnc St^nlid^fetten mit unferem üorficgcnbcn ©egcnftanbe Bieten, bleibt
i^m aber in biefer §infic^t boc^ fo fremb, bafe tüir eö gerabeju ate ba^ au^jeid^nenbe,
d^arofteriftifd^e beö eben genannten Sölferfreife^ betrod^ten bürfen, ba^ berfelbe feine ©es
fd^ic^te in i^ren tüefentltdf^en Seftanbteilen jur Söürbe einer Selbftoffenbarung ®otte^
erE^oben unb in biefer ßtgenfd^aft ate bie unüerficgbare Duelle ju bem geiftigcn Seben b
ju erfennen unb ju benü^en Derftanben ^at. 3"^ einzelnen mac^t babei nid^t ber 33egriff
felbft einen Unterfc^ieb, fonbem ber Umfang feiner Slntoenbung.
ffiir tootten unö I;ier nid^t toeiter bei ber S^atfoc^e aufl^alten, bag fotüol(;l im 21
ate im dl% bie Offenbarung ber SBal^r^eit felbft toefentlid^ an eine Sleil^e t>on äußeren
2^atfad^en gebunben ift, toeld^e bor allem ote folc^e bargeftellt toerben mußten. %ixt lo
unferen gegenwärtigen befonbcren 3^^* Genügt eg, nad^jutüeifen, inwiefern früi^e fcpon
biefe« aSer^ältni^ bie gorm be^ Unterricbtö bebingte. ©o toeit bie ^ebräifd^e Sitteratur
l^inaufreic^t, entE^ält fie, unb jhjar gu J)rahifd^er Slntoenbung beftimmt, ^intoeifungen auf
bie frühere ®efdE>ic^tc, in einer 3Beife, bie un^ jeigt, ba^ biefe le^tere im SSolfe gelaunt,
alfo burc^ Dielfad^e münblidf^e SBieber^oIung bem ©ebäc^tniffe unb ©etoiffen einge})rägt i6
trar. ßg ift übcrflüfftg, Selege baju an^ ®efe| unb ^rop^eten ju fammeln. aber je
größer ber äbftanb jtoifdf^en ber ©egentoart unb ber alfo beüorjugten ©efdf)id^tSj)eriobe
tourbe, bcfto me^r tourbe für bie äuffrifd^ung be^ Slnbenfen^ biefer le^tercn geforgt; befto
au^f^lie^lidf^er, möd^te man fagen, fonjentrtcrte ftc^ bie Slufmerlfamfeit ber Sd^ule auf
ben au^ i^rem 6rbe ju jicl^enben ©etoinn. ^Regelmäßige SSorlefungen, toelc^e au^brücf« 20
lid^ fd^on 3l^i} S, Dgl. ®t 31, 11, ertüä^nt Serben unb öon ba an getoiß nid^t toieber
aufgei^ört ^aben, brad^ten ©efd^id^te unb 9Ju§antüenbung bem SSolfe na^e, unb nid^tg l^at
getDtß me^r bam beigetragen, bai^ ®efe^ fo tief in beffen ©emüte tourjeln ju laffen, al3
eben ber biftorifd^e Stammen, ber i^m ntdf^t nur ^rbe unb S^^tereffe lie^, fonbem auc^
eine ftet^ lebenbige Sürgfdf^aft. 3""^^^ ^^^ i^"^^ SRal^men ein engerer unb begriff, toenn 26
iüir Don ben Uroffenbarungen an bie ^atriard^en abfegen, „ nur bie normale, in brei ©e*
famtbilber fid^ orbnenbe Scenenreil^e t)om Slu^jug auö ^gl^J)ten burd^ bie SBüfte nac^
bem gelobten Sanbe, hjoran fic^, abrunbenb unb üoUenbenb unb mit Übergebung ber ba«
jtüifc^enliegenben ©cfc^ic^te, bie 2^em})elh)ei^e auf 9Roria fdf^loß. ©0 liegt bie „i^eilige
©efc^id^tc" il^rer früf^cften gaffung nad^ teite in poetifd^em ©etoanbe t)or (9ie^ 9, ^f 68, so
78, 105, 106 u. f. h).), unb toenn babei über bie angegebene ©renje l^inau^ ber 93lid
fid^ auf bie tJolgejeit rid^tete, fo gefc^ie^t bie^ eben nid^t im 3^one ber (Srjä^lung, fonbem
lebiglic^ mit ©ünbenbelmntni^ unb &^tt.
2lber au^ bie jüngere ©efd^id^te 3^^«^^^ ^on ber (Eroberung Äanaanö abtoärt^ bi^
iur 3€^tömng S^uf^^Iem^ tourbe jum Sel^ufe be« religiöfm Serftänbniffe^ unb ber er= ss
aulicbm Slntoenbung niebergefd^rieben, unb toa^ toir je^t (mit Slu^fd^luß be^ S3udE>e^ S^fua,
toelcf^e^ jum ^entateuc^ gcl?ört) unter bem 3:itel ber erftm $ro})l^etm im 311 finben, ift
toirflid^ ein j^toeiter ©efd^id^töfatec^iömu^, eine ^iftorienbibel über bm angegebmen3citraum.
5D{it §ilfe älterer })rofaner Slnnalen unb jerftreuter anbertoeitiger Überliefemngen ift ber
Serlauf ber Gegebenheiten fo bargeftellt, toie er ber tl^eofratifd^en Setrad^tung erfd9einm io
mußte unb ber görberung ber geiftigcn ^jntereffen be^ Sollet bienen fonnte, mannigfaltig
unb ungleich ?itoar in feinen 3:eilm unb formen, ebm toeil öon älteren Quellen ao«
bängig, aber fonfeqMent unb ein^eitlid^ bem ©eifte ber (Sr^ä^lung nac^. ^n äl^nlic^er
SBeife, toenn auc^ (i\x^ einem ettoaö tocrfd^iebcnen ®eric^t^J)unfte, fmb bie fogmanntm
Sucher ber ßl^ronif mit i^rm Sln^ängen (S^ra unb 9le^emia, beffer gefagt bie britte ^e* 45
bräifd^e ^iftorienbibel, ci?;';n V.^p,^ gefd^rieben, toelc^e il^rem äufteren SlaJ^mm nac^ Don
(Srfd^affung ber SBelt biö faft gum 4. go^^^^w^bert öor &}x. reicht, bie ältere ^^xt aber
mit bloßen ©efc^led^t^regiftem abfertigt, fobaß Der fd^önfte ©^murf be« Silben Derlorm
gebt unb bie praftifd^e Sebeutung be^ ffierfe^ großenteils aud^.
®ie äJergleic^ung ber beiben lefttgenannten SBerfe untereinanber jeigt nn^ aber nic^t so
bloß bie fortbauembe Sebenbigfcit beiS Sebürfniffeö nac^ l^iftorifc^em SReligionöunterrid^t,
toaS fub ja nebenl^er noc^ burc^ mand^e anbere (Srfc^einung in Sitteratur (©i 44 ff.),
JRebcn (91® 7, 13) unb überl^au))t in taufenb Scjie^ungm auf bie ®cfd^ic^te 3^^<irf^ in
allen teilen beS 9^IS unb beS ialmubS betunbet, fonbem jugleic^ bie relative ^eil^eit
in ber Se^anblung eine« ©toffeS, ber jtoar auf ber einm Seite eben burc^ bie SÖieber^ B6
l^olung fefter unb f))röber tourbe, öielfad^ bie $oefte in $rofa, baS 93ilb in I^atfad^e Der*
toanbelnb, auf ber anbem aber in gleid^em 3)laßc ber Sereic^emng unb SluSfdgfmüdtung
jugänglicf) toar, ja beibe glcic^fam ^erüorrief, je mc^r bie gciftige S^eilnafjme ber ßr^ler
unb §örer mc lebenbige toar. 2)al^er im ajjoftolif^en 3eitalter fotool^l im 3Kunbe be«
SSolfeS aU in f^riftlid^en 3luf jeid^nungm manche altteftammtlic^e ©efc^id^te in einer gorm eo
154 ^tftorititbtbel
erfd^ctnt, tücld^e fic urfj)rün0ltcl^ nid^t öcl^obt, mit ©lemcntcn, bic tfjr frcmb gctücfen unb
bereit ^injutreten balb ate ein untoittfürlid^e« unb r^etortfd^e^, balb ate bie %xud)t ber
SRefIejion unb be^ ©tubiumg, balb ald ein (Srjeuöni^ beö frei bic^tenben Solf^eifte^ er=
lannt toerben mag. ©o f)od) h)ir in ber robbinifd^en Sitteratur hinaufbringen, fmben toir
6 bie Selege ju bem ©efagten, ba^ übrigen^ nur eine natürlid^e parallele ju ber gleichen
3:i^atfacl^e bilbet, toelc^e, toie männiglid^ befannt, auf bem ®ebiete ber ©efe^bilbung fic^
enttoidtelt l)at aintoenbung beö ©efe^ed auf bie 3wpä»^t>« i>^ jübifd^en SSolfe^ in ber
3erftreuung l^iefe §alac^a 0^^-"), iur ^aggaba (p^^"^, ^"J^n) tüirb bagegen aBc^ gercc^=
net, tüag jur Sereid^erung beg gefc^id^tlid^en 3)?ateriate gehörte ; bal^er toir getoo^nt finb,
10 unter Äaggaba Dorjug^toeife eben biefe oft ^öd^ft anfjjre^enben, oft tüirllic^ überrafc^enb
le^neic^en ©rjä^Iungen ju berfte^en, tüeld^e jum Urtejte, f})orabifd^ ober bertooben, ^inju=
gelommen ftnb, unb in tüefd^en e^ mand^mal fd^loer ift, ju unterfd^eiben, tüa^ ®ejc^i(|te
fein fottte. 2)ie nod^ je^t in unferen Sibeln fte^enben S^\ät^ ju Daniel, e^ra, ßft^er
fmb aDbelannt. Slud^ im 31Z finben fid^ jal^Ireid^e ©J)uren biefer au^bilbenben Ij^ätig^
16 feit (bgl. SKt 1, 5; 5. 12 ; 2c 4, 25; 1 Äo 10, 4; ®a 3, 17; a© 7 unb §br 11,
passim ; §br 12, 16; ä® 13, 21 ; 2 SEi 3, 8 u. a. m.). 3n fj)äterer ^eit treffen toir
Seren immer mehrere an, unb e« ift ci^ eine beflagen^toerte ^ücfe in unferer aBiffenfc^aft
ju betrad^ten, ba^ bie Slufmerffamleit einer jugleic^ billigen unb fd^arffinnigen Kritif biefem
©toffe in neuerer ^t\t fid^ nid^t in berbientem 5Ka^e jugetoenbet l^at.
20 äbgefe^en bon biefem ^aggabifd^en Gl^arafter, hjelc^en bie Bearbeitung ber ®efc^ic^te
jum Se^ufe be^ Unterrid^tö unb ber (Srbauung in ganj natürlicher SSJeife annahm, ift
nod^ gu bemerfen, bafe aud^ in Sejiel^ung auf Umfang unb ®renjen biefelbe toec^fclte.
§iftorienbibeIn nämlicf bxad^U anä) bad fpätere 3«^^^"^ "od^ mand^e |^ert)or, aber toon
berfd^iebener 2lnlage je nad^ ben 3h)^dfen unb SKitteln ber SSerfaffer. 3Bäl^renb g. 33. ba^
36 alte S5ud^ ber Jubiläen unb be« ^^f^i^^wd Slntiquitöten bie gange altl^ebräifd^e ®efc^ic^te
umfaßten, erftrerft ftd^ ba^ biel jüngere ©efer ^ajafd^ar C^'^'ri 'O [n. ^ja^r^.]) nur über
ben gri^öwwi, toeld^er urfprünglid^ bie ^eilige ®efd^id^te begrengt f^aitt, bom atnfang ber
SBelt bi^ auf bie ©roberung Jtanaan^* Dagegen mifd^t ba^ befannte SBerf be^ ^feubo=
3ofet)^ug ober ©orionibe^ (ve^dt' — bem 3ofe))i^ug im 10. ^a^r^unbert nad^gebilbet),
80 aud^ bie $rofangefdf;ic^te hinein unb fü^rt bie (Srgä^lung tief \üoer bie 3^törung '^^xn-
falemg ^erab. äUe aber unb mand^e i^nen äl^nlid^e bringen ber fagenl^aften 3"^^^^^ ^^"
reid^lic^e« 3Ra% Die alejanbrinifc^e Sitteratur, bejonber« bie ®efd^id^t^n)erfe be^ Deme=
triu^ unb be^ (Supolemog, fönnte l^ier, neben bem im 3K31 alg SKufter allgemein gelten^
ben S3ud^e bed ^^^f^^^^f ^^^^ ^^^ Unred^t ertoöl^nt toerben. S^beffen liegt un^ ^ier
86 biefer ®egenftanb gu fem, afö ba^ toir nä^er auf benfelben eingel^en follten. Säir tootlten
nur bie Übergeugung gewinnen, ba^ atte einfd^lägigen ©rfd^einungen, bie \xn^ auf df^rift-
lid^em Soben begegnen Serben, ii^re Vorbereitung unb Siegel getoifferma^en fd^on im
Subentum gcfunben l^aben. SBer fid^ über bie ©jjj^äre be« lefeteren genauer unterridf^ten
totH, finbet teil« in ben belannten (Sammlungen bon ^abriciu« (Codex pseudepigra-
40 phus V. T.) unb Dtl^o (Lexicon rabbinicum), tva^ ben ©toff betrifft, für bie ilitterär=
gefd^id^te felbft aber befonber« bei 3w"J reid^lic^e unb fidf^ere äuöfunft.
Snbem loir nun gu bemjenigen übergel^en, loa« bie ^n^^^ff^ unferer Äird^e nöl^er
berül^rt, fo bebarf e« räum noc^ ber allgemeinen ßrinnerung, ba^, tüte bie religiöfe än=
fc^auung ber DffenbarungSgefd^id^te, fo audf; bie 35ertt)enbung berfelben gum Solföunter^
46 richte bon vorneherein ^ier bie nämlid^e h)ar unb fein mufete, h)ie in ber ©^nagoge. 3«
e« mu^te beibe« in um fo ^ö^erem ®rabe ftattfinben, ate burd^ ba« §ingutreten be« eban=
gelifd^en glementeg afö eine« beftätigenben, erfüCenben, erflärenben unb namentlid^ ab=
f(^lie^enben, bie 2lufforberung gu folc^em ©tubium eine bringenbere getoorben toar. 6«
begegnen un^ ba^er fc^on im 9(3; felbft 3lngeidf)en genug bon fold^er Sertoenbung ber ®e=
60 fd^idf^te, unb mit bem gortfd^ritte ber ^zxt feigen toir auf biefem neuen ®ebiete unb gum
2:eil in üermel^rtem SKafee alle bie bereit« beobachteten i^atfad^en mieber erfd^einen. Die
SSorlefungen, gunäc^ft ^iftorifc^er ©d^riften, toerben frü^e angeorbnctj bie {^eilige ®efc^ic^te
bleibt ober tt)irb ©emeingut be« Solfe« unb ©runblage be« Untemd^t« ; fie toirb mti}X'
fad^ unb in Derfc^iebenem ©eifte bearbeitet unb mhtn bie jübifd^en §aggaben fteDen fic^
66 d^riftlic^e Segenben. 9lur eigentlid^ unb fpegiell fo gu nennenbe §iftorienbibeln, b. l). c^rifts
lid^c SRebaltionen ber gangen biblijd^en ©efd^icf^te 31 unb 9tl« al« 9Solf«büd^er ^aben toir
im ©runbe leine neue gu nennen an^ ben erften ^^^^^w^iberten ber Äird^e, man müfete
benn an SBerfe tt)ie be« ©uljjiciu« ©eberu« historia sacra beulen tooUen, befjen erfte«
S5ud^ ^ier allerbing« genannt gu tüerben berbient. 6^er möd^ten h)ir an ben glabiu«
60 Sof^l^u« erinnern, ber öon frü][>e an bi« faft in« borige 3<^^^uw*>^ ^^<^ i" *>i^fw
^iftorititbtBcI 165
Sitteratur ben erften ^(a^ einnehmen bürftc, toa^ bie @un[t betrifft, hjomit il^m bie
öffentlid^c 5Kcinung entgcgenfam. 9tac^ aiu^füJ^rlid^Ieit, Sd^retbart, Scrbinbung ber alten
©efd^td^te mit ber ajpoftolifd^en ^At öenügte er mand^er fonft unbefriebtgten änforberung,
bie fe^lenbe etoangelifd^e ®efc^ic^tc toar fonft belannt genug unb bie d^riftlid^c ^a^forte
tourbe mit leichter 9Kü^e il^m an geeigneter ©teile in bie %a\(i}t gefc^oben. 3)ag 5K31 6
citicrt il^n unbebenflic^ in gleicher ßinie mit ben Äird^entoötem.
Snbeffen ift nid^t ju öergeffen, ba^ bie ältere d^riftlid^e Sitteratur boc^ tüefentlid^
ober toorl^errfd^enb eine tl^eologifc^e toar, im l^öl^eren Sinne beöSBäorte^, unb gtoar in bem
®robe, ba| felbft bie ©efdfjid^te öon ber ©Jjefulation aufgeföft unb gu einem bloßen
B\)mbol ber 3ibee tjerflüd^tigt tourbe. Diefc^ SSerfal^ren, tüelc^e^ bon bem })l^iIofo})^ierens lo
ben Subentum fd^on beliebt h^ar, lam namentlid; burd^ bie alqranbrinifd^e ©c^ule and) in
ben d^riftlidf^en Untenit^t unb jog bie S5lidfe gerobe ber begabteren lange toon berjenigen
Slic^tung be^ ©tubium^ ab, toeldpe auf ))0))ulär5erbaulid^e Bearbeitung ber (Sefd^id^te l^ätte
füllen fönnen. aBa« gelegentlid^ in J^omiletifc^er ®eife baDon öorfam, ift ^ier nid^t in
betrad^t ju jie^en. 6ö ift üielmel^r eine intereffante %i}at\a^^, bie ftc^ aber nur bann is
offenbart, toenn man bie Sibelgefc^id^te nid;t lebigfid^ mit bem lanbläufigen fritifd^en
gfad^trerf abti^ut, fonbem fie in il^ren Bedienungen gum Seben ber ©emeinbe auffaßt,
ba^ jene ^iftorifc^^erbaulid^e Betrad^tung^tüeife erft m ber 3«t ^u il^rem Siedete fam, too
ba^ 38olI f elbft anfing, §anb anzulegen an ba^ SBerf feiner geiftigen unb religiöfen ßman^
äit)ation, ober boc^ feine Sebürfniffe neben benen ber ©d^ule jur änerfennung lamen. ao
!itterarifdie6rfdE>einungen, h^eld^e toir jum teil hjenigften^ unter ben Segriff ber^iftorien*
bibel ftellen bürfen, begegnen un^ fofort h)ieber, inbem man anfing, bie Solfefprad^en ber
reKgiöfen Silbung biencn ju faffen. Unb bie« gefd^al^ befanntlid^ im farolingtfd()en ^txU
alter für bie beutfc^e Station, früher inbeffen fc^on für bie Stngelfac^fen. 3"^i^f^^ ^'^
gotifd^e unb bie flaöifd^e Sibelüberfe^ung fotoie bie orientalifd^en einer ganj anberen 26
Bpf)äxc angel^ören, ^abe icf) in ber (Sefc^id^te beS 31%^ gejeigt. SBir begnügen un« l^ier,
ol^ne tiefer in« (Sinjelne einjugel^en, an bie S)id^tungen ßäbmon« (f. b. 21.) ju erinnern,
toeld^e in il^rcr Urgeftalt bie gan^e biblifd^e ®efdf)id^te bi« jum lünftigen SBeltgerid^t um*
fa|t ^aben foUen; an Dtfrieb« toon SBei^enburg Ärift unb an ben nieberfäc^fifdf^en §e?
lianb, trelcfje bei l^erfdS^iebcnem Äolorit bie §au))tfad^e mit einanber gemein ^aben, bafe ao
bie l^eilige ®efd()id^te nid^t nur im ©d^mudfe ber gebunbenen SRebe, fonbem, tüa« toefent«
lid^er ift, in einer ben ®eift be« SSolfe« anfjjrec^enben, malerifd^cn äu^fül^rlid^feit bor«
getragen toirb. ©old^er j}oetifd^en ^iftorienbibeln größeren ober geringeren Umfang« l^ot
e« fjjäter nocf) mcbrerc gegeben ; am befannteften fmb bie beutfdfjen, über toelcbe man au«*
fül^rlid^e SJac^ric^tcn im britten 33anbe öon 'üJlafemann« 2lu«gabe ber Äaiferd^ronif finbet, 86
unb unter iocldf^en bie Slrbeit t)on Slubolf toon ^ofjenem«, tüie e« fc^eint, bie toeitefte Ber*
breitung ^atte; toeniger ift e« ^atoh t). 5JJaerlant« SReimbibel, mit toeld^er bie ^oHänbifc^e
93ibellitteratur beginnt. äSiel h)eiter l^inauf geigen bie ^a^lreic^en, oft ^ödf^ft anjiel^cnben
poetifd^en Bearbeitungen ber alt^ unb neutl. ®efd^idE>te in franjöfifc^er ©^racf^e, namentlid^
be« ^erman toon SSalencienne« biblifd^e ©efc^ic^te unb ber tt)ettt)erbreitete Roman de S. 40
Fanuel, toelcber bie eüangelifd^e ®efd(>idE>te in ber ))ifanteften JBeife mit apofrtopl^ifd^en
Sffiunberer^ä^lungen ju verflechten tjerftel^t. 3lber aud^ j}rofaifd^e Bearbeitungen äl^nlid^en
©eifte« \)at e« frü^e gegeben ; ja man fann eigcntlid) be^auj^ten, ba^ bie ftreng bud^ftäb«
lid^e SKetj^obe ber Überfe^ung nur langfam ft^ Ba^n hxai) unb erft im ga^^^unbert ber
Sfleformation fid» abfolut geltenb machte. Biele« üon bem, h^a« bi« jefjt t)on mittelalter= 46
liefen Bibeln unterfud^t ift — unb e« mu^ bemerft h^erben, ba^ bie bibaltifd^en Büdner,
^falmen au«genommen, t)iel feltcner in betradfjt gejogen tourben — ift nid^t fotoo^l genau
überfe^t al« ^iflorifiert, b. n. teil« abgefürjt, teil« au«gefül^rt, teil« mit aj)ofr^j)bifd^er
3utl^at ober boc^ mit ®loffen üerfe^t. 3)oc^ ift nic^t ju ijerfennen, ba^ Don ber SRitte
be« 13. ^al^rbunbert« ah eine anbere SRid^tung anfängt, fid^ in ber Be^anblung ber §© 60
in toerfd^iebenen ©egenben geltenb ju mad}m, nämlic^ bie be« ftrengeren ^eft^alten« an
bem (felbftüerftänblicb lateinifchen) Bibeltejt, Hnc benn aud^ ni^t toenige toörtlic^e
Bibelüberfe^ungen be« 5)t2t in beutfc^er, franjöftfd^er, l^roüenjalifd^er, italienifc^er unb fafti*
lianifc^er ©prac^e au« bicfer >^cxt ^errübren. älHein bie 3^it tüar für bie bud^ftäblid^e
Übertragung be« biblifc^cn Sterte« nod^ nic^t reif, unb bie eigentlicfjen Bibeln in ber Bolfe 55
fprad^e lonntcn ftd; nod) für geraume ^^i in allen Sänbem (bie fat^arifdf^en unb toat
benftfcfjen Streife aufgenommen) nur baburcb bem d^riftlidben Bolfe annehmbar macf^en,
baft fie fid^ mit ben in üerfcbiebenfter aäJeife mit allerlei frembartigem ÜJJaterial belabenen
Bibelgefd)id)ten berfdf^mel^en liefen, unb auf biefe SBeife entftanb bie eigentlid^en .öiftorien«
bibel be« 9Jm. eo
166 ^iftortenbiBel
3DlerftDürbt0 tft junäd^ft, bafe bie ©efd^id^te be« 3i%^ überall bei fold^en Untemc^=
mungen mel^ berücfftc^tigt tüutbe, atö bie be^ Steuert; boc^ \üoi)l gctpife nic^t aU bie
toic^tigere, e|er alö bie femer liegenbe, unbefanntere, ber freieren Bearbeitung zugänglichere.
Unb jtüar tüirb bie ©enefi« meift in untjerl^ältniömäfeiger 3tugfül^rlic^feit bel^anbelt unb
6 mit frember ^uti^at öermifc^t, h)äl^renb in ben übrigen Suchern baö gefc^ic^tlic^e ßlement
getoöl(inlici^ ganj toegföBt ober bod^ fel^r rebugiert tüirb, bagegegen bie jüngere ©efc^ic^tc
3^raefö toieber mit 3SorIiebe eriäl^lt, unb gtoar in bem ÜJlafee freier unb lebenbiger, ate
tpre Elemente fd^on in ber autpentifd^en ^orm reigenber unb anf)3red^enber erjd^einen. §in
unb toieber tourbe ber 3Serjuc^ gemacht, ba« SBenige, h)a« man t)on ber ^rofangefc^id^te
10 h)u|te, f^nc^rontftifc^ einjureil^en. (Sinjelne 3trbeiten fuc^ten aud^ bie l^iftorifc^en SJotijen
ber anberen Sudler ju benü^en, fo ba| j. 93. t)on S^^^i^g wnb ©xec^iel, bejonber^ aber
bon 2)aniel berichtet h)urbe, tvai ya finben toar, t)on $iob toenigften^ ber gefc^icbtlic^e
Slol^men beibel^alten tourbe. ©ie erjö^lungen t)on lobia^, 3"^^^^^ ^^" 3Kaüabäem ge^
l^örten natürlid^ jur ©ad^e, aber au(| au^ S^f^J^^"^ gefd^öj^fte Jlac^ric^ten Don Sllejanber
16 unb beffen SRad^folgem unb t)on bem Urfl^runge ber gried^ifd^en 95ibel. SDie c^ronologifc^e
ätnorbnung toar in biefem leile toiHfürlicl unb öerfc^ieben.
35Ja« bie Duellen biefer SBerfe betrifft, {o mögen too^I manche fagenl^afte (SIemente
fw^ auf bem 2Bege ber öolfötümlid^en Überlieferung öon älterer ^üt l^er fortgejjflanjt
tyibtn, toenigftenö ftnb mir mand^e Dorgelommen, bie in ben fonft belannten mittelalter^
2oIid^en ©ammeltoerlen nid^t ju finben finb. S3ei ben meiften mufe unb barf aber eine
fd^riftlid^e DueHe borau^efefet toerben unb bei ber bamaligen 5IRetl(|obe gu arbeiten ift bieg
aud^ bag natürlid^ere. 3" ^^ ^ö* ^ft ^^^ 5Katerial, fo toeit e^ nid^t unmittelbar auf
bie 3Sulgata gurüdEgefü^rt toerben fann, ol^ne biele ÜJlüi^e in ber Verbreiteten ®loffenfamm=
lung beö SBalafrieb ©trabo, ober in ben ©efc^id^t^toerfen be« Sincentiuö bon SeauDai^,
26 beg ©ottfrieb öon 3Siterbo u. a. ju finben, unb felbft bie Vielen ßitate von älteren @e=
toä^r^männem, bie ^in unb toieber borfommen, finb einfach bort abgefc^rieben. ^a bie
jüngeren arbeiten benü^ten bie älteren, namentlich ift bie urft)rünglic^ lateinifd^ verfaßte
^iftorienbibel be« ?Petru« ßomeftor (f 1179) bie unmittelbare Quelle für mehrere
beutfd^e unb franjöfijc^e, nid^t einfach barauig überfe^te, getoorben. Ober aber j)octifc^e
80 arbeiten finb bie näc^fte Duelle für jüngere i^rofaifd^e getoorben, toie namentlich eine biet
Verbreitete beutfc^e ^iftorienbibel in tocfentlic^en ©tüdEen auf Slubol))!^ von »^obenem^
jurüdEgel^t, toenn ana^ nid^t in ber SBeife, ba| man fte mit ÜJlafemann gerabmi afe eine
„?Profaauflöfung" be« le^teren betrachten bürfte. SJenn e^ fmb bebeutenbe (§tüdEe teiliS
jufammen^ängenb, toie ^falmen, 3"^^*^/ ^^"^ fragmentarifd^, h)ie $iob, ^rebiger,
86 genau auö ber SSulgata überfe^t unb auc^ in ben anberen Sudlern, übercäl h)o ber SSer^
faffer nid^t^ l(|injujufügen h)u|te, finben fid^ un^ä^lige Qpnvtn eine^ aleic^en Urjprungö.
2lud^ in ber franjöftfd^en Sitteratur begegnet man folc^cn $rofaauflöfungen ber älteren
Sleimbibeln, unb felbft in ber, bi« in ba« 12. 3^^^'^""^«^^ hinauf reid^enben l^rofaijc^en
Bearbeitung ber Quatre livres des Rois finben fic^ jutoeilen SReime ober felbft längere
40 Verftfixierte ©teCen, an^ toelc^en beutlid^ l^ervorge^t, ba| bie urft)rünglic^e gorm ber
biblifc^en ©efd^id^te in ber 3Solfölitteratur bie j)oetifc^e ift, au« ber fic^ erft aßmäl^lic^
bie l^öl^ere tl^eologifd^e Silbung ben 2Beg gur SlüdEfel^r gu bem eigentlichen Sibelte^
bol^nen mu^te.
§ier tft ber ©t)rad^gebraud^ be« SOSorte« „Jpiftorienbibel" genauer ju beftimmen.
46 3« unterfd^eiben ift nämlid^ ^toifd^en ben fog. „^iftorifterten Sibeln" (frang. bibles
historiöes), toeld^e« SBort eigentlich nur „Silberbibeln" bebeutet, unb ben „§iftorien=
bibeln" (bibles historiales) im ftrengen ©inne. Von toelc^en aJDlein ^ier bie Siebe ift.
®od^ ift e« nid^t jufäHig gefd^cl^en, ba^ jtoei grunbverfd^iebene (Sattungen in ber biblifc^en
Sitteratur einen äl^nlic^en 9?amcn tragen, unb bafe jtoifd^en beiben oft faum unterjc^ieben
60tt)erben fonnte. Histoire bebeutet im altfranjöfifdpen foviel ate „93ilb", unb jtoar be«-
h)egen, toeil bie ©efc^ic^te in ber Silbform (laicorum biblia) bem bamate toenig gebil-
beten 33olfe am Icid^teften jugänglic^ toar. Bibles bien histori^es l^eifeen in ben 3n=
Ventarien ber fürftlidbcn Sibliot^efen be« 14. toie be« 15. g^^^^^^wt^^'^ ^^^ ^^^ >)ra^t=
Vollem 33ilberfcl)muct bereicherten Sjentplare ber §©, aud^ toenn ber i^nen ju ©runbe
66 tiegenbe a:ejt feine^iregg ber eigentlichen Sibel entfjjric^t, fonbem au« furzen Slu^jügen
unb moralifd^cn Slnloenbungen befte^t, h)ie in ben fogen. bibles moralis^es (fte^e
2)eli«le a. a. 0.), loelc^e ben SSorttjanb für bie reic^lid^fte Serjierung geliefert ^aben. Bible
historiale Reifet bagegen Vor allem bie fran^öftfc^e (p>ax nic^t toörtlic^c) Übertragung ber
Historia seholastica be« ^ctru« ßomeftor, ttjelc^e ©u^arb 2)c«moulin«, Äanonifu« Von
60 äire in 3trtoi« im ^a^xt 1295 in }}iiEarbifd^em 2)ialefte Verfaßte. Bible historiale
^xftoxitnbiitl 157
nennen foxx im toeiteren Sinne ba^ im fjjäteren ÜJ12I t)iel Verbreitete Sammeltoerf, in toelc^em
©u^arbö SBerl mit bem 2. 3:eil ber toörtlic^en S5ibelü6erfe^ung au^ bem 13. ^al^rl^unbert
berftod^ten tüurbe. ^falmen, falomonifd^e Schriften (inf l. SQäeii^l^. unb Sir.), bie $ro)3l(|eten,
bie 3Kaffabäerbüc^er unb baö gange 31% oft auc^ ber boflftänbige 3;est ^iob^ (le grand
Job) unb mel^rere l^iftorifd^e Sucher beö 312^^, bilbcten alfo jujammen mit bem erften 6
3:eile ber Histoire 6colätre ein g^^S^^^^^unberte lang tocitDerbreitete^ Sibeltoerf.
3m Steic^e 6aftilien i)aiU [xd), fc^on t)or ber ^txt 3)umoulin^, eine §iftorienbibeI
gebilbet, toelc^e fic^, unter föniglic^er ^rforge entftanben, al^balb ber größten Slner-
fennung erfreute : toir meinen bie Historia general, an toelc^e, tool^I nid^t unberbienter-
tüeife, ber -Käme be^ geleierten Äönigig Alfonso el sabio (1252—1284) je^t noc^ l^aftet. lo
auf ©runb ber Historia scholastica {;atten bie @elel(|rten, toeldjen ber Äönig bie aufs
gäbe [teilte, biefe^ großartig au^eftattete Söcrf ju [tanbe gu bringen, ein ^iftorifd^eö
Sammeltoerf fongi^iert, in ireld^em bie gange SQäeltgefc^ic^te in bem Stal^men ber biblifd^en
enäl^lungen, mit §ingufügung langer äbf^nitte au^ ben ^rofanfc^riftfteBern, erfc^einen
foUte. SDer fiönig ftarb, e^e bas5 Stiejentüerf boHenbet tourbe, unb biefe^ gelangte too^I nie i6
gur 33ottenbung; aber tva^ in ^anfreic^ ©ul^arbiS §iftorienbibeI, bie frül^jeitig mit ber
älteren tüörtlic^en Sibelüberfe^ung berfc^molgen tourbe, baö toibcrful^r auc^ ber caftilifd^en
Historia general, beren §ff. mit bud^ftäblid^ übcrfe^ten Sibciteilen oft beinal^ie ungertrenn*
lic^ bertooben finb.
^r bie bcfonber^ intercffanten unb oft fel^r anmutigen beutjc^en ^iftorienbibeln ber« 20
tüeije \i) auf mein SBerfc^en: „2)ie beutfc^e §iftorienbibel", fotoie auf SKergborf« gro^ei?
Queßentüerf.
3Bir teuren nun für einen 21ugenblirf jum ^ubentum jurüdt, um bie Sefer auf eine
mcrftüürbige, bisher unbeachtete (Srfc^einung aufmerfjam gu machen: SBir meinen ben
©ebrauc^ ber Silberbibel feiten^ ber ^w^^ ^^ mittclalterlid^en g^milienfreiö. Unter 26
bem 3iamen .öaggaba tourbe nämlic^ im f})äteren ÜJlittelalter ein ©ebetbuc^ Verbreitet,
toel^e^, neben ber Siturgie be^ ^au^otte^bienfte^ für ben ^affa^abenb, bie 6rjäblung
ber gluckt au^ 3igV})ten entl;ielt. Solche ^aggaba^anbfd^riften tourben oft reic^licp mit
^iftorifc^en unb gotteßbienftlic^en Scenen bemalt (f. SKüfler unb Sc^loffer a. a. 0.).
9Jic^t nur bie §aggaba, fonbern auc^ ba^ 35uc^ ©ftl^er unb mehrere anbere SSibelteile so
tüurben nic^t feiten mit forgfältig gemalten SSilbem (toa^rfc^einlic^ Don c^riftlic^er §anb,
aber getoi^ unter jübijd^er Seitung) gefc^mücft. ^a, toir fennen eine Dollftänbige l^ebr. Sibel,
toelc^e Don einem italienif d^en ^teifter aui bem 6nbe be^ 15. ^a^r^unbertö auf ba^ ^x^
Keifte gefc^müdt n?urbe, fo ba^ baö 5DJ2llic^e ^u^^ntum, toie an ber biblifc^en ©efc^w^te,
fo aud^ an ber 33ilberbibel fid^ erfreuen burfte. 2)iefe geirife unerwartete SBal^me^mung 86
lüirft ein neue^ Sic^t auf bie ©efc^ic^te ber Silberbibel im Wä.
2)ie Biblia pauperum ift l)'xtv, alö bem fireife ber ^iftorifc^en 93ibeln angeiei)renb,
in Äürge gu erlüä^nen Unter biefem 9?amen irurbe nämlid^ eine 3"ffl^"^^f^$wJ^9 öon
J)aarh)eife nebeneinanbergcfteUtcn Silbern au^ bem 21 unb bem 31% Verbreitet, beren bi^
je^t erl^altene ^anbjc^riftlid;e 6Eem)3lare in ben Slnfang be^ 14. ^^^J^^""^^^ hinauf* 40
reidjen unb \odd)c afö ^3"^""^^'^'^ i" Verfc^iebenen ?^lograi)l;ifc^en 2lu^aben, je mit la«
teinifc^em, beutfd;em unb frangöfifc^em Sejte (Ic^terei bei Sänt. Särarb, Les figures du
Vieil Testament et du Nouvel) öfter«} bur^ ben 2)rudE Vervielfältigt irurbe. SDer ©e^
banfe einer berartigcn 9iebeneinanberftellung von SeiiSfagung unv (grpillung, irelc^er an^
gcblid^ Vom 2lpoftcl be^ ^JiorbenjJ Sln^far ober Von bem ^^egemfeer 3Jiönc^ äÖeml^erAö
(1061—1091) I;crrül)ren foll, irar ein in ber c^riftlic^cn Äunft von jel^er überlieferter.
Sd^on gegen 700 brachte ber angelfäd^fifc^e Slbt Geolfrib Von Som gum Sc^mudEe ber
Älofterfirc^e in ^arroto ba^ 3JJufter eine^ folgen Silberlreife^ mit, unb nod^ in unferer
3«t ^at ^ipj). glanbrin biefe tieffinnige religiöfe ^hct ben ^errlic^en SBanbmalereien ber
^. ©ermain=be^''!Jir6^=Äirc^e gu ©runbe gelegt. 60
2)er 3^tefonnation toar e^ Vorbehalten, bie ganje §S nac^ ben ©runbtejten ol^ne
©lofjen unb 3"^^^^^" ^^i" c^riftlid^en Solfe in bie $ahb gu geben, unb toenn auc^ )u
feiner ^cxt Sibclejtrafte für ben Jpau^gcbrauc^ fehlen burften (j. S. bie fat^. Bible de
Royaumont, 1670, Bible des familles, auö bem §oll., ©enf 1875 ff., 6 Sbe), fo ift
boc^ bie ©efd^ic^te ber §iftorienbibel Von biejcr ^itxi an abgefc^lofjen. 65
(£. men§ t (<B. »evgev).
p'^¥(^f gcrbinanb, eVangelifc^er Sibelforfc^er, geb. 23. ^uni 1807 ju ^auingen
bei fiörrac^ im babifdicn Cberlanbe, geft. 22. Januar 1875 ju §eibelberg. 2)er äufeere
Seben^lauf bie)e<^ aus^gejeic^neten a)tanneö, ber feit 1833 al^ orb. ^rofeffor ber Ideologie
168 ^\^xi
an ber jungen gürid^er ^od^fd^ule faft 30 ^al)x^ lang bcr fd^toeijcrifd^cn Äird^e biencn
füllte, btö er t)on Oftem 1861 an Umbreitg SRac^folger in ^eibelberg tourbe, toar nad^
airt ber beutfc^en ©eieren ein jiemlic^ einfacher. 3^ entn(^me meine angaben ber Don
3[. §au^ratl^ gehaltenen ©ebäc^tniörebe, toelc^e in ber S5etlage jur Slugöb. 2lDg. gtg. 1875
b3lx, 30 gebrudft unb in bem ebenfo }}ietät^öottcn, aber auöfüJ^rlid^eren SRefroIog benu^t
ift, ben Lic. Äneudter in ber ^roteft. Äirc^enjtg. 1875, Äol. 181—188 Veröffentlichte; ^u
le^terem öer^ält ftd^ Äneuderö Keiner 2Iuffa| über §^ig in bem t)on ^iebr. t>on SBeed^
l^erau^egebenen Sammeltoerfe (Sabifc^e 33iograj)l^ien, ^eibelberg 1875, I, ©.377—380)
tote ein öom 9}erfaffer felbft beforgter Stuöjug. 3"^^!^ ^^^ ^rofeffor Äneurfer feiner
10 banfenötoerten SSeröffentlid^ung bon §i^ig^ ^orlefungen über Siblif^e 2^^eologie unb
SKefftanif^c ffieiigfagungen (Äarterul^e 1880), bie 224 Seiten umfaßt, aufeer bem 8ru[t=
Mibe ^i^ig« eine „Seben^s unb ß^araftersSfigge" (6. 1—35) öorangefcl()ic!t, ber ali 93ci=
lagen nid^t nur bie Segräbni^reben folgen, fonbem aud^ (6. 43—64) intereffante 8ruc^=
Jäldte aui breifeig ©riefen, bie §. in ben ^af)xtn 1829 bi^ 1871 an feine iante, ^rau
16 3liemenfc^neiber in ?Pforjl(|eim, unb an xtoei Jreunbe, ben arjt Äaifer in Sörrad^ unb
feinen Verleger S. §irjel in Seij^jig, gefcprieben f^at
Site Sol^n eine« ber rationoliftifc^en ®enfart l^ulbigenben Pfarrer« geboren, toarb §.
burd^ feine erften Se^rer in biefer Slic^tung befeftigt. Jlac^bem er auf bem ^äbagogium
)u Sörrac^ ben Unterricht be« Äirc^enrate« %, SB. $i$ig, feine« Ol^ieim«, unb auf bem
20 ©l^mnafium ju Äarterul^e ben be« Prälaten 3- ^- -Ö^bel genoffen l^atte, ging er ^um
©tubium ber Ideologie im §erbft 1824 nad^ §eibelberg, too er ben Dr. $aulu« l^örte.
lieferen (SinbrudE mad^te auf ben 1825 nac^ §alle übergefiebelten ©tubierenben ber be=
rühmte ©cfeniu«, ber il^n bi« Oftem 1827 in^aHe feftl^ielt unb bleibenb für ba« ©tubium
be« äU« getoann. ©o Derjid^tete benn ber 20iäl(|rige Äanbibat, ber im $erbft 1827
26 m Äarteru^e fein ©taat^ejamen rüi^mlid^ft beftanben i)attt, auf ben )3raftifc^en Äirc^en*
bienft unb gog Dftem 1828 jur toeiteren Vorbereitung auf ben toiffenfc^aftlic^en 55eruf
nad^ ©öttingen, um fic^ ^ier befonber« an §einric^ Stoalb an^ufc^liefeen, bem er fjjäter
afö „bem SReubegrünber einer SBiffenfd^aft l^ebräifc^er ©jjrac^e unb baburc^ ber ß^egefe
be« aa:«" im §erbft 1833 fein erfte« größere« SBerf toibmete, bie Überfe^ung unb 2lu«=
80 legung be« ^?5ro})l;eten ^efaja (§eibelberg 1833, XLII unb 650 ©eiten 8'). 2)ie« be=
beutenbe 93uc^, toelc^e« §ui)felb (bie ^falmen, ©ot^a 1855, I, ©. XVIII) für bie bcftc
ejegetifd^e 2lrbeit §i^ig« erflärte, tourbe in ^eibelberg t)erfa|t, aber erft in S^xxd) ab-
gef^loffen. 2)en raf(|en ehrenvollen SRuf an bie 1832 gegrünbete ßwric^er Uniöerfität
berbanfte §., bem bie 2lb^anblung de Cadyti urbe Herodotea 1829 ^uOöttingen al«
86 ?ßromotion«fc^rift gebient ^atte, ber an ben ©öttingcr äufent^alt ftc^ anfc^liefeenben 2^^ätig=
feit in §eibelberg, too §. afe ^ribatbojent in ber ti^eologifc^en ^afultät mitßrfolg lehrte
unb burc^ gehaltvolle, f^arfftnnige ©c^riften balb bie 2lufmerffamfeit ber geleierten SKelt
öuf ftc^ jog. 3m ^ai^xt 1831 erfd^ienen nämlic^ gu^eibelberg öi^ig« „Segriff berÄritif,
am aS jjraftifc^ erörtert" (VIII unb 207 ©eiten 8") unb „3)e« ^^Jroj)^eten 3ona Dralel
40 über 3Koab, fritifc^ öinbigiert unb burc^ Überfe^ung nebft 2lnmerfungen erläutert"
(54 ©eiten 4'»). '^n biefer 2lbl^anblung fc^rieb §. bie bon ^t]a\a in ^p. 15, 16 be=
nu^te ältere 3Bei«fagung bem 2 Äg 14, 25 genannten ^ropbeten ^ona^ ^u; boc^ be=
gleiten toir gunäcbft unferen (Selel^rten auf feinem toeiteren Sebcn«lauf, el>e ic^ mir einige
SBemerlungen über bie S5ebeutung feiner fc^riftftcHerifc^en arbeiten erlaube.
46 ^n S^xxd} entfaltete §. eine unermüblid^e ßebrt^ätigleit, bie ftc^ nic^t nur über baö
m unb orientalifct^e ©jjrac^en, fonbem balb (Dgl. 31. §au«rat^, 2). g. ©traufe unb bie
2^eologie feiner 3^it, ©eibelberg 1876, I, ©. 412 f.) auc^ über bie neuteftamentlic^en
^cber erftredfte. 2Bie J?o^e Sichtung §i$ig al« 3Kmfc^ unD (Selel^rter in 3^nc^ genoß,
burfte er al« SRcftor ber UniDerfttät bei berm 25iäl(|ngem Jubiläum erfal^ren. 3)er
60 fc^neibige unb tü^nc Ärititer l^attc toegen feine« felbftlofen, e^rlic^en, bieberen ß^arafter«
unb toegen feiner intponiermben ©ele^rfamteit auc^ bei folc^en 3wl;örem toarme 2tnerfen=
nung gefunben, bie feiner ti^ieologifc^en Stic^tung al« einer rabifalcn burc^au« ab^olb
toaren. 2lber auf bie erfcl^nte S3emfung nad) 2)eutfd;lanb mußte ber fembeutfc^e SKann,
ber offen für bie SQBabl Don ©trauß in ^ixxid) eingetreten toar, unb ber al« ©d^riftfteller
66 immer unerfc^roctcn \xd} ju leicht bcbenflic^ erfc^einenbm Slnftc^ten befannte, fc^r lange
toartm, obgleich er ficb ber 9Öie()rjal?l feiner beutfcben gac^genoffm geiftig überlegen toußte.
^r bie Sejiebungen Don §. ju bem toenige äRonate jüngeren ©trauß bgl. §au«ratb
a.a.D. I, ©. 194, 317, 341 f., 347, 366, 393; Beilagen ©.15 ff. 26,68; II, ©.273,
289. 3^ ertoäl(|ne nur, baß $. in feinem ©ejjaratDotum erflärte: „3ld^ toürbe, toofem
eo ©trauß bie ^erfönlic^feit ®otte« unb bie inbibibueDe gortbauer ber menfd^lic^en ©eifter.
b. f). bie bciben GJrunbfäuIcn ber Sleligion, in äbrebe ftetttc, il^n nid^t einmal für eine
^rofeffur ber t^eologifd^en ^ilfölriffenf^aften in SSorfc^Iag ju bringen tüagen", unb bo^
unfer alter ^^eunb unb ©önner Don ©traufe fid^ Jc^Iiefelic^ burc^ biefen ju ben SRarfu^
löh)en unb gwfunftömufifem gerechnet \ai). 6rft nac^ Umbreitö (f. b. 21.) %o\> burfte$.
jeinc Äraft ber ^eimifc^en 2anl>egunit)erfität toibmen, unb er Ijat feit 1861 in §eibeI6erg 6
faft 14 ^af^xt lang, auc^ aU bie ^equenj ber bortigen tl^eologifc^en gafultät unter ben
fird^lic^cn SSJirren mel^r unb mel^r abnahm, mit unberbroffener Streue fein 2c^xamt öer*
tualtet, inbcm er mgleic^ nac^ altgelro^nter SBeife größeren (Sinflufe auf tüeitere Äreife
burd^ feine fleißig fortgeje|^te fd^riftfteHcrifc^c ^^l^ötigleit ausübte.
§. gehörte ju ben yKännern, bie man nid^t nur au^ 'if^xtn Suchern, fonbem }}erfönlidb lo
fennen lernen mu^, um fie richtig 5U toürbigen. Obgleich er afö ein burc^ unb burc^
guDerläJfiger ß^arafter ftd^ immer offen gab, toie er toar, unb aDer SRüdftc^telei feinb,
toaä xf}m geredet unb toafjr fdfjien, ol;ne 3Jienfc^enfurc^t au^\pxa6), fo trat boc^ neben
ber fd^arfen ^olemif, toelc^e er mit fauftifd^em SBi^ ju ühm Derftanb, bie gemütlid^e, um
nid^t JU fagen gutmütige Seite feinet SBefen« leicht jurüct. SBie er in jeinem Äommentor iß
über hai 58uc^ 2)aniel (©. 168) ben fd^lec^ten SBife über bie ^^^^d^en nid^t ju unter*
brüdfen öermod^te, fo begreift e^ fic^, ba^ er mand^em ßefer ben ©nbrurf einer j)ietät^
lofen 9?atur mad^en fonnte. 9Iber bei allem ©Jjott über ba«, hjaö il^m olö ^ömmelei
unb 3:i^orbeit ber 3lu^leger erfc^ien, irar ,p. ein innerlich frommer ÜJlenfc^; er l^atte fein
3tl unb bie gange Sibel Don .^er^en lieb unb fud^te an feinem 2ieilc bur^ feine ©d^rift* 20
forfc^ung bem 9lcid;c ©otte« ju bienen. SDer aufrichtigen Sichtung, toelc^e §. in feiner
Umgebung geno^, bie ®egner feiner SHic^tung nic^t aufgenommen, entf})rac^ auc^ ba« })er*
fonlid^e SSertrauen, ha^ ü)m fein ©rofi^erjog jc^enfte; biefer öerliel^ il^m nic^t nur ben
3:itel eine^ Äirc^enratö, ber fic^ fpäter in ben ©e^eimcn Äirc^enrat öertoanbelte, fonbem
ernannte i^n auc^ brcimal gum 2ßitgliebe ber ebangelifc^en ©cneralfl^nobe 93aben^. SBie 25
fem §. Ileinlid^e (Sitelfeit lag, bie ftd^ geltenb gu machen fuc^t, jeigt audb bie intereffante
3^atfad^e, bafe Don feinen bielm Süd^em niemals eine^ in ben litterarifc^en 2lnjeigen ber
i^m bo(| nal;e befreunbeten 55toteft. ^irc^engeitung jur Sefjjrec^ung gebracht h)orbm ift.
2)ie entfc^iebene ©jjrac^e, toelc^e §. in feinen ©c^riften gu fül^rm t)flegte, erflärt ftc^, fo-
tüeit fie ni^t einfad^ afö eine il^nf mit Dielen ©elebrten aller SRid^tungen gemeinfame Un- ao
fitte ber3cit ju betrachten ift, ireniger aug einem berec^tigtm ©elbftgefübl ober aug feiner
5Weinung (Segriff ber Äritif, ©. VII), bap mand^er 3i^^^w ^Dein fd^on burd^ unums
tounbene 8e^auj)tung bef ©egmteife geftürgt toerbe, ate Dielme^r auö ber ^eubigfcit
feiner frifc^ gewonnenen Überjeugung unb au^ ber aßerbingig mit feinem tai)ferm SBage*
mut gujammenl;angenben, aber bcnnoc^ beflagen^toerlen läufc^ung über bie ©ic^erl^eit unb 35
bie ©renken be^ menfc^lic^en SBiffen^. 2Iber§. lernte auc^ gerne Don anbem unb fonnte
in SBal^r^eit Derftc^em (Daniel, ©. VI): „2Biber|)3ruc^, Don bem angune^men, ba^ fein
Url^eber bie ©ebanfen, über toelc^e er ben ©tab brid^t, auc^ felber l^aben fonnte ober jte
gleichfalls einmal gefaxt unb Dermorfen f)at, toirb mir immer ber l^öc^ften Seac^tung toert
fein", eine SBod^e fpäter, ate .f). feine treue Seben^efä^rtin Derloren J^attt, tourbe er, 40
faum Don eigener (Srfranfung toieber^ergefteHt, burc^ eine ©el^imentgünbung im Januar
1875 bem irbifc^en geben cntriffen; aber in ber )3rotcftantifc^m JBiffmfc^aft, bie für feine
grofeen 3Rängel nic^t blinb ift, toirb er als einer il^rer ebelften ©ö(ine fortleben. 2)a^er
barf ic^ biefen furgen gebenSabri^ mit ben SBorten fc^lie^en, toelc^e 2:l;eob. Äeim im
Januar 1875 ber 2. Sluflage feiner 3. Bearbeitung ber ©efc^ic^te 3^fu als SBibmung 46
mit auf ben SBeg gab: „ßunt ©ebäc^tniS Don ^erb. §i^ig, bem fc^lic()ten SKanne ol^ne
^rc^t, bem treuen ^eunbe ol^ne galjc^, bem 9lul?me 3ünd^S unb ßeibelbergS, bem fül^nm,
raftlofen Bauherrn biblifc^er SBiffenfcbaft".
®el^m toir je^t gu §i§igS ©c^riften über, fo fann ic^ ^ier bie auc^ bei Äneudfer
Dermifete 2lufgä^lung all feiner gebrucftm 2lrbeiten, felbft ber fleinften 2luffä$e unmögtid^ go
gebm. SSieleS, toie bie Don .ö. in ©c^enfelS 93ibel=2eEifon, in §ilgenfctbS ^tü%t} unb in
bie 3^^® eingerüdften 3lrtifel unb 9)iitteilungen, finbct jeber ©ud^enbe leicht. 2)ie ©c«
toci^nung ber in ©malbS S^^^^^. ber biblifc^en SBiffenfc^aft auf §. bejüglid^en ©teDrn
(I, ©. llOf.; III, ©.229ff.; IV, ©.50f.; VI, ©.88f., 160; VII, ©. 128ff., 146ff.,
215, 242; VIII, ©. 165ff., 254f., 266; IX, ©. 174ff.; X, ©. 228; XI, ©. 230)66
toirb manchem 2efer lieb fein ; abgefel;m nämlic^ Don bem ^f^^d^ologifc^m ^ntercffe, toelc^eS
ber SBanbel ber ©timmung bietet, ber (Slralb feit 1855 in feinem alten ©c^üler §ij|ig
einen eckten ©eifteSbruber $engftmberg« erfennen lie^, enthalten jene ©teilen nü^lic^e
Jloc^toeifunam unb tro^ beS befannten ©ubjeftiDiSmuS, irclc^en §. toürbig ertrug, Dide
objeftiD ri^tige Urteile, ©c^on ber oben ermähnte „Segriff ber Äritif " geigte §i$igS eo
160 ^i^ig
glänjenbc Segabung, aber auc^ feine 3Kängel. $. tooDte bie ^^ejte^fcitit unb bie Äritil
ber ©efc^td^te, fotoie bie auf beiber Schultern ru|enbe fogenannte l^ö^ere Äritif nic^t nur
in negattDer, fonbem auc^ in pofttiöer ^orm getrieben toiffen, ba er mit Stecht bie SEritif
für leine nur gerftörenbe, fonbem aud^ für eine aufbauenbe 5IRac^t ertlärte. ^nU\n er
6 fo ber übertüiegenb negativen Äritif be SBette^ feine tJofitiDe firitif entgegenfe^te, ift feiner
grünblic^en ®elel[irfamieit unb feiner burc^ unbeftec^lic^e SQSal^rl^eit^Uebe, raftlofen gleife
unb ungehjöl^nlic^en ©c^arffinn getragenen Äombination^abe aflerbing^ Dielet gelungen,
namentlich auf bem ©cbiet ber $ejtfntil; aber nod^ öiel größer ift bie SKenge ber Don
$. geh)öl;nlic^ mit grofeer gwi^erftd^t aufgefteflten unl^altbaren SSermutungen. 3" ^^"^
10 ^u(|e über ^^a\a betoäl^irte fic^ §. mit feiner ,,männlic^en, marligen, bünbigen (Bpxad)c''
($u»)felb a. a. D.) alö ein 9)leifter in ber Äunft be« Überfe^eng. 2)ieftel (®efc^. be« 312,
Sena 1869, ©. 643, 657) lobt mit ©runb an ber 2lu«lcgung be« ^efaja neben ber
grammatifc^en 2lfribie ben feltenen geinfinn ^i^ig« für logif(|*f^ntaftifc^e aSerl;ältniffe, ber
bielfac^ mu^ Slidte eröffne, unb bemerft bon bem ©c^arffinn, mit toeld()em §. in^infic^t
16 ber ^iftorifc^en S5ejie](|ungen Diel genauere Ermittelungen üerjuc^e, bafe berfetbe leichter Sc=
tounberung at« ^uftimmung abnötige. SDabei tritt ber „9Kangel rechter SCiefe" in ber
©rfaffung be« religiöfen ©eifte« ber ©c^riften bc« 311« nic^t feiten unberfennbar ^ert>or,
tote benn §. aud^ noc^ ft)äter in ©t)r 11, 31 ben ©inn finben lonnte: „©ott bqa^lt
feine ©c^ulben; toie Diel mel^r toirb er feine gorberungen eintreiben". 3;reffenb fd^ilbert
20 ©ieftel (©. 694f.), toie in ß. (2)er «ßropl^et Sefaja, ©. IX—XXXIII) ber alte 3latio^
nali«mu«, ber 3«rael lebiglicb al« orientalifc^e« 3[5olt anfa^, mit ben burc^ eine tiefere
})l(|Uofo}}^ifc^'l^iftorif^e Betrachtung ber 3fleIigion«gefc^ic^te angebal^nten (Srtenntniffen ringt,
„ol^ne ftc^ ber Äritit betonet ju toerben, toeld^e biefe an i^m Dolljiel^en". Übrigen« mu^
fc^on bie blofee 2ll^nung ber getoaltigen ©c^toierigleiten, toeld^e ftc^ einer toal^r^aft toiffen=
25 tc^aftlic^en ©efc^tc^te ber altteftamentlic^en SRcligion entgegenfteQen, unfer Urteil milbe
ftimmen. 3)al^er bürf en toir $., bei bem ber l^ebräifc^e ©eift unb ber 5!Kofai«mu« einanber
fc^roff gegenüberftel^en, feinen aHjufc^toeren SSortourf barau« machen, ba^ fein Dffen=
barung«begriff (ögl. S^f^I^/ ®- XXIV) gu äufeerlic^ gefaxt toar, unb ba^ e« i^m, ber
mit Siecht al« ^orfc^er burc^ bie firc^lic^ überlieferte ©d^ä^ung be« 312:« fic^ nid^t tooHte
30 beeinffuffen lafjen, toie fei^r er auc^ im allgemeinen bie toeltgefc^ic^tlic^e Sebeutung ber
^Religion 3fwel« anerfannte, boc^ im einjelnen oft nid^t rec^t gelang, bem etoigen äßal)r=
l^eit«ge{;alt im 312: gerecht gu toerben. ©o meinte §i$ig (©efc^ic^te be« SSolfe« 3«rael,
©. 82), bafe ber toa^re ©Ott „burc^ eine ftärfere SDentfraft" gefunben tourbe. Sil« tenn=
jeic^nenb für §i^ig« el^rlid^e Unerfc^rodfen^eit ertoäl;ne ic^ feine Semerfung ju gef 7, 11:
35 ,,D^ne c« ju toiffen, fpielt ^^\aia f)\ct ein gefä^rlici[)c« ©Jjiel ; benn l^ätte 3l^a« bie ^ro-
i)ofition angenommen, fo l^ätte g^^oDal^ Dermutlic^ feinen 3)iener im ©tic^ gelaffen".
3:ro^ ber angebeuteten 3Jlängel ift ber Kommentar gu Qefaja, toeil barin ba« eje^
getifd^sfritifc^e ©efc^äft mit einer im ganzen ein befonnene« v)lai ein^altenben Umfielt
boHgogen toirb, too^l bie befte 3lrbeit ^i|ig«. Seiber mu^ man e« mit §uj)felb (a. a. D.)
40 Beilagen, bafe ber fo ungctoö^nlid^ begabte ©ele^rte immer me^r bie SReigung jeigte, „fic^
in bie logifd^en SSer^ältniffe gu Derbeifen, fpi^finbig barüber ju grübeln, ba« femliegenbfte
ju fe^en unb barüber ben näc^ften cinfac^ften ©inn unb ben lebenbigen öoHen 3ufömmcn=
pang ber ©ac^e au« bem 3luge ju verlieren". 2)ie« gilt noc^ nid^t Dom erften leil ber
in 2 ©anbeten jerfaHenben unb „2)ie ^Pfalmen" betitelten ©c^rift, toelc^er 1835 gu §eibel^
45 berg erfc^ien unb eine fel^r toerlDotle beutfc^e Überfe^ung nebft fritifc^er ^erftellung be«
©runbte^e« enthält, DoUfommen aber Don bem bie ^iftorifd^-tritifc^e Unterfuc^ung bringen^
ben jtoeiten 3:eit (§eibelberg 1836), toorin ber äJerfaffer allen 6mfte« in ber 2)leinung,
nic^t fubjeftiöe, biöinatorifc^e, fonbem tl;atfäc^lic^e, objeftibe Sritif gu üben, bie meiften
?ßfalmen t)on ber 3«it 5)ök>ib« bi« in« erftc Dorcfjriftlic^e ^öi^rl^unbert l^erab au« originellen
eo ©rünben ganj genau nac^ i^rm Sntfte^ung«bcr^ältniffen beftimmt, faft al« lönne er ba«
®ra« toac^fen ^ören (Dgl. »leef« Einleitung in ba« 312, 3. 3lufl., ©.619 3lnm.). Äein
SBunber, bafe neben feinm Semertungen ober boc^ anregenben ©ä^en in biefer Jjofitibm
böl(|eren ^falmcnfcitit maffcn^aft bie tounbcrlic^ften 3Serirrungen borfommen; toaltct boc^
^ier nic^t mel^r ein befonnener, ber ©c^ranten alter gefc^id^tlic^en SBJal^rfc^einlic^feit fic^
66 Aar betou^ter {;iftorifc^er ©inn, fonbem man mu^ fagen, bafe ein ungefunbc«, toUfül^ne«
^iftorifieren auf einem ©ebiete, toelc^e« gum größten 2:eile über bie ©rengm be« menfc^^
lullen SQSiffen« ^inau«liegt, fein bel;aglic^e« ©l^iel treibt. 9Jlit großer S^\)iQtÄt bielt ^.
ouc^ in bem toic^tigen jtoeibänbigen Älommentare (3)ie ^^Jfalmen, überfc^t unb au«gelegt,
£ei))gig unb ^eibelberg 1863, 1865) ben frül^er eingenommenen tritifc^en ©tanbjjunft
eo toefentlic^ feft, foba| ^ier leiber biel eble Araft t)erfd^toenbet ift (t)gl. @. 9lie^m« Slnjeige
*t«i9 181
im ©armftäbtcr 21^233 1864, S.98f.); olletn nid^t umfonft ^at §. mit ben bebcutenben
9Ritteln; bic i^m ^u ©ebote [tanben, gerabe auf biefe Sludlegung ber ^falmen, für toeld^e
er ba^ £o6 ber SSoflftänbigfcit in änfpruc^ nal^m, öielleid^t md)x gleife ol^ auf irgenb
ein anberc^ S5ud^ Dertoenbet, benn tro^ atter Serfel^rtl^eiten l^at bie« SJerf im einzelnen
bie ^falmenerflärung um ein gutc^ ©tüd t)orh)ärtö gebracht (ögl. ©elifefd^, S3ibl. 6om= 6
mentar über bie ^falmen, Seijjjig 1867, S. VI). 3" ö^nlit^er SBeife |at ftc^ $. burd^
feine aKitarbeiterfc^aft an bcm öon 6. Jpirjel in £eit)jig berlegten „fungefa^ten ejegetifc^
Öanbbuc^ jum äi", toelc^e« er 1838 mit feiner (grflärung ber jtoölf Keinen ?ßro}}l^eten
eröffnete (2. 2Iufl. 1852, 3. Sfufl. 1863), ein grofee« Serbienft ertoorben. SRur nod^ bie
Bearbeitung be^ 3i^^»"^<* (1841), bei toelc^em S3u(^e §. noc^ me^r ate bei ©jed^iel ben lo
lejt ber LXX überfc^ä^tc, erlebte eine jtoeite Auflage (1866). ©jed^iel erfd^^ien 1847,
©oniel 1850, ber ^rebiger 1847 unb ba« §o^eUeb 1855. ©e^r toertöoH ift bie 1854
unter bem 3:itel „5Die l3roJ)(?etifc^en 33üd^er be^ 2tl" aU felbftftänbige Seilage jum ^anb«
bud^e erfc^ienene Überfe^ung ber prophetae posteriores, unb l^ö^^er aU bie genannten
^ile be^ ^anbbud^e^ fc^ä^e ic^ auc^ bie auger](|alb bedfelben Veröffentlichten Überfefeungen 15
unb 3tuölegungen ber Sprüche ©alomo« (S^xxd) 1858) unb beö S5uc^e« §iob (£eit)jtg
unb §eibelberg 1874). Unter ben größeren arbeiten §i^ig« ift enblic^ mx^ feine oud
alabemifd^en ^orlefungen entftanbene „Sefc^ic^te be« SSolfeö S^rael" (2ei))5ig 1869) )u
nennen, toelc^e in 2 leiten ober je 6 Supern auf ©. 1—320 bie ^Ät bon änbeginn
bi« gum ßnbe ber tjerfifd^en Dberl^errfc^aft, bann auf ©. 321—629 bie geit bon älejan^ 20
ber b. ®r. bi« ^ur Sroberung 5Kafaba« im ^af)xt 72 nac^ 6^r. bej^anbelt unb befonber«
für bie legten 3a^r^unberte toertbofl ift; eine ©efd^ic^te ber ^Religion S^raete barin )u
geben, tag nic^^t in ber abfid^t be« SSerfaffer«. 3n biefer (Sefd^ic^te (©. 121) le^rt bie
3ufammenftellung be« ^'?'^"^ ®en 3, 17 mit ägovQa toieber mit mand^en feltfamenSr«
gebniffen au^ §i§ig^ „Urgefd^ic^te unb SDl^tl^ologie ber ^pi^iliftäer" (SeijJjig 1845), ber= 26
me^rt burc^ Diele nic^t Weniger auffatlenbe $^J)otl^efen, j. 35. über bad SerJ^ältni^ bed
3)tofe )u jenbifc^er Seigre, unb burc^ neue (Srflörungen altteftamentlid^er äBörter au^ bem
©an^frit (»gl. ©. 42, 66, 96), gelegentlich aud^ au« bem iürlifc^en (@. 100), toelc^
too^l für immer baö Privateigentum be« fc^arffinnigen, aber bie l^eterogenften S)inge toie
in einem Äaleibo^Ioj) jufammentoerfenben ©elei^rten bleiben toerben. äte S3eijt)iel bon so
§i$igg })ofitiDer Äritif fei nur crtoä^nt, toie er (®efd^., ©. 67, 78, 95) bie Seben^bouer
be« 3Rofe« auf 84 ^aü^xz berechnet, ba bie 6j 7, 7 genannten 80 ^äi)xt gan^ unberfäng«
lic^ feien, ber SBüftengug aber nur 4 ^al^re gebauert l^abe.
e^e ic^ fd^liefelic^ ben SSerjud^ tüage, ein jufammenfaffenbe« Urteil üb^ §i$ig« Se*
beutung ate ©c^rittfteller ju geben, finb noc^ einige bi^^er nic^t ertoö^nte, meift fleinereae
©c^riften beiSfelben gu nennen. 2)te beiben ©enbfc^reiben „Dftem unb ^Pfingften. ^ux
3eitbeftimmung im 21 unb 91X" crfd(|ienen 1837 unb 1838 ju $eibelberg, bie ^um '^ubU
läum ©utenbergö Verfaßte 2)enffc^rift „5Die (grfinbung be« älpl^abet«" 1840 ju 3^«^-
33on ßiöig« e})igra})l^ifc^en arbeiten nennt Äneudter: „2)ie (Srabfc^rift be« 3)ariu« )u
92affc^i^SKuftam" (^üric^ 1847); „2)ie ©rabfc^rift be« (gfc^mune^" (Sei»)jig 1855) unb 10
„S)ie 3«Wrift be^ SKefc^a" (^eibelberg 1870). Slud^ ber neuteftamentlic^en gorfdbuna
tarn §i^ig« Selefen^eit unb iritifc^er ©c^arfblidE ju gute, unb tüenn auc^ ba« 35u<$
„Über So^anneö 3Rarfuö unb feine ©c^riften, ober toel^er ^obanne« l^at bie Offenbarung
verfaßt V'' (3ürid^ 1843) unb ba« ©c^riftc^en „3ur Äritil ^Jaulinifc^er ©riefe" (2eit>jig
1870) bcrfc^iebene 2lufna^me fanben unb jumSeil fel^r berechtigten 2Biberfi)ruc^, fo ^abcn«
fie boc^ förbcmb unb anregenb getoirft; vgl. Sleefö SSorlefungen über bie 2t})oIall^t)fe
(Berlin 1862), ©. 64, 292 f. unb bie Von §. ^ot^mann in feiner „Rritif ber (£})l^efer*
unb Äolofferbriefe" (^eijjjig 1872, ©. 306) gegebenen 5Rad^h)eifungen. äuc^ vor Äom
jefturen im 31% fct^rectte $i^ig feine^toeg« jurüä; von allen biefen SSorfc^lägen finbet aber
mit Vollem Siedet ^ol^mann (Einleitung in ba« 3fU 1892, ©. 73) nur bie SSertoanblung go
Von fiav&dvovai 1 %\ 5, 13 in kav&dvovoi (3Wonat«jd^rift be« toifjenfc^aftlic^en 3Ser*
ein« in 3"ric^ 1^56, ©. 62 f.) frapjjierenb. 6« toar §. geloi^ ein ^erjen«anli^en, oI«
er 1865 ^ur Orientaliftenvetfammlung in $eibelberg (3bm© 1866, ©. IX) von ber
©)3rac^e Balaibalan rebete, bie aff^rifc^sbabl^lonifd^e ^orfct^ung „Vor bem Weiteren gort«
fc^ritt auf Verhängnisvollem g^^^^Ö^" Ju betoa^ren, unb auc^ feine ©d^rift „©t)rac^e unb 55
©Jjrac^en Slff^rien«" (2eit)jig 1871) verteibigt bie Von alten ©ad^Iennem Vertoorfene
5Dieinung, ba| bie ©jjrac^e ber Äcilinfc^riften feine femitifc^e, fonbern eine inbogermanifc^e
fei. 2)er Verhängnisvolle gif^um toar auf feiten ^i^ig«, befjen toiffenfc^aftlic^e« 3lnfel(^
über^aui)t in loeiteren Äreifen burc^ feine unbefugte SSertoertung be« ©anSfrit unb burc^
bie 3wverftd^tlic^leit, mit toelc^er er l(|anbgreifli^e 3^^^'"^'^ vortragen fonnte, tief er^ eo
9lca(«(^c9tlopäbic ffir ^(»coloaU unb IHrd^c. 3. %. VIII. 1 1
162 $t^tg ^oc^matttt
fc^üttert toorbcn ift. Site S5ctf)3tcl cinc^ fold^cn S^^^w»"^ ertüä^nc id^ .^i^tB^ 2)eutun0 bc^
(SJcbetö be« ßlsai in ben ,,ärabtfc^cn änalcftcn" unb il^rc gwtec^tftdlung in ber ^\>m®
1858, S. 318 unb 712. ^i^ig ^altc bie SBörtcr My?d^ '^Wd Mcoiß Ncoxt}^ Aaaol/i
*Avr\ für arabifc^ crflärt unb überföbt: ,,ßnttoic^en, gefd^tüunbcn ift ba^SBaffer be^Slcfte^;
6 bie SKagere mad^c fett, fpenbc!" ä)a lamen ^toci jübifc^e ©cle^rtc unabl^ängig t)on ein=
anbcr auf ben ©ebanfen, bie SBörter, ftatt mit Jp. öon ber Sinlen jur SRec^len, nac^ ber
getDö^nlid^en SBeife ber femitifc^en ©c^rift öon ber 9le(^ten gur Sinfen ju lefen, unb
fo fanben fie in «^a^ N3"^t "^ro. v^-^br nnc^: i^rö« gam einfache« fogenannte« ßl^älbäifc^,
beffen Überfe^ung: „3^ V^V^ P*^ ^^ ^"^ großen ©eric^tiStagc" feinem ^\ot\\A unter*
10 liegen lann.
5IRan l^at lein Siecht, $. ate einen l^erborragenb rabifalen Äritiler ju bejeid^nen; er
betrachtet j. 8. ben ®efaIog (®efci^. ©. 84) ate mofaifd^, ift öon ber (gc^tl^eit be^ Siebe«
ber ®ebora feft überzeugt, toenn er auc^ mit bem nüchternen Urteil, ba« Sieb fei „un=
freie SRaturbic^tung, ber Sängerin abgerungen bon bem grollen (greigniö" (®efc^., ©. 130),
16 feinen SRangel an poetifc^em ©efd^mad berrät, unb ft)ric9t eine gange SReil^e t)on ^falmen
ber öorejilif^en '^zxi ju, meift mit befferen Orünben, ate biejenigen fmb, tüelc^e i^m gur
Slac^tüeifung bon ^eremih« ©c^Iammgrubc unb gur Unterbringung ettoa be« falben ^fal=
ter« in ber ÜJlallabäeriieit bienen muffen. 3Reine« ©rächten« liegen §i^igö bleibenbc
3Serbienfte l^aujjtfäc^lic^ auf bem rein ^^ilologifc^en ®ebiete ber 2^e£tfritil unb ber einjel=
20 ejegefe. ©etoi^ l^at Jp. fel^r biele Äonjefturen ba angebrad^t, too gar feine nötig toaren;
too aber toirflid^ 3:ejtberberbm« borliegt, l^at er \Aix oft mit glüdlic^er §anb ba« ®e=
brcd^en gel^cilt. 3)abei h)ar er toeit entfernt bon bem SBal^ne mancher neuerer 3;eEtfritifer,
al« liefen fic^ ungegäl(|lte ®olbIömer ed^ter Überlieferung burc^ fllabifd^e« Sletroüertieren
o.\x^ ben alten Übcrfe^ungen getoinnen; fo bemerft er in feiner ßrflärung be« Suc^e«
26 $iob (S. V) bei aller änerfennung ber ÜJleryfc^en Slrbeit: „Setreffenb übrigen« bie ^JJe*
tl^obe ber firitif, fo trenne ic^ mt^ bon 9Ker| be« ®änglici^en; mir mangelt aWut unb
Suft, ben SBagen ^l^aeton« ju befteigen." SKit feinem anerlannten ®cfd^ic! ateüberfe^er
ftel^t bie oft beflagte 3:batfaci9e nic^t in SSJiberfi^ruc^, ba| $. fein SKeifter in lic^tt)ouer
©arfteHung Xoox\ bielleic^t trug bie Äür^e, nad^ toeld^er er im ejegetifd^en .t>«nb&"c^«
80 flrebte, nic|t toenig baju bei, feiner Schreibart l^äufig ettoa« 6dtige« ober äJerfc^robene« gu
geben. 6rft bie 3wl^unft fann leieren, tüie öiel brauchbare 93aufteine ^, für ben lemj^cl
ber aBiffcnjc^aft gebrochen unb jurec^tgemac^t l^at; ic^ befc^eibe mic^ gerne, ba^ manche«,
toa« mir ate „gerbrödtelnber Se^m" (§. ju ©^r 12, 12) erfc^eint, ftc^ fjjäter noc^ ate
fefte« unb nü|lic^e« 3Katerial ertoeifen mag. läufd^e ic^ mic^ aber vXi/t., fo irar e« ein
86 getüiffer ÜJlangel an common-sense, ber biefen eminent begoJbten unb tt)a^rl;eit«liebenben
gorfq>er, ber bielfac^ aud^ burd^ feine 3^^^"^^ "od^ anregenb toirft, in fo merfmürbigem
®rabe baran berl^inbert ^at, ein mufterl(^after Gjeget unb ein jubcrläffiger §iftorifer gu
ju toerben. SDer berühmte 2luffa& über „2)a« Königreich SKaffa" (fetter, SE^eol. gal^rbb.
1844, ©.269 ff.) lieft ftc^ toie ein ^übfc^er 3loman ; ju tDunberbar fd^ön ftimmt l^ier alle«
40 Ulfammen, al« ba^ toir un« auf bem raul(|en ä9oben ber gefc^ic^tlic^en äBirfUd^feit be^
fmben fönnten. 2)iefer §ang jur Äünftlic^feit führte nic^t nur gutoeilen (Dgl. ÜJli 6, 5;
©ac^ 12, 10; §i 37, 7) gu ec^t rabbinifd^en 2lu«legungen, fonbem lie^ ^. auc^ gang
leichte ©teilen, g. S3. ben ©d^lufeber« be« S3uc^e« 2)anicl, grünblid^ mi^üerftel^en unb in
gufammenfaffenben Unterfuc^ungen bie gröbften 9)ii|griffe t^un. ü)iit bollem Siechte llagt
46 gtoalb, ba| §. ba« toirflic^e SJerl^ältni« be« ß^roniften gum ^falter gerabegu auf ben
Äot)f ftelle unb in faft unglaublicher SBeife bie erften 9 Äajjitel für ben älteften 2^eil be«
©t)ruc^buc^e« erfläre. 2lber toir bürfen feine Älage barüber führen, ba^ ^. nic^t, toie
man e« Don feiner fo feltenen 33egabung ^ätte erlparten mögen, nod^ Diel mel;r geleiftct
l^at, al« er toirflic^ getrau. Überfielt man im großen 3Serlauf ber ©efc^id^te berS5iffen=
60 fc^aft, irie gering ber auf ben einzelnen, auct; ben au«ge5eic^neten ®ele^rten fallenbe än^
tetl ox\, ber görberung be« ®amen ift, fo bleibt §. unter feinen 3^it9^"öffen für immer
eine ^erDonagenbc ©tellung gefiebert, unb noc^ auf lange l^in follten feine gal^lreic^en
©d^riften für Diele eine Duelle ber Selei^rung unb Slnregung bleiben.
^bplf ^amti^anfeit.
66 ^obbed f. 3)ei«mu« »b IV ©. 536, 43 ff.
^oc^amt f. 5Keffe.
^oc^mattit bon $ol^enau(§od^enau), (Srnft 6^riftot)^(1670— 1721). — §lu6et
ben befannten 3öerfen Don S(. JRitfdjl unb namentlich ^i. öiocbel ift ju üeripeifen auf.5.3ung«
(6tiüing«) Xftcobalb joioie auf bie Unfc^ulbigen iRac^ric^tcn auf ba« 3at)r 1708.
^oc^matttt 163
6g ift tpcntg bamit f^ch)onncn, h)cnn einem ?lWannc toic §. ba§ 6ttfett „m^^ftifd^er
©ej)aratift" ober „fcjjaratifttfc^er 3}t]9ftifer" angel^eftet ober ioenn er mit ben anberen ^xu
iKitc^riften jufammengefafet toirb, bie glcic^ i^m bamate in ben SBittgenfteinfc^en Sanben
eine 3^f'"^^ gefunben f^aben. S^ ftnb irefentlidj) englifd^e (Sinjttiffe, bie W'ix bei faft
allen Sejjaratiften jener 3^^* mächtig je^en, unb ^foax bei jebem in befonberer 3lrt. ^n 6
toelc^er gorm biefe einflüfle an fie gefommen finb unb tüie jeber einjelne fte berarbeitct
f)at, baö iftö, iva^ Wxx fragen foUten, um fo ernftlic^er foDten, aU e^ tüieber gerabe eng«
lifd^e GinflüRe finb, bie i^nen aUjäf^rlic^ mobemc ©egenbilber in unferer 5IRitte ertpeden —
toiefleic^t bie bebeutfamfte (Srfc^einung ber firc^Iid^en ©egentoart, aber nid^t o{;ne Analogie
in ber fird^lid^en 35ergangenbeit. Seiber ift un^ ba« innere SBerben §.« öerfc^Ieiert unb lo
fd^eint e^ bleiben ju muffen, ci^ fei benn, ba^ ba^ Duellenmaterial noc^ ertüeitert toürbe.
gebenfaß^ tourbe man bei unb burc^ 21. ö- tJranrfe nid^t ^nbejjenbcnt. Sidf^tlic^ toar
ba^ aber fc^on ber ©tubiofu« §., alfo ber .^., ber mit @. Slrnolb nod^ nic^t in ©emein^
fd^aft ftanb. 9Ben l^atte er benn bamate bon englifc^en ©d^riftfteDern gelefen'^ tüxxUxd)
nur ^obarge unb bie Seabe':* 3JieIIeic^t h)irb man bie ^age rid^tiger bapin ftetten : toa^ ib
battcn bie Ungenannten gelefen, burc^ beren perfönlic^en ©influ^ ber Sleuerttjedfte fic^ ü\üa
beftimmen liefe? SBeiter toäre ju fragen, tüie ftc^ au^ biefer eigenen ober frembcn Seftüre
im 3"fö»"^^"^i*" "li^ ^^'^ bon ^andEe au^gel^enben pietiftifd^en 3lnregung unb mit §.g
ettoa bereite fertiger Sigcnart feine bann eingenommene ^ofition berfte^en läfet. aber
ba^ ift eine grageftetlung ber 3"f""f*^ wnb §. tüirb faum berjenige fein, an bem fie ^um 3o
auftrage lommt. 5iad^ ©oebel lüenigften^, bem lüir aUe^ gefc^ic^tlid^e 3Biffen um §. ber*
bauten, fielet e^ fo au^, alö ob ba^ SBerben be^ 9Wanne^ fid^ nic^t aufhellen laffe. ©o
fommen nur feine ©t^irffale, ber ßinbrudf feiner ^erfönlic^ieit unb bie jiemlid^ unbeut«
lid^en Umrifje feiner hjo^l nie ganj auögebilbeten Se^re in Betrachtung.
Q.i Sater, fäc^fifd^er 3ottamtmann in Sauenburg, fpäter Ärieg^fd^reiber in Slümberg, 26
lüar Öutl^eraner, aber fein SL^eib unb bie Sfiatm biefe« feine« jüngeren Sol^ne« fämtli^
fat^olifc^. 2!)a« ift nic^t nur ein Äuriofum. 3)ie fat^olifd^e 3Rutter biefleic^t. 9lber bie
burc^tüeg fatl^olifc^en Xauf))at^en finb bei bicfem Sutheraner bon biogra))^ifc^em ©etüid^t.
2)iefe 2lnomalie feiner eigenen 3^aufc l}at e« i^m leid(^t gemacht, ©egner ber Äinbertaufe
iu toerben unb biefe ©egnerjc^aft mit bem ©a^e ju begrünbcn : ©laube unb 2^ufe ge^ so
^ören beifammen. Ober ioäre er überl;aul3t fatl^olifc^ getauft? ^Jebenfatt« genofe er in
3Rümberg lut^erifd;e @rjiel;ung. ©ein älterer ©ruber, ber 9iümberg« ©efc^äft«träger am
taiferlid)en .§ofe mar unb naö) bem frühen "lobe be« Sater« fein Sormunb tourbe, lüoHte
gemäfe ben abeligen Irabitionen be« .f)aufe« einen ^u^iftcn au« i^m machen unb fanbte
i^n ju 2:bomafiu« nad^ §alle, anfang« ber 00er ^al)xe, alfo nod^ bor ber förmlichen 86
©rünbung ber bortigen Uniberfität. Iljomafm«' lird^lic^e« Urteil lüar bereit« feftgclegt,
er tüar f^on bamal« fo geftimmt n?ie einige ija^re fpäter, al« er Slrnolb« Äe^ergefd^id^te
mit überfc^mänglid^er Segeifterung begrüßte. 2i[ber noc^ größeren Sinflufe auf p. fd^eint
^andfe gewonnen ^u ^aben, avi\ ben er felbft feine (Irtüectung ^urücffü^rt, toä^renb er
ben eigentlid^en 2)urc^bruc^ einem lüunberbaren ©rlebni« auf ber jjagb üerbanfen tüitl. 40
©ein bamal« gefaxter ©ntfd^lufe, „Seib unb Seben, ©ut unb Slut um ßbrifti iritlen gu
tüagen unb babei toebcr ©cf^toert noc^ gcuer, toeber SRab noc^ ©algen um 6^rifti tüiflen
ju jc^euen", braucl^t nid^t anjubcuten, bafe er fofort feinen 2eben«beruf in ber Saienprebigt
unb ^©eelforge ftatt in ber ijurifterei gefucbt ^abe. 3^ar Derfc^hjinbet er, 1693 liegen
inbc})enbentifd;er aiu«laffungen Don öaüe relegiert, auf Dier ^al^re unfercm 2(uge, aber 45
bafür, bafe er in ber 3^ifcf)enjieit feine juriftijc^en ©tubicn nic^t einfad; an ben ^3tagel
gel(^ängt, fonbent irgenbtoie jum 2lbfc^lufe gebrad^t ^aben mufe, läfet fic^ ba« Slngebot
geltenb machen, ba« noc^ 1698 bon S^lümberg au« an il^n ergieng, bort ©tabtft;nbifu«
^u tuerben. lilad) bem „"I^eobalb" tüäre §. üon ben 9lieberlanben au«gegangen. 2tbcr
ber umgebenbe 3"fö»n^cn^ang ^eigt, bafe 9iung=Stilling ba« nur vermutet, tocil il^m b«i
fidlere Äunbe über §.« §erfunft fe^lt. ^c«^alb empfiehlt e« ftc^ auc^ nid^t, biefe bier
3a^re ber Verborgenheit unter Berufung auf 3ung=©tiUing burc| einen nieberlänbifd^en
äufentl^alt au«5u^flen. 3)a« anber«n)o, etlüa in 2lltorf, fortgefe^te juriftifd;e ©tubium
^at minbeften« bie gleiche 9Ba^rfcf)einlic^feit für fic^ h)ie „bie ©d^ule ^oiret«, in ber §.
5u feinem eigentlid^en Seruf gebilbet toorben". 66
1697 finben tüir i^n in ©iefeen h)ieber. Wo er na^en Umgang mit Slrnolb unb
2)i>)t)el l)atti, im 3;a^re barauf fc^en h)ir i^n in granffurt a. 5)^ ftc^ al« ^ubenmiffionar
öerfuc^en. I)a« Ratten anbere tüie ©ic^tel unb SBel« bor i^m getban, aber nic^t frember
Vorgang \)at ihn jur 3?ac^eiferung gereijt, fonbem ber Don i^m geteilte 6^ilia«mu« feiner
ftreife, bie bon ber ©efamtbelel^rung ^^xadi ben 2Inbruc^ be« taufenbjä^rigen 9leic^e« ßo
11
164 ^oc^mantt
crtoartetcn, l)at il^n beftimmt, ben 2)icnft ßl^rifti gcrabc an bicfem fünfte auf^und^mcn.
©ein originelle^ Sttuftreten in ber ©l^nagoge blieb nic^t o^ne ©inbrud, aber bon greifs
baren ©rfolgen, h)iÖ fagen Don getauften S^ben, ^ören Jt>ir nic^t«. ©eine äu^toeifung
auö granffurt fc^nitt eine folc^e &xnU, toenn fte über^aujjt ju ertvarten toar, ab. ®a|
5 er felbft bie 9(rbett fc^on l)or^er aU l^offnung^lo^ angefei^en unb be^l^alb aufgegeben l^obe
(fo fiel)J)e, 21. |)oc^mann in 2lbS3) bermag ic^ nic^t gu belegen. 3*^fflnö ^äre fte tl^
atoölf ^a\)xt f)3äter h)ieber au^fic^teöoH erfc^ienen, alö er ju $alle in ber ©^^nagoge feinen
SJerfud^ toieber^olte. SBie bem auc^ fei, eine aügemeine ^Pietiftenöerfotgung, bie in ^ranfe
fürt au^brad^ unb 'if)n bon biefer ©tätte feiner 2lrbeit Vertrieb, fe^te auc^ ber Slrbeit felbft
10 ein Vorläufigem 3'^^- 3^^ ^^"^ benachbarten 3)armftabt, Jpo^in er fic^ junäc^ft hmnbte,
tüar feine« Sleibenö ni^t, ba ber ßanbgraf bon feinen Untertl(|anen einen eiblid^en SRe^
ligionöret)erg auf bie Augustana »erlangte, ben §. nic^t mit gutem ©etoiffen leiften
fonnte. ©o jog er in« SWittgenfteinj^e na4 Serieburg unb fjjra^ t)on bicfem ftd^eren
Slfl^l avi^ in gloei ge^amifd^ten ©(^reiben, bie er aber nic^t unter bie ^ßreffe gegeben ju
16 i)abm fc^eint, bem gi^anffurter ÜJlagiftrat unb bem Sanbgrafen ba« SRcd^t ab ju einer Sn-
toleranj, toie fie fie geübt l^atten. 6r fufet barin auf ber Überzeugung, bafe ber bürgere
liefen Cbrigfeit über^aujjt fein Stecht in ©etoiffen«^ unb 3leligion«fac^en jufte^e. 2)iefe
Überzeugung mag er fc^on in ber ©c^ule bc« I^omafiu« gctoonnen l^aben. SBon biefen
^rotefteingaben abgefel^en, lebte er in Serieburg ber Sefc^auung unb einer 2l«fefe, bie
30 ftc^ bi« XU einem 3Serfu^ bierjigtägigen gaften« md^ biblifc^en 5Kuftem berftieg. 3)er
feltfame ®aft blieb aud^ im gräflichen ©c^lojfe nic^t unbemerft, er getoann bie ätd^tung
unb greunbfc^aft be« gangen SBittgenfteinfc^en $aufe«, befonber« ber Dertoittüeten $ebtoig
©ol^^ie öon Berleburg. Um fo abgeneigter toar il^m beren 93ruber, ®raf SRubolf 3|uäij)t)e=
93racte, ber, öon feinem ©tanbj)unfte au^ nic^t ganj mit Unrecht — im §auje 9Bittgen=
26 ftcin finb h)enig fjjäter })ietiftifd^e SKife^eiraten ber xöc^ter an ber 3:age«orbnung — , jebe
SBcrtraulic^feit feiner noc^ jugenblid^en ©d^toefter mit ^. beargtüöl^nte. 5lur gab er bi^em
ebcnfo berftänblic^en toic unbegrünbeten ärgtool^n einen unentfc^ulbbar brutalen 3lu«brucf.
SOSie e« il^m gelang, §. in feine (Setoalt ju befommen, bleibt bunfel. Jpebtüig ©o})^ie
regierte felbftftänbig für i^ren unmünbigen ©o^n ßafimir, unb in i^ren Sanben l^atte
30 bal^er ®raf Slubolf nic^t« gu fagen. 3)a| er fid^ einen (Singriff in bie lanbe«fürftlic^en
Siechte feiner ©c^toefter erlaubt l)at, bleibt übertoiegenb toa^rfd^einlic^. ®enug, er lie| ^.
aufgeben unb ^ielt i^n in l^arter §aft. ^ann gab er i^n frei, toom er ftc^ nic^t gut*
toiltig t)erftanben ^^aben h)ürbe, loenn fein ©etoiffen in bem §anbel rein gelpefen toäre.
2)er SWobu« biefer ^eigabe Derrät fte al« 3"8^fr^"^"^^ ^^ ^'^ ^orberung eine« ©ritten,
86 unb Jtüar too^l ber in i^ren Siechten gefräniten ©räfin-SBittoe. §. tourbe nämlic^ au«
bem Sanbe getrieben, inbem er ftunbenlang bor einem il(|m auf bie %tx\tn tretenben Sleitcr
l(ierlaufen mu^te (1700). 3)a er in Berleburg auc^ unter bem ©c^u^e feiner regierenben
©önnerin nic^t ftc^er toar, l^at er, Don Dorüberge^enben Sefuc^en abgefel^en, ba« 2anb
gemieben, bi« i^m §ebh)ig ©o}}^ie enblid^ 1709 nac^ bem 2^obe il^re« ©ruber« einen
40 bleibenben, bon il^m freilid^ junäc^ft nur al« ©tanbquortier au«genu$ten 3wPw^^^«>^^ i«
©c^toarjenau bieten fonnte. ®oebel rechnet bon l^ier ab (1700—1711) bieget ber ?ßiU
grimage, be« unftäten UmJ^erfc^tüärmen« burc^ ganj SBeft^ unb Sfiorbbeutfc^lanb fotüie
nad^ ©üben bi« in bie ?ßfalj unb bi« ?Prag. SRid^tiger toirb biefe« Sffianberleben fc^on
bon 1697 an batiert, feit $. tbieber in ba« Stc^t ber ®efc^ic^te tritt, ©c^on bon ba ob
46finbcn h)ir il^n jebc« ^a^x anber«h)o, 1697 in ®iefeen, 1698 in ^anlfurt, 1699 bon
ba getoic^en unb auf Umtüegen Serieburg crreic^enb, ba« er fc^on 1700 toieber berltefe.
®etoi^ toirb fein ^tinerar fortan noc^ betocgter, aber i^m felbft ift e« auc^ feitbem nic^t
um möglic^ft l^äufigen SBec^fel be« Drtc« ju t^un. SQ3o er ein 3lrbeit«felb für ftc^ fanb,
toäre er gern länger geblieben, toenn feine 3lrbeit gebulbet toorbcn tuäre.
50 2)iefe 3lrbeit toar bie Pflege be« innerlichen, lebenbigen, jjerfönlid^en ßl^riftentume«,
unb bie fcl;en toir Jg). nic^t nur in unfirc^lic^er, fonbem in au«gefproc^en antilirc^lid^er
gorm berrid^ten. Sturere Äir^lic^feit unb S3elenntni«treue galten i^m nic^t für nic^t au^
reic^enb, bielmel;r gerabeju für bom Übel. 6« finb berfc^iebene ßrtoägungen geioefen, bie
bie bamalige ^ömmigfcit in folc^e Sonnen brängten; tüelc^c unter i^nen gerabe bei §.
66 toirffam gcioorben finb, lä^t fid^ nic^t ermitteln. SDer 2^1^omaftu«fcf)e ®egcnfa§ gegen ben
Se^rftanb toar ein ^^ftor, aber faum ber au«fd^laggebenbe unb fieser nic^t ber einzige.
3lu« ber gemeinen Duelle be« ©e}>arati«mu«, bem $oc^mut, läfet fic^ biefe ©teüungnal^me
^.« nic^t erflären, benn ber ganje ÜJlann atmet 35emut, unb nic^t gemachte. Slber and)
ba« toill ftd^ gu ber ^eiteren unb gelaffenen ärt, toie er Verfolgung ertrug, unb ju feiner
60 aJlilbe gegen alle Seleibiger nic^t h)o^l fc^idten, ba^ ettoa erft ber aSiberftanb ber auf
^odjmaittt 165
i^rc au^fd^ItefeKd^e ^rebigtbefugntö eifcrfüd^tigen ©ciftltd^Ieit xf)n erbittert nnb fo ju biefer
©tcHungnal^me geführt l^abe. (©o ettoa ^wwgsStiHmg.) Ober f)ätU er tt)n)a erft Don
©. ämolb fein antifird^Iic^e« ©epräge em})fangen? 6ine Söfung fann man ba« nid^t
nennen, toa^ nur auf neue SRätfel fü^|rt. .^. eifert öon Anfang an gegen Ätrd^entum unb
Crtf^obojie, ntc^t nur im fidleren itreife feiner betüunbemben 2In^änger, fonbem er untere 5
bricht bie ^rebiger auf ben Äangeln u. f. to. SJiefe Störungen be^ ©otte^bienfte« trugen
i^m, tüie ba^ nid^t ausbleiben fonnte, mel(|rfad^ Unterfuc^ung«^* unb ©trafl^aft ein, fo in
9Detmolb, $annoDer, Sremen, §attc, ÜJlannl(|eim. Die SJetmoIber §aft (1702) ift baburd^
t)or anbercn hjid^tig, bafe er i^rer nur gegen ein fd^riftlid^e« ©laubenSbefenntniS (9. ©e))^
tember) entlebigt tourbe, unfere §auj)tqueD[e für baS, t»aS tüir §.S Se^re nennen fönnen, 10
auSjüglic^ mitgeteilt bei ©oebel unb in ben Ünfc^ulbigen 9Jad^ri^tcn, bon $. felbft 1703
in ben 2)rudf gegeben, in biefer üottftänbigen gorm mir nid^t erreichbar. 6r befennt fid^
junäc^ft jum 3lt)oftolifum, mufe ftc^ aber öon bem Unfd^ulbigen 9?ac^rid^ter eine t)er*
fc^toommene S^rinitötigle^re bortüerfen laffen, bie über ber ©ini^eit ®otteS bie brci ^ßer«
fönen öerliere; bann bel^anbelt er fünf einjelt)unfte : bie3:aufe nur für bie ©rtüad^fenen; 16
ba«; 3lbenbma^I nur für bie auScrtoäl^Iten S^^^Ö^^ 3^f"; ^^^ SKögltc^feit einer boDIom«
menen . Heiligung fc^on auf Grben, bie er aber felbft nod^ nid^t erreid^t ju l^aben befennt;
bag Slmt be« ©eifte«, b. f). ba^ ßl^riftug ate ba« §au^}t ber ©emeinbe allein, unb feine
menfc^Kd^e Dbrigfeit, ^rebiger unb Se^rcr einfe^en unb tüd^tig mad^en lönne; bie Dbrigs
feit bem iHeid^e ber Statur ange^örig unb innerhalb beSfelben göttliche Orbnung, ge^or* ao
famStoürbig in ^WxU unb äufeerli^en 3BitteIbingen, aber nid^t in Dingen, bie toiber
©otteS aOäort, ba« ©etoiffen bc^ einzelnen unb bie ^Jreil^eit ßl^rifti ftreiten; bie 2lpofata-
ftaft« auf ©runb bon SRö 5 unb 1 Äo 15, 22. Der ©raf mr &xpp^, ber §. gefangen
^ielt, fanb biefe^ Sefenntni^ nod^ nid^t genügenb, fonbem Verlangte im ^inblicf auf feine
Safe §ebtüig ©ojj^ie ober öieHeid^t auc^ nur auf ©erüd^te Don ©räueln tüie bie Suttlar« 26
f(^en au^brüdtlic^ bie ©rgänjung, bafe §. auc^ nod^ feine 3tnfid^ten über bie ®^e barlegte.
Um biefen ^unft ift e^ alfo bem ©rafen befonber« ju tl^un getoefen. §inter il^m mag
^.« alter ^einb, be^ ©rafen Setter SRubolf, geftanben ^ben. ^. entfjjrac^ auc^ biefem
änftnnen (22. Dftober) unb unterfd^ieb fünf Slrten Don ß^e: eine befttalifd^e; eine e^r»
bore, aber bod; noc^ ganj ^eibnifc^e unb unreine; eine d^riftlid^e; eine jungfräulid^e (mit so
einer fog. ß^efc^toeftcr) ; bie 6^e mit ßl^rifto bem feufd^en fiamme allein. „2Bie bie
3Kenfc^en fmb, fo finb aud^ iJ^reg^en." Die« Scfenntni« fann aU pxbiat^ nid^t „toid^tig
fein für bie Beurteilung be« m^ftifd^en ©et)arati«mu«" (fo ßetJjje), fonbern nur für bie
Seurteilung §.« unb feiner j)erfönlid^en än^änger, unb felbft .^.« unterfd^eibenbc ©igenart
barf faum in feinem Sefenntni« gefud^t toerben, mag immer ber ©raf jur Zippt fte bort 86
gefuc^t ^aben, al« er e« il^m ablocfte. §. I^at feine ©onberlel^ren nie gur i^au>)tfad^e ge*
mac^t. 3SieIme^r jielte feine ?Prebigt auf bie ©eligfeit }}erfönlic^er ©emeinfc^aft mit
ßl^riftu« unb auf bie 5Roth)enbigfeit ber Heiligung burd^ benfelben g^riftug, ber auc^ bie
baju nötige Äraft im ^eiligen ©eiftc barreid^t. Unb biefe feine ?Prebigt toar fc^Iid^t unb
getüaltig. ©eine ^w^örer glaubten ftc^ too^I Don ber ®rbe emjjorgel^oben, unb e« toar 40
i^nen nic^t anber« ju 3Rute, ate tüenn ber STOorgen ber ®tüigfeit im 2Inbred^en iräre.
ajon einem folc^en 3Keifter be« SBorte« ift e« toenig glaublid^, bafe er in ,^annot)er, ate
i^m SBorte unb ©rünbe Derfagt l^ätten, in ber SSerlegenl^eit a verbis ad verbera über«
gegangen fei. Diefe 3Serfion ber Unfd^ulbigcn Slad^rid^ten, fd^on öorl^er münblid^ im Um«
lauf, erlebigt ftc^ bur^ bie änmerfung ©oebete, ©. 825. *ß
Da« gtinerar §.« ift ^ier nid^t ju verfolgen. SRu^e gönnte er fid^ aud^ bann nid^t,
ald er ftc^ feine „^ieben^burg" (1709) erbaut f)att^, eine befc^etbcne ^ütte auf einfamer
95erge«l^albe bei ©c^tüargenau. 3SielmeJ^r trieb e« i^n immer tüieber ^inauö, bie ^in unb
1^ gewonnenen ^eunbe ju ftärfen unb ntu^ gu tüerben. ®in 93ebürfnig, feinen Slnl^ang
JU organifteren, f^eint er n\i)t getannt ju ^aben. Darum f)at er nic^t Weniger nad^^ 60
laltig gewirft, benn ^jung^tiHing, ber ^ Wiffen fonnte, nennt i^n, mit X'ippd jufam«
men, „bie ,öauj)ttriebfeber ber ©d^Wärmerei, be« ^ieti^mu«, be« ©eparatiömuö unb mit*
unter auc^ ba^rlid^! be« Wahren ß^riftentum« in Deutfc^lanb". SBol^l aber ift bamit
gegeben, bafe Wir 9lad^lebenben bie Don i^m angegangenen SBirfungen feiten mit ©id^er^
^eit auf if^n jiurücfjufü^ren Vermögen. 3*" SBittgenfteinfd^en Würbe fein ©influfe burd^ m
ben anberer ^rfc^einungen, bie fi^ bort jufammenfanben, }}aral^riert. 3Rögen fte aud^
mit älu^Jna^me be« Suttlarfc^en UnWefen« fämtlid^ burd^ ibn mit angeregt fein, fo treten
fie bod^ felbftftänbig neben i^n. 9Jur am Stiebenl^ein laffen fid^ feine ©puren genauer
»erfolgen, ©r ift ber geiftlid^c ©rofeöater ^^erfteegen« geworben, ^m ^ahxc 1705 fam
er jum erftenmale in jene ©egenben, 1709—1710 l^at er feinen S3efud^ wieber^olt. (Sr w
166 ^oc^matttt
trat ^icr in eine reife ßrnte ein. 3Jie 5DJencniten in Grefelb, bic iJababiften in ÜJlüU
l([eim, SJuieburg, SBefel, bie (Sic^telianer unb lut^crifd^en SR^ftifer im GIcDefc^en, bie ^ie*
tiften in ßffen, nic^t jum toeniöftcn bie ©c^riften fiobenftein^ unb SJitringa^ Ratten ibni
tjorgearbeitet. 2Iuf ber erften Steije erlebte er in 2)utöburfl, auf ber ^meiten in SBefel
5 einen Äonflift mit SKagiftrat unb ©eiftlidbteit. 2)ag SDuieburger 3Ser{;ör, über ba^ fein
eigener Seric^t vorliegt, jeigt feine Äirc^enfeinbfd^aft auf bem §ö^e})unfte: SJie 5ßrebiger
j)rebigten öffentlich Säfterungen, Sügen unb Unlpal^rl^eiten ; barum ge{;e er nic^t in bie
Sirene, benn er mü^te fonft folc^en ^rebigem öffentlich h)iberfj)rec^en ; bie Äirc^e bürfe
nur auö lebenbigen ©liebem unb iCinbem ®otte« beftel^en, toelc^e man an ber Siebe er=
10 fenne; toeber bei ben Sut^eranem nod^ bei ben Sieformierten feien tiefte be^ toa^ren
(Sotteebienfte^ bor^anben; barum muffe man nac^ 1 iio 6 au^e^en bon biefer Äircbe.
2)er SBefeler Streit ging um einen ©rief §.ö („eine« berufenen Jtned^te« 3i^f" CSbrifti
unb untoürbigen Wiener« ber aUgemetnen c^riftlid^en Äirc^e") an ba« 3}Jinifterium, be«
gn^alte«, ,,bafe atte äußerlichen ©eften unb Sieligionen au« ber SSertoirrung au« Säbel
16 il^ren Urfprung ^aben, fintemal gur ^<Ai ber Sieformation bie große S5abel nic^t gefallen
ober gar aufge^öret, fonbern ftc^ nur in brei Steile geteilet l^abe. ©ie möchten fi(| n)ol^t
t)rüfen, ob fie toal^re, gefalbte 5|iriefter be« §erm feien i? ob fte t)on ®ott felbft unb ßl^rifto
3efu, bem aUerglortoürbigften .^aujjt ber ©emeine, gefanbt feien, ba« 6t>angelium öon
3cfu Gl^rifto an bie SKenfd^en o^ne einige« 3fnfel(|en ber ^erfon ju berfünbigenV 6r \^ah^
20 bie Seute in SOSefel auf nid^t« anbere« getoiefen, al« baß fie ben ®ott, ber fie gefc^affen
l^be, unb ben ^t\\xm, ber fte ertöfet i}aU, bier in ber ©nabenjeit foDten mit toa^rem
lebenbigem ©lauben im®runbe be«.öerjen« annehmen". 2In bie münblic^e 3Serl^anblung,
ju ber §. auf biefen S3rief l^in öorgelaben Ipurbe, fd^loß fid^ ein ©c^rifttüed)fel, in ben
auc^ §.« greunb ^\!ppd öon §ollanb au« eingriff, unter bem ^fcubon^m Äleinmann
26 unb unter ber 9)la«fe eine« älteften ber reformierten Äirc^e. Über bie SBcfeler ^rebigcr
unb bie beftel^enbe Sirene ergießt 3)., toie Da« bon i^m nic^t anber« m ertoarten, bie
gange Sauge feine« ©t)otte«, für feinen tjr^nb aber tritt er ein mit aller Screbfamfeit,
bie i^m ju Oebote ftanb: er jeige ben emjig rid^tigen SBeg, auf bem ®ott gu finben,
unb fei ber treuefte SRac^folger 3^fw fl"f "^^^ fireuge«h)ege. 2)er ©treit jog fic^ lange
ao l^in unb ift nie ganj jum 3lu«trage gebracht, ^^x aber ift auc^ fj)äter noc^ nac| ffiefel
gelommen, um bort ba« ßöangelium bon ß^riftu« für un« unb in un«, toie er e« Der^
ftanb, unter großem ^nlan^ gu Jjrebigen.
SBid^tiger al« ber SBefeler ffirc^enftreit ift, baß §. auf feinem gleiten Sefud^e am
Slieberr^ein (1710) ben Äanbibaten Sodann SBil^elm §ofmann ertoedEte, ber fpäter ber
36 geiftlic^e 3Sater eine« lerfteegen iourbe unb für ü)lül^eim unb Umgegcnb ber gortfefeer
bon $.« SBerf. ©er 9Kann in ber „$ilger^ütte" ju aJlüll^eim tourbc ber (grbe be« Sc^
tool^ner« ber „grieben«burg". Ob er in biefem 38erl^ältni« nic^t nur ber (Smjjfangenbe,
fonbern gugleic^ ber ©ebenbc getoefen ift, fte^t haf^in, 3wng=©titling nämli^ meint, baß
$ofmann al« ftubierter 3:i(|eologe getoo^nt geioefen fei, ,,ric^tiger ju fc^ließen unb gu
40 beulen al« anbere unb al« .{^od^mann f eiber; mitl^in reinigte er ^oc^mann« Seigre unb
9lrt gu lel(|ren. 2)iefer ließ ftd^ auc^ toiHig unterrid^ten unb reifte enblic^ felbft gebeffert
bon SJlül^eim ab". Slun ift e« richtig, baß toir §. im testen 3Äl^^5<^)[)"t feine« Seben«
milber toerben feigen, aber ob ba« auf be« jungen «iSofmann ßinfluß gurüctgefübrt tocrben
barf, ift fraglic^. ®oebel folgt einem anberen ^raigmati«mu« unb fc^reibt biefe SSJanb^
46 lung Dielmel^r bem einjälf^gen ©efängni« in Slümberg (1708—1709) unb bem beru^i=
genben 2lufentl^alte auf ber ftiHen ^ebcn«burg ju, au^ feinem reiferen ßl^riftenalter unb
bem fd^merjlid^en (Srlebniffe einer ©(Haltung unter feinen ätn^ängern im Sübingenfc^en
unb SßJittgenfteinfc^en. @« toar ja nur natürlich, baß in einem Greife, ber bie 2^aufe an
ßrtoac^fenen öoUjogen feigen tooute, bie 5^age ber SBiebertaufe früher ober fjjäter auf-
60 taud^en mußte. §., bem e« nic^t fo fepr um bie äöaffertaufe al« um bie SJac^folge
ß^rifti gu t^un toar, in ber jene erft ftäftig toerbe, ^ielt bie an bem Minbe bolljogenc
8ef})rengung fc^on für gültig unb genügenb, ioenn nur \pätcx bie ®cifte«taufe ^ingu
lomme unb ftc^ in ber Slad^folge Gl^rifti betoeife. ©ein öertrautefter Slnbänger bagegen,
älejanber 3Jlact, unb mit il^m öiele anbere, forberten Sffiieberl^olung ber SBaffertaufe im
66 ertoacbfenen 9llter, tourben alfo eigentliche SBiebertäufer unb brachen barüber gan;( mit ^q,,
ben fte nun einen §euc^ler unb ^rrgeift fc^alten, toeil er ibre Äonfequenj nietet teilen
tooHte. $., ber an biefer (Srfa^rung fc^toer trug, ging ben älbtrünnigen bi« in bie
©d^loeij nad^, jeboc^ t)ergeblic^: Don feineit einftigen 2tn^ängern h)urbe er ärger be^anbelt
al« je bon ben aSertretem ber organifierten Äirc^e. 9lber eben unter biefer bitteren Qx-
eu fo^rung toäre nac^ ®oebel bie milbere ©eftnnung au«gereift, bie §.« le^te S^^re fenn=
^oc^mantt ^odjmitt 167
jeic^net unb fic^ am beutlid^ften in bcm ©enbfc^rciben au^ ber grieben^bur9 Dom 3. 3)es
jembcr 1714 auöfprid^t. Seine frül^ere Äirc^enftürmerei ift ^ier burd^ ben GJebanfen be^
„intoenbigen S5abel" übertounben. ^^^at bleibt er babei, ba| bie J)roteftantifc^e Jttrd^e
arg im ißerfaH fei, aber nic^t er toill fte reformieren, öon ®ott ertoartet er Sefferung,
eine ^Reformation ber ganjen G^riftenl^eit. S)urc^ menfc^Kd^e SWad^t toerbe „ba^ unter 6
allen Selten, unter großen unb Keinen, fid^ felbft aufgetoorfene Sabel" geloil ni(^t ge*
ftürjt. 3)ie 3lad^e über S3abel ^abe ©Ott ft^ felbft Vorbehalten. SBoDen aber bie Äinber
(Sottet Säbel ftürjen l(|elfen, fo fönnen fie bie« nur fo t^un, ba| fie fic^ emftlic^ mit
bereinigten ©ebetwäften ®otte naiven: er tooHe fic^ bo4 felbft aufmachen unb loolle
„ba« innere unb au|ere Säbel, ba^ in ber gangen SBelt, au^ unter ben meiften jjrom« lo
men, bie ftc^ rühmen aui Säbel au^eaangen }u fein unb über bie anberen l^oc^ l^er-
fa^en tootlen", burc^ feine gro^e Äraft ftünen. — SRic^t, ba| $. in ben ©c^ofe ber
jnroteftantifc^en Äird^e gurüdgefe^rt toäre. 2lber er toirb bel^utfamer in feinem urteil,
bef(^eibener in feinen g^elen. 3)ie t)roteftanttfcl^e Äird^e ift i^m immer noc^ ein 2^eil bed
äußeren Säbel. 3tber nic^t bon bem gilt e^ lo^ufommen, fonbem t)on bem intüenbi^en, i6
ba« man fo leicht untjerfel^en^ mit l^inau^nimmt, tüenn man ba^ äußere berlä^ Diefer
3Kann ift immer nod^ unfird^lid^, offen unfir^fli^, aber mit bem Äir^enfturm ift e^ öor«
bei. 6r }}rebigte feine älbfonberung md)x „aU nur öon allem, toa& (Sott jutoiber". SDa«
le^te überlieferte SBort auö feinem 3Kunbe toar: „2lffe« berfc^toinbet, unb nid^t^ ate^^w«
bleibt auc^ in ber ginftemi« ba^ Sid^t." ao
^nfjel^n ^af)x^ nad) $.^ Heimgänge befuc^te lerfteegen ba« ®rab in ©d^loarjenau,
unb ba er einen £eicf;enftein t^ermi^te, ging er bie alte ^ebtoig @o})bie um einen fold^en
für §. an. Sie ftellte bie Sebingung, bafe 2:erfteegen bie ©rabfc^rift berfaffe, unb ot^^
balb l^atte er ben SReim bei ber §anb:
SBie 606$ ift nun ber aR2l5R5R, ber l^ier ein Äinblein gar, 26
t erginnig, üoHer Sieb, boc^ auc^ boH ©lauben« lt>ar;
Ion 3^0*^^ Äönigd ^rac^t er geugte unb brum litte;
©ein ®eift flog enblic^ ^in, unb l^ier gerfiel bie §ütte. »»ffe.
^oc^mitt. — gbenfo toie ba^ S33ort 2)emut lann bag SBort §od^mut in religidfem
toie e^ifd^em ©inne berftanben iüerben. Söö^renb im gegentoärtigen ©})rad^ebrau(^ berao
Untere beborgugt toirb, überwiegt im biblifc^en, namentlid^ 312;«, ber erftere. Seibe« l^ängt
freilid^ ena mit einanber gufammen, ba ber gügellofe $oc^mut, ber fid^ gegen ®ott aufs
lel^nt, aucp feine ©t)i$e gerftiJrenb gegen bie ©efeUfd^aft rid^tet, unb bie egoiftifd^e §offart,
bie fic^ feinblic^ gegen bie 5Rebenmenfc^en toenbet, fid^ eben barin auA gegen ®ott fe^
SBo^enb nun bie gried^ifd^e ^ömmigfeit ber gügellofen ©elbftentfeffelung ber vßgig, in 86
ber ro^e Segierbc unb toilbe fieibenf^aft bie bon ben ®öttem aufgerichteten Orbnunaen
getoaltt^ätig burc^bric^t, bie SRegel ber ma^altenben aay^Qoavvrj entgegenfteßt, in oer
bie überlegenbe Semunft angefid^t« ber ©egentoirfung ber ®ötter ©elbftbefmnung unb
©elbftbefc^eibung leiert unb ben ^^rieben ©d^ranlen auferlegt, fteßt bie altteftamentlid^e
®ottegoffenbarung, nad^ ber ber aHmäd^tige @<^ö}}fer unb §err ber SBelt ba« ®ange toie 40
ba« ©ingelne lenft, alle ®üter f}}enbet unb olle Übel öerl^ängt, al« SRic^ter unb Sergelter
über ber Seobad^tung feine« SBiHen« tüad^t unb in Sarml^erji^feit unb ireue bie ©einen
fegnet, bem felbftifc^en ^oc^mut ber grebler al« normale relwiöfe Serfaffung be« ©ettffc
gefül^l« bie SJemut entgegen (<Bpx. 8, 13), bie ftd^ im Setou|tfein ber eigenen ärmut unb ^ilf««
bebürftigfeit bor ®otte« SKflmac^t unb ®nabe beugt „ipope SKugen" l^affet ber $err Q>pt. 46
6, 17. „SBa« l^oc^ ift unter ben ÜRenfd^en, ift ein ®reuel bor ®ott". Sc 16, 15. Sjjl.
5Pf 75, 5; 101, 6; 3ef ©ir 10, Uff. 2)erÄoc^mut ber©tolgen ifk barum X^orl^eit (^er
49, 16), toeil er feinem SBefen nac^ bie niÄertoerfenbe ®egentoirlung ®otte« l^erbeigiel^t
3ef 13, 11 ; Cb 3). gm 31X toirb ber altteftamentlid^e ©egenfa^ bon §od^mut unb
abemut al« ber ®egenfafe ber ©timmung be« ©elbftgefüi^l« in folfc^er unb toa^rer Sie» go
ligioptät aufgenommen (Sc 1, 51. 62 ; 1 ?ßt 5, 5). äbgefel^en babon aber, bafe er fo
ben Unterfc^ieb ber j)l(|arifäifc^en ^römmigleit bon ber be« SReic^e« ®otte« femtgeid^net,
lann er im 31% nic^t mel^ eine centrale ©teile einnel^men, ba gegenüber ber ^ftibität
ber ®nabe ®otte« in 3efu ß^rifto ba« entfd^eibenbe ®etoid^t auf ba« Ser^alten gu i^r
in ®lauben ober Unglauben föSt. ^ie ^emut ift alfo \)m bie ben ®lauben unb bie 66
Siebe begleitenbe Serfaffung be« ©elftoefü^l«, ba« ftc^ fd^led^tl^in abl(|ängig toeife bon ber
göttlichen ®nabe, beren ßrfal^ng aber ein freubige«, felftgetoiffe« Slül^men ber Siebe
®otte« nic^t au«fc^liefet. 2)em gegenüber lommt ber ^oci^mut religü)« in Setrac^t in gorm
ber falfc^en ©elbftüberfc^ö^ung, toeld^e bie ®nabe ®otte« in ^^u Gl^rifto ablehnt, meil
168 $od|mitt
bte eingcbtlbctc ©dbftgerec^ttgf eit il^rer ntd^t bcbarf (9Kt5, 5; Sc 15,7), tüeil ber felbfttfd^c
Scbenötrieb fu^ burd^ eigene Äraft ©ered^tigfeit ertoerben tüitt (SRö 4, 2 ; 9, 31 ; 10, 3),
toeil man im Wi ba« $eil fd^on j^u l(|aben glaubt (SRö 2, 17 ff.), toeil man tüeltlid^e
®röfee ^ö^er fc^ö^t al« bo« unfd^einbare ©bangelium (So 5, 42. 44; 11, 48; 12, 43;
6 SDW 23, 5 ff.) unb Don trbifd^em Olanj ftd^ nid^t Io«mac^en fann (3Kt 19. 23. 24),
ober toeld^e bie fd^on angeeignete ®nabe ®otte^ gefö^rbet ober l)erliert, toeil man ftd^ auf
®runb be« gewonnenen Seftfee« in falfd^e ©ic^erl^eit einbiegt (Slö 12, 21; 1 Äo 10, 12)
ober auf bie bon ®ott em})fangenen ®aben ungegrünbete« Selbftlob baut (9Jlt 7, 22 ;
1 Äo 4, 7 ; 1 Äo 13, 1 ff.), ober ftd& in ben ffial^n be« gertigfein« eintoiegt. (St^ifd^ betrachtet
10 befte^t ber $od^mut in ber ©elbftüberl^ebung, bie lieblofe ^erabfe^ung anberer in ftc^
fd^Iie^t, rul^e fie nun auf eingebilbeten Sorgügen, auf Begabung, SBeft^, ß^renfteHung ober
auf religiöfer Äräftigfeit. 3^^ offen biefen gormen finbet er bie Verurteilung c^riftlid^er
®efinnung, jeige er ftd^ in SDlienen unb ©eberben ober in SBerfen ober in %i)atm (3a!
2, 6 ff. u. f. h).). S)enn er berieft unb »erbittert, fd^äbigt alfo bie Siebeggefinnung an^
16 berer unb fäet ^^ietrad^t unb Unfrieben (5pibi 2, 3). 3lm fd^Iimmften öon allen formen
be« J&od^mutg i|t ber geiftlid^e §od^mut (1 5to 8, 1 ff.), nic^t nur toeil er in Slnbetrac^t
beffen, bafe äffe ®nabengaben emjjfangene finb, in ftc^ toiberfijrud^^boff ift, fonbem befon=
bei« toeil biefer innere SBiberf})rud^ bie ®efal^ ber ^euc^elei mit ftd^ fü^rt (Sc 18, 11—14).
geber §od^mut ftel^t öor bem ^ff (3Kt 23, 12).
20 3!)a bie 5RormaIität be« reiigiöfen Setoufetfein« fd^led^tl^inige« Vertrauen ju ®ott in
ftd^ fd^Iiefet, unb ba ber ^oc^mut folfd^e« ©elbftbertrauen bejei^net, fo ift biefer ein ents
fd^enbe« §inbemi« ber Ergreifung be« §eite. Der Übergang t)om ©ünbenftanb jum
®nabenftanb ift ba^er, toie Sutl^er im Straftat bon ber d^riftlid^en ^ei^eit (Dgl. meine
2lu«g. ber brei grofeen 3fleformation«fd^riften bon 1520, ®ot^a 1884, ©. 287), befonberö
26 in ber Slu^Iegung ber Vu^falmen betont, nur boffjie^bar in ber Erfahrung be« eigenen
UnbermiJgen«, in ber" man, „red^t gebemütigt unb ju nid^te getoorben in feinen 3lugen,
ntd^t« in fid^ finbet, baburd^ man möge gercd^tfertigt unb felig toerben". ^"f^^f^'^ ^^^
§od^mut Unbufefertigfeit in ftd^ f(^Iie|t, urteUt Sut^er über il^n (Äird^en^joft., $reb.
t&er Sc 18, 9 ff.): „®ott bergiebt alle ©ünbe, affein bie ^offart fann unb loiff er nic^t
ao bergeben ; too §offart ift, ba lann nid^t fein Vergebung ber Sünben". SQ3o aber mit bem
negativen 5Koment be« ^u^ammmhxtdfza^ be« $oc^mut« fic^ bag t)ofitii^e 5Koment be«
bertrauen^offen Ergreifen« be« §eite berbinbet, l^at ber Staube im gufammenfc^lufe mit
ber giJttlid^en ®nabe bie Vejal^ung be« 3lb^ängigleit«ber]^ältniffe«, toelc^e bie 2)cmut er-
forbert. 3)er®Iaube fd^fie^t alfo ben^od^mut fo }}rinjij)ieH au«, toie biefer jerftörenb auf
86 bo« ®Iauben«[eben toirlen mu|i. Xro^bem erzeugt ber ^od^mut auf bem Voben be«
d^riftlid^en Seben« immer neu bte felbftertoäl^Iten Veftrebungen einer ba« einfädle ßl^riften-
tum Überfliegenben felbftti^ätigen ©eiligfeit. Unb ber §od&mut erzeugt auf firc^lid^em
Soben immer neu ba« ©treben na^ Umfe^ung be« Sleid^e« ®otte« in ein §errlic^Ieit«retc^
Don biefer 3BeIt. Unb ift in bertoeltlid^ter ^ömmigteit unb Jlirc^e ber ^od^mut unau«:
40 bleiblic^e Äranf^eit«erfd^einung, fo regt er ftq bei gefteigertem Eifer ber Heiligung toieber
im 3Sonfommen^eit«h)a^n angeblid^er ©ünblofigfeit. ^arum mac^t Sut^er im großen
Äated^i«mu« gegen jjeben ?ßerfe!ti«mu« bie fünfte Sitte geltenb: „©otd^e« aber fofl nu
bagu bienen, bafe un« ®ott ben ©tolj bred^e unb in ber 2)emut ^alte. ^tnn er f^at
'iifm fürbel^olten ba« Vorteil, ob jemanb toöffte auf feine grommfeit })od^en unb anberc
46 berad^ten, bafe er fid^ felbft anfeile unb bie« ®ebot bor äugen fteffe, fo toirb er finben,
bafe er eben fo fromm ift al« bie anbem, unb muffen äffe für ®ott bie gebem nieber^
fd^Iagen unb fro^ toerben, bafe toir ju ber Vergebung fommcn, unb bente e« nur nicmanb,
fo lange toir l^ie leben, bal^in )u bringen, baf er fold^er Vergebung nic^t bürfe."
Eine böffige Verfd^iebung erlitt ber Vegriff burt^ bie Entfte|ung unb äu«bilbung
60 be« Äatl^olici«mu«. 3"t>em nämlidj^ burd^ ba« ®eltenbtoerben ber 2Iuftorität ber .^ierarc^ic
unb ber 3:rabition an bie ©teffe be« (Slauben«gel^orfam« im ©inne bon SRö i, 5 ber
®el^orfam gegen bie Äirc^e unb i^re Seigre trat, erjc^ien bieSo«löfung bon i^r al« frebel=
bofte ©etbftüber^ebung inbibibueffer 2Bifffür, ber ^od^mut al« ©runbbergel^en im firc^-
Kcpen ©inne. Unb inbem in ben mönd^ifd^en Vereinigungen ber ©e^orfam ba« toic^tigftc
66 Srforbemi« ber Drganifation tourbe, getoann in ber ÜJlönd&«moral bie Demut ben ©inn
be« Verjid^t« auf }}crfönlid^e ©etbftbeftimmung, eigene« ®etoiffen unb eigene E^re, unb
oI« $od9mut galt bie ftd^ nit^t einfügenbe ©elbftftänbtgfeit. Von ber fir^lid^en toie bon
ber miJnd^ifd^en SJloral an^ tourbe fo burc^ bie UnterbrüdEung ber ^erfönlic^feit bie su-
perbia in ba« Sic^t ber fd^limmften, ber eigentlichen SOSurjel-Sünbe gerüdtt. Sluguftin
6o(8enn. 46 de past. )u &} 34) fagt bon ben ©elten: ,,una mater superbia omnes
^oc^mnt 169
genuit . . . non ergo mirum, si superbia parit discissionem, Caritas unita-
tem". 3)ie obedientia feiert Sluguftm (c. adv. legis et pr. 1, 14) ate maxima virtus,
afe omnium origo materque virtutum. 3BteberlS;oIt ^at er bie superbia ateSrunb«
unb §aiH}tfünbe ^tnßeftellt; Enarr. II ^u^f. 18 fü^rt er au^, bon i^r feien atteSünben
ausgegangen, fte l^abe au^ einem (Sngel ben 3!eufel gemad^t, fte ^abc (toie fc^on Drigene« 6
gelehrt ^atte) ben ©ünbenfaD Deranlafet, biefer ©ünbe iregen ift ®ott SKenfc^ gehjorben
in 3)entut; „propter hoc Vitium dedignantur coUa subdere jugo Christi, ob-
ligati artius jugo peecati, non enim servire non eis continget . . . nolendo
servire nihil aliud agunt quam ut bono deo non serviant, non ut omnino
non serviant, quia qui noluerit servire caritati, neeesse est ut serviat ini- lo
quitati." §atte f(^on ^rubentiuS bie superbia ate ©runbfünbe l^ingefteHt, fo geid^-
nete ®regor fte ate radix cuneti mali. Unb biefe 2luffaffung tourbe in ber Sd^olafttf
burd^ ^etruS Somb. in ben Sentenzen burd^gcfül^rt, tnbem er fte afö bie erfte unter ben
7 vitia capitalia vel principalia J^infteHt, auS benen omnia mala bertoorge^en : auS
ber superbia aber follen bie übrigen 6 ©runbfünben entfjjringen ; auf fie führte er alfo is
aud^ ben %aü ber ^rotoj)laften unb toeiter j^urüdfgreifenb ben %ali beS ieufefe jurüdt.
2Bcnn nun ^etruö 2. bon bem %aü ber ^ßrotoplaften urteilte, bafe er toieber gut*
gemacht tüerben fonnte, h)eil er unter bem Sinflufe fatanif^er SSerfü^rung erfolgte, öon
bem %aü beS ©atanS, bafe er, ireil nur eigenem antrieb entfprungen, enblofer SSer^
bamniö an^eimlieferte, fo ergebt fid^ bie S^ttjierigfeit, h)ie ein gut gefc^affener (Sngel über- 20
^aui)t ber superbia ^ugängli^ fein lonnte. 2)a6 aber ber 2ieufel ein gefallener ßngel
fei, toar fc^on jur ^^\t be« Drigene« toeit Verbreitete Slnfid^t unb lourbe im ^Mittelalter
allgemein geleiert. 2lnfelm in ber Sd^rift de casu diaboli fülS;rte ben goD auf ben
SBillen beS ©atanö jurüdf, ber ®ott gleid^ fein unb ftc^ in abfoluter ©elbftftänbigfett
über ©Ott ergeben tooHte („appetiit illud, ad quod pervenisset, si stetisset"), 26
fonnte freilid^ in feiner SBeife anfc^aulic^ madfjen, toie ein guter ßngel, bem ®otted Slb«
folutl^eit unb Mmac^t flar fein mufe, einen folc^en ©ebanfen überl^ai4)t faffen fönnte, unb
h)ie bei ber rein geiftigen 9latur ber ©ngel ein gwtereffe beS ©ünbigenS, ba« eine au^
reic^enbe 2iriebfeber ergäbe (in einem commodum, baS einen ^öl^eren ®rab ber (Slüdfs
feligleit berf^jräd^e), aufgetoiefen toerben lönnte. if^oma« bon Slquino erfannte bie l^ier ao
borlicgenbe ©d^toierigleit unb poftulierte bie ©rflärung beS %aü^ au^ ber geiftigen 9?atur
ber ßngel, fam boc^ aber nur ^u einer Äomt)ilation ber beiben au« ber alten Äirc^e über«
fommenen 6rfIärungSh)eijen, inbem er i^n an^ ber 9lic^tunterh)erfung be« geiftigen SQSillen^
unter ben abfoluten Spillen ableitete, alfo au^ Stolj berbunben mit 5Reib, ba ber Stolg,
toaS er ift, au^ eigener Äraft fein toiH, unb ba ber SReib baS ®ute an anberen, ba« er s6
afö t)erfönlic^eS ,f>inbemi« anfielt, nid^t leiben lann: ber ©atan tooHte fein h)ie®ott unb
göttliche ©eligfeit l;aben burc^» feine eigene SRatur. S5ei einem ßngel aber, ber bollenbete
®üte unb ©eligfeit ^at, unb ber in boHenbeter Slnfc^auung ber göttlid^en §errlid^feit ftel^t,
läfet ftd^ mit folc^en SluSfagen ebenfotoenig eine SBorfteDung berbinben, toie mit ber Seigre,
bafe aus folc^em ätnlafe ein guter (Sngel xu ber baö Söje ate folc^eS ttJoHenben SBelt* 40
mad^t getoorben fei. Äann man mit bem Segriff guter 6ngel nur ben natürlid^er 3)emut
tjerbinben, unb behält ber §oc^mut ftetS, ba er nur unter ben Sebingungen beS ftofflid^cn
Organismus erflärlic^ ift, einen ftnnlid^en Älang, fo toerben burd^ bie 3wriidffül^rung beS
JaHS beS ©atanS auf bie superbia bie borliegenben ©d^toierigfeiten nid^t gelöft. 6S ift
baS ein $unft, an bem bie ?lWangell^aftigfeit ber mittelalterlid^en ^onerologie unb bie 46
unrichtige ßinglieberung beS ^od^mutS gu Jage tritt. 2Benn trofebem alt})roteftantifc^e
3)ogmatifer teilloeiS auf bie fd^olaftifc^e aibleitung beS gallS ber Böfen ßngel auS su-
perbia ^urücfgrtffen (Saier, Comp. th. pos.), fo gefd^a^ eS auS SRatloftgfeit (93ater:
qualenam fuerit, non satis darum est) bei ber Serlaffenl^eit bon ©c^riftauSfagen.
2)ie neuere 3;^eologie l^at erfannt, ba^ bie ^eilige ©c^rift über einen gaH beS ©atanS 60
unb feiner ßngel nichts Ic^rt. 3lber ber ©ünbenfaH ber ^rotoplaften toirb nod^ öielfadj^
an^ ^oc^mut („fein trotten tüie ®ott") 'abgeleitet, toobei freiließ baS ju ©rflärenbe jum
grflärungSgrunb gemad^t toirb: benn toenn bie ®ntftel^ung ber ©ünbe erflärt toerben fott,
unb ber ^od^mut jtoeifelloS ©ünbe ift, fo mü^te ja bocp aufgezeigt toerben, too^er ber
.^oc^mut entftanben ift. 66
33eftel^t baS SBefen ber ©ünbe in ber ©elbftfuc^t, bie tjermöge beS ®egenfa^eS beS
3biocentrifd^en unb i^eocentrifd^en il^re ©t)i^e gegen ®ott, t)ermöge beS ®egenfa|eS beS
ßgoiftifc^en unb-beS 3lltruiftifrf)en gegen ben SRäc^ften feiert, fo ift ber §oc^mut feine
ft)ejiette ©ünbe nad^ ber einen ober ber anberen Slidjitung, fonbem bejeid^net in beiben Se^
gie^ungen bie ©t)iegelung ber eigenen ßuftänblidj^feit im ©elbftgefü^l, nac^ toelc^er biefer eo
170 $od|mttt $obge
ein SBcrt jugcfc^ricbcn toirb, b'er i^r in SBirflic^feit nid^t julommt. ©otoo^I in bcr nega^
tiben ^rm bcr abgefc^Ioffeneren ^uriid^altung toie in ber ^ofitiDen gorm ber Stufecrung
b'urc^ ffiSort unb X^at fann ber §oc^mut fojialer (auc^ l^oKtifc^er), moralifd^er unb rcli«
ßiöfer ärt fein unb fann in bi^en'2(rten fel^r öerjc^iebene ü)lifc^ungen eingel^en. ©er
5 fojiale Jpoc^mut flü^t ftc^ auf enblid^e ©üter ober Sc^eingüter ; in 3Serbinbung mit 3Sof)U
tooHen ift er ^erablaffung. 3)er moralifd^c ^oc^mut giebt ftd^ ate 3:ugcnbftoIj unb ©clbft^
gerec^tigleit, in feiner Äel^rfeite aU libertiniftifd^e ober ftarfgeiftige SÖIafierl^eit. 3)er reli*
giöfe §oc^mut jeigt ftd^ nad^ ber einen ©eite im 2)ünfel ber fultifc^en Seiftungen, ber
grömmigfeit, bcr aSoHfommen^eit ober im 3leIigion^=, Äirc^cn^ unb ©eftcnftolj, nad^ bcr
10 anbercn ©eite in fjjöttifd^er (SIeicbgiltigfeit, frechem %xo^ unb Säfterung ©otteö. 3luf
d^riftlic^em S5oben ift ber geiftlic^e §o^mut nidfjt blofe, toie SButtlc meint, „baö lüg^
ncrifc^c $od^en auf ben öermeintlid^en 93efi^ bcr ©otteefinbfc^aft bei noc^ unbcfel^rtem
§crjen", fonbem fann aud^ bei h)irflic^cr Sefefirung ftatt^aben, ift aber in iebem %aU
pxx ben S5eftanb beg ©laubenölcbcn« gefä^rlic^, al« bem ©nabenftanb in ftc^ tt)iberf})re(^cnb
15 (1 Ro 4, 7 f.). ß- ßemmc.
^obgr, ei^arH geft. 1878. — The Life of Charles Hodge, DD. LL. D., $rofcffor
in the Thcological Semioary Princeton, N. J., By his Son A. A Hodge, iWcro^orf, Charles
Scribners Sons 1880.
Äarl §obge tourbe um bieSBenbc beg 27. unb 28. ©ejembcr 1797 in ?ßl^ilabclj)]^ia,
2o5pa., geboren. 6r entftammte einer im 5!ö^rc 1730 au« ^rlanb eingeJüanbcrten gamilic.
©ein 3Sater, ber ftc^ toä^renb be« Unab^ängigfeitigfriegc« al« Slrjt au^ejeid^net l^attc,
bon ben (Snglänbcm jum Äriegggefangenen gemacht, auf ®corg SBafl^ington« 3ntcrt[)ention
befreit toorben toar, ftarb bereit« 1798, bie ©attin mit jtoci Änaben t)on 2 3a^ren bcjU).
6 9)ionatcn jurüdtlaffenb. 3)ie beiben ©ö^ne erfreuten fi(^ bcr trcuften mütterlichen
2ö ©orgfalt. 2)cn erften ©d^uluntcrric^t em)3fingcn fie in 5piS;tIabeIJ)l^ia, auf 2Inorbnung ber
SWutter lernten fie ben SQSeftminfter Äated^i^mu« auötocnbig, ben bcr gamiIiei4)aftor Dr.
Slf^bcC ®reen i^nen abl^ören mufetc. 3^ ^Cii}x^ 1810 ging*« nad^ ©omert)iIIc, 5R. 3v
in bie Satcinfd^utc, 1812 im ^l^ja^rc nac^ ?ßrinccton, too 5?arl ipobgc in bie ätabcmic
eintrat, toelc^e er im ©c})tcmber bc« gletd^cn ^a\)xt^ mit bem ßoUcg öcrtaufd^te. 3lm
80 13. Januar 1815 legte er ein öffentliche« ©Iauben«befenntni« ob unb fc^Iofe fic^ ber
}}re«b^terifc^cn ©emeinbc al« ©lieb an. 3"^ ^a!f)xt 1816 tourbe er in bem Dier ^a!l)xz
öor^er gegrünbeten t^cologifc^en ©eminar in ^Princeton immatrifuliert , an tocld^cm
Dr. 9lrc|ibalb 2llejanber unb Dr. ©amuel SKiHer, gtoei ÜJlänner Don großer ©clcl(|rfams
feit unb l^crjlic^er ^ömmigfeit, al« ?Profefforen toirften. 2)er ßrftcrc ^atte ftc^ um Äarl
HB $obgc fd^on licbcDott angenommen, folange biefer noc^ im EoHeg ftubierte, er leitete feine«
(§ct;üler« tl^eologifd^c ©tubien unb na^m ibn, nod^ cl^c berfelbe ba« ©d^Iu^CEamcn ab-
gelegt l^tte, jum 5Jlitt)rofeffor in äuöftc^t.
2lm 27. ©e})tember 1819 beftanb öobgc ba« ©jamen. hierauf ging er nac^
?P^iIabel))l^ia, too er auf SBunf A be« Dr. älcjanber bei ^rofeffor Sanf« nod^ eingel^enb
40 §ebräifcl^ ftubierte, nebenbei and) fein Söiffcn im ©riec^ifc^en bcreic^ernb unb auc^ in
mebijtnifc^en gäd^em ancrfennen«h)erte Äenntniffe fic^ crtoerbenb. ^m Sö^rc 1820 tourbe
er gum Slfftftcntcn für bie ©runbf)3rad^en ber 93ibel am ti^eologifc^en ©eminar in ^rim
ceton ernannt, 1822 tüurbe er bon bcr ©eneralbcrfammlung ber j)re«b^terifd^en Äirc^e
gum ^rofcffor für oricntalifc^e unb biblifc^e ßitteratur beförbert.
46 6r toarf fic^ nun auf umfangreid^e ©tubien. SBä^rcnb er 3SorIcfungen über ben
SRömerbrief unb bie Äorint^erbriefe ^ielt unb Slbl^anblungcn über ben Urfprung ber ©t)rac^e
unb bie ©runbfö^c ber ^ermencutif fd^rieb, ftubierte er ^cbräifd^, ©torifc^, 2trabifc^,
^angöftfd^ unb SJcutfc^. ®ie le^tgenanntc ©J)rac^e mag il^m fauer genug getoorben fein;
er nennt fte eine „exceedingly difficult language" unb fc^reibt einmal öon „thedull
60 task of learning German". 3!)oc^ ^at i^m bie aufgelranbte 5Kül^e bie fc^önftcn
^c^te getragen, ^m ^af)xc 1825 grünbctc er -bie g^tfc^rift „Biblical Repertory, a
collection of tracts in Biblical Literature", bie er, tciltoeifc in SSerbinbung mit an=
beren Sil^cologcn, unter me^rfad^ ücränbcrtcm 5Ramen (1829 : „Biblical Repertory, a
Journal of Biblical Literature and Theological Science", 1830: „Biblical
66 Repertory and Theological Review", 1837: „Biblical Repertory and Prin-
ceton Review) l^crau«gegcbcn unb ju tüclc^cr er felbft im ganjen 142 JÄrtifcI bei-
gcftcuert bat
3n bem ©efül^Ic, bafe il^m ju einem gebei^Iic^en SBirfen noc^ öiel fcl^lc, bat ßobgc
im ^al^re 1826 um einen {tocijä^rigcn Urlaub, ber i^m auf 93e^rtPortung feiner beiben
^obge 171
ÄoHcgeii bercittDilliöft ßcitjä^rt iüutbc. 2)tcfcn Urlaub bcnu^tc er ju einer 6uroj)areife.
3)en SBintcr 1826 27 brad^te er in^ari« ^u, h)o er bei ^rofeffor 2)e®ac^ ärabifc^ unb
©^rifc^ ftubierte. S)aö eommerfemefter 1827 Ijerlebte er auf Dr. 3flobinfon« (f. b. 31.)
SRat in §allc unter eifrigen ©tubien bci®efeniu^, SWeifig, 2)]^oIuI,SBe0fc^eiber; ber fpätere
SBaifentiater in SBriftoI, ©eorg 9JJüIIcr, \vax fein 3l"ftniftor in bcutjc^er ©^rarf^e. 3Rit o
3;l^oIuI fnü))fte .^obge inniae Jreunbfc^aft an, bie toäl^renb be^ ganzen Seben^ beiber
3Känncr anbauerte. ^m Drtober toanbte er fid& nad^ Berlin. 2)ort lebte er im Um«
gange mit Otto unb Subtoig i?on ©crlad^, 33aron Äotttüi^, ^rofeffor ^oUtoeg, Ijor«
jüglid^ aber mit 9?eanber unb §cngftenberg (f. Sadj^mann, Seben §engftenberg^ 11, ©.30).
3lai) einer Sleife burc^ ganj 3)eutfc^lanb, ©d^toei^, granfreid^ unb ßnglanb fe^rte lo
§obgc im .^erbfte 1828 nac^ ^ßrinceton jurücf. ©e^r jur fjreube feinet Sel^rerd
Dr. Sllejanber, ber in beftänbiger Slngft gefc^tüebt ^atte, fein ©d^üler möchte in 2)eutfdS>s
(anb^ ,/giftiger 3ltmo(})^äre" ein SRationalift tüerben, War ber ^\imiQdtl}xt^ bem alten
©lauben treu geblieben unb beabfic^tigte nun, auc^ feine ©c^üler in jold^em ^u lehren.
@r begann mit einer 33orlefung über bie (iraftifc^en SBal^rl^eiten, »Deiche bie Umftänbe is
frember ©taaten unb Sänbcr il^m eingejjrägt l^atten. 6r prie^ barin ba« in Slmerila
Ijorl^errfc^enbe Scftreben, bie Set^ölferung aller ©tänbe geiftig ju ^eben unb bie Rirdj^e
freijufeien Ijon ben Seffeln be^ ©taate^. 2)abei fe^le freiließ bie religiöfe älu^bilbung ber
Sugenb, h)ie fie in S)eutjc^lanb ju finben fei. ©eine 2;^ätigfeit erftrecfte fid^ bann auf
orientalifd^e unb altteftamentlic^e Sitteratur, neuteftamentlidj^e Sitteratur unb Sibelhritif, 20
Unterridj^t in ^ebräifc^er @pxai)t, §ermeneutif, f^ejielle Einleitung, ^eilige ©eograp^ie,
ßtegefe be^ 31 unb 31%^. Der 3lnfängerflaffe be^ Seminar^ ^ielt er fünfjig '^aifxt lang
SSorlefungen über bie paulinifc^en ©riefe. 2lufeerbem jjrebigte er in ber Äirc^e be«
©täbtlein^ unb im Oratorium be^ ©eminar^. ©eine 5Prebigten, bie er feiten frei \)\At,
foHen äu^erft anjiel^enb unb oftmals t)on Jjacfenber ©etoalt getücfen fein. 25
3m 3a^re 1834 erhielt er ijon SRutgerä ßollege, 9?eU) »rungtoitf, 9?. 3., ben litel
SJoftor ber it^eologie. ^m 9Jtai 1840 h)urbe er jum ^rofeflor ber f^ftematifc^en 2;i^eos
logie ernannt, bie gäd^er ber biblifc^en unb orientalifc^en Sitteratur gab er an 3<>f^^
aibbifon aileranber ab. Slufeerbem befleibetc er eine Sln^abl toic^tiger SertrauenöfteDungen
in feinem Äirc()enlörj)er. 1868 jog er [xd) l)on ber Slebaftion be« „Repertory" jurücf, so
1872 feierte er unter h)ettrei(|enber Slnteilnal^me fein fünf^igjäl^rigeg Jubiläum afe
^rofeffor am ^rincetoner tl^eologifc^en ©eminar, 1877 übergab er feine 5Profeffur an
feinen ©o^n 3t. 31. §obge, h)eld^er fcfion feit mehreren ^Qi)xm fein ®el^ilfe gehjefen toar.
3lm 19. Sw'^i 1^78 ftarb er mit bem 2;rofte: „3lufeer bem Seibe fein ^ei^t beim §erren
fein, beim Ferren fein Reifet ben §enen fe^en, ben Ferren feigen Reifet i^m gleich fein." as
2)ag geben biefe^ 9Jianne^ flo^ bal^in h)ie ein ©ilberftrom. 2)ie §anb be« ^öd^ften,
ber er alle^ an^eimfteUte toon frü^efter 3^0^^ <^"/ W i^^ ficbtlic^ freunblic^ geleitet,
^eilic^ fehlte e^ auc^ nic^t an Seib. ©d^on in feinen jungen ^a^ren feit 1822 ber*
fjpürte er in feinem rechten Seine eine getDiffe ©c^tüäd^e, bie i^n am ©e^en be^inberte.
2)a« Übel i?erfcf|toanb faft t^öHig n)äl^renb feine« 3tufen^alte« in 6uro}3a, fo bafe er ol^ne 40
Sefdj^tüerben in ber ©d^^toeij 93erge befteigen lonnte. (Srft im ^al^re 1833 trat ba« Uebel
in ein afutc« ©tabium. ^^ünf ^ai}xc lang fonnte er gar ni^t ge^en. 3la^ i?iclen er*
folglofen §eiltjerfud^en, teitoeife befd^merlic^en Auren, begann feit 1838 burc^ toarme
8äber unb falte 2)ujd^en ba« Übel ju fc^tüinben, fo ba^ c^obge tüieber in ©ebrauc^ feine«
Seine« fam. greilic^ beburfte er hjäl^renb feine« ganjen ferneren geben« eine« ©torfe«i6
Ol« ©tü^e.
3m ^a\)xt 1849 ftarb feine ^^au, eine Urenfelin Senjlamin ^anflin«, mit ber er feit
1822 verheiratet getoefen h)ar; im '^ai}xt 1852 ging er eine neue &)t ein mit einer
^eunbin ber ijerftorbenen ©attin.
9Son §obge« geiftungen ift fein SSirfen al« t^eologifc^er gel^rer obenan ju nennen. 50
@r ftcllte bie Ideologie in ben S)ienft be« ©lauben« unb, fo fe^r er auf grünblid^e
Äenntniffe brang, ging il^m bie Srjie^ung feiner ©tubenten ju lebenbig gläubigen
^rebigern über alle«. SSon feinen Sorlefungen rühmen feine ©cfiüler, fte feien flar, auf-
richtig, fc^riftgemäfj, gcifterfüÜt geioefen. ©ie nennen feine 3:^eologie eine cfiriftojentrifc^e.
35ie« gieltborjüglic^bon feiner f^ftematifd^en1beologie,beren3nM^ er nodf^ in feinem ^o^en 66
Sllter (1868—1872) für ben3)rucf au«arbeitetc (Systematic Theology, erfc^icnen 1872).
3)a« 9Berf, ba« er bann aud^ feinen 2?orlefungen ju ©runbe legte, ift Ijollftänbig im
©tnflang mit ßaltoin« Ibeologie unb ber SBeftminfter Sonfeffion gefcbrieben. 6« umfaßt
nac^ einer ßinleitimg über 93{et^oben, 2J;eologie, 9lationali«mu«, 5R^fti5i«mu« i?ier 2;eile;
eigentliche X^eologie, 3lnt^roj)ologie, ©oteriologie, (S«c^atologie. @ine au«fü^rlic^e Se^anb^ co
172 ^obge ^0e tiott ^9tttegg
tung bcr Seigre \>on bei ÄtrdS^c fel^tt barin; in bem Seftreben, baö 2öcrf auf bic
§ö^c ber S}^i ju führen, fmb manche ber neucften (Sr^c^einungcn auf bcm ©ebicte
ber Ij^cologie ju eilfertig burd^gelefen n)orben, tooburcp einige 3^^^»"^ beranlafet
toorben ftnb. ^er lut^erifdS^en Il^eologie lä^t ba« SBerf mel^r ate getoöl^nlid^e ©erec^tig^
6 feit tüiberfa^ren.
©ie grüc^te feiner ejegetifc^en arbeiten finb bie Kommentare ju bem Slömerbriefe
(1835), bem (Sjjl^eferbriefe (1856), bem erften (1857) unb bem ^toeiten (1859) Äorintl^er^
briefe. 3)er d^riftlic^en ^ugenb follte bienen ein für bie amerifanifc^c ©onntag^fd^uls
Union gefd^riebene«, nad^l^er in unjä^Iigen ßjemjjlaren ^verbreitete« ©dS^riftd^cn „The Way
10 of Life". 35ie« ©d^riftc^cn tourbe t)on ber London Religious Tract Society nac^^
gebrudft unb fjjäter erfd^ien gar eine Überfefeung in« ,§inbuftanifc^e. fiubtoig.bon ©ertad^,
bem ba« Heine '^nä^ JuföKig jufam, fd^rieb bem 35erfaffer ein ^erjlid^e« Snerfennung«^
fdj^reiben.
Sebeutenb toar §obge« Sf^ätigleit in feinem Äird^enförj)er. ®iefem leiftete er einen
16 großen 2)ienft burc^ fein 1839 erfd^ienene« S3ud^ „Constitutional History of the
Presbyterian Church in the United States", in toelc^em er überjcugenb nad^toie«,
bafe bie })re«b^terifd^e Äirc^e Slmerifa« nic^t bon ben Äongregationaliften abftammt, fonbem
birelt \)on ©c^ottlanb naä) 2tmerila bertjflanjt tourbe. Sluf bie (Snttüitfetung ber ^re^b^«
terifd^en Sxx^^ in Slmerifa im 19. 3^^^^«"^^ W ©obge burd^ SBort unb ©d(^rift be=
20 beutenben (Sinflufe ausgeübt. ®r unb feine ^rincetoner ÄoUegen unb ^eunbe („Prin-
ceton Men") ftanben auf ©eite ber „Old School Presbyterians", ol^ne inbejfen aUe
©d^ritte berfelben gutjul^eifeen. ©r toar für 3lbfc^affung be« „Plan of Union" bon
1801; toeil berfelbe in feinen folgen ber ^re«b^terifd^en Äirc^e ©emeinben unb ©lieber
entfrembete unb ber Äongregationaliftenfird^e jufü^rte. 6r tüar aber nid^t mit ber 3[rt
26 unb SQäeife einberftanben, toie bie Slbfc^affunö bon ber ©eneralberfammlung bon 1837
bolljogen tüurbe, burcfi bcren Übereilung bie* „New School Presbyterians" jur©eceffton
getrieben tourben. 6r tooDte 3"^^ ""^ auffielt in ber Seigre getoa^rt toijfen; bod^^
foHten fold^e abtoeic^enbe Se^rmeinungen, burc^ toelc^e bie Äird^enlel^re nicfit irritiert tocrbe,
fein ©egenftanb ber ©i^jijvlin fein, ©ie „new measures", toelc^e, bon ber fongre^
30 gationaliftifc^en ©eite ftammenb, bon ben „New School Presbyterians" angenommen
tourben, bertoarf er. Site im 3a^re 1867 eine SBieberbereinigung ber beiben S^cxQt ges
plant tourbe, toar §obge ein ©egner be« ^rojefte«. 3" feinem „Reperi;ory" brad^te er
bon 1835—1867 Serid^te über bie ©eneralberfammlungen, in benen eraHe Sefc^Iüffe be*
gutac^tete ober bertoarf, je nac^bem fie mit ben Se^ren ber ^eiligen ©d^rift unb berÄirc^e
36 übereinftimmten ober benfelben ju n)iberf})rec^en fd^ienen. 2Bar er felbft auf einer ©eneral«
berfammlung anioefenb, fo toar fein äBort bon großem ©etoic^te.
©ein 5Rame h?irb für aUe 3^'*^" ^^ i)o\)m 6I;ren mit ber })re«b^terifd^en Äird^e unb
bem 5Princetoner t^eologifc^en ©eminar berbunben bleiben. , ß. 83reitbeL
pit bon $denegg, 3Wa tt |(^ i a«, geft. 1645. — ®Iei(ft, AnnalesEcclesiastici 1730; Selfetcr,
40 ©efdjidjtc bcr fäd)f. Oberf)ofprebigcr 1856; ßubrolg ©cfiroabe, ^rfädjf. ^irtftenpolitif im dienen
9lrcf)iu f. födjf. ©ef*. SBb XI, 1H90; (grnft Otto, 2)ie @(ftviftcn be« erften furf«d)f. Cbcrf)of-
|)rebl9er« ^. ü. ^. (^roöromm bc8 SSi^t^umfdjcn ®\)mnQfium« in 3)rc§ben) 1898.
§öe bon ^öenegg, ber ^ur 3^^^ be« breifeigjäl^rigen Kriege« einflußreiche Dberl^ofs
})rebiger, ber erfte biefe^ litete, am furfäc^ftfc^en ,^ofe. ©eboren in SBien am 24. ^ruar
46 1580 ate ©o^n eine« bortigen ^rofeffor« ber düid^tz unb toirf liefen 3fleid^l^ofratd lutij^e-
rifc^er Äonfeffion, bcr 1592 mit bem ^\x]aii „bon §öenegg" geabelt tourbe, tbar er afe
5linb bon fe^r fc^mäc^lic^er Äonftitution, aber mit ©aben au^erüftet, bie minbeften« er
felbft nic^t unterfc^ö^te, fc^reibt er boc^ fjjäter über feine rafd^ auffteigenbe Saufba^n : „ob
bieg aüc^ möglich getoefen toäre, toenn ©Ott nic^t bor anbem mic^ mit einem bome^men
60 ingenio begabt ^ätte, ba« laffe ic^ ^u berftänbiger fieute 5Rac^bcnfen gefteHt fein". S)ie
Sefuitenfünfte, bie ben Änaben auf ffiien« ©tepl^anef c^ule m befted^en fu(^ten, unb bana^
ber ©cgenfa^, in toelc^em ber Unterricht ber ganj calbiniftifc^en Seigrer be« ©^mnafium«
ju ©te^r ju bem feine« früheren ganj flacianifc^en §au«lel^rer« ftanb, mögen nid^t o^ne
ßinfluß auf feine f^ätere fonfeffioneHe §altung geblieben fein, ßnblid^ — fo fd^reibt er
bs in ber ©elbftbiograp^ie, beren 3Wanufmj)t D. ©leic^ auf bem Slittergut Sungtoi^ bei
2)re«ben feinerjeit eingefe^en ^at — bin ic^ auf bie Uniberfität unb jtoar nad^ 9Bitten=
berg berfc^ictt Sorben, toclc^e ic^ h)egen be« ©ebäc^tniffe« be« fetigen Sutl^eri bon Kinbe«
Seinen an geliebet. 3Kit boHer 3wftimmung feine« 3Jater«, ber tro^ ber Vorurteile femer
@tanbe«genoffen fic^ freute, baß „an^ feinem ©efc^lec^t einer ©Ott am SBorte bienen unb
$0e tiott ^0enegg 173
ben politifc^cn Stanb ^intanfefecn tooHc", crtpä^Itc er ba^ ©tubium bcr 2^l^coIogie, unb
h)enn er auc^ ebcnjo in bei ^J^ilofojj^ie fic^ fleißig übte unb „boe Studium juris gu«
glcic^ mit ber Il^eologtc auf ein ^al}x trafttrtc", fo tüorb er bod^ burd^ bie SSer^eifeung
5)a 12; 3 in feiner abfielt, bei ber i^eologie ju bleiben, toef entließ beftärft. 5Wöc^te man
aber fd^on in biejer bon i^m felbft bezeugten Il^atfac^e ben ß^arafterjug be^ Streben« 6
nac^ ©lang unb Qf)xt, 't>c^ ©tolge« unb ber §offart, t^ermuten, fo gicbt ba« toeitere fieben
^6^ folc^er 3)eutung nur aUjufel^r Siedet. 2Bir toerben e« getoife nic^t tabeln tooHen,
h)enn er ben au^erorbentlic^en ^leife, ben er bamate aU ©tubiofu« betoiefen, f})äter feinen
©offnen jum SJorbilb ^infteUt; toir lönnen aud^ begreiflich finben, toenn er mit einem
getoiffen §o^gefül;I ^erborl^ebt, ba^ er, erft 21 ^al^re alt, Sicentiat ber Il^eologie gc« lo
toorben unb balb barauf bei feinen ^riüatüorlcfungen jebe^mal (?) 200 3u^örer in feinem
JloBegio gehabt; aber toenn un« jc^on bie SBic^tigleit nic^t besagt, bie er feiner aKer«
erften ^rebigt, gef^alten ju Äemberg bei SBütenberg, beilegt, fo t^erbriefet e« erft red^t, ba|
er bei bem Slegierung^antritt beiJ 18 jährigen ß^riftian II. fid^ bei biejem burd^ einen
^aneg^Iu« ju infmuieren unb eine Seförberung an ben 2)reöbener §of gu erreichen i6
fuc^t, „bamit er nic^t fein Seben elenbiglid^ Einbringen muffe unb ben ^^Jopiften Segens
ftanb be« ©potte« hjerbc". 3" ^^ 2:F^at toirb er 1602 jum britten ^ofprebiger in
3)re«ben ernannt, bcrfic^ert aber nun, bafe er fid^ „niemal« unterfangen, bergleic^en toic^s
tige« 3lmt ju fuc^en." 3)ocE fc^on 1603 folgte, toeil er too^l be« nötigen 2:afte« feinen
älteren Stmtßbrübern gegenüber entbel^rte unb be« ©trcite« fein ©nbe toar, feine Berufung ao
jum ©utjerintenbentcn in flauen. 1604—1611 ^at er, ber mit finanjietter Unterftü^ung
bcö i^m fe^r hjo^ltootlenben Surfürften balb nacb bem ^lauener 9lmt«antritt bie SBürbe
eine« S)oItor« ber Il^eologie gu SBittenbcrg erlangte, bort im SBoigtlanb in großem ©egen
getoirft. gern bon ber feinem ©trebertum gefäl^rlic^en ^ofluft fonnten feine fc^önenöaben
fic^ ungeftörter jum SBo^l ber ©emeinbe entfalten. SlÜerbing« blieb er in lebl^aftem 3Ser= 26
lel^r mit 3)re«ben unb fuc^te ber ©tabt 5piauen burd^ feine Sefanntfc^aft am fäc^fifc^en
§ofe mannigfad^ gu bienen ; ber Äurfürft erl^ielt il^m auc^ feine ®unft, bejjeugte fie burc^
t)er{cEiebene ©}>cnben unb erlaubte il^m 1611 nur unter ber Sebingung, bafe er auf ®rs
forbem in ben 2)ienft be« fäc^fifc^en £anbe«l;erm jurüdtreten tooUe, bie Slnna^me be«
Stufe« al« Sireftor ber Stmngelifc^en Jtirc^en unb ©c^ulen in $rag. Sort blieb er, bon ao
ben Sut^erifd^en Dere^rt, öon ben Äat^olilen berfolgt, bi« go^^«" Oeorg I. 1613 i^n
al« DberEoft)rebigcr nac^ 2)re«ben jurürfrief. S)iefem 3lmt, ba« er 32 S^^re lang bi«
ju feinem 3:obe befleibete, tou^te er mit bem neuen litel auc^ neue SKac^tfüBe ju erringen.
3toar galt c«, et;e fein näc^fter 2lmt«genoffe, ber ftreitbare §ofprebiger ^änic^en, fic^ ber
ungetool^ntcn ^errfc^aft fügte, einen 5 3lal^re lang toäl^renben Äam^f, an bem bie fogar 85
burd^ ärgerliche ©trafeenfcenen jtoifc^en beiben 2:beologen aufgeregte äürgerfc^aft 2)rc«ben«,
in jtoei Sager geteilt, lebl^aften 9lnteil nal^m ; aber al« biefe §el;be mit ber (Entfernung
«tjänic^en«, ber nadj^ $rag berfe^t tourbe, fiegreic^ beenbet toar, fonnte §öe al« Äirc^ens
fürft ober ^o^erpricfter — bie ®egner fpöttäten §öepriefter — feinen ©nflufe in un«
befd^ränfter 3Beife geltenb machen. 40
(g« barf nic^t t^erfannt toerben, bafe §öe ein aRann toar, bem ba« SBo^l bonÄirc^^e
unb ©d^ule toirllic^ am §ergen tag, unb ber bal^er aud^, fomeit e« i^m in ben balb
burdj^ bie Ärieg«ftürme jerrütteten 3uftänben be« Sanbe« mi)glid^ tvax, feinen toielbermögen*
ben (Sinflu^ bei bem pvax ba« Sefte tooHenbcn, aber geiftig befc^ränften dürften jum
©eften t)on Äirc^e unb ©c^ule benu^te. (S« ift njo^ltl^uenb ju fe^en, toie er t)or5ug«h)eife 46
bie gj^eunbjc^aft bcrjenigen unter ben bamaligen 2:l;eologen fuc^t, in benen bie ®aben be«
Seifte« fic^ am meiftcn mit frommem ©inn toerbanben, toie er mit toa^r^after ß^rfurc^^t
um ba« SBo^lmoUen 3<>^ä"" ©erwarbt« mirbt, toie er in ba« freunblid^fte SJerl^ältni« ju
3Rännem toie 3Rei«ner, SRen^er unb ©eubert tritt, unb toie er in feiner Äorrefj)onbeng
mit biefen e« in t^ergbetoegenben äUorten beflagt, ba^ fic^ feinem emften SBoDen jum öü
•Öeil ber Äirc^e fo toielc ^inbemiffe entgegenftetlen. äluc^ ber (Sörli^er 2:Eeofo})l; ^olob
öö^me toitl i^m offenbar feine |)erfi)nlid^e grömmigleit attcftieren, toenn er fc^reibt, ba|
.^öe bie neue (Geburt unb ben neuen SDJenjc^en jc^t felbft leiere. (S« unterliegt ebenfo
leinem 3^^^f^^# ^^fe ^ ^^"^ lut^erifc^en SSefenntni« \)on ganjem $erjen juget^an toar,
l^at er boc^ nic^t nur bereit« in einer 1600 erfc^ienenen 3Bittenberger 2)i«^utation ben 66
rijmifc^en ^^Jontifej al« älntic^rift bejeic^net unb ba« guerft 1603 t)eröffentlicEte „Q\>an^
gelifd^e §anbbüd^lein, barinnen untoiberleglic^ au« einiger ^eiliger ©c^rift erliefen n)irb,
toie ber genannten Sutl^erijd^en ©laube re^t fatl^olifd^, ber S3ä))ftler Se^re aber im ©runbe
irrig unb toiber ba« ^eiOle SBort ©otte« fei", immer toieber in neuen Stuflagen au«gel^en
laffen, fonbem auc^ 1605 einen Äommentar jum ©alaterbrief mit ber befonberen älbfid^t 00
274 ^0e non $0enegg
Ijerfafet, bic aflcd^tfcrttgunö^le^rc in Iut^crif*cm ©innc flanutcgcn, unb cbcnfo in jabU
rcid^en ©c^riften gegen bie 6a(bintften feinen lut^erifd^en ®laubcnöftanb})unft unjtoeibeutifl
^erüorgel^oben. äfe ber SBeit^bifd^of bon Äöln, ^etruö Gutfemiu^, bie ©ad^jen jur Slücfs
le^r in ben belannten ©^afftall aufgeforbcrt, gicbt §öe 1622 in feiner ©egenf^rift ein
6 Kare« 9liemafe mx 2tnth)ort; aud) bcrteibigt er im hierein mit anberen 3:i^eoIogen 1628
unb 1631 bie Sluguftana aU ^oc^itjerteften äugapfel unb t^eure^ Äleinob. Unb mnn
er, ber burdj^ feinen eigenen Seben^ang fc^on al^ ^ünling in ben Äamjjf mit ben Sie-
formierten ^ineingebrängt toar, aUjjufc^arf unb aHjul^eftig biefen ©trcit fortfe^te, inbem er
nic^t ettüa nur nac^ bem 1613 erfolgten Übertritt be^ branbenburgifc^enRurfürften ©igiömunb
10 bon ber lutl^erifc^en jur reformierten Äirc^e ,,bie lut^erifd^en ß^riften, fo ju SSerlin unb
fonft in ber 6^ur unb 3J?ar! SSranbenburg fi6) aufl^alten, treu^erjig erinnerte, bafe fie \a
um i^reö §eifö unb ©eelen ©cligfeit toiHen fid^ mit ber neulich angegangenen ©tümt)et
fonfeffion auf leinerlei SBeife nod^ SOBcg einnehmen taffen möchten", fonbem ben i;raftat
be« ^ot^Iart) genfer auf« neue ^erau^ab : „ob, mie unb toarum man lieber mit ben $ai)iften
16 ©emeinfd^aft l^alten foHe benn mit ben ßalt^iniften" unb beffen ^n^alt nod^ überbot burd^
ba« eigene SBerf \)on 1621 : „Slugenfd^einlic^e 5Probe, toic bie ßatoiniften in 99 fünften
mit ben 2trianem unb 2^ürfen übereinftimmen", fo toerben toir geU)i^ biefe Äamjjfe^toeife
nid^t red^tfertigen, l^öd^ften« bebauern, ben ftäm})fer felbft aber bod^ in Stüdfid^t auf ben
®eift jener 3^it milbe beurteilen Knnen.
20 9Die bebenllic^fte ©eite an §öe« SBirffamfeit ift bie |)olitif(^e. 2)iefe mu^ afe l^od^?
bebeutfam anerfannt toerben. Srec^er in ber StUg. beutfc^en Siograpl^ie Sb 12 ©. 542
fü^rt ein SSoBölieb jener ^Ät an: ,,2)iefe« la^ mir brei ftolje Pfaffen fein", ba« ben
großen ©influ^ ber fürftlic^en 8eid^tt)äter jener 2;age befunbet unb neben „3[ob",
bem Äatlj^olifen, unb „3Sater Slbra^am" (©cultetu«), bem ßalt^iniften, „§erm ÜRa|" b. 1^.
25 SKatt^ia« §. b. ^. aU toid^tigften SSertreter ber Sut^eraner nmnt Unb toenn .§öe felbft
f^reibt: „3n ^olitifd^e 9{atf(|läge menge id^ mid^ ntc^t, e« toirb mid^ aud^ nicmanb in
ber |)olittfc^en Slateftube benfelben beimoi^nen gelegen traben", fo fommt in biefen SBorten
tool^l nur fein UntoiUe barüber jum Stu^ruct, bafe in ben offiziellen Beratungen be^Qe-
l(^eimen 3late^, an benen er felbftberftänblic^ nid^t teilnehmen tonnte, feine $läne fo
80 mand^e« 3Kal gefc^eitert feien, unb man barf e« i^m glauben, bafe er nic^t immer für bic
bort gefaxten ^efc^lüffe Derantioortliic^ gemacht Serben fönne. ^'^"^^^i" f^^^ gunäd^ft
beibe« feft, fotoo^l ba^ fein Sanbe^^err ibn in allerlei 2)ingen, auc^ in i)olittjd^en e^^agen,
ju SRate ^og, afö and) bafe ,^öe feinen 3flatfd^lägen einen augerorbentlid^en Diimbu« gu
üerleil^en trefflich berftanb. 3)a« ßrfte finbet §öc felbftoerftdnblic^, Ratten boc^ auc^ Äönige
86 3^raete auf bie ©timme ber ^Propl^eten geachtet. 2)afe e« fid^ aber bei ben JRatfc^lägen
an ben Äurfürften aud^ um politica ge^anbclt, babon jeugen |)öeö politijd^e ©c^riften.
Unb toenn er borgibt, ba^ er in folc^en fragen allemal nur „bie ©eh?iffen«fac^cn theo-
logice refolbiere", fo ^ebt er bie« ©ort jclbft baburc^ auf, bag er gelegentlid^ ganj au«=
brüdlic^ neben ben religiöfen bie politijc^en ©rünbe nennt, bie für feine anficht \pxt6)tn.
40 2)a« ^tü^iU aber, baft er feinem SRat großen TOmbu« berlie^, toirb niemanb leugnen
tooHen gegenüber ben ftoljen 3Borten, in benen §5e fic^ al« 5Diunb bc« §erm unb feine
Slatfc^läge al« oracula Spiritus sancti bezeichnet, ^it fold^en ääorten ftimmt auc^
ba« Silb, ba« un« bon feinem ganjen auftreten gejcic^net ioirb. 2)er 3J?ann, ber mit
golbenen Äetten unb auffallenber flleibung einl^erfc^ritt, ber in ber ©efelligfeit ber großen
46 SBelt ju §aufe ioar, ber ben Äurfürften unb anbere ©lieber be« §ofe« nid;t feiten an
feiner Jaf el fa^, ber feinen Ämbem eine Slei^e fürftlic^er ^erjonen ni ^at^en gab : er
toollte eben nid^t nur ber Dber^ofjjrcbiger fein (er l)atte ja aud; bie SBürbe eine« faifer^
lid^en ^faljgrafen erlangt), er Sollte al« cbangelifc^er Äirc^cnfürft c« ben l^öc^ften Söürben^
trägem ber römifc^cn Rirc^c gleich tt^un. ©o gcn)i6 nun bie größten fragen jener ^^it
60 ba« lirc^lic^c ©ebiet berührten, fo geU)i^ h)ar c« für einen 3J{ann bon folc^cm (S^rgeig
au^erorbentlic^ fc^mer, bie jarte ©renglinie inne ju {galten, bie bem cbangelifc^en ©eift=
lid^en burc^ bc« §erm ffiort: „3)lein Sleic^ ift ni^t bon biefer SBelt I" gebogen ift. 6r
\)at fie in ber %^at toeit überfc^ritten, ^at fid^ in berSloUe eine« ^olitifer« gefallen, bem
alle ^^arteien um feine« ßinfluffe« toiUen SJea^tung fc^enften, unb l^at burc^ bie« fein
65 })olitifc^e« SBirfen fomol^l feiner jäd^fifc^en ^eimatl^ al« ber ebangelifc^en ©ac^e Unt^eil
bereitet.
Tlan ioirb e« biHigertoeife mit in SWed^nung gießen, ba^ in Jturfac^fen bie älbneigung
gegen bie Reformierten längft trabitionell geioorben toar unb ba^ man bei bem Cfterreic^cr
^öe eine bejonbere ©^mpatj^ie für fein alte« iBaterlanb bcrftel^en lann, aber ob ber lu=
60 t^rifc^e Dber^of^rebiger feinen l(^ö^eren ®efu^t«j)unft tannte '< Db ba« Sw^'I^u"^ ^cr Stcs
^0e tiott $0tttegg 175
formation, ba« er mit großem ^ornj) ijom 31. Dftobcr bi« 2. 9?oi?cmber 1617 in ©cene
fe|te, für be(fen rechte ^eier er in einer ,,Parasceue ad solemnitatem Jubilaeam
Evangelicam" allen ©eiftlid^en be^ Sanbe^ Anleitung gab, unb an bem er felbft 3 ^ubd*
fe[tj)rebigten l^klt, i^m nic^t ba« etoangelijc^e Setüufetfein gegenüber }3erfönlici^en ©^m-
tHxt^ien unb fleinlid^en 3?orteiIen ^ätte ftarf macf^en joden V Äurj bor bem geft toar ber 6
Äaijer 9Jlattt;ia« mit feinem So^ne gerbinanb in 3)re^ben gemefen, furj nad^^er famen
bie Äurfürften bon ber $falj unb bon SSranbenburg — Sigue unb Union bemühten fid^
um bie greunbfc^aft Äurfac^fenö: nodj^ tooUte e^ §öe mit feinem berberben, barum
fc^toanfte auc^ ber Äurfürft unb fud^te nac^ Sluöbruc^ be^ Kriege^ nur ju bermitteln. 2)a
galt e« bie Söfung beö Streitet um bie bö^mifd^e Äönig^frone ; §öe toar ber 3Keinung, lo
ba burcfi ben Iutl;erifc^en ©rafen ©c^lict ein Seit ber bö^mifc^en ©tänbe i^n gebeten
l^atte, eö burc^juje^en, bafe S'^^ö'^" ®eorg bie bö^mifd^e Ärone annähme, e« löge bie
fentfd^eibung in feiner §anb: toeld^e Snttäuf^ung für ben ehrgeizigen 3Kann, ate bie
9lad^ric^t anlangte, ba^ man in ^rag ben cafeiniftifd^en ^faljgrafen getoäl^lt ^abe; nun
lä^t er an ben ©rafen eine (Spiftel loö, in ber fein gefränfter ©tolj unb fein 3Rut gegen 15
bie ßalbiniften gleic^erh?eije fo überjd^äumen, ba^ er ben Söl^men bamit eine bebenfüc^e
aSaffe in bie ^anb gab; ber Srief, oft gebrudft, in^ ßjed^ifd^e unb Sateinifc^e überfe|t,
toar j^umal mit feiner inbireften SJtufforberung jur Untreue gegen ben Sanbe^l^erm ein
böfed S)enlmal für ben lut^erifc^en Dber^ofprcbiger unb crful(^r in „einem tool^lmeinenben
?KiffHj" eine fd^arfe 3lbmel;r, beren ©inbruct burd^ eine unter 3iol^ann SK^liu«' SRamen au«- 20
gel^enbe SBiberlegung laum gemilbert toerben fonnte. 2Benn nun aber ©ad^fen ganj auf
bie ©eite bc« fatl^olif^en, bon S^uiten be^enfc^ten 5tai|er« trat unb in feinem 2)ienft bie
toegen Slec^t^bruc^« fxd) aufle^nenben ^Proteftanten befäm^fte, t)on benen allerbing« nur
ein Xcxl bem lut^erifc^en, ber übertoiegenb größere bem reformierten SSefenntni« angel^örte,
fo ift biefe Il^at ^iol^ann ®eorg« ^um guten leil auf §öe« Äonto ju fe^en. 9li^t nur 35
berietet ber faiferlic^e ©efanbte bon (Stoern unter bem 22. unb 23. ^bruar 1620 nac^
SBien, bafe §öe bem Äurfürften täglich mit auflagen gegen bie Sö^men in ben D^ren
liege, bie ßabiniften mit ben fd^toärjeften färben male unb in eignem ^romemoria feinen
Äerm aufgeforbert ^abe, bem Äaifer §itfe ju leiften : nein, toir beft^en §öe« eigne S)ars
fegung, in h?elc^er er bie offenbar noc^ befte^enben Sebenfen feine« Äurfürften ju be« ao
feitigen unb bicfem ju bemeifen fud^t, bafj er nic^t ettoa ®eh)if[en« balber üerbunben fei,
ben^enen8öl)men bcijufte^en, bielme^r mit gutem ©etoiffen bem römifc^en Äaifer äffiftenj
leiften fönne unb joHe. 2öa« fotl man aber baju fagen, bafe in bie l^ierüber entfd^eibenben
3:age bie (Ernennung be« Dberl;of))rebiger« §öe jum faiferlid^en Comes palatinus mit
bem ditd}t ber 3Sererbung biefer 9Bürbe auf einen feiner ©öl^ne fällt ! unb bafe fid^ biefer 35
in aßermärmfter ffieife mit ber 3wfid^crung unt^ergängtic^er Streue unb mit bem SBunfc^,
e« möge ®ott Äaiferlic^er 3Kaieftät mutmiÖige geinbe auf bie SSacfen fc^lagen, i^re ^öä^n^
j^erjc^mettem, fie jurüde feieren unb fläglid^ ^u ©c^anben toerben laffen für bie erfahrene
faijerlic^e ®nabe bebanft! ©c^on unter ben 3c«t9^"«>f[^ 0<ib fic^ bie ßntrüftnng funb;
me^r ober minber beutlid^ mad;en toerfd^iebene ^lugfd^riften .§öe für ba« fommenbe SSer« 40
berben beranttoortlic^, einen erften 35}amung«ruf lie^ bie SBittenberger Uniberfität ergel^en,
unb ba« bon toarmcr 33aterlanb«liebe erfüllte „©cnbfc^reiben an ben Äurfürften t)on ©ad^fen",
ba« unter bem fingierten 9?amcn ^^afob« t)on ®rüntl)al erfc^icn, fäHtc über ben Dber^of«
Jjrebiger ein tjernic^tcnbe« Urteil unb riet bem Sanbe«^errn bringenb, biefen hochmütigen
^JJlann, ber ®ciftlic^e« unb 2Öeltlid^e« bermifc^e, balbigft ju entlaffen ober toenigften« t)on 46
polttifd^en @efd)äften fem ju galten. ®er jc^on bamal« offen au«gef}3roc^enc 3ierbac^t,
§öe fei Don ber faijerlic^en unb ^äpftli^en Partei burc^ ©clbfpenben beftod^en Sorben,
ift bi« ^eute nic^t Derftummt. %\xx ba« 3a^r 1620 möchte ic^ eine anbere Seftec^ung oI«
bie 3Serlei^ung ber 'iPfalzgrafenmürbe entfc^ieben in älbrebe fteHen. 3)afür birgt mir §öe«
eiblic^e SJerfic^erung, nic^t einen einzigen ©rofc^en empfangen ju l^aben : „ba« fann i^ fo 50
getoi^ fagen unb bet^euem, al« id^ begel^re in ®otte« §immelreic^ ju fommenl" 2)aft
aber tro| jotcber bünbigen erflärung ber SSerbac^t immer lieber auftauchte, fann nic^t
befremben, tvax boc^ §öe ju anberer ^txt nic^t nur für golbene Äetten unb bergleic^en
ß^rengaben, nein auc^ für birefte ®elbgefd^enfe fe^r em})fänglic^ unb machte fid^ fein ®e*
toiffen barau«, fte aud^ bom Äaifer immer anjunel^men, obfdj^on „ba«2äftem unb bleiben 66
ber ßolbinifc^en ?ßa«quiDanten" il^n tool^l l)ätte beranlaffen follen, minbeften« ben böfen
©(^ein JU meiben. Unb aixi) ber Slac^toelt l^at bie %\)at]ad)t, ba^ §öe, ber toeber bon
feinen ßltem noc^ burc^ feine ^rau irgenb toeld^e« Vermögen gehabt, bei feinem 3:obe
aufeer anjel^nlidf^er Sarf^aft bie Rittergüter Sungtoi^, ©öe^borf. Ober? unb 9?ieber=3lo(^h)i^,
feinen Äinbern al« ßrbe ^interliefe, biel ju benfen gegeben. eo
176 $0e tiott $0enegg $0f(ing
®ie Äaifcrli4>en l^atten i^n gebraud^t, um burc^ feinen ©influ^ ben fäc^fifc^en ftur^
fürften ju getoinnen; olö aber §öe, in bem ba^ ®eh?ifien fid^ regte, gegenüber ben uner-
l^örten SBerfolgungen bc^ ^roteftanti^mu^, bie fid^ ber Äaijer aßen Stbmac^ungen gutoiber
namentlid^ in Sö^men erlaubte, mit Sitten an ben Äaijer toanbte, bead^tete man feine
6 Sorfteßungen gar nidj^t. ©o machte e^ benn ijerle^te (Sitelieit il^m leidster, ber ©d^toenfung
feine« Sanbeöl^erm ftc^ ju affomobieren, ben einerfeit» ba« SReftitution^ebift unb anberer-
feit« bie unerwartete ©rfc^cinung ®uftaö äbolf« auf beutfc^em ©oben ba^u brängten, jur
Bd)u^\oü)x 1631 eine SSerfammlung ber }>roteftantifd^en ©tänbe nac^ Seijj^ig einxuberuten
unb bort ben 2ei})jiger })roteftantifc^en 33unb ju errid^tcn. 6« fönnte al« too^It^uenbe
10 SKilbe erfdjieinen, tvmn e« nic^t nad^ allem 3>orau«gegangcnen toie c^arafterlofe ©d^toäd^e
audfä^e, in toelc^er §öe bei biefem Stnlafe mit ben ann)efenben reformierten 2:^eoIogen
nid^t toie mit„2trianem unb^^ürfen" t^erlei^rte, fonbem toerföl^nlid^ einen leiblich günftigen
Slejefe fc^Iofe, nac^ toelc^em bie bciberfeitigen Ideologen in«fünftige einanber c^riftlic^e Siebe
erjeigen Wollten, ©d^toer genug mag e« i^m geworben fein, folc^ 3Bort ju ^Iten; faft
16 Wie ein ©euf^er Hingt e« 1635 ; „fo l^abe ic^ nun in ba« liierte Qa^r Wiber bie ßatoi-
niften feine ©treitfc^rift au«gel;en laffen". Unb e« fann un« auc^ Wenig gefaDen, ba^ er
m6) bem SCobe ©uftat) Slbolf« an ^eiliger ©tätte, in ber ®re«bener ©c^lo^Iird^e, ftdt^ in
£obe«er^ebungen ergebt, bie mit feinen fonftigen SWeinungöäu^erungen in fc^roffem SBiber=
j3ru(^ fte^en. Sin bem unf eligen ©d^Wanlen be« Rurfürften Wirb bie mangeinbe geftigfeit
20 feine« Seic^tt^ater« offenbar. 2)a6 ber ^rager griebe, ben ber Äurfürft 1635 mit bem
laifer fd^Io|[, burc^ Sefted^ung §öe« eueic^t fei, mijc^te id^ ol^ne Weitere« nic^t glauben;
ilr ben ^rei« be« erblichen Sefi^e« ber Saufi^ War bie fäc^fifc^e Stegierung Wo^l ju ge=
Winnen ; aber auffaUenb ift e« aUerbing«, bafe ^öe bie«mal ganj gegen feine ©eWo^n^eit
ben erneuten Vorwurf mit Wenig SBorten unb o^ne Jebe fc^WerWiegenbe Beteuerung ab-
26 tl^. ein Slnon^mu«, ber fu^ §öe« im ©el^eimen SKat abgegebene« ©utad^ten über be«
Äurfürften Iird^enj)oIitifd^en ©tanbjjunft ^u toerfc^affen gewußt l^at unb e« nic^t ol^ne eigne
3ut^at im Oraculum Dodonaeum an ben ^rangcr fteUt, lEann nid^t al« unjjarteiif^er
3euge gelten. 2tber bo^ fc^eint e«, al« ob biefe 3}eröffenttid^ung einer gel^eimen ©d(>rift
§öe fel[^r emjjfinblic^ getroffen ^ätte ; feine ©egenfc^rift ift bie Ie|te Seiftung feiner })olitifd^en
30 §eber ; l^infort giebt er Wol^I noc^ afßiffenfc^aftlid^e« ^erau«, aber in ©ac^en ber ^JJoIitif
^at, Wie e« fd^eint, entWeber ein böfe« ©cwiffen ober ba« ©efübl gänjlic^en aHi^crfoIg«
i^n jum ©d^Weigen gebrad^t.
e« erübrigt noc^, feiner fpejiell t^eologifc^en älrbeit ju gebenfen. 3)a^in gehört feine
ÜRitWirfung jur decisio Saxonica, Welche 1623 in 2)re«ben ben c^riftologifd^cn ©treit
85 ber 2;übinger unb ©ie^ener Jl^eologen fd^Iic^tete, fein fc^on erwähnte« et)angclif^c« §anb=
büc^lein Wiber ba« 5P(a)|ttum, ba« fogar noc^ 1871 eine neue Sluflage bei Quftu« Siau-
mann in 2)re«ben erlebte, unb fein ^Weibänbiger Äommentar gur äpolal^pfe, ber fic^ al«
^(^t 30iä^riger 3lrbeit barfteHt. ©eine fonftigen jal^lreic^cn, oft in für^efter S^ft ent^
flonbenen ©c^riften fül^rt Dtto a. a. D. an.
40 3lm 4. tflaxi 1645 ftarb §öe, Bvüp, ©trauc^ l^ielt il^m bie Seic^enjjrebigt, in S)re«ben«
©ojj^ienfirc^e ift feine fterblic^e §üße beigefe^t. D. gtoitj ^ibeHud.
^JfHnOf 3o^. aßil^. griebrid^, geft. 1853. — 3um ©ebäc^tni« 3. m &. ^öf«
ling« 2C. oon Dr. 9f?«gcI«bQd) unb Dr. X^omafiu«, 1853, 56 8.
3. 2B. %. §öfUng ift geboren 1802 in 2)ro6etifeIb, einem 3)orfe jWifc^en Äulmbac^
45 unb Sa^reut^, ©o^n bc« bortigen Äantor« unb ©^uUe^rer«, ber na^^cr ^faner unb
Äaj)itel«fenior gu SBe^enftein Würbe; Den erften Unterrid^t erl^ielt er in ber ©^ule feine«
SSater«, feit bem 11. ^4^^ awf bem ©bmnafium m Sattreutl^, bejog 1819 bie Uniberfität
erlangen. Wo er aud^ ©c^eBing l^örtc, beffen SJorlefungen feine Sichtung t)or ber iiefe
be« l^iftorifj^en 6l?riftentum« beftärften. ©obalb er ba« t^eologifc^e ßjamen gemacht
60 (1823), crl^ielt er ba« ©tabtt)ifariat SBürgburg, b. ^. bie 3Kitijertretung ber }>roteftantifd^en
Äirc^e am fat^olifc^en Sifd^of«fi^e. ^m ©ommer 1827 Würbe er ol^ne fein Stnfuc^en
jum Pfarrer Don ©t. gobft bei Stümbcrg ernannt unb trat in bemfelbcn '^aljxc in bie
e^e, bie mit 12 Äinbern gefegnet Würbe, Woi?on nur fünf it;n überlebten. S^f^I?^ ^^
$erau«gabe jWeier Heiner gebiegener ©c^riften. Worin er ben l^errfc^enben 3lationaH«mu«
66 befämp^e unb bie Baö^t be« }3ofitit)en e^riftentum« toertrat. Würbe er, auf ben SSorfc^Iag
be« Dberfonfiftorium«, tjon Äönig 2ubWig I. gum orbentlid^en ^rofeffor ber prattifc^cn
Ideologie in erlangen ernannt (1833) unb erhielt auc^ ba« bamal« errichtete unb bi«
1848 befte^enbe ej)^orat über bie inlänbifd^en ©tubierenben ber 2:^eoIogie. er l)at biefe
3tmter mit großer ireue, ©ewiffen^aftigfeit unb mit erfolg ücrWaltet, bi« er 1852 bei ber
$0f(tng ^S^ntbienfit ber ^thxitt 177
9?cu0cftaltun0 ber lird^Uc^en DSerbcI^örbe jum Dberfonftftorialrat in 3Rmd)m berufen tourbe.
6r M>ax in jeber Sejie^ung ju blefer ©teile geeignet, unb c« fnüt)ften fic^ an feine ©r^
nennung grofee unb hjo^lberedptigte Hoffnungen; auein am 12. SRotoember 1852 \)on (Sriangen
abgegangen, tourbe er \d)on am 5. 2lpril 1853 ber Jlirc^e burc^ ben lob entriffen, burd^
einen Jjlö^lic^en, h)ie er oft a^nunaöboll ijorauggefagt I^atte. 6
iie t^eologifd^en arbeiten ^öflingö bejiel(^en fi^ auf bie SSerfaffung, ben Äuitu« ber
Äird^c unb einige ber bamit jufammen^ängenben 2)ogmen. ^on ben arbeiten au^ früherer
3eit nennen \vix feine 3lb^anblung de symbolorum natura, necessitate, auctoritate
et usu, 1835, 2. 2tu^abe 1841, bie liturgifc^e 2tb^anblung ijon ber Äombofttion ber
c^riftlic^en ©emeinbegotte^btenfte 1837, iüoburc^ er ba^ SBefen be^ d^riftUdSien Äultu« jum lo
toiffenfdS^aftlid^en SSerftänbniö ju bringen fud^te, eine güHe bon geleiertem SQäiffen unb frud^t*
baren gbeen ent^altenb ; fobann t^erfc^iebene Programme über bie Seigre ijom D})fer (bed
Suftinu« 3R., Srenäu«, Drigene«, Giemen« 3llejanber, 2:ertuaian), 1839—1843 erftmafe
einjeln erfdj^ienen, jufammen ^erau^egeben 1851, für bie Äenntni« be« fat^olif d^en Djjfer-
lultu« in feinen crften Stabien t)on toefentlic^er Sebeutung. ©eine umfangreid^fte arbeit, i5
toel^er er ein gleichartige« äßerl über ba« älbenbmal^I an bie ©eite gu fteßen beabfic^tigte,
betrifft bie 2:aufe: 3)a« ©alrament ber laufe nebft ben übrigen bamit jufammen^ängen«
ben Slften ber Initiation, boamatifc^>, l^iftorifd^, liturgifc^ bargeftellt, 1. S3b, 1846 : 2. Söb,
bie ®arftetlung unb SBeurteilung ber lirc^lid^en ^Praji« l^infid^tlid^ ber laufe unb be«
Rated^umenat« ent^altenb, 1848, ein SBerf, au^gejeic^net burd; erfc^ö})fenbe Darlegung 20
be« gelehrten 3Jlateriafö, fotoie burc^ umfic^tige, toenn aud^ fel^r gebrängte Formulierung
be« lut^erifc^en 3)ogma«. ^öfling l)at am meiften bie Slufmerffamfeit auf fic^ gejogen
burc^ bie ©runbfä^e ebangelifd^-luti^erifc^er Äird^ent^erfaffung ; eine bogmatild^sfird^enr^t-
lic^e Slb^anblung, toot)on ^on 1850 bi« 1852 brei auflagen nötig tourben. 2)icfe f leine,
aber gebiegene, toa^r^aft ß^oc^e mac^enbe ©dbrift, gleicpertoeife au^gejeid^net, tüa« ben 25
gn^alt unb n)a« bie Älarl^eit unb ©urd^fic^tigieit ber 2)arftellung betrifft, tourbe burd^
bie fird^lic^en Semegungen be« '^ai)xt^ 1848 |ert)orgerufen. 6« brängte fid^ bantafö bie
3}erfaffung«frage in ben Sorbcrgrunb unb e« machte fid^ and) in Sägern eine Sflid^tung
geltenb, toelc^e, um ber Kirche bie nötige grei^eit ju berfc^affen, ben lanbe«berrli^en
Summej)iffopat angriff unb jugleid^ in SSerbinbung bamit einen bem ebangelifd^cn ^Pro- 30
teftanti«mu« n)iberftreitenben Segriff bom geiftlid^en Slmte aufftellte. Höfling ift burc^
jeine ©c^rift ber ©timmfü^rer getoorben für äße biejenigen, benen e« angelegen ift, ben
toa^rl^aft eöangelifci^en 99egriff t)om geiftlic^en Stmte unb ©tanbe feft^u^alten. 5Bir führen
no^ an, bafe Höfling eine 3Kenge bon Sluffä^en in bie Don i^m mitgeftiftete ßrlanger
3eitfc^rift für $roteftanti«mu« unb Äirc^e geliefert, ba^ er auf ber 3ln«bac^er ©eneral- 35
j^nobe (28. 3«"«^^ ^^^ 22. g^bruar 1849) bie t^eologifc^e gafultät toon ©rlangcn t)er=
treten ^at, unb bafe feine ©ebanfen bie ©runblage für bie SSorfd^läge jener ©^nobe be*
treffenb bie fünftige Drganifierung ber eüangelifc^4ut^erifc^en Äirc^e Sägern« gemorben .
fmb. 3lu« feinem 9lac^laffe ift erjc^ienen: liturgifc^e« Urlunbenbu(^, ent^altenb bie 9lfte
ber Kommunion, ber Drbination unb ^ntrobuftion unb ber 3:rauung, l^erauögegeben t)on 40
Sl^omafiu« unb ^arnarf, 1854; gragment eine« größeren üom SSerfaffer beabfid^tigten
fficrfe«, tüofür er fc^on t^iele« gefammelt ^atte. §öfling geno^ im Greife feiner Kollegen
grofee äc^tung unb SSertrauen. Qx ^ing mit Siebe an feiner Rird^e, o^ne ben ©inn für
anbere ©eftaltungen be« lirc^lic^en geben« gu toerfc^liefeen, o^ne in @ngl(^eriig!eit ju ber-
fallen. ^erjog t- 4^"'>
^ö^enbicnft ber Hebräer* — G^eor^e Redner, Du culte sur les hauts-lieux chez
les ancicns H^breux, Tn6sc d'arch^ologie Bibliquc prdsent^e ä la Facultas de Thöologie de
Strasbourg, ©traftburg 1836 (unbcbeutenb). — S3gl. ble^rtitcl „C)öt)en'' in'^Biner« SR^B 1H47,
öon 3. ®. 3Küaer in ^erjog« Die», VI, 1856, üon @tcincr in S(ftcnfel« ©S, III, 1871,
unb Wrt. „^m" üon SHie^m in beffen ^n, 7. fiiefer., 1877, 2. ?l. 53b I, 1893, Slrt. High GO
Place üon ©. G. 9lUcn in C>an»n9«' Dictionary of the Bible II, 1899; (Swalb, 3)le Filter*
t{)ümer bed Sßolfe« Söroel», 1866, 6. 156-174, ogl. 6. 420ff.: Äcil, C)Qnbbu* ber biblifcften
?lrd}äolo9ic^ 1875, 8. 451-454; C). @*ul6, ?Uttc(tanientlid)cXt)cologicM878, 8.155—157,
5.91.1896, S. 143-149; ©rncnb, fie^rbut^ ber oltteftamcntlicöcn äieIigiou§gcf(^id)tc 1893,
©. 28 ff. 38 ff. 133 ff. 279 ff. (2. 91. 1899). 65
3u §§ I unb II: Soubiffin, ©tubien jur fcmitifdjen »icligionggcfdjidjte, II, 1878 @. 143 ff.:
,,^ciItQC ®ewfiffcr, ©äume unb .t)öt)cn bei ben Semiten, inöbefunbere bei ben Hebräern"
(bof. ©.232, 252 bie öltere Literatur, luoju norf) lebiglid) ber SßoUft8nbifl!eit megen: ©co.
filebufc^, ©fi)tf)ifQ ober . . . ©emerfungen über alte SBergreligion unb fpfiteren getifdji^mu«,
Gamenj, gebrucft bei ©. ©. Äraufdje 1833); ©tabe, ö)cfcl)i(l)lc bcö »olfcö Sfrael, 33b I, 1887, co
»ealsiS^ct^riopäbie für X^eoroflie unb Dirdie. :i. IH. VIII. ]2
178 ^iiftnhitnfi ber Hebräer
8. 446-467: „Sa^iueS ©oftnung. 3)lc dultftättc unb i^re Einrichtung'' ; O^nefQlftft^Sii^ter,
Ä^prog, bic ©ibcl unb ^omtx lö9H, @. 234—238 («3)te »&m6t"); Jöenainflcr, ijebräifd^e
«[rtftäologie 1894, @. 364-383: „3)ie ältcjten ©tammeSöeiügtümcr ber ßenß Jisrft'M öor
ber $(nfieb(ung. ^ie altifraelitifd^en Heiligtümer auf bem IBuben ^anaand"; ^oroad, fie^r*
5 bucö ber ^ebräiMcn Archäologie, S3b II, 1894, @. 1—25: „C>cilige Orte ou« ber toorpolfifti*
nifd^cn Seit S^rael«. 3)ic pQläftinenfifcften ^eiligen Orte gsrael«. ?lu8ftattung ber (Jult*
ftätten''; SB. »tobertfon ©initö, The religion of the Semites, -new edition, Sonbon 1894,
S.489f.: High places (S)cutfd)c WuSgabe üon 91. Stpc 1899); ^.0. ®recne, Hebrew rock
altars, in : The BibHc»! World, «b IX, 5, 1897, @. 329—340.
10 SSgl. über ^ö^cnbicnft überhaupt: 5- S^l^r. ü. Slnbrion, 35er ^ö^encuItuS aftatifcber
unb europäif^cr JBöIfer, ©ine etftnolooifcfte @tubie 1891 unb baju 8*. ©eer, C>ciligc ^ö^cn
ber alten ©riechen unb JRömer, @ine Srgänjung ju Anbrian'« @d)rift „^ö^encultuä" 1891.
Sfcmer ügl. SSolfg. SRcicftel, Über üor^eneni|d)e ®ötterculte 1897, 8. 33 über benSufornmen^
^ang beS t)on htm $erf. angenommenen „i^roncultud'' mit ^ö^enbienft; baju noc^ Steic^el,
15 „(gin angeblicher Zf)von beg Xcrjeä", in ber Scftfc^rift für Otto ©ennborf, SBien 1898,
@. 63—65.
3u § III: ^laftuS Ugolinud, Altare exterius, in beSfelben Thesaurus antiquitatum
sacrarum, ®b X, 1 749 (I, 2 : In loco uno et \in\co Altar! sacrificanduin, 3 : De Excelsis,
C. DXXX — DXCII) ; be ©ctte : Dissertatio, qua Deuteronomium a prioribus Pentateuchi
20 libris diversum . . . esse monstratur, Jenaer ^iffertation (in Opuscula theol. 1830.
@. 163—165); bcrf., »eiträge jur Einleitung in baS ^üte Xeftament, »b 1, 1806, @. 223-261 :
„Ueber bcn ä^ß^"^ ^c8 DleligionScultuS ber g^^QC^iten in ^inftcftt auf bic ®efejgebung beS
^entatcuc^«", 8.285—299: „©efefe üon ber Einheit bc8 Ootte^bienftcS"; ®eo. fior. ©auer,
©efc^rcibung ber gotteSbicnftlicficn S^crfaffung ber alten C)cbräer, ©b II, 1806, 8. 1—143
25 (^©on ben gotteSbicnftficften Orten"); ©ramberg. ^itifcfte ®cfd^id)tc ber 9?eIiaion8ibecn beg
«. Xeftament«, ©b I, 1829, 8 5-94 („$)eiligtt)ümer") ; ©eorgc, 2)ie älteren gübifcften Srcfte
1835, 8.38—45: „(ginl^eit be« ^ciligt^um« — 8!ift§^ütte'' ; 8aalfct}ü6, S)a8 ^ofaif^e Siecht «,
1853, 8. 297—306; berf., Archäologie ber Hebräer, ©b 1, 1855, 8. 233-236; Dgl. ©b II,
1856, 8. 318ff.; 8»ief)m, 3)ie (äJcfefgebuna ^oFi« imSonbc 3Roab 1854, 8.24-31. 89-93.
30 118-120; ®raf. De templo Süonensi, Misn.1855; berf., ßbm® XVIII, 1864, 8.309-314:
„^ad bebeutet ber ^tu^brucf: t)or (äJott erfc^einen u. f. m." ; berf., 2)ie gefctjic^tlic^en ©üc^er
beS Sl.^eftomentg 1866, 8.51— 66.100f. 125. 138. 143 ; ©leef, Einleitung in ba««l. Jcftament»,
1860, 8.188-190.295-299; be^ettc, Sc^rb. ber 6ebr.MÜbifcften^rcftöoloöie,4.?l.t3on SRaebigcr
1864, 8. 274 f. 327—329: Dort, De Heiligdommen van Jehovah te Dan en te Bethel v6or Je-
35 robeam I., in : Theologisch Tijdschrift I, 1867, 8. 285— 306 •^. ^ierfon, De tempel te Silo,
cbenb.8.425— 457 (freie 3fJcprobuftion üon®rafg Tempi. Sil.); 9?ölbcfe,Unterfucftungcn jur Ihritif
beS9l. Xeft. 1869, 8. 127 f.; ö. ©oneberg, S)ie rcUgiöfen Slltertümcr ber SBibeP, 1869, 8. 161
big 168. 208—215, togl. 8. 80 f.; «ucnen. The religion of Israel, fionbon 1874 f. (Ijollänb.
Originalauög. : De Godsdienst van Israel, ^aartem 1869 f.), ©b I, 8. 80-82; 93b II,
40 8. 25 f. 166—168. 256; $oul Äleincrt, S)a8 3)eutcronomium 1872, 8. 85— 87 ; ®. 5- Oe^ler,
X^eologie beS 91. %t\t.\ 93b I, 1873, 8. 393 f. (3. 91. 1891); 9lug. Stat}Ux, 5)aä üorejilifcfte
»ucft ber Urflefcfticf)tc gsrael« 1874, 8. 153 f.; 3)u^m, a)ie X^eologie ber $ropbcten 1875,
• 8.47—54; 8menb, Moses apud prophetas, Hai. S. 1875, 8. 49— 63; 8einecfe, ©efctjicfttc bc«
»olfeS 3«rael 1876, 8. 159—167; 91. I^öt)ler, ficirb. b. »ibl. ©cfcfiidjtc 91. ^leftomcnte«, U, 1 ,
46 1884 (1. Sicfcr. 1877), 8. 10-14; ©efl^aufcn, ©cfdiicfttc S^rael«, 53b I, 1878, 8. 17-53
(„S)er Ort beS ®otte«bicnfteä-), 5.«. 1899 (^rolegomena jur ®cf c^ic^te 3§racl«) ; Mittel, a)ie
neueftc 3Senbung ber pcntateuc^ifcöcn Sragc, in: ä^öeologifdftc Stubien au§ 5Bürttemberg II,
1881, 8. 33—47 („3)er Ort be« ©ottcSbienfteä") ; 3Ä. ^crncS, Les plus anciens sanctuaires
des Isra^lites, in ber Revue de l'histoire des religions, 93b V, 1882, 8. 22—48; ^lat)»
^ bäum, a)ie gerftörung be« XempclS unb bc« ¥rop^etcnt)aufc« ^n 8il6, in ber 3eitfcftrift
für 93ölferpft)d)ologic XVII, 1887, 8. 290—315; ^. ©rae^, The Central Sanctuary of
Deuteronomy, in: The Jcwish Quarterly Review III, 1891, 8. 219-230 (bie Xcnbcnj
beä 2)euteronomium§ foll fein bie S)egrabierung SerufolemS unb beS ^oria'S unb bie 6r«
bebung uon 8ic6em mit bem ©ari^tm jum ^^entralpla^ bed ^ultud); (St). $iepenbrin^,
55 Histoiro des lieux de culte et du sacerdoce en Israel, in ber Revue de Thistoire des reb-
gions, 93b XXIV, 1891, 8. 1-60. 133—186; 8c^latler, 3ur 2:o|)ograp5ie unb ©cfcfticftte
$atäftina« 1893, 8. 62-85 („3)0« 4)eiligtum auf bem SamuclSberg") ; 91. uan ^oonacfcr,
Le lieu du culte dans la l^gislation rituelle des H^breux, ®anb 1894; 6. 91. $oclS, Le
sanctuaire de Kirjath-Jearim, fiöroen 1894; berf. in: De Katholiek, Dl. LIX, 1896,
60 8. 479—485 ; berf., Examen critique de l'histoire du sanctuaire de Tarche, 93b I, Sörocn
1897; 3)riocr, A critical and exegetical commentary on Deuteronomy, ©binburg^ 1895,
8. XLIIIf. 136 ff.; 8. 91. grieS, Den Israelitiska Kultens Ontralisation, lH)fola 1895;
ftloftermann, Beiträge ^ur ^ntfte^ungdgefc6id)te beS ißentateud)d, 7. ^ie ^eiligtumd« unb
Sagerorbnuna, in: 9f?cue Äirc^licfic Scitfcfirift VIII, 1897, 8. 48-77. 228-253. 298-328.
65 353-383; Ä. 8fr^r. o. ®ofl, 9llti8raclitifcöe Äultftätten 1898; 9S.8taerf, 8tubien jur 9le-
ligionS« unb 8))rac^gefc^ic6te bed alten ^eftament^, $ft. 2, 1899, barin: „S^ultudftätten unb
Ortsnamen'' (nic^t eingefe^en).
$0l^ettbteit{i ber ^tititt 179
Unter bcii ßoinuicntaren jum ^ejateud) notft üor anbcrn bcr uon S)inmann (1875 ff.), über
m^Ux üon «ert^cau (2. VI. 1ö83), ®. g. ^J^oorc (1895) unb «ubbe (1897), über bie ©ücfter
©amueli« üun X^cniu^ (2.?t. 18G4, 3. VI. oon fiö^r 1898). Äloftermonn (1887), C>-^refcrücb
©mit^ (1899), 5um Xejtc bie Unterfucftungen oon SBeÖ^Qufen (1871), 3)riüer (1890) unb
bie 9(u§0Qbe oon S3ubbc (1894), ferner bie Kommentare über bie ©üdjcr ber Könige oon 6
X^cniaä (2. VI. 1873), Äloftermonn (1887), SBcnjinoer (1899), Kittel (1899), über bie S^ronif
oon ©ertöeau (2. VI. 1873^; ^ur S^ronif ferner SRooerS, Krltlf(ftc Untcrfutftungen über bie
bibüfcfte e^ronif 1834, befonber« ©. 285—301.
I. § e i l i 0 e Serge. Sei tüo^l aßen SSößem, bie (Sebirg^länber betool^nen
ober an^ fold^en au^etoanbert fmb, lajfen jtd^ ^eilige Serge nac^toeijen. Die ©ntfte^ung lo
ber §eiligleit ber Serge mag bei ben toerfc^iebenen SJöIfem unb in ben einjetnen Kulten
öerfc^iebene SSeranlajfungen |aben. SBenn nic^t ettüa urf}3rüngli(^ überall, fo liegt boc^
öielertDärt^ ben Sergfulten bie SorfteHung ju ©runbe, bafe ber SBol^nfi^ ber ©ott^eit im
§immel über ber ©rbe ju fuc^en fei. 3Kan glaubte, auf ben gen §'"^"1^ ragenben unb
tjon ben aSolfen um^ogenen Sergf}3ifeen ber ©ott^eit nä^er gu fein. (SetDiffe befonber^ is
l^o^e Serge, too ^immef unb ©rbe fi^ ju berühren fd^ienen, galten bei inbogermanifc^en
Sölfem aU SBo^nfife ber ©ott^eit. ©o h)ar ben ^nittn ber SWeru, ben ^Jerfem ber
aiborbfc^, ben ©riccpen ber Dl^mj) ein ©ötterberg. — 3Wit ber §eiligleit ber Serge
Rängen toa^rfd^einlid^ gufammen bie „^ö^en"' bämöt atö ä(nbetung^ftätten bei ben t)or?
eyilifc^en S^raeliten (f. unten § II). ao
1. ^eilige Serge bei ben l(^eibnifci^en ©emiten. 2Bie anbcre Sölfer, fo
Ratten auc^ namentlich bie ben Hebräern bertoanbten, bie fogenannten femitifc^en Si)lfer,
getoiffe Serge ju Äultu^ftätten erforen. 6^ fd^eint bie« ju berufen auf bem gerabe i^nen
ober boc^ me^rem bon i^nen eigenen ®otte«begriff, ber bie ©ottl^eit alö ^oc^ über ber
6rbe unb bon i^r getrennt in ben fernen $immel«räumen unb beren ©eftimen too^nenb 25
backte. 3)er ©ott ber ölteften Hebräer fc^eint borgug^toeife al« im ©etoitter [\d) offen«
barenb borgefteHt toorben j\u fein. 35amit ftimmt überein, bafe man i^n auf l^o^em Serge
fud^te, too bie ®eh)ittem)olfen bie ©rbe berül^ren.
5Ra(^ SDt 12, 2 ; 5Ru 33, 52 toar ber ©ottegbienft auf l^o^en Sergen, ^ügeln unb
^ö^en lanaanitifc^e ©itte. ©in ©Ott bcr 3Jloabiter l^ie^ Saal 5Peor, unb im 3Koabiter= so
lanb gab e« einen Serg ^cor, toa« — mag nun ber Serg bon bem ©ott ober, tüa&
toa^rf^einlid^er, ber ©ott bon bem Serge ben SJamen ^aben — iebenfaU« auf ^eiltgfeit
be« Serge« im Äultu« biefe« ©otte« bertoeift (bgl. 31. Saat, Sb II, 334,4off.). «uf
bem Serge $eor lä^t bcr ^eibnifc^e ©e^er Sileam burc^ ben 3Roabiterfönig Salat fieben
aitäre errichten (9lu 23, 28 ff.) ; eben ba«felbe toirb auf einem ©il)fel be« $i«ga'« bor* 86
genommen (9Ju 23, 14), unb nod^ auf einen ungenannten Äal;l^ügel begiebt fic^ Sileam,
um ben ©otte«f})rud^ ju bemet^men (9lu 23, 3 f.). S)er Serg 9lebo an ber ©renje be«
?KoabiterIanbe« toirb ein Äultuöberg getoefen fein, ba bcnfelben 9?amen ein bab^lonifc^«
afl^rifc^er ©ott trägt (3ef 46, 1 ; für ben 9lebo al« l(^eiligen Serg ber 3Woabiter bgl.
3ef 15, 2 • f. überbauj)t % 9?ebo). 40
2)er Serg ©inai, beffen §eiligleit nad^ ber in biefem fünfte burc^au« glaubtoürbigen
3^rabition a\x^ bormofaifd^er Reit ftammt, ba er fc^on in Stg^pten ben Hebräern afö ^xd
i^rer äu^toanberung borfc^toebt, fc^cint feine Sebeutung bon einem fcmitifd^en SoH er«
^Iten JU ^aben. ©ein 3?ame toirb abzuleiten fein bon bem be« babt^lonifc^en unb ^im«
jarifc^en TOonbgotte« ©in. 2)er Serg, ben man aU ben ©inai be« 31X anjufel^cn }>flcgt, 45
mar noc^ in ben testen ^a^r^unberten b. 6^r. unbfj)ätcr ba^^iel aud^ ^eibnifc^er (naba*
täifc^er) ^ilger, toie au« ben ^at^ltofcn ^i^fci^rift^n bc« SQäabi 50lulattab gu erfe^en ifi
Son bem einftmaligen häufigen Sefuc^ be« geheiligten ©ij)fel« jeugen bie am ©erbftl
erbaltenen geteftufen, unb noc^ neuerbing« tourben bafelbft bon ben umtbo^nenben 2lrabem
Opfer bargebrac^t. — 3)er 9Jame be« Orte« Saal=§ermon am Serge §ermon ift berfürgt 50
au« Set*Saal=$ermon, „3;cmt)el be« S. $.", unb bermeift auf einen ©ott be« Serge«
§ennon (f. 31. Saal ©. 335, 9 ff.). 3(n ben äbl^ängen biefe« Serge« unb auf feinem füb«
liefen ©i}3fel ftel^en no(^ je^t iemjjclruinen. 2)em §ieron^mu« (Onomast. s. v. Aermon)
berichtete man, bafe auf ber ©pi^e be« §ermon« bei ?ßanea« ein bon ben ;^eiben bere^rter
%tmpd ftänbe ; bgl. 6ufebiu«, Onomast. s. v. 'Aeq/lkov. $^ilo S^bliu« (Fragm. 55
histor. graec. ed. 6. 3Jlütlcr, Sb III, fragm. 2, 7, ©. 566) nennt in euemeriftifc^er
SinHeibung ben 3lntilibano« (b. i. §ermon V) neben Sibano«, Äaffio« unb Srat^^ ol«
^eiligen Serg. 35er Saal be« Sibano« ("^^b brn) j^irb aud^ in einigen fe^r alten auf
G^J)em gefunbenen }>^öni}if^en ^nfc^riften genannt (Corp. Inscript. Semitic. n. 5), unb
bie §eiligfeit be« Sibano« ift, mit unrid^tiger Übertragung auf bie ^vi)m, im Etymo- eo
12*
180 ^ifttnVttnfi ber Hebräer
logicum Magnum (s. v. Äißavog) beieugt. 3m Äenod^bud^ (c. 6), ebcnfo in bcn
„©cJ^eimniffen ^cnod^" (ed. Soniüctfc^, 91®®, 9?. %. »b I, 1896 c. 18, 5) i[t bcr §er=
mon ate ber Scrg J^ctbmfd^er ®ottl^eitcn ju bem ber abgefallenen ßngel getoorben (t)gl.
ßUariuö ^xcta\), ju $f. 132). — 2tu(l^ ber Äannel galt ben Umtoo^nem afö l^eiltg, ba
su)n h)ie 6Ua fo aud^ bie Saal})riefter ^ur Dj)f erftätte toä^tten (1 5lg c. 18). 3la^ %adtii^
(Histor. II, 78 [bilbloje 3Serel^rung be« ®ottcg Äarmel unter freiem §immel]) unb
©ueton (Vesp. 5) l^at noc^ Raifer SBef^afian auf biefem Serge geopfert (p^l aud) 3am=
blic^, Vit. Pythag. 3 ; ©Maj ®. 42 ed. §ubf. ; Droftu« c. 9, ©. 478 ed. ^aljerc).
SBa^rfc^einlic^ gehört einer SBei^einfd^rift an ba« an ben Slbl^ängen be« Äarmetö gefunbene
10 ^agment einer pl^önigifc^en 3"f^rift, ba« aßerbing« nur ^erfonennamen enthält : „. . .
©o^n be« abKofir), . . . be« ©o^ne« be« (9l)bbeKm, be« ©ol^ne« be« 3lri« . . ., ber
©(^reiber C-p]^), unb S3aal ..." (6Iermont5®anneau, Rapports sur une mission
en Palestine et en Ph^nicie entreprise en 1881, in ben Archives des missions
scientifiques et litt^raires, Sörie III, S3b XI, 5Pari« 1885, ©. 173).
16 SBenn 1 Äg 20, 23 (ügt. v. 28) bie i?on 9lbab im ®ebir5e gefd^Iagenen Slramäer
bie „®ötter" ber ^ebräer für „Serggötter" erHären, fo geigt bie«, ba^ ben 3tramäem
ober bod^ bem ßrgä^ler be« Äönig^bu^e« bie SSorftellung ijon bergbetoo^nenben ©ottl^eiten
geläufig tvax.
SBa^rf^einlic^ ift bab^tonifd^ bie 3!e{ 14, 13 bem ftönig i?on Säbel in ben ÜRunb
30 gelegte SSorftellung i?on einem Serge ber (GJötter*) Serfammlung im äu^erften 9lorben, toie
au(^ ßjed^iel (c. 28, 14. 16) i)on einem burd^ ben Cherub betoad^ten „®ötterberg" rebet
(»gl. bie Übertragung ber SorfteHung ijom Serge be« „9lorben«" auf ben 3ion 5P[ 48, 3).
aJlit ijoller ©id^erl^eit ift ber bab^lonifd^e Urfjjrung biefer Sorfteßung noc^ ni^t nad^=
geh)ie|en ; e« ioäre nidj^t unmöglid^, ba^ ^ier eine ^erübemabme ber })erfijd^en Sorfteßung
26t)on bem im 5Rorben befinblic^en ®ötterberg Sllborbjc^ ijorliegt. ÜRan i^at freilid^ neuere
bing« ba« ^Protot^}) be« Serfammlung«berge« im Suc^e ^efaja auf aff^rifd^em ober aud;
auf bab^lonifc^em Soben ju finben geglaubt. 9?ad^ 5?riebr. ©eli^fd^ (2Bo lag ba« ^ara=
bie«? 1881, ®. 117—122) tüäre in ber 3efaia=©telle gemeint ber „grofee Sänberberg",
in beffen Sel^ufung nac^ ber Ä^orfabab-^njc^nft ©argon« bie ®ötter ©a, ©in, ©ama«,
£0 (5labu), SRaman, 9cinib unb il^re ®ema]^linnen geboren tourben. %x. Senormant (La
magie ehez les Chald^ens, ^ari« 1874, ©. 156 — 163 ; Les origines de l'hi-
stoire Sb II, 1, ^ari« 1882, ©. 120—138) ^ält ebenfaß« ben „großen Sänberberg"
für ben „Serfammlung«berg" be« Sud^e« ^^]a\a unb ibentifijiert i^n mit bem Serge
be« Dften« in ber bab^lonifd^en 5lo«mologie. 9la(^ 3enfen [fto«mologie ber Sab^lonier
36 1890, ©. 201—212: „2)er (grofee) Sänberberg unb ber (gro^e) Serg be« ©onnen^
aufgang«"; ijgl. ©. 185—195: „2)a« Serg^au« unb ba« ©ebei^^au« (Ikur unb
isara)"] ift bagegegen mit bem „Sänberberg" fein einzelner Serg gemeint, fonbem bie
al« Serg gebac^te @rbe, unb e« toürbe bann ein Swfömmen^ang be« „Sänberberg«" mit
bem „Serfammlung«berg" be« Suc^e« Sefaja nid^t beftel(^en, ebenfomenig mit bem 311=
40 borbf^. 3ebenfaß« fennt bie babtolonifc^e 5lo«mologie reinen ®ötterberg, ben fie im
9lorben ber @rbe gebadet ^ätte. ®er 3wf<»"^"^^^^"0 be« „Sänberberg« mit bem al«
Aralü bezeichneten %oiinxtid) (f. Deli^fc^ a. a. D. ; 3llfr. ^I^emia«, 3)ie bab^lonifc^=
aff^rifd^cn Sorfteßungen ijom Seben nad^ bem SCobe 1887, ©. 121—126 : „®ie Sor=
fteßung üom 'Serge ber Serfammlung*""; t)gl. ©. 60 f.) mag ^ier babingeftcBt bleiben;
46 er toirb \)on Senfen (©. 230 ff.) beftritten. ^enjen jeinerfeit« (©. 22 f. älnmfg.) ljer=
ftel^t ben nörblic^en Serfammlung«berg be« Sud^e« '^t^aia al« eine -JJac^bilbung be«
al« Serg gebadeten 5Rorbj)ol« am §immel (t)gl. 3^"^"^«^ bei ®unfcl, ©c^öjjfung unb
6^ao« 1895, ©. 132, aiumtg. 7). SDann l)atU \\ä), mm 3ef 14, 13 mirfli^ eine
bab^lonifc^e Sorfteßung toiebergiebt , auf bab^lonifc^em Soben au« ber urfjjrüng-
60 lidj^en Sorfteßung t)om §immel al« bem SBo^nort ber ®ötter bie anbere i?on i^rem
SEBo^nen auf einem für ben §immel fubftituierten \)ol}tn Serg enttoidelt. Die in ©tagen
aufgeführten Turmbauten ber bab^lonifc^en 2;emj)el (f. über ben lurmbau be« ?Jebo=
Xmptl^ e^iba: 2tlfr. ^eremia«, 3t. 9?ebo in Slofc^er« Sejifon ber SK^t^ologie III,
51. 52 ff. [1898]) muffen nic^t gerabe 3?ac^bilbungen eine« auf ber ßrbe befinblic^en
66 ©ötterberg« fein, fonbem fönnen auf ba« SQäo^nen ber ®ötter in ber $immel«^öl)e
bertoeifen. ^ann ift aber ber ^immel al« ein Serg gebaut, ©benf o lommt ^ier in Setra^t
bo« babvlonifc^e e^itl^eton ber ®ötter äadü, fo in ber Sejeic^nung be« ®otte« Sil al«
Sadü rabü (Delifefc^, 3tff^r. $903. s. v.). 2)a« SBort Sadü fd^eint ^ier nic^t« anbere«
gu fein al« ba«felbe SBort in ber Sebeutung „Serg" (^enfen a. a. 0., ©. 207 f. ;
$0^eitbtetift ber ^thtitt 181
§ommcI, 2)ic 3lltigraclitifci^e Überlief erunß 1897, ©. 109), bertndft alfo irgenbtoie barauf,
bafe bie ©Ortzeit ate Serg ober aU auf einem Serge tool^nenb t)or0eftellt tourbe, mag
nun an ben §immel ober an einen beftimmten S3erg (ijgl. 21. 3^^"^iöö/ 2*^ ^^^ ^^»w
3^obe, ©. 69, Slnmlg. 2), ober an bie afö Serg ijorgeftcttte 6rbe (Stufen) babei gu
benfcn fein. — 3lad) allem liegt alfo bielleid^t auf babt^lonifd^em ©oben nid^t ein ur^ 5
fj)rünglic^er 3wf<i»«"^^"^Ä^9 bon ©ott^eit unb 93erg toor ; aber fei e^ au^ ber SSorftellung
be^ ^immetö, fei e« an^ ber ber @rbe aU eine^ Serge« ^at fic^ jene Äombination ent*
toicfeft. Slnber« tourjelt bei ben inbogermanifc^en Söllern bie SSorftellung bom ©ötter«
bcrg be« 5Jorbend in bem Sorl^anbenfein eine« toirflid^en, im 9lorben ober 9Jorboften ge*
legenen ©ebirge«. Slber audj^ bie Sab^lonier fennen einen Serg be« Dften«, ben fie mit 10
ben ©Ottern ber aufgel^enben Sonne gufammenftellen (^jenfen a. a. D., ©. 236 ff.). —
Sluf bie ^age, intoiemeit ber „l^o^e 3?orben", ber ©^ be« Sic^tlönig«, bei ben ^Jlan«
bäem (f. Sranbt, 2)ie 3Kanbäifd^e Sieligion 1889, ©. 69 ff.) unb bie fieben Serge be«
Sud^e« $eno(^, bon benen ber mittlere bi« in ben^immel reid^t, „toie ber Sl^ron ©otte«"
(c. 18, 6 ff. ; 24, 2 f.), mit bab^lonifc^en ober aber mit ijerfif^en SorfteDungen in 3«* 10
fammenl^ang fte^en, lann ^ier nidjit eingegangen tüerben (bgl. über bie aff^rifd^^bab^lo«
nifd^en SorfteHungen unb i^re SBeiterbilbungen t). 3lnbrian ^.261 ff.),
3lo6^ anbere im 312^ nic^t genannte beftimmte Serge finben fic^ in f|)ätem Quellen afe
bei femitifd^cn Söllern ^eilig gebalten ertoäl^nt. Sielfad^ begeugt ift ber Äultu« auf jtüei
Sergen be« Slamen« ftafio« (Äaffio«), ber eine an ber f^rifd^en Äüfte bei 2tntiodS>ia gelegen, 20
ber anbere jtoifd^en ©^rien unb 2tg^}3ten bei 5Pelufu)n (f. bie Selege in m. ©tubien II,
©. 238 ff.). 2)a« Heiligtum auf bem Serge bei ^elufton toar bermutlic^ bon f^ro=j)l^ös
nijifd^en Seefahrern begrünbet. 3Kit bem bermeintlid^en ®otte«namen t^^P in nabatäifj^en
unb ^auranifd^en gnfd^riften (f. 31. ©bom Sb V, ©. 166 f.) ^at ber 9?ame ber beiben ^eiligen
Serge metleid^t nic^t« ju ti^un ; freiließ fönnte biefer menfd^lidj^e ^erfonname urfjjrünglic^ 26
ein ©otte«name unb bann ber 9lame be« l^eiligen Serge« fein. Über ben Serg Kas-
jün bei a)ama«cu« (©tubien II, ©. 239, 2lnmfg. 1) bgl. t). änbrian ©. 284. Sft*
gebilbet toirb ber „3eu« Äafio«" auf ^ünjen bon ©eleufia in 5pierien unter bem
©^mbol eine« ©teine«, aufgestellt in einem %tnipd, über bem ein 3lbler fd^toebt, ber
Sogel be« ©onnen- ober §immel«gotte«. 2)er 3)ienft be« Äafio« tüurbe bon })^önijifd^en ao
Äoloniften nac^ ber 3nfel Äorf^ra berj)flanxt, tüo bei Äaffio})e ein 2:emj3el be« Jupiter
Cassius ftanb. ©er 9?ame be« ©otte« Äapo« ift enti^olten in bem Slamen Cassio-
dorius (Sflenan, Histoire du peuple d'Isragl, Sb I, 5Pari« 1887, ©. 186). — ©er
9lame eine« Sorgebirge« am Sibano« Oeov tiqöocotiov bei ©trabo (XVI, 2, 15 f.), ba«
heutige 9la« ejc^=©d^affa (^ietfc^mann, ©efc^i^te ber ^pi^önijier 1889, ©. 45f.), bertoeift 35
auf ein bafetbft befinbli^e« Heiligtum, bgl. ^enu-'ßl „3lntli§ ©otte«" ©en 32, 31 f.
SieDeic^t ift bie Senennung $en=Saal, „3lntlift Saal«", für bie lart^agifc^e ©öttin „Sanit"
mit §al6bl9 barau« m erllären, bafe bie ©öttin urfjjrünglidji auf einem Sorgebirae biefe«
9lamen« bere^rt mürbe (f. 31. Slftarte Sb II, ©. 151, 7 ff.). 3|n |)^önijif(^en Äoloniat
länbem tberben eine Steige bon Sorgebirgen genannt, benen ©otte«namen beigelegt finb ; 40
hod) ift ber ^l^önijifc^e Urf^rung biefer Senennungen nid^t überall fo beutlic^ toie in bem
5lamen be« ficilifc^en §eraflea, ba« auf SKünjen „Sorgebirge be« 3Kelfart" (n^pb73 -^n)
genannt toirb (bie Selege: ©tubien II, ©. 245 ff.). — ©er fart^agifc^e Saturnus
Balcaranensis ift jtoeifello« entftanben au« c-'np brn „Saal be« ©o}3j)ell^om«", b. ^.
ber ^oppdi)'6\)t (f. g. ©. 5Koore in bem Journal of Biblical Literature 1898, 46
©.157).— Über ben ^eiligen Serg ß^adt; (?) bei ^^ilo S^bliu« f . m. ©tubien II, ©.197.
235. 247. — 9Jod^ au« f^äter 3eit ift Sergfultu« in ©^rien bejeugt: eine nac^riftlic^e
3nf(^rift bei ©aiba ift bem Zei^g ögeiog getoibmet, unb auf berfd^iebenen Sergen ©^rien«
^t man gotte«bienftlid^e Silbtoerle gefunben. 3aIob bon ©arug gebenft ber ©ö^em
temj)el auf ben ^ügeln, unb ©mSlebim berid^tet bon ben Sabiem, bafe fie ©onne unb 60
^laneten auf einem Serge berel^rten. ©ie no<^ befte^enbe f^rifc^e ©elte ber 9Jofairier,
bie biel alte« ^eibentum betoa^ ^at, toä^lt borjug«toeife Sergfj)i^en ju Orten ber
Slnbetung.
©er bon Äaifer §eliogabal nad^ Slom berj)flanjte f^rifd^e deus Sol Elagabal fdj^eint
ein Serggott getoefen ju fein. ^ebenfaH« ift ber 9lame gu erllären au« ^'?n „©ott" 55
unb ^5> aJlit bem jtodten Seftanbteil fann ein Ort ©ebal gemeint fein, ettoa ba« p\)f^
nigifc^e S^blo«, too^er ber ©ott bon 6mefa urf}>rüngli(^ ftammen fönnte, ober ba« SBort
ift bie Segeic^nung be« Serge« (^^^). ©ie le^tere 3lnnal^me ift toa^d^einlic^er, ba ba«
Silb be« ©otte« ein fonif<^er ©tein toar, ber ein Slbbilb be« ^eiligen Serge« fein möd^te. —
©er 3«w^ Sltab^rio«, ber auf einem Serge ber ^n\d Sl^obo« unb auf einem ficilifd^en eo
182 ^a^enbienft bcr Hebräer
Serge bereis^ tourbe, ift jtoetfello« ber üon }>l^önijifc^en Äoloniften bort^tn ber^flanjte
(Sott eineö Serge« %abox, toa^rfc^einlid^ be« belannten Serge« in ^aläftina, ben 3ofe^)l^u«
unb ©e})tua9inta (^o 5, 1) ^Ixaßvqiov nennen.
Db ber SRame be« arabifc^en ®otte« ©ufare«, 2)^u=lg(i^arä {{jJ^\^o, f. über
5 il^n SQäeH^aufen, Slefte arabi|ci^en§etbentum«*, 1897, ©.48 ff.) mit bem Sergnamen ©d^erä
(ö f -AvJf) jufammenl^ängt, mu^ ba^ingefteßt bleiben. 3l^^^"f^^ ^^^ lennen axxij bie
Slrober, obgefel^en ijom ©tnai, ^eilige Serge, beren Sebeutfamleit fj)äterl^in au« ber ®e-
fd^ic^te 3Ku^ammeb« begrünbet tourbe (©tubien II, ©.250 f.). ®er 9lame be« arabifdj^en
®otte« SQäabb h)irb öon ben Slrobem teittoeife ate ber 9lame eine« Serge« erflärt (Ärel^l,
10 Über bie Sieligton ber bori«Iamifci^en äraber 1863, ©. 61). SDer ®ott Sag^ut^ fc^eint
feinen ©i^ urf))rünali(l^ gel^abt ju l(^aben auf einem $ügel in ber 9tci^e ber©tabt®urafd^
(SBelll^aufen ©. 20 f.). 9lac^ 3bn oI^Äalbi toar ber ®5§e „atgal« ein roter Sorfj)rung in ber
SKitte be« Serge« SBoa, \>on menfc^enäJ^nlid^em ä[u«fel^en" (SBell^aufen ©. 51 f.). 2)er
9?ame eine« Serge« Slammän im Sanbe ber 2:aiji (SBeÜI^aufen, Slefte', 1887, ©. 7)
15 !önnte ettt^a mit bem aramäifc^en ®otte«namen (f. 31. Slimmon) jufammen^ängen. Über
ben Serg Käf, ©tubien II, ®. 251 f. au«f%lid^er \>. Slnbrian ©. 284 ff.
2. ^eilige Serge bei ben Hebräern. 9luc^ ben Hebräern toaren beftimmte
Serge ^etlig. ©o bor allem ber ,,®otte«berg" ©inai ober ^oreb. 3lu« feiner Sebeutung
gel^t beutlid^ ^erbor, ba^ bie Hebräer bie SorfteUung bon ^eiligen Sergen fd^on bei il^rer
30 Sintoanberung in Äanaan mitbrachten (ügl. oben § 1). 2tnbere Serge übemal^men fie al«
l^eilige bon ben frül^em Setool^nem Äanaan«. ©o ben Äarmel (f. oben § 1), too 6lia opfert (bie
eEilifc^e©tellea)li7, 14 gel^ört toa^rfc^einlid^ nic^t ^ier^er,f. 31. §aineSbVIl, ©.350,2^ ff.),
^er iabor, bermutlic^ fd^on ben bori«raelitifd5>en Sanbe«beh)o^nem ein l^eiliger Serg (f. oben
§ 1) fc^eint bie« a\xii bei ben Hebräern getoefen ju fein, ba §o 5, 1 bon ben ^rieftem
25 bie Siebe ift, bie bem Solf auf bem S^abor „ein au«gefi)annte« 5Refe" toaren. @ben al«
5lultu«ort toirb man biefen Serg in ber Slid^terjeit für $eere«berfammlungen getoä^lt
\^i^ (9li 4, 6. 12. 14). 3" 2)öbib« ^tiX i)flegte man auf bem Ölberg anzubeten
(2 ©a 15, 32 ; bgl. 1 Äg 11, 7). ©abib« Stltar unb f»)äter m beffen ©tette ber jeru^
Slemifd^e %m'pt\ ftanben auf bem l^öc^ften fünfte ber 3)abib«ftabt, auf ber %mm
ratona«, unb e« ift bebeutfam, bafe ba« jerufalemifdj^e ^eligtum fo gern al« ber „Serg"
^ion au«brüdlic^ begeid^net tbirb. iRoc^ bie ©amaritaner hielten e« nottoenbig, al« QiMt
i^re« mit bem jerufolemifc^en ribalifterenben 3:emj)el« einen Serg, ben ®arijim, ^u
tbä^len.
©c^on 3lbra^am foH auf einem Serge, einem ber Serge be« Sanbe« SWoria, geojjfert
85 l^aben (®en 22, 2). S)ie (Srjä^lung f})ielte urfj)rünglic^ fdjfhjerlic^ auf ben 2:em})elberg
an, ba fic^ ^intüeifungen auf 3^<^^"^ ^^ Äultu«ort im je^obiftifd^en Suc^e fonft nid^t
finben (anber« ®en 14, 18—20). S)er Semjjelberg toirb im 3li nur ein einjige« SWal
in einer fj)äten ©teile (2 S^r 3, 1) SWoria genannt, liefen 5lamen entlel^nte man bieHeic^t
eben jener ®rjäl^lung, toenn nic^t ettoa in biefer ber 9lame SRoria für einen anbem, Xodix-
40 fc^feinlid^ einen e})^aimitifd^en, l^eiligen Serg fubftituiert toorben ift. 3ln bie ©rgö^lung
tbirb al« eine gd&röud^lic^e Slebetoenbung bie 3lu«fage gelnüt)ft, ba^ „y^^^^^ öuf bem
Serg erfd^eint" (v. 14). — 2)eutli(^ ift an -ein beftimmte« Serg^ciligtum ju beuten bei
bem Dj)fer ^afob« auf bem ®ebirge ®ileab (®en 31, 54); ju aKij))a (®ileab«), toie
bie ©tötte bon Saban genannt toirb (v. 49), beftanb in fpäterer3rit ein ga^toe^eiligtum
45 (f. unten § III, 1 a unb b). Sgl. auc^ ben, toie e« fd^eint, auf einem Serge gelegenen
Slltar Slbra^am« bei Setel (®en 12, 8 : „na^ bem Serge"). — 2)ie 3lngabe, bafe bie
^atriar^en auf beftimmten Sergen geopfert Ratten, beruht ebenfo toie bie Kombination
beftimmter l^eiligen Säume (f. 31. §aine) ober Srunnen mit ben ^atriard^en, auf ber 3lns
fc^auung, bafe biefe Äultu«ftätten alt feien, ©ie tourben bon ben .^ebräem bei i^rer
50 ®ir^tpanberung fc^on borge^mben (bgl. SRi 6, 25 f.). 3)e«^atb füJ^i^^e bie l[^ebräifc^e
2:rabition fie jurüd auf bie nac^ il^rer Darftellung bormal« in Äanaan ^aufenben
$atriard^en.
'^^m bem ©inai lommen in ber ®efd^ic^te 3Jlofe« nod^ anbere Serge al« ^iäiXzti
^eiliger §anblungen bor: auf bem ®ipfel eine« §ügel« betet 3Rofe um ben ©ieg S^rael«
55 über 3lmalel (gj 17, 9 ff.). ÜRofe giebt ben Sefel^l, bei ber (Sinioanbcrung in Äanaan
auf bem Serg 6bal einen 3lltar ^u errichten unb bom ®arijim ben ©egcn ju erteilen
(S)t c. 27; bgl. ^of 8, 30 ff.).
^d^tttbienfit bcr ^thtitt 183
a)a^ aiaron auf bcm Serge $or [tirbt (9?u 20, 22 ff.), 3Wofe (auf bem 9?ebo (3)t
34, 5 ; bfll. ©tabe ©. 453), l^ängt jtoeifello« aufammen mit ber SBorfteDung ijon ber
^etUgleit ber Serge. 2)arau^ fann man aber räum entnel^men, bafe „bie (Sräber gern
auf änl^ö^en angelegt tourben" (©dj^toaD^, 2)a^ Seben nad^ bem 2:obe nac^> ben Sor*
fkeÜungen be« alten g^rael 1892, ©. 58 f.), toa^ bamit jufammenl^ängen foH, bafe eben 5
bie ©räber l^eilige ©tötten toaren (bgl. ©tabe ©. 450 f.). aJlofe tüirb öielme^r in einem
%fyd im Sanbe aWoab beftattet (2)t 34, 6). ©onft ift im ^% fo toiel ic^ fe^e, beutlic^
boc^ nur 2 Äg 23, 16 bie Siebe t)on ©räbern auf einem Serge, nämlic^ ju Setel. 3er
7, 29 fmb bie Äa^I^öl^en, too Älage erlauben tuerben fott, fd^toerlidb genannt al« ©räber*
ftatten, fonbem ol^ bie Orte be« ©öftenbienfte« (3er 3, 21). ä&er bei ben Sebuinen 10
?eniefet aUerbing« ba^ ©rab auf einem Serg einen SBorjug (3- 3Be|ftein, Steife in ben
eiben Srac^onen unb um ba^ Haurän=©ebirge, in ber g^^ft für attaemeine ©rb«
funbe, 9^ Sb VII, 1859, ©. 134 f. 144; togl. bie 2)eutung ber i^aelittfc^en Samot
atö ^roj)l^etengräber bei ben SRuglimen, fflettl^aufen, SRefte*, ©. 15 f., Slnmi^. 4).
3R5g(id^ertt>eife ^at ftd^ in bem l;)on älarond unb SRofed %o\) (Srjäl^Iten boc^ eine Srinne« is
rung erl^olten biefer einftmafö tjießeid^t aud^ bei ben Hebräern l^errfc^enben SSorfteßung.
3n ber ?}eit ber ©efel^aftigfeit S^raete lommen neben ben fc^on genannten ganj bc*
fonberd atö heilig geltenben Sergen nod^ anbere ci^ 5lultu$jtätten i)üx: ©ibeon erhält \)on
3al^h)e ben Sefd^l, auf ber ©j)i^e einer Sergfefke einen älltar gu erbauen (Sli 6, 26),
unb bie Setoo^ner bon Äirjats^earim bringen bie Sabe ga^toe« in bog ^aud SlbinabaW 30
„auf bem §ügel" (1 ©a 7, 1). 3luc^ ba« Heiligtum t)on ©ibeon (f. unten § III, 1 a)
lag auf einem Serge. 2)a« ergiebt fid^ nid^t nur au^ bem SRamen be« Orte«, fonbem
2 ©a 21, 6 ift gelDife mit Sl^eniu«, SlBelll^aufen, ®rit)er, $oefe (Sanctuaire, ©. 16 f.,
Examen, ©.212), $.?{$. ©miti^ ftatt b6htr au lefen nac^ v.9 bö-har „auf bem Serge
Sal^toe«" unb bann toa^c^einlic^ „©ibeon" ftatt „©ibeat ©aufe" (3BeII^aufen, 35rü)er, 26
Subbe, Ißö^r, §. 5p. ©mitl^; eine anbere, ber ©a^e nad^ auf ba^felbe ^inauölommenbe
Serbefferung bei ©(glatter a. a. D., ©. 80 Slnmlg.). 9luf bem l^eiligen Serge, „ijor bem
angefügt gal^hJe«" tourbe öon ben ©ibeonitem bie Äreugigung ber ©auUben öoBgogen. —
9la^ 2)t 33, 19 laben bie ©tämme ©ebulon unb ^\c^^ax Sölfer „nac^ bem Serge",
unb fie „ojifem bort D>)fer ber ©erec^tigleit". 9Ran toirb l^ier, toenn ber bon LXX so
abtoeid^enbe maforetifc^e iejt rid^tig ift, an irgenb ein Serg^eiligtum ju benfen l^aben;
e« bleibt jtoeifel^aft, an toeld^e^. — Sli 11, 40 ift tool^I bie ÜKeinung, bafe bie Xöd^ter
SJ^raetö, bie „gingen", um bie 3:od^ter 3l^^*<^^ i^ tJreifen, fic^ auf bie Serge um3Rijt)a
bt^abm, too bie Slod^ter 3^^^<i^ "^it i^ten ©efj)ielinnen iljre gungfraufd^aft beioeint \)aUt
(v. 37). 2)a^ mag bann barauf bcrtodfen, bafe urfjjrünglid^ bie D})ferung ber 3w"9' 86
frau al^ auf einem ber Serge bolljogen gebac^t tourbe (31. ©mit^ ©. 490).
2)er Äultu« auf Sergen unb .§5l^en, bertii^enb auf ber SJatur be« ©otte« ber alten
Hebräer afe eine« ßimmel^otte«, lonnte unter ben Sleften be« SJaturbienfte« bei ber Ser*
geiftigung ber i^raefitifd^en Steligion feit ber SJlofaifc^en 3rit am unbebenllic^ften beibel^alten
toerben, ba gerabe jene il^m m ©runbe liegenbe Sorfteuung ber 9lnIniH)fung^unft tourbe 40
für bie Umtoanblung be« alten mit bem SRaturleben berhmd^fcnen ©tammedgotte« in
ben über bie ©rbtoelt fc^lec^t^in erl^abenen &oü ÜKofei^ unb ber $roj)IS^eten. 9lber in ber
fj)ätem Äönig^geit tourben, toie bie ^eiligen ©tötten unter Säumen (f. 91. ^aine), fo
aud^ bie Serge unb §ügel mel^r unb mebr bem ©ö^enbienft überladen, inbem ber
So^toebienft bafelbft ftc^ mit ^eibnifc^em vermengte, 2)er reine ^a^toefultu« l^atte fj)äterl^in 46
feine au^fd^liefelic^e ©tötte im jerufalemifd^en Heiligtum. Son $ro})^eten unb ©efc^iqts
fd^reibem toerben ate Orte be« ®5|enbienfte« tn*efonbere Serge unb §ügel genannt (§0
4, 13; 3er 2, 20; 3, 6. 23; 17, 2; ®g 6, 13; 18, 6. llff.; 20, 28; 22, 9; ^ef
57, 7; 65, 7; 1 Äg 14, 23; 2 ftg 16, 4; 17, 10; 2 6l^r 28, 4). 3tad) 3er 3, 2
(bgl. V. 21- c. 7, 29 unb „^ügel im gelbe" c. 13, 27; auc^ 9lu 23, 3) fd^eint maneo
befonber« „Hal^l^ügel" jumÄultu« getod^lt m l^oben — getoife be^i^alb, toeil oafelbft ber
äufblicf gum ^immel, ber SBol^nftätte ber (Sötter, frei toar.
II. 2)ie Sämöt. S)ie Äultu^l^öl^e unb toeiter^in bag Heiligtum über^aujjt toirb
im 313: mit bem SBorte ^?^ bejeic^net, bog, aufeerl^alb ber ftultudf})rad^e nur in
})oetif(^er Siebe t^orfommenb, ol^ne R\oÄ^tl „$öl^e" bebeutet ; benn in })oetifc^en ©tüdfen 66
toirb e« öon irgeubtoeldj^en Serg^ö^ien (Slu 21, 28 ; 2)t 32, 13 ; SRi 3, 12 unb 3er
26, 18 [l. an bciben ©tetten Ig-bfimat LXX, fo aSett^aufen ju SRi 3, 12] unb fonft),
bon SBolIen^ö^en (3ef 14, 14) unb bon ben Äöl^en be« SJleere« (§i 9, 8) gebraust,
dagegen fann orrsa @j 43^ 7 nic^t ben ©rabl^gel bejeiinen, fonbem mufe nac^ bem
3ufammenl^ang berftanben toerben : „in i^em ^^obe", falte man e« nic^t (mit GomiD eo
184 ^d^enbienfit ber ^ebrSer
j. b. ©t.) umftellen unb bann ijon ben fulttfd^cn Samot ijerftel^ien toitt. ÄemenfoHö ift
3|ef 53, 9 in bem bicUeid^t i?erberbten %^z für "'"'ri?::! an bic äblcitung t)on bämäh
ju benicn unb bieg t)om ®rab|^ü0el ju öetftel^en. Slber gegenüber ber an anbem
©teilen beutlic^en SSebeutung „$öl^e" für bämäh fann eine anbere bem SQäorte beigelegte
5 Sebeutung („Sag" = „abge|})errter 5pia|", %t, Söttc^er, 3:i^eniu«) nic^t in »etrac^t
lommen, unb bie ©e^tuaginta toar im Siedete, toenn fie (too fie nid^t ßäfjia ober äßa/^d
ftel^en liefe unb mit äu^nal^me be« ^Pentateud^«, tüo bafür on^Xrj) ba« SBort überfe^te
mit vyrjXi^f vyjrjXov, vy^og^ ßco/xög (baneben fteHenlDeife nod^ anber^, f. bei 3lllen ©.381)
tDte bie 3$u(gata burd^ excelsum.
10 6in zugehöriger SSerbalftamm läfet ftc^ in feinem femitifd^en 2)ialelt nac^hjeif en ; ba^
l^ebräifc^e SBort mit feftem ä fd^eint einen ©tamm ein t)oraugjufe|en. Slufeerl^alb be^
teg iEommt bag SRomen auf bem 2)enfftein be^ moabitifc^en Äönig^ SWefd^a i?or (s^'--).
6« ift auf bem ©teine t)on ,,biefer S3ama" bie Siebe ; alfo enttoeber lt)irb ber ©tein für
]M aHein ober auc^ ber 2lltar ober ba^ Heiligtum, ju bem er gehörte, fo bejeid^net.
lövlad^ ben ®rtoäl^nungen ber moabiüjd^en Samot im Sil toar nämlid^ bieg SBort auc^
bei ben aKoabitem Sejeic^nung beg D>)ferorte«. 9lad^ 3ef 15, 2 ; 16, 12 ; 9ier. 48, 35
bienten bie ÜRoabiter t^en ®öttem auf ben Samot ; bgl. ben moabitifc^en Ort Samot^
S3aal, too Silcam 3ntäre erbauen läfet unb mit SBala! Dj)fer barbringt, 3lu 22, 41 ;
23, U, baju 3of 13, 17 unb ben moabttifd^en Ortsnamen ©amot 9?u 21, 19 f. 2)afe
20 bag SBort bämäh in ber 5lultugf}3ra(^e noc^> anberer SSöIferfc^aften Äanaang gebräud^lic^
h>ar, gel^t bod^ tool^il baraug ^eröor, bafe an öerfc^iebenen ©tetten be« ^%^ öon ben
Samot lanaanitifd^er (SRu 33, 52; 1 Äg 11, 7 ; 2 Äg 17, 11 ; 23, 13) ober „frember"
©Otter (3!er 32, 35) bie Siebe ift. aSielleid^ft ift bag SBort bämäh enthalten in bem ^cu^
tigen Slamcn be« alten Slemjjel^ügetö ijon Äition auf StoJ)em, Bambula, ettoa ent-
26ftanben an^ bämat-Ba'al (f. 31. Saal Sb II, ©. 337, 44 ff.). 3|m 2lfj^rifc|en bebeutet
bamätu, faft nur im ^lural bamäti öorlommenb, bie ©ebirgg^öl^e im ®egenfa$ jum
a;i^ale (35eli§fd^, §anbh)örterb. s. v.). S)ag f^rifdj^e N?-^=i ber^Pefc^itto ift bem grie^ifcfien
ß'^fjia nad^gebilbet. 2)afe bag SBort aug ber Äultugfjnrac^e eine« arifd^en SSoIfeg entlel^nt
toorben fei (t)gl. ß^jMx, ßa/xa, ßco/idg, ©efeniug, Thesaurus I, 188) ift untoa^fe^ein^
30 Ixd), ba eg ni^t nur t)on ben Äultug^ö^en gebrandet toirb.
2)afe bie 33amot urfjjrünglic^ toirflid^e än^ö^en toaren, ift beutlic^ nic^t nur aug
ber Sebeutung beö SBorteg au^erl^alb ber Äultugfj^rad^e fonbem auc^ baraug, bafe gerebet
toirb öom §inauffteigen auf bieSamot loie öom ^erabfteigen i?on il^nen (3ef 15, 2; 3^-
48, 35; 1 ©a 9, 13 f. 19. 25; 10, 5) unb bafe gj 20, 28f. ^^ unb nrn? ,,§ügel"
söalg ©^non^ma gebraucht toerben; bgl. nod^ (gj 16, 24 f. 31. 39, too ^'tT „(Sr^öl^ung"
offenbar bagfelbe bebeutet, toag fonft 5i7:a (v. 16). 3)ie auf ben §ügeln gelegenen „®e=
treibetennen fmb tool^I jugleid^ bie 93amot^, gam })affenb toegen ber naiven SBc^ie^ung
jtoifd^en ®mte unb ©ottegbienft" (Söeü^aufen, Äleine «ßrojj^eten », 1892 ju §o 9, 1).
3)ie 2:enne Slratonag, bie 2)abib jum Orte be« Heiligtum« ertoä^lte, toar bann too^I fd^on
40 ate a;enne eine l^cilige ©tätte.
S)a bei ben aSeftfemiten Serge jtoeifellog Jeit uralter ^cxt afe l^eilig angefe^en tourben,
h>irb bie ©itte, auf einer Slnl^öl^e \>ox ber©tabt ^u op\ttn, mit biefem alten ®Iauben gu=
fammen^ängen. ®etoife ift bie ©itte nic^t erft f})äter aug Jjraftifc^en SHüdfid^ten ent^
ftanben, toie 91. ©mitl^ annimmt. 6r benit fie ju ber 3rit aufgelommen, ate beim D})fer
46 ftatt ber ©d^Iac^tung bie Verbrennung be^ D^fertier« ber §aut)taft ber Di)f erl^anblung gc=
loorben fei; bie fa^le, unbefuc^te .^ügelfj^i^e über ber ©tabt f^abe ftdj^ atö ber geeignetfte
5ßla$ für bie Verbrennung bargeboten unb l^abe erft burdjj ben SSoBmg biefer §anblung
ben G^aralter einer l^eiligen ©tätte erlangt. 3luc^ toenn eine }>raftifd9e Slüdffu^t bei ber
Seftimmung ber „^öl^en" ^u D}>ferftätten obgetoaltet l^aben foßte, toürbe bod^ bie Sage
50 biefer D^ferftätten an bie ^eiligen Serge erinnert unb eben baburd^ bem Orte felbft ben
6]j>arafter ber ^eiligfeit ijerliel^en l^aben.
SBenn Ijon Samot in %f)cizm bie SRebe ift ©er 7, 31; 19, 5; t)gl. v. 2; 32, 35;
6j 6, 3), fo fann babei nur ettoa an fünftlic^e ^ügel gebadet tocrben, ober and) ba«
SiSort bejcic^net ^ier in toeiterm ©inn ein ^eiligtum, einen aitar ober einen ben Serg
66 nad^a^menben ©teinfegel nac^ Slrt ber fonif d^en Heiligtümer, bic auf J)l^önijijc^en
SKünjen abgebilbet finb. (Sbenfo toirb e« fid^ öer^alten mit ben Samot in ©täbten
(2 Äg 17, 9; 23, 5). Vottenb« fonnte bie Sama im ©tabtt^or (2 Äg 23, 8; ögl.
a. gelbgeifter Sb VI, ©. 2, 48 ff.) nid^t ein $ügel fein, unb (gj 16, 16 ift bie SRebe
t>on geltartigen, au« 3:ej)^id^en unb ®ch)änbern angefertigten Samot (bgl. 2 Äg 23, 7).
6o9lur auf irgenbloeld^e fiinftUd^en Heiligtümer pa^i e« femer, toenn öom Vertilgen unb
^d^enbietift ber ^thtitt 186
3erftötcn bcr §ö^en bic 91ebc tft (Sc 26, 30 ; 5Ru 33, 52 ; 6^ 6, 3; 2 % 21, 3), ebenfo
öom TOebcrreifeen (2 % 23, 8. 15; 2 6l^r. 31, 1 ; bßl. % 16, 39) unb 35erbrennen
(2 Äg 23, 15) ; mi) tocrbcn SBamot „öema^t" ober „öebaut" (3cr 7, 31 ; 19, 5 ; 32, 35;
2 Ä0 23, 15 u. a. ©t.; cbcnfo auf beut 3Wcfcl^a=©teinc). SBeiter nötigt jur Unterfd^ei*
bung bcr 33ama ijon bcm ^eiligen Scrg ober ^iigel btc (Srtoä^nung bcr Samot auf Sergen 6
ober bügeln (gj 6, 3; 1 Äg 11, 7; 14, 23 u. a. ©t.; 2 (S^r 21, 11 tft mit LXX
ftott „auf ben SBcrgcn" ju lefcn : „in ben ©täbten"). S^'^^ 0^^ ^ 33amot unter Säumen
(1 Äg 14, 23). S)ad 2Bort niin tüirb alfo in tociterm ©innc i?on Heiligtümern gc«
braud^t unb ift bann fürjcrer 3lu«bru(f für „§öl^en^äufer" (1 Äg 12, 31 ; 13, 32 ; 2Äg
17, 29; 23, 19). Sin einen blofeen 3lltar (Ugolinu« Ä. 588) ol^ne ©aceUum fann man lo
h)cnigften« nic^t überall bcnfen, ba ber 3lltar öon ber Sama unterfc^ieben h)irb (2 Äg
18, 22 -= 3ej 36, 7 ; 2Äg 23, 15; 2 G^r 14, 2; 31,1). SRad^ San §oonatfer (Zoro-
babel et le second temple, ®anb 1892, ©. 106 f.) ift ©«r 3, 3 n^rwsn ju i?erftcl^en
al^ bag f^rifd^e N'^'^^. ober N"-"N3, b. i. ba« ^ebräifc^e bämäh, unb e« toäre \)\n baDon
bie SRebe, bafe bic Sölferfc^aften, bie S^^lem umgaben, auf ben gunbamenten be« alten i6
Sranboj)fcraltar« eine Sama errichtet Ratten, an bercn ©teDe S^Jua unb ©erubabcl
ben neuen Sranboj)feraltar auf ben alten gunbamenten l^crgefteut l^ätten. $ier toorc
bann bcutlid^ bic „Sama" nic^t« anbere« al« ein Slltar. 2)er ©ebraudj^ ber aramäifc^en
SBortform in bcm fonft ^ebräifc^en Äontejt tüäre einigermaßen auffaKenb; überbie« ift
f^rijc^c« N-2'^3 nic^t« anbere« ate ba« grie^ifd^e ßfjfjia. 3lber bie ßrllärung t)on h^''ö«3 20
„in ©c^recten" ift freilid^ toenig bcfriebigenb (f. baju ©c^^latter, ^ux %opoffccCp\)i^ unb
©cfc^id^tc ^aläftina«, ©.419 f.).
Son fünftlid^en ^ügcln afe Samot ift nirgenb« au«brücflid^ bic Siebe; ftc toerben
inbe« tDal^rfd^einlid^ gemacht burd^ ba« Sor^anbenfein fünftlic^cr $ügel al« ^ultu«ftätten
bei anbern Sölfem unb burc^ 6^16, 24 f. 31, tvo bie3lebc ift \)om ßrrid^ten unb Sauen 26
einer ™"; „Srl^öl^ung" an allen ©trafen unb ©trafeenedten, ba l^ier im 3wföw"^^"'^<*wg
"^ nic^t too^l ettoa« anbere« fein fann al« n;:3 v. 16. 2llte ©tein=3lltärc (bi«l^er 8 an
3a^l)f au« teil« bc^auenen, teil« unbehauenen ©tcinblödcn aufgebaut ober aud^ au« bem
lebenbigen gelfcn getrauen, glaubt man neuerbing« in bcr (Segenb jlDifd^en 3[alo, bcm alten
äljalon, unb ©ara, bem alten Roxa, alfo im ©renjtanb ^Äa«, aufgefunben ju l^aben. ao
©ie liegen alle in I^älern, niqlt auf 2ln^öl^en (f. ©reene a. a. D. ; jtüci biefer „Slltäre"
tüurben fc^on bcfc^ricbcn t)on ©c^idf, 3b$S X, 1887, ©. 140 ff.), ©ie gel^ören ju ben
fogenannten ©d^alenftcinen. 2tuf ^aläftini|c^em Soben l^at man auc^ fonft nod^ ©d^en»
fteinc gefunben, b. i). ©tcinc mit fdj^alcnartigcn 3lu«l^öl^lungcn. S)ie|c ©teinc l^abcn teit
tücifc bie gorm eine« 2)ijd^e« (Dolmen). 6« ift tool^l möglidjj, baß bie ©egalen bcm Äultu« 86
bienten, ettoa bcr aufnähme \)on 3:ranfo}>fem. 3""^ ^^^ bejeic^nen bie ©d^alenfteine
bießcic^t ©rabftätten (®utl)c, ©d^atenfteine in «Palöftina unb im Sil, 3b^S XIII,
1890, ©. 123—132).— 3flenan (Mission de Phönicie, $ari« 1864, ©.691 f.) glaubte
an einem auf einem §ügel geleaencn Orte 3Kaßiel^ auf bem SQäcgc t)on 2)eir Äanun 9la«
el-3lin nad^ Äleile in ber Sanbfc^aft \)on 2;^ru«, cthKi im ©tammgcbiet äfc^cr, alte fünft* 40
lid^e Samot ^u erfennen in brei langgeftrccften ßrl^öl^ungen mitten jtoijc^cn SRuinen.
III. ©ie Samot im Ser^ältni« jur ©tift«l^üttc unb jum XtmpzL
1. 2)a« jcl^^oljiftifc^e Suc^ unb bic altern ®efd^id^t«büd^cr.
a) 2)er ^ö^enbienft bi« auf ©alomo. 3n ber altem 3^* ^«^ ^^ Äultu«
auf ben Samot, b.l;. an öerjd^iebcncn, meift l^od^gelcgencn Orten l^in unb l^crimSanbe (in 46
biefem f>)ätem Weitem ©innc „Heiligtümer" ift im golgenbcn bon ben „$öl^cn" bic Siebe),
allgemein bei ben ^^^a^Kten i?erbreitet. 6rft ber ©alomonif^c 2)em})el tourbc Slnlafe ber
Sefd^ränfung bc« Äultu« auf einen einzigen Ort, unb fo öiel barf al« fieser gelten, ba|
bie in bem ßäremonialgefe^ bcr mittlem Sudler bc« ^entateud^, im fogenannten ^riefter»
fobej, gegebene 2)arftellung, toonad^ bcr Äultu« an einem einzigen Orte (bor ber ©tift«* go
^ütte) ^u boHjic^cn ift, bor bcm Sefte^en bc« jcmfalcmifc^cn ^Eem})el« nid^t aufgefommcn
ift. Sor bcm icm}>clbau unb noc^ nac^l)er ojjfcm 3Jlänner, bon bmen man bie Ser«
le|ung einer bcfte^mben Drbnung nic^t em)artm fann, toie j. S. ©amucl unb ®lia,
an berfc^iebenen Orten, too fid^ tocbcr bie ©tift«^ütte noc^ ber Icm^el befinbet. (©d^on
Ugolinu« Ä. DLIX : . . . nescio quo jure non solum ceteri Israelitae, sed 66
sanctissimi quoque viri, qui sacerdotali ministerio non erant insigniti, extra
tabernaculum ubivis locorum in Palaestlna saerificare potuerint.) 9lu(^ fonnte
bie gorbemng ber Äultu«centraliftemng erft auffommen baburd^, ba^ bic 3Re^r^eit ber
Äultu«orte fi^ unter befonbem Ümftänbm al« unftattl^aft crtüie«; benn in bcm SQäefen
ber 3«^&tbercligion ift bie ßin^clt be« Äultu«orte« nic^t gcgrünbct. 2)e«l^alb ift unhaltbar eo
186 ^ilitniitnft ber ^ebrSer
bie ältere änfd^auung (bei ©old^en, lueld^e ^Priorität ber Jjriefterlid^en ©d^rift be^ ^enta=
tcud^S toor bem iej^otoiftifd^en Sud^ annel^men, Sliel^m, Sleel u. 31.), bie in ber SKofaifd^en
geit an bie ©tift^^ütte fl€fnü>)fte fjorbcrung eine^ einjigen Äultu^orte^ fei fjjäter^in in
Sergeffenl^eit geraten, ober man f)abt fxe ate nur für bie ^At be« 3yüftenjug« geltenb
6 ongefel^en. Unbegreiflid^ aber ift, h)ie be 3&tttz u. 21. jene in ber Sorouöfe^ung eine^
emjigen Äultu^orte« in ber ganjen J}riefterlicl^en ©d^rift imioücite entl^altene fjorberung
etneä fold^en (neben ber birelten gorberung c. 17) toerlennen lonnten (f. unten § 3). -—
Unftatt^aft fanb man bie Samot erft in ber fioätern Äönig^jeit um ber an ben bielen
Orten nid^t ju lontrofierenben SSermifd^ung bei^ S^lE^hJebienfte^ mit bem ®ö|enbienft
10 toiHen. Slud^ bxai)U bie üRe^r^eit ber ßultu^orte bie ®efal^, ben einen (Sott ^a^loe
nad^ ben toerfd^iebenen Orten feiner SSerel^rung in eine 3Kel^rl^eit toon Oöttem )u toertoan^
beln. 2)agegen bot ber jerufalemifd^e %em\>A, beffen ^riefterfd^aft bi^ gegen ba« 6nbe
ber Jlönig^jeit ben 3öi^h>ebienft toerJ^öItni^mä^ig rein erl^alten j^aben mufe, bie befte
SKögKc^feit einer Äontrole, unb bie 93ejd^ränfung be^ Äuitu« auf btefen ^^emiod fc^Iofe bie
16 Sertoielföltigung be^ einen ^af}\o^ au8. 9lur au« biefem ©ad^toerlj^alt erllärt ftd^, bafe
bem SRebaftor be« Äönig^bu^e«, ber toon bem §öl^enbienft ber nad^falomonifd^en 3^^
mit ftänbigem bertoerfenben Urteil berichtet, in ber ^tit bor bem S^emjielbau ber ^öl^en-
bienft unanftöfeig ift 1 Rg 3, 2: „2)a8 Soll oj}ferte auf ben §öl^en, benn bamate toar
nod^ lein $au« bem 3?amen Sal^loe« gebaut", ©benfotoenig toie bie Srjö^ler be« ©a-
ao mueli«bud^ nafim aud^ fein SRebaftor an bem §ö^enbienft ©amuel« unb feiner ßeitgenoffen
«nftofe.
t)afe in ber altem itönig«jeit ba« ®ebot, nur an einem einzigen Orte ju opfern,
nid^t beftanb, gel^t befonber« beutlid^ barau« ^erbor, ba^ bie ßrjä^ler be« iebobiftifd^en
8ud^c«, bon benen leiner ber borfalomonijd^en ßrit angehört l^aben fann, bie ^atriardS^en,
26 jene 33orbilber i«raelitifd^er ^römmigleit, unbebenflid^ an berfd^iebenen Orten Kanaan«,
bie un« in fj}ätem 3^iten al« Äöl^enorte lieber begegnen, Ol)fer barbringen laffen. SBa«
biefe ßrjälj^ler al« Jjatriard^alifcfe ©itte fd^ilbem, toar ol^ne ß^eifel ju iprer eigenen gett
legale Äultu«übung. Unter ben ^eiligen Räumen bon Hebron, ©id^em unb Seerlaba
J}flegen äbra^am, 3faat unb galob be« Äultu« (f. 31. §aine). 3n ber 3läf)z bon »etel
a)(®en 12, 8; 13, 4) erbaut 3lbral^am einen Slltar. 3luf einem Serge be« Sanbe«
gjloria (f. oben § I, 2) bringt Slbral^am ba« erfa$ol}fer für 3;faaf (®en. c. 22), auf
bem ®ebirge ®ileab 3aIob mit Saban ba« S3unbe«o>)fer bar (®en 31, 54). Su 8etel
gelobt 3afob bie ®rünbung eine« Heiligtum« (®en. 28, 22) unb errid^tet einen 3lltar
(urforünglid^ loar lool^l bon einer 3Ra^jeba bie SRebe, SBeH^aufen, ^Prolog. \ ©. 30 ;
86 gjiumann j. b. ©t.) ju ©id^em (®en 33, 20), loo jd^on 3lbral^am geo})fert f)am (®en
12, 6 f.). 2)iefe ©tätten, an benen bie 5ßatriard^en geojjfert l^aben foHen, finb al« bie
ölteften Heiligtümer S^wel« an^ufel^en (f. oben § I, 2).
3Rofe felbft erbaut einen Slltar nac| bem ©ieg über Slmalef (®? 17, 15) ; er giebt
ba« ®ebot, auf bem 93erg 6bal einen ältar ju erbauen (2)t 27, 5 ff.), unb 3jofua fü^
40 e« au« (Sof 8, 30 f.), o^ne ba^ bod^ an beiben ©teilen bie ©tift«l^ütte ftanb ; bon ^ofua
toirb Leiter ber Saum ju ©id^em al« ^eilige ©tätte anerfannt (3of 24, 26 ; bgl. v. 1) —
angaben, bie fämtlid^ bem je^obiftifd^en 93ud^ angel^ören, ibäj^renb bie })riefterli(^c ©(^rift
fonfequent bon l^eiligen Orten neben ber ©tift«l^ütte fc^loeigt. 3)eutli(^ nimmt femer
bie ©inleitung, bie bem älteften ®eje$Iobej, bem im je^obiftifd^m ®efd^i(^t«bud^ auf«
«genommenen fogenannten 9unbe«buc^ (®5 21, 1—23, 19), borangeftcHt ift, eine ^JlelS^'^l^eit
bon 3lltären gja^toe« an berfd^iebenen Orten al« ju 3ted^t befte^enb an (©i 20, 24). ®«
ift burd^au« toiHIürlic^, bie 93eftimmung ©j 20,24 auf ben culte populaire domestique
ou priv6 (3San §oonacfer ©. 27 ff.) ju befd^ränfen; bielmel^r ift barin ganj allgemein
bie Siebe bon 3lltären, auf benen ber mit „bu" angerebete S^welit feine Ol)fer überl^auj)t
60 barbringt (toa« auc^ 3}an ^oonacfer nic^t entgangen ift, ber be«l^alb an ber Integrität
be« Xejte« ^meifelt). 2lu(^ ba« 8unbe«buc^ fclbp fe^t eine ÜRe^r^eit bon §eiligtümem
borau«, inbem c« bie ßntfc^eibung felbft unbebeutenbcr 9led^t«ftreitigleitm „bor ßlo^im",
b. f). am .Heiligtum, berlangt (c. 22, 7 f.). ^m^ ©tift«^ütte mit bem 2lnf>)mc^ ber eim
jigen legalen Äultu«ftätte, toie fic nur in ber })riefterli(^en ©c^rift befd^rieben h)irb, ^at
66 in ber ?0lofaif(^en ^üt nic^t beftanbm (5Jölbefe, Äuenen, SfficU^aulen u. 21.). (Sin Oralel^
gelt, h)ie c« im jel^obiftifc^en Suc^e befc^riebm loirb (@j 33, 7 ff.), eine einfache 93eberfung
ber ol^ne ^tvti^d an^ ber aJlofaiJc^en ^At ftammenben ^eiligen Sabe, mag man fc^on auf
bem äBüftmgug uml^ergetragcn l^aben (bgl. 2 ©a 7, 6) ; aber jenen 3lnf^)m(| erl^ob e« nid^t.
äu« ber Slic^terjeit toirb bon einer ganjen SRei^e l^eiliger Orte mit boUfter Unbefangen^
eo l^eit berichtet, ^a^ e« berf(^iebene Heiligtümer mit berfd^iebenen ^eiligen Saben gegeben
$91)fitbtenfit ber ^tbtitt 187
^c (5}em«J ®. 28), ift aHerbing^ nxd)t ju erfcl^en; t)iclmcl5>r laffen fic^ bic Änfloben
ber QucHcnfc^riftm über eine Ij^cUige Sabe toerftei^en, h)ie e« jebenfoH« bie f))ätere alttefla*
mentlid^e 3^it getrau l^at, t)on ben SBanberungen einer einjtgen Sabe, obgleid^ toir nid^t
im ftanbe pnb, i^re äufentJ^altöorte in eine ununterbrod^en fortlaufenbe Serbinbung )u
bringen. 3"»" i^eiligen Orte gel^örte nic^t nottoenbig bie ^eilige Sobe afö S^i^^n ber 6
©otte^egentoart; c« genügte baju ein ältar unb nä>^ il^m ^\oa bie ÜRajjeba ober ein
©ottedbiö). 3)er Drt, h)o fic^ bie ßabe befanb, h)irb aö ba« $am)tl^etligtum, bie eigent*
lid^e SCßojg^nftdtte ^a^tped, gegolten l^aben.
Einige ber befte^enben Heiligtümer loaren ^ritoat^eiligtümer ; an anbem toerfammelte
[vä) bie gejamte Umtool^nerfd^aft jum 0})ferbienft, noc^ anbere tourben aui) öon feml^er lo
befuc^t. ©ibeon o>)fert auf einem ältar auf ber Bpif^t ber SSergfefte feine« SBol^norteä
Dpi}xa (dix 6, 25 ff.), SRanoal^ ju 3orea in "S^an (9li 13, 19 f.). SBäer fot)iel aufjutoenben
toermod^te, befteHte jur Pflege feine« §au«altar« einen ^riefter, loie jener ®j)^raimit ?IKid^a,
ber fein «Heiligtum junäd^ft feinem ©ol^n unb bann einem toanbemben fiebiten übergab
(9li c. 17); ß>)^ob unb 3:eraj)l^im biefe« Heiligtum« bienten bem ^a^toehiltu« (v. 3. 13; is
c. 18, 6). 3)ie 2)aniter entführten ba« ©otte«bilb unb ben ßertten biefe« ©aceHum«
nac^ fiajifd^ unb grünbeten bort ein Heiligtum mit leöitifd^er ^riefterfd^aft ; e« blieb be*
ftel^en bi« auf bie ©efangenfül^ng ber 2anbe«beh)0^ner burd^ bie äfforer (jRx 18. 30 f.).
3u „Sod^im" bei ©ilgal bringt ba«a3ol!3«rael im änfang be« äufent^alte« in Ramm
bei beftimmter SSeranlaffung ^al^toe D})fer bar (Srli 2, 5). 3)ie angäbe ftel^t ganj toereinjelt • mit ao
^IJoel« (Examen, ®. 84—117) lamx man fxe etloa anfe^en, nid^t al« beru^enb auf ber
Äunbe t)on einem Heiligtum an einem fo benannten Orte, f onbem ol« eine au« bem SBorte
boklm „loeinenbe" frei gebilbete ßrjälj^lung mit bibaftifd^er S^enbem. — ©legerer finb
anbere l^eilige Drte bejeugt. 3" 3Riü)a in ®ileab beftanb ju 3i^9t<^^ 3^'* ^^ $eUig*
tum (9li 11, 11). e« liegt fein ©runb öor, in SRi 11, 11^ mit 5ßoel« (Examen, as
©. 82 f.) eine auf ÜRi^öerftänbni« beru^enbe 3Jlarginalbemerfung ju erfennen, fobafe bann
ba« Heiligtum ju üRi^a in (Sileab in SBegfaH ju fommen ^ötte. 2luc^ in bem toeft«
jorbanifc^cn Tti^pa öerfammelte man fxc^ „toor ^a^toe" (3ti20, 1: 21, 5; bgl, 1 3Rat
3, 46). ©benfo fanben in ber SRid^terjeit, ioie e« fcbeint, ju Setel gotte«bienftlid^e SSer*
fammlungen unb Dralelerteilungen ftatt: SRi 20, 18.' 26; 21, 2 ; 1 ©a 10, 3. ÜJlanao
lann aUerbing«, ba b§t-'el bie aj)))eHatit)e Sebeutung „®ottc«^au«" l}at, jtoeifeln, ob bie
Sejeic^nung in ben angefül^rten ©teilen al« ber ©igenname be« belannten Drte« ober
nid9t öielme^r in aj)})ellatit)em ©inne öon irgenb einem Heiligtum ju toerfte^en ift (fo nament*
lid^ 5Poel«, Examen, ©. 14 ff., ber an ba« ®otte«^au« bon ^a^aWi^loa benit ©. 23 [bgl.
m. ©tubien II, ©. 260] unb biefe« mit bem bon ©ilo ibentiftjiert ©. 32). SBa$r* 85
fd^einlid^ fmb in 9li c. 19—21 mit »ubbe (S^ie Sudler 3ti(^ter unb ©amuel 1890,
©. 150 ff.) gloei Duellen gu unterfc^eiben, bon benen bie eine Setel, bie anbere 5KijJ)a
al« ba« ßentrallj^eiligtum nennt. — 3« ©amuel« 3eit loirb eine Sama in ber 9Jäl^e bon
®ibea ermahnt (1 ©a 10, 5); bon biefem Heiligtum trug ®ibea bie SSejeid^nung „®ibea
eiol^im«" (bgl. 2 ©a 21, 6. 9, f. baju oben § I, 2). dagegen ift 1 ©a 10, 13 io
Tvz:2n (poxx $oel«, Sanctuaire, ©. 40 beibehalten), jebenfaK« ju emenbieren {^m\u&,
Äloftermann), bieHeic^t mit 2öell^aufen, S^riber, 2öbr, §. % ©mit^ in nn^nrj. — 3u
©amuel« 3eit o})ferte ba« aSoH, aud^ ©aul, ju ®ilgal (1 ©a 11, 15; 13, 9; 15, 21;
bgl. V. 33 unb LXX v. 13). 3u ©aul« ^eit toar femer in^Jiob ein ^a^toe^^^eiligtum
mit au«gebilbetem Äultu« unb ja^lreid^er ^riefterfc^aft (l©a21,2ff. ; 22, 9 ff.).— a5a«4ö
bebeutenbfte Heiligtum toar in alter 3^* ®W<> ^^^ ^^^^^ M*^ ®otte«l^au« ober 2)enH)el
unb lebitifd^er 5Priefterfd^aft (9li 18, 31 ; 1 ©a c. 1 ff. ; bgl. SRi 19, 18). 3)ort be«
fanb fic^, al« (gli 5ßriefter h)ar, bie ^eilige fiabe (1 ©a 3, 3; 4, 4). aUjä^lid^ hjurbe
bafelbft ein %^i ^al^toe« gefeiert (3li 21, 19; bgl. 1 ©a 1, 3). ©ie »ebeutung be«
lemjjel« bon ©ilo toar fo gro^, ba^ 3^^"^^« ^^^ ^^^ f^*/ Sial^toe ^abe bort im am w
fang feinen Flamen mo^nen lajfen, unb biefen Xemjiel bamit in ^ßaraJDlele ftellt ju bem
Xemj)el bon 3i«nifalem al« bem an bie ©teile be« untergegangenen 2enH)el« bon ©ilo
getretenen (3er 7, 12. 14 ; 26, 6, 9). ©er Xemloel bon ©ilo fcbeint aber fd^on frü!^«
jeitig untergegangen ju jein, bieDeic^t bor bem 2luf!ommen be« Heiligtum« bon 9lob
(f. unten § III, 1 b). 55
3Ke^rere biefer al« SSegeic^nungen Ij^eiliger ©tätten genannten Flamen ibentifijiert $oeI«.
6r berfu^t ju betoeifen, ba^ bie l^eilige Sabe immer ^u ©ilo geftanben l^abe bi« auf ben
UnglüdE«tag, an bem fie in bie $änbe ber ^^ilifter fiel. 3" 9ti c. 19—21 ibcntifijiert
er Setel,unb aSi^a beibe mit ©ilo (f. oben) unb lieft in ^o\ c. 24 \iatt ©ic^em (p:^'^)
©ilo (cru:^ Examen, ©. 68 ff.). 5lad^ ber ©d^lad^t bon ®ben-l^a=ejer fei bie Sabe eo
188 ^a^mbtenft ber Hebräer
nai) Rix\aUitaxm unb toon bort unter 2^at)ib auf bcn 3ton gelommcn, o^ne jemals juerft
ben ßüael toon Kirjatsjcarim unb frötcr bcn toon 3i^uM«wi ^u, toerlafjcn (Examen, ©. 12).
35oeß ^ält, mit Äjftimmung ^an ^oonad^ (S. 34. 66 f.) bic Flamen ^eiliger ©tätten:
©ibcon, 9lob, l5>a=9Kijj}a unb ^a-Silgal für anbcrc Scnennungm ber einen l^eiligen ©tätte
5 ju Äirjat*^earim unb (h)ie fd^on toor il^m Slnbcre) ®i&ea für tm anbere gorm be^ SJamen^
®ibeon. Kurj bor 5poetö' erfter 2)arftellung l^atte fc^on ©d^Iatter (a. a. D.) bie Heiligtümer
bon (Sibeon, l^a=ÜRijl)a, 3?ob unb Äiriot^jearim ibentifijiert. 5Poefö feinerfeit« gelangt auf
biefem SBege ju bem SRefultat, bafe ed auc^ nad^ ber &a©ilo« unb bor berg^cilem«
nur ein einzige« bon ber ^riefterf^aft 3^^^^^^ bebiente« Heiligtum gegeben ^abe, ^cnn
10 man nun aud^, loa« nur mit ben 3JlitteIn betaillierter geogra^)|^ifc^er unb tejtlritifcl^er
Unterfuc^ungen ftd^ entfd^eiben läfet, jene lonn^Kjierten g^^tifiji^^nö^n jujugebcn im
ftonbe h)äre, fo loürbe bamit iebenfaH« nid^t me^r geloonnen afe eine jufammenl^ängenbe
Änfd^auung bon ben ©d^idEfalen ber ^eiligen Sabe (einen anberdartigcn 33erfuc^, eine
folc^e älnfd^auung ^erjufteQen, l^at Jtofter« gemacht, De verbalen over de ark in Sa-
ismuel, in: Theologisch Tijdschrift 1893, ©. 361—378). 2)a« Sor^anbenfein einer
9Re^r}a^( bon j{u(tu«ftätten, unb jtDar nid^t nur ))ribater fonbem aud^ öffentlicher, toöre
boburd^ nic^t au«gefd^Ioffen. 3)ie 93ama ju Slama, auf ber unter ©amue(« Settung ein
D})ferma^I gefeiert h)irb (1 ©a 9. 12 ff.), h)ar bon jenem einen ßentral^eiligtum jeben-
fatt« berfd^ieben. SBir l^ben leine Berechtigung, biefe 8ama anjufe^en atö einen Ort
20 für lebiglid^ „nid^tj)riefterlic^en" Äuitu« (^oefe, Examen, ©. 405); bon Orten, bie nur
für einen folc^en im Unterfc^ieb bom ))riefterUc^en Äuitu« beftimmt getoefen toären, ift
überl^auj)t nici^t« belannt. SBo man an irgenb einem ber fleinem Heiligtümer einen
^ßriefter ^aben lonnte, jog man il^n einem anbem Dj)ferer bor. 3)er ßebit am Heilig=
tum be« ©lol^raimiten 9Kid^a 3li c. 17 gilt bem ©rjälj^Ier afe 5ßriefter, unb ber (Srj\ä^ler
25 nimmt letnerlei älnftoft baran, ba^ biefer Sebit an bem ^ribat^eiligtum einen ^rieftertic^en
ÄuUu« einridjitet. Sfbgefe^en ^ierbon ift e« bon bom^erein toenig toal^rfc^einlidji, bafe
ein einziger Ort für ben nationalen, bon 5Prieftern boHjogenen Äultu« unter jtoei ber«
fd^iebenen Jlamen (Äirjatsjearim unb 3lob) unb brei ober bier berfc^iebenen a^)})ellatiben
Benennungen ber l^eiligen §ö^e (®ibeon, ®ibea ; ^a-3Kijloa ; ^a=®ilgal) borfommen follte,
ao obgleich man in abstracto bie 3KögKc^Ieit jugeben mu|, ba| eine einjige ^eilige ©tötte
nac^ berfc^iebenen Drtfc^aften, bie auf bemfelben 93erge lagen (5Poefö, Examen, ©. 205.
284), genannt tourbe. Slidjitig ift an biefer 3)arftellung jtoeifello« fo biel, ba| mei^rere
jener Ortsnamen urfj)rünglic$ nid^t ßigennamen toaren, fonbern bie ^eilige ^öl^e
a¥>J)ellatibifd^ bejeid^neten : ®ibeon, ®ibea (®eba) ben (l^eiligen) §ügel, eben biejen ÜRijjoa,
86 fiänbig (aufgenommen ^o 5, 1, \üo tool^l Wtxpa in @ileab gemeint ift) mit bem 3lrtilel
gebraucht, unb ba« ebenfall« immer mit bem Itrtifel unb, toie auc^ 3Dli5})a, bon berfc^ie*
benen Orten gebrauchte ®ilgal toa^rfdjieinlid^ ben ^eiligen ©teinirei« ober Äromled^ (®ut^e,
3b?ßaS 1890, ©. 129).
3Serfd{>iebene fold^e Heiligtümer toerben bon bem 5ßro))l^eten ©amuel, bem eifrigen
40 8elänH)fer alle« gö|enbienerifd^en SBefen«, anerfannt, nämlic^ minbe[ten« brei (3ftijJ)a,
Sloma unb 33etle|em, ebenfo ®ilgal, ba« aber möglid^ertoeife mit 'SJlxüia ibentifd^ fein
fönnte). 3" 3Rx^a berfammelt ©amuel ba« 3Solf, um für e« ju ^a^toe gu beten unb
p oiofem (1 ©a 7, 5. 9 f.); bort toirft er „\>ox ^af)\vt" ba« ^eilige £o« unb legt bafelbft
Die SBerfaf{ung«urfunbe be« neuen Äönigtum« „bor S^l^loe", b. 1^. an ber il^m getoei^ten
4BBt&tit, nieber (1 ©a 10, 19 ff.). 3u ®itgal beabftd^ttgt ©amuel Olofer banubringen
(1 ©a 10, 8). Unter feiner Seitung finbet ein 0>)fermal^l be« 93olIe« ftatt ju Stama auf
ber 93ama, einem $ügel aufeer^alb ber ©tabt, ber ein ®ebäube trug (1 ©a 9, 12 ff.).
Stuf eben biefer ^ö^e ftanb toal^rfc^einlidf^ ber bon ©amuel ju 9lama errid^tete 3lltar
(1 ©a 7, 17 ; nai^ ^oel«, Sanctuaire, ©. 136 f. ni^t ein loirf lieber Slltar fonbem
wein „3)enfmal, errichtet jur e^re Sa^toe«" — aber mizbeah bebeutet boc^„Oj)ferftätte"I).
SWit ber gamilie ^fai« opfert ©amuel ju Betle^em (1 ©a'l6, 3 ff.; bgl. c. 20, 6). —
Slud^ loenn ^u ©amuel« 3^'^ in Betfeme« bor ber 2abe 3iö^h>e« auf einem großen ©teine
geo))fert loirb (1 ©a 6, 15), ftel^t bie« nic^t in ©inflang mit Den Beftimmungen ffm?
fic^tlid^ ber ©tift«^ütte, ba biefe mit il^rem 3tltar ftd^ bort nidfet befanb. — 2öeit entfernt,
u bafe man in biefen Äultu«l^anblungen an berfd^iebenen Orten ^ttoa^ Bebenflic^e« ge«
funben hätU, fügt bielme^r ber ßr^cil^ler bem Bericht über bie ßrbauung eine« älltar«
burd^ ©aul 1 ©a 14, 35 l^inju: „2)a« toar ber erfte Slltar, ben ©aul Dem ^al)\üc er-
baute", h)omit er offenbar biefen toieberl^olten ällt al« rü^mlidjien barfteHen \ü\ü.
RvL 3)abib« 3eit toar ber Ölberg änbetung«ftätte (2 ©a 15, 32), aber bielleic^t
eo nic^t oe«^alb, toeil bort ein Heiligtum ftanb, fonbem ctioa tocil man bort anbetete in ber
^S^enlitenft ber ^tixitt 189
SRid^tung nad^ bcm Heiligtum auf bcm 3i«>n CPoete, E;xamen, ©.410 f.). 3)ie Slngobe
h)ärc bann 2 ©a 15, 32 iorolej)tifcl^. S)aöe0en ift iebcnfaH« bcjeid^nenb, bafe 2)at)ib einen
Slltat auf ber 3^enne 2lratonaö erbaute, nod^ e^e bie ^eilige Sabe fic^ bafelbft befanb
(2 ©a 24, 18. 25). ©in Heiligtum beftanb ju a)at)ib« 3eit (angeblid^ feit ber patttaf-
c^alifd^en, f. % §aine) ju §ebron, too 3)at)ib mit ben ältcften S^raete einen SSunb s
fd^Iofe „t)or 3a^h)e" (2 ©a 5, 3), h)o äbfalom t)orgcbIic^ ein ©elübbe löfen tooffte (2 ©a
15, 7 f.) unb eine Dloferma^ljeit feierte gur 3i"öugurierung feine« Königtum« (v. 12).
a)a^ 2 ©a 15, 7 ftatt "p-^sn ju lefen fei V^^na (^ßoefe, Examen, ©. 403 ff.), ift fe^r
untoal^rfd^einlid^, ba e« fid^ in ber ©rjä^Iung öon 3lbfalom jonft um §ebron unb in
feiner 9Beife um ©ibeon l^anbelt unb ein Heiligtum ju §ebron aud^ abgefe^en bon biefer lo
Srjäl^lung bejeugt ift. S)ie« Heiligtum lä^t fid^ nid^t burc^ bie Semerfungen t)on ^oel«
(Examen, ©. 82, Slnmfg. 2 ; Sanctuaire, ©. 73 ff.) toegbeuten, beffcn forgfältig ge«
fammelte« SRaterial öielme^r fc^r beutlic^ bafür ^\>xx6)t, bafe, Wo e« flc^ um einen mit
religiöjen ßäremonien öoHjogenen äft l^anbelt, ft>ie eine 93unbfd^Iie|ung e« ift, ber äu«*
bruä „Dor 3^^^?^" (2 ©a 5, 3) auf ba« Sor^anbenfein eine« Heiligtum« öerlueift. i6
äud^ burc^ bie Überbringung ber £abe unter 35abib auf ben 3i«>« tüurbe anbem
^eiligen Drten i^re Sebeutung nid^t genommen. Slbonia giebt gegen ba« 6nbe ber Sie*-
gierung«geit jeine« 33ater« ein Dt)ferfeft bei ber SRogetDueKe öor ^erufalem (l Äg 1, 9).
SBie über^al^)t unter ©alomo noc^ nac^ bem Seric^t be« 5tönig«buc^e« (1 % 3, 2 f.)
ganj allgemein, auc^ bon ©alomo, auf ben §ö^en Opfer bargebrad^t h)urben, fo beftanb 20
gu feiner ^cxt namcntlid^ eine „gro^e 33ama" gu ®ibeon, auf beren Slltar ©alomo felbft
oioferte, loorauf i^m eine ®otte«crfc^einung gu teil iourbe (l Äg 3, 4f.) — ein beut«
lic^e« S^xd)^, baj in biejer ^anblung nic^t« göcßöl^ erfannt tourbe. ©aöon ift in
bem Seric^t bc« Äönigebuc^e« leine 3tebe, ba^ ftc^ gu ®ibeon ober, toa« auf ba«felbe
^inaußlommen foU, gu Äirjatsjearim, bamal« ba« ßentral^eiligtum befunben f)ätU, ba« bort 25
nod^ bi« auf ben ^empelbau Derblieben toäre tro^ ber ^erbringung ber ^eiligen Sabe auf
ben 3ion (fo 5Poel«, Examen, ©. 270 ff., ber nac^ bem 5!Ruftcr berß^roni! bie ©tift««
l^ütte in ©ibeon öerioeilen läfet unb mit ber 93oHenbung be« S^em^jelbau« „abgefdjfofft"
[©.157] benit; bann alfo bod^ [tro^ Examen, ©. 258J bi« ba^in eigentlid^ jtoei ßentrat
Heiligtümer). ao
b) 3)er ^ö^enbienft öon ©alomo bi« auf S^fia. 2ll«©alomo fpäter über
ber ^eiligen Sabe ben J}räc^tigen 3ion«temj}el erbaute, i}attz er o^ne S^^^d bie 3lbftd^t,
bie« Heiligtum jum §au>)tl^eiligtum feine« Solle« gu ergeben, um burc^ bie an ben
großen g^ttagen jufammenftrömenben SJolfömaffen ben ©lang feine« Äönig«fi^e« gu er«
böj^en. 3lllen anbem Äultu«orten bamit ein 6nbe gu machen, lag getoife nic|>t in feinem S5
©inne, unb c« fclj^lte toiel, ba^ i^re Sefeitigung ber unmittelbare (Srfolg be« Iemj}elbau« ge=
loefen toäre. 3)er %^m)pd gu ©ilo gtoar fc^eint fc^on in ber toorfalomonifc^en 3^it unter»
gegangen gu fein, t)ielleicHt in ben Äämt)fen mit ben^^iliftem gu ©amuel« 3«it, aU
bie ^eilige Sabe in bie §änbe ber gremben fiel; toenigften« fommt biefer Stempel
f^jäter^in in ber ©efc^id^te nic^t mel^r t)or, unb e« mag fein, bafe jene« Heiligtum gu 9lob 40
an feine ©teile getreten loar (Sleef-ffieH^aufen, (Einleitung*, (§. 210; bagegen l^aben
^i^ig unb ©raf au« 3ier 7, 12. 14 f.; 26, 6. 9 [ögl. Si 18, 30 f. J gef^loffen, ba|
ber Xemj}el t)on ©ilo bi« auf ben Untergang be« SRcic^e« ©p^raim beftanben l^abe).
Snbere ber alten Heiligtümer aber behielten il^re 93ebeutung.
?Ha6) ber 9lei(|«fj)altung lam nic|t einmal im ©übrcic^ ber ierufalemijc^e 3:emj)el 46
gur ©eltung ber eingigen Cj}ferftätte. 3)a« Heiligtum )oon S3cerfaba erhielt ftd^, unb e«
ioallfa^rteten bortl^in felbft bie SJürger be« 3lorbreid{f« (3lm 5, 5; 8, 14). 3m 3?orbrei(^
machte i^erobeam I. bie alt^eiligen ©tätten gu ä3etel unb ^an gu 5lultu«mittel))unlten,
inbem er an jebem biefer Orte in ober öor bem ^ö^enl^au« (1 % 12, 31 ; 2 Äg 03, 15)
einen golbenen ©tier al« Sa^ioebilb aufftellte (1 Äg 12, 28 f.; Dgl. am 4, 4; 5, 5;60
8, 14; §0 4, 15; 10, 5). 2)a« 3:em})el^au« gu »etel — unb felbftt)erftanblid^ aud^ ba«
gu <S)an — ^attc einen ailtar (1 Äg 12, 32 f.; 13, Iff.; 2 Äg 23, 15 ff.); jpätcr ftanb
in bem Heiligtum gu Setel eine älfc^era (2 Äg 23, 15). 3)ie ^Wac^f olger g^o^^w»^
blieben biefem Äultu« treu; t)on alten — nur mit nic^t lociter bcbeutfamer 3lu«naHme
be« blofe brei^ig Xage regierenben ©allum unb be« legten Äönig«, §ofea — berid^tet ba« 65
Äönig«bucH, bcjfen 9(cbaItor Don feinem fj}ätem ©tanb})unft au« biefen ©otte«bienft für
öertoerflic^ l^ält, bafe fie „loanbelten in ben äöegen ij^^obeam« unb in feiner ©ünbe".
Eine britte ^eilige ©tätte be« ^lorbreic^« ioar noc^ gur 3^'* ^^^ $roj}Heten 3tmo« unb
Öofea ba« fcbon an^ ber SJic^tergeit al« ^ö^cnort befannte ©ilgal (3lm 4, 4; 5, 5; $0
4, 15; 9, 15; 12, 12). ^Jemer jc^eincn auc^ 3Kig})a (in ©ileab) unb ber Siabor (f. oben co
190 ^9|eitbteiifit ber Hebräer
§ I, 2) ÄuUu^ftätten flebliebcn ju fein {^^o 5, 1). 3)a« Äönig^bud^ berichtet Don bcn
SctDO^nem be« 5Rorbrei(i^: „©ic bauten ftd^ §öl^en in allen i^ren Ortfc^aften, t)om
aBäd^tertumt an bi« auf bte fefte ©tabt, unb fie errichteten fid^ ©äulen unb 3(jd^eren auf
jebem ^o^en $üflel unb unter jebem grünen S3aum unb räucherten bafelbft auf aßen
öi&ö^en gleich ben Reiben, bie 3<^ft>e t)or i^nen vertrieben l^atte" (2 Rg 17, 9 ff.). 3">"
3:eil toaren e« frembe ©ötter, bie in biefen Samot toerel^rt tourben, jum Seil toirb ^a\)to^
bienft unb ®ö|enbienft ftd^ bafelbft öermifd^t l^aben. ©ofe aber burd^au« nid^t alle l^eiligen
©tätten be« 5Rorbreid^« — h)ie e« nad^ ber Jtlage be« Stebaftorö be« Äönig^bud^e^ fc^einen
fönnte — einen Abfall toon bem reinen i^raelitifd^en 3a^ft>^^iwft bejeid^nen, geigt beut=
10 lid^ ber Umftanb, ba^ ber ^roj)^et 6lia über bie gu feiner Mi gerftörten aitäre ^a^hje^
Hagt (1 Kg 19, 10. 14), ben jerfaHenen aitar be« Serge« Äarmel l^erftettt unb auf i^m
ein S>fer barbringt (1 Äg 18, 30 ff.). 3)a^ ju Setel Satoe, nic^t ein frember ®ott t)er=
el^rt iDurbe, geigt ber5Rame be« 5Priefter« toon Setel gu 9lmo«' 3eit, Slmagja^ (21m 7, 10 ff.).
®em Äönig S^^u, ber bod^ mit blutiger ©raufamleit bem Saalbienft ein ßnbe mad)U
16 unb ben Saaltemipel in ©amarien jerftörtc (2 itg 10, 18 ff.), um bie 3Serel^rung 3al^h)c«
in feinem SReid^e toieberJ^ergufteHen, lam eö nid^t in ben ©inn, bie ©otte^bienfte toon Setel
unb "^an aufgugeben (2Äg 10, 29. 31). 5«a^ ber gKefc^a=3nfd^rift (3. Uff.) befanb
fid^ gu 5Rebo (":a-) im Dftjorbanlanb bi« auf bie 3ett 3Jlefd^a«, b. i. bi« auf bie Sl^a^ja«
toon S^rael, ein Heiligtum 9ial^h)e« ; benn 3Refc^a beridjitet, bafe er )oon bort bie "^«'^x(?),
20 b. i. „2lltarauffä|e", ^abtoe« genommen unb toor feinen ®ott Äemofc^ gebrad^t l^abe.
SebenfaH« l^anbclt e« fidp, tro^ ber unbeutlid^en ©d^reibung be« betreffenben SBorte«, um
We ^piünberung eine« 3a^h)el^eiligtum«. 9lod^ bie Äolonipen im gerftörten Sleic^e ©a=
marien toerel^rten in i^ren §öl^enbienften neben anbem ©öttem aud^ ben £anbe«gott ^a^hje
(2Äg 17, 32 ff., togl. v. 29). Slbgefe^en toon ben Dielen ftänbigen ®otte«bienftorten er=
25 l^ielt ftdji ber 33rauq, bei befonberm änla^ aud^ o^ne ein Heiligtum C^fer bargubringen :
©lifa o})fert auf bem gelbe, too er gum ?l5ro))l^eten berufen toorben (1 Äg 19, 21).
Sbenfo beftanben aud^ in ^vba, abgefe^en Don Seerfaba, anbete minber bebcutenbe
$öl^enorte im SaJ^toebienft fort. 2)a« aHerbing« toax eine Äongeffion an frembe Kulte,
bafe ©alomo für feine au«länbifd^en SBciber 9amot erbaute auf bem Serg öftlid^ Don
aoS^nifalem (lÄg 11, 7f. ; 2 Kg 23, 13). 2ln ©öfeenbienft auf ben $öf;en benft auc^
ber Seric^t be« Jtöniggbud^e« unter ber ^Regierung Sfel^abeam«: „Unb auc^ fte (bie ^u-
bäer) bauten fic^ §ö^en unb ©äulen unb Slfd^eren auf jebem ^ol^en §ügel unb unter
jebem grünen Saume" (1 Äg 14, 23). 3lber toenigften« gum Seil toaren bie Samot in
3uba fold^e, too 3ia^h)e Dere^rt iDurbe; benn bei ber Slngabe, Dafe ^iefia bie öö^en be^
86 feitigt ^abe, toirb berid^tet, ba^ bie ätfj^rer biefe 93efeitigung al« eine 3Kinberung ber 6(^re
be« 2anbe«gotte« SaJ^lue angefe^en Ratten (2 Äg 18, 22 = 3ef 36, 7). 9luc^ Don
frommen, ^i^^^^ Dere^renben Äönigen toirb h)enigften« bie 5Ric^tbefeitigung be« ^ö^en-
bienfte« berichtet: Don Slfa (1 Äg 15, 14), Don 3iofat)^at (1 Äg 22, 44), Don Hmagia
(2 Jtg 14, 4), Don Ufta (2 Äg 15, 4) unb Don ^otam (2 Äg 15, 35). ©ogar al«
40 tDäl^renb ber ^Kinberjä^rigfeit be« ^oa^ ber ^riefter ^ojaba ba« ^Regiment führte, tourben
bie Samot nic^t abgefd^ajtt (2 Äg 12, 4). — Slu« 2 Äg 23, 8 f. fc^eint l^erDorgugel^cn,
bafe leDitifd^e $riefter an biefen Samot bienten.
2)urd^ biefen ©ac^Derl^alt ift für bie 3^'^ Dor ^o[\a au«geWloffen, ba^ bie 3[n=
Mfauung t)on ber Alleinberechtigung eine« eingigen Heiligtum« beftanb, ober bod;, iDenn
46 fte ettoa bem Äönig §i«Iia belannt getoefen fein foHte, bafe fie gu allgemeiner ©eltung lam.
©c^on frü^geitig aber mu^ fic^ bie annähme geltenb gemacht l^aben, ba| unter ben Der-
teiebenen Heiligtümern eine« ben 33orrang l^abe unb bafe biefe« al« bie eigentliche 2öol^n=
fkätte 3ö^h)e« angufc^en fei. 2)a« „S3unbe«bud^", ba« bem 5Prot)l^eten Slmo« Dorgelegen
iu ^aben fd^eint, DieHeid^t um Diele« älter ift al« biefer ^rojj^et, ftcHt bie gorberung auf,
60Da| breimal im ^al^r alle aJlänner S^rael« „Dor 3<»^h)^" erfd^einen f ollen ((Sj 23, 17).
S)abei fann nicbt gu benfcn fein an ba« (Srfd^einen Dor irgenb einem ber Dielen ^^eilig^
tümer, beren e« iDol^l in jebem anfe^nlic^cm Ort eine« gab. 3)ann toäre ba« feierliche
®ribot be« breimaligen ßrfc^einen« auffaUenb, ba man biefe Heiligtümer ol^ne Unbequem^
Bc^Ieit unb öfter auffuc^en fonnte. D^ne ^rage ift ^ier ein beftimmte« eingigartigc«
66ßeiligtum gemeint. S)arauf l^at neuerbing« mit befonberm 3lad^brudf SanHoonadter richtig
^gelDiefen. ßr fte^t aber unbered^tigt bie« Heiligtum al« ba« eingige offizielle, bie an-
Utn nur al« ^riDataltäre für bie al« Djjfer geltenben ©c^lad^tungen gu priDaten 3h>cdten
m* Sbenfo ^atte fd^on 3MoDcr« (©. 286 f.) angenommen, ba^ nad^ bem %^rt^>dbau
bU ßö^en nur „bei bem großen Haufen be« Solle«" Derhjenbet iDorben feien für Cjjfer
fflnDatangelegenl[^eiten. — 3)er ®efe^eber be« Sunbe«bud^ meinte tool^l fd^on feiner^
^a^enbienft ber ^ttthtt 191
jeitö bcn ierufalemtfd^en Xmpd al^ ba« (Scntrall^ciligtum. SlBer bereit« toor biefcm nafmt
ber %tm!ptl toon ©ilo eine centrale ©teUung ein, obne gtage bcdl^alb, hjeil er ba« ßrö^te
^riligtum SiJraete, bie £abe, ba« llntet))fanb ber öijttlid^en ©egenhjart, entl^ielt. SSielleid^t
^ot bon allem 3lnfang an ber Ort, h)o bie l^eilige 2abe ftanb, ate ba« eentral^eilißtum
gegolten. 3)abon aber, bafe biefer ober irgenb ein anberer Ort ba« einjiae ^eiKg« 6
tum fein folle, fei e« auc^ nur für ben nationalen Äuitu«, ioufete man nod^ lange nad^
©alomo nid^ft«.
3uerft öon $i«fia ioirb berichtet, ba^ er bie §ö^en entfernte (2 5tg 18, 4). @«
lann bie« aber, ioenn ber Serid^t über^au})t gefd^ic^tlic^ ift (toa« t)on aBeU^aufen u. ä.
bejtoeifelt toirb), nur ein SSerfuc^ geioefen fein ; nad^l^altige Sßirfung l^atte bie« SSorge^en lo
tocnigften« nid^t. i^n §i«fia8 3cit mod^te bie 3Keinung, ba^ ^^^^l^'^»" ^^^^ ^^^re SBol^*
nung 3^^*^^« fei, beftärft hjerben burc^ ben J}löfelic^en, nic^t burd^ menfd^lid^e 9){ad^t ber«
anlasten 2lbjug be« aff^rifd^en ,^eere« toon g^^ufalem, loorin man eine Setoa^rung ber
Sßol^nftätte S^J^toe« ertennen !onnte. §i«fia« SJac^fotger, ber abgöttifd^e 3Kanaffe, baute
bie aSamot toieber auf (2 Äg 21, 3), unb in ben SBegen be« Sater« ioanbelte aKanaffe« i6
©ol^n ämon (2 Äg 21, 20 ff.), ©rft ämon« 5Rad)f olger, Sofia, fe^ritt energifc^ gegen
ben ^öl^enbienft ein. Slac^bem unter feiner Slegierung ba« „©efe^bud^" aufgefunben
toorben, na^m er eine Steinigung be« 3^ein))cl« unb be« gefamten ^ultu« toor; „er ber*
unreinigte bie Samot, h)0 bie ^Mefter SRäuc^crungen bargebrac^t l^atten, bon ®eba bi«
nad^ SSeerfaba unb jerftijrte bie 93amot ber I^ore (?) an ber Pforte be« Jofnatl^or«" (2 5tg ao
23, 8; bgl. v. 13). äluc^ bie Sama bon «etel mit i^rem Slltar tourbe jerftört unb bie
S3ama berbrannt (v. 15) ; ebenfo foHen alle anbem §ö^en^äufer be« alten 3leid^e« ©a*
marien befeitigt toorben fein (v. 19). S)ennod^ fd^eint §ö^enbienft aud^ noc^ f>)äter bor*
gelommen ju fein (Sj 6, 3 f.). — 93t« auf '^ofxa toax ber Samotfultu« nic^t au«fc^lie^lid^
@ö|enbienft; anbemfaU« ^ätte bamal« bie Sertoenbung ber abgefegten $ö^en)}riefter 36
im 3:emi)elbienft nid^t in ^agc fommen fönnen (2 % 23, 9, bgl. v. 5.).
2. S)ie 5Proj}^eten unb ba« S)euteronomium. @« ift beutlid^ genug, mit
toeldjfem Seftonbteil be« ^entateud^« jene« unter ^ofxa aufgefunbene ©efefebuc^ ibentifd^
ift. 3« ^em Meinen ©efe^tobej be« je^obiftifd^en 33uc^e«, bem S3unbe«bud{>, tft ba« ®ebot,
bie ^d^en )u gerftören, nic^t gegeben ; e« fteUt bielme^r ben ^ultu« auf berf^iebenen so
ältören al« burc^au« berechtigt bar (f. oben § III, 1 a). ^n ber J}riefterlid^en ©(^irift
ift bon Heiligtümern 3i^tael« aufeer ber ©tift«bütte gar nic^t bie Siebe (über £e 26, 30
f. unten § 3; biefe bereinjelte ©teile fann nic^t in Setrac^t fommen). dagegen ift eine
Hauj)ttenbenj be« 3)eutcronomium«, al« ©ebot SRoje« barjuftellen bie gorberung, ba^
!3«rael, nac^^bem c« in Äanaan jur SRu^e gefommen fei, allein „an bem Orte, ben ^a^toe 86
ertoö^Ien toerbe", feine Opfer barbringe (c. 12, 4 ff. ; bgl. c. 14, 22 ff. ; 15, 19 ff. ; 16, 1 ff. ;
17, 8 ff.; 18, 6; 26, 2; 31,11). S)e«^alb h)irb in Softae ©efc^bud^ ba« 2)euteronos
mium iebenfall« mitent^alten gehjefen fein. — 3)ie S3efc^rän!ung be« gefamten Äultu«
auf einen einzigen Drt im ©euteronomium h)irb in abrebe gefteHt bon Rleinert. äudb
grie« (®. 71 ff.) nimmt an, bafe ba« 3)cuteronomium px\)oaU ©c^lacbtoiofer aufeerl^att^o
3erufalem« ni^^t abfc^affen looHe, inbem er ba« SSerbum zbh überall bon einer Obfer«
fc^lad^tung, nirgenb« bon lebiglic^ })rofaner ©c^la(^tung berfte^t. älber inbem ba« i)eu5
teronomium (c. 12, 22) beftimmt, bafe bie au^er^alb genitalem« gefd^lad^teten 3tinber,
©<^fe unb Siegen bon Unreinen unb Steinen gegeffen toerben foHen, h)ie ©ajeHe unb
«t^irfc^, b. 1^. nu^ft oj}ferbare Siere, beftimmt e« boc^ beutlid^, ba^ bie« ©c^lad^ten (zbh «
V. 21) nic^t al« ein Dt)fem gelten foUe.
S)a« in Seremianifc^em ©eifte gefd^riebcne 3!)euteronomium fann nic^t too^l lange
bor ber 3eit S^fw^ abgefaßt hjorben fein. a)ie Steligion«berberbni«, bie fic^ in bem
§ö^enfuUu« offenbarte, in bef onber« ftarfer SÖeife unter gofia« jtoeitem Vorgänger 3Kanaffe,
gab bem ben ^ro))l^etenfreifen ange^örenben SJerfaffer biefe« ©efe^buc^e« Slnla^, auf bie Gen^ so
traliperung be« Äultu« in bem „bon göl^toe ertoä^lten" ^^e^ufalem ju bringen. 6r toor
in btefem S3eftreben nic^t o^ne 3}orgänger. ©d[)on bie altem ^rojj^eten traten für ben
Äultu« in Senifolem im ®egenja| jum §ö^enbienft ein. CS« ift aber ibol^lju beachten,
bofe fie, anber« al« ber 2)euteronomifer, nic^t bcn §ö^cnbienft an ficb, bie 3)cel^rl^eit ber
ÄuItiUorte, ol« bertberflic^^ barfteUen, fonbem nur ben .^ö^enbienft in ber gorm, bie er 66
foftif^l erlangt l^atte, bie SSermifd^ung nämlid^ be« g^^hjebienfte« mit gö^enbienerifc^em
ffiefen. 6ine ^pnx bon bem beuteronomifd^cn 3)ogma ber nottoenbigen ßinbeit be«
ÄuItu«orte« finbet ficb bei il^nen nic^t im geringften.
SImo« (c.ö,ö) forbert aUerbing« bie Seh)o^ner be« SJorbreid^« auf, nid^t 93etel auf*
jufuc^, nic^t noc^ ©Ugal ju t)ilgem unb nic^t nad^ 33eerfaba ^inübergujie^en ; allein er ^
192 ^ai^ftibtmft ^tt ^thvitt
ftcttt bcm fcineölDCg^ ben icrujaleniijd;en Kultur afö bcn aUcin ted^tmäfetgcn gegenüber,
jonbem nur bie^: ^ai}\r)t felbft auRufudjien (v. 4. 6), ba in i^m aHein bad |)eil be^
grünbet ift, nid^t in jenen Orten, bte bem SJcrbcrben beftimmt jinb, toeil an il^nen ^ahtvt
h)a](ir^aft.nic^t gefud^t toirb. 2lmo« Hagt (c. 7, 9) über bie 3^'^^örung ber S3amot ^\aaU,
6ol^ne ein 3Bort barüber l^injujufügen, ba^ biefen Kultug[tätten olg an unb für fic^ un-
rechtmäßigen folc^e^ h)iberfa^ren. äud^ c. 8, 14 tpirb nur ber Äultu^ ©amarienö, ber
bon 2)an unb Seerfaba, afe eitel unb ate Serfc^ulbung bargefteßt, o^ne Slüdffic^t auf bie
Äultu^orte (ebenfo c. 4, 4). ©e^Ieic^en fjjric^t auc^ §ofea, totnn er c. 10, 8 bie S3amot öon
8etel „§öl^en ber 5Ri(^tigfeit" nennt (bgl. bie Benennung 33etaft>en, „§au« ber 3lic^tig=
10 leit", für Setel „®otte^^au«"X lebiglid^ feine ÜRifebilligung be^ bort getriebenen Äuitu«,
nic^t be^ Äultu^orte^, au«, unb h)enn nad^ c. 8, 11 6>)^ratm bie ßrric^tung t)ic(er
3ßtäre jur 6ünbe gereicht, fo mufe nic^t jene 33iel^eit bie ©ünbe au^niad^cn, fonbem bie
©ünbe fann in bem auf ben Slltären ©eübtcn befielen (bgl. v. 12 f.). 3)er 3)ienft toon
Setel gilt bem 5ßroj)^eten aU ®ö|enbienft (c. 13, 2), toe^^alb er beffen 5Priefter nic^t ate
16 Äo^anim ber Samot be^eid^net, h)ie bie^riefter getDö^nlic^ genannt hoerben, fonbem mit einem
au« bem aramäifc^en §eibentum entlehnten 9Jamen Äemarim (c. 10, 5), ber fte al«
®ö|en})riefter c^arafterifiert. S^f^jö gebeult ber Samot niemate, too^l aber Hagt er über
ben @otte«bienft unter ben ^eiligen Säumen, bod^ aud^ er, ol^ne ba^ fein Xabel bie ^ei-
ligen Drte al« fold^e träfe (ögl. 21. §aine). ?IKi 1, 5 ftellt bie 8amot 3uba« gu 3;eru=
20 falem in parallele mit ber „SJerfc^ulbung S^^ob«", ©amarien, b. 1^. bem Äultu« öon
iSamarien. Sllfo auc^ biefem ^roj)l^eten gölte nac^ bem maforetifc^en 3^ejte ber cf^ö^em
bienft, fo tDie er getDorben \üax, aU unftatt^aft; ba« SBort bämöt ift ^ier aber fraglo«
nad^ LXX ju emenbieren (f. 3to\oad g. b. ©t.). — 2)ie borjoftanifdjien 5ßropl^cten öer-
toerfen bemnadji ben Äultu« ber §ö^en, nid^t aber bie ^öl^en felbft. ©ie ge^en bamit
26 bereit« einen ©d^ritt über bie ©r^ler be« jel^obiftifd^en Suc^e« toie über ba« SSunbe«-
bud^ l^inau«, h)o an ben Dielen Elitären nod^ leinerlei 9J{afel gefunben h^irb. @« fann
bemnac^ laum einem 3^^if^I unterliegen, bafe jene erjjäl^ler unb biefe ®efe|e«f(^rift älter
finb al« 2lmo« unb ^ofea. — SBeiter ift beutlic^, baß (tomn Wxx bon gjoel abfegen,
bem nur noc^ SBenige eine ©teile unter ben alten ^ro})^eten einräumen) fc^on feit 3lmo«
80 (c. 1, 2) ber Xemjjel Serufalem« ol« Sa^toe« SBäobnort galt (Dgl-Sef 11,9 ; 30, 29 u. f. to. ;
f. ©menb, Moses, ©. 58 ff.), nic^t be«^alb aber, lüeil ^ai)m ni^t auc^ an anbem Ijeiligen
©tätten gefunben luerben fönnte unb gcfud^t luerben bürfte, fonbern toeil man i^n an
ben anbem ©tätten nic^t in ber ric^tigm SBJeife fuc^te, lueil faftifd^ allein in S^^^ufalem
reiner 3;ö^>^>«^i^ft Ö^^t hjurbe. 2)a« 3)euteronomium fe^t öorau«, baß jeber feiner Sefer
86 unter bem toon ^a})toc jur SBol^nung ertoä^lten Ort unmittelbar ben jemfalemifc^en %tmpd
berfte^e. 6benfo ift aber beutlid^, baß bie Slnfd^auung be« 3)euteronomifer« fortgefc^rittcner
ift al« bie ber altern ^ro})^eten, ^^aia unb SRid^a eingefd^loffen, ft>enn er 3«^l^k"^ öl«
ben feit ber SRieberlaffung in Äanaan einzig pon ^af)m erlDä^ltm Ort barftcHt. 3lod)
Sefaja ^atte einen 3lltar 3<»^>J><^ ^^ 2^^^ 3i[g^))ten unb eine ^eilige ©äule an feiner
40®renje gen)ei«fagt (c. 19,19) unb tt>ußte nid^t« bat)on, baß bie« ein gefe^h)ibriger jtultu«
fein iDürbe.
2tuf bem ©tanb})unlt be« 2)euteronomium« fielet ber im 6?il lebenbe Slebaftor be«
Äönig«buc^e«, toenn er allen §öl^enbienft feit ber iemj)elerbauung al« Jünbl^aft barfteHt
unb bamm bie 92id^tbefeitigung ber $ö^en auc^ ben frommen ßönigm al« ©ünbe
46 anred^net. 3)ie S3amot, bon benen ber 3«itgenoffe ^o[xa^, ^^tmxa, rebet, fmb ©tätten
be« ®ö|enbienfte« (c. 7, 31; 19, 5; 32, 35; t)gl. c. 3, 2; 11, 13; 17, 2 f.), unb
bem ^ro})^eten ejec^iel gilt ber ^ö^enbienft einfach al« ®ö|enbienft (c. 6, 3 f. 6; 20, 28 f.),
ebenfo einem \päUxn ^falmiften (78, 58).
3. 3)ie >)ricfterlic^e ©c^rift be« ^entateuc^« unb bie ß^ronif. 33om
60 ©euteronomium abgefei^en toirb nur nod& gtoeimal im ^entateud^ ber Samot mit ©ejie^ung
auf ^^xad gebadet. 3" ^^^^ ©teile, bie öon SSeftanbteilen ber >)riefterlic^m ©c^rift um=
aeben ift, $Wu 33, 52, toirb ben 3«raeliten geboten, bie §öl^en ber Äanaaniter gu jer=
ftören, unb Sc 26, 30 ben 3«raeliten gebro^t, baß ^aijtot i^re öö^en jerftören unb i^re
93aalfäulen t)emic^ten toerbe. 3)ie erfte bicfer ©teilen ift ioa^rfc^einlic^, ba fie in ber
66 ))riefterlic^en ©c^rift feine 2lnalogie f)ai, au« einer anbem dueUenfc^rift abzuleiten. 3)ic
jtoeite ©tcHe gehört einem befonbem ®efe§fobej £e c. 17—26 an, ben ein ©>)ätercr
m bie })riefterlid^e ©c^rift einarbeitete. 3"^ 3^^^ ^^'^ Slbfaffung biefe« Keinem Äobej be=
ftanb alfo in ^^xad J^ö^enbienft, ber bem 3?erfaffcr al« gleid^toertig gilt mit bem 3)ienftc
be« Saal. Sf* ^i^f<? ©efe|e«fd^rift, loie nac^ allen Slnjeic^m anjunel^men, älter al« bie
60 große pricfterlic^e ©d^rift, fo lann man nic^t urteilen, baß ber 3Serfaffer ber le^tern
^Bl^mbtfnft ber febriler 193
3U einer ^t\i gef (^rieben Ijahc, aU ber ^öl^enbien[t noc^ allgemein für unbebenlUc^ galt, unb
bafe be^l^alb biefer ©efe^geber fic^ nirgcnb^ über ben 3ial^h)cbienft auf ben ^ö^en au^
gcfJ)rocl^en ^abe. äud^ abgelesen baöon tft bie Slnnajime ööHig unftatt^aft, bafe ber Ser«
faffer fic^ ben öiclen ^Heiligtümern gegenüber gleicbgiltig berl^alte; bcnn inbireft forbert
bie ganje ©c^ilberung ber ©tift^J^ütte, toie fte im 5Priefterfobej entworfen toirb, ©ar- 5
bringung aller Dt)fer bor ber ©tift^l^üttc. 2)iefe ift in i^rem Sau nad^ bem 3Jlufter bc^
jerufalemifc^en 3:empeli3 gejeid^net (®raf, 3?ölbefe, SBefll^aufen u. a.; bagegen fie^t
nod^ Äloftermann bie ©tiftö^ütte biclme^r ate ba^ Sorbilb be^ %impd^ an unb benit
an eine ec^t SRofaifc^e „itonjeiotion eine« toeil bon ®ott gezeigten, barum befinitiö gut
tigen Silbe^" für ba« i^raelitifd^e Heiligtum, ©. 380 f., unb an eine SRcf onftruierung 10
bieje« 5)ilbc« „au^ ben a)littcln ber loriefterlid^en Überlieferung" in ber 3rit S)at)ib!g ober
be« ©alomonifc^en Xtmpdbau^, ©. ;i82f.). 3)ie ©tift^^ütte ift in i^rer gangen Se*
fc^affen^eit barauf angelegt, ber cinjige red^tmäfeige Cj}ferort ju jein.
2e 17, Iff. toirb au^brücflic^ bie S^arbringung aller 0})f er öor bem Heiligtum, näm«
lic^ ber ©tifte^ütte, geforbert. 3)ie ^orberung gel^ört in biefer %oxm ni^t jenem altem 16
©efe^buc^ 2e c. 17—26 an, ba« nur bon bem „Heiligtum" (mikdaä) rebete unb babei,
h)ie e« jd^eint, an eine üKe^rja^l bon Heiligtümern backte (fo S^iHmann ju b. ©t. 1880 ;
m. ©efc^ic^te bc« altteftamcntlic^en ^rieftertum« 1889, S. 47 ; S^riber ©. 138). ©ie
Übertragung biejer gorberung auf bie ©tiftd^ütte rüi^rt ^er t)on bemjenigen, ber ba«
ältere ©efe^bud^ in ben 5Priefterfobej einarbeitete unb bon bem SSerfaffer be« 5ßriefterfobej 20
gu unterfd^eiben fein toirb. — 9Jid^t richtig ift, toaä 93an ^oonadfer annimmt (©. 42),
ba|, abgefel^en öon £e 17, Iff., ber ^riefterfobej ?ßribatoj}fer aufeerl^alb be« Gentral*
l^eiligtum« fenne unb billige. 2e 7, 22 ff. (bgl. c. 3, 16 f.) ift bie SRebe )oon ©d^lad^^
tungen aufeerl^alb be« Heiligtum«. 2)iefe ©d^lac^tungen gelten aber in feiner Sffieife atö
£p\ct, fonbem e« toirb nur beftimmt, bafe bon ben opferbaren Sieren bie gettftüdfe unter 26
!einen Umftänben gegefjen toerben bürfen, toeil fie al« ettoa« ^eilige« gelten auc^ in bem
gaUe, ba| fte nic^t auf ben aitar !ommen. 3lad) ^an §oonadfer (©. 44. 46. 86 f.)
beftänbe bie 9leuerung be« beuteronomijd^en ©efe^e« barin, ba^ e« bie bom ^riefterlobej
noc^ gebilligten $ribato})fer unb ^ribat^eiligtümer abgefc^afft ^abe. 3)aran ift nur
richtig, ba^ jene 33eftimmung in Se c. 7 au« einer ^t\t ftammt, too nod^ an me^rem ao
Orten geojjfert tourbe, aljo ein älterer, ju bem Softem be« ^riefterfobej nic^t j)affenber
Seftanbteil be^felbcn ift; benn e« toirb nic^t gefagt, toa« mit ben gettftüdfen gejc^el^en
foU, toenn fte nic^t gegeffen toerben bürfen unb bo* aue^ nic^t geopfert toerben foUen
(Dgl. Äittel ©. 42 ff.). Sben bie Seftimmung bon Öe c. 7 toirb burc^ ba« S)euteronos
mium c. 12 aufgehoben mit feiner 3lnorbnung, bafe man öon allen ©c^lac^tungen au^er= ög
l^alb ^erufalem« efjen bürfe toie Don ben nic^t opferbaren reinen lieren.
S5eil bie priefterlid;e ©c^rift legale Opfer nur an bem einen Heiligtum fennt,
toerben in il^ren ©rgä^lungen gar feine Opfer ertoäl^nt in ben ^Attn bor bem Sefte^en
ber ©tift^l^ütte, al« ob bie 5ßatriard{>en Opferfultu« überhaupt ni^t geübt Ratten! 6ben
beöl^alb nimmt nur nae^ ber jel^obiftifcben ßrgä^lung 9Joa^ öon ben reinen (opferbaren) 40
Vieren mel^r ßjemplare in bieSlrd^e auf al« bon ben unreinen; benn o^ne ba« SScftel^en
be« Opfer« toar eine größere 2lnga^l jener nid^t erforberlic^. Sine 3lu«na^me in ber
jonft fonfequenten S)arftellung ber priefterlid)en ©d^rift bilbet allein bie Slufric^tung be«
©albftein« burd^ 3^^^'^ S^ S3etel (®en 35, 14 f.), benn biefer ©tein c^arafteriftert olj^ne
3toeifel ben Ort al« l^eitigen ; aber ber örgä^ler bleibt feinem 5ßlane boc^ infofem ge^ 45
treu, al« er nic^t öon einem (blutigen) Opfer Qi^fob« bei biefem ©teine berichtet.— 2)er
ftultu« ju ©ilo toirb bon bem ßrjä^ler ber priefterlic^en ©c^rift bamit begrünbet, bafe
bort öon ^ojua bie ©tift«^ütte aufgeftettt toorben fei (:5of. 18, 1 ; 19, 51). Son eben
bemfelben ßrjäl^ler toirb gof 22, 1 1 ff. ber bon ben oftjorbanifc^en ©tämmen jur ^txt
3ofua« errichtete Slltar ni^t ctWa al« Opfcrftättc bargefteHt fonbem unglaub^aftertoeife w
lebiglic^ al« ein (Srinnemng«mal, al« mnn fd^on bamal« ber ©ebrauq einer gtoeiten
Cpferftätte (neben ber gu ©ilo beftel^enben) einen Slbfall bom S^^toebienft bejeid^net ^ätte.
Sei biefem ©ac^öerl^alt fd^eint e« mir feinem ^mx^A gu unterliegen, bafe ber Scr-
faffer ber priefterlid^m ©d^rift jünger ift al« bie ßrjäl^ler bc« je^oöiftifc^m 33u^c«, benen
ber Äultu« an berfc^iebenen Ortm nod^ unbebenflic^ erfc^eint (f. oben Jj III, 1 a) ; frag* »
lic^ aber bleibt, ob barau« ba« 3^^^^^^^^^"^^ ^^ priefterlid^en ©c^rift lum ©euterono*
mium fw^ beftimmen läfet. 3)a« fd^eint mir allerbing« jiemlid^ fidjier, ba| bem Serfaffcr
be« beuteronomifc^m ®efe|e« (ber berfc^ieben ift Don bem Serfaffer be« ergä^lenben ^roö*
mium« ber beuteronomifd^en 5lebe) ber ^riefterfobq nidjit Dorlag. 2)ie anfc^einenben an*
geid^en für S3efanntfc^ft mit ber priefterlic^en ©(^rift im 3)euteronomium finben fic^ teil« eo
9ica(^(^icDr(opftbic für X^eologie unb Siird^e. 3. «. VIII. 13
194 $9l|ftilitfnfit ber ^tbtitt
nur in ben jünflem ScftanbtcUen biefe« SSud^e^ (bie fteBjig ©cden mit ^^atob, bie Sabc
au« Slfajien^olj), teite betreffen fte ältere, in ben ^rieftenobej aufgenommene 3:orot (bie
2:ora t)om äuöfa|, bie 2ora bon ben reinen unb unreinen 3:ieren). ^ebenfaß« fannte
ber SSerfaffer be« beuteronomifc^en ®efe§ee ben ^rieftertobej nic^t ate eine anerfannte
6 ©efe^e^fd^rift; benn bann toäre für il^n nid^tö bequemer getoefen bei feiner gorberung
eine« einzigen §eiligtumö ate bie 3lnlnüj)fung an bie ©tift^^ütte ber >)riefterlid^en ©d^rift.
5Rirgenb« aber im 3)euteronomium flnbet fi^ eine Sejiel^ung auf bie ©tift^^ütte; im
®egenteil fefet e« borau«, bafe jur ^eit ?IKofe8 Sinl^eit beö Äultu^orte« nic^t öor^anben
toar, bielmel^r bamate jebermann mit feinen Dpferbarbringungen nac^ freiem ©utbünfen
10 öerful^r (c. 12, 8). 2)agegen lä^t fte^ ^^(i ber ^ßriefterlobej toerftel^en ate eine fd^on
öor bem 3)euteronomium ejiftierenbe ©c^rift ))rit)aten ß^arafter«. Sffiie au« jenem 93e=
ftreben ber ^ro))l^eten, ben Äultu« in ^erufalem ju centralifieren, bie lategorifc^e gor-
berung eine« einzigen Heiligtum« bei bem S)euteronomiIer ^erborging, fo lonnte ba«
gleiche S^rac^ten im 5lreife ber jerufalemifc^en ^riefterfc^aft fd^on früher ba« in JJorm
15 ber ©tift^^ütte gezeichnete ^t^wilbilb be« einjigen Heiligtum« erzeugen. 3?id^t« ift tüai^x-
fd^einlic^er ate bie«, bafe bie jerufalemifd^e ^Sriefterfd^aft fd^on frü^jeitig barauf ausging,
bie D})ferl^anblungen möglid^ft auf il^ Heiligtum ju befd^ränlen. Unter biefen ®efic^t«=
bunftcn fe^en 3?ölbefe, 2)illmann u. 31. ben 5ßriefterIobej bor bem 3)euteronomium an.
jWir ba« umgefel^rte A^itber^ältni« i[t nic^t unbebingt entfd^eibenb ber Umftanb, bafe ber
20 SDeuteronomifer auf ^ncrlennung eine« eineiigen ^eiligtum« bringt, ber SBerfaffer be«
5ßriefterfobej biefe Slnerfennung in feinem 3l^^ölbilb borau«fe$t (SßJeH^aufen). 6« folgt
barau« noc^ nic^t fxc^er, bafe ber SBerfaffer be« ^riefterfobej in ber nad^joftanifd^en ^^\t
fc^rieb, ate bereit« ^erufalem« einzige Berechtigung jum ßuItu«ort Slnertennung erlangt
^atte. @r lönnte bie $olemit jurüdfgebrängt ^aben, um befto nad^brüdflic^er ben ibealen
26 gwftanb jur ©eltung ju bringen. 2)ie J}riefterlic^e ©d^rift giebt nirgenb« ux erfennen,
öüfe bie ©ini^eit be« ÄuItu«orte« ber jur geit be« SBerfaffer« befte^enbe S^f^^"^ *bar, fon=
bem ftj^ilbert bie ßinl^eit ate ben Swf*^»^^ ^"^ ibealen Vergangenheit. 3)ie ©tift«l^ütte,
ba« S3ilb be« ibealen Heiligtum«, Yä^t fid^ fc^toer begreifen, toenn bem SBerfaffer biefe«
^bealbilbe« ba« anbere be« Sjed^ielifc^en 3ufunft«tem^el« belannt toar. dagegen ift
80 ©jcc^iele ibealer %m,ptl leine müßige SBieberl^olung, auc^ toenn ber ?Proj)^et bie ©tift«=
glitte ber ))riefterlic^en ©d^rift lannte. 6r mujte fte, faß« fte üj^m betannt toax, anfe^en
al« eine ben 3lnfängen S^rael« ange^örenbe ©nrid^tung, bie burd^ ben ©alomonifc^en
Semioel erfe^t toorben toar ; biefen lä|t Sjec^iel, nac^bem er jerftört toorben toar, in feinem
neuen 3w*w"ft^*^"^t>^l toieber aufleben.
85 SBa« ber 5ßriefterfobej im 2Biberfj)rud^ mit ben je^obiftifc^en 5ßentateud^beftanbteilen
unb ben borejilifd^en ^iftorifc^en 93üc^em geltenb mad^t: ein bon SRofe ^errü^renbe«
rinjig legitime« Clpferjelt, ^at ber ßl^ronift in feine ©c^ilberung ber altem ©efc^ic^te auf-
gmommen. 3)ie ?ßrärogatibm biefer ©tift«l^ütte lä^t er bireft auf ben ©alomonifc^en
2^emj}el übergeben; jebod^ l^at er fid^ in ber g^^wung bieje« fünftlid^en ®efd^ic^t«bilbe«
40 bor 3Q3iberf>)rüd{fm nid^t immer ju behjal^rm gehjufet. S)ie bielm Äultu«orte ber borfalo-
monifd^en 3^it fuc^t er baburc^ ju rechtfertigen, bafe er fie au« bem jeittoeiligm Stufwt-
l^alt ber l^eiligen iiabe an biefen Orten erflärt, inbem bie Berechtigung jum Äultu« an
jebemDrte nur gerabe fo lange gebauert ^aben foH, al« bie ftänbig toanbembe 2abe ba^
felbft bertoeilte — ein fc^on an fic^ unglaubhafter ©ac^ber^alt, bon bem überbie« bie
45 altem ®efc^ic^t«büc^er nic|t« hjiffen. 3)abib« Ci)ferbarbringungen auf ber 2:enne Slratona«
iu einer 3^t, al« bie ©tift«l^ütte auf ber §öbe ju ®ibeon geftanben l^aben foH, lüerben
el^ infonfequent auf eine 6ngelerfd()einung jurüdfgefül^rt, bie ben Äönig bermafeen er=
d^redft ^abe, bafe er nic^t toagte, fic^ nac^®ibeon ^u begebm (1 6^r 21, 30); ber®otte«'
bienft ©alomo« ju ®ibeon h)irb bamit begrünbet, ba^ bafclbft bie ©tifte^ütte berbliebm
60 fei, nac^bcm 2)abib bie £abe auf ben gJon berbrad^t unb i^r bort ein neue« Mi errichtet
batte (1 6l^r 16, 39; 21, 29; 2 6^r 1, 3. 13) — 3lu«funft«mittel ber ?Berlegen^eit,
bei benen immerhin bie erftrebte ßinl^eit be« Äultu«orte« einer SBerjloiefad^ung tüeic^en mufe
(bgl. mobeme 3Bieberaufna^me biefer 2)arftellung be« ßi^oniften oben § III, 1 a).
3)er Seric^t be« ß^roniften über bm göj^enbienft unter bm Jtönigen 3uba« ftimmt
66 nic^t burc^au« mit bem be« Jtönig«buc^e«. Sä^renb biefe« juerft bon ^t«fia ben ^erfuc^
einer 33efeitigung ber §öl^en au«jagt, foDen nad^ ber ßl^ronil jd^on äfa unb 9iofat)^at
bie ^öj^en abgerafft ^aben (2 6^r 14, 2. 4 ; 17, 6). ^n fd^einbarem aBiberf})md^ mit
biefer il^rer eigenm Slngabe berid^tet bie ß^ronif anbertoärt« (2 ß^r 15, 17 ; 20, 33),
ba| unter 3lfa unb 3ofat)bat bie ^öl^en nicbt befeitigt tourbm (bgl. 1 5tg 15, 14:
w 22, 44). ajiejer a5}iberft)mdj ift fc^toerlidjf mit SKober«, a;^eniu«, »ert^eau u. a. baburd^
^Bl^ettbtcnft ber Hebräer ^oetftra 195
aufjulöfen, ba^ man bic Scfcitigung t)on bcn abgöttifd^cn, bic S^ic^tbefcitigung Don ben
bem ^Ä^^i^^^i^ft öetoetl^tcn ^öl)cn Derftc^t; benn einmal ift an allen ©teilen Qani all-
gemein öon ben Samot bie Siebe, unb jtoeiteng fonnte 3[ofa})l^at nic^t befeitißen, toad
\d)on burd^ feinen Später 3lfa beseitigt tDorben toax. SSielleic^t tt>ill ber S^ronift, \[vmn
er nic^t etipa 2 g^r 15, 17; 20, 33 gcbanfenlo« ba« Jtönigjgbuc^ abjd^rieb (®raf), t)on 5
8tfa toie öon 3«>föt>^öt ben mißlungenen SJcrfuc^ einer 93efeitigung ber §öl^en berichten
(Shjalb, ©efd^id^te III ^ S. 504, Äeil, ©menb [Moses]), eine Slngabe, ber inbe« ntbm
bem 93erid^t be^ Jlönig^bud^e^ fc^h)erlid^ (älauben ju f^enfen ift. 92ac^ ber angeblid^en
SSefel^rung be^ Äönig« 3Wanaffe foll jtoar ber ©öjenbienft befeitigt iDorben fein, „nur
oj)ferte t>a^ Soll noc^ auf ben SSamot, aber 3^^*^^/ '^^^>" ®ott", nid^t anbem ©öttem 10
(2 6br 33, 17).
3lai} ber ^arfteQung ber ß^ronif ift bie trabitioneQe Slnfc^auung h^ie Dom i^raeli^
tifc&en Äultu^ über^auiot, fo auc^ Dom Äultu^ort gebilbet (anerfannt Don 3. ®. 3Rüller, Äeil,
Äö^ler, 35an §oonadfcr, $oelö). (Sine anbere 3lugfunft, bie SSeric^te ber altem ^ifto-
rifc^en Sucher mit bcn pcntateuc^if^en S3eftimmungen ju Dereinbaren, ergriffen Die %aU 16
mubiften, inbem fie ^Atm unterfd^ieben, loo bie §ö^en erlaubt (bie Dorfalomonifd^e 3^*
gum großen Seil) unb loo fie Derboten toaren (3Jlif(^na Sebad^. 14,4—8; Dgl.9Regill. 1, 11 ;
bie fj}ätem Slabbincn f. bei Ugolinui^ a. a. 0.).
3)em nac^e^ilifc^en ^iubentum blieb auf @runb ber beuteronomifd^en Seftimmungcn
ber 3:empel ^u 3<^föfem ber Ort, ba man anbeten foH (3o 4, 20), unb in ber %mit ao
toeilenb, toanbte man ftc^ im ®ebet in ber Slic^tung nad^ bem Xempel (3)a 6, 11).
38ielleid^t ift bie ©itte ber ©ebet^ric^tung nae^ bem Stempel fd^on Dor bem ßjil auf*
gefommen; benn bie SJerfe 1 Äg 8, 44. 48, Wo fie Dorau^efefet ft>irb, fd^einen Dor-
ejilifdji 5u fein, ba ber 2em>)el ^ier aU bcfte^enb gebac^t toirb. @ine 2lrt ®rfa| für bie
tö^en boten bie erft in ber nac^ejilifc^en Qtxt auflommenben ©^nagogen, m ®ebet, 25
orlefung unb ^rebigt beftimmt. SSon ber fonft allgemein eingehaltenen äJorfd^rift,
Ot)fer nur ju ^erufalem barjubringen, erlaubten fic^ bie ägDiotifc^en ^u\)tt{ eine 3lu^5
na^me feit ©rbauung be^ Sempete Don 2eonto})oli^ föofepp., Antiq. XIII, 3 unb
fonft). i£^olf S^oubifflti*
^octftro, ©^tfe, geft. 12. ^uni 1898. — Sitteratur, fritifdi unb biogvap^if^: ao
Cd. Busken Huet in de Gids 1858 @. 622 ff.: A. Pierson in de Gids 1858 6 493 ff. unb
1895 6. 245 ff.; J. H. Schölten, De vrije wil, fieibeu 185!«; A. M. Gramer, Beginselen
cn leer der oude Doopsgezinden in Godgeleerde Bijdragen 1864; L. W. E. Rauwenhoff
in Theologisch Tijdschrift II ©. 257 ff. unb in Wijsbegeerte van den godsdienst, Selben
1887, I. Ptap. 2b unb 5^ap. 2 § 1 ; L. H. Slotemaker in Theol. Tijdschr. XV, ©. 265 ff.; 35
A. BniiDing „Prof. Hoekstra's Zedenleer*' in Tijdspiegel 1894; W. Scheffer in Theol.
Tijdschr. XXXI S. 302 ff. : I. Molenaar in Mannen en Vrouwen van beteekenis in onzc
dagenl897, S.öief.; P. H. . Hugenholtz Jr. in De Amsterdammer, Weekblad voor Nederland,
19.3unl 1^98: P. Feenstra Jr. in De Zondagsbode, IH. guni 1898; S. Gramer in Theol.
Tijdschr. XXXII @. 448 ff., unb in Doopsgezinde Bijdragen 1898 8. 150 ff. ; I. v. d. Bergh, 40
„Ghristelijk geloof' in Tijdspiegel, ?lug. 1898. S)ie Biographien in ben ^Innalcn ber „Maat-
schappij van Letterkunde" ju ficiben unb ber „Koninklijke Academie" ju ^Imfterbam, oon
iüel(^cn (äJefellfctQften ©. SWitglieb xoax, finb im ©egriffc ju erf^cinen.
S. $oe!ftra, Sjn, 3)oItor ber 2^eologie h. c, lourbe geboren 20. Sluguft 1822 ju
SBieringeripaarb in ber nieberlänbifc^en 5ßroöinj 9Joorb §otlanb, ftubierte Ideologie ju 45
ämfterbam am ©eminarium ber „Allgemeene Doopsgezinde Societeit", \vax öon
Citober 1845 bi« ä>)ril 1852 ^rebiger ber 3Kennoniten in Slffrum unb 3totterbam,
lourbe 3?ot)embcr 1856 jum 5Wa(^f olger ©. SJlüHer^ in bie ^rofeffur am oben erh)ä^nten
©eminarium ertoä^lt unb betleibete biefe ©teile öom 17. gebruar 1857 bi^ 3""^ 1892,
feit 1877 aber aud^ ba« 5ßrofefforat in ber t^eologifc^en ^^fultät ber bamate ju aimfter« so
bam geftifteten Uniöerfxtät. ©eine Sorlefungen über ßt^il, 3)ogmatiI unb SReligionö^
J}^ilofoj}^ie, fj)äterl^in t)on il^m umgearbeitet unb befonberiJ in Wxd\xd)t auf feine früheren
©d^üler ^erau^egeben (Zedenleer, 3 S5be; Geschiedenis van de Zedenleer, 2 8be;
Wijsgeerige Godsdienstleer, 2 S5be; Christelljke Geloofsleer, 2 S3be, Slmfterbam
1894—98) geloöl^rten feinen 3lnfc^auungen (Sinflu| unb ©eloalt in feiner Äirc^engemein« bs
fd^aft, inbem er fie bem ®eift feiner S^v^ter ein})rägte, bencn er in einer 5ßeriobe fd^tDan«
Icnben ©ujjranaturali^mu« unb „öom ©tanbj)unfte ber neueren SBiffenf^aft au«" ben
unerfc^ütterlic^en, öon ben Slefultaten be« toiffenfd^aftlid^en gorfc^en« immerhin unabs
bängigen S5oben ber ®lauben«geh)ife^eit enthüllte: ba« })f^d^ologif(i^e »Jaltum toom „®lau-
im be« SRenfc^en an bie üöa^r^eit feine« eigenen Sßcfen«", nacp $. bie Duelle unb eo
13'^
196 ^oftfhra
ba^ SBcfen be^ refigiöfcn ©laubcnö, toon bcm er befonber^ in feinen SBerfen: Bronnen
en Grondslagen van het Godsdienstig geloof unb de Hoop der Onsterilijkheid,
3lmfterbam 1864 unb 1867, ettoa im ©eifte Setter« w"*^ ^Jcuerbac^^, jeboc^ mit ööUiger
©elb[tftänbig!cit unb großem ©c^arfftnn, barjulegen fid^ bemühte, bafe er auf jebcr Stufe
6 feiner 6nth)idfelung au^ bem toon ben Dualen be« SebeniJ hervorgerufenen @rlöfung^=
bebürfni^ be^ 3Kenfc^en unb feinem SRingen nac^ ber S3etl^ätigung feiner ^erfönlid^feit
l^erborgegangen unb folglich ba^ ^JJoftulat eine^ normalen geifligen Seben« fei. a)a| näm=
lic^ bag t)on unferen ©innen entworfene S3ilb be^ SBeltaH^ unmöglid^ baö rid^tige fein
fönne, bagegen bic SBeltorbnung, tro^ bem ©d^einc be^ ©egenteilö, einen überfinnlid^en
m ßl^arafter trage, unb alfo bie 33erh)irflic^ung unferer fittlic^en ^beale t)erbürge, ergiebt fid^
nad^ §. mit logifc^er Slotloenbigfeit au^ ber im>)eratit)en Jlatur biefer ^beale ; toäre baig-
felbe nid^t ber %aU, fo toürbe ba^ 3)afein unö ju unerträglichem fieibcn unb unauflö^=
Kd^em JRätfel luerben unb folglid^ ber ÜRenfd^ — biefe äbfurbität! — ein 33lenbtoerf
ber ©c^öpfung fein.
16 33on rein toiffenfc^aftlid^em (Sefid^t^unlt au« toar bie 93ebeutung biefer ©ä§e l^auj)tf äc^lid^
barin gelegen, bafe fte ba« im 3«teBeftuali«mu« ©djiolten« (f. b.), befonberö aber im ßm^jiri«-
mu« Dt)joomcr« (f. b.) befangene religion^^ilofopl^ifd^e 3)enlen be« „mobem"5t^cologif(ben
toflanb« einem neuen 5ßringij3 entgcgcnfü^rtcn unb jtoar bem eine« 3^eali«mu« im ©innc
ant«, fofern §. mit lefetcrem jh)ar nid^t ben fategorifd^en 3>w>>^ötit), bennoc^ aber bie
ao t)raltifc^e ©eitc unfere« Söefen«, namentlich bie 3Q3ertfd^ä|ung, genauer gefagt, ben Segriff
ber S^^tfw^äfe'ö'fri^^ fü^ ^'^ ©runblage be« ©lauben«, bagegen bie tbeoretifc^c ©eite be«=
felben, namentlich bie Beobachtung, genauer gefagt, ben Äaufalität^begriff, für bie be«
SBiffen«, unb folglich ©lauben unb SBifJenfd^aft für qualitativ t>erfc^ieben ertlärte, h)orau«
bann erften« bie Unmöglic^feit folgte, bie ®lauben«getoife^eit ))ofitii) loiffenfd^aftlic^ ju be^
26 grünben ftatt ju rechtfertigen, jtoeiten« aber auc^ bie älbfurbität, legerer irgenb einen
fd^lDäc^eren Überjeugung«grunb beijumeffen, ba im ©egenteil ^btn mit ber ©ubjeftiöität
bie ©eloife^cit june^me, folDie man benn überl^au))t nur toon ben eigenen Setoufetfcin«-
^uftänben fic^ DoUftänbig toergetoiffem fönne (Gedachten over het wezen en de me-
thode der godsdienstleer, Theol. Tijdschr. VI), unb namentlid^ bie 9Kat^ematiI
30 eben bcö^olb, toeil fic bie SBiffenfc^aft nic^t ber em))irifc^en, fonbem ber ibealen ®rö^en
ift, untrüglid^c ©eloi^^eit verbürge (Het jaarcijfer 1881 als getuige des geloofs,
Slmfterbam 1881). — SBJenn aud^ §. jeben 3lt)riori«mu« mit fo gro|er ßntfd^ieben^eit
bertparf, ba^ er, fc^on in De weg der wetenschap op godgeleerd en wijs-
geerig gebied, 3lmfterbam 17. gebruar 1857, unb in Christelijk Wijsgeerige
86 Aphorismen, Godgel. Bijdr. 1857, ba« religiöfe S3eh)u|tfein alö ben einjig mög=
U^en 3lu«gang«l)un{t be« ti^eologifd^en 3)enfen« betrad^tete, ja, fogar bie religiöfe Sin*
läge al« eine reine ^otenj unb bal^er ouc^ ba« religiöfe ®efü^l, in bem C)})joomer
ba« Organ unb bie Duelle ber religiöfcn ©rfenntni« erblidtte, ^. aber eine t)ermummte
,,idea innata'' entbedte, al« einen 3Sa^n bezeichnete (lets over het godsdienstig
iogevoel, Godg. Bijdr. 1864), — fo tourbe bo^ bie rein inbuftitoe, in ben aiatur^
h)iffenfd[;aften befolgte 9Ket^obe, bie Dpjoomer, eben mit ber ,f)offnung unb bem 33erfj)rec^en
burc^ fie bie ©laubenögcmife^eit auf einem unbeloeglid^en ©oben ju grünben, aud^ in bic
rationalen aSiffenfc^aften ^ineinjufü^ren eifrig bemüht toar, Am im 5Jamen ber©laubcn«s
geloife^eit fclber mit grofeem 6mft unb t)orjüglid^em ©c^arffmn t)on il;m befämioft, benn
46 foHte aud^ loirflic^ ba« religiöfe ©efü^l, toie Ct)joomer behauptete, ein cm})irif^e« 3)atum
fein, fo lonnte ba«felbe, nac^ §., bod^ jebenfaH« nur mit ben |)ilf«mitteln be« 3^eali«mu«
al« folc^e« crtpicfen toerben unb au« bem ^xxUl be« (Sm^jirifc^en l^inau«fül^ren ; bie auf
bem naturh)iffenfc^aftlic^en 6m})iri«mu« aufgebaute ©ctoife^eit bezeichnete er als locfentlic^
feine« befferen ©el^alt« al« bie be« auf eine Sleil^e t)on äufecrlid^en unb ba^er niemal«
60 genau ju fontroHierenben 3^9«^^" T*^ ftü^enben ©uj)ranaturali«mu«.
3)ie im etl^ifc^^pf^c^ologif^en 3ibeali«mu« §.« entl^öltene ant^roj)rocentrifd{>-teleologifc^e
(über ben 33cgriff ber leleologie t)erl^anbelte er u. a. in einem SSortrag über Pessimisme
en Optimisme, Slmfterbam 1880) 2öeltanfd^auung, an\iati fid^ t)on ber SBurjel ber
d^riftli^en Überzeugungen lo«geriffen ju ^aben, loäre im ©egenteil t)ielme^r al« d^rifto-
56 centrifc^ ^u be^eid^nen, toeil l^ier mit ber ÜRa^gabe ber 3)inge ß^ftu« felber, ber
2)^pu« be« normalen SKenfc^en (De Zondeloosheid van Jezus, Slmfterbam 1862),
unb nur ba« menfc^lic^e S'^^'^^^wum gemeint ift, fofern e« bie ^üqc be« Silbe«
3efu in fic^ trägt. Slud^ ^oefftra« Slb^anblungen über ben 3:ob 3«fu (Historische
beteekenis van Jezus' dood, Godg. Bijdr. 1866, unb Blijvende beteekenis
QO van het evangelie des kruises op modern standpunt, TheoK Tijdschr. VII
^oftftra 197
en VIII), foiüie and) nod) feine legten SBcrtc, möpen fie übrigen^ bie 5!RerfmaIe be^
6influf|e8 ber raftio« fortgefc^rittenen neuteftamentlic^en Äritil auf feine d^riftologifc^en
3been jur Sd^au tragen, fe|en bie 3ibentttät be« d^riftlid^en unb be^ religiöfen Sehju^t*
fein^ ebenfo unöerfennbar t)orau^ h)ie feine ))0pulären ©d^riften (Qeloof en leven des
Christens; De leer des evangelies; Het geloof des harten; Grondslag, wezen 5
en openbaring van het godsdienstig geloof ; Des Christens godsvrucht u. f. h).,
^Hotterbam unb älmfterbam 1856—66) unb feine Haren, tieffinnigen ^Prebigten (ertoäl^nt
feien l^ier nur bie jtt)ölfe: de Zoon des menschen de Heiland der wereld,
äCmfterbam 1861), in benen er „nadjibenfenben unb gebilbeten gl^riften" bie Seigre be«
St)angeliumd ber ®nabe ju entfalten unb bie ®lauben«h)elt unb ©lauben^etoi^s 10
l^eit be^felben aU bie in i^rem eigenen ©emüte ftd^ uorfinbenben barjufteHen ftd^ be»
ftrebt l^atte.
ßbenjo h)ie baö religiöfe, lann nac^ §. aud^ ba^ fittlid^e SSetou^tfein nur baju bienen
ben ©lauben an bie Slealität einer l^ö^eren SBeltorbnung gu beftötigen. ©eine fna)}})en
©tubien über etl^ifc^e Probleme, infonber^eit bie gur SBiberlegung ber „morale indöpen- 16
dante" unb bed Utilitari^mu^ (Godsdienst en Zedelijkheid unb Beoordeeling van
het Utiliteitsbeginsel, Theol. Tijdschr. II ©. 117 ff. unb 390 ff.) unb bie gur (gr^
Härung be^ 5ßfli§tbeh)ufetfein^ (Grondslag van het besef van onvoorwaardelijken
plicht, aimfterbam 1873), ein SRufter fc^arffmniger änal^fe, ^aben unfhieitig ben ßnb«
jtped, bie Ungulänglid^Ieit jeglicher @rflärung bed ftttlid^en 93eh)u^tfein^ au^erl^alb ber 20
Sorau^fe^ungeinedmetaj)^VfW^®^"^^w*^[^^2Befen^barguIegen. 3*^ar fd^reibt er ber
©ittUd^feit em})irifd^ eine eigene, bon ber SReligion unabl^ängige §ertunft gu, inbem er fie ftdjf
auf bem 93oben ber gefellfd^ftlid^en 38erlS>^tniffe enttoidfeln unb erft nac^l^er toon ber ebenfo
auf eigenem SBege ^erborgetretenen Sieligion, namentlid^ 3^^^^^^ wnb 3efu, in bie ©})l^äre
ber l^ö^eren, prinjiipiellen ©ittlidjifeit überfül^ren lä^t (Ontwikkeling van de zedelijke 25
idee u. f. \v., 3lmfterbam 1862) — >)otenjielI aber follen bie SSeiben i^ren ®runb l^oben
in ber ibealen 9Jatur unfere^ geiftigen 3Befen^, ))on bem jebe nur eine anbere ©eftalt ber«
tritt, — toe^l^alb aue^ bie ©lauben^^ unb bie ©ittenlel^re immerju in einanber l^inüber«
greifen, loeil fie toefentlid^ nur ba^ nämlid^e Objelt |aben : bie ftttlid^e SBeltorbnung,
toeld^e fic, jebe t)on einer anbem ©eite, betrad^ten : bie ©laubenäe^e bie meta^jlj^vW^ »
9Sorau^f4ungen, auf benen ba^ fittlid^e Setoufetfein berul^t, bie ©ittenle^re ben S'^ölt
be« ftttlid^en Selou^tfeinig ober ba« fittlid^e gt^eal. 3luc^ bafe $ocfftra ben fc^on in
feiner 1858 Ij^erau^egebenen ©d^rift: Vrijheid in verband met zelfsbewustheid,
zedelijkheid en zonde, gegen ©c^olten berteibigten „tenH)erierten" ober „Jjfvd^olo*
gifd^en" 3inbeterminigmu«, inbem er bie X^ätigleit be« freien SBBiUen« auf bie^eriobe be«86
fd^toanfenben, toeil fie^ bilbenben fittlid^en ßlj^arafter^ begrengt, niemals l^at prei^eben
tooflen, toar ungtoeifel^aft l^aujjtfäd^lid^ eine golge feiner Überjeugung, bafe folc^e^ nur
auf ein ^rei^eben ber felbftftänbigen geiftigen 5ßerfönlid^Ieit unb folglid^ be« gangen 3in*
l^alt^ bed religiöfen ®lauben^ l^inau^laufen lönne.
3Jlit mand^er litterarifd^sj^iftorifd^en SlbJj^onblung ift aujerbem bie tl^eologifdjie SBiffen^ 4o
fdjiaft bon §. bereichert toorben: ©jegefe bon Sj})^ 4, 7; 3tö 5, 12; 1 Äo 15, 29, 30;
(S^riftologien bon ?Karcu8 unb ber 3[J)oIal^lofe ; SSergleidjiung ber ©riefe an bie (Sjjl^efer
unb Äoloffer; über bie ©c^t^eit bon ^^ilip}). (Theol. Tijdschr. I, II, III, IV, V,
IX, XXIV); über bie neuteftamentlic^e Benennung: de Zoon des menschen, ärnfter«
bam 1866; über ^o^anne« ben SCöufer unb ba« 6l[^riftentum (Theol. Tijdschr. XVIII 46
©. 336 ff.) auf anlafe ber $^})ot^efe 31. 3). Soman« (f. b.). Sefonber« toic^tig fmb aud)
feine ©tubien über §iob, eine (grilärung, unb über ba« §ol^elieb, eine Überfeftung unb
erllärung be^ SSuc^c«; beibe tragen fdbftftänbige ^\)poti}^m über ben ^n^alt be^ be-
treff enbcn SSud^e^ bor; ^iob toirb begeid^net afö ber leibenbe Äned^t ®otte^ bon 3^f 53
(Theol. Tijdschr. V ©. 1 ff.), ba^ §ol^elieb al^ ein ßobgefang auf bie treue ß^e« go
liebe (De triomf der liefde in alle beproevingen u. f. h)., Utred^t 1856). ©eine
Beginselen en leer der oude Doopsgezinden, Smfterbam 1863, ^atte baburc^ äBid^s
tigfeit, bafe e^ ben erften mfammenl^ängenben, auö ben eigenen ©d^riften ber alten SBieber^
töufer gefammelten Überblii i^rer religiöfen unb firc^lidpen ®runbfä§e lieferte, borgüg*
lic^ mit bem 3*bedfe, biefelben ate bie SSertreter ber loraltifc^en ©eite be^ ß^riftentumö 66
unb il^r "^heal ber fledflofen ©otte^emeinbe barguftetten.
9[m 12. 3juni 1898 nal^m nad) längerer (Srlranfung ba^ bon arbeiten unb 3)enlen
überfüllte Seben ^oefftra^ ein ©nbe. ®r ftarb gu ßUecom in ber 5Probing Selber*
lanb, tbo er feine le^en Seben^ja^re, toie früher ^äufig feine getien, gugebrac^t l^atte.
3« SRoUnaar. eo
198 ^aiemanit
i^Slemantt, |) ermann ®uftato, geft. 1886. — &ür bcn i*cbcndöO"fl würben
bcnu^t bic 9?e!rologe in ber allgemeinen fiutfer. Äirc^enjeitung 1886 9?r. 46 unb im Sfidö*
fifdjen Äirc^en» nnb Sc^ulblatt, bcffen erfter SRebaftcur ^. gemcten roor, 9ir. 41 beöfelben
gQ^rgong«.
5 ^ermann (Suftaö §i)lemann, Dr. theol. unb phil. jub., h)urbe ju Saube bei
©ro^en^atn (©ad^jen) ate äItefter©o^n be« bortigen Äirc^fc^une^rer« am 8. äugu[t 1809
geboren. 6r erhielt feine äu^bilbung nad^ lurjem Sejuc^e beö 3)re^bener KreujgVm=
nafium« auf ber gürfienfdjiule gu 3Keifeen. Sei ber Sel;ämj}fung be^ auf biefer 3lnftalt
berrfc^enben fraffen ^cnnoliömu^ jetgte er frti^e fdjion pttlic^en 6mft unb mannl^aften
loSRut. ^n Seijjjig, too er t>on 1829 an 3!l^eoIogie ftubierte, fc^loj er ftc^ befonber^ an
$rof. 3:^eile an, obgleich er too^I fd^on bamate beffen rationaliftifc^e SRid^tung nid^t teilte.
SJad^bem er bereite 1832 eine ejegetifc^e älbl^anblung „de interpretatione sacra cum
profana feliciter conjungenda" geliefert ^atte, habilitierte er fie^ juerft in ber ))l^ilo=
foJ)l^ifd^en g^^htltät unb gab eine l^ebräifc^e äntl^ologie mit fiejibion J^crau^. Salb barauf
15 folgte eine lateinifd^e @r!lärung bc« ^ßrojp^eten 3?al^um. 2lud{> l^ielt er imSBinter 1834—35
SSorlefungen über Benfofen unb ben 93rief an bie ^l^ili))j}er. 3!)en le^tem be^anbelte er
einige 3^^^^^ fr^^^ iw einem lateinifd^en fljommentar. 3"^®*^*""^^ 1^35 afe Sleligiong-
leerer an baö neuorganifterte ©^mnaftum ju 3^i^öu berufen, toirlte er bort 10 '^ai}xt
l^inbure^ mit üielem ©egen. S)ann aber nötigte i^n ein §afeleiben, feine bortige ©tdiung
20 aufzugeben. 6r lehrte nac^ Seipjig jurüdf, too fxd^ ba^ Übel balb toerlor. 9lun erft
fanb feine §abilitation in ber t^eologifd^en galultät ftatt. 2lc^t Sa^re lang blieb er ^Priöat-
bojent. ^m ^a})xz 1853 tourbe er jum aufeerorbentlid^en ^rofeffor ernannt unb erlangte
im folgenben ^ai}xt bie tl^eologijdjie 3)oftorh)tirbe. 3)ie bei feiner Promotion gu ®runbe
liegenbe ^if|ertation l^anbelte „de evangelii Joannis introitu introitus Greneseos
25 augustiore effigie". 3)a^ ^aÜ^ 1867 brad^te i^m enblid^ bie Seförberung jum ^ro=
feffor Ordinarius honorarius. 2lfö foldjfer ftarb er unöermälj^lt nad^ einem Äranfen-
tager toon wenigen Sagen am 28. ©ej)tember 1886.
©eine afabemif^e 2^atigf eit erftredfte fid^ faft gleichmäßig auf ba« ä unb ^%. Slu^
bem erfteren be^anbelt §. I^<ui})tfäd^lid{[ ©enefi«, $iob unb Ileine ^rojo^eten. 3!)aö le^tere
30 toar burd^ Collegia über ©Vno)}fe, 5ßl5>ili))})erbriefe, S^effalonie^er- unb ?Paftoralbrief e t)er=
treten. §ier bebiente fid^ §. meift ber lateinifd^en ©})rad^e, bie er mit fold^er 3Jleifterf(^aft
l^anb^abte, baß il^n fein ßel^rer, ^rof. SBäiner, einft ,,ben lej^ten 3tömer" nannte. ^^
l^öl^er er biefe ®ele^rtenf))rad^e aU ein befonbere^ ß^ari^ma fäd^pfd^er S^eologie fd^ä^te,
befto lebl^after bebauerte er beren immer feltneren ©ebroud^. ©eit 1846 leitete er eine
85 l^ebräifc^e ©efellfd^aft, beren lOjäl^rige^ Seftel^en er burc^ bie §erau«gabe feiner ,,Ärone
be« §of>enliebc«" (2eit)gig, S)örffling unb jjranle) feierte, ^m Qal^re 1861 übemal^m er
bagu au^ ben §änben feinet fc^eibenben ÄoHegen b. 3^W*^i6 ^'^ ^'^^ft ^"^^ SBiner be-
grünbete societas exegetica Lipsiensis, in ber S^iqe ©teilen teilmeife in bi^utato^
rifd^er ^orm befj)rod^en tourben. 3^r SOjä^rige^ 3iw^ilö""^ beranlaßte loieberum bie ^erau^-
40 gäbe einer ^tjd^rift, „de justitiae ex fide ambabus in vetere testamento sedi-
bus ter in Novo testamento memoratis". Seibe ©efeUfc^aften toarcn übrigen^ feit
1864 JU Sinem ejegetijc^en 93erein toerbunben, beffen SRitglicber il^rem öere^rten Seigrer
bielfad^ aud^ J}erfönli^ nai)C ftanben unb fid^ feiner toarmen Seilnal^me ju erfreuen l^atten.
SBar unb blieb bie ^aijl feiner gw^örer eine mäßige, fo l^atte bie^ feinen ®runb junäd^ft
45 tDol^l in feinem ettoa^ monotonen Vortrage, ber me^r nod^ ben ©inbrudf eine^ ftill für
ftdjf 3Jlebitierenben afö ben eine^ 3)ojierenben machte. 3)agu lam eine firc^lic^e unb tl^eo^
logifc^e ©teHung, bie ate eine feftgefc^loffene unb toon innerfter Überzeugung getragene
tDol^l für ieben ßmftgefmnten tttüa^ '^mponxtvznhc^ l^atte, aber bod^ nic^t o^ne hjeitere^
einem jeben einleuchtete, bem t)on anberer ©eite l^er eine mel^r ober loeniger abloeic^enbe
60 3lnfc^auung entgegengetreten loar. $. bertrat eben gang unb Dott ben ftrengften 3"fpi^ö=
tion^begriff, ber i|n — abgefe^en bon ber autl^enjität be^ ©c^rifttejrte^ — jebe Jtritif aU
unberechtigt, \a toermerflic^ erfd^einen ließ. 3)a« herleitete i^n bei aHer ©elel^rfamfeit unb
bielfeitigen Silbung, loie fte in feinen ©d^riften mitunter faft in erbrüdfcnber güHe gum
äu^brudt fommt, ui einer getoiffen ©infeitigfeit bei ber Beurteilung Wtifd^er unb über=
bbf)aupi tJ^eologiJd^er^agen. hieben ja^lreid^en feinfinnigen S3emerlungen unb 3lu^fübrungcn,
bie jur toirtlid^en ^örberung eine^ gläubigen ©c^riftöerftänbniffe^ geeignet erfc^einen, finbct
ftdjf boc^ aud^ mancf)c« ©efud^te unb Unhaltbare. *
Slußer ben oben angefül^rten ^ublifationen fmb noc^ folgenbe gu nennen, bie fämt=
lic^ ben Xitel „S3ibelftubien" tragen. 2)ie 1. unb 2. 2lbteilung bofelben erfc^ien 1859
60 unb 1860 (SSerlag bonßbuarb ^e^nel, £eit)gig). 3m 3a^re 1866 folgten afö ^ortfe^ung
^aiemann $saenfa|rt Sl^rtfK 199
,,neuc Sibclftubien"; 1875 „neucftc" mit ben Sieben ©atan« in ber 1^1. ©c^rift (Seifjig,
§inri(i^). ®en ©d^Iufe bilben bie „legten Sibelftubien", mit benen fxd^ ber SSerf. 1 ^afyc
öor feinem Heimgänge öon feinen g^eunben unb ©<^ülem berobfd^iebet (SSerlag bon
®uftat) SBolf). Unter ben barin entl^altenen 13 ärtiWn befinben fu^ jtoei früher erftattete
©utad^ten über bie ©c^riftlel^re bon ber (S^e, ©c^eibung unb SBiebertoer^eiratung, — unb b
über aSBud^er unb 3inö. 2)ie le^te Heinere §älfte bietet lurje „©«^olien jum 81
unb5R3:." a:^- 9xäa.
^afle f. @t\)tnna 35b VI ©.418, §obe« 95b VII ©.^95 unb §öllenftrafen.
^Saeiifal^rt SJ^rtftL ^ür ben biblifc^en Stoff ift auf bie Kommentare unb bie neu*
tcftQmcntlirfien 2:^cologten ju ocrwclfen, fpejictt für 1 ^t B auöcrbem auf : öon S^jW^it^» lo
Petri apoetoli de Christi ad inferoß descensu sententia 1857 ; Ä. ©(fitocljer, ©inabgcfo^ren
jur ^öüe. aU *äRt)t^u« o^ne bibl. ©egvünbung burd) ÄuSlcgunfl ber ©tette 1 ^t 3, 17—22
na^gcnjtffen 1868; 3- m, Ufteri. ^inobgcfo^ren jur ^öUc 1886; 5. ©pitta, S^riftl $rcbigt
an bie ©elfter 1890 (in ben jttjel le^tgenannten ölcle weitere Sittcraturangabcn); 3®ramcr,
exeeetica et critica II. Het gloesematisch karakter van 1 Pt 3, 19—21 en 4, 6 1891 ; neuere i6
«uflape oon Spicfer in Luth. Church Review 1892; ©temlcr in 3:^@t, Utre^t 1894; 3o.
fepeifon in ©em. b. Olaubcnd 1897; ©rinet) in Christ Quarterly 1897; ©röfe in 9lcue flrd&L
3eitfd)r. 1898. ^ür bie ße^re oon ber Höllenfahrt ©^rlfti überhaupt pnb nebft ben bogmen-
gef(bi^tltd)cn unb bogmatifc^en SBerfen }u nennen: ^ietelma^r, Historia dogmatis de desc.
Christi ad inferoe 1741, bann roteber 1762; 3- fi. Äönig, 3)ic ße^re t)on ©öriftl ©offen- ao
faftrt 1842; (£. ®über, 3)ie fie^rc oon ber (£rfd)cinung 3efu S^rifti unter ben Xotcn 1853;
©riefme^fel ^lotfÄen oon ©ofmann unb ^elit^fd), ^craudg. oon ©olcf 2. 9(uf(. 1894 (ogl. 6eni.
b. Glauben« 1893, @. 230 ff.); Bruston, La descente du Christ aux enfers etc. 1897. An«
bere ©d^riftcn pnb im Xejt angeführt.
2)er ©a| descendit ad inferna bejh). ad inferos afe Slu^foae einer auf 3efu as
Sob unb Segröbni« folgenben c^riftologifdj^en a:i^atfad^e flnbet ftd^ im SÄpoftolifum (f.95bl,
755, 8 ff.), atö beffen Seftanbteil er aber erfl im 8. ^a^unbert böCig feftftanb, unb im
ätJ^naftanum, fe^It bagegen im TOcäno^Äonftantino^olitanum toie er auc^ im alt«
römifd^en ©^mbol nod^ toermifet toirb. ©ie erfte offtjiette gijieruna, bie toir batieren
lönnen, gefd^a^ 359 unb 360 auf ben ju ©irmium in 5ßannonien, vlitä in 2:i^racien unb 90
Äonftantinopel unter Ij^omöufianifd^em ßinflu^ abgespaltenen ©^noben (elg rä xaxax^6vui
xateXMvxa); toenige S^^Q^^nte fpäter bezeugt Slufin (exp. symb. Aquil.) ba« 3Sot*
lommen be« 5ßaffu« im ©^mbol ber Äird^e ju äquileja. Db bie 3lrt, toie Stritt bon
Serufolem im 3a^re 347 ober 348 in feinen Stcdti^^n ben Descensus bef^md^t, ben
9lü(ffd^Iufe geftattet, bafe berfelbe bamate auc^ bem jerufolemifd^en ©^mbol fd^on eintoer« 86
leibt toar, ift jtoeifel^aft (bgl. ^atnai, 2)® II, 66). ©ele^rt tourbe er ober fc^on toeit
früher öon ben berfdjiiebenften lirc^Iid^en ©c^riftfteHem. SBo« ba« 3Kotit> jur aufnähme
biefe« ©lieber in bie »elenntniffe betrifft, fo ift bie ältere S5el^auJ)tung eine« babei mafe«
gebenben anttaj)j)oIinariftif(^en ^ntereffe« längft toiberlegt (©über 171 ff.), loenn aud^ jum
SetDeig ber bemünftigen ©eele ß^rifti gelegentlich eine Berufung auf ben Descensus 40
erfolate, ^an bat e« toielmel^ einfad^ mit bem TOeberfdj^Iag einer fc^on feit langem un=
angefod(ften beftelpenben d^riftlid^en 2:rabition )u tl^un.
91 euteft am entließ läfet fic^ aUerbing« junäc^ft nur bo« belegen, bafe^efu« nad^ fei«
nem %ohz ba« aUgemetn menfc^üd^e Soo« auc^ barin geteilt l^abe, bafe feine ©eele auf eine
aBeile bem Sotenreid^ t^erfiel. 2)a8 ß^arafteriftifd^e für i^n ift mi^ ä® 2, 27. 31 nid^t, 45
bafe er in ben §abe3 ftieg, fonbem baft er au« bemfelben balb toieber burd^ feine auf*
erfte^ung ^ertoorging. SBoi^rfc^einlid^ mmmt audji ?ßaulu« 9lö 10, 7, inbem er im 3u=
fammen^ang mit ber Slufertüerfung ßl^rifti bon ber äßvaoog \pxxd)t, feine reale äntoefens
^eit im jtoifd^njuftänblid^en Ort ber SSerftorbenen an. SBeit weniger begrünbet ift bie
^erbeijiel^ung ber ©teile 6^)1^4,8—10, in toe^er gejeigt toirb, ba^ ba« öon bemSaben* 60
fj}enber ^anbelnbe 5PfalmtDort nur auf 3^"^ belogen tDerben fönne; xaraßaiveiv be*
jeid^net nid^t ba« ^inabfteigen in bie ©^eol, fonoem entlueber ba« grunblegenbe %altam
ber ÜRenfd^toerbung (bgl.3o3, 13) ober nad^ ö. ©oben \>ad ilommen be« berHärten ßerm
JU ben ©einen. 2)agegen ift bie 3ufid^erung, toeld^e 3efu« felbft 2c 23, 43 bem ©<^äd^er
giebt, gemäfe ber Sebcutung be« SBorte« Ttagddeiaog im bamaligen jübifd^en ©iprad^* 66
gebrauch (f. ©df^ürer, ®efd^. b. jüb. 3SoBe« 3. aufl. ©. 548), ein hjeUerc« 3eugni« für
ben äufentl^alt ber ©eele 3efu im 3:otenreid^, nö^er in ber für bie ®ere(^ten beftimmten
Slbteilung bemfelben. ßu bead^ten ift, bafe in biefen tocnigen ©teilen ein descensus ad
inferos nid^t eigentlid^ gelehrt, fonbem al^ ütoa^ bem h)irlli(^en %oi naturgemäß ^oU
200 ^SOenfa^rt S^rif^i
gcnbc^ öorau^cfc^t toirb. 3^WIo^ fwb btc ©teilen bcö 31%^, tüeld^e in ftrcng bibal=
tifd^em 3"f^"^"^^i^Ä"Ö ^'^ ^eitötbatjad^en be^ Sobc^ unb ber äluferftet^ung (S^rifti un=
mittelbar anetnanber reiben, o^ne ettoa^ 3)aj\h)tj(^enKegenbe^ ju ertDöl^nen.
Db tn ben Sereic^ be« 9J2:« auc^ äuöfagen über bie SBirffamfeit ßl^rifti im ,f)abei^
6 fallen unb toenn \a, luele^er 9lrt fie feien, ba^ l^ängt jumeift toon ber 2)eutung ber öiel-
umftrittenen ©teilen im 1. $etru^brtef (3, 18 ff. unb 4, 6) ab. 3^ nac^bcm in ber erft=
genannten, bem ,,h)unberlicl^en Xtjct unb finftem ©))ruc^" (!^ut^er) jivEVjuaTa bon ben
©eelen Derftorbener 3Kenfd^en ober aber öon toirflic^en ©eiftent, b. 1^. gefallenen ßngeln
toerftanben, unb je nad^bem bie an bicfe ober jene ergangene 3Berfünbigung bem menf4»'
to geworbenen ober bem ))räejiftenten 6l^riftu«J jugefc^rieben loirb, ergeben fic^ bie folgenben
bier Srflärungeberfuc^e, btc überbieg noc^ mancherlei SRobififationen im einzelnen untere
tüorfen fmb: 1. ß^riftug l^at nad^ feinem 2obe ben abgefc^iebenen ©eelen ber imgläubigen
3eitgenoffen 9loal^ gejjrebigt. ^ür eine folc^e Sebeutung bon TtvevjuaTa, ftatt beffen
el^er (nac^ 31^)16,9; 20,4; ä© 2,27 u. a.; bgl. ©uicer, thes. eccl. ^u §abeg) ywynl
16 crtoartet toürbe, beruft man fic^ auf §br 12, 23, loo aber t)on t)oIIenbeten, alfo tohlji
engeläl^nKc^en (Serec^ten im §immel, nic^t bon unerlöften ©ünbem im §abeiS bie 9lebe
ift. Überbieg müßten toir nac^ biefer älnalogie erlüarten: rölg nvevjuaoi tcov djiei^]-
odvTcov 710TE, ®ie loeitere ©rflärung jtüeigt fofort in gtüei 2tfte ab. a) SBenn nic^t
ben bure^gängtgen ßrfola, fo bod^ jebenfaUg ben 3^^* ^^ ^ßrebiat fafjen Drig., 33engel,
ao Äönig, ©über, Sbrarb, 8. Sßeife, ßül^I, Ufteri, b. ©oben u. a. aw einen erlöfenben, in-
bem fie pd^ befonberg barouf ftü|en, baß nac^ neuteftamentlidjiem ©Jjrac^gebraud; (boc^
fic^e ©a 5, 11 ; 31© 10, 42 ; 15, 21 ; 3l>)f 5, 2) xrjQvaoeiv in ber 3tegel bie §eitet)erfün=
bigung be^eid^net unb in biefem ©innc auc^ ^toa abfolut borfommt. tiefer l^eutgutage
fe^r beliebten äuglegung ftel^t bie ©c^loierigfeit entgegen, bamit einen befriebigenben Äon=
26 te^t JU gelüinnen. 3)ie ^Parallele jtüifd^en ber ^^utj^eit unb ber ©egentoart, mit bem .^aupt^
gebauten ber alleinigen ßnettung bort ber adbt ©eelen, l^ier ber ©etauften toäre, beöor
fte nur ^ingepeUt ift, gelöl^mt burdji bie ftarle ^erbor^ebung beg ben in ber glut Um*
gelommenen jugebad^ten ^eileg. 3!)er 93rief betont über^au})t ben ©eric^tgcmft (Dgl.
4, 17 f.) unb läßt ftd^ auf leine Slbfc^toäd^ungen ein. 3)a bei jener Sluffaffung qndaxtj
80 ber ipabeg ift, mitl^in bie 9load{>itcn nid^t bie einzigen „©elfter im ©efängnig" fmb, foHte
bor äjiei^oaoi ber ärtifel ftel^en, Joeil bann bon einer beftimmten Älaffe innerhalb ber
§abegbeh)ol^ner bie Siebe toäre. 3)aß biefe nur beifj)ieteloeife angefül^rt fei, ift burd^ nid^tg
angebeutet; unb eg bleibt unerflärt, Warum gerabe benen, toelc^e bie fiangmut ©otteg in
befonberem 3Kaße auf üRutWiHen gebogen Ratten unb barum nae^ ^verbreiteter iübijc^cr
86 Slnfe^auung bon ber ©eligfeit ber juninftigen SBelt auggefc^lofjen bleiben foKten (©anl^ebr.
X, 1—4, anberg freilid^ Serefd^. rabba 28), eine ^eilgberfünbigung im §abeg foHtc
ju teil geworben fein, ba bod^ unjäl^ligc anbere berfelben ebenfo bebürftig wie Würbig
waren, b) 3m Unterfc^ieb bon biefer Slnna^me einer i&eilg})rebigt an Stbgefc^iebene ^aben
feit ^aciug unb Galob biele lut^erife^e äugleger (3^ft^^i^ ; ©c^ott ; Äeil ; ^ölemann, le|te
40 Sibelftubien 1886, ©. 581 f.) unb 2)ogmatifer (X^omaftug, ^^ilippi, grant) unfere©teac
bon einer bamnatorifd^en, „burdj^ bie unbermutete ©rfc^einung ber t)neumatij4>en §errlid^!eit
biefcg ^rebigerg furdj^tbar überfül^enben" ©eric^tgmanifeftation gegenüber ben Unjeligen
öerftanben, in bem offenbaren Seftreben, ben biblifd^en lejt ber fird^lid^en ^afjung bcg
Descensus alg eineg irium^l^eg G^rifti über bie SRad^t beg ©atang (f. unten) anju^jajfcn,
46 Wag bod^ nur unboHIommen gelingen fonnte, ba bie 3ri^^offen 9Joal^g tro^ il^reg Un=
glaubeng nod^ lange nic^t boUgüItige Vertreter ber l^öHifc^en üRäc^te fmb. 2. 3)en ©{jurcn
Slugufting (ep. ad Euod. unb ep. 164) folgenb, berftanben 2:^omag 3lq., 93eja unb Diele
Sieformierte nac^ i^m, aber aud^ ^of}. ©erwarb, in neuerer ^ixt befonberg bon §ofmann,
ä. ©e^Weijer u. a. ben ftreitigen ^Paffug im ©inne einer ^rebigt beg Jvräejiftenten 6l;riftug
6o(A' ö> = ^ TtvetJ^an, cf. 1, 11), bie entWeber burc^ ben SRunb Sloal^, beg x7]qv^
dixaioovvrjg (2 ?pt 2, 5), erging ober aber (©c^Weijer) mit ber „langmütigen 9lettungg=
Offenbarung ©otteg" bon 33. 20 in eing jufammenflel. 2)er Slugbrudf roig ev (pvkaxfi
Tivevjuaoiv ift bann balb bilblic^ auf geiftige ©ebunben^eit gebeutet, balb bom ©tanb-
bunit beg Srieffc^reiberg aug alg röic vvv h (fvL nvevju. erflärt Worben. 2)ie 5)ei-
55 [ügung bon noQev^eiqy Welc^eg bod& natürlic^erWeije mit ber Drtgbeftimmung in 3?erbinbung
gefegt werben möchte, bereitet aber nic^t geringe ©c^Wierigfeit. Unb eine birefte ©egeninftanj
bilben bie ©teDung beg naie bei äjreiihjoaoi ftatt bei ixfjgv^ev unb ber 3ufön^nienl^ang,
ber bors unb na^^er Don bem menJdpgeWorbenen ß^riftug, jubem noc^ mit ©etonung
feiner bure^ fieiben l^inburc^ erlangten ^erflänmg, rebet. „&ani ablijfen nämlid^ wirb
60 man bag ev oT bon jeber Sejiel^ung auf bag mit jivev^u unlöglic^ Derlnü^>fte i^wo-
^SOenfal^rt S^rifK 201
noirj&eig nid)t lönncn" (Uftert). 3. 2)a^ jule^t ©efagtc gilt and) gegen bie öon Bpitta
öotgejc^Iagene Söfung be^ ejegetifc^en ^Problem^: ber ^)räe£iftente SReffia^ l^abe in ber
3eit Dor ber ©ünbflut ben gefallenen (Sngeln, h)elc^e na^ ®en 6, 1 ff., §en 6—8 fu^
mit ben SMenfdf^entöc^tem öerbanben unb ba^ SDlenfd^engefd^Ie^t fomimi)ierten, gej)rebigt,
h)a^ ibentifd^ fei mit ber ©trafanfünbigung, mit h)elc^er §enoc^ nac^ bem feinen 9lamen 6
tragenben SSud^e (c. 12 ff.) an jene betraut h)urbe. 2)iefe Snein^fe^ung fei um fo be*
re^tigter, ba in bem öord^riftlic^en ^ubentum ba^ Silb ßenod^ öftere mit bem be^
3Keffia^ jufammengefloffen fei. ^infi^tli^ be« Äontejte« ift biefe aiuffaffung befonber«
übel baran, W^f)(ilb gramer 33. 19—21 jttjar ebenfalls auf bie ßenod^^jrebigt beutet, aber
erft burc^ einen ©loffator l^ier eingef^altet unb baburd^ auf ßfriftu^ belogen fein läfet lo
2)odj felbft bei biefer SSerlegenl^eit^auöfunft bleiben ber 6inh)enbungen Diele; f. M|l.
©oDiel aber ift Bpitta unbebingt jugugeben, bafe bie äu^brüdfe nvevfiaia, h (pvkaxfj
unb ämidrioavTa auf jene ßngel unb ba« in 2 5pt 2, 4; 3u 6 unb ber atjofe^^l^ifc^en
Sitteratur über fie ©efagte Dortrefflid^ t)affen. ^\ixt il^at toirb aö Ungel^orfam, Übertretung
eine« ®ebote«, Überfd^reitung ber gefegten ©d^ranlen in 3" 6; ^^^ 106, 13 f.; S3uc§ i6
ber Subil. c. 4, guftin 2lt)ol. II, c. 5 bejeic^net. ^Xaxri ift nad^ ber einzigen öer«
gleic^baren Stelle im 912; 2I})I20, 7 ein Ort vorläufigen ©ettjal^rfam« bi« jur enbgültigen
Seftrafung, h)ie er nad^ ber jübifc^en 2rabition in ber 2l^at jenen ©eiftem angetoiefen
tourbe. 3lu^ Äü^l giebt je^t (ffomm. 6. Slufl.) ju, lejilalif^ betrad^tet liege bie I)eutung
Don ©eifth)efen nä^er afö öon ©eelen SSerftorbener unb (pvXaxrj toürbe befonber« gut 20
))affen bei ben im lartaru« gefeffelten 6ngeln. 4. Si«l^er toeniger afe öerbient beachtet ift bie
burd^ 33aur, 2^393 1856, ©.214ff., neuteft. 2l^eol.©.291 Vertretene Slnftd^t, e« ^anble fxdj «»«
tmxYiQvneiv gegenüber ben foebcn c^arafteriperten ©eiftem, ba« jeitlid^ nac^ bem ^(oojiotrj'
t^vai ß^rifti ju benfen ift, h)oju öielleid^t 1 2i 3, 16 Dergli^en h)erben fann. Dh
CcDonom^ek jtvEvuaxi bann auf bie Sluferftel^ung ober einen fd^on Dorangel^enben 3w- 25
ftanb ftcp bejie^t, ift fd^h)er ju entfd^eiben; tüal^rfc^einlic^er bleibt boc^ ba« erftere. 3Son
einer ©naben))rebigt an jene (Sngel (SBolfmar, 3^21^ 1861, ©. 115, 427 f.; Smmer,
S3rufton) fann nac^ allem, tra« \o\x fonft über pe erfal^ren, nid^t bie Siebe fein, ^r ftc
bebeutet ber ^erolb«ruf unb bie fteg^afte (Srfc^einung be« §erm nic^t« anberc« al« ba«
©eric^t, h)o^f in ber SSeife, bafe biefe« je^t, nac^ öollbra^ter 6rlöfung«tl^at unb beim 30
^erannal^enben (Snbe be« alcov ovxog (4, 7), tl^nen, toie einft burd^ $eno^ bie ^)roöifos
rifc^e 93eftrafung, al« nal^e beöorftel^enb angelünbigt h)irb. ©egen ©Jjitta ©. 28 mufe
bemerlt toerben, bafe aud^ ba« $enoc^buc^ eine Aburteilung be« 2ljajel unb feiner ©e-
noffen burd^ ben ÜKeffta«, unb ^toax öor bem ©eric^t über bie irbifc^en Äönige, öorftel^t,
55, 4; 69, 27 f.; 90, 24 ff.; Dgl. ^ef 24, 21. 5Rac|> bem 3ufammen^ang unferer ©tettess
ertoeift fic^ bie ^errlic^e ^udgit be« unfc^ulbigen Seiben« Gl^rifti in bem ©ieg über bie
üJJenfd^enDerberber, ber bem ngoodyeiv tm ^bm SS. 18 entf^)ric^t. 2)ie ©efd^ic^te il^rer
einftmoligen, lüie in 2 5pt 2, 4 al« befannt öorau«gefe|ten SSergel^ung gii)felt in ber
©ünbflut (®ru>)t)e, 3ataB 1889, 135 ff.); unb toie ©en 6, 2 f. bie 21^at ber ßngel unb
bie bon ©Ott in feiner Sangmut gegebene ^ift unmittelbar neben einanber genannt finb, 40
laxm a\x6^ l^ier beibe« al« in bie nämlid^e $eriobe faHenb unb innerlich ^ufammen^angenb
mit noTE, Sie aneinanber gereift fein. 2)ie jLiaxgo&vjLua &eov gilt freiließ nid^t benen,
toeld^e ft^ unge^orfam geigten, fonoem ben bur(^ fte verführten SKenfc^en unb l^ai il^re
^Parallele an ber in ber ©egcntoart immer noc^ geübten Sangmut 2 5pt 3, 9. 15. 2)ie
So«l>eit, toelc^c bie ©ngel jur 3^1 be« erften Söeltuntergang« auf Srben Derurfac^ten, 45
toar fo grofe, bafe tro^ ber Sangmut ©otte« nur ac^t ©eelen errettet tourben. 2lu« bem
gegentoärtigen SBeltDerberben, toelc^e« ttjenigften« mittelbar ebenfall« auf jene ^av^U
anftifter menfdE^li^er SSerfe^rtl^eit fic^ jurüdEfü^ren lä^t (— nac^ §en 15, '^\xh\\. 10 ber*
fte^t noc^ ^\x\\xa Slt^ol. II, 5 bie in ber SBelt toirlenben 2)ämonen al« ©ö|ne au« jenen
(gngele^en — ), enettet feaft ber glorreichen 2luferfte^ung ß^rifti bie 2aufe, ba« ©egenbilb 50
ber 2lr4?enrettung. ^rinjijiiell fmb bie überirbifc^cn feinblic^en 9Mä^te übcrtounben, if^re
"^ai^i ift für alle, toeld^e bem auferftanbenen §errn angehören, gebrod^en (tjgl. 25. 22 ; ßj)l^
1,20 f.; Äo 1, 13; 2, 15; ^jo 12, 31; 5P^i 2, 10), toenn aud^ fort unb fort noc^ ge^en
fie gefäm))ft toerben mufe (Vgl. ®^^ 6, 12) unb bie 2aufe, toie 93. 21 erinnert, ntc^t
med^anifc^ rettet. 2)ie ätuferftel^^ung G^rifti unb fein ©ieg über bie böfen ©eifttoefen (Vgl. 66
1 Äo 2, 8) garantieren immerl^in ben ©etauften, ba^ aud^ fie jum nämlid^en ©ieg ge«
langen fönnen. 33gl. bie fc^on burd^ 2ertullian de spectac. 4, de cor. mil. 3 bezeugte
3lbfagung«formel bei ber 2aufe: nos renuntiasse diabolo et pompae et angelis
ejus. — 3)a^ nun toeiter in 1 ^t 4, 6 nic^t« Von einer §abe«))rebigt enthalten ift, toirb
nic^t nur Von ben ©egnem ber unter la) bef})roc^enen 2lnftd^t, fonbem felbft au^ von ea
202 ^iütnfafftt St|rifU
mcl^rercn i^rer Slnl^änger loie Sengcl, Uftcri, Sutgcr, öon ©oben attcrfannt. Die juföUige
Slä^e beiber ©tetten l^at beiben übel mitgef^jielt. 2)ie y^x^o/ fmb 93. 5 unb 93. 6 ®e=
ftorbene in bem 3dtt)unlt, h)o ba« ganj nal^e erlrartete ©eric^t ftattfinbct. 9lnfniH)fenb
an bie ttjal^rfc^einlic^ fc^on feftfte^enbe ^ormel öom SRid^ter über fiebenbe unb 3:ote h)irb
6 bon ben 3:otcn, toel^e unter bem ®influfe be« Sbangelium« geftanben tüoren, gefagt, bafe
|te burd^ ba« über jte ergangene 3:obe^crid^t feineötoeg« bom enbgültigen ©erid^t unb
mefftanifd^en §eile auggefd^Ioffen feien, fonbem eben im ßbongelium bie ®eh>äl^r eine^
ben a^ob überbauemben Seben^bejt^e« ^aben fotten, — eine beru^igenbe 9lebenbemerfung
(bergleic^bar 1 2^ 4, 13 ff.), bie na^ ber furj vorangegangenen, in biefem 5Punfte nid^t
10 genau jutreffenben ^Parottelifterung ber Soften unb ber in ber Slrd^e 93etüal^rten um fo
naiver lag.
Oefd^ic^tlid^ nac^h>ei«bar ift,bafel5pt3,18ff.für biegnttoicfelung ber firc^lic^en
Seigre bon einer rettenben SBiiflamfeit ß^rifti im §abeg feine^me^« ben ®runb abgegeben
l^t. 3^ ben ja^llofen bejüglid^en Slu^fagen ber ^riföic^en ©c^nftfteller ber erften ^^l^r-
16 l^unberte (bgl. §amadf, Patr. ap. III, 232 f. ; am boHftänbtgften Fr. Huidekoper, The
belief of the first three centuries concerning Christas Mission to the Under-
world,2. ed. New- York 1876) finbet fid^ iene©telle, abgefel^en bon einer möglichen 3lnft)ielung
bei Element Strom. VI, 6, meinet SBiffen^ einjig citiert bei Drigene«, ber fro^ ift, an^
\fy[ unter J)eutung auf eine 93efe^rung«t)rebigt einen feiner 93eh)eife für bie toieberbringenbe
20 Siebe ®otte« ^erauSjulefen {Tlegl ägx- de la Rue 180), unb bei $ilariu^ bon ^oitier«
in fel^r beiläufiger SBeife (in Psalm 118), toöl^nb ho^ anbere alt« unb neuteftamentlic^e
Seugniffe für ben Descensus, barunter auc^ burd^au« unjjaffenbe, in großer 5Menge bei-
gebracht toerben. 9lic^t einmal 5Dlardon, ber nac^ Iren. haer. I, 27, 3 bie ©rf^einung
2^u im $abeg bon feinem ©tanbt)unft au^ folgerichtig ben geinben be^ 35emiurgen,
26Äain, ben ©obomitem, SägVJjtem unb il^re^leic^enjugute fommen läfet, tl^ut babei ber
Slooc^iten 6rh)ä^nung. 3)ie l^errfc^enbe fir^lid^e Slnfc^auung fc^ränlte bie birefte §eife
bebeutung be^ pescensus auf bie in ©erec^tigleit ober minbeften^ frommer ©e^nfuc^t
93erftorbenen, befonberd bie i^raelitifd^n, ein unb berbanb im übrigen bie 93orftenung bon
il^rer ßrrettung mit einem 3:riumbl^ über ben ^öHenfürften unb feine SSerbünbeten, toa^
80 nun bo^ in ber Stic^tung ber ridptig berftanbenen ©teQe 1 $t 3 liegen lönnte.
35afe infolge be« 3:obe^ 3efu unb feine« bamit natürlic^ertbeife jufammenl^ängenben
ßingang« jum §abe« für biele entfc^lafene §eilige eine 93efreiung au« ben 93anben be«
Xobe« ftattgefunben unb mit ber Sluferfte^ung G^rifti ftd^ boHenbet l^abe, gel^t fd^on au^
5Wt 27, 52 f. ^erbor. 93on einer leiblichen ätufertvedfung ber $rot)^eten unb altteftament^
86lid^er frommer ift jtoar fonft nur nod^ bei Ignat. (Mgn. 9), Acta Thadd. (Eus.h.e.
1,13) unb, unter btrelter Slnle^nung an 3Wt27, Evang. Nicod. 17 bie Siebe, allgemein
aber in ber alten Äird^e bon einer 3wh>enbung be3 bur^ G^riftum erttjorbenen .^eile« an
jene, unb jtoar in ber ^Ät jtoifc^en G^rifti 3^ob unb 2luferftel^ung, nur ganj berein^elt
nad^ feiner Sluferfte^ung (Epitomae ex Theodoto bei Clem. AI. Opp. Pott. 973).
loiS^ftu« ift nämlic^ humana lege, aber boc^ (S^f^^) "^^^ ^^ xoivog än^gcoTTog im
$abe3 getreten, fonbem auc^ bort in feinem eigenartigen 93erufe ate §eilbringer, h)ie
analog na^ ^erftreuten 3^rabitionen and) bie 3lt)oftel (Herrn. Sim. IX, 16, Clem.
Strom. II, 9), go^anne« ber S^äufer (Hippol. de antichr. 45, Ev. Nicod. 18) unb
bie ?Pro))l^eten (Orig. in 1. Reg. 28) bafelbft i^re obertoeltlic^e geiftlic^e 93eruf^t^tigfeit
46 fortje|ten. ©d^on ba^ J^agment be3 ?Petru^ebangelium« (,§amadf 33. 41 f.) bezeugt, ba^
El^ftu« an bie xojuco/Lievoi, Worunter offenbar ^ered^te jü berftel^en, eine 93erfünbigung
gerietet l^abe. SQ3o bie 9leigung beftanb, ben @m^)fang fold^er SBol^ltl^at möglid^ft au^
auf emjjfänglid^e Reiben au^jube^nen, toie bei Giemen^ unb Drigene«, toirb an eine h)irf=
lic^e 5Prebigt, bie gläubig ober ungläubig aufgenommen toerben fonnte, ju beuten fein.
60 ©onft aber legen bie nid^t eben l^äufig borfommenben 2lu^brüc!e, bie bon einer frol^en
S3otf^aft reben, el^er ben ©ebanlen an eine einfädle 5lunbmac^ung ber gefc^el^enen Gr=
Idfung na^e (^renäu^: evangelizans adventum suum), auf toelc^e bie altteftament^
lieben kommen bereittbiüigft eingingen. ^\}xt Grrettung ^at bortüiegenb objeftiben 6l^a=
ralter. ^nh^m bie ©eele ^t\n mit ber bon il^r (trie übrigen« auc^ bom Seibe im ®rabe)
66 unablö^baren ®ott^eit (3lt^anaftu«) im §abe« erfd^ien, tourbe, toie fc^on Drigene^ gc=
Jd^ilbert l^atte unb bie folgenben ^obr^unberte einftimmig lehrten, bem Teufel feine bisher
tm §abe« unbefc^ränft ausgeübte Ober^errfd^aft in fiegreic^em Äam})fe entriffen (bgl. fc^on
Sbr 2, 14), unb Gl^riftu« fann bie, bie auf il^n gebarrt, an einen befferen Ort ^linfül^ren.
•tereotVJ) ftnb bie Slu^brüdfe, bafe bie eisernen ^Pforten gef^)rengt, bie eifemen Sliegel jer-
60 brocken (^f. 107, 16), bie ®efangenen befreit toorben feien. 3?ad^ ?Petru« Gl^r^fol. l^at
^SOenfatirt Sifttfit 203
beim ©türm auf ben ioob^ ba^ Ärcuj G^rifti ate aries gcbtcnt (bgl. ^etrudeJ)an0. 9i. 42).
3n btamatifdE^er Slu^füJ^rlic^feit unb Rwf^w^'^^'^föRw^ß ^^ meijien trabittoncllen Momente
h)trb bcr ganje Hergang im jtoeitcn xeil bc« 9lifobcmui8eban0cUum« (c. 17—27) etjälj^lt.
.f)inftc^thci^ bcr genaueren Seanttoortung ber ^a^e, toclc^en äbgefc^iebenen bie ®t'
rettung jugebad^t unb juteil gettjorben jei, ftellt ft^ eme J)ifferenj jmifc^en ben Dcctben« 6
talen unb ben Orientalen l^erau^. 2)te le^teren badeten, tool^l unter ber 5lad^h)irlung ber
ollen Slejanbriner, in ber Siegel unit)erfahftifd^er; ^oi^ö^n öon 3)ama«f (De fide orthod.
III, 29) rebet j. S3. Jo, toie toenn bie grieben«botf<^aft bun^ ßl^riftu« unb bamit bie
3KögIic^Ieit ber ßrlöfung allen toäre nal^egebrac^t toorben. J)ie t^tfäc^Uc^e 3lettung
lonnte aber bod^ in le^r^aften 9lu«einanberfe^ungen nur ben ©laubenben juerfannt toer« lo
ben, unb bie f))ätere f^mbolifd^e Se^e (Cont orth., t>gl. au<^ ba« Sefenntni« be« 3Re*
tro^il^ane^ Ärito^)ulo^) l^at fte fogar h)ieber toie bie römifd^e fur^toeg auf bie 1^1. 3Säter
ober bie um ber ßrbfünbe tüiÖen gefangenen altteftamentlid^en ©laubigen eingefc^ränlt.
J)iefe Serben in^ ^arabie^, ba« nunmel^r bem §immel affiliiert ift, eingefüllt.
3)ie 3lbenblänber l^ielten tro^ ber in biefem 5Punfte merltotirbig fc^hKinlenben Slu^^ 15
fagen 2Iuguftin« Diel lonftanter an jener Sefd^ränfung feft, folüol^l toa« bie Slbfic^t al«
toag ben ßrfolg be« Descensus betrifft, ^pi^ilaftriu« Don Sre^ia im 4. S^i^^^unbert
lonnte bie SWeinung, ber §err ^abe allen in ber Untertoelt gejjrebigt, unter ben §ärefien
aufjä^len. ®regor I. betont in feinem bejügli<^en ©treit mit Gi^rialu« bon Äonftanti^
no^)el, ßl^riftu« fönne nur bie l^aben befreien h)olIen, toelc^e fd^on in il^rcm irbifc^en fieben ao
mit ber ©offnung auf ben 5Wejfta« bie entf))red^enbe fittlic^e Seh)äl^rung Derbunben l^ätten.
@benfo fomen bie ©d^olaftifer be« SKitteloIter« nac^ il^ren fubtilen Unterfuc^ungen immer
toieber barauf ^inau«, bafe ber Sefreiung^jug Gl^rifti nac^ bem §abe^ bem limbus pa-
trum gegolten l^abe, unb hJoUten toeber für bie unfromm Verdorbenen nod^ für bie gn«
faffen be« limbus infantium eine Hoffnung au3fj)red^en. 3lad) i^er rechtgläubigen as
iJe^e unb bem Cat. Rom. (§ 100—105), ber bi^e getreu toiebergiebt, ift g^fhi«,
toäl^renb fein Seib im ®rabe lag, ber ©eele naö^ in bie Untertoelt (ad inferos) ge^
gangen, h)o bie ber l^immlifc^en ©eligfeit ermangelnben ©eelen ftc^ aufbalten. J)ie^ ge»
fd^$ bei il^m afe bem ©ünblofen niä^t humana lege, toie bie ältere Jlird^e lehrte, Jon*
bem burti^aug freiwillig, um bie Dämonen ju überwältigen, hjeld^e lebiglic^ um ber (Srb* so
f^ulb Witten bafelbft auc^ bie ^eiligen unb gtommen gefangen l^ielten, i^nen auf ®runb
feinet Seiben^ unb ©terben« il^re ^znU ju entreißen unb bie Befreiten, Welche foglei*
bei feinem Slnblidf Dom ewigen £ic^t unb ber ©eligfeit burd^brungen Würben, mit fw^
in ben $immel ju fül^ren. 3)ie „93orbötte ber SSäter" Würbe baburc^ entleert ober jer«
ftört. 2lte ©egenftüdf ju bem für bie G^riften beftintmten 5?^9f^^ nabmen übrigeng naäf 86
bem Vorgang Don Stöbert ^Putte^n bie fjiäteren ©d^olaftifer auc^ ein altteftamentlidje«
?Purgatorium an, Wo biejenigen kommen, bie bei i^rem aibf<^eiben no<^ etwa« ^u Der*
guten unb ju begablen l^atten, geläutert Worben feien, unb be^nten bie rettenbe SBirfiam*
Feit beg befcenbierenben Srlöfere aud^ bal^in au«. 35agegen ift eigentlid^e SlbWeic^ung
Don ben fird^lic^en äufftettungen, abgefel^en Don ber geifitgeren S^ffung ber receptacula 40
be« S^nfeite bei ben SK^ftifem, im f})äteren 5Mittelalter etwa« ©eltene«. 35uranbu« Don
@t. $orciano unb l^emad^ $ilug Don SKiranbula Derftanben ben Descensus nur metos
J)l^orifd^ (quoad effectum, non quoad realem praesentiam) Don einer 3"^0*^**^9
ber %tüi)t be« lobe« ßl^rifti an bie abgefc^iebenen ©eelen, Wäl^renb Slilolau« Don (Sufa
bie f^)ätere 3le})infc^e 3^^eorie Dorbereitete. 45
3luf J)roteftantifc^er ©eite DerWarf man mit bem ^urgatorium auc^ benSimbu^,
ftatuierte nur jWei jenfeitige ßwftänbe unb l^ielt, nad^ anfänglid^em furjem ©c^Wanlen in
biefer ßinftc^t, eine Befreiung ber altteftamentlid^en frommen für unnötig, ba i^nen ber
$imme! ol^nel^in geWi^ fei. 6« erWad^te bie 2^enbenj, bem Descensus, ber ate im
3[t)oftolifum bezeugte §eitetl^atfad^e ftel^en blieb, eine Sebeutung für bie c^riftlic^en ©lau« w
bigen einzuräumen. Wobei bie beiben j)roteftantifd^en Äonfefftonen bal^in gelangten, inferi
ate eigentlid^e „§ötte", b. 1^. 93erbammung«ort bexW. =juftanb ju Derftjben.
^r bie lutl^erijd^e Äirc^e fmb nic^t bie fe^r Derf4>iebenartigen Stufeerungen äutl^er«
über 1 $t 8 in ejegetifd^en ©elften, wol^I aber bie 9lu«fül^rungen in feiner 3:orgauer
^rebigt 1533 ma^gebenb geworben: ß^riftu« fei nad^ feiner ganjen 5Perfon, ®ott unb 56
3Renf^, mit Seib unb ©eele ungeteilt, Wirfli^ unb Wa^rl^aftig jur ^ötte ber 33erbammten
gefal^ren unb l^abe ben S^eufel überWunben unb il^m atte feine ®eWalt genommen, olfo-
„bafe mi^ unb atte, bie an il^n glauben, Weber $ötte nod^ 2:eufel gefangen nel^men no(3^
f^aben fann. SBie fold;e« jugegangen, lä^t fid^ nid^t erbenfen; aber in ein Silb faffen
lie^e e« [xd), Wie er „ift l^ingangcn unb bie ga^ne genommen atö ein ftegenber i^etb unb eo
204 ^^Sttenfal^rt (S^rifti
bamit bic Il^orc aufgcftofecn unb unter ben 3:eufeln rumort, bafe l^ier einer ^um ?fenfter,
bort jum Sod^ hinausgefallen ift." ©egenüber 2le^)in (Sb I, 230,Hiff.), hjeld^er meinte,
3ur 9luSh)irfung einer (rein objeftiD gebadeten) satisfactio plenaria l^abe Gl^riftuS nad^
feinem 3^obe im Drte ber Dual an feiner ©eele bie ^öüenftrafe \iatt unfer erbulbet, trat
5 üKeland^tf^on im SBittenberger ©utac^ten 1550 (Sretfc^netber, Corp. Ref. VII, 666 ff.)
auf Seite ber 3^orgauer 5Prebigt: hanc victoriam certo modo filius Dei diabolis
ostendit, et non dubium est, diabolos sensisse suam potentiam ab hoc Vic-
tore fractam esse. 2Iuf ben nämli<^en Soben ftellte fid^ auSbrüdftic^ bie Äonforbien-
formet (2lrt. IX), toelc^e übrigeng Dom 2)i«j)utieren unb ©rübeln über biefen ©egenftanb
10 abmahnte, ba bie genauere (SrfenntniS beS 3Bie alteri seculo ju refert)ieren fei. 2ut^e=
rif^erfeitS mar bamit bie ©ac^e entfd^ieben, auc^ in ©übbeutfc^Ianb, too nod^ nac^ 1565
3ol^. 3Watfj)erger in 2lugSburg feinet SlmteS entl^oben Sorben toar, toeil er h)ie Sut^er
in S^orgau geleiert ^atte. 2)en nad^folgenben 35ogmatifem, unter benen nur ©erl^arb fe^r
jurüdfl^altenb ift, öerblieb befonberö bie aufgäbe, mit SRürfjtc^t cinerfeitS auf 2t 23, 43,
16 anbererfeitg auf bie bogmatifd^ fc^on feftftefenbe, ^riftoIogif<|[ l^ier h)obIbegrünbete 3JJit=
betetligung beS SeibeS ß^rifti am Descensus bie S^i^^'^^^I^iff^ ^^^f^^ le^teren genauer
)u beftimmen. 2)anad^ füÜte er nur ben furjen, burd^ jenes ßrbbeben am Oftermorgen
ausgezeichneten Slugenblicf jttjifd^en ber vivificatio, b. i). SBiebertjereinigung ber ©eele
mit bem Seib unb ber 2Iuferftel^ung auS, toäl^renb bom 3;obe ^intreg bis jur Ccoonoirjoig
20 SljfriftuS im ?Parabiefe geseilt ^atte. 3)ie ^ößenfal^rt ift bie erfte ©tufe im status
exaltationis ; l^ier mac^t ber ©ottmenfc^ ^um erftenmale öon feinen göttlichen S^iomen
uneingefd^ränrten ©ebrauc^, inbem er f\d) in gewaltiger berbammenber Xl^^at^jrebiat bem
leufel, ollen böfen ©eiftem unb ben Deriüorfenen üKenfc^enfeelen als ©ieger unb Slic^ter
geigt unb über bie ^öllifc^en üKäd^te trium>)^iert. 35iefe ort^oboj lut^erifd^e Raffung beS
25 SJogmaS h)urbe bis um bie 3Witte beS 18. Sö'^'^J^wnbertS in jal^Uofen ©^riften bargefteüt
unb gegen allerlei Slbtreic^ungen berteibigt; auc^ 35ietelma^r gab il^r Seif aß.
3)ie Sieformierten toaren fc^on burd^ il^re nüd^teme Setrac^tungStoeif e an ber ^u-
ftimmung gu Sutl^er gel^inbert, unb ba eS i^nen bei i^rer 9Jeigung, ßl^riftum möglid^ft in
ainalogie mit ben äuSertoä^Iten ju beuten, unb im $inblidf auf £f 23, 43. 46 felbft*
80 berftänblid^ erfc^ien, baft feine ©eele bom 2:obe bis jur Sluferftel^ung bereits beim 35ater
im .t^immel geseilt ^abc, fonnte auc^ bon ber 9let)infd^en SBorfteHung l^ier nic^t bie Siebe
fein. 2)aS descendere ad inferos, tooöon reformierterfeitS immer gern betont trurbe,
bafe es im 2I))oftoIihim einft gefel^It ju ^aben fd^eine, berftanben bie ^üxi)tx S^eologen
ber erften 3«^* sunäd^ft Dom toa^r^aftigen ©eftorbenfein, räumten aber ber Doneforma=
86 torifd^en anficht noc^ fo Diel SRed^t ein, bafe fie bamit bie felbft nod) Don (SolDin juge-
laffene, Don ben ©))äteren jjreiSgegebene ^it^ einer erfreulichen SBirJEung auf bie Dor=
d^riftlid^en frommen Derfnü))ften (3^ingli an ber S3emer 3)iSt)utation unb bic Äatec^iSmen
Don Seo Subä, SKeganber unb Suttinger). 35agegen lag natürlid^ ber ©ebanfe an eine
S9efel^rungSt)rebigt auc^ il^nen DöHig ferne, inbem nac^ gemein))roteftantifc^er Slnfc^auung
lobaS bieSfeitige 2Am über ©eligleit ober Unfeligleit bepnitiD entf^eibet; unb mit 1 ^U 3
toufeten fie ebenfo toie Sutl^er meift nur fo ettoaS anzufangen, bafe fie bie Slbreffatcn jener
Sotfd^aft als im ©runb fromme, für baS §etl em^jfängli^e ©eelen fic^ Dorftellten, eine
ejegetifc^e ©eiüatttl^at, bie burc^ bie lange ®eh)i)^nung an ben 3)unfleS noc^ mel^r Der-
bunfeinben SSulgatatejt (quum exspectabant Dei patientiam) etttjaS gemilbert toirb.
46 ßolDin (Inst. II, 16, 8—12) l^at fobann bie als reformiert^ortl^oboj ju betra^tenbe Seigre
oufgeftettt. 9lac^ il^m l^at 1 ?pt 3 feinerlei Sejiel^ung jum Descensus. 2)oc^ lüirb biefer
otterbingS im ©^mbol ettoaS SefonbereS, Don iob unb SegräbniS Unterfd^iebeneS be-
beuten, unb gtoar ettoaS, baS mit unferm §eil in na^er SBerbinbung fte^t: Gl^riftuS l^at
als unfer S3ürge bie ganje ©trenge ber giJttlid^en ©träfe, nid^t nur leiblid^en SEob, fon-
50 bem bie „©c^mergen beS SobeS", ttjelc^e bie ©eele als SluStoirlung beS ß^nieS ©otteS
emj)finbet, erbulben muffen, um unS bie SBerföl^nung gu Dermitteln, unb l^at biefeS©d^h)erfte
bor feiner Sreugigung unb bis gum ©terbenSmoment burd^gefoftet; Domel^mlic^ gel^^ört ber
aiuSruf 9)lt 27, 46 ba^in. 2)iefe c^pöHenfa^rt im meta^)borifc^en ©inne beS SBorteS fällt
mithin gang in baS bieSfeitige Seben beS ©otteSfol^neS unb toirb ^emac^ Don ben 2)og'
56 matifern im ©egenfa^ gur lut^erifd^en Seigre als ber tieffte ^unft beS ©miebrigungS-
ftanbeS, trorin bie oboedientia passiva \xä) Dollenbet, gefaxt. 5?on i^r als bem toid}-
tigften 2:eile ber ftellDertretenben ^Präftation ge^t bie ftärffte fübnenbe 3Wad^t auf baS er=
löfungSbebürftige ©emüt auS. 2öie toeit aud^ biefe calDinifc^e unb bie lut^erifc^e SJor^
fteffungStDeife in jebem Setrac^t auSeinanberliegen, fo läuft boc^ erftere fd^liefelic^ auf eine
60 gang ä^nlid^e ^raltifd^e ©d^lu^folgerung l^inauS: Ita cum diaboli potestate, cum
^SOenfa^rt (Sf^tifti 206
mortis horrore, cum inferorum doloribus manum conserendo factum est, ut
et referret de illis victoriam et triumphum ageret, ne iam in morte ea for-
midemus, quae Princeps noster deglutivit. ©^mbolijc^ fijiert ift btc calöinifd^c
35cutung im Catech. Genev. („horribiles angustiae") unb im ^eibelberger Äatccpid«
muö („unau^f))rec^(ic^c Slngft, ©^merjen unb Sc^rccfcn"). SSöHige einmütigfeit ^errfc^lc r>
ieboc^ bcinal^c niemals. 3)lc]^rerc ^anefer ^Profcfforen feierten jur Sbentifijierung be«
Descensus unb bcö Segräbni^^uftanbe« jurücf, ttjä^renb SÖlänncr toic ^i^cator, 2lrmt=
niu^ mit manchen feiner Sln^änger unb bie ^Puritaner in il^rem größeren Äated^t^mu^ bie
burc^ baö Se^rftüc! au^gebrücfte niebrigfte ©tufc ber humiliatio in bem f(^imj)fUc^en
©e^altenjein be^ Seben^fürften sub potestate mortis erblicften. ^ie Repetitio An- lo
haltina unb baö Seipjiger Kolloquium fc^toenften ^ur lut^erifc^en 2luffaffung ab. 3)ie
fc^loerften Streiche jomol^l gegen bie Slotnjenbigfeit atö gegen bie SKögüd^Ieit eine« ®r=.
bulben« ^ößifdSier ©c^merjen burdSi Gl^^riftu« tourben im 17.3;<^i^^unbert in (gnglanb burd^
Sig^tfoot unb ^Pearfon geführt, tnbem fie unter 3urücflenfen auf ben urJt)rünglidE)en ©inn
t)on inferi bie ©eele ß^rifti nac^ ber Trennung öom £eib im SlufentJ^altöort ber ab^ is
gefc^iebenen frommen SWenJc^en ol^ne befonberen Stettung^jtoec! einfe(;ren liefeen.
©rft in ber 5periobe ber Slufflärung ttjanbte man ber ©teile 1 5pt 3 größere ej^e«
tijc^e aiufmerffamfeit ju unb fanb, burc^ ben ©egenfa^ ju ben fonfeffionellen Seftim«
mungen je^t e^er geloät aU abgefc^recft, eine ßöangelium^rebigt an SSerftorbene barin.
2)iefe ioie bie |)öllenfal5^rt6{^rifti über^ai^)t faxten ober bie Stationaliften aß blo^e jübifd^e2o
3eitöorfteBung auf, toogegen nad;^er 2)ogmatifer lote 3)c2Bette, SJRarl^einefe, §afe jul^
^ühe gaben, barin alö in einem üJJ^t^u« eine unvergängliche c^riftlic^e Ijbee ju entbedten.
©c^ieiennac^er freilid^ bielt bie fraglid^e X^atfac^e nic^t nur für „ganj unbejeugt", fonbcm
au^, ba jene »öaut)tftelle auf alle gällc nur öon öor G^rifto ©eftorbenen rebe, für ein
ööflig ungeeignete« ©^mbol einer jenfeitigen Il^ätigfeit ßl^rifti öon allgemeinerer Se« 25
beutung. ®k\6)Wol)l \)at feit^er eine ganje Sleil^e öon 2^^eologen, bie S^atfäd^lidbfeit
eine« 3*^ifcl^cn^uftanbe« öorau«fe^enb, gerabe biefe §eil«j)rebigt ß^rifti an unfelig SJer«
ftorbene al« ein trefentlic^e« ^aftum t)roflamiert, mittelft beRen bie Uniöerfolität be«
G^riftentum« fic^ realifiere, unb burc^ ©über, ben grünblic^ften unb fonfequenteften unter
i^nen, ift jener ©c^leiermac^erfc^e (Sintoanb burd^ bie übrigen« fc^on im Slltertum Der* so
einjelt aufgetauchte Slnna^me einer im $abe« feit ßl^rifti äntrefen^eit bajelbft fid^ fort«
fe^enben c§eit«Derfünbigung«anftalt, bie ben irbifd^en äJer^ältniffen ganj analog fei, ent*
fräftet toorben. allein biejenige Deutung öon 1 5pt 3, bie babei ftet« al« biblifd^e
©runblagc biente, l^at il^r aileinred^t, ba« fie eine ^t\t lang ju beft^en fdjfien, neuerbing«
ttjieber Verloren, ^n ben neueren ®ogmatifen toirb bie Höllenfahrt, iocnn nic^t übergangen, 85
fo boc^ mit großer 3wrüdt^altung be^anbelt; am meiften Serüdfic^tigung finbet fie nod^
auf lut^erijd^er ©eite.
©liefen toir jurücf, fo treten jotoo^l in neuteftamentlic^er al« auc^ in bogmengefc^id^tlic^er
^infic^t j h) e i ju unterf c^eibenbe SRomente ftärf er ^ertoor :ba«aBeilen6^rifti imiobe««
juftanbe unb ber 3:rium^l^ über bie l^öllifd^en 3Käc^te. 2)a« erfte brüdt ettoa«4o
jeitlic^ öiel S3eftimmtere« au« al« ba« ^loeite. 5Der in« 3t})oftolifum aufgenommene ©oft
„descendit ad inferos" bat junäc^ft nur Sejug auf ba« erftere. SBiH man bamit eine
i^ätigfeit Derbunben benfen, fo giebt ber Äonjenfu« ber alten Rirc^e bie lebenbringenbe
SBirfung auf bie be« (Srlöjcr« l^arrcnben ©laubigen an bie §anb. S^f^f^^ j^^^w ber
§abe«, au« bem bie Säter ju befreien traren, unter ber Dberherrfd[?aft be« leufel« ge^ 46
bac^t mürbe, galt e« eine Übertoinbung be« §öllenfürften ; unb biefe fonnte um fo e^er
aümä^lic^ in ben SSorbergrunb treten, ba einerfeit« ba« 3"^<^^^ffc an bem Soo« ber bor=
c^riftlic^en grommen mit ber ^i\t ftc^ verringerte, anbererfeit« ber 3lu«brudE inferi in ber
t)olf«tümlic^en unb auc^ in ber t^eologifc^en SJorftellung nac^ unb nad^ jum Ort ber
Serbammten unb ber böfen ©eifter tourbe. 3^ ^^^ lutl^erifc^en Sebre ift bie SSerfd^iebung 50
DöHig; bie §öHenfabrt bebeutet l)kx nic^t« anbere« al« ben 3^rium^)l^ über ben Xeufel
unb feine ©enoffen. 3)agegen faßt bie reformierte Se^re au« jebem gefd^id^tlic^en Äu«
fammenl^ang ^crau« unb ^at barum tro^ i^rer religii)« h^ertDoBen 3Kotit)e fein eigentlidje«
Bürgerrecht im Se^rftürf Dom Descensus. 2)ie 2lnnal^me enblic^ einer 6t)angelium«s
j)rebigt im jmifc^enjuftänblic^en Ort ber 3:oten, ftc^ ftü^enb auf bie fel^r fraglid^e 2lu«5 66
legung einer einjigen biblifc^en ©teile unb mit mand^en anberen 3lu«fagen (2 Äo 5, 10 ;
®a 6, 8; 3lö 2, 6; üKt 25, 41 ff.; §br 9, 27 u. a.) fc^trer vereinbar, giebt f4 mit
Unre^t al« unentbe^rlid^ für bie 2tufrec^terl?altung be« ®runbfa|e« göttlid^er ©ered^tigleit
unb Siebe au«; benn ber ©laube, bafe ©ott allen 5Wenfd(ien irgenbtoie ©elegen^eit gdbe,
jum Dollen §etl in G^rifto ju gelangen, ift unabhängig Don jener beftimmtcn 3(rt, [xd) eo
206 ^SOenfa^rt (E^riftt ^SOenftrafeti
ba^ Dertoirfltc^t m bcnfen. ©te birgt aber j^ubem bie ))ofttiDe ©efa^r, bafe ba^ ®ch)i(^t
J)ie bogmatifc^c Sebcutung unjereö Se^rftücfc^ orientiert fi^ an jenen beiben 3Jlo=
menten unb ift bemnad^ bo))^eIter 2Irt. SSBo^ ben eigentlid^en ßingang jjum §abe^ be=
5 trifft, fo bejetd^net berfelbe bie nottoenbige unb Döttige Sluöiüirfung be^ lobe^ereigniffc^
für bie Seele ß^fti unb ift fomit bem Segräbni^, toeld^e^ ba^ nämli(^e für ben 2eib
auöfagt, ganj paxcäitl ®ranl). SOäeil aber ber 2)ejcenbierenbe ber, Sobe^übertoinber ift,
fo ift ber finftere ^^obe^juftanb nic^t nur für il^n felber ein blofeer Übergang Don ber (Sr=
niArigung ^ur @rbö^ung, fonbem aud^ für aÜe, bie im ©lauben i^m mge^örcn, burd;
10 bie getoiffe Hoffnung be« etoigen Seben^ erl^eHt unb baburc^ ba^ Sterben ein anbere^
getoorben, benn e« Dor ßl^riftu^ getoefen ift. — 2)ie ©iege^manifeftation fobann gegenüber
. ben toibergöttlic^en ©eifttoefen, jeittoeilig in bie Sebre öon ber $abe^fa^rt eng öerfIo(^ten,
aber im 1. ^etru^brief unb bann loieber bei Sut^er felbftftänbig geioertet, ift feineetoeg^
nur atö ^ßrobult a})oIr^^)l^ijc^er Irabitionen ^u beurteilen. 2)ie §äufigfeit Derioanbter
16 aiu^fagen in neuteftamentlic^en ©c^riften (t)gl. bie oben angeführten ©teilen) toeift ^in auf
bie SSebeutung biefer SBorfteßung im urd^riftlic^en ©ebanfenfreiö. ©ie ift bie burd^ jübijc^e
^eologumena aderbingd mitbestimmte ^orm ber bleibenb h)ertt)oIIen SBa^r^eit, ba^ ba^
unfc^ulbige Seiben unb ©terben be^ $erm im 3wfön^menl^ang mit feiner glorreichen auf-
erftel^ng nebft ber barin bomel^mlid^ entl^altenen fü^nenben SKac^t aud^ eine objeftiöe
20 3urilcfbrängung unb Sannung be« öerfü^rerifd^en ©influffe« böfer ©eifter jur ^olge ge=
l^obt l^abe. tR. JJanterlmrg.
^SOetifhrafen« — Sitteratur: @. blc ST. @«(^atoIoflic 93b V @. 490, ®c^enna
»b VI 6. 418 unb C)abc* 53b VII @. 295; 3. 5>. (Sotta, Hist. succincta dogm. de poe-
narum infemalium duratione 1774; (&. e^- ^napp, (S^r. ©laubcnSl. 1827, 2 ©. 567—591;
25^. erblam. Ucbcr b. fi. o. b. cm. SBerbaminni«, X^StÄ 1838 S. 384 f.; SRob. Salfc, 3). 2.
0. b. ew. SJcrbammni« 1892. ^ßclterc« fiut^arbt, 3)oöm. § 79 »).
3)ie Sel^anblung einzelner e^atologifc^ier tJ^agen pfLzQt innerhalb ber 2:^eologie
jjtoifc^en biblifc^^t^eologifd^er ©tatiftit unb |pl^ilofo})^ifd(ien ©rörterungen ^in unb l^er j^u
fd^toanfen. iSRan ftellt bie einzelnen biblifd^en 3ludfprüc^e jufammen, erörtert fte cje-
80 getif (^ unb Dergleid^t fie ; bie ©rgebniff e ge^en fe^r au^einanber. 3lufeerbem f e^t man fid;
mit ben 5Meinungen au^einanber, toelc^e bie ))l^ilofoi)l^ifc^e Sitteratur über bergleid(ien
barbietet. 35iefe^ SSerfa^ren lann be^^alb gu feinem befrtebigenben (grgebniffe führen, toeil
bie biblifc^en älu^fagen in i^rer übertoiegenben älngal^l biefe ©egenftänbe nur gelegentlich
berühren unb be^^alb babci auc^ lebiglid^ beffen ßrloä^nung tl^un, loa^ bem je öor^anbencn
86 3wfönttnen^ange bient. 3)agegen il^re toenigeit gufammen^ängenben ©c^ilberungen ab-
id^lie^enber Vorgänge, bie man neuerbing^ al^ ©toff ber 2l^)oIal^j)tif gu begeic^nen pflegt,
inb jugeftanbenermagen burc^ge^enb bilblic^ gel^alten, unb au^ biefem @runbe bleibt ber
aBert ber einzelnen ^^ge unb bie ßwfammenorbnung berfelben ju einem ©anjen, gumal
unter bem ©efid^töpunfie ber geitlic^en 2lbfolge, immer unfxc^er. Se^uf^ einer erfprie6=
40 lid^en ©rörterung folc^er fragen toirb e^ bei biefer ©ac^lage Dor allem auf eine fw^erere
SKet^obe für bie ßr^ebung unb befonberö für bie ©c^ä^ung be« biblifc^ j)ro^)lJetifc^en
©toffe« anfommen unb biefe mufe namentlich jenem ©c^toanfen über ben ©tanbpunft ein
®nbe mad^en, bon bem au^ bie entfdjfeibenben Urteile über bie mafegebenbe Sebeutung
ber gewonnenen älnfc^auungen at getoinnen fmb.
46 3w"^^ölb ber c^riftli(|en Seigre toirb nun ate ©runbfa^ gelten muffen, ba^ jebe
mo^gebenbe e^atologifd^e älu^fage auc^ eine foterologifc^e fein mug, toiQ fagen: eine
Slu^fage öon ber Sebeutung 3efu ß^rifti für bie ßrrettung ber ©ünbcr. 3)amit fmb
bann öor allem fämtlic^e Betrachtungen au^efd(|loffen, für toeld^e bie ©ünbe unb il^rc
Übertoinbung nur eine ©pifobe ober eine unöermeiblic^e ©eite an ber ©ntioicfelung bilbet,
60 fo hai älu^ang unb Rxd biefer (Snttoidelung o^ne 9tüdftd^t auf ba^ nic^t nur t^eo-
retifd^e fonbem im bollften ©inne ^)raltif<^e Problem ber ©ünbe feftgeftellt toerben lönnten.
©er f^efulatibe 2)enler ift frol^ fu^ biefe« läftigen ©toffe« axi^ ber berben 2Birflic^!eit
jHjrfönlid^en Seben« entfc^lagen ju fönnen unb Jc^toelgt bei ber g^atologie in bem aß^
feitig offenen ©ebiete abftrafter ober p^antaftifd^er 3Jleta})l^^fiI. 2)a« l^at aber nic^tö mit
66 ber @rfenntni« bed geoffenbarten ^eile« gu tl^un. 3)aran ift namentlich bei bem Dor-
üeaenben fie^rpunfte gu erinnern; benn er erfreut fic^ ber befonberen Ungunft t^eologifc^er
uno })l^ilofot)l^if<^er 3Ketat)l^^fifer, bie afö folc^e immer übertoiegenb ^pj^^f^ter bleiben, jumal
biejenigen t)on tJ^eofop^ifc^er älrt.
©uc^t man ben ©toff nac^ ber Sejetc^nung „©träfe" jufammen unb fie^t babei.
^SUenflrafeii 207
tote felbftloerftänblicl^, bon bcn cttoatgen gefc^td^ttic^en ©endeten unb ©trafen (tjgl. 93b VI
©.570) ob, fo finbet man in berSibcl ]^i}x toenige ©teilen; muffen boc^ äße ^x^'ipxüi^
beifeite bleiben, bie jtoeifello^ öon erjie^enben Sintoirfungen toölS^tenb be^ irbifd^en Seben^
l^nbeln. 3u SKt 25,46 bgl.ettoaSc 12,47; 2 SEM . 8. 9; §br 6,2 fönnten nod^ bie
bielfac^ überfel^enen ©teßen gefügt toerben, too ogyi^ im ©inne bon diai)^, ©träfe bor* 6
lommt 3Rt 3, 7; go 3, 36 (?); fRö 2, 5. 8. 3, 5. 5, 9 (bgl. 13, 4. 5); dp^ 5, 6;
Äol 3, 6; 1 2;]^ 1, 10« ©ie blieben immerhin bereinjelt, toenn fte fic^ nid^t in eine
reid^lid^er Vertretene Steige bon felbft einfügten ; eine folc^e Slei^e bilben eben bie 3luSfagen
über bie grunblegenbe änfd^auung bon bem beborftel^enben @nbgeric^te (93b VI ©.569 f.).
aSenbet man auf biefe ben 93lid, fo ergiebt fic^ atö borläufige Seftimmung be« l^ier be« lo
l^anbelten ©egenftanbe^: bie eine ber folgen beg bie ©ünber fc^eibenben ©nbgeric^teö.
2Rit biefer geftfteUung ertoeitert ftc^ bie Snjo^l ber in grage fommenben biblifc^en aiu^
f^rüc^e erßecfli^, toeil jebe ©rinnerung an ben bop^jelfeitigen 2lu«gang jene^ ©eridjte«
^injutritt, namentlich alfo bie jumeift überfel^enen 3ludft)rü(|e bed $aulud toie diö 2, 6
bi« 12. 3, 5—8: 1 Äo (3, 17) 6, 9. 10. (8, 11) 11, 32; 2 Äo 5, 10; ®a 6,8; @J)I^ is
5, 5. 6. 6, 8. 9; ?PM/ lö; 5toI 3, 25. 93oran treten bie ©leid^niffe 3efu mit i^ren
©erid^t^fc^ilberungen ober furjen .^intoeifungen auf bie unausbleibliche ©c^eibung. 3)e«
toeiteren begegenen ßrinncrungen an altteftamentlid^e änfd^auungen toie ^a 5, 3; ^br
10, 27. 31 ; 12, 29 bgl. 6, 4—8, ber a})ofaI^^)tifc^en ©efxd^te ju gefc^itoeigen.
©0 fte^t junäd^ft ber 3uffln^"^«nJ&on0 i>^ ©träfe mit bem ©erid^te ate beffen be* »
bingungetoeifc unabtociSlid^en Slu^angeS unb ©rfolge« feft. 2)emjufolge fommt nottoenbig
für bie toeitere 93eftimmung in 93etrad^t, ba^ ß^riftuS baS ©eric^t boU^iel^t unb juglei^
ben aJlafeftab für bie ©Reibung bilbet. 3)a« ift am einfad^ften bon i^m felbft 9Rt 7,23
au^ef^rod^en ; aber auc^ in ben anbem ©eric^tSgleid^niffen. Über bie fd^einbar einanber
auSfdj^lie^enben 3?ormen beS ©eric^teS nad^ bem ©lanbtn an ßl^riftuS unb nac^ ben 26
SBerfen bgl. 93b VI ©. 572; Ääl^ler, SBiffenfd^. b. c^riftl. 2. § 536—537. SBenbet man
bierauf bie l^erfömmlidS^e Unterfd^cibung ber ©trafen in natürliche unb ))ofitibe ober toitt«
nirlid^e an (bgl. Rnapp a, a. 0.), fo toürbe bie enbgeric^tlid^e ©träfe im ©runbe nur bie
eine natürlid^e fein, nämli^ ber enbgiltige äluefc^lug bon bem Sieid^e ©otteS unb Sl^rifti
1 5lo 6, 9 f. e« toirb eben nur feftgeftcllt, bafe ben 93etreffenben bie plj^igleit für bie an
©otte^emeinfc^aft fel^It, unb bie ^olge babon ift biefer Sludfd^lu^. ^aS ift bie unab»
toenbli^e ßmte ber äuefaat ©a 6, 8.
©otoeit man nun nic^t entfd(|loffen genug ift, bad biblifc^e (S^riftentum in eine^on«
tl^eiftifd^e (SnttoidelungStl^eorie mit bem einzigen edd^atologifd^en ©a^ auf julöfen, „bieSBelt^
gef^id^te ift baS SBeltgerid^t", ^at man auc^ nie unb nirgenb unternommen, ein ßnb« 86
gerieft o^ne ftrafenbe folgen m k^xtn, 35oc^ liefe fid^ eine Slbtoanbluna be« ©ebanfenS
eben an ben 93egriff ber ©träfe fnü))fen. §at bod^ gerabe bie ^l. ©d^rift ben ©ebanlen
ber eniel^enben ©träfe bargeboten unb toeiter^in in ber c^riftlid^en (Snttoidelung geltenb
gemacht, ßrjie^enbe ©trafen toeifen aber über il^ren SSotljug l^inauS auf baS ©rgebniS,
in toeld^em fte afe foldj^e jugleidji 3^^* wnb ©nbe finben. ©inb nun im biblifc^en 40
3)enfen bie Übel Ji^Ib^" ^^ ©ünbe unb biefe Übel jugleid^ in ©otte« SQäalten 2Rittel,
um ju ©inne^nberung unb jtttlic^er SSoüfommen^eit ju fü(^ren, foll eS fic^ nid^t ebenfo
mit ben ©trafen be« ©nbgeric^te« berl^alten -f 5Mit biefer @rtoägung ift biejenige grage
gcfteDt, um toelc^e fic^ bie ßrörterungcn biefeS 2e^rftüc!eS bomebmlid^ ju breiten ))flegt
unb bie ftd^ an ba«93eitoort „etoig" !nü>)ft ÜRt 18, 8. 25,46; 3Kc 9,43. 45(?); 2 11^ «
1, 9; $br 6, 2; ^nh 6. 5Kun lann aber über bieSBä^rung ber SQäorte für „etoig" um
fo me^r geftritten toerben, aU für nn^ bon biejer 93orftellung bie 3^^^ö"f^öuung nur in
entfd^loffener äbftraftion trennbar toirb. J)arum mufe bie ^age beutlid^er ba^in gefteHt
toerben, ob bie ßntfc^eibung beS ©eric^te« ßl^rifti enbgiltig, unabänberlidj, befinitib fei
$ier Ireujt fic^ bie 93etra^tung mit ber Snnal^me ber „SBieberbringung aller Dinge" ; go
bgl. b. 31. apofataftafiS 93b I ©. 616.
3)er 9l))ofataftatiter fielet ben leibli^en %ot> nur als einen jtnoten^unft in ber Snt»
toidtelung beS ^erfönlid^en ©efc^ö^feS an unb ertoartet ba^er bon ben peinlichen $ol(jen
biefeS ßreigniffeS eine förbembe ©intoirlung biefer ©nttoidtelung jum 3^^^^ *>w ©emein»
fc^aft mit ©Ott. 3:ritt babei tbtn ber ©trafdj^araltcr biefer folgen in ben 9Sorbergrunb, 66
fo toirb ber G^rift t)agegen eintoenben, bafe boc^ bie abtoeifenbe Überführung bur^ bie
©otteSfeme nid^t ein toirlfamereS ©nabenmtttel fein tonne als bie Slnbietung ber freien
©nabe in ber ©ünbenbergebung. 3)emjufolge ^^eben bie c^riftlid^en SnttoidteifungSt^eore*
tifer bei bem 3wftanbe naä) bem 3:obe aud^ me^ bie „^rebigt beS @bangeliumS an bie
loten" l^erbor. ©0 toirb baS3)afein nac^ bem3:obe }u einer ffiieberl^olung beS irbifc^enao
208 ^Saenftrafen
2ebcn^ unter gcänbcrtcn Scbittgungcn. 3)ann aber bilbet bicje älnftc^t bcn Übergang ju
ber SSorfteHung öon ber ©eelentoanberung ; biefe finbet neuerbingö SJertreter; ertlärltd^
genug, toeil ba^ bem ßi^riftentume entfrembete unb felbftftänbiger Stntriebe entbebrenbc
S)enlen toie in ber 3^'^ be^ au^e^enben griec^ifc^-römifc^en §eibentume^ fic^ 2lnregungen
5 bei ben öerfc^iebenen l^eibnifd^en Sieligionen fuc^t. 3{gl. ^riebric^, Seffing^ Seigre D. ber
©eelenttjanberun^ ; 6. 2lnbrefcn, 3)ie Üc^re öon ber SBicbergeburt 2. Slufl. 1859; ^alk
©. 59 f. 93ei btefer ^)^antaftif4en 2lnnal^me i)at noc^ niemanb einen 3wfömmen^ang be^
S3eh)u|tfein^ jtoifd^en ben einanber folgenben ßinjeelungen (@m)[)f^)c^ofen) eine^ 3»^^^^^^
buum^ be^auj)tet; folglid^ fe^It auc^ bie Sebingung für einen fittli^en J^ttjc^ritt burcb
10 i^re Slufeinanberfolge |in unb bamit iüirb e^ beutlic^, bafe ^ier feineetoeg^ eine etl^ijci^c
Setrad^tung bie Sluffaflung beftimmt, öielmel^r eine ^)^^[ifc^= (ober, hjenn man miü, mcta^
J)I^Vftf(^')önt^'^o>)oIogij(^e. 6ö toaltet ber ©ebanle be^ unvergänglichen Sltom^ unb einer
bom ScttJufttfein unabhängigen jac^lic^en 6nth>icfelung Dor. Unb jo berüi^rt fic^ biejc
ätnfd^auung mit ber anbem, nämlid^ ber a})oIataftatifc^en Seigre, ttjelc^e, mit flarcr ©inftc^t
15 ober mebr inftinltiv, nac^ bem ^)^^pfalifd[>en ®efe|e öon ber Untjergänglic^feit ber ilraft
für bie aSoüftänbigfeit beig Uniberfum^ bie SSoIhal;! ber ju il^rem ^kk gelangten $^nbiüi=
buen forbert. 3lnt^ro^)ologie h)ie Kosmologie ftel^en bann lebigtic^ unter ontologifd^em
©efid^tebunfte; bafe man babei öon ber ©^öj)fung ©otteS unb il^rer ©c^ön^eit unb ß"-
tammenftimmung ]pxxd)t, änbert nichts baran, bafe* bie ^^^fijc^en ®efi(^tiS))unfte in ber
20 Setrad^tung Dorttjiegen. 35aS jcigt fid^ in ber übertüiegenben Betonung ber 3Wac^t unb
aOSeid^eit ®otte« anftatt be« Sobe« ber §enlic^feit feiner ®nabe Qpi) 1, 6.
35iefc Setrad^tungSart ift geioi^ ber c^riftlid(ien fo fremb ate irgenb möglic^. 3)a^er
fteDen bie nic^t entfc^loffen t^eofo^)l^ifc^en 3l))ofataftatiIer bie Segrünbung burc^ bie Siebe
®otteig in ben Sorbergrunb, inbem fie ben §intoeiö auf bie ©c^ö})fer^errlid(|feit nur jur
25 Unterftü^ung ^erbeijiel^en. 2)ie Siebe fann bie ©trafen nur ate SKittel ber (Srjiel^ung
fc^ö^en unb bertoenben. 35er biblifc^e 33eleg toirb in ben ftarfen äluSbrücfen für ben Unis
berfaüömuS be« §eile« im 31% gefunben. 6S ift aber unleugbar, bafe biefer Unit)erfaliS=
muS junäc^ft nur bem ^artifulariSmuS be5 312^ gegenübertritt, mithin nur in bemfelben
3Ka|e auf SJolIjä^ligfeit ber gnbibibuen au^el^t, als baS öon ber ©rioä^lung beS SJolfeS
30 S^rael gilt ; unb bafe er femer nur baju bient, bie auSf(^lie|enbe ©ingigteit ber §eileber=
mittlung burc^ S^riftum feft unb tlar ju [teilen. 2)iefer UniöerfaliSmuS jielt auf eine in
ß^rifto bollenbete SBJcnfd^^eit ab, ol^ne beS^alb ju Dertoe^en, bafe ft<^ einzelne, feien eS
toenige ober Diele, Don i^r auSfc^liefjen ober,, öereinjeln''(t). §ofmann©(^riftbeh). 1 ©.221).
S)iefer ßrtüägung fommt bann bie annähme entgegen, bafe ber 2luSfc^lufe auS bem®otteS-
35 reid^e für bie Soten im SJerfolge bie Sluf^ebung beS 35afeinS nac^ ftc^ jie^e ; bie biblifd^e
äjicbXfia tüirb alS SJemid^tung betrad^tet; fo unter ben Steueren j. 33. 91. Slot^e, ^ölfc
©. 25 f. 3)iefe 3lnnal^me l^at [xö) emi)fo^len, toeil fie ben 2öiberfprudSi bejeitigt, melc^er
in bem enblofen 3)afein fold^er ^erfonen für jebeS ^iac^benlen liegt; benn fotool^l bie
Seretoigung beS 3h)wftoibrigen h)ie anä) bie Unfeligteit als g^li« unb boc^ toieber als
40 33eeinträ^tigung ber ©eligfeit in ber äJoUcnbung, tvk enblic^ auc^ bie SSorftellung eines
bleibenben 3^^>>öI^^^ ^^ ^^"^ göttlichen SBirlen lä^t ben 3^^^*^ fc^hjer jum ©c^toeigen
lommen. Äann boc^ fein ®efc^ö^)f bafein aufeerl^alb ber erl^altenben SBirfung bcS
©d^öpferS, unb in bem angenommenen gatle loärc biefe ^ugleic^ tl^atträftige ßrttjeijung
ber perjönlic^en Slbfto^ung, beS ®egenteileS ber Siebe, .o^ne bie äuSftc^t barauf, ba|
45 biefer SSJiberfprudSi als bienfameS 5Wittel für feine eigene Übertoinbung fic^ in il^r aufgebe.
©olc^en ©c^toierigleiten gegenüber toirb bie entfc^eibenbe Setra^tung bie antl^roj)o=
logijc^en unb loSmologifc^en ®efid(|tspunfte burc^auS bem allein mafegebenben foterologifc^en
unterorbnen. gür feine Derläpc^e §anb^abung bebarf cS Dor allem beffen, bafe man ftc^
bon ber ©cbrift bie Slic^tung geben laffe; fobann beS 3f{üdEgangeS auf bie ®runbjüge ber
60 in fic^ gefcl^ioffenen d^riftlic^en einfielt. — ®ie ©c^riftauSfagen über bie „gloigteit" beS
ouSfc^lie^enben ®eric^tSurteileS fmb nun nic^t jtoeibeutig, toie baS atterbingS ber Dern)en=
bete aiuSbrudt alwviog ift; fte fte^en immer ben entfprec^^enben äluSfagen öom „ehjigcn"
Seben gegenüber. 2)er SluSbruc! !ann in folc^en (Sntgegenftellungen too^l nur ben gleichen
3Bert l^aben; ba^ aber bie 3wteilung bcS SebenS in jenen ©teilen nid^t befinitii) gemeint
55 fei, toirb niemanb nad^loeifen toollen unb fönnen. 2)aSfelbe meinen boc^ bie bilblic^en
aSäenbungen öon bem unlöfc^baren geuer 9)ic 9, 43 Dgl. 3Rt 18, 8 unb bem nidj^t fter=
benben 2öurm 3Rc 9, 48. 2)aS meint ber jtoeite Job Dffb. 20, 15. 21, 8, ber gemife
als ber le^te entfdj^eibenbe gebadet ift, aber fo toenig bie ®eifter Demic^tenb, toie
ber erfte. ^on einer Vernichtung in berftd^em, ba^ fie für lange ober ol^ne 2lufl;bren
60 baure 2 2:1^ 1, 9, toäre fo jiemlic^i ber ®^)fel ber ©ebanlenlofigfeit I 3lm entfc^cibenbften
^SUenfihraf^n ^Od
bütftc 3Kt 26, 2i fein; benn, toer fc^Ke^fid^ bod^ ju feinem 3i^I<^ lommt, ober, toer nur
ein geittDeilige« irbifd^e^ 2)afein ^u fül^ren ^ot, um bann in ba^ 3?id^t^ ju öerfinfen,
toarum foBte e« bem bejfer fein, nie geboren jufein? — 6rh)ä0tman ferner, in toeld^en
3ufammenl;än0en bie fraglichen Sluöfagen get^an toerben, fo finb ba« nid^t Setrad^tungen
über ba^ SBeltjiel, in bem ba« forfd^enbe unb jufammenfaffenbe Slac^benlen S3efriebigung 6
fud^t unb ütoa für S^l^eobiceejtoeifel Seru^igung in bem ätu^blidf auf ben unau^bteib«
liefen umfaffenben ©rfolg ®otte^ finbet, bem auc^ feine ©trafen bienen muffen; bielmel^r
begegnen jene ßintoeifungen immer in ber ?|3araIIefe; fte fteHen ben ßmft ber SSeronl«
toortlic^Ieit in ^eUfted Si^t. %\iö) tragen fie nirgenbd bie 3(rt ber ®eban!en über bad
gegfeuer an fid^ (f. ben 31. S3b V ©. 788). ©ie fe^en nic^t für bie öon ben ©trafen lo
betroffenen ben Sefi| beö §eile^ öorau^ unb l^anbein nic^t öon fortfd(ireitenber Heiligung,
fonbem fie fprec^en Don bem Eintritt unb ber Stu^fto^ung rüdfidj^tUc^ be^ ©otte^reid^e«
unb ber ßwfl^^örigleit ju ßi^rifto. S)iefem ®runb^uge ber biblijc^en Slu^fagen toiberJt)ri(^t
ntd^t minber alg bie 3H)oIataftart^ i^e gaffung, ttjeldj^e fid^ an bie im 31% nid^t nacptoeii^
bare »cbeutung bon ancbXeia inüt)ft, bgl. Sremer, 6. 3:|. 953.55. ©. 701 f. 6ben biefer i6
jufammenftimmenbe ©inn ber biblijc^en 2luöfprü(^e bitbet bie ©tü^e gegen bie fonft fd^toer
\\x enttourjelnbe Steigung, bie Söfung in ber SSemid^tung ber „fi^ SSereinjelnben" ju
fud^en.
®el^t man bann auf ben 3wfÄ»^»"^nl^ö*^Ö d^riftlic^er ßinfic^t ein, fo legt bie eben
^erau^gel^obene paiafletifdf^e SBenbung ber ätu^jagen e« nal^e, fic^ gegen bie befj)ro^enen 20
ätblel^nungen etoiger SSerbammni^ auf bie et^iÄe 3lnt^ro)}ologie ju ftü^en, toie ßrbfam,
galfe u. a. 3)o^ ift ba^ bebenllic^, toeil fic^ ec^t eöangelifd^e Raffungen be^ §eile^ ju
Derfd^iebenen Seiten fel^r tool^I mit bem 2)etermini^mu^ »ertragen ^aben. 3Wan mag biefe
anti^rot)ologifc^e ^Jrage bon ber §eiföle^re Oiw^ ju entfc^eiben fuc^cn, aber man toirb tl^re
ßntfc^eibung nid^t jum SRa^ftabe für bie S3eurteitung innerl^alb ber 35ogmatif mad^en 26
bürfen. S)iefer mufe fd^lw^terbing^ foterologifc^ fein. 2)amit ift aber gefagt, ba^ bie Öx-
reic^ung be^ %\t\^ für bie ©ünber nur im 3wfÄntmenl5^ange mit ber gej(^ic^tKd(ien §eil^s
Offenbarung möglich ift, jugleic^ aber, ba^ bieje gefc^ic^tUc^e 3^^atfad(ie in il^rer Sebeutung
über i^ren rein ge|c^ic^tliAen 3Birfung^frei€J ^inau^greift. 35ag eben bergegentoärtigt bie
Slu^fid^t auf bad ßnbgericpt, inbem fie verbürgt, ba| fein 3Wcnfc^enIeben au|er Sufammen« so
^ang mit 6l(>rifto m feinem enbgiltigen ätbfc^luffe fommcn lann, toie immer ^ auc^ feiner
gef(^id^tlid(ien SJacptoirfung fem geblieben fei. ftämen nwx bie einzelnen 3Jlenfd(ien nur
alö Derloenbbareö 3Katerial für eine 3Menfd^^eit ®otte^ am 6nbe ber 3^ge in Setra^t,
bann ^ätte man gegen bie SSorfteUung öon ber 93ernid(|tung ber ©ottlofen fc^toerlic^ ettoa^
einjutoenben, abgelesen öon ben biblifc^en Karen Sluöfagen. ^awn aber fönnte ba^ ©nb* 86
gerieft ouc^ lebtglic^ bad @rgebnid ber big jule^t t>artifulariftifc^ Derlaufenben irbifc^en
^eil^ejc^ic^tc fein. SP ^ P^^ ^^jfen bielmel^r burc^au^ uniöerfal öorgefteßt, bann ber^
gegentoärtigt e« bie ©c^ö^ung ber einzelnen ^erfonen; fie erfc^einen ni^t nur alö ©toff
für ©Ott ^ö 9, 21, nic^t nur ate SJlittel für feine ^^td^, fonbern fie Serben an il^rem
Ürbilbe nad^ il^rem ©elbftjioerf gemeffen. §at fid^ ®ott bi^^er i^rer afö 3Kittel für feine 40
Senfung ber ®efc^ic^te bebient, o^ne fie in i^rem ©elbftbeftanb ju Dergetoaltigen ; l^at er
i^r SSer^ältnig gu i^m felbft bur4 gefc^ic^tlic^ Dermitteltc^ SBerben, eben burd^ ba^ SBort
Dom Äreug unb nij^t burc^ entl5^ufiaftif4[ mec^anifc^e Überloöltigung J^erfteÜen toollen;
toie fottten fie i^m im 3Serlaufe ber @nth)icfelung ju bloßen ©egenftänben feiner jerftdren^
ben 3Rad^t toerben? 3)er S^biDibnali^mu^ ber §eilggnabe ^at gu feinem ©egenftüdf ben 45
gnbiDibuoIi^mug be^ SSerberben^. — ®a« finb ^eilic^ nur bie legten unfic^eren Sinien,
in toelc^c bie foterologifc^ beftimmte 2lnt^ro})ologie ausläuft, ^n il^nen j)rägt fid^ ber
öoDe @mft ber SSeranttoortlid^feit be^ ©ünberiS gegenüber ber Berufung burc^ ba^ 6ban«
gelium avi& ; ba^ ift ber berechtigte jtem bon ber blo^ ant]^ro^ologifd(ien äSegrünbung btefed
propl^etifc^en Se^rfa^e«. 3Sgl. übrigen« b. 31. UnfterWid^feit. 60
35oc^ toirb man i^n nic^t feft^altcn fönnen, ol^ne mit bem ajjoftolifd^en ex juigovg
7iQO(prp[€voju€v 1 Äo 13, 9 boHen @mft gu machen. 3)aran mal^nen auc^ bie Se«
beirfen, tpelc^e gegen i^n erl^oben fmb, toeil man bie SSorfteübarfeit be« ^wf*^*^^^ ^^'ö
XJerbammter bestreitet, rid^te man babei ben SlidE auf ba« öoüenbete ®otte«reid^ ober auf
bie aSertuorfenen felbft. »
3n erfter 2inie ioeift man auf bie UnDerträgtid^feit ber 3:i^atfad^e enbgiltig 3Serh>orfener
mit ber 3SoUIommenl^eit be« ©d^öpfer« unb feinem Setoufetjein um fie l^in. ©tünbe ibm
boc^ bie SSerfe^lung feiner 3^^^^^w^9 ^n einem leile feiner ®efc^öj)fe unauf^örlid^
gegenüber, ^an mag anttoortcn, ba« ttjerbe eine ©törung feiner ©eligfeit nur unter ber
??orauefe|ung fein, toenn il^m feine 3Rac^t über alle« gcl^e; benn lebiglid^ in ber jtoingenseo
9leat'0nci)r(opäbie für Z^eofogU unb ftirt^e. 3. «. Viil. ]4
210 ^SOenfhrafen
bcn 5Mac^t fönnc btc Sürgfc^aft für unau^bleibli^c SScrtoirflid^unö bc^ 3^^*^ crfannt
tocrbcn. ^-rcilic^ ))flc0t man bann gcöcnteitö gu erinnern, bie erbarmenbe Siebe ^abe boc^
ate btc mäd^tiöfte unb unabtoeiölic^e Sebingung cbttt be« 0ef(^ö})Pic^en 2BiBen^ ju gelten
unb afö folc^e erfal^re fie, toer fic^ burc^ bie freie ®nabe ertoä^It unb belehrt ttjei^.
5 ©teUt man fxä) inbe^ l(;iemit auf ben ©tanb))unft c^riftlic^er (grfal^rung, fo i)ai man e^
aud^ nic^t mel^r mit ber göttlid^^en ®nabe in abstracto, fonbem mit il^rer Darbietung
in bem gefd^ic^tlic^en G^riftu^ ju t^un unb biefe trägt nic^t ben ^uq au^nal^mglo^S
jh)ingenben ßrfolged an fid^. ^inter jener gorberung allumfaffenben ©rfolge^ in 8e=
giel^ung auf bie einzelnen lüirb [\d) boc^ eine ^enftoeife erfennen laffen, h)eld^cr bie äft^c=
10 tifc^e älnfd^auung ber Harmonie über bie et^ifd^e ©c^ö^ung ber Orbnungen be^ p^ön-
lid^en Seben« ge|t (Dgl. 3. gWüHer, ei^r. 2. D. b. ©ünbe 33. 2 Ä. 4), fofem fte feine
Sefriebigung in ber enbgiltigen ©eltenbmad^ung be^ ©ittengefe^e^, unb jjpar auc^ in ber
berurteilenben, anjuerfenncn Dermag. — SBirb ju bemfelben dnbe auf bie mc^ftenliebe Der=
lüiefen unb in bem ffiiffen um ben ©tanb ber SSerbammten eine jrübung ber ©eligfeit
15 für bie (Srlöftcn angenommen, fo bilbet ba^ genau jugefel^en, feine neue, felbftftänbigc
Snftanj neben ber foeben erörterten. 6^ fann \xä) mit ber ©eligfeit ber ©rlöften nic^t
anber^ Derl^alten ate mit berjenigen ©otte^, benn Don il^nen toirb gelten, toa^ 2)ante in
tieffinnigem Silbe fagt. ^n feinem ^arabicfe fc^auen bie SSoüenbeten aüe lebiglid^ auf
©Ott unb in feinem ^erxen fd^auen fte aße 35inge fo, toie fie ftc^ bort f})iegeln. ©ehjife
2oh)irb im öoüften SKa^e für bie ©eligfeit gelten: toer n\ä)i l^affet SSater, S3ruber u. f. h).
£c li, 26.
SBenbet bie Setrad^tung ftc^ bem ©tanbe ber 3SerIorenen gu, fo ift bie grage nac^
bem Ort Diel erörtert. SSgl. b. a. ©e^enna Sb VI ©. 418. ©0 gciüife „$tmmel"
in ber enthjidtelten neuteftamentlic^en ©J)rac^e, tt)o bon ©Ott unb unferer Sejie^ung auf
25 \i)n bie Siebe ift, mä)i^ anbere^ bebeutet aU ©tätte ©otte^ unb ungehemmter ©otte^näl^e,
fo geh)i^ fann |)ötte in bem l^ter Dorfommenben ©ebrauc^e nur fagen tooBen: enbgiltigc
©d^eibung Don ©Ott, unb bamit 35afein in einetn 3wftanbe, ber bem Seben im biblifc^cn
©inne gerabeju entgegcngefe^ ift. Über bie ÖrÜid^feit ift e^ bergeblid^, nad^juftnnen,
ba un^ aUe ^uJittel fel^Ien, um un^ ben ©tanb ber 3)inge jenfeit ber je^igen ©innlic^fcit
30 borjufteHen. Damit Jjflcgt man bie ^age nac^ ber !^etbK(^fcit in 3wf<^"^w^^n^ö"0 i^
bringen. Wan ftü^t fic^ auf bie biblijc^en Slugfagen über bie allgemeine Sluferhjccfung
(Sbll ©. 221,r,ff.), gerät bann aber in gro^e ©d^toierigfetten. 3)enn für bie Seiblic^feit
ber ©lieber ßl^rifti ift ber Slnl^alt an feinem ätuferftel^ung^leibe gegeben, lüä^renb ba^ für
bie Seiblic^feit ber SSerbammten böUig fel^lt. 3)a^er bt\Uf)t Diel ©c^toanfen barüber,
85 toelc^en Seib fte bei ber 2lufertt)edfung erhalten foHen, ob ben alten, ober einen geiftigen,
bem geiftlid^en Seibe ber (grlöften, freilid^ unter entfc^eibenber SSerfc^icbenl^eit äl^nlic^en ;
ob fte benjelben nur erlangen, um feiner fogleid(i im gtueiten 3:obe lieber beraubt ju
luerben, ober ob fie il^n behalten, bamit er Ipen anö^ äufeerlid^e dualen Dermittele; fo
namentlich bie ältere 35ogm. (^. ©c^mib, 2)ogm. ber eD.-lut^. Ä. § (i? 91. 4; §ej)j)e,
4o3)ogm. b. eD. ref. Ä. ©. 518 f.). 2)a bie neuteftamcntltc^en äuöfagen rürffid^tlic^ biefer
Dualen unDcrfennbar bilblic^ finb (f. b. 31. ©el^enna ©. 421), ber nagenbe SQäurm
(3Kc 9, 48 gef 66, 24) aber übertoiegenb auf ba^ 3"*^^^ bejogen h)irb, fo ift l^ier über
bie fieib^aftigfeit getoife nic^t^ ©teuere« pi getoinnen. Die ©cfc^ic^te Dom armen Sajaruö
fann um fo Weniger in Setrac^t fommen, al^ ber „©c^oo^ älbra^ame" (einenfaß^ feine
46 3Sorauöfefeung an ber leiblichen 2(uferftel^ung nad^ bem ©erid^te l^at. 3lu^ toirb anerfannt,
ba^ ba^ vi% nirgenb auf eine anbere Seiblid^feit atö biejenige ber S3rübcr ß^rifti eingeigt ;
e^ toirb mithin ein 3*^^*M ^n einer Seiblic^fett anberer berechtigt bleiben. %üx toeitcrc
SSeftimmung be^ äwf*^'^*^^^ ^^^ f^^ ^^^ bogmatifc^e ^l^antape abgemül^t, inl^altreid^e 3üge
m erfinnen, ol^nc bo^ in bie 3tbh)ege ber mittelalterlichen materialiftifc^en Draftif ju Der-
50 faßen. Daö faltbare lafet ftc^ auf ben ©runbjug ber fog. poena damni jurüdfül^ren.
Äommt bie Verfehlung be^ Sebenöjtoecfe^ in bem unaufl^ebbaren 3h>iefpalte jlüifd^en feiner
unabmeieltc^en (jrfenntniö unb ber i^m DöBig lüiberfpre^enben SSJirflic^feit ju Sehjufetfein,
fo ift barin ein unermc^lic^e^ ßlenb au^efagt. 6« fann nac^ ben Derfc^tebenen ©eitcn
ber menfd;lid^en anläge jur ©otte^gemeinfcj^aft, jur ßl^arafterDoBenbung unb jur £iebe^=
65 gemeinfcbaft mit gleichartigen ^erfonen au^einanbergelegttoerben; aber e« bleibt tm ©runbe
baö eine unb felbe; — biblijd^ — ein Dafein ol^ne Seben, im einigen ^obe, toeil ävä-
•&Efxa djTo Tov xQioTov 9lö 9, 3; ©a 5, 4. ©erabe barau^, ba^ auc^ bie ©c^cibung
Don ©Ott burc^ ben öeitemittler Dermittelt erfd^etnt, bürfte m folgern fein, biefer Xob,
ber ba^ ©efc^idbtlicb-^erfönlic^e angebt, fc^liejie nid^t bie Sluftebung be^ Dafein^ in fic^.
60 ©egen biefe Slnna^me toeift man noc^ auf bie biblifc^n ©teilen, toelc^e bie Sefeitigung
^Bli^nfihrafen ^ofaitcr 211
be« ^obc« ate gtel bcr ^cilggcfd^td^te bejetc^nen 1 Äo 15, 26; bgl. Dffb. 20, 14. Die
Ie|tc unterfd^eibet ben jtociten SEob öon bcm erften, unb jtoat fo, ba^ bie SScrfenhina
öon 2:0b unb ^abcMammt ben SSertoorfenen eben bicfen jtDeiten %ot> au^moc^t; e« ift
beuütd^ «n bilbfic^er Siugbrucf für bie Unterfc^cibung be^ borläufigen S^obc^ftanbe^ bon bem
enbgUtigen. ^m 1 Äo l^anbelt e^ fic^ um ben lob, ben legten ^inb, nur infofem, ol^ 5
er mai)t über ol rov xQ^^^ov ^at bgl. 93. 54 f. §icr lommt e^ barauf an, einjufe^en,
bafe 2:0b jumal im 31% nic^t bie Slufl^ebung be«2)afein« bebeutet, fonbem ba^Segentetl
bon Seben, fofem biefe« SQäort bag$cil«gut, ein ©ein in ber ©otte^gemeinfc^ft bgeic^net
bgl. 6remer, S3. tl^. SBb. ©. 450 f. — J)er 3Serfu4 ein folc^e« SJafein borjjufteUen er^:
öffnet freiließ eine Slu^ftc^t, um ben ©inn fc^toinbeln ju moid^en, unb nur erträgtid^, toenn 10
man fie an ber erl^obenen ®rö^e mifet, mit toeld^er SBcrt unb SSerantttJortlid^Ieit ber fttt^
fielen ^Perfönlid^feit unb ber mit il^r geftellten Stufaabe in biefer legten golge l(;erau«tritt
SQäirb bieje 33eftimmung ate bie entf<^eibenbe anerfannt, bann läfet fic^ auc^ über ba^
ajerl^ältni^ ber SSerbammni« ju bem lobe^ftanbe ber nic^t ©rlöften big gum ®eric^te ur«
teilen. 35ie SSertoanbtfdS^aft liegt in bem damnum, ber tl^atfäc^lid^en ©otte^feme unb is
bem 34)be«ftanbe. 35ie jtoeifellofe Unterfc^iebenl^eit liegt in ber bollen Setoufet^eit biefe«
5KangeIg unb bem S3ett)ufetfein um bie unbebingte ßnbgiltigteit ; beibe^ ift burd^ bie @t'
fal^ng be^ ©nbgerid^te« bermittelt ju beulen. ©d^Iie^lid^ ift noc^ erörtert loorben, ob
eine SSerfc^iebenl^eit ber ©trafen nac^ ®rab unb 3lrt anjune^men fei. ©in §inh)eig auf
jübifd^e 3lnf Aauungen über bie berfc^iebenen ©ebiete be« §abei8 fann fetbft unter S3e* ao
rufung auf £c 16, 19 f. nid^t berfangen; ift boc^ in biefer äu^malung ber jcnfeitigen
33ergeltung nur bon einer ©c^eibung jtoifd^en Seftraften unb 93efcligten bie Siebe, unb
bamit fäHt jebe Slntuenbung auf ben ©tanb enbgiltig Serbammter bal^in. @g toirb barüber
tool^l JU urteilen fein toie über bie ©tufen ober ®rabe ber ©eligleit (f. b. 31. unb SBiffenfc^.
§ 798 b). (Sine fc^ärf ere ©rtoägung toirb barauf fül^rcn, bafe bie aüm gemeinfame poena 25
damni ft^ in ben einzelnen ebenfo inbibibueU geftalten toirb, aU e^ }ubor mit ber ©ünbe
unb ber Änec^tung unter fie ber %ciä geloefen ift.
SSielfac^ tourbe barüber ber^anbelt, ob ^S^fu^ in feinem geiben fteffbertretenb bie
§ößenftrafen getragen l^abe. ©ofem in il^nen nur ba^ Sottmafe ber unausbleiblichen
§oIge ber ©ottloftgfeit, bie unbebingte ©otteSferne ju erfennen ift, toirb baö anjuerfennen 30
fein (Ääl^Ier, 2)ogm. 3^^- 2 ©. 385 f.). SBirb aber babei in äußerlicher SBeife gemeffen
unb gejät^lt, fo barf — eriftifc^ — eingetoenbet toerben, baß er nid^t fteDbertretenb ge*
tragen l^^aben fönne, toaS bie Serbammten tl^atfäc^Iic^ jelbft an^\^\ttifm l^aben, toä^renb
jene ©trafen ben ßrtoä^Iten nie jugebad^t finb (ebb. ©. 410 f.). Süenn man aber aipo^
fataftatifc^ beult ober bie Vernichtung ber Sertoorfencn ertoartet, bann fäUt biefe 5^age 35
fclbftberftänblic^ in fid^ jufammen. 3». mt^ltt.
$ofatfer, Subttjig, geft. 1828, unb SBil^elm, gcft. 1848. — 3ur fiittcratur:
fiubu). 4)ofacferä ^^frcbigten, ©tuttgart, ©tcinfopf, 42. «up. 1892; SIu«gcroä^Uc ^rebigten,
herausgegeben oon gr* 6emmann, ^ipiig 1892; (StbauungS« unb (S^ebetbuc^, ^erauSgeg. oon
@. ÄIctt, 5. «bbrurf, ©tuttgart 1893 ; Öubwlg C)ofacferS ficben, üon %. ^napp, ©eibclbcrg, 40
föinter, 5. ?lufl. 1883 • 6. ^2luf(. ©altu. 1895 ; 9i. i«effelmann, »u« bcr ^rebigtcn, (Slbcr*
fclb 1862, (5inleilunfl;33römel, ^omil. e^oraltcrbilbcr, »erlin 1869 ; SBil^elm ^ofacferS ^re*
btgten, mit 'äWitteilungcn über feinen fiebenSgang, ^erausJgeg. uon Slopff, Stuttgart, 3. ^uff.
1880 ; ©ilft. ^ofacfcrö fieben, t)on feinem @o^nc Subiuig ^ofacfcr, Pfarrer (ber ouc^ bcm
Unterzeichneten in banfcnSmcrter ©eife (Sinficftt in bie ()interlaffcncn 93riefc ber SBeiben u. f. ro. 45
geftattcte), Stuttgart, ©teinfopf 1872.
Subtoig unb aBilj^clm §ofader, ein felteneS Srüberj)aar, an fir^engefc^id^tlic^er SSe^
beutung allerbingS nic^t mit bem ber alten griec^ifd^en Äird^e, ©regor unb S3aftliuS,
JU bergleic^en, aber boc^, toaS tiefge^enbe 3Birffamfeit für baS Äeil bon ^^aufenben bes
trifft, in aller ©tiHe c^riftlic^ einflußreicher, als manche bielbefprocpene gelben ber Äirc^- 50
gefd^ic^te.
©c^r berfd^ieben, toie 2lrt unb g^arafter i^rer ^erfon unb ?Prebigth>eife, ift auc^ ber
®ang i|>reS SebenS. fiubtoig §ofarfer, geboren 15. Slpril 1798 gu SBilbbab, SBillS^elm
.^ofoder, geboren 16. gebruar 1805 ju ©ärtringen, erhielten bon il^ren ©Item, Äarl
^ebric^ §ofarfer, gule^t ©tabtpfaner unb 3)efan ya ©tuttgart, unb ^eberile, gebome 55
Klemm, eine emfte unb ftrenge (Srjie^ung, obgleich burd^ ben ed^t fAioäbifd^en, gemütlid^
l^eiteren, mand^mal berb l^umoriftifc^en ®eift beS Familienlebens alle eigentliche, toel^e«
t^uenbe $ärte berbannt blieb. SubioigS SebenSlauf ift furj, burc^ eine plö|lid^e, rüdt^alt^
lofe SSelebrung in jtoei ganj berfd^iebenc $älften geteilt, immer aber gefcnngeid^net burifc
einen Iräftigen, fantigen, fein ^\il rüdtfic^tSloS unb gerabeauS berf olgenben Sl^arafter. 6rft «o
14*
212 ^ofaiter
mit bem bierjclj^nten Scben^jal^te für^ ©tubium beftimmt, cntngt er [xä) burd^i cifernen
gict| bic 3lufnal^mc in ba^ 6eminar ©d^önt^ol, baö er ein 3^1^^ fi>ät^ ^^^ t>^»n ju
Slaulbronn unb im $erbft 1816 mit bem ©tift in Tübingen bcrtaufdS^t. ^trei S^i^re
long ift er ^ier ein jtoar leinen groben Unarten bienenber, ober gon^ toeltmäfeiger, flotter
6 ©tubent, ober, toie er felbft fagt, „ein Äned^t be« RtxU unb ©tubentengeifte^, bem bic
SQ3ei«^eit biefer SQäelt boUenb« ben Rop\ Derrücfte". mtt fc^on al« ISjä^riger Jüngling
toeife unb belennt er: „i^ mu| midj^ belel^ren", unb bod tl^ut er im $erbft 1818 in
^)aulu^artiger SBeife, er toirb mit rafd^em S3ru(^ ein entfc^iebener ßl^rift, ein „^ßietift",
tl^ut fic^ iix ben frommen, ift längere 3rit in ©efa^r, fc^toärmerifc^em, namentlich SöJ^me=
10 fd^em SDl^ftiji^mu^ gu berfaÜen, bleibt lange in gefe^lic^er ©fru^jiilofiiät gefangen, bi« er
enblic^ 3ur ^ei^eit ber Äinbcr ®otte« burc^bringt im ©lauben an ^^wm, ber il^m
immer in 3inj^borffif(^er SQSeife ate ba^ iJamm®otte^ öorälugen fc^toebte unb im^erjen
lebte. Slber fdS^on in Tübingen beginnt oudb bie l^arte ©(^ule be« Äreuje«, roeldj^e biefer
frül^gereifte S^ngling burd^laufen foHte, ein «o})fnert)enleiben nötigte i^n öfter, in ber SSer^
15 toaltung bed geiftliqen älmte^ }u ))au{teren, ba$ er old Sitar in ^lieningen unb ©tutt-
gart, jule|t atö ^^Jfaner in Slieling^^aufen bei SWarbac^ öom 1. 3uli 1826 bi« 18. 5Ro=
öember 1828 belleibete. 2^ufenbe ftrömten bon loeit l^er feinen ^rebigten m, unb
S^aufenbe l^aben in i^m, toä^renb feine« jufammen nur 4Vjiä]^rigen SBirfen« auf 6rben,
unb nad^ feinem Xobe burd^ fein in l^unberttaufenben bon @|em))laren in ber falben
20 2Belt Verbreitete« ^rebigtbuc^ il^ren geiftlt<^en 9Sater unb ^ü^er gefunben. 3lad) l^artem
Setben, mit ben ©orten „^eilanb, §eilanb" auf ben2i})t)en, ftarb er, nur 30 Sa^re unb
7 SKonate alt, ein eöangelifc^er freitoilliger ßölibatär, ein „3^8^"/ ^^^ ^^^ Äir^e loenigc
gefe^en l^at.
3n rul^iger, fteter ©nttoidfelung berflie^t bagegen ba« 2eben be« jüngeren ©ruber«,
25 aSil^etm ^ofadfer. SSon änfang jur 3:^eologie beftimmt, fd^on im ©^mnafium in ©tutts
gart burc^ oHerl^anb @inflüffe, namentlich ben be« ebrtoürbigen ^riDatle^rer« l^eremia«
glatt (bem 9lnapp ein fd^öne« 2)enlmal gefefet l^at) cpriftlid^ angeregt, bei feiner Äon=
firmation t)ofitib ertoetft, bann burt^ feinen Sruber Subtoig im entfc^iebenen G^riftentum
immer neu ermuntert unb befeftigt, füi^rt SBil^elm fd^on auf ber Uniberfität 1823—28
80 einen c^riftlid^en ffianbel. ©ein Se^rer unb nachmaliger ©d^loager, ber befannte neutefta=
mentlid^e 3:^eologe Dr. ©d^mib, feine greunbe 93edE, Äa))ff u. a. finb mit il^m in biefem
©treben eng berbunben, baneben aber jeigt ber aUfeitiger al« Subtoig begabte Jüngling
nid^t blo^ ben regften ioiffenfd^aftlidffen 2^rieb, ber il^n g. 33. an ©c^leiermac^er« aOSerfen
biel finben lie^ (fc^reibt er boc^ bei beffen Sobe^nac^rid^t : „ic^ fegne feine älfc^e, benn
86 er bat auc^ mir an^ ber ä9egriff«bürre l^erau«ael^olfen'0/ fonbem aud^ {ein äft^etifc^e« äSe-
bürfni« unb Talent fudj^t er möglic^^ft ju befriebigen unb au«jubilben. 3lad) au«gejeic^=
netem (gjamen toirb er für ac^t SKonate SSilar feine« hänfen Sruber« unb Dertoaltete
ebenfolang nac^ beffen lob fein ^Pfarramt, begiebt fid^ bann auf feine loiffenfc^ftlict^c
fianbibatenreife, too er namentlid^ bei f^ebr. Ürummad^er biel gelernt }u l^aben betennt.
40 3)enn toö^renb e« fiubtoig „erbärmlid^ öorfommt, toenn fo ein Äanbibat in ber SBelt
j^erumftoljjert unb ftc^ alle berühmten Seute auf bem ^^d ^ält unb bon einem jum
anbern gel^t, um ju ^tcn, ob er rebe toie ein üKenfc^", pnbet aSill^elm „einen ^avlpU
getoinn einer fold^en Sleife barin, bafe man ettoa« fe^en barf, baöon einem ba« $crj auf=
ge^t, e« toeiter unb größer unb ber innere £eben«Iem unenblic^ gelräftigt toirb". 3"^
«ga^re 1830 trat SQSil^elm in ba« 9le>)etentenIollegium in3^übingen ein, too er tro$ feine«
feinfoHenben J)ietiftifc^en ^anati«mu« boc^ burc^ feine §eiterfeit unb toiffcnfc^aftlic^e iüc^=
tigfeit ftc^ allgemeine äld^tung ertoarb. @inen 9luf an bie Uniberfttät Harburg fc^lug
er, um feine« geifte«franfen SSruber« 9Kaj toiüen, beffen ^Pflege er glaubte fein §au«
öffnen ^u muffen, au«, unb tourbe 1833 3)iaIonu« ju Saiblingen, al« toeld^er er ftd^
60 mit Sutfe aSed^erlin öerel^elid^te, gab mit Äaj)ff unb $ofmann 1834 eine ?Prd)igtfamm5
lung ju gunften ber ©emeinbe 2Bil^elm«borf l^erau«, tourbe 1835 3)taIonu« an©t.£eon5
l^arb ju Stuttgart, aU toelc^er er neben ungemeiner Slrbeit in Äird^e, ©c^ule unb ©eel-
forge (über 7000 Seic^tfinber ^ten fid^ bei il^m einfc^reiben laffen !) 1840 mit Dr.©c^mibt
ein ^Prebigtbuc^, ,,3^0niffc ebangelifc^er SJBal^r^eit", ebierte, ju berfelben 3eit gegen 3Wärf=
55 lin« ffritif be« 5pieti«mu« ein „8efenntni« unb SSerteibigung" ju gunften be« $ieti«mu«
fc^rieb, 1844,45 mit mel^reren Kollegen ?Prebigten gegen be« Sft^etiler« SBifc^^er afabe-
mifc^e 3lntritt«rebe brucfcn liefe unb 1842—43 in ber Äommif fion für eine neue toürttem^
bergifd^e Siturgie mitarbeitete. Unter biefer SKenge bon Slrbeit brad^ enblid^ Der ilörper
jufammen, unb«am lO.äuguft 1848 ftarb er, toie ÄnciJ)}) fagt, al«ein „prft®otte«, SBorte
qo be« etoigen Seben«, befonber«überba«töni0lic^e^o^c|)neftertum:3^fu^^f^i ^uf ben£i))))en''.
^ofaiftr 213
3Kcm fielet auf bcn erftcn S3Iic!, bafe SQäUl^elm ^ofocfcr« aOBirffamfcit tool^I eine ötel«
fettigere; aber aud^ leine fo gen^altige getoefen ift, h)ie bte Subtuigd. &nä)m h)ir juerft
Subtuig ^^i'f^^^ ^(^ ^rebiger )u d^aratterifteren, fo tonnte bie ungel^eure äBtrffamfeit
biefe« Jüngling« auffällig erj^einen, ba er bei oller guten Begabung bod^ nid^t^ au|ers
orbentlic^eg an S^alent, gefc^toeige ein djriftlid^eg ®enie getoefen ift. 2luc^ feiner ^ßrebigt« 6
toeife merft man e« fofort an, bafe e^ ^toar, mit 3?effe[mann ju reben, „ein ©eiüaltiger
ift, ber l^ter rebet, aber ein fold^er, bem nid^t geit gelaffen toar, erft burc^ Übung aWeifter
ju toerben". Slber ba^ mu^ jebem ©e^er unb $örer unmittelbar Har toerben, ba^ l^ier
ou^ bem Seben unb für ba^ Sebcn mit geben^Iraft ge})rebigt toirb. ®er ©temjjel eigenfter
perfönlid^fter 2eben«erfa^ng unb Seben^überjeugung, ber l^eiligfte unb rüdf^alt^ toie rüdf- lo
fid^t^lofefte @ifer für ba^, toa« ij^m unbebingte unb alleinige ffia^rl^eit ift, ift allem auf*
getfn:ägt; alle SRac^e, aUed ftubierte, manirierte, fc^ematifierte ift ferne; tt>ad im üRittel-
alter einem SertBolb bem ^anji^Ianer, tua^ in ber Sleformation^jeit t)or allem Sut^er
feine Äraft unb SBirffamfeit gab, ba« giebt ftc audj 2. §ofac!er : bie lebenbige Unmittel*
barleit i^rer ^rebigt SSebenlt man nod^ hierbei, bafe bie geit, in toeld^er 2. ^ofadfcr i6
))rebigte, gerabe biefe $rebigth)etfe faum me^r gemöl^nt h)ar, ba^ man itoax bie fetd^teften
©eftolten bed Stationaltömu« unb ©uf)ranaturaltömu« hinter fic^ ^ttt, aber nur um bie,
in ii^ SlBeife \a auc^ berechtigten, „feinen" ^ßrebigten ä la Sleini^arb ober aud^ ©c^leier»
mad^ — Slaud $arm« lam, iebenfaH« bamal«, für ben ©üben 2)eutfd^lanb« faum in
Setrac^t — ju l^ören, fo ift e« fein SBunber, ba^ fic^ faft ettoa« toie revivals an 2. $ofs 20
odfer« aSort fnüj)ften.
©uc^en toir aber 2ubh>ig §ofadfer« ^rebigttoeife naiver ju ffijjieren, fo betoe^t fid^
i^r Snl^alt faft einjig um jene^Äinjenborfffc^e: „tc^ l^abe nur 6ine ^Paffton, bie tft ®r,
nur ®r". ©ünbe unb ®nabe, oa« ift fein ®in unb Sllle«. ©eine ©tärfe ift einmal,
ba« ©ünbenberberben in feinem ganjen 3^""»"^ ergreifenb ju fc^ilbem, bie ©ünbe, na« 26
mentlid^ bie ©elbftgerec^tigfeit, bi« in il^re legten ©d^lut)ftt)infel ^fl^c^ologifc^ unb t)raftifd>
JU berfolgen, al« ein echter ^o^^nne« Sufee ju t)rebigen. 3)abei bebient er ficb nic^t fo*
tool^l be« ©efefte« ol« eine« naidaycoydg elg j^Qiatdv, fobafe er tttoa (h>ie bie« j. S9.
33ed in Tübingen in mufter^after 3ßeife t^at) bte öerfc^iebenen Seftrebungen eine« eblen,
gerecht fein tooUenben ß^arafter«, bie nic^t jum ßiele be« ^eben« fül^ren, fc^ilberte ober so
gar, ganj in Bud^tmeifter^Silrt, junäc^ft aufforberte, ba« ®efe| ju l^alten, um bann bon
ber Unmdglic^feit ber @rfüllung au« auf S^riftum m leiten, ^a« toäre für il^n ein )u
toetter Umtoeg: „ic^ gel^e", fc^reibt er, „im ©turmfd^tt auf bie ©eelen lo«", er fu^t
ganj unmittelbar bie 2eute bon il^rem Serberben ju überfül^ren, toirft nic^t fotool^l auf bie
©rfenntni«, al« auf« ®eh)iffen unb ©efül^l, toobet er auc^ — ba« muffen toir geftel^en, er 86
felbft tft fid^ beffen aber nid^t betonet — Übertreibungen nic^t bermeibet unb in einer
mand^mal an^ SKetl^obiftifd^e ftretfenben SBetfe- ben Sibgrunb jtoifd^en Sefe^rt unb Un*
bele^ mögli<Mt grofe mac^t (bgl. j. 8. bie ^ßrebigt 3tx. 47 : „SJer ©ienft ber ©ünbe
unb ber ©eredptigfeit"). ^n ber ©c^tlberung ber ©ünbe ^ält er \\d) fonfret, greift einzelne
©ünben berb an, aber teil« fann man aud^ l^ier bod^ manchmal ba« ®efü^l ber Üeber« 40
tretbung ntc^t ganj abfc^ütteln (fo ). 9. in ber berühmten ^o(^)eit})rebigt gegen Xanj^
^o(^jeiten, f. Rnapp ©. 136), teil« fe^ren bod^ immer toteber biefelben aUgemetneren m&ps
tigen $iebe gegen bie ©ünbe, ol^nc feinere« ßinge^en auf bte inbibibueDen Unterfc^iebe
unter ben ©üiü>en unb ©ünbem, toieber. ©0 ift benn aud^ \a freiließ, um jur entgegen*
gefegten ©eite überkugelten, bie 9lnt)retfung ber ©nabe unb jtoar ber freien unb ganjen 45
®otte«gnabc in 6^fto bie ©tärfe 2. §ofader«, bie Serföl^nung burc^ ßl^rifti Slut tft
ba« ßentrum aller feiner ?Prebigten ; auc^ too er jum 2:eil in ergreifenb fd^öner 3Betfe,
anberc ©eiten am SSilbe ^n fc^ilbert, j. 8. güge an^ bent irbifc^en 2eben 3efu, toie bo«
SBetnen über Serufalem ($rebigt 3lt. 50), bre^t ftc^ bo<^ juld^t alle« um biefe« (Sine,
hxi ba« ©ünbererbarmen 3«fu. Unb getoife fd^eibt ftc^ ber gro^e ©nbrudf feiner ^ßre* so
bigten namentlid^ auc^ babon l^er, bafe er immer unb immer biefe eine ßentraltoal^^
treibt unb biefe fetlartig in« ^erj l^ineinjufenfen berftel^t. Slllein ber nüd^teme ^omile«
tifer, ber bod^ nur barin bie rechte ^rebigttoeife finben fann, bafe ba« ganje ®otte«toort
ju feinem SRed^te fommt, bermifet boc^ auc^ in biejer Sejie^ung ba« 6ine unb Snbere.
9lid9t nur toirb l^ie unb ba in ^tnjenborfffd^er 3lrt ber Sater neben bem ©o^n in ben hinter* 66
grunb gepellt (bgl. bie unbibltfd^en 3lu«brüdfe in ?Prebigt 9lr. 50: „unfer ©c^öt)fer, unfer
$err unb ®ott — ^at getoeint"), nid^t blofe treten, toa«Srömel (l^om. 6^ar. I, ©. 154)
befonber« tabelt, bie objeftiben ®nabenmittel unb i^e Sebeutung jiemli^ jurüdf, jonbem
6aut)tfäc^lid^ in feiner 3)arftellung ber Slneianung be« in ßl^rifto erfd^ienenen $eil« fel^lt
"trjgefagt ba« 9Jloment ber ©nttoicfelung faft ganj. ®« ift ein „©^)rung", ben ber tl^ut, eo
214 ^ofatfer
bet ßläubig toirb; unb toenn aud) $. natürlid^ fe^r gut hjctfe unb fagt, bafe bic auf bic
Stcd^tfcrtigung folgenbc ßeiligung ein Äampf, alfo ein ^voje| ift, biefe aHmöl^licl^c äu^=
geftaltung be^ ©^iftenleben« tritt bod^ neben ber Segrünbuug be^felben fe^r jurüd. SKit
mufter^after Ärofl bringt er auf bte ©ntfc^eibung für ß^riftum mtber bie SQSelt, leidet aber
6 fommt ber (ginbrucf ju ftanbe, afe ob bamit aHe^ ^tti^an tuäre. dagegen lönnen tpir
Srömel nid^t beiftimmen, luenn er fagt : §. fül^re nur jum ß^arfreitag, nid^t p Dftem,
laffe alfo nit^t ju Dotier c^riftlidS^er tJreubigleit, fonbern blofe ^ur ©el^nfud^t nad^ §eite-
getoife^eit fommen. 3^en gtieben, bie ©eligfeit einer begnabigtcn ©eele l^at ^. fo gut toie
6iner, l^ie unb ba faft übertreibenb, gefc^ilbert. 35oc^ erlaubt ber Staunt nic^t, toeitere^
10 über ben ^l^l^alt feiner ^rcbigten ju fagen. 3?ur ein furge^ SBort über i^re S^orm. §.
ift ein SBolförebner im eblen ©til, ^)a(fenb, braftifc^, lebenbig unb fräftig, mc^ berb, ^ic
unb ba faft ju berb, tjgl. (5Prebigt 3?r. 29): „lieber möc^t id^ ein ?Pferb fein, ba^ man
an feinem Äanen ju SCobe fd^inbet, lieber ein Stier, ben man mäftet auf ben ©c^lac^t-
tag, al^ ein 3Kenfc9, ber im 3:ob feinen ^eilanb l^at". ®abei fel^It e^ ni^t an ec^t
16 rl^etorifc^^fc^önen 3Benbungen, bgl. j. 8. ben einfad^en ©afe (^ßrebigt 3ix. 25) : ,,too ber
eigene %vi^ unb nur ber eigene ^6 raufest, ba loirb ber leife, aber gewaltige %xxtt be^
§erm überhört". Iro^bem aber feblt faft burc^au^ bic le^te geile, bie freilid^ S. §of=
acfer in ber Äürje ber xl^m gegebenen Mi nid^t anlegen tonnte. 6in anberer SKangel
aber, ber fotool^l bie ^orm afe ben ^r^alt feiner ?Prebigten trifft, mufe umfomel^r betont
20 toerbcn, ba«, mit toentgen ätu^nol^men, ^errfd^enbc §el^len aller eigentlid^en ©jegefe. SBo
e« in §ofadEer« ev xal näv, bie @4>ilberung ber ©ünbe ober ®nabe, J)afet, nimmt er
aud) be« 3^ejt genauer bor, aber ber lejt an fic^ ift il^m nur SWittel uim Rtoec! ; in ibn
an fid^ einjufül^ren, bie ©d^ftgebanlen afe fold^e ju enttoidfeln, ba« ift ni^t feine ©ac^e.
Unb f 0 bleiben biejenigen ^örer ober Sefer, toeld^e nid^t erft ben ®runb be« neuen Seben«
26 gelegt, fonbern barauf toeiter gebaut h)if|en toollen, boc^ auf bie Sänge unbefriebigt. Unb
ber einbruc! geiftlic^er Sleife, öoDer d^nftlid^er ©eflärtl^eit unb §armonie toirb {^toerlic^
l^ertoorgebrad^t.
S3eh)egt ftc^ 2ubh)ig« 2eben unb SQäirfen ganj um ben ©egenfa^ bon ©ünbe unb
®nabe, 6^ftu« unb SBelt, fo ift SQäil^elm §ofader« Seben unb ^rebigen, fo fel^r beibe«
ao auc^ auf ber ßrfa^ng ber ®nabe ru^t, bo^ fein fold^e«, toeld^em biefer ©egenfa^ mit
feiner Unruhe, bielmei^r ein folc^e«, bem bie Stulpe unb Harmonie einer me|r ftetigen
c^ftlid^en Snttoirfelung, berbunben mit aDfeitigerer, auc^ bebeutenber toiffenfc^aftlic^er Se^
gabung unb 3lu«bilbung, aufgej)rägt ift 6ben bamit l^ängt e« freiließ aud^ jufammen,
ba^ Subtoi^ ein $elb unb Sal^nbred^er auf d^ftlic^em ©ebiet geioorben ift, SQäill^elm
86 me^ ein m ben getoöl^nlic^en Salinen toanbelnber Se^rer ber SQäa^rl^eit, jener mel^r
2ut^er, biefer mdfx SKeland^t^on )u bergleic^en. 2Ba« f^Jejiell feine ^rebigten betrifft, fo
ftel^t auc^ SBill^elm ^ofarfer burd^au«, toie fein S3ruber, in bem ec^t^c^riftlid^en Gentrum
ber 3Serfö^nung«lel^re. 3luc^ il^m ift bie ®nabe be« ©ünberl^eilanb« ba« ©in unb Stile«,
auc^ er toiH ertoedEen unb befel^ren, aber er tl^ut e« nid^t blo^, toorüber fogleic^ me^r, in
40 anberer Sorm al« fein Sruber, fonbern er treibt au^ biefe aufgäbe nic^t fo einfeitig, toie
biefer. ®r f<^lägt nid^t blo^ immer auf ben einen ^eil lo«, fonbern enttoidfelt au$ unb
forbert unb giebt d^riftlid^e ßnttoidelung. 6r bringt bieHdc^t nic^t mit Subloig« ©c^ärfc
immer in« innerfte $erj unb ®etoiffen be« ©ünber«, aber er toei^ mit größerer ))|^os
logifc^er ^^einl^eit ben ^^^^fS^ft^^^ na^ allen möglid^en ©eiten l^in ju fc^ilbem. @r
46 toeife lel^renb auf ba« Rid l^injufül^ren, ftatt blofe auf biefe« ^in^ufto^en unb Einzutreiben.
©0 l^at er benn auc^ für anbere c^riftlidj^e ??ragen, ol« nur jene centralen, ©tnn unb
Sntereffe, beleuchtet auc^ bie mel^r pertj)l^erif(Een fünfte ; benü^t er bod^ j. S. in ber ^rc=
btat 3ix. 20 ber „3eugniffe ebangelifc^er SBal^rl^eit" ben Xtjct gaf. 1, 2—12 mit bem
I^ema „bie 2eiben«fd^ule" bagu, faft ein game« Heine« j)äbagogifd^e« ©^ftem („©d^ul-
60 pfii(S)i, ©c^ulgtoedf, ©d^ulplan, ©d^ulflaffen, ©c^ulfreuben, ?{5reife unb Selol^nungen") ju
geben, ©o toirb man aud^ bon felbft ertoarten, bafe bie §orm bon SQSill^elm« ^rebigten
eine biel geflärtere unb geläutertere ift, al« bie Subtoig«. gür bie formelle 3lu«arbeitung
ber ^rebigt lönnen Homileten bd il^m fe^r biel lernen. (Sr berfügt auc^ über ed^teRunft
ber SR^etorif; manchmal jtoar fönnte man berfud^t fein, bie natürliche, oft berbc Sl^ctorif
66 2ubtoig« ber feineren, tunftmäfeigen aSill^elm« borgujiel^en, boc^ ift ffünftelei bei le^-
terem fe^r feiten, unb berfügt er faft immer über eine eble einfache ©prad^e unb 2)ars
ftellung. S)ie ©eftaltun^ feiner ^rebigten ift faft burc^au« analt^tifc^^f^ntl^etifcb, toä^renb
bei £ubtt)ig ba« ©^nt^etifc^e überloiegt. ©o finben toir bei äBill^elm an6^ h)irftid(i grünb=
lic^e« (Singe^en auf ben iejt unb eigentliche ©jegefe, toobei er in feinfter Steife bie ein-
eo jelnen Xe^tjüge ju bertoenben h)ei|; leiber aber giebt c« boc^ auc^ fe^r biele ^rebigten
t)on t^m, Ipcld^e bie ßjecjcje m fc^r Dcrmiffen laffcn unb ba^ §omiIienartige Qan^ in bcn
^intcrgrunb [teilen, ©einen Sorfo^, ben er, öon ^r. Ärumma^er begeiftert, qt[a^t ^atte,
,,h)eber toie bie Äat^olilen in ben Xfjct, nod^ h>ie bie Sutl^eraner (NB bie bamaligen) über
ben %ttt, fonbem mie bie Sieformierten, an^ bem 2ejt ju Jjrebigen", ^at er bod^ ni<^t
überall gleic^mäfeiö burd^iöefül^rt. 3"^»"«'^^i'^ entfernt er fic^ mit bem allen fe^r Don feineö 5
SSruberd Slrt, 3Met^obiftif^e^ l^at er nic^t ba^ öeringfte an [xö), er iüirb immer ein be=
lidbter unb gefegncter ^ßrebiger für biejenigen bleiben, bie lieber, ol^ am braufenben unb
rei^enben SBolbbac^, an ben Haren, rul^igen unb bod^ tiefen ©etoäffern eine^ lieblid^en
See« fid^ erquicfen. Unb toie Oott in ber 9latur beibe Duellen ber irbijd^en 2eben«=
frifc^ung eröffnet f)at, fo fann fic^ axici^ bie Äirc^e nur banibar barüber freuen, bafe i^r 10
biefe beiben Slrten bon gefunber geiftiger ©t)eije in biefen beiben Srübem geboten
fmb. Äübel t-
$offbaitcr^ 6lem. 9Rar. f. Siguorianer.
^offmann, änbrea« (äottlieb, geft. 1864. — 9?a4ftc6cnber 9(vti!cl ift eine be*
ricfttigtc unb burd) einige ^anbfcöriftHtfte ^otijen erweiterte 9Siebcrl)oIung meincS 9luffaJcS 15
,,3ur erinncrunfl an D. 51. &. ^offmann" in ?3roteft. Äivcbcnicitung 1864 ^x. 13, loieber
abgcbrucft (aber fe^lcr^aft) in ^IQq. afabem. 3eitung 1864 9?r. 12. SJal. SRcb§(ob in ber
abS3 Xn 571.
Äoffmann, ber 1864 geftorbene el^rtoürbige ©enior ber tl^eologifc^en ^fultöt unb
be« alabemij^en ©enate« be» Uniberfität ^^na, toar am 13. ä^ril 1796 ju SBelb^leben 20
in ber ©rafjj^aft 5Jtan«felb geboren, ©einen ©d^ullurfu« boßenbete er am Siom^O^ms
naftum ju UJlagbeburg. Site )}reufeijc^er freitoiHiger ^lationaljäger jog er 1813 mit in
ben Äam))f ber grei^eit unb l^at mit feinem (bem 2. 5u^s2;äger02)etad(iement alle ^euben
unb Seiben eine« SRarfd^e« erbulbet bon Sledenborf über Äoblenj, 92anc^, Serbun, 3?a-
lencienne«, üKon«, 9lamur. ©eine Uniberfttätöftubien machte er in paüt unter Äna})^), 25
Slieme^er, aSegfc^eiber, SBa^^l, aber h>ie junge ©ele^rte an eine ^Perfönlic^Ieit fic^ befonber«
anmf^liefeen l^flegen, fein iJiebling«lel^rer, ber beftimmenben ßinflufe auf i^n übte unb in
beffen $aufe er lüol^nte, \t>ax ©efeniu«. SSon ba ab tvax e« bie ^)^ilologifc^e ©eite ber
Ideologie, toelc^er er feine Äraft toeil^te. 211« ©tubent l^at er aber aud) me^rfac^ ße*
Jjrebigt unb ben 5Prei« getoonnen burd^ feine aibl^anblung de remissione peccatorum. so
9im 3^re 1820 tourbe er gum Doctor philosophiae ))romobiert, 1821 pro facultate
legendi examiniert, toorauf er 1822 burc^ feierlid^e 2)i«i)utation bie facultas docendi
erhielt. Sil« ^aßifc^er ^ribatbojent ^ielt er im Ser^ältni« ju biefem '^a^ jal^lreicb be^
fud^te SSorlefungen über orientalifc^e ©^jrad^en, borjüglid^ über ba« Slrabifc^e. 9lic^t lange
^e er ^ier gemirft, al« ein bop^)elter 3luf an i^n fam nac^ Äönig«berg unb ^ma, Wo 35
eben ber ßjtraorbinariu« ß^rift. Slug. Jteftner, burc^ feine (bon ®oet^e mit einem fpi^igen
6))igramm bebac^te) „Slgajje ober ber gei^cime SBeltbunb ber ß^riften" befannt, geftorben
mar (1821). ßr tüä^lte ^ina unb l^at biefc« unb bie t^eologifd^e gafultät — er ^ötte,
toenn er getooUt, al« 5ßrofeffor ber orientalifd^en ©|)rad^en in bie ^)]^ilofo})bifd^e übertreten
lönnen — niemal« toieber berlaffen, obfc^on i^n SBiner (1825) fe^r für ßrlangen h)ünfc^te, 40
unb felbft 2unb feine ^änbe nac|i i^m au«ftrec!te. Slm 3. ^^i^w^^f 1826 tourbe, iüie e«
im 3)efrete l(;eifet, teil« um ben ®e^. Äonfiftorialräten ^an^ unb ®ablcr eine (Srleic^te^
rung in ben ©enat«gefc^äften ju berfc^affen, teil« bem bi«l^erigen aufeerorbentlid^en ^ro«
feffor D. 31. ®. ^offmann Unfere 3wf^i^i>^^^i^ ju bezeugen, ber le^tere jum ^onorar^
Drbinarprofeffor unb Seifiger ber tbeologifc^en galultät, mit ber i^m auferlegten SSer« 46
binblic^feit ernannt, in ben ©enat«- unb a)elanat«^®efc^äften bie nijtige 3lu«^ilfe ju
leiften. 9Jod^ in bemfelben ^af)xt trat er, bon ©c^ott im 92amen ber gafultät beglüa*
toünfdS^t, an be« beretoigten ®abler ©teile unb ift nac^ unb nac^ aufgerüdt bi« gum
©enior ber galultät, ift ®el^. Äirc^enrat unb ßomtl^ur be« gallenorben« geworben, ©eine
befud^teften Sorlefungen h)aren bie über jübijd^e Slltertümer. 2)aneben la« er, toie ©e^ eo
feniu«, Äirc^engefd^id^te, alt- unb neuteftamentlid^e Sfagogif, Sjegefe be« 313:«, ^ielt pri-
vatissima über alle gangbaren femitifd^en unb inbifc^en ©prad^en, unentgeltlid^ unb mit
rü^^renber 3lufo})ferung. Slu^erbem leitete er bie alttcftamentlid^e Slbteilung be« tl^^eolo^
gifc^en ©eminar«. §ier gab er biel auf gute« Satein unb ging mit ber größten ©org«
famteit and^ auf ba« ©tiliftifc^e ber eingereichten lateinifd^en Slrbeiten ein. 6r toar burc^^ 55
au« ein ©^rac^talent unb ^at einen immenfen ©t^rac^fd^a^ in fic^ bereinigt, ©elbft im
3ia))anefif(^en ^atte er fic^ umgefeben. ©eine §au))tftärfe batte er im .^ebräifc^en unb
©Vrif4>en, toobon feine Grammatica Syriaca, Halae 1827, bearbeitet auf ®runb ber
216 {^offmatttt, 9lnbreai$ @ottItcb ^offmatttt, Daniel
©römmatil toon 3Rxd>aü\^ unb nad^ bem SJorbtlb bon ©efcntu«' Scl^rgebäubc ber ^ebrät=
fd^en ©tjrad^e, jtüetmal (bon 3)at; unb ^atrie^ (Sotoper) tn^ ßnglifc^e überfe^t unb nad)
be^ Serfafjct^ xob bon 31. 3Kerj einer neuen Bearbeitung unterzogen, 3^ugni^ giebt.
ÜRan barf aber nid^t glauben, bafe er über ben ©tjröcben bie eigentliche 3:^eoIogie ber^
5 föumt ober toergeffen l)&ti^. 3lud^ f^ier intereffterte il^n ailcg. 93i« in feine le^te Äranfl^cit
lög er tl^eologijc^e Söerfe m^ aÖen ^^(i^em, fein irgenbtoie bebeutenber 3^tung^artilel
entging i^m, feine neue ^^poti)^^, bie er nid^t forgfam in feinen ^eften nad^getragen
l^ötte. Slufeer feiner ft^rifc^en ©rammatil ftnb toon feinen SBerfen ^u nennen: „ßnttüurf
ber l^ebräif d(>en Slltertl^ümer", 2öeimarl832, eine gänjlid^e Umarbeitung be« gleid^namigen
loSud^c« Don §. e. aßamefro« (SBeimar 1782. 94). „3)a« 93ud^ . $enod(^", 2 äbteil.,
^ma 1833 unb 1838, teitö au« bem ©nglifd^en, teil« au« bem ät^io)3ifd^en überfe^t,
mit Kommentar, l^iftorifc^^ritifc^er ßinleitung unb ©jfurfen. 2)iefe .^enod^=Überfe^ung
toar gebaut al« ber erfte 93anb eine« umfaffenberen SBerfe«, ba« unter bem litel „3!)ic
ä[t)oIaIV})tifer ber älteren ^zit unter ^^^uben unb 6l[^riften" erfd^einen foEte. „Commen-
lötarius philologico-criticus in Mosis benedictionem. Deut. XXXIII' '. Pars
I— IX. Halae et Jenae 1823. 2)ie SBorte in ber SSorrebe jur f^rifd^en ©rammati!
„Gesenii vestigia pressi" gelten a\x6^ toon feiner ©jegefe. @r f^at femer bie Editio
altera ab auctore ipso adornata bon ®efeniu«* Lexicon manuale hebraicum et
chaldaicum in Veteris Testamenti libros. Lips. 1847 beforgt, 3. 31. 2)uboi« ©riefe
30 über ben 3wf*ö^ ^^ ß^riftentum« in Snbien (SReuftabt 1824) unb bie „Semerfungen
be« 5Prof. See über bie bon i^m angefteutc ÄoDation bon §anbfd^riften ber f^rifd^en Über=
fe^ung be« Sil" (in Söiner« % frit. goumal I, 149) au« bem englifdjien überfe^t, bie
itoei erften §efte be« äEgemeinen SSott«593ibeI'SejiIon« (Seidig 1840) berf afet, eine ®e=
fd^id^te ber f^rifd^en Sitteratur (in Sertl^olb« frit. Journal, 93b 14) gefd^rieben, al« Sije^
26 i)roftbent bie „offijietten ^ßrotofolle über bie Ser^anblungen beutfd|er llnit)erfität«lef^er
jur SReform ber beutfd^en §od[ifd^uIen in ^ma bom 21. bi« 24. ©ejptember 1848" Der*
öffentlid^t, feinem ÄoE^en Schott bie ®ebäd^tni«rebe (abgebrudtt in ?f)^ 93b 6) gef^alten
unb eine ganje Sleil^e iKejenfionen (in ber fritifd^en ^ßrebiger-Sibliot^ef) unb fleinerer 3lr=
tifel erfdjieinen laffen, befonbcr« in ber 2. ©eftion ber ®rfc^5®ruberfd^en 6nc^flo})äbie (j. 93.
30 b. Slrtt. „§erm. to. b. §arbt", „§utter"), beren toerbienter §erau«geber er toar. 3lo^ in
feinen legten ^af^ren ging er mit mancherlei jum^^eil h)eitau«fef^enben litterarifdjien 5ßlänen
um. 6« mu^te leiber beim guten 9Sorfa|e bleiben. 3)er fränfelnbe Rötpn geftattete
ntd^t me^r bie geiftige 3lnftrengung frül^erer läge. SlEe feine SBerfe tragen ben ©tem})el
mufterl^after ®rünbli^feit, litterarl^iftorifdjier ®enauigfeit — eine Vortreffliche, ber ^enaifd^en
36 llnit)erfität«bibliotl^ef nun einverleibte ^pribatbibliotl^ef ftanb i^m jur Seite -— unb eine«
au«gebel^nten SBiffen«, toie eine« ^ßol^^iftor«.
Slber feine il^ätigfeit toar feine«U)eg« auf Äatl^eber unb ©d^reibtifd^ befd^ränft. 98iel
3rit ^aben i^m oB bie fleinen Smter gefoftet, bie er au^erbem bertoaltete ober bertDaltcn
mufete, toeil er ben gamen £)rgam«mu« ber Üniberfttät burd^ lange ^JJraji« am genaueften
4ofannte. 93ereit« im ^cJ^t 1859 l^atte il^n eine lange Äranf^ett niebergeh)orfen. 3)amal«
erl^olte er ftd^ ju 3lEer greube unb ein ^ol^e« älter toarb i^m geh)ei«fagt. 2)er 93efud^
eine« 93abc« in ben .^erbftferien t^at il^m tool^l. 9?ur im §erbfte 1863 fa^ er nad^ ber
SSBieberfe^r nid^t eben gefräftigt au«. 6r blieb feitbem faft immer an bie Stube, jule^t
an« 93ett gefeffelt. Unheilbar nagte eine Äranf^eit an feiner Sunge. ^l)x ift er am
46 Sibenb be« 16. ÜRärj 1864 unterlegen im 68. 2eben«ial^re, nac^bem er in 3^"^ über
40 ^oi^xt mit ©egen getoirft ^atte. ©tiE unb fanft, felbft für ba« fd^arfe 2luge ber be=
forgten Siebe faum merflid^, ift er l^inübergefc^lummert.
^offmann toar ein burdji unb burdji l^emn«guter, freunblid^er, lieber ?Wann. 9?ie
lüurbe ein l^artc«, gefd^toeige ein berle^enbc« SBort au« feinem 3Kunbe gel)ört. 6r tooBte
60 jebermann tool^l, unb c« f onnte i^m rec^t leib tl^un, Yo^n toibrige 9Ser^ältniffe fein gute«
aSor^aben l^emmten. ^m Äreife ber JJreunbe liebte er in feinen gefunben 3:agen einen
gutmütigen ©d^er^. gn offijieEen 3)ingen l^ielt er auf ba« §erfömmlid^e, audb toenn e«
jtd^ um Formalitäten l^anbelte. ©0 tooBte e« feine rul^ige, fonferbatibe, ju nic^t« weniger
al« jju ßjtratoaganjen geneigte 9Jatur, ber jufolgc er aud^ möglic^ft fem fxd) \)\dt bom
66 ©treite ber ftreitenben Äird^e. ÖJ. granf»
{^offmatttt, &l)x\\iopf) f. 2:emt)el, beutfd^er.
^offmatttt, 3)aniel, lut^. 3:l^eologe, geft. 1611. — Quellen : Wufeev ben unten
§u nenncnben Werfen $)offnia«n« noc^ jo^lieid^e 8ct)iifte«, welche in ben fogcnanntcn
^offmantt, Daniel 217
:&üffmonnfd)en 6treit cjc^oren unb in ©oinntelmcrfen crfüetten: in ^agbebuvg tuurbc 1600
^offmannd evfte 2)iSputation uom 3. 1598 mit beni ©ricfroec^fel jnjiftöcn il)m unb ©ofeliuä
unb ber ^Intlaßc ber ?St)iIofop^cn jufQmnicngebtucft ; nodö me^r enthält bcr „malleus impie-
tatis HoffmanniAnae sivc enodatio Status coiitroversiae, quam Dr. Dan. Hoffmannus pmlo-
sophiae professoribus et studiosis liberaliuni artium movit indigne" etc., granffurt 1604, 6
204 e. in 4^ Stücfe üon 6orn. «Wortini, ©untrer, iöibbel u. 0., barunter @. 30—68 bic
nmftönbUcftftc S)arftenung aller SSer^anblungcn im ^a^xe 1598, \>on bicfen breien unb Kafc»
liuS unterjei(finet. 3)ie (öefd)ic^te bc§ @trclt§ in ben nöcöftcn 3öt)ren bebarf erft no^ einer
3ufammenfteflung auS gebrucftcn unb ungebrucften 9(ftenftii(fen auf ber ©ibiiotfiel unb im
^rt^io ^u 'Jßolfenbüttf l ; einiges baraud für ©offmannö le^te Qaftre f. in ©cnfeS GalijtuS, 10
S9b 1, S. 99—102, aiic^ 69 ff., 247 ff. u. a. 3)ie ^iac^ricftten in ?lrnolb« Ä. unb ^e&..®efc^..
2:1. 2, S3. 17, tap. 6, § 15 ff., f aiid) 3:1.4, @e!t. 3, 9ium. 3, finb ungefcfiicft fritifiert, botft
^ic unb ba ergänj^t bei Bytemeister, De domus Brunsv. meritis in rem literariam, 1730,
(2. 123—137; Weisraann, Introd. 2, 974-979; eine Ueberficftt über bie ^auptftreitpunfte
uon ®fr. ^bomafiuS, De controversia Hoffmanniana, Erlangen 1844, 8°, unb 6cf)Iee, 3)cr 15
Streit beS 3)aniel ^offmann k., SWarburg 1870; ^eppt, %, |)offmann, 2)onieI, in ?(bS 12,
628 f.; ®nft. gront, ©efc^icftte ber proteft. J^eologie I, fieipj. 1862, S. 259.
3)amcl §offntann toax geboren ca. 1540 j'u öaHe a. b. ©. atö ©o^n eine« ©teim
^auer^ ober 3|"i^^nnann«. Über feine frühere ^Ai ift faft nic^t« bcfannt. 2)a^ er
ca. 1558 in ^ma flubtert unb bort 3Stctorin ©trtgel gel^ört, fagt er felbft unb rül^mt 20
btefen aU feinen Seigrer, ©päter fd^etnt er befonber« an §cfel^ug ^xd) angefd^loffen ^n l^oben,
mit toeld^em er gegen ^laciud' erbjünbenlel^re fc^rieb. — S5on §crjog gwKw^ "öd^ ^clm^
ftebt berufen, erfdj^eint er bort fc^on 1576 bei ber ©rijffnung ber Unitoerfität atö einer ber
j^hjölf erften Se^er berfelben, unb jhjar ate SKitglieb ber tjl^ilofopl^ifd^en ^lultöt, afö
^^Jrofeffor ber St^if unb 2)ialeltif. ^Wtx ^(ä^xt nad^^er toar er ber erfte, hjeldjier in 26
^elmftebt jum Dr. theol. promobiert tourbe unb ging balb barauf in bie t^eologifd^e
§ofuItät über. 9lac^bem toegcn ^KifebiDigung ber Sifd^of^hjei^e be« 6rb})rinjen .^«nrid^
3uliug 1578 ß^emnij feinen 6influ§ auf §. 3"!^«^ ^^^ 3^imot!^. Äird^ner feine^elm«
ptebter ^ßrofeffur verloren ^atte, rürften §e^l^u^ unb §offmann in i^re ©tettungen ein.
Se^terer, ber in 5ßrebigten am ^ofe ju SBoIfenbüttel um Sieuja^r 1579—80 bie Drbt« so
notion bc« ^rin^en fogar toerteibigte, tourbe auc^ jum Äonfiftorialrat erhoben (f. 2en|
31^2:1^ 1848, ©. 296). aSon nun an fd^eint §offmann neben ßc^l^u«, folange biefer unb
V^i% Swliu^ (fleft. 1589) lebte, in Äird^en unb Uniöerfttöt^fa^en ber einflufereid^fte SRot«
geber be^ le^teren geworben ju fein; er iüiberfe^t ftd^ in §elmftebt bem äuffommen ber
$l^ilit)})iften unb §umaniften, nimmt aber aud) ben au«h)ärtigen lutl^erifd^en 3^l^eoIogen 86
gegenüber eine ©onberfteDung ein. S3eibe, ipe^ug unb §offmann, l^atten bie Form.
Conc. unterfc^rieben unb behaupteten babei ju bel^anen; bertoarfen aber bie Ubiquität^
leiere, f lagten, bafe man auö 9la(^giebigfeit gegen 3. 9lnbreä unb bic SBürttemberger ettood
babon in bie Form. Conc. aufgenommen ^abe, unb bereiteten fo bie Trennung bcr lutl^c«
rifdjicn Sanbe^firc^c bcö ^erjogtum« Sraunfd^lüeig toon bcr l^icr anfangt rcjipierten Son* 40
forbienformel unb toon ben Sutl^eranern, toeld^c biefc annal^men, toor. ©0 ftritt §offmann
bamald nid^t nur mit 93eja, ^ifcotor, &)x. 5Pcjel, ben anl^alttfc^en unb bremifc^cn (Seift*
liefen über bie reformierte älbcnbma^felcl^rc (©c|»riften bei 93a^Ic a. a. C), fonbem oud^
mit ftrcngcn fiutl^eranem, ioic ben brei SBürttembergem 3- älnbreä, 9leg. §unniu^,
^. genfer, mit Gl^emnij unb ®. 9)Jt;Iiuö, toornebmlid^ über bie Ubiquität^Ic^re, hjclc^c er 45
aud) aU ßrjeugni^ eine^ anmafecnben SBcmunftgcbraud^e^, ate einen unge^ijrigen ©r*
flärung^toerfuc^ be^ unerflärt ju laffcnbcn SBie? ber (Segentoart ßf^rifti im ©aframcnt
tocrtoarf. ©treng lutl^erifc^c S^eologen toon übrigen^ ganj bertoanbter SRid^tung famen
l^ier fo toeit auöcinanber, bafe |ioffmann Ilagtc: er l^abe in ber SBürttemberger ©ct^riften
über bie f^unbert toal^rc Slergcmife in allen Strtileln unferer Äonfeffion obfertoiert; 3W^tiu^60
aber \)ßxad) au«, toad nac^^er Galob (bist, syncret. p. 570) hjieber^olte : „auf ber l^clm*
ftcbtifd^cn Uniberfität gebe e^ einen 5Kcnfc^en, 3)an. §offmann,. h)ie 3;^»"ö^l h)ilb unb
unbänbig, beffen ^anb n^iber alle unb afler §anb hJtber i^n" (ämolb a. a. C). 3)iefer
3h)icf})alt mit ben auöh)ärtigcn ftreng4utlf)erif%en 2^^eoIogen fd^abetc feinem SKnfe^en im
Sraunfd^lücigifd^cn nid^t^, folange $crgog ^wKu^ l^^^c. allein laum toar bicfem mit 55
bem 3. 5Kai 1589 fein ©ol^n §einric^ ^w^^i"^ nacbgefolgt, aU fogleid^ Don bem biclfeitig
gcbitbctcn jungen dürften ber §umanift 3foB. ßafcliu^ unb mcl^rere feiner ©c^üIer unb
JJreunbe in .?)elmftebt afö Seigrer angcftellt h)urben, unb l^ter fd^ncE ju einem Slnfcl^cn
unb einflu| gelangten, neben toeld^em baiS biöl^erige tl^cologifd^c Übergewicht §offmann«
immer fd^toieriger ju Ul)a\xptm h)ar. ©0 erfüllte biefer fc^on am 26. 5Kat 1589 feine 60
Siebe beim antritt feinet britten ^rorcftoratc^ mit Klagen über bie, trelcbc bei bem 9le-
gicrungetoed^fel i^c grcube nid^t verbergen fönnten, unb feine ©cbäd^tnieprebigt auf ^crjog
218 {^offmann, 3)amel
3mHu^ rül^mte btefen aud^ um be^ SBerbtenftc« tüiBen, ba^ ba« itonforbicnbud) „bor ein
gemein S3cfenntntfe ntd^t fe^ erl^oben trorbcn" (Stc^tmeicr, R®. bon Sraunfd^U)., 3, 489).
S)oc^ ^iclt er anfangt bon Weiteren Singriffen gegen feine j)^iIofo)3l;>ifcl^en SoÖcgen fi^
no(^ jurücf, h)ie benn aud^ ber SBittenbcrger 2^^eoIog ^^tob Slartini in feinem 3Sernunft=
6 friegel (Wittenberg 1618, ©. 307) an^ eigener ©rinnerung toerfid^ert, ba^ §offmann unb
3Jfaffrab 1590 unb 1591 „über ba« Sidpt ber 5Ratur ebenfo anerfennenb trie Se^fer,
®erl^rb 2c. fxd) geäußert, aud^ bafe er jum öftem in feinen lectionibus ba^ Süd^Iein
beg 5P^. ÜRbmäu^ de veritate reügionis ehr. auf^ l^öd^fte fommenbiert unb öffentlich
de recta ratione judicioque ejus de Deo gelefen, gefd^rieben unb baöfelbe aufö befte
10 berteibigt". 9Jod^ 1583 \pxai) ftc^ §offmann in Il^efen de notitiis innatis gegen ben
SSerfud^ au^, notitiam numinis e mente eradere velle, unb be^au))tete veras esse
illas notitias etiam in homine non regenerato. ^m ^a\)xt 1597 aber toarb er
oufg neue gegen bie „ßöfelioner" gereijt burdj^ ein gu ü^ren ©unften ergangene« ^etjog=
lid^e« 9lefmt)t, toeld^e« ben öffentlid^en 3Sortrag ber SRamiftifd^en ^l^ilofo)3^ie berbot atö
16 im 2öiberf})ru(^ mit ben ^elmftebter BtataUn, „quae Philippum et Aristotelem hie
doeeri volunt"; nur Jjribatim fotten jjtoei SRamiften bocieren bürfen, il^re ©d^üler aber
bod^ aud^ gum 93efud^ ber öffentlid^en Sorlefungen bei ben Slriftotelilem toerjjflid^tet unb
ed foQ toerooten fein, ne ea quae publice docentur privatim quis refutare ausit.
Slamift fein, ^te| bamatö jugleid^ ba« ©tubium be« äriftotele« unb bie Übung ber ari^
ao ftotelifdjien Sogil ol« ^eibmfc^ unb gefäi^rlic^ für ben (Slauben toertoerfen, unb toon })l^ilos
fo))^ifd^en ©tubien nur ein ÜRinimum ober gar nic^tg für fidlerer l^alten jur ßrl^altung
ber Slec^tgläubigfeit. ©o l^atte fic^ aud^ in ^elmftebt ber Slamift ^faffrab an §offmann
unb biefer an bie Slamiften angefd^loffen ; beibe unb il^r Slnl^ang fallen jefet in jenem l^er=
joglid^en 3Ser6ot be« Slamigmu« ein Attentat gegen bad ßl^riftentum. 3lm 17. Januar
26 1598 öottenbete ^offmann eine Slb^anblung in 101 Il^efen, de Deo et Christi tum
persona tum officio jur betoorfte^enben ^Promotion ^Pfaffrabg, tueld^er fieam 17. ^ebruar
1598 alg 9lef})onbcnt gu toerteibigen ^atte. 3)ie ßinleitung gel^t ani toon bem ©a^e: bie
®efd^c^ ber Äirc^ bon i^m 9lnfange big je^t jeige, ecclesiae post Satanam saevio-
rem hostem nunquam fuisse ratione et sapientia carnis, in doctrina fidei
ao dominatum affectante ; bal^er aud^ fd^on ber 3fyo\id ®a 5, 20 ; Äol 2, 8 bie ^i^ilo-
fo>)l^ie unter bie SBerle be« gleifd^e« gefegt, unb bie alte Äird^e bie ^l;ilofot)l^en ate
haereticorum patriarchas anerfannt l^abe; benn quanto magis excolitur ratio
humana philosophicis studiis, tanto armatior prodit, et quo se ipsam amat
impensius, eo theologiam invadit atrocius. ©o geige ftd^ nod^ je^t, n^enn man
86 um fid^ l^erfel^e, statum ecclesiae inde miseriorem fieri, quod multi theologorum
ad sapientiam carnis sublimes articulos fidei revocant etc., tvä^renb mü}tt^
§auj)tt)erbienft gerabe in älu^treibung be« ©auerteig« ber fc^olaftifc^en ^^ilofo})l^ie be=
panben ^abe. So gelte ^ nod^ je^t, nid^t nur bie ^efuiten ju beftreiten, n^eld^e scho-
lasticorum doctorum via incedunt, fonbem aud^ Calvinianos, et ex his quidem
40illos nominatim, qui suspensa hedera juventutem ad suas et aliorum eaupo-
nantium tabernas sollicite invitant; milber lüiB er je^t mit ben patroni ubiqui-
tatis toerfa^ren, benen er ben neuen ©egnern gegenüber ftc^ berbunbener fül^Uc, licet ex
eadem eisterna, quam ratio fodit hauriant. Unter ben Xl^efen, n?eld^e er nun
folgen lie|, tourben i^m nad^l^er bomel^mlid^ jloei jum SSortvurfe gemalt: bie 15., bafe
46 Sut^er mit "SRtd^t ben Sludfjjrud^ ber ©orbonne toertoorfen l^abe, eg fei ein unb ba^felbigc
tooi^^r in ber 2^^eologie unb in ber 5pi^ilofot)l^ie ; unb bie 20., ba^ Sutl^er mit Siecht emjjfel^le,
ut, dialectica seu philosophia in sua sphaera relictis, discamus loqui novis
Unguis in regno fidei, fonft gie|e man neuen SBein in alte ©d^läud^e, unb üerberbe
beibe«. 3)od^ ftanben nod^ ermä^igenbe ©ä^e baneben, toie bie 12. 2l^eft«: largimur,
60 quod qui philosophiam sua rite tractantem suisque limitibus contentam omni
laude spoliat et usum eins simpliciter reprobat, is decus generis humani et
commod^ vitae communis, beneficia creatoris et conservatoris mundi, calum-
niose infestat. 9Jle^rere Äottegen ipoffmann« in ber })l^ilofoj)^ifd^en gafultät, befonber«
ßafeliug felbft unb brei feiner nä^ften ©d^üler unb ^eunbe, ber ©d(^le«h)iger Dbm
66 ©untrer, ber ©c^otte 3)unfan Sibbel unb ber Seigier ßomeliu« 9Jlartini, fallen in ^off=
mann« liefen einen angriff gegen t^re SJBirffamfeit unb il^ren ßinflufe auf bie ©tubierenben,
tyotnthmlxd) auf bie t^eologifc^en ©ttj)enbiaten, tvelc^e nac^ ben ©tatuten unb bem neueften
Sefebl bom gal^r 1597 ben })l^ilofo^l)ifd^en Rurfu« unter il^rer Seitung burd^^umad^en
l^atten. S3ei ber 2)i^utation unterlief; §offmann, feine t)^ilofoj)^ifd^en ÄoUegen gum
60 jt)^))onieren aufjuforbem, ioa« gegen bie bamolige otabemifc^e ©itte berftie^; auf eine
^offmann, 2)anid 219
Scfd^toerbc barübcr beim ^rorcftor totrb §offmönn jucrfl Don btefem, l^tcrauf burd^ jtoei
aWitgUcber ber })I^Uofot)^ifcl^en Äafultöt jur ©mcuerung ber ®i^utatton aufgcforbert, toeil
um ber ©tubierenben lüillen öjtentlid^ ber SSertoerfung ber t)l^tlofoj)l^ifcl^en ©tubien toibers
\ptod}m toerben muffe; er toerloeif^ert e^. SKud^ im olabemifd^en Senat, hjol^in bann bie
Bad)^ gebracht toirb, ergießt er fid) in l^efttge Älagen, toie fel^r man il^n anfeinbe, unb 6
bafe beö £anbe«l^erm Seib unb ©eele, be« Sanbe^ SBBol^Ifa^rt auf bem B\>\d ftel^e ; 5Dlartim
!}< t^m t)or, er bilbe \a felbft ©^Üogi^men, erlenne fomit felbft ben SBert ber ^ilo«
opf}u an; §einr. ÜJleibom unb bie ^uriften Glubiud unb 6IanH)iu« reben i^m ju, er
möge nur erflären, ba| er nid^t de usu, fonbem nur de abusu philosophiae ^c
reben Motten; aber l^eftig fä^rt er auf: nid^t ben 9Kt|brau(^ ber ?pi^ilofot)l^ie ^be er ge* lo
meint, „sed verum usum, verum, veriorem, verissimum; philosophia,
quando in officio est, in recto usu, contraria est theologiae" • ftitl^er unb §e^ud
^ten nod^ biel ungünftiger ate er über bie 5P^ilo{o})^ie geurteilt, vlod) l^eftiger tourbe
er in einer jhjeiten ©enat^erl^anblung am 14. SWörj 1698; ftott ftd^ ^u red^tfertigen,
Eiff er hjieber juerft bie 5pi^Uofo})l^en an, SWartini, beffen Steuerungen unb ganje« $er» i6
Iten i^m ftet« mi^faDen l^abe, Sibbel, ber an^ einem SBinlel ber @rbe leergelaufen, l^ier
itl^er läftem tooEe, ®ünt](ier, hjeld^en ^offmann ate einen ®ottIofen, fd^Ummer aö bie
Sefeer aller ^^ttm unb al« ^uhtn unb 3:ürlen, ber Dbrigfeit benunjiert; al« er nac^i
biefen ©rgie^ungen bie ©i^ung berlaffen tooHte, tuarb er genötigt, au bleiben, unb gutoor
bie @egenreben biefer brei, fotvie bed Safeliu^ u. a. an^u^ören, iDelc^e aud^ nid^t gelinbe 20
auigfielen. 5Run tourbe jhjar eine Beilegung be« ©trette« in ^ßribatlonferenjen gefud&t;
®ünt](ier berftanb fid^ ju einem begtitigenben ©rief an ^offmann; e« tourbe in (Segen*
toaxt bed ^roreftor^ 6lam))iud unb einiger ^rofefforen aud allen ^tultöten bi^utiert
über usus unb abusus ber 5P^ilof o^jl^ie, §offmann be]eauj)tete: ein §eibe lüge, toenn er
fage, e« gebe einen (Sott; ®üte ®otte«, Sergeltung, Unfterblic^Ieit ber ©eele feien nur 25
®lauben«fadeen, bie menfd^lid^e aSemunf t toiffe nid^t« babon 2c. ; bod^ ging man jiemlic^i
frieblid^ unb mit aSorbel^alt Weiterer (Srlüägung au^einanber. aber bie« f)Mt leinen öe*
ftanb; §offmann eiferte in SSorlefungen fort über „unfere $^ilofo})iei, tueld^e mit ben
^Pelagianem unter einer 3)edfe liegen"; SKartini ertoiberte bie«; bei jtoei folgenben SH««
))utationen erfc^ien ber le^tere al« Djp^onent unb bebröngte ^offmann unter bem ©e* so
löc^ter ber ©tubenten über beffen „falfc^e SBaJ^rl^eit" mit ©teilen au« beffen eigenen
älteren liefen, toeld^e ber SSemunft unb ^j^ilofolpi^ie fo toiel mef^r eingeräumt ^tten, mit
ö^nlid^en 9lu«f))rüdeen £ut^er« unb be« Corpus doctrinae Julium, mit 93etf))ielen au^
ber ©c^rift, toie ber aBei«fagung be« Staxapfytd unb mit 3a 2, 19, toeld^e« le^tere §off»
mann für eine^tonie ertlärte, aber jugleidj^ be!annte: Lutheri scripta sibi prae epistola 86
Jacobi esse. ©0 toax bie Erbitterung toieber imSunel^men; beibe fcbrieben ©riefe gejen
einanber; ebenfo ^offmann unb gafeliu«; nur eine einzelne grrlel^re, forberten bie ^Sl^ilos
fojj^en, möge er t|nen nadbhjeifen, nur ein Seif})iel, too red^ter ®ebraude ber ^i^ilofo^j^e
unb nid^t W^biaud) berfelben ber SEJ^eologic gefd^abet l^abe; §offmann l^atte immer nur
allgemeine Klagen über bie fatanifc^en ©arla«men, mit hjeld^en SRartini ®ott, bie ^eilige 40
©djrift unb bie Äinber ®otte« berfj)otte. ©0 reid^te nun unterm 24. 3luguft 1598 We
t)ieilofo})ieifdee gafultät bei einer bom §erjoge niebergefe^ten „Äommifffon" eine fd^rtftlidj^e
Älage gegen ßoffmann ein, unb forberte ®enugtieuung toegen Seleibigungen unb eine
öffentli^e ©rHärung, bafe bie })ieilofoj)ieifct>en ©tubien für bie ©tubierenben, in«befonbere
bie ber a^l^eologie, nic^t fd^äblid^ feien. 3lad) SSorlejung ber Älagefdjirift griff §offmann 46
faft alle Serfammelten, aud^ ben ^ßroreltor unb bie übrigen ^mmiffarien, i^eftig cot,
„man tooHe i^m feinen §erm (Si^riftum neigen, ba« h)oEe er nid^t leiben, fonbem hjolle
baran Seib unb Seben, ®ut unb 93lut unb aEe«, toa« er l^ätte, feigen"; ßafeliu«, Sibbel,
©untrer unb 5Kartini „i^aben fo greulid^e errores unb haereses, al« in bielen ^afycm
nid^t ift eri^öret Sorben, evertunt Universum fundamentum doctrinae Ghristianae, 60
feien fold^e ^einbe biefer ©d^ule, bie mein §err mit etlid^en Tonnen ®olbe« au^ bem
Sanbe faufen foBe 2c.; bie (Safelianer Ratten lange genug bominiert, er tvoEe toieberum
bominieren ; e« fei in 1200 ober 1300 ^ai)x^ ein größer unb greulid^er Äefeer nid^t ge*
toefen al« Safeliu«". aber jugleid^ überrafc^te er atte burd^ bie jtoiefad^e ®rflärung: bie
änflage fei falfd^, benn ben rechten ®ebrauc| ber 5P^ilofo})l^ie ^abe er niemal« geleugnet; 66
bie 33erfammlung aber fei infom})etent, bier ju richten, benn bie ©ad^e fei ganj t^eolo?
gif(^. 6r rid^tete l^ierauf eine ©d^rift an ben §erjogj ßafeliu« unb bie brei anberen
reiften bei ben Äommiffarien eine au«fül^rlid^c äjjologte ein. 3)er ©treit j^iei^t ftd^ l^in
burdji bie ©rtoartung einer ßntfd^eibung toon feiten be« §erjog« unb burd^ toerfd^iebenartige
(£inH)ir!ungen auf biefen; im 3ipxxl 1599 tDurben Safeliu«, Sibbel, ®ünt^er unb ÜRartiniGo
220 ^offmatttt, 3)amel
in SQJolfcnbüttcl berl^ört; bic 2lltcn nac^ SloflodE bcrfanbt, bic ©ad^c in Drucffc^riftcn toon
beibcn ©citen fortbcl^anbclt. 2Jon ben Sd^riften ber greunbe unb ©cgncr ^offmannö,
toeictfc l^icr übctganöen trerbcn müflcn, ift eine jiemlic^fe Slnjai^l in SKoHer^ Cimbria
literata, 11. 1, S. 227, aufge;iä]^lt. SSon ^offmanng ©treitjd^riften fmb bie jtpei bor^
6ne^mften: 1. pro duplici veritate Lutheri, a philosophis impugnata et ad pu-
dendorum locum ablegata, 2. super quaestione, num Syllogismus rationis
locum habeat in regno fidei. 2 Ro 3, 5, beibe iRagbeburg 1600 in 4^ bie leitete
bon einem änj^änger öoffmann^, ^at Dlbenfteb, ^crauggegeben.
3)ie (gtteitenben famen einanbet in ber ©ac^e näl^er, afö fie in ber ^erfönlic^en ©e-
loreijt^eit gegen einanber fclbfl bemerften. 3)ie 5i^iIojo>)l^en Sollten gtoar nic^t eine gtoie-
fodje SDSa^rl^eit jugeben, ba ja (Sott felbft bie SBa^rbeit, bie 3äai}xi}txt al\o nur eine fein
ifönne; tool^I aber unterfd^ieben fic eine jtveifac^e ©rfenntni^iüeife, eine niebere, natürlid^c,
burdj^ 3)emonftration unb eine f^öl^ere, burd^ Offenbarung; beibe aber fte^en nic^t im
aBiberf})rud^ mit einanber, fonbern in einem Serl^ältni^ gegenfeitiger ßrgänjung: einige«
16 erlennen beibe, ^pi^ilofopl^ie unb 3^|^eoIogie, j. 95. ba« 2)afein ©otte«, bie Unfterblid^Ieit,
Sergeltung 2c.; anbere« erlennt bie Ideologie allein, j. 93. bie 5Kenfd^U)erbung ©otte«,
bafe G^riftu« für unfere ©ünben geftorben; aber bem toiberftjrid^t bie $f)ilofo})|ie nid(^t,
fonbern barüber f|»at fie gar fein Urteil, ebenfotoenig afe bie ÜRebigin ober gwriöjjrubenj.
^offmann feinerfett« toarf jtoifc^en alle ©u^)erlatitoe ber 9Sertoerfung atter ^ß^ilofojjbie bo^
30 oud^ toieber einzelne 3w9^Pönbnifje, bafe er gegen einen redeten ©ebrauc^ ber äScmunft
unb 5P^ilofoj)l^ie nidjit« ^abe: nur eben ba« Äriterium be« rechten unb falfd^en ©ebraud^«
jubelte e« ftc^. ©etoöf^nlidji aber übertrieb er im ©ifer ben ®egenfa|, loenn er i^n
nid^t al« ein SBerf^öltni« toed^felfeitiger ©rgänjung, fonbern al« 9Biberf})rud^ badete unb
bi« jum ©tatuieren einer jtoiefac^en SBa^rl^eit fteigerte, ober toenn er bel^aujjtete, ein
26 ^pi^ilofo})]^, ein |)eibe, ein 9?ict>th)ibergeborener lüge, toenn er fid^ jum ©lauben an ©Ott,
Vergeltung, Unfterblidjileit belenne. 2)a«SBa^re, toa« in§offmann« unßaren, mit leiben=
fd^ftlid^er .^eftigleit au«gef})roc^enen ©ä^en fid^ toerbirgt, liegt in ber richtigen 3ll^nung,
bafe S}^^ wnk a!u«gang«})unft ber Ij^eologie toefentlic^ berfd^ieben fei bon benen ber ^i^i^
lofoj)l^ie, unb ba| barum aud^ bie toiffenf^aftlid^e ÜRetl^obe in beiben eine toerfd^iebene fein
80 muffe, fofem eben bie Xl^eologie bie SBiffenfd^aft be« ©lauben« ift, ber ©laube aber nid^t
tl^eoretifc^er, fonbern etl^ifc^=religiöfer SRatur. 3)ie Unllarl^eit, toorin ^offmann fo gut toie
feine ©egner befangen toar, ift bie SorfteUung, al« ob ©lauben unb SBiffen, 3:^eologte
unb ^^ilofot)^ie fid^ ber^ielten toie jtoei paxaUtU SBiffenfc^aften, toie jtoeierlei 2Bal(^rl^eiten
ober 3Bal^rl^eit«quetten, toä^renb bod^ &la\xUn unb SBiffen aloei toefentlic^ berfc^iebene
86 ©eifte«funftionen finb, bie jtoar in engfter SBed^felbejiel^ung fte|en, aber toeber ^ufammen^
fallen, nod^ ftd^ au«f(|lie|en.
©benbarum ift biefe« fleine §offmannfd^e Unitoerfttät«gejänf bon fo großer pxmiu
|)teller unb gefd^ic^tlic^er 93ebeutung: e« ift einerfeit« ein 9lad^flang be« mittelalterlidjien
©egenfa^e« jtoifd^en 9lominali«mu« unb 9leali«mu«, anbererfeit« ein 9Sorf})iel be« f})äteren
«> ©egenfa^e« jtoifd^en SHationali«mu« unb ©ut)ranaturali«mu«. ©^ärfer al« in bielem
enblofen ©erebe fpäterer 3,«iten toirb ba« §au))tJ)roblem ^ier auf bie ^)rinji})ielle ^^age
jurüdfgefül^rt: ob unb inwiefern e« eine jloiefad^e SBal^rl^eit gebe? Sluc^ jeigt ftd^ fc^on
pier ba« 2lu«elnanbergel^en nad^ ben beiben ©jtremen friboler SBiffenfc^aftlic^feit ober
untoiffenfc^aftlid^er ^ömmigfeit, unb felbft ber 9?ame Rationistae unb Ratiocinistae
*6 toirb bereit« bon §offmann« 9Serel^rer unb 9Serteibiger 9io^. 2lng. b. Söerbenf^agen (f. b. 21.)
in 5Profa unb in äSerfen für §offmann« ©egner unb il^re ^orberung be« SSemunft*
gebraud^« in ber Ideologie gebrandet. SJorerft nal^m ber ©treit — o^ne Ilare (Sntfc^eis
bung ber t)rinjit)iellen tJ^agen — einen für öoffmann ungünftigen 2lu«gang. 5?ad^ langen
Unterfucbungen, 35er^anblungen unb a!}ermittelung«berfu(^en erliei^ §erjog §einrid[i S^liu«,
w beffen Äanj;ler 3iöÖ^"i<*"'^ ^^^ ^offmann fd^on 1599 ber Sßarteilic^Ieit befc^ulbigt toor,
am 16. ^ebruar 1601 ein Urteil, burd^ hjelc^e« ©üntl^er einen 9Sertoei« erl^iclt toegen
offenbierenber SBorle, beren er fic^ fünftig entl^alten folle, ^offmann aber ju SBiberruf
unb abbitte an ßafeliu« unb ^aö^wian" berurteilt unb jugleid^ au« ipelmftebt unb an^
feinem 2lmte entfernt tourbe. I)iefe ©trenge nü^te i^m toenigften« infofem, al« fie if^m
^ unb feiner ©ad[ie einen Slnfc^ein bon 3Kärt^rertum berliel^ ; jtoei ^af)xt nad^f^er aber, nac^
einem SBed^fel ber Parteien am §ofe, brad^te e« §offmann nod} ju einer SRe^abilitation
in §elmftebt, mit toelc^er fid^ 3jftüd!fe|ungen unb Äränfungen für ßafeliu« unb feine
^Partei unb 93egünftigungen ber 3?amiften berbanben. I)od^ bel^au^)tete er fid^ bort nidfat
mel^r lange, unb ftarb einige gal^re barauf in SBolfenbüttel im 3ial^re 1611 (nad^ ^eppt
60 a. a. 0. intümlid^ 1621). 3Der bon il^m angeregte ©treit toarb nod^ eine ^cit lang an
{^offmatttt, Hantel {^offmatttt, ^mad^ 221
anbeten Orten fortgefe^t; aber fo fel^r toar §offmann fd^on frül^er mit ben au^hjärtigen
fbeng lutl^erifd^en ^^eologen über geringere ©treitj)unlte jcrfaJDlen, bafe in biefem großem
leiner berfelben fid^ feiner annahm, unb bafe namentlich bie SBittenberger, am au^füi^rs
lid^ften ^atob 3kaxtm a. a. D., ftc^ gegen ben §elmftebter unb gegen feine auf Sut^er
jurüigefül^rte SSertoerfung be^ ®ebrau(|« ber ^pi^ilofo^l^ie in ber S^peologie erllärten, toa& 6
unter anbem Umftänben toieUeic^t nic^t in bem ÜJla^e gefd^el^en fein toürbe. —-
6ine einfeitig lobenbe ßl^aralteriftil §offmann^ l^at §elpt)e a. a. D. geliefert, inbem
er i^n al^ entfd^iebenen Slni^änger ÜJlelan^t^on^ unb ®egner ber Äonforbicnformel feiert,
afö eine burd^au^ unabl^ängige t^eologifd^e ^erfönlic^feit, bie ben 93iograj)^en, ben fie
öerbient, nod^ nid^t gefunben f)ah^. Umgefel^rt fielet ^anl (a. a. D.) in ii^m „bed ^ej^* lo
^ufiu^ ftreitfüd^tigeö ©benbilb", einen 3^^eoIogen „h)ilb unb unbänbig h)ie S^mael, bqfen
$anb lüiber aDe unb oller §anb tuiber i^n". ($ettfc t) *. ^fc^iocfert.
^offmantt, ^einrid^, geft. 1899. — Seäftlcr unb gering, ^.^.$)offmann, C)QUe 1899.
§. ift am 24. aRärj 1821 einem Sanfbeamten ju ÜRagbeburg geboren, ^ür feine
©nttoicfelung tuar baö ©Iteml^aug entfc^eibenb ; c« liefe il^n aufn^ad^fen in bem Äreife ber i6
,,©tillen im Sanbe", tueld^e ftd^ in ÜRagbeburg unb ber naiveren Umgebung mitten unter
bem borl^errfd^enben Slationali^mu^ ju gemeinsamer Grbauung unb c^riftlic^er SEBerft^ätigs
leit jufammenfd^Ioffen. 3)er Jüngling folgte ber t)äterlid^en S3eftimmung für bie I^eo*
logie, unb ftubierte in Serlin unb ^oiCie. lieferen ©inbrudE mad^te auf i^n au^fc^liefelidj^
SJeanber, unb jtuar aö Sjeget. S3alb nac^ (1843) ^ut beftanbener erften ^Prüfung ergriff 20
i^n ein bebenflicbc« Sruftleiben ; e« l^inberte i^n nic^t baran bie jtoeite Prüfung au^
gaeic^net ju beftel^en, toeranlafete i^n aber biö 1852 in bem §aufe feinet toertoittoeten
SJater« feine ©tubien toeiter ju Jjflegen. gaft 32iä^rig folgte er enbltd^ bem Slufe Süd^fel«
in bie ©teEe eine« ^ilf^rebiger^ an ©t. 5D?attl^äi ju S3erlin unb ein ^ai}x barauf 1854
ber aSoIation in bie 9leumartt))farre ju ^aDe a. ©. §ier l^at er über 41 ^af)xz bi^ )u 26
feiner ßmeritierung getoirft. ßr toax ber jtoeite 9lad^folger toon äl^lfelb (S5b 1 ©. 272).
2)ie erfte Slrbeit mar in ber burd^ ba^ 2ic^tfreunbtum jerriffenen ©emeinbe ju t^un. SSon
1871 ab gefeilte [xd) baju ba^ jä^e SBac^^tum ber ©tabt, um bie Slrbeit ju erfc^toeren:
bie 3a^l ber ©emeinbeglieber jticg m 20 ^af)xtn bon 4000 auf 18000. Unermüblic^
^at ber alheit leibenbe ^ann feine Aufgabe gelöft, inbem er bie ©ottc^bienfte meierte, 80
emftg ber befonberen ©eelforge nachging, in ben toerfc^iebenen, burc^ bie innere 9Ki[fton
angeregten formen ben 9Jotleibenben unb ßntfrembeten nal^e ju fommen ftrebte, enblid^
bie reid^lidjiere SSerforgung ber ©emeinbc mit ®eiftlid(^en unb i^re Teilung burd^fe^te, julefet
aber, üJbertoiegenb mit ben au^ ber ©emeinbe felbft gewonnenen SJlitteln, bie anfef^nlid^e
neue ©t. ©tep^anefirc^e baute. Slnfänglic^ Don ber ?Ke^rja^l mit SBiberftanb em^fangen^ 86
befafe er am 6nbe feiner SBirIfamleit tooDe^ Vertrauen unb eine Slnl^änglic^fcit, bie ftd^
beim ^ird^bau in ®aben laum genug t^un lonnte.
Unter biefer erbrücf enben 3lrbeit blieb bod^ feine l^auj)tfäd^lid^fte Seiftung bie 5ßrebigt ;
il^rer Sntfaltung fam jene Slrbeit freilid^ jugute. Sltebalb nad^ feinem Seginn in §. toer^
mochte bie Heine Äird^e feine 3"l((örer laum ju faffen unb al^ fein 3?ortrag unbequem 40
getoorben, fammelte fxd) nod^ au^eit eine fefte ©emeinbe um i^n, nic^t n^enige in il^r feit
bem erften ^a^rjel^nt. ©0 unerfe^lid^ il^nen bie unbergleid^lid^e ^ülle unb Äunft ber Ser^
lünbigung toar, fo ftanb mitjeugenb l^inter il^r bie in ber älnfec^tung ben^äl^rte lautere
5ßerfönlic^leit. -— ©eine ©nttoidtelung läfet fic^ etlic^ermafeen an ben gebrudften ©amms
lungen Verfölgen. 2)ie ältefte „3*^ölf geft)3rcbigten" 18(52 ift f)3äter toon il;m, foU^eit e« 46
ging, iiurüdtgejogen. „2)er ^eilstoeg" 1864, 3. Slufl. 1897. ,,©ünbe unb ©rlöfung" 1873,
3. SufL 1898. „ei^riftblumen", 10 älnft)rad^en ju 6^riftt)e«i)em 1893, 3. äufl. 1896.
„2)ie 93ergj)rebigt" 1893, 2. Slufl. 1899. „2)ie le^te 5lac^t unb ber lobc^tag be^ ^erm
3efu" 1898. Slufeer einer reid^lid^en 9lnjal;l einjeln gebrudtter ^rebigten, namentlid^ ni
befonberen ©elegen^eiten, femer brei bollftänbige^al^rgänge: ,, Unterm Äreuj" 1884 3.3tulp[. 60
1897. „Äreuj unb firone" 1891, 2. Slufl. 1896. „gin^ ift not" 1895. — ©eine 3:^eo^
logie loor ein Sibliji^mu^, ber fid^ an ber lut^erifc^en Drtbobojie orientierte, inbe^ tiefe
©intoirlungen toon ber (jietiftifd^en ©rtoectung unfere^ 3^^^^""^^^ ""^ t^'^^ ^^^ ^^
t^eofoJ)l^tf(^=e^atologifd^en Setoegung erj^alten l^atte. Seb^after äBibertoille gegen ba«
©taat^regiment in ber Äird^e führte i^n im 6. ^al^rjel^nt ju ben entfc^loffenen Äonfeffios 66
neHen, toie er benn bem engeren lutl^erifc^en SBerein unb ber Sluguftlonfcrenj beitrat. Seit
ber jtoeiten SBerfammlung biefer Äonferenj fd^ieben fic^ inbc« feine SBege bon biefer
®nH)J)e. er jog ftc^ bon bem öffentlid^en Äirc^enleben in feinen engften Slmt^lrei« gurüct.
2)abei blieb er aud^ gegen neuere t^eologifc^e 33eh)egungen offen unb legte beh)ufetertt)eife
222 l^^ffHumii, ^eintU^ ^offmantt, Steld^ior
allen SRac^brucf auf bie aemcinfamen Orunbartilel ber etoonöelif^en Scfenntnifle in biblifc^
lebenbiger tjöffuna. 9Bu|te er bod^, feine Drt^obojie an ber SSibel forrigiert ju l^aben. —
$. lebte in ber Stnft^ung ber großen offenbarenben 2:^aten ®otte« unb biefe feine 2ln=
f(^ung h)ar burd^g djiriftojentrif^. 35e^l^alb toel^ete ben SSernef^menben au^ feinem
6 3^0^^^ immer fj)ürbar ber ßaud^ ber ©toiafeit an ; unb eben barum toar er ein un^
öergleid^Iid^er geftjjrebiger, b^en marfiger ?Pfatmenton felbft ben flügellahmen jur än^
betung znipoxf^ob, 3lber er jS^atte aud^ im eigenen Äerjen ben Äamjjf mit ber „immer
anllebenben" ©ünbe unb mit bem 3)rudEe ber Übel m an bie ©renien be« 33erjh>eifcln^
burd^gerungen. S)e^l^alb H)ar fein 3^0^^^ ^i^ ^^ ^^ ^'^^ ^M^ Ham^fe^ unb (Siegel
10 getauft; bie einzelnen Ratten oft ben ©inbrucf, aU fü^re er bon ber Äanjel eine ^Wk-
\pxad)t mit il^nen, unb man mad^te bann bie ©rfaf^rung, ba| e« aud^ f}^tt nod^ pxopi}C''
tifd^e« ßl^ri^ma (1 Äo 14, 24. 25) in ber Äirc^e gebe. 3)afür ftanb i^m bie gorm ebler
unb ergreifenber SRebe unbebingt ju (Sebote. ©eine ^^antafie, auf Sleifen fotoie burd^
©tubien unb Silber, an ber Iiebet)otten 33erfenfung in bie Sanbfd^aft unb an ber S3e=
16 fd^äftigung mit ber tirc^Iid^en Saulunft entfaltet unb bereid^ert, berlie^ feiner gebrängten
Darbietung toud^tiger ©ebanfen feffelnbe Slnfd^aulid^feit. 3n ^öd^ftcm SJlafee b^a^ er bag
®ef(^idE, in fna))t)en ©ä^en 93ilb unb (Sebanlen ju toirtfamftem Slu^brudEe m bringen.
©0 »ermittelte er, o^ne ben i^öl^en unb 2^tefen au« bem SBege ju gelten, bie ©el^eimnifje
ber (Snabe aud^ benen, bie nid^t an einbringenbere« ©innen gehjöl^nt toaren. 2Bol^l l^at
20 er bie bcbeutenben ßreigniffe unb 6nttDidEelungen feiner ^afyc^ mit urteilenber unb gu-
red^ttoeifenber Siebe begleitet. Der §auj)tftodE feiner 33erlünbigung blieb bod^ bem einen
alten Sbangelium gen^ibmet unb ba« l^at er nad^ ^t 13, 52 mit unerfd^öjpflid^em 9teid^::
tum unb nie crmattenber ^nfd^e geprebigt. ©o h)irb er auc^ Leiter (irebigen, nac^bem
er geflorben tft, unb SSorbilb unb ©rmunterung fold^en Serben, bie ftd^ für ben Dienft
26 am SBorte ju bereiten unb fortjubilben begehren. Die Slnerlennung biefer Seiftung lag
)toar gunäd^ift in il^rem @rfolge, bod^ !am fie i^m aud^ barin entgegen, ba^ bie ^oHifd^e
golultät i^m jum Sut^erfefte bie Doftortoürbe berlief^. «»• Ää^Ier.
^offmantt, SKeld^ior, ä[nabaj)tift, f 1543 ober 1544. — 3)q8 ^eftc über ^. ift
bie ©iograp^ie oon gr. 0-Jur Sinben, "SR, ^., 1885, eine ber bcften Sonographien au§
ao biefem (Gebiet überhaupt. fBenioer bietet bie 1883 erfc^ienenc ^oüänbifc^ gefdjriebcne ^io=
arop^ic oon ®. 3- ficcnberj. 3Jf. ©. 3luö ber älteren Sittcratur ift ^eroorju^cben : X. ^V
Sö^ric^, öefc^. ber SRef. im eifafe, II, 1832. @. 89 ff., f. a. 8t)X& 1860, 3ff.; S. ?(. eorne^
liu8, ®cfc6 bc« 3Rünfterif*cu Slufru^rg. ©b n, 1860; Suni^ in 5Rl£» VI, 212 ff.; $. ^ol^-
mann in ?lb^ XII, 636. gür ben ©tragbiirger Slufent^alt ift auc^ ju üergleiicn S. öJcv=
36 bert, ®cfc^. bev ©traftburgcr 6cftenbemegung ^ur 3cit ber Sflef., 1889. gär bie ^cjic^iingcn
JU ben iäufcrn tinb Spiritualiftcn am vcicbevr^ein, ju ©onipanu«, 5Rott, ^mbroicft u. f. w.:
St. aflcmbert, S)ie ©icbertäufer im ^crjojtum Süli*, 1899. gür bie Beurteilung oon §.'§
rellgiöfen Sbeen: J. H. Maronier, Het inwendig woord, 1890.
9K. ^. ift in ©c^hjäbifd^s^oH hjol^l gegen ®nbe be« 15. göl^r^unbertg geboren, Sin^
40 fad^en Ser^tniffen entftammenb lernte er bag Äürfd^nerl^aubtoerf (ber „^eljer" beifet er
l^äufig bei ben 3^^0^*^ff^)- 3)^^ ^^t i^n loo^l nac^ Siblanb gefül^rt. $ter tritt er
um bie SKitte be« Sa^re« 1523 ald Agitator für Suti^er« Sebrc gegen ba« alte ilird(^en=
tDcfen auf. 5^^ berbinben fic^ in i^m bie ßinflüffe ber SBittenberger SReformation —
fo lange ate t& irgenb ging, l^at er Sull^er afe feinen Seigrer anerlannt — mit benen ber
46 SJb^fti!, bie il^n \)on älnfang an für ben ©^irituali^mu^ bi^onierte, ber bann immer
fc^er unb in eigentümlid^er ©eftalt bei il^m l^erau^tritt. 2)en ^nati^mud ÜRünjer^ ^at
er oogehjel^rt unb S3ejiel^ungen ju ben 3"^^^ SRabilalen laflen fid^ in ber älteren ^üi
•^ nic^t nad^toeifen. §. ift ber %t)pn^ be« ungelebrten Saienprebiger« ber SReformation^jeit,
ber, toie er felbft toon ben ßrfd^ütterungen ber 3^^ &i^ i"^ 3""^^^ getroffen toax unb
60 fid^ feinen oft unflaren aber ftarfen religiöfen 3"U>wIf^ ol)m Slücf^alt bingab, burd^ bie
®etoalt feiner Siebe, burdji feine ftürmifc^e Seibenfc^ft, burc^ ba^ ©infe^en ber gamen
^ferfönlid^feit bie ^örer mit fortriß unb ben geleierten, befolbeten ^rebigem überall, mobin
er lam, \d)Yocx ju fd^affen mad^te. 6r öertritt biefen S^bpu« in feiner ganzen ÜJläd^tigfeit,
and) in relatito großer SReinl^eit — §. ift immer felbftlod im 3)ienft feiner ©ad[ic auf=
66 gwangen unb l^at nie elhja^ anbere^ gefud^t, al^ ba« ßoangelium, h)ie er e^ toerftanb.
aber balb traten au6) bie ®renjen l^eröor, bie Unfäl^igfeit, einem georbneten Äird^enmefen
[väf einjugliebem, baö bebenflic^ gefteigerte ©elbftgefül^l, bie ©d^hjärmerei, bie fi(b am
liebften ben bunfelften Suchern ber l^eil. ©djirift jutoanbtc unb an bie ©tette ber me^
t^obifc^en ßjegefe bie Berufung auf ^^fi^i^^^tion unb bie hjillfürlic^fte aUegorifd^e 'än^-
60 legung fe^te.
{^offmanit, 3Rdäf\ox 223
^n Sitolanb toar bei bcm ÜRanget gcfd^ulter tl^cologifd^er Äräfte bcr ©oben für b<tö
auftreten fold^er Saienjjrebiger geeignet, ^od) hjurbe §.ö SBtrffamfeit in SBBolmar balb
burd^ Verfolgungen unterbrochen. 6« tarn gu Unrul^en, §. tourbc au^etoiefen unb ging
im ßerbft 1524 nad^ ^oxpat, §ier gewann er ftarfen Snl^ang unb alg ber Sogt beS
©rgbtfc^of^ 3^^^"" Slanlenfelb i^n t)er^ften toollte, brac^ am 10. 3«»wör 1525 ein 5
33ilberfturm unb S^umult gegen bic 33oml^erm unb bie Älöfter lo«, öor bcm ber (Srjbifd^of
gurücfloeid^en mufete. 9lbcr and) auf reformatorifd^er Seite ftie| §.^ Il^ätigfeit auf öe«
benfen, fobafe er [\d) toon SBäittenberg ein 3^8"'^ ^^'^ mu^e. ®g gelang i^m, ©ommer
1525, ein fold^ed p erhalten. Sutl^er unb ^ugenl^agen ri^teten ein S^ireiben an bie
liölänbifc^en ©ememben, in bcm Sutl^er bor ©ntgtoeiung über ben äufeerli^ien gormen lo
bc« ©otte^bienfte« mamt. ä. ^at ein eigene« ©(^reiben beigefügt. 6« ijt in ber ^caxpU
fad^e lorrelt lutj^erifd^ (SRed^tfertigung^s 5Präbeftination«Iel^re), toarnt audp öor 6mj)örung
unb ©d^toarmgeifterei, bod^ jeigt c« in feiner m^ftifdjien SlHegorefe unb feinen c^atologijd^en
Oebanlen benänfa^ ju §.« ft)äteren gbeen (f. Snberg V, 206 ff.). 9Jad^ 3)ort)at jurüdgefel^,
gerät $. mit ben ^rebigem bafelbft in Streit. SBeniger bogmatifc^e Differenzen trugen bie i6
©d^ulb, al« ber Untoille ber ©ciftlic^en über bie änfjjrüd^e be« Saienprebiger«, ber burdff
Sut^er« 2lnerlennung gehoben in feiner SBirIfamleit je^t toeiter unb rüdfftc^t^Iofer angriff
unb bcr menfd^licl^en Berufung ber ^rebiger bie eigene göttliche, bcm t^oIogifd9en ©d^rift«
berftänbni« bie tiefere ^)ro)3^etifd^e Deutung gegenüberftettte. äuö Dorpat t)erbrängt ging
er erft nad^ Sleöal, too er eine ^Ät lang „ber itronlen Diener" toar, bann, aud^ ^ier ao
auf Setreiben bcr ©eiftlic^cn au^eloiefen, cthni 3lnfang 1526 al« 5ßrd)igcr berDeutfd^
nad^ ©todt^olm. Über feine 3:l^ätigfcit in ©(^mebcn ift n\d)t^ bdannt. Dagegen jeigcn
feine beiben f^ier abgefaßten ©d^riften, bic Jjlaitbeutfd^ gefc^riebene „Formaninghe" wib
bie noc^ h)id^tigere älu^lcgung be« 12. j{a))itel« Daniel« unb bc« @t>angclium« )?om2.9lbs
bentöfonntag bie immer größere ©ntfemung bom lut^erifd^en Äird^entum unb Dogma. 25
3toar loirb bie Slec^tfertigung«^ unb ^räbeftination^le^re auc^ l^ier nod^ fcftge^altcn, aber
bie mt^ftifd^en Sategorien t)on ber ©claffcn^eit unb ber Sergottung nehmen größeren Q>pxdi
räum ein unb in ben Wittelt^unh rücfcn immer mel^r bie e«(^atologifd^en SorfteOungcn.
Die ertoartung bc« naiven jüngften läge« toar bei i^m nic^t, mie bei biclcn anbeten,
nur ein einzelner Seftanbteil feiner ®eban{entoelt : fte bc^errfd^tc i^n ganij unb l^iclt il^ ao
fcft. 9Jlit erregter einbilbung«fraft burc^forfc^t er bic ©c^rift nad^ ben ^txd)m ber le^en
3cit unb bilbct fic^, o^ne gelebrtc 3Kittel, toenn auc^ nic^t ol^ne 3wfö»w»w^^ng mit
älteren, joac^imitifc^en unb anberen Sorftettungen, fein eigene« ©^ftem ber legten Dinge
au«. Damit glaubt er eine Äenntni« ber göttlid^en ®e^cimniffc )u befi^cn, an tocldjc
leine ©cle^rfamfeit ber „©d^ftgclel^rten" i^inanreidjit. ©o toirb au« bcm Saicn^)rebiger 86
me^r unb mcl^r ber ^ro})l^et, bem bie Slufgabe übertragen ift, bic (Semüter auf ba« Äom«
men be« $erm borjuberciten, burd^ bie ^rebigt ber Sufee gu fc^redfen unb ju cmeuem.
Der ®lauSe an bie 5läl^c be« Äommen« ß^rifti ftcigcrt feine $aft ^n jener ©c^ft l^at
er ba« @nbe ber 2Belt auf 1533 angegeben — einen 2^ermin, an bem er feftbielt, bi«
bie läufc^ung fxd) nid^t mcl^r t>erfennen lic^. 40
Slnfang 1527 mu^tc §. ©todtbolm tocrlaflcn, too^l bauj)tfäc^lic^ toeil bem 5fönig
fein Sorgehen gu [tünnifc^ toar. 'Und) ein Serjud^ §.«, fid^ m Sübedf fcftjufe^en, fd^lug
fe^l. Dagegen eröffnete fid^ ibm in ^olftein für gtoei 3al;rc eine gro|e Stöirlfamlett.
^reilic^ jc^t in cntfd^iebcnem Srud^ mit Sutber. 9ln biefen toaren inglüifd^en bic Äl^en
ber liblänbifc^cn ^itcbigcr über §. gelangt unb er toarnte in einem Srief t)om 17. 3Kai 46
1527 ben3lm«borf, ben $. in 3Jiagbeburg befud^cn toolltc, t)or bcm ©c^toärmcr, unb gab
i^mbenSlat, benÄürfc^ncr an fein^anblücrf lu h)eifcn(6nbcr«VI,51). 3in ÜJlagbeburg wm
e« ju H^igen 3lu«cinanberfc^ungen gh)ifc^en 2lm«borf unb Jp. Der erftcre fc^rieb gegen ben
falfc^cn ^rojjl^cten ein 5Pamj)^lct in ben fd^ärfften 3lu«brü4en. ^., bcr c« niqt jum
Sruc^f fommen laffen n^oEte, ern)ibcrtc ma^tooll. 6r l^atte injtoifc^en toerfud^t, bei einem so
Uoeiten Scfuc^ in Söittcnbcrg Sut^cr fclbft für feine a^)ofalbj)titecn ^htm ju gewinnen.
vR\t feinen ,, Träumereien" abgen^iefen feierte er tief erbittert über ^Kagbäurg unb §ambiag
nad^ ^olftcin jurücf. ^ier fanb je^t Äönig ^ebric^ I. t)on Dänemarf Oefatten an feiner
^Prebigt. 6r erteilte i^m nac^ einer Prüfung burd^ feine li^cologen ba« Siedet bcr freien
9Riffion«tl^ätigfeil im gangen ^ergogtum unb toic« il^m f)3Cgiell Äicl al« 3Birfung«felb 66
gu, fo baß §. fic^ je^t ftolg in feinen ©c^riften „Koninckliker Majestät tho Denne-
marcken gesette prediger thom Kyll" nennen lonnte. 2lber bcr rul^elofc 3Kann
lonnte fic^ nic^t in eine georbnetc SBirffamlcit ^incinfinben unb feine ma^ofen 9lngriffe
gogen il^m aud^ l^ier Verfolgung gu. "äud) btad) bie litterarifc^c ge^be mit 3lm«borf
auf« neue au« unb tourbe je^t t)on beiben ©citen mit fd^onung«lofcr ^eftigfeit gc- eo
224 {^offmann, 3Ket(^tor
fü^rt. 2viÜ)cx, ber öorübcrge^crtb cttoa^ milbcr gu urteilen geneigt jc^icn, fd;ricb je^t
einen SBamung^brief an ben Äronprinjen (Sl^riftian, ben Statthalter in .^olftein. Statt
ber notiuenbigen d^riftlid^en .^au^tftücfe le^re §. „vergebliche 33ic^terei". ©old^en Steige-
geiftem bürfe man nic^t ju t)iel SRaum laffen (f. 2!)e SBette III, 361 unb ßnberö
6 VI, 308). ©leic^jeitig lag §. in ge^be mit bem ©d^le^tuigcr ^rebiger SKarquarb
@c(>ulborlp, einem ^eunbe äihgborf^. §ier trat nun §.d f^on länger Vorbereitete
äbtoeic^ung Von ber lut^erifc^fen Stbenbma^telef^re ju lag. ^n mehreren (Schriften
trat er gegen bie „Salrament^jauberer" auf. SDer ©treit erregte ba^ £anb \o beftig,
bafe ber Äönig jur Beilegung eine S)i^})utation in glen^burg auöfd^rieb. ©ie fanb am
10 8. ^px'xl 1529 ftatt. 3)ie lutJ^erijc^e Partei ^atte ate i^ren gül^rer Sugen^agen f^erbei=
gerufen. §. tooUte Äarlftabt beigie^en, bem iebod^ ba^ freie ßjeleite bermeigert tourbe.
3}or ber Disputation f}at §. in Untenebungen mit ^erjog ß^riftian feinen ©laubenSmut
unb feine ©ntfd^loffen^eit hmbget^an, auf jeben gall bei feiner Überzeugung ju bleiben.
Sin ber 2)i0})utation ^at er feine ©ad^e nic^t ungefc^icft Verfochten. I)er Äem feiner
16 Slbenbmal^töle^re ift: ba« leiblid^e SSrot ift nid^t ßl^rifti tvefentlic^er Seib, fonbern ein
©i^d, ^Ä6)m unb ®ebäc|ftni« be^ Seibe^. Söäl^renb biefe^ in ben ÜRunb genommen
tvirb, lüirb burd^ ben ©lauben ba« ffiort unb mit i^m ber geiftige iJeib Qi}xx\t\ inö ^erj
gegeben: bamit toirb ß^riftu« toirflid^, toenn auc^ in geiftiger SBeifc emi)fangen. SDie
äBurjeln feiner Slbenbmal^tele^re liegen jum 2:eil in Sut^en^ Sel^e in il^rer erften refor-
20 motorifd^en ©eftalt, jum leil bei Äarlftabt. 33er tiefere ®runb liegt in feiner m^ftifd^en
feiritualiftifc^en Dennoeife überl^auj)t, toeld^e bie 2^rennung Von gigur unb ©ac^e forberte.
®egen 3h)"^0li^ Seigre, ber man \i}n jutreiben toollte, l^at er bie feinige abgegrcnjt. 3)a^
®rgebni^ ber 2!)igt)utation fear, ba^ bie ©alramentierer au^ bem bänif^en SReic^ verbannt
lüurben, neben $. aud^ anbere ®egner ber lutl^erifd^en aibenbma^telel^re, bie teilgenommen
26 Ratten, h)ie Sol^ann Von Äaml)en (f. jur Sinben 149 ff. ; Slembert 285 ff.).
2Rit Äarlftabt gufammen begab ftd^ ber Verbannte nad^ Dftfrie^lanb, too Am Su-
t^eraner unb 3^inglianer mit einanber rangen unb mit ben le^teren \\d) aud^ rabüale
®lemente Verbanben. ®oc^ Jivang bie im Slugenblidt fiegreid^e lut^erifd^e Partei §., baö
ßonb ju verlaffen. ®r gel^t je^, gegen Snbe l^uni 1529, nac^ ©trafeburg, bem ©ammel=
80 plaii ber ajerlriebenen. Sucer \)at i^n, atö taj)feren Sefämpfer ber magij^en äbenbmablö=
Ufyct Sut^er^ junöc^ft freunblic^f aufgenommen. 3)od^ rieten bei näherer Sefanntfcbaft
oud^ bie ©tra^burger il^m an, ju feinem ipanbtrerl mrücfgufe^ren. ^n ©tra^burg lernt
er ©d^lvenffelb tennen; bie beiben gießen fxd) an, o^ne jtc^ ganj j\u verbünben. §ier
veröffentlid^t §., 6nbe 1529 unb älnfang 1530, eine SReij^e Von ©rudjcf^riften, Von benen
86 ber „3)ialogu^" eine I)arftellung be« glen^burger ©efjjräc^ giebt unb beren h)id(^tigftc
bie bem Äönig Von S)änemarl getvibmete audlegung ber Offenbarung 3io^anni^ ift. Söir
lernen feine Seigre ^ier in i^rer au^ebilbeten gorm fennen: brei 5ßerioben ber Äirc^en-
gefd^ic^te, bie erfte von ber 3lj}oftel geit bi« jur §errfd^aft be« ^aj^fte^, bie jtoeite bie
3eit ber unbefc^ränften 9Jlad^t ber 5ßäj)fte, bie britte, vorbereitet burd^ §u^, eingetreten
40 mit ber SReformation. 3" ^^ ^^^^ ^^ ^^\^ f^i"^ Ö^tfd^aft entfleibet unb bie volle
Offenbarung ©otteö brid^t an, bie ^tvt, in ber bad 2Bort vom S3ud^ftaben in ben ®eift
getvenbet tvirb. 3^^^ 3^W0«" Serben ben jüngften 3:ag Vorbereiten, fxe erliegen ber ®e=
hHxlt ber 5ßa})iften, bie fid^ mit ben 95uc^ftabif(|en verbinben, bann folgt bie le^te 3^i^
ber SSerbunfelung ber fflaJ^rl^eit, ber Kampf jtvijd^en Suc^ftaben unb ®eift, bie 3«»^ftörung
46 be^ geiftlic^fen gerufalem^ burc^ bie Spürten, ©d^ilie^id^ tvirb ßl^riftu^ erfc^einen, ba^
ßnbgerid^t l^olten, §immel unb (Srbe erneuern. 35Ja^ biejen ®ebanfen garbe unb Äraft
gab, tvar bie Seb^aftigleit, mit ber bie biblifc^en Silber aufgenommen unb angelegt
toaren, bie burc^f alle 5ßl^antafterei binburc^fc^immembe religiöfe Energie, bie ftete Se^
«e^ung auf alleö, Iva^ bie ®egenh)art erregte, ^ntd) bie eigenartige Sßertoenbung ber
60 uKotive au^ ber eigenen 3^ erl^alten auc^ bie älteren Sorftellungen ein neue^ ®en)anb.
^ain lamen neue Anregungen ent^ufiaftijc^er 3lrt. §. trat in SJerbinbung mit einem
©trafeburger ßl^epaar, baö 33ifionen l^atte, Sien^arb §oft unb feiner grau Urfula. 6r
fc^fä^te biefe al^ Setvei« ber fortbauemben Offenbarung fel^r l^od^ unb gab eine ©amm^
lung bavon l^erau^. ©benfo tvurbe unter bem Flamen SSenturinu^ eine ^rop^etie ver^
66 breitet, bie auf §. al^ ben ©enbboten ®otte« ^injutoeifen fc^ien (31^3:^ 1860, 23, 49 f. ;
®erbert 143 f.). Son Sut^er fpric^t §. je^t mit unVer^üUtem §ai S)er ,,äpoftel be«
anfangt" ift gum ^vlt^ai geworben. I)a| er bie ®läubigen Va:folgt, brücft i^m ba^
3eic^en be« Verräter« auf. S)ie 3tvinglianer ^t ^. Vorläufig nod^ fc^onenb be^anbelt.
Sber feine ©^mpatl^ien mit ben Rufern, benen er in ©tra^burg naf^egetreten tvar, fübrten
CO gum S3ruc^ mit ben gü^rem ber ©taatölirc^e, ben auc^ jene a:rahate unvermeiblicl^ ge^
^offmann, ^etd^tor 225
mad^t l^atten. 6r forbcrtc 2l})ril 1530 in einer ßingobe an ben 3tat bie Überlaffung
einer Äird^e an bie Säufer. 2)ie golge tuar ein ^aftbefei^I, unb §. öerlie^ bie ©tabt.
3)amit tuar er toon ben 3h)in9lianem gefc^ieben unb auf bie Siäufer angetpiefen, in einem
äugenblicf, ate in DberbeutfJ^Ianb bie Äraft be^ S^ufertum« fd^on gebrod^en toar unb
bie Slefte ber SJerfolgten ftc^ übertoiegenb in gemäßigten Sahnen l^ielten. S)a tuar e^ 6
bon größer Sebeutung, ba^ §. auf^ neue ben ßnti^uftagmug im läufertum entfad^te.
aSenn er mit ben Säufern in Serbinbung trat — ber förmlid^e Seitritt burc^ bie Saufe
toirb lüol^I fc^on in (Strasburg ober boc^ balb nac^i^er erfolgt fein — , fo toottte er bod^
feine eigentümlid^en (Scbanfen unb bie Oelüißi^eit feine« ^)rotol^etifd^en 35erufe« feine^toeg«
aufgeben, ©o füf^rte er bem ©trom ber anaba})tiftifd^en Setoegung neue Kräfte unb lo
3been gu, bie jtoar nid^t ööttig in i^m aufgingen, aber ol^ne toeld^e bie Sßud^t nid^t
berftänblid^ toäre, mit ber nun bie rabifalen ©eifter ber 3Dlünfterifd^en ilataftro^l^e gu^
brängten.
3m 9Jlai 1530 iand)t §. toieber in Dftfrie^Ianb auf. ßr fammelt l^ier bie fd^on
toor^anbenen anabat)tiftifd[ien unb fj)iritualiftifd^en SIemente, toirbt neue änl^änger unb i6
beginnt bie täuferifc^e ®emeinfd^aft ju organifteren. gür bie S5erj)flanjung be« Säufer^
tum« au« Oberbeutfc^lanb nac^ 9lieberbeutfd^lanb ift fein SBirlen nic^ft ber einjige aber
ber lüid^tigfte ^altor. 3)er SJlitteljJunft toar ©mben. SBäoi^I nod^ in Dftfrie^Ianb f^at er
feine bebeutenbfte ©d^rift gefc^rieben, bie „Drbonnantie ®otte«", in toeld^er ber ®ebanle
be« SSunbe« glüifc^en ®ott unb feinem SSolI jugrunbe gelegt ift (f. jur Sinben 240 ff.). 20
3n Dftfrie«Ianb burd^ bie Dbrigfeit bebrängt, bie auf Setreiben ber feeiftlic^en einfc^fritt,
burd^gog $. je^t al« „aüoftoüfc^fer §eroIb" bie Sanbe, in ber Überjeugung, ba| feine Sauf«
babn furj bemeffen, nocp rücffic^t^Iofer unb ftürmifd^er, aU jutoor, überall bie Ungufriebenen
aufrufenb, bie Aufregung fteigemb, jai^Ireic^e „Sieb^aber ber göttlid^en SBal^r^eit" um ba«
panier ber S3unbe«taufe fammeinb. 2)a« rul^elofe SBanberleben toar nid^t bloß burc^f bie 25
f orttoä^renbe Sebroi^ung entoungen, e« entf j)rac^ ebenfo feiner 9?atur, loie feiner Sluffaffung
t>on ber 5ppic^t ber a})oftolif(^en ©enbboten, benen bie fejte $eimat öertoel^rt ift.
2luf biefen Steifen fd^eint er ©traßburg lieber berührt ju ^aben (gegen 6nbe 1530).
SDann burc^gie^t er öollanb, too fc^on t)orl^er ber toon il^m in ©rnben gewonnene ^an
3SoIfert«goon, genannt Srijjjmafer für ba« Säufertum im ©inne §.« getoirlt l^atte. ®te so
3Birlfamfeit ber beiben f^at in §ottanb einen neuen §erb be« änabc^)ti«mu« begrünbet,
ber f\d) tro^ aller Verfolgungen erl^ielt unb für bie näd^fte unb fernere 3wlunft be«felben
fe^r h)ic|ftig tourbe. ®egen (Snbe 1531 unb 2lnfang 1532 taud^t er toieber am Dber^
r^ein in ber ©traßburger ®egenb auf. SKel^rere Sraftate gehören in biefe 3^'^^ ^^ hmm
§. unter anberem, toie aud^ anbere Vertreter ber mt^ftifd^en Dj)})orttion, ftd^ am 5ßrobIem ber 35
$räbeftination toerfuc^te, toobei er bemüht ift, ber freien ©ntfc^eibun^ be« SKenfd^en eine
©teile gu fiesem. 2luc^ trägt er eine eigene änfid^t über ba« ^leijd^ G^rifti bor: ein
£iebling«t^ema ber ©j)iritualiften, ba« für fie an bem Ort ftanb, an bem in ber fird^*
liefen Seigre ba« trinitarifd^e 3)ogma (gegen ba« ftd^ auc^ §. gleic^giltig toer^ält), bte
3hJeinaturenIe^re unb bie Se^re bon ber Verfö^nung ftel^t. ä.« 2e^re berührt ftd^ mit 40
Sc^toenlfelb« ©})efuIationen, bie i^m getoiß Anregung gegeben |aben; er grenjt fid^ aber
and) gegen biefe ab. G^riftu« ^at nid^t au« ber Swngfrau ^Icifc^ angenommen, fonft
lüürbe er au« bem fünbigen ©amen 3lbam« ftammen, fonbem ba« emige 3Bort ®otte«
jelbft ift in bem Seib ber ^JKaria burc^f einen befonberen göttli^en ©d^ö})fung«alt %U\\i) ge*
toorben (t)gL jur 2inben 188, 284 ff., 433 ff.). 46
3tod) einmal pnben h)ir §. in ^rie«lanb. Slber je^t lam ba« '^af)x ber ©ntfc^eibung.
Von ^Propl^etenftimmen begleitet, bie i^m erft ®efangenfd^aft, bann ben enbli(^en j^err«
lid^en ©ieg J)ro})^egeiten, jog er %xixf)\Qi)x 1533 nai) ©trafeburg. 2)iefe ©tabt, glaubte er,
fei jum nmm ^«nifalem beftimmt, fte muffe toiel Srübfal leiben, aber fie fei jur §od^s
ieit«ftätte be« Samme« au«erfeben. Von l^ier foQten bie at)oftolifcben Voten au«gel^en unb 60
bie Saufe be« Vunbe« über aUe SBelt führen, ßr felbft al« etn jtoeiter ©lia« fei be«
rufen, bie Vollenbung toorjubereiten. 9?id^t aEe Säufer fd^loffen ftd^ il^m an, aber feine
SRic^tung gewann rafc^ ba« Übergetoid^t. Viftonen unb a5}ei«jagungen ftärften feine an«
ganger. 6« fam ju anfangen einer Drganifation. 3)a ließ il^n im 9Kai 1533 ber Slat
gefangen fe^en. ^a« erfiien i^m unb ben ©einigen al« Slnfang ber ©rfüttung feiner 55
aBei«fagungen. ^n ben Verl(^ören beteuert er, baß er ftet« ®e^orfam gegen bie Dbrigfeit
gelehrt l^be — ba« fear rid^tig, fc^Ioß aber bie revolutionäre SBirfung feiner ^rebigt nid^t
au«, gür alle«, toa« unter bem 9lamen täuferifc^ ge^e, l^aftbar ;;u fein, lehnte er ob.
(Sin ^rol^et tooUe er nid^t fein, nur ein 3^0^ ^^ ^öd^ften ®otte«, ein a^joftolifc^er
Seigrer. 3)lit unberminberter ^eftigteit fjjric^t er f\i) gegen bie güi^rer ber firc^lid^en Dte« 60
dicaU^c^tlopmt für Theologie unb Stirere. 8. 8(. Vlii. 1 5
226 {^offmantt, mdd)xox
formation aud. 33er ganjc lutJ^crifd^c unb jtotnglifcf^c §aufc f)aht bie 2Ba^rl^cit nid^t
crfannt. auf bet ©tra^burger @V"o^<^ ^^ 3"»^' 1^33, mit ber ein jc^ärfere« SBorgef^cn
©trafeburg^ gegen bie ©eften cinje^t, toerl^anbelten Sucer unb bie anbeten Seiter ber
©trofeburger Äird^e axat) mit §. (11.— 13. 3w"0 ^^^ f^ne Seigre bom gleifc^ ßl^rifti,
^ bie SBillen^freil^eit; bie ©ünbe toiber ben 1^. ®eift, bie Äinbertaufe. §. tourbe anfangt
in milber §aft gel^alten. ©eine Überzeugung toar \>wc6) bag (3^pxäi) in feiner Söeifc
erfd^tittert, ebenjotoenig baburd^, ba| fid^ ber Sennin für bie 6nbIataftro})l^e aU 2^ufd^ung
ertoie^. 93oD ©iegeiSjuüerfic^t Ibielt ber ^rojji^et an feinen Söeiöfagungen feft, unb bie ^a^
ber ,,ÜReId^ioriten" toar nod^ immer im ffiad^fen, in ©trafeburg, am 9lieberrl^ein, in
10 Söeftfalen, in §oIIanb. Slber bie §errfd^aft über bie Gräfte, bie er entfeffelte, fonnte
ber ©efangene nid^t feftl^alten. ^an 3Raüf}i)^ untemai^m nad^ eigenem ^lan bie 3)urd^s
fü^rung be« S3unbe^et>angeliumg. 6^ begann bie gro|e Setuegung, bie im ^JJiünfterifd^en
Äönigreic^ if^ren ^öf)tp\xntt erreid^t. DbtDol^I §. })erfönlid^ immer ein getoaltjame^ 3Sor=
gelten abgelehnt unb fein fittlid^er 6mft — auc^ bie fdjiarfen äugen feiner ©egner f^aben
16 an feinem fieben feinen auffaHenben Sftafel gefunben — gegen jäen 9Jli^brauc^ ber 9le--
K^ion m unlauteren ^totitn })roteftiert i^ot, jog fie il^re Äraft jum großen Seil au^
feiner Seigre unb feiner Söirffamfeit. ©eine g^funft^ertoartungen, feine Hoffnung auf ©r^
oberung ber SBelt burd^ bie aj)oftoIifd^e ^Prebigt l^aben, tuenn auc^ jum ieil in mobifi*
jierter (Seftalt, bie ÜJlünfierifc^en 3:äufer erfüEt. GanUKxnu« (f. b. 21. 93b III ©. 696),
20 Ä. SRoB unb bie anberen „SBaffenburger ^Präbifanten" ftel^en unter bem ßinflufe feiner
Seigren (f. SRembert 299 ff.). 3)urd^ fie ift bor allem bie gintoirfung §.g auf bie 5Künfte^
rifd^e Setoegung vermittelt. S3i« jum %aU 9Jlünfterg ^at §. ber ©tabt feine ©t^nHja-
tl^ien ^ugetDanbt, tvie umgefe^rt bie ^l^rer in fünfter fic^ auf i^n ald SBai^rl^eit^jeugen
berufen unb burd^ einen Slbgefanbten, 6om. 5ßolbermann au« ÜJlibbelburg feine ^ei-
25 laffung ju ermirfen berfud^t l^aben. @ine birette @inH)trfung ^.d toar freilid^ burd^ bie
(Sefangenjd^aft au^efd^loffen.
^ie Sfteaftion gegen ba« löufertum, bie fic^ an bie ©räuel in 9Jlünfter anfd^lo|,
^atte auc^ eine 33erfd^ärfung feiner $aft jur golge. 3)er anfang« lebhafte SSerfel^r mit
feinen Slnl^ängern tourbe eingefc^ränft. Slber aud^ in neuen SSerl^anblungen mit bem SRat
ao ^ält er an feinen SBeiöfagungen feft. @r forbert biefen auf, für bie beborftel^enbe Be-
lagerung ©tra^urg«, bie baö ®nbe einleiten toirb, 5ßrobiant ju fammeln. 3lud^ ber %aü
SKünfter« l^at i^n nid^t irre gemad^t. ©eine ©timmung gegen bie ©tra^burger Äird^c
lüurbe in flpäterer ^txt öerföl^nliclfer, je me^r burd^ bie lange ©efangenfd^aft, burc^f ilranf=
^eit unb (gnttäufd^ung feine äwberfidjt gebämtoft tourbe. aber an feinen Se^ren Ibielt er
86 feft unb 93erfud^e il^n jured^tjubringen, toie fie bor ollem 1539 unb 1540 ftattfanben,
fd^lugen fe^l. @r mobtfigierte feine e^otologifd^en @rti>artungen \üof)l, aber er gab fte
nid^t auf. ©obalb fein ))ro))l^etifd^er ®laube bon au|en ^er n^ieber nur ein tvenig 3lal)i
rung erhielt, flammte er neu auf. Si« in feine le^te Reit 1^ er an feinen Seigren ge-
fd^rieben; n^enn er nid^t« anbere« jur Verfügung ^atte, wrieb er auf Sudler. 3)ie legten
40 92ad^rid^ten ^aben H)ir über ben jule^t f(|n)mranfen ®efanaenen aud bem @nbe be«
gal^re« 1543. SBa^rfd^einlic^ ift er nod^ in biefcm ^ci^xt ober bod^ furj barauf geftorben.
SDie Slac^ric^t, ba^ er jule^t feine ©onberle^ren toiberrufen ^abe, l^at fe^r toenig 2Ba]^r=
fd^einlic^feit für ft(|.
2)ie Partei §.« ^at toäl^renb feiner ®efangenfd^aft gro|e g^iö^^* ben^iefen. SlUs
46 mä^li(^ gelang e« ber ©tra^burger Äird^e, ja^lreid^e änl^änger §.« I^erüberjimel^en. Sucer,
toöl^renb feine« ©tra^burger äufentl^alt« aud^ ßalbin, ^aben an ber SBefebrung ber
ÜJleld^ioriten gearbeitet, baneben befel^rte 3:äufer, h)ie ^eter 2afd^. SKel^r ate alle ®rünbc
ber i^eologen toog bie Gnttäujc^ung barüber, ba| §.« ^rotJ^ejeiungen nid^t eingetroffen
toaren. 5Rod^ länger laffen fic^ bie 9Jlelc^ioriten afö befonbere 5ßartei unter ben
50 3lnabat)tiften beobachten (bgl. Slembert 497 ff.). Sei ber 3^rennung ber (Seifter, bie ftd^
nad^ 3)lünfter boDjog, fc^loffen fie fid^ enger jufammen, burd^ bie D)3t)ofition gegen ba«
rebolutionäre SJorge^en unb burdj^ bie ©onberlel^ren ifyct^ ÜJleifter« jufammengel^alten,
burd^ bie legten (Sreigniffe ettoa« ernüchtert. SJon ü^rem §auj)tfi6 ©tra^burg au« ber^
jtoeigen fte fid^ in ben Stl^einlanben, in §oDanb bi« l^inüber nad^ fenglanb. ®abib ^oxx^
66 (f. b. 91.) I^at ftd^ in 93crl^anblungen ui ©trafeburg bergeblic^ um eine Union mit i^nen
bemül^t. 3" 5Wenno ©imon« SBBerf laflen ftc^ bie ©J)uren bon §.« Stöirfen noc^ beutlid^
nad^n?eifen, toenn and) \)kx ber @ntl^ufia«mu« burd^ eine nüchterne biblijc^e Slid^tung erfe^t
ift. ?BJand^e änl^änaer §.« fc^loffen ftd^ ber Umtoanblung unb ©ammlung ber befonnenen
Elemente an, bie 50(enno burd^fü^e. ,^.« ©onberlel^ren, feine e«d^atologifd^en Sbeen, feine
CO H;corie bom gleifc^f Gl^rifti, laffen ftd^ hod^ auf eine lange ©trede in ben anabat)tiftijd^en
unb bertoanbten Ärctjcn tocrfolöen, tuä^rcnb bie ^Partei ber äWeld^ioritcn oHmä^lid^ in
Ober* lüie m 9?icberbeutjcl^Ianb in anberm täuferifc^en Parteien berfc^toinbet, Reglet.
^offmann, Stöill^elm, geft. 1873. — OucIIcn: «ften bc« ©ö. Dbcrfirtftcmotc«;
e^riftotcrpe, 1852, uon ßeo 3Äontenud; 9?cuc eü.Äatg., 1873, 9ir. 43-49, ißcrrolog oon
^il^. IBaur. ^ov oaem an§ ber funbigen unb |)ietätSuo(Ien $anb bed @o^ne$ Lic. Sari ^., 6
@up. in graucnborf : fieben unb ©irfcn bc8 Dr. fi. JJr. 3Bili ^offmonn (^Berlin, ©iegonbt
unb ©rieben 1878). ^lufeer btn bejonbcrö ui cnuä^nenbcn 8(ftriftcn au« ^.ö fjcber : mehrere
Ärtifcl in ber 1. Äufl. bicfer SteaU^nc; Arbeiten in ber Scnaifc^cn fiitteraturjtg.; in bcm
X^olucffc^en ^In^eiger; in ber (J^riftoterpc ; in ^iper« Äalenber u. f. f. (Sammlungen oon
^rebigten: ^aiuf ^um $>errn\ ©b 1-8, »edin 1854— 1858 : ^@in 3a^r ber ®nabe in lo
tt^rifto", S3erlin 1864. erbauli^e Scftrif ten : 3)ie ^ofaunc 3)eutfd)Ianb§, 1861—1863; S)e«
(SinricblerS «Jei§no(ftt«Jgru6, 1854; a)ie göttliche ©tufenorbnung im TO, 1854; S)ie innere
3Riffion, 1856; ^r*cntagÄoorträge in (Slberfelb unb Sfronffurt a. ^JÄ.; gr. SBiU). IV., (gin
gefd^ic^tlic^ed (S^arafterbtlb (©tuttgarter SBotfSbibliot^ef).
aBilf^elm §offmann, Dr. theol., jule^t §ofs unb ©omprcbiger in S3erlin unb (Senerat iß
fuj)ertntcnbent ber Äurmarl, ift in bcm hjürttembergifd^cn ©täbt^cn Sconberg, ber §eimat
be« ?Sl^iIofo})l^en ©(^cDing unb be^ Slationaliflen ^aulu«, am 30. Dftober 1806 gäoren.
6iner jeiner Sorfal^ren ftarb jur Q^it bc^ 30iäl^rigen Äriege^ in ^irfd^berg aU Slutjcuge
für ben eüangclifien ©tauben. — 3Son ©d^leften toanberten feine 33oreItem nad^ bem
6Ifa^, bann nacb SBürttemberg ein. 3)€r Sater unfere« Il^eologen toar Sürgermcifter, ao
ein §auj)t ber „©tunbcnleute", ein tiefpnniger ^ietift, babei toeltmännifc^ flug, beffm
SSorftettungen bei Äi)nig SÖäil^elm 1819 bie (Srünbung ber frommen Kolonie Äomt^
burc^fe^tcn, tooburc^ ber in gläubigen Äreifen um fid^ greifenben Slu^toanberung^fud^t
^auj)tfäcl^Ii^ ©inl^alt gcfd^a^. ®ie« 3;alent, iu organifieren, biefer 3)rang, ju folonifteren
im ^nf^Iu^ an ®ottedreic^dgeban!en, f^at fii^ t)on bem geifte^möd^tigen äkiter aud^ auf 26
ben jüngeren ©o^n Gbriftof bererbt, ben Stifter ber lemjjlerjefte in $aläftina.
SöU^elm Ä. burdjlief öom 14. Sal^e ab ben toürttembergifd^en 6c^ullurfu«, toar an
ber Seite Slumbarbt^ S^Ii'^Ö be^ nieberen Seminar« in Sd^öntl^al (Selber: Stirm, Äem),
bann feit bem §erbft 1824 in ®emeinfcl^aft mit 3)ab. Straufe, bem f|)äteren äfti^etifer
Sifc^er, W^^P tJif^er, ©uftab «ppfeer u. f. f. 3Kitglieb be« lübinger Stifte«, überaO ao
tnxdf reiche ^^anlafie, 9Bif|en«burft, !!(uffaffung«gabe unb juDerläfftge« ©ebäd^tni« glön«
jenb. SBBeitangelegt fertigte er frül^geitig <m^ ber auölänbifc^en SeDetriftil, namentlich ber
englifd^en, Überfe^ungen an, um für beri (Srlö« bie Slnfänge feiner Sibliotl^ef ju befd^affen ;
gleidjijeitig trieb er unter ben Anregungen be« Jlitterfd^en SBerle« ®eogra))l^ie, in ber er
ftjöter ein §anbbud^ ^erau^gab, — ein Stubium, ba« ü^m bereiuft in feiner SteDung al« 86
3Kiffton«inf))eItor jugute lommen fottte; fogar SKebijin ftubierte er eine ^t\t lang. ®en
l^ergebrad^tcn Übungen abl^olb, bergrub er fid^ auf eigene §anb befto tiefer in p^itofo^
j^^ifd^e unb tl^eologifc^fe Stubien, namentlich auc^ Sd^Ieiermac^erfc^. 1829 n^arb er in
^eumaben bei Stuttgart 33ilar. ^ier folterte ij^n ber Rwi^ialt, in bem fein innere«
gu ben nur au« ber ®lauben«erfal^runa gu betoältigenben Suifgaben be« ^ßrebigtamte« ftanb. lo
3e treuer feinSSater in ber jjürbitte für i^n \vax, je toeifer l^atte er fid^ jeber birelten
©inlüirlung entl^alten. S)a eine« ÜJlorgen« beim Sd^uluntenid^t öcma^m §. eine Stimme,
bie ij^m jurief: „beine Sünbcn fmb bir bergeben!", er mu|te ben Unterrid^t abbrechen,
um in« greie gu eilen unb unter biefem Sturm Don 6m))finbungen aDein ju fein mit
feinem ®ott. 45
Son ba ab gur böQigen ^ei^eit unb greube be« ®lauben«leben« burd^gebrungen,
toirftc er eine ^txt lang al« Slepetent in Tübingen, banad^ unter befonberer Setoeifung
be« ®eifte« unb ber Kraft al« Stabttjilar in Stuttgart, 1834 al« S)iaIonu« in SBinnen*
ben unb mit bem 2lrjt 3^0^/ ^^^ belanntcn 2)ic^ter ber „fiieber be« Selb«" tjereint, an
ber ipeilanftalt ju äßinnentl^al. ^ier fanb feine h)unberbare Arbeit«{raft n^^n ber ®r« 60
füllung ber näcpften amtlid^en 5ßflid^ten bie ÜJlufee jur aBieber^erau«gabe unb Seüortoors
tung ber „erllärten Offenbarung go^anni«" toon Sllbrec^t Sengel, femer gu einer in ©e«
meinfc^aft mit bem Stabtt)farCTer §eim tjeranftalteten „erbaulic^fen 3lu«legung ber groften
5Pro))l((eten nac^ 3lu«jügen au« ben Schriften ber Sleformatoren", enblid^ xu einer toiffen*
fd^aftlic^en Söiberlegung be« StraufefAen Seben« 3efu, Don ber fid^ ber angegriffene be« 66
Bagte, fie tootte „il^m auc^ gar nid^t« gelten laffen". 3m 9Rai 1839 mürbe er al«
3Riffion«inf))eItor nac^ 93afel berufen. §ier al« 9?ac^folger bon 33luml^arbt unb al« Sor^
gönger bon Sofenlj^an« tl^ätig, toie er e« und in feiner Sd^rift „elf ^ai^re in ber 9Jliffton"
pefcftlbert, bat er teil« bie Unterrid^t«anftalten berticft, teil« bie Safeler 5Dliffion«gebiete
m Slfien, Slfrifa unb 9?orbamerifa ertoeitert, teil« bie 9Jlijfion«ftunben unb ?Wiffion«fcfte »>
15'
228 ^offmann, SSU^elm
mit feinem grofeartigen äßortc belebt unb reformiert, '^m ©egenfa^ ^u trocfener Slatiftif
ober ju blofeem 2lnetbotenfeam f)at er in toorbilblidjier SBeife bie „^Dlijfion^ftunben" ju
©ommel^unften unb SBecfftimmen ber ganzen (Semeinbe gemacht, too ßrbfunbe, ©efc^id^te
unb S5ötter})f^c^oIogie i^re förbigen Sogen f^jannen, burd^ bie ba^ ßbangelium, toon pxä-
5 bi^})onierten S3oten getragen, feinen jtegreidjien ©injug l^ält.
^ier^er gef^örige 9BerIe: SKiffion^ftunben unb Vorträge, (Stuttgart 1847, 1851 unb
1853. 3Wijrton«fragen, §eibelberg 1847. Über bie ©rjiel^ung be^ n^eiblic^en (Sefrf^Ied^t^
in S^bien. 3lu^ ber ÜJliffion unter ben 5Reftorianem. 3lbbeofuta ober Sonnenaufgang
jlüifd^en ben ffienbefreifen, Serlin 1859. ^anj Jat)ier, Sin lüeltgefd^ic^tlid^e^ 3Kiffiong=
10 bilb, SEÖieiJbaben 1869. SDie ©ipod^en ber fiirc^engefd^id^te ^nbien^, 1853. 3)ie c^riftlid^e
Sitteratur ate SBerf^eug ber 9Jliffion, 1853. S^a^u bie faft 13 jährige Slebaftion be« Sa^
feler 3Kiffion^magajm^. ^n ber 3Kiffiongfac^e toie überall toar $}. frei bon fleinli^er
ßiferfuc^t. 3)a« grfte^en einer größeren Slnjai^l Don 5Kijfton^l^äufem unb ^Jltlfion^gefeH-
fc^aften in 2)eutfcf)lanb fal^ er für einen Steid^tum an. 3n grofeartigfter SBeife förberte
16 er babei ba« jlüifd^en Safel unb SBürttemberg t)on ber ,,6^riftentum^efellfd^aft" l^er be-
fte^enbe SJliffton^banb. 9Son feinem c^riftlic^ genialen Slicf j|eugt beif)3iel^h)eife ber ®e=
banfe, befe^rte 5Reger SBeftinbien« aU leichter aufgenommene ßt)angeliften nad^ ffieftafrifa
ju toer))flanjen.
ÜJlit einem gelüiffen ©efül^l Don Überarbeitung burd^ bie enblo« lüacf^fenben Safeler
20 Stufgaben, aber aud^ mit feiner gteube an afabemifc^er I^ätigfeit — ioar er bo^ an ber
tl^eologifc^en gafultät 93afel bereit« a. o. ^ßrofeffor — traf ber Sluf nac^ 2:übingen al«
5ßrofeffor unb Stiftgep^oru« jufammen.
§ier, lüo i^m in tl^eologifd^en unb vl^ilofo)3^ifd^en SSorlefungen jebe SBa^l freigegeben
h)ar, follte feine« Sleiben« nic^ft lange fein. ©4ion 1852 toarb er burd^ JJriebri^ 2Bil=
25 l^elm IV., bem er junä(^ft burc^f ben Dber^of})rebiger ©trau^ genannt, bann })erfönlid^
burd^ eine in §ed^ingen gehaltene ^rebigt befannt geworben toar, nac^ Serlin al« ^of^
unb 2)onH)rebiger, guglei(| in ben etoan^elifd^en Dberfird^enrat, balb barauf in ba« 93ran=
benburger Äonfiftorium afe ©enerolfupenntenbent berufen, fortan jtoei gö^^^^te ^inburc^
ber SKonn be« föniglid^en Vertrauen« unb ebenfo unbeftritten ba« einflu^reic^fte ®lieb be«
80 Äirdj^enregiment«. m ift ein Semei« für bie Setoeglic^feit unb Sielfeitigleit ber firc^lic^en
9?atur JJriebrid^ SBill^elm« IV., freilic^f auc^ eine ©rflärung ber mannigfachen Unfic^er^eit
in ber jjreufeifc^en Sanbe^firdj^e tvä^renb ber fünfziger ^al^re, ba| ber Äultuöminifter ein
9Rann toie Slaumer unb neben ^offmann immer Sunfen fird^lid^er Berater be« Äönig«
toar. ^offmann, beffen Sluffaffung toon Union unb Äonfejfion tool^l am meiften bie be«
86 Sönig« nic^t fotool^l beeinflußte ate felbftftänbig au^Drüdfte, gab bei feinem gintritt in bie
oberfte Äird^enbel^örbe folgenbe ©rllärung ab : „id^ bin SKitglieb be« ebangelifc^ lut^e-
rtfd^en Selenntniffe«, fofcm ic^ in ber lut^erifc^en Ätrc^e erjogen, fonprmiert unb orbi=
ntert tourbe, füge ober au^brüdlic^ bei, ba| meine t^eologifd^e Überzeugung aud^ auf bie
Union ber beiben Sefenntniffe fül^rt, toie fte in ber 9lug«burgifc^en Äonfeffion in SBa^r^
40 ^eit längft beftel^t, ba| ba« lut^erifd^e 35ogma blo| ate folc^e« unb of^ne ÜJlitaufnal^me
be« reformierten mir ebenfotoenig ben tl^eologifc^en Sluöbrucf meiner Olauben^überjeugung
barbietet, toie ba« reformierte ol^ne feine Erfüllung unb ßrgänjung im lutl^erifc^en, ba|
id^ bal^er eine toirflic^e innerliche Union beiber Sefenntniffe für unerläßliche ^orberung
iebe« berfelben ertenne unb nur eine eöangelifd^ i^roteftantifd^e Äird^e in jtoei Sefenntnt«^
46 t^t)en, aber nic^t jtoeierlei etoangelifd^e ftirdj^en anjuerfennen toeiß".
2Bar bie fird^enregimentlic^e 2l;ätigfeit §.« eine bielumfaffenbe unb tiefgreifenbe,
mod^te e« ftc^ um (Srunblegung toon Äird^en=, ©emeinbe^ unb ©^nobalberfaffung — l^ier
fc^ien i^m eine organifc^e Serbinbung bon e)3iffopalen unb f^nobalen 'Jaftoren „ber ^u
erftrebenbe Äranz" — ober um 3tet)ifion toon ®efangbüc|fem ober um 3^eranftaltung t)on
60 Äirc^enöifitationen, ober um bie Slu^toal^l leitenber ^erfönlic^feiten ^anbeln: nic^t minber
groß mar feine ßintoirfung bon ber Sanjel be« 3)om«, toenn er afö geiftlid(^er ©o^n
Sengete „bie legten 3)inge", atö ))ro})l^etifc^ angelegte 5Ratur bie „Stimmen ber §üter
be« 212:«", al« jpraftifd^er ©eelforger bie „§au«tafeln" be^anbelte. Unbergeflen leben in
ber ©emeinbe einzelne feiner Äußerungen fort, toie j. S3. bie, baß er auf bie 6ntfc^ul=
66 bigung eine« ©emeinbegliebe«, für §au«anbac^ten leine gcit ju i}ahm, jur änttoort gab :
„^txi i)abtn fie n)ol;l, ober feine fötoigfeit!" 9?ic^t ber 3)omgemeinbe nur, ber ganjen
eüangelifd^en 2anbe«Iirc^e jugut fam bie toon ^ebric^f SBil^elmlV. gej)lante, bon ^. in«
SBerf gefefete Stiftung be« 3)omfanbibatenftift«. Urf})rünglid^ 3)omalumnat mit Steife^
ftipenbien für reformierte 3:f^eologen (1714), nad^ ©infü^rung ber Union auf lutl^erifd^e
m Äanbibaten au«gebe^nt, tourbe c« unter Senü^ung ber t^eologifc^en Äont)itt«erfal^rungen
^offmann, 2BU^eIm ^offmetfter 22»
einc^ Dito t). ®cxla6) unb namentlich unter Stnle^nung an lübtnger ©tift^einrid^tungen,
im3l)3nl 1854 für lOÄanbibatcn ref)3. ^nfreftoren unb §iIfggeiftUcl^e mit ber Seftimmung
in« geben gerufen, burc^ S^^^rtfe^ung toiffenfdjiaftKd^er ©tubien, burdji Übungen in ^rebigt
unb Äated^efe, fotoie Durcp feelforgertfdjie ^ou^befud^e bei Slrmen unb Äranfen ber 3)oms
gemeinbe, für ben Eintritt in« Slmt angemeffen borjubereiten. 2)a« 25iäf^rige gwlE^ilönm 5
biefer 3lnftalt, 1879, rief bem ajereioigten burd^ ^unberte toon ©eiftlid^en l^ei^e 2)anle«5
grüge nad^.
Jp. tpar lüieberf^olt öermäl^It, jule^t mit (Sräfin ®örli^, beren 93ater einft ba« oben
genannte Äomtl^al befeffen. 3Sor feinem 2eben«f4^Iufje tuar e« für §. nod^ ein ^atriotifdj^e«
ainlicgen, burdji fein 93u(^ „S)eutf(^Ianb einft unb je^t" unb eine periobifd^e gcitfc^rift jur 10
aSerfö^nung unb ©inigung be« ©üben« unb be« 9?orben« beijutragen. 2)ie ©iege«^
faule in Serlin jeigt in ber SDlitte ber bort bargeftettten ®otte«bienftc §., loie er ba«
^eilige Sttbenbma^I aufteilt. 3(m 28. äuguft 1873 erfolgte infolge eine« §erjleiben« fein
Heimgang.
erinnert man ftd^ bei einem StüdfbKdf ber noturloiffenfd^aftlid^en Äenntniffe, nament* 16
lic^ ber geogra^)l^ifd^en Seiftungen §.«, — einem Äarl Slitter, einem Sllej. toon §umboIbt
burfte er bie ®ebäd^tni«rebe l^olten —; überfielt man bann {eine ^Arbeiten auf bem
9Jlijfion«gebiete, bie jeberjeit loiffenfd^aftlid^e unb })raltifd^e jugleid^ loaren; nimmt man
enbHd^ bie i^omiletifc^e, bie tf^eologifc^e, bie fird^enregimentlic^e Il^ätigieit l^inju, fo
glaubt man e« laum mit einem unb bemfelben ÜRanne p t^un ya ^aben. Unb bod^ an« 20
jief^enber unb imJ)ofanter al« feine Äenntni« unb fetn Äönnen loar bie lautere unb
i^od^l^erjige ^erfönlic^Ieit felbft, il^r Äem,ber§offmannfd^e gamilienf})rud^: spes non con-
fundit! 9i. «Bgel t-
^offmeiftcr, 3l0^anne«, geft.1547. — A. Höhn, Chronologia provinciae Rheno-
Suevicae ord. Fratnim Erem. S. Augustini, Wirceburgi 1744; ^. »JotftoII, (Sinfüftrnng ber 25
SReformotion in fiolmar, Äolniar 1876; berf., 3)er ©Ifäffcr ^luguftinermöncö 3. .©offmeiftcr
in ber 3tfc^r. „«Kancöerlei ®aben unb ein ®eift" 1879 6. 569; 51. u. 3)rufFeI, S)cr (Slfäffer
9luguftinermöncl^ So^cinne« ^offmeiftcr unb feine ^orref|)onbcn§ mit bem DrbenSgeneral $lc*
ron^mu« ©eripanbo, ?l3)m IH ßl. 1. »b 1. ^ft (1878) ©. 137 ff.; berf., 3Ä® UI (1879)
8.484; e. ©albner, SSier Söricfe üon So^onnc« ^offmclftcr, 8tf4r. f. ®cf4. be§ Obcrrl)etn« so
9?. &. VI. »b 1891 @. 191 ff.; 9?. $aulu«, 3)er ^uguftinermön* Soft, ^offmeifter, ein fic-
bcn8bllbni« ber 9?eforniatlon§5cit, Sfrelburg 1891, (baju 3:^. Äolbc in ®g9l 1893 I @. 8;
tamcrou, Xfteol. fillteroturj. 1892 ©.97 ff.; ®. ©offert, 3o^. ^offmcifter, ein beutfc^cr Fran-
cesco Spiera; berf.. lieber 3o^. ©offmeifter« ©nbe, ©I. für SBürtt. m 1894, @. 70: berf.,
3ur g3iogrQpt)ic be« 3. $. cbenba 1895, S. 172. a)a9e9en 92. ^aulu«, ^ift. pol. i8I , »b 111 85
(1893) ©. 589 ff. unb berf., fiutt)er« ficben«enbe, fjreiburg 1898, 6. 10 ff.; 3. @4Iec^t, S)er
^luguftiner 3o^. ^offmeiftcr al« 3)irf)ter, ^at^olil 77. ©b II 6. 188 ff.
So^anne« §offmeifter, für lange ^t\t ber einzig l^erborragenbe beutfc^e 3tuguftiners
mönd^, ftammte an^ bem je^t loürttembergifd^en ©täbtd^en Dbemborf in ber bamaligen
©raffd^aft 3*«^«^«^/ h)0 er ca. 1510 geboren fein loirb. SBo er feine ©c^ulbilbung er* 40
Italien i^ot, loann unb loo er in ben mguftinerorben eingetreten ift, ift unftc^er, nur fo
biel ift getoife, bafe er ca. 1527 in 3Sla\^ lebte, unb al« er am 15. ^^. 1528 an ber
greiburger Uniberfttät inflribiert tourbe, fd(^on al« 5luguftinermönd[i bejeict^net toirb. ©eit
bem ga^re 1533 finben loir i^n im Älofter ber 9leid^«ftabt ßolmar unb jtoar al« ^riot.
2)a| man ben laum 23iäl^rigen mit biefer SBürbe betraute, mochte mm 3^eil bem Um« 45
ftonb toerbanit toerben, ba| bie rJ^dnifc^sfdjiioäbifd^e ^ßrotoinj, ju ber oa« Älofter gel^ihrte,
toie ber ganje Drben großen SDlangel an ©rübem l^atte, ober ol^ne 3^^M ^^9*^ *>w
junge 3Rann fc^on bamal« unter ben beutfd^en Drben«genoffen l^erbor. 2)ie Slufgabe, bie
er übema^, toor leine Heine. 3)ie 3upänbe be« Äloftcr« loaren feit lange bie otter«
traurigften. 3)ie ßinfünftc loaren, jumal feit bem Sauemfriege, ftorl jurüdEgegangen, ber 50
^Rat mifd^te ftd^ in bie SSerloaltung ein, unb ba« Seben ber S3rüber, ba« teiltoeife mit
Siedet gro|e« ärgemi« enegte, gab il^m, oblool^l er toie bie Sürgerfd^aft offigieH am
römifc^en Öelenntni« unb Äultu« feftf^ielt aber feit lange bon einer toac^fenben D)3))ofttion
gegen bie römifd[>e ^riefterfd^aft erfüllt toar, immer öon neuem getoünfdj^ten Slnlafe, bie
^eil^eiten be« Slofter« m befc^^ränfen. S)er ^prior lämpfte bagegen, fobiel er lonnte, too= 66
burc^ er jeittoeilig in fc^toere ^nflifte mit bem State geriet, o^ne hod) biel ju eneid^en.
3)ie Älagen über ba« unbi«jij)linierte 2Befen feiner ©ruber, unter benen e« fogar gu
groben ejjeffen lam, ^örten nid^t auf, unb bie Älofterguc^t toar berartig gelodfert, bafe
jeber 2:abel jum 3lu«tritt be« betroffenen fül^ren fonnte, unb e« borfam, bafe folc^
SBibertoiHige öon ben mit ber ^rieftemot Iäml)fenben Sifd^öfen gegen aÖe lirc^lid^en eo
230 ^9ffmet{let
Ocfc^c nur gu bölb mit ^farrctcn begabt irurben (©. an ©mjjanbo bei 2)ruffcl @. 176).
9lu|erbem brang ber et)angeli{(i^e @(aube in bic Jtloftermauem ein. 38ie fc^on 1528 ^atte
mön im ^o^re 1537 bagegen ju lämtjfen. 3)er $rior toer^öngte fd^toere Äerfer^aft
über bcn abgefallenen, ber h)ic e« fd^eint jtd^ nur burc^ bie glud^t toor bem lobe retten
6 fonnte (Slod^oD®. 37ff.). 3lber ntd^t nur burcp fold^e SKaferegetn fud^te er bem immer brol^enber
lücrbenben änfturm entgegenzutreten, er tou^te unb f}at e^ oft auggef)3roc^en, toie \>\d
bie mangetl^afte ^rebigttl^ätigfeit ü^rer ^ßriefter ber römifd^en Äird^e gefc^abet l^atte. ©o
legte er benn auf biefc Aufgabe ben l^dd^ften SBert. 9Jlit bem Sud^e 3:obiag beginnenb
l^at er befonber^ gern in fortlaufenber 2lu«Iegung über ganje Sudler ber f)l. ©d^rift gc«
10 torebigt, ^rcbigtrei^en, bon benen j})äter eine ganje 3lnja|l im 3)rudE erfd^ienen fmb. ©ie
fmb im ganjen feiten birelt ))oIemifd^, einfad^ gehalten, toolfötümlid^, ol^ne ^latt ju loerben,
unb loenn fte au(^ in^altlic^ nid^t gerabe aö bebeutenb bejeic^net loerben bürfen, fo ragen
fie hod) über ba^ ^ertjor, loa« un« bon ^leid^jeitigen römifc^en ^rebigem erl^^alten ift.
©eine Serebfamleit mu^en aud^ fe^r entfc^tebene ®egner loie 35ucer (bei Senj, Srieftoed^fel
16 Sanbgraf ^^ili})^)« mit 33ucer II, 410) anerfennen, toenn aud^ in ber ©tabt felbft ber
©omimfaner %Qbxx Don ßeilbronn, ben ber Slat, bamate mit §offmeifter verfallen, um
bie ©tabt Dor bem ®Iauben«jloieft)aIt ju betoal^ren, im ^af)xt 1539 afe 5ßrebiger berufen
IJKitte, größere ©rfolge aufmtoeifen l^atte (Slod^ott ©. 46). 9Kit gabri loirfte nun ip. iu^
fammen jur Sefämjjfung oe« ^roteftanti^mu«, ber ber Sleid^ftoot immer nä^er rücrte,
ao benn feit ber StüdSel^r be« ^erjog« Ulrid^ t)on äBürttemberg in fein ®ebiet l^atte ftd^ ber
$roteftantigmu« in 3Köml)eIgarD unb Umgegenb feftgefe^t, foba| ßolmar beinahe ganj
Don eDangelifd^em ®ebiet umfd^Iojfen toca.
3m Saläre 1538 gab §offmeifter feine erfte ©d^rift ^erau«: Dialogonim libri duo,
quibus aliquot ecclesiae catholicae dogmata Lutheranorum et yerbis et sen-
26 tentiis roborantur (D. S)ruffel ©. 192. SßavM 71. 384). 3)ie in f})äteren ©d^riften
l^äufig loieberfe^renbe ienbenj ift ju jeigen, loie bie „SReuerer" nid^t nur unter [\i) uneing
feien, fonbem burd^ einzelne Sirölaffungen in i^ren ©d^riften bie fatl^olifc^en Se^ren ge*
rabeju Derteibigten. 9?od^ fd^ärfer loar eine jtoeite, in beutfd^er Bpxad)t gegen Sutl^en^
©(^maHalbifdbe Slrt. gefd^riebene ©(^rift : „aSal^^^afftige Sntbedfung unb SBiberlegung beren
80 älrtifeln bie 9K. Sut^er auff ba« ßoncitium ju fd^idren unb barauff bel^orren fürgenommen.
9Kit Dorgefe^ter »ngeig toer ba« 6onciI fliei^e ober l^inbere" (Stod^ott ©. 62 ff.). ®«
mo(^te bamate toenige geben, bie ba« in ber römifd^en R\xd)z j^errfd^enbe SSerberben, bie
Sau^eit il^rer 9(n^änger u. f. lo. fo offen aner!annten, Ivie ba« l^ier gefd^iel^t, unb ber 3^-
fianb ber Jlirc^e loirb ali eine ©träfe ®otted angefe^en. ^abei gefäÜt ftd^ aber ber
86 aSerf., inbem er nad^ befannten aSorbilbem au« ber Uneinigfeit ber ßDangelitten auf bie
Unloal^r^eit unb ®ottIofigfeit i^rer Seigren fd^Iiefet, in ben berbften ©d^im})freben gegen
Sutl^er, ben Xeufel^biener, ben ^ntidbrifl unb älbfd^aum ber SRenfd^^eit, unb gegen Sucer
unb erflärt e« u. a. für ein gute« SQBerf, bie Seute jum ®Iauben gegen Sutl^er« unlautere
Sel^e )u jloingen. 3)a« nid^t ungefd^icft gefd^riebene Sud^, ba« natürlid^ bie ^roteflanten
40 für ba« ^cidbtjuftanbelommen be« Jtonjil« Derantloortlid^ mad^t, erregte in ber ©tabt nic^t
geringe« Sluffel^en. 3)er 3lat, ber, loie gefagt, gut fatl^olifd(i loar, unb Dor allem SBert
borauf legte, bi« jum Jlonjil ben laiferli^en ^anbaten nad^iulommen, bem e« aber auc^
nid^t entging, loie bie eDangelif^e Stid^tung immer mel^r um ftd^ griff, fürchtete bei biefer
Art Don $oIemiI emftlid^e Unrul^en unb Ionfi«jierte bie ©d^ft. §offmeifter ^roteftierte unb
46 brol^te, bie laiferlic^e ÜRad^t anjurufen, aber Dergeben«, ba ein Don ibrem S^nbifu« beim
Äommergerid^t barüber erbetene« ©utac^ten bie ftäbtifd^e Dbrigfeit in ihrem 3Sorl^aben
beftärfte(9lod^oC©. 71ff.). ©o blieb bie ©d^rift, bie beinal^e DoÖftänbig Demid^tet lüurbe,
loir{ung«lo«. 9(ber ^, Iie| fid^ nid^t entlnutigen. 3)ie ^u«gleid^er^anblungen ju ^agenau,
SEBorm« unb 9legen«burg, bie er mit Slufmerffamfeit Derfolgte, Deranla^ten \i}n, \m frül^cr
60 bie ©d^maltalbifd^en 9(rtilel, fo je^t bie Augustana Dorjunel^men. auf biefe äBeife ent^
ftanb feine 9(rbeit: Judicium de articulis confessionis fidel anno MDXXX Caesar.
M. Augustae exhibitis, quatenus scilicet a Gathollcis admittendi sunt aut reii-
ciendi (Dgl. ^ulu« Sn^. I 9lr. 18), eine fel^r merlloürbige ©d^rift, in ber ber SSerf.
8. bei ber ^age Don ber Äird^e, Dom ^rieftertum, ber SWeffe u. f. to. ben gut fati^o^
[ifd^en ©tanb^junlt nid^t Derlennen Iä|t, aber in ber §offnung burd^ loirHid^e 9Serbcffe-
rungen, bie er Dom Äonxil erh>artet, bie ^ßrotepanten geloinnen ju fönnen, ^in unb lieber
loeitgel^enbe ^ugeftänbniffe mac^t, unb ftd^ toie früi^er mit grofeem ^eimut über bie
traurigen 3uTtönbe in feiner Äir^e au«Iäfet. SBSie er an 9laufea fd^rieb, gebac^^te er biefe
©dbrip an Äönig gerbinanb ju fc^idfen, ober au« unbelannten ®rünben ift fte bamal«
60 nidjt erfc^ienen, fonbem erft lange nac^ feinem a:obe 1559 gebrudtt toorben. — 3ta6) bem
66 lif(
^offnteifier 231
am 25. 9?ot). 1542 erfolgten %ohc be^ ^robinjtafö ber rJ^ein.sjd^kDäb. 2lu0uftmer))rot)inj, Äonrab
2^refler, ber ftd^ burd^f feine jelotifd^e 35eläm))fun8 be« ^Proteftanti^mu^ einen $Ramen ^tmai^t
l^atte, tourbe, toie e« ber ©terbenbe getütinjc^t, Jp. an feine ©teile getüäl^It. ©eine Sriefe
an bcn Drben^eneral §ieron^muö ©erit)anbo (bei ®ruffeO lajfen ben im ganjen fceilid^
«emlid^ erfolglofen ßifer erfennen, mit bem ber junge ^robinjial bie 11 Älöfter, bie ber 6
$robinj nod^ geblieben toaren, gu erl^alten, — l^ier unb ba unter 2lnrufung be« toeUIid^en
arme« — , i^re 3"föff^"^ ^^^ ^ f^*" 40 toaren, bor ber lutl^erifd^en Äe^erei ju be=
loal^ren unb ju i^rer 93eläm))fung au^jubilben fucbte. 3i*^3h)tfAen toar man auä) au^
tüört« auf ben rül^gen 2luguftiner unb feine HJ^ebigtt^ötigleit aufmerifam geworben.
Unter Umftänben, bie nid^t bäannt fmb, tourbe er tüö^renb be« Sleid^tagg bom ^ofyct lo
1545 nad^ 38orm« berufen, um bort im Some ju ^rebigen. ^a« benu^te ^offmeifter,
ber über bie bai^ ^dS^x bor^er ben ^Proteftanten gemad^ten gwgeftänbniffe fel^r berftimmt
toar (5paulu« ©. 170 ff.), bie 9?euerer ju befämj)fen, unb man beobad^tete in eöangelifd^en
Greifen (TO^coniu« an ^el Calvini opp. XI p. 122), ba^ Äönig gerbinanb, ber i^n
jogar ju feinem §of)5rebiger mad^en toofite, ju feinen eifrigften g^i^örem gehörte. 6inem 15
tpeiteren @dnner, ben er fid^ |ier ertoarb, bem Jtarbinal Otto S^rud^fe^ bon Slug^
bürg, loibmete er unter bem 11. SKärj feine Jjolemifd^e ©d^rift über bie ÜKeffe (Verbum
Dei carnem factum etc. ^aulu« ©. 386 $Rr. 7), bem Äarbinal gamefe feine ^omilien
über bie beiben Äorintl^erbriefe (ebenba ©. 387 9lr. 11). 3^ glei^er ^^ gab er u. a.
nod^ bie ebenfaB« folemifd^en gtoedEen bienenbe ©djirift l^eraui^ : Canones sive daves 20
aliquot, ad interpretandum sacras Bibliorum scripturas etc. (ebenb. 92r. 7).
3n SEBormi^ mad^te er ani) bie Setanntfd^aft ber S^uit^n 3^1"^^ S3obabiffa unb ßaniftu«,
h>ad nid^t ol^ne @influ^ auf feine gange Snttoidtelung get^efen fein tDitb, namentlid^ machte
gajug auf i^n großen (Sinbrudf (an ©erij)anbo bei 2)ruffel 184. 188).
©eit jenem SBormfer Slufent^alt galt er in toeiten Greifen ate einer ber erften 25
unter ben SSorläm^fern be« ^at^oligi^mu« in 3)eutfd^(anb, bon beffen SBirIfamteit man
ftd^ bag 33efte für bie 3wlunft berfj)rac^. Äönig gerbinanb loie ber Äarbinal toon 2lug^
bürg tooBten feine Äraft auf bem Äonjil gu lirient bertoenbet toiffen, aud^ ©erij)anbo
lub il^n ein gum Äonjil ju fommen, aber er le^te ab: unter ben Äonjitegröfeen glaubte
er berfd^ioinben ju muffen, in 25eutfd^Ianb l^offte er mel^r toirfen ju fönnen (t)ruffel so
©. 178). Unb er tourbe aBerbing« ju größerem auöerfei^en. Jlaum toar er lieber m
golmar unb bamit befd^äftigt, bie bem JUnig ^biitanb in 9(u«fi(^t gefteBte lateinifd^e
^oftiBe ju üoBenben, aU er bom Äaifer afö ÄoBoquent gu bem neuen nad^ Slegeni^burg
ongefe^ten 9leIigion^efj)räd^ berufen tourbe. ^ül^er l^atte er ©inigungi^toerfud^en ba«
SBort gerebet unb nod^ im 3a^re 1543 ^atte er toerföl^nßd^e ©tunben gel^abt (bgl. feinen 35
Srief an 3Kattl^ia« Srb bon SReic^entoeier bei SRö^rid^, SJlitt^. a. b. ®efd^. b. eb. Äird^^e
b. glfa^, ©tra6b.l855ff. III, 280 ff.), aber auf bem legten 9leid^«tage l^atte feinen aJlit*
teilungen gufolge niemanb entfd^iebener ben laiferlid^en $[änen h>iberf^rod^en al« er
(2)ruffel ©. 181). ^iemad^ toar er ju einem hml^ren ^eben^toerfe ebenfotoenig geeignet
h>ic 3Rafeenba, SiBif unb ßod^läu«, aber bieBeid^t gerabe be«^alb ju bem ©d^eingef^jräc^ 40
bon bem auf feiten ber römifd^en Partei niemanb ettoa« erl^offte, au«getoäl^lt toorben:
Unb nur toorübergel^enb, bei ben Präliminarien, tonnte er für einen afugenblidf befferc
Suberftd^t liegen (bei 3)ruffel ©. 183). Unb ber religiöfe ®egenfafe tourbe nod^ berfd^|!ärft
burc^ ben ferfönlid^en ®egenfa| unb burc^ bie gegenseitige 5Wid^ta(|tung (bgl. ^offmeifter«
©(^mäl^gebid^t Jlat^oli! 1897, 2. Sb ©. 191). 3Kd^t nur bem SiBil, auä) Jpoffmeifter 46
toarfen bie ^roteftanten unel^rbare« Seben bor, unb angeftd^t« ber me^rfad^en 93c^aut)tung
Sucer« (bei Seng, Srieftoed^fel $^Ui»)J)« to. §effen II, 379. 384 f. 410) ber fd^loertoiegenben
»emerlung ®rant>eBa« (bei Trüffel, Sriefe unb 3lften III, ©. 6. 10. Sgl. berf. Äarl V.
unb bie röm. Kurie mm III, %l XIX, »b II ©. 466), bem Urteile ©eiler« (bei
Seng III, 471) unb in ber Bimmemfd^en (S^ronif (ed. »aradf I, ©. 473 ff.), toirb man so
bie anflage nid^t ol^ne toeitere« (fo 5ßaulu«, §offmeifter ©. 205 ff.) afö 93erläumbung
l^infteBen bürfen. aber loie loeit bie etttmigen Serfel^Iungen burd^f bie ®egner, loie
toal^rfd^einlid^, übertrieben ftnb, läfet ftd^ nid^t feftfteBen; jebenfaB« büfete er, toa« freiließ
für bie bamalige ßeit nid^t al« ®egenbeloei« benu|t toerben barf, baburd^f bie SBert«
fd^ä^ung feiner ®Iauben«genoffen ni^t ein. ©eine ^rebigten im 2)om erfreuten ftc^ 66
bauember Seliebtl^eit (Opp. Calvini XII, 254), fo bafe er auf ben SJÖunfd^ be« Äaifer«
aud^ nacb bem äbbrud^ be« ®efj)räd^ in Slegen^burg berbleiben mufete. (5r frebigte oft
toiermal xn ber SBJod^e, fanb aber nod^ ^Äi, l^ier feine Loci communes rerum theo-
logicarum, eine umfangreiche 3ufammenfteBung bon ©teBen an^ ben Äird^enöätem, gu
boBenben (2)ruffel ©. 193). am 9. 3iuU 1546 toürbigte ber ®eneral ©erijjanbo feine 60
232 c^offmetfier ^offttttstQ
SBcrbienfte burd^ feine Ernennung jum ©encrafoifar über alle beutfd^e älugufttnetflöfter
(togl. ^Paulug ©. 415), aber nai) biefer Slic^tung ^at er feine toefentUc^e a^l^ätigfeit me^r
entfaltet, fortan ftanb er faft augfc^liefelid^ im 2)ienfte ber laiferlid^en ^PoKtif. 9?aci^ faft
breibierteljä^rigem 3lufentl^alt in Slegen^urg, J)rebi0te er auf 3öunfc^ be^ ßerjog^ 2BiI=
5 ^elm t)on S3aiem, ber i^n fc^on 6nbe 1545, toenn nic^t fd^on frül^er, ^atte ^aben tüollen
(Senj a. a. D. III, 471), bon @nbe ©ej)teniber an beinal^e äjtoei 3Bonate in SRünd^en.
llnb faum toar er bon ba in fein Älofter jurücfgefel^rt, ate i^n auftrage beö Colmarer
9lat^ t)on neuem jum ilaifer fül^rten. 2lm 15. Januar 1547 toar er bei biefem in §eU=
bronn, erl^ielt aber al^balb ben Sluftrag nad^ Ulm ju gef^en, „um bem armfelig berfü^rten
10 3SoIfe ju J)rebigen". §. ge^ord^te, unb toä^renb man in 9lom unb in irient mit be^
Äaifer« SSerfal^rcn, berfc^iebenen befiegten ©tänben ben gortbeftanb if^rer Steligion ju
garantieren, l^öc^jt ungehalten toax, toax Jp. in treuer ©rgebenl^eit gegen ben Äaifer bamit
ganj eint>erftanben, benn fo begrünbet er e«, freilid^ nid^t ganj im Sinne beö Äaifer«
©enj)anbo gegenüber: Vestrum (be^ Äonjil^) non cesaris est, religionis dogmata
16 proponere. ®abei forbert er bod^ tüie früher in Weniger Haren ate lebhaften 3lu^-
laffungen eine entfc^iebene Sieformation aud^ be^ 2)ogmaö (bgl. ©ruffei S. 187). 6ben
be^^alb fa^ er aud^ in ber 38erlegung be« Äonjife nad^ Bologna ein fc^loere^ Unglüdf
für bie flirc^e, namentlid^ in 2)eutf erlaub, ©o fc^rieb er an Seri})anbo am 14. 3lJ)ril
1547 aud ^iJOiingen, tpo er nad^ bem ^)ug be^ ftaiferi^ auf SBunfd^ be^ Jt'arbinal^
ao 2^rud^fefe gleic^faHi^ mit 35efel^rung0^)rebigten begann. 3lber faiferlid^er SBefel^l führte il^n
fd^on nac^ ac^t lagen nad^ Ulm jurüdf. ^fingften 1547 ^ielt er ein RccpM feiner ^ßro^
binj in Jpagenau cA, h)0 er bon neuem jum ^Probinjial ertoäWt lourbe. Seine Slrbeit
tpar jjebod^ ju @nbe. '^flad) Ulm jurüdgetel^rt Verfiel er in eine fc^tpere ^ranll^eit. @leid^n)ol^l
mad^te er ftd^, toeil ber Äaifer if)n jum Sleid^tag nad^ aug^burg berufen, auf bie Seife,
26lam aber nur bi^ nac^ ©ünjburg. ®ort ift er nac^ mel^ö^entli^em Äranfenlager am 21.
ober 22. 2luguft 1547 geftorben.
@r l^atte einen fd^loeren 2^ob, ber nad) ber SQSeife ber 3^^offen t)on ben ©egnern
atö ©otte^erid^t aebeutet lourbe. 6in toa^^^'^Ii^ i« Slug^burg entftanbene^ Flugblatt
(i)gl. 5latoerau, 3^® V, 346 f.) toie brieflid^e Seridbte looHten aud^ loiffen, bafe er in
80 SJerjloeiflung über bie toiffentlic^eSBerleugnung ber erfannten et>angelifd^en Sffial^r^eit ba^in^
gefahren fei. SWöglic^, bafe innere 3lnfed^tungen ben ©terbenben gequält ^aben, bie il^n
ju ©elbftanflagen loegen mangelnber Ireue toeranlafeten. ^a^ loöre bann ber Äem ber
©ad^e, über bie man neuerbingi^ bielfad^ geftritten l^at. 3Slan toirb aber bert $Rac^ric^ten
über feinen 3Serjtoeiflung^tob fd^loerlid^ eine größere ®laubloürbigfeit jufc^reiben bürfen,
36 al^ anberen gleiäjeitigen S3eric^ten, loie ftc bamate auf beiben ©eiten über ba« „fc^rerfs
lid^e ßnbe" ber firc^lid^en (Segner mit SBorliebe in Umlauf gefegt lourben. ^n ber^Pfarr^^
fird^fe ju ©ünjburg liegt er begraben, ©ein 2^ob tourbe bon ben Äat^olifen 35eutfc^tanb«
fd^loer emj)funben, unb mel^r nod^ aÖ frül^er lourben je^t feine SBSerfe gefc^^ä^t, namentlid^
feine beutfd^e ^ßoftiHe CPaului^ anl^. I, 5Rr. 17), bie Bearbeitung ber lateinifd^en §o=
40 milienfammlung, bie burd^ ben @id^ftäbter 38eil^bifd^of Seonl^arb Malier looQenbet unb
teon auf ber ©^nobe ju SKül^lborf 1553 bem baierifd^en Äleru^ emj)fol^ten lourbe
Slnbere ©c^riften, j. 83. bie Loci communes, lourben toielfad^ neu (herausgegeben, ©eine
93etäm^fung ber Augustana nal^m ^briduS SeobiuS in feine Harmonia Confessionis
Augustanae (6ol. 1573) auf unb noc^ 1597 lourbe fte inS ©eutfc^e überfe^t.
46 ^^eobor ^o(be.
^offttttitg (pl!PP., ihilg) l^at bag mit ber ©orge gemein, baft fte gleich biefer in bie
guhinft blidft, unterfd^eibet ftd^ aber toon il^r baburd^, bafe fte greubige« unb §eilfameS
toon ber 3w^*^f* ^tioaxkt ©ie ift ebenfo 8ebürfnig be«^ 5Wenfc^en ate einlieft feiner ur^
anfänglichen äuSftattung gegenüber ben taufenbfad^en Übeln be« SebenS (Dgl. bie gried^ifc^e
60 ©age Don ber ^Panbora, beren Süc^fe Dom mitleibigen Rm^ rafc^ gefd^loffen loirb, e^e
bie ^Öffnung entfc^lüt)ft, unb bie Dielen lemjjel unb 2utäre, loeld^e in 9lom ber Spes
errid^tet loaren) ; „am (Srabe noc^ J)flanjt er bie Jpoffnung auf" (©c^iHer). 9Jur über
bie ^öUe fd^reibt ^antt: „§ier leget alle« §offen ab", allein in if^rer natürlid^en ®e=
ftalt ate Stimmung unb SSerl^alten beS äv&Qoynog xpvnxbg ip fte ftet« mit gurd^t unb
66 3*'>^M ge^jart unb, toeil auf aSergänglic^e« gerid^tet, forttoäf^renben 2^äufd^ungen unter-
worfen. Spem metus sequitur. Spes incerti boni nomen est. Senec epp.
5. 10. $Rur auf bem Soben ber §eitöoffenbarung erfd^eint fie ganj afö ba«, loa« i|r
^axai befagt, toeil fte ^ier nid^t ein ©rjeugnt« be« bege^rlid^en ^erjen« unb ber lebl^aften
^pi^iantafte, fonbem SEBirfung be« j^feiligen ®eifte« ift.
^offnmts 233
2)ic Hoffnung ift ein ©runbbcftanbteil gottgemä^cn 9?erf)alten^ t)on Slnfang an unb
juglcic^ mit beni ®laubm gefegt, obgleich i^r 9?ame nod^ nic^t fofort genannt toirb ; benn
gleich bie erfte gSerl^ei^ung, bog $roteöangeIium, toeift in bie ßwtunft. So ift bie §offs
nung ba^ ber 3"^"ft jugetoenbetc Slngeftd^t be^ ©laubenö. (Segenftanb be^ ©laubeni^
im alten S3unbe \oax, bafe ®ott ba« 3SoIf ^^^^el angeftd^t« aller 3SöIfer ber Söelt, unb 5
bafe er bie 33ölfer ber SBelt burd^ ben ®ienft g^raete toerJ^errlid^en toerbe (gef 25, 6. 7).
2Hle« $eil ftel^t i^m be^^alb in ber 3"I"*^f*/ **"b <*w^ ^^^ ^ ©egentoärtige^ bef^t, ift
oxid Toyy jueUovTcov äya'&cbv (§bx 10, 1). ®arum ift ber ©laube in jener ^tit loors
iDiegenb Hoffnung (Stbrapam, Stö 4, 18 bi' ihniöi bilaxevoev) xxxit) f^ei^en bie ©laubigen
ol TtQogdexojuevoi XvrQcoaiv (Sc 2, 38). lo
2)ie neuteftamentlic^e S^t ift rcd^t eigentlich bie ^Ai be« ©loubenö : ü&avarig de
rfjg marecog ovxhi vno naiöaywyov iofiev (®al 3, 25). 3luf bie ^Äi ber ©chatten
ift bie 3rit be« SQSefeng gefommen : ffiir fmb ber Vergebung ber ©ünben unb be^ l^eiligen
©eifteö teill^aftig unb ftel^en burd^ ben ^l. ©eift in ©emeinfd^aft mit bem ©o^ne unb
bem 3Sater. S)er 1^1. ©eift ift baö toefentlid^e ©ut be« 5R3:^. aber nur nad^ ber ©eite i6
unfere^ ^erfönlid^en Seben^ freuen toir un^ feiner ©egentoart, mit unferem 3Raturleben
ftel^en kuir nod^ unter ben ©inflüfjen ber ©ünbe unb be^ 2^obe^. SEBir finb nun ©otte^
Äinber, aber e« ift nod^ nic^t erfc^ienen, toag Xoxx fein toerben (1 3io 3, 2). 2öa« nod^
fe^lt, ift bie ©eftalt ber öd^a (9lö 5, 2; 8, 18). 9lad^ bicfer ©eite ift ber f)l. ©eift
oTiagyri (SRö 8, 23), unb &Q§aß(bv (2 Äo 1, 22 ; 5, 5), unb unfer ©laube Hoffnung, 20
bie ba" gerid^tct ift auf bie SJerllärung unfere« Seibe«, ber ©emeinbe (S^rifti unb ber SBSeU.
3)arauö gel^t ^ertoor, baft fte bor allem rul^t auf ber 2luferftel^ung afö ber 3Serftärung
unfere« Äerm 3i^u ßl^rifti, ber Ajiagxr) ring xxixjeoyg] benn ß^rifti berflärte Seiblid^feit
ift ber Slnfang ber Söeltloiebergeburt. 2)a^er Reifet Sl^riftu« felbft fj ibiig (Äotl, 27;
1 2:im 1,1), unb e^ tritt bamit boH unb ganj ju iage, loie ©Ott, in bejfen eloigem 25
geitöj)lan aü bieö lounett, im alten S3unbe bie Hoffnung ber ©laubigen genannt toerben
nnU. 2)a nun bie Sßer^errlid^ung unb aSerllärung bie notlocnbige SJoHenbung bc« mit
ber SBiebergeburt gefegten neuen 2d>m^ ift, fo ba^ ber Sl^joftel aufrufen fann : „troffen
loir aBein in biefem Seben auf ß^riftum, fo finb loir iXeeivöreQoi ndvxcov äv^gco-
n(jav"f fo fann ba^ ganje G^riftentum nac^ feiner fubjeftil^en ©eite Hoffnung genannt ao
toerben (1 5ptr 3, 15).
2Rit ber ©rfd^liefeung i^re« bollen ^n^alte« ift a\x6^ fte felbft erft böBig geworben;
mit ber 6rl^öf)ung Gl^rifti jum ^riefter nac^ ber SBeife ÜJleld^ifebefö, gu einem ^priefter, ber ed
nic^t nad^ gefe^lid^er SSeftimmung, fonbem fraft unauflöi^lid^en Seben^ ift, ift eine beffere
Hoffnung eing^l^rt (§br 7, 19), atö im alten S3unbe toor^anben loar; bon ba an ift fiess
ein ainfer ber ©eele, ber in ba« 3lllerl^eiligfle be« ^immetö felbft geloorfen ift (Äbr
6, 18). ®ie neuteftamenttic^e Hoffnung fafet ftd^ be^^alb jufammen in bie gläubige Sr«
toartung ber Söieberfunft ß^rifti be« ßr^ö^ten, mit loelc^em unfer Seben offenbar loerben
loirb, unb finbet i^ren ^öd^ften 3lu«brudf in bem ©ebete: d/i^v, Sqxov, xvqie 'Irjoov,
mit loelc^em ba« 31%. abfd^liefet. 40
3tu« biefem g^^^Ite ber ©offnung ergiebt fid^, bafe bie 9ttd^tc^riften feine Hoffnung
f)abtti((Spf) 2, 12), unb bafe fie felbft il^rer 9Jatur nad^ eine unjtoeifclf^afte ßubofic^t ift,
bie nid^t ju ©c^anben loirb (So 5, 5). au« gnl^alt unb 9Jatur ber Hoffnung aber ge^t
^erbor, baft fte nic^t ti)[oa^ ^u bem ©lauben J^i^jw^ommenbe« ift. 2)ie Hoffnung ift
©laube, unb ber ©laube ift eine geloiffe ßwberft^t be«, ba« man ^offet (§br 11, 1). 45
aud^ toon ber Siebe ift gejagt Jidvta ibiiCei 1 Äo 13, 7). ©0 toerben benn ©laube,
Siebe, Hoffnung al« ein^eitlid^ toerbunbene Setl^ätigungen be« ßl^riftenftanbe« gufammen«
gefteüt i 2:^ 1, 3; 5, 8; ja al« bie nad^ 2lb||ug aller ©aben bteibenben ©runbbeftanbs
teile be« inloenbigen ß^ftenleben« 1 Äo 13,13. „®« ioo^nt bem ©lauben loie ber Siebe
fraft il^re« ©egenftanbe« bie Seftimmung ein, in unb burd^ fid^ felbft Hoffnung ju fein", so
fagt to. §arleft, 6t^., § 20. ©ie fommt bemnac^ al« gtoeifac^e« in Sctrad^t: al« ©abe
unb al« 3Ser^alten, al« loeld^ le^tere« fte in ber ©tl^if i^re ©teile l^at.
2)iefe Hoffnung aber loirb nic^t geminbert burd^ bie 3;rübfal; im ©egenteil, toir
rül^men un« ber 3:rübfale eben um be«loillen, loeil fte in ber ©qule ber ©rfaf^rung unb
Setoä^rung bie Hoffnung ftärfen (9lö 5, 3. 4). 35a loirb fte ^um §elm, ber un« bedft 56
(1 Xl^ 5, 8). 3)arum tritt bie Hoffnung in ber ©c^rift in bem 5Wafte ^erbor, al« bie
SJerfilnbigung ber (Snbueit l^erbortritt, in t)tn e«d^atologifc^en ©riefen 5Pauli, in ben ©riefen
^etri, in ber 2l>)of. ©ie ift bie ©eele unb ©runbfraft ber ©ebulb.
3)a fte eine djioxei/ievrj h xdig oigavöig ift (Äoll , 5), f 0 loirft fie eine l^immlifd^e ©efmnung
unb loirb mächtiger antrieb jur Heiligung, namentlid^ auc^ be«Seibe«(Äo 3,1.2.; 1 So 3,3). eo
234 ^offttttttg ^ofmattit
3in bcn elften Sal^rl^unberten ber d^riftltc^en Strebe, il^rer ^ugeiib^eit, trat bie $off=
nung mächtig in ben Sorbergrunb : aU e« i^r tüol^l tourbe in ber 2BeIt, trat bie ^off^
nung faft ganj jurüi 3)ic $Reujeit legt unö ia^ pxop\)ttx\i^t SBJort tüieber nö^er. a)ie
aBiffenf($aft bef^anbelt fte in ber (gt^il (bgl. bie trefflid^en Slu^fü^rungen t)on §arle^& unb
6 ^ofmann, femer SJifcfc^, ©^ft. ber c^riftlic^en Seigre), ßödler berfu^te in feiner theol.
natur. i$r eine felbftftänbige ©tette im t^eol. Sef^rf^fteme ju geben neben ber Dogmatil
unb ®tl&il ate ©I^jologie ; aber ftel^e bagegen b. §ofmann „^auKnifd^e SCf^eofofl^ie" in
ber S^^^^' für $rot. unb Äird^e, »b 39, ©. 195. »ui^riiifer f-
^ofmatttt, gol^ann 6f)r. 5?., geft. 1877. — OuelleniUnöcbrurftc »riefe, ©cfimib,
10 S3ermif(öte ^luffö^e Don ?rof. x>. ©ofmonn, Erlangen 1878; S3oIcf, 3:6eoI. ©riefe b. ^rof.
3)clitfc6 unb ü. .^ofmonn, fietpi. 1891; 4)ofniann« OJcbicfttc in 9(u«njal)I, ?(ndbad) 1898 (nld)t
im ©ucfilftanbeO. — SSoIföfirc^e, ^rauSg. t). Ünofe, Sa^rgong 1878; Sßoltf, Qur Erinnerung
an 3. e. Ä. v>. ^ofmann, (Srlangcn 1878; ®rou, SSifmar unb C'^pfmonn, Erinnerungen,
©üterSlo^ 1879; fiut^arbt, Erinnerungen auS üergongenen Sogen, 2. «ufl., 2e\pi. 1891
16 @. 76 ff.; finnbercr, 9ieuefte 3)ogmengefdjidjte, ^eilbr. 1881 S. 235 ff.; Sf^lppolb, ^onbb. ber
neueften m., 3. ©b, 93erlln 1890 6. 368 f.; gronf, ©efcfi. unb ilrillf ber neueren 3:^60-
logie. Erlangen 1894, 6. 248; ©roun im öericftt über bie 28. bat)er. ^aftoralfonfercnj,
9Jurnbcrfl 1898.
Siol^ann 6l^r. Ä. §ofmann — burc^ ben baierifd^en ßitoitoerbienftorben fj)äter bon ^of^
20 mann — ift am 21. ®ejember 1810 ui ?Rümberg geboren. 6r entftammte einer gamilie
be« Heinen Sürgerftonbe« ; fein 3Sater ftarb fo frü^e, bafe er il^n faum gefannt l^at, ba^
gegen burfte fid^ feine bon xi^m ftet« l^od^berel^e 5Wutter nod^ ber erften ©rfolgc il^reö ©ol^ne^
erfreuen, ^n ärmlichen engen 3Serl^äItniffen ift er l^erangetüad^fen : ber Änabe unb S^ng«
ling lernte unb ftubierte in bemfelben ^mmct, in bem feine SWutter il^ren fleinen ^anbel
25 trieb, gn bem ©Iteml^aufe Jpofmanni^ l^errfd^te bie ftrenge fird^Iid^e ©itte ber S3ürger be^
alten 92ümberg: bie töglid^en ^au^anbad^ten fel^Iten fo tDenig old ber jtDeimalige Jtird^en^
befuc^ an jebem ©onntag. ©0 toar benn ba^ befte ®rbe, ba^ er bon bort mitnal^m, bie
©elüö^nung an d^riftlid^ unb lirc^lic^e« Seben. SDen religiiJ« angeregten Äreifen 3Rüms
berg^ bagegen, bie ftd^ um 2Ränner h)ie 2^obia« Äiefeling unb Pfarrer ©c^öner fammelten,
90 ift er nid^t na^e getreten, ä^nlid^ toaren bie ©inbrüdte ber ©d^ule. ^ofmann befud^te
ba« ©Vmnarmm feiner aSaterftabt; e« ftanb unter ber trefflid^en Seitung R. 8. diotiß in
l^ol^er SItite. Slotl^ gel^örte m jenen feltenen ©d^ulmännem, bie, h>eil fie felbft fittlid^
ftarfe Sl^araltere fmb, ßj^aroftere ;iu bilben berftel^en. 9luf ßofmann h)ar fein ©influ^
ein tiefgel^enber; ber 3SerIel^r mit \f)m tourbe niemate ganj aSgebrod^en; er bauerte, auq
86 nad^bem 9lot^ 9lümberg berlaffen l^atte. Söenn §ofmann im §aufe feiner ©Item bie
©eipiffenl^aftigfeit bem äußeren SBerbanb ber flird^e gegmüber lemte, bie if^n ftet« aui^s
gejeid^net l^at, fo lemte er in biefer ©d^ule bie 2'reue ber arbeit, bie er fein Sebm lang
oeloie^: er l^at nie hrgmb eineSlrbeit ftd^ leidet gemacht. §örm h)ir enblid^, baft er fc^on
ci^ ©df>üler ftc^ maffenl^aft ©jjerjjte anlegte, fo tritt un^ bie metl^obifc^e art, mit ber er
io olle« m betreiben Ijflegte, fd^on in feiner ^ugenb mtgegm.
ajlit bem Sntfd^lufe, fic| bem ©tubium ber 3^eoIogie unb ber ©efd^id^te ju toibmm,
jegog er imßerbfte 1827 bie UniberfttätSrlangen; er f^Ioft ftd^ ber bamaligen Surjd^m-
d(K(ft an. unter bm tl^eologifd^m Se^rem übte ben h>€itau^ grögtm @inf[u^ auf bie
hibiermbe gugenb ber reformierte $faner unb aufeerorbentlid^e $rofeffor Ärafft. SBSäl^rmb
46 feine ÄoHegen mel^r ober tomiger jtüifd^en SRationali^mu« unb ©ui)ranaturali^mu« fd^hxmf =
im, ftanb er mtfd^ieben auf bem SBobm bc^ (Slaubmi^. 6ö ift bejeic^nmb für be^ jugmbs
Kd^m ßofmann ©tettung gum (Slauben, bafe er mit bem Sorfa^e nac^ ©riangm fam,
Ärafft nid^t ju l^ikm. 3)od^ ein einmaliger SSefud^ feiner 3SorIefungm, bm er, tomig
befriebigt t)on bem, toaö er fonft f^örte, mad^te, brad^te feinm 5pian ju %aü: er fd^Io|
60 ftd^ bm ©d^ülem Ärafft« an, begann feine 93orIefungm toie feine ^^Jrebigtm ju befu^m,
balb trat er il^m aud^ j)erfönKd^ nal^e. ?Wic^t nur für feinm ®Iaubm, fonbem aud^ für
feine tl^eologifd^e ©tellung toar bie« bon SBSic^tigfeit: Ärafft toar ein ©d^rifttf^eologe
unb tooHte nid^t« anbere« fein; man fann faum gtoeifeln, baft §ofman bei if^m feine
biblifd^e Slic^tung emj)fangm l^at. 3ltbm Ärafft toar e« Äarl t). Slaumer, mit toelc^em
56 er fc^on bamafe Saie^ungm anfnü}}fte, bie ein lange« Sebm ^tnburd^ beftanbm. ^a,
Kaumer« ®influ^ ift für fein J)erfönlid^e« G^ftmtum ber eigmtKc^ mtfd^eibmbe getoefm.
„Slaumer toar e«, ber mid^ meine ©ünbe erfmnen leierte", fagte §. am Segräbni«tage
be« väterlichen ^eunbe«. 3)er toeite, freie ®efid^t«fret« Slaumer« mag Jpofmann juerft
angejogm ^bm, benn in biefem fünfte toarm bie beiben fonft fo berfd^iebmm SKänner
60 einanber äl^nlid^ ; auc^ ßofmann betoegtm bie berfc^iebmftm 2intereffm, nebm feinm ge^
^oftnatttt 235
fd^id^tlic^cn unb tf^cologifd^cn ©lubien feffelte il^n ber ^aixbzt bcr $oefte: er gel^örtc, um
mit ®oetl^e p rcbcn, ju bcn ©I^afefj)eare5fcftm; aud^ in eigenen i)oetif(l^en 5Probu!tionen
toerfu^te er ftc^.
gm 3^^^^ 1829 toerliefe §ofmann Erlangen, um in Serlin feine ©tubien fortjujefeen.
®« tvax bie ^iit, in ber §egel unb ©d^leiermac^er, 9leanber unb §engftenberg bort neben 6
einanber toirften. ^ofmann jd^Iofe fid^ an feinen biefer 3Jlänner an; bielmel^r betoal^rte
er gerabe biefen (Setfte^f^eroen gegenüber jene ©elbftftänbigteit, bie i^m ftet« eigentümlich
getoefen ift. S)er ^j^ilofoff^ie fd^eint er niemal« naiver getreten ju fein. 2)a^ er
in ©c^leiermac^er ben SKeifter ber toiffenfci^aftlic^en 9Jletl^obe erfannte unb bere^rte,
braucht nid^t gefagt ju toerben ; allein bie ©inlDirlung ©d^leiermad^erd auf ßofmann lo
fättt in fj)ätere Q^xt: in Serlin fül^lte er ftd^ burd^ ©d^leiermad^er« 3Ü^eologie, befonber«
feine Sel^anblung ber ©d^rift, me^r abgeftoften al« ang^ogen. 9lod^ Weniger aU ©d^leier«
mad^er bermoc^te Jpengftenberg ©influft auf xf)n ju getomnen; ben gefd^id^tlic^en ©inn in
ber auffafjung bc« äl« mu|te er bei i^m aHjufe^r bermiffen (bgl. a:^eol. ©riefe ©. 13).
2)enn er lebte faft au^fd^liefelid^ im ©tubium ber (Sefc^ic^te. 3)abei toar c« ober nic^t i6
3Reanber, fonbcm £eo})olb S^anle, ber il^n feffelte. 3Son feinen 93orlefungen fd^reibt er,
ftc feien ipm täglid^ ein großer ©enufe. ^ßerfönlic^ ftanb er %t, b. SRaumer nä^er afö
jenem : er rül^t il^n, ba| er il^m forthm^renb mit 9lat unb I^at in l^iftorifd^en ©ad^en
i}mliq unb freunblic^ beiftel^e. 3)enn fd^on begannen ftc^ feine gefd^id^tlid^en ©tubien
auf einen beftimmten $unft )u lonjentrieren : bamal« fa^te ßofmann ben $lan m einer 20
©arftellung be« ßebennenfriegi^. ©0 böllig nal^m il^n feine Sefd^äftigung mit oer Oe*
fc^id^te ^in, baft er eine QÄt lang fd^toanlte, ob er nid^t bie 2^^eologie ganj aufgeben,
©efd^id^te unb ^Politif gu feinem Seben^berufe mad^en follte. Äarl to. Sflaumer, ben er um
SRat fragte, toiberriet entfd^ieben: i^n bünfte ein nur ber SJÖiffenfd^ft getoibmete« Seben
o^e Unterlage eine« J)raltifd^en ©eruf« nic^t iDünfd^en^toert (©rief b. 2. äuguft 1829). 26
gofmonn« tooetifd^e Steigungen erhielten reid^lid^ 9lia^rung burd^ ben 3Serfe^r im §aufe
SadEemagefe; einige an^ jener ^Ai erhaltene (Sebid^te geben babon Seugni«.
2lfö ßofmann bie Uniberfttät toerlie^, toar er nid^t ©d^üler irgenb einer ber l^err«
fd^enben toiffenfc^aftlid^en Slid^tungen in ber 2:i^eologie. @r ftanb auf bem ©oben be«
©laubeng, burd^ Ärafft toar er auf bie l^eilige ©c^rift l^ingetoiefen ; fo toeit l^atte er ao
©teQung genommen; allein ani) nur fo h^eit. Senn gegen ba« meifte, toai^ il^m fonfl
bargeboten toorben toar, ber^ielt er fi^ able^nenb; burc^ bie Serül^ng mit ben berfd^ie*
benften Slnfd^auungen fd^ien bie ©genartigleit feine« SBefen« nur geftäftigt ju fein. @r
felbft follte unabl^ängig feinen iDifjenfd^aftlic^en ©tanb>)unft einnehmen. 3)afür toar e«
bann ober toon ber ^ö^ften Sebeutung, baft feine ©tubienjal^re feinen S3lidf für ba« (Se* 86
fd^id^tlid^e gefd^ärft unb geübt ^tten.
3m §erbfte 1832 unterzog er fid^ ber tl^eologifd^en ^Prüfung ju 3ln«bad^ unb beftanb
fte mit bem beften ©rfolge. 3"»^ä^fM^i^" ^ ^W^ t^^B ^^^ 2eben il^n ber i^eologie
jufül^ toürbe. ©r übernahm ba« Slmt eine« Se^rer« ber ©efd^id^te, ber l^ebräifd^en
©l)rad^e unb ber SReligion am (S^mnafium ju Erlangen, jeittoeife erteilte er a\x6) Unter« 4o
rid^t im Sateinifd^en. 2)iefer gerij)litterten 2:l^ätiafeit entf})rac^en feine ©tubien: e« ift
eine bunte 3Wufterfarte bon ©djriften, bie er in emem ©riefe toom 15. DItober 1834 afe
toon i^m in ben legten SBod^en gelefen aufjä^lt: bie aJ)oftolifc^en ©äter, ©c^riften %^^
tullian« unb 6toj)rian«, Vereng, ßicero« Siebe für 3)lilo, ariftoj)l^ane«. S^öWd^ befc^äftigte
i^n ber $lan für ben 9leligion«unterrid^t be« näd^ften ffiinter«. 6rft ba^ er im ^a^xt 46
1835 Stejjetent bei ber tf^eologifd^en gafultät ju ©rlangen tourbe, gab in feinen ©tubien
ber 2:^eologie ba« Übergetoic$t. 9lun bertiefte er ftc^ in bie ©rforfc^ung ber ^eiligen
©{^rift. Unb fofort ergriff er bie fragen, toeld^en er feitbem feine befte £eben«arbeit
loibmete: bie Seigre t)on ber 3«f}>i^ötion ber l^eiligen ©d^rift, bon 2Bei«fagung unb (Sr«
füllung. ©efonber« eine ©orlefung über ©efd^ic^te '^^xaü^ beranla^te i^n, ftd^ mit bem 00
gSer^öltni« toon 3B3ei«fagung unb Erfüllung einge^enber m befd^ftigen. ©ereit« in einem
©rief avi^ bem §erbft 1836 legt er bie ©runbgebanlen oar, bie er ffäter in feinem ©uc^
über 2Bei«fagung unb Erfüllung borgetragen l^at. 35aneben brad^te er bie in ©erlin be«
gonnenen ^iftorifd^en gorfc^ungen ^um äbfd^lufe. 3m 3a^re 1837 erfd^ien bie ©efd^id^te
be« Slufru^r« in ben ©ebennen unter fiubtoig XIV. nad^ ben Duellen erjä^lt. ^toei 66
3al^re fj)äter beröffentlid^te er fein „Sel^rbud^ ber. Söeltgefd^id^te für ®\}mmfxm'' (2. ^uf»
läge 1843). 3)a« ^ud) enthält eine geiftreid^e Überfupt be« @nth>idfelung«gange« ber®e»
fd^id^te bi« jum norbamerifanifc^en greil(;eit«Irieg ; aber für bie ©d^üler, für toäc^e e« gu»
näd^jt beftimmt toar, ift e« fc^toerlid^ geeignet: e« bietet ju biet Urteil unb ju toenig
ilSiatfad^en. 3*" übrigen toanbte er ftc^ immer au«fd^liefelic^er ber t^eologifd^en 2lrbeit«o
236 ^ofmatttt
ju. 6r berfa^tc einen 9(uffa^ über ©a 3, l>er jeboc^ n\6)t gebrudt Sorben ift; anbcrc
aibf^anblungen beabfid^tigte er, ol^ne, tt)ie e^ jc^eint, ^u i^rer Slu^arbeitung ju fommen.
©tc betrafen ©egenftänbe, bie \f}n and) fj^äter befd^äftigten : SReld^ifebet, ben fined^t 3el^o=s
tool^; er backte einen Kommentar über Sac^arta ju fc^reiben. ^n biefe ^ixt fällt Ido^I
6 and) bag loon ©d^mib erlDä^nte ©tubium ^atoi S3ö^me^, ba^ auf bie Silbung feiner
Slnfd^auung ftc^er nid^t ol^ne ©influfe geblieben ift (logl. ©d^mib, 3Sermifd^te Sluffä^e ©. VI).
3lur bie Slb^anblung über bie 70 Saläre bc«3iw«»wiö^ ""^ i^i^ 70 ^af^rttjod^en be«3)aniel
ift toon ben arbeiten biefer ^af)xt jum SDrudf getommen.
gm ^a^xt 1838 habilitierte er ftc^ afö ^ritoatbojent bei ber tf^eologijc^en gafultöt.
10 gn feiner ^iffertation de argumento psalml centesimi decimi bel^au))tete er bie älb-
faffung biefe^ ^falmed burd^ SDabib unb beftritt er bie mefftanifd^e 35eiitung. S3ejeid&nen=
ber für feinen tl^eologifd^en ©tanbjpunft fmb biell^efen, bie er beifügte unb am24. 9)iärj
1838 t)erteibigte. g^ teile bie ^au))tfäd^Iid^ften mit: 1. Notione regenerationis sub-
lata tollitur omnis theologia. 2. Trinitas duplex est, aeterna et temporalis.
15 3. Disciplinae dogmaticae forma non minus historica quam systematica esse
debet. 4. Inter inspirationem veteris testamenti et novi idem differt, quod
inter spiritum Jehovae et spiritum Jesu Christi. 5. Qui de regno Christi
millenario dubitant, de rebus novissimis congrua suspicari nequeunt. 6. Pro-
phetae veteris testamenti praedieunt, fore aliquando, ut populus Israelitieus
20 in terram Canaaniticam redeat. 9. In Jes. 53 Israel propheta pro typo Jesu
Christi habendus est. 11. Epistolae quae inscribitur ad Hebraeos Paulus
auctor est. 18. Nunquam ecclesia pravioribus erroribus turbata est, quam
aevo apostolico.
SBSenn man jtüifd^en ©d^riftftellem unterfd^eiben fann, beren toiffenfd^aftlid^e ©nt«
25 toidfelung in ber Speisenfolge i^rer ©d^riften borliegt, unb anberen, bie erft ju fd^reiben
beginnen, nac^bem bie Silbung il^irer Slnfd^uung jum Slbfd^Iufe gebiel^en ift, fo gel^örte
§ofmann ju ben festeren, ©eine 2:^eoIogie toar fertig ; er ^atte nur nötig, fte bar^ulegcn,
bie (Srunbjüge, bie il^m feftftanben, im einzelnen au^jufüf^ren.
6^ bauerte nid^t lange, bi^ er bamit begann; er entlebigte fid^ attgemac^ beffen,
30 toa^ i^n anbertüärtg in 2mfJ)rud^ nal^m. ^m ^a\fxt 1840 Iie§ er fid^ feinet ©^mnafwl-
le^ramtg entbinben. @r erhielt ftatt beffen im ga^re 1841 eine aufterorbentlic^c ^rofeffur
in ber t^eologifc^en galultöt. 3" bemfelben '^af)xt erfd^ien ber erfte 2^ei( feiner Bd^xxft:
äBei^fagung unb (Sr^Hung im alten unb ntum Xeftamente. Sie 2. ^älfte folgte im
3a^e 1844, nad^bem §ofmann injtoifd^en (1842) einem Stufe an bie Uniberfität SloftodE
85 Jo'ö^ geleiftet ^atte. äfö ba« Sud^ erfd^ien, fannte man in ber 3:Seologie nur eine
boj)j)elte Sluffaffung beö Segriffg SJÖei^fagung : ber Slationali^mu« berflüd^tigte SBei^fagung
gur Sorl^era^nung, ^engftenberg toerfteinerte fte jur 3Sorl^erfagung. 2)em gegenüber fud^te
tofmann bie SBSeigfagung lieber in il^r Siedet etngufe^en, inbem er fie in bie genauefte
erbinbung mit ber ©ef^id^te brad^te. 2)ie ©efd^iqte felbft ift SBSeiöfagung : jebe ©nt^
40 toidelung^ftufe tDeift über ftd^ ^inaui^: fte trägt ben Jteim ber 3u!unft in ftc^ unb ftellt
fte be^^alb im boraud bar. ©o ift bie gange l^eilige Sefd^ic^te in allen i^ren h)efentlid^en
gfortfd^ritten SB3ei«fagung auf ba^ fd^liepc^e, etoig bleibenbe gSerl^ältni^ jlDifc^en ®ott unb
bem 5Kenfd^en. 5)ie ©rfd^einung S^u Sl^rifti auf ©rben ift Slnfang ber toefentlic^en ©r^
füllung, ber toefentlid^en, benn er ift ber neue ÜJlenfd^, baö ®egenbilb beö alten, aber nur
45 ber Slnfang ber ©rfüHung, benn ba« ^axüpt ift erft mit bem Seibe, ber ©rftgeborene nur
mit bem §aufe feiner ©rüber jufammen bie gSertoirflid^ung ber eh)ig gelDotlten, t)ollfom=
menen ©otte^emeinfd^aft. 2ln bie h)ei«fagenbe ©efd^id^te fd^liefet ft^ ba^ SBort ber
SEBei^fagung an: in xl)x f^at e« feine SQSurjeln unb ftet« gel^t eg neben i^r \)tx. Seibe
entfljret^en einanber. I)enn h)ie e« in ber ©efd^ic^te nid^tö giebt, >em nid^t ettoa^ &ötÜxA^
50 innelDo^nte, fo ift aud^ bag SEBort ber SBei^fagung toeber eine äufterung be« menfd^lid9en
(Seiftet allein, nod^ be^ göttlichen ®eifte^ allein, fonbem beibe gaftoren toir!en gufammen ;
in bem toeiöfagenben 5Wenfd^en tft (Sott lebenbig gegenwärtig. 3i*^ (Sinfd^nitt im Saufe
ber (Sefd^id^te l)at einen gortfd^ritt ber SQäeiöfagung jum ©efolge. SBSenn ©ott ber alt^
teftamentli(|en ©efc^id^te berfd^iebene ©eftaltungen giebt, fo legt er bamit bie berfc^iebenen
55 ©eiten bar, bie in ber ^Perfon 6l(;rifti jufammengefa^t unb bereinigt toerben. ^i"^*"^
reid^er alfo h)irb im 38erlauf ber ©efd^id^te bie SBei^fagung, in immer neuer ©eftalt tritt
fte auf: aber bai^ ^M, bem bie berfd^iebenen ©eftalten gutoeifen, ift ein einige«: ber er^
fd^ienene ß^rift. ®r ift bann toieber 3lu^ang«j)unft neuer SBei^fagung unb neuer §off=
nung, benn feine ßrfd^einung ift bie SSoraudbarfteHung ber enblid^en SSerfläning ber
60 ©emeinbe.
^oftttotttt 237
3)ie aufgäbe, bic fi6) §. für fein 93uc^ ftedfte, toar, btc ©efc^id^te ber Söeiöfagunfl
in biefem ©inne ju fc^rciben. (Sr fteHtc bamit bie gefamte biblifc^e ®efc^ic^te unter ben
®efic^t^l)unft ber ^eil^cjd^ic^te.
3ttö §ofmann t)on ©rlangen nad^ SRoftod überfiebelte, niod^te e^ fd^einen, ol^ toers
taufd^e er einen gro|en SBirfung^frei« mit einem fel;r Meinen, gn (Sriangen ^atte M 5
bie 3^^' fri"^ S^V^^^^ ^i^ ö"f f^unbert gefteigert, in SRoftocf laö er in feinen crften
3SorIefungen bor breien. 3)oc^ meinte er beffen getoi^ ju fein, baft er ben il^m t)on ®ott
getoiefenen 2öeg gegangen fei, ate er (Srlangen Verliefe • fo tourbe benn aud^ feine greubig^
feit burc^ bie geringe 3^^^ f^i*^^ Ö^rer ni^t gebänH)ft. Überbieö eröffnete fid^ il^m in
feiner neuen §eimat nad^ einer anberen ©eite l^in ein gdb für bie mannigfaltigfte X^ätia^ 10
feit. 3" SRedlenburg tvax man eben im Segriff, bie Untl;ätigfeit in fird^Iic^er ^infwpt
objufc^ütteln, toelc^e bie §errfc^aft be« Slationali^muö überall in i^rem ®efo(ge l^otte.
SKit frifc^em SKut unb glüdfüd^em ©elingen ging man an ba« SBerf: bie 5Dliffu)n«fa(^e
follte jur ©ad^e ber ganjen ßanbeöfirc^e gemacht toerben; in Sloftodf tourbe ein SSerein
für innere SRiffion gegrünbet, ben man auf ganj SRedflenburg au^jube^nen fud^te: man i6
errichtete ein SRettungö^au^, ^ielt SSorträge, erteilte ©efellen unb Se^rlingen Unterrid^t;
baig ÜKecflenburgfc^e Äirc^enblatt, beffen ©rünbung in jene 3^it f^t, fotltc ein 35anb ber
Bereinigung um bie ^Pfarrer be^ Sanbe^ jd^Iingen. Sflirgenbig fel(;lte bie 3Kitarbeit §ofs
manng, ben balb enge ^eunbfd^aft^banbe mit Äliefot^, flarften, ffiic^em berfnüpften.
aßa^ il^r befonbercn 3Bert t)erlic^, iüar fein Seftreben, ju bereuten, ba^ biefe firc^Iid^en 20
Unternehmungen ^Parteifac^e iDürben; be^^alb toax er gegen ben änfc^Iu^ ber SRedlen«
burger an bie SDreebener Sölif fiondgef eUfd^aft ; er toanbte ^c^ mit feinen greunben lieber
bem norbbcutfc^en 2Riffton^t)erein ju. „3lai) ©reiben getoanbt", Reifet e« in einem ©riefe
an ©d^mib, „bleibt unfer©treben ^arteibeftrebung, in Serbinbung mit Hamburg fönnen
tpir ed jebem nabe bringen, tDelc^er ju c^riftlid^er @rfenntni^ ertpac^t ift.'^ Surc^ alle^25
bieö tourbe reicplic^ erfe^t, tva^ feine afabemifd^e SBirffamfeit an äu^be^nung t>crs
loren l^atte.
Ser äluf enthalt in Stoftod tpcü^rte bii^ jum iperbft 1845; bann fe^rte $of mann nac^
©rlangen jurüdt. 3Smn er M aud^ über ben ^uf in bie §eimat freute, fo tl^at er
biefen ©c^ritt boc^ nid^t o^ne Sebenfen. @r fürchtete, in ©rlangen SRifetrauen unb 30
§inbemiffen ju begegnen, er fagte ftd^, ba^ er auö einer fegen^reid^en 2:i^ätigfeit fd^eiben
muffe, SRecflenburg loar i^m ju einer jloeiten §cimat getoorben. ©d^lie^li^ ftegte bie
Slücfftc^t, ba^ er in (Srlangen nötiger fei ate in Sloftodf.
SDie Befürchtungen, mit benen er feiner Slüdffel^r nad^ 93aiem entgegengefel^en I;atte,
jerftreuten fid^ rafd^. ^r feine Il^eologie fanb er bei ber ©tubentenfd^aft ®rlangen^ 86
einen em|)fänglid^en Soben. (So ift befannt, ba^ mit ber SRüdEfel^r Jpofmann« für bie
Uniöerfität eine Slütej)eriobe begann, ©einem 3wfö'""^^^irf^" ^^^ *>^" ^^^ ö'^c^*
gefmnten ÄoHegen ift fie ju t)erbanfen. Sr legte auf bie ©eifteögemeinfc^aft, bie i^n mit
i^en berbanb, ben größten SJÖert. SBSie aufriqtig fte toar, fie^t man j. 93., loenn er
lange nad^ ^öfling^ 2^ob ed ald eine ^flic^t gegen ben Heimgegangenen ^eunb erachtete, 40
beffen Slnfc^auungen gegen bie SRi^erftänbniffe Bta\)l^ ju öerteibigen (ögl. 3^^ 3lgf,
8b XLIV, 3luguft 1862). ©ie lourbe aud^ baburc^ nic^t serriffen, baft^ofmann in ber
SBiffenfc^aft h)ie in ber ^ßolitif toielfad^ feine eigenen SBSege ging. ^x\ toie furjer 3^^ ^
f\6) had aÖgemeinfte Vertrauen errungen ^atte, jeigte ftc^ barin, ba| bie Uniberfttät i^n
bereite für baö ^ai)x 1847—1848 jum ^jjrorcftor toäl^lte, unb bafe fie, toon bem ^er- 45
fommen abfe^enb, biefe Waf^l für baö '^a\)x 1848—1849 loieberl^olte. §ofmann fyiX
fec^mal ba^ ^Proreftorat gefül^rt; tü'xx öerbanfen i^m eine 3lnjaf^l ber trefflid^ften ^ßro«
reftorat^reben.
SBenn er fc^on in SRoftod an allem, toaig bie Sanbeöfird^e betonte, lebenbigen änteil
genommen l^atte, fo mufete i^m ba^ in 33aiem nod^ loiel nö^er liegen. ©0 begegnen 60
toir il^m benn foiDol^l bei ben Unternehmungen ber inneren toie ber äußeren üDliffion: er
gehörte bem ßentralau^fc^u^ be^ baierifd^en ^iffton^üerein^ an, mar 9lu^fd^u^mitglieb bed
Slettung^^aufe^ $udfen^of, beteiligte fid^ an ber©tiftung eine« SRägbel^aufe« ju®rlangen;
h)ie bei ben ^al^re^feften in ^udfen^of, fo l^ielt er bann unb toann aud^ im afabemifd^en
SKiffionöloerein, bei ben Berfammlungen be« ßrlanger ©uftaij-älbolfsBereinö unb ber baie» 55
rifc^en ^Paftoralfonferenj einen Bortrag. 3lfe ^^^omaftu«, ber langjährige Vertreter ber
t^eologifc^en gafultöt in ben baierifd^en ©eneralf^noben, eine SBa^l nid^t mel;r annal^m,
fanbte bie gafultät §ofmann jur ®eneralf^nobe be« 3^^^ 1873; aud^ an ber bed
3al^re« 1877 nai^m er al« Slbgeorbneter ber gafultät teil, ^n beiben Berfammlungen
tourben i^m nic^t unloid^tigc Slcferate übertragen, ßnblid^ ift ^ier noc^ §ofmann« Be= 60
238 ^ofmattit
tciligung an ber ^citfd^rift für ^Protcftantiömu^ unb Äird^c ju nennen. 3l\d}i lange, nad^^
bem er feine 2^ätigfett in ©riangen begonnen l^atte, trat er in bie Slebaftion ein; tin
toie t^ötiger ÜJlitarbeiter er toar, erfiel^t man au^ ber Sammlung bon 2luffä$en, beren
ätu^tüaf)! unb §erau^abe toir ©d^mib berbanlen. 3)er ^nf)alt ift ber mannigfac^fte:
6 balb bietet §ofmann bie ^d^te feiner ©tubien bar, fo befonber« in ben Sluffä^en ,,3"^
©ntfte^ung^gefd^id^te ber l^eiügen ©d^rift", balb be^anbelt er S^^^öfl^; ultramontanen
änma^ungen unb ®efc^id^töt>erbrel^ungen tritt er ebenfo fd^arf entgegen toie ben Sei^auj)-
tungen @tal;fe ober ^engftenberg^ ober ben änfd^auungen Äeimg unb ^Pfleiberer^.
Um ba^ 33ilb jetner öffentlid^en 2^ättgleit ju tooHenben, ift noc^ ein SBort über fein
10 SBSirlen al« ^ßolitifer ju fagen. ©r toar SBitglieb ber baierijd^en gottfd^titt^artei, beteis
ligte fid^ nid^t nur an bem j)olitifd^en Seben feinet SEBol^norted in freien SSereinen unb
oli^ ©emeinbebeöoHmäd^tigter, fonbem toar aud^ eine JRei^e toon ^af)xm Sanbtag«abgeorb=
neter für ©rlangen unb §ürtl^. SBenn e« ^ofmann leidet begegnete, ba^ man i^n nid^t
toerftanb, fo mn^U er bie« am meiften in 93ejug auf feine j)oliti|d^e Stellung erleben.
15 2Ber fic^ ju einer entgegengefe^ten ^arteianfd^auung befannte, erllärte i^n furjtoeg für
einen „j)olitifd^en X^eologen", unb meinte il^n gefennjeid^net ju l^aben, toenn er il^n mit
S^enlel jufammenftellte. 9lber aud^ fotc^e, bie nid^t jo leid^t^erjig neben bem ^artei-
ftonb^untte bie ©erecbtigteit t>erga^en, tonnten ftd^ in ^ofmannd %f)nn nic^t ftnben. @d
bünite fte unbegreiflid^, ba^ er ate ®lieb ber jortfd^ritt^artei mit 3Jlännem jufammen-
20 ging, bon benen er iDu^te, ba^ fie bem ®lauben unb ber Äird^e ganj anberd gegenüber-
ftanben al« er. Unb bod^ ift §ofmann« Stellung nic^t fd^toer j^u berfte^en. SBa« il^n
ber f^ortfd^ritt^artei mfü^rte, toar, ba^ biefe Partei allein ben (Sebanfen ber Einigung
3)eutfd^lanb« al« ^m in^ äuge fafete. SEBenn er babei bon ber Sorau^fe^ung au^in^,
bafe ilirc^lid^e« unb ^ßolitifd^e« gefc^iebene (Sebicte feien, toe^l^alb man auf bem einen mtt
26 SKönnem jufammenarbeiten fönne, benen man auf bem anbem entgegentreten mufe, fo
fragt e« ftd^ fel^, ob §ofmann mit biefer änfd^ung ber Äirc^e unb bem ©lauben mel^r
gej^abet l^iat ate biejenigen, toeld^e Äird^lid^e« unb ^Politifc^e« überall toermengen. (98gl.
bie mit h gezeichneten äluffä|e in ber äöod^enfd^rift ber ba^er. gortfd^ritt^artei.)
So mannigfaltig toar ^ofmann« ^l^ätigteit in Erlangen; bod^ bie ^au^tfac^e blieb
80 fein SBirfen aU alabemifd^er Selber unb al« Sd^riftfteHer. ^n feinen Sorlefungen er^
Härte er eine gro^e ^alfl, ber neuteftamentlic^en Sd^riften; bann unb toann la« er tool^l
aud^ über ein altteftamentlid^e« 33uc^; bie Slefultate feiner Sc^ftforfd^ung fa^te er ju-
fammen in feiner neuteftamentlid^en ©inleitung unb ®efd^id^te unb in feiner biblifqen
Sl^eologie; boju famen SBorlefungen über ^ermeneutif (^erau^eg. ö. SSoldE 1880), tl^eo^
86logifd^e ©nc^floljäbie (l^au^egeben D.Seftmann 1879) unb St^if (^erau^egeben 1878).
9Die SSn5iel;ungdfraft fetner Vorträge toar ungemein gro^. Rtoax t)on bem, toa« bie
3ugenb gunäd^ft getoinnt, befafeen fte nid^tö: fte erfd^ienen niqt in bem glängenben ®e=
toonbe ber Sll^etortf, man möd^te fagen, fte ttjaren toortlarg; nie trat ba« ®efü^l be«
KÄenben irgenbtoie in ben SSorbergrunb, bem ^^eilna^mlofen mod^ten fte fü^l erfd^einen;
40 aeiftreid^e $araffelen ju gießen, berfd^mäl^te er, er l^atte feiten Slaum für ein ßitat, faum
le jüx ^olemil, nie für eine ^)erföiilid^e Semerlung. dagegen feffelten feine SBorlefungen
burd^ bie ton\^qmnic 93efd^räntung auf ben ®egenftanb: man l^iatte ba« ®efü^l, einem
ftt^eren gü^er gu folgen, ber fein ^xd untjerrüdt im äuge l^at, unb befjen ^u| be^l^alb
niit bon bem redeten SEBege abirren fann. 3)agu lam ber flare, J)räjife, niemals ftiCs
46 ftd^enbe ober ftd^ in bie Sreite berlierenbe gortf^ritt be« ©ebanfen« : nu^t neben einanber
gefd^oben toaren bie®ebanfen, fonbem einSa^ toud^« au« bem anbem l^ert)or, e« büntte
einen, man beobad^te eine geometrifd^e Äonftmttion. SJaft bie 9ieu^eit be« Sn^alt«, bie
©roftartigfeit ber änfd^auungen nid^t o^ne (SinbrudE blieb, ift felbfttjerftänblid^. 3ilan irrt
tool^l nicpt, toenn man nod^ an einen ^ßunft erinnert: ^ofmann t)erftanb e«, nid^t« anbere«
60 ju fein aU ein äu^leger be« SJÖorte«; bie Schrift lie| er juSBorte fommen, getoiffml^aft
audy barin, alle« au^ bem ^te ju mtne^men, toa« er enthält, ol^ne SRüdfu^t barauf,
ob er äBege einfd^lug, auf benen er feinen SSorgänger l^atte.
Sieben ber Sel^l^ätiglett ging ununterbrod^en bie litterarifd^e arbeit, gn bemfelben
Sobre, in tüeld^em ber 2. S3anb bon SBeiöfagung unb ©rfüHung erfd^ien, enttoarf
66 ^ofmann bie ®mnbjüge ju feinem gtoeiten größeren SBerle, bem Sc^riftbetoei« (1. äuf=
tage 1852—1856; 2. aufläge 1857—1860). änfang« fd^toanfte er, ob er eine
Vorlegung be« biblifc^m Se^rin^alt« ober be« bogmatifd^en Sc^riftbett^eife« geben
foHte. @r entfd^ieb fwi^ für ba« lefetere, tpeil er eine rein gefc^ic^tlid^e Darlegung be«
Sc^riftinl^alt« nid^t für möglid^ l^ieU, unb toeil er l^ioffte, burd^ eine toifjmfc^aftli^e ^md)-
eo fü^mng bc« Sd^riftbetoeife« bem t)ringij)lojen Stöbem in ber Schrift toe^m ju fönnen.
^ofmantt 239
@inm toiHenfd^aftltc^en S3clüci^ für ba^ bogmatifd^e ©bftem aber ^ielt er für möglich,
h>eil baö 6l;riftcntuni ein breifad^c«, bon ber toiffcnfd^aftUci^en ^i^ätigfett bc« Ideologen
unabl^ängige^ 3)afem f)at: 1. in bem unmittelbar getoiffen I^^atbeftanbe ber 233icbergeburt
be^ ©Triften, 2. in ber ©efd^ic^te unb bem Seftonb ber Äird^e, 3. in ber ^eiligen ©d^rift.
§ierin fyd e^ ein breifad^e^ 3^wgni^ be« l^eiligen (Seiftet für jM^, beffen (Smflang mit ber 5
toiffenfd^aftUc^en Slu^fage be^ 2^eologen ber Öctoei^ für bie SRid^tigfeit ber le^teren ift.
§ofmann befd^änlte ft^ barauf, ben S3eh)ei^ au^ ber l^eiligen ©c^rift ju liefern, ^iegu
fal^ er fu^ beranket, ba er mit ber ^erfömmüd^en Slrt unb SJÖeife ben ©d^riftbetoei« ju
füi^ren nid^t einberftanben loar. ©in 35oj)^)eIte« tabelte erbaran: man betoeife nur einzelne
©ä|e, toä^renb bod^ ba«, toa^ beriefen toerben muffe, bo^ ®anje be^ ©^ftem« fei, unb 10
man betoeife mit einzelnen ©c^riftfteDen, ftatt mit bem ©anjen ber ^eiligen ©d^rift ben
S3etoei^ ju fül^ren. ßr forberte, ba^ a\x^ ber ganjen ^eiligen ©d^rift beriefen toerbe;
benn ba fte alö ®anje« ®otte« SBort ift, fo l^at fte überoD gleichermaßen S3eh)ei^haft.
®ag ©d^riftganje aber ift 35enfmal ber §eU^efc^ic^te. ®arum muffen toor allem bie
2:^tfad^en biefer ©efd^id^te jum 8eh)eife bienen ; bie Slnttjenbungen, toeld^e bon il^nen 15
gemacht, bie Siußerungen, iDelc^e über fte get^an toerben, fmb in jtoeiter Sinie ju berücf*
fw^tigen; fte bienen jur richtigen SÄuffaffung jener 2:^atfad^en. 2)ie Dogmatil benennt
bie 3;i^aci^en, in toclc^en ft^ ba« in ß^rifto bermittelte Ser^öltni« jtoifd^en ©ott unb
ÜRenfd^l^eit toertoirlUd^t ; für jebe berfelben ift ber Setoei« fo ju führen, ba^ man fte burc^
aUe i^r entf})red^enbe ©tufen ber l^eiligen ®efc^ic^te ^inburd^ begleitet. Um aber ben ao
jebe^maligen 3lu«brud ber ©(^ft richtig ju toerftel^en, ift e« nötig, i^n in feinem gefd^ic^ts
liefen 3wfö»"»n«n^ange m erfaffen; benn bie l^eiligc ©^rift felbft ift gefc^id^tlic^ geartet.
9lur bann, toenn ba^felbe S^atfäd^lic^ ben ^ni}alt bon ©Vftem unb &d)xxft au^mac^t,
boenn aSe 3^atfad^en be« ©vftem« bie ganje, in fad^gemäßer Orbnung berglic^ene ©d^rift
für ftd^ l^aben, na(^ SBefen unb Sebeutung, nac^ 3>!^^*# 2lu«bruc! unb SKafe; enblid^25
toenn bie ®efamtgeftalt be«©vftem« unb bie ber©c^rift einanber burdJKiu« entfj)red^en —
bann ift ber ©c^riftbetoei« für ba« ©^ftem geleiftet.
Um biefe ?Jaffung be« ©d^riftbetüeife« toar e« §ofmann mit feinem Sud^e eigentli^
ju tl^un. aber er erfannte fofort, baß bie Söfung biefer Slufgabe nottoenbig machte, bie
®runb2üge feiner Dogmatil ju entb>erfen. ©eine bogmatifd^en Slnfd^auungen fotpo^l in so
tinfw^t be« 3*^^^^^ h)ie ber 5Ketf)obe tbaren bereit« abgefc^loffen. 2)er gnl^alt toar ba«
efamtergebni« feine« ©d^riftftubium« ; über bie SRet^obe ^atte er ftd^ bereit« im SBinter
1844/45 unumtounben au«gef})rod^en. ^n ber ©elbftangeige bon „2Bei«fagung unb ®r*
füHung" im medflenburgfc^en fliri^enblatt lefen toir: „2)er erfte unb näc^fte SBeg, auf
Ibeld^em bie 2:i^eologie fid^ i^re« ^nbal^« toieber berfid^em fann, gel^t bon bem aUgemein* 86
ften ber ijerfönlid^en §eil«erfa^rung au^, toeld^e« ben ß^riften jum ßl^riften mac^t, unb
fül^rt bon ber unmittelbar getoiffen 2:^ad^e, loelc^e ben S^l^^lt berfelben bilbet, auf bie
9Sorau«feftungen biefer 2:^atfac^e, tbeld^e alfo felbft toieber Sl^iatfad^ fein muffen. SBie
ber ®efd^ic^t«forf(^er au« bem 9lec^t«juftanbe einer 3^'* ^^ ^^^ borau«gegangenen a^^ot^
fad^en toefentlid^ erfennt, toelc^e jenen herbeigeführt l^aben; loie ber $Raturforfd^er an^ bem 40
@rgeugnifje einer Steige bon SBeltberänberungen biefe felbft, bie Urfad^en au« ber SBirfung,
inne toirb, fo finbet ber Il^eologe in ber SCl^atfac^e ber SBJiebergeburt bie ganje ^eilige
®efd^id^te i^en loejentlid^en (grgebnifjen nac^ jufammenbefc^loffen, unb fann änfang unb
gortfd^ritt berfelben au« jenem borläufigen 2tbfd^luß berfelben l^erftellen. Ober l^t nic^t
ba« 3Ser^alten ®otte« in S^rifto ju nn^, beffen loir burd^ })erfönli(^e erfal^rung getotß 46
fmb, äße« ba« jur aSorau«fe^ung, unb ift (Srgebni« bon allem bem, toa« ben loefentlid^en
3n^alt ber §eil«gefc^ic^te au«mac^t?"
§ier ftnb bie Öebanfen au«gef})rod^en, bie im ©d^riftbeloeife toieberl^olt toerben: 3)ie
erlenntni« unb 2lu«fage be« ß^riftentum« ift bor allem ©elbfterfenntni« unb ©elbftau«*
fage be« Soften, ffiebcr Beitreibung ber d^riftlid^^religiöfen ®emüt«juftänbe, nod^ 60
aSiebergabe be« Snl^alt« ber ©c^rift^ unb flird^enle^re, noc^ Verleitung ber c^riftlid^en @r»
fenntnifle au^ einem oberften ©a^e ift bie bogmatif(^e 3:i^ätigfeit, fonbem (gntfaltung be«
einfad^en 3:I;atbeftanbe«, toelc^er ben ß^riften jum Qi)x\\ttn mac^t, jur Darlegung be«
mannigfachen Sleic^tum« feine« ^ni^alti, ®er einfac^fte 9lu«brud jene« S^atbeftanbe« ift:
3n e^rifto Sefu bermittelte ferfönlic^e ®emeinfc^aft ®otte« unb ber aJlenfd^^eit. ßnt^ 66
faltet ber Ideologe feinen ^nf^ait, fo fommt e« ju einem gefc^loffenen ®an3en, in bem
olle einzelnen ©ö^e il^ren nottoenbigen Drt l^aben, mit unberbrüc^lic^er $RottoenbigIeit
aufeinanber folgen, ^eber ©a| ift au«fage einer J^atfad^e, toeld^e in ber ©emein'teaft
gtoifd^en ®ott unb ber SKenfd^^eit borau«gefe^t, gegenwärtig ober getbci«fagt liegt. i)enn
ba« 33cr^ältni« ®otte« unb ber 9Kcnfd^I;eit, toie e« in un« gegenwärtig ift, giebt fid^ eo
240 ^ofmatttt
cinerfcitö aU gcfd^ic^tUc^cr 3Soffjug cinc^ eh)igcn 9?er^ältniffe^, anbcrerfeitö aU bic 3Jlittc
ber äSoHjug^cfc^ic^te biefe^ l4tereu ju crtcnnen. ^a^ ©tüige ate SSorau^fc^ung be^
©efc^ic^tlic^cn, bamit beginnt ba^ Bi^\km; ba« übrige ift Vergangenheit, ®egenh)art unb
3uiEunft ber SJottjug^efc^ic^te jene^ elDigen 35er^ältniffe^. 3)ie SSergangenl^eit erfennt
5 man an ber ©egentoart ol^ gefc^id^tlid^e 3?oraug|efeung, bie 3wfw"f^ ^'^ gefd^id^tlic^e ©r-
füHung berfelben. 3)iefen Slnjc^auungen gemäft geftaltet ftd^ nun ber ^n)^ait be^ S^ftem^.
3)aö ßtoige, toeld^e« SSorau^jei^ung be« ©efc^ic^Üici^en ift, ift bie göttliche 2:rinität unb
bie ^Präbeftination. SDie gefd^id^tlid^en 9Sorauöfe$ungen beginnen bamit, ba^ bie etoige
©lei^^eit ber Irinitöt fi(^ umfefet in eine gefd^id^tlic^e Ungleichheit; eö folgen bie
10 ©d^ö^fung unb ber gatt be« SRenfqen, bie 3Sorbereitung bcg §eifö im alten S3unbe, bie
©rfd^einung unb ba^ Söerf ß^rifti. ^n bie burc^ ß^riftu^ Vermittelte ©emeinfd^aft mit
®ott gelangt ber einzelne burd^ ben S)ienft ber Äir^e* bie Selbftbet^ätigung bedßl^riften
aber ift Setl^ötigung feine« Siebeöge^orfam«. 2)ie SJoHenbung ber ©otte^emeinfd^aft
enblic^ fällt in bie ß^'w^^f*-
16 ^ofmann« SBerf erregte nid^t nur auffeilen, fonbem ebenfobiel Slnfto^. SJomel^mlic^
gegen feine gaffung ber UJerföl^nung^le^re rid^tete fic^ ber 2Biberft)rud(>. (Sr ^atte bie
£e|re toon ber ftellt)ertretenben ©enugt^uung beftritten. 3Ban toarf i^m be^^alb bor, er
l^ebe bie firc^Iidyc Serfö^nung«- unb Slcc^tfertigung^le^re auf, er öemeine nid^t nur ba«
lut^erifd^e, fonbem ba« allgemein c^riftlidj^e Sefenntni«, bafe burc^ ben 3:ob be« (Sott^
20 menfc^en für bie ©ünbe ber abamitifd^en SRenfc^^eit Der göttlichen ©ered^tigleit ©enüge
geleiftet fei. ßofmann ^atte 2öiberf))rud^ ertoarlet, um fo Uid)ttt tourbe e« i^m, ju
fc^toeigen; boc§ fa^ er fid^ enblic^ genötigt, fein ©d^toeigen ju brechen. 6r tf^at c« tn
ben „©c^^u^fd^riften für eine ncueSJBeife, alte ffia^rl^eit ju lehren" (4§efte, 1856—1859).
§ofmann fe^te ben ©treit nic^t fort; er toanbte ftc^ einer anberen ©eite ju; nun
25 ba er auf bem §öl^e))unfte feiner Äraft unb feiner I^ätigleit ftanb, nal^m er btc Slrbeit
an ber ^age auf, toelc^e \!^n im Seginn feine« iDiffenfd^aftlic^en fieben« bor anberen
angezogen ^atte: er fud^te bie Se^re toon ber S^^fJ^i^^^^on flar ju ftellen. 3)enn i^m
genügte ebenfotoenig, toa« bie alte Dogmatil ate h)a« bie neuere il^eologie in biefem
fünfte leierte; l^ier toie bort fanb er ben gleid^en SJlangel: bogmatifci^e 3tu«fagen über
80 ettpa«, ba« ftc^ bogmatifd^ nid^t feftfteQen lä|t, fonbern eine gefd^id^^tlid^e Unterfuc^ung
verlangt. 6r forbcrte ©c^eibung jtoifc^en bem, h>a« Slufgabe ber 2)ogmatif unb toa^
älufgobe gefc^id^tlid^er Unterfuc^ung ift: in ber Dogmatil l^anbelt e« ftd^ um bie (^eilige
©d^rift über^au}}t; h)0 e« fid^ um bie un« üorliegenbe l^eilige ©c^rift banbelt, ba be-
finben h)ir un« auf bem ©ebiete gefc^ic^tlic^er Unterfuc^ung. SÖSa« §ofmann glaubte
85 bogmatifc^ über bie ©c^rift au«fagen }u fönnen, ba« ^atte er in bem aibri^ feine« ©^=
ftem« im ©d^riftbetoeife in ben jtoei ©ä^en au«gefJ)rod^en : ^^xad beburfte, um für bie
aSertpirflid^ung ber loolllommenen ®otte«gemeinfd^aft bereit gu fein, einer ßufömmenfaffung
ber auf ß^riftum loorbilblid^en ©efcj^ic^te im 2Borte, alfo eine« entfj)red^enben ©d^riftbenl^
mal« berfelben, beffen §erftellung ein SBerf be« Seifte« ®otte« ift. Unb bie ©emeinbe
40 gefu ß^riftt bebarf, um Don bem Slnfang i^rer ©efd^id^te jum (Snbe berfelben übergeleitet
JU iDerben, eine« bleibenben 2)enlmal« i^re« änfang«, ba« burc^ bie Söirfung be«felben
©eifte« gefu ß^riftt, burc^ ben fte felbft getoorben, ^ergefteUt toorben ift. 2)en Setoei«,
bafe bie neuteftamentlid^e ©d^rift biefe« 3)enfmal ber anfang«gefc^id^te ber ©emeinbe fei,
ba^te §ofmann in feinem l^ten großen SCBerf e ju liefern (bie ^eiliae ©c^rif t neuen S^efta^
45 ment« jufammenl^ängenb unterfuc^t). S« toar eine umfänglid^e aufgäbe, beren Söfung er
begann; nad^bem er bie einzelnen SBeftanbteile be« neuen 2^eftament« unterfud^t, backte er
ben ©efamtinl^alt berfelben in einer biblifd^en ©efc^^id^te unb einer, biblifc^en 3:i^eologic
be« neuen Seftamente« jufammenjufaffen, barauf bie (gntfte^ung«gefc^id^te be« neuteftament^
Kd^en Äanon« ju unterfud^en, auf ©runb beffen bie gefamte Sefd^affen^eit biefe« ©c^rift-
60 ^anjen in ber 3lrt ju jeic^nen, ba^ fid^ erlennen lie^e, toeld^er 3trt bie SBirfung be« ^ei-
ligen ©eiftc« gelDefen ift, burd^ toelc^e e« J^erüorgebrac^t iDorben. 3)en ©c^lu^ be« ganjen
aEBerle« follte eine Unterfuc^ung be« 3Serl^ältniffe« be« neuen jum alten ^^eftamente unb
eine Überfe^ung be« neuen bilben.
§ofmann hoffte burd^ feine Slrbeit bie 23orftellung von ber 3nf))iration ju flären;
66 ober e« log i^m bod^ nicht nur baran. ©onbem toie er in feinem jlDeiten 3Berfe ju ber
rid^tigen SKetl^obe be« ©döriftbetoeife« Anleitung gu geben fud^te, fo in feinem britten ^u
ber rid^tigen ejegetifd^en SKct^obe: an bie ©teile ber ©rflärung be« einzelnen follte bie
Sle^jrobuftion be« ©efamtgel^olte« be« betreffenben ©d^riftftüd« treten.
@« iDar 'x\)m nid^t befc^ieben, ba« SJÖerf ju Vottenben. SSon 1862—1878 erfd^icnen
üo 8 2:eile, entl^altenb fämtlid^e Sriefe mit 3lu«nai^me ber jol^ianneifc^en unb ba« ßvangelium
^ofmatttt ^ofmeifter 241
bc3 Sufoö. ©(^on bcr ad^te Seil ift nid^t mel^r toon i^m boHenbet. SDenn nad^ furjem
Ätanfenlaoer tft er am 20. 2)c;;ember 1877, bem gSotabcnb feine« 67. ©eburt^tage«, ge«
ftorben. ®ie Äird^e unb bie SJBiffenfc^aft, äße bie i^m j)erfönUc^ ito^e ftanben, mögen
feinen %oh beflaaen • tl^n felbft mufe man barum glüdtlid^ J)reifen : e« ift fd^ön, l^intoegju^
ge^en in botter Ätap. 3Rad^ ÜKanuflrij)ten unb SBorlefungen ^.ö l^at Soldf bag unboH^ s
enbete SBerf ergänzt burd^ §erau^abe ber jufammenfaffenben Unterfuc^ung ber einzelnen
3m. ©d^riften 1881, ber Siblifc^en ®efd^i(^te be« m: 1882 unb ber »ibl. Ideologie
be« 9KE 1886. «aiiif*
^ofmeifter, ©ebaftian, geft. 1533.— Ouellcn: 9R. Äir^Het, @eb. SSagncr genannt
^ofmciftcr. giiricölSOS; üSlUai^, 3)ic ©^aff^oufcr @(f)riftfteacr üon bcr SReformotton bi8 jur lo
©cgcnroart, ©djaff^aufen 1869 ; (5. ©runncr, S)a« olte gofingcn unb fein ß^or^errcnftift,
«arau 1877 ; @. 58-59; «b© XII, 643 (ü. «. @*umann); SR. @tft^clin, ^ulbx. 3n)ingli,
»ofel 1895—97, 2 ©be.
©ebaftian §ofmetfter, in ber ©J)rad^e ber §umaniften Difonomo« genannt, geboren
1476 in ©c^affl^aufen, »ar ber ©o^n eine« SBagner« unb iDurbe be«^alb frül^er, fo nod^ i6
toon Äir(^(;ofer, irrtümlich mit bem Flamen „Söagner" bejeic^net. S^crft in ©c^aff^aufen
Sarfüfeer-ÜKönc^, begab er ftd^ nad^ ^ßari«, ftubierte bort fünf ^ahxt lang nid^t nur bie
ßafftfc^en Bpxad^m, fonbem auc^ ba« §ebräif(^e unb Ui}xk oI« i)oItor ber l^eil. ©d^rift
1520 in feine SBaterftabt jurüdf. $Rod^ im gleid^en ^oi^xi tourbe er Sefemeifter im Älofter
feine« Drben« in 3^^^ ^^"^ W^i V^^ ^"0^ greunbf^aft mit U. 3^"^9li^ beffen ©in- 20
flu^ entfd^eibenb auf i^n toirfte. S3alb toieber nad^ Äonftanj unb 1523 nad^ Sujem ber*
fe|t, begann er l^ier reformatorifd^ t^ätig ju fein, bi« eine 3lnflage gegen i^n an ben
Stfd^of erfolgte unb i^n lieber au« ber ©tabt Dertrieb. ©r ging nad^ ©c^affl^aufp jurüdf
unb trat nun al« ^rebiger in ber Jpauj)tlird^e fo fräftig gegen bie lirc^üd^en ÜKi^bräud^e
auf, ba^ er einen 3^eil ber 93eh)ol^ner entfd^ieben für bie Steuerungen getoann, einen an- 25
bem aber — unb ben jur 3^^* "oc^ mächtigem — gegen ftc^ aufbrad^te. ^e Serbin«
bung mit 3^i"0'^ ^^^ toeld^em er brieflid^ öerfe^e (Zwinglii Opera, ed. ©(^uler
unb ©d^ult^efe, tom. VII, p. 146. 289, tom. VIII, p. 166. 348), jog ben gefd^ä^ten
©ele^rten in bie allgemeine fc^toeijerifc^e Setoegung l^inein. ©eine ©d^rift: „©in treutoe
ermanung an bie ©trengen, Sblen, feften, frommen unb toeifen ßibgenoffen, ba« ftd^ nit so
burd^ ire falfc^en pxopi}üm berfürt, ftd^ toiber bie lere ß^fti fe^enb", lam 1523 in jtoei
3lu«gaben ^erau« (SBetter, Repertorium typographicum, SJörblinaen 1864, 3lx. 2455
unb 2456) unb hjurbe, loeil anonym erfd^ienen, anfang« bem ^üxq^ Steformator felbft
^ugefc^eben. S3alb barauf folgte eine: „SÄnttourt uff bie ableinung boctor 6dfen« bon
^ngolftatt, Qtti}an uff bie toibergef(^rifft §ulbr^(^ 3^i*^0K«, uff fei ^iffigen an ein lob^ 86
lic^e ©^bgnofc^afft" (0. 3., aber toor 1524, SBeDer a. a. D. 3lx. 3817, aber mit unrid^«
tiger 3)atierung).
Sefonber« gefürd^tet hjar Dr. ©ebaftian ober „Safc^ion" al« 2)i«J)utator. SJBie er
fd^on im ganuar 1523 in 3üric^ bem 9leligion«gef))räd^ jtoifd^en 3h)ingli unb bem ©eneral«
toilar j?aber bon Äonftan^ beigeloo^nt j^atte, fo tourbe er jur jhjeiten 3ürd^er 2)i«j)utation 40
t)om Df tober 1523 gegen bie SBiebertäufer, unb jloar al« einer ber $räfibenten, berufen,
unb al« 1524 ein ®ef))räd^ in 3l))>)enjeJ[ beabftd^tigt hjar, j^ä^lte man toieber auf i^n.
Um il^m in ©d^aff^aufen entgegenjutt)irlen, beriefen feine (Segner einen Serteibiger be«
alten ®lauben«, ben Dr. @ra«mu« Slitter au« Saiern. Dbtt)o^l nun auc^ biefer fid^ balb
bon ber SBal^^eit ber neuen fie^re überzeugt unb bem Sleformator an bie ©eite trat, 45
mu^e bod^ ^ofmeifter fc^lie^tid^ 1525 ioeic^en. 6r lourbe aufgeforbert, öon ber Uniber«
fitöt Safel ein 3^"0*^i^ \^^^^^ SRed^tgläubigleit einjul^olen, unb ba ein folc^e« nid^t erhält?
lic^ toar unb ^ubem toäl^renb feiner 9lbn)efen^eit m ber ©tabt ein 2^umult au«bra(^, al«
Unru^eftifter berbannt. 6r erl^ielt erft eine ©teile in 3^^^ ^^ ^Pfarrer ber graumünfter«
firc^e; allein fc^on in ben erften S^agen 1526 erfc^eint er ioieber in (Sraubünben al« Seiter so
be« toid^tigen 9leligion«gef))rä4ie« )u ^lanj, beffen SSer^anblungen er al«bann bearbeitet unb
im ®ru4 ]^erau«gegeben l^at (SBeUcr, a. a. 0. 9lr. 3816). (Sbenfo begab er fu^ toieber
im 3önuar 1528 jur 3!)i«})utation nad^ S3em; er lourbe l^ier auf 3^in0K^ ©mjjfeblung
jurüdbel^alten unb al« ^Profeffor ber ^ebräifd^en ©frac^e unb Jlate^etif angefteUt. älber
aud^ bicfe 2:i^ätigfeit toertaufc^te er bereit« am 6. 5Wai auf SBunfc^ ber Serner Slegierung 66
mit berjenigen eine« ^rebiger« )u 3«>P'i0^'i^ ^0 einerfeit« ba« reiche ß^or^errenftift, anber«
feit« anaba))tiftif(^e 3lgitationen ber neuen fird^lid^en Drbnung befonbere ©c^loierigfeiten
bereiteten. 3m ^ja^re 1531 fanb er in ®eorg ©tö^elin (S^alvbäu«) einen eifrigen ©e«
l^lilfen, aber am 26. ©ej)tember 1533 — nid^t am 26. 3uni, toie man früher angenommen
9lca(>ftitc9r(opttbie für X^eologic unb mxätt. 8. 9(. VII r. |Q
242 $ofmetfier ^offiebe, $etru^
f^ai, \. ®. ©äf^elin« ©e(bftbio0ra})l^ic, ab^cbrudfi in Miscellanea Tigurina, Sixx\(!l)1724,
%Äl II, ©t. 690 — enbetc fem Scben infolge cineg Sc^Iaganfattc«, bcr i^n jtoei %aQt
toorl^cr auf ber Äanjel getroffen ^otte. §ofmeifter gilt afö ber Sleformator toon ©d^affs
l^aufen, obtool;! ber (gntfid^eib bafelbft erft lange nad^ feiner ©ntfemung ftattgefunben fyat ;
6 iebenfoD« toar er einer ber gelel^rteften unb geloonbteften unter ben fc^toeijerifc^en SRefor^
matoren, unb e^ ift loo^I nur feiner nid^t blofe in äufeeren Urfad^en begrünbeten Slul^es
lofigfeit pjufd^reiben, toenn feine ^Perfon nid^t nod(| me^r l^ertoorgetreten, ber ®influ^ feiner
Xl[lätigfett nid^t noc^ fid^tbarer gctoorben ift. ^(oef^.
^offteK ?etru«, geb. am 16. ^pxxl 1716, geft. am 27. 5Roöember 1803. —
10 Dr. g. % be©ic Het leven en de werken van Petrus Hofstede, SRotterbam 1899 (5)iffcrtalion);
S^rift. (Btpp, Joh. Stinstra en zijn tijd, 2 dln., «Imfterbam 1865, 1H66; 3- S>Qrtog, De
Oranje-predikanten en hunne tegenstanders (in „Geloof *enVrijheid*'1875); 6. 3). »an ^ecn,
lets over de Studie der theologie te Groningen in de eerste helft der achttiende eeuw (in
„Historische Avonden" ©animlung, öcrau^gegcben üon ber ^iftor. ®c|enf4Qft ju (äJronlngen,
16 Groningen 1896, blz. 242—264.)
5Petru^ §offtebe entflammte einem belannten ^Pfarrergefc^led^te. @r tourbe am
16. SlJjrU 1716 ju ^wiWaren in ber ^rotoinj 2)rent^e geboren unb in ©roningen, loo
fein SBater 3io^. §ofjtebe (geft. 1736) feit 1720 ^Pfarrer toar, erjoaen. SJac^bem er an
ber bortigen UniDerfttät, too u. a. Slnt^. 2)riefeen unb 2)an. ©erbe« (f. b. ä. S3b VI,
ao ®. 545) feine Se^rer loaren, unb in ^anefer, too bamate Jperm. 3Sencma loirfte, 3;^eo=
logie ftubiert ^atte, tourbe er 1739 Pfarrer ^u änjum in ber^Probinj ^ieSlanb. 3)amac^
loar er ^Pfarrer in ©teentoiil unb in Doft^ß*^"*^^*"^ ^^^ ^ ^^ ^obxt 1749 einen
3luf nad^ Slotterbam erj^ielt. 9(fö er ftd^ bann im ^ai^x^ 1770 entfc^lo|, au« ©efunb-
^eit«rüdfid^ten ftd^ emeritieren ju laffen, ernannte bie ftäbtifc^c ^Regierung il^n am 6. 9Rärj
25 biefe« ^al^re« )um professor honorarius mit bem 9luftrage, bort an ber „iUuftren''
©c^ule Sorlefungen über flird^engettif^te unb Slrd^äologie ju galten. I>od^ blieb er
aud) nod^ für bie 3'^^«'^^^ ^^ ©emeinbe tl^ätig, bi« er enblid^ am 27. $Robember
1803 ftarb.
^offtebe gel^örte in jener 3rit gu ben beIannteften9JieberIänbem. Unter ben bamaligen
30 Il^eologen na^m er einen ehrenvollen $Ia| ein. SBenige ©d^riftfteHer toaren fo frud^tbar
loie er. gaft bei jebem t^eologifc^en ober fird^üd^en ©treite toar er beteiligt ober tourbc
bod^ tpenigften« fein 9Iame genannt. @in ^ann toie er mit au^ergetpö^nlic^en tl^eolo-
gifd^en Äenntniffen, fel^r belefen faft auf jebem ®ebiet, mit fd^arfem SBerftanb unb l^eHem
sBlidf, mit feurigem S^emljerament unb gro^ 6ifer, lonnte ftc^ nic^t im ^intergrunbc
86 balim. 9Son 92atur freunblid^, tool^ltoollenb unb bulbfam, ift er bod^ t)on t)ielen al« ein
aSorbilb ber 3ntolerang angefe^en toorben. ®od^ loar er ba« nid^t. S'^^^^ em^)fiel^lt
e« ftc^, fein Seben in ^toei ^ßerioben ju teilen, bie burd^ ben ©treit, ben HKarmontete
B61isaire 1769 l^ert)onief, getrennt tocrben. 3)ie Slnftd^t ift unrid^tig, bor biefem ©treite
^abe §offtebe in feiner Soleranj attem nachgegeben unb alle« gebulbet, auc^ ba«, tna« er
40 für t>mei^rt ^ielt. Unb ebenfo unbillig ift e«, fein f})ätere« ©intreten für bie I^c^re unb
ba« 3ntereffe ber reformierten Äird^e ani ^ntoleranj ju erflären. 2)enn loä^renb er
einerfeit« fd^on toor 1769 jutoeilen ftäftig unb mit fc^arfen Söaffen auftrat, finben toir
anberfeit« aud^ nad^ 1769 groben bon ?Ölilbe, burd^ bie er ft^ au«jeic^nete. Söurbe er
in ber gleiten ^ßeriobe feine« Seben« toon Dielen ge^ftt, fo \^aitt er ba« einem bobj)elten
46 Umftanbe jujufc^reiben : junäd^ft feiner großen Siebe unb oft übertriebenen SSerel^rung für ba«
4>au« Cronien unb bann feinem Äampfe für bie Se^re unb bie Äird^e [einer SSäter. 2)a«
le|te t)or attem lonnten bie „^^oleranten" jener 3^it, bie ftd^ merftoürbigermcife burd^
grofee S^toleranj gegenüber allem fj)ejififc^ Slefotmierten au«jei4nete, nic^t t)ertragen.
©d^on al« ©tubent ju ©roningen, im ^af)xt 1737, gnff ^offtebe ^ur geber. 2)ort
60 gab e« bamal« loie aud^ an anbem Unitoerfttäten toiele ©tubenten, bie, ungenügenb toor^
bereitet, nid^t im ftanbe loaren unb a\xi) feine Suft Ratten, eifrig )u ftubieren ; ftatt beffen
fud^ten fte bietmel^r auf allerlei Segen fo fc^neU al« möglid^ in« Pfarramt ju fommen.
®egen folc^e ©tubenten gab §offtebe anonym ein SSüd^lein l?erau« unter bem litel
„Pseudo- Studiosus Hodiernus, sive Theologus Groninganus Detectus et Refu-
66tatus, dat is: Hedendaagsche Naamstudent of Groninger Godsgeleerde ont-
dekt en wederlegt", ol^ne Slngabe loon Ort unb ^^^r. 3)iefe« S3üc^lein, ba« balb
ungefefelid^ertneife nad^gebrudft lourbe unb 1738 in Seeutoarben jum itoeitenmale mit
einer ^ortfe^ung erfd^ien, erregte grofee« auffeilen. 6« ift mit großer Offenheit, ^ier unb
ba ni($t o^ne^umor gefd^rieben, t)errät genaue ©ac^fenntni« unb liefert nid^t allein einen
^offtebe, $etru^ 243
toic^tigen Seitrag jur Äcnntni^ bed bamaKaen Unitocrfttät^Ieben^, fonbem gicbt auc^ eine
methodus studendi, bie in mand^er §injtci^t £ob öerbient.
®ie erften ^a^re feinet 3tmt«Icben^ herliefen jiemlid^ rui^ig. Site ber ^Pfarrer ber
3;aufgefinnten ju i^arlingen, ^ol). Stinftra, beö ©ociniani^mu^ befd^ulbigt unb burd^ bie
Staaten t)on f^rie^Ianb feiner ©tettung enthoben iDurbe, jaud^jte ^offtebe biefem Sierfa^ren 6
ju in einem ©ebid^te „De Waarheid, inFriesland tegens de aanslagen der kettery
verdedigt . . ." (Seeutoarben 1742). gn biefer Slngelegen^eit ftanb er feinem Se^rer 23es
nema, ber ©tinftra in ©d^u^ genommen l^atte, aH ®egner gegenüber. ^i't>od) teilte er
mit biefem bie befonbere ®unft be^ ©tatt^alterd ffiiffem IV., bei bem er jeberjeit freien
3utritt l^tte. 2Bie fe^r er biefen dürften toere^rte, jeigte fid^ nad^ beffen 2obe im Dh lo
tober 1751. §offtebe veröffentlichte bamafä ein ^iemlic^ bidfeö Süc^Iein unter bem litel:
„Bloemen gestrooid op het graf van Willem Carel Hendrik Friso . . . ." (Stotter?
bam 1752). 3Son Slnfang big ^u ßnbe ift e« öoß loon übertriebenem Sobe beg äSerftor-
benen unb fennjeic^net fic^ burc^ einen fel^r fc^toülftigen ©til unb fabe ©d^meic^elei. 3tber
eg ift bod^ auc^ ein SSemei^ feiner Siebe }u bem ^al^ingefd^iebenen unb feiner ^(n^äng^ 15
lid^feit an befl[en erlauc^teö ©tamml^au«. SDod^ ift e« )u bebauem, ba^ biefe« um
bebeutenbfte unter feinen 3Berfen burd^ bie ^e^Ier, bie i^m anhafteten, am meiften be=
fannt geblieben ift, loä^renb feine anberen Sd^riften tro$ i^rer guten ®igenfc^aften faft
toergeffen finb.
(Sine 3Jleinunggt)erfc^iebenl^eit über bie SRec^te ber Dbrigfeit bei S3erufung toon ^ßre^ 20
bigem, bie im ^af}xt 1755 jtüifc^en Äirc^enrat unb ftäbtif^er 9legierung ju Slotterbam
entftanb, unb bei ber §offtebe für bie le^te Partei ergriff, toerloidEelte t^n in einen
©treit mit bem Pfarrer tnxn ber ®roe ju Äralinaen, ber bie ©ac^e be« ßird^enrate^ ber-
teibigte. ^al}lxÄii)t ^ftige, meift anonyme ©c^riften erfc^ienen (u. a. toon §offtebe unb
feinen Sln^ängem Kralingiana etc. 1757 unb 1758). Wlan loarf §offtebe @raftianif(^e 25
Irrtümer bor unb befc^ulbigte i^n ber ^eteroboyie, loä^renb bie ©einen bel^au))teten, er
bleibe ben SSelenntniefc^riften treu, ©eine 3)ulbfan)feit gegenüber ben SKitgliebem anberer
Äird^engemeinfd^aften jeigte er babur^, ba^ er 1760 bie bon t)ielen gemi^billigte §eirat
ber ^Pringeffm Äarolina bon 9?affau mit bem lut^erifd^en ^rinjen Äarl ß^riftian bon
Slaffau-SBJeilburg berteibigte (unter bem ^Pfeubon^m Irenicus Reformatus fc^rieb er so
eine „Godgeleerde en Historische Verhandeling .. .", '« ©rabenl^age 1760); 1766
trat er ate Serteibiger ber Drtl^obojie auf in ber auffegen erregenben ©ac^e be« ^farrer^
@. %. be 6od, ben man ber Jpeterobojie befc^ulbigt \)attt,
3m 9lÄ^tel767 erfc^ien in ^ariö ber ))oIitif(^e moman „Bölisaire" bon 3. %, be 3Kar=
montel, morin nic^t nur öijttige SReligion^frei^eit t)erteibigt, fonbern aud^ bie Se^re ge>)rebigt 35
lourbe, ed f omme nid^t barauf an, loag einer glaube, toenn er nur tugenb^aft lebe. 2)iefeg 3öm
cnegte gro^e^ 2luffe^en. @g tourbe toieber^olt neu aufgelegt, nad^gebrudt unb in faft atte euro^
})äif^en ©))rad^en überfe^t, auc^ in bag9lieberlänbifc^e(1768). S)ie ©orbonne berurteilte einige
©ä^e barau«, bod^ trat 93oltaire auf bie ©eite be^ SSerfafferö. 3" ben 9Jieberlanben
h>ar §offtebe ber erfte, ber feine SSebenfen gegen 3Rarmontete ©d^rift öffentlid^ geltenb 40
mad^te in feinem Sud^e „De Belisarius van den Heer Marmontel beoordeeld, en
de kwade zeden der vermaardste Heidenen aangetoond, ten bewyze, hoe on-
bedagtsaam men deselve om hunne deugdsaamheid verhemeld heeft" (Slotter-
bam 1769). Slu^brüdElic^ erflärt er, er fei ein geinb ber Unbutbfamfeit. 9Bag er an ÜKar=
montefe Sud^ loben fann, lobt er rüdf^altloö. SBenn biele ben franjöfifc^en ©c^riftfteller 45
beö Stt^ei^mu« befc^ulbigen, fo nimmt er il^n gegen biefen 3Sorh)urf in ©c^u^. I)oc^ l^ält
er i^n ni^t für ganj frei t)on ©ociniani^mu^. 2lm beften glaubt er i^n ju d^aratterifieren,
toenn er il^n al^ „pelagianifc^en 9?aturaliften" bcjeidfjnet, loeil er einerfeitö jloar bie SBa^r-
^eit ber Offenbarung anerfennt, anberfeitig aber i^re 5Rotlroenbigfeit jur ©eligfeit leugnet.
3)e 3Karmontel le^rt nämlid^, alle tugenb^aften J^^^ben ioürben feiig, benn nac^ feiner 50
3[nf(^auung genügt ja bie 33emunft öoHftänbig jur ©eligfeit. 35em tüiberfe^t §offtebe
ftd^ mit Berufung auf bie ^eilige ©d^rift. 3lufeerbem tüeift er nad^, — unb jtoar belegt
er bag mit ja^lreid^cn Sitaten au^ ben flafftfcfen ©c^riftfteHern, — ba^ bon ben Iugen=
ben ber am meiften ge))riefenen Reiben bei naiverer Unterfuc^ung loenig übrig bleibt. I)ag
Urteil über fie fteHt er inbeffen ®ott an^eim. — ^offtebeö SBerf fanb koeite 3Serbreitung 66
unb erlebte mehrere Sluflagen (3.3lufl. 1769); noc^ in bemfelben 3ttf)re erfc^ien in 2eij)jig
unb SBefel eine beutfd^e Überfeiung. 3)er 33erfaffer tourbe bon t)ielen gej)riejen, aber au(|
bon nid^t toenigen verurteilt. 2)ie golge toar ein ©treit, ber fogenannte fotratifc^e Ärieg,
ber mit großer §eftigleit geführt tüurbe. 33on t)erfc^iebenen ©eiten lourbe §offtebe an-
gegriffen, befonbere toegen feiner 93el^au))tungen über bie ©ünben berühmter Reiben, oor go
16^
244 ^o^tht, $etnid
allem be^ ©ofrated. ßomelte 5Rojcman, remonftrantifc^cr ^faner gu SHotterbam, fd^rieb
gegen i^n „Socrates Eere Gehandhaafd" (Siotterbam 1769, II. Stüd 1770). Unter
bem ^jeubon^m 5p^ilalete« äretoj)^iIug gab 31. 31. ban ber SReerfc^, remonftrantifd^er
^Profeffor ju Slmfterbam, 1740 „Vier Brieven . . ." gegen 'xl)n ^erau^. Unb ber 3Jer=
6 liner ^rebiger 3l- 91- ßberl^arb (fj)äter 5ßrofeRor m ipafle) toeröffentlw^te, burd^ $offtebe«
©c^rift öeranla^t, feine ,,9Jeue 3lt)ologie be^ ©orrateö, ober Unterfud^ung ber Seij^re bon
btr ©eligfett ber Reiben" (1772). ^offtebe blieb bie 3lnth)ort nid^t fd^ulbig; aber nun
entftanb ein neuer 3tt)ift burd^ bic J)«:fönlid^e3lrt, mit ber er gegen ben SRemonftranten 910-
jjeman borging. (£r \)aiiz ben 2)eii^mu^ befäm))fen tooHen, unb nun ergriff ber 9lemon=
10 ftrant Partei für bic 3)eiften. 2)ag öeran(a|te i^n, ber früher ben SRemonftranten gegen=
über fw^ fej^r bulbfam geieigt l^atte, gegen fie h)ie gegen aBe, bie für fogenannte Xo-
(eranj fd^toärmten, feinen fird^Kd^cn (3tanbt)unft f(^ärfer ^erborjufe^ren. 9Son je^t an be^
Iäm))fte er mit allen Gräften ba«, toa^ man 2:oIeranj nannte; unb toö^renb er barauf
^intoie^, ba^ ben SRcmonftranten nur au^ 9lad^ftd^t Äultu^frci^eit jugeftanben fei, toaxnic
16 er energifd^ öor ben fd^äblic^en 3lnfd^auungen, bie unter il^nen ^errfd^ten. 2)em Streite
mürbe einßnbe gemacht burd^ eine 93elanntmac^ung ber Staaten ))on^o(Ianb am l.SRai
1773, tooburd^ fie bic 3lbfaffung, ben ®rudE unb bie Verbreitung bon Sd^riften t)erboten,
in benen in beräd^tlic^er ober fj)öttifd^er SBcif e bon ber d^riftlic^en 3leIigion im allgemeinen
unb ber reformierten fie^re im befonberen geft)rod^en loerbe; Übertreter tourben felbft mit
20 38erbannung bebrol^t.
3ln©elegen^eit, mitanbem aneinanber m geraten, fehlte e^ biefem ftet^ fanH)fbereiten
SRanne fortan nid^t. 1774 erfc^ien jum erftenmale bie 3«itfci^^ft f,I>e Nederlandsche
Bibliotheek". Sie tourbe bon fird^lid^ ortI;obojer Seite l^erau^gegeben unb enthielt 8e=
f})re(^ungen berfd^iebener Sd^riften. §offtcbe nal^m tl^ötigen 3tnteil baran. 3m erften ^a^r*
26 gange geigte er in mifebiüigenbem Sinne bog SBert bon 3. %. ^acoh'x über ba« ^ol^e Sieb
an, ba^ burc^ $Rif. S3ar!e^ in^ §oD[änbifd^e übertragen iDorben mar (Seiben 1774). ^n
bemfelben ^a\)xt beftritt er in feiner Beoordeeling der nieuwe Verklaaring over Sa-
lomos Hooglied , , ." bie rein buc^ftäblic^e 3(u^Tegung, mic fie burd^ ^acob'x unb äSar-
fe^ vertreten tourbe, ate flefeerei unb toerteibigte ben toerborgencn geiftlid^en Sinn, ben
30 man biefem altteftamentlid^en ISud^e juerfennen muffe. — ^ner n)iberfe|te er fid^ 1779 bem
$(ane ber (ut^erifd^en ©emeinbe am Äaj) ber guten Hoffnung, bort eine öffentliche Äirt^e
ju begrünben, unb geriet baburc^ mit bem lutl^erifd^en 5ßfarrer Slüfe in Streit, ben er in
einer fatirifc^en Sd^rift „Het leven van Janus Vlegelius . . ." befäm))fte. — Seine
Siebe ju ben Draniem unb fein Äamj)f gegen bie „^Patrioten", bie auf firc^lic^em ©ebiete
36 ju ben toleranten gel^örten, jog i^m in folc^cm SJlafee ben §a| ber J)olitifd^ Siberalen
meift ju, ba^ eine i^rer 3^itfc^nf ten „De post van den Nederrijn" i^n mieber^olt fd^rf
angriff unb er bei einem S3efud^e in Utrecht am l.Sej)tember 1783 fogar fört)erli(^ mifes
^anbelt tourbe. — Slu^e fc^ien i^m nid^t bergönnt ju fein; er fud^tc fte auc^ nid^t. Sein
Seben^jiel mar Ramp^ gegen bie meitge^cnbe S^oleram auf firc^lid^em ®ebiete unb gegen
40 bic ©runbfä^e ber „^Patrioten" in ber 5ßolitif. ^n beiben fal^ er eine bro^enbe ®efa^r
für ßl^riftentum unb Äird^e. @r mar ein e^rlid^erÄäm})fer, boHfommen überzeugt bon ber
Söal^rbeit unb $Rotmenbigfeit feiner Stellung, aber hod) ni(^t frei ju f})rec^en bon §eftig=
feit, mä^renb er fi(^ jumeilen mo^l aud^ einmal bon bem Streben, geiftreid^ ju fein, leiten
liefe. 6rft bie beränberten Ser^ältniffe bon 1787 mad^ten feinem Streite ein (gnbe, fo
46 ba| er bie legten ^a!l)xt feinet Seben^ in ber^ältnismäfeiger SRu^e berbringcn fonnte.
3lte 2^eologe gehörte §offtebe ju ben beften, bie e^ bamalö in ben 9Jieberlanben
gab. Seine au«5gebel;nten Äcnntniffe unb feine grofee ®elel^rfamfeit jeigten fic^ in feinen
„Byzonderheden over de Heilige Schrift" (3 dln., 1766—1775). ^n biefem
„elegant! stylo" gefc^riebenen SIBerte tritt er un^ entgegen aU fd^arffmniger (Sjeget,
60 tüd^tigcr 3trc^äologe unb aufeerorbentlid^ belefener SRann. 6^ finben fic^ barin ber^^
fc^iebene StüdEe, bie, meil fie bon objeltiber miffenfc^aftlid^er Unterfud^ung jeugen, i^en
aBert noc^ nic^t berloren ^aben. 9?id^t unmic^tig mar feine „Grodsgeleerde en Gesehied-
kundige Verhandeling over het klein getal der egte Martelaars", bie an ben
II. leil feiner Byzonderheden angel^ängt ift. 3lu^el?enb bon bem Sffiorte 3lugufting
66 „martyrem non facit poena, sed causa", berfolgt er ein gang anbere^ ^kl alö
3!)obmell (diss. XI de paucitate martyrum); benn er fu(^t nac^^umeifen, ba^ e^ fo^
mo^l in ben erften gal^rl^unberten mie in fj)äteren ^iitn nur mentge gegeben )^at, bie
äufierlic^ unb innerlich ben magren ß^arafter eine« 3Kärtbrerd gejeigt ^aben. Seine Db^
ieftibitdt jeigt fic^ barin, ba^ er gugiebt, aud^ unter ben Heuern feien, ungeachtet mand^er
{/) ber!e^rten ^orfteQungen, bie fte Regten, ed^te 3Rärt)^rer gem^en.
^offtebe, $ctru^ ^offtebe be &tüoi, $etrud 245
@nWi(^ \)at §offtebe ftd^ nod^ berbient gemacht burc^ feine „Oost-Indische kerk-
zaken" (2 dln., 1779 unb 1780), eine ©d^rift, bie toon ber ^oHänbifc^en ©efettfc^aft
ber ffiiffenfc^aften ju §aarlem mit bem golbenen @l^renj)reife gefrönt iDurbe ; in einer für
feine ^t\t toortreffhd^en SQSeife enttoidelte er f^ierin einen 5pian, um ben Semol^nem ber
oftinbifc^en Kolonien ba« ß^riftentum ju bringen. ^\t aui) infolge ber jjolitifdfien unb an^ 5
beren Umftänbe au« biefem ^lane nid^tö gelDorben, fo enthielt fein SBerf boc^ febr t)iel,
ba« für bie Äenntniö ber ©efd^ic^te ber oftinbifd^en itirc^e toon SBid^tigteit iDor, unb fein
eigene« ^ntereffe an ber ©ac^e jeigte er baburd^, bafe er eine ©umme bon 1000 ©ulben
jur 6rreid;ung be« bon i^m toorgefd^Iagenen $Iane« jur Verfügung ftettte.
5Wur auf toenige ©duften §offtebe« l^aBe id^ l^ier l^intoeifen fönnen. 6ine boHftänbige 10
äufjöi^Iung aller feiner SBerle, bie unter feinem $Ramen ober anonym erfc^ienen ftnb, famt
ben bon i^m l^erborgerufenen ©treitfd^riften finbet ftd^ in bem oben genannten SBerfe bon
Dr. be Sie (SSeilage A).
®urd^ feine im Saläre 1756 gefd^Ioffene ®l^e mit einer reid^en SBittoe au« bomel^mem
©efd^lec^te, 3i0"ötia ?IJlaria 9Sifc^ (geft. 1774), loar ^offtebe in finanzieller ^inftd^t fel^r 10
gut gefteDt. ©ein SleiAtum fe^te i^n in ©tanb, ftdj^ a!Hmäf}lxd) eine fe^r foftbare SBibKos
t^^ef anzulegen, bie auc? biele §anbfd^riften unb eine fei^r tntereffante ©ammlung bon
©riefen (bon HKeland^tl^on, bon Slnna SJlaria bon ©d^ürmann u. a.) umfa^e unb fogar
im 3tu«Ianbe belannt tourbe (bgl. 3. 3. Sjörnftäl^I „Reize door Europa en het
Oosten", Dl V, blz. 476, Utre^t 1783). äufter einer feltenen ©ammlung bon 35iffer* 20
totionen unb Sieben entl^ielt fte, al« fie im ^ai^xt 1804 }u SRotterbam berfauft tourbe,
nac^ bem Äatalog nid^t loeniger al« 4892 Stummem unb brad^te bie anfel^nlic^e ©umme
bon me^r al« 14000 ©ulben (über 23 000 3JH.) auf. ®* ^. »a» »eeu.
^offJcbe be @root, ?ßetru«, geft. 1886. — 3. ©. g. ©ecrfplnf, Dr. P. Hofstede
de Groot's leven en werken, ©roningen 1898; ©. ®. SBraam, Petrus Hofstede de Groot 20
in „Geloof en Vrijheid", SRotterbam 1887, blz. 258—313); 3- Offerftou«, Levensbericht
van Petrus Hofstede de Groot (in ben „Levensberichten der afgestorven medeleden van
de Maatschappij der Nederlandsche Letterkunde", fieibcn 1887, blz. 237—295 ; baron
fc^Iiegt fH blz. 296—309 eine „Lijst der werken, redevoeringen, Verhandelingen enz. van
Prof. Dr. P. Hofstede deGroof' an, bie fein Gnfcl Dr. C. Hofstede de Groot aufgeftcüt ^at);80
% ^offtcbe be ®root, De Groninger Godgeleerden in hunne eigenaardigbeid, ®roningcn 1855;
% ^offtebc be ®root, Vijftig jaren in de Theologie. Academische Kede, (Groningen 1872;
mein «rtifel „©roningcr ©djule" ®b VII, @. 180—185.
«Petru« ^offtebe be ®root tourbe am 8. Dftober 1802 ju Seer in Dftfrie«tanb al«
©ol^n nieberlänbifc^er 6Item geboren, ©ein SBater Gomeli« $I^Uij)J)u« be ®root loar ob
ärtitlerieoffnier getoefen, l^atte aber toegen feiner @\)mpaä)xtn für ba« Jpau« Dranien ba«
Sanb berlaffen unb in Seer ein ßifengefd^äft gefauft; \pätn \vax er al« ©teuerbeamter in
©ntben tl^tig unb ftarb al« 3[}erftd^erung«fontroleur gu ©roningcn. ©eine SRutter 9lnna
®eertruiba ^offtebe toor bie Soc^ter eine« ©ruber« be« befannten SRotterbamer ^ßrofeffor«
^etru« §offtebe (f. b. 31.), beffen Flamen il^r ©o^n bei ber 3;aufe emjjfing. ©jjäter nal^m 40
er aud^ ben ®efd^le(l^t«namen feiner 5Kutter an, unb fo l^iefe benn fein Familienname
fortan ^offtebe oe ®root.
9Son feinen frommen 6ltem emj)fing er eine grünblid^e Srjief^ung in ort^obojem
®eifte. 2lber fd^on fe^r balb erl^oben fid^ in feinem §erjen 3^^'f^I ^^ einigen 2)ogmen.
3?or aBem toufete er mit ben Seigren bon ber 2:rinität unb ber ©ati«faftion feinen SRat, 45
loä^enb bie Seigre bon ber SSerloerfung il^m 2lngft einjagte, fo ba^ er be« SRad^t« oft
©tunben lang )u ®ott fc^rie unb flehte, er möge il^n bo4> nid^t ju ben 3Sertoorfenen
rechnen. 2luc$ erfüllte i^n ba« @lenb ber naj)oteonifd()en gtembl^errfc^aft, ba« er fe^en
mu^te, mit tiefem ©d^merje unb ertoedfte in feinem jugcnblid^en §erjen ein j^eifee« Ser*
langen nai) ^ei^eit. Diefe beiben Umftänbe au« feiner 3i"fl^"*> toetfen bereit« auf ba« bo
l^in, toa« fj)äter d^aralteriftifd^ für if^n toar: ein Sebürfni« nad^ ^eif^eit im 35enfen unb
®lavtb^n gegenüber ber ®ebunben^eit an firc^lid^e Se^rftüdfe.
9Ktt großem 6ifer loibmete er ftd^, nad^bem er ben ©lementarunterrid^t genoffen l^attc,
bem ©tubium junäc^ft auf ber lateinifd^en ©d^ute ju ®roningen unb f})äter auf ber
bortigen Uniberfttät. ^m ^bruar 1819 lourbe er immatrifuliert. 5Rac^ bamatiger ©itte 66
l^örtc er juerft 33orlefungen in ber j)l^itofo))^ifc^cn gafultät uir Vorbereitung auf ba«
©tubium ber 21^eologie, toomit er im §erbfte 1821 begann. (5r toar bamal« nod^ nid^t
feft entfd^loffen, ^Pfarrer gu loerben, fonbem tooHte einftloeiten nur unterfuc^en, ob bie
Drt^obojie fid^ in Übereinftimmung mit ber 93ibel befinbe. ©oBte ba« ber %aü fein,
fo toottte er auf ba« Pfarramt berjid^ten. ©teilte e« ftc^ aber l^erau«, ba^ fie mit bereo
24« ^offtebe be iävoot
3Jibel in Streit toar, bann fragte c^ [xi), ob er mit ^eteroboj:en 9lnfd;auunöcn in bcn
3)ien[t ber nieberlänbifc^en Sieformierten Äirdj^e treten fönnte. ©eine ©f^rlid^feit t)eranla|ite
i^n ju fold^er ©tettung. äte er bann fjjäter bod^ 5ßfaner h)urbe, obh)o^l er nid&t nur nic^t
t)oIIfommen mit ber Seigre ber Äird^e übereinftimmte, fonbem fogar auf einigen fünften mit
5 toollem 33en)ufetfein eine i^r fd^arf entgegengefefttc Slnfc^auung öertrat, glaubte er bod^ in
t)oIler Slufrid^tigfeit fo l^anbeln gu bürfen. Sei feinen gorfd^ungen l(;atte er ben ^rofefforen
§erm. 5öluntingl^e unb %. 31. ßlariffe Diel ju toerbanfen. 3!)iuntingl^e, ein fe^r gelehrter
Slann, ^ielt fi$ too^I an bie Äird^enle^re, erllärte fte aber in eigenartiger SBeife unb
fc^toäc^te babur^ i^re Sebeutung ab, ja gab i^r jutüeilen einen anbem ©inn. ßlariffe
10 bagegen h)ar ein ©d^üler be^ Utred&ter ^rofeffor« t>an §eu^be unb mad^te feine ©c^üIer
mit beffen Slnfd^auungen befannt. 3Kit großem ßifer gab be ®root ftd^ ben ©tubien l^in ;
fo beantwortete er 1824 eine öon ber t^eologifd^en §alultät ju Utred^t au^gefd^riebene
^rei^frage unb fal^ feine 9(rbeit ,,Epistula ad Hebraeos cum Paulinis epistolis
comparata" (Annal. Acad. Traject. 1825) mit golbenem greife gefrönt. Sei biefer ©e-
16 legen^eit mad^te er bie Sefanntf^aft t>an §eu^be^ unb feinet ©c^lerö ^areau, ber ]päin
fein ÄoHegc in ©roningen toerben foHte. 3)er „praeceptor Hollandiae" machte tiefen
@inbrucf auf il^n unb übte toon je^t ab einen no<^ größeren ©influfe auf \\)n axi^, atö er
e^ bi^^er fd^on mittelbar burd^ ßlariffe get^n ^atte. Sei ber Söfung ber ^reiöfrage
l^tte §offtebe be ®root bie ,,Adnotatione8 in Novum Testamentum" öon §ugo be
ao ®root eifrig benu^t. 3)a biefe^S 3Berf jiemlid^ feiten getDorben toar, begann er no$ aU
©tubent, e^ auf^ neue l^erou^^ugeben, ein Untemelj^men, ba^ er fjjäter ate ^rofeffor
DoHenben burfte (©roningen 1826—1834, 9 2:eile). 3n bemfelben 3a^re 1826, am
29. SJobember, h)urbe er nad^ SSerteibigung einer 3)iffertation „De demente Alexan-
drino, philosopho Christiano" (®roningen 1826) jum doctor theologiae Jjromotoiert
26 unb balb barauf am 10. 3)ejember afe ^faner in ber reformierten (Semeinbe ju Ulrum
(^roöinj (Sroningen) eingefüJ^rt. 9Rit Dorbilbüd^em 6ifer Derfaf; er Ij^ier fein ^irtenamt.
3)urci^ feinen ßrnft unb feine ^eunblid^Ieit toie burc^ feine a:^ätigfeit auf Jjraftifc^em
®ebiete ertporb er fid^ bie 3w"«i9wng bieler; aber feine l^eterobojen anflehten riefen aud^
SßJiberf^jruc^ ^ertjor. 5Rur 2 ^fl^te unb 5 uRonate toar er ^faner, ate er jum 9?ad^foIger
80 be^ toerftorbenen ^rofefforS ßlariffe ernannt tourbe, beffen Siebling^fd^üler er tvax unb bem
er ein fflort el^rerbietiger §ulbigung getoibmet l^atte („Hulde van Th. A. Ciarisse",
©roningen 1828). ©o trat er benn am 6. 9Kai 1829 baig Slmt eine« ^rofeffor« ber
Il^eologie an ber Uniberfität ju ©roningen an mit einer Siebe „De Davide poeta"
(©roningen 1829).
86 3" ©toningen fanb §offtebe be ©root für feine SBirIfamleit ein toeite« gelb, auf
bem er mit @ifer unb Äraft gearbeitet l^at, fo bafe in toeiten Greifen fein ©influfe ftd^
bemerlbar ma^te. 3Kit feinen Kollegen 3- %- ^^^ Dorbt, ber brei SKonate öor i^m feine
^rofeffur angetreten l^atte, unb 2. ©. ^areau, ber 1831 9Ja(^f olger öon ^^p^t) tourbe,
toirlte er gemeinsam auf toiffenfd^aftlid^em ©ebiete, unb fo tourben fte bie ©tifter ber
40 ©roninger ©d^ule (f. b. a.), beren ©runbfä|e befonber« bur^ be ©root voj)uIarifiert
tourben. 3)arin fanb er Unterftüfeung bei feinen ©tubienfreunben, ß. $. toan §erh)erben,
mit beffen ©d^toefter ©eertruiba Slgneta er feit bem 4. guni 1828 ioer^eiratet toar, unb
3)i. 31. 2lm«l^off, bie balb beibe d« ^faner nad^ ©roningen berufen tüurbcn Diefe
^rofefforen unb 5ßfarrer ftifteten im ^afyc^ 1835 mit einigen anberen ^eunben eine
46 t^eologijd^e ©efeDfd^aft, bie t)on 1837—1872 unter bem 3:itel ,,Waarheid in Liefde"
eine 3«tWrif* ^erauigab, an ber niemanb treuer gearbeitet ^t ate §offtebe be ©root.
3a^Ireid^e 3lrtifel über bie öerfd^iebenften 3^emata toiffenfd^aftlid^er unb erbaulid^er Strt
fmb toon feiner §anb barin erfc^ienen. 2U« Docent toar er bei feinen ©d^ülem febr be-
Hebt; foax er bod^ nid^t allein il^r Se^rer, fonbem öor allem i^r ^eunb. ©eine Sor=
60 lefungen, bie aud^ ©tubenten anberer JJafultäten oft befuc^ten, h)urben fjod) gefd^öfet.
©eine Äenntniffe toaren fe^r umfaffenb, feine Slrbeit^Iraft aufeergeh)ö^nlid^ gro^, fein ßifer
toorbilblic^, fein Unterrid^t Har. SlDerlei 3)i«jit)Iinen f)at er hinter einanber gelehrt, ßr*
nannt jum 5ßrofeffor für fiird^engefd^ic^te unb altteftamentlid^e ßjegefe, übernahm er,
afe \)an Dorbt 1830 mit ben ©roninger ^eitoilligen gegen Selgien in« ^Ib jog, auc^
66 beffen gäd^er, nämlid^ ßjegefe be« 9ceuen leftamente«, d^riftlic^e ßt^if unb t)raltif(^e
2)^eoIogie. 311« 5ßareau fam, übertrug er biefem bie ßjegefe be« Sitten leftamente« unb
la« Don jefet ab ßjegefc be« 9Jeuen leftamente«, Äird^engefd^ic^te, Theologia naturalis,
unb ein über ba« anbere ^^alj^r abmec^felnb mit ^areau 6nct)not)äbie unb 2)ogmatir.
Sei ber 2lu«Iegung be« bleuen leftamente« toar e« toor allem fein S^^^, feinen ©c^ülem
m ß^riftu« au« ber ©c^rift rec^t erfenncn ju laffen, bamit fie il^n in 2Öat;rI;eit foUtcn lieben
^offtebe be (»tooi 247
lernen. Seim Unterrid^t in ber Äird^engefd^id^te legte er t)or aDem ben DJad^bruc! auf
bie ,,6^>ri[toIratie", bie in il^r jur ©rfd^einung fam, ba er bie Oefd^ic^te afe eine fort«
fd^enbe Offenbarung unb SBirffamleit gefu ßl^fti betraitete. ©eine SSorlefungen über
theologia naturalis, in benen ein f))e!ulatii)*mvftifci^er ©eift [\i) au^\pxad^ unb feine
(Srunbfä^e am ftärfften l^erbortraten, h)aren am toidptigften unb tueäten aud^ am meiften 6
Sntereffe. — ©rofee SSerbienfte auf ejcgetifd^em ©ebiete lönnen i^m nic^t jucrfannt
toerben; bebeutenbe SBerle biefer Slrt, bie grüd^te felbftftänbiger gorfd^ung getoefen toären,
^at er nid^t geliefert. 3^^^^* f^*^ "^^ ©tubium ber Äird^engefd^id^te, befonber« ber
nteberlänbifc^en, i^n anjujie^en. ©eine ,,Geschiedenis yan de Broederenkerk te
Groningen" (©roningen 1832) toar eine erfte 5ßrobe, bie bon eingel^enbem QueDenftubium lo
3eugni^ ablegte. SBo^l erfc^ienen jal^lreidi^e 2lrtilel über gefd^idptlid^e 2^l^emata in ber*
fd^iebenen S^itf^^ften, bod^ beröffentlid^te er eigentlid^ toiffenfd^aftlic^-^iftorifd^e ©tubien
nid^t me^r, bi^ er enblid^ nod^ im 9Uter ein SBSerl l^erau^gab über ,,De oud-katholieke
beweging in het licht der Kerkgeschiedenis" (©ron. 1877, 2 dln.) §intereinanber
erfc^ienen bon il^m mehrere ^anbbüc^er für ba^ afabemifd^e ©tubium : Institutio Theo- 16
logiae Naturalis sive Disquisitio philosopha de Deo hominisqüe cum Deo
coniunctione" (®ron. 1834, 4. 9(uflage 1861); ,,Institutiones Historiae Ecclesiae
Christianae" (®ron. 1835, 2. Sluflage 1852 unter bem 2^itel ,,Lineamenta Historiae
Ecclesiae Christianae") ; „Overzicht der Bijbelsche en Kerkelijke Godgeleerd-
heid" (©ron. 1856, nid^t im Suc^^anbeO; jufammen mit 5ßareau, mit bem er nad^ ao
feinen eigenen aSJortcn „ein §er} unb eine ©eele" toar, beri)ffentlic^te er „Encydopae-
dia Theologi Christiani" (©ron. 1840, 3. Auflage 1851) unb „Compendium Dog-
maticae et Apologeticae Christianae" (®ron. 1840, 3. 3luflage 1848). gür einen
Weiteren Scferfrei^ finb beftimmt feine „Vorlezingen over de geschiedenis der op-
voeding des menschdoms door God tot op de komst van Jezus Christus" 36
(®ron. 1846, 3. Slufl. 1855), ein gtoeibänbige« SKJerl, ba« 1885 nod^ um einen britten
^U berme^rt n)urbe unter bem Xitel ^^Gods openbaring de bron van Godsdienst
en Wijsbegeerte voor het menschdom" (2. berbejferte 3luflage 1885). 3)ie ©runb«
fä|e ber ©roninger ©c^ule legte er bar in feinem 33uc^e über . „De Groninger God-
geleerden en hunne eigenaardigheid" (®ron. 1855- beutfd^e Überfe^ung ®o^a 1863). 90
3Bie grofe unb umfaffenb feine Silbung, toie toiflenfd^ftlid^ fein ©treben and) toar,
fo toar er bo^ fein ©tubengele^er. 2)ie SBiffenfc^aft toar il^m nic^t 3*^^*/ fonbem
SRittel. 6r ftubierte öiel, aber bie ^d^t feiner ©tubien mufete ber ^ßra^iiS ju gute
lommen tonnen. @r tvax in erfter Smie eine ))raftifd^e 9Jatur, ber e« barum ju t|un
U)ar, in h)eiteren Äreifen einflu^ auöjuüben. SOBar 5)iareau toor allem ber toiffenfdpaftlic^e 86
aSertreter ber ©roninger ©d^ule, fo toar be ©root ber SSerteibiger, ber Wpo^Ul il^rer
fielen. 3n manchen ©treit ift er bertoicfelt toorben. Site fein SJac^foIger im ^fanamte
5U Ulrum, §enbrif be 6ocf, ein ftrenger ßalbinift, ber Sater ber „Afgescheidenen",
fxä) in aOBort unb ©d^rift ber Se^rfreil^eit in ber nieberlänbifd^en Sieformierten Äird^e
toiberfe^te unb toon il^ren Se^rem berlangte, fte follten fic^ an bie Seigre ber Äird^e galten, 4o
h)%enb er alle, bie ba« nid^t traten, ate „SBölfe, bie in ben ©c^afftaH ß^rifti ein»
bre^^en", bezeichnete, ba bejog be ©root biefe 8ef(^ulbigung aud^ auf ftc^ unb fc^rieb feine
„Gedachten over de beschuldiging tegen de leeraars der Nederl. Herv. Kerk"
(©ron. 1833, 2. toermei^rte aufläge 1834), toorin er öffentlich ben ©treit begann gegen
Selenntni«jtoang unb für freie ^rebigt be« ©bangelium«, fo toie er unb feine ©eifte«* 46
berUHxnbten e« auffaßten, ©ine Überfielt über bie Ääm^fe jener 2:age erfc^ien auf bie
Slufforberung ©iefeler« ^in in bem aSSerJEe „3)ie Unrul^en in ber Sfieberlänbifd^sSlef ormicrten
flird^e toä^renb ber ^al^re 1833 bi« 1839. Slu« ben DueDen gejc^öj)ft unb mit ßin*
fügung ber borjüglic^ften Slltenftücfe bargefteHt bon X. herausgegeben toon Dr. 3. 6. S.
©iefeler" (Hamburg 1840). 2)iefer X toar Äofftebe be ©root. 60
3)afe er, ber SDäortfüij^rer ber ©roninger SRid^tung, auf um fo größeren SOBiberftanb
ftie^, je me^r er fic^ in ber öffentlic^Ieit au«ft)ra^, ift fein Sßunber. Dbtool^l er bie
Sleatität ber $eitet|>atfad^en entfd^ieben feftl^ielt unb auf bie $erfon, ba« SBerl unb ba«
Seben ß^rifti allen 9?ad^brudt legte, toeil er i^n al« ben 5ölittelj3unlt ber SBeltgefd^ic^te
anfal^, fo befanb er ftc^ iod) ^inftc^tlic^ fel^r d^aralteriftifc^er 2el^rftüc!e in offenem ©treite 66
mit ber Se^re ber Äird^e. ©eine §eterobojie äufeerte ftc^ u. a. hierin, bafe er bie Seigre
öon ber abfoluten ^nf^iration ber ^eiligen ©c^rift abfc^tüäd^te, bie ©ottl^eit ßl^rifti unb
bie fc^ulbtilgenbe Äraft feine« Slute« leugnete unb ba« 3)ogma bon ber Irinität bertoarf.
e« liegt auf ber §anb, ba^ er aud) bie unbebingte ©eltung ber fird^lid^en Selenntni««
fc^riften nid^t anertannte unb ein iüarmer SSerteibiger ber Sel^rfreil^cit toar. ßnergifc^ trat eo
248 ^offteke be (»toot
er batum aud^ bem ^rotefte entgegen, ben fteben angefelj^ene ortl^oboje Ferren au^ bein
§aa0 (f. b. 31. Oroninger ©d^ule, »b VII ©. 184) 1842 bei ber ©^nobe emretc^ten
geflen bie SSorlefungen unb bie Seigre bet ®ronin0er ^ßtofefforen $areau, be ®root unb
ÜKuurlmg, ber SJad^f olger be« 1839 nad^ Setben übergeftebelten öan Dorbt getoorben toar.
5 ©eine bereit« genannten „Voorlezingen over de opvoeding des menschdoms" Der*
banlen biefem ©treite il^re (Sntftel^ung. SQBo^I trat bie ©^nobe auf bie©eite be ®root«
unb ber ©einen, tool^l na^m bie gal^I feiner ©eifte«t)erti)anbten unter ^Pfarrern unb ®e-
meinbegliebem ftet« ju, aber t)on ortl^obojer ©eite h)urbe ber SBiberftanb aud^ ftet« größer
unb ber Äam^jf entfd^iebener. 3)er belannte ©ic^ter 3Kr. 3faaf ba ßofta griff il^n an
10 mit ,,Eenige opmerkingen omtrent het onderscheiden karakter der Groninger
Godgeleerde School" (in ber geitfd^rift „De Vereeniging"), Vorauf be ®root anU
toortete in feiner ©d^rift „De berichten omtrent de Groninger Godgeleerde School
van I. da Costa toegelicht" (®ron. 1848). Site er 1851 ate SKitglieb ber ©^nobe
im §aag toar unb bort einmal ^rebigte, tourbe er Don ®roen )oan ^riufterer be^toegen
16 angegriffen, toorauf er ate ßntg^nung in ,^en woord aan de Herv. gemeente te's
Gravenhage" ('« ®rat)enl^. 1851, 1.— 8. Sluflage) barlegte, U)a« bie ®roninger a:l^eo=
logen eigenüic^ toollten. Unb 1866 tourbe i^m, obtüo^l er fc^on entfd^ieben gegen bie
„mobeme SRic^tung" 5ßartei genommen l^otte, bod^ ber 3"^* jw ber allgemeinen SSer*
fommlung ber ®Dangelifc^en Slllianj in Slmfterbam tro^ öorl^er gegangener ©inlabung
20 tjertoeigert, toeil er nid^t ortl^oboj^lonfeffionell toac (ögl. ^offtebe be ®root, lets over de
Evangelische Alliantie, ®ron. 1866).
6« ift jtoar nid^t ju öerlemten, bafe bie ®roninger ©d^ule ber mobemen 2;^eologie
ben aOBeg geballt ^at; aber bod^ l^at be®root ftd^ i^r nid^t anfc^lie^en fönnen U)ie feine
®eifte«öerh)anbten SDluurling unb 3lm«^off. ®r toar eine Diel gu m^ftifd^e 5Ratur, ol«
26 ba^ er in il^rem 9jntelleltuali8mu« \)ätti fjrieben finben fönnen. 3)em ®eifte ber Ser-
toirrung, ber fte befeelte, toiberfe^te fid^ fein ÄonferDati«mu« auf l^iftorifd^em ®ebiete
Iräftig. Unb feine Si^rfurd^t öor ber l^eiligen ©d^ft emt)örte fid^ gegen bie jerftörenbe
Ärttil, toie jene fte in einer oft rollen SEBeife übte. Sor bem ß^ararter unb ber ®etel^ri
famleit Don SDlännem toie Äuenen u. a. I^atte er grofee Sld^tung, aber Don i^rer I^eolo*
ao gie befürd^tete er gro^e ©efai^en. ©c^on frtij^er l^atte er ben ®etermini«muö be« Setbener
^rofeffor« ©d^olten, ber ü^m Derberblic^ crfd^ien für SReligion unb ©ittlid^feit, in feiner
„Beantwoording van J. H. Schölten" (®ron. 1859) belämj)ft. ©ein Urteil über bie
mobeme 2^l^eologie, ate beren SQBortfü^rer ©c^olten 1864 aufgetreten toar, gab er ju er«
lennen in Derfd^iebenen geitfd^riftartileln („Waarheid in Liefde" 1860 II, 1862 II,
86 1864 II, 1866 blz. 210) unb in feinen ©d^riften „Over moderne theologie . . ."
(2. Slufl., ®ron. 1863) unb „De moderne theologie in Nederland, volgens de
hoofdwerken harer beroemdste voorstanders" (®ron. 1870; in« ^eutfd^e überfe^t
Don Dr. 2B. Ärafft, SSonn 1870). ^nbeffen M be ®root fe^en muffen, U)ie ber ßin^u^
ber mobemen SRid^tungjunol^m, toie fetbft Diele feiner ©d^üler unb ®eifte«DertDanbtm i^n
40 Derlie^en unb ju ben 5Dcobemen übergingen. 3)a« Deranlafete i^n, ftc^ nö^er an bie ge=
mäßigt Ort^obo^en anjufc^lie^en unb bet tirc^lid^m SSal^len in feinem äBo^norte an ber
©eite ber Drt^obojen ben 5Dlobemm gegenübergutretm. ^eilid^ l^atte er felbft aud^ bie
gotgm baDon ju tragen, al« bie Drtl^obojen in ®roningm bie 9Ke^rl^eit getDonnen Ratten
unb il^n au« feiner ©teHung ol« Slteftm ber ®emeinbe in Derte^enber Söeife entfemten.
46 Slber befonber« in bm le^tm gal^rm feine« Seben« fül^lte er ftd^ immer mel^r Doit bm
©emäftigten unter il^nen angezogen, fo bafe er bamal« ju ®roningen aud^ regelmäßig ber
?Prebigt ortl^obojer ?Pfarrer bettool^nte. 9Kit Drti^obojen loirlte er auc^ gerne jufammen,
IDO auf ))^ilantrot)if^em ®ebiete ^ttoai )u t^un toar; unb aud^ ba ^at er ftA ju ®rO'
ningen fel^r Derbimt gemad^t. ©o l^at er al« ©d^ulDorftel^er Diel für bie SSolfefd^ule ge=
60 t^an. i^od) tourbe er, ba er über bie 3lu«legung unb äntoenbung be« ®efe|e« Don 1857
anber« badete al« bie Slegieiiing, Dom 9Kinifter be«3nnem im^a^re 1861 Dor bieSßal^l
fiefteHt, enttoeber felbft feine ©ntlaffung al« Sc^ulDorftel^er einzureichen ober aber einfad^
eine« älmte« ent^obm m toerben. @r jog ba« erfte Dor, blieb aber bod^, too er tonnte,
t^ätig für ©(^ule unb Selber. 3lad) einem 33ef ud^e be« I)iaf oniffen^aufe« ju Äaifer«toertl^
66 ffiftete er im gal^re 1845 in ®roningen eine ^d^e Sfnftalt für ©iaioniffen unb ein 3«=
flud^t«l^au« für gefallene SKäbd^en. ®egen bm 3Jliftbraud^ be« Sllfobol fämi)fte er mit bem
aOBort unb mit ber geber. 6r toar ein toarmer ^eförberer ber äußerm 3Kiffu)n unb for-
berte aud^ burd^ ©d^riftm ju il^rer Unterftü^ung auf.
©0 ^at be ®root ^afyct l^intereinanber mit großer Äraft unb Eingebung gearbeitet.
60 Sr ^atte Diele ^reunbe, aber nid^t toenigcr ®egner. S3ei feinm ®eiftc«Dertoanbtm fte^t
^offtebe be &toot $ol|ettaIt^m 249
fein 9lame nod^ ^od^ in &}xm, unb bic feiner SHid^tung nid^t ^uget^on fmb, tonnen il^n
bod^ ie|t beffer toürbigen, al^ früher feine ©eaner eö Dermod^ten. gm 3Serfe^ h)ar er
fi^Hc^t, freunblic^ unb Reiter, für feine ©c^üler unb ^eunbe tohriHid^ ein gfreunb, ein
3Rann mit einem §erjen öoD uneigennifc^iger Siebe. @r ^otte ein frommeiS (Semüt, einen
feften ®(auben an Sl^riftum aliS feinen ^erm unb @e(igmad^er unb tpar Don ^ei^er Siebe 5
m i^m erfüllt ; fo tonnte er in feinem (Stauben Äraft finben, auc^ al« fd^toere ©erläge
i^ trafen teie ber Job feiner ©attin (1859) unb feine« einzigen ©o^neg Dr. 6. ^. -gofftebe
be ®root, ber feit 1878 ^ßrofeffor ber Ideologie in ©roningen toar unb 1885 t)lö^li^ ftarb. -—
1872 mu^te er, toeil er 70 ^af)vt alt toar, feinämt nieberlegen; fo fd^Iofe er benn feine
atabemifd^e 2!^ätig!eit mit einem SlüdblidE auf „Vijftig jaren in de theologie" (SRebe; 10
®ron. 1872) ab. Dod^ blieb er t^ötig. §atte er früher aliS 5ßrofeffor ber Ideologie oft
ben ©ifeungen ber ©^nobe mit beratenber ©timme beigetoo^nt, fo gehörte er nac^ 1872
gal^re lang bem „provinciaal Kerkbestuur" t)on ©roningen an unb toar meiere 3Kale
ol« ältefter 3Kitjlieb ber ©ijnobe. 3Son jefet an berging fein ^af)x, in bem nic^t ber*
fc^iebene g^itf^^^if^^^rtifel ober Heinere ©c^riften öon feiner $anb erfc^ienen toören. 3lm 16
5. 3)ejember 1886 entfd^lief er in ber frol^en Hoffnung be« eloigen Seben«. ?freunbe unb
©d^üler fc^müdten fein ®rab mit einem 2)enlmal unb elj^rten üj^n baburd^ al« ,,einen au««
gezeichneten Ideologen, einen unermüblid^en Selenner ß^rifti, einen eblen SKenfc^enfreunb,
ber burd^ 2ßort unb 2:i^at für biele ein ©egen getoorben ift." @. ^. •011 »em.
^ollftiatt^etm, ©^nobe ö. 916. — ^. t). gfrc^berg, Sammlung ^iftor. ©(griffen ao
unb Urfunbcn IV, @tuttg. 1835, 6. 221; MG Leg. II, 1 6. 554; Const. imp. I @. 618;
^cfclc (Joncilicngefcbit^tc, 4. ©b, 2. «ufl., grclburg 1879, @. 580; Tümmler, ®cf(6i^tc be»
oftfvän!. 9tei(^« 3. 93b. 2. 5lufl. fieipjig 1888, 8. 605 ff.; ^and, Älrtftengef^ 3)cutfdi)Ianb»
B. JBb, Scipj. 1896, @. 13ff.
^erimann Don Sleic^enau erjö^lt in feiner Sl^ronil jum ^al^e 916: Apud Altheim 25
coram misso apostolico synodus habita. 3)ie ällten btefer ©^nobe fmb in einer
3Ründ^ener, au« ^eiftng fommenben §anbfd^rift be« lö. ^a^r^unbert« erhalten unb juerft
öon 3R. t). S^e^berg, bann in ben MG l^erau«gegeben, f. 0. 3lad) benfelben fanb bie
©Vnobe am 20. ©ejptember be« genannten Sal^e« in ber 3ol^ni«fird^e apud Altheim
in pago Retia ftatt. Slltl^eim ift ba« je|ige $ol^enaltl^eim, füblid^ Don 9törblingen im 80
9lie«. 3)ie Flamen ber antoefenben Sifd^öfe finb nic^t überliefert; au« c. 30 ergiebt fid^
nur, ba^ bie fäc^ftfd^en 93ifd^öfe fel^lten. 3)a bie Slntoefenben fic^ al« generalis syno-
dus bejeic^nen, fo toirb man anne^^men bürfen, ba^ bie 93if(^5fe ber brei übrigen ©tömme
aiemlic^ boUiö^lig erfd^ienen toaren. .^önig Jtonrab nal^m nid^t 3(nteil, bagegen fanb fid^ ber
aSifd^of 5ßeter öon Orte al« t)cH)ftlid^er Segat ein. 86
3)er 3^^* ^^ ©^nobe toar, toie ftc^ au« ben Sefc^lüffen eraiebt, jum 3!eit ein t)0*
litifc^er. ®ie Sifd^öfe traten im S'^tereffe be« Königtum« gegen bie unfügfamen ^l^er
ber fübbeutfd^en ©tämme auf: bie fd^toöbifc^en §erren, 6r($anger, Sertbolb, Surg^arb
(f. c. 83) unb i^re ®enoffen, tourben t)erurteilt: fte foDten bie SOBelt öerlaffen unb bel^ufS
beftänbiger Sufee in ein Älofter eintreten (c. 21); §erjog Slrnulf öon Saiem unb fein 40
Sruber SSertl^^olb lourben unter Sebrol^ung mit bem 33ann t)or eine ©^nobe in Siegen««
bürg gelaben, um bort gerid^tet ju toerben (c. 35). 3)a^ aud^ ©ad^fen nid^t aufeer 2lc^t
gelaffen tourbe, ergiebt ftd^ ani ber Berufung ber fäd^fifd^m Sifd^öfe ju einer neuen
©^nobe nad^ SWainj (c. 30). ©ine ©rgänjung biefer Sefd^lüffe bot bie ©rllärung über
bie 3Serbinblic^feit be« Ireueibc« (c. 19 bgt. c. 22 f.) unb bie feierlid^e SSefd^toörung, bafeis
niemanb auf ben Untergang be« König« fmne (c. 20 bgl. c. 24).
©obann erftrebte bie ©^nobe bie Serftärfung ber mand^fad^ bebro^ten unb bebrängten
©tellung be« e})ifIot)at«. 3)iefem Sloedt bienten bie, toie juerft 3)ümmler nad^etoiefen
l^at, jumeift au« 55feuboifibor entnommenen Verfügungen jum B^n^ be« Äiripengute«
(c. 11 \>qI ep. Anad. I, 14 ©. 73, c. 18, 2. §älftc), jur SBal^rung bon Älerilem unb w
Sifc^öfen gegen änllage unb SBerurteilung burc^ Saien (c. 12 bgt. ep. Anal. I, 15
©. 73, ep. Alex. 1, 7 ©. 98; c. 13 \>qI ep. Telesph. 1, 3 ©. 111 unb ep. Vict.5
@. 128, feltfam ift §efele« Semerfung gu biefem Rap., bafe bie ©^nobe ba« alte farbi-
cenftfd^e ftird^enred^t im Sßiberfjjrud^ gegen ba« t)feubo4ftborifd^e fef^alte; c. 14 ögl. ep.
Fab. 2, 20 ©. 165 unb 3, 28 ©. 168. ep. Clem. 1, 31 ©.40; c. 15 ögl. ep. Alex. 66
1, 8 ©. 98- c. 16; c. 17 togl. ep. Calixti 2, 20 ©. 142, c. 18, 1. Öälfte) unb jum
©c^uft be« Rleru« ^en red^t«toibrige Äränfungen (c. 24), ebenfo ba« ©nfd^reiten gegen
fold^e, bie einjelnc 9if(^öfc i)erle|t Ratten: gegen 6r(^anger unb feine ®enoffen toegen
250 ^QJ^oiaUl^etm ^ol^ntol^e
Ocfangcnnaf^mcSalomo^ III. (c. 11), gegen bte ^«tnbe ©inl^arb« bou ©J)eiet tüegenSlen^
bung btefe« Stfc^of« (c. 31).
©nblid^ biente eine Steige öon SefcJ^Iüffen ber Sleform ber Äird^e, fo c. 1 ^toha^-
tung be^ firc^Itc^en Sled^te^, c. 2 ff. getoiffen^afte Slmtöfü^ng ber Sifd^öfe, c. 6 ff. unb 27
5 ftrenge Durd^fü^rung bet ßEtommunifation, c. 26, 28, 32, 33, 38 Digjiplin unter ^leru«
unb Säten.
auf bem ^joUtifd^en (Sebtet erreichte bte ©^nobe tl^ren 3^^ ^W\ t)enn bte Sage
blieb für Äönig Äonrab nac^ i^r fo ungünftig, n)ie fte öor^er getüefen toax. 3)agegen
ging ein großer letl i^rer Sefd^Iüffe atebalb in bie firc^Iid^en SRec^t^jammtungen über:
10 teon Surc^arb \>on Sßomtg na^m ben ^rolog unb 14 Äanone« in fein heftet auf, i^m
folgten bie 3Serfaf[er jtueier anonymer ©ammlungen unb 3lbo bon ßl^artre^ (|. bie 3ladf=
toetfe SBeilanb« Const. imp. I ©. 618 f.). ^ouif.
^olientol^e, %ixx\t älejanber £eo))oIb 5ranj@mmerici^ §., fatl^olifd^er ®eift=
lid^er, geft.1849. — OucUen unb Sitteratuv: ^.« 8d)riftcn Ttefic unten; 6. ®. ©(fta-
isrolb, fieben«9efd)i(i^te «(ejanber? g. ü. ^üf)cnIof)c bl8 in§ 3. 1822 (1822); berf., «riefe au^
©üriburq (1823); «. u. geucrbocft, SBiogrop^ift^er 9?q41q6 II, 165 ff ; 5Rf)cin!T)Qlb, 9?cperr
tortum Xlt 83; &, W. $Q(t)t(er, «togrQp^t{d)e 92oti^en über ben ^rinjen ^tle^onber ^u
^o^enlofte, 1850; @cb. S3runner, Äu« htm SlZocftlaffc beS Surften ^llejonbcr üon ^oöcnlo^e,
1851; e. u. ©urjbad), 93io9rQ>)^if(5e8 ficjifon be« Äaifcrtum« Ccfterreid), 19.XciI, 5Bicn 1863';
ao ®icfclcr, Äirc^engcft^icftlc ber ncueftcn 3eit» @- 321 ; JReuftft, ?lrt. ©oljenlo^c, ?(Icjanber, in
9(bS3 12. 683 f.; ©tamminger, 9(rt. $ol)en(o^e, ^(c^anber, in $Be(er unb ^elte S^ir^en«
Icyifon, 2. 91. VI (1889) @p. 163 ff., wo nod) citlert ift: ®. 3. 93(artt)elmc), 3of. Sorfter,
fat^. Pfarrer ^u ^ütten^eim, 9{egendburg 1886.
3)er ^rft SUejanber 2eo))oIb ^anj Gmmerid^ t)on ^obenlol^esSBalbenburg-Sc^itting^
25 fürft i)ai bie aSerfud^e ber Sr^ebung ber lat^olifd^en Ätrd^e ©eutfd^Ianb« nai) ben Se^
fretung^Iriegen unterftü^t unb ift burd^ Sffiunberfuren berülj^mt gelDorben. 6r toar am
17. äuguft 1794 in Äut)ferjen bei SBalbenburg geboren, ©ein ^ater, ber fd&on im fol^
genben ^ai}xz ftarb, toar ber gemüt^Iranfe @rbj)rinj Äarl Sllbred^t. ©eine SKutter toor
§ubitl^, geb. ^eiin Don 9teh)icjf^ au^ Ungarn. SU« ba« 18. Stnb biefer e^e toar aUe=
aojanber geboren unb tourbe t)on ®eburt an für ben Äird^enbienft beftimmt. @r fottte
tool^l feinem Dl^eim nad^folgen, ber Sifd^of öon äugöburg getoorben ift. @iner feiner
erften Se^rer toar ein Sjjefuit, 9Jamen§ Sliel. ©eine oft unterbrod^ene unb fd^on be^^alb
toenig erfolgreid^e iüiffenf^aftlic^e unb inigbefonbere tf^eologifd^e Silbung ^at i^n 1804 in
baiS ^ereftanum ju SBien, fj)äter nad^ Sem, bann toieber nad^ 2Bien in bad fürft=
36 erjbifd^öflid^e 3Kumnat, n)eiter in bie ©eminarien ju 2^mau unb (SÜtoangen geführt. 3im
3a^re 1815 erl^ielt er bie aOBeil^e gum ©ubbialonate unb tourbe ©omiceUar in Dlntü|.
3tn ^a^xc 1816 meiste i^n ber Sifd^of bon äug^burg jum 5ßriefter. ^n bemfelben
go^re trat er aud^ bie Steife nad^ Slom an, toeld^e entfc^eibenb auf il^n getoirlt gu ^aben
fc^eint. er t)erfel^rte in 9lom fe^r t)iel mit g^fwi*^»^ ^"^ tüuxtz SWitglieb ber §erj-3^fu-
40 ©obalität j|um ^eiligen $aulu«. 9lad^ 2)eutf^Ianb jurüdgefe^rt, geigte er einen großen
getftlid^en Sifer, mit toeld^em er fid^ ^eröortl^at, um an feinen Flamen einen neuen Suf^
fc^toung ber latl^oKfd^en fiird^e ju Ini^fen unb gu einer ^o^en ©teile in ber ^ierard^ie
ju gelangen. 3lu« SRünd^en toanbte er ftc^ im ^a\)xt 1819 nad) Samberg. an beiben
Orten fanb er fd^nell Seifall unb 3Serel^rung beim Solfe. ^n Samberg fd[icint ber fürft«
45 Kc^e ^riefter ben S5erfu(^ungen ber 9lu(imfud^t erlegen unb gu ber ßinbilbung gefommen
m fein, ba^ gerabe er gur ßr^ebung unb 5ier^errlic$ung ber fat^olifd&en Kirche au^ertoä^lt
fei. 6r berfud^te, ben jJroteftantifd^en ©djjriftfteDer SKe^el auf bem 2:obbette latj^^olifd^ gu
mad^en. ®r er^ob feine ©timme in ?Prebigten unb in ©d^rtften. ©r toanbte fic^ an ba^
9Jolf unb an bie ^öd^ftcn ^erren ber ©rbe. ©^ lamen bamafe feine Äartood^enjjrcbigten,
60 in SRümberg gehalten, unb „ffla« ift bcr^^ttgeiftV", eine äibtoent^rebe, ^nau^. I)ie le^tere
toar ben Äaifem ^ang unb 3llqanber getoibmet unb emjjfa^l ber ^eiligen SHIiang ben
römifc^en 6f;riften ate ben allein treuen Untertl^^an. 2lber ber ^ürft .^o^enlo^e richtete
ft(^ \)0x allem im emftlid^ften unb guioerftd^tlid^ften @A^tt an ben §errn ber fiird^e im
^immel unb nabm bie ^uijerfic^t gu feinem t)riefterli(^en SBirfen toon ®otte« %i}xom
66 mit l^intoeg. 3" ^'^^ vS^^ gel^ören auo) bie ©d^riften : „3)er im ®eifte ber fat^olifd^en
Äird^e betenbe CS^rift" (Samberg 1819), „Sacerdos catholicus in oratione et con-
templatione" (Bamberg 1821), „2)e^ !at^olifd^en 5ßriefter^ Seruf, SBürbe unb $flid^t"
(Bamberg 1821). 6r toar in bie ©teDung eine^ geiftlic^en dlatt^ beim 33amberger Silariatc
getreten, ate er im i^a\)x^ 1821 in SBürgburg crfd^ien unb gunäc^ft al^ ^rebiger Sluffe^en
$ot|etttot|e polier ^rieftet 251
erregte. .f>ier tarn er aber and) mit bcm \bm fd^on befannten fränüfd^en Sauem 3){arttn
ÜKi(|eI au« Untertoittigl^aujen ^ufammen, ber ate aSBunberboftor berühmt toar unb gtoar
feine ituren mittefö be« ©ebete« i^ofljog. 2)a h)urbe ^rft Sllejanber felbft jum SBunbers
t^äter, unb h)äl^renb einiger 9Jionate ift er ber SRu^m, ber ©toh unb bie 3"^^^^ ^^
frommen Äatl^olifen 2)eutf(^Ianbö gen)efen. @r berichtete feine Spaten bem ^opfte unb 6
toünfc^te fte anerfannt ^u feigen al« folc^e, burc^ toeld^e ftd^ ®ott, h)ie in ben lagen ber
ät)ofteI, 5u feiner Äird^e belenne. 6« fmb iüirlli^ einige ÄöHe t)orgeIommen, in h)el(i^en
Äranfe bei i^m Teilung gefunben ^aben; ^aut)tfäd&Iici^ ©elä^mte, bie er burd^ fein ge*
h)altigeö SBefen jum ©ebrauc^e ii^rer ©lieber ^inri|. Sber in ben meiften gäUen toar
))on einem glüdlic^en ßrfolge gar nic^t« ober bod^ nid^t« 3)auembed ju t)erft)üren, unb lo
c^ famen fo Diel falf^e SJac^ric^ten \>on glüdflid^en Auren in Umlauf, unb e« tourben
baneben fo biel fd^Iimme Srfolge tonftatiert, bafe bem ganjen Unternehmen fel^r bolb
Sdjiranlen gefegt toerben mußten. Sfuc^ ber 5ßaj)ft l^ielt mit ber getoünfc^ten 3lnerf ennung
jurüd unb ermal^nte jur SJemut. §ol^enlo^c \)aitt fi(^ ju ^od^ öerfHegen. ©r tl^at nun
gut, ben ©c^au^Ia^ feine« SBirlen« ju t)erlaffen. ©r jog fid^ nad^ Cfterreic^ jurüdf, Der« i6
fudjite fi(^ nod^ einmal toergeblid^ al« ß^^^^fül^^^ i"^ fat^olifd^en Äird^e im gal^re 1824
(nämlidji in ©allneufird^en bei Sinij) unb tourbe bann in bem ferneren Dften fefel^aft ge«
mad^t. 6r erhielt im ^al^xi 1825 eine 3)om^ermfteIIe in ©ro^toarbein in Ungarn, gm
gai^^e 1829 machte man i^n bafelbft jum ©roforopft unb im ^a'^xt 1844 ertoie« i^m
ber $a))ft bie ©nabe, i^n toenigften« jum Sifdpof in partibus (nämlid^ in ©arbifa) ju ao
mad^en. 6r IfaiU anfänglich feine ©ebetöluren fortiuf^en gefuc^t, inbem er in bor^cr
beftimmten ©tunben bur^ ®^b^t unb 5Kef^)))fer auf toeit bon il^m entfernte Äranle, bie
öon üj^m brieflid;e ^ilfe erbeten l^atten, ju toirlen fuc^te; mittete gebrudter gormulare
gab er §Ufefuc^enben a^ag unb ©tunbe an, \oann er mit i^nen gleid^jeitig beten tooHe
(t)gl. ben d^aralteriftifd^en Srief t)on i^m au^ bem ^a\}Xi 1834 bei SR^emtooIb a. a. D.). 26
BpäUx l^atte er fi4i auf affetifc^e ©d^riften befd^ränft unb biek gutgemeinte, aber mittet
mäßige SSüd^er gefc^rieben, beren a:itel man in ber 9leaI=@nc^|flot)äbie für ba« fatl^oKfd^e
Deutf(^Ianb(33b5) unb im 9ieuen 9?efroIog ber 3)eutf(^en (27. S^.^'^Bong) nad^lefen lonn;
bie bebeutenbften toaren: 1822 ba« SKiralelbüc^Iein unter bem a:itel „älnbad^t, toeld^e in
aDerlei Seiben . . . l^eilfamft geübt toerben fann; 1836 „Sid^tblicte unb ßrlebniffe au« ber»
SBelt unb bem ^^riefterleben" ; 1845 „SRunbfc^reiben an bie römifc^=Iat^olifc^e ©eiftlic^leit
a)eutf(^lanb«" (in ^ift. j)oI. öl. XV, 561). — Die Slebolution be« gal^re« 1848 bertrieb
ibn au« Ungarn. 6r ging nad^ gnnsbrudf jum Äaifer. ^m DItober 1849 !am er nac^
2Bien, begab fid^ ju feinem für bie lat^ohfc^e Rixd^t getoonnenen Steffen, bem ©rafen
grie«, nad^ 33ö«lau bei Saben, too au(^ feine 3Kutter begraben liegt, unb ftarb ^ier am 85
17. SJotoember 1849. 3lad) feinem "lobe fefete ein bon i^m angeregter junger ©eiftlic^er
3of. JJorfter bon ^ütten^eim (f 1875) fein ^eiltoerl fort. («. «ogetf) % XSd^adttt
^ol|tt ^rieftet. — «Boubiffin, 3)ic ®cfd)icl)tc bcö oltteftamcntlicften ^rieftcrtum« 1889
passini; Äeil, ^onbbud) ber bibl. ?lrd)äolüflic* 176 ff.; 93cnj^inger, 4>ebrfiifd)e 9lrc^äüIoßie318f.
413f. 422f. 427f.; 92on)acf, Se^rbud) b. f)ebv. 5lrd)«oIo(iic 2. 106—108. 117ff.; SSetttiaufcn, 40
^rolegomena jur ©efdiidjte 3«rael«* 146 ff.; 3«rQcl. jübif^e ®cfd)tcl)tc» 189f • ©tabe, ®e-
fc^icfttc be§ 58oIfc« 3«rQeP 102—105; 2)iantann, eommentar j^u Seu. c. 8; 2)clitjd), <Pcn»
tatcuc^«fritijd)e 6tubirn V (3^21^2 1, 223 ff.); Selben, De Successione iu i^ntificatum
Ebraeorum, gvanffurt 1678 u. b.; Scftürer, ®efd). b. «olfc« gsrael im Seitoltcr JefuS^rlfti
2, 166-174 (3. ?lu?g. 2, 214-224). ^ic no/mjFTc im ^eucn Xcft. (8t. Ar. 1872, 593ff.);46
©iürid^, Subcn unb ÖJriecften üor ber Waffob. (Sv^ebung 107 ff.
1. 3Jer $ol^e 5ßriefter f^eifet im 313: enttoeber ""'^ri, „ber ^riefter" im befonberen
©inne (fo bei P, j. S3. 2t) 4, 6 f.; 13, 2; 5Ru 3, 6, femer 5Re^ 13, 4; l (Si}X 16, 39;
24, 6 u. ö.; ©ac^ 6, 13; ©ir 50, 1) — ober Vn;n ri^ ber gro^c b. f). Dberl)riefter
(St) 21, 10; 5Ru 35, 25. 28; ^of 20, 6 bei P; 2 Äg 12, 11; 22, 4. 8; 23, 4 (f.u.); »
.§ag 1, 1; 2, 2; ©ac^ 3, l. 8; 9ie^ 3, l. 20; 13, 28; 2 &)x 34, 9) — ober
n-c?:n irrbn ber gefalbtc ^riefter (2t) 4, 3. 5. 16; (>, 15 bei P) — ober enblic^
d«-n inrp], ber §auj3t})riefter (2 ,«g 25, 18; e«r 7, 5; 2 6^r 19, 11; 24, 11;
26, 20; 31, 10 unb too^I auc^ urf^jrünglic^ 2 ©a 15, 27; bagegen nic^t bei P), einmal
•dN-rj aUein (2 (Si)x 24, 6). 66
3)ie angaben über ba« 2lmt be« ^o^en ^riefter« unb feine ©teHung treffen toir in
ber ))riefterlid^en duelle be« ^ßentateud^ mit bem barin aufgenommenen unb bearbeiteten
^eilig!eit«gefe^e, bie be«l^alb gunöc^ft betraf^ toerben muft. 3lad) biefem (Sobe^ fmb
^i}axon unb feine ©ö^ue (b. ff. bie 91i|||||g||^||||Jkiben ©ö^ne äll^aron« Gteafor ugb
252 ^o^er ^rttfttr
3tomar) bie aÜetnigen ^^räger bc« iöraclittfd^en ^ßricftcrtum^ ; aber unter biefen ^rieftern
nimmt ki}axon fclbft afe ßol^er ?5riefter eine ^ertjorragenbe ©tellung ein. ©elbfttjerftänblid^
bqie^t ftd^ biefe« nic^t auf äl^aron pzx\Mid), fonbem bejei(^net il^n tgpx^d) ate 2:räger
ber l^ol^eni)riefterIidj|en SBürbe, bie na^ feinem S^obe auf einen feiner Sö^ne übertragen
6 toerben foH, 2to 6, 15; 16, 32. 5Räl^ere^ über biefe Erbfolge h)irb nid^t angegeben. Slber
bie uniS Ij^ier nal^e liegenbe Vermutung, ba^ ba« ^o^e^jriefterlid^e Stmt ein 5ßrärogatito
be« erftgeborenen ©ol^ne^ toar, toirb burd^ bie ©rjöl^Iung 9Ju 25, 11 ff. beftätigt; l^atte
bagegen ein 6. ^^. leine ©öl^ne, juccebierte toa^rfc^einlic^ ber gtoeitöltefte Sruber, h)ie e^
fi. S. in ber 3lal!abäergeit gefd^a^. 3)er §. 5ß. füJ^rte fein Sfmt bi^ gu jeinem 2^obe, \r>a^
dfon barau« bertjorgel^t, bafe e« im ®ef4^ feine l^öl^ere Slutorität gab, bie il^n abfegen
tonnte; oud^ l^eifet e« 9Ju 35, 25. 28, ba| ber %ot> eine« §. 5ß. »mneftie für bie lob^
f(^(äger ^erbeifü^e, toa« natürlich Dorau^fegt, ba^ er in feinem Slmte ftarb. SBa« feine
©teUung unb Slutorität betrifft, fo n)irb erSKu34, 17 ff. ben fonft l^öd^ften Sßürbenträgem
ber 3«raeliten, ben ©tammfürften, borangefteüt. Sltö ^rft toirb er bemdj^net burd^ ba«
i5^iabem, ba« er trug, unb burc^ bie mel^rfad^ ))orIommenben $ur))u4arben feine« Or-
nate« (f. unten); aud^ erinnert bie bei feinem Xobe eintretenbe ^mneftie an ba«, toa«
fonft beim 3^obe eine« Äönig« gefd^iel^t 3lber feine Slutorität ^at burdjiau« feine toeltlid^e
®runblage, fonbem ift rein geiftiger SRatur. ©ie beftel^t barin, ba^ er ®ott gegenüber
ba« aSoK, unb bem Solfe gegenüber (Sott öertritt. Sil« SBertreter be« Solfe« trögt er
30 bie Slamen ber i«raelitif(^en ©tämme auf feiner 35ruft, toenn er in ba« Heiligtum eintritt
(@j 28, 12. 29); unb toenn er fxd) öergel^t, ift e« nic^t toie bei einem getoöl^nlic^en
©tammfürften ein t)erfönli(^e«9lnliegen, fonbem ein t)er^ängni«t)oIle« @reigni«, ba«©d^ulb
auf ba« ganje SSolf bringen fann (2ö 4, 3 ögl. 35. 22). Sil« SSertreter ®otte« t)ertoaltet
er ba« l^eilige So«oraIel, Urim unb 2^ummim, unb teilt burd^ beffen §ilfe bem 9SoIfe
25 ben göttlid^en 3BiQen mit, nad) toeld^em alle ^«raeliten „au^' unb eingel^en^' b. 1^. fic^
unbebingt rid^ten foHen (5iu 27, 20 ff.). Sil« Dbertjriefter l^at er au^erbem einjelne be=
fonbere fultifd^e Serrid^tungen au«jufübren. Slm großen S3erfö^nung«tage foD er ba«
jjebem anberen. S^'^ödi^^ unjiugänglic^e SlDer^eiligfte betreten, um ba« SSolf, bie ^riefter
unb ba« Heiligtum xu entfünWgen (Sb c. 16), fo bafe er im fultifd^en ©Aftern ein un-
80 entbel^lic^e« ®lieb bejeid^net, ba« bie getoöl^nlid^en 5ßriefter nic^t erfe^en fönnen. ^mer
lönnen aud^ fonft fold^e D>)fer, bie bem 3Solfe ober ber 5ßriefterfd^aft, ober bem .^. %
felbft ©ül^ne berfd^affen foHen, nur bon il^m gebracht toerben (2t) 4, 3 ff. 13 ff.); ebenfo
bie D})fer nac^ ber SBeü^e be« ö. % unb ber übrigen ^ßriefter (2b 9, 8 ff. 13 ff.). Slud^
f)at er für fic^ felbft unb bie übrigen 5ßriefter jeben 9Korgen unb SlbenO ein ©j)eifeo)jfer
36 ju bringen, bgl. ba« freilid^ it\oa^ unflare ®efe| 2ö 6, 12—15. ©onft aber ift über
feinen Anteil am fiultu« nid^t« borgefd^rieben, unb er ftel^t offenbar in toielen fällen
al« getoö^nlid^er ^riefier neben ben übrigen. I)ie na^eliegenbe 3Sermutung, ba^ ber §. ^.
befonber« an ben ^o^en gefttagen fungierte, toirb t)on 9jöfcj)^u« beftätigt unb gc^t auc^
oü^ ber intereffanten 2obrebe auf ©imon b. 3>oci&<i"<in ®« c 50 l^eröor, too ber Ser«
40 feffer befc^eibt, toie ber §. % auf bem Sittare fte^t unb bie Dj)f erftücfe öon ben übrigen
^ßrieftem empfängt.
3)ie fiebentägige SBei^e, bie 6j c. 28 : 2b c. 8 befc^rieben toirb, umfaßt fotool^l bie
SBei^e ber getoö^nlid^en 5ßriefter at« bie Sf^aron«. 9Ke^rere ©injeli^eiten finb beiben ge-
meinfam, g. S. bie SBafd^ungen, bie Ojjfer, bie güHung ber §änbe, ba« Seftreid^en mit
45 S3lut ; aber Sl^aron toirb boc^ burc^ einige befonbere 3^emonien öor ben anberen au«^
aweic^net. §ierl^er gehört feine ©albung mit bem Ij^eiligen Öle, nai) toeld^er er ber ge=
falbte ^riefter genannt tourbe (i)gl. bie oben angeführten ©teilen unb femer 2b 8, 12;
6, 13; 21, 10. 12; 5Ru 35, 25). ^eilic^ ift an anberen ©teilen (gj 28, 41; 30, 30;
40, 15; 2ö 7, 36; 10, 7; 5Ku 3, 3) bie SRebe babon, bafe bie ^riefter überlEiaut)t gefalbt
60 toorben finb ; aber in Setrad^t be« ftel^enbm ©jjrad^gebraud^e« mu^ biefe allgemeine
©albung enttoeber eine anbere, toeniger bebeutung«öolle g^emonie bejeid^nen, ober bie
angefül^rtm ©teilen finb fj)ätere, auf einer anberen 3:l^eoric beml^enbe S"*^"^'^^'*^"^-
gemer unterfd^ieb fid^ bie SBeil^e ber §. ?p. bon ber ber getoö^nlid^en 5ßriefter burd^ bm
Dmat, ben er bei feiner gnöeftitur em^jfing unb f))äter beim ®otte«bienft benu^te, bod^
66 mit Slu«na^me be« 3Serföl^nung«tage«, an toelc^em er toei^e Äleiber tmg. ©er ^ol^c=
))riefterlic^e Slnjug, ber über ben getoö^nlid^en 5ßriefterfleibem getragen tourbe, beftanb au«
folgenbm ©tücfen: bem Me'il, einem ärmellofen Dbergetoanbe an^ toiolettem $ur))ur,
beffen unterer ©aum mit golbenen ®lödfc^en unb granatäj)felförmigen, au« violettem unb
rotem 5ßutj)ur unb Äarmefin gemad^ten Duaftm befe|t toar — bem Ephod, einem au«
60 ®olbfäbm, t)iolettem unb rotem $ur))ur, Jtarmefin unb S^ff^^ getoirften ©d^ulterfleibe.
^o^er ^rieftet 263
tooran jh)ei Dn%ftcinc mit bcn cingtaöicrten 3lamm bet ©tämmc S^ractö angebtad^t
toaren — - bem HoSen, einer Srufttafd^e, bie mit 12 ®belfteinen mit ben eingrobierten
9lamen bet 12 Stämme befe^ h)ar, unb in ber bet $. 5ß. bie Urim unb ^iummim
trug — unb ber Misnephet, einer iiara, an beren SSorberfeite eine ©olbblatte mit ber
gnfc^rift: bem ^af)t>z ^eilig, befeftigt toar (Sj c. 28; Sb c. 8). 3)a e« 5Kofe felbft ift, 6
ber bieje SOBeil^e boDue^t, ift e« nid^t beutlid^, toie bie SBeil^e ber fj)äteren ^. $. ju
beulen ift. 2)ocl^ toeift 2ö 21, 10 barauf l^in, bafe jeber neue p. $. gejolbt toerben
foHte, toa« aud^^ burdji bie ftarfe Setonung ber Senennung „ber ©efolbte" 3)a 9, 25 f.
beftätigt n>irb. Unb @| 25, 29 f. I^ei^ ed au^brücflid^; ba^ baiS bom SSorgön^er benu^te
l^o^ej)riefterIic^e ^ßrad^tgetoanb bem neuen §. 5p. übertragen toerben foDte, bamit er e« bei lo
feiner ©albung anjiel^e unb e^ bie 7 2age ber SOBei^e trage. 35gL nod) 9Ju 20, 28 unb
^f 133, 2 (too 3)ul^m freilid^ ba^ 2ßort a^ron ftreic^en toill).
©er l^^o^en Sebeutung be« $. 5ß. entf))racl^en gefteigerte SHeinl^eiteforberungen, bie
über ba« bei ben getoöl^nlidS^en ^rieftem üblid^e 3Ka^ l^inaudgingen. ©o burfte er burc^au«
feinen loten, nic^t einmal bie Seid^name feiner ©Item, berül^ren unb in S^rauerföllen fein is
^aar nid^t ungeorbnet ober entblößt tragen ober feine Sleiber jerrei^en. ©eine %ican foDte
eine 3^i^ö«Iitin fein unb jtoar eine unberül^rte ^wngfrau, fo ba^ nid^t nur bie ^eirat
mit einer Serfül^rten, fonbem auc^ mit einer SBittoe ober gefc^iebenen grau il^m verboten
toar (üb 21, 10—15).
2. 3n ben übrigen ^ßentateud^quellen ift bon einem fold^en Jtirc^enfürften nirgenbd 20
bie Siebe, ©ie alten je^obiftifc^en DueDen gelten, abgefe^en öon ber 9Jac^rid^t be« ®Io=
giften, bafe eieafar ber Slac^f olger Sl^aron« ate ^riefter tourbe föof 24,33,bgl.a)tl0,6),
überl^aupt auf bie Organijation bed ^lerud nid^t ein; aber fc^on ber Umftanb, ba^ fie
bie @jfluftbität be« allein bered^tigten §eiligtum^ nid^t fenncn, betoeift, baft eine fold^
©t)i|e ber ^riefterfc^aft atö alleinige Vertretung be^ SSolIe^ il^nen unbelannt fein mufete. 35
3im 3)euteronomium (17, 8 ff.) ift bei ber SSerorbnung über bie oberfte ©eric^t^bel^örbe
am 3««t^öl^eiligtum neben bem Dberrid^ter aud^ bon Ivfsn bie Siebe, toomit toal^d^ein«
lid^ fein getoöl^nli(^er ^priefter, jonbem ein Dbetpriefter gemeint ift (eine ©c^lu^folgerung,
bie aHerbingö i^re Sebeutung öerliert, toenn man mit Steuemagel bie ganje ©täle afe
eine Äomjjofition au^ berfc^iebenen Duellen betrad^tet). SÖiber fc^on biefe Äoorbination ber so
beiben SBürbenträger jeigt un^, ba^ toir uniS in einer ganj anberen @t)l^öre befinben old
ber f^je^ififc^ j)riefterlic^en, too alle, felbft bie fonft am l^öd^ften geftettten 3«raeliten fic^
nad^ bem UrteiUfjjrudj^e be^ §o^enj)riefterö rieten foHen.
3n bem ganjen fultifc^en gufunftigbilbe fe c. 40—48 fel^lt merftoürbigertoeife ber
§. ^15., fo häufig ber 5ßro)il^et auc^ t)on bcn ^flidjiten unb Siechten ber ^riefter fjjrid^t. 86
^ik^ftenö fönnte man in bem ""2", ber an ben beiben jä^rliAen ©ü^ntagen baig^eiltg*
tum reinigen foll (45, 19 ff.), toie im 3)euteronomium einen Dbert)riefter am Xtmpü (ben
§. 5p. in nuce, toie Sert^olet ftd^ au^brüdtt) fui^en; aber l^ätte biejer irgenb toeU^e
größere Sebeutung gel^abt, fo ^ätte ber 5Prot)l^et nac^ ber ganjen Slrt feiner 3)arfteDung
bieö getoi^ nid^t unertoö^nt gelaffen, unb fo ift ^ aud) möglich, ba^ "»"=!" an bieferio
©teDe einfad^ ben fungierenben ^riefter im aDgemeinen bebeutet. 2lu^erbem unterfc^eibet
ftd^ bie t)ro))^etifd^e 3)arfteDung toon bem 5ßrieftercobes barin, bafe 6jed[|iel einen toeltlic^n
dürften l^at, beffen Slufgabe freilid^ toefentlic^ in ber Jürforge für ben öffentlid^en Äultu^
aufgebt.
3. SSergleic^t man toeiter bie 33eftimmungen be^ ^rieftercobej mit ben gefd^id^tlid^en 45
unb j)ro))^eti)(^en ©d^riften, fo ift e^ unmögli^, in ber öorejilifc^en ^t\t ba« Sorbanben*
fein eine« .^o^en 5ßriefter« im ©tile be« jjriefterlic^en ®eie|eg nac^gutoeifen. äluerbing«
finben fic^ mehrere ©teilen, toelc^e \>a^ fc^on burd^ ba« 3)euteronomium getoonnene SlefuUot,
ba^ bie a:emj)el})riefter in 3^iöj[^»n unter einem Dber^)riefter ftanben, beftätigen. Oe«
toöl^nlid^ ^ei^t ba« Dberl^aut)t ff.sn in bem oben erörterten t)rägnanten ©inne ; f 0 30« w
jaba 2 Äg c. 11. 12, Urijia 16, 10 ff. (ögl. 3ef 8, 2) unb ^ilfija c. 22. 23. daneben
tommen an ben fc^on angefül^rten ©teDen bie Benennungen ^'"t^" V^'^ (bongojaba unb
^iUija) unb '^s^^^n -,riD (^on bem bei ber Sroberung gerufalem« ermorbeten ©eraja unb
tool^l aud^ bon ©abol) bor. 33iele Steuere tooDen biefe ertoeiterten SJamen al« fj)ätere
3[nter^)oIationen anfe|^en, aber, toon ber ©teile 2 ©a 15, 27 abgefe^en, faum auig tofarit 66
lic^ jtoingenben ©rünben, ba bie f})äter gebräu(^lid^en Sitel ja bem älteren ©J)rad^s
gebraud^e entlel^nt jein fönnen. SOBeiter beftätigt toirb ba« 3Sor$anbenfein eine« folc^en
Jjriefterlic^en $auj)te« burc^ ben in ben f^äteren öorejilijd^en Seiten borfommenben litel
ri:tT2 ins (^er 52, 24; 2 Äg 25, 18, \>qI 23, 4, too too^l aud^ ber ©ingulari« P^
3u lefen ift), b. 1^. ein auf ben Ober)»i^^^|^giber ^riefter, ber älufftd^t über beiL2i«m)el 60
254 polier ^ritfter
l^attc. 2)a^ aber btefer Dbcr))riefter be^ iooresilifc^en x^mptU toon bcm §. % bc^
^ricflercobcs grünblic^ t)erfdj|icben toar, gc^t fd^on au« ber einfachen ^^^atfa^e bcrtoor,
bafe e« unter ©abib unb ©alomo jtoet foIc|e ^riefter gab, (Sbjatar unb ©abof, bie beibe
ben Sttel -ran trugen, 2 ©a 8, 17; 19, 12; 1 itg 1, 7f.; 4, 4. 9tac^ 2 Sa 15, 24 ff.
6 toar aud^ 6abof in ^erufalem tl^ätig, fo bafe e« faum rid^tig ift, tomn ber fpätcre G^rontft
(1 6^r 16, 39) x\)n jum ^riefter in ©ibeon mac^t. atterbing« ^ei^t e« 1 Rg 2, 35,
ba^ ©alomo ben ©abof an bie ©teDe ßbjatariJ fe|te, nad^bem er biefen au« feinem Slmte
entfernt l^atte, ttyonad) man ben 6inbrudf betommt, bafe ßbjatar eine etma« ^öbere ©tels
lung ge^bt l^atte al« fein Slmtggenoffe ; aber gerabe biefer Umftanb, bafe ber oberfte
10 5ßriefter toom Äönige abgefegt iDurbe, jeigt un«, ba^ biefe 5ßriefter nur al« Seamte be«
Surften betrad^tet tourben, unb bafe h)ir un« alfo in einer ganj anberen SBelt al« ber be«
^rieftercobej befinbcn. SSergl. hiermit ba« Ser^ältni«, in tüelc^em 3lma«ia ju 3^tobeam IL
(«m 7, 10), Urijia ju Sl^aj (2 Äg 16, 10) unb &\ltx\a ju 3;ofiia (2 Äg 22, 12) ftanben.
3lud^ bie größeren Heiligtümer ber älteren 3^'^ I^ätten tüo^I i^re Dbeq)riefter, toie j. S.
15 6Ii in ©(|iIo unb Slc^imelef in 9Job : aber ^ier betüeift bie SJiel^eit biefer Heiligtümer,
tote oben bei ben je^oöiftifd^en Duetten, bafe Don einer i.'^bentität mit bem §. $. be«
^rieftercobej feine Siebe fein lann.
3)agegen ian^t unmittelbar nad^ bem @ple mit Sofua, bem ßnfel be« ermorbeten
Dber})riefter« ©eraja, ber $. ^. al« eine fo bebeutung^toolle ©eftalt auf, bafe toir an ba«
20 oben nad) bem 5ßrieftercobeE gejeid^nete Silb erinnert toerben. Sefonber« toid^tig ift bie
3Sifion ©ac^ c. 3. §ier toirb bie ®efa^r, bie bem faum geretteten SoKe brol^t, baburd^
auggebrüdft, ba^ ber ä. ^. ^o\ua öom ©atan öerflagt toirb, unb feine, burc^ eine neue
Snbeftitur beranfc^auli^te §reift)red^ung bilbet bie ©runblage einer mefftanifc^en äJerl^ei^ung.
%i6f toirb i^m berföroi^en, bafe er, toenn er auf ben Sßegen be« $erm toanbelt, ba«
26 §au« be« §erm rid^ten (b. 1^. barin l^crrfd^en) unb bie Sor^öfe be« Xem^jel« lauten fott.
atterbing« ift bie Autorität be« §. 5ß. in biefer ^tii nod^ fe^r begrenjt. Sei §aggai
toirb er ate SSertreter be« SJoIfe« angerebet, aber nur neben ©erubbabel, ber überall juerft
Senannt toirb, unb in ber 2öci«fagung ©ad^ 6, 13 (nac^ ber fieser urfj)rünglid^en %t}cU
>rm) nimmt ber §. 5p. nur ben erften ^la| neben bem gefrönten 5)aoibiben ein. ^n
80 ben S5eri(^tcn 6«ra« unb SJel^emia« toirb auf ben Jo. %, ber aUerbing« einer biefen
beiben 3Rännem feinblid^en 5ßartei angehörte, fe^r toenig Slücfftd^t genommen; toid^tige
Sefc^lüffe toerben bon ber 3Jolf«t)erfammlung gefaxt, benen ber §. ^. [x6) tool^l ober
übel fügen mu^. Slber immerhin ift bie 3Sertoanbtfd^aft jtoif(^en ber 3)arftellung ^^ c. 3
unb ben ©ebanfen be« 5ßriefiercobes bod^ fo grofe, ba^ beibe ©rfc^einungen auf eine ge=
86 meinfame Söurjel jurücf jutoeifen fd^einen. Seiber ift nun aber gerabe biefe erfte 6nttoicte==
lung in 3)unfel gebüßt, öor allem toeit (gjec^iel in biefem ^He nic^t toie fonft ^äufig
eine beutlid^e SSorftufe jum 5ßrieftergefe$ bilbet. ^m attgcmeinen aber fann man tool^l
fagen, bafe bie t>erfci^icbenen ßrfd^einungen mit einer Setoegung mfammenl^ängen, beren
Äiel bie (Smanjipation ber Äird^e t)on bem ©taate toar. ©jed^iel behält bie jjerfönlic^e
40 Komentration ber j)olitifd^en 9Kac^t in einem dürften bei, fteUt i^n aber in ein bienenbe«
SSer^ältni« jum Äuttu«. ©er '^Jrieftercobej fie^t öon jeber Drganifatton ber ))olitifc^en
!Dlad^t ab unb giebt bagwen, bermutli(^ in Stnle^nung an bie an ^erufalem« %tmpd
berrf^enbe Drbnung, ber Äird^e ein j)erfönlid^e« Dberl^auj)t, ba« afö tooDfommenfte SSer^
for})erung ber t)riefterlic^en ©ebanfen bie l^öd^fte Autorität be« SSolte« bilbcn foll. 3)afe
46 man bie l^ol^epriefterlid^e SBürbe ber SJinie ßleafar juerteilte, toar tool^l einfad^ bie 5«>^Ö<^
bat)on, ba^ ber frül^ere Dbeq)riefter ein ©lieb ber fabofibifd^en ^^iriefterfc^aft getoefen toar,
bie t^en Stammbaum toon @leafar ableitete (1 6^r 5,34). eine 5ßM^ ^^ im ^riefter-
cobej gum f^ftematifc^en 3lbfc^lu|| gebrad^ten Setoegung ^aben toir bann in ber ©teDung,
bie ber .^. 5ß. ^o^na bei ©a^arja einnimmt; aber fte toirb ^icr noc^ toon ber mef|ta=
60 nifc^en Hoffnung, bie fic^ um bie ^erfon ©erubbabel« fonjentriert, im ©leid^getotc^t
gegolten.
4. ©ie juerft nod^ befd^eibene Slutorität be« §. ^. touc^ in ber nac^ejilifd^ien ^tit
attmä^lid^ ju einer bebeutenben §ö^e. $ierju trug junäd^ft bie (Sinfül^rung be« 5ßriefter-
gefe^e« bei, ba« ben gefalbten §. % al« einjige autoritatioe ?5erfon, toenn auö) nur in
66 rein geiftigem ©inne, ^inftellte. 9lDe 3ln^änger ber ftrengen ®efe^e«toirfung füllten ftd^
moralifc^ öer^flid^tet, bie Autorität be« $. 'ip. anjuerfennen, felbft toenn fte nic^t immer
mit bem auftreten ber eimelnen 5ßriefterfü^ten eintocxftanben toaren. 6in c^arafteriftifd^e« Sei«
\p\d l^iefür l^abcn toir l3J(aff 7, 14, too bie©trengen benälfimo« mit^Bertrauen em^jfangcn,
toeil ein „^riefter au« bem ©efd^led^te äl^aron«" i^nen fein Unrecht jufügen toürbe. Sluc^
60 ift e« bejeic^enb, ba^ ber aSerfajfer be« S3udbe« Daniel (9, 25 f.) bie ^eit gtoifc^en 536
^of^tt ^rtefler 265
unb 171 aU bie öon bem crftcn ö^<xll>tcn ^ürften (^ofua) eingeleiteten unb burd^ ble
Scfeitigung be^ legten (Sefalbten (b. i. toa^rfc^tnlid^ be« legten legitimen ß. $. ^afon, ber
171 abgefegt tüurbe) gefd^iloffenen 5ßeriobe d^arafteriftert. Unb n)elc^e SBegeifterung ein
ba« 3beal einigermaßen üertDirflic^enber .§. % bei bet [ttengen SHid^tung l^ertoorrufen
lonnte, jeigt bie "ipaneg^ril Sir c. 50. 3l6i) mef;r aber ftiJ^rten e« bie äußeren SJerl^älts r>
niffe ber nac^qilifc^en 3cit mit ftd^, baß aDe^ toa^ ber lübifc^en Kolonie an poM]d)tt
3Slaift übrig geblieben toar, fic^ um ben $. % fonjentrieren mußte. 3Son einer SleJ^a-
bilitierung ber alten batoibifd^en Äönig^ma^t fonnte feine Siebe fein, ©erubbabel, ber
nod) bem §. % tjorangefteßt tourbe, tjerfc^toanb o^ne 5Rac^foIger ju finben, ober ber
^riefterfürft, ber in ben äugen ber fremben SWac^tl^aber ungefäl^rlic^ toar, blieb unb tourbe lo
auf biefe SBeife naturgemäß aßmäl^^lic^ auc^ ber toeltlic^e Vertreter be« Solle«. 3)a«
l^eilige SoSorafcl, auf toeld^em nac^ bem ^rieftercobej bie geiftige 2lutorität be« gefalbten
^riefler« berul^te, criftierte, h)ie e« fd^eint, nid^t me^r in ber nac^ejilifc^cn ^^xi; aber afe
6rfa^ erhielt ber öon einem reichen ^riefterabel umgebene §. 5ß. eine j)olitifc^e Se^
beutung, bie natürlid^ toac^fen mußte, je mej^r bie Meine jübifd^e ©emeinbe an Sleid^tum is
unb aSolfömenge junal^m. 3*^^^^ tüuxU feine SRac^t titoa^ begremt burd^ bie mat^
t>erfammlung (bag ©^nebrium); aber in ber 3«* «ö^ SRel^emia« befam ber §. ^. ben
9Sorft$ im State, unb ba e« ben SWitgliebem be« 3:emj)elabete aHmä^lic^ gelang, in boö
©^nebrium aufgenommen m tüerben, tüurbe bie« gerabeju eine n)efentlid9e ©tüfee feiner
t)olitifc^en 5!Ra(^tfteltung. 9Rad^ außen l^in toar er ber aUeinige SSertreter be« 3io\l^, ber 20
mit ben fremben ^rften öer^anbelte, unb bem ber Iriegerif^e ©(^u^ ber ^'suben oblag,
fobaß ©irad^ 3. 33. Don bem betüunberten ,^. % ©imon b. god^anan fagen fann (50, 4),
baß er „für fein SBolf ben SRäuber fürd^tete unb feine ©tabt befeftigte." 6« toar bed^Ktlb
nur eine ftonftatierung ber faftifd^en 3}er^ltniffe unb feine SJeuerung, al« ber .^a^monäer
äriftobulu« (104—103) nad) bem SSorbilbe anberer, i. 85. J)^önijifc^er ?5riefterfürften ben 25
5lönig«titel annal^m. ©einen Dmat brandete er babei nid^t ju änbem, ba ba« ©iabem
unb bie ^uq)urfarben ju bem neuen Sitel ftimmten, lt)a« aud^ toon 5ßl^ilo em^jfunken
toorben ift, ber bon ber ^ol^ent)riefterlid^en Äojpfbebecfung al« einem Rtx^tn ber föniglid^
©etoalt fj)rid^t (ed. 5!Rangei; 1, 562. 2, 152). 2Bie ber ^riefterabel unter bem einfl^ffe
ber 3fitDer^ältniffe immer me^r tjertoeltlic^te unb geneigt tourbe, bie religiöfen ^htaU ao
be« Solfe« feien j)olitifd^en gntereffen m oj)fem, ift au« ber SSorgefd^ic^te ber 3Kaffabäer*
wit befannt. Dl^ne 3h>eifel folgten mehrere $. $. biefer Steigung i^rer ©tanbe«genoffen.
2lbet leiber toiffen toir t)on ben §ol^en))neftern ber ^^t jtoifc^ bem mit 6«ra unb
SJe^emia« gleid^jeitigen ©Ijafd^ib unb ben testen öormaffabäifc^en §ol^en})rieftem ©imon
b. goc^anan, 3I*>^ä"ö« (Dnia« III) unb ^afon fo gut toie gar ntc^t«, ba bie Siftesd
9lel^l2, lOf. nur einige SJamen enthält unb bieSerid^te be«3ofepl^u« toenig glaubtüürbig
fmb, jum leil gerabeju auf SWißtoerftäubniffen benign, ^öcpft djiarafteriftifc^ für bie
©eftnnung ber ^. $. ift e« aber, .baß Dnia« III nac^ ber Sefeitigung ber legitimen
^riefterfürften in ^^tufalem, in Stg^jjten einen Xtmpd aup^ren ließ, um bort in
flagrantem 2Biberfj)ruc^ mit bem ©efe^e feine 2^ätigfeit fortjufe^en. 40
5. 3)ie Übertragung ber J^o^enj^riefterli^en SBJürbe auf bie $riefterfamilic ber SKaffa«
bäer im ^ai}x^ 153 toar an unb für fid^ eine nic^t loeniger gefefetoibrige §anblung ol«
bie äbfe^ung S^fon« ju (Sunften be« 3Wcnclau«, aber bie 2)anfbarfeit be« Solfe« für
bie .^elbentbaten ber §a«monäer ^ielt Vorläufig bie Dvpofttion ber ftrengeren »tic^tung
jurüa. ainber« tourbe e« erft, al« bie allmäl^lic^ ftattfinbcnbe i^erföl^nung jtoifd^en ben 45
neuen 5ßrieftcrfürften unb bem alten fabbucäifc^en 2^empclabcl einen unj^eilbaren 93rud^
mit ben ^^arifäem herbeiführte. 3Der ©turj ber §a«monäer be^eid^nete ba« @nbe be«
§o^enprieftertum« im eigentlid^en ©inne. :^tüax gab e« bi« jur 3etftörung ^erufalem«
immer noc^ §o^ej)riefter, bie ben SJorfi^ im ©^nebrium führten unb bi«toeilen einen
nid^t unbebeutenben ©influß au«übteii ; aber fte l^atten bie beiben toefentlid^ften 5ßräros 60
gatiöe ber l^o^enjjriefterlic^en SBürbe, bie ©rblid^feit unb bie 2eben«längli(^feit be« ämte«,
verloren, unb toaren be«^alb nur ein ©chatten beffen, toa« fie getoefen toaren unb na^ bem
®efe^e fein follten. aerobe« b. ®r. unb bie Slömer festen toillfürlic^ $o^ej)riefter ein unb
ab, unb \omn fie auc^ in ber Siegel bei ber SSefe^ung be« Slmte« einzelne anfe^nlid^e
^rieftergefc^led^tcr bctoorjugten, fo tourben bod^ auc^ ab unb ju ganj unbefannte SWänner 55
nieberer §erfunft berufen. G^arafteriftifd^ für biefe ft)ätcren 3eiten ift e« be«l5^alb,. baß
eö gleichzeitig mehrere ^erfonen gab, bie ben 2:itel §ol^ej)riefter führten, nämlid^i nic^t
nur ben toirflic^ fungierenben §. $.> fonbem auc^ biejenigen, bie ba« Slmt befeffen
Rotten. 3(n einzelnen ©teilen im SIX unb bei ^fe))l^u« bejeid^net ba« 9Bort außerbem
noc^ gan) allgemein bie SRitgltcte. ||y|||l||[ÜD^ ber ^. $. beborj^ugtm ftttuUm. eo
266 Roller ^riefter ^o^ed Sieb
Site aber !3erujalem mit bem %tm!pd jcrftört tourbe, tourben bie ipol^en))riefter für immer
unter ben 3^rümmern be^ Äeiligtum^ begraben unb lebten nur no6) fort ate imaginäre
®rö^en in ben iuriftifd^en ©iigluffionen ber ©d^riftgelel^rten. 3t. »ii^I.
$ol^er 9Iat f. @^nebrium.
^o^eö Sieb Satomod« — »citft^altigc UebcrMt ber c^riftl. unb jübifdien fiittevatur
in ^dkv^ Kommentar 6. 16—26. ^on ben jaftlreicöcn neueren Schriften merfen wir an :
3. ®. ©erber. Sieber ber Siebe, bie älteften unb fc^önften aug bem ^J)Jorgenlanbe 1778; &.
®. (£. Umbreit, Sieb ber Siebe, ba« ältefte unb fcftönfte oud bem ^., ®ött. 1820 2.^. 1828;
$. (gwalb, 3)a8 4)oH. @al., ®ött. 1826, u. in ben 2)i(fttem beS 9(. 53.. 2.«. 1860, 1,65 ff.; II,
10 333 ff.; ugl. (äJeftft. 33r.» III, 493 ff.; 3- S- 3)öpfe, Äomm. jum 4)S (Bai, Scip^ig 1829;
9fofenmüaer, Ueber be§ ©S @inn unb ?(uSlegung in Äeil unb Jfcftirnerg 9lnalccten I,
1830; ©ern^arb ©irjel, ^a« Sieb ber Sieber ober ber @ica ber Xrcuc, 3ürid) 1840; ©. 3.
?Wagnu8, Äritifcftc öeorbcttung bed $)S @al., ©aOe 1842; griebr. Öötttfter, 2)ie älteften
Öü6nenbi4tungcn, Seip^. 1850; 5ranj2)eUtf4, 3)a8$S,Seipa. 1851 u. 1875; ö.$(.öaH3)a§
16 ©S oon ©al., 93redlau 1852 ; ©. ® . ©engftenberg, 3)ag ©S 6alomoni«, ©et lin 1853 ; gerb. C^i^ig,
3)a8 ©o^el., 1855 (im furjgef. Gj. ^hh.); Chr. D. Ginsburg, The Song of Soogs, London
1857; E. Eenan, Le cantique des cantioues, Paris 1860; 2, Ä. 1861; J. Salvador, Hist.
des institutions de Moise et du peuple H^breu, 6d. 3°»«, Paris 1862, Tome II, p. 181 ff.;
». Xelfc^oro, 3)aS ©S 6a(. al8 Ordlorium, Stettin 1856; O. 3ö(fler, 3)a§ ^^ @al. 1868
20 (in Songe« ©ibelw.); ^. ©räf, Schir ha-Schirim, 1871; Ch. F. Godet, Etudes Bibliques I,
1873, beutfdj 1875 (@. 191 ff.); 93. @d)äfer, ba« ©. S. 1876; 6. 3- ^ömpf, 35a« ^S. ?rag
1877, 3. ^. 1884; «nbr. 8»obe, S)a8 93.9futö unb ba« C)S im Urlejt, Seipj. 1879; Ä. Äo^Icr
(Siabbiner in ©IjicQgo), 3)a8 ©S, 1878; 2^. ©cfener, ^n« ^S©al., Cuolenbrütf 1881 ; 3. ®.
©tidel, 3)a« 4)S, »crlin 1888; ©. )6tt(i, 3)a8 ^ot)elieb unb bie mageliebev im i^urggef.
26Äomm. iWörblingen 1889; C. Bruston, La Sulammite, Paris 1891, 2. ^d. 1894; berfclbc,
LeXme CJongr^ des Orientalistes et TAncien Test., Paris 1895, ©.5 ff.; 3. ©. Slotöftetn.
3)0» $S (5Sortrag mit Ueberfefung), ^aüe 1893; fitaxl ©iibbe, $3a§ ift bo« C)S? ?5reu6.
3ol)rbü4er ©b 78 (1894) ßeft 1; S)erfelbe. 3)a« ©S im Äurjen ^anbfomm., greib. 1898;
Engine R^veillaud, Le Sublime Cantique, Paris 1895; ®. ©iegfrieb, ^rebigcr unb §S. (int
30 ^anbfomm.) ®ött. 1898. 3u elnjclncn «bfd)nitten ^ijlemann, 3)ie Ärone beö ii2 (^. 8)
1856; ©cftlottmann, 3)cr ©rautjug be« ©S (3, 6—11) 2:ij©tÄ 1867, II, 209 ff. S^gl. aud)
©alfelb, 3)a8 ^S ©al. bei ben jübifd)cn ©rflärern be« Wltteloller«, ©erlin 1879; 2B. JRicbel,
S)ie Auslegung be« ^S in ber jübifcöcn ®cmeinbe unb ber griccöifdjcn Stirere, Seipjig 1898;
Äug. ©ünj^e, Bibl. Rabb. ber Midrasch Sclür ha-Schirim, beutfdje Ueberfe^ung, Seipj.
86 1880; «. 3Rerj, 3)ie ©aabjonifcfte Ueber fefung be« $)S inS ^Irabifcfte, f)eibelberg 1882.
©ie^e aucö ®. S3iclefl, Carmina V. T. metrice, 1882, unb bie altteftam. Einleitungen (be*
fonber« SRcu6 unb 3)rioer«9?otMtctn) foiuie bie bibl. ©örterbüd)cr unter bobeö Sieb, j. 53.
S)teftel bei ©(^enfel, 9(rtifel Canticles bei Smith and Füller, diction. of the Bible unb En-
cycl. Britannlca \>on Robertson Smith. — greie 2)i(ötungen fnüpften anS ^2 (öuft. 3ttbn,
40S)a8 ^S in Siebem 1848; 3ul. ©türm, 3toei Dtofcn ober ba« ©. S. ber Siebe, Sclpj. 1854.
3)agegen fc^Uefet fic^ an ben 2:ejt an bie metrifie 5Serbeutfc^ung t)on 4)einr. ©tabelmann
(1870).
§ol^c« Sieb ©alomo« toirb feit Sut^er jene SHotte (to?:) genannt, toeld^e im §e=
bräifc^en ben SCitel fül^rt: ^^'^^^ ^'^^ c^-^^cn n^^, ber in ber %l)at ba« ^öd^ftc, ^en=
46 Hd^fte, alle anberen Sieber übertreffenbe Sieb (fo rid&tig ber 5ÖJibrafcl[i) bejeid^net unb bem
Äönig ©alomo beffen äutorfd^aft jufc^reibt. I)a^ Süc^Iein entl^ölt offenbar SWinnegefang,
unb manche 3)unlell^etl im gangen toie im einzelnen toürbe ftd^ öermutlid^ aufbetten, \iymn
biefe 3)i(i^tung«art ber i^ebräer, öon toeld^er nur bie« eine ©tücf au« befonberen ©rünben
im Äanon ift erl^alten toorben, un« auc^ au« anbem groben befannt toäre. ©treitig ift
Bobagegen, ob biefe SWinne irbifd^iertoeife ju üerfte^en ober ob fie nur aHegorifc^e« ®eh>anb
fei, loelc^e« bie Seftimmung l^ätte, tiefere, geiftige, ^immlij^e SSer^ältniffe jugleid^ j|u öer=
^en unb gu toerfic^tbaren. 3)ie 3lufgabe be« ©rllärer« ift e« jebenfail«, ftc^ junäc^ft
um ba« Serftänbni« be« eigentlid^enaÖBortlaute« ju bemühen unb bann erft jujufe^en, ob
er eine tiefere Deutung tjerlange ober ertrage, ^abei jeigt fid^ balb, bafe nid^t, toie man
66 oft gemeint ^at, jeber einzelne äu«bruc! erft feinem nattirlid^en SSerftanb unb 3"l<Jn^ni^=
bong entfrembet toerben mu^, um überl5^auj}t einen ©inn ju geben. D^ne folc^e ftinft-
lic^e Umbeutungen geftalten [xäf borfteDbare, Ieben«frifd^e Silber unb öerbinben fic^ ju
einem einheitlichen, fünftlerifd^ georbneten (Sebilbe. 2Bo^l l^aben feit ^erber einzelne unb
perabe manche ber neueften äuäeger ben 3uffl"^ni^nl^<^iiÖ J^t)ifc^en ben einzelnen 2^Ien
60 m Stbrebe geftettt, al« läge eine Slumenlefe t>ereinjelter Sicbe«Ueber öor. SWetn bie ^avCpU
t^erfonen, fotoeit fte fenntlic^ fmb, bleiben überall biefelben (ber Äonig ©alomo, feine ®e=
liebte länblid^er ^erhtnft, bie S^ik^ter 3^<dem«). Eigentümlicher ©))rad(^ebraud^ ^errfd^t
^ol^ed fiieb 257
au^crbem öon 2lnfan0 bi^ gu Snbc. äud^ lehren biefclben SRcbcioenbungen in leidsten
aBanWungen immer toicber. aSgl. 2, 7; 3, 5; 8, 4; unb 5, 8. — 3, 6; 6, 10; 8, 5.
— 2, 17; 4, 6; 8, 14. — 2, 6 unb 8, 3. — 1, 2 unb 4, 10. — 2, 5 imb 5, 8; jtel^e
toeiterc änflänge bei Öttli ©. 156. ÜKand^e ©tüde fmb jtc^tlic^ ^Parallelen ju einanber,
j. 93. 2, 8 ff. ; 3, 1 ff. unb 5, 2 ff. Stnöefid^tö ber öielen unt)erfennbaren SBed^felbejic^ungen 5
unb @t)mptorm ber @in^eit, mlö)^ ba^Oanje t)erbinben (bgl. nur 1, 6 mit 8, 12), h)irb
eö für jebe örfiärung gerabeju jur 5ßrobe i^rer SRic^tigfeit, ob fie alle %t\U ju üer^
einigen h)ei^.
3)a jeboc^ tjerfc^iebene ©timmen abtoec^felnb in bem Siebe laut toerben unb auc^ bie
babei t)orau^efe|ten ©jenen fid^ änbem, l^aben toir e« nic^t mit einem rein l^rifd^en ©tücf lo
ju t^un, fonbem mit einem 3Relobram, n)OJu ja aud^ in ben ^falmen (j. S. ^f 2;
24 u. a.) fic^ ainfä^e finben. I)ie Haltung bleibt babei bortoiegenb l^rifd^; nic^t fo faft
auf bie 3)ar[tellung einer §anblung ate öielmel^r auf ben älu^bruc! ber innem ^wftänbe
unter toedjifelnben Umftänben ift e^ abgefe^en. 2lu4 ift ba^ SBerf fc^toerlid^i jur 9lufs
füi^rung auf ber 35ü^ne burc^ ©d^aufj)ieler beftimmt getüefen ; ber ^ebräifd^en SRufe h)eit i6
angemeflener ift bie Slnna^me einer Darftettung für ba^ 0^ burd^ ©injelftimmen unb
ßl^öre. @ntfc^etbenb ift aber für ba^ gange SJerftänbni^ bie ©eftaltung ber ©geneii, bie
geftfteHung ber ^erfonen unb bie SSerteilung be« ^^ejte^ an biefelben, toorüber feine au^s
brüdtlid^en Slngaben fid^ finben. 3iApi bem Äönig ©alomo fte^t eine gefeierte ©d^öne,
meldte 7, 1 al^ bie ©ulammit^ (n-'^ÄTsn meift öom %Udm ©ulem, je^t ©olam, fonft ao
©unem, abgeleitet, alfo: bie ©ulamäerin tüic n'^73:ii::n i Äg 1, 3) angerebet toirb, ein
burd^ ^ol^e Slnmut unb finblic^e 2)emut in fcltcnem ®rabe auggejeid^inete^ 3Wäbd^en t)om
Sanbe. aOBö^renb aber nac^ älterer trabitioneller Sluffaffung biefe nid^t blofe toon ©alomo
gefeiert toirb, fonbem ebenfo begeiftert feine SSorgüge ipreift unb ebenfo gärtlid^ feine 3^'
neigung ertoibert, ge^t bie neuere, bi^ öor furgem l^enfc^enbe 2lnftc^t Dielme^r ba^in, ba^ 26
fie il^re Siebe einem 3)ritten betoal^re unb allen ipulbigungen bc^ Äönigö baö Sob eine^S
fc^lic^ten §irten i^rer l^eimifc^en glur entgegenfe^e, big enblic^ ber Äönig toor biefem ba^
jjelb räume unb i^re 2)reue triumphiere, tiefem Sliöalen ©alomo^ feien getoiffe ©tüdte
in ben SKunb ju legen, ober e^ fiprec^e fie toenigften^ bie ©eliebte, toie fie folc^e i)on
feiner ©timme gu ^ören meine. @g leud^tet ein, toie t)erf(^ieben fic^ bie ©efamtauffaffung ao
geftalten mufe, ob man in bem Sieb ungeteilte Siebe^ergüffe gioeier aeifte^toerloanbten ©eelen
ober ben aOSettftreit gtocier SJebenbul^ler finbet, in toelc^em ein ftplic^ter $irte über ben
reid^ften ber J?önige ben ©ieg batoontrage.
3)iefe le|tere älnftd^t ift öon fo getoic^tigen 2lutoritäten getragen, ba^ toir fie in ben
§auj)tgügen naiver Verfölgen muffen. 3la6) Stoalb, bem im h)efentltd(>en nod^ Öttli, 86
Srufton, Slotl^ftein u. a. folgen, lä^t fic^ folgenbe ^bel au^ gelegentlichen aJJitteilungen
be« ©tüdEeö ate ©runblage getoinncn: 2luf einem feiner Sinkflüge nac^ bem SJorben be^
Sanbeg toar ber König mit feinem ©efolge in bie 9iäl^e beig gledfen^ ©ulam gefommen,
ol« mel^rcre au^ bem Ruq^ in einem 9Jufegarten (6, 11 f.) ein reigenbe^ 3Jläbc^en in toon«
nigeg Sntgüdfen t)erfunfen fanben. Dbtoo^l öon ben 3^^*9^^^ '^^"^ be^anbelt unb gum 40
§üten eine^ na^en 2Beinbergg angel^alten (l, 6), geic^nete fie fic^ burc^ feltene Slnmut
au6, foba^ ber Äönig fte für feinen §arem gu gewinnen ioünfc^tc. Sei i^rem ßufömmens
treffen bafelbft f))ielt fic^ bie erfte ©gene ab 1, Iff., n?obei fid^ ergiebt, ba^ fie i^r §erg
bereite an einen Wirten (1, 7; 6, 2 u. a.) il^rer §eimat toerfc^enft ^at, bem fie uner»
f^^ütterlic^ treu bleibt tro^ aller Sodfungen bcg ftönigsJ unb feiner Umgebung. 2)iefer 46
Äonpitt fteigert ftc^ im Saufe be^ Siebet immer me^r, je eifriger unb ungebulbiger ber
Äönig in feinen ^ulbigungcn ioirb. SBä^renb er fte beftngt, antwortet fie mit 3lnj)reifungen
il^re« ©eliebten (Tn) unb berfinft babei in einen 3wftanb ber Siebe^efftafe, in toeld^em
ein 2ßeib unantaftbar geloefen fei (2, 7 ; 3, 5 ; ögl. 8, 4). 3n folc^er ßrregt^eit be«
©emüt« glaubt fte ben Siebften gu feigen unb feine feorte gu oernel^men (2, 8 ff. ; 3, 1 ff. ; 60
4, 7 ff . ; 5, 2 ff.) ; fie fud^t i^n auc^ im S^raume in ben ©äffen 3;^olemg, big fte i^n
finbet. (©tatt ber SSiftonen läfet Öttli ben 2)ic^ter 1, 7 f. 15—17 in 3h)ifc^enf))ielen
©genen aug bem Vorleben ber ©ulammit^ toorfül^ren, ioä^renb 2, 8—17 ber ©eliebte
ioirllic^ brausen fte^e, unb fte ben ßwfc^owem, bie il^n nid)t fe^en, feine SBorte melbe.)
©einen §öl^ei5unft erreid^t ber SBiberftreit, ate ©alomo, ber burc^au« i^re ©unft ertoerben 65
mikl^te. gu biefem 3*ü^cfe bag ©rö|te t^ut unb i^r ben Sl^ron anbietet. Site t)ollbered^s
liflle 5tönigin fü^rt er am §od^geittage bie ©ulamäerin in bie §auptftabt ein. Slttein
auc^ biejer SSerfud^ fd^lägt grünblid^ fe^l, inbem auc^ an felbigem ^ge i^re äSifwnen
toieberfe^ren (noc^Dttli bie Sraut ben Äönig burd^ ©{^loeigen abfertigt unb fic^ öon
4, 8 an toterer taiMäf «nt.tta»^ (Bcltebten unterhält). 2)er Jtftnig nimmt barauf noc^ oo
8l(at*«nc)»noWIUe fir •—-^-JÄ^-fc^ \ «. vm. -^ i . . - --
258 ^o^ed Sieb
einen legten Stniauf unb öerfud^t fte burd^ bte ©eioalt be^ bejaubemben SBorte^ ju 0C=
n)inncn (6, 4 ff.). SHIem ha il^r^etmtoel^ immer unbejtoinölid^er n)irb, öerjid^tet er ^oc^=
l^ig auf il^ren Seft^ unb lä^t fie im grieben gielj^en. gm legten Slft fe|ien h)ir fie,
freigelDorben, mit i^rem ^eunbe ber Äeimat gutoanbem, too ber Siebe^bunb beftegelt
ötotrb. 35ie 9Koral beö ©tüde^ ift 8, 6 f. au^ef^jrod^en : bie Siebe ift unbejiDinglic^, un=
au^löfc^lic^, mit allem ©olbe nic^t ju laufen. S)te freie, treue Siebe ftegt!
®ö lä^t fid^ nic^t leugnen, ba^ biefe ^\)potf)^t, nai} toelc^er bie am ©djilu^ gegebene
Seigre an einer in bramatifd^em ^ortfc^ritt vorgeführten, öielleid^t nic^t rein erbi^teten
Gegebenheit aud bem Seben bed ))ra(^tliebenben @a(omo Deranfd^aulid^t n>äre, ))ie( ©e^
10 toinnenbe^ Ij^at unb manche Snftö^e bejeitigt. 2ßie lie^e f\d) bie fc^lid^te, leidste, unge=
jtoungene ©rfc^einung unb Haltung be^ ®eliebten ate eineö^irten (1,7; 2, 8 ff.; 5, 2 ff.;
8, 14) beulen, toenn biefer ni(^t eine öom Äönig unterfd^iebene 5Perfon fein foHte't' i)ie
am ©dS^Iuffe fo t)affenb au^gefjjrod^ene moralifd^e SBa^rl^eit toürbe ba^ ©anü tro^ be^
Reitern %om^ feiner Stellung im Äanon nid^t Am untoürbig erfd^einen laffen, obtooF^I
16 bie Allegorie babei laum etloa^ ju t^un fänbe. SOBie ba^ tugenbfame 6l^en?eib {Bpvüdfc
©a 31) l^ätte auc^ bie ftanb^aft treue S3raut il^r ßl^^renbenlmal in ber ^eiligen ©d^rift.
3)ennod^ erh)eift ftd^ biefe noc^ immer beliebte äluffaffung bei näherer Unlerfu(^ung nid^t
ftic^fcft. Segen fte entfdfieibet unfere« (Srac^teng fc^on folgenber Umftanb: 3, 6—5, 1
toirb bie eigentlid^e lömglid^e §odj|jeitfeier befd^rieben, toel^e bamit enbet, bafe ber gfüdf-
20 lic^e Sräutigam t)oDe Sefriebigung aä feinet Segel^ren« erlangt ^u l^aben öerftd^ert. 5B$enn
überhaupt biefe §od^jeit bei jener Slnna^me ber 9Ritbeh>erbung be^ ©c^äfer« eine ^oc^-
tragifd^e ^ätte toerben muffen, h)orauf feine ©übe beutet, inbem nic^t einmal bie ^ier be^
fonber« ern?ünfc^te Siebe^obnmad^t eintritt, fo U)irb burc^ bie I^tenSßorte ber©ulammitb
(4, 16) ber ganje f^öne SBal^n t)on ber ©tanbl^aftigleit ber §irtenbraut gegen benÄönig
25 entjtDeigeriffen. ©erabe bei biefer ^Partie, too ba« Siebe^öerJ^ältni« in ber .öoc^geit feine
loniretefte ©eftalt getoinnt, finb benn auc^ bie SBertreter ber §irtenl^^t)ot^efe ratio«.
Stoalb lä^t 4, 8 ff. ))lö$Kd^ ben ^irten reben, ba berÄönig mit benSOBorten 2}§. 6 unb 7
abgetreten fei. 3)a jebe ©t)ur biefe« ^ßerfonentoed^fetö mangelt, fielet er fic^ t)eranlafet,
l^ier jn)ei 3^en einjufd^alten (©ie^ ba, mein Sieber, fte^, ba fommt er! ^'^rdji toie er
90 mir fagt feine 2öorte I). Slbgefel^en baöon, baft ba« abtreten ©alomo« mit m. 6 unb 7
gerabeju broDig toäre, ift bie 3^^«I"«0 jiDifd^en jtoei Sieb^aber, beren jeber al« 35räu=
txgam erf(^iene, l^^ier einfad^ unmöglich. 2Bie ungereimt toäre j|. S. 5, 1 al« Sebe be«
nur in ber 5ß^antafie ber 35raut ober in SBirlHc^leit antoefenben greunbe«! $i^ig f^at
an aflbem fo fel^r 3lnfto| genommen, ba^ er ©alomo gar nid^t mit ber §elbin be«
36 ©tücfe« ftd^ toermä^len lä^t (toelc^er il^r §reunb nur einzelne SOBorte 3J«. 8. 1 1 ^urufe),
fonbem mit einer S^nifalemerin; e« toerbe l^ier bie gefe^Kc^e Siebe gefc^ilbert, toelc^e auf
§eirat auslaufe, im ®egenfa§ jur finblic^ reinen ©ulammit^ unb ber fmnlid^en unreinen
ju einem Äeb«toeibe (7, 2 ff.). ©tidEel lä^t unoermittelt ein jtoeite« Siebe^paar (§irt unb
§irtin) auftreten unb ^od^^Ät galten 4, 7—5, 1. Sei Srufton feiert ©alomo 3, 6 ff.
40 mit einer neuen ^rinjeffm ^od^jeit, um aföbalb feine SBerbungen um bie junge ^^rae^
litin fortjufe^enl — ßntfc^eibenb bünft un« aber auc^ 8, 11 f. too bie ©ulammit^ mit
SBorten, bie ni(^t beutlidber fein tonnten, fw^ felbft, i^re eigene 5ßerfon (i^ren eigenen
3Beinberg) ganj unb Doli bem ©alomo juf})ri(^t unb nur einen befc^eibenen So^n für
il^re §üter, il^re Srüber, au«bebingt, toofür fte fid^ auf ben fonft toon ©alomo befolgten
46 billigen Sraud^ beruft, ©o mannigfadji an biefer ©teile erflärt toorben ift, um bem
Haren ©inn be« SEBortlaute« gu entgegen, fo l^at fuj^ noc^ feine anbere erträglid^e Slu«-
legung gefunben. 2)a^ bie 3"*^^"^wng eine« Vorteil« an bie Srüber „garftiger SRe^jo-
tt«mu«" nac^ Slrt toon 3<^f 22, 24 f. toäre (Öttli) Vermögen toir ntd^t einjufe^en. SJielmel^r
betoeift bie er^öl^te ©ulammit^ bamit fc^toefterlic^e Ireue, toenn fie nic^t öergi^, ben
60 Äönig an eine ©c^ulbigteit ju mal^nen, beren Slnerfennung man bei ber ^eirat einer
eßbaren gunßf'^^u nid^t toertoeigerte. — 3)er ganje 5ßragmatx«mu«, ben ßtoalb au« ent-
legenen SSerfen jufammenfe^t, crfd^eint burc^ biefe ju toenig geftü^t. 6, Uff. foH erft
bie entfü^rung«gef(^id^te erjäl^lt fein, toelc^e bie ganje SSertoidcelung jur ^olge l^atte.
aber ba« „§inabfteigen jum ©arten" ift bemfelben Slu«brudf 33«. 2 ju na^e, al« baft
66 man nic^t aud^ babei an bie Umgebung ber Äönig«burg benfen follte, jumal ba« un=
mittelbar barauffolgenbe „Äe^re toieberl" bod^ tool^l auf biefe für je Entfernung ftc^ be^
jie^t. 3)ie SBorte i-'^'^n ^b^in •':«-nn i, 4 ftel^en bem T"""^'^ "-'«o"- parattel al« \)\fpd'^
tl^etifc^er SBunfc^fa^, bagegen al« Älage ber gefangenen ©ulammitl^ fmb fte im Äontejt
nic^t ju gebrauchen. 2)er Äebröer« 2, 7 bebeutet fidler nic^t, bie ^auen foHen in i^r
60 feine Siebe gu einem anbem mannt erregen, bi« baft e« i^ gefalle (I), fonbem, fie foHen
^üfft» £teb 259
jte ungeftört laffcn in il^rcm n)onnigcn Siebe^enu^. ©abutd^, ba^ Stoalb btc Srfd^einuna
be« geliebten ©c^äfer« bi« jur legten ©jene, too er nur 8, 13 ju fjjred^en ^ot, in Si*
fionen unba:räume öerlegt, mutet er nn^ toeniQften« nid^t ju, ba§ Unmögliche ju fd^auen,
toie onbere (am fraffeften SSöttc^er), toeld^e bie 2iebe«fjenen be« ^irtenj^aare« unbebenÄic^
in ber nöd^ften Umgebung bed ^nigd, \a t>ox feinen älugen ftd^ abft)ie(en Iaf(en. 3(IIein 5
obgefel^en batoon, bafe bie e^rentJoHe §eiml^oIung ber Srout 3, 6 ff. mit ü^rer ©efongen«
fc^ft in Serufalem mä)t ftimmt, bemimmt man merftoürbigertoeife öon il^ burd^ ba«
ganje Sieb nid^t einen £aut ber 5tlage über ben S'^anQ ü^rer Soge, toie bod^ unbebingt
ui ertüarten \t>äxt, toielmei^r lauter Siebe^ergüffe, toelc^e berart pnb, bafe ©olomo fie auf
fid^ bejie^en mufete. 2luf feine SWinnegefänge anttoortet fte nid^tmtnber ;iärtlic^ (1, 15 ff.; lo
2, 2 f. u. f. to.), unb bafe fte i^rc Stnrebe allemal an einen abn)efenben gerietet ^abe,
löme nad^ bem äBortlaut, in tDeld^em fte ftc^ gan) bem SÜ^^tl^mud ©alomod anfd^miegt,
niemonbem ui @inn. Snblid^ fei ertDÖl^nt, bai^ bie ftiliftifc^en ®rünbe, toeld^e man etloa
für jene Slnpc^t geltenb mad^t, l^ik^ft fubieftiDer Statur fmb. SEBol^l geben ftd^ Äönig,
^offrauen unb 2öinj|erin aud^ burc^ bie äußere gorm ber Siebe ju erlennen ; aber ba^ i6
toon bem fc^toülftig rebenben ©olomo fij^ ber fc^lid^te §irte bur^ bie ßinfac^l^eit feiner
©tjrad^e unterfc^eibe, trifft nic^t ju. 2Bo ft)räc^e ©alomo „]d)toiä\AQtt" ate ber Dermeints
lic^e §irte 4, 14 ff.! I)ie Sebenlen gegen bad ©c^äferbrama fc^einen uni^ nad^ bem
obigen getpid^tiger, atö bie gegen bie trabitioneHe Slnftc^t tjon ber toec^felfeitigen Siebe
©olomo^ unb ber ©ulammit^ erhobenen, auf beren ^ufammenge^örigteit fid^erlid^ fAon 20
ber 9lame ber le^teren anfj)ielt, mag er immerhin Dom gleden @ulem=©unem abge*
leitet fein.
3)iefe SSebenfen gegen bie §irten]^bj)otl^efe ftnb benn aud^ in le^ter 3^* toieber beffer
getüürbigt toorben. vlnx l^at man meift an beren ©teile bie fc^on Don ^erber, 9leu^ u. a.
vertretene Slnna^me einer unjufammenl^ängenben änt^ologie Don i^oc^jeitiSliebern gefegt. 25
©0 Subbe, ©iegfrieb u. a,, toeld^e in ben Mitteilungen 3. ®. aSe^ftein« über bie §od^5
jeit^fitten im l^eutigen ©^rien bie Söfung beg Slätfete finben. Se^terer 1^ in Saffian^
3eitfc^rift für (St^nologie 1873 einen 2luffa| über „bie ft^rifd^e 3)refd^tafel" Deröffentlid^t,
Don toelc^em namentlich ber Sbfd^nitt ©. 287—294 über ,,bie Xafel in ber Äönig««
tooc^e" in Setrad^t fommt. Sgl. auc^ ßbm® 1868, 105 f. unb SQBe^ftein« Semerlungen ao
jum $2 im Äomm. 3)cli^fd^« (1875) ©. 162 ff. Da« uralte Sirefc^gerät, ani fioü Dom
fc^littenartig auftoärt^ebogenen ^laufen beftel^enb, toirb unter anberem in ber §od^jeitd=
n)odS^e al« ^^onft^ aufgefc^lagen, auf toeld^em 93räutigam unb 99raut, bie loä^renb ber
7 3:age ate Äönig unb Königin figurieren, i^ren S^ren})la$ einnehmen unb Don too fte
bie Vfmn ju S^ren aufgeführten ©J)iele betrad^ten unb bie ju il^rem 5ßret« gefungenen 86
Sieber anhören. Unter biefeit Siebem barf ber wa?! nid^t fehlen, b. i), bie rü^menbe
©c|>ilberung ber ©d^ön^eit Don Sraut unb Sräutigam, für beren Äomjjofttion man ben
beften 3)id^ter in SlnfDruc^ nimmt, beffen man l^abl^aft loerben fann. 3Sor allem ber
©c^toerttanj, beft bie Sraut am SSorabenb ber §od^jeit ftngt, mit einem ©c^ioerte ben
Sräutigam abloel^nb, giebt ber (Sefellfd^aft Slnlafe, i^re Steije ju t)reifen ; am jloeiten 40
3:ag toirb mit me^r 3u'^*M^»8 bie Dermä^lte Äönigin befungen. — 9luö biefen©itten
toirb nun gefolgert, bafe n?ir eö mit einer einfachen bäuerlid^en ober bürgerlichen §od^jeit
JU t^un ^aben, bei h)eld^er ber Sräutigam ben Äönig fpielt, fogar ben reid^en Äönig
©alomo, ber aber nur an h)enigen ©teilen Dorfomme. ©benfo erfc^eine bie ©ulammit?
nur einmal 7, 1 unb ^ei^e fo mit änft)ielung auf älbifag Don ©unem, ioeldiK bie fc^önfte 46
in S^rael toar (1 Äg 1, 3), alfo fo Diel ate „fc^nfte in 3«r." aSgl. fd^on Äloftermann
JU b. ©t. unb ©efc^ic^te ©. 173. 3)en ©c^loerttanj berSraut, bejto. ben baju gel^örigen
wapf ^aben toir 7, 2ff. ; er follte freiließ am Slnfang fte^en; ber am ^loeiten ^ag
gefungene „ma|Dollere" wa?f aiif bie (Sl^efrau ftel^t 4, 1—6, ber auf ben |ungen @^
mann Ä. 5. ^a« ©anje ift ein Sünbel Don Siri^em, bie feinen anbern 3"iö'w*w^^ong 60
unter fid^ l^aben, afe bafe fie bie e^elic^e Siebe beftngen, audS> finb fte in Unorbnung ge«
raten. 33ubbe unterfd^eibet nid^t toeniger al« 23 fol^e Sieber ober ^agmente Don Siebem,
toö^rmb ©iegfrieb beren nur 10 finbet.
9luc^ mit biefer @rllämng fc^eint und ba« le^te 2Bort nic^t gef))rod^m. Da^ bie
@in^eitlic^{eit be« @anjen fic^ ftarf aufbrängt, tourbe am @ingang bemerlt. Die ^orm 66
ber Dichtung ift burd^toeg fein unb jart unb läfet bie Seiftungen ber f^rifd^en Drefc^tafeU
bic^ter toeit hinter ftd^ jurüc!. 9Kit biefer geinl^eit fontraftiert bie einfädle Sänblic^Ieit ber
©jenerie mancher ©tücfe. Der le^lem loirb man nic^t geredet mit ber Sel^au^tung, bie
„lödj^ter SerufalemiS" feien bie loeiblid^c §od^jeitgefellfc^aft, bie fo l^ei^e, loeil bie ^oc^jeit
gerabe in Serufalem fj)iele. Der ©egenfo^ jloifd^en ben ©täbterinnen ober J^ofbamm eo
17*
260 ^o^ed Sieb
unb bct Äirtin ift jd^on R. 1 n\d)i ju öcrfennen. ßr fommt anbercrjcitd barin jumSSor-
fc^cin, ba| bic Oefeierte t^ren ©eliebten afe nn^Ni ni: pxz\\t (5, 10; tJftl. SS«. 14), toa«
nac^ Älagcl. 4, 7 i^m fürftlid^en ©tanb jujd^reibt, toäl^rcnb fie fclbft nad^ 1, 5 f. btc
6j)uren (anblicket §erlunft nid^t verleugnen fann. 2lte „Königin" erfc^eint fte nirgenb«,
6 tood bo(^ bei ber ^efc^tafel ju Verlangen h)äre. 2)afe bie Von aOäe^ftein befannt ge=
mad^ten ^odjijeitöbräu^e unb =2ieber für bie ©rllärung beö ^2 Von großer SEBid^tigfeit
fmb, f}at fd^on granj I)eK|fd^ rid^tig erfannt. ßr fal(^ in 7, 2 ff. bie Säuberung ber
2^njenben (vom ©d^lvert ift übrigen« ^ier feine Siebe!), unb bafe bie ^ebräif(^e ©oc^jeit
7 läge bauerte, jo baft Verjd^iebene geftafte Slaum fanben, bie ol^ne ein ftreng ein$eit=
10 lid^e« 3)rama au^gumac^en, bo« Bpkl ber SKinne, ii)x gcgenfeitige« ©uc^en unb gilben
gu feiiger ©emeinjc^aft, immer tvieber vorführten, l^aben toir fdjion in Stuflage 2 biefer
®nc^Hoj)äbie erinnert. SOBir fönnen e« un« gefallen laffen, toenn Subbe jagt: „2öir be=
ft^en im ^2 gleic^fam ba« S^ejtbud^ einer J)aläftinifd^'i«raelitif(^en §od^jcit". Slber biefe«
lejtbuc^ ift nid^t eine Sammlung Von ^irten- unb Sauemliebem, obh)o^l bie jd^önften
16 Volfötümlid^en 2iebn)eifen barin aufgenommen ftnb, fonbern ein Äunftgebid^t, vielleicht jur
äuffü^ung an einer beftimmten §oc^jeit enttoorfen, toobei man tüo^I im Sräutigam ben
Jlönig ©alomo, in ber Sraut feine geliebte ©ulamäerin fd^auen foÖte. 35enn bie S[}er=
binbung biefer beiben toirb ^ier na^ unferer Meinung bargeftellt, toie 3)eli$fd5> unb ^öcfler
im toefentlicf^en rid^tig angenommen boben. ©er reid^e mächtige Äönig tä^t fic^ ^ier
ao ^erab, eine fd^lid^te ^oc^ter feine« SSolte« gu lieben unb giebt t^r ben $rei« vor aller
2iebe,, toelc^e fein ^of unb §arem il^m boten (bie Von Subbe vorgefc^lagene (Sinfcbiebung
rrzbm ftott "-" in 6, 8 muffen toir oblebnen). 35enn fte liebt in i^m nidjit Ven Äönig
unb fuc^t nic^t ©innenluft unb ©enufe be« SReid^tum«, fonbern möd^te nur in trauter
§erjen«gemeinfd^aft mit il^m fte^en, al« toäre er il^r Sruber unb ^cunb Vom Stamme
26 ber Wirten toie fie felbft. Solche 2iebe ift um fein (Selb ju taufen unb ftarf toie ber
3:ob. 3P ^i^ länblid^e Umgebung (vgl. g. 35. 6, 2 f.) mel^r bi^terifc^er ©d^mucf al«
fjetreue 3!)arftellung ber SJerl^ältniffe be« liebenben 5ßaare«, bann lä^t ftc^ auc^ 4, 8 Ver^
teilen unb man brandet nic^t mit S3ubbe, Siegfrieb l^ier gu einer feltfamen ®loffe 3"-
flud^t gu nehmen, t^nlic^ Verbält fid^« mit Partien toie 2,8—3, 5; 5,2—8; 6,2u.ö.;
aoebenfo mit bem anmutigen ©d^lu^ 8, 13 f., ben einige Äritifer unbebad^t toegfd^affen
möd(|ten.
SBie toir ba« 2ieb gu verfte^en ^aben, belel^rt un« ber le^te Slft felber. ®« ift bic
bräutlic^e 2iebe mit il^rem ©eignen unb §offen, il^rem ©ud^en unb ^i^^^r »^'^^ ®«t-
täufc^ungen unb Überrafd^ungen, mit il^rer feiigen Eingebung unb ©elbftentfagung, bie
86 feufd^e ^inne, toeld^e al« @otte«flamme nic^t« unreine« bulbet unb burd^ il^rc 3)ta(^t aQe
Äluft ber @rbe übertoinbet, toa« un« ^ier in feltener aSollenbung an ben beiben ebelften
33crtretem, bie ein I)i(^ter finben fonnte, bargeftellt toirb. tiefer (Segenftanb ift an fid^
ber 33ibel nid^t untoürbig, gumal ber beutlic^e ®egenfa$ gur blog finnlid^en, unechten 2iebe
(6, 8 f.; 8, 8 ff.) bem Oebic^t eine etl^^ifd^e Sßirfung ft(|ert. Sine gefünftelte Slllegorie,
40 toeld^e bie lebenbige ^nfc^e be« ®angen gerftören mü^te, brauchen toir alfo nid^t gu fud^en.
SQBöre c« nic^t ^\üa^ §o^e« unb ®e^eimni«Volle« um bie 2iebe ber Sraut gu il^rem
Sräutigam, fo fönnte fie nic^t anber«too in ber l^eil. ©c^rift al« Slbbilb be« ^eiligften
Serl^öltniffe« vertoenbet toerben. aber aUerbing« gum fanonifc^en 2iebe ber 2ieber toirb
biefe« 2ieb erft, fomn man bie eigentümliche Sßürbe be« Äönig« ertoägt. Von bem e«
46 l^onbett. ©atomo toar fd^on für ba« S3etoufetfein feiner ^Ät toie 3)aVib ber ©cfalbte be«
Äerm, ber SReffta«, ber bem 33olfe gegenüber ben unfid^tbaren ^öc^ften Äönig vertrat
^f 2, 7; 72; 45, 7 f.; 110, 1). 2Benn nun ein folc^er Äönig, toie unfer a)id([ter, einer
Ueberlieferung folgenb, c« barfteflte, reinere, ^eiligere 2iebe fud^enb, al« er fte in feinem
§offtate fanb, ftd^ ^erablic^, eine fc^Iid^te 2)oc^ter au« bem 33olfe gur ^öd^ften @bre gu
60 erl^eben, toetl fie i^m bie toeiblic^e 2iebe in VoDfommener Steinzeit bot, fo toar ba«
öl^nlic^ toie jene ©od^geit be« SKeffta«, bie 5ßfalm 45 befmgt, ein $ö^ej)unft be« ftd^itboren
©otte«reic^c«, ber von ber 9Jac^toelt um fo mel^r em^funben toerben mu^te, je me^r man
Von ben $roj)^eten gelernt ^attc, bie §errli4ifeit jener erften Äönig«geit in verflörter
SBeife toieber in ber 3wfunft gu ertoarten unb auf einen neuen 2iebe«bunb be« §erm mit
66 feinem 3Solfe gu ^offen.
Unfd^toer fonnte ftd^ bann aud^ bie 3SorftelIung bilben, ©alomo felber fei ber Ser^
faffer biefe« von il^m l^anbelnben 2iebe«. 9loc^ neuere ^aben bafür angefübrt benSilber^
ret^tum be« 2iebe«, ber namentlid^ aud^ au« ber 5ßflangentoelt gefd^ö^ft ift' (1 Äg 5, 13),
bie geogra))l^ifd^en S9egtel(^ungen au« bem gangen folomonifc^en S^eid^e Vom 2ibanon bi«
eo nac^ ©ngebi, bie fönigli^en 2ieb^ereten (Stoffe, ©arten, Sauten), bie Serül^rungen mit
$oI|e9 Sieb 261
?Pf 72 u. a., toa« trcfflid^ ju ©alomo, bcm a)td^ter öon 1005 Sicbem (l Äg 5, 12) J)affe.
SlBein bic im Siebe gefc^ilberte ^erfon unb ^errlic^feit ©alomo« ift öom 2)ic^ter fid^tlic^
mit bem ^ntcreffe be« Jtünftlerg öorgefü^rt; fte fte^t i^m jeitlic^ nic^t aHjunal^e. Um fo
ungelj^emmter toar et in ber Senü^ung ber ^erfon ber ^ulamäerin, öon toelc^er eine
SSoIföfage me^ erjöi^Ien mod^te, ate unfer fanonifc^e« Äönig^bud^ berichtet. 2)ie Bpxai)t 6
^at eigentümlichen ß^aralter, ba« Heine ©tüd enthält 50—60 §(H>asIegomena: tüenn
üqrerilifc^, Jo mufe e« norbj)aIäftiniWen Urfjjrung^ fein; braucht e^ bodjf für "^'4?^? lonftant
•'•0 ober ^P toa« freiließ fc^on in fe^r alten BtMtn borlommt, aber auf nörbtidSfe S5oß«s
ft)rad^e beutet. 3" fr^t nad^ejilifd^er 3«it tüurbe e« allgemeiner gebraucht unb in biefe
fc^ieben bie meiften steuern, ®rä| folgenb, ba^ Sieb ^inab : "T'-sn 3, 9 fei ba« griec^. 10
q)OQ€iov] fte^c aber ©ai^ce, Higher Critism * ©.491 f. toonac^ bafür auc^ ein aff^rifc^e^
aparn^ in Setrac^t fommt; ot^c 4, 13 ate J)erfifc^eg 2Bort gehöre tüie ^rb 2, 5 bem
jüngften biblifc^en ©c^rifttum an u. f. f. SBeniger SeifaH ^ot ®rä| mit ber Se^au^)*
tung gefunben, ba^ iai Sieb nic^t nur Kenntnis gried^ifc^er ©itten benate, fonbem ge«
robeju üon gried^ifc^en Sb^Henbit^tem (Sl^eofrit) abhängig fei. Sn boreEilifc^er Slbfaffung i6
^t Öttli f^t; eb. ilönig unb ©tradf beulen an bie ^Ät um 500; bagegen ge^en in
bie majebonifc^sgried^ifc^e l^inab ©tobe, Äau^fd^, ßomill, Subbe, ©iegfrieb (3., e^er
2. ^a^l^unbert) u. a. Q^ lä^t fic^ ni^t leugnen, ba^ bei bore^Iifc^er 9(6faffung bie
oUegorifc^e Umbeutung unb älufna^me in ben Aanon tt>eit leichter bentbar tüären al^ bei
fo junger §erfunft. Sei ber §irten]^^JJot^efe jumol f^cdtt ja ba« SSerftänbni« be« Oe« 20
bic^teg erft gänjlid^ öerloren geben muffen, el^e man biefe^ antifalomonifc^e 3;enbenrftä(I
ber @t>^raimiten in ben luböifd^en Jtanon aufnel^men unb i^m gar ©alomo utm SSerfaffer
^ätte geben fönnen. 2lber aud^ bei ber 3)refc^tafet§i^J)otl^efe ift bie ^o^z Slugjeic^nung
be^ Siebet unb feine geiftlidfe 3)eutung um fo fd^toerer gu erflären, je toeiter man feine
gntfte^ung l(;inabrüdft. 3Bie fommt^, baj bie ©c^riftgele^rten auf einmal biefe Sieber 25
nid^t me^r lannten, bie angeblich ungef% bei jeber J)aläftinifd^en §oc^jeit gefungen
tourben, unb ba^ Äönig^fj)iel fo grünblid^^ mi^erftanben, ba^ boc^ big auf unfere 3^
ftetd lanbe^üblid^ getoefen fein fott? Sei unferer Srltörung bagegen machte ba^ Sieb bon
k)om^erein f)'6\)m 3lnft)rüd^e unb ift bie ^age nac^ ber @ntflel^ungggeit für bad Serftänb^
ni« eine untergeorbnete. ao
Über bie toeitere ©efd^ic^te be« ÄS muffen toir un^ furj faffen. 2lbotl^ be Slabbi
5Ratl^an c. 1 berichtet, bie S93. 3Rifd^fe, ©(^irs^©ci^irim unb Äol(;elet feien anfangt cdpo-
fr^j)|if(^ gehalten toorben, toeil fie tüeltlic^e ?Poefien entl(;ielten, big bie 3Känner ber großen
Synagoge fie auflegten, b. ^. einen tieferen ©inn barin nac^tüiefen. 3)od^ ift biefe floate
nad^tolmubifd^e 5Rotij o](;ne ®etoic^t. 3lu« ber oben angegebenen, l(;iftorifc^ nic^t unbe« 85
grünbeten meffianifc^en 9(uffaffung enttoidelte ftc^ ober leicht eine ollegorifc^e @rtlärung,
meiere ben ©inn bed Siebet bem natürlichen ß^f^^^^^^^^O entfrembete unb in eine
^öl^ere geiftlid^e ©J)^äre berlegte, inbem ber ffiortlaut nur ate fünftlic^e §ülle betrachtet
unb 3^9 fü^ 3^9 ^"^ berborgenen äßa^r^eit entbunben tüurbe. Um fo l^dl^er ftieg bie
®^rfurc^t bor biefem ge^eimnidboQen Suc^e. ®d galt ben tolmubifc^en ^uben, fo bem 40
Stobbi afiba (geft. 135 n. 6^r.), ber ben äu^ft^ruc^ tl^at, bie ganje SBelt fei nid^t fo
Diel tüert, al^ ber 2^g, too ba^ Sieb ber Sieber S^rael gefc^enft tourbe (nac^ b. ^abajim
III, 5), ate bag ^eiligfte be^ Äanon«. ©ie geftatteten nad^ bem 3^9"^^ ^^ Drigene«
unb §ieronVmu§ nic^t, e« t)or bem 30. Seben^jal^r ju lefen (toie aud^ bie ©d^öjjfung^
gefcf^i^lte unb ba« Sud^ ßgec^iel). %üx ba« $S emj)fa^l ftd^ biefe SSerorbnung umfome|r, 46
ba eg pnnlic^ mi^üerftanben toerben fonnte, toie benn au^ biefem ®runbe nod^ im 2. galbr*
l^unbert eimelne jübifd^e ©elel^rte feine §eiligleit beftritten ®ürft, 2)er Sanon beö Sil
noc^f ben Überl. im 3iatmub unb aJlibrafcf^, @. 84), obtool^l gum minbeften feit ber ©i^s
nobe bon S^^n^^i^ (90 — 100 n. 6^r.) im allaemeinen ber ©a^ feftftanb, ba| ba« Su^
bie §änbe verunreinige, b. 1^. heilig, Ianonifc| fei unb auc^ jene ©^nobe bamit nic^t« 60
neue« aufgeteilt, fonbern bo« Überlieferte getoiffen Singriffen gegenüber fanftioniert l(;atte.
— 3)a^ ber SSerfaffer ber „2Bei ©a" im §S bie Siebe ©alomo« jur göttlichen 2Bei«l^
bargefteut fanb, lä^t fidj^ au« 8, 2 nid^t ft^er ertoeifen. ßine anbere Deutung tüurbe in
ber f^nagogalen irabition ](;errfc^enb: ba« SSer^ältni« ®otte« gu ^^xad tüerbe im §S
gefc^ilbert unb xtoax fo, ba^ e« ben Serlauf ber ganzen tl^eotratifc^en ®efc^icbte bi« in« 66
einzelne abfj)iegle. ©0 ber für bie ^olgejeit ma^ebenbe, freiließ felber nad^talmubifc^e
'3:argum, ber bie ©c^idfole S^rael« bom Slu«jug au« äg^J)ten bi« jur fc^liefelid^en ©r*
löfung au« ber ®etoalt ber SBeltreid^e barin niedergelegt finbet, il^m nacf^ bie Slabbinen,
befonber« Slafc^i unb 3bn ©«ra (in i^ren Äommentaren), bon benen ber le^tere bie §anbs
lung be« §S fd^on mit Wrca^am beginnen lä^t. SKaimonibe« bagegen (im Moreh Ne- go
262 ^9^t» £teb
vochim) gc^t öon biefcr ^iftorifd^soHeflorifd^en jur tn^fttfc^-aDegorifd^en über, inbem er
ben fortlaufenben ^aben (jrei^ebenb, mit)x ani einzelnen ©teilen Sic^tblidfe in ba^ aSer-
](;äünte be« SKenfc^en uim ©öttUc^en ju getotnnen fuc^t. — 3" ^^ d^riftltci^en Äird^e
tourbe bie oHegorifd^e ferflärung be« Drigene« ma^gebenb, tüelc^er in jeinem (grö^tenteili^
5 loerlorenen) Äomntentar bie 93raut auf bie nac^ ber Bereinigung mit bem §erm t)er-
langenbe ©emeinbe ober and) ß^ftenfeele bejog. 2)ie ntorgenlänbifc^cn unb abenblän^
bijc^en Äirc^enööter folgten i^m batin. 38ereinfamt ftelj^t l^eobor bon 3Jloj)juefte mit
feiner älnnol^me eine^ irbifc^en Siebedliebe^, meld^ il^m (553) ba^ 9lnat](;ema ber Jlirc^e
jujog. ^m 3KitteIaIter öerbleibt e« burd^au« bei ber aUegorifd^en 6r!Iärung, unb gtoar
10 bortoiegenb bon ber unio mystica jtoifc^ttt 61(;riftu^ unb ber einzelnen ©eele, beren tjer-
fc^iebene ©tufen in bem Siebe gefunben toerben; fo in ben berü|mten 86 Sieben Sem^
Iborb^ bon Slairbau^ (nur bid 3, 1 reic^enb). ©eit berSieformation mad^te biefe t^oetifc^e
aiuffajfung einer me^ berftanbe^mä^igen $Ia|. Sufl^er felbp finbet in bem Siebe einen
Sobgefang, „barinnen ©alomo ®ott lobet für ben ®e^orfam ate für eine ©otte^abe;
15 benn h>o ®ott nid^t l(;aud^ölt unb felbft regieret, ba ift in feinem ©tonbe toeber Se^or^
fam nod^ f^ebe; too aber ®e^orfam unb gut ^Regiment ift, ba too^net @ott unb htjfet
unb ^m^i feine liebe Sraut mit feinem SBBorte, bai^ ift feine« 3Runbe« Äu^". 2)iefe
{o}iale 3u«(egung, ibeld^e bom ^euerbanf beein^u^t ift, fyit jjebod^ feine äSerbreitung ge^
funben. Die reformierte 5tir(^e fc^lo^ ftd^ an bie äBeife ber alten ©^nagoge an unb
30 fanb ben ®ang ber Äird^engefdjfid^te in bem Siebe Jjrojjl^etifc^ abgebilbet, f o ßocceju«, aber
fd^on 9licolau0 be S^a. SSereinjelt ift im 16. 3ö^|w"k^ Vit ^olemif ©eb. Saftellioe
gegen bie fanonifc^e SßJürbe be« $S. Sgl. barüber ®.©täl^elirt, ßalbin I, 377 f. ©J)äter
^at auc^ ®rotiu« ein Siebe«f^iel jtoifc^en ©alomo unb ber ög^jcitifc^en Jldnigdtoc^ter, feiner
©ema^lin, barin gefeiten, toobei er immerhin für einen aHegorifd^fen ober tvt)ifc^en ©inn
26 xwdf dlaum laffen toill. @rotifd^ faxten e« aud^ 91. ©imon unb Slericu«. ^- ^-^^^^
li« in ben ätnmerfungen ^u Lowth, De sacra poesi Hebraeorum (1758) berftel(;t e«
' gleid^faH« aö Sicbe«tieb unb jtoar bon fd^on SSerel^elic^ten. Sjjoc^emac^enb toar ber ob
aud^ gefd^adflo|e 3Serfuc^ 3. 6. g^lobi« (1771; äi^nlic^ Smmon 1780) eine anj)reifung
ber e^elic|>en 2^reue barin }u erfennen, inbem er eine i^em3Kanne an ben §of@ntfü^e
80 ben Sodhmgen ©alomo« ftanbl^aft toiberfteJE^en lö^t. Ungefähr gleic^jeitig erfc^ien ^. ®.
ßerber« ©^rift (f. 0.), toorin bie natürlid^e ©d^ön^eit be« Siebe« toieber ju @^ren ge^
brad^t tourbe. @inen Kran) bon fittlic^ unfc^ulbigen, ^arabiefe«buftigen Siebe«liebem fal^
er barin unb \^d)xtz bem grob finnlid^en Unberftanb h>ie bem übertrieben geiftlid^en SRi^^
berftanb. 2)er ©treit betoegte fi^ toeiter^in namentlich um bie (Sin^eit, toel^e nac^ Berber
86 bon @id^l^om, 2)5t)fe, 3Ragnu« u. a. in Stbrebe gefteUt iourbe, ioäl^renb Umbreit, @n>alb,
Jlöfter, ßirjel, Söttc^er, S. SWeier, §i|ig, Slenan u. a. für bie ©inl^^eit unb ben brama=
tifc^en ©ang be« ®amen in bie ©q^ranfen traten unb gugleic^ ber 6ntfü^rung«I^V>>ot^e
(boc^ mit bem Unterfc^ieb, ba^ bie (gntfü^e nur eine Verliebte, l^öcj^ftcn« 3Serlobte fei)
in ber loiffenfc^aftlic^en Sitteratur ba« Übergeloic^t berfc^afften. ^n geiftboHer SBeife, aber
40 all)u lünftlic^ ^at ®obet bie ätllegorie mit ber @toalbfd^en 9lu«legung berbunben. Doc^
auc^ SSerfec^ter ber StUegorie auf l(;ergebrac^ter ©runblage traten auf in SRofenmüHer
(1830), D. b. ©erlad^, §. ä. $al^n, Äeil, ^engftenberg, S. ©d^äfer u. a. 3tad^ beiben
©eiten l^in bat 2)eli|f(^ fc^on 1851 ben 93ann gebrod^en, inbem er al« ben grammatifc^-
biftorifc^en ©inn be« ein^eitlid^en ®anjen bie Siebe ©alomo« unb ber ®ulammit](; er^
46 rannte, biete Siebe aber itac^ ber gel(;eimni«bollen etl^if^en Xiefe unb t^j^ifc^en 93ebeutung
auffajfen ^ie^, loeld^fe auc^ bem el^elic^en Sunbe eigen ift. „2)ie 3bee ber @^e ift bie
Sbee be« §S. 2)a« ajl^fterium ber ß^e ift ba« SW^fterium be« §S." 3^m folgte im
tpefentlic^en ^ödlzt. ätud^ bie obige Darlegung fül^rt )u bemfelben Srgebni«. 9tur möci^ten
toir betonen, ba^ nic^t bie 6^e al« bauernber Sunb unb ©tanb ©egenftanb be« Siebe«
60 ift, fonbem bie bräutlic^e, f)oi)i^xHxä)t Siebe, toelc^e in ber e^elic^en ^Bereinigung i^ren
tö^es unb^ielpunft finbet. Sluc^ 5, 2 ff. folgen nid^t ©jenen ani bem nac^l^oc^jeitlic^en
beleben (bortibergelj^enbe Trübungen be«felben u. f. h).), fonbem ba« SBerben um bie
Siebe, ba« ©uc^en ber SWinne loirb auf« neue bargeftellt, bi« im legten Slft ber 93unb
enbgiltig befiegelt toirb. Die legten ©jenen laffen feinen ^to^iUi barüber, ba| fte noc^
55 mit bem äbjcplufe be« 3;rauung«bunbe« in naiver Sejie^ung fte^en. — 2tn biefe ^üMpU
ibee ber nac^ bouer feiiger äSereinigung mit bem ©eliebten berlangenben unb ringenben
Siebe ^at man fic^ aud^ ju galten, toenn man bon ber neuteftamentlid^en ©rfenntni« au«*
gejj^enb, bie c^riftlic^e ©el^nfud^t unb Siebe«mü^e in bie gorm be« $o^enliebe« fleiben
ibiiOl, loa« nid^t ©ac^e be« äi[u«leger« fonbem be« c^riftlid^en Dichter« ift. @o getpi^ ber
tx) SReffta« ber babibifd^^falomonifc^en 3^ ^i^ ^^ ^^4 ^^t betpu^ter, bod^ gottgetbodter
$o^ei» £ieb ^oUanb, Krc^lic^e Statiftif 263
%\fp\x^ be« toal^ren 3Kcffta« unb bos^ SBerl^ältnte ber 93raut jum Sräutigam ein fold^er
auf ba« aSer^ältni« ber ©emcinbe gu ßj^nfto tft, ](;at btefe« Seftrcben jeine innere Scred^^
tigung. 2)od5> borf man babei ben ßingel^eiten be« Siebe«, bie nic^t auf biefe ^öl^ere
2)eutun0 berechnet jtnb, nic^t ©etoalt antl^un, noc^ auc^ k)er0ef[en, bag folc^e göttlid^e
3Kinne getüei^^ten ©inn beim Sänger unb auc^ bei ben §örem erforbert. i)a« „Sieb ber 6
Sieber" gehört nid^t me^r in ben sBor^of, fonbem hinter benSBorl^ang be« äüerl^eiligften.
ti. Dretti.
^oI|Ua4 ^. $* ^., Sarott f. ^ei^mui^ 93b IV @. 554, 4? ff.
£»onatlb, Äirc^lic^e ©tatiftil. — Duelle«: M. W. L. van Alphen, Nieuw
Kerkelijk Handboek, jaargaDgen 1878—1899; Uitkomsten der Zevende ticnjaarlijkßche lo
Volkstelling in het Koninkrijk der Nederlanden. 's Gravenhage 1891 — 1893; Dr. J. H.
Gunning J. H. z., Het Protestantsche Nederland onzer dagen, iiit een kerkelijk-gods-
dienstig oogpunt beschouwd en historisch toegelicht, Groningen, Wolters 1889.
^ür bie firc^Iic^e ©tatiftif be« an lirc^Iid^en Denominationen überreichen Äönigreic^e«
ber 5RieberIanbe pnbet man bie unentbel^rUci^en 3lngaben in ben „2lu«fünften ber je^n* is
jöl^rigen SSoIföjä^Iungen". 3)iefe aSoIföjäl^Iungen h^erben feit bem 3<^re 1829, am 6nbe
jebe« 2)ejennium« — in ben legten 3)ejennien am 31. 35ejember — - bom Staate t)er=
axda^t aBietool^I alfo am l. Januar 1899 fic^ biegal^I ber einiüol^ner ^oDanb« auf
5084976 belief, beruht bie ^ier gegebene ftatiftif^eÜberftdSft (1. ^uguft 1899 abgefc^Ioff^^^
auf bem Slefultat ber legten je^njjöbrigen SSofejä^Iung, in b. 3- 1891 ««^ 1892 öer^ 20
öffentUc^t, cd^ §oDanb 4511415 (Sintoo^ner jä^lte.
SSor bem S^^re 1829 fel^^len bie Slngaben für eine genaue firc^Iic^e ©tatiftil bon
^oUanb. ^m ^a^re 1623 fc^ä^e ber at>oftoIif(^e 9Si!ar bie Slnjal^I ber 9li)mifc^=Äat^o=
lifc^en in ^ottanb auf 400 000 ; im ^ja^re 1701 berechnete ^obbe i^re^ai^l auf 333 000,
bo(^ finb beibe ä(ngaben ju global, um eine genaue ©tatiftil barauf ju bauen. 25
3in bem "^cä^xt 1810 gcib Äaifer 5Raj)oIeon, ber fid^ fel^r für bie ©tatiftif intereffiertc,
@ogeI unb b'älH^^onfe ben Auftrag, einen Serid^t über bie Sejc^affenl^eit be« öon il^m
^anfreic^ jugefügten ^oDanb ju öerfaffen. 3)emjufoIge tourbe ein au^fü^rlic^er 9laj)i)ort
über ba^ Sa^r 1810 eingereicht unb bem franjöftfc^en SWinifter be« gnnem burd^ ben
Saron b'^Ipl^onje, ^"^^'^önt be^ 3"^^^ ^" ^oDanb, vorgelegt, ^n biefem Slo^jjort so
hmrben auc^ bie fird^Iidjien 9tngelegen^eiten ^oBanb« bel^anbelt. 2)a bie ©renjen §oDanb«
nic^t ganj biefelben h>aren aU bie ie^igen, ba bie faft gam römifc^-Iatl^olifc^e $rok)in2
Simburg feWte, unb bie Slemonftranten j. 8. nid^t befonoer« gejäl^It tourben, bilbet
auc^ biefcr 9laj)i)ort leinen feften 3lu^ang«j)unft für SSergleic^ung. 2)iefem 9laj)j)ort ent-
legnen toir folgenbe 50litteilungen: 35
SCotal ber 93et)ötterung : 1727918.
i^on biefen:
Steform. Suti^. 2:aufgef. 9töm.»Äat^. ^u\>m
1128 804 156119 31158 374856 36981
äUfo ))ro2entmä^ig bered^net: 40
65.3''/o 9^'o 1.9^ 21.7"/o 2.r,o.
Dienftt^uenbe ©eiftlic^e:
1360 193 160 408.
gür biefe ©eiftlid^en bom Staate bejal^Ite Sefolbung:
1635628 frs. 16985 frs. 14280 frs. 45
^r ben Äultu^ t)om ©taate bejal^It:
3202235 frs. 361001 frs. 476069 frs.
^ür ben Aultu^ aud tirc^Iic^en ^ribatfonben beja^lt :
Don ben Sfroteftanten : 428298 frs.,
t)on ben Äat^oUIen: 193321 frs. 50
3)ie 3SoIf^jäl^Iungen t)on 1829 unb 1839 Ratten, in Sejug auf bie Steligion, nur
bie Slubrilen ^roteftanten, Äat^oMen unb ^uben, toöl^renb biejenigen, bie fid^ unter leiner
bon jenen Slubrifen angegeben l^atten, in Seuig auf i^r ©lauben^belenntni« jufammen=
gefa^ iüurben unter bie Benennung unbelannt. 93ei ben fj)äteren 35oIföjäl^Iungen
lourbe immer me^r bie än^el^örigfeit ju berfc^iebenen auc^ Heineren Äirc^engenoffenfc^aften 55
tu« äuge gefaxt. Slffmä^hc^ iüurbe aljo bie Benennung unbelannt bie Sejeid^nung
berer, bie ate feiner Äirdbengenofjenfd^aft angel^örenb angefe^en ju toerben iüünfd^ten, unb
fp nmmn jie aud^ bie aSolwjäl^iungen bon 1879 unb 1898.
264
.^oUanb, ftrd^Iic^e Statifttt
2)ic 3a^t bcr afö unbclannt SScrmcIbeten betruö auf je 10 000 emtüol^ner:
1829, 1839, 1849, 1859, 1869,
12 11 5 12 15.
SSJar in ber erftcn §älfte bte|eg ^a^r^unbcrt^ bte anjol^I beret, bic fid^ Iciner Ätrd^cn-
6 genoffenfd^aft angel^örig erlanntcn, gering, fo t)eränbcrtc fidff biefe« SBer^ältni^ fj)äter bc-
beutenb. 3)ie« ^ing iüol^I jufammen mit bem iüad&fcnben 3wjwg nad^ ben größeren ©täbtcn,
h)0 leine öer^ältni^mä^ige gw^i^^"^^ lird^Iic^er ^rebiger unb SSorfte^er ftottfanb unb too
bie Krc^Iid^e ©intoirfung abnoi^m. ^m ottgemeinen finb e^ bie großem ©täbte, tüo ftc^
bic fetner Äird^engenoffenfc^aft Slnge^örenben befinben. 2B%enb bie ganje Seöölferung
10 be« Sanbe« öon 1829 b\^ 1879 mit 72"/o aw^^l^w^^ ^^«^'^ f^^ ^i^ SSermel^rung ber ßin^
tüoi^ntt in ben fo eben genannten ^afyctn j. 8. in §aag auf ITi^/o, in Slotterbam
auf 179°/o, in äml^eim fogar auf 243 '/o.
3)ie SBoIfögäl(;Iung Don 1889 gab für bie ®lauben«belenntniffe bie folgenbe ©tatiftif:
15
20
25
30
35
10
I. ^roteftanten: "^on biefen :
a) 3lieberlänbifd[)e ^Reformierte (Hervormden):
unb jtoar: 5Rieberbeutfc^e
©lieber ber franjöfifd^en ober toattonifd^en ©emeinben
?Pre«bi^terianer
©d^otten
b) ©lieber ber ^Reformierten (Gereformeerde) Äird^en:
unb jtoar : ßl^ftlic^e Sieformierte (Gereformeerden)
Jlieberbeutfd^e ^Reformierte (Doleerenden)
c) Sutl^erifd^e :
unb ^ioar: (St^angelifc^-Sutberifc^e
2Bieber^ergeftettt=^®iV«geKfd^^£utl^erifd^e ober ältlutl^^erifd^e
d) Xaufgefinnte ober SRennoniten:
e) SRemonftranten :
f) enttoeber ge^örenb ju au^länbijd^en j)roteftantifc^en Äirc^en,
ober ju Äird^en öon toeniger fe[ter Formation,
d^ : 2)eutfd^-6t)angeKfc^e, SngWaner, §erml^uter ober ©lie-
ber ber (Söangelifd^en (Moravische) örübergemeinben, 3^-
öingianer ober ©lieber ber a))oftoIifc^en ©emeinben, ©ar^
btoften ober ^tomout^brüber, Sa^tiften, ©iebentag«=S3ai)tiften,
©lieber be« SSunbe« ^eier ßl^ftlid^er ©emeinben, ©lieber
ber et)angelifd^en freien ©emeinbe, ©lieber ber greien et)ans
gelifdben ©emeinbe, ©lieber ber 50Kfru)n«gemeinbe, ©lieber
ber 9?ieberlänbif(^en Sleformierten ajliffwn^emeinbe, ält-
reformierte, ©lieber ber Sebeboerianifc^en ©emeinben, ©lieber
ber ^Reformierten ©emeinben unter bem Äreuje, ©lieber ber
9tbgefc^iebenen ^Reformierten ©emeinbe, ©lieber ber freien
^roteftantifc^en ©emeinbe.
II. Äatl^olilen:
aSon biefen: a) SRömifc^sÄotl^oIijc^e
b) ©lieber ber Sßtbifd^öflid^en Älerefei
2 743887
2205644
2194 649
10299
596
100
189251
181017
63 703
20226
370268
83929
53572
14889
15975
1601 169
1596182
7 687
45 III.
IV.
Suben:
SSon biefen:
97324
92254
5078
50
55
a) Slieberlänbifd^e ober 3)eutfc^e 3uben:
b) ^ortugieftfci^e Qluben:
3u feiner ©enoffenftf^aft ©e^örenbe:
^ür bie gö^I^^^^^Üniff^ ergeben bie SoIIi^jöl^Iungcn bie folgenben SRefultate :
muf je 10000 einioo^ner:
3" feiner Äirc^engenoffenfc^aft ©c^örenbc:
66 085
im ^afyc^
1829
1839
1849
1859
1869
1879
1889
^roteft.
5911
5958
5969
6065
6127
6046
6049
Jlatl^ol.
3899
3848
3834
3730
3668
3602
3556
3uben
178
183
192
193
190
204
215
61
294
aifo eine attmäl^Iic^e gunal^me ber ^roteftanten, bi« im golSfre 1879 bei biefen 8lb=
60 nal^me eintritt, im 3ufammenl^ang mit ber größeren 3# b« )tt Imcs fttec^engenoffens
.^nOattb, ftrc^Itd^e (StatifKt 265
fd^aft ©el^örenben. ßbcnfo 3unal(;mc ber 3uben, unb baneben aDmä^Kd^e äbnal^mc ber
Snjal^l ber fCatl^oIüen.
ffiö^renb bag ©efefe bom 10. 6et)tcmber 1853 bie Sluffic^t be« ©taate« über bie
Airc^engenoffenfci^aften nö|er befttmmt unb bemfelben nur ba^ jus circa sacra, ntc^t ober
ba^ jus in sacra jufijric^t, fo erl^ebt bie ©taatöberfaffung bom ^af}Xi 1848 (rebU 6
biert 1887), tote bte^ and) btejentge bom ^^i^re 1815 fd^on QtÜ)an f}aät, bie feit 1796
faltifd^ fd^on befte^enbe ©leic^bercd^tiaung ber Setenner ber berfd^iebenen SReligionen bor
bem ®efc^ jur gefe^id^en 5Rorm. Sirtifel 167 lautet mmlx^ al\o: „3*^ geniest für
ba« 93efenntni^ feiner religiöfen SKeinungen bie boDfte ^eil^eit, unter Sorbel^alt jeboc^,
ba^ bie bürgerliche ©efeUfd^aft unb il^re ©lieber gegen Übertretung be« ©trafgefe^ei^ ge« lo
fdjiü^t bleibt, älrtilel 168: ,,äDe Äird^engenoffenf(|aften int Staate genießen benfelben
©(^u|". Slrtilel 169 : „3)ie Selenner ber berfc^iebenen Steligionen genießen oHe biefelben
bürgerlichen Siechte unb \)abm gletd^e 9lnft)rüc^e bei ber ^erlei^ung bon Ämtern unb
aSürben."
I)a^felbe ©taat^runbgefe| erlennt aud^ ein finanjieDe^ Sanb jtoifc^en bem ©taate is
unb ben beiber@infül^rung bei^®runbgefe^ed(1815)ftaatltd^ anerlannten
Äirc^engenoff enfd^aften an. I)iefe« 93anb rü^rt namentlid^ üon ber toä^enb ber
Sieformation, fotoie auc^ nac^ berfelben ftattgefunbenen ©äfulorifierung fe^ beträchtlicher
Äird^engüter ^er. Slrtilel 171 lautet alfo: „I)ie Oe^älter, ^Penfbnen unb anbere Qm
fünfte irgenbtoelc^er Slrt, bie biöl^er bon ben berfd^iebenen SReligion^gefeUfc^aften ober»
beren ^rebigem bejogen tourben, berbleiben benfelben aud^ femerl^in. ^Denjenigen ^re*
bigem, bie bt^^er no^ gar fein ®e^alt, ober ein nic^t audreid^enbed belogen \)cibm, lann
ein ©el^alt juerfannt, ober ba^ bereit« belogene aufgebeffert toerben."
3)iefe ©taatgbeiträge betrugen im 3a^e 1898, in runben ©ummen, für bie TOeber«
länbif^ie Sieformierte Äirc^e 1286000 ®ulben (6 ®ulben = 10 SRarf); für bie 2u«26
ti^erifc^e Äirc^e 53 000 ®ulben, für bie a:aufgefinnten ober SRennoniten 19 000 ®ulben,
für bie Slemonftranten 22 000 ®ulbcn, für bie 9lömifc^'-Äat^olifcf^en 565000 ®ulben,
für bie aitbifd^öflic^e Älerifei 12 000 ®ulben, für bie ^uben 12 800 ®ulben.
$at ftc^ ba« 3^^I^"berl^äItni« mit SSegiel^ung auf ^roteftanten, ^tl^olilen unb l^uben
nur toenig geänbert, ganj anber« ftel[^t e« um bie berfc^iebenen Äirc^engenoffenfd^aften, ao
toelcf^e jufammen ben )>roteftantifc^en 5Ramen führen. Seit in bem nieberlänbifd^en ^ro*
teftanti^mu« bie ort^oboge ©trömung ftärfer tourbe, ertoeiterte fic^ bie ©^altung unter
ben ^roteftanten. (Über bie tl^eologifd^en unb lirc^lic^en Setoegungen im nieberlönbifd^
^roteftanti^mu« üergleid^e meinen Strtifel 2)a 6ofta 93b IV, ©. 401—407.) 93i« in ba«
3al^r 1834 gel^örten ungefähr alle ^roteftanten, toeldj^e leine ® lieber ber fd^on me^r atöss
jtoei ober brei ^ia^t^unberte beftel^enben ®emeinben t)on Sutljierijd^en, laufgefmnten unb
älemonftranten toaren, ju ber 5Rieberlänbifc^en Sieformierten Äird^e. De facto, toietoo^l
nid^t de jure, entftanb in jener Hirc^e immer beutlid^er größere £e^rfreil(;eit. 2)a« toieber*
auflebenbe fonfefftoneDe Setou^tfein ertoedfte bei 3^^w*öufenben ba« Verlangen nad^ einer
Äird^engemeinf(^aft, toorin biefe Sel^rfreil^eit nic^t gebulbet tourbe. 2)ie« berurfad^te einen 40
austritt ivX rechten ©eite, ber ftc^ l^aii})tfäd^lic^ in ben ^jal^ren 1834 unb 1866 boDgog
(pel^e unten ©. 269 „Sieformierte Äirc^en). 2)em gegenüber gab ^ 2:aufenbe, bie, ba fte
jebtoeben Äonflilt mit bem Äonfejfionali^mu« ju bermeiben toünfd^ten, eine Äirc^engemein^
fc^aft »erlangten, toeld^e bie Sel^rfreibeit nid^t nur de facto, fonbem auc^ de jure atu
ernannte. 2)a^er ein austritt jur liitfen ©eite, toeld^er i. 3. 1878 ^ur Segrünbung ber 46
^Jreien ®emeinbe in Slmfterbam führte, je^t ungefähr 1400 ©lieber jä^lenb, toä^renb
bie meiften Slu^tretenben ftc^ ben Slemonftranten — einige auc^ ben S^aufgefinnten —
anfc^loffen, beren Äirc^engenoffenfc^aft immer me^r alle lonfeffioneHen ^rinjijjien jur ©eite
fteÜte unb burc^ ben Ruixltt bieler bebeutenb an ®lieberjal^l junal^m.
3)ie folgenbe %abzüc, toobei bie Heineren unb toenig bariierenben Äreife aujer ac^t w
gelaffen finb, beranfc^aulic^t biefe SJerfd^iebung bei ben ^roteftanten.
3luf je 10000 eintool^ner toaren:
^^^- Zt?; 3le. 2auf. e^riftLSlef. Äf ' ^^l'
Sut^. ^-g; monftr. gef.^ (Geref.) ^ Öden?" 55
176 29
165 30
161 29
154 25
141 45 33 119 419 101 60
«Rieb.
it So^re
SRef.
(Herv)
1849
5487
1859
5525
1869
5497
1879
5475
1889
4889
SRe-
Xauf-
e^riftL 9lef.
monftr.
gef.
(Geref.)
16
126
132
16
127
199
15
124
299
24
126
349
33
119
419
266 ^oOatib, ftrd^ltd^e StaHftif
3)te arbeit ber äußern ÜRtf jton trägt in bcm Jjroteftantifc^en 9liebertanb einen burd^^
au^ interlonfefjtoneUen ß^aralter. 5Rur für einen fleinen a:eil, unb jtoar in ben I^ten
Solaren (bei ben ^Reformierten = Gereformeerden) l^at biefelbe einen lird^Kd^en 6(;a=
ralter. ?Dtit äu^nö^me ber 3^ft^ SKiffion^enoffenfd^aft ber Srübergemeinbe, beren
6 arbeitsfrei« in Söeftinbien liegt, Ratten bie nieberlänbifc^en ^ßroteftanten bis 1859 nur
bie einjige, im ^ai)xt 1797 gegrünbete nieberlänbtfd&e SWiffionSgenoffenfc^aft, toeld^e be^
fonberS huxd^ i^re reic^gefegnete I^ätigleit in ber üRinal^ffa öon aJlenabo (5RorbceIebeS)
belannt toorben ift. ©egentüärttg aber giebt eS 16 3KifftonSi)ereine, toelc^e unter ben Reiben
unb 50lol^mebanem, befonber« in ben auSgebe^nten Kolonien 5RieberIanbS in Dftinbien
10 arbeiten, gür biefe SSereine tüaren i.3. 1898 fämtlid^ ungefä^ 120aKiffionare, meift mit
il^en ^auen, tl^ötig, öon einer 300 betragenben ^af)l eingeborener ^rebiger unterftüfet, bie
ca. 350000 eingeborene G^riften unter i^rer ^ül^rung ^ben. 3Cufeerbem l^at 9lieberlanb jtoei
})roteftantifcl&e ©enoffenfc^aften, ioeld^ unter ben 3fuben arbeiten. 3)ie ©efamteinfünfte
biefer J^roteftantifd^en aWifjtonStjereine betrugen i. 3. 1898 ungefähr 360000 ®ulben
15(600000 3Kar!).
©benfoloenig toie bie äußere SWiffbn gej[^t bie innere Don ben Äird^en ober ben
Äirc^enbel(;örben auS. gw^mer breitere SSerjtoeigungen ^at biefe arbeit nic|t nur burd^
©onntagSfc^uIen, ^üngUngS^ unb ÜRäbd^enbereine, ^rebigt^ unb ^rattatt^erbreitung nnb
bergleid^en, fonbem aud^ burc^ bie äuff)>ürung unb ^Pflege ober ?^l^rung bertoa^lofier
20 JKnber, gefallener grauen, öon Dbbac^Iofen, Seeleuten, ©olbaten, Slinben, liaubftummen,
Sbioten, g^finnigen u. f. to. 2)iefe 9trbeit ift größtenteils intertonfeffioneH.
3luc^ trägt meift oHeS, toaS für ben )>ofitit)5d^riftlidjfen Unterricht ber ©c^uljugenb
aeti^an toirb, biefen interfonfeffioneHen ßl^arafter. 3)ie öffentliche ©taatsfd^ule ift fon-
feffionStoS. 9{eben berfelben entftanb nid^t nur eine große älnjal^l römifc^-Iatl^olifc^er
25 ©deuten (f. unten©. 276,26— -90), fonbem in ben testen fed^ ©ejennien biefeS ^a^r^unbcrtS
^unberte t)on Jjroteftantifd^en 5Prit)atfc^ulen, bie il^en Unterrid^t auf baS jiofitilje 6^riften=
tum bafieren unb \>on c^riftlic^en Sofol^ unb SanbeSt)ereinen unterftü^t toerben. ^u
ben größten biefer fianbeSbereine gel^ört ber 1860 gegrünbete „93erein für c^riftlid^^natto^
naten ©c^utunterric^t", an toelc^en — obfc^on nic^t fo blül(;enb toie t)or ettoa jel^n
80 go^en — je^t 157 ©c^ulen angefd^loffen finb ; ber im ^Qi)xc 1868 gegrünbete, größten^
teils in ben reformierten (gereformeerde) Äird^en tourjelnbe „SSerein für reformieiten
(gereformeerd) ©d^ulunterric^t", toeld^er 28 ©c^ulen fubfibiert, unb ber 1890 gegtün-
bete „aSerein für c^riftlid^en SSoRSunterrid^t", ber ein engeS SünbniS gtoifd^en bem ^rift=
lid^en SSolfSunterrid^t unb ber nieberlänbifd^en reformierten (hervormde) Äirc^e ju förbem
35 btttoecft unb toelc^em fu^ fd^on 70 ©d^ulen angefd^loffcn ^aben. 3)ie 3«^ b^ >>^o-
tejtantifc^en d^riftlid^en ©c^ulen, öfters mit bem öeranfc^aulid^enben 5Ramen „©c^ulen mit
ber Sibel" bejeid^net, beläuft ftd^ je^t auf 625, t)on ungefäbr 100000 Äinbem befuc^t.
S)iefe ©d^ulen r^räfentieren gufammen einen Söert öon me^r als 6000000 ®ulben
(10000000 3Karf). ©eit bem ^ai^e 1890 toerben bieje ©d^ulen aud^ öom ©taate fub=
iopbiert, mit einem Setrage bon (je^t) ungefäl(;r 500 000 (Bulben, toäl^^renb jäl^rlic^ für biefe
©d^ulen beinahe 1 500 000 ®ulben üon Sltem unb öon greunben ber i)ofitit)5d^riftli(^en
©d^ulerjie^ung ber Jlinber jufammengebrad^t toerben.
9luc^ baS SebürfniS entfc^ieben d^riftlic^er ©t^mnafialerjie^ung für bie ju Uniter^
fttätSftubien SBrftimmten toirb aßmä^li^f me^ gefül^lt. 3Jlit ben hierauf bezüglichen öe«
45 mül^ungen befcpäfttgten pd^ bisher meiftenS ©lieber ber Sieformierten (Gereformeerde)
5tird^en.
3ebe ber religiöfen unb lird^lid^en SRic^tungen fuc^t forttoäl^renb ein größeres ®cbiet
iu erringen. ®ie mobeme Slid^tung beftrebt fid^, biefen Rto^d befonberS ju erreichen burc^
►ie arbeit beS ^roteftantenbunbeS (bem beutfd^en 5Protepantent)ereine i)rin«J)iell eng t>er=
riotoanbt). 3)iefer 1870 gegrünbete Sunb ioi^lt je^t me^r als 19000 ©lieber unb fövbert
religiöfe gwf^^^w^^'fünfte unb arbeiten für i^re ©eifteSbertoanbten in ®emeinben, ioo
Äir^enbe^örben unb ^JJrebiger auSfc^ließlidb ber ort^obojen Stic^tung jugetl^an fmb. 3)ie
t)ofitit)-d&riftlid^e SRid^tung beftrebt ftd^, i^re ^rinjijjien in immer breiteren Äreifen auSgu-
bepnen, unb benü^t baju befonberS bie Slrbeit i^rer 6t)angeliften. 3)er 1853 gegrüiibete
55 „5Rieberlänbifc^e @t)angelifc^e ^roteftantifc^e l^crein" l)at jc^t 24 in ijerfd^iebenen Seilen
beS SanbeS arbeitenbe 6t)angeliften in feinem 3)ienfte. 2)er 1865 entftanbenc „Äon=
fefftonelle 35erein" ^at je^t 6 ©öangeliften. daneben arbeiten jal^lreic^e 6t)angcliften, bie
anfänglid^ alle nur in SBejiel^ung ^u i^em Solatoerein ftanben; t)on biefen aber ^aben
ftc^ jefet fd^on 40 bem „Sunbe ber ©üangelifationen in unb gum 5Ruften ber TOeber-
CO länbif^en Slefomtierten (Hervormde) Äirdje", im ^ai)xt 1893 gegrünbet, angefc^loffen.
^oOattb, fhri^ltc^e (StattfKf 967
3ur naiveren Drientiemng in betreff ber gal^Ireid^ften Rird^engenoffenfc^aften btene bie
folgeiwe Überfielt.
I. ^roteftanttfc^c Äird^engenoffenfc^aften.
a) Slieberlänbifc^e 9tef ortniette (Hervormde) Äird^e. ~ SEBietoo^I ßarie«
ton, ber englifd^e ®efanbte bei ben ®eneralftaaten, noc^ am 18./28. ^ebruar 1617 be^ 6
richtete, ba| nac^ Dlbenbomeöelt« üRitteilungen ber größte a;eil ber ßintüol^ner in ben
„aSereinigten 5RieberIanben", unb namentlich in ber 5ßrot)inj Äottanb, latJ^oRfc^ unb laum
ber britte^l ber Sebölferung ^roteftantifc^ fei, fo iDurbe nic^t^beftotoeniger 1648 infolge
bed }u @nbe bed ac^^igjäl^^rigen Äriegeg gefd^Ioffenen toeftfälifd^en ^eben« ba« reformierte
Sefenntniig für ba« auein ju Siedet befte^enbe erflärt 2)ie reformierte Äird^e hmrbe bo* lo
burc^ ^errfd^enbe Jtird^e unb blieb e^ auc^ bt$ jur ©taotdumtoäl^ung t)om @nbe bed
18. Sol^rl^nbert^. 2>ie au« biefer Umtoäljung entftonbene SSolI^ertretung erHörte
18. äuguft 1796: „2Btr ^aben befc^Ioffen, bo^ ^tnfort nid^t nur leine beljonugte ober
Berrfd^enbe Kirche bürfe ober ioerbe gebulbet ioerben, fonbem ba^ auc^ aEe $laibte unb
3lefotutionen ber öormaligen Oeneralftaaten, bem alten ©t^ftem ber Bereinigung Don is
Äiwl^e unb ©taat entf))roffen, für Demic^tet gehalten toerben foHen."
^ie ^ojttion ber l^errfc^enben 5tir(^e ^atte geführt jur ©rünbung vieler refor«
mierter ©emeinben unb ^farrfteßen, auc^ in @egenben, too nal(;eju bie ganje Set)öllerung
tatl^olifc^ geblieben toar. ^al^er löften ftd^ berfd^iebene ©emeinben, jumafin Storbbrabont,
©eelanb unb ©elberlanb auf, aü bie SSeborgugung ber reformierten Aird^e auf^i^e. ^ed 20
batte jur ^olge, ba^ tro^ ber feit 1816 eingetretenen 3unal^me, bießa^I ber reformierten
HiforrfteUen im ganzen toenig Unterfc^ieb bietet gegenüber ber Slnja^I ein ^ai^rl^nbert frü^.
3m ^affxt 1784 gab e« ungefähr 1560 nieberbeutfc^ reformierte ?PfarrfteIIen. ©iefegö^I
verringerte fid^, fo ba^ e« im ^afy:t 1815 in 1224 ©emeinben nur 1450 ^Prebigerftellen
gab, ioöl^renb e« jje^t 1328 ©emeinben mit 1589 ^farrfteUen giebt, in benen au^ 205 26
nrd^Iid^ bt^}Iomierte Sneligion^Ief^rer unb SleKgiondlel&rermnen t^ätig fmb, ungeredfinet bie 5ßre*
bigerfteHen öon ^Pfanem frember 5RationaIität, toeld^e aud^ ber nieberlänbifc^en reformierten
Äird^e angehören, ^n %^\lm be« Sanbeö, too faft bie ganje 8et)ölferung fw^ ber SRefor*
mation gutoanbte, bemerfen totr einegtemlid^ gleid^mäjige ßuna^me an 5Pf anfteJDlen. ©0 jä^Ite
j.8.grie«Ianb 1.3. 1604: 180, 1784: 210, 1875: 236, unbje^t (1899)238 folc^er ©tetten. so
Sei ber äufl^ebung ber ^errjd^enben Äirc^e fehlte ber reformierten Äird^e eine eigene,
felbftftänbige Drgantfation, unb oHe 9tnftrengungen, ju einer folc^en ju gelanaen, Ratten
in ben unruhigen g^ten na* 1795 feinen Srfolg. 6rft im go^ 1816 gab Äönig SBit
l^elm I., tnbem er auf bie alten ftaat^firc^Kd^en 2;rabttionen ni(^t nur jurüdtgriff, fonbem
felbft noc^ über biefelben l^inaui^gtng, ber reformierten Äirc^e eine SSerfaffung, ate ob bie 35
Äird^e, auc^ in betreff i^rer innem ©inrid^tung, ganj unter bie Seitung be« BtaaM ge«
^öre. Unter bem atigemeinen ©efül^I ber greube barüber, baj bie langjä^ige SSerloirrun^
enblid^ ein 6nbe ^atte, fanb biefe Drganifation faft leinen anberen ffliberfjjruc^ al^ bet
ber ftlaffe Slmfterbam, unb ift, ba fie aud^ bem Dom ^ai^re 1852 batierenben unb nod^
ie$t geltenben „3lflgcmetnen Sleglement für bie Sleformierte Äirc^e" m ©runbe liegt, bi« 40
auf ben heutigen 3kxg bie 33aft^ ber Äirc^enüerfaffung geblieben. SSerlei^t biefe« SReglement
t)om ^af^xe 1852 ber Äirc^e auc^ größere ©elbftftänbigfeit, ate i^r 1816 juerlannt tourbe
(j. S. in betreff ber Söa^I ber tir^ili^en beamteten), fo lonnte baöfelbe bod^ bie jener
3eit burd^au« unentbehrliche föniglid^e ©anftion nur unter „elf Sebingungen" erl^alten,
bie aber aHe, infofern fie nic^t bereit« früher au^er Äraft getreten toaren, burcf^ Igl. Sie* 46
ffri))t Dom 22. guli 1870 jurüdfgenommen iourben.
3)ie SRieberlänbifd^e ^Reformierte Äird^e bilbet nac^ ber jefeigen Berfaffung ein
@anit^, fiautete bie frül^ere äejeic^nung (meift in ber 3Ke^rja^I) „3lef ormierte Äird^en" —
toietoo^l j. 83. aucb fd^on im ga^re 1773, bei ber 6infül(;rung ber fogenannten neuen
^falmbereimung „3?ieberlänbifd5>e Sieformierte Jtirc^e" (in ber ©inja^I) gebraud&t tourbe, — w
f 0 gilt gegentoärtig ate il^re Benennung „5RieberIänbifc^e Sieformierte ftirdjie" (in ber (ginjoi^O-
©ie umfaßt fämüid^e reformierte (hervormde) ©emeinben imÄönigreic^ ber TOeberumbe,
foh)ol(;t bie 1328 nieberbeutfc^en ol« aucf^ bie 16 toallonifc^en ober franjöjtfc^en, bie
3 j)re«b^terianifc^en 5tirc^en unb bie einjiae fc^ottifd^e, an toeld^en 20 ©emeinben frember
Slationalität 24 toaUonifc^e ober franjöftfc|e, 2 Jjre^b^terianifd^e unb 1 fc^ottijc^er ^ßrebiger 65
arbeiten. f3)ie beutfc^en eöangelifd^cn ©emeinben t)on Slmfterbam, Slotterbam unb §aag
\Uf)m unter ber j^ü^rung be« Berliner Dberfirc^enratg, unb gehören alfo nic^t jur nieber»
länbifc^en reformierten Äirc^e; ebenfotoenig loie bie anglifanifd^en ©emeinben in ben oben«
genannten ©täbten, bie freie fd^ottifdj^e ©emeinbe unb bie ejji^Iojjalifd^e 3ion^Ia)>elIc, beibe
in aimfterbamj. 60
268 ^oDattb, Krc^Itc^e Staiifrif
3)ic lüaDontfc^en ober franjöftfdjien ©cmetnbcn tourben meiftcn^ bon ben Slcfugi^,
btc au« granfeeid[) unb glanbem bcr ©lauben^berfolgung ipcgen flüchteten, gegrtinbet. 3"
bcm 3Jla|e, \ük bte 5Ra$fommen ber Stefugt^g mit ben Sfliebetlänbem fw^ berfc^moljcn,
hjurben auc^ bte toaDonijcl^en ©emeinben unb ^rebtgcr toeniger. ^m ^ai}xt 1784 betrug
5 bte ^df)l ber ^rebiger no^ mel^r ate 60, 1815 noc^ 47 ^rebiger in 85 ©emeinben, unb
in btefem 3CugenbIidt beftel^en nur noc^ 16 ©emeinben mit 24 ^Pfarrfteffen. — 2)ie Jjre^^
b^terianifd^-engtifd^en ©emeinben entftanben namentltd^ an folc^en Orten, too ber$anbetö-
SSerle^r, ober eine englifc^e Seja^ung toäl^renb be« ac^tjigiöi^rigen Äriege« Seranlaflung
baju bot. 3n biefem Slugenblid befte^en nod^ bie Slmfterbamcr unb bie bereinigte ^Olibbel-
10 burgs3SIiffinger ©emeinbe. — I)ie einjige nod^ beftel(>enbe fd^ottifc^e ©emeinbe ift bie in
Slotterbam im ga^re 1643 geftiftete.
2)ie 1328 nieberbeutfc^en ©emeinben finb in 138 Heinere Äreife ober „Slinge" unb
in 44 größere ober „Älaffen" berteilt. 2)ie Ätaffen, toelc^e unter Seitung ber „Rlaffen^
borftänbe" ftej^en, bilben 10j)robinttare5leffort«, bie tüieberum bon „^robinjial-ftirc^enbors
löfiänben" geleitet toerben, tüä^reno ol« 11. ^roüinjiallirc^enborftanb bie „SBaHonifd^e
Äommijpon" ^injutritt. 3)ie ©J)i|e ber ganjen fird^fic^en Drganifation bilbet bieS^nobe.
©ie jöl^It 19 ©lieber, nämlic^ 13 ^rebiger unb 6 ältefte, toeld^e bon ben ^robinjiat
borfkänben ernannt toerben. Se^tere toerben il^rerfeit« toieber üon ben SSerfammlungen
ber Älaffen Qttoat)Ü. I)iefe Älaffenüerfammlungen (Klassikale vergaderingen) muffen
ao old bie eigenüid^en ^au))tberfammlungen ber reformierten Jlird^e angefel^en h^erben. ©ie
treten einmaljä^rlicf jur 33oma^me ber nötigen ©ol^Ien unb jur Beratung ber bon ber
©^nobe borgelegten ©efe^enttoürfe jufammen. ijebe Älaffenberfammlung pnbet im SSorort
ber 5llaff e ftatt, ,unb toö^renb fotoopl in ber ©^nobe aU in ben ^robinjialborftänben bie
?ßrebiger, ben älteften gegenüber in boJ)J)elter änja^l bertreten Jtnb, toerben bie Ätaffen^
26 berfammlungen bon fämtlid^en ^rebigem ber reformierten Aird^e unb einer gleich großen
anjal^l älteften gebilbet.
3)ie fiololgemeinbe toirb bom „Äird^enrat" geleitet. S)iefer beftel^t ju gleichen Steilen
aitö älteften unb 35iaIonen, beren ©efamtjal^l bie ber ^rebiger getoöl^nlid^ um ba«, SSier-
fac^e überfteigt. ©eit bem ^al^^re 1867 toerben in ben meiften ©emeinben bie ^teften
80 unb 3)iaIonen, fotoie auc^ bie ^rebiger bon Stepräfentanten-ÄoHegien ertoäl^lt. Sei ber
SBBol^l biefer 9lel)räfentanten aber finb alle gro^jäl^^rigen, nid^t au^ ber Slrmenlaffe unter-
füllten ©emeinbeglieber ftimmbered^tigt. ^iefe birefte Jcilna^me ber ©emeinbeglieber
an ben fird^lic^en SBa^len l^at auf fel^r augenfättige Söeife in ben meiften ©emeinben,
namentlich in ben großen ©tobten, ber Crtl^obojie bie lird^lid^e 5Kad^t in §änbe gegeben
85 3)ie 3Sertt)altung ber Äirc^engüter tourbe ebenfall« in ben ^aifxm 1819 unb 1823
bon Äönig 393il^elm I. georbnet. 3)ie beiben hierauf bezüglichen fgl. SReffrijjte ftnb (nac^
bor^eriger 3lnjeige im ^a^re 1866) am 1. DItober 1869 aujer Äraft getreten, ©eitbem
fyit [xi) bie größere $älfte ber ©emeinben einem am 1. öftober 1870 in« fieben ge=
tretenen „SlHgemeinen äuffid^t«Iollegium" unterteilt, loäl^renb ber übrige 3;eil ganj autonom
40 eine fogenannte ^eie „SBertoaltung" ausübt.
3)ie ^rebiger tüaren feit bem anfange ber ^Reformation mit i^rem ©tubium ge-
tod^nli(J[f auf bie ©taatduniberfitäten angetoiefen, beren tl^eologifd^e ^lultöten gerabe jur
ßeranbilbung bon ^ßrebigem für bie reformierte Äirc^e geftiftet toorben toaren. Dbgleid^
fc^ fämtlic^e angel(;enbe $rebiger biefen Silbung^toeg einfc^lugen, toar er bod^ nic^t eigent^
46 li^ obligatorifd^. S)a« neuefte Uniüerfttät^gefel (bom S^i^te 1877) l^at bie bon ben©taat«s
J)rofefforen ;iu le^enbe 2;^eologie be« lonfeffioneUen ßl^aralter« entfleibet, toä^renb an ben
brei ©taatguniberfitaten jtoei bon ber St>nobe ber reformierten Äird^e ernannte ^ro-
fefforen mit bem SJortrag ber bogmatifcf^en unb J)raftifd^en 3^b^ologie beauftragt finb.
gür bie ftäbtifc^e Uniberfität bon Slmfterbam lourbe ba«felbe feftgefteUt, nämlic^ baj
öojtoei Don ber ©^nobe ernannte ^ßrofefforen bie bogmatifd^e unb Jjrafiifc^e 2;i^eologie bo=
eierten, bi« im Saläre 1894 ber 9Runiji^)alrat Smfterbam« biefe Serorbnung tüiberrief;
feitbem fönnen alfo an jener ftäbtifcf^en Uniberfttät nur biejenigen reformierten ©tubenten
^angebilbet toerben, bte i^e ^ro)>äbeuft« nod^f nic^t beenbet l^aben. [3ladb Stbfc^lu^ be«
3Dlanuflri))teö unb bor bem 3)rud be«felben ^at bie ©^nobe ber 5Rieberl. ^leform. (Her-
66 vormde)Äird^el. äuguft 1889 befcf^loffen, bafe ^infort bie Uniüerfttöt^ftubien bon ben ftd^
Wr ba« ^rebigeramt in ber 5lieberl. Sleform. Äird^e ^eranbilbenben J^l^eologen nur möglicf^
ftnb in ober in ber unmittelbaren 3l(ä}t bon jenen Orten, h)o t^eologifdj^e ^rofefforen,
bon ber 9?iebcrl. SReform. ftirc^e angefteHt, arbeiten, fo baj nacf^ bem ^af)xt 1900
bie §eranbilbung üon SRieberl. Weform. ^rebigem an ber ftäbtifcl^en Uniberfttät in
60 älmfterbam toegföllt.]
^oOottb, KrdyKdie StatifUI 269
33or 40 ^af)xm \mxm ungefähr 200 ^Pfarramtölanbtboten für btc öalanten ^rebiger-
fteQen btö))ontbeI ; bie Slnjol^l ber X^eologieftubierenben no^m ober feitbem fo bebeutenb
ab, bafe 1.3. 1888 für 376 öalante ©tcHen bie Äanbibaten fehlten, ©trätet öerme^rte [US)
bic änjol^I 31S;eoIo0ieftubierenber fe^r (Januar 1900), fo ba| je^t nur nod^ 258 ©teilen
tmfant fmb, unb and) btefe änja^I toirb jebeig ^ai^x geringer, i^^^t jä^Ien bie brei 5
©taat^uniöerfitäten 348 ©tubenten ber 2^^eoIogie, h>ä^renb 21 an ber ftäbtifc^en
Uniöerfität in ämfterbam $rot)äbeufi^ ftubieren gegen eine GJefamtjoi^I öon 248 öor
20 Solaren.
b) SHeformierte (Gereformeerde) Äircben. 3m ^wf^mmen^ange mit ber be=
tannten bamaligen (Srtoecfung unb geftü^t burcp ben in URännem tüte ba 6ofta unb 10
®roen \>an $rinfterer toieber auflebenben Jjofitiöen ®Iauben, ber in bcm Se^rf^ftem ber
alten reformierten Äird^en bie rechte SDarfteßung ber eöangelifc^en Söa^r^eit fanb, entftanb
im 3. unb 4. 3)ecennium bieje^ S^^'f^wnbert^ eine frül^cr bei nur Wenigen Dor^anbene
älbneigung gegen ein g^riftentum, ba^/aUe tonfefftoneden @igentümli(^feiten abgeftreift
^atte. 3)enn gerabe biefeö 2lbftreifen ber reformierten 6igenart be^ Se^rbegriffe« unb bie 15
Stufnal^me eine« ftorlen SRationalidmu^ toaren feit 6nbe be« vorigen ^fl^^^unbert« bie Stznn-
jeic^en t)ieler reformierter ^rebiger.
3m ^cä^x^ 1834 führte bie 3Cbneigung gegen biefe^ nid^t-reformierte SBefen ju einer
Trennung t)on ber ^lieberlänbifd^sSReformierten Äirc^e, inbem einige ^rebiger unb®emeinbe-
glieber ben erften ©c^eibebrief unter^eid^neten. 3)a aber bie bamaligen ®efe^e freie refc 20
giöfe 33erfammlungen bon mel^r afe 20 ^erfonen nid^t geftatteten, fo tourbe ben 3lbs
gefd^iebenen bie SSefriebigung i^rer rcligiöfen Sebürfniffe auf alle nur mögliche Söeife er«
fc^toert unb fie felbft bcötoegen »erfolgt. 6in föniglic^e^ 3leffri))t t)om 5. 3«^ 18^6 er«
Härte bie ol^ne ÜJlittoirlung be« ©taate« gegrünbete ®efellfc^aft ber Stbgefc^iebenen für un«
gefe^lic^ unb beiSl^alb für aufgelöft, geigte aber gugleid^ einen SBeg an, auf bem, freilid^ 25
unter einigen crfc|h>erenben Ümftänben, neue ®emeinben fid^ lonftituieren fonnten. 2)iefe
Seftimmungen tourben burd; föniglic^e« 9leffri))t öom 9. 3önuar 1841 naiver formuliert
I)ie ®emeinbe in Utred^t toar bie erfte, bie burd^ löniglid^e« SRefIrijjt t)om 14. ge*
bruar 1839 gefe^lid^ anerfannt iourbe.
S)ie lönigti^cn 9leffri})te bom 3^1^^^ 1836 unb 1841 tourben burd; bie 9lef fcij)te 90
t)om 9. 3anuar 1849, t)om 17. DItober 1852 unb t)om 1. Dftober 1868 au^er Äraft
gefegt, fo ba^ bie „Sbgefc^iebene Äird^e", toietool^l fie feinen ^Beitrag au^ ber ©taat^Iafje
bejog, fonft in allen ©tüden Dem ©taate gegenüber auf biefelbe Sinie ju ftel^en lam tote
bie übngen ^ird^en.
Sluf ber ©^nobe m SKibbelburg (3uni 1869) tourbe bie ^fion ber „3Cbgefc^iebenen 30
Äird^e" unb mel^rerer 2ofaIgemeinben gleicher SRid^tung öoüjogen. £e|tere l^atten fic^ bi^
bal^in geioö^nlid^ „©emeinben unter bem Äreuj" genannt unb jöi^lten 14 ^ßrebiger unb
©J)ret^er (predikanten en voorgangers). vla^ biefer SBerfc^meljung tourbe ber bii^
^erige 5Rame „ßj^riftlic^-Slbgefc^iebene Äird^e" mit bem ber „ß^riftlic^en Sie«
formierten Äirc^e" üertauf^t. ilor))oration^rec^te erhielt bie Hirc^engenoffenfc^aft unter 40
biefem 5Ramen burc^ löniglic^e^ SRefhitot t)om 10. ÜJlai 1870.
©eitbent ba^ Jjofitiöe, fonfeffioneue ßlement in fel^r fielen ©emeinben, fo h>ie bei
mancher lirc^lid^en 93e^örbe auc^ ber 5lieberlänbifd^cn SHefonnierten (Hervormde) Äirc^e
toieber mel^r Äraft erlangt l^atte, toar e« befonber^ i^rc ©teßung al^ freie, nid^t \>om
©taate unterftü^te Äird^e, iooburc^ bie Gbriftlic^e ^Reformierte (Gereformeerde) Äird^e, 45
in allen toefentlid^en ©tüdcn an bem auf ber 2)orbrec^ter ©^nobe t)om 3^^^^ 1618/19
^eftgeftellten fic^ ^altenb, biele ®läubige an [xi) jog. 6^ ift nic^t ;u leugnen, ba^
au^ il^rer Äraftentfaltung auc^ auf biefem ^un!te fogar ben anbem Äirc^en ein reicher
©egen ertoac^fen ift. 3^^^^ ©^nobe, bie ftd^ allmäl^lic^ alle jioei. ^af)x^ berfammelte,
jö^lte 40 orbentlid^e SDtitglieber, nämli^ 20 ^rebiger unb 20 ältefte. 3)ie ®lieber so
tDurben t)on ben ^robinjialf^noben geioäljilt, unb jtoar 2 ^rebiger unb 2 ^Itefte au^
jeber ^ßrobinj.
2)ie^rebiger erhielten feit 1854 ü^reSilbung an ber t^eologifd^en ©d^ule inÄamJ)en.
2)iefe ©c^ule gäl^lt je^t 5 t^eologifc^e ^rofefforen unb 70 t^eologijc^e ©tubenten, toäl^renb
70 ©c^üIer an ber mtt biefer t^eologifd^en ©c^^ule öerbunbenen Slnftalt i^re g^mnafiolen 66
©tubien mad^en.
3)ie S^k^ ^^ d^riftlid^en reformierten ®emeinben, ioelc^e 1860 fd;on 226 betrug,
ftieg 1877 auf 362, mit 133155 ®liebem, unter benen 270 ^rebiger arbeiteten. 3m
3a$re 1889 gab e« 189251 d^riftlid^e ^Reformierte in 388 ®emeinben, in benen 293 ^re^
biger arbeiteten, toö^renb 95 ®emctiibeit iMdbuit looren. eo
270 ^otinib, Kn^Itc^e Statifiif
9ttö 1892 bic G^riftlid^ 3lef ormterte Äird^e fic^ mit ben 5Rieberbeutfc^en Slcformiettm
(Doleerende)Äir(l^en toeretm^te, jäl^Ite fte 467 ©emetnben mit 194 000 ©liebem.
9Ii(^t nur burc^ ba$ SBteberouflcben bed tonfeffioneUen ßlement^ tDurben k)iele ^u^
fenbe jum austritt au« ber SSeberlänbifc^en SReformierten (Hervormde) Äirc^e getrieben ;
6 aud^ au^ breite Areife berjenigen, bie ber obengenannten jtird^e treu blieben, übte bie
ttrieberauflebenbe Drt^obojie i^en ßinflu^ au«. 9lebft unb gegenüber ben mobemen unb
ben fogenannten etoangelifc^en Slic^tungen brad^ ftc^ bie Drti^obope in ber 5RieberIänbi=
fd^en Steformierten (Hervormde) Äirq^e fräftig öaj^n.
^iefe ort^obo^e Stid^tung k^ereinigte aber k)erfd^iebene @(emente in ftc^: bie et^ifc^e,
10 bie juljranaturaliftijc^e, bie lonfejfioneÖe unb bie catoiniftifc^e. 3)iefe ijerfd^iebenen Elemente,
getoö^nlid^ unter bem 5Ramen ,,antimobem" ober „ortl^oboi" jufammengefajt, arbeiteten
äße an ber Verbreitung i^er ^rinjipien, jjcbod^ meiften« barauf bebad^t jeben Äon*
fKft mit ber feit 1852 beftel^enben fird^Iid^en Drganijation, auf ber öom '^afyct 1816
bafiert, ju Dermeiben, unb ftt^ fe^nenb nad^ ber 3«^"^ *>*^ ^^^^^ mobifijieren tüürbe,
16 toenn bie ort^oboje 3Rinberl^eit auc^ in ber S^nobe gur 3Jlel^rbeit h^erben foHte.
S)ie calbiniftifd^en Elemente jebod^ tüaren mit biefem rul^igen Söeiterarbeiten, bei Dor*
fä|Ii(^er SSermeibung lirc^Iic^er itonflifte, auf bie 2)auer offenbar nid^t jufrieben. ^f^xai
energifc^en fjül^rer fanben fie in Dr. a. Stvü^p^, bormal« Pfarrer in ber Slieberlänbifdben
Sieformierten (Hervormde) Äird^e, toeltbelannt fotoo^t al« 3^l^eologe h)ie al« ^oumalift,
20 ber über gro|e @d^ä|e t)on ®e(e^rfamteit unb enc^tlot>äbifd^er Jtenntni« gu Detfügen l^at,
unb ber toie nur toenige bie @aU ber Serebfamfeit beft^t.
9lur feiten ^at fid? eine Partei fo gänjlid^ mit i^rem ^fÜ)xn ibentifijiert, h)ie bie«
ber tJaE ift mit Dr. Äui^)>er unb feinen Sln^ängem, grö^enteü« auc^ burc^ ben ©influfe
einer mit Dielem %(dmtc Don i^ rebigierten J)oKtif($en g^i^'^Ö (^^ Standaard) unb
26 einer in gleichem ®eifte öon i^m rebigierten tl^eoIogifd^=(^riftIic^en ffioc^enfc^rift (De He-
raut). 3^»"^ unumtounbener f)>ra^ Dr. Äu^jjer e« au«, ba^ bie Drganifation be«
Sa^re« 1816/52 bie §auj)turfac^ t>on aBem @Ienb unb öon bem üRangel an Energie in
ber reformierten Äird^e fei, toeil biefe Drganifation ben (jredbi^terianifd^en 61(;ara!ter ber
Jlirc^e gefc^toäd^t, bie Autonomie ber Solaloemeinbe bemic^tet, unb bie Slnge^örigleit jum
80 ©onjen ber 9{ieberlänbifd^en Sieformierten Jtird^e al« ^orberung gefteDt l^atte, nic^t nur
für ba« SBBol^Itoefen, fonbem fogar für ba« ©efen einer lofalen reformierten ©emeinbe.
»efonber« ber gnergie Dr. Äui^jjer« loar e« ju öerbanfen, ba^ im ^Qi}xt 1879 ber
„Verein für l^öl(;eren Unterrid^t auf reformierter (gereformeerde) Saft«" entftanb, Wdd^
30. Dftober 1880 in Slmfterbam bic „greie Uniüerfttät" eröffnete, mit bem 3h>ed au^
86 bie lünftigen ^ü^er be« 3Solfe« tiefer ju burd^bringen öon bem Seifte, ber jur Stütegeit
Slieberlanb« bie 2:onangeber befeelte. 3. 3. 1882, unb mel^r nod^ i. 3. 1885, tourbe ba« SSer^
^öltni« jtoifc^en biefer freien Uniöerfität unb ber ©^nobe ber 9lieberlänbifc^en ^Reformierten
(Hervormde) Äird(^e fe^r gefjjannt, al« bie ©^nobe ba« officio« an fte geridbtete Oefud^,
bie an jener Unitjerfttät gebilbeten 2:^eoIogen möchten jum ^rebigtamt in ber Sieformierten
40 (Hervormde) Äir*e jugeloffen toerben, ablehnte. — ^tt^t jäl)It biefe ^eie UniDerfttät,
beren 2)oftorat noc^ immer ben effectus civilis entbel^, unb bie fd^on mef^r al« einen
^ofeffor feine ©teDung bei i^r aufgeben fal^, 110 ©tubenten. S?on biefen ftubieren
80 Ideologie, 14 gura, 11 ^pi^^ilologie unb 5 me^r al« ein« biefer ©tubicn gugleic^,
h)ä|frenb an biefer Unit)erfttät 3 ^rofefforen für 3:^eoIogie, 1 für 3ura unb 1 für $I^Uo-
46 logie borl^anben ftnb. inmitten aUer feiner äirbeiten, bie nodb umfangreicher tpurben
btttd^ fein auftreten al« üRitglieb be« Parlament« (ber Rtoeiten Äammer), liefe Dr. St\x\)ptt
forttoöi^renb ba« „Carthago delenda" l^infic^tUc^ ber Drganifation ber Slieberlänbifc^en
Sieformierten (Hervormde) Ätrc^e Demel^men. ®ie ©orge für bie abfonberlic^en ©c^afe
ber §erbe toürbe toenig nufeen o^ne bie redete ©orge für ben ©d^^afftaU.
60 ®« tourbe Har, bafe leicht ein Äonflift entftelj^en fönnte jtoifc^en ber calriniftifc^en
^Partei unb ben firc^Iid^en Se^örben, toelc^e le^teren nac^brüdlid^ bie ©inl^eit ber Slefor«
mierten (Hervormde) Äird^e gu ^anb^aben toünfc^ten. ®« fam bann aud^ ju einem
ßufammenftofe, al« alle« barauf angelegt tourbe bie reformierte ©emeinbe Slmfterbam«,
bie größte be« Sanbe«, in beren Kird^enrat bie cahintftifc^en ©lieber bei toeitem bie
66 SRelj^rja^I bilbeten, aufeer bem SSerbanbe ber Slieberlänbifc^en Sieformierten (Hervormde)
Äirc^e in ftetten. Slm 4. 3an. 1886 tourben )>lö|U(^ 80 ©lieber ber Slmfterbamer Äird^en*
be^örbe öon ber Slmfterbamer Älaffe fu«))enbiert. 2)ie« rief eine grofee Srregung im
gangen Sanbe ^ertjor. ät« barauf bie obenertoäl^nten ilird^enrat«glieber 1. ^uli 1886 bon
ber trroöingialen Äird^enbe^örbe, unb 1. SJ^ember 1886 öon ber ©^nobe, xf^ttt firc^
eo lid^en SBebienungen befinitiö entfe^t unb ber uRitgliebfc^ ber Sieformierten (Hervormde)
^oOatib, ftrilltd^e Stattfttt 271
Äird^c öerlufttg erflärt Ipurben, tvAl ftc beutü(^ ß^jrigt l^ätten, baj ftc jid^ mit SBort unb
X^ bon berfdben trennten unb i^r nic^t länger onge^rtg feien, lern ed im ganjen
2anbe ju einem austritt in 9Ra{fe au^ ber ^Reformierten (Hervormde) Äirc^e, toobei an
manchem Orte heftige ©jenen nid^t fel^Iten. ©aejenige toa« bie Verurteilten unb ü^re
®eifte^ertt)anbten eine ^at ber ^reue ber Airc^e gegenüber nannten, tDurbe <d^ ftraf- s
bare^ revolutionäre^ 9(uftreten gebranbmarlt k)on ben Se^örben, unter benen befonberd
in ben 33orbergrunb trat ber ftrengsreformierte (gereformeerde) ämfterbamer ^faner
Dr. @, 2|. "ißoi, eine ^erfönltc^Ieit bon großem @inf[u^, aud^ burc^ feine tüchtigen @tubien
auf {ird^engefd^ic^tlid^em unb lirc^enred^tltc^em ®ebiete.
Snner^alb Weniger 3Konate jeigten ^e^ntaufenbe im 2anbe ^ al« tird^Iic^e ^rtei^ lo
genoffen ber verurteilten älmfterbamer 5ttr(^enratf^lieber. ^toar iourbe babei anfänglid^
bon vielen ©eiten bie SSerfid^erung Vernommen, ba| man nid^t gefonnen fei, ftc^ Von ber
5RieberIänbifc^en ^Reformierten (Hervormde) Äirie gu trennen, bafe man im ©egentett
al^ bie legale ^ortfe^ung ber alten Sieformierten ^ircpe auftrete; allmä^lic^ aber geigte ed
ftd^, ba^ biefe Setoegung gu einer jtoeiten 2^rennung filierte, in ber ^uj)tfac^e ber vom i6
So^e 1834 äfyüi^,
ain ber Drganifation bed austritt« arbeitete, nebfk Dr. Äui^Jjer, l^ut)tfäc^li«^ Dr. 9lut=
geri^, ^rofeffor ber a:i^eologie an ber ^ien UniVerfitöt, unb mit üj^m Dr. jur. ä. %, be
©avomin Sol^man, ^rofeffor ber 9le(^te an berfelben UniVerfität, — ber aber DItober 1896
Von jenem ätmte abtrat, einem fräftig au^efj^rod^en SRi^auen in ben aufric^tta» ao
reformierten (gereformeerd) ß^arafter feinet jjuribifd^en Unterrid^t^ jufolge. 9Relj^r otö
fünf jig Pfarrer ber 5Rieberlänbifc|>en Sieformierten (Hervormde) Äirc^e fd^loffen ftd^ biefer
tird^ii^en Setoegung an; einzelne bavon aber lehrten allmäl[)[id^ gur SSerfünbigung bed
SvangeliumiS in obengenannte Jtirc^e gurüd, ioie auc^ ber toegen feiner tl^eologifc^en
©d^riften njo^lbelannte, geniale Dr. §oebemaler, feit 1880 ^ßrofeflor an ber ?^ien Uni^ 26
Verfttät, toeld^er aber infolge ber fird^ltd^en ©reigniffe vom 3^^^ 1886 biefeö »mt nieber«
legte, unb ba^ ^rebigtamt in ber 5Rieberlänbifc^en Steformierten (Hervormde) Äird^e
abermals antrat.
3)ie ätu^getretenen nannten ftc^ 5Rieberbeutf(^e Sieformierte (Gereformeerden) [Do-
leerenden]. 2)ie aSolföjä^lung Von 1889 toeift auf, loie fd^eU i^re 3<^l tou^. so
6^ braucht feiner befonberen Srtoäl^nung, ba^ bie Silbung ber ^ebiger für bie
nieberbeutfd^en reformierten (doleerende) ©emeinben getoö^nli«^ an ber ämfterbamer
freien UniVerfität ftattfinbet. (gbenfoloenig h?irb e« befremben, ba| feit 1886 bie oben«
genannte UniVerfität größtenteils bie©tüje unb ©Vm<)ati^ie Von benjenigen, bie berSJieber«
länbifc^en ^Reformierten (Hervormde) Äirc^e treu blieben. Verloren f)at, 86
2Bar in mand^er §infic^t bie ©eifteöverioanbtfc^aft groß gtoif^en ben ß^riftlic^en
5Ref ormierten (Gereformeerden) unb ben 5Rieberbeutfc^en Sleformierten (Gereformeerden)
[Doleerenden], totl^c beibe fi^ möglid^ft eng bem jur I)orbrec^ter ©vnobe Von 1618/19
gefkgefteHten anjufc^ließen toünfc^ten, fo lag auf ber §anb baß bide beiben ©trömungen
ficf^ Vereinigen toürben. Stuf ber 1892 gu Slmfterbam gehaltenen ©^nobe fanb bie Ser5 4o
einigung fkatt. I)ie abfonberlid^en 5Ramen Von ßl^riftlic^en Sieformierten unb Slieber*
beutfc^cn Sieformierten iourben abgelegt, unb burc^ ben gemeinfd^aftlic^en Slamen Von
„Sieformierten (Gereformeerde) Äir^en in Sliebertanb" erfe^t. anfänglich fanb bie
'Berfc^melgung nur ftatt in 33ejug auf bie größeren Serfammlungen (Slllgemeine Stpnobe,
liprovinjtalf^noben, Jllaffe); aumäl^lic^ aber brang fte auc^ burd^ m ben lotalen Airc^en, 46
bie erft neben einanber geftanben fiattcn aU Sieformierte Sirenen 31 unb S3, an einjelnen
Drten fogar 31, 33 unb 6. ©erabe um auf bie 3lutonomic be« örtlid^en RreifeS ber 83es
fenner Slac^brudf ui legen, tourbe vorjugötoeife nic^t länger Von lofalen ©emeinben, fom
bem von lofalen Äirc^en gef)>roc^en. 3)aß auf bie 2)auer bie 1892 ju ftanbe gefommcne
Bereinigung gu einer noc^ innigeren SSerfd^melgung unb SSerbinbung, toenn au$ nid^t )u 60
einem 3"^inanbcraufgel^en ber a:^eologifd^en ©c^ulc ju Ram^jen unb ber ^eien Univer^
fität, ^infic^tlic^ ber Silbung Von ^rebigem, fü^en muß, ift leidet VorauSjufe^en.
3m 3lnfang bee ^al}x^^ 1892, ju ioeld^ergeit bie Bereinigung ftattfanb, jöblten bie
ßl^riftlid^en Sieformierten 891 ©emeinben, mit 302 $fanem; bie Slieberbeutfcpen Slefor»
mierten 294 Hird^en, mit 120 ^fanem. ^e^t ift bie ^aÜ^l ber fämtlic^en Sieformierten 66
Äirc^en in Sliebertanb 684 mit 491 Pfarrern, in 633 Drtfc^aften, Worunter 43 mit
Äirc^en 31 unb 33, unb 4 mit Äirc^en 31, 33 unb 6.
3lfö 1892 bie Berbinbung ber G^riftli^en Sieformierten mit ben Slieberbeutfc^en Sie«
formierten ber SJertoirflic^ung nal^e fc^ien, h>urbe Von g. 5ß. 2. 6. Van Singen — bem
©rtinber beS erften nieberlänbifc^en j)ofitiV-df^riftlid^en ^ßrivatgi^mnafuimS (3^^^") — f^^^ «o
272 ^oOatib, Krc^lid^e Stflttfrtt
niebcrbeutfc^st^ortnicttem (hervormd), ]pätcx d^riftlic^-reformicrtem (geref ormeerd) ^far-
ter, in aSeretmgunfl mit 700 ©liebem ber ß^rifüic^en Stcformierten Äirc^e, gegen biebors
genommene SSerbinbung ©intoenbungcn gemacht, ^^ax gaben biele t)on biefen 700 bie
öon i^nen au^efjjrod^enen Sintoenbungen auf, afe bie S^nobe ben ßntfd^luj jur i^ets
6 binbung gefaxt Ijiatte ; ber f^on genannte Pfarrer t)on Singen aber unb fein ^arteigenoffe
X SBifle, ein ^faner ber c^riftlic^en SHeformierten Äirc^e in §aag, be^arrten bei i^rer
aWeinung. — 3*»^' ©emeinben ber d^riftlitf^en ^Reformierten, ungef% 1000 ©lieber
jöl^Ienb, traten ber ^Bereinigung nic^t bei. 3)iefc jtoei ©emeinben tourben ber Äem eine«
erneuerten Söieberaufleben« ber G^riftlic^en Sieformierten (Gereformeerde) Äirdjie in
10 TOeberlanb, beren Sjiftenj im Sa^re 1892 bei ber obenerloäbnten SSerfc^meljung aufgehört
botte. Sin berfc^iebenen Orten öerfammelten ftc^ aümä^lic^, erft unter ber gü^rung öon
fünf c^riftlid^en reformierten (gereformeerde) ^fanern, mcbrere Gl^riftlici^e Sieformierte,
meldte bie äSerfd^mel^ung mi^iUigten. Sie traten auf aU bie gefe^mä^ige ^'^ortfe^ung
ber 1834 entftanbenen ß^riftlid^en Sieformierten (Gereformeerde) Äird^e. $ie ©etoegung
16 in biefem ©eifte breitet ftc^ forttoä^renb ftufenloeife au«, fo ba| in biejem Slugenblii
toieber nebft ben Sieformierten (Gereformeerde) Äirc^en 58 ßj^rtftlid^e Sieformierte (Ge-
reformeerde) ©emeinben befte^en, mit 19 $fanern, toäl^renb im §aag eine tbeologifd^e
©d^ule gegrünbet tourbe für bie Silbung t)on ^ßrebigem in ber C^rijtlic^en Sieformierten
Ätnl^e, toeld^e ©c^ule je^t 2 2)ocenten unb fd^on 12 ©tubenten ^äi)lt. [Slad^ Stbfd^lu^
9) bed 3Jlanuf{ri))te« unb t)or bem 3)ru(t bei^felben ^at bie ^uli 1899 gehaltene S^nobe ber
®^ftl. Slef. Äirt^e befd^loffen, biefe ©c^ule nac^ SlV^lobf, einem I)orfe in ber Släf^e Don
$aag, gu t)erfe^en].
c) fiut^erifd^e Äirc^e. SBöi^renb bie Sieformation be« 16. ^öl^^^unbert« juerft
in ^orm be« £ut|>erani«mu« (SJlartini^muö) nad^ Slieberlanb brang, lourbc biefe« Sutl^er-
26 tum junäc^ft öom 8a))ti«mu« unb biefer toieber t)om Salt)ini«mu« t)erbrängt, fobaj bie
2utl^erifd;e Äird^e feit ber jtoeiten §älfte be« 16. ^a^r^unbert« nur t)on untergeordneter
Sebeutung für ba« tirc^lic^e 2Am Slieberlanb« getoefen ift.
I)ie erfte nieberlänbif^e lut^erijc^c ©emeinbe entftanb inSBoerben. gm 3jal^rel566
tüurbe ber Sel^rbegriff ber 3lug«burgifc^en Äonfeffion in berfelben eingeführt. 3)en bamad^
80 entftanbenen ©emeinben fehlte anfangt jebe« ®emeinfc^aft«banb. Slac^bem 1605 auf
einer SSerfammlung t)on 7, t)on i^ren ©emeinben abgeorbneten $rebigem eine (Sinigung
in Setreff ber Seigre unb ber ©otte«bienftorbnung ju ftanbe gefommen loar, tourbcn bie
einzelnen lutl^erifd^en ©emeinben im ^ai)x^ 1614 burdji bie ©rünbung ber fog. „grater^
nität ober Srübeifc^aft" ju einer Äird^engenoffenfc^aft bereinigt. 35ie S^nobe biefer gra-
se temität trat in unbeftimmten ^totfc^enräumen unb \pattt alle 5 3^^^^ jufammen. 2)ie
le^e ©i^nobe unter ber Sle|)ublä fanb 1696 ftatt.
3m 3a^re 1818 bcftötigte Äönig SÖUl^elm I. burc^ ein Sleffri»)t Dom 6. ^bruar
ba« „SUgemeine Slwlement", iooburc^ bie „ebangelijc^^Sutl^erifc^e Äirc^e" eine neue Dx-
ganifation erhielt. ®iefe« Sle^lement erlitt in ben 3;a^ren 1855 unb 1859 einige SSer*
40 önberungen, um ber Äirc^e eme öom ©taate unabhängigere ©teßung ju geben, ©eit
1819 ^ält bie et).4utl^. Äird^e i^re ©^noben, h)eld[)c bie |öc^fte lirc^lic^e gnftanj bilben
unb je^t au« 21 orbentlic^en ÜKitgliebem, 9 ^rebigem unb 12 ©emeinbegliebcrn beftel^en,
oOjIö^rlid^. ^ie Seitung ber Sotalgemeinben ^aben bie JÜrc^enräte.
SBäl^renb be« legten ^al^r^unbert« ndl)m bie ^a\)l ber ©emeinben unb ^rebiger in
46 ber tüAuil). Äirc^e langfam ju. ©ie jäl^lte nämli^ 1784: 45 ©emeinben mit 57 ^re^
btgem; 1815: 46 ©emeinben mit 60 ^rebigern; unb ie|t (1899) 49 ©emeinben unb
9 ^ilialgemeinben, in 7 Ärcife berteilt, mit 61 ^rebigerftcBen, bon meieren augenblicflid^
8 tmfant finb. SSon ben 53 jjefet bienftt^uenben ^rebigern finb 5 au« ber Slicberlänbifc^en
Sieformierten (Her vormde) Äir^e ^erfünftig unb 13 au« ber 3Q3ieberl^ergeftettt5£ut][ierif4en
60 Jtird^e.
SKöl^renb bie ^rebiger frül^er il^re Silbung im 9tu«lanbe erl^ielten, tourbe 1816 ju
biefem ^mdz in Slmfterbam ein ©eminar gegrünbet, baj augenblidflid^ 2 ^rofefforen unb
9 ©tubenten gä^lt.
d) aSäieber^ergeftellt^Sut^erifd^e ober ailtlut^erifc^e Äird^e. ffiie faft
66 olle Jjroteftantifc^en Jtirc^en, mu^te aud^ bie Qi).'2\xti). Äird^e ju ®nbe be« t)origen ^ai^X'
bunbert« ben @influ| be« 3lationalt«mu«, fotoie ber nitoeßierenben anti-fonfeffwneHen
Sleigungen erfahren, ßine Slealtion jeigte ftc^ 1791 in^mfterbam, fotoie auc^ an anberen
Orten, in ^^rm einer Äirdbenfj)altung, inbem e« jtoifd^en benjenigen, bie bie Slufret^ter^al-
tung ber 2lug«burgif(^en Äonfeffton unb ber liturgifd^en fiirc^engebete 2c. forberten, unb
60 ber großen S){aiorität gu einem ^rud^e lata, 3)iefe au«gef(^iebenen lut^erifc^en ©emeinben
^ottattb, Kr^lic^e (gtattftif 273
Irotm auf ®runb einer ^atemttät^lte gu einet eigenen ©enoffenfc^aft jufammen, unb fo
entjianb bie ,,aBieberl^craeftents2ut^erifci^e Äird^e". ®rft f^öt befamen biefe ®e»
memben ein burc^ fönißlicpe^ Sleflript öom ^af^xt 1835 beftötigtes^ Sleglement, toä^renb
bog 1866 jute^t ret)ibierte ^^Singemeine ^Reglement für bie SJertoaltung ber aCIt^Sut^erijc^en
Äird^e" lieber beutlic^e ©)>uren be^ gortf(|ritt^ im ©inne ber äutonomie trägt. 6
3)ie allgemeinen 3lngelegenl(;eiten ber 2Bieberl^ergefteIlt=£ut^erifc^en Äird^e orbnet bie
,,3UIgemeine Äirc^Iic^e 3Serfammlung", bie ai\^ 9 ^rebigern unb 7 ©emeinbegliebem be^
ftelj^t. 3)ie ^eranbilbung ber ^farramt^Ianbibaten (1877 toaren il^rer 5) gefc^a^ früher
in öerfd^iebenen firci^Ii(^en ©eminarien in Slmfterbam, feit 1877 aber an ber ftäbtifd^en
Unibarfität bafelbft, toä^enb einer ber ^mfterbamer ^rebiger mit bem 33ortrag ber 3)og- lo
matil beauftragt ift. ^m ^al^re 1815 ^atte bie ffiieberl^ergeftettt^ßut^erifd^e Äird^e 4 ®e*
meinben unb 7 ^ßrebiger; jrt^t bagegen jäl^It fie 8 ©emeinben, mit 11 ^rebigern, öon
benen 5 ani ber Qi),'2uii}. ävci)z finb.
3m Saufe ber ^Ät toax ber fc^arfe ©egenfafe jtoifc^en ber (gi^angelifc^-Sut^erijc^en
unb ber äSieber^ergeftedt^Suti^erifc^en jtirc^e merllic^ gefc^tDunben, unb 1874 fmb bie i6
legten ©c^ranlen, toeld^e bie tDed^felfeitige S3erufung k)on ^rebigem in k)atante ©teden
beiber Äird^en erfd^merten, l^intoeggeräumt, nad^bem auc^ fd^on öorl^er ein ^rebiger ber
@t).s2ut^. Äird^e einen Stuf an eine SBieber^erg-sfiiit^. ©emeinbe nic^t nur erijialtcn, fon«
bem angenommen ^atte. I)ie Sb.-Sut^. ©^nobe aber ^at fic^ in ben lefeten 3^^^^/
ben ^rebigem unb ^Pfarramt^Ianbibaten ber aSäieber^erg.-Sut^. Äirc^e gegenüoer, Weniger 20
liberal gegeigt; fie l^at für beren gutritt gum ^rebigtamt in bie Qt>,'2uti). ^\x(i)t befc^^rän-
fenbe ÜRaferegdn feftaefteUt, ben lpieber^erg.4ut^. $rebigem unb ^farramti^Ianbibaten feine
größeren JWec^te anerlennenb afö ben ber übrigen nieberlönbifc^en )>roteftantifd;en Äirc^en^
genoffenfd^aften. 3)ie öor einigen ga^ren inö Seben gerufene SBerbrüberung^fommiffwn
aui^ ben beiben lut^erifc^en Äirc^engenoffenfc^aften ift bemgufolge aufgelöft Sorben, ioeilas
man über ein gemeinfc^aftlic^e^ ©eminar jur §eranbilbung t)on ^Pfanem ftc^ nid^t gu
toerftönbigen Ipujte.
e) ©ocietät ber laufgefinnten. 3lai) bem belannten, 1559 ijerftorbenen
50lenno ©imon« toerben bie 3:aufgefinnten auc^ 50lennoniten genannt.
SBar aud^ bie Sertoerfung ber Äinbertauf e unb bie gorberung, bafe bie ^eilige 2!aufe so
nur an ©rtüacj^fenen boUjogen toerben bürfe, ba^ §aul)tmerfmal aller nieberlänbifc^en
Saufgefinnten im 3^itaUer ber Deformation, fo unterfd^ieben fie fic^ boc^ aud^ t)on il(>rem
erften auftreten an Don allen übrigen ^roteftanten burc^ ben gänglid^en ÜJlangel an ßen^
tralifation unb Uturgifc^er (Sinl^eit. Dal^cr fd^reibt fu^ auc^ ber oft fo gro^e Unterf^ieb
nid^t aDein gmifc^en ben eimelnen ©liebem, fonbem and) jtoijd^en gangen ©emeinben. 35
3)ie namentlich bie Jlirc^enauqt betreffenben Serfd^ieben^eiten gtoifc^en ben brei ^anpU
gnH)|)en, nämlid^ ben im gjal^re 1554 entftanbenm „SBaterlanberd" unb ben bon 1566
^errü^renbm „Jlamänbem" unb ^riefen", ^örtm feit 1650 gang auf. ßrft fjjäter
fanb bie au^ bogmatifc^en ©treitigleiten l^crüorgegangene ^ut>tfj)altung in g^niften (bie
ort^obojeren) unb Samiften (bie liberaleren) ftatt, toeld^e eigetitümlid^en Benennungen bon 40
ben aBat>J)en i^rer 33erfammlung^lofale (zon unb lam) l^erftammten. 2)ie 1801 in
3Cmfterbam bottgogeue SBieberbereiniaung beiber Slid^timgen madjic n\6)t nur biefcr 2^ren=
nung ein (Snbe, fonbem brachte auc^ aümä^lid^ bie ^arteinamm gang aufeer ©ebrauc^.
3)ie $aui)teigentümlid^feit ber Srübcrfc^aft ber nieberlänbifd^en laufgefinnten ift bie
au^erorbentlic^e g^reil^eit, fotoo^l ber ©ingelglieber afö ber boüftänbig autonomen ©emcin= 45
ben. 6ine ©in^eit be« Sefenntniffe^ loirb burc^au^ nic^t erftrebt. ^^htt, Wk er auc^
über bie c^riftologifc^en unb foteriologifc^en 35ogmen beulen mag, lanu ©lieb ber ©e-
meinbe toerben, toenn er nur erflärt, ani ^erglid^er Übergeugung feine ©ünbe gu befennen,
unb toenn er gugleid^ bag©elübbe ber d^riftlidi^m Heiligung ablegt. 3« einigen ©emeinbm
ift fogar bie laufe ber ertoad^fenen, toel^e au^ anbem ilirc^engenoffenfd^aften gu bm so
iaufgefinnten übergutreten ioünfd^m, nic^t länger obligatorifd^. 55on jebem ©emeinbegliebe
toirb bie boüfommenfte Sld^tung unb SBertfc^ä^ung ber 5Jleinungen anber^benlenber ©e=
meinbeglieber geforbert.
3Bä^rmb Diele ©emeinben toon bon i^rer ©rünbung an nur folc^e $rebiger ioä^lten,
bie eine toifjenfd^aftlid^^t^eologifcpe Silbung an irgenb einer Uniberfität er^altm l^atten, 55
burftm boc^ aud^ folc^e SWänner angefteUt toerben, bie, loenn auc^ nid;t an einer $oc^-
fc^ule, fo bod^ bon einem ftubierten a:^eologcn ^erangebilbet Sorben toaren ; ja felbft au^
ben ©emeinbegliebem tourben 3)tänner o^ne eigentliche t^eologifc^e Silbung gu Seigrem
genommm, bie bann ben Flamen „Siebe^Jjrebiger" (liefdepreekers) ober „ßrma^ner"
führten. Jälle le^ter 3lrt fommen feit 1866 nic^t me^r bor, toä^renb in ben 3al)ren m
9icaU(hic9riopäbtc für Z^eologie unb Stirere. 3. ». VIII. l^
274 ^oUani, Krc^lic^e Stattfüf
1839 unb 1859 bie bciben legten ^rcbtflcr angcfteDt toutben, bic nur bon flubicrten l^co=
logen t^ren Untcrrid^t etl^alten l^atten. Sfltd^töbeftotoentger bel^altcn bic ©emcinbcn aud^
je^t noc^ ba« Siedet, i^rc Söal^I auf Jold^e 3Känncr ju lenfen. I)ie^ ollc^ ixnQ bagu bei,
baj bie 3^^^ ^^ ^rebtger früher biel größer toar ate je^t. SKäl^renb im '^a\)x^ 1784
6 in 152 ©emeinben ftarf 270, unb 1815 in 132 ©emeinbcn noc^ 173 ^rebigcr toirften,
toarcn 1877 in 126 ©cmeinben 126^farrfteUen; in ben testen jtoei 3)egennien ift bic
änjal^I ber ©emeinbeglieber burc^ bie Übertritte ani ber ?Rieb. Sleform. Äir^e (ftebe oben
©. 265,47) getoad^fen, fo baj e« je^t 131 ©emeinben giebt mit 137 ^ßrebigerftellen,
Don ioeld^en ein 2)u^enb iyalani ift.
10 5Ra(^bem frül^er fc^on äl^nlic^e Bereinigungen in Ilcinerem 3Jla^ftabe entftanben toaren,
tarn im 3^1^^^ 1811 in Slmfterbam bic „SlDgcmeine ©ocictät ber S^aufgcfmnten" ju
ftanbe. ©ie berfolgte ben 3h)ecf: 1. ben ^rebigtbienft burd^ bic Unterftüfeung be« im
3öl^rc 1735 auf Soften ber Slmfterbamer Samiftengemeinbe gegrünbeten ©eminar^ ju
fdrbem, unb 2. burd^ ©cl^alt^jula^en für bie ^rebiger ben ärmeren (Semeinben unter bic
16 arme ju greifen. 2)iefe „Slttgemetne ©ocietät", ju ber fämtlic^e ©emeinbcn gcl^ören, unb
bie olle bürftigeren unter biefen unterftü^t, fc^Iingt ftc^ toic ein einigenbeö 93anb um olle
©emeinben, bie im übrigen burc^au« fret baftel^en.
2)ie ©emeinbcn ber 2;aufgefmnten finben ftd; meiften« in ben ^robinjen ^ic^Ianb,
5Rorb=^ottanb, ©roningen unb Dber^jfcl. gn jeber ^robinj l^oben bie ©emeinbcn feftc
20 übereinfünfte gur gegenfcitigen äuö^ilfe bei öafanten ^rcbigerftellen getroffen. 3)ie (pro^
t)injietten Sicreine leiten „Sainge", in ©roningen bagegen „©ocietät". S)en Solalgcmein^
ben fte^t ein Äird^enrat t)or. tiefer befte^t ani bem $Prebigcr ober ben ^rebigern ber
©emeinbc, fotoie ben Jtird^cnältcftcn. Se^tere toerben t)on ben männlid^en ®emcinbc=
gliebem gctoö^It. ^n einigen ©emeinbcn ^oben jcboc^ auc^ bic grauen SBa^Ircc^t, bic
26 häufig bie gro^e üRcljir^eit ber 3Kitgüeber bilben. 2)ie 3lrmen)>flege liegt bem Rird^enrate
ob. 3)icfem ftel^en in einigen ©emeinbcn ©(^loeftem gur ©eite, bie ^iafoniffen genannt
toerben.
S)aö ©eminar jäl^It 39 ©tubenten. Seibe cai bemfelben t^ätige ^rofefforen gel^ören
feit 1877 auc^ jur ftäbtifd^en Uniüerfität inämfterbam, bie früher nur ein Slt^cnäum loar.
80 f) Srüberfc^aft ber SRcmonftrantcn. 3)er 5Rame Slcmonftranten (für tocld^en
aud^ nac^ bem im ^ai)xt 1609 berftorbenen ^ßrofcffor ^atob Stnniniu^ bie Sejei^nung
ärminianer borlommt) rül^rt bon ber SRemonftration, einer im 3^1^^^ 1610 bon einer
angabt ^Prebiger ber „reformierten Äird^en" bei ben ©taaten bon ^oDanb unb 2Bcft=
grie^Ianb cingereid^ten Scfcl^njcrbc ^er, toorin unter §inloeifung auf einige Sebenfen gegen
86 bie Äird^enlc^rc, eine SlcDifion ber niebertänbifd^en Äonfeffion, foloie be^ §eibelbergcr Äa=
ted^i^mu« geforbert tourbe.
9?ac^ langer Vorbereitung trat gegen ben SBunfd^ ber SRcmonftranten bie nationale
S^nobe in I)orbre^t gufammen, bie bom 14. 5Rot)ember 1618 bi^ jum 29. SKai 1619
bauerte. I)iefe ©^nobe ftcHte unter aSerurteilung ber ßcl^re ber Slcmonftranten bie „fünf
40 reformierten Kanone^" über ben 9tatfd^Iu| ber $räbeftination, über bic aUgemeinl^eit be^
aSerbienfte« unb be« 3:obe^ Gl^rifti, über bie ©nobe ©otte«, fotoie über bie Sefe^rung be^
5Kenjd^en unb enblic^ über ba^ ^lic^tabfaUcn ber ^eiligen feft. SlUc ^rebiger, toeld^e fid^
ben Sc^beftimmungen ber ©^nobe nicht unterwarfen, tourben i^re^ Stmtc^ ^ntfc^t, unb,
toenn fie fic^ nicbt burc^ 9lamenöunterfc^rift ber})flid^tcten, jeber firc^Iic^cn §anblung [\d)
46 JU entpalten, au^erbem nod^ beg Sanbc^ berloicfen. 9lad^ bem 3^obc be^ ^rinjcn Ü){ori^
bon Dranien (geft. 1625) lebrten bie Verbannten ^rebiger aHmä^lic^ in i^r SSatcrIanb
nirüdf unb bom '^af)xc 1632 an ^örte bie SScrfoIgung berfelben, aufier in ben ©täbtcn
Serben unb Äamj)en, boüftänbtg auf. ^n bemfelben 3abrc trat bie ©ejcUfd^aft ber 9lc=
monftranten, bie [\d) jc^on in ben iagcn ber ©orbrec^ter ©^nobe ju bilben angefangen,
60 unter bem 9iamen „Srüberfdbaft ober ©ocietät ber Slcmonftrantcn" offen ^ertoor. gn bem
barauffolgenbcn Sa^re (1633) tourbe bann ber t)on Ut;ttenbogaert berfafetc ßnttourf einer
Äird^enorbnung angenommen unb 1634 in Slmfterbam t>a^ ^rebigcrfeminar errichtet,
h)el(|e^ 1873 nac^ £ct>ben berlcgt toorbcn ift, unb jc^t 10 ©tubenten jä^lt.
SBäl^rcnb bie alte Äirc^enorbnung bom ^a\)xt 1633 befagte, ba| bic 33rübcrfd^aft
66 unberrüdft feft^alte an ber Ijiciligen ©^irift, unb baj fie bej|^arre bei il^rer Äonfcjfion, jtoar
nid^t ate Slic^tfc^nur il^rc« ©laubcn^, fonbem ateörflärung i^rer ©laubenömcinung,
bezeichnete ba^ SHcglcment t)om ^af)xz 1861 bie Srüberfc^aft al^ eine d^riftlic^e Rircf^en'
gemeinfcl^aft, in ber ba« ßljangclium t)on ^^\u (S^rifto gemä^ ber ^eiligen ©c^rift in aller
^ei^eit unb 2)ulbfamfeit belannt unb bertünbigt loirb. I)ad 1878 rcbibiertc Sicglcmcnt
eo lautet: „2)ic örübcrjd^aft ber Slemonftranten l^at ben ^to^d, ba^ rcligiöfe Scben auf bem
^oOatib, ftrc^itc^e StatifKf 275
gunbamcntc be^ SbangcKumg ^^\u ß^rifti ju förbern, tnbem fte babei feft^ält an bem
^tm^ij) ber greil^eit unb 5Dulbfamfeit."
S)ic Scitunß ber Srüberf d^af t übt bie „gro^e 33erfammlung" au«, ipeld^c \äf)xl\d) cin^
mal gclj^altcn Ipirb. 3" berfelbm fi|en bic ^rofcfforcn, alle ^rebiger, 3)cj)utiertc au«
fämüid^en Oemeinben unb nod^ etnjelne anbete ^erfonen. @in au« 6 ©liebem befielen« 5
ber ftänbtger 3lu«)c^ufe forgt für bie 3lu«fül^runö ber 5JerfammIunfl«befc^Iüffe unb für bie
Befolgung be« SHeglement«.
3lm Saläre 1784 jäl^ltc bie Srüberfc^aft ber aiemonftranten 40 ^rebiger; 1815 in
26 ©emeinben 32 unb 1870 in 22 ©emeinben 24 ^rebiger. 3e|t jöi^It fie 27 ®e=
meinben, in toeld^en 22 ^rebiger arbeiten, Uon benen 13 früher ^u ber 5Rieb. Sleform. 10
(Hervormde) Äirc^e gehörten. Über biefe le^te ^jartieße 3wnabme in biefen 3^^'^^
|ert)orgerufen burc^ bie fonfeffionelle Setoegung in ber SReformiexten Äirc^c, fie^e oben
©. 265,45.
IL Äat^olifc^e Äirc^e. a) 3lömifd^^Äatl^oIif(^e Sirene. ?Ra(^bem feit
Einführung be« ßl^riftentum« ber größte 2^eil be« je^igen Jlönigreid^ ber 5RieberIanbe ju 15
bem im ^abre 695 gegrünbeten Si«tum Utred^t gel^ört ^atte, ba« feinerfeit« toieber einen
3;eil ber ßr^^biöceje Äöln bilbete, tourbe 1559 Utrecht felbft jum @rjbi«tum erl^oben. 3)ie
römifc^e Äurie ge^t t)on ber Slnfic^t au«, ba^ bie ^Reformation be« 16. S^^J^^w"^^^^ ^^
bifc^öflic^en Stegierung in ber Ätr4cn)>rot)inj Utrecht ein 6nbe gemad^t l^at. ^^f^lfl^^ff^
toerben bie firc^Iic^en Siegenten, bie nad^ bem lobe be« le^iten Utrec^ter ©rbifc^of« gre^ ao
berif ©(^enf \>an 2:outenburg (geft. 1580) al« a))oftoKfc^e SSifare bie Angelegenheiten ber
Äatl^olifen t)erh)alteten, tro^ il^re« bijc^öflic^en ßl^arafter« feine«toeg« a(« eigentlid^e S3ifd;öfe
ber ^robinj Utred^t t)on ber römifd^en Äurie betrachtet.
©eit 1717 iüurbe bieSeitung ber römifc^^fatl^olifc^en 3CngeIegenl^eiten in ber Äirc^-
)>rot)in3 Utred^t jjöpftUc^en Segatcn anvertraut. 2)iefe führten ben 4itel „93ices©uberioren", 25
tourben o^ne 5Hith>irIung ber RcCpM ernannt unb Ratten il^ren 2Bo^nfi| in Stöln ober
Srüffcl. 3n ben übrigen 8anbe«teilen tourben im 2aufe ber 3ei^ otooftoUfc^e SSilariatc
gegrünbet. gm ^a\)xt 1840 tourbe bie 3^^ ^i^f^ SJifariate bi« auf brei l(;erabgefe^,
fo bafe t)on biefcm 3^^^^"^^ 0" ^i^ geiftlid^e Seitung ber Äatl^olilen be« Äönigreiq« ber
3iieberlanbe in folgenbe vier Sleffort« »erteilt toor : ®ie ^oUänbifc^e 3Kijfton unter Seitung ao
be« J)ä^)ftlic^en gntemuntiu« im $aag, unb bie aj)oftoIifc(^en SJilariate §erjogenbufc^, 95reba
unb Simburg.
.^aiU fc^on ber gaH ber ^errfc^enben Äirc^e (1796), fotoie bie btiraertid^e ®Ieid^
ftcDung ber itat^olifen mit ben ^roteftanten, unb befonber« mit ben Sieformierten, ein
fräftigc« äufftreben ber bi«^er untcrbrürften SJlad^t ber römifc^en Äird^e jur golge gel^abt, 86
fo führte nid^t toeniger bie äÖieberaufric^tung ber §ierard^ie burc^ ^a^ft ^^Jiu« IX. im
ga^re 1853 ju einer beac^ten«h>erten SJerme^rung ber ^riefter fotoo^I, al« ber fird^lic^en
änftalten, über^auj)t ju einem ni^t ju berfennenben ^^rtjcl^ritt ber Äatl^olilen auf
focialem unb inteUeftueUem, toie aud^ auf ))olitifc^em ©ebiete, tro^ ber älbnal^me ber
©eelenja^l, toorauf oben ©. 264,19 ^ingetoiefen ift. 40
©eit ber SBieberaufric^tung ber ^ierarc^ie (1853) bilbet ba« Sönigreic^ ber 5Rieber-
lanbe nur eine Äird^enj)rotoin|\. Diefelbe befte^t au« 5 Diöccfen, nämlic^ bem Srgs
bi«tum Utred^t mit ben ©uffraganbi«tümern ^aarlem, §erjogenbufc^, Sreba unb Stoer*
monb. 3" i*^ ^icf^ 5 2)iöcejcn tourbe 1858 ein an^ einem ^roi>ft unb 8 (Sanonici
befte^enbe« S^ccipxtd erridfttct, ba« ben 9lat be« Sifc^of« bilbet unb genjöl^nlic^ einmal 46
monatlich fic^ toerfammelt. Seim 3^obe eine« Sijd^of« ernennen biefe Jfapitel für bie SSer^
Haltung ber 3)iöcefe ioä^renb ber 3Safanj einen Äajjitular-Sifar unb fc^lagen brei Äanbi»
baten bor, avi<i toeld^en ber $apft ben Sifd^of ernennt, ^n einigen gäHen gefd^ieljit bie
(Ernennung ber Rapitulare burd^ ben Sifc^of unter SKittoirtung be« Äajjitel«, in anberen
fällen aber burd^ ben ^ajjft. gebe 3)iöceje beft^t ein ^riefterfeminar. 2)ie Seitung be«- eo
felben l;at ber 33ifd^of, ber an^ bie ^ßrofefforen unb Seigrer an bemfelben ernennt, ^m
erjbi«tum Utred^t bcfinbet fic^ bie Dberabteitung be« ©eminar« in St^jenburg, bie Untere
abteilung in Äuilenburg; im Si«tum §aarlem, in SBarmonb unb Soorl^out ($aget)elb);
im Si«tum ^er^ogenbufd^ in paaren unb ©t. 3Jlic^iet«geftel; imSi«tum Sreba in§oet)en
unb ?)pelaar (©innefen); im 4)i«tum SRoermonb in Sloermonb unb Slolbuc. 66
gebe 3)iöcefe ift in 2)efanate eingeteilt, bie Don 3)efanten geleitet toerben. 2)a« ©rj^^
bi«tum Utrecht jä(;lt 17, ba« Si«tum ^aarlem 19, §erjogenbufd; 17, 93reba 8 unbSRoer*
monb 14 fold^er SDefanate. a)ie ©efanten baben ein getoiffe« 3luffic^t«re(^t über bie
niebere ©eiftlic^feit, fotoie auc^ nac^ mand)en ©eiten l^in über bie Saien. Slu^erbem bilben
fte bic 9)littelinftan3 jioifd^en bem !öifc^of unb ber niebercn ©eiftlic^teit. w
18*
276 ^oUanb, ürd^Iid^e Statiftif
3)ie folgenben 3^^^^" 9*^" ^'"^ S3cgriff öon ber energifc^en 3^I;ätigfcit bcr Äa-
t^oltfc^en Äirc^e fett ber SBieberaufric^tung ber §ierarc^ie im ^ai^x^ 1853. ^m ^a^re
1784 finben h)ir, unb jtt>ar nad) attgemein angenommener Serec^nung, ba bie frühere
abjtc^tltc^e ©e^eimJ^altung ber h)irfKc|en ^af)l ber Äat^olifen jcbe genaue 3lngabe un=
5 möglich mac^t: 350 ^ßaroc^ten mit beinahe 400 ^rieftern; 1815 in 673 ^^Jaroc^ien
975 fälulare ©eiftüc^e; 1860 in 918 ^ßaroc^ien unb öffentlichen SHettoraten ungefähr
1800 5Priefter; 1877 in 985 ^^Sarodbien 2093 fäfulare ©eiftlic^e, toobei bie in berÄirc^en=
leitung unb in ben ©eminarien ftdp befinbenben ^ßriefter mitgerechnet finb, toä^renb e^
je^t 1014 5Paroc^ien giebt mit 2310 fäfularen ©eiftlic^en. 9tac^ 1853 fmb ungefäf^r500
10 neue fot^olifc^e Äirc^en erbaut, unb 150 öergröfeert ober reftauriert tt>orben, auf toeld^e
SoutDerfe ein StaUßxtal \>on ftarf 50000000 ®ulben (ca. 84000000 3ilaxt) öertoenbet
h)orben ift.
3)ie ©orge für bie materiellen 3lngelegen^eiten jeber ^aroc^ie trägt feit 1854 ein
bom Sifc^of ernannter ^arod^ioI-Sorftanb. 3)a^felbe gefc^ie^t auc^ feit 1876 in ben
i6 2)iöcefen Sreba unb Sloermonb. §ier beftanben nämlid^ feit 1809 fogenannte ,,Äird^5
fobrilen" (Kerkfabrieken), bie unter SRittDirfung ber öffentlichen Se^örben ba^ 2lmt ber
je^igen ^aroc^iolöorftänbe öertoalteten.
3)er folgenbe Ül
3)iöcefen.
20
berblidt üeranfc^aulic^t
bie tirc^lic^e
3:]^ätigfe
it in ben
öerfc^iebcnen
erjbi^t
93i«t.
»iet.
S3i«t.
93i«t.
Utrecht
^aarlem
§er»ogenbufc^
»reba
SRoermonb
lotal
2)tfanate
17
19
17
8
14
75
^Paroc^ien
278
220
252
93
171
1014
©ähil. ®eifü.
536
588
511
253
422
2310
26 ®rofe ©emin. $rof.
6
8
7
6
6
33
©cminariften
78
107
160
48
70
463
Älein ©emin. $rof.
11
14
15
10
43
93
©eminoriften
204
191
180
85
375
1035
ßlementarfc^ulen
140
216
240
51
56
703
aoSd^iUer
28700
39400
32700
9500
11500
121800
3Ränner«ö[ter
15
19
51
13
31
129
Rrouenflöfter
Äranlen^äufer
90
121
165
59
69
504
15
17
89
16
15
152
[Über ben 3wftanb ber Rat^olilen gur 3^^ ber 9let)ublil — unb namentlich über bie
86 ©efc^id^te ber Sönfcniftenlirc^e — , fie^e unten meinen 2lrtitel „3i«"f ^*^ift^*"Krc^e" |.
b) Slltbifc^öflic^e Älerefei ober ältfat^olifc^e Äirc^e. Die ©elbftftänbig::
feit biefer Äirc^e beruht auf ber Überzeugung, ba^ ba^ fanonifd^e Siecht bie annähme
einer 3luf^ebung ber §ierar^ie in 9?ieberlanb burc^ bie Sieformation »erbietet, unb ba^
barum femer bie geiftlic^en Oberen, bie feit bem ^ai}xt 1580 afö aj)oftoIifc^e 3Sifare mit
40 ber Seitung ber römifc^=fat^oIifc^en Äirc^enangelegenJ^eiten betraut toaren (©a^bolb, dto-
beniug, be la 3^orre, Ga$, 9JeercaffeI unb ßobbe), aU legitime ©rjbifc^öfe öon Utrecht gu
betrachten feien, obtt>o^l fie au^ Üngunft ber 3^^^" biefen 2;itel nic^t führten. SJic^t auf
bie )>ä^ftlicj^e Ernennung, fonbern auf bie Srtoä^lung burc^ ba^ Jlapitel grünbet ftc^ nad^
ber 5Keinung ber 3UtIat^oIifen bie Slmt^etoalt biefer ftirc^enfürften in Segug auf bie
46 5ttrc^en)>robin) Utrecht.
6^ ift belannt, toie ber ^^nfeniemu^, ber ba^ S)ogma tt>ieber auf bie Seigre bc^
Sluguftinuö grünben tooUte, unb toie ber ©allifaniemu^, ber bcr juncl^mcnben 6en=
trolifierung aller firc^li^en unb geiftlic^cn 3Rac^t in ber ^crfon beö ^ajjfte^ gegenüber
bie ©elbftftänbigfeit ber öerfd^iebenen SlationalKrc^en ju öerteibigen fud^te, im 17. 3a^r=
GO l^unbert ben Äat^olici^mu« in gro^e ®äl|?rung öerfe^ten. Slac^bem fid^ biefe Seroegung
audtj ber nieberlänbifc^en Äat^olifen bemächtigt ^atte, tourbe, um i^r entgegengutoirfen,
foh)ie in bem äJerbac^te, ba^ bie aj)oftolifc^en 3i'\taxt fc^on feit Sangent mit bem Sanfeniemuö
behaftet feien, an bie ©teile bei^ 1702 nac^ 9tom citierten S^itar^^ 'ijJetrui^ 6obbe öom^o^fte
gang eigenmächtig 2:^eobor be Äoc! ernannt, ßin großer Seil ber fat^olifc^en ®eiftlid^en
65 9licberlanb^ erflörte fic^ für Gobbe; fc^on al« 1701 bie D>)>)ofition gegen benfelben einen
bebro^lic^en (S^arafter annahm, Ratten fic^ 300 "iPfarrer unb $riefter für i^n beim Äar=
binal^follegium öertt>anbt. 5Rac^bem aber be ilodE einmal ernannt tvax, unb bie ^al)l ber
t)om älu^lanbe nac^ 92ieberlanb gefanbten regulären ®eiftlic^en immer me^r tvud)^, na^m
ßobbe^ ansang fc^nell ab. Um ben gänjli^en Untergang ber alten Älercfei ^u toer^üten,
Wt»äl?ltc baö Utrec^ter RcCpM im ^al)xc 1723 6omeliu^ ©tecnoDcn jum (Jrjbifcbof toon
^oOanb, ftrdiliciie StatifKI 277
Utrecht, ber öon SJarlet, bcm S3ifci^of öon S3ab^Ion i. part. in!., btc SBei^c cinjjfing.
SBcber ba« Kapitel, noc^ ber neuern>ä^Ite Sifc^of Itepcn [ic^ burc^ bie balb barauf erfoU
gcnbc päjjftlic^c ®jiEommunifation abfc^rcdfen, unb bei eintretenber SSalanj tt>urben bte auf
ben heutigen Xaq ftet« neue ©rjbifc^öfe getoä^It. ^m 3a^re 1742 tt>urbe ebenfalls ein
Sifc^of für §aarlem unb 1757 aud) einer für 2)ebenter ernannt. Unb ba bie 93if(^öfe 5
ftetö 9la(^foIger erhielten, fo bauert bie fog. a^oftolifc^e ©uccefjion in ber 2lltlatl^olifd5ien
Äird^e 9JieberIanb^, bie öom 3SoIfömunbe getoö^nlic^ S^^f^^P^^fi^^^ genannt tt>irb, big
auf ben heutigen 3^g ununterbrochen fort.
3)ie älllfat^olifdbe ^irc^e erfennt bie Slutorität fott>ol^I ber allgemeinen ÄonjUien, afö
auc^ be« S^ribentinumg an, toä^renb fie ba« öatilanifc^e Äongil (1870), fott>ie bie 3)ogmen lo
öon ber unbeflecften Smjjfängni^ unb ber ))ät)ftUc^en Unfe^Ibarleit beriüirft.
3)ag in Utrecht befte^enbe Äa^itel ber 2Ktfatl^olifd^en Ätrd^e gä^It einen ©efanten
unb 7 Äapttulare, bie Dom (grjbifc^of ernannt h)erben. 3)er ^aarlemer S3ifc^of tt>irb bon
f amtlichen ©eiftlid^en ber ©iöcefe §aarlem getoöi^It; hjäl^renb ber ©rjbifc^of ben Sifd^fof
öon 3)eöenter ernennt. 2)ie $riefter erhalten i^re 95ilbung feit bem ^af)xz 1725 in bem i6
in ber ©taDt 3lmergfoort gegrünbeten Seminar, ba« je^t 4 ©tubenten ber 3^eoIogte
unb 13 3lH)irant=©tubenten jö^lt. a)ag ©rgbi^tum Utredj^t ifk in 3 6rj})rieftertümer
eingeteilt.
a)ie ailtfati^olifc^e Äirc^e, bie im ^a!t)Xi 1784 in 50 ®emeinben noc^ 74 ^riefter
unb 1815 in 25 ©emeinben 30 ®eiftli^e gä^Ite, ^at je^t 27 ©eiftli^ie in i^en 26 ©e^^ ao
meinben. 3"^ S^^^^^Won be^ (grgbifc^ofg gehört aud^ bie ©emeinbe auf ber 3[nfel
9Jorbftranb an ber fc^Ie^toigfc^en Äüfte.
3)er ailtfat^olifc^en Äirc^e 9JieberIanb« fällt ein bebeutenber 2lnteil an ber firc^Uc^en
Äonftituierung be« im ^prinji}) mit i^r übereinftimmenben 2lItfat^oIicigmu« in 3)eutfd^*
lanb unb in ber ©(^tt>eij ju, ba ber beutfc^e, altlat^olifc^e Sifdffof Steinten^ am 11. 2lug. as
1873 öonbem Sifc^of öon SDeöenter §.§evfam^) (ber erjbifc^öflic^e ©tul^l inUtre^lt toar
nämlic^ gerabe öatant) in Slotterbam bie SQBei^e erhielt.
III. 3luben. Über ben ^uftanb ber^juben in 9Jieberlanb bor bem 16. Iga^r^unbert
lä^t fic^ nur tt>cnige« mit (Setot^l^eit fagen. ©porabifc^ fanb man an einjänen Orten
fotoo^l getaufte 3uben, ba^ fmb fold^e, bie um ber Verfolgung in ©übeuropa ju entgegen, so
^um ©c^ein ß^riften gchjorben toaren, ate auc^ ungetaufte, bie au« SRitteleuropa l^s
ftammten. 6« ftnb norf) je^t Serorbnungen öorl^anben, bie il^nen ben 3lufentl^alt in
einigen nieberlänbifc^en ©täbten unb ©egenben au^brüdflid^ verboten, u. a. bom 14. äug.
1532, Dom 20. Januar 1545, öom 17. 3uli 1549, fott>ie bom 17. 5IRai 1570.
Site ber 80 jährige Ärieg bie 5WieberIanbe jur ?freiftatt aller ber um be« ©laubengsö
toitten 3?erfolgten mad^te, tt>urbe aud^ bie ^af)l ber ^ier ©df^u^ fudf^enben ^vbm fei^r be*
beutenb. ©ie erhielten ben 9Jamen a) beutfd^e unb b) portugiefifc^e Swben. 2)a« SJer«
l^öltnig beiber 3^eile ju einanber hjar anfänglidSf nic^t fel^r freunblic^. 3)ie portugiefifd^fen
3uben, obtDo^I hjeniger ja^Ireic^, tt>aren bie gebilbeteren unb reid^eren, bie beutf^en 3^*
raeliten bagegen meiften« unhjiffenb unb arm. 2)en ^ßortugiefen toar in ber erften ^Ät 4o
jeber intime Umgang mit ben S)eutfc^en, unb namentlich bie 6^e mit benfelben ftreng
verboten. 3)iefeö SSerJ^ältni« tt>anbte fic^ balb jum Seffem, ba bie 3)eutfd^en Seft^ unb
Silbung errangen, toä^renb bei ben 5Portugiefen l^äupg ©tiUftanb, toenn nic^t gar Stüd«
gang jtc^ bcmerflic^ machte, ©inige Unterschiebe in ben religiöfen ßeremonten, namentlid^
aber bie Serfc^ieben^eit in ber 3lu«f))rad^e be« .^ebräifd^en, fte^en ber SSerfc^meljung ber 46
beiben Elemente bc« nieberlänbifd^en gubentum« noc^ immer im SQSege, obtoo^l fte bon
1814 bi« 1870 burc^ eine gemeinfame Drganifation öerbunben toaren, unb toietoo^l bie
rabbintjd^en gunftionen bei ettt>aigen SSafanjen auc^ öon Slabbinem ber anberen 3lbteilung
öerrid^tet tourben. 2)ie Serme^rung ber Iguben, beren ^af)l im ^af)x^ 1780 auf 32 000
unb 1815 auf 45000 gefc^ä^t n>urbe, gel^t beutlid^ au« ber obigen ^ufammenfteHung so
(©. 264,52) ^ertjor.
a) 3)eutfc^e ^iu^^n- 2)ie beutfc^en ^v!t>m ^aben fic^ im Saufe ber 3^it mit ben
f4[on in 9Jieberlanb anfäfftgen, fott>ie mit ben Flüchtlingen au« $olen unb Sit^auen ber«
mifd^t unb bilben je^t bie 9fiieberlänbifc^=3i«raelitifd^e Äird^engefellfd^aft.
9lamentltc^ feit 1615 jogen tt>ieber^olt beutfdbe guben nad^ 5Rieberlanb, bie jebod^ 66
anfang« lieber fo geachtet toaren, nac^ fo bieler ^^eil^eiten ftc^ erfreuten al« bie ^ortu^
giefen. 3)ie ©emeinbe in 3Waarffen (^roöinj Utrecht) toirb für bie ältefte nieberlänbijj^s
i«raelitifc^e ©emeinbe gehalten, iDietool^l ba« '^afjx i^rer ©rünbung unbefannt ift. 35ie
1636 organifierte ©emeinbe in 2lmfterbam tt>urbe balb ber Gentralpunft aller in ben ber*
fd^iebenen Seilen be« Sanbe« ftc^ nieberlaffenben Iguben. a)urc^ obrigfeitlid^e« SSerbot eo
278 ^oUan^, Krc^Iic^e Statifltf
iourbc e^ 1618 bcr Slmftcrbamer ©cmeinbc unter jogt, ftatt bcr biö babiu bcnu^tcn Sctfälc
eine öffentlid^e ©^nagoge ju errichten. 9?ac^bem jeboc^ 1651 bie ©emetnbc burd^ poU
nifd^e Flüchtlinge einen 3"^^^^ erhalten l^atte, unb nad^bem 1656 au^ Sit^auen
3000 emigranten eingetoanbert tt>aren, bie i^re eigene ©l^nagoge errichteten, tarn e«1671
6 jum ^au ber noc^ befte^enben „®ro^en ©^nagoge" in Slmftcrbam ; feitbem bereinigten
bie berfc^iebenen ®nH)j)en fic^ oUrnä^lidSf gu einer Äongregation. ^olitijc^e (Sleic^berec^s
tigung mit allen 9lieberlänbem erhielten bie guben erft im Solare 1796.
2)ai5 erfte allgemeinere Sleglement für bieSeitung ber i^raelitijd^sKrc^licJ^cn angelegen-
l^eiten erfc^ien in bem 3)efret Äönig fiubtoig« öon ,§ollanb Dorn 12. ©eptember 1808,
10 ba^ ein „Oberlonftftorium für bie §ollänbijc^s5)eutfd)e S^raelitifc^e ©emeinbe" innerhalb
be^ Königreich« einfette. Site .^ollanb eine franpftfd^ie $roi)inj tt>urbe, famen bie nieber-
länbifc^en ^nUn 1813 unter bieSeitung be« ßentral-Ätonfiftoriumö in^Pari«^. 2lber fc^on
1814 folgte ein neue« Sleglement, nac^ toelc^em ilönig SQäill^elm I. eine „Seratenbe ©e^
neral*5tommiffu)n" für bie 3lngelegen^eiten fämtlic^er guben, \o\voi}l ber beutjd^en al« ber
15 ))ortugiefifc^en ernannte, ©eit bem ^al)x^ 1862 erftrebte eine burc^ bie firc^lic^en Dr^
gane ernannte „Äonftituierenbe Sßerfammlung" eine befinitiöe Drganifation, bie aber
erft 1870 toirßic^ gu ftanbe fam. ©eit biejem ^af)x^ ift bie Seitung ber nieberiön«
bifd^'iöraelitifc^en Äir^engenoffenfc^aft, bie nun ni^t me^r mit ber })ortugiefifc^en ©e^
meinbe bereinigt ift, in §änben eine« Gentralsäu^fc^uffe«, ber in ber Siegel jä^rlicb einmal
20 jufammentritt, ipäl^renb ein au« brei ©liebem (jeber mit einem ©teHöertreter) befte^enber
J)ermanenter 3lu«fc(iu^ in 3lmfterbam mit ben loufenben ©efc^äften unb ber 3lu«füi[irung
ber 93efclEflüffe beauftragt ift.
2)ie ganje Äird^engenoffenfd^aft umfaßt ungefähr 200 ©emeinben, bie in 12 .^aupt-
f^agogen, 72 Ärei«fl?nag0gen unb Leiter ^liale eingeteilt finb. S^be !^anbe«proüinj
26bilbet einen SBal^lIrei«; bie $roi)inj ©üb-^ollanb jebod^ jtoei. 3^^^ £o!algemeinbe ift
autonom unb orbnet ibre inneren 3lngelegen^eiten ganj unabhängig bon ber Gentrallcitung
nad^ eigenem ©utbünlen. gn ben !8oIalgemeinben l^aben SRabbiner, Kirchenlehrer (Kerk-
leeraars) unb (in Heineren Drten) 9leligion«le^rer bie Seitung ber geiftlicben 3lngclegen=
l^en, toäl^enb augenblidtlid^ 6 DbersStcibbiner fungieren, benen ein gange« ■«effort unter=
80 fteUt ift, unb bie anberen 6 $auJ)tf^nagogen interimiftifc^ beaufft^tigt werben. Sie
©eiftlic^en gelten au« bem 1741 in 2tmfterbam für öeranbilbung öon 2almubiften ge*
grünbeten ©eminar l^ertoor — ba« 1827 unb jule^t im ^al^re 1862 eine neue Crgani^
fation erl^ielt — toieUJo^l e« auc^ erlaubt ift Dberrabbiner m^ bem5Äu«lanbe gu ernennen.
3)a« ©eminar begtoedEt bie ^eranbilbung fotool^l öon 9leligion«le^rern h)ie öon9lab=
86 binern. 3)a« fiel^rerjjerfonal befte^t au« bem SReftor, bem Äonreftor unb 10 Socenten.
g« gä^lt ie|t 70 ©id^üler, bon benen öielleic^t 35 ba« Slabifal eine« 3leligion«le^rer«
unb 3 ober 4 ba« eine« Slabbiner« belommen toerben. S)ie Slabbiner-ftanbibaten baben
Ktterorifc^e ©tubien an ber ftöbtifc^en Uniberfttöt in älmfterbam gu mad^en, unb muffen,
um gum Slabbiner ernannt ju toerben, ftc^ ben ©rab eine« Äanbibaten in ber Hafftfc^en
40 ober orientalifd^en $^ilologie ertoerben.
b) 5Portugief ifd^e ^uben. ^m 3a^rc 1482 tourbcn bie '^\xt>m au« ©Jjanien
tjertrieben, nac^bem fte l^ier in S3ejug auf 33ilbung unb Steic^tum eine bo^e enttüicfelung«=
ftufe eneic^t j^atten. SSiele flol^en nac^ Portugal, h)o p« i^bod^ auc^ balb ber S^serf olgung,
namentlich feit ber ßinfül^ng Der ^nquifition (1532), au«gefe^t toaren.
45 ©d^on 1567 fam einer ber rei^ften jjortugieftfc^en guben al« ^flüc^tling mä) 2lmfter=
bam. SRamentlid^ aber al« 1572 bie ©tabt Srielle in bie ipänbe be« ^ringen SlUlbelm I.
t>on Dranien gefallen h)ar, richteten fic^ bie älugen ber au« Portugal ©eflobenen auf
9lorb*9tteberlanb, tt>o fte auc^ balb toegen i^rer lüd^tigleit auf bem ©ebict be« «v^anbel«
unb ipegen i^re« Sleid^tum« fel^ gejc^ö^t tourben, fo ba^ fte auc^ in Setreff il^re« reli-
60 aidfen Seben« nur Heinere unb balb borüberge^enbe ©d^toierigfeiten gu überlDinben l>atten.
2&om ^ahxt 1590 an liefen ftd^ forttoäl^renb J)ortugiejtjc^e 3uben in 3lmfterbam nieber,
too fie aiic^ 1597 i^re erfte gef^loffene ©^nagoge grünbeten. SJalb aber entftanben in--
folge ber öerfc^iebenen ^arteten unter il^nen nocp mehrere anbere ©t^nagogen, bi« 1639
fämtlid^e ))ortugieftfd^e ©emeinben }u einer 5longregation mfammentraten, bie t>on ba an
55 auc^ eine gu biefem 3h)edfe umgebaute ©^nagoge gemeinfc^aftlidSf benufeten, bi« enblid^l675
ibre neue gro^e ©^nagoge fertig tourbe. — 3lu^ im $iaag bilbete fic^ eine Jjortugiefifc^e
©emeinbe, bie öiele reid^e unb angefe^enc 5)litglieber gä^lte, unb bie, nad()bem fie feit
1697 nac^einanber meliere religiöfe 3?erfammlung«lofale benu^t batte, im ^aljxc 1726
i^e ie^ige ©^nagoge erbaute. — I)ie J)ortugierifc^e ©emeinbe in 3)laarffen bcftanb nur
w) nirje 3^it.
S"t ga^rc 1(339 iDurbc in 9tmfterbam öon bcn $ortugicfen eine in 7 Klaffen ein*
geteilte ©d^ule gegrünbet, au^ ber aud^ ba^ noc^ l^eirte befte^enbe 9iabbiners©eminar 1^^
öorgtng. 95iefe« ©eminar jä^lt je^t 7 3)ocenten unb 6 ©c^üIer, bie folDo^l jum SRelis
gionölei^rer h)ie jum 9labbiner ^erangebilbet Serben. a)ie lünftigen SRobbiner fmb geleiten
bo^ ©^mnafmlsSc^lu^ejamen ^u befte^en, bebor fte ju einem ber Sjamina jur ßrtoerbung 5
einc^ t^eologifc^en (Srabe^ jugelaffen iperben.
©cit 1870 leitet ein au^ 3 ©liebem beftel^enber Gentralau^fc^ufe bie allgemeinen
firc^lic^en 3lngelegenl^eiten ber portugieftfdSfen S^weliten. 3)ie ©emeinbe Äaag toirb je^t
interimiftifc^ beauffi^tigt, toö^renb ein «oHegium bon 3 rabbinifc^en Slffefforen mit ber
Seitung ber ©emeinbe Slmfterbam beauftragt ift. Dr. Qf. H* @ert^ tiatt aSBlj!. lo
$oOa^ (^ottatiue), 2)abib, lutl^erift^er 3)ogmatiIer, geft. 1713. — ?r. Ä. »onfcloto,
(ÖcIc^rteS ^^iontmern, ©torgarb 1728, @. 143 f. (ju bericötigen nacö bem SJircftenbuc^c \>on
^utcrlin); 3. ?(. ^iltebranbt, SSerjei^nife ber ^irtcn . . . in ber ©tabt 9f^cu.@torgorbt, @tor*
aarbt1724, @. 45. 53 f. 65. 72; llnfc^ulb. 9?a(%r. 1729, @. 761-, 3. ©agebauni; Sorbecr unb
S^preffenbaum be§ 3acobö6agenf(f)en ©ijnobi, ©targarb 1786, @. 26; ®. galbe, ©eftfticfite I6
bc8 ®l}ninafiuiiiS u. b. ©^ulonft. ju ©targarb, ©taraarb 1831, ©.31 f.; ^. 9*iemann, ®eM.
b. ©tabt ßolberg, Solberg 1873, ©. 489; ^. $etrt(ti, ©torgarber ©fijjenbucö, ©targarb
J877, ©. 50. — Uebcr feine 3)ogmatif: 3. ®. 3öa(cft, Bibl. tiieol. sei., 3cna 1757 I, ©.62;
8r. ©. Äraft. 9?cuc t^eol. 93ibl , Seip^ig 1750, V, 685; (3. «. ©rncfti. 9?cue t^col. »ibi.,
fieipjig 1763 IV, 185; 3). ÖJ. 9Jiemel)cr, <ßrcbiger «ibi , ^aße 1782 II. 83) Unf*. i»Q4r. 20
VII, 466. XVIII, 921. XXII, 1124. XXVI, 1046; X^eolog. «nnolc« V,763; ®. ^cinri«,
$erfu4 einer Q^efc^. b. toerfcbieb. lOe^rarten b. diriftl. (^laubendioa^r^etten, fietp^ig 1790,
©. 423; 3S. ©üb, ©cfcfi. b. proteft. 3)o9matir, ©erlin 1854 II, 495 f. (fcftreibt iftm irrig
ou(6 bie ©cftriften bcö (SnfciS ju); ®. granF, ®cf4. b. proteft. S^eol., fictpjig 1862 II, 214;
3 9t. Corner, ®ef4. b. proteft. X^eol., 3Künc6cn 1867, @. 536 ff., 543 ff., 567 ff., 581 ff.u.l).; 25
bo« üg(. baju Xö©tÄ 1869 ©. 360).
2)at)ib §oHa$ tourbe 1648 gu SBuIfoh) bei ©targarb in Sommern ate ber ©ol^n
eine^ SlnenDator^ (^äc^ter«) geboren. 2;ro^ ärmlicher SerJ^öItniffe — er berlor feinen
'-Bater fc^on im feierten fieben^ja^re — gelang c^ bem [trebfamen unb begabten Änaben
bie l^ö^eren ©c^ulen ju befuc^en. ^n ©targarb unb in Sanb^berg a. SB. tüchtig feor* ao
gebilbet, ftubierte er ju Srfurt bie Hafpfd^en ©j)rac^en unb ^ebräifc?; ^ier unterftü^te er
ben ^P^ilologen 6^r. 9Jeubauer (f 1696) in ber ^erau^gdbe feinet lateinifc^^beuäfc^en
fiesilon«. 2)ann begog er bie Uniöerfitöt Wittenberg, h)o er ßalob, 3- STOrifener, Quen«
ftebt borte unb fid^ befonber^ an Äirc^me^er anfc^lo^, auf beffen guwben er aud^ ben
3Wagiftergrab ertparb. 1670 tt>urbe er $rebiger ju ^ü^erlin bei ©targarb, feit bem 35
7. 9Joö. 1681 jugleic^ ©in^^^rebiger in ©targarb, 1683 nad^ Aufgabe feinei^ Pfarramt«
in ^^Sü^erlin, ^ugleid^ Äonreftor in ©targarb, 1684 SReftor bei^ S^ceum^ gu (Solberg unb
33e^t)erj)rebiger an ©t. 5IRarien. 3lm l./2.3Kail692 toarb er al« ^aftor unb ^räj)ofttu^
in S^fcb^^agen eingefül^rt; b«^ ftarb er am 2. Dftertage 1713.
3Son feinen ©d^riften: Scrutinium veritatis in mysticorum dogmata, 95}itten= 40
berg 1711 (Unfc^. 5Wac^r. XI, 738) in toelc^em er in 15 §auptj)un!ten bie Slbtoeic^ungen
ber „m^ftijd^en 9Jeulinge" öon ber Äirc^enle^re nac^toie«, ©in gottgebeiligt breifac^e« illee-
blatt (iJeibenber 3efu^), SBittenberg 1713, entl^altenb 9 ^:i5affiong-', 4 Sufe- unb 3 Ärö=
nung^prebigten (Unfc^. 3lac^r. XII, 1074, XIV, 717), ©öangelifc^er §immeteh)eg, eine
Srilärung ber ©onntagö^ßfeangelien, Don öerfd^iebenen Programmen ift am befannteften 45
fein gunäc^ft für feine ©^üler in ßolberg gefd^ebene^ Examen theologicum acroa-
maticum, Rostochii (fpäter Holmiae) et Lipsiae 1707, 4°. 6^ erlebte feerfc^iebene
auflagen, 1718, 22, 25, 35, 41 ; bie 7. unb 8. (1750 unb 63) gab Slomanu^ 3:eaer
mit änmerfungen l^erauiS. S)ie 2. äuflaae, ju toelcber ber Sloftodfer ^^Jrofeffor ber I^eo^
logie 31. ;3- '^^^ Äraletoi^, toelc^er in ßolberg §oHafe' ©c^üler gett>efen toar, bie 38orrebe so
fc^rieb, beforgte fein ©o^n ^o\). §einrid^ ; in biefe Sluflage tourben bie Quaestiones be«
Serutiniums hineingearbeitet unb bie ju biefem SBerf e gehörige isonebe be^ SBittenberger
2^l^eologen ©ottl. SBemiSborf lieber abgebrucft.
3)iefeg SBer!, bie 3)litte ^altenb jtoifc^en einem ÄomJ)enbium unb einem feielbönbigen
©Vftem, gilt al^ bie le^te ort^oboje 3)ogmatif, \m [id) benn §olla^ felbft in ber Sorrebe 66
afe rfjg ÖQ&odo^iag studiosissimus begeid^net. ®r fennt, h)ie fein, hjenn auc^ ettoa«
fpäter erfcbienene^, Scrutinium ^eigt, ben ^pieti^mu^, ertoö^nt i^n jeboc^ nic^t; bagegen
toeift er ben 9)h;ftij;igmui^ namentlich ab. ©eine Vorgänger gefc^iat benu^enb, Vertritt
er bie lutberifc^e Seigre milb, in abgerunbeter 3)ar[tellung. SDie einzelnen 3lbfc^nitte
verfallen in quaestiones, toeld^e bur(^ probationes erläutert tperben; auf biefe folgen eo
280 ^oüaif, ^at>i\> ^oUai^, 3)abtb III.
antitheses, gegen toeld^e bte öerfd^tebenen instantia geltenb gcniad^t tt>erbcn ; an dltc^en
Stellen treten baju nod^ ex(^eaig, ßeßaiojatg unb didXvmg. 3n ftetem Su^^^Ö^^.^ «uf
bie ©d^rift unb mit forgfältiger äu^toal^l ber dicta probantia toergi^t ^oDal nic^t bie
^jraftifd^e Sebeutung ber fiel^rftüdfe l^erborjul^eben, \il)alUt 5Ru^anh)enbungen ein unb fügt
6 größeren 2lbfd()nttten ein suspirium bei. ^ac^brüdflic^ h)irb üon bem toa^ren, bem toieber-
geborenen i^eologen Übereinftimmung be« Sebeng unb ber iJel^re geforbert. (Venis theo-
logus toto pectore colat pietatem sine fuco sinceram p. 15). 3lad) ben Prole-
gomena, in toelc^en bie Sc^re Don ber ©d^rift eine befonber^ forgfältige, bie Don ben
Vorgängern überfommene gnf^jiration^t^eorie fc^arf juft)i^enbc 2)arfteHung erfährt, J^anbelt
10 ^ollafe öon ®ott afö bem Dbjelte, barauf öon bem SHenfdSfen nac^ bem %aüc olö bem
©ubiette ber 3:^eoIogie, bann bon ben $rinjij)ien be« §eife, unb jtt>ar öon bem §eilös
bitten (Sottet; ber ©rlöfung burc^ ßl^ftum unb ber aneignenben ®nabe be^ j^eiligen
®eifte^. hieran fc^Iiefet [ic^ bie Se^re bon ben ®nabenmitteln ; in biefem 3lbjc^nitt gel^t
ßolla^ au^ auf ben ®lauben ein, ben er ate medium krjjmxov öon SBort unb ©a^
16 ftament ate ben media dorixä unterfc^eibet. 3)en ©c^Iußteil bilbet bie Seigre bon ber
Äird^e unb ben brei ©tänben. 3lm beutlic^ften tritt ber gortjc^ritt gegenüber ben aSor^
gangem in ber 3)arftenung ber §eilgorbnung l^erbor; fte toirb jum 3lbfc^luß gebracht,
inbem ber ))f^c^ologifc^e ©tufengang be^ §eil«j)rojeffe« genauer fijiert toirb. ^oüali ift
ber erfte, toelc^er einen befonberen, au^fü^rlidSfen locus de illuminatione bietet; Galoö
20 reil^t bie illuminatio in lurger 3)arftenung an bie vocatio unter bem 3^itel ejusque
cognata jufammen mit regeneratio unb conversio an (syst. loc. theol. X, art. I
c. II), toä^renb fte Duenftebt nur nebenbei ertoäl^nt (Theologia didactico pol., Sei))gig
1715, I, 940, 943).
38on feinen 13 fiinbem, bon benen i^n 5 überlebten, tourbe ber ältefte, ebenfalls
26 mit aSomamen 3)abib (II.), nac^bem er bon 1703—13 ^jjaftor in ©ünter^berg getoefen,
fein 5Rad^foIger in Söfcb^l^agen ; er ftarb 1738 (©agebaum ©. 27). (Sin ^toeiter ©ol^n,
gol^ann ^einrid^, geft. 1722, erft ^bprebiger, bann $aftor an ber ^eil. ®eiftfirc^e ^u
©targarb, gab feinet SSater« 6jamen in 2. SCuflage beraub (38anfeIoh) ©. 47). (Sin britter
©ol^n, ^ani ßl^ftian, SReftor in ®ottnoh), bann ^aftor ju Sobbefen^ in SQBeftj)reußen,
80 barauf ju ^el^toinfel bei ^afob^^agen, gab aU ©tubent m ^aUe im SoQeg bem be-
fannten Ig. Sänge, afe biefer über feinet SSater« 2)ogmatif mit ben SBorten jj)öttelte:
qualis locus, talis libri auctoritas bie treffenbeälnttoort: qualis locus, talis aucto«
ritas ; Christus ex vili loco, ergo . . . , iporouf il^n 2ange mit ben SBorten unter-
bradb: er fei ^ier ju j)roponieren, aber nid^t jum bi^utieren (©agebaum ©. 10).
86 ({föageitittattitt) ¥ ^«^ff*
^oUa^, 2)abib (III.), ßrbauunggfdS^riftfteaer, geft. 1771. — ©fimilitöe erboud^e
©djriften, 2 Xeilc, ©örlif (93rc8lQu) 1772. 1773, gfronlfurt 1782. St^eologifcftc 9(nnale« ju
1741—50, 6. 395, 484, 577, 674. 9?a(ftri(6ten uon ben neueft. t^eol. ©üc^crn, Scna 1742 f.
II, 512. IV, 754; gf. SB. Äraft, 9?eue t^eol. »ibl. I, 827. II, 457, 717. III, 239, 346.
40 IV, 628; Unfcöulb. 9?0(l)ricftten 1745, 6. 273; 3- ®- 5Bal(*, Bibl. theol. 8el., Scno 1757,
I, 115.
2)abib .C^olla^ (III.)^ f^t 1730 ^aftor ju ©ünter^berg bei 3^^^" ^" ^Pommern,
ber ©ol^n bon ©abib öolla^ II. (alfo toeber ibentifc^ mit bem 3)ogmatifer, Wk S3aur
in ©rfd^ u. ®ruber adfg. ßncvH. II s. 10. %. ©. 53, noc^ ein ©o^n be« Dogmartler«
46 tote bi^l^er angenommen), geft. 14.l3uni 1771, ift ber SJerfaffer berfd^iebener biel gelefener
toieberl^olt aufgelegter, balb in frembe ©prac^en überfe^ter (franjöfifc^, tDenbifd^, bö^mifc^,
))olnif4), erbaulid^er ©d^riften. ßtlic^e, h)ie bie (Sbangelifc^e ®nabenorbnung, 95afel 1894,
®ebal^nte ^pilgerftra^e nac^ bem 93erge gion, Safel 1866, 33er^enlicl^ung ßl^rifti in feinem
tigeren unb unfc^ä^baren S3lute (Äraft be« 95Iute^ ß^tifti), S3afel 1894 toerben noc^ je^t,
60 befonber« bon Sjäger unb Äober in 95afel (bie lefeten auflagen o. 3«) aufgelegt.
Dbtool^l f^on feine erften ©c^riften ol^ne rechte« Serftänbni« für ba^ Sefenntnig unb
bie ®nabenmittel ber Äird^e eine rein fubjeftibe grömmigfeit berfünbigten, fanben fte
iDegen be^ guten Älangei^ be^ 9?ameng aud^ in ort^obojen Kreifen SeifaD, aber fpäterf>in,
jumal feit feiner 3)ifferenj mit bem ^aüefd^^en ^rofeffor ©. 3- Saumgarten, toeld^er in
66 einem anfange gu §oüaW ©d^rift über bie „®nabenfburen" 1746 bor ©infü^rung einer
neuen Se^rart unb ^i^q)tung be« ®efefee« getbamt ^Ite, toogegen fic^ ^oDa^ in feiner
„befc^eibeiten, furfeen unb boc^ l^inlänglic^en 2lnth)ort" 1747 berteibigte, tbanbten ftd^ bie
Vertreter ber DrtloboEie gegen i|>n, toamten bor feinen ©c^riften, toelc^e jtoar auf bem
litel „erbauliche" l^ie|en, aber in SBal^l^eit „berfül^rerifd^e" ©(^riften tbären unb riefen
^oOa^, ^aüib III. ^olfien 281
bcn ©laubigen ein Cavete vobis! ju. §oHa$ iotd^ immer toeiter öon ber Äird^enle^rc
ab, befäm))fte ftc an berfd^iebenen fünften, üerirrte ftc^ füfjar ;iu ben 3n:tümem ber
Srübergemeinbc, betonte etnfeitig bie Slut* unb SQäunbent^eologie, ja betrieb einen förms
lidffen Kultur mit ber Seitentounbe ^^n. So ))rieg er Sieber an, in ipeld^en ba« ©eiten«
^ödSfelein" ober baö ,,^förtgen ber Pleura" nac^ ber „linbifc^en unb albernen 2lrt" ber 6
^erml^uter befungen tt>urbe. (3- 33. ansang gu „6inige«, in toeld^em aHe^")- 3lug ber
©eitentounbe ^^n leitete er faft bie ganje Jl^eologie ab unb berfiel babei in attegorifc^e
unb apofaIVJ)ttfc^e ©jjielereien. ©o j. S. be|>au})tete er, ba^ 6ba am erften Freitage
nachmittags 4 U^r erfc^affen unb bamit bie ©d^ö))fung öoHenbet fei, ba ungefähr um
4 U^r ber fianjenftic^ in ^efu ©eite erfolgt fei. Um biefelbe ©tunbe toerbe auc^ am lo
großen SOäelt-greitage, im 6. 3^ufenb beS 2BeItaIter«, „bem anbem 3lbam fein SBeib ober
baS Äirc^Iein ßl^fti burt^ ba« i?erbien[t feiner offenen ©eiten" öoHenbet Iperben. (SSom
3uftanbe ber iltrc^e ß^rifti 3Sorberic^t ©. 11). 3)al^er fanben feine ©d^riften, um beren
Verbreitung fid^ befonber« ^, &. Äramfc^, 95iafonuS ju ®örü|, bann ^rebiger gu Siu^
bel^orf in TOeberf^Iefien bemül^te, bor allen in ben Greifen ber 93rübergemeinbe großen i6
änOang. (»agettmaiiiit) *. »otff.
^arofeme« f. S3b I ©. 645,2r,ff.
^olf^ew^ Äariei^riftianSol^ann, ge[t.l897. — »al. 9r.^ou3rot^, ftorl ^olften,
■föovte ber Erinnerung, geiprodjcn bei ber ®cbäct)tmdfeicr om 29. 3ön"ör 1897 in ber Äulo
ber Uniüeifttät ju ^eibclberg, fetter«, 1897; berfclbe in ?3cttel6eim§ S3iogr. Sa^rbucö II 20
(1898); $. WeljIEiorn, 8um ©cbäc^tniS Äarl ^olftcniJ, in €>oIftcn, 3)aS (SüonöcUum beö
^^iaulu«, Xeil II, 6. XI ff.
I. geben. Äarl ß^riftian ^o^ann §ol[ten ift am 31. SKärj 1825 gu ®üftroh) in
3Retflenburg geboren, ©ein 3Sater, ber Slmiar ^,, l^atte ate freitoiHiger Säger mit gegen
3la^oleon gefäinjjft, bie 3Wutter bezeichnete er felbft aU eine berrlid^e ^au t>on lauterer 26
grömmigleit, bie auf fein (Semüt großen (Sinflu^ übte unb frül^e feinen ©inn auf bie
ll^eologie lenfte. 3luf ber 3)omfd^ule fetner §eimatftabt toedte bie 6mj)örung über bie
l^öl^ifc^e unb ^arte Se^anblung, bie er bon einem fonft au^egeidjineten Seigrer (Dr. SlagJ)e)
erful^r, feine geiftige Begabung unb ©trebfamleit, unb mit eifemem ^lei^ eriüarb er fic^
^ier einen bortrefflic^en ,,©c^ulfadE", befonber« eine grünblid^e Kenntnis beS ©riec^ifd^en. ao
aJlit einem borgüglid^en SteifejeugniS berlie^ er Dftem 1843 baS®^mnaftum unb ftubierte
Ideologie unb ^f^itologie, gunäc^ft je ein ^afyc in SeiJ)gig unb Berlin, bann feit 1845
auf feiner SanbeSuniberfttöt Sloftocf. §ier l^errfc^te fc^on bamalS eine ipefentlic^ anbere
tl^eologifd^e Slic^tung aU bie, toelc^er §olften unter bem 6influ| ber SBerfe §egete,
©d^leiermad^erS, %. Qi)x. S3aurS u. a. fid^ jugetoenbet ^atte. Iro^bem fanb feine lüc^tig« 86
feit unb fein ^tei^ bei feinen Seigrem 2lneri:ennung. Unter i^nen berbanfte er 3)eli^fc^
nic^t blof; eine ^örberung feiner altteftamentlic^en Äenntniffe, fonbem auc^ ben ®ett>inn
ber toiffenfc^aftlic^en 9Ket^obe, „jebeS ^Problem auf ®runb ber ©ammlung unb Sers
arbeitung beS gefamten tl^atfäc^lic^en 3RaterialS ju löfen." 35iefer l^atte il^m nämtic^ für«
Sjamen aufgegeben, über baS 38er|^öltniS ber ^rojjl^eten unb ^falmfänger ^um mofaifd^en 40
C^ferlultuS ^u fd^reiben unb ju biefem 3h?edfe baS 2ß mit ber ^ber in ber ßanb burc^s
julefen. ©c^ob ftcb fd^on baburc^ baS ©jamen um ein ^af)x ^inauS, fo noc^ toeiter burd^
bie politifc^c 8ett>egung bcS ^ai)xt^ 1848/49, iDä^renb beffen §olften eine Mt lang einen
^eunb in ber SRebaftton einer freifinnigen j)olitifc^en 3^*wng bertrat. 3Kic^aeliS 1849
bcftanb er baS erfte, bor Dftem 1852 baS jtoeite tl^eologifc^e ©jamen mit glänjenbem 45
Srfolg, 1853 ertoarb er fic^ ben ®rab eines Dr. phil.
5lac^ bem jtoeiten (gjamen l^ötte er nun feinem urfj)rünglic^en SebenSibeal gemä^
fic^ um eine ^farrfteHe bett>erben fönnen, jog aber angefid^tS ber mit Äliefotl^ in 5IKedHens
bürg jur §errfd^aft gefommenen ftrengen Drt^obo^ie ben l^öl^eren ©c^ulbienft bor. 3Son
Dftem 1852 bis balj^in 1870 toirfte er als Se^rer ber Sieligion, beS 2)eutfd^m unbeo
®ried^ifc^m an ber „®ro6m ©tabtfc^ule" (b. f). am ®^mnaftum) ju SRoftodE unb emtete
bie 3[}erel^mng ber Schüler unb ben 3)anf ber (Sltem. 2ludSf bie ®elegenl^eit, an bie
StoftodEer 5Karientirc^e getoäf^lt ju toerben, in ber er toieber^olt auSl^ilfStoeife geprebigt
hatU, h)ieS er bon ber §anb, um nid^t bie 5IKariengemeinbe in üonflift mit bem Dber-
firc^enrat ju bringen. 55
1853 ^atte er fid^ mit Dttilie Rippe, ber lod^ter eines angefe^enen Sloftodfer Slcc^tSs
antoaltS, ein glüdlic^eS .^Äm gegrünbet. ©eine (Sinna^me ergänzte er burc^ eine Unja^l
bon ©tunben an berfc^iebmm SHäbc^enfc^ulen, feine ^Jerien bertoanbte er auf neutefta^
282 ^oifteit
mcntlic^e ©tubten, bereu erfte ^df^t bie ^rogrammarbeit über ,,bic Scbcutung be^ SBorte^
odgS im Sel^rbeöriffe be^ ^^iaulu^" (1855) \oax, ^erborgetoac^fen au^ einer ^rei^rbeit
bed ©tubenten. 3lod^ tiefer in bie Stnfc^auung be« 3lj)oftefö fud^te er in ber StbJ^anblung
bon 1859 ,,3;"^ölt unb (Sebanlengang bc^ S3riefe« an bie ©alater" einzubringen. 1861
6 lie^ er biejer in .^ilgenfelb^ S^^^ bie auffel^enerregenbe über ,,bie ß^rifluöbifion bc^
^IJaulu^" folgen, öeranla^t burd9 eine 3tu^eruug, bie Sauberer am Orabe g. 6^r. SJaur^
get^n l^atte: 93aur« gan^e 2eben«arbeit fei auf bie 93ejeitigung be« SBunber^ im 9JX
gerichtet getoefeu. 9?uu f}ab^ er aber erflärt, baf; bie 93efe^rung be« ^aulu^ tocber burc^
eine ^iftorifc^e, no(^ logifc^e, uoc^ pf^ologifc^e älnal^fe )u begreifen fei. Unb ba er a(fo
10 6in SBunber l^abe ftel^en laffeu muffen, fo l}aU er bamit alle ffljunber ftel^en laffcn. ©eine
2eben«arbeit fei alfo bergeblic^ getoefen. J)em gegenüber befc^lo^ §olfteu, „felbft gegen
S3aur beu 9lac^h)eig ju führen, ba| burc^ eine |ijtorifc^-j)f^c^oIogifc^e Slnol^fe bie S3efe^=
rung be« $aulu^ too^I ;^u begreifen fei." 1868 erfciffieuen bie genannten arbeiten, bie
le^te noc^ burc^ eine @ntgegnung auf Se^fc^Iag^ ©intoenbungen (I^StÄ 1861, .^. 2,
16 @. 197 ff.) bergrö^ert, nebft einem neuen äuffa^ über „bie SKejfia^öifion be« ^JJetrud" in
Sud^form unter bem 3;itel „3"»" ©bangelium beig $aulug unb be« 5Petru^" (Sloftod,
SRitterfc^e .^ofbud^l^anblung).
3[n bem Serfaffer biefe« 93uc^ed ertannten bie güi^rer ber tl^eologifc^en 3lefonn=
betoegung in ber ©c^toeij, §irKl, §. Sang, Si^iu« unb bie 93rüber Sangl^an«^, ben ge^
20 eigneten 5IKann für einen tl^eologif^en Se^rftu^I. 2luf il^re 2lnregung berief ihn ber @r«
«ei^ung^bireftor Äummer nac^ 93em. 3lfö a. o. 5Prof effor für 31% fiebelte er Dftem 1870
bortl^in über, h)0 ber feine, ritterliche, lieben^toürbige unb geiftöott anregenbe Wann mit
bem fd^önen, bielfagenben 3lntli^ balb fe^r beliebt unb felbft fe^r ^eimijt^ tourbe, jugleic^
aber atö guter beutfc^er ^^Jatnot bie ©reigniffe be« beutfc^^franjöftfc^en Äriege^, beffen
26 SBeHen bi« in ben Äanton 95em l^ereinfc^lugen, mit bem leb^af teften 3"*^^^ berf olgte.
1871 h)urbe für il^n eine neue orbentlid^e ^rofeffur gegrünbet. Sieben ber ©rfüHung
feiner afabemifc^en $fKc^ten ftellte ber langjährige ©d^ulmann auc^ bem Semer ©d^uls
toefen feine ©rfal^rungen unb ©ienfte jur jßerfügung unb beteiligte ftc^ auf bem Krc^s
lid^en GJebiete an ben Seftrebungen be« 93erner 9lef ormöerein^. SBä^renb ber letzten Semer
80 3a^ gab er ben ©lücftoünfc^en, hjelc^e bie t^eologifc^e ^fultät ben beiben ÄoBcgen
3mmer unb ©tuber m il^rem 25iäl^rigm ^Profefforenjubiläum barbrac^te, eine ejegetifc^e
Unterfuc^ung über §br 10, 20 bei (S3em, 3mt u. Sleinert 1875).
1876 folgte er einem Stufe nac^ .^eibelberg, too er bi« ^u feinem 2^obe (26. Januar
1897) bm Sel^rftu^I für 31% innehatte, ©eine ©d^üler fd^äl^ten unb liebten ben fc^arf^
86 finnigen ©elel^rten bor allem aU au^gejeic^netm Se^rer fotDie afö bm väterlichen ^eunb,
ber namentlich in bem 2lIab.4^eoI. herein, beffm ßl^rmmitglieb er tDar, mit ber 3l"0^^
jung, frijd^ unb frol^ toar unb nic^t nur bm tDifJmjc^aftlic^m SSerbanblungen reid^e '^öx-
oemng brad^te, fonbem auc^ bm gefettigm Serfel^r unb bie feftlicbm ©tunben belebm,
toeil^m unb berßärm l^alf. 3ln i$m l^atten bie ©tubmtm ba« Sorbilb einer fc^i^nm
40 Bereinigung öon ®eift unb ©emüt, öon fac^männifdffer lüc^tigfeit unb ebler Siebend-
toürbigfeit unb attgemein mmfc^lid^er Silbung, öon J)einlid^er pbi^otogifc^er Äleinarbeit
unb einem ouf^ ©ro^e unb ®ange geric^tetm religion^J^ilofojj^ijc^en üefblicf. 3)abei
nal^m ber toiffmfc^aftlu^e Ideologe, beffm Siebe auc^ im babifd^en tDiffmfd^aftlic^en ^re-
bigerberein banibare gul^örer fanb, am ftrd^lic^m Seben thätigm Slnteil, unter anberem afö
46 3RitgKeb be« §eibelberger Äirc^engemeinberat« unb ber babifd^m ©meralf^nobe ; bie är^
beiten ber Äommiffwn jur Slebifion ber Sutberbibel verfolgte er mit lebbafteftem ^nterefje
(bfli. $rot.ft3l884, ©.873f.u.969f.: „3!)ie 'ijürobebibel unb bie gälfci[!ung be« SBorte^
®otte«" unb „äntJDort an ^rof. Sliel^m"); unb bem bmtfc^m ^roteftantmberein, bem
er auf bem berliner $roteftantmtag von 1881 einm Vortrag über „bie ^(c^tung ber
60 jwoteftantifc^m Ideologie in ben ©laubm^eric^tm ber j)roteftantifc^ai Äirc^e" (^l^efm
baju in i^rot.Äg 1884 9Jr.24) ^ielt, ift er treu gebliebm, ate Diele anbere ba^ f^einbar
futfmbe ©c^iff Verlie^m.
II. ©eine litterarifc^e unb afabemifd^e 3^^ ät ig feit bchjegte ftc^ ^aui)tfäc^lid^
auf bem ®ebiete ber paulinifd^en Ideologie, ber f^noptifcben ©vangelien
66 unb ber Sleligiondb^i(ofot)l^ie.
1. änerlannter SKeifter ift .^olftm belanntlic^ auf bem ®ebiete be« iUuliniömud.
3n Sejug auf bie ?^age nac^ ber ©c^tbeit ber 93riefe, bie ben Flamen be^ ^aulu^ tragm,
hmr er ftrmger 2lnl^änger Säur«, ber nur bie 4 Sriefe an bie ®alater, Äorintber unb
Slömer bem 3lpoftel felbft ^ufd^frieb. „3ur Unec^t^eit be« 1. Sriefe« an bie SC^eR. unb
eo jur ätbfaflung^jeit ber 9l)9otal^)9fe" f)ai ^. nur eine lurje Sanerfung in bm ^pxii} III
^oifleit 283
(1877), .f>. 4, 6. 781 f. öcröffcutUd^t, auöfti^rltc^cr bagcgen ferne Slnfid^t über ben 5p^U
Itjjjpcrbricf bargeleöt. «gl. SDer »rief an btc 5PPpt)er ^prfZf) I (1875), 3. §., ©. 425—495 ;
II (1876), 1. §., ©. 58—165; 2. §., ©. 282—372. 2)ie toeitergc^enbe, öon öer*
fdffiebenen ^oDänbeni, j. S3. Soman, unb bon ©tecf vertretene Äritil jeboc^, toelc^e bie
jpauKntfc^en Sriefe in^ 2. 9j<i^^f^w*^^crt öertt>ie^, toe^rte §oIften mit aHer^ntfc^iebeni^ett 6
ab OProt. A3 1889, 5Rr. 15—17. 20. 22. 26).
Smmer öon neuem burc^forfc^te er bte öier $aiH)tbriefe, fachte t^ren ©inn unb
®ebanlengang unb a\xi i^nen bte innere enth>i(flung ju ermitteln, toelc^e 5Paulu^ burd^
gemacht l^at, bi^ er jum 3lj)oftcl 3efu Gl^rifti toarb, unb ba« c^riftlic^e Se^rgcbäube bar*
jufteDen baö er errietet unb unö l^interlaffen ^ot. lo
©c^on 1859 ^atte er, h)ie ertoäl^nt, Ign^alt unb ©ebanfengang bcö Sriefe« an bie
©olater bargelegt; biefelbe 3lufgabe übemal^m er toieberum für bie „^roteftantenbibel"
(2. aiufl. 1874, 2ei})}ig, 3. ä. 93artl^); enblid^ bel^anbeltc er ba« SE^ema nod^matö im
1. SCeil be« „etjangelium« be« ^Paulu«" (Berlin, ®. SReimer, 1880).
„3)a^ ©öangelium be^ $aulu^", §ol[ten« eigentliche« toiffenfc^aftlic^e« Seben^toerl, is
toor grofe angelegt. S)er 1. 3^eil foDtc „bie äußere ©nttoidflung^efc^id^te beö J)aulinifc^en
(StKingclium«", ber jtoeite bie innere, ober eine genetifc^c 3)arfteuung ber ))aulinifc^en H^eo«
logie an ©teile ber früher üblid^en, blo^ „öerftänbig orbnenben", entl^alten. 3Som 1.3^eile
^at aber §. nur bie erfte Abteilung erfc^einen laffen, b. 1^. eine auöfüJ^rlid^e ©rflärung
be« Sriefe« an bie (Salater unb be« erften an bie Äorint^er, eingeleitet burd^ eine aSor» 30
gefc^id^te ber toier §aui)tbriefe. 3)ie 2. Abteilung beö erften leite foUte bie ©rflärung be«
2 Äorint^ers unb be« Slömerbriefc« bringen. 2eiber l^aben anbere arbeiten bie öoUftänbige
auöfü^ng be« ^laneö l^inau^efc^oben unb ber Xob ^at fte über^au})t vereitelt. 93om
2. ilorint^erbricf tuar nur ba« 1. Äaj)itel unb ein 3^eil be« gleiten fo bel^anbelt, h)ie e«
ber Slbfic^t be« SJeretüigten entfjjrad^. ©ine ipeit frühere ^robe baöon, toie grünblic^ biefer 25
fw^ mit fc^toierigcn ©teilen befc^äftigte, liegt in ber 3lb^anblung „3ur ©rflärung öon
2 Äo XI, 4—6 mit Slüdftc^t auf bie 3)eutungen S3ei;fd^lag«, §ilgenfelbg, ÄIöi)))er«" bor
(in §ilaenfelb« ^\ü%\:} XVII, 1874, 1. §., ©. 1—57). 5Den „©ebanfengang be« SRömer«
brief« Äaj). I— Xl" ^atte er „mit S3ejug auf be« $aulu« Slömerbrief bon Solfmar" in
ben ^px%f) V (1879; 1. ^., ©. 95—136; 2. §., ©. 314—364; 4. §., ©.680—719)80
cinge^enb bcl^anbelt. ^m übrigen gab §. feinen 3w^örem mit ^einlic^fter ©orgfalt au««
gearbeitete Überfid^ten über ben ^n^alt unb ®ang ber Sriefe, bie er i^nen erflörte, ge«
brucft in bie §anb. Sitte biefe, aud^ bie ©cbanicngänge ber bon ^. aU unecht betrad^teten
^aulinen, ^at ber Unterjeid^nete al« Slnl^ang bem Kotteg^eft über bie jKUiIinifc^e il^eo*
logie beigefügt, ba« er a(« ^eunb unb litterarifc^er 2:eftament«boHftreder 1898 al« — 86
freiließ im 3?erl^ältni« jum erften fe^r lurjen — 2. leil be« ©bangelium« be« $aulu«
bei Steimer f^at erf^einen laffen.
3)ie föigenart feiner ejegetifd^en 2lrbeit l^ot $. felbft im aSortoort be« 6ö. be« ^^aulu«,
©. XIV, gefennjeic^net. ©eine ßjegefe jiel^t ben Sefer bon ainem 3^eile ber erläuterten
©d^rift jum anbem mit fic^ fort, bi« er ba« ®nbe be« ^aben« erreicht unb ba« (äan^t 40
in ber §anb l^at, toöl^renb bie 3^i^^*^^w"9 ^«^ ^^e^te« in einzelne Semmata unb bie 93es
fprec^ung ber toerfc^iebcnften jemal« aufgeftettten ßrflärungen ber einzelnen ©tette um*
gefe^rt ba^u herleiten, fic^ mit bem ©tüdf ju begnügen, ba« gerabe ate Selegftettc ober
ate 2e0 einer fird^Iid^en Siebe in Setrad^t tommt.
„3)ie genetif4>e Darftettung ber c^riftlid^en SBeltanfc^auung be« 5Paulu«" jeid^net 46
juerft „ben gefd^ic^tlic^en §intergrunb be« religiöfen 93eh)u^tfein« be« ^aulu«", in bem
§. nic^t blofe jübifd^e, fonbem aud^ l^etteniftifc^e Glemente auftoeift, unb ba« bann mit
bem ©bangelium gefu, toie e« ^etru« berfünbete, in Serü^ng fam.
S)iefe Serü^rung toar freiließ junäc^ft eine feinblid^e; fie brachte aber in bem lauteren
®emüte be« })I;arifäifc^en ßiferer« eine ©äf^rung l^ertoor, bie mit ber 6(^ftu«öifion, bie eo
er auf bem 2Bege nad^ 5Dama«Iu« erlebte, gum entfc^eibenben 3lbfc^lu^ fam. 3)amit trat
eine ntu^ religiöfe ^Ui in ba« jübifd^^^etteniftifc^c Setoufetfein be« 5PauIu« ein: fein Um
glaube „gegenüber bem ©elreu^igten afö einem ^ügenmeffta« formte fic^ gum ©lauben
an i^n afö ben 3Keffia« (Sötte« um." 3)iefe neue Überjeugung fc^lofe aber für ^ßaulu«
eine ^tte Don SRätfeln in ftd^, bie gelöft fein toottten unb mußten. ^f)xt Söfung fudj^te 66
er ni^t bei ben Urojjofteln, fonbem in einfamer ©ammlung am ©inai, ber uralten Offen«
barung«ftätte ©otte«, unb bie, loeld^e er fanb, fül^rte er auf göttliche Offenbarung jurüdf,
„3)ie Umformung be« jübifd^en Sctou^tfein« be« ^aulu« burdff ba« neue $eil«»
pxxnjiXp", ben Äreujeötob ßf^rifti al« %f)at be« göttlichen ^eifötoitten«, ift ber ©egenftanb
be« britten unb umfangreic^ften Xeil« ber J)aulinifc^en X^eologie. S)em Cuerfc^nitt burc^ 00
284 ^oifleit
ba« öorc^riftllc^e 95ctt>u6tfctn be^ $aulug unb bcm Säng^fd^nttt burd; bic ^criobc bc«J
inneren Äampfe^ mit bem ßl^riftcntum folgt fo ein jtt>eiter Duerburc^fc^nitt burc^ fein
c^riftlit^e« S3eh)u|tfein.
6ine Heine Slnjal^I eingel^cnberer SHejenftonen §olftenö, bie gleichfalls auf t)aulinifc^)cm
6 ©ebiete fic^ bett>cgen unb teils in ^ilgenfelbS ä^i^f^^if^^ t^i'^ ^^ 3^^^9<i"9 1^74 unb 75
beS 2GS3, teils in ber ^rot. ^3 S" P"^^" fw^^ ^äl^len h)ir nic^t einjeln auf.
2. 2)ie 95rüdfe jtoifc^en feiner ))aulinifc^en unb feiner ©bangelienf orfc^ung
f((^lägt bie geiftboHe Schrift: „3)te brei urfjjrünglic^en, nod) ungefd^riebenen (Sbangelien.
3ur f^no))tifc^en ^age." (HarlSrul^e unb Sei^jjig, §. SReutl^er, 1883). ,,3)ie Unterfud^ung
10 über bie brei formen beS nod) münblic^en ©toangeliumS, bon benen bie ©riefe beS 'ißauluS
an bie ©alater unb Äorintl^er Äunbe geben, ift auS einem SSortrage crtDad^fen, ben ber
3Serfaffer in bem toifjenfc^aftlic^en 5Prebigert)ereine für 93aben gel^alten ^at." S)urc^ 3lücf=
fc^lüffe aus jenen ölteften Schriften unfereS 9KE gett>innt §. bie Umriffe nic^t nur beS
gefe^eSfreien ©bangeliumS beS ^auluS, fonbem auc^ beS fc^on bor i^m öor^anbenen
16 jubenc^riftlic^en (göangeliumS beS ?ßetruS, boS neben bem Vertrauen auf ben ftellbertre=
tenben ÄremeStob bod^ auä) bie 9Jotn)enbigIeit ber ©rfüttung beS (Sefe^eS §um 2luSbru(f
brachte, freili(l[f unter ber 9Jad^n)irfung ber ©eifteSfreil^eit ^t\vL felbft bie älu^erlic^feiten im
®efe|e }urücfftellte unb eS feinem SSerlünbiger ermöglichte; ftc^ gelegentlich aud^ bon i^nen
Lentbinben (g. 9. in ber paulinifc^en ©emeinbe öon 3lntiod^ia, ®a 2, 12), unb beS
on Ujol^l ju unterfc^eibenben jubaiftif^ien ßbangeliumS beS ^alobuS, beS SrubcrS 3lcfu.
Srft titoa 20 ^ai^re, nac^bem ^PetruS feine ^^Jrebigt begonnen ^at, erft in ber ^(At nai)
bem fog. 2l))oPelIonbent in Igerufalem, finben h)ir an ber 6anb beS (SalaterbriefeS bie
beutlic^e Bpwc biefeS hegov evayyüiov (®a 1, 6), baS auc^ ben ,?>eibencl^riften bie
Untertoerfung unter baS gan^e mofaifc^e ®efe| als §eilSbebingung auferlegt unb fxd)
36 bamit in betouftten unb fc^roffen ®egenfa$ gu bem ©bangelium bom Äreu^ unb jum
a^joftolat beS $auluS ftettt (bgl. 2 Äo 11, 13. 23; ®a 2, 18. (Sine jufammenfaffenbe
bergleic^enbe ß^arafteriftil ber brei ungefc^riebenen ©bangelien binfic^tlid^ beS ®ered5>tig=
leitS*, SReic^^ unb 2RefijaSibealS a. a. D., ©. 50 ff.).
2Jon ben „ungefd^rtebenen" ©bangelien fällt fc^on im SJerlaufe ber eben ertpö^nten
90 6<i^rift §olftenS ©lidE auf bie brei erften bon unferen gefc^riebenen ßbangelien. ^n einem
befonberen, ber §od^fc^ule §eibelbergS am SJorabenb i^reS 500iäl^rigen S^biläumS ge-
totbmeten Sud^e l^at §. fobann „S)ie ft^nojjtifdS^en ßbangelien nac^ ber gorm ibreS 3"-
l^teS" (§eibelberg, Ä. ®rooS, 1885) unterfud^t. 6r fommt nac^ einer genau burc^=
geführten 33erglei^ung ju bem (SrgebniS, ba^ ber fanonifc^e SKartuS ben fanonifc^en
86 aJlatt^äuS, SuIaS beibe benu^t unb nac^ berftänbigen fotoic bogmatifcben 6m)ägungen
umgeformt l^abe. „3)oS3Wattl^äuSebangelium" bejeic^net „bic ©r^ebung beS urfprünglic^en
J)etrintfc^en S3ett>u^tfeinS burc^ SÖäieberauSfonberung beS jubaiftifc^en "ißartifulariSmuS jum
nun betoufeten UniberfaliSmuS, bem bon je^t gemeinfamen Soben ber jubenc^riftlid^en unb
J)aulinifc^en aSerlünbigung^ baS fUlarfuSebangelium bie 'i^erfc^meljung beS ^auliniSmuS
40 mit bem Seben 3^w unb bie Segrünbung beSfelben in SBort unb 2Berf beS gefcbid^tlic^en
3efuS, bem bon je^t gemeinfamen ®runbe beS jubendSfriftlid^en unb J)aulinif(|en ©bangc^
KumS; baS SufaSebangelium bie erfte ^c^t jener 9jui>^nc^riftentum unb ^auliniSmuS
einigenben ©nttoidfelung, ertoad^ffen auS einer burd^ aHmäl^lic^e äbftum^jfung ber entgegen-
gefegten ^rinji^ien entftanbenen unb baburc^ jur SRifc^ung borbereiteten 93ermittlung beS
46 jubenc^riftlic^en unb ^jaulinifc^en SbangeliumS, ber je^t gemeinfamen ®efamtbeh)ufetfeinS=
form gemif^ter dS^riftlic^er ®emeinben" (a. a. D., ©. 170 f.).
?Kit biefer äiuffaffung ber S^^^^'tö^ "^^^ ^^ Slbl^ängigfeitSberl^ältniffeS ber bcibcn
erften ®bangelien fte^t .?>olften jiemlid^ einfam in ber l^eutigen toiffenfc^aftlic^en 2^^eologie
ba. 6r l^at ftc^ barum auc^ beranlafet gefunben, ft^ mit berfd^iebenen ©egnem nochmals
60 auSeinanberjufefeen. (SSgl. „Weinen Kritifern", ?ßrot. A3 1888, 5Wr. 22. 24—27; „3ur
ablbel^fr aegen 21. gacobfen", ebenbaf. 1889, 5Rr. 51 unb 52).
„8iolifc^4^eologifc^e Stubien" auS bem ®ebiete ber S^nojjtiler, UnterfudEiungen über
toidSftige 3lnf(i^auungen 3efu felbft, auf ben er immer toieber lurüdEgriff, an beffen ©teile
er feineStoegS ^auluS jum Stifter beS ßl^riftentumS toerben laffen Sollte, beröffentlic^tc
66 er im 33. unb 34. ^al^rgang (1890 unb 91) bon JpilgenfelbS S^vXf), unb gmar I. II.
„3!)ie Sebeutung beS 2luSbrudfS 6 jraxfjQ vfubv (unb 6 jiaxrJQ fiov) 6 h roTg ovQa-
vöig (o orgdviog) im 93eh)u^tfein ^efu" (33. Sa^rg., 2. ,% ©. 129—180); 111. „2)ie
S3ebeutung ber SluSbrudfSform 6 i^lög rov AvOgamov im 93en)ufetfein ^z\\x" (34. 3a^rg.,
1. §., 6. 1—79) unb IV. „3ur ©ntfte^ung unb (Sntn^idElung beS aJleffiaSbctbufetfeinS
60 ^efu" (34. :3a^g., 4. §., ©. 385—449).
^olfieit 285
3n ber julc^t genannten Slb^anblung ge^t §oI[ten bon bem ^nf^cit be« 3il^'
fto^betoufetfeinS 3efu au«. 2lfö ben fUlejfia«, ben bon ®ott mit ber Kraft feine«
Seifte« au«gerüfteten ©o^n, burc^ meieren ©Ott ba« burc^ bie ^Projj^eten berl^eifeene $eil
öertoirflid^en triitt, fonnte Scju« afö g^be fic^ nur bann mit innerer ®eh)i|l^eit betrachten,
toenn fic^ in feiner 3\Jirtfamteit Srafttt>irlungen be« ®otte«geifte« für feine unb feiner 6
Umgebung ©rfa^rung äußerten (a. a. SD., ©. 390 f.). 3)a« toar aljo in ben 3:agen ber
SBirtfamleit be« 3^^^""^ ^^^ ^^^^ möglit^. 38on i^m tt>ar 3^u« am ^orban mit bem
feften ®(auben gefd^ieben, ,,ba^ ^o^anne« ein $ro))bet @otte« unb ba« ^immelreid^ unb
ber SJlejfta« na^e fei", unb mit bem ßntfd^Iuf;, „auf bem SBege bc« ®otte«j)roj)^eten für
ben (gintritt be« Himmelreiche« gu ipirfen" (438). liefen ®ntfc^lu| fül^rte er nac^ ber lo
©efangenfe^ung be« ^o^anne« au«. Die fiegenbe ©elpalt feiner SBorte über ba« Solfe
gemüt unb bie Teilungen, bie er namentlich an 3)ämonifc^en boUbrac^te, tourben il^m uim
3eugni« bafür, ba^ er mit einem ^ö^eren ©eifte, mit bem ©otte«, au«gerüftet fei. vtad)
feinem teleologifc^-rcligiöfen SetDu^tfein mu^te er biefe 9(u«rüftung al« eine beh)u|te 2^
©otte« anfe^en, nac^ beffen Rtotd ju fragen tt>ar. SDie 2lnttoort toax au« einer Deutung 16
ber S^d)tn ber 3«i^ J" fc^öipfen. ©ie führten i^n, öerbünbet mit bem 3^0*^1^ i" ^^
eigenen Sruft unb feinem tiefen ©rbarmen mit bem öerfc^mac^tenben 3Sotte, ju ber Slnt^
h)ort, baf; er junt SWeffia« beftimmt fei „3lber innerhalb ber attmö^Iic^ ftc^ DoDgie^enben
Sffiirffamfeit 3^fu mit tl^ren ollmä^li^ eintretenben ©rgebniffen unb grfolgen lam aud^
biefe ®(auben«geh)i^f^eit admöl^Uc^. 9(u« 9(^nung unb SJergetpifferung ftieg bie ©etoi^l^ett ao
auf" (445). aftod^te ba« überlieferte aKejfia«bilb be« a)ai)ib«fo^ne« bie Erlangung biefer
©en>i^^eit erfc^meren, fo fonnte ba« Da))ibi{c^e 9teic^«ibeal burcj^ bie bi«l^erige ©efc^id^te,
in«be|onbere burc^ ben 3lu«gang be« lefetcn getoaltfamen Serfudjie« feiner SJertoirllic^^ung,
i^ toiberlegt unb burc^ ba« Danieliwe öerbrängt unb erfc^t toerben. „So toarb ber
©o^n be« aJlenfd^en bie 9Kefrta«anfc^uung, in toelc^er bie 9Keffia«a^ung 3^« V^^
aReffia«geh)ifel;eit fic^ öoDenbete" (447). „Damit berlnüjjfte fic^ unmittelbar bie 3lnfcl^auung
einer bo))))elten Dafein«form be« SKeffia«"; er ifot junäc^ft auf ©rben al« ber )um
aJlejfia« berufene ba« tommenbe Himmelreich öorjubereiten, fobann, nac^bem 3[a^be )u ber
öon i^m feftgefc^ten ^txt e« aufgerichtet f)at, „in ber Henlid^leit feine« SSater« al« Herr"
barin gu toalten. ^n ba« erfte biefer beiben Silber fügen ftc^ oQ bie gefc^ic^tlid^en 3%^ so
ein, „bon benen Daniel nic^t« gealj^nt l^at" (449).
3. Snblic^ finb nod^ gtt>ei arbeiten religion«j)^ilo|ot)l^ifc^en 3*^^*^ S« ^*
toäi^mn. Über „Urfjjrung unb SBefen ber Sleligion" ^at $. im ^obre 1886 Il^efen unb
einen Vortrag veröffentlicht, bie junädbft in m. 31 unb 32 ber $rot A3, fobann in
©onberabbrurf (Serlin, ©. SReimer) erfcpienen. „Da« SBefen ber ^Religion begreifen l^ei^t, 86
in ber @nth)icflung be« ©eifte«leben« ber aKenfdji^eit ben H^unft beftimmen, h)0 nod^ ni^t
religiöfp £ebcn«fräfte im menjc^lic^en ©eifte ju bem 2eben«feim ber Sieligion fid^ öer*
binben" (2^e(e 1). „Dct« gemeinfame 3Befen aller gefd^ic^tlid^en Sieligionen ift, bafe ber
5Kenfc^, loa« feinem Setou^tfein al« feine fc^lec^t^inige 2eben«mac^t, al« lebenfcbaffenbe
unb lebengerftörenbe offenbar getoorben, l^anbelnb verehrt, um burc| bie lebenfcbaffenbe 40
aRac^t 2cben«t)ollenbung im ©emüte ju genießen" (I^efe 2b). Die Sieligion enttoidtelt
fid^ au« einer finnlic^en in eine gciftige gorm unb fc^liefit urfj)rünglic^ ©ittlic(^!eit
unb $l^ilojoJ)f;ie mit ein, bie fic!^ aümö^lic^ au^ i^r ju relativer ©elbftftänbigleit
lo«UJjen.
Da« (gingellebcn toirb „in feiner Serü^rung mit bem 21(1 ©eele — 2eben«emj)finbung, 45
2eben«gefü^l, Seben«trieb — mit bem £eben«gefü^l al« bem £eben«mittel^unfte ber ©imet
feele" (X^efe 6). Dicfe toirb i^rcr Slb^ängigfcit öon lebenförbernben ober leben^emmenben
Äräften be« 9111 inne. 2lbcr erft allmä^lic!^ toirb fte biefer al« eine« öon i^r gefonberten
Dbjefte« betonet unb lernt felbftt^ätig i^ren „6nH)finbung«inl^alt mit ben barau« ^erbor*
gegangenen ©efü^len unb trieben in fic^ toieberl^erborgurufen" : fie toirb 3>c^ unb ©ei^. 60
„aÖie ba« ©efül^l £eben«mittcl})unft ber ©ingelfeele, fo ift ba« ©emüt £eben«mittel})unlt
be« eingelgeiftc«. '^c'o^v 33etou6tfein«in^alt, ber ba« £eben«intereffe be« ?jd^ erregt, betoegt
ba« ©emüt; jebe aBillen«regung, toelc^e ba« £eben«intereffe be« 3^ befriebigen fou,
toirb öom ©emüte erregt." Diefe« erzeugt ba« £eben«ibeal (2:l;efe 7), gunäd^ft ein finn*
lid^e«, beffen 3Sertoirtli^ung t)on ben £eben«toirfungen ber 9latur obl^ängt. Da« 3^ »
fonbert nun bie 9latur öon fic^ felbft unb mac^t fie gum Objeft, an bem e« bie formen,
„über beren £eben«toirtungen c« aJlac^t ift, i)on bcnjenigen, gegen beren £eben«toirfungen
e« Dl^nmac^t ift", unterfcl;eibet. „Unerreichbar aber für bie Äraft be« uranfänglic^en SRen^
fd^en fmb bie gormen be« Hi"^"^cl« über i^m . . . , unbeftimmbar für feinen SEBiUen ftnb
bie JJormcn ber (Srbc um i^n . . Unb fo erf^ebt ber SKenfc^^ bie Urfad^e biefer £cben«* 60
286 ^o({iteit
h)ir!ungcn olö {eine fd^Iec^t^innigcn Scben^mäc^te . . tn^ Scipufetfcin." 3)amit h)irb t^m
„juerft fein ®ott offenbar" (3:^efe 9).
S)urc^ bie betou^te ©rfa^rung beffen, Ido^ (Sott ioirtenb für bcn 9Jlcnfc^cn ift, toirb
aber bie toettere ^age angeregt, toa« er an fic^ ift. ©o entf})ringt auö bem religiöfen
6 Setou^tfein nottocnbig eine religiöfe SRcta^j^^fit, bie 2Jli;tlS;oIogic ber 9Jatur' unb Äultur=
religionen, bie 2:bcoIogie ber ®cifte^reKgion(3:i;efell). 5Die al^ ^cbtn^mad^t empfunbcnc
(Sott^eit h)irb nun ate 9)tac^th)efen angefc^aut, finnlic^er ober geiftigcr. ß^ erloa^t aü-
möl^lic^ auc^ bag etbift^e unb intellemiclle ©etoiffen, tDeld^e^ bie äbl^ängigteit unfere^
Seben^efü^l^ öon unferer Stellung ju Sittlid^feit unb SSal^r^eit erfährt unb ju einer
10 SBergeiftigung unb SJerftttlic^ung bei^ (Sotte^begriffe^ füf^rt. ^se tiefer ber benfenbe ®eift
bie 2BeIt atö eine @inJ^eit öieler gtoecfmäfiig jufammenhjirfcnber Äräfte unb je reiner er
ben ®eift atö bie 5Ka(|t über bie 9Jatur ertennt, bcfto me^r h)irb er ju einem geiftigen
SKonot^ei^mu^ ^ingebrängt. 9lu(^ ber einzelne 9Jaturgott beg einzelnen Stammet fann
fi(^> im Verläufe ber ®ef(^ic^te gur uniberfellai geiftigen ®ottl^eit im 3JoIfebetüufetfein
15 abHören.
„©0 l^t bie Offenbarung ®otte^ einen unenblid^en ®el^alt in enblic^er gorm. Unb
bie Offenbarung ®otte^ im 3)Jenjc^engeifte ^at eine gefd^ic^tlic^e ©nth^icflung. ®a^ ®ott
ift, tt)irb er für ben 5Kenf(^en" (Xf)^^ 15). ,,3)ie ©etoi^^eit be« ^d) toom 2)afein ®ottc^
ift nid^t golge eine^ logifc^en ©d^luffeig ober einei^ moralif<^en »^oftulate^ ober einer pxaV
20 tifc^en 5Rötigung", . . . fonbem „beö unmittelbaren unb nottt>cnbigen SRüctgange^ i)on einer
im Seben^efü^I t^tfäc^Iic^ erfahrenen SBirfung auf i^re aufeer bem Seben^efü^I t^at-
fäd^Iic^ feienbe Urfac^e, ein SRücfgana, ber, auf bie unmittelbare ®eh)i^^cit ber inneren
©elbfterfal^ng gegrünbet, in ber 9(aturreIigion^bon ber 2öirHic^feit«getr)i^l^eit fmnlid^er
SJnjc^auung, in ber ilultur= unb ®eifte^religion'^ öon ber 993a^r^eit^eh)ife^eit benfenber
2D Srfenntniö nur unterftü^t toirb" (S^^cfe 1 7). 3)amit tt>enbet fic^ §. folool;! gegen bie
©d^olaftif unb bie alte ,,natürlic^e 5D^eoIogie", atö gegen Äant, Sipfiu^, Slitjci^l, S3enber
unb g^uerbac^ unb baut felbftftänbig auf ©c^Ieiermac^erft^em ©runbe hjeiter. ©e^r ent-
f(^^ieben betont er (3^efe 19 f.) bie Objeltibität be« religiöfen S?er^ältniffe^, ba^ freiließ
nidfft bei allen in« 93eh)uf;tfein tritt, ja öon einem irrcnben 2)enfen fogar beftritten locrben
30 lann. „3)a^ 3i^ l^nn ftd^ gottlob hjiffen" ; e^ lann auc^^ gottlo« looUen unb l^anbeln.
5Doc^ ift baö ®egenteil öon beibem im Söefen be« fUlenf^en begrünbet.
„3)er SBJiHe be« 3(^, ju ber im Setou^fein offenbar geworbenen Seben^mac^t ftd^
in S3ejiel^ung ju fe|en" . . „ift bie toerbenbe 3leligion" (2^efen 20 u. 21). „2)ic beibcn
aa ^xd) nod^ nic^t religiöfen Kräfte im ^d), burc^ bcren 3Serbinbung ber 2eben^feim ba*
35 SHeligion crjeugt toirb, fmb bie im Setoufetfein bc^ i^d) lebenbig geworbene ßrfalirung
t>on feiner fc^led^t^in über i^m toaltenben fieben^mat^t unb ber Seben^loiHe be^ ^d), ber
nad) öoHenbetcm Seben^efü^l ba^ ^d) brängt. 3)ie Serbinbung biefer beiben JMfte Doli-
«el^t ftd^ im ®emüt." . . . „Unb jtoar Verlangt biefer Scbenötoille nid^t önt^ebung öom
&Am ber SBelt, fonbem ©r^ebung gum Seben ®otte^" (Il^efe 22). 5Die innere %f)ai,
40 burc^ toelc^e baö ^d) fi^ in Segie^ung ju feinem ®ott; „ber i^m offenbar gehjorbenen
Sdbengmad^t", fe^t, ift 3leligiofität, ®laube. Äiemac^ ftimmt §olften mit Siebermann^
Begriff toom ®lauben im Unterfc^ieb Dom ,,@lauben" (bem religiöfen gürttja^rl^alten)
überein. ^mt SWeligiofität entfaltet fic^ ju einem ununterbro^enen 3nnc"Ic^<^" ^^^ ®^=
müte^ mit unb in ®ott, an bem aÜe gunftionen be^ ®eifteelebcn^, bie ja im ®emüt
45 i^ren @inigunge))unEt ^aben, fu^ beteiligen.
3!)ic Sxcligion, bie fic^ öon ber ©tufe ber ^iatur^ ju ber ber ®eifte^religion erl>ebt,
„ift 3Rittel jum ^Wcd, 2Benn aber in ben ^Watur* unb Kultuncligionen bie ©lüdlic^feit 2obn
ift ber Sieligion, fo ift in ber®eifte«religion bie SReligiofität fclber frf)on©elig!eit"('ll^efe27).
®eh)ife lä|t fid^ bie ©rreic^barfeit eine^ ffiiffenö öom Stnfic^fein ®otte^ — faH^ c^
60 bon bem berechtigten ®lauben an bie Obiettit)ität be^ auf ung toirfenben, für un^ offene
boren ®otte« no^ unterfc^ieben toerbcn foll — mit SWed^t beftreiten. Sonft aber ift bie
^tftorifc^=j)f^c^ologifd^e Unterfud^ung ^olften« über bie Sieligion toon größter geinl^eit unb
liefe, unb bie Heine $robe religioui^pIS^ilofop^ifc^er älrbeit macbt um nacb Weiteren Ü)lit=
teilungen au^ feinem in $rof. SBecfefferö (Harl^ru^e) Rauben befinblic^en .^eft über 9le=
55 ligioni^p^ilofojj^ie, beffen einfache §erauggabe aflcrbing^ bielleid^t nic^t möglid^ ift, fc^r begierig.
Slel^nlic^e 3lu^fü^rungen toie bie eben ffijjicrte ©c^rift bietet .s)olften« *iJrorettorat^^
rebe: „3ft bie IMogie aBiffenfc^aft?" (Slfab. 3iebe, am ®eburt^feft bc^ ^öc^ftfel. ®rofe=
^jog« Äarl griebrid) am 22. 9Joi). 1887 gel^alten; .sSeibelberg, Unito.^Suc^bnictcrei i)on
3. Coming; lieber abgebrudt in $rot. «3 1888, 9ir. 7).
GO Dr. ^{e^Il^ont, ^aftov in iioipauj.
^olfleittitd 287
^olf^eitiud^ Suc, gcft. 1661. — [Sflxf. midtn^], 2ebtn beö gelehrten Luc. Holst
Protonotarii Apostolici etc. 4)«n»&"^9 1728; %'\c 9?ad)rid)tcn über ibn am forgfältigftcn in
SRoOcrS Cimbria literata, XL 3, ©. 321—342, Mon benuft oon 3. &. ©olffonabc (Biogr.
univ. %i. 20. 8. V.), mddjtx um biefclbc 3^^* Lucae Holstenii epistolas ad diversos ex
©ditis et ineditis codicibus, «ßarig 1817, 8", mit Stnm. J^craiiÄgob. (Sein 3)enfntal mit 6
feinem 53ilbe in feineS 9?cffen ^eter fiambedS commcntariis de bibliotheca Vindobonensi,
lib. VI, p. 235; »urfian in 5rb53 XII @. 776; 91. Mi, %k Sonuertilcn feit b. iRcf. 93b V
fSfrcib. 1867 @. 186 ff.
2ula« §oI[tc ober §olfteniuö gd^ört ju ben l^erborragenben 2lj)o[taten, tt>el(^c im
17. 3«^^^""^^* ^«>w ^^ cban^elijc^cn jur fat^olifc^^en Äirc^e übertraten, unb auf toeld^e lo
bie le^tcre toegen i^rer au^ejeic^neten Silbung unb (Selel^rfamfett ftolj ift, toobei fte aber
ju bcrgeffen t)flegt, ba^ ju biefer nid^t burc^ fte, fonbem in benSd^uIen ber 5Proteftanten
ber ®runb gelegt toarb. ©eboren 1596 gu §amburg, erhielt ßolftemu^ guerft in feiner
SJaterftabt unb bann feit 1617 in Serben unter Se^rem h)ie3)aniel §etnfiuö, ^o^, SKeur^
ftu«, ®ttp. i^oi), 3?offiu«, ^eter ©criber, fott>ie im aSerfe^r mit §lännem h)ie Äugo i5
®rotiu^ eine eminente Jjl^ilologifc^e Silbung, o^ne babei, tote fic^ fj)äter jeigte, ju flarer
t^eologifc^er (Srtenntni^ unb Überzeugung ju fommen. 3Wii jener ip^ilologifd^en Silbung
berbanb fic^ balb ein befonbere^ ^ntereffe für bie alten Oeograj^lf^en unb eine grofee Sor*
liebe für bie J)Iatonifc^e unb neuplatonifi^e ^^ilofojjj^ie. SUerftimmt \)ux6^ eine fel^lgefqilagene
Setoerbung um eine Se^rerfteOe an berSd^ule gui^amburg ging er 1622 nad^ (Snglanb unb 20
1624 naä) $ari^, too er Stbliot^elar beg ^räftbenten be SKe^me« iDurbe, unb mit ^iefuiten toie
©irmonb, mit 9Jif. glaube, ^bri be ^ßeirejc gu Stij u. a. nä^er belannt unb fc^on bamate
kt^olifc^ Ipurbe. ©ein Übertritt tft bon anbem balb auf biefen jefuitifc^en Umgang, bolb
auf ba« gelehrte 3?erlangen, freieren gwtritt ju ben Sibliot^efen ^anfteic^^ unb ^talieng
3U erhalten, balb auc^, h)ie bon ©almafiu^ auf 3lrmut unb ®igennu$ jurücf gefül^rt ; er 25
felbft äußert fic^ im 3^1^^^ 1631 in einem ©riefe an ^eirefc fo barüber: „Ex quo tem-
pore Maximi Tyrii, Chaicidii et Hieroclis lectione admodum adolescens Pla-
tonicae philosophiae gustum aliquem haurire coepi, sensi ingens desiderium
in animo meo enasci primum cognoscendi uberius, mox etiam promovendi
et illustrandi pro viribus tarn divinam philosophandi rationem; biefelbe ^abe er so
bann auc^ burc^ bie Schriften ber Äirc^enbäter beftötigt gefunben, quibus illi contem-
plativam et mysticam quoque theologiam pertractant qua in Deum animus
excitatur; atque ita factum est, ut sanctorum patrum divinam ac solidam
philosophandi rationem toto animo admirarer, et mox inscius me ferme in
eatholicae ecciesiae gremio constitutum cernerem, quod sibi quoque usu ve- 36
nisse D. Augustinus in confessionibus testatur. Meum sane animum divinae
illae contemplationes adeo ad veritatis cognitionem erexerunt et confirmarunt,
ut nequaquam circa tricas et quaestiunculas, quales de fidei negotio nova-
tores movere solent, postmodum langueret". (Epistt. ed. Boissonade p. 224.)
©eit 1627 in SRont, erhielt er ^ier feinen borne^mften Sejc^ü^er unb greunb an bem 40
i^m gleid^alterigen 9ieffen bei^ ^ajjfie« Urban VIII., bem Rarbtnal granj Sarberini, geb.
1597, geft. 1679, unb emjjfing bon Urban VIII. au^er beutfd^en ^ßräbenben, ioelc^^e
freiließ toä^renb be« Kriege« ni(|t immer flüffig m machen loaren, ein Äanonifat be«
SSatilan; 3""ocenj X. machte \l}n gum Sibliot^elar ber 35atttana unb Sllejanber VII.,
toelc^er i^n fd^on a(« Jtarbinal Si^igi befungen ^atte, ju feinem commensalis unb )um 45
fionfultore bei ber Kongregation be« ^n'tcj^. Öfter tourbe er auc^ bei ber Sefe^rung au&=^
gezeichneter Äonbertiten mit in I^ätigtcit gefegt ; fo 1637 bei bem Übertritt be« Sanb^
grafen ^^ebric^ bon §effen-3)armftabt ; fo fc^rieb er 1651 für ben ®rafen ß^riftof Slan^ou
na6^ beflen älbfatt an ©eorg Galirtu«; fo toarb er 1655 ber Königin ß^riftine nadf
3nn«brurf bom $a})fte älejanber entgegengefc^icft unb afftftierte bei il^rer Slbfd^toörung. w
läber bei bem allen erhielt er fic^ in SRom eine jiemli^ unabl^öngige ©tellung. ^m
ga^re 1639 tourbe er in 9lom mit bem ©rie&en 2eo äUIatiu« ber Kongregation jur
Unterfud^ung bc« Slbftanbe« bon ber griec^ifc^en Kirche unb jur 3Sergleid^ung be« grieq^i«
fd^en (gud^ologion mit bem römifc^en SRitual beigegeben, unb Ij^ier toar er e«, ber mit
^eimütigfeit für älnnä^erung unb gegen ba« SBic^tigne^men unbebeutenber S)ifferengs 56
punite fjjrarf). ßbenfo in ber Kongregation be« ^nhtic toar er jo toenig für ©trenge gegen
toertboDe äBerfe jjroteftantifd^er ®elel;rten, ba^ er, al« er bamit nic^t mel^r burc^bringen
lonnte, an ben ©i^ungen ber Kongregation nic^t me^r teil na^m. ®egen J)roteftantif(^e
SRcifenbe, toie gegen ben jüngeren ßalijtu«, gab er befte^enbe SKifebräud^e bei Silber* unb
Sleliquienbere^rung toillig ju. ^m janjeniftifc^en ©treite riet er Sllejanber VII. lieber go
288 ^olfleniitd Hornberger S^itobe
feine ®ntfc^cibung für bie^^fuitcn abzugeben. Seine großen Ittterarifd^en Unlemel^mungen
legte er [o umfangreic^ an unb fammelte mit fo öiel (Srünblic^feit bafür, bafe er ba^
meifte bei feinen Sebjeiten ni((^t gum 2lbfc^Iu^ brachte. Unter ben fird^lic^e 2)inge be=
treffenben gehören gu ben bebeutenbften bie arbeiten für ben über pontificalis, ben
5 liber diurnus pontificum Romanorum, bie älteren SKart^roIogicn unb -äJlbnc^^regeln
(codex regularum etc. guerft 5Rom 1661, nac^ber ju ^ßari^, unb fel^r erweitert 3lug^^
bürg 1759, 6 93be ^oI-X ©riefe ber $ä^fte unb Äongtlienalten in ber collectio Romana
veterum aliquot bist. eccl. monumentorum, u. a. Sr ftarb am 2. Jebr. 1661.
^enfe f.
10 ^ola^aufer, 8. f. 93artl^o(omiten S3b II ©. 421,28ff.
Hornberger^ 3. f. ^nneröfterreic^.
Hornberger S^nobe unb ^rd^enorbnnng 15126. — Ouellen: Eplstola Francisci
Lambert! AvenioDensLs ad Colonienses d. d. ^Harburg 15. (Jebruar 1527, ©rfurt 1527,
12^ mit «nmerfungen ^erauÄgcgebcn t)on &. ßl. 3)raub, (äJiefeen 1730, 4^ 48 6. 3)ie
16 acta synodi, beren plena editio uon fiambcrt in tiefem Schreiben alö na^e beuorftcl)cnb be-
jei^uet wirb (@. 44), ftnb niemals tjeröffcnllic^t toorbcn; ^iganb iiauge, i^eben unb Xöaten
^^ilippi 3Kagnanimi iianbgraffcn ju Reffen: 8«itf4nft be« SercinS für t)e|fifd)e ®efcl)i(^te
unb SanbeÄfunbe, 2. ©upplement 1. S3b, ©off el 1841, ©.123—139. - 2)ic im Original nicfit
erhaltene l^irc^enorbnung : Beformatio Ecclesiarum Hassiae iuxta certissimani sermonuni
20 Dei reguiam ordinata in venerabili synodo per clementissimum Hessorum principem Pbi-
lippum anoo 1526 d. 20. Oct. Hombergi celebrata, cui ipeemct princcps illustrisAimus
interfuit, rourbe ^uerft burc^ gfr. @f)r. ©cbmincfe, MoDimenta Hadsiaea, 2. !£eil, daffcl 1748,
@. 588—656 „aud einer alten glaubroürbigen ^anbf(6rift" veröffentlicht unb ^at in biefer
©eftalt bei 9. 2. S^tc^ter, ^ie eoangelifc^en ^irc^enorbnungen beS 16. Qa^r^unbcrtd, Weimar
26 1846, 1. ©b @. 56—69 Aufnahme gcfunben. ©ine jioeite, im ®e^cimen ©taatöardjiu ju
3)armftobt entbcdtc, ^tbf^rift l^at bann St. «. ßrebner unter bcm 2.: $^ilipp beä @ro6-
mütl^igen ^effifc^e ^irc^enreformationdorbnung ((Siegen 1852), mit Ueberfe^ung unb umfang*
reicber (Einleitung herausgegeben; Stöi^Ux, ^(ctenftücfe jur ^effifdjen 9{eformationSgef(f)ic^tc,
tfßi) 37. S3b, ®ot^a 1867, @.217ff. — fiitteratur: 3. 6^r. Martin, "iRa(^ri*ten uon ber
i^nobe 5U ^omberg mit^e|ug auf bie 92eformation in Reffen, (Saffell804; CE^r. d. Bommel,
®ef(ö. uon Reffen, 3. %l, (Saffel 1827; berf., ^^^ilipp b. (Brofemütigc, i^anbgraf ü. .^pcffen,
3 Sbc, biegen 1830; ©icfell, ^ie ^re&b^teriaU unb ®QnobaI«S3erfa[fung ber euang. ^irdjc
in iftrem Urfprungc unb iftrcm (Sinfluffc auf Reffen. Scitfdjr. f. ^cff. Öcfd)., 1. ®b, ifaffcl
1837, 6. 43 ff.; 38. ®ocbeI. 3)le 5)iSciplin in b. reformierten SJircfie bis (Sabin 1540, i^ir*-
86lic6c «icrteljat)r«'e*rift, II, 1 ©erlin 1845, ©. Iff.; SB. 3)enöarb, ÖJefcfti^te b. Gntwidlung
be« S^riftent^um« in btn ^effifc^en fiönbern bid ju beren Xf)cilung 1567, granffurt a. 3H.
1847; fi. 9iic^ter, ®ef(6idftte b. et>ang. Äirdjenocrfafiung in 3)eutf(ölanb, Spj. 1851. 6. 36 ff.;
&. 3B. ^ofiencamp, C>ef(ifcfte ^irdjengefcftldjte feit bem Zeitalter b. iWeformation 2 53bc, "3Kar*
bürg 1852 ff. (1847 ff., 2. «uög. 8franffurt a. 3R. 1864); «. g. (£. Hilmar, (äJef(l)i«tc bcS
40 ÄonfcffionöftanbeS ber eoang. Äirdje in 4)ef|en. bcfonb. in ^e|fcn-(5ofiel, IDiarburg 1860 (2. ?ludg.
JJranlfurt a. Wl, 1868); ?8. (Sbcrt, ©efdjicftte b. eoang. Äirc^c in fiurt)cffcn, (laffel 1860; C4).
fi. 93üff, Äur^effif^c« Äircftenrecftt, ©affcl 1801, S. 9 ff.; e. iJ. 5:^. ^cnM dienere Äirct)en*
gcf(öi*tc, ^erau«g. o. SB. ®a6, 1.53b, ^afle 1874, ©. 98 ff.; 4).C>epPe. Äirc^engcfc^idjte beiber
ßeffcn, 1. S3b, 9}yarburg 1876; ?t. SRitfdjI, ^rolegomena ju einer (äJcfd)id)tc bed ^ietiSmu«,
46 3ffi(ä> II 1878, S. 49ff.; berf., ©cfcft. b. ^ictiSmuö I, »onn 1880; a. ©. i&. €>oci)()utt), %k
©ebeutung ber ^Olarburgcr ßird)enorbnung üon 1527, Äaffcl 1879; ®?ejer, 9(rt. „Hornberger
S^nobc", 9l(£VI, 2.«ufl., 1880®. 268 ff.; It). 53rieger, 3)ie angcbl. 'iWarburger Jt..Crbnung,
3fÄ®IV.188l3.549ff.; 3. ^oftlin, 9»artin fintier, J. iöb, (Jlbcrf 1883, ©.49 f.; Ü.o.iRanfc,
S)eutfd)c (äJefcftidjte im äeitalter ber SReformotion. 2. »b, 6. ?lufl., ifcipj. 1^*81, ©. 317;
60 X6. Äülbe, aWartin fiutj^er, 2. »b, (öot^a 1889, 6. 239 f.; M?. ^Kiefer, ^ic recötUd)e ©tcUung
ber euang. ßirdje ^eutfc6Ianb§ in i^rer gefd)id)tlict)en (^ntioicflung big jur Q^egemuart, i^eipj.
1893, ©. 75 ff. (S. 41 ttnm. 1 Serjeic^niö ber ^^itteratur über bie ^Infc^auungcn ber IRefor-
motorcn, bctrcffenb ba^ ?SerftöItni3 oon 8taat unb Stirere) ; A. Laval, I^e Synode de Hom-
berg (Hesße). Lambert d'Avignon (Tb^se), ?ari§ 1894; 3. grriebncft, Sut^er unb b. Äirdjen-
66 oerfaffung ber Reformatio ecclesiarum Hassiae oon 1526, 3)armftabt 1894 (3. 35 ff. ^cx^
beffcrungen ju (SrebnerS (Sbition ber Reformatio); "fö. Äöljlev, 4>efftfc^c Mircftcnuerfaffung im
Seitalter ber »ieformation (3)iffertation), (äiieften 1894; ©. S3eft, l^utfter unb ba^ lanbeö*
^crrHcfte S^ircftcnregiment (SSortr.), 3Rarburg 1894; (ä>. (£onrab, 3)ic Sicformationdorbnung für
blc (»emeinben ^cffcng tjon 1526 (3)ifi.), 4)aUe a. 8. 1897; (5. 6^r. ?t(6eliö, Sel)rbud) ber
oopraftif^en Ü^eologie, 2. 8lufl., 1. a3b, Seipj. 1898 ©. 56 f. lieber fiambert oon ?lüiguon
Dgl. b. 91.
2für bie Beurteilung ber 38erfuc^c ber elKingelifc^en dürften 2)eutfcl^(anb^, bie hxd)-
Ud^en Ser^ältniffe i^rer iJänbcr ju regeln, ift bie li^atfad^e öon großer Bebeutung, baji
^omSerger S^nobe 289
fic hwcd^ bic ^nanfprud^nabmc emc« lanbe^l^errKc^en Äirc^enregtment^ burd^auö ntd^t re=
t>oIutionäre Steuerungen Doß^ogcn, ba fc^on bor bem auftreten Sut^er« bie Sanbei^^erm
toie in grcmfreic^ unb ©nglanb fo aud^ in ©eutfc^Ianb i^re lanbegj^enlid^en Sefugniffe
auf bie firc^Kc^en Angelegenheiten au^ebe^nt l^atten. 3)er ©jjeierer Sleic^tag^bfc^ieb
bom 27. 3luguft 1526, ber jebem ©tanb e^ überliefe, in ber ©laubenöfac^e bi« auf ein 6
Jtonjil für ft^ unb feine Sanbe alfo e^ ju Italien tt)ie er ed bor @ott unb bem Aaifer
}u t>erantn>orten fid^ getraue, leiftete bann ben großen 3)ienft, ber 3lu«nüjung ht^ Xcncx-
torialiömu« ju Ounften ber Sieformation eine, allerbing« limitierte, SRecpt^runblage ju
geben, fianbgraf $^iliJ)J) toon §effen (über feine Stellung ju ber reformatorifc^en Se=
toegung bi^ §erbft 1526 bgl. ^^p^ ©. 125 ff.) f)at bieje Ser^öltniRe ju benu^en ber* lo
ftanben, aber nic^t^ überftürjt. (Seine Sriefe liefern ben 93ett>ei«, bafe ben entfc^eibenben
©(^^ritten nad^ öerfc^iebenen SRic^tungen l^in gefüJ^e Ser^anblungen Vorangegangen finb
(SRommel, $^ili))J) III. 1 ff. ; 3. ^^. Äuc^enbecfer, Analecta Hassiaca, coli. X, 5IRar=
bürg 1736, ©. 393 ff.). aWit Sutl^er unb SKelanc^tf^on ^aüe er ft^on bor bem SHeid^^
tage ju ©^eier über bie ©infü^ung ber ^Reformation öer^anbelt (©(^reiben 5IRel.ö: CRI, ib
tatte 1834, ©. 8 18 ff., ögl. »rief 5P^ilit)pö an Sut^er unb 3Rel.: 6. 2. (Jnber«, Sut^erg
rieftoed^fel 5. S5b, Gallo unb ©tuttgart 1893, ©. 395 ff.), aber auc^ au« Oberbeutfc^^
lanb ^at er ftc^ 9lat geholt (®utac^ten, Äö^ler ©. 223 fjf.).
1. 2)ie §omberger ©^nobe. — SJurc^ ©(^reiben bom 6.Dftober 1526n)urben
,,bie Slentmeifter, Sürgermcifter unb SRäte" angetoiefen, „alle ^farrl^erm unb Slltariften 20
in i^rem ämt" auf ©amftag nac^ ®alli (b. i. 20. Dftober) nac^ ^omberg einjulaben.
Site 3^^* ^^ Serfammlung ioar angegeben: „2öir l^aben bor, mit allen unferen Untere
tränen geiftlic^en unb toeltlic^en ©tanb«, in ben dbriftlid^en ®ad)cn unh ^\ü\)\paltm burd^
®nabe be« älßmäc^tigen gu ^anbeln" Q. 3. SBinfelmann, ©rünblic^e unb toa^r^afte 9e=
fc^reibung ber ^wtftentümer Reffen unb §er«felb, Sremen 1697, 4. 23. 3 Äa^j. ©. 413; 26
ögl. bag toon SRommel, ^^ili))|) 2. Sb ©. 103 mitgeteilte, an bie 2luguftiner in ®f^s
toege gerichtete (Sinlabung^fc^reiben ju einem „freunblic^ unb (^riftlic^ ©efpred^" ba« bie
Slborbnung ber beiben gelel^rteften SKitglieber be«Sonbent« Verlangte; ßrebner ©. LXXV.)
3)ie SJerfammlung tt>ar bemnac^ au« geiftlic^en unb tt>eltlic^en ©tänben gufammengefe^t unb
l^atte nic^t ben ß^arafter einer ©^nobe fonbem eine« lirc^lic^en Sanbtag« (§ej)})e ©. 149). so
3)em entterec^enb l^eifet e« fjjöter in ber gnftruftion be« Sanbgrafen an feine aibgeorbneten
für ben y{eic^«tag ju 3lug«burg, bafe er alle ^effifc^en ©eiftlic^cn, bie l^effifd^e mitterjc^aft
unb gemeine Sanbfc^aft ju einer c^riftlic^en ^roöinjialfVnobe unb Untenebung einberufai
l^be (Grebner ©. 115, ögl. LVIII).
©onntag ben 21. DItober tt>urbe in ©egentoart be« Sanbgrafen unb einer großen, 35
au« ganj §effen jufammengeftrömten SÖlenge in ber itirc^e gu §om6erg bie Ser^anblung
eröffnet, ^er Kanzler 3^^^"^ iJ^^Ö^ (Ficinus, geb. 1482, gcft. 20. 3Rärg 1543, ögl.
äbS 8b 6, 1877, ©. 600 ff.) begann mit einer SRebe, bie bie ginberufung ber äJer^
fammlung burc^ ba« SSorbilb ber alten Gf^riftenl^eit unb ben SSefd^lufe be« Steic^tag« ju
©J)eier rechtfertigte, foloie tooUe Slebefrei^eit jujagte. Um eine 3)i«j)utation über ben alten 4o
unb ben neuen ©lauben ^erbeigufü^ren, batte ber frühere 5ranji«faner, %xani Sambert
öon Slbignon (Vgl. b. 21.), ber auf bem 9teic^«tag ju ©jjeier ann>efenb getoejen (togl. 6on-
rab ©. 29 ff.) 158 ©treitfä^e (Quae Fr. Lambertus Avenionensis apud sanctam
Hessorum Synodum Hombergi cH>ngregatam pro ecclesiarum reformatione
Dei verbo disputanda et deservenda proposuit, Erfordiae 1527 ; abgebr. g. 35. 46
$. i). b. ^arbt, Historia litteraria Reformationis, granffurt unb üeipjig 1717,
V p. 98. 3)er getoö^nlic^ gebrauchte 9lu«brudf Paradoxa [b. 1^. ber ^ertömmlic^en
Seigre toiberftreitenbe ©ä^e], finbet jtc^ nic^t in bem §aui)ttitel fonbem ift bie loiebers
lel^renbe Überfd^rift für bie nac^ 23 tituli georbneten 2: W<^0nH)J)en ; ögl. auc^ Ep. ad
Colonienses p. 20. 3)ie ©treitfö^e ^at Sambert feinen im Sorja^r beröffentlic^ten 60
©d^riften Färrago omnium fere rerum theologicarum unb De fidelium vocatione
in regnum Christi entnommen) aufgeftellt, bie fc^on öor^er jur allgemeinen Äenntni«^
na^me an ben Äirc^türen angefc^lagen morben toaren. 5Rac^ bem Äangler er^ob ftc^ nun
Lambert, öerla« feine liefen, begrünbete fte in mel^rftünbiger Siebe au« ber ^eil. ©c^rift
unb ftellte bie a)ii6bräud^e ber Äirc^e an« 2ic^t. 3lm 5Rac^mittag trat Äbam Ärafft (togl. 66
ben Ä.) öon gulba auf, toerbeutfc^te bie Sambertjc^en ©ö^e unb forberte jjeben, ber fie
öerfänglid^ unb bem SBorte ©otte« njtoiber fänbe auf, bie« au« ©otte« SBort ju erloeifen.
3lber nur ber 55tan5i«tanerguarbian zRitolau« ^«rber au« 3Rarburg melbete fic!^ unb bat
„mit gebogenem ^auptt, niebergefc^lagenen 3lugen, unb großer bemütigen Sleberen^" ben
Öanbgrafen, am näd^ften 2age gehört ju toerben; bie« toarb i^m beiuidigt. — Sil« am «o
«ear«ffncpfropÄbl« für Zf^tolo^it unb ffir^e. 3. «. Vlll. 19
290 Hornberger Sqnobe
folgenben 3Worgen bie ©bnobe um 7 U^r toieberum j\ufammcnfam, tDicbcr^oIte ^ucrft
Sambcrt feine 2:^efen noc^mate, bann ergriff gerber baö Söort. 6^ Wax gefc^icft, ba^ er
ftc^ nic^t auf bie grageftettung be^ Ocgner« einlief;, aud^ Sambert unb Ärafft betfeite
SU fc^ieben fuc^te unb birett an ben Sanbgrafen ftd^ toanbte. 3)iefem beftritt er runbtt>eg
»ie 33efugni^, eine S^nobe ju Italien, Äirc^enorbnungen toorjune^men unb ettoa^ in Sad^en
be^ c^riftlic^en Olaubenö ju befdblie^en, ba bie« alle« ^ßritoileg be« ^^ajjfte«, ber Sifd^öfe
unb ber ilirc^e tt>äre. ^ür bie Sambertfc^en Sö^e, bie ber ^eil. Bd)xV\t unb ben popp
liefen 3)efretcn tt>iberfj)räc^en, ftellte er eine bemnäc^ftige SBiberlegung burc^ Ocgenl^efen in
2lu«ft(^t, bie neue Sut^erifc^e fie^re aber fei bereit« al« Äe^erei toerbammt! Die ^tt>eiftün=
10 bige Siebe gi))felte in ber ©rma^nung an ben Sanbgrafen, in ben gu^ftapfen feiner 3?or-
fahren gu tt>anbeln unb in bem alten d^riftlic^en (Stauben unb in ben löblid^en Ceremonien
feine 9Jeuerung Dorjune^men. — 311« bagegen ber Äanjier bie 2Jert)f(ic^tung ber Dbrigleit
jur 3lbfteIIung öon fUlifebräuc^en unb Abgötterei betonte, beftritt gerber nod^ fc^ärfcr bie
Äomj)eten> ber Serfammlung, in ber ©c^i«matifer unb entlaufene 5Könc^c fic^ befänben,
16 über bie Äirc^enfragc gu öerl^anbeln, unb griff fd^Iie^lic^ bie ^erfon be« gürften „mit
fettigen unb ganj ^i^igen SBorten" an, h)eil er an bic geiftlic^en ®üter bie |)anb lege,
äiber e« gelang i^m nic^t, ben Serl^anblungen baburc^ eine anbere Slic^tung ^u geben.
3)er fianbgraf begnügte ftd^, mit tDenigen rul^igen SBorten biefen gegen xl}n erJ^obenen
aSortourf jurücfjutoeifen, unb forberte bann ben ©uarbian auf« neue auf, ju ben aufge^
20 [teilten ©ö^en M ju äußern. 3)od^ auc^ eine fc^arfe au«fänige Siebe 2ambert« brachte
il^n nic^t jum iR^en, ebenfott>enig eine le^te Slufforberung, bie ber Sanbgraf in ber 9Jac^=
mittag«ri^ung burd^i ben Äanjler an i^n rid^ten lie^. 3)a rief Sambert: expellatur
bestia de provincia! Der Ouarbian aber toerftanb: occidatur bestia, erfd^racf unb
bat ben Sanbgrafen um ftd^ere« ®eleit. Diefer flärte ba« 3Wi^Derftänbni« auf unb (ie^
26 i^n unangef ödsten jiel^en. 3Son Äöln aix^ tocröffentlic^te 9Jifolau« gerber: Assertiones
trecentae ac viginti sex Fr. Nicolai Herbornensis, Guardiani Marburgensis,
verae orthodoxae ad versus Fr. Lambert! paradoxa impia ac erroris plena in
Hombergiana Hessorum congregiatione proposita ac plus quam haereticissime
deducta et exposita unb lie^, nac^bem Sambert i^m in ber Ep. ad Colonienses ge=
90 anttvortet ifaiUf noc^ folgen: Assertiones aliae, quibus excusatur Guardianus
Marpurgensis, quod in Hombergiana Hessorum congregatione post protesta-
tionem eo loco publice factam et iam laudem coram notario legitime repetitam
in Werlensi oppido (5. toar \>on §omberg au« nac^ ber ©tabt SBerl in ffieftfalen
gegangen) disputare noluerit neque respondere Fr. Lamberto haeretico. Über bie
86 toeitere antireformatorijc^e 2:^ätig!eit ^rber« bgl. 9Jebe, SKfolau« §erborn, Denffd^rift be«
^rebigerfeminar« ju §erbom 1868. — 9tm folgenben 2^ge, alfo 3)ien«tag, 23. Dftober,
al« bereit« bie ©^nobe gefc^Ioffen tt>erben foHte, trat unertoartetertoeife noc^ 3R. ^ob.
©J)erber, ^Pfarrer in SBalbau bei Gaffel, auf, um bie Slnrufung ber 9Karia, ber 3Wutter
3efu G^rifti, burc^ bie Siebe be« ©ngel« Sc 1 „(Segrüfeet feift bu, bie ©ebenebeite unter
40 ben SQBeibem", ju rechtfertigen. Stber er tt>urbe, fc^reibt SB. Sauje, bermafien toiberlegt,
ba^ jebermann mit bem guten alten 3Rann ein SKitleiben l^atte. ®an^ toertüirrt, borte
er balb m reben auf.
2. ®ie ^omberger Äirc^enorbnung. — Conclusa fuit venerabilis Sy-
nodus, electis prius nonnullis, qui ex verbo Domini definirent, quae in uni-
46 versis Hessorum ecdesiis reformanda erant, fc^reibt Sambert (cf. Sauge ©. 138);
ba« (Srgebni« biefer Beratungen tt>ar bie Reformatio Hassiae. 3)ie ^ombergcr ©^nobc
ift e«, bie biefe Äirc^enorbnung erläßt, ©ie bejeic^net al« ilire abfielt, ba« jufammenjus
faffen, toa« fte für alle ©emeinben Reffen« al« nü^lid^ erfannt l}at unb ti?a« fte entfj)rcd^enb
bem ©t)e^erer SRei(l^«tag«abfc^icb bor @ott unb bem Äaifer ju toeranttüorten bereit fei
60 (Grebner ©. 2), mac^t aber bann bod^ eine toic^tige Unterfc^eibung. 2)enn nur toon einem
a:eil ber Seftimmungen tt>irb gefagt, ba^ fie al« äu«ft)rüd^e Ootte« für alle ©laubigen
nottt>enbig feien, tt>äbrenb bie übrigen nur ber Drbnung hjegen erlaffen, burrf) eine ©^nobe
obgcänbert toerben rönnen, greilic^ toirb bie erftere &xupp^ fo au«gcbe^nt (Eiusmodi
sunt, quae posuimus de cultu Dei vero, de ecclesiarum regimine, de eucha-
66 ristia sub pane et vino sumenda, de excommunicandis notorie criminosis, de
absolutione resipiscentium et ut omnia coram ecclesia lingua vulgi dican-
tur, nisi interpres adsit, visitandas ecclesias a piis et in verbo Deis eruditis,
earum synodos niti oportere verbo Dei, Episcopos [b. l;. bie ^fancrj et Dia-
conos ex piis et spiritu Dei plenis eligendos, coniugium universis honora-
eobile, etiam Episcopis et Diaconis, sectas in ecclesia nullatenus fcrendas, et
^omBtrger S^nobe 291
id genus alia), ba^ aDe« mid^ttgerc aU ®cfe$ i>on bauember ®eltun^ erfd^eint. —
3laq biefen eröffnungcn toirb in 34 ÄcHjitcln über ba^ gefammte fird^lid^e 2ibtn Ans
toctfung gegeben. 2ln ber ©})i^c fte^t bie ©rflärung, bafe ba^ SBort ®ottc« (^eilige
©(^rift) bie alleinige 3loxm fein foH (cap. I, II). ^n bem aibfd^nitt über ba« aibenb*
ma^l (III, IV) iDirb erHärt: in hac coena Christum deum et hominem praesen- 5
tem esse; bie Slu^teilung unter beiberlei ©eftalt (pani et poculo) unb bie Beobachtung
be^ ritus, quem Martinus Lutherus ultimo germaniee conscripsit (b. i. bie beutfc^e
Ü)lej]el526) angeorbnet unb bie Anlegung eine« SJce^gemanbe«, baöänjünben bon gid^tem,
bie äSerttjenbung eine« angemeffenen Äeld^e« em))fo^len, bagegen ba« Bpx^cn be« 5Ke§!anon«
unb aller ©ebete, in benen ba« SBort Djjfer ober §oftie ftc^ finbet, bie Anrufung ber 10
^eiligen u. f. h). unterfagt. 3lud^ U)irb „im Flamen be« §erm" geboten, bie Orgeln gar
nic^t ober nur fe^ feiten ju f})ielen, hjeil fie bem D^r aDein bienen, unb auc^ ba« })runfenbe
®eläut aller ©locfen ju toermeiben. '^n täglichen ^Dlorgen^ unb 9(benbgotte«bienften, bie in
ber allen geläufigen ©jjrad^e abgehalten merben, foDen bie ©c^riften be« 311 unb ^tX fort*
laufenb beriefen merben (V). 3)ie 95eid^te al« ä^^'^Ö^^i^^^^w^Ö ^^"^ 35e!enntni« einzelner 15
©ünben (VI) n?irb n?ie ba« gaften aufgel^oben, boc^ fann bie 9lnorbnung Don gafttagen burd^
ben £anbe«fürften erfolgen, aud^ burd^ bie ® emeinbe, in le^terem ^Jall aber nid^t al« 3*^^"0(VII).
3)a« VIII.Äa^itel, De Pestis et Commemorationibus, rebujiert biefc ftarf unb erHärt, bafe
an ftd^ für bie ©laubigen aUelage gleid^ fmb, aber ber©onntag unb bie anberen gefttage
jugelaffen tuerben, bamit ®otte« 3Bort bon ber ganzen ®emeinbc frei gel^ört toerben fann. 20
3)abei n?irb ber focial n^id^tige ®runbfafe au«gefprod^en, ba^ man an biefen 3!agen au^er^alb
ber gotte^bienftlid^en 3citen o^ne Sebenfen feiner Berufsarbeit nad^gel^en barf, ba bie« beffer
ift al« ^Jlüfeiggang, ba^ man bagegen nid^t ba« SRed^t l^at, 3)ienftleute jur Arbeit ju jtoingen.
S)en Silbern in ben Äird^en unb ben 3lltären toirb !eine 3)ulbung geh)ä^rt — nur ber 2lltar,
bon bem au« ba« 9lbenbma^t beriüaltet n?irb, foD bleiben, aber biefer foU nid^t Slltar, 25
fonbem 3:ifd^ ^ei^en — aber fie follen, h)irb ma^boU hinzugefügt, erft bann burc^ bie
Dbrigfeit entfernt hjerben, n?enn bie ©emeinbe nid^t felbft e« get^an ^at, nad^bem i^r
längere ^t\t ba« ßbangelium get)rebigt hjorben (IX). 3)ie superstitiosae benedictiones
bon Srot, 2Bein, SBaffcr, ©alj u. f. n?. unterfagt bie Äirc^enorbnung unb em))fiel^lt ftatt
beffen ba« SCifd^gebet, aber nid^t al« S^anQ (X). Sluf bie 3lbfc^nitte über bie Siaufe (XI) ao
ben 35efuc^ ber Äranfen (XII), bie §orm be« »egräbniffe« (XIII), biegte (XIV) folgten
bann bie ^ftfefeungen über bie ®emeinbe* unb Äirc^enorganifation, bie toefentlic^ ben
9Juf biefer Äirc^enorbnung begrünbet ^aben (cap. XV ff.).
35ie §auj)tgebanfen biefe« 3?erfaffung«entU)urfe« fmb folgenbe. ®runblage ber ganjen
Äirc^e fmb bie ©emeinben ber ®läubigen (cap. XV), bie \)ixxd) eine separatio vero- 35
rum fratrum a falsis fratribus ju ftanbe fommen. 3)er Äonftituierung biefer ®es
meinben foH eine längere Serfünbigung be« ©Dangelium« unb bann noc^ eine eigentliche
üyorbereitung«jeit Don einem 5Konat borange^en, innerl^alb beren an ben ©onn^ unb geft-
tagen auf bie beborfte^enbe 3"?^"^"^^^"^?^ ^ingetoicfen merben foH. 35abei n?urbe bie
i^offnung gehegt, ba| fd^on burd^ biefe ^rebigt eine ecclesia fidelium fic^ bilben mürbe 40
Dor il^rer äuf^eren Äonftituierung (Grebner ©. 22). 3)iefe foDte bann baburd^ erfolgen,
ba^ an bem feftgefej^ten 3:age biejenigen, meldte jur ^al}l ber ^eiligen gered^net tuerben
tDoDten, bie« öffentlid^ erflärten unb gleid^jeitig i^re Unterwerfung unter bie ^eilige ©c^rift
unb bie Äirc^enjud;t berfjjrac^en. Slbcr biefe 8eitritt«erflärung tvax nid^t in jebem %aü
au«reic^enb. 35enn n^er burd^ feinen !öeben«h)anbel ober feine atl)xt 2lnftof; erregte, n?urbe 45
in bie ^a[}l ber ©laubigen erft bann aufgenommen, h)eim e« il^m gelang, innerl^alb einer
3eit bon 14 3:agen burd^ 5Reue bie gegen i^n befte^enbcn Sebenfen ju lieben (Grebner
©. 21). erft burc^ bie separatio biefer criminosi (Grebncr ©. 24) ift bie 3lu«h)a^l ber
fideles abgefd^loffen b. \). bie eigcntlid^e ©rünbung ber ©emeinbe erfolgt. — ^l}x^ I^ätig»
feit übt fie au« in Serfammlungen unb burd^ i^re Beamten. 3)ie conventus fidelium 60
— aud^ ^auen burften antuefenb fein, aber nic^t reben, Grebner ©.21 — follen jeben
©onntag nac^ bem Sbenbmal^l ober nad^ bem (gffen an einem geeigneten Ort (in con-
gruo loco) ftattfinbcn, ut cum episcopo de universis, quae in ecclesia tractanda
occurrerunt, definiant ex verbo Domini (Grebner S. 20). ©})ejiell h)irb i^nen jus
gemiefen bie 2Baf^l ber Sifd^öfe unb ajiafonen unb bie ^anb^abung ber Äirc^enmd^t 66
(Grebner ©. 23). greilic^ h)irb inSejug auf bie ©ifd^öfe (=^faner) bie (Sinjd^ränlung
gemacht (cap. XXIII, (Srebner ©. 36), baf; fte „für biefe« ^a\)x unb bi« bie®emeinben
burcl^ ®otte« 2öort untertuiefen fmb" bon bem 2anbe«fürften unb ben 5Sifttatoren berufen,
ein- unb abgefefet tuerben foDen.— SJie Aufgabe ber 93ifc^5fe ift SSertoaltung Don SBort unb
©aframent, ©celforge, SBorfife im Äonbent. 3" 35ifd^öfen tonnen getoä^lt toerben : cives pii »i
19*
292 Hornberger Sqnobe
et docti ac irreprehensibiles, cuiuscumque artis sunt (ßrcbner ©. :>8), bagcgcn,
ba bic Sifd^öfc ministri ftnb, nid^t dürften, ^ertcn unb obrigfcitUc^c '^Jerfonen. hieben
bem 6j)i^fo^at crfd^cint ak jmeite^ ©emeinbcamt bcr 3)iafonat unb iWax in ;\njeifad^er
©licberung. 3)ic gunftioncn bc^ Diaconus episcopi (cap. XXIV, ßrcbner ©. 38)
& n^erben baburd^ beutlic^, baf; er aU adiutor seu minister episcopi bqcid^net mirb.
3Die diaconi ecclesiarum bagcgcn (cap. XXV, ßrebnct ©. 39), Don bencn menigften^
brei ba fein foßen, ftnb Slrmcnijflcger unb 3Sern?aIter be^ Äirc^enbcmiögen^. ^tx^t bie
Äirc^enorbnung tüarme^ 3«^«^# P*^ ^i^ Slrmen, fo tritt fie auf bcr anberen (Seite ben
§erumtreibem n?ie bem jjlanlofen Sllmofengeben entgegen unb t)erlangt, bafe ber (5m=
10 })fönger ber Unterftü^ung 3lrbeit leiftet ober njenigftenö baju toiDig ift (XXVII). 2lu(^
auf bie um i^re^ ©lauben^ toiDen au^ i^rer §eimat SSertricbenen erftrecft fic^ bie gür-
Jorge (XXVIII). 3ld)m ben episcopi unb diaconi erfd^einen norf» seniores (XII, XV,
XX, XXI, ßrebner ©. 18. 24. 33. 34) aber nur in ber ©teÖung bon )iNertraueng=
männem ber (Semeinbe, nic^t afe 35eamte. — ©er bauemben Sleiner^altung ber ©e=
16 meinbe biente bie Äirc^enjuc^t, loelc^e bi^ jur (Sjfommunüation fortfc^reiten fonnte unb
unter 9lennung be^ 9lamen^ über ben ©d^ulbigen toer^ängt lourbe. 3)ic(SEfommunifation, bie
in bem Slu^fcpluft bon ben SBoc^enberfammlungen unb bon bem ^ertel^r mit ben ©läu^
bigen beftanb, lourbe fo ftreng aufgefaßt, baf; ein i^r Verfallener, ber o^ne SRcue Dom
lob ereitt n?urbe, nid^t in fidelium sepulchris beftattet loerben fottte(XVI). ^ie ab-
20 solutio resipiscentium (bie Slu^brüdfe paenitere unb paenitentia tuerben burc^lüeg in
ber Reformatio bermieben, (Srebner ©. 84) erfolgt bor bcr ganzen ©emeinbe nad^
öffentlichem ©ünbenbefenntniö unb bei offenfunbiger SReue (XVII). gür biefeiS ganj;e
SJerfa^ren ift ber ©runbfa^ maf^gebenb: non solius est episcopi sed totius eccle-
siae excommunicare et absolvere quenquam (XV, 6rebner ©. 23). — ^\xx
25 ^effifd^en iJanbe^firc^e loerben biefe ©emeinben burc^ bie adjä^rlic^ in 5Karburg unb jhjar
in ber Siegel am britten ©onntag nad^ Cftem ein^uberufenbe ©imobe jufammengefafet,
für bie eine 3)auer Don ^öd^ften^ 3 2:agen Dorgefd^rieben hiirb (XVIII, Grebner
©. 28). 3)ie ©^nobe fe^t fic^ (im^ ben Sifc^öfen, ben 2lbgeorbneten ber ©emeinben
— jebe toäl^It einen au^ i^rer ÜKitte — ben dürften, ben ©rafen, unb ben .sperren
30 (Nobiles) jufammen. 9lur bie Slntoefenben üben baö ©timmred^t auö (ßrcbncr ©^ 29).
Slufgabe ber ©^nobe ift, alle Slngelegen^eiten ber 3}ern?altung unb Crbnung ber Äird^e
nac^ bem SBorte ©otte^ ju entfc^eiben (©. 28). 3)iefe« gilt ate ba^ einzige ©efe^, alle
®ntfc^eibungen ber ©^nobe fmb nur 2luelegungen (©. 30). — %ixx bie ^üt i^mifc^en
ben einzelnen ©^noben n?irb Don ber ©^nobe a\x^ i^rer 5Kitte ein au^ 13 ^Jßerfonen bc-
36 fte^enber, gefd^äftsfü^renber Slu^fc^ufe getüä^lt, ber bie ©^noben Dorjubereiten, bann ju
leiten unb Dorläufige Verfügungen ju treffen l^at, bie bann ber ©^nobe fclbft Dorgelegt
toerben müfjen. Slu^erbem loerben Don ber ©^nobe brei Sifitatorcn (XXII) geh)äblt,
beren aufgäbe ift, einmal im ^a\)x alle ^efftfd^en ©emeinben ju Difitieren ; bie ju 33i=
fd^öfen ©emä^lten auf il;re 3!auglic^feit ^in ^u prüfen, bie toürbigen ju beftätigen unb
40 bie untDürbigen ab^ufe^en ; bie ©emeinben unb Sifc^öfe nai) 2Raf;gabe be^ 2Bortci^ ©otte^
gu unterftü^en unb auf bie Veac^tung be^ SBorted ©otte^ unb berSefd^lüffe ber©^nobe l^in-
zuarbeiten (CSrebner ©. 35). — '^n bringenben Angelegenheiten tritt ber 3luefc^ufe mit ben Vift-
tatoren ju gemeinfamer Beratung jufammen (CSrebner ©. 29). ©el;r bc^eic^ncnb für ben ©eift
ber Äirdienorbnung ift bie CSrflärung (XXVI), bafe feiner ber firc^lic^en Beamten, n^eber bie
45 3>reije]^ner ober SBifitatoren, nodb bie Sifc^öfe ober 3)iafonen einen Vonang (primatus)
befi^ft unb ba^ ©treben banac^ mit Verluft beö Slmte^ beftraft n^erben foU; nur um ber
Orbnung millen ioirb über bie in ben ©^noben ^u beobadjjtenbe ^Reihenfolge Verfügung
getroffen.
©er Äirc^enDerfaffung folgt in ber Äirc^enorbnung ba« Unterridjjt^tücfen. '^üx bie ge*
60 planit ©rünbung ber UniDerfitöt (universale Studium) IDlarburg (cap. XXIX) njirb ber ©e^
fui^tgjjunft aufgeftellt, bafe bort nic^t^ gelehrt loerben barf, quod negotiis regni Dei obesse
possit. Unter ben 2tnn)eifungen für bie ^a!ultäten ift neben bem Verbot bcr Vel^anblung
beö fogenannten fanonijc^en 91ec^t^ bie Veftimmung Don ^ntereffc : praelegantur artes
liberales et politiores literae, adhibito in omnibus, praesertim in Mathematicis,
66 censore tutissimo, nempe sermone Dei. Ij*^ ^^^ ©täbten unb Dörfern foHen
Änabenfc^ulen enic^tet toerben (XXX) ; ebenfo aWäbd^enfc^ulcn (XXXI), menn möglich
auc^ auf bem Sanbe, bie tüd^tige ^auiSfrauen ^eranbilben foUen. — 2)en Sc^lu^ ber
Reformatio bilben Veftimmungen de claustris et monachis (XXXIV): für aUeäu^s
tretenbcn foll geforgt Serben, ben Su'^üdtbleibenben toirb ^unäc^ft SDulbung ^u teil, freiließ
00 unter ftar!en Vefc^ränfungen i^rer ^eibeit; in frei toerbenben 5^löftent foUcn ©d;ulcn an-
Hornberger S^nobe 293
öclegt tocrbcn ober fic foDen, \vk bic (Sentcinbe entfcBeibet, für fird^lid^c ober öffentlid^c
3U)erfe Dertoenbet ioerbcn (6rcbncr ©. 47).
3)a bic Reformatio nid^t burd^ bie .^omberöer S^nobe genel(;mtgt toorben n?or,
fonbem nur ben 6nth)urf einer bon i^r getoä^Iten Äommiffion barftellte, beburfte e« eine«
befonbercn rec^tlid^en 2lfte^, um biefer ^ribatarbeit in Reffen öffentliche ©eltung ju toer« 5
fc^ffen. Ob bie^ burd^ eine lanbeöl^errlic^e Verfügung ober burc^ ba^ .3wfö*«»n^toW[en
be^ fianbgrafen mit einer neuen O^nobe gefc^a^, n?ärc in ber bamaligen Übergangszeit, in
ber baS olte SRec^t faftifc^ bei ©eite gefd^oben n?orben toar, neue Sled^tönormen aber fid^
erft ^erauSbilben mußten, mcl^r eine §rage ber ^olitil aU be« Sled^tS getoefen, in jebem
%a!0, toar eine folenne Seröffentlid^ung ber Äir^enorbnung unerlä|lid^, um j^e in Äroft 10
ju fefcen. 2)ie 3(rt, toie fiambert Don Slöignon am 15. gebruar 1527 über bie betoor*
ftel^enoe ^ublifation ber ?Proto!oDe fid^ äußerte (Ep. ad Colonienses), brängt bie Ser«
mutung auf, baf; er für bie Reformatio nod^ bamate baS gleid^e erhjartete. 3lber biefe
änerlennung ift il^r Derfagt geblieben. 3)er Sanbgraf ^l^ilipj) ^atte e« für angezeigt er*
achtet, aus ftaatSmännifc^en ©rtoägungen ober auS ))erfönlid^er ©c^ö^ung beS 3lef ormatorS 15
ober toeil ibm felbft äebenfen über bie Sraud^barfeit ber Äird^enorbnung aufgeftiegen
h>aren, biefelbe Sut^er jur Begutachtung bormlegen. 3)iefer antwortete in einem ©d^reiben
bom 7. Januar 1527 (juerft Veröffentlicht: Söf^rS ^ßrebigerbibliot^ef 1882 ©.362, bann
u. a. 3)c aBette, »riefe VI, 80; ^affencamtj II, 306, togl. e.2. (gnber«, Sut^er« ffierfe,
Srieftoec^fel, 6. 99b, (Salto u. Stuttgart 1895, 3lx, 1131, ©. 9), in bem er jtoar erflärte,»
ungern ftd^ ^u äußern, toeil man i^m fd^ulb gebe, als tooUte er niemanb anberS ettoaS
gelten laf[en, bann aber bod^ beftimmte Slatfc^läge erteilte : bie Äird^enorbnung nid^t burd^
ben 2)rudf ju Verbreiten ; juerft bie Pfarren unb ©c^ulen mit tüchtigen Seuten ju toer«
forgen unb mit ganj furjen 3lntoeifungen ju tjerfe^en, nid^t mit bem ®rlaf; fertiger ®efe^e
ju beginnen, bie bie Seute bann bod^ nid^jt ausführen fönnten, fonbem bie ®efe^e auS 25
ber praftifc^en ßrfaf^rung unb ©itte berVorge^en ju laffen! 5Diefer 93rief l^at über baS
©c^idffal ber Äird^enorbnung entjd^ieben. ©ie ift nid^t nur nic^t im 3)rudt erfc^ienen, fon«
bem toie bie nur gn?ei, bis je^t aufgefunbmen, §anbfd^riften betoeifen, offmbar gefliffentlic^
jurüdtg ehalten n?orben. 3)ie früher t)iel t^er^anbelte ^age, ob fie toenigftenS eine ^Ät lang
m gefe|lid^er ® eltung geftanben i}ai, toirb in Vemeinmbem ©inn burc^ bie ^nfttuftion ber 3?ifts ao
tatorm (d. 3?ibba, feriis Pentecostes 1527, Äö^ler a.a. D. ©. 244—246) entfc^ieben, in ber
unter auSbrüdflid^er Schiebung auf bie ,§omberger Drbnung erilört n?irb, ba^ feine anbere Orbs
nung als baS äöort ©otteS gelten foDi unb bafe feine anbere Drbnung ju ertüarten fei.
3)aS Urteil Sut^erS über bie Äirc^enorbnung n?ar fac^lid^ bered^tigt unb ber Sanb*
graf ^at flug ge^anbelt, i^m j^u folgm. 2ltlerbingS enthält fie manche t)ortrefflidE)m ®e* 86
banfen, l;at auc^ burd^auS nidj>t ben Sortüurf beS SRabifaliSmuS im allgemeinen i)erbient,
fie geigt ftd^ in ber Sefd^ränfung ber .Äird^en^uc^t auf notorifc^e öffentlid^e ©ünben, o^ne
aiuSbe^ung auf ben ©laubenSftanb, Von grofeer 5Kä^igung im SSergleid^ mit f})äterm
reformierten Äird^enorbnungcn unb l^at in ber Übertragung ber Äird^engetoalt an eine ©^nobe
für bie Drganifation ber ©Vangelifc^m einm neuen, burd^ bie ^olgejeit legitimierten 2Beg 40
getoiefen. Slber eS l^afteten il^r bodb auf ber anberen ©eite fdbtoere Mängel an. 3)er er^eb«
lidl^fte (Sintoanb, ju bem bieÄird^morbnung l^erauSforbert, ift ber bereits Von Sutl^er geltmb
gemad^te, ba^ fie nic^t ben tbatfäc^lid^en 3^erl^ältniffen beS §effmlanbeS ange})a^t n?ar unb
ganj boftrinär für eine erft ju grünbenbe Äird^e eine fertige SSwfaffung enttoarf. Sieben biefem
meti^obifc^en ^Je^lgriff toar ani) ber ©runbgebanle ber Reformatio, auf ®litegemeinben bie 46
gange Äird^e ju bafteren, Verfehlt, ba er bem S?ergic^t auf eine 93olfSfirc^e gteid^ fam unb
auf bie Silbung Von ÄonVentifeln l^inbrängte. 3)urc^ bie bem SanbeS^errn unb bem Slbel
eingeräumte Jjrivilegierte ©tellung, aud^ o^nc bie für anbere feftgeftelltm Verpflichtungen
als VoUe ©lieber ber ©emeinbe ju fungieren, VoUgog freiließ bie ÄirdE)morbnung fofort eine
Jtorreftur an i^ren eigenen $rinji^3ien, aber bett)ieS bamit jugleid^ beren Unbur^fül^rbarfeit. 60
aBeil bie ioontberger Äirdbenorbnung toeber in §effm noc^ in anberen 2änbem, an
bie bei i^rer Slbfaffung aui) fd^on gebacl^t morben toar, jur 3lnerfennung gelangt ift
unb infolge ber i^ befd^iebenen SSerborgenl^eit auc^ ber f})äteren ©^nobalVerfaffung ber
reformierten Äirc^e nid^t als Sjorbilb bienen fonnte, fo ift fte ein intereffanteS 3)o*
fummt obne gefd^ic^tlid^e SBirfung geblieben; m. 35>. ift über^au})t fein Serfuc^, fte pxah nb
tifcb burc^^ufü^ren, befannt gettjorben. 3)ie .^omberger ©^nobe bagegen toar in il^rem
aSerlauf eine fo ftarfe Äunbgebung ber eVangelifdE)en SSetoegung in Reffen, ba^ fie für
bie ©efcl^icl^te ber Sieformation biefeS SanbeS grunblegenbe Sebeutung erhalten bat (über
bie toeiteren SKa^na^mcn ^l^ilij^t^S beS ©rof^mütigen Vgl. b. 31.).
2)a bie Kird^enorbnung nid^t eine originale Seiftung ift, fo erlebt fid^ bie ^age, too eo
294 Hornberger S^nobe ^omeriteit
W'ix i^re 3SorbUber unb Duellen ju fud^en ^aben. 3)er annähme einer Slb^ängigfeit Don
Sut^er (SRic^ter, SRanfe, Äöftlin, griebberg, Äö^ler u. f. to.) fte^t bic Se^auj^tung eine^
oberlänbtfc^en Urft)rung« ^ontmel, $af[encant}), ^adfc u. f. to.) gegenüber, baneben ift ber
©})mtuali^mu^ be^ granji^fanerorben^ (Slic^ter, SRitfd^I, aJtejer) l(^erangejogen toorben,
6 aud^ hai aBoIbenfertum (SiieH, ®öbel , SRid^ter, ^affencanH)), man ^at m^clifitifc^e
(SB. Äö^Ier) unb böl^mifc^e (Gonrab @. 50 ff.) einpffe angenommen, eine 6inh)irfung
be^ fran^ftfd^en, für fird^Iid^e 3)iöji))Iin interejfierten ßl^riftentum^ be^au^jtet (SHitjc^Of öwf
ba^ aDgemeine reformatorifc^e SetDufetfetn (§ci)})e) l(^ingeh)iefen unb auf bie Schrift (Sber*
lin« t)on ©ünjburg „bie fünfje^n Sunbe^enoffen" (SB. ÄöJ^Ier). ^n ber ^iJiell^eit biefer
10 $^})ot^ejen, bie jum ietl fombiniert Vertreten toerben, fommt bie 3:^atfac^e jum 2lu6brudf,
bafe bie Reformatio i^re (Sebanfen nic^t nur Don einer Seite l(^er entlcl^nt bot. 3)ie entjc^ei-
benbe Anregung ift Don Sutl^er angegangen, ber in ber Don ber Reformatio felbft citierten
©c^rift „3)eutf(^e 3Jleffe unb Drbnung 0 otte^bienft«" (äB. SB. 2B. ä. 1 9 ©. 75, 2öerf e 2.^ 33b. 22
©. 230f.)gef(^rieben l(^atte: „Slber bie brittc SBBetfe (neben ber lateinifc^en Formula missae
16 unb bem beutfc^en ®otte«btenft), bie eine redete 9lrt ber eDangelifc^en Drbnungen l^aben jottte,
müfetenid^t fo öffentlich auf bem5ßla§ gefc^e^en unter aDerlei 3SoIf , fonbem biejenigen, fo mit
®mft giften hjotten fein unb ba« SDongelium mit $anb unb SKunb bcfennen, müßten
mit 9lamen fic^ einjeid[fnen unb ettoa in einem ^aufe allein fic^ Derfammeln ;ium ®ebet,
m lefen, ju taufen, ba^ ©aframent ju emt)fangen unb anbere d^riftlid^e äöerfe ju üben.
ao 3jn biefer Drbnung fönnte man bie, fo fic^ nic^t c^riftlid^ hielten, fennen, ftrafen, beffem,
audftofeen ober in ben 35ann t^un, nad^ ber SRegel ßlj^rifti SRt 18. $ier fönnte man auc^
ein gemein ätlmofen ben Sl^riften auflegen, ba^ man miUiglic^ gäbe unb au^teilele nad^ bem
@j£tmpd ©t. ißauli 2 Äo 9. $ier bebürft^ nid^t Diel unb gro^ Oefänge^. §ier tonnte man
md) eine furje feine SJBeife mit ber iaufe unb ©ahament l^alten unb aüt^ auf^ SSJort
26 unb (Sebet unb bie Siebe richten. $ier müfete man einen guten furjen ßatec^iömum l^aben
über ben ©lauben, ge^n Oebot unb 3?aterunfer. ftürglid^, n?enn man bie Seute unb
^erfonen l^ötte, bie mit 6mft ß^riften ju fein begehrten, bie Drbnungen unb SBeifen
tDören balb gemacht. 9lber ic^ lann unb mag noc^ nid^t eine folc^e (^emeinbe ober S^erfamm-
lung orbnen ober anrichten. 3)enn ic^ M^e nod^ nic^t Seute unb ^erfonen ba^u ; f o f el^e
ao ic^ auc^ nic^t Diele, bie baju bringen. Jtommt^ aber, ba^ ic^ ti)\xn mu^ unD bam ge-
brungen toerbe, ba^ id^ au« gutem ©etoiffen nic^t laffen fann, fo hjitt id^ ba« 3)teine
gern baju t^un, unb bo« 93efte, fo idb Dermag, Reifen, ^nbe^ toiQ xd^ bei ben gefagten
jtoei SJBeifen laffen bleiben unb öffentlich unter bem Soll jold^en ©otte^bienft, bie S^Ö^b
}u üben unb bie anberen aumölauben ju rufen unb ju reiben, neben ber ^rebigt Reifen
86 förbem, bi« ba^ bie ßl^rijten, fo mit ®mft baö 2Bort meinen, pd^ felbft finben unb
anlöten, auf bap ni^ft eine Slotterei barau« toerbe, fo ic^« au« meinem Äo})f treiben
tooDte. ^mn toir 3)eutfc^en finb ein tüilb, ro^, tobenb 3Solf, mit bem nic^t leid^tlic^ ift
ettoo« anjufa^en, e« treibe benn bie ^öc^fte Slot." Siegen ber Reformatio biefe ©ebanlen
Sut^er« (Dgl. De instituendis ministris a. 1523, Opp. lat. VI, p. 497, 511, 523,532
40 über bie 9Ba^l ber ^Prebiger bur^ bie ©emeinbe) ^n ©runbe, fo ift anbererfeit« flar, ba^
bie l^ier DoQjogene ^el^anblung eine« Don Sut^er al« möglich gefegten 9lu«na^mefalle«
oI« Siegel unb i^re ßrl^ebung ju einer grunblegenben g^f^tution ber Äirc^e nic^t eine or=
ganifc^e SBeiterfü^ung Sutl(^erfc^er ©ebanlen toar, fonbem eine 9lrt Don 3}ertoertung, bie
unter bem lonlurrierenben 6influ^ anberer ^Itoren fic^ Dolljog. 3)a6 in ber il^at
46 neben Sutl(^er nod^ anbere Sintoirfungen auf bie Reformatio ftattgefunben l^aben, ift aber
ouc^ im Slidt auf mand^e detail« ber Äird^enorbnung (j. 95. 3)reije^neraußfd^ufe, ber Don
ßonrab ©. 45 ff. unb ©. 51 mit ftäbtifc^en (Sinric^tungen in 9Jle^, ©tra^burg unb ben
böl^mifc^en 93rübem in SSerbinbung gebracht h)irb), ju Dermuten. SBelc^er 2lrt biefelben
^:fen fmb, ift ein um fo fcbtoierigere« Problem, al« felbft in 93ejug auf jene 2lu«fagen
er« in ber „beutfc^en 3Jleffe" bie grage ftc^ ergebt, intoietoeit l;ier ber ßinfc^lag fremb^
artiger (3ld^eli«, SRiefer: h)iebertäuferifd^er) Slemente ju fonftatieren ift. (Sine met^obifc^e
Slnal^fe ber Duellen ber Reformatio toirb mit ber Il^atfac^e ju rechnen Ijahtn, bafe fic
tueber at« SBerl be« Sanbgrafen (Grebner) gelten fann nod^ al« bie au^fd^lie^li^e 3lrbeit
Sambert«, ba i^m 3Jlitarbeiter jur ©eite ftanben ; ba^ ber 9lad^n?ci« eine« 3lbbängigfeit«=
66 Der^ältniffe« bur^ bie §erau«ftenung einiger 95erüi^rung«j)unfte noc^ nid^t erbracbt ift, bafe
in jener 3^^^ großer @äl(^rung Diele biblifd^en ©ebanfen mit mittelalterlichen (Elementen
unb 2lnfd^auungen fic^ Dermifc^ten unb noc^ toirlten, o^ne ba^ e« möglich n^ärc, reinliche
©4>eibungen Dorjune^men. 6arl 3)lirbt.
^omcrtten f. Arabien Sb I @. 768,7 ff.
^omtleHt 296
^omtlettf. 3ur fiittcvatur : I. 9ntc geit unb aKittelaltcr : Augustinus, De doctr. Christ.
L. Iv ; Kabauus Maurus, De institutione clericorum, L. III; Guibertus de Novig., Quo
ordine sermo fieri debct, MSLSb156; Honorius, Speculum ecclesiae MSL33bl72; Alanus
ab Insulis, De arte praedicatoria, MSL 33b 210; Humbertus de Romanis, Eruditio reli-
giosorum praedicatorum, BM 93b 25; Bonaventura, De arte concionandi, Opp. Supplem. 6
T. III, Tnd. 1775; Surgant, Manuale curatorum.
IL (Seit bcv ^Reformation: Erasmus, Ecclesiastes 1535; Hyi)erius, De formandis con-
cionibus sacris seu de interpretatione scripturae populari 1553; Pancratius, Methodus con-
cionandi 1574; J. J. Andreae, Methodus concionandi 1595; Aeg. Hunnius, Methodus con-
cionandi 1596; L. Osiander, De ratione concionandi 1597; B. Keckermannus, Bhetor. 10
cccles. 1600; Ch. Chemnitius, Methodus concionandi 1666; S. Goebelius, Methodologia
homiletica 1672; M. Zeidlerus, Khetor. eccles. 1672; J. Guilel. Bajerus. Compend. theol.
homileticae 1677; J. B. Carpzovius, Hodogeticon 1695; Ch. Scriverius, Methodus conc.
1699; S. Glassius, Rhetoricae sacrae nucleus 1714; Sfiamba^, (Erläuterungen über bie prae-
cepta hoinil. 1736; 3SaIc6, (Sammlung f leiner Schriften Don bcr gottgefälligen Sivt ju pxt* 16
bigen 1747; 3. fi.3Hog^eim, ?lnroeifung erbaulich ju ^jrebigen 1763; St. 3Kar^einerfe, (Srunb*
Icgiing ber ^omiletif 1811; $.«[.@*ott, X^fcorie ber S3erebfamfcit 1815-28; ®. W. 5. Sicfcl,
©runbriS ber ^alieutif 1829; ?R. @tier, (äJrunbriß einer fiertjftif 1830; m. ed^roeijer, .fco*
miletit 1848; 6^. «Balmer, (Suang. 4)omiIetif 1850 u. f. f.; »inet ^omilctif, beutfc^ öon
3. ©(ftmib 1857; §Ufr. ^roug, fieftrbucö bcr ^omUctif 1883; $). »ajfcrmann, ^anbb. bcr 20
geiftl. »erebfamfeit 1885; «Ib. Stolj, 4)omiIeti! 1885; 2:^. (5f)riftlleb, 4)omüetif 1893; StodE-
melier, ^omiletif 1895. 9Zidjt genannt finb fticr biejenigen 4)omiIetifcn, weld^c fic^ in ®e«
famtbarfteüungen ber ))raftifd[)en X^eologie bepnben.
Sic S^coric ber d^riftlic^en ^rcbigt l^at erft fd^r f})ät bcn 9?amen §omiIetif bc^
lommcn. 3[ber bie Ideologen ^aben aud^ i^rerfeit^ fc^r fjiät angefangen, bie 3:^eoric bcr 26
^ßrcbigt in felbftftänbigen Werfen barjufteUcn. ©^riften au^ bcr altfirc^Iic^cn g^i^ körin
man 2lu^fül^rlid^e^ über bie ^rcbigt crtoartct, toic De fuga bon (Srcgor 9laj., De sa-
cerdotio bon d^r^foftomu^, De officiis ministrorum bon 2lmbrofiu^, Regula pasto-
ralis bon ®rcgor bcm ©rofecn enthalten über bie ^rcbigt nid^t^ ober nur SJcrcinjcItc«
unb OcIcgcntU^c^. ©rft 3luguftin l^anbclt im bicrtcn Suc^ feiner ©d^rift De doctrina so
christiana au^füj^rlic^er babon. 3N fd^Kefet ftc^ unb jtoar jum teil toörtlid^ Slabanu«
SWauru« an, bcr im 3. S3uc^ De institutione clericorum bie artes liberales in i^rcr
35cbcutung für bcn gciftlic^en ©tanb ^e^anbclt unb bie Rhetorica auf bie ^rcbigt bc=
jic^t. SBa^ bcm SSerfaffer bicfeö 2luffa^e^ nod^ fonft bon bcr cinfc^lägigcn mittelalterlichen
Sitteratur borgelegcn l^at, ift burd^fd^nittlid^ atö fc^r bürftig nad^ ©citc bcr 2^coric )u 35
bcgcic^ncn. 3)ic ©cf^rift bc^ ©uibert bon 9Jogcnt: Quo ordine sermo fieri debet
(MSL Sb 156) ift nur ba^ ^roömium ju bcn Moralia Qeneseos. 3)ic Summa de
arte praedicatoria bon 3llanu^ (MSL 95b 210) ift cbcnfaß^ ganj geringen Umfangt.
3)ic ©d^rift be^ ©uilclmu^ $arif. De rhetorica divina ^anbclt bom ®cbet. 3lu^fü9r=
liefere« finbct fid^ in bem 2BcrIc bc^ ^umbcrtu^ bc Slomani^ : Eruditio religiosorum 40
praedicatorum (BM Sb 25). 6nbli§ fei noc^ auö bcr 2lu^angöjcit bc^ 3Kittelaltcr«
bo^ bielgcbrauc^tc Manuale curatorum bon Ulrid^ ©urgant crh)ä|nt, ba« in ber erftcn
§ätftc ber considerationes bie ^rebigt namcntlid^ ^inftc|tlid^ bcr 2^ed^nif, bc« 2lufbauc^,
bc« SSortroge« einge^cnb bc^anbelt (bgl. ^ur mittelalterlichen Sittcratur: 31. Sinjenma^er,
®cfc^. b. ^rebigt in ©eutfc^lanb bi« jum 2lu«gangc be« 14. 3a^rJ>., 1886). 46
3)cn Übergang ju bcn .^omilctifen ber Kird^cn ber SRcformation bilbct bcr Eccle-
siastes beg ©ra^mu« 1535, bod^ n?ol^l fc^on infolge bcr 2^^atfad^c cntftanben, ba^ ba«
^rebigen jc^t ein anber 3)ing getoorbcn toar. SSon bcn ©d^riftcn })rotcftantifc^cr 3:i^co*
logen über Jo<>"^iletit au« bcm 16. 3<^^^w^^^ f^^^" genannt: De formandis concio-
nibus sacris 1553 bon Ocrl^. §^J)criu«, De ratione concionandi 1597 bon £uc. 60
Dftanber, Methodus concionandi bon 3a!. 2lnbreä, l^crau«g.bon ^ol^carJ)u«2l;fcr 1594,
Methodus concionandi 1596 bon 2lcg. §unniu«. 9Kit bicfen unb äl^nlid^cn aOäcrlcn
tDurbc eine rcid^e Sittcratur über §omiIetif eröffnet; cinjelnc äScrfaffcr tocrbcn nod^ er«
toä^nt tocrbcn ; in ber 3lngabe bcr 9?amcn unb SBcrfe eine aud^ nur rclatibc SSoHftänbigs
feit ju erjiclen, ift bcm SSerfaffcr biefe« Sluffa^c« unmöglich. Unter bicfen aOäcrfcn bc* 66
gegnct auc^ eine Methodologia homileticael672bon ©cbaft. Oöbcl, 3lbt bon Sergen,
unb ein Compendium theologiae homileticae 1677 bon 3- 9B- Söjcr, ^rof. in
3ena. Um biefe 3eit ift alfo bcr 9Jame „§omilctif" ober ettua« Sl^nlic^c« für bicfc
2Di«gi})lin in ©ebrauc^ gefommen. ©i^bcl gicbt in bem erftcn Slbfd^nitt eine au«fül(^rlic^c
93cf(5red|^ung bc« SBortc« ö/udla ; man l^at ben ßinbrudE, al« l^anbclc c« fid^ um ettt)a« eo
Ungctoöl^nfid^c«. älUcin ber 9lamc fam nic^t jur 2lllcinl^crrfc^aft. Sajcr bcmcrft ju
Siamen toic Rhetorica: quae fere usitatiora sunt, quam ipsum nomen Theo-
296 ^omtietit
logiae homileticae. 3lnbcrc 3lamm 6cl^au})tctcn fic^. 9Jcuc 9Jamen tourben getuäl^It,
jj. S3. geiftlid^c Serebfamfcit ; fo bon 5Dlo^$eim in feiner Slntueifung erbaulic^ ju Jjrebigen
1771. bi« ju §. S3affennünnö ^anbbud^ ber geiftlic^en Serebfamfeit 1885. .^ier ift nod^
ju ertoäi^nen: §alieutif, auf ®runb Don 9Hc 1, 17 bon ©idfel angehjenbet, ber aber in
6 ber 2lugfül^run0 bie mebijinifd^en 3:ermini : ^Pat^ologie unb Il^erajjie gebraucht : Äer^ftif,
Don ©tier gebraud^t; SKart^retif, \>on ßl^riftlieb Jjorgefc^lagen (in ber 2. Stuf läge ber
9leaIenc^fIo})äbie).
^ür ba^ SJerftänbni^ ber mit bem 9lanten §omiIettf bejeid^ncten t^eologifc^en ^'x^U
t)Iin ift e^ gam gleid^ilttg, toaö fi(^ ^lutarc^ unter ^ ojbuXrjnxi^ seil. rfyvT] gebaät
10 ^at. ®^ ift auc^ gang gleic^giltig, ob o/udeiv urft^rünglic^ bom Iriegerifc^en 3"fö"^"^^"=
treffen gebrandet h)urbe unb nad^l^er bom gefelligen JJerlel^r, eine Seobad^tung, bie übrigen^
mit bem ^omerifc^en ©jjrad^gebrauc^ nic^t ftimmt. 3)er 9Jame ^omiletif erttärt unb rec^t^
fertigt ftc^ jur ®enüge barau^, ba| ouiletv unb öuiila bon ber c^riftlid^en ^rebigt ge=
braud^t tourben; fo bielleid^t fd^on 21® 20, 11; ficper Ign. ad Polyc. 5, 1; Acta Jo.
16 ed. 3<^n p. 219, 14; ®uf. K® VI c. 19: e^ fei unerl(^5rt, t6 Ttagovxojv biioxoncov
Xai'xovg ö/LuXeiv. SWi^glid^, ba^ einzelne mit bem 9?amen ^omilie fc^on eine befonbere
®attung bon ^rebigt begeic^net l^aben, toie j. 35. ^pi^otiud in emcr S3emertung über löyog
bcg ß^r^foftomu^ (f. Suicer. Thes. unter öjud.) erfennen läfet, ober toie 2luguftin Ep. 224
homilia mit tractatus popularis toiebergtebt. ®ro^ed ®eh)id^t barf man auf berartige
20 bereingelte 9Jotijen nid^t legen. 3)ad SBort homilia ging auc^ in ben ©t)rad&gebrauc^
ber 2lbenblänber über. ®regor ber ®r. nennt Ep. X 9lr. 52 Don iJ^m gel^altenc ^rebigten
homilias; bie bemSermanu« t)on 5Pari^ jugefd^riebene Expositio ^at(MSLS3b 72) einen Slb=
fc^nittDe omelias, ba^ ^omiliarium Äarte be«®r. toirb mit benSBorten eingeleitet: — in-
dpiunt omeliae sive tractatus beatorum. ^r bie 9Jeujeit fei ^ingemicfen aufSlrt. 35
26 ber Conf. Angl.: De Homiliis, auf ba^ Decret. de reform. c. 18: Sacrum scrip-
torum, libros ecclesiasticos, homilias sanctorum ediscent. hiermit ift erflärt,
bafe biejenigen ©d^riftfteHer, todc^e ftdb be« 9lamen« i^omiletif bebienten, nic^t toiflfürlic^
unb of^ne gefd^id^tlid^e^ SRed^t fo »erfuhren. 2lnbererfeit« muf; ber SSoDftänbigfeit falber
hinzugefügt toerben, bafe Don jej^er neben bem ätu^brudt ^omilie noc^ anbere ge*
80 brautet tourben : in ber alten 3^ ^^ *>^ ©ried^en Xdyog, bei ben Sateinem trac-
tatus, disputatio, allocutio (SBelege bei »ing^am, äntiq. S5b XIV ©eft. IV c. 2).
3m 3RitteIaIter bebiente man fic^ l^äufig be« 9lu«brud(e^ sermo. ^m 5WitteIaIter
lamen aud^ bie Sejeid^nungen praedicare unb beffen Ableitungen auf. ©d^on ®regor
ber ®r. rebet bon praedicationis officium, Reg. past. I c. 7. 3)ie ^angi^faner be^
86 nannten il^re Se^rt^ättgfeit mit praedicare, bie ®omini!aner nannten ftd^ f ratres prae-
dicatores, , ©urgant berhjenbet in feinem manuale ba^ SBort fortmä^renb. ^r bie
Äird^en ber ^Reformation toar ba« SBort ?Prebigt burd^ bie Äird^enorbnungen gefiebert.
3Sgl. axx^ Sut^erd beutfd^er 5Weffe 1526: bamac^ geltet bie ^ßrebigt Dom ßtoangclio be^
Sonntag« ober ^te«, unb au« bem Keinen ftated[^i«mu« : ba^ tüir bie ^ßrebigt unb fein
40 SBort nic^t Derad^ten ; au« ber 3^^^^^^ $räbifantenorbnung 1632 : 2)ieh)eil ba« ^Pfarr«
ober ^rebigtamt ba« ^öc^fte unb nottoenbigfte in ber Äirc^en ift; au« ben ®enfer Dx'
bonnan;^en 1541 : Du nombre, lieu et temps des pr^ications. 3"^^ 3^^* ^f* ^^^
un« ^rebigt ber umfaffenbe ®efamtname geworben, ^omilic jur Sejcic^nung einer befon=
beren ®attung ber ?Prebigt ^erabgefunfen.
46 SKit biefem, toir toouen un« ganj allgemein au«brüdfen, innerl^alb be« ®ottei^bienfte«
ber c^riftlic^en ©emeinbe ftattfinbenben 93ortrage, ber bie berfd^iebenften 9?amen l^at, be=
fc^äftigt fid^ bie ^omiletif. ®« toirb nötig fein, ba^ fte bor allem ba« (Sigentümlid^e,
ba« SBefentlic^e biefe« 93ortrage« feftfteDt. 3" bi«f«tn ^W^^ barf fie aber nid^t bie ein=
jielnen 9iamen mit §ilfe be« 2eji!on« burd^muftem; non est de etymologiis magno-
60 pere laborandum, fagt fd^on §V})eriu« in feiner %o\>xt. ©ie barf auc^ ni(bt baDon
au«ge^en, ba^ bie ^rebigt ober §omilie ober toie fie fonft ^ei^en mag, eine Siebe ift.
©0 nod^ 2;i^eob. §amacf, in beffen ^omiletil ber erfte grunblegenbe 3^eil ^eigjt: l^on ber
SBerebfamfeit über^aujjt unb ber geiftlid^en in«befonbere. 3)iefe« SSerfa^ren, bie §omiletiI
in bie Il^eorie ber Serebfamfeit einjuorbnen, ift allerbing« fo alt, loie bie Öemüf^ung,
66 über bie ^rebigt im allgemeinen etn?a« ^u fagen, überl^au^t. 6« erflärt fic^ au« ben
3eitberl^ältniffen, au« bem S3ilbung«gang ber l^iel^er gef^örigen ©Ariftfteller unb au« bem
^edte, ben fie mit berartigen ©Triften ijerfolgten. 2)er ehemalige SRf^etorenfd^üler Don
ÜJlabaura unb ilart^ago, 9luguftin, fünbigt jn?ar De doctr. ehr. IV, 1 an, ba^ er feine
rhetorica praecepta geben toerbe, quae in scholis saecularibus didici et docui,
üü aber ber toeitere 3Serlauf feiner äu«fü]^rung geigt, toie fe^r er tjon ber antifen St^etoril
Homilet» 297
bc^crrfc^t ift. 35ic mittelalterliche ©ejjflücjcnl^eit, bie ai-tes liberales für ba^ tl^eologifd^e
Stubium ^erjuric^ten, verfettete natürltd; bie §omiletif mit ber ©erebfamleit erft rec^t fcft.
SRdand^t^on grünbete ber ^)$rebigt ju lieb ein neue^ rl^etorifc^e^ genus, bad genus
didascalicum (Elem. rhet. CR XIII p. 421 : Ego addendum censeo didaoxaJU'
xov genus praesertim cum hoc tempore vel maximum usum in ecclesia ha- 6
beat). aber bie bamit eröffnete ©elegen^eit, bie $omiletiI felbftftänbig ju machen, tDurbe
nid^t bcnü^t. ßbenfo fanb §^})eriu^ bei feinem Serfuc^e, bie 3:^eorie ber ^rebigt auf
bie ©c^rift gu grünben, feine SRad^folger unb gortbilbncr. 5Kan fann bieg ^iftorif^ ber«
fielen unb red^tfertigen : bie ©emeinben beburften tüd^tige ^rebiger, unb um biefe mög*
li<^fi rafd^ ju liefern, gab man ben ^rebigem für bie ^erfteHung i^rer ^ßrebigten Siegeln lo
unb äntoeifungen, toie man ben ©vmnafiaften l^eutjutage folc^e Siegeln unb Slntoeifungen
für i^rc äuffäfee giebt. 3" ^^^ 2^^^ ^^i "^^" ^^ ^'^^ ^omiletifem ber jjroteftantif^en
Äird^en, bor oUem benen be^ 16. 3ö^^^w«*>^^^/ h)^^ £• Dfianber unb 2lug. §unniug, ba«
3cugnig geben, ba^ bie J)on i^nen gegebenen 3lnh)eifungcn, Dorau^efe^t, baf; fie gemiffen«
^ft befolgt tourben, ben $rebiger inftanbfe^ten, eine erträglid^c ^rebigt ju liefern, älber i5
man mag mit ben Siegeln ber antifen SRI^etoren arbeiten ober eine neue Sl^etorif auf«
fteDen, man fommt ntd^t ju einer bc« SJamen« merten tl^eologifc^en 3)igji})lin, fo lange
man ntd^t ben 9luögang^unft ber ^omilettf innerl^atb ber f^ftematifd^en Ideologie auf«
fu^^t 3)ort ift er aber nic^t fc^toer ju finben. ®r ift mit ber firilic^en ©emeinfdjjaft
gegeben; bon biefem fünfte au^ gtoeigt bie §omiletif ate befonbere S)igjij)lin ob. 3)iefeao
firdjflic^e ©emeinfc^aft ober c^riftli^e ©emeinbe mag nun für bie jurifttfd^e 2lnfc^auung^
toeifc nic^td toeiter fein, alö eine Sleligion^efeDfc^aft neben anberen Sleligion^efellfc^aften;
für ben S^^eologen ift fte bie burd^ ben ©lauben an 3^"« G^riftu^ gebilbete unb fort«
befte^enbe toirflic^e ©otte^gemeinbe. 3)a^ biefe Slnfd^auung mit bem 912^ ftimmt, bebarf
feinet einge^enben öetoeife^, ber überbie^ ber 3)ogmatif aufaßt. 3)iefe ©emeinbe ift eine 26
geworbene unb toerbenbe jugleid^ (t)gl. I^omaftu«, Gl^rifti 5ßerfon unb SBerf § 81). 3)amit
aber bafe fie, bie bereit« bon ©ott ^ergeftellte toirflic^e ©otte^emeinbe, jugleic^ boc^ noc^
eine toerbenbe ift, ift bie 2l;atfac^e gegeben, bafe fte jur ^Ai eine unboHfommene ift.
2)iefe UnboHfommenl^eit ift barin begrünbet, ba^ bie ©emeinbe noc^ in ber fic^tbaren
aSelt lebt, unb barum bermöge ber il^r ani^aftenben ©innlid^feit ber in ber SBelt |[^errs ao
fc^enben ©ünbe unb bem Übel au^efei^t ift; unb jtoar ijai fie unter biefen gottfeinblid^en
SKöc^ten nid^t bloj^ ya leiben, fonbem fte toirb an i^rem eigenen ©emeinfc^aft^leben burd^
biefe beiben forttoäl^renb gefd^öbigt unb gefä^rbet. 3)emnac| l^at bie d^riftlid^e ©emeinbe
einerfeitd bermöge il^rer ©emeinf^aft mit ©ott einen reichen 93efi^ an geiftlic^ien ©ütem;
anbererfeit« ift pe vermöge i^rer ©cbunben^eit an bie SBclt ben dintoirfungen ber ©ünbe 85
unb be« Übete untertoorfen. ^jcner Sefi^ an geiftlid^en ©ütem mu^ fort unb fort in
ber ©emeinbe lebenbig erhalten toerben, unb gegen biefe ©intoirfung ber ©ünbe unb be«
ÜbeU mufe eine ©egentoitrfung ausgeübt toerben. 3)a« 3Kittel für bie eine toie für bie
anbere 3:^ätigfeit ift ba« 2Bort unb jtoar ba« 2Bort, toie e« bem jetoeiligen ©emeinbe*
bebürfni« entfprid^t. S)aju reid^t aber ber Seftfc ber ^eil. ©d^rift an unb für fid^ nic^t «o
au«. S)ie ^eil. ©c^rift muf; richtig benü^t toeroen; i^re Senüfeung berlangt immer eine
fubjeftibc, bem Dorliegenben ^aDe angepafjtc Xbätigfeit. 3)aju fommt, bafe i^re t^atfäd^«
lic^e S3efc^affen^eit eine Sel^anblung unb Slntoenbung nottoenbig mac^t, toeld^e au« ber
3Kitte ber gegentoärtig lebenben ©emeinbe ^cröorge^en muffen, um ben Sebürfniffen ber
gegentoärtig lebenben ©emeinbe ya genügen, .^n biefer Seife ift bie Slottoenbigfeit ber «
©emeinbeprebigt ya begrünben. 2luc^ ben unmöglichen ^oß gefegt, ba^ bie ©emeinbe
jemal« über bie il^r an^aftcnbe Unt)ollfommen^eit ^inau« fäme unb einer ©egentoirfung
gegen ©ünbe unb Übel nic^t mel^r bebürfte, fo toürbe bod^ i^r gegentoärtiger Seft^, ber
9efi$ ber d^riftlid^en SBa^rl^eit, für fid^ allein eine fort unb fort fid^ tooHjiel^enbe 3)ars
reid^ung nötig machen (ögl. ©c^leierma^er, ©l«i? § 134, 3). 3)iefe 2)aneid^ung be« 2öorte« w
entf})ringt alfo nid^t lebiglic^ })äbagogifc^en Sebürfniffen unb Jjraftifc^en Slüdtfic^ten auf
bie empirifd^e ©emeinbe, fonbem ift in bem SBefen ber c^riftlid^en ©emeinbe begrünbet.
Sluf biefen ^unft l(^at bie .?)omiletif t)or allem i^r Slugenmerf ju richten, aber nic^t
blo^ bie t^rinji^icDc Slottoenbigfeit ber ©emeinbe})rebigt mu^ t)on t^r bargelcgt toerben,
a\xi^ bie gefd^id^tlid^e ©nttoidfclung ber ©emeinbe^^rebigt fü^rt ihr eine Slci^e Don örfc^ei^ 66
nungen J)or, über bie fte ftd^ au«fpred^en mu^. Slebmen toir nur einfad^ bie ^rebigt,
toie fie fid^ gegentoärtig au«geftaltet ^at. ©ie ift ein gerabe^u unentbebrlid^er 3^eil be«
©emeinbegotteebicnfte« getoorben. 3!)er©mnb hierfür liegt in bem obvii SBemerften. 3lber
bie gegmtoärtige ^^rcbigt bot allerlei 6igcntümlidbfeiten : baju gei^ört ber 3^ejt, bann eine
befonbere Slrt Mm ©truf tur. ©nblid^ ^aben fi4> aud^ 3?orftellungen gebilbet, baf; bie go
298 ^omtleHI
3lu^bruct^n?eifc bcr ^Prcbigt unb ber Vortrag bcftimnitm ©runbfä^cn iintcrti?orfcn fein
müffc : man fjprid^t Don lanjclgemä^em äuöbrudf unb umgclc^rt Don bertocrtlid^cm 5lameIton.
5luc^ mit bicfen ©ingel^eiten unb Sfufeerlid^feitcn n>irb fic^ bie $omiIetif abju(;cben ^aben,
tt)äre c^ anä) nur, um ju bem ©rgcbni^ ju fommen, ba^ bicfc 3)ingc au^crl^alb i^reö
6 S3erci(^c^ liegen.
gragt man nun, toie biefe ©toffe unb J^agen fac^gemä^ georbnct hjerben JoUen, fo
jeigt ftd^ eine Übereinftimmung ber ^omiletifer barin, bafe bie jule^t angcbeuteten äb^
fd^nitte, bie 93ef))rec^ung be« äluöbrude« unb be« SSortragc^, an ben Sc^lu^ ber ^omiletif
gel^ören. ©d^on ©urgant beft)ric^t bie memoria naturalis unb artificialis unb bie
10 vitia praedicantis am ©(i(^luf[e berjenigen considerationes, bie Don ber ^^rebigt l^an^
beln. ßbenfo l(^errfd^t ^eutjutage barüber Übereinftimmung, ba^ bie allgemeinen S^agen:
toag })rebigen l^ei^t? unb n>a^ gej)rebigt toerben foll? Dorangeftellt toerben muffen. 2Büfete
man ba^ nic^t au^ ber 9?atur ber Bad^t felbft, fo mü^te man baDon überzeugt n?erben,
toenn man bie SBiUfür unb bag §in- unb ^ertaften ma^mimmt, baö fic^ l[^äufig gegen-
16 über ber ^age ^eigt: 2Bie foII gejjrebigt toerbenV 3llej. ©c^toei^er ^at nun für bie ^o*
mileti! ba^ ©c^ema aufgefteßt: ^rinji})iene, materielle, formelle §omiIetif. 6ö fann l^ier
nic^t auf bie SKobififationen eingegangen toerben, loelc^e bie f^äteren ^omiletifer mit biefer
Sinteilung Vorgenommen f^abm. ©ie bej^eid^net ben ®ang rid^tig, ben bie ^omileti! gu
nel^men ^at, unb bie ^omilettfer galten biefen (Sang auc^ ein, felbft toenn fie ein an=
20 fc^einenb ganj anbere^ ©c^ema auffteHen. 2Ran Dgl. j. 93. §amacf , ber ben f onftruftiDen
2^eil feiner ^omilettf in bie ^toei §älften jerlegt: bie ^rebigt al^ÄuItu^alt berSRebe unb
bie ^Prebigt ate 3flebealt im Äultu^, aber h)ie bie anbem §omiletifer mit Segriff unb
3nl^alt ber ?Prebigt beginnt unb fc^Iie^Iid^ bei ber l^omiletifd^en 3)iftton unb bem aSortrag
ber ^Prebigt anfommt. ®oc^ toenn auc^ ber burc^ bo§ ©d^meijer'fd^e ©d^ema Dorge^eic^-
26 nete ®ang ber $omiIetil im toefentlid^en immer ber gleiche fein toirb, fo toäre Diedeic^t ju
ertoägen, ob nic^t bie fogenannte formelle §omiIetif )u ftreid^en fei, unb ba^, n?a^ toirflid^
Don biefem britten 3:eil aB jur ©ad^e ge^ijrig nod^ übrig bleibt, mit bem jufammen^u-
arbeiten fei, wa^ in ber fogenannten materiellen $omiletif bc^anbelt toirb. Söie nämlic^
ein 35lidt in bie ^omiletiJE lel^rt, ift bie ©efa^r fe^r gro^, bie formelle ^omiletil, toenn
80 fie einen gleid^artigen leil auömad^en foD, mit ©toffen ju überlaben, bie mit ber Il^eo^
logie gar nic^t« ju fd^affen l^aben. SKan Dgl.a.93.bei a.Ärau^,^raft.2:^. I©.818— 842
ben ganjen SBlbfd^nitt Don ber fjjrad^lid^en 2tuöfü^rung, too auc^ bie leifeftc ßrinnerung
baran, ba^ bie ^omiletif bod^ eigentlid^ eine tl^eologifc^e ©ie^iplin ift, bi^ auf bie le^te
©})ur Dertilgt ift. 9latürlic^ mü|te man bei biefer SJereinfad^ung bc^ ©d^tocijer'fd^en
86 ©d^ema^ aud) bie Benennungen änbem, etn?a fo, ba^ man im erften 3:eil Dom Segriff
unb ^\t)^i ber ^ßrebigt über^au))t unb im gleiten leil Don ber jtoedfentfprec^enben Se^
fc^affenl^eit ber (Sin^el^rebigt (toelc^e ja nic^t old fc^riftlic^ aufgearbeitete 2tbl)anblung, fon^
bem ate münblid^er SJortrag ©cgenftanb ber ^omiletil ift) ^anbelt.
2Benn mir un^ je^t gu ben einzelnen aufgaben ber ^omiletil toenben, fo mu^ im
40 Dorau^ bemerlt toerben, bafe ein 3(rtifel, toie ber Dorliegenbe, loeber ein au^gefül^rte^
©^ftem, noc^ ein 9Jac^fc^lagebuc^ über allerlei ^omiletifd^e ßinjel^eiten, nod^ ein ^tom^
})enbium ber ^omiletif fein fann. ^^m fommt nur ju, bie Hauptfragen anjugeben unb
auf bie 2Bege ^imutoeifen, auf benen man jur Seanttoortung gelangen fann. ©o Diel
1^ fid^ DieHeic^t bereite l^erau^efteHt, ba| Dor allem bie ^age: SBaö e^ übcr^au))t um
46 bie ^rebigt ift? alfo bie fogenannte ^rinjijjielle ^omiletif in 2tngriff genommen toerben
mu^, foH bie Äomiletif eine t^eologifd^e unb em^eitlid^ burc^jufül^renbe Si^jijjlin fein.
SUlein mit ber fid^ Don felbft bietenben 3lntn?ort, ba^ bie ^rebigt eine im ©emeinbe-
gotte^bienft gel^altene 3lnfprad^e d^riftlic^en S'^^öÖ« if^r fommt man nic^t tocit. ®^ mufe
bie ^age: toa^ ber 3^^* ber ^rebigt ift? bamit Derbunben toerben. 3)ie Äird^enle^rer
60 ber altfird;ltd^en ^^\t fc^einen fic^ toenig um berartige })rinjit)ielle fragen gefümmert ju
^oben. 3Ran ift auf il^re ^rebigten angetoiefen, um ^erauöjubringen, tvai ftc fic^ unter
35egriff unb 3*^^^ ^^^ ^rebigt gebadjjt l^aben. 3)a^ Serfa^ren be^ 6l^rt;>foftomus^ befte^t
in ber Siegel barin, bafe er einen ©d^riftabfd^nitt unb ^tvax bi^ in^ einzelne l^inein erflärt
unb baran eine Betrachtung ober (Srma^nung aui bem ©ebiet ber d^riftlid;en Gtl^if an^
66fc^lie|t. 2tuguftin Derfäl^rt ä^nlidt), ben 3^^* ^^ ^rebigt erfennt er im docere; ber
^rebiger ift il^m ein doctor. Qm ÜJlittelalter ^at man ba«J 2öefen unb bie aiufgabe ber
$rebigt auc^ nid^t fcf^ärfer gefaf^t. Sie erfte (toenigften^ mir aU erfte befannte) I)efinition
ber ^rebigt bei Sllanu^ ab ^nl (De arte praed.) lautet: Praedicatio est manifesta
et publica instructio morum et fidei, informationi hominum deserviens, ex
CO rationum semita et auctoritatum fönte proveniens. ^elanc^t^on^ ©rünbung eine^
Homilet» 299
bcfonbcren genus didascalicum unb jtvar mit bcfonberer Serücfftd^tigung ber Äirc^e,
ubi non tantum suasoriae conciones habendae sunt, sed multo saepius ho-
mines, dialecticorum more, de dogmatibus docendi sunt, fttmmt ju biefcr 2luf«
faffunö ber 2lufgabc ber ^rcbigt. ^f)x fc^jlte^en ftd^ aud^ bie f})äteren öomiletifer an, bie
einftimmtg ber $rebigt alö §ai4)taufgabe hai docere jutoeifen. 35tefe Stuffaffung ift fel^ 5
begreifltd(f : big jur 3eit ber SReformation unb noc^ lange über fie l^inau^ gab e^ nur
gong fi)orabifcbe unb ^öd^ft unbolllonintene ©inrid^tungen jum 3h)edt be« Sleligion^unters
riefte«. 3)ie ^rebigt mufete unter btefen Umftänbcn bor aücn fingen 5Witteilung bon
aieltgion^Iel^ren an bie §örer fein, ©emift ^oben bie ^Proteftanten aud^ bie l^öl^ere 2luf*
faf[ung Don ber ©emeinbc G^rifti gel^abt. 3Ran benfe nur an fintier« ^u^erungen im lo
grofeen Äatec^i^mu« gum britten ®ebot unb jum britten 3lrtilel (3c^ glaube, bafe ba fei
ein Jj^etlige« $äuflein unb ©emeinbe auf ©rben, eiteler ^eiligen, unter einem ÄauJ)t ßl^rifto,
burc^ ben ^eil. ©eift mfammen berufen, in einem ©lauben, ©inn unb SBerftanb, mit
mancherlei ©abcn, bod? einträd^tig in ber Siebe ol^ne SRotten unb 6j)altung), unb benfe
an Conf. Helv. 1566 c. 17: qui tales sunt in ecclesia, hi unam habent fidem, i6
unum spiritum. aber für bie aufgäbe ber ^ßrebigt ift biefc (Sinftd^t nic^t ma^gebenb
getoefen. (£§ ift ein SSerbienft ber steueren, axx^ biefer l^öl^eren SBürbigung ber ©emeinbe
ben richtigen @c^lu6 gejogen ju f^abtn, ba^ e^ burd^au« nid^t bie au3f^Ke|K^c ober erfte
Slufgabe ber ^rcbigt fein !ann, bie Untoiffenben ju belehren unb bie ©ünber ju ftrafen.
SBenn bie ©emeinbe, h)ie oben bargeftettt hjorben ift, eine geworbene unb eine toerbenbe, 3o
eine boDIommenc unb eine unboWommene jugleid^ ift, fo mu^ bie ^omiletil bor ollem
bon ber ^Prebigt »erlangen, bafe juerft ba« bon ©ott ^ergeftellte SJer^ältni« ber ©emein-
fc^ft mit i^m in ber $rebigt bargeftettt hjerbe, unb bann erft ba« baburd^ bebingte 38ers
l^en ber ©emeinbe gegen il^n. ^ur barf fic^ ber ^rebiger bie ©emeinbe nic^jt afe au«
jtoei ^ölften befte^enb bcnfen, axx^ einem Häuflein eitel ^eiliger unb SBiffenber unb au« 26
einem §aufen Ünl^eiliger unb Unhjifjenber. ©onbem er mu^ für feine ©emeinbe ben
@ai^ Sutl^er« gelten laffen, mit bem Sutf^er an ber obigen ©tette fortfährt: berf eibigen
bin auc^ ic^ ein ©tüd unb ©lieb, atter ©üter, bie fie l^at, teill^aftig unb SRitgenoffe,
burd^ ben l^eil. ©eift ba^ingebrac^t unb cingeleibet, boburd^ ba^ id^ ©otte« SBort gel(^5rt
l^abe unb noc^ l^öre, toetc^e« ift ber Stnfang ^ineinjufommen. ao
3n btefem ©inne fann man e« fic^ gefotten lafjen, toenn bie ©emeinbet)rebigt, tote
ber d^riftlic^e Äultu« über^aujjt, al« barftettenbe« ^anbeln bejeic^net toirb. aber im ^n^
tereffe ber ^rebigt fann nid^t genug babor getoarifit toerben, barftettenbe« unb toirffame«
§anbeln bergcftalt ju einanber in ®egenfa| ju bringen, al« fei bei bem barftettenben
§anbeln jebe älbftd^t auf eine 2öirfung au«gefd^loffen. (Sin fold^e« §anbeln h)äre über« 86
^auj)t ein Unfmn, unb ©d^leiermad^er, ber Url^eber biefer Unterfc^eibung jtoifd^en bar*
ftettenbem unb toirffamem ^anbeln, [}at e« auc^ nid^t fo gemeint. 6r fagt, G^riftl. ©itte
©.515: 3)a« barftettenbe §anbeln al« folc^e« ift für bie einen im öottfommnercn ©rabe
al« für bie anberen; für bie einen ift e« nottoenbig eine ©rtücdtung unb ®rn?eiterung - i^re«
©elbftbetoufetfein«, für bie anberen ift e« nid^t«, al« eine il^nen bargebotene änfd^auung, 40
eine fo toapre, ba| bie 3JJöglid^feit in i^r liegt, bie ßmbfänglic^feit für ben göttlid^en
©eift aufzuregen, inbem berfelbe in ber Grfd^einung be« d^riftlid^en ©elbftbetou^tfein« bar«
geboten toirb. 2)emnad^ l^at aud^ ©d^leiermad^er ba« barftettenbe §anbeln nic^t ol^ne
äöirffamfeit gebac^t. 2lber toir l^aben un« nic^t babei aufjuf^alten, toa« ©d^leiermad^er
in SEBirflidS^feit ober möglid^ertoeife ftd^ gebadet ^at, unb muffen ^u bem ©a^e fortfc^reiten, 46
bafe eine ^omiletif, bie bie ©nabenmittel al« reale Äeitefräfte gelten läf^t, bie ^jirebigt
unbebingt bem toirtfamen §anbeln einreiben mu^. ©elbft in bem gatt, bafe eine gefegnete
SOBirfung burc^ ben §örer unmöglid^ gemad^t toirb, bottjiel^t [xd) eine SBirfung, freiließ
eine im fd^limmen ©inne. 2tber aud^ ben anbcm ^att gefeilt, bafe eine ^rebigt infolge
il^rer SSejd^affen^eit nid»t toirfen fann, fo ift ba« eben eine Abnormität, mit ber bie $0= 60
miletif nic^t ju rcd^nen braucht. 3)er ©c^cin, bafe bie ^rebigt nur ein barftettenbe« ^anbeln
fei, tonnte baburc^ entftel^en, ba^ eben bie SJarftettung ba« 3DJittel ift, burd^ toel^e« bie
H^rebigt toirffam toirb. ©0 ftettt j. 93. bie Äarfrcitag«^)rebigt ben 2^ob (Sl^rifti bar unb ju«
gleid^ ben ©lauben ber ßl^riftenl^eit an bie baburd^ bottbrac^te 3?erföl^nung, unb fagt toeber
mit bem einen noc^ mit bem anberen ben SJerfammelten ettoa« 9Jeue«; aber toirffam ift 66
bie« SBort bom Kreuje bod^ immer; um bon jener oben angebeuteten SBirfung l^ier ju
fc^toeigen, l)at bie Äarfreitag«^)rebigt bod^ immer bie SBirfung unb Jott fie l^aben, tur
©tärfung be« ©lauben« ober ju feiner drtoedfung ju bienen, unb fo bottjie^t fid^ eben
in ber ©tunbe, too bie Äarfreitag«prebigt gel^altcn toirb, in, mit unb unter biefer ^rebigt
ein toirtfame« §anbeln an ben §örem. eo
300 ^omtleHf
SIBir fommen bamit ju bcr %v%c, tDorin bcnn bic Ül^irfunn bcr ^kcbigt ju bcftebcn
l^bc. SBir ^abcn c^ fd^on al^ ben geiler ber Slltcn j^eröorge^obcn, ba^ fie über ba^
docere nid^t ^inau^efornmcn finb. ^um S^6)m, too^in man fommt, menn bic Xl}^om
ber ^rcbigt möglid^ft nad^ ber 9tl;etorif gcmobelt n?irb, fei im ä?orbctcjcl^en crmälmt, ba^
6 frühere öomiicttfer, felbft babor nic^t )\urüdtjc^redften, bic persuasio aU finis iriterme-
dius anzugeben, toa« nun freiließ fofort ba^in ermäßigt hjerben mufjtc, bafe bcr ©laubc
mittelft ber ^rebigt burd^ bic ®nabe be^ ^cil. (Seiftet crtoedft unb gcftärtt njcrbcn foße
Oöajer). 6« toax alfo nur ein l(^armlofc^ ©^)icl mit SBorten getrieben hjorben. dagegen
toax xifx Springen auf 35elel^rung, toie toir bereite berborgel^oben ^aben, febr ernft gemeint.
10 SBir l^abcn bereite gefe^en, bafe e^ fic^ mit ber Sefc^affen^eit ber ©emeinbc, al^ einer
toirflid^en ©otte^emeinbe nic^t berträgt, ben 3*^^* ^^ ^rebigt in ber Selel^rung auf-
geben au laffen. 2lber onbererfeit^ tft bod^ aud^ gctüife, bafe biejenige ©eite ber ©emeinbe,
bie unfere Sllten einfeitig im äuge batten, al^ fie bie 2lufgabe ber ^rebigt cinfcitig aU
S3elel^rung faxten, nämlic^ il^r ©erben unb i^rc bamit gegebene Untjoüfommcnl^eit bcr
16 SBtrflic^feit mtSpxad^ unb bi^ ^eute nod^ nic^t au^ ber ©emeinbe ^inhjeggefd^afft tft.
ÜKangel on (Srlenntni^ tft ein ^erborragenber unb toeit verbreiteter ©c^aben bc^ perfön«
liefen ßl^riftentum^, unb 33ele^rung ift ba« einjige TOittel i^m abju^elfen. Sann ift aber
ouc^ bie ^Prebigt bor allen anbern in S^age fommcnben SRitteln baju berufen. 3)aju
fommt, baf; bte ©emeinbe 3^fw ki^ SSer^eifeung ^at, ba6 ber ®cift ber 3ßa^rbeit fte in
20 olle aSa^r^eit leiten toerbe ^o 16, 13. 3)iefe goirtfd^ritte in ber Srfenntni« ber SBal^r^eit
muffen ben (Semeinben mitgeteilt Serben, unb biefe SKitteilung ift eben Sclebrung, unb
ju biefcr Scle^rung ift toieber in erfter Sinie bie ©emeinbejjrcbigt berufen. 2öeiter mufe
in Setrac^t gebogen toerben, bafe t^atfäd^Iid^ fein ^rebiger o^ne Sele^rung au^fommt unb
au^fommen fann. 5Kan Icfc, \m^ felbft ©d^Ieiermac^er über biefen ^unft fagt, ^ralt.
26 21^eol. ©. 216: 3)a^ nun in ber religiöfen Siebe bie Selel^rung aDerbing« auc^ ein Wo^
ment bilbet, ift natürlich nid^t ju leugnen, aber nur ein untergeorbneteö. (2ibnlicb S3affer5
mann, ®eiftl. Serebf. ©. 226 ff.), anm. 3 jur 4. SRebe über Sieligion fc^rcibt er: 3)ic
Vorträge in ber firc^lid^en ©efeflfc^aft, h)ic fte unter un« beftel^t, l)ahm immer, ibr l^^nl^alt
fei, tüclc^er er tooHe, juglcidb einen bibaltifc^en G^araltcr, toeil ber Slebncr bo^ feinen
80 3u^ötem jum Setpufetfein bringen foll, Wa^ er jtoar in ibnen toorauefe^t, jugleic^ aber
aud^, ba^ e^ fic^ nic^t bon felbft fo in i^nen mürbe entn?idfclt baben.
3)ie ^omileti! n^irb fid^ alfo für ben ^^^ ber ^ßrebigt nac^ einer Benennung um^
fe^ muffen, bie auc^ bie Scle^rung nid^t au^fd^lie^t. (Sine fold^e umfaffenbc Benennung
bietet ftd^ i^x in bem 2Borte „erbauen", n?eld^e^ auc^ für bie Selcl^rung 9taum bat 1 Äo
36 14, 4. ®iefe S^J^^^^^jeic^nung h)ar fd^on ben 3llten nid^t unbefannt; t)gl. Sajcr § 22:
Alias ad indicandum finem intermedium theologiae homileticae frequens oc-
currit nomen aedificationis, unb ift im h)efentlidE)en bereite rid^tig in Slo^b^m^ än^
toeifung, erbaulid^ ju prebigen, 3Sorb. §2, erflärt: 6^ follen bie3ubbrer 1. in ihrer bereits^
erlangten ©rfenntni^ ber SKeligion befeftiget unD biefelbe erweitert n?erben. 2. ©öden fte
40jum gleifee unb SBac^tum in ber ©ottfeligfeit crtDCcfet unb ermuntert n?crben. ®ir
muffen nur biefen ©ö^en 3Jlo^^eim§ binjufügen, bap biefer „Sefeftigung" toor allent bic
S)arfteßung ber dbriftlid^en 2Bal^rl^eit bient, tocld^e 3)arftetlung burcb ba« fie begleitcnbc
testimonium Spiritus sancti erbauenbe Äraft ^at. 6sJ berftel^t fic^ von felbft, bafe
biefer (Seift ba^ fd^ö})ferifc^e ^rinjij) ber (Srbauung ift, aber für bie ^omilctif fragt es;
46fid^: SBorauf l^at fte i^erfeitd ben ^rebiger ^injutoeifen, bamit er, fotoeit e« in feinen
Jlräften ftel^t, baö erbaulid^e (SIement xur mirffamen Entfaltung bringe? Sei biefer ^ragc
liegt eö febr na^e, an ben ©toff ber ^ßrebigt j^u benfen unb ju erflärcn, baf; bor allem
ber ©toff, ba^ toa^ gcjjrebigt n^irb, erbaulich fein muffe, aber ba« lä^t ft^ ni(bt Don
bom^erein beftimmen. ©c^on ^h^jeriuö l^ai \\d) mit biefem Problem befcbäftigt unb fic^
60 an ba^ alte Schema bcr materia utilis, facilis, necessaria gel^alten. (Sr verlangt,
bafe ba^ geprebigt n?erbe, n?a« ©lauben, Siebe unb Hoffnung betrifft. 3""^ ©lauben
gel^ören plurima lila religionis capita, quae in symbolo, quod apostolorum no-
minant, comprehenduntur. 3"^ Si^^^ gehören bie ©ittcnle^re, bcr 3)cfalog, namentlich
bie |\h)citc lafel, bie Sc^re bon ber Hird^e, Don ben ©aframcnten, Dom Untcrricbt. 3"^
66 Hoffnung geWren bie legten 3!)ingc. .^^t^jjeriu^ !ommt alfo auf ben Äatcd)iömue hinauf,
ebenfo bic anbcren l^omiletifd^en ©dt>riftfteller, geleitet Don bem richtigen ©cbanfen, bafe
ba^ geprebigt hjcrben mufe, toa^ bem magren religiöfen Sebürfni^ ber (Sicmcinbc cntfj)ri(^t.
aber man barf nic^t überfeben, ba^ bamit noc^ rec^t tocnig über ba^ Äritcrium be^ (£r*
baulichen gefagt ift. 2)cr rid^tig gen?äl?ltc ©toff fiAert nidbt im geringften bie Orbaulid)-
60 feit ber ^rebigt. 2)ic ^ßrebigt mu^ erbaulich fein, ber ©toff toirb erbaulid^ ober uns
^omUettt 301
erbauüd^, je nad^ban bcr ^rebigcr \\)n bel^anbelt. 3)ie rationdiftifd^e ^eriobe bcrl^arrte
er[t rec^t in bem ^^ler, Dor auem ben ©toff für btc ©rbauUc^feit bcr ^rcbigt \)ttanU
tüortlid^ ju machen, unb ba fie mit bem alten Äated^iiSmuö nic^t^ mel^r anfangen fonnte,
fo fc^lo^ fte gcrabe biejenigen ©toffe t)on ber ^rebigt axx^, auf toelc^e bic frül(^ere 3^
ba^ ^auptgetüid^t gelegt l^atte. Sgl. 9Karl(^einecfe, (Srunblage ber $om. ©. 64 : „Bpalhxn^, 5
ber unter bie bogmatifc^en ^\>tm, bie nic^t auf bie Jtanjel gehören, toeil fie nic^t fafeU^
unb ))0j)ulör gemad^t toerben fönnen, bie Seigre Don ber ©otti^eit Gl^rifti red^nete, öon
feinem 38er^ältni^ jum äJater, unb 2lu^fj)rüd^e, ba^ er fein SBIut bergoffen jur 3Sergebung
unferer ©ünben, für un^ gelitten, für unfere ©ünben geftorben fei, ba^ er ftc^ felbft für
unfere ©ünben jum Djjfer l^ingegcben." 9teuere §omiletiler toollen bie ©toffe ber ratio- 10
naliftifd^en ^rebigt ^inau^etl^an ^aben. Dofter^ee j. S. erläfet ben Sefe^l (5Pr. %\), 1,
©. 293f.): Äeine ^{)iIofoj)^ie, feine ^olitif, leine aiaturtoiffenjc^aft, Jjrof ane ®ef(^ic^te
unb Sitteratur nur mit großer Sejd^ränfung, ebenfo fojiale, ölonomifc^e unb blofe Jj^ilo-
jo})^ifc^e 'fragen, feine ©ittenlel^re Don ber SBurjel beö ©lauben» getrennt, derartige
Serbote fmb fel^r erflärlic^, fofem bie genannten unb älf^nlic^e ©egenftänbe nur ate ©egen« 15
ftänbe be^ SBifjen^ unb (Srtenneng be^anbelt loerben, aber man loolle boc^ bebenfen, ba^
fie ade auc^ in ben Sereid^ be^ (^riftlid^en Ser^alten^ treten unb ©egenftänbe ber d^rift*
lid^en SBeltanfc^auung ftnb. 9Jlan ^ötte boc^ fd^on bon ©d^Ieiermac^er $r. I^.©.203ff.
lernen fönnen, bafe alle biefe ©egenftänbe eine religiöfe Seite ^aben, bon ber au^ fie in
ber ^rebigt bcl(^anbclt tocrbcn fönnen. 3a auc^ oi^ne ©c^leiermad^er l^ätte man h)if[enao
foHen, ba| felbft fo berüd^tigte ©egenftänbe ber rationaliftifd^en ^rebigt, h)ie ba^ ©teuer«
iaj^Ien, J)om c^riftlic^en ®tanb})unft aii^ betrad^tct locrben fönnen, n?ie er SRt 22, 21;
rRö 13, 7 angegeben ift. 35ie jjringijjieHe §omiletif n?irb fic^ alfo bamit begnügen müf[en,
bie ßrbauung im tocitcften ©inn afö ben ^tü^d ber ^rebigt ^inguftellen, nämlid^ bie«
jenige ßrbauung, bie auf bie allfeitige görbcrung bcö ß^riftenftanbe^ abhielt unb barum 26
axxd) für bie toon ^^J^^^"^ aufgeftellten genera ber ^ßrcbigt Slaum ^at, toelc^e je nadjfbcm
bie doctrina, bic redargutio ber ^rrle^rer, bie institutio jum l^eiligen Seben, bie
correctio ber ©itten unb bie consolatio in ben Seiben biefer ^üt in ben 3Sorberarunb
ftettt. 3lbcr bie ^omiletif toirb babon abfegen muffen, einzelne ©n4)})en namhaft ju
mad^en, über tDcl^c ge))rebigt tDcrben barf, unb anbere au^}uf(^lie^en. ©ie mu^ bielme^rao
auc^ auf bie ©efa^r ^in, ba^ fie burd^ fonberbare Scifjjielc läc^erlid^ gemad^t toerben
foH, barauf befte^en, ba| e^ überl^au))t ni^tö gicbt, toa^ toon bornl^erein afö unerbaulid^
t)on ber ^rcbigt auegefc^Ioffcn toerben mufe. S)a^ ©rbaulid^e liegt nic^t in ber Sefc^jaffen«
l;eit be^ ©toffe^, fonbem in ber Scfcbaffen^eit ber ^rebigt, loeld^e aber ^ier toie überall
nie al^ f4>riftlic^ aufgearbeiteter 2:raftat, fonbem ate münblicf) Vorgetragener 3:eil be^ 35
©otteöbienfteg in^ Stuge gefaxt fein mu^. 3)arau^ folgt, bafe bie Seigre bon ber ©rbau-
lic^fcit ber ^rebigt ft(^ über bie fogenannte materielle unb formefle §omiletif berteilt,
unb auc^ ba feinen befonberen äbfc^nitt bitben fann, fonbem baö ©d^tu^ergebni^ ber
ganjen 3lu^fül^rung ift.
Dagegen toarten ber jjrin^i^jicUcn ^omilctit nod^ cin.j^aar anbere Slufgabcn. S)ie 40
erfte erh)ä(|ft i^r au^ ber il^atfac^e, ba^ bie ^rebigt eine 5Dianifcftation be^ Söortc^ ift,
unb jloar einc^ SBortc^, bcffen SBirffamfcit barauf beruht, ba^ bcr ©cift ©otte^ in ber
©emeinbe toaltct. 2)ie Scgrünbung biefe^ ©a^e^ gel^ört in bic Dogmatit. ßbenfo mu^
in ber Dogmatif bcr anbere ©a$ bcgrünbct tocrbcn, ba^ bie ©emeinbe in ber ^. ©d^ri^
ein 2Bort bcfi^t, n?elc^c^, iocll bom ©elfte ©otte^ gctoirft, für fie Autorität ift. äluf 45
©mnb bicfcr jn?ci ©ä|e ficbt fid; bic §omitctif t)or bic grage gcftcllt: SBie ijcr^alten
fid^ nun ^rcbigt unb ©d^rift gu cinanbcrV 2)icje ^age ift ganj unabl^ängig bon ber
©itte, über ©^riftabfc^nitte ju prcbigcn. 3lber aud^ abgcfcl^cn bon biefer ©itte fte^t
unter ben c^riftlic^cn 3:l;eologcn fcft, ba^ bie Slutorität ber ©c^rift ^öl(^cr ftel^t, al^ bie
^^Srebigt, ba^ alfo bic ^ßrcbigt jc^riftgemäfe fein mu^. S)cr ©treit beginnt erft bei ber m
ba^inter licgenbcn ^'^agc, ioorcin bic Autorität bcr ©c^rift ^u feben ift, unb toorüber fie
fic^ crftrcdft, unb lä^t fid; natürlich nic^t J)on bcr §omilctif entfc^cibcn. 2lber eine anbere
grage ift bic, ob bcnn nid^t ba, too bic sufficientia scripturae anerfannt ift, bie ^rebigt
übe^lüffig ift. 3)icfc gragc läfet fid^ nic^t mit ber 2^l^atjad^c abt^un, ba^ erfa^rung^
gcmä^ bic Xcilnal^mc ber ©emeinbe in bem 3)Ja6c finft, ate bie ^rebigt jurüdftritt. 3Der &5
H^eorctifer mu^ üiclme^r bic Söfung bed ^roblcmö barin fuc^cn, bafe bie ©c^rift, unbe«
f^abet il^rer 2tutorität, bcr Vergangenheit angcl^ört, unb für alle ^^itm beftimmt ift,
tüälj^rcnb bic ^rcbigt ein 3c"9"i^ «w^ ^^"^ gcgcnh)ärtigen ©emeinf^aft^lcbcn ift unb in
i^rer unmittelbaren Scftimmung fi(^ nur an bic gcgcntoärtige ©emeinbe toenbct. Diefe^
3eugni^ mu^ mit bcr ©c^^rift ftimmen, ift alfo, menn man toifl, bon bcr ©c^^rift ab« 60
302 ^omtlettf
gängig, mu| aber eine frfbftftänbigc, ber ®egcnh)art entfjjred^cnbc ©cftalt l^aben. 2)arum
ift bie ^rebigt neben ber ©d^rift nottoenbtg.
SBeiter mu^ bie ^omiletif bie X^atfad^e in^ äuge faffen, ba^ bie in ber ^bec @tne
ftird^e ftci^ in t)erfd^iebene ©emeinfd^aften jertrennt \)at, bie in toefentlid^en fünften, na^
6 mentUcp in ber ^eitele^re, einanber toiberfj)rec^en. 2lDe biefe Äirc^engemeinfd)aften erf ennen
bie äutorität ber Sdbrifl an unb finb barum genötigt; bie if^nen eigentümüd^e Seigre in
einem beftimmten Selenntni^ au«jufj>rec^en. ©o entfte|t ba« ©onberbefenntniö ber ein=
jelnen Äird^e. 6^ ift flar, ba^ ber ^rebiger, beffen ©emeinbe einer biefer ©onberlird^en
angehört, biefem 35efenntni^ nid^t h)iberf})rec^en barf. 3)enn biefe^ Sefenntniö, gleic^mel
10 toie bie einzelnen Äörer ber ^Prebigt für il^re ^erfon boju fte^en, ift ba^ SDUttel, n?elc^e^
bie Äird^engemeinfc^aft jufammen^ält. Slber äbnlid^, toie bei ber oben berührten ^i^age,
inhjiefem bie ^rebigt an bie Autorität ber ©d9rift gebunben ift, beginnt J^ier ber ©treit
nid^t fc^on bei ber j)rinji})iellen ©eite ber ©ac^e, fonbem erft bei ber Slu^fül^rung. ^n
h)ieh)eit ift ber ^rebiger on ba3 Selenntni^ feiner Äird^c gebunben V 3Bir moden, um
16 einen feften S3oben ju gewinnen, bie ?Jrage, fotoeit fie bie §omiletif berührt, l^iftorifd^
onfafjen. ^unäc^ft ift ju fonftatieren, ba^ bie })roteftantifd^en Äirc^engemeinjd^aften i^re
^Prebiger mit Sel^mormen berfel^en ober auf Se^mormen ^intueifen mußten. 3)ie geft^i^t^
lid^en Umftänbe, unter benen bie SReformation in ben einjelnen ^Territorien eingefül^rt
hjurbe, namentlich bie 35ef(^ffenl^eit ber ^rebiger unb ber ©emeinben machten bie 3luf=
30 rid^timg folc^er Sel^mormen nottoenbig, follte nic^t ein allgemeine« 6^ao« entftc^en. ©olc^c
Se^mormen fmb j. 8. ber Unterrid^t ber Sifitatoren 1528, bie Anleitung im 1. 3:eil ber
Sranbenb.s^Rümb. ÄO 1.533. §ier^er gehört ber ^eibelberger Äated^. (Dgl. bie auf i^n
fd^on Sejug ne^menbe Stu^erung ber Sßfälj. ÄD 1563: ©oBen (nämlic^ bie ^rebiger)
nac^ bem armen aeringen ^Berftanb be« gemeinen SSoIfö il^re ^rebigten h)if|en ju [teilen,
26 olfo ba^ ber 3lrtifel bed Äoted9i«ntu«, borauf bie Sel^ fo er für^at, fid^ lehnet, mit ein^
gefül^ret unb bem SSoße berftänblic^ eingebilbet n?erbe). ®en gleid^en 3^^* ^^^^^ ber
Catechismus Romanus (Dgl. au« ber SJonebe: ex quo parochi vel omnes alii,
quibus docendi munus impositum est, certa praeeepta petere atque depro-
mere ad fidelium aedificationem possint). SoUftänbig gebunben toar bie ^rebigt
80 burd^ 2trtiM 35 ber angfilanifc^en itonfejpon, toonad^ bie ©eiftlic^en jur Serlefung it^nen
gegebener ^omilien toerjjflid^tet toaren. (Sin jtoeiter SBeg, bie ^rebigt t)or 3«J«>rr^ft^€iten
in Sefenntni« unb Se^re ju fc^ti^en, n?ar bie 3?am^aftmac^ung beftimmter ©äriften, toelc^e
burc^ i^re ©ntfte^ung unb burd^ il^re Sortrefflic^feit ba« anfeilen gewonnen Ratten, bafe
fie ba« Sefenntni« ber Äirc^e treu toiebcrgaben. ©o Verlangte bie ^}?ommerjc^e ÄO Don
86 1535, bafe bie ^rebiger bom ©lauben, SBerfen unb ©aframent gemäf; ber Slugeb. Äonf.
famt ber 3lj)ologie Ie|ren. 2)ie SBürttemb. ftO J)on 1556 t)erj)flid^tet bie ^^faner, fid^ in
i^ren Sc^ren unb Äirc^en^anblungen nad^ ber Augustana unb ber Confessio Virtem-
bergensis Don 1552 ju rid^ten. am toeiteften ge^t im 16. ^al)xl}. bie Äurfädbf. ÄD
bon 1580, toeld^e bereit« bie Äonforbienformel unter ben Suchern anführt, nac^ meieren
40 bie ^Pfarrer l^eimlic^ unb öffentlid^ lehren foHen. ^n ben RtxUn, n?o jolc^e 9tormen eigen«
aufgefteUt tourben ober einzelne bereit« Dor^anbene ©d^rtften ju 9tormen be« ^rebiger«
gemad^t tourben, ^at man fd^hjerlic^ ettoa« Weitere« beabfic^tigt, al« bem ^ßrebiger ein
aRittel ju geben, fic^ unb bamit bie ©emeinbe gegen unebangelijc^e Seigre ju fd^ü^en, unb
i^m auperbem ein §ilf«mittel ju feinem ©d^riftftubium unb feiner n?if[enf4>aftlid^en gort=
46 btibung 5u bieten, ©old^e £e^ranh>eifungen unb fie^mormen toaren für i^n jugleid^
Überfluten, an beren i^anb er fic^ tiefer in bie (Srfenntni« ber ©d^rift unb ber eDange=
KJd^en Se^re hineinarbeiten foßte. 6« ift bamit ber ^aujjtfac^e nac^ nid^t anber« getoefen,
al« toenn verlangt n?urbe, ba^ au« bem Äird^entoermögen aReland^tl^on« Loci (©äc^f. ®e=
neralart. 1557) ober, toenn bie ©elbmittel e« geftatteten, bie Tomi Lutheri (^ommerfc^e
60 ÄD 1563) angefd^afft toerben follten. ©c^on bie g5ranbenb.=9?ümb. RD 1533 fpric^t fic^
in ber 9Sorbemerfung barüber fe^r beutlic^ axi^ : Unb bamit fid^ bie ^rebiger befto beffer
in bie l^eilige ©d^rift fc^idfen unb if^re Seigrer befto orbentlic^er führen mögen, tpoUen toir
i^nen ^iemit eine furje Anleitung geben unb bie Domebmften ©tüdte c^rifttic^er Se^re, bie
fie am aflcrmeiften unb flei^igften treiben unb bem gemeinen einfältigen 9Kann einbilben
66 follen, nac^ einanber erjäblen, nidbt ber 3Reinung, baf; fie baran follten fangen, fonbem
baburc^ in bie l^eilige ©d^rift getoiefen unb gefül^rt merben, ba^ fie bafelbft reic^lid^en unb
genugfamen Unterricht erlangen. Xnxd) folc^c 3?äl^erbeftimmung ift bie 3Keinung au«^
gefc^loffen, al« muffe ber Seigrer unb ^^rebiger bie Sebmorm ®a^ für ©a^ al« abfolute
23a|r^eit gelten laffen. 3lnbererfeit« ift aber bod^ ber feften Überzeugung au«bruc! gegeben,
eoba^ in biefen Se^mormen bie ©umme ber c^riftlic^en Seigre toirflic^ au«gef})rod^en ift.
Homilet» 303
®iefe SSorau^fc^ung finbct natürlid^ nic^t blofe bei ben lut^erifc^en Äirc^enorbnungen ^iatt,
fonbern überoJDi; too ber ^rcbiger auf fold^c ©c^riften bert)flic^tct tuitb (bgl. bie oben an-
geführte Stelle au« bem römifd^en Äated^tömu« unb ber ^fälj. ÄO). 3)ie Sebeutung ber
f^mbolifd^en Sü^er liegt nic^t blop im ©egenfa^ gegen bie änber^Iel^renben. ©rft eine
i^eologie bie mit ben })ofttiben SluffteDungen ber Symbole nid^t me^r eintoerftanben toar, 6
lonnte beren Sebeutung in bem, n?a« fie negieren, finben. ©c^leiermac^er fagt 5ßraft.
Xl^eol. ©. 645: 2)ie f^mbolifc^en Sudler foCtcn bie einzelnen ©emeinen aU jufammens
gehörig in ber SRic^tung gegen bie fat^olifc^e Äirc^e barfteflen unb jugleid^ ate fotdffe, bie
mit bem SRebolutionären nic^t« tooHten ju t^un ^aben. 9lber ein fir^Iid^e« ©emeintoefen
lebt nic^t t)om 2Biberfj)rud^. 2)er SBiberfpnid^ ^ai feine SBur^el in ber befferen ©rfenntni«, lo
unb ba« ®emeinh)efen l^at bor allem ba« ^i'^t^^fl^f ^^^ befjere ©rfenntni« in Umlauf ju
bringen. 3)arum lonnten auc^ bie broteftantifc^en Äirc^engemeinfc^aften fic^ nid^t bamtt
aufrieben geben, ftd^ gegen bie lat^olifc^e Äird^e jufammengufc^liefeen, unb ju erllären, ba^
fie mit bem SleJJotutionären nic^t« ju tl^un ^aben toollten. ©ie mußten gerabe fo gut
erllären, n?arum pc n^iberf^^red^en, fie mufften ber befferen ®rfenntni« einen beftimmten i6
l)oritiDen Stu^brudf geben, unb ba« nid^t blo6 an^ firc^en))olitifc^en ®rünben, fonbern aud
feelforgerli^em S'^t^^cffe an t^rcn eigenen ©emeinbcn. 3)a« ift ber tiefere ßJrunb, au«
toelc^em bie ^rebiger bon jel^er Derpflid^tct tourbcn, nac^ fold^en ©c^riften ju lehren, unb
bider Orunb beftc^t natürlid^ fo lange fort, al« bie Kird^engemeinfd^aften nid^t an fid^
felbft, an ber SBa^rl;eit, bie fie ju Vertreten l^aben, unb an bem -fie^t, ju ejiftieren unb 20
m mirfen, ine gemorben ftnb. 2)amit ift aber au^gefjjrod^en, ba^ bie Ünterfc^jeibung einer
3ier))flic^tung auf fl;mbolifc^e Sticf^er: quia consentiunt cum sacra scriptura, unb
einer SSerjjflid^tung : quatenus consentiunt, ganj unhaltbar ift. 3)iefe Unterfd^eibung
ift bei 5Katt^. ^ßfaff, Jur. eccl. p. 121 ermähnt unb befJ)roc^en. ^faff fagt mit Siecht,
bie formula quia fei mit ber formula quatenus aequivoea. 95enn bie ^ormelas
quatenus enthält bod^ bie 2lnerfennung, ba^ bie Sefenntni^fd^riften unb bie i). ©Triften
im toefentlid^en, toorauf e« im §eiteintereffe ber ©emeinben anfommt, übereinftimmen.
©onft toäre biefe Verpflichtung ein ftiboler SBi^ unb fönnte auf jebe« beliebige Sud^
au«gebe^nt Serben. 2tnber« Wax aber aud^ bie gormel quia nic^t gemeint, unb anber«
barf fte nicf^t berftanben hjerben. 3)ie §omiletit barf il^rerfeit« biefe Verpflichtung nic^t 90
aufgeben; benn fie l)at e« mit ber^rebigt ju tbun, nic^t mit irgenb einer Siebe religiöfen
Sn^alt«, bie bon bem 33oben lo«gelöft ift, auf n^elc^em bie ©emeinbe erload^fen ift, unb
avL^ bem fie i^re £eben«fräfte jie^t. 2lber fie toirb aud^ gugeben muffen, bafe nic^t alle«,
h)a« in ben einzelnen Sefenntni«fd^riften ftel^t, unterfc^ieb«lo« al« 35efenntni« an^ufe^en
ift, bafe bielme^r in biefe ©d^riften manche« unbefc^en mit l^erübergenommen toorben ift, a^s
h)a« nid^t al« inlegrierenber Seftanbteil be« 33c!enntniffe« gelten fann. 3)ie« 3wgeftänbni«
ift aber fein berftcäte« eingeftänbni« ber SJöglid^feit, ba| ba« ebangelifc^e Vetenntni«
einmal ganj bcfeitigt n?erbe. 2)enn bie §omiletit ru^t auf ber 3Sorau«fe|ung, ba^ e« ein
unb berfelbe ©eift ift, ber ©eift ^t\u &}x\^i\, ber in ber ©d^rift rebet, unb ber bie 3ü"0^
3efu jur ©rfenntni« ber SBa^rljcit leitet, ©ie fommt alfo auc^ in bicfer Sejiel^ung auf 40
ba« Quia ^inau«. 3"^ Vcrmeibung bon 2Ri^berftänbniffen empfiehlt e« fid^ aber, bon
ber Slennung beftimmter Sücl^er abjufel^en. 2)ie« Verfahren n?ar in alten 3^^^^" unber«
fänglid^, n)0 man bon ber Ü)Jöglic^feit feine 2l^nung ^alte, bafe bem quia ein quatenus
mit betoufeter Slbfic^tlirf^feit entgegcngeftellt toerbcn fönnc. .^^^eut^utage toirb e« bcffer fein,
um nic^t unnötige @etoiffen«bebenfen l;erbor5urufen, ben ^rebiger anftatt auf bie ©e« 45
fcnntni«fc^riften auf ba« Vcfenntni« ju berpflic^ten, j. 33. nac^ ber ba^erifc^en gormel:
SBiUft bu bie geoffenbarte Se^rc be« ^eil. (Sbangelium« nac^ bem ©lauben«befenntniffe
unferer ebangeUfc^4utl^erifd^en Äirc^e rein unb lauter prcbigen? !3n ber ©ad^e ift mit
gormein biefer 2trt nic^t« aufgegeben. 3"^ eigenen Selel^rung brauchen aber ben ^re«
bigem bon ^eute beftimmte ©Triften gar nic^t me^ genannt ju Serben, ba fid^ bie SSor« 60
bebingungen jum (Eintritt in« ^rebigtamt boflftänbig geänbert l^aben.
2luf ©runb biefer Sluffaffung bc« SSerl^ältniffe« ber ^rebigt jum Sefenntni« ber
©emeinbe erlcbigt fic^ ber Ic^te ^^Junft ber prinzipiellen ^omiletif. ©ie mufe nämlid^,
toa« bie ^erfönlicl^feit be« ^rebiger« angebt, c« al« felbftborftänblic^e 3Sorau«fe^ung feine«
^rebigen« bejtiAncn, ba^ er für feine $erfon bem ©lauben unb Sefenntni« feiner Äird^e 66
^ugetl^an ift. ®« tbäre ju tbenig, h)cnn er blofe bie bom Sefenntni« gezogenen fiinien
einhalten h>ollte, o^nc felbft ba« Setenntni« ju teilen. 2)ie §omiletif fann fi^ aud^ nic^t
bobei beruf^igen, ba^ bie SBirfung ber ^rebigt bon ber perfönlic^en ©tellung be« ^rebiger«
zum ©eprebigten nicl^t abl^ängt. 3)a« ift gelbi^ rid^tig; aber ba e« fic^ bei ber ^rebigt
um ein ©lauben«3eugni« an^ ber gegentbärtigen ©emeinbe l^erau« l^anbelt, fo ift e« ba« eo
304 ^omileHf
9?ormaIe, n^ciin bcr ^rebiger für feine ^erfon burd^ feinen ©laubai biefer communio
angel^ört. 2lnbererfeit^ mufe aber aud^ in Setrac^t gcjogen Serben, ba^ ber ^rebiger ^in=
fid^tlic^ feiner (Srfenntni^ gerabe fo gut ioie l^infid^tlidi; feineig SBanbel^, an ber ber ®es
famtgemeinbe anl^aftenben Unbottfommcn^eit teilnimmt, unb ba^ e^ beö^alb genug ift,
6 hjenn bie §omiIetif bie 3Serantit)ortIicl^!eit beiS ^rebigcr^g toor ber ©emeinbe unb ba^ Stecht
ber ©emeinbe, nötigenfalls gegen ben 5ßrebiger burd^ i^re leitenben Organe Dorguge^en,
})rinjibiell aufrecht erl^ält.
äSon biefen grunblegenben 3lufftellungen über 2öefen unb 2lufgabe ber ^rebigt fd^reitet
bie ^omiletif jur Darlegung ber richtigen Sefc^affen^eit ber Ginjelj)rebigt fort. 3)omit
10 befd^äftigt fic^ bie materielle unb bie formelle $omiletif. 9lur auf ®runb biefer prin-
jipiellen (Srörterung ift fie im ©tanbe, in ben nun folgenben 3:eilen bie ©ubieftit)ität unb
bie SBiUfür ^u bermeiben. 3lber auf ©runb biefer })rin5i})iellen Erörterungen toirb fie
aud^ ben aSerfuc^ machen müfjen, bie bereits ertodi^nten gefd^ic^tlic^ gegebenen formen ^u
befjjred^en unb ju beurteilen, meldte bie ^rebigt angenommen i}at, tvk bie ^wgtunbelegung
16 bcS 3:ejteS, bie ©trultur ber ^rebigt, bie Kanjelfjjrac^e. 3)a mir bie ßrbauung als ben
3h)edt ber ^rebigt bejeic^net ^aben, aber bie (Srbaulic^Ieit ber ©in^eljjrebigt ijon il^rer
Sefd^affen^eit abhängig fein laffen, fo ift bie erfte grage bie: 2BaS fann bie §omiletif
barüber telj^ren, melc^er ©egenftanb \)on bem 5ßrebiger ju bel^anbeln fei? S^^^^^f^KS mu^
eS ein ©egenftanb fein, ber bem ßrbauungSbebür^iS ber ©efamtgemeinbe entfjjrid^t; je
»beutlic^er biefeS SebürfniS hervortritt, um fo beutlic^er ift aud^ ber ©egenftanb gegeben.
5Rur barf nid^t toergeffen toerben, bafe au(^ in biefer Sejiel(^ung bie ijerfammelte ©emeinbe
immer ^uerft als ein 3:eil ber großen ®otteSgemeinbe in Setrac^t !ommt unb nit^t als
eine SJerfammlung neben einanber lebenber ^milien unb SRenfc^en mit berf^iebenen Sr-
lebniffen unb Stimmungen. 3)ie ©otteSgemeinbe aber ift burc^ baS 6rlöfungStoerf 6^fti
26 begrünbet n?orbcn. 3)iefeS ©rlöfungStoerf n?irb burc^ einige gefte gefeiert, meiere ftd^
binnen Sa^reSfrift toieberl^olen. 3)iefer ßtofluS Don g^tfeiem bilbet bie ©runblage beS
fogenannten Äirqenja^reS. Ob biefeS Äird^enja^r in jtoei ober brei Xeile jerföllt, barüber
mag bie Siturgif entf^eiben. %üx bie §omiletif genügt bie I^atfac^e biefer regelmäßig
toieberfe^renben geftfeiem boHftänbig, um m »erlangen, baß an biefen geften, ben festis
80 Christi, bie betreffenbe g^P^^^^^f^^^^ t>^" ©egenftanb ber $rebigt bilben muß. 3Son bem
gleichen ®efic^tS))un!t auS muß auc^ baS gemürbigt toerben, toaS bie Siturgif über bie
3}orfeiem unb Slad^feiem biefer gefte, fon?ie über anbere regelmäßig mieberte^renbe aUs
gemeine ober lofale fird^lic^e geiem ju fagen toeiß. 3)aS ift baS Slic^jtige an ber 2e^re
bon ber ©toffbeftimmung bur^ baS Äirdfjenja^r. 3)a nun bie Jeftt^atfac^en unb i^re Se*
85 beutung burd^ olle 3^4^^« ^inburc^ für bie ©emeinbe biefelbcn bleiben, fo l^aben bie be«
treffenben ^ftj)rebigten ben gleid^en 3i"^ölt- ^ ^^t nur bie eine ober bie anbere Seite
ber äntoenbung befonberS ^ert)or. fintier fagt in ber 3. ^^Srebigt über baS Ofteretoange^
lium in ber Äirc^erUJoftiHe, baß ^hjeierlei t)on ber 3luferfte^ung beS §erm ^u toiffen unb
ju faffen ift ßrftlic^ bie §iftorie mit allerlei Umftänben, h)ie ber §err fw^ burc^ mancherlei
io®rjeigung lebenbig offenbaret; baS anbere ©tüdf, fo baS öome^mfte unb nötigfte ift, unb
um toeld^eS ffliUen bie ßiftorie aud^ gefc^el^en unb gejjrebigt toirb, ift t)on ber Äraft unb
9lu^ unb 3:roft ber fröpc^en 2luferftel^ung beS ^erm unb n?ie man berfelben burl^ ben
©lauben brauchen foll. 9Kit biefen 9Borten l^at Sut^er für alle 3^*1^ *^^" ^ni^alt an^
gegeben, ben bie Dfter})rebigt unb bie 5«ftj)rcbigt überhaupt l^aben muß.
«6 Unter Umftänben fann aber and^ an ber befonberen ©emeinbe unabhängig öom Saufe
beS Äird^enjal^reS ein befonbereS SebürfniS mit fold^er ©tärf e hervortreten, baß bie ^rebigt
barauf eingeben muß. 2)icfeS befonbere SebürfniS toirb je nac^bem burd^ baS religiöfe
Seben ber ©emeinbe ober burd[> i^re irbif^en SSer^ältniffe hervorgerufen. So machten j. 93.
bie fird^lic^en 3"f*ä»^^^ ^^ aSittenbcrg Sut^erS ai^i ©ermone 1523 unb bie bebenflic^e
60 Sage in 2lntio^ien 387 bie fogenannten ©äulenl^omilien beS 6l^tt;foftomuS nottoenbig.
aber fold^e befonbere, ben ^rebigtgegenftanb toie mit elementarer ©eioalt beftim^
menbe ©reigniffe treten nur auSna^mStoeife l^ervor. 6S fragt fw^ nun, tooburc^ ber ^re^
btger in ben feftlofen ©trecfen bcS Äirc^enja^ireS unb in ben ereignislofen 3^'^^ f^"^
?Prebigtgegenftanb befommt. 9Son einem befonberS ^erVortretenben Sebürf niS fann man in
ööbiefem ^aüc nic^t reben; bcnn bie ©ituation ift eben baburc^ gcfc^affen, baß ein folc^
fidb nid^t bemcrfbar mac^t. gür biefen 5^11 ift bie allgemein ^errfc^enbe ©itte, einen
oiblifc^en 3:ejt ju ©runbe ju legen, Von befonberer Sebeutung. Über bie jjrinjipielle ©eite
ber lejtfrage fönnen toir furj l^intoegge^en; Von einer unbebingtcn 5loth)enbigfeit beS
leiteS fann feine SRebe fein. Slber ettoaS anbcrS ftellt [id) bie SKii)^, toenn man bie gr^
60 baulic^feit ber (ginjeljjrebigt inS 3luge faßt. (Sine unbebingte ©arantie giebt ber Xejt
^omiletit 305
auc^ in biefer SRid^tung nid^t; c^ !ommt ja immer auf bie äu^fü^rung, auf bie Sc^anb*
lung bed 3:ejte^ an. 2lbcr eine richtige Se^anblung toorau^efe^t, giebt ber %^t bem
^PrÄiper eine beftimmte Slntoeif ung, tporüber er ju tjrebigen ^at, unb ba^ biefe 2lnn?eifung
für bie ©emeinbe nu^bringenb ift, folgt barau^, ba^ bie %^t ber 1^. ©d^rift entnommen s
fir* unb bem Sebürfni^ t)er ©emcinbe entfj)red^enb bel^anbelt toerben muffen. 3)er ^Prebiger
toirb, toenn nid^t befonbere (Sreignifje i^m ein befonbere« Scbürfni^ ber ©cmeinbe offene
boren, immer ber juten 3w^^W^ f^i" bürfen, bafe er nid^t^ Unnü^e^ ober aßUßtirlid^e«
t>rAigt, toenn er einen ^^ejt jugrunbe legt unb biefen toirflidb be^anbelt. ®er lejt em^
l)fiel^lt fic^ ouc^ für bie gcftjorebigten ; benn er giebt bem feftfte^enben geftt^ema eine be«
ftimmte S^ic^tung. 3)er ^^e^t ift enblid^ burc^ bie ®efd^i(^te ber ^rebigt gered^tfertigt; lo
bie ^Prebigt l^at fic^ bon jel^er be« 3;cjtc^ bebient, unb unfere ®emeinben finb baran
boHftänbig getoö^nt. 2)a« 3Ser^äItnig gmifd^en lejt unb ^^Jrebigt ift allerbing^ nac^ bem
oben Stuigefü^rtcn Derfd^ieben. 3ft *^^ ©egenftanb ber ^Prebigt burl^ ba^ geft ober \>\xxd)
ben f})egienen 3lnla^ gegeben, bann mufe ein 2ejt genommen toerben, ber baju pa^t;
umgele^rt aber: ift ber 3^ejt ba unb fein beftimmter ®runb t)orl(^anben, ettoa^ anbere^ i6
ju })rebigen, <d^ \oai er an bie §anb giebt, bann ift ber Oegenftanb burc^ ben Zt^t be=
ftimmt. 3)er Vorteil, ber für bie ßJemeinbe unb für ben ^rebiger auö bem 3Sorl^anbenfein
eine« beftimmten leitet erh)ä(^ft, toirb fofort in ^age gefteHt, toenn er bie lejte bon
JfoH JU ^oü felber toä^len mu|* 3)arum ift e^ befjer, menn bie 3:eEtc toorgef^rieben
finb. 6ie fmb bann immer für eine größere S^\)l bon ©emeinben toorgefc^rieben, unb 20
ba^ ift für bie fird^Iid^e ßrjiej^ung Don großem Vorteil, dagegen fönnen bie 3SorteiIe
ber reformierten ©itte, ganje biblif^e Sudler fortlaufenb ju enlören, nic^t auffommen.
Senn biefe 38orteile laufen boc^ fc^licfelic^ barauf l^inauö, ba^ bie ©emeinbe mit einem
beftimmten biblifc^en 35uc^e Dertraut gemacht toirb, toä^renb bie ^rebigt \>od) bie biblifd^e
Sföa^l^it binnen cineiJ übersehbaren 3eitraumeg toorfü^ren foD. 3)ie ©rrcic^ung biefe« 25
3iele« h)irb burd^ ein gutgetoäl^lteö ^erifoj)enf^ftem am beften geförbert. (grft toenn biefe
fünfte erlebigt unb bie ©rforbemifle eine« guten ^erifopenf^ftcm« HargefteÖt morben finb,
lann bie ^omiletif ba« alte, fogenannte aItnrA(i4>e ^erifojjenf^ftem unbefangen tuürbigen.
SBa« an biefen altfird^lid^en ^eri!o})en burc^ fiünfteleien ju il^ren ©unftcn unb burc^ uns
gcre^^te SJortoürfe gefünbigt morben ift, ift befannt. 6in unbefangener 2:^eoretifer toirb ao
fie gefd^i^tlic^ toürbigen muffen.
2lu« ber Sebeutung, toelc^e bie Schrift für bie ©emeinbe, unb au« ber Sebeutung,
meiere ber %^i für bie ^rebigt ^at, ergiebt fic^, ba^ ber le^t ber 1^. (Schrift entnommen
fein mu^. 35ie ^raji« unferer 2llten, aud^ über ben Äate^i^mu« ober über 2ieber ju
i)rebigen, erftärt ftd^ barau«, ba^ ber Äatec^i«mu« unb bie ju lejten erhobenen Sieber 35
i^rer 2lnfc^auung x\a6) nid^t« toeiter afö bejonber« formulierte ©d^riftfteDen ober ®d^rift=
le^en ioaren. 60 erfennt Sajer lejte an, toelc^e virtualiter in ber Sd^rift enthalten
finb. Exempla finb if^m fold^e: quae ex symbolis nostrarum ecclesiarum sive
universalibus sive particularibus itemque ex cantionibus aut precationibus
sacris peti aliquando solent et pro concione tractari. 2)agegen mu^ e« bie §o= 40
miletif für unbebingt fc^Ier^aft erflären, 3:e£tc au« ben a})otr^t)^if^en Sudlern ober au«
ber })rofanen Sitteratur ju ncl^men. 6« folgt Leiter au« ber SßJürbe be« legte« al« eine«
Seftanbteile« ber fanonifc^en ©(^rift, ba^ ber Xejt für bie ^rebigt in ergiebiger SBeife
benu^t toerben muf;. 6« ift fe^Ier^aft, i^n blofe al« 5Kotto t)orau«juf(^idtcn. Sie alten
§omiletifer f^ahm ba« SSerbienft, bie Seigre bon ber Sc^anblung be« 2:ejtc« grünblid^ 45
bargeftellt ju ^aben. Sie neuere §omiletif mufe in manchem auf bie Seite ber 3llten
treten, tro|bem ba^ bie ^ragi« toielcr mobemer ^rebiger fid^ nid^t bamit t)ertragen mag.
Saju gehört bor aßem ber ©runbfa^, ba^ für bie rid^tige Scl^anblung be« ^^ejte« ein
umfaffenbe« ©c^riftftubium bie unentbe^rlid^e ©runbtage ift: sacrarum literarum cog-
nitio et facultas certa via ac methodo docendi et utiliter interpretandi scrip- go
turam sacram (Q. 3lnbrcä, Method. conc. p. 17). Sobann bie gorberung, ben lejt
juerft in ber ©runbfjjrac^e grünblid^ burd^juarbeiten. (Ad eruendam veram scripturae
sententiam post invocationem Spiritus sancti plurimum Hebraicae et Graecae
linguae cognitio; ut in veteri testamento ad fontes Hebraei textus, in novo
vero ad Graecum exemplar accedant et vocabulorum ac phrasium genuinam 55
significationem expendant {^, Dftanber, De rat. conc. 1597 p. 18). Sann bie
too^langebrac^te SBarnung, bie fird^lic^ gebrauchte ©emeinbebibcl nid^t Dor ber ©emeinbe
ju bi«lrebitieren. Cavendum imprimis concionatori, ne ubi obscuritas Hebraei
aut Graeci textus diversam interpretationem admittit, ipse pro concione Lu-
ther! versionem reprehendat. Ut enim haec stolida jactantia et eruditionis go
9teaU(»nc))rio)>äbie für 'XtftoloQit unb Stirere. 3. «. Viil. 20
306 ^omUfttf
ostentatio digna est omni reprehensione, ita cum detrimento ecclesiae con-
juncta est: quippe quae optimam Bibliorum translationem piae plebi sine
causa suspectam reddit (ebenb. @. 19).
3)ie tpeiteren 9Ser|ucl(ie unferer SUten, Slnlcitung ju geben, tpie ber ^rebtger ben Xcfct
6 für bie ^rebigt ergiebig mad^en fott, fönnen ^ier nid^t erörtert tperben. ^n biefen ^u-
jammen^ang gehört ber SRücfblid auf bie fogenannte SReti^obenlei^re, wAd^m bie ^omtle«
tifer anfteDen ju muffen glauben, obgleidji bie ©djiilberungen ber SDlet^oben fc^on ^u il^rer
3eit nicljit o^ne SBiberfprucI^ geblieben finb. 3Kanc^e« mad^t ben ©inbrucf einer mut=
hjiDigen ©rfinbung ober Übertreibung. §ier fei nur bemerft, bdfe bie burd(i bie $omiletifen
10 ftd^ ^inburdfi^ie^enbe 9lotij, ba| 3o^. Seneb. garp^ot) bie ^unbertja^l ber 3Wet^oben öoH
gemad^t l^obt, [xd) in biefer ®eftalt fd^Iimmcr aufnimmt, afe fie in 38BirfIic^feit öcrbient.
^6) üermute nämlict^, ba^ bamit gemeint ift bie in feinem §obogetifum ate S)eifpiel mit-
geteilte Genturia dispositionum ad unum textum formandarum. @^ n)äre nid^t
anijufd^tücr, aud^ in ber neueren l^omiletifd^en fiitterotur ©eitenftücfe ju biejcm Serfal^ren
16 aufjufinben, SBöi^renb nun bie alte 3Ket^obenlel^re in ber mobemen §omiletif nur nocb
afö ettoa« ber $Jergangenl^eit ange^örigc^ ertoäl^nt toirb, befd^äftiat ein anberc« ©tücf ber
alten Il;eorie nod(i bie neueren Il^eoretif er : nämlic^ bie Unterfc^eibung toon anal^tifc^er
unb ftjnt^etifc^er $rebigt. 6« ift toeber leid(|t nod^ lo^nenb, ben SBirrtoarr barjuftetten,
ber mit biefen ©c^lagtoörtem getrieben Sorben ift. SSielleic^t trägt e^ aber jur iUärung
20 unb 3Sereinfac^ung ber ©ad^lage bei, toenn h>ir, anftatt bie Slriftotelifer ober Rant um
biefe Segriffe ju befragen, einfach un^ mit bem begnügen, toa^ bie alten ^omiletifer
barunter tjerftanben l^aben. Ob bann baju bie 9lamen: Slnal^tifc^ unb ©^nt^etifd^, gut
gejja^t l^aben, fann un« jiemlid(i gleid^giltig fein. 9lun finben fic^ bie Sluebrücfe dvdkvaig
unb avv^eaig in Sejug auf bie ^rebigt früher, ate man Vermutet. 9Jämlic^ fd^on bei
26 3öt. Slnbreä. 6r öerfte^t unter älnal^fi« bie fid^ auf ba^ (Sin^elne crftredenbe (Erörterung
ber fämtlid^en SSeftanbteile be« Sejte^ unb unter ©^nt^eftö bie Serbinbung ber @injel=
Reiten ju einem ®anjen. S)iefe resolutio imb compositio fmb nottoenbig, tüeil in ber
^rebigt jioeierlei fic^ finben mu|: erudita paraphrasis praesentis textus et om-
nium ejus partium, et locorum communium seu doctrinarum generalium
ao tractatio, quae ex praesenti textu nascuntur. ^emnac^ fällt bie anal^tifc^e unb
f^nt^etifd^e 2;i>ätiafeit be« ^rebiger^ in feine SSorbereitung auf bie ^rebigt, unb bie ^örer
erl^alten in ber $rebigt bie ßrgebniffe biefer jtoeifad^en 2:]^ätig!eit ; aber für 3lnbreä mU
ftei^en barau« nit^t jtoei ©attungen öon ^jSrebigten, fonbern jebe ^ßrebigt entl^ält änal^-
tif^e« unb ©^ntl^etifc^e^. ®rft bie ffätere ©nttoicfelung fül^rte ju jtoei ©attungen öon
86 ^rebigten, bie fid^ aber bod(i ju einer gemifd^ten ®attung bereinigen liefen. 33gl. 9)lo^
l^m ©. 265: 2Bir ^aben brei 2lrten öon ?ßrebigten: 1. 3lnal^tifd^e ^ßrebigten, ba man
ben Seit üon 9Bort ju SBort, öon ©o^ ju ©a^ burd(ige^t unb i|n erflärt; 2. f^nt^e-
tifd^e ^Prebigten, ba man aui bem legt eine ©lauben^le^re ober Seben^lel^re jie^t unb
biefe allein au^fü^; 3. üermifd^te ^rebigten, in toelc^en man erftlic^ ben 2)ert erHärt
40 unb l^iemäc^ft SBa^r^eiten aud bem %tfU au^fül^rt. 3)a toir in biefen ©rllärungen SJlo^*
^eim^ auc^ fc^on bie anal^tifd^i^f^ntl^etifd^e, fotoie bie fbntl^etifc^=anal^tifc^e ^IJrebigttoeife
unb bie einfädle ^omilie, Jfotoie bie ÄunftJ^omilie angebeutet finben, fo tooDen toir nur
nod^ bin^ufügen, ba| ber Scame .^omilie für bie befonbere ©attung ber bem ^^ejt ©(^^ritt
für ©c^ritt folgenben unb il^n antoenbenbcn unb erflärenbcn ^rebigt in ber erften Jpälfte
46 bc8 vorigen S^^r^^^nbertg aufgefommen ju fein fd(ieint. {Db in ^anfreic^? 3)er 3^"'^
Sl. ®i«bert 1639—1731 giebt in c. 11 feiner d^riftlic^en Serebjamfeit fc^on eine Se^
fd^reibung öon ber Öefc^affenl^eit einer .C^omilie, toeld^e bie 9ieucren Äunft^omilie nennen,
mbem er rid^tia ^ertoor^ebt, ba| e« ^h^eicrlei ift, bie ©d^rift erflären unb bie ©c^ift fre-
bigen). 6« öerjte^t fid^ toon felbft, bafe bie §omilie gerabe fo berechtigt ift, toxt bie f^n^
60 t^etif^e ober toie man fie auc^ genannt f^ai, ti^ematifc^e ^ßrebigt. ®er angriff, ben
61. ^armö in feiner ^aftoralt^. S3b I SRebe 7 auf bie öomilie unternommen l^at, beftebt
in ein paar (SinfäHen, öon beren 9?id(|tigfeit man fid^ fofort überzeugen fann, ioenn man
an bie ©teile ber öon i^m angegriffenen §omilie bie fbntl^etifc^e ober tbematifc^e ^rebigt
einfe^t: e^ pa|t bann alle«, h>a« er Vorbringt, gerabe fo gut unb gerabe fo fd(|lec^t, h>ie
66 auf bie .^omilie.
aßa« nun bie ©truftur ber ^Ißrebigt anlangt, fo fann bie §omiletif ber Seil;ilfe ber
SRI^etorif öoUftänbig entbehren, ^eutjutage ift too^l allgemein aifierfannt, ba^ bie rl^eto=
rifc^en Il^eorien ©iceroö unb Duintilian« ni^t üertoenbbar fmb (bgl. Saffermann ©. 51 :
SBenn e« überl^auj)t eine annehmbare I^eorie ber Serebfamfeit giebt, biejenige ber 3Utcn
w> ift ^ für un« iebenfaH« nid^t). 9Kan barf aber getroft einen ©c^ritt tociter ge^en unb
^omUttit 307
fogen : 3!)ie ^omtlettl braucht überl^au))! leine ^eorie ber S3erebfamfeit. 6d bleibt bei
bem aUi^fjjrud^e be« Jp^periu^, ber e^ für eine untoürbige SSorftettung t)on ber Il^eoloflie
erHärte, h)enn man fie betrad^te, tanquam suppellectilem et instrumenta ad eccle-
siasticam praesertim functionem necessaria ipsa domi suae non haberet. 9Bie
bie ^omiletif mit ben tf^eologifd^en Segriffen: Äirc^e, ©emeinbe, ©emeinfc^aftdleben, r>
^. ©d^ft, au^etcl(ienb für il^ren jjrimi^jietten leil au^erüftet ift, fo ift pe e« auc^ l^in^
{tc^tlic^ ai ber ^agen, toeld^e ^inftcptHci^ ber ßinjelprebigt ftc^ ergeben. 2)ied i)at fid^
und bereits gegenüber ben nichtigeren ^agen, betreffenb ©egcnftanb ber ^rebigt, 3^,
aSer^ni« jtoifc^en ^rebigt unb "Xe^t, bemö^rt. 3""^ Bd^ln^ fott nod^ gezeigt toerben,
bafe aud^ bie tec^nifc^en ^agen fid^, fo toeit fte toirflidi^ bie ^rebigt angelten, ol^ne ^\i= lo
^ilfena^me frember 3)idjiplinen beantworten laffen. 3)ie toid^tigfte ted(inifd^e ^age: toie
fommt ber ^rebiger ju feinem Ibema? ift bereite burc^ ben ^intoeid auf bad in t)er=
fc^iebener SBeife unb in öerfdjiiebener ©tärfe ^ertoortretenbe ©emcinbebebürfniS beantwortet
njorben. 3)a« ©emeinbebebürfnid Wirb auc^ noc^ bann jur ©etoinnung be« I^emaS
mittoirfen, Wenn bie« Sebürfnid an unb für fu^ nid^t ftarl genug ift, um bem ^rebiger is
bad ^ema ju geben, fonbem ber %^t bie ^l^rung übernehmen mu|. SCuc^ in biefem
gatte toirb ber ^^rebiger bem aUerbing« nic^t ou^efprod(^enen, nid^t öor 2lugen liegenben
@emeinbebebürfni« geredet Werben, ba er bod^ in unb mit ber ©emeinbe lebt tmb au^er^
bem Wei^, bafe feine ©emeinbe nur ein leil ber großen ©emeinfd^aft ift, unb ba«, h>a«
bie gro^e (Semeinfc^oft beWegt, aud^ auf bie einzelne ©emeinbe einwirft. Sluf tbm biefem 20
2Bege gelangt ber ^rebiger aber aud^ ju bem, toa^ bie §omiIetifer bie pr 3lu«fül^rung
nötigen einjelftoffe nennen. SBenn er Weip, toad er biedmal frebigen foU unb Warum,
f}at er aud^ ba« aRaterial für bie äu«fü^ng. eine befonbere lofif, fei e« nun bie ber
Sllten, ober eine eigen« aufgefteDte, Wie bie öon c§^jjeriu«, ober nadb feinem SRufter bie
öon ©teinme^er (Seitr. j. ipraft. l^eol. I) ift barum eigentlid^ überpffig, fie fann nur 25
al« ein Slotbel^elf gelten, Wie anbere Statfc^läge auc^, bie man anfängem giebt, um
^rebigtftoff ju befommen. 3lud^ bie ©truftur ber ©in^elj^rebigt läfet fic^ mi ber ^rebigt
felbft erflären. S)er ^rebiger mufe bie ©emeinbe auf ba« Vorbereiten, foai er bie«mol
bortragen WiD, unb il^r ^nterefje erWedten. @r l^at Weiter ein grofee« gntcreffe baran,
biefe innere Seilna^me ber ©emeinbe an bem ©el^örten bi« j^um ©c^luffe be« ©otte«* ao
bienfte« unb über benfelben ^inau« wad^ ^u erbalten. 3lu« biefen ®eric^t«punften ergiebt
ftc^, \üa^ bie ^omileti! über bie Sinleitung, über i^re 9lotWenbigfeit unb rid^tige Se*
fc^ffen^eit, fowie über bie tjerfd^iebenen Slrten, bie ^rebigt au jc^liefeen, ju fagen i^at
3)er ^rebiger Wirb ferner feinen ©cgenftanb nad^ ben bon i^m al« notWenbig erfannten
©eiten au«fü^ren wollen, ©r Wirb alfo ba«, toa^ er ju fagen bat, jWedmäfeig orbnen. 86
S)a« ift bie dispositio. aber eben im ^ntereffe ber julj^örenben ©emeinbe Wirb e« liegen,
Wenn fie jur rechten 3^'^ über ben ®ang ber ^rebigt in be^öltlid^er gorm orientiert
Wirb, bamit fie beffer folgen unb ba« ©e^örte beffer bel^alten fann. 3)a« ift bie pro-
positio. ©ie l^at lebiglid^ biefen ^raftifc^en 3^^*/ ^^"^ 5affung«öennögen ber ©emeinbe
^u biencn, unb barau« ergeben fic^ atte Weiteren fünfte, weld^e bie ^omiletif l^infid^tlid(i 40
ber propositio bejc^äftigen ; bie ^al)l ber fogenannten ieile, bie fprac^lic^e gaffung, ba«
SerlS^öltni« jur ©in^eit, b. 1^. jum li^ema im geWöl^nlid^en ©prac^gebrauc^. Ijn SBirf^
lic^feit freilid^ bebeutet bie propositio für ben ^rebiger l^äufig bie aufgäbe, bie er fid^ am
änfang feiner SJorbereitung felbft gefteHt i)at, o^ne ju Wiffen unb m ^aben. Womit er fie
au«fülS^ren foD. 3lber gegen biefe JJerfe^rtl^eit mu| bie §omiletif fämpfen, anftatt i^r 45
burd(i 3Witteilung unb ©mjjfe^lung bon einteilung«fd^ematen SSorfc^ub ju leiften. ©ie
mufe aber au« ben oben angegebenen fraftijd^en ©rünben für bie Seibeboltung ber feft-
gewürfelten ©itte, eine propositio mitzuteilen unb burt^jufü^ren, eintreten, auc^ totnn
e« nic^t an folc^en fe^lt, bie biefe Sitte in« Säc^erlid^e jiel;en möchten. SBeiter Wirb fid^
jeigen, bag bie ^omiletif bon il^ren eigenen @runbfä|en an^ aud^ über bie fprad^lid^e so
©eite ber $rebigt ftc^ äußern fann, ol^ne Verlegen i^Wifqen bem genus tenue, sublime,
mixtum ^in- unb l^erjuto^pen, unb obne über ben numerus oratorius unb bie ^guren
unb %xopm Sele^rung erteilen ju müfjen. ©ie Wirb aud^ nid^t Warten muffen, bi« je«
manb ^erau«gcbrad(^t l}at, \va^ 61. §arm« mit bem 3luffa| gemeint l^at: SRit 3wrtg«t!
lieben »ruber, mit 3ungen reben ! l^StÄ 1833, ©. 806. 3)a« ^Problem be« 3lu«brudt«, k
ber für bie ^ßrebigt unb il^rc SBirfung fe^r Wichtig ift, liegt etwa« tiefer. 3" f^'"^^ Sö^
fung mufe man folgenbe ^orberungen in« Sluge f äffen: 2)er ?ßrebiger mufe bor aDcm ftc^
bemühen, in einer ber berfammelten ©emeinbe berftänblic^en 3lu«brudE«Weife ju reben; er
mu^ fid^ ^üten, burc^ bie bon il;m gebraud^te 3tu«brudE«Weife feine §iJrer in bie ©p^äre
ber Weltlid(ien 3)inge ju berfe^en ; er mu^ bebenfen, bafe er nid(|t al« gortfe^er ber älutoren qq
308 ^omiletit
bcr l}. ©c^rift uttb and^ nid^t in bcr ^^\t rebct, al« Suti^er bie Sibel übcrfe^tc, foh^ic,
bofe bie 1^. ©djirift öiel ju l^ocl(i [tc^t, afe ba^ bcr ^rcbiger fte ba^u mißbrauchen bürfte,
mit ibren SBorten ettoa^ ju fagen, toa« er mit eigenen SBorten fagen fofite. 3)ie i^omi^
letit lann femer )u ber ^age eth)ad beitragen, toelc^er perfönli^en ^rtoörter ft^ ber
5 ^rebiaenbe ju bebienen l^t, in toeld^en ^Den er: ^fyc, SBir, Du! fagen foU, inbem ftc
barauf aufmerffam mad^t, ba| Die« nai) bcr Situation ftd^ richtet, nac^ bem 3Scr^ältnig,
hjcld^e« in bem gerabe öorlicgenbcn $affu« ber ^rebigt jtoijc^en bcr ©emeinbe unb bem
5Prebiger beftc^t, unb auf ben mufter^aften ©ebrauci^ ber ^erfönlic^en ^rtoörter JS^intoeift,
toie er fic^ in ben Jjaulinifd^en Sriefen finbet. ^m übrigen muß bie $omiletif fc^toeigen:
10 benn ber fprac^lidjie 2lu«brud l^ängt tjiel ju eng mit ber öorjutragenben Sad^e unb ber
^erfönlic^tcit bc8 ^rebiger« jufammen, afe baß Siegeln unb SRatfc^läge tttva^ hjcfentlic^e^
baju beitragen lönnten.
S)ie legten 2lbfc^nitte ber ßomiletil l^anbeln bon ber Vorbereitung auf bie ^rebigt
unb bom SSortrog. 2luc^ j^ier fommt bie $omiletif mit eigenen 3Kittcln au«, ^^^^c^f^
16 rechtfertigt fie bie Slotioenbigfeit ber Vorbereitung au« bem Umftanb, baß bie ^rebigt ein
fid^ regelmäßig mieberl^olenber Jtultu^It ift unb barum gleich jebem anberen ßultu^fte
ber Vorbereitung bebarf. Dann mad^t fte geltenb, baß bie ^rebigt bem ©cmeinbdeben
ju bienen beftimmt ift, toorau« folgt, baß bie Vorbereitung auf bie ^rebigt nic^t eine
@j)ifobe im ieben be« ^rebiger« ift, bie ettoa am Samstag jtc^ abfjjielt, fonbcm baß fte
20 ftd[! burd^ ba« gange 2Am be« $rebigerd l^inburc^giel^t, aQerbing« in berfc^iebener ©eftab.
^infid(ftlid(i ber bem $rebigtaft unmittelbar t)orl(;ergel^enben fpegieQen Vorbereitung lann
fie an ber §anb ber ©efd^ic^te ber ^rebigt bie üerfc^iebenen Slrten ber Vorbereitung ju-
fammenfteüen unb i^e Vorjüge unb ©efa^ren befprec^en; aber meiter ge^en unb t>on
ftc^ au« ftc^ für bie eine ober anbere ärt ate bie rid^tige entfc^eiben, ba« fann fie nic^t.
25 98a« nun bie n>id(^tigfte ^age be« Vortrag« anlangt: ^uß ber $rebiger frei fprec^en
ober barf er lefen? fo fann bie §omiletiI ba« Sefen nxd^t unbebingt öerhjcrfen, toie benn
bie öltefte c^riftlid^e ^rcbigt, bie toir ^aben, öorgelefen toorben ift (II. Clem. c. 19: id^
lefe aud^ bie ^n]pxad^t t)or). älber fte muß barauf aufmerffam mad^m, baß ba« ^rei-
fprec^en bem SBefen ber ^JJrebigt angemcffener ift, unb baß e« feine be«jjotif(^e Saime
80 unjerer (äemeinben ift, toenn fte bie« bon ilj^rem ^rebiger ertoarten. Slnbererfeit« bat fte
ben ^}5rebiger, ber feine ^rebigt frei Vorträgt, fie aber üorl^er toörtlic^ nieber^efd^rieben
unb memoriert l^at, gegen ben Vortourf eine« falfd^en ©d^eine« ju fc^ü^en, tnbem fie
baran erinnert, baß für bie ^rebigt nur bie ärt unb 9Beife entfc^eibenb ift, toie ber
^JJrebiger fte im ®otte«bienft toirflid^ l^ält, unb nic^t, toie er fw^ barauf Vorbereitet l^at.
85 ©onft toirb fte pc^ barauf befc^ränfen muffen, ju verlangen, baß ber ^rebiger im 3«'
tereffe ber ju^örenben (Semeinbe fic^ bemühen muß, für ade öerftänblic^ ju fpred^en unb
feinerjeit« oUe« ju vermeiben, toa« ber ©emeiitbe ba« aufmerffame ^\x\)öxm erfc^toeren
tonnte. Jlunftregeln, bie ber Jtomöbiant ben Pfarrer lehren fönnte, liegen außer|^alb i^re«
Sereic^e«. @ie ift eine tl^eologifc^e Di«2tf)lin unb fann mit il^ren eigenen ^JRitteln bem
4o5prebiger einen Dienft ertoeifen, toenn i^m baran liegt, erbaulid(i ju Jjrebigen.
^omiliaritttn. — gruel, öcfüite ber bcut^en ^rebigt im aWitteloÜer, 8. 13-69;
fiinfenmQt)er, ©cfdjic^te ber ^rebißt in 3)cutf(ölanb 6. 41-63; ^aucf, Äirt^citflcf*. 3)cutfdj-
lonb« II, * 246— 248; ©oljn, S)ic angeblidjcn ^rebiflien be«S3onifQj (gorfdjungcn jur 2)eut*
45 f*en ©cfdjicfttc 1884 ©. 583-625). ^Ketjrerc ?luffä6e üon 3)om ®ermain Biotin in ber
Bevue B^D^ictinc, oor aOem: Critique des sermoDs attribuös a Fauste de Riez dans la
r^nte Edition de l'Acad^mie de Vienne (1892 p. 49—61); Le recueil primitif des hom^-
lies de Beda sur T^vangile (1892 p. 31C--326); Uhom^^liaire d'Alcuin retrouv<5 (1892
p. 491-497); Etüde sur une s^rie de discours d'un dvöquc (de Naples?) du VI« si^e
60(1894 p. 385—402); Uhom^liaire de Burchard de Würzburg (1896 p. 97-111); Les
sources non identifi^ de rhom^liaire de Paul diacre (1898 p. 400—403). Sobonn: 3)cr»
fclbe, Homiliae Toletanae (Anecdota Maredsolana I 406-425); JHanfe, 3ur ®efcöi(f)te be«
^omiliarium« ftorl« bc« Großen (JftStÄ 1855 @. 382—396); «alentin iHofc, 2)ie latcini*
fc^en ^eerman'^anbfc^riften be« 6ir ^()oma<^ $^iaipp« in ber tgl. 8ibHot^el ju Berlin
66 S. 81—87; "föicganb, 3)aS ^omiliorium Äarl« be« Großen auf feine urfprünglic$e ökftalt
^in unterfu(öt 1897.
Jpomiliarium, früher homiliarius seil, über, ^eißt feit bem anfange be« ^Kittels
alter« jebe ©ammlung Don $rebigten, einerlei ob fte au«fd^ließli(^ au« ^omilien befte^t,
ober ob fie auc^ ©ermone mit einbegreift, äluc^ umfaßt ein ^omiliarium balb bie ^re»
00 bigten eine« einjclnen Ideologen — ^ierlj^er gehören bie ^rebigtfammlungen be« Sluguftin,
{^omiltariitm 309
£eo, ©regor, SRajimu« üon lurin, ^etru« ßj^t^fologu« öon SRaöenna, S*'^^'^« ^«^^
9lea|)el (Chrysostomi opp. Venet. 1549 Tom. I. II. V) — , bolb bilbet e« eine
Slütenlefe aud ben SBerfen öerfd^iebener äutoren, hjobei nic^t feiten fo^or ejegetifdjie äud*
f^Wttte au^ trgenb toelc^en ilommentaren jhjifc^en ben toirflic^en ^rebigten mit untere
laufen. 3)ie 0ro|e ?Ke^ja^l ber ^omiliorien ift (nd l^cute nur au^ i&anbfd^riften befannt. 5
aRon ^at fidji meift begnügt, fie nur jur ©etoinnung be« lejte« ber einzelnen ^rebigten
^eranjujie^en ; ^iegegen ift man auf bie 3bee, toelc^e ber äu^toal^l afö f oldjier m ®runbe
liegt, nur nebenbei eingegangen. 6rft in jüngfter ^Äi f^at man angefangen, bie $omi«
liorien al^ fold^e mit einanber ju toergleid^en, toa« fobann ju einer ©(Reibung in jtoet
©nHJfen führte, beren feinere üJcerlmale inbeffen no^ nic^t ftc^er feftgeftettt ftnb. 10
S)ie erfke ©rujjpe biente ber ©emeinbe. ßäfariu« öon Strelate »erlangte öon oüan
®eiftlic^en, bie n\d)t m ber Sage toaren eiaene ^rebigten abgufaffen, bafe fie ftc^ eine
Sammlung t)on anerfannt guten ^omilien ber äSäter anlegen foQten, um aKfonntäglid^
ber ©emeinbe h>enigften« eine frembe ^ßrebigt öorlefen ju ifönnen (Vita Caesarii I, 41).
Diefer diai tourbe öom 2. Äonjil ju SSaifon 529 (can. 2) jum Sefd^lufe erl^oben. 3)ie is
?^lge h>ar, ba^ feitbem in allen Seilen ^anfreid^ eine SRenge öon §omiliarien ber tjer«
fc^iÄenften ärt lurfterten, bei benen inbeffen bie ^rebigten be« ßäfariu^ felbft ftet« einen
me^ ober toeniger großen 93eftanbteil audmad^ten. 3n biefe ®ru))pe gehören unter öielen
anberen bie $omiliarien üon Saon unb ß^ortre« (Rev. B6n^. 1896 p. 106), ber t>on
engelbrec^t fälfd^lic^ bem gauftu« t)on Sliej jugefd^riebene 3)urlacf^er Äobej (CSEL 21, 20
223—313) unb ba« fog. §omiliar be« Surdjfarb üon SIBürjburg (8./9. 3a$r^.). äu(^
im ^omiliar t)on lolebo au« bem 7. g^l^^^^w^^bert ift ßäfariu^ ftarl tjertreten. 3)ie las
rolingifc^e ®efe|gebung nal^m bie ^orberun^ bed Säfariud h)ieber auf. 3!)ie ©emeinbe»
)>rebigt an Sonn:" unb ^efttagen, natürlich tn ber £anbe^f})rac^e, fo&te bie Siegel bilben
(Boretius M. G. Capit. reg. Franc. 22, 61. 82. 36, 4. 38, 4. 10. 64, 6. 65, 2). 25
3)iefe ^flic^t hjurbe feiten^ ber Sifd^öfe ben ©eifklid^en unaufl^örlid(i eingefc^ärft. ©ämt*
lic^e SReformf^noben t)om ^Qi)xt 813 trafen biefelbe Seftimmung, imb Äarl nal^m fie in
ba« äad^ener Äaj)itulare be^felben ^al)x^ (78, 14) auf. 3iu(i) m ben folgenben ^al^rs
jel^nten toarb fie toieberl^olt §anb in §anb mit biefer änorbnung ging nun bie Se^
fd^affung Don ^rebigtfammlungen, ein ^omiliar gehörte ju jeber orbenÖidjien ^Pfarrer« 90
bibliotlS^el (116,6. 177,6). ©pejieK fc^einen bie ^omilien ©regor« beliebt unb emt>fol^len
getoefen ju fein (Regino I, 95 ed. Wasserschieben p. 26; t)gl. Common, cuiusq.
ep, 9). ©leid^jeitig entftanben neue §omiliarien. 35a« be« 93eba in jtoei Sudlern ju je
25 ^rebigten bi^lt fid^ bauemb im ©ebrauc^ unb toud^ im Saufe be« SJlittelalter« burc^
frembe 3"f^^ ^^f l^ö ^rcbigten an. ®ine fleine ©ammlung be« 9. ga^i^unbert« 85
gel^t folfd^licl unter bem Slamen be« Sonifatiu« (MSL 89, 843—872). S)a« größere
©ommetoerf be« aifuin iourbe tro^ be« berühmten Flamen« feine« 38erfaffer« ol^balb
loieber unbefannt. 3)enn ioa« man feit bem 15. fj^^ri^unbert afe Sllfuini^omiliar be^
jeic^et, ift eine Umarbeitung be« nod^ nä^er ju befpred^enben ^omiliar« be« ^aulu«
2)iafonu«. 3Wabitlon em^fanb ba^er nid^t fo ganj unrichtig, toenn er in ber 9lrbeit ai^io
hiin« überl^au})t nur eine Sleöifion be« ?Paulu«l^omiliar« feigen tooKte. 6rft in jüngfter
3eit ift e« gelungen, ba« ^omiliar 2llfuin«, ba« im ^ufammeni^ang mit ber SSerbefferung
be« 5Perifopenbuc^e« e^ttftanben fein bürftc unb au^f^liefelid^ jur Unterftü^ung ber $res
biger beftimmt toar, in ber ^arifer 9lationalbibliotl^ef (60b. 14302) ju entbedten, nac^*
bem man bi«^er fein ehemalige« SSorl^anbenfein nur in ^Iba (Seder, catalogi 13, 17) 46
fonftatieren lonnte. 9Son §raban finb jtoei ^rebigtfammlungen erhalten, bie teil« au«
frembem ®ute befte^n. S)ie eine mit 70 ©ermonen fottte bon allem, toa« für ba« SSoH
notioenbig ift, ^anbeln unb toar bem ßrjbifd^of $aiftulf getoibmet; bie anbem, in erfter
2inie für Äaifer Soti^ar beftimmt, fc^lo| fid^ an bie fonn« unb fefttäglid^en Seftionen an;
t>on ii^r ift nur ein drittel öon Dftem bi« 15. ©onntag nad^ ^finaften auf un« ge* w
fommen. SBieber eine anbere §omilienfammlung gel^t unter bem vlamm be« §aimo,
bürfte aber nid^t älter al« ba« 11. g^^^^^wnbert fein.
^njmifc^cn toar bie anbere ®rut)}je Don §omiliarien in ben SSorbergrunb getreten;
fie tooHte bem ßl^orgebct ber ftlerifer bienen. Sei ber 9loftum toarb regelmäßig ein
©(^riftabfc^nitt beriefen, ju ioeldt^em an ©onn* unb gefttagen ein ©tüdt ^ßrebigt ober ein 66
Äommentarabfc^nilt trat, ©d^on Senebilt legte auf bie ®üte biefer Sefeftüdte SBert, fte
foHten nur au« ben SBerfen namhafter ort^obojer SSäter au«geh)äl^lt toerben unb felbft
foneft fein. ©Icic^tooi^l begegnet erft in bem §omiliar be« 802 auf ber SReid^enau toer«
ftorbenen Sifd^of« ®gino öon SSerona eine d^aralteriftifd(ie ©ammlung biefer Slrt. ©ie
löuft t)on fflei^nac^ten bi« ^um ©nbe be« Äir^enjal^re« unb \dß^t mit einer änjal^l üon 60
310 ^omtltaritttn
5Prebt0ten für untergcorbnctc ^eiligen^ unb ©emembefeftc. Die 212 ^rebigtcn [tammcn
bortoiegenb bon äugufttn unb Seo. Slm befannteftcn ift biefc« ßginol^omiüar in einer
üerlürjten unb mit neuer 38onebc öerfel^enen Bearbeitung für Saiem, bie unter bem
9lamen eine« 0en)iffen 2llanu« gel^t (^^, Thesaur. anecd. III, 3 p. 630 MSL 89,
5 1197 sq.) unb noc^ ber farofingifd^en ^Äi angel^ört, toie au« einer ^^egemfeer unb einer
Senebiltbeurer Äanbfcl^rift in SWünd^en fid^ fd^Iiefeen läfet. ©ie ^iclt fid^ bi« in« 12. ^qÜ^x:
l^unbert, h>a« ebenfalls ein 3Rüncl(iener Äobej bejeugt. ®kxd)\t)ol}l Wax fte (ängft t)on
einem berüf;mteren Äonfurrenjuntemel^men überflügelt, bem ^omiliar be« ^aulu« ^ia^
lonu«, beffen Überlegenl^eit Sgino^älanu« burcfi ^erübemoi^me einzelner Partien anerfennt,
10 fo im Äobej Don ©djieftlam 17194 (3Küncl^en).
Da« familiär be« $aulu« Dialonu« t)erban!t feine (Sntftel^ung au^fd^lie^lid^ ber
S^nitiotiöe Äarfe be« ©ro^en, h)e«^alb man e« oud^ mit JJug unb SRec^t ba« ^omiliar
Karl« ju nennen t)flegt. 3)er Äaifer l^otte beobad^tet, bafe bie ^rebigten, toeld^e in ber
5Rüftum jur Säerlefung famen, nid(|t nur t)on ^^lem hjimmelten, fonbem aud^ in i^rer
16 9lu«h)al^( t)iel ut h)ünfd^en übrig liefen. S3et t)ielen toar obenbrein ber ^erfaffer unbe-
lonnt, fo ba^ fte ftd^ in Sejug auf il^re Drt^obojie nur unjureic^enb fontroDieren liefen.
Der lefetere SJlangel begegnet j. 8. auffättig in bem $omi(iar be« $ilbibalb (Cod. Colon.
171. 2^ff^S33attenbad9, Eccl. metropol. Col. cod. ms. p. 71). 3;"fölgcbeffen beauf-
tragte Hari in ber erften ^ölfte ber 80 er l^al^re ben fic^ gerabe bamal« am ^ofe auf-
ao l^altenben ^aulu« mit ber äbfaffung eine« ^omiltar«, ba« ben genannten ^nforberungen
entfbrad(i, eine aufgäbe, tueld^e bann $aulu« auc^ jtoifd^en 786 unb 797 bon ^Ronte
Safiino an^ löfte. Da« SBerl tuurbe fobann burc^ einen befonberen @r(a^ jlarl« offi^ieQ
im ganzen SReic^e eingefül^ unb, ben ja^lreid^en unb toeittjerftreuten §anbfd^riften nac^
ju fc^liefeen, rafd^ in Den toid^tigften Älöftem eingebürgert. 6« verfällt in einen 35Jintcr=
26abfd^nitt öon äBetl^nad^ten bi« jum Dfterfamftag mit 40 ^erifo^en unb 110 ^rebigten
unb in einen ©ommerabfc^nitt bom Dfterfonntag bi« jum 6nbe be« Äircfienjal^re« mit
78 ^erilojjen unb 134 ^rebigten. Über ein ^ftel biefer ^rebigten ftammt öon 3)ia^5
mu« öoniurin; nöc^ft i|m ift ber bamal« befonber« beliebte Seba am ftärfften Vertreten;
bann erft folgen Seo, ®regor, äuguftin unb noc^ ettoa jel^^n anbere Tutoren. 3" bi«f^
80 SRannigfaltigleit ber 93eifteuemben, beren 9{amen$aulu« jebe«mal au«brücfli(t^ nennt, lag
fraglo« ein befonberer SSorgug ber ©ammlung, ber biefelbe neben i^rer formellen (Siaft^eit
allgemein emjjfal^l. Dbtoo|l 3luftraggcber unb 38erfaffer ol^ne ß^^^if^'^ ^^ ^*^ 2^"'^ ^^^
SSorlefung bei ben SSigilien im Sluge Ratten, fo ffrid^t bod^ bie (Seftalt be« toorliegenben
ßomitiar« entfc^ieben bafür, ba| feine Sebeutung nid^t in biefem einen ^md^ aufging.
86 Sag e« an ftd^ fd^on nal^e, ba^ bie ©eiftlic^en biefe i^nen toof^lbefannten §omilien au^
für bie ®emeinbei)rebigt bertoenben hJürben, fo lafjen eine Steige öon 9Jummem erfennen,
ba| eine fold^e SSertoertung too^l jugteid(i t)om SSerfaffer beabftd(|tigt toar. 2luc^ bermifete
man im Äreife ber Senebiftiner bei ber Slrbeit be« $aulu« balb bie SUidEfid^t auf ba«
ft^eji^fc^ 3Rönd^if(^e, h)oburd(i fid(^ Benebift t)onälniane )ur3ufAtnmenftellung einer eigenen
40 $rebigtfammlung öeranla^t fol^. ©leid^tool^l barf man ben ßinflu^ be« .?)omiliar« auf
bie ©emeinbeprebigt nxd^t übertreiben. Die lefetere geriet in ben näc^ften ä^^r^unberten
obnel^in in SBerfaU, unb jebenfatt« fmb toir über fie t)iel ju toenig unterrid^tet, al« bafe
h)ir i^e 9(b^ängigleit t)on ber ©ammlung be« $aulu« nad^tDeifep lönnten. Dagegen
fte^t aufeer ^4*^eifel, ba| jene« für bie 9loftum beftimmte .s^omiliar feit bem 15. ^ahx-^
46 ^unbert ju ben beliebteften ^rebigtbüd(iem gehört ^at. ^eili(| ^atte e« feit bem 9. ^ai^x--
^unbert m fteigenbem SRafee Slnberungeu erfal^ren, toie au« ben erften Dru(fau«gaben
(©t)eier, ^eter Drad^ 1482. 9lac^brucf t)on Äonrab be ^ombord^ fÄöln] o. D. unb ^.)
^orge^t. ^a feit bem ^af)xt 1493 erleibet e« fogar unter SRittoirfung ©urgant« eine
böDige Umgeftaltung, fo ba^ fd^liefelid^ nxd^t einmal ber alte litel übrig bleibt, äuc^
60 gicbt fxö^ biefer neue homeliarius doctorum meift al« ein SBerf Sllfuin« unb toerjid^tet
leittpeifc auf einen 2lbbrudt ber Äarlfd(ien @infü^rung«ej)iftel unb ber poetifc^en Einleitungen
l>e« ^aulu«. Die erfte äu«gabe biefer Slrt ftammt au« Sajel 01x1 fie«ler), Weitere fmb
ani Äöln, S^on, ^ari« befannt, ber Äölner Drudt Don 1539 ging in bie 9Jlignefc^e ''^a-
trologie (ser. lat. 95) über, jum legten Wale foD ber homeliarius doctorum 1669
66 erfc^ienen fein, ^ebenfall« fmb in i^m nic^t nur folcbe 93äter, tüeld^e ^ßaulu« befonber«
betoorjugte, toie TOa^mu« öon lurin, fo gut tüie böHig au«gemerjt unb an il^rer ©teile
ein .C^enfu« be« 9., ein §aimo be« 11. ^al^r^unbert« berangejogen, fonbem aud^ bie
Einteilung ift eine burc^au« anbere gctoorben. SBö^enb ba« ed^tc §omUiar bem ®ange
be« Hird^enja^re« folgenb, bie gefttage an il^rer ©teile jtoifc^en bie entffrec^enbcn ©onm
eo tage einreibt unb mit einem ^erjeic^i« t)on ^eriIo)?en unb ^rebigten )um beliebigen
^omtliaritttn Honiines intelligentiae 311
®ebrauci(i bei untergeorbneten ^etfigeits unb ©emeinbefcften fci(|lie|t, teilen e^ bie 3)rucfc
in homiliae de tempore unb homiliae de sanctis ein. ^aburc^ toitb ber ^ol^e
äSert, ben bad ^omiliar für bie ^ftfteUung ber ^erüo^enorbnung l^ot, t^öQig aufgehoben,
^enn bad ürd^lic^e £ettionent)er)eici^nid, bad ftd^ auf ^ieron^mu^ jurüdfül^rte unb t)on
®re0or bem (Stoßen toertooDftänbigt unb gefe^lic^ eingefüi^rt toax, tourbe feit bem 8. ^aü^x^ 5
^unbert me^r unb me^r ^u einer ^rebigttejtrcil^e. 3?ocl^ freiließ fehlte e« nid^t an ©(^^toan^
fungen. @o entf)?ri(^t bie Slei^enfolge ber ^rebigten im ^eba^omiliar ber nea))olitanifc^en
5ßeriIoj)enorbnuna in bem frü^e nac^ ©nglanb gelangten fog. 6utlS|bertebangeKar. §ins
gegen fd^lie^t fiep ba^ .^omiliar be^ $aulu^, abgefel^en Don einigen ©teilen, an benen e^
bie fbejieden ®ei)fIogen^eiten be« Söenebiltinerorben« berücffidjitigt, burdjitoeg ber römifc^en lo
5ßeriIot)enorbnung an, beren ©nttoidelung in ben berfc^iebenen ©tabien ^ fortan in feinen
eigenen ©c^icffalen toieberfpiegelt. Stielet minber ^t ba« ^omiliar be^ ^ßaulu« in bie
®ef(^i(^te be^Sreöier« eingegriffen, toie benn be^lj^alb fotoo^l Sattifol (1893) afö©uitbert
Säumer (1895) auf ba^felbe 9{ütfftcl(|t nel^men. Unb fc^lie^Uc^ ift bie @t)angelienrei^e
be^ ^omUiard aud^ für bie 3lbfaffung Don Sut^erd Äirc^en))oftiDe mafegebenb getoefen, fo 16
bafe bie äufeerung SSalentin SRofe« nidjit übertrieben fein bürfte, baMdbft biefem Unter«
nel^men ^arld eine in feiner 9lrt toeltgefd^idbtlic^e 93ebeutung eigne. 2i$ie fcl(|on SRabiQon
unb ©erbert, fo ^at neuerbingg ©mft SRanfe auf bie Sleid^enauer, jefet Äarteru^er öanb«
fc^riften be« $omiliar« aufmerffam gemacht unb eine §erau^abe biefe^ für bie ©efd^ic^te
ber 5ßrebigt toie für bie ber Seitionen gleid^ toid^tigen ©ammeltoerfe^ getoünfc^t. @uit$ ao
bert Säumer goJb in feiner „®efc^ic^te be^ Sreöier^" (©. 287) toeitere ^anbfd^ften
befannt, unb ber Unterjeid^nete mad^te geftü^t auf jtoei SRünd^iener ßobice« ben 3lnfang
einer SBieber^erfteHung be^ ganjen SBerle«. grtebrli^ ^teganb.
{^omtlte f. §omiIetiI oben ©. 296, 8 ff.
^omiltett^ ^fenbo^clemetttintfd^e f. Slementinen Sb IV @. 171ff. 35
Hoiuines intelli^entiae. — OucUcn: 3)aö SScrjeicöm« bcv„Errore8 sectae homi-
iiuiD intelügentiae^S crftmolä mitgeteilt üon 8teph. Baluzius, Miscellanea, Vol. II p. 277
bis 297, barnacö abgcbrud t bei Duplessis d'Argentr^, CoUectio iDdiciorum de novis erroribus,
Tom. I p. 2 6. 201—209 unb bei P. Fredericq, Corpus documcDtorum inquiaitionis Neer-
landicae, Deel I (®ent 1889) 8. 267-279; ferner ber Sericftt beS Joa. Latomus, Ck)r8en- ao
donca («ntro. 1604) @. 84 ff., abflebrucft bei Srebericq a. o. 0. 8. 266 f. «udö bie oon gre«
bcricq o. a. 0. Deel II @. 198 Sflr. 125 mitgeteilte 92otl§ geftbrt roo^I tjier^cr. — a)ar*
fteüungen bei C. Vander Eist, Les mystagogues de Bnixelles, in ber Revue tnmenBuelle
Vol. 29 (35rüffel 1861) @. 101 ff.; 3. 3. ^Itmet)er, Les pr^curseurs de la r^forme aux
Pays-Bas T. I (^ßoriö 1886) 6. 82 ff.; 91. Sunbt, Histoire du panth^isme populaire au 86
m.-a. ($Qri§ 1875) 6. 111 ff.; (£^pt) U. ^ahn, ®ef*. ber Äefer, Söb II (@tuttg. 1847)
6. 526 ff.; H. Ch. Lea, History of the Inquisition Vol. II (9hw-50orf 1888) @. 405 f.;
ißgl. QU* ben 91. „©ruber be^ freien ©eifteö" in 5Bb III S. 472,18.
^r bie Beurteilung ber Eigenart be« 1410—1411 ju Srüffel üon ber ^nquifition
jur 9Reci^enfcl(iaft gezogenen Srcife^ fe^erifd^er SR^ftifer, bie fid^ felbft ben 9lamen „Homi- 40
nes intelligentiae" beilegten, ftcl^t un^ afö einjige Duette ba^ ^rotolott über bie 3}er=
urteilung unb ben SBiberruf eine^ ßaujjte^ jener ©eftierer, be^ Äarmeliten Sffiil^elm öon
^ilbemifjen, iur SSerfügung. 3lngeficl(|tg be^ Umftanbe^, bafe SBil^elm^ SBiberruf gerabe
bie toefentlic^ften gegen i^n unb feine ©enoffen erhobenen 2lnnagei)unlte ate falfc^e Se«
fd^ulbigungen jurücfloeift, ioirb man toon biefer Duette einen nur fe^r tjorfic^tigen ©ebraud^ 45
machen bürfen.
äfe eigentliche Urf^eberin ber ^xxld^xm ber Srüffelcr „Honiii^^s intelligentiae"
ober „freien Oeifter" ioirb tool^I mit 3fled^t toon einer jeitgenöfftfc^cn Duette bie Srüffeler
3)id(|terin ^abeioijd^ 93(ommaert ober Slommaerbine (f. b. 31. 93b III ©. 260 f.) genannt,
beren pant^eiftifc^e Tl\)\ixt ^oi}anx\ toon Stu^broel im erften drittel be^ 14. ^a^r^unbert« go
befämpft ^atte. Site bie §äu))ter ber Srüffeler ©efte toon 1410/1411 galten äegibiu«
Gantori^ (De Cantere'O, ein Saie o^ne ©c^ulbilbung, unb ber ertoöl^nte Äarmelite aKil»
l^elm öon Jpilbenüffen (in ber ^errjc^aft Bergen-op-Zoom), früf;erer ^rior 5U SRec^eln
unb Srüfjel, bie übrigen« b^üQlx^ if;rer Seigren nic|t burc^toeg übereinftimmten, unb öon
benen jeber innerhalb ber ©ette feinen befonberen Slnl^ang ^atte. ©emeinfam fc^eint beiben 66
bie S5etonung be« SBerte« ber m^ftifc^en ßrleud^tung unb ©otteinigung getoefen ju fein,
bie attein bie Sibel richtig öerftel^en laffe, ben toom ^eiligen ©eifte erfüuten in eine ben
©(^franfen ber ftttlic^en unb ürc^Iic^en ©ebote entrücfte ©Jj^öre üerfe^e unb il^n be« eloigen
312 Homines intelligentiae ^onmi^
§ctfe tocrfid^ere. Selbe rül^mten fid^ ber il^nen im gwftanbe ber Serjücfimg ^u teil ^c-
toorbenen SSifionen, unb i\vax ging be« Gantoriö ßlftafe fo toeit, bafe er eine^ %%^ nadt
burc^ bie ©trogen Srüffete lief unb fic^ bei feinen 3lnl^ängem ben ^eilanb ber SKenfd^^eit
nannte. Die ben ©eltierem jum SBortourf gemachte ©egnerfd^aft gegen bie fird^lic^e Ser^^
6 bienftlej^re unb ibre ®ertngfd^ä|ung ober SBertoerfung ber fird^lic^en ©ebote unb ©naben-
mittel ift ^iernadp leicht erfiärlic^; aud^ ben gegen il^re fittlid^e Seben^füi^rung erhobenen
Slnflagen — ba« ^rotofott bef(i(>ulbigt bie ©eltierer gerobeju ber SKeibergemeinfd^aft —
toirb toenigften^ ein Äem öon SBa^rl^eit ju ©runbe liegen. Stuf 2^rabitionen be^ ^oaä)u
miSmu« unb ber ^anji^fanersSjjirttuolen toeift bie angebliche Se^re ber ©eftierer t)on
10 ben brei g^itoltem, be^ 38ater^, bed ©o^ne« unb ber Stra be^ ^eiligen ©eifte^ ober 6lia^
l^in, öon beren betoorfte^enbem Slnbrud^ fte bad ^nfrafttreten be^^ „©efe^e^ beg ^eiligen
©eifte^" unb ben 93eginn ber „©eifte^freil^eit" fotoie bie ©eligtoerbung atter menfdj^licpen
©efc^öjjfe unb ber böfen ©eifter ertoarteten. Dem fiarmeliten eigentümlich fc^eint bie
Seigre getoefen ^u fein, bafe alle SBerfl^eiligfeit be« SRenfd^en für feine ^Rechtfertigung h^ertlo^
16 fei, unb bafe l^tere einjig unb allein burd^ baö Seiben ßi^rifti gefd^e^e. Die ißerbinbung
mit ber Äird^e tourbe öon ben 5Kitgliebem be« m^ftifc^en Äreife«, bie ftc^^ in einem bor
ben Il^oren Srüffefö gelegenen 3^urme ju tjerfammeln, in ber Öffentlic^Ieit aber burc^
eine ®e^eimfj)rad^e ju berftänbigen ^jflegten, nur, fotoeit eö bie Söai^rung be« äußeren
Scheine« erforberte, aufred(|t er^lten. — Um 1410 fc^eint $eter öon 2lill^, $)ifc^of t)on
aoßambrai, ju beffen ©Jjrengel Srüffel gel^örte, erftmafö gegen bie m^ftifc^en ©c^toärmer
einaefAritten ju fein, oHerbing^ unter fel^r fd^tüierigen Ser^ältniffen, inbem bie beiben
bif^öflid(ien ^nquifttoren in ben ©trafen Srüffete mit ülämifd^en ©fottöerfen empfangen
tüurben unb mit genauer 9lot einem 5Korbanfd(|lag entgingen. Der Äarmelite SBil^äm
leiftete gtoar notgebrungen SBiberruf, bod^ in einer SBeife, bafe feine äln^änger barin
36 üielmel^r eine 93efräftigung feiner le^erifd^en äuffaffungen erblidEen burften. eine toieber^
^olte Unterfud^ung erfolgte im Seilte 1411, in beren SSerlauf SBill^elm toon öilbemiffen
in ßambrai felbft abgeurteilt unb gum toieberl^olten SBiberruf feiner fefeerifc|en Se^ren
beranlafet tourbe. Da« gegen i^n erlaffene Urteil lautete auf breijäl^rige ©inferferung in
einem ©c^loffe be« SBifd^of« unb auf leben^länglid^e (ginfdj^liefeung in einem auj^erl^alb ber
80 Diöcefe ßambrai gelegenen Äarmeliten-Klofter. Über ben 3lu^ang ber ^ßrojeffe gegen bie
übrigen ©eftierer h>ie über bie Slac^toirfungen ber offenbar fe|r tiefgreifenben Setoegung
fmb 3lai)xx6)ttn nid^t erhalten. ^emtan ^aupt.
^otttn^^ ßorneliu«, geft. 1524. — g. ®. be ^oop»@(6cffer, ©efc^icfile ber SRe-
formation in ben S^iebcrlonbcn üon i^rem S3eginn bi« jum Sa^re 1531, beutfdic DriginaU
86 ausgäbe üon<ß. ©erlocö, ßcipjig 1886, 6. 84 ff. 158 ff. 318 ff. Sßeiterc fiitteratuv bei v. d. Aa,
Biographisch Woordenboek der Nederlanden, Slrtifel ^om. S)ic Oueflenftücfe über feinen
^roje6 finb jufammengeftellt bei Fredericq, Corpus documentonim inquisitionis haere-
ticae pravitatis Neerlandicae III (unter ber treffe) iRr. 56, 125, 127, 130, 149, 151,
152, 153, 163, 166, 171, 172.
40 Mag. Gomeliu« ^tnxxjcß (^einrid^fo^n) §oen, toa^rfd^einlid^ bem gleichnamigen bür^
gerlid^en ®efd^led(|t ju ©ouba entftammenb, in ber §ieron^mu«fcf^ule ju Utrecht (■H©'*
III,485,H2)öorgebilbet, öon@ra«mu«gej)riefen, toar äböofat beim ©eric^t^^of öonöoHanb
im §aag. Site am 11.9loöember 1509 ber au^SBefjete Srieftoec^fel befannte 3a!ob$oed
(Jacobus Angularius), Äanonifu« unb Defan ju 3?aalbtoij! unb 5ßaftor m SBaffenaar,
iöftarb, beauftragte i^n beffen 3?effe unb 6rbe 3Kartin Dor}), feit 1504 55rofeffor inSötoen,
mit ber Drbnung ber Don jenem l^interlaffenen 5Pa))iere. Unter biefen fanb .^oen meb-
rere ©d^riften Söeffel«, barunter bie Slb^anblung über ba^ 2lbenbmal)l, in ber er unter
Slbtoeifung ber lird^lid^en Iran^fubftantiation^le^re burc^^ Kombination ber ©teilen ^o 8, 3()
unb 6, 54 5U beioeifen fuc^te, bafe @f[en unb Irinfen nicbt^ anbereö bebeute ate an
60 ß^riftum glauben, il^n in fid^ aufnehmen, fein ganje« SBefen, fein 2ßerl, feine o)?fertoinigc
Siebe fic^ m eigen mad^en. J^oen tourbe burc^ biefe ©c^rif t innerlic^ft erregt, badj^te Leiter
nad^ unb fönb, bafe bad „est" in ben 6infe^ung«h)orten nicf^t« anbere^ l^eifeen fönne ate
„significjat", hjofür er ftc^ auf 3o6 unb bie ©teilen, in bcnen ftc^ 3j^M ^'^ 3:^ür, ben
SBeg, ben ßrfftein, ben SBeinftodt nennt, berief. Diefe Slnfic^t teilte er einigen ^eunben
66 mit, öor allen bem Sleftor ber Utrec^ter ^ieron^mu^fc^ule S»^- 9tobe (f. b. 31.) ©ie be^
fd^loffen, bie neugewonnene Slnftcfit, bie §oen in einer Ileinen geifttooHen Stb^anblung
niebergelegt ^atte, bem Urteil Sut^er« ju unterbreiten. Slnfang 1521 begab fic^ SRobe
nad^ SBittenberg (gft© XVIII, 346 ff.). £utl;er fjjrad^ ftd^ jeboc^ mifebittigenb au«.
Dagegen ftimmte 3*^^ingli ber ©c^rift rüdf^altlo« bei, al« SRobe fie ilS^m bei einer jn?eiten
{^ottind ^ournniS I*, ^o^ 313
Äeife nad} Deutfd^lanb öorlegtc, auf ber er ettoa im ©e^^tembcr 1522 nad^ Safel unb,
StotngU liefe bie 3lbl^anblun0, an ber i^m namentlid^ bie Hare ejegetifd^e »egrünbung
gefiel, im ©ommer 1525 bei grofd^ouer brucfen, unb jtoar o^ne 9lennung be« ^erfafler«
(litel bei ©nberg, 2utf;erö »riefn)ec^fel, III, 6.412; bafelbft abgebrudft. ©eutfd^e 6
Ueberfelung bei be $oo}j=®(^effer 6. 91—96. 3ur ©ad^e bol. ä. Säur, 3h)ingtö
Ideologie, i^r SBerben unb i^r ©Aftern, II, §alle 1889, ©. 279 ff., unb ©tä^elin, $ulb*
retc^ 3h)tngli, III, Safel 1897, ©. 226 ff. — 3um erftenmale ertoö^nt toirb bie ©c^
in bem Sriefe be« ^ierre Souffain au« 93afel an garel in ©trafeburg öom 18. Btp^
temberl525 bei^erminjarb, Correspondance des reformateurs, I, 384: Inter ea, lo
quae hactenus legi de Eucharistia, summe mihi placuit Epistola quaedam,
quae incerto prodiit auctore . . . paucis multa dielt et meo iudicio non
minus doete quam vere. SSgl. aud^ @ra«mu«' S3rief t)om 3. Oftober 1525, Opp. 1703
t. III, p. 894. — a)ie ©c^ft ftei^^t im 3nbe? ^ßaufö IV. 1559 in ber britten Klaffe
(Sleufc^, 2)er Snbej ber Verbotenen Sudler I, 93onn 1883, ©. 285.). is
3m jjebruar 1523 tourbe §oen ^jlö^lic^ afe Sln^änger ber Partei ber „©aframcn*
tiften" auf änorbnung be« ^nquifitor« \)an ber §ulft in feiner SBo^nung im Äoag gc«
fangen genommen unb in Äetten unb Sanben nai) ©ertruibenberg abgefü^. 3)ie ener«
gifd^e Sefd^toerbe, bie ber ®erid(|t«^of bon .^oUanb gegen biefen feden ©treic^ einlegte,
batte einen Sefel^l ber ©tatt^alterin aRargareti^e (öom 3. 2Rär^, ^ebericq 9lr. 125) jur 20
^olge, ba| §ocn unberjügKc^ nac^ bem^aag jurüdfgebrad(|t toerben fottte; bort foHte ein
2Rat«IS;en bom ®erid^t«l^of bon §ottanb im herein mit ban ber §ulft bie gegen il^n bor«
gebrad^ten anllagen }jrüfen, bann il^n unter Slffiftenj jtoeier 3)oftoren ber Ideologie ber«
^ören; bie ^rojefealten enblid^ foHten bem ^räfibenten be« geheimen State« Sooft Sau^
ren«j vorgelegt toerben, ber bann nebft ben anbem beteiligten 3lid(|tem ba« Urteil fäHen 26
njürbe. b. b. §ulft fürd(|tete ftd^ aber, nad^ bem ^aag ju gelten, obgleich i^m bie ©tatts
l^lterin atte möglid^e ©arantie für feine ©ic^eri^eit bot. 6rft al« er im ^unx bie pcüp^U
lid^e Smennung jum Uniöerjal- unb ©eneralinquifitor erlj^alten ^atte, erflärte er fxd^ jur
SC&reife nad^ ipollanb bereit. ®o(^ mu^te il^m aWargaret^e fotoeit entgegenfommen, ba^
fie il^m erlaubte, bie ©efangenen nac^ bem ©renjort ©orind(iem borjulaben (aufeer §ocn ao
tüaren ber Steltor ber Jpaager ©(^ule SBil^elm @na))^eu« unb ber ©elfter Sleltor^eberif
§onbebefe ober 6anirit)u« üerl^aftet toorben). 3)agegen d)er proteftierten toieber bie
©taaten bon ^oKanb. Sil« cnblid(^ im Dftober ö. b. §ulft abgefegt tourbe, nal^m ber
©erid^t«l^of bon ^ollanb ben ^rojefe §oen« unb ©na))l^eu«' in bte $anb. 3)ie ©tabt
§aag tourbe il;nen „al« ©efängni« angehjtefen". 3000 SDuIaten Äaution mu^te ^om 86
fteHen (am 29. Dftober, ^ebericq 5Rr. 172). ©d^on im folgenben ^abxt toirb er ge*
ftorben fein. Otto ^Untett*
^onoritt« I., ^apft 625—638. — S8gl. Mansi, Concil. nov. et ampl. coUectio 11,
Florent. 1765, 537. 54yff. 579; bie S3rlefc be« «Popfte« MSL 80, 469—484; Liber Ponti-
ficaÜB ed. Zhtobov gWommfen 1, Berol. 1898, 170-174; Ph. Jaff^, Regesta Pontificum 40
Romanorura P, Lips, 1885, 223—226; 9(. g. ©frörer, ®efd). b. c^riftl. Äircfte 3, 1, ©tuttg.
1844, 53 f.; (5. 3. ü^efele, 3)aö 9lnQtt)cm über ^opft ^onoriu«, in 2:1)0© 39,1857, 1-61;
berf., Gaufla Honorii Papac, Neap. 1870 fin« 3)eut{(6e übcrfe^t üon SRump, 3Wünft. 1870);
berj.. ©oncilicngejcftic^te 3«, greib. 1877, 145-177 unb 276—313; 3. 3)bninöcr, bie «ßapft*
fabeln be« TOttelalter«, ^ixndi. 1863, 131—151; ©(ftnecntann ©tubicn über bie ^onoriu«« 46
froac. greib. 1864; JR. 93Qjmann, 3)ie $olitif ber^äpfte 1, eiberf. 1868, 159—170. 185f.;
J. Pennachi, de Honorii I, Rom. Pont, causa in concilio VI, Rom. 1870; JRucfgaber, 5>ie
grrlcbrc be« ©onoriu«, 8tutt. 1871; g. ©regorooiu«. ®ei*i(^te ber ©tabt JRom im ^mtitU
alter 2*, ©tuttqart 1889, 114 — 122; 53. 3ungniann, de causa Honorii, in Dies. seil, in
bist. eccl. 2, Ratisb. 1881, 382-458; 3. Sangen, föef*. b. römiftfien Jlirtöe oon fieo I. öo
big ««ifülaug I., S3onn 1885, 507 - 580; 3. ©rifar, in Äß 6, greib. 1889, 230—257.
3la6) bem ^infc^eiben 93onifatiu«' V. beftieg am 3. 5lobember (30. Dftober) 625 ber
au« einer öomel?men famjjanifcben ^milic — fein Sater ^etroniu« toar Äonful getoefen
— ftammenbe ^onoriuö ben ©tu|il ^etri. ©ein ©treben ging bal^in, bie ©rrungen«
fc^aften ©regor« be« ©rofeen ju erbalten unb ju bcrme^ren. 3)a« betpie« er in«befonbere 66
bur^ fein SSer^alten ben Slngelfac^^fen gegenüber: ben Äönig ©btoin bon 9iort^umbetlanb
ermatte er, fic^ fleißig in ben ©Triften ©regor« um^ufcl^en, bamit er in ben Se^ren
be« t)on i^m (627) angenommenen 6i)riftcntum« feft toerbe (ögl. ben ©rief bom ll.^^uni
634 bei Beda Venerab. Hist. Eccl. 2, 17); auf Slnfuc^en be« fiönig« berlicl? er ben
Sifc^öfen $aulinu« Don ?)ort unb §onoriu« toon ßanterbur^ ba« ^aUium (ib. 2, 18; go
314 ^ottortttd L, ^a^{)
ber ©rief an §onoriu^ [Ep. 10 MSL 80, 479J, burcf^ toeld^en bicfcm bcr ^^primat 311=
öefprodjien toirb, ift unecht); ben ^xm tjertoic« er in gereutem lone if;re t)on 9lom ab-
tüeid^enbe Dfterbered^nung unb ermahnte pe, \id) bei i^rer Älcinl^eit nxd^t Reifer ju bünfen
ate bie gefamte übrige Rird^e (ib. 2, 19); in SBeffej }jrcbigte auf feine 3Seran(affung
6 Sirinu^ ba« ß^ftentum (ib. 3, 7). 3lu4 ba« öon ®regor b. ®r. mit Umfielt begon^^
nene Unternehmen ber Überführung ber arianifd^en Sangobarben ^ur fati^olifc^en Äirc^e
f^te er fort, junäc^ft inbem er für ben graufamen unb h^a^nfinnigen, aber bem latbo-
lifdjien ©lauben l^ulbigenben Äönig äbaltoalb gegen beffen ©d^toagcr liUriotoalb, einen
ärianer, ben bie langobarbifd^en $erjöge auf ben J^ron crl^oben Ratten, Partei nal^m
10 (f. bie beiben »riefe fEp. 1 unb 16] an Sfaciu« MSL 80, 469. 482) ; fpäter, inbem er
fxd) auf bie tat^olifcf^e Äönigin ©unbeberga ftü^te, bie 3^od^ter jener 21;eobelinbe, burc^
beren Vermittlung ®regor ber ©ro^e mandj^e Sorteile für bie fatl^olifc^e Äird^e im Sango-
barbenreidjie erlangt ^atte (ögl. Fredegari Chronicon 49; $aulu« SBamefribi, Hist.
§5nt. Lang. 4, 43 f.). 3^»" g^öng e« aud^, ba^ feit bem 3)rei!apitelftreit (f. ben 31.
b V ©. 21ff.) in 3ftrien unb 55enetien beftel^enbe ©c^i^ma ^u befeitigen: mit A^ilfe beö
ßjard^en üon 9lat?enna Vertrieb er ben fc^i^matifc^en Sifc^of gortunatu^ öon Stquileja^
®rabo unb Ij^ob einen ©ubbiafon ber römifd^en Äirc^e auf ben erlebigten SDietropolitan^
ftu^l («rief an bie Sifc^öfe t)om 18. gebruar 628 [Ep. 2 bei MSL 80, 469 ; ijgl. 30=
fytnn^ 3)iaconu^, Chronicon Gradense in MG Script. 7, 45). ©ö ift nic^t untoa^r-
ao fc^einlid^, ba| ber Seiftanb, ben bei biefer ©elegenl^eit ber gried^ifc^e ©tattl^alter unb
bamit bireft ober inbirdt ber Äaifer §eralliu« bem ^a))fte leiftete, biefen betoog, ftd^ in
bem balb barauf auöbret^enben monoäeletifc^en ©treit (f. b. ä. SRonotl^eletis^muö) gleid^=
fam ald ®egenleiftung auf bie ©eite be^ Jlaiferd ju fte&en: mit bem ^Ißatriarc^en t)on
Äonftantino})el unb Sßejanbrien belannte er ftd^ ju ber Se^re tjon „(Sinem SBiUen" in
aöß^fto, bie er in jtoeiSriefen an ben §oft)atriard^en ©ergiu^ (Ep. 4 u. 5. MSL 80, 470.
474) mit 9lad^brudf, aber olS^ne Älarl^, bertrat. hierfür tourbc er mel^r al^ 40 ^af)xz
nad) feinem iobe (geft. DIt. 638) auf bem 6. ömmenifd^en Jton^il toon fionftantinofel
am 28. 9Rärj 681 mit ben^^rem ber monoti^eletifd^en ?|Jartei anat^ematifiert unb ^toar
unter gwftin^wwng ber päj)ftlid(ien Segaten. £eo II. beftötigte biefe Serbammung feinet
80 SSorgängerd in einem ©d^reiben an ben Äaifer (@nbe 682. MSL 96, 399), inbem er ben
i^onoriud atö einen be^eid^nete : „qui hanc apostolicam sedem non apostolicae tra-
ditionis doctrina illustravit, s^ profana proditione immaculatam fidem sub-
vertare conätus est." Die Vita Seo^ II. im Liber pontificalis jc^lie^t fic^ bem
Urteil ber ©^nobe unumtounben an. 3)ag 3lnatf^em fanb aufnähme in baiS ®laubenö=
86 belenntnid, toeld^e^ jeber neugetoä^lte $a^ft bei ber ©tul^lbefteigung ju fpred^en l^atte,
unb tourbe toenigftend t)on ben 9lad(ifolgern £eo^ toieber^olt (Liber Diurnus MSL
105, 52). ^m Slbenblanbe fc^eint ba« Slnbenlen an ba^ fc^toertoiegenbc ©reigni^
lange ^^t faft erlofd^en ju fein, benn bie mittelalterlichen ©efd^i^itfc^reiber cinfc^tieflic^
ber ß^roniften ber ^Päjjfte übergel^en e« mit ©tiUfc^h^eigen, toä^renb bie griec^ifd^en 6l?ro=
40 niften unb Äanoniften be^ §onoriu^ al^ eine^ 3lnatl^ematifierten ^äufig gebenfen. Um
ben barin liegenben ©tein be^ Stnftofeeö für bie Seigre öon ber }jä))ftlic^en Unfeblbarfeit
ju befeitigen, toagte e« Saroniue (Ann. Eccl. ad ann. 680, 34. 681, 19—34. 682,
3—9. 683, 2—22), bie 3lften be« 6. ftonjite mitfamt ben »riefen Seo^ II. al« t)on ben
®rie(^en tjerfälfc^t auejugeben (f. bagegen §efele, 6onc.'®efd^. 299—310). 2lnbere ta-
46 t^olifd^e ®elel^rten ftettten enttoeber, toie j. S. Settarmin unb Slffemani — nac^ l^organg
be^ Äarbinafö lorquemaba (Summa deEcclesia, Ven. 1560, 228) — bie IJerurtcilung
be« $a))fte^ al« einen ^xttnm ber ©^nobe bar ober bejogen, toie ®amier (de causa
Honorii summi Pontificis et VI Synodi generalis im 2lnbange ju feiner 3lu^abe
be« Liber diurnus, Paris 1680. MSL 105, 148—164) unb ^agi, ben Urteil^fprud^
50 be^ Äonjite nid^t auf eine toom Raffte tjorgetragene ^äretifd^e fiebre, fonbem auf fein, bie
^ärefte mbireft begünftigenbe^, aHju friebliebenbe^ Sene^men. 9Ba^r^aft brennenb tüurbe
bie 5^age erft auf bem öatifanifc^en Äon^il, too Sifd^of Aj^fele öon SRottenburg fte babin
beantwortete, ba^ $a))ft ^onoriu^ öon einem allgemeinen Äonjil öerbammt fei, Weil er —
unb itvax ex cathedra — f^äretifc^ geleiert l^abe unb ba^ biefe« 3lnatl;cm \>on ben j^txU
56 genofjen anerfannt unb toon fpäteren $äpften beftätigt toorben fei. ©päter (6onc.=®cfd^.
293) ^at er feine älnfid^t ba^in mobifi^iert, ba^ fic^ §. nur im 3(u«brucf »ergriffen l^abc,
tpäl^renb er in SBaf^rbeit ortl^oboj badete; ba« Äonjil bagegen habt [xd) einfach an bie
infriminierten, üon ben SDlonotl^eleten mipraud(^ten, 2lu!2;brüdfe gel^alten unb auf ihren
SBortlaut ^in feine ©enten;; au^gefproc^en. 3)agegen öerfuc^te ^rofeffor 5ßcnnac^i inSlom
60 biefe Silrppt ber Unfe^lbarteitele^re baburc^ )u umjc^iffen, ba^ er ben Urteilef)?ru(^ be«
^0ttortit8 I., t^onorittd IL, (8egtn)io)ift 315
ftonjil^ ald einen error in facto dogmatico unb bal^er nicl(|t aU bte Sntfd^eibung einer
allgemeinen ÄiTd^enberfammlung, fonbern einiger bogmatifd^ borurteil^öoDen Orientalen
beurteilte (f. bagcgen ^efele a. a. D. 297 f.). 3i^nli(§ Qlavbtt auc^ ®rifar (@. 256) ol^ne
©d^aben für ba« 2)ogma bte „S^^alfad^e" ^inne^men ju fönnen, ba| bte 93ijc^öfe be«
6. Äonjil^ mit ber irrtümlichen Verurteilung eine« 5ßaj)fte« afe Äc^er« JugWd^ irrtümlid^ 6
bie Sel^e bon ber Unfe^lbarifeit ber ^ä^fte angegriffen l^ätten.
«. 3ö«>ffel t (®- Ärüget).
^onortii« II., ®egen^a^ft(6abalu§), geft. 1071/1072— Benzo v. Alba, libriVII,
ad Heinricum IV. od. K. Pertz, MG SS XI, p. 591 ff.; Bonizo v. Sutri, Über ad amicum,
ed. @. 3)ümmler, libelli de Ute imperatonim et pontificum saeculis XI. et XII. conscripti, lo
tom. I, 1891, p. 571 ff., ügl. b.V!. Sonijo x^. 6. ©b III, @. 311 ff.; Petrus Dainiani, Disceptatio
»ynodalis (1062), ed. fi. ü. ^cincmann, libelli de lite tom. I, p. 77— 94, tigl. b. ?1. 3)Qnüani
IV. ©b @. 436 ff. ; Annales Altahensea : MG SS XX, p. 810ff. ; Leo, chron. Cassin. III, cap. 19
ib. VII, p. 711; Annales Komani: ib. V, p 472; Annales Augustani, ib. III p. 127; Ber-
thold, chronicon. ib.Vp. 271 f.; Bernold, Chronicon ib. V p. 427 f.; Arnulf, gesta archiep. lö
Mediolanensiuro lib. Ill cap. 19, ib. VIII p. 22; J. M. Watterich, Vitae pontificum
romanorum, Lips. 1862, tom. I, p. 235 ff. 252 ff.; Ph. Jaff^, Regesta pontificum Romano-
rum, Ed. II, tom. I, Lips. 1885, p. 593 ; S. u. ®iefcbred)t, ^ie l^irdjenfpaltung nocft bem Xobe
9^ifofau8lI. 9ln5ang ju feiner Schrift : Annales Altahenses, Serlin 1841; bcrfelbe, ©cfc^tc^fe
ber beutf*en ÄQtfcrjeit 3. S3b 5.«ufl., fieipjig 1890; W.gr.Öfrörer, $Qbft ÖJregor VII., SBb I, 20
@*offl)QUfen 1859, ©.640 ff.; «. i>. JHcumont, ®efcöid)tc ber ©tobt 9?üTn, ©b 2, ©erlin 1867,
@. 358 ff.; a». ©ajmonn, Xie $oIitif ber <ß«pftc üon ©regor I. big ©regor VIL, eiberfelb
1869, 2. »b 6. 291 ff. ; fj. ©rcgoroüiug, ®cf*. ber ©tobt ÜJunt, 3. $(ufl. 4©b, Stuttgart 1877,
S. 124 ff.; 3. öon^c[eIc,eonciIleiigcf*id)te, 4.83b 2. STufl.. grciburg i. ©r. 1879, ©.850 ff.;
®. SRarten«^, ^leS3efe^ung beS pöpftlic^en ©tu^led unter ben ^aifern ^einrid) III. unb$eiU'25
rid) IV., Srciburg i. S3r. 1886, ©. 118ff.; fi. ö. SRanfe, Scitgefcftidjte, 7. Xcü, fieipüig 1886,
©. 218 ff.; ®. ^ie^er üon Ä'nonou, 3ni)rbü(6er beö beutfc^en üicIdjeS unter ^einri^ IV. u.
©cinri* V., 1. unb 2. 53b, ficip^ig 1890. 1894; 3. Sangen, ®efrf|irfjte ber römiftfien ^xd^e
tjon 9?ifoIau« L bi§ Tregor VII., 83onn 1892; (S. SOlixbl 3)lc «ßubHaiftil im 3citoIter ®rc*
gor« VIL, ficipjta 1894; 91. ^aud, 5!ir(^engefd)id)te 3)eutf(^Ianb§, 3. 5Bb, ficipjig 1894; »)
®. m^Xtx. «nnalcn ber beutfdien ®ef4id)te im SKitteloIter, III. ^bt. 2. S3b, ^aUt a. ®.
1898, ©. 23 ff., ügl. b. 9(. «lejanbcr IL, ©b 1 ©. 338 ff.
ätö mi) bem 2:obe Jltfolau« II (27.3uK1061) burdji ba« rafd^e eingreifen ^ilbe^
branb« (ügl. VII. Sb 6. 10 1,8b ff.), be« är^ibialon« ber römtfc^en Äird^e, äleEanber II.
(Sifd^of Slnfelm öon fiucca) am 30. ©e})tember 1061 getüäl^It unb int^roniftert tporben 30
tuar, luurbe i^m burd^ bie bon ber Äaiferin Stgne« nad) 93afe( einberufene SSerfammtung
beutfd^er unb lombarbifdj^er a3tf(^i)fe, an ber aud^ ©efanbte ber SRömer teilnal^men, am 28. Oft.
1061 in ber ^erfon beö Sifc^of^Gabalu^ bon ^axma ein ©e^enpapft gegenübergeftettt, ber ben
Flamen Äonoriu« II. geführt l^at. ®er beutfd^e .C>of t^at btefen ©d^ritt nid^t au^ ÄanH)fe^
luft, fonoem tourbe baju burd^ bie protoofatorifd^e 3?i(^tbead^tung ber Siechte be^ beutfdien 40
Äönigtum« bei ber ©r^ebung Sllejanber« gebrängt unb entf^jrad^ bamit jug(eid(i ben
aSünfd^en be« lombarbifd^cn ßpiffo^^atg unb eine^ 2;eil^ be^ römifd^en 3lbefe. — gabolu^
befa| fein93i^tum feit 1046, ^atte ju ^einrid^ III. in Sejiel^ung geftanben unb tnor afö
®egner ber ^atarea befannt. ©eine ©teKung ift toon 2lnfang an eine fd^iefe getnefen.
Denn bie Äaiferin, nid^t geneigt unb auc^ tf^atfäcf^lid^ au|er ftanbe, bie Äonfequenjen ber 45
3luffteDung eine^ laiferlid^en ^a^^fte^ gu jie^cn, traf feine änftalten, bie 3lnerlennung
^onoriu^ II. ju erjtningen. 35ie« S^fd^öb nid^t einmal in 3)eutf(^lanb. 3)ie ftaiferin
befal^l freilid^ ben italienifd^en ©rofecn, il^n nad) $Rom ju geleiten, aber junäc^ft tuaren
feine SWad^tmittel fo befc^ränlte, ba^ bie »^erjogin Seatrij bon ^^u^cien, bie ©emal^Kn be«
§^J«>g^ ©ottfrieb if^m ben 2ßeg toerjperrcn fonntc. 2)ann erfc^ien aUerbing^ Sifcbof 50
93enjo toon alba (togl. b. a. 53b II, ©. 605 f.) im SBinter 1061/1062 afö laiferBt^er
©efanbter in SRom, um mit großem ©ejc^idf unb reid^lid(^en 3JlitteIn für il^n ju agitieren
unb Sejie^ungen ju bem §of toon 33^janj an;iu!nüpfen ; bie SKüftungen tourben eifrig
betrieben; im ^rü^ja^r 1062 fonnte (Sabalu« biö ©utri toorrüdEen unb trug fogar in
offenem Äampf tjor ben Igoren 5Hom^ über bie 2^ru})))en ätlejanber^ einen ©ieg babon 05
(14. äfril), freilid^ um balb mö^ 2^u^culum abjujie^en. — 3^^* Öjjff ^^^ «ö^ ^ialim
jurtidtgefel^rte l^erjog ©ottfrieb bon Sotf^ringen in ben ©treit ein (SJlai 1061) unb fefete
burd^, ba| beibe SRibalen fic^ ber ßntjd)eibung be^ Äönig« unterwarfen unb, biö biefefbe
erfolgt toäre, in i^re Si^tümer Succa unb ^arma jurüdfe^rten. I)iefe^ SSorge^en ftanb
in engem 3ufammenl;ang mit ber einige Söoc^en ^utoor erfolgten 3Kanblung in ben beutfdien m
SSer^ältniffen. SKar ber ©lurj ber Siegentfc^aft burd^ ben ©rjbifc^of anno öon fiiJln (ögl.
b. 21. Sb I ©. 557,2) im ©intjerftänbni^ mit §erjog ©ottfrieb erfolgt, fo tuerben \\ä)
316 ^ottortttd II., &titnp0p^ .^ottoriud IL, ^a^ft
ani) beibc über bie Se^anblung unb 8efeiti(^un(5 be^ ^JajJftfd^töma^ tjcrftänbigt l^bcn.
®ie Übertragung ber ßntfc^etbung an ben beutfc^en Äönig mar, ba biefer [\d) in ber
©etoolt be^ 9letc|>^erh)efer^ befanb, nid^tg anbere^ ate bie gutoeifung biefer 3tngclcgen=
l^ett an Snno bon Äöln. ©ie gelangte auf ber ©V"öt>^ 8" ^ugdburg (gnbe Oftober
6 1062 jur SSer^anblung, i^r Verlauf mar ein für ßabalu« ungünjtiger. 35a6 bie SRegie-
rung, meiere i^n erlauben l^atte, nid^t melj^r am SRuber hKir, gab i^m bon bomF^erein eine
ungünftige ^ofition. ßrjbifc^of Snno l^atte ate 9licl^tteUne^mer an ber Sanier 58erfamm=
lung ööÖig freie §anb unb hütete fid^, burd^ Anregung ber ^age nac^ beni föniglid^en
Stecht an ber $at)fth)a^l ben ^Paj)ft ber öon il^m geftürjten Äaiferin ju unterftü^en. 3luc^
10 ftanben bie beutfd^en 93ifc^öfe auf ber ©eite SUejanber« ate be^ juerft ©emäi^tten. 2(u^
bent Äreife ber antoefenben italienifd^en 93ifd^öfe tourbe freiließ gegen bejfen SBa^l bie 2(n=
Hage ber ©imonie fo fräftig erhoben, ba^ eine 5Sertagung ber ßntjd^eibung ba^ fct^Iiefe=
Ixd^t ®rgebni^ toar, aber in einer ^orm, bie bereite einer $rei^ebung .^onoriu^' IL nal^e
fam. ®enn man einigte ftc^ bal^in, burdb einen nad^ ^talxm gefd^idften beutfd^en Sifc^of
16 bie gegen äiejanber geltenb gemachten 38om>ürfe in 9lom ju unterfud^en, unb faH« ba«
Sefultat ein ^ünftige« toöre, t^m bie t)rot)tforifd^e äu^übung ber t)äj)ftlic^en ©etoalt m-
jupefte^en, b\& eine neue ©i^nobe bie befinitiöe ©ntfd^eibung gefällt ^aben müroe.
S)ie Übertragung biefe« 38ertrauen^mte« an ben 3?effen Slnno«, ben Sifd^of 93urd(^arb
t)on ^alberftabt, einen eifrigen Sln^nger ber ^Ubcbranbinijd^en SReformfartei fonnte bie
20 äu^pd^ten 3llejanber« nur berftärfen. äte bie Unterfud^ung in ber j^at bie ©runbloftg^
lett jener Slnflagen l^erau^eftellt Ij^atte (S^ff^ 4498), mürbe er burc^ §erjog ©ottfrieb im
aJlän 1063 na^ 9lom gefül^rt (3aff6 4499). 3)a« ©d^idffal be« ®egenj)at)fte« mar bamit
entfdjieben. Qln)ax ift Gabalud, nad^bem aiejanber i^n nunme^ auf einer ©^nobe ju
9lom mit bem änati^em belegte, feinerfeit« aggreffit) tjorgegangen, l^at auf einem Äonjil
26 ju ^JJarma gegen ben 9lebenbul^ler biefelbe ßenfur berlünbigt, ift fogar gegen 3lom öor-
gerüdft unb fonnte ftc^ auf ber ®ngeteburg feftfe^en. Stber er mu|te 3<om mieber ber-
loffen unb fonnte nid(|t l^inbem, ba| ba« Äonjil ^u 3Kantua am 3L 5Jlai 1064 bie
befinitiöe änerfennung feine« ®egner« boDjog. S^wterl^in ^at er in 5ßarma fid^ btf)a\jcpUt,
unb bie Il^ätigfeU al« $at)ft nid^t eingefteUt (fiambert SS V, 168; 9R. t). An. I,
30 p. 603 91. 52) äud^ nac^bem bie burd^ bie ®efanbtf(^aft«reife Senjo« an ben beutfd^en
$of erregten Hoffnungen auf, bie 1065 ge^^Iante Slomfal^rt Äönig §einricf^« jerfaDen
moren, mürbe i^m nod^ t)on ©eiten be« ©rjbifd^of« Slnno unb be« §erjog« ©ottfrieb
eine Seac^tuna m Seil, bie für biefe läftige fjotgen gel^abt f^at (SR. t). An. I, 587.
602 f.) Umbte 3ia^re«menbe 1071/1072 ift ßobalu« geftorben (3)1. t). An. II, p. 162
86 5R. 93).
SlÜar bie ®r^ebung $onoriu«'II. baburc^ bebeutungöboD, bafe fie bie 2lbftd^t be« beutfc^en
Jlöniatum« au«jubrüdten fd^ien, ben Übergriffen be« reformierten $a))fttum« entgegenzutreten,
fo liefert ba« tl^atfäd^lid(ie ©efc^idF biefe« @egen}>a))fte« ben S3emei«, mie menig biefe« nac^ bem
a^obe §einrid^ III. öon ©eutfd^Ianb ^u fürd(|ten. I^atte. 3)a SUejanber IL bie Priorität auf
<o feiner ©eite Ij^atte unb e« i^m an lüc^tigfeit nid^t fehlte, mar fein ©ieg fein unüerbien-
ter, menn auc^ ber Hergang feiner 2Ba^I ju begrünbeten Singriffen 3lnlafe gab. 5lad^ ben
©d^ilberungen ber ®egent)artei, fJ)e5ieD be« ^JJetru« 3)amiani (ep. I, 20. 21 ; Discep-
taüo), mar ßabalu« eine bebenflid^e ^Perfönlic^feit, aber ber SCabel ift ;u t^pifd^ unb
ber §a| ift ju gro|, al« ba| mir bem ^eiligen ol^ne meitere« glauben tonnten.
46 Qttxl Stirbt..
^^Ottorttt« IL, ^a^ft, geft. 1130. — OucIIen: Codice diplomatico e bollario di
Onorio IL m Fr. Livcrani opere, vol. 4, p. 91 ss., Macerata 1859; Sricfe: Bouquet, Re-
cueil des historiens des Gaules XV p. 256-269; MSL 166 p. 1217—1316, Siricfc an
^. ebcnb. 6. 1317-1320; Ph. Jaff^, Regesta pontificum Romanorum Ed. II, tom. I
60 p. 824—839, II p. 755; Vita Honorii II a Pandulpho Cardinali conscripta: J. M. Wat-
terich, Vitae pontificum romanorum, tom. II, Lips. 1862, p. 157 f.; vita a Bosone car-
dinali conscripta ib. p. 158 f; 3- ö. ^flugfs^ortlung. Acta iwntificum Romanormn in-
edita, 3 5Bbc, Tübingen unb etuttgart 1880. 1884; berf. NA VII ©. 87 f.; berf., gb®
S3b XXIV @. 430. 434. 437; berf., Itcr italicum, Stuttgart 1883; Annales Ceccanenses
66 MG 8S XIX, p. 282; Narratio de electione Lotharii, MG SS XII, p. 50988.; Falco
BcnevenUnus, Chronic, de rebus aetate sua gestis ap. Muratori, Rer. Ital. scriptores V,
p. 101 88.; Alexander Telesinus, de gestis Rogcrii, ibid. p. 617 ff. ; Pctri Diaconi Chro-
nicon monasterii Cassinensis MG SS VII, p. 80488. etc. — iiittcratur: E. Schindel-
hutte, vita Honorii II pontificis Rom, Marburgi Cattonim 1735; ^Ircöibolb Sorocr, Un*
ßo partt). C)<ft. ber 9?öm. köpfte, überfe^t ü. SRamborf), 3:1. VII, Wogbeburg unb fielpj. 1768,
@. 154 ff.; ©cruol«, $oUt. ®cf4. I^cutfc^Ionb« unter ^cinritö V. unb \»ott)QflIL, 2.3:1., ücipj.
^onoriitd U., fafift 317
1842, @.22ff., 88, 129 f. K.; ^ö-Saff^, ©ef«. b. beutf^en 9leic6ä unter fiot^or b. 8., »crlin
1843, e. 34 ff., 68 f. k.; «Popcncorbt, ©cfdjidjtc bcr Stobt 9?on!. «ßabcrb. 1857, @. 247 ff.;
Fr. IdveraDi, Opere, vol. III: Lamberto da FiagDano, Macerata 1859; f^rtebberg, SDte
Narratio de electione Lotharii in ben gb®, ©b VIII, ÖJöttinflcn 1868, @. 75 ff., mit bcr
5RQ(Öf*rtft oon ®. ©oi^, ©. 89 ff.; 3Bidjcrt, 3)ic ®a^I fiot^ar III. jum bcutfd^en Äönigc in 6
bcn &b®, «b XII, ©ötting. 1872, 6. 55 ff., bcf. @. 108 ff.; »em^cim, fiot^or III. unb ba«
©ormfcr Soncorbot, Straßburfl 1874; ^Küftlbadicr, S)ie ftrcitige ^apftwal^l be8 3. 1130,
Snn^brucf 1876; $). ®ittc, gorfdjungcn jur ©efdj. be8 SBormjcr (Joncorbat», (äJöttino. 1877,
6. 11 ff.; SB. u. ®iefcbrc(^t, ®ef(ö. bcr bcutfdjcn Äolfcraeit, ©b III, XI. 2, 4. «ufl. ©raun-
fiftwcig 1877, ©. 953 ff.; SBb IV, 2. «ufl., »raunf*». 1877, 6. 44 ff. 2c.; »cm^cim, 8ur lo
®cf*i4tc bc« ©ormfcr ßoncorbot«, ®ötting. 1878, 6. 42 ff.; 3B. »ern^arbi, fiot^ar ü. ©m)|j*
Ilnburg (Sa^rb. b. bcutftftcn ©cfdji^tc). ficipjig 1879, 6. 45 ff., 269 ff. :c.; gr. ©rcßoromu«,
®cf(ft. bcr 8tQbt $Rom, 4. ©b, 3. «ufL, Stuttgart 1877, S. 381 ff.; Sungmonn, Disserta-
tiones selectae in historiam ecclesiasticam, tom. V, JRcgcnSburg 1885, S. 51 ff.; 91. SSogncr,
S)ic untcritalifcftcn iRormonncn unb baS ^opfttum in i^ren bcibcrfcitigcn ©cjic^ungcn üon 16
Sictor III. bi8 ©obrian IV. (1086—1156), «rcgiou 1885. S. 26 ff.; 3. o. ^cfclc, goncilicn-
gcf(6i(6tc, 5. »b, 2. «ufl., &reib. i.a3r.l886; fiöwcnfelb, m. Beiträge, $«?( »b XI S.595f.;
SBoIfmar, S)q8 »crböltniS fiot^ar« III. jur 3nucftiturfrogc, &b@ S3b XXVI S. 443 ff,;
©rif^or, ^onoriuS U: SBcfcr unb m\M Äivcbcnlejifon, 2. ^ufl. 6. «b, grciburg i. «.,
1889 S, 257 ff.; 3- fiangcn, ©efcftic^tc bcr römifc^cn ^ird^c üon ©rcgor VII. bid 3nno^ 20
ccna m., ©onn 1892, S. 805— .Hl 4.
Sambcrt, untDctt ^mola in ^agnano al^ Rxnh geringer Seute gebaren, toax bon
Urban II. nad) 3lom geiogen unb bon ^Pafd^ali^ II. jum Äarbinalbifcpof t)on Dftia cr^
IS^oben tüorben. äte folc^cr ge^iJrte er ju ben SBä^lem Oelofiu^' IL, mad^U mit i^m
bie @cl^ec!en bed ttberfaQ^ burc^, tDeld^e bem 9{eugetoä^lten i>on bem römifd^en Slbefö^ 25
gefd^let^te bcr ^angif)ant bereitet tDurben unb teilte mit biefem $a))fte bie 3Rü^fate bed
ßjili« in ^anfreid^ (üglSSb VI ©.476,4i). 9lic^t allein bcr Umftanb, bafe Sambert \)tm
Dftia einer ber fet^g Äarbinöle toar, bie in ^anfreid^ GaKjrt Il.jium 9lad{^foIger bed in
6Iun^ t)erftorbenen ©elaftu^ II. ertDäl^lten, f^at ben franjöfifc^en ^sa^ft in ein fe|^r nafyiS
SerjS^äUni« ^u bem Äarbinalbifc^of gebracht, aud^ huxd) ©ele^amf eit, griebenäiebe unb ao
ftttlic^ 6mft emt>fa^I ftd^ biefer. SBir finben il^n halber ju ben fcljitoierigften SRiffionen
t)em)onbt, unter benen ber ^ufttog jum Slbfc^luf; be^ ^eben« jtoifd^en ber Äirc^e unb
bem Äaijcr in bem fogenannten äÖormfer Äonforbate befonber« ^ertoorragt. Sielleic^t toar
e^ bie fnebfertige ©efinnung, bie Sambert bei bem ebengenannten grieben^fd^lu^ bem
Äaifer gegenüber offenbart ^atte, bie ba^ !aiferli(^ geftnnte 3lbefögefd^Ied^t ber ^angi)Hini 86
betoog, ben Äarbinalbtfd^of bon Dftia gegen ben SSunfd^ ber Äarbinäle t?on ber $artei
ber Seoni, bie bereit« i^ren Slmt^enoffen Il^eobalb afö Sßdp^t ßöleftin II. au^erufen fyittm,
auf ben ©tu^l ^etri gu ergeben (16. 3)ejember 1124). Um bem 38om>urf ber ®efe^
toibrigleit fetner @ri;ebung bie Bp'x^t ab^ubred^en, legte er jeboc^ nac^ fteben Xagen bte
5PontifiIalgen)änbcr toieber ab, um fte erft bann jum jtoeiten 2Ral anjulegen, atö aad^ 40
bie Äarbinäle ber (Segenjjartei, — e« ift ungetuife, ob ßöleffin freitoittig entfagt f^at —
auf il^n i^re Stimmen bereinigten (vita be« ftarbinatö Sofo bei SEBatteric^ II, p. 159),
tool^I nod^ an bemfelben 2:age tourbe er lonfelriert (21. ®ej.).
Äaum ^atte er ein f^albe« ^afyc jjontifi^iert, afö Äaifer ^einrid(i V. ftarb. S)a| ber
ju feinem 9lad^folger getoä^lte Sac^fe Soti^ar III. noc^ öor femer Srl^ebung eine Urfunbe 46
unter^eid^net }^ab^, in ber er ber Kirche unb bem ^onp^it bie il;m im SEBormfcr Äonlor«
bäte gen)äl^rten 3w0^^<i'^^"\ffc wnb SSorrec^te bei ber Sifc^of^toa^l jurüdferftattete, ift
eine Se^aujjlung, bie Icbiglid^ auf falfd^er 3inter))retation ber Narratio de electione
(MG SS XII 511) berul^t. &^ ift aber fel;r h)a(^rfd^einlic^, bafe Sot^ar mit berSlnjeifle
feiner SBa^l ein ®efud^ an ben ^a})ft um Seftätigung be« burc^ bie beutfc^en Sfletc^ 60
fürften bottjogenen alte« berbanb (Ann. S. Disibodi, SS XVII 23; bgl. »em^bi
©. 52 f.) unb bamit fic^ bor bem römifc^en ©tu^le in einer SBeife bemütigte, tote feiner
feiner JBorgänger. hierfür bejeugte i^m ^onoriu« II. baburc^ feinen 3)an!, ba^ er Dftem
1128 über ben (Segenfönig Soti^ar«, Äonrab öon §o^enftaufen, ben Sann au«f}jrad^. 9Da«
freunblic^e einbeme^men, toelc^e« jtoifc^en bem $aj)fte unb bem Äönige Sot^ar obtoaltcte, 66
fe|te erfteren in ben ©tanb, fein ^aujjtaugenmerl auf bie SSergröfeerung be« ©ebiete« bcr
römifd^en Äird^e in Italien ju richten. SBol^l gelang e« i^m, einige (Srafen ber Gam^agna
feiner Dber^o^eit ^u unterwerfen, jebod^ Wax er ju fd^toa^, um bem ©rafen SRoger t?on
©ijilien ba« §erjogtum äjjulien, toeld^e« biefer ol« SJertoanbter be« linberlo« berftorbenen
$er|\og« SBill^elm beanfjjruc^te, mit bewaffneter §anb unter bem 9Som>anbe, 3lpulien fei 60
ein erlebigte« fielen ber römifc^en üirc^c, ju entreißen; im äuguft 1128 muffte ^onoriu«
ben Sc^eufc^er ©ijilien« mit bem ^erjogtum 3lj>ulien betel^nen.
318 ^oitortttd IT., ^fi)i{) ^ottoritt^ III.
3ScracbIt(i^ ertoartcte er in biefem Äam^fe A^^lfc toon bem ftönigc fiot^ar, ben er
toieber^olt aufforberte, fid^ fo rafcb ate möglicä^ jur fiaiferfrönung nad^ 9iom ^u begeben,
äfö er in ber Jlad^t bom 13. auf ben 14. ^bruar 1130 bie legten Stern jüge i^at, h>ar
biefe Hoffnung noc^ nid^t in erfüOung gegangen. 5R. S^l^ffel t (^«»^ mtU).
6 ^oiiomö III., 5pajj[t bom 18. Suli 1216 bi^ 18. 9Kärj 1227. — I. duellcn:
a) 58on ben jaölrcicöcn @t)rontfen feien al« rotcfttigftc genannt : Murat. SS. III, I, 568 Bern.
Guid., 570 ; III, II, 387 - 92 Anial. Aug. ; VI, 41 1 f. Ann. Genuens ; VII, 895 f. Chron. Foss. Nov. ;
VIII, 957 Ric. Malesp. ; 1083 Mem. Potest. R«g. ; IX, 179 Ricoh. Ferrar. ; 633 - 664 Franc. Pipin ;
XI, 1128-33 Ptol.Luc; XII, 340-44 Chron. Andr. Dand. ; XIII, 155. 161 Giov. Vill. -
10 3u Murat. Antiq. Ital. 1738 ff., 6 53be, f. Indiccs chronol. 180() v. Cipolla u. a. 6. 252
gir. 5830—54 unb S. 406 „C)on. III.". - Bouquet, Recucii etc. XVII, 303-6. XVIII,
115. 607. XX, 762 f. Guil. de Nang. — MG SS II, 171; VI, 437 40 Sigehert; IX, 622 f.
635; XVII, 293 Ann. S. Trudp.; 828. a39— 40 Ann. Col. max.; 433-43 Ann. Plac ; 807
Ann. Cremon.; XIX, 151-53 Ann. Patav.; 301 ff. Ann. Ceccan.; 338—47 Rvcc. de S.
15 Germ.; XX, 334 Otto Fris. CJont.; XXII, 352 Catal. Pont. Rom. Viterh.; 362 Catal.
Pont, et Imp. Rom. Casin.; 439 u. 471 Martini Chron.; XXIII, 108—210 Chron. Mont.
Sereni; 309 f. 326 f. Chron. Lyvon.; 378 f. Ur8i)erg. Chron.; 496—506 Emonis Chron.;
624-26 Chron. Ottenb.; 904-19 Chron. Albr. Mon.; XXIV, 99 t. Hug. de St. Vict.
cont; 135 Gilb, chron.; 160 f. u. 166 Vinc. Bellov. ; 197 Minor. En)hord. ; XXV, 297-303
20Richer; 832— 34 Joh. Longus; XXVI, 277. 281 f. Cont. Hob. Autiss.; 402 f. 471-76
S.Mart Tiu-on.; 514 Ann. Norraann. ; XXVII, 189 f. Cont. chron. Rog. deHov.; XXVIII,
52 f. Rog. de Wend.; XXIX, 578—80 Thomae bist, pont Salon, et Spalat. —
b) 5)ic Urtunbcn unb 9iegcflen fie^e bei Oi^nter, Foedera, ßonbon 1816, I. 147—85;
Bouquet, Recueil etc. XIX, 610—778, 10 330. Briefe; ^ottljaft. Reg. Pont. Rom. 1874,1,
25 463—679, II, 2056 f. 2135 f.; Horoy, Medii aevi biblioth. patrist. 1879—82, 33b II, 441 -
V, 11 93^. »riefe; MG Epist. saec. XIII ed. JRobcnbera 1883, 1,1-260. 729 f. unb MG Con-
8tit. et acta publ. imp. et regum ed. 3Beifanb 1896. II. 33fll. baju ^er^. ^ilrd). V, 315;
giobenberg 9fi« X, 507; ^Binlelmonn, fjb® X, 261: Qu ben $Heg. ber ^ftpftc $on. III. bis
3nn. IV., u. gb® XV, 373: 12 ^apftbriefc a« ©efcft. Äaifcr Sriebr. II. - BUss, Ca-
aolender etc. . . . Papal letters, ßonbon 1893. I, 40—117. 9Son fraglichem 3Bcrt Pressutti,
Reg. Hon. III. SRoin I 1888, II 1895; üg(. Sfit) IX, 145 f.; »^Jott^aft, '©egipeifer u. f. m.
1896, I, 621 unb ^3® IX, 715-30.XVIII, 637 f. — HuUlard-Br^holles, Hist. diplom.
Frider. II., <ßQrigl852— 61, lu.II; S8öf)iner»5ider. Acta imperii selecta 1870, II, 9^r.451,
932—55, 1140; Söinfclmann. Acta imperii inedita, SnnSbrud 1880, I, I15f.; 93ö6mer*
85 gfirfcr*2BinfeImQun, Reg. imperii, 3nn«bru(f 1881 -92. I.?lbt. ©.211 f. III.9(bf. 8.1120—70;
m. Stüljricöt, Reg. regni Hierosol. 1893, 8. 239—55. — einige« Sf^eue bei i?. ^anicfe, llr«
funbenb. b. $)od)ftiftö ^ilbe^^eim I, fieipjig 1896; jmei ©^reiben von 1222 unb 23 wer*
öffentllc^t C. Cipolla, Rendiconti della accademia dei Lincei, 3uli — 9luguft 1897; ßampc
1897 iR«. XXII, 403 unb 405.
40 II. fiitteratur. a) Slügemeine«: SRatjnalb, Ann. eccles. 1870 33b XX, a. a. 1216— 27;
Ciacon.-Oldoin, Vit. et res gest pont. Rom. 1677, II, 43-65; Hon. III. vita a Simeone
Majolo, ed. Bottino bei Horoy, Medii aevi bibl. patrist. 1879. II, 397-410; ^Ircft. 33on)er,
Unpart^. ©ift. ber röm. ^äpfte, beutfd) ü. JRambad). Xfeipjig 1770, VIII, 50 ff.; erfdj u.
©ruber, enct)!Iop. II, X,376; ^openlorbt, ®cf*. b. ©tobt 5Rom, 'ipaberborn 1857, ©.284 ff.;
«gflenmont, berf. Jitcl, SBerlin 1867, II, 500 ff.; ©rcgoromu^ beSgt.. 3. 9lufl. ©tuttgart 1878,
IV, 600f., V,113ff ; 3Battenba4 ®ef(^. b. röm. ^ßopfttum«, 93crlin 1876, ©.196 ff.; (5Iau-
fen, ¥apft ©on. III. 1895; ^Re^enf. in Stfc^r. f. fatft. Jfieol. 1896. XX, 693 ff.
b) Ärcujjug unb fjriebritft II. : Giannone, Ist. civ. del regno di Naj)oli 1753, 11,371 —
98; SBilfen, ®ef(^. ber Äreuisüge 1830 VI. 115—413; ^öfler, ^aifer &riebri* IL, 'iDeüncficu
60 1844; ©ugcnfteim, ®et(b. b. Äircftenftaate«, i?eipjig 1854, ©. 144-51; Cherrier, Hist. de
la lutte des Papes et des Empereurs, 2. ^it, %ax'\^ 1858 f. II; Huillard-Br^holles, Hist
diplom. Frid. II, pr^face et introduction, ^arid 1859 f.: ©djirtniadjer, ^aifev griebrid) 11.,
®öttingen 1859f. I, 107f. 112f. 133f. 150f. II, 1—128. 446 f.; ©infelmann, gb® 1862,
I, 16 f., 5)ie Sa^l Äönig ^einricfiS VII.; 1867, VII, 303f., S3eiträgc j. QJefd). Äaifcr Sricb*
55rl(^ IL; 1870 X, 252: 3)er päpftl. ©of u. b. 3tinerar b. ?äpftc 1216-54; VII, 330 f.:
aiot^ ü. ©(^recfenftein, Sfonrab ü.^^3orto aI8 ^orb.ficgat in3)eutfd)l. 1224-*26; luojuugl.XL
631; Dttofar Sorenj. Äalfer fJricbr.IL (5>ift. 3lfc^r. 1864, XI, 330f ); mt^vm, S)ie Äreu^-
fo^rt Äaifer gricbr. IL (f. feine „^Beiträge jur ©efcfi. ber Äreuis^üge" 1874. lu.II, 230 f.);
Äeftner, Xer Äreuj^ug grlebr.IL, ®ött 1873; Ott. fiurenj, 3)rei ^43ii(ftei®efcf).ii.<ßoIilif, Berlin
60 1876, ©.13 f.; Deaumer, ®ef*. b. ^o^enftoufcn. 5. «lufL. üeipjig 1878. Illff.; S^i^fcö, ©eutfdje
©lubien,S3erlinl879, lff.53ff.; Masetti, I pontef. Onor. III, Greg. IX. ed. Inn. IV. a fronte
deir imp. Fetl. II„9tom 1884; 3-3cnpr, L'emp. Frdd. IL et la chute de rempirc germ. du raoy.
Äge, «ßariS 1885, ©. 175-221; «Pofornt), 3)ie '©irffamfeit ber l^cgatcn beö ^ßapfteS |>on. IIL
in 3franfrei4 unb S)eutf4Ianb, Ärem§ 1886; Ä. SRobenbcrg, J^aifer Sriebv. IL unb bie ^irc^c,
65 ^ift. «uff., ©oit gewibmet 1886©. 228 f.; (£bn).?f.5reeman,3ur®efc^.b. ^iittelolt., ausgewählte
^onoriitd III. 319
^iftor. (£ffQl)8, bcutfd) uon fioc^cr. Stvaßbiirö 1886; ©efelc-Äitöpffev, Äoitiincngcfdj., tJrcibura
1886, V, 907 f.; mank, ©ellflef*., fieipjig 1887, VIII, 341-47. 382; C>al&e» grlcbri« IL
unb ber {»öpftHc^e 6tu^I bid jur ^aiferfrönung, IBerliner S)iftert. 1888; ß.^ö^Ier, ^ad^et'
^Altntd ^aifer griebr. II. ju ben köpften feiner Qtit (Unterfuc^ungen )• beutfc^en Staatd«
unb S»c(^t8gc|d|. XXIV. 8 f. 14) 1888; SSinfelmonn. ^tiilipp ö. Scftiuobcn unb Otto IV. o. r>
»rQunf*JocTg,fieip5ig1878,II,4'27f. unb Äaifev8fricbT. II. fieipaig 1889, 1,12-53. 76 f., bcibc8
in t>tn Sü^rbb. ber beul|(^en ®ef(^.; ». Äugicr. ®efrf). b. Äreujsüge, 2. «uf( 1891 («ttg.
®ef(i^. in (Sin^elbarftellungen, ^erauSgeg. d. Cnrfen); Gottlob, S)ie päpftlic^en ^eu^jug««
ftcuern im 13. 3Qt)ri ^eiligenftabt 1892; @*Ice, 3)ic ^äpfte unb bie ftreujjüge. C)onel893;
iRüüer, Äirdjcngcfcö. I. 562 ff. ; ^. 5ß. ©ouerlonb, (Sine Urfunbc ber ßamera ÄpoftoIifQ t»om lo
3. 1218 (betrifft bie ^cu^ju giften er) in ber fjeftfcfirift j. Siibil. be8 beutftben ©ampo (Santo
in $Rom, @. IftOf.; ®ottlob, ^«pftlicfte 3)Qr(el)enSfcbulben beS 13. So^r^. $>3® XX. 673.
c) «Ibigenferfrieg: Scftmibt, (^efcfi. o. gfranfrci* 1835, I, 473-86; Fauriel, Hißt, de
la croisade contre les h^r^tiques Albigeois, <ßariS 1837; (Ibt. ?I. ^Qt)n, ®ef(f)i(ftle ber Äefer,
I, 314—64. Stuttgart 1845; ^ ©c^mibt, Hist. de la secte desCathares ou Albigeois, Straft* IB
bürg 1849; Peyrat, Hist. des Albigeois, 2 ^be, ^ari8 1880-82; ^efcle-tnöpfler, Äonjilicn^
gef(öi*te, gveiburg 1886. V, 928f. 941 f.
©eitere ©peiiallitteratur [\ci)c grabriciuS, Bibliotheca medii aevi 1734, I, 1018 f. III,
809—13; Chevalier, Kapert, des sources hist. 1877ff. 6. 1074; ergänjungSbanb 1888,
8. 2652; <Pottöaft, ©egroeifer burc^ bie ®efc^. «3er!e bcö europ. iW«. 1896, I, 212. 621.20
737 f. II, 942.
I. Vorleben unb ©d^riften. ßcnciu« ©aöetti, ©o^n Slmalrid^, ftammte au«
einem ©efd^Ic^te, t>a^, üieDcic^t germanifd^er §erlunft, ftd^ nad^ bem ÄafteD ©abeDum
bei älbano nannte. 35a« ©cburt^ja^r ift unbelannt. Son früher gugcnb an erhielt
Senctu« eine Iir(^Iid(^e (Srgie^ung (er felbft im Lib. cens. : personam meam a S. Rom. 35
Ecclesia primis a cunabulis educatam) unb h)urbc itanoniler t)on ©t.Waria SRags
giore. 3laq feiner eigenen 3lu«fagc im Liber censuum toar er bereit« unter Älemen« III.
(nad^h)ei«bar feit bem 22. 3an. 1188) unb bann unter beffen 9iaci^folger Göleftin III.
Äämmerer be« ^I. ©tu^le« unb toerfafttc al« jolc^er ba« berül^mte 3ii«bu(^^ ber römifdj^
Äird^e (f. u.). Über bie Slngabc SSurd^arb« bon Urfperg (MG 23, 378), ba^ er ouc^ ao
Äämmerer be« Äarbinal«foIIegium« toor, bgl. ©ägmüDer, 2)ie 2;^ätigfeit unb ©teDung
ber Äarbinäle, 1896, ©. 189. 3)erfelbe G^ronift crjäl[;lt, er fei ^rolurotor be« Äarbinol«
Ö^cint^ getoefen. Site biefer 1191 unter bem 9tamen ßöleftin III. ^a!p\t getoorben h>ar,
tiurbe Genciu« jum Äarbinalbialon bon ©t. 2ucia befi)rbert; ate folc^er jeic^net er feit
bem 5. 9Kärj 1193 (MSL 206, 983 lie« a. 1193; Sla^nolb 1216, 16). Som 5. ?Ro=86
bembcr 1194 bi« 3. ©ejember 1197 fmb bie ^öpftKc^cn SuHen öon feiner $anb gegeben
(gabre, Lib. cens.; 2;angl, ?5ä))ftlid^e Äanjleiorbnungen 1894 ©.XIII; ^ott^oft 1, 468 ;
3aff6II,577; Eubel, Hierarchia cath. 1898 ©.5). Unter ^nnocenj III. beÖeibete er
biefe ©tellung jtoar ntd^t me^r, gelangte aber jur SBürbe eine« Äarbinalprie[ter« bon
©t. 3o^Ä«n unb ^IJiaulu« (13. 5}lärj 1198 feine erfte Unterfdjirift), unb bereit« etnen 3:a8 40
nad^ bem lobe be« großen ^apfte«, am 18. 3uli 1216, fiel ju Perugia bie 2öa^l ber
Rarbinäle auf i^n. — 2)ie angäbe, ^nnocenj III. ^abe i^m bie ®rjiel^ung be« jungen
5?riebrid^ t)on ©ijilien übertragen, berul^t nad^ SBinlelmann (^® VI, 402) auf einer 98er*
toec^lung mit bem gleid^jcitigen ftarbinal ßint^iu«. (L. Cardella: Memorie storiche
dei cardinali, Rom 1792. I, II, 187.) 46
©eine ©d^riften finb gefammelt l;erau«gegeben bou Horoy, Medii aevi biblio-
theca patristica etc. I— V, ^ßari« 1879— 83. 1.3)er Liber censuum Romanae Ec-
clesiae, 1192 öerfaf^t, ein SSerjeid^ni« ber (Sinfünfte ber römifd^en ftirc^e, ber i^r ge«
mad^ten ©c^enfungen, i^rer Privilegien, JJerträge, 93i«tümer u. f. h)., furj, bie toic^tigfte
Duelle für ben mittelalterlid^en S3ep^ftanb ber Äirc^e, ein 3Q3erf, nad^ bem fein SSerfafler 6o
oft furjtoeg Cencius camerarius genannt toirb ($erfe, Slrd^. f. ält. beutfd^e ®efd^. 1824,
V, 89 ff. XI, 343 ff.; ©iefebrec^t, Mg. 3Jionat«fd^r. f. SBiff. u. Sitt. 1852, ©. 268 ff.).
(S« bilbet teiltoeife eine gortfe^ung be« Liber pontificalis (3Batteric^, Pont. Rom. vitiae
1862, 1, LXXII f.) unb ift gcbrucft, oft mit bicfem jufammen, bei SRurotori, Antiq. V,
851 — 908 unb Script. III, I, 277 ff., tvo aber ber Cardinalis Aragoniae al« SJer« 66
faffer bejeid^net lüirb; bei Horoy Tom. I, 433—568, lüoju bgl. Robert, Bibl. de
r^cole d. chartes 1879, 40, 478—82; neuerbing« bon 3)ud^e«ne, Le Liber pont.,
^:iSari« 1892, ©. 37—43. 351—446 unb Jabre, Liber censuum, ^ari« 1889 f. in
ber Biblioth. des ^oles frauQ.; bgl. ^abre« Slrbeiten in M^langes d'archöol. et
d'hist. 1883,111, 328 ff. 1886, VI, 147 ff. unb fitude sur le Lib. cens. de Tfiglise co
Rom., ^ari« 1892, fotoie ©effro^, Le Lib. cens. in S6ances et travaux de Tacad.
des Sciences morales et politiques 1893; Xangl, Sie ^ö^ftlic^en Jtanjleiorbnungen
320 ^ottorittd in.
b. 1200—1500, 3nn*rucf 1894, ©. XIII f. — 35em Lib. eens. beigefügt ift 2. Ca-
talogus Romanorum pontificum et imperatorum seu Cronica Romanorum
pontificum et de persecutionibus eorundem, l^erau^gcgeben üon JÜeilanb, ärdb.
XII, 60—77 unb in S5ru#ücfen üon fflai^, MG XXIV, 102—107. — 3. Ordo
6 Romanus de consuetudinibus et observantiis, presbyterio vel scholari,
et aliis ecclesiac Romanae in praecipuis sollemnitatibus ; ed. Mabillon, Mu-
seum Ital. II, 167—220, $ari« 1689 unb Horoy I, 23—94. - - 4. Compilatio
decretalium in 5 Suchern, 1226 tjeröff entließt ; Horoy I, 95—418; b. ©c^ulte, &c\d).
b. Duellen u. £it. b. lanon. »let^tö, 1875, I, 90; Caillemer, Le pape Hon. III. et
10 le droit civil, 2\)on 1881 unb Tardif, Note sur une bulle d'Hon. III., relative ä
l'enseignement du droit romain dans l'univ. de Paris (Nouv. rev. bist, de
droit 1880, IV, 291—294). — 5. Ordo ad coronandum imperatorem, Horoy I,
419-432. — 6. S. Gregorii VII. vita; Horoy 1,568—592. — 7. Sermones per
totius anni circulum. Sermones die sanctis, Horoy 1, 593 u. II, 1 ; ögl. SScmet,
16 £tudes sur les sermons d'Hon. III, £^on 1888. — 8. Provinciale Romanum,
bie $rot?injen unb St^tümer ber römifc^en Äird^e, um 1211 berfa^t; f. ^ßott^aft, aüeg-
hjeifer II, 942 f.: Jangl, ©. XV f. u. 1 f., tooju bergl. ßubel, $3® XVI, 320-35.
II. 2)a« Streujjug«<)rojeft unb ba« SSerl^ältni« jju griebric^ II. —
3m ©egenfo^ ju ber ^enid^emotur jeine« SJorgönger« me^r jur lUiilbe unb aSermittlung
»geneigt griff $onoriu« ouö bem umfongreidfien @rbe be^ großen ^nnocenj ben Äreu^-
jug^gebanten l^erau« unb fud^te auf il^n bie ^rften unb SBölfcr ©uro^a« ju ber^
einigen (bgl. Slanfe, SBäeltgefd^. VIII, 341). 9loc^ ein ^albe« ga^rbunbert lang ^at biefer
®ebanle bie t)äj)ftUcl^e ^ßolitif jutoeilen ftarl beeinflußt (b. ^irfc^=®ereut^, ©tubien jur
&^d)xd)U ber RreuwugÄbee nac^ ben Äreujjügen, SRünd^en 1896).
26 ©ogleic^ nad^ feinem SRegierung^ntritt rief ber $a))ft bie gürften ju neuen Opfern
für ba^ 1^1. Sanb auf unb bemühte fid^, bie }jolitifc^en Söirren, bie fie an ber Äreujfa^rt
^finberten, beijulegen (Sö^d^t, Äreujjugdbetoegung b. 3. 1217, ?fb® XVI, 141; mittn,
®efd^. b. Äreujjüge VI, 128—158). SSeite 3lu«f4ten fc^ienen ftc^ ju öffnen, al« im
2t))rtl 1217 ?ßeter bon ßourtena^ unb feine ®ema^lin ftd^ öon §onoriu« bie gried^ifc^c
80 Äaif erfrone auf« Qau^t fefeen liefien; §onoriu« mochte hoffen, auc^ bieÄräfte be^ griec^i=
fd^en Sldc^e« in ben 3)ienft feiner Äreu^jug«ibee ju ftetten. Unb fc^on begann baöäbenb-
lanb in Setoegung ju geraten. ®leid^jettig mit norbbeutfd^en ©d^arcn untemaf^m Äönig
änbrea^ bon Ungarn emen 3^.9 ^"^ 1^1. Sanb, unb aU 1218 ein ftarfer ^Jac^fd^ub folgte,
befc^Ioft man, gerujalem in Kairo, bem ©i^ ber ejubibijcben SRac^t, toelc^e feit ©alabin^
86©ieg bei Jpittin ^aläftina bel^errfd^te, ju erobern. SBirflid^ gelang c^ 5lobember 1219,
3)amiette ju nehmen, aber ber gortaang entftorad^ nid^t ben ßrh^artungen. 35er neue
oftriJmi|(^e Äaifer gelangte nid^t einmal in fein SReic^, er tourbe untertoeg« gefangen unb
enbete fc^on 1218 im Äerfer; ba^ äg^jjtifc^e Untemel^men aber toar auöfic^tslo^ ol^ne be-
träd^tlid^e neue $ilf«fräfte unb einen gleic^jeitigen Singriff auf ^aläftina (Slö^rid^t, S3e^
40 logerung bon ©amiette, in Slaumer« ^ift. laf^enbuc^ 1876).
gür einen fo gewaltigen Dofjjelangriff auf ben ^äam beburfte ba« ^'iapfttum toiebcr
eine« Äaifer«, unb fo toünfc^te Äonoriu« je^t bringli^, bafe ber junge griebric^ II. gum
ßm^jfange ber Äaiferfrone md) vlom fomme. Sin bie Ärönung follte ftc^ bann bie gabrt
über« 3Jleer toomöglic^ unmittelbar anfd^lie|en. 3)amit beginnt jene« fortbauernbe 2)rängcn
46 be« $a))fte« jum Äreujjuge unb ba« ^ingögem be« Äatfer«, luelc^e« unter §onoriu«' ^eife^
blutigem 3?ad^folger ben Äampf beiber ®ett)alten auf Sebcn unb lob entfeffclt ^at. öo=
noriu« jeboc^ borerft toar einftd^tig genug ju erfennen, ba^ ber ©taufer ®eutfcblanb nic^t
berlaffen fonnte, fo lange er nid^t Otto« IV. unb ber toelfifc^en ^^artei öerr toar. ©r
betoog be«l^alb nac^ Otto« IV. Xobe (19. 3Kai 1218) beffen ©ruber jur .§erau«gabe ber
60 Sleic^infignien unb Unterwerfung unb berfc^ob aud^ bamac^ bereitwillig ben 3eitt)unft
be« Slufbruc^ bom 24. Suni bi« jum 29. ©ej)tember 1219, bann bi« jum 21. 3Rär}
1220, enblic^, freiließ ungern, bi« jum 1. SKai b. 3-
^od) fo ganj ungetrübt war ba« SSer^öltni« nic^t; namentlich fobalb bie ftjilifc^e
^age wieber mel^r in ben 38orbergrunb trat. Würbe ba« 5}li^trauen ber Äurie rege, ^tvat
66 ^atte griebrid^ SRom« £e^en«^ol^eit über ba« Königreich anertannt unb in ber ©olbbuDc
bon 6ger (12. ^wli 1213) berfprod^en, biefe änertennung nac^ feiner Satferfrönung ur-
hmblic^ JU Wieber^olen. 3)ie Jturie Wollte nic^t nur bie :Heal', fonbem aucb bie ^Perfonal=
Union ©ijilien« mit 3)eutfd^lanb ber^inbem. SBenige 2:age bor feinem Xobe fc^ien ^nno-
cenj III. audb bie« noc^ erreid^t ju ^aben, benn ^ebric^ berfprad(i am 1. ^xilx 1216,
60 fic^^ bon ber Haiferlrönung an nic^t mei^r Äönig bon ©ijilien ju nennen, fonbem bie
^ottoftttd III. 321
Sinterung biefe^ Sanbc^ feinem ©ol^ne m überlaffen. 2tber unter ^onoriu« fd^Iug
gfriÄrid^ anbete Salinen ein: er entbot (gnbe 1216 §einric^ ju ftd^, übertrug i^m bad
i^ergogtum ©d^hKiben, SBei^nad^ten 1219 ben Sleftorat über Surgunb unb betrieb, ol^ne
em ^^l barau« ju mad^en (f. äBinfelmann, griebric^ II. ©. 37. 45), feine Äönig^toal^I.
Um bie 5ßerfonalunton jurücf jugetoinnen, entzog er i^m ben Äönigötitel )oon ©ijilien, ben n
er oDein toeiterfül^rte, unb bat ben ^ajpft, i^m felbft ©iulien auf Seben^eit, alfo über
bie Äaiferfrönung ^inauö, ju bewilligen ! 6^ ift c^arafteriftifd^ für bie 9la(|giebigfeit §0^
noriu«* III., baf er bie Sitte getoä^rte, Wenn auc^ nur für ben %0Ü, bafe ^einric^ o|ne
©öbne ober Srüber ftürbe. ^pxxl 1220 tourbe bann ^einrid^ junt beutfdben Äönig ge»
toöpö — ol^ne fein SBiffen unb in feiner Stbtoefen^eit, toie ^iebrid^ bem $aj)fte fc^rieb. lo
(Über bie SSortoerl^anblungen mit ber Äurie f. SBintelmann ^® I, 16, über bie 2Bal^I
felbft SEBinlelmann, ^ebric^ IL, ©. 42 f. u. 523 f.). 3Kit bljjlomatifc^er »ered^nung über*
lie| Äriebrid^ ben Surften bie SSeranttoortung für i^re Söa^I, bie er felbft tjorbereitet, unb
bem ^kl!p\U bie Seftätigung, bie biefer nid^t tjertoeigern fonnte, ol^ne bie SBäl^Ier ju be-
leibigen. 3)er 5Rad^folger ^"wocenj' III. i)atU an bem ©d^ling be^felbcn in ber $)i))lo* i6
motie feinen SKeifter gefunben (feinfelmann, griebrid^ II., Raup, I u. II; ö. Ra:pA)^xt,
a)ie unio regni ad imperium, SJeutfc^e ^eitfd^. f. ®ef(^. SBiff. 1889, I, 96—117.
331—345).
3mmer^in fc^ien §onoriu« feinem 3^^'^^ ^^ Äaiferfrönung unb bem großen Äreug-
juge, nunmehr um ein Seträc^tlic^e« nä^er ju fein, gnriebric^ trat ^nblid^f ben 9lommg ao
an, unb bie Äurie unterftü^te i^n fortan in Italien nid^t minber h)ie bisher in 9)eut|d^s
lard). ^ebrid^f onbetfeit^ ^ob alle, bie Krc^lic^en ^rei^eiten befd^ränfenbcn ©tatuten ber
©tobte auf, ertannte bie Äird^^e feierlid^ afö ©igentümerin bc^ mat^ilbinifd^en ®ute^ an
unb fe^e fie in ben Seft^ be«felben. äud^ bie furj öor ber Ärönung nod^mafe aufge«
roDtten l^eiflen ^agen betreff« ©ijilieng unb be« Rreuggug« hjurben burd^f beiberfeitige« 25
entgegenfommen glüdflic^ erlebigt, inbem griebric^ erflärte, ©ijilien niit öon ben faifer-
lid^en SSorfalj^ren, fonbem burd^ feine Wulter ate Selben ber römifc^en Äirc^e überfommen
gu ^ben, unb öerfjjrad^, e« ate f olc^e« ganj getrennt ju ijertüalten ; bafür geftattete bann
§onoriu«, entgeaen bem 9let>er« bom 1.3ulil216, bie Union bc« Äönigreid^ mit2)eutfd^s
lanb in g^iebricp« ^erfon ! 3)er Rreujjua tüurbe tüieberum bcrfc^obcn bi« gum äluguft ao
1221, bod^ follte griebrid^ bereit« im näc^ften 3Rärj eine er^ebtid^e SSerftärfung unter bem
Saieml^og abfenben.
©0 tonnte benn enblic^ ^onoriu« am 22. 9iot>ember 1220 bem Äönig unb feiner
®ema^lin in ©t. 5ßeter bie Äaiferfronc auf« §au)3t fe^en. ©leid^geitig öerlünbigtc griebrid^f
eine Slnga^l 3leic^«gefe^e, bie teil« Iird^lid;e gntereffen, teil« allgemein menfc^li^e $flidE»ten 35
betrafen, unb-^onoriu« be^nte i^rc SSerbinbtid^feit über bie gange ß^riftenl^eit au«.
aifo nic^t' gtiebrid^ allein gog Vorteil au« ber Ärönung. Die 3)lad^t ber Rird^fe
tourbe ben Äefeem tüie ben italienifc^en ©etoalten gegenüber geftärft, erft je^t gelangte fte
in ben S3eft| ber matl^ilbinifc^en ®üter unb gu tüa^rer Autorität im Rirc^enftaat, erft
je^t tonnte ^onoriu« tüieber feinen ©i| in SRom nel^men (aBinIelmann,Äaifergriebrid^II. 40
»ud^ I, Äaj), IV u. V).
aber fd^on toartete be« ^aj)fte« eine neue ©nttäufd^ung. SBäl^renb i^m bie Äaifers
frönung nur al« Einleitung gu ber allgemeinen euro^iäifd^fen Äreugfa^rt galt, betrad^tete
JJriebrid^ bie grünblid^e 9leuorbnung ©igilien« al« unerläßliche Sorbebingung. ^n ber
I^at ^attc ber gej)lante Äreuggug öon öom^erein feine 2tu«fic^t auf 6rfolg, Wenn man 46
ttid^t im Äönigreic^ ©igilien eine ftarfe D))eration«bafi« befaß. 2)en »$aj)ft aber brängte
fotoo^l bie eigene ©e^nfud^t, enblic^ feinen §ergen«h}unfd^ fi^ erfüllen gu „fel^, toie öor
aDem bie 5Rot be« t>on feinem iJegaten ^elagiu« geführten Äreug^cere« in 3ig^))ten. 311«
ba^er ^ebric^ balb nac^ ber abfahrt be« Saiernl^ergog« tüicbcr um Sluffc^ub bat, ba
^ielt $onoriu« i^m bor, er toolle fein ®elübbe umgeben unb forberte i^n auf, bie fegelsso
fertigen ©d^iffe fogleid^ abgufenben. S)o(^ ließ er e« ftißfd^tüeigcnb gu, baß ^riebric^ ba?
^eim blieb: tüenn ^elagiu« mit ben rcid^lid^en §ilfefenbungen be« Äaifer« ettüa« erreichte,
fo fiel ber 9lu^m be« Erfolge« allein ber Äird^e gu.
3nbe« auc^ biefe Hoffnung fc^lug fel^l. 35er äg^jjtifd^e S^lbgug enbete fläglic^ mit
bem ööDigen Untergange be« Äreug^eere« unb bem Serluft 3)amiette«(8.©eJ)temberl221). 55
Sefet fc^ob §onoriu« bie ©c^ulb auf ben Saifcr, tüenn auc^ nid^t o^ne feine eigene 9lac^5
giebigfeit anguflagen (aBinfelmann II, üap. I u. II).
auf bem Äongreß gu SSeroli im 3l^)ril 1222 follten neue gemeinfame SJlaßregeln
beraten toerben; ftatt beren aber fam e« gu einer (Sntfrembung, ba ^ebric^ unüberlegter*
hjeife bie 3h)e4mäßigfeit be« Äirc^enftaatc« in grage ftctltc. (Srft'im 3Rärg 122:^ einigle go
»eal»<lnc^ftopabie für ^eoloßle unb Äirc^e. 3. 91. VIII. 21
322 {^onorind UI.
man ftd^ in ^enttno auf ben 24. ^uml225 ali 5lreu2}U9^termm. Ku^erbem aber t^at
^onoriu« l^icr einen fingen ©d^ad^jug; er beftimmte ben Äaifer jur betrat mit SfÄbeÜa,
ber 6rbin be« Äönigreic^ig gerufalem, loufete i^n alfo aud^ burc^ ein bl^naftifd^e^g 3»^^^^^
an ba^ ^I. Sanb ju feffeln. 3*" SSertrage ju ©. (Sermano bom guli 1225 trug biefer
6 ßeiratöjjlan bereit« feine grrwc^*- griebri^ üoemal^m l^ier biet größere unb beftimmtere
Serj)ffi(9tun0en aU b\SH)cx, ja, loenn er jur feftgefe^ten ^tit nic^t überfal^re, foDe i^n,
aud^ bei ber beften Sie^tfertigung, ber Sann treffen, unb nad^ feinem lobe ftnb aud^
feine Ütac^folger unb ba« Jtönigreid^ Sizilien an ben SSertraa gebunben. ^er Jtaifer \>tt*
jic^tet aud^ auf bie frül^er jugefagte materielle Sei^ilfe ber Jturie. 3)ie (Stellung ber Äurie
10 tourbe baburd^ eine au|erorbentK^ günftige ; o^ne felbft 9Ser})fIid^tungen übernommen ju
boben, toad^te fte nur über bie Slu^fü^rung be« Vertrage« unb toar im gall ber 33er=
le^ng be^felben berechtigt, mit ben fd^ärfften Strafen einjufd^reiten (3BinIeImann 93ud^ II,
Äoj). IV, V unb VII).
S)er Termin be« Slufbrud^ tourbe in ©. ©ermano toieber bi« gum 2Iuguft 1227
16 binaudgefd^oben. 3n ben gtoei S^'i^^^'^f ^'^ ^ «od^ \>ox \ii) tydt^, gebadete ^ebrid^ feine
aJlacbt nun aud^ über Oberitalien au^iube^nen. Unb toieber fielen, tüie im 3- 1220, ju^
näd^ft feine unb be« $ai)fte« S'^^^^ji^" jufammen. 3)enn abgefel^en babon, bafe beibe
lüüntten mußten, bie reiben oberitalifc^en Stäbte für ben Äreujjug ju getüinnen, flagte
bie Kurie feit ^oi)xtn über biefelben. Jetl« boten fte ben Äefeem B^P"^*/ ^^^^ '^9^
30 fte mit ber l^ö^eren ©eiftßd^teit in ^h)ift ; feit 1222 befanben fic^ be^^alb ^ailanb unb
(Sremona im g^terbift, bi« 1225 folgten Sre^a, Sologna, tparma, Slcggio unb SJencbig.
3e^t tvoQte bie Jlirc^e Oberitalien t>on ber Jte^erei reinigen, unb ^ebrid^ lie^ i^r ben
toeltlid^en 9lrm. SDie Slufgabe be« auf Oftcm 1226 nad^ ßremona au^efc^riebenen di^xd^-
tage« foQte bemnadjf fotoo^I ^erfteUung ber 9iei(^red^te aU 9lu«rottung ber Jte^erei unb
36 §(^rberung be« Areujjtige« fein. S)em gegenüber erneuerten bie Sombarben i^en alten
Sunb. ^onoriu«' ©teQung tDurbe je^t fd^tDierig. S)enn bie gänjlid^e 9{iebern)erfung ber
alten Sunbe^genoffen 9lom« lag feine^toeg« in feinem gntereffe. 2)aju tam ein ä^nlic^
unüberlegte« äJorge^en griebric^ toie in SJeroIi; er bot bie Setoo^ner be« Äird^enftaate«
utr $eere«fo(ge auf unb bebro^te tro$ ))öf)ftlid^en @inf))ruc^« bie ©äumigen mit ©träfe.
80 3n ©ac^en i|re« tveltlid^en ä3eft|e« toar bie Rxxi^t ftet« befonber« em))ftnblid^, felbft ber
langmütige ^onoriu« na^m ftdSf feiner Untertl^anen nac^brüdlid^ an, unb nun lamen aud^f
anbere Älagen aur ©))rad^e; ber ^aj)ft machte bem Äaifer heftige 33orh)ürfe tüegen feine«
SSer^alten« gegen bie fi^iltf^e ©eiftlid^teit, gegen feinen @d^h)iegerbater ^oi^^nn t). S3rienne,
gegen bie Äurie — furj, er ^e bie 3)antbarleit, bie er bon 3"0^b auf ber Äirdf^e
86 fdSfulbe, fd^möl^lidSf bergeffen (togl. SBinlelmann, ^ebridf^ II., ßrläuterung VI unb VII,
©. 542 ff.), griebric^ änttoort toar gleic^faD« gereijt unb bitter ; toofür, fragte er, f oHe
er ber Äirc^e banfen, bie ftet«, in ©ijilien tüie im Sleic^e, nic^t in feinem, fonbem in
t^rem S^tereffe gejubelt ^abe. 2)ie Aurie ertDiberte mit ber ©egenfrage, hHtrum er benn
io oft unaufgeforbert feine S)anlbarleit beteuert ^abe, unb jö^lte t>on neuem i^re SSer^
>ienfte um ipn öon feiner Sugenb bi« jum Äaifertum auf. ©elbft ein fo friebltebenber
^?a})ft h)ie §onoriu« III. unb ein fo bijjlomatifc^er Äaifer h)ie ^iebric^ II. \)ermo(^ten
(ufo auf bie S)auer nid^ft in ^eben ju leben. 2)er ©egenfo^ bon sacerdotium unb Impe-
rium tonnte eben burd^ gef^id(te ober milbe Vertreter berfelben jtoar ^eittoeilig überbrüd(t,
ober nie bauemb gel^oben toerben, benn er tüar fein })erfönli(^er ober gelegentlid^er, fon«
46 bem fac^lic^ tief begrünbet unb be«^alb unheilbar.
i)er tJeftjug in Dberitalien ^atte injh)ifc^en eine für griebrid^ tüenig günftige SBen«
bung genommen, fo ba| biefer e« für geraten \)xdt, ber Äurie gegenüber ein^ulenfen. ^ie
Sombarben toaren öon ber SBerteibigung ju bem SSerfudSf übergegangen, bie faiferlid^e Ober-
getoalt ixbtctyixapt ju beseitigen, all« fte fo ben 9ieid^«tag unb ben Äreujjug ju k)ereiteln
6obro^ten, trieb e« §onoriti« toieber, ju vermitteln, unb gefd^meibig fam il^m griebrid^ ent*
gegen; je^t geftattete er bie ßinfü^rung ber \)om $aj)ft ernannten Sifc^öfe in ©ijilien,
bejeugte in feinen Sriefen hjieber bie alte ßrgeben^eit unb bot bem ^aj)ft ba« Slmt be«
©!^ieb«ric^ter« an, §onoriu«* ©Jjrud^ öom 5. g^nuar 1227 fiel, h)ie p ertoarten hntr,
toenig ju ^ebric^^ ©unften au«. 3)er Äaifer foßte bie Sombarben tüieber gu ©naben
66 annehmen, alle Verfügungen gegen fte toiberrufen ; bie Sombarben il^rerfeit« foUten ^rieben
galten, erlangten älnerfennung be« status quo unb ü^re« k)on ^ebrid^ einft feierlich
öertoorfenen Sunbe«; i^re 2luflel^nung hjurbe nid^ft beftraft, ber Sann jurüdtgenommen,.
alle ©trafen — äu«fü^rung ber Äe^ergefe^e, Tilgung ber Statuten gegen bie lirdS^lic^en
greü^eiten, ©teHung bon 400 9littem jum Äreujjug — bienten nur fird^lic^en g^edten;
60 bon ber angefünbigten ^erfteBung ber 9leid^«rc(^te toax feine Siebe.
{^oitoriitd III. 323
2;ro^cm J^enfd^tc 6in\)emc^nicn jloifc^cn Jtaifer unb ^ojjft. J^ricbric^ traf ernftlid^e
Vorbereitungen jum Äreujjuge unb Äonoriu« mahnte bie Äreuj})rebi0er ju erneuten
anftrengungen. 9Kitten unter biefen Sorfel^rungen jur ©rreic^ung be« fo lange unb
fo ^eife erfe^nten 3iele« ftarb §onoriu« (18. möxi 1227), loo^I in ber feften Über-
zeugung, ba| bie Befreiung be^ ^eiligen Sanbed nal^e beborfte^e (äSinfelmann S9ucl^ III, s
Stap. I— III).
Überblidt man bie gefamte 5lreu22ug^olitiI bed $a))fte^, mit ber fein SSer^öItni^ )u
^Äric^ II. auf« engfte berfnü))ft ift, fo toor er öon öom^erein im SRad^teil gegen ben
©taufer, loeil er beffen $Ufe nid^^t entbehren lonnte. Unb griebrid^ berftonb e«, biefen
Umftanb \>oU au«junu§en (bgl. SRanfe, ffieltgefc^. VIII, 346). Siefe er fein Äreujjug«* lo
berjjjred^en unerfüut, fo ^atte er babei bie Surften loie bie SSölfer 6uro))a^ auf feiner
©eite. ®enn bie alte Äreujjug^begeifterung begann aBerloärt« ju berraud^en, um nä^cr
liegenben älufgaben im eigenen Sanbe 5ßla§ ju mad^en. Sin biejcm 5ßunfte jeigt ftc^ eben
beutlic^, bafe bort ein alter, nod^ in ben®ebanfen be« bergangenen ^ö^rl^unbert^ lebcnber
ÜRann unb l^ier ein ber ©egentoart unb i^ren neuen älufgaben jugetoanbter Jüngling bie 15
3ügel ber Siegierung führte.
Sin jtoeite« fommt ^inju. §onoriu^ berftanb nid^t, bie Äräfte ßurojja^ auf ba«
eine 3'^' i" bereinigen, bem er juftrebte. „hieben bem ^l. Sanbe glaubte bieÄurie gleic^s
jeitig aud^ bie getoaltfame JJiebertoerfung ber fübfranjöftfd^en Äc^erei, ben ©laubenöfrieg
auf ber iberifd^^en ^albinfel, ba« junge ß^riftentum ber Oftfeelänbcr unb bie SSerteibigung 20
be« leben^unfö^figen lateinifc^en Äaifertum« bon Ronftantinojjel förbem ju muffen" (SBinfel^
mann I, 228).
III. S)er3llbigenferlrieg(f.b.9l.9leumani(^äer). SRäd^ft berSefreiung^Paläftina«
lag bem $a))fte am meiften bie 9ludrottuna ber Ae^er am ^er^en. 92amentlic^ auf bie
Sllbigenfer in ©übfranIreidSf richtete er fein älugenmerl, aud^ fienn ber Erbe ^nnocenj' III. 25
unb ber Sefd^lüffe be^ Sateranfonjil« öon 1215. 9)urc^ fte toar ©imon bon SWontfort
im S3eft|e bc« bem ©rafen Siaimunb VI. \)on 2:ouloufe abgenommenen ©ebiete^ beftätigt,
unb §onoriu$ fc^ü^te il^n unb feinen ©ol^n älmalrid^ gegen alle 33erfud^e Slaimunb^ VI.
unb VII., i^re ßenfd^aft jurüdfjuerlangen. ®r jog, toa« 3innocenj III. nic^t gelungen
toar, ba« franjöjtjc^c §errfc^erl^au^ in ben Äamlpf hinein. S^^^ W^^^\>P II- f^l^f^ i«"^ ao
Jtriege gu betoegen, gelang i^m nid^t, unb aud^ ber Äronj)rinj Subtoig fc^rte nad^ ber ber*
geblid^en S3elagerung bon ^ouloufe im ^ci)x^ 1219 balb toteber um. 9lber fobalb ber«
fclbc al^ fiubtoig VIII. (1223—26) ben 2^ron beftieg, brang Jponoriu^ bon neuem in
il^n, „bie ßrftlinge feiner ^Regierung bem §erm ju toei^en" (f. ba« ©(^reiben Subtoig«
bei Bouquet XVII, 303). 86
3tad) bem lobe feine« SSater« ^e Stmalrid^ mit toenig ®lüd geläm))ft; in einem
Vertrage bom 14. Januar 1224 \)er})flid^tete er ftd^ f^lic|li(^, Slaimunb« VII. äu««
fö^nung mit ber Jtir^e ju bermitteln, unb nad^ bem auf ben beiben Verfammlungen
ju SRonitoeDier gegebenen SSerf^jred^en, fein Sanb bon Äe^ern ju reinigen unb bie Äird^e
m alle Sted^te einjufc^en, burfte jftaimunb toobl l^offen, enblic^ bie ®nabc ber Äird^e ju 40
finben. Slber ein nm^ Äonjil 5U Sourge« (@nbe 1225) ftie| bie ©efd^lüffe be« borigen
um, unb auf bem Parlament ju 5ßari« (28. Januar 1226) erneuerte ber i)ä))ftlid^e Segat
ben S5ann über Staimunb unb beranlafete Subtoig VIII., mit fe^r bebeutenben ©treit*
haften nad^f bem ©üben aufzubrechen. 2)urd^ bie Belagerung unb enblid^e Eroberung
Äbignon« erhielt ber bisher nur lofale Krieg eine Weitere Sebeutung; bie ©tabt gehörte 46
jum beutfd^en Sleid^e, aber Subloig toie ber ^JJajjft gaben auf griebric^ö II. SSef^loerbe
eine leere Slnttoort; ber gleichzeitige lombarbif^e gelbjug unb ber erloä^nte erregte SSrief*
loec^fel jloifc^en Äaifer unb ^ap\i übten ^ier i^re Slücfroirtung. 3)oc^ erreichte ^onoriu«
auc^ bieje^mal fein 3^^! "if^^- 2)^ fjfü^^ Job fiubtoig« VIII. im SRoöember 1226 unb
ber burd^ Subtoig« IX. 3^9^"^ ^erborgerufene 2lufftanb ber ®rofeen gegen bie Ärone 60
unterbrad^en ben älbigenferfrieg für einige ^At, imb ber grieben^fd^lufe be« Saläre« 1229
fäOt bereit« in ben ^JJontififat ®regor« IX.
IV. 2)ie Seftätigung ber Settelorben. 3m 3wfammenl^ange mit bem 9llbi«
genferfriege fte^t bie Seftätigung be« 9)ominifanerorben«, toeld^e §onoriu« am 22. 5Ros
bember 1216 erteilte. SJen ©tifter felbft jog er 1218 an feinen §of unb machte i^n 55
jum magister sacri palatii, Dber^ofprebiger; ba« Smt toirb nod^ \:}tnU ftet« bon einem
©ominitaner berloaltet unb ift \päitx mit bem be« oberften 3^1«''^ ^^ Sucher berbun*
ben. — SBeitere« über ben Drben unb bie Sitteratur J. unter „2)omini!aner" 93b IV, 770.
äud^ ber jloeite ber beiben Settelorben, ber ber uRinoriten, berbanft ^onoriu« feine
Seftätigung (f. g3b VI ©. 204,58). ^an» ©1^1115. go
21*
324 ^ottortttd IV*, ^mpfi
^onorittd IV., ^aj)ft bom 2. 3l^ril 1285 b'ii 3. a»)rU 1287. — I. üuellen.
a) C^ronücn: Murat. SS 111,611 Bern. Guid; VIII, 1044 Giach. Malespini; 1167 Mem.
Potest. Beg.; IX, 448 Hist. fr. Dulcini; 727 Fraoc. Pipin; XI, 1191 Ptol. Luc; XIII,
311—14 Giov. Vill.; 1112f. 1113f. Barth, de NeocaBtro. — Murat. Antiqu. IV, 1015
6 Chron. Jordaui. — Martene, Thesaurus novus anecdot. ^ariS 1717, II, 84; Florentii Wi-
gom. Chron. ed. Benj. Thorpe, fionbon 1849, II, 235; Ann. de Oseneia in Ann. monast.
ed. H. R Luard. IV, 304; Bouquet, Recueil etc. 9?eue ^ü^. 1894. XX, 526 f. 569 f.
Guil. de Nang. XXI, 183. 707 f. Bern. Guid. XXII, 8; SaUmbene, Chron. Parm. ed.
A. Bertani, «Parma 1857, @. 332; tjfll. (5. TOicftael, @al. u. f. et)ronlf, Snndbrucf 1889;
lORishanger, Chron. et ann. 1259—1307 ed. H. Thom. ßiley, fionbon 1865, 6. 109; MG
SS XVII, 550; XXII, 482 Mart Polon.; XXX, I. 714. 715. h) SRegcften: Kymer, Foe-
dera I, II— III, fionbon 1816; Potthast, Keg. Pont. Rom. SScrlin 1875. II, 1795—1825.
2132; Maur. Prou, I^s r^g. d'Hon. IV, «ßariä 1888; ^t a. b. üatü. «rd». I, nr. 272
big 316 ed. ^altenbrunncr, Sien 1889; BUss, Papal letters 1893 I, 479—91; S3ö^mer*
I6 9«cbli*, Reg. imp. VI, I, SnnSbrucf 1898. nr. 1894. 1930. 39. 49-51. 72-96. 2021. 23.
51 d. 59. 63 f. 73a~77. 2506.
II. fiitteratur. a) 5lDgeineinc3 : Raynald, Ann. eccles. 1646, a. a. 1285— 87; Ciacon.-
Oldoin, Vitae et res gestae pont. Rom. II, 245 ff. SRom 1677; Ärt^. Sorocr, Unpartlj. ^ift.
bei röm. ^äpftc. 3)cutfd) u. diambadi VIII, 208 ff. Seipj. 1770; ©rf* unb ÖJruOcr, enci)fl.
aoU, X, 378; ^efcIcÄnöpflcr, Äonjincngefd). VI, 211. 245-53, grciburg 1890; Maur. Prou,
Les r^g. d'Hon. IV, «Part« 1888, Sinlcitun« ©.1-111; ^amlicfi, <Papft ^on. IV, 3Rünftcr
1896; »iecenf. üon ^ampc ^8 »b 80, 490ff.; ü. ©tevnfclb in 3)t. 3ti*. f. ®ef*. Siff. 1898,
II, 357; t). $rou in Moyen-Age II, 230—35. b) ^önigrcicft Sizilien: Giannone, Istoria
civile del regno di Napoli, III, 1753; St. Priest, Hist. de la conquöte de Naples par
26 Charles d^Anjou IV, 169 f. $ari8 1849; Aman, La guerra del Vespro Siciliano, Milano
1886; ©(^irrmacier, ©cfciidjte üon Spanien. ®ot^a 1890, 93b V, I 99u(^; L. Cadier, Essai
snr Tadministration du royaume de Sieile sous Charles I. et II. $ariS 1891. c) ^eutfc^«
lanb: ^opp, (SJefc^iditc t)on ber ^ieber^erfteQung unb bem SerfaQe beS t)eiUgen röm. 9?eid)d.
I unb II, Scipj. 1845 ff.; Ottofar Sorcnj, 2)cutf(^c ®cf(f). im 13. unb 14. 3a^rft. II, 339 ff.
80 366 ff. 552 ff. "©icn 1867; 3. fetter, 3)cutf4Ianb unb grranfreicft in i^rcn polit. 93eAic^an.
136ff., ßübcrf 1874; ®uffon, Die 3bee be« bcutfc^en (Srbrcicöä unb bie erftcn $)abgburger,
SS« 93b 88, 682 ff. d) 3tancn: ©ugen^eim, ©efc^icftie beä ÄirtftenftaatS. ficipAig 1854
6. 178 f.; $apencorbt, ©efdjicfttc ber ©tabt SRom, ^aberborn 1857 6. 323 ff.; ^cumont,
®cf4i4te ber ©tabt SRom. II, 609 ff., Berlin 1867; ®regoroüiu8, ©efcfticbte ber ©tabtSRom.
86 3. «ufl., ©tuttgart 1878, V. 479 f. — S)le ©pe^ialütteratur f. ^ott^aft ^egmeifcr bnrt^
bie ®ef(^. SBerfc b europ. TOÄ, 1896, I, 621 unb Chevalier, Repertoire des sources histor.
1877 ff. ©. 1074.
I. 35 or leben, ^afob Baüo^Ui ftammte au^ berfelben römifd^en 3lbctefamilie h)ie
Sonoriu^ III., ber fein ®ro|o^m \oax (f. ben ©tammbaum bei (Sregoroöiu^ V, 480).
m 1210 geboren, ftubierte er in ^ori^ unb tourbe 1261 \)on Urban IV. gum Äar-
binolbiafon Don ©t. SKaria in Äo^mebin erhoben. Dbtool^l nur 3)iafon, nal^m er im
ÄarbinafefoHegium eine Q^adftüt ©tellung ein, gel^örte aber, toie aud^ feine f>)ätere ^olitif
jeigt, nid^t ju ber ftrengfran^öfifcl^en 5ßartei.
©ic^erlid^ tüo^ntc ein [tarier ®eift in beni gebred^Iid^en, Don ber ©id^t geläl^mten
46 Jtöri)er, tüenn man aud^ bie fc^neDe, einmütige 3Bal^l, toelc^e bie Äarbinäle bereite 4 läge
nad) bem 2obe SWartin^ IV. ju ^erugia am 2. 9li)ril 1285 DoD^oaen, ebcnfo fe^r ber
©orge Dor angioDinifc^er SBa^lbeetnflujfung aU ben SSor^ügen be^ Aanbtbaten ^ufd^reiben
mag. Site 3)atum ber Ärönung ift je^t burd^ ^^Jrou^ SRcgeftentüerf ber 20. 3Kai feft*
gefteBt (5ßrou, ßinleitg. Rap, 2; 5ßah)Iicfi, I. Stbfc^n.; Cardella, Memorie storiche dei
60 cardinali. 9lom 1792, I, II. 187).
II. Der fijilif ^ = aragonefifd^e 5irieg. 3)ie bringenbfte j)olitifd^e grage für
ben neuen 5ßa))ft toar bie pjilifd^e. Die fog. aSefjjer Dom 30. SKärj 1282 ^attc bie
§älfte be^ Äönigreic^^ ber Äirc^e unb i^rem Se^endmanne, Marl Don Slnjou, entriffen,
$eter ))on 3tragon toar afö &emai}l ber %od}Ux SRanfreb^ in ^Palermo gefrönt, in Slom,
66 Wo Äarl ate Senator ^enfd^te, ja felbft in 5Rea}3el brad^ ber äufftanb lo^, unb überall
in gtalien rührten fid^ bie (S^ibeUinen (f. u. 2lbfd^n. V). §erDorgerufen burc^ ba« t^ran-
nijd^e 9legiment be^ Slnjou, toar bie Erhebung gerabeju Derftärft tüorben burd^ bie Der-
fe^rte ^oliti! SRartin« IV. (f. b. 31.), ber bie Ärone äragon« an einen ©o^n ^JJ^ili))»)« III.
Don ^anlreic^ übertragen unb fo aud^ ben ©übtveften (Surojoa^ in ben Stampf gfPden
Go ^otte. 35ie Söfung ber burd^ i^n gefd^affenen aSertüidfelungen toar bie Slufgabe ^ono=
rtuö' IV., fie na^m feine gan^e, nic^t geringe ftaatömännifd^e ©efd^idftid^fcit in 3lnf))xnc^.
3unäd^ft toariete er ben Sluggang be^ franjöfifd^-aragonifd^en Äriege^ ab. 2)erfelbe
enbete mit einem flud^tartigen SRüojuge ber ^ranjofen unb ^atte ben lob ber beiben, fidjf
{^onortud l\., ^o^ifl 325
belrieöcnbcn Äöniflc jurpolgc. Äaril. uitb SKartin IV. tparcn fc^on Slnfang 1285 geftotbcn.
— 2)ie })DlitiJc^e Sage Karte fid^. 5ß^Uit)J) IV. badete me^r auf Sefeftigung feiner ÜRadj^t
im eigenen ganbe ate auf au^toärtige Eroberungen ; Äarl II., ber il^rtmerbe be« unter-
italif($en Sleic^e«, fd^mad^tete bereit« anbert^alb ^al^re in oragonifd^er (Sefangenfd^faft unb
feinte fid^ nai) ber ^ei^eit, felbft um ben 5ßrei« eine« Serji^^te« auf bie ^n\tl ©ijilien ; 6
bie ^au^tfad^e aber tvar, ba^ bie ^ad^t 9lragon« je^t geteilt tDurbe: ba« @tammlanb
tam an $eter« ölteften @o^n äUfon«, @i}ilien an ben jtDeitoeborenen, 2i<^'^'^/ ^^ f^^ ^^
2. gebruar 1286 in ©egentuart mel^rerer Sifc^öfe feierlid^ rrönen liefe. 9?atürlid^ arbeitete
§onoriu« fortan auf bie 2^rennung ber S3rüber l^in. ^ahb gegenüber l^ielt er an ber
§einbfd^aft ttjie ben Sted^ten ber Äird^^e auf bie ^n\A feft, inbem er il^m bie Slnerfennung lo
öertoeigerte, ben bon SKartin IV. über ^eter beringten Sann auf ^atob unb feine
aWutter Äonftan^e au«bel^nte (bom 3, 3Kai bte 18. 5lobember 1286 bannte er beibe bier*
mal!) unb bie Ärönung für nichtig erllärte. 2lud^ ben SSerjid^t ÄarÖ II. auf ©ixilien,
ber am 27. ^bruar 1287 in Barcelona juftanbe lam, bertoarf er boHer Sntrüftung.
3)iefe un\)crfö^nlid5>e Strenge be« fonft nad^giebigen ©reife« erinnert lebhaft an ba« SSer« i6
fa^en feine« il^m au^ fonft gleid^enben ©ro^o^m«, §onoriu«' III., gegen Slaimunb VI.
unb VII. t>on 3:ouloufe; fidjferlic^ tüar e« ba« ®e^^l ber 5ßfli(^t, bie Siedete ber Äirc^e
unbertürjt ju toal^ren, ioeld^e« beibe )u fo l^artem, i^rem 3l<ümdl toiberftreitenben SSor«
ge^en t)eranla|te.
SKilber berful^r ber 5ßa})ft gegen Stlfon«. Sr liefe pc^ bie ©emül^ungen ®buarb« I. 20
bon Snglanb um Beilegung be« frangöftfd^^aragonifd^en 3^if^^ 9^^ gefallen. 9lnfang«,
UJÖi^renb be« ^elbjuge« 5ß^ilij)t)« III., loar §onoriu« gegen ©buarb begreiflid^ertoeife gu^
rüdf^altenb, bann aber tDurbe er entgegenfommenber unb h)äre e« bielleid^t nod^ me|>r ge«
toefen, ^ätte i^n nid^t bie burc^ ?lKartin IV. fe^r öerftärlte franjöftfd^e Partei im Aar«
binal«foDegium gehemmt. 2lm 25. 3"^ 1286 führte ßbuarb einen SBaffenftiHftonb 25
jhjifc^en 2llfon« unb ^^ilij)}) IV. ^erbei, bem ber $a})fi bie erbetene 3wftin^*nung erteilte,
^l« enblid^ um ^ißei^nad^ten 1286 9llfon«' ©efanbte bei ber 5lurie anlangten, l^ielt ^o^
noriu« Jloar formell an ber bon 5Kartin IV. berfügten Slbfe^ung be« §aufe« Slragon
fcft; loo|in aber feine ^oliti! in SBirflid^ffeit jielte, gab er ju erlennen, inbem er fid^
tro^bem ju Weiteren sBerIfianblungen bereit erllärte unb ben erwarteten neuen ©efanbten ao
fd^on ©eleitbriefe au«ftellte. 9)ie enbgiltige Söfung all biefer 333irren erlebte er atterbing«
nid^t me^r, pe fanb erft im 3. 1302 unter 8onifag VIII. (f. b. ». »b III ©.291 ff.) ftatt.
33efferen ©rfolg al« in ©igilicn j^atte i^onoriu« in ben feftlänbifc^en Seft^ungen ber
Slnjou«. Äier \)atitn Raxl I. unb feine jjrobenjalifd^en Siitter mit großer i^abfu^t unb
3SJiIlfür ge|errf4t, ol^ne bafe bie $ä})fte, in beren ^'^^^fff^ ^'n fold^e« ^Regiment leine«^ 36
h)eg« laa, e« )u l^inbern bermoc^ten. @rft nac^ ber pjilianifdifen $ef))er Ratten Jtarl unb
fein ©o^n 2lnfä|e ju milberer ®efe§gebung gemad^t, bie aber ber berblenbete 9Jlartin IV.
nid^t fanftionierte. §onoriu« bagegen unterpg ftc^ fofort biefer 2lufgabe. ©(^on am
17. ©ej)tember 1285 erlief; er al« Dberte^n«i^err be« Äöni^eid^« gloei Süllen, beren eine
bie SRed^te ber Äird^e pd^erte, toä^renb bie anbere eine l)öllige Constitutio super ordi- 40
natione regni Siciliae entl^ielt. l^*^^^*" ^^ ^^P ^ff^" jugab, bafe bie ßupänbe im
Äönigreic^ unter ber §errfd^aft ber äfnjou« nur fd^led^ter geworben feien, erliefe er 45 93er«
orbnungen jum ©c^u^e be« SJolfe« gegen loilllürlid^e ©ebrüdfungen burd^ ben Äönig unb
feine Seamten; bie SIbgaben unb bie 2el^en«ber^ältniffe tüurben neu geregelt, bie vi^U
be« Äönig« befc^ränft, bei Übergriffen feiner Siegierung ftanb bie 3lj)J)ellation nad^ 9lom 46
frei. 35iefe Sleform .^onoriu«' IV. „begrünbete einen ber ttjid^tigpen Slbfd^nitte ber ©efefe*
gebung in ber ©efd^ic^te be« Äönigreid^" (Saint-Priest 1. c. IV, 171; Gianonnelll,
87—108). ©ogar ^afob bon ©ijilien nal^m mel^rere Seftimmungen au« berfctben in
feine Capitula hinüber. — (^rou, ©nl. Äa»). 3—5 ; ^alolidR II. äCbfd^n.).
III. Äreujjug«J)olitif. 2Ba« ba« alte 6rbe ber Äreujjug«})oliti! angelet, bes 60
fd^ränfte pc^ öonoriu« auf bie ©ingiel^ung be« t>om S^oner Äonjil angeorbneten allge«
meinen 3^^"^^" (©ottlob, 3)ie >)ä))plid^e ÄreujjXug«fteuern im 13. ^afyc^., ^eiligenftabt
1892). 2öir bep^en mel^rere 3lec^enfc^aft«berid9te bon 3el^ntIolleftoren jener ^Ät, pel^e
3Jlund^, Pavelige Nuntiers Regensskaps-og dagböger, ß^ftiania 1864; Liber
decimationis dioecesis Constantiensis im ^eiburger 9)iöcefanard^ib 33b I ; Libellus 65
decimationis de anno 1285 (betr. b. öften. 3ll))enlänber) im Programm be« ÄoHegium
»orromäum, Salzburg 1887; ©ouquet, RecueU XXI, 547; bgl. m a. b. \>at. 3lrd^. I,
3Jr. 242 unb 262 9lnm. Um bie in ber ganjen 3Belt jerftreuten ©eiber ju bereinigen,
ftanb er mit ben grofeen Sanf^äufem bon tJIo^^^/ ©i^^a unb ^ipoja in Serbinbung,
beren Vertreter überall in feinem 9iamen ba« ©elb bon ben ÄoBeltoren einbogen (^orban, eo
326 {^on^rtttd IV., ^a)if)
Le Saint- Si^ge et les banquiers Italiens. @i^gdber. b. 3. intemat. latl^. Stongteffe^
in »rüffcl \>. @e^t. 1894. V, 292—303, »rüffel 1895). — («Prou, einlcitg. Rap, 6;
5ßah)It(fi III. aibfc^n.).
IV. SSerl^ältni« ju S)eutfdSfIanb. Unmittelbar nac^ bem %aU ber ©taufer,
6 auf bent §ö^e^unft be« mittelalterlicpcn 5ßa})fttum«, beginnt bereite bie 5ßoIiti< be^felben
unrubig ju fd^toanfen. $ä})fte toie Urban IV. unb * ßlemen^ IV. fnü))fen bie Sunbcö^
genoffenf^aft mit ber framöfifc^en üJlacbt immer fefter, unter SWartin IV. toirb au^ bem
Sünbni« faft Ined^tifd^e älbl^ängigleit. Slnbere 5ßä^fte aber erlennen bie ftetig toad^fenbe
©efa^r unb treten, toie SRifoIau« III., ben ^Jranjofen in S^^Iien nad^ SWöglid^^Wt ent^
10 gegen ober fuc^en tüenigfteng, toie ©regor X., ju lavieren, inbem fie ba^ beutfd^e Äonig^
tum, t)on bem feine ©efa^r mel^r )u fürd^ten ift, tvieber }u häftigen ftd^ bemühen unb
l^erbeirufen.
$onoriu« folgte ben 333egen ©regor« X. 9lo(^ immer rang Slubolf bon Jpab^burg
um Sefeftigung feine« 5lönigtum« ; um e« feinem ©ol^ne Sllbre^t ju pd^em, tüoDte er
15 il^ nod^ bei feinen fiebjieiten toäbten laffen, unb baju beburfte er für fid^ felbft ber Äaifer=
frone, ^ie fd^on mit 9iifoIau« III. be«^alb ge))fIogenenUnter^anbIungen l^atteüRartinlV.
toieber abgebrochen. 3" ^^ "^^ SSerl^anblungen orbnete Slubolf anfangt 1286 ben
Sifd^of ^einrid^ Don Safel nad^ 9lom ab. 2)erfelbe toar einer feiner treueften Sln^änger,
unb bafe §onoriu« i^n unter SSertoerfung gtüeier Dom SWainjer Äa^itel jjräfentierten Äan=
20 bibaten gum ^rimo« Don S)eutfd^Ianb erl^ob, beloeift, loie Diel üj^m an ber Kräftigung be«
beutfc^en Königtum« gelegen loar. gür bie Krönung in 3lom beftimmte ber ?ßabft ju-
näc^ft ben 2. gebruar 1287, ermahnte atte loeltlid^en unb geiftlic^en ^rften SJeutfdplanb«,
ba« Sorbaben be« König«, namentlid^ mit ®elb, )u unterftü^en unb entfanbte ben Karbid
nalbifd^of gol^ann Don Iu«fulum, Damit er bie Siomfabrt Slubolf« unb bie ffial^l 2Ilbred^t«
25 burd^fe^en ^elfe. ©er fiegat fanb jeboc^ fe^r üble Slufnal^e, toeil man feine ®elb-
erj)reffungen unb ßingriffe in bie firc|lid^en Siedete fürd^tete, Dielleid^t aud^, loeil bie ^ö^ere
©eiftlid^feit bie jjolitifd^fen ^totdt feiner ©enbung fannte unb Don i^nen eine Seeinträd^*
tigung ilj^e« SBo^IredS^t« beforgte. Sluf bem aQBürjbur^er Konjil (16.— 18. ÜRär^ 1287)
fam ber allgemeine Unloille gum Slu«brud^. S)er ©rjbifc^of Don Köln unb Sifd^of Konrab
30 Don ^oul ))roteftierten energifd^ gegen bie ©elbforberungen be« Segaten unb a^))ellierten
an ben ))ä^ft(ic^en ©tubl, Die(e Prälaten fd^Ioffen fid^ an, ber König felbft mu^e ben
Karbinal Dor ber 9Sou«tt)ut fcbü^en, toä^renb iloei feiner Segleiter erfc^lagen lourben.
(MG XVII, 77. 129. 550. XXIV, 149; baju 5Rt b. gnftit. f. öften. ®efd^. VII, 160.
XII, 647 unb ßubel, $3® IX, 437. 661). S)amit loaren bie 5piäne Slubolf« tDie be«
35 ^fte« gefd^eitert OProu, ginl. Stop. 7 ; 5ßah)IidR IV. Slbfd^n.).
V. SBirffamfeit in gtalien. ÜJlartin IV. ^atte mit ben Slömem in fteter
Sterbe gelebt. 3)em ©aDeHi bagegen übertrugen feine SWitbürger fofort bie ©enatur auf
Seben«jeit, luben i^n ein, feinen ©ift in i^er ÜRitte ju nel^men, unb §onoriu« l^t faft
ftänbig in 5Rom refibiert. 3" bem guten SSerl^ältni« mit ben Stömem mag nid^t locnig
40 beigetragen ^en, ba^ er in fluger 3utüdf^altung fic^ mögKc^ft toenig in bie ftäbtifd^e
SJerttjaltung mifd^te, toö^enb fein Sruber 5ßanbulf al« ©enator ein ftrenge«, ober ge«
redj^te« ^Regiment führte.
3m Kird^enftaate fydtz 3Raxt\n IV. mit ben ®l^ibellinen, toeld^e ®raf ®uibo Don
5WontefeItro fül^rte, gleid^ffaH« einen fteten, iiemlid^ Dergeblid^en Kam))f gefäm})ft. ©rft
45 ^onoriu« fc^uf toieber Orbnung, nad^^^em Öuibo fid^ ipm ergeben f^attt unb in« ©jil
gegangen hmr. Überaß Iie| er gegen bie Don 3Wartin IV. mit bem gnterbift belegten
©tobte ÜJtilbe toalten unb ftedte burd^ finge ^ä|igung bie S^u^e unb ba« ))ä))ftli(^e
äbtfel^en in einem ^Ra^t toieber l^er, toie man fie lange Dor unb nad^ il^m nid^t gefannt
J^t — 2luc^ SSenebig, über loelc^e« ber fiegat SKartin« IV. ba« Sn^^^^ä^ Der^ängt
50 l^tte, toeil e« fic^ toeigerte, für Karl Don anjou eine glotte gegen $eter Don Slragon au«=
jurüften, befreite er Don bemfelben ($Prou, ©nl. Koj). 8 ; 5ßah)lidK V. 2Ibfd^n.).
VI. Stellung JU ben Drben. ^alolidfi (©. 109) ^at barauf ^ingeloiefen, bafe
©alimbene« Slnaabc, ßonoriu« fei ein ^nb ber Orben, befonber« ber Settelmönc^e, ge=
toefen, in ben SÄegeften ^rou« ^a^lreid^e Setoeife Dom ®egenteil gegenüberftel^en : er be*
55 [tätigte unb ertoeiterte il^re 5ßriDilegien, ernannte fie oft ^u feinen befonberen SeDoBmädj^s
tigten ober ju Sifc^öfen unb beauftragte fie au«fc^Kef;Iid() mit ber ^"^"iption. Sludf^ ben
5larmclitem beftätigte er il^re $riDiI(^icn, unb befonbere Sorliebe bcgte er für bie SBiU
l^elmiten, benen er ba« Klofter übertoie«, locld^e« er fc^on al« Karbinal in Slbano ge=
orünbet l^attc. dagegen gebot er in einer SuKe Dom 11. ÜRär^ 1286, ben Drben ber
CO ai^oftelbrüber (f. b. af. 8b I ©. 701 ff.), loeld^en bamal« ©egarctti Don ^JJarma ftiften
{^•noritid lY«, ^o^ifl ^0itortitd ti^it Kntnn 327
toottte, afe ^ärettfd^ ju bcrfolgen (Murat. IX. 448; 5ßrou, einl. Ka^. 9 unb 10; 5ßato-
Hdti § 17).
Über feine Sejie^ungen jut 5ß<mfer Untoerfttät f. 5ßatoK(fi § 18. ^m» ®d^it(5.
I^onorittd Holt Ktttnn, geft. 1152. — M. Bibl. patr. Colon. 1618, ^. XII, p. 930,
964; MB 1677 tom. XX; Possevin Appar. sac., Colon. 1608 p. 273; Bellarmin, de Script 6
eccl. Colon. 1645 p. 244; Pez, Anecd. II. V.; Phil. Labebbit, De scr. eccl, ^arl« 1640,
p. 473; Cave, Scr. eccl. bist. II, BasiL 1745, p. 213; Miraeus. Bibl. eod., Antv. 1639,
fel30; Fabric. Bibl. eccl. Hamb. 1794; Sixtus Senens, Bibl. sanctaLugd. 1875, p. 273;
G II, p. 253; X, p. 125; XVI, p. 52; MG Libelli de bte III p. 29 ff. ed. Dr. 3ul.
Dlcterici; Bist. litt, de la France XII p. 165: Biogr. univ. ^ari« 1857, XIX p. 592; lO
MSL T. 172; ©cinjel, 8tf*r. f. öftcrr. ®^mn. 1868, @. 564 f.; ©«lobebuf* D. ©luclbar,
fipj. 1874; fR'ihhtd, gforWungcn j. b. ®. XXIV, 6. 10; iRobbe, ®er^ob, fipj. 1881, @.17:
SRocftoff, 9tupert t). 3)eut 1886, @. 12 ff. (unb mS 1897); 3. öa(6, Doßmenflef*. b. Wi,
$3ien 1875, II; 92. ^. ^annoD. 1880 p. 643, 1896 p. 598; SBattenboc^, ®ef4i4tdquellen
1894, ©b II @. 259; Potthast Bibl. bist. med. aevi 1896 I; «bö. («rt. t). ©tononit). 16
$onoriud (getDö^nKdif i>on Slutun genannt) tft ber gro^e Unbelannte ber Ain^en«
gef(^t$te be« jtoölften Sfl^tl^wn^ertd. ^o^' ,,\)on äutun" jeigt nur, bo^toir nic^t toijfen,
tvo er (ebte, unb feine )a|^Irei(^en SBerfe fd^eb.
®ie ?Pöblber Slnnden, toeld^e btö 1139 gelten, J)retfen ilj^n ald belefenen, bon ber
geiftigen 38etd^eit erfüllten @infieb(er. 31U Solitarius fommt er auc^ fonft bor. SeQarmin 20
fe§t feine Slütegeit auf 1220, ift aber fonft fparfam. ©0 audjf bie 3«fuiten, ani ®rünben,
auf bie tvir jurücflommen. ^offebin nennt i^ abbas et monachus.
S)ie 9(lten, ÜRiräud unb 6abe, berfe^en il^n nad^f ^anlreic^. ^ie f^anjofen l^en
i^n für Slutun feft. ©0 aud^ 6abe, bem er ecclesiae, in Surgunb, presb. et scho-
lasticus ift S!)ie Hist. litt, de la France Mnfd^t, }uglei(^ mit £e 93euf, il^n nid^t 26
ben ^eutfd^en ou^guliefem. S)ie Biogr. univ. giebt h)enigften$ gu: Apres s'^tre
d^mis de la Charge de scolastique 11 se retira dans les terres du duc d'Autriche.
Verfölgen toir biefen gingerjeig. Äonoriuig felbft nennt fid^ nac^ einigen 6obb.: Pres-
byter Augustudonensis eccl. §D&er 3Rart^ne unbS)uranb lommen auf i^rer betreffen-
ben Steife nadjf Slutun, unb finben bort feine eimige ^anbfc^rift, bie fte al^ 333erl bon 90
^onoriud ertDöl^nen (bgl. m. Slrbeit 9tt3 1897 ®. 704 f.). Unb Augustodunum Idnn
auc^ S^ugdburg fein. SBattenbad^ nimmt bied an, Sac^ ift geneigt, ed aud^ ju t^un. 3n
ber %f^t entgolten öfteneic^ifc^e unb baieritee ÄliJfier bie meiften gerabe ber SBerle beö
®e]^eimnidboDen. 3Rüni^m aUein beft|t über l^unbert Stobiced, ®ra) nad^ ©tanonil 30,
in toeld^en ©c^riften bon i^m borlommen. ^aju lommt, ba^ in ber Imago mundiss
bon §onoriug 3)eutfd^Ianb am einge^enbften bargeftettt ift 3" bi^f^i« geogra^fifd^en ©e«
mälbe ift nur eine ©tabt genannt, unb biefe ift: Slegen^burg. — ^v!t>tm xä) Slegen^bura
afö ^erborragenbften Ort feiner SBirIfamleit annehme, mad^e ic^ barauf aufmerifam, ba|
^ier 6uno, früher äbt bon ©iegburg, Sifd^of toar, ber ®önner 9lu))ert« bon ®eu|,
toelc^em $onoriu^ fo fc^ berloanbt ift, ba| l^ier aud^ ®erl^o^, fj)äter in Sleid^er^berg 40
loeilte.
9ln biefem borläuftgen Srgebnid !ann aud^ S)ieterid^ (Lib. de lite III) und nid^t
irre mad^en. 6r bejiel^t ftd^ auf jene ^anbfd^nft be« De imagine, toelc^e in ßanterburi^
aufbetoa^rt loirb. §ier toirb bom SSerfaffer gefagt: Iste Henricus, qui hunc librum
edidit, fuit canonicus S. Mariae civitatis Moguntiae. ^nbem toir auf bie bon 45
SDieteric^ hieran getnü))ften Vermutungen, ald nod^ )u getoagt, ni^t ioeiter eingel^en, freuen
toir und nur in ber ^au))tfad^e eine SSeftötigung m l^aben. 9(u(^ S)ieteri(fi [ä|t ^onoriud
fd^lie^Iid^ ftd^ nad^ Siegendburg jurtitfjie^en. Unb toir fmb, inbem loir l^ierbei bel^arren,
aud^ nic^t in ber Sage, bie grage erörtern ju lönnen, tvelc^e SSattenbad^ nal^elag, toie ed
fam, ba^ bad Speculum ecclesiae auf ä(nfu(^en ber Fratres Gantuarienses bon i^onoriud go
gefc^rieben iourbe, bie er lurg jubor befud^t ^aben mag. 2)ie SSejiel^ungen ju Santerbur^
bleiben und a(fo junäd^ft buntel, fotoie audjf bie ^age, ob ^onoriud nid^t 9lnfelmd
©c^üIcr h)ar.
fragen toir, Wann §onoriud fc^rieb, fo nehmen loir, ba bie §anbfd^ft bom De
imag., n^eld^e $e) fanb unb giebt, bie Slegentenrei^e mit £ot^ar fd^Iie^, unb ba bie 66
ältefte SRac^rid^t fagt: Sub quinto Henrico floruit — bad ^af^x 1135 ald §öl^ej)unft
fetner 35Iüte an. Um biefed 3a^r muffen ftd^ feine ©d^riften gnH))pieren. 6d ift bie geit,
in toel^er bie Söerle Slbälarbd ftd^ rafd^ ju berbreiten begannen, loeld^ed und für §.d
bogmatifd^e Haltung bon SBid^tigleit ift. Slber $.d ffiirten greift loeiter. Sejüglic^ bed
^a^red feined ^obed mik^ten toir mit SBilmand annehmen, er l^abe bie 9lbfd^ift bedeA
328 ^oitinriitd tioit %ntm
Imago t>ox 1152 felbft nod^ beforöt (MG XII p. 128). ^cbenfatt^ fc^Iiefet .s?. I^ier mit
Äönig Äonrab unb ertoä^nt nur g^^rid^ I-
&d)m toir gu einigen feiner „))^iIpfo)p^if(^en" ©d^riften; fo i[tö in bent bamatö ßebräud^^
fielen tüeitem ©inn. 3)ie gef^id^tlid^en Überftd^ten gelten feit bem über de discretione tem-
6 porum, in trodfnen SSerjeid5>niflen bie SReil^enfolge be^ 3)enftDürbigen ober ber ürd^Iid^en
©d^ftfteDer gebenb, burd^ bad ÜRittelaber. ^onoriud fc^lie^t fic^ i^nen an : De philosophia
mundi, tüenn bie ©d^rift Don il^m ift, bringt neben i^eofogie and) ®eograJ}l^ie, 2Iftronomie,
SWeteorologic. De imagine mundi, je^r Verbreitet, f)at ba« für jeben Äleriler SBiffen^hJürbige.
®a3 S5ud^ bringt 5Rac^rid^t öon ®eograJ}^ie, Älimatologie, ß^ronologie unb fü^rt bie
10 SQieltgefd^ic^te t)on 9(bam bid auf Jtaifer ^^ebric^ I., it)ie bie Summa totius fte t>on
Äarl b. ®. big auf Äaifer Sotl^ar Verfolgt 2)ie ©cfd^id^t^fenntni« ift bie ber jeitgenöffi«
fcj^en Älofter^ainnalen unb ©täbted^ronifen. Äönig %xanlo lomnit mit Sleneaö von ^^roja
^er unb grünbet ein ^Iroja am 9l|ein. — De animae exilio et patria, auf Sln^
regung eine« getoiffen J^oma« verfaßt, finbet, ba| Unloiffen^eit ba« @jil be« 3Jlenfd^en
16 fei Son ^ier gelangt man burd^ Biaatm unb ©tufen getoifferma^en jur SBeig^eit, iur
Seimat ber Äird^e, g^eid^fnet burd^f bie gel^n Swngfrauen. S)er SBJeg ge^t burd^f bie
irammatil, 5R^etorif, 2)ialeltü, arit^metif, 3Ruftl, älftronomie, ^^^ftt 3Red^anif, Öfono^
mif. ©0 gelangt man burc^ bie fteben freien „Äünfte" jur SBeiö^eit, bie in ber ^eiligen
©d^rift leud^tet, im änfd^auen &ott^ ftd^ öoßenbet. — De luminaribus eccle-
20 siae fc^Iiefet, mit ^JJetrug beginnenb, ba« SSergeic^ni« ber fird^lidf^en ©d^ftfteller mit 9tu))ert
Don 2)eu5. Sluc^ au«®ennabiug unbgfibor ^at^onoriu« gefammelt. 9tu))ert nennt er:
per visionem illuminatus. — ®ie libri unb libelli De libero arbitrio toaren ^äufig
in jener 3^*^- SWir erinnern und berer ^ier nur Don 3Uger Don Süttid^, Dom älbt ©ngel^
bert juäbmont, Don9luj)ert Don3)euft. gür^onoriu« loar bieärbeit burd^ ein ®ef})rä(^
26 mit einem getoiffen ®ottfc^aU Deran(a|t. ^an ^abe, um ftd^ ^u entfc^ulbigen, gefagt,
tvad in ber äöelt aud^ gefd^e^e, ^ Idnne bod^ nur fo gefd^el^en, toeil e« Don®ott einmal
fo georbnet fei. SJied toirb burd^ ßrörterung beffen hjieberlegt, toad ber freie SBiDe fei.
— ^m Evitabile toerben änfü^rungen axi^ ^[x^ox, gulgentiu«, Slmbroftud, äuguftin,
^ieronljmud, ®regor, ß^t^foftomu« unb Slnfelm gegeben.
80 3m 9121 1898 $. 2 ©. 584 mad^t 3)ümmlcr auf eine §anbfc^rift bed Inevitabile
no(^ aufmerlfam, ioeld^e, im Älofter ©t. ?ßanta(eon gu Äöln gef^rieben, fo DoDftänbig
Don bem ber BM unb bem Xejt bei SKigne abtoeid^t, ba^ fie aU felbftftänbige Slebaftion
angefel^en toerben muffe. 9)ort folgt bann bad Offendiculum unter bem 2!itel : »Contra
uxoratos presbiteros". 2)ie Ur^eberfd^aft beö ^onoriud erllärt S)ümmler feftgefteltt
86 ju })Qbtn.
®ie ejegetifc^en Slrbeiten finb fe^ mannigfaltig. 2)ad Hexaemeron C^ej II p. 72)
jeigt, toie in ßlj^rifto afö bem Principio 2Üled g^c^affen, toie bie ganje ®enefi« auf bie
©rlöfung gerichtet ift. — ®ie Slrbeit über bie gel^n 3i[gVl>tifd^en 5ßlagen ftellt biefen bie
Heilmittel ber je^n ®ebote burd^f jene t^J)ologif^e Äünftelei gegenüber, toeld^er ber 3^-
40 gefc^madf l^ulbigte. S)a« SBaffer, toelc^e« in Slut Dertoanbelt toirb, ift bie SBeidl^eit
bieferSöett; bie^ifd^e fmb bie 5ßl^ilofo))]^en, bie^^öfc^e bieSJic^ter, toeld^e in ben ©ünH)fen
ber Unreinheit quafen, bie fiäufe bie Unruhigen, Don mand^erlei Segierben ®efta(^etten.
-— 3)ie fed^ Äa})itel, in toetcj^e bie älrbeit geteilt ift, gelten unter Scjugnal^me auf 5ßlato
auf 3Ä^I^n^Vfttt h)ie immer mit Sieb^aberei ein. ~ ^ur 2Iuelegung ber ^JJfalmen toar
46 §onoriud Dom 9lbt Äuno aufgeforbert, bemfelben, toie toir fa^en, ber auc^ Stu^jert« ®önner
toor. 9Son ß^rifto rebet DaDib in aÜ^ 5ßfalmen. ©ie jerfaHen in brei Seite nad^ ben
brei SBeltaltem: Don bem ®efe^, unter bem ®efe^, unter ber ®nabe. 3)ie erften fünfzig
bejie^en fid^f alfo auf bie ^eiligen Don SKbel bid auf ÜRofe, bie jtoeiten auf bie Don
biefem bid auf Gl^riftum, bie britten fünfzig jeid^nen bie ^eiligen, bie Don ß^rifto bid
60 jum SBeltenbc erftel^cn. 2)ie atudlcgung bed ganzen ^falter« auf ben Seib G^rifti ift um
gel^erlid^. — 3" ben ejegetifd^en ©^triften gel^ören nod^ bie Quaestiones ju ben ^tt>^
Derbien, bem ^rebiger ©alomo, fotoie jum ^ol^enlieb, biefed le^tere im Sigillum Marie
für Slntoenbung bei SKarienfeften fortgefe^t. 3)ad §ol^elieb cntl^ält ben Srief an äbt
Äunod DJac^f olger unb jeigt au« ben Dier ®eftalten ber SSifion Gj 1, bie D.ier aSetl^oben
66 ber Ggcgeje, bie ^iftorifd^e, altegorifd^e, troj)ologifc^e, anagogifd^e.
I)ie Slrbeiten für })raftifrf»e 2l^eologie, $rebigt, Siturgif, 2)i«jij)Un, für bie fird^en-
red^tltc^e ©tellung jum 3^})^"*" fiwb fe^r mannigfaltig. — Claustralis vita est ab
ipso domino instituta — bamit beginnt De vita claustrali. ^a^ Älofter ift
Ufer ber auf ben SBogen ber SBelt Umgetriebenen, ©dfiirm Dor ber ©onnenglut, Sett für
60 bie 3)Jüben, SlfJ^l ber glw^tenben, ©d^ule für bie Äinber ®otte«, ®^mnaftum für bie
^oitoriitd t)9n Kntnn 329
©treitbaren ber Äird^e, ©etänani^ bercr, bic t>om breiten SÜege irrten, ©tätte ber SSer«
fud^ung unb Sctüoi^runö, §öUe ber ^Reuigen, ^arabie^ ber ©erec^ten. 9llfo ganj tote
Sh^ert bon 3!)eu|. — 2)ie Scala coeli major, ®efj)räcl^ jtoifd^en SWeifter unb ©d^üler
in 23 ilaj)iteln, jeigt bie ©taffein, ben ordo graduum für bie geiftlid^e ©c^auung; bie
scala coeli minor jcigt bie ©tufen auffteigenber ß^arita^ in fed^^ Äa))iteln. — 2)a« 6
Oifendiculum bel^anbelt bie Sage, bte incontinentia sacerdotum. ©euerer bermutet,
biefe ©c^rift ^abe ju jenen Verfolgungen 2lnla| gegeben, über toeld^e i&onoriud fid^ be^
flagt. @ö ift fd^arfe Siebe gegen presbyteri uxorati et simoniaci. — SBir ^nben
^ier im Sxipxtd De regnla sacerdotum bad (Singeftänbni^ : Inter episcopum et
presbyterum nuUa erat differentia in a))oftolifd^er QÄt 2Bann übrigen^ giebt bie lo
©c^ft änttoort auf bie t>i>n ben Srübem an ben Se^rer gefteüte grage, ob e« ben Äle«
rifern nad^ ber Drbination ju l^eiraten geftattet fei, ba boc^ ber 3lj)ofteI feine Slu^na^me
mac^t, toenn er fage, ber ^urerei toegen foße ^eber fein eigen SBeib l^aben, benn l^eiraten
fei beffer ate brennen 1 Äo 7? 2)ie Slnttoort liegt im ©a^: Synagoge erat concu-
bina, ecclesia vero supemi Imperatoris regina. S)a^ ebelid^e SiBeib be<g ^rieftenS 16
ift bie Jtird^e. ^ene^ Jta^itel l^at nur bie £aien im äluge. $aulu$ meinte bort nur,
bie Verheirateten 5ßriefter feien ^urer. ©terben fie, fo bairf man für fte toeber gürbitte
tl^un, nod^ D))fer barbringen. SKtt einem SBort : „Überläufer ftnb inöge^eim unb freunblid^f
ju ermatten; ge^ord^en fte nic^t, fo fmb fte toie bie ^eft m meiben unb Don aüm
ß^riften jurüdjutoeifen, toie bon ben ©d^afen ®otte<g bie 2Bölfe." 9)ie ©ammlung berao
3lnf})rac^en bor einem .Honöcnt ber Srüber an ^eiligen« unb ä})ofteltagen, ber ^rebigten
für einzelne ©tänbe, ber SEBeil^ereben, nennt ^onoriu« Speculum ecclesiae. Sitte ^riefter
fotten biefen ©))iegel ftd^ Dor Slugen l^atten, „bamit bie Sraut ß^rifti in bemfelben er=
blidfe, toa^ bem Sräutigam an i|r noc^ mi^fatte". Übrigen^ l^aben toir l^ier im ©j)iel
mit gereimten ^arattcU©äfeen bie Dotte 3lrt ber fiüttid^er ©d^le. — 9)ad Sacramen- 26
tarium rebet in ^unbert Äa^)iteln über m^ftifd^en ©inn ber Stiten im fird^lid^en 2)ienfl
?Jej giebt e^ nad^ ber ^anbfc^rift öon SDlolf. .^onoriu« befj)rid^t bie Sej^eic^nung ber
©onntage. 6r fjjric^t über ^eier unb Sliten für ©rünbonnerftag unb Dftem u. f. to.
iUberatt auf bem §intergrunb be« t^^Jifd^ betrad^teten 912:. 6r rebet \>on Sebeutung ber
berfc^iebenen 2:eile ber ))riefterli(^en .^leibung, über bie Siturgie, bie §oren, bie 3lntt})l^onen, ao
bie Crbnung ber SKeffe. — 3)ie Gemma animae ^anbelt de divinis ofüciis. SB3o bon
ber Sebeutung be^ fird^lid^en ©ebäubeö unb feiner ieile bie Siebe, ift^ bejeid^nenb, baft
toir ^ören: Pavimentum, quod pedibus culcatur est vulgus, cujus labore eccle-
sia sustentatur. — 35a^ Eucharisticon toirft im britten ber ^toötf Äa))itel bie Ders
fänglid^e ^age auf, utrum hoc comedatur quod Maria genuit ? ^onoriuö bermag 86
nur ju be^au))ten: corpus de virgine creatum in coelo residens universae crea-
turae (jominatur, corpus autem de pane et vino per Sp. s. consecratum et in
substantiam prioris translatum comeditur. 35ie 3li>«i^tität be« l^mmlifc^en unb
eud^flriftifd^en ieibe^ toirb ebenfotoenig barget^an, ate bie 2?erbäd^tigung 3lnbalt l^at,
toelc^er nac^ 5ßej bie 3lrbcit au^gefe^t toar. 2)enn bie SBanblung toirb anftanb^Io^ geteert, 40
toenn auc^ freiließ nod^ nid^t in gan3er äu^bc^nung. 3)enn ber ungläubig (Seniefeenbe
em})fängt nur bie Species, nid^t bie virtus Sacramenti. S^enn unter virtus ift bie
^immlifc^e ®abe berftanbcn. §ier fiebt man alfo Sluguftin me^r, atö ba^ mysterium
tremendum.
©in Äanonifer unb ein 5Könd^ treffen untertoeg^ jufammen. 35er eine fragt ben 46
anbern, toer er fei unb tool^er er !ommc? 3)er Äanonifer rü^mt fid^ be^ ^eil. 5ßetru^, ber
3Wönd^ be^ ©rjengel SRid^ael. ^th^ toitt barum ^ö^er ftel^en, aü ber anbere. .f)ier ber 2tnla|
jur Summa duodecim quaestionem. ©ie jcigen : Homo angelo dignior, angelus ho-
mine felicior. 5Wie aber toirb ber (Sngel, auc^ toenn gefatten, burc^ ben 3Rcnfc^en erfe^t
tiefer tritt nic^t al^ Sluä^ilfe in bie Sücfe, toeld^e ber ßngelfturj l^intcrlie^. ©o l^od^ bereo
©eraj)^ über bem ßrjengel fte^t, fo ^od^ fte^t $etru^ alfo über bem ©rjengel 2Rid^ael,
toeit Slom, ba^ ^au^Jt ber Söclt, bem 3lj)oftcl ^etru^, nic^t aber bem ©rjengel SHid^ael,
ba^ Primat übertrug. — Sluf ben ©treit ^toifc^cn 3in})erium unb Äurie bejicl^t fic^
Summa gloria de Apostolico et Augusto. ©d^mcid^ler ber ^rflen, untoiffenbc unb
törichte aJicnfd^en nur öerfennen bie 2Ba|r^eit. 3)enn toie bic ©onnc bem 3Ronbe, toie 66
ber ®eift ber ©eele, toie ba^ lontemj)latit)e bem ))raftifd^en 2tUn, fo ift baö ^rieftertum
bem JReid^e überlegen. Soll bemnad^ ber Äaifer öon ben §erjogcn unb ©rafen, alfo
feinen Untergebenen, getoäl^lt toerbenc' Ergo rex a Christi sacerdotibus, qui veri
eccl. principes sunt, est constituendu^s, consensus tamen laicorum requiren-
dus. 2)ie« ift ba« ergebni« ber ad^t, näd^ MG Lib. de lite III öictuubb^^\%v;^'^Vs^^^^
330 ^«imtiid tf9n flbttnit
Reges sedi Romanae non obedientes patienter quidem tolerandi sunt, sed
ab eorum communione declinandum.
®ie ©teHung bc« ^pricftertumd toirb bamit fc^on begrünbet, bafe ftc eben bie Äinber
®otte«, im ^riefterbienft bic Sflad^folget Slbete, futb, loelc^e t>on ben S^ic^tem ber SKenfc^en
6 untetW^ieben toerben, ober bie Äinber ©otteö, toelc^e nac^ §i 1, 6 öor ben $erm treten.
®ie Äönige auf ßrben ftnb bagegen nur fiaien. SBäa« \oax Äarl ber ©rofee, toenn ber
5ßa^ft i^n nidSft frönte! —
@o l^oben it)ir benn l^ier überall bie boQe cluniacenftfd^e Stid^tung.
^onoriug' bogmatifd^e 33ebeutung gel^t nid^t am toenigften au« feinen ejegetifdS^en
loSd^riften ^eröor; tt)ir muffen fie aud atten, ani) ber gu ertoä^nenben Clavis physicae
fammeln. ©ebenlen tuir ^ier inbe« juerft be« Elucidarium, toelc^e« ßloftemeuburg tvo^I
in ältefter §anbfd^ft beft^t. 6« fear ungemein berbreitet. ©er Xitel ift getoä^It, quia
in eo obscuritas temporum diversarum remm elucidatur, toie Äonoriu« fa3t.
®ad SBerl ift fogar Slnfelm bon ßantcrbur^ jugefd^rieben loorben. — 2öir lefen, h)ie
us^onoriud im Lib. de haeresibus über bie ^rit^eiten rebet. ©er 93orh>urf be^iel^t ftd^f
auf §erabfe§ung be« göttlid^en ffiefen«, ber fubftantialen gorm, guOunften ber §irt>«>fM^/
bie nur eigentliq ba« finb, it)a$ iDirtlid^ ift (quod est), ©ad fel^r bünne 99anb, jene«
Uniberfale, toeld^e« ein blofee« (Sebanfenbing erfc^eint, fott bie ©inl^eit ber ß^lpoftafen
l^erftetten? ©o tooHen e« bie nominaliftifd^en ®egner. §onoriu« fagt: ©ann fallen bic
ao^Vi'^f^f^ ^I^ ^i^ eigentlid^en Stealitöten audeinanber, unb toxi l^oBen brei @ötter. 3(ber
eme ©reieinigfeit toar« bod^, toeldbe fc^uf . 6in ©ebanfenbau, nur in mir, unb nod^ nic^t
ni^er^efd^rieben, ift hai 93ilb, tvelc^ed id^ anfd^aue, tvenn ic^ fd^reibenb nad^jeic^ne. ©ied
®ef(^nebene ift ber äußere ©d^atten bon bem, \oa^ innerlid^f unb berborgen ift. ©ad
^^ere lann bergel^en, bad innere bleibt beftel^en. ©o bie ganje Jtreatur, in divina
26 mente concepta, est simplex, invariabilis et aeterna, in se ipsa autem multi-
plex, variabilis, transitoria. ©en SBeltenbau 1^ ber ^eifter tuie eine gro^e $arfe
mit t)ielen ©aiten unb ^nen audgef^annt. Unb bie %bm finb in bem ®egenfa$ bon
®eift unb 2eib unb fo in immer loeitere ?D?annigfaltigfeit audeinanber gebreitet, ©o
gliebem fid^ aud^ bie ßngelloelten. Äeine Don biefen, toenn fte aud^ fiel, fann bom
aouRenfd^en erfe^t toerben, benn quod unus habet, alter habere non potest. ©o
in Summa duod. quaest. — ®ott fc^uf ben 3KenfdSfen De terra in se ipso dei-
ficandum, angelum de igne in coelo glorificandum. ©en ©c^öjofungd^ergang,
ben t^all, giebt bad Elucidarium. ©ad De anima et de deo giebt äludjüge aud
Sluguftin.
86 ©ie Quaestiones octo de ang^o et homine {eigen in ad^t Jta^iteln ein®ef))räd^
Jtoifd^ 5Weifter unb ©c^üler. ©ie erfte ^age, ob ber 9Kenfd5> gefd^affen toäre, loenn ber
ffingel beftanben l)ätit, beantwortet ber üReifter: Si omnes angeli in coelo perman-
sissent, tamen homo cum omni posteritate sua creatus fuisset. ©enn ju ben
neun Drbnungen ber 6ngel bilbet er ald je^nte bie nottoenbige ©rgänjung. ©ie jtoeite
^%taQt, ob ßl^riftud geboren toäre, loemt äbam im ^ßarabiefe beftanb unb nic^t fiel, be=
onttoortet ber äJleijter: Causa Christi incarnationis fuit praedestinatio huma-
nae deificationiSy alfo (S^rifti Srfd^einen ift nottoenbig an fid^. Sllfo toie 9lu))ert
bon ©eu|. Sd folgt bie Srörteruna über Engel unb 3Renf(^en. ©ie erfteren l^en
gleic^faHd i^re für Umformung jur Serfügung fte^enben Rötptv.
46 ©er SKenfd^f ift 3Kifrofodmud, fein §auj)t runb loie bad ^immeldrunb mit jtoei
Äugen, loeld^e ©onne iinb SKonb entfjjred^en. ©ie Sruft beutet auf bie Suft, ber S3auc^
auf bad aSäaffer, bie güfee auf bie ßrbe. 93on ber Erbe ^at ber SKenfc^ audjf bad gleifc^,
bom SBaffer bad Slut, bon ber Suft ben 2ltem, bom ^er bie Söärme u. f. to. ©o
^iJren toir im gacramentarium. Übrigend ift ber Äai)lcnto^ bed Söorted Stbam: 46,
60 gleid^ ber ^a\)l ber ^aljxz bed 2em})elbaued alfo auc^ ber Äirc^e, toeld^e ber ea}li«erte
ß^ftud ift. ©0, alfo bößig loie 9lu))ert bon ©eu^, §onoriud im Hexaemeron. vlad^
biefem entfaltet [\d) bie ®ef^ic^te ber SKenfd^^eit bid auf ßbriftum in fec^d 2Beltaltem.
©ie 2lrt ber TOenfd^loerbung ift eine abfolut einzige, ©enn @ott fd^afft nur auf bierfadj^e
9lrt. ®erabe fo toie Stnfelm in Cur deus homo jeigte ja ^onoriud im Elucidarium,
66bafe ®ott 1. ol^ne 3Sater unb 5Kutter aud ber ßrbe, fo äbam, bafe er 2. aud bem
3Ranne allein, fo @ba, bag er 8, aud 3Jlann unb SSeib, fo aUe ^Jlenfd^en, bag er 4. aud
bem SBeibe allein, fo g^riftum f^afft (5Kignc p. 1122).
SBlm tüid^tigften mu^ und bie bogmatifd^-^cpriftologifdfte ©teHung unferd äutord fein,
loie fte jenen ©d^riftcn ju ®runbe liegt.
60 ®enau an bem läge, an toelc^em Stbam erfdjfaffen h>arb, ift in ber gülle ber Qtit
^0it0niid ti0it Stttnit 331
S^riftud em))fangm. @r baut f\i) otö Sßei^^ett ba$ ^an^ im @c^o| ber Jungfrau, bad
Äau« ber ftcben ©öulen, bcr fiebcn Oeiftc^oben. ©o ba^ ^o^elieb CKigne p. 266. 316).
"Slam iiäjltt jtvölf ^afyc, ati fte Sl^tum gebar, Si^ftuS jöl^lte l[>terunbbrei^ig. S)ied
madSft 48, entfjjred^enb toieber bem ßal^Ientoert be« 9lamen« 3lbam. Slud^ hjenn bie
@ngel ntd^t gefaOen toären, tväre ber jtDeite 9lbam üRenfd^ getvorben, tvie tvtr fallen 6
(baf. p. 1178). ®ie Urfad^e ber üJlenfc^ttjerbung toar ja eben bie praedestinatio hu-
manae deificationis. tiefer ^etl^Ian i[t unl[>eränberii(^ tvie ®ott felbft.
9Bie bei Sef^rec^ung ber 2^rinität, fo jeigt benn ^onoriud aud^f in ber SBrifto»
logie feinen Steali^mud. ^ie beiben Staturen {tnb nid^t nur in ber Werfen S^rifti, fte
fmb aud^ an ftd^ geeint unb burd^bringen einanber in DöHiger SKitteilung aud^ ber ©igen* lo
fc^ften, alfo aud^ ber göttlid^en 3laim an bie menfd^Iidife. 38irb bon ber $erfon
S^rtfti gerebet, fo finb bie Staturen eingefc^Ioffen. S)enn ed ^ei^: Quod nascetur ex
te sanctum vocabitur. @d l^ei|t ni^t: qui, fonbem: quod nascetur ex te. S^er
5lame: ©o^n ®otte« erftredtt ftd^ alfo auf bie ©ubftanj aud^ ber SRaturcn. ©te« freili*
erfc^eint erft k)öQig fo, fagt ^onoriud, na(p ber 9luferfte^ng unb ^immelfa^rt. !Run ift i6
bie menfd^lid^e 9?atur „ba« gleifd^ ß^rifti", öom SBort in bie ßm^eit feiner ©ubftanj
aufgenommen, unb nullo modo circumscriptum. 2)er So^o« f^oi ed er^iJ^t (in deum
transmutavit) jum ubique esse, ^ie menfd^Iid^e 3lcAax tft alfo nid^t me^r i^rtlic^ ge«
bunben (in ioco). ©ie ift in bie göttlid^e übergefdl^rt (translata), toie bie Suft in bad
2id^t. Quemadmodum — fagt $onoriu3 in ber Clav, physicae — divinitas (Christi) ao
omnem superat intellectum, ita et humanitas, quae — super omnes iocos et
tempora — super omnem circumscriptionem et diffinitionem, super omnes
coeios exaltata et superessentialis facta est, omni creaturae incomprehensibilis.
2)ie menfd^lid^e 92alur, ba^ §Ieifd^ Sl^rifti, ift, toie ba$ t^uer burc^ aQe Jtör^erlid^feit ber
taftbaren 2BeIt au^gegoffen, fo fubtil, bafe e« nirgenb^ feftgel^alten toirb, unb e« mani^ as
feftiert ftc^ oj^eratiö überaß, aifo nid^t« binbert bie 2Inna^me, ba| ß^riftu^ nad^ beiben
SRaturen überaH fei (ubique esse) unb bafe fein 2^eU biefer ®inl^eit örtlich, geitlid^ ober
irgenbtüie nac^ 9lrt ber Äreatur umfd^rieben gehalten fei. S)enn 6^ftu8 jum SSater er«
^öl^t ift aucb in feinen SRaturen ein unteilbare« ®anje«, loä^renb biefe SRaturen bod^f nidf^t
ineinanber übergingen, ^ebe aber beftebt, rationibus utriusque naturae in semetao
ipsis permanentibusy in il^rer Slrt fort, ^mmer ift bie Sin^eit salva naturarum
ratione ^ergeftettt. Unb barum jufammenfaffenb befennt §onoriu« : Nulla ratio nobis
obstat, ut incunctanter credamus et intelligamus, Dom. nostrum J. Christum
in duabus suis naturis inseparabiliter quoad suam substantiam adunitis,
ubique esse, nullamque sui partem nullo vel Ioco vel tempore seu aliquo 86
modo, quo creatura diffinitur, ciroumscribi (Clav. ph. Cod. Lamb. S5ud^ II).
liberblidfen tüir nun.
®en S)ialeftifem jumeift in granfreic^, m benen inbeffen nic^t nur SRominaliften
ju red^fnen finb, bem Sombarben, Sbälarb, ©ilbert t>on ^^foitier«, 9lo«cettin, ftettten fid^ in
©eutfd^lanb 5ßIatonifer, 3Känner bc« biblifd^en Slealiömu« entgegen. S)ie SSictoriner, 40
S3em^arb, SJBill^elm \), ©t. 3^ierr^ u. a. mod^ten nad^ bem Oftcn ^in bie Srüdte bilben.
SSPber ^onoriu«, 5Ru))ert l)on 3)eu|, ®er^o^ (aud^ 2lmo) bon Sleic^erdberg bilben im
S)eutfd^lanb be<g jtüölftcn 3><^^^'^"'^**^^ ^^^ ©runbftamm für jenen SRealiömu«, na^:
mentlid^ in d^ftologifd^er Sejie^ung, tüelc^cn bie Siealiften be« fed^gei^nten S^^^J^w^^bert«,
bie Sleformatoren, gern ju i^rer Scgitimation aufgerufen l^aben toürben. ©ie toürben bie 46
aSertreter jene« SReali^muö afe SSorgängcr unb ^^ugen bafür angerufen l^aben, bafe fte in
biefer Sejiel^ung in ber abenblänbifd^en Äird^e nic^t SReuerer loaren.
3n ber morgenlänbifd^cn jeigte bie ©^nobe \)on Äonftantino))el Don 1166, beren
Slften Slngelo SWai l^eraudgegeben l}(d, gleid^e ©trebungen, unb getoi0 nid^t ganj ol^ne
3ufammenl^ang mit ber l^ier gezeigten c^riftologifc^en bei .^onoriu«, 9lu))ert unb ben so
9leid^er«bergem.
3)iefe abenblänbifd^en arbeiten aber toaren ben Steformatoren unbefannt ©iefe
loürben fte fic^er ;^u 3^9^" fwt i^re ©rfenntni«, aud^ >u jener Segrünbung ber äbenb«
mal^tele^re l^erbcigejogen l^aben, h)eld^e man ubiquitiftifq nannte, unb ttjeld^e bie 3«fwiten
al« ein abfolute« novum in ber Äird^e bejeid^netcn, obtüol^l fte, tüie anbertoärt« g^^^gt, 66
jene Vorgänger auö i^ren ©d^riften jum Seil fel^r tüo^l fanntcn, im ©treit aber („ne
hostibus arma demus") forgfältig untcrbrüdttcn. 35enn in ^^Oolftabt festen fte auf
Don i^nen entbedfte bcrartige §anbfd^riftcn i^r: non imprimatur. 6rft neuerbing« ftnb
fte in ajJünc^cn cntbedft Sorben.
332 ^ottorittd, ftatfrr
^oitortud, Raifer, 895—428.— 3n bcn Oucacn (^auptfäcftlid) (Sloubian., ^üfim., Orofiu^
©ojom., OU)mpiol)., ^i^ilpftorg., Cod. Theodos.) tritt ber uiijelbft)tftnbiöc ^cnit^ev l)inter
feinen ®ünftlinqen unb ben ^reigniffen jurücf. ^flün^cn, ^cboiQen unb fonftige ^ibbilbungen
bei Cohen, M^d. Rom. VI; fjrö^ner, Les mödailles de TEmpire Romain, $ariö 1878,
6 6. 340 ff. ; Garrucci, Storia della arte cristiana t. VI, 449 (CSIfenbcinbiptijtöon). — 3- öfll-
Tlllemont, Histoire des Empereurs t. 5; ®. ^. ^crfberg, ©eftötc^te be«J römifcbcn Äaifer-
rcidi«, 93crün 1880, @. 834 ff. (Oncfen, ^lagern. öJcf*. in ginaelborftcflungen, II. 1); Gb. ü.
S5icterät)eim, ®t\diWt ber «ölferwanberunn, S3b II, 2. ?lufl., Seipjig 1881, ©. HO ff.;
®. fRaufdjen, Qo^rbüc^cr ber c^riftlid^en ^irc^e unter bem i^aifcr 2:^eobofiuö, grei*
10 bürg 1897.
glaDiu« §onoriu«, geb. 9. ©e))tember 384 (über ba^ Saturn t>g(. Slaufd^en ®. 170)
aU ber jüngere ©o^n S^J^oboftuö' I. unb ber älefia glaccilla (über tl^re SRcItgiofität f. b. 21.
älrlabiu^ S3b II, ©. 49, .o?), erjogen öon 2lrfeniu$ (ßcbren. I, ©. 573 ed. Bonn. ;
f. b. Sl. »b II, ©. 129), ÄonfuI 386 unb 394, äuguftu« 10. 3an. 393, übernahm
16 17. ^an. 395 nac^ bem iobe feinet Saterg im Slltcr \>on nod^ nid^t 11 ^a^ren bieSRe^
«ierung bc« SBeftreid^e«, tüäl^renb Slrlabiug (f. b. 31. »b II, ©. 49) ben Dften er=
lielt, unter Slufred^terl^altung iebod^ ber Einheit ber SKonard^ie (gut Drof. VII, 36:
commune Imperium divisis tantum sedibus). ^n ben burc^ unaut^örlic^e Sor-
bareneinfötte (Eroberung Slomg burd^ Stlarid^ 410) unb ja^Ireid^e llfuri)ationen bejeid^s
ao neten 33ebrängniffen führte nad^ ber älnorbnung bc^ SSaterö anfangt ber SSanbale ©ti^
lic^o, ber feine nod^ nid^t bem Äinbe^Iter enth)ad^fcne 2!od^ter 3Karia (glaubian., Epi-
thalamium de nuptiis Honorii et Mariae) unb nad^ beren frühen lobe bereu
©d^toefter 2^^ermantta bem jungen Äatfer öermäl^Ite, Hug unb ftaftboü baö Slegiment,
naä) feiner ßrmorbung ber Slftate OI^mJ)og, toeldj^n tüeiter^in 3>*^btu« unb Ron-
26 ftantiu« in augfcj^Iaggebenber ©teßung folgten. 35er fd^toad^e, gutmütige §errfd^er, ber
für bie fc^toeren Jjolitifd^en Ärifen feiner ^t\t fein au^reid^enbe« Serftänbni^ ^attc {\>qI
bie Slnefbote bei 5Profo))., De hello Grothico I, 2), toar in ber §anb biefer unb an^
bercr 5ßerfonen ein faft hjiflenlofe^ SBerljeug.
SBie fein 33ruber älrfabiuö lebte §onoriug in ber betüu^ten Slec^tgläubigfeit feinet
80 SBaterg, tüa« and) bon feiner großen ©tieffd^tüefter @aüa ^lacibia gilt (©ojom. VIII, 1 ;
IX, 16; Crof. VII, 37; VII, 42; 43). Daran« entnahm er bie 3Ser))fli(^tung, 3tu=
torität unb SHed^te ber Äird^e unb i^rer 2)iener aufredet ^u erhalten unb ju ftärfen. 3)ie
bid^erigen^riDilegien berÄirc^e unb ©eiftlid^ffeit tourben gleid^ anfangt neu beftätigt (Cod.
Theod. XVI, 2, 29; 2, 38), ba« tüertboße ^nftitut ber advocati ecciesiae gefd^affen
86 (Cod. Theod. XVI, 2, 38 f. b. 31. Sb I, ©. 198), bie befd^leunigte geridS^tlid^e @r=
lebigung tird^Iic^er 3lngelegen^eiten angeorbnet (II, 4, 7), ba« 3i[f^Ired^t ertüeitert (f. b. 31.
8b II, ©.170), bag forum ecciesiasticum tjerftärft (XVI, 2, 41). SßJeitere ßinjel^eiten
bei SiiOlemont unb 3lmeb.6ribe(Iucci, Storia delle relazioni fra lo stato e la Chiesa I,
©ologna 1886, ©. 347 ff. 33ereith)illiger afö biö^er tnurben bie ftaatlid^en Dienfte ber
loÄird^e jur Übertoinbung ber Äe^er jur Verfügung gefteüt. 3)iefe tüurben bon ben ^of-
ämtem au^efd^Ioffen (XVI, 5, 42), i^re SSerfammlungen berbotcn (I. 45) unb bie Se=
amten barin jur größten ©trenge angehalten. S^^^^^^nbere tourben 3Ranid^äer (1. 35.
38. 40) unb Donatiften (1. 38; XVI, 6, 4) burd^ ^arte 3Ka^regeIn getroffen. 3n ben
})elagianifd^en ©treit griff ba« sacrum rescriptum (418) in bemfelben ©inne ein.
46 3)ie 5Religion«j)olitif bem §eibentume gegenüber beilegte fid^ in gleid^er fiinie (SSictor
©df^ul^e, ©efdjiid^te beg Untergänge« be« griec^.=:röm. §eibentum«, I, 3ena 1887, ©. 334 ff.).
3h)ar tüurbe bem d^riftlic^en ganatiömu« getoel^rt, ber feinen §a^ gegen 'ben (Sötters
glauben auf bie religiöfen Äunfttüerfe be« ^eibentum« (XVI, 10, 15; 18) ober auf ge=
totffe attl^ergebrac^tc 3Solf«feftlid^feiten übertrug (XVI, 16, 17), aber im allgemeinen h)ar,
60 befonber« feit ber 2^ötung be« jurüdf^altenben ©tilid^o, bie §altung eine entfd^iebenere ate
unter I^eobofiu«. 3)ic %^mpd öerlorcn i^re (Sinfünfte ; bie noc^ öorhanbenen ©ötter«
bilber h)urbcn befeitigt (XVI, 10, 19), bie 25orrec^te einzelner ^rieftertümer auf bürgere
lid^cm ®ebiete aufgehoben. $Den 3lbfd^Iu^ bilbete eine ööHige ^folierung bejh). ©ntrec^s
tung ber alten Steligion unb jh>ar mit bem ßrfolgc, bafe biefe fettbem ben Staat emftlid^
66 nic^t mc^r befd^äftigt unb and) für bie Äird^e nur nod; geringe Sebeutung behält. 9Kit
biefer Slbfcl^r Don bem ^eibentum ^ängt bie aümä^tid^e 3lu«fd^eibung ber blutigen (äla^
biatorenfj)ielc jufammen, bie unter §onoriu« il^ren 3lnfang nimmt (Sict. ©c^ul^e I,
361 ff.).
3n einem ®rabc toie nie juDor geriet unter bicfem Saifer bie ©taat«regierung unter
60 firc^li^en (ünflufe. 2)ic ©tärfung ber Äird^e ift i^r offenbar ate ein TOittel erfc^ienen
^onortttd, ftatfer ^outrr 333
bte toolttifd^c 3Rai)t be^ hjanfenbcn Sleidj^c^ ju fcfttgen. §cri?orragenbe ^^icrfönlic^fettcn ber
Äirc^c, tüic älmbrofiu^, beflen Db^ut SJ^eobofiuö feinen ©ol^n au^btüdEKd^ emjjfol^len
^atte (^aulin., Vita Ambrosii 32), ^nnocenj I., ber ju öonortu^ enge SejteJ^ungen
unterstell, unb ein 3lu0uftinu§ toaren geeignet unb bereit, biefen Oebanlen and) i^rerfeit«
erf olgreid^ m Vertreten unb ^u ijertoirflic^en. Sro^bem ift ba^ Äaifertum nod^ ireit baöon ent« 5
f emt, bie Äonfequenjcn ber auguftinifd^en SJorftellung öon ber civitas Dei an fic^ burd^-
führen ju laffen. 2)ag ftaatlic^e Dberauffie^tgtcc^t über bte Äird^e, toelc^e« in Stnle^nung
an baö römifc^e 3in))erium bie Äonftantiner an fid^ genommen j^atten, hjirb mit feinen un=
beftimmten ©renken aufredet erhalten, tüie ftd^ in bcn bonatiftifd^en unb Jjelagianifd^en
Jtämjjfen unb befonber^ ^arafteriftifd^f in bem römifd^n Sd^i^ma nad^ bem lobe be« ^o^x^ 10
mug (gnbe 418 (Sangen, ©efc^ic^te ber römifd^en Äird^e, I, Sonn 1881, ©. 764ff., unb
a. Sonifatiu« I, 35b III, ©. 287) beobachten läfet.
3n bie inneren 33er(^ältniffe be« geiftlic^en ©tanbe^ griff bie Slegierung burc^ eine
fc^arfe l^erorbnung gegen bie extraneae mulieres ein (Cod. Theod. XVI, 2, 44); aud^
bie^Iud^t in benflierud, um ber 3Seri)flid^tung jum 3Kilitärbienfte ftc^ ju entjie^en, tourbe 16
bur^ eine energifd^e ^Kaferegel abgefc^nitten (VII, 20, 12).
SDte fittlic^e Sebenöfü^nrng be« Kaifer« tüirb au«brücttid^ gerühmt (Drof. VII, 37;
ebenfo ©ojom. a. a. D.); \üa^ DIt|mt)ioborug (Excerpta ©. 467 ed. Bonn.) über ein
unjiemlic^e^ SSerl^ältni^ ju ®aDa 5ßlacibia tüiffen h)ifl, barf afö Älatfc^ angefe^en Serben.
SBenn gegen 6nbe feiner SRegierung ruhigere unb fidlere äwftönbe eintraten, fo l^aben d^rift« ao
fic^e ©d^riflfteHer barin eine göttIid^e99elo{)nung feiner grömmigfeit erfannt (Drof. VII, 42 ;
©ojom. IX, 16), aber anbererfeit« l^at e« au^ nic^t an fc^arfer SSerurteilung feinet un*
männlid^en, unrtiJ^mlic^en ^Regiment« gefehlt (ßebren. I, ©. 589 ed. Bonn.; 3^"^-
XIII, 21).
3n bem Don il^m gur Slefibenj erhobenen feften Slabenna ftarb ^onoriu^ im Slugufi 25
423 an ber SBJafferfud^t, ber f^njäc^lid^e ©o^n unb 5Rad^foIger eine^ großen Äatfer^, an
ben bei il^m laum me^r ate bie (Sefic^t^jüge erinnerten, ©eine Slu^eftätte fanb er nac^
^er in bem bon ®alla ^lacibia errichteten faiferlid^en SMaufoIeum (S5ict. ©d^ul^e, 3lrc^a
logie ber altc^riftlic^en Äunft, SKünc^en 1895, ©. 167. 207), tüenn aud^ ber l^eute i^
jugetoicfene ©artopl^ag fc^hjerlid^ iJ^m angeJ^ört. 2)a^ ©c^itffal be^ SBBeftreid^e« fam ju*9o
näd()ft in bie §anb ber entfc^Ioffenem unb ftärfern ©c^toefter atö ber SSormünbcrin il^re«
©o^nei^, be« Äaifer« SJalentinian III. »ictor @d>«r*e.
^onter, ^o^ann, geft. 1549. — Sitteratur: Spftrllc^c fRocftrit^ten über^on*
leru^ in ber ©^ronif üon CftermcJjer (Äcmcm). 5)cutf(6c Sunbgruben, I, Äloufcnburg 1839),
im Album Oltardinum (2:rauf(!^enfelii, 3)cutf(l)e gimbörubcn, Jlronflobt 1860). im Chroni- 86
con Fu( hsio-Lupino-Oltardinum, herausgegeben oon ^roufd), Äronftabt 1857, in 3HileS'
fiebenbürg. Sürgcngel, $)ermQnnftQbt 1670. ©inigeö über iljn — um fe^r SJcveinjelteg nicl^t
ju eripäftnen — in ?l. Cltarb, Initia et progressiis reformationis eccles. Baxon. Cibinii
1650; 9K. ®. §aner, Historia ecclesiarum TraDssilvanicamm, Francofurti etLipsiae 1694;
©c^mcijcl, Epistola Martini Lutheri ad Johannem Hontenim, 3enQ 1712. ^er erfte 9Ser* 40
fu(^ üon ^onteruö' 53iograpt)ie mit einer Eingabe feiner (Bdjrificn in ©ciüertS ^'^adiric^tcn
üon 6iebcnbürrtifcben öJclctirten, ^^ßrefeburg 1785 ; mit einigen 3"fö6en in Xroufd), ©cbriftftcÖer*
Scjifon ber ©iebcnbürger 3)eutfcben, 93b 11, Äronftabt 1870; baju bc&felben: ^eilrÄgc unb
«ttcnftücfc jur Siefürmationdöefdjicbtc üon Äronftabt, S^ronftobt 1865. ^Seiter: 3üfep^ 3)ücf,
QJefcftIcbtc bed itvonftäbter (^l)mnQfium§, Äronftabt 1845. ee^r wertvolle ©eiträge ju $on« 45
teruÄ* Öeben ent()QUen bie uon ber ungorifdien ^Ifabemie l)erauögeg. gefammeltcn 5Ber(e üon
93erQntiu§, MomiraentaHungariaohistorica, II. ?lbt., Scriptores, iöb 19u. H2, ber 2Ber!e beS
SSerontiuS, SBb 6 (SBviefiuecbiel) unb 12 (ßrgänjungen) megen ber bort entgoltenen SBvicfe
an, üon unb über ^onteru^, bie jum ^cil audj in Katona, Historia critica regum Hun-
gariae fteften; einen 93rief be§ ^ontevuS oon {einer ^elmreife (1533) ^at gobriciuS im ^Ircftit) 60
bc« SSereinö für fiebenbiirgifd)e fianbeSfunbe, SBb 11, mitgeteilt, womit begfelben: SReügion«*
Qcfpräc^ ju ©cböBbuvg u.' f. id., jn ocrgleic^cn, S^crein#ard)iD S3b 10. gabriciuä: |)onterlJ
Sorte üon Siebenbürgen quo bem Qa^rc 1532 in bcn Ertckez^k (Mitteilungen) ber uti«
garift^en ^Ifabemie ber ®iffenfd)aften 1878, VII, 7 (Ungarifcb). ^gl ftorrefponbenjblatt
bc^3Jcrein§ für ficbcnbürgifd^e Sanbe^funbe 1878 9?r. 7. (Ed)Iic6li(^ gef)örcn ^ier^cr: ®. 3). 56
Xenlf4, Urfunbenbucf) ber eoangelifcb üonbeöürc^e 91. ©. in Siebenbürgen, 2 ©be, 4)er*
mannftabt 1862 unb 1883; bcrfelbe: (äJefd^lcbte ber ©iebenbürger @ad^fcn, fieipjig 1874;
3. 9(uf(. ^evmannftobt 1899; bcrfelbe, ^ie $Wcformation im fiebcnb. ©ocöfenlanb, |)ermann»
ftobt 1886; berfelbe, lieber .iponteruS' unb äronftabt ju feiner 3eit, ^crelnSorc^iü, S3b 13,
©ermannftabt 1876; berfelbe, (Sin ©dir ei ben Don $onteruö angeblich an ®eb. ^Hünfter, Äorrc» eo
fponbenjblatt be« 3Serein« für fiebenb. Jlanbe^funbe 1883 6. 61 ; gr. Jeutfcti, ^rei f«(6f.
(iJeograp^en bcd 16. Sa^r^., SSereinSorc^io 15, 586. Slu^ ^tnlaft unb in SSorbereitung ber
334 ^otttrr
Sfeicr bcS oiciöunbertjfi^r. öJeburtölog« er(d)ienen : 3«>^- tiontcruö üon I^eobalb ®oIf. Äron»
ftabt 1894; 3o6 ©ontcr, Der ^Reformator Siebenbürgen« unb be3 fät^f. SSoIfe«, uon 3o*
^anne« ^ö^Smann, 3Bicn, ©. ®räfer 1896; Dr. 0. 9?ctoIlcjfa, 3o^, $)ontcru«. (Sin ©eben!*
bü(6Iein jur gfeier feiner ®cburt, Äronflabt 1898; berfelbc, 3oft. ^onterug auSgewfil^Ite
6 ©dirlftcn, 3Bicn, (£. ®röfer 1898; Dr. @. ©untrer ('JKüncftcn): 3o^. ^onter. ber ©eogrop^
Siebenbürgen«, "äJlitteilungen ber !. f. geogr. OcfeUfc^aft 10 unb 11, S. 43.
Solenn §ontcr ober $onteru«, 3leubeörünber ber ©d^ule, borjüglicfcfter görbercr ber
SReformation im 6acl^fenlanb in ©iebenbürgen, bem er jugleic^ bie erfte 9ü^erj)reffe Qt-
bxad^t, ift 1498 in Äronftabt geboren. 3lu« feiner 3u9«nbjeit unb über ben erften Sil-
10 bung^gang be« f))äter fo bebeutenben ÜRanne^ f^at ft^ feine ftd^ere Jlunbc erhalten ; fe(bft
um feinen gamiüennamen, ber urf))rünglicl5> ©'^ä^ getüefen fein foH, f))ielt bie bic^tenbe
©age. 2lu^ h)a« über feine Unit>erfttät«ftubien lange 3^^^ ^inburd^ mitgeteilt toorben,
namentlidif ba| er in SBittenberg Sut^er« Schüler getDefen, ba| er in S3afe( Sleud^Iin ge^
l^ört, finbet in leiner guberläffigen Duette audjf nur bie geringfte Seftötigung, ober ift,
15 tvte ba« (entere, gerabeju unmögKc^. 3la(i) bem @tanb ber gegenwärtigen ^orfd^ung ift
l[>ielme^r glaubiDürbig, ba^^onter, berSo^n eine« ehrenhaften unb tvol^ll^abenben bürgere
(ic^en ^aufe« in 5lronftabt, 17 ^afyct alt, 1515 bie Unit>erfttät«ftubien an ber artifttfd^en
iJcmiltät in SBien begonnen, beffen ^odS^fd^ule, eine §au})tiftätte ber neu erftanbenen ^us
maniftifc^en S9i(bung, bamal« ungemein ga^Ireid^ l[>on ©iebenbürger Sad^fen befuc^t n>ar.
20 ^m Solare 1530 eirfc^eint er in Ärolau, — artium magister Viennensis — SSor=
lefungen befud^enb unb in contubernio Ungarorum lateinifd^e ©rammatit lel^renb. —
3u biefem Se^uf f^at er \oof)l fein 8ud^ gefd^rieben: De grammatica libri duo, ex
opümis auctoribus ita collati, ut compendiosa brevitas et accurata distinctio
reddat omnia facilia. 6« ift toa^rfc^cinüd^ fc^on 1530, f))äteften« 1531 erfd^ienen,
36 ba im 3Kai 1532 üJlatt^ia« ©dbarfenberger in Äralau bereit« eine gleite permel^rte 2Iuf=
läge brudtte. ^n biefelbe 3^^^ T^t fein 2BerI: Rudimentorum cosmographiae libri
duo. Cracoviae Mathias Scharfenbergius excudebat, MDXXX. @« ift feinen
„teuem ©iebenbürgem" getoibmet unb enthält in ber furzen SSorrebe toertDotte 3Kittei=
langen au« feinem Seben. „Sflad^bem ttjir fem \)om SJaterlanb", fd^reibt er barin, „auf
80 öielen S'^^^'^^^en l^in unb ^er getoorfen, bie ^flidjft, »Deiche tüir ben ^reunben fc^ulben,
nicl^t unferem 2Bunf(^ gemäfe erfütten fonnten, ei^c^ien e« un« ein tüürbig äBerf, \otnn
toir bod^ einmal tüenigften« in unfern ©c^riften bie toieber fud^^en, ju loetc^en h)ir toäb*
renb fo fc^tüer hjütenber ^tü\tttad)t ju fommen nid^t Dermoc^ten — nic^t fo fe^r, um
bie ÜRü^fal ber grembe baburc^ ju Dergeffen, al« um auf biefe SBetfe unfern guten
86 aSiUen gegen ßud^ ju betoeifen." ©eit $onter« 3Beggang öon ©iebenbürgen ^atte näm=^
Ivä^ ba« dte jfönigretc^ Ungarn burc^ bie ©(^lad^t )oon uRo^atfc^ (1526) fein @nbe ge«
hjnben; ber Äamjjf jlüifcj^en bem red^tmäftigen Äönig SJerbinanb \)on Öfterreid^ unb bem
^ätenbenten S^^ann ^^^^"9^ brannte in«befonbere ^e^g in ©iebenbürgen; gerabe im
©ej)tember 1530 mu|te Äronftabt nad^ langem Söiberftanb bie ©(^tüffel feiner X^ore an
40 Slet^emetbeg unb SBlab, ben SBoiiDoben ber SBalacj^ei, bie „Jtönig ^^^^^n^'' h^ ^^^\^ 0^-
fommen toaren, übergeben.
311« 1532 bie jtoeite aufläge öon $onter« ©rammatif in Ärafau erfd^fien, befanb er
fid^ nad} ber SSorrebe nid^t mel^r bort. Sitte« beutet barauf ^in, bafe er fd^on 1530
in bie ©d^tDeig unb tvo^l nad^ Safel gegangen, ^enn ^ier erfd^eint 1532 feine Starte
46bon ©iebenbürgen, bie „bem an 6^ren reichen Slat öon ^ermannftabt" gelüibmet ift,
jtoei 3^^^^ f)^ter (1534) ebenbafelbft bei §enricu« ^etru« eine neue aufläge feiner Ru-
dimentorum cosmographiae libri duo; in ben Dier auflagen, bie 1546, 1548 unb
1549 t)on Rudimentorum cosmographicorum Joannis Honteri, Coronensis, libri
tres in 3^^^ ^^^ ^rofc^auer erfc^ienen fmb, geigt bie erfte ber beigegebenen Jlarten bie
6o3a^<^( 1530, h)obei jebod^ hinzugefügt h)erben mu^, bag gerabe biefe nid^t t)on Kon-
ter« $anb gefc^nitten pi fein fd^^eint. $ie Jtarte t>on ©iebenbürgen \>on 1532 bat auf
bie Jtartogra))^ie bt« in« 18. 3<^^^unbert (Sinflu^ geübt.
3m ©ommer 1533 fe^rte „ Wagifter go^anne« §onteru«" auf ben 9luf feiner 33ater-
ftabt „au« 2)eutfd^lanb Don Safcl" nad^ Äronftabt gurücf, jum neuen ^al^xc 1534, ebenfo
66 m feiner SSermä^lung am ©onntag naö) ^ol}anm 1585 mit S^rcngaben öon ber Surjen«
Icinber ©augemeinbe begrübt. 6r hjar in ber %f)at „ein ÜRann öon einziger (Setel^rfam^
feit unb Jrömmigfeit, t>on großem 5Kut, ein vielgenannter 3)id^ter, Siebner, ?P^ilofoj)^
unb 3Rat]^ematifer feiner ^t\t, fel^r erfaj^ren in ber 3eid^enf unft, namentlid^ aud^ ber $olg-
fd^neibefunft aWeifter". ©eine Slüdffel^r faßt in bie Slnfänge jener attmä^lic^en Umtoanblung
60 ber ©elfter feine« SSolfe«, bie balb jum motten freubigen (Eintritt in bie ^irc^enüerbefferung
{Konter 335
führte, ©(^riften Sut^cr^ Ratten feit ettoa 1519 auf bcm SBefl ber ^anbeldberbinbungen
Sugang ju bemfelben unb l^tcr einen überaus t)0rbereiteten SBoben gefunben. Sieben ber
nationalen 38a^bertt)anbtfc^aft unb i^ren treibenben $rinji)9ien, bie im beutfd^en ®emttt
unb ®elt)ifien lagen, neben ben attgemein loirlfamen Urfad^en, bie für jene grofee Setoegung
überaD t^ätig toarcn, traten l^ier mand^e befonbere, in ben eigentümlichen äJer^ältniflen be« s
fäd^fifd^en SSolfeS gegrünbete förbemb auf. ^aju gehört indbefonbere bie freie bürgerlid^e
SBerfaffung, toeld^ bie fäd^ftld^e Station unmittelbar unter bie 5trone fteUte, il^r bie freie
SBa^I i^rer Seamten getoä^rte, bie gefamte SSerloaltung ben $änben biefer überliefe, unb
bem SSolf, bad in feiner „Uniberfitöt" eine eigene Vertretung befafe, ein au^ebe^nteS
©efe^aebungdred^t toa^rte. S)a}u !am eine rege ©etoerbd^ unb i^anbetöt^ätigleit, ioelc^ lo
aSo^lftanb erzeugte unb bie Silbung me^e unb jenen ®eift ber ©elbftftänbigfeit unb
^ei^eit förberte, ber audjf in ürd^lid^en Singen bie eigene Überzeugung unb bad alte
vl^t toal^rte. @o ^atte ^ier bie t>on 9lom cm^egangene neue 2)otein, bie alle ÜRad^ft
bem 5ßa^ft unb ben Sifc^öfen in bie .ßänbe gab, nie baS alte Siecht ber ©emeinbe ganj
öerbrongen fönnen ; \)on je^er toar bie freie ^PfarrerSloal^l ein Jeil i^rer JJrei^eit, burc^ bie i6
bad geiftlid^e 9lmt i^r nö^er gerüdFt unb in lebenbigem ^^f^^^^^^^d ^i^ ^^^ ^^^
erl^alten toarb. Slud^ auf bie Siertoaltung beS Jlirc^enbermögenS l^atte bie ©emeinbe bon
je^er toeitreic^enbeneinflufe; baju loar ben fü^renben loeltlicpen Älaffen berfelben nament*
lic^ burc^ ben Sefud^ ber 2Biener §od^f(^ule jene neu aufftrebenbe Silbung nal^e getreten,
h)el(^e an ber tvac^fcnben fienntnid bed alten griej^ifd^en unb römifd^en 2&mi bie ®eifter 20
l^ob unb ben ©egenfaft gegen 9iom« fie^re Derfc^örfte. Söenn biefer nid^t fetten t)erftärlt
tourbe burc^ bie Unjufriebenl^eit, toeld^e bie geiftlic^e ©eri^tSbarleit in i^ren toeitge^enben
S[nf>)rüd^en in jenen Äreifcn erregte, ober burd^ öielfad^e« Ärgernis, bad ein Jeil beö
iUerud burd^ böfe Unh)iffen^eit ober burd^ anftöfeigen SebenStvanbel gab, fo fül^lten am
bererfeitS bie befferen bed geiftlic^en ©tanbeS felbft, meift in ber £uft ber 333iener i^od^* 26
fc^ule ju3Kännem ertoac^fen unb oft mit bem Soltortitel gefc^müdtt, ben fc^toeren äBiber*
f})rudSf ber Äirc^enlel^re gegen baö SBort ber ©^rift, unb t^ ift eine bebeutfame (SrfdS^einung,
bafe t)on allem 9lnfang an föd^ftfd^e ©eiftlid^e, beren alteS Sted^t übrigen^ gerabe )u
biefer ^eit \)on ben Sifd^öfen öielfaq bebrängt ttjurbe, eifrige Stni^änger unb Verbreiter
ber Steformation h)aren. so
©0 i^attt Sut^er« Sebre feit bem Anfang beS 3. Sal^rje^nt« in §ermannftabt SBurjel
gefc^lagen unb bort am HönigSrid^ter ÜRarfuS ^em^flinger einen mächtigen ©önner ge<
funben. Sie Verbote unb Sro^ungen be« ©raner ©rjbif^of«, ja beS Äönig« 2ublt)ig« II.
frud^teten nid^t^, ebenfotoenig baS @ifem bed ^ermannftäbter Ka))iteld; felbft oer SKeftor
ber ©d^ule lourbe balb ber neuen Sebre berbäc^tig. 6« loar ba« SBel^ il^re« ©eifie«, ss
bafe bie fäd^ftfd^e SJalionSuniöerfttät 1525 Vergabungen r)on ©runb unb Voben auf ben
XobeSfaU an Aird^en unb ^löfter toefentlid^ befid^ränfte, unb aU naö) SubtoigS %oi ber
langjäi^rige Vürgcrfrieg entbrannte unb 1529 §ermannftabt bon ^copoh^a^ §eer mit Ve»
lagerung bebro^t tourbe, ba DertoieS ber 9lat, junäd^ft aßerbingS um j)olitif(^er Urfac^en
toiUen, bie SJtönc^e gerabegu auS ber ©tabt. 40
auf bemfelben 2Beg unb gleid^jeitig toar Sut^erS Se^re a\x^ nai) 5tronftabt ge^
lommen. ©c^on 1524 l^attt ber ©rjbifc^of t>on ©ran auc^ l^ier befol^len, jeben©onntag
in atten Äirc^en bei ©träfe be« Vanne« \>ox ber Äe^erei ju hjamen unb ber 5l5nig bem
Slat geboten, bie berfü^rerifc^en Vüd^er aufjufud^en, ju jerreifeen, gu Verbrennen. Sod{^
tritt bie Vetoegung ^ier nid^t fo an bie Oberfläche loie in ^ermannftabt ; in ben ungemein 45
ja^lreid^en unb einge^enben ^^wß^^^ff^" j^^^ 3^^« öu« bcm ^nnerleben Äronftabtö finben
toir aufeer jenem 3)ia^nfd^reiben bcö erjbifAöflid^en ©tul^le« nichts Don einer reformato*
rifd^en ©trömung, toietool^l bie treibenben Äräfte, bie in §ermannftabt toirtten, un^loeifet
l^aft aud^ \)m t^ätig toaren.
SluSbrudf unb Seben fdbaffenbe ©eftaltung ^at i^nen erft ^onteru« gegeben. SaS so
erfte Sa^rjei^nt nad^ feiner Slücfle^r in bie §eimat brad^te biefer troft beS faft ununter»
brod^enen Äriege^ unb Äriegdgefd^reieS bie Dolle JJruc^t feine« arbeitfamen hjiffenfd^ft«
lid^en ©tiHleben«. 3Kit einem loertDoBen Vüd^erfd^a^ ^atte §onteru« bie Vud^brudfers
pxt^t unb Arbeiter für biefelbe an^ Seutfc^lanb mitgebracht ; o^ne öffentlidf^e amtlid^e
©teßung tourbe er mit biefen 3Ritteln ©d^ö})fer eine« neuen geben«, ^m $au« ber Der- 66
toittoeten ÜJlutter in ber ©d^toarjgaffe erftanb, h)ie bie münblic^e Überlief erung aufbeloal^rt
^at, unter feiner Seitung eine neue SBertftätte ber Äultur, beren frö^lid^e« Sid^t balb in
alle ©aue ber ©a^fen bringen foHte. gür ba« Verftänbni« ber alten SBeltiüeifen unb
Siebter, bie, faum feit einem ^ö^t^unbert bem ©taub berÄlöftcr entftiegen, ben fäc^ftfc^
Süngling biel^er an ber §oc^f^ule in Sffiien begeiftert l^atten, fc^uf er nun l^ier eine blei* eo
336 Monier
bcnbc §eimat, unb m bcn neugcfunbciten ©d^ö^en bcr Sd^önl^cit unb SBctöl^eit hH
Slltertum^ gefeilte er oen ®eift be^ befreiten (gbongelium^. i)k beiben SHc^tungen be^
mobemen ©eifte^, toeld^e bie heutige ßibilifotion öefdjfoffen l^aben, bic SBiebergeburt ber
floffifd^en Sitterotur unb bc^ ebon0elifd^en ß^riftentumö, fmb bcm fiebenbürgifdjf-fäc^fifc^en
6 SSoIf in biefem einen 3Ronn bereinigt unb berför^jert.
^n ber Bpx^t bon §onteru^' fd^riftfteHertfc^er unb Sud^brucfert^ätigfeit in feiner
3Saterftabt fte^t bie (oteinif^^e ®rommatiI, bie 1535 erfc^ien, unb ber 1539 eine gried^ifc^e
©rammotif (bon 3JaI. SBagner) folgte. 3)iefen fdjfloffen fid^ unter anbem in bemfclben
^al}x an bie ©Jjrüdj^e be^ ^ubliu^ S^ru^, bie Sjjrüc^e ber fieben gried^ifdjfcn 2Beifen, bie
10 latonifd^en disticha moralia, ein Se^rbud^ ber 3!)ialeftil toefentlic^ nad^ älriftotele^, ber
SR^etorif nad^ ßicero unb Duinctilian, ein bem Äönig goi^ann gcmibmeter äluöjug au^
ben Baubeiten — bie fädS>fifd()e Uniberfität fanbte il^m bafür eine ß^rengabebon 100®ulben— ,
eine 3luöh)a^l bon ©teilen auö Sluguftinuö unb ebenbcöfelben ^Jerjeidj^ni^ ber Meiereien,
^ier^u fomen 1539©eneca^33uc^ de quatuor virtutibus unb ba« de moribus, bann
15 1540 be^ griec^ifdjfen 3R'6nd)^ 9lilu^ aSorfdjfriften ju einem djfriftlidjfen Seben (griec^if c^) ;
^onteruö l^atte bie le^tere ©c^rift in einer Sibliotl^ef ber SBaDad^ei gefunben unb ^uerft
herausgegeben, 1541 eine ^uStoa^l auS beS SroSmuS bon Slotterbam griedjfifdjfen unb
loteinifc^en Denffjjrüdj^en (epitome adagionim) mit ®rllärungen, bonn einzelnes auS
?ßlatoS SBerfen unb 3lriftoteIe« über bie 9Belt, 1542 bie fo toertboDe neue umgear=
20 beitete äluSgabe ber ,,@runbjüge ber iBeltbefc^reibung" (rudlmenta cosmographica,
libri IV) in (lateinifc^en) ^ejametem mit 16 (für jene ^zxt überrafc^cnt) trefflichen)
harten, bie §onteruö mit eigener §onb in §olj gefdj^nitten. 3Kit ©eb. SKünfter fdj^eint
er in brieflid^em 33erfe^r gemefen ju fein.
3n biefer gefamten reichen 2:^ätigfeit ^onteruS' tritt nirgenb« ein offener Singriff
25 gegen baS römifc^e Äirc^entoefen ^erbor ; anq in ben anbertoeiten 3^wgniffen an^ jener
3eit ift nichts berartigeS entl^alten. 2ebte er boc^ felbft mit bem äBeifeenburger ?}ropft,
bem fipöteren ©r^bifc^of bon®ran, aSerantiuS, in freunbfd^aftlic^em JJerfe^r, einem 3JJanne,
ber aÜerbingS in ben ©riefen an feine f äd^ftf c|en ^eunbe bon bem ßbangelium unb feiner
SBal^rl^eit, bon bem SefenntniS beS ebangelifd^en SBortS in einer SBScife fpric^t, bie an
30 jener ©teile bamate übenafd;en mu^. "^n ber 2:^at ftanb bie ganje toiffenfc^aftlic^c
3lrbeit ^onteruS' im ftiüen 3)ienft beS SRcformation^ebanfenS, unb baS ift eben nad^ jenen
SSriefen anö) SJerantiuS nic^t berborgen geblieben ; baS ^iüi^tl)m auf Sluguftinud beutet
namentlich jtoeifelloö barauf ^in. Söenn er im „93erjeid^niö ber Äe^ereien" (haereseon cata-
logus) beS le^teren, baSer 1539 bem in biefem Sö^i^ einmal in Äronftabt anmefenben günf^
35 lird^ner ©ifc^of ^o^anneS ßffefi toibmet, gegen ,,fo bieler ^äu^ter unge^euerlid^e Älugl^eit
be« gleifd^ee" eifert, bie „a\x^ (g^rfurd^t unb §abfuc^t il^re Sraft fc^öt)fenb, ®ottc« ffiort
berfäumenb, fo biele jählings mit fic^ inS 33erberben jie^t" ; toenn er immer toieber auf
„fein SBort" jurücRommt, „in beffen ©c^u| n)ir fic^er genug finb bor ber SSerfc^toörung
ber ®ottIofen" unb bor allem „ben ®lauben", bie „fides" betont : fo fann fein 3*^^f^
40 fein, in h)eld[>em Sager §onteruS unb feine Slrbeit ftel(;t; eS ift, als ob er unter ben
88 Äefeerarten, bie er mit SluguftinuS bort aufgä^lt unt) berurteilt, ben ^elagianem,
3Ranic9äem u. f. to., gum teil Slom im atuge l^abe. 3lod) entfd^iebener tritt baS ^crbor
in ber SJonebe gu bem gleichfalls 1539 crfd^ienenen Süd^Iein: Sententiae ex omnibus
operibus divi Augustini excerptae, burc^ bie er biefeS ber Äönigin ^f^^dla tuibmet.
4&@r beröffentlic^t biefe ©teDen beS großen Äird()enIel^rerS unter ben 3lufpijien ber 5"^^"^
„toeil eS nottoenbig toar, einen bur^ boS Slltertum unb feine ^eiligfeit c^rmürbigen
geugcn borjufül(;ren, auf bafe niemanb, toieh}ol(;l bie grcunbe bcr äöal^rl^eit fid^ an bem
3«igniS ber ©bangelien genügen laffen, bie bon Gl^riftuS unS jurüdfgelaffene ^eilsle^rc
unter bem 9lamen einer 3Jeuerung in feiner Unllug^eit berurteile. 3)urd^ baS betoä^rte
60 3^0"^^ i^"^ SDlanneS aber l^offte ic^ mel(;rere jur ©infid^t ya bringen, toie ungeredjft einige
fw^ 3Rü^e geben, burc^ irgenb njol^er genommene ©etoo^n^eiten Slnfe^cn unb ®eltung
beS göttlid^en SBorteS gu jerftören, inbem [xc in guter Slbfic^t (mie fie fagen) baSjenige
burdi^fü^en, hjaS ®ott nirgenbS befolgten l^at unb unter bem SSortoanb baS Ärgernis
einer lünftlic^ gemachten ©r^ebung ju bereuten eine anbere ®otteSel^rung lehren, als er
56 felbft getooHt ^aV\ „Unb l^icrbei", fä^rt ^onteruS fort, „fann id^ nic^t genug ftauncn
über bie unfolgcrid^tigen ®eifter jener, hjelc^e bie SDiajeftät beS göttlid^en aSillenS über
bie ^af^m berfleinern, inbem fie nic^t nur be^aiH)ten, ®pttcS ®ebot fei gu unferem §eil
nidi^t notmenbig, fonbem inbem fte i^m fogar toie cttoaS Überflüffigem unb unS gleic^fam
nur iium ©c^^g ®egebenem öinbemiffe in ben SBeg legen, mä^renb fte bagegen mit clttem
00 Sifer bafür einfielen, bie erfunbenen ©a^ungen bcr 3Kenfc^en feien mit >)einlicl)ftcr @e=
^oitter 337
nauigleit ju l^alten, bic boc^ nur ouö Unicnntnte bc^ befjcren (Sel^orfom^ in Übung gc-
lontmen, toebcr ben, bcr fic l^öU, bor ®ott emj)fel(;len, nod^ ben, ber jie nic^t ^cUt, bor
i^m berbammcn". „Sludjf ift nid^t ß^riftu^ be^l(;alb in bic SBcIt gclommen unb l}at un«
aUe^ bcrfünbigt, toaö er gehört l^ot bom SSatcr, ba^ nad) i^m ein anberer SQäeiferer eine bon
ber feinen berfc^iebene ärt be^ SebenS ben 5Dlenfc^en borfd^reibe." 5
3Wan fielet, bie unbereinbaren (Segenfä^e ftnb lebenbig getoorben, ber ernfte Ramp^
ber ©eifler l^at begonnen, bie Jroge nodjf ber SRüdttelSfr jum „ebongelium", bie auf ber
anberen ©eite ol^ Steuerung berbammt toirb, ift auc^ Ij^ier an bie ©etoiffen getreten, ja
fie l^at, toie toir bon SSerantiu^ ^ören, einmal fogar §onteru« bon feinem greunbe, bem
©tabtt)faner ^zttm. ^dzl, auf lurje ^Äi getrennt. 3)ocl^ finbet nirgenbö geräufc^boller 10
©treit, l(;eftiger ßwf^J^i'^^'ipo.fe ftatt, toenngleic^ fc^on 1541 Äronftabt für eine fo eban=
gelif(^e ©cmeinbe galt, bafe im Oftober ber §ermannftäbter ©tabtpf aner mit bem ©ol^ne
be^ SBürgermeifterS ^inüber^og, um über bie geier be« äbenbmal;te fid^ SRat^ ^u erholen,
gm^al^re 1542 lourbe enb(i4 ba^ befreienbe SBort offen geft)ro4en; ^onteru^ beröffent«
(idi^te „ben ©nttourf einer Äiri^enberbefferung für Kronftabt unb bag ganje Surjenlanb" 15
(Formula reformationis ecdesiae Coronensis ac Barcensis totius provinciae).
3)a^ Süd^Iein fanb bie ^c^t reif, bie Umtoanblung ber SSolföfeele fc^on boUjogen ; am
©onntag Slogate (14. SDlär^) be^felben ^af)x^ trat ber Äronftäbter ©tabtj)faner 3«^
mia^ ^dd in bie Qi}^, ber 9lat ber ©tabt, an feiner ©t)i^e ber treffliche SRic^ter unb
toarme greunb ber Sieformation, ^an^ %\i^^, brachte ij^m einen %^p\6f jur ®abe. ^m 20
Dftober fd^afften fte in SEronftabt „(Sott unb feinem ^eiligen 9lamen gu (S^ren" bie üReffc
ab unb teilten ba^ Slbenbma^l unter beiben ®eftalten au^. Jturg nac^ SlQer^eiligen traten
bie Slbgeorbneten bon ©tabt unb Sanb gufammen, um enbgiltig „über bie reine ^rebigt
be^ gbangclium^ unb bie Äirc^enberbefferung" ju entfc^eiben. ©ic befdjfloffen fie; Dienftag
nad) bem 3. Slbbentfonntag (19. S)ej.) begannen bie Ferren bom 9lat unb Äajjitel bie 25
Äir4>enbifitation, um ber Äirc^enbiener Se^re gu erlunben, bie nur gefc^öjjft toerben bürfe
au^ ®otte^ aSort, unb bie Untoürbigen au^ bem 2lmt ju entfernen. 3enen Snttourf
gab §onteru^ 1543 ate „Äirc^enorbnung für Kronftabt unb ba^ ganje Surgenlanb" neu
^erau^ ; ü)leland5>t^on ^ielt ba^ 3Berf für fo bebeutenb, ba^ er e^ in bemfelben ^al^re mit
einer eigenen SSonebe in SBittenberg erfc^einen lie^ ; ate ber §ermannftäbter ©tabtpfarrer so
3Ratl^ia« Slamfer ba^felbe an 2ut^er fc^idfte, fd^rieb biefer i^m am 1. ©ej)tembcr 1543:
„3llle^, toag 2)u mic^ ftagft, finbeft 2)u in jenem Suc^ beffer, al« id^ e^ fd^reiben fann.
aSJie ]d}x gefällt e^ un^, ba« mit fo groger ©elel^rfamfeit, Sleinl^eit unb 2:reue berfagt
ift! Diefe^ Süd^lein lic^ unb ge^e gu 9tat mit ben Se^rem ber Kronftäbter ©emeinbe,
fie loerben 3)ir bie nü^lidjfften ^it^elfer fein jur SSefferung 2)ciner Jtirdi^e." ©djfon am 35
22. 2lt)ril 1544 lourbe §onterud, nad(>bem geremia^ ^efel freiwillig in bie $fane bon
2)artlau gegangen, ©tabt|)farrer bon Äronftabt.
§anb in §anb mit biefen Umgeftaltungen, bie Slbgeorbnetc bon Äronftabt mit ber
bon ^onteru^ äugcrft borfid^tig berfagten „Apologia reformationis" 1543 gegen bie
angriffe bc^ Sanbei^fdjfa^meifter^, beg aflgetooltigen „SBlönd)^" SKartinujgi unb be^ Dom^ 40
fa})iteld, borgelabcn bor bie Königin Sföb^ttOf glüdflidjf berteibigten, ging bie JJeubegrün«
bung ber ©^ule in Äronftabt. ®ine foldj^e ift ^ier feit bem 14. 3a^r^. bezeugt; il^re
SReftoren finb 9JJänncr afabemifdj^er Silbung, iljre©d^üler befuc^en jal^lreidjf bieUniberfitäten
bonSBienunbSrafau. 3^/ jebc Sanbgemeinbe imSurjenlanb toie im anbertoeiten ©ac^fen-
lanb befa^ fdjfon feit 3Jcenfc^enaltem bor ber Sieformation bie eigene ©c^ule ; boc^ tourbe 45
für bieget unmittelbar bor berfelben biefilagc über i^re Serna^läfftgung laut. „(Sleic^s
toie man in ben ©arten junge Säumc^en Jjflanjt", fagt ^onteruö in ber Äronftäbter
Äirc^enorbnung bon 1543, „auf bag man, too bie alten abgelten, anbere an i^re ©tatt
^abe, alfo l^aben unfere 3Säter bor allem bonnöten gefc^ö^t ben Unterricht ber 3w0C"*>f
bafe fte gu gemeinem 3Ju^ erlogen toerbe unb ber ©otte^bienft unb d^riftlic^ Drbnungen so
baburc^ mögen erl^alten toerben. 2)erol^alben l^at man überall ©c^ulen au^ gemeinen
Äoften aufgerid^t, bic aber in langen ungnäbigen Rzxtm unb burc^ bie SJadjfläffigfcit ber
^inbe bcr ^ömmigfcit bi^l^cr fester gang gefatten pb". Unmittelbar mit §onteru^ Slüdf«
felj^r fiel nun in Äronftabt bic ernfte Slrbcit für bie Hebung bcr ©djfulc jufammen ; bie
3lnna^me liegt na^e, bag bie „Berufung" be^ 3Jlannc^ in feine SSaterftabt biefe mit jum 66
3iele gel^abt ^abe. ©c^on im ^a\)x feiner Slüdtfe^r fauften fie in Dcutfdjflanb einen, toic
e^ fdjfcint, nic^t geringen Süd^fcrf^aft, für ben ber 9lat ber ©tabt au^ öffentliAen 3Ritteln
10 ©ulben „jur 3Kit^ilfc" antoie^. 3)a}u h)urbc bic ^a\)l ber befolbeten lÖel^rer ber»
mei^, unb — eine fc^r bebeutfame ©rfc^cinung — bafür geforgt, bag auper i^ncn au^
anbere geeignete SKänner in bie ärbcit ber ©^ule eintraten, toeldjfc Slcligion unb bieeo
ditaU^n(titlop&hit für Xf^tolo^it unb flirre. 3. a. Vlli. 22
338 ^otittr
freien Äün[te in ben flaffifc^en Qpxa^m Ul}xtcn. 3)ie bejeic^nenbe ©teile in ber Äron=
ftäbter Äirc^enorbnung bon 1543 lautet: ne itaque id malum (berSSerfoü ber ©c^ule)
apud nos latius serperet, quatenus fieri potuit, diligenter provisum est stu-
diosae juventuti, ut in civitate praeter caeteros a majoribus aut nunc pri-
6 mum ordinatos praeceptores, qui publicis stipendiis content! omne genus
disciplinanim gratis docent, serventur et alii lectores idonei, qui studia pie-
tatis et liberales artes in utraqua lingua continuo profiteantur. ^ie frül^ere
3Sermutunfl, bafe unter biefen „fieltoren" axid) §onteru« getoefen fei, iüirb burc^ folgenbe
äufjeic^nung in ber Äronftäbter ©c^affnerrec^nung Don 1541 jur ©etoifel^eit: Venerabili
10 Dom. magistro Job. Hontero, pro suis magnis ac diligentibus laboribus
circa juventutem hujus civitatis ad bonas litteras religionisque christianae
Cognitionen! erudiendam informandamque habitis dedimus in Signum grati-
tudinis nostrae erga suam dominationem [3. Ott] flor. 50. 911^ bie ^c^l ber
©d^üler junol^m, beren (Sifer jugleid^ mit ber 2^eilno]^me ber ©tabt am (Sebeil^en be^
15 Unterridjftö bereite 1541 gerühmt toirb, tourbe h)al(;rfci^einlic^ f^on 1542, toenn nic^t noc^
früher, ba« ßifterjienjer^au^ ju ©t. Äatl^arina, ba^ auf bem Jtirdjfl^of ber ^farrf irc^e ftanb,
neben bem bereit« beftelj^enben ©d^ulgebäubc ju einem Sel^rfal unb ju einer ©^ule für
Heinere umgetoanbelt. Unb „bamit fein Hilfsmittel gur ©r^altung ber Sleligion fe^le",
d^lofe fid^ baran bie ®nic^tung einer Sibliotl^ef, „nad^ unferer 3lrmut", toie ^onteruS
30 fagt, „mit guten ©c^riften aller 9lrt, mit tl(;eologifc^en, mebijinifd^en, juribifd^en unb
anberen ju l(;ö^erer Silbung bienlic^en too^l berfel^en". Den ©c^lufeftein biefer ^leugeftal*
tung bilbet bie ,,Äronftäbter ©c^ulorbnung" bon§onteru« („Constitutio scholaeCoro-
nensis") bie mit Sitligung beS State« 1543 berfa^t unb beröffentlid^t tourbe, eine 9leil^e
bon Seftimmungen ni(^t f o fe^r für bie innere Drganif ation ber ätnftalt al« für bie ®lie*
26 berung, ©elbftregierung unb gute 3"^* be« ©(^ülerleben«. auf (Srunb berfelben trat bie
neue Äronftäbter ©c^ule mit 29 ©c^ülem ber oberften Älaffe im Dezember 1544 in«
Seben; Valentin SQäagner, ein ©c^üler SBittenberg« unb borjüglic^er ©rieche, toar ber erfte
SReftor. 6ine eigene SDiäbc^enfc^ule felj^lte ni(^t.
Snjtoijdjfen toar bie 9leformation, ber in bem langen Kriege jtoifc^en ^binanb unb
ao ^(üpoü^a, fotüie in ben unftdj^eren 3^'^^*^/ ^'^ barauf folgten, feine übermächtige ©taat«-
getoalt ^inbemb in ben 9Beg treten fonnte, aucb in §ermannftabt ju bollem ©iege gc^
fommen, auc^ ^ier §anb in §anb mit ber Serbeflerung ber ©d^ule; bon 1543 an ift
il^re Durchführung geftc^ert. dbenfo toaren in ben anberen 2^eilen be« fäc^fifc^en Solfe«
bie beften Äräfte bafür ti}ät\Q, fo ba^ bie Uniberfttät im 9lobember 1544 befc^liefeen
86 fonnte, „ba^ bie ©täbte, bie nun faft alle ba« SQäort ®otte« angenommen l(;ätten, fic^
fortan gleidjfer firc^lic^er Sräuc^e bebienen foUten; bie aber öa« SKort ®ottc« noc^ nidjft
angenommen, tooHe man ermahnen, ba| fie einmütig mit ben anbem ®otte« ®nabe an-
riefen, auf bafe aud^ fie in gleicher SBeife e« annöl^men unb glaubten", ©o traten am
17. 3Kai 1545 bie Deckten unb SSbgeorbneten ber fädbftfd^en 9i(üßxid auf ber ©^nobe
40 in SKebiafdjf jufammen, erfannten ftc^ al« ®lieber einer Steligion unb eine« Äörj)er« an,
unb festen ba« SSer^ältni« feft, nac^ ioeld^em fte, früber jum leil unter bem ®raner, jum
2:eil unter bem ftebenbürgifd^en Sifc^of, fortan al« eine ®efamt^eit gu ben gemeinsamen
Saften beizutragen l^ätten. au« ben Semü^ungen ber Uniberfttät jur SSermeibung bon
©|)altungen unb jur Herbeiführung gleicher fird^lic^er Drbnungen, um „3^^^"^ ^^^ ^¥'
46 geizige Uneinigfeit ju bereuten", „um alle« auf ®runb ber ©c^rift in eine flare Orb^
nung ^u bringen", ift bie neue Umarbeitung bon §onteru«' „ilirdjfenorbnung" au« bem
^a^r 1543 entftanben, bie er al« „Reformatio ecclesiarum Saxonicarum in Trans-
silvania'' in lateinifc^er ©J)rad^e unb unter bem litel : Jtirdjfenorbnung aller 3)eutfd5>en
in ©iebenbürgen in beutfc^er Qpxa6)t 1547 l(;erau«gab, — ein 9Berf boD tiefften [tttlid^^
60 religiöfen ®eifte« mit bem offen au«geft)roc^enen ^kU, burc^ bie SKac^t be« geremigten
®lauben« auc^ ba« bürgerlid^e Seben iu reinigen, eine ebangelifc^e Umgeftaltung, eine
c^riftlid^e Sßerbefferung auc^ ber „toeltlicpen ©adj^en" ^u betoirfen.
3)ie fäc^fifc^e 9Jation«uniberfität aber, ber autonome Sanbtag be« Solfe«, ber in ber
borle^ten 3lt)rilh)oc^e 1550 in §ermannftabt jufammentrat, fefete feft: „3)a ®ott getoollt
66 l^t, bafe bie Dbrigfeit SBäc^ter ber erften unb jtoeiten 2^afel fei, e« ba^er notipenbig ift,
©orge, ^u tragen, bafe bie unberfölfc^te Se^re be« SBorte« ®otte« in ben Äird^en rein,
o^ne ärgemi« ber ®eh)iffen berbreitet unb erhalten toerbe, toobei großen 5Wufeen getoäl^rt
bie ßintrac^t ber Se^er über bie Se^re, bie ©aframente unb bie für bie Äirc^e nü^lic^en
unb nottoenbigcn ®ebräu4e: fo ift befc^loffen toorben, ba^ in ben einzelnen ©täbten,
eo SWärften unb 5)örfem bie Äird^en nac^ ber bor brei ^^l^ten l(;erau«gegebenen Äird^enorbnung
^onitt 339
bcrbejfert iüerbcn unb alle ^fanl^crrcn fi(^ noc^ biefer galten unb (eben follen." ^mt
ÄtrdS^cnorbnunö l^atte bamit bie ©anition eine« Don ber juftänbtflen todüii^m „Obrigtett"
gegebenen ©efefee« erl^alten.
gi^r ^nf^ali ift folc^en ©c^u^e« im ^öc^ften ®rabe toürbig. 3lad^ einer (ginleitung
toott getoaltigpen religiösen ®mfte«, toelc^e mit faft erjd^ütternber ilraft auf ba« gro^e 6
Serberbni« lintoeift, ba« ben 4riftli(^en ©lauben in ^i^^um berbunfelnb „bon müßigen
Wenfd^en toiber bie göttliche ©d^rift unb gute Vernunft" gemad^t toorben, barum um fo
eifriger „auf ben getoiffen ®runb ber l^eil. ©d^rift unb ba« flore Sid^t ber SQäal^r^eit"
bringt, bie toir „nic^t au^toenbig in ben Äonjilien, fonbem bol^eim in ben (Sbangeliett
^aben", fo^t ^onteru« bie neue Slufgabe ber neuen Seben^orbnung in 19 2^iteln ju^ lo
fammen: bon Jöerufung ber Äirc^enbiener, bon c^riftliAer 2el^r, bom Slmt ber Kirchen*
biener, bom ©aframent ber 2:aufe, bon bc« ^enen 9lbenbma^l, bom 9Ki^brauc^ ber
SBinlelmefe, bom Seridjften ber Äranlen (de communicatione infirmonim), bonÄroft
ber ßntbinbung (de virtute absolutionis), bom c^riftlic^en S5ann, bom SlufridSften ber
©c^ulen, bon Drbnung be« Slrmenlaften«, bom aSerforgen ber aßoifen, bon Sl^efac^en, i6
gemeine 3)li|braud^ gu reformieren (de quibusdam politicis abusibus reformandis),
bon jäl^rKc^er SSifttation, bon ber 2Retten ober grülj^amt, bom Ij^ol^en 9lmt, bon bem
'Sßtipttamt, bon ben ßeremonieen in 3)örfem. 5Reben ben bielen gleichzeitigen Äird^en«
orbnungen beö beutfd^en SRutterlanbe« l^öc^fter Seadjftung toert ift biefe reiffte 9lrbeit ber
Sinfid^t unb 6rfal(;nmg be« ,,6bangefiften be« $erm in Ungarn", loie Sut^er §onteru« 30
nannte, auc^ ^oc^bebeutfam burc^ bie Umftc^t unb ma^boQe 9ef onnenl(^eit, bie bort mitten
in ber großen Setoegung unb Umtoanblung jener läge i^re §errfc^aft bel^ält ; ba« !on=
ferbatibe ^ßrinjij) be« fä^^W«^«^ Solfögeifte« tritt barin mit too^ltl^uenber (gntfc^iebenl^eit
^erbor. 33ei bem abfoluten geftl^alten an bem großen ®runbfa|, bafe ade ile^re il^ren
@runb l^aben foQ in bem äSort ®otte«, toirb bei ber ^ufe gerabeju auf bie toitten« 25
bergifd^e Äird^enorbnung ^ingetoiefen, auf bie fw^ §onteru« in ber Reformatio ecclesiae
Coronensis bon 1543 überl^auj)t mel^rmal« berup.
S)er gorberung be« eigenen Sleformationöbüd^lein«, ba« fo entfc^ieben immer auf
Haren unb eifrigen Unterridjft be« 3Solfe« bringt, entfpra(| e«, bafe§onteru« 1545 Sutl^er«
Keinen Äated^i^mu« l[;erau«gab ; bem 35ebürfni« be« neuen ebangelif(^sgeiftlid^en ämte« 30
lam er entgegen 1547 burdjf feine ,,3lgenbe für bie ©eelf orger unb Kirc^enbiener in©ieben'
bürgen". 3)ie lateinifdS^en ©iftid^a, in toelc^en er 1545 ben 3"f^^l^ ber neuteftamentlic^en
Sü^er nad^ ben einielnen Jla))iteln angab, fo ba^ bie Slnfang^bud^ftaben ber 3Serfe ju«
gleich bie ^eil^e berKa))itel bezeichnen — eine 33el^anblung«art, bie in ber 3^* ^w^ f^nft
borfommt — l^aben too^I bie ftubierenbe S^Ö«"^ "" äluge, ebenfo bie Odae cum har- 86
moniis, ex diversis poetis in usum ludi literarii Coronensis decerptae
(1548). 3)a«felbe ßiel ^at bie §erau^abe bon §eftob« SBerlen unb3:agen (1544), bon
fec^« terenjifc^en Äomöbien (1545). ®inige ^a^re naä) bem 2obe §onter« erfd^ien in
feiner 3)ruaerei ba« erfte ebangelifc^e ©efangbud^ bon 33. SBagner l^erau^egeben, ba« auf
bie äJabftfd^en ®efangbüc^er au« Seif^jig unb auf bie ^lugfd^en in SBittenberg zurüdt^ 40
toeift. 3n ben 3)ienft ber SRed^t^miffenfc^aft bagegen, mit ber offen au«gefprod^enen 2lufs
gäbe, burc^ ein einl^eitUc^e« ®efe| ein neue« gemeinfame« 93anb um bie politifd^ immer
me^r ^ufammentbad^fenben, je^t auc^ ber firc^Iid^en ©onberung, toie fte el^emal« in ber
3Serjd5>ieben^eit iJ^rer 35i«tümer lag, lebigen fäd^fifdjfcn ®aue gu fd^Iingen, trat 1544 be«
§onteru« überau« bebeutfamc« SBerf: Gompendium juris civilis, in usum civita- 46
tum ac sedium Saxonicarum coUectum. ^n einem fd^tbungboQen lateinifd^en Sieber«
gru^ emjjfie^lt e« Valentin SBagner „ben Sürgermeiftern, 3lic^tem unb gef^toorenen 9lat«s
männem ber fäd^fifc^en ©täbte unb ©tül(;le, ber Kolonien be« beutfc^en Sleidjfe« in ©ieben«
bürgen". 3)a« SBert jog bamal« bie Slufmerlfamfeit ber Uniberfttät, bie ftc^ eben mit
ber ^ftfe^ung eine« gefc^riebenen Sledjfte« befc^äftigte, fo fe^r auf ftc^, ba^ fte ßonteru« 60
aufforberte, e« in« 3)eutfc^e gu übertragen ; getoife ift, ba^ er barin bie erften Saufteine
ber SBiffenfdjfaft jufammengetragen, in beren Verfolg bann gegen 6nbe be« S^^^^^wnbert«
(1583) ba« „Sigenlanbred^t ber ©adjffen in ©iebenbürgen" entjtanb.
e« ift erflärlic^, toenn eine fo übeneic^e 2^^ätigfeit, em Seben, ba« ebenfofel^
in bie 35reite, toie m bie liefe ge^t, fic^ rafdjf berje^rt. $onteru« ftarb am 23. 3^^ ^^
nuar 1549.
hieben feinen SBerfen unb ^aten ^at il^m ba« fdjfönfte 3)enfmal ber fd^lid&te 6^ro«
nift gefe|t, ber mit i^m an berfelben Äirc^e biente : „er ^at bie Se^re be« l^eiligen ©ban«
gelii unb ben rechten ®otte«bienft aD^ier eingeridjft unb bie ©c^ule reformiert gu 9lu| ber
3iugenb unb bie Sruderei aufgebracht unb be« l^eiligen Sbangelii I^alber biel erlittw vwji^ <?<^
340 Konter ^ont^ttnt
au^cftanbcn . . . fromm, bemüttg, Icl^r^aftig, d^rcrbictig, nicmanb berfc^mäl(;cnb"; fo ftc^t
er ba in ber ®^^'xd)U feiner Kirche unb feinet 33olfe«, ein 3t})oftel ber neuen ^^t, bie
mit i^m biefem Solfe fidjf erfc^Iie^t unb ber er t)ona0enb t)or aßen ^ier ben ©tem))el
feine« ®eifte« aufgebrücft ^at für biele ®efc^Ie(^ler. ©ein banfbare« Solf unb feine
6 Äirc^e ^aben il^m au« Slnlafe ber ^ier be« bier^unbertiäJ^rigen ©eburt^tag« (1898) in
Äronftabt ein eiserne« 3)enlmal neben bie Äird^e flefe|t, bie er bem Sidjft be« StHxns
gelium« geöffnet l^at. D. %x. Xtntidi (D. ®. ^. Xeutfi^ t-)
^onifttim, Sol^ann 5Ri!oIau«, b. §., geft 1790. — ßittcratur: 3)a8 befte,
namentlitö bie in ^ricr üor^anbcnen BucIIcn : ©riefe ^ont^eimS u. f. w , fotoie bie frül^crc
lOÖittcrQtur benufcitbe unb gum ^eil abbrucfcnbc IBerf ift: Otto 9}lejer, fJcbroniuS, SBei^*
bifc^of Sobonn iRicoIou« t)on ^ont^eini unb fein 9Btberruf, Tübingen 1880, oor^er erfc^tenen
ber 9lrti(el in meiner ®cf(^. ber dueQen unb Sit. be« fanonifc^en Stecht« III, 1 @. 193 ff.;
3f. 3£. ^aud in ^b9 13, 83 ff., fpäter M SD^ejer. ^ie filtere fiitterotur ift in biefen brei
angegeben.
16 ^ontl^eim toar, tt)ie ic^ a. a. 0. bereit« nac^ bem ^ufbud^e berid^tigt ^abe, ant
27. 3<*"w^^^ 1701 ju 2^rier geboren a(« ©o^n be« ®eneraleinne$mer« be« Dberer^ftift«
Äarl Äafjjar b. §. unb ber Snna SWargareta geb. t)on Slnetl^an. 3)ie 3Sorfal^ren ber a(t=
abeligen ^amilie tparen feit langer 3^^ in ^ö^eren Jturtrierifc^en Stmtem angefteUt ge^
toefen unb jurgrit angcfteDt. 3lm 25.3Kai 1713 liefe Äont^eim ftc^ bie 2:onfur erteilen,
20 nadjfbem fein Dl^eim, ber Äanonifu« §ugo ^ebrid^ to. 2lnetl(;an infolge ber i^n treffenben
Berechtigung bem 12 jährigen Steffen eine ^ßröbenbe an feinem Äollegiatfa})itel ©t. ©imeon
l>erliel^en l^atte. SRacp jurücfgelegtem ©^mnafialftubium bei ben ^^^i^^ i^ ^rier, ber
alabemifd^en tl^eologifc^en unb iuriftifc^en ju ^rier, Sötpen unb Sei^ben bon 1719 ab er^^
langte er am 6. W^vX 1724 ju 2:rier bie juriftif^e 2)o!toreh)ürbe, machte ^ierauf toiffen*
26 fc^aftlid^e Steifen unb l^ielt ftdjf namentlich in 9lom längere 3cit auf, too er im Collegium
Germanicum too^nte, tourbe am 22. 5Dlai 1728 ^riefter unb am 21. S"«* fi)rmlic^
in« Äaj)itel ©t. ©imeon aufgenommen, 3lffeffor unb geiftlid^er 9lat beim Äonfiftorium
unb jugleid^ (1732) 5Profeffor an ber Unitoerfitöt. S)a« 3a^r 1738 bradj^te feine 3Ser=
fe^ung nadj^ Soblenj, Xoo er bi« 1747 al« Offijial t^ätig toar unb unau«gefe^t ©tubicn
30 machte, tpeld^e nebft ben t)ielen 3lmt«gefc^äften feine @efunbl^eit fc^äbigten unb il^n im
genannten "^aißz jum ©efuc^e um ©ntlaffung belogen. ®r erhielt fte unb jog in fein
©tift nac^ Irier, ba« il^n im folgenben ^aljx^ jum Defan toö^lte. ©eine ©efunb^eit
l^tte ftc^ rafd^ gelräftigt. 3)er Äurfürft 5ram ®eorg bon ©d^önbom ernannte i^n am
13. aJlai 1748 gum 5Rad^folger be« am 11. uRai toerftorbenen SBei^bifd^of« bon 9ialba(^,
36 am 16. ^bruar 1749 tourbe er in ber ©tet)^an«Iirdi^e gu 3Kainj fonfefriert, fein 33i«tum
in partibus ioar 3Kvrioj)^iri in ®riec^>enlanb. S3i« jum ^ci^xt 1778 toar er attein in
biefer ©tellung, gugleic^ ®eneratoifar, fomit tl^atfäc^liqf ber geifttic^e Slegierer ber3)iöcefe,
auA noc^ ^rofanjler ber Uniberfttöt. ^m genannten '^dfya tourbe ein jtoeiter 2Bei^-
bifcpof auf fein SSerlangen befteUt, ^^an 3Karie ßuoi^ot b'^erbain, am 21. 2l})ril 1779
40 legte er ba« 3)efanat bon ©t. ©imeon nieber. @r ftarb am 2. ©eptember 1790 auf
feinem ©di^loffe SKontquentin bei Drbal, bie Seiche tourbe am 4. in ©t. ©imeon beftattet,
tft bann 1803 in bie ©t. ®ert)afm«'Äird[fe übertragen unb ru^t neben ber feine« greunbe«
SleCer.
©eine ^ßerfönlidjffeit toirb in ber 2;rierifdSfen ßl^onif bon 1820 bon einem 3Kanne,
46 ber il^n nod^ gefeilten, alfo gefd^ilbert. @r h^ar flein, faum 5 ^| 3 ^o\i, boc^, in ben
mittleren ^a^iXi ftarf, ju 5Kittag ein ftarfer (Sffer, abenb« felj^r mäfeig, tranf fe^r toenig,
toar ftet« emft^aft, äufeerlic^ nic^t felj^r l^olbfelig unb ^erablaffenb. äÄerfter, unermüblidi^er
gleife, rieftge ärbeit«fraft, ftrengfte ^ßflidjfttreue jeic^neten i^n au«. ®r tüar in ber Sage
getoefen, ein l^übfdi^e« Vermögen ju ertoerben, übte aber SBo^lt^ätigfeit bei Sebjeiten unb
60 machte berfc^iebene erl^eblid^e Segate für 2Bo^lt^tigIeit«anftalten. 93efonber« gerül^mt tt)irb
feine ^ömmigleit unb Ij^erborge^oben, toie er bi« jum gal^re 1779 regelmä|ig bor* unb
nachmittag« in ©t. ©imeon bem ©tunbengebet be« Äajjitel« beih)ol(;nte tro| ber 104©tufen,
toelc^e man fteigen mufete, um gur Äirc^e ©t. ©imeon ju gelangen — gu biefer toar im
11. 3^^'^'^""^^ ^'^ römijdi^e ^orta TOgra umgeh)anbelt — , am 1. 3""^ 1790 ^atte er
B6fie gum le^tenmale bor fernem ©ommeraufentl(;alt erftiegen.
§ont^eim l^at aufeer berfdi^iebenen juriftifc^en 3)iffertationen unb Heineren geiftlid^en
unb aJabemifc^en Sieben gunädj^ft ftc^ grofee Serbienfte ertoorben um bie ®efc^id^te 2;rier«
burc^ bie Historia Trevirensis diplomatica et pragmatica inde a translata Tre-
veri praefectura praetoria Oallianim ad haec usque tempora etc. 1750 3 vol.
^ottt^ttm 341
fol. unb ben Prodromus historiae Trevirensis diplomaticae et pragmaticae
etc. 1757, 2 vol. fol. ; in biefen fmb bie Uriunbcn, bic angaben bcr dtcn unb fjjöteren
S^riftficner enthalten, 3)arftcllun0en ber flcfamten inneren ©nttoidtelung unb ber SRed^t^
guftänbe gegeben. Sin cmbere« SBerf Historiae scriptorum et monumentorum Trevi-
rensis amplissima collectio ru^et in ber @tabtbibliot^e! bon Syrier, ^r und unb 6
bie @ef(^i(^te tiber{;au))t liegt ber @(^n>er))un{t ^ontl^eimd auf anberem @ebiete, in feinem
fir(^enJ)olitif(^en SQäerfe.
@d erfc^ien unter bem 2;itel Justini Febronii JCti de Statu Ecclesiae et Legitima
Potestate Romani Pontificis Liber Singularis ad reuniendos dissidentes in Reli-
mone Christianos composittrs f^^itetoignette : ^\x\ixi\a mit SDSaage, ^a| mit Jlreuj, lo
füffen fi(^, Überfc^rift: Justitia et Pax osculatae sunt] Bullioni apud Guillelmum
Evrardi. MDCCLXIII. 4. ©a« g)lanuffrij)t toar tmxi) §ont^eim3 ^eunb, ben 33. Slot
t). Ärufft, bem Suc^l^änbler ©felinger in granffurt a. 2R. übergeben toorben, ber fid^ jum
©(^toeigen unb ber Slüdtgabe berj)pic^tete, fein Honorar jal^Ite. ^an!furt ift ber toirnid^
3)rudtort, gfelinger ber Serleger. 2)ie Äorreftur beforgte ber fjjätere 3)ec^ant bed ÄoHegiats is
ftiftg ©t. Seon^arb in jj'^önffurt, 3)amian ^Jriebridjf 3)umni^, aud^ 3)umni| genannt
(geft. 1808), ber bad Driginalmanufirijjt ft)äter bem j)roteftanttf(^en Äirc^enrate STOieg in
§eibelberg gefc^enlt l^at- Snbe ^bruar 1792 befa^ le^terer e« nod^. 3)er 9lame 3uftinu3
§ebroniu« tp tool^I mit 9lüdEft(^t auf eine ©d^toefter §ont^eim^ im abeligen ©tifte ^ubign^
^amen^ Suftina ^bronia getoä^It. 20
SSorauö gelten 9lnfJ)rac9en „Clementi XIII. summo Pontifici, primo in terris
Christi vicario", ,,Regibus et Principibus christianis'S ^^Episcopis ecclesiae
catholicae", „doctoribus theologiae et juris canonici", toorin er $Ian unbSlbfic^t
barlegt. 3)iefer ift, ben richtigen gn^aft ber ))ä))ftlid^en Maö^i ju jeigen, barjutl^un, h)ie
biefe gemifebrauc^t fei unb babur(^ baö Unheil gefommen, ju betoirfen, ba^ ber ^aj)ft ben 25
Äuriafemu^ fal^ren lajfe unb jurüdfgel^e auf bie urd^rifüid^e 3^- 3" 9 Äat)iteln toirb
folgenbe« ©vftem aufgebaut, ßl^riftu^ 1^ ber gamen Äird^e bie ©(^lüffelgetoalt i^nter«
laffen, jur SluMbung fmb gerufen bie ministri (JÖeru«, ^ßrälaten), barunter alö erfter
ber ^aj)ft, aber ber ©efamtl^eit untergeorbnet. 2)ie Äird^e l^at leine monard^ifd^e SSer«
faffung, auc^ bie 3lj)ofteI ftanben einanber gleid^, $etru« l^atte nur ben ^rimat. 3)ie80
Unfe^lbarleit befi^t nur bie ganje Äird^e. ®er 5ßrimat be« römifd^en 8if(^ofg rül^rt nid^it
t)on g^riftud, fonbem bon $etru$ unb ber Aird^e l^er, lamt bo^er aud^f auf einen anberen
©i^ übertragen toerben. 9lufgabe be« ?ßrimat« iji ni(^t bie SRegierung ber Äird^e, fonbem
bie SBal^rung ber ®efelIf(^aft^orbnung, ber^atoji l^at f ein @ntf(^eibunggre(^t in ©laubenö«
fad^en, ftel^t unter bem allgemeinen Hon^il, beffen 93erufung bem ^ßa))fte nic^t borbel^alten 85
ift; beffen 2)efrete bebürfen feiner J)ä))fttic^en 33eftätigung, tonnen bon il^m ni(^t abgeön«
bert toerben, tool^l umgefe^rt. 3)ie Sifd^öfe l^aben eine gleiche ©etoalt bon 6l^riftu^,..nid^t
bom ^^aj)jie, fte finb nottoenbige 3Witglieber ber allgemeinen ©^noben, l^aben äffe 2imter
ju bdej^en, an Die $äj)fte ift ein folc^e« SRed^t fbät unb jum 5Wad^teiI ber Äird[>e mi^s
oräudplid^ gelangt. Slbgaben an ben ^al)ft, SorbeJ^alte bon ©elbiffen^foHen unb 3)i^ 40
Jjenfen toiberftreiten bem Siechte ber Sifd^öfe. 3m Saufe ber ^üt ift an bie 5ßäj)fte bie
Slu^übung mancher 9le(^te gefommen o^ne unb gegen bie Äanone«, bor aüem burd^ bie
bjeuboifiborifc^en 3)efretalen. 2)a^ ift m bef(^ränfen, in^befonbere bie 9lnna^me bon
Berufungen. 3)er ^abft fann feine augemein berbinblid^en Oefe^e für bie 3)i3jiJ)lin
mad^en, fonbem bie Slnnal^me in ben ^iöcefen ift für fold^e (Sefefee überl^auj)t nötig. 46
3äa^ auf ^igbrauc^ unb 9lnma^ung ber $ö))fte m^et, fann niemals afö berechtigt er«
fd^einen, fonbem mufe fallen. 6^ mufe alle« J^ergefteUt toerben, toie e« bor ben falfd^n
2)efretalen toar. 2)em ftei^t nur bie Kurie im SBege, mit allen SWitteln ift il^ entgegm
ju toirfen. lüd^tige 33olf«bilbung, ein allgemeine« Äonjil unb 9lattonalfVnoben finb bie
geeigneten. 2)ie fat^olifc^en ^rften müffm mit Seirat bon Sifd^öfen ba« 3?ötige t^un, so
fi(^ bor Sann md)t fürchten, fte ^aben bie J)äi)ftli(^en Bullen bem 5ßlacet ju unterwerfen.
®egm fc^öblic^e t)äpftli(^e SRaferegeln l^ilft aud^ ber jjaffibe SBiberftanb, unb ganj befon«
ber« bie Semfung toegen SRifebraudjf« ber geiftlic^en Slmt^getoalt.
SBenige neue (Sebanfen bietet gebroniu«, ©ebanfm toie SWaterial fmb im ganjm
genommen au« ben älteren ©(^riften, aber neu ift ber f^ftematifd^e ätufbau, bie gefc^idfte 66
Slrt ber 3)arftetlung unb bie Sereitftettung ber (Srünbe. 2)ie ©(^toäc^m merfte man nid^t,
xä) l^abe fie a. a. D. furj bargelegt. 3)er ©rfolg be« Su(^e« toar ein großartiger, e« ijt
in Italien (befonber« in 9leaj)el, '3Co«cana unb Senebig), Portugal auf bie Jtir(^m^)olitif
bon bireftem (Sinflufe ^etoefen, l^at bie Äirc^enpolitif 3*>f^^ II- geleitet, bie ßmfer Se«
fdjflüffe beftimmt, unjtoetfeUS^aft bie SRid^tung bctoirft, toelc^e ftc^ be^uf« 9Jeuregelun^ ber 6«
342 ^ottt^cint
lirdSflic^en SJer^oItniffe im ^al^re 1818 in Sübbeutf(^Ianb auf bcn Äonfcraijcn bcr Slcs
gierungen tunb giebt 3Jlan braucht {dSiIie^lic^ nur einen 93li(f in bieSRotibe berSiorlage
ber 33ulle Pastor aeternus bom 18.3iu(il870 (bei^ebric^, Documenta II, 105 sqq.
ju toerfen, unt ftc^ ju überjeugen, bafe biefeö 2)ogma bon ber UnfeI;Iborfeit unb ber Uni-
6 berfalgetoalt bc^ ^(H)fte^ red^t eigentlich baju bienen foHte, baS ©Vftcm be^ gebroniu^
au^ ber SBelt ju fdi^affen. ©offte ba^ gefc^äSien, fo mugte ate bon (Sott geoffenbarte«
2)ogma erflärt toerben, toa« gebroniu« afö erfunbene« angemaßte« J)ä})ftlicl5>e« SWec^t er=
toiefen ^atte. Ign ber Sutte Pastor aeternus Ijiaben bie S^fwi^^^ ^^^ 3^^! ^^ 33^-
Iäml)fung be« ^roniu« eneic^t. (3c^ l^obe a. a. 0. über bie äußeren ©d^icffale, Sluf*
10 lagen u. f. W., ©egenfc^riften, gitteratur genauer berid^tet ; ebenfo enthalten bie beiben
anberen DueDen nähere Slngoben.) 3n SRom erfolgte bereit« imgebruar 1764 ein Verbot
unb balb bie 2lufforberuna be« ?Paj)fte« an bie beutfc^en Sifd^öfe, ba« 33uc^ ju unter«
brücfen. $Rur jel^ Sifdjiöfe beachteten e«, bie Äaiferin 3Raria 2^^erefia lie^ ba« SSerbot
nic^t toeröffentlid^en, in SSenebig unb ©l)anien trat fogar bie ^Regierung für ba^felbe ein.
16 3)er römifd^e $of tou^te fc^on balb (©nbe 1762 ober Slnfang 1764), bafe ^ont^eim ber
Serfaffer toar, t^at aber lange leine bireften ©d^ritte gegen i^n (Über bieSKotibe be«
Äurfürften Älemen« SQ3enj|e«lau« gelten bie anflehten au«einanber. ©iel^e bie bon mir
0. a. 0. angegebenen Duellen, ebenfo SWejer unb Ärau«. aRejer ge^t in« f leinfte detail ein
unb jeigt, ba^ §ont^eim auc^ %^ltv beging unb baburc^ feine ©ac^e fd^äbigte) bi« in
20 ben ^xxi 1778, too er il^n i|ur Unterwerfung aufforberte. 3" ^^" ©rünben für fein
©eelen^eil lamen fel^r greifbare anbere, namentlid^ bie Drol^ung ber ©ntlaffung ber %ai)U
reichen Sertoanbten aa^ ü}xm ©taat«ämtem, bie« entfc^ieb. §. fafetc einen SBiberruf ab,
ber nid^t genügte. 9lac^ längerem ^tn^ unb ßerfd^reiben fügte fu^ 6. enblic^ bem 9Ser*
langen 9tom« ben SSiberruf al« fein eigne« ^m erfc^einen ju la^en, bi« auf einen
26 5ßunlt, ber betraf bie SBeigerung bie gef orberte ®rflärung abzugeben: ut proinde merito
monarchicum ec^clesiae regimen a catholicis doctoribus appelletur. ^er 92untiu«
gab fic^ fc^lie^id^ jufrieben unb fo toanberte am 15. Slobember 1778 ber neue SBiberruf
nad) SRom, ba« jubelte. ®ine Slttohition im Äonftftorium bom 25. 2)ejember gab bem
3lu«brudf, beröffentlid^te ben SSJiberruf unb iba« 9iom pa^U — über bie SRom lomjjro«
80 mittierenben ©d^reiben beobachtete man ©d^toeigen — unb entbanb §. bon ben ßenfuren.
3)iefer ^atte fonberbarertoeife nic^t bie Veröffentlichung ertoartet unb tourbe fc^liefelid^,
nac^bem bie Gazetta universale bon 5^^^5 ^ne Überfeftung be« bie 2öiberruf«gefc^i(^te
h)a]^rl^eit«getreu mitteilenben 9lrtilel« ber ^arifer Nouvelles ecclösiastiques, in bem
aud^ ba« im Konftftorium nid^t mitgeteilte 93rebe abgebrud(t toax, beröffentlid^t l^atte, ge^
86jh)ungen, in ben „ßoblenjer SnteHigenjblattem" (9lr. 28 bom 1780, bie ßrHärung ift
bom 2. 3lj)riO eine ©rflärung ju beröffentlic^en, „ba^ fein SBiberruf ein freiwilliger ge-
toefen unb er toillen« fei, fetten in einem SSJerfe, ba« er bereit« angefangen, ju xid^U
fertigen unb ju erläutern." Unter bem 2:itel: Justini Febronii JCti Commentarius
in suam retractationem Pio VIL Pont. Max. Hai. Nov. 1778 submissam
40 Francs!. 1781, 4 bei ßpnger ift biefer Äommentar im näc^ften Iga^re erfc^ienen, bie
äbfd^toäd^ung ber Selben ift nic^t toeit l^er, in ben Wid^tigften fingen fc^toeigt ber Jtom^
mentar, fo bafe §. im tüefentlic^en feine 3lnftd[>ten offenbar nic^t geänbert ^atte. 3)ie«
ge^t aud^ au« ben Briefen bon i^m ^erbor. Der Äurfürft toar bon bem SBerfe nidjit
erbaut, liefe aber ^ont^eim in SRul^e, ba«felbe gefc^a][> bon SRom au«, h)o man begreife
46 lid^ertoeife nod^ toeniger jufrteben toar, fid^ inbeffen mit ?Htd)t faaen lonnte, bafe ber gc«
bemüti^te gfebroniu« nid^t mzS^x fo fc^äbli^ fei eil« ber ungebrochene. (Sin merftDürbige«
S3ilb bietet un« §ont^eim unb ber fturfürft. 3)er le^tere jtoingt erfteren pim SJBiberruf,
fWttt fic^ SRom gegenüber erbittert über §ont^eim, nimmt gleid^tool^l im ^al}xc 1786 teil
am @mfer Kongr^e, in beffen Sefc^lüff en bie 33S;eorie be« gebroniu« il^ren 3lu«brucf fanb.
60 (g« ift fc^toer, bei biefem Verhalten be« Äurfürften nid^t anjunel^men, bafe er fic^ 9lom
tDiDfäl^g ertoiefen ^abe, um ba« 93i«tum 9lug«burg neben bem bon ^rier ;|u erhalten
bejh). ju bel^alten, toa« i^m gelang. §ont^eim läfet [x6) burd^ bie 3)rol(;ung, feine SSer*
toanbten ju fc^äbigen, beftimmen gegen feine Überzeugung ßrflärungen abzugeben. Sluf
beiben ©eiten ßl^arafterlofigleit unb ©d^toäc^e, bie SRüdEftd^t auf ba« g'^^if^ übertoiegt
66 bie 3ld^tung bor ber SBo^r^eit. 3Ba« biefe beiben SKänner bamal« fünbigten, ift inbeffen
toenig gegen bie 9lrt, toie fidji nad^ bem 18. guli 1870 3)u$enbe bon Sifc^öf cn benai^men,
unter i^nen (Selel^rte toie ßefele, SRaufc^er u. f. tb., jal^lreiq^e geleierte il(;eologen, baten
e« baburd^ gelang, fic^ 33if©of«ftü^le ^u ergattern, toelc^c fic^ nid^t fci^euten, ein ertoiefener^
mafeen gefälfc^te« ^JKac^toerf al« bon ®ott geoffenbarten ®lauben«fa^ anjiunel^men unb
60 ju berlünben. ^* ^f^utte.
^oogfinitett bf $00)1 @c^cffer 343
^oogftratftt, ^t t>on \. äteud^Un.
bc $00)1 Sf^effetf 3- ®-/ Ö^ft- 1Ö93. — Rogge, Levensbericht van cl. H. S. im
Jaarboek der Koninklijke Akademie van Wetcnschappen, 1894; A. Winkler Prins, id.
in bcn Le Vensberichten van de Maatschappij van nederl. letterkunde tc Leiden, 1894.
Scitcre 3RitteiIungen über be ©. 6. finb tcrjctcftnct in bcn Doopsgezindc Bijdragen 1895 0
S. 1 ff.
Salob ®^bcrt be iQoop ©d^effer, ^rofcfjor ber 2:^eolo0ic in Slmfterbam, neben
3R0II, Slcquo^ unb Stogge ber narnj^aftefte ÄirdSfen^iftoriler §oIlanb« in ben legten 3^^^-
^el^nten, jnbem ber leitenbe SWitleljjunIt ber SDlennonitifc^en Äirc^engemeinfc^ft feiner
§eimat, tourbe am 28. ®et)tember 1819 im ^aa^ geboren. Site Heiner finobe t)erlor er 10
feinen 3Sater, toelc^er 33eomter an einem ber ©taatöminifterien toar, unb lam nac^Slmfter-
bam in bai^ §au^ feinet Dl^eimö be §oo^ eine^ in Sitterotur unb ©efc^ic^te fe^r betoam
berten Äaufmanne^, toofelbft er eine tüd^tige, toon früi^er 3^0^^^ ä" ^f gttinblid^e^ unb
angeftrengte^ ©tubium gerichtete (Srjiel^ung erl^ielt. Die ©tubienjeit berlebte er in Slrnfter«
bam — bamate nod^ ein Sltl^enäum ol^ne ba^ jus promovendi, tpelc^em aber fd^onis
^rebigerfeminare für bie SRemonftranten, SKennoniten unb Sut^eraner angegliebert toaren,
— unb an ber Utred^ter Uniberfttöt. @r toibmete fic^ bort ber 2:i^eoIogie, mit ber Slb«
fic^t ^rebiger unter ben SKennoniten ju toerben. 3" ^^^f^ gehörte er mütterlid^erfeit^,
unb jtoar ju einem norbl^oIIänbifc^enSfeennonitengefc^lec^t, au^ hjeld^em in frül^eren gaBr«
l^unberten mehrere too^lbefannte ^ßerfönlic^Ieiten entf^roflen toaren, ein Umftanb, toeldyer 20
auf Sdj^cfferö fjjätere Slrbeiten ni(^t ol(;ne mitbefttmmenben ©influ^ gehjefen ift. ©c^on
al^ ©tubent trieb er neben ber Sl^eologie fleißig litterarifc^e ©tubien. Sefonberd bie
nieberlönbifc^e Sitteratur au^ ber Stnfangöjeit ber ^lepublil unb au^ bem SDlittelalter —
le^tere ein bamate noc^ fo jiemlic^ brac? liegenbe« gelb — unb \l}x^ ©efd^ic^te befdi^äfs
tigten i^n. 2)ie Vaderlandsche Letteroefeningen bon 1837 ent|[;ielten eine Sttb^anblung 25
Don ber ^anb be^ 18 jäl^rigen jungen 3Kanne^ über ben 33rabanter 3)ic^ter au^ bem 14. 3^^^^
^unbert: Lodewijk van Velthem en zijn Spiegel Historiael, mit teiltoetfer SBiebergobe
jener 2)icl5>tung in neuerem SSer^mafe. 6r gehörte ju ben 6 jungen ©ele^rten, toeld^e
1844 bie „Vereeniging voor oude nederlandsche letterkunde" grünbeten, ju benen
auc^ 5K. be Srie^ unb 3«>ncfbloet gehörten; bod^ l^at ©., feit 1845 ate ^aftor t|ätig, juao
ben l^erau^gegebenen Slrbeiten be« herein« feine nennenötoerten Beiträge geliefert.
6« toirften baju mit bie 3w^*^öl^"0f h}rf<|&« i^nt jeitleben« eigen blieb unb ©.«
flnH)ulöfe ©etüiffenpaftigleit in jeber 9lrbeit fotoo^l nad^ ber ©eite ber SBiffenfc^aft aö
nac^ berjenigen be« fünftlerifc^en ©inne«, be« ©efc^madt«. SBäl^renb feine« ganjen
Seben« l^at er fic^ nie entfd^tie^en fönnen, ettoa« fc^riftlid^ mitzuteilen unb nod^ Diel 35
ipeniger im 2)ru(f ber Dffentlic^feit ^u übergeben, toorüber er ftc^ nid^t boHftänbig
!lar toar, er feine Unterfud[>ungen nic^t boUftänbig ju Snbe gefüJ^rt, unb toa« er nic^t in
boHenbete gorm gebracht l^atte. Sluf jeber ©eite, toelc^e er fc^eb, ertoeift er fic^ al« in
feltenem 3Kafee bertraut mit ben ^nl;eitcn unb ©c^ön^eiten ber nieberlänbifc^en ©prad^e,
al« ein Ilaf fifc^er, bielleic^t bann unb toann aHm oratorif(^er ^ßrofaif er, bef onber« al« ^urift 40
in ft)rad^li4er ^infid^t, toeld^er grembtoorte, ©allici«men unb ®ermani«men, auf« ftrengfte
mieb. 3" ^i^^m ööen galt er in geleierten unb litterarifdjfen Greifen al« Slutorität. ©ein
ätbm lang ^at er allen Srfc^einungen auf bem ®ebiete ber nieberlänbifd^en Qpxa^^,
Sittcratur unb ©efc^ic^te ein rege« 3^1^^^^ lugetoenbet, unb in de Gids unb anberen
3eitfd5>riften bann unb hjann intereffante Sef^jredbungen ioic^tiger ©d^riften geliefert, ©obann 45
betoie« er ungead^tet ber großen 2lnjt)rüc^e, toelc^e fein 2lmt an i^n fteDte, eine unermüb*
lid^e S^ätigfeit in Vereinen, j. 8. in ber Maatschappij tot Nut van't Algemeen unb
ber nederland. bijbelgenootschap. 3wimer If^at er auf« uneigennü|igfte mand^en bei
einer Stn^ai^l bon SJeröffentlic^ungen bebeutenbe $ilfe geleiftet. @r fanb fogar bei feiner l(;er«
bonagenben l^umoriftifc^en SBegobung ß^i^f ^wf ^^ 3^^^ ^^^ fat^rifc^e« Sitteraturblatt, bie go
Braga, ju rebigieren (1845), f)3äter (1856—1859) ben Navorscher, bie l(;ollänbifc^en
Notes and Queries. ®rn)ä^nt fei noc^, bafe ©. mit reid^em Äunftfmne unb fein-
finnig äft^etifd^ beanlagt, al« 93orftanb ber Maatschappij tot Nut van't Algemeen ^itglieb
be« ätufric^t«rat« über bie ^ur Hebung be« Xl^eater« enic^tete ämfterbamer ©d^aufjjieler^
fd^ulc toat, unb baj au« feiner legten ^üt eine metrifc^e Überfe^ung ber ^ßfalmen l^er« 66
rül;rt, in melc^er er berfu(^t Ij^at bie ©reite ber alten in SReime gebrachten ^falmen ju
berbeffem.
6« berfte^t fic^ jeboc^, baj aU ba« bi« je^t ©enannte nur bon untergeorbncter Se-
beutung in ©.« Seben unb 2eben«arbeit getoefen ift. 3" feinem ^rebigtamt, feiner ^ro«
344 bf $00)1 Sf^effcr
fcffur, feinen geleierten 9(rbeiten, ber 39lith)irtun0 on ber Seitung feiner Äird^engemetnfd^ft,
barin l^at er feine Slufgobe gefunbcn unb treffli(^ gelöft.
33on 1845 bi^ 1859 toax ©. mennonitif^er ^rebiger in §oom, ©roningen unb
2lmfterbam, in allen brei ©täbten ein gefeierter Äanjelrebner. 3^3^'^^^ 1859 h)urbe er
6 aU 9iac^folger Dr. bon (Silfe'ö bon ber Algemeene doopsgezinde Soci^teit junt ^ro^
feffor an ii^rem ©eminar getoöl^lt; am 18. Januar 1860 trat er ba^ afabemifc^e Se^r^
antt an mit einer 3lebe Die Providentia Teleiobaptistas Neerlandicos ab exitio
vindicante, — eine ber legten Slntritt^reben, toeld^e bon anberen ^rofefforen alö ben=
jenigen ber flaffifc^en ^^ilologie in §ollanb in lateinifd^er ©j)ra(^e borgetragen tourben.
10 S^nt hjaren bie ©jegefe be« 21 fotool^l aU be^ 3VX^, bie J)raftif(|>e 2:i^eologie in il^rem
ganjen Umfange, bie Äird^engefd^ic^te, befonber« ber 3Kennoniten, anvertraut. 3m ^afyct
1877 fanb bie Sleorganifation be« l^ollänbif(^en §o4fc^ulh)efen« ftatt. 3)abei blieb jtoor
bie tl^eologifd^e ^afultät beftel^en, behielt aud^ i^ren SRamen, tourbe aber bem neuen ©taat^
gefe^e jufolge eine gafultät für 9leligion«h}if|enfd[>aft, gemäfe ber in .^ollanb ju SRec^t be-
isjtel^enben unb ftreng burd^gefü^rten Trennung bon ©taat unb Äirc^en. ©ie berlor alfo
jebe« fonfefftoneU c^tlid^e ©e^jräge, fo bafe 3)ogmatif unb tnraftif^e 3^^eologie bon i^
au^efc^loffen tDurben. ^v!t>tm h)urbe ba^ älmfterbamer ältl^enäum ju einer bollftänbigen
Uniberfität erl^oben. ^iefelbe erhielt ba^ jus promovendi cum effectu civili. 2)ic
bi^ je^t an ben berfd^iebenen ^rebigerfeminaren bafelbft angeftellten t^eologifd^en ^ro=
20 fefforen traten in bie t^eologifd^e galultät für bie berf(^iebenen ^^c^er ber rein toiflens
fd^aftlic^en, nid^t firc^lic^en SC^eologie ein, toäl^renb mel(;rere berfelben an einem ber ©emi«
nare, toel^e für bie f^jejieD lirc^lid^en ^c^er (35ogmatiI unb J)rafti{(^e 2^l^eologie) beftel^cn
blieben, i^re ©teile beibehielten, alfo eine bojjjjelte ^rofeffur belleibeten. gortan bertrat
©. in ber ^lultät bie altteftamentlidjfe ©jegefe unb bie (Sefc^id^te ber altc^riftlic^en Sitte*
26 ratur (Einleitung in« 5W2:), im SKennonitifd^en ©eminar bie Jjraltifd^e S^eologie unb bie
©efc^id^te biefer Äird^engemeinfc^aft. ^n atten ben i^m anbertrauten ^c^em toar er ben
9lufgaben feinet ämte^ boWommen getoac^fen, einer bon jenen feit ber ©Jjejialifterung
jeber SBiffenfc^aft au^fterbenben ®ele|rten, toelc^e burc^ reid^e Segabung unb bieljäl^gen
unermübli(^en glei^ auf ben berfc^iebenften ©ebieten — nur bon ber fbftematifd^en ^Ij^eos
30 logie ^ielt ©. f\6) jeberjeit fem — ju arbeiten unb nur auf« grünblicpfte ju arbeiten im
ftanbe finb; toelc^e jtoar meift il^re 2^l^ätigfeit auf einzelne 2lbfc^nitte unb (Segenftänbe
lonjentrieren, biefe aber auc^ um fo grünblic^er nad^ allen 5lid^tungen berfolgen. @r ift
bann auc^ oller für einen ^ollänbifd^en Oele^rten enei(^baren gieren unb öffentlid^en Slud«
Zeichnungen teill^aftig getoorben. ©o berliel^ i^m bie fieibener Uniberfität bie tl^eologifc^
85 3)oftortoürbe honoris causa. — 3)a^ SOBenige, loa« ©. aufeer feinen fir(^engefd^id^tli(^en
arbeiten ^erau^egeben (u. a. über bie Slbfaffung^jeit ^oete) au[jujäl^len, liegt feine
aSeranlaffung bor. 5Rur feine ebenfo fc^arffmnigen toie gut motibierten Äonjefturen gu
einigen ©teilen be« 31X^ berbienen Sead^tung. (gr la«: ^^ 2, 8: ei jukv rhv vojjlov]
2, 18 ftrid^ er: äXX' eqeX Tig\ 3,1 lad er: 7ioXvkakoi\ 6j)l^ 3, 18 ri xov jiXovxovg
iOavTov To TiXarog xxL (Verslägen d. Kon. Akad. 1891, bl. 237 v. v.).
Stm frudjftbringenbften \)at ©. in ber Äird^engefc^ic^te gearbeitet, für toeld^ed ^c^
äBiHem 3Woll unb er bon 1870 bid 1880 bie l^oUänbifc^e ^eitfc^rift, bamate unter bem
5Citel Studien en Bijdragen, rebigicrten. ^n berfelben erfc^ien ©c^cfferd bebeutenbfte
Seiftung, bie Geschiedenis der Kerkhervorming in Nederland van haar ontstaan
45 tot 1531, toeld^e er nac^l^er (1873) afö felbftftänbigc 2lrbeit l^erau^ab. ^lac^^er ift bieg
33uc^ aud^ in beutf(^er Überfe^ung bon Dr. ?p. ©erladjf (Sei^jjig 1886) erfc^ienen. ©eit
S3ranbt 1671 ff. unb ®erbed 1744 loar bie ©efc^id^te ber Slnfänge be« nieberlänbifd[>en
?Proteftantidmud nid^t mel^r bearbeitet toorben. ©. löfte biefe Slufgabe berart, bafe cd big
ie|t leiner neuen Bearbeitung me^r beburfte. SQ3ag feitbem neu ang 2i(^t getreten, j. 8.
60 bie Summa der godliker Schrifture lä^t fic^ in fein S3uc^ einreil^en; unb toenn et
bigtoeilen in Setreff beutfdj^er unb anberer nic^t ^oDänbifc^er ätngelegen^eiten irrte, fo
tbut bag bem 3Berte feiner nieberlänbifd^en ©efc^ic^te toenig älbbruc^. SKit berftänbnigbollcr
Sel^errfd^ung ber einfc^lägigcn fiitteratur, mit bem, toad im 16. 3fl^i^^"»^bert in ben
9lieberlanben gclefen, gebrudt, gcfungen hjurbe, bertraut toie loenige unb bon feinen jal^rcs
66 langen ard^ibalifc^en Unterfud^ungen unterftü^t, l^at er aud ben entlegenften ©teilen bie
taufenbe überall jerftreuten 9la(frid()ten, oft nur ätnbeutungen, jufammengebrac^t, aug
h)el(^en er feine ebenfo ^jeinlic^ getoiffen^afte toie überfidbtlid^) flare ©efc^id^te auferbautc.
Se^t jum erftenmale ift ber Rufammenl^ang ber ©rcigniffe, ber erfd^ienenen ©d^riften
u. f. to. und flar geftellt, ^um erftenmale aud^ ber SSerlauf ber 3)ingc in ben TOeber^
60 lanben im ganjen. 2lu4 m §ollanb toar eg (im Älofter ber Äuguftiner ju 2)orbrec6t)
be ^00p ®i^er 345
Sut^cr^ Sluftrcten ioiber bcn äbla^, h)el(^c^ 1518 bic erftc Sctocgung ^crbomef. Slufeer
bem ©egcnfa^ }h)ifc^cn ©ci()rift unb Äirc^enlc^c, frommem Seben unb ßcremonien, neben
bcr ßntrüftung über J)äi)ftnc^c SRad^t unb Unfittlid^Iett be« Äleru« toirb ba« §eil ou«
bem ©louben affetn geprebigt. 3)ennoc^ ift bte nteberlänbifdjie reformotorifd^e Setoegung
nic^t rxad} Sut^er ju benennen. 6in« i[t für biefelbe d^arafteriftifdji, bie Seugnung be« 6
©aframent« ber Srot^ unb SBeinbertoanblung. 3)a« ergiebt fw^ nid^t nur au« bem be«
fannten ©riefe §oen« an 3}J>*J^9l^ fonbem ba«felbe gel^t auc^ ani ben SBttten ber bielen
gerichtlichen anflogen unb SSerurteilungen ^erbor. 6« ift ©.« SSerbienft, Die« nac^etoiefen
JU l^ben; er ^ot ben 3?amen ©alramenti«mu« für bieSetoegung biejer erften ^eriobe in
^ottonb enbgiltig jur älntoenbung gebrad^t unb biefe Setoegung bann üon ©tabt ju lo
©tabt, bon $erfon ju ^erfon, bon SCag ju %aQ, fotoeit nur bie Quellen e« ermöglid^en,
verfolgt, ©iejelbe toirb bon geleierten unb nid^t unbebeutenben 3Männem getragen : §oen,
^enbril b. <3^tj)^en, (Snafeu«, ©elbenl^auer, Sol^anne« ^elt, SRobe. 6« fel^lt jebod^ bie
ein^eitlid^e, entfd^Ioffene ^l^rung im Äami)fe gegen bie bon ben 2anbe«fürften, Äarl V.,
bem Sifd^of bon Utrecht, Äarl bon (Selbem, in« aSBerl gefegten Verfolgungen unb bie i6
Snquifition. 3)er erfte SRärt^rer ber nijrblic^en 5Wieberlanbe, SBiffem ^irf« in Utred^t,
10. 3uli 1524, ift bon ©. über^auj)t erft rec^t an« Sid^t gejogen. S3i«]eer galt al« folc^
3an be SaKer (^ßiftoriu«) bon SBoerben. Um 1530 berliert bic« erfte ebangelifd^e Seben
feine Äraft unb bermag ftdji nic^t mei^r ju beieauj)ten. 3)ie ^tt^rer unb ^rebi^er, toelc^e
noc^ am fieben fmb, l;aben enttoeber miberrufen unb bleiben al« reformfreunblic^e RaÜ)0: 20
lifen in ber Rird^e, ober ober fte fmb in« 3tu«lanb nad^ Sremen, ^reufeen u. f. h). ber
langen l^erfolgung in ber §eimat cntflo^n. 3m Solle ift inbeffen ber ebangelifd^e ®eift
nidjft erftorben, unb neue ^^rer ftel^en fd^on bereit fogleid^ ber SJeribaiften ftc^ anju*
nel^men: bie 3:äufer, bie (nad^ ©. i^r berbreitetfter iRame) „33unbe«genojfen". 3n beren
,^änben liegt nun bon 1531 an foft au«fd^ltepde bie ©a(^e be« 5ßroteftanti«mu« in ben 36
nörblid^en ^robinjen. ©ie unb i^re ja^lreic^en ©emeinben, ^'^omme im ®eifte SKeld^ior
§offmann«, leben ol^ne jebe 33erbinbung mit ber ebangelifd^en SBelt anber«h)o, in i^rer
Sibel, i^rem be« §eile« bebürftigen ®emüt unb i^ren — ^^antafien. SU« bie SSerfot
gungen immer l^eftiger loüteten, bemäd^tigten fid^ ^l^antaften unb f elbftfüd^tige Släbetefül^rer
eine« Sruc^teil« biefer eben bur^ bie aSerfolgungen jur 93erjh)eiflung gebrad^ten ftiUen Äreife ao
unb beranlaffen bie 3Münfterif(^en u. f. to. e^ceffe, bon toeldfjen aber bie grofte SRel^r^eit
fid^ rein erl^ält, in ber toel^^rlofen 3)ulbfomIeit ber Äinber ®ottc« berl^arrenb. ßrft um ba«
gal^r 1563 (fo nod^ ©.; bod^ fehlte e« fc^on früi^er nid^t an 9Kännem, in benen ber
©aframenti«mu«, je^t noc^ ©eutfdjflanb ober naä) ®enf l^inblidfenb, fortlebt ober toieber
ertboc^t) fängt ein ftreitbarer $roteftanti«mu« an ben tboffenlofen ju erfe^en unb eröffnen 86
bie colbinifc^en ^rebiger, bon ber jur 33erteibigung ber Sfled^te unb ^ei^eiten be« Solle«
toiber bie ©l)anier gerichteten nationalen Setoegung getragen unb ungehemmt bon bem
in Uneinigteit jerfoBenben 2lnaba^)ti«mu«, ben Sbangelifd^en eine neue 33a^n. ©.« Slrbeit
bleibt ober auf ben erften 3ritroum, b. ^. bie Rrit bi« jum^a^re 1531 befd^rönft. äufbiefen
l^ot er benn aü feine berlraute Äenntni« be«oamaligen Seben« unb fein grünblid^e« biblio« 40
graj)^ifd5>e« SBiffen, feine mufter^afte ®eh)iffen^aftigfeit bertoenbet. ßtoor ^olte er bei Se«
^anblung biefe« ©toffe« nic^t gerobe toeit au«, toar aber bofür in ber 3)etailjeidenung um
fo reid^er unb boHftänbiger.
SlDgemeiner Setrodjftungen unb Urteile enthielt er fic^; immer liefe er bie ß^it^enoffen
reben, jeben ©a$ mit irgenb einer 3lufeerung au« ben betreffenben 3^^^" ober mit einer 46
un« erhaltenen Jl^atfadjfe belegenb. Unb toenn, toa« mi)t feiten berJJaH toar, ber rid^tige
Il^atbeftonb in fpäteren 9loc^ric^ten getrübt erfc^eint, fo rui^te er nic^t ei^er al« bi« er
Ilorgeftellt \)aiU, tooburdjf benn biefe Irrtümer beranlafet toaren, bi« fo ba« JJortleben ber« •
felben unmöglidji getoorben toar. 3Kon fann e« nur bebauem, bafe er ju öngftlid^ getoefen
ift fic^ an bie Fortführung feiner ätrbeit ju toagen. 60
5lac^ feiner §ouptarbeit f)at ©d^effer in ben Studien en Bijdragen unb in de
Gids nod^ manche« Jtirc^engefc^id^tlid^e geliefert. @« ift fel^r ju beflagen, baft er nic^t
boju gcfommen, toie er beabfic^tigt ^at, bie ^rroge nac^ ben gefc^id^tlid^en Sejie^ungen '
jtoifdjfen ben aBolbenfem unb ben iäufem grünblic^ ju be^anbeln. Studjf il^n Ratten
Dr. Äeller« arbeiten unb ©d^lüffe bor biefe groge gefteHt: arbeiten, bie für eine fo 66
überau« umfid^tige 5Jatur mie ©. toor, jloor ju fü^n toaren, benen er aber nie feine Sin«
crfennung, nod^ ouc^ bem „§an« 3)endf" feine Setounberung berfagt l^ot.
3n getoiffem ©inne al« gortfefeung jener fjorfc^ungen ©.« mögen aber einige feiner
©tubien gelten, toeld^e er in gro|er 2lnja^l über SinjellS^eiten ber ft)ejiellen Äirc^ens
gefc^ic^te (namentlich ber l(;ollänbifc^en 3Jlennoniten) geliefert \)at. 3Rd)x al« einmal ber^^ eo
346 be ^00p Sc^effer
fa^lc er eine Übcrfidjft bicfer ©ejd^ic^te: bie mit 9iotcn beteid;crtc l^ollänbifc^c Überfc^ung
feiner 2lntritt«rebe, ben auöfü^rlici^e Sluffo| in ber Geschiedenis der christelijke
Kerk in Nederland (Slrnfterbam 1869), ben artifel „gjlennoniten" in biejer diQ\ Db
biefe Überftd^ten, toenn fte oudjf mand^e« biö^er faft Unbefonnte ju läge bradjften, bennod^
5 ju feinen beften Seiftungen ju rechnen fmb, bejtoeifle ii), Dag ©c^ema ift too^I ju biel
bem äußeren, ju toenig bem inneren ©nttpidtelung^gange entlel(;nt unb le^terer felber all^u^
enge aufgefofet. 2)aju fommt, ba^ ©. bie Sebeutung be^ aRennonitentum« faft au^
no^mäog in ben freifinnigen Strömungen (§ang be SHie^, ®alenug StbraJ^am^^) fu(^te,
aud^ im 17. ^^^^^^unbert. ®ie me^r rechtgläubige SRidjftung galt i^m meift aU irgenbtoie
10 eine äbart. — ^n ben jal^lreic^en äb^anblungen aber, toelc^e in ben bon il^m 1870 bi«
1893 rebigierten Doopsgezinde Bijdragen erfdjfienen unb toeldj^e bie ?^c^te feiner
unermüblic^en Detailforfc^ungen enthielten, ba offenbarten fidjf aufö glängenbfte feine feltenen
gorf(^ergaben, fein bebeutenber ©d^arffinn, gehaart mit einem unermübli^en glei^, ber
toon ber grünblid^ften 2)urd5>ftc^t ber nac^ §unberten jöl^lenbcn ebenfo breiten h)ic ber=
16 toonenen unb meifteng fel^r unerquiilid^en Jjolemifd^en Sitteratur ber alten SKennoniten
nic^t ^urüdffc^redfte. SBeld^e ebenfo langwierigen ate ermübenben SSorftubien f^at fc^on fein
Slrtilel „9Renno" in biefer 91®* geforbert, ba i^m aufeer 91. 9K. ßramer^ feinfinniger aber
t)eralteter SSiograp^ie fo toenig grünblit^ Vorgearbeitete« SDlaterial ju ®ebote ftanb. "Und)
nac^l(;cr ^at er biefe gorfd^ungen toeiter geführt, unb im ganzen 8 2lb^anblungen über
20 aSerfc^iebene« au« SMenno« Seben geliefert. Über ben älteften 3K. jugefc^riebenen Xraftat
(toiber ^o^ann bon Seiben), beffen ©d^tl^cit ©. toieber^olt gegen Dr. Btpp aufredS^t er^
bielt, über 3K.« bon @. erft au«finbig gemachte« ©eburt«» unb 2:obe«ia^r, über ben Sln^
fang ber Sannftreitigleiten ju SRenno« 3eit, über 2R.« Sibel, über feine ^orträt« u. f. \r).
finben fidjf in ben Bijdragen toertboHe Unterfud^ungen ©.«. Der ©treit jtüifc^en ben
26glämifd^en unb ^efifd^en aRennomten, toelc^er 1566 feinen 2lnfang na^m, eine ungemein
toertoicfelte ®efc^i^te, ift bon ©. jum erftenmal ju bouer RIarl(;eit gebrad^t. Daran reil^en
f\d) eine mennonitifc^e Äir^enorbnung bon 1581, bon ©. au« einem 3Kffrpt. im 2lmfter=
bamer Slrc^ib l^erauigegeben ; ein unebierter SBrief 3Renno«; eine furje um 1617 berf afete
Gl^ronif; eine ®efc^i^te ber SRärt^rerbüd^er (leiber unboHenbet), ber ftirc^enlieber unter
30 ben aWennoniten, ber S3ejie^ungen jtoifc^en ben SMennoniten in §oflanb, bejonber« aber
in ßrefelb, unb ber erften beutf(^en 2lu«n)anberung nac^ ^ßenni^Ibanien ; „Mennisten-
streken", toorin er nac^toeift toie ber Stuf ber iKennoniten in §oIlanb bom 16. ^cä^x-
l^unbert an, al« trieben fte bie SJorfic^tigfeit im Sieben bi« gur nur nic^t formellen Un^
toa^^eit, bal^er rü^rt, bafe einige (ober md) nur einige) au« il^nen bor ben 3»^<|wiption«s
85 gerieften ftc^ ober ben irrigen burc^ au«h)eic^enbe 9lnth)orten ba« Seben ju erholten fuc^ten.
Donn aufeerbem eine gro^e änjal^l Heinerer ^Rotigen au« bem ®ebiete bicfer ©efdj^id^te,
in toelc^er tool^l noc^ niemal« einer behKinbert getoefen ift toie er. Überbie« erhjarb er
pdjf ein nic^t geringe« 33erbienft um äffe ^orfd^er auf biefem ^Ibe burc^ bie iperau«gabe
be« Inventaris der archiefstukken, berustende bij de Ver. Doopsgezinde ge-
40 meente te Amsterdam, 2 ftarfe Sänbe. Die« ärd^ib fotoie bie SibUot|>ef berfelben
©emeinbe, jufammen bie toeitau« reidj^^altigfte ©ammlung bon Mennonitica, Anabap-
tistica unb Sertbanbtem, toelc^e überl^auj)t ejiftiert, l^at er me^r al« 30 ^ai}xt lang ber=
tpaltet unb, bom gntereffe ber aSorfte^er ber ©emeinbe unterftü^t, bie licbebottfte ©orgfalt
unb 3Kü^e auf beren SBereidSierung bertoanbt. ßr forgte bafür, bafe au« anberen ärd^iben
45 Slbfdjfriften bon Äriminal=9lften, ©riefe u. f. to. bem Slmfterbamer Strc^ib einberleibt tourben,
fd^rieb für ba«felbe eine 2lngal^l äßtenftüdfe ab, unb ^at fämtlic^e barin befinblic^e ^a=
l)iere unb öanbfdS^riften burd[>gelefen, fo bafj ber Inventaris bie :^n^alt«angabe faft jebe«
©tüdfe« bieten tonnte.
aOäa« bon ©.« ©efc^id^tc ber nieberlänbifc^en ^Reformation bi« 1531, toa« bon feinen
60 Seiträgen jur ©efc^id^te ber 3Rennoniten gilt, ba^ er, toeldj^er ftd^ eben fold^e noc^ toenig
burc^forfc^te ®ebiete hjä^lte, too $ionier«arbeit ju berric^ten tüax, bafelbft burd^ neue unb
intereffante ^^unbe unb Älarfteffungen bi« bal^in bunfler äbfc^nitte unfer SBiffcn bereid^ert
l^t ; ba«felbe gilt bom britten ©ebiete feiner gorfc^ungen. 6« umfafete bie« bie 8ron?niftcn,
bie in ^offanb angefiebelten englifd&en S"^^^"^^^^^'^^ ^^^ hjelc^en bie berül^mten Pil-
65 grimfathers l^erborgingen. 3*^ar l^atte bie Siebe ber 3lmerilancr ju ben Segrünbem
il^rer 9lationalität unb i^rer „grei^eit", fotoie bie berbienftlic^en „SRebotution«fird5>en" 2Bein-
garten« bie Sebeutung biejer nac^ ßoffanb emigrierten ©emeinben unb be« S^^n Slobinfon,
il^re« ^aftoren in Seiben, J^erborgepoben, unb 33arcla^ l^atte (Inner lue a. s. f.) fd^on
bie Vermutung au«gefj)roc^en, befonber« in Slmfterbam, bei ben bort anfäjfigen 3»^^^<^"'
60 beuten fei ber ©c^lüffel jur Sluf^effung mand^c« nodjf unaufgellärtcn DunJel« in ben eng=
bf ^00)1 ©f^effer 347
lijd^n Diffentcrö bcr StcDoIution^^cit ju fud^cn: aber gerabc übet bo^ienige, it)a^ in
ätnflerbam bor ftc^ öegangen, toar man tro^ §anbur^ unb Weniger anberer nur f(^Ied^t
unterrid^tct. 3)a ^at©. in ben Verslagen der Kon. Akademie 1881 bic Oefc^ic^te biefer
Srotoniften, bcfonber^ bcrer in Slmflerbam enböiltig gefc^eben. ^l}x^ \ü}x feltenen unb
meift in ßnglonb jerftreuten %lvi^' unb ©treitfc^riften, feine J^orfd^ungen in ben 2lr(^iben 6
ber reformierten unb anberen Jtird^engemeinben in ämfterbam, bie au^ebreitete bon i^m
bewältigte Sitteratur unb feine grofee Äombination^gobe Ratten i^n bo^u in ftanb gefegt.
@d mac^t biefe ©ef(^i(^te ben ©inbrucf eineö enblofen SQäirriDarrö religiöfer ^ribats
meinungen unb ber berfc^iebenften Slnfic^ten über ©inrid^tung ber redjften ®emeinbe : jebod^
ging erft ou« bemfelben unter mand^erlei Ääm>)fen unb Spaltungen unb bem 33erf e^r mit lo
ben ^ollänbifc^en 3)iennoniten einmal ber ©laubc an bie böllige Trennung bon ©taot
unb Rir(^en al^ bon ®ott geboten für ©nglanb l^erbor, fobann 1640 ober 1641 bie nod^
ie|t fo fräftige Äirdj^engemeinfc^aft ber Saj)tiften. 3)ie« fül(;rte ©. i. 3- 1881 ^^^
um einige Söod^en nad^ SSoHenbung feiner ätrbeit feine SRefultate in ber mufterl^aften
3lrbeit ^eicterd: Congregationalism as seen in its Literature beftätigt ^u finben. i6
2)ie Srotoniften führten ©. auf bie ©efc^ic^te ber Untertauc^ung^taufe, tDel(^e er in
einer 3lbl(;anblung in benfelben Verslagen der Kon. Akademie 1882 bel^anbelte. 3)en
u. a. bon Srenner, ,,®efc^idSitl. ©arfteUung" 1818, gefammeltcn 3^wgniffen über bie noc^
im SDlittelolter üblid^e ^»"tnerfiongtaufe fügte er neue binju. Sefonber^ bem Sleformation«*
jeitalter toibmete er feine ätufmerffamJEeit unb toie« nac^, toie j. S. erft um 1530 in 3o
^Pommern unb Dänemari biefe ärt ju taufen bon ber S3efi)rengung^taufe berbrängt tourbe,
bie Untertaud^ung^taufe ßrtoad^fener aber ft)äteren Urft)rung^ fei. 3)iefelbe batiert bon
ben t)olnif(^en Unitariem, bon biefen ^aben bie SoHegianten (Rijnsburgers) in §ollanb
biefelbe entlel(;nt; t)on biefen l^intoieberum gelangte biefelbe 1640(1641) an eine ber eng«
lifc^en taufgefmnten ®emeinben unb berbreitete fid^ rafdjf unter benfelben, loeld^e bon ba 26
an eine neue, bon ben SRennoniten gefonberte Jtonfeffion, eben bie ber S3aj)tiften, bilbcn.
S)odS> fel^lt ber (Sebanle ber Untertaud^ung^taufe fdjion früJ^er unter ben ^oHänbifc^en SRens
noniten nidjft gänjlic^. — SQäa^ ©. I^ier an^ Sid^t brachte, ^at nic^t nur neben ben Sir«
beiten 3)e£ter^ u. a. bie ba))tiftifc^e Segenbe bon einer ununterbrod^enen ©ucceffion il^rer
Untertaud^ung^taufe feit ben 3li)ofteln in ber ÄirdSie unb fj)äter in ol« le^erifd^ berfdjirieenen ao
®emeinben grünblid^ jerftört (fo ba^ feitbem bie beften neueren ba))tiftifd^en Tutoren,
9letoman, Seaman u. f. U). biefelbe bertoerfen), fonbem auc^ ben rid^tigen l^iftorifc^en T^U
beftanb auf« genauefte flargefteUt.
SlUe biefe ^orfdjfungen brad^ten ©. in lebl^afte Äonefjjonbcnj unb freunbfd^ftlic^
33ejie](^ungen mit (Sele^rten auö ben berfd()iebenften Sänbem. ©^ feien nur ßorneliu« in 86
aRünd^en unb 9lipt)olb, ßban^ unb 35ejter, Slaufd^enbufc^ unb 5ßenn^t)a(fer angeführt, mit
Welchen le^teren il^n bie Unterftü^ung, loeld^^e er ben f^otfc^ungen ber Slmerüaner über bie
®efc|i(^te i^rer Später (in ©ermantoton u. f. to.) leiftete, berbanb. 2lber toie mandi^er
toiffenfd^aftlid^en arbeit in feiner ^eimat unb in anberen Sänbem fmb feine reichen Äennt^:
niffe, ift feine fclbft« imb neiblofe SereittoiDigfeitju Reifen ju ®ute gejfommen! 4o
3ur boDen SBürbigung ber Sebeutung, toelc^e ©. befa|, ift aber noc^ ein^ ju er*
iüälfinen. SBJar feit ttwa 1660 2lmfterbam bie 3)letroj)ole be« 2:äufertum«, —in einer be«
geifterten SReltorat^rebe l^at ©. 1885 feine geliebte ©tabt ate bie „^reno^joli^" unb„6leut^es
ro^jolie" be^ 17. Sabr^. gefeiert — fo bürfte ©. tool^l ate bie aud^ im 2lu^lanbe meift
befannte ^erfönlic^feit an^ biefer ©emeinfc^aft gelten. 6r toar berjenige, an toelc^en man 46
ftc^ bon allen Seiten toanbte, fei ^ um gefd^idjftlic^e ober fonftige 3tu«funft, ober ani)
too^l um Slat unb §ilfe ju erlangen, ^n ben nieberlänbifd^en ®emeinben aber na^m er
erft red^t eine fold^e centrale ©tellung ein. Sei bem böÜigen 3"i>^^"*>^ti^'"w^ ^^^
®emeinben, ben niemanb ftärfer ate ©. jeber 3lbfd^lpäd^ung gegenüber immer befürwortet
^at, ift il^re Sage biefelbe h)ic in allen Demofratien. 2Bo bie georbneten Organe jur ^Kad^t* so
au^^übung fel^lcn, regiert ber ©influ^ nidjft offizieller aber ba^u beanlagter unb befäl^gter
^ßerfönlid^Ieiten. 3" ^^ mennonitifd^en Äreifen tonnte biefer ßinflufe faum in befferen
§änbcn liegen ate in benen ®.g. 9Jid;t nur burd^ feine ©teDung ate Se^rer fämtlid^er
mennonitifc^en ^rebiger ober ate ftänbiger ©efretär ber Algemeene doopsgezinde So-
cieteit, fonbem burc^ feine feltenc Vertrautheit mit aDen 3lngelegen]^eiten ber ©emeinben, 66
feine Seutfcligleit, fein offene« D^r unb §erj für aDer, aller Slnliegen, fein gänjlid^e«
^intenanfe^en eiaener SKünfd^e unb ©^mj)atl^icn unb berftänbni^boDeiJ ©inge^en in bie
grofem unb bie f leinften ^ntereffen ber ©emeinfc^aft ; fonbem am meiften, n?eil i^n ebmf o
mafellofe Siec^tfd^affen^eit toie unbcbingte ^wberldffigteit auszeichneten, l^at er ftc^ biefe
©tellung erhjorbcn unb biefelbe ungeftört fid^ erl^alten. Einer bon benen, toeld^e el^rli(t;en eo
348 be ^O0p Sc^effer
©innc« unb bicberen Setragen« ftc^ boc^ äufierft feiten ge^en laffen; bei bencn oBe« |o
tüo^ ertoogen unb reiflich bebadjit ift bafe il^nen laum je ein SBort entf(^IiH)ft, für toeld^e«
fte nid^t tooUftänbig einfielen fönnen. @in SKann ntd^t bon bieten SBorten, umft(^ttg,
bi^toeilen tooifi allju umftc^tig, unb toelc^er nid^t fo balb in fein ^^nnere« blidfen liefe;
6 hoi) fül^lte man i^m an, bafe er mit ungetl^eiltem, bollem §erjen fid^ jeber $erfon unb
Bai^t h)ibmete, mit ber er ju tl^un l^atte. ®iner, auf toeldben man red^ncn fonnte; babei
immer ben ruhigen, too^lmeinenben, feinen Umgang^ton betoa^renb, nie ©treit |erau^
locfenb, nur anjicl^enb toirlenb. Sei bem allen h)ar er begabt mit einem ungemeinen
J)raftifd^en Drganifation«talent; nie anber« ate grünblic^, J)ünftli(^, aüer Dberfläd^lidfjfeit
10 entfd^ieben feinb : fo ift er 35ertrauen«mann getoorben unb geblieben, überall h)o nur feine
iKitarbeit in Slnfprud^ genommen tourbe; nid^t am toenigften felbftberftänblic^ in ben
jal^lreid[>en ^nftituten feiner Äird^engemeinfdi^aft. 3)reifeig ^a^xt ^at er in biefer bie ftärifte
®inh)irfung au^eübt. ©einem Sinfluffe unb feiner 9lnregung |ift bie Segrünbung mei^r
d« einer neuen ©emeinbe, ber Sau neuer Set- unb ^farr^öufer, befonberö auc^ bie be*
16 beutenbe 9lufbefferung ber ^rebi^ergel^^älter ju berbanfen. aiud^ ben unbebingten Slnfd^lufe
ber mennonitifc^en ^rebigerau^bilbung an ba« tl^eologifc^e ©tubium auf ben fianbe^uni^
berfttäten berbanit man in erfter Sinie feiner (Sinftd^t, feiner Sefttrtoortung, feinem (Sin*
fiel^en für ungefd^mälerte t^eologifc^e Sluöbilbun^ ber ^aftoren.
Sei allen biefen firc^lic^en Semül^ungen jeigte ©. fic^ aber ftet« erl^aben über jeben
20 ©eltengeift, gleic^toie aUcS ^ßarteitoefen i^m böuig fremb toar. 9iie l^at er berfuc^t, toeber
für feine tl(;eologifd^e SRidjftung nod^ im gntereffe feiner ©emeinfd^aft and) nur ben leifeften
©rudt auf anbere ju üben. Sielmel^r betl^ätigte er bei jeber ©elegenl^eit bie ffrujjulöfefte
©l^rd^t bor eine« jeben Selbftfiänbigleit. ,,greih)illig, nur freiwillig" foHte für jebermann
bie Sofung fein im religiöfen unb ftttti^en Seben. ©etoä^ren laffen, nie erjtoingen
26 ober gebieten ^at er getooHt. ®in irgenbtoie borgefd^riebene«, auf (Srunb fei e« au^ leifen
^toange« übernommene« ß^riftentum galt il^m al« ettoa« Unwahre«, unb Untoal^rl^aftig-
leit al« bie größte ©ünbe. @« mag bie« freilid^ mit feiner rul(;igen ^erfönlidjfteit au^
fommengel^angen l^aben, toeld^e mel^r anjog al« inH)onierte unb ber ba« begeifternoe,
entjünbenbe 5Calent !aum berlie^cn toar. Die g^age, ju toeld^er Äonfeffion einer gehörte,
80 ober toelc^e t^eologifd^en Snftd^ten er belannte, ob ^^Jroteftant ober ^n\>t ober Äat^olit,
lümmAte il^n gar nid^t, toeber in feinen ©^mj)at^ien noc^ in feinem Setragen ober
§anbeln anbem gegenüber. 6r l^at feine Äirc^engemeinfd^aft innig geliebt, ift aber nie
ber (Sefal^r berfaUen, fic^ ju gebärben, al« fei biefelbe , d^riftlid^er ober al« befi^e fte
im ©egenfa^ ju anberen Äonfeffionen „bie SBa^r^eit". @r ^ielt auf ein G^riftentum,
86 toobei jtoar jeber im eigenen Äreife bie meifte Sefriebigung erl^ielt, meiere« aber in ben
©d^eibetüänben jtoifd&en ben berfc^iebenen Äird^en ni(^t« religiöfe« fpürt, biefelben meift
!aum ftel^t, burd^ biefelben l^inburd^ blidt unb l^anbelt. Unb beffenungeadjftet ^at er,
toenn einer, feine firt^lid^en ©itten unb Drbnungen ^od^ge^alten. Unter allen anberen
entbedtte unb begrüßte er aber ani) freubig feine ©inne«berh)anbten. 3)ie« eben, meinte
40 er, fei ba« ec^t SMennonitifc^e, bie aSSeit^erjigleit unb grömmigleit 2)en(f« unb ®alenu«
3lbral^am«j«. 3)aju ba« anbere: eine ®ottc«furc^t, rein unb innig unb fräftig genug um
leiner Formulierungen, leiner ®ogmatif ju bebürfen, löwnjp« ju bulben. 3« ^^"^ bertrat
er ben liberalen, feingebilbeten, borfic^tigen l^oUänbifd^en 9Jcennoniten.
©. ift jeitleben« ein Sertreter ber freiftnnigen t^eologifdj^en Slic^tung geioefen, früher
46 ber „®roninger ©(^ule", in fl)äteren ^a^ren ber mobemen 2:i^eologie. ©tarf biblifd? gefärbt
blieb feine SRit^tung immer, unb befonberen (gifer anberen ©c^ulen gegenüber enthjidelte
er nie, toie benn jeber (gjtluftbi«mu« i^m grünbli(^ jutoiber h)ar. 6in« nur erregte nod^
ftörler feinen 2Biberh)illen : jebe 2lrt ^Jrömmigfeit, toelc^e e« liebt, in äufeeren gormen,
lauten Sieben, eifembem ^tnffax^U^tn, ^roteftieren unb Sefämjjfung anberer [x^ ju er^
w gießen, ©erabe ba« ©ntgegengefe^te toar e«, toa« er tooHte, unb in feinem ganjen fieben
betlS^ätigte. 3)en ©tauben, feine Überzeugungen unb ®otte«fur(^t, meinte er, folle ein
jeber in feinem 3""^^^^ füt [xd) tragen unb bebalten unb ^jflegen; ba« bleibe fein ®e=
l^eimni« unb ®otte« ®e^eimni« : h)e«^lb biefelben äufeem? 35e« 3Kenf(^en SBanbel ober,
fein ^nn unb Saffen, ba« unb ba« allein entjiel^t ftdjf bem Slidte unb be«l^alb auc^ bem
66 Urteile anberer nid^t. Danach beftimmen ftc^ bie Siebe unb ^oc^fc^ä^ung, bie toir bem
Släd^ften fc^ulbig fmb. ©. I^at toeber geglaubt, bafe anber« al« burdS) folibe« Söiffen unb
tüchtige 3lrbeit eine n)irfli(^e Überzeugung getoonnen toerben lönm, xxod} an einen anberen
SBeg uir l^öd^ften SBei«^eit al« ben ber 3)emut, ber SBa^r^aftigfeit unb ber Dienftfertigleit
jum Seften anberer.
60 ©0 Ih^ er fein ebenfo für Siele fegen«reid^e« toie gefegnete« Seben beriebt, in glüdfs
bf ^00p Sf^effer ^ooptt 349
liefen ^milicnberl^ältnijlcn; ein rüffiger 2lrbciter, ber fein toirUame« 3"^^r# für
©emeinben, SBifjenfc^aft, Station mq bann noc^ betoal^rtc, nadjfbem er bem nieberlänbis
fc^en ®efe^ aemä^ im Sßter bon 70 ^af)xm feine ^ßrofeffur |atte nieberlegen muffen.
®r blieb in Slmfterbam too^nen, unb ftarb bafelbft am 31. ^ejember 1893, bon %tm
unb Äinbem unb ej^emoligen ©d^ülem tief betrauert, toegen feiner grünbli^en SBiffenfc^ft 6
unb reichen Äenntniffe l)oi)\)ttü}vt, unter ben ^oHänbifc^en 9Rennoniten toie tool^I lein
anberer geliebt, au^erl(;alb ber eigenen ©emeinfc^aft unb aud^ im 2lu^lanbe mit Slet^t
einer i^er am meiften belannten vlamta, ®» (S^ramer.
$oo)ier, S^Mf Ö^P- 1555. — 3Bcbcr, ®e|c^i(^te ber afatl^ol. S^lr^en unb @c!tcn in
®ro6britannien II, 6. 106 ff. Dictionary of National Biography, 27. ©b 1891, @.304ff., lo
wo meitere fiitteraturangaben.
So^n ^oojjer (au(^ §oJ)er unb §ouj)er), ber 9lnfänger ber J)uritanifd[>en Setoegung
in ®nglanb, ift gegen Snbe be^ 15. ^la^rJ^unbertö in ©omerfetflj^ire geboren, ftubierte eine
3eit lang in Orforb unb na^m unter bem ßinflu^ ber Schriften S^inali^g unb SuHingerö
frü^e bie ©runbf ö^e ber JHeformation an ; umfonft fuc^te ©arbiner i^n babon abtoenbig is
in machen ; tomn fc^on baburc^ unter §einric^ VIII. feine Sage bebenllicb tourbe, toud^
bie ®efal^r, al^ bie \^ Slrtifel erfd^ienen, innerhalb beren ©^^ranfen ber Äönig bie Ste^
formation feftjul^alten fuc^te. ©^ tourbe il^m bereit« ate einem gefäl^rlid^en emj)örer nac^«
gefpürt; aber er entlam 1539 berf leibet nad^ granfreid^, bon ba in bie ©d^toeij. §ier
trat er ^au^tfäc^lid^ mit bem Stntifte« SuDinger in freunbWaftlic^en 33erlel(;r unb toib^ ao
mete fic^ mit aller Äraft ber ©eele bem ©tubium ber 2;i^eologie unb ber alten ©Jjrac^en,
bejonber« ber ^ebräifc^en. ^m 3Kai 1549 fe^rte er na^ Snglanb jurüdf. 3Kit SuHinger
blieb er in brieflicher SSerbinbung. SKerltoürbig ift befonber« ber Srief, toorin er ipm
melbet, bafe ßranmer unb anbcre Sifd^öfe mit ben l^elbetifd^en Äirc^en in allen Dingen
einberftanben feien. @r tourbe nun Ha))lan bei bem ^roteftor ©omerfet unb geluann 26
balb burc^ feine berbe 33efömj)fung ber lat^olifd^en Seigre grofee« 2lnfe^en unb in feinen
^ßrebigten gewaltigen S^lan^ ; nä^ft Satimer toar er ber beliebtefte ^rebiger. 6r betoirfte
bamalg au^, bafe Sonner feine ©teile berlor. ®raf SBartoidt berjc^affte xi}m 1550 ba«
33i«tum ©loccfter. aSor ber Äonfeftation erl^ob er ©d^toierigfeiten, worin ftc^ feine Dppo^
fxtion gegen bie ärt ber S)urc^fül(;rung ber 9lef ormation hinb gab unb toeld^e beinal^e bie ao
Ronfefration hintertrieben l^ätten. 6r Weigerte Rd^ nämlic^, ben bifc^öflid^cn Ornat anju-
jiel^en, bem 3Ketroj)oliten ben borgefc^riebenen fanonifd^en @ib }u leiften unb au^er ber
|eil. ©c^ft irgenb eine lirc^lic^e Autorität anjuerfennen. ßranmer fudi^te bergeben«. i^m
feine ©lrut)el ju nej^men. SBarWidt bat ßranmer um 9lac^giebigfeit, oHein biefer lonnte
nidjft nad^geben, Weil er fonft in Wid&tigen 3)ingen ben römif(^ gefmnten Prälaten l^ätte 86
Äonjeffionen machen muffen. 2)ennod^ Wollte er nid^t fogleic^ ^oojjer« Ronfefration auf=
geben, er forberte ba« ®uta(^ten Su^er«, bamal« ^rofeffor« in ßambribge, unb ^eter
5Dlart^r«, ^rofeffor in Orforb. ^m^ erflärte ftc^ im allgemeinen gegen ben bifc^öflid^en
Ornat al« ben Slberglaubcn beförbemb, meinte aber, ba^ §ooj)er il^n nic^t bon fid^ Weifen
folle, ba er gefe^lic^ eingeführt unb ben Steinen aDe« rein fei. ^n bemfelben ©inne \pxai) 40
iKart^r. §oo^)er aber lie^ fic^ baburc^ nic^t umftimmen, rechtfertigte feinen SSJiberftanb in
einer eigenen ©c^rift, bie er fein ®lauben«befenntni« nannte, unb brachte burc^ eifrige« 5ßre*
bigen gegen bie Orbination unb bifdjföflic^e Äleibung unrul^ige Bewegungen unter bem
aSolIe ^erbor. 9lun übergab il^n ber gel^eime 9lat ber 9lufftc^t ßranmer«; ol« auc^ bie«
nic^t« fruchtete, Würbe er gefänglich eingejogen. ^m ®efängni« Würbe fein ©inn er« 46
Weicht, c« lam burc^ gegenfeitige Äonjeffionen ein SSergleic^ ju ftanbe. iQooptt leiftete ben
etwa« umgeftalteten 6ib, jjrebigte bor bem Äönig im bifd^öflid^en C^at, burfte aber
fortan ftc^ ber 3lnlegung be«felben entbalten, au^er. Wenn er bor bem Könige ober in
feiner Äatl^ebrale ober bei einer feierlichen ®elegen^eit ju funftionieren l^atte. ©0 Würbe
er enblic^ 8. SRärj 1551 lonfefriert unb erhielt balb burc^ bie Sereinigung ber beiben 60
33i«tümer bon ®locefter unb SBorceftcr einen ^utoai)^ an ®efc^äften, aber nidjft an ®es
^alt. ©eine I^ätigfeit unb ©orgfalt al« ^rebiger, ©eelforger unb Sluffe^er über bie
©c^ulen Werben fe^r gerühmt; nid^t minber gro^ War feine Unerfdjfrodtenl^eit in $anbs
Labung ber Äirc|enjud9t, foWeit biefe bei ber mangelhaften ßinridjftung möglich War.
6r erlitt einft t^ätlic^e ^Kife^anblung bon ber §anb eine« 2lbeligen, ben er Wegen S^e* 66
bruc^« bor fein geiftlic^e« ®erid^t gelaben unb bem er einen tüdjftigen SerWei« gegeben.
§oo)3er ftarb auf bem ©dj^eiter^aufen, eine« ber bielen Oj)fer ber fatJ^^olifc^en SRe«
aftion unter SKoria iubor, 1555. ©eine Wid^tigften ©d^riften fmb Dict. of Nat. Biogr.
a. a. O. ©. 306 berjeidjfnet. -^erjog f.
350 ^oontbeel $o)iltti9
^oorilbeef, go^anne^, gcft. 1(566. — Vita ab amico (^au. Stuart, ^rof. in
iJciben) edita, ^üornbcefö iBiicft de conversione Iiidorum et Gentilium. ^Inifterbani 1669,
öorgebrucft, cycerpicrt bei Bayle, dict. bist. S3b II; A. J. van der Aa, Biographisch
Woordenboek der Nederlanden, ^oarlcm 1852 ff. VIII, 2. p. 1230 ff , luofclbft üoQftSnbigc
6 öibIiogrQpt)ie ; ®^r. @epp, Hed jgodgeleerd onderwijs in Nederland, iieibeu 1874.
§oornbecf tourbe am 4. 9cot)embcr 1617 ^u $aarlcm geboren, ate ©o^n einer um
be« ©lauben^ toiUen ou^ glonbcm auögetoanberten gamilie. ©r ftubierte ju Seiben unb
Utrecht, tourbe 1639 $rebiger einer ©emcinbe unter bemÄreuj guiKül^cim a. 91^., 1644
5Brofeffor ber Xl^eologie m Utrei^t, 1645 jugleidjf ^ßrebiger ba|elbft. ^ier n?irftc er in
10 (lintrac^t mit feinem Se^rer Soetiu«. 3"^ 3^^^« 1^54 an bie Uniüerfität Seiben über^
gejtebelt, tourbe er jum tl^eologifc^en §auj)tgegner feiner ÄoHegen ßocceju^ unb §eibanu^.
6r ftorb bereite am 1. ®e))tember 1666. §oombeef ftellt bcn %\)pu^ eine^ ort^obojen
nieberlänbifd^en 3^l^eologen bar: mit au^ebe^nter ©ele^amleit unb fc^olaftifdj^er 3)le=
t^obe bcrbinbet er ben lebhafteren Sifer für bie praxis pietatis im Scben beö ©Triften
16 unb ber Äirc^e. 3)ie SBeife biefe« t^eologifc^en 33etriebe^ erlennen toir au« feinen me^r-
fachen 2lu%rac^en über bie t^eologifdjfe Silbung (Oratio inaug. de studio SS. theolo-
giae. Ultraj. 1644, auc^ Francof. ad Viadr. 1697, bgl. bie praefatio ber Institu-
tiones) : auf ba« ©^riftftubium folgen bie bogmatifdjfen institutiones, bann bie contro-
versiae, enblid^ ba^ practicum vitae et regiminis b. l}. @t^it unb jlirc^enred^t. Der
20 l^iftorifc^ fej^r intereffterte ^oornbeef fügte biefem (Sebäube jule^t noc^ ba^ historicum
äufeerlic^^ ^inju. 3Son biefen gäd^em ^at er mel^rere in größeren Se^rbüc^em bc^anbelt.
(Seine Institutiones theologicae ex optimis auctoribus concinnatae (Ultraj. 165:3/
Lugd. Bat. 1658) fmb eine l^iftorifc^e Dogmatil, in toelc^er praeter ordinem et
ßummaria bem 2lutor nic^t^ angehört : er ejcerj)iert ju jebem ©a^e aufecr bcn Slefor-
25 matoren übertoiegenb bie ortl^obojen 5Jicberlänber ®omaru^, 9Raccobiu^, Soetiu^ u. a.
Denn er glaubte imOegenfa^e ju ben ßoccejanifc^en Steuerungen, omnia tarn bene et
copiose a prioribus dicta esse, ut raro a posterioribus melius, unb fc^eute ftd^,
Don ber bod^ ^^^ ^^ 33i^^l ftimmenbcn lird^lic^en 2:rabition abxutoeic^en (bgl. 93b IV,
©. 189, 7). ^m einzelnen ift §oombeef gegen bie ßoccejanifc^e äluflöfung be^ Bahbaily-
»gebotet aufgetreten (togl. 33b IV, ©. 192, 4o): De observando a Christianis prae-
cepto Decalogi quarto. Lugd. Bat. 1659 u. a. ©c^riften. Dabei gereidj^^ ^^ '^"^
jur 6^re, bafe er über bem ©treit bie ^IJflic^t be^ Jrieben^ nic^t toergeffen j^at. ©ein
Irenicum sive de studio pacis et concordiae liefert ein leuc^tenbeö 93eijpicl dj^rift^
lid^en ©innc^, inbem e^ u. a. an ben geläufigften cartefianifd^en unb coccejanifc^en ©treit=
86 fragen jeigt, h)ie ber t^eologifdjfe Diffen^ bie innere ßintrac^t nic^t aufgeben mufe. Diefe
9(^|anblung erfd^ien al^ Slnl^ang ber jtpeibönbigen Theologia practica, Lugd. Bat.
1663 (audi^ Traj. 1689, Francof. 1698), toeld^e bem gefamten Stoffe ber ^riftlic^cn
Se^re bie et^ifc^en S3^ie|^ungen abgewinnt unb ben Sieblingöfa^ §oombeefö unb ber bon
^m vertretenen ^l^eologie (bgl. auc^ 93b I ©. 449,6) betDÖ^rt: theologia tota nisi
40 practica est. Die meiften unter $oombeefö ja^lreic^en ©c^riften fmb ben Äontroberfen
im toeiteften ©inne getoibmet, ber 33erteibigung be^ ortl^oboj=reformiertcn Äirc^enhjefen^.
SSerü^mt iourbe fein ftattlid^e^ i{onH)enbium : Summa controversiarum religionis ;
cum infidelibus (Gentilibus, Judaeis, Muhammedanis), haereticis (Papistis,
Anabaptistis, Enthusiastis et Libertinis, Socinianis), schismaticis (Remon-
46 strantibus, Lutheranis, Brouwnistis, Graecis), Traj. 1653. 1658. Colbergae
1676. Francof. 1697. Unter ben ©injelarbeiten auf biefem ©ebietc ragt ioegen be^ nod)
beute brauchbaren l(;iftorifc^en SKateriol^ ber breibänbige Socinianismus confutatus
^erbor. Ultraj. 1650—64. Sin einfeitiger ^olemiler ift jebod^ ^oornbeef nid^t getocfen.
©eine Dissertatio de consociatione evangelica Reformatorum et Augustanae
60 confessionis, sive de colloquio Casselano (3lmft. 1663) iüurbe bon Stbr. 6alot} mit
einer H^igen Aoxiuaola spiritus syncretistici (Witteb. 1667) beantwortet.
@. %. ^arl mmtx.
^opffva, aijjrie« f. tg^jjten 33bl ©. 215,i6ff.
^o^iital, SK. be 2' f- 2'§öt)ital.
55 fio^ifiiie, ©amuel, geft. 1803, fi>o)ilitt{tattcr. — ^lutobiograp^ie in ber ©efamt*
auSgaDc feiner ©crfe. SebenSabriJ t)on ^rof. ^arf in 9lnbouer al§ (Jinlcitunfl in bie ®c*
famtaufiigabe ber ©crfc ^ ä, 1852. Memoir of the Life and Character of Rcv. Samuel
Hopkins, D. D. formerly pastor of the first Gongregational Church in Ncw|3ort, Rhode
^opHn» 361
Ilauds. With an ap[)ondix. By John Ferguson, pastor of the East C^hurch in Attlebo-
Fough, Mass., Boston, W. KimbaLL 1830.
©amuel §o^fin« tourbc am Sonntag bcn 17. ©e^jtember 1721 in SQBaterburV,
6onn., geboren, ©ein ©ro^bater toar au« (Snglanb eingetoonbert; unter ben bier ©öl^nen
feine« 3Jater« 2;imotl^^ toar ©amuel 6. ber jtoeitältefte. S3Beil er an einem ©onntag 5
geboren toar, beftimmte i^n fein 3Jater jum „Sabbath day man". 6r l^atte eine fon«
nige Sugenb, toar fleißig, gläubig, geachtet; be^üglid^ unfid^tbarer 35inge toar er böDig
forgio«. 35urci^ fleißige« Sibellefen lourbe in bem Sierje^njä^rigen ber 35rang jum
©tubium geloedft. Slac^bem er eine 3^'^ "^'^9 bon einem ^rebiger unterrichtet toorben
toar, trat er im ©e))tember 1737 in« f)ale ßouege ein, h)o er ben (Sinbrud eine« fel^r lo
frommen Jüngling« machte, ©eine grömmigfeit toar aber nur eine äußere, er loar in
bem 3^""^^ befangen, al« beftel^e alle Sieligion in ÜJloralität. ®ine gro^e religiöfe @rs
toecfung, toeld^e fid^ fotoo^l in feiner §eimat al« in ?)ale bamal« er^ob, blieb nid^t ol^ne
(Sinbrud auf il^n, bod^ fam feine SSefe^rung ju toal^rer $er5en«frömmigleit erft gu ftanbe,
al« er ftd^ im §aufe Sonat^an ebtoarb« (f. b. 31. Sb V ©. 171) in 5Kort^^amj)ton ©tu= 15
bium« falber auffielt, unb gtoar toar e« grau (Sbtoarb«, bie befonberen (Sinflufe auf ben
jungen §. übte. Sil« er felbft befel^rt toar, bcrlangte er ©eiftlid^er ju toerben. 2lm
29. aiprit 1742 erhielt er bie 2l})^robation. 35oci^ befam er nic^t fofort eine ©emeinbe.
35ie erfte an i^n erge^enbe Berufung lehnte er ab, toeil ber SSefd^lu^ nic^t einftimmig
toar. ^m ^a^xz 1743 tourbe er in ®reat Sarrington einftimmig getoä^lt. 3)ort ber« 20
heiratete er fic^ 1748 mit ^ol^anna S^Ö^^" ""^ tan^t fidjf ein .öau« unb ein Sanbgut.
Unter großer ©elbfttoerleugnung arbeitete er unter ben religio« gleic^giltiaen SSetooi^nem
mit Keinem ©e^alt faft 26 ^a^re lang. Ginige ^af)xt nad) feinem Slunug in ®reat
Sarrington erl^ielt er eine Berufung nad) bem in ber 3läf)t gelegenen ©tocfit>ribge. 3)iefem
9lufe leiftete er felbft nid^t golge, em^fa^l aber an feiner ©teile 3;onat^an ©btoarb« unb 25
^atte bie ^eube, biefen feinen bere^rten Seigrer unb ^eunb fed^« Igal^re lang al« nol^fen
9lac^bar ju ^aben. Sil« ®btoarb« furj nac^ feiner Entfernung bon bort al« ^ßräfibent
be« College of Sieto 3^f^ ^^ ^rinceton infolge ber Slattem geftorben toar, tourben bie
3Wanuffri^te be« SSeretoigten auf feinen bei Sebjeiten geäußerten SBunfd^ an §. übergeben,
ber auf ©runb berfelbeix eine Siogrop^ie (gbtoarb« berfafete. Sil« er ^örte, ba| Igonatl^an 90
ßbtoarb« ber 3lüngere in ©efai^r ftanb, fid^ ju einem ®egner ber Seigren feine« SBater«
m enttoidfeln, berief er i^n ju [id), einen aSBinter bei i^m jugubringen unb bie bäterlid^en
uRanuffri^te burd^uigel^en. 3lm (änbe be« SBinter« toar ^onat^an öbtoarb« ber gün^ere
für feine« 9?ater« Seigren toiebergetoonnen unb tourbe f})äter einer ber fä^igften SSerteibiger
berfelben. 85
35ie 3:^ätigfeit $.« in ®reat Sarrington lam im gal^re 1769 gu einem ^lö^lid^en
unb ärgerlichen Slbfd^luffe baburd^, ba| eine 3lnjal^l ber ®emeinbeglieber il^re Beiträge
fünbeten, unb bie ®emeinbe infolge beffen außer ©tanbe foax, ba« ®el^alt ferner gu be«
gal^len.
änfang 3uli 1769 toarb §. jur ^robe^^rebigt nac^ ^RetoJ^ort, 91. g., berufen. 3)ort40
arbeitete er na^e an brei SSierteljabre, bi« er cnblid^ am 11. 3lpxxi 1770 jum ^ßaftor er*
toä^lt tourbe. Sebeutenber 3Biberftanb l^atte fic^ gegen 'xf)n erhoben; breimalige SBa^l
mußte ftattfinben, bie le^te fiel na^egu einftimmig ju feinen ®unften au«. 2lud^ biefe
©emeinbe toar Hein, unter §.« treuer 2lrbeit fam fie empor. Sr ^ielt außer ben reael«
mäßigen ®otte«bienften nod^ befonbere SSerfammlungen in feinem §aufe ab, in loeld^en 46
er fragen ftellte, ben shorter catechism erflärte, bie biblifd^e ®efd^id^te erjäl^lte. Slud^
regte er bie ®otte«bienftbefud^er an, g^agen bei i^m einjureicl^en betreffenb ©d^riftftetten
ober Se^ren. einer ber fleißigften Sefuc^er biefer Serfammlungen fagte: „§. toar immer
bereit, gerabe fold^e 3lnth)orten ju geben, toeld^e bie ^d^t langer unb eingel^enber Über«
legung gu fein fc^ienen." ©eine ®emeinbe trug er treulid^ auf betenbem §ergen, inbem so
er geitentoeife jebe« einzelne ®lieb toom älteften bi« jum jünaften bem $erren befal^l.
(Sinen großen ^^eit feiner 3lrbeit«fraft l^at §. ber Befreiung ber Slegerfllaben ge«
toibmet. Sil« er nocl) in ®reat Sarrington Wax, l^ielt er felbft einen ©Haben. 3(1« er
md) 9Jeto})ort fam, l}atU er i^n aber fd^on berfauft. ^n biefer ©tabt, al« einem be»
beutenben §afenj)la^e, toar ber ©flabenl^anbel in l^o^er Slüte, unb faum eine ^Jamilie 55
toar o^ne ©flat)e. 3)a« Unrecht biefe« Ser^ältniffe« fam bem 3)r. §opfin« erft bort in
ben ©inn. ©r fa^ ben ©flat)en^anbel unb ba« ©flabenl^alten al« Slmerifa« ^Rational»
ftinben an, für h)elc^e aud^ nationale Süße get^an toerben follte. Sil« folc^e fd^ien ü^m
bie« am geeignetften, baß befreite 5Kegerfflat)en im ß^riftentume unterliefen unb al«
SWiffionare in i^re afrifanifc^e §eimat gefanbt Würben. 3Jlit einer ^ßrebigt gegen ba« co
352 ^opnn»
jQaltm t>on ©Haben f)atU er in ieiner ©emeinbe ben mcrfhjürbigen unb il^m fclbft un=
erwarteten ©rfolg, ba^ bie Seute [id) h)unberten, bie ©ac^e nod^ nic^t in biefem Sichte
betradjftet nu ^aben, unb bcfc^loffen, bafe ©flabenl^anbel unb ©flat)erei al^ bem (St)ange=
lium toiberf^red^enb nid^t me^r in ber ©emeinbe gebulbet Werben foUe. 6r lie^ xWei
6 öffenttid^e Slufrufe ergel^en, um ba« amerifanifc^e S}olf m beranlaffen, jur greifaufunö
unb äu^bilbung bon ©Hat)en ©elbmittel aufjubringen. Stud^ an ben Äongrefe ber 3Ser=
einigten ©taaten rid^tete er im ^ai)xt ber Unab^ängigfeit^erflärung eine äbrefle, in
toel^er er an bie (SrHärung beg Äongreffe^, ba^ aÖe ÜRenfd^en frei unb gleich geboren
feien, erinnerte unb e^ al^ barau« refultierenbe ^flic^t ber amerifanifd^en &aaUn bar^
10 ftellte, bie ©Haben ju befreien. (Sr grünbete einen aKiffion^berein in 5Jeh)j)ort unb bifoete
felbft mel^rere fromme Slfrifaner l^eran, bamit fie al^ 3Kiffionare nad^ äfrifa ge^en foUten.
®en Äauf})rei^, ben er für feinen frül[>eren ©Haben erl^alten l^atte, reid^te er alö crfte
®abe bar für biefen 3^^f ^'^ ^ überl^aupt äu^erft freigebig beifteuerte.
Seiber fonnte er feine ^läne nidjft in (Srfüflung ge^en fe^en. 3)er Ärieg jerftörte
16 il^m aBe^. 3)ie frommen Sieger Würben au« U)xm ©tubien geriffen, ^. felbft mu|te axx^
ber ©tabt fliel^en, afö biefe im ^af)xt 1776 bon ben (Snglänbem eingenommen unb be^
fe$t Würbe. ®rei ^aÜ^xt lang lebte er nun in ber Verbannung, armen ©emeinben an
borfc^iebenen 5ßlö$en ba^ (Sbangelium ^rebigenb. Site er nad^ Beigabe ber ©tabt nac^
9leW})ort jurüdfe^rte, fanb er traurige 3wf^ö"^^ ^or. 3)ie Äird^e, bie aU ©olbatenbarade
20 gebient l^atte, War ^eruntergefommen, Stangel unb SSänfe jerftört, bie ©locfe nac^ ©ng^
lanb Weggefül^rt, bie ©emeinbeglieber aber Waren jum 2;eil aeftorben unb bergogen, bie
noc^f bor^anbenen fo berarmt, ba^ fie nid^t^ me^r für bie Äird^e beitragen fonnten. irol«
bem, ba^ §. alfo feinen ©e^alt erwarten fonnte unb obwohl er gerabe in jener ^cxi
eine Berufung an eine blül^enbe ©emeinbe erl[>ielt, blieb er in 9{eW^ort unb arbeitete bi^
26 an fein Seben^enbe an feiner ®emeinbe, o^ne jemals wieber regelmäßigen ©e^alt ju be-
jiel^en, auf Wöd^entlic^e Siebe^aben unb fonftige ©ef^^enfe angewiefen.
3m ^al}x^ 1793 ftarb feine ©attin, 1794 ging er eine jWeite 6^e ein mit (Slifa^
beti^ SSeft ^m ^aÜ^xt 1799 traf i^n ein ©c^laaanfaU, bon bem er fic^ aber Wieber
erl^olte. Slm 20. 3)ejember 1803 ftarb er nad^ fcpWerem 2obe«fam^fe.
80 §. War außerorbentlic^ tl^ätig. 6r ftubierte oft bierje^n bi^ f^d^je^n ©tunben an
einem 2^ge. Saf)lxÄ6)t ©d^riften finb bie %xui)t feine« gleißet. 3)ie Wic^tigften finb:
„Memoir of President Edwards" 1759 ober 1760.
„An inquiry concerning the promises of the gospel; whether any of
them are made to the exercises and doings of persons in an unregeneraie
86 State. Containing remarks on two sermons published by Dr. Mayhew of
Boston. 1765. Tlat)f)eto l^atte beWeifen Wollen, bafe SSer^eifeungen für bie ©ebcte unb
Semüi^ungen ber UnWiebergeborenen gegeben feien. $. Witt bagegen beWeifen, baji ber
©ünber bor ber SSefe^rung mit feiner ©ute^ber^eißung begnabigt toerbe, unb baft er,
anftatt ermahnt ju werben, Stnftrengungen ju machen, ju lefen unb um Suj^e ju beten,
40 aufgeforbert Werben folle, Sufee ju tl^un unb bie erften SBerfe ju boDbringen.
„The true state and character of the unregenerate, stripped of all mis-
representations and disguise'^ 1769.
„An inquiry into the nature of true holiness, with an appendix." 1773.
©egen ein gegen @bWarb^ gerid^tete« ©d^riftd^en.
46 „A dialogue concerning the slavery of the Africans, shewing it to be
the duty and interest of the American States to emancipate all their African
slaves." 1776. 3)em Äontinentalfongrefe gewibmet.
„An inquiry concerning the future state of those, who die in their
sins." 1783.
60 ©ein §auptWerf, an Weldj^em er ge^n ;5a^re lang gearbeitet l)ai, ift: „System of
doctrines contained in divine revelation, explained and defended, shewing
their consistency and connection with each other." Sln^ang: „A treatise on
the Millenium." 2 »änbe, 1244 ©eiten. @rfte Auflage 1793, gWeite aufläge 1811.
1795 unb 1799 fd^rieb er feine ÜJlemoiren.
66 (Sine ©efamtau^abe feiner SBerfe erfdjfien 1852 in Softon mit einem Slbrife feine«
Seben« bon 5ßrofeffor ^ßarf in 3lnbober.
©eine l^aubtfäd^lic^ften Sel^rfö^e fmb folgenbe:
1. ©Ott ift bie Wirfenbe Ui^ac^e oBer SBillen^t^ätigfeit be« mcnfc^lid^en §erjen«,
fei biefe gut ober übel.
60 2. ®ie ©4fulb ber erften ©ünbe 3lbam« liegt auf 9lbam allein: ftttlid^e 'iserberbni«
^o)iItttd $or(tttd 353
befielt au^fd^üe^lidjf in bcm aBibertoiUcn, ben ba« mcnfd^Kc^c ^crj bctocift gegen bie 2lu«=
Übung bef(en, toa^ e^ t^atfäd^Uc^ unb böQtg fö^tg h^äre; )u t>oIIbringen.
3. äÜe 3^ugenb ober toa^rbaftc ^eiligfeit beftel^t in einem uneigennü^igen ®ute^
tooHen (disinterested benevolence).
4. 3HIc ©ünbe beftel^t in (Sigennu^ (selfishness). 2lu4f bie ©elbftliebe, h)eld(>e ben 6
5IRenfc^en anleitet, bie ©orge für baö etoige §eil feiner ©eelc feine bome^mfte ©orge
fein gu laffen, toirb aU fünbig berbammt.
5. SSerfö^nung unb Sriöfung fmb grunbfä^lic^ berfc^ieben; bie erftere öffnet bie
^Pforte ber ®nabe, bie le^tere t)ermittelt (applies) g^rifti §etÖtool^ltl^aten ben (Sinjelnen.
6. SBirffame Berufung befte^t in einer bon ®ott in bem .H^erjen be^ ©ünbcr^ ge^ lo
hjirften SffiiHigfeit, fic^ retten ju laffen.
7. Obtoo^I (S^riftt ®erec^tig!eit ber alleinige ®runb ber Sled^tfertigung be^ ©ünberg
ift, fo tüirb bodjf biefe ®ereci^tig!eit nic^t übertragen (imputed).
8. SBu^e ift jeitlidjj früher aU bie Setbötigung be^ ®laubeng an Gl^riftum.
„.Öo^fin^ianer" ^ei^en biejenigen, iDeld^e bie tl^eologifc^en Se^rmeinungen be^ 3)r. ^. i6
annel^men. ©ie bilben burc^au^ feine bcfonbere ©ehe, fonbem finb jal^lreic^f in allen
calbinifc^en Äirc^en ämerifa«, ©ie f^alten bie meiften cabinifdjfen Seigren in il^rer ej«
tremften %oxm, bertoerfen aber tjöllig atte £el[>ren t>on ^ux^nunQ (Imputation), fei e«
ber ©ünbe 2lbam«, fei e« be« SSerbienfte« S^riftt. Ji. »rctibel.
Horae canonicae f. Sb III ©. 393,35, 6i ff. 20
^orbini^^ S^^ann $cinrid), geft. 1695. — ßitterotur: 30^. Dotter! Cim-
bria litteratall, 6.355—372; 3)?Qj:®öbel, ®cf*i*te be« ^riftlic^eu ßebcnS in ber r^einif**
roeftptjoIiWen cüangclifc^en ^ircfte, «anb 2, Äoblcnj 1852, @. 591-615; ^ 3. 3B. 3BoIlcr8,
S)er .&orbi{d)e C)anbcl, in: 4)Qmbur0 üor 200 Sauren, 4)Qmburö 1892, @.161ff.; ?lb©13.©b,
(5. 12UR; 3o&- öJeffcfen, Sodann ©incffcr unb bie ^amburgifci&e Äircbc feiner ßeit. Hamburg 25
1861. S4gl. andi bie 3JiitteiIunaen, meiere ©effcfen ouS einer glfi^ieitigen IjQnbfcftriftlicIftcn
e^ronif in ber Scitjc^rift beö 33ereinS für l}Qinburgifcftc ®cfcöid)tc, ©b 3, @, 597 ff., t)Qt ob^
brucfcn loffen. $)QUptqueOc für bie ®cfd)icöte beS ^orbiuSfc^en (Streite» in 4)Qmburg finb bie
jQ^Ircicften bomolö erf(l)icnenen 6treitfd)riften, bie aber natürli^ fel)r üorfiitig bcnu^t «»er=
ben muffen; umfangreiche Sammlungen bcrfelben befinben fidft auf ben öffentlichen ©ibiio* so
treten ^amburg^ unb auc^ uielfac^ in ^rtt^atbefit^ bafelbft. ^ie Schriften ^orbiud' tuerben
Qu6er bei 'äJlolIer im ficjifon ber r)amb. ©cbriftftcfler, 93anb III, 8. 357 ff. aufgeführt. —
lieber bie Ä?ont)entifeI, ujelcfte ßange unb ß^Öer in 4)amburg hielten, ügl. (Srbm. ^einr. öJrof
^en^el, 2)ie legten ©tunben einiger . . . fclig in bem ^errn uerftorbcnen ^erfonen, Xeil III
(2. 9(ufl.), C>ane 1726, 6. 103 ff. — 3n griebricft 3acob§ (Srjäljlungcn G. S3änbcben, Scipjig .35
1828, ©. 1--94, bcfinbet fid) unter bem Xitcl „^ic Älug^eit ber ^ered^ten" eine nooeflen*
artige ©r^fttifung, in melcfter ber 4'>orbiu3*'3D'ial)crJc^e (Streit bargefteOt wirb.
3o^ann ^einric^ §orb ober §orbe, getoö^nlid^ §orbiu^ genannt, ©c^üler, ^eunb
unb (Sc^mager ©j)ener^, tourbe am 11. 3i"^i 1^^^ 5" ßolmar im ©Ifafe geboren, h)0
fein äJater Slrjt iDar, unb fc^on in frü^efter gugenb jum geiftlic^en (Staube beftimmt. io
3Som ^al}xt 1661 an ftubierte er m ©trafeburg, Wo ^ol^ann Konrab 2)ann^auer (geft.
1666, t)gl. Sb IV, ©. 460 ff.), Salt^afar ©ebcl, ber §iftorifer ^o^ann ^mx'ii) Soecler
unb in^befonbere ©J)ener feine fie^rer maren; ^ier iourbe er im '^al}xz 1664 mit 19 3Ä^ren
'})iagifter. för befud^te bann noc^ bie Unit)erfttäten ^tna, 2ei})5ig, too er länger t)em)eilte
unb 3lffeffor ber i)^iIofo})f)ifc^en J^afultät tüurbe, unb ju fürjerem Aufenthalte aud^ SBitten« 46
berg, ^elmftebt unb Äicl, unb begleitete barauf einige reicl9e junge 2eute auf i^ren Steifen
nac^ ^oDanb, ©nglanb unb ^ranfrcic^. 3lu^er ^^ilologifc^en trieb er um bicfe ^^t be«
fonber^ bogmen^iftorifd;e unb })atriftifcä^e ©tubien, toon loeld^en einige Heinere ©Triften,
bie er üeröffentlid;te, S^^Ö'^^^ ablegen, ^n Utrecht brachte er längere ^^\t bei ^o^^nn
®eorg ®raetoiu^ ju, ber \\)n befonber^ freunblid{> aufnal^m. SSiet Ungemac^ ^atte er babon, bo
ba^ er in ^ari^ c^ofmeifter eine^ jungen Hamburger« ^u\i\x^ 2;^eobor t>on ÜJlüncl^^aufen
tuurbe; biefcr machte l^emac^, al^ er in ein lieberlic^e^ Seben geraten toar, ^orbiu^ au^
So^^eit ben SSorlüurf, er ^abe für i^n eingenommene ®elber unterfc^lagen unb berfolgte
i^n mit Drohbriefen unb ^ßrojeffen bii^ nad^ SQäinbö^eim unb Hamburg. 2)ie ric^terlid^e
Unterfudi^ung ber ©ac^e ergab, bafe §orbiu^ ^'6d}\im^ ber a?orh)urf treffe, ftc^ nic^t über 55
bie richtige 2Jerh)altung ber Selber genügenbe Üuittierung au^3ebcten ju ^aben; feine
fj)äteren ©egncr hju^ten aber biefe ©ac^e, auc^ al^ §orbiu^' Unfd^ulb un^meifelbaft feft^
geftellt loar, noc^ in unerhörter 55Jcife jur Untergrabung feinet Stufet j\u t)ertoenben. (2)a^
9iä^cre hierüber älbS a.a,D.). ^m guli 1671 ernannten i^n bie ^^fal);grafen bei 5R^cin
9RcüU(^ct)fIopäblc für X^cologie unb ifkc^. 3. «. VIII. 23
354 ^üxtM
bon ber ijclbenjifclfen unb fronJ^eimtfd^en Sinic erft ju il^rcm §ofl)rcbi0ct in Stfd^toeiler
unb bann nad) toenigen 9)lonaten noc^ in bemfelJ&en S^i^re jum 3nft>^ftor unb Pfarrer
ju %xaxba6) an ber ÜJlofel. 3" biefcm 3<»^^ l^ciratetc §.. S^enerö ©c^lDcfter ©o^^ia
Gäcilia, bic il^n afe SBäittüe 32 ^alfx^ überlebte unb 4 ©öl^ne ^interlie^. ^n Srarbadjf
6 toirfte er ate ©eelforger mit ungemeinem ©fer, geriet ober baburc^, ba| er in ©^enerfc^er
SBeife 5ßribatanbad^ten in feinem $aufe beranftaltete unb ©j)enerd pia desideria l)er=
teibigte (t)g(. bie 3lu^abe ber pia desideria, ^anlfurt 1676, ©. 163 ff.), mit feinem
ÄoDegen älmolbi in ©treit; er toarb toegen falf^er Sebre t)erflagt, am 1. ^ebruar 1678
bom Slmte fuö^enbiert unb ^og bann, obfc^^on bie ®rafen i^n galten trollten, t>or, toeite*
10 ren ©treitigfeiten baburd^ au^ bem SGBege ju gelten, bafe er einem Stufe atö ©u^erinten^
beut unb ^aftor nac^ SBinb^l^eim in gramen im ganuar 1679 folgte. 2)oci^ auc^f l^ier
follte er nid^t lange SluJ^e l^aben; Slmolbi beh)irlte, bafe auc^f feine SBinb^l^eimer
ÄoUegen gegen i^n afe einen grrlei^rer auftraten unb ba« 9Solf fo toiber il^n erregten,
bafe bic Dbrigfeit il^m Slu^e berfc^ffen mufete. ^^leic^ tourbe er im ^a\)x^ 1679 bon
16 bem ^Prebiger ju Slorbl^aufen ®eorg Äonrab 3)ilfelb in ber „Theosophia Horbio-
Speneriana ober fonberbare ©otte^gele^rt^eit $erm §enrici ßorfo unb feineiS ©c^ftoager^
§erm ^^ilij)^i ^öcobi ©bener^", ©trafeburg 1679, 4*, anaegriften, toeld^er ©d^rift ©j)encr
)u feiner unb §orbiug' Serteibigung feine „allgemeine ©otteggelel^rt^eit aller glaubigen
ß^riften unb rec^tfd^affenen 3:i^eologen", g^anffurt 1680, 12^ unb öfter gebrudtt, ent^
20 aegenfe^te. §. l^at barauf noc^ bier ^af^xt ungeftört in ©egen gu SBinb^^eim geh)irft.
aiuf (äm})fe^lung be^ ^aftor 3«>^ann SBindler, ber bamate felbft erft feit tbenigen SBod^en
in Hamburg toar, tourbe er am 29. 35egember 1684 nim ^aftor (je^t §auj)t^)aftor ge^
nannt) an ber ©t. SJifolaifirc^e ju Hamburg erlbäl^lt. ®a^ 9Rinifterium (b. ^. bie ©tabt=
geiftlid^feit) in .^amburg ^atte bor ber SBol^l SBebenfen gegen i^n gel^abt unb fic^f ein
26 ©utad^ten über feine Se^re bon ber t^eologifdj^en gafultät in ©tragburg erbeten ; obfd^on
bie ainttoort nic^t ganj günftig für ^orbiu« lautete, toarb er bann boc^ burd^ aSJincfler«
(Sinflu^ bon ben Äirc^enborftel^em einftimmia ertbä^lt. 9lad^ einigem Sebenfen na^m §.
bie SQäa^l an, ^iclt am 15. g^bruar 1685 feine 2lbfd^ieb^^rebigt \n SBinb^l^eim unb trat
am 8. 2l})ril 1685 fein neue^ SKmt an. ©in gal^r naö) il^m fam ^o^ann ^Jriebrid^ 3Ra^er
30 ate ^aftor ju ©t. ^afobi nac^i Hamburg, ber 3Kann, ber unter allen feinen .^amburger
ÄoDegen i^m ^ema^ am fc^färfften entgegentrat. §orbiu^ fanb in Hamburg balb eine
au^cbel^nte unb crfolgreidjfe 2^ätigfeit; ober er ^atte aud^ bon 2lnfang an biele SBiber-
fad^er. Unter ben fünf §au^)t))aftoren toaren ©amuel ©d^ul^ (geft. 1699) unb ber ge=
nannte 9Rabcr entfc^iebene ®egner be« peti^muö; bie beiben übrigen, ^^l^^nn SBindlcr
.Jörn ©t. 5Kid^aeliö (geft. 1705) unb abral^am ^incfelmann ju ©t. Äotj^arinen (geft. 1695),
ftanben auf §orbiu^' ©eite; ©d^ul^ unb ÜKa^er Ratten im ÜJlinifterium bie ÜJtaiorität;
in ben ©emeinben ftanb man im großen unb ganjen ju feinem $auj)t})aftor. 2)er erfte
größere firc^lic^e ©treit, ben .^orbiu« in Hamburg erlebte, toar ber über bie 3"Iäffigfeit
be«©dS>aufj)iete; in biefem ftanb ©d^ul^ noc^ auf §orbiu«' unb SQäindfler« ©eite ; ftorbiu^
40 felbft ift bei i^m nodjf Weniger beteiligt. Site ©Aul^ aber am 28. Oftober 1688 ©enior
geworben iDar, er^ob er bei allen ©elegenl^eiten Älagen über bie ©i^toärmer unb Duäfer,
mit iDeld^en 3luebrüdEen er bie ^eunbe ©]penerg, bor allen feine ÄoUegen 3BindEler unb
§orbiu^ unb bie fid^ gu i^nen l^ielten, meinte. I)afe namentlid^ in Saienlreifen allerlei
Ungc^örigfeiten borgefommcn fein mögen, 3lu^h)üc^fe ber pietiftifd&en SeiDegung, toeld^e
46 bamaU fic^ immer toeiter ausbreitete, fann nic^t geleugnet tocrben ; anbererfeitS maren bie
Untcrfuc^ungen, bie barüber angefteDt tourben, toenig geeignet, ethjaige Serirrungen gu
befeitigcn, fonbem goffen nur Öl inS geuer. Sefonberen änftofi erregten bie Äonbentifel,
bie ein Äanbibat 9Jifolau« 2ange (bgl. SlbSB, 17. Sb, ©.648 ff.), bem auf ^indfelmannS
Sorfd^lag bie 3KontagSbrebigten in ber ©t. 9Jitolaifirc^e übergeben maren, leitete; mit
50 Sänge bcrbanb fic^ Sber^arb 3^^^ ^^^ fr"^^ ^rebiger im Säürttembergifc^en getoefen
toax unb bamate o^ne3lmt in Hamburg lebte; in biefem Äreife laS man SBö^me« ©d^riften
mit SSorliebe unb geriet in eine mel^r ober Weniger Krcl^enfeinblid^e ©lellung. Dbfdjfon
fid^ nun §orbiuS, äßindfler unb §mdelmann entfd^ieben bon fiange unb feinem 2;reiben
lo^gefagt Ratten, fo tourbe eS i^nen bon ibren (äegnem boc^ jur iJaft gelegt unb bic*
66 jenigen ^^^ribatanbac^ten, tDeldj^e fie l^ielten, hiurben bon ©d^ul^ unb feinen ^eunben ge*
rabefo beurteilt, loie bie ber @e))aratiften. ©o \t>ax c« bcnn auc^ gegen fie gerichtet, afe
ber ©enior ©4ulb (nic^t 3Ka^er, toie meiftenS erjäl^lt h)irb) am 14. SKärj 1690 bon
feinen fämtliAen Kollegen im 3Winifterio bie Unterfc^rift eineS SRebcrfeS forberte, burc^ ben
fte fid^ ber^flic^ten follten, äße „Pseudophilosophos, antiscripturarios, laxiores
tx) Theologos unb anbere Fanaticos, namentlich ^alob Söl^men, aud^ Chiliasmum tarn
^orSittd ^otdtt 355
subtiliorem quam crassiorem ju bcrtoerfen; tl^rc Slnl^ängcr für feine Srüber ju er*
lennen, [ie nid^t entfc^fulbigen ju tooDen" u. f. f. 3" ^^^ ©treit, ber l^ierüber au^brad^
unb nur inxi) SSermittelunö be« ©enate^ mit einem falben ^rieben cnbete, tarn nun aber
bolb ein nod^ ijiell^eftigerer. ^orbiu« berteilte am ©ilbefterabenb be^3Ä^'^^1692 unter
bie Äinber unb 3)ienftboten, bie il^m, ber in Hamburg beftel^enben ©itte gemä^, Sleujal^ r,
gefd^enfe brac^^ten, ein Heine« 'öticilein : „3)ie Älug^eit ber ®erc((^ten, bieÄinber nac| ben
n>a^ren ©rünben be« G^riftentumö t>on ber SQBelt ju bem §erm ju erjie^en", 5 ©eiten
ajorrebe unb 89 ©eiten lejt in 12' (nad^ bem 2lbbrucfe §amburg 1693, ber aber üiel«
leidet ein jtoeiter, nic^t ber üon §orbiu« berteilte ift). 3)iefer Meine 2^raftat toar juerft
franjöfifc^ erfc^fienen; §orbiu« fannte ben SSerfaffer nid^t; il^m toar bie beutfd^e Überf^ung lo
be^felben au« ©tabe iäerfanbt, unb er l^atte jte mit ber bon il^m üerfa^en, aber niAt
utttei^^fneten Sorrebe brucfen laffen. 3)er Serfaffer biefer ©d^rift toar ber franjöfifd^
3R^fttIer ^eter ^ßoiret, geft. 1719, ein Sln^änger ber 3lntoinette Sourignon, (nid^t ber
Sefuit $oiret). §orbiu« l^atte ft(^ burdjf ben (Smft biefe« Stid^lein« beranlagt gefeiten,
e« ju verbreiten, ba er mit bem 3Jerfaffer bie 3Wängel ber bamaligen ©rjie^ung beflagte, i6
unb l^atte babei bie bebenflic^en Überfc^toenglic^feiten manc^^er 3lu€*rüde unb Slnfic^ten
überfeinen; er l^at f)>äter felbft bie ^erau^abe bereut. SHber bag ftd^ nun ein fol^^er
©türm toiber i^n er^ob, toie namentlid^ HRal^er il^n in Setoegung fefete, burd^ ben bie
ganje ©tabt in Slufrul^r geriet, ba« l}atU er nid^t berbient. 3)ie (Sinjel^eiten biefe« ©treue«
^u erjäl^Ien, toürbe l^ier ju toeit ftil^ren; toir muffen für fic auf bie oben ertoä^nten2o
©duften, namentlid^ auf ©effdfen« SBindEler, t)ertoeifen. 2)ie (Erbitterung, mit toelc^er ber
©treit auc^ auf ber Äanjel unb in ettoa jtoei^unbert Heineren unb größeren ©^riften
gefül^rt tourbe, — mitunter erfc^ien 2^g für 3:ag eine neue ©treitfd^rift, — erflärt fxö)
\)0x allem au« bem G^rafter SKa^er«, ber fid^ fo jiemiid^ jebe« ÜRittel erlaubte unb in
bem Äamt)fe gegen §orbiu« feinem ^ag gegen ©^ener boHen Sauf liefe; bgl. audb benas
ärtifel Sodann ^ebridjf aRa^er. %nx §orbiu«, ber in feiner ängftlidjfen SBeife ma\}tt
nxd)i getoac^fen toar unb fic^ audjf mel^ad^ unborfidj^tig benal^m, enbete ber ©treit bamit,
bafe in einer l^öc^ft tumultarifc^en SSerfammlung ber Sürgerfd^aft am 24.9lobemberl693,
in toelc^er namentlid^ HRa^er« 2ln^änger unter ben §anbtoertem ijg>ren SBißen burd(>fe$ten,
befc^loffen toarb, bafe er remobiert toerben unb bie ©tabt unb il^r ®ebiet meiben foHe. ao
§orbiu« jog ftc^ nac§ ©c^leem«, einer l)olfteinif(l^en Ortfc^^aft im Äirc^jpiele ©teinbed, nid^t
ganj jtoei ©tunben öfttid^ bon Hamburg, jurücf. ^m Januar 1694 toarb auc^ feine grau
gejtoungen, ba« ^ßaftorat ju berlaffen. Dbtool^l nun ba« Äird^enfoDegium ui ©t. Sliiolai
feine Slbfe^ung nic^t anerfannte unb ber ©enat il^m burdjf 3)e^)utierte fein aRifefallcn über
ba« ©efd^ei^ene ju erfennen gab, gelang e« bod^ nid^t, i^n toieber in fein 2lmt junldju* ss
führen. 3^"^ tourben au« allen ©tänben bielerlei Setoeife ber "Seilnal^mr, i)on au«^
toärtigen greunben crl^ielt er ja^lreid^e Sriefe; aucl^ Berufungen in anbere SImter tourben
i^m JU teil, bie er jeboc^ nic^t annahm, ßr ftarb am 26. S^nuar 1695 unb ift in ber
©teinbeder Äirc^e begraben. Carl IBertlleaii.
^orc^e^ ,§einridS>, geft. 1729. — ^. mbd, (äJefcft. be« d)rlftl. fieben« in ber r^ci* 40
nlfcft-roeftfälifc^en cuangcüjcticn ieird)e, 2. u. 3. ©b. ßoblcnj 1852, 1860; gr. 5ß. »art^olb,
3)ie (Sriuecftcn Im proteftantifcftcn 5)eutf(ftlQnb roö^rcnb be« ^lu^gang« be« 17. unb ber crftcn
•Öftlftc be« 18. 3a^rbunbert«; bejonber« bie frommen ©rafenftöfe: 9?Qumer« l)ift. XQfcl)cnbu(ft,
3. &., 3. ^ai^x^., 1852, 1. ^bt^. @. 96 f. 150 f.; $). ^od)^ut^, ^mxüdi 4)or(^e unb bie p^i*
labelp^ifd)en ®emeinbcn in Reffen, ®üter«lof) 1876. 45
,§einrid^ §ord^e tourbe am 12. 3)ejembcr 1652 ju ©fc^toege an ber SBena geboren,
in ber ©d^ule bafelbft borbereitet, unb bejog, in ber älbfi^ft, TOat^ematif unb ^^ilofo^l^ie
JU ftubieren, in feinem 18. '^af^xt bie Unitoerfität ÜJlarburg. 9lber angeregt burc^ S^eo«
bor Unterei^f in Gaffel unb ergriffen burd^ bie t)on ©^ener au«gegangene SSetoegung,
toanbte fid^ .^orc^e bem tl^eologifc^en ©tubium ju, folgte 1671 bem nad^ Sremen be« »
rufenen Untere^! (geft. 1693), t)on too er 1674 al« begeifterter Slnl^änger ber ßartefia*
nifd^en ^^ilofoj)^ie nad^ SRarburg jurüdtfe^rte unb l^ier bem ©tubium ber 9Rebi«n unb
9laturlel^re, freilirf) nur auf !urje ^c\t, fic^ jutoanbte. 3^^ 3<^^^^ ^<»^ ^ "^^^^ "^er Se^
gleiter eine« jungen ©rafen, ijertoeilte mit bemfelben in 35anjig, granffurt a. D. unb
Serben unb begab fid^ t>on ba jur ßrl^olung au« fc^toerer Äranfl^eit nad^ ber $eimat, too 66
er mit ©leid^gefinnten 3lnbad^t«übungen ^ielt unb baburc^ ben ©runb gu ben in Reffen
auftretenben ))l^ilabel^l^ifc^en ®emeinben legte.
3n .^eibelberg 1683 2)iafonu« getoorben, tourbe er al« ßi^iliaft berbäd^tigt. 3n
Äreujnad^ 1085 jum §oft)rebiger ernannt, ri^ftete er nad^ ©pener« SSorgange Sibel-
356 ^on^f ^ormUbad
Übungen ein unb ern^pnö bei ber britten ©äfiilarfeier ber Unit)erfität §eibelberg bie
tbeologifdjfe ajoftortoürbe (25. 9Job. 1686). 9Jac^ biefer ©tabt fe^rte er 1687 ate britter
^prebiget an bie Äirc^e mm I^l. ®eift «irücf. 2)en Sertoidelungen, in meldj^e er ^ier
mit ben !3efuiten toe^en oer 80. ^age oe^ ^eibelberger Äatet^iömu^ geriet, entzog il^n
6 bie Berufung an bie beutfd^-reformiertc ®emeinbe ju ^anffurt a. ^. 1690 hjurbe
er Pfarrer unb ^rofeffor gu §erbom. 35ie SSibelübungen folltcn if^m ÜJlittel unb S3äege
abgeben für Stu^fül^rung feiner reformatorifc^en gbcen, nämlic^ a})oftoIifci^e fief^re unb
<H)oftolifci^e^ Seben in ber gorm ber opoftolifc^en Äird^e einzuführen. 6r trat in ben
Umgang mit ben ©et)aratiften unb namentlidjf mit bem toegen feiner unfmnigen ©d^toärs
10 merei gefangen gefefeten Klopfer, rül^mte fid^ allerlei ©efic^ter unb göttlicher SSifionen,
nannte bie ©c^ulen ©atan^fc^ulen, bie Äird^en Säbel unb Se^rer unb ^rebiger antid^riftifd^e
Wiener, bertoarf ben S5efu4 ber Äirc^en unb be« Stbenbmai^l^, beftanb bei ber 3:<uife auf
ßintaud^en ber Äinber unb räumte iebermann ba^ Stecht ein, im öffentlid^en ®otte«bienft
au reben. 3)a ^ordjfe ai/c^ für toieberl^olte Ermahnungen unjugänglic^ toar, auc^ bie
16 Slec^tgläubigfeit ber ©c^ule ui §erbom angejtoeifelt tourbe, fo tourbe er ani feinem 3lmt
am 15. ^bruar 1698 entlaffen.
©eine 3lbfefeung toar ba^ ©ignal jum offenen Äu^brud^ be^ ©ejjarati^mu^ in
Reffen unb Slaffau. ßw^^^f* ^^* ^orcpe in einen toeitläufigen ^olemifc^en ©d^rift*
toed^fel mit feinem frül^eren ÄoDegen §ilbebranb, toel^^er in erbitterte })erf önlic^e gnbeltiljen
30 au^rtete unb richtete $rit)atberfammlungcn ein, gu toeldj^en fic^ bie ©e))aratiften unb
ß^iliaften bon toeit unb breit einfanben, unter anberen ber au^ $}em Vertriebene fc^toeije=
rifc^e ©^ital^rebiger ©amuel Äönig mit feinem anfange. 3)ie näc^ften ^ü}n ^al^re führte
$orc^e ein unftöte^ unb fc^toärmerifdjfe« Seben, gog lel^renb unb i)rebigenb um^er, um
ben ©runbföfeen feiner gereinigten Sieformation Eingang ju fd^affen. 3)ie SSer^anblungen
26 ber t^eologif d^en Jfafultät ju SKarburg mit ^ordj^e bom 27. Sluguft bie; 5.©e^)tember 1699
toaren erfolglos, er feierte nadb $erbom jurüd unb l^ielt auf bem Slat^aufe bafelbft mit
Steife unb Äönig an öjfentlid^en HRarlttagen SBerfammlungen. SBegen offenen 2öiber=
ftanbe^ gegen bie obrigteitlid^en ®ebote au^ SRaffau bertoiefen, begab er fid^ nac^ Reffen
jurücf, lüurbe aber in ÜJlarburg gefangen gefe^ (12. Slot). 1699), too er in l^eftigen, reli=
80 giöfen, auf ÜJlorbberfuc^e au^cl^enben Söal^nftnn berfiel unb ©egcnftanb beö allgemeinen ÜJlit=
leib^ unb ber öffentlid^en gürbitte tourbe. 2luf baö Serf^rec^en ^in, fic^ ru^ig gu t)er^alten,
tourbe er in feine §eimat entlaffen, aber fein öffentlid^ed äirgemi^ erregenbe^ Serl^alten,
mad^te ein erneutet (Sinfd^eiten nottoenbig, foba^ er nad^ Jtaffel abgeführt unb bafelbft
gefangen gel^alten toerben mu^te. — 3m ^af)xz 1701 burfte er nac^ Efc^ioege gurücf=
35 lehren unb berfuc^te bie ^^ilabel})^ifd^e ©efeHfc^aft^form nun J^raftifc^ aui^jufül^ren. 3)a
aber bie ©lieber ber ®emeinbe, namentlidjf bie berüdj^tigte 6t)a bon Suttlar mit il^rem
äni^ange, ba^Sanb räumen mußten, begab fic^^orc^e gu Slei^ nac^ SQäefel, t)on ba nad^
§ollanb unb ©nglanb, um nac^ ^ßennfljitoanien überjufiebeln. Site i^m inbeö feine ^au
nic^t folgen looHte, feierte er in bie §eimat gurürf. Slod^ einmal fiel er in folc^e 5Paro=
40ji^men, ba^ er in einer ^^^^^^anftalt untergebracht ioerben mufete. ©eit 1703 befferte
fvi) \thod) toieber fein geiftiger 3^^^"^^ ^^^ ^'"^ 1705 berfagte, bem Sanbe^l^erm t)or=
gelegte ©c^rift betoeift, toelc^e t^m einen 3al[>re^el^alt eintrug. Son 1708 an l}at er,
abgefe^en \>on einem furjen Stufent^alt in SJlarburg, bi^ gu feinem am 5. Sluguft 1729
erfolgten 2;obe in Äird^l^ain getool^nt. 3lu^er ber j)^ilabel)>bifc^en ©emeinbe in ßfcl^toege
46 berbanfen bie ©emeinben gu SBannfrieb, äfienborf an ber 9Berra, bie ©emeinbe ber grau
©eb^arb in ber oberen Söerragegenb bem ©eparati^mu^ unb (Sl^ilia^mu^ §ord^c^, loelc^cr
mit ber geane Seabe (f. b. 21.) in SSerbinbung ftanb, i^r 2)afein.
§or^e blieb aud^ in feinen f)>äteren Seben^jal^rcn feinen ©runbanfic^ten t)on bem 3?er=
berben ber Äirc^e unb ber Slottoenbigfeit i^rer Sieformation treu. (Sine Sorüebe ju atte-
60 gorijc^en unb t^pifi^en ©rflärungcn unb eine bortoiegenbe Sleigung gum ©e})arati^mu^
leuchtet aud^ au^ feinert^ f^ätcren ©d^riften — er l^at beren über^auj)t 63 berfafet —
^erbor. ($. ^oi^^utH) <^ovl ^lixht.
^orcb f. ©inai.
^oritrr f. Ebom Sb V ©. 164, 63 ff.
65 ^ormii^bfli^, ?5a^ft 514—523. S^gl. bie ©riefe unb ®utQd)tcn be« ??avfte§ bei
«. %\)kU Epistulae Roman. Pontif. genuinae 1, Bninsb. 18G8, 739-1000; Libor Ponti-
ficAlif?«, ed. Xf). ^ommfcn 1, Berol. 1898, 126—132; Ph. Jaffd, RogeMa Pont. Roman. P,
^ormidbad ^orttetttd 357
Lii«. 1885, 101— lOü; iS. g.ü. .&cfe(e, eondlicugefcöic^tc, 2», grcib. 187r), iiass.; 3. Sangen,
®cf*i(^te ber röm. Älrcfte üon ßeo I. biö ^ifoIauS I., S3onn 1885, 250-299; ©.©c^nürev,
3)ic polit. eteaunfl beö «PaDfttumg j. 3. 3:öeübcri(t)§ b. ®r., in C)3 10, 1889, 258— BOl ;
©. ^fellf^ifter, 2)er Cftgotcnfönig ^ftcoberic^ b. 6Jr. u. bic fat^olij^e Äirc^e, 3Wünfter 1896,
138—154. 6
^ormiöba« ftammte au^ einer angefel^enen fam^anifd^en gömilie (Lib. Pont. 126, l).
Unter ©^mmad^u^ (f. b. 31.) ^atte er bag 2lmt eine^ 2)iafonen befletbet unb toar bei ber
Synodus palmaris t)on 502 (nic^t 501) ate 9Jotar t^ätig getoefen. 2lm 20. gwK
514, bem 2;age nad) ber Seerbigung be^ S^mmad^uö, l^at er ben ©tul^l ^etri beftiegen
unb fic^ fof ort angelegen fein laffen, bie legten SRefte be^ burdjf ba^ laurentianiWeSd^iöma 10
in ber römifd^en Äird^e f^erDorgerufenen 3^'^}>ölte^ gu beseitigen. 2)er oftrömifc^e Äaifer
3lnaftafiu^ (491—518) geigte fid^ bereit, jene« ©c^igma jlüifdjfen ber griedj^ifc^cn unb rö-
mifd^en Äird^e, h^elrf^c^ burdjf baö über Slcaciuö, ben ^ßatriard^en bon Äonftantinoj)el, auf
einer römifd^en S^nobe im ^öf^re 484 toegen Segünftigung be^ HRono^tofiti^mu« ber^
l^ängte 3lnatl^ema entftanben h^ar (f. b. 21. gelij III. S3b VI, 26, 12), ju beenbigen, unb I6
lub ben §onni^bai§ im ^al)Xi 515 ein, an einem nad^ §eraclea be^uf^ Beilegung be^
©treite« ju beruf enben Äonjil teiljunel^men (Ep. 1 Th. 741). 3ltö Sebingung feiner SSe«
teiligung forberte ber ^aj)ft unter anberem bie auöbrüdffidjfe Slnerfennung be^ über Slca*
ciuö au^ef})rod)enen Serbammung^urteite (Ep. 8 Th. 755). 2)a aber biefe« ßwö^f^^'^*^'
ni^ l)om Äaifer uertoeigert hjurbe unb alle iDeiteren Unterl^anblungen refultatlo« blieben, 20
ging ba^ t)om ^apfte nid^t befc^idfte Äonjil unt)erric^teter ©ad^e au^einanber. 3)ie böHige
ätufl^ebung ber Äir^^enfj^altung glüdfte jebod^ ^u^ün I., ber feit 518 baö Oftreic^ be^
^errfd^te. ©r unb fein ^atriarc^ ^«'^^i^" II- bon Äonftantino^el toanbten [xd) mit be=
mutigen ©efud^en um SBieber^erfteHung ber Äird[>engemeinfc^aft nad^ 3lItrom, Vorauf ber
^apft bie Unterjeid^nung einc^ t>on i^m abgefaßten ©laubenöbefenntniffe^, baö bie au^ 26
brüdflic^e 3Jerbammung be« 3lcaciu« entl^ielt, forberte (Ep. 50. 52 Th. 840. 845). Siad^-
bem ber ^atriard^ im üJlärj 519 biefem Segel^ren ^olge geleistet l^atte(Ep. 61 Th.852),
toar bie Union ber griec^ifc^en mit ber römifc^en Äird^e bis auf äntiodj^ien unb Stle«
janbrien t)oIIjogen. ^n bem tl^eo|)a^itifdS>en Streit, ber ftc^ um ben Seifafe im Iri^
agion: „6iner auS ber 3:rinität ift gefreugigt", brel^te, betoieS i^ormiSbaS oem Äaifer 30
gegenüber, ber biefe gormel lirc^Iid^ rejiziert ju feigen toünfd^te (Ep. 129 Th. 941), ^öf^
tung gebietenbe ©ntfc^ieben^eit, inbem er bie gormel für böHig unnü^, ja — toeil bie
3Rono})^Vf«^en fic^ i^rer mit Vorliebe bebienten— für gefäbrlid^ erfiärte (Ep. 137 Th.959).
(Sin in ber ^apftgefc^id^te feltene« S3eifj)iel religiöfer 3^oleranj gab ^ormi^aö, als fid^
ber norbafrifanifd^e S5ifd(>of ^offeffor imJlamen Sieler an il^n mit bergrage toanbte, toieas
bie römifc^e Äirc^e über bie ©d^riften beS ©emij)eIagianerS gauftuS t)on JRI^egium urteile.
Stuf biefe 3(nfrage anth)ortete er, bafe auS ben Sudlern beS g^uftuS baS ®ute ju nel^men,
bafe ber Äird^e 2öiberfj)red^enbe ju mtoerfen fei, benn, fo fä^rt er fort, „nee tarnen im-
probatur diligentia per multa discurrens, sed animus a veritate deciinans . . .
Nee vitio dari potest nosse, quod fugias ; atque ideo non legentes ineongrua 40
in eulpam veniunt, sed sequentes. Quod si ita non esset, nunquam doctor
ille gentium aequievisset nuntiare fidelibus: Omnia autem probate quod bo-
num est tenete" (Ep. 124 Th. 926 t)gl. 929 3. 20—26). gm auftrage beS^at)fte«
fertigte I)ioni^fiuS ©jiguuS (f. b. 2t. Sb IV, 697,5) eine Überfe^ung ber grie(|ifc^en aj)oftos
Kfrf^en ÄanoneS (Ep. 148 Th. 986). 3m ^o^re 520 erneuerte §. baS fog. Deeretum 40
Gelasianum de libris reeipiendis et non recipiendis (f. b. 91. ©elafiu^ Sb VI,
475, 15) unb bereid^erte e« burc^ 3ufä|e (Ep. 175 Th. 931—938). 2tm 6. 2tugufi
523 hJurbe ber ^apft in ber Saftlifa m betrug beigefe^t.
(». 3oe»>ffeI t) ®. Ätüger.
^omejuö, Äonrab, ^j^ilofo^l^ unb ^roteftantifc^er Ideologe, geft. 1649. — w
du eilen unb ßitteratur: lieber |).§ ©er!e fteftc unten ; oiele ©riefe üon feiner ^ax\b
an ®. ©aliit u. a. befinben fic^ auf ben SBibliot^cfen juööttingen unb Öolfenbüttcl. 3)aju
fommen bie lateinifcftcn u. beutfc^en (SJebäcötniäreben feiner grcunbc unb ©c^üIcr gabriciu«,
Scftrabcr, GeflariuS, 8(t)curl, .^clmftäbt 1649; ügl. SSitte, Memoria TheologonimSaec. XVII,
6. 728ff. ; bearbeitet ift boä fiebcn ^.i oon ©. ^enfe in erfc^i unb (SJruber, ^Iflg. ^nct)!!. 55
Sect. II. gSbll, üon bemfelben oucft in 3Serfc ®. (Jaliit unb feine Seit 1853-60, unb oon
«Jagenniann in beni'ilrt. ^. in 9lba3 ©b 13, 148 f.; ugl. ©.Sranf, ®efc^. ber prot. $:^eoI.,
2. Jeil, 1862, @. G ff.
Äonrab §omeiu^ toar am 25. Dlobember 1590 ju S3raunfdS>h)eig geboren aU ber
• ©o^n einei^ !^anb})rebiger^ gu ö\ptt in ber näc^fften Umgegenb ber ©tabt. ©d^on auf ber tx)
368 ^ortteittd
Äot^rincnfcl^ule in JJraunfc^toeiß crj^iclt er eine fo au^e^cid^nete ©d^ulbilbunö, bafe feine
gertiafeit, loteinijc^ unb griedSfifciSf in ^ßrofa unb in SBerfen ju fc^reiben, ÜJlännem toie
§. (Sruter in ^eibelberg u. a. befannt tourbe. 2luc^ in i^elmftebt, mo^in er 1608 ah^
ging, toax er baburd^ ben bortigen §umaniften im borau« em})fof)Ien; er iDurbe balb ein
6 Sieblingi^fci^üler be^ berül^mten $umaniften ßafeliug (f. b. % 93b III ©. 735), ^au^= unb %i\d)'
genoffe unb 93orleJer be^felben; bic biejem befreunbeten Kollegen, ber 3lriftotelifer ßorne-
liu^ 5Kartini, SRif. ®ran u. o., tourben mel^r noc^ afö bie Ideologen ber Unitjerfitöt
feine Seigrer, unb anbere au^ejei^nete ©d^üler bon ßafeliu^ unb SKartini, tote ©eorg
ßalijtu«, Sart^olb 9leu^au§ u. a. fd^on bamate feine ^eunbc. 3lad) ßafeliu^ 3:obe,
10 1613, nac^bem er fid^ 1612 l^abilitiert l^atte, tourbe er no$ ad)t ^ci^re lang Äau^- unb
'2ifc^genoffe feinet unber^eirateten Seigrer« 3Wartini, toel^fer fid} and) ate Sefrer burd(>
i^n vertreten lie^, tourbe neben il^m 1619 ^ßrofeffor ber fiogil unb St^if, unb nad^3War-
tini^ lobe (f 17. 3)ejember 1621) beffen eigentlid^er 9lad)foIger, toie fel^r and) bie
Ääu^ter ber antü^umaniftifc^en unb antimelan^tl^onifd^en ^Partei, ber ©c^toabe Safiliu^
16 ©ottler im toolfenbüttelfc^en Äonfiftorium unb fein 3ltpot ©trübe in §elmftebt, bie^ ju
Kntertreiben gefuc^t l^otten. ©ie fonnten nadj^^er aud^ nic^t berl^inbem, ba^ er nad^ bem
aibgange einc^ ber ^^^Ö^/ 5Wic^aeI SBalt^er^, 1628 an^ ber ^l^ilofo^l^if d^en gafultät in
bie tlfieologifd^fe berfe|t unb SBalti^er jum Slac^folger unb feinem ©efinnungggenoffen 6a=
lijtu^ jum ©^egioIIoBegen gegeben tourbe. 3n biefem 9lmte blieb er bi^ an feinen
2oa:ob 1649.
9lod^ mel^r oI« ßolijtu« toar olfo aud^ ftomeiuö erft nad) langen £el[>rial^ren ^j^ilo*
logifc^er unb ^l^ilofoj)l^ifd(fer ©tubien unb felbft nad) bieljö^riger ^ü^rung eine^ gegr-
ämte«, toorin il^m bie 3i^tert)retation be« 2lriftotele« fotoie ber Vortrag ber Sogil, ©t^il
unb 3Ketaj)l^^fil oblag, ^ur 2)^eologie übergegangen; in iingua Graeca prae Horneio
26 puer est, fagt 93. SWei&auö einmal in einer ©treUfdjfrift (Irnerius p. 51) felbft bon
ßolijtu«; ^orneiu«^ ^^ilofo})^ifd^e Sel^rbüc^er tourben aud^ auf anberen Uniberfitäten biel
gebrauc^ft, fo bag ba« compendium dialecticae succinctum (i^uerft ^elmftebt 1623)
bi« 1666 in jtoölf auflagen erfc^ien, bie disputationes ethicae depromptae ex ethica
Arist. adNicom., juerftl6i8, bi« 1666 in fwben Auflagen, ba^u biele anbere ©d^riften :
90 compendium naturalis philosophiae 1618 u. ff., disquisitiones metaphysicae s.
de prima philosophia 1622, institt. logicae 1623 u. ff., philosophiae moralis
1624 ff.; exercitationes unb disputationes logicae 1621 u. ff., processus dispu-
tandi u. f. f. 3lad) fold^en 2lnftrengungen bilbenbfter ©elbfttl^ätigfeit toar er benn auc^,
toie ßalijtu«, gefdjfü^t bor ber fd^toa^en ©eite feine« ^^italin^, bor ber Slo^eit unb Qx-
86 ftorben^eit, toomit man bieler Orten ju fe^r für boraefc^riebene 2;rabition fo})^iftifc^ ju
ftreiten bemüht toar unb in bogmatifd^er S3efangen^eit oem loiffenfd^aftlic^en ©treben nn-
gel^örige ^effeln anlegte, g^eilid^ toar il^m aud^ toie ßalijt ber SBiberftanb be« großen
Raufen« unb ba« 2o« ber ©emeinfc^aft^lofigleit in einer fold^en Mi im borau« gehjig,
unb biefe« ^u ertragen, toarb il^m bei feiner ÜJlilbe unb fiiebebebürftigfeit nod^ fc^toerer
40 ate jenem, ©o toaren e« benn aud^ faft immer biefelbigen ©treitigfeiten, in hjelc^e bon
Anfang i)cx ber eine toie ber anbere l^ineingejogen tt>urbe. ©d^on ber SBiberftanb gegen
bie 3lnn)enbung ber fie^re unb 3Wetl^obe be« SRamu« in ber 5p^ilofoj)l^ie, ^äbagogif unb
Il^eologie erfd^ien beiben gerabe in ben erften gal^ren i^re« SBirfen« umfomel^r aK eine
l^eilige ^flid^t, je fefter fte überzeugt loaren, bafe bie bon bort au^ge^enbe 3lbma^nung
46 bon angeftrengtem ©tubium ber Sllten, inöbefonbere be« SHriftotele« unb einer auf i^n ge=
orünbeten ^l^ilofobl^ie, nic^t« aU SBirlung unb SRed^tfertigung einer Unmiffen^eit unb
mbeit«f(l^eu fei, für toeldj^e bie Undj^riftlid^Ieit biefer Reiben nur al« SSorloanb biente.
Unb öi^nlidSf, toie Äomeiu« l^ier in ber 5pi)ilofo})^ie bie ©u^eriorität be« großen alter*
tum« ber Oberfläc^fid^feit unb bem Unberftanb ber bleueren entgegenfe^tc, fo aud^ in ber
60 2;l^eologie bie (Sinfac^^eit unb ©röfee ber alten Jtirc^e ber Äleinlic^feit ber ©treitfragcn
unb 3)iftin!tionen ber Il^eologie feiner 3^t, bon tvAd^tx ei auc^ nic^t genug gtü^ite
d^ftlic^er ^ömmigleit im 2eben au«gel)en fal^. „Utrique malo", fo fafet fein ©d^üler ©c^ra=
ber in ber ©ebäc^tni«rebe bie 2lufgabe feine« 2eben« gufammen, „mascule se opposuit,
impietati et inscitiae ad extremum usque vitae spiritum aeque infestus" ; SKitten,
66 Mem. theol., S. XVII, p. 737. ©o galt aber and) ü)\n ber Angriff mit, toelc^en ber
^nnöberfd^e ^aftor ©tatiu« 93üfdber gegen bie Xl^eologen ber braunfc^hjcigifc^en ®efamt=
uniberfttät rid^tete („SBiber ben ®reuel ber SSertoüfhmg an ber 3uliu«uniberfität"); unb
aud^ bon anberer ©eite ^er fc^onte man i^n nid^t, fomn man ftd^ gegen &al\ict h)anbte.
aJal^er ^ielt ouc^ er fxd) jur abtoel^r beri)flid^tet unb anthjortetc me^rmal« : defensio
60 disputationis de summa fidei . . . quae per caritatem operatur, necessitate
.^oruejlttd ^ormug 369
ad salutem 1647; iterata assertio de necessitate fidei per caritatem operantis
1649 ; in bemfelben ^afyc^ nod^ repetitio doctrinae verae de necessitate bonorum
operum u. a. (p^l bcn ä. ©^nlrettftif4fe ©treitigfctten). ©d^on nal^mcn fid^ aud^ bie
brounfc^lDeigtfdjfen ^ergöflc, bie Sr^olter ber UniberfUät ^clmftebt, ber ©ad^e an, um eine
neue größere ©jHxltung ju berl^üten ; bie ^ergöge SBill^elm unb ©ruft toon ©adj^fen fd^eben 5
il^nen im 3luguft 1648 : obtool^l fic^ nad^ $ome}u«* ©rllärungen geige, „ia^ er in ber
©odj^e an [xq felbft mit anbem 2^eoIogen n\d)i ftreitig unb bie^ unnötige ©ejänf nur
in ^pi^rafeologia beftel^e", \o bürfe bo<l^ bie Sirene nic^ft nod^ mel^r toertoirrt unb bie ^u^
genb irre gemad^t Serben, unb fo l^ätten fie i^rem Geologen HRajor silentium auferlegt ;
pe rieten il^nen nun, ebenfo gegen i^re ^elrnftebtifd^en ^^^eologen ju üerfal^ren, iDie fie lo
gleidjfjeitig ba^felbe aud^ bem Äurfürften bon ©ac^^fen ju t^un em^fal^Ien. 3m Sioüember
1648 trugen bie brei braunfd^n)eigif($en $öfe il^ren beiben il^eologen eine nod^malige 3)ars
ftellung mehrerer ber ftreitig gelDorbenen Äaui)tj)unfte auf, bon toeld^en §omeiu« brei,
iDeld^e üon ßalijtu« fd^on me^mate in ©cpriften audgefü^rt iDaren, ju bearbeiten übers
na^, nämlic^ 1. de necessitate bonorum operum, 2. de auctoritate antiquitatis i6
ecclesiasticae, 3. de studio concordiae mutuaeque tolerantiae, unb im ^-ebruar
1649 baten bie ^erjöge ben Äurfürften, toä^renb il^re 2:^eoIogen mit il^rer SRed^tfertigung
befd^äftigt feien, baf; er ben feinigen einfttoeilen ©ttUfc^lDeigen auferlegen möge, darauf
aber toarb unterm 16. ^mi 1649 bon Äurfadjffen bie 3)rol^ung ertoibert: „follten ®to.
2bb. über aBe^ SJer^offen i^ren 2]^eologen in ben i)on il^nen angefangenen Steuerungen ao
fortzufahren erlauben, toürben [\t eg un« nid^t berbenlen, bafe foxx al^^ireftor berßban«
E'i^en im römifd^^ Steidjfe bal^in trad^teten, toie toir unferer, aud^ anberer ebangelifd^er
rften unb ©tänbe Sanb unb Seute für folc^er Spaltung bel^üten fönnen"; unb baneben
mten bod^ bie braunf(l^toeigifd^en $öfe untereinanber ni^t einig Serben, ob fie bie Slpo^
logie il^ 3^^eologen an Äurfad^fen einfenben unb unterflü^en foUten ober nic^t. ^or^ as
neju« ober, förj)erlidS> ol^nel^in leidjft erregbar, nal^m fid^ ba« aUe^ fel^r ju $erjen (haud
leyiter perculsus, ut alias etiam facile percelli solet, fagt 6ali£tud )u Anfang be^
3ial^re« 1649 bon i^m). ßum Unglüd ftarb i^m gleidjfjeitig feine ©attin. 3)a brad^
aud^ er gufammen, 26. ©e^jtember 1649. 3)en Consensus repetitus, toel^fer in mel^r
afe 30 feiner 88 93erbamniung^fä^e gegen if^n mit gerid^tet h)ar (befonber« § 43—58 ao
liegen feiner 9luöf^rüd^e bon ©lauben unb guten SQSerfen, aber audjj j. S5. § 78 toegen
eineg Sorbel^alte^, ba^ bie Slutorität neuerer S3elenntniffe nic^t toeiter anjuerfennen fei,
nisi, quatenus verbo Dei et veteri doctrinae concordat) erlebte er nid^t mcl^r.
3[u« §.^ 9Jad^Ia^ erfc^ienen noi) ein compendium bist. ecd. über bie brei erften ^af^x^
l^unberte 1619, Äommentare über ben ^ebräerbrief unb bie latj^olifdjfen S3riefe 1654 85
unb 1655, ebenfo ein compendium theologiae, quo universa fidei Cbr. tam
credendorum quam agendorum doctrina pertractatur, S3r. 1655 in 4°.
(«etiife t) ¥• Sfi^aifert«
^orttittg, griebrid^ 3:^eobor, Pfarrer in ©tra^burg, 9Sorfämt)fer beö Sutl^er^
tum« im ölfaft, geft. 1882. — gSaf. fieben«bllb eines ©troßburger cuang.-Iut^. ©elennerS, 40
ryon 'föiltjelm Coming (8o^n be« Serftorbenen), 4. ?lufl. 1885, eöong.'Iut^. gfrlcbcnöbote,
goljrg. 1882, 929J. 6-23.
^ebric^f §orning tourbe am 25. Dftober 1809 ju ©dtoer^l^eim (bei SSenben^eim)
geboren, too fein Sater (%xani griebric^f Siat^anael) ^faner toar. 35er ®rofei)ater toar
1768 al« (Solbarbeiter in ©tra^burg eingetoanbert ; er ftammte au3 einer toef^reufeifdjfen 46
^aftorenfamilie, beren SHI^ne einft afe gelbbrebiger mit ®uftab äbolf nad^ 3)eutfd^lnnb
gefommen toar. 3lfe ©^mnafioft jeidjfnete fi4 ^ebrid^ $. burc^ einen ungemeinen glei|,
afe ©tubent burc^ originelle« SBefen, beifeenben SQBi| unb 3"^>>^obifation«talent au«. 3)ie
rationaliftifd^en ^rofefforen bermodj^ten il^n freili^ nic^^t für bie 2:^eoIogie ju begeiftem.
1832 50g er na^ too^Ibeftanbenem (Sjamen auf einige ÜJlonate nac^ ®enf, h)0 bie freie 50
Äird^e il^re erften Kämpfe fod^t. 1833 tourbe er SJilar in gttenl^eim, h)0 er bie ©ttHen
im Sanbe fcnnen lernte. 3^0''^^^ ertoarb er ben ®rab eine« Saccalaureu« ber 2^eologie
burd^ eine 2)iffertation : Conjectures sur la vie et T^ducation d'Otfried, moine
de Wissembourg. 3(m 24. ÜJlai 1835 tourbe er jugleid^ mit feinem ©ruber SBäill^elm
bon feinem 3?ater jum ^ßrebigtamt orbiniert. 1836 ertDä^Ite il^n ba«Äonfiftorium©t.i^os 55
ma« gum ^farrbertpefer unb ba« ^^^i^ barauf jum Pfarrer in ©rafenftaben. 1839
l^eiratete er öugenie ßäffner, bie ^^odj^ter eine« ©trafeburger Äirc^enäfteften. 1846 tourbe
er nac^ langen Sffial^uämjjfen jum ^farrer an ^xmQ, ©t. ^eter in ©trafeburg ernannt;
e« ift bie Äird^e, in toelc^er 6ai)ito bie Sieformation gejjrebigt unb am ©c^lu^ be« ^aift^
360 ^ortttttg
l^unbertfif Sicömunb gricbridSf 2orcnj aU Ic^ter l^enlid^er ^mQC bcr untcröcf^cubeu Drt^o^
bojtc getüirlt l)aitt.
SStg 5U feiner SSerfe^una nad) Strasburg gel^örte $. bcr bamal^ l^errjc^enbcn 9{i(^=
tung — einem gemäßigten SRationali^mu^ — an unb tjer^ielt fic^ gu bcr l)on %x. ^ärtcr
5(f.b. 21. 33b VII ©.321) au^gei^enbcn Setoegung el^cr ablcl[>nenb. ©in äuffo^ im ^rot.
ftirc^ens unb ©d^ulbktt l)om 3ö^rel836 au^ feiner ^er (über bie ÜJlittcl bcn Hanbibatcn
eine ^raltifdSfc Silbung ju fidlem) ift t>oU t)on (S^erbictung gegen |JafuItät unb Äirc^cns
regiment. 2tte 1841 bie ^Paftoralfonfercnj bic SReöifion be^ bi^l^crigen ©efangbuc^^ bc-
\^o% tourbe er in bie bamit beauftragte Äommiffton getoäf^It unb t)ertrat mehrere ^a^xc
10 lang atö Seric^terftatter bie ©runbfä^e, nac^ meldten man fw^ entfc^Ioffen ^attc ein ncuc^
©efangbud^ auöjuarbeitcn, in^befonbere bafe e^ beiben et)angelif^en Sirenen bicncn unb
bie t)erfc^iebenen ©lauben^rid^tungen berüdpd^tigen foHe. 1836 l^attc er fid^ bcr neu=
gegrünbeten fog. firc^lic^en ÜJlifJion^efellfci^aft angefd^Ioffen, bie unter rationaliftifd^cr Lei-
tung ftanb; 1841 gab er ate Slbgeorbneter jur ©eneralfonferenj bcr 33a«lcr 2)lifrion bcn
16 freunbfc^aftlic^en SSejie^ungen be^ eifaß ju biefem SBerfe begeifterten 9lufi;bruct, 1843
tourbe er in bie ßentrallommiffion getoä^It. 9?un toirften fc^fon feit 1830 in Strasburg
einige ÜJlänner im ©inne be^ fonfcfftoneüen fiutf^ertum^, im Slnfc^Iuß an bic fd^lcfifc^en
2Utlut^craner, unb in auggeft)rocl^enem ®egenfa^ ju härter unb bem Sanier ßl^riftcntum
(6anb. Öfter, $fr. S3en$, ®efängni«geiftlic^er 3)iemer). I)cr befanntc I)ic^ter in 5Rieber=
20 bronn, ?Jriebrici^ S3äe^ermüIIer, befang fd^on 1841 bie §errlic^fcit bcr lut^. Äirc^c unb
eiferte baneben in 93rofd^üren gegen bcn rationaliftifc^en Äatec^i^mu^ unb ba^ proieftierte
©efangbud^. 1837 iDar in biefen Greifen eine eöangelifc^^ut^erifc^c 9Riffionägcfcflfd^aft
(für 2)re«ben) entftanben. Sgl. gbang. SWiffion^magajin, 1879, SKai bi« ^uli ((Slfaß unb
bie Äeibenmiffion). §. fd^eint bi^ ju feiner Berufung nac^ Strasburg o^ne Serü^rung
26 mit oiefen ÜJlännem geblieben m fein ; in feinen Äommiffion^berid^tcn bcfäm})ftc er fie
au^brürflid^. 3lber fc^on feine 2lntritt^rebigt am 9.2)e5embcr 1846 bcjeic^nct einen Um-
fd^tüung; fie l^atte, auf ®runb Don l$t2,6— 10 jum2;i^ema: Unfcrc Äirc^c, il^r@runb,
aBefen, Äambf unb ©ieg. ©inige ÜRonate üorl^er l^attc er e^ abgelehnt, miebcrum S3c=
ric^terftatter bcr ©efangbuA^fommiffion ju toerben. 1850 trat er mit ^ßrotcft au^ biefcr
80 Äommtffion, bertparf ba^ (Sefangbuc^ unb erllärte härter, ber fic^ leibcr ba^ 3Kac^tucrI
gefallen ließ, bcn Ärieg. Über bie SKotibe feiner ©inne^änberung ^aben toir nur iDcnig
|[n^altgj)unfte. ©einem G^arafter entfprad^ e^, baß er, nac^bem er bie Unjulänglic^tcit
be^ SRationoli^mu^ erfannt l^attc, fic^ obne ^ö^ttn auf bic cntgcgengefe|tc ©eitc jc^lug.
!3n feiner I)orfgemeinbe iDar in il^m bie Siebe ju liturgifd^cr 2lu^geftaltung bc^ ©otte^^
36 bienfte« ertoac^t, ebenfo aber au6) bie Steigung ^u ftrenger Äirc^enjud^t. SJiänncr u>ie
§arleß, fiöl^c, ©d^eibel mögen feine Segeifterung enegt ^aben unb bcr ^ßicti^mu^ il^m
baneben aU §alb^eit erfc^ienen fein. 3"^"^^'^^'^ ^^^ ^ f^^^ ^reunb unb gcinb eine ge=
toaltige Überrafc^ung, baß er fic^ nun auf einmal für ba^ ^cd^t unb bic ©cltung bc^
lutl^erifc^en Sefenntniffe« in bie ©d^anje toarf, unb jiuar t)on Slnfang an mit ber ©))t^c
io gegen bcn ^ictiömu^ unb mit furc^t^ unb rüdffic^tglofer §cftigfeit. Äam^jfmittcl iDaren 5u=
nädjfft feine ^rcbigtcn, bann ja^lreic^e Flugblätter (gefammelt unter bem Xitel 6t)ang.s
lut^. Äirc^c), bann (1868—1870) ein Äirc^enblatt, fpäter mehrere Iga^rc lang ein et)ang.s
lutl(>. Äalcnber, unb gal^lrcic^e ^rotefte unb (Eingaben an Äirc^enrcgiment unb Staates
regierung. 3*" ®^^i 'ft ber Äonfeffioneftanb ber beiben et)angclifd^en Äirc^en burc^ bic
46 3laj)oleonifc^c ®ef4gcbung nid^t angetaftet morben. 3luf einer SSerfammlung, bic 1848
äum 3h>^* ^'"^ 35erfaffung^ret)ifion tagte, h)urbe fc^üc^tem bcr aSorfd^lag gemad^t, beibc
lirc^en ju tjcrf^fmeljcn, fanb aber auf feiner ©eite 2tnflang. greilid^ ftanbcn beibc Äirc^cn
in regem Slu^taufc^, bie ®eiftlid^en traten o^nc 2lnftanb l)on ber einen ^ur anberen über
unb bic ®läubigcn unterhielten lebhafte Scxicl^ungen ju Safel, t)on too bcr SBinb bcr
50 ®rh)edEung gefommen toar. 3)arin '\a^ §. Union unb Union^efabr. 3^^^ ^uf^mmcn^
gelten unb 3wfö»"wentoirfen bon fiutl^erancm mit 3lcformiertcn galt i^m ate älbfall Don
ber Äirc^e, jcbc^ Sc^ren unb SBirfen ol^nc ftreng fonfefftonette« ®c)>rägc al^ gcfd^h)äc^tc^,
unlautere^, toerfommene^ ß^riftentum, mel fc^limmcr afö bcr gröbftc Unglaube, Qatan in
(Sngel^cftalt. 3""^^p P^'^ f^i"^ ©treic^e auf ba^ fog. Äonfcrcnjgcfangbuc^V ba^ für
55 bie cljangclifc^cn ®cmeinben ^anfreic^^ bcftimmt h^ar, alfo unicrtcn (S^arafter trug, unb
bie ®lauben^licbcr ber Jlirc^e in unglaublich entfteUtcr ©cftalt lüicbcrgab. I>a c^ auc^
in §.^ Äirdjfc eingeführt hjorben tt>ar, t)cranlaßtc §. feine ®emeinbcglicbcr bie alten ©traß=
burger ®efangbü$er mit il^rcm unt)crfälfc^ten Sieberfd^a^ tDieber ^crtjorju^olcn. Unter?
beffen arbeitete er mit feinem ^eunbe 5ßfarrer Slittclmc^cr ein neucö ®cfangbuc^ an^,
GO bai^ nac^ langem SBiberftreben 1863 bom Öberlonfiftorium ju fatultatibcr ßinfü^rung gc?
.^orittng 361
nc^^migt mürbe. — ©obann bcfämi)fte er bic 53a^Icr ÜJliffion ate „3)iifd;ung52Jmiffion" unb
bie Set^ciligung an bcrfdben al^ Serrat an ber lutl^crifc^en Äirc^c; bcfonber^ auf bcn
•JKijfionöfcftcn ju SRothbac^ Wax ba^ fein jä^rlid^e« 2;^ema. ^m ©egenfa^ ju il^r grünbetc
er 1848 mit feinem Sruber SBU^elm unb feinen Oefinnung^enoffen ?Kagnu^, ^ufer, Saegic,
SWenegoj unb 2Be^>ermülIcr, bie (Söang. 2utl^. SOliffion^gefeUfd^aft jur Unterftü^ung \)o\x 5
2ei)}jig unb §ermann^burg. 1875 lernte er einen ^erfer ^era fennen, liefe i^n in iper*
mann^burg au^bilben unb fanbte il^n ate ÜKifftonar in feine §eimat ^urücf, h)0 er nod)
^eute in Segen iDirlt. 1850 ^ielt ö. mit großem ©rfotg bie geftjjrebigt in 2ei));iig. —
g^emer üertoarf §. §ärter^ I)iafoniffentoer!, nid^t blnfe tocil §ärter §anb in §anb mit
ben reformierten 3Wül^äufem unb ©c^toeigem arbeitete, fonbem aud^ toeil er bie Sebenfen n)
ber ^au üon @a0t)arin teilte. I)ie t)on §ärter^ ^eunben gegrünbete 6l)angelifciS>e ®^
fcUfc^aft jur JviJrberung ber inneren SKiffion erfc^lofe fid^ für einige 3^^ t^^m ©influffe
§.^ unb lonftituierte fid^ am 13. 1)ejember 1847 afe ©Mngelifc^e ©efellfc^aft ber Äird^e
äiugeburgifc^er fionfeffion. 3)oc^ f^on am 24. Stuguft 1849 fiegte bie j)ietiftitd^e Slid^tung
toieber unb bie ©efetlfd^aft fe^rte ju il[>rem ©runbfafe jurüd „nid^t eine ©onbertird^e, fon^ 10
bem ba« 3tcid^ 6(;rifti ju förbcm". ©elbftt)erftänblic^ tourbe fie nun \)on p. auf^ ^eftigfte
beläm^ft (SBerfunion, ©elbunion, Äa>)eHunion). — 1856 legte bie firc^li^e Se^örbe ben
(Snttourf einer Siturgie (ober 3lgenbe) t)or; aud^ h)iber biefe^ Unternehmen er^ob §. feine
gewaltige ©timme, bie^mal l^atte er bie äufeerfte fird^lic^e Sinfe auf feiner ©eite. — 3öie
§.^ $anb gegen jebermann, f 0 ^atte er natürlid^ jebermann^ .f^anb ioiber fid^. SBieberi^olt 20
tourbe er bei ben lird^lic^en Sc^örben t)erflagt unb mit Stbfe^ung bebro^t. dagegen
bro^te er mit ©e^)aration, im ^inblidt auf beren 5Köglid^Ieit er eine alte ©^nagoae
föuflid^ an fid^ gebrad^t ^atte; ju einem folc^en S3ruc^ hjollte e^ ober bie Se^örbe nidjt
fommcn (äffen.
Ö.^ ©tärfe toar bie grofee 'JScrfonalgemcinbe, bie fic^ an^ allen Quartieren ber ©tabt 25
um i^n gebammelt l^atte, bie er mit großer Streue ^jflegte unb in ftrammer ^u6)t l^iclt,
unb bie 5u allen Oj)fem für i^n unb feine Bad^t bereit toar. GJefinnung^enoffen in
anbem ©emcinben toeranlafete er, ^u feiner ©emeinbe überzutreten, tooburd^ in^befonbere
härter betroffen tourbe, unb feinen 3lnl(|ängem j)rägte er ben ©runbfa^ ein, bafe jcbe Xeil*
na^me an einem anbem al^ (nad^ feinem ©inne) lutl^erifc^en ©otte^bienft ober Siebe^ioerf so
eine fc^ioere SJerfünbigung fei, fo bafe feine Seute eine ftreng gefdjfloffene ©emcinbe innerhalb
ber Sanbe^fird^e bilbeten. 6r })rebigte ungemein lang, aber t>iel fc^tt>ungt)oller unb bolfe
tümlic^er afö Charter ; feine f ortgefe^ten Stu^fäDe gegen anbere SRidS^tungen grenzten mand^s
mal an ba^ 3:riöiale, hjaren aber um fo loirffamer. 2lu^ SJadjffc^riften pnb 1884 eine
©ammlung ijon 6Uangelien})rebigten, 1898 eine folc^e bon (S)>ifteli)rebigten gebrudft ioor^ss
ben. ©e^r anjiel^enb toar ber 3(ltargotteöbienft, ben er einführte, ^n ber 6^riftenlel^re
fa^ er bie ganje ©emeinbe um fic^. 3lm ©onntag 9lbenb t)erfammeltc er Sftänner unb
grauen ju Äated)i^muöbefj)rcd^ungen im ^farr^au^. (Sr grünbete für feine ©emeinbe eine
„3Sorfid^t^= unb ^ilf^gefcllfc^aft", beren erfter ©runbfa^ ftrenge^ geftl[>alten am lutJ^erifd^en
Sefenntni^ \vax. ferner entftanb in ber ©emeinbe eine Äinbert)erforgung unb eine Äaffe 40
für ©c^riftentocrbreitung. %üx ben ijugenbunterrid^t öeranftaltete ,^. eine neue 3luflagc
ber alten ©trafeburger Ä^inberbibel, für bie ©rbauung ber ©emeinbe gab er ba^ „Set^
tämmerlein gel^eiligter Äinber ©otte«i", toom alten ©trafeburger ^farrer Senj, unb Quirg-
fclb^ „2lllerfü|efter ^^fw^t^^^^ft" ^^n neuem ^erau^, erftere^ freilid^ mit einer ^jolemifd^en
3ugabe, bie l)iel böfe^ Slut machte. 46
Slufecrl^alb ©trafeburg^ ^atte §. unter ben ©eiftlic^en anfangt nur etioa 8— 10 5Kits
ftreiter, bie il;m aber um fo treuer ergeben loaren unb fid^, fo toiel ate möglich, bon an»
bem ^fanern fern hielten, ßrft nac^ 1860 erweiterte fid^ ber lutl^erifd^e Ärei^, aber nic^t jur
J^eube ^.^, ber lieber mit einer Keinen, aber gefd^loffenen ßo^orte gefäm})ft ^atte. SJurdjf
feine Semü^ungen entftanb nac^ 1850 eine lut^erifd^c ©emeinbe in 5Kül^aufm im Ober- üo
elfafe, bie jefct erft ftaatlid^e Slncrfennung gefunben l^at. ^^r bie in liberalen ©emeinben
lebenbm lut|erifd;en ß^riften etftritt er ^arod^ialfrei^eit (1865). 9lud^ bilbeten fid^ an
einigen Orten unter feiner SKittoirfung fog. ^roteftgemeinben. JJ^eilic^ h)iberfu]^r i^m ber
Äummer, t>a^ and) einige feiner ©emcinbeglieber fic^ (nad; 1860) t>on i^m trenntm unb
jur lut^erifd;en ^mmanuetef^nobe übertraten. 66
SBäl^renb ber Selagcmng flüd)tete er fid^ au^ bem gcfäl^rbeten 5ßfarr^aud in ein
grope^ Slnmefen im 3""^^ ber ©tabt, ba^ i^m gel^örte, unb in bem biele feiner ©c«
meinbeglieber DVt>a6) fanben. §ier ^iclt er jtoeimal täglich unter bem Äugelre^cn Qto^
bienft. 9Jad) ber (Eröffnung ber ©tabt fonnte er mit .^ilfe feiner jo^lreiqen
2)eutfd;lanb mancher 9iot abhelfen. S)ie SBJieberuereinigung bei^ (Slfa| mit
362 ^onttng ^ord(e^
orüfete er mit greubcn. SJagcgcn faf) er bic ©enbung bon 5Dtifrton«infj)cftor D. gabri aU
2)ecementen in ebangelifciSfen Äultu^ngclegen^eiten fcl^r mi|trauifc^ an. Wßxxl 1871 rid^tete
er eine (gingabe an ben Sleidjf^fanjler (mit 36 Unterfd^friften), in toeld^er nid^t Weniger
berlangt mürbe ate Slufbebung ber Union in ganj 3)eutjc^Ianb. I)ie liberale SKajorität
6bcr 5ßaftoraIfonferenj na^m bieö jum Slnlag, um am 6. ^nnx bon ber neuen Sflegierung
?freil^eit bon attem ©^mbot unb ägenbenjlDana ju berlangen, toorauf mieber am21.3uni
eine gro^e SlnjaW bon })ofitib ^efinnten ©eijuic^en aller ©df^attierungen [xd) unter §.^
Seitung berfammelte unb für bie äufred^terl^altung be« Sefenntniffe« einlam. 3)ie QnU
fd^eibung erfolgte mel^r ober Weniger im ©inne ber (Singabe ber ^aftoralfonferenj. §.
10 berjid^tete nun barauf nod^ toeiter in ben ®ang ber 3)inge einjugreifen unb begnügte [ic^
in getoo^nter SQBei|e gegen ben „berborbenen ?pieti^mug" ju läm^fen. Bd)on lange er*
S ^teerten i^m Iört>erlic^e Seiben ba^ amtlic^fe SBirfen. ©eine ©öl^ne Söil^elm unb %xxi}
anben i^m jur ©eite. 3lad) bielen fieiben^lDOC^en berfd^ieb er feiig am 21. Januar 1882.
$. I^at ba« Serbienft, baf; er in leiten 5heifen ba^ Ixxd^lxd}^ Setou^tfein lieber
16 toedfte, bafe er toieber aufmerifam madj^te auf bie S3ebeutung ber reinen fie^re unb ber
®nabenmittel, bafe er bie JRedjftfertigung iDieber in ben 3RitteI))unft ber 3Jerfünbigung
ftellte unb bamit, im ©egenfa^ ju bem ftreng blicfenben unb a^fetifdjf gerichteten härter,
bem ßl^riftentum feinen frol^en unb befeligenben ß^arafter erf^ielt. 6r l^at toeit über bie
®renjen feiner ©emeinbe l^inau« bie alten lut^erifdjfen Sieber unb bie fd^önen ®otte^
20 bienfte ber Äird(>e belannt unb lieb gemacht. ©benfaB« jum Unterfd^iebe bon härter l^at
er burc^ fein SBorbilb gejeigt, bafe bie ©emeinbe ber ©d^toer))unft ber 2]^ätigfeit be^ ®ei[t=
lic^ fein foll, unb ift burd^ bie SQSeife, toie er feine ®emeinbe \n feiner 9)litfämt)fenn
unb SJcitarbeiterin ma^fte unb feinen Siebes^ unb HRiffionötoerlen oen ßl^arafter bon ®e5
meinbetoerfen gab, ein Vorläufer ©ulje^ geworben. 9lül^menött>ert ift enblid^ ber Wann^
36 mut; mit bem er einem blofe auf feine Äerrfd^aft bebad^ten Äird^enregiment entgegentrat.
Slnbererfeit^ ift nid^t ju leugnen, bafe er burc^ feine leibenfd^aftlic^e, jur Übertreibung ge^
neigte ^olemil unb feine nid^t immer unbebenflic^e Äirc^etti)olitif manc^e^ Slrgemi^ gab
Unb burd^ bie ©})altung, bie er im Sager ber ®läubigen ^erborrief, bie §errfd^aft be^
Slationaliömu« befeftigen ^alf. @r gel^örte ju ben ®lauben«jeugen unb Äird^enmännem,
80 bie il^re ^jSerfon für il^re ©acf^e einje^en, bann aber auc^ i^re ^erfon unb i^re ©ad^e
gIeidS>fe|en. D. ^aifenfd^mibt, Pfarrer in ©trafjburg l. @.
^ord(e^^ ©amucl, geft. 1806. — fiitt. Ü6cr i^n: Funeral Sermon by Dickinson
1806; Geotleman^s Magazine 1806, II, 987 ff.; Good Words, 1874, 825 ff.; Times, 21. 3iili
1876; Chalmers» Gen. ßiogr. Dict. 1814, XVIII, 181 ff.; Europ. Mag. 1813, I, 371 ff.,
86 494 ff.; Wallace, Antitrinit. ßiogr. 1850, III, 461; Stanley, Hist. Memorials of West-
minster Abbey, 1868, 474 ff. unb Catalogue of Edinburgh Graduates 1858, 192 ff. ((ginc
flute ©iogropbic 4).8 fe^It). — %l. für feine firc^Iicfte Stellung: J. Stoughton, Eeligion in
Engl, under Queen Anne et<j., Sonb, 1879, vol. II.; Abbey & Overton, English Church
in the 18 th. cent., 2 voll. Sonb. 1878; Hunt unb Leslie Stephen, Hist. of Rcligious Thought
40 in the 18. cent., fionb. 1882; Leckie, Hist. of Rationalism, Sonb. 1869; ©rfcft u. ©ruber,
«ag. encl)!I. II, 1 ; Dict. of Engl. Biogr., vol. XXVII, 383.
ate ber ältefte ©ol^n be« ^Pfarrer« 3«^'^" §• <^" St. Martyrs in the Fields in
Sonbon geboren am 15. ©e))tember 1733 unb bon feinem SSater in ben Stnfang^^rünben
unterrid^tet, trat §. am 24. Df tober 1751 in Trinity College ßambribge, etn, um
45 Ideologie gu ftubieren. (Sr toarf fid^ inbe^, abgeftofeen bon ben Söerfen ber jeitgenöffis
fd^en Ideologie, bie feinen auf logifc|e Unterfuc^ungen gerid^teten ®eift unbefriebigt liefen,
jugleid^ bon bem el^rgeigigen antriebe, ber aÜe« ergrünben toiB, bel^errfd^t, auf bie in ber
xragtoeite i^er (Sebanfen nod^ nic^t genügenb erlannten SBerfe ber Sllten unb fuc^te in
ben ©d^riften be^ ©uflib, Stb^ttoniu^; befonber« 9letotonö eine fongenialere geiftige §eimat.
M S)iefc matl;ematifd^en ©tubien nal^men baö !3nterefje feinet toiffen|d^aftli(^en ©treben^ faft
20 ^ai}x^ lang in 3lnfi)rud^. 3m ga^re 1758 ertoarb er ba« Saccalaureat unb über-
• na^m 1 759 eine Pfarrei in ?Ketoington Sutt«, ©urre^, folgte aber gegen ßnbe ber
fedjfjiger ^af)xt einem Stufe be^ ®rafen bon 3l^le^forb, ber i^n jum .t^ofmeifter feinet
älteften, in Dfforb ftubierenbcn ©o^ne^ befteHte. (Sine fritifd^e Slrbeit über Sl^JoBoniuö
66 (De Inclinationibus) machte il^n in ber toiffenfd)aftli(l^en 3öelt befannt. <B6)on 1767
iDar er auf ®runb feiner l^erborragenben Seiftungen auf bem ©cbiete ber SJlatl^ematif
jum 3)Jitglieb ber Äöniglid^en ®efellfciS>aft in Sonbon gehjäl^lt Sorben; Jeit 1773 toax er
ibr ©efretäV; gab aber bieje einflu^reid^e ©tellung infolge eine^ 3^^^^^^ff^ ^^^ "^^^
SSorfi^enben im ^a\)X^ 1784 auf. 3"B^^f^^ ^^^^ ^"^ ^'^ Uniberfität Dtforb i^n burd^
ßu ßrteilung be^ LL. D. (Doctor of Common Law) au^gegeid^net (1774), unb ber ®unft
^otdlttt 363
be« ©rafm Don Sl^toforb toic be« Sifd^of« Dr. Sotot^ t>on fionbon, ber tf^m 1777 eine
ßl^ori^errn^frünbe an ©t. ^ßaulö jußeteUt, üerbanite er mel^rere Heine geiftlic^e ©teilen,
bie er auf bem SBege bifd^öflid^er 2)i^enfation neben 5Retoington inne bel^ielt. 2luc^ in
biefen geiftlic^en Ämtern verfolgte er feine mat^ematifd^en ©tubien unb gab in ben ^a^ren
1779—1784 9leh)ton^ SQBerfe in fünf ftarlen Duartbänben l^eraud. 6
SBäl^renb er an biefem großen SÖerfe arbeitete, tt>urbe il^m ba« Slrd^ibiafonat toon
@t 2llbang 1781 übertragen, ^n biefer ©teHung tourbe er in bie litterarif d^en Ääm^f e,
toeld^e bamate bie Krd^Iic^e 2^eologie geaen rationalifterenbe SKngriffe ju fü^en l^atte,
l^ineingejogen. 35ie matl^ematifc^e ^Periooe feine« 2eben« fommt bamit jum Slbfd^lu^.
3Kit ber (Incrgie eine« nic^t getoöl^nlici^en ®eifte« toenbet er [xd) fortan ben tJ^eologifd^fen lo
^Problemen gu, in beren Verfolgung er einer ber ^ertoorragenbften Serteibiger ber ftaat«*
fird^IidSfen S^eolo^ie tourbe. ©ein im Sntereffe ber lird^liclfen 3^rinität«lel^re gefül^rter
Äam^f gilt afö bie bebeutenbfte Äontroberfe, toelc^e im legten 35rittel be« 18. ^a^r^un^
bert« im englifd^en Sftablif^ment burd^gefod^ten tourbe.
©c^on tüäbrenb ber ©eigmu« feinen Äam^f gegen ba« in geiftlofe« ^Jormeltoefen ge* is
bannte Äird^entiim führte, l^atte e« an Älagen über bie SSerbrängung ber SReligion bur*
bie ÜKoral, be« S^riftentum« burd^ et^ifc^e formen nid^t gefehlt. 3)er fd^ötoferifd^e ^auq
be« religiöfen ©ebanfen« fd^ien ber 3«^^ abbanben gefommen ju fein, ©elten finben ftd^
in ber geitgenöffifd^en Sitteratur Bpuxm t>on einer Setoeifung be« ®eifte« unb ber Äraft.
3)er fromme ®Iaube toar bor ben ungel^emmten gluten be« 3lationaIi«mu« au« bem 20
Krd^lic^en Seben getoid^en. 3)ie berüd^tigten ^rebigten §ugl^ S3Iair«, bie ba« Ie^te©tabium
be« tl^ologifd^en Serfall« barfteUen, toaren im 93egriff, ba« @rbauung«bud^ be« englifd^en
ÜJlittet unb Dberftanbe« ju Serben: an\iait religiöfen auffd^toung« fladj^e 2ebeit«h)ei«l^eit
unb moralifc^e 9iebenh)ud^erungen, für bie entfd^tounbene S^^ifl^^^ ""^ t>oIf«tümtid^e
prifd^e ber alten biberben ^ßarfon« ein trodfener fiel^rton, für ©albung SBortma^^erei unb 25
bol^le« 5pat^o«. 5Kod^ ebe SBe«Ie^ SBedfruf gegen biefe t>erftanbe«mä6t0-flöc^e ^ßrebigt«
iDeife ^Proteft erf^oben, l^atte ^obe in feinen ^ßoefien ©ittlid^feit unb Sruberliebe al« ba«
^öd^fte Allgemeingut ber ÜJlenfd^b^t ge^riefen unb £orb §erbert bonSl^erbur^ ben ©tauben,
bergtid^en mit einem el^rbaren Seben, ein 5Rid^t« genannt. @« erhoben [x6) bereingelte
©timmen, bie ©eiftlic^en foDten fid^ betpuftt Serben, bafe fie d^riftlid^e, nic^t blofee SKora« 30
litctt«t)rebiger feien, unb ber ßrjbifc^of ©edfer l^atte 1758 bon feinem Äleru« berlangt, ba^
bie ^rebiger nid^t nur bie ®runbfä^e ber 3^ugenb imb ber natürlid^en Sleligion, fonbem
aud^ biejenigen be« ßbangelium« bon ben Äanjeln leiten. 9lun brang §or«Ie^, beffen
9Jamen eben einen toiffenfd^aftlic^en Älang gewonnen, auf eine l^öjg>ere 5haft unb SBeil^e
ber gläubigen ^rebigt. 3)te J)clagianif(l^e SBebrol^ung ber 9lec^tfertigung«le^re burd^ bie 86
®leic^ung: ßl^riftentum = ©ittlid^ifeit, fagte er, l^at einen berberblic^en ginflu^ auf unfere
3eit gehabt, unfere ^rebigten toerben be« d^riftlid^en ®eifte« beraubt unb ui moralifrf^en
»b^blungen ^erabgebrürft ; trodene« moralifd^e« 3)ocieren ift bei un« im ©c^toange, unb
bie irrtümlichen ®runbfä^e, auf bcnen jene falfd^e Übung berul^t, Serben noc^ nid^t in
genügenber SBeifc bem berbienten 3:abel prei«gegeben. 40
3Son tbeit größerer Sebeutung al« biefe bomiletifd^en SReformbeftrebungen fmb inbeffen
feine .Hämjjfc gegen ben bie Kirche bebro^enben antitrinitarifc^en ©ociniani«mu« geworben,
©ie ftelj^en nid^t ganj au^er Serbinbung mit ber eben eribäl^nten SReform. 2)a« S3es
benftid^e an jener berftanbe«mäfeigen Siüd^teml^eit toaren einerfeit« bie (Sinflüffe be« älrs
miniani«mu«, bie fid^ bei ber ftaat«fir(l^Iid^en ®eiftlid&feit im ®egenfa^e gu bem })uritanif4f 45
gefteigerten 6albini«mu« geltenb mad)izn, anbcrerfeit« bie rationaliftifd^en 2;enbenjen be«
3)ei«mu«. 3" ©amuel glarle maren no6) beibe bon §or«IeV beläm})ften ©trömungen
bereinigt. SBir baben alfo, um ba« richtige Urteil über bie SSebeutung be« bon §or«IeV
gefüj^rten trinitarifd^en ftamt)fe« ju gewinnen, auf biefen Tlann, ber ol« ber Sater be«
englifc^en 3flationaIi«mu« anjufe^en ift, jurücfjugeben (f. S3b IV ©. 129, 22 ff.). so
Dr. glarfe l}aitt 1712 feine „©c^riftle^re bon ber 3)reieinigfeit" beröffentlidjft. $ier
Wax ba« ganje ^laterial für eine ibi(l^tige Streit- unb 2:age«frage geboten. 9lid^t mit
Unrecht fal^ man Slarfe« 93ud^ al« ba« %t]cU unb ®runbbud^ be« mobemen Slriani«^
mu« an.
2)iefer liefe unter »^eft^altung eine« l^albgottartigen ß^arafter« be« 2ogo« le^teren 66
jtbar aBcltfc^ö})fer unb Stegierer, aber mit @ott x\\d)t gleid^ etbig fein. 3)er Sater allein,
fagt ßlarfe, ift ber ©ine, ber l^ik^fte ®ott. 5Rur infotoeit göttli^^e« SBefen überbau))t mit«
geteilt toerben fann, befi^t c« ber ©o^n. 3)er ^eilige ®eift ift foioo^I bem Satcr al«
bem ©o^ne untergeftellt, nicbt nur ber Orbnung, fonbem auc^ ber §enlid^feit ui^
ÜKac^t nad^. 2)a« c^riftlic^e 2)ogma bon ber 3)reieinigleit ift alfo nur im ©inne
364 ^ot»ktf
ötonomifd;cn Srinität auf^ufaffen. Sleligiöfc 2lnbetung, fagt (SlaxU, iuirb in bcr ^ciliöcn
©d^rift t^atfäcl^Kci& auf 6in SBcfcn, auf bie ^crfon be^ Sater^ bcfd^ränft. 2)ic Slnbetung,
bie G^rifto jugefd^rieben lüirb, ift i^em SBefen unb Urfj)run0e nac^ eine anbete, beni
(Stabe nad^ öettngete, fefunbäte. 3tn feinet ©teile be^9t3; toetben bem ©ol^ne unb bem
6 ©elfte bie ^öc^ften 3öejcn»j)täbifate be^ SJatet^ beigelegt ; bcibe l^aben bielme^t t)omüBatct
il^t SBefen, finb biefem alfo untetgeotbnet, unb jiDat ift biefe ©ubotbination eine teale.
5Da^ btei ^etfonen, b. 1^. btei mit ^^^teUigenj au^eftattete SBefen ba^felbe l^^nbibibuum,
eine ibentif^c ©ubftanj auömad^en, ift ein 3Bibetfj)tuc^ ; auc^ bie nicänifc^en XJätet, meint
ßlatfe, betftanben untet bet ^omoufie be^ ©o^ne^ fcine^meg^ eine inbibibuelle ©ubftanj.
10 — I)ie toitflic^e ©c^VDietigteit bet itinität^le^te liegt nid&t batin, \mc btei ^Jjetfonen ein
©Ott fein fönnen, benn ba^ fagt bie ©d^rift mit feinem 2Botte, fonbetn U)ie unb in tuel=
d^em ©inne bet ©a$, ba^ e^ nut einen ®ott, ben 3?atet (1 ilo 8, 6) giebt, afö unbebingt
toa^t unb gcU)i| gelten fann. I)a^ 3Bott ®ott toetbc in bet ©d^tift immet im telatiijen
©inne ate Sejeic^nung einet SBütbe obet ^ettfc^aft, afö ©tanbe^^ obet 2tmt^begtiff ge-
15 btauc^t. 9Jut in biefem ©inne einet Sebingt^eit bom 3Satet fei Gl^tiftu^ ®ott ^u nennen.
3nfo nic^t um feinet SBefen^, fonbetn um feine« SBäetfe« toillen eigne ß^tifto bet änfptud^
auf Setel^tung. — 3lbet bie toeitete golö^ning, bag G^tiftu« ate ®efc^ö})f au« bet ^anb
be« 3iaUx^ ^etbotgegangen, toagtc ßlatfe nid^t ju jie^en, tt>eil et nic^t afö ein Äe^et ju
etfcl^einen toünfd^te, ben fd^on bie nicänijc^cn 3}ätet betbammt. I)em 3ltiani«mu« gegen^
20 übet ^ielt et bie Stoigfeit bon ©o^n unb ®eift, bem ©abcHiani^mu« gegenübet bie ^et-
fönlic^e Untetfc^iebenl^eit beibet bom 3Jatet feft.
ÜJlit biefen ©ö^en ioat bonßlatfe auf bem ®ebiete bet ttinitatifd^en Se^tmeinungen
eine neue Sita inauguriert iootben. ®ie ®eiftet loutbcn butd^ ij^n mäd^tig in Setoegung
gefegt. (Sine ?flut bon ©d^riften f üt unb toibet etfd^ien ; bie glänjenbfte Setteibigung bet
26 fitc^lic^en Itinität«le^te, mciftetl^aft im (Snttoutf unb tiefgtünbig in bet ®ebanfenau«'
fü^tung liefette Dr. Söatetlanb, bet, ba« ®e))länfel betad^tenb, im gtontangtiff ben ent=
fc^feibenbcn ®egenfto| fül^tte (f. b. 31.).
Untet biefen Äämllpfen, bie [xd) in bem Confessional Sladfbutne« m einem 3Jetfud^e,
bie Untetfd^rift untet bie 39 3lttifel im S^^teteffe bet unitatifd^en 2lnfic|ten ^u befeitigen,
80 betbic^tcten, na^m bet ^tofcffot bet ß^cmie, Dr. 3ofep^ ^tieftlet;, ein lötann, bet gtofeen
littetatifc^en Slnfe^en« geno^, in feinen beiben ©d^riften, bet „®ejd^id^te bet 3?ctfälfc^ungctt
be« ß^tiftentum«" unb bet ,,®cfd^id^te bet älteften d^tiftologifc^en änfc^auungen" in ©a^en
bet „©ocinianet" ba« SBott butc^ bie SluffteKung folgenbet 3:^efen : bie 2;tmität«lel^te in
i^tet bogmatifd^en gotmulietung ift nic^t ältet al« ba« nicänifc^e Äongil. äöie fie iyox^
86 liegt, ift fie ba« (Stgebni« einet allmä^lid^en ©ntattung bet neuteftamentlid^en fiepte, bie
auf bie (Sinflüffe be« griec^ifd^en ®eifte«, auf ben eintritt getoiffet ^Uatonitet in bie c^rift=
lidj^e Äit^e jutüdjufül^ten ift. SSatet biefct 5Jeuetung ift ^"ftinu« bet 3Kätti;tet geioefen.
33ot il^m h)at bet (Slaube bet ganjen Äitd^e, namentlich bet Sitd^e bon 3^nijalem, im
ftrifteften ©inne ein unitarifd^et. 3)ie unmittclbaten 3lipoftelfc^ület, toitb gejagt, fallen
40 noc^ in 6l[>rifto einen SJlenfd^en, beffcn SJafein in bem ©d^o^e bet SKatia begann. ^\^x^
9lnfd^auungen bon feinet ®ottl^eit toaten ibentifd^ mit benjjenigen bet 2ltianet im 4. ^abt-
l^unbett (bgl. b. 21. ^ricftle^).
3)a« toaten bie ©ä^e, mit benen ^rieftle^ bem I)ogma toon betlrinität eine ©teile
innetl^alb bet gtiec^ifd^en Silbung anjutoeifen untetna^m. 2)et Äitd^e fei e« bom
46 $elleni«mu« ioibet i^xm SBillen aufgebtängt tootben; ®efd^id)te unb ©d^rift l^abe e«
gegen fic^.
2)ie ©ä^e, fo fotmuliett, enegten inCjfotb unb in bet tl^eologifd^en äBelt (gnglanb«
übet^auj)t auffegen. 3lu(^ au^ §.« Umgebung fielen einzelne ben Slufftellungen ßlatfe^
55rieftle^« ^u. ©ine nid^t unbebeutenbe ©eceffion au« 3)if|ent unb Äitd^e in« unitarifd^e
60 Saget griff ^a^.
3)a nabm 6. ben §anbfd^u^ auf. ®elang e« il^m aud^ nic^t, bie arianifd^en unb
unitarifc^en 2tnf^auungen gan^ ju bc|eitigen, fo ioat bod^ fein 3lngtiff nacb allgemeinem
Utteil füt "j^rieftle^ fo öetnic^tenb, bafe fottan eine Unflatl^eit übet ba« SRec^t geioifjct
3lnfd^auungen in bet Äitd^e nid^t mel^t bcftanb unb eine fd^atfe ©tenjlinie |;toifd;cn beiben
66 Sel^tn^eifen gebogen toutbe. I)a6 bamal« bet Unitari«mu« eine ä^etutteilung etfu^t, loat
t.« Sctbienft. e« gelang il^m, bie ©egenfä|e in« Sic^t ju ftellen unb ju geigen, ba^ bet
oben, auf ioelc^em bie beiben einanbet befämj)fenben ^atteien ftanbcn, fein gemeinfamet
me^t toat.
3uetft in einet Slnf^tac^e an feinen Äletu« (22. 9Wai 1783), bann in einet 9lci^e
üo bon Briefen, bie an ^rieftle^ felbft gcti((^tet toaten, begtünbete et feinen angriff. 2)iejet
^ovtttti 36Ö
Qd)t, mit beni SiaPabe unferer 3cit gemcffen, toeit über bic ©renken ber ÜJlä^tgung unb
be« Kttcrartfc^en änftanbeö, l^inau«. ^oc^fa^rcnb unb unbarmherzig, oft mit }(|neibenbem
©arlo^mu^, toenn bic Slö^en feine« ©egner« aufgebcdt Serben, bemidjftet Jp. mit bem
ft^feren ©enidgriff be« Überlegenen feinen ®egner. ^atte ^rieftle^ in ben t^eologifd^en
»erl^nblungen feiner ^eit fic^ Sorbeeren errungen, bie i^m niemanb beftritt, fo miÄte ^ 6
Dielen oHerbing« afö eine ©tärfung ber ort^obojen ©ac^e erfc^eincn, iotrin bem vlamm
eine« ber gefeiertften 3)Jänner ber ^nt burc^ ben Slac^tpei« t)on Strtümern, Unjulänglid^
leiten unb ©c^toäc^en feiner Stu^fül^rungen ber (Slanj genommen tourbe. Unterlag ^rieftle^,
fo triumphierte bie Äirc^e. SSielleic^t au« biefen (Srloägungen l^erau« toar bie perfönlidjfe
2lrt ber ßrioiberungen bebingt, bic freilid^ aud^ bie ©tärfe ber §.fciS>en ©tellung au«maci^en, lo
jumal biefer bie Unterfuc^ung ber ^auj)ttl^efe a priori ablehnte, ©o lam in bie 3lu«s
einanberfe^jungen ein (hochmütiger, bitterer ion, ber fic^ auf §.« ©eite bi« gu ber ätb«
lel^ng, ein neuerfc^ienene« 9uc^ ^rteftlev« (Hist. of Early Opinions, 1786) über^au))t
ju lef en, unb ju bem garten ©a^e : he is altogether unqualified to throw any light
upon a question of ecclesiastical antiquities (Tracts, 1789, ©. 85) Ijerftieg. — 15
©0 gut er fonnte, toel^rte fic^ ^rieftle^, ber freilid; bon ber bemütigen ärt be« bet^le^e«
mitifd^en ipirtenfnabcn nicbt« an [xd) ^atte, gegen bie .^iebe be« neuen ©at^iter«, bie faufenb
auf i^ nieberfielen ; auc^ er ^ielt fid^, gumal im Sßeginn ber gelobe, t)on ber SHücffid^t««
lofigleit feine« ®egner« nic^t gang frei.
(Sin fe^ großer leil be« Singriff« befc^äftigt fid^ alfo mit ber Segrünbung ber Un* 20
toiffenfc^aftlic^f eit be« ©egncr«. ^n feiner Charge ^atte §. j. 39. gefagt, bafe ^rieftle^ SBe^
^auj)tungen feine anberen al« biejenigen 2)aniel 3uirf^ f^i^n* toä^renb feine 33ett>ei«grünbe
fxd} mit benjenigen be« 6>)i«fo^iu« becften. (Sr ^abe, antwortete ^rieftle^ ganj ^armlo«,
bon 3wicf er übcr^au})t nodj) nid^t«, unb „ bon gj)i«f oj)iu« nur toenig gel^ört. 2ln einer
anberen ©teile toar i^m bie unbebac^te Slufeerung entfahren, er l^abe bie alten 3Säter unb 25
bie ©c^riften be« Sifd^of« S3ull über bie ©ad^e „nur burc^blättert". Diefe S3löfeen lie^
^. \\d) md)t entgelten; immer toieber fc^lcubert er feinem ©egner ben Sortourf, bafe er
leichtfertig mit ben Problemen umgebe, in« ©efic^t, toä^enb er felbft mit j)einlid^er ®e-
toiffen^aftigfeit alle ))ofitiben Behauptungen burc^ bie SSäter belegt, ©obonn toerben mit
feiner S'^onie bie 3Rängel ber gegnerifd^en ©c^riftau«legung bloßgelegt. 3)ie SRid^tigleit be« so
©a^e«, fagt ,^., baß bie Urc^riften nic^t glauben fonnten, ß^riftu« fei ein bloßer 9Renfd^, iDeil
bie apoftel i^nen gejagt, baß er ber ©d^öpfer be« Uniberfum« fei (Äol 1, 15. 17), ioirb
für biejenigen nicl^t U'\d)t berftänblic^ fein, meiere nic^t ben ©c^arfftnn befi^en ju erfennen,
baß ber toa^re ©inn einer infpirierten ©c^riftfteHe ba« gerabe ©egenteil be« natürlid^en,
Haren ©inne« ber gebrauchten 3tu«brüdEc fein muß. — ^n ber entfd^eibenben !3ol^anne«* 35
ftelle l^atte ^rieftlet) für „gcfommcn in« J^leifc^" (he came in the üesh) gefegt „ge*
lommen bom ^leijc^" (came of the flesh). Dr. ?prieftle^, fagt baran anfnüpfenb ^.,
behauptet ba« gerabe (Segenteil bon bem, ioa« ber ^eilige ©c^riftfteUer fagt. 3)a« eine
ift eine $erfunft in« ^leifc^, ba« anbere eine 2lbhinft bom %Ui\d) (the one affirms an
Inearnation, — the other a mortal extraction). 3)a« eine bel^auptet ©t. ^iol^anne«, 40
ba« anbere Dr. ^ofcp^ ^rieftlc^. 3Sielleicl)t l}at Dr. ^ßrieftle^ bie ©ntbedfung gemadjft,
baß bie Sogif bon ©t. S^l^annc« unb biejenige bon ©t. ^aulu« guioeilen mangelhaft,
i^re 3lu«brucf«h)eifc ungenau ift. 3)arum glaubt er fic^ bie ^rei^eit ^erau«ne^men gu
bürfen, einen 3lu«brudE ju forrigieren, ber in fein eigene« ©^ftem l^ineinpaßt, unb ben er
be«l(!alb nic^t billigen fann. 45
2öa« ba« 3^"9"^^ ^^ ©efd^ic^te angelte, fo fei allcrbing« bie apoftolifd^e 3^t nod)
nic^t ju einer toiffcnfd^aftlid^en Formulierung ber 2:rinität«le^re gefc^ritten. Slber toeit
entfernt babon, baß bie Urfirc^e unitarifc^e Se^ren unterl^alten, f)ah^ e« bielme^r bor bem
(Snbe be« 2. 3<i^^^"»bert« in ber Äird^e nic^t einen Unitarier gegeben. 6rft um biefe
3eit l^abe l^eobotu« ber ältere (6 oxvrevg) bon S^gang einen b^namifd^en SKonard^i« bo
ani«mu« geleiert, baß nämlid^ (S^riftu« ein bloßer 3Rm\i) gemefen, in bem ba« (Söttlid^e
nic^t fpegififd^ bom SWenfd^lid^en berfc^ieben, fonbem nur })otentiell borl^anben unb toirffam
fei. 58on einer 6r^ö^ung pm §immel fönne alfo nur in bemfelben ©inne toie bei
anberen guten 5DJenfc^en bie Siebe fein. SBa« bie au« ^^ertuHian citierte ©teile, auf
loelc^e ^rieftle^ fo bicl ©eiuicl^t lege, angebe, fo bejeic^ne S^ertuDian mit idiotae Ieine«s 55
h)eg« bie Waffe ungcbilbeter (Sj^riften, fonbem geioiffe einzelne 2eute, benen e« am SSer*
ftänbni« fehlte, ba« bon ber Äird^e gang allgemein angenommene ©el^eimni« gu glauben.
3lu« einer 91eil;e bon ©teilen tocift §. nacb, baß au^ bie 3luben fd^on in (S^rifti ^^xt
an Unterfc^iebenbciten im göttlid^en &ejen unb an bie ©rfd^einung i^re« ÜJleffia« in ber
(öeftalt ber jJocitcn götllid^en ^erfon glaubten. "Oäcnn g. S. Slt^anafiu« bon „^uben" co
366 ^ox9kti
ft)rec^e, bic ß^riftum nur für einen 9)lenf(^en l^ielten, fo meine er offenbar ba^, \t>a^ er
jage, nämlid^ ^uben unb nic^t gubenc^riften, h)ie ^rieftlet; untergefd^oben.
(Sine ber mtereffanteften Partien feiner Slnttoort bilben bie 3lu^fü^rungen §.^ über
bog 3Serl^äItni« be« ß^ftentum« jur j)Iatonif(^en $l(^i[ofoj)l^ie. I)afe jtüifd^en betben eine
6 ^^nlic^fcit öor^anben fei, giebt er ol^ne tpeitere« ju. 3^ f^^"^ ^^^f ]%^ ^f w"^ 6in
ftol^ auf biefen fogenannten SSorlourf. I)ie ^latonifer bel^auj)teten Drei göttliche ^"gpo-
ftafen, tau gute ^rinjij) (räya^dv), bag SBort (Hoyog ober vovc) unb ben ®eift (yn^x^)),
ber im SQäeltganjen toirfe unb ba^felbe in feiner innerften Äraft jufammen^alte ; aUe brei
aber nel^men 2^eil an einem gemeinfamen ©öttlid^en ('9eiov), feien emig unb für fid^ be^
10 ftel^enb. 2)ie« beute jtoeifello^ auf eine ber d^riftlid^en ä^nlid^e 2lnf(^auung l^in. 3lber
einen SSortourf gegen ba« ß^riftentum barin ju erbliden, Vermöge er nic^t. ®ine öott*
fommene Übereinftimmung beiber, fagt er, gebe iä) nic^t nur ju, fonbem. ic^ fel(^e barin
fogar eine ätl^nlic^feit, bie auf einen gemeinfamen Urf)}rung j^intoeift unb für bie tirc^Uc^e
fiel^e infofem eine SSeftötigung bietet, aU fie i^ einen SSetoei« für i^re Übereinftimmimg
16 mit fel^r alten unb aD^emeinen 3SoIfötrabitionen an bie §anb liefert. 3)enn ber ©ebante
einer Unterfd^ieben^it m ber ©ott^eit fei bem nattirlid^en 3)enfen nottoenbig; barum fei
er fd^on ben älteften aSoß^eligionen nid^t fremb. „9Bar benn biefe 3lbee einer 2)reil^eit
nur ^piato eigentümlich? ®eh)ife nic^t, fie ift älter ate er. 2)ie ^latonifer beanfjjru^en
felbft nit^t« anbere« ju fein ate bie SJertreter einer öiel älteren Sel(^re, bie fid^ öon $lato
30 ju ^armenibed, t)on ^armenibe^ ju ben ^^tl^agoräem, t>on biefen ju Orpl^eu^, bem
älteften ber gried^ifc^n 9Jl^ftagogen, verfolgen lä^t. 3)ie ©runblagen ber otp\)\](i)m 2:^eo=
logie aber ru^en in ber äg^j)tif(^en ©ebeimle^re. '^n ben t)erfif(^en unb c^albäifd^en
SR^t^ologien begegnen toir äl^nlid^en Slnfc^auungen, felbft in bem römifc^en, t)on ben meft-
aftatifd^en 3Sorfal^ren imJ)ortierten Slberglauben finben ftd^ ©J)uren baöon. 3tad) ^l(^r^gien
36 tourbe bie fie^re bon ©arbanu« öert)flanjt, ber fie bon ©amotl^rale brachte." 3Rit einem
SBorte, in atten alten $^ilofoj)^ien unb Sieligionen fei bie ^^ee einer 2^rinität ein toefent^
lid^er^ug. ©o ^or^lelj.
SSir feigen, bie maWbenben Unterft^iebe, toeld^e bie ^eibnift^en Sieligionen öor ber
(^ftlic^ monotl^eiftift^en Seigre aufloeifen, toerben in biefen Stu^fül^rungen §.^ nid;t berüd=
80 fid^ftigt. 3Kan tl^ut il^m nid^t Unred^t, toenn man i^m eine SJertoecbfelung ber ©efc^id^tc
mit ber 9Jl^tl^ologie bortoirft. 3)o(^ ift tool^l feftjul^alten, bafe e^ i^m, "^irieftle^ gegen^
über, lebiglid^ barauf anfam, bag aufeerorbentlid^ l^o^e 2tlter ber trinitarifc^en !3bec nad^-
jutoeifen.
2)ie am ®nbe be« 2. 3«^^^^"«^^^^^ gemad^ten 3?erfu(^e, ben an ber griec^ifd^en ^^i*
86 lofoJ)l^ie gebilbeten ÄonDertiten mit bem 3w0^f*änbni^ entgegenjulommen, ba^ bie ©runb«
gebanlen be« ©öangeliumg bereit« in '^i.Uato« (Sd^riften öor^anben feien, bi&igte ^or^lei;
nid^t. 3« ^^ fc^ärfften Stu^brüdfen tabelt er bei ben j)latonifc^ gerichteten ß^riften aöen=
bungen toie bie, ba^ bie äußere SJlat^tentfaltung be^SoJ^ne« beim ©c^öj)f ung^aftc ibentift^
fei mit bem, toa« bie Äir(^enfJ)ra(^e 3^"0""0 (generation) nenne. SBeber in ber ^eil.
40 ©djirift finbe fid^ bafür ein 3ln^alt, noc^ toerbe bie ©at^e burd^ bie Slnfc^auungen unb
Seigren früherer ^^xtm beftätigt. ßinem bilblic^en Slu^brudfe ber ^l. ©c^rift, für ben
burd^ ^arallelftellen ober au^brüdlit^e ßrfiärung berfelben l(jeil. ©c^rift nic^t ein burd^au«
flarer ©inn gefunben toerben lönne, einen berartig toilllürlic^ beftimmten ©inn untcrju^
legen unb Slnerfennung bafür ju forbem, fei anmafeenb. gj^^^f^ß^ ^"^^ Q^\%^ toerben,
46 bafe, toie Dr. ^rieftle^ felbft bie ©ac^e auc^ faffe, bie SJerfe^rung eine« göttli^en 3lttri=
but« in eine ^erfon eine jenen j)latonifierenben ß^riften burd^au« frembe ^bee gemefen
fei. Über bie S^rinität felbft feien il^re 3lnfd^auungen burc^au« gefunbe getoefen. Obs
gleid^ bie J)latonifd^en 33äter bie ßmigleit ber jmeiten ^erfon ebenfo feft^ielten mie bie
ber erften, fo meinten fie boc^, bafe ber 3lu«brurf 3^0W"0 ^^^'^^ i" ^^"^"^ getoiffen 3^^^-
60l)unlte eingetretenen, befonberen 2lft bejeic^ne. Unb e« fei toa^rfc^einlic^, bafe, obgleid^ fie
au(^ bie ßtoigleit be« ^eil. ©eifte« be^auj)teten, fie mit bem Slu^brudf 2tu«gang eine
^u^erung feiner SBillen^t^ätigfeit bejeid^net fqnben, bie mit jenem 2tfte ber 3^"0""9 ^^
@o|ne« gleidb^eitig toar. 3)a« aber fei i^re Überjeugung, bafe bie jtoeite ^^ierfon ju allen
3eiten ba« Söort, bie britte ^erfon bie aBei«l(^eit gemefen fei.
66 3Rit biefem ßrgebni« begnügt fic^ §. Jnbeffen nic^t. 3"^^"^ ^ ^'^ ^^n ^rieftle^
bel^auj)tete unb öon i^m felbft zugegebene 3i^nli4feit ber j)latonif(l^en unb d^riftlic^en Sin«
fc^uung JU ©unften einer begrifflichen Semünftigleit be« d^riftlid^en 3)ogma« geltenb
mac^t, gel^t er jum angriff über. 3" ^^" Slnfi^auungen ber ^eibnifc^en ^latoniften,
fagt er, ^aben toir eine Slrt ®rfa^rung«betoei« bafür, ba^ biefe ge^eimni«t)olle Seigre boc^
60 ni^t fo abfurb ift, toie fie benjenigen erfd^eint, bie fie mi6t)erftel^en, b. i), ben Unitariem.
^ordle^ 367
fflürbe ^lato, 5ßor))^^riu« unb felbft ^lotinu« bic SOäunbcr 3Rul^ammeb« ober bo« 3)ogma
ber Iran^fubftantiation geglaubt l^aben? 9Jimmerme^r. ®inh)änbe, a5Jtberfj)tüc^e, Unmög*
lidi^feiten gegenüber ber trinitarif^en 3bee hwiren auc^ für fte nur fc^einbare, barum
,,^ielten fte eine Se^re fejt, toelc^e ber ft)äteren be« SRicänum« boc^ infohjeit gleicht, ba^
fie ben gleid^en ober öielleid^t noc^ größeren ©intoenbungen au^efeftt ift". — 6
3)er erfolg biefer Serteibigung ber lirt^Rc^en 2:rinitätelel^re h>ar ein burd^fd^Iagenber.
3)ie emj)finbung, ba^ ^rieftle^ ber Sefiegte fei, toar allgemein. 2)ie unitarifc^e ^od^«
flut, toelc^e Äir^e toie 2)iffent ju bebro^en begann, trat aDmäl^Ud^ in ii^re ©c^ranfen
jurücf, unb 3lrtani«mu« toie ©odniani^mu^, benen nac^ einem öerJ^ei^ungdboDen Slufftieg
tm ©eiftedleben ber Station eine !ur}e Slüte bef(^ieben getoefen toar, mußten ftd^ be» lo
f (Reiben lernen. 2)em englifd^en Unitari«mu« be« 18. 3ö^r^w«*>^^ ^^<i^ ^oxilti) bie
Äraft 2lber bie ärt be« Kamj)feg l^atte bargetl^an, ba^ eine l)erfönlic^e Unterftrömung
fld(^ in bie h)if[enfc^aftlic^en 93erl(ianb(ungen eingebrängt. Sin S^alent, ba^ anberd al^ bod
®enie, feine ©tärfe auf engbegrenjtem ®ebiete, in einer Sinfeitigteit fuc^t unb in biefer
©infeitigfeit mit Seifettefe^ung ber anbem galtoren nur ben einen $unft 'xr\^ äuge fai^, i6
fydU ^. jtoar bem öielbetounberten 9?amen ^rieftleljd feinen ®Iang genommen, aber eine
t>oDe Übertpinbung ber antitrinitarifc^en ^bee toar il[^m nic^t gelungen. 2)er Unitarit^muiS,
obgIei(^ gefd^toäd^t an^ bem ÄamJ)fe ^erborgel^enb, l^at feine fieben^fräfte ju friften getou^t
unb fommelt nodb je^t, nad^bem er feit älnfang be« 3^^^^wni>^^ ""^«^ ^^^ ^influ^ ^e3
neuen religiöfen Seben« manche feiner §ärten abgeftreift, in Äirt^e unb 3)iffent Heinere ao
Äreife um feine ^been.
2)ag öermag natürlich bem SSerbienfte $.^ um bie Äird^e unb 2:l^eoIogie feiner ^Äi
feinen Slbbruc^ ju tl(^un. ©r felbft ftanb fc^on an ber ©d^toeUe einer neueren ^Ät ^n
ba^ ftagnierenbe, in Unglauben unb SSertoeltlid^ung t)erfunlene ^oc^firc^entum brang ein
neue«, bom ©eifte be« ©öangelium« getragene«, an ©tauben unb guten Werfen reid^e« 25
fieben ein. 3*^^^^" öerl^inberte i^n fein eng gefc^Ioffener ©tanbj)un!t auf bem ©oben
ber ftaat^Iird^Kd^en Crt^obo^ie biefem neuen et)ange[ifc^en Seben feine Jlräfte rüdtftd^t^lo«
JU toibmen.
3)er ©influfe, ben er na^ feiner tl^eologifd^en ^e^be mit ^rieftleJ^ burd^ SQäort
unb ©d^rift auf feine ^^t aui^übte, naj^m t)on ^ai)x ju S^l^r ju. SorMonjIer SD^urloto 90
belobte biefe Serbienfte mit einer 5Pfrünbe in ©loucefter unb burc^i bie im 3^1^^^^ 1788
erfolgte Berufung jum Sift^of t)on ©t. 2)aöib«. 3Rit Iräftiger ^anb ergriff §. I^ier bie
3ügel be« SRegimente«, unterftü^te al« SRitglieb be« Dberl^aufe« bie ^oUtil ber ^Regierung,
an beren ©t)i^e bamafe ber jüngere ^tt ftanb, unb entfaltete auf ber Äanjel nid^t toeniger
al^ im Parlamente eine t>on feinen g^i^Ö^i^^ffen t)iel betounberte Serebfamfeit. 35
©eine ^rebigten jeugen öon l^erDonagenb rl^etorifd^er Segabung unb lönnen al«
3Kufter ber ftaatöfirc^lid^en Äanjelmeife ber ^^xt im guten ©inne beg SBorte« gelten. 3)ie
ßjegefe ift crfc^öj)fenb, oft geiftreic^, bie S^eilung originell, bie Qpxad)t Iräftig unb frifd^;
aud^ an SBärme fe^lt e« i^r nic^t. 3)ie ^Prebigten über bie ©^roj)l^önijierin gelten afö
aKufterftüd J)|^c^ologif(^er geinmalerei unD fjjelulatiöer liefe. io
Sm unöergefelic^ften aber l^at fid^ ber ßrinnerung ber ß^i^Ö^offcn jene ^rebigt ein^
gej)rägt, bie er am S^^^^tage ber Einrichtung Statin I. öor 3Ritgliebem be« Parlament«
in ber SBeftminfter-älbtei ^ielt. %ixx feine ©eifte^rid^tung ift biefe SRebe in mel^r ate einer
Sejiel^ung c^aratteriftifc^. SBenige 3:age öorl^er ioar Subtoig XVI. in 5pari« unter ber
©uiDotine gefallen. i)ie beiben Käufer be« Parlament« toaren öerfammdt, unb §or«lei^ 46
^atte ben 2luftrag, am 30. S^nuar 1793 öor bem Dberl^aufe ju J)rebigen. Qx tarn juerft
auf bie bamafö t>on ©taat^männem, Ideologen unb ^l^ilofoi)l^en öiel bel^anbelte ^age bon
bem SBefen, bem Umfang unb ber Quelle ber §errfc^ergeh)alt unb im 3ufammenl(^ange bamit
auf ba« ©^ftem beiS }3affitjen Untert^anengel^orfam« ju fj)red^en. ^m^ beruhte i^m auf
göttlid^er Sinfe^ung ; il^r \)aU fxd) ber Untertl^an bebingung^lo« ju untertoerfen. @d fei go
eine öertoerflic^e ^bee, ju glauben, bafe bie monarc^ifd^e, tote überl^auj)t jebe red^tmä^ig
eingefe^te ©emalt toiberrufltc^i feien. Unb bann auf bie ©c^edten^nac^^ridj^ten au« 5Part«
überge^enb, l^ob er feine Slrme emj)or unb Derglid^ in tiefer Setoegung ben englifc^en unb
franjöftfc^en Äönig^morb. „D mein SJaterlanb", rief er au«, „erfenne ben ©d^redfen
beiner eigenen Sluttl(^at in biefer furchtbaren SQäieberl^olung. Älage unb toeine barüber, 56
ba^ biefer fc^marje franjöfifc^e SBerrat an jenem SSerbrec^en beiner eigenen unnatürlichen
©öl^ne ftc^ ein Seifi)iel genommen". 211« er biefe SBorte gefjproc^en, erhoben jic^ toie
auf einen ©c^lag bie £orb« toon il^ren ©i^en unb l^örten bie ^rebigt fte^enb bi« jum
@nbe an.
211« im äJerlaufe be« ^a^x^ bie 3)eaner^ an ber 2tbtei Dalant tourbe, erl^ielt §. Reoo
368 ^ordle^ $ort
naö) allgemeiner 2tnnal^me afe 2o\)n für feine glänjenbe Screbfamfeit im 2)ienftc ber
monarc^ifc^^en ©ac^e.
9in bemfelben ^a^re (1793) toertaufc^te er ©t. 3)at)ibg mit bem »i^tum SRoc^cfter,
bel^ielt ober ba^ e^renDotte 9lmt an SBeftminfter inne. ^m ^af^x^ 1802 enblic^ tourbe
6 er Sifc^of \>on ©t. älffato^, ftarb aber balb barauf, am 4. Dftober 1806 in Srig^ton.
©eine ©d^riften: uJlat^ematifc^e: Apollonii Pergaei Inclinationum libri
duo, Djforb 1770; Remarks on the . . . North Pole, 1774; J. Newtonii Opera,
illustr. 1779— 85- Pract. Mathematics Djforb 1801; Euelidis Elem., Orf. 1802;
Euel. Datorum, Off. 1803. ^ij^eologifd^e: Providence and freeAgency, 1778;
10 Charge (tjgt. oben) 1783; Letters in reply to Dr. Priestley 1784; Remarks on
Dr. P.S second letters, 1786; Analogy between Inspiration and Learning, 1787;
Apology for the Liturgy and Clergy, 1790; Sermons, 3)unbee 1810—1822, 9Jeu=
brudt 1829; Charges, 1813 (l^er. toon Heneage Horsley) ; Book of Psalms, trans-
lated, with Notes, 2 voll. 1815; Biblical Criticism, 4 voll. (ed. Heneage H..) 1820,
i5 5Reubrudt 1844; Theological Works, 8 voll. s. a. [? 1846], (enthalten bie Sermons,
Charges, Psalms unb Bibl. Criticism). ^olemifc^e: Controversial Tracts, 1783,
1784, 1786; neue Su^abe 1789 unb 1813; Philosophical Transactions ber 2om
boner Royal Society, vol. LXII— LXVI, 1767—76 unb eine Sln^al^l ®elegen^cit«=
fc^riften. 9<ubolf Subbenftcg.
30 poxi, genton 3iol^n äntl^onV, geb.23. 3lj)rill828, geft.30. $Wot)emberl892.—
Sgl. Life and Letters of F. J. A. Hort . . . by his son Arthur Fcnton Hort, 2 35be, fion»
bon 1896.
3)rei englifc^e S^eologen ^aben toäl^enb bc« jtoeiten a:eile^ beö 19. 3la'^^^w"i>^rt^
in einem befonberen 3Kafec bie äufmerlfamleit unb bie §oc^ac^tung fefllänbifd^er ©elel^rten
26 auf fic^ g^jogen unb für ftd^ gewonnen, nämlic^ ber am 21. 3)ejember 1889 l^eim*
gegangene ^o\tp^ Sarber Sig^tfoot, Sifd^of bon 35ur^am, ?f. 3- ä(. $ort, unb ber noc^
lebenbe Sif^of öon 3)ur^am Sroofe, gofe SBeftcott. 311^ junge 3Känner, unb ^toax aüc
au« ber &imbribger Uniöerfität l^erDorge^enb, ftnb fte biö ju bem 2;obe Sigl^tfoot« unb
bann §ort« in inniger greunbfc^aft miteinanber toerbunben getoefen. 2lIIe brei faxten
80 biefelben jtoei ©ebiete in« 2tuge, nämlic^ ba« SWeue 2ieftament unb bie frül;efte Sird^em
gefd^ic^te.
§ort ift in Dublin geboren, lebte aber öon feinem neunten ^ai)x^ ab in ßnglanb.
9Son ber großen ©d^ule in SHugb^ ging er im ^ö^re 1846 auf bie ßambribger Unitoer^
fität; \vo er fic^ ber Itaffifc^en ^^ilologie unb ber SKat^ematif n)ibmetc, fic^ aber aud)
35 mit 3^eologie, ^^ilofoj)IS^ie unb gelegentlich mit toolf«h)irt|c^aftlic^en unb fojialcn fragen
befc^äftigte. ^m ^^xt 1851 geiuann er ben ^rei« für a)}oralj3^ilofot)l^ie unb ,,bcfonberc
9lu«jeic^nung" in ^^^fiologie unb Sotanif, unb im 'iiai}X^ 1852 ein Stipenbium („FeU
lowship"). 3" ^^^ 3^^^ ^^0^^ ^ ^" ^^ Sotani! I^ertoor unb galt al« einer ber ^off-
nung^boUften gorfc^cr barin. 6r fd^rieb gelegentlich botanif^e ^Jotijcn, feine ©ammlung
40 bon botanifc^en Sudlern toar feine geringe, unb ber ©c^reiber biefe« ^at i^n noc^ in
fj)äteren ^af^xtn feine 5Pflanjen|ammlung jiflegen feigen, ^aft äße (Sambribgcr Stubenten
au« jener ^eriobe befaßten ftc^ mit ber 58otanif. ^m ga^re 1853 fing er mit Söeftcott
eine älu«gabe be« gried^ifc^en SJeuen 2;eftament« Vorzubereiten an unD in bcmjelben ^abxc
untemal^m er bie Sefd^reibung einiger ^anbfc^riften auf ber Unitoerrität^bibliot^ef, hjurbe
46 Ulm ßjaminator ernannt unb ftiftete mit 3- ®- ®- 3)laVor, unb 2igl;tfoot ba« im
3;a^rel854 juerft an«2ic^t lommenbe „Journal of classical and sacred philology",
getoife eine ^He öon SSerjjflic^timgen für einen jungen Magister Artium. ^m gabre
1856 tourbe er al« ^ricfter, Voller ©eiftlic^er, orbiniert, boc^ tpar er in biefem ^^l^re
ßjaminator in ben 9Jaturh)iffenfc^aften, unb Sorftanb«mitglieb be« Gambribger ärbeiter^
60 ßottege, unb ber ßambribger j)l(^iloJob^i|c^en ©efettfc^^aft. d« ift auc^ nic^t untoefentlid^
jur Äenntlic^mac^ung be« unglaublid^ toeiten Greife« feiner ^ntereffen gu bemerfen, ba^ er
mit einigen anberen Fellows an^ Gambribge in biefem ^ai)xt Viele SÖod^cn in ben §od^=
alpen ^erumftreifte mit allerlei l^afebrec^enben ©ängen in ber dläht \)on SUlont Slanc unb
mit einer 93efteigung ber ^""öf^öw. -hierbei machte er j)l^otogra))l^ifc^e SJerfuc^e mit einer
66 großen ßamera in ben l^öl^eren SRegiönen. 2)a« ^af^x 1857 brad;te feine JJer^eiratung
mit Jy^äulein %ann\) 2)^fon ,§ollanb unb feine 3lnftcllung al« Siifar \)on „St. Ippolyts-
cum-Great Wymondley". ©t. |)i^i)olt)t« h?ar nic^t fe^r tpeit Von Gambribge. ßr ging
mit großem J^eife unb mit großer Siebe an bie Slrbeit be« 2)orfgeiftlid^cn. (Sr lehrte in
ber äfltag«fd^ule unb in ber ©onntag«fd^ule unb er tl^at manche« um ba§ Sebcn in ber
$ort 369
®emdnbc ^u ^cbcn. 3)oci^ füllte er, ba^ ba« nai) allem nic^t fein ®ebiet toav. ©eine
enH)finbli(i^Ieit unb feine ©((^üc^iternl^eit mac^^ten e« i^m unmöglich mit bem SSolfe fo )u
t)ertel^en unb fo ui reben, h?ie er e^ für toünfc^en^hjert ^ielt, unb erfc^tüerten il^m bie
SSorbereitung ber H^J^^ißten. 2)ie ^^\i, bie er Don ber ^Pflege ber ^emeinbe erübrigte,
tourbe auf bie Sluggabe be^ griec^ifc^^en SWeuen S^eftamente^ öertoenbet, foh)ie auf eine mit 5
anberen ©ele^rten unternommene Überfe^ung ber äBerfe 5piaton«, bie ober ft^lie^Iid^
aufgegeben tourbe. Sei ben Oielen änforberungen an feine Äraft toar e^ nid^t fonberbar,
baf[ er toieberl^olt feine ^aroc^ialarbeit einftetten mu^te, um ftc^ Don Übermübung unb
fd^Iie^Kc^ bon fe^r emfter ßranfl^eit ju erl^olen. 3Jom ^a\^xz 1865 an ging e« \\)m mit
einer einzelnen Slu^na^me t)iel beffer. SSon ber 3^it an aber rief i^n ßambribge immer 10
toieber ju ft(^, viermal ate ©jaminator für bie 3JloraItoiffenf(^aften, jtoeimal ate ßjami*
nator in ben 9?aturh)iffenf(^aften (33otaniI unb ®eologie), unb f(^fieBli(i^ ate „Hulsean
Lecturer" im ^q!I)x^ 1871. J)aneben ^er toar er im ^a!f)x^ 1868 ein toic^tiger ^Jlits
arbeiter be^ großen „Dictionary of Christian Antiquities" oon Dr. SBiHiam ©mitl^
(unb Dr. SBacc) getoorben, unb im ^aljxt 1870 ein §aul)tmitglieb ber „^leuteftament^ 15
lid^en SReDifion^-SefeUft^aft". ®ie Strbeit für bie 9let)iftoh attein beanfpruc^te !Iage lange
©i^ungen in jebem aug je^n 3Konaten be^ ^a^x^ unb jtoar jel^n ^a!^x^ lang. 3)a^
„Journal of Philology" toar au(^ im $^a^rc 1868 Don neuem in« Seben getreten unb
tourbe Don §ort unterpü^t. 2)a« '^al)x 1869 fal^ ein ^^^auen^ßollege in §it(^in, untoeit
©t. öippol^t«, entftel^en, unb §ort |ielt am Stnfang einige 33orlcfungen bort, ^m ^a\)x^ 20
187Ö toar er ber ^auptförberer einer Sittfd^rift an ba« Parlament, Oie ba« 9lj)oftolifum,
al« toeniger umfaffenb, an bie ©tctte be« lirc^lit^en Äated^i^mu« in bem Silbung^Ite
t)on jenem ^a'^x^ ju fe^en fuc^^te. 3luc^| befc^äftigte er \x6) mit ben 93orfc^lägen t)om gjal^re
1870 für eine Äird^enreform, obtoo^l er am @nbe bie änfic^^ten ber Rubrer ber Se*
toegung nic^t billigte. Q^ toar toirflic^ an ber 3^t, ba^ bie UniOerfttät i^n aud^ bem 25
SWamen nac| übemäl^me.
2)ie« gcfd^al^ im ^Q!^xt 1871 im 3Ronat 3)wember burc^ ba« Slngebot einer „fel-
lowship and lectureship" für S^^eologie im ©manuel^ßollege in Gambribge, too er
9Rärj 1872 fic^ anfiebelte. ©ed^« ^a^xi lang la« er Oor biefem ßoHege über Origene«
„contra Celsum", 6p^ef erbrief, S^^öu« „contra haereses" ^n6) 3, l.Äorintl^erbrief, :w
3afobu«brief, ßlemen« Oon aUejanbrien „Stromateis" 35u(^ 7, unb Slpofal^pfeÄap. 1— 3.
3u gleicher 3^^^ ^^^ ^^ 3Ritglieb t)on ungefäl^r fünf jel^n 33orftönben, äu^fcpüffen u. f. to.
unter benen allein bie Unioerfität^reffe unb bie ÜniOerfität^bibliot^ef biel 3^i^ wnb Jtraft
forberten. Sluc^ toar er feit 1871 ^rüfung^faplan für ben SSift^of \)on 61^. 3)a^ fein
gried^ift^e« 9Jeue« Xeftament überl^aupt fortfd^ritt ift tounberbarcr, afö Oafe e« langfam 35
fortfd^ritt; er fd^rieb bie ©inleitung im SHol^en juerft im ^af:}Xt 1878 auf. 3"J^^f^^i^
erfd^ien im ^a\)xt 1876 fein 35ud^ „Two Dissertations" über Movoyevfjg i>e6g in
scripture and tradition" unb über „Constantinopolitan and other eastern creeds
of the fourth Century". SRit biefen jtoei ©(^riften tourbe er im ^al^re 1875 erft
Saccalaureu« unb bann Doltor ber i^eologie. 2)a<^ 3^^^ 1Ö77 brachte ben erften Sanb 40
ber oben ertoäl^nten „Antiquities" mit 70 Slrtifeln au« §ort« ^eber, befonbcr« ben jtoei
über Sarbaifan unb Safilibc«; feine unmittelbare Slrbeit ^örte mit bem Sud^ftabcn 8
auf, boc^ arbeitete er bielfad^ mittelbar toeiter burt^ t)on i^m unterftü^te 3Kitarbeiter.
öffentliche ^Jragcn fanben ftet« feine 1eilnal(^me, toie bie über 3Sit)ifeftion im '^o^xt 1878,
unb bie über bie „Burials Bill" in bemfelben "^ciixz. 45
3)a« "^cüix 1878 änberte ben SJamen feiner älrbeit, benn er tourbe ^um §ulf ean«
^rofeffor ber „Divinity" ernannt ; bie Slrbeit blieb biefelbe, nur famen noc^ 93orlefungen
über ß^riH t)on ^^^wfalem 3—5, latian, ßlementinifd^e SHcIognitionen, SertuHian „ad-
versus Marcionem" 4. 5, SRömerbrief in 9lu«toal(^l, unb jubaiftifc^e« G^riftentum l^inju.
3tn 3al^re 1880 leitete er bie ©rünbung einer befonberen ©c^^ule für 3)Jäbc^en. I)ie lefete w
©i|ung ber Sleoifion be« 9?3: tourbe SWot)ember 1880 gel^alten, anftatt beffen aber mu|te
er ftc^ nunmehr mit ber SHcoifion ber altteftamentlic^en Stpoh^pl^en befaffen, einer arbeit
mit ber er erft einige ^^ge oor feinem §cimgang fertig tourbe. 3lm 12. 3)Jai 1871 er^
fd^ien ber erfte, ber Xejtbanb, ber bal^nbred^enben 3Beftcott'§ort=äu«gabe bc« gried^ifc^en
5Reuen Xeftament«, am 17. 3Dlai bie rebibierte 2lu«gabe be« englifd^en SWeuen 2^eftamente«, 66
tooran §ort bie je^n g^^re mitgearbeitet l^atte, unb am 4. ©eptember beöfelben *^oifyc^
ber jtoeite S9anb, bie „ginleitung" be« griec^ifd^cn 5Reuen 3:eftamente«. "^ai^ einer ßr^
^olung«paufe o^ob er eine ©c^ulauögabe be« griec^ifc^en 3öi^ l(^erau«. Dann beforgte er
bie §erau«gabe ber Prolegomena ju bem 5J3: be« oerftorbenen ^EregeHe«, unter Seil^ilfe
t)on 31. SB. ©treane. Darauf folgten t)orbereitenbe ©c^ritte für bie Jleoifion b|UyLXeo
370 $ort ^o\ta, ftdtttg
Überfe^ung be« 211^. 3m 3al^rc 1884 beaufftc^tigtc er bte §crau^gabe bc^ gried^ifd^en
3tX^ öon feiten ©criöener^ mit bcn Se^rten einerfeit^ ber SReöiforen t)on 1611, anberets
feit« ber Slebiforen t)on 1881, unb er l^at ba« SSortPort baju fo gut ipie neugefc^rieben.
3)a« ^C(i)x 1887 jal^ i^n einen tpic^tigen SSeitrag gu ber ®efd^i(^te ber ßanbft^rift bon
6 ämiata fteuem, toobei feine au^erorbentlic^e SSelefenl^eit toieber ju Jage lam. 3»" Ok-
tober 1887 tpurbe er jum „Lady Margaret's Professor of Divinity" gehjä^lt.
2)amit l^aben tpir ben 9lal^men feiner 2;i^ätigleit furj angegeben, ^ie ätneidtennung
ber ©elel^rten aQer UniDerjttäten f))i^te ftc^ ^u in ben i^m erteilten unb angebotenen
®raben toie LL.D. bon 3)ublin, D.C.L. \>on 3)ur^am, unb bem D.C.L. öon Drforb,
10 ben er nid^t me^r in ^erfon annel^men fonnte. Äein 3Renfd^ fonn obige Sfi^je öon ^ort«
fieben betrac^^ten, ol^ne bai^ ®efül^l ui l^aben, ba^ §ort t)om älnfang bi^ jum ßnbe an^
gef})annt gearbeitet l^at. älber ba^ Obenftel^enbe läft jtoeierlei SSJic^tige^ faft t)oDftänbig
au^er bem ©J)iele, nämlid^ einerfeitd §ort« Srieftoed^Jel mit allerlei 3Renf(^en, greunben
unb ^emben, ju §aufe unb in ber^eme, unb anbererfeit^ §ortg Slrbeit an benSQäerten
16 änberer, befonber^ jüngerer ÜRönner. 3)te 3w^*^öI^"0 i" litterarifd^er ^infic^t, bie er
pcb felbft auferlegt l^at, machte il^n nic^^t )u einem 3Serl^inberer ber f^riftftellerifd^en
I^ättgfeit 3lnberer, fonbem el^er ju einem ^örberer berfelben. Unfd^ä^bare ©tunben toib-
mete er ben Äonelturbogen feiner ^eunbe. 2luc^ bem ©c^reiber biefer R6ltn l}ai §ort
biefen J^eunbfd^aftÄienft im reid^ften SRa^e erliefen; bie größere SoUIommenl^eit be^
20 eigenen Suc^e^ bietet x\)m, unb getoi^ manc^^em änberen, bem §ort beigeftanben l^t,
feinen 6rfa| für Äraft, bie er in ben eigenen ©d^riften §ort« lieber t)errört)ert feigen
toürbe. 3laä) feinem iobe erfc^ienen: „The Way, the Truth, the Life." Hulsean
lectures for 1871, ßambribge unb fionbon 1893; — „Lectures on Judaistic Chris-
tianity", 1894; — „Prolegomena to St. Paul's Epistles to the RomaDS and
26 Ephesians", Sonbon 1895; — „Six populär lectures on the Ante-Nicene Fa-
thers", 1895; — The Christian Eedesia. A course of lectures on the early
history and early conceptions of the ecclesia, and four sermons", Sonbon
1897; — The First Epistle of St. Peter I, 1— II, 17, fionbon 1898. ©eine grofee
SKrbeit bleibt bie 2tu^abe be^ gried^ifd^en 9K£^ mit ffieftcott, unb befonber^ bie barin
80 barget^ane ©efc^id^te ber Überlieferung be^ gried^ifd^en ^e^e^. SJon feiner @efd^ic^te mu|
jeber je^t augge|en, ber ba« 9?eue 2;eftament bel^anbeln h?iD.
i^ort mar ein großer ÜRann, unb er toar in jebem Stugenblidt ein ganjer 3)Jann, ob
er Rcfa um bie an ©d^arlad^ leibenben Äinber in feiner 3)orfgemeinbe bemül^te ober ob
er \\a) mit ber Überfe^ung beg 5piaton befaßte, ob er eine neue ^flanje entbecfte unb
85 befd[>rieb ober ob er einen Dergeffenen ©a^ au« einem Äirc^enöater ^erau^^olte, ob er
in feiner ©tubierftube mit einer 2^ejtüberlieferung fic^ bef^äftigte, ober ob er auf ber
©J)i^e ber Jungfrau bie umliegenben Serge ju erft)ä^en ftc^ bemühte, ©eine ^n^^^ff^"
lagen in ber SBiffenfd^aft unb in ber 9lnbererf(^aft, in einem tätigen 3lltrui«mu«.
®r erforfc^te bie 3)inge unb bie ^erfonen, bie ®ott gef^affen l^at, unb öergafe nur ßine«
40 babei — fu^ felbft. (ia\pax 9itn^ @regori|.
^ofett, Äönig öon g^rael. — 2 Äg 15, 30; 17, 1—6; 18. 9-12; ooT. bie I
S. 259, 2-7 QngefüUrtenSerfc: mi^Ux II, @. 4t2-414; 6tabc, I, @. 597. 599; seittclll,
@. 294-296; SeQ^aufen, @. 81; S)uncfev II, 3. 295. 319-322; 9Ket)er I. S. 452-454.
tofea, "win^ aff|^r. Ausi', 'Qarje, ift ber le^te Äönig be« Sleid^e« ^^xad getoefen.
Anfang feiner 9iäl^rigen SRegierung l)flegte man früher in« '^a\)x 731 ju fefecn, je^t
toirb au« ben Slngaben einer 3infc^rift 3:iglatj)ilefar« III. (Jteiljc^riftl. Sibl. II, ©.3213)
gefc^loffen, bafe fc^on 734, afe biefer bem äl^a« ju §ilfe SRejin öon 2)amma«I unb ^efac^^
öon ^«'^ael mit Ärieg überwog, §ofea ben $elac^ ermorbet ^abe unb barauf \)\n unb
natürlich unter Slnerlennung ber affl9rifc^en ^errjc^aft al« Äönig beftätigt toorben fei. ©o
60 l^at er toirtlic^ 9 ^a\)x^ regiert, obgleich er fc^on 725 gefangen genommen h)arb. 6r ift
nac^ bem getoife nic^t unbegrünbeten Urteil be« Äönig«buc^e« nid^t ganj fo fd^limm ge*
toefen mie bie toor^erge^enben Äönige 6j)^raim«. 2)em ©ro^önig blieb er untertl(^an, bi«
er, nac^bem auf 3:iglatj)ilefar ©almanaffar gefolgt toax, ftc^ burc| einen ägt;pti{d^en König
wsic (©cme [= ajf^r. ©ib'ej jujj)rec^en, nic^t ©o) ^um äbfaH herleiten liefe. Db biefer
66 ©etoe mit Stecht meift für ben ät^ioj)en ©abafo gehalten toirb, ber um biefe ^eit aJttc
2:eile 2tgbj)ten^ in feiner §anb bereinigt l^at, ober ein a:eilfürft ober Unterlöntg (ober
gar ein gelbl^en be^ norbarabifc^en Sleic^e« 2Rusri, ögl. SBindfler, 3JJittcil. ber 3Sorberaj.
®ef. 1898©.5)h?ar, fte^t noc^ ba^in. 9la42Äg 17,3. 5 Ht ^ nun fo an^, ate l^ättc
©almanaffar jtoeimal gegen $ofea Ärieg gefül^rt, ba« erfte 3Ral, um i^n ftc^ ju unter«
$ofea, ftdnig $ofeo, ^rofi^et 371
toerfen, ba« jtücite 3JlaI, um feinen StbfaH ju a^nbcn. 6^ fielet inbe^ feft, ba^ ©alma«
naflfor nur einmal nad^ bem SBeftlanb gejogen tft unb nid^t Dor 725, aljo gegen §ofea
nur, um ben 2)reuIofen ju beftrafcn, ber feit feiner 3:^ronbefieigung aff^rifc^er Untert^an
getoefen toar. 3)al^er lieft SBinrfter (SUtteftam. Unterf. ©.15 ff.) in 35. 3 ^rm unb über«
fe|t: „3)enn §ofea h?ar fein 38afall" u. f. to. 2tte ©almanaffar 725 l^eranjog, fc^eint 5
fiÄ ^ofea fogleid^ auf ®nabe ober Ungnabe ergeben ju l^aben, benn ba^ er Don jenem
gefangen gefegt h)orben ift, toirb 2 Äg 17, 4 berid^tet, e^e aud^ nur t)on ber Belagerung
©amarien^ bie Siebe getoefen, unb anbererfeit« berid^tet nac^l^er ©argon t)on ber grobe«
rung ber ©tabt, o^ne eine^ Äönig^ ju ertoäl^nen. SBa« fd^Iie^lic^ mit §ofea gefc^e^en
ift, toiffen toir nid^t. I)a^ ganje Sanb h)arb aUbalb t)on ben aff^rifd^en 2iru})j)en über« lo
fc^h)emmt, aber bie ©tabt ©amaria ^at fid^ merfh)ürbigern>eife, too^I Dom Ärieg^oberften
§ofea^ Derteibigt, noö) brei ^aHjxz lang getoej^rt. ©ie toarb erft erobert, nac^bem ©argon
©almanaffar^ 9lac^folger getoorben toar. 3)iefer Derj)flanjte, um neuen 3lufftänben bor«
jubeugen, an 30000 ber Seften im ßanbe in ferne ©egenben unb fti^te bafür au^ an-
bem t)on il^m eroberten Sänbem neue änfieblcr l^erbei (2 Äg 17, 6. 24; 18, 12; ÄeiU i6
ft^riftl. »ibi. II, ©. 54 5). mmm «•«•
$ofea, ?ßroj)l^et. — ßitteratnr: i. ©imfon, 3). ^r. .&, erflävt u. überf., ©omburg
unb ®ot^a 1851 ; Ä. SBünft^e, 3). ^r. ^., übcrf. u. cvfiärt mit ©enu^ung ber ^largumim
unb ber jüb. ^udleger 9}afd)i, ^ben @dra unb 3)a))ib ^tmd)i, ^eip^ig 1868; Söttermann,
a)ic ©ci^f. ^ofeaS bi§ jur crften off^r. 3)eportation (1—6, 3), ©eliinflfor« 1879; S. i»o* 20
roacf, 3). ?Jr. ^.. ©erlin 1880 (ügl. 9?oroacf^ ^anbfümm. j. 9M. 111,4 ©rl2 ff.); §(. Sc^olj,
Äomm. ü- ^., Sür^iburg 1882; Cheyne, Hosea with notes and introduction, ©amOr. 1884;
3. Xti. bc Ziffer, Hosea de man des Geestes, Utrecht 1886; St. Asaph (Bishop of) Hosea
translated from the Hebrew, with notes, Explanatory and Critical, ßonbon 1894; J. J.
P. Valeton, Amos en Hosea, Nijmwegen 181)4 (aud) in beutfcfeer Ucberfcjjung 1 ; Schärpe 25
Notes and dissertations upon the prophety of H, ßonbon 1884; ^ofea unb fein 3Bei8»
fagungSbuc^ in ber 3?^ 1854, @. 98 ff. (3)elitf(^); Äur^, S)ic (S^e be« ^Jrop^etcn ©.,
S)orpat 1859; DcttU, 5)cr ÄultuS bei 9liiio« unb fiofea, ©rcifSmoIber ©tubicn 1895;
©cefemann. S^^ael unb Suba bei 9lmo§ unb ^., ßeipjig 1898; ©ornill über |>ofea 12, 1 in
3at3B 1887. 285 ff. 3u oergl ferner: C)cn9ftenber9, e^riftol. I, 183 ff.; ^ofmann, ^eiöf. so
u. (Srf. I, 205 ff ; 6d)riftbeiv. * II, 2. 5.)2f.: ^ö^Icr, Öe^rb. b. bibl. ©efc^. 913:SII,2, 61 ff.;
"B, 9?. 6mit^, The prophets of Israel* 1895, lect. IV; ©eU^aufen, ©fiijen u. SBorarbeiten
^. V, 95 ff. unb bie betr. ©teilen in ben ?5roIegomenen*; 3. Stobertfon, 3)le alte JReligion
3«raerg überf. uon OreHi (1896) 47 ff. 78 ff. 106 ff.; ©tobe, ®efd). bc§ «olfe« 3«racl 577 ff.;
®iefebred)t, SSeiträge jur Scfajafritit (1890)207 ff.- 35oIj, ^ic uorejiL 3Qön)cprop^etie unb 85
ber g)?e|fiQö (1897) 24ff. — 2. 3ur Xe jttritif: Houtsma in Theologisch Tijdschrift 1875,
55 ff.; Oort ibid. 1890, 345 ff. 480ff ; 3. «ad^monn, «Itteft. Untcrfudjunflen («erlin 1894)
6. 1-46 5U St. 1-7. — SBilleb, 5Jie wid)tigften ©ä^c ber altteftam. Äritlt 00m ©tanbpuntt
ber ^rop^etcn ^. unb 9lmoö aud betrad)tet, ^aOe 1893. lieber baS *43crl). ber LXX ^um
maffor. 2^ejt ogl. ^atterfon, The Septuagint-Text of H. compared with the MT. in He- 40
braica VII, 190 ff.; ugl. ^. 9?uben, Critical Rcmarks upon some passages of the Old Te-
stament, ßonbon 1896 (^of. 4— 11).
§ofea (bebr. ?P^". LXX nx\px. Avon, benn üorje ift j^esajjlarift^e Äorreftur), ©ol^n
bcö Seeri Ci^r)f gel;örtc feiner ganjen Sebeneftellung nad) beni 9?orbrei(^e an. ©afür
f^re^en bie ©teilen 1, 2 unb 7, 5, h)0 er ben Äönig biefe^ SReic^e« fc^lec^tE^in „unfern 45
Äönig" unb ba^ ju biefem 5Reic^e gehörige Sanb f(^lecbth)cg "f?" nennt; femer bie in
feinem ^nd)t ju Stage trctenbe bid in« ginjelnfte unb ftleinfte ge^cnbe Äenntni^ berßu»
ftänbe jene« Sleid^eiS, h)äl(^renb er ^\ita^ nur im Sorübergeben erloä^nt, um barauf l^in«
jubeuten, ba^ bie §offnung fc^lie|lid^en $eile^ bort lieat, mo ber gefe^mäfeige 2)ienft
3a^be^ unb ba^ Königtum beö 3)at)ibif(^en ^aufe« no(| beftanben, nid^t bort, too bi^ 50
3Mac^t be^ i^raelitifc^en SJoIfe^ ju jener 3«it lag, in bem SReid^ ber je^n ©tämme (1, 7).
SBenn SBeUl^ufen aüe günftigen Segugna^men auf 2)at)ib unb ba^ Sleic^ 3luba, namentlid^
©teilen, loelc^e bem ©efamtboK ein einl(^eitlicl^eö babibifc^^e« Königtum in Slu^ftd^t [teilen,
für fj)ätere 3i^ter})oIationen erflärt, loeil §ofea ba« Königtum an fic^ afö mit ber ®otteS«
(ferrfdjjaft in SßJiberfjjruc^ ftel^enb gänjlic^ öemjorfen l^abe; menn ©tabe bie ©teilen 1, 7; 66
2, 1—3, loeil ben 3"fö*""^^'(^ö"0 f^^engenb; femer 3, 5 bie ffiorte „unb 2)aöib il^en
König", fomie 4, 15; 8, 4, hjeil mit §ojea« eigentümlichen SSorftellungm bom Königtum
nid^t ftimmenb, geftrid^en feigen miH; loenn enblic^ gomiH in 2, 20 unb bef. in^Ä. 14
einen Seloei^ für bie Unec^tl^eit ber eine 33ereinigung ^v!t)a^ unb S^i^^d^ «*
ftellenben i>erfe fie^t: fo ift m ertoibem 1. bafe fic^ au^ 9, 9; 10, 9, hM)
niffe t)on9li 19—21, nid^t aber auf bie ßeit ber König^ioo^l be^ audi
372 ^o\ta, ^xopfftt
©aul an9cf>)iclt ift, nic^t ber ©cbanfc ber äJcthjerfung jcbc^ mcnfc^Iic^en Königtum« burc^
ben $roj)^ctcn entnel^men lä^t, bicfer fonac^ 8, 4 ; 10, 10 nur bcn SlbfaD ber nörblid^en
©tämme Don bem bat)ibif(l^en Äöntglum im äuge l^aben !ann; 2. ba^, tüorauf 5?ömg
^ingemiefcn, in 1, 7 ba« „burd^ 3al^öc, i^rcn ®ott" (an bcm im Unterfc^icbe Don bcn
5 S^raeliten bie 3ubäcr nod^ fcftl^oltcn) fo eigentümlich ift, ba^ fic^ ber ©a^ nid^t tool^l
einem ßrgän^er ^ufc^reiben läßt; 3. ba^ für bie ßd^tl^cit ber SBorte „unb 3)abib il^ren
Jtönig" 3, 5 fd^on bie aOäieber^oIung Don ^^in*^ in 5b f^iric^t, tpeld^e o^ne ba^ Sor^anben^
fein jener äBorte unnötig märe; 4. ba^ ber änjc^lufe ber Serl^eifeung 2, 1—3 an bie
2)ro^ung 1, 2—9 jtoar äufeerlid^ unvermittelt, aber nid^t unbermitteltcr al^ ber ent^
10 fj)red^enbe Don 11, 8— 11 an 11, 1—7 unb innerlich tool^I begrünbet ift; 5. bafe fic^ ber
©intoanb ßomite, §o|ea loürbe, toenn er ben jefaianifc^en ©ebanlen )Don einem fünftigen
3)aDibiben geteilt l^ätte, biefen 2, 20 unb j|ebenfaß« Ä. 14 jum Stuöbrurf gebracht ^aben,
um fo toeniger begrünbcn läfet, aU ba« 3"^^*^^^*^^ ^^ Serfünbigung eine^ j)erfönli^en
SKeffia« bei §ofea burd^ bcn 3wf<»>""i^^ö"9 \^^^ 2Bei«fagung motiviert ift. 9Bir l^alten
16 fonac^ bie günftigen SSejugnal^men auf ^\ü>a, fj)ejiell ©teilen, toie 3, 5, für ebenfo ed^t,
h)ie bie aSei^fagung 9latl^an« 2 ©a7, IP— 16 (Dgl.23,5) für gefd^i^tlid^ (f. Äönig.®inl.
in b. äSC. 308 f.).
2aut ber Überfd^rift bc^ 33ud^^ erging ba^ SQäort 3^1^^«^ ^^ §ofea in ben Ziagen
Ufxa^, ;jotl^amg, 3l^aö' unb §igfia«, ber Könige \)on 3uba unb in ben Xagen ^gerobeam«,
20 be^ ©ol^ne^ S^öfc^, bc3 Äönig« Don 3^rael. ©ad^Ii^ ift biefe 3^tangabe nic^t um be^s
toillen ju beanftanben, toeil ^iemac^ bie ^^xt ber SBirIfamfeit be^ $roj)l(^eten eine fc^r
auggebe^nte toäre: SSom Xobe^jal^r Qj^^obeam^ II. nämlic^, in beffen le^te SHegierung^^
ja^re §ofea« auftreten nad^ 1, 4 ^u feften ift, bi« jum 9legierung«antritt §igfiae fmb
allein 56 ^al)x^ berfloffen, toa« auf eine minbeften« eOjä^rige Il^ätigfcit be« 5Proj)l^eten
26 Wlie|en lajfen toürbe. 2tn fid^ toäre nun biefer 3<^i^ÄW"^^ t^^ ber $ro>)^et bei feiner Be-
rufung ein nod^ unDereJ^elic^^ter junger ÜRann toar, nid^t unglaublich. Slber bei 2tnnal^me
berfelben bliebe bie Slic^tertoöljinung beg f^ri(c^|'e)pl^raimitifd^en Äriege^, \p^kü ber S5e=
fämöfung ^^wf^lem^ unter 9l^a^ unerllärlic^. 35Jir toerben barum bie äbfaffung^geit ber
im S5uc^ §ofea entl^altenen Sieben Dor bem ^al^re 734 anjufe^en unb bie SJennung ber
aoÄönige 3uba^ afö au^ 3^1 1/ 1; 3Ki 1, 1 ju bem 3^^ übertragen anjufel^en jj^aben,
um §ofea ate bemfelbcn 3ö^^^w"i>^^ h)i^ S^föja unb 3Ric^a angel^örig ju beKic^nen,
beren älterer 3^^0^^ft^ ^ ^^^' ©onac^ l^ätte, ^ toic toir mit §i^ig, 5Deli^fd^, vlo\vai,
Drelli, ©tradt u. ä. annel^men, bie urfj)rünglid^e Überfc^rift gelautet: „3Bort S^'i^be^, ba^
an §., ©. 35., ergangen in ben 2:agen Qj^obeam^ u. f. f., unb junäc^ft nur ben 3lnfang
36 beg $roj)^etentumg §ojea^ m^ äuge gefaxt, loeld^e« tl^atjäc^lid^ big gegen 6nbe ber SRe*
gierung 3Jlenal?emg getoäl^rt l^aben bürfte.
Slnlangenb bie ^dt, in meldte §ofeag SQäirKamleit faßt, fo toar e^, äufeerlic^ ange^
fei^n, bie glängenbfte ß^jod^e be^ et)l^raimitifd^en «önigtum^, ate 3<^obeam II. burd^ glüdE=
lid^e Äriege bie alten Steid^renjen toieberJ^erfteHte. aber menn auc^ bem einbringen
40 beg Saatefultu^ oorbem burc^ 3iel^u ein 3i^l Ö^f^t toar, fo blieb e^ boc^ auc^ unter ben
fj)äteren Äönigen auö bem §aufe ^^f)n bei jener ©runbfünbe 3;erobeamg I., ba^ man
SabDe unter bem Silbe eine« ©tiere^ ju Setzei unb anbermärt^ Verehrte. 2)er $roj)^et
ämog enttüirft im 3. unb 4. Äojjitel feinet SBei^fagung^buc^e^ ein büftere^ Silb be^ fttt*
lid^en SL^erfallc« ya berfelben ^txt Sebrürfung ber Strmen, Seugung be^ Scd^t^, Sleni*
46 tenj gegen jebc 3w^^^^<^ifwng, ©ic^er^eit unb ©c^toelgerei ber ©rofeen be^ 33olfö, bie
fid^ um ben ©d^aben 3ofej)l^g nic^t tümmerten, toaren an ber 2:agcgorbnung, toenn man
aud^ äu^erlid^ noc^ bie gefte ^ö^i^c^ f^^« unb an ben l^ergcbrad[>ten religiöfen ©ebräuc^en
feft^ielt. 3« f^l'^P/ ^^^ ^"^ ^ö 2 ju erfel^en, ber Saatefultu« ober nötiger: ber ©^^n*
Iretiömug, in melc^em 3al(^t)e unb Saal ineinanberfloffen, machte unter bem 3Solfe toiebe«
60 rum gortfd^ritte, fo bafe ba^ SReid^ me^r unb me^r ber inneren ©elbftauflöfung unb bann
mit fd^neUen ©c^ritten auc^ ber äußeren 3^törung anl^eimfiel. S^'^'^^^"^^ I^- ©ol^n,
©ac^arja, erfüllte al^ Oj)fer einer 33erfd^toörung ba« bem §aufe ^^i}\x oorau^efagte ©e=
fd^irf; ©aUum, ber i^n geftürjt, tourbe balb barauf burc^ 2Kcna^em getöbtet; unb jene
unfelige ^olitit be^ Jpofe^ in biefer fj)äteren ^eriobe, toonac^ man, bebrängt Don äffur unb
66 3lg5>)ten, fic^ balb mit ber einen, balb mit ber anberen biefer ©rofemäcfcte Derbünbete,
trug i^re erfte fd^limme gruc^t unter 3Rena^em, inbem bamal^ ber aff^rifd^e Äönig 5p^ul
l^erbcijog unb ba^ Sanb fic^i tributpflid^tig machte.
Unter folc^en 3^i^l^uft^ h)^^^ ^^\^<^ ^^^ Slufgabe, gegen bie ^errfd^enben ©ünben
ju jeugen unb bem 9Jorbreic^ ba« ©erid^t m Derfünbigen, ol^ne jebod^ ber ©nabe ju Der*
60 geffen, toeld^e ©ott feinem Solfe jugefagt l^atte. ©ein Suc^ jerfäUt in jtoci ftd; merllic^
$ofeo, ^xopfftt 373
bon ehtanbcr untcrfAcibcnbe 2:eile, inbem Ä. 1—3 j)ro})^etifcl^c SSerfünbigungen fic^ am
fntij)fm an j)erfönUd9c ©rlebniffc bc^ $ro})l^ctcn, tüäl^rcnb bieg in StA—H nid^t bcr^D
ift, abgcfc^en t)on 9, 7—9, h?o e« aber in ganj anberer Seife gefc^iel^t. ^nbeffen ift
biefe Sc^eibung feine ben ^jn^alt felbft naiver ange^enbe, toie e^ benn aud^ anbererfeitö
nid^t ftücfi^afte SReben ftnb, h)el(^e ba« S5ud^ entl^ält, fonbcm c^ fc^eint, bafe ber ^rojjj^et 5
am ®nbe feiner Saufbal^n ben h)efentli(^en 3"l^alt feiner SSerfünbigung lur^ unb über*
fid^tlid^ ^ufammenfafete, unb ba^ auf biefe SQäeife ba« Suc^ feiner Säei^fagungen ent^
ponben ift.
3)a« Sud^ h)irb eröffnet burd^ eine erjäl(^(enbe ©inleitung bon ihjei toei^fagenben —
nid^t al« aDegorifc^e ©inlleibung ju faffenben, fonbem in ba^ ®ebiet beg äußeren ®e= lo
fd^e^en« faHenben — §anblungen be« 5Proj)l^eten, burt^ beren SoDjug if)m Jtvax nid^t
©ünblic^eg, h?ie man gemeint l^at, tool^I aber „©(^im^)ffic^eg unb auffeilen erregenbe«"
gugemut^et toirb, bem er ftd^ in ®otte« 3)ienft, h)enn auc^ gegen fein natürlid^e« Oefül^I,
unterjiel^en mu^te. 3)ie erfte §anblung Ä. 1, barin befte^ienb, bafe er eine 3iw»^9fröu
jum SBeibe nimmt, bon ber i|m biefclbe ©otte^ftimme, toelc^e il^n fte el^elit^en ^ei^t, is
borau^fagt, bafe fte il^m untreu toerben h)irb — benn bieg ift ber ©inn ber äBorte:
'T -^nb^T c^:i:t npwS t^b np. — mat^t il^n in feiner 6^e jum Silbe be« SBer^ältniffe«
3a^beg jur ©emeinbe Sjgrael mit il^ren ©Kebern. @g beftel^t in ber (Segenhjart ein SRifes
ber^ältnig jtoifd^en ^^^be unb bem el^ebred^erifd^en ^^xad, hjeld^eg in näd^fter g^Innft
bag ajertuerfungggeri^t an^ fw^ l^erauggebären mirb ; aber l^inter biefem ®eri(^t erneuert 20
fi(^ für S^rael bie äg9J)tifd^e ©rlöfunggjeit (2, 1 ff.). 3)enn toenn eg in ber ^embe,
h)obin eg jerftreut hjerben h?irb — ein ©efd^icf, toeldS^eg bag SSoIf ?jubag nid^t minber
ate bie jel^n ©tämme ggraete trifft — , toie ein ^ö^^be frembcg aSoII geworben, fo toirb
eg tpieber gu einem jal(^Ireid^en 93oI!e toerben, um mit bem SSoIf beg §aufeg ^v!t>a jus
fammen unter ßinem §au^t aU ©in SSoß in bie ^eimat jurüdfjufel^ren. ä^l^be berlobt 26
fi(^ il^m auf« neue in untoanbelbarer 3:reue unb fegnet eg mit allen Straften §immel«
unb ber ®rbe. 3)ie 9?amen „9lid^t mein Soll" unb „9lic^tbegnabigte" — toeld^e ber
5Prot)^et laut 1, 6. 9 nac^ götttlic^em Sefe^I jtoeien ber Äinber beilegte, bie er in feiner
®^e ettit)fing, um auf beg Solfe« beborftel^enbeg ©trafgefd^idf l^injutoeifen — ^ört man
bann nic^t me^r, fonbem „3Kein 93oIf" unb Segnabigte". Unb anä) ber 5lame ^iöreel so
(1, 4) erinnert bann nic^t me^r an bie Slutfd^ulb beg fünbigen Äönigreid^g unb ©otteg
©eric^t, fonbem fagt aug, ba^ ®ott fein SSolf „fäet toie einen ©amm", um reit^Iit^ auf*
jugel^en unb gu gebeil^en (2, 24 f.).
3in ber 2. fi;mboIifd^en §anblung Ä. 3 ergänzt pd^ bie göttliche ©eite ber SSerl^eifeung
burd^ bie menfd^Iid^ bermittelte. 3)ag 93erfa^rm beg 5Proj)l^etm mit feinem .öurentoeibe 86
(S. 3) toirb f)m ein 35ilb beg SSerfal^reng gjö^beg mit feinem abtrünnigm aSolIe, um
ii^m ben §ang gur Untreue grünblid^ gu berleiben. ©ine lange ©ntbeJ^rnng jeber 3lrt bon
ftaatUd^er unb gotte^bienftlic^er ®emeinfc^aft (im ©jil) toirb bag SSoIf bie redete Drbnung
feine« ®emeinlebeng fd^ä^en unb nac^ i^r berlangen Icl^ren, fo ba^ e« fid^ Sal^be, feinem
®ott unb bem ©cej)ter ber ®abibif(^en ©^naftie h)ieber untertoirft (33. 4—5). io
©er 2. 2;eil beg Suc^eg, toeld^er unberlennbar bie unm^ige, auf Qj^obeamg II. 3!ob
gefolgte geit boraugfe^t (6, 8; 7, 7; 8, 4; 10, 15; 13, 10 f.) täfet fxi) nid^t in einjelne,
aug berfd^iebenm 3^^tcn ftammenbe SReben jerlegen, toa« me^rfad^ berfud^t toorben ift,
gliebert fid^ aber in einzelne ©innegabft^nitte, unb jtoar fdjfilbert junäc^ft Ä. 4 bm tiefen,
ba« göttlid^e ©eridS^t })robojierenbm, abgöttifc^en unb ftttlit^en Serfall beg Sanbeg. ^at 46
biefe« RapM mel^r ba« ganje Soll im Huge, fo tombet [xi) bie Jlebe Äop. 5—7 in*
fonberl^eit gegm bie leitenbcn ©tänbe begfelbm (unb jtoar in ^^cid fotoo^I al« in S^ba),
beren ^flid^t eg gemefen h)äre, ba« SoK auf bem rechten ®ege ju crl(^altm, bie aber
gerabe ein ^Kftridf für ba« Sanb getoorben fmb. 5Rad^bem bann 8—9, 9 mit neuer auf-
jäl^lung ber Serfc^ulbungm ^^tael« (8, 1—7), unter igintoeifung auf ben fd^on beginnm= eo
ben SerfaD be« SReid^e« (S. 8—14) unb unter SBamung bor falfc^er ©ic^er^eit (9, 1—9)
ba« ®erid^t ber 3erftömng be« ßef^nftämmereid^« angcfünbigt ift, gei^t ber $roj)l^et breimol
(9, 10; 10, 1; 11, 1) auf bie 2lnfänge 3^rael« jurüdf, um nad^jutoeifen, bafe e« aDen
göttlichen £iebe«ertoeifen bon jel^er nur mit SlbfaU unb ®ö^enbien[t entfJ)rod^en l^at, [0
bafe e« ^a\)\)z mit Serbannung in« ©pI unb ber 3^^tömng be« Steit^e« beftrafen toiro, 66
jebod^ ol^ne c« böDig bom ©rbboben ju bcrtilgen. 3" *^^ Äat)iteln 12—13 toirb bie
Steife 3«rael« für ba« ©eric^t burt^ bm ^iac^mei« bestätigt, toie e« trofe aDer erfolg«
®nabenbemeife imb güd^tigungm feine« ©otte« bm Slbfau fortgefe^t ut» Rd^ bobttsAjA^jl
©mnbe gerid^tet f)at, bag e« gegen ©ott, gegen feine ^ilfe (18, 1—9); bota^jo^^^H
ber ©tü^m beraubt, auf bie e« ftc^ berlie^, ber äu^erm 2)rangfal gegeitfibci^j|||^^^^^|
374 ^oK ^xoptfü
bafte^t (35. 10—11). SBcil c^ bcnn 3i^racl nid^t berftel^t, unter bcn 2öcl;cii bcr ©egcn-
toart ft(9 au« \\i) felbft neu ju gebären (2$. 12—13), fo fann bie ^erfteHung eine^ neuen
glüdlid^en 38olfeg nur eine SBunbertl^at ®otte^ fein, h)elc^er 3^rael au^ bem 2^ob, h?el(^em
er fein Solfötum anl^eimfaHen lä^t, tpieberbringt. 3)arum ruft Denn ^af)^^ bie ©eud^en
6 auf, ba^ fie il^r 3BerI an bem Solle boHenben (33. 14), ba« bem ©eric^t ni(^t entgelten
fann (13, 15—14, 1). 3Rit einer einbringlic^en ÜRal^nung ^ur Umfebr unter reumütigem
©ünbenbelenntni« unb mit ber S^^be felbft in ben 5IRunb gelegten SSer^ei^ung, bafe er
ben fi(^ Sefel^renben feine ®nabe tüieber juhjenben unb fie reit^lic^ fegnen hjerbe, fc^^Iie^t
bod S3u(i^.
10 SSon ben brei SorlDürfen, bie §. gegen ba« S^orbreid^ erl^ebt, 1. ber fittlic^en 3Ser-
tpilberung; 2. ber rcligiöfen ©ntartung; 3. be« Sul^len« um bie ®unft ber SBeltmac^t
(8, 9 f.; 12, 2; 5, 7; 7, 16; 10, 6; 11, 5) l^aben toir ben jtoeiten noc^ nä^er in«
äuge ju faffen. §ofea ^at ju flagen, bafe m ber feit ällter« in bem 3}oße ^eimifd^en
Sleigung jum ©ö^enbienft, fj)e^ieD »aaföbienft (9, 10; 11, 1; 13, 1) mit ber So^Iöfung
i6bom §aufe 3)at)ib« ber ©tierbienft getreten (8, 1—5): bie SluffteHung eine« ©tierbilbe«
in Setzei, bie ßrric^^tung bon 2tltären unb Silbfäulen, infonber^eit ©tierbilbem allent=
leiben im fianbe, in ben ©täbten unb im greien, auf ben §ö^en unb unter ben Säumen
ber Jl^algrünbe (4, 13; 8, 4; 11, 13; 9, 1; 13, 2; 8, 5. 6 bgl. mit 10, 5. 8). Unb
auf folc^en Slltären memen fte S^^be ju bienen (8, 2), bem ®otte ber Offenbarung, ben
aofie in berfelben SBeife berel^ren, h?ie bie Äanaaniter il^ren Saal (13, 2^; 4, 12—14).
fieftterer Sorlourf, ben ä. geaen feine gettöcnoffen ju ergeben l^at, unb ©teilen, tüie 2, 18,
tpo er borau«fagt, ba^ bie (^emeinbe in ber jufiinftigen $eil«^eit \\)xm göttlichen ©emal^t
nid^t mel^r mit ■'"^?;?, fonbern mit bem „unberfänglid^en" "'^"'K anreben toirb, feigen, toie
man ^ur QÄt be« ^roi)^eten Sal^be mit Saal in 3ufÄ»«wi^^Ö brachte ; ba^ man ^toar
26 Sa^be, ben ®ott ber Säter, bere^rte, aber o^ne ii^n bon ber £anbe«gott^eit genügenb
px unterfc^^eiben, mit ber er bielmel^r jufammenflo^. SBie gegen ben Silberbienft ju Setl^el,
ba« er gerabeju Set^l^aben b. i. ®ö$en^aud nennt (4, 15; 5, 8; 10, 5), eifert barum
^. gegen biefen 3Rifd^hiItud, biefen ©^nfreti«mu«, loeld^er S^^be bie 6E^re nimmt, bie
i|m oUein gebührt. 6r mu^ feine SoH^genoffen baran erinnern, ba^ e« ä^^be unb nid^t
ao Saal ift, ber Äom, 3Roft unb Öl, SBoDe unb glac^, ©über unb ®olb giebt unb toieber
nel^men !ann (2, 10. 11), 3<^be, ber griebe unb grud^tbarleit im Sanbe fd^afft (2, 20.
23. 24), Sal^be, ber ©d^ö]pfer unb ©rl^alter ber SBelt, neben bem fein anberer ®ott, ^eifee
er Saal ober fonfttüie, Slaum l^at. 2)iefer ®ott, bon beffen ^eitet^atfac^en bie ®efc^ic^te
be« Solfe« ®otte« jeugt, ben ®ott an^ Sg9J)tentanb l^er (12, 10; 13, 4); ber 3i«rael,
86 feinen „©o^n" au« %VJ)ten rief (11, 1); ber e« „in ber SBüfte toie SCrauben fanb unb
bie Säter toie grtii^f eigen am ^genbaum" (9,10); ber ftd^ feine« Solfe« annal^m „im
bürren fianbe" (13, 5) — biefen ®ott l^aben fxe bergeffen (2, 15; 4, 6; 8, 14; 13, 6),
i^n berlaffen (4, 10); gegen feine 3:^ora gcfrebelt (8,1); ftd^ ber Übertretung feine« au«::
gefj)ro(^enen SäiHen« unb l^iemit eine« Serge^en« gleid^ bem be« ©rftgefc^affenen fc^ulbig
iogemadbt (6, 7). 3" bi^^»n in fd^nöbem 3^reubru(^ berlaffenen ®ott fotlen fte reumütig
jurüdrfel^ren (7, 10; 14, 2).
3n ben angefül^rten ©teilen toar bon einer S^l^ora bie Sebe, beren Serle^ung burc^
feine ß^tgenoffen ber 5proj)l^et rügt. 9)iefelbe lag in fd^riftlit^er gijierung bor, mie bie
©teile 8, 12 beioeift. 3)enn toenn e« bort l^eiflt: „3Kag id^ il^m berjeid^nen (nic^t, toie
46 SBell^aufen : mag ic^ il^m borf^reiben, ba ^ ^cs, toie $f 102, 19 jeigt, nic^t bie Se^
beutung be« änorbnen«, Sorfd^reiben«, fonbern be« SJieberfd^reiben«, äufjei^nen« für je-
manb l^at) SW^riaben meine« ®efe^e« ('s-, Äcri: ^^'ü! 3Jlaffen) — grembem gleid^ fmb
fie gead^tet" : fo ift l^ier unftreitig ba« 3)afein einer au« jöl^lreic^en ®eboten ®otte« be=
te^enben, in ©d^rift gefaxten ®efe^gebung borau«gefe^t. 2)er ©inn ift \a boc^ fein an-
öoberer al« ber, bafe, toenn ba« ®efe| aud^ noc^ umfänglicher unb noc^ fpejieller toäre, al«
e« ift, 6})l^raim e« bod^ im ganjen unb einzelnen al« \\)m nic^t geltenb anfc^en toürbe:
|ie^taufenben bon göttlichen ®eboten toürbe e« ergei^en, toie je^nen. 2)a nun ber ^Propl^et
äs. 11 bie borau«gegangene 3)ro^ung burc^ ben §intoei« barauf begrünbet, bafe ^s«rael,
toelc^e« nur ginen ältor l^aben foHte an ber bon ®ott ertoä^lten ©tätte, fid^ beren in
66 SKenge erbaut l^at — man bead^te bie Soranftellung be« Serbum« na;^- _ ; unb bafe
il^m biefe 2tltäre jum ©ünbigen gebient; unb ba er fid^ gegen ben Silberbienft toenbet,
fo muffen bie Sffieifungen biefer %^oxa nid^t blofe eti^ifc^en, fonbern auc^ tultifc^en ^n^alt«
getoefcn fein, benjenigen fonform, bie toir im Sunbe«buc^, im 3)euteronomium, im foge^
nannten ^priefterfobej finben. ^n ber SE^at fel(^lte in bem ^a^bebienft, toie er nac^ ämo«
60 unb ^ofea in bem florbreic^ im ©d^toange ging, „mit Sejug auf ^eilige 3eiten, Dl)fer,
$ofca, ^xop%tt 376
^eilige Sröud^e unb j^ultu^erfonol laum ein tDefentUc^eiS 3Roment be^ Jlultu^, tpte er
bamal^ in ^erufalem geübt tourbe^' unb in ben genannten gefe^K^en Partien bed $en<
tateuc^ geregelt ift. @o tpirb 9lm 3, 14 ber Sranboj)feraItar ertoö^nt; oI« Dl)fermaterial
SRinber, ©d^afe, giegen (»m 5, 22: äo 5, 6; 12, 12), foh)ie (Serealien (3lm 5, 22);
a\x(fy 2Beinfj)enben (§o 9, 4); bon Dl)ferarten 33ranbo})fer unb bie baju gehörigen Bp^^ 6
ot)fer, fomie ^ebojpfer unb felbft beren Unterarten, bad freitoiDige D))fer unb ba^ ©anfc
oj)fer (3lm 4, 5; 5, 22; §o 6, 6), aber auc^ ba« ©ünboj)fer, auf ba« bie ©teHe §o 5, 8
eine beutlic^e 3lnf})te(ung entl^ält. Slfö ^eilige 3«iten toerben genannt ber @ahhat, ber
5Reumonb, bie ^eft= unb geiertage (»m 5, 21; 8, 5, 10; $o 2, 13; 5, 7; 9,5), fj)egiea
ba^ Saubl^üttenfeft $o 9, 5; 12, 10. 3)a^ man fu^ bie 3Serjel^ntung feinet ©infommen^ lo
angelegen fein tiefe, jeigt 3lm 4, 4: bafe man ben Unterfd^ieb jh)ifc^en Stein unb Unrein
beobachtete, §o 9, 3. 4; bafe ba« Jlafträat^elübbe geübt tourbe, Slm 2, 11. 12. ffield^
SBert unb hjeld^e SSebeutung bie Snftitution be« ^rieftertum^ ^atte, erl^ettt au«§o4,4— 9.
aiber bie ^riefter be« 9?orbreici^ nennt §ofea 10, 5 Pfaffen (Q''"i?2), benen er ba« ©e«
ric^t anjulünbigen ^at, gumal fie bie gemeinften grebel, toie ©trafeenräuberei (6, 9) begel^en. i6
2)afe ftc^ bad aSertoerfung^urteil, n)e((i^ed $. über ben Kultur be^ 92orbreid[fe^ fällt,
nur auf biefen in feiner bermaligen Entartung unb fl^nlretiftifd^en Trübung, nic^t aber
auf ba« Dj)fertoefen überl^aul)t bejiel^t, jeigt bie ©teBe 9, 1 f., too er S^rael juruft, e^
folle fw^ nur nid^t freuen ; benn e« toerben 2^ge fommen, h)o fie S^^be h)eber SBein al«
Xranifo^fer no<^ i^m Wohlgefällige Bd)la6)top\n Werben barbringen tonnen; benn fteao
Werben nid^t Wol^nen bleiben im Sanbe S^^^beö, fonbem 6j)l^aim mufe Wieber jurüdt nad^
Sg9J)ten unb in 3lffur Werben pe Unreine« effen. Äummerbrob genießen pc ©ort, baran
olle, bie e« effen, [\d) Verunreinigen; benn i^re« SSrobeg bebürfen pe für Jtd^ f eiber- in
fein §au« Sal^be« fommt e« (um bie Srplinge ju Weilten) u. f. f. ffiie ip e« benfear,
bafe ber $ro})l^et in biefer SQäeife pd^ l^ätte au^laffen fönnen. Wenn er nid^t« geWufet ]^ätte 25
bon gefe^id^em unb ®ott gefälligem Äultu«; Wenn er benfelben afö ein „fananäifieg
glement in ber Sieligion 3«raete" angefe^en l^ätte! fjreilid^ fagt er 6, 6, bafe ®ott ©e^
fallen l^abe an $ulb (b. 1^. baran, bafe man il^m inmg ^olb fei) unb nid^t an ©d^lad^t«
opfern, unb an ®otte«erIenntni« me^, benn an Sranbo^fem. älber ^ier ^anbelt pc^
ebenf owenig, wie in bem ä^nlid^en %x^]pxudf 1 ©a 15, 22 unb an ©teilen, Wie 3^ 1# ^o
11 f.; 2Ri6,8; 5Pf40,7— 9 um SSerWerfung be« Dj)fer« an p4 fonbem nur be« feelen*
lofen 0)>fer«, unb ^War l^ier eine« Sol!ed, bad \^^}^^ ^^4^ ^^^ ^^^ ^ unterfd^eiben
weife. 2)e« ^inWeife« barauf, bafe, nad^bem bie ^eid^^f^mltung eine fanftionierte pxo\)u
bentiette 2:i^a^ad^e, ber 3wf*<*"*> *>^ SReid^e« ^^xad alfo ein gottgeWoDter Slu^na^me*
juftanb War, ben $ro^l(^eten be« SJorbreid^e« Qia^De« SSerel^rung burdb Dtofer aud^sö
auf e))l^raimitif(^em Soben ate juläfpg gelten mufete. Wirb e« im ^inblidc auf bie be«
f»)rod^ene ©tette 9, 1 ff. (ögl. 1 Äg 19, 10) nid^t bebürfen.
Slud ber Slrt unb Säeife, Wie $ofea bie religiöfe 33erWilberung feiner ^Ät belämtjft,
ip erpc^^tlid^, bafe er nit^t aU §erolb einer neuen religiöfen ^zt auftritt ober neuer Sr*
lenntnifle über ba« ffiefen ^jö^beg unb bie redete 9lrt feiner aSerel^rung. 6r ebenfoWenig 40
Wie Stmo«. 9?i(^t ein neuer ®ott ip e«, ben biefe ^Probl^eten il^ren g^^noffeit Derfün«
bigen, fonbem ber ©ott ber 33äter, ber pc^ \)on 2llter« 9er in 3^^^^^ ©efc^id^te bezeugt
unb burc^ Dffenbamng unb >)ro>)l^etifc^ie Sele^rnng ($0 12, 11. 14) il^m feinen SBiDen
lunbgetl^an ^at. an biefen ©ott erinnern pe ; jur bufefertigen SlüdKel^r (^'i^) m il^m for^
bem pe auf. Stut^ in i^rm Slu^fagm über „^(ä)^^ ©C9öj)ferl^errlid^feit uno unbeped^« 45
lid^e ®ere(^tigfeit" greifen pe „augenfd^einlid^ nirgenb« über bm ©ebanfmfrei« ^inau«,
ben [\t ate ba« geiftige ©emeingut ber SSefleren tl^rer ^6t unb al« ben religiöfen (grtrag
ber bi^l^erigen ©efd^it^te i^re« 5Bolfe« öorau^fe^m bürfen". ffienn man gefagt l^at, bafe
pcb in ber $Prebigt be« $ofea jum erftenmal ber ©ebanle einer iWifd^en S^^be unk ^^xad
bepe^enben ®l^e pnbe, fo wirb baran m erinnern fein, bafe berfelbe fd^on bem SIBorte be« ßo
3)efalog« bom „eiferfüd^jtigen ©ott" (6j 20, 5 ; 3)t 5, 9) unb ber altm SlebeWeife „frem^
bm ®6ttm{ nad^l^urm" (ßj 34, 5 f. u. ö. im ^entateu^) ju ©mnbe liegt, aber ^ofea
„^at biefe Analogie am tiefftm unb reic^^ftm burd^gefül^rt". 3)mn bei bem t)on il^m ge«
brandeten Silbe Don ber @l^e ^anbelt e« pd^ nid^t lebiglic^ um ein 9led^t^erl^ältni« ber 3lrt,
Wie e« nat^ bem 312; jWifc^en bm Sl^egatten beftano, fonbem um eine Wirllid^e Siebet 55
gemeinfd^aft (2, 17. 18. 21 f. 25).
2)ie Slbl^ngigleit ^ofea« bon 9lmo« ip unbeftreitbar. I)ie Sejiel^ungm auf le^term
pnb teilweife Wörtlidjj. §Jan Dergleid^e ©tettm. Wie 4,3 mit Slm 8, 8; 4,15 mit am 5, 5;
8, 14 mit Slm 2, 5; 7, 12, Wo §ofea in ben SQäortm crT^ ^^^^ ,,öemäfe ber ajerlün*
bigung an '\fyc^ ©emeinbe" auf bie 93er{ünbigung bed älmod (9, 2) ^injuWeifen fc^t. eo
376 ^o\ta, ^xopttü ^ofm»
©0 nal^c ftc^ aber §ofca unb 2tmoö ftcl^cn, tva«} bic ®runb0cbanfcn bcr ffici^fagung, bic
anläge beiber Sü^er, bie Vorliebe gu Slüdtbliden in bie Urgeft^tci^te beiS 33olfe^ ®otte« u. a.
betrifft, fo berfd^ieben fmb fte l^infx^tUd^ ber ©J)ra(^e unb ®arftellunggh)eife. ,^ofea^
©c^retbart ift boD feltener SBörter, SBottformen unb ungetoöl^nU^er äBortberbtnbungen,
ö Worunter nit^t toenige norbjKxIäftinenftfd^fe ^biott^men. ©eltene 2Börter unb SBortformen
fxnb j. S. Q'^e'icn: 2,4; n'ibn: 2, 12; J:^:??P 8,6; t^^""?:?:^ 6, 10; C"^':'^--?^ 12, 15;
eigentümliche Äonftruttionen 4, 4 'm^ ^n-^:^?;?; 9, 1: ^7—k n'^^«?; 9, 8: =)? hdi:;
14, 3: 't::T:Sb C'^'tc n::V;b; (h)cnn bort nid^t mit LXX '^'Tc j|u lefen ift). gu norbJ)aIä^
ftinenfifd^en ^bioti^men ftnb m jäl^kn ber Gaufatibftamm -f"*"^ 11, 3; ""; 5, 13;
10 formen tpie sxp^ lo, 14 ; bieueid^t aud^ "'5"?^ 8, 13,. menn mit bem aramäifc^en ^ri?"
(f engen, röften) ju fombinieren afe norb})aIäftinenftf(^er Slu^brudf für bie geueroi)fer("V'^).
aber nic^t nur burd^ biefe ©jjrad^eigentümlic^Ieiten unterfc^eibet fid^ $ofca toon 9lmoö.
3ivid) fonft 1)at er ein anbere^ ©e))räge afö fein älterer 3^^Ö^offe. §ofea^ ©til ift h)e=
niger öoDenbet oI« ber be^ 9lmo«, aber tiefer emj)finbenb. ©ein ®emüt „arbeitet in ber
16 tiefften (Srfd^ütterung unter ber Saft, bie ®ott i^m auferlegt, gegen bie ©ünbe feinet
3SoIfe^ ju prebigen unb i^m bie ©träfe m berlünbigen". 3)a]^er bie 3lbgebroc^en^cit feiner
SRebe in anfc^^einenb fd^tper ju öerbinbenoen ©ö^en unb me^r Eingeworfenen, aU ange-
führten, rafdji \vi) aufeinanber brängenben SSilbem. ©o fd^arf er aber bie ©ünben feiner
3eitgenoffen geißelt, fo Hegt boc^ felbft feinen ©trafjjrebigten bie erbarmungööoUfte Siebe
30 JU ©runbe, bie in befonberer ©tärfe bort uim 2)urd^bru^ fommt, too er bon ber ju*
ninftigen ^tii^mt unb bem SReic^tum ber ßJnabe ju h)eiiJfagen l^at, ber ftc^ über bai^ ju
feinem (Sott beiel^rte 33olf ergießen toirb.
2)er mafforetifc^e %^ unfere^ 5Proj)]^eten ift nit^t ol^ne SSerberbniffe. ^nx Teilung
berfelben bient an einer ganjen Sleil^e öon ©teKen bie gried^ifc^e Überfe^ung. ©o mirb
26 nat^ berfelben ju lefen fein 2,3 CDn-in^b; 2, 8:^?'^'?; 4, 19 cn'inar:;; ; 6,5»^ ^'^r^';'\
Ni?: •-'•«?; 9,2 a:? (ftatt -a); 11,3 wi-)rb? cnp« (f.giotoadt 5.b.©t.); 14,9 "b für
""Y SSefonbere ©c^toierigfeiten mad^t bad 38erftänbni^ bon ©teilen, tpie 7, 5—6; 8, 10;
12, 15 nac^ bem borliegenben 2)ejt.
3im neuen ^^eftament ift auf §ofea Sejug genommen 1. SRö 9, 25—26. Siad^bem
30 bort ber Sl^oftel bie 2;i^atfad5>e betont l^at, ba^ ®ott bie ©egenftänbe feiner erbarmung^^
boUen Siebe nid^t nur au^ bem jübifAen 33olf, fonbem auc^ au^ ber c^eibenmelt berufen;
ba^ alfo feine beruf enbe ®nabe unabl^än^ig ift bon ber SSefd^affenl^eit be^ guSerufcnben:
«ttert er, um Unteren ®ebanlen alg fd^nftgemäfe ju ertoeifen, bie öon 9i^rael^ einftiger
Segnabigung l^anbelnben ©teilen 2, 25 unb 2, 1, »Deiche au^fagen, ba^ ba« 5}oIf in
86 einem ^uftanb ber ßntfrembung bon ®ott toieber ®egenftanb feiner Siebe toerben, bafe
er e^ toieber annehmen toirb, toenn e^ auf^el^ört ^at, fein 3SoI! gu fein. 2. 1 Äo 15, 15,
too 5Paulug bie ©teile 3^ 25, 9 burd^ Setjie^ung ber au^ §o 13, 14 frei entnommenen
SBorte "^^n? m?v>R ^^^. ^?t """^.^l ^^^ unter teiltoeifer Slnfc^Iiefeung an bie Überfe^ung
ber LXX ertoeitert. 3. 3Rattl^2, 15, too ber ©bangelift $oll, 1 gitiert, um anjubeutcn,
40 tote ft(^ bie in Qj^^^^l^ Äommen au^ Sg^})ten entl^altene SSBeiefagung burc^ Ijefu ^luc^t
bort^in erfüllt ^abe. »olrf*
^oftanna f. Siturgifd^e Formeln.
^ojttt« (ober DfiM») bon ßorbuba, geft. too^l 358. S3cjl. bie 83b II, 6 genannte
Sitleratur jum arianifcften Streit, ^ufeerbem: Tillemont, Mtooires VII, 6d. de V^nise
46 p. 300 — 321 unb 711 — 716; R. Ceillier, Histoire g^n^rale des auteurs sacres et eccl^iasti-
ques IV, qjori« 1733 p. 521—530: H. Florez, Espana sagrada, 29 53bc, Wabrib 1747-75,
^Icr ©bX, 1753, p. 159-208; ?l. SB. (Srnefti unb ^. ©6. ©renj, Disputatio historico-critica,
qua Hosium concilio Nicaeno non pracsedisse ostenditur. Diss. phil., Setpjig 1758; Mich.
Jos. Maceda, S. J., Hosius vere Hosius, 'Ooio^ dltj{}a)c 'Omocj h. e. Hosiiis vere innocens,
60 vere sanctus. Dissertationes duac: 1. de commentitio Hosii . . . lapsii, 2. de sanctitate et
cultu legitinio ejusdem, Bononiae 1790; $. 93. ®antS, ^ie ßird)engefd)icöte üon Sponien,
5»be(I. II, 1, 2. III, 1, 2), JHegengb. 1862-1879, ^ier II, 1864 @. 1 ff. 137-309 unb 111,2,
1879, e. 484-490 (9^Q*träge) ; T. D. C. Morse, 9(.^^ofiu§ DchrB III, 1882, p. 162—174;
^. ^nöpfler, ?l. .^ofiuö ("©ejcr unb SSeltc'ö Äirdjeniejifon, 2. 9lufl. VI, 1889, 6.290-95):
66 0. eeccf, Untcrfuc^ungen ^ur ®efc^i(^te bcöWcftnifc^en ^onailS (3fß® XVII, 1897, 8.1—71
unb 319-362.
^oftu^ (aud^ : Dfiu^) öon ßorbuba ift nic^t erft al^ 'Aßga/uialoi; y^gcov (Äthan,
bist. Ariaii.45 MSG 25, 748 C) — er toar357 ^unbertjä^rig (Äthan. 1. c. p. 749 A;
Sulp. Sev. chron. 2, 40, 5 nai) ©riefen be« ^ilariu^: major centennario; — bie
^ofiitiS Hon Sortaio 377
„90 3a^rc" bei Phoebadius Aginn. c. Arian. 23 MSL 20, 30 C jö^lcn bon bcr
3eit ab, ba ö. toijfcn fonnte, h)a^ er glaubte) — eine Serüi^mtl^cit beg 4. 3ö^^^^w"*>^^
getüorben. 9lfe 6 ndw ßoco/üievog h)irb er fdj^on ettoa jtpan^ig Saljire früher bon ßujeb
bejcic^net (vita Const. 3, 7); 3lt^anafiug nennt il^n fc^on bei feinen Sebjeiten ben
„®rofeen" (o rcov Znavicbv "Voiog 6 jueyag, apol. ad Const. 27 MSG 25, 629 A, ©ommer 6
357); ja ein &vriQ acoqjQovt niarecog äQsrfj dedoxijuaajuevogf kajujiQvvofievog raig
vTikg evoeßeiag öjmokoyUiig xaxä xovg eujiQoa&ev ;jj^(5rov? tpar §ofui^ nadS) (Sufeb
(vita Const. 2, 63) \d)on 323, 3)ennoc^ ^at er feinen Siogrojj^en gefunben, unb öon
i^m lelbft ^aben tpir nur jtoei SSriefe, einen an ben Äaifer Äonftantiu^ (bei Äthan.,
bist. Arian. 44 MSG 25, 744 D— 748 B) unb einen an 3uUu«t). ?tom (Mansi VI, lo
1209) ; unfer SQäiffen ruIS^t — t)on bem, h)aö biefe Sriefe bieten, abgefel^en — auf ben
gelegentlichen Siotijen jeitgenöffifc^er Urlunben unb ©d^riftfteller unb auf bem SBenigen,
toa^ aufeerbem bie ©))äteren glaubmürbig berichten.
Um 257 mu6 er geboren fein (togl. oben ; nac^i ??Ioreg ift 256 üblid^e Stnnal^me ge^
hjorben, bo(^ bejiei^^en fi(^ bie obigen ällter^ngaben auf 357). SSBo'? h)iffen toir nic^t; i5
bie 3(nnal^me, bafe er ber Alyvmiog i^ 'Ißegiag elg ttjv P(6finv fMcov getoefen fei,
ber nat^ 3ofimug (bist, nova 2, 29, 7 ed. iReitemeier p. 150) i. 3. 326 ben mit Ser::
toanbtenblut bejubelten Äonftantin auf bie fünbentilgenbe SReligion ber ßl^riften ffin-
gctoiefen ^abe (9leanber, Mq. (Sefd^. ber d^riftl. 9lel. II, 1, 1828, ©. 60; mobifijiert,
®am« .n, 1, ©. 138), ift bei ber Unglaubtüürbigleit ber ©eft^it^te, in ber bei ^oftmu« ao
biefer 2ig^>)ter auftritt, met^obifd^ unftattl^aft. $a er im ^al^re 356 fd^on „mei^^r al«
fec^jifl 3al^re" SSifd^of gemefen fear (Äthan, bist. Arian. 42 p. 741 D), ift feine SSJei^e
jum 33if(^of t)on ßorboba auf eth)a 295 ju batieren. 3)afe er Gonfeffor toarb, „atö
unter SRajimian, bem [mütterlichen] (Srofeöater be^ fionftantm« eine 9Serf olgung eintrat",
fagt er felbft (ep. ad Const. bei Äthan, bist. Ar. 44 MSG 25, 744); e« toar bie« 25
auc^ ©egnern (gufeb. f. 0.), toie J^i^eunben (Stt^an. oft : öinolioyrjTrjg, g. S5. ad ep. Aeg.
8, a. 356, MGS 25, 556 C) befannt. 3)en Ort unb bie naiveren Umftänbe fennen toir
nic^t ; bod^ mufe — bie« gegen DchrB III, 163 ff. — , obtool^I feit 292 Äonftantiu«
G^loru«, nid^t 5Ka|imian, in ©J)anien ^errfd^te, an bie biolletianifc^e Verfolgung gebadet
n>erben (ijgl. mit ber ep. Hosii toa« Slti^anafiu« bist. Ar. 64 p. 769 B erjä^lt). 3)er ao
©l;nobe ju ßtoira (t)gl. 33b V, 325 ff.) tool^nte er bei, toie bie 3lften beh>eifen (Mansi
II, 799 B) ; boc^, bafe er J)räftbierte, fc^lie^t ®am« (II, 1, ©. 3) mit Unred^t au« Äthan,
ap. de fugä 5 (MSG 25, 649 B; t)gl. »b V, 325, 54 f.). 3)ie rigoriftifd^e ©eftnnung
ber ©Vnobe toirb er geteilt l^aben ; man barf aud^ au« can. 33 (S5b V, 327, 18) fo&
gern, bafe er im Sölibat lebte. SQäann bie ©^nobe ftattfanb, ift befanntlid^ umftritten; — 86
bie 3lnfe|ung auf „um 313" (33b V, 326, 50) toirb aber burc^ bie %^lnci)mt be« $0*
fxu« untoaWc^cinli^ gemacht. 3)enn minbeften« feit 313 (Euseb. h. e. 10, 6 = Ni-
ceph. 7, 42 ; bgl. 33b IV, 791, yi ff.) — bgt. über 312 Euseb. vita Const. 1, 32 fin. —
finben toir §oftu« in ber 3läl}t itonftantin«. SQ3a« i^n bem Äaifer emJ)fo^len l^atte, ift
un« unbelannt. 3)a« aber ift ftd^er, bafe er in ben näd^ften Salden, öielleid^t ununter« 40
brod^en bi« ca. 326, bem Äaifer al« fein $aui)tratgeber in Krc^flid^en fingen nal^e blieb:
bie 3)onatiften machten il^n, obh)ol^l er auf ber antibonatiftifc^en ©^nobe in 3lrle« (314)
nic^t jugegen toar — uermutlidSf, toeil er ben Äaifer auf bem 3^0^ 0^0«« fiiciniu« be«
gleitete, — für bie f aif erliefen ©etoaltmaferegeln feit 316 (33b IV, 793, 11 ff.) Deranttoortlid^
(Augustin, contra ep. Parm. 1, 8, 13 MSL 43, 43) ; bie faiferlid^e SSerorbnung 45
über bie ^reilaffung öon ©Haben in ben Äird^en t)om 18. ä[j)ril 321 (cod. Theod.
4, 7 ed. ^änel p. 379) ift, toie fonftige ©bitte an ben 5Präfeften gerichtet tourben, unb
toie ^eute noc^ bei un« tjertoanbte aBilIen«äufeerungen be« §errfc^er« ben juftänbigen
3}iiniftem jugefd^ricben toerben, an §ofiu« abreffxert ; unb 323 ober 324 toar er e«, ben
Äonftantin ber alejanbrinifc^en SBirren toegen nad^ Sllejanbria fd^idtte (33b II, 14, 32). go
3)ic ©efc^ic^te biefer berühmten ©enbung ift 33b II, 14, so ff. fc^on ffijjiert. ^tad)-
getragen fei nur ba«, ba^ *^ofiu« aud^ mit ber ängelegenl^eit be« Äoflut^u« fid^ be«
fafete, eine« ^reeb^ter« in Sllejanbria (Epiph. haer. 69, 2 p. 728 CD, Petav. ; tro|
ber §äufigleit be« 9iamen« in 2i[gV>)ten too^l ibentifc^ mit bem bei ©elafiu« t). (Sg-
jicu« ba« jh)eite SHunbfc^reibcn älejanber« [33b II, 12, 30] mit unterj\ei(^nenben, 66
Mansi II, 799 B), ber fc^on um 320, jur geit be« 33riefe« aiqcanber« t). älejanbrien
an aiejanber b. 33%ang (33b II, 12,29), bie felbftftänbige ©teDung ber aleianbrinifdjfen
5}re«b^ter (Epiphan. 1. c.) bi« jur Unbotmäfeigfeit gegen ben 33ifc^of au«genü^t ^atte
(ep. Alex, bei Theodoret. b. e. 1, 4, 3) unb feitbem — benn gur S^xt ber 33riefe
äUe^anber« beftanb, toenn bie Unterfc^ften bei @elafiu« t>. S^gicu« aU Unterfd^ften (x»
378 ^oftiiiS Hott Sortaba
cd^t fwb (i>öl- ©««* ®- 15)/ «n ©d^töma nod^ nid^t (Dgl. aud) ep. Alex, bei Theod.
1, 4, 3: TcoXv x^ov fj ixeivog) — burd^ eiöenmäd^tige SSornol^me bift^öflid^cr %nnh
üoncTt ju gerabeju fd^tematifd^er £)J)})orition borgefd^rittcit toor (ep. syn. Alex. a. 338
bei Äthan. apoL c. Ar. 12 MSG 25, 269 A). ©ine B\)not>t, bie in «lesanbria in
6 ^ofm«* ©cflentpart jufammentrat, nötigte ben ÄoButl^u^ unter gleic^ieitiger Äaffierung
ber bon x\)m borgenommenen SEBei^en, m j)regbJ^teriaIe BUÜntiQ jurüajufel(^ren (ögl. bie
©ngobe bom ^al^re 335 bei Äthan, apol. c. Ar. 75 p. 385 B unb 74 p. 381 B),
unb ÄoBut^u« l^ielt jtd^ bi« an feinen %ob in ben il^m angetoiejenen ©rengen (syn.
Alex, anni 338 bei Äthan, apol. Ar. 12 p. 269 A). Sin gefc^id^tlid^ bebeutfamed
10 ®reigni« toar bog ®d^i«ma be« ÄoButl^uö nic^t getoefen ; ©eedt (©. 822) l^ot e« auf^
gebauft^t burd^ Kombinationen, bie mir l^altloö erfd^einen ; nur ber Umftanb l^at ung
Äunbe bon i^m erhalten, ba^ ber berüchtigte 3^^ag (Sb II, 20,6iff.), nac^ feinem Äon-
flift mit ät^anafiug (gegen ©eedf ©. 323) gu ben ÜReletianem übergegangen (Äthan, ap.
c. Ar. 63 p. 364 B), ft)äter — apol. c. Ar. 74 p. 381 B enthält eine au« nad^träglidS^er Sc^
i6)iel^ung eined allgemeinen Sefc^Iuffed auf 2l^^v<t^ erKärlic^e Unrid^tigleit; t)gL c. 12
p. 269 A — bon ÄoDut^ud getpei|>t ju fein 6el^auJ)tete (apol. c. Ar. 74 unb 75). 3)od^
toar eö bon Sebeutung, ba| ^ofiu« frü^ ^inemgejogen tourbe in bie SSorgefd^id^te
einer ber $au))tanllagen, mit benen ält^anaftud bon feinen ©egnern \päUx berfolgt
toorben ifi
30 Auf eine gröftere Sül^e fteDte ben §ofiu« bie ©bnobe ju 5Ricäa (über bie SWad^rid^t,
ba| $. fie beranfo^t ^abe, bgl. Sb 11, 14,4nff.). a)a^ er, ber SSertrauengmann be«
Äaiferg, ^ier bon großem Sinflufe toor, lag in ber 9latur ber aSerl^tniffe (ögl. S5b II,
14, 63 ff., berid^tigt IV, 45, 65 ff.) ; unb bie Slngabe be^ SltJ^anajtu« : ovrog (seil. §ofxug)
xrjv iv Nixala tüotiv i^S&ero (hist. Ar. 42 p. 744 A), trifft obtool^l fte in i^rer runben
26 5<>'^ "frig ift — benn ba« Slicänum ift bun^ Ämenbement« au« einer 3Soriage ßufeb«
b. ßäfarea entftanben (bgl. ben 31. Sliconifd^ Äonjil) — , bennod^ im ©runbe gu (bgl.
»b II, 14, 58 ff.). 3)a^ §ofiu« formeD ben SSorft^ auf ber ©J^nobe gefül^rt ^abe, fagt
leine ber DueDen. @« tro^bem anmne^men, bagu bered^tiat toeber ber Umftanb,
bo^ fein 9tame unb ber ber römifd^en Saaten in ben Unterfd^riften boranfte^t (bgl. Pa-
80 trum Nicaenorum nomina ed. $. ®eljer, $. §Ugenfelb, 0. 6un$, Seij)jig 1898,
bagu Socrates h. e. 1, 13, 12), nod^ bad biel mißbrauchte äBort be« Slt^anaftu« über
^ofiu«: noiag ydg oi xa&rjyT^aaio aw6dov; (apol. de fuga 5 p. 649 B ; ögl. hist.
Ar. 42 p. 744 A). SJoDenb« un^tbar ift bie römifd^e 2:^efe, ba| §oftu« „al« ©teD*
Vertreter oeiS $a))fte!S'' mit beffen ©efanbten mgleid^ ba« ^röftbium gel^abt ^aU (fo felbfi
86$efelel*,©.39ff.); benn ^ätte^oftu« J)räftbiert, fo ^ätte er*« fraft IaiferIid^er3lutoris
fotion get^on.
Slac^ ber ©^nobe bon 9licäa berfd§>toinbet $oftu« für faft jtoanjig Qial^re au« ber
©efd^id^te. 38ermutlid^ ift er im grü^ja^r 326 mit Äonftantin (Goyau, Chronologie
p. 412) in ben Dccibent gereiji unb bon ba, nod^ el^e bei Äonftantirt anbere ©inflüffe
4omaf|gebenb tourben (bgl. Sb II, 16, 24 ff. 46 f.), nad^ ©^anien }urüdgefe(;rt äSon feiner
bortigen SBirffamfeit ^aben toir feine Äunbe. 2)aß er in ber ^^t bi« jur ©tonobe bon
©orbica bie ©nrid^tung ber 5roetro})olitanberfaffung in ©^anien inauguriert ^abe, rül^mt
i^ ®am« (II, 1, ©. 185—191) ol^ne »etoeife nac^.
®rft lurj bor ber ©^nobe bon ©arbica tritt ^ofiu« toieber in unfern ®efic^t«Irei«.
45 ®ie angäbe (ep. Sard. Or. bei Hilarius, fragm. 3, 14 MSL 10, 667 B), baß er
bie©9nobe mit beranlaßt l^be, toirb glaublid^ fein (bgl. S5b II, 26,47). ©emeinfam mit
Xt^anaftu«, ber i^m nac^ (Pallien entgegen!am, reifte er bann jum^onjil (Ath., ap. ad
Const. 4 MSG 25, 601 A). 2)aß er l^ier ber 3Ra|orität«f^nobe J)räfibierte — bie
orientalifc^^e ÜRinorität eElommunijierte il^n (ep. Sard. Or. bei Hilar. fragm. 3, 27
BD MSL 10, 674 f.) — , ift ^toeifello«. «tJ^anafui« fagt e« audbrürflid^ (hist. Ar. 16
p. 712 BC) ; bie canones (Mansi III, 5—22) toeifen nod^ l^eute burd^ bie Srt, toie fte
eingeleitet toerbcn — „Hosius episcopus dixit", fo beginnt jjeber Äanon — barauf l^in ;
i^ofxu« Jelbft erllärt (toa« aud^ Slt^anaftu« berid^tet, hist. Ar. 16), ba| er bamafe bie
bergeblid^en lonjitiatorifd^en 3Ser^anblungen mit ber orientalifc^n SRinorität gefül^rt ^abe
65 (ep. ad Const. bei Äthan, hist. Ar. 44 p. 745 A sqq.). 311« SSorft^enber f^eint §ofiu«
beteiligt getoefen ju fein bei ber Slbfaffung be« fogenannteit ©^mbol« öon ©arbica, b. ^.
be« f^mbolmäfeigen ©d^Iuffe«, ben bei X^eoboret (h. e. 2, 8, 37—52 ■= Mansi III,
83—86 = §a^n, Sibliotl^ef 3. 2lufl. § 157) unb in ber lateinifc^en Überfejung ber
farbicenfifd^en äBten (Mansi VI, 1215 D sqq.) bie epistula encyclica be« Äonjil«
üo (Mansi III, 57— 65D) an ©teile ber bei Sltl^nafiu« (apol. c. Ar. e.49fin. unb 50=
^oftitd Hon Sortaio 379
MansiIII,65 D— 69 A) fid^ l^icr finbenbe« Untcrfc^riften bietet. S)enn h)h: l^obcn noc^ ^eute
in ben lateinifd^en 3l!ten öon ©arbica (Mansi VI, 1209), toenn aud^ überou« bürftig
erl^alten {)o^l Mansi 1. c. not. c. unb d), einen and) bem ©ojomeno« (3, 12, 6) bdannt
getoorbenen ©rief be^ Äoftu« unb ^rotogene« b. ©arbica an ^vimi b. 9lom, in bem
jle biefem bie betteffenoe f^mbolartige @r(öuterung bed 92icänum emf)fe^Ien. 2)a nun 6
[ou^ Äthan, tom. ad Antioch. 5 MSG 26, 800 C] feftftel^t, ba^ eben bie« ©J^mbol
— bie gbentität beh>eift ber Äontejt be« tomus ad Antioch. — in ©arbica jtoar nid^t
angenommen, aber bon „einigen" l)ro})oniert ift, \o mu| ber S5rief be« ^ofiu« unb ^roto«
gene«, gleic^öiel ob er [oI« S^^ler] abgefanbt ift, ober nid^t (tjgl. Mansi VI, 1209 not. b),
famt ber 3:^eoboretif(^en gorm ber epistula encyclica ani ber ^Ät bor ßrlebigung lo
biefer Slngelegen^eit ftammen. 2)ann aber ift jtoeifellod, ba^ Äopud unb ^ProtogeneiJ
felbft )u benen gehörten, bie eine ©rläuterung be« 9?icänum toünf(|ten, unb toal^d^einlid^,
ba^ ber (gnttourf, ben i^r ©rief an SwKw^ begleitete, bon il^en jelbft l^errül^rt. Darauf
beruht baö S^terefje be« „angebli^en ©J^mbolum öon ©arbica" (§efele 1*, 554). 3)enn
giebt e« über^au))t eine im eigentlic^^en ©inn „aut^entift^e", b. 1^. bon bem ©efe^eber i5
felbft ^errül^renbe, 3nterj)retation beö Slicönum (bgl. 33b II, 17, 34 ff.), fo ift fie ^ler )u
fud^en. Unter biefem ®eftd^t«j)unlt berbient bie farbicenfifd^e gormel me^ Sufmerlfams
feit, al« il^r bi« je^t (auc^ Sb II, 27, 46 unb IV, 46, 21 ff.) ju teil getoorben ift. S3es
ad^ten^toert ift aufeer bem S5b IV, 46, 21 ff. §erborge^obenen namentlid^ bie SSeleuc^tung,
toelc^e ber lur^e britte älrtifel be« 9?icänum erfährt: maievofiev dk xal . , , rd äyiov ao
Ttvevjua . . . xai xomo jumevofxev 7iefi<p&iv. Kai xomo ov Tihtov&ev, dU,* 6
äv^gcüTiog, ov he&voaxo, ov äveXaßev ix Maglag — , bie gormel ift binitarifd^
monotl^eiftifd^ (33b IV, 26,35 ff.); eine monograjj^ifd^e 33el^anblung berfelben im Aw«
fammenl^ang mit ben abenblänbifd^en 3^rabitionen feit SloDation (bgl. S3b II, 17,44; IV,
41, 47 ff.; VIll, 58, 60 ff.) mürbe lol^nenb fein. 36
3laa^ bem Äonjil bon ©arbica berlieren toir ben Äoftu« abermal« für jel^n 3^1^^
au« ben 9lugen. Da« @rfte, toa« toir toieber ^dren, ift, oa^ Siberiu« t)on 9lom @nbe 353
ober Stnfang 354 bem §oftu« ÜRitteilung mad^t (ep. ad Hos. 3aff€» 209, Hilar.
fragm. 6, 8 MSL 10, 688) bon ben ©d^ritten, bie er m ©unften einer neuen ©J^nobe
unternommen l^atte(93bll, 30,a4ff.), unb bon bem in 3lrle« erjnjungenen (33b II, 30,44)80
bebauerlid^en SRad^geben feine« ©efanbten 38tncenj bon 6a))ua — „qui judex in eadem
causa cum Sanctitate tua frequenter resedit", fd^reibt fiiberiu« bem §ofiu«, berni
biefer aud^ in ©arbica beteiligte 3Sincenj toar bermutlic^ berfelbe, ber einft, ba er noc^
$re«b^ter toar, al« ©cfanbter SRom« m 9?icäa bem ^ofiu« jur ©eite geftanben ^atte
(bgl. DchrB IV, 1152 b Nr. 5 unb 6). Sffienige ^ofyK nad^l^er ift e« bem Sleftor ber 86
Drt^obojie nid^t öiel beffer ergangen, al« bem SSincen^. auf römifc^er ©eite gefällt man
fu^ freilid^ in fc^önfärbenben Äonftruftioncn — met^obelofe liraben geftattet pc^ felbft
ber unfelbftänbige ärtilel öon Änöj)fler — ; nid^t nur bie Suciferianer gauftinu« unb
3RarceIltnu«(tjgl. S3bV, 781,47ff.)unb ber bon i^nen al« ®eftnnung«genoffe ^odjfgerül^mte
„l^eitige" ©regor bon ßtoira, nein auc^i bie tabelloferen „^eiligen" $l^öbabiu« öon 40
äainnum unb $itariu« bon ^oitier« toerben befc^ulbigt, um ,öofiu« ju entfd^ulbigen
((aam«II, 1, ©. 250 ff.): §ofiu« gilt in ©J)anien al« canonizandus (®am« III, 2,
©. 489 § 6). ®ennod^ ift tro^ einiger ©c^toierigfeiten, bie burd^ bie historia Ariano-
rum be« Slt^anafiu« bereitet toerben, ber bunfie älu«gang be« ruhmreichen fieben« be«
§oftu« fo fieser erfennbar, bafe getoi^en^after ^^^rfc^ung, fo gerne fte bem i^unbertjö^rigen 46
gegenüber fid^ an ^0 8, 7 erinnern toirb, il^r S93eg m. 6. genau borgefd^neben ift. ®ine
au«reic^enbe Jjroteftontifd^e S3el^anblung ber grage befi^en ioir freilid^ nod^ nid^t (DchrB
III, 171 ff. genügt ni4)t), auc^ im c^ronologifc^en detail ift bie S^rabition m. ®.
in (Sinjelnem ju berichtigen (ögl. 33b II, 33, 32 ff.). — 2ln ben „©^noben" in 3lrle«
(353) unb 5Kai(anb (grübial(^r 355) l^atte ^ofxu« nic^t teilgenommen ; aber bie ^ofbijd^öfe 60
ioünfc^ten, nac^bem fiiberiu« b.Slom i^nen nac^träglid^ (©ommer ober ^erbft 355) jum Dj)fcr
gefaDen unb toerbannt toar (S3b II, 31 9 f.), auc^ i^n getoaltfam in il^re Salinen )u jid^en
(Äthan, bist. Ar. 42 p. 741 C sq.). 93on il^nen bcftimmt, lie^ Äonftantiu« ben greifen
33if^of ju fic^ lommen — jtoeifello« nac^i "iöiailanb (ögl. Gwatkin p.292, Goyau p. 462);
allein §ofiu« toar nic^t ju betoegen, gegen Slt^anajtu« ftd^ ju erllären unb mit ben 65
„Slrianern" in Rirc^engemeinjc^aft ju treten (ögl. S3b II, 30, eo), unb in feinem SBiber«
fj)ruc^ imjjonictte er bemÄaifer fo, bafe biefer i^n ungefränft in feine §eimat jurüdffel^ren
lie^ (Ath. 1. c. 43). 2)oc^ bie „^äretifer", b. i. bie ^ofbifc^öfe, liefen nid^t lodter,
unb Honftantiu« gab nad^ : er fd^rieb nun einen bro^enben 33rief ; — §ofiu« aber blieb
ftanb^aft (Ath. 1. c). 3)a« J)rot)ojierte neue taiferlid^e 33riefe {TioXXdxig ygdy
380 ^ofhtiS Hott Sori^uba
K(ov(navTLoVf Äthan. 1. c. p. 744 C), bie bolb ft^meic^cltcn; balb brol^tcn; §ofiu^
anttoortete in bem mutigm unb fclbftbetoufetcn Sriefe, ben Slti^anafiu^ (1. c. 44) auf=
betpa^rt l^at, mit einem 3lnatl^em gegen bie ärianer, mit h)armem ßintreten für Slt^ana^
flu« unb mit emften SSorfteUungen an ben Äaifer. Äonftantiu« gab bennoc^ feine ^Uänc
6 nic^t auf : er fudS^te nad^ einer §anbl^abe ju getüaltfamem ©infd^reiten, unb er f anb fie,
ate er au(^ bei anbem ©j)aniem, bie il(^m oI« burc^ §ofiu« öerfül^rt bejeic^net h>urben,
bie Unterfd^rift gegen Stt^anafxu« nid^t ju erjtoingen bermod^t l^atte (1. c. 45). 9Jun liefe
er — toie gauftinu« unb SKarceDinu« berid^ten: auf antrieb be« ^otamiuö öon Siffa*
bon (c. 9 MSL 13, 89 : Osius Potamii querela accersitus ad Constantium) —
10 ben ^ofui« an ben ^of lommen (fjuxanifjmexai zbv "Ooiov) „xal ävri i^ogioßiov xax-
ixei Tovrov Slov hiavrdv h tco ZiQfiUp** (Äthan. 1. c. 45 p. 749 A). @l(^e biefer
le|te, gried^ifd^ citierte ©a^ Derloertet toerben' lann, mufe anbere« oorau^efd^irft toerben.
gunäd^ift brei jurücfgreifenoe Semerfungen : 1. too Äonftantiu« tpeilte, ate §oftug infolge
ber Gitation ftc^ bei $ofe einfanb, fagen gauftinu« unb 3RarceIIinu« gar nid^t, au« bcr
16 angefül^rten ©teDe be« 3ltl^anafiud aber ift mit Siecht bon ®am« (II, 1, ©. 219 f.) u.a.
gefolgert, bafe ^opu« nad^ ©irmium berufen tourbe ; 2. e« ift nac^ ältl^anafiu« (1. c. 42 u.
43 fin.) jtoeifello« hnrig, h)enn ®am& (II, 1, ©. 218) mit glorej benSrief be« ^oftu«
an Äonftantiu« nod^ 355 gefd^rieben benft, „toenigften« gur 3eit, ba §oftu« öon ber Ser*
bannung be« fiiberiu« nod^ nid^t« iDuftte" ; Dielmel^r fpielt fid^ äße«, toa« 3lt^anafiu«
ao(l. c. 42 ff.) nad^ offenbar guten Dueuen Donßofm« erjäl^lt, n ad^ ber Verbannung De«
giberiu« (©ommer ober §erbft 355) ai, ber Srief mufe minbeften« bem^ißi^te 356 am
gcl^ören, unb bie ßitation be« öofiu« an ben Jftof fann — 33b II, 33, 45 bin id^ noc^
ut jurücfl^altenb getoefen — nicpt mel^r bem^ö^w 356 jugeh)iefen hjerben; 3. auc^ ba«
Stinerar be« Äaifer«, fotoeit e« un« belannt ift (bgl. »b II, 33, 46 f. unb Gwatkin p. 292),
26 fd^liefet e« au«, bafe Äonftantiu« ben §ofui« bor 3«^ ^57 ju ftc^ nac^ ©irmium l^abe
lommen laffen lönnen.
9?un h)iffen toir [id^er, bafe §ofiu« ber jogenannten gtoeiten ftrmift^en gormel juge-
[timmt l^at, jener „gneben«formeI" ber $ofbif(|öfe, bie Don ben „unbiblifd^en" 3lu«fagcn
über bie ovola ßl^rifti abjufe^en riet unb fid^ auf Domicänifc^e unb biblifc^e Sermini iw-
aorüdtjog, bercn 2lu«h)al^I entf (Rieben arianijt^e 2:enbenj l^atte (Dgl. S5b II, 33, 63 f.). §Ua-
riu«, ber in feiner ©d^ft de synodis OÄnfang 359; bgl. 0. ©.61,6ü) t)on biefer apud
Sirmium blasphemia (c. 10 MSL 10, 486 B) au«gel^t, fagt (ib. 63 p. 523 A) au«=
brüdtlid[^, biefe gormel l^abe ben Slnlafe gel^abt: quia apud Sirmium per imme-
morem gestorum suorum dietorumque Osium novae . . . impietatis doctrina
86 proruperat (Dgl. c. 87 p. 539 B : ne alius praeter Osium . . . nimium sepulchri
sui amantem tacendum existimet de utroque b. i. de homousion unb homoe-
usion). 3)a^ l^ier bem §ofiu« ein SKnteil an ber SSereinbarung ber gormel gugefd^rieben
toirb, ift jiDeifello« ; §Uariu« be^eid^net auc^ gleid^ im Eingang (e. 3 p. 482 B) — um
üon ber tool^l nid^t t)on i^m l^errül^renben Überfd^rift ber ftrmif^en gormel „Exemplum
40 blasphemiae apud Sirmium per Osium et Potamium conscriptae" (e. 1 1
p. 487A)ju fc^tüeigen — bie ©entenj t)on Sirmium al« sententia Potamii atque
Osii unb ftei^^t in contra Constantium (c. 23 p. 599 B) auf bie ftrmifc^e gormel al«
auf deliramenta Osii jurüdf. ®ennod^ brautet |inter biefen Älagen be« §ilariu« nid^t
md^r ju ftel^en, al« auc^ bie onbem Duellen berid^ten : ^ofiu« l^t ber ^ormel ju-
46 geftimmt (Faustin. et Marc. 9 : dat manus impietati et . . . praevaricatur in fidem;
Äthan, bist. Ar. 45 p. 749 A: ... c&c . .. xoivcovrjoai juiv röicTtegl OvdXevra xal Ovgod'
xiov, fii] vjioygdxpai de — barum ^anbelte e« fic^ too^I nic^t mel^r [gegen Sb II,
33, 3 7 f.) — xaxä 'A{^avaaiov; apol. c. Ar. 89 p. 409 B: Jigög xaigov £l(ev avrolg
unb ap. de fuga 5 p. 649 C: el^sv avroTg ngoq &Qav), Stber biefe 3wpi"^"iwng
60 bebeutete öiel ; — bie „rettenbe 5rieben«formel" ift al« auc^ t)on il^m gebilligte in bie
2BeIt gefanbt : ^l^öbabiu« fagt im "^aiixz 358 in feinem ber ftrmifc^en ^otmel entgegen^
gefegten über contra Arianos (c. 23 MSL 20, 30 B), ba^ ber 5Rame be« §ofiu« mie
ein ©turmborf gegen bie (SaDier bcnu^t toerbe; Safiliu« D. 3lnctora unb feine ®e-
finnung«genoffen (ögl. 93b II, 436, ß unb 35, 44) toiffen im ^a^re 359 toon ©riefen, bie
65 man bem §ofiu« abgejagt unb burd^ bie man bie Äirc^e nieberjuftimmen berfud^t l^abe
(ep. Bas. bei Epiph. haer. 73, 14 p. 861 CD), unb nac^ ©ojomeno« (4, 12, 7 ögl.
15, 3) ^at ©ubojiu« fc^on auf ber antioc^enifd^en ©^nobe Dom ^bjal^r 358 (95b II,
34, 16) einen Örief be« ^oftu« gehabt, ber [im ©inne ber firmtfc|cn ^formel] fic^ gegen
ba« oßwovaiog unb öfwiovoiog erllärte unb be«l^alb Don i^m — auc^ .f^omoiupancr
60 (Epiph. I. c. ; bod^ ift l^ier m. 6. ber lejt nic^t fieser) unb .^omoufianer (togt. Phoebad.
$ofm9 HO« (EtrkMk« 381
2 unb 17; HUar. de syn. 10) urteilen mit Siecht ()^l 9b II, 34, 7 f.) ebenfo — )u
®un^ bed ävoßwiog gebeutet tourbe. S)ie Briefe fmb jebenfalld jugleic^ mit ber ^rme(
t)erfanbt, tDeifen olfo über bad ot^anaftonifd^e el^ev Tjgog (ogav nic^t ^inau^; ob fie
ed^t ober unecht tooren, iß irretetKtnt; benn bie Situation ift in beiben Rollen bie gleiche:
bie ^ofbifc^ofe ^en ftc^ nid>t gefc^ämt, ben ^unbertjä^rigen ®reid )um Präger i^rer 5
„^ebendfa^ne'' )u mac^. Suc^t man ftc^ k>or^ufteQen, in toelc^er Stimmung ber lebend
mübe 3Rann (nlmium sepulchri sui amans, t)g(. oben Hilar. de syn. 87) ftc^ in
biefe SloUe bränaen (ie^, bie, toie b. Schubert (^öUer, R® V, 459) mit 9Ie(^t bemertt,
an feine erfte 3l6ion in ber ©a(^e (8b II, 14,3iff.) erinnert, fo ift jtoeifeUo^, ba^ bod
Urteil bed ipi(ariu^ : idcirco [Hosius] est reservatus, ne judicio humano igno- 10
raretur, qualis ante vixisset (de syn. 63 p. 563 A), iebenfaUd (t)gt. unteit) überaus
lieblos ift.
3)o(^ nun jurücf ju bem oben bereite citierten ©o^e be« ät^anafiu« „jueraTiifme-
rai [KiovoiävTiog] röv "Ooiov xai dvri i^OQiajuov xarexei rovxov olov iviavrdv
h Tcp ZiQfjdq) I 9(ud bem Obigen erl^edt, ba^ bad Don 3(t^naftu^ erft nac^ biefen 3Borten is
in 3S'erbaIfonnen ber Sergangenl^eit erjäl^Ite Slac^geben beiS ^ofiu^ ni(^t, toie bi« 33b II,
33,33 [bem "o. Schubert a. a. D. folgt] allgemein angenommen tourbe, an ba^ @nbe bed
Skog hiavTog gu fefeen ift. 3)enn bie firmifd^e „©^nobe", ber bie jtoeite firmifc^e gormel
entftammt, mufe, ioeif fd^on im ^l^ja^^r 358 bie ©V"«>*^^ »" äntio^ien bie gormel acce|>«
tierte, öor 9tot)ember 357 gel^alten fein (Sb II, 33, 48 ff. • Äon[tantiu« ift 10. Jloöember ao
in SKailanb, Gwatkin p. 292), $oftu^ aber !am frül^eften^ im 3uli be^felben 3a^re^
nad^ @irmium (k)gl. oben). 9tid[^t lange nac^ feiner 9{nlunft mu^ er ben 3)ro^ungen bed
Äaif er« (Äthan, bist. 45; apol. c. Ar. 89 p.409B ; apol. de fuga 5 p. 649 C; —
Übertreibungen fmb nic^t au^efc^Ioffen !) na^gegeben ^aben. @r t^at e«, ne exilium
pateretur (Faustin et Marc. c. 9) ; fein bleiben in ®irmium ift auc^ nac^ ^t^ana« 26
ftu« fein ©jU getoefen {Avil i^ogio/LLov). aSJe^l^alb aber behielt i^n Äonftantiu« bann
in ©irmium? ^d) meinte 33b II, 33, 3b, „toeil er ät^anafiu« nxd)t verurteilt l^atte"
(Äthan, hist. Ar. 45 \)qI oben ©. 380, 47 f.). Slflein ^ ift fraglicb, ob biefe Jor«
berung überl^aujjt nod^ erl^oben ift; ioenigften« mu^te bie „griebeneformel" fie anti«
quieren. gd^ giel^e ballier je^t bie SSermutung bor, ba§ Äonftantiud ben ^ofiu« in ©ir» ao
mium gurücf^ielt, ioeil er i^m aU „^Jal^nenträger ber ^ofbifc^öfe" (bgl. oben) bort
nü^Iid^ toar.
3)oc^ l^at nid^t ^ofiu« afebalb ioiberrufen (®am« II, 1, ©. 245ff.)? ift er ni(^t
hanad) fd^on am 27. Sluguft 357 (®am« II, 1, ©. 271 ff.) geftorben? 3)a« fie^tere iß
fieser nic^t ber %aü: ba« xarexei romov öXov iviamöv fc^Kefet e« au«; überbie« ift 05
ber 27. Sluguft aU 3:obe«tag be« ^ofiu« nic^t« aU ein trofe ber ßwftintmung bon ®am«
ioertlofe« günblein bon eJlorej (10, 202), ba« lebiglic^ barauf fid^ grünbet, ba| bie fj)ätem
©riechen am 27. Sluguft ba« ©cbäc^tni« be« Siberiu« unb $ofiu« feiern (®am« II, 1, ©. 272
unb 304). 2lud^ für ba« (Srftcre barf man „Slti^anafiu«" nic^t mit guberfic^t afö Saugen an»
fül^ren. ^\vax fagt ältl^anafiu« gtoeimal jigdg öjgav (be^to. xaigdv) ei^ev amdig (f. oben 40
©. 380, 48 f.), unb c. 45 ber historia Arianorum fd^lic^t je^t nac^ ben oben (©. 380, 47 f.)
citierten SBorlen: äXXä xai omcog ovx ijfuXrjaev 6 yegcov (b. ^. mad^te fic^ feine«
SSerfe^en« fd^ulbig), jueXkcov yctg äno^Yioxeiv, öjaneg diaw&ejusvog (b. i. toie in einem
leftament), ijuagiygazo xrjv ßiav xai itjv ^Ageiavrjv algeoiv dveiJ^ejudnCe xai
naQtiyyeXXe fxrjdeva Tavrtjv Anodex^oi^ai, Slttcinienc« ngog coQav el^ev avxölg be» 46
fagt nic^t mc^r, a(« ba^ §ofiu« „eine fd^toac^e ©tunbe gehabt ^abe" — ^ätte Sltl^anafiu«,
al« er fo fc^ricb, bereit« oon einem SÖiberruf be« fterbcnben §ofiu« geioufet, fo l^ätte er
anber« gefprod^en — , unb biefer ©c^lu^ be« cap. 45 ber historia Arianorum fann
nic^t urfj)rünglic^ fein. 35a« Se^tere ift m. 6. ftrift gu bcioeifen. 3)enn ba« xaiix^i
TovTov (= avTov, ogl. c. 43 p. 744 B) oXov iviamöv nötigt gu ber Slnna^me, ba^ co
^ofiu« frül^eftcn« 3uli 358 geftorben ift. 3)ie 9lac^rid^t barüber fönnte ben Stt^ano«
fiu« fc^toerlic^ oor 2lbfaffung ber historia erreiAt f^aben (bgl. 33bII, 199,05, too übrigen«
ba« TOc^ttüiffen bom 3:ob be« ficontiu« ju ftari urgiert ift; benn c. 4 ift früher Uouen«
bet al« ba« ©ange). ©d^tocrer toiegt, bafe ba« xaxix^i xrX, ein SBiffen bon bem lobe
be« J^ofiu« au«5ufd^liefeen fd^eint. Unb entfc^eibenb ift ber fauc^ bte ännal^me einer 66
nac^träglid^cn ©infügung burc^ Slt^anafiu« fclbft berbietenbej Umftanb, bafe ber 2tn*
fang bon c. 46 ju jenem ©d^Iufe bon c. 45 toie bie ^auft auf« Sluge pafit SBirb
nun aber „ba« 3^"0"^^ ^^ Slthanaftu«" jur 9lotij eine« ©j)äteren, fo treten bie
anber«artigen 33erid^te ber ä^^Ö^^offen boHenb« in i^r jtoeifellofc« Stecht ein. J^uftinu«
unb SKarccHinu« erjö^Ien (c. 9 f. p. 89 f.), ^ofm« fei nad) Bpanxm jurücfgefe^
382 ^oflttd Hon Sorknba ^oflud, @tantö(au^
bcm Sefcl^Ie be^ Äaifer^, bafe ieber Ucrbannt hjcrben f oHe, bcr mit i^m (jam facto prae-
varicatori c. 4 p. 89 C) nid^t Jtirc^enaemetnfc^aft l^aUe ; ©regor t). @(i>ira ^be fi^ be^
ÖCtoetflert, fei nacl ßorboba Dor ben SJifar unb Dor ^ofiu« citiert, aber §ofiu^ fei Dom
@(l(flage gerül^rt toorben; al^ er eben bie 9(b{e|ung ©regere au^fprec^en tvodte. ^ad ift
6 ein 3^enbenjberi(^t ; — ^ofiu« ift, injhjifd^en 101 gal^r alt gehjorben, fc^toerlit^ nod^ ate
^ro^^agator ber Iaifer(ic^n Dogmatil brauchbar getoefen, ift auc^ ftc^er nid^t a(^ fold^er
aufgetreten (bgl. Faustin. et Marc, felbft c. 10 p. 89: plurimi Osii praevarica-
tionem adhuc ignorabant). äUIein bem Seric^t (iegt ba^ Xf^atfäd^Üd^e m ®runbe,
ba^ ®rc0or t>, Stoira bem praevaricator §ofiu« hjiberftanb ; @ufeb Don SerceHi ^t
10 ba« t)on il^m felbft gel^ört unb lobt il^n bafür in einem ©riefe, ber bcm S^i^^^« 360 ober
361 angel^ört (Hilar. fragm. 11, 5 MSL 10, 7ia B ; t)öl. 53b V, 623,44). Db aud^
ba^ t^atfädblid^ ift, ba^ $oftu^ balb nac^ feiner 9lücf(e^r nad^ Bpanwn eine^ )}lö$nc^en
lobe^ ftarb, ift nic^t au^juma(^en. 35enn ber Serid^t be« 3fibor \). ©euitta (de vir.
iUustr. 5, 7 Arev. VII, 143), ber e^ ju beftätigen fc^eint, ift fein Don ^uftinu« unb
16 3RarceIIinu« unab^ngi^er 3wige ; unb bie 101 3<^re giebtSP^or bem §ofiu^ fc^on bor
feiner Steife nac^ @irmtum, fie betoeifen alfo nic^t ba^ Siorl^anbenfein ber 2^rabition, ba^
gofiu« nad^ feinem %aü im l^unbertften Saläre no(^ ein ^af)x gelebt l^ätte. Slnbrerfeit«
i|l au« Sufeb« t>. SerceHi ertDöl^ntem ©riefe an ©regor b. ßfeira nit^t ju folgern, bafe
^ofiu« no(^ jur RÄt ber ©^nobe bon äriminum lebte, ^m ©egenteil ift e« nid^t un=
20 toa^^rfc^einlic^, b^ ber Sifc^of ^l^ginu«, ber in 9{rimtnum mit tagte, mit bem au« ber
®efc^i^te be« 5ßri«ciHiani«mu« befannten §%inu« b. Gorboba gu ibentifijieren ift (®am«
II, 1, ©. 274), §ofiu« alfo 359 fd^on einen Slac^f olger ^atte. eine Srabition über
ben SBiberruf be« $ofiu« l^at 3fibor p. ©ebifla nid^t gcfannt; er h)äre fonft nid^t bem
Seric^t be« g^uftinu« unb SWarcellinu« gefolgt. 3)a« ganje Stbenblanb i)at folt^e 3:ras
26bition n\d)t gefannt; §ofiu« toäre fonft auc$ im äbenblanbe ein Sanctus gcloorben,
bebor e« baju einer Jtanonifation beburfte. @r ift e« nic^t getoorben, toeil, jumal in
©twnien, bie ©rinnerung an feinen „^Q" Icbenbig blieb; — ba« ift neben ber ftunbe
t>on einem milberen Urteil ber ®allier ba« ©injige, h)a« au« ber 95e^anblung, bie ber
ununterrid^tete 9(uguftin ben bonatiftifc^en älntlagen gegen i^oftu« m teil toerben (ä^t
80 (c. epist. Parm. 1, 4, 7 MSL 43, 38), ju lernen ift. daneben ift bei 3luguftin be^
merlen^toert, toeil nac^men«h)ert, ba^ er fw^ uor einem fittlic^en Urteil über §ofiu«
lautet: flagitandum est, ut probent . . . talem illum fuisse, qualem dicunt (I.e.).
SBir lönnen bie S^tfad^en jioar beioeifcn, aber bie SKotiüe nicfit toägcn; bem Sob bcr
Occibentalen t>on ©arbica (ep. Sard. Occ. bei Hilar. fragm. 2, 2 MSL 10, 633 B)
86 ftel^en bie Slnflagen ber Orientalen (ep. Sard. Or. ib. 3, 27 p. 674), bem nic^t un-
twrteiifc^en Slü^men be« atJ^anaftu« (namentlich Apol. de fuga 5 MSG25 p. 619 BC)
fte^t ber l^arte, audb nur au« ben 5ßarteiber^ältniffen erllärlic^e labcl be« §ifariu«, bem
mutigen Srief an Honftantiu« bie l^ofmännifc^e ©etoanbt^eit entgegen, mit ber ^ofiu«
auf ber Sül^ne ber großen ®efc^i(^te auftrat unb \>on il^r abging.
40 ai« ©(^riftfteHer f(^eint ^ofiu« leine Sebeutung gel^abt ju ^aben. 2)ie /üivfjfieTa
bei Slt^nafiu« de fuga 5 unb ber ©intoei« auf ba« ygätpeiv be« §ofiu« in ber hi-
Btoria Arianonim bc^icl^en fi(^ auf fir(^enj)oIitif(^e §anblungen unb ©(^reiben ; ^\\\>ox
t). ©et)iHa (de viris ill. 5, 6 Arev. VII^ 142) hjei^ nur eine epistula ad sororem
de laude virginitatis pulchro et diserto comptam eloquio unb ein aliud opus
*6 de interpretatione vestium sacerdotalium, quae sunt in veteri testamento,
egregio sensu et ingenio elaboratum ju nennen. (Sr^alten ift fein« biejer ©tücfe.
Sei ben Sententiae — f urjen 2eben«regeln — , bie 5ßitra (Analecta sacra et classica
I = Anal. Sacra V, p. 117) unter bem Flamen be« §ofiu« Ucröffentlicbt l^at, ift
nic^t einmal ein 5BJal^rf(^einIi(^feit«betoei« für i^re iperfunft l)on ^ofiu« ju führen; mit
wben „©entenjen", \>oxi benen 3fibor "oon ©ctjilla (1. c.) fagt: in Sardicensi con-
cilio quamplurimas edidit sententias, l^aben fie nit^t« ju tF^un (gegen ^l?itra) : 9;P^«>r
beult an bie Canones Sardicenses. ßoof«.
^ofttt«, ©tani«Iau«, Sifd^of bon (Srmlanb unb Äarbinal 1504—1579. —
66 Ueber bie ^tograp^en be« ^. ^ot ^ipler in ber ^eitfc^r. f. b. (^efc^ic^te . . . be« (^rmlanbe«,
JBb VII, (1879) @. 113 ff. orientiert. 5^on i^ncn war 9ic(ciu«, ber junäd)ft1580 „De tran-
situ et dormitione Stan. flosii" ocröffentlicfttc, e^e bie ^auptfdjrift „D. Stanislai Hosii . .
Vita, Romae 1587" uon i^m erjcfticn. in 33uf (Diöcefe %o\t\\) geboren unb 1558 in $Rom
in bie 2)ienftc be« ^. getreten, bcffcn ^viüatfetrctör er bi« jum l£nbc blieb, "^aw uerbanft
Go i^m otelc fubjeftio gefärbte, aber autfi uiele juücrläffige 9?ae^ric^ten, auc^ ben erften ^erfud)
einer ^rlcffammlung (f. u.) unb bie Sufammenfteüung be« bebeutfamcn 2. ©anbe« ber ftölner
^oflttd, Stanidloud 383
Opera H. (f. u.). 3)ic „Vita" cvfrfilcn in gngolftobt 1591 bcutf« bur* 3- ». &irfler; Don
bei latetnif^en na^m ^§oDiud bad gonje erfte I3u4 unb cap. I^IV bed ^nieiten an Derfd^.
Stellen in feine Annales eccles. auf. Si{eubruc!c bev OrlöinalauÄfl. etftftienen in Olioo 1690,
foroie im erftcn ©onbc ber Ihrafauer Epistolae H. (f. u.). - 9cä*ft SHefciu« ift ein aiDeitcr
Sere^rer bc8 ^., ber 1547 in ^ofen geborene, feit etiuo 1569 in 3)ienften beSfclbeu ftefienbe 6
Älerifer %t). ZxtUx qI8 ^crauÄgeber be« Theatnim virtutum Stan. Hosii ju nennen. 3)iefe«
grogartige, 1588 in 9?om erf(t)ienene, beutjutage btd auf bad le^te ^rucfej^emplar oerfc^njum
bene, aber t)on Sanojfi in ber „^adixiö)t t)on ber 3alu«rifd)en «ibi." löreSlau 1730, III]
befc^riebene ^upfenuert beftanb au« 100 Xafeln, welche bad iBeben unb bte Sugenben beS ^.
iQuftrierten unb oon entfprec^enben Iateinif(i^en Oben begleitet merben foUten, bie freilid^ erft lO
na^ bem Sobe bed Ureter 1685 burc^ feinen glei^namiaen ®rogneffen ebiert unb 1879 in
©raunSbcva neu gebvucft tourben. — ^on SRefdu« finb Die folgenben ©iograp^en abWngig:
©taroDolÄfi in ber ^efatontaS polnifcfter 8d)riftftefler, »cncbig 1627; Thevenot (Hist. dee
plus illustres et s^avans hommes, $arid 1695); ^rifc^ar im ^irc^enlejrifon oon 9Be(er unb
%BeIte 1. %uf(. (^rft @i4l)orn (at neued gebrad^t in „@tan. ^. üorjüal. nad) f. lircbl. unb 15
liter. ©ivten'' 2 S3be. ^JKainj 1854, ioefentIi(ö burrf) Ausbeutung ber grrauenburgcr @amm»
Jungen. Ueber bie fjamilie be« ^.: Acta Hist. Polon. (f. u.II) LXVII— XCI. ©ine aber-
malige ^arfteüung loirb neben ben Opera unb Epistolae bed ^. (f. u.) |u benu^en (aben:
S'?untiaturberi(^te au« 3)eutfcblanb, ^erauSg. x>. b. ©icner ?lfab. II, 1 3)ic 9?untiatur be»^.
unb 3)eIfino 1560/61 ed. ©tein^crj (5Bien, ®eroIb 1897) ; ©^renberg, Urfunben jur ®ef*. 20
ber poln. fianbcöteile (iieipjig 1892). — «Ilg. Duellen u. ßittevatur: Theiner, Vetera
Docc. Poloniae et Lithuaniae II, III, SRom 1861, 63; Fontes Rerum Austriac. 2, XIX
mtn 1859; Äranndfl, ®cfd). b. SRef. iu^olen (erft englifd)) 3 S3be, 1841 (im attg. oeraltet);
5if(^er, beögl., ®ifif 1856 ; ^artfnocö. ^veufe. ITirt^en^iftoria, grantf. 1686; 3)arftcflungen
ber potn. 9tef.-®efd). Don polnifc^en 9(utoren f. bei @embrjt)rfi, Ältpr. 3Ronat«f*r. 1893, 26
6.1 ff.; 2)aIton. J. aLasco, föot^a 1881; berf., Lasciana etc., ©erlin 1898. 3)a« «er^öltni«
beS 4)erjog8 «lbre*t üon «ßrcufeen ju ^. jei^net «oigt CSl. ^reufe. ^roo.-©l. VIII [ÄöniaS*
^"SJ); Hubert, ^^ergerio« publijiftlf(f)e Xt^ätigfeit, ©öttingcn 1893; eembrjicftj. »ergerio«
9?eife nad) ^oUn (^Itpr. a)?onat«fd)r. 1892); Sijt, % % SSergeriu«, öraunfc^wcig 1871;
Kuyper, Opera Lasci II, (18G6); Krasicky, De Societatis Jesu in Polonia Primordiis, 90
3)crlin 1860; ©raunSbcrger, Petri Canisii Epistolae et Acta (biÄ^er 2 53bc, JJreibura 1896,
98): t)anfen, 9?f)ein. «ttcn j. ®cf(^. b. Sefuitenorbenä, Säonn 1896. — Ueber bie SHfeaftion
gegen ben ¥i"oteft. in 35olen ügl. 9?anfe, JJürften unb S3ölfer oon 6üb«(£uropa HI- über
bie ©infü^rung ber ^efuiten bort: Rostowski. Lithuanicarum S. J. Historiarum 1. a, rec.
Martinow, Paris-Bruxelles 1877. Ueber bie ^InHcblung ber Sefuiten in öraun^berg f. bie 36
^arfteOung bed Unterzeichneten in ber geiifd^rift beS S^ejtpreugif^en ®ef4id)tdoerein9,
5)anaig 1899, «b 40. @. 1—105. — Ueber bie !ir(^enpolitif(^e ©irtfamfeit be« ^orm«, be*
fonberd fofern e§ [xdi um bie ^ur^fü^rung ber Gegenreformation in $olen banbelt, ent«
galten oielerlei bie $ubIiIattonen oon (S^renberg: Urfunben unb 9lftenftücfe jur ®ef(!b. t)on
. . . !ßofen, iBeip^ig 1892, unb beSf.: 3tal. ^^eiträge 5. ®ef4. oon Oftpreugen. Königsberg 40
1895. a)ie Opera Hosii erfdjienen im XVI. 3a^r^. in fe*« ?lu«flaben: ^ari« 1562, filjon
1564, Untioerpcn 1566 unb 1571, ^enebig 1573, St'oln bei ^atcrnu« e^olinu« 1584. 3)iefe
lefte, oon 9?efciu^J (f. 0.) beforgtc, ber übrigens erft auf bem 2:itel beS »»citen ©anbeS p«6
als Herausgeber nennt, ift ben übrigen oor^it^ie^en, entb^lt auc6 einen Xeil beS SSriefioecbfelS,
brucft jebod) bie 1567 in Köln crfc^ienenen gaftenprebigten beS^. nic^t mit ab. ^. I ent^8lt:46
Confessio Catholicae fidei christiana in ber befinitiocn 9?ebaftion (p. 1—416); Ck)nfutRtio
Prolegomenon Brentii, quae primum scripsit adv. Petrum de Soto . . . (p. 417 — 609);
De expresso Dci vcrbo; item, Dialogus trimembris De Sacrae Eucharistiae sub utraque
specie Communione; de Saccrdotum conjugio; de oelebrando Sacra vulgari lingua (P* 610
bis 668) ; De Judicio et Censura ministrorum Tigurinonim . . de dogmate contra Trini- 60
tatera in Polonia nuper sparso (p. 069—707); De loco et auctoritate Bomani Pontificis . .
als Antwort auf eine 3ufd|rift beS CretftouiuS (p. 708-719); Palinodiae . . Septem Fa-
biani Quadrantini Gedanensis .. ab Hosio conscriptae (p. 719— 759). %. II: De oppresao
Dei verbo libellus (p. 1—61); De actis cum Thorunensibus; cum Elbingensibus ; cum
GraudentincDsibus; cum Braunsber^nsibus (p. 62—144); ©riefe addiversos (p. 145— 453); 66
Examen sive Excussio Confoederationis Henrico regi Poloniae per haereticos propositae
(p. 454—450); altera Excussio ejusdem (p. 457—461); Oratio funebris Maciejowakii
habita in funere Sigismundi I. (p. 462-478); ejusdem in funere Sidsmundi IL (p. 479
bis 482; Hosii Testamen tum (p. 483-484); Epistolae Bescii de morte Hosii (p. 485— 494);
beSf. Ode lugubrie (p. 405—496). 'födgrenb bie oon SiefciuS 1584 ebierten Briefe beS 6. 60
(f. 0.) fi(b auf 277 bclicfen (einige Schreiben an lU» eLn^LudjEiLti, mho ni^iLiijdjLU ut ana
großen ^Inja^l oon ^ubllfationen (ogl. u. ^iplrr^ neue '^?tu>gübci ^iivfe icll^ in lul- itiH
in potn. @prad)c an baS fiic^t gebraut roorben. ^crC^efamlbeftanb wirb mm aufgeunmutcn
in bie oon ber ^rafauer f)ift. %fab. ^erauSgeg. Acta HiBtorica res g^etaePoloniaü ilhiritraTi*
tia (bisher 2 ^be ^afau 1879, 1886) unter bem ^ikl! Btaa. Hcsu ei qoae ad oum rcHiv ^
tae sunt Epistolae tum etiam ejus Orationee Logatioues (l, 1525— IWO^H, tÖ50 — 155»)*
Ueber gunborte oon ungebrurften ©riefen gleist bie l^lnM
384 ^o^M, etantötau^
3afrjcn)8fi genaue ?(u§funft. 251 SBriefc, baruntcr einige üon i|^ni, bie übrigen an it}n ent^
^ält Cyprianus, Tabularium Ecclcsiae Rom. grantfurt unb iJeipjig 1743. SBefonbcrcö 3n*
tcrcffe ^abcn bic „9ieIigionSgcfpräcöc jtüifc^en |). unb bcni (pöteren Äoijer ^J^ajimilian II.*
(aus bem Z^f^xt 1560 olS beni bcr Sf^untiotur bc8©. am SBicncr ^ofe) ftet^ auf fi(^ gebogen.
5 ^jomud ^at in bcn Annales Ecclee. XX, 411—423; 449— 4r)5 einen ^eil bcrfelbcn üer«
öffcntlic^t, a«ot)nafb ad a. 1560 n. 16—20 foioic ^Ijeiner (Vet. mon. Pol. II, 609, G14, 618)
cinjelneg barau» abgcbrucft. 9?anfe (Reiten gerbinanbS I ©erfc VII, 3-96) unb ©ud)*
^olf (®cf(ö. fjerbinanb« L, VII, 493—499), fornic ?Kaurcn6rc*er (^eitr. j. (äJefc^. 3)2aji*
milionö IL, ^3 32, 221-297). cnblic^ SKeimann (3)ie rcl. (Sntn). ^mjimilianö II., ^3 15,
10 1—64) ^abcn fie benu^t; ugl. au(^ €>opfcn, Äaifcr ^aj. unb ber (Jonipromiftlat^oIiciSmu^,
1895. 3^ biefcn itieift in einer römifc^en ©carbcitung (Relatio) Uön SBjouiuS gegebenen SBor*
trägen beS ÄarbinaU (nur jwei UJirflicfie ®efprärf)c fennen wir) weift bie 3Biener Aufgabe
ber ißuntiaturber. beö $>. (f. o.) bie Originale nad) (Slnöang II, 400tf ). ©ö ergiebt p*
aus bem, waS je^t in biefen 92untiaturberi(^ten üorliegt, eine wie ausgezeichnete Sl^orbereitung
15 bic Stubien unb iöeröffentli^ungcn auf bem poIemi((^cn Gebiete feit 1551 für bie wlrfitigc
tJunftion beS So^reS 1560 gewefen finb, in welchen ^. ben jungen dürften jur fattjolifc^en
Öe^re jurücf führen ober boc^ feine ßoSfagung \>o\x berfelben uertimbern füllte. — Ueber bie
unter QJuftau Slbolf uon ^eilSbcrg nadi ©cöroeben üerfcf)(ep<)ten Hosiana ügt. ^xomt, 3ÄittciI.
aus ©ttjiueb. Wrd). u. ©ibi., ©crlin 1853) unb Hipler, Anal. Warmiensia p. 112 sq.
20 ,,Quanto rectius causa Religionis haberet quantoque coramodius et im-
pietas disjici et pietas orbi restitui posset, si multos id genus Hosios haec
aetas ferret!" ^n btcfe« Urteil beSßaniftuS, toie eS in ber Praemonitio ju bcr 1558
bur(^ i^n Deranftalteten Jlölner 2tuSgabc ber Sd^rift beS §ofiuS „Verae . . . doctrinae
solida propugnatio" entj^oltcn ift, fafet fid^ baS ber fämtlic^cn (lat^oUfd^cn) S3io=
26 flrotoj^en beS §ofiuS jufammen. 2)iefer erjc^eint l^eute noc^ |o, hjic er feinen ^eitgenofjen
erfd^ien: als einer ber $aut)tt)ertreter ber ©egcnreformation. 6ine Prüfung feiner ^uk
unb Seiftungen toirb biefeS Urteil beftätigen; fie h>irb aber auc^ tiefere ©inblicfc in bie
ärt getoä^ren, h)ie bcr kartip^ t>on jener ©eite gcfül^rt unb jcigcn, toclc^e SRittcI babci
angelDcnbct tourben.
80 ©taniSlauS §oS (Hosz), bcffcn fatinificrtcr bcjto. gräcificrtcr SJamc biclfad^ ^u SBort^
f})iclcn j^at bicncn muffen, tourbc am 5. ÜKai 1504 in Äralau als ©ol^n cincS auS
$forjl^cim ftammcnbcn ajcutfd^cn geboren, ©eine crftc grjici^ung erl^ielt er in SBilna,
too^in fein 3Satcr als ÜKünjtoart, bann ©tabtjjrofurator, berufen Iporbcn h>ar, feierte aber
1519 jum ^\ütd afabcmifc^cr ©tubien nac^ Ärafau jurücf. ßicr in bie Slrtiftcnfafultät
86 cingcfd^ricbcn, betrieb $. mit ®ifer bie ^umanioro. 9Benn ^efciuS unS bcn Jüngling
richtig jcic^net, fo l^ielt §. in frül? cnttoicfcltcr äbfel^r bon bcr „SBelt" fid^ bon bem
Scbcn bcr Übrigen fem, als ein aSfctift^cr SDluftcrfnabc, bcr nid^t einmal im gamilicntreifc
fröl^lid^ fein h>ill, bcr mit bem SRocfärmcl bic äugen bcbccft, tocnn ein lüciblic^cS SBäcfcn
il^m begegnet, unb fc^on als ©tubcnt gomig bem bcfrcunbetcn %ab'\an bon 3^^"^<^" ^^
40 Icfecrifd^cS Suc^ locgnimmt unb inS gcucr toirft. 3)aS ©tubium bcr Älaffifcr betrieb er
bcubci mit cifcmcm gleite: ad^tmal, bcl^au))tct SlcfciuS, l^abe er bcn ßicero „a capite ad
calcem" gclefcn. ©eine frül^cftcn litterarifc^cn ^robuftioncn bcftcl^cn in latcinifd^en (SpU
grammen, toic fie bcr ©ittc bcr ^üt nad) bcn ©d^riften anberer beigegeben lourbcn : fo
jtnbct fid; cinS bon ,,Stanislaus Hosz" bem ,,Iudicium astronomieum'^ bcS 9Iic.
46bon ©d^abcf (Krafau 1522), ein anbercS bcmfclbcn in bcr SluSgabc bon 1524 borgcfc^t
Unb bicfcS jtocitc jic^t fc^on bic SerbinbungSfäbcn mit bem SJiannc, tocld^cr ma^gcbcnb
für bic ganjc ScbenSbal^n beS jungen §. locrbcn foHtc: bem Sifc^of ^etruS lomidfi bon
Jlrafau. SJad^ibem ,§. einige ^ai)x^ als Sc^rcr bomcl^mcr Jünglinge, auc^ bcr 9icffcn bcS
Sifd^ofS, gctoirft, injloifc^cn nod^ einige latcinifd^e ©cbic^tc, toclc^c ncbft bcn obigen in
50 bcr Ärafauer StuSgabc bcr Epist. I, LXXXIII ff. gcbrudft fmb, tjcrfafet, aud^ bic ©(^rift
bcS Gi^r^foftomuS „33crglci(^ jtoifc^cn bem Wönd) unb bcmÄönig" übcrfc^t (glcid^faHS in
Ep. I abgcbrucft) unb biefc fotoic eine $araj)l^rafc bcS 50. ^falmS bem StomidR gc=
toibmct l^attc (1528), loanbte fein ©ijnncr il^m jtoei ^frünbcn ju unb fc^icftc i^n ju
toeitcren ©tubien 1529 nac^ S^alicn. SBon SScncbig auS fd^rcibt.^). bem jum Sifd^of bon
66 6ulm cmannjtcn 3)antiScuS feinen ©lücflounfc^ (Ep. I 6, a. 1530); bann bcgicbt er ftc^
nad^ Sologna, um bic SRcd^tSioiffcnfc^aft unb ^umaniftifc^c ©tubien ju betreiben. aiS er
barauf in $abua einen ©tcm bcr l^umaniftifc^cn 2Biffcnf4>aftcn, Sajjaro Sonamico, fennen
gelernt, bcmül^te er fid^, frcilicb ol^nc 6rfolg, burc^ eine ©ingabc an bcn ©obematore bon
Bologna, bcn berühmten ©cfd^i^tfc^rcibcr ^JranccSco ©uicciarbini (Ep. I, 7, a. 1532),
60 bann aud^ an ben iicgatcn 6amj)cggi (ebb. 8), bic Berufung jenes nac^ Bologna ju er«
loirfcn. ^m folgenbcn ^ai}x^ promobierte §. jum Doctor juris utriusque. ^^t ju«
rüdttcbrcnb möchte er no^^ßraSmuS fennen lernen — bafe il^m baS®elb j;u bcmUmlbcgc
^oftttd, @tantö(aud 385
über Safcl nid^t reid^tc, fielet SRefciu^ afö bcn %inQn ®otte« an. 3" ^^^^^ Stnjai^I l^er=
borragenber SKänner in Italien h>ar §. in 33ejiel^un0 getreten, barunter ju Sleginalb $oIe
bem f})äteren ßarbtnal. 3:omi(fi na^m ben braud^baren jungen 9Jlann al^ ©etretär in
3)ienft — ©(^reiben an Serfc^iebene, auc^ Eingaben an ben Äönig ©igidmunb äuguft,
l^at k in feinem 5Ramen tjerfafet (bgL Ep. I, 11; 15; 16 [35]; Ap. 2); unb ate biefer 5
nun furj nad^ bem SSater aud^ ben Oönner burd^ ben lob uerlor (1535), ba toaren fc^on
förberlic^e 3?erbinbungen mit anberen feitenben ^erfönlit^leiten in ^ofen gef(^Ioffen, toeld^e
i^m bie 33aF^n ju l^o^en gieren fieberten. $. erl^ielt junä(^ft eine ©teile in ber föniglic^en
Jlanjiei; in biefer ßigenfd^aft tool^nte er jum erftenmale 1537 einer 5ßrot)injiaIf^nobe in
^etrifau bei — Uier^cl^n ^al^re fpöter foUte Don ^ier au^ fein Slnfturm gegen bie (^)oan' lo
gelifc^en in $olen ben Slu^ang nehmen, allein üorber^anb toar er nodp nic^t Äleriler,
obtoo^I ju ben beiben frül^er il^m übertragenen 5ßfrünben im ^al)xz 1537 ein Äanonitat
in JJrauenburg ^injutrat. 3)ie^ fit^ ju fw^em, l^at ^. freiließ; öiel 9Rü^e auftoenben
muffen, toie fein Sricftoet^fel jeigt. 3ln bie ©teße 3:omicfid toaren al«; feine ©önner ber
fj)ätere 9?ac^foIger jene« SWaciejotodli unb ber SSicefamler be« 3lei(^e«, ©(^oinSi, getreten. i6
— jener übertoie^ if^m 1540 ein Äanonitat in Ärafau, unb nac^bem gu biefer fc^on
reid^en 3lu^ftattung nod^ ein fold^e« in ©enbomir getreten hjar (1542), fotoie bie (Sr*
nennung jum ^}Jfaner in ©olombie erfolgen foHte, l^idt §. e^ enblid^ an ber ^tü, aud^
f eiber bie ^rieftertoei^e gu nehmen. SDa^ flefc^ÄJ^ im Slärj 1543. Sleftbeng gej^alten,
b. l). fein Pfarramt ^erfönlid^ berhjaltet, l^at er and^ l^ier nic^t — er beftieg gtoar in ©0= 20
lombie einigemal bie jtangel, aber er fanb, ba^ feine ©timme )u fc^n^ac^ fei unb begnügte
[xd) nun bamit, einige $rebigten in Ärafau au^juarbeiten unb bur(^ anbere Vortragen gu
laffen. 3!"8h>if^^ fti^Ö ^^ «" 2tnfe^en unb ©tellung; er mac^t Steifen nat^ Sitt^auen
unb 35anjig unb h>irb 1545 gum ^inquifitor ernannt, um getoiffe gölle Don Äefeerei unter
ben Äralauer 3)om^errn au unterfuc^en (Ep. V, app. 17); toa^ babei l^eraudiam, toirbas
nid^t mitgeteilt. ^aS ^ai^r 1549 brad^te feine f(^on lange in äludfu^t genommene Sr»
nennung jum Sifc^of, unb jh>ar gefc^al^ e^^ auf Sefe^I ©igi^munb äuguft«, ba^ Gulm
i^m übertragen h>urbe. 3)iefem fam e^ barauf an, bafe §. ate 3"^^^^ ^^ bif(^i)fli(^cn
Söürbe aufträte, afö er il^n 1549 al^Drator an Äönig ^binanb bejto. ben Äaifer f(^i(fte.
©0 reifte benn §. im 3JJärj 1549 ab unb fam in« Seic^ gerabe gu ber g^t, too nad^ so
bem fc^malfalbif^en Jtriege bie !aiferlid^sj)äj)ftlid^e ©ad^e am glängenbften ftanb. 3)ie
SL^erbrüberung, hjelc^e er in bieSBege ju leiten beauftragt War, follte aud^ eine einheitliche
Se^anblung ber ürc^lic^en 3)inge bciberfeit« einft^liefeen — in hjelc^em ©inne, geigte bie
golgcgeit. Auf ber Sleife gumÄaifer in 2tnth)erpen erreichte i^n bie Jjojjftli^^e Übertragung
be« ßulmer Si^tum« ; über 3öien jurüdfel^renb tourbe er im 3Kärg 1550 in Ärafau gum 35
Sift^of getoeil^t unb trat, nac^bem i^n nod^ 3uliu« III. gum ^nquifitor in 5|Jomefanien
(alfo in ber 3)iöcefe be« ©^eratu« [f. b. a.]) ernannt l^atte (Ep. I, 380), fein Smt an.
knapp ein ^ai)x fpäter Dertaufc^te er ba« ßulmer mit bem Srmlänbifc^en 33i«tum; ber
Äönig I^atte ftarlen aJrudE antüenben muffen, um bie SBal^l eine« 3Rann^, ber ba«
^reu^ifd^e ^nbigenat nid^t befafe, feiten« be« Äajjitel« bur(^gufe|en (Ep. II, passim). 40
3n ba« erfte !5al^r biefer bifd^öflid^en SBirIfamfeit fällt bie erfte allgemeine unb be*
beutfame 2l!tion be« §. al« Selämpfer ber „2)iffibenten" b. ^. ber ©Uangelifc^en im poU
nifcf^en ilönigreic^. 3)iefe l)attcn ficf^, h>enn auc^ nic^t entf (Rieben, ber ®unft be« Äönig«
gu erfreuen, toelc^er burc^ feine erfte ©emal^lin Sarbara mit bem etjangelifcf^en ^rften
ylabgihjitt Derfd^toägcrt toar. 3" ^^" f^«>" i" großer ^al)l i)orl^anbenen an^ängem be« 46
tut^erifc^en unb fc^toeigerifc^en öefenntniffe« toaren feit 1548 auc^ Söl^mifd^e Srüber al«
Gjutanten getreten. 3luf ber ©^>nobe gu ^etrilau (^^Jiotrcobig), toelc^e öon bem 6rgbif(^of
bon ©nefen 3)gierggoh>«ti einberufen ioar, fal^ man ft^ einer mel^r unb mel^r antoac^fenben
ebangelifd^en ©trömung gegenüber, bie fu^ im gangen Sanbe t)erbreitet ^atte unb gu ber
fogar ber ©ruber be« öv Sol^anne«, neigen follte (Ep. II, 442 f.: ügl. 472). 3)ießo
©^nobe bauerte bom 8.'^bi« 16. guni 1551 (il^re alten bei 3Bi«locfi, a. 3ebrg^boh)«Ii
Epist. p. 513). 9?ad^ ber 2)arftellung be« Slefciu«, bem aud^, toie immer, ©c^l^om
(I, 121 ff.) gefolgt ift, l^ätte bort§. gunäc^ft eine ©tellung genommen aÜ^nlid), toie 1522
ber Segat 6(;ieregati auf bem Siürnberger Sleic^tage (ögl. ben a. ^abrian VI. 33b VII
S. 314,3); ermatte bem ©rgbifc^of eine 2)enffd^rift überreicht, toelc^e emft mit bem Äleru« 66
unb ben SBifc^öfen in« ©erid^t ging unb in beren toeltlic^er Slid^tung bie Duelle be« ab*
faß« aufbedtte. aber Don fol(^ bußfertiger Oefinnung, toelc^e ba« ®md)t am eigenen
J^aufe beginnen laffen möchte, finbet fic^ unter ber bamaligen Sage ber 3)inge bei §.
teine Bpnx, unb Don ben §erau«gebem ber SrieHammlung ift in Sb I, ©. 75 a. 20
nad^getoiefen toorben, baß h>ir e« bei jener 35enffqrift mit einer t)iel früheren, 1539 ge- go
«caU(5uc^fropäbie für Z\)toloQk uiib flfrc^e. 3. Sl. VIII. 25
386 ^oftui», @tantö(aud
mod^tcn, Stufftellung bcö §. ju tl^un l^abcn. 3)a0C0en begann l^icr §. ben Kam))f in ber
äöeife, ba^ er, nad^bem man t^n eben jum SSertreter auf bem toieber berufenen Irienter
Äonjil ßetüä^It l^atte, binnen toenig %aQm eine Confessio fidei catholicae öerfa^te
unb Don fämtlid^en Sifc^öfen unterzeichnen üe|. SDiefe Schrift ifl uoHftänbig crft nad^
6 einer ertoeitemben Searbeitung 1533 (in Ärafau) gebrucft toorben, unb fie f)ai bann im
16. 3al^rl^unbert no(^ jal^lreic^e auflagen in (ateinift^er, fotoie Überfe^ungen in Uerf triebe-
neu Sprachen erlebt (ögl. Ep. II, 1007 f. A). SBenn fie in ben SDrucfen bie Segeid^nung
Confessio . . . christiana erl^ielt, fo foQte bie^ ben (äegenfa^ jur ^(ugdburgifc^en ^on-
feffion marfieren. gür möglic^fte SSerbrettung tourbe befonber^ burd^ ben ©r^bifc^of bon
10 ®nefen geforgt ; ber Seibarjt be« Äönig« Dr. ©abinu^ (Sabinka) fanb SBege, fie bem
Äönige tjorlegen unb einiget barau^ l)orIefen ju laffen (Ep. II, 1172). SSon ^. felbft
h>irb erhJä^nt(Ep. II, 1355X bafe bie Don einem ©c^üIer ber SBittenberger, bem töniglic^en
©elretör anbrea^ ^'^iciu^ (Frycz Modrzewski) berfa^te unb bem Könige geft)ibmete©d^rift
De emendanda Republica, bei tvtld)tx nur für bie brei erften Jla)7itel De moribus, de
16 legibus, de beUo in Ärafau 1551 bie 2)rucferlaubni^ gu erl^alten getoefen (mit ben
beiben fe^Ienben De ecclesia unb De schola finb pe 1554 bei D))orinu^ in 93afel ge^
brucft toorben, toonac^ Sleufc^, 3nbej 1, 438 gu forrigieren), Don i^m berücffic^tigt toorben
fei. 3)ie ^erau^eber ber ©riefe beiS $. toeifen fogar na^^, ba^ einzelne Äajjitel ber be=
arbeiteten) Confessio bireft gur SßJiberlegung be« griciu^ geschrieben feien (Ep. II,
20 p. 520 A) — unb f o ftcl^t man tl^atfäc^li^^ |ier am SSeginn ber Utterarifc^^ljolemifd^en
a:i^ätigfeit be« Sifdbof«. Über griciu^ bergleid^e man SSa^Ie, Dict. bist., % SWobretoiu« ;
Sc^^el^om, ergö^Rc^!. I, 671; Hosii Epist. passim. ©c^on 1547 l^tte §. mit ü^m
eine fc^arfe Äontroöerfe gel^abt, hjeil jener bie ^rrtumöfäl^igfeit ber römifc^en Äird^e (be-
l^au^)tete: Ep. I, ©. 228 A 15).
25 Stber gu ber litterarifc^en Seläml)fung ber Äe^erei liefe ^. nun nac^ hjo^lbebac^tem
5ßlane bie ipraltifdbe treten. „3n jeber 35iöcefe, in jeber gröfeem ©tabt" fagt Ärafidf^
a. a. D. ©. Ulf. „in ber Umgebung jebe« Sifd^ofd unb am §ofe be^Äönig^ befc^affte
er fid^ geeignete ^Jierfonen, toelc^ie i^m 3lad)x\ö^t über alle« gaben, h>a« ber Äirc^e ®efa^
bro^te, unb nad^ feinem SBinle in bie arbeit eintraten, ©ein ©ifer erzeugte 5Wad^a]^mung;
30 bie Sauen jüc^tigte er unb bie gum SlbfaH 9leigenben l^ielt er jurüa. ©ein 3Sorgel^en
ging immer barauf l^in, ben ©egnem jeben j)oIitifc^en ©influfe gu nel^men unb biefen bei
ben Äatl^oKfen gu meieren", ©o l^atte $. vorgearbeitet, al« 1555 ein päjjftlid^er 9iuntiu«
in 5|JoIen erfc^ien, ber Sifc^of Si^omano aud Serona, ber alle« einfe^en foHte, um in
$olen ba« fatl^olifc^e Selenntni« gum allein ^errfd^enben gu machen.
ö6 3ngh>ifd^en ^atte §. bie Seitung feine« ©i)rengel« mit Energie in bie $anb ge^
nommen. 2iefe fid^ im gangen Äönigreic^ bie Oegenreformation nid^t fo balb burc^fü^ren,
fo fottte ba« ßnnlanb bafür ein Sorbilb fein unb Don ba au« bie getoünfd^te ©intoirfung
auf benachbarte Oebiete, inebefonbere bie ©täbte ßlbing unb ©angig foh>ie ba« ^ergog-
tum ^reufeen, gefid^ert hjerben. ^m Srmlanb „betrat er nac^ ber il^m angeborenen
40 3Rilbe" — fo fc^reibt (Jic^^orn I, 142 — „ben SBeg väterlicher »elel^rung". ^n eibing
unb Umgegenb, h>o bie SReformation tro§ ber beftel^enben ))oInifd^en §errfd^aft ben bei
hjeitem größten leil ber Bürger unb mel^rere ^rcbiger auf il^rer ©eite l^otte, toufete er
1552 bie Slbje^ung bon brei ©eiftlic^en gu betoirfen; ba er fortful^r, bie Sürgerfc^^aft gu
bebrängen, hjanbte biefe fxd) an benäBilnaer ^alatin 3labgih)itt unb an §ergog älbrec^t —
46 ba läfet §. hjieberum auf ben Äönig gegen fie eintoirfen (Ep. II, p. 792). äi^nlid^ ift
fein SSerl^alten gegenüber ben glei^faU« ber ^Reformation guget^anen 3)angigem. 3)ie
„angeborene 5Wi(be" fc^ü^te §. nid^t üor bem ©rfc^einen einer ber im ^ÄiQt\d)mad
liegenben rücfftc^t«lofen Slngriffefc^riften, al« beren Serfaffer Dr. Srettfd^neibcr in 3)angig
ermittelt h>urbe; unb al« biefer gegtoungen abbitte tl^at, ba ftettte §. nur bie „milbe"
60 Sebingung, bafe er gur !atl^olifd^en ftirc^e übertrete — unb boc^ f^atte Srettfc^neiber Out
unb greii^eit mit ber SSeröffentlic^ung getuagt, gerabe um bie bem §. gelungene Äont)«-
fion be« Sonaüentura 3:l^oma« unb bie be« '§t. ©taj)^^>Iu« (f. b. %) an ben ^Pranger
gu ftetten. ©o ftanb $. auf ber 2Bac^t nad^ allen ©eiten.
aber ba« gefamte Sorgel^en im Äönigreid^ ^olen befommt erft einen einl^eitlic^en
65 G^arafter mit bem Srfc^einen be« SJuntiu« im Df tober 1555. SDeffen erfte Aufgabe h>ar,
bie auf bem 3fleic^«tage gu ^etrifau 1555 üom Äönig geforberte unb f^mj)at|ifc^ auf«
genommene Berufung eine« 9Jationalfongil«, an bem aud) bie ©Dangelifc^en teilnähmen,
bebuf« Drbnung ber religiöfen Slngelegenl^eiten (Ep. II, n. 1420) gu hintertreiben, hierin
traf er mit §. überein (bgl. bef. Ep. II, n. 1508), unb fam and^ gum ^kU, aber bei
CO ben iJanbftänben, bie i^n nac^ Subicniedl^ (Hist. Ref. Pol. II, 4 p. 76) mit bem 3^'
^oftnd, @tantö(aud 387
rufe: „©ei gegrüfet, bu Dtterngejüc^t!" empfinden, unb beim Äönig getoann er fonft
feinen @influ^; ben Sefc^lu^, ba^ iebem @belmann ba^ Stecht jugeftanben tDurbe, nad)
eigener SBal^l feinen §au^ottc^bienft ju orbnen, fonnte er nic^t l^inbcrn. Äur^, e« jeigte
fid^ Har, bafe biefer ^ntriguant, bem man fe^r fc^Iimme 3)ingc glaubte nad^toeifcn )u
fönnen, nid^t ber ÜKann hjar, $oIen toieber fatl^olifc^ gu machen, jumal ba ingtoifc^en 6
ekKmgetifc^erfeitö jtvei @egner auf ben @(^au))la^ traten, t?on benen ber eine freiließ mel^r
ein t)orbringIi(^er Särmmac^er, ber anbere aber eine in jeber Sejiel^ung l^erborragenbe
Straft toar — 5ß. ^. 33ergerio (f. b. a.) unb Sol^ann 2a«fi (f. b. a.). 2)er erftere fam
im 3wfi 1556 nac^ Äönig^berg. ®r beröffentlic^te bort eine grofee Slnja^I \)on tjolemis
fc^ ©c^riften, in benen er gum 3^eil altuelle 3lltenftücfe, j. ö. bie Duae Epistolae al- lo
tera Aloysii Lipomani etc., altera D. Radziwilli; in feiner 2trt fommentierte — bie
Sifte biefer Schriften lann man ftc^ am leic^teften aud §ubert a. a. D. ©. 299 ff. ju«
fammenfteüen. 35en Äam})f gegen ^opu^ fe^te er nod) gal^re Tang fort; 1559 erft^ien
fein umfangreid^fte^ SBerl gegen biefen: Dialog! quatuor de libro quem Stanisl.
Osius .... edidit (SBibmung an §enog Sllbrec^t unb ^rft Slabgitüin), unb 1560 i6
„De rever. D. Stan. Hosio . . ." Sffienn e« bem §erjog, ber bie SReife SSergerio«
öeranla^ ^atte, barauf anfam, in erfter Sinie einen ^Rann nai) $oIcn gu fc^idEen, ber
mit fd^orfem SlidE bie ©c^toäc^e ber ®egner ^erau^fanb unb fte fc^onung^Io^ befämj)fte,
fo toar jener aUerbing« ber redete SRann. 3lber jum j)ofttit)en aufbauen toar er n\d)i
gefc^icft. 20
SBeit bcbeutenber nad) ^erfon unb SBirffamfeit h>ar ber jtoeite ®egner be« ^.,
3ol^ann Sa^Ii, tocld^er nac^ langer 2trbeit brausen nun enbli(^ einen SBirfung^Irei^ in
feinem Saterlanbe gefunben l^atte. a)lit bem ^ergog älbrec^t ftanb 2adfi ft^on 1549 in
j)erfönli(^en Segiel^ungen. Unter bem 8. 3an. 1554 berul^igt ^d)a\ bon S^^mm, ber Dnlel
bed oben erhjäf^nten gabian, ^alatin auf SWarienbura, ben Sifcpof $.: „3)er§erjog I^abe26
nxd)t, h)ie gefagt h>erbe, bie abfid^t 2a«!i gum S3if(^of (bon ©amianb) ju matten" (Ep. II,
©. 397). 3)em Äönige bon ^olcn ^atte £a^Ii fein in Sonbon b^fafete« SWeiftertoerl
„Forma ac Ratio" (f. 3)aIton, ©. 377 ff.; Äu^per II, 1—277) jugefanbt unb an ben
Senat unb 2lbel bebeutfame ©enbfd^reiben beigefügt. Qjm SJegember 1556 überfc^ritt er
felbft bie ©renje unb naf^m in ber 5lä^e Äralau« bei feinem Sleffen, bem ©oubemeur so
be« löniglic^en ©d^Ioffe^, ^an Sonar, SBo^nung, too il^n brei anbere Steffen, bie ßblen
Oftrorog, begrüßten. SDie aSirlfamfeit Saöfid im einzelnen )u fd[|ilbem, bie jhjar nid^t
ol^ne ©rfolge blieb, aber bod^ ba« ^kl, $olen j)roteftantifd^ gu machen, fc^on h>egen Sa^K«
Seibe^f^toäd^e unb 1560 erfolgenben S^obc« nic^t erreichte — ift nic^t biefe« DrteiS. 3"
ben „^inben" hjaren, toie Sa^gli fc^on im ^«bruar 1557 in einem ©riefe an ßalbin 35
tlagt, auc^ „falfc^c Srüber" (Dgl. CR. Ep. Calv. XVI, 415) gefommen — Iciber gcl^örte
Sergerio ju benfelben, ber bie 6inlabung in ben Cften angenommen l^atte, tpeniger um
bem 5ßroteftantigmu« ate folc^em in ^olen gur ©eite ju fte^en, ate um ju ber^inbem,
bafe eine anbere afö bie ftreng luti^erifc^e Slic^tung bort gur §errf(^aft gelange. SDen fo
geteilten ©egnem fonnte .§. tro^ ber bebenf liefen SRoDe, toelc^e Si^omano fpielte, mit 40
@rfolg entgegentreten. Sluf bem fir(^li(^=t)olitifc^cn ©cbiete t^at er ba«, toie ie|t fein
Sriefmec^fel geigt, mit äu^erfter SBac^famleit unb 3Kü^eh>altung — äße« läfet er \\i) be-
richten, toa« bieSegner t^un, überaß benufet er feine 33egiel?ungcn, ben Äe^ern unb i^ren
©d^riften fpürt er nac^, um bicfe ju \>^xn\ö)Un unb an jenen toomöglid^ em (Stempel g*u
ftatuieren. Unb anbercrfeit« litteranfc^=t)olemifc^ fte^t er in ber erftcn Steige ba : feine Con- 46
fessio erft^ien 1557 in brei 3Rcubrucfen (f. Ep. II, ©. 1007) unb tourbe bon il^m in
ÜKaffen berteilt (Ep. II, ©. 867); um ben ©treit in bie Sleil^en ber ßüangelifd^en gu
tragen, fetfte er bem tjon aSergerio (Königsberg 1557) ebierten unb ©igiSmunb auguft
geh)ibmeten „Libellus aureus" be« Sreng eine „Verae doctrinae . . . propugnatio"
(bgl. Ep. II, ©. 824) ebenfatl« bem Könige bebiciert, entgegen, nac^bem er ben erften 60
Seil bereit« im a)tai 1557 ben Sifd^öfcn nac^ ^ctritau gur ©^nobe überfanbt; guateic^
begann er bie Schrift „De expresso Dei verbo", Don ber im ^^^^^war ein 3^eil fertig
n>ar (Ep. II, n. 1908).
SBenn man bie centrale ©teHung im äuge l^ält, toelc^e fo §. bei ber S3e!ämt)fung
ber 5|Jroteftanten in ^olen inne l^at, fo h>irb man bielleic^t erftaunt fein barüber, bafe er 66
J)lö^li(^ au« biefer Strbeit geriffen unb nad^ Slom tu längerem Aufenthalte citiert tourbe
unb gtoar burc^ nic^t toeniger al« brei jtoifc^en Dftober 1557 unb 9Jlän 1558 foHenbe
jKi})ftlic^e ©(^reiben — aber ^iSouI IV. liwOtf Nden SWann, mit bem er ftid^ in ben tiefp»
liegenben ÜKotiüen unb Sielen tofftrt^^-dMKiBpte ^n, um mit i^m —"^ «--**—
gu beraten, al« bie UnterbtlUEitiig- MilflHnMi Sonbe. 3Rit bet
388 ^ofttti», ©tantölaud
ftebeluuö beö §. nad) 3lom im 9Rai 1558 tritt berfclbc tl^atfäc^Uc^) in bie 2l(tion ber
©cgcnreformation auf breiteftcr 83afi^ ein.
3n ben beibcn legten ber gebadeten t)äj)ftlic^en Sret^en — ba« erfte ift bem äBort^
laute nad^ nic^t befannt — toerben brei älufgaben bejeid^net, an beren Söfung §. mit in
6 3lom arbeiten foD : SSerbefjerungcn im Äird^enhjefen, Slu^rottung ber Äei^erei unb 9Jeu=
berufung be« fuigt)enbierten Äonjifö (Ugl. bie SreDen Ep. II, 6. 954 unb 931). Seiber
(ä^t un^ Don l^ier ab bie au^gejcic^nete neue Srieffammlung im ©tic^, unb finb toir auf
ben ungenügenben ßrfafe bei SRefciu^, ©ic^^om, Sriefe im 2. Sanbe ber Opera (Mn 1584)
unb gelegentliche ^ublifationen angetoiefen. S^^^^faH^ M§- pr ßufnebcnl^eit ^aufe IV.
10 unb feine« 9lad^folgerö toä^renb be« erften, nur lna!pp jtoei 3ö|re bauemben, 3lufentl^altg
in SRom an biefen fragen gearbeitet; benn bie ßrgäl^lung be« Slejciusi, ba^ jener il^tn
bie Äarbinatetoürbe angeboten l^abe, h>enn aud^ burd^ Sergerio, ber äße« »piffen hJoHte, in
Sjoeifel gebogen, fc^eint begrünbet ju fein, ^m 3;al^re 1560 mürbe il^m bie hjic^tige
3Jli{fu?n übertragen, ben ate gang unfiAer, ja fd^on ate ^roteftanten erfc^einenben fj)äteren
16 Äaifer SKajimilian in ben ©c^o^ ber lat^olifc^en Kirche jurücfjufül^ren, gugleid^ im rijmi-
fc^en 3j"t^cffe ben SBiener §of für bie SBiebereröffnung be« Äongite gu geioinnen unb
üorgubereiten, enblic^ bie 9Sermä^Iung bc^g ©rgl^ergog« itarl, eine« ©ol^ne« Jerbinanb« I.,
mit ber „jungfräulichen Äönigin" ©lifabeti^ Don ©nglanb gu betreiben, ^n ben beiben
erften aufgaben hjaren il^m toeitgel^enbe Untemel^mungen übertragen, gu beren äluefüi^rung §.
20 ftd^ fd^on bon SRom au^ burc^ birelte« ©rfuc^en bei bem ©eneral ber 3ic|uiten ben ^cter
©anifiu« gur Sei^ilfe erbeten l^atte. ^n ber 3:i^at iourbe biefer, toä^renb §. bereit« im
a[j)ril 1560 inSBien anlangte, gleid^geitig bortl^iij beorbert unb ftanb i^m im3Kai gur Seite
(ögl. Canisii Epp. ed. 83raun«berger [1898J, II, ©. 610 ff.; 637 ff.). Über ben Serlauf
ber 9?untiatur liegt je^t ©enaue« öor in ben Seric^ten (f. o.). Sil« |>. in SBien anlangte,
26 toar 3KajimUian auf ba« äufeerfte mit feinem 3Sater gefpannt, toeil er Don ber 2lug«=
burgifc^en Äonf effion nicfct abgelten ioollte. Äaum ba| er ftc^ bagu berftanb, ben 5Wuntiu«
Dorgulaffen. S^^^d^ l^aben feit guni ga^Ireic^e Oefpräc^e gioifc^en beiben, ober meift SSor^
träge be« Sluntiu«, über bie ftreitigen ®lauben«j)unlte ftattgefunben. 6« bleibt freiließ
unfid^er, ob biefe ober nic^t t)ielmel^r bie DöQige ^folierung 3)ia£imilian« unb bie brol^enbe
80 Haltung, ioelc^e ^erbinanb il^m gegenüber annal^m, biefen gur Unterhjerfung unter ben
ißillen be« Sater« gebracht l^aben.
9ioc^ el^e §. nac^ SRom gurüdffe^rte, benac^ricf^tigten il^n bie befreunbeten Äarbinale
$uteu« unb Sorromeo babon, bafe feine ©mennung gum Äarbinal nun befc^loffene Bad)^
fei: im ^bruar be« folgenben ^af)x^ erfolgte fie mit ber Don fjebge^n anbem Prälaten;
86 §. gögerte gioar erft, unter Berufung barauf, ba^ ber })olnifc^e König feine 3uftimmung geben
muffe, nal^m aber tro^bem, o^ne biefe abguhjarten bie 2Bürbe an — ein Sorgej[>en, ba«
ii^m bann fpäter bod^ ©d^hjierigfeiten Uerurfad^t ^at. SBenn ^iu« IV. il^n, fohjie gleid^^
jeitig ben ©rgbifd^of \)on ©alemo, Oirolamo ©eri})anbi, auf bie I^öd^fte ©tufe ber firc^^
lid^en Sertoaltung ^ob, fo gefc^al^ bie«, um beiben eine l^eröorragenbe Beteiligung an bem
4oft)ieber gu eröffnenben ßongile gu fiebern: fie tourben neben 3)lorone unb ©ongaga gu
SBorfi^em be«felben ernannt. $. I^at toäl^renb ber faft gmeijäl^rigen 3:agung (18. S^^ww«»^
1562 bi« 4. 3)cgember 1563, f. b. ä. Iricnter Äongil) al« folc^er amtiert. 3iatürlic^ finb
bie t)at)aliftifc^en 83erid^terftatter boü 2obe« über ben eifrigen unb in allen SBinfelgügen
erfal^renen Segaten. ©arj)i (Storia 1. VII) bagegen ^ält nic^t biel t)on feiner gä^igfeit
46 für ben Soften, unb hjenn ^attamcini (Hist. C. XXII, 9, 6 ; XXIII, 7, 7 ; 9, 2) bem
ioiberfprid^t, fo fann für beffen Sluffaffung ein SBort be«ienigen im näd^ften Äonflaüe mit^
ioirfenben Äarbinal«, hjcld^er be« Ä. Äollege im Äongil«'Sorfi^ gehjefen, nämlic^ ©imo=
neta«: bafe er beut ermlänbifd^en Äarbinal feine ©timme bei ber 'ißaj)ftlDa^l gegeben unb
bie« eöenluell mieberl^olcn loerbe — bod^ nur mit bebingter S5en)ci«traft angeführt hjerben.
60 Sei einem S)efret ber 24. ©effion (über Slnnullierung danbeftiner @^en) l^atte §. burd^
fernbleiben unter ßntfd^ulbigung toegen firanf^eit 2Biberf})rud^ erhoben.
ÜKit ber Seenbigung be« Äongil« ioar bie ©e^nfuc^t be« p., in feine 35iöcefe gurücf«
gufel^ren, beren ßinfünfte er in ber ^h^ijc^wgcit gegen eine iäbrlid;e ßntfd^äbigung üon
8000 preufeifd^en SWart an ba« ft^itel 'ottpa^Ut ^atte (Ep. II, App. 82), lebl^aft er=
66 loac^t. 3" Sraun«berg unb anber«h>o toaren in ber 3^ifrf;cngeit proteftantij^e Stegungen
gu läge getreten unb l^atten fid^ bort fohjeit berbid^tet, ba^ ^erborragenbe 2Ränner, ber
Sürgermeifter a)larquarb unb ber 3lat«^ea Sartjc^, für ben ®m\x^ be« älbenbma^l« unter
beiberlei ©eftalt eintraten. Unter bem 6. ^u\\ 1662 l^atte $. ba« 3)omfapitel, toelc^e«
mit bem ©eneralüifar ftrenge einfcf^reiten tooUte, gur Sorfid^t angetoiefen (j. bei ßid^j^om II.
60©. 149). 2)ie Sehjegung ergriff jeboc^ ben gangen allftäbtifc^en 9lat, nur eine 3)Jinberl;eit
^oftnd, @tanMau^ 389
blieb bem Slltcn treu, äfucl^ bie SSerl^ältniffe in ^ofen U^Un e^ bem Äarbinole na^e,
mit bem Sefc^Iuffe über bie SRefibeniJjflic^t ber Sifd^öfe, bem er felbft jugeftimmt ^atte
(Conc. Trid. Sess. XXIII) emft ju machen, unb {o Uerlie| er am 14. 3)egember 1563
Irient, um imgebruar 1564 in grauenburg, bann auf feinem ©(^loffe in §eiföberß anjus
langen. 3""^^ ^Ö^'^S """ ^^^ ©eric^t über bie Sraun^berger Slatöl^erren. ©ine 3"- 5
quiption mit ben üblichen S)ro^un0en unb fonftigen 3Kitteln brac^ il^ren SBiberftanb (i^gl.
Acta cum Brunsbergensibus in ben Opp. II). Unb nun folgte fofort bie 3)efretie*
runfl ber ännal^me ber 3:rienter Sefd^Iüffe für (Srmtanb unb bie Serufung ber 3«fwiten
bel^uf^ (Sinrid^tung unb ?fü^rung feinet ÄoBegium^ in Sraun^berg, toomit §. einen '^lan
gur Slugfül^rung brachte, ber fc^on 10 ^al}xt früher öon il^m ertoogen toorben toar (ögl. lo
Ganiftu« an So^ola, 16. Steril 1554 unb ßromer« ©rief in Canisiis Epist. I, 458f.).
®nbe 1564 rücften jene ein, 8 an ^alß,, n)Oju atebalb no(^ brei lamen — im leeren
^anji^Ianerflofter fanben fie Unterlunft, unb fie gingen mit 2tuffteBung ber ©tubicn«
orbnung u. f. h>. fo ft^neU üor, ba^ fd^on im ©ommer 1565 ber Unterri^t in 5 klaffen
erteilt hjerben fonnte. 3)a« ÄoHegium, bamafö aU eine allgemeine Unterrit^töanftalt ge^ i5
grünbct, befte^t aU SSorbilbung^anftalt be^ ermlänbifc^en Äleru« l^eute nod) unb trägt ben
Flamen be« .§. Urfj)rünglic^ freiließ l^atte etS ben ß^aralter einer Unterrid^tganftalt für
Saien, unb na^m gern aud^ ©öl^ne iproteftantifc^er SItem auf, bie bann — h>ie j. 33.
JJabian Quabrantinu^ — au^ h>o^I f onuertiert h)urben. (Über bie Slu^abe ber Palinodia
be^felben »gl. Raufen, SRI^ein. 3l!ten ©. 623 unb im aUg. meine ,,2tnfieblung ber 3- i" ao
33raun«berg'0.
3lad) ben SBraun^bergem famen bie toiberf^jenfttgen ©Ibinger, toelc^e ftc^ bie ^efuiten
md)t gefallen laffen ioottten, an bie Sleil^e. §ier mar §. nic^t Sanbe^l^err — ^ier foHte
ber Äönig Don ^olen j^effen. 2)effcn ÜKanbat toirfte benn aud^ ,,^eilfam" (Sid^l^om II,
301) — „bod^ erfüllten fic^ bie Hoffnungen nic^t", bafe bie gefuiten bort eingeladen 25
ipürben. Ein jmeiter ,,emfter 33efe|r' beg Äönig^, ja bie J)erfijnlid^e Slntoefenl^eit lonnte
bie „l^aföftarrigen 2eute" (ebenbaf. 319) nit^t bejtoingen, unb not^mafe mu^e an
ben Äönig aj)j)efliert toerben. 2)er ©ieg blieb jtoeif ell^aft ; ber ©treit ift in ben Acta
cum Elbingensibus (f. 0.) bargeftellt. 3n]\hjifc^en l^atte §. auc^ h?ieber in bie firc^«
lid^e Sage in $olen eingegriffen — ba^ Siecht bagu leitete er je^t au^ feiner burd^ 90
$iu^ V. im2!)ejember 1566 DoHgogenen (Ernennung jumLegatus a latere fürSleid^tag
unb ©^nobe ju Sublin unb über^au})t für $olen ab. 3)ort l^atte fc^on ber 9luntiu^
ßommenbone feit 1563 ganj anbere^ erreicht al^ Sijjomano. 6. fanb ben SSoben gut
borbereitet; ol^ne biel 9Jlü^e fe^te er bie annähme ber 3^rienter Sefc^lüjfe auc^ l^ier burc^.
3m ©ej)tember 1564 erlief ber Jtönig ein ®bilt, toeld^eg alle au^länbifc^en ©ef tierer au^ss
$olen t)erbannte — baburd^ mürbe eine bem t)olnifd^en ^roteftantiömu« bringenb nötige
®rgänjung unterbunben. 3lber auf bem Sleid^^tage ju ^arqoft) toar bie ^Jtage nod)
anber^ geftetlt Sorben: ob man überi^au^jt bie rabilalen Parteien ber ^roteftierenben,
Iriti^eiften bejm. Unitarier unb 3lnaba^tiften, im Sanbe bulben foHe. p. erflärte ftd^
bafür — „mögen bie ©eften fic^ gegenseitig aufreiben!" fagte er. ®a« l^aben fie benn 40
aud) beforgt. Sluf bem SReid^^tage ju ^etrifau 1565 trat §. ben ©egnem })crfönli(^
gegenüber. 3)en älntrag j)roteftantifd^er äbeliger, ben fremben Äarbinal, ber nic^t^ beim
9leid)^tag ju fd^affen ^abe, ju befeitigen, brachte ber Ärafauer ^alatin ©tani^lau^ S3arj
ju %aä, ; toenn man Slefciu^ glauben barf, fo f}at §. eben bamal« entft^eibenben 6influ|[
auf ben Äönig gewonnen (vita Hosii 1. II, c. 22). 9luc^ nad^ anberer ©eite l^in ging 46
er bor: bie ©elbftreitigfeit jmifd^en bem ©rjbifd^of Uc^an^Ii unb feinem 9lad^f olger im
Se^lauer 53i«tum, SBäotefi, lub ^. bor fein ®md)t ; bie am §ofe unb in ber Sleribenj be«
alten §erjogg Sllbrec^t ju SCage tretenben Seftrebungen, ba« Se^n^berJ^ältni« jhjifc^en
$reu^en unb ^olen aufju^eben, fud^te §. j)erfönlid^ 1566 in Königsberg ju burc^freugen.
$aul ©falid^ unb anberc, bie ftc| aHju hjeit borgemagt Ratten, fielen einer auf beS $. so
SWat jur a^nbung gefc^idften t)olnifd^cn Äommiffion an^eim. 3"^ übrigen toar (bgl. SSoigt,
iperjog Sllbr. jc. f. 0.) baS 3Serl^ältni!g jmifd^en §. unb älbrec^t bur^toeg ein leibliche«
gelbefen. 3Ba« in ben fel^r ^aliilreic^cn beiberfeitigen ©riefen erörtert h)irb, betrifft ja ju*
meift gefc^äftlic^e 35inge, mic bie geograjj^ifd^e Sage beS ©rmlanbe« unb bie Sejie^ungen
ber Untertbanen fie nal^e legten ; ab unb ju auc^ SBid^tigere^g, j. S. h)o eS fid^ um Qx- 66
ftattung für fonfiSjierte fe^ertjd^e ©c^riften l^anbelt, ober h)0 ber .^erjog in einge^enber
ÜKotibierung bie 2lufforberung, ftc^ beim Ronjil bcrtreten ju laffen, abtoeift, ober h)o ber
Sifc^of über ^Verbreitung einer gegen i^n gerid^tcten ©c^rijft flagt. 3)ie abfurbe SBe^au^js
tung il^einerS («Öerjog 31. bon i^reufeenS . . erfolgte Südffel^r jur lat^. Äirc^e, SlugSburg
1846) l^at Sl^otgt bur^ feine einge^enbe ®arft^y|jj^^geh)iefen, unb fc^liepc^ noc^ bmj^
390 ^ofttti», etantölaud
Serfu(^ bc« {(flauen Äatbinate, ben jungen dürften älbred^t ju fontjcrticrcn, gcfcnnjcic^nct
(a. a. 0. @. 313).
2tte btcfer 3Serfu(^ öon 9lom au^ etfling (1573), l^atte §. längft h)iebcr fein fianb
berlaffen, um bie legten jel^nga^re feinet gebend (1569— 1B79) an betJturie juiubringen.
6'3Ktt ber 3leftbenjt)fKc^t ^atte er pc^ biedmol gur 3lot baburc^ abgefunben, ba| er bei ber
äbreife nai) eingeholter guftimmung bed Äönig« bem 35oml^erm ÜJlartin Gromer, toeld^en
ber Sriefh>e(^fel feit langen ^af^xtn afö fleißigen Äorrefj)onbenten unb Sertrauten be« §.
jeigt, aud eigener 3Kac^t afö„SKbminiftrator" eingefcfct I^atte, um nid^t bie fidlere ß^ance ber
3lbh>eifung oeiSfelben burd^ bad 3)om!a^itel gu laufen. 3" 3lom erfolgte bie Seftätigung
10 ßromer« afe „Äoabjutor" — pro forma tourbe beigefügt, ba^ bie 3Red^te bed Äo^itefe
betreffe ber fünftigen Sifd^ofdioal^I nic^t in grage gefteflt toerben foHten, toä^renb bai8
RapiUl ftd^ k)ergebend an ben ))olnifc^en ^of toanbte, ba^ ber feine Siedete fc^ü^en möge.
3mft)ifc^en trat §. noc^ me^r in ben üJlittelpunft ber öon ber ßentrale audgel^enben 3Ser=
^d^e ber Slelat^olifterung bejto. ber Kräftigung latl^olift^en Äird^enioefend in ganj 6uro})a.
15 SBäl^renb fein 33Kdf auf ^reufeen unb 5ßoIen in erfter fiinie gerid^tet blieb unb er loiebcrs
^olt ©igidmunb Sluguft (geft. am 7. ^ul\ 1571) ju ©etoalttl^aten gegen bie 3)iffibenten
anjuftac^eln fu(^te, blidrte er nod^ toeiter l^inüber bid nad) ©(^ioeben, um aud^ bort, ioie feine
93nefe an ^oi^ann III., ben ©c^hKiger ©igidmunb Stuguftd unb an bie Äönigin bctoeifen,
eine SBiebereinftil^rung feiner Äonfeffion ju ertuirlen (bgl. Opera, Äölner 2lu^., II, 376
3obid 378; 379—380 öom 23. Januar 1574; baju ben a. ^offebino). 2)er ©ebanfe
einer uöttigen Sleftauration unb ^urücffül^rung aller in ben ©d^o^ ber römifc^en Äirc^e
h)ar gerabeju eine fije gbee bei il^m geioorben, unb bon ber „Sanftmut" (ßid^l^om II,
543), fotoie ber „angeborenen SRilbe" mufi ba im Äam})f biel berlorcn gegangen fein,
aud^ toenn man in Se^ug auf bie ^onn oie SRücffic^tdlofigfeit beiS ganjen 3^italterd in
26 91e4^nung jie^t. 3)a bie ©(^riften be« §. fämtlidl^ ))olemif(^er Slrt fmb, fo ergiebt ftc^
l^ier auc^ 9lnla| über ü^n ald Geologen m reben.
3)er neuefte Siogra^l^ be« $. fafet m RoSß, VII beiS II. Sanbe« (©. 556—571)
feine Sebeutung ald „©elel^rter unb ©d^ftfteller" gufammen. ©ic^l^om meint, obtool^I
bafür gar feine Slnjeic^en borliegen, bafe §. fc^on aud $abua unb SSologna „beioanbert
30 in aDen ß^^fl^ • • ^^ 3^eologie" nac^ ^oten jurücfgefel^rt fei. ^eilid^ fd^ränft er
felbft biefe« Sob fofort ein, inbem er nad^ einer fel^r öagen Semerfung bc« Stefciud (Vita
H. I, c. 9) bie Sludbilbung „gu einem rec^t grünblic^en Il^eologen" burcf^ ?Pribatleftüre
nac^ ber Slüdttel^r aud S^ölien erfolgen, indbefonbere aber, toad tool^l rid^tig ift, il^n erft
aU Sifc^of in 6ulm unb in @rmlanb unermüblic^ bie t^eologifc^en ©tubien betreiben lä|t.
86 ßin burc^ bief en ®ang ber 3Sorbilbung bebingter ©^arafter be« ^wf^w^w^^^^^ff^^ ^^f*^ i"
ber I^at feiner ganjen ©c^riftfteDerei an, @ine getoiffe Unfelbjiftänbigfeit mag il^m aud^
felber jum Seioufetfein gefommen fein — bielleid^t erftört [xd) fo auc^ bie ®eh)ol^n^eit
bed $., bie eigenen ©c^riften bor Stbfc^lufe bon anberen burd^fe^en ju laffen unb bann
erft in 3)ru(f ju geben, ©o l^at nad^ Opp. II, Ep. 17 (p. 162 f.) Sluarb Za:pptt bie
40 „Confessio" be^uf« neuer Slu^abe unb nac^ Ep. II, n. 1213 ©logotodfi 1554 ben
jhjeitcn 3^eil berfelben burd^efel^en ; fo melbet auc^^ ber erfte SSierteljal^rdberic^t ber Sefuiten
aud Sraundberg (SKärg 1565) bafe $. „illud quod prae manibus habet scriptum
contra . . de Trinitate haeresim" bor bem 2)rucf bon mel^reren Oelel^rten l^abe burc^-
fe^en laffen. 3nbem §. nun mit ber ©(^eere fleißig arbeitete unb fe^r braud^bare j)oles
46 mifc^e ©c^riften in 3Kenge berfa^te, ift il^m inxd) feinen Siograt)l?en ber SRu^m eine^
„3Keifter^ in ber S^eologie", eine« „grünblic^en 3)ogmatiferö", ber eine „genaue Äenntni«
ber l^eil. ©c^rift", „eine gefunbe Sjegefe", „au^ejeid^nete j)atriftif(^e Äenntnifje" aufhjeife,
5U teil getoorben (gid^l^om II, ©. 563, 565), hjä^enb boc^ ber ©efd^id^tfc^reiber ber
„9Jad^tribentinif(^en S^I^eologie", Äarl SBemer, nid^t einmal 2tnla6 nimmt i^n ju ertoä^nen.
60 3)ie ^olemif be« ä. ift mafelo« in ber ^orm, oft toillfürlic^ unb foj)^iftif(^. SJa« le^tere
fyit i^m Sergerio begügli(^ jal^lreic^er ßmgelfäUe aufgebedt; §. argumentierte g. SB. fo:
ß^riftu« „fyii für und gelitten unb und ein SSorbilb gelaffen" — ergo fönnen h)ir au(^
hjic er ©ünbe abbüfeen, fo ba^ feine ©c^ulb mel^r übrig bleibt. @in anbered S5eifj)iel
entnel^men h)ir bem aüerfe „De Expresso Dei Verbo". 3)ort ioirb bie grage ber
66 Äelc^baneic^ung an biefiaien erörtert: „30^.6,51 ift bie SSeri^eifeung" fagt §. „bem ®e-
nuffe bed Sroted, nid^t bed SBeined gegeben — ergo l^aftet fte aud^ lebiglid^ baran beim
2tbcnbma^ldgenu|!" ^öd^ft bejeic^nenb für bie©teuung bed^. jur ebangclifc^en Jlirc^e ift
bad golgcnbe.
3jm Solare 1567 trat gabianud Duabrantinud aud 5ßr.5©targarb inSraundberg ^um
60 Äati^oticidmud über. SJie ^efuiten ^tten i^n befel^ — pe forgten auc^ bafür, ba^ bie
^ofttt«, @tantölaud 391
Badft möglic^fl bclannt tüürbc. 3)ic Don i^m im Äottegium uoraetragencn 7 „Palino-
diae" tourben 1571 auf Sefe^I be« t^atfäc^lic^cn SSerfaffcr^, be« Karbind« §., m Äöln
gebrudft. auf ben %M fe|te bcr 3)ruaer unter SiHtgung bc« Kölner itoneftor« ba«
^Igenbe: ^^Palinodiae sive Recantationes Septem Fabian! Quadrantini, Geda-
nensis, cum factus esset ex Lutherano Catholicus". Über biefe ^orm be^ Xitel^ 6
äußerte fic^ (22. SKärg 1572) ber Äarbinal mifefölliö: . . „^ tft ärgerlidp, ba^ auf bem
Xitel ,,Äatl^oliI" ftatt ,,6^rift" fte^t. ®« toürbe öiel toirffamer fein, h>enn e« fo ba
ftönbf h)ie Duabrantinu« toörtlicp gefagt l^at: 3c^ toar, ad^ letber, ein Sut^eraner, je^t
bin id) ein ßl^rift gemorben burc^ Ootte« Onabe. gjc^ ^be be^^alb", fc^reibt ber Äarbinal
toeiter, „ben 3)ruder gur SRebe gefteflt. ©enn ftc^er ift e^, ba^ bie 2utl^eraner leine lo
Soften finb, ba fie ja anber^hjof^er ald Don ßl^rifto il^ren 9lamen fül^ren unb \xi) öom
Selbe ß^rifti burc^ bie fd^Iinimfte Sd^änbung be« ^eiligen felbft abgefc^nitten ^aben".
3Rit bem bon §. gewollten litel ftei^ benn auc^ bie „Palinodiae" in ber Äölner Slu^
gäbe ber Opera (II, 789 ff.).
3)er Stanb))unft be« §. ate ber einer unuerföi^nlic^en, baö SBerf be« ®egner^ lebig^ is
(ic^ at^ ein ^robult t)on @elbftfuc^t, SSo^^eit unb 9{udh>irfung be^ @atand auffaffenben
niebrigen unb fanatifc^en ^olemif offenbart fxd) a\x6) in feiner ttberfid^t über bie önt^
fteljwng ber Äe^ereien, h)ie fie ate erfte^ S5u(^ bie „Confutatio Prolegomenon Brentii"
einleitet 3)er ©ebanlengang bort Juirb, ba ba^ 9BerI bem llönige ©igi^munb Sluguft
getoibmet ift, J)raftifci^ fo jugefpi^t : 5ßoIen ioar in öoHfter ©intrac^t in ©ad^en ber didu 20
gton — ba famen bie böfen Sut^eraner. Unb nun folgt eine ©(^ilberung 2ut^;er^, toie
bornierte ober auf bornierte Sefer fj)efulierenbe Äloj)ffed^ter fte J^eute nod^ Vortragen:
bie niebrigften 35etoeggrünbe toerben il^m untergefd^oben, bie ft^reienbften 5Biberft)rüd^e jur
Saft gelegt ; aui^ feiner ©aat fei nur Unfriebe unb 3^törung l^eröorgegangen, bie übrigen
Äe^er übertreffen il^n ^öAften« in ber ©ottloftgfeit. 3Kit Vorliebe ioerben nad^ bem as
au^ ^eute nod^ beliebten mc^tpt biefe le^teren gegen Sut^er au^ef})ielt, unb nad^ ber
©eite l^in h)irb man ö- Slnerfennung ju teil ioerben laffen, ba^ er bie Seftreiter Sutl^erö
peinig ftubiert l^at. „sSie fönnen", fügt §. in bem auc^ an ben ^nig gerichteten ©d^lufe*
h)orte l|inju, „folc^e Seute be^au})ten, ba| i^nen ein Urteil barüber juftel^e, hjag „ex-
pressum Dei verbum" fei? SEBad bie Äirc^e leiert, ift expressum Dei verbum —30
ni(^tö mcl^, aber auc^ nid^t^ toeniger. 2tlfo — bleib fem öon jenen unb treibe fie an^
bem Sleic^e, loie ba^ beine Sorfa^ren getj^an ^ben!" 35er nämliche Slefrain feiert in
anberen ©Triften toieber; fo l^eifet e« in De adoranda Trinitate (Äölner Opp. I,
708): „Tu, Sigismunde, si plus hoc tempore [1564] praestare non potes, saltem
ista flabella seditionum in regno tuo, qui se Ministros vocant et sunt revera 86
ministri Satanae . . . procul e finibus pelle".
3)amit ift ber ba^ ganje ©innen unb 3^rac^ten be^ Äarbinate erfuttenbe ©ebanfe
au^ebrüdt, an beffen SerloirBic^ung im möglic^ft loeiten Umfange er feine ganje Äraft
and) ioäl^renb be« legten ^a^^jc^nt^ (1569—1579) gefegt l^at. Untjer^üUter noc^ ate
fonfttpo tritt ber ^a^ be« §. gegen ben ^ßroteftanti^mu^ m bem ©riefe ju 3:age, meldten 40
er am 4. Set)tember 1572 nad) ®ml)fang ber 3lad)x\d)t über bie SSartl^olomäu^nac^t an
ben Äarbinal \>on Sot^ringen gerid^tet l^at. ßr l^abe, fc^reibt er, in ber legten 3^'^ "i^if^
traurige 9lac^ric^ten erl^alten — sed cum lU. Dom. Card. Senonensis . . . me
certiorem reddidisset, extinctam esse tandem gravissimam illam Galliarum
pestem per quam totis jam decem et amplius annis innumerabilibus cladibus 46
Regnum illud affectum et in summas caiamitates adductum erat, Goligneum
dico, quo uno haud scio an unquam tellus produxerit hominem pestilentiorem :
ita sum . . ex tenebris in lucem quodammodo productus ut incredibilem quan-
dam animi recreationem sentirem . . . neque me teuere potui quin exclamarem :
Justus es, Domine, et rectum Judicium tuum. $oftu^ glaubt biefe^ le^tere SBort 60
jj)ejicll auf ßolign^ bejiel^en gu bürfen, iocil bicfer ben5&Jörber beg ©rubere be^Äarbinal^
\>on Sotl^ingen gebungen l^abe. 5Wan bgl. baju ben 21 .ßolign^, S5b IV, ©. 22:3, 28. 3Q5a^
l[feutgutage feftftc^t, h?ar in ben beteiligten Greifen axxd) bamal^ lein ©el^eimni«, nämlit^,
ba^ Goligntj^ feine^toeg« an ber ©rfc^ie^ung be^ ®uife burd^ ben Hugenotten ^oltrot be^
teiligt h)ar. 3)iefe« 3^9"^^ M (29. 3^^"^^ 1566) ber (Se^eime 9tat auf ®runb ber 05
9?otablent)erfammlung ju SJlouIinö aufgefteßt — ber tjomÄönig barauf befohlenen öffent^
fidlen ©ccne ber SJerjö^nung l^at ftc^ allerbing^ ber ©o|^n be^ ©rmorbeten entjogen.
^att^ §. in ^olen 1570 ben ©dbmera erWbt^afe in ber ©enbomirer Union (f. b.2l.)
bie brei et)angelifcf^en ^ird^engemrinfd^oftm^dyMHJtfgi, fo brang er um fo mel^r barauf,
ba^ ftatt bc^ lauen ^untiu^ 9Sinc^)0 ft|ri|^^^Hfcfbi energifc^er, ganj k>on feinem j^
392 ^ofittd, Stantölaud ^offittitati
eigenen ©cfic^tetüinlel au^ bte 3)in^e betrac^tenber unb be^anbelnbcr Scgat in Jyrancc^co
ßommenbone ßefd^tcft toürbe. SSon il^m fagt ßic^^om : „6r bämljftc bie SScrtpegen^eit bcr
®iffibenten unb crl^ö^te ben 9Rut ber Äat|oIifen" (II, ©. 424 f.). Sei bem SCobe Äönig
©igi^munb Sluguft^ beranftoltete ^. eine )ionH)l^afte Sei^enfeier in 9lom unb liefe burc^
6 Slefduö eine öon il^m felbft berfafete Seid^entebe babei l^atten (gcbructt in ben Äölner
Opera, II, p. 479—482). aö bie SBal^I ber ^olen auf ^etnric^ bon ajaloi« gefaflen
toor, fanbte er biefent ein bertoerfenbe^ ®utac^ten über bie Don ben ^roteftanten i|m gur
Slnerfennung öorgelegte Äonföberation (Opp. II, 454 ff.). 3ltö§einric^ biefelbe Iro^bem
befc^tooren ^atte (im @ej)tember 1573 in ^ari^), brang (Epist. 197 in Opp. II, p. 358)
10 §ofiud in il^n, biefen @ib ate bem auf bie SSerfaffung geleifteten gibe ft)ibcrfj)reci^enb ju
breiten. SSefanntlic^ l^at §einrid^ fid^ nid^t lange ber ^otnifd^en SBirtfc^aft au^gefe^t,
fonbem ba« 2anb berlaffen, um ben franjöftfc^en 3^l^on ju befteigen — nun galt e^ mit
bem 1575 getoö^lten ©te^l^an Sat^ori ^ül^lun^ ju gewinnen, obtool^l §. fid^, folangc
irgenb eine Slu^ftd^t für bie öon ber anbem ©eite betriebene 3&ahl SKajimilian^ t)orl§>anben
16 JU fein fc^ien, gu beffen ^Partei auc^ öffentlid^ gel^alten l^atte. 3)a ftarb 5WajimiIian —
je^t tritt ^, auf Sat^ori^ ©eite unb je^t beginnt bie eigentliche ©egenreformation in
5ßoIen, feit ber neue 5lönig ftc^i unumtounben ju ben gorberungen ber lat^olijc^en ©^nobe
bon ^etrifau 1577 befannt unb ii^re 33ef(^lüffe recij)iert ^atte. ^nj^ifd^en l^ielt §. fein
äuge gef))annt auf 3)eutf erlaub gerichtet, um Jebe ©elegenl^eit ju er{t)äf?en, bie fi^ bar=
20 bieten möchte jur Äonbertierung mafegebenber ^erfönlic^feiten. ©ein freiließ für bie beiben
legten gal^rje^nte feine« Seben« nur fel^r lüdenl^aft borliegenber Sriefhje^fel (Opera II,
R&ln 1584) jeigt iJ^n j. SB. in Äorref^onbenj^mit ßerjog älbred^t t)on Saiern unb bem
@rjbif(^of bon SJlainj über bie ÜKögIid^!eit, ben fäc^ftfd^en Äurfürften 3luguft gu refatl^o-
lifieren (ebb. ©. 330 ff., 387) ; bem S^witens^robingial Sorenjo 5Kaggi fd^reibt er, man
25foQe bo^ ebenfobiel ÜRüi^e auf bie (Sl^riftiani^erung (Lutherani non sunt Christian!
fielet ba ©. 296) ©ad^fen« toie auf bie ^nbiend bertuenben u. f. tv.
3)a §. ben fc^Iiefelic^en Umfd^Iag in ber i^n uor allen betoegenben ^Jrage ber SRe-
latl^olijterung ©(^hjebenö nid^t mel^ erlebte, fo lonnte er, alt unb fc^tüac^ gehjorben, fein
Sluge in guter §offnung fc^liefeen. 3)ie erfte ^^afe be« großen gelbjuge« ber ©egen^
30 reformation h>ar beenbet unb glücflic^ beenbet. Überall faft brang ber ^efuitenorben bor
unb ba« f})ejipf(^ latl^olifd^e SehJufetfein toar unleugbar im ganzen Sereid^ ber römifAen
Äird^e toefentlid^ gefräftigt. 3" ^^" erfolgreic^ften ©trategen toenigften« für ba« ®ebiet
be« eigenen SSaterlanbe« l^atte ber 9Jlann gel^ört, toel^er am 5. 2tuguft 1579 im
76. 2eben«ia^re entfc^lief. 3)urc^ fein a:eftament (Opp. II, 483 f.) toeld^e« fc^on lOga^re
35 früher feftgefteHt toorben toar unb feinen SSruber jum Uniberfderben einf^t, ge^t neben ber
^Betonung lirc^lic^er ©efmnung ein ebangelift^er 3ug, ber bielleid^t überrafc^en toirb, menn
man ba lieft, bafe §. alle Jpoffnung auf ®otte« S3arml^erjigfeit, nic^t« auf bie eigene
Äraft baut, h>enn er fagt: venio ad Te, nuUis meis sed multis filii tui, Domini
et redemptoris Jesu Christi, meritis onustus . . . hujus mortis meritum in
40 quo solo meam spem et fiduciam omnem habeo defixam, adfero ad te. Sa«
gel^ört m bem efoterifc^en Se^gebiete be« Äat^olici«mu«, beffen ^ofitionen freiließ ein
$olemiIer Don fjac^ h)ie §. in feiner täglichen $raji« an^ naf}t liegenben ©rünbcn nid^t
borfel^rt. »enrot^.
^oftitttian, SRubolf, geft. 1626. — fieben«beWreibung üon g. .§. ^eibegger, bcr
45 pebenbänbigcn tJolioauSgabe t)on ©of<)iniQn« Söerfen tjorgcbrucft (®eiteu. 1681), ejijcrpicrt
bei S3a^Ic, Dict hist., S3b II; ^offer, Nouvelle biographie g^n^rale, :8b 25, ^ßari« 1858,
®. 211 ff.
^ofj)inian (SBirt^) iDurbe in bem ßüric^er 35orfe 2tltorf am 7. 9iot)emberl547 geboren,
©eine fd^on friUie l^ert)ortretenben fe^r bebeutenben geiftigcn anlagen beftimmten bie ©ei^
öonigen, il^n fd^on mit fieben 3>a^ren ben ©c^ulen 3^^^^^ anjubertrauen. Unter ber Sei^
tung feine« Dnlel«, be« S«^^^'^" SBolf, eine« au«gegeid^neten ®eiftlic^en unb S^i^eo^
logen, unb ber ^rforge feine« ^at^en SRub. ©ualtl^er, machte er bie fc^önften Jyortfd^ritte.
3Kit bem grül^ja^re 1565 befuc^te er mx Weiteren 2lu«bilbung bie beiben bamal« i}od^'
berül^mten reformierten Uniuerfitäten Harburg unb i*>eibelberg. 2)ort t)errt>eiltc er j^hjei
55 3^^^^/ ^^^ ungefäl^r fec^« 3Konate. 3lad) feiner Stücffcl^r in ba« 3?aterlanb trat er 1568
in bie SReil^e ber 3üric^er ©eiftlic^feit. Ign ber erften 3^^^ tJerfal^ er eine, bon 3^^^^
einige ©tunben entfernte Sanbürd^e. 6r J)rebigte bafelbft ^tveimal bie ffiod^e, hjä^renb
i^m bod^ ein ©c^ulamt in ber ©tabt Slrbeit in ^ülle bot. ^m ^al^re 1576 tourbe er
an bie ©))i^e ber Sehola Carolina gefteHt unb berfa^ bie« äufecrft fc^hjere unb mül^e=
$of)itntan 393
botte 3(mt neben feinen je^t nur n)eni0 tjerminberten ^jfanamtlid^en J^unWonen 19 '^af^xt
lang. SKit Siedet bemerft fein Siogroj)^ öeibeggct: Ferreum certe adamantinumque
dixeris, qui tot labores exantlare et simul Ingenium a situ et squalore vin-
dicare posset. 3)ennoc^ n)ibmete er mäl^renb biefer ganjen ^^xi \d)on feine Äraft ben
ou^ebel^nteften lird^engefc^id^tUc^en 6tubien, hjelc^e junäd^ft ein gegen bie römifd^e Äir(^e 5
geriqjtete^ j)olentif(^eio ^\d l^atten. @r njoKtc bem $<H)i^mud geigen, h)ie ungegrünbirt
ed fei, tomn berfelbe fic^ immer n?ieber auf bie Übereinftimmung feiner Se^ren unb ©in«
ri^tungen mit bem firc^Iic^en Slltertume berufe. 5WamentIi(^ belogen ftc^ biefe ^iftorifc^-
Wtifd^en Untcrfucf^ungen auf bie Saufe, baö älbenbma^I, bie Äird^e, bie g^fte, ba^ ^ften«
gebot, bie 9Könd^^orben, bie §errfc^aft be^ ^ajjfte^ unb bie SSegräbniffe. 35ad guerft ge* 10
J)lante Oefamthjerf über bie ©efc^ic^te be^ ^ßapfltum« !am nid^t gu ftanbe. 3)o(^ erf(^ienen
eine Steige grunbgele^rter großer 3Dlonogra})^ien, guerft „De origine et progressu Ri-
tuum et Ceremoniarum Eeclesiasticarum, Tig. 1585". 3^ei ^al)X^ fpäter t)ers
öffentlic^te §ofl3inian bie Schrift: „De templis, hoc est de origine, progressu et
abusu templorum, ae omnino rerum omnium ad templa pertinentium", h^elc^e L6
1603 in einer berbefferten unb burd^ bie SBiberlegung ber angriffe be« SeHarmin unb
Saroniu^ berme^rten aufläge erfd^ien. ©eine äbbanblung: „De Monachis, seu de
origine et progressu Monaehatus ae Ordinum Monastieorum, Equitum mili-
tarium tarn sacrorum quam saecularium omnium", öottenbete er 1588, unb gab
fie 1609 öermel^rt unb jugleid^ al^ SQSiberlegung ber ©(^rift SSeHarmin« „De Monachis" »)
h)ieber ^erau^. ÜRit ber Veröffentlichung feiner arbeiten über ben Urfj)rung unb bie (SnU
h)idelung be« ^ftenö: „De origine et progressu jejuniorum", hJoHte er bi« nac^
bem ßrfc^einen einer erwarteten ä^nlid^en ©c^rift SeHarminö toarten. 3)od^ bergebli(^,
benn bie ©c^rift be^ jefuitifd^en ^olemiferg blieb au!^. §ofpinian l^atte fidb unterbeffen
anberen ©tubien Eingegeben unb fo blieb fein 9BerI unbottenbet. ©eine ©dprift über bie 25
^te unb Geremonien : „DeFestis Judaeorum et Ethnicorum, hoc est de orig^ine,
progressu, ceremoniis et ritibus festorum dierum Christianorum", 2 33änbe,
erfc^ien gu ß^nd^ in ben '^a^xm 1592 unb 1593. %\xx ben SSeifaH, mit meiern aud^
biefe gelehrte Seiftung aufgenommen mürbe, geugen bie nac^einanber 1611 unb 1612 mit
loertboUen ßrtoeiterungen, SBerbcjferungen unb 3Serteibigungen, namentlid^ gegen Seüarmin so
unb ®retfer erfc^ienencn jtüei auflagen. 9Son feiner „Historia sacramentaria" erfc^ien
1598 ber erfte über bie pajjiftifc^en Irrtümer unb 1603 ber jloeite S5anb. 3)er le^tere
ift bon ^o^em S^tc^^fc, ba er bie ©a!ramentöftreitig!eiten unter ben ^roteftanten felbft
fel^r eingel^enb, grünbli4> wnb queflenmäfeig be^anbelt. 6r fül^rt be^megen ben 3:itel : „De
origine et progressu Controversiae sacramentariae, de coena Domini inter 35
lutheranos et orthodoxos, quos Zwinglianos et Calvinistas vocant, exortae ab
anno Christi Salv. 1517 usque ad annum 1612". ©eine le^te größere ©c^rift ift:
„Historia Jesuitica", 1619; fortgefe^t tjon 2ub. Suciu« 1632.
3n baö ©ebiet ber inner^jroteftantifc^en ^IJolemif greift ba^ gro^e SBerf : „Concordia
discors, seu de origine et progressu formulae concordiae Bergensis", Tig. 1607. 40
2)agfelbe giebt eine leibenfc^aft^lofe, auf genauefter ßenntni« ru^cnbe ©efc^ic^te beö Ron-
forbientoerfe«, h^clcbe fc^r gefc^icft bie mannigfachen 2)ifferen^en aufzeigt, toelc^e bie Äon»
lorbienformel nur äufeerlic^ üerbccfen fonnte, unb hjelc^e bem SBa^ne entgegentritt, al^ fei ba^
Jlonlorbientoerf tjon aflfeitiger freubigcr ^uftimmung ber bcutfc^en ©tänbe unb 3;l^eologen ge«
tragen toorben. Die auf^ äufeerfte erbitterten öutl^eraner liefen e^ an eifrigem aBiberfpruc^ 46
unb nur altju heftigen 2luöfätten nic^t feblen. fieonbarb ^utter in SBittenberg tourbc mit bet
SBiberlegung ber „Historia sacramentaria" unb ber „Concordia discors" betraut,
e^ ertoecft inbc^ fein guteö Vorurteil für biefen, bafe er fid^ juerft in jiemlid^ unhJürbiget
SQäeife al« einen gemiffen ßl^riftopi^oru« a a?atlo, Manbibat ber Ideologie, au^giebt. SJabib
^ßareu"^, ber berüi^mte §eibelberger 3:i^eologe, fe^te feinen J^reunb .^pofpinian bon bem Oe* 00
fd^e^enen in Senntni« unb riet tl^m, feine äüiberlcgung in beutfc^er Bpxaii)^ ju beröffent«
lid^en. 3)od^ ift bie fo entftanbene ©c^rift .$ofi)inian«f nie im äjruc! erfd^ienen. Da^felb«
©d^icffal teilte ein anbereö Don ipeibegger fe^r gepriefene^ SÜerf $ofj)inian«, hjeld^e« gegen
bie 1614 erfc^icnene „Concordia Concors" be« A>utteru^ gerichtet ift. Cbmol)l §utter«
arbeit nod^ mand^e »oertüolle 2)ofumente beibringt, fo ift fie bei il^rem gereijten lone 65
unb ber ©uc^t, auc^ ba^ Unmiberfprcc^Iicl^c um jebcn ilJrei^ ju beftreiten, meit babon
entfernt, bem SBerfe be^ fcbh?ci;\erifc^cn Theologen gleicf);^uftel)en ober gar badfelbe tüiber«
legt 5U ^aben, obgleid^ fcf^on in ber CoiKMinlln dlncors au«( ^ieben^liebe manc^e^ untere
brücft ift, tva^ öofpinian toufttc unb ^u feinem il^orteil benu^en fonnte (f. feinen Srief
an SBolfgang Slmling bom 22.^iluguft H)07). (Sbenfo fieser ift femer, ba^ ben i)roteftans «>
394 ^oftitnian ^offittaliter
tijc^en dürften ©cutft^Ianb^, audb bm reformierten, biefe ©meuerung bcr ©aframcnt^^
l^änbel ju fcl^r unflelegener ^z\t lam. ©ie fannen auf SSeremtgung, um eine j)oKtif(^e
äSerbinbung ber beiben getrennten J)roteftantif(^en ^arteten m betoirten. 3)em Sanbgrafen
5Kori^ \)on Reffen unb fjricbric^ I V. öon ber ^fal^ gegenüber mufete fic^ §of})intan fc^on
6 toegen SSeröffentKc^ung ber Concordia berteibigen. (S^ läfet fic^ alfo leicht begreifen, bafe
bon biefer ©eite aUe« aufgeboten tourbe, jetne ©c^rift gegen §uttcr jurücfjuf^aften. Der
3üric^er 3^l^eologe brachte bcm Rieben fein Dp^^x unb fc^h)ieg, obgleid^ eine SBiberlegung
be^ l^oc^fa^renben SBittenbergerg niemanbem, am toenigften bem §o|i)inian, fc^hjer gefallen
toäre. ®ie S^nc^cr brad^ten il[frem gefeierten S^eologen bie l^eimatlicf^e Stnerfennung ba^
loburd^ bar, bcA fie il^n in feinem Berufe erleichterten, am 25. ©et)tember 1588 erhoben
fte i^n 2um mc^ibialon, 1594 gaben fte i^m ba^ bequeme Pfarramt an ber ^aumünfter-
lirc^e, um i^m reiche ÜKufee ^ur SSottenbung ber unternommenen SQSerfe ju geben, am
Slbenbe feinet Seben« trafen inbe^ ben grofeen ©ele^rten l^arte ^Prüfungen, folgen feiner
9lufoj)ferung für bie SBiffenfc^aft unb bie Se^re feiner Äirc^e. ßr h)ar ein ganje« 3al^r
16 lang blinb, unb in einem älter bon 76 ^al^ren berfiel er in einen finbifd^en 3wf^^"^/
au« bem ii^n erft ber %o\> am 11. 9Jlärj 1626 befreite.
Lic. §t. eitb^offt ((&. 9. S^arl Mütter).
^oftittaltter, ßofbitalbrüber. — ^eIi)ot, Äloftcr- unb 9?ittcrorben III, 383ff.;
5r. ^urtcr, Die «riftl. teolölt^ätigreit im 12. unb 13. 3o^röunbert (J^G© 1842. 8.226 ff.);
20 gering. Die iBiebedt^ätigfeit bed Mittelalter^ nac^ ben ftreuj^ügen, ^aOc 1883 ($rogr.j;
®. SRofinacr, ©ef*. bcr firc^I. Slrmen^flege, 2. «., grciburg 1884, @. 254 ff. ; U^l&orn,
Die (^riftl. ßicbcSt^ätigfcit im 3RittcIaItcr, ©tuttflart 1884, @. 85 ff. 199 ff. 278 f. 468 ff.;
Äreufewalb, ^rt. „^ofpital" im ÄÄß» VI, 302ff.; ^eimbiK^cr, Orben unb Äongreöationen I,
@. 500-503; ^mil 3Wi(^acI, 6. 3 , Deutfc^e C^^arita« im Mittelalter (Qlli^ 1899, II).
26 §ofj)itaIiter ober i5ofj)ital6rüber ^ei^en im allgemeinen bie 9Jl5nc^e, Äanoniler, Saien-
brüber ober geiftlic^e Drben^ritter, toelc^e ft(^ (gehJö^nlic^ auf ®runb ber SluguftinerregeO
ber Pflege ber in Ilöfterli(^e ober aud^ in ftäbtif(^e BpxtäUx aufgenommenen Äranfen
toibmen. Sin ber ©})i^e il^rer 3Serbrtiberungen fte^t je ein SSorftel^er (Superior, Maior);
bie auffielt über i^re ölonomif^en Angelegenheiten fül^rt ein ^ofpitatmeifter. 3m ^aße
30 il^er engeren SSerbinbung mit eigentli^en Älofterorben ober Äanonifaten fmb fte, gleich
biefen, ber auffielt be« Sifc^of« untertoorfen ; boc^ ftel^en einige i^rer ©enoffenfc^aften
oud^ h)ol^l unmittelbar unter bem J)ci^ftlid^en ©tul^le. ^^^erlic^e Jlloftergelübbe leaen i^re
3Ritglieber in ber Siegel nic^t ab, l)ei1)fli(i^ten fic^ jeboc^, aufeer jur Ärmen^ unbKranfen-
pflege, meift aud^ lur älrmut unb jur @aftfrei^eit.
86 Dafe ba« Snftitut ber §ofj)italbrüber, al« eine ben aSerjg^ältniffen be« Mittelalter«
anget)afete 5ßarauele ju ben altlir(^lid^en 5ßarabolanen (f. b.), in einigen feiner 3let)räfen=
tanten fc^on frül^mittelalterli(^en Urft^rung« ift, lägt ftd^ mit aBa^rjd^einlidf^feit annehmen,
obgleid^ ber birelten 93elege für bie Sjiftenj felbftftänbiger, b. f). üon Älöftem ober G^or^
l[fermftiften unabl^ängiger ©toitalbrüberbereine für bieS^it bor ben Äreujjügen faum hjelc^e
40 toorl^anben fmb. 6ine to^ianifd^e Sofaltrabition läfet ben 1^1. ©oror ju ©iena (f 898)
bereit« um bie 3Kitte be« 9. S^^l^unbert« in biefer ©tabt einen flijfterlid^ orjfjanifierten
Srüberberein jur Seitung unb Sebienung be« ©j)ital« U. 2. %t. r)on ber 2eiter (della
Scala) ftiften. äUein au« ben bon SWuratori, Ant. Ital. IV, 585 ff. mitgeteilten Ur^:
funben gel^t bielmel^r I^erbor, bafe biefe« 2)etta ©cala-§ofj)ttal bi« gegen (gnbe be« 12. ga^^
46 l[funbert« überl^au})t ein fKftifdfje«, bon ß^ori^erren bertoaltete« hjar unb bafe auc^ nad^
feiner SSerfelbftftänbigung biefen Äanonifem ein 2luffid^t«red^t über e« jugeftc^ert tourbe
(fo 5ßa})ft ßöleftin III., burd^ Urfunbe bom ^a^re 1194). S)er angeblid^e Drben«ftifter
©oror, t)on toelt^em juberläffigc ^agiologifc^e Duellen nid^t« miffen, fc^eint lebigli(^ ba«
@rfinbung«))robuft einer ©J)italfage ju fein (f. über^aujjt Ul^ll^om ©. 469). ^m toefent*
60 li(^en I^at ba« §ofj)italiterinftitut h)o^l erft in ber ßjjoc^e ber Äreujjüge feinen Urfbrung
genommen. @rft bie Äreujjug«begeifterung ^at bie namhafteren Drben unb Srüberfc^aften
jur ^pege franfer ober gänjtic^ verarmter ^ßerfonen in ©j)itälem in« Seben gerufen; erft
bem ©influffe biefer gewaltigen Sehjegung ift ba« ©elbftftänbigmerben ber bebeutenberen
jener ftäbtif^en »^ofjjitäler, tüeld^e borl^er ju Älöftem gehört Ratten, unb ebenfo ba« $er-
66 bortoac^fen befonberer 5ßflegerorben au« bor^erigen Älofteranftalten jujuft^reiben (ügl. U^l-
^om, ©. 100 f.). Sin 2;eil ber auf fold^e SBeife nac^ unb nad^ entftanbenen Drben ober
Kongregationen ift in befonberen ärtifeln biefer enci9floj)äbie bel^anbelt; fo in ben bi«^
l^erigen Sänben biefer Auflage: §. ©eift^Drben (bie Stiftung ®uibo« bon 9KontJ)ellier
bom 3a^re 1198, auc^ ^of^italiter-Drben fc^led^ttüeg genannt; f. VI, 457 f.); Sllejianer
^of^ittaltter .^of^iitoliteriitaeit 395
(L, 359—361); antonitct (I, 606 f.); »et^Iel^cmitm (II, 670 f.); »arml^erjiflc »ruber
toon Soinöille unb Sarml^erjiöe Srübcr bc« go^ann uon ®ott (III, 443—445); Qippo^
IVtu^brüber(VlII, 135f.); öfll. bic hjcitcr^in folgcnben ärtifel: SoJ^aimtter; Äreujl^crrm;
Sajariftcn ; 3Säter be« guten ©teiben^ u. f. f. ^nx ©rgänjuitö be« S^^^^ß^ *>i^^ f^^^P*
[tänbigen 9(rtifel feien ^ter noc^ genannt: 6
1. §of))itaIbrüber üon Surgod, jur Sefc^ü^ung ber $Uger nai) ©t. 3afob be Gom«
po^dla mit ßifterjienferregel gegrünbet 1212, f^äter (1474) bem ßalatrabasSlitterorben
anflef(^loffen (f. §el^ot VI, 76; Ul^r^om 279).
2. ärücfenbrüber (Fratres pontifices, Fröres pontifices), jum Sau unb jur
Unter^Itung Don Srüden für 5ßifger angeblich 1177 geftiftet t)om f). Senajet (Bene- lo
zettus, 3)eminutiu \>on Senebictu^ (f 1184), bem ©rbauer einer tounberbaren SSrücfe
über bie Sll^one bei äüignon, ber Wo\)l, toie aud^ biefer fein Drben, ganj ber ©oge an*
gel^ört (f. ^el^ot II, 333 ff.; Uf^I^om ®. 279 u. 494 f.; %alt im ftRS» II, 1331).
3. ©t. 3ö'ob^brüber üon §aut))a« (Altipassus) bei Succa, ein geWic^tlicb gut be*
leugter Drben für Srticfenbau unb $ilgerj)flcge, beffen SKutterl^au« bei fiucca fcpon unter i6
^a^)ft §onoriu^ II. c. 1127 ertoä^nt h)irb unb beffen ängel^örige, gelennjetd^net burc^
ba« Smblem eine« Jammer«, aud^ in ^ßari« ein Höpital St. Jacques du hautpas
(gegrünbet 1322) fotoie anberttjärt« Käufer Ratten — aufgehoben burx^ $iud II. 1469
(§eI^ot II, 328; Ul^ll^om 1. c).
4. Srüber üon ber ?3ufee ober ^önitenjbrüber ju Srüffel, unb 20
5. $ofj)italbrüber Don Sllbrac (Slubrac, in ber füblid^en Slubergne); f. über beibe
;5eimbu(^er I, 501.
6. Sufebrüber ^cfu ß^rifti ober ©adfträger (fratres saccati, Sachetti), eine in
©^Hinien — j. S. in ©aragoffa unter ^nnocenj III. c. 1200 — , in ^anfrei(^ unb in
Snglanb nac^ioei^bare Sü^ersSenoffenfd^aft, njelc^e in ®eft)änber bom gröbflen 3^0^ Ö^- 26
Ileibet fi(^ ber Pflege Don Äranfen ber elenbeften 2trt mibmeten; — in ©nglanb jur grit
§einrid9^^ III. unter bem 9lamen Boni homines öorfommenb, fonft aud^ Seginenbrüber
genannt (f. §eh;ot III, 175 f.; Sittle, The friars of the sack, in The Engl. hist.
Review, Jan. 1894, p. 121 sq.; §cimbu(^cr I, 445).
7. §of})italiter ber Unbefledften ©m^fängni«. Über biefe, fohjie über ao
8. bie noc^ neueren, erft 1810 burc^ ben Äanonifu« Xrieft ju ®ent (f 1836) ge^
grünbeten „95rüber ber Siebe" ober Irieftiner f. igeimbuc^er, r, 502 f. ^liäUt.
^of)ittalttertnneti. — ©cIt)ot III, 131 f. 184 f.; SDJajimc 2)u (5amp, 3)ie 3Bo^ltWtlg*
tcitSanftaltcn ber d)rlftlicöen »arm^crüififeit ju ^ori^ ("3»ainj 1887), ®. 287 ff.; öittlc, in
Thi KiigJ. hir^r. ]i<-v. lb[fi. Ann., p. Iiilf.; |)eimbu(^cr, I, 503-505. II. 374 ff. 443 ff. 86
älui^ mdbUcbc Siereinc pr ©pimlpflege entftanben feit bem Zeitalter ber Äreujjüge
in bettäc|tli{|er ^^a^l, gfeic^ bcn <?nti>re(^enben männli^en ©enoflenfd^aften balb me$r
eigcnttic^ t(&fterü(tscn ^^^Mj^ii^r ^<^^'^ "itr fiaienfc^toeftemc^arafter tragenb, babei if^ren Se«
rufsfrci^ biclfad> burc^ *&injunal)me \>on Sefd^äftigungen hjie hjeiblic^e Su^^nberjie^ung,
3Bftifen^)p€öc, ^ü^oi^S*^ fü^ SRagbalcnen 2c. erhjeiternb. Über biele ber in neuerer 3^*«
(feit tocm IG. ^Q^th.) cntftanbenen ©enoffenfc^aften biefer 3lrt ift in bem ärtifel „gfröuens
longregattoneii'' (V^I, 2m—2i\) gcf^atibelt. ^nx ©rgänjung be« bafelbft ÜRitgeteilten
fei ^ier noc^ auf einige« fd^on bem 9)JitleIalter 2lnge^örige ^ingetoiefen.
1. ©adfträgerinnen ober ©adEnonnen (Sachettes, lat. Saccariae), mit ä^nlic^er
entbel^rung«reic^er Sebenöfitte unb rauher SSefleibung toie bie ©acfträger (f. oben, 9lr. 6), 46
bef afeen ju $ari« neben ©aint^Slnbr^ be« ärc« eine Slieberlaffung, nac^ hjelc^er nod) je^t
bie betreffenbe ©tra^e Rue Sachettes Reifet (ögl. §el^ot unb Sittle a. a. D.).
2. §ofj)itaIiterinnen be« l). Oertoafiu« (S. Gervais), bebienten ba« nat^ biefem ^ei«
ligen benannte, im ^af}xc 1171 errid^tete Qpital in 5ßari«, ein Slf^l für Dbbad^Iofe, in
toelc^e« nur ÜKänner (gu breitägiger Seberbergung unb 3Serj)fIegung) aufgenommen iourben. 60
äl« Drben«regel bienten i^nen bie Constitutions de la Congr^g. des Religieuses
hospitalieres de l'ordre de S. Augustin (gebrucft j. 53. ^ari« 1691; bgl.öel^ot II, 292).
3. §ofvitaIiterinnen ber l}. Jtatf^arina gu ^ari« (auc^ Cath^rinettes genannt), mit
ben oben genannten Constitutions ber Jpofpitalfd^tüeftem üom ^. Sluguftin al« ®runb*
läge i^rer Serfafjung, bebienten ba« 1188 geftiftete Äatbarinenfjjital ju ^ari«. ^n il^m 66
tourben obbad^Ioje grauen für bie 3)auer Don brci SCagen t)erj)flegt. Die ©i^toeftem biefe«
§ofj)ita(« toaren berjjflic^tet, mit i^ren armen Pfleglingen an ®inem 3:ifc^e ju effen, auc^
bie im ©efängniffe SSerftorbenen fotoic fonftige nic^t rellamierte 2ei(^en ju beerbigen (tjgl,
aJl. Du Qamp, 1. c).
396 ^of)ittdUerititien ^o^ai^
4. Ajöubr^ettc^ ober (naä) einer fpäter übüd^ gehjorbcnen Benennung) „3:öd^ter bon
SKariä Himmelfahrt", ^ei^t bie um 1250 bon ÜKabame $aubr^, ber ©ema^Iin beg ®e=
^eimfelretär^ Soui^ b. ^eiliaen, (Stienne §aubr^, geftiftete ^auenfongregation. Sie toar
tüäl^renb $aubr^« langer Slbtüefenl^eit im Orient beim 6. Äreugjuge (1248—54) bon ber
6 an ber SltidffeE^r il^re« ©ema^te ber^hjeifelnben unb ba^er ba« ©elübbe immermä^rcnber
Äeujd^l^eit ablegenben ©tifterin gegrünbet morben, fanb bann auc^ bie änerfennung be^
mle^t boc^ ^eimgelel^rten §aubr^ unb tourbe burd^ beffen Dotation jur aufnähme unb
Setpflegung bon gunäd^ft jtoölf armen grauen befal^igt, toud^« aber balb gu er^eblid^er
©tärfe l^eran unb verbreitete fid^ über gang ^anfreid^. (Srft bie Slebolution be« borigen
10 ^ö^i^^wnbertg l^at i^rem SBirfen ein ^iel gefegt (§eimbud^er, 6. 503).
5. §o{J)itaUterinnen bom §6teH)ieU; aud^ ,,iöc^tcr Sottet" (Filles de Dieu) ^ei^en
bie ba« grofee $auj)t^$oft)itaI ber ©tabt 5ßari« (®ttft«=Hoft)itaI ber Äird^e 9?otre 3)ame)
bebienenben ©d^toeftem; Dgl. §eI^ot III, 184; 2)ulaure, Histoire de Paris II, 277 sq.
6. §of}3italiterinnen bom f}l ®etft i;ei^en bie ß^orfrauen, toeld^e — gleich ben unter
i5 9lr. 2 unb 3 genannten auf bie äluguftinersß^orfrauen^Slegel Verpflichtet — ba^ 1212 gu
^Polignl^ geftiftete §ofJ)ital bebienten. Denfelben 9Jamen führten nod^ anbere bem §of}3ital'
bienft fid^ toibmenbe ß^orfrauen. Slber au^ Viele nid^t auf jene Sluguftinerinnenregel ber-
}3flid^tete ©J)italfc^h)eftem nennen fic^ ä^nlic^ (tt^fva „§eil.s®eift-©d^h)eftem, ober Soeurs
du St. Esprit, Filles de Dieu). ©o in ^anlretc^ bie §oJt)itaIiterinnen bon äbbebiUe,
2o33eaubai^, 5ßontoi{e, Gambra^ jc; be^gleic^en bielc in Deutfc^Ianb u. a. Sänbem (bgl.
i&eimbuc^er, I, 438).
SBegen ber bem go^anniterorben unb 2)eutfc^orben angefc^Ioffenen ^oj^jitaliterinnen
(So^anniterinnen ; Deutfc^^Orben^fc^toeftem) {otoie toegen ber §umiltatinnen (§of>)itaI=
Wtoeftern be« ^umiliatenorben«) f. bie betreffenben ärtifel unb bgl..öeimbud^er, ©. 503
26 Si^rfter.
^oftbtti^, 5Peter SBill^elm, 1784— -1846. — ©Ine fclbftftönbigc ^Darftcüung be§
ßcbcn§ ^ofebacftS ^otte fein greunb Dr. 3onQ§ (S3erlin) übernommen, ©ic ift aber oerlorcn
gegangen. ?lnbere OueUcn werben im 3ufammcn&ang genannt werben.
$eter SBil^elm §ofebac^ tourbe am 20. SJ^bruar 1784 in 9leuftabt an ber 3)offe
80 geboren unb erhielt bon feinem 33ater, einem e^rtoürbigen SSoIföJc^uIIe^rer, eine einfädle,
fromme (Srjie^ung. 9lac^bem er in §atte unb ^ranffurt a. b. D. i^eologie ftubiert l^atte,
tourbe er 1806 ^au^Iel^rer. SRac^bem er Jobann eine für je 3<^i^ Sonreftor am ©^mna=
jtum gu 5ßrenjlau getoefen toar, tourbe er 5ßfarrer ju ^läni^ an ber Doffe. 3" biefem
einfam gelegenen Orte brad^te er fünf ^al^re ju, ben ©tubien alle ^6t toibmenb, bie
86 il^m fein ämt übrig liefe. 33or allem toaren e« ©d^leiermad^er« ©d^riften, bie er auf fid^
toirlen liefe, benn an ©d^leiermac^er^ SReben über bie SReligion (1799) toar i^m juerft ein
tiefere^ Seben be^ 3»^^^^ Ö^J^ßt toorben. äfe er bie ©teile eine^ Äabetten^aug))rebiger^
inSerlin 1815 erhielt, begann auc^ ein J)erfönlic^er SSerf e^r mit ©c^leiermac^er unb feinen
@4>ülem unb g^eunben, ber immer bertrauter tourbe.
40 äte Äabettenjjrebiger fc^rieb er 1819 ba^ 2thm ^o^. SSal. 3lnbreä«, getoibmet bem
^eunbe Südfe, ber bon SJerlin nac^ Sonn gebogen toar. 2)a^ SBerf trägt ^üd^m babon
an ftc^, bafe ß. auc^ bie geleierte gorjc^ung in ben 2)ienft ber ©egentoart ju [teilen fic^
gebrungen fül^lte. @r leugnet, bafe ettoa« anbere^ ate ba^ ßl^riftentum bie 3^i^ toieber^
gebären fönne; toeberbie $oIittf noc^ fonft tüoa^ bon oben ^er toirfe fo ©rofee^, boc^
46 fel^nt er fwb nac^ einer fird^lic^en SSerfaffung unb ma^nt bie SBürbenträger ber Äin^e ju
©fer unb ÜKut, bie SRec^te ber Äird^e gegen bie Eingriffe toeltlid^er ©etoalt ju bertreten.
3)ie{e toeltlic^e ©etoalt toar mittlertoeile ber ^txt mit toac^fenbem 3Jlifetrauen ent-
gegengetreten. De Sßette« 2^eilna^me an ©anb« ©ejd^idf ^atte feine ©tellung in SJerlin
unhaltbar gemacht. 311« e« befannt tourbe, bafe bie ^eunbe be SBette« bei ^ofebac^ im
60 5labettenl^aufe i^re 3lbjd^ieb«feier gebalten l^atten, toar aud^ §ofebad^ genötigt, fic^ einen
anberen SBirfung^frei« ju Jucken, ©o tourbe er gu Dftem 1821 ate brittcr ^^Jrebiger an
ber bamal« nod^ bereinten ©emeinbe ber neuen unb IJerufalemer Äirc^e eingeführt, ©eine
grofec t)raftijc^e ^Begabung trat balb l^erbor, unb bie Seilnal^me, bie feine ^rebigten fanben,
betoog il^n im ^wli 1822, einen (erften) Sanb mit 17 ^rebigten l^erau^jugeben (33erlin,
66 SDümmler), toeld^en er ©d^leiermad^er mit einer e^rfurc^t^bollen, gut gefd^riebenen 3)ebis
fation ^ueignete. Slnberc (Sammlungen bon 5Prebigten folgten nac^ (1824, 1827, 1831
über bie bier erften Äa^jitel be« dbangelium« gol^anne«, 1837, 1843). ®ne fiebente
©ammlung ift 1848 ($ot«bam, SRiegel) erfc^ienen au« bem 9?ad^laffc ^ofebad^« unb mit
einem biograji^ijc^en 'i^ortoort bon $i{^on bereid^ert.
^opad^ ^ofHeti 397
3m Saläre 1828 gab ^o^bad^ fein bcbcutenbftc« SBerf l^crau^: „Bpmn unb feine
3eit" (2 2;cile, 2. aufl. 1853). ^ofebad^ l)at mit bcm ?5ietigmug nid^t blo^ in ber in=
teffeltuellen 2Beci^fctoirfung gejtanben, bte ba« SBerf mit fid^ brad^te, fonbem aud^ für
fein ^erj unb fein ältbeiten in ber ©emeinbe bon bem bleibenben ©etoinne, ben ber
^pieti^mud unferem religiöfen Seben gebrad^t ^at, mand^e« erfal;ren fönnen. 3lud^ auf 6
feinem Sterbebette füE^rte er be^ befc^eibenen ©Jjenerö SBorte nod^ an unb [teilte aud^ fid^
felbft barunter, bafe e^ bei iE^m nid^t fei toie bei bem fei. gehabe, ber getoefen fei toie
ein ga^ boll ÜKoft, au« toeld^em, too man ed nur angebol^rt f)aU, ber fü^e 3:ranf ^er^
Dorgequotten fei.
i)ag ^ai}X 1834 hjar i^m fd^merjlic^, hjeil i^m ©d^Ieiermac^er entriffen tüurbe, bem lo
er am (Sonntage Cculi bie ©ebäd^tni^jjrebigt gehalten ^at (über 1 Äo 13, 8). ©^ ift
eine ber fd^önften ^rebigten, bie e« giebt, unb ein eble^ 3^9"^^ fo gut für ben Jlebner
ol^ für ben beretoigten J^reunb.
©ein Seben toar unterbe« bielfad^ gel^emmt toorben burc^ Äranfl^eit. Sd^tüamm«
getoäc^fe in feinem Röxp^x Ehalten [xd) mit großer gd^merjlid^feit auf ein 3luge getoorfen, i6
unb na(^bem man öiele^ bagegcn berfuc^t ^atte, mujtc ber gefc^idte Slugenargt ba^ 2luge
auö feiner §öl^Ie l^erau^rei^en, eine £)))eration, bie benfelben ju ber äujerung jiDang, er
l)ab^ bi^^er nid^t getou^t, ba^ ba« ß^riftentum fold^e ^ö^igleit mitteile, ben ©d^merj ^u
ertragen, ©ae Seiben fd[>ien nun bamit gehoben ju fein.
aiö balb nad;l^er, Sluguft 1845, bie SKänner ber liberalen ©d^Ieiermac^erfc^en SRic^s 20
tung einen ^roteft gegen bie 5tcaftion au^el^en laffen tüoUUxi, toax §o^bac^ einer ber
erften, benen ber @nth)urf borgclegt tourbe; er toie« i^n jurüdf, unb erft ate er er^eblid^
mobifijiert toar, unterfd^rieb er, jebod^ mit ber Semerhmg, e« fei eine Sc^ülerarbeit unb
enthalte jtoar einen ^roteft nad? rcd^t^, aber nid^t ben ebenfo nötigen nac^ ber Knien
©eite l^in. 25
Unterbeö fc^ritt ^o^bac^« Übel fort unb bie ©c^toammgetoäc^fe berbreiteten fic^ bun^
ben ganj^en Äörj)cr. 2(m 7. 3lpril 1846 entfdblief er fanft unb ru^ig; feine 3lmtögenoffen
3Warot unb ßober fjjrac^en bei feinem Segräbniö am Karfreitag ju ber ©emeinbe.
JB. ^oUenaerg.
^oftien. — Bona, Rer. liturgic. 1. 1 c XXIIl, ed. Rom. 1671 p. 178 sqq. ; Martene, 80
de aotiqu. eccl. rit. edit II, t. I cap. III art. 7 p. 320 sqq. t. IV, 1. II cap. VIII p. 221 sqq. ;
Bingham, Orig. s. antiquit, ecel. 1. XV cap. II § V sq. (t. VI, p. 270 sqq.); 3. §lnbr.
8(ftmib, de oblatis eucharist., Heimst. 1733; ^(ugufti, 3)enfn)ürbigfeiten qu§ ber c^riftlicften
Slrcftöolog. VIII S. 274 ff.; Ä^S* 51. ^.; gr. X, iirau^, SR(£. ?l. ^poftic unb 33roteuc^ariftic
(bc 3Baal). 86
Hostia, eigentlich D^jfertier, Dj)fer, hjirb fd^on bon 6^t)rian ate Sejeic^nung
beg bom ^Priefter in ber ßuc^ariftiefcier toern)enbetenSrote^ gebraust (de unit. eccles. 17:
dominica hostia). 9Jac^ 2lbfd^luJ ber römifc^en Seigre bom 9)le^oJ)fer toax biefe 83es
jeid^nung eigentlich nur auf ben toom ^riefter gcmanbelten Seib ß^rifti antoenbbar, toäl^-
renb ber ebenfalls für ba^ Stbenbmal^löbrot angetocnbete 9lame oblata (öon ber S)ars 40
bringung ber 9Jaturalgaben feiten^ ber ©emcinbeglieber ^errü^renb) bon ben ungeteilten
©lementen galt. 3)cnno^ bejeic^net bie römifd^e ÜKeffe (t>on römifd^en ^"^^'^^ten in
Derfd^iebener ffieifc tünftlic^ gebeutet, f. Slietfc^cl, Siturgif 1, 377) aud^ in ben Dffer-
toriengebeten ba^ bom ^15riefter bargebrac^tc 33rot bereite ate hostia („suscipe, sancte
Pater . . . haue immaeulatam hostiam, quam ego . . offero tibi etc.")f h)ie ans 45
bererfeitö auct? l;icr unb Da oblata für baö bereite gehjanbelte Srot geAraud^t toirb (f. bu Gange).
Dafe in ber alten ftirc^e ba^ im Slbenbma^l öertoenbete ©rot, ba^ Don feiten ber®emeinbe
bargebrac^t lourbe (offertorium, jiQogcpoQa), baö mr 9la^rung bienenbe gefäuerte S3rot
toar, ift nic^t ju bc^meifcln. SSgt. 3. 33. OPfeubo^) älmbrofm« de sacr. IV c. 4 (MSL
16, 439): „meus panis usitatus; Joh. Diac. Vita Greg. M. II, 41. 3)a^ 16. Äonjil so
toon lolebo (69)3) can. 6 (Srunö I, 370) f.) tabelt ben (Sebraud^ Don SSrotfd^eiben unb
einzelnen örotftücfc^en (buccellae) be^ für ba^ täglid^e Seben gebrauchten Srote« unb
fd[>reibt befonbere, für baß Slbenbma^l zubereitete ganje S3rote bon mäßiger ®rö^e bor,
bie auf bem Slltar gebrochen toerben. 2)od^ ift ni^t ertoäl^nt, bafe e« ungefäuerte^ S3rot
fein foH. Über bie 'ilrt be^ 33rote^ in ber ^irc^e f. Sirmonb, de azymis (Opp. IV, 66
p. 513 sqq.) Sona, 3){artene, Öing^am, 2tugufti. SBäl^renb bie griec^ifd^e Äirc^e ba« ge»
fäuerte ©rot beibel?ielt, n)urbe in ber abenbtänbifc^en Äirc^e bom 9. Sa^r^unbert m (baö
erfte 3^"9"i^ ^^^ Rhaban. Maur., de clerie. inst. I, c. 31 MSL 107, 317) un«
gefäuerte^ 33rot üblid; unb erlangte bie auöfd^lie^id^e ^errfd^aft im 3lbenblanb. 3u bem
398 ^oftteti
©trcit ber beiben Äird^cn f. Sb III, ©. 620, 5 7 ff. ä. ßärulariu«. — 2)a bic Srotc
auf bem 9Utar mit ben ^änben gebrod^en ti)urben (Lit. Marc. 93rtg^tman, Lit. east.
and west. @. 138. äluguftin ep. 149 n. 16 ,,ad distribuendum commi-
nuitur"), fo fönnen fte nur flad^ geiücfen fein. 2)a^ ba^ SJrot eine runbe ©eftolt
5 ^otte, toirb frül^ bezeugt. 3"^ 4:. S^^^^unbert nennt e« Spi^j^aniu^ (Anchorat. n. 57)
axQoyyvXoeideg xai ävaio&rjxov ibg ngog dvvajMv. ©cberug bon ällejanbrien
(de ord. oblat. Bibl. Patr. ed. »igne, $arig 1589 t. VI ®. 57) nennt e« nai^
feiner ®eftalt circulum. 3)arum tüirb auc^ ber 9lame rotula für ba« SJrot gebraust
(3bo 3Konad^u«, de mirac. Othomar. c. 3, MSL 121, 783). .Sielleic^t ift mit
10 biefem SBort auc^ bie ©d^eibe bejeic^nct, bie in ber 3Kitte eine Öffnung ^t, alfo
ftanjförmig ift. ®regor b. ®r. (Dial. IV c. 55, MSL 77, 417) nennt, coronae obla-
tionum. 2(uc^ auf alten Silbern finbet ftd^ bie ©eftalt ber großen runben ©(^eibe (im
Coemet. St. Callist. ift fie eth>a breimal fo gro^ ate ber Äo^jf be« ^priefter«), toie a\x6;^
bie @(^eibe, bie in ber 3Ritte eine Öffnung ^at (Coemet. Lucinae, f. Jlrau^). ^ad
i5Jlomil bon S(rled (554) can. 1 Verlangt, „ut oblatae... non aliter nisi ad formam
Areifatensis offerantur ecclesiae", o^ne biefegorm nä^er gu erläutern. 35om 11.3cil^t=
l^unbert an finbet ftc^ bie je^ige Heinere t^orm ber ^oftie „in modum nummorum seu
denariorum" bejeugt. 9Ja($ §onoriu« b. äutun (Gemma an. 1, 66, MSL 172, 564)
l^ängt biefe ©eftalt mit bem 3luf^ören ber Äommunionen feiten« ber ©emeinben bei ber
20 Sfrier be« 5Ke^oJ)fer« ^ufammen. ^ür ba« eigentlid^e 3)le^o}3fer, bei bem nur ber ^ßriefter
tommuni^ierte, tüar biefe Heine ^orm bie geeignetfte. Semolbu« bon Äonftan^ (1089)
tobelt biefe t^orm: „videntur oblatarum minutiae ad Christum et ecclesiam nihil
pertinere, quia sunt absque mensura et ratione'' (93ing^am t. VI p. 270). 9}gl.
auc^ Äonoriu« b. Slutun a. a. 0.
26 ^ie Slbenbmal^tebrote tourben aud^ fc^on frü^ mit bem 3^^^ ^^ Äreu^e« ber-
feigen, ©d^on in Act. Thomae Reifet e« bei ber ^er beg Slbenbmal^fe diexäga^e reo
ÖLQfKp t6v atavQÖv. ß^r^foftomug bagegen f))rid^t tbol^t Quod Chr. sit deus (c. 9)
(MSG 48, 826) bon ber signatio crucis mit ber §anb be« ^priefter«, nic^t (toie Krau«
meint) bon bem Äreuje^jeid^en auf bem SJrot. ©}3äter finben ftc^ befonbere 3^^^^"/
80 jjiguren, »ud^ftaben (j. 8. A unb Q), Silber ß^rifti (teite SSruftbitb, teil« ganje gigur,
[in fjKiterer 3^t meift ber 5lru«fiju«) auf bem Srot (f. bie äbbilbungen berfd^iebener
i^oftien (bei iülartenc, ©d^mib, Ärau«). 3)ie Congregatio rituum ^at unterm 26. ä}3ril
1834beftimmt: ,,Servetur consuetudo circa usum imprimendi imaginem Crucifixi
in hostiis".
85 3)ie Zubereitung be« Slbenbma^tebrote« tourbe in älterer 3«it bon frommen 9Kännem
unb gh^aucn mit ßifcr betrieben. 3?enantiud ^ortunatu« berid^tet j. 93. bon ber 1^1. Stabe*
gunbi«: „Oblationes suis manibus faciens locis yenerabilibus"(Vita S.R.reginaelG
MSL 88, 504). 3lad) (Sinfü^ng ber Keinen §oftien tourbe bie Zu'&^^i^wö ^i^ Ob*
liegen^eit ber ÜKönc^e, tbobei bie ))einlic^fte ©orgfalt bei ber 3ludh)a^l be« ÜKaterial^
40 (granatim eligantur), bei bem SBafc^en unb 5Ka^len ber Äömer 2c., bejüglic^ ber ©e*
tbänber, ©ebete borgefd^rieben tbaren (bgl. j. 35. Constit. Hirsaug. II, 32. MSL 150,
1086). Die §oftien muffen au^ reinem ffleijenme^l gebadfen fein (fc^on 6lem. Sllej.
©trom. VI, 11 fe^t bem ©erftenbrot, afe ©^mbol be^ 3"^^^"^^^ ^^" göttlid^en SBeijen
bed ß^riftentum« gegenüber), o^ne jebtocben 3"!^^ ^^" ^^k^ Ö' "• ^9^- ®^^ tourben
45 nid^t im SJadofen fonbem auf einem ferramentum characteratum (fflaffeleifen) ge*
baden ($onoriu^ bon Slutun a. a. 0.).
3)ie lutl^erifd^e 5{ir^e übemal^m anftanb^lo^ ben ©ebrauc^ ber ^oftien für bie
äbenbma^fefeier. Sut^er behielt bie Oblaten fd^on be^^atb bei, toeil i^n ber rol^e ©j)ott
ber ©c^toarmgeifter g. ». ÜKünjer« (bgl. 3&mm 31 ©. 329) berbrofe. ^o^. ©erl^arb
60 (Loci XXI c. 7) berteibigte i^ren ©ebraud^, o^ne ben ©ebraud^ anbercn 9rote« ju ber*
tberfen. Die reformierte Äird^e bagegen befäm}}fte ^eftig bie Slntoenbung ber Oblaten,
obgleich ßalbin unb 93eja feine 3inberung borgenommen Ratten, bgl. j. 93. SBenbelin
(t 1652), Exercit. theol. contra J. Gerhard, et Danhauer, Dav. Pareus (f 1622),
Betrachtung über bag SSrotbrec^en im ^l. 313K., Dalläug (f 1670), de cultu relig.
66 Lat. III c. 6, 3. ^oombedf (f 1666), Summa controvers. rel. VI p. 946. Sgl.
bie ©}30ttnamen ber §oftie bon feiten ber Sieformierten, bie 3- ©erl^arb a. a. D. an^
geführt. 2)oc^ fam aud^ in ber reformierten Äird^e ber ©ebraud^ ber §oftien bor, j. S.
in ©enf im 17. S^'^^w"^^'^ nad^ bem Serid^t be« reformierten 5ßrebiger« in Sonbon
^n b'S^gne (f. augufti a. a. D.). 2)ie bifc^öflic^e Äird^e ßnglanb« bebient fic^ be«
60 aßeijenbrote^, ba« jerfc^nitten tbirb. Über ba^ Brechen be« ©rote«, aud^ gtoeier jufammen=
^oftteti ^otütiger, ^ol^n ^einric^ 399
Qcbadener §oftien alö S^\i)m bcr Union f. 9Kar^etnefc, Da« Srot im l^ciliacn Slbenbs
mal^l 1817. «eorg 8iietfd>er.
^ottitiger, Sol^ann ^cinrid^ (1620—67).— Äurjc SIutobiogrcpMc u. ©djriftcn«
oer^eidtnid in ber Schola CaroÜDa ^f. u.) p. 12188. — 3o^ann ^etnri4 ^etbeft^er. historia
de vita et obitu J. H. H., Tiguri 1667 (oucft in ^öcibegöc^« dissertat theol. T. IV unb in 6
^ottingerd historia eccles. T. IX abgcbntdFt). SDiefe einge^enbe, Seben unb 8d)riften fc^iU
bcrnbc Arbeit bc8 Scftüler« unb &reunbe§ ift bic ^auptqucttc für fp&tcrc ^arftellungcn gc»
blieben, t)on benen nennenötüert finb : fiubiuig ^irjcl, g. 4). $). ber Drientalift beS 17. ^a^u
bunbertd, in Sincr unb ®ngeIf)Qrbtd 9{euem fritifc^em Journal für t{)eoIogtfd)e fiitteratur
©b 2 (1824), 8. 1-40, unb .t)einrid) öftrer, 9lrt. ©. bei erfdj unb ©ruber (1834). — lo
SSom äebendgong .^.d ift bie intereffantcfte jßartie au^ ben primären Duellen bed 3ü^4«^
@taat§ar(l)iü§ unb bc8 Thesaurus Hottingerianus (f. u.) bearbeitet tjon 4)einrl(ö Steiner, Sier
3üri(ber ^rofeffor 3. ^. ^, in ^eibelbcrg 1655—1661 (Süricftcr ©rotulationöfcbrlft 1886).—
S)ie @(ftriften ^.« luürbigt D. g. Svi^fcfte, 3. ^. C>-r in ber geitfcftrift für miffenfdjoftli^e
%\)tol XI (1868), 6. 287-72, fpesieU bie ftiftoriftften ®. u. ffit)6, (äJcfc^idjtc bcr ^iftorio* 16
grap^ie in ber ©djiüeij (1895), 6.259 f. — S)ieftel, ®ef(ftidjtc beS «XS in ber (^rifil. Äir^e
(1869), an üielen 6teUen.
3m Slnfang be« 17. S^i^^^unbertg blül^te in §ottanb, bann in ^anlreid^ unb ©n^«
lanb, ha& ©tubium ber morgenlänbijci^en Bpxad^tn auf. Deutfci^Ianb unb bie ©d^toeij
ftanbcn noc^ jurüdf; nur ba« ^cbräifd^e tourbe g^Pegt unb bie bciben 93ujtorf in 93afeI;2o
SBater unb ©o^n, galten al« bie SWeifter be« ärammjä^en, 3^tmubifc^en unb Slabbimfc^en.
®ie anbem fcmitifc^en Sprad^en brachte erft $. bei un^ in aufnähme; befonberö im
^rabifd^en unb ©amaritanif^en h)ied er ftd^ atö grünblic^en Jlenner au^, 3Bo^l tüar e^
erft ein ©ammeln unb 3Kittcitcn neuen ©toffe^, aber ba^ in einem Wa^c, bafe $.^SBerfe
eine gunbgrube bc« SBijfen^ bilbeten unb nod^ l^eute mand^eg ergeben. 3)aig 3)urd^bringen 26
unb bearbeiten bed ©toffeö toar ben fotgenben ©enerationen Vorbehalten. §.« ©d^riften
tragen, jumal fic in übergroßer ^a^l unb eilfertig l^erau^egeben tourben, ben ©temj)el
bed UnboDenbeten ; gleic^iDo^l bleibt i^nen eine e^renboUe ©teOe in ber SnttDtctelung ber
aCBiffenfd^aft gefiebert. Sefonber^ bemerlen^toert ift, baß $. fid^ aud^ al« Äirc^en^iftorifer
einen l^ert)orragenben 9?amen ertoorben f^at, ao
3- §. §. ift am 10. 9Kärj 1620 an^ cl^rbarer Sürgerfamilie 3^*^^^^ geboren al«
ber ©o^n cine^ ^""ftni^^ft^^^ ^^^ ©d^iffleute. %xiÜ} jcid^nete er fic^ in ben alten ©J)rad^en
aud, befonber« im §ebräifc^en, unb erfreute burd^ alle fc^önen ßigenfd^aften unb fittfameg
Setragen. ÜKit öffcntlid^er Unterftü^ung tourbe er 1638 nac^ bamaliger ©itte auf au^-
loärtige ©d^ulen gefc^idEt. @r ^og über ®enf unb burd^ ^antreid^ nad^ ^oQanb. ^iersG
ftubiertc er in ©röningen bei ©omaru«, §einrid^ Sllting unb ^JJafor, unb in Serben bei
^afob 3llting unb ©oliu^. Sei te^terem toar er über ein ^af)x ^au^le^rer unb fanb fo
©elegcni^eit, eine au^erlefene 9ibliot|ef ju benu^en unb feltene ßanbfc^riften abjufc^reiben.
6in 3wbc, bann ein 2;ürfe, l^alfen i^m im ßebräifd^cn, Slrabifcpen unb Jürlifc^en nac^;
er foll fd^on bamafö ärabijc^, fpätcr ^ebräijc^, gef}3ro(^en l^aben. 2)ie §ottänber äußern 40
fic^ einmütig mit l^ol;er änerfennung über i^ren fd^toeijerifc^en ©d^üler: tatenttoott, bon
eminentem ©ebäc^tni^ unb fcltener älu^baucr berfprec^e er Slu^e^eic^nete^. 3Jlan toollte
i^n einem ^oDönbifc^en ©efanbten nad^ Jtonftantino))e( aU ioiffenfd^aftlicben 93egleiter bei«
geben, toenn nid;t Don ^ixxid) aud ßinfprad^e erfolgt toäre. 3Kit bem iPfaljgrafen, bem
er fpöter bcfonber^ na^e treten foßte, ful^r er im gleid^en ©d^iff nad) ßnglanb unb feljiirte 45
bann burc^ granfrcid^ nad^ä^rid^ jurüdE 1642. $ier üere^elid^te er fic^ mit änna Utric^,
einer 5Pfarrcr^toc^ter. 6^ touc^i^ i^m eine ^a^lrei^e ^amilie l^eran, elf Äinber, bon benen
i^n fec^^ überlebten (bgl. ben 21. 3ol^ann ^atoh $.). ©eine erfte SBirlfamfeit fanb §.
afö ^rofeffor bcr Äird^engcfc^ic^te. 2)aju famen bdb bie orientalifd^cn ©prac^en. Seibe«
jufammen mad^te feine |)auptftellung au^ ; aber nebenbei berjal^ er noc^ eine SReii^e an^ 60
berer 3)i^iiplincn. Stimmt man ba^u bie au^cbel^nten titterarijd^en arbeiten, bie toieber
ja^Uofe 33efuct?e unb Sriefe au^ allen Sänbem nac^ fic^ jogen, fotoie bie in fonfefftonett
gereifter gcit unau^toeic^lic^e ^flid^t, ioieberl^olt bie reformierte Seigre unb Äird^e gegen
fatl^olifd^e angriffe ju bcrtcibigen, fo fummiert fic^ allc^ in allem ju einer getooltigen
ärbeit^leiftung. 66
2öir führen juerft baö Jlö^ere über ^.« fc^riftftetterifc^e Jl^ätigfeit au«, toobei h>it
bon Heineren S^rudEfad^en, j. S. bon gegen l^unbert 3)iffertationen, toie fie nad^ bamoligem
©c^utbraud^ erfc^ienen fmb, abfeilen muffen. 311^ berbienftboll galt ^leid^ §.« erfte $ubli*
fation: Exercitationes Anti-Morianae 1644, eine glüdflic^e SSerteibigung be« bebräifd^en
Iqtc« im 3ufannncnl^ang mit ben bamatigen SBcrl^anblungen über bie Unberfe^rtj^eit b« eo
400 ^ottinger, 3<>^önn ^einric^
j^ebräifd^cn unb griec^tfc^cn Codices ; ftc ift gerichtet gcöen ben Dratorianer 9)Jorinu^,
ber im fatl^olifc^en gntercffe tocrjuc^t ^attc, mit ^ilfc bcö jamaritanifc^en ^cntateuc^ ben
l^cbräifc^en SBortlaut l^erabgufc^en. ®leic^ ^iet finb §. bic Sc^bcner ©tubicn gu ftottcn
gefommen. ®ie ^aiHJlrid^tungen, nad) bcnen §. fpätcrl^in fc^riftftellerifi^ tl^ätig geblieben
6 ift, ftnb bejeic^net burd^ bie brei gunäc^ft aufeinanbcr folgenben SEBerfc : Erotematum
linguae sanctae 1647, eine Heine ^ebräijd^e ©rammatif für ©d^ulgebraucf?, Thesau-
rus philologicus seu da vis scripturae 1649, gciüiff ermaßen eine (Sinlcitung in baö
3(1; be^U). Vorarbeiten ju einer folc^en, unb Historia ecclesiastica Novi Tes tarnen ti
Tom. I 1651. SBag bie grammatifc^en arbeiten betrifft, fo fmb aufecr einer c^albäifc^-
10 f^rijc^en ©rammatif (1652) ju nennen : Grammatica quatuor linguarum hebr.,
chald., syr. et arab. harmonica 1658, unb „Etymologicum Orientale sive Lexicon
harmonicum heptaglotton 1661. §. betritt ^ier ba^ i^n anfprec^cnbc ©ebiet ber öer^
gleid^enben S}3raci^mnbe unb toiH bie SSerlDonbtfd^aft ber jemitifc^en 3)ialcftc jeigen, inbem
er bie ©rammatif ber anbem auf bie Siegeln ber l^ebräifc^cn ©rammatif ^urüdfü^rt.
15 (Über ba« l^e))tag(otte Sejifon bgl. S)ieftel a. a. D. ©. 447.) §.« |)aul3tleiftungeu für
bad DrientaliJ^e liegen inbeffcn nic^t nad^ biejer ©cite l^in, fonbern nad^ ber rcaliftifd^en.
SBie er im Thesaurus einen 3lbri^ beficn gegeben ^atte, toa^ bie 3Jlonumentc ber
ffllorgenlänber über Sieligion, 3:^eoIogie, SBort ©otteg, Sibel^anbfc^riften, Untoerfel^rt^eit
ber l^ebräifc^en Duellen, 5Paraj)l^rajen, 3)Jafora unb Äabbala, Stutorität ber fanonifc^en
20 unb aj)ofr^t)]^ifd^en Sudler u. b. a. entl^alten (SÖürbigung bei ®ieftel ©. 349 f.), fo fu(^te
er fortan mit SSorliebe orientalifc^eö lieben unb SBefen aüfeitig jur 3lnfc^auung gu bringen.
§ierl^er gehören: Historia orientalis 1651, bie bejonber^ über bie Slraber aufnal^m, tva^
in ber Äirc^engefc^ic^te nic^t unterjubringen toax, unb eine hja^re ©efd^ic^tc ÜKul^amebig
nebft 3w0C^örigem ' bietet, aßeö biel reid^^altiger afe bi^i^er ; Smegma Orientale et
25 Promptuarium sive Bibliotheca orientalis, 1657 unb 1658, jene^ eine 3luöfü^rung
über ben Stuften ber morgenlänbifd^en Bpxad^m, biefe^ ein litterargefd^id^tlic^e« SBerf über
©(^riftftetter unb SJüd^er mit bef onbcrer Slüdffid^t auf ba« 3lrabif(^e ; Archaeologia orien-
talis 1662, eine 2)arftettung arabijc^en Sebenö nebft firc^Iid^er ©tatiftif be^ Oriente ;
enblic^ eine Steige ©bexialfc^riften, über ©öftenbilber, Slec^t^Icben, ©rabmäler, Slltertümer
30 aller ärt u. f. to. 2luf bie jmeite §auj)tric^tung feiner ©tubien, bieÄirc^engcfd^id^tc, fam
§. tcil^ burd^ fein SeE^ramt, teil^ burc^ inneren 3wg. ©ein ©c^üIer §eibegger rü^mt,
tüie er beU)unbem«h)ert au^ ber ©efd^i^te ju unterhalten gehju^t unb fie al^ gleic^jam
ba^ viaticum be« Jl^eologen lieb gehabt l^abe. @^ fmb t)on ber Historia ecclesiastica
bid 1657 9 Sänbe erfc^ienen. ©ie toirb erft bon 3)lu^ameb ab auöfül^rlic^er, namentlich
35 aber bann im 16. gö^^^unbert. Diejem finb Dolle bier Söänbe gehjibmet, tvobci bie rc=
ligiöfe unb firc^lic^e SSerberbni^ bor ber Sieformation fel^r einge^enb unb berbienftlic^ U-
legt toirb, um S^^^Ö^' ""^ f^^" SBirfen befto eifriger ju feiern, ^cibegger bcbauert be^
fonber^, ba^ bie Äir^engejc^ic^te unboßenbet geblieben jei, unb ^ebt ^erbor, niemanb
^be eine fo l^enlic^e Sibliotl(;ef boll autl(;entifd^er Duellen befeffen toie §., namentltd^
40 eine fo foftbare ©ammlung bon Sleformatorenbriefen. SJod^ ^eute ift baö ®erf burd^
bie im SBortlaut gegebenen, jum 2^eil fonft nic^t erhaltenen, namentlid^ jct?h)ei5ergef(^i(^t=
lid^en 3)ofumente unentbe^rlid^ ; bie 2)arftenung felbft ift toegen ber f^olaftifc^en ein=
ric^tung unb t)otemif(^en Haltung nid^t mel^r genießbar. SJcben bem i^au^jtmcrt ftnb ein
paax Heinere, lanbe^ejc^i^ttic^e, nid^t ju bergeffen, jo: Methodus legendi historias
45 Helveticas 1654, bamate bie befte Überfielt ber fct?n)ei5crifc^en ^iftorifc^cn Sitteratur,
unb Schola Tigurinorum Carolina cum Bibliotheca Tigurina 1664, eine ©efd^id^te
ber jürc^erijd^en ©elel;rjamfeit mit aßen jürd^erifc^en ©d^riftfteßem jeit bem 9)Jittelalter
unb i^ren SBerfen, nod^ immer je^r brau^bar. 3)iefer Schrift borau^ ge^t ber Biblio-
thecarius sive tractatus de officio Bibliothecarii, eine bibliograj)^ifd^c 3lrbeit in
50 gortfe^ung berühmter gürd^erifc^er Seiftungen beö 16. 3i<J^^^W"^^^*^- ^^^^ f^^ 9^^^^ ^'
toöl^nt, bafe bie l^anbfc^riftlid^en ©ammlungen, auö benen borl^in bie Sleformatoren-
Briefe genannt n)urben, unb benen aud() §.^ eigener Sricfn)ed;|cl angehört, aU The-
saurus Hottingerianus bon 52 Folianten einen §au>)tfd^a^ ber giii^^^i^ ©tabtbiblio-
tl^ef bilben.
56 6ine ioid^tige SBenbung brad^te für §. ba^ ^ai}x 1655 burc^ einen Sluf nad;
i^eibelberg. Äurfürft Äarl Subtoig bon ber ^falj untemaj^m nad) ben fd^hjercn .^eim*
fuc^ungen be« Äriegeö in feinem unglüdlid^en üanbc bie SBieber^erfteßung bon ßird[)e unb
©(^ule unb berief ö. Jur SJeuaufrid^tung ber tl^eologifcben gatultät. 2)cr Slat bon ^Md)
trat i^m feinen $röfeffor junäc^ft ,,auf eth)a^ 3^^^"/ ^^^^ <^"f ^^^^ ""^ fd^liejlid^ nod^-
eomal^ brei Saläre ab. !Die ebangelifc^e ©c^toeij l^attc ein Icb^afte^ fonfeffioneßc^ ^w-
^otütiger, ^o^nn ^einric^ 401
tereRe hoxan, ber 5PfaIg unb tE^rcm ^ürftien bei juftel^en ; toie fie in ber Äricg^jeü 3"Pw^^
unb tntlbc ©teuem gctoöl^rt E^attc, \o Ixd) man ie^t größere ©clbfummcn unb l^alf mit
©eiftlic^en au^; aud) bie ©tubenten ber il^eologie toaxm gunäd^ft grolentcife ©^tocijcr.
SloÄbem $. auf ber S)urc^rci|e in Safel in au^jeicl^nenber üBeife bie t^eologijc^e SJoftor«
tpürbe empfangen ^atte, langte er anfangt äuguft in ^eibelberg an. 6d ift il^m ge^ 6
lungen, bie galultöt toieber in äufnal^me ju bringen, ©eine 2e^rt|ätigfeit h>ar bor aKem
barauf gerichtet, ba« ©tubium be^ i&ebräifd^en unb bertüanbter ©|)raci^en toieber ju be»
leben ; baju ^ielt er Collegia privata, um gu fj)racl^Iic^en unb ^iftorijd^en arbeiten an«
jutegen, unb nal^m bie tüöd^entlit^en Die^utationen h)ieber auf. 2)urc^ feine Jtoriftftelles
rifc^en Slrbeiten gab er ben 3lnfto^, baft m ^eibelberg eine Suc^bruderei für 2ßerfe über lo
Orientalia entftanb. ®leici^ für 1656 gum Sleftor ber Uniberfität ertoöj^lt, betoäl^rte ftc^
§. imter immer noc^ fd^toierigen, namentlich öfonomi|ci^ gehemmten 33erl^ältniffen ber §ocl^s
fc^ule nac^ ber Jjraftijd^en ©eite trefflich; er l^atte auc^ bie ^eube, bafe fid^ bie ^af)l ber
3mmatri!ulierten gegenüber ben aSorja^ren berbreifad^te. @d folgte im gleid^en ^af^xt bie
ffial^l jum Äirc^enrat, aufeer bem 38orjd^lag bireft burc^ ben JJürften, ber in $. ben ric^- 16
tigen SJlann für feine Union^}3läne jh)ifc^en Sut^eranem unb SRef ormierten ju finben hoffte.
Da^ größte Serbienft ^attt ber ^^x^^ 5Profeffor um bie Süieber^erfteHung be« Colle-
gium Sapientiae, einer tj^eologtfc^en ©tubienanftalt mit Äonbift, feit Slnfang 1656. Ign
attem toefentlic^en nac^ feinen Sorf^lägen eingerichtet, tourbe fie alljeitig bon ibm }3er-
fönlid^ geleitet; felbft bie bei ben äufeerft befc^rönften SJlitteln bo>)pelt mü^eboüe a3erh)at:20
tung unb §au^l^altung nal^m §. mit {einer bortrefflic^en ®aitm auf eigene ©efal^r unb
Äoften über fic^, unb erft mit ber Mi traten il^m §ilf^fräfte gur ©eite. Der ®eift ber
änftalt toar ein gefunber, bei grei^eit ber ©tubien ftrenge 3"^* ^^ Slrbeit. Sei bem
allem gaben bie biclen ©c^toeiger, bie in bie 5ßfalg eingetoanbert toaren unb fic^ an ß.
I^telten, biel gu tl^un, unb überbie« benu^te bie heimatliche Dbrigleit bie einPufereicpe 26
©teHung i^re« 5ßrofefforg toieberl^olt gu >)ohtifci^-bi})lomatifc^cn Aufträgen im SHeid^ ; auc^
in biefen ©efc^äften l^at fid^ Ä. anftellig ertoiefen. 33om fürftlic^en $ofe mit äu^geic^s
nung be^anbelt, burfte er auf ein rcic^e^ unb anerfannte« SBirfen gurüdblidfen, al^ er
bie 5Pfalg berliefe. SKit großen ß^ren langte er am 6. 9lobember 1661 toieber in 3"^^
an. 3)afe er fic^ in bem unglüdlic^cn iSl}^ixi\t be« ^rften c^aralterlo« ö^geigt l^abe ao
(Il^oluf), ift ein ungercd^tfcrtigter 3Sortt)urf.
2Bir fmb bamit jc^on beim legten furgen Sebenöabfc^nitt §.§ angelangt. 9Jeben ber
Weiteren il^ätigleit in ©c^ule unb ©c^riftftcllerei beteiligte fid^ ber ^vixixi^tU1)xU in lei«
tenber ©teHung an einer neuen 33ibelüberfc^ung feiner ftird^e. 3)ie ©runbf d^e, xiad) benen
man fvi) ju berfal^ren bomal^m, loben ben 5Dleifter ; fo ^ei^t e^ im Programm : ,,Sg 35
foU bei feinem 3)olmetfc^en ftc^en, anberft ben Sejt gu überfe^en, al« ba^ Original mit«
bringt"; freiließ ^at bann bad ©nbergcbni« bem änfang nic^t entjproc^en (bgl. 6. ©gli,
Die 3ürc^er Sibel, im 3ürc^er Safd^enbuc^ 1895). gm ^al^re 1664 mac^^te $. eine
grofee Steife nad^ ben SRieberlanben unb SBittenberg. überaß ^odj^ gefeiert. SBJie man in
ben 3Serfud^ungen be« Steifend feinem reformierten Sefenntni« treu bleiben foH, l^at er 40
für aße ©tänbe bargclcgt in feinem (E^riftlic^en SBanberiSmann 1666. SRe^rmate ^at $.
3lufe nad) au^toärtö abgelel^nt, nad; ben 9Jicberlanben, nac^ 3Jlatburg, nac^ SSremen. Srft
atö Serben anfragte, glaubte er folgen gu follen unb fagte gu. 33or ber äbreife bort^in
tooHte er nod^ bcrfc^^icbeneö auf feinem Sanbgut ^admontanum (l^eute ©))arenberg) an
ber Simmat unterhalb 3^^^^^ orbnen. 6r ful^r mit grau, brei Äinbem, einer Sflagb 45
unb gtoei ^eunben gu ©d^iff l;inab. Da überfc^lug ba^ Soot an einem öom ^oc^ge^en^
ben Gaffer berbcdten ^lufetoe^r. ©d^on i^aiU fxd) ^ottinger mit bem einen greunb butc^
©c^toimmen gerettet. Da ftürgten fid^ bie beiben um ber 5Wot ber anbern toillen bon
neuem in biegluten unb ertranlen. 6« toar am 5. 3«"^ 1667 gtoifc^en 10 unb 11 U^
bormittagd. 2luct? bie Äinber berfc^h)anben in ben SiSellen, toä^renb bie ^an, bie 5Dlagb so
unb ber anbere 3Serh)anbte fid^ am ©c^iffe galten unb gerettet h)erben fonnten. Die
a^rauerfunbe rief überaus gal^lreic^en 3iad^rufen in allen Bpxad)m unb an^ bielen £äm
bem. 3"^^^ beflagte ben SSerluft beö berül^mten unb babei aufrichtig frommen ®^
lehrten, beö beU)äl;rten Slntoalt^ feiner Se^re unb Äirc^e, be^ braben Sürger^ unb 5Patrio*
ten. ^m gleichen ^a^r gingen auc^ bie Drientaliften ®oliu«; §.g Seigrer, unb SSoc^art 65
bal^in. 3)Jan bemerlte in S^xid), ba^ ^. gerabc fo alt getoorben fei toie 3*^i"ö'if wnb
bel^ielt e^ aU ein feltfame« Omen in ßrinneruna, ba^ ac^t 3:age bor bem erfc^ütternben
©reigni« an ^.^ ftatl^eber bie 2Borte geftanben matten, bie i^n felbft fonftemierten, ol^ne
bafe ber©d^reiber je ermittelt toorben toäre: Carmina jam moriens canit exequialia
cygnus. Gmil (Sgli eo
WcoUi^ncQflopäbic für t^colofllt unb filr*c. :i. in. VI II. ^2X>
402 ^ottitiger, ^o^ann ^aloB ^ottie
^Ottinger, ^^^^^^ S^^^'^ (1652—1735). — Jo Jacobi Lavateri oratio inan-
guralis, qua describitur vita Joannifl Jacobi Hottingeri . . . acceilit Catalogus scriptorum
ejus, Tig. 1730. S^gl. Tempe Helvetica T. II, 1 unb bic ^kdifc^loöcmevfe, befonbcrS
&. t). 3Sl)6 in bev ^ilUgemeinen beutfc^eu ©iograp^ie XIII. 193—195 unb in ber .J)iftoriü»
5flrQpt)ie bev ©djiueia (1895) ©. 262.
3. 3. §. ift einer bcr toter ©ö^ne go^. ^einric^ §.^ (j. b. 21.), Sd^üler ber bret
SSäter ber l^eltoetijd^en Äonfen^formel ^eibegger in 3^^^/ ®cmler in 93afel unb 3^urre^
tini in ©enf, 1680 5ßfarrcr ju ©tallifon im Äanton äürid^, 1686 SDiafon am ®xo^
münfter, 1698 Slac^folger^etbegger« in ber tl^eoIo8tjc^cnlprofef|ur. 9Son feinen 114 2)rurf'
10 fc^riften finb bie meiften Heine ©c^ulprogramme, Il^efen, 2)ifjertationen u. bgt., etliche
aud) j)oIemif(^cn ß^aralter^. SSon SBert fmb nod^ einige l^iftorifc^^e Sirbeilen, fo über
bie t)ietiftif(^e Sctoegung in gw^c^ ^^^ 1689 bi« 1717, über bie ©ejc^id^te ber Formula
Consensus (lateinijci^ unb beutft^ 1723). 3)a« $auj)th)erf ift bie ^ebetifc^e Ätrc^en*
gefc^tc^te, bier Duartbänbe bi« auf feine 3eit (1698—1729). $.« 3Sater l^atte in feiner
16 großen Äird^engefc^ic^te fel^r einge^enb bie ©d^toeij berüdfid^tigt. S)er ^auenfelber ^riefter
Äaft)ar Sang fe^te bann biefem SBerl unter bem 3:itel ^iftorifd^^l^eologifc^er ©runb*
ri^ u. f. U). eine eifrig latl^olifc^e 2)arfteflung ber fd^metjerif^en Kirc^engefd^ic^te gegenüber
(1692). Stuf Sang« 2BerI ift bie Äirc^engefc^td^te be« ©o^ne« $. bie ebenfalls ftarl po--
lemifc^ gel^altene 2lntU)ort. Die tenbenjiöfe Haltung, aud^ bie Sreite ber ßr^^ä^lung, mad^en
20 ba« SBäerl §.« ungenießbar, obtool^I e« nic^t mel^r fo fc^olaftifc^ Verfaßt ift tDic bag be«
aSaterg. Dagegen enthält e« reiche« Quettenmaterial unb biele Dofumente unb bilbet
immer noc^ eine Slüftfammer, auf bie man im SJotfaH relurriert. Der le|te 9anb ift
ein ft)äterer 9Jad^trag mit ©rgängungen ju ben frül(;eren unb mit ber (Sefc^ic^te ber ^a^x^
1700—1728. — (gin gnfef ift ber I^oge Sodann ^afob ^ottinger (1783—1860),
26 ©efc^ic^t^profeffor an ber 3^^^^^ §o^fd^uIe, befonber« belannt burc^ eine gortfe^ung
ju ^o^önne« bon ÜKüIIer: ©efd^ic^te ber ßibgenoffen toä^renb ber 3citen ber Äir^en=
trennung, 2 93be (1825—29), unb burd^ eine 3h)ingKbiograj)^ie (1842). §. ^at juerft
3h)ingli ate ^olitifer genauer getoürbigt unb tJ^n au^ fat^olifd^en fireifen naiver g^
rac^t. SBeitere« bei ®. bon 333^^ in ber §iftoriograj)^ie (©. 313 f.) unb im Sleuja^r«-
80 blatt 1861 ber ^ilf^efeHfc^aft in 3üric^. «mir egtt.
^Ot0t, So^n, geft. 1705. — Sitteratur über i^n: Lives bv Hunt 1810;
Dünn 1836; H. Rogers 1836 (9?eubruc! 1879); Urwick 1846; Hewlett 1848; Memoire of
H. by Calamy (uorgebrucft ben Works, ^luSg. 1724); Wood, Athenac Oxon. (ed. Blise)
III, 780ff.; 834 ff.; IV,f)89ff.; Fasti, II, 120; 171; Calamy's Abridgement, 1713 ; Calamy^s
86 Accoimt, 1713; Calamy 's Continuation, 1727; Urwick, Nonconformity in Cheshire, 1846 ;
Jeremv, Presbyt. Fund, 1885, ©. IX ff.; Killen, Hist. of the Congr. Presb. Church in
Ireland, 1886; Dict. of Nat. Biogr., vol. XXVIII.
Die ^ix^mi §.« (geb. 17. 3Kai 1630 in Sougl^boroug^, Scicefterf^ire), beffen Sater
auf Saub« Setreiben infolge feiner >)uritanifc^en Steigungen unb ben barau« folgenben
4o3leibungen mit ben Dberbe^örben au^ ber ©taat^Iir^e au^fc^eiben mu^te, fiel in eine
bon fird^li(^en Äämt)fen tief jerriffene 3^- S^n ganje^ Seben ift ein abbilb biefer Un-
ruhe. — 5Wa(^bem er (feit 1647) in Sambribge, bann in Cjforb (Magdalen College)
bie ^erfömmlid^en afabemifc^en Äurfe burd^gemad^t, übemal^m er (1650) ben ^farrbienft
an ber ftaatölird^lid^en ©emeinbe ©reat 3:orrington in Debonff;ire, bie in ^arteten ger-
46 flüftet mar. §., ber in bem toilben SEaumel ber fid^ überftürjenben tir^lic^en 9leu=
bilbungen nac^ feften ^idm berlangte, fd^loj fid^, ba er bie ©taat^tird^e bom Slomani^-
mu^ berberbt borfanb, ben 5ßrc«b^terianem an, bie, nad^ ber jä^en Ä'ataftro^j^c bon
1648'49, am e^eften bie ßnttüicfelung in i^r3le(^t treten liefen. 3" 2^orrington fd^on fud^te
er eine Serfö^nung ber Parteien unb organifierte eine Sonferenj bon ©eiftlid^en berfd^ie-
60 bener 9li(f»tungen. 3ior bem ^roteftor ßromtoeH, ber, bon feinem bome^men Süßeren
angejogen, il^n an^ bem ©otte^bienfte bor fic^ fommen liefe, unb bor ben >)uritanifc^en
$äu|ptern brebigte er in SB^itebaK gegen feinen SBitten unb unborbereitet über einen iejt,
ben ber ^rotettor mäF^renb bc^ „$falm^" i^m gab, hja^r unb Har, o^ne $ofe unb
©d^önt^un, aber freilid^ jtbei ©tunben lang unb toar im Segriff, bic ©anbubr gum britten=
66 male unijufel^ren, aU ßromhjell abminfte. 2lfö paxx^taplan in aS^ite^aU berblieb ^^,, fo
fe^r i^n bic jjolitifd^c Qntrigue unb baö „freiere föfifd^e Seben" anetctten, noc^ in Slid^arb
ßromtDcüg Dienften, bem er auc^ na^ feinem iDürbelofen galle bi^ an^ 6nbe Streue unb
Serehrung belDabrte. ©eit 1659 arbeitete er tDieber in lorrington. 2luf für je 3cit ; bie
Uniformitätöafte, ebenfo bie ^orberung feiner SRcuorbination burc^ einen Sifc^of lel^nte
eo er 1662 ab, na^m aber 1664 bic Five Miles Act, „fotoeit bic menfc^lid^en ©efe^e bem
^ome ^ntbanitd Wauritd 403
SDäorte ®ottc« nic^t h)iberfj)rcc^cn", an. 3)ennoc^ tourbc er abgefegt unb hjibmetc fic^ big
1670 freier ^Srebigttl^ätiafcit. 9?ac^ einem borüberge^enben 3)ienfte in^rlanb übcmal^m er
1676 ba« ^aftorat einer ^ertoorragcnben ^^re^b^terianifd^en fiird^e in Sonbon (Haberdashers'
Hall), ging 1685 mit 2orb SB^arton nac^ Utrecht, too bie mit ben engli|cben @nth)ide-
langen ungufriebenen ©lemente um SBil^elm bon Dranien [xd) fammelten. Stuf bc^Dra^ 6
nterg dtat le^e er 1687 nac^ Sonbon jurüd, machte bort für äBil^elm Stimmung unb
begrüßte an ber ©t)i|e ber nonfonf ormiftifc^en ©eiftlid^feit ben neuen ^errn alö ben 3Kit=
^Ifer an ber erhofften religiöfen Befreiung be^ Sanbe^.
S8on ba an ftcbt er al^ einer ber fü^renben ©eifter in bem Äamt)fe ber Slon^
fonformiften um bie lirc^lic^e (Sjiften^, „ber sugleic^ bie 3lnnä^erung ber bislang feinD^ lo
liefen Jtirc^enförper bebeutete, bor ber Dffentlic^feit. ©eit 1672 l^atte er an ber Ser^
einigung ber 5ßre«b^terianer unb ber Äongregationaliften gearbeitet ; 1690 lam fie auf fein
betreiben in ber ©rünbung eine« ^onb« für SSorlefungen unb eine« tl^eologifd^en ©emi=
nor« ju ftanbe ; ber ©nttourf ber ;;®runblinien ber ^Bereinigung" ift fein SBerf. 3lber fc^on
1694 trat infolge ber (Eri«}3'f(i^en Raubet, bie §. toon feiten Sajter« ben ^Bortourf anti= is
nomiftiW^er ätnfd^auungen jujogen, bie Trennung toiebcr ein. ^n neue Ääm})fe tourbe
er im 9lobember 1700 bertoidelt burc^ feine i^erteibigung ber ,,gclegentlici^en Äonformität"
gegen Defoe. 6r trat in biefem ©treite für bie 3"'^ff""0 ^^ 9lonfonformiften gu ben
^farrlirc^en im ®otte«bienft unb bei ber ©aframentgfeier ein, fa^ aber feine 33emü^ungen
burA bie erfte 35iII ber Königin änna (4. JJoöember 1702), bie ben interlonfeffioneUen ao
Säerfe^r berbot, fc^eitem. — ©eine (e|ten Sebengjal^re tourben il^m burd^ l;äufige unb
fd^toere Äranf^eiten Verbittert. 311« „ein großer, aber einfamer 9iame" ftanb er unter
einer neuen ©eneration, bie feinen burc^ fd^mere 9Wte unb SSerfennungen l^inburc^gcretteten
3SbeaIen ber ^rei^eit unb SSerjö^nung mit fü^lerem SnH^finben gegenüberftanb, toeil neue
aufgaben ber ^^^xt i^re Jträfte in 3lnf})rud^ nahmen, älm 2. 3lpril 1705 ftarb er; in 26
ber ftaat«fird^Iid^en AUhallows' Church, Bread Street ift fein ®rab. @r toar ein
hochbegabter, bielge^örter Äanjelrebner ; feine ©c^riften berraten ben originalen Denfer,
ber in ber ©ebanfenfül^rung ©d^ärfe be« SJerftanbe« mit marmcr ®m))ftnbung berbinbet;
aber fein ©til, bem ber ©c^lüung ber ©jjrac^e unb bie ^jacfenbe Äraft be« SBorte«
mangelt, bringt bie 2iefe feiner ©ebanfen nic^t immer jum cntfprec^enben 2lu«brurf. so
©eine©(^riften: Works, ed.Calamy, 2 voll. 1724; 5Reuau«gaben 1810— 22
in 8, bon ßunt); 1848 in 3; 1862—6:] in 12; 1860 in 2 53änben (iKen?^t)örf, bie be^
fanntefte 3fu«gabe). 3Son 1726—44 erfc^ieuen auf ©runb t)ou 3Rac^jd^riften feine
„9Jad^geIaffenen aSertc" in 5 Sänben ; aufeerbcm (nac^ 9Kibbleton) 33 Veröffentlichungen,
bon benen id^ bie folgenben iDid^tigcren nenne : The living Temple of God, 1675 86
(§.« befanntefte« 2Berf, gefdbrieben in äintrim, 3^^"^) 1 A Treatise of Delighting in
God, 1674 ; The Reconcileableness of God's Prescienee, 1667 ; Inqüiry con-
cerning the possibility of a Trinity, 1694; Occasional Conformity, 1701, unb
A Discourse on Patience, 1705. Wtibolf IBnbbetifieg.
^rabanu« 9)!auru«, geft. 856. — Opp. ed. Colvenerius, ^bln 16'27; miebcv abgc- 40
bvucft MSL 107-112; bie (öebicl)te MG Poet lat. II, @. ir)4ff.; bie Sricfe MG Epist. V,
8. 379 ff. — Epist. Fukl. fragmonta a. a. 0. <S. 517 ff. lieber graben: Ruodolfi mon.
Fuld. MinicuJa sanctorum in ecclesias Fuldcnses translatorum MG SS XV 3. 32fi ff. ;
S3ö^mer:SöiU, iHcaejten ^vlx (iJe]d)id)tc ber 'iD^ainjcr (fri^biictibfc 1. ^^b, 1877, @. 1)4 ff. ; Ma-
billoo, Elogium nistoricum in ASB IV, 2 S. 20 ff.; Histoire lit^r. de la France, V 3. 151 ff.; 4&
öftftr, ®cfd). ber röm. Sit in b. forol. äcitaltcr 1840, 3. 415 ff ; Jtunftmann, ^rab. "iDla^xx.
3Rauru« 1841; "©üttcnbad), ©efd). üucOen 6. «ufl. I. 3. 234 ff.; 1)iiinmler, Oftfränf. JReid),
2. Slufl., 1887, I. 3. 105 ff , 315 ff. u. i). ; bcrf., Proocm. ,^u b. ^luifg. ber ö)ebid)te 3. 154 ff.;
berf., «ib« 27. «b 1888 3. 06 ff. unb C^rabanftubien :t83^ö 1898 3. 24 ff.; (Sbert, «ot. Sit.
b. m^, II, 3. 120 ff ; Änöpflev im Mß 2. 3(ufl. X, 3. 697 ff ; ©aucf, Ü®. 3)eutfc^lQnb§ 60
II, 2. 9tufl., 1900, 3. 620 ff.
1. §raban^ Scben. ^r. ift ^u ^Wainj (f. b. Qpxt c. 97 v. 3 ff. ©. 244: Urbe
quidem hac genitus sum) geboren. 3)ag3^^^ ^f^ ^^^^ überliefert. 2)iabißon l^at (AS
IV, 2 S. 22, abgebrudtt bei ^Kignc im 1. Sanb ber SBerfe .s^rabane) barau^, baj $raban
im ^ai}xz 801 bie DiafonentDei^e er(;ielt, gefolgert, bafe er jj)äteften« 776 geboren tourbe, 65
ba für bie Siatonenloeil^e ba«; Sllter t)on 25 ^a\)xcn nottoenbig toar. hiergegen ^at
2)ümmter Sebenfen erhoben, ba .{u. bann erft im älter toon 71 S^^i^^^^^ 3Jlainjer
ßrjbi^tum er[?ielt. 6r rechnet Dielme^r t)on bem '^ai^x ber ^rieftertoeibe rüdtoärt^, unb
!ommt toon ba au^ auf 784 al^ loa^c^einlid^e^ ©eburt^jal^r (§rabanftub.©.27). Slllein
über 784 lüirb man fidler hinaufgehen muffen, ba §raban fd^on bor bem 3Jlat 804 *
2C*
404 ^tadanitd Watintd
giilba klärte, Ale. ep. 142 ©. 223, unb bod^ nic^t anjune^mcn ift, bap man einem nod^
n\d)t jtoanjtgiäE^rigcn SüngKng bie SeJ^rerftcIIe übertrug. Cb er ibentifc^ ift mit jenem
§raban, beficn ©Item SBoluram unb fflaltrot im ^a^re 788 i^r Äau^ in SKainj an
§ulba fc^enlten, 3)ronIe 9lr. 90, toa« Tümmler für möglich ^ält, mu| man unentfd^ieben
6 laffen. ©einen 9lamen giebt ^raban in ber }3oetifc^en SBorrebe ju feiner ©d^rift de laud.
S. Crucis (I, ©. 147) in ber jjorm Magnentius Hrabanus Maurus; ber 9lante
5Waurug tourbe i^m bon Sllcuin beigelegt (ep. 14 ®. 403), au« bem 9iamen aWagnentiu«
ift fic^er nic^t auf einen ^wfammenl^ang mit ber gamilie be« Äaifer« SWagnentiu« )u
fd^lie^en, bicBleic^t bejeic^net er ^raban nur al« SKainjer (ßbert II, ©. 120). ©eine &-
10 jieE^ung fanb er im Jttofter §ulba (Epit. : In Fulda post haec dogma sacrum di-
dici); ^ier trat er aud^ in ben Scnebiftinerorben ein (ib.: Quo monachus factus se-
niorum jussa sequebar), unb tourbe, toie ertüöl^nt, 801 unter 3lbt 93augulf jum ®ias
Ionen getoeil^t (Ann. Lauriss. min. ad h. a. MG Scr. I, p. 120). Slatgar, ber 802
bie abt^toürbe erhielt, fanbte i^n furi barauf ju äicuin nad^ lour« (Catal. abb. Fuld.
16 Scr. XIII p. 272; über (Sbert« »eftreitung biefer %>t^ f. Ä® 3).'« II ©. 152 «nm. 2.
Interc. Alb. pr. Maur. Poet. lat. II p. 160: Abbas namque suus, Fuldensis
rector ovilis, illum huc direxit) ju toeiterer Slu^bilbung nic^t nur in ber Ideologie,
fonbem auc^ in ben freien Äünften (Ib.: Hunc puerum docui divini famine verbi
Ethicae monitis et sophiae studiis . . Quo mecum legeret metri scholasticus
20 artem, scripturam et sacram rite pararet ovans). Slud^ nad^bem ^raban %o\xt^
berlaffen, blieb er mit älcuin in »erle^. 3ft ber 35rief aicuin« (MG ep. IV p. 132
9lr. 88), ber dilectissimo filio atque animali meo überfc^rieben ift, an §raban ge^
richtet, fo befi|^en toir in il^m ein fd^öne« ®enlmal ber bätcrlid^en ^eunbfc^aft Sllcuin«
m feinem ©dpiuer. 9lac^ feiner Slüdlel^r nac^ gulba tourbe i&raban fie^rer an ber Wofter-
26Wule; fie gelangte unter feiner Seitung ju großer SStüte, f. b.3l.gulbaSbVI,©. 314, 4njf.
3m ^af)xi 814 tourbe er jum ^riefter getoei^t (Annal Laur. min. ad h. a.). ®ie
Ser^ältnifje im Älofter toaren toä^renb biefer ^txt nid^t immer bie günftigften. SRatgar,
ein rüdffid^t^lofer, l^errifd^er, l^artnädfiger ß^arafter toar erfüllt bon ber Seibenfd^aft ju
bauen, alle« anbere mu^te il^r gegenüber gurüc!ftel^en. 3)aburd^ rief er bie l^eftigfte SDppO'
80 fttion ber 3}Ünd)t ^erbor. ©ie befc^toertcn fic^ bei bem Äaifer (Libell. suppl. MG
Epist. IV. ©. 548 3tt. 33); biefer fud^te ^u bermitteln (Annal. Lauriss. min. ad
ann. 809 et 812); aber bergeblid^; e« fam gu einer ©ejejfton (Hrab. c. 40 S. 204);
ber 5^iebe tourbe erft ^ergqteut burd^ bie @ntfe$ung SRatgard unb bie SBa^l Sigil« im
ga^re 817 (Vit. Eig. 5 sq., MG SS XV p. 224, Ann. Fuld. ad ann. 817 et 818,
85 Ann. Laur. min. ad a. 817). äud^ §raban l^atte unter ber SBiUfür Slatgar« gu leiben,
e« tourben i^m feine ©d^riften toeggenommen. 2)ag ©ebid^t, in bem er um SRüdgabc
bat (c. 20 ©. 185), jeigt il^n bon ber liebenötoürbigften ©eite. Um fo freunblid^er ge«
ftaltete fic^ fein SSer^ältnid ^u bem trefflid^en Sigil (Vit. Eig. 20 ©.231: Disputa-
tionem quoque saepius cum Hrabano magistro, qui ei erat speciali familiari-
40 täte eoniunctus, excepit). 3la6) beffen lob, ©ommer 822, tourbe ^raban 3lbt (Ann.
Fuld. ad h. a.). $atte er bi^^er ba^ Seben eine^ ©elel^rtcn geführt, fo betoie« er nun,
an bie ©t)i|e eine« großen Älofter« mit au^ebel^ntem 33efi| geftettt, ben manc^fad^en Sln^
forberungen bc« neuen Slmte« nac^ allen ©eiten l^in fw^ getoac^fcn; unter il^m tourbe ber
bon eigil begonnene 5Keubau beg Älofterö bottenbet (Rud., Mirac. ©. 1 ©. 330, aui}
46 bei aJligne im 1. S5b ber 2B2B $raban« ©. 39 ff.); in ben mit gulba berbunbenen
liöfterli^en 9iieberlaf|ungen unb ju bem iSlofter gehörigen Dörfern baute er Äirc^en ; fein
©c^üler Slubolf giebt an, baft brei^ig Oratorien unter i^m errid^tet toorben feien (ib. 14
©. 340). ebenfo forgte er für ben ©^mudf ber Äird^en ; bon ber Klofterfird^e in gulba
toirb ba« au^brücfUd^ ertoöl^nt (c. 1 ©. 330 : ecclesiam ex diverso metallorum pre-
60 tiosarumque vestium genere pulchra varietate decoravit); bie bon il^m erbaute
Äirc^e in SHate^torf (= ^a^borf, nörblid^ bon tjul^ö), lie^ er mit ©entölben bcrfel^
(c. 13 ©. 338: quam picturis et diversorum varietate metallorum b. 1^. mit
mufibifc^en Silbern, decenter ornavit, altaribus et crucibus auro argentoque
paratis, vasisque diversi generis, quae divinus cultus exposcit, congruenter
66 adhibitis). 9Ud^t unbebcutenbe fiinftlerifd^e Äräftc muffen il^m jur 35erfügung geftanben
fein; man ^ört nic^t nur bon ber §erftetlung bon ©emälben unb metattenen aitarber;;ie=
rungen, bon ber ßrbauung bon mit 3WofaiI berjierten Salbac^inen über 3lltären unb 3if
liquienfd^rcinen (c. 3 ©. 332: erigens desuper ligneum aedificium mechanica
arte fabricatum, quod argento et auro atque lapidibus pulchra varietate de-
eocoravit; bgl. c. 8 ©. 335, 12 ©. 337, 14 ©. 339), fonbevn man toagte fid^ aui) an
^radanitiS Slaitntd 405
bte §erftettung eine« ©d^retne« mit ß^erubefiguren (c. 3 S. 333: fte {c^einen freiftel^enb
geiD^en ^u fein, c. 4: arcam, SL^^™ ^^^ duobus cherubin positam diximus),
eine« anbeten mit Äeiligenbilbnillen (c. 14 ©. 339). SUtar^ unb ^rieftcrgetüänber,
ÜKcfebüd^er unb ©loden berfanbte firaban al« ©efd^enfe (Dümmler, ep. Fuld. fragm.
XVII, ©. 523). %üx ben un0ejtörten SRed^t«^ unb Scft^ftonb be« Älofter« trug er 5
©orge, inbem er bei ben Äaifem unb ^päpften bie Seftätijaung ber ?5rit)i(egien be«=
felben ertüirfte (Immun. Hludov. regis b. 5. gebr. 834 S. 2K 1316; Dronke, Cod.
dipl. 3lr. 486; Praec. Ludow. imp. pro conf. priv. b. 6. ÜKai 840, S. 3K. 973
Dronke 9tr. 526; Immun. Hloth. imp. D. 31. ^uU 841 35. 3K. 1052 Dronke
mx. 536; Priv. Greg. pap. b. 1. 3H)rU 828 3. SB. 2568 Dronke 9h:. 477). SiSie fel^ 10
fid) unter i^m ber 93e|t$ be« Älofter« mel^e, jeigen bie bielen 3:rabitionen (Dronke
5Wr. 400 ff.); bie ajertooltuna ber ®üter fd^eint er neu organifiert ju Ibaben (Rud. c. 1
©. 330). Singriffe in bie 3le©te beg Älofter« fanben bei il^m energifc^en SBiberftanb, bagegen
l^atten feine 3Rönd^e an ipm einen mutigen 38erteibiger (Dronke 9lr. 456; 513; ep.
Fuld. fragm. VIII sq. ©. 518 f.). Sor otten 3)ingen befc^äftiaten i^n feine geiftlic^en 16
^fßd^ten; auc^ afeäbt gab er ben tl^eologifc^en Unterr^t nid^t auf (Rud. c. 1 : quotiens-
cunque a curia saecularibus, quas, prout possibile erat, toto nisu declinabat,
liber esse permittebatur, aut alios sacris litteris instruebat aut in legendo
vel dictaudo divinis scripturis semetipsum pascebat); nid^t minber lag ifm bie
Untertoeifung be« SSoIfe^ amJperjen: er (jrebigte felbft, er bermel^rte biegöi^I ber ^^Jriefter ao
auf bem Sanbe (c. 1), er ermal^nte fie )u eifriger 5ßpic^terfüIIung(ep. Fuld. fragm. 16 f.
©. 521). SRuboIf rül^mt feine ©orge für bie iUofterbiöjijjKn, für bie gortfc^ritte feiner
©d^üler (c. 1); er erftredte feine SBifitationen aud^ auf bie mit IJulba jufammen^ngenben
9JonnenIIöfter (ep. Fuld. fragm. 6 ©. 518). 9Jlit bem größten @ifer bermel^rte er ben
Sleliquienfd^a^ ^^rulbad; bie ^rift Slubolfd giebt eine anfc^aulic^e ©d^ilberung feiner 25
Il^ätigfeit nac^ biefer Slid^tung (bgl. aud^ ep. Humberti [Sifd^of bon SBürjburg] ad
Hab., ep. 26 ©. 440).
Sieben biefer bielfeitigen Jl^ötigfeit arbeitete §raban ununterbrochen al^ ©d^riftfteller.
^toar Hagte er too^I, er fei fo befq^äftigt, ba^ er toeber anberer ©c^riften lefen noc^ an
eigenen arbeiten tbnrn (Srief an ^eculf bon Sifteuj ep. 8 ©. 393, bgl. 10 ©. 396), 80
aber aufgegeben ^t er bie litterarijd^e Slrbeit be^l^alb nic|t SBir beft^en eine grofee ^a^l
bon ©d^riften au* ber ß^t, in todc^er er bem Älofker ^ulba borftanb.
dagegen ^at er in ben }3olitifAen SBirren ber ^At eine ^erborragenbe SRoIIe nic^t
gejpielt ; er toar ein grunbfä^lic^er ®egner beffen, ba^ fu^ bie Oeiftlidben in bie (jolitifc^en
SJmge mengten. Decet te, fd^rieb er f))äter an §emmo bon ^olberftabt (ep.36©.471), 36
nihil aliud praeponere meditationi divinae legis et doctrinae verbi Dei; nee
ullo modo debes ea deserere propter mundanam curam et saecularia ne-
gotia . . . Proh dolor ! multi inveniuntur huius temporis viri in ecclesiasticis
personis, qui relicto predicandi officio et spiritali conversatione in eo se
magnos estimant, si terrenis negotiis preponantur et disceptationibus saecu- 40
larium sepe intersint, ita ut in eorum conventibus quasi arbitres presideant
et eorum conflictuum iudices fiant. 3)iefer 9(nfc^auung gemö^ l^anbelte er. ^abei
toar fein }3oKtifc^er ©tanbjjunft feine^toegg fc^toanfenb; fo lange Subioig ber ^omme
lebte, l^at er bem Äaifcr unberrüdtt angel^angen aud^ in ben 2^agen feiner tiefften ßmie«
brigung. 3)aju betoog i^n nic^t nur perfönlid^e Sln^ängKd^feit, ober 2)anlbarleit für bie 46
mand^erlei Segabungen, bie ba« Älofter bon Subtoig em^jfangen ^atte (Dronke 9lr. 484,
489, 523, 524, 655; unecht fmb 527 unb 528; ep. Fuld. fra^m. 2 ©. 517), fonbem
befonber« fein ftttlic^e* Urteil über SRed^t unb Unrecht im ©treit be* SJater* mit ben
©binnen (bgl. unten ©. 408, 12 über bie ©^rift de rever. filior.).
3toanjig ^aü^x^ lang ftanb $raban an ber ©}3i$e be« Älofter«; bann legte er feine eo
SBürbe nieber; er überliefe, fc^rcibt ©erbatu« 2ut)ug, „unferem ^atto" fein mül^ebotte«
3lmt(ep.40bgl.Rud.c. 15©.340). 2)a« gefd^al^ im Jrü^ial^r 842; eine ^rabitton bom
2. Stjjril b. 3. (Dronke 5Rr. 543) nennt bereit« §atto al« »bt. 3Ran f)at nad^ ben
®rünben, bie ^xaban ju biefem ©d^ritt betoogen, gefragt, unb fie batb in feiner SWife-
ftimmung über ben feinen SBünfd^en entgegengefe^ten ®ang ber bolitifc^en Sreigniffe 65
(SDümmler, ®efc^. be« oftfr. 3t. 1, ©. 317, bgl. §efele, 6.-^©., 2. 3lufl., IV, ©. 124),
balb in bem SBunfc^, fid^ ber abminiftration be« Älofter« ju entlebigen (ßbert, Sit. b.
aJlä., II, ©. 123) gefunben; bieCeic^t tourbe fein Slüdftritt geforbert (f. Ä®. 2).'« II
©. 622 f.). S)afe bem mel^r al« 60iäl^rigen, bon Äranf^eit niebergebrüdften (Srief an Äaifer
Sot^, ep. 28 @. 444, an Sifc^fof ©amuel bon SBorm« ep. 24 @. 431) SRanne b^ 00
406 «^rabanuS Wattntd
Söunfd^, fcincö niü(;ct)oIIcn Slmtcö übcr(;o6cn ju fein, na^c lag, ift leidet bcgrciflid;. (Sin
SBorbilb für feinen ©c^ritt aber f^aiU er an ber 3lmtönieberlegung be« Slbte^ Saugulf,
ber feine legten ^ai}x^ in ber SaufluIf^jeÜc bei ^ammelburg iubrad;tc (Rud.c.7©.335),
aud^ an bem SSergic^t be^ Sonifatiu« auf bie erjbifd^öflic^e Ipätigfcit.
6 §raban blieb in ber 9?äJ^e bon gulba; auf bem ^eter^berge l^attc er eine Äirc^c
erbaut (Rud. c. 14); ^ier lie^ er fi^ nieber: ibi manens ac Deo serviens coelesti
philosophiae vacabat (ib. c. 15). 3" ^i<^f^ 3^^ fonnte er ungcftört ber litterarifc^en
J^ätigfeit fid^ toibmen j babei unterftü^ten il^n ferne ©cnoffen (33rief an ©erb. £u}3. ep. 2:]
©. 429), toä^renb er m früheren ^a\)xm ganj^ attein gearbeitet l}aiU (33rief an §atftulf
10 ep. 5 ©. 389 : ipse mihi dictator simul et notarius et librarius existens).
3)oc^ bie ^Ät ber gw^ücfgejogen^eit bauerte nid^t lange. 2lm 21. 2lj)ril 847 ftarb
(Srjbifd^of Dtgar bon 9Kainj, §raban tourbe fein SRad^f olger; bie Drbination fanb am
26. ^nni \tatt (Ann. Fuld. ad a. 847) cum magno favore principum gentis
Francorum et eonsentanea cleri et populi electione (ep. Fuld. fragm. 31 ©.531).
16 9lo(^ im Dftobcr b. 3- W^^ ^xaban auf Sefe^t Subtoigö be^ 3)eutfc^en feine erftc ^ro^
binjialf^nobe im ©t. aiban^Ilofter bei ^IRain^ (Ann. Fuld. 1. c; bie alten MG Capit.
II ©. 173 9Jr. 248, auc^ bei ^ar^^eim, Conc. Germ. II, p. 151 sq.). 5}on ben
31 canones biefer ©^nobe, bie bem Äönige jur Seftätigung borgelegt h)urben, fmb bie
toic^tigften can. 1, ber ben 5ßrieftem bie 3SerJ)flic^tung einfd^ärft, ben toal^ren m ber Siebe
20 tl^ätigen ©lauben ate ba« ^nbament allc^ ®uten ju t)flegen, can. 2, ber bie S3er^)flic^5
tung jur ^rebigt in ber 3So(tef>)rac^c erneuert unb can. 26 f., meldte Seftimmungcn
treffen, um ju beraten, bafe jemanb fterbe, o^e bie SKöglic^feit borl^er ©ünbenbergebung
ju erlangen, ©c^on im Dftober 848 fanb in 33erbinbung mit einem SHeid^ötage eine
jtöeite ©bnobe in 3D?ainj ftatt. 3)en SSeratung^gegenftanb bilbete bie ©ac^e beö möni)^
25 ©ottfc^alf (bgl. b. a. S5b VII ©. 40, 2 b). gm Sa^re 852 (über bie ^Datierung \>d.
»interim, a)eutfd^e 6onc. II, ©. 428 ff.; §cfele, 6.^®. IV, ©. 179; Tümmler, DJ. m.
I ©. 361) folgte bie brittc ©^nobe §rabang; i^re Sefd^lüffe bejie^en fw^ auf bie !ird^=
lic^e 3)iggi})lin unb ba« firc^tic^c SRed^t (Ann. Fuld. ad h. a. ; bie 2lften in ben MG
Capit. II ©. 184 5Rr. 249, auc^ Leg. I ©. 410 sq.). 2öie al^ abt, fo trug C^raban
30 auc| ate Sifd^of ©orge für §erftellung bon Äird^en, Slltären unb SRcliquienfc^reinen (t)gl.
carm. 55, 2 u. 4 ©. 219 f., 76 ©.228, 77 ©.228); bie Älöfter l^atten an il^m einen
5ürft)re(^er (gulba, ep. Fuld. fragm. 27 ©. 528 f.; Älingenmünfter, SölS^mer^aBiH,
SRegeften ©. 65, Sll^einau ib. ©. 67). ©eine ©c^riftftellertl^ätigfeit erlitt faum eine Unter-
brechung; fein S3eruf bot ü^m ba unb bort 3lnla^ ju fc^reiben. 2(uc^ in ben ©treit
36 über bie Slbenbmal^felel^re bed ^afc^afiu^ SRabbert n)urbe er beranla^t einzugreifen (f. b.
31. SRabbert). SBa« i^m befonber^ ben S)anf unb bie ©emunberung feiner ^^^Ö^^offen
ertoarb, tvax feine SBo^lt^ätigleit. 3" ^^^ großen §unger«not be^ ^al^xti 850 ft)eifte er
nad^ ben ann. Fuld. täglich me^r afe 300 5ßerfonen.
©eine ftetg gleid^e Il^ätigfeit fc^eint ben ©ebanfen ju bertoe^ren, ba^ feine Jtraft
40 ermattet toäre ; er f elbft jeboc^ füllte fid^ alt (©rief an ben ß^orbifc^of 2:^iotmar
ep. 55 ©. 509; an Äaifer Sotl^or, ep. 50 ©. 504 f.). am 4. ^bruar 856 ift er
geftorben (ann. Fuld. ad h. a.); er tourbe bei ©t. Sllban begraben; bie t)on i^m felbft
berfa^te ©rabfc^rift (carm. 97 ©.244) ift anjiel^enb burd^ il^re Sefd^eibenl^eit. Sllbret^t
bon Sranbenburg ^at feine ©ebeine nad^ Äalle a. b. ©. bcrbrad^t.
46 §raban ift einer ber bebeutenbften firc|lid^en 3Wänner feiner 3^i^- 3ln Äenntni« ber
l^eiligen ©c^rift, ber firc^lic^en Sitteratur unb be^ fird^lic^en 5Rec^t^ trar i^m unter feinen
3eitgenoffen niemanb gleich; ^ier toar er im ganzen ^anfcnreic^e anerfannte Slutorität.
Sei aller Sefd^eibcn^eit toar er fic^ beffen beloufet; er fei nic^t reic^, fc^reibt er einmal
an bie Äaiferin S^^^^'S^/ tamen studio sacrarum orationum non sumus omnino
50 vacui (ep. 17a ©. 420). ©ein SBiffen aber ftellte er gan^ in ben 3)ienft be^ gebend;
in ben SBibmungen feiner Kommentare tritt ba^ überall an ben Jag (ügl. 3. 93. 1, ©. 730).
35a^ größte l^at er im Unterrid^t geleiftet, er juerft l^at ber litterarifc^en unb t^eologift^cn
Silbung bie^fcitö beö Sl^ein^ eine .^eimftätte bereitet. ?fanb er feine Sefriebigung in ber
ftiHen litterarifc^en Slrbeit im filofter (Epit. : Cella tamen mihimet mansio grata
55 fuit), fo betoie^ er aU 2lbt unb afe ßr^bifc^of, baft i^m ba^ Talent ju organifteren unb
5U leiten nic^t gebrad^. ^erfönlid^ toar er anfj^ruc^^lo^ ; er fonnte Äränfung ertragen,
ol^ne baburc^ erbittert ju toerben (carm. 20 f. 0.); aber too e^ fic^ um Stecht unb Un=
rcd^t f)anbelte, battc ber W6nd) ben 3Wut, aud^ einem ©imobalbefd^lu^ ffliberfprud^ ent^
gegen^ufe^cn (lib. de oblat. puer. I, 419 gegen ben Sefd^lu^ ber 3Bain^er ®^nobe toon
fjo 829, ber ©ottfc^all bie (Jrlaubni!^ jum 2(u^tritt ou^ bem filoftcr gab, ep. Fuld. fragm.
^tobaittii» SKaiintd 407
29 S. 530), formte bcr Sifc^of mit einer §ärte berfa^ren, bie toie gfinbfeliQlcit crfc^eint
(aSer^alten geßen ©ottfc^aK 848); bod^ ben DueD feiner (Snergie {priest er in bem ©o^e
au^ : Ubi Christus in causa est, non est verendum odium pravorum (ep. Fuld.
fragm. 17 ®. 523). Über bie SWenfd^en urteilte er mit einer 33iui0feit, bie man gerabc
im aJlunbe eine« 9Könc^e« nic^t ertoartet; si dixeris mihi, fc^rieb er an einen ü^m be^ 5
freunbeten 5ßriefter ^abubranb, hie et hie, iUic et illic mutantur hominum mores
et disciplinae rigor cadit, hoc a me recipias responsum, quod nusquam
omnes boni nisi in coelo, nusquam omnes mali nisi in inferno (ep. Fuld.
fragm. 16 ©.522). SReben J)oIiti{^en Sijc^öfen toie §infmar bon SRI^eim« erfd^eint bie
Sauterlett feine« SBefen« im fd^önften Sid^te, toie er auc^ jeben a)li|braud(^ geiftlid^er 9KitteI, lo
um toeltlic^e ßtüetfe ju erreid^en mit ber größten ßntfd^iebenl^eit bertoarf (ep. Fuld.
fragm. 16 ©. 521). 3:rug feine ^mmigfeit bie garbe feiner ^Ät, fo l^at man bo(^
überall ben (Sinbrud ber SBa^r^eit unb äufric^tigf eit ; feine Siebe galt ber l^eiligen©c^rift;
i^r gab er noc^ in feiner (Srabfd^rift ^^Ö"'^ (cui lectio dulcis divinae legis semper
ubique fuit). 2)abei befafe er ^eil^eit be« Seifte« genug, ba^ er fic^ über 3«itborurteiIe 16
l^intüegfeben fonnte (SBerle^r mit einem 3uben ep. US. 403, 18 ©. 423).
2. 3)ie ©c^riften $raban«. a) gjegetifd^e ©c^riften. S)er am früi^eften ber=
fafete Kommentar §raban« ift bie ßrHärung be« 5Kattl^äu«s@t)angeIium«, I, 727 ff. 3n
ber SBibmung an ben (Srjbifd^of $aiftulf bon 3)Jainj bejeic^net er ftc^ ate indignus
Presbyter; ber Kommentar ift alfo jtoifdben 814 unb 822 gefc^rieben: er ift eine ^c^t2o
ber Sei^rtl^ätigfeit ^xabani; benn jur äbfaffung gab il^m ber SBunfc^ ber SSrüber, qui
nobiscum evangelium legere disponebant, 33eranlaffung (©. 728). ®a« ejegetifc^e
SJerfa^ren ift l^ier bereit« ba«felbe, ba« ^raban and) fernerhin beobachtet f)at; er erflärte
in ber Siegel nid^t felbftftänbig, fonbem fammelte bie grllärungen ber älteren 38äter; feine
®eh)äl^r«männer toaren l^auj)tfäd^Kc^ JpieronVmu«, Sluguftin, (Sregor b. ®r. 2)ie ßjjerpte 26
maren burc^ bie Sejeid^nung ber 38erfaffer lenntlic^ gemacht; ebenfo bie eigenen Sln^
merfungen $raban«. a)ie äufforberung be« 33ifc^of« ^eculf bon Sifieuj, ben $entateud^
ju erflären (I, ©. 441), fül^rte $raban gum 3Uten %^iamtnt 35ie Slrt ber (Srflärung
mar bem au«brüdEIic^en SBunfc^e jjreculf« gemäfe (©. 440) bie gleiche toie im 9Kattl^äu«-
fommentar, nur tritt bie aUegorifc^c 3)eutung naturgemäß ^ier biet ftärfer l^erbor al« bort 90
(bgl. praef . gu ©job. II, 9). 2)ie Srilärung be« ?pentateuc^« fd^rieb §raban bereit« al«
abt («rief JJrecuIf« I, 439). 6« folgten bie Kommentare ju ben übrigen ^iftorifc^en
Suchern be« 3llten ieftament« mit a[u«na]^me bon ®«ra unb 9Jel^emia, bagegen ein*
fc^Ueßlic^ ber Sucher bcr 3)JafIabäer. 3)ann erflärte $raban ba« S5ud^ ber 2Bei«^eit unb
3efu« ©irac^, beibe Kommentare fmb bem ©rjbifd^of Dtgar bon SHainj getoibmet. %m 85
begann er bie ©rflärung be« g^f^ia«, unterbrad^ aber bie Slrbeit, um juerft ^Ofemia« gu
erflären (Prol. in Jes. ep. 47 ©. 502, Kunftmann ©. 225). 3)ie SJoIIenbung be«
3eremia«fommentar« fällt mit ber SRieberlegung feiner 3lbt«h)ürbe jeitlid^ jufammen; be*
gönnen toar er noc^ ^u Sebjeiten Subtoig« be« gtommen, bottenbet erft nac^ beffcn 2^obe
(Srief an Sotl^ar ep. 28 S. 443). 9flun folgten bie Kommentare gu Sjed^iel unb Daniel 40
(prol. in Jes. ©. 502). Darauf unternahm ^xaban auf ben SBunf4 Subhjig« be«
Deutfd^en bie 3lu«legung ber im gotte«bienfitlic^en ©ebraud^ befinblid^en biblifd^en §t?mnen
(Srief an Subtoig ep. 33 ©. 465, §raban erinnert pc^, quod in illa [cantica] quae
de prophetis sunt, Isaia videlioet et Habacuc, necdum manum miserim). ^ann
erft tourbe ^^a\a^ boUenbet (prol. in Jes. ©. 502). 3" *>M<^ fbätere 3^^ gehören 46
toa^rfc^einlid^ auc^ bie Kommentare gu ben 5ßroberbien, ju ben jjaulinifd^en Sriefen unb
JU bem 3o^anne«ebanaelium. 38on ben genannten Kommentaren fmb noc^ ungebrudft ber
JU 3^f<^i<^^/ *>«>" toelc^em bie ©rlanger Uniberfität«bibliot]^eI eine au« bem Klofter ^eife
bronn ftammenbe ^anbfd^rift be« 12.3a^rl^unbert« befifet; ber©c^reiber ber jtoeitenÄälfte,
ber nic^t ibentifc^ ift mit bem ber erften, nennt fid^ SB^ganbu« ; ferner ber m Daniel öo
unb m ijo^anne«; bon le^teren äbfc^riften in ber SJJünd^encr @taat«bibliotl^ef au« bem
SWac^lafe (gn^uber« (f. Kunftmann ©. 3).
b) (grbaulid^e ©c^riften. Über bie Jtoei ^omilienfammlungen $raban«, bie eine
§aiftulf, alfo bor 826, bie anbere Kaifer iSotl^ar getoibmet, bgl. ben Slrtifel ^omiliarium
oben ©. 309, 46 ff. ^ier^er ift nod^ ni rechnen bie bem Slbte 93onofu« (b. i. §atto) ge^ bb
toibmete, alfo nac^ 842 berfa^te ©c^rift de videndo Deo; benn offenbar gehören nur
bie beiben Sudler, bie de videndo Deo unb de puritate cordis überfc^rieben toerben,
jufammen ; fie bilben bie jtoei Seile einer Slbl^anblung, bie bon bem ©c^auen ®otte« al«
ber ^öc^^ften ©eligfeit ^anbelt; toä^renb ba« fog. britte Sud^ (de modo poenitentiae)
eine felbftftänbige ©c^rift ift; e« enthält eine toarme ©rmal^nung ju red^ter S5ufee. go
408 ^nidunttiS SRattntd
c) Schriften jur Untcrtpcijung bet Älerifer. 3lod) ate 9Kpnd^ öcrfa^tc ^raban fein
bem drjbifd^of §atftulf ßetDibmcte« SBerl de clericorum institutione ; c« follte bcn
^rieftem über il^r ämt unb toa« bamtt jufammcn^ängt (de officio suo et variis ob-
servationibus quae in ecclesia Dei observantur, I, p. 295) Selc^rung barbieten;
^ e« jerfoKt in brei ©üc^er, beren erfte^ bon ber Äirc^e, ben firc^Ii^en ordines, ber Heri«
falen Äleibunfl, ben ©aframenten unb ber 3Kene l^anbelt, ba« gtoeite bon ben gotte^bienft-
lid^en Orbnungen, ba^ britte bon ber t^eologifc^en mie attgemeinen Silbung ber ©eift*
liefen. 3)ie Slnlage be« SBerfe^ ifl felbflftänbig, bagegen beru|t e^ in^altßc^, toie ipraban
fclbft l^erborl^ebt, jum großen %Al auf älteren SBerlen, befonber« auf ben institutiones
10 be^ ßafftobor unb auf Sluguftin« ©c^rift de doctrina christiana. ^n bie gleid^e 3^^
gehört tüal^c^einlic^ bie excerptio de arte grammatica Prisciani unb fic^er ber 820
berfa&te über de computo, eine Unteriüeifung in ber ^^trcj^wung ; er ift ganj gleid^en
Gl^arafter^ ; felbftftänbig in ber ^orm — er ift ein Dialog jtoifci^en Seigrer unb ©d^üler —
ift er boc^ in ber Qad^t bon früheren ©d&riften (befonberd 9eba, de teraporum ratione)
16 abhängig. Site Slbt f 4rint §raban fein 3Rart^roIogium jufammengeftellt gu l^oben ; nac^^
bem er fid^ ouf ben ^eter^berg jurüdfgejogen ^otte, fd^rieb er bie 22 Sudler de universo
(V, 11 : postquam me divina Providentia ab exteriorum negotiorum cura ab-
solvit). 3n ber an §emmo bon ^alberftobt gerichteten SSorrebe fagt er, fein SBSerf foBe
nad) bem 33orbiIb ber Sllten — er benft an ^fxiov bon ©ebilla, beflen (St^mologien ^ier
20 feine §auj)tquette pnb — j^onbeln, non solum de rerum naturis et verborum
proprietatibus, sed etiam de mystica earundem rerum significatione. @^ ift
tüte bie @t^moIogien be^ S);fibor eine älrt Stealenc^tlo^äbie unb be^l^alb bon äSic^tigfeit
jur Äenntni« be« SBiffen^feeife«, in bem fic^ bie Älerifer bc« 9. ^ö^^^^w^bertö belegten.
3n biefe Slul^ejeit gel^ört auc^ bie ©c^ft de ecclesiastica disciplina (VI, 1191: dum
26 quietus ab omni mundano negotio in cellula mea sederem) ; fie berul^t mm ^eil
auf Sluguftin, ^m leil auf ber ©$rift de cleric. instit.; nur ba^ lc|te Suc^ (de
agone Christ.), ein äbri^ ber ßt^if, ift felbftftänbig. Site Sifc^of ertoeiterte §raban
bad erfte 93ud^ de cleric. instit. )u ber ©d^rift de sacris ordinibus, sacramentis
divinis et vestimentis sacerdotalibus ; bie 3^tbeftimmung ergiebt ftc^ au^ ben an
3oIl^iotmar gerichteten SBorten, auia mei cooperatorem in sacro ministerio te elegi
(VI, 1165). äluc^ bie Äaifer Sot^ar getoibmete ©c^rift de anima toirb in biefe f})ätere
Mi fallen. 9lid^t beftimmen lä^t ftc^ bie Slbfaffungdjeit ber allegoriae, einer ^ufammen*
fteffung ber Segriffe, bie in ber l^eiligen ©d^rift allegorifc^ gebrandet toerben, nebft il^rer
mit SJeifpielen belegten Deutung.
36 d) 3luf 3^i^berl^ältniffe bejüglic^e ©d^riften. ®cgen ben Sefd^lufe ber ÜKainjer ©^=
nobe, toelc^e Sottfc^oll ben Sludtritt aud bem Drben erlaubte, fc^rieb ^raban ben liber
de oblat. puerorum, eine 38crteibigung be^ ®runbfafee|8 quod licet parentibus filios
parvulos ad Dei servitium tradere, bie ju einer sBerteibigung bc^ ÜKönd^tumd über=
fyivapt toirb. Über bie Sriefe ^um ©ottfd^atffd^en ©treit f. b. 31. ©ottfcbalt (8b VII ©. 40, u);
40 über bie epistola ad Egil. de eucharistia f. b. 31. SRabbert ^afc^aftuö. 3luf bie an-
gefod^tenen Siedete ber ßl^orbifc^öfe (f. b. 31. Sanbbifc^of) bejiel^t fid^ bie an ®rogo öon
aJle§ gerichtete 35enffc^rift de chorepiscopis, ep. 25 ©. 431. Durc^ bie (Srlebniffc
Subtoig^ b. ^r. beranla^t ift bie ©d^rift de reverentia filiorum erga patres et sub-
ditorum erga reges, ep. 15 ©. 403, eine i^erteibigung be^ fiaifcrd gegen feine ©öl^ne
46 unb bie Sifcföfe nac^ ben ßreigniffen bon 833, unb bie eth)a« fpätere ©c^rift de vitiis
et virtutibus (ep. 16 ©. 416).
e) ©d^riften gur fir^lid^en 2)iö^iJ)lin. Dtgar bon 3Wainj ift gctoibmet Poeniten-
tium liber ep. 32 S. 462 ; ate (Srjbifc^of berfa^te §raban ein Poenitentiale für ^eri-
balb toon Slujerre (er rebet biefen ate dilectus f rater an ep. 56 ©. 510). 3luf ba^
60 (Jl^ered^t bcj^iel^t ftc^ ber Srief über bie ^age, quota generatione licitum sit connu-
bium an ^umbert bon SBürjburg (ep. 29 ©. 444) unb ber Straftat de consangui-
neorum nuptiis an 3lbt SJonofu^ b. 1^. §atto b. gulba ep. 31 ©. 455. ^u erh)äfnen
finb cnblic^ ber 'üraftat de magicis artibus unb ber S3rief an bcn ßl^orbifc^of SRcgim
balb über toerfd^iebene 5^agen ber 3)iöjii)lin, ep. 30 ©. 448.
66 f) 3" ^^" ©ebid^ten .^raband gehört fein frül^cfte^ SKcrf, In laudem s. crucis
(bgl. ep. 1 f. ©.381 ff.; g. ö. ©d^loffer, S^rbb. ber funft^or. Sammlungen be« Äaifer«
^aufc« XIII, ©. 24 ff. unb Tümmler, §rabanftubicn ©. 29 ff.), eine größere Slnjal^l
t>on ^nfci&riftcn u. a. ©ie geigen il^n jti^ar nic^t ate großen 2)id^tcr; er ift ^cr^fünftler;
aber bann unb toann finbet fic^ bod^ ein glüdlid^er SSer«.
60 3Kinbcften^ jtoeifelbaft ift e^, ob bie ©c^rift adv. Judaeos bei Martene, Anect.
^tadanitd Sliitintd Ritter, Samuel 409
thes. noviss. V, p. 401 ^xahan h)ir!ltd^ angel^ört. ÜBer feine Sebeutung für bie beutfd^
&lfita^ t)gL aBademagel, ®efd^. b. beutfd^en Sit., ©. 52. 35ie l}xob. ©loffe bei' ©teim
mc^er unb ©ieberö, ®ie olt^oci^beutjc^en ©loffen, I, ©. 3 ff. *««*•
^totfittt, Slo^toitl^, gcft. um 980. — «Berfe, öerauSgefleben üon ®. «. ©arocf,
Slurnberg 1858. 55ic bciben ^iftor. ©ebidjtc au(ö in ben MG SS IV 6. 306 ff. Ucberfctung 6
üon 2^. ¥funb in ben (äJefcfticfttfcftreibcrn ber bcutftften SSorjeit. 10.3oir^M b.fßh, — Ofrörer,
SHr(6engef(i)td)tc. IIL 3, 1357 ; (Sonl^en, (Defc^itbtf (Treiber ber 6öd)rtf4en ßQ{fer5ett, 99egendburg«
Ruftet, fpfitcr «ugöburgsÄonniQnn, 1837, 6. 109 ff.; Oiefebrecftt, ®efdjtdjtc ber beutfc^en
Äaiferjett »b I; ©ottcnbadj, ©cfAidjtgquencn «ufl. «, «b I, ©.334 ff.; 9J. Äöpfc. Cttonifdie
@tublen, »b II. ©crlin 1869; ?9Qit in ben &b® IX 8. 335 ff.; ®ra«^of in ben @iub. u. lo
TOttt Qu8 b. S^cnebiftincr u. (5iftercienjerorbcn 18J^ff.; Rint, Ueber SRoSmit^QÄ Carmen de
geet. Oddonis, Äöni9«berg1875: (Sbcrt, fiitt. bc« m'ä, 3.©b. @. 285 ff.; ©aud, t® 3)eutf(i)-
lanbd 3. $b @ 301 ff.
$rotfuit, SRo^tüitl^a, Slonne ju ©anberd^eim, au^ altem abeligem ©efc^Iec^te, lebte
im leiten S)rittel be« 10. ^^i^tl^unbert^. SBeber t^r ©eburtg^ noc^ ibr 2:obe«ia]^ ift be« i6
Idnnt. 3^re ^tiffin ©erberga (959 bi« 1001), bie Tochter ^erjog« §einric^ bon Saiern,
eine ^au bon ungetoö^nlid^er Silbung, forberte fie auf, ein ^äbengebic^t jum ^greife
Dtto^ I. ju berfajfen. ^m ^af)xz 968 tüar e^ bollenbet: Hrotsuithae carmen de
gestis Oddonis I imperatoris, MG SS 4, 317—335. 35a^ SBerf ifi un« nic^it boll^
jlönbig erl^lten. S)a fie ben ©toff bon 3Kitgliebem ber faiferlid^en gamilie erhielt, fo 20
^oben natürlich berfc^iebene SRüdEfic^ten auf bie Darftellung eingetoirft. aber biefe ^or^
fteOung ifl bod^ eine toic^tige ©efc^id^t^queQe getüorben. ^rotfuit l}ai f)}äter auc^ bie
®ef^id^te il^e^ Älofterd befungen: de primordiis coenobii Gandersheimensis, MG
SS 4, 306—317. aud^ bicle ©cbid^te auf ^eilige: SJlaria, ben ^. ©ongolf, ^elagiu^,
H^eot)l^ilu^ u. a., ^at fie berfafet. Sefannt fmb befonber^ il^e d^riftlic^en Äomöbien nac^ 25
bem SRufter be^ lerenj unb afö ©citenftücf ju bemfelben gebadet. 3)ie ältere Slnfid^t,
ba^ fte in ber abfielt berfafet feien, bie fc^lü|)frigen Bd)au\pxzk biefe« 3)ic^ter« ju ber*
brängen, ^at ßbert mit guten ©rünben bejWtten. (äfal. ©eijfäifer t) ^^ttif.
^itber, ©amuel, geft. 1624. — OucIIcn unb ©(^riftcn: Acta Huberiana, b. ^
©cricftt, tt)Q§ n4 ^ie $räbeftination betrcffenb jiüifien ^uber u. ben mürttcmbcrgifÄen i^eo« «o
logen jugctragcn, 2:übingen 1597 unb latelnifd) 1598; G. H. Götzii, Acta Huberiana, Sübccf
1707; 3. Ä. ©d^mib. Diss. hist.-theol. de Sam. Hüben vita, fatis et doctrina, ^dmftcbt
1708; «molb, ^ir*cn unb Äejcr^iiftorie, »bXVI, Ä.30ff.; SBal*, mel.-@trcit. in ber lutft.
Äircfte, 1. %l S. 176 ff.; Unfdjuib. 9?Q*r., 1706, @. 673 ff.; 3. 91. ©ici*, Annalium Eccle-
aiaBticorum 9(nbrcr 3:^ci(. 3)re6ben unb JJeip^ig 1730, @. 156, ^x. 8 unb ©. 159, i«r. 9: 36
e. Otto, S)lc 8(firiftcn bc^ erften furfödififdien Cbcr^ofprcbigcrg ^oc oon ©ocnegg, fritifcp
acfornmett unb georbnet. S)re«bcn 1898, 8. 37, '^x. 7 unb 8.51. mx. 45 (»0 6.159, 9 ju
Icfcn ift); ©djrödö, ^.-ö. feit b. ^Reformation, XI IV, 6. 661 ff.; 30^. ©ottinfler, Hist.ecd.
VIII, 892; 3. 3. ^ottinger, C)eluctifd)c m III, 941 ff.; ©iggcrS in S^ZU 1844; 2rc*fcl,
6omuel ^uber, im 93crner Jlcfcftcnbud) auf baS 3Q^r 1854; ex^wcijcr, 3)ie protcftantif^cn 40
(Jcntralbogmen, Siirid) 1854, I, 8. 501 ff.; ®. granf, ®ef(^. ber prot. X^col. I, 8. 271 ff.;
Ä. 9?. C>agenba*, 3)er et»QngeIifd)c ißrotcftantiSmug, 1. S3b, 3. «ufl., ßeipj. 1870, 8. 291 f.
338 f.; ^ürttembergifcbe ^ir(^engefd)id)te, l^gg. ooni Volmer ^erlogdoerein, ^alto unb Stutt«
qort 1883, 8. 443; ®. ^otoeroii, dteformotion unb Gegenreformation, greiburg i. 8. unb
Selpjig 1894, 8. 376; l*. SBIöfd), ©cf^icfttc ber 8ct)roeijerif4«rcformiertcnS?ird)c, ©b I (^crn 46
1898). 8. 256—258. 398; Biblioth^ue de la Compagnie de Jdsus. Nouvelle ^ition par
C^los Sommervogel. I. Partie: Bibliographie. Tome III. Bnixelles et Paris MDCCCXCII
col. 1759, Nr. 46; ©ogenmann in %b53 13, 248 f SSon ben jaölrci^cn 8d)riften 4)ubcr»
(«crjei(öni8 bei 8d)mib, 8. 85, unb bei ®ol4. Bibl. theol. aelect. H, p. 665), finb ^aupt*
fäc^lid» ju nennen : S3emeif ung, bafe bie ^eibetberger $;beoIogen — i^re greuliche Sc^rc wiber 60
baS ;?eiben unfere^ ^errn oerbecfen, 2:übingen 1590; Christum esse mortuum pro peccatis
omnium hominum, ibid. 1590, 92; ®egenfQ^ ber lut^erifdien unb caloiniftifdjen ober ^roing*
lifcften fie^re, Zub. 1591. Wittenberg 1593; 33eft«nbige ©ntbecfung bc8 cobinifdjen (äJcifteS,
meldjer boS fieiben Sftrifti für unfere 8ünben ocricugnet, Wittenb. 1592; $»ift. S3cfdjrcibung
beS ganjen 8trciteö jroifcben J&unn unb ^uber, 1597; SBeftftnbigcd ©efenntnift k. 1595, uno 65
SHettung bc^ bcftönbigen SBefenntniffeö uon ber ®nabenroat}I, 1597; befonberö aber fein Anti-
BeilarmiQus, 1607 ff. in 6 2:eilen; im 6. eine ®ef(6icftte feine« ficbenS.
©amuel §uber, geboren um 1547 m Surgborf bei Sem, h)o fein 3Jater, 5ßetcr §.,
©d^ulle^er toar, jeid^netc fic^ frü^c, nac^bem er feine ©tubien in Sern unb a)eutf(^Ianb
beenbet, burc^ ftreitfüd^ttge^ SBefen, tn^befonbere aber burt^ eine fc^on bon feinem Satcr eo
il^m eingepflanzte Hinneigung jum Sut^ertum au^, ©0 tourbe er junöc^ft al^ Pfarrer
410 ^itber, Samuel
unb Ääntmerer b. b. aSijcbefan be^ Äa^jitdg in 33urgborf mit ben Scmcr 'ilircbigcni in
einen ©treit bertüicfelt über ba^ Srot im äbenbma^I. 3"S^i^ ^^^f ^^^ ^" 3"^^/ ^^
(Sebraud^ ber runben Dblalen beibehalten toorben, toäl^renb im SBaabtIanbe bag Srot-
brechen in Übung iuar. äte nun bie 93emer ^rebiger, unter i^nen 3lbra^am 3Kü6lin (ber
5 ©ol^n beg befannten SBoIfgang 3)Ju^cuIu5), biefem Unteren Oebrauc^ fic^ anfc^^Ioffen, toibcr^
fe^te ftd^ §uber unb fud^te noc^ anbere in bie D})|)ofition l^ineingujiel^en. @r ^atte ben
2^rium})^, ba^ ber SRat [xd) auf feine ©eite fd^Iug unb ben alten ©ebraud^ beftätigte.
(ßrft 1605 mürbe ba« Sörotbre^en aleic^too^l eingeführt.) Mein §uberg aBiberf}3ruc^
befd^ränlte fic^ nic^t auf biefe Stufeerlic^Ieit. 6r jeigte, obgleid^ er feinerjeit bie ^etoetifc^e
10 Äonfeffion unterfc^rieben, eine grofee Vorliebe für bie lutl^erifc^e Slbenbma^tele^re unb
na^m fic^ l^erau^, bie angefe^enjten Vertreter ber reformierten Se^re, U)ic %l). S5eja, an*
jugreifen. Diefer ^atte eine ©c^rift Ifferau^egeben (de peste quaestiones II etc.,
(Senf 1580, bgl. ©c^loffer, Seja ©. 269 ff.), toorin er ben (S^riften geftattete, fic^ in ber
^eft bor ainftedung' gu flüchten, bie ©dfjrift aber auf Slnraten feiner ^eunbe toieber ju^
16 rüdfgejogen. ©leic^toolffl fc^rieb §uber gegen il^n 1583 mit Umgebung ber obrigfeitlic^en
ßenfur, toa^ i^m bie Slüge auc^ feiner g'^eunbe gujog. §uber lie^ fxd) aber nid^t be^
fc^toic^tigen. S5ielmel(;r toar bieg nur bad 33orft)ieI ju tüeiteren Äämjjfen. 3)en Slnlafe
baju bot i^m ba« 3Möm))elgarter @^pxä6) im ÜKai 1586 unb bie baran fic^ aufd^liefeen*
ben toeiteren Serl^anblungen über bie ©nabenhjal^l (Sb II, 685,2— 16). §uber fdptug
20 ftc^ nun förmlich auf bie ©eite ber lutl^erifc^en (Segner, inbem er bie reformierte Se^re
bon ber ©nabentoa^I, toie fie in 9Köm)ietgarb bon ben ©enfem unb Semem borgetragen
toorben toar, eine unerl^örte unb greulid^e Seigre nannte. Qx tourbe barüber im ©e}3tember
1587 bor bem Dberd^orgerid^t in 93cm gur Siebe geftellt. 2)ie ©ad^e fam bor ben 9lat.
§uber ftellte bier Älageartilet auf, toorin er bie Seigre feiner (Segner in entftellter SBeife
26 bortmg. SKü^lin fe^te il^r eine Serteibigung^fc^rift entgegen (3lnt1ü. 31. SWu^c, §anbfd^r.
in Sem; Slu^mg bei §ottinger 896 ff.). 2)er 9lat fanb für gut, ein 3fleligion«^ej))räd^
anjufteHen, auf toelc^e^ auc^ frembe i^eologen gelabm tourben. Qi iourbe ben 15. älpril
1588 auf bem Semer Slat^aufe eröffnet burc^ ben Safelfd^en äntifte« 3. % (Sr^näu^,
ber fid^ alle 3D?ül^e gab, einm frieblic^en Sergleic^ l^erguftellen ; an §uberg ßigmfmn
80 fc^eiterten auc^ bie tuo^lgemeinteften SSerfuc^e. SWu^culu« Se^re tüurbe ajjprobiert, .^uber
bagegen toegen falfc^er änllage bon ber Dbrigfeit feinet 3lmteg entfe^t unb i^m ©till=
fd^toeigen auferlegt (22. a))ril). 3)a §ubcr fi^ nid^t gufriebm gab, fonbem eine au^fü^r-
lid^e Serteibigunggfc^rift borbereitete, fo tourben feine ^ajjiere mit Sefc^lag belegt, er
felbft gefangen gefegt unb nai) furjem ^^rojefe ate ein unml^iger, aufrül^rerifd^er 3Rann
86 beö iJanbeg bertoiefen (28. ^nni).
„3)ie Erbitterung, mit ber man biefen ©egner be« ßalbini^mu^ mm ©d^toeigm
bringen tooHte, ift um fo auffallmber, tocil fd^on bamal^ ber (Slaube an oie ftrenge ^rä^
beftination eigentlich nur nod^ in bm Sefenntni^fd^riften, nid[)t me^r in ben Überjeugungm
eingefc^rieben ftanb, unb ft)ejiell bie Semifd^e Äir^^e in il^rer gangen Sl^ätigfeit auf bm
40 Soraugfe^ungen eine^ toeitgefa^ten Uniberfali«muö bemlffte" (Sloefä?).
§uber ging nad^ Tübingen (Quli 1588); ein Serfuc^ be« Ö^tjogö Submig bon
SBürttemberg, burc^ eine eigene ©efanbtfd^aft nac^ Sem feine SBieberaufnal^me ju er-
tüirlen, blieb erfolglos (©et)tember 1588); $uber blieb in SBürttemberg, befannte fid^
burd^ Unterzeichnung ber Äonforbimformel förmlid^ jum Sut^ertum unb erl;ielt bie na^^
46 bei Tübingen gclegme Pfarrei Derenbingen. .^ier berfa^te er nebm mehreren ©treit^
fc^riftm gegen Reformierte unb Äat^olifm (bef. gegen ben ^^fi^iten ©euerer u. a.) unter
onberem auc^ ein grö^ereö lateinifc^e^ SEBerf, in n)elc^em er gu behjeifen fuc^te, ba^g^w^
für bie ©ünben aller 9Kenfc^en o^ne Slu^nal^me geftorben fei (Theses, Chr. Jesum esse
mortuum pro peccatis totius generis humani, Tübingen 1589, ed. II. 1592, —
60 1329 Tiefen; ein Slu^gug barau^ u. b. T. Compendium thesium de universali re-
demtione generis human! per Chr. J. facta, Tübingen 1590). 2)iefe ©c^rift ber^
toicfelte i^n in 3)ifferen|\en mit ben Tübinger unb ©tuttgarter Tl^eologen, bef. Bttpfym
©erlad^ unb S. Dfianber, irelc^e ibm bm Unterfd^ieb gtoijc^m ber divina dilectio unb
electio tlar ^u machen fud^ten, toerfc^affte il^m aber auct? einm 3luf an bie Uniöcrfität
66 3Kittmberg, U)o man an il^m einen tüd^tigm Ääm^fer ber lutl;ertfd()en Drtl^obojie gegm
ßalbiniftm unb ÄrVt)tocalbiniftm j;u getüinncn l^offte. (Sr fd^ieb au^ SBürttemberg nic^t,
o^ne au^brücflic^ fein (Sinüerftänbni^ mit bm Tübinger Theologen unb f^jejiell mit ber
Seigre (Serlac^^ toon ber ^räbeftination fd^riftlid^ öcrftc^ert ju l^aben (3)e}ember 1592).
Salb aber geigte fid^^, ba^ §uber^ Se^re bon ber allgemeinen ®nabe über bie Seftim=
i)o munden ber Form. Conc. toeit ^inau^ing, inbem er einm alle 3Kenfd;m o^ne Untere
^ttbcr, Samuel 411
f(^ieb, aui) bie Ungläubiöcii, §cud;Ier unb ©ottlofen unifaffenben Unitjerfali^mu^ bcr
göttlid^n ©nabentooi^I, ja fogar einen brcifac^en Uniöerfali^mu« ber electio, justificatio,
regeneratio bel^aut)tete, unb ^ualeid^ erregte er burdj; bie 3lrt feine« auftreten«, burc^ fein
t)rotoojierenbe«, agitatorifc^e«, re(|tf;aberifc^e« Sffiefen gerechten 3lnfto^. 6ein Äoßege ägibiu«
§unn na^m fxi) feiner anfangt, obtoo^l t)on aBürtlemberg ou« toor i^m getDamt, auf« 6
freunblici(;fte an; audj; bie neuberufenen 3;^eologen ^Pol^farp Se^fer unb ©alomon ®e«ner
lamen i^m mit Vertrauen entgegen, ßuber aber lonnte e« nidS;t laffen, feine Siebling«-
metnung Don ber allgemeinen ßrtoö^lung in Sorlefungen, S^riftcn unb ^rebigten, in
3)i«J)utotionen unb 5Pribatgeft)räci(;en borjutragen. Salb ram e« jtoifc^en §uber unb genfer
ju W^igen Auftritten ; §unn fud^te gu Vermitteln unb jenen au« ©c^rift unb Äonforbien- lo
formet Don ber Unric^tigfeit feiner £el[^tt)eife ju überzeugen. §uber erflärt, feine 3lnftci(;t
niemol« aufgeben ju tooßen, unb befci(;ulbigt nun au^ §unn ber 6alt)inifterei. aSergeblic^
fud^t ber Sleftor ber Uniöerfität ben grteben ^erjufteDen; bergeben« bie tpürttembergifc^n .
Geologen, an bie man ftd^ bon Äurfad^fen au« tpanbte, ^uber auf anbere Oebanten ju
bringen. §uber fud^t bie ©tubenten auf feine Seite m jiel^en, inbem er il^nen eine lange i6
Jlontrot)er«f(^rift gegen feine Äoßegen in bie 5^cber bittiert unb biefe in 3lbfd^riften Der=
breitet, ßin am 19. 3)ejember 1593 angefteUte« Äoßoquium führte ebenfotoenig meinem
3iel, al« bie 3Ser^anblungen t)or einer au« toeltlic^en SRöten, 3^^!«^ ""^ 2eiJ)jiger
X^eologen jufammengefe|ten furfürftlic^en Äommiffton (4. ^ebruar 1594), ober eine im
3uK be«felben ^a^re« (8. bi« 10. guli 1594) auf bem Sneid(;«tag ju 9legen«burg mit 20
il^m angefteßte Unterrebung, an toelc^er ber })falj^neuburgif(^e §oft)rebiger ^alob §eit
brunner unb bie beiben toürttembergifc^en 2:beologen Dr. 2uca« Dftanber unb ^elij Sibem=
bad^ [\i) beteiligten. §uber erbat fid^ Sebenf^eit unb Verliefe pUl^lxi) 9legen«burg mit ber
grHärung, lieber aße« über ftc^ ergel^en ju laffen, al« ben ftreitigen ©a$ aufzugeben.
5lun ging enblic^ auc^ bem furfäc^fifc^en §of bie ©ebulb au«: nai) einer neuen S8er'26
l^anblung ju 3;orgau (26. 3luguft 1 594 Jf .) unb, nad(;bem aud) bie ^ier über i^n Verhängte
geltnbe $aft nid^t« über. feinen ©tarrfmn Vermocht, tourbe er feine« 2tmtc« entlaffen unb
mit einem SReifegelb t)on 200 %f)al^m au« SßJittenberg unb Äurfac^fen öertoiefen (18. ^a-
nuar 1595).
5Run trieb er ftc^ unftet unb ^eimatlo« im nörblidben 3)eutfd^Ianb uml^er „al« ein 30
Verbitterter 5Kärt^rer be« Univerfali«mu«" ; überaß fuc^t er ^eunbe für ftd(; unb feine
©ad^e JU toerben, ober menigften« für lurje ^>^eit ein Sft^l unb ©ubfiftenjmittel ju ge=
toinnen. ©0 in §elmftebt, Sraunjd^meig, SBolfenbüttel, Süneburg, ßamburg, Sübedt k.
3n SRoftodf liefe fid^ ber greife 6^t;träu«, Sacmeifter, ^eber unb anbere mit i^m ein unb
e« fd^ien ftc^ eine SJerftänbigung anjuba^nen, bie [\6) aber boc^ hjieber xerfdjilug, ba man 36
feiner ei^lid(;feit nicbt traute (93b IV, ©. 114,2^; ©igger« in S^StMö^^)- ^1^"=
Ixd) erging e« il^m anberhjärt«. 3lud^ in ©übbeutfd(^lanb, tool^in er fid^ je^t toieber
toanbte, tourbe man feiner jule^t mübe; nad^bem im ©el)tember 1595 nod[i einmal, aber
vergeben«, ein ®efj)räc^ in 2:übingen mit i^m bar gehalten toorben, tourbe er „al« 3Ser=
toiner ber Äird^en unb ©c^ulcn'' au« bem ^erjogtum vertoiefen (12. 9?oV. 1695). 9lun 40
tooBte er feine ©ac^c bei bem 9fleic^«tammergcri(^t in©j)e^er anhängig mad^en. 6r begab
ftc^ ba^in im ^anmx 1596 unb Verteilte bort unbe^efligt mit feiner gamilie mehrere
:3abre lang: al« er loä^renb bicfcr ^c\i einmal jufäßig im SQ3irt«^au« mit bem reform.
Öofprebiger 31. ©cultetu« an^ ßeibclberg jufammentraf, forberte er auc^ biefen ju einer
2)i«})utation l^erau«, mobci übrigen« ©cultetu« bie ?Käfeigung feine« (Segner« rühmte. 46
aud9 fonft fc^eint er mit bem 3tlter ü\üa^ milber geworben ju fein, obglei^ er ba« S)i«s
lautieren ni^t laffcn fonnte.^ 2)a« :3a^r 1599 fül^rte i^n nac^ 93erlin, mo er am fur^
fürftlic^en .§of günftigc aufnähme ju finben ^offte; fd^liefelid^ Jourbe er auc^ bier au«*
getoiefen unb toanbte fid^ hjieber nad^ SKittelbcutjc^lanb, nac^ 3^a, SßJeimar, ©rfurt 2c.
®tn äSerfuc^, vom ^erjog .f^einric^ 3l"Iiw« eine t^eologifc^e ^rofeffur in §elmftebt ju er« go
galten (1604), fc^citcrte ebenfo toie feine Hoffnung, nad) bem 9iegierung«antritt be«.Äurs
fürften ^ol^ann ®corg von ©ad^fen (1611) in bcffen Sanben toieber anjulommen: al« er
um SBieberaufnal^me feine« ^rojcffe« in 3)re«ben einfam, tvar e« befonber« ber Dber^ofs
prebiger §oe von .'poenegg, ber ein neue« iserbannungöebilt gegen i^n erloirfte, toie er
i^n fc^on früher in einer eigenen ©d^rift (Sei^j^ig 1604) befämj)ft ^atte. §uber lebte 55
fortan in tümmcrlicl;en a[§ermögen«- unb jenüttetcn gamilienVerf;ältniffen an Verfc^iebenen
Orten, meift im .v>crjogtum Sraunfrf>tocig=®olfcnbüttel, beffcn ^erjog JJtiebrid} Ulridf^ it|m
einen 3^^9f^«It antoie« unb il^n littcrarifd^ befc^äftigte (1608 erfAien fein Anti-Bellar«
minus ju ®o«lar, 1619 eine ©d)rift gegen einen ^efuiten Sunden), — in ©öttingen,
®o«lar, jule^t in Cftetioief bei feinem ©c^ioiegerfo^n, ioo er ben 23. 3)Jär,^ 1621 im qq
412 ^ttbrr, Samuel ^nhtt, 93tctor
3llter bon 77 ^ai)xm ftarb. ©o lange er lebte, l^atte e^ i^m an Sln^ängem unb ^eunben
n\d)t gefehlt : in Ulm, SOätttenberg, §alle, Sraunfd^toeig, ©öttingen, Dlbenburg u. a. a. D.
fanben ftt^ einzelne ^uberianer; mit bem3:obe be^Ur^eber^ ift ber §uberiani^mu« f})urlo^
t)erf(^h)unben.
5 Unb h)a« toar bcnn ber eigentlicij^e ^n^alt feiner Se^reV §uber toar aui 3&\hct^pmd^
gegen bie colöiniftifd^e ^räbeftinationelel^e jum Unitoerfalidmu^ ^ingebrängt toorbcn.
äBäl^enb er bie reformierte ©nabenba^l eine „©ttimjjeltua^l" nennt, ift i^m bie SUIs
gemein^eit ber göttlichen ®nabe „ber rechte 33obenfa$ all unfere« Olauben« unb §offen^".
S)iefen Unitjerfaliömu« trieb aber $uber fo auf bie ©l)i$e, ba^ er bel^au^tete, ®ott l^abe
10 burd^ S^rifium fd^lec^t^in aQe, ©laubige unb Ungläubige, ertüä^lt unb berorbnet ju Seben,
$eil unb ©eligfeit; bie göttlidjie ®nabenh?a^l fei h)ie ba« ganje Onabentuerf ex parte
Dei et Christi ein actus universalis. SBenn nun aber biefe^ allgemeine ©nabentoert
®otte^ ge})rebigt toirb, bann teilen ftd^ bie 5Kenfci(;en burdfi ©lauben unb Unglauben in
jtoei Raufen: ber eine ^5rt unb glaubt unb erlongt burc^ ©lauben bie ©eligfeit. 3)er
16 anbere Raufen, unb leiber ber größere, toiß ba« ©öangelium nic^t ^ören ober öeroc^tet
e«, unb ge^t verloren burt^ eigene ©d^ulb. $uber ift alfo mit ben lut^erifd^en 2;^eologen
einig in ber Sertoerfung ber caltoinifc^en ße^re Don bem decretum Dei absolutum unb
ber gratia particularis; h)a« i^n mit ben Sutl^eranem entjtoeit, ift bie«, ba^ er bie
Unterfc^eibung ber voluntas Dei antecedens et consequens unb bie Seigre öon einer
30 praed. ex praevisa fide bertoirft unb bon einer universalis electio rebet ftatt einer
universalis dilectio. S^f^^f^*^ M §utter n\i}t Vinxti^t, toenn er bon ^uber fagt : rectius
sensit quam locutus est. Unb bod^ ift ed nic^t blo^ eine Unllar^eit ber Sorte, beren
fw^ Äuber fd^ulbig mac^t, fonbem au6) eine Unllar^eit be« logifc^en unb bogmatifdfien
S)enfat«, inbem er 3^^^ unb (Srfc^einung, ben allgemeinen göttlichen ©nabentoillen unb
26 bie reole Sertoirflid^ung be^felben in ber ©rtoä^lung unb Sefeligung ber ©injelnen, ober
mit ben biblifdjien ätu^brücfen ju reben: ngMeaig, ngdyvooaig unb ixkoyn nxd)t ju
unterfc^eiben toeift. — SBie mangelhaft inbeffen fein Softem fein mochte, e^ lagen barin
Äeime, bie ber 35eac^tung toert maren; er berbarb fic^ aber bie eigene ©ad^e 't>ux6) feine
ungeftüme ^eftigfeit unb feine eigenfmnige Sled^t^aberei. 3llq:anber ©d^toeijer nennt i^n
80 „einen e^rentoerten Ideologen unb ben einjigen, nidj^t jdS^toärmerifc^en, älteren jjroteftan^
tifc^en fic^rer, toelc^er mit bem Unitjerfaliömu«, freiließ o^e 3luguftin^ 9lnt^ro})ologie
aufzugeben, 6mft mad^en tooßte unb ftir biefe gro^e 3*^^^ <^^ geo})fert ^at".
($agett(ad^ f) &. 9Rflaer.
^itbct, 33ictor 3lim6, geb. 10. 3)lära 1800, geft. 19. 9iuli 1869. - ebcrS, «.
86 «. ©. 2 »bc, ©remen 1872 u. 74; ^unbing, ». ?1. ^,^ auSgcmä^Itc 6*riften über Social-
reform unb ©cnoffenfcftaftömcfcn, ©crün, [1894 mit einem fiebenS* unb ©^araftcrbilb];
eiocr« (9(b» XIII, 249; oon bcmf. über f. «ater Öubro. gerb. ^. XIII, 236; oon bemf.
über f. 3Ruttcr Xberefe ^. geb. ^c^nc XHI, 240); $. ©agencr, ©taatS* unb ©cfeÜfcftaftS*
lejifon IX, 659; Sippcrt, ^anbmörterbucft ber ©taatSmiffenJcftaften IV, 488, m SSerjci(f}niS
40 oon ©(ftriftcn; 9Jofc^cr, ®cf*. ber beutftijen ^iationolöf. 1028; Äau^, X^eorie unb ©efcft. ber
S'^otionalöf. II, 668; Säger, SJ. «. ©., ein S^orfämpfer ber foc. JReform, 93erlin 1880. (Sine
oonftänbigc Sammlung oon ^.S ©c^riftcn bcfinbet ftc^ auf ber gürftlic^en ©ibliot^ef in S^cr*
nigerobe.
I. §uber ift in Stuttgart geboren, ©ein 98ater toar ber 3)iplomat, fjjätere Sitterat
46 Subto. ^b. §., feine ^Kutter 3;^erefe geb. ©e^ne (Stoc^ter be« ©öttinger 5P]^ilologen),
früher ©attin be^ SQäeltumfeglerd 5«>^*^- *^^ S3ater berlor ^., erft toierjä^rig; fo
toor er umfomel^r auf bie SWutter angetoiefen, eine geiftreidf^e, -fleißige ©d^riftftetlerin unb
tüchtige §außfrau. 35on i^r ^atte er baö bielfeitige gntereffc unb ben hjerft^ätigen 3;rieb.
©ie gab, toenngleic^ blutenben §erjen«, bod^ tjemünftiger ßrtoägung folgenb, ben fed^^
60 iöl^rigen ©o^n unter eine männliche §anb, ju Wellenberg nad^ ^ofto^l. 3)iefer toar
eine^emfte, rüdEfic^t^lofe, ^utoeilen \äl) au^brec^enbe ^errfc^ematur, ßrjie^ungöreformator,
ja SRenfc^^eit^reformator nad^ feinen ©ebanfen, ber bie ©eburt^« unb Silbungdarifto*
rratie jur 3Jlitarbeit an ben großen 3^itaufgaben ju ©unften ber unteren ©tänbe erjie^en
toollte. Sieben Wellenberg toirfte bie ÜJlutter hjarm unb energifc^ auf ben Änaben unb
66 Säugling ein bur^ ©riefe unb Sefuc^e. SRac^ ettoa 10 ^al}xcn l^atte ftc^ burd^ mancherlei
3leibungen ein SJli^berl^ältnig jtoifc^en Wellenberg einerfeit« unb Xl?er. $. unb il^rem ©ol^n
anbererfeit^, ba« ^nx 2:rennung führte, ^erau^ebilbet. §. bejog nod^ red^t jung bie Uniberfität
©öttingen. ©ein ©tubium tt>ax bie 9Kebi]|in, baneben ©jjrac^en unb ©efd^ic^te. ©eine poüSßU
leerer beeren unb Slumenbac^. ©etauft toar er in ber fat^olifc^en Äirc^e, feiner ©efinnung
ßu nad^ böQig interfonfeffioneU, ja nur obenhin religiös. ^ugenblid(;er ^bealiemud unb
^ubtt, SSictor 413
a;^enbranfl gärten in i^m, er tooDte nac^ (g^xmien unb für bie greil^eit fedj^ten. S)er
3Rutter treue ©riefe ti^aten t^r Sefte«, i^n im Heinen unb großen auf ber geroben Sol^n
m erl^ten. Der S^^Wi^^riöe mad)it in2Bürjburg ben mebuinif(^en a)oItor. — 3ur
93ett)oD[panbiflunfl feiner mebijinifc^ ©tubien ging Sq. naö) ^ßari« unb füj^^rte bort ein
äu^erlic^ fe^r !na))]?ed unb befd^ieibened, bo(^ im ^ene^r mit SRönnem h)ie ^umbolbt, r>
(Sutner, Senj. ßonftant, Sofo^ette 2c. geiftig reidj^e« Seben. 3)o(^ hnxr jein ©tubium mel^r ouf
aaWt, SKenfd^en, aSer^ältnijfe geridjitet, oI« ouf üRebuin. 211« Srotertoerb fc^rieb er Heine
Badim für ba« Sottafdl^e uRorgenUatt, ba« feine SDcutter rebigierte; ber ©efc^ic^tfd^iretber
ber anquifition Slorente, fotoie ®raf Xoreno gaben i^m 6m})fej^lungen nac^ ©^wutien.
Segeiftert ftürjtc er ftc^ in bie öffentlici(;en Slngetegen^eiten im liberalen ©inn, burc^jog lo
ba« Sonb, flubierte bo« Soll (Ertrag biefer ^txt in ben trefflichen „©fijjen aui @})anien").
@d folgten nun SHeijeiabre in ^antreic^, ©}}anien, @nglanb, ©dj^ottlanb, furje 3^ audjf
in 3^<iK^- Sitteranfdi? toar er für ßotta t^ätig, boc^ ergaben [\d) babei enblic^ 3)iffe<
renjen. ©eine Serufdtoiffenfdi^aft tourbe i^m jum 6lel. 5PerJönlidi^ tief eingreifenbe Sr*
fal^ngen ftimmten i^n emfter, fein 3SerIe^r mit t)ielen gereiften unb berühmten SRännem i6
Körten unb toanbelten feine religiöfen unb ))olitif(^en, focialen älnfc^auungen Dem
S^ftentum lam er toefentlic^ nä^er. Durd^ feine« Onlel« beeren @in))fe^lung h)urbe
er 1828 Seigrer an ber ^anbetöfd^^ule in Bremen. @r lebte fic^ nic^t leidbt ein. Ilber ol«
er mit ber ©enator«to^ter Slugufte Älugfift ftc^ Verheiratet, burc^ 3}erfe^ in ent*
fd^ieben d^riftlid^en Jtreifen für ba« @t>angelium geh^onnen aucb formell ber reformierten 2«>
Äirc^e ftdi^ angefdjiloffen ^atte, toax er innerlich unb äu^erlic^ jur Slu^e gclommen. 3)ie
aBanberja^re Ratten ein ©nbe.
II. 5Ra4 toenigen ^a\^xtn fd^on, 1833, Jourbe er ^^ProfeRor ber neueren 5p^ilologie
in Sloftod. Die bortigen SSer^ältniffe haaren bon bielfac^ entfd^eibenbem (Sinflu^ auf i$n.
tier lernte er })olitiJci(;e unb fociale £eben«formcn lennen, bie eine lange ®efd(;idi^te ^tten. 26
lad gef(^id{^tlid(^ ©en^orbene im Unterf(i(;ieb l7om ^^ilofojp^ifc^ ©ebac^ten, ba« :^nbit)ibuelle
im Unterfc^ieb l7om 3lllgemeinen toixd^i i^m ^ier in ^erj unb @rfa^rung hinein. @r gab
feinen 2ibcrali«mu« grünblicb auf, erfe^nte aufridjitig eine SWeftauration. 3" f^'« ©iegel
lieft er ftc^ ben t)ors unb rüdf toärtefd^auenben 3anu«!ol)f fted^en. 3n ben t)on i^m ^eraud*
gegebenen „SJletflenburgifd^en Slättem" (1834) trat ber 5politi!er auc^ \)ox ba« gorum so
ber Öffentlid[|feit. — 1836 lam er für neuere SJ^ilologic unb Sitteratur nac^ 5Karburg,
lad oudl^ilfdtoeife auc^ einmal über neuere ©efc^ic^te. $ier fanb er bebeutenbere JtoDegen,
ein regere« geiftige« Seben unb Jc^rieb fein grofte« SBerl über ,,bie englifc^en Unitoerfi-
täten". Slber je länger befto toeniger bel^agte i^m ba« bloftc Süc^erleben. 6r toar be«
lebiglit^ litterarifc^en ^rofefforenbajein« mübc. ha
III. ßumSßolitiler unb ©ocialreformer, toofür bie Slnfä^e fc^on in i^m lagen, madj^te il^n
eine Berufung nac^Serlin 1843. JJriebric^ 3Bilbelm IV. ^atte 1840 ben3;i^on beftiegen unb
fammelte 5{a))a}itäten aller älrt um ftc^. ^uber mürbe al« ^^rofeffor feine« %adfi be^
rufen, aber toegen feine« })olitifd^en unb lircblidfien ©tanbjjunit« fel^ falt aufgenommen.
Übcrbie« toar er al« Dojent nie fe^r glüdElic^ gebefen. 6r rang mit ber Bpxai)t, lonnte 4o
9Ra| unb ©toffau«h)a^l für bie ©tubentcn ni^t finben. ©o fiel öon felbft ba« ©c^toer*
geh)i(^t feiner i^ätigfeit in bie ^Publijiftif. (Sr gab feit 1845 „^^nu«, ga^rbüc^er beutfc^er
©eftnnung, Silbung unb %\:iaV' ^erau«. Doc^ aud) l^iermit ^atte er toenig ©rfolg. Sr
befaft leine ®abe jum SWebaftcur. Daju jenift i^m ba« ^a^r 1848 fein ganje«Äonjej)t.
er toerlor ben ©lauben an eine „monard(;if(^c Sleugeburt unb ©d^öj)fung«h:aft". ÜJlit ber 46
mobem4onftitutioneflen ©taat«toirflicl(;Ieit l(^at fid^ ^. nie au«gefö^nt. — SBenn er nun
oucb an ber näd^ften ßutunft öerjbeifclte, al« ic)roj)^etifd(;er "Slann manbte er ftd^ ber über*
nä^ften ju. Die SSorboten berfelben erfannte er barin, baft ber bürgerlid(;en Sletoolution
bie fociale, bem britten ©tanb ber öierte folgte. Die tjerarmte ÜKaffe fte^t al« Oefl^enft
unb al« neue })olitifd^e 3Kad)t oor i^m. Die TOöglic^feit ber 3lbh)enbung be« Serberben« 60
fuc^t er in ber „Crganifation ber arbcitenben SKaffen nac^ ber 33erh)anbtfci(;aft ber Se*
fc^öftigung auf ber materiellen ©runblage eine« neu }u fc^affenben ©efamteigentum« unb
auf ben religio« moralifd^en ©runblagen, n^elc^e bie d^riftlid^e Silbung nad^ Sebürfni«
unb SBeife eine« jjeben ©tanbe« bietet". Qx ^at bei ber Drganifation bie „in einer ge«
gebenen Solalität tjorl^anbenc unb emä^rung«fä^ige ?Kaffe im Sluge", ber Überfcbuft 66
lann nac^ anbern Sofalitäten al« Kolonie öeq)flanjt hjerben. aifo Slffociation unb Äo*
lonifation toaren bie tec^nifc^en Slngel^unfte feine« ^Programm«. — Übriaen« ift ba«
6Ienb „leine untoermciblic^e, nottoenbige golge ber Ser^ältniffe be« Sffielt^anbel« ober
anberer allgemeiner gegebener Sejiebungen, ÖJcfe^e, Sorau«fe^ungen be« nationalen Seben«.
Diefe SKiDionen finb nic^t be«^alb elenb, hjeil fie an ba« SRiefenrab ber englifcf^en ^n- oo
414 ^nitt, aStctor
l)uftnc gcfcRelt, beni 3)am})f ^u eigen gegeben ftnb, fonbern iüeil fic felbft unb i^re 33rots
Ferren, jeber ieil in feiner SBeije, Äned^tc ber ©ünbe unb l^or^eit unb ber Siebe toic
ber SQäal^r^eit ermangeln. I)ie« ift bie Urjadf^e be« Übelö — c^ ift bei allen beteiligten
felbfttoerfc^ulbet. 3)a« ift eine entfe^lic^e, aber aud^ fc^r tröftlic^c 2ßa^r^eit". — 35ei feinem
5 ©tubium ber arbeitenben ÄIaf|e ergab fic^ i^m bie Überjeugung, bafe fid? tro^ ^offnung^^
reicher Slnfä^e bie arbeitenbe Älaffe nic^t aÖein felbft Reifen fönne. i^oti oben mu^e
man bem Semü^en entgegen!ommen. 3)a^ 33olt toar \i}m ein ©an^e^; ein ©lieb foUte
bem anbem bienen. ©eine ^orberung ariftofratifc^er üRitarbeit ift aber nie im ©inne
ber blo|cn SBo^ltl^ätigfeit, fonbern immer im ©inne glieblic^er Serjjflid^tung ^u toerfte^en.
10 Sllfo Einheit bon ©elbft^ilfe unb gremb^ilfe. 3)abei muffe man immer im einzelnen unb
Keinen anfangen, bürfe nic^t Porten bi^ fid^ aße^ mit einem ©c^Iag unb im großen
önbere. 5Ran muffe organifc^, nid^t mec^anifc^ vorgeben. — 3)a^ haaren feine ®runb=
gebanfen. 6r mu^te feiner ganjen SRatur nad^ an feinem Seil i^re 3}erh)irflici^ung i)er=
fuc^en. ©0 im Stammen ber berliner gemeinnü^igen SaugefeÜfc^aft. Gr ftubierte bie
16 t^ai\äi)l\i}zn Serl^ältniffe ber 3Bo^nungen, machte Sefferung^öorfc^Iäge, f^alf ^Kittel geJoinnen,
gab afö Organ ber Oefefffd^aft bie „Äonf orbia" t^erau^. Slber überaÜ traf er auf^nbolenj
unb Serftänbni^lofigleit, unb ]pxad) ftc^ barübcr mit ber Sitterfeit berfd^mä^ter Siebe an^ :
;,üRit biefem ©el^eimrat^efc^Ie^t, Wai je^t überall toieber ba^ grofee SBort l}at, lann ii)
einmal nidfit arten, ©ie fc^euen mic^ unb ic^ fd^eue fie — nein e^ ift ein gräfelic^e^
aoOefd^let^t lebenbiger Seid(;en." Son ber 3lrtftoIratie refj). lonfertoatitoen 95}elt fagt er:
„3)iefe« SJoII fennt lein TOotit) ate bie %vixi}i — fie ^aben lein §er^ für ba^ SSoIf. —
9Jein, biefc 3lriftofratie ^at nod^ nic^t^ gelernt unb mu^ mit ©for))ioncn ge)3eitfc^t unb
im SRörfer jerftamj)ft Serben, el^e fie lernt, tt)a^ ^Pflic^t, (S^re, Vorteil, @£iften;i öon i^r
forbert ~ bafe fie fxd) eine ©teBung im Soll, einen lebenbigen ©runb unb Soben unb
25 6influ^ burdfi f4^ö})ferifd^e S^^aten berfc^affe, ber ^öl^eren unb atigemeineren 'Dfotiüe gar
nid^t ju gebenlen." — SJaburc^ lam er mit aütn feinen JJreunben, fo mit ©tal^l, ®er»
lad) K. auöeinanber. 3)ie lonfertoatitje ^Partei fa^ in feinen focialjpolitifd^en gorberungen
ettpa^ 3)eftru!tiöe^, $uber in jenem geftl^alten an Übertounbenem ettva^ 3^1^^"^^- 3"
ber^Politil tpar« umgelebrt: |>uber« monard(;if(^e^ 3^eal galt ber^Partei ate 3lbf oluti^mufJ ;
80 er erblidtte in bem lonftttutioneßen 3Hitmad^en eine revolutionäre 5ßolitit. i8erl^ältnig=
mä^ig am beften öerftanb man [xi) nod^ in ©laubenefac^en. ^ciod) unterfd^ä^ten jene
nad^ §.^ 3Jleinung fel^r bie Sebeutung ölonomifc^er ^Reformen für ben 3lufbau beö ©e^
meinbeleben^. „ällmofen — barüber fommen fie nid^t ^inau^." — 3?on aUebem ^iel^t
er für feine $erfon ba^ ©d^lu^refultat : „©o bin ic^ eben aller SBelt mißliebig unb un-
86 bequem ; id^ ^abe ^ erfahren foHen, ba^ man mic^ nac^ aüm ©eiten fonfert)atiüer 2:^ätig=
feit, in ben SBa^len, in ber 5Preffe, in ber inneren 5Kiffton al^ ein §inberni^ tjermieb
unb au^fd^lofi, fo ba^ \i} je^t ifolierter unb h)irIung^lofer fte^e, h)ie je jutoor." — 6r
na^m 1851 feinen 3lbfd^ieb unb jog nac^ SBernigerobe.
IV. 3n ber relatit) abgefd^loffenen SBelt ber ©raffd^af t ©tolberg ^offte er ein a3erfuc^=
40 felb für fein fociale« Sleformmerf ju finben. 9Jac^ Sage ber 3)inge toanbte er fw^ ber
^ebung be^ §anbh)erte ju, grünbete 3)arlet|en^' unb Jßorfd(^ufet)ereine. 2)a er ben §au^t=
mangel in bem geilen tüd^tiger 5Perfönlic^feiten erfannte, berfuc^te er fold^e ^eranuibilben
in einer gortbilbungiSfd^ule für Se^rlinge unb einem ©efellentjerein ; al^ lofale Safi^ fd)uf
er bag 2{ereine^auö ju ©t. I^eobalbi. 3)od^ blieb allc^ o^ne red^te^ ©ebei^en unb, bei
46 manchem ©rfolg im einzelnen, o^ne rechte grud^t für ba^ ©an^e. .^. mar ju frü^ ge^
fommen. Slßeg ba«; beugte unb brac^ i^n aber nidf^t, benn fein 3^^un flo^ au^ bem
33om hja^rer Siebe, „ßr fam fid^ aber bor toie ein SÖJenfcb, ber nid)t ^offen fann unb
bod^ ^anbelt aU l^offe er." — 3l\i}t befriebigt t)om ^rattifdjen Joenbete er fic^ lieber
me^r ber litterarif(^en Vertretung ber ©ad^c m. SBenn auc^ babei junäd;ft fein fic^tbarer
60 6rfolg eintrat, meinte er: bei einem Srüdenbau müßten au^ taufcnbe t)on ffierfftücfen in
bie fluten gefenft hjerben. ö^ fe^e [k niemanb unb bod^ ru^e ba^ 53aun)erf nur auf
biefer verborgenen ©runblage. %üx fold^e Slrbeit befa^ er viele SSorbcbingungen: bie
Äenntni| aller eurojjäifd^en .öau^)tfj)rad^en, SJerbinbungen nad^ aßen ©eiten (x. 33. 6lif^
Sleclu^ in granfrcic^, 2)ucp6tiauE in Belgien, SBid^em, ©uft. SBerner, Saffalle, ©c^ulje=
65 3)eli^fc^, 2)ößinger). Gr gab 1861 lieber bie Äonforbia in jtoanglofen §«ftcn l^erau«;
bie vorjüglid^en Seifebriefe 1855; ©ociale fragen, Tiefte 1863 G9, unb mand^e^ anbere
unb toirfte fo für eine ,,freie, auf ber Safiö ber arbeitenben Klaffen aufgebaute SReuorb-
nung ber ©efeßfc^aft, bie aber o^ne revolutionäre Kataftroj)^en, ja ol^ne bie geringfte SSer-
le^ung ber befte^enben birtjc^aftlicf^en Sßerfaffung aßmä^lic^ au§ ber Bereinigung fleiner
60 unb fleinfter iträfte ertväc^ft". ©tetö ^anbelte e^ ftd; it|m um ein 3n^i"<*"fe<^ öfonomi»
^ttberittttd 415
fc^er unb moralijd^cr ^ftoren. ß^riftlic^e SRäc^ftcnltebc Wax fein 3Kotiö unb bcrbanb i^
mit ber inneren SKiffion. ©ein lirc^Iic^er ©tanb>)unlt er^eßt au^ bem %x^pxvid): „©o^
toeit bie SKetl^obe toirflid^er, emftcr, ftrenger aOSiffenfc^aft angetvenbet h)irb, ift auif nod^
rnd^t ein Siteldjien be« o^joftolifci^en ©lauben^befenntniffe« beieitigt."
3um ©c^Iu^ finbe ein jufammenfaffenbe« Urteil SB. SRofc^erö ^ier eine ©teile: „3laä^'^b
bem er längere 3eit ^inburc^ bei t)iel Oeift, grünblic^er Äenntni« unb el^rlidfiftem SSJillen,
burd^ feine fdfitoerfälliöe unb unj)raltif(^e Srt ba«enfant terrible ber fonferbotitjen ^rtei
getoefen toax, tarn er, unmutig Don ber Partei jurüdttretenb, auf feinen eigentlichen Seruf,
bie ©rforjc^ung unb §ebung ber nieberen Älaffen, bobei i^m jeboc^ baiS SKoralifc^e t)or
bem Ölonomifc^n im SSorbergrunbe blieb, ©eine ,,9lcifebriefe au^ Belgien, granireidji lo
unb ©nglonb" gehören ju ben toerttoollften ©c^riften biefer 3lrt. Übrigen^ ift ^ toenig
belonnt, ober l^öcbft merfhJürbig, iüie tauber nac$ feinem SWüdtritte öon ber fog. Äreug=
jeitung^j)artei mit ijrojj^etifd^em ®eift Diele unb tüid^tige güge ber neueren Si^mardfc^en
^olitil toorau« empfohlen f}aV' ^^eobor ec^äfer.
^nberiititd, 6af J)ar, geft. 1553. — SScrcinjcIte ^^otijen über i^n bei 3. (J^. 3BibeI, 16
in &ortgcf. nüfiUc^c ^nmerfunöcn, ^^eimar 1738 ff. 16 u. 18. ^omml. @. 335 ff.; berf.,
^o^cnlo^ijc^e Stireren* unb SJcformation^^iftorie ic, Onoljba(ft 1752 ff., 3- &• ^^'^^f ^^^ 9«»
famte ÄugSburgif^e 3Rinifterium in ©ilbcvn u. ©d)viftcn k. 9lugSb. [1743] @. 16. ^aaö,
«ugSburgcr Äatcd^iSmen. Stidj. f. ^ra!t. It)col. XIV 1892. ^1. 93ccf. 3)ie ©ibauunfj^Iitteratur
ber CD. ftircfie ^eulf(f)Ianb§. (Sil. 1883 @. 171 ff.; ®. Hermann, D. So^onn gorfter (1894). 20
3)orin qu(^ ©rud)ftiicfe bcS in feinem erften Xeile von ^ubcrinuS üerfofetcn unb für [eine ®e*
Wcftte midjtigcn ©cri^lc^ über bie ?(ug§burger ÄeltgtonStjänbel im Sobej ®otl)anu«
3roI. 9J. 91.
Qü\pax §uberinu^ ober §uber (bie ^bentität ift jtDeifcßoö), auf bem ©ebiete ber er^
baulid^en Sitteratur, einer ber fruc^tbarften ©d^riftfteßer ber Steformation^ieit, foD ber Xxa- 25
bition nac^ am 21. 3)ej. 1500 in aBiföj)aci(; in ^oxjtxn (h)o'0 geboren, fj)äter ?Könc^ ge*
toorben unb bei Seginn ber SReformation auö bem Älofter entfprungen fein. 3lber feine
anfange fmb böDig bunfel. 3)a« erfte, Wai fcftftc^t, ift, bafe er im ©ommerfemefter 1522
in aSittenberg immatrihiliert burbe (ßafpar §ubel 3luauften bei t5i)rftemann, Alb. Viteb.
©. 111) unb bort ein paax ^oi}xt jugebrac^t ^at, auc^ h)irb er fc^on bamafö ju Sut^er»)
in })erfönlici(;e Sejic^ung getreten Jein, ioorau^ fic^ ba^ Jpätere aScr^ältni^ ju biefem, ber
i^n fid^tlid^ befonberö j^ä^te, erllärt. ©eit ungefähr 1525 finben h)ir i^n bann in Slug«-
bürg, toie eö fd^cint al«®e^ülfen bc^ UrbanSt^egiu« (U^ll;orn, Urb. SH^egiu^©. 91), o^ne
jÄo^ ju })rebigcn, tooöor er eine getüiffc ©c^eu t^attc unb hjoju il^m auc^ bie ©timm^
mittel gefehlt ju f)abm fc^cinen (©ermann ©. 51 3lnm.). ©eine befonbere Segabungsö
lag bafür auf bem ®cbicte ber erbaulichen ©dfjriftfteHerei. Sereit^ auö bem ^al)x^ 1525
lennen toir jh)ei ©c^riften, bie ba^ bclunben: „ein tröftlic^ ©ermon bon ber Urftenbt ßbrifti
ben ©c^h)aci(;en im(Slauben nü^Iic^ julefen (Äufqin^fi 1051)" unb „Iroft au« ber©cprifft
für e^nen, ber jnn angft önb nott gu ®ott bmb $ilffc jd^reiet, 9Bittenbera 1525" (bgl.
barüber Sei a. a. D. ©. 172). 311« ©eitcnftücf ba^u fc^rieb er 1529: „Som 30m unb 40
ber ®tite ®otte«", tüelc^e« ©d^riftc^en Sut^cr mit einer lobenben äJorrebe bealeitete (6.21.
63, 682). ^m '^ahxc 1528 tourbe er „auf Untoften einiger bermöglic^er $erfonen jum
Äoßoquium mi) Sem" gcfc^icft (©tettcn, ®efd^. t)on Slugeburg 1, 443), too er \\d) jebodfi
in leiner SBeife bemerflid^ machte (ogl. Ölöfc^, S^. 3tfd^. au« ber ©^hjeij VIII [1891]
©. 159 3lnm. 5). 311« entfcbicbmcr äJertrctcr ber lut(;erifc^en 3lbcnbmal^l«Ie^re tam er 46
bai^eim fc^on in jener 3^^^ (^«^^ ^^'^^) i" ^^^^ fc^riftlic^c gelobe mit bem jhjinglianifc^
gerichteten SKic^ael Keßer, luorüber er 60b. ®ot^. % 91 S. 11^ berichtet, ©benfo be*
ifäm^fte er bie in jener ^{\t in 3lug«burg fe^r verbreiteten läufcr. Sflad^flänge babon
ftnb jeine fleinen ©c^riften: „(Stlid^ Sc^lu«jrebc t)om gnabenbunbt G^rifti, ba« ift Dom
lauft Dnb Dom Äinberglauben". 2Bittenberg 1529, bie ^auj)tfäd^Iid(; gegen ©d(;h)en!felb 6^»
gerid^tet fmb (SBibel. III, 311), unb bie ebenfaß« §uerft in aSJittenberg erfc^ienenen, aber
me^tfac^ nad(;gebructtcn „©iebcnjig ©c^Iu^ rebe obber ^uncte Don ber Steckten ^anbt
®otte« Dnb ber geioalt G^rifti. 3^ ^^^P^ 't>cmn bie ficb in ber 3h)ing€li|^cw fad^e nic^t
berichten lönnen 2c." 1530, toorin er au«füf;rt, „toa« bie SRec^te ®otte«, tüa« fi^en jur
Siedeten, unb toie ßl^riftu« aßentl^alben fei". 311« bie eDangclifc^en ^Prebiger 1530 3lug«s 66
bürg Derlaffen mußten, blieb er, ioeil er nic^t offijieß angefteßt toar ober noc^ ba« Sürger^
rec^t befafe. Sei ben Stämjjfen, bie nac^ ber ^iücfte^r ber ^rebiger jum SRüdEtritt ber
Sut^eraner 30^. grofc^ unb ©tct)^an 3lgricola (f. 0, 3t. 1, 254, 58 ff.) führten, ftanb er
biefen treulid^ jur ©cite (Dgl. U. @. §au^borff, 2eben«befct^reibung 2aj. ©pengter«, ^Mxn-
berg 1740 ©. 33) unb ioirlte ol^ne 3lmt al« '^JriDatmann unb beinahe einziger t^eolo^ oti
416 ^itbmiiitd
gifd^er i^ertretcr beö Sut^crtum^ in enger Serbinbuna mit einem Keinen Äreife für bie
lut](|erif(^e Sluffojjuna, auc^ in mehreren Schriften, j. S. ,,25on ben böfen Sangen" 1531.
„^äo^u ba^ ^cilig Äreuj nu^ unb gut fei. ^Um Don ber c^riftüc^en SBaffen" 1532.
Uebrigen^ badete er anc^ boran, mit ©leic^gefinnten ^eimlic^ gefonberte^ 3lbenbma^I ju
6 feiern, ba man )u ben jtvinglianifd^ien ©eiftlid^en nic^t ge^en boUte, unb fragte be^l^db
bei Sut^er an, ber aber abmahnte unb ba^u riet, lieber irgenbhjo in ber 3läi}t an anberem
Drte bad Slbenbma^l m fuc^en. (2)e SBette VI, 141). SBegen feiner ©onbcrftellung fc^eel
angefe^en, ja jeittoeife mit Vertreibung bebrobt (©ermann ©. 58), hjurbe §uberinud
immer me^r Verbittert, fa^ in ben bamaligen Slug^burger Oeiftlic^en, bie er auf ©c^ritt
10 unb 3;ritt belauerte, um neue §ärefien ju entbedfen, nur noc^ 35iener be^ ©atan«. Unb
je ifolierter er [xdf füllen mod[|te, um fo me^r fuc^te er ^^lung mit ben SBittenbergern ju
bel^alten burc^ feinen ^eunb, ben Stugöburger 3R. Suca^ ©benberger, ber bamafe bie
©tubien be^ jungen §erjog« ®mft öon ©ad^fen leitete (©ermann ©. 71), unb ^oh. 9leu=:
beller, ben 5Präce>)tor be« äug^burger ^Patrijierfo^ne^ 5Pcter §onolbt (©ermann 57), ber
löfiuti^er« lifc^gänger tt>ax, unb bem man aud^ Von anberer ©eite großen 6influ^ juf^rieb
(t)gl. %f). Äolbe, Analecta Lutherana ©. 232, 234, 253 u. oft.; berf., üRartin Sut^er II,
432). 2)em 2e|teren ]d}\dU er toenn auc^ in guter SKeinung jum minbeften einfeitige 93e-
ric^te über bie 3h)inglianer nad^ SBittenberg unb trug fo ni^t toenig jur 3?erftärlung be^
©egenfa^eö bei. 3)a^ tou^te man in Slugöburg fel^r tool^l, toagte aber nicf^t emftlic^ gegen
ao i^n toorgugel^en, unb ate bie Ser^ältnifje in ber ©tabt nad^ bem fc^roffen 3?orge^en gegen
bie 9lömif4^en fic^ immerme^r ju]i)i|ten, bie ©efabr einer öoßftänbigen ^folierung ber ©tabt
bro^te unb man imter bem @mflufte S3ucer^ tpieber baran ben!en mu^te, mit Sittenberg
anjulnüt)fen, toä^lte man gerabe §uberinuö al^ 3Dflittel«|)erf on. 5Kit ©ereon ©eiler reifte er
in offijietler ©efanbtfc^aft am 21. 3uni 1535 nad^ SBittenberg, bann nad^ Gelle, too man
25 k>ergebli(^ Urban Sl^egiu^ jurüd()ugeh)innen fud[|te, bon ba lieber nac^ SBtttenberg ju
toeiteren Ser^anblungen, bie jur Serufung be« fc^arfen iiut^eraner« gol^. Jorfter (f. b. a.)
führten unb bie getoünfc^te Slnba^nung ber SBittenbergcr Soncorbie (f. b. ä.) jur golge
^tten. 3"^ ©t&rfung bed Sutl^ertumö foßte nunmehr auc^ §uberinu^ ein ^rebigtamt
annel^men ober junäc^ft mit ber Slu^fid^t auf eine Pfarrei ba« 3lmt eine« Reifer«. 9lur
90 mit SSäiberftreben, nacbbem Sutl^er entfd(^ieben baju geraten (2)e 3Bette IV, 642. ©er=
mann 260 f.), lit^ er jtc^ baju belegen unb tpurbe Reifer be« SBolfg. 3Ru«culu« unb xu-
näc^ft „auf einSa^r bem jungen 33olf ju })rebigen aufgeftcBt", tpie er felbft angiebt. 2)ie
^tni)t biefer Slufgabe ift feine 1537 ^erau^gelommene ©c^rift „3Som hja^ren ßrlenntni«
®otte«" (bgl. 33ed a. a. D. ©. 176), in ber er ben ^au^tin^alt feiner Untertpeifungen
86 für bie Sugenb tpiebergiebt, femer feine beiben Äatec^i^men, t)on bencn ber eine unter bem
^Citel „$)er Äatec^i^mu« mit t)ielen fd^önen ©>nüd[ien 2c.", nac^ berSorrebe ju urteilen, im
3al^re 1543, ber anbere, ein 3lu«jug au« bem oben ertoä^nten mit bem 3^itel „3)er Heine
Äated^i«mu«" 1544 erfc^ien. (Sgl. barüber Seejenme^er, litterarifc^sbibliograp^ifc^e ^lad}-
xiifttn bon einigen eb. latec^. ©djjriften. Ulm 1830 ©. 106 ff. unb §an«, 3lug«burger
40 Äate(^i«men. ^tfc^r. f. ^raft. I^eol.XIV, 1892, ©. 116 ff.), hjeiter feine too^l 1550 (?)
juerft beröffentlic^ten „3Sier|ig furje 5ßrebigten über ben Äatec^i^mu« für bie $au«bäter",
toelc^e ©ammlung ^^bann Sonicer 1554 auc^ in lateinifd^er ©jjrad^e ^erau«gab. 3)iefen
in ber ©efd(;ic^te ber Katec^etit mitS^ren genannten arbeiten reiben fid^ anbere toerttjoHe
erbauung«fd^riften an, fo ba« „©treitbüc^lein" 1541 unb „ber c^riftlic^e SRitter", bon benen
46 bie eine pr Sefeftigung im ©lauben in aüm 3lnf ec^tungen be« Scbcn«, namentlich and)
I^inftd(;tltd9 ber 9lec^tfertigung«le^re, bie anbere befonber« jur ©tärfung ber etjangelifd^en
©Triften toiber bie toon ^om au«ge^enben Äämi)fe unb SScrfolgungen bienen foH. SlUc
laffen ben 33erf. nic^t nur al« einen getoanbtcn, bibelfunbigcn tl^eologifc^cn ©c^riftfteller,
fonbem aud^ al« einen ^ann bon ^ol;er d(;riftlic^er 6infid(;t erlennen. 3)am fte^t aber in
60 großem Äontraft fein Jelbftgefällige«, in ber $crunglimj)fung ber ©egner ©rofee« lei|ienbe«
sBer^alten gegen feine Äottegen, für beren 3Bürbigung er im ^Parteieifer jeben üRa^ftab
toerloren ^at, h)a« einen um fo unangenel^mercn ©inbrudf mac^t, al« er nur feiten mit feinem
©egenfa^ offen ^ertjorgctreten ju fein fc^eint, bafür aber um fo me^r im ae^eimen toirfte,
unb in feiner noc^ ungebrudften für einen 3lug«burgcr 9lat«bean gefc^riebenen ©efc^ic^te
66 ber 3lug«buraer 9leligion«^änbel (f. ob. Sitteratur) o^cnbar, um biejen gegen bie „©alra=
mentirer" fd^arf ju machen, feine ©egner in ben fd(^h)är;eften färben malte. Sei ber
Unerquidlic^feit ber älug«burger Ser^öltniffe begreift e« ftcb, bafe er fortjufommen \nd)ii.
^m Söbre 1539 fuc^te er eine ©teile im SBürttembergijc^cn. 2lber e« fam nic^t baju.
6rft Iftitte 3wni 1544, nad[|bem er injh)ifd(;en ^^Jfarrer an ©t. ©eorgcn geworben toar (er
60 nennt [\d) felbft fo, SBibel III, 321, bgl. ©. 329) Derlie^ er 3lug«burg unb folgte einem
^ttbrrtuttd, Saffiar, ^itbert, ftonrab 417
Slufc alfJ ^:prebi0cr md} Od^rinöcn (SBibel I, 315, baju bie aitenftüde III, 309—321,
325—330), tt>av aber balb mit bem gortgang bcr öon i^m erhofften, toirlKdjien SWeformation
in ©tobt unb ©tift tocnig jufriebcn; fo h?ar er nic^t abgeneigt, feine ©teße aufzugeben,
aU man im "^ai^xt 1546 in Slot^enburg o. b. 2^uber, in Stuttgart unb SRörblingen [xd)
um il^n betüarb (SBibel III, 347 f.). S^beffen bie SBerufung^berl^anblungen jerfc^Iugen 5
fid^ ober bie fic^tli^en 3^^^^^^ ^^ SBo^lmoDen^ Don feiten ber ^o^enlo^efc^en ©rafen,
bie §uberinufJ mit einer ß^or^errenfteHe begabten unb etft)a^ eifriger mit ber SKeformation
t)orjuge^en anfingen, veranlagten i^n jum bleiben. üRerltDürbig toar bann feine ©teßung
jum ^Interim, bei ber man freilid^ in Setrac^t jie^en mu^, bafe er nie befonber^ fc^arf
gegen bie SRömcr aufgetreten toar unb in S^^^i^ö"* wnb ben ©einen öiel ärgere Äe^er fa^. lo
3loi} im 3>wni 1548 folj)ortierte man in Slug^burg 72 ©c^lu^fä^e, in benen er bie Äom-
munion unter beiberlei ©eftalt gegen bie gnterimiften tjertrat. Salb barauf h)ar er bereit,
ba^ 3"*^^*" anzunehmen unb re^tfcrtigte e« in jtoölf lateinifc^en ©ö^en mit Orünben,
bie ertennen laffen, ba^ et bie Jragtoeite bedfelben gar nic^t t)er[tanb, unb ba^ ber ©e^orfam
gegen ben Äaifer, ber ein getaufter ß^rift fei, ß^riftum ate §eilanb 2c. anerlenne unb ben i6
©lauben an i^n unangetaftet laffe, unb bie angeblich ^ierburc^ ju er^offenbe (Sin^eit ber
Äirc^e für i^n ba« (gntfdbetbenbe toar (t)gl. SQSibel III, 344, ®. Soffert, 35a« Interim in
SBürttemberg, Bd^x, b. 9S. f. SWef.^Oefc^. 3tx. 46 u. 47 ©. 16 f.). 3)iefe ©teDungna^me
toar bcr ©runb, bafe man i^n je^t toieber nac^ Slug^burg berief unb ba^ er angebud^ auf
SBeranlaffung feine« ©c^toager« be« SSizefanjIer« ©elb toirtlic^ bort^ingina, um ba« 31^*^^*"^ 20
bafelbft einjufül^ren. 3lm ß^riftabenb 1551 begann er jeine X^ätiglfeit in ©t. Slnna,
toä^renb jtoei anbere bon i^m mitgebrachte ^o^enlo^ifc^e ©eiftlic^e in ber )8arfüf;er= unb
Ärcuglird^e fungierten (SBibel IV, 187, to. ©tetten, ©efc^ic^te i)on augöb. I, 479). 3)er
6rfoIg toar aber gering. 6in5Pa«quiD, toa« er am 1. ^ebr. 1552 in ©t. älnna angef^lagen
fanb, fagte il^m, toie man über i^n backte, unb nac^ ein jjaar SDlonaten toar er burc^ 25
aJlori^ Don©ac^fen mit ben anberen ^nterimiften au« ber©tabt Vertrieben. !3m ©ommer
toar er toieber in Ce^ringen, benn im 3uli toibmete er bafelbft bem b ortigen Pfleger feine
aroje 2lu«Iegung be« 3^"^ ©irac^. 35a^ er jeftt viel üble Slac^rebe erfuiS^Jf^ ift begreiflidfi.
vlad) feinem 3:obe — er ftarb fc^on am 6. Dft. 1553 — toottten feine ©egner toiffen,
ba^ er über fein SSer^alten im ^Interim in SSerjtoeiflung geraten unb „in 3lc$ unb 2Be^ 80
ba^ingefal^ren fei" (Vgl. ^Jortgef. ©amml. von ällten unb 9Jeuen t^eol. ©ad^en 1738
©. 135). (Sin »rief an ben 9lat Von De^ngcn Vom 19. ^an. 1553 (SBibel IV, 103)
mit bem er, al« ein 3^0"*^ baVon, „ba^ er vom ©vangelio nit abgefallen fei", biefem
feine ^Poftitte übeneic^t, betoeift, ba^ er ba« Setou^ein ^cdU, red^t geJ^anbelt ju l^aben.
©eine (Srbauung^Jd^riften (ein nic^t VoDftänbige« unb ungenaue« ä^erjei^ni« bei aBibel IV, sb
103) toaren lange ßcit fc^r beliebt unb tourbcn noc^ im 18. Sal^r^. neugebrudtt. SBadtcr^
nagel (©efc^ic^te bc« Äird^enlicb« III, 838, 922 f.) fc^reibt i^m aud^ 4 Sieber ju.
X^totov Solbc.
Hubert, Äonrab, geft. 1577. — ©runblegcnb über ^. ift ber «uffofe öon 2:imot5eu^
^il^clm 9?ö^ricö in beffen „"aKitteiiungcn au« ber (SJefcf). bcr cd. ä. bc« (Slfaffe«- III, ©trafeb. 40
1855. S. 245-274. SBgl. 3. 2ö. S3aum, Ga^ito unb 53u^cr, GIbcrfelb 1860 (bcfonbcr«
S. 586-589). 5. 3B. ©[ulmann], (Jferengcböcfjtni« Äonrob ^ubcrt«, ©trogb. 1862. 5lbS3 XIII,
1881, 6. 261—263. lieber bie geiftllc^cn fiieber ^.'«, in«bcfonbcre bie grogc ber ^lutorldjaft
bc« Siebe« .,?(flcin ju bir, ^err 3c|u (J^rift", ögl. btc ti^jinnologifc^en ^erfc uon gifcftcv,
®öbcc!c, Stodi, ^ütjell unb ^adernngcl. 45
Äonrab §ubcrt, ber treue greunb unb ©e^Ufe SRartin Su^er« (f. b. 31. »b III,
©. 603—612), toelc^em er unter ben 3^i^9W«>flen unmittelbar nad^ Sut^er feine ©teDe
eingeräumt toiffen tooHte, tourbe geboren in Sergjabem 1507, al« ber ©ol^n eine«§anb'
toerfer«. 3" feinem jtoölften ^ai)xz tarn er auf bie ©c^ule nac^ $eibelberg. 1526 treffen
toir i^n in 33afcl, too er für bie eVangelifc^e SBa^r^eit getoonnen tourbe unb ftc^ eng an w
DeIolamj)ab anfc^lo^. 3)iefer emjjfa^l i^n lurj Vor feinem 2^obe (1531) an Su^er nad^
©tra^burg, beffen (Sel^ilfe (35iafonu«) er tourbe. (Sr ^alf i^m nxi^t nur im ^rebigtamt
unb in ber ©celforge, fonbern auc^ bei feinen fc^riftlic^en Slrbeiten unb Äorrefjjonbenjen,
toie §. fclbft fagt, in scriptionibus, in concionibus, in discordiis fidelium com-
ponendis, in revocandis errantibus. §. lebte fic^ ganj in Su^er« ®enfen unb ©ein 63
linein unb ba« SJer^ältni« toar viel me^r ein Jjerfönlic^e« al« ein amtlid^e«. 9iad^ Su^er«
SBeggang von ©tra^burg (1549) lamen für ben fanften unb frieblic^en §. böje 3^^^^"-
Some^mlic^ feit bem ga^re 1561 tourbe er toegen feiner SSorliebe für Öu^er unb bie
3:etral)olitana von ben lut^erifc^en 3^eologen auf« ^eftigfte angegriffen, 1562 an^ beut
Wcal*(^uc»jflopablc für ^^cologle uiib «M<. 3. 81. VUf. 97
418 Hubert ^ttbmaier
fiirc^cnfonöcnt au^gefto^cn, 1563 feinet Slmtc« aU .^clfcr an ©t. 2;i^omä cntfcfet. ^m
Qi^o^z be« 3;^oma^Iaj)Ucte tarn c^ ju heftigen Jtonfliftcn jtoifc^cn §. unb SKarbadji, bie
1575 ui Ungunftcn §.'iS cntfci(;icben burben. Smmer ntc^r ^og fic^ §. t)on bcm öffcnt^
U^cn ficben jurüdf. — 35ie Icfeten ^af}xt feine« Seben« befc^^äftigte §. ber 5pian, eine Oe^
6 famtau^abe t)on Su^er« SBerlen ju beranftalten. 3<>^- ©türm boflte i^m babet l^ilfrei^e
Äanb leiften. ^r Sefc^affung ber in (Snglanb gejc^riebenen Schriften tt>ax namentlich
Srjbifd^of ©bmunb ®rinbaK ti^ätig. 35ie §erau^abe fottte ben au«geJl)rocf^encn 3*^^
^oben, Su^erö „Unfdjiulb" ju ertoeifen unb feine t^eologifdbe e^re gegen bie Sefd^^ul*
bigungen feiner ©egner ju t)erteibigen. üRarbac^ unb fein 3inl^ang biberfe^te fic^ biefer
10 SBeröffentlic^ung naö^ Äräften. 3Serfc^iebene anbere toibrige Umftänbe, u. a. ber %o\> be«
Sud^^änbler« Djjorinu« in 33afel, öerjögerten ba« Untemel^men bon ^ai}x ju ^ai^x, 2)a
entfd^Io^ pc^ ber TOjä^rige §., mit bem legten ber ge})Ianten 10 SJänbe bie §erau^abe
ju beginnen, ber öome^mlic^ bie in ©nglanb erfc^ienenen, in 2)eutfci^lanb noc^ unbefannten
©djiriften S3u^crö cntl^ielt. S)ei biefem Sonbe blieb e« benn aud). 6r erfc^ien in Safel
15 1577. §. fc^rieb no^ (22. gebr. 1577) bie SlJorrebe, in toelc^er er über fein i^erl^ältniö
ju Su^er fic^ au^ef})rod^en l^at, unb ftarb balb barauf (Slpril 1577). — ö- 0<i& 1572
ba« ©tra^burger ©efangbu^ neu ^craud unb berfa^te felbft mehrere Jtirc^enlieber, bie jucrft
in biefem Oefangbui^ crfc^ienen. Db ba« l^ier ebenfaD« i^m jugefc^riebene „allein ju bir,
§err gefu ß^rift" toirllid^ öon i^m ober )oon ^o^ann ©c^neefing ftammt, ift unter ben
ao^^mnologen noc^ eine offene ^age. ^attl ©rftubcrg.
^itbmater, Salt^afar, anaba})tift, geft. 1528.— ©iograpljie üon 3. fiofcrt^,
Dr. S3. 4). unb bie Slnfänge ber ©iebertaufe in ^J)iät)ren 1893 (ugl. au* bcffcn ?luffaf „3)le
©tabt fBalbS^ut unb bie \)orbcröftcrrei*if(ic Sf^egicning i. b. 3- 1523-26", im ^Irctiu für
öfterr. ®e{c^.77, 1 ff.) ; %. ©lern in «b93 XIII, 264 ff. ; ßunif ?»(£ » VI, 344 ff. ; fiittcratuv*
25 öcrjci^ni« in g. »ccf, 3)ic ®ef(6i(6tSbücöer ber ^. Z. (Fontes Herum Austriac., 2. ?lbt.
©b 43, 47 f.). ?lu« ber älteren Sitteratur ift gu cnoö^nen: ^. ©cftrciber, 33.^., im
2:a{4enbud) f. ®cf*i(^te u. filtert, in ©übbeutft^lanb, 1839. 1840 («nfang einer »iogra^^ic,
nocft immer (efenSnjert) ; ©. 91. Cornelius. ®efi. be8 ^Wünfterifcftcn SlufruftrS, 2. ^ud), 1860.
Ucber StüingllS »er^anblungcn mit ^.: e. eali, 3)ie Süricfter SB. ^., 1878, 44 ff.; «. Säur,
EOStoinnliS Ideologie, ©b II (1889), 129ff.; ± 8tä|elin, ©. Stuingli, bcf. I (1895), 514ff.
8ur äontroücrfe über bie 2:aufle^rc f. a. Uftcri, 3)arftenung ber ^aufle{)rc S^ingliS @1^.,
1882, 205 ff. einzelne 9iacf)ri(J6tcn unb iRollgen in ben ^BJonograp^ien über baS 3:äufevtum
ober einzelne Xöufcr bei Äefler, 9?icoIaboni (Öiinberlin), 9?embcrt (2)le ^. X. im .^erjogtum
Sülic^) u. a., ugf. barüber SBb I, 481, I6ff.; IV, 576, 23 ff. (^in Serjeic^niS ber Sd)riften
86 in ben ^Kitteilungen a.b. ?lntiquariat uon ßabarij u.(5o. 1869, VI, 112 ff., baju bie biblio»
grap^tf(ften 92otijen bei ßofert^.
Saltl;afar §ubmaier (auc^ §iebmaier ober §ubmör), ift toa^rfd^cinlic^ in ben ac^tjiger
Sauren beö 15. 3^'^^«'^^^^ i" ^^^ ©täbtd^en ^ebberg bei 3lug^burg geboren (ba^cr
auc^ Pacimontanus). 3lai}Um er bie lateinifc^e ©c^ule in Slug^burg bcfud;t ^atte, [tu-
40 Werte er feit 1503 (immatr. 1. üRai) an ber Uniberfität greiburg 5ß^ilofo^l^ie unb il^eo-
logie. ^ier ift Qi, ber f})ätere ®egner Sutl^er«, fein Seigrer getoefen; er l^at $.« Sc^
gabung unb Semeifer f)?äter ein glänjenbe« 3^wgni^ auögeftellt. Um feiner befc^ränften
läRittel toiHen nat^m ,^. bajtoifc^en l^inein (1507) eine ©c^ulfteDe in ©c^aff Raufen an, feit
1508 h)ar er hjieber,' aU ©c^üler unb Se^rer, in ^eiburg unb tourbc ^ier 1510 3Sor=
46ftanb ber ^fauenburfe. 2lte 6df 1512 an bie Uniüerfttät 3"0olftabt überficbelte, folgte
i^m §. unb toirfte ^ier ab 5ßfarrer an ber 3RarienIirc^e unb ate ^^rofeffor ber 2:^eoIogie.
9(m 31. aiuguft 1512 hjurbe er j^um 3)oftor ber 2:^eologie jjromobiert. ©eit Dftem
1515 leitete er ate ^roreftor bie ©efd^äfte ber Unit)erfität. ^m ^anmx be« folgenben
ga^re« na^m er einen 5Ruf ate 3)om)3tarrer nad) SRegen^burg an. §ier erloarb er ftc^
60 ote ^rebiger großen (Sinflu^. 6r benu^te biefen, um bie S^ben, gegen bie fc^on länger
eine ftarfe Seloegung im (Sänge loar, auö 91. ju Vertreiben. 3)ie ©^nagoge tourbe jer«
ftört unb an il^rer ©teile bie Äa))elle jur \i}önm 3Jlax\a mii^kt, beren Raplan §. tourbe.
3)iefe mürbe fofort ein toielbefud^ter SQäaHfa^rtöort : au« ber SRä^e unb gerne ftrömtcn
taufenbe Don pilgern ^erbei; SBunberjeic^en, Serjürfungen unb 3lnfälle \)on iangtout
66 !amen bor. §. ^at bicfe Selocgung — eine ber intereffanteften S8olteej)ibemien be« au^
ge^enben 3)littelaltcr« — erft begünftigt, bann, ate ba« Sebenfli^e untjerlennbor tourbe,
^ gegen ba« ejcentrifc^c 2ireiben getoenbet. 3*""^^^^" ^^^ W^n ^ier fein lalent )u
öoltetümlic^er 2lgitation ^ert)or. 3)iefe 3Sorgänge jufammen mit ©treitigfeitcn über bad
^Bkitronat ber Äapelle beftimmten i^n too^l, im 3al(^re 1521 eine ^rebigerftelle in SBSalbi^
60 ^ut angune^men. 2)ie ©tabt toar einer ber ^erborragenbften ^piö^e be« Dorberöfterrci<^j<^
^ttbmater 419
93cft§c« ; i^re Sage an bcr GJrcnje \)^ ©c^toarjiDatb« unb ber ©djilücij, bic offenen Scr*
binbungen nac^ allen Seiten I^tn, ber ß^atafter ber SeböBerung tvaren günftige SSor*
bebingungen für bie ßnttoidfelung ber nmtn frei^eitltd^en Slic^tung.
3Rit i^r gehjann §. je^t Jw^lung, ber bt« ba^in ein eifriger SSertreter be« fat^o*
lifc^en 3)ogma^ unb Äirc^entum« gebefen fmx unb noc^ in SBalb^^ut neue Geremonien 5
jur SSer^Itc^ung be^ gfronleic^namö eingeführt ^atte. Slnfang 1522 finben h)ir i^n
mit bem ©tubium ber })aulinif(^en 35riefe befc^äftigt, balb auc^ mit Sut^er^ ©d(;riften.
er befjjrid^t [\6) mit benOele^rten in 35afel unb greiburg, mit Sra^mu«, ©larean, t)on
bem 35ufc^, über bie Streitfragen. Überall fte^t er ben gortfc^itt ber Steuerungen. Snbe
1522 feiert er nod^ einmal nad^ JRegen^burg jurüdt, aber er ift jc^t innerlich fc^on fo feurio
für bie neue Se^re geh)onnen, ba^ ed i^m l^ier nic^t me^r jufagt. 6r ge(^t 5Wärj 1523
nac^ aSalb^f^ut jurücf unb tritt je^t offen auf bie Seite ber Sieformation. Qx befuc^t
3üric^ unb St. ®aü^n, an h)elc^ le^terem Ort er burc^ feine feurige Serebfamfcit ber
Steformation 33a^n bricht. @r tritt tn SSerbinbung mit 3*i^'"0K/ Siabian, Öfolamjjab.
So tool^nte er auc^ bem 2. 3üri(^er SReligion^gefpräc^ (26. biö 28. Df tober 1523) bei. 15
er na^m f?ier entfrf^ieben für 3^i^0K ^Partei, fjjrac^ fic^ gegen bie 93iIberDere^rung unb
bie 9)ieffe au^, forberte iebod^, ba| man ba^ 3SoIf erft belel^ren foKe, e^e man mit Stn^
berung be^ ©otte^bienfte^ borgci^e. ^^jtoifc^en toaren bie borberöfterreici(;if(^e ^Regierung
unb ber 35if^of §ugo in Äonftang auf ben fe^erifd^en ^rebiger aufmerffam geworben
unb t)erlangten bon ber Stabt feine äluölieferung ; aber bie Serfuc^e, it|n jur Slcd^cnfc^aft 20
ju ^ie^en, fc^eiterten an feiner entjd^iebenen Haltung unb an ber ftarfen ^^Sartei, bie fi^
le^t in 3Balbg^ut um i^n fammelte. Um feine Slmt^enoffen ju gehjinnen, beröffentlid^te
^. äinfang 1524 bie 18 ,,Sd^Iu^reben", Jeine erfte reformatorifd^e Schrift, bie mit i^ren
Sä^en über ba^ SBefen be^ ©laubenö, gegen bie TOeffe, bie Silber, ba« ?Jaften, bie SBaB-
fahrten, ben ©ebraud^ beö Satein im ©ottedbienft, ba« J^gfeuer, ben ßölibat, ben geift^ 25
ticken TOüfeiggang ganj im®eift 3^i"0li^ gehalten ift. 3"J^if^^ ft)i^ten fid^ bie©egens
fä^e ju : §. getoann in einbrudt^t)oDer 5ßrebigt ben größeren ieil ber SBalbe^uter 93ürger,
aud^ ja^Ireic^e benachbarte 5ßfarrer für bie ©runbfä^e ber Sieformation, fd^ob bie alt^
gläubigen ©eiftlic^en in ber Stabt bei feite unb trat immer offener, u.a. auc^ mit einem
Schreiben an ben SRat in Slegen^burg, mit feiner Überzeugung ^erüor. 3)ie ©rfolge ber so
Sieformation in ber Sd^toeij h)ä^renb ber crften üRonate be^ ^af}XQ^ 1524 lubcn SBalbiSl^ut
ein, biefelbe 33a^n ju betreten, auf ber anbern Seite tjerlangte bie öftencic^ifc^c Slegie«
rung immer entf^iebener bie 3luölieferung be^ abtrünnigen 5ßräbitanten, bem aud^ fcpon
jc^t l)olitijc^e 3lufh)iegelung Sc^ulb gegeben n^irb. 2)a beantragte §. in einer ©cmcinbe^
toerjantmlung am ^fingftfeft 1524 bie 3lnnal^me ber ^nberungca im ©otte^bienft. 3)er 35
SBiberftanb Jourbe gebrochen, bie SSerfammlöng bejc^Iofe, bie etjangelijd^e Se^re anjunel^s
men, i^ren ^rebiger mit ®ut unb 93Iut ju fd^irmen unb ben SBiberfac^ern ben ^äufent«
^alt in ber Stabt aufjufünben. ^. führte je^t bie SReform nad^ 3*^^"9l^^ ©runbjä^en
in SB. ein. SlHein bie öfteneic^ifc^e Slegierung, bie entjcf^Iofjen gegen ben neuen
©tauben auftrat, t)ert|inberte eine ruhige ©nttoidEelung, bie l^ier an fid; fo gut, ioie anber« 40
toärt^, möglich getoefcn toäre. 2)ie gütU^en SSerfud^e, bie SBalb^^uter oon i^rem ^rc^
biger ab^ujie^en, fd(^eiterten. Sd(;on bro^te ©etoalt. 2)ie Stabt toar gefä^rbct. Da begab
fi(^ §. önbe aiuguft nac^ Sd^aff Raufen ; ^ier fanb er Scbu^, ber Slat Dertoeigerte bie
begel^rte 3lu^lieferung. ^n feinem Slj^l fcf^rieb ^. ba^ Süc^lein „SJon Äe^ern unb i^ren
^crbrennem". Äe§cr finb bie, toelc^e fretjentlic^ toiber bie ^l. Sd^rift fechten ; man foH 45
pe belef^ren, nic^t Derbrennen. Q^ ift ein jd^arfer $roteft gegen bie Öc^anblung ber
Äe^er in ber Rixd)^, gegen ben 5lam>)f h)iber bie SBa^r^eit mit ungeiftlic^en Säaffen. „35ie
aSa^rl^cit ift untötli^" toirb fein 3Ka^If})ruc^. S^i^^^J^^" führten bie 3Ser^anblungen
^toifc^en ber Slegierung unb ber Stabt gu feinem 3^^^- 3lIIcg lie^ fic^ ju einem blutigen
äuetrag an. SlnfangDft. 1524 erf^ielt aSaIb^t|ut 3uju0 ^u^d^ eine Sc|>ar ^eibifliger au« 50
^üx'xd). 93alb barauf, am 28. Dttober, fe^rte §. jurüä, mit 3iu6^I begrübt. ®r forberte
je^t jeinen alten Se^rer Sdf ju einer 3)iiSlputation ^erau« über Sc^lu^reben (Axiomata),
in benen er bie I^cfe berfoc^t, bafe bie Schrift, nic^t bie Rxxi^z, in ©lauben^fad^en 3lid[|=
terin ift. 3"0'^'^ tourbe §. me^r unb me^r ber Seiter unb Berater ber Stabt in i^ren
Jjolitifc^en Siöten. 65
S3i« l^ier^er Joar §. ganj im gaij^rtoaffer ber 3üric^er Sieformation geblieben. ®abon,
bafe er jd^on Dörfer irgenbmeldj^en geheimen Serbinbungen angel^ort t|ätte, bie ate „alt?
etoangelijc^e ©emeinben" ober bergl. bie Vorläufer bcr 3:äufer getoefen hJären, finbet fic^
feine Bpnx. 3)ie „Äal)itel«berfammlungen", gu benen er 1524 einläbt, ftnb feine 2öal=
benferj^noben (gegen ÄeHer, SJlonatd^. ber 6omeniu«''©ef. V, 276 unb 293 ; togl. 5. 93. «^
27*
420 ^ttbmaier
% »urdt^arbt, 2)ic Sajeler Säufer, 1898, 9 f.). 3)a0eacn öott^icl^t fi^ je^t, in bcn I^ten
SBod^en bc« So^reig 1524 unb in bcn crften be^ näcpftcn ^al}xc^ bic cntfci(;cibcnbc SBcn-
bung. §. nimmt bic täufcrifc^en ©ebanlen auf unb gerät in ©cgenfo^ ju 3^'"0K ^^^
bcn anbercn ^^rem ber firc^Iic^en Slcformation. Offenbar toar c^ bic bcbro^Iid^e ijo-
5 litifd^e Sage, bie §. cjtremen ßinflüffen jugänglid^ machte. Slud^ mochte e^ für i^n, ber
jol^relang ein gläubiger Diener ber alten Äirc^e getoefcn tpar, toenn er einmal mit feiner
9Jergangenl^eit brac^, naheliegen, bie Äritil tpciter au^jube^nen unb fw^ 3*^'"9^i f^l^f^
ftänbig gegenüber juftellen. SSiellei(i(;t tpirtte auc^ bie Unjufriebcnl^eit barübcr mit, ba^
333. bon ^imd) nic^t entf^ieben unterftüfet tourbe. 3ebenfate tvax bie ©tabt in
lobiefer Mi ein 3Kittelj)unft religiöfer, fojialer unb j)olitif(^er Oärung. §. tpurbe t)on
einem Kienen SQäagemut mitfortgeriffen. 3)ie legten ©reianiffe Ratten bie ©tabt toeit über
ii^re ScDeutung ^inauö ju einem ßentrum ber ebangclifc^en Setpcgung gemad^t; tpcit^in
erregte i^re Haltung Sluf (c^en unb SBetpunberung. $. tourbe ganj t)on jclbft in bie borberfte
Sinie gcfd^obcn. ©ein ©elbftgefü^l ^ob fid^ unb feine Seibenfc^aftlid^feit tt)ud^«. grembe
15 ßinPüffe famen baju. 3;^oma^ üRünjer toor auf feiner Sgitation^reife im ©e>)tember
1524 an bcn Sll^em gelommen, er ^lelt ftc^ einige SBoc^ien in bem jtoifc^en 2B. unb
©c^aff^aufen gelegenen 3)orfe ©rieffen auf. 6^ ift h)a^rfd[ieinlid^, ba^ er, jumal mit
feinen })olitifd^en gbeen, auf §. eingetoirft f^od, ®etoi^ ift, ba^ fic^ in biefer ^qü bie
äSerbinbung jhjifien §. unb ben ^^rem ber ^ixxii)^ SRobilalen, Äonrab ©rebel, gelij
20 3Rani, SQäil^elm 3leublin u. a. boUjogen l)cd, bie, mit Sh^^^^fll' jerfallen, tbtn je^t bie er=
toadfifenentaufe ate 3Ba^rjeid(;en einer gereinigten Oemeinbe unb eine^ apoftolifd(;en ß^riften-
tum^ aufrichteten, änge^örige biefer Partei toaren in bem 3wjug getoefen, ber auö
3üric^ nac^ SB. lam.
älQein bieSSertDcrfung ber Hinbertaufe ift$. im legten ®runb iod) nic^t t)on anberen
26 aufgebrängt tporbcn, er ift burc^ fein eigene« t^cologifd^e« 5Rodf|benfen baju gelommen,
toie er benn fc^on bei jenem 33efud^ in Rimö) 1523 ftc^ mit 3^^"0'i ^^f^ ^^^ Äinber-
taufe bef))rod^en ^atte, bobei biefer gleic^aQ« Sebenlen gegen bie bi^^erige Übung äußerte.
3mmer me^r toanbte §. je^t feine äufmerlfamleit ber 2^uffrage ju. 6r meinte junädj^ft
noc^ mit S*^^"?^^ übereinguftimmen, toenn er bie Äinbertaufc bebenflic^ fanb. 6r er«
80 funbigte fidp bei anberen, er prüfte bie ©dSiriftftettcn. 3^"^^^^ ^^ anberen ßeremonien
fielen, um fo h?id[|tiger tourbe e«, für 2^ufe unb Slbenbma^l eine redete d(;riftli(^e ©eftalt
gu geh^innen. ^a^ tuar nid^t blo^ ein t^cologifc^e« ^roblem, e« galt bie fiebere ©runb-
läge für ben ganzen ©ottedbienft, fobann m^ für bie §anb^abung ber Äird^enjuc^t ju
legen (»gl. bie ©teilen bei ©djireiber 1. c. I, 118 ff.). 3n ber aibenbma^tele^re ftimmte
86 §. mit 3*^*^0'^ überein. 6r fajt ba« Slbenbma^l afe ©ebäc^tni^feier. 3)ann fd^ien c«
i^m aber lonfequent, in ber Xaufe ba« 5Roment ber 3Ser))flid^tung ju betonen, in einem
©inn, ber bie Äinbertaufe au«fd[|lo|, für bie fic^ fein ©d^riftbetücifJ erbringen lieft, ©o
crllärt er je^t bem fcIolam})ab (16. S^^wwar 1525), baj er bie Äinbertaufe tocrtoerfe ; bie
©tunbe ju reben fei gelommen; ®ott ^^abe i^m unb feinen 3w^>^tem biefen ®eift ber
40 tJtei^eit gefd(;enft (Oecol. et Zwlnglii Epist. libri IV, 1536, gol. 64). öfolamj)ab Ipar
im erften SlugenblidE fclbft betroffen, ©eine S3emü^ungen, §. jurüdtju^alten, toaren ber-
geblic^. 3lm 2. gebr. erbot fic^ biefer, in einem fliegenben S3latt jebermann nac^jutpeifen,
ba| bie Äinbertaufe o^ne allen ®runb göttlid^en SBorte« fei. 3)a« h?ar ber offen tlid^e
Übertritt jur ©el)aration. !3njtoijd(;cn öoßjog [xd) in 3"^^ ^'^ Trennung jtoifc^en 3*^ingli
46 unb ben Slabifalen ; bie täuferijqie ®emeinbe toarb begrünbet. 3ion ben auö ^üxxd) t)ers
triebenen ober geflogenen iäufem !amen einige (Snbe aJlärj nac^ SB., fo SBil^m
Sleublin (über i^n f.6omeliu« II, 38; 93edE 86; »offert in ben »lättern für toürtt. Ä®.
1889, 9lr.l0— 12, 1890 9?r. 2, SBürttemb. Ä®. 291 ff.). 3)ieier DoOjog fofort an einigen
SBalbö^uter Sürgcm bic SBiebertaufe. §. tourbe mit fortge]\ogen. SJürger famen ju ijj^m
60 unb fragten i^n, toarum er bie ©ad^e nic^t fclbft in bie $anb ne^me. an Dftern lie^
fid^ ^. fclbft t)on Slcublin taufen ; mit il^m unb nac^ i^m h)urbcn ja^lrcid(;e SBalb^^uter
getauft. Sluc^ in ber Umgegenb breitete ftc^ bie SBiebertaufe au«. Salb barauf tarn au(^
®rebcl mA SB. ©o tourbe SB. bie crfte größere ®emcinbc, in ber bie Käufer jur
$crrfc^aft famen. Rubere aScränberungen in bcn (Scrcmonien tourben mit ber (Sinfü^
66 rung ber ertoac^fcnentaufe öerbunben : bic Slltärc unb ^uffteinc, bie Äreuje unb Silber
t)erfd[^h)anben au« ben Äirc^cn, bic SKcffc tourbe abgefc^afft; ju Dftern führte §. bie gu^»
toafc^ung ein unb ^ielt ba« Slbcnbma^l mit einem Dfterlamm. 2)a« aiuffe^en toar un«
gel^cuer gro|.
©ofort nal^m §. auc^ bcn litterarifd^en ÄanH)f gegen Rh^inßK« 2^uflel^re auf, bie
«0 biefer in ber im SKai 1525 ausgegebenen Schrift „Somlauf, bom SBiebertauf unb Dom
^ttbmater 421
fltnbcrtauf" cnttoidfelt ^attc. §. beröffentltd^tc im ^vix bie ©d^rift „5?on beni c^riftltd^cn
Sauf bcr ©laubigen" ; 3h>'"9^i *f* ^'^ "^^^ genannt, aber fd^arf angegriffen. 3)agegen
tDenbet fid^ toieber ShJi^flK/ '^^ wber ^.^ älbfatt tief erbittert bar : ,,Über Dr. SaltJ^afor^
Saufbtic^lcin toa^r^afte unb gegrünbete ätnttoort" (t)om 5. SRotoember batiert). 3lod) einmal
f:}ai $. entaegnet, bod^ ift jeine Schrift (,,6tn ©efjjrec^ . . . bon bem Äinbertauf . . . .") b
erft in 9lin)föburg 1526 erfc^ienen. golgenbe« fmb bie ©runbgebanlen in ^.^ S^auf«
lettre. 35ag SBefentlid^e an ber 2:aufe ift, ba^ fie SluÄrudf be« (jerfönlic^en Olaubenö
unb SSer))fR(^tung auf ben ©lauben ift. 3)arauö folgt, ba§ fie bem erlannten unb be*
fannten Stauben nachfolgt, toie fic^ benn ade einfd^tägigen ©c^riftfteDen in ba« ©c^ema:
aSort — - ®e^ör — - ®laube — 2:aufe — SBerfe einorbnen laffen. SKo im 3i% Don ber lo
laufe bie Siebe ift, h)irb ©rfenntnid unb Serftänbni« ber §eil^tt)al^rlj^eit öorau^efe^t. 35ie
93ett)eife für bie Üf^ung ber Äinbertaufe au« bem 9KE toerben toiberlegt, ebenfo bie in=
bireften Argumente. 5Dlit ber 93efd^neibung l^at bie 3^ufe nic^t« ju t^un. auc^ bie 3luf-
faffung ber Saufe ate eine« „angeblichen 3^i(^en«" (Atoingli) re^tfertigt bie Äinbertaufe
n\d)t ; ein ^^\i)tn o^ne ©ac^e l^at leinen xBert. 35ie Kinbertaufe ift hedera sine vino. i6
3)ie ungetauft fterbenben Äinber bürfen getroft ber göttlichen Sarm^erjigteit em})fo^ten
werben. 35ie Äinbertaufe ift aber nic^t blo^ überflüffig, fte ift birelt Verboten, ba fie
unter 5Kt 15, 13 fällt, ein ©ö^enbienft ift, tpie nur irgenb ein Jjapiftifc^er üRi^brauc^,
auc^ in ber Äird^e erft aHmäl^lid^ aufgefommen. 3)agegen entfjjric^t bie Saufe auf be«
lannten ©lauben bem auöbrüdflic^en (im Unterfd(;ieb bom Slbenbmal^l mit „®efe^e«toorten" 20
gegebenen) Sefe^l ß^rifti; fie ift nottoenbig, toeil fo atletn eine fefte d^riftlic^e ©emein«
fdjiaft ju ftanbe fommt. „SBiebertaufe" ift fie nic^t, ba bie erfte feine Saufe ift; über*
bie« jeigt 21® 19 ba« Sfted()t einer folc^en „SBiebertaufe". — §.« erfte grunblegenbe
©d^rift ift ftetlentoeife berb, leibenfd^aftlic^ unb onf})ru(^«botl g^d^rieben, toie übrigen«
axid) BhJ^ö'i b^ ©treit mit $. mit großer (jerfönlic^er ©t^ärfe unb Sitterfeit geführt 25
^at. 3" ^^ Ba^c f}at §. feine Seigre nid^t o^ne ®etoanbt^eit enttoidfelt. ©ie ift neben
©c^toenffelb« Selämjjfung ber Äinbertaufe ba« Sebeutenbfte, toa« bon biefer ©eite ge*
jagt toorben ift. ^m ©^riftbetoei« unb jum Seil ouc^ in ber formalen Äonfequenj ift
§. feinem ®egner überlegen, toie biefer i^m in ber freieren Sluffaffung ber ©d^rift, ber
bialeftifd^en Bearbeitung ber tl^eologifd^en Segriffe, ber ^urüdffü^rung ber Äontroberfe so
auf bie tieferliegenben SKotibe: ^ier bie Sluffaffung ber Änx^e ol« S5olI«Krd^e, bort al«
einer \>\xx6) freitoißigen Seitritt entftel^enben ©emeinbe ber ^eiligen ; l^ier bie 93ibel al«
3)ofument ber §eil«gef(^ic^te, bort al« ®efe$ für geben unb Sej^re ber ©Triften; l^ier ber
3ufammenl^ang, bort ber 9ruc^ mit ber gefc^id^tlic^en gnttoidfelung ber Äirc^e. S)a^
hinter ber gorberung ber ©rtoad^fenentaufe ein feinem ganjen 9tef ormation«toerf entgegen« 86
gefegte« fejjaratiftifc^e« ^rimij> ftanb, Ijjat S^J'^ßK ^^H erfannt ; aber ebenfo i^at §.
einjäne 93erbinbung«linien, oie bon 3h)i"9fi'^ Se$ren ju benen ber Säufer ^inüberfül^ren
lonnten, fc^arf ^erau«ge^oben.
3)ie anabai)tiftif(9e ^Partei ^atte an §. eine toertboße ©roberung gemacht, ©ie l^atte
in i^m einen angefe^enen S^eologen unb fälligen ©d^friftfteller getoonnen, ber au(b auf 40
toeitere Äreife einjutoirfen berftanb. ^r 2Balb«l^ut« Sage toar freiließ ber 93ru4 mit
3ürid^ unb bie ©Haltung im 3"«^^ t)erl^ängni«boD. 35ie ©tabt toar jefet ganj auf bie
Serbinbung mit ben emjjörten Säuern angetoiefen. 2)ie 3lu«breitung ber Sauemer^ebuna
im fübtoeftlic^en 35eutf(^lanb, toie fie ftc^ feit grü^ja^r 1524 bottjo^, gab ber ©tabt no($
für einige Rtii grift. §.« ©teßung jum 33auem!rieg ift fel^ berfc^ieben beurteilt toorben. 46
aWanc^e ^aben il^n — in ganj ungefc^ic^tlic^er Sorftdlung — al« Slnftifter be« ganjen
Ärieg« angeflagt. 3lnbere, toie Btmi, l^aben i^m toenigften« bie Ur^eberf^aft ber 12 llrttlel
(f. Sb II, 449, 60 ff.) jugefc^rieben unb i^n eine toefentlid^e SRoBe bei ber großen ©r^ebung
flpielen laffen. 3lßein bie 12 Slrtifel ftammen nid^t bon i^m unb fein Sinflu^ auf bie
Säuern toar auf bie Umgebung toon 9Balb«l^ut befc^ränft. dagegen ift e« ebenfo un* 60
richtig, toenn feine Seilna^me amSauemWeg geleugnet ober nur al« abgenötigt unb ju«
fäßig bargefteßt toirb. ®egen ben Sortourf ber jjolitifc^en äuftoiegeluna l^at §. immer
jjroteftiert. ^n SBalb«^ut l^at e« ftc^ nic^t um Sefeitigung ber geubatlaften gel^anbelt,
fonbem um ben ©d[^u^ be« „reinen ßbangelium«". $ie ©tabt toar bereit, in aßem
nad^jugeben, au^er in ben firc^lic^en Stnberungen. Um eine (jlanmä^ige Sluftoiegelung p6
ber Säuern ^at e« [\d) bei ä. nic^t gel^anbelt, aber au« feinem ß^arolter unb feiner
Sage ift berftänbli^, ba^ auq gemäßigte gorberungen jur ßrleic^terung ber bäuerlid^en
Saften, toenn er fte au«f})rad^, agitatorifc^ toirlten. ©q^on im Sluguft 1524 l^atte ein
§aufe ©tül)linger Säuern in aBalb«^ut mit ben 2Balb«l^utem — in §.« Slbtoefen^eit —
ein Sünbni« abgefc^loffen. 311« bann bie ®r^ebung aßgemeiner tourbe, l^at er bie Säuern eo
422 ^itbmater
beraten unb i^nen i^rc Slrtifel au^flelcgt. ^eie Sffia^l ber ^rebigcr burd^ bie ©emetnbe
f)at aud) er geforbert; ob er, tute feine ©egner be^aujjten, ben Säuern erflärt i}at, ba^
bie ^aQ\), ber 2Bein u. f. h). frei fein foD unb bie ©efötte toegfaDen, ift jhjeifel^aft, no(§
jtoeifel^after, ob §. ol^ne Ginfd(^räntun0 gelehrt Ifat, man bürfe bie Dbrigfeit abfegen unb
6 neu tüä^Ien. 3)ie 2(u^fagen feine« fj)äteren Unterfuc^ung^ridj^ter« gaber (f. u.) barf man
nur mit 2?orftc^t benü^en.. Subererfeit« liegt na^e, ba^ ^. inmitten ber attgemeinen Suf^
regung einzelne rabifale Säuberungen über ben j)oKtifci(;en unb focialen Umfturj get^an
l^at. 2t)3ril 1525 ift bann eine nodj; engere Serbinbung jtDifd^en SBalb^i^ut unb ben
Säuern eingetreten. 3)ie SBalb^^uter l^aben je^t bie 9lufftänbifci(;en unterftü^t. ©o toar
10 ba« ©d^icffal ber ©tabt entfcifiieben, ate bie Sauem^aufen in ber Umgebung gefc^ilagen
tourben. 3" '^^ SRac^t Dom 5. auf ben 6. 3)ejember tourbe SSJalb^^ut ol^ne ©d^toerts
ftreid^ bon ben 9legierunggtru^})en befe^t. 3lm 17. 3)ejember fam ber Äonftanjer Oeneral^
bilar Dr. ^jo^ann JJaber (f. b. 91. Sb V, 717, 4 7 ff.) unb fteDte ben fatl^olif^en Äultu«
toieber ^er. 2BaIb«|ut toar für bie Sieformation verloren.
15 $. h)ar in le^ter ©tunbe au« 2Balb«^ut entflogen, ^n 3^^^/ ^^ ^ ^^ \^^^ ®«=
fmnung«genoffen Unterfunft gefunben l)atU, tourbe er hjenige 2;age nac^ feiner Slnfunft
öerl^aftet unb mu^te am 21. 3)ejember mit gtoingli über bie ftrittigen ^agen bi«})Us
tieren. 3^ingli fud^te i^n mit tj[^eologifd^en ©rünben ju toiberlegen unb h)arf i^m t)or,
ba^ er feine SJlitbürger burd(; bie SBiebertaufe in« UnglüdE geftürjt l^abe. 3lu« %nxd)t,
20 an Öfterreic^ ausgeliefert ju tperben, erflärte fid^ §. fc^liefelit^ jum SBiberruf bereit. 3)ie
»erlangte 2lu«lieferung burbe öon Äüric^ bertoeigert. 311« aber §. am 7. 3!^"war 1526
öffentlich im grauenmünfter tpiberrufen foDte, ^ielt er ftatt beffen eine aSerteibigung«rebe
für bie SQäiebertaufe. 3^* h>wrbe er mit ©^ärfe be^anbelt, toal^rfc^einlid^ and) gefoltert
(©tä^elin I, 515), unter ben Qualen geftanb er feinen ^nrtum ein unb erflärte feine ^n-
26 ftimmung ju 3^i"9fi^ 2^^^«- ^^ 6. 3tj)ril leiftete .. er ben öffentlichen SBiberruf . auf
3toingli« Sertoenbung burfte er, bamit er nxd}t ben Dfterreid^em in bie §änbe falle, noc^
einige 95}oc^en in S^xx^ bertoeilen. 35ann ging er nac^ Äonftanj. ©ofort tüurbe beut*
lic^, ba| ber ganje SBiberruf nur bon ber 3lot abgejjre^t toar. ^n Äonftanj rül^mte er
ftc^/ 3*^^"0K in ber lauffrage übertounben ju ^aben. tiefer Wax entrüftet unb fa^te
30 fein Urteil über ö- i^t ba^in jufammen, ba^ er bon nic^t« al« einer unmäßigen Segierbe
nac^ ®elb unb 9lu^m geleitet fei.
aSon Äonftanj ging Ä. nad^ 2lug«burg, h)o er mit 3)enf berfe^e (f. 33b. IV, 577, 32 ff.),
©ein 3}el aber War 3Jlä$ren. ©ttüa im guli 1526 langte er — über ^ngolftabt, Stegen«-
bürg, ©tel^r — in 9?i!ol«burg an, tpo ber §err Seon^arb bon Sid^tenftein ben ©bangelifc^en
36 3)ulbung getoä^rte unb §. in bem früheren $roj)ft in Äani^, 3Jlartin ®öfc^l (f. fiofertl^
125 ff., 93edt 53 f.) eine ©tü^e fanb. 6« gelang §., bie ftc^ tbm bilbenbe lutij^erifc^e ®e*
meinbe in eine töuferifd^e umjutoanbeln. Sr getoann bie ©eiftlid^en D«h)alb Olait (f. Sed
160 f.) unb §an« ©})ittelma^er, ben §errn felbft unb einen großen 2:eil ber ©emeinbe. 33on
allen ©eiten ftrömten je^t bie Käufer nac^ bem gelobten £anb 3Jlä^ren unb 5Wifol«burg
40 lourbe für einige 3rit ber 3Jlittell)ünft ber 33etoegung. §ier finben tüir in biefen ^ai)xm
g. 33. ^ani §ut (f. b. Sl.), §an« 33ünberlin, Seonl^arb ©c^iemer au« SiödElabrudE (ber
erfte SÖiebertäuferbifc^of in Dberöfteaeid^, 1528 ent^au^tet, f.SedE 59 ff.), §an« ©c^laffcr,
ber auc^ mit 3)enf unb ^ae^er in Serbinbung ftanb (1528 hingerietet, f. 33ecf 60 ff.),
Salob SBibemann au« SKemmingen (f. Se* 50 f., 72 ff.), ^^ili^)») 3äger (SJecf ebenba).
46 äud^ ber 3^^^^^!^^ 33uc^^änbler ©imjjrec^t ©org, genannt grofc^omer, fanb ^ier 3wfludf|t
unb enid(;tete in 9Jilol«burg eine 35rudEerei. ^ie ©ac^e ber Käufer mar ^ier eine 3Beile
in glängenber ßnttoidtelung begriffen; taufenbe fielen il^nen ju. 3)ie au«fic^t auf ®rün-
bung einer größeren täuferifc^en Äirc^e eröffnete fic^. ^eilid^ traten aud^ ftarfe aKeinung«^
berf^ieben^eiten jtDifc^en ben 2:äufem bertoor. 3^^^" §• unb§ut hjurbe, ft)ejiell über
60 bie Beteiligung ber 35rüber am Ärieg«bienft unb an ber ltrieg«fteuer, geftritten ; §. hmr
bafür, $ut bagcgen ; auc^ über §ut« 6^ilia«mu« (ba« Slä^ere f. im 31. §ut). §. mit
feiner gemäßigten SWic^tung bel^ielt ba« ^Ib.
Unter bem ©d^ufe einflußreicher Slbeligen l)ai §. in 5Wifol«burg eine rege litterarifc^e
Il^ätigfeit entfaltet : binnen eine« ^öfire« ließ er 18 ©c^riften au«ge^en, barunter einige
66 fc^on . borl^er abgefaßte. §ierber gehören u. a. mehrere ©treitfc^riften gegen 3*^i«0K
unb ütolam^jab über bie SCauflc^re (Sofert^ 137 ff.)- Stud^ ^« ;/12 Slrtifel be« d^nftlid^n
Olauben«" grünben fic^ Dor allem auf bie richtige Se^re t)on laufe unb Slbenbma^l.
©eine „Äur^e 3lpologie" bient ber Jjcrfönlicf^en Serteibigung. gn ben ©df^riften über ba«
Slbenbmal^l („(Sin einfältiger Unterrid^t" ; „(Sine gorm be« 9lac^tmal?l« ßl^rifti") grenjt
60 er feine Se^re tjon ber 3h?inflli^ ^b, beffen 3lu«legung ber ßinfe^ungetoorte bertoorfen
^nbmoter 423
iDirb. Die Sdf^riften „3}on bcr brübcrltc^cn ©träfe" unb „93om c^riftlic^cu Sann" legen
bie ©emeinbeorbnung bar. ^uxd) bie rechte ©tnrid^tung toon 2^ufe unb Slbenbma^l ift
aui} bcr 35ann möglich, bcr bi^l^cr ntrgenb^ ha toar unb o^ne ben bodj; lein c^riftlid^e^
Slegtment möglid^ ift. '^n bcr ©d^rift „Som ©c^toert" cntpidEclt ^. feine anflehten über
bie ©teHung ber 6^rtften jur DbriglEcit. (Sntgegen ben Se^ren bteler 3:äufer h?irb bie 6
Xeilna^me ber ß^riften am SRegiment berteibigt: e« ift eine 3Kittoirfung an Ootte^ Drb-
nung. Sluc^ eine fd^lec^tc Dbrigfeit ift ju b'ulben, tpenn fie nic^t o^ne Slufru^r befeitigt
tDcrben fann, Snblid^ l^at §. über bie grei^eit bc^ SBitten« jtpci Süc^ilcin gefd^rieben ;
auc^ bie^ ein beliebtet 3^cma ber 2^ufer unb ©})iritualiften. SBte fie olle finbet §.
SBege, um im ©egcnfa^ jur reformatorifc^cn ^eili^Iel^re bie 3BiHen«frci^eit p bd^axüptm. lo
er untcrfc^eibet jbifc^en bem SBiHcn be« %l^\d)^, ber burd^ äbam^ %aü böö gciüorben
ift; ber ^ei^eit bcr ©eele, bie au^ fw^ ebenfalls nic^t me^r ba^ Oute boDbrtngen fann,
unb bcr ^ci^cit be^ ©ciftc^, bie gut geblieben ift. ^wxi) ©^riftuö erlangt bie ©eele
il^rc ^ei^eit toiebcr unb ba« %kx]d^ mu§ ftc^ nun nac^i ber ©eele unb bem ®eift ridfiten.
Sluc^ bie ^räbcftination^lcj^re h?irb ^ier bcl^anbelt, bieberum fo, ba§ bie ©ntfcl^cibung is
jt^licjlidj; beim ^Jlcnfc^en liegt.
§.1^ i^ätigfeit in SKä^en toar erfolgreich, ^n furjcr ^eit griff baö 2!äufertum in
TOäl^rcn felbft, in 3;irol, ©aljburg, Dber= unb 5Kieberöfterret(^ mä6)ü^ um fid(^. %xo^
aßen ©jjaltungcn unter ben 2^äufem geno^ §. ate gemäßigter, t^eologifd^ gebilbcter, mit
ben ^caen bon Sic^tenftein befreunbeter ^üi^rer großem Anfeilen. 35a begann aud^ ^ier 20
bie f^ftematifc^e SScrfolgung. König gerbinanb erliefe 5Kanbate mit bcr 2iufforberung ju
cntfci(;iebcncm Sinfc^reiten. SBa^rfc^einlid^ unter ber ätntlage auf Beteiligung am Säuern'
fricg in SBJalbgJ^ut h)urbc §.^ Slu^licfcrung berlangt unb im ^ulx 1527 getoä^rt. ®r
tüurbe juerft md) SBJicn, bann nac^ bem ©c^lofe ©reijenftein in 5Kieberöftcrreic^ gebracht,
ßier bcr^anbelte mit i^m Snbc 1527 auf feine Sitte ^in ber bon früher ^er ^;m be* 25
lannU ^of)ann %abct (f. oben). 2luf ®runb biefer 33ef})redS^ung reid(;te ^. ein Olaubcn^
bclenntni^ an ben Jtönig ein. @r mac^t l^ier in manchen ^unltcn fetnen fat^olifd^^en
©cgncm ftarfe (Sinrcb'mungcn, jum Seil in ber %oxm, bafe er gegen Sut^cri^ unb 3tt)ingli«
Seigren, ober aud^ gegen §ut jjolcmifiert. aber in ben entfd^eibenben Seigren bon 2^ufe
unb abcnbma^l ^at er [\d) auf feinen SBiberruf eingelaffen. ©eine Selenntniffe ^atso
JJaber in feinem Serid^t „Urfac^. . ." (f. Sb V, 719, n) aufgegeid^net. ©ein Serfuc^,
burc^ feine Slad^gicbigleit unb burd^ bebeglidSfc Sitten ben Äönig umjuftimmen, toar ber«
geblic^. ©eine j)olitifd(;e Vergangenheit lonnte nic^t bergcffen locrbcn unb bie Äraft ber
täuferifc^cn 3lgitation toar in Öfterreic^ noc^ nid^t gebrochen. 3lu(^ unter ber goltcr ^t
er ben Sffiibcrruf feiner Xauflel^re bertoeigert. 2lm 10. Sftärj 1528 ift er in Säten ber* 86
brannt borbcn. ^elbenmütig unb gefaßt ging er jum ©c^etterl^aufen, ermuntert burc^
feine jjrau, bie, eme SBalb^putcr Sürger^toc^ter, treu bei i^m ausfielt unb brei Xage
f})äter in bcr 2)onau ertränft tourbe.
§. fte^t, toie \d}on bie S^tgenoffen erlannten (f. j. S. ÄcHer, 3)ic Sieformation,
415 ff.) unter ben pü^rem be^ oberbeutfc^cn 2:äufertum« in ben Slnfangdial^rcn ber 40
Seh)cgung mit 3)cnf, §ae|er, §ut an erftcr ©teße. Sabian, bcr i^n aud^ ipcrfönlic^
nä^cr fannte unb no4 nad(; langen 3^1^«^ teilne^mcnb feiner gcbenft, nennt i^neloquen-
tissimum sane et humanissimum vinim, giebt i^m aber große 5Wcucrung^fuc^t fc^ulb.
SuDingcr Jagt toon i^m, er fei „too^l berebt unb jicmlid^ bclefen gebefen, aber eine«
unftäten GJcmüt«, mit bem er ^in unb l^er fiel", einzelne 3w9^ i>^ Sitclfcit unb Über- 46
l^cbung l^at nic^t bloß ber $aß ber ®egncr an i^m bemerft. ®aß er aber burd^ un«
lautere 9Jlotit)c ber täuferif^en 5ßartei jugefü^rt tourbe, toirb l^eute fein unbefangener
Seurtcilcr mcl^r be^au^)ten. 6in emfte« ©trcbcn nad^ SBa^rl^eit läßt fic^ nic^t berfennen.
SBcnn er fic^ auc^ in ben fd^toierigen ©ituationen, in bie er geführt tourbe, ba« einemal
bon bcr 2lufrcgung mitfortreißen ließ, bag anbcremal — unter fAtDcrcm äußeren 3)rudf — 60
big gur Verleugnung feiner ©runbfä^e nad^gab, fo jeigt er bocp immer lieber, unb ge*
rabc in bcr legten $criobe feine« äBirfcn«, ba« Seftrcbcn, ba« ^äufertum in befonnenen
Salinen fcftjuj^alten, bie nüd(;temen, lauteren ©Icmcnte in i^m jur ßerrfc^aft ju bringen
unb il^m fo eine frieblic^c Sjiftcnj ju fidlem, ^m Untcrfc^ieb bon §ut blieb §. immer
bcr gcbilbcte SEl^cologc, er ^at nid^t beffen unmittelbar J)adfenbe Jtraft, aber me^r Sc 66
fonncnl^eit. Von 2)cnf untorf^eibet i^n, baß bei $. ftd^ fein ©iwPwfe ber m^ftifc^=fj)iris
tualiftifc^cn 2)cnfh)eife jcigt. Sei il^m ift afie« auf ba« richtige Verftänbni« bon 2:aufe
unb 2lbcnbmal?l fon^entriert (bgl. %. S. bei Sofcrti^ 150, 156); auf bie erbac^fencntaufe
al« ein ©cbot ß^rifti bcrfteift er \xd), toie 3)enf nie gct^an ^at. 3)a« l^ängt mit feiner
gefc^lic^cn Sluffaffung ber Sibel jufammcn. ©0 bertritt §. gegenüber ben l^ö^cr gel^enb(
424 ^ubmater ^nlfcmann
aber üoin bibUjd^cn G^riftentum fic^ tpcücr cntfcmenbcn l^bcen 2)eiifö u. a. incl^r ba^
einfädle, lonfcrtjattoc, ftd^ ftreng an ba^ biblijc^e ©efe^ anfc^üe^mbe SCäufcrtum. 2)cr
§orijont tft eng, bic Sluffaffung nxd^t tief, bie geniale ©Jjelulation fe^lt, bie ani ber
^umanifttfd(^en äufflarung unb ber 3Jh;fttI fc^öj^ft. 3lber eine Oeineinbebilbung toar nad^
6 .^.^ ©nmbfä^en innerhalb befc^etbener ©renjen möglic^. 35a^ ^prinji^j, ba^ bie Si^eologic
ntc^t Leiter gelten barf, ate bie Haren ©c^riftau^fagen reichen, h)ar boc^ nic^t, tt)ie bic
©cgner meinten, rein bem ©igenfinn entf>)rungen, jonbem geigt ettpa« toon ber ©ehjiffens
^afttgfeit, bie 6. unb bie 2:äufer feiner Slidbtung überl^au^)t au^jeic^net.
$.g einflü^ h)ar mit feinem Xobe nic^t gebroci(;en. 3" 5Kifoteburg l^errfc^iten unter
10 ben Rufern feine ©runbfä^e. an ber ©J)i$e ber TOei^r^eit ftanb fein JJreunb unb ©d^ülcr
$an« ©(iittclma^er ; e^ baren bie „©d[^h>ertler" im Unterfc^ieb bon ben ©täblem, bic
ben Äriegebienft unbebingt bertoarfen (t)g{. 6omeliu^ II, 71 f. ; S3edE 70 ff.). Slber auc^
über bie Äreife feiner Sln^änger l^inau^ blieb unter ben Käufern fein 9lame in
eieren. «Reglet.
15 .^iicbolb Don ©t. aimanb, geft. 930. — ©«mtlicftc ©dmftcn MSL 132 6. 81 5 f.
aus älteren ©ammeliocrfcn : Herbert, script miis. med. aevi ©b I; Mabillon, annal., Su-
riu8 etc. — Histoire Utt. de la France VI ; €>Öffer, Nouvelle biographie g^n^rale ; i^bcrt,
®cfcf). ber ßitt. be« OTcnblanbcä im ^9( 93b 3, 6. 166 ff. 192 ff. ; 9iiemann, ^ufineiifon,
1894; Coussemaker, Memoire sur Hucbald, ^arl3 18-11; ^anS 3Rüflcr, ^ucbalbS ec^te unb
20 unc*tc @cf)r. über ^ufif, fieipiig 1884.
§ucbalb, geb. um bie 3Jlitte be« 9. 3a^rl^unbertg, üJlönd^ im flanbrifc^en Älofter
©t. amanb für TSInon (frang. 3)el). bu ^orb), ftubiert bort unter feinem berühmten
D^etm üRilo, bann in St. ©ermain b'SluEerre unter §eiric. 6r h?irb TOilo« 9laci(;fo{ger
in ©t. 3lmanb ate Seiter ber bamol« fe^r bebeutenben Älofterf^ule, bielleid^t fd^on t>ox
25 SKilo« 2:ob (872). 35er SRu^m feiner Sel^rtl^ättgfcit bringt i^m eine Berufung nac^
©t. 33ertin ca. 893 burd^ ®r^bif(^of ^ulco nad^ SR^eimö ein, tt)o er mit feinem 5Diit=
fc^ülcr Slemigiu« bie ©c^ule bieber aufrichtet. 9?ad^ JJuco« %oh gebt er lieber nadfi
©t. amanb, too er 20. 3uni 930 ftarb. ®a« 3)atum ftel^t nic^t ganj feft ; bie Sln^
gaben fc^toanlen bon 929—32. (930 Annal. Elnon. MG SS IV ©. 12). 3)ie Sc=
30 rid^te über §. bei ^loboarb, Annal. Ein., ©igbert t). ©emblouE fmb boD Sobe« über
feine ©elel^tfamfeit m $l^ilofoj)^ie, 3^eologie unb fc^önen SBiffenfc^aften unb über feine
Sel^rerfolge. 9lod^ me^r fmgen fein Sob bie ©riefe in ^Poefte unb $rofa, bie er mit
anbeni ©d^öngeiftem ber 3eit getoe^felt ^t (bgl. MSL 132, ©. 629. 875). ®ic
fdjiriftftcDerifc^en Slrbeiten umfaffen boc^ nur ein befd(;ränfte« ©ebict. .ö. f}ai öerfd^iebene
85 §eiligenlegenben gefc^rieben, in gutem Satein, fliegenb unb mit SSerftanb unb 5Ka^. 3)ic
vita Rictrudis (gef^r. 907), noc^ mel^r bie vita Lebuini (gefc^r. 918) fmb aud^ öon
l^iftorifd^em SBert (bgl. barüber Äenfeter, ^orfc^ungen jur beutfc^en ©efd^id^te Sb VI
©.343 ff. unb MG SS II, 360 ff.). SSon ben Äird^engefängen, bie er gebicfjtet unb fom=
ponxttt i)ai, fmb nur jtori Heine erhalten (MSL ©. 826), au^erbem jh?ci ©ebic^te an
4oilarI ben Aorten, bon benen baö eine in 136 §q:ametem baö Sob ber Äa^I!öj)figIcit
fingt. 6^ ift berül^mt getoorben, tDcil e^ nur auö SQäörtem beftc^t, bie mit c anfangen,
©er Serfaffer mu| in ber 3;i^at ein großer Ser^fünftler getoefen fein, ©ine 5ßrobe für
ben ©eift be« ©ebtc^t« :
Conscendat coeli calvorum causa cacumen
45 Conticeant cuncti concreto crine comati.
Sebeutenb ift §. in ber ©efd^ic^te ber ?Kuftf, tpo bie Anfänge ber 9?otenfc^rift, bie
Slntoenbung ber Sinien jur 93ejeic^nung ber S^on^b^e auf il^n jurüdfgc^cn. dagegen
tüären nad| TOüDer, ber i^m nur bie §au^)tfc^rift de harmonica institutione lä^t,
bie Slnfänge be^ meH*i^»"i0«n ©efangsg unb bie neue Sud(;ftabentonfc^rift einem um ein
60 ga^rbunbert jüngeren §ucbalb ju berbanlen, ber bie ©c^rift de musica enchiriadis
gefd^rieben.
2lte 3)icbter beig bcutfc^cn Subbig^Iiebe^, beffen einjige §anbfc^rift ftd^ unter ben
SReften ber Sibliot^ef bon ©t. 9lmanb in Salendenne? fanb, h)urbe er o^ne Weiteren
©runb in 2lnf)3ruc^ genommen. 3lu(^ bie ^^potf)^]c, ba^ er ber ©c^reiber ber erl^altcnen
55 ^anbfc^rift fei, l)at feinen ©runb. W< (Sd^mib.
^ülfcmann, ^^ol^ann (1602—1661). — Sitteratur: Henning ©itten, Memoriae
theologorum, decas X (Ginlabung jiir Seid)enfeter burrf) *iD?artin ®eicr); bic Scicbenpreblgtcn
Don 93artcf«, Ämipfer unb ©eier, bie SlbbanfungSvcbc tjon 3a!ob 2;f)omafiu§. {ämtlitb öuä
htm Sterbejahr; Spijcl, Templum honoris rescratum; 91. ^^olucf, ^cr ®eift ber lut^crifc^cn
^ftlfemaittt 425
Xticologcn ^ÄMtlcnbcrcjö, Jutric bcii|elbcn ^. ^ülfemann in ^SR^*; SB. ©afe, ®. dalijt unb
ber ©^nfvetiömud ; beöfelben ©ejcl)i(l)te ber ^roteftantifcficn 3)ü9mati! I, unb beöfelben ^.
^ülfcmonn in 5Ib^; 3. g. (Srbmann, fiebcnöbefcöreibunflcn ber Sittcnbcrnifc^en ^rofefforen,
1804 (mir nit^t jugönglid) genjefen). S)aju bic ®efamtlittcratur über ©aiift (bcfimbcrS alfo
bo« SBu(ö beS iünflcrcn $>enfe) unb ben ft)n!rctifH|(^en ©trclt (troj ber fc^iefen ©ejonitaufs 5
faffung ift f)icr $>. @d)mib8 (5rftHnc\Srocrf, Erlangen 1846, no(!^ immer nicöt ocrahcl) unb baS
Xt)ürncr Colloqiiiiim charitativum (be(. ble ^rotofofle in ibrcn tocrfcfiieb. gaffungen). C^iilfc*
mann§ 93rieftDec^feI ift jerftreut, üom 5SerbIeib beS wicfttigftcn Zt\\^, nänilid) ber Äorrefpon*
benj mit Saloü, fel)It jebe ©pur. ©riefe uon iftm an S^^onn ©cöniibt unb Ä. 3)ann]^auer
finben ftcö in bem nad) ^^amburg geratenen ©tuet ber UffenbQdiftften ©ommlung auf ber bortigen 10
@tQbtbibIiotl)ef; 2:i)oIud, angetban Don Qo^ann ©cftmibt, wie er war, ^at über ber itorreS*
ponbenj biefeö feinet £iebling§ bie unmittelbar boneben aufbewahrte 3)ann^auerS üernad)»
Jöfftgt. Sür bieömal f)(\bt i(b micft auf ßjcerpte angeiüiefcn gefe^en, bic id) mir frül^er, o^ne
beftimmten Qwcd, aii^ jenen 53ricfbftnben gemad)t Ijatte: außer ftanbe, bic Originale nod)«
malö ein^^iufe^en, liabt xd) aud) auf oöHige ^tuSnu^ung ber ©ycerpte für biefen Vlrtifel toer» 16
jicftten muffen, ©nblid) mögen aud) bie "UniüerfitötäarcftiDc öon 3Bittenberg*§alIe unb Seipgig
nodj einiges für bie ÄenntniS ©ülfemannS ^ergeben.
§ülfcmann gehört ju ben bebeutcnbcn lUtcrarifc^cn Oegnem ßolijt«. 3Ran toirb ja
SBüfc^cr, ber aU Der ©rfte Samt fd^fug, in leiner SJarftettung be« fl^nfrettftifdi^cn Streite«
au^Iaffen !önnen, aber im ®runbe fmb c« i^rer nur brei, bic um i^ter felbft tpiDen nic^t 20
bie aSergcffen^cit Derbienen: 3)ann^auer aU c^riftlic^e 5ßerJönli(if|Ieit, ßalob toegen feine«
an ©treitfc^riften fruchtbaren ganati^mu«, ber bem cnergifd9en unb ftet« gerüfteten ^ber*
gelben bie firc^Iici(;c ^E^rcrroDe eintrug, aU britter eben ^ülfemann. 5N f^"" ^^^
^anati^mu« nic^t nad^fagen, benn Siecht unb Seftanb bc« fonfefftoneßen Sut^ertum« fc^ienen
i^m über jebc emftli4)e ©efäl^rbung ergaben ; f 0 fehlte il^m bic ©runbbcbingung be« fana^ 26
ü\d)m aScfene, ba« mel^r ober toeniger unbciitlic^c 33ch)u^tfcin um bic ©d^toäc^c ber
eigenen ^ofition. Unb ba« ©tubium feiner Schriften labet nic^t gcrabe jur genaueren
Sefanntfc^aft mit ber l^intcr i^nen ftc^enben ^erfönlic^fcit i^e« SScrfaffer« ein. 35er öer«
blüffcnbe ©tanbe^^oc^mut biefe« S^cologieprofeffor«, ber obencin nur bie SBittenbergcr unb
Seipjigcr Sc^rftül^Ic achtet, bie §elmftebter laum für Se^rftü^lc gelten lä^, öertoe^rt ja so
üon bom^erein, eine anbere al« eine Heine ^ßerfönlic^Ieit bon bureaulratifc^er 6nge unb
ausgeprägtem ©jjetlenjbetüu^tfein ju erh)arten. Qx ift Dftfriefe unb ^eberlänber. 2lber
bie grobe unb gcrabe ^cfenart tntt bei il^ cigentümlid^ gebrochen auf. 3)enn nit^t
au« angeborener friefif^cr ©d^toerföHigtcit toiD c« crflärt fein, ba^ $ülfcmann fo fpät
unb nur untÄ bem jbingenben ©rudcc ber Umftänbe baju lam, ben Sieformierten fein 86
toa^re« ®cftd(^t ju jetgen ober gegen ßaliyt garte ju belennen. 6r ift falfc^ gctocjcn
ober feig. SBclc^c« bon bcibcn, toer h?itt ba« fagen? 2)iptomatif(if|c §intcr^altigieit
toürbc ben 3Kenfdben no^ el^cr anjiel^cnb machen, al« er bei ber anbcrcn Slnna^mc er«
fc^eint, bafe er fic^ nämlic^ gcfdjieut f)aU, e« mit irgcnb jcmanbcm ganj ju t)erbcrben.
©0 ruft er felbft ben ^mx^d toad) an feiner ß^rlic^ilcit al« ^olemilcr unb guglcidj; an 40
feiner Urteil«fä^igteit in Qai^m c^riftlic^cr ^mmigfeit. Unb toirllic^ ift feine 2:^cologie
fo froftig loie nur irgcnb eine jener 3:agc. ^toax meint I^oludt (a.a.O. ©.166), man
bermiffc bei ^ülfemann ben 2lu«bruc! auc^ rcligiöfer 3[«"i9Wt unb SBärme fcineStoeg«,
bodb giebt er für bicfe I^cfe auc^ nic^t einen Seleg. §ülfemann« berü^mtcfte« bogma*
tifcpe« 9Berf, ba« breviarium theologiae exhibens praecipuas fidel controversias 46
Don 1641, breiter au«gcfül[^t 1655 in ber extensio breviarii theologici, bcrbicnt aller-
bing« ba« i8ob ber Originalität, ba« I^oludf ü^m fpcnbct, aber man folltc bodj; babei nic^t
t)crfc^h)eigcn, ba^ bicfe Originalität fd[^licfelid(^ auf eine (Sefc^lic^Ieit ^inau«läuft, bic au^
üor bem rcc^tfcrtigcnbcn ®lauben nic^t §alt mad^t. ©benfo mag man, mit ©a^, bciben
SBcrfcn eine mcl^r al« burd(;fc^nittli(^c ©cbanfcnfüHe nad^rü^men, aber ba^ ba« rcligiöfe 60
Sebürfni« be« Scfcr« irgcnb angcfprod^en toerbe, toie eth?a in 3)ann^aucr« §obofopl^ic,
l?at noc^ niemanb bcl^auptct, au«brüdtli(^ felbft Il^olucf nid^t, fo geneigt er auc^ ju
einer e^renrcttung §ülfcmann« toar; ber Sricftocd^fcl mit go^ann ©^mibt galt eben al«
empfe^lung. SBa« ßülfcmann über ben ©c^lüarm emporhob, h)ar eine and) bamal« fei«
tcnc f^Hogiftifc^c ©ctoanbt^cit unb befonber« feine fvftematifc^e SScranlagung. Gin ©^ftcm 66
ift ba« breviarium, unb ein gcfd^loffcnc«, toenn aud^ cinfeitigc« utib angreifbare«. Unb
ba^ i^r 3Scrfaffer ein geborener ©^ftematilcr h)ar, mad^t bic dialysis apologetica pro-
blematis Calixtini (1650) unb ben galijtinifd^cn ®ch)iffcn«h)urm (1653) ju ben faft
tüirf^tigftcn gebrudtcn Singriffen auf bic §clmftcbter 2;^eologic. 3)Juftcr unb au«bunb
guter aöerle (1650) nimmt an bicfcm 33orjuge toeniger teil, ^n ben bciben juerft gc* go
nannten aBcrfen mac^t ^ülfemann, im Untcrfd^iebe k)on allen feinen 3Kitftreitem, bie ben
Äampf tocrjcttclu unb, inbem fte über eine cinjelnc Stu^crung dalijt« Verfallen, jcbai aü-
426 ^iilfemann
gemeinen @efic^t^>)untt Verlieren, mit merflic^em ©efd^idf ben 3?etfuci&, ben ©treit um bie
©injelfragc baburd[> auf eine j^rinji^^ielle §ö^e ju ergeben, bafe er fie jufammen mit ben
anbeten fc^h)ebenben ßinjelfragen unb jomit fc^Iie^ic^ im Stammen ber ®efamtt)ofxtion
ßalijt^ anfc^auen möchte. 9Kit ßinjel^eiten junäc^ft i)at eö aud^ §ü(femann beibe SRalc
6 ju t|un. ^n ber dialysis beftrebt er fid^, gegen ßalijt ju betoeifen, ba| fc^on bag 212^,
aud^ für fid^ allein, einen trinitarifd^en ©otteSbegrijf ^ergebe. 3!)er bicHeibige ©emif[cn^=
h)urm gilt junäd^ft einem fleinlid^en 9ieben= unb 5ßrit)atftreit jtoifc^en §ü(femann unb
ßalijt, in ben au^ fc^on 9Kufter unb 2luebunb hineingebort, ^ülfemann follte, tuie ßa«
lijt i^m fd&ulb gab, gelehrt ^aben, burd^ Segel^ung ber 1 Äo 6, 10 genannten ©ünben
10 ge^e ber ßf^rift nic^t feinet ©nabenftanbc^ t)erluftig. (g^ ift aller ß^ren hjert, bafi §ü(fe'
mann e^ t)erftanben i)at, biefen Reinlichen Differenzen allgemeine ©eftc^t^punlte abjuge*
toinnen, h)te fte in ben beibcn großen ©treitfd^nften borliegen, ©egen i^n gel^alten,
erfc^einen alle feine 9Kitfämj)fer Jjlanlo^. 2lber bag SHefuItat feiner Semü^ungen um
tjrinjipieHere ßrfaffung ber Se^rbifferenjen liegt greifbar bor in bem ungefä^rlid^en ßnttourf
16 §elmftebtifc^er unb anberer Steuerungen, h)ie h)ir i^n bem ßalijtinifc^en ©etDiffen^murm
borgebrudft finben, unb biefeö (Stüi fti^rt beutlid^ auf ettoa^, toa^ bei ber berjettelten unb
unüberfid^tlid^en ^olemif eine« SBeHer, ßalob, ©c^arf u. a. glüdtlid^ berfd^Ieiert blieb, auf
ba« Urteil nämli(|, bafe e« fic^ bei bem ganjen Särm boc^ nur um tlf^eologifd^e« ©c^ul^
gej^änl l^anbelte, nic^t, toie man borgab, um bie SQSa^rung ^eiligfter ©lauben^üter. Äaum
20 ein 35u^enb ^af)x^ feit bem Eintritt 3i0^ann ©erwarb«, unb fd^on toar für jeben, ber
feigen toottte, nur ba« bie ^agc, toel^er ®egn,er ben ©^nlreti^mug abibfen h)ürbe, um
[\d) mit befferem Srfolge an ber lut^erifd^en Drtl^obojie ju berfud^en.
§ülfemann, aU ©o^n eine« ©u})erintenbenten ju @fen« im ^eberlanbe 1602 am
4. Dezember a. ©t. geboren, jum gtoedfe feiner 9lu«bilbung feit bem jtDöIften Seben^ja^re
26 bem fxttigenben ßinfluffe be« Slteml^aufe« unb namentlich ber ÜKutter entjogen, empfing
feine ©djiulbilbung in 9Jorben, ©tabe unb §annober, bejog, noc^ nic^t ac^tje^njäl^rig, bie
Uniberfttät Sloftod, bie er nad^ ^toei ^af)xm mit ber SQSittenberger bertaufd^te. ^ier tourbc
er 3:ifci^5 unb $au«genoffe be« ^rofeflor Salbuin, neben bem namentlid^ ^atob aRartini
unb Salt^afar ÜJlei^ner einen beftimmenben ßinflufe auf feine ©tubien gewonnen m ^aben
30 fc^einen. 2)er 3:ob feine« ©aftfreunbe« bertrieb i](;n 1627 au« SBittenberg, um fo mebr,
al« beffcn nac^gelaffene fflitme balb il^m fetbft bie §anb reid^en foHte. 2)er 2lufentl^alt
in bem na^en Seidig, tool^in er fxd^ junäd^ft toanbte, tuar ni^t bon langer 2)auer; auc^
bie griaubni«, t^eologifc^e SSorlefungen ju l^alten, mit ber man ^ier ben jungen SJlagifter
fc^on bor bem t(>eologifc^en ©rabe eierte, lonnte i^n nic^t feffeln. 9iod^ im ^ai^xt 1627
86 machte er feine gelehrte SReife nad^ §oIIanb, h)0 er mit ©erwarb 3Soffiu« in Serben an^
!nüi)fte, unb na^ granfreid^, h)o er ben SBinter, nämlid^ in ^ari«, jubrac^te. §etmgele^rt,
begab er ftd^ balb bon 2ei)}jig nac^ SKarburg, too tuir i^n an ÜReno $annedfen« lifc^e
finben. SÖon bort feierte er mit einer ©c^leife über bie oberlänbifd^en Uniberjttäten, beren
S3erü^mtl^eiten er tjerfönlic^ lennen lernen hjollte, nac^ Üeipjig jurüdf, too i^n 1629 ber
40 Siuf jur bierten tl^eologifd^en 5ßrofeffur in SBittenberg erreichte. 2lm 2^age feiner 2)oftors
tJtomotion führte er unter ungetoö^nlid^ bomel^mer 2lffiftenj feine SBittoe l^eim, unb rafc^
fc^uf er fid^ in SBittenberg eine ©teHung, bermbge feiner 3:üc^tigfeit. 3)ie Sichtung ber
ÄoHegen mufe er in ^ol^em SKafee befeffen l^aben, benn fc^on 1630 fe^en h)ir il^n nad^
Sei<)p abgeorbnet, ju jenem Äonbent, auf bem ber Äurfäd^fifd^e 2luga})fel ber äug«s
46burgifc^en Äonfeffion abgefaßt h)urbe, unb im S^i^^c 1645 finben h)ir i^n gar in führen-
ber Stellung al« moderator theologorum Augustanae confessionis bei bem coUo-
quium charitativum jul^om h)ieber. 9?ic^t bafe er ^ier burd^ feine f^ttogiftifc^e Äunft glänjen
tonnte unb bamit foh)obI bei ben Äat^olifen einen 2ld^tung«erfoIg errang al« aud^ feine bem-
näd^ftige Berufung nac^ £ei})gig borbereitete, nic^t bie« mac^t bie 3;l^orner SBod^en für i^n fo
60 bebeutfam, fonbern einmal, bafe er ^ier juerft bem 3Ranne begegnete, an bem er erleben
foHte, h)a« ber nur Segabte immer erleben h)irb, nämlic^ bafe er gegen ben ÜRinberbegabten,
bafür aber ^i^^bctoufeten unb aBitlen«ftarten niemal« auftommt. 2)er Slbgefanbte ber
ftoljen Sut^eruniberfität fanb in bem geringen Vertreter be« polnifc^en Sanjig, in älbra^
^am (Salob, ben 3Rann unb 3Reifter feine« ©d^idffale«. Unb feltfam, gerabe je^t, too
66 Mlfcmann jum le^tenmale feine Äunft gtoeibeutigen Sabieren« ^tüifd^en ben ftreitenben
Parteien in bollem ©lanje entfaltete unt) too er ben ^J)iann lennen lernte, ber il^m biefe
Äunft grünblid^ abgeU)ö(?nen foHte, mufete fic^ auc^ ba« ganje (utl^crifc^e 2)eutfd^lanb ber^
einigen, um ibn ju einem 3iruc^e mit feiner bi«berigen §a(bl)cit ^u nötigen, auf ber
Steife nad^ 2:l^orn ^atte .^^ülfemann in 33erlin im ,^aufe be« nid^)t nur reformierten, fon»
(K) bem au6) lonfeffionell ftreitbaren §ofprebiger« 93ergiu« freunbfd^aftlid^e Setoirtung ange»
^ulffiiiaiitt ^ttfttttd 427
nommcn. (Sin SDiann, ber nod) immer mit ©crl^arb Sofftu^ burd^ eine 2lrt t)on Sob*
affefuran^ auf ©egcnfcitigfeit berbunben \vax, backte ftd^ babet too^l nic^t^ 2lrge« unb h>ar
0eh)ij5 bon ber SJlifebiUigung, bie biefer fein >)raftifcl^er ©^nfreti^mu^ bon feiten ber lutJ^e«
rifc^en gafultäten, befonber^ fc^arf bon ber ®reif«h)alber, erful^r, nid^t jule^t felber über«
raf^t. 3:ro^bem erfannte er fofort, ba^ er mit ber bon i^m fettiger beliebten »tüeibeutigen 6
Haltung angefid^tg einer folc^en ©timmung in lutj^erifd^en Greifen nid^t länger burd^f omme.
©d^on im ^ai^xt barauf quittierte er für bie feinem berliner 33erl^alten nid^t günftigen
©utad^ten ber ^afultäten, inbem er Hein beigab unb in feinem Calvinismus irreconcilia-
bilis ein ©eitenftüdf ju be^ englifd^en Sifc^ofeig ^o]^\) ^aü Roma irreconciliabilis lieferte.
SBie toenig tüol^l er fic^ aber borerft in biefer neuen, t^m aufgebrängten SHoDe füllte, lo
t)errät ber beigebunbene 2ln^ang Quae dogmata sint ad salutem cr^itu necessaria,
ben man faft Calvinismus reconciüabilis überfd^reiben bürfte. §ier geigt fxd^ ber SSer^
faffer bulbfam ^infid^tlic^ ber Slbenbmal^telel^re (§ 15) unb ber unio personalis (§ 57).
3Ber in ben ©nfe^ung^hjorten borläufig nic^tg bon leiblicher ©egentoart ßl^rifti finben
fann, bon bem urteilt er : quod erret, nuUum dubium est, an exitialiter, maxi- 16
mum; unb ba§ eö bei ber ^Rechtfertigung nur auf bie ©ottmenfc^l^eit G^rifti ate bag
anfomme, Wa^ geglaubt tuerben muffe, nid^t aber auf bie 8lrt ber SKenfd^toerbung unb
ber unio personalis, briidft er fo auö: satis est in puncto fiduciae de Salvatore
id sentire quod de eo Patres sensisse e Vet. Test, probari potest — ein äu^-
fj)rud^, ber jtoar über ^ülfemann^ SBunfd^, aud^ eine ^^rinitätglel^re fd^on im 212^ borau^^ 20
gefegt gu finben, einiget Sic^t berbreitet, befto tiefere^ S)untel aber über bie S^^age, cur irre-
conciliabilis. 3Serftel^t ftc^, hat ber 2lutor, unter bem gune^menben Sinfluffe 6aIob^ in«
tranftgenter geworben, in fpäteren ^af^xm biefen Slnl^ang berleugnet unb für i^n ate eine
unreife Qjwgenbfd^rift 3;nb^n^ni*ät in Slnfjjrud^ genommen. Sinen nodb Ipeinlid^eren ßin*
brudf alö biefer Sruc^ mit ben Sieformierten mad^t ber enblic^e Srudp mit ßalijrt. 3Jltt 26
biefem ift §ülfemann befreunbet getoefen unb l;at nad^ feiner bequemen 3Ranier ben ©c^ein
biefer ^eunbfd^aft aud^ bann nod^ aufredet er^Iten, ate er bloßer ©d^ein geworben toar.
©eit bem 2:^omer ©efpräc^e, toenn nid^t fc^on länger, h)uf|te er fidSi al^ tl^eologifc^er
©egner ßalijtö, aber erft berle^te ©itelfeit berntod(>te i^n, fid^ ate folc^en ju befennen.
$Bon bem SBittenberger ?Profeffor ©d^arf in mel^reren Programmen angegriffen, l^atte Sa«»
lijt bie 2lnmafeung ber Sut^erfafultät, ate ob fie unb il;re jebe^malige SeJ^rtoeife für oKe
luti^erifc^en Sl^eologen normatib unb binbenb fei, in einem gel^amifc^ten ©egent^rogramm
gurücfgetoiefen unb biefe ßw^irftDeifung bamtt begrünbet, baf fid^ auc^ in ben ©d^riften
ber SEJittenberger ^afultät^genoffen 9leuerungen unb ^i^ümer fänben. S)afe unter biefen
©d^riften auc^ Jpülfemann^ breviarium nambaft gemadbt tvar, trieb biefen enblid^ au^ss
feiner Sleferbe ^erauö. ©ofort eröffnete er bie ^einbfeligieiten, unb jtoar führte er ben
Ärieg nic^t nur mit ben el^rlid^en SBaffen litterartfc^er ^l^be, fonbem nod^ bor bem Sr«
fc^einen ber dialysis apologetica beftimmtc er im 3Serem mit bem Dber^ofprebiger ^alob
SBeHer feinen Äurfürften gu einer offiziellen 5)enungiation ßalijt^ bei ben braunfd^meigifc^en
t mögen (16. ^xmi 1649). 2)afe ßülfemann bie ©efamtt^eologie feine« ©egner« gur^
ecpenfc^aft gie^t, ift bereit« gebü|rehb getDürbigt. §ier fei nur noc^ ^ertjorge^oben, ba^
ein fo umfangreii^e« SBerf fc|h)erfter ©elel^rfamfeit h)ie ber galistinifd^e ®eh)iffen«h)urm
beutfd^ gefc^riebcn ift. SlHerbing« toa« für ein 2)eutfd^! ©ogleid^ ber erfte ©a§ reicht
bon ber 1. bi« auf bie 6. Quartfeite. 35a ift ba« breviarium mit all feinen ungel^euer*
liefen 3BortbiIbungen tüie futuritio, participatio, identitas, influentia auc^ für ben «
beutfc^en 2efer boc^ bie leid^tere Sehüre.
©c^on im ^al)x^ 1646 toar $ülfemann, nad^bem feine Ernennung ^um Dberl^of*
prebiger in2)re«ben nic^t ju ftanbe gelommen toar, al« ©^ftematiler nad^ SeiJ^jig berufen,
tDO er aufeerbem ba« ^fanamt an TOcoIai unb bie ©teile eine« assessor consistorii
uerfa^. ©eit 1657 fam ju biefen Obliegenheiten auc^ noc^ bie Seijjjiger ©ut^erintenbentur. w
Da« ^al)x 1659 mad^te ibn ju einem ber ©d^tüiegerbäter Galob«. Sin g^ren reid^er al«
an bleibenben SSerbienften — er h)ar aud^ noc^ 3)omt;err bon 9?aumburg unb 9Jlei^en
fotoie Domj)ro))ft bon 3^i^ getoefen — ftarb er am 13. ^nnx 1661 ju Seij^jig.
?f. »offe.
|)uettii«, ^ierrc 2)aniel, geft. 1721. — Nic^roo, M^m. T. I p. 39-66; 60
Ch. Bartholmess, Huet ou Ic Scepticismc theologique, ^ari« 1849; Do Gournay, Huet,
dvßque d'Avraiiches, sa vie et ses ouvragcs, $Qrid18;)4; Hottes, Etudes sur Huet, (5v6que
d^Avranches, ^ariö 1858; C. Trochon, Huet, ^v^que d'Avranches, d'aprc^s des documents
in<:-dit8, in Correspondant, T>^. 1876, Mars. 1877; D. u. Soedn in ber Gncljün^ftble t)on
i^x^dj unb ÖJruber. fl|
428 ^uetittd
5ßierrc 3)anicl ^mt, ©ol^n cinc^ ^atrtjier^ ju 6acn in bcr 9iormanbic, h)clc^cn jc^
fuitifc^cr Scfe^runö^eifer t)om ßalbiniiJmu^ in bcn ©c^ofe ber römijc^-fat^olifc^en Ätrdbc
geführt l^attc, hjurbc ju 6aen ben 8. ^bruar 1630 geboren unb nad^ bcm frül^^icittgen
4ob feiner (Sltem im bortigen ^i^fwitenloltegium gebilbct. ^n ber $l^iIojo))l[^ie crfannte ber
6 ftrebfame, talentvolle Jüngling ßarteftuö, in ben orientalift^en ©J^rad^en ©amuel Soc^art
aU feinen ÜJleifter. ^tvax mufite er feine SJerbinbung mit bem letztgenannten ate einem
6alt)iniften geheim galten; aU aber Soc^art t)on ber fd^hjebifd^en Äönigin ßl^riftina nad)
©todf^olm berufen toorben toar, benüfete $uet bie ^bm erlangte ^rei^cit ber SSoUjä^rigfeit,
um 1652 in SBoc^art« Segleitung nac^ ©todf^olm ju reifen, ^n ber föniglid^en Sibliot^el
10 bafelbft entbecfte ^uet eine ^anbfd^rift, toeld^e ben größeren 2^eil ber Äommentarien beö
Drigene^ unb beffen 2lbl^anbtung bom ®ebet entl^ielt. 2)iefe gried^ifd^c ^anbfc^rift toedftc
iuerft bei i^m ben 5ßlan, bie SOäerfe beö Origine« im Urtejt ^erau^jugeben. 9kd^ brei
^Honaten leierte er über Serben, too er bie Sefanntfc^aft öon 61. ©atmafxu^ mad^te, unb
über Srüffel unb ^ari« nad^ $aufc jurüdf. 3Kit bem il^m jugefaKenen beträc^tlid^en Ser^
16 mögen l^ielt er fic^ in 6aen bon allen ©efd^äften ferne unb begann eine neue lateinifc^c
Überfe^ung be« Drigene«. 35ie ®runbfä|e, toeld^e i^n hierbei leiteten, legte er in feiner
erften littcrarifc^en arbeit, ber latcinifd^en 3lbl^anblung de interpretatione libri duo,
quorum prior est de optimo genere interpretandi, alter de daris interpretibus
(Par. 1661) nieber. ©eine eigenen Slnftd^ten legte er barin bem ßafaubonu^ in ben
20 $IRunb, unb fleibete bie Serl^anblung in ein ©efjjräc^ jmifd^en biefcm unb ?fronto 3)ucäu«
ein. ^m ^af^x^ 1662 grünbete er, na(^bem er in bie Slfabcmie ber SBiffenfc^aften feiner
SJaterftabt aufgenommen toorben tmr, eine naturforfc^enbe ©cfcllfd^aft, it»elc^e auf Gol*
bertd Eintrag bom Aönig anerlannt unb unterftü^t iDurbe. $uet er^^ielt aU SSorfte^er
berfelben einen bi« ju feinem 2^ob belogenen 3lÄ^tgel^aIt. Sllle fonftigen nod^ fo glänzen-
26 ben älnerbieten fd^lug er be^arrli(^ au^, um ganj feiner litterarif(|en ^Ru^e leben )u
fönnen. 9?od^ el^e fein §au})ttoerf, ber Drigene«, beenbigt toar, tourben o^ne fein SBiffen
unb SBoHen feine Jjoetifc^en äSerfuc^e in gri^ifd^er unb latcinifd^er ©Jjrac^e bon ®. §oger«
m Utred^t l^erau^egeben ; erft 45 ^ai}xt ft^öter gab §uet felbft fie berid^tigt unb berme^rt
perau« ^arig 1709). ^m ^cä^i 1668 erf(^ien nad^ löjä^rigen ©tubien feine 2lu^abe
80 ber biblif(^en Äommentarien be^ Drigene^ in jtoei goliobänben. Unter bem 9tamen
„Origeniana" l^tte er eine l^iftorifd^-fritif(^e unb t^eologifc^e (Einleitung über Sebcn,
©(^riften unb ©^ftem biefe« Äirt^enbater« borangeftellt, bann folgten bie juerft boUftän*
biger gefammelten griec^ifd^en Überrefte biefer Äommentarien mit einer genauen lateinifc^en
Überfe^ung. 9(1^ er nun nac^ jibeijä^gem Slufentl^alt ju^ari^ 1670 nac^ Qam jurüdt-
86 leierte, tourbe il^m bon ben bortigen ^uriften bie 35o!torh)ürbe übertragen ; aber fein äuf=
entl^alt in ber $cimat toar ni(^t bon fanger S)auer, inbem il^m neben Soffuct bie ©r^
giel^ung De« 35au})l^in anbertraut tourbe. 3)ur(^ biefe 3Serfe$ung an ben §of mufete er
feinem $lan, ben Drigene« ganj ^erau^jugeben, für immer entfagen. dagegen arbeitete er
nun neun ^af)x^ lang in feinen ^eiftunben an einem SQäerf, burc^ h)elc^eö er bie SBal^rs
40 1^ ber c^riftlic^en Sieligion ju betoeifen bemül^t h)ar. S^ ift biefe^ feine juerft in^ari^
1679 erf(|>ienene Demonstratio evangelica ad serenissimum Delphinum. Seine
Bier aufgehellten ©runbfö^e fottten rein matl^ematifd^ betoiefen toerben. an bie ©})i$e
fteßte er folgenbe 4 2ljiome : 1. 3ebe^ S3uc^ ift ed^t, ba« bafür bon ben ßcitgenoffen unb
ber Sleil^enfolge ber näd(>ften ©efc^led^ter gcl^alten toirb. 2. 3^^^ ©efd^id^te ift tbol^,
46 toeld^e bie S3egebenl^eiten fo erjöi^lt, toie fte in bielen gleid^jeitigen ober bem 3^ttalter ber«
fclben junäc^ftfte^enben Suchern erjäl^lt hjerben. 3. ^chz SBei^fagung ift toal^r, toel^e
6reigni)je fo borau^ berfünbigt, tote ber ßrfolg fte betbö^rt. 4. ^ti^ ®aU ber SQ3ei«=
fagung ift bon (Sott. Slu« biefen Sljiomen gelangt er uim ©d^lufi, ba^ äße«, tba« bie
©c^rift bon 3efu atö bem Gl^rift au^fage, toa^r fein muffe. 35abei führte er mit ftaunen«-
60 ibertem ©d^arffmn bie $^})ot^efe au^, ba§ alle l^eibnifd^en Sieligionen au^ ben mofaifd^en
©d^riften gefloffcn, ja bafe alle 9iamen ber SReligionöftifter unb ber älteften ©ottj[ieiten unter
ben Reiben nur aU 3Sariationen be^ 9?amenö 3Rof©g ober ate Seinamen be^ i^raelitifc^en
©efe^geber^ j^u berfte^en feien, ©a^ Söerf erregte allgemeine« 9luffel^en auc^ in ber ^jro*
teftantifc^en SBelt; \a ©. ^ufenborf grünbete barauf bie .^Öffnung einer Söieberbereinigung
66 ber getrennten Sefenntniffe. ^m ^al)xt 1674 hjurbe §uet unter bie ^Bier^ig ber frans
iöfxf(|en Slfabemic aufgenommen, jh>ei ^ai)x^ fjjäter emt^fing " er bie ^ricftertoei^e. 3^
3a^re 1678 belol^nte ber Äönig feine 33erbienfte mit ber ßiftercienfcr 3lbtei b*3luraV, nic^t
ibeit bon 6aen. .?>ier fd^rieb er eine fd^arfe Äritif ber ßartefianifd^cn $^ilofo))^ie (Cen-
sura philosophiae Cartesianae, ^axx^ 1689). 6artefiu« felbft flagt er bei aller an«
60 erlennung feine« fpefulatiben (Seifte« ber Untbiffeni^eit, 2lufgeblafen^cit unb ß^arafterfd^toö^^
barin an; noc^ l^eftigcr jog er gegen bejfcn bltnbe Slnbeter ju gelbe. Sin biefe ßcnjut
retl^te \xd) bte Sd^rift: Alnetanae Quaestiones de concordia rationis et üdei libri
tres (6aen 1690). 3ln!nü})fenb an ben ßartefxanifd^en Sel^rfaÄ, ba^ bie $l^ilofot)l^te mit
bem 3^^fd beginnen muffe, h)itt er nad^toeifen, ba^ biefer 3"^^^' f*^ ^"^ ^^f ^^^
Semunft felbft unb il^r Vermögen, bie SBJa^r^eit ju ertennen, ouÄel^nen müf|e. ©eine 6
Kenntnis be« §ebräijc^en unb feine gro^e S3ele|enl^eit in ben alten ©eograp^en unb^ifto^
rilem betoeifen feine Slbl^anblungen : de la Situation du Paradis terrestre (^pöri^
1691) unb de navigationibus Salomonis (Amstel. 1893). ©>)äter erfd^ienen Unter«
fud^ungen über bie Slltertümer ber ©tabt (Sxim. 2)a« bon i^m im ^öc^ften Sllter ge*
fd^riebene SBerf : Histoire du commerce et de la navigation des anciens (^Poii« lo
1716) toax ba« erfte, toelc^e« biefen ©egenftanb ber alten ©e^ic^te au^fü^rlic^ erläuterte.
— ^m 3a^re 1685 hjurb §uet jum Sifc^of bon ©oiffong erhoben; el^e aber ^ierju bie
t)äi)ftlic^e Äonprmation erfolgte, bertauf d^te er biefe« 3lmt 1689 mit bem jur 9lormanbie
gel^örigen ©jjrengel bon ätorand^e«, für toelc^en er 1692 jum S3ifd^of lonfefriert tourbe.
SUIe feine 3eit unb Äraft toanbte er nun auf §erftellung ber berfatlenen Äirc^enjud^t i6
feine« ©t^rengel«; er gab^i^m ©^nobalftatuten in ben ^a^ren 1693, 1695, 1696, 1698,
tüelc^e ju 6acn gebruit tourben. S)a ber Slufentl^alt ju 3lbran(^e« feine ©efunbl^eit an^
öriff, fo geftattete il^m ber 5?önig im ^al^re 1699 bie 3flieberlegung biefe« Slmte«, unb er
erhielt bafür bie 3lbtei gontena^ bei 6aen. ©eit bem ^al^re 1701 jog er fic^ nac^ $ari«
jurüdf in ba« ^rofe|l?au« ber 3«fwiten. 2)ie S3efc^h)erben eine« l^ol^en 3llter« ftellten ftt^ ao
feit 1712 bei i^m ein; benno^ f(^rieb er 1717 bie trefflichen Äommentarien über fein
lieben, bie in ^ierlid^em Satein ein gute« ©emälbe ber toiffenfd^aftlid^en unb gelehrten SBe*
ftrebungen unter Subh)ig XIV. enth)erfen unb jugenblic^e« geuer, SBi^ unb 3lnmut atmen :
P. D. Huetii, Commentarius de rebus ad eum pertinentibus, libri sex (Ha-
gael718). S3alb barauf (am 26. Januar 1721) ftarb^uet im faft boUenbeten 91.2eben«*25
jal^r eine« fanften lobe«, gu feinen Sebjeiten gab Äbb^ 2:iiD[abet gefammelte Sluffäfte
toon il^m ^erau« (^ßari« 1712), unbSlbb^ b'Olibet, ber aud^ in berSlfabemie fein Eloge
l^ielt, liefe feinen 5Rac^lafe unter bem Sitel Huetiana(1722) crfd^einen. §uet hjar ftrenger
Äatl^olil, aber feine SSerbinbungen mit ®ele^en aller Äonfeffionen machten ibn bulbfam;
fein eigene« §erj jog i^n bon ber 2:rabition jur legten Dueße, ber ©d^rift. Qn ben ao
legten 30 ^jal^ren feine« Seben« toar i^m bie Sibel ba« tägliche S3rot, unb er berfw^ert,
innerl^alb biefer ^^\t fte nicbt toeniger al« 24mal im ©runbtejt burd^gelefen gu l^aben.
Dr. ¥teffri t (*feiibw).
^"9f Sodann Seon^arb, gefi 1846. — ?lbal6. SRaicr, (äJcbä(fttnl«rebe auf
3. Seonl). ^ug, greiburg 1847, 4«; Ä. ©crner, ®cf(fti*te ber fat^ol. X^cologle in 3)culf(^|l. 36
Cöiündien 1866), @. 527— 533; fiuttcrbcrf, in b. ^lag. 3)eutfcöen »iograp^ic, ©b XllI, 393 f . ;
gurtet, Nomenclat. II, 1073—1075.
Sodann Seonl^arb $ug, einer ber tüd^tigften latl^olifd^en gorfier auf neuteftamenlidj^s
ejegetifd^em unb ifagogifd^em ©ebiete, tourbe am 1.3iunil765 juÄonftanj geboren, ©ein
^ater, ein cinfac^^er Sürger, ©c^loffer feine« ^anbtoerf«, h)ollte i^n anfang« für biefen 4o
feinen Seruf auferiie^en unb liefe [\d) erft burc^ bie Stücfftc^t auf feinen ungetübl^lid^
garten fiörj)crbau beftimmen, il^n nac^ boUenbetem Sefud^c ber aSolfefc^ule belauf« Weiterer
3lu«bilbung bem S^ceum feiner ©tabt anjubertrauen. Äier enttoidfelte ber Jüngling fo
au«ge5eic^nete gä^igleiten, bafe er fc^on mit feinem 18. Seben«ial^re auc^^ bie oberfte Älaffe
jurüctlcgte unb bafe ein too^ll^abenber D^eim geiftlic^en ©tanbe« i^n, ben toenig 33e= 45
mitteltcn, auf feine Äoften ftubieren ju laffen befc^lofe. ©r bejog alfo im ^erbfte 1783
bie Uniberfität ^eiburg i. S3r. (bamal« noc^ ju ben Sanben be« bab«burgifd[^en Äaifer«
^aufe« gehörig) unb trat ^ier gugleic^ al« Sllumnu« in eine« jener (äeneralfeminarien für
bie Äanbibaten be« ^ßriefteramte«, toie fie S^fe})^ II. lurj jubor mit allen Uniberfitöten
feiner (Srbftaaten in SJerbinbung gefegt l^atte. 2)ie ^eiburger 3lnftalt biefe« Flamen« 60
erfreute fic^ bamal« ber Seitung be« SReftor« SBäill, eine« tüchtigen Jlirc^en^iftoriler« unb
^atrologen. 2lufecr i^m ioaren e« befonber« brei ^rofefforen an ber Uniberfität: ber
Drientalift §afeler, ber Sirc^enl^iftorifer 9)annenma^er unb ber 3)ogmatiIer Älü^jfel, bie
einen l^eilfamen unb nad^^altigen ©influfe auf i^ug« ©tubien übten. 3)iefe belegten fic^
bon älnfang an mit jiemlid^ gleic^mäfeiger Vorliebe auf ben ©ebieten ber flafftf^en unb 66
ber orientalifd^cn ^^ilologie, ber atl. unb ber ntl. Äritil unb ©legefe — tbie er benn
f>)äter 93orlefungen au« allen biefen gäd^em, unb jtoar in fe^r reicher äu«toal^l, gehalten
^at. ©c^on im gal^re 1787, nad^ nod^ nic^t jurüdfgelegtem bierten ©tubienjai^re, betoarb
er fic^ mit einem alle feine 9libalen berbunfelnben (grfolge um ben turj jubor crlebigt«
430 $ttg
Sc^rftu^I bcr atl. (Sjcgcfe, unb nur bcr Umftanb, ba^ er ba« öcfe^Iid^e 2lltcr jum Sm-
j)fang ber ^ricftertoci^c nod) ntd^t crreid^t l^attc, betoog bic Sc^örbc, jene ©teUc einem
älteren Setoerber ju übertragen. $U0 tpurbe bafür ©tubien})räfeft im ©eneralfeminar,
toelc^e ©teile er 6i^ ju ber im '^ai)xc 1790, gleich nai) io\tp\^^ II. SCobe, erfolgten oü-
6 gemeinen Sluf^ebung ber ©enerolfeminaricn, belleibetc. &x übernahm bann für fürjerc
3eit bie ©teHe cine^ SJertoeferö ber Uniuerfität^))fanei Sleut^e. ©c^on 1791 erfolgte auf
einftimmigen 2lntrag ber t^col. gafultät feine Seförberung jur orbentlic^en ^rofeffur ber
Drientolia unb be« 212:^. 3" *>^ 3*^'i^^"J^'*f ^^^ bel^ufö feiner Promotion jumD.theol.
t)or bem befinitit)en 2lntritte biefe« Se^ramteö nod^ ijerftreid^en mufete, fielen il^m bur(^
10 bag 2lbleben be^ ^rofeffor^ ^erger auc^ noc^ bie ntl. Se^rfäc^er ^u, unb fo trat er ba^
i^af)x 1793 ol^ neuernannter ^rofeffor ber gefamten biblifd^en (Sjegcfe unb orientalifc^^en
$l^itologie an, um t)on ba an ber ^eiburger §oc^fc^ule länger al^ ein l^albeö 3^^^=
l^unbert aU eine i^rer $aut)tjierben anzugehören. 2)ie Stufe, bie er nac^ Sre^lau(1811),
nad^ Tübingen (1817) unb nad^ 35onn (^ierl^er ni4)t toeniger aU brei 3Kale: 1816, 1818
16 unb 1831) erhielt, fd^lug er au^, obgleich er erft feit 1827, h)o feine ßmennung ^um
er^bifj^öflic^en Äajpitular erfolgte, feine 3ln^änglid^feit an bie (heimatliche Uniberfität auf
loirflid^ angemeffene Süeife belol^nt fal^.
35en ^flid^ten feinet afabemifd^cn Se^rberufeg unb fjjäter feinet Slmteg atö 3Mit-
gliebe^ be^ erjbifc^öflid^en Äa>)itete unterzog er [x6) mit großer ©etoiffenl^aftigfeit unb mit
20 unau^efe^tem ^^leifee. SIU ?fru^t einiger längerer Serienreifen unb bcr babci l>orgenom=
menen ^anbfd^riftenforf (jungen in ben Sibliot^efen üon ?!Künci^cn, SBien (1799), ^^Jari«
(1802) erfd^icn 1808 fein §auj)th)erl, bie befonber^ im fünfte ber biblifc^^en 3;ejtgefc^tc^tc
forgfältig gearbeitete „ßinleitung in bie ©c^riftcn be^ 9leuen leftament^" (2 %k ; ©tutt^
gart unb Tübingen; ßotta). ^en SBäinter 1809—1810 brad^te er gang in ^arig gu,
25 ebenfalls mit Sibliotl^ef^rbeiten befd^äftigt, namentlich mit einer genaueren Unterfuc^ung
beö berühmten fiobej B (Vatic. 1209), ber bamate mit anberen Äleinobien bcr h)iffen=
fc^aftlid^en ©ammlungen ^^t^K^n^ "<^^ ^^ §auj)tftabt beS franjöfifd^en Äaiferreic^S ge^
toanbert hjar. 35en SBinter 1818—1819 famt bem barauffolgenben ©ommer brad^te er
in ^tolicn ju, too er in 3Kailanb bie 2lmbrofiana benu^te, in Sologna bie J^reunbfc^aft
80 beS bamafö noc^ aU Sibliotl^cfar l^ier angeftetlten 5ßrofefforS, fpätcren ftarbinate 5Diejjo=
fanti ertoarb, in 5'*^i^^"3^ 3tom unb 9?eapel reiche SluSbeutc in funftgefc^ic^tlid^er, litte«
rarifc^er unb jj^ilologifc^^fritifc^er ^infic^t mad^te. (Sin ^lan ju einer Steife nac^ bem
^. 2anbe, bem ^öd^ften gi^e feiner äöünfc^e, fonnte nic^t me^r jur ätuefü^rung gelangen.
2)0^ l^at er fic^ bis an feinßnbe mit befonberer SSorliebe mit ber ®eogra>)^ie unbS^ojjo«
85gra>)l^ie biefcS SanbcS befc^äftigt. — ©eine 35orlefungen gab er feit 1827 jum größeren
Steile an jüngere Se^rfräfte ah, inbem er fid; fclbft nur bie über ginleitung inS 91. unb
9K£, feinen SieblingSgegcnftanb, jurüdtbe^ielt. 2)ic Ernennung jum 6j)l^oruS beS ^reiburger
S^ceumS (1838), fohjic fpäter gum 3)efan beS 2)omta>)itete (1843) legte i^m feine eigent=
lid^en neuen S3eruföj)flid^ten auf. 3>ntSj)ät^erbfte 18-15 er!ranfte er unb ftarb nac^ längerem
4ofc^h)eren Seiben am IL Mä\^ ioo., \ud\^i -i ^ja^re alt. ©eine toertijolle Sibliot^el
- tourbe feinem 33ermäcbtniffc jufot^ic bericnigen ba JJreiburger §oc^fd^ule cint)erleibt.
35er ©d^toerpuntt ber fvorfd;ungen utib iicrbienfte §ugS ru^t auf bem ©ebietc ber
biblifc^en Äritif unb ^fagogit. ^nx Stuffaffimg bcr ntl. ^Jf^ö^^Ö^^ ^'^ ^"^^^ ^iftorifc^cn
SBiffenfc^aft unb jum mö^jüdift fot^jtttltigcii Ulnbau ber einzelnen §auptfclber bicjcr ^x^U
46 plxn nad) ben Siegeln Inftorifdj: fritifdjer V^ürj(^urTg ^at er üöeiträge Don bleibenbem SBerte
geliefert, bie i^m eine ber t>onKl>mftcn ßtellcn m ber ©efc^^ic^te biefeS äöiffenSgebieteS,
ja in ber Ideologie ü&erbitu^^t fiebern. (LllKr feine lat^olifc^en §am)tnac^f olger auf biefem
Oebietc toie ©c^olj, geilmofcr k. f. bef. äBerner a. a. D., ©. 529 ff.). 2!)abei tragen bie
©rgebniffe feiner gorjc^ungen, tro^ ber fritifc^en 2l(ribie unb bcr ijcr^ältnißmäfeigen Un*
60 befangen^eit feines SJerfa^renS, einen burd^auS j)ofitiben unb tocfcntlic^ ajjologetifd^en Qf^a-
raher. Stamcntlic^) gegenüber ber feierten SJatürlic^erllärung eincS ^auluS unb ber Iritis
fd^en 5)Jl;tl^ent^eone eines 2). %. ©traufe l^at er bie ©laubtoürbigteit bcr ntl. ©c^riften mit
Slac^brucf unb ©efc^irf Derfoc^ten. (Segen ^auluS trat er in mehreren in ber „geitfc^ft
für bie ©eiftlic^feit beS (SrjbiStumS ^^eiburg" (einem ^au})tfäc^li^ burd^ il^n begrünbeten
66 unb h)ä^renb ber fieben ^al^xt, 1828—1834, unter feiner Seitung fte^enben tl^eologifd^en
SBlatte) beröffentlic^ten 2lbl^anblungen auf ; namentlid^ in einem „©utac^ten über D. ^jSauluS'
Seben ^cfu" k. im 2. unb 3. Sa^rgange (1829 u. 1830), in feinen „hitifd^^eiegetifc^en
Semerlungen über bie ©efc^id^te beS 2eibenS unb 2:obeS 3^fu" (ebenbaf. §eft 5 beS ^al^x-
gangS 1832) unb in bem Stuffa^e: „SSom äBanbern 3i^fw «"f b<^»" ?Dtccre unb öon ber
(K» ©t^cifung bcr günftaufenb" (^a^tg. 1834). ©cgcn ©traufe richtete er, balb nad^ bem
$itgo ber äBctgc 431
crftmaligen @rjcl()eincn t)on beffcn bcfatintcm 93u(i(>c, jein auöfü^rlid^eö „©utad^tcn über
2). %. ©trau^'^ geben 3^fw'^ *>ä^ J"# »" t>^ ^^eiburgcr 3t2:(;, bann 1841 in befom
berem äbbrucf erf4)ien (^rciburg bei aBagncr, 2 $eile, 2. 3lup. 1854). — ©ein bereit«
ertpo^nte« §aupttüerf, bie ntl. Einleitung, erlebte im ganjcn Uier 2luflagen (1808, 1821,
1826 unb ein Sjal^r nai) feinetn lobe, 1847). ©ie mürbe fotoo^I in« gftanjöfifd^e lt)ie 6
in« englifd^e überfe^t (erftere« burd^ % g. Getterier b. 3., ®cnf 1823; (entere« burc^
2)an. ©uilforb SBJait, 9ieftor i)on Slagbon, Sonbon 1827). 2)ie burc^ 93aur unb feine
©c^ule bezeichnete $^afe ber bibelfeinblid^^cn Sritif l^at barin (auc^ in Slufl. 4) feine 35es
rücffid^tigung mel^r gefunben, h)€«^alb ba« SiJerf bem l^eutigen ©tanbe ber SBijfenfd^aft
nic^^t me^r cntfjjric^t. — 3Son fonftigen ©d^riften §ug« feien l^ier noc^ genannt: 1. 3!)ie 10
mofaijd^e ©efd;i4)te be« 5)Jenf4)en, ^anlf. u. Sei))jig 1793; 2. 2)ie ßrfinbung ber 33u(^=
ftabenfd^rift, i^r 3"f*^*^^ ""*> frübefter ©ebrauc^ im Slltertume; mit ^infxd^t auf bie
Unterfuc^ungen über §omer, Ulm 1801 (toegcn ber nid^t geringen SSebeutung biefer ©d^rift
für bie neuere ^Jomer^gorfc^^ung t)gl. Solfmann, 3)ie Söolffc^en ^rolegomena, Sei))jig 1874,
©. 710 ff.). 3. De antiquitate codicis Vaticani commentatio, Friburg. 1810. I6
4. Unterfuc^ungen über bcn SJi^tl^o« ber berühmten 3Sölfer ber alten 2BeIt, borjüglic^ ber
©riechen, beffen ßntftej^en, ä?eränberungen unb 3i"M*/ tjreiburg u. Äonftanj 1812.
5. 3!)a« ^o^e 2ieb in einer nod^ untoerfuc^ten Deutung, greib. 1813. (3)a« $. Sieb loirb
^icr al« „ein Iraumgebic^t" aufgefaßt, „toorin ©alomo ben Honig §i«Iia, ©ulamitl^ ba«
3e^nftämmet)olf, unb i^re Siebe bie ©el^nfu4)t ber 10 ©tämme nad^ SBiebertjereinigung ao
mit 3luba, bem SReid^e ^iefia«, Uorftelle" ; »gl. m. 5lommentar in Sänge« H^eoI.=§omiliet.
»ibeln?., 2:1 XIII, ©. 20). 6. ©c^u^frift für feine S^eutung be« §oI;enliebe« unb be«^
felben h)eitere ßrläuterung, ^eib. 1815. 7. De conjugii ehristiani vinculo indisso-
lubili commentat. exegetica, Frib. 1816. 8) De Pentateuchi versione Alexan-
drina commentatio, Frib. 1818. 3örfler. 26
Hugenotten f. Sb IV ©. 222,37—227,20.
^ugenottifc^e @emetnben in Setttfd)lanb f. Stefuge.
^ugo ber SBciJie, römifd^cr Äarbinal, geft. nadb 1098. — Vitae et res gestae
pontificum romanorum et s. r. e. cardinalium AlphoDsi Ciaeonii et alionim opera descriptac,
ab Aug. Oldoino recognitae, Roraae 1677, tom. I p. 709. 800; G. Moroni, Dizionario di 30
erudizione storico-ecclesiastica, vol. V, Venezia 1840, p. 210f. ; 91. JJr. ©frörcv, ^opft ®rc*
goriuS VII. unb fein Seitolter, 7 S3be, 8c^Qff^Qufen 1ö59— 1861, 9?Qnicn' unb Sadjregiftcr
üon $). Cffenbccf, ebenb. 1864 ; 9?. ©niMnaiin, $)ie ^olitit ber ^äpftc uon Tregor I. bi« auf
ßJreflor VII., 2. Zi, ©Iberfelb 1869 ; 5. ©regorouiu«, ÜJef^icfjte ber ©tnbt JRom im 3KitteU
Qltcr, 3. 9(ufl. 4. S3b, etuttgart 1877; 6. 3. üon ^efclc, Äonäiliengcfdjtc^tc, 4. 53b 2. 9luff., 86
greibnrg i. SB. 1879, berf. 5. TO 2.?lufl. 1886; C. Äö^ncfe, «Bibert oon SRauenna (^opft ®Ic*
iiicnöIIL), Seii^^ig 1888; g.^ergcuröt^er, 9(rt.^ii9o:Äivd)enIejitün uon SBe^cr u. SBeltc, 2. §luf(.
6. a3b 1889, Srciburg i. 83., S. 383 f.; S. u. ©iejebrecftt, ®efd)id}lc ber beulfd)cn Äaifcrjeit,
3. 53b 5.^ufl., 2eipjigl890; S. ^Mrbt, ^ie 5Sat)I ®regor§ VII., 'iWarburg 1892; 3- @ct)nitcr.
3)ie Gesta Romanae ecclesiae beS Äavbinal^ !iöeno unb nnbere @treitfrf)riften ber ftftiSma« 40
tifc^en S^orbinälc tüibev (Tregor VII., ©omberg 1892; 3- Sangen. öJefdjidjtc ber römifcften
^trd)c uon 9?ifoIanS I. bi§ '(iJvegor VII., SBonn 1892; berf., ®eict)id)tc ber römifd^en Äird&e
üon Tregor VII. biö Snnoccn^ III.. 1893; S. ^lirbt, ^ic^ublijiftil im 3eitaltcr ©rej^or« VII.,
fieipjig 1894, 6. 16. 60 ff.; ®. ^el)cr üon ftnonou, 3Ql)rbiict)er bc§ beutfd)en 9?eid)§ unter
C)einrid) IV. unb $einrid) V., 1. ^^b 1056 biö 1069, ficipjig 1890, 2. 93b 1070 bi« 1077,46
1894; ^B. ^arten^, öiregor VII., fein fiebcn unb 'iföirfen, 2 93be, fieipjig 1894; % ^aud,
ßlrdiengefc^idjte ^eutfd)IanbS, 3. 83b, fieipjig 1896.
2lte $apft £eo IX. bie 33erh)irHic^ung feiner großen 5Heformj)Iäne burc^ Berufung
t)on tüchtigen 3Jlännern in ba^ ÄarbinalfoUeg ^u förbern fud^te, l^at er bobei aud^ auf
feine bi^^erige .^eintat ^urücfgegriffen. Unter ben Sot^ringcrn, bie er in feine 5Wäl^e gog, 50
befanb fic^ ber Hßlöwd) §ugo au^ Slemiremont in ber 2)iö3efe 3^oul, mit bem Seinamen
ber äöeifee (ßanbibu^ ^at er felbft ftc^ in 93rijen genannt: S^ff^» Bibliotheca rerum
Germanicarum tom.V, p. 135, aufeerbem pnbet fx^ bie S3«eic^nung Sllbu^ unb Slancud),
ben er c. 1049 ^um fiarbinalpriefter an ber Äirc^e ©t. Kiemeng in 3lom ernannt ^at
(Soni^o t)on Sutri, bgl. III. 8b © 31 1, über ad amicum V, libelli de Ute imperatorum ^
et pontificum saeculis XI et XII conscripti, §annot)er 1891,©. 588,2i t)gl. 598,2i).
Dh §ugo ben auf i^n gefegten ©rtoartungen genügt ^at, ift nic^t befannt. 6r trat gus
näd^ft in ber Dffentlic^feit nic^t l^erljor, auc^ nid^t unter SSictor II. unb ©tejjlf^an IX.
2)agegen berid;tet bann Soni^o (üb. VII 1. e. 594, 22) für bie ^^\t 9JifoIaug II. feinen
432 ^ugo ber 9Bei^e
3lbfaQ bon ber ©cmcinfc^aft bcr römtfc^cn Äirc^c. 3f^ ^'^ 3lad)xxd)t jutreffcnb, jo toürbc
Äugo ßanbibu^ bcntnaci(^ fc^on c. 1060 bcn änjd^lul an bic anti^ilbcbranbtnifcpe Dppo^
^tion Qcfunben ^aben, in n?clci^c ber römifd^c aibel unb ba^ beutfc^c Äönigtum burd^ bie
S3efd[^lüffc ber Sateranf^nobe üon 1059 gebrängt hjurben.
6 2tte naä^ Dem Sobe 9^ifolau« II. (1061) ba^ S(i(>i^ma au^brac^, ftanb er auf
ber ©citc beS SBifd^of^ ßabalu^ üon ^arma (§ononu^ II.). 9Jac^ 33arbo, vita An-
selmi ep. Lucensis l^at er an beffen ßr^ebung fogar einen entf^ieibenben Slnteil
gehabt (c. 10 Cadolum in Theutonicis partibus suum papam elegit Romam-
que direxit, ed. R. Wilmans SS XII p. 19,iof.), unb ®regor VII. ^at fjjätcr
10 bon il^m gefagt, ba^ er afö aspirator et socius haeresis Cadoloi t)om apofto=
lijd^en ©tu^I verurteilt hjorben fei (Reg. V, 14a, 3aff6 1. c. II, p. 306). SSiel
unb mancherlei Ungemad^ l^at ßugo unter biefem ®egenpaj)ft ertragen, e^e er [xd)
SHejanber II. unterwarf (1076, Sonijo VI, 1. c. 598, lo). äl^ er biefen ©d^ritt t^at,
erlangte er nid^t nur Scrjeil^ung, fonbern fofortige Sertoenbung al^ römifd^er fiegat in
16 ©>)anien (1068, cf. Recueil des historiens des Gaules XIV p. 28). tH'xt größtem
6ifer ^at er ftd^ biefem 3tuftrag l^ingegeben. ©(^on auf ber Steife bortl^in ^at er in
Slud^ in ber GJa^cogne unb in 2^ouloufe ©^noben abgel^alten (Mansi XIX col. 1063—
1066) unb fc^te biefe 2^l^ätigfeit bann in bcr 3JlarI Barcelona unb in bem Jtönigreic^
airagon fort (Äonjilc ju ©erunbum, Barcelona ib. 1069. 1035). ©eine S3emül^ungen
20 um 3)urci^fül^rung be^ jjriefterlic^^en ßölibate^ unb bie ©rfe^ung ber mojarabifc^en Siturgic
burc^ ben römifd^en Slitu^ (t)al. II. 93b ©. 641, 5j), h)aren fo erfolgreidj, ba^ $apft aie=
janbcril. 1071 in einem ©(^reiben an ben 2lbt be^ Älofter^ San Juan de la Penna
in 3lragonien Qa^6, Reg. 4691) über feine 335irlfam!eit mit 2tnerfennung ftd^ geäußert
^at. Soni^o erjä^lt freilid^ (VI 1. c. 598, is) bon einem traurigen Slu^ang biefer 2c=
26 gation, er läfet i^n toegen Seftcc^ung burc^ ©imoniften abberufen unb in SRom f eftge^altcn
toerben. SOäenn biefer 95erid^t rid^tig ift, bann mufi e^ §ugo ßanbibu^ jebenfan^ fe^r rafc^
gelungen fein, [xd^ ju rehabilitieren. 2)enn fd^on 1072 begegnen h)ir il;m h)ieber aU Se^
gaten in^anfrei^(S3oni^o VII. c. 600,k), aitterbing^ nur für furjeg^t. 3!)enn bie 3Jlönc^e
bon ßluni; unb einige Sifc^öfe befc^ulbigten i^n öffentlich bcr ©imonie unb biefe 3ln(lage
90 lam auf ber römifc^en gaftenf^nobe ällejanber II. 3)Järj 1073 jur 58cr^anblung (93o-
nijo VI 1. c. 600,10). 6ine Verurteilung §ugo^ fd^eint aber nid^t erfolgt ju fein (boc^
bgl. bie ©entenj bon 1078 Reg. V 14a). ®ar er unfc^ulbig unb nur ein Djjfcr ber
aJcifigunft ber ßluniacenfcr, bie ungern ©jjani^ il^rem ßinflufe entzogen fa^en (Oiefebrec^t
©. 219) ober ^atte er fic^ fo anfteUig gezeigt, bafe im 9i"^c^^n« f^i"^ tDeiteren SSer^
36 toenbbarfeit eine genaue Unterfuc^ung unterlaffen tourbe, h)a^rfc^einlid^ ift e^ ^ilbebranb
getoefen, ber feine mächtige §anb über i^n gel(^alten l)at
3toif(^en biefen beiben 3Jlännem beftanben 1073 fe^r intime Sejiebungen. 6^
fte^t fcft, bafe $ugo ßanbibu« bei bcr SBal^l ©regorg VII. eine grofec Stoße gefj)ielt
^t, unb biefer anbererfeit« f^atU nic^t« eiligere^ ju tbun afe ben Äarbinal auf^ neue
40 mit einer ©efanbtfc^aft rxad) ©jjanien ju betrauen, auf bag er gro^e Hoffnungen fe|te
(bgl. VII. 93b ©. 108, 4 ff.). 3n einem ©d^reiben (Reg. I, 6) an bie bamal« in
©allien ioeilcnben Scgaten, ©eralb unb 5Raimbalb, befahl er biefen, jh)if4>en ben 6lus
niacenfem unb §ugo eine SSerföl^nung l^crbeijufü^ren, gab le^tercm eine ®^renerflärung
unb fügte l^inju, er fei für t^n unb feine ^4iläne boHftänbia gewonnen (3löff6, Bibl. U,
45 p. 15). 9?ac^ lurjer ^^i aber ftanb ber Äarbinol auf feiten ber ©egner (Sregor^,
um il^n bann toäprenb feine« ganjen $ontififat« mit unberfö^nli(^er geinbfd^aft ju
betämj)fen. SBann unb au« h)el(^en Urfac^en ber 93rud^ erfolgte, ift nic^t berid^tet, toal^r^
f(^einlici[> fällt er bereit« in baö ^af)x 1074. ^mn nad) 93onijo (VII. c.p.604,2o— 34),
ber bie 2lJ)oftafic übrigen« auf ba« Slnftiften be« Gencin« jurüdEfü^rt, toar §ugo bereit«
60 in 2lJ)ulien gch)efen, um ben 9Jormannen Sobert ®ui«carb jum Slbfall bon ®regor ju
Überreben, unb ^attc, bon biefem abgetoicfen, ^u SBibcrt bon Stabenna fid^ begeben, el^e
feine 6j(ommunifation burd^ bie in ber legten g^ebruartood^e be« 3^^^^ ^075 ftatt*
ftnbenbe römifi^e gaftenft^nobe erfolgte (93oni50 VI 1. c. 605, lo: ab ecclesia perpetuo
sequestratus est). 2)urc^ SBibert ift er bann mit bem neuemannten ßr^bifc^of 2^ebalb
65 bon 3Railanb in 93e^iel;ung getreten unb ging am (Snbe be«fclben ^al}x^ al« SSertrauen«-
mann bcr im (Sntftei^en begriffenen antigregorianifd^en Partei nacb 2)eutfc^lanb ju Äönig
Heinrich IV (93onijoVI 1. c. 606, 5 f.). 3)er ßeitj^unlt h)ar gut gemä^lt. 2luf bem Äonjil
m SBorm« am 24. ^anxiax 1076 (bgl. oben VII. Sb, ©. 103) f)at er einen unl^eilbotlen
feinflu^ au«geübt unb bie unbebac^ten 93efc^lüffe finb iDcjentlid^ unter bem (Sinbrudf feiner
Go fc^tbcren Slnflagen gegen bie ^^erfon be« '4>a})fte« ju ftanbe gefommen. 2)ie SBorte Sam*
$itgo ber Sei^e $ngo Hon Sflenri) 433
bcrt^ (Annales, SS V, 242,25 — 32: deferens secum de vita et institutione papäe
scenicis figmentum consimilem tragediam : scilicet unde oriundus, qualiter ab
ineunte aetate conversatus, quam perverso ordine sedem apostolicam occu-
paverit, quae ante episcopatum, quae post aceeptum episcopatum memoratu
quoque incredibilia flagitia commiserit) legen We Slnnal^mc na^e, bafi er mit Slufs 6
jeic^nungen in ber SSerfammlunö erfc^ienen ift. — Über ba^ 5yerl^alten §u0Og in ben
näc^ften jhjei ^al^ren i)abtn h)ir feine 3la6)x\ä)im, aber er jc^eint ©regor tociter läftig
geiporben ju fein, ba biefer i^m auf ber römifd^en ^ftenf^nobe 1078 bie Älemeni^Iirc^e
nal^m, i^n ber J)riefterli(^en SBürbe beraubte unb il^n mit bem Slnatl^ema belegte (Reg.
V, Ha, 3aff6 S. 306). äfö ^einric^ IV. feine jtoeite Sannung (7. 2)lärj 1080) burd^ 10
bie ^Berufung ber ©^nobe ju Srigen (25. ^\m\) paxxnU, \)at ouc^ $ugo ßanbibu^ mit
ben bort bie SKajorität bilbenben italienifd^en Sifd^öfen fic^ eingefunben unb ba^ unter
feinem ©influ^ lonji^jierte 2lbfe|unggbelret gegen ©regorVII. an erfter ©teile unb jtoar:
vice omnium cardinalium Romanorum unterzeichnet (Cod. Udalr. 64, ^a^€ V p. 1:35).
ÜJlit grofier 9lü^rig!eit fd^eint ber ©jlarbinal für ben ®egen})apft Giemen^ III. (SBibert 15
i)on 3^abenna) agitiert ju f)Qbin. 9)er 5?erfud^, Snglanb ju gehjinncn, erfuhr aHerbing^
bur(^ ben ©rjbif^of Sanfranl t)on ßanterbur^ eine Slbtoeifung (Lanfranci op. ed. J.
A. Giles, Oxonii 1844, vol. I, p. 79, ep. 65). 2)agegen fanben feine SBül^lereien im
3al^re 1084 in SKom einen günftigen Soben. 5Denn bamate fam e« bort im ^n\amm^n'
^ang mit ben ßrfolgen ^einridf^^ IV. ju bem großen Slbfatt t)on ®regor VII., an bem 20
pc^ nid^t tüeniger aU 13 Äarbinöle beteiligten. S)er Umftanb, ta^ gegen il^n, mie gegen
ben Äarbinalbif4>of g^l^ann Uon 5ßorto unb ben Äarbinal ^etruö burc^ bie ©^nobe )u
Queblinburg Dftem 1085 feierli(^ ba« 3lnatl^em au^efjjrod^en tourbe (Bernold, chron.
a. 1085, SS V p. 443), legt bie Vermutung na^e, bafe er bamalg toie bie beiben an-
beren Äarbinäle aU 2egat be« ®egen})o^fte« nac^ ieutfc^Ianb gefommen toar. 25
aiuc^ nac^ bem 2:obe ®regor« VII. I^at er unter äSictor 111. (1086—1087)
toie unter Urban II. (1088—1099) an Giemen« III. feftge^alten. SKJann biefer il^n
jum Sifc^of bon ^raenefte gemacht ^at, ift mit ©ic^erl^eit nic^t feftjuftellen. 3Siel-
leitet befleibete §ugo (Sanbibu« biefe SKürbe fd^on 1089 (^aff^. Reg. 5403 bgl. Äöl^ndte
S. 101), ftc^er im ^a^re 1093 (Ceceoni, Storia diPale8trina@.241) unb nodE) 1098, 90
ba er bie ^roflamation ber fc^iömatifc^en Äarbinöle bom ^erbft biefe« S^^re« mit biefcm
litcl unterzeichnet ^at (Gesta romanae ecclesiae Nr. V, libelli II p. 405, 34, togl.
9tr. IV unb VIII, ib. p. 403,35 unb 410,3). Db bie ®rmal^nung jur ©tanbl^aftigfeit,
bie ber oft mit $ugo Ganbibu« toertoed^jelte fiarbinalbialon ,§ugo an ibn gerid^tet l^at
(gesta Nr. 4 1. c. p. 405, 30) aftueHe S3cbeutung l^atte, mu^ bal^ingeftetlt bleiben, din 36
f^r nal^e« Ser^ältni« ju Giemen« III. fd^eint er fo toenig al« manc^^e anbere Äarbinäle
in ben neunziger ^af)xtn unterhalten ju l^aben (t)gl. ©c^^ni^er ©. 26).
SBann |)ugo 6anbibu« fein betoegte« Seben abgefc^lofjen, ift nic^t belannt, mit Slücfs
fic^t auf fein ^o^e« 2eben«alter ift fein %ob balb nac^ 1098 toa^rfc^einlid^. ©in ^albe«
Sa^r^unbert ^at er mitten in ben großen fird^Uc^en 5tänH)fen geftanben unb toar bei 40
toic^tigen ßreigniffcn in l^ertoorragenbem &a^e beteiligt. 2)a6 er ber ©a4)c ber ®rego-
rianer ftarfen äbbruc^ gctl^an l^at, behjeift ber toilbe $a|, mit bem fic i^n »verfolgt I^aben
(Sarbo, vita Anselmi c. 19: Hugo nomine, Candidus facie, nigerrimus mente,
SS V 19; 2)oniio, vita Mathildis lib. I Nr. 19 v. 1273—1283, SSV 377; ^aul
bon Semrieb, vita Gregorii VII cap. 67 ; 3- 5K- SBatteric^, Pontificum romanorum 45
vitae tom. 1, Lips. 1862 p. 511; S3onijo 1. c. 594,23: qualis fuit oculis, talis
fuit factis; ut enim habuit retortos oculos ita eins retorta fuerunt acta. 35ei
bem notorifc^en 3Kiprauc^, ber bamol« mit bem SJortourf ber ©imonie getrieben tourbe,
ift bie Berechtigung ju biefer S3ef(^ulbigung nic^t ju entfc^eiben. 3)a^ er SSerläumbungcn
über ®regor VII. in SBorm« unb Srigen vorgetragen, betoeift atlerbing«, bafe er in ber 00
SBal^I feiner Äamj)fe«mittel t)on moralifc^en ertoägungen unabhängig toar, aber in biefer
Sßerirrung begegnete er ftA mit feinem großen (Segner. S3onijo bon ©utri i^at gegen
i^n eine befonbere ©treitfd^rift 1089 gerid^tet (bgl. III. 33b, ©. 312, 3h f.). ä?ieaeid^t ift
auc^ §ugo Jjubli^iftifc^ t^ätig getoefen (t)gl. meine ^ßubli^iftif ©. 66 f. 227. 548).
datl SRirbt. 55
^ugo t>m Sluitt f. »b IV ©. 183, 33 ff.
^ugo t)on 5lcur^, geft. nic^t öor 1118. — gür bie 9(bflrenÄung ber litterarif*en
iieiftungen .J)U9ü^ ift bie Untcrfucftung \)on ®. Sali? in MG SS IX, ^annouev 18i:»l, 6. 337
Di« 349 grunblegenb. (glncu 5lbbru(f bietet MÖL 103 8. 805—820, wo oud) ber 9(bfd)uitt
9tcar.'enct)nopfibie fUr X^eotogie mh »ixätt. 3. 9(. VIII. 28
434 $itgo noit ^Ivtt^
ber Histoire litt^raire de France X, ©. 285—306 über p. to. JJlcur^ tüicbcrgcgcben loirb
6. 791—806. U. S^cüalicr, Repertoire des sourcee historiques du moyen &ge, $arid 1877.
6. 1087; 3Ö. SBollenbatö, S)cutf4lanbö ®cf(fti4t«qucnen im ^Rittclalter, 2.S3b, ©erlin 1894,
©. 214—216; (J. öcrn^cint, 3ur ®cf4id)te bc§ SBormfer ßonforbatä; 3Kittcrmüncr, ^. ö.
5 gl., Äird)cnIejifon öon ©cfcr unb 3Bcltc, 2. «ufl., 6 93b, 1889, 6. 388 f.; ©. Stirbt, Xie
$ubluiftif im 3citQlter ©reaor^ VH., ficipjig 1894 6.73. 152. 217. 229. 573—576; bcr|.,
a)ic ^af)\ ©rcgor« VII., Harburg 1892; «. ^ott^aft, Bibliotheca historica medii aevi,
2. ?(ufl., 1. 93b, Scrlin 1896, ©. 626 f.; ^. ©öt/mer, SHrtfic unb Staat in (Snglanb iinb in
ber 9Zormanbie im 11. unb 12. Sa^r^unbcrt, ßcipaig 1899, 8. 164-168.
10 SBann §ugo, ber x\ad) einem 35orf feine« Skiter«, in bem eine 3JlarienKrc^e ftanb, ben
S3einamen „bon sancta Maria" gefül^rt l^t, geboten ift unb toann et nod^ bemÄloftet be«
^eiligen S3enebift in ^leur^ (Saint-Benoit-sur-Loire) in bet 2)iöjefe Driean« iam, mU
m\)i ftd^ unfetet Äenntni« (SS IX p. 345). Gt ^otte feine f(^led^te SBäo^I gettoffen,
oenn biefc äbtei toat feit bet Slefotmotion but(^ Dbo öon 6Iuni im 10. ^^^^^w^^bett
15 (6. ©adhit, 2)ic ßluniacenfet, 1. 93b, ^oKe 1892, ©. 88 ff.) eine ©tötte tegen tuiffen^
fc^aftlid^en ©tteben«. 3" S3ifd^of 3^0 öon ßl^attte« ftonb et in einem naiven Sct^öUnig,
h)ie ein S3tief (SS IX p. 341) betoeift, in bem et ftd^ bie Ätitit toon j^toei i^m übet^
fanbten opuscula etbittet. Db bie SQäibmung feinet SSBetfe an SKitgliebct bet englifc^^en
Jtönig^familie auf @tunb ))etfönlici^et 93e)iel^ungen etfolgt ift obet abet nut bie §olge bet
20 aSetbmbungen feine« Äloftet« nad^ gnglonb toax (@. ©adtut, 5R31 XVI, 1891, ©. 375),
mu^ bagegen ba^ingefteOt bleiben.
gut §ugo bon ^leut^ batf bie 3lutotf(^aft folgenbet ^iftotifd^et SBetfe in Slnfjjtuci^
genommen h^etben: 1. ^ie Historia ecclesiastica gett)ibmet bet ®täfin 9lbe(a t)on93toi«,
bet %oi)t^ Äönig SBil^elm« I. bon ©nglanb, liegt in jtoei ausgaben bot. S)ie etfte in
25 4 S3ü(^etn teic^t bi« jum 2^ob Äatte beö ®to^en unb ift im ^al)x^ 1109 toetf afet tootben
(SS IX 338,8). Sltö et balb batauf bie Ghronographia tripertita be« Ülnaftaftu«
S3ibIiot^eIatiuö (togl. I. 93b, ©. 493, 6 ff.; übet bie Iateinif(i(>e Übetfe^ung be« älnaftafiu«:
Theophanis chronographia rec. C. de Boor, Seit)jig 1885, ©. 401 ff.) lennen lernte,
^at et nac^ feinem eigenen 93eti(l^t (Ed. II, Prolog, üb. VI, SS IX, 357) auf ®tunb
80 be« but(^ biefe ©j^tift i^m gufttömenben neuen ?IKatetiaI« ft(^ ju einet 9?eubeatbeitunfl
feinet Äitci[^engefd^id[>te entfc^Ioffen unb juglei(^ bie ©tjäl^Iung bi« jum ^a^xc 855 h)eitet=
aefü^tt. 2)iefe neue 3lu«gabe entftanb 1110 (SS IX, 338, i5») unb umfafet 6 93ü(^et.
ausgaben: t)on9lottenbotff,Monasterül636,4»; ®.SQ3ai$, SS IX, 349—364 (nut au«*
getoä^Iteabfc^nitte) unb nac^ i^mMSL 163,821— 854; ögI.Ä.§am>)e,5W2l XXIII, 1898,
85 ©. 651 f.
2. 35ie 3lu«ftil^tung be« f(^on in bet Äit(^engef(^i(^te (Ed. I Epilog. SS 1X353,43)
au«geft)to(^enen 5ßlane« einet neueten ®ef(^i(^te bet ftänfifc^en Äönigc l^at bet Liber
qui modernonim regum Francorum continet actus gebtad^t. ^iefe«SQ3etf umfaßt
bie 3eit öon Äatl bem Äa^len (842) bi« jum 2:ob be« Äönig« $l^ili<)t> (1108). 3)a c«
40 bet Haifetin 3Katl[^iIbe, bet 2^oc^tet §eintic$« I. öon ©nglanb, bie 1114 ^eintic^ V. bon
S)eutfci^Ianb gel^eitatet l^at, getoibmet ift, fann e« nidpt bot biefem ^a\)x berfa^t, bc^
gie^unggtbeife boHenbet tootben fein. 3lu«gaben: SS IX, 376—395; abgebtucft: MSL
163, 873—912 (bgl. Ä. ^ampii, 9221 XXII, 1897,©. 697).
3. 35ie Historia Francorum brevis (SS IX, 342, 348), bon Sotl^at, bem ©ol^ne
45Subtoig« be« gtommen bi« ^ium Sa^te 1108: MSL 162, 611—616, bgl. ^Pott^t I,
©. 693 ß. V. 3bo ßatnotenft«.
®töfeete« 3^tetcf[c al« biefe l^iftotift^en ©c^tiften, untet baten nut bie an jtoeitet
©teile genannte al« ©efc^i^t^queUe bon etl^eblic^etem SBett ift, ettegt bie Jtönig ^eintid^ I.
bon ßnglanb gelbibmetc fit(^ent)oIitifci^c äb^anblung: Tractatus de regia potestate
50 et sacerdotali dignitate (ed. @. ©actut, MG Libelli de Ute imperatorum et pontiü-
cum saeculis XI et XII conscripti, tom. II, $annobcr 1892, ©. 466—494 bgl. @. ©achit.
Übet ben Tractatus de regia potestate etc. be« §ugo b. gleut^: 9191 XVI, 1891,
©.369—386), bie tDa^tfc^einlid^ butc^ ben ©tteit biefe« König« mit 3lnfelm bon gantet^
butV betanla^t ift unb toegen bet SBenufeuna bet ßl^tonil be« §ugo bon ^labign^ balb
66nac^ 1102 entftanben fein toitb. 2)et SSetfaffet ttitt bafüt ein, ba| bie gciftlic^e unb
toeltli^e ®eh)alt in bie SRegietung bet 2BeIt fic^ teilen fotten unb beibe ftieblid^ nifam=
mentoirfen. 2)ie Slbgrenjung bet 93efugniffe beibct ®elbalten boUjie^t et bom ^tanbs
j)unft bc« Königtum« an^, abet in fel^t mafiboßet SBäeifc (übet feine S3e{^anblung bet
Snbeftitut bgl. m. ^ubUjifti! ©. 514 f.).
60 35utci^ bie vita s. Sacerdotis episcopi Lemovicensis (f 530: 9lu«gabe: AS
5. aWai II, p. 14—22, MSL 163, 979—1004 bgl. ^ßott^t II, p. 1560) unb bie gott--
$itgo Hott Sfltttr^ $ttgo Hoti ®t. <£f|er 436
fc^ung bcr bon bcm l^ciligcn Scncbift in ^cur^ (p^l II. 95b, ©. 579, 57) boHbrad^ten
aSunbcr (Les miracles de Saint Benoit ed. E. de Certain, $ari« 1858, ©. 357 ff.)
^at $U0O bon St. SKarta auc^ bcr a^fctijd^en Sittetatur Seiträge gdiefert. S)tc SlufjcidS^
nung bicfer SBunbergcjd^ic^tcn beginnt mit bcn Vorfällen beö 3a^tc^ 1114 (IIb. IX
c. 9 Certain p. 367) unb toirb biet ^a^rc tocitergcfül^rt (cap. 10. 11 p. 367. 369). 5
3!)arau« crgiebt fic^, ba^ .^. nic^^t bot 1118 geftorben ift.
3K. ^kQdbantt, Historia rei litterariae, ordinis S. Benedicti, Pars IV,
Augustae Vind. et Herbipoli 1754 p. 34 fd^rcibt: Hugonis Floriacensis monachi
sub a. 1120 commentarius super Psalterium asservari dicitur a Le Long in
nescio qua Angliae bibliotheca cod. 299. Slbcr ani) bei Le Long, Bibliotheca 10
Sacra, $arig 1723, ©. 785 Col. a finbct fid^ feine genauere Slngobe. Garl 9»irbt.
^ugoboitSt. Sl|er,3)ominifancr,ÄarbinaI,geft. 1263. — ßittcratur: Cnctlt
u. (gc^QTb, Bcriptorcs O. Pr. I, 194 ff.; Hist. litt, de la France XIX, 38 ff.: JRidjarb ©i-
monHist. crit. du nouv. test. II, 114 ff. ; ©am. Serger Desessais qui ont 6t6 faits au Paris
au 13. sifeclo pour corriger le texte de laVulgate in Revue de thi^ol. et de philos. 93b 16, 15
41-66, fiaufQnnel883; 3)euifle, bic C>anbfd)r. b. ^ibclfovreftoricn be« 13. Sa^r^. ^iJ^®. IV,
263 ff., 471 ff. (1888).
§ugo, bcr feinen S3einamen de sancto Caro bon feinem ©eburt^ort, ©t.'ßl^er, einer
aSorftabt bon SSienne, fül^rt, jutoeilen and) de s. Theuderio (irrt^ümlic^ de s. Theo-
dorico) jubenannt tbirb, \)atU ftc^ in ^arig bcm ©tubium bcr 3^eoIogie unb be^ !ano= 20
nifd^en SRcd^teS getoibmet unb über biefe« SSorlefungen gehalten, ^m 3. 1224 trat er in
ba§ 2)ominifancrMoftcr ©t. ^^tob ju ^ari^ ein unb erlangte in bcm Drben fd^nett be^
beutenbe^ 2lnfcl[^en; 1227 tourbe er jum ^robinjial für JJranfteici^, 1230 jum 5ßrior bon
©t. ^atob, 1236 hjieber jum ^robinjial getoäl^It unb l^at bei ber®rünbung einer ganjen
Steige bon 2)ominifanerIIöftem in ^ranfreic^ mitgetoirft, aud^ ift er bcr Jh)eite beö Drben^, 25
ber afe magister acte regens an ber ^arifer Uniberfität t^eologifcpe 33orIefungen ge*
f^altm f}at (&2Mfl II, 173 f.). 3m 3. 1241 ftanb er nad^ ber 2tbbanfung be« SRai--
munb bon ^ennaforte eine 3^'^ I^"0 ^l^ ©eneralbilar an ber ©t)i$e be« Drben«, unb
1244 tourbe er bon 3"n*5cenj IV. jum Äarbinal (=$re«b^ter b. ©t. ©abina) ernannt —
ber erftc feine« Drben«. 3^ i>^ 3^^^ ^^^ ^^"^ ^^^be ^nebric^« II. Ibirlte er al« fiegat 30
in 3!)eutfc^Ianb; bie 9lbfe^ung be« toürbigen @b. Gl^rijtian bon TOainj tbirb i^m jum
Soriburf gemacht. Unter äiejanber IV. toar er tl^ätige« SKitglieb ber Äommiffion m
Slnagni in ©ac^en ber S3etteIorben unb ber änl^änger be« 3bad^im b. ^lorc (f. b. päipp
lid^en ©(^reiben bom 23. DU. 1255 unb 17. u. 21. Dft. 1256 im Chartular. univ.
Paris, bon 35enifle unb ß^atelain I, 297. 333 ff. 337 f.). @r ftarb ju Drbieto am 35
19. Wläxi 1263.
ai« t^eologifc^er ©d^riftfteßer l^at §. eine umfaffenbe 3:i^ätigfcit geübt; er ift einer
ber erften, bcr einen Äommentar m bcn ©entenjen be« Sombarben gefc^rieben l^at, — ber
noc^ ungebrudft ift (§bfc^rr. in Safel, S3rüffcl unb £cij)jig f. Chartul. un. P. I, 158)
cbenfo h)ic feine sermones super evangelia et epistolas unb bcr processus in 40
evangelium aeternum. 3"^^ Sele^rung ber ^ricfter über i^r 3tmt foHtc ba« specu-
lum ecclesiae bienen, gebr. 2^on 1554. 2lm bcrü^mtcften ftnb feine biblifd^cn Slrbciten
gctborbcn. ©eine Postilla seu commentariola iuxta quadruplicem sensum in
totum vetus ac novum testamentuöi ^aben nad) bcr erften Slu«gabe 93afcl 1487
eine Steige bon Slufiagen erlebt, julc^t Äöln 1621 in 8 Sbb. ^ol. 3)od^ jcigt fd^on ber 45
litcl, bafe er getoo^nte »a^nen Ibanbclt (2)icftel, ®cfd^. b. 212: i. b. d^riftl. ft. ©. 194:
ol^ne ßigcntümlic^tcit unb o^nc re(^tcn Srfolg). SWerfmürbiger fmb jhjci anbere Slrbciten.
3ta(^bem bie ^arifer Uniberfität im 9lnfang be« 13. 3<^^^- ^^^ 9?ormalcjemj)Iar bcr las
teinifc^cn Sibcl aufgcftcttt ^atte (bgl. S)enif(e ©. 277 ff. — im 21. Sibclübff. III, 42, 7
hjirb bicfc« ßjcmjjlar mit Unrecht ju bcn Jtoneftoricn gcrcd^nct), bcranla^te bie gel^lers 50
l^aftigfcit bcffclben bie Slnfcrtigung bon aScr^cid^niffen richtigerer £e«artcn, jutociten aud^
bcrfd^icbcncr SSariantcn, für toclc^c Slutoritäten nantl^aft gemad^t tüurbcn. 35a« älteftc
bicfer Äoncftorien h)irb ^. beigelegt (93erj. bcr ipbfc^rr. bei 2)eniPc ©. 264; bcr Prolog,
bcn borbem fc^on 2)öbcrlcin, Sittcrar. ÜJlujcum, 2lltborf 1777, I, 20 f. beröffcntlid^t ^atU,
cbcnba ©. 293 ff.). $. fj)rid^t bie Slbfid^t au«, nid^t bloft auf bie bcffcrcn tateinifc^cn 55
§anbfd^riftcn, fonbem aud^ auf bcn ©runbtcjt i^urüdfjugcpcn, h)obur(^ freiließ jtoci bcr*
fc^icbcnc Stufgaben, bie §crftellung be« eckten ^ulgatatcjte« unb bie ^crftcllung einer
möglid^ft richtigen latcinifc^cn Überfc^ung mit cinanbcr bcrmifc^t tourben. §.« ®runbs
fä^c finb bon bcn mciftcn fjjätcren mittelalterlichen Äorreltorcn aufgenommen h)orbcn.
28*
436 $ttgo noit @t. S^er $ttgo noti St. Stetor
ßiiic jtocttc noc^ toid^tigerc Slrbeit, burd^ bic §. bcr Segrünbcr einer neuen Mrt bon
Hilfsmitteln für baS Sibelftubium getuorben ift, finb feine Sacrorum bibliorum con-
cordantiae, eine alpl^abetifc^ georbnete RufammenfteUung ber in ber lird^Iic^en Über^
fe^ung ftc^ pnbenbcn fiejiblen SSBörter (©ubjtft. 2lbji. unb 33erba), mit 2lngabe oller ©tetten,
6 an benen jie borfommen — bie auc^ Concordantia Jacobi genannt tourbe. 3lx(i)t
bicl fj)äter ^aben englijd^^e 35ominiIaner bem SQäerfe baburd^ eine erl^ö^te Srauc^barleit
gegeben, ba^ fxe ben SBortlaut ber betr. ©teilen auSjd^rieben. SSBeiter^in fügte man auc^
bie nic^t fiejiblen SSBörter l^inui, unb in biefer erweiterten ©eftalt ift baS SÖSerl §.S me^r^
fad^ im 35rudf erfd^ienen, fo S^on 1540, 1551, 4**; Safel 1543, 1551, gol. ^^er ^at
10 man §. auc^ für ben Url^eber ber Äo^iteleinteilung ber ^. ©(^rift gel^olten, bie aber fc^on
bon ©tej)^an Sangt^on borgenommen toorben ift; nid^t einmal baS ift ri(^tig, ba^ fie
burc^ §. in allgemeinen ©ebrauc^ gctommen jei (5R@2 j^ b. 31.)* ba l^ierfür bielmel^ bie
Slufna^me in baS ^arijer 3tormaIejenH)lar entfd^eibenb toar.
Db bon ben bielen in franjöftfd^en SSibliot^elen unter bem 9Jamen §ugo ßarbinali^
16 \xd) finbenben ©c^riften bie eine ober bie anbere bem $. b. ©. 6. angel^ört, ift nod^ nic^t
unterfud^t. Setttf^.
^ugo bon ®t. Sietor, geft. 1141. 1. «uSgaben. S)ic crftc Sufornnienftettung bcr
3Berfe ^ußo« foll balb nad) feinem 2:obc in 4 93bn 9lbt ®ilbuin geliefert ^abcn (f. ^oye,
Catol. codd. Oxon. t. II, Merton. p. 33). ^on ben 3)i*ucfauS0Qbcn crfc^cint bie Ed. priii-
20 ceps (^BoriS 1518) notfi flonj unüoüftänbig unb fel^r manflelboft. 53cf)er f(^ün: Opp. Hugo-
DJs a S.V., cura et studio canonicorum de S. Victore, III t. fol., ^ariö 1526 (tuicberftolt
S3cnebig 1588, ^öln 1617, SWainj 1617). ©eftc bisherige §lugg.: SRoucn 1648, III t. fol.,
moüon MSL. 175-177 (unferc Sillcr-^uSgabc) einen Äbbrucf bilbet. lieber bie jQt)lreit^en
pfeubü-bugonifcfien SBcrfc, njeld)c 5Öb II u. III biefer ^u8g. bieten, f. unten.
26 2. Äritifdjc u. ^iftor. (SrlSuterungSfdjriftcn. $. 3Reibom (juit.), Hugonia de
S. Victore patria Saxonia (in f. Rerum GermaDicanim tom. III, ^elm^tebt 1688, p. 427
bis 431). Safim. OubinuS, Commcnt de Scriptoribus eccl. autiqu. 1722 sq., t. II, p. 11S8
biö 1160. 3üt). Vllb. &QbriciuÄ, Biblioth. mediae et infimae latinitatis (1722 ff.), 1. VIII,
p. 881—880. ©6- ®. S)erling, Diss. de Hugone a S. Victore comite Blankenburgensi,
30 C>elinftebt 1745. Histoire litt(jr. de la France, t. XII p. 1—72 (1830). ^. %f). «Ib. fiiebncr,
^ugo i). 8t. SBictor u. bie tbeol. iRic^tungen feiner ßeit, ficipjig 1832. fi. ®QUtier. Les Oeu-
vres iKXjtiques d'Adain de S. Victor, ^aviS 1858, t. I, p. 43 ss. S3. ^aur^au, Hugues de
Saiut-Victor. Nouvcl examen de Pödition de ses ocuvres. Avec deux opuscules in^dits,
^Qtid 1859. (Jb. 93i)^mer, ©ugo bc @. S^ictore (in iJubto. ®iefebred^tö geitfcbr. 5)amQri§,
as Stettin 1864, ©. 222—264). 5B. ^aur^au, Les oeuvres de Hugues de S. Victor. Essai
critiquc. ^arid 1886; (crioeitertc iRcubeorbeitung beö Nouv. examen t)on 1859). 3)erf., ?lrtif.
Hugues de S. Victor in ber Biogr. gdn^rale, t. XXV, 436 ss, (foroie fd)ün in f. Histoire
de la Philosophie scolastique, ^Joriö 1872, t. 1). ^. @. 3)enifle, 2)ic ©entenjen ^ugo« üon
8t. SBictor: «fiß®. IH, 1887, 8. 644 ff. (®egeu feine Seftreitung ber«e(^tbcit ber Summa
40 8ententiarum: g. ?(. «e. ®letl, 3)ie 8entenjen iRoIaubg, nocftmalö ^opftö 9(Ief. III, fjrei-
bürg 1891, 8. XXXIV ff.; fornie tilgenftein, in bcr unten ju cit. 8*rift, 8. 24 ff.).
3. 3ur ^ürbiflunrt ^ugoS in p^ilof. u. tbeol. C)inrtc6t. ßiebncr, q. a. 0.8. 34 ff.;
^. ^Ritter, ®ef*. ber c^riftl. $^iTof.. 1844, III, 507-547. 3B. ÄQuIic^, 3)ie fie^ren beSC>wgo
u. JRicftQvb i). 8t. SSiclor, «ßrofl 1864 (4°). 3Ö. $reger, ©efcbidjtc ber beutfdjen ^xjftif im
45 9)«§1., »b I, 1874, 8. 227-241. 3of. ©q*, 3)oflmengef(t) beg ^?l«, 93b II, SBien 1875,
8. 309—367. 3. ^cttroer. De fidel et scientiae discrimine et consortio juxta meutern Hu-
gonis a St. Vict., «reälau 1875. 3. (S. Grbmonn, ©efd). ber <ß()ilofopbie, 3. ?liifl. 1878 I,
8. 277 ff. 91. 9}2ignün, Les origincs de la Scolastique et Hugues de St. Victor, 2 voK,
$ari^ 1895 (nebft nie()reren "üRonogrop^icn nid Sorlfiufern, j S. La th^odic^e de Hugues
50 de St. V. [in ber Revue des sciences eccl^s. 1893]; La psychologie deH. de St. V., 1893,
u. 0.). dh 93inbel, 3)ie er!enntni§tt)eorie $)ngoS u. 8t. 58ictor (®l)ni. <Pr.), Cuafenbrüc! 1889.
30!. Äilgcnftein, 3)ic ®ütte§Ief)re .&ugo§ u. 8t. 93., ©ürjburg 189H. U. 53altu§, Dieu d'apnis
Hugues de S. V., in ber Rev. b^nedictine 1898. O. ©alfer, beitrüge jnr ®efc6idjte be«
djriftülüg. ^ogma im 11. u. 12. 3Qf)rftbt., fieipj. 1898, 8. 44-52. JR. 8eeberg. fie^rb. ber
66 S)og«ien0efd)id)te, »b. II (1898), 8. 45. 57. 67 ff.
(3?gl. aucb bie fiitt. bei Söeualier, Repert. des sources hist. des M. &ge, p. 1095 s.,
füiuie C ©ringmann, 9(rt. „.t)ugo u. (Bt S^." im M2. VI, 392—398. $). C)urter, Nomenclat
litt. theo!, cath. t. IV (1899), col. 57-63).
.^ugo bon ©t. 3Sictor gehört neben feinen 3«i^^<>R^« 2lbälarb unb S3eml^arb ju
CO ben einflufereid;ften firc^lic^en Se^rem be^ 12. 3äW1iw*>^^^^- 3t(^ ganj auf ein ftiHc^
flijftcrlid^e^ 2Birfen befc^ränfter, nur burd^ ben inneren ©e^alt feinet religiöfen ßrfa^ng^
lebeng unb feiner ©Jjefulation glänjenber ß^aratter, furj alö eine iuefentlid^ jol^neifd^
(Srfc^cinung, tritt er atterbing^ l^inter jene unmittelbarer in bie lird^Iic^en Setoegungen
$ttgo tion et. Sietor 437
unb 2c^rfänH)fc if^rcr ^üt cingtcifcnben ?IKänncr jurücf. Stbcr bcnnod^ ift ein fcl^r nad^^
faltiger ©influfe öon i^m au^cganöen. ©cit ßrigcna \)at bic gciftige (Intlüictclunö granf=
rcid^^ feinen gleich ^erborragenben unb mächtig eingreifenben m^ftifc^en Genfer ^ertjotge«
bxad)t; ja er mufe ate ber eigentliche Segrünber ber fitc^lid^en SD^ftil be« frangöftjdS^en
ÜRitteloIterg gelten, ba SBeml^arb bon ßlaiiDauj in allen d^arafteriftifd^en ^aujj^unften 5
feiner m]9fttfd^en ©t)efuIation bon ii^m abl^ängig erfc^eint. 9Jid^t blo^ auf bie ml;ftif(^e
2:i^eoIogie ber ^Jolgeieit aber, fonbem faft in gleichem ®rabe auc^ auf bic ©d^olaftif l^at
§ugo nac^f^altigen ßinflu^ geübt, ^etru« Sombarbug erfd^eint toefentlid^ ebenfo t)ielfad^
bebingt unb beftimmt bur^ feine Äonjet)tionen, toie ber l^eil. S3eml^arb. Unb gleich bem
©enten^enmeifter ftel^t ber auf feinen ©d^ultem ftel^enbe %l}oma^ Slquin unb über^auj)t 10
bie game f>)ätere fc^olaftifc^e Sel^rtrabition in einem getoiffen 8lb^ängigleit«berl^ältnifje gu
bem gefeierten Äanonim« uon ©t. Sictor, bem „35iba«calug" fd^led^ttoeg, ober bem alter
Augustinus (au(^ Lingua Augustini), tvk bie belüunbembe 3lad)iüAt ü}n genannt l^at.
93gl. bie glänjenben Sobft)rüd^e, toelc^e 3afob b. Sitr^ (f. b.) i^m fpenbet: Inter cano-
nicos s. Victoris nominatissimus et praecipuus exstitit citharista Domini, orga- 15
non Spiritus S., Mag. Hugo — , qui malogranata tintinnabulis coniungens
[cf. Exod. 28, 33 sq.] exemplo sanctae conversationis multos ad honestatem
incitavit et melliflua doctrina ad scientiam erudivit, multos autem aquarum
viventium puteos ef fodiens libris suis, quos de fide et moribus tam subtiliter quam
suaviter disserendo edidit, etc. (Hist. occid. II, 24) ; aud^ %l)oma& äqu. Summ. 20
Th. II, 2, qu. 5 a. 1: „Quamvis dicta Hugonis a. S. V. magistralia sint et
robur auctoritatis habeant'' etc.
Über §ugo« äußere« Seben ftnb ber^öltnigmäfeig fj^ärlic^e unb teitoeife fe^r um
fiebere, toiba^j^ruc^oHe SJad^ric^ten überliefert. Setreff« fetner ^erfunft erfd^einen bie
Siogro^^en immer nod^ geteilt jtoiff^en ber älnnal^me ^lanbem« unb berjenigen ©ad^feng 25
ate feine« §eimatlanbe« ; für bie erftere SKeinung (pflegen im allgemeinen bie franjöfifc^en,
für bie le^tere bie beutfc^en gorfd^er ftd^ }u entfd(>eiben. 3)ie Senebiftiner in tome XII
ber Histoire litt^raire de la France Opari« 1830) führen ^aujjtfäc^^lic^ brei 3^Ö"iff<^
für feine flanbrifc^e 3lbfunft an : ba« einer alten Stnd^iner ^anbf(^rift, toonac^ er au« bem
territorium Yprense (alfo nic^t au« 3)})em felbft, toic 9?eanber meinte, fonbem au« so
bem ©ebiete biefer ©tabt) ftammen foH; ba« be« ^ortfe^er« t)on ©igebert« Gl^ronif, 9los
bert« be SWonte, ber i^n einen Magister lothariensis nennt ; unb ba« einer §anbfd^rift
bon SKarc^ienne, toeld^e i^n gleid^foll« al« Yprensi territorio ortus bejeic^net. SlUein
t)on biefen breicn Rmqm entbel^ren bie beiben lefeteren jebe« felbftftänbigen SBerte«. Slo«
bert be üBonte, beffen 2lngabe fd^on 3KabilIon« ©c^arfblidt al« au« jenem älteren älnc^is 35
ner S3eri(^te gefloffen ernannte, fd^rieb erft lange nad^ ^ugo« ^At, beren 93erl^ältniffe i^m
nur toenig genau me^r befannt fxnb; unb nod^ unjtoeifel^after erfc^eint bie 5Wac^ric^t in
bem SKflr. üon ÜRard^ienne al« ber Slnd^iner §anbfd^rift entnommen. 6« bleibt fomit
im ©runbc nur bicfe« eine, allerbing« alte 3^9"'^ für ba« ßntftammtfein §ugo« au«
ber ?)j)rer ©egenb übrig. ^\)m fte^en nun aber mehrere, jum teil bon einanber unab^io
gängige unb burc^ eine eigene 2lu«fage $ugo« einigermaßen begünftigte 3^^9"Hfc gegen*
über, toelc^e ben berühmten 5!JlVftifer bielmel^r norbbeutf^er ober fäd^fifc^er 2lblunft fein
laffen. ©4on fein ©rabftein bezeichnete i^n al« origine Saxo, unb bafi biefc noc^^ mel^r*
fa4 toieberfel^renbe 3lngabe, toelc^e ein fpäterer 95iogra})l^ (Sboma« CSargoniu« bonSagna*
caballo, in ber Ed. Veneta ber Opp. Hugonis) nod^ fd^ärfer bal^in jufj)i^t, bafe er 45
„Saxo, non Gallus" getoefen fei, nic^t tttva gemä^ jener Weiteren gaffung be« Segriffe«
©ac^fen, toonad^ bamit ganj 2)eutf(^lanb gemeint tourbe, ju beuten ift, gel^t mit l^ol^er
Sffia^d^einlic^Ieit au« ber ben Äonbentualen bon §amer«leben bei §alberftabt, feinen e^e«
maligen Slofterbrübem getoibmeten ©d^rift $ugo« : Soliloquium de arrha animae l^er*
bor. 2)er Prolog biefer ©(^rift, mit feinen ©rufibefteUungen an mel^rere einzelne Älofter« bo
brüber unb feinen fonftigen erinnerungen an eine einftige 3u9^^örigleit be« fed^ber« }U
bem betreffenben Äonüent, beftätigt fel^r beftimmt bie auc^ burc^ fonftige Duellen be;ieuflte
9ia4>ridbt, monac^ §ugo in feiner 3ugenb, unb jh>ar bi« ju feincni 18, i^cbciK^jainc, bic
©c^ulc biefe« §amer«lebener Älofter« befud^t l^at. 3)ie 2lnna^me ber fran,H^[ijcfHii 'l^ioc
gro^jl^en, bafe ber in glanbem ^eimifd^e ^nabe ober 3iüngling bur4> bernjanbtfc^afilic^e r/»
Sejie^ungen, ^ttva burc^ einen al« ärd^ibiafonu« in ^alberftabt Ubmben Clieittt, jutii
jeittoeiligen Sefud^e ber §amer«lebener ©d^ulc beranla^t toorben fei, ioitb burd^ inancf?eilft
©d^toierigfeiten gebrüdtt. 9Jä^er liegt jebenfaß« bie annähme einer .^ertunft ^mt^ 0 '
einer nä^er bei ^alberftabt gelegenen ©egenb. ÜKit il^r ftimmt aucf^, wmn rtd^tk H^
ftanben, eine autobiogra))l^if(9e Scoti) $ugo« in feiner Eruditio didascalicai i Hjp^
438 $itgo tion @t. Sictor
„Ego a puero exulavi et scio, quo moerore animus arctum aliquando pauperis
tugurii fundum deserat, qua libertate postea marmoreos lares et teeta laqueata
despiciat". 3Son bcn Haffifc|cn SRemini^jcnjcn in biefcn SBortcn \pkUn bic „marmorei
lares" etc. auf eine ciccronianifd^e, bcr ,, pauperis tugurii fundus'* auf eine bergis
6 lianifc^e Stelle an. 6« barf, tDegen biefe« J^otb^joetifd^en ßl^araöerg ber ©teile, hjeber
eine fel^r arme ätbftammunö, nod^ eine jel^r toeite SSerbannung i^te« Ur^eberö gemutntafit
toerben ; fte ftreitet toeber mit jenen 5Wa^rici^ten, bie i^n fäd^pfd^cr 8lbfunft fein laffen —
benn jeber frühzeitige Übergang jum Äloftcrleben fonnte ate ein exulare bejeid^net h)ers
ben — , nod^ lt)iberjj)ric^^t fie ben jtoar f})äten, aber bod^ fel^r beftimmt lautenben Slngaben
10 alter fäd^ftf^er Quellen, toonad^ ^ugo bem Ocfd^led^te bcr am §arje anfäfftgen ©rafen
bon S3lanfenburg unb Slegenftein angel^ört ^abcn fott (f. barüber $. 3Keibom a. a. D.);
benn aud^ ate ©Jjröpng eine« fold^en ®rafengefd^led[it« lonnte er fel^r leicht ben bic^teri-
fd^en 9lu«brudf tugurium auf fein frü^jeitig bcrlaffene« (gltcrn^au« antpenben. (2B. ^rc^
ger, I S. 229 l^ält e« nid^t für unmöglich, ba^ bie 5Rotij jener 9lnd^iner ipanbfd^rift:
16 Hugo — qui ex Iprensi territorio ortus a puero exulavit, urjj)rünglic^ au^ jener
©teUe ber Erudit. didäscal. III, 20 gefloffen fei unb bafi il^r Urheber babei einen
Sefefe^ler [Ypreti ft. tuguri] begangen l^abe. S33äre biefc aUerbingg fiil^nc Jtonjeftur bc=
grünbet, fo toürbe in bcr 2^l^at ba« einzige S3ebenfen, ba« man gegenüber bcr oben bers
teibigten annähme öoni^ugo« fäc^fifd^er Stblunft nodb urgicren fönnte, gcl^oben fein. 35ie
20 fä(^ftfc^e 9lbftammung $ugo« Ratten übrigen« aud^ fd^on Siebner [©. 17 ff. feiner 5Dtonog.]
unb 6. SBö^mer in ber „35amari«" 1. c. berteibigt, tpäJ^renb ©d^neiber (Slrtif. „§ugo b.
©t. S." in Slufl. 1 biefcr 6nc. ftd^ übertoiegenb für feine flanbrijd^e ^erfunft au«fj)rad(>).
©eboren um 1097, öeriueilte ^ugo eth)a bi« in fein 18. £eben«jal^r, alfo bi« um
1115, im Äonbent gu §amer«leben. Über fein äuftere« ©rgel^en toäl^renb biefer ©c^ul»
25 geit toiffen toir nid^t«; too^l aber l^at er felbft bie Sfei^begierbe unb ben ©ifcr, h>omit er
fd^on bamate feine Äenntni« nad^ allen ©eiten l^in ju ertocitem bemül^t toar, auf interd^
fante SBSeife gefc^ilbert. 3n. 33 V, c. 3 feiner Erud. didasc. erjäl^lt er, er l^abe afe
Änabe ft^ bic Benennungen attcr 3)inge, bie il^m in ben ©inn lamen, aufgefd^rieben, um
beren ©inn feftjuftellen; ftd^ beögleid^en im Singreifen unb )iBerteibigen beftimmtcr ©ä^c
30 geübt. 5Dlit Rol^len f^abt er geometrifd{>e ?Jiguren auf ben Soben gejeic^net unb be« 3la(i^i^
bie ©eftime beobachtet. 2)urd^ abgemeffene« Slufft^annen bon ©aiten auf ein ^olg Ij^abc
er fid^ eine 2lrt bon §arfe J^ergefteUt, um ba« ©el^ör für bie SJifferenji ber 2^öne au^ju^
bilben k. — 6« tvar tool^l toefentlic^ bicfe rege SBi^egierbe be« 9iwn9li"0^/ tooburd^ ber^
felbe um 1115 ju einer Steife nad^ ^anrreid^ belogen tourbe, auf bcr il^n jener D^eim,
86 Slrc^iibiafonu« §ugo bon ^alberftabt, begleitete. 3)urd^ ben lüiffenfd^aftlid^en 9luf bcr
^arifer Äloftcrfc^ule ju ©t. SSictor, auf ber and} fein bi«l^eriger geiftlid^cr 33orgefe$ter,
äifc^of Slcinl^arb bon §alberftabt, früher einen Seil feiner t^eologifd^en Slu^bilbung er=
l^alten l^atte, liefe er fxi) an bie franjöfifc^e §aut)tftabt feffeln unb trat, toie aud^ jener
O^eim, in bie ^affl ber reaulären Äanonifer be« 1^. Sluguftinu« bon ©t. Sictor ein. ^laä)-
40 bem er unter Leitung be^ W)M ©ilbuin (f. o., bei ben 2itt.s2lngaben) fotoie be« ^rior^
unb ©tubienborftel^er« Jl^oma«, 5Rad^folger« be^ berül^mten SBill^elm bon ß^amt)eauj,
ettoa anbert^alb 3ifl^Q^^«i« long SRitglieb biefe« Äonbent^ getoefen h)ar, mürbe er feiner
l^erborragenben Äenntnige unb Sel^rbegabung toegen 5Rad^folger bicfe« 3^l^oma« ali^ Seiter
bcr Älofterfd^ule. S)ie SBürbe eine^^rior« erlangte er nid^t; bo(^ mufe ber ©influfe, bcn
46 er toöJ^renb feiner ettoa Sjä^gcn 3:i^ätigfeit ale ©c^ulborftel^er auf bie blül^enbc Se^ran^
ftalt übte, ein bebeutcnber getoefen fein. 6« crl^cllt ba« teite au« bem §erborgcl^en fo be*
beutcnber ©d^üler tuie Slbam unb Slid^arb bon ©t. SJictor au« feiner ©c^ule (bgt. in be=
treff be« erfteren namentlid^ S. ©auticr 1. c, tocgen bc« le^teren bie SKonogr. bon ©ngcl^
l^arbt, Erlangen 1838), teil« an^ ben ©jjuren einer tDcit^in ftd^ erftredfenbcn unb ange*
60 fel^cnen 2öirffamfeit im Äreifc feiner S^tgenoffen, toel(^e fein, leibcr nur \päxl\d) erl^altencr
S3riefn)cc^jel ^n er!cnnen giebt. SKit ocm 1^. Sem^arb bleibt er bi« an fcinßnbe in regem
SBcrle^r ; einen Äird^cnfürften be« maurifc^en ©Jjanien«, ben erjbifd;of 3i0^ann bon ©ebiUa,
fteHt er toegen bcr falfAcn Älugl^eit jur SRcbc, bur^ toelc^e berfelbe ben mul^amebanifd^en
§crrfd^em gegenüber fic^ jur Verleugnung G^rifti i)attz berlciten laffen k. 3" Sufents
66 galten aufeer^alb feine« itloftcr« fd^eincn Drben«gc)d^äfte i^n nur feiten bcranlafet ju l^abcn ;
fo einmal, al« er im auftrage be« Äönig« Subh)ig VII . bem Älofter ÜJlorigni bie 2Ba^l
eine« neuen 3lbte« ju bermittcln l^atte (1139). ©eine förj)erlid[^c Jtonftitution h)irb al«
eine ^arte unb gebrechliche gefc^ilbert, um beren toiHen er auc^ an affctifc^cn ^Wortiftfa-
tionen, namcntlid^ ©elbftgeifeelungen, Weniger al« bie 33orfc^>riften feine« Drbcn« bie« er«
eoforbcrten, teilnel^mcn lonnte. ©einen, ber gefw^tften angäbe jufolgc, fc^on 1141, am
$ttgo Hott <Bt Skior 439
11. ^br., erfolgten %oh fc^ilbert fein Drbcn^bruber Oöbert, bcr i^m nad) abgelegter
Seichte bie le^te Äommunion reichte, ol^ einen in finblid^em ©lauben erfolgten unb fel^r
erbaulic^^en. ©ine fagcnl^afte 9iotij über fein ®nbc in einem äBiener ßooej auö bein
15. ^ai)xi). (9?r. 273 ber I. I. SBibliotl^ef) läfet i^n bie unlonfefrierte §oftie, toelc^e man
il^m anfangt^ betrügerifd^er SBeife l^atte reichen tooHen, fofort burc^ ben ®eift aU folc^e 6
erfennen unb jurürftoeifen mit bem 9lufe: „Cur me fallere, fratres, voluistis? Iste
non est Dominus meus Jesus Christus." 21U @J)ita>)^ium toibmete man i^m bie
3Serfe: „Conditus hie tumulo doctor celeberrimus Hugo, Quem brevis eximium
continet urna virum, Dogmate praecipuus nullique secundus amore, Claruit
ingenio, moribus, ore, stylo". lo
S)ie jiemlid^ ja^lreic^en ©c^riften §ugo«, mit beren Slbfaffung er teiltpeife fd^on in
feiner 9iwö^*^^i^^ J" §amerdleben begonnen ^aben foU, laffen fxd) ni(^t mit {^inrei^enber
Sid^er^eit ftreng (|ronologif^ orbnen. 2)o(^ ftc^t too^l fo t)iel feft, bafe bie me^r ein^
feitig m^fttfd^ gerichteten, toie bie brei jufammenge^örigen liraftate: De arca morali;
De arca mystica unb De vanitate mundi (MSL t. 176, p. 618—742), bie ^omis i6
lien jum fto^etet k. im allgemeinen einer frül^eren ^eriobe gujutoeifen finb, toäl^renb bie
jugleid^ ben fd^olaftifc^en unb enc^HojJÖbifc^en JJaftor feiner ©tubien ju reicherer ßntfat
tung bringenben jt^ftematifd^en ßaujjtloerte, h)ie bie Eruditio didascalica (M 176, p.
741—840) unb befonber« ba^ feerf De sacramentis fidei (f. S3b 173—619), beögleic^en
ber tieffmnig geleierte Äommentar über bie Hierarchia coelestis be« Slreojjagtten (t. 175, 20
p. 923—1154) in bie fj)ätere unb reifere 3rit feiner enttoidfelung gehören. S)a^ Clement
m^ftifc^er ©>)efulation erfc^eint biefen fj)äteren SQäerfen öon fd^olaftifd^^f^ftematifc^er Slm
läge, ä^nlid^ tuie bie« auc^ bei feinem ©c^üler Slid^arb, bei albert bem ©ro^en u. a.
m^ftifd^-fd^olaftifc^en 2:^eologen ber golgejeit ber %qü ift, mel^r äu^erlid^ eingelegt unb
gleic^fam an beftimmter ©teue eingefc^altet, afö berartig einberleibt, ba^ e« bie ganje ©ar« 26
ftellung burd^bränge unb J)rinji<)ieu bel^errfd^te. Dl^ne 3*^^if^I ^«* ^ ^'^^er gerabe biefer
eigentümlic^feit feinen großen unb na^l^altigen einflu| auf bie ©ntluidelung beiber, ber
fd^olaftifd^en toie ber m^ftifd^en Sitteratur ftjöterer %üt, ju banfen gel^abt. — ®ieges
tifc^c ©d^riften §ugo«, teite in jüngeren, teifö in reiferen ^ai^ren berfafet, gelten ben
m^ftifd^^-affetifd^en unb ben f^ftematifc^en in beträc^tlidjjer Rai}l jur ©eite. SSel^errfd^t öon ao
ber SKct^obe be« breifac^en ©d^riftfmned, getoäl^ren fie foft nur ein jjraftifd^erbaulid^eg
Sntereffe unb erfc^einen über^auj)t ate bie am toenigften originellen feiner ®eifte«fd^ö})fungen.
©0 bag tfagogifd^e ©c^riftd^en: Praenotatiunculae de scripturis et scriptoribus
saeris (MSL t. 175, p. 9 — 28); fo ber ^cntateuc^Iommentar Annotationes eluci-
datoriae in Pentat. (ebb. p. 29—86 ; — mit au«fü^li(^er, l^auj)tfäd^li(^ auf Seba b. 86
6^rh). geftüfeter Slu^legung ber fd^ötofung^ unb ^arabiefe^efd^id^tlid^en 3lbf(^nitte ber ©e*
neft« — togl. barüber S^iltt, ©efcpid^te ber Sejiel^ungen jtoifd^en 2:i^cologie unb 9Jatur*
toiffenfd^aft, 93b I, 1877, ©. 401—404); fo äl^nli(^e Annotationes elueidatoriae ju
ben 93S ber Stid^ter u. ber Könige (ebb. p. 87 — 114); femer eine Sluölegung ber bier
erften Äajjitel be« Äo^elet^ in 19 §omilien (ebb., p. 113—256), ein aUegorifd^^m^ftifc^er 40
Kommentar ^u ben Älageliebem (ib., p. 255—322), fotoie ein mel^r litteral gel^altener
ju ^od unb Dbah'ia (p. 322—406) 2c. aJlel^rere« anbere ift berbäd^tig, toie ^. S3. bie
Quaestiones et decisiones in Epistolas D. Pauli (t. 175, p. 431—634; — ber«
teibigt jtoarüon ber Hist. litt, de la France, aber unter SQ3iberft)ruc^§auröaug [Oeuvres
etc., p. 27— 32J, ber fxe, unter guftiw^wiung aud^ 3)enifle«, irgenb einem ©c^üler $ugog 45
jutoeift, ol^ne inbe^ bie^ Sertoerfunggurteil bi^ je^t ju aflfeitiger 3lnerfennung gebrad^t ju
i^aben; benn Äilgenftein [©. 26—29] tritt toieber für bie ®d^tl^eit biefer Queastt. ein.
8luc^ bie Summa sententiarum, ctng ber bogmatifc^en ^aui)ttoerte $.g, l^at neuer«
bingg 2)enifle (befonberg geftü^t auf ein gegen Äugo^ Serfafferfdbaft lautenbe« 3^9"»^
be^ SRobert ü. 3Kelun, fotoie auf einen S^eil ber ^bjf.) unferem Slutor abjufjjrec^en toer^ 00
fud^t, jeboc^ unter erfolgreid^em SBiberfjjrud^ ®ietl« u. Äilgenftein« (f. 0.), todcbe nur ben
©4lufe (Tract. VII, de sacramento coniugii, p. 153-172 M) al^ uikc^Umi Huf^^
j)rei^ebcn, im übrigen aber bag SBerf afö eqt^ugonifc^ fejtf?a(tcit unb ben Uniftaitb,
bafe bie brei erften Sudler fic^ (unter bem 3^itel„Tractatits tbeologicus^') au43 bei ben
Söerfen .^ilbebert^ finben, mit Siebner, §aur6au 2C. au^ ein«: bei btefctu ktjta'cn i^c^tift^ ss ^
ftetler ftattge^abten SJälfd^ung erllären. — ®emif(^ten ß^araltct^, b. f^. fo bc[d;affen|^'
aui j)fcubo=«öugonifd9er Umgebung manche« ©c^te ^ berauikbm Iä|t, nü^gcn iuti
noc^ manche ber unter ^.^ Flamen überlieferten SBerie fein, ^k ^Scrfafjct bet
litt, de la France folüte §aur^u l^aben fid^ ber ätbeü be^ lu^abenS \o\di)<i '
eifrig angenommen unb l^ier u. ba tocrtbolle ©tüdfe, bie al^ un«(?t
440 $itgo tiott @t. Sktor
miert. ©o fmb \)on§auveau (p. 216f.) bic unter ben MisceUaneorum libri (einet um-
fänglid^en, ijicle^ SRJertlofc umfc^Keficnben ßornt^ilation im ©c^Iu^banb bcr äücrte, MSL
177, p. 469—900) bcfinblid^en Annotationes elucidatoriae in quosdam Psalmos
aetpi^ mit 'St^t unferem 2lutor t)inbijiert toorben • bte rij^tige ©teile biefe« ©c^riftftüdf^
6 ^ätte alfo in t. 175, hinter bem Äomment. j. Slid^t. u. Äön. fein muffen. 2lud^ nimmt
berfelbe Äritifer (p. 33—54) tpol^l mit Siedet an, bafe in ben bonSMigne unter bie„Exe-
getica dubia" ö^P^^^^ Allegoriae in Vetus et Novum Testamentum (t. 175,
p. 633—924) ftc^ mel^rere« Sd^tc bepnbet, nämlid^ nic^t blo^ ba^ Opusculum de
quinque septenis unb bie Explanatio in Canticum Mariae Luc. 1 (»gl. t. 175,
10 p. 405 — 432), fpnbem au^erbem and) eine Expositio Orationis domimcae (unter ben
Allegoriae in S. Matth. ftel^enb: 1. c. p. 774—789), toorin in SJerbinbung mit bcr
©rläuterung be^ 3>"^fll*^ *^^ P^^<^" Sitten eine SBamung öor ben fteben §auj)tlaftem ge-
geben toirb. S)a^ 3^9"^^ berfc^iebener alter §bff. unb auc^ ber älteren 2)ruc!auggaben,
tDO biefe 3Saterunfer=6rflärung ate befonbere^ opusculum fte^t, fj^rid^t gegen bie SScr^
16 urteilung afö unc^t ; auc^ ftimmt, h>a^ barin über bie Siei^enfolge unb Sebeutung ber
vitia principalia gelehrt toirb, mit ber S3el^anblung beffelben Se^rftüdf^ in De sacra-
mentis fidei II, 13 im toefentlid^en überein, toäl^renb bagegen bie Weitere parallele )u
biefem iie^rftücf, toeld^e ber aixd) nai) §aur^u^ Slnnal^me nic^t öugonifc^e Libellus de
fructibus carnis et Spiritus (M. 1. 176, p. 997 sq.) bietet, bemerf engtuerte 2lbtoetc^ungen
20 bon beiben geigt (bgl. 3*^^'^/ ^^^ P^^^^ §au^)tfünben [in „S3ibl. u. Sürc^enl^iftorifc^e ©tu=
bien", ÜKünd^en 18931, ©. 62 f., too ba« über bie Expos. Orat. dorn. (Seurteilte ge^
mä^ ber borl. Semerlung ju berid^tigen ift). — ^u ben fic^er uned^ten SBerlen gehört
bieüRe^rja^l ber bom neueften Herausgeber in ben^nl^ang (M. t. 176, p. 1019 sq. unb
t. 177) geseilten SCraf täte bogmatifd^en, aSfetifd^en u. bermifd^ten ^jn^t^ — toobon me^^
25 rere auSbrüdflic^ mit ben SJamen anberer SSerfaffer berfel^en finb (fo De claustro animae
U. IV unb De bestiis et aliis rebus 11. IV bon §ugo be golieto ; De caeremoniis,
sacramentis et officiis ecclesiasticis bom ^rteftcr Stöbert ^aululuS }u älmienS), anbere
burc^ i^re ©d^eibtbeife ebenfofel^r tbie burd^ il^ren Se^ge^alt il^re anbertoeite ©ntftel^ung
benaten (j. 93. bie am ©(^lu^ beS 3. S3bS fte^enben 100 Sermones, bie ©c^riften De
80 medicina animae, De anima 11. IV, Apologia de verbo incarnato — biefe le^terc
bon Dubin bem ^ol^anneS GornubienftS jugefc^rieben, bagegen bon ^aur^au p. 192 sq.
bemfelben abgefj^rod^en unb irgenbtoeld^em unbefannten 3lutor ber Mi md) $ugo juge*
toiefen). — 3" ben beftrittenen ©(^riften gel^ört aud^ bie in jiemli($^ bielen §bff. bem §.
beigelegte SBeltd^ronil, betitelt Liber de tribus maximis circumstanciis gestorum,
86 id est personis, locis, temporibus, unb beftel^enb in c^ronologifd^en Xafeln, toeld^e
juerft einen fummarifd^en Slbri^ ber SBeltgefc^^id^te bon 9lbam bis (S^riftuS bieten, bann —
m jtbei 5ßarallelfolumnen, überf daneben ,,Pontifices" unb „Imperatores** — ben
©^n(^roniSmug ber d^riftli(^en ©efc^ic^^te Vxü gegen baS ^af)x 1035 borfü^ren (nebft einer
bon anberer §anb l^errü^renben JJortfe^ung, toeld^e bis gegen 1200 rei(^t). 2)a fd^on
40 Sllberic^ be 2^roiS-gontaineS auS biefer ßl^ronil ßitate, unb gtoar unter §ugoS b. ©t. 93.
Flamen bietet, läjt i^re 6d;tl^ett fid^ bertetbigen; h)ie bieS benn auc^ bon §aur6au (1. c.
p. 187 SS., fotbie im Journ. des Savants 1886, Avril) gefd^el^en ift. dagegen fpric^t
bie Hist. litt, de la Fr. biefeö 2^abellentbcrl (h)el(^e^ auc^ in ben neueren 2lu!^g. ber
opp. Hugonis fel^lt) bem 93ictoriner ab; äl^nlid^, toie e« fd^eint, SBattenbac^, SDeutfc^s
4ß lanbg ©efc^id^t^quellen k. • II, 466 („ba^ magere, §ugo b. ©t. $8. jugefc^riebene (Sje^
rit)j)e ber äüeltgefd^id^te" 2C.) fotoic au^ SQ3ai$, h)el(^er lefetere in MGS t. XXIV eine
frit. Stertau^gabe be« SQ3er!c^en« famt feiner ^ortfe^ungen bi« 1200 bietet (p. 88—101,
bor bem äf)i\l\6) gearteten Catalogus Imperatorum et Pontificum Romanorum
Cencianus).
50 3!)er mbftifd;e gbeengang §ugo« erfc^eint burd^toeg bel^errfc^t unb getragen bom ®e=
banfen eine« breiglieberigen ©tufenfortfd^ritt« be« m^ftifc^en ßrfennen«, eine« 6nH)orftei=
gen« ber ©eele auf breien ©tufen ju immer boHerer ©rtenntni« unb ©rfoi^rung ber gött^
lid^en^inge. ©c^on in ber Einleitung ju jenem Äo^eletl^-Äommentare unterfc^eibet er brei
©tufen be« ©c^en« ber bemünftigen ©eele : cogitatio (Äonjet^tion mittel« finnlic^jer 9}or-
66 ftellung), meditatio (??ac^forfd^en nac^j bem berborgenen ©inne be« Äonji})ierten), con-
templatio (bie erreichte unb freie ©infic^t in ba« 3"^^^^ ber 2)tnge). 35a« logitatibc
©el^en bergleid^t er toegen ber e« begleitenben Unruhe einem noc^ fd^toierig unb trübe, mit
qualmenber flamme unb 9lauc^ brennenben geuer, ba« mebitatibe (fpefulatibe) tbegen ber
burc^ e« erzeugten june^menben 93eh)unberung einer fc^on reiner brennenben glamme, ba«
60 !ontemt)latibe um ber ©ü^igfeit feine« ©eniejen« tbillen einem ^ucr ol^ne flamme unb
^ttgo t)9n @t. Stctor 441
Slaud;. — B)^äicx, in jenen beni Äönigc Subtoig VII. öeh>ibnieten Annotationes eluci-
datoriae in Dionysium Areopagitam de coelesti hierarchia (1. III, 5, 2). ]d^\U
bert er bic brei m^ftifc^en (Stfenntniöftufen unter einem anberen Silbe. 3)er 9Jlenf$, leiert
er, f)at ein breifac^e^ ^u()e: ba^ beS ^(eifd^e^, bad berSSemunft (mens ober ratio) unb
bog ber Äontemj)Iation. Son ilf^nen ift ba« erfte, jur 3Bal^melS>munö ber äußeren Sitnge 5
bienenbe, burd^ ben StinbenfaH am toenigftcn affijiert, \>a^ jtoeite, h>obur(^f toir unf er ^nnere^
fdjiauen, fc^toac^ unb getrübt, ba« britte, Oott unb bie göttlichen 3)inge betreffenbe, ganj
Minb. 35en brei 2Ba|md^mung«organen entft^rec^en bie brei ^rinjijjien: 3Waterie, Seele
unb ®ott. 3lur toer ben (Seift ®otte« in fic^ aufnimmt, belommt bag äuge ber S3c*
trac^tung aufget](^an unb fd^aut bann ®ott auf unbefc^reiblid^e SSeife, ald in i^n 3Sers lo
fester, feiner fcligen ®egenh>art gel^eimni^bott teilhaftig ©emad^ter. — 3lo6) in berfdjfies
benen anberen feiner m^ftifc^en Schriften, h?ie in jener Irilogie De arca morali,
mystica etc., in bem Soliloqulum de arrha animae, u. f. f., aber auc^ in ben bog^
matifc^en §au}3th?erlen fe^rt baig areojjagitifc^e St^^ema bon ben brei Stufen be« 2lufs
fteigen« gu ©ott, i?erfc^iebentlid^ abgetoanbelt unb belogen, toieber. So h>erben jutoeilen i6
ber cogitatio unb meditatio ald äSorftufen bed Sd^auend nod^ anbere, auf ben ©ebrauc^
ber Kr^lic^cn 3KitteI bejüglid^e Sorftufen jur (gr^ebung in ba« ©öttlic^e angefügt ober
l?ielme^r fubfumiert; fo ber cogitatio bie lectio, ber meditatio ba^ S3eten unb bie
fromme Übung (oratio, operatio). ^n jenen Slrd^en-Iraltatcn h>irb ber Sergleit^f ber
3lrc^e 3floa^ balb mit ber Äirc^e im ganjen, balb mit ber Seele, toie fie auf ben SßJogen ao
ber SBelt ^u ®ott j^infd^ifft, balb mit berfelben, toie fie feiig in ®ott rul^t, burd^gefü^rt,
u. f. f. Überall toirb bem Il^eoretifc^en ba^ 5ßraltifc^e, bem m^ftifd^ Subjeftiben boiS
lird^Kc^ Dbjeltibe l^injugefeHt. 3)a« Jjant^eifierenbe Element ber älteren m^ftifc^en 2:rabi«
tion erft^feint überatt möglid^ft au^eft^fieben ; e« ift burd^toeg ein in« fird^lid^ Drt^oboje
umgebogener äreojjagitiömu«, ben i^ugo ba le^rt, too er fidf^ borjug^toeife an bie Sjjehis 26
lationen be« ^Pfeubobion^« anfdjilie^. 2luc^ in berartigen Sd^ilberungen be« fontemjjla«
tiben ©ingtoerben« mit ®ott ober be« Sc^medfen« ber ®ottl^eit, too bom böDigen äer*
nid^tettoerben be« menfdjilic^en Selbfl, bom Slufgel^en be« 3^^ i" ®^^ ^c. bie iRebe ift,
barf leineStoeg« eine J)antl(^eiftifc^ gemeinte SSorftellung erblitft tocrben.
3tt ben breiteften Slapmen religiö«*h>iffenfc^aftlic^er SÖäeltanftd^t eingefügt erfc^^eint ao
§ugo« mvftifdjie 2:^eorie in bem enc^flojjäbifd^en SBerfe, h>orin er, ben St)uren ^[xhm^
b. Sebitta, §rabang (De universo) unb §onoriuS' b. Slutun (Imago mundi) nadjigel^enb,
eine gufammenfaffenbe Überfielt über ba« ®anje ber toeltlidjien unb geiftlit^^en ffiJiffen*
fd^aften px bieten berfudjit. 3)ie erfte^ölfte biefe« SBJerfe«, ber Eruditio didascalica ober
be« Didascalicon de studio legendi(M. 1. 176, p. 741— 840), geh>äl^rt in brei Suchern 86
einen Überblidf über bie toeltlid^en ober emj)irifc^en SQäiffenfc^aften, iüä^renb bie jtbeite
ßälfte in brei Weiteren Sudlern eine 2lrt bon (Einleitung in bie ^eil. Sd^rift unb in bie
Äird^engefc^id^te giebt. 3)a« in mel^reren ausgaben biefen fec^« Sudlern beigegebene fiebente
S3ud^, mit ber befonberen Überfc^rift De tribus diebus (genauer: De opere trium
dierum ober : De creatione primi hominis) bilbet bielme^r einen felbftftänbigen m^fti« 40
fd^en 2:raltat, ber ba« äuffteigen ber menfd^lidjien ©rfenntni« bon ber Betrachtung ber
Äreaturen gur göttlichen irinität leiert. — äu«gef^enb bon ber 2öei«^eit al« bem Urgrunbe
aller SBiffenfd^aft, teilt ber erfte ober J)rofan-encVlloj)äbifd^e 2:eil ba« ©efamtberei^ be«
SBiffen« in bie (Sebiete ber ^Int^ßifl^J ober be« ^ö^eren, ber Scienj ober be« nieberen,
unb ber Sogif ober be« formalen SBiffen«. 35ie le^tgenanntc aSiffenfc^aft, ber bie 3ln* 46
leitung ju richtigem 3)enfen unb Sj)red^en obliege, muffe, obfc^on erft al« le|te bon aßen
erfunben, boc^ juerft unb al« ©runblage für auc übrigen gelehrt tberben; ftc befaßt in
fidji ba« 2:ribium: ©rammatif, 9llS>etoriI, 3)ialeftif. 2)a« (Sebiet ber 3;ntclligenj ober be«
^öl^eren 2Biffcn« fc^liefet einen tl^eoretifc^en unb einen j)raftifc^=et^ifc^en ^aiH)tteil in fic^,
tbobon ber Untere in bie (Jt^il, Öfonomil unb i^olitif, ber erftere aber in bie 2^^eologie, 60
bie SKat^ematif unb bie 5ßl^^ftl jerfällt; ber 3Jlatl^ematif fjjejicll toirb ba« Quabribium:
ärit^metif, a)iufif, ®eometrie unb äftronomie al« aQ3iffen«bereid^ jugetoiefen. 3)a« ®ebtet
ber ©cienj enblidji, ober ba« nicbere toiffenf^aftlic^e 93ereic6, au* äJfed^anif «genannt, btt
fa|t bie Se^re bon ben Äünften ober ®etoerben in fidi, unb pvax ]\x}\d\ imx ficbfn
Äünftcn : SBeberei, ©cf^miebefunft, ©d[|iffa^rt«Iunbe, 2ltf erbau, ^agb, ^Biebi,\in unb Sc^aii* .
fj)ieltunft. §ugo bringt fc^r eifrig barauf, bafe mait ficf> bie tllenieittc bieiet etnv*^;fff*cii
SliJiffenfdjiaften ju eigen mad^e; e« gelte, gleid^ bni IsVlha^prdcni fieben ^a^u auf ba«
§ören unb Semen ju bertoenben, bebor man j^ur ^iaUitif tibcvgei^e ; e€ fjelfc n^t§^ ba^
man einen berühmten 3)iann jum Se^rer gel^abt babc, nur bur^j« 9Üiji;>abct
jur ®ele](?rfamleit. 3)ie 3)emut fei Slnfang unb Öninb olle« 3üifjm#i-_
442 $ttg0 t^on St Stctor
h)crte« bürfc man öcring ad^tcn, Don icbent müRc man gern lernen, leinen bürfc man,
aud^ tüenn man \>\d toiffe, toerad^ten k. — 3)ie in ben brei legten Sudlern gebotene t^eo-
Iogi{^'ene^{(o))äbtfd^e Überftd^t fd(|lie^t in il^ren aDgemeiner gef^altenen met^obologifd^en
Slatfd^Iägen fic^ ^aiH)tfäd[iüc^ an ßajfiobor unb ^[(t>ox an, in ben bie biblif^e 6inleitungg=
6 toiffenfc^aft betreffenben äbfdjinitten folgt fie befonber« bem §ieron^mu^. Oeftü^t auf bie
Autorität biefe« Äird^enl?ater^ fc^eibet §ugo jc^arf jh)ifd^en at)ofr^J)^ifd^en unb fanonifc^en
Südjiern, mad^t aud^ fonft mand^e unbefangene gefd^id^tlid^e Semertung unb erflärt, tro^
feine« gf^ftlffalten« am breifadjien ©d^riftftnn, ben ^iftorifd^en Sinn für ben überall not^
toenbigerVoeife XU ßJrunbe gu legenben: „si litera toUitur, scriptura quid est?" ruft
10 er au«. 33ead9ten«h)crt fmb feine Jjramfcbsetl^ifc^en Semerfungen über SBert unb ^to^d
be« ©cf^riftftubium«. (gr unterfd^eibet brei Älaffen \>on ©d^riftforfc^em : bie 3:^oren, h)elc^e
burd^ ba« Sibelftubium )u SReid^tum unb (S^enftetten gelangen tooHten ; bie Unüorfidjitigen,
h)eld^e nic^t bom l^eilbringenben, fonbem nur bom tounberbaren gn^^ölte ber l^eil. ©(^^rift
anQ^OQtn h)ürben ; enblid^ jene allein loben^toerten ©c^riftlefer, bie fic^ jur 33eranth>ortung
16 il^re« ®lauben«, jur SBibertegung ber 2öa^r^eit«feinbe, jur 33elel^rung ber Untoiffenben
unb jur immer boßftänbigeren ©rgrünbung ber ©el^eimniffe ®otte« in ba« SBort be«
Sebcn« bertieften. Übrigen« fd^eint §ugo ^ier bie Äird^enbäter nebft ben 3)efretalien unb
Äanone« o^ne Weitere« mit ju ben wnonifc^en Suchern px rechnen unb il^nen ba« gleid^e
änfe^en toie biefen jujuerfennen. ^ebenfatt« bejie^t er ba« über Söefen unb SBJert be«
20 rechten ©c^riftftubium« S3emer!te gum großen leile mit auf biefe nad^biblifc^en Urfunben,
beren SSerl^ältni« ju ben lanonif^en er bod^ anbertoärt« (j. S3. De sacram. I, 1, 17)
ganj rid^tig al« ein fold^e« ber Unterorbnung barfteUt.
®ie religiöfe ©runbanftc^t, foh)ie bie bogmatifd^en igau^teigentümlid^feiten ber Geo-
logie §ugo« lernt man am bejien au« feinen beiben t^eologifd^en ©^ftemen fennen, tüo=
25üon bie Summa sententiarum (Ed. Rotomag, t. III, p. 417—480; M. t. 176,
p. 42—174) einen lürjeren Slbrife, ba« gtoeiteilige SQäerl De sacramentis christianae
fidei (Rotom. III, 481—695; M. ib., p. 174—618) eine au«fül^rlid^ere ©arftettung
bietet. 6ine Slrt Einleitung jum erftgenannten SSäerl bilbet ber in ben 3lu«gaben ber
SBerfe $ugo« i^m borangefteUte, jebo^ felbftftdnbige Dialogus de sacramentis legis
80 naturalis et scriptae (M. p. 18—42). Unter ben Äirc^enbätem fmb e« Sluguftin unb
®regor b. ®r., unter ben feiner Mi fd^on naiver fte^enben m^ftifd^-fd^olaftifdben 3)enfem
finb e« ßrigena unb Sibälarb, auf toeld^e Äugo« ©arftellung in biefen SBerlen borjug«^
toeife geftü^t erfc^eint. 3luf Slbälarb freifid^, befjen fle})tifd^sbialeftifc^e SRid^tung feiner
lird^lid^sbogmatifd^cn toon ®runb au« toiberftrebt, bejiel^t er fic^ me^r nur inbirelt ober
86 in gegenföS^lic^er SSäeife, berbanit il^m inbeffen ol^ne ^W^x^tl mand^e toid^tige 2lnregung.
3a bie Vermutung ©rbmann« (®ef^. ber «ß^ilof. I, ©. 279, 3. %), bafe »bolarb« Sic
et non il^m ben 3^)>ul« )ur 9(bfaffung feiner Summa sententiarum getDÖl^rt ^abe,
erfd^eint nic^t ganj ol^ne ®runb; aud^ erinnert bie im erften 2^raftat biefe« SKerfe« bon
i^m gegebene 2)arftellung ber 2rinität«lebre unb ber Seigre bon ber 9Kenfd^h?erbung teil^
40 h)eife an älbölarb. ©trenger trabitional-fird^lic^ gehalten erfd^eint, ioa« er in ben folgen^
ben Straftaten über ©rft^^affung unb ©ünbenfaC ber ©ngel (tr. II), über ba« ©ec^«tage*
toerl, bie ©c^ö})fung unb ben %oB, be« 3Renfd^en (tr. III — togl. ben oben citierten
Slbfd^nitt meiner „®efd^id^te ber Sejie^ungen 2c/% über bie ©aframente be« alten S3unbe«,
in«befonbere ba« ®efeb oi« ®runb unb Duett aller ©ittenlel^re (tr. IV), fotoie über bie
46 gauj)tfaframente be« bleuen S3unbe«, nämlid^ : 2^ufe (tr. V), Konfirmation, 2lbenbma^l,
Delung (tr. VI), au«fü^rt. SBJegen ber Uned^tl(^eit be« fiebenten, bon ber ©l^e ^anbelnben
Iraftat« f. ]ä)on oben ©. 439, öi.
3)a« bogmatifd^e ^au})ttt)erl §ugo«, überl^au})t bie reiffte gru^t feine« ©d^affen«,
bilben bie nai^^ bem 3^^k feiner Sau^al^n, alfo gegen 1140 ettoa, bon if^m berfafeten
60 jtoei Sucher De sacramentis fidei b. i. „Son ben ®e^eimniffen be« ®lauben«" (benn
sacram. bejei^net l^ier bie t^eologifdjien SDl^fterien ober ®lauben«obiefte überbau})t — ü^a
h)ie neuerbing« bei bem fatl^olifcben i^eologen 3R. 3. ©d^eeben [3)ie Wl;fterien be« Gl^riftent,
1865; 2. 21. 1880] ober h)ie bei £. ©d^öbelein [SDie ®e^eimniffe be« ®l., 1872J. ^n
i^nen „burc^bringt fxd) ba« objeltibe unb fubjeltibe 3Jloment feine« ©lauben«, bie ber=
66 ftänbige SReflejion unb bie m^ftifd^e 2^iefe mel^r al« in irgenb einer feiner früheren ©(^riften,
unb jeigt fxd) nietet nur 33elanntfd^aft mit ber 3lrt, toie anbere bogmatifieren, fonbem
eigene bogmatifd^e ©d^ärfe" (ßrbmann). ©ein SBerf^ältni« ju bem mel^r ffejjtifc^ gearteten
©tanb^unft Slbälarb« legt er in mehreren 2lu«fü^rungen an ber ©jji^e be« SBerfe« mit
J)rinjij)ietter SeftimmtJ^eit unb Älar^eit bar (bgl. ©eeberg, a. a. D. ©. 45). ßinig ift er
w mit jenem barin, ba^ er bie aufgäbe ber 2^eologie in ba« SSerftanbni« be« ®lauben«
^n^o t^on @t Stictor 443
fc|t; aber anftatt bc^giDcifcfö crllärt er Dielmel^r ba« myftifc^c ©rfa^ren« unb (grlebt^aben
für bic nottoenbige SJorbebittöung be« ©lauben^. Unb ntd^t blo^ Semunftgemäfee«, fon«
bem audf ÜberDcmünftige^ gehöre gu ben ©egenftänben be« ßJIauben«; ja gerabe feine
§au})tobie!te feien übert)emünfttger 9lrt (non secundum, sed supra rationem), hwi^«
renb aCe« einfad^ nur SSemünftige ober au^ ber SSemunft §erIommenbe (ex ratione) 6
gleich bem SBiberbemünftigen (contra rationem) bon ben ^egenftänben be^ ©tauben«
auggefc^Ioffen bleibe. 3)er ©laube beftel^e au« jtüei ©tücfen: 1. ber cognitio, ober bem
quod fide creditur, ber materia fidei, unb 2. bem affectus ober bem eigentlit^^en
credere. 35er eigentliche 2Bert be« ©lauben« liege in biefem lefeteren ober fubie!tit)en
Element, in ber ^ic^tung be« §enen«, ber (grgreifung Ootte« burdp ben SBiüen ; je l^öl^er lo
ber 9lffeft, befto edjiter unb toertboUer ber ©laube, beffen eigentliche« 38erbienft ja barin
befleiße, nid^t ju feigen unb boc^ für loalf^r ^u l^alten („Si vides, non est fides" etc.).
— 3)ie teil« bemunftgemäfeen, gröfetenteil« aber übert>emünftigen ®Iauben«obieIte ober
SQäerfe ®otte« (göttliche Dffenbarung«tl^atfac^en) gerlegt ^ugo nun in jloei Steigen : SEBerfe
ber ©ci^öj)fung (opera conditionis), bur^ loeld^e 9lic|tfeienbe« h>irb, unb SQäerfe ber i6
SöieberJ^erfteHung (opp. restaurationis s. reparationis) , burd^ toelc^e SBerborbene«
tüteber gut toirb. 3)ie opera conditionis bel^anbelt er au«fü^rlid^ im erften Sud^e be«
SSäerle«, über^au^t ber einge^enbften SJarlegung ber Self^re bon ©Ott, ber ©c^öjjfung, bem
©ünbenfatt unb ben anfangen ber IS>eiI«gef^id^tIid^en enttoidfelung, bie toir bon ipm be*
fi^en. 3lu«ge^enb bom 3)afein unb ber Sefd^affen^eit ber SBJelt, betradjitet er ben gött* ao
Kd^en Url^eber berfelben -— ber ebenfo ba« ^kl be« 3Wenfd^en fei, h?ie ber 3Renfd^ ba«
3iel ber göttlid^en SBeltfd^ötjfung — nad^ feinen brei ©runbeigenfd^aften, ber SKad^t,
SJei«^eit, Siebe, fotüie nad^ jeinem breieinigen SSäefen. 35a« lefetcre enttüidfelt er im am
fd^Iufle teil« an 2lnfelm, teil« an äbälarb fo, ba^ er bie brei ^erfonen abbilblidji in ben
Äreaturen, in«befonbere in ©eift, 333ei«l^eit unb Siebe be« 3Renfd^en nad^;iuh)etfen fuc^t*25
bie« jeboc^ nid^t ol^ne auf bie SBanbelbarfeit ber Slffeltionen ber SQ3ei«^eit unb Siebe auf
menfd^Iid^er ©eite, im ©egenfa^e gu il^rem abfoluten ßl^aralter im göttlid^en Urbilbe ^im
jutoeifen (f. ba« 9lä^ere bei Äilgenftein, ©. 114—160, h?o ba« mit äbälarb« Irinität«^
begriff fic^ Serü^renbe, jugleid^ aber aud^ bie Slbtoeid^ungen bon bemfelben genauer bar*
gelegt finb). Sei ben bann folgenben Unterfuc^ungen über ba« menfd^Uc^^e 35}iffen um so
&ott enth>idfelt er bie bereit« oben angegebene Unterfd^eibung be« Vernünftigen, Semunft«
gemäßen. Über- unb SBiberbemünftigen. SSom SBiHen ©otte« ^anbelnb unterfc^eibet er
auf feine SBeife (unb jtoar im ©egenjafee ju äbälarb« Seigre bon einem burd^gängigen
©icbbedten ber aBirllidbteit unb ber 5KögUc|leit be« göttlid^en §anbeln«) jtoifc^en göttlid^em
SBiuen fd^Iec^tl{;in ober ber voluntas beneplaciti Dei unb jtoifd^ bem ^^id^m be« 85
göttlidben SBiUen«, ber voluntas signi beneplaciti; nur im erfteren ©inne bedfe ftd^
göttlid^e« SöoIIen unb Sonnen, nid^t im le^teren — Vorauf bie ?!Kögli(^feit be« Söfen
berulf^e. 6« folgt bie Sel;re bon ©d^öjjfung unb %aü ber ßngel, bei ^uqo no^ jiemlic^f
nüchtern bej^anbelt unb frei bon ber läftigen Überfülle müßiger fragen, toeldbe bie fj)ätcre
©c^olaftif in biefem Äa))itcl anjubringen liebt, gn ber Scf^re bom SDlenfd^en unb ber 40
menfc^Iid^en ©ünbe gicbt er fid^ a(« gemäßigten 9luguftinianer ju erlennen. 3"^ 3lu«=
gleic^ung ber menfc^lidjien 3BiIIen«freil^eit mit ber göttlidben SUlmad^t unterfd^eibet er ein
SBoHen an fic^, toeld^e« frei fei, unb eine beftimmte 933inen«rid^tung, toeld^e burc^ ©otte«
aSeltorbnung gebunben fei; ©Ott fei fomit nid^t Urheber be« gaJQie« (auctor ruendi),
fonbem nur §en ber menfd^Ii^en Äanblungcn (ordinator incedendi). 3)ie ßrbfünbe 45
beftimmt §ugo, ä^nlicf^ toie f})äter 9ReIand^t^on, a(« befte^enb in ber Untüiffen^eit unb
ber GoncuJ)i«cenj. 2luc^ für bie toeiter^in, bei Verfolgung be« ©ange« ber §eil«offens
barung bi« jum ©d^Iuffe be« SHten 33unbe« bel^anbelte Se^re bon ber göttlidben ©nabe
unb bom ©efefe bietet ^ugo me^jrfad^ tüid^tigc, bon ber fi)äteren jc^olaftifc^en 2^rabition
toeiter f ortgebiloete 5Wotibe bar. ©o feine ©inteilung ber göttlidben ©nabe in eine gratia so
creatrix — bie ©nabe be« j)arabiefifd^en Urftanbe«, ju toeld^er aber be^uf« Srjielung
tbirflidjicn ©utc«t^un« be« noä) nid^t gefallenen ÜWenfc^en aui^ nod^ eine gratia appo-
sita (gr. superaddita ber f})äteren ©d^olafttl) ](^injuIommen mufete — unb eine gratia
salvatrix, toeldjic (entere lieber teil« a(« operans, teil« al« cooperans tüirft. ©o
femer jcinc Se^re bom natürlichen (bomtofaifd^en) unb bom gefdjiriebenen ©efe^e be« 3[3Ä, 66
famt ben biefen beiben ^eil«öIonomifd[ien ©tufen ober 6j)od^en entfjjrec^enben ©naben«
mittein ober ©aframenten. — 3)ie mit biefen le^tertoä^nten 3Jlaterien bereit« etngeT ' '
Seigre bon ben opera restaurationis bringt ba« jtoeite 53u^ jur boHen Sntfa&n
jum aibfc^lufe (bgl. für ba« ^olgenbe D. Salier, a. a. D.). 6« ^ebt an mit b«j
tberbung ©otte« al« bem 3Jlittel))unfte ber ganjen §eil«gefc^id^te unb berT
444 ^ttgo li0tt @t* Victor
§cifemittcl ober ©aframcntc bc^ neuen 33unbc«. 3ll^nltc^ \m 2lnfclniu^ in „Cur Deus
homo", foh)ie abtoeic^enb \>on bem ein nottoenbige^ Kommen ßl^rifti inö ??leifc^ auc^
ol^nc menjd^ltc^e ©ünbe bel^autjtenben 9liH)ert toon S)eufe, lel^rt er feine abfolute ^UU
h)enbtgfeit, tDol^l aber bie atteinige Slngemeffen^eit unb ÖotttDürbigteit ber 9Kenfd[ih)erbung
5 be« ©o^nc«. ©oute ber urfjjrünglid^e ©c^5})fung«5h)ecf, bie (gr^ebung be^ 3Jlenfc^en jur
. üoDcn ©nabengemeinfd^aft ®otte« tro^ be« bajtDifd&engetretenen 2öiberfj)ruc^^ ber ©ünbe
bennodji l?erh)iruic^t toerben, fo mufete ber ©ol^n auf 6rben erf^einen unb bie 3Jlenfc^^ett
\)on bcn 33anben ber ©ünbe löfen. 3)a^ SSJerf biefer ^nfamation ift ein gemetnfame^
ber ganjen 2:rinität, obfd^on ber ©o^n aCein %l6,]ä^ angenommen l^at. 3"9^^^ "^'* *^«"^
10 ^leifd^e na^m berfelbe auc^ aCe folgen, to^ld)m ba« menfdjilic^e gleifd^ fraft ber ©ünbe
untertDorfen tpar, auf [xd), bie ©ünbe aCein aufgenommen. 6^ h)ar bie«, tpenn nic^t
ber einzig mögli^e, bod^ ber angemeffenfte SEBeg ber (Srlöfung; benn in ß^rifti SBorgang
^ält er ber ?!Kenjc^l^eit i^re einfüge äSerfiärung foh)ie ba^ ^öc^fte S3eif})iel ber 3!)emut unb
Siebe bor (toegen ber Serül^rungen be^ in biefem Seil be^ 2Berf^ 6nttoicfelten mit än=
löfelmu« Cur Deus homo bgl. ©eeberg, ©. 57). S)ie folgenben Setrac^tungen über bie
Einheit ber Äird^e atö be« mtoftifd^en Seibc^ Gl^rifti (beffen Iin!e ©eite bie Saien bilben,
toäl^renb bie redete ©eite l?om Äleruö, bem Organ ber (Semeinbeleitung, rejjräfenticrt tperbe),
über bie Drbnungen ber lirdjiKd^en ^ierarc^ie, über bie l^eiligen ©etoänbcr unb bie Qm
toeibung ber Äird^en (1. II, pars 3—5), bahnen ben SBeg gur £el[|re bon ben firdjilic^en
20 ©aframenten im engeren ©inne be« SBorte^. 3^rer jäl^It §ugo l}\tt einige me^r afe bie
üier ber Summa sententiarum (f. o.) auf, bod^ o^ne fd^on fo beftimmt unb Har h)ie
fj)äter ber Sombarbe, i^re ©iebenja^I ju lehren, (gr ^ulbigt nämlid^ einem jiemlic^ h)eit=
ft^fid^tigen ©aframent^begriffe, ber jtpar f^on ettoa^ minber loj gefaxt erfc^eint afö ber
in jener ©umma aufgeftellte (sacr. estvisibilis forma invisibilis gratiae in eo col-
25 latae), aber boc^ jur befannten ^räjifion unb Seftimmtl^eit be« bom fiombarben au««
gebilbeten unb bon ben f})äteren ©d^olaftüem abo})tierten fic^ nod^ nid^t erf^ebt ©alra=
mcnte finb nac^ il^m elementa corporalia s. materialia mit breierlei ßigenfd^aften,
nämlid(i 1. divinam gratiam ex similitudine repraesentantia, 2. ex institutione
significantia, 3. ex sanctificatione s. consecratione continentia et couferentia.
ao 3u ben fo gearteten fird^lid^en 3^'^^ ^^^ Reizmitteln rechnet er fotoo^I bie eigentlichen
^framente, unter tüelc^en il^m 3;aufe unb Sibenbmal^I al^ bie bebeutenbften gäten, al^
md) getbiffe jum Reile nic^t nottbenbige, aber bie Reiliguna förbembe 3lfte ober ßere^
monien bon geringerer Sebeutung. Slad^bem er ba^er ^ufe nebft Konfirmation fotbie
abenbmal^l al« ©aframente erften SRange« be^anbelt ^at (p. 6—8), läfet er bie 53efj)red^ung
86 einer 9leil(>e bon untergeorbneten (Zeremonien, tbie 2Beil^tbafferbeft)rengung, 5Palmen= unb
Äerjentbeil^e, Äreujfd^Iagen, 2lnblafen beim (gjorji^mu^, 2lu«breitung ber §änbe, Rnie=
beugung Jc, folgen; aud^ bie Drbination famt berÄonfelration bon©efä|en u. bgl. red^net
er ju biefen minora sacramenta, bie er aU sacr. administratiouis et praepara-
tionis bon ben allein ^eil^notlbenbigen sacr. salutis unterfc^eibet (p. IX). ßrft md^
40 biefer Sibjc^tbeifung über bie Heineren ©aframente, foibie nac^ einem nur (oje mit biefer
SKaterie jufammen^ängcnben (Sjlur^ über ba^ Safter ber ©imonie (p. X) feiert Rugo jur
Steige ber toid^tigeren unb ^mn nic^t abfolut, bod^ relatib If^eifenottoenbigen ©aframente
jurüdf, afö tbelc^e er bann nod^ bie ®l^e (p. 11), bie Seid^te nebft äbfolution (p. 14)
unb bie lefete ßlung (p. 15) bel^anbelt. @ine 3lrt bon ©iebenjal^l ber ©aframente nimmt
45 er alfo in oer 2^f^at l^ier an, boc^ tritt eine bemerfen^toerte Saj^eit feiner ©aframent^Ic^re,
berglid^en mit ber fc^iärfer fixierten be« 5ß. Sombarbuö, nod^ barin ^erbor, bafe er im än^
ft^fluffe an ba^ ©aframent ber 6^e junädjift nod^ (in p. 12—13) über ©elübbe fotbie
über Sugenben unb Safter im aUgememen ^anbelt. (Über bie in biefem fünfte ^erbor^
trctenbe ^erül^rung §ugo^ mit ben©entemen be^ Slolanb SanbineHi — tbel^c über^aujjt
60 eine ähnliche 5WitteIfteHung jtoifc^en Slbqlarb unb bem Sombarben tbie bie Se^rtbeife Rugo^
ret)räfentieren — f. ©eeberg ©. 63). Übrigen^ geben biefe in bie ©aframent^Ie^re ein=
gefd^obenen Äajjitcl De votis unb De virtutibus et vitiis (col. 519— 550 M.) einen
jiemlid^ lauteren, ebangelifdb erleuchteten fittlid^en ©tanbj)unft be^ 3?erfafjcr^ ju erfennen.
3Son ben üblichen Sertaujd^ungen ber ©elübbc burc^ bie fird[|Iid[ien 3!)i^})enfationen rebenb,
55 erf lärt er mit ^eiligem 6rnftc : (Sin ©elübbe fei unbertaufd^bar, nämlidji ba^, ®ott feine
©eele ^u geben; tocr für feine ©eele®elb geben tboHe, berliere fein@elb unb feine ©eelc
baju! 3(u(t bon ber Rol^eit ber d^riftlic^en Siebe tbeife er ©d^öne^, auf ^d^t c^riftUc^er
©rfal^rung Slu^enbe^ j^ü fagen. 35ie Selbftliebe muffe in ber ©otteöliebe eingefc^loffen
fein; eine böüig felbftlofe ober abfolut uneigennü^ige Siebe aber gebe e« nid;t, benn e^
60 laffe fid^ feine Siebe benfen ol^ne SSerlangen nad^ bem (beliebten (non amares, si non
$ttgo t^on @t 8kt0r ^ntniert 446
desiderares). 3)icfen tcillücifc f)'6di)\i tocrtöoDen ctJ^ifd^en Slbfd^nittcn — beren 3"Mt
in mehreren Heineren Jjraftifd^sa^letifd^en 2raltaten ^vlqo^, befonberö feiner fc^önen Sjjiftel
De laude caritatis (M. t. 176, p. 169—176), jum ^^eil tt)ieberlel^rt — fotoie jenen
2lbl^nblunöen über bie brei legten ^am^tfolramenle lä^t er cnblid^ in ben brei legten
Seilen be« II. ^uti^^ (pars 16—18) einen berJ^ältni^mä^ig furjen 3lbri^ ber (S^i^ato- 6
logie folgen. Semerlenötüert ift barin u. a. bie l?orfid[|tige, faft biblifd^ nüchterne 2lrt,
h>ie bei Se^anblung ber legten 3)inge be« 3Renfc^en ba^ I^ema bon ber Slnrufung ber
^eiligen erörtert tüirb: e^ fei un^ nic^tg ®eh?iffc<g barüber geoffenbart, ob bie ^eiligen
unfere an fte gerichteten Sitten beme^men ober md)i; fatt^ fie biefelben aber audb nid^t
^ören foHten, |öre fie boc^ getoi^ ®ott unb gctoö^re fte, foloeit fie mit feinem SüBißen im lo
©inHang fte^en (p. 16).
Sßenn man, toie bie« mit Siecht gefd^ie^t, ber $ugonif(^en Ideologie eine grunb»
legenbe Sebeutung für ben gefamten nad^folgenben @nth)i(felung^ang ber fiirc^enle^re
be« älbenblanb« uifd^reibt, fo bient ba« 2BerI De sacramentis aU ^au))tföc^Hc^ n)ic^tige
©runblage unb ^unbftätte ber Setocife für biefe S3el^am)tung. 35ie bem „alter Augu- 16
stinus" fd^on feit bem 13. 3l<^^^^^w"bert in reid^er gülle beigelegten auöjeidjinenben ißrös
bilate (f. oben @. 437, 12 ff.), feine G^arafteriftif atö organon et os Domini (Irit^em.,
De scriptoribus eccl. s. Hugo), feine Sejeid^nung ate „ber fadjilic^ einflu^reid^fte 3;^eos
löge be« 12. ^al^r^bt«." (§amad, 2e^rb. ber ©ogmengefc^. III', 346) 2c., bie« aCe«
finbet feine Sle^tfertigung bome^mlic^ burd^ ben gn^alt ber ^ier naiver betrad^teten ^axüpU 20
fd^rift, neben tüelc^cr bie übrigen arbeiten be« SJictoriner« l^infidjitlic^ i^re« auf bie 9?ad5^
toelt geübten ßinfluffe« ftarl ^urüdftreten. — auf bie angefid^t« biefe« ©ac^ber^alt« ftd^
na^e legenbe ^age: toarum bie f})ätere Sd^olaftil tro^bem nid^t ti)n>a i^ugo« SK^ftericns
tt)erf, fonbem bie bon bemfelben gan^ unb gar abhängigen, an felbftftönbigem S^c^g^flÖ
ärmeren unb namentlich im 5ßunfte ber ©ottesteij^re an feinen fjjerutatiben lieffmn nic^t 26
l^inanreicbenben Sentcnjen be« Sombarbu« al« ®runbj)lan für il^r Se^rf^ftem bertüertet
^abe, toirb (mit Äilgenftein, ©. 228) ju antworten fein : „®erabe bie inbibibueße ©elbft^
ftänbigleit, bie fubjeftibe gärbung ber §ugonifc^en 3^l^eologie, fo förberlid^ fte für bie
tebenbige ßrfaffung einzelner 3Bal(^rl^eiten ift, lonnte pd^ für einen leidsten unb ruhigen
Überblidf über bie ganje ®lauben«le^re, für ein tl^eologifd(ie« ©c^ul= unb Sel^rbud^ natur= ao
gemäfe ioeniger emjjfe^len al« bie einfädle, objeftibe gnfatnmenfteüung be« Sombarben mit
feinen Ilaren befinitiben, feinen lna))J)en unb überfic^tlid^en SJiftinhionen." ^n S3ejug auf
bie bialeftifd^e SDurdjiarbeitung be« überlieferten ürd^lid^en Se^rmaterial«, bie ^xixti^U
mac^ung be«felbcn für ben S3ebarf ber tl^eologifd^en Schule ertoie« Sombarbu« pd^ at« ber
gefd^idftere unb toirlfamere gü^rer. 3!)e«tialb i^aUn bie fj)äteren Kommentatoren be« fird^« 86
lic|ien ®lauben«f^ftem« nic^^t fein aScrl, fonbem ba« minber originale be« ©entenjen«
meifter« jur ®runblage für i^re ®eifte«arbeit erloren. ä^cHer,
Lambert, Karbinal, gcft. 1061. — MSL 143 col. 929ff.; Mansi XIX; g.3Bia,
Acta et scripta, quac de controvcreiis ecclesiae graecae et latinac saeculo undecimo com-
posita extant, Öcipj. u. ^IKorburg 1861; §(. $ic!)ler, ®efd). ber ürc^l. 3:rennung äiüifcftcu bem 40
Orient unb Cccibcnt von ben erften ?(nfängen biö jur jüngften QJegemuart. 1. Sb, 3Künc^cn
1864, 6. '258 ff.; 3. ^ergemöt^er, $t)ütiu«, ^atriarcf) uon Äonftantinopel, 3. 93b, 9?egcn«-
burg 1869. 6. 737-760; $H. 93Qimann, 5)ie ^olitif ber <päpfte üon ©regor I. 6i« auf
©rcQor VIL, 2. S3b, (SIberfclb 1869, @. 235 ff.; (5. 3. u. C>efelc, Sonciliengcfcöicftte, 4. ©b,
2. ^Tufl., grciburg i. 93r. 1879; e. Steinborff, 3al)r6ü(^er be« beutfcijcn 9?eid)« unter .Sein» 46
ric^ III., 2. Q3b, ficipjig 1881 ; 3. 3ÖQttcnborff, $avft Stephan IX. (3)iff. ^eünfter), «Paber-
born 1883; .{). ^olfinann, Äavbinal |)umbcrt, fein fiebcn unb feine SBerfe mit befonbcrer Sc««
rücfficfttigung feinet 2^rQftate§: „libri tres adversus Simoniacos**, 2)iff. ®öttingen 1883; 28.
Don ©iefcbrec^t, @cf(t)icf|tc ber bcutfcften Äniferjeit, 5. «ufl. 3. n. 4. iöb, ficipäig 1885. 1890;
tnöpflcr, ^rt. „.gmmbcrt", ©efter unb 9BeItc^ Äircöcniejifon 2. 2lufl. 6. S3b, greibura t.93r. 60
1889, ©.411—414: 3- ®«l)ni6cr. SScrcngar üon XourS, fein Seben unb feine Se^re, ^cüncftcn
1890, 8. 229 ff.; Q). 'iüicDer üon Änonau. 3al)rbüd)cr be§ bcut)d)en 9?eicöc§ unter Oe»nri(% IV.
unb ^cinrid) V. 1. 93b lOoG bl§ 1069, fieip^. 1890; gr. X^ancr, MG LibcUi de lite impe-
ratonim et pontificuai saeculis XI et XII conscripti, ^annouer 1891, p. 95— 100; 3» Longen,
(»cfcftic^te ber rümi)d)en Äircfje üon g^ifoku« I. big Tregor VII., SBonn 1892, 8. 473 ff.; 66
5. ÄQttenbufd), i!el)rbu(6 ber üergleicfjenben ^onfeffionStunbe, 1. 93b, greiburg i. ^.Br. 1892,
8. 123 f.; 6. 3J^irbt, ^ic ^ubli^^iftif im 3eitaltev ®regorS VII., fieip^ig 1894; fi. ü. ^eine*
mann, ®ef(f). b. 9?ormQnnen in Unteritolien u. ©icilicn, fieipj. 1894, @. 144ff.; 5Ö. ^QvtenS,
Tregor VIT., fein ficbcn u. fein fBir!en, fieipjig 1894; W. .^auc!, ^irt^engefcf). 3)eutf(6(anb§,
3.93b, ficip^. 1896; 91. ?ottt)Qft, Bibliotheca historica medii aevi, 1. »b, ©erlin 1896, @. 628. qq
^umbert, au^ Surgunb gebürtig, (Lanfranci liber adv. Berengarium cap. 2,
BM XVIII p. 764; Sonij'o, IIb. ad amicum V, libeUi I p. 588) toax a)ii5nc^
446 ^tttniiert
bc« Äloftcr« Moyen-moutier in SotF^ringen (3o^annc^ bc Sa^ono am Slnfang bc^
14. 3lö^^^w«fc^^- 6ölmet, Histoire de Lorraine, 9lancV 1728, bgl. ^alfmann,
@. 1 n. 2) afö 5ßa})ft 2co IX. i^n 1049 nad^ SRom rief, ^m folgcnbcn ^af)x tüurbe
er jum (Sr^ibifci^of bon Sizilien ernannt (Mansi XIX p. 771), 1051 erhielt er ba^ 33i^=
6 tum bon ©itoa ßanbiba (Annales Beneventani, SS III S. 179) unb bantit bie
SBürbe eine^ römifc^en Äarbinalbifd^of^. S)a^ er ju ben Vertrauten £eo^ IX. gehörte,
bejeugt nid^t nur ba« SBort Di^lofß (Visiones XV, SS XI p. 384 : Leonis . . comes
iugis consiliariusque acceptissimus extitit) fonbem bor allem feine l^ielfacftc 3ln=
h>efen^eit in ber Umgebung be« 5PaJ)fte^ unb bie SBertüenbung gu ioid^tigen Äommiffioncn.
10 S)en §öl^e})unft feiner SBJirffamfeit unter Sco IX. bejeic^net fein änteil an bcm Slu^bruc^
be^ Bqx^ma^ jh)ifd[ien ber Äirc^e beö Dften^ unb be^ SBeften^. — ©rjbifdjiof Seo bon 2lc^riba,
ber bulgarifd^en 3Retroj)oü^, ^atte 1053 in einem an ben Sifd^of ^oi^anne« bon irani
in 9[j)ulien geridjiteten 9lunbfc|rei6en (fflifl ©. 56) eine SRei^e bon lultifd^en unb rituellen
Sigentümlic^Ieiten ber abenblänbif^en Äird^e fd^arf angegriffen. Äarbinal .^umbert tourbc
16 gelegentlid; eine^ Sefud^e« in 2^rani mit biejem 33rief befannt, überfe^te i^n in^ Sateinijd^e
(SBia ©.61 ff.) unb überreid^te il^n bem 5ßaj>ft (SBibert, vita Leonis IX, lib. II cap. 9,
3. 3DI. SBatterid^, Pontificum romanorum vitae tom. I p. 161). 2)iefcr lie^ fofort
eine fd^arfe, 41 Ro^M umfaffenbe ©egenfd^rift (SBill ©. 65, 3aff6 4302) enttoerfcn, bie
fd^on baburd^, bafe fte nid^t nur an Seo bon Sld^riba fonbem jugleid^ an ben 5ßatriard^en
20 bon Äonftantinojjel 3Kid^aeI Gaerulariu^ abbrejfiert h>ar, ju erlennen gab, ba^ man
römifd^erfeit^ über ben §auj)tgegner nid^t im UnHaren toar. 3)od^ ift toa^rfd^einlid^ ($^fflf
@. 773) bieje« ©d^riftftüdf gar nic^t abgefanbt toorben, benn J)lö$Ii^ beränberte fi§ bie
©ad^lage. Äaifer Äonftantin IX. 9Jlonomad^o^, ber bie Sunbe^enojfenf^aft be^ 5|}aj)fte^
gegen bie Slormannen brandete, rid^tete ebenfo toie fein 5ßatriard^ an Seo IX. berföf^nlidjie
26 »riefe — fie fmb nid^t erl^alten — , unb biefer jd^idEte jum RMi einer böHigen SScrftän-
bigung im S^^^uar 1054 eine ßJefanbtfd^aft an ben Kaiferf^of. 3)a ber (Srjbifdjiof ^etru^
bon Slmalfi, ber Äarbinal unb Äanjler ^ebrid^ bon Sotl^ringen unb .t)umbert, ber bie
güi^rung gel(;abt ju l^aben fd^eint, alö Segaten fungierten, toar \d)on burc| i^re ^uf^mmen^
fe^ung angebeutet, tueld^e^ @etoic^t man il^r in 9{om beimaß, aber jugteic^, in h)e(d^em
30 ßJeift ber Seiter ber abenblänbifd^en Rir^e bie griebcn^ber^anblungen gefül^rt toiffcn »ooKte.
^a nun auc^ ber ^atriard^ nid^t nur }u feinem Sntgegenfommen geneigt toar, fonbeni
in ungebrochener ÄamJjfe^Iuft bieSoten feine« SRibalen ebenfo i}mx]q beF^anbelte, toie fie
i^ f^roff entgegentraten, fo fel^Iten aÜe 3Sorau«fe^ungen für eine 3Serftänbigung. ^n
ben §änbcn ber Segaten, bie erft am 24. gwni 1055 Äonftantinojjel (Brevis et suc-
86 cincta conmemoratio, ber offizielle Serid^t ber Oefanbten, 2Bitl ©. 150) enci^ten, be^
fonben fic^ jmei ©d^reiben be« ^ajjfte«, an ben Äaifer (SöiH ©. 85 ff., 3aff6 4333) unb
on ben ^atriard^en (SBiH ©. 89 ff., ^affö 4332). ©idjier l^at §umbert anä) feinen Dia-
logus (SBill ©. 93 ff.) mitgebrad^t (©iefebred^t II, 677 f.); bie SBiberlcaung ber ©d^rift
be« aiiceta« ^ectoratu«, »bt be« Älofter« ©tubion in fionftantino^jel (SÜBiU ©. 136ff.) ioar
40 bagegen nid^t fein SBerl fonbem ba« be« Äarbinafö griebrid^ (©iefebred^t a. a. D.). 3!)en
Slbfc^lu^ ber au^fidjiti^lofen SSer^anblungen bejeid^ncte bie bemonftratibe 9?ieberlegung einer
fc^ftlic^ angefertigten ßjlommunifation gegen ben Patriarchen SWic^acl unb feine Sln^
l^ger (Söiß ©. 153 f.) auf bem $au})taltar ber ©oJ)^ienfirc^e am 16. Sw'li- "^^^^ i*bei
Xagen berlie^en fte Äonftantinoj^el (Commemoratio, SBiß ©. 152).
46 SBä^renb biefer Steife nad^f 33^janj toar am 19. 2lpril Seo IX. geftorben. Xa^nm-
Bert nidjit bor bem äuguft be^felben g^^re« nad^ SRom jurüdfgele^rt fein fann, ift ber
Serid^t be« Senjo bon Sllba bon feiner Beteiligung an einer m^fteriöfen (Sefanbtfd^aft an
ben beutfd^en §of in©ad^en ber 9leubefefeung be« J)äj)ftlid^cn^©tu^le« (adHeinricum IV,
Üb. VII cap. 2, SS XI p.671; bot. ©teinborff ©.470) eine gabel. ^ud) juSictorll.
60 (1055—1057) ftanb §. in einem Sertrauen^berl^ältni«. 21B bie SBa^l be« bon ben
SKönc^en in 9Jlonte ^jfmo nm getüäl^lten 2lbtcg 5ßetru« j^u ©unftcn jene« Äarbinate
griebric^ bon Sotl^ringen, ber naä) ber Slüdfle^r bon feiner Steife in bicfc« Älofter al«
^önc^ eingetreten toar, umgeftofeen toerben foHte, iourbe biefe Angelegenheit §umbert über^
tragen, ber fie rafd^ unb gefd(|idft nad^ ben SBünfd^en be« ^abftc« erlebigte (Wai 1057;
66 Seo, Chronicon mon. Casinensis lib. II cap. 91—93, SS VII p. 690—692).
©tct)^an IX., ^btn biefer Äarbinal griebric^, ^atte nad^ bem Slblcbcn Sictor« II.
(28. 3"lt 1057) an crfter ©teile $umbert aU beffen Slad^f olger borgefd^lagen(8eo, chron.
cap. 94, 1. c. p. 692. 693), e^e er felbft geh)äl;lt tourbe. 3)ie energijc^^e Slggrefftbe, gu
ber ba« reformierte 5ßabfttum unter feiner Seitung fortfd^ritt, ift bon ^umbert, ber je^ft
60 in ber äSiürbe be^ Bibliothecarius sanctae romanae et apostolicae sedis (!3affe
$nmicri ^tttniltatett 447
Reg. p. 553) begeönct — ßrjfanjler ift er ntd^t öctüorben (SBattcnborf ©.56 ff.) — burd^
bte bÄeutenbc Bd)x\\t: Libri tres ad versus Simoniacos (ed. %x. %i}ann, libelli de
lite I, p. 100—253) littcrarifd^ t)crtrctcu h)orben. Unter bem ©mbrud ber orfd^üttcmbcn
aSirfungen ber Simonie pxzhxQt er il^rc rüdfid^tölofe Sefämjjfung (m. ^ßublijiftil ©.344 ff.,
350 ff., 358 ff.). 35a burd^ ©imonie fein ^eiliger (Seift toermittelt tocrben Sonn, fd^eut er 5
bte Aonfequenj nid^t, bag ein fimoniftifd^er S3if^of teine Orbination )u erteilen, über^au))t
lein ©alrament gu bertoalten Dermag, unb ba^ bie bon einem fold^en getoei^ten ££leriler
mttl^in überl^aiH)t leine ^riefter fmb. Slud^ bie Unbefanntfd^aft be« bur^ einen ©imoniften
Drbinierten mit bem fimoniftifd^en Serge^en be« Orbinator« ift nid^t im ftanbe, ben ®es
toeil^ten bor biefen ^Jolgen gu fc^ü|en (^Jubl. ©. 378 ff. 403 f. 410 f.). ©eine ©rörterungen lo
ber S^beftitur ftnb für bie Sei^nblung biefe« ^ßroblem« burd^ bie fj)ätere gregorianifd^e
^Partei grunbicgenb geworben. 35a bie gnbeftitiir ein rein geiftlid^er Slft ift unb ba bie
gürften ateSaien mit geiftlid^en 2)ingen nid[>t« ju fd^affen l^oben, fo ift für i^n bie ^nbeftitur
burÄ Saien eine Unge^euerli^Ieit. Saieninbeftitur ift nid^t« anbered oI« ©imonie, ift eine
Serle^ung ber altfird^lid^en SBal^Iorbnung unb fü^rt ju einer boHftänbigcn Serf^iebung 16
be« normalen aSer^öltnijfe« bon ©taat unb Äirdjie (^ubl. ©.463—468, bgl. ©. 573 ff.).
atö nac^ bem J)löfelid^en SEobe ©tc})^an«IX. (29.aKärj 1058) bem römifd^en 2lbel«5
pQ!p^i Senebift X. in ©iena Sifc^of ©erwarb bon g^orenj gegenübergeftellt tüurbe, l^at
§umbert an biefer SQ3al(;( teilgenommen (3Ke^er bon Änonau ©. 101 n. 95). Sluc^ unter
SKiloIau« II. I^at ber ftarle ©influfeßumbert« f ortgebauert ; 5ßetru« 3)amiani (epist. I, 7)»
nannte i^n unb ben Jtarbinalbifd^of S9onifatiu« bon äClbano : acutissimi et perspicaces
oculi be« 5Pa))fte«. SBa^rfdj^einlid^ ift er e« getoejcn, ber bie Seborjugung ber Äarbinat
bifc^öfe in bem 5ßat)fth?alS>lgefe^ ber Sateranft^nobe bon 1059 burd^gefeftt If^at (9Karten«,
1. S3b ©. 26 ff.), fo bafe nid^t §ilbebranb al« ber geifttae Url^eber be« S)elretd gu gelten
i)at 2Ug bie bereit« auf ben ©^noben ju SRom unb ^erceHi unter £eo IX. 1050 ber« 2b
urteilte 2lbenbmal^tele^re be« Serengar bon Xour« (bgl. b. 31. S3b II ©. 608 f.) ^ier auf«
neue jur SSerl^anblung gelangte, h)urbe bem S3eIIagten bie Unterjeid^nung eine« ©lauben«-
befenntniffe« (Mansi XIX p. 900) auferlegt, ba« bon §umbert, ber f^on jenen erften
SSerl^anblungen beigetüol^nt unb gegen Serengar getoirft l^atte (S3rief an ßufebiu«, S3. bon
änger« a. 1051 ed. Ä. grandte 3121 VII, 1882, p. 614 ff.), entiüorfen mx (bgl. Son^ao
franc, über de corpore et sanguine Doniini cap. 2).
3lod^ am 30. 'Sfyxxl 1061 |at §umbert eine S3ulle au«gefteat (^affö 4460), am
5. SKai be«f elben 3al^re« ift er nad^3o|anne« be Sa^ono (II, 55, §alfmann©.21 n.3)
geftorben.
§umbert erfd^eint al« eine energifd^e unb jielbetoupte ^erfönlid^Ieit bon großer Jtraft, 85
bie bor ©c^roff^eitcn nid^t ^urüdffdjiredfte, aber bod^ aud) eine freunblid^e Beurteilung burc^
^eitgenoffen gefunben l^at (gr. 2^l^aner, libelli p. 97, 7 ff.). Über fein Serl^ältni« ju
§ilbebranb toirb ni^t« beridjitet, nähere Sejiel^ungen baben offenbar jlüifd^en biefen beiben
§errfd^ematuren tro^ gleid^er ©runbanfc^auungen nic^t beftanben. üRan emjjfängt bon
t|m ben ©inbrudf, ba| er, an bie ©J)i^e ber Äirc^e geftellt, großen aufgaben getbad^fen 40
getbefen fein toürbe, unb e« fann al« fi^er gelten, ba| erft nad^ feinem äbleben für ein
„l^ilbebranbinifd^e«" ^ajjfttum bor ©regor VII. Saum gefd^affen tourbe. kleben ^^Jetru«
2)amiani, bem 3l«Ieten, rejjräfentiert §umbert einen in mand^er §inftd^t anberen i^j)u«,
beibe aber tüaren gü^rcr für i^re ^Ät unb l^aben ber „Sleform" ber Äirc^e im IL^a^r«
l^unbert unfd^ä^bare 3)ienftc gcleiftet. datl ^ithU 45
^nmt, 2)abib f. 33b IV ©. 548,16—549,82.
Numerale f. Hleiber unb ^^fignien.
^ttmiUaten. — C)eh)ol, Ordres moDast etc. VI, 152 ff.; Vita s. Johannis deMeda,
fundatoris Hiintiliator., in ASB t VII Sept., p. 343— 3G0; ^. 2:irabo8d)i, Mcmorie degli
Humiliati, 3 voll. ?Wobena 1766 {audj lat.: Vetera Humiliatomm monumenta, 3 t., Mediol. 60
1766-69); 2B. ^rcflcr, Beiträge 5. ©efcöicftte ber SBalbefier im W«., in 913)^, S3b XIII,
1875, @. 210 ff.; ^KuOer, S)ic Anfänge be« 3)?inüritenorben«, SJreibg. 1885, €. 162-167;
QU* berf. in: 3)ie ^olbenfcv unb iftre einj. Gruppen, ®ol^a 1886, @. 57 ff.; abf. $au«rat^,
3BcItöerbcfferer im ^91., III: S)ie 5lrnoIbiften, ficipjig 1895, 6. 17 ff.
3)er §umiliatenorben (Drben ber SJemut ; audf» Drben ber büfeenben Sarett^^iräger 55
[Barettini de PoenitentiaJ) fül^rt feine ©ntftel^ung fc^on auf bie ß^t Äaifer §einrid^« II.
unb 5ßa})ft Scncbilt« VIII. jurüdf, bod; fmb bie auf einen fo frül^cn Urfjjrung lautenben
448 ^ttmiltatcit
3lad)x\d)im un^ubcrläjftg. 2luc^ bie. angeblich bom J^LScml^arb (llo4, gelegentlich feine«
S3cfud[ie« in 3Kai(anb) feinem SJorfte^er Ouibo erteilten Slatfd^Iäge ober ^nfti^wftionen für
bie Seitung fotool^l ber männlid^en h)ie ber toeiblic^en ©lieber be« 3?erein« fc^einen, h)ic
ber genannte ,,®enerar' ©uibo felbft, me^r ober toeniger ber Sage anjuge^ören. §iftorifc^
6 gefiebert erfd^eint ba« SBirlen be« ^erfömmlic^ aU ©tifter be« Drben« geltenben ^oi^annc«
Olbratu« (de Oldrado), eine« 5Kailänber Slbeligen, geboren ju 3Keba bei 3KaiIanb, geft.
ca. 1159. (ix fott um bie SWitte be« 12. 3lö|rl^unbert« ^u SRonbenario (Rondinetum
= Arundinetum) bei 6omo bo« erfte öumiliatenllofter, unb ^tüar unter 3ugtunblegung
ber Senebiftinerrcgel, gegrünbet ^aben. a)oc^ fehlen beftimmtere 9Jaci^rtc^ten über ärt unb
10 ©inrid^tung be«felben, unb ber Umftanb, bafe bie fj)äteren ^umiliaten nad^ bem ^Prinji})
ber 3!)oj)i)eIflöfter (ÜJJänner unb grauen in einem ©ebäubc) jufammenlebten, ma^t bie
3la6)x\d)t, ba^ ^ö^ö^^^ ^^^ ^R^ia bie Siegel Senebift« ju ©runbe gelegt l^abe, berbäc^tig.
SBal^rfd^einlic^ l^at ba« ettüa 20 3^^^^ "^^ feinem 3:obe ca. 1178, bid^t bei 5Kailanb
„in agro Breidensi" gegrünbete ^au« für gufammenlebenbe unb ^arbeitenbe Sü^er unb
löSü^erinnen (f. 3;irabo«<^i II, 119; l?gl. I, 56) afö ba« erfte eigentliche §umiliaten!lofter
äu gelten. 2)ie fd^on toorl^er md) ä^nlic^er Sitte ^ier unb ba in Sombarbien beftc^enben
Jaiengenoffenfd^aften entbei^rten tüol^l nod^ be« flöfterlid^ geregelten ß^arafter«. 2)er um
biefe 3^i^ fd;reibenbe Slnon^mu« toon Saon (Chronicon Laudunense, in MGS XXVI,
449) gebenft fold^er Pauperes Lombardici, aber er fd^ilbert fie ni^t al« Älofterleute,
20 fonbem at« fold^e, „bie in ben §äufem mit i^rer gamilie ein religiöfe« Seben fül^ren, fid^
üon Sügen, Sc^toören unb ^ßrojeffen fern i}alim, einfach gefleibet ge^en unb für ben ta^
t^olifd^en ©lauben eintreten". 6r lä^t pe ben $aj>ft älejanber III. um ©enc^migung
i^rer fiebenötoeife angeben unb berid^tet, biefer l^abe jtoar il^r fromme« Seben gebilligt,
i^nen jebodji „ba« galten bon Äonbentifeln unb ba« ^rebigen beftimmt unterfagt" (. . . sed
25 ne conventicula ab eis fierent, signanter interdixit et ne in publico predicare
presumerent districte inhibuit). 2)iefem ))ä))ftlid[ien Sl)ruc^e fügten fie f\d) jebod^
nid^t unb l?erfielen fo ber ßjlommunifation Sltejanber« (1179). Sie enttoidEelten fid^ nun
in unfird^lid^er SBeife loeiter, inbem fie in«befonbere, jenem 33erbot be« Äonl?entifel^atten«
jum SCrofe, [\d) eigene ^ßrebiger unb Seelforger gaben unb mit ben um ebenbiefe ^^\i
30 au^ Sübfranfreid^ in Dberitalien eingebrungenen Slnbängem be« SBalbe« ober „2lrmai
ijonS^on" fid^ üerbrüberten. 3)a^er bannte 2uciu« III. fie jugleid^ mit biefen abermal«.
Sein 6bilt \>on 1184 berbammt neben anberen §äretifem auc^ bie, qui se Humilia«
tos vel Pauperes de Lugduno falso nomine mentiuntur (bei 3)Janfi, Coli, concil.
XXII, 476).
86 6in 2:eil ber §umiliaten berloanbelte fic^ infolge \)itxi>on in ben lombarbifd^en S\mQ
ber SBalbenferfelte (f. b. 31.), ber gegenüber bem franjöftfc^en §au))tftamme ber SlnJ^änger-
fd^aft SBalbe«' ^en fog. Ultramontenses) mand^e befonbere ©runbfä^e bertrat unb frü]^=
jeitiger al« jener fic^ bonatiftifd^en Slnfc^auungen in ber Saframent«fad^e bingab. (Sin
anberer leil ber ©enoffenfd^aft bagegen fud^te unb behielt gül^lung mit ber fatl^olifc^en
40 ^ierard^ie* 6r tpurbe jum lat^olifd^en Ordo Humiliatorum, innerhalb beffen feit älns
fong be« 13. 3^^^^""^^^ ^^^ Slbteilungen ber Drben«jtoeige nebeneinanber bcftanben:
1. 3)ie urfprünglid^en §umiliaten, eine Saienbrüberfq^aft, beren 3)iitglieber nac^ toie
t)or in i^ren eigenen §äufem lebten, betocibt toaren, fjic^ mit ^anbtoerf, befonber« lud^-
mad^crei ernährten, an getoiffen a«letifd^cn unb religiöfen ©runbfä^cn, namentlid^ an
46 möglidf^fter 33ermeibung be« ßibfd^tour« (nad^3Kt 5, 34 ff.) feft^ielten, unb bei il^rcn fonn^
täglid;en @otte«bienften [xdj religiöfe Slnfprad^en unb SWa^nungen Don einem i^rer ©e-
noffen (bie« jeboc^ unter Sluffid^t be« 2)iöcefan=93ifd[|of«) f^alten liefen;
2. bie m 5Diönc^en ober bejto. ju 9Jonnen fortgebilbetcn .öumiliaten, toelcfje al« ©f^e^
lofe ein Älofterleben fül^rten, i^re 3^ucfjfabrilation ober fonftigen ©etoerbe gemeinfam, al«
60 organificrte 3lrbcit«genoffenfd^aft betrieben unb fid^ im übrigen ju äl^nlic^en religiö«-fitt=
liefen ieiftungcn h)ie bie Saienbrüber, namentlid^ auc^ ^ur äJermeibung bc« ®ibc« t)erj)flic^teten;
3. bie al« regulierte ßf^or^enen mit ^riefterd^aralter jufammcnlebcnben §umiliaten,
toeld^e abgefeben l^iet)on ä^nli^ toie bie unter 2 ©enannten organipert toaren.
S^on S^^^i^c^ni m« ^^^^ ^i^f^ ^^^ 3^^€^0^ ^^ Orben« beftätigt unb jeben toon
66 il^nen mit befonberer ^Regel begabt (f. biefe Siegeln, bom :3uni 1201, bei 3:irabo«c^i II,
128. 135. 139 ff.). 211« d^arafteriftifd^ tritt in jeber berfelben bie auf möglic^fte ©nt^al*
tung üom Sdjitoören lautenbe SSorfd^ieift ^ert)or. — Dbgleid^ bem firdjilid^en Stange nad^
bem Älofterorben (9Jr. 2) unb bem Äanoniferorben 0lx. 1) untergeorbnet, ift bie Saien-
bruborfc^aft (5lr. 1) bod^ ftet« ber nac^ ^a\)l unb ©influ^ übertoiegenbe $au))t5h)eig be«
60 $umiliaten=3»ftitut« geblieben. 2)ie fpätere Krc^^lic^^e ©efe^gcbung ^at biefe laifalen §u=
^nmiliatett ^unb (et bett ^eBrStnt 449
tniliaten analog h)ie bic Sertiarier bcr 33cttc(orben beurteilt unb bel^anbclt, fo baft fte fortan
old „britter" ^umiliatenorben galten, obfd^on fte i^rer ßntfte^ung^jeit nadp ber erfte
toaren. ©eaenüber ben Serfud^en ber ©tabtregierungen, fte ju bürgerltd^en 3)ienfts
Idjiungen (Ärteg^bienft, Sibe^Ieiftung 2c.) ^eranjujiel^en, ftnb bie ^umiliaten iDteberl^olt
burd^ ^5rtoUegien ber $ä))fte gefd^ü^t Sorben; f. u. a. bie SuHen ^nnocenj IV. bonl247 6
unb 1251 bei Strabo^d^i (II, 198. 243) unb Dgl. über^au})t üRüOer, anfange bc« m^
noritenorbenig ©. 166 f. SBegen bieler in feiner 5ßraji^ eingeriffenen Unorbnungen unb
SKifebräud^e follte ber Orben unter 5ßtu^ V. reformiert Serben. (Segen ben mit SSoHjug
btef er 3lef orm beauftragten Äarbinal Sonomeo h)urbe bon einem ber gegen i^n berj^tDore-
nen ^ßriefter ein Sittentat berübt, bem berfelbe beinal^e jum Oj)fer gefallen märe (15(50). lo
Um biefe« 3Rorbberfuc^ö lüißen erllärte 5piu« V. 1251 ben Drben für aufgel^oben. 6in
leil ber bi^lf^erigen ^umiliatenflöfter tourbe nun bem Samabitenorben (f. b. 21. 33b II
@. 413 f.) übem)iefen.
S)ie ben lüeiJblid^en 2eU be« Drben^ bilbenben §umiliatinnen (5Ronnen bom
Drben ber SDemut) entgingen biejer bemid^tenben ©entenj. ©ie l^aben ftd^ — mel^rfad^ i6
aud^ ate „SBIaffonifd^e 3lonnen" begeid^net, nad^ il^rer angeblid^en erften Sorfte^erin ßlara
Slaffoni ju SKailanb (ca. 1140) — bi^ in unfere ^üt crl^alten. 2)a fte befonber^ bei
Slu^fa|s(S})ibemien ftd^ in aufojjfember SBJeifc ber Sebienung bon ©icc^enl^äufem toibmcten,
nannte man fte aud^ „^ofpitaliterinnen bon ber Dbferbanj" (§eIi;ot VI, 165 ff.), ©ie
^aben je^t no(^ 5 Älöfter (4 in Dberitalien fotoic ein^ in 5Rom), toclc^e in feiner abl^ängigs 20
feit bonetnanber ftel^en. 2)ie ÄIcibung bcr eigentlid^en ©d^tocftern ift toct^ (in ben Älöftem
ju Slom unb juSScrceHi: h>ei^ mit fc^h)arjem ©c^Ieier), bie ber ßaienfd^tocftem ober „93a-
rettinerinnen" grau (^eimb. ©. 127). 38tfier.
^Itttb bei bCtt Hebräern. — ©oc^art, Hierozoicon I 769 ff. ed. Lips.; «Jicncr,
3ieahuörterbu(ft ; gurrer in ©djeufel^ SSibdlej. unb in SRie^m, ^anbiüörtcrbuc^ ; X. k. ßf)e^ne, 2B
«rt. Dog in Encycl. Biblica I 1124 ff.; Nobler, 3)enfblättcr 115 f.
3m alten h)ic im heutigen ^ßaläftina begegnet unö ber §unb nur auönol^m^hjcife
al^ §au^tier. 5Kan !ann i^n ^ier biet e^er ju ben loilben üeren rennen. 2)ie ^errcn^
lofen§unbe ftnb bi« auf ben ij^eutigen SEag in allen Drtfd^aften, befonber^ in ben größeren
©tobten, in Wenge anzutreffen (bgl. Sc 16, 21), fobiele ate eben gutter b. l). äbfall so
aDer 2lrt pnben. ©ie üben bort bie ®cfunb^eit^J)olijei au^ unb bejorgcn bie ©tra^en-
reinigung. 2Ba« au^ ben §äufem auf bic ©tra^e geworfen toirb unb \i}nm irgcnbh)ie
jum grafte biencn fann, toirb berfd^lungen ; namcntlid^ ba^ 3la^ gefallener liere ift i^ncn
eine toillrommenc 33eute (bgl. bic ©cfc^c^beftimmung 2 SWof 22, 31, ba^ gefallene^ ober
jeriffene« SJic^ ben §unben borgetoorfen loerbcn foll). Um biefer i^rer nü^li^^cn 2:^ätigfcit 35
tt>\üm fd^ö^t unb fqont bcr Singeborene bie im übrigen atö unrein geltenbcn unb bcrac^tctcn
liere unb lä^t i^nen nid^t^ gcfd^c^cn. ©ie ftnb übrigen^ auc^ ganj ja^m unb un-
gefä^li^. ©ie bcHen unb l^eulen itoax fürd^terlic^, namentlich bei 9Jad^t, tocnn fic auf
ber ©u^e nad^ gulter bie ©tabt burd^ftreifen. 2luc^ ^^embe, bic burd^ if^rc Äleibung afe
folc^e gefennjeidjinct finb, berfolgen fic gerne mit i^rcm ©cbcH ; c^ ift bal^cr fpric^toört* 40
li(^e S3ejeic^nung bcr gtöfetcn ©i^cr^cit bc^ SBanberer^, tocnn c^ (;ci6t : „Sein |)unb toirb
gegen bid^ mudffen" (2 2Roj 11, 7; ^vi> 11, 19). 2lbcr tocnn fte nid^t gereift mcrbcn,
t^un fic nidjit^ (t)gl. $r26, 17). ©ie finb überbie^ aud^ rcd^t feige ; ba^ fic \\q auf ben
l^lfs unb mc^rlo^ 2)alicgcnbcn ftürjcn, toie bcr ^fatmift fdjiilbert (22, 17. 21), »oic auf
ein berenbenbc^ licr, um i^rcn Staub bei 3^^^^" i^ ftc^crn, entjj)ridf»t ganj i^rer 2lrt. 45
SBJie noc^ l^eutc galten bie §unbe auc^ ben alten Hebräern für unrein, unb c^ ift
nic^t ^u bertDunbern, ba^ bicfcr ©tra^cn^unb im ©pra^gebraud^ aller 3«i^ ^"^ Orient
ein 93ilb aße^ ©emeinen. Unreinen, 9Jiebrigcn, 93crtoorfcncn unb Unbcrfd^ämten toar.
©unb unb ©d^toein finb nebencinanbcr geftcUt afe Sejeic^nung bc^ Unreinften (^ef 66, 3 ;
Sit 7, 6; 2 ^t 2, 22; bgl. §oraj, Ep.I 2, 26; II 2, 75), unb bic ganje ©innlofia^ w
leit ber Djjfer fcnn^cid^nct ber ^ropl^ct bamit, ba^ er il^rc 2)arbnngung mit ber ©c^lac^-
tung biefer Jiere glci^ftcHt (3cf 66, 3). 3Slan tann fic^ fclbft in bemütigcr Unter*
toürfigfeit einem ©öf^erftc^enben gegenüber nid^t mdjx emiebrigen, afö tocnn man fid^
afö „$unb", gar ate „unreinen $unb" bcjeid^nct (1 ©a 24, 15; 2 ©a 9, 8; 1 fig
8, 13 ; ftatt n?: ^^tot" hjirb mit %. Ä. (E^cl;nc überaß N^rj ,,unrcin" ju Icfcn fein) ; unb 66
man lann einen anbem nic^t fd^iDcrer bcjd^imjjfcn, afö loenn man il^n einen „§unb"
nennt (1 ©a 17, 43; 2 ©a 16, 9; in 2 ©a 3, 8 ift bcr Icjt bcrborbcn, f. Äloftcr*
mann j. b. ©t.). 6^ ift ba^ fd^redfli^ftc ©c^irffal, ba$ ben S^^^^li^^" treffen fann, iocnn
fein 2ei(^nam, ftatt im ©rabc geborgen ju iocrbcn, bon ben §unbcn auf bem gelbe gc=
9UaI*(hic))flopäb{e für Xt^eologie unb Stirere. 3. Vi. VIII. 29
450 ^nitb (et bett ^thtitm ^nttbed^agett
treffen \mt> (1 Äg 14, 11 ; 16, 4; 21, 19. 23; 22, 38 ; 2 Ä9 9, 10. 36; ^j 68,24;
Ser 15, :]). 2)er l^ol^e SBert be^ Sebcn^ h)irb red^t braftijd^ bargcftellt in bem ©a^, ba^
fogar ein lebenber ^unb immer noä) beffer fei ate ein toter Sötoc ($rb 9, 4). 3)ie
cfell^afte ®eh)ol^nl^eit be^ §unbc^, ba« ©cjj^ei h)ieber ju treffen, mad^t il^n im ©j)ricl^h)ort
5 gum äilb berer, benen ^ im ©t^^mufe unb in ber ©emein^eit fo red^t h>ol^I ift (Bpx
26, ll;2 5ßt2, 22). SBegen feiner ©eill^eit ift fein 9lamc jur offijieBen Sejeid^nung ber
männlid^en Debefdjicn unb h)o^l über^aui)t ber toibernotürlid^e Unjudjit treibenben 5Känner
gehjorben (5 3Kof 23, 19; Dßl. xvvaidog ber ©rieben unb xvveg Dffb 22, 15). 2)oc^
fc^eint e^, bafe ber ^ugbrud „§unb" für biefe Älaffe bon SJienem ber ©olt^eit nic^t ein
10 i^eräc^tKc^er äuöbrucf, fonbem xifxt offijiene Sejeic^nung h)ar. 2)er auöbrucf flnbet ftc^
nämlid^ audji auf einer Jjj^önijifd^en ^nfcprift auö Sarnaw (CJS I no. 86) atö Se^ei^^
nung einer Älaffe \>tm Wienern im 2em})el ber Slfc^toret. SDann tonnte bie Sejeic^nung
ba^er rüF^ren, bafe keleb (h)ie im Slfft^rifc^en kalbu) ein ganj allgemeiner 2lu^bru(f ^ur
33ejeid[inung eine^ geringen Wiener« gegenüber einem ^od^fte^enben Xoax. — 3)ie fjwteren
Iß Suben bejcid^neten mit Sorliebe bie Reiben atö „öunbe" (Niddah 77*, Baba Kama
49* u. a., bgl. 9Kt 15, 26 ; 3Rc 7, 27), h>ie audb ^eut^utage bie 3Ku«limen bie ß^riften
gerne fo nennen.
afeä^renb bei ben göraeliten ber §unb ate ein unreine« Sier gilt, ift er bei anbem
femitifc^en 3Sößcm ein j^eilige«, jebenfaH« ein o})f erbare« 3;ier. S^f^n (XVIII 1, 10)
20 berichtet j. S., bafe 35ariu« ben $uniem ba« ©ffen bon Äunbefleifi^ berbot, — gebac^t
ift babei im ganjen 3ufflmmenl^ang an ba« Djjferma^l. 6benfo Xoax ber §unb bei ben
§ananiem ^eilig unb fj)ielte in i^ren 3W^fterien eine SRofle. SRob. ©mitl^, Religion pf
the Semites^ 291 f.) toeift aud^ nod^ auf bie J)l^öni^ifd^en Flamen «2^3 unb D"^bNnbD
l^in. ©er 9Jame „^unb«flu^". Nähr el-Kelb, ben ein %\\x^ nörblidji \>on Seirut trägt
25 (Lycus flumen bei ben Ilajfifd^en ®eograj)^en), bürfte ebenfalls mit ber §ciligfeit be«
§unbe« jufammenl^ängen. 3)ie oben ertoä^nte Sejeic^nung ber männli^en Debejc^en al«
§unbe h)irb aHerbing« faum mit 9lob. ©mit^ afe S3eioei« für bie ^eiligfeit be« ^unbe«
angefül^rt toerben lönnen. 9lber ba^ bie Unreinheit be« §unbe« bei ben Hebräern mit
feiner Äeiligleit in anberen Äulten gufammenl^ängt (h)ie bie« überl^auj)t bei ber gamen
30 SJorfteUung bon „unreinen" 3;ieren ber %dSi ift), l^at alle SBal^rfd^einlic^Ieit für fic^.
SieHeic^t gehörte auc^^ ber §unb ju ben 2:ieren, toeld^e bei ben alten ©emiten al« S^otem
bere^rt tourben. S"^^^*^'^^ ift ^'^ 'E^ei ben 3Ru«Umen bie Setrad^tung be« ^unbe« al«
„unrein" mit einer gett)iffen eigenartigen SBertfd^ö^ung be« liere« l?erbunbcn ift. 2)er
9Ru«Iim tüirb fid^ lauten, einen §unb gu berufen, — aber e« ift ein fromme« äüerf, bie
36 §unbe ju füttern unb ^u tränien.
3)ie S3etrad[|tung be« §unbe« al« unrein ^inbcrte übrigen« nic^t, bafe bie ,^ebräer
il^n — toenn a\x6^ nur in befc^ränfter SBeife — ftc^ bienftbar matten. 311« §irten^unbe
berloanbte man fte jum Setoad^en ber §erbe gegen 2)iebe unb rei^enbe 3:iere, toa« immer^
Jfin einige äbrid^tung borau«fe^t (§i 30, 1 ; 3^f 56, 10) ; benn bie ©trafeen^unbe, bie
40 immer faul baliegen unb fc^lafen, fmb, toie ber ^roj)l^et e« fc^ilbert, baju unbraudjibar
(Sef 56, 10). — Ob auc^ ^^Ö^^^nbe bei ben Hebräern im (S>thxa\!ii:i loaren, ift fraglid^.
S)a^ ©br 30, 31 mit "^'pi, h?ie Sut^er überjc^t, ber Sffiinb^unb gemeint fei, ift fel^r
fraglid^ (f. SBilbeboer j. b. ©t.). 3)ie ägVJJter unb Slff^rer lannten l?erfc^iebene SHaffen
bon ^unben, bie jur 3ö0t> geeignet toaren unb brefftert tourben (Ermann, ägVbter unb
46 ägvj)tifc^e« Scben 331 ff.). — £up«l^unbe ermähnt bie S3ibel erft in fe^r fbäter ^Äi:
2:obia« »oirb toon einem Keinen Äau«^ünbc^en auf feiner SReife begleitet (2:ob 6, 1 ; 11, 9),
unb bie 2lnth)ort be« fanaanitifdpen Sffieibe«, ba^ bie ^ünblein bon ben Srofamen effen,
bie \>on i^re« §erm 3:ifd^e fallen, jeigt, ba^ man jur ^z\i G^rifti nid^t fo feiten fi^
$au«^unbe ^ielt. SSettsinger.
60 ^unbe«^agen, Äarl »ernl^arb, gcft. 1873. — Gine ^TuSwaf)! ber mcift fc^r
lefenöroerten tlcincren ©(ftriften unb ^^lbt)Qnblungcn ^.« ^at 3). ß^riftUcb jujQmmengcftcUt
(®ot^Q, ^ert()c« 1874); ebenbort ift im ^Inftong ein c^ronologifcftc« 33erjci(t)niö feiner jömt»
lid)en fdjriflftcUerifdjcn ^(rbeitcn gegeben. (Singc^enberc S^clrologe würben it)m gciuibmct von
3). ©ftviftlieb (Ä. 93. 4)unbe§öagcn, ©ine ficben^ffi^ic ©eparatabbrucf quo ben bculfc^en
66 »lottern, ®otl)Q, ^ertt)c^ 1873), unb üon %. SRic^m, in ben (feit SRot^c« lob uon ^lunbeö-
^aflen mit Ijcrauögcgebencn) I^StÄ 1874, I.
Marl Sem^arb ,öunbe«bagen toar eine ber ^erborragenbften unb origineHften ^ßerfönlit^f-
feiten, toelc^e in unferent 3^^^^""*^^^ ^i^ beutfd^^reformierte Kird^e in ben 3)ienft unferer
ebangelifc^en Äirc^e unb äl^eologie gefteüt ifai, ©eine eigentümlid^e Sebeutung berul^t
^unbcd^ogett 451
barin, bafe er getDifjc SSorjügc feiner mütterli^en Äirc^e in feiner 3)enfarl mit lebenbiger
S3ejiel(;ung auf bie ®egenh)art rräftig re})robmiert unb — ebenfo ol^ grünblid^er ©elelf^rter
h)ie aU au^e^ietd^neter (E^arafter — in ber beutfd^-Jjroteftantifd^en ©nttoicfelung, h)ie fie
um bie 5Kitte be« S^^^'^"'^*^^^ ^^Qf wergifcb jur ©eltung bringt. 6^ ift bie^ nament*
lid^ bie cntfd^iebene Setonung be^ et^ifd^en ©runbfaftor« im 5ßroteftanti«mu« gegenüber 5
bem fei« bogmatifd^en, feiö fritif^en ^nteDeltualtemu« ; bann bamit jufammen^ängenb bie
boße aSürbigung ber gefeüfd^aftlid^en 9latur unb Seben^orbemiffe ber burd^ tl^eofralifd^e
SBerquidung mit bem Staat l?erlümmerten Äird^e; enblic^ ber freie tiefe S3Iid in ben
innigen 3wf<^»"»"C"^öng be« religii^-lird^Iid^en mit bem })oIitifd^-nationaIen Seben, jumal
in ^eutf(^lanb. 10
©eboren ben 10. Januar 1810 in ^ebetoalb bei ^erdfelb, fear §. ein ed^teö Rinb
be« beffifc^en Stammet, beffen etiüa^ fc^tüerfäCige Äraft unb jä^er SRei^töfinn d^arafte«
riftifd^ in if^m ^ert)ortrat. t)m religiöfen 3^0 berbanfte er einer frommen ÜButter, ben
©inn für öffentliche 2lngeIegenlS>eiten einem trefflichen S3ater, bamaligem Dberförfter, nac^=
maligem ^ßrofeffor ber gorft= unb ©taat^toiffenfc^aften in gulba, 2^übingen unb ©iefeen. is
©eine jugenblid^e 6nth)icfelung tourbe burd^ bie üon ben ^eil^eitgfriegen getoedften fittüd^«
religiöfen unb Jjatriotifd^en ©timmungen bebingt. 3lod) nid^t fünfge^njä^rig jur Uniber«
fität entlaffen, begann er in ®ie^en mit })l(;iIoIogif^en Stubien, ging aber nad^ einem
Sa^re jur 2^^cologie über, unabg^c^redft burd^ bie Unerquidflid^Ieit rationaüftifd^er ©gegefe,
mit Vorliebe für bie Äirc^^engefd^icpte unb bereit« in Oebanlen an eine fj)ätere atabemifd^e 20
Saufbal^n. ©J^red^er ber Oiefeener Surfd^enfd^aft, toirb er 1828 bei beren äufJ^ebung
ol^ne fonftige ©c^^ulb relegiert unb barf erft nai) jähriger j^äu^lid^er 3wriidgejogen^eit
feine ©tubien in ^aUe fortfe^en, \vo in %i}ilo unb Ußmann eine lebendigere ^l^eologie
il^n anfjjrid^t unb Unterer bon i^m bezeugt: „©ein für alle« ®ute unb 6ble begeifterter
©inn unb fein ganje« moralifc^ tüd^tige« unb fräftige« SBefen ^aben mir il^n befonber« 25
tüert gemadjit". 2)er ©tolg feiner ©Item, öon feinen greunben fc^h)ärmerifd^ berel^rt,
Ui}xt er 1830 nad^ ©iefeen jurüdf, j^abilitiert fid^ mit einer 2)iffertation über 2lgobarb gu^
nädjift in ber j)l^ilofo^^if^en ^afultät unb beginnt bor 42 3w^örem über Äird^engef^iAte
unb d^riftli^e Altertümer ^u lefen. Si^entiat ber ^^eologie burd^ eine Slb^nblung über
bie m^ftifc^e 2:i^eologie ®erfon« (1833), J)flegt er mit Eingebung feinen leibenben Saterso
T^n 2^obe unb folgt bann (1834) einem 9luf al« aufeerorbentlid^er ^rofeffor an bie neu
eröffnete Uniberfität Sem. (Sine 1835 in Reffen gegen i^n angeftrengtc j)olitifdS^e Unter«
fud^ung, ber er anber« aU in ben gerim fic^ ju fteUen bcrloeigerte, berlief bei innerer
3ii^tig!eit im ©anbe. 6inm eigenm i^au^ftanb grünbete er in Sem nid^t, blieb biel-
mel^r jeitleben« unberbeiratet, inbem er mit gtoei unberforgtm ©c^u>eftem ein ftiHe«, innige« 35
JJamitienleben führte. 3)ie in Sem gu berbringenben breije^n ^ai^x^ bienten gunä^ft
feiner toiffenfd^aftlic^m unb religiö^^fittlic^m ©nttüidfelung jum reifenben Slbf^lufe. 2)er
bamalige tt)of^ltoollenbe f onf erbatibJiberale Semer greiftaat, mit bem jebe« öffentliche Seben
nieberbaltenben beutfd^en ^ßolijeiftaat jener 3^* ^" günftigem Äontraft, heimelte ibn an ;
baju fanb er in Sern „ein im ganzen in feiner altr^ormierten ©igentümlid^feit nocp \üol}U 40
tonferbierte« fir^li^e« Seben" unb an ber Uniberfität eine fc^öne ®emeinfc^aft teil« mit
tüiffenfd^aftlic^ hochbegabten beutfd^en Ideologen, toie ©d^nedfenburger, teil« mit me^r
praftifc^ gerichteten unb jugleic^ im 5ßfanamt tl^ätigen ©c^toeijem. Sermod^te er bier
feine toiffenfdjiaftUcf^e ©runblage nod^ tüefentlid^ gu berbreitem unb ju bcrtiefen, fo i)rägte
fi^ anbererfeit« feine Überzeugung fräftig au«, bafe bie SBiffenfcbaft nid^t ©elbftjtoed 46
fei, fonbem bem 2^Un gu bimm f)abt. 1836 in bie Serner ®eiftli^feit aufgenommm,
toarb er bon berfelben breimal ju ®eneralf^noben abgeorbnet, unb na^m anbererfeit« gem
an ben 5PaftoraHonferen;\en teil, h)o er j. S. ba« 2:^cma be^anbelte : „SiJie fönnen tbir
bie &^]d)\ä)tt ber Äird^e unb ber ))roteftantifd^en Äirc^e infonber^eit jur §ebung d)xxp
li^m ©inne« unb Seben« jjraftifd^ benu^en?" 1841 SReftor ber Uniberfität, ^ält crco
feine 2lntritt«rebc über ein i^m geitleben« toid^tig gebliebene« 2;^ema, „2)er ©influ^ be«
6albini«mu« auf bie gbeen bon ©taat unb ftaat«bürgerlid^er ^reil(;eit". '^m folgenbm
gal^re erfc^ien bie gebiegene JJmd^t feiner lofalgefd^id^tlidjien Drientierung«ftubien : „2)ie
Äonfiiftc be« 3h)i"9liön^^wiw«, Sut^ertum« unb 6albini«mu« in ber Sernif^en ßanbe«^
lird^c bon 1532—1558", eine reformation«gef(^ic^tlid^eentbeduna, meift au« ungebrudttm 55
Quellen l{;erau«gearbeitet. Slber tpie toenig fein fittlid^^^energifd^er ®eift über ber Ser«
gangen^eit bie ©egentoart au« bem Slugc berlor, ja toie tief unb innig er bei aller Sin*
^änglic^feit an Sem im forttüä^renben umfaffenbften 3"föwmen^ang ber beutfc^en ©nt«
ioidEelungen lebte unb toebte, foHte 1846 feine anonyme ©cf^rift offenbar mad[;en, bie ben
Stuf feine« berfd^tüiegenen 5Jamen« begrünbete : „2)er beutfc^^e ^roteftanti«mu«, feine Scr^ co
29*-
452 ^ttuked^agett
gangcn^eit uub feine heutigen Seben^fragen, im Sufömmcnl^ang mit ber gesamten natio-
nalen ©nttüicfelung belcud^tct l?on einem beutfd^en i^eologen" ; eine ber tDenigen tl^eo^
logifd^en ©d^riften unfere« 3^^^"*^^^^/ ^^^ ^^^ ^^^ engeren Ärei^ ber gac^genoffen
^inau^ in bie allgemeine SetDegung ber ©eifter eingegriffen l^aben.
6 2öa^ ^unbe^^agen in biefem tDaf^rlj^aft im ®eifte ber 5ßroj)^etie fonjij)ierten Suc^e
lüottte, ba^ toax: feinen aSoIfe unb ©lauben^enoffen unter ben immer bro^enber toer-
benben 3^'^^ ^^ 3^* ^^^^^ ©))iegel ber ©elbfterfenntni^ bor^alten unb fo bie berf^äng-
nx^'ooU au^einanberftrebenben ebleren Äräfte ju rettenbem ßufammentüirfen mcrben. 3Ö%
renb bie \>on ©traufe Nachgerufenen (Seifter eine« toilben unb tDüften litterarifc^en Sinti-
10 c^riftentum« bereit« afö bie ©turmböget ber !ommenben 9let)o(ution über 3!)eutfd[|lanb
ftciften, {^atte ber c^riftlid^-jjatriotifd^e Seobadjiter bie traurigsrätfel^aftc 6rfd;einung üor
äugen, bafe bie 9JaterIanb«freunbe, toeld^e bie Befreiung be« nationalen Seben« au« ben
geffeln be« ^ßoli^eiftaatcö unb ber SJielftaaterei anftrebten, faft au«na^m«lo« einem blo^
negatiüen, minbeften« rationaliftifd^en ^roteftanti«mu« anfingen; bie emfteren gteunbc
15 be« O^riftentum« unb ber Äird^e bagegen, in benen bie Jjofitib^religiöfen ÜWotit)c be« eban-
gelifd^en ©lauben« mäd^tig toaren, il(^rcrfeit« ben Jjolitifd^sfreiftnnigen Seftrebungen bur^=
fc^nittlid^ mit ©leid^giltigleit ober 3Ki^trauen gegenüberftanben. 6« bem gegenüber jur Über^
ieugung ber Seften feiner 5lation gu erl^eben, bafe bie religiöfen unb bie nationalen Äranl-
»eit«juftänbe in SJeutfc^Ianb im tiefften ß^f^^w^iw^i^öWÖ ftünben unb nur toed^feltoirfenb
20 ber Teilung jugefü^rt toerben lönnten, toar ber grofee, in biefer Älarl^eit unb Segrünbung
ebenfb überrafd^enbe al« überjeugung^fräftige ©runbgebanfe be« S5ud[ie«. 2)a«felbe ^olt
au« Don ber ^bee ber SReformation al« ber ©rofetbat beutfd^er ®efc|id^te, auf bie ftd^
aHe beriefen, unb jeigt, toie biefelbe i^rem innerften Söefen na^ eine il^at nic^t be«
SSäiffen«, fonbem be« ßJetoiffen« fei; toie bann mit biefem etl^ifc^en ©runbfaftor, ber in
25 ber Slcd^tfertigung attein burd^ ben (Slauben gelegt fei, ein inteHeftuellcr, ba« ^xxn^xp
ber freien gorfd^ung um be« ©etoiffen« toiDen, fid^ berbunben i^abt, unb h?ie biefer bem
?}roteftanti«mu« aDerbing« and^ toefentlid^e, in ber ©cgentoart fo mächtige inteUeftucße
goltor nur in ber ©^nt^efe mit jenem et^if^en gefunb unb fegen«reid^ bleiben fönne.
eine 3)urc^toanberung ber beutfc^^Jjroteftantifd^en Rirc^engef^id^te toeift toeiter^in nac^,
af> loie bie Serabfäumung be« et^ifd^en unb bie einfeitige Pflege be« inteHeftueHen ^ftor«
guerft bie alte Drt^obo|ie, bann ben 9lationaIi«mu«, enblic^ bie ouflöfenbe Äriti! ber
©egentüart berfd^ulbet, unb jtoar iebe«mal im ßwfammenl^ang mit einer ©eftaltung be«
©taatc«, tüeld^e ben 38olf«geift be« naturgemäßen S3oben« feiner et^ifd^en 5iraftenttt)idEe=:
lung beraubte unb auf ein einfeitig inteHehualiftifdjie« Seben ^inbrängte. 3lm einael^enbften
35 tourbe bie« an ber ®egenh?art na^getoiefen, unb mit brennenben färben au«gefü^rt, loic
gloar nac^ ben ^eil^eit«friegen bie ©^nt^efe be« et^ifc^en unb intefieftueHen gaftor« fic^
lobe l^erftellen tooüen, toie aber burd^ bie Unterbinbung aü^ nationalen fieben« im mo-
bemcn ^olijeiftaat bie ^Ration, toel^e atte Sebingungen einer umfaffenberen enttoidEelung
in fid^ trage, auf jene au«f(^lie6lid^ litterarifd^e Sjiftenj gurüdfgetoorfen unb fo ben äu^erften
40 ÜE,;cilcn cuuT \\d} jdbH übcifc^ta^cnbcn Mritif unb intelleftualiftif d^en SRaferei ber Söoben
bdtuünifc^cr üJJaAtcntfattung bereitet tucrb^n fei. S3on biefer ©runblegung au^ ging bie
©($riit ^u hm tircfcttc^cn §ragot ber ©cgentoart über unb beleuchtete na^einanber ben
^idi^niuö, bie ürc^U^^c ffiiflcnfc^aft, bie t^eoIogif^=Iirc^Iid[ie SReaftion, bie ©^mbolfrage
nad} tJiCDlüiiijdttr unb nacb ftrcben^DÜlifc^cT Betrachtung, ben djiriftlic^en Qiaai, bie iiid^U
45 frcimbc, bie Äudj^cnücrfaffung^ frage, bic an^eblic^e „3Jliffton ber 2)eutfc^Iat^oUten", enblid^
ben ,,'l.^rofeeftanti<ämuö ali^J ^plittfcfjc« ^rinji))" ; — ba« aHe« mit fo t)iel ©acfjfunbe, un-
b'-^an^innT r>^rT*;(fniiifcit, d>iuafkn'i>pßcm, an ber redeten ©teile mit §umor getoür^tem (Smft,
mit fobiel Siberalität unb ^ßofitibität jugleidji, lur; mit einem in ber beutfc^en t^eolo-
gifdjien ©ebanlenbläffe fo ungemol^nten fittlid^en lMeaIi«mu« ber Seobad^tung unb Seur^
50 teilung, bafe ba« Suc^ in bie betoegte ^^t toie ein SBli$ einfc^lug. 3)a«felbe mufete be^
reit« 1847 in ^toeitcr, 1850 in einer britten (berbefferten) 3luf läge erfd^einen. 2lm boBften
tüarb e« in ©übtoeftbeutfc^lanb anerfannt; im 9Jorboften ftanb ba« SWi^trauen gegen bie
em))fo^Iene fonftitutioneße ©taat«5 unb re})räfentatit)e Äird^enberfaffung ettoa« im JBege;
am befangenften unb leibenfdjiaftlicf^ften aber fiel Ä. %. 93aur« Urteil au«, beffen Unfäi^igs
55 feit, bie l^ier berfünbcten großen unb ieitgemäfeen SBa^r^eiten gu toürbigen, ba« Urteil §unbe«s
l^agen« über ben einfeitigen 3ntelleituali«mu« ber Iritifc^en Ideologie nur beftdtigen fonnte.
^ür §unbe«l^agen toar bie Jjerf önlic^c golge biefer eJ)od^emac^enben ©d^rift feine ©e^
rufung nad) §eibelberg. Wo er al« orbcntlic^er ^Jirofeffor ber neuteftamentlid^en ßjegefe
unb ber Sirc^engefd[|id;te nun jmanjigSöl^re (1847— 1867) bcrbleiben foBte. 35iefe Jtoanjig
Go '^al}K in SBaben, mit ber 9lebolution«jcit beginnenb unb mit ber tüiebcr^ergefteÜten ^m-
^ttttbfd^agett 453
fd^ft bc« Sibcralii^mu^ fd^Kcfeenb, fotttm i^m rnannigfaci^e ®elegenl(^eit geben, in Sctüöl^s
rung be« au^efjjrod^enen ©tanb^unfteö nad^ IxnU unb ret^tö ftc^ ate guten 3^8^" wnb
unbiegfamen firdjiKc^en G^arafter ju betüäl^rcn. ©eine 2lntritt^or(efung l^ieU er „über
bie Suigfic^ten unb ba^ ©tubium ber 3lj)oIogeti! in unferer 3^^"- ^^^ ^^ abftralten
Sleligion^freil^eit ber 1848er beutfc^en (Srunbre^te h)amte er ; anbererfeitö nol^m er in bem 6
Äuno %\]d)ct\6)m §anbel in ^eibelberg bie toijfenf^aftlid^e Se^ei^eit aud) bei einem
(Segner be<g ßF^riftentum« in ©d^u^. 3ln ben ))ofttib=^riftlid^en Seftrcbungen, bie nad^
ber ©turmflut ber SRebolution in ©übbeutfd^Ianb emjjorfamen, nol^m er h)armen unb be-
beutfamen änteil. @r lüurbe ÜBitftifter ber Sluerbad^er Äonferenj firc^lid^er ©emeinbe^
borftel^er unb biente il^r burd^ ben Vortrag „Über bie (Erneuerung be^ ebangelifd^en 2tlteften- lo
unb 3)ia!onenamt^" ; er tDurbe ein eifriger SKitarbeiter an ben früheren S^i^rgängen ber
©eljerfd^en „^roteftcmtif^en SWonat^blötter", h)0 er u. a. feinen j)oIitifd&en greunben, ben
fogenannten ©ot^aem, ibr falfd^e« ©rotten mit ber ^cxt unb i^r If^eiKofe^ sBerlennen ber
tieferen religiö^fittlid^en 3Jlä(^te im 3SolföIeben bprlf^ielt; er nalf^m an ben Kirchentagen
teil unb l^ielt auf einem berfelben ben Vortrag „Über bie innere ^Kiffton auf ben Uni« j5
berfitäten". 6r felbft trieb biefelbe in ber afabemifd^en geftrebe (1852) „Über bie ge=
fd^ic^tlic^e 6nth)icfelung ber §umanität«ibee in i^rem Serl^ältni^ ju St\xä)t unb ©taat",
in lüeld^er er ben §umanität^ebanlen aU ed^te^ fiinb be^ G^riftentum^, unb in feiner
gegenwärtigen unlird^lidjien unb baterlanb^Iofen Haltung aU beffen berloreneö Äinb nad^«
h)ie^ ; ebenfo in ben emften i)oJ)ulär-tl(;eoIogifc^en Vorträgen „3)er 2Beg ju (S^rifto", bie 20
er 1852 unb 1853 bor Weiteren gebilbeten Äreifen fübbeutfd^er ©tobte l^ielt. ^r bie
©urlac^er 5ßfarrfonferenjen, in benen fid^ anfangt ber fünfziger ^af}xt eine Jjojtttbsebam
gelifd^e SReform ber babifd^en Sanbe^Iird^e borbereitete, ftettte er ben bon ret^tö Wie linfö
berfannten j)ofttil?en ©ei^att be« 8efenntnig})aragrcH)IS>cn ber bobifd^en Union Ilar („3)ie Se*
fenntni^runblage ber bereinigten ebangelifd^en Äird^e im ©ro^^erjogtum 33aben" 1851). 20
2ltö aber auf ber SHeformfbnobe bon 1855 Uttmann an ber ©j)ibe bed Äirdj^enregimentö
in ber 2)eflaration be« S3elenntni«ftanbe« ba« barin berbürgte 9le(|t freier ©d^riftforfc^ung
nidjit ^inreic^enb anjuerlennen fd^ien, trat er ber attgemeinen ©trömung unb bem alten
jVreunbe faft einfam entgegen, ©benfo Warnte er bor ben att^uWeit greifenben liturgifc^en
ifteuerungen ber ebenbort befc^Ioffcnen fonft trefflid^en Slgenbe ; atö aber biefe 2lgenbc jum so
©efe^ geworben War unb unter ber ©unft einer beränberten Jjolitifd^en ©ituation (1858)
ein anard^ifc^er Dj)j)ofttion^fturm gegen biefelbe bon §eibelberg au^ angeregt Warb, trat
er in ber „Sled^t^- unb SSerfafJungöfrage", bie nun an bie ©tette ber Äultu^frage getreten,
mannl^aft gegen bie lird^lic^e Unbotmäfeigleit auf („2)er babifd^e 9lgenbenftreit" 1859),
unb bertrat ben ©runbfa^, ba^ ein ©emeinbcborftanb, ber ficf^ gegen bie red^tögiltig ge^ 35
Worbenen Sefd^lüffe einer ©^nobe aufgelel^nt, jur näc^ften ©^nobe mitjuWirfen nic^t be«
fugt fei. 2)ai§ bamal« im 3^9 befinblic^e Äonlorbat ber babifc^en SHegierung mit 9lom
mipittigte er offen („2)a^ babifd^e Äonforbat in feiner SlüdfWirlung auf bie SRed^tö^ftettung
be« ebangelifc^en SReligiongteil^ im ©rofebenogtum 33aben", 1860"), aber ebenfo bie melf^r
bemofratifd^e atö b^e^b^teriale Äirdjienberfaffung, Weld^e bie burc^ bie (anbtäglid^e SJerWer^ 40
fung be^ Äonforbat^ gur .öerrfd^aft gelangenben §eibelberger fiiberalen nun ber eban«
gelifdjien Sanbe^firdjje gubac^ten („Semerlungen gu einer beabfid^tigten Slebifton ber 3Sers
faffung ber cbangelifc^en Rircf^e im©ro^erjogtum93aben",1860; bgl. aud^ feine Sleltorat^
rebe „Über einige i^au))tmomente in ber gefd^i(^tli^en (JntWicfelung beö Ser^ältniffe«
bon ©taat unb Äir^c", 1860; bei a)obe, 3eitfc^rift für Äird^enrec^t). 5Rad^bem bai§ Utt« 40
mannfd^e Äirdjenregiment gcftürjt, Slotlj^e ju ben Siberalen übergegangen unb ber neue
bon i^m unter ben ©efid^t^unft be^ „Krc^li^en Jtonftitutionoli^mug" geftettte Äirc^en«
berfaffung^entwurf beröffentlid^t War, Würbe bei ben ©mennungen ju ber berfaffungrebi«
bierenben ©^nobc ^unbeö^agen ju ©unften be« d)cn au« bem Slu^Ianb berufenen Orien*
tauften .^i^ig bon ber SHegierung übergangen unb bie bon bem fad^Iunbigften 3Jlannc im so
Sanbe mifebittigtc Serfaffung burd^gefe^t unb beftätigt (1861). 3Ba« §unbe«^agen gegen
biefelbe ^au^tfäc^lid^ einjuWenben ^atte, War ba« 3*^^^f^^^/ ^^fe f^^ ^"^ ^'" fd^einliberole«
SKerl ber Äirc^e bie nötige grei^eit bom ©taate borentl^alte unb bafe fte gegen baö Sin«
bringen unlirc^lid^er (Elemente in« SHegiment ber Rird^e feine ©arantien biete. (Sr ent*
fc^^Iog fic^ au« bicjen ©rünben — ol^nebie« in feinem fittlic^^bome^men SEBefen burd^ bie 66
gange 3(rt unb Söeife, in ber biefe 3)inge betrieben Worben, angewibert — in bie fo
berfafetc ©ocietät „für feine ^erfon nid^t einzutreten", unb betrachtete ftc^ feitbem al« „in
ber ©cparation lebenb", inbem er fic^ an leiner lird^^Iic^en SBa^I^anbtung beteiligte, bei
übrigen« unberänberter Xeilna^me an ber gotte«bienftIic^en ©emeinfd^aft („©ec^ S^^re
in ber ©ejjaration" 1867). eo
454 ^unbed^agcn
^sn bicfc für .C^unbc^^agen bcfonber^ fd^ipcrcn ^q!I)x^ fällt btc (Sntftc^ung feinet
toiffcnfc^aftltd^en §auj)ttt)erf«, h>elc^e« Die gan* anbere ^Junbanientterung unb barum aud^
uncnttüegtc ?feftigfeit feiner Vofitib-Iiberalen ftird^enjjolttif bartlf^at, feine „Seiträge ^ur
Jtirc^enberfaffung^efdE^ic^te unb Äirc^enj)olitiI, in^befonbere be« ^roteftantiömu«", S)b I
6 (1864). SJicfer S3anb bon 546 Seiten, toelc^er ber einzige geblieben ift, bcftcl^t aud brci
h)iffenfc^aftlid^en Slbl^anblungen, bie einanber ergänzen unb großartige ®änge felbftftän^
bigen gorfc^en« unb 2)enfen^ burd^ bie Jjroteftantifd^e Äircl^engefd^i(|te barftellen. 3)ie
erfte bel^anbelt ,,baö religiöfe unb ba^ fUtUd^e äSer^ältni^ ber ^riftlic^en ^ömmigfeit nad^
i^rem gegenfettigen SBerl^ältni^ unb bem unterfd^iebenen ©influfe besfclben auf bie 2e^r=
10 unb fiirc^enbilbung be^ älteren ^roteftantt^muiS^'. älu^e^enb bon ber bem 6l(;riftentum
eigentümlid^en boufommenen ©^nt^efe be« Sleligiöfen unb be« ©ittlid^en, jeigt fie, tüic
nic^t nur ber Äat^olici^mu«, fonbem tro^ rid^tiger })rinjil3ieller fioneltur be^felben aud^
nod^ ber ältere 5ßroteftantigmu« bie religiöje SBJeltanfd^auung mit einer ba^ ftttlidjie ^n-
tereffe berfürgenbcn ©infeitigfeit geltenb gemacht l^e, einerfeitö in feinen Se^rbilbungen,
16 in feinem ßrbfünbenbogma, folüie bem calbinifc^en ^räbeftination^S« unb lutl^erifc^ien Slbenb^
ma^febogma, anbererfeit« in feinen Äird^enbilbungen, in toeld^en biefer 3)JangeI eine nor-
male 2luÄt)rägung be« ®emeinbe))rinji)3^ unb Unterfd^eibung üon Äirc^e unb Staat faft
burd^gängig ^intange^alten l^abe, um ftatt bef[en ju t^eohatifd^ien Staat^geftaltungen )u
führen, einer SSermifc^ung bon ©taat unb Äirc^e, beren i^erberblid^Ieit auf^ fräftigfte na^-
20 getoiefen unb burd^ bie S^^S^^^wnberte berfolgt tt)trb. — 35ie jlüeite äb^anblung bel^anbelt
,,ba« 9leformation«h)crI Ufcid^ 3*^i"0'[i^ ^^^ ^^^ 2:l^eofratie in 3^^^"/ ""^ ^^ ^^^^
aU bie bebeutenbfte, ja tlaffifd^e ©arftettung ber ß^ridJHJr Sieformation bejeic^net Serben,
©ringt fie einerfeit^ mobemen 33erfennungen 3*^i«0K^ gegenüber bie reformatorifc^e ^er«
fönlid^Ieit unb @tgentümlid^Ieit be^felben gu \)oüm &)xm, namentlid^ ben Unterf(^ieb \)on
25 Sut^er, ba^ e^ jenem eben nid^t um eine bIo|e Sel^neform, fonbem bon Slnfang an um
eine ^riftlid^e 9{eugeftaltung bed ganzen ®emeinlebend )u t^un geh>efen, fo h)eift fte an^
bererfeite in bem bottenbet t^eofratifd^en Gl^arafter biefer 9Jeugeftaltung ben tragifc^en
^fjlct feinet SRef ormation^tDcrle^ nad^, ben fein Url^eber fd^lie^lid^ mit bem lobe ju fül^nen
^attt, — 35ie britte unb umfajfenbfte Slb^anbluna erörtert „bie unterfc^eibenbe religiöfe
80 ®runbeigentüm(id^feit bed lutl^ferifd^en unb be^ reformierten ^roteftanti^mud unb beren
SRüdtoirmng auf bie Steigung unb ^J^^^igfeit beiber jur Rird^enbilbung", unb jd^Iiefet bie
feit 1817 bon berf^iebcnen ©eiten angefteßten Unterfud^ungen über bie legten ®rünbe ber
iut^erifd^sreformierten S)ifferenj in gebiegener SBeije ab. äu^el^enb bon bem borJ^err^
fd^enb tl^ätigen ß^araltcr ber reformierten, bem bortoiegenb rul^enben ber lut^erif^en
86 ^mmigfeit fteHt ber Serfaffer — burd^toeg im ®eifte ed^t l^iftorifd^er ObjefttöÜät unb
toormer Union^efinnung — bie fird^enlpolitifc^en SSorjüge beg reformierten SBefen^ bor
bem lutl^erifc^en in« Sic^t unb h)eift be« Ie|teren geringe SJöl^igleit jur Äirc^enbilbung in
feiner toeit ftärferen Sertüet^felung ber ti^eologifc^en ©d^uUntereffen mit ben firc^lid^^-reli-
giöfen nadf^, um biefelbe an bem treiben ber mobemen Simt^s unb 2lutorität«lut^eraner
40 ju e£emj)Iifijierm. — ®« toox burd^ bie 5Ratur ber Bad^t bebingt, ba^ biefe großen
©tubim über bie {ird^m)?olitifd^e älnlage unb @nth)idelung be« ^roteftanti^mu« x\xd)t bie
©enfation be« S3u^e« \>on 1846 mad^tm : e« lag bie« teil« an bem ftrengen toiRenfc^aft^
Kt^^en G^arafter, teil« an ber Ungunft ber g^it. ©ie bebalten ftatt beffm für aÜe, benen
e« um grünblic^e gefd^idjitU^e ©rfenntni« be« 38er^ältniffe« bon ©taat unb Sird^e unb
46 ber 5tird^enbilbung«fäi^tgfeit be« ^roteftanti«mu« ju t^un ift, einen bi« ^eute unberringer=
ten Söert.
2)a^ bem erftm S3anbe biefer „Seiträge" lein jtoeiter gefolgt ift, lag an ben fc^tocrm
förjjerlid^m Seibm, toeldjie bon nun an ba« Sebm be« 33erfaf[er« in gefteigerten anfallen
^eimfu^ten. 6ine l(;ol^e unb Iräftige, männlid^ im^jofante ©rfd^einung, toar §unbe«l(>agm
60 boc^ infolge bon Unterleib«leiben, bie fic^ bereit« 1848 anlünbigten, ber^ältni«mäfeig frülj!
gealtert unb in ben fed^jiger ^ai}xm lüurben feine ®efunblS>eit«umftänbc immer unfic^erer
unb gcbrücfter. Unter biefm Umftänben laftete feine feit Umbreit« SEobe ganj bereinfamte
©teüung in ber gafultät unb ber SBiberftreit feiner toarmm 2:eilnal^me für ba« fird^li^e
Seben mit ben i^m ganj ungeniefebarm offiaieum 38erbältniffm be«felben in S3abm }fi>\t^
66fad^ fc^tocr auf i^m; unb erft bie Jjolitijc^e SQäenbung ber beutfdjien 2)inge bon 1866
brad^tc il^m »bieber einen Sid^tftral^l. ©eine im folgenben ^a!l)xt eintretenbe Semfung
nad& Sonn, bon i^m banibar unb bod^ mit getüiffenl^aftm Sebmien aufgmommen, fam
n\d)i }u fpät, um il^m bie le^tm £eben«ial^e burd^ frieblid^e unb freunblic^e 3?erl^ältnif[e,
ben alten fd^önen Semer ^eitrn öl^nlic^, ^n berfüfeen; aber ju fpät, um il^n noc^ ju einer
60 neuen gntfaltung feiner Sel^rt^ätigfeit unb ©d^riftfteHerei ju führen. 3)lxi großer Siebe
^ttttbed^agen ^nititind Segtbmd 465
unb S)anfbarfeit ml}m er an bcm r^cin. cl?angel. Sebcn in Uniljcrfität, ©cmcinbc unb
^robinjtalf^nobc teil, lonnte aber nur mit toieber^olten längeren Unterbred^ungen feinet
Se^ramtg tüarten. 9Jod^ erlebte er mit gangem i&erjen ben groften Äricg bon 1870 unb
bie ^erftellung \>on Äaifer unb SReid^. ©eine borlc^te Heine SBeröffentlic^ung (bie Ie|te
h)ar ber 5iefroIog feine« ÄoIIegen 3)ie^f(i^) betraf ben berf^ottenen 3Serfaffer ber „3äad^t 6
am Sll^ein", afö toelc^en er auö S3emer ©rinnerungen ben 2Btirttemberger 5Kaj ©c^necfen=
burger lonftatieren !onnte. 2)ie nad^ bielen ßeiben nalf^enbe ^^obe^ftunbe begrüßte er mit
c^riftlid^er ®lauben«freubigleit. ©r ftarb ben 2. ^uni 1873. »iöib. »etifi^Iog»
^ttnniud Slgibittd, 1550— 1603, lutl^erifd^erStl^eoIog.— fiittcratur: 2)eutfd)e
Scic^enprebigt üon feinem i^oüegen @aIom. ©eSner über 2 Xi 4, 6—8; eine threnologia de lo
vita etc. Aeg. Hunn. üon fieon^. ^üttcr, au^gciogen bei ^elc^ior 9lbam, vitae theologo-
rum ete. Germanorum, 3. ^lufl., 1706, @. 344—47; tjgl. nocft g. ®. ^eumann, de vita
Aeg. Huiinii exemplum, fSittcnbcrg 1704, 4**; $». ©artftc (f. u.), ©rünbltcfter, nuSfüftrli^cr
()iftorifd|er SBericfit oon beut 5ReIiflion§njefcn im gürftentum Reffen, 3Bittenbcrg 1606 (citicrt
bei ßrebncr (f. u.), «orm. p. CCXLIII (bei ^cppc (f. u.) I, @. 226; fiubttJ. ^Kcl«. 5ifd|lin, 16
Memoria theologonim Wirtcbergensium I, 1710, ©. 253 ff. (im siipplem. bajii @. 324 ff.
einige ©riefe üon .&unuiu§, banintcr einer an ©. ^ubcr, für beffen Beurteilung lebrreicfi);
3üt)*. Xilcmann, gen. ©cftcndf, vitae professomm theologiae, qui in 111. acad. Marburgensi etc.,
1727, 6. 147 ff.; gr. ©. Striebcr, ^cffif*e ®ele^rtcngef*i(t)te, 33b 6, @. 243-77; nienigeö
bei 3. gobriciuS, historia bibliothecae Fabric. II, @. 24—31. ?lftenmö6igc ^^acbrfdftten über 2ü
J&.S Wirten in ^effcu, iuSbcfonbcre auf ben bortigen 8^uübcn, bei ^. |)eppe, ®efcl^id)te ber
Deffifd)cn ©enerolft^noben öon 1568—82, Äaffcl 1847, S3b I, ©. 203 ff., S3b II, 6. 11 ff. ugl.
Urfunben 6. 13—21; nmncfteS Qud) fc^on bei ^. ficucfitcr, antiqua Hessorum fides, ^arm*
ftnbt 1607, 4^ @. 227 ff.; ferner Äorl Mug. Srebncr, $6ilipp§ be« ©rofemütigcn 4peffi(c6e
Äirdienreformalionöorbnung, ®ie6en1852, SSorto. p. CCXXXV— XLIII; (ö.granf, ©eft^icfite 25
ber <)roleftQnlif(öen 3;öcologie 1862, I, @. 248f.; „mel)r »irb ^ier nocfi au« ben ^Ircftioeu in
6affcl iu frfiöpfen fein" (^enTe). — ®ine ©efomtau^gabe feiner lateintftften ©c^riflcn m
fünf S3«nben gol. lieferte fein ©cftroiegerfobn €>eluicu« ®artöiu§, 3Bittcnberg 1607—69, mit
33orreben; ber Sn^alt biefer Sfinbe angeflebcn bei gabric., gifcftlin unb ©trieber 11. cc. tjgl.
baju Zf). (5reniu§, animadversiones P. XVIII, @. 51—53; (Srgönaungen ju ben kteinifdien so
unb bie beutfd)en ©djriften üerjcidjnet bei grifcftlin I.e. 8. 270— 75 unb ©trieber I.e. @. 267— 77.
3ur t^eologijdjcn Beurteilung ügl. 3ul. ^WüHer, 3)ie eöangel. Union k., @. 213, 282 ff.;
9llej. ©c^ioeijcr, 3)ie proteftantifd^cn ßentralbogmen I, @. 529 ff. 568 ff.
ägibiuö §unmug, geboren ju SBinnenben am 21. 2)ejember 1550 bon 6Item ge*
ringen Staube«, toarb fc^on bor feiner (Seburt bon ber 3Wutter nad^ einem 2^raume gum 86
geiftlidf^en Staube beftimmt. So fc^neH burdj^lief er bie tüürttembergifd^en 3Sorbereitung«5
anftalten, bie Stöfter äbelberg unb 5WauIbronn unb ba« Tübinger Stift, baft er f^on
1567 3Ragifter tourbe. SBon 1565—1574 ftubierte er in 2^übingen unter gafob Slnbreä,
§eerbranb, Sc^nejjf unb bem jüngeren S3renj, jule^t felbft aU Sle})etent ein eifriger 93es
rater ber jüngeren Kommilitonen, bielfac^ geübt im 35i«j)utieren unb ^rebigen, unb bafür 40
1574 aH 2)ia!onu« in Tübingen angeftetlt. ßinen fo frü^ fo au^gejeic^neten Sd^üler
!onnte tro^ feiner ^ugenb galob .^eerbranb ftatt feiner einj^fel^len, aU il^n bie Söl^ne
^^ilipj)« t)on Reffen, SBil^elm unb Subtüig, beibe bie Sc^toiegerfö^ne §erjog Gl^riftof«
Don SBürttemberg, für bie gemeinfd^aftlic^ geleitete Stiftung il^re« Sater«, bie Uniberfität
3Karburg, im '^ai}xc 1576 getüinnen lüoHten; feit bem 3^obe be« änbrea« §^j)eriu« (geft. 45
1564) fehlte e« l^ier an einem IS>ert)onagcnben 2:^eologen. §. nal^m an unb ertoarb ft^
nod^ 1576 in Tübingen bie tl^eologifd^e 3)oftorh)ürbe, jufammen mit 5ßol^c. Setofcr, nad^
bem er fidE) furj t)or^er mit ßleonore gelber bermöl^lt |atte. atber freilid^ erl^ielt ^ier bie
l^effift^e £anbe«nrd^e einen in ganj anberer 355eife au^gejcic^neten gül^rer, al« jenen §^s
^eriu«, h)eldf»er fte al« ^aiH)tbearbeiter ber Äirdjienorbnung bom ^a^xt 1566 If^atte be* w
grünben l^elfen, unb il^re l^eilfame ^ortenttoidEelung nid^t bon Belebung, fonbem bon S3es
fd^mic^tigung ber boltrinären ^olemif unb bon gem^alten berfelben au« bem ®ottc«bienft
ber ©cmeinen ernjartetc (f. b. 21.). Sielme^r fe^te §unniu« in Reffen, h)o bie« ganj
m\i tüar, 16 '^ai}xt lang, bon 1576 bi« 1592, feinen ©eift unb feine ©elel^rfamleit,
feinen 9Kut unb feine Serebfamteit ein, um für bie Ubiquität«lel^re einen änl^ang gu 66
bereinigen, h)eld;er bie bort auf bem ®runbe ber SBittenberger Äonforbie bon 1536 be^
fte^enbe unb bur^ Sanbgraf $l^ilij)j)« 2^eftament fanltionierte SRid^tung nidjit me^r luti^e^
rifd^ genug unb barum getbiffen«^alber nid^t me^r erträglid^ fanb, fonbem bafür al« für
ein unberäu|erlic^e« SRec^t gu ftreiten fid^ für berpflid^tet Ijklt, ba^ er biefem ^eben
gegenüber fein befonbere« Sefenntni« offen gcltenb ma^en unb entgegenfe^en bürfe. Sein
erfte« S^ort auf ber ad^ten t^efftfd^en ©eneralf^nobe ju Raffel im Sluguft 1576 Wax bie 60
456 ^ttttnmd ücsibtud
93c^auj)tun0, baft 5BleIanci^ll^ott mit Gafoin in bcr ätbcnbma^teld^rc jujamtiienftimmc, unb
ba^ aüen ©c^riften Sutl^crö ein öffentlicher ß^arolter beizulegen jei (§ej)j)e 1. c. I, 203 f.).
2tfe bie ©V*^obe bie annähme be« torgifc^en Sud^e« toegen ber 2lbenbmal^tele^re unb
ßl^riftologic beöfelben ablel^nte, erflärte öunniu« in einem ©ejjaratöotum feine guftimmung
6 jum 3"^«^^^ ^^ Qönjcn ©d^rift. ^n ^Harburg, tüo Sanbgraf Subtoig^ toürttembergifd^c
©ema^Iin unb mit i^r ber Sanbgraf ftd^ balb ganj ber Seitung unb ^rebigt if^re^ jungen
fd^tüäbifc^en Geologen Eingaben, gelang eö i^m, aud^ unter ©eiftlid^en unb aBeltlic^en
fo t)tel ansang ju finben, ba^ ^ierburd^ ber ®runb ju einer ©Jjaltung gelegt tourbe,
toelc^e fic^ auf aßen folgenbcn ©^noben aU §inbemi^ be^ bi^^er erhaltenen grieben«
10 ertoie^ unb im folgenben 3«^^^"»^^^^ ju ber S^rennung ber ^effifc^en Sanbe^fir^e ba^
meifte beitrug. SJergeben^ bemül^te ftc^ Sanbgraf SBil^elm ber äBeife in Äaffel (geb. 1532,
?;eft. 1592), §unniu^ t)on feinen Oegenbemül^ungen gegen ben auf bie SBittenberger Äon^
orbie unb auf einen Verbreiteten ©ebrauc^ be^ Corpus Philippicum gegrünbeten ^e=
ben^juftanb unb namentlich t)on bem 2)ringen auf bie Ubiquität^le^re abzubringen (§ej)))e
J6l. c. I, ©. 226 ff.); bod^ balb mu^te er aud^ feinen älteren Ideologen t)orbalten: „il^r
l^abt eud^ t)on bem jungen ©ot)l^iften überreben lafjen ju leinten unb ber Übiquität ^u
Ipatrojinieren ; toaS feib i^r für ftumme §unbe, bafe i^r fold^e SBölfe nic^t anbellen toollt'!?"
l^tppt 1. c. I, ©. 230). 5Rod^ mel^r bittigten lutl^erifd^e il^eologen, toie §e^bufen, SBi-
gonb u. a., .§unniu^' „93elenntni^ t)on ber 5ßerfon ßl^rifti", toelc^e« ber Sanbgraf fic^
20 unterm 27. S^nuar 1577 bon i^m ^atte auSftetten unb bon jenen "J^eologen begutad^ten
Iafjen(§e})j)el.c.I,©.228). 2)iefe beutfc^e „ßonfeffto ober furje Sefenntnu« t)on ber ^erfon
ßl^rifti unb i^rer SKajeftät nac^ ber angenommenen SKenfd^l^eit, unb fonberlic^ de omni-
praesentia hominis Christi, SBittenb. 1609 gebrudft 4*, mit ßenfuren öon Saltl^. SRo^
finu^, ^e^l^ufen unb SBiganb fei^lt in ben SSerjeic^nifjen t)on§unniu^* beutfc^en ©d^riften
28 bei ?5if4>K»^ w»^*> ©trieber). 2lud^ bie Agitation ber Jjolemifc^en $rcbigt, öon §^t)e=
riu^ fo entfc^ieben ate eine ©d^bigung ber (Semeinen öertoorfen, fing §unniu^ je^t mit
©rfolg an ; boc^ lie^ man e^ offenbar auf ber ©egenfeite baran auc^ nid^t fehlen (t)gl.
über bie $rebigt be« 3o^. 5ßincier gegen bie novi Eutychiani feinen ©rief bei 5- $^-
Äud^enbedfer Analecta Hassiaca 2^. 4, ©. 443—46). 1577 lonnte §. bereit«, e^e e«
30 m einer attgemeinen 2)i«fuffu)n über bie 2lnnal^me ber Äonforbienformel tam, einige ober-
^efftfc^e (Seiftlid^e beftimmen, fte ju unterfd^reiben {^tpp^ 1. c. I, ©. 238 f.), iooburd^ für
atte näc^ften SSer^anblungen barüber baS ©elingen einer gemeinfamen SRa^regel unmöglid^
aemac^t ioarb. 3*^ar tourbe unter bem Übergeiotd^t Sanbgraf SBil^elm« unb feiner nicber=
^effifd^en (Seiftlic^en bie (Stnfül^rung ber Äonlorbienformel auf ben näc^ften ©eneralf^noben
86 no^ mel^rmate abgelel^nt; auf ber einen berfelben, 1580, tourben ben 3Kitgliebem unb
ben bam eingelabenen ^rofefforen guerft fünf Sage lang auf Sanbgraf SBil^clm« öefel^l
21 ©dpriften gegen bie Äonforbienformel, bann auf Sanbgraf Subtoig« Verlangen nod^
an jtoei 2^gen 6 ©c^riften für biefelbe öorgelefen. Slber ber fidlere ©c^abe ftellte ftc^
bo^ auf ben fünf legten jä^rlid^en ©^noben ber ^ol^e 1578 bi« 1582 ate eine grud^t
40 ber ©intoirfung t)on ^unniu« ^erau«, bafe man gerabe über ba« Sefenntni« nic^t me^r
einig tourbe, unb fo mufete man julefct bie ©^nobalabfc^iebe in biefer ipinftd^t fo unbe^
ftimmt formulieren unb in biefer Unbeftimmt^eit fo bebeutung^lo« toieber^olen, bafe ba«
• 0ÖWJC 3*^f^^twt ber ©^noben ^ierburd^ jtoedElo« erfc^einen unb in SSerfatt geraten fonnte.
2)efto toirf famer fonnte §unniu« nun bei ben Dber^effen um 3Karburg ^er feinen (Sinflufe
45 befeftigen; atte Unter^onblungen be« Sanbgrafen SSJil^elm mit feinem ©ruber Subioig ober
mit .^unntug felbft, um biefen t)on SRarburg ju entfernen, führten ju nic^t«, tüieioo^l er
i^m fd^on 1581 l^atte anbeuten laffen, „ob er nid^t fo öiel Semunft unb 5}erftanb ^abe,
bafe er ftc^ felbft befd^etben fönne, toa« il^m ©etoifjen«, gieren unb ^flic^ten falber bei
fold^er ©elegen^cit gebül^re" (§ej))>e 1. c. II, ©. 160). SSielme^r t)ermod^te er in ben
60 ^öi^ren 1582— 1592 erft tJoBenb« unter ben nun fd^on faft lo^eriffenen Dber^effen, unter
Äottegen, ®eiftlic^cn unb jüngeren Seigrem ber ©tit)enbiatenanftalt fic^ einen äln^ang unb
eine ©c^ule ju bilben, ioelc^e für bie i^nen l^ier aufgetragene hjürttembergifc^e i^eologie
aud^ nac^ ^unniu«' Abgänge nod^ bie ^effifc^e *iEat)fcrfeit einjufe^en bereit toar. ®abei
lie^ er e« nic^t an (Sigenmäd^tigfeiten fehlen, n^ie toenn er 1585 neue 3)oftoren ber X^eo=
66 logic, baruntcr ben nac^ber für fein Sut^ertum Vertriebenen ©uVerintenbenten^^einrid^Seud^ter,
e^e er fte promovierte, auf bie Äonforbienformel fd^toören lie^; Sanbgraf äBil^elm fe^te
hiergegen eine neue ©ibe^formel für bie Promotionen feft, nad^ ioelc^er bie ^^romoöenben
in ber Slbenbma^föte^re nur auf bie 9lug«burgifc^e Äonfeffton, 3lj)ologie unb SlUttenberger
Äonforbie öerjjflid^tet iourben (^cppc 1. c. II, ©. 269), unb t)on loeld^er nad^ bem 3^W0W^^
60 berfelben Seud^ter erft 1607 bei Promotion eined 3^»^'^^ Geologen burc^ Slu^laffung
^ttttttittd üegibuid 457
ber 2lu0^buröcr Äonfcffion unb bcr Jtonfotbic abfleganflen fein JoH. 5ioci^ grö^erc^ auf*
feigen erregte in bemjelben ^a\)xt 1585 ^unntud' größere ©^rift t)on ber ^erfon ß^riffi,
ober toie ber längere Sattel lautete: libelli IV, de persona Christi eiusque ad
dextram Dei sedentis divina maiestate, quorum primus doctrinae sanae ex
scriptura confirmationem et contrariae opinionis ekeyxov continet, secundus 6
purioris antiquitatis unanimem consensum proponit, tertius Lutheri constan-
tem et iam inde a moto certamine sacramentario invariatam sententiam
complectitur, quartus invietam demonstrationem habet, nostras ecclesias as-
serendo maiestatem filii hominis ab A. C. nil quicquam recedere, eine gelehrtere
aiudfül^rung bc^ früheren beutfd^en Sefenntniffe^ bom JJa^re 1577, in h^eld^em er fc^on lo
mi^efül^rt ^atte, jjarticHe xoivcovia ber ntenfc^Iid^en Scatur mit ber unenblic^en 5Ratur
be^ Sogo^ fei nid^t communio naturarum, fonbem nur communio einiger göttlich
©aben, unb fül^re bie Reformierten nad^ bem ariftotelifc^en finitum non est capax
infiniti ^öc^ften^ ju einem neftorianifd^en ^eocpogog äv&Qconog ; ööllige xoircovla aber,
fc^riftgemäfe nad^ Äo 2, 9; 1, 19, fc^Iie^e ein, ba^ bie unenbli^e SPerfon be« göttli^en i6
Sogoö nirgenb^ fönne t)on i^rem angenommenen gleifc^ gefonbcrt fein, ba^ öielmel^r bie
göttlid^e Statur bie affumierte mcnfqlid^c überaß mit fi^ berbunben unb mit i^r gegen*
loärtig ^aben muffe, unb bafe alfo ber ganje ßl^ftu^ allenthalben gegenloärtia fein muffe,
ju loeld^cr ©egenloart eg aber, ba bei ®ott leine Unterfd^icbe bon 3^* unb Srtaum gelten,
einer räumlichen ©egenloart unb barum einer Slufl^ebung ber ©nbud^lcit ber menf^lic^^en 20
Statur an fic^, unb eine« räumlid^en S)iffunbiertfein« berfelben, loeld^e man i^m fälf^lid^
bortDerfe, gar nic^t bebürfe; bei ber ginfe^ung be« Slbenbmal^fe fafe S^riftu« räumli^
gefc^iebener t)on ben entfernter ft^enbcn 3[j)ofteln, aber feinem ganjen SBefen nad^ \vax er
allen gleid^ fel^r nal^e unb gegenwärtig. 2Bol^l antwortete nun einer bon Sanbgraf SBil*
^elm« S^eologen, ber ©uj). Sart^olomäu« SReier ju Äaffel (geb. 1528, geft. 1600)26
hierauf in einer ©egenfd^rift, toeld^e aud^ no^ 1587 ju ©d^malfalben erfd^ien (bgl. über
fie ^^pz 1. c. II, 282 ff.) ; aber an ©elel^rfamleit unb Serebfamleit toar $unniu« biefem
Weit überlegen, unb fo fcl^r fürchtete Sanbgraf SBil^elm felbft ba« 3^'^^'^"^^ eine« ©treite«
über bie Ubiquität, bafe er aud^ SKeicr« ©d^rift nod^ unterbrüdfen ju laffen öerfuc^te. ^m
^q!I)xc 1590 aber ftarb Sanbgraf Subloig« erfte loürttembergtfc^ie ®emal(;lin, in einer treff* 30
lid^en ®ebäd^tni«rebe öon §unniu«, h)el(|er i^r nod^ im lobe beigeftanben l^atte, gej)riefen
nid^t nur für 'if)xz SBol^lt^ätigleit unb Jfrömmigfeit, fonbem and) für i^re einfielt, sive
dexteritatem allegandi (S. S.) et in applicando accuratum iudicium, sive de
controversis etiam capitibus Christianae fidei conferendi vim facultatemque
consideres, (opp. lat. V, 803 ff.) unb fc^on 1591 na^m ber §of ju 3Rarburg näd) 85
Subloig« §eirat mit ®räfin 3Karia öon 9Ran«felb einen anbem ßfaralter an. S)od^ in
bemfelben '^ai)xt ftarb auc^ Äurfürft S^riftian öon ©ad^fen, unb toie feine unb Äangler
Ärcll« SRegierung frül^er bie fc^loäbifc^en Ideologen, Welche bort unter ^alob Slnbreö«
Seitung an bie ©teile ber $^ilij)j)iften gefegt Waren, ^ßol^Iar^) Setofer unb ®corg SR^liu«,
entfernt l^atte, fo machte je^t §erjog griebrid^ SBil^elm, ein ®niel be« ßonfeffor« Äur- 40
fürft 3»^ann griebric^, al« Slbminiftrator bon Äurfac^fcn Wieber bem Äanjler SreH unb
bem 6alöini«mu«, Wcld^en biefer eingeführt l^aben follte, ben ^rojefe, unb berief nad^ Se«
feitigung ber t)orgefunbenen3^^eologen Wieber bie ©(^Waben nai) SBittenberg, juerft®eorg9Jl^s
liu« t)on ^ena, Wenigften« auf einige 3cit, femer ^ol^far^) Se^fer, Welcher balb nac^^er in bie
3)re«bener Dberf^of^jrebigerftclte aufrüdrte, Wmig fl)äter Seonl^arb §ütter unb ©amuel .?»uber, 46
Welcher bamal« nad^ Slmt unb Sefenntni«(3.®.aBald^,SRcligion«ftr.b.lut^.Äird5^eI,©. 187—
188) auc^ ju ben SBürttembergern jäl^lte, unb fc^on früher 1592 aud^ §unniu«. 2)agegcn Wirb
bie Se^aujptung t)on Itlemanm©d^enf, 1. c. ©. 151 ff. (nac^ i^m öon ©triber unb 6reb*
ner Wieber^olt), §. fei t)on bem Sanbgrafen entlaffen Worbcn, burd^ ben t)on ibm bei*
gebrad^ten 93rief Säil^elm« (1- c. ©. 151 ff.) nic^t beftätigt, Wie benn SBill^elm« SSerfuc^e, 60
ben i^m im ^ödf>ften ®rabe mi^iebigen "Sl^eologen öon 3Jlarburg ju öerbrängen, fc^on
frül^er an bem SBiberftanbe SubWig« gefd^eitert Waren (§e))j)e i.e. II, ©.151 ff.). 3lo6)
1592 Würbe io- l>om Slbminiftrator mit^uge^ogen ju ber ^ifttation«Iommiffton, bie Äitr*
fad^fen bom 6alt)ini«mu« reinigen follte, unb bei Äonjipiemng be« neum Sefenntniffe«,
Weld^c«^ bcr öcr^og bei biefer ®elegenl^eit mtWerfen lieft, bm articuli visitatorii über 65
Slbenbma^l, ^erfon S^rifti, laufe unb ^räbeftination (3^^ J- 93. bei .^afe, libr. symbol.
eccl. evang. ©. 857—62), Wirb ^unniu« ber t)ome^mfte SKitarbeiter geWefm fein. Wie
er benn au^ 1593 bie betreffenben 2lrttfel unb bie gorbemng, fte gu unterfd^reiben, ber*
teibigt bat in : 2Biberlegung be« Salt)inifd^en 93üc^lein« — Wiber bie — bier 2lrtifel. ©0
Würbe Denn burd; biefe jWeite 93er)3flanjung Württcmbergifd^er Il^eologie nad^ ©ad^fen eo
458 ^unntttd Segt^titd
tütrffamcr afe burd^ bic crftc bic tiietanc^tl^onifci^e 3:rabttiou untcrbrücft. ^xix Scituitg
gleicher Steafttonen gegen cingebrunaencn ßafoiniömug tourbc ^unniu^ axi6) in anbcrc
beutfc^e ^Territorien berufen, toie mo^ ©d^Iefien jum ^er^oge ^ebric^ t)on Siegnt^. "^m
3a^r 1594 lie^ fic^ «Jp^og griebric^ SBil^etm t)on §unniuig felbft auf ben JReic^tag
6 nai) Slegen^burg begleiten, uno bort ein ©uta^ten au^ftetten, toelc^e^ bienen follte, bie
fd^on cntfte^enbe größere (Sinigung atter eöangelifc^en SRetd^^ftänbe 2)eutf(^lanbg unter
3With)irfung öon Äurvfalj toieber ju f))rengen, unb toorin §unniu^ au^fül^rte, ®emein=
fd^aft einiugel^en mit benen, toeld^e „fid^ allein ju ber geänberten 2lug^b. Äonfcjfion refe^
rieren unb jiel^en, toie l^eutigen S^age^ bie (Satoiniften tl^un" l^ei^e bie !3nt)ariata aufgeben
10 unb bie mit i^r ©inöerftanbenen ben Salbiniften nad^fe^en ; „bie ^apiften toürben befto^
Weniger ben SReligion^frieben ju l^alten ftd^ fc^ulbig erfennen, h)enn man anbere öer=
toorfene ©eften in bie gemeinfc^aftlic^e Sluggb. Äonfeffton unb ben barauf funbierten SRe-
UgioniSfrieben ^ie^en tooBe; aud^ tüürben burc^ biefen älftum bie ©atramenticrer in i^rer
gottlofen Seigre trefflic^ geftärft toerben, t)iel frommer ^erxen, toelc^c eine manifestam
15 separationem öon biefer fd^äblic^en ©efte toünfd^en unb poffen, toürben baburdj! I^öd^lic^
h^ttiXbt toerben", u. bgl. (^a^ ©d^reiben bei %, S). §äberlin, neueftc teutfdf^e 9lei(^ö=
gefd^ic^te Sb 19, p. XVIII ff. ögl. auc^ 93b 18, ©. 472).
©eine litterarifc^e i^ätigfeit toar jum guten leile ber ^olemif getoibmet. (Segen
bie Se^re Gatoing unb gegen ben au^cjei^netften ber bamaligen ^jfätgifcben "S^eologen
2«) richtete er fc^arfe ©treitfd^riften, toie Calvinus iudaizans, sive Judaicae glossae et
corniptelae in explicandis testimoniis S. S. de trinitate etc. 1593, Anti-Pareus
1594 unb Anti-Pareus alter 1599. Son ben lutl^erifd^en Ideologen [tritt er mit
S)antel §offmann über bie Ubiquität, mit feinem Kollegen ©amuel §ubcr über beffen
5!Keinung bon ber Slttgemein^eit ber göttlid^en ©nabentoal^l (f.b. 9l.$uber o. ©. 41 1). Ungetot^
25 ift, h)ie toeit er noc^ 1601 mit feinen ÄoDegen toegen be^ ©lorji^mu^ in einen Diffen^
gelommen fei; nac^ ben angaben feiner ©rben lönnen i^m bie nad^ feinem S^obe unter
feinem 9lamen herausgegebenen liefen gegen ben (SjorjiSmuS nid^t jugered^net toerben,
fonbem für eine bon Äurfürft ß^riftian II. öeranla^te ®iSfuffton über Slbfc^affung be«
@5orjigmuS l^atte er fic^ nur bie ©rünbe gegen benfelben aufgejeid^net, aber ungeh^ife gc-
3«» laffen, tpie toeit er biefen beiftimmte (bgl. opp. lat., tom. V praef. unb ^o^. 3KeId^ior
Äraft, ^iftorie öom ©jorciSmo, Hamburg 1750, ©. 539—75, befonberS ©. 559— ÜO).
Slud^ gegen latl^olifc^e Äird^e unb Ideologie ftritt er in ©d^riften über ben ^ajjft, über
ablafe unb Subelja^r u. a., ebenfo t)erfönlidi^ unb münblid^ im ^d^xt 1601 auf bcm
SHeligionggef^jräc^e ju Stegenöburg, too er f^c^ ate ben tbätigften DiSputator gegen bie
86 Sefuiten ©retfer unb Janner erh^ie« (t)gl. über jenes mic^^tige ©ef^jräd^ feine ©Triften,
befonberS feine relatio historica de habito nuper Ratisbonae colloquio 1602). 5Kit
2:anner fül^rte er ben ©treit aud^ nod^ in ©d^ri^en fort. 9Jon feinen übrigen ©d^riften
finb au^er jal^Ireid^en bogmatifd^en 3Jlonograt)^ien, bie in opp. lat.- tom. I ftd^ faft ^u
einer ^Dogmatil t)ereinigen, feine Kommentare ju (St)t). SKatt^äi unb 3»^<i""i^f ben paw-
40 Knifd^en ©riefen unb 1. ^oi), ju nennen, natürlid^ öon auSge))rägt bogmatifdf^er Haltung,
femer eine methodus eoncionandi, bie u. a. gegen bie toleranten ^iJJolititer baS 9ie^t
ber 5ßoIcmif auf ber Äanjel, boc^ innerf^alb getoiffer ©c^ranfen, t)ertritt unb an Dielen
Seifl)ielen erläutert loirb. (Snblid^ ^at er auq einige lateinifd^e biblijc^e 3)ramen t)erfa6t,
j. 93. 3ofe})^uS, comoedia sacra, „iu ©trafeburg öffentlich gejjjielet im ^ulio 1597"
45 unb bort auc^ 1597 mit öerftfijierten bcutfc^en Snl^altSanjeigen ber 9tlte gebrucft, toelc^i
Ic^tere, h)ie eS jc^eint, für bie beS Satein unfunbigen ^w^örer ate Prologe t)or jebem
eimelnen 2l!te t)orgetragen trurben. ^. ftarb am 4. 3H)ril 1603 ^u SBittenberg, noc^
nid^t 53 ^a\)xt alt, nac|bem er baS l^eil. ätbenbma^I genoffen unb bor feinen ÄoIIegen
erflärt ^atte, se confessionis suae et doctrinae ad tribunal Jesu Christi intre-
60 pide rationem redditurum. 9?on feinen ac^t Äinbem tourbe ber jtoeite ©o^n, öelf-
rid^ Ulrid^, geb. 1583, geft. 1636, im ^al^re 1613 ^rofeffor ber Siechte ju ©icfeen, 1625
bei ber Dffujjation 3Jlarburg« für 3)armftabt Sijefangler in 3)larburg, aber 1630 fat^o=
lifd^ unb furtrierifd^er Äan^leibireftor ; ber jüngfte ©obn, Stgibiu^, geb. 1591, geft. 1612,
tourbe ©uj)erintenbent ni 3lltenburg unb Dr. theol.; über ben britten ©of^n TOfoIau«
65 f. ben folgenben 3lrtifel.
$unniu^ ift ju feiner 3^^^ f^^^ entgegengefe^t beurteilt hjorben, je nacbbem ©egner
ober grcunbe fic^ über il^n geäußert l^aben. 2)er })fäljifc^e Ranjler ^uftu^ Sicuber fd;reibt
im "^aijXi 1587 an %xani ^ottomann: Ludovieus Landgravius, ubiquitarius sum-
mus, talis factus a dominante coniuge, quae a Hunnio theologo, pessimo
ÜO nebulone, regitur ; aber barauf \pxxd)i nur bie STbneigung gegen feine t^eologifd^e
^nnntitd ücstbtud ^ttntitni^, 92ttoIauS 459
©tcttung. 2)a0C0cu betounbcrten \^n Jcinc Äottegen unb nannte i^n ^o\), ©crlf^arb bcn
trcffltd^ften unter allen neueren 3:^eoIo9cn (®. 3K. Äönig, bibliotheca vetus et nova,
ailtorf 1678, ©. 418 \)qI %\), ßrentuö 1. c), unb 3o^. ©d^mtbt in ©trafeburg faßt in
einer SDlemorie bon il^m, ba^ er consensu omnium merito tertium a Luthero
locum obtinuit (§. iöSitte, memoriae theolog. ©. 934). 3)a« Urteil über i^n ift in 5
neuerer ^cxi befonber« öon §ej)pe ungünftig beeinflußt Sorben, ber freiKd^ am njenigften
geeignet toar, §unniu^ auc^ nur irgenbh>ie gerecht ju Serben. ®afe nennt eigentlid; nur
feinen 5?amen. 2lber e^ ift jiDeifello^, ba| §. ju ben bebeutenbften 3:^eoIogen feiner geit
gel^ört l^at. Fuit hie unus de praecipuis Theologis, qui Lutherani salutari
volunt, fo d^arafteriftert i^n 2lbant, unb .?)utter l^at i^m in feinem compendium (neben lo
Sutl^er imb jum 3:eil aWeland^t^on) bie ©^re anget^an, auö feinen ©d;riften ju fc^öpfen,
Wo bie f^mbolifc^en Sudler t)erfagen. S)e« naiveren ift §. ein ebenfo gelehrter unb fc^arf^
finniger aU rüiftdE^t^Iofer ^Bertreter ber toürttembergifc^en Srcnjfc^en S^peologie unb barum
befonberig ber Se^re Don ber SKajeftät unb 2lDgegenh)art bed ÜKenfd^en S^riftu^, fo jeboc^,
ba^ er (Smicbrigung unb Sr^öl^ung ettoaö ftrenger auöeinanber^ält (t)gl. ®. I^omaftu^, i6
ß^rifti ^erfon unb SBerf IP, ©. 419 ff.). 3)od^ f^at er aud^ in anberen Se^rftüdfen för^
bemb eingegriffen, unb man begegnet ba^er in ber folgenben 3)ogmatif ^äufig feinen ®e-
banfen unb SJormeln. ^""^^f^ ^^^ '^^ ^^^^^ ^^" ^^ ^^^'- ®^^f*^ '^^^ Slutorität fort
unb fort fo begrünbet h>trb, h)ie juerft t)on §. in feinem tractatus de maiestate, fide
autoritate et certitudine sacrae scripturael588 u. ö., toorin er ftd^ nad^ bem 93ors 20
toort an 3. Sren^, prooemium super libros biblicos, angejd^Ioffen ^at. ^Jemer ^at
toefentlic^ §. in feinen ©c^riften gegen §uber unb bie Sieformierten (befonberd artic. de
Providentia dei et aeterna praedestinatione 1596) bie ortl^oboje lutl^erifc^e Seigre
t)on ber ^räbeftination l^erau^earbeitet, inbem er an^ ^of). 2)ama«cenu^ bie Unterfc^ei^
bung jh>ifd^en voluntas antecedens unb consequens aufnahm unb ben ©lauben ateas
causa Instrumentalis ber (Srh)ä^Iung fa^te, bie nic^t eine absoluta, fonbem ordinata
fei. ferner fül^rt er bie Unterfd^eibung ber ftc^tbaren unb unftd^tbaren Äirc^e in bie lu«
t^erif^e Dogmatil ein: coetus visibilis vocatorum unb coetus invisibiHs prae-
destinatorum ad vitam aeternam (articulus de ecclesia vera 1591). ®ogmatifd^e
©elbftftänbigfeit jeigt er enblid^ in ber Seigre öom freien SQäillen (bgl. bie ©c^rift de ao
provid. unb art. de libero arbitrio 1597). ®r fud^t l^ier bie unnatürlichen Slefultote,
auf meiere bie lut^erifc^e Drtl^obojie burd^ i^re tJ<»ffw"0 *>^ 5ßrobIem« geraten toar,
einigermaßen ju forrigieren, inbem er bem Uniüiebergeborenen nic^t bloß bie äußerlid^e
^äl^igleit ®otte^ SBort ju ^ören u. a., fonbem ein Studium discendi in Sejug auf
bie ipeili^lüa^r^eit, ein generale desiderium ut salutis ita cognoscendae veritatis 35
jugefte^t, unb ()ierbei ^erfd^ieben^eiten annimmt, toonad^ einige toeniger fern feien bom
3lei4>e Sottet (ögl. S^r. G. Sut^arbt, 2)ie Se^re öom freien SBiDen 1863, ©. 285—88).
ßinft befragt, toie er ein fo großer i^eolog getoorben fei, ^at er geanttüortet: ex epi-
stulis Paulinis (nad^ 9ieumann 1. c). ®ine 9Konograt)l(|ie über i^n toäre immer nod^
eine banfen^merte Slufgabe. ($e«!e t) 3o^ott«e« Äiinse. 40
^unniuö, 9lifoIau^, 1585—1643, lutl^erifd^cr 3:F|eoIog. — Sitteratur: TOc^acI
8ir(f«, ^irtcnfd)ulc, b. i. 6{)riftUcf)e ^rebigt ooii breicriei .^irten, fieii^enprebigt auf 92il. §unn.,
iJübecf 1643; Sebaft. Wcler, oratio funebris etc. obgebnicft bei §. Söitte, memoriae theo-
logorum, Jvanffurt 1674, ©.580—014. SReldjfte Oiicfle : 6agp. ^eimirt) Starcf, 2)er — ©tabt
iiübccf, Ä!ird)enl)iftorie, 5. Xeil: unter bem ©uperint. 92if. 4)unn. ^ambiivfl 1724 (mit SBilb), 46
@. 741 ff., mit jafjlreic^en urliinblid)en ^Beilagen; 3^^. SJ^oüer, Cimbria literata 1744, tom.
II, e. 376-89; 92euefte, fürgfftltige Sonographie üon 2\xbtD. ^cücx, mtol. 4)unniu§, fein
ficbcn imbSirfcn. (Sin ^Beitrag jur Äird)engcfd)id)tc bcä 17. 3Qt)rft., größtenteils not^ ^anb*
fd)riftlidjen Ouellen, fiübccf 1843. 3)od) finb bie ftier t)dufig citicrten fiübecfev Sinifterialoften
in allem luefentlidjen bereits tjon ©tarc! ausgebeutet, lieber beS .Junn. ©cbriftcn f. biefelben 50
9lutoren; bei ©tarcf, ©.899—938 finb uiele elogia gefammelt. bei ^eOer iftr Sn^olt auSfü^r-
lid) angegeben unb manche fleine Irrtümer in ben früheren eingaben beridjtigt.
9litolau^ .^unniuS, ©ol^n be« ägibiuö §unniuS, toarb ju 5Karburg in §effen am
11. ^\xV\ 1585 geboren, ©(^on afe fünfi^ef^njä^riger Jüngling bejog er bie Uniöerfität
3Bittenberg, too er j^uerft ^^ilologie unb ^^ilofop^ie, bann 3:F|eoIogie ftubierte. 93on ber 66
bortigen j)^iIofoj)^if(|en gafultät unter bie 3a^I il^rer Stbjunften aufgenommen, begann er
1609 j)F)ilofop^ijc^e unb balb aud^ tl^eologifc^e 3}orIefungen ju galten. 2)ie entfd^iebene
2:üc^tigtcit, bie .<r)unniu^ in feinem SBirfen an ben 3:ag legte, beiüog ben Äurfürften ^Oi
^ann ®corg I. ^on Sad^fen, i^m 1612 bie ©u))erintenbentur jußilenburg ju übertragen.
3m fclben ^al)xc ertoarb er fic^ in Söittenberg bie tl^eologif^e ®ottorh)ürbe. 2)urc^ ge^ ao
460 ^tttttttttd, molaui
tpiffen^aftc ©rfüHung feiner 2tmtSt)fIid^ten ertoarb er fid^ in ©ilcnbur^ hau) bic aid^tung
feiner Oberen, bie Siebe feiner ©emeinbe. Sluc^ ^u feiner erften größeren litterorifc^en
arbeit fanb er ^ier bie nötige SWufee. ©ie erfqien 1614 ju SBittenbcrg: Ministerii
Lutherani divini adeoque legitim! demonstratio, Rob. Beilarmini, Tho. Staple-
5 toni, Greg, de Valentia, Jac. Gretseri et Henr. Lanceloti monachi (pkvagiaig
potissimum opposita unb geigte i^n ate einen getoanbten, tool^l gerüfteten unb mutigen
©treiter für ben göttlichen 93eruf be^ et)angelifci^en ^rebigtamte« gegenüber ben ©o})l^ifte::
reien ber fat^olif(|en ©egner.
3n SBittenberg toar unterbe^ Seon^arb .Mtter geftorben, unb 3ol^. @eorg I. berief
10 im 3a^re 1617 5RifoIau^ §unniuS an beffen ©teDe. 3)en alten 9luf ber SRed^tgläubigfeit,
ben bic Unitoerfität bi^^er genoffen ^atte, toollte ber Äurfürft i^r aud^^ femer bctoa^rt unb
ben Se^rbegriff ber lut^erifc^cn 5tir(^e bon il^r gegen bieg^inbe berfelben t)erteibigt iüiffen;
bagu glaubte er in §unniud ben rechten üKann gefunben j^u l^aben. 2)a^ afabemifc^e
SlBirfen berfelben, feine 5ßrcbigten unb bor allem feine ©d^riften beloiefen, ba^ man in
16 i^m ftd^ nid^t geirrt l^atte. 3n feinen ©c^riften polemiftertc er gunäc^ft gegen bie $a=
tnften. 3)er Sluguftiner §einrid^ Sancelot bon SKec^eln f^atte auf jene Demonstratio
Ministerii Lutherani eine (Entgegnung: Capistrum Hunnii seu Apolegeticus con-
tra illegitimam Missionem Ministrorum Lutheranorum, j^u 9lnth)ert)en 1617 er^
fd^einen laffen, infolge beren $unniu^ bad Capistrum Hunnio paratum Lanceloto
20 injectum, hoc est, evidens probatio, demonstratione Ministerii Lutherani di-
vini adeoque legitimi Henricum Lancelotum ita convictum et captum, ut ejus
fundamenta toto suo apologetico ne quidem tangere ausus fuerit, multo minus
subruere potuerit nod^ in bemfelben 3^1^^ ju SBittenberg ^erau^ab. ®iefc ©(^rif t unb
il^ Vorläufer, bie Demonstratio, galten lange für bie umfaffenbften unb grünblid^ften
26 arbeiten über biefen ©egenftanb. 5Rod^ 1708 fanb ©ottfrieb SBegner öon Äönig^^
berg bon beiben ©d^riften eine neue aufläge nötig. 2luc^ gegen bie ©ocinianer, beren
Seigre er nur afe SßJieberl^olung ber t)^otinianifd^en gif^ümer anfal^, })olemifierte §unniu^,
befonberö in bem Examen errorum Photinianorum ex verbo Dei institutum
. (Witebergae 1618, 1620), unb in einer fürjeren Slbl^anblung, unter bem *iEitel: Dis-
80 putatio theologica de Baptismi Sacramento Photinianis erroribus oppos., Wite-
bergae 1618. ©nblic^ beftritt §unniu^ mit großem ®ifer bieS^eologie ber ^f ogenannten
Sntfuftaften, bie tjomel^mlid^ in ben tl^eofo))l?if^en Slnftc^ten be^ %f)copf)xa\iu^ $aracelfu«
unb in ben ©d^riften be^ SSalentin SBeigel il^en ©tü|})unlt ^atte. Slu^er Heineren 3lb=
l^anblungen fe§te er biefer SRid^tung bie größere ©c^rift entgegen: „ß^ftlid^c Betrachtung
86 ber neuen 5ßaracelfifc^en unb SBeigelianifd^en I^eoloaie, barinnen burc^ toierje^n Urfad^en
ÄWfl^jrigt loirb, toarum ftd^ ein jeberß^rift bor berfeloen, algt)or einem fc^äblic^en ©eelen-
gifte, mit ^öd^ftem gleite i}\xUn unb borfe^cn fott", SßJittenberg 1622. Unter ben alten
Autores, „bon toelc^en bie neue Ideologie entft)rungen ift ober ^ergefommen fein foll",
crf^einen ate erfte: 3:i^oma« a Äem})i^, lauler unb bie beutfd^e Ideologie. 2)aburc^, bafe
40 ^unniug in biefer 2lrbeit jene entl^ufiaftifc^e 2!^eologie unberfölfd^t unb größtenteils mit
ben eigenen SBorten i^rer Url(ieber, inSbefonbere SBeigete, toiebergiebt, ^at bicfclbe nod^
einen geloiffen l^iftorif4)en SQSert bel^alten.
Ign SübedE toar 1622 baS .§au})tt)aftorat an ber ©t. aWariensÄird^e bafant geloorben;
^unniuS tourbe am 17. gebruar 1623 ju bemfelben berufen. (Sin borl^ergcgangeneS ©e«
46 fud^ beS lübcdRfd^en State« um i^n ioar bom Äurfürften ^o^ann ©corg I. nur unter ber
Sebingung getoöi^rt loorben : „baß, toenn §unniu« einft auf futfürftlid^en Uniberfitäten ober
fonft in fäd^ftfd^en Sanben bonnöten fein toürbe, er afebalb toieber bal^in folgen, auc^ ber
Slot bon SübedE i^n folgen laffen foDte". ©(^on im näc^ften ^oS^xc tourbe ^unniuS aud^
ba« aimt eine« ©ui)crintenbentcn ber Süberfif^en ittrd^c übertragen unb fein aBirfung«=
60 frei« bamit bebeutenb erweitert, ©elbft feft^altenb an bem Se^rbegriffe ber lutl^erifc^en
Ätrd^e, forgte er bafür, baß er in ber i^m anbertrauten S)iöcefe in feiner boUcn Sleinl^eit
erhalten tourbe. SBie in SBittenberg, fo toar e« auc^ in SübedE eine breifac^e ©c^ar bon
geinben, bon beren SBirfen er eine Beeinträchtigung ber l^enfd^enben Äird^e fürchtete,
nämlic^ junäc^ft einzelne ©c^loarmgeifter, bie auf i^ren oft ioeiten 3^9^" ^"c^ bie ©tabt
56 SübedE l^cimfud^ten; fobann bic Seifenner ber reformierten Se^rc, bic, bcfonbcr« afö ber
9lat, burc^ Jpanbeteintereffen beioogen, gegen tl^rc Slnftcbclung fid^ nac^fid^tigcr jcigte, in
immer größerer ßa^l in SübedE fid^ cinfanben, unb enblid^ bic ^a^jiftcn, bic aud^ in SübedE
Verlorene« toicbcr au geloinnen fuc^ten. ^\xx Untcrbrücfung ber gnt^ufiaftcn bereinigte
§unniu« bie 3)linifterien bon Sübedf, Hamburg unb Süneburg, ioclc^c feit ber 3Rittc be«
(io 16. ^al^l^unbert« öl« Ministerium tripolitanum in einer im ganzen nörblid^en Seutfd^^
^ttttttutd, 92iIoIaud 461
lanb cinflu^reidS^en, jeboc^ aHmäl^Hcl^ cttoa^ lodEcr gctoorbencn SSerbinbunQ geftanben Ratten,
aufg neue mitetnanber. Unter feinem 9Sorjt^e iüurbe t)on ©eiftlid^en ber brci genannten
©tobte ju aRöKn (Dom 26.-29. aWärj 1633) ein Äontoent geig^alten, befjen ergebni« ber
,,möttnifcl^e Slbfc^icb" fear (f. ©tarcf a. a. 0. ©. 977 f.), ber in elf fünften bic gegen
bie Umtriebe ber neuen 5ßro))^eten ju ergreifenben 5!Ra|regeIn be« näheren angab, ^un^ 6
niu^ berfafete im Stuftrage be^ Äonbentö gur ^ftigung in ber rec^^ten Se^re unb jur
SBamung gegen bie ©nt^uftaften itoei ©c^riften, nämlid^ : „5Rebber ©äc^ftfc^e« ^anbtboedt,
barinnen 1. be Sated^i^mu^. 2. ^p benftiltjen geric^tebe S3ibelf ^röle. 3. 3)e bomel[;mften
^falmen 2)at)ib^. 4. ©onbag«- bnbe i5eft-®t)angelia. 5. ^iftoria befe ß^ben« ß^rifti
t)nbe ber Serftöringe 3^wfalem. 6. 2)e gebrücfligefte Rerfengefänge. 7. ©am^Jt anbec^s lo
tige, )op allerlei 5?obt t)nbe Slnligen gerid^tebe ©ebete begrej)en ftnb", Sübecf 1633; ein
S3ud^, meiere« lange ^Ät ^inbur^ in 9iicberfad&fen ein faft f^mboUf^e« Slnfe^cn geno^;
unb „aiu^fü^rlic^cr Serid^t bon ber neuen $roj)|eten (bie ftc^ Erleuchtete, ©otte^elel^rte
unb Theosophos nennen) SRcIigion, Se^r unb ®lauben tc, Sübcdf 1634", 2. Slufl. bon
3. §. ^cuftfing, SBittcnberg 1708 u. b. %. Mataeologia fanatica. 3n Setreff ber 15
Sieformierten toar Äunniuö c^, ber bie t)on gol^ann 2)uräu« mit öielem (gifer auc^ in
SübedE angefteHten Semü^ungen jur 9lu^leic^ung ber Trennung gtoijc^en Sut^eranem unb
Steformierten bur(^auö vereitelte. 2)ie bon $unniu^ über biefe Angelegenheit für ben
SRat im 9lamen be^ SKinifterii, au^earbeitete ßrflärung, unter bem S^itel: Ministerii
ecclesiastici Lubecensis theologica Consideratio interpositionis, 8eu pacificato- ao
riae transactionis, inter religionem Lutheranam ex una, et Reformatam ex
altera parte profitentes, abs D. Johanne Duraeo, ecclesiaste Britanno, bis
temporibus tentatae, h)urbe bon feinem ^tpetten Slac^folger im 2lmte, ©amuel Sßoma«
riu«, im ^a^e 1677 in SübedE burdf^ ben a)rudt beröffentlid^t. Stüdfidfitlic^ ber Äot^o*
lilen berfolgte er beren SSerfud^e, in SübedE ^ßrofel^ten gu getoinnen, mit aller il^m ju 25
©ebote fte^cnben Äraft fogar unter Anrufung ber toeltlic^en SWa^t. ^m übrigen fudj^te
er nac^ allen ©eiten ^in in feinem SfiSirlungfi^freife religiöfe^ unb fird^lid^e^ Sebcn ju för*
bem unb ju lieben. 6r brad^te bic Applicatio individualis beim ©enuffe be« l^eiligen
aibenbma^lc« in Anregung; er bemül^te ftd^, bie in Abgang gefommenen Äatec^iömu««
©jamina toicberl^erjuftctlcn; er forberte ben 9lat auf, bem ©trafamte ber ©ciftlid^en bieao
frühere Au^bcl^nung unb Autorität toieberjugeben ; er fprad^ für bie geftl^altung ber ^ßa-
rodj^ialred^tc ber lübedEifd^en Äird^e ; er' f orgtc für ba« gebei^lic^e 93efte^en unb bie gtoedE«
mäßige 0ortbilbung ber ©c^ulen; er grünbete enbli^ ein SKinifterial^Arc^ib unb eine
SKiniftcrial'SBittocn:« unb SBaifen^Raffe. Aud^ über SübedE l^inau« Verbreitete fic^ ber Stuf
feiner 2^l^atfraft unb feiner Xüc^tigleit. 3)afür geugcn bie Vielfachen Anfragen, bie fo* 35
h)ol;l Von gangen Äori)orationen oJ« auc^ Von einzelnen in toi^tigen fällen au« allen
©egenben 2)eutfd;lanb« an il^n gerid^tet tourben. ^iefc auögejeid^netc Achtung Verbanfte
ipunniu«, ncbm feiner im Amte betoiefenen Umfid^t unb Äraft, gang befonber« ber au^
gebe^nten litterarifc^en 2^^ätigfeit, ber er auc^ in SübedE fic^ l(|ingab. ©inige feiner bort
gearbeiteten ©c^rif ten finb fc^on genannt. Unter ben übrigen ^at befonberö bie unter bem 40
litel: Aido}C€yig theologica de fundamental! dissensu doctrinae Evangelicae
Lutheranae et Calvinianae seu Reformatae. Cum praemissa consideratione
vnoxQioEü)g Calvinianae Dordrechtana Synodo proditae, gu SBittenberg 1626 er«
fc^ienene einen allgemein toiffenfc^aftlic^en SBert, infofenx auf fie bie lutl^erif^e Sl^eorie
Von ber Untcrfc^cibung funbamentaler unb nid^t=funbamentaler ©lauben^rtifel jurüdge^t ; 45
fie geno^ in biefer ^inftc^t ein faft f^mbolifd^e« Aufcl[;en (Vgl. ßaloV, de syncretismo
Callxti: approbatum id scriptum Hunnianum communi hactenus orthodoxo-
rum calculo, nähere« bei A. ^l^oludE, 3)ie lut^er. Seigre Von ben gunbamentalartileln
in ®tfc^e. 3eitfc^r. f. c^r. 9Biff. 1851, ©. 72—74).
Äcine feiner ©c^riften i)at jebod^ Von SübedE a\i^ feinen 5Ramen hjeiter getragen, olö so
bie bafelbft 1632 ebicrte: „Consultatio ober iüol^lmeinenbe« Sebcnfen, ob unb ivie bie
evangelifc^=lut^erifc^en Sirenen bie je^t fc^toebenben SReligion^ftreitigfeiten enttoeber frieblid^
beilegen ober burc^ c^riftlid^e unb bequeme 3Jlittel fortfteHen unb enbigen mögen." ^n
biefer ©c^rift, bie ©uftav Abolf Von ©c^hjeben unb gol^ann ©eorg I. Von ©ad^fen ge^
toibmet ift, giebt §unniu^ ben ^lan ju bem befannten Collegium irenicum ober paci- es
ficatorium, ba^ in ber geleierten SBelt nac^ i^m au^ Collegium Hunnianum benannt
ift unb getoiffermafecn einen ftänbigen tl^eologifc^en ©enat nur gur ^Prüfung unb ©d^lic^
tung aller cntftel^enben t^eologifd^en ©treitigteiten bilben follte. Unter ben bibaJtifd^en
©c^riften l^at bie „Epitome credendorum ober ^nl^alt d^riftlid^er Seigre, fo Viel einem
6l;riftcn bavon ju feiner ©eclen ©eligfeit ju toiffen unb ju glauben ^öc^ft nötig unb 60
462 $nttitiit0, !RtIoIau^ ^u^felb
nü^tid^ ift, an^ Sollet SBort bcrfafjct, SBittenbcrg 1625", in ncumcl^n Sluflagcn unb
au|erbem in einer ^ottänbtjci^en, fd^hjebifc^en, jjolnifd^en unb lateinifc^en Überfefeung bie
toeitefte SSerbreitung ^cfunben. 2)ie ©c^rift ift ein ^jo^julärer Unterrid^t im C^riftentume,
ebenfo au^ejeic^net tn ber Slnorbnimg, ate Ii^lt)oK in bcr ®nth)i(felung ber einzelnen
5 Seigren, überall mit großer ©orgfatt ftd^ auf ba« 3Bort ber ^eiligen ©d^rift grünbenb unb
gugleid^ bcn Se^rge^alt ber iDid^tigften, t)on ber lutJ^erifd^en Äir^e abmeic^enben Äird^en
imb ©eften berüdtftd^ligenb unb jjrüfenb, unb jtoar le^tercö in feF^r gemäßigtem Jone
ol^e §a^ unb 93itterfeit. ^m ^afycc 1844 ift ba^ Suc^ für bo^ amerifanifc^e 3Jliffton^-
feminar tn 9leuenbettel^u toieber gebrudt, in ber 3. aufläge (1870 bei Secf, 5?örblingen)
10 leidet überarbeitet. 9lu^ ber „Epitome credendonim" Verfertigte §unntug einen 3lu^s
gug, in fragen unb 2tnth}orten gefteHt, unb öenne^rt mit einem befonberen 2tbfd^nitt
,,bom gottfeligen Seben", unter bem litel : ,,9lnh)eifung jum redeten 6l(iriftentum für junge
unb einfältige Seute in §au^ unb ©c^ulen ju gebrauchen, au^ göttlid^em SBort gefteHt",
Sübecf 1637 unb 1643. S)iefe äntoeifung unb feine „Srllärung be« Äatedjii^mi D.2u^
16 tigert aug ben .^auptfj)rüd^en be^ göttlichen SBorte« gum Unterricht für junge unb ein^
fältige Seute gefteDt", SübedE 1627 bilbeten, toä^renb einer langen Slei^e bon 3«^^^"/ i"
bcn nieberen ©dj^ulen, öoruiglicj^ ber ©täbte be^ nörblid^en ®eutfc^lanb^, bie ©runblage
beö Unterrid^te« in ber Sieligion. §unniu« ftarb am 12. 2lpril 1643. ®ine feltene
Sled^tfd^affenf^eit unb Sieberleit ber ©efinnung, bie in tiefer, inniger SReligiofttät ihren
30 ®runb l)atU, ein offene^, unt)erftettte« SBefen, bem ©c^ein unb ^eucpelei auf ba^ Slußerftc
tjerl^aßt tüar, eine unerfc^ütterlid^e SReblid^feit, ber jebe^ irbifd^e ^"tereffe fem lag, ein
l^jli^e^, in toa^rer Siebe h>urjelnbe^ ffio^tooDen im ^amilienfceife, gegen feine ^eunbc
unb gegen bie armen, ba^ toar e«, toai tro^ aller feiner ort^obogen ©tarrl^eit unb Slb^
gefc^loffen^eit gegen Slnber^laubenbe bod^ alle feine S^^Ö^i^off en, bie i^m nä^er geftanben,
26 faft einftimmig il;m nad^rül^mten. S)od^ tvxü mit biefem Urteile (§eller^) ba^ minber
günftige Sl^oludE« Verglichen fein : feine Sriefe geben „feine irgenb erfreulid^e ausbeute für
feine geiftlic^e ß^aralteriftif" (2)er ®eift ber lut^er. 3:^eologen SBittenberg^ im 17. Sa^^l?-
1852, ©. 47). (ß. «eflcr t) 3o^ottiie8 Äimsc.
J>]i)ifdb, ^ermann (ß^riftian Äarl ^riebricb), ein ®elel(irtcr erften SRange^ unter
rflärem be« 313:^, toarb geboren 31.^JJläri 1796 ^u 3Jlarburg, ftarb 24.9l»)ril 1866
JU §alle. — Seine Selbftblograp^ic gab $). in bev ^cffifc^en ®eIcI)rtenge(ct)icöto von 3ufli
(«Nürburg 1831, @. 277—285. 832) unb ÖJevlanb (Ä'affel 1863, 8. 306—320), unb er l)attc
ha^ &lnd, in einem if)m fe^r naf)efte^cnben Sdjüler, Kollegen unb greunbe, bem feine veicften
©rieffammlungcn gii ®ebotc ftanbcn, einen üorjüglic^en ©iogrop^en ju finbcn, üqI. (£b. SRie{)m,
86 D. 4)ermann J^upjelb, Scbcnö» unb (It)avafterbilb cineiJ beutfc^cn ^rofeffovö, ^aüe 1867
(155 6. 8^).
Site ©rftgeborener eine^ ebangelifd^en 5ßfarrer^ unb einer loürttembergifc^cn ^rcbiger^^^
tod^ter, bie vom 2)örfc^en Dömberg bei ^olja^j^jel 1802 nac^ 3Jlelfungen Verfemt tourben
unb 1814 nad^ bem ebenfalls nieber^effxfd^en ©täbtd^en ©t)angenberg. Verlebte §uj)felb
40 feine erften ga^re im ©Item^aufc ju 2)ömberg unb ^Reifungen ; bie Vor ben fran^öfxfd^en
©olbaten ge^üd^tete SKutter f^atte i^n in feinem grofeväterlid^cn §aufe geboren unb toar
bann au^ ber Univerfxtät^ftabt in ba^ 3)orf i^re^ 5Dlanne^ jurüdtgefe^rt. 5?ad^bem §.
bcn erften Untenic^t bei feinem frommen unb geloiffen^aften SJater genoffen l)atU, bcr
einem milben SRationali^mu^ ^ulbigte, ivarb er, !aum 13 3<^^re alt, in bie ftrengere ©c^ulc
46 bed Sruberg feiner 3Wutter Vert)flanjt, be^ in einem toürttembergijd^en ®renjborf unn^eit
von ^eilbronn loirfenben ^farrerd M. ©igel, ber fid^ be« begabten SJeffen mit großer
Siebe annahm. §ier fa^ ftc^ ber lernbegierige Änabe au^ einem ja^lreid^en fireifc Von
Jefc^toiftern unb ®efj)ielen plöfelid^ in ein einfame^ Äämmerlein Verfemt, unb obtoo^l ber
unverheiratete, vielbefc^äftigte D^eim bie ©tubien in ben alten ©J)rad[>en, Steligion, Sogil 2C.
60 leitete unb übertoac^te, fanb ftd^ bod^ ip. ganj übertoiegenb auf feine ©elbftt^ätigJcit an-
gctviefen. 2)er (Sinflu^ biefer eigentümlichen örjie^ung^lveife auf §. toar ein großer, '^n
bcn jlvei arbeit^reid^cn 3^^^^f iveld^e er im §aufe feinet D^eimg jubrac^te, mar ber
junge Slutobibaft ein aufmerffamer unb fritifd^er Seobad^ter feineö ^n^^^^tn, ioie bc^ i^n
umgebenben SKenfd^enlebcnd getoorben. 2)abei ^atte ©igete ^IJietiiSmug ben Bößling/ ber
66 fi(6 fc^on bamate für ben ^rebigerberuf beftimmte, mit Segeifterung für \>a^ Sl^riftentum
erfüllt, fo bap er bie ®cfa^ren be« Sationaliömu«, ivelc^e i^m ber D^eim bei ber Ron=
firmation fdf)itberte, gerabeju Verachtete. Unter ben Übeln folgen ber einfeitigen Se^anb-
tung nennt .§. tro^ ber banfbaren Sln^änglid^Ieit, bie er immer bem D^eim afö feinem
jtvcitcn 3Jater bcma^rte, „namentlid^ ein unjeitige« unb unVcrl^ältni^mäf;ige^ Übergewicht
^tt^fdb 463
bcö fjjefulaliöen unb frittfc^cn SJermööeng bei gänjüd^er 9Seniaci^läJft0un0 ber ^oefic unb
©efc^id^te". Übrigen^ tvax §. fd^on fo tocit gcförbert, baft er na^ nur Vj^i&fyA^tm
Sejuc^ bcö .{^ergfelbcr ©^mnaftum^ Dftem 1813 bie l^cffxfcve Sanbeguntoerfttät SJlarburg
be}iel(^en lonnte.
afö stud. theol. h)ibmete fid^ 6ul>felb in 5Blarburfl 4'/, 3^^ ^^«0 «uf« eifriflfte 6
ben pl^iloloflifc^en unb t^cologifc^en ©tubien, bi« er fic^ im ^erbft 1817 bon ber t^eo^
loaifd^en galultät examinieren unb t)on ber })l^ilojoJ)l^ifci^en })romobieren liefe; bie ©oltor-
bijfertotion Animadversiones philologicae in Sophoclem erfc^ien 1817 ju SKarburg.
9Son feinen Se^rem fefielte i^n aufeer bem ^ß^ilologen 3)iffen unb bem $iftori!er SKJac^ler,
bie beibe SKarburg balb öerliefeen, befonber« ber e^riDürbigc ©upranoturalift Sfib.^ac.air- lo
noibi, $rof. ^rimariu^ ber 3:i^eoIogie, ein grunbgelel^rter ^ann, ben §. gu feinem gül^rer
in ber ©jegefe, befonber^ be^ WX^, iüö^lte, foh>ie im ©tubium ber arabifdj^cn unb f^ris
fd^en ©jjrac^e. ^n ber Ideologie lam ^. junäd^ft über eine jtoiejpältige ©teDung nid^t
l^inaug, benn toie Jel^r i^m a\x6) ba^ 6|rijtentum immer afe cme ^^ilojo^j^ie bon uner^
fc^öjjfliier %k^t erjd^ien, ber alle menfc^lid^e 5P^ilofot)^ie nid^tö anl^aben fönne, fo ängftig* le
ten bodp bie ©Jjuren be^ menfd^lic^en ^ragmati^mu^ in ben biblifc^en ©efd^id^ten unb
SReligion^ibeen feinen ©u})ranaturali^mu^ um fo me^r. 3)en SßJinter 1817/18 fe^te $.
im eitern^aufe ju ©^jangenberg feine arbeiten ru^ig fort. Dl^ne toegen feiner t^eologifd^en
©frut^el „unb au^ abergläubijd^en Sorftellungen t)on ben ©rforbemiffen gu einem afa*
bemifc^en Se^rer" an bie afabcmifc^e Saufba^n ju beuten, übernahm er bann bie mit ber 20
Slfftftenj beim erften reformierten ^rcbiger Sfearburg« belaftete ©teile bcö jtoeiten SMajor«
ber ©tipenbiatenanftalt, beren 3öflltng Jp. atö ©tubent getoefen toax. Slber bie 3Ser})fli(^s
tung, ettoa alle 14 läge px Jjrcbigen, raubte i^m bei feiner ©Iru))ulofttät unb ber Sang»
famfeit feiner fd^riftlid^en Slu^rbeitungen balb jegliche ß^t für feine toiffenfc^aftlic^n
©tubien, unb mit g^euben trat er im 3l))ril 1819 bie britte Se^rerfteHe am ©^mnafium 25
ju §anau an mit bem 3^itel eine^ ^rofeffowJ, obgleich feine ^«milie biefen ©c^ritt fel^r
bebauerte. 3)rei ga^re lang unterrid^tete nun §., ber babei faft ein einfxeblerleben fü^e,
in ber Religion, bem 3)eutfd^en, Sateinifc^en unb ©riec^ifd^en mit bem größten ®ifer unb
®rfolg, al^ feine erfc^ütterte ©efunb^eit il^n jum Slufgeben biefe« 2lmte« nötigte. 9Wit
ber ßufic^erung künftiger SBieberanfteBung entlaffen, lebte §. junäd^ft feiner ©efunb^eit ao
unb feierte im §erbft 1822 nac^ ©pangenberg jurüdt, unb fioax, ba^ toir mit feinen
eigenen ffiorten fortfal^ren, „um ^ier meine t^eologifd^en ©tubien toieber aufjunel^men
unb mid^ jur Übernahme eine« ^rebigtamte« borjuberciten. ®en Slnfang mad^te id^ nad^
meiner 2Beife mit bem Sllten ieftament. Äaum ^atte id^ biefe« ettoo« nö^er unb mit
umfaffenberem 93lidte in« 3luge gefaxt, al« id^ mit einemmale au« meinem bi«l^erigen 85
©d^hjanJen ju einer entfc^iebenen t^eologifc^en Überzeugung gelangte, o^ne burc^ ben er*
lannten menfd^lid^en S|iragmati«mu« je^t meine SRul^e geftört ju feigen. SJor meinen SlidEen
öffnete ftc^ ein l^iftorifc^er @nth)idEelung«gang religiöfer 3ibeen, beren 9Ser!ettung mit gleicher
3loth)enbigfeit ben menfc^lid^en ®eift be^errfd^enb, al« ob fie ilj^m übematürlid^ eingeflößt
iüären, ol^nc bod^ bie unt)crfennbare grei^eit feiner Seh>egung aufm^eben, ba« SBalten 40
be« göttlichen ©elfte« Derfünbigt, unb bem eth^a« ^efte« nnb ©eh^iffe« fud^enben ^erjen
einen If^inreidf^enben älnfer ber ©id^er^eit gegen bie SBiflfür be« menfc^lic^en SBa^n« bcuf«
bietet. 9Jun fanb i^ enblid^ meinen toa^ren iüiffenfc^aftlid^en SKittel^Junft, meine ur«
fprünglic^e Sebcnebeftimmung h>ieber, unb füllte beftimmt unb lebenbig ben bi«l^er öer«
mißten Seruf jum alabemif^en Se^ramt, fotoie ben aJlut, e« mir, e« lofte h)a« e« tootte, 45
in eningen, meine 9Jeigung nun junäd^ft auf bie orientalifc^scjcgetfic^e ©runblage ber
Xl^eologie fiEierenb".
Siac^bcm toir §. burc^ feine eigentlid^en ßnttoidEelunggjal^rc begleitet ^abcn, toeld^e
mit ©eiDinnung ber feften ©rJcnntni«, ba| unbefangene ^iftorifd^-fritifAe gorfc^ung unb
unerfd^ütterlic^er ©laube an ©otte« §eil«offenbarung jum beften ber wir^e jufammens 60
ge^en muffen, i^ren naturgemäßen 2lbfd^luß finben, h)oUen h)ir je^t ben jiemlic^ einfad^en
äußeren £eben«gang .§.« bi« ju 6nbe Verfolgen, bann betrachten, toa« er für feine gadj^«
toiffenfd^aft gearbeitet f^at, unb jd^ließlic^ einen SlidE auf bie lebl^afte leilna^me Werfen,
mit toelc^er er aUe gn^^^^ff^*^ ^^ »^" umgebenben ©emeinh>efen« verfolgte unb namentlich
in bie $8erl;anblung ber tirc^lid^en unb politifd^en ^agen öfter« burc^ 2lbgeben feine« 55
©utad^ten« eingriff. 3lad) r/ojälrigem ftiHen ©tubium burd^ ben lob be« SJater« au«
beut elterlid^en §aufe Vertrieben, ging §. 1824 nac^ $alle, um ftd^ unter ©efeniu«, ben
er al« ^l^ilologen ^oc^ad;tete, t)ouenb« au«5ubilben. 2)er SSerfe^r mit ©efeniu«, ber ben
leii!ograpl;ifc^en i^erfuc^en .sjujjfelb« Seifall fc^enfte, förberte unb ermunterte ben jungen
©elel;rtcn, fo baß er fic^ im September 1824 in ber J)l^ilojoj)^ifc^en gaJultät habilitierte &i
464 ^tt^fclb
unb im folQcnbcn 3Bintcr neben öffentlid^en aSorlefungen über l^ebräifc^c ©rammatif be-
jonbcr^ mit einer Slb^anblung über bie ät^io})ifci^e Bpxai^t befd^äftigte. ®rft nad^bem §.,
ber fic^ ate §efle in §alle nid^t galten liefe, aud) in bem geliebten SKarburg ein l^olbe^
^af)x lang 5ßribatbogent gehjefen, unb bann ^ier im ^erbft 1825 jum au^erorbentlid^en
5 ^rofeflor ber 2:^eologie ernannt iüorben toar, erfc^ienen bie fd^arfjtnnigenExercitationes
aethiopicae sive observationum criticarum ad emendandam rationem gram-
maticae Semiticae specimen primum (Seipjig 1825, 4*^), toetd^e i^ren gelehrten SSer^
fafjer fofort ben erften 3Reiftem ber 3^'^ öte ebenbürtigen gorfd^er an bie ©eite [teilten.
2Rit Beibehaltung be« t^eologifc^en ©jtraorbinariat^ tourbe §. im ^ü^ja^r 1827 nac^
10 bem Xobe % 5K. ^artmann^ beffen 9Jac^folger ate orbcntlid^er ^rofeffor ber orientalijc^en
©t)rad^en. §erbft 1830 \af) er fid^ auf 3Seranlaflung einc^ außtoärtigen Stufet and) in
ber 3:|;eologie jum orbcntli^en 5ßrofeffor in üJlarburg ernannt, unb bie nun folgenben
13 ^abx^, tocl^c .ö. nod^ in feinem engeren SSaterlanbe jubrac^te, toaren bie glüdElid^ften
feincö fieben«. Site fein juriftifc^er Äollege SidfeH 3Jlarburg t)erlaffen l)atk, tourbe §.
16 für ben älbgang biefe^ Äerjenöfreunbe^ überreid^ baburc^ entfc^äbigt, ba^ ibm im grü^s
jal^r 1832 in einer lod^ter feinet Kollegen ©uabebiffen, ^rofefforig ber ^^ilofo^jl^ie, ein
geliebte« SBeib ate „©d^u^cngel" jur ©eite trat. 3jm Saläre 1834 übeuafd^te i^n ®e=
fcniu«; atö S)elan ber t^eologifc^en ^hiltät ju §alle mit bem ß^rengcfd^enf bc« 3)oftor=
grabe«.
30 Dbiüol^l §. in feinen tl^eologifc^en $au))tborlefungen nic^t feiten über 40 gw^örcr
l^otte, locfte il;n bieäu^ftc^t auf einen größeren 2Birfung«Ireiö, fo bafe er imOftobcr 1843
oI« 9lad^folger öon ®efeniu« nac^ §alle überftebelte, too er beinahe ein Sierteljal^r^unbert
^inburc^ eine tiefeingrcifenbe SfiSirlfamfeit entfalten follte. Seiber mufete er bie isitp^an-
jung nac^ 5?orbbeutfd^lanb mit feinem „Seben^glüdE beja^len", ba er faum 3 3)lonate nad)
26 ber älnlunft in §alle fein „engelgleic^e« SBeib" burd^ ein SlerDenfiebcr toerlor unb fid^ mit
6 unmünbigen Äinbem allein fa^. Slber ^, fanb in §alle, toeld^e« eine größere 3;l?eo=
ügcnja^l befa^, ate irgenb eine anbere Unit)erfttät, ein reiche» gelb ju frud^tbarer SSirf^
famfeit, toenn er and) ben bon 3Jlarburg ^er getool^nten regelmäßigen unb au^bauemben
Scfuc^ ber SSorlefungen, toeld^en man in ^aUe t)iel toeniger Jannte, fc^merjlid^ vermißte
30 unb ba« foq)oratit)e afabemifc^e Seben 3Jlarburg« ben rmf)x bureaulratifd^en ^rcufeif^en
©inrid^tungen entfd^ieben borjog. 3"^ tJ^eube gereid^te e« i^m aud^, bafe in bem Berliner
33erufimg«fc^reiben auebrüdlid^^ feine freie ^iftorifd^-fritifc^e Slid^tung em)äl^nt unb aner-
lannt toar. Sil« greunb eine« lebenbigen biblifd^en ß^riftentum« unb geinb aller ®ott=
loftgfeit, ^ömmelci unb gw^^I^figfeit trat §. mit feiner aufrichtigen J)erfönlid^en gröm-
36 migfeit unb feinem lebhaften SBai^ri^eit«* unb 9lec^t«gefül;l ftet« mannhaft für bie ßr^al-
tung ober ^erftcHung gefunber Drbnunacn ein unb fear aud^ in ben trübften a:agen ber
3leaftion burd^ feine ftiUe afabemifc^e S^e^rt^ätigfeit, toelc^er er immer feine §au))t!raft
tüibmete, ein rüftiger iflitarbeiter an ber ^erbeifül^rung befjerer Suftönbe. ©eine ä^^örer,
bie loirllid^ ^ntereffe für bie ©ad^c l^atten, mußte ^., obgleid^ fein Vortrag äußerlich nic^t
40 anjicl^enb toar, in ^o^em ®rabe ju feffeln bur^ bie Älarl(ieit, ®rünblid^feit unb ß^rlic^feit
feiner ebenfo geifttjottcn al« gelehrten älu«einanberfej^ungen, unb er l^at fe^r Dielen ju
einer für ba« 9leid^ ®otte« fegen«reic^en @r!enntni« bc« 213^« ber^elfen bürfen. SlHers
bing« brachten e« einige 3flat)en«berger ®eiftlic^e über fic^(t?gl. .§au«rat^,©traußll,©.338),
im iperbft 1865 namentlich §. al« einen (Jjegeten, ber ba« %% n\d)t al« göttliche Offene
46 barung bel^anble, beim 5!ultu«mimfter ju benunjieren. Slber §. tonnte mit leichter 3)lü^c
biefe 93efd^ulbigung, toeld^e gegen i^n unb ben (befonbcr« auf ben SBunfc^ t)on §., ber
na^ SRöbiger« älbgang eine loeitere tl^cologifc^ gebilbete Sel^rfraft nötig fanb, nac§ .^aHe
berufenen) ©jtraorbinariu« für bie altteftamentli^en gäd^er gerid^tet h>ar, bur^ eine gc-
meinjam mitD.Sliel^m erlaffene ßrllärung al« eine Unmal^rl^eit jurüdthjeifen. 2)ie§engften=
60 bergifd^e Äird^enjcitung fud^te im S^^w^^ 1866 ^^^^^^ i^ fc^üren; jeboc^ bie gefamtc
^allenfer g^^'tät, 3:9oludf unb % 3)iüller eingefc^lofjen, toie« ben Singriff gebü^renb ab
unb bezeugte für aDe ®lieber ber ^lultät ungeachtet ber Serfd^ieben^eit il^rer inbiDibueßen
©tanbjjunite ba« Sefenntni« ju ber geoffenbarten c^riftlid^en .t>eil«toal^r^eit unb ben in
tl^r iüurjelnben er^ltenben $rinjij)ien in Äird^c unb ©taat al« eine offcnfunbige "ifyiU
66fac^e (t)gl. ^rot. A3 1865, Bp. 918. 1094 f.; 1866, ©J). 267 ff.). 2)ie« 3eugni« toiegt
um fo fc^toerer, al« <q. n\d)i (bgl. SRie^m« §., ©. 87 ff., 139 f., 126 f.) gleich feinen
JtoHegcn ber fogenannten 3Jermittlung«tl^eologie angel^örte. Salb follte §., ber nod^ im
SBäinterfemefter 1865/66 mit ungefc^ioäc^ter 5lraft gelefen l^atte, aDem Äampf unb ©treit
cntl^oben fein, ba er am (Snbe ber Dfterferien nad^ hirjer Rrant^eit burc^ einen ®e^im=
60 fd^lag Joeggerafft lourbe. I^olud l^iclt ii^m über Offenb. 14, 13 bie Seic^cnrcbe.
3Ba^ nunbie fac^gelc^rtcu Jc^riftftelterifci^cnSeiftungen betrifft, fo bcfennt
§. om Sd^Iufe feiner 33iograt)^ie (togl. SRie^m, ©. 133), bafe feine toiffenfd^aftlic^e I^ätigfeit bei
i^rer 2tuSbel^nun0 auf toeit au^einanberliegenbe ®ebiete unb aug ÜKangel an ©elbft«
be^errfc^ung fe^r ber ^lanmäfeigJeit entbel^rt l^abe; unb ba feine 9latur nur fc^toer gu
einer öffentlichen 3)arftettun0 gelange, fo l^obe er bi^^er me^r 3Konograt)^ien unb gteid^fam 6
®eIegenbeit<ofd^riften — in ber gorm t)on Slb^anbtungen unb Programmen — ate eigent-
lid^e Öüd^er (mie bie Duetten ber ©enefx^ unb ba« 2Berf über bie $falmen) ^ert)orgcbrad^t.
©eine Hoffnung, e« toerbe i^m bie Slu^fü^rung einiger größerer arbeiten jur ^^Icform ber
altteftamentlic^en SBiffenfd^aft nod^ gelingen, tourbe leiber burd^ ben balb eintretenben 2^ob
juni^te gemacht. Slber unter ben fielen ©d^riften §.«, beren SSerjeid^ni« in ber -©elbfts lo
biogra^j^ie über 5 ©eiten füttt, fmb jo ga^Ireid(>e unb faft burd^toeg l^öc^ft toertDottc Sei*
träge jur görberuna feiner gad^iüiffcnfc^aft, ba| mir ber l^ier gemattete Slaum laum eine
t)ottftänbige Slufjö^lung berfelben erlaubt, unb id^ ben Sejer für bie genauere ßl^araftes
riftif auf ba« Urteil Slie^m« (©. 74 ff., 120 ff.), bem ic^ in otten .^paujjtfad^en juftimme,
t)erh)eifen mu^. 2)ic eigentümtid^e Iejifograt)l^ifd^e üJlet^obe §.«, ber ft>of)l ber ©c^attnadj^s 15
al^mung gu gro^e Sebeutung jufc^rieb, ift bargelegt in ber Comment. de emendanda
ratione lexicographiae Semiticae, 9)larburg 1827, foiüie in ber ßritfd^rift für bie
Äunbe be« Slorgentanbe«, Sb III (©öttingcn 1840), ©. 394 ff., IV, ©. 139 ff. 3[m
©tubium ber ©rammatil, iüclc^er $. eine J)^vrioIogtfc^e ©runblage ju geben fud^te, be-
fc^äftigten il^n befonber« bie ®efe^e ber Sautbilbung unb Sautumh)anblung, ber ©ilben- 20
unb SBortbilbung unb ber Setonung. 6« ift fel^r ju bebauem, ba« §.« „2lu«fü^rlic^e
l^ebräifc^e ©rammatif", beren erfte 5 Sogen fd^on im '^a^xc 1828 gebrudft iüurben, auf
ba« ^Drängen be« SJerleger« l^in, nur um 3 Sogen öerme^rt, ju Äoffel 1841 blo^ in ben
attererften Anfängen erfc^iencn ift. S)iefe bon einer ©c^rifttafel begleiteten 128 ©eiten
bringen al« 1. fiicferung be« 1. Slbfd^nitte« be« 1. leite« bie ©c^riftlel^re noc^ nic^t ein^Qs
mal t)ottftänbtg; §§ 1—6 be« immerhin toertbotten Sruc^ftüdEe« ^anbeln einleitung«n)eife
bon ber ^ebräifdj^en ©prad^e unb ©t)rac^le^re, §§ 7-24 öon ben ©d^riftjeid^en unb ben
Sauten, bie fxe bebeuten. dagegen l)ai §. fotgenbe in ba« grammatifd^e ®ebiet ein^
fd^lagenbe Slrbeiten t)eroffentlid^t : eine Slcjenfxon be« t)orbereitenben Steile« (Sautlel^rc) bon
©oalb« 1827 erfc^ienener „Ärit. ®rammatif ber l^ebräifc^en ©})ra(^e" im§ermc«,SbXXXI, ao
.§. 1 ; femer 2lb$anblungen „Über bie 3:i?eorie ober bie Duetten unb ©runbfä^e ber f)^
bräifd^en ©rammatif" in ben S£:^©tÄ, 1828, §. 3; „«on ber 9latur unb ben «rten ber
©})rad^laute, al« ^jj^^potogifc^e ©runbtage ber ©rammatil" in ^ai^ni ^a\)xb. für $l(|ilol.
unb $äbag., 1829, ^. 4; „©Vjtem ber ©emitifd^en 3)cmonftratit)bilbung unb ber bamit
jufammcnl^ängenben ^}ronominal= unb ^^Jartifelbilbung" in ber 3^i^f^^if^ fii^ ^i<J Hunbc 86
be« 3Jlorgcnlanbe« II (1838), ©. 124 ff., 427 ff.; „3ur ©efc^ic^te ber jübifc^en epta^'-
forfc^ung" in ber §attefd^en 2it.=3tg., 1848, 3lx. 199 ff. unb „2)a« jloiefac^e ©runbgefe^
be«5R^Vt"^w^ unbSlccent«, ober ba« SSer^ältni« be« r^^tmifd^en mm logifd;en ^rinji^
ber menfd^lic^en ©J)rad^melobie. S^x Einleitung in ba« §ebr. älccentf^ftem" in 3bm® VI
(2ei))5ig 1852), ©.153 ff.; enblic^ al« felbftftänbig gu §atte in 4** erfc^ienenc afabemifd^e 40
©elegen^eit«f4riften De rei grammaticae apud Judaeos initiis antiquissimisque
scriptoribus (1846) unb Commentatio de antiquioribus apud Judaeos accen-
tuum scriptoribus. Partie. I, 1846; II, 1847.
©erabeju epod^emac^cnb marcn ^.« unter bem 2itel „Rritifd^e Beleuchtung einiger
bunfeln unb mifeüerftanbenen ©tetten ber altteftamentlid^cn le^tgefd^id^te" in ben 3:i^StÄ 40
(1830, ip. 2 bi« 4; 1837, «d- 4) Veröffentlichten großen 3lb^anblungen, beren ©rgebniffe
faft fämtlid^ attgemeinc älnerfennung gefunben ^aben. Äurj üor feinem 2^obe unterfuc^te
fy. bie auf ber §aflefd^en Unit?erfität«bibliot^ef befinblid^e iüic^tige .C^anbfcl^rift ber großen
äRafora, toelc^e t?iel üottftänbiger ift, al« ber toon gren«borff benu^te ^arifer Äobej; unter
ber äluffd^rift „Über eine bi«^er unbefannt gebliebene §anbfd^rift ber 9Jlafora" tourben w
biefe legten nod^ nid^t ganj abgefc^loffenen ©tubien §.« burd^ feinen ©d^üler 6b. 33ilmar
(3bm© 1867, ©. 201 ff.) jum 2)rucf beförbert. ©rofeen Seifatt, aber and) meine« grad^ten«
(t)gl. 3:^©tÄ 1871, ©. 346 ff.) begrünbeten SÖSiberfjjruc^ fanb bie noc^ in SRarburg t)er^
fa^te ©c^rift ,,Über Begriff unb 2Wctl^obe ber fogenannten biblifc^en Einleitung, nebft
einer Überfid^t ihrer ©efd^id^te unb Sitteratur" (SDJarburg 1844), ju melc^er .f>. fpäter 55
(Stl^StÄ 1861, §. 1) einen 3lac^trag lieferte. 35ie in ber beutf^ien 3eitfc^rift für d^rift^
lic^e 3i5iffcn|c^aft u. f. to. (»erlin 1850, 'ilx. 35 ff.) öeröffentlid^tc älb^anblung über ,,3)ic
©tettung unb öebeutung be« Sudf^e« io'xob im 311. nad^ feinem bibaftifc^en unb brama-
tifd;en Gbaratter" ift toeit n)erti)otter, al« bie ejegetifc^c Sefprec^ung t)on jtoölf furjen
©tetten jene« Suc^e« (Quaestionum in Jobeidos locos vexatos speeimeu, Halis 60
9Iea(=(^itct)riopäbie für X^eoIoflU unb SeiK^e. 3. «. Vi II. 30
466 ^it^fclb
1853, 4"). 2?icr Dfter})rogrammc \d)mb §. über bic ^cbraifd^cn gcftc (.Chatte 1851. 1852.
1858. 1865, 4**), nämlic^ Commentatio de primitiva et vera festorum apud He-
braeos ratione ex legum Mosaicarum varietate enienda. Part. I (de Exodi
legibus et vera praesertim ritus Paschalis ratione). Part. II (de festorum orbe
5 in caeteris Pentateuchi libris obvio). Part. III (de anni Sabbathici et Jobelei
ratione), tüorauf ben äbjd^Iufe bilbete bie Commentatio qua festorum memoriae
apud rerum Hebraicarum scriptores cum legibus Mosaicis collatae exami-
nantur. 3" "^^ l^öl^crcm ®rabc möd^te ic^ bcm ?5uc^c „2)ic DucUen ber ©cneft^ unb
bie 2lrt i^rer 3wfö»"»^^f^w"0^ öon neuem unterfuc^t, 93erlin 1853", bleibenben SßJert
10 jufc^reiben; eö ertouc^^ auö 2luffä|en, bie abfa|h>eijc (in 4mal je 3 "Jammern) im ^Qi)X'
gang 1853 ber genannten beutfd^en 3^itj^# erfc^tenen, unb ift ebenfo toic^tig burd^ bie
©etoifjenl^aftigfeit ber gorfc^ung unb bie ani) bem änfänger in bie Singen f^jringenbe
Strenge i^rer 5Uiet^obe, ate burd^ bie gewonnenen fe^r belangreid^en ®rgebniffe. Über,?).^
Hafft^e« §am)th)erf, „3)ie 5ßfalmen, überfe^t unb angelegt, ©oti^a 1855 h\^ 1861"
16(4 93be in 2. Sluflage herausgegeben t)on D. (Sb.Sliel^m, 1867—1871) fann tc^ nur auf
bie au^ejeid^nete Seurteilung bei SRiel^m (ip., ©. 127 ff.) t)ertt)eifen. %\xx bie britte 3luf=
läge ift §.g ^falmenfommentor in jtoei ftarfen Sänben {&oti}a 1888) t)on SBilf^elm 310=
tüai bearbeitet toorbcn; bgl. meine änjeige in ben %i}BtR 1888, ©.561—581, toonad^
bie t)erbienftlicl^e britte Sluflage eine fo tüeit greifenbe Umarbeitung ber frül^cren ift, ba^
20 man, um §u))felb^ unb Slie^mS Eigentum genau ju erlennen, bie erfte unb jtoeite auf-
läge ju dlati jiel^cn mufe. Site berbefjerter Slbbrurf auS bem Slugufti^eft öom ga^rgang
1861 ber beutfd^en 3ritfd^rift erfc^ien bie gegen ben ®rlanger Sipeologen .sjofmann unb
feine ^eunbe ^olemifterenbe Slbl^anblung „2)ie heutige tl^eofo^jl^ifc^e ober m^tl^ologifc^e
3:i^eologie unb ©d^rifterflärung ; ein Seitrag gur Rriti! berfelben" (Serlin 1861, fl. 4"),
25 bon ber auc^ eine fc^led^te englifd^e Überfe|ung egiftiert. ©c^lie^tic^ ift noc^ eine Weniger
toid^tige Slbl^anblung „3)ie toJ)ogra})^ifci^e ©treitfrage über ^erufalem, namentlich hk'AxQa
unb ben Sauf ber jtoeiten SRauer beS gofejj^u«, öom SISC au« beleuchtet" (^bm® 1861,
©. 185 ff.) unb ber fd^öne Heine Sluffaft „2)ie $olitif ber ^rot)l(ieten beSSl^g" (JJeuc ct).Ä3
1862, 9Jr. 22) ju ertoä^nen. Sin ben tjerfd^iebenften ©teilen ^at §., ber gleich feinem
90 t|^eologtfd(ien ^eunbe be 3&tttt eine öorftd^tige negative Äritit ber l^^jot^efenreic^en pofx-
tit)en Äritif eineS §ifeig tjor^og, fiJrbemb in bie (Sntiüicfelung ber 2Biffenfci(>aft eingegriffen,
unb feinem großen $falmenlommentare öerbanft bie altteftamentlic^e gorfc^ung eine faft
(t)gl. ©menb in ©tabe« 3«tfci^rift 1888, ©. 57 f.) anerwärt« banfbar anerfannte güUc
frud^tbarer ©rörterungen.
86 Slu^erorbentlic^ t)iel 3^^ wnb Kraft l^at §. auf 3)inge öerloenbet, bie ^War au^er^
^alb feinet näd^ften 33erufeS lagen, ju berat Sel^anblung er ftc^ aber burd^ fein lebhafte«
Sntereffc am 2Bo^l unb SBel^c be« i^n umgebenbcn ©emetntoefen« geWiffenS^alber ge^
trieben füllte. 3^ übergcl^e feine t)iel{^c^en, nic^t immer mit (Srfolg gefrönten Se^
mti^ungen jur §ebung ber Unit)crfität«juftänbe(bgl. bie afabem.SKonatSfd^rift 1850,
10©. 346 ff.; 1851, ©. 22 ff., 53 ff.) unb bie ja^lreic^en, immer mit feinem 9Jamen be=
Sid^neten jjolitifcben Sluffö^e unb3citung«artifel, in benen er, ber h)ie^unbe«l^agen(bgl.
ie^m, ©. 57. 106) bic 9let)olution öor^ertjerfünbigte, gegen falfd^en Siberaliömuö unb
iuc^tlofe Slnarc^ie für bie ^i^k ^ei^eit unb gefe^lic^e Drbnung fämj)fte unb au(^ öer^
•lenbeten Slegierungen feinen* fräftigen ©lauben an ba« iHec^t unb beffen ^eiligfeit unb
46 SKac^t einju))flangen fud^te. dagegen mufe ic^ au|er bem aruie^enben Seben^bilbe be«
ü^m nal^c befreunbeten Sremer ©eiftlid^en (D. gricbrid^ ÜRallet, ©in Silb jur erinnerung,
gejeic^nct öon Dr. ,^i4)felb,35remen 1865), h)cl^e«§.« lefete t)on i^m felbft Veröffentlichte
Arbeit ift, in aUerÄürje noc^ fein toieberl^olte« eingreifen in bie firc^lid^en 3^^^=
fragen ertoäbnen. 2)a finben h)ir v. S. ioie er fic^ 1837 in bie umfaffenbften ^^mno^
60 logifd^cn ©tubien Vertiefte, al« ba« SRinifterium ein ©utad^ten über ben Snthjurf eine«
neuen ©efangbuc^e« für bie ^rovinj .^anau Verlangt ^atte ; ba §. ba« in allen ^nftanjcn
fd^on gebilligte 35ud^, j|u beffen ®infül^rung auc^ ber 9Jlinifter fel^r geneigt h)ar, in feiner
24 33ogen ftarfen, aber ungebrudft gebliebenen 2)entfd^rift für „unenblic^ fd^lec^ter" al«
ba« im öebraud^ befinblic^e (Sefangbuc^ erflärte, fo t>a^ „eine gemiffen^afte unb e^r=
66 liebenbe SRegierung" an feine (ginfü^rung nid^t benfen bürfe, fo blieb auc^ mirflidj! bic
5ßroVin5 §anau mit biefem rationaliftifc^cn 3Jlac^h)crf berfd^ont. (Jbenfo mannl^aft, aber
mit toenig Srfolg, fc^ricb §. in ©emeinfd^aft mit 93idfell „Über bie SRcform ber pxoU^
ftantifd^cn Äirc^enverfaffung, in befonbercr 33ejie^ung auf Äur^effen" (3Jlarburg 1831). 2)icfe
bem beffifc^en Sanbtag eingereichte SorfteHung bat um bic (ginfübrung einer freien ^re«=
Gobi;tcrial= unb ©i;nobalt)crfaffung unb fud^te unter Betonung ber biblifc^cn (Snmblebrcn
^ittifelb $itfd|tc 467
btc Äird^c bcn ©d^tpanlungcn bcr gelehrten 2^eoIomc gegenüber unabhängig ju [teilen.
3)afe e^ §. emftli^ um ben inneren Slufbau ber ftirc^e auf t)ofxtit?cn ©runblagen ju
t^un fei, geigte aud^ fein ,,®utac^ten über bie SRed^tmäfeigleit unb Slat^Jamfeit frommer
^ribatgemeinfc^aftcn unb ^ujammenfünfte" (2)armftäbter 3lug. .Rird^enxett., 1837, 3lr. 29 ff.)
unb feine nü^Iic^e Slu^abe ber Augustana (2)ie Se^rartifel ber aiug^burgifd^en Ron- 5
feffion. 9laci^ ber erften Slu^abe SKelanc^tl^on«, nebft ber SSorrcbc Sut^erö jum SSrief an
bie Slömer, ^erau^egeben, üRarburg 1840), an toeld^e ftd^ eine JReil^e gemcinfa^id^er Sluf^^
fä^e gur Serftänbigung über berfannte c^riftlid^e ©runbleF^ren ober lir^Iid^e ®inrid^tungcn
im ipanauer Äirc^enboten (S^^Sltgang 1840. 1841) anfc^Iofjen, t)gl. SRiel^m, ©. 65—73.
%id) in §alle betüal^rte §. allen firc^tid^en ^a^tn ftetö ba« lebl^aftefte 3i«t^^^ffc unb lo
gab j. 93. ©utac^ten ob „über bie beabftc^ttgtc ©rünbung eines beutf^en Äirc^enbunbeö"
unb „über bie ©inleitung ber bet)orfte^enbcn Ümgeftaltung ber ct)angeli}c^en Äirc^en^
berfajfung in ^reu^en" (iBoIfeblatt für ©tabt unb Sanb, 1849, 5Rr. 44. 46). ®« fam
ber toijfenfc^aftlic^en 3:^ätigfeit §.S jugute, bafe er \päitt ate „ein trauember, ftummer,
aber fcineStoegS teilna^mlofer 3^9^ ^^ Slealtion" all feine Straft auf bie gelehrten 2lr* i6
beiten fonjentrierte. §.S ganjeS SBirlen aber geugt t)on ber betounberungStoürbigen SBa^r-
^afttgleit unb Sauterteit feinet ß^arafter«. 3)urc^ feine treue Slügc tüar er oft „ein ettoa«
befd^hjerlid^er ^eunb", h)ie eS il^m anbererfeitS nid^t fc^tper fiel (t)gl. ®eli^fd^, ^falmen,
£etj)jjig 1867, SSonebe), ein erfannteS Unrecht einjugefte^en. 2)er fromme ©elel^rte burftc
t)on ftc^ fagen (9lie^m©.143): „3Bal^rl^aft gu fein ift immer mein ©treben geiüefen, 20
unb ein ehrlicher 2Rann gu bleiben unter ben ©rimaffen biefer SBelt, ^at mir für baS
böd^fte £ob gegolten". «bolf tam^^anfett.
^ttfdlfc, ©eorg $^ili))») Sbuarb, geft. 1886. — OucIIcn: @teffen<J, Ma^
i(ft erlebie". ^nx 3uöeut)gcfdjidjic: ©reoe im „Äirdjenblatt" uon 1884; gclbner. „^ie 5öer*
Öanbluugcn bcr ßommiffion ^ux Erörterung ber ^^ßrin^ipicn bcr Äirt^enücrfaffung", loclcftc in 25
Berlin üom 26. 6cpt. bi« 3. Oft. 1861 ftattgcfunbcn, nad) bcn rcoib. ftenogrop^if(^cn 9luf-
jcit^nungcn", ^atte (^etcrfcn)1860; ^^agcl, „3Biber 3Bangcinann", Sottbu« 1882; bcvf., ^3öangc»
mannj(^c ©efdji^täfdjreibung", fieipjig, 9'?aumann, lö82; bcrf., „3)le Errettung bcr lutt).
Äirdjc in ?5reu6cn" ; bcrf., ,,^ic ei»angel..lutö. 5fird[)c in ^rcußcn unb bcr Staat", ©tuttgort
1869; S»cinfcnö, Wcldllor uon 3)icpcnbroc!, fictpjig 1881, S. H33, (^uf ^ufcf)fc§ S^crbienft 80
umÄircftcn* unb E^crcdjt lüctft bcr ^anonift @d)ulte ftin in bcr ©djrift: ,,(öcfd)id)tc bcrOucücn
unb bcrSitteralur bc« Iononi|d)cn 9tcd)t«, «b III, 1880, ©.241 jc/'). Ucberfidjt bcr©*riften
^ufd)fc§ bis 1841 aiiSfü^rUd) bei ^ioroacf. UcbrigcnS muß lö^ufigcr auf bie )öioflvapt)icn in
Äont)crfationS' unb (äJcIcörtcn ficjifcn tjcrtoicfcn werben, luoiu id) baS ©(filcfifdic ©d)vift«
ftcücr-ficjifon t»on 9?oioacf rechne. 85
©eorg '^l^xlxpp ©buarb §ufd^fe hjurbe ben 26. 3uni 1801 ju SKünben geboren. Der SSater
Wax Kaufmann, bie ^auSfrau, eine gebome SBüftenfelb, fd^enfte i^m jh>ei ©öbne. ßbuarb
füax ber jünafte. 2)aS §auS toax begütert. a)ie Äontinentalfjjerre t)eranlafete eS, bafe bie
SBJaren beS ^BinnenlanbeS ben SBeg über 3Wünben unb fo bie SBefer ^inab nac^ Sremen
fuc^ten. ®er Sater jog inbeS, in fieserer 3Sorau«fw^t, ba^ biefe Vorteile nur fe^r öor= 40
überge^enbe fein bürften, fein Vermögen auS bem ©efc^äft unb laufte baS ©ut ifölferS^
Raufen bei efd^toege.
§ier h)U(^S ®buarb §ufc^Ie auf, bis er ben ©c^ulunterrid^t ju3Jlünbcn befuc^tc, ber
fe^r bebenflic^er Strt gehjefen fein mufe. ©oüiel ^atte ber Änabe tnbeS enblid^ bod^ ge=
lernt, baft er auf bem ©^mnaftum in ©ot^a, toeld^eS er nun bcjog, ber 3h)cite in 46
lertia tourbe.
ßS fam bie 3^it ber (Sr^ebung beS SSolfeS, nadf^bem 5?ai)oleon flüchtig auSSHu^lanb
h)id^. 3)ie ©Vmnafiaften tourben bewaffnet unb eingeübt. SBenigftenS tonnten fte, unb
$ufd^fe nic^t am menigften, baju l^elfen, bafe burc^jie^enbe, bon bcn granjofen ge*
fangene ^reu^en mit ben nötigen ÄleibungSftücfen toerfe^en iüurben, um fo i^re gluckt so
möglid^ ju machen.
3?on ©ot^a ging ©buarb §ufd^Ie ^ur Älofterfc^ule ^Ifelb im §arj. 35ort ftubierte
er bier ^a^re. §ier legte er bie ^unbamente für eine folibe ©ele^rfamfeit. 6r lernte
namentlich bie griec^ifd^en Iragifer fc^ä^en. 3Son iDbipuS S^^rannoS fertigte er eine me^
trifdf^e Überfe^ung. ßr badete bamalS baran, ^^ilologie gu ftubieren. Den Äonfirmanbens 65
Unterricht erteilte i^m ber alte ©ui)erintenbent 5Roi$f^, ein ©eiftlid^er nod^ ber jjietiftifd^cn
©d^ule, \)oü ernfter ^ömmigfeit.
^m 3al?rc 1817 ging ipufc^fe nad^ ©öttingen.
Die ^uriftenfafultät ^atte bie ^reiSaufgabe geftetlt: „De pignore nominis, ejus
natura et effectu, speciatim an et quo effectu sub hypotheca generali nomina eo
30*
468 ^ttfdllc
quoque comprehensa sint". §ufc^fc löfte bic 9lufgabc burd^ eine Peinige Strbeit unb
erhielt bie jurifttfc^e 2)oftorh)ürbe.
3la6) Serlin, tüo^in ^ufd^fc bon ©öltingen au^ ging, 509 i^n befonber^ ©aöignt^;
er blieb md)t lange l^ier.
6 2lte 5ßnt)atbocent in ©öttingen erhielt er ben 9luf einer orbentlid^en ^rofeffur in
Sloftodt.
3n ©öttingen l^atte er über Sieben ßicero^, über @a\n^ unb SRed^t^efd^id^lItci^e^ ge-
legen. 3n SRoftod, h)o er an ®fc^enbac^« ©teile trat, toarb er jugleic^ üJlilglicb be^
©jjrud^JoHegium^. §ier traten i^m auc^ bie größten oller fragen näl(ier. 6r trat in
10 ba^ Heiligtum unb toarb ergriffen. 3)ie §eifelebre toarb i^m lebenbiger Sefi^.
®ben öon einer toiifenj^aftlid^en SReije nacp 5ßari^, foh)ie burd^ ^ollanb unb ©ng^
lanb jurücfgefe^rt, erhielt er einen 9luf nac^ Sre^Iau; e« tüar 1827. (Sr nal^m il^n an
unb l^ot Sre^lau nid^t lüieber toerlafjen. §uf^fe erl^telt bafelbft eine ^rofeffur für römi=
fd^eö Stecht, ©d^on am 25. 9?oöember be^ folgenben ^al^re« erl^ielt er t)on ber })^ilo=
16 foj)l[;ifd^en gaJultät bie 3)oftorh)ürbe honoris causa. @r belleibete feit 1832 toieberl^olt
ba^ 3le!torat unb h)urbe Drbinoriu^ be^ ©prud^follegium^.
2)ie ©tubien be« römifc^en Siedet« erfd^ienen Sreölau 1830 Sb I, bie SSerfaffung
be« Jtönig« ©erötu« SCuDiu^, §eibelb. 1838, ®aiu«, Seitr. jur ßritif u. j. SJerftänbn. f.
Snftitut., Seipj. 1855.
20 $ufd^fe ^at „unfterblid^e SSerbienfte um bie Jlritif ber römifd^en SRed^t^queHen". 3Ran
^ot ^ter bie „Jurisprudentiae Antejustinianae reliquiae'^ treidle 1886 ju fiei^^ig
in fünfter Siuflage erfd^ienen, bor allem in^ 2luge gu faffen.
2llle biefe arbeiten geben 3^0"^^ bon einer au^erorbentlic^en linguiftifc^en unb
grammatifd^en ©d^ulung, bie fic^ in bottftänbiger 3)urd^bringung ber lateinifd^en ©prac^c
26 bis in i^re feinften SBenbungen unb Sejiel^ungen hinein jeigt. Sllle jene u. a. juriftijd^en
arbeiten, unb baju gei^ören bie ja^Ireicpen Seiträge für bielübinger „gal^rbüdjer" fotoic
für Siebter« „Äritifc^e S^^rbüd^er für beutfc^e Slec^tiJtoiffenf^aft" — alle bofumentieren
jugleid^ eine feltene ©enauigfeit, einen gerlegenben ©d^arffinn, eine ööDige 3)urd^bringung
beS t)orliegenbeS ©toffeS.
80 §aben toir ^ufdjfe auf baS ®ebiet feiner toiffenfd^aftlid^en arbeiten ju folgen nid^t
um^in gefonnt, fo treten toir nun berjenigen ©eite nä|er, bie eS nol^elegt, fein 33ilb einer
9lealenc^fIo})äbie für ))roteftantifc^e Ideologie unb Äird^e einzufügen, ^m '^al)xc 1850
federte i^n ja bie ^Jalultät Erlangen auc^ jum 3)oftor ber Ideologie.
SBoHen ioir ^ufd^feS fird^Kc^eS SSerbienft toürbigen, fo muffen loir foIgenbeiS er=
86 toägen.
Sut^er h)u|te fel^r iool^l, loarum er bie ©ammlung fold^er, „ioelc^e mit ®mft ß^riften
fein lootten", niit boUjiel^en lonnte. 6r toufete eö, toieloo^I er, überloiegenb et^ifc^er
unb nid^t gefc^idptlidi^er 9?atur, mit 5Rotbifc^öfen jufrieben gu fein ftc^loolf^l beioogen finben
lonnte. @r loufete eS, benn eg beftimmte fd^^on bie gefamte lulturlid^e Sage be« Sanbe^
40 unb eines SSolfö, toelc^eS, feinen gürften nur ju oft blinblingS f olgenb, rol^ unb in breiter
2Roffe aus bem $a})fttum überlommen toar, unb, loeil nic^t tnbitoibualifiert, ju 3:rägem
eines Äird^entumS aud^ bann nic^t gemacht loerben fonnte, loenn „bie großen §anfen"
ni^t geloefen ioären. 3)ie beiben ©c^loerter ioaren im öffentlichen ®enfen fo toenig ge^
trennt, gutS^ unb lanbeSl^errlic^e ©eric^tSbarfeit fpielten in jebem ber unjä^Iigen Keinen
46 rcid^Sunmittelbaren Territorien unterfd^iebSloS für ©eiftlid^eS unb SBelttic^cS eine fo burd^=
greifenbe SRoDe, ba^ für irgenb eine ^Religionsfreiheit irgenb einer ßonfeffion lein
Slaum ioar.
SRaum unb Siecht toarb erft breil^unbert ^af^x^ f})äter unb unter §ufc^feS ma^t)oIler
Seitung erläm^jft.
60 Rann man fid^, toaS in 3)eutfd^lanb aDerbingS fc^toerer ift, als in 9lorbamerifa,
©d^otttanb unb SöafliS, ju ber Slnfd^auung ermannen, bafe eine itirc^engeftalt, auc^ beutfc^er
Slcformation, in ßrfc^einung treten fönnte, toelc^e, ber 5ßflegfd^aft ober bem ^rudfe Ion-
ftitutioneUer dürften ober SSerfaffungen entnommen, buri^auS auf bie in il^r felbft rul;ens
ben 5Ka(^tmittel angeloiefen ift, fo mu^ junäc^ft eine ^öd^ft ioid^tigc ^^age auftreten, bie
G5 tJtage ber ^Regierung unb SJerfaffung. SBo ift nac^ ©runbfäfeen unferer S3efenntnif|e unb
unferer ^Dogmatil bie Autorität für ein fold^eS unabhängiges kird^entoefcn innerhalb beS=
felben ju finben V Rann biefer Äirc^enförper baS, toaS früher ber ©taat \i)m leiftete, auS
fid^ jelbft nun ^erauSfe^en, fann er bie bem ©taat nac^ bent SluSbrudE ^iebric^ 3öil-
^elmS IV. fo lange in Äommiffxon gegebene bifc^öflic^e ©eloalt auf eigenem Soben loieber-
eol^erftellen?
^ttf^le 469
3)ic3 atfo bic gro^c ^ragc. 3lntlüortct man mit: ^a, fagt man, bic Ätrd^e lann
fcftc^ 9legtment aud ft^ ^erau^(e|en, nun (o tft bie ^erfteUung etne^ Jtirc^cnförperd t>on
einer ü)läc^tigfeit möglich, ba^ er ©tättc lebenbigen unb mannigfaltigen in i^m freifenben
Seben^ \v\xh, unb ein fommenbeö ©efc^Ied^t eruel^en lann. 9lnttoortet man mit: 5Rein,
nun jo fmb nur inbe})enbente ©cmeinben möglid^, bie, feften Slegiment« über bem ^ßa« 6
ftorat cntbe^renb, enblid^ in @nge unb ©infeitigleit bebeutung^Io« jtc^ berlieren tüerben.
©ta^t, aSilmar u. a. erlanuten bie Scottoenbigleit bifd^öflic^en ^Regiment« für bie
3ulunft ber Äird^e innerhalb ber inbit)ibualirxerenben Äulturentiüidelung unb anttoorteten
mit: 3«. ©ie antworteten in ber Xl^eorie. ^ufd^Ie anttoortete in 3;^eorie unb 5ßraji§.
@r (öfte bie für bie 3u^u^f^ ^^ lut^erifc^en Aird^e bebeutenbfte ^^age. lo
§ufc^fe h)arb in Sre^Iau unmittelbar in bie t)raltifci^e ©eite ber©ac^e gefüi^rt. 33^o*
lud ^atte i^n an ^rofeffor ©c^eibel getoiefen.
^er itdnig ^cdit bie Union angeorbnet. ©d^eibel trat bagegen auf. ^ufd^Ie al^
§annoberaner fd^on, ebenfo toie ©teffen^ al^ 5Rortoeger, bem lutl^erifc^cn Selemttni^ an^
ge^örenb, fte Weigerten fxä), in ba^ neue ftaatlid^e Rirc^entum, fo too^Imeinenb e« gebadet i6
fein mod^te, mit einzutreten. @^ entftanb bie belannte Setoegung. 3)ie ber lut^erifc^cn
Äirc^e beö Sanbe^ treu ßwg^t^anen erlannten bie neue unierte S3e^örbe nid^t an. ®^
entftanb bie unabhängige luti^erifdbe %d^e, unb §uf(^Ie, ber Serteibiger i^rer Siedete, trat
an bie ©J)i^e iJ^rcö OberlirdbenloUeg^.
SBead^ten n?ir nun bie ^nfd^auung, t)on h)eld^er aud er formen l^alf unb n>e(d^e bie ao
erfa^rung ii^m ate bic richtige, ber Rxxö)^ beutfd^er Sieformation entfjprec^enbe, aufnötigte.
©0 fe^r §ufc6Ie auf ba^ ©d^rifttoort jurüdEgriff, eö toar bod^ eine tiefe unb bej^err»
fc^cnbe })^iIofo))l^ijd9e ©runbanfc^auung, toeld^c i^m ben Segriff ber Äird^e lonftruierte.
$örcn toir il^n barüber.
„^\xm SQSefen eine« 3)inge« gei^ört, toa« ju feinem Segriff, b. 1^. jur Erfüllung ber 26
göttlichen ^bee, nad^ ber e« gefd^affen ift, gel^ört, unb infofem aud^ nottoenbig ift. ®ott
fc^fft aber nid^t blo^ ba« esse, fonbem and) (tl^eologifd^ au^ebrüdtt) bad bene esse
(1 aWt 1, 31), b. f}. n\i)t blofe baö jur ©liftenj be« 35ingeö fd^Iec^t^in 5Rottoenbige h>ie
303efentlic^e, fonbem aud^ ba« 5Rü$lid^e ober mittelbar Jlottoenbige, j. 8. im 2Renf4en
nid^t blo^ Seib unb ©eele, Äoj)f unb §erj, fonbem aud^ §änbe unb gü^e u. f. to. (opne 80
toel^e ein 5Kenfd^ aud^ fein lann), in ber Ätrc^e nfd)i blofe toa« jum ©eligtoerbm not«
toenbig (necessarium), fonbem aud^ toa« baju nü^e (opus) ift (31® 20, 29). SSer*
toec^felt man nun biefe beiben Segriffe be« SBefentlid^cn ober Siotiücnbigm, fo entfte^m
bie folgeniüid^tigftm Irrtümer. 5RammtIid^ ift ba« Argument, bieJlirc^e lönne bo^ o^ne
Slirc^enregiment ober o^ne ba« (bauembe) 9(mt (mit bm bloßen ^nftionm bon 9Bort 85
unb ©aframent) aud^ befte^en (nämlic^ in einem berfrü})t)eltm guftanbe), be^^alb fei le^
tere« nid^t toefentlid^ ober nic^t juris divini, nid^t beffer al« ba« : §anb imb gufe feim
bem SRmfc^en nic^t loefmtlid^ unb nic^t juris divini (^ier: nic^t öon ©Ott gefd^affm),
toeil auc^ ein StiiJapptl lebm fann". (35ie ftreittgm Se|^en 2c., Seij)gig 1863 ©. 89.)
®« ift alfo bie tooHe ßrfaffung ber 3bee be« Drgani^mu«, bie §ujc^fe auszeichnet. 40
Unb t)on biefem ©cftc^t^unft au« bmft er über Äirc^e unb i^re SluSgeftaltung.
2)a« ^olgenbc loirb un« bie Ideologie §ufd^Ie« Ilar mac^m.
^mn ni(|t unertoä^nt laffm möd^tm ioir ^ier bie bebeutfame Slb^anblung: „2Bort
unb ©alrammte biegaftoren berÄirc^e", tocld^e, gefc^riebm SßJei^nac^ten 1847, im ^al}xt
1849 in 313:^Ä erfc^ien. 46
„(£« ift lange ^txi hergebracht getoefen — foat §ufdble barin — SßJort unb ©aira«
mente in t^rer Sebeutung für bie Äirc^e nur ate H^nn^M^m berfelben (notae ecclesiae)
ZU faffen. — ^n leugnm ift nid^t, ba| man bei Betrachtung biefer ©eite berfelbm mel^r
ba« Snbibibuum, alö bie Äirc^e im Sluge l^atte". Unb nun jeigt ber Serf. mit S)eli|f<^
auf einer ©teile t)on 2luguftin (Gloss. ord. ad Job. 19, 34. Serm. 218) m^enb, 60
ba^ bie ©nabenmittel „au^ bie lird^enbilbmbm 9Käc^tc" feien. SßJie bie ©ofeamente
„ba« Icibgetoorbene, in finnlid^er Sejie^ung feft auS^eftoItete SBort fmb, fo boHmbm fie
aud^ erft bie SinDerleibung be« 5Wenf(^m in bm Seib ß^rifti". §ierau« folgt bann für
§ufc^fe, ba^ bie Äirc^e augSburgifd^m Selenntnifje« „bie t)oDe unberlümmerte ^immlifc^e
Sciblicbteit" Icf^rt, „bie fte, fo lange fte treu ift, ebmfo fe^r t)or innerer Sertoeltlid^ung 65
toic t)or äußerem älufge^m in ben DrganiSmu« be« irbifc^m ©taat« fd^ü|t".
3Jlad^en tvix öon ^ler au« bie Slnh^enbung auf bie bon §ufd^fe mttoorfme Drbnimg
ber cbangcl.=lut^. ßirc^c in ^reu^m, fo ift für fte ba« Untcrfd^eibmbe : ba« autoritative
Äirc^enregimmt. 6« ift bom §erm berÄirc^e, bie fidj> organifd^ toerfaffm foH, jugebad^t.
3)ic« Äirc^enregiment bom §erm für bie Äirc^e alfo geftiftet, leitet divino jure, unb eo
470 $itfd»fe
man l)at \i)m nac^ bem Dicrtcn Ocbot ju gc^orfamcn, fcIbftöcrftänbKd; fo lange c^ nid;t^
gegen ©otte^ SßJort tl^ut. S)te^ Äird^enregiment übt bicjenigen ^nftionen, bie int apo-
ftolijc^en Slmt befc^Ioflcn iDaren, unb toel^e für eine größere ©ejamt^eit Don (Semeinben
gu üben göttlicher 2BiDe ift. dagegen ift e« humani juris nad^ Jeiner äußeren irbifd^en
5 (Srjci^einunö unb ©nttüicfelung, iüeld^e ber ©efc^id^te überlafjen bleibt. Db bic^ Slegiment
baö eineö Sifc^of^ ift, ober burd^ ein ßoHeg au^eübt toirb, bie^, loie bie älrt ber 3"=
fammenfc^ung biefe^ Golleg«, ift menfd^Iic^en Sled^t^.
%nx §ufc^!e toar fefter ©runbfak: „®ie Autorität ber Äirc^e (3Kc 18, 17) aU be^
2eibe^, babon G^riftu^, ber Url^eber ber Smter, ba^ ^^^ ^P' ""^ folglid^ be^ Saue^
10 ber SSerfaffung Don Oben unb nid^t in bemofratifc^er SBeife, ober nad^ ben ©runbfö^en
be« ßollegialf^ftem«, Don Unten". (Streitige Seigren ©. 8).
Über bieö jus divinum be^ Äirc^enregiment^ ^at fic^ ^ufc^fe auf einer berliner
Äonferenj im Dftober 1861, an toelc^er aud^ 3)eli$fd^, Ralj^ni^ unb Don 3^3f^*^^^ ^^il^'
nahmen, hirj unb Ilar fo au^efproc^en : „6^ ift nic^t etn^a^ SBiQtürlic^e^, ßufällige^,
16 fonbem ettoaö ber Äirc^e 5Rottoenbige^, ein Jtird^cnrcgiment ju l^aben.
§ören toir aber nun, toie §ufc^fe bie Slblöfung Don ber Sanbe^Iirc^e auffaßte.
2)er Jlron))rinj toünfc^tc ben Verfolgungen ein ®nbe gemacht. Steffen« mufete a}or=
f daläge an öufd^fe fenben. 3)iefer, e« toar 1836, antwortete. S)ie änttoort ift bejeic^-
nenb. „©outen h)ir unferm ^immlifd^en König Weniger Ireue fc^utben, ate einem irbif^enV
20 SKürben Wir nid^t unfere biöl^erige Äird^e, bie un^ geboren unb erjogen l^at, Derad^ten,
ba« ^iftorifd^e ä3anb, Weld^e« und in ununterbrod^ener ^olge Don ©efd^lec^t ^u @efc^lec^t
mit ben ©rünbem unfere« ©laubcn« unb burd^ biefe toieber mit ber a>)oftolif(^en Äirc^c
Dereint, ^errei^en?"
3Wan fte|t ben Weiten 33lid für gefc^id^tlic^e Kontinuität, ©ie War unb ftanb unge^
26 brocken. 3)enn bie lut^erifc^e Rird^ „l^at fxi) n\6)t Dom Sanbe lodgefagt, fonbem ba«
Sanb Don il^r", fc^rieb ^ufc^Ie an Steffen«.
@r fl)rac^ e« öffentlich au«, bafe „ba« SeWufetfein, ein ©lieb ber Wahren fic^tbaren
Äird^e ju fein, ben ©egen mit ftc^ bringt, aütn ©tolj feltiererifc^er unb fejjaratiftifc^er
äbgefd^loffenl^eit au« bem $enen Derbannen, mit freier Siebe, aue auc^ bie Derberbteften
ao 3h?eigc ber ß^rifteni^eit, umfaffen ju fönnen".
3c^ benfe, l^ier ift lein fleinlic^ fej)aratiftifd^er ®eift, fonbern immer ber grofee 33lidf
auf bie Äirc^e im ganzen.
Unb, f^en Wir bmju: ber ed^t tonferDatiDe 3ug.
3Ran l^at ^ufc^Ie Wie ©^eibel DorgeWorfen, "Srennung Don ber £anbe«!irc^e fei
36 i^nen lenbenj gcWefen, um gewiffe gbeole a^oftolifc^er SSerfaffung jur 3lu«fü^rung bringen
3U lönnen.
^ören Wir §ufd^fe barüber. „2Bie Sut^er unb ben ©einigen ber ©ebanfe an ba«
blo^e £o«trennen Dom ^ßa^jfttum, beffen SSerlel^rtl^eit er übrigen« einfal^, imSlnfang feine«
Äamjjfe« fem lag, unb fte nur burd^ ba« geft^alten am ©Dangelium bagu gebrängt
40 würben, f o backte auc^ ©c^^eibcl mit feinen ®moffm beim ^erannal^en ber Union«gefa^r nic^t
mtfemt an ein abftrafte« SlbWerfen be« lanbe«^errlid^en. Wiewohl in feinem oberften 3:räger
frembgläubigen Äirc^enregiment«, ba« aber boA in bem £anbe«fonfiftorium noc^ in bi«-
^eriger Steife au«geübt Würbe, unb bamit aud^ nid^t an ein 9lu«ge^m au« ber Sanbc«^
lircbe. 311« aber mit ber befo^lmcn ®infül^mng ber unierten Slgenbe unb bem wenigftcu«
46 tl^atfäd^lic^en eingeben be« gefamtm Rird^enregiment«, ber t^eologifd^en ?falultäten, ja
aucb be« ^^Jaftorat« unb ber ©emeinben fclbft in bie fog. neubelebte eDangelifc^e Sanbe«-
lirc^e, bem bi«l^er nad^ feiner Äonfeffion gefonbert beftel^enben Sut^ertum ürc^lict; fein
Staum me^r gelaffm unb bamit bie 2 Äo G, 14ff. Dorau«gefe^tm Sebingungen be« ®e-
bot« au«5ugel^m unb ftc^ abjufonbem Wörtlich eingetretm War, ba blieb i^nen feine anbere
60 gewiffen^afte 2öa^l, al« lirc^lidS; 9Biberftanb ju leiften, unb al« xi^x fird^lic^e« Derbrieftc«
Siecht i^nm bauemb DerWeigert Würbe, e« bur(^ Sluel^arrm im 93efenntni« i^re« ©laubm«
5u erfämpfm". ©o in feiner älb^anblung „£anbe«firc^e unb greifirc^e in 3f3iJ£ 1881, ©.401).
Übrigen« l}at 3- 5iagel bm SeWei« unfere« ©rächten« au« ben 2tftm unb ®rflärungen
§ufcbfe« DöUig genügenb geführt, bafe man nie föniglic^e Stnerbietungen jurüdtgeWiefen
66 l)at, um geWiffm 3Jcrfaffung«ibealen nac^jul^ängen.
.'oufc^fe erfannte aUe mit fird^lic^er JJeubilbung gegebmen ©efabrm Dollfonnnen.
Sticht« fc^eute er me^r al« feftiererifc^e 6nge, Weld^e gerabe auf üyerfaf[ung«formm ben
meiftm 2Bert legt.
211« er ba« SSorWort für bie ^u Deröffentlid[>enben Sefc^lüffe ber ©eneralf^nobc Don
ö) 1841 fc^rieb, fagte er barin, bie 2)ireItion Dorjeic(|nenb :
^u^dfit 471
„^ixxd) ®ottc^ unDcrbicntc ®nabc fmb toir, bcni Sric^tfinn, bcm 3"t^iff<^<^ttömug
unb bcr 3^PoRenf;eit biefcr ^dt in ©laubcnöfac^en gegenüber, um ein fefte^ Sefenntni«
gefc^art, toeld^e« unjere glieblic^e ©emeinfc^aft mit ber too^^ren a))oftoIifc^en Äirdf^e oller
3;a^r^unbertc unb oller Sönber befunbet. — Sofet un« borum feftl;alten on biefem Se*
fenntniffe unb bog SBort ber SBol^r^eit, fodd)^ toir befennen gleid^ unferen (Sloubengs 6
Dätem, für ben oHerl^öc^ften ©c^o^ odf^ten, o^ne ben oHc menfc^üc^en ßinridf^tungen, fo
tpelfc unb ^eilfom fie Jonft auc^ fein mögen, nur toenig ou^ric^ten. — %^\m h)ir biefe«,
fo toerben toir ouc^ )oox ben ©efo^ren betoo^rt bleiben, toelc^en Keinere religiöfe ®emein=
f4>aften fo ^öufig verfallen finb, burc^ Überfd^ö^ung i^rer eigentümlichen gottfcligen ©im
ridj^tungen fid^ bünlen ju loffen, ote toären fie tttoa^ Seffere^, ote i^re ©loubenöbrüber, lo
bei benen biefe nid^t befielen, unb burc^ engl^erjige 3wrüctjie]^ung ouf ftdff felbft ben
Segen ju öertümmern, ber im lebenbigcn 3wföw^"^««^öW0c mit bem großen ^anm ber
magren c^riftlid^en Sirene ollen gefunben 3h>ci0^« be^felben sufliefet".
3n biefem Sinne fd^rieb er in bem befonnten ©rief an Steffenig (bei 9iagel „35ie
eöongeI.4ut^. Jtirc^e in ^reufeen" S. 161). i6
ßiner ber ©runbgebonfen §ufc^Ie« toor, toie er fogt: möglic^ft bo« l^iftorifc^ §er=
gebrockte feftju^olten, unb e^ nur mit ben neuen Ser^öltniffen ber ®egenU)ort nod^ bem
®efid^tgj)unft in ©inflong ju fe^en, boft teiU ben ®oben unb Äräften, toeld^e ber §err
fc^enfte, bie freiefte Setoegung in löblid9er Drbnung jur ©rbouung be^ gongen iJeibe^ ge^
fid^ert toürbe, teitö noc^ bem 9BegfoD ber bii^l^erigen ouf bie Stoot^utoritot geftü^ten ao
irbifd^en Se^örben bo« SSerfoffung^eböube ouf bem ®runbe ber Seigre in ftc^ felbft burd{>
einonber gegenfeitig fid^ ftü^enbe Sollen unb Streben ben nötigen inneren §oIt belöme"
(Streitige Se^ren 2c. S. 6).
^vi\d)U tüor in biefer Sejie^ung ein 3Jlonn ber ^iftorifc^en Sd^ule. So blicfte er
nomentlic^ gern in ben Stblouf ber ®efc^ic^te. 25
2)er ©jeget ber 3l|)ofol^})fe toirb fic^ immer gern be« Seitrogig erinnern, ben er burd^
3ul^ilfeno^me ber 3Sorfd^riften unb ®ebräud^e ouö römifd{>em Slec^t^toefen für bie Älor*
legung öon Dff. St. 30^. 5, Iff. gob. 2Bir meinen feine in 3)re«ben 1860 (3. JJou*
monn) erfd{>iene älrbeit: „35oig Suc^ mit fieben Siegeln".
©^ fonnte i^m gefc^ei^en, bo^ er in folc^en äluäegungen ^inftd^tlid^ ber älu^beutung so
be« Sd^rifttoortig ouf bie ©egentoort t)iel ju meit ging, ^mmer^in ift ouc^ biefe älrbeit
\)on ben ßjegeten gefd{>ö^t unb ^öufig ongejogen.
Über^ou^Jt fd^eint mir, ote ob $ufc^fe, eine, toie toir bereite oft ertoö^nten, emft*
gefc^ic^tlic^e 3?otur, gegen fein 6nbe ^in no4> mel^r otö frül^er in t)öUergefd{>icl[>ts
liefen Überfic^ten unb gefd^i(^t^})^ilofoj)^ifc^en Äonftrultionen be« etl;nologifdS>en 3Koteriotö86
fic^ gefiel.
3in biefer Se^ie^ung })flegte er bie gnttoidfelung be« ßinjelnen jum SWo^ftob für bie*
jenige ber ®ottung gu nehmen. 2)er IJortfc^ritt ber ®ef(^ic^te toor i^m tjergröfeert bers
jenige be^ (Sinjel-SRenfc^en. 2)ie Stufen fteigcm fic^ bi« mm älter. 2)iefe^ üergeiftigt
ben SKenfc^en. ^rnmer me^r treten fünftlid^e unb medffonifc^e Setoegung^mittel ein, ftottio
ber notürlic^en Setocgungötoeife. 3)ieö ber 5Ked^onigmu^ unfere^ 3^^^^^^^^- älber je
öergeiftigter bie ßnbjeit, je mei^r ßntbinbung be^ ®eiftigen, befto mei^r ouc^ (Sntbinbung
be^ öö^ciftigen.
3)ie größte 2üge, beren 3^gi" bie SBeltgefd^ic^te überl^ou})t getoefen, fei — f 0 l)flegte
^ufc^fe üertroulic^ gu befennen — bo^ ^oi)fttum. 3)iefe burc^ bie 3riten I&inbur4> in «
fd^redenerregenber Äonfequcnj fic^ fortfe^enbe (Srfc^einung fei nur burd^ einen übermenfd{>s
liefen ®eift völlig ju erf loren, bo biefe^ fiügcngebilbe entfefelid^ J)lonmä6ig [xd) enttoidele unb
forme. §ert)onagenbe2{ 3Rittel boju fei bie ^ortnädEige SSerleugnung be^ älj^oftelö ^oulu^,
feine aSerbröngung burc^ ^etru^, ber ber ßntmidfelung ber jubenc^riftlic^en Mirc^e in erfter
iJinie onge^örc. I)iefer ^etruö ober mo^^e 9lom jum bominierenben §erm ber Äird{>e ßo
für bie gonje ßrb^eit. — 2)iefe £üge muffe k)on ben ©öongelifc^en immer neu beriefen
toerben. 9)(on muffe ober oggreffiü ju 9Berfe ge^en. ©g müßten iut^eroner, linierte,
älltfot^olifen gemeinfom öffentlid^e Vorträge gegen bo^ ^opfttum, bo^ Softem, polten.
^ufc^feö SSlid brong fc^orf in bie (Sntfoltung be^ ®el;eimniffe« bcr 95oi^$eit in ber
®cgenU)art. „9lek)olution^= unb 3^^«>'^>^0^f^*^i"b^I — wg^^ft boig gonje d{>riftlic^e 66
unb felbft boö mul^omcbonifc^e 5Kenfc^engef^led^t, jie^t e^ noc^ einer bunfel geo^nten,
ober heftig begel^rten 3"t""ft/ ""^ ^^9^ ^^^ Stem})el be^ unmittelbor 2)ämonifc^cn on
fic^. I)ie Slnjiel^ung^froft be^ §immelö unb ber ^öDe nel^men mit ii^rer Slnnö^e*
rung in ungcl^eurcn ^rogreffionen ;^u, bie 2^ge toerben öerfürjt". 3Won fie^t, ouc^ on
jd^logenber, potl^etifd^er SRebetoeife fehlte e^ bem l^ertjonogenben 3Ronne nid^t. eo
472 ^ttfdih ^ttft
6^ i[t feine ^frage, §ufd;fc l^attc gctüiffc Kttcrarifd^c ©onberbarfeitcn. ©ic lagen in
bcr Slic^tung ber öclel^rten §^^ot^cfc unb Äonjcltur ober ber gesagten Cjegefe. a)ergleid^en
3)inge l)flegen bebcutenben 9KenJd^en anni^aften. Äammerbiencmaturen freilid; Jjflegen
fid^ ben S3li(f für baö ©rofee unb bie ®abe ®otte« baburc^ berbunfeln ju laffen. Sei
6 30tännem trirtlid^er 93i(bung l^ot bie anertannte Slutorität ^ufc^fed barunter and) niemals
Don fem gelitten.
9?un fei nod^ ein Slicf in §ufd^Ie« ^ribatleben geftattet.
3>m ^Qijxc 1848 toar ^ufd^fe Rector magnificus. 6r leitete bie geleierte 5Re))ubIif
mit fold^er ©infid^t unb betoal^e bie ftubierenbc 3iwö^"b mit fold^em (Sefd^icf bor ben
10 bamalS unausbleiblichen $l^anta[tereien unb @£}effen, bag er balb barauf mit bem Xitel
eines geheimen ^up^^öteS bciad^i tourbe. SBenigftenS trat bie SluSjeic^nung ju einer
3eit ein, trelc^e biefen (Sebanfen erzeugen mu^te.
^ufd^fe tvax öermögenb, unb bieS toiffen Unjä^lige, benen er ©d^enfungcn ober SJar^
leiten machte.
16 ©in junger ^eunb bat il^n ein[t, einer armen 5PaftorSh)ith)e auf ii^r überfd^ulbeteS
©runbftüi eine $bj)otl^ef an ©teile ber il^r gelünbigten ju geben. ä)ie ^^ot^ef betrug
mel^rere taufenb Marf. 3)er Sittfteffer toteS auf bie Unfid^erl^eit ber §VJ)ot^eI unb barauf
l^in, ba6 §uf(^fe erfal^rungSmä^ig einen l^öl^em 3Kafeftab ^inftdfftlici^ ber ©id^er^eit bon
§^^otl^eIen anjulegen J)flege, als in ber 3BeIt üblidff. Umgel^enb traf bie jufagenbe älnt^
20 toort mit bem äuSbrui ber ^eube über bie Sitte unb bie ©elegcnl^eit ju einem Sarm^
l^erjigfeitStoerf ein. ©o toar ^ufcifffe.
2ln feinem %i\^ fal^ er gern greunbe. (gr felbft trürjte baS üRal^I burdff ®^\pxäd)c,
bie immer bon l^erjlidffem 2Bol|lh)ouen, attifdj^em ©alj unb feinftem ^umor /^engten. 2ln
bicfem 2^ifci^ fonnte man 5Känner toie Oe^eimrat (Seilt ben äftronomen, ^rofeffor Siegen^
26 bred^t, ^rofeffor ©teffenS, §erm. bon SSäinterfelb, ^rofeffor ©d^eibel, ©el^eimrat 3lbegg,
©eric^tSrat bon Sll^cinbaben, 5Profeffor ©c^toanert, immer 3Känner bon Sebeutung fmben.
Unb junge ©tubierenbe, S^npen toie 31^eologen, fa^en ^ier frö^Iid^ burc^einanbcr, baruntcr
SRed^tSantoalt 9litfdS;e unb bon 1831 an 5Profeffor ©i^Icr, fürftbifdSiöflidS^er Äonfiftorialrat.
6S i[t l^ier nic^t ber Ort, fonbem cS ift Bai)t einer toirflid^en Siograjjl^ie, auf baS
30 aSerl^ältniS ^ufdfffcS ju b. ämStoalbt in i^annober, ju b. 3RaIfeal^n auf 9flot|enmar in
?röe(flenburg, ju ®raf bon SBartenSleben, gu ©teffenS unb ©ta|l einjugef^en. ®encral
®raf 6arl bon ber ®röben, ®el^eimrat Don §augh)i^ toürben gleidSifans in ^ufc^IcS Sio-
fftapl)k l^erbortreten muffen. Sticht trcniger fein ÄoDege im Dberfirc^enfoDeg, ^Rat D. ÜWI^ein-
baben, bem er: Amico ab ineunte juventute fide, moribus, virtute nunquam
86 non probate — fein SBerl : Jurispr. antejust. quae supersunt in britter 2luf-
lage h)ibmete.
3n ^ol^er Sld^tung ftanb §ufd^fe bei bem gürftbifc^of 35iet)cnbrocf, bcr mit il^m gern
unb bielfad^ bertel^rte.
©0 lange §ufd^fe lonnte, berföumte er nie ben ©ottcSbienft. ®aS ©alrament mu^tc
40 er im legten ^a\)x in feinem 3^"^*"^ nel^men.
3)er "Xob erfolgte ben 7. gebruar 1886, abenbS 6 Ul^r. ®r ging im ©inn bcS
SBorteS l^eim, toelc^eS er am legten 3:ag im SWunbe führte: ©o t^u' ^Srael rechter art,
baS aus bem ®eift gejcuget toarb unb feines ®otteS ^ane.
©teffenS fagte bon i|m: „@x ift ein in jebcr SRüdfic^t merftoürbigcr unb urfj)rüng=
46 lid^er 3Wann, einer ber reinften unb faltenlofcften, bie id^ gefannt f^abe". Unb babci toar
er, fc^en h?ir l(;inju, ein fdf^IidSfteS bemütigcS ®otteSfinb. 35aS Religio ergo Deum
beS Corpus juris h)urbe bei i^m im tiefften c^riftlid^en ©inn lebenbige 35Jal^r|cit.
m. aioc^ou.
^nfi, ^ttron)|mnS t^on ^rog, bie ^ttffitett. öittcratur. 1. auellcn. äcibcr
60 fe()It cS an einer fritifc^en ^luSgobc ber ^crfc bcS ^ufe. ^o6) gct)t unter feinem "iWniiicu
mand)cS, idq«; crit)icfcncrniaf$en ©iclif, onbcreS, hJoS feinen ©(^iilcrn j^ugcl)!)!!. ^ie oltc'JliMii»
gäbe bcr !öcrfe bcS fiufj: Joannis Hus et Hieronymi Pragensis historia et monumcnta
2t. Noriinb. 1558 u. 1. vol. Francof. 1715 f. ift bemnac^ ^eutc flon^ unjulänglid). 3)qS gilt
aud) jwcitcnS oon 3- -ÖufeenS 5Serfen in böf)m. (Bprocftc 6cr. uon St. 3. (£rben, ^rog 18G5— G8.
55 3)cnn aud) ^icr ift nic^t gcfdjiebcn, roaS urfprünglidjcS (£igentum ^uffcnS ift. ^arum ift
c8 notiücnbig, baß an britter Stelle jene 3Berfe ©iclifS gefegt roerben, bie .5)uf] natieju
wörtlid) auegcfdiricbcn fiat. ®S ift bicS außer De Ecdcsia u. ben Scrmones namentlich bcr
Xroftat De potestate paiw. 4. Snbcm ältere ©ricffommlungen ^uffenS u. fonftige eingaben
feiner ©erfe unberücffidjtigt geloffen roerben, ba fie toeber DoUftänbig nod) forrctt ftnb, ift an
60 vierter Stelle bie ^luSgobc ju fejen, biej. ^olocfQ unter bem Xitcl: Documenta niagistri
JoaiinisHus (^4>rQg 1869) Dcronftoltct l)ot. S)icfc tufcfttigc u. üeil)ällniöiiiä6i(j forrcftc ©amm-
lung ctttWIt a) bic (92) 33ricfc, baim bic anflogen u. ?(nthJortcn beS ^u*6, bic fo Qu6cr*
orbentlid) miditigcn ^cri^te fcinc§ fionb^manneS ii. Begleiters $etcr üon ^labcnowi^ u. bie
urfnnblidbeu S)ofuniente über ben rcifgiöfen 6trcit in ffiföfeinen oon 1403—1418. (SBldjtigere
ÜRocftträgc ju ben ©riefen beö ^ufj finben \i6) in bem Sluffa^ öon Sf^cbonia, Boleslavsky 5
kodex z doby husitsk^ b. f). SBunjIouer Äobcj quo ber 4>uffitenjeit; cntl)ält 8 Briefe toon
u. on ftufe). 5. Briefe beö So^Ö^nii ©"6 «o* bem böljmif^en Urtejt beutfd) üon g. B.
SRifomec, fiei^jig 1849, jcft oucft SRoreftö, Comenium I, 1. 6. ;&nffenS ^rebigten über bic
©onn* u. gcfttogScüangelien. Ueberfe^t \)on 5i?omotn^. ©örli^ 1855. 1. u. 2. .&eft. 7. ^.
r>. b. ©arbt, Magnum Constantiense Concilium 6t. granff. u. fieip^ig 1700. t. 7. 3nbej lO
Don Bofjnftebt 1742. 3)q5U jc^t: Acta concilii Constanciensis, ^eronSg! x>. ginfc, fünfter
1896. Bon großer SBiditigfelt finb tro^ ber großen 9KängeI in Bejug auf bie 9tu«gQbe oI«
foI*e (f. hierüber ißalacft), ^ufifentum n. ^rof. ßöffer, 2. Wuff. 1868) 8. 3)ie ©efdiid^tö.
fcftreiber ber ^uffitifcften Belegung. ^erauSgcg. o. ß. ü. ^öfler 1—3 (in ben Fontes rer.
Austriacarum, Scriptores Bb. 2. 6. 7). 3Sien 1856—1866. Bon ben micfitigcren SBerfen 15
finben ftc^ in Bb 1 bie ^iftorien bcS fiorenj üon Bfezova (nicöt Bfczina) u. $eter oon
•aW laben omifi (t)ier beffer ju benü(jcn al8 in ben Doc. ed. Palacky), in Bb 2 bie große %a»
borltcnc^ronif beö 3ot)ö"n ^on fiufamct u. S^üfolau« öon Pelhrimow, in Bb 3 eine Bers
beutfd)ung ber tfc^e^ifc^en ?lnnalen ber ^ufptenjeit, bic al« 3. Bb in ben F. F. rer. Boh.
uon ^eljel, 3)obrom«ft) u. ^alacfi) herausgegeben fmb. Biete 9RateriaIien jur ®efc6id)te 20
ber ^uffiten^eit entfjölt 9. ^öflerö 9(uSgabe ber ConciUa Prageneia. 10. (Sine forrefte 3(u8-
gabe ber tt)i(t)tigcren ßftronifen an^ ber ^uffitenj^eit ent^ölt aud) bct 5. Bb ber Fontes rer.
Bohemicarum, ^rag1893; ^ier finben fi^ bie S^ronifcn ber Saurenj ö. Birezova, beS Chro-
nicon univ. Pragensia u. bie S^ronif beS Bartoffef uon 3)ra5onic in ber ^fuSg. \). 3oto8latt)
©oII. 11. fiofertft, Beiträge Jiur ©efcfticfite ber öuffilifc^en Beluegung 1— 5. ^Ir*. f. oft. ®efd). 25
Bb 55. 57. 60. 75 u. 82. a) enthält ben Cod. epistolaris beS ^Jragcr ©rj^bifcftofS Sodann
öon Scnjenftein, b) baS Seben u. bie Schriften beö 9KagifterS Adalbertus Ranconis de Eri-
cinio, c) ben iöi^tigen ^^raftat SuboIfS öon 6agan „de longevo schismate.*' d) bic
@treitfd)riftcn u. UnionSöerlianblungcn jiüifcften ^at^olifen u. .©uffiten 1412—1413 unb
e) gleicftseitige Berichte unb SÜtenftücfe jur ?(uöbreitung beö ©icIifiSmuS in Böhmen unb 90
3Kö^ren 1410—1419 (Bead)lung öcrbient unter ben Beilagen 92r. 1 ©leic^üeitiger Bericht über
ba^ enbe bcS ^uß). 12. ßu bea^ten ift au(& jejt nod) bie öom ftreng fat^olif^en 6tanb*
punft aus öerfoßte Historia Hussitarum bcS ©o^IäuS (f. baju fiofert^, bie 5)enff(örfft
beS BrcSlauer 5)om^errn 5?icoIauS Xempelfelb öon Brieg über bie ©al^I ®eorgS öon $o*
biebrab. ©in Beitrag jur Äritif ber ^uffitengefc^icöte beS (So^täuS. «rdi. öfterr. ©cfc^. 61). 35
Bon ben Quellen jur ©efdjicftte ber ^ufftten fmb nodi ftcrauöjuljeben: 13. ©cfdjidjtSqueHen
ber ^nffitenfriegc, l^crauSg. 0. ß. ©rünbagen. Breslau 1871 (6. Bb ber SS. rer. Silesiaca-
rum). 14. 2)ie .^iftorien beS ^ogifterS Qo^anneS ßeoniS (bic ältcfte (Srjö^Iung öon ber fieg*
reidjcn Berteibigung ber 6tftbt Brüj gegen bie ^wfpten 1421) ^erauSgeg. öon ©(ftlefinger,
ißrag 1877. 15. Urfunblicfie Beiträge j^ur ®ef4i*te beS .^uffitenfriegeS öon 1419—1436, 40
t)erauSg. 0. gr. ^aladp, 2 Bbe ?^rog 1873. 16. Urfunblicfte Beiträge jur ©efdilc^tc BöfimenS
u. feiner 5^ac^barlänber im S^italter ®eorgS 0. ^obiebrob, ^cfauSg. ö. ißaladl), SBien 1860.
17. Urfunben u. ^ftenftücfe jur Ceftcrreidjifdjcn ®efd)i(öfe im 3eitalter Ä. griebrlcfi« III u.
^. ©eorgS öon BiJömen, 3Sien 1879. 18. Berein^^cltc Ouellenftücfe u. fritifdje Bcmerfungen
ju ben einfdiläqigen Quellen f. in ben 9Jiitt. bcS BereinS für ®efc^. ber 3)cutfd&en in Böhmen, 45
bem 5h(ftiö cesky, casopis historicky u. f. tu. ^ie Quellen ^^um BaSfer ßoncil f. bort.
2. Bearbeitungen. 3)ie älteren ?lrbeiten bis auf ^olacfl), fclbft bie Gelferts ^uß
u. .^ieronl)muS, ^rag 1853, finb ganj öeraltet. Bon ber ©efc^idjte BiJ^menS öon ^alarfQ
ift ber größere Xeil nämlid) III 1-3, IV, 1 u. 2 u. V, 1 u. 2 ber ®efcöi*te beS ^uf fiten*
tumS gcttjibmct. ^rag 1845—1867. 'Sia^VL gel&ören no4 bie beibcn 9lrbeilen ^alacftjS 60
lieber bic Bejiel^ungcn u. baS Bcr^ältniS ber ^SJalbenfcr ju ben ehemaligen Seften in Bi)^«
mcn (auf bie "©albenfcrgefd)i(fttc u. «ilitteratur ujirb bicr weiter nidit JRüdftcöt genommen) u.
bie Borläufer beS {^uffitentumS in Böftmeit, 9?. 91. ißrag 1869. 2. fiubmig ©d)lefinger,
®efd)id)tc öon Bbt)mcn, <Prag 1869. 3. §ijflcr, ^agifter Sö^anneS C)uS u. ber9lbjuq ber
beutfdien Stubenten u. ^rofefforen auS ^rag. 1864. 4. Berger, So^onneS ;&uS u. ,^i)nig 55
6igmunb, 9lugSburg 1871. {Beffx forgfamc Stubie). 5. fiedjler, Sodann ö. Siclif u. bie
Borgffc6id)tc ber 3i?eformation fieipjig 1872. 3)er jmeite Bb bcüanbclt baS .^uffitentum,
aber nod» ftarf im ®eifte ^alacfl)'»92canberS. ^itifdjer iftO. feinSo^anne« ^uS, (£in fiebenS»
bilb aus ber Büvgefd)id)tc ber JRcformation. ^aüc 1890 (Siriftcn beS BereiuS für9?eforma*
lionSgcfd)id)te VII, 3). 7. ßrneft 5)eniS, Huss et la gucrre desHussitcs. $ariS 1878 (eine 60
bloße ^avapf)rafc ber 9lrbeitcn ^ala(ft)'S obne eigenes QueCfenftubium). 8. ^ie gragc beS
Ö^eleitbricfcS StgiSmunbS für $)uß bebanbcln UMmann, ^önig ©igmunbS (Geleit für ©uß
u baS ÖJcleit im ^JJiittclalter, .^attc 1894; u. Ä. Füller, ^önig ©igmunbS 05eleit für ^uß
(£>ift. BiertcIjat)rS|d)rift 1898, 1). 9. 2)ie ©enefiS ber l)uffitifd)en auS ber2e!)re SBiclifS ^abc
idi ^iuerft im einzelnen öerfolgt in meinem Budje, $uS 11. SBiclif, ißrag 1884 (englifc^e ?luS' 65
gäbe Wiclif and Hus, fionbon 1884), bann in einer ganzen SRei^e fleinerer ©c^riften, öor«
ue^mlicb in ben (Einleitungen ju meinen 9luSgaben öon 3Siclif*S De Ekiclesia, Scrmoncs, De
474 ^u^
Eucharistia ii. Opus Kvangclicum, bann in meinen 9tnft(it?cn „lieber bic ©C5icl)ungen i^tüi*
fcf)en englifdien n. böömifcften ^SicUfiten" ^.3.0e.®. XII, 254 ff. u. bev Äird)cn^ n. Äloftcr.
fturm bcr ©uffiten, 3. f. QJefcft. u. «olitif, V, 259. («ql. boju ^. 2. ??oofe „Ou thc in-
tercoursc betwecn English and Bohemian Wycliffites. In the early year» of the fifteenth
5 Century, Engl. Hist. Review April 1892). 3" niet)reren meiner fleinercn 6c()riften nament*
lieft in ber (Einleitung ju ®l)cfifö De Eucharistia fiöbe irf) fd)orf betont, ha^, \va^ mcift über»
febcn mirb, bie ^aboriten bic eigentlichen ©cftüler SBicIif« finb. 3t)ren — mcl)r ober min*
ber — ftarfen malbenfifdjen Scifafi betonen 10. 3B. $ reger, lieber bad ^cr^ältni^ ber %a<
boriten ju ben «Balbenfern beS XIV. 3bbt«, 9lW^ 28. 1. (©. bagegen :üofcrt^, &&^
10 1889, 9h-. 12, 1891 "i)?r. 4) u. (ridjtiger, meil mobifiaierter) ©ouV*r 3SaIbenfcrtum u. Snqui*
fition im f. ö. 3)eutf(ftIonb, greiburg i/S3r. 1890. 11. ?luf einem antiquierten ©tanbpunft
ftanben (d)on beim ©rfcfteinen bie Schriften Ä^rummelS, ©efdjidite ber bö^mifc^en 9lefor»
mation im XV. Sftbt. ®otba 1866 u. „Utraquiften u. Xaborlten," ®otf)a 1871. 3u be*
acftten finb bagegen 12. 5. ü. ^^ejolb, Äönig ©igiömunb u. bie üReicftSfriege gegen bie
lö^uffiten, 3 S3be, 3Küncften 1872 u. 13. «ejolb, *3ur ©efcftidjte be§ C>"(fitcntumd, 1874.
14. SJrinb, Äircftengefdiicftte^öbmen«, SBb 2—4, ?rag 1864-72. 15. 3.2;beobalb, ^nlfiten*
fricg, Wittenberg 1610. 6onft S)aMtnann-SBaiJ, Oueüenfunbe ©. .314ff.
^on ben 2Bcrfen ber litterarifcften ®eaner be« $u6 ift nocft ba« roenigfte gebrncft. 9lm
beadfttenömerteften finb bie @(ftriften beS Äart^äuferpriorS ©tepban uon ©. 3i>föpÖot
20 (^olein) bei Olmü j, gebr. im IV. 93b oon $ej, Theßaunis anecdot. ©. hierüber meinen
?ruffa J 3)ie ßitterarifcften 3öiberfa(fter bcS^uß in^äbren im 1. 3oftrg. ber 3. b. 93ereinS für
©efcft. 9Kfi^renö u. 6d)Iefieng, 4. $eft. S^on ben ?lrbeiten ^ur ®efd)id)te bcr ?lbn)c()r bcr
tuffiten in ben benachbarten fiönbern feten qenannt: ®rünbagen, 3)ie ^uffitenffimpfe bcr
cftleper 1420—1435. ©aS 3Kä^ren betrifft, pnben ficft SKaterialien in meinem §luffaje
26 Urf. Seiträge jur ©elcfti^te ber ^uffttifcften ©cmegung unb ber ^uffitenfriege mit befonberer
)öerücffict)tigung 3Käf)ren§ u. ber mfibrifcb»buffitifct)en @ö(bner. ißotijenbfatt bed S3ercinö für
bie ®efd). ^JJläbrenö u. 6cblefienö, 93rünn 1896 ißr. 7, 8, 11 u. 12. 9(uf bie 6trcitigfcitcn
bev 6ct)Ierier mit ben ^uffiten in ber 3cit Äi)nig ©eorgö, luorüber eine reicbe Sitterat'ur be»
ftel^t, fann im einjetnen nidjt mef)r eingegangen roerben. 5Rur ber Cod. dipl. Lus. supe-
30 rioris II mag nocft ermöftnt roerben, ber bie Urfunben beS Oberlaufifcr ^uffitcnfricgeö 1419
bis 1423 enthält.
.^u^ flammte ouö bem f leinen im füblid^en 95ö^men nic^t toeit Don bcr bairifd^en
Orenjc gelegenen SWarftfleden ^uffme^ (Husinec), nad^ toelc^em er fic^ anfänglid^ ,, Jo-
hannes deHussynecz** nannte unb fd^rieb. 2Bieh)obi l^eutjutage bie (flaDifd^c) Schrei-
36 bung $uö — unb banadji auc^ i^wfitif^ u. ^ufite — eingebürgert ift, entjprid^t bcr
beutfd^en äu^fprac^e bod^ bic ©d^rcibtoeife $ufe unb §uffit, h)ic benn aud^ bie beutfd^
ober lateinifd^ fc^eibenben ^eitgenoffen puffen« richtig bie ,,$uffcn" ober „Hussitae**
fdjireiben. 2Bie fo Diele femer 3<Ji^B^of[en tüurbe ani) er nac^ feinem (Seburt^orte gc*
nannt, unb biefcr 3lam^ lautet abgefürjt Qu% toie er fidff felbft ^u fc^reibcn J)flcgte, feit^
40 bem er 3Ragi[ter getoorben.
9lid^t Mog ber 3;ag, fonbem aud^ ba^S^^^^ feiner ©eburt ift unbefannt; man nennt
atö jenen oft ben 6. 3uli, aber bie^ i[t fein ©terbetog, ben bie «t^uffiten feftlid^ begingen,
unb toenn man bi^^er baö 3^^^ 1369 afe fein (Seburt^jaf^r annal^m, fo ift auc^ 'tai
^ani unfw^er; man loirb fein älter e^er noc^ um einige S^i^re J^inaufj^urüctcn ^aben.
46 ©eine ©Item — fie toaren ifd^ed^en — toaren nid^t fe^r bemittelt. 3" ärmlicher JBeifc,
tote fpäter fiutl^er, mu^te fid{> §ufe burc^bringen: alö ©ängerfnabe unb 3Winiftrant. Seine
SSertoanbten fmb aud^ arm geblieben; man toei^, ba| er nod^ in feinen legten Sebcnö-
tagen für bie ©öl^nc eine« Sruber« toünfd^t, bafe fie ein^anbtoerl lernen, ^^n felbft 30g
c3 ;ium geiftlid^en Staub, freilid^ trieb il^n ^ieri^u lein innerer 3)rang, fonbem, toie er
60 felbft, h)of;l ^iWaä übertreibenb, bemerft, bie Sluöftc^t auf ba« gemäc^li^e Seben ber ®ci[t=
lidSifeit.
2)ie (»oberen Stubien mad^te er in $rag, too er jtoeifeDo« fd^on in ber 3Ritte ber
ad^t^iger 3a^re tjertoeiltc. SSon feinen Se^rem mod^te ber bielgereifte ällbertu« StanconisJ
großen Sinbruc! auf il^n gemacht ^aben ; ertniefen ift bie« nur öon Stani^lau« k)on ^mim,
66 ber fl)äter lange ein toarmer ?^eunb, fd^lieyidji aber ein erbitterter ©egner be« §u6 ivurbc.
Seine Stubien belegten fid^ in getoöbnlic^em (Seleife; er toar fein l^ert)orragcnbcr Stu-
beut. 2Bo^l prunft er in feinen ©c^riften mit gelehrten Gitaten, man barf babci aber nic^t
überfc^en, bafe er fic na^eju auönai^mölo« au« ben ©c^riften SBiclif« übernahm. Seiben-
fd^aftlid(>feit unb änmafeung bilbeten einen ©runb^ug feine« Sefcn«; öon feiner Spife-
60 finbigteit locrben manche S3eifj)iele enäl^lt. ®r felbft tabeltc an fid^ nod) in fjiätercn 3«^-
ren, ba^ er an ben (Sitelleiten ber SKelt, fcbönen Äleibem u. bgl. ©efaUcn gcfunben ^bc.
3m September 1393 tourbe er Saccolaureu« ber freien Künfte, 1394 Saccalaureu«
ber Il^eologie u. 1396 SKagifter ber freien 5lünfte. 3)ie 3)oftor«U>ürbe l^at er nicmal«
m «5
erlangt; bagcgcn gelpann er an bcr Umt)crfität balb (Seltung; jc^on 1101 tvax cr3)cfan
an bcr Jj^ilojop^if^en gafultät unb ba« 3af;r barauf 9leftor (Dftobcr U02—3lpx\l 1403).
2ln ber Unitoerfitöt traf er mit 3Kännem toie Slnbrea« bon S3rob, St^l^an Don
^ecj u. a. in ber tramten fiiebe für bic ^^tereffcn bc^ tjc^ec^ijc^en SSoßc^ jufammen.
SJad^bem er (1400) ^riefter getüorben, erhielt er ^mi ^af)xt \pdtn bad Amt eine^ $res 6
bigcr^ an ber Set^Ie^emfirc^e in ^rag. 3Uö fold^er l^atte er an Sonn- unb Feiertagen ba«
SBort (Sottet in tfd^ec^ifc^er Sjjrac^e ju t)rebigen. 3)ie!g 95et^Ief;em, bie Stätte feiner
2^riunH)f;e, ift il^m ein §eim getrorben, an bem er ftet^ in fc^tüärmerifc^er Siebe geJ^angen
unb beffen er nod^ in ber Sobe^ftunbe gebadete.
Seit 1382, ba fic^ SBenjefe Sc^toeftcr ^ilnna mit bem Äönig Slic^arb II. bon eng= lo
lanb bermä^lte unb jal^Ireid^e 95ö^men nad^ ©nglanb jogen, h)urben bie j)^iIofoj)^ifcl&en
Sd^riften SBicIif« aud^ in 95ö^men befannt. ^ufe WaxD fc^on ali Stubent mit il^inen öer*
traut. 3Wan meint, bafe er l^ierüber feine erften Soricfungcn gehalten. 3)en Xraftat De
veris universalibus ^at er 1398 mit eigener §anb abgefc^rieben. Si^er ift, bafe er,
lange bebor er nod) »on SBiclif« Sleformgebanfen erfüllt tourbe, fid^ beffen }jl^üofo})^ifc^cn i6
SReali^mu^ angeeignet ^at. Seine Steigung yi\ Ürc^Iic^en Sieformen tourbe erft burc^ bie
Äenntnig ber tl^eologifd^en Sd^riften Siclifö getocdt. 3)a6 er mit ben fogenannten SSor«
läufem ber ^uffitifd>en Setregung, einem ffonrab bon 5Kül^If;aufen, 5Kilic^ üon ßremfier,
SanoU) u. a. nid;t^ ju t^un l^atte, barf ate au^gemac^t gelten. @^ ift, afö ob er i^re
9iamen nic^t !enncn mürbe. 5Kan trei^ anö^, ba^ er nod{> 1393, »on tieffter ßrgeben^eit 20
ben ®nabenfc^ä|en ber römifd^en Äirc^e gegenüber erfüllt, „in frivoler 2üeifc burd^ 2lbs
la^rcbigten getäufd^t," feine legten üier ©rofd^en oj)ferte, um be^ fc^on »om 3Ragifter
9lo|le berf))otteten älblaffe^ teilj^aftig ju hjerben. D bie, ruft er fj)äter in einer feiner
^Prebigten an^, betrügen fid;, bie öor bem ^ajjft nieberfaHen unb alleö ba^, toa^ er t^ut,
für gut galten, h>ie ic^ felbft tljat, bebor id^ bic l}l Schrift (auf beren Sebeutung er burdji 26
SBiclif gcfül^rt hjurbe) unb ba^ Seben be^ §cilanb« fennen lernte. ©Icic^jcitigc unb fj)ätere
gut unterrichtete üucDcn melbcn übercinftimmenb, bafe bie „Sucher beö cbangclifc^cn 3)oftor«
eig getoefen, bie il^m bic Slugen geöffnet f)aben, trä^renb er fte laö unb trieber lag." ®er
fogenanntc §uffiti«mug ift in ben erften anbertl^alb ^al^rjel^ntcn beö 15.
Sa^r^unbertg tb^n nid^tö anbere^ aU ber auf bö^mijcpen Soben ber*«)
})flanjte2yiclifigmug. 3llö folc^er gilt er im Sanbe big jum 3Jcärt^rertob beg §ufe,
um bann abgcfc^träd^t in ben Utraqui^mug, unb folgerid^tig fortgefül^rt in bag Siabo^
ritentum überjugel^en.
®ie t^eologifd^en ©d^riften SBiclifg trirften in SBöf^men tuie ein ^euerbranb. 35ie
erften finb, mie man annimmt, burd^ «^ieron^mug bon 5Prag 1401 u. 1402 nad{> Söl^men 86
gelommen. ^ufe tourbc ron i^nen auf bag ticffte berührt. 3^^^ f^9* ^ '" ^^^^ ^'^*
bemifc^en Siebe : 3Bag il^n betreffe, betenne er, bie 95üd^er SBiclifg gelefen unb ftubiert unb
biet ®utcg au^ i^nen gelernt ^u traben, aber nic^t afleg, toag er bei biefem ober ienem
®oftor gefunben, gelte i^m ate bag ßöangelium, benn nur bcr 1^1. Schrift toolle er
biefe c^rfurd^tgöolle Jvolgc betra^ren; aber aud^ bieg le^tc ift ja ein oft n)icbers40
l)oltct ©a| a\x^ ben ©(^riften SBicIifg.
®egen beren 3Serbreitung erl^ob fid{> bic Unibcrfität, meldte (1403) bie 3)igj)utation
über bie 45 Sä^e unterfagte, bic SBicIif teife toirllic^ angehörten, teilg nur jugcfc^rieben
tüurben, ein Verbot, baö 1408 mit ber Sefd^ränfung erneuert tourbe, bafe biefc Säfte
nic^t in inigem ober fe^crifc^em Sinne Vorgetragen toürben. Unter bem (Sr^bifc^of ©binfo «
\)on §afenburg (feit 1403) gcnofe ^u^ anfangt gro^cg Slnfc^cn: 1405 mar er aU ©^s
nobalrebncr tl^ätig, toobci er bic ge|lcr be« bö^mifc^cn Älerug aufg fc^ärffte rügte. Sein
gute« SinDcmc^men mit bem ©r^bifc^of tritt namentlid^ in ber SBiIgnacfcr Slngclcgen^cit
JU 2;age, ioo ber (Srjbifc^of Don $u^ auf bie groben 2:äufd^ungen bei ber Slcliquic be«
^I. Slutcg (Jl^rifti bafelbft aufmcrifam gemacht, bie Pilgerfahrten bal^in tjcrbot. 2Bol^I auf 60
ben SBunfd^ bcg (Srjbifc^ofg fc^rieb §u6, um ben Vorgang ju rechtfertigen, feine Slbl^anblung
De omni sanguine Christi glorificato, „bafe allcg Slut ßf^rifti Derflärt fei": ein
(Sl^rift babe nic^t nötig, 3^i^<^n ""^ SBunber ju fud^cn, er möge fic^ an bic 1^1. Schrift
l^altcn. Salb trübte fic^ bag ©intjcmc^men jtoifc^en bem ©rjbifc^of unb öuft; benn beffen
^^Jrcbigtcn gegen bic ^obfuc^t unb bag unorbentlic^e Seben ber (Sciftlic^fcit erregten am 66
ftofe. 2)ic ©ciftlicf)feii überreichte (1408) eine Älagefc^rift, unb §u^ tourbe feiner StcDc
ate ©i;nobalprcbigcr enthoben, ßg ift tra^rfd^einlic^, bafe er bamafö feinen Xraftat De ar-
guendo clero pro concione Verfaßt l^at, aud^ biegmal um fein SSerbaltcn ju rechtfertigen.
}^üx bic ßnttrictclung bcr 33crbältniffc an ber Präger UniDcrfität mürbe bic grage
ber 9Jcutralität »on entfc^eibenber 3Bic^tig!cit. Äönig SWcnjel, ber bie 3ügcl bcr Slcgicrun^ eo
476 ^iift
im Slcid^c Jüicbcr ju ergreifen gebadete, beffen 5piäne aber üon ©regor XII. feine görbe^
rung crtrarten burften, fagtc [vi) nun Don biefem lo« unb befahl feinen Prälaten boD[=
ftänbigc SReutrolität ben bciben *^ä))ften gegenüber, ©in (Sleid^e^ ertrartcte er öon ber
Unitoerfität. Slber ber Srjbifc^of blieb ©regor XII. treu unb an ber Uniöerfität erflärte
6 fid^ nur bie böl^mifd^e SRation, beren ayortfül^rer $u^ \oax, für bie 91eutralität. hierüber
erbittert erliefe aSenjel am 19. ^««wör auf Setreiben bon §ufe unb anberen tfc^ed^ifd^en
3Ragiftem ein 3)elret, toonac^ ber böl^mifc^en Station bei allen Unitoerfität^angelegen^eiten
brei, ben augtoärtigen (beutfd^en) Stationen nur eine ©timme eingeräumt trurbe. Saut
})rie^ §ufe bon ber Handel l)ttab bie Siebe be^ Äönig« gu feinem SSoIfe. 3)a e^ ben
10 ©cutfd^en nic^t gelang, ba^ 35efret, toelc^e« baö an ber Uniberfität befte^enbe Siedet um=
[tiefe, rüigängig ju machen, tjerliefeen taufenbe beutfd^e 35oftoren, 3Kagifter unb ©tubcnten
im Saufe bed ©ommerö 1409 bie ©tabt. 2)ie nä4>fte golge ber 2lugh)anberung h)ar bie
(Srünbung ber Uniberfitöt Sei^)jig. 5Prag fanf bon feiner unitoerfeDen SSebeutung auf bie
©tufe einer nationalstfd^ec^ifd^en ^odjifd^ule l^erab; bie SluiStoanberer aber ^verbreiteten ben
16 5Ruf bon ben böJ^mifdjien Äe^ereien in bie entfemteften Sänber. ®er ©rjbifc^of tvax nun
ifoliert, öufe auf ber §ö^e feinet älnfe^en^. ®r tourbe ber erfte Sleltor ber tfc^ec^ifdf) ge^
toorbenen Uniberfität (DItober 1400) unb genofe bie ®unft be^ §ofe^; namentlich toax
i^m bie Äönigin Bopi)k fel^r gebogen.
Snjtoifdjien überfluteten bie SBicIiffd^en Se^rmeinungen ©tabt unb Sanb. ©o lange
20 ©binio m ber Gbebienj Oregorö XII. berf^arrte, blieb aHeö ©infc^reiten bagegen erfolglos,
\a einige Slnl^änger be« §ufe fonnten e« untemel^men, ben (gri^bifc^of bei äHejanber V. ju
berßagen. äfe [\d) aber ©binfo biefem unterwarf, änberte [xd) bie Sage; ber ßrjbifc^of
gehwmn bei ber Äurie ein geneigte« Of)x, aU er bem 5Pa})fte t)orfteDte, alle« Unheil in
Söi^men rül^re Don ben SBicIifiten l^er; burc^ beren älufreijungen h)erbe berÄleru« unbot^
26mäfeig unb feien bie ßenfuren ber Äirdjie mifead^tet; fte l^ätten ben SBaronen bie SKeinung
beigebrad^t, bafe e« ben Saien jufomme, ben Älcru« ju leiten, man l^abe ben König öer^
modjlt, $anb an ba« ÄirdSicngut ju legen. 3"f*>l0« ^M^ SSorfteHungen erliefe ber ']iap\t
feine 35uDe bom 20. 3)ejember 1409, bie ben erjbifd^of ermä^tigte, gegen ben 3BicIifi«s
mu« Dorguge^en: alle toiclifitif d^en SBüd^er foHten abgeliefert, tricKfitifc^e Se^ren toiberrufen
80 unb bie ?5rebigt an anberen oI« ben J^ertömmlid^en Orten unterfagt toerben. 3)ie SuHe
iDurbe am 9. ^ärj 1410 beröffentli(^t. §ufe, überjeugt, bafe äiejanber V. falfc^ berid^tet
toorben, ajvjjellierte an ben beffer p unterrid^tenben 5Paj)ft. 35er (grjbifc^of liefe fic^ inbe«
nidjit beinen: er befaf;!, alle ©djinften ffiiclif« jum ßtoedfe i^rer Prüfung einjulicfem unb
liefe bann nac^ bem grgebni« ber Prüfung am 16. 3uli bie eingelieferten Sucher im
86 §ofe be« erjbifd^öflic^en $atafte« auf bem §rabfd^in in ©egentoart be« 2)omfapitel« unb
einer grofeen 5Dlenge t)on ^rieftem berbrennen. 6« Iparen über 200 §anbfd^riften, barunter
einige foftbar gebunbene. 3)ie« SSorgel^en rief in $rag eine unbefc^reiblid^e ©rregung
l^or, umfome^r al« ©binfo jtoei 3:age f^äter ben S5ann über §ufe unb feine älnl^änger
au«fj)rad^. 3)ie Slufregung tourbe bi« in bie unterften ©d^ic^ten getragen, — an einzelnen
40 Orten fam e« ju ftürmifcpen Auftritten. 2)er ©rjbifc^of tourbe in ©j)ottliebem Der^ö^nt,
unb ber ®otte«bienft geftört. 2Ber e« h)agte, ben 95ann toiber $ufe ju öerfünben, tourbe
am Seben bebrol^t. ®ie SRegierung berbot jtoor ba« ©ingen bon ©})ottliebem, tjerurteilte
aber ben ©rjbifc^of, bie in i^rem Eigentum gefc^äbigten Eigentümer ber tjerbrannten
Büdner ju entfd^äbigen unb berfügte auf feine SÖäeigerung bie 2;em})oralienf})erre gegen
46 i^n. $ufe unb feine änl^änger liefeen ftd^ fo trenig einfc^üd^tem, bafe fie ben erjbifd^öf=
Rd^en geboten gum %xoii einzelne 2Berfe SBictif« in öffenüid^en 3)i«l)utationen tjerteibigten.
3)ie 3Rad^t feiner änl^änger tvntiß bon 2;ag ju 3:ag, unb ber 3luf bon ben ©rfolgen
be« böl^mifd^en 2Biclifi«mu« brachte audb beffen äln^änger in (Snglanb in freubige ßr^
Kßung. „35a« game böl^mifd^e SSolf, fc^reibt §ufe babin, lec^jt nad; ber SBaf^r^eit, e«
60 toUl nid^t« toiffen aif« ba« ©toangelium unb bie ®})ifteln, unb too in irgenb einer ©tabt
ober in einem 35orfe ober ©d^lofje ein ^ßrebiger ber 1^1. 2Baf;r^eit erfd^eint, ftrömt ba«
SBolf gu gan|\en .Raufen jufammen. Unfer Äönig, fein ganjer öof, bie 95arone unb ba«
gemeine 93olf finb für ba« 2Bort S^rifti." 3lad) toie öor l^ielt §ufe feine ^rebigten in
ber S3et^te^em«faj)ene ; fein 2:on tourbe immer füf^ner. gn offener Slnfjjrad^e tranbte er
66fid^ t)on ber Äanjel l^erab an bie gul^örer: SBollt 3^^ ^^^ nnf^ängen, unb ba« 9Solf
rief il^m ju: SBir troDen unb l^ängen bir an. ©elbft bie Regierung trat für i^n ein.
3h>ar iDurbe am 15. 3Kärj 1411 ber 95ann gegen il^n in ben meiften Äird^en bon ^^rag
berfünbet unb auf ben ©emeinberat au«gebel^nt, toeil ber auf ben erj^bifd^öflid^en ©ütern
laftenbe ©equefter ni^t aufgehoben Jourbe, enblic^ tourbe aud» über ^rag ba« 3"*^*^^^^
60 berl[Kingt, aber aUe biefe SRaferegeln blieben o^ne @rfolg, unb ©binfo fa| ftc^ genötigt
^ttft *77
einen — freilid^ vergeblichen aiuggleid^ ju berfud^en. 3Bä^renb biefer SBirren ftarb er am
28, ©ei)tember 1411. 5Kit feinem 3:obe tritt bie lirc^Iid^e Setoegung inSöl^men in eine
nm^ ^pi^afe. 6in toic^tige^ 3Roment barin bilbct ber 2lblafeftreit, ber im ^aljxc 1412 in
^rag au^bradji, benn er bot ben 3lnla^, ba^ ftdji bie biö^er befreunbeten Parteien unter
ben 9leuerem fc^ieben. 5
3m .öerbft 1411 erliefe S^^^"" XXIII. bie befannte ßruciata gegen Jtönig £abi^
laug »on 9leaj)el, ben ©(^tii^er ®regor« XII. Slud^ in 5Prag lüurbe ia^ Äreuj gejjrebigt
unb baö SBolf t)on älblafe))rebigem unter S^rommelJ^lag in bie Äird^en getoiefen, h)0 bie
Dj)ferfä[ten aufgeftellt toaren. ßg enttoidelte fid^ ein förmlid^e« ätblafegefc^äft: ber Slblafe
tourbe für 3)iafonate unb Pfauen an Unterf^änbler berlauft. 10
3l^n unb jiDan^ig ^aljxc toaren Vergangen, feit Urban VI. ben fireujjug unter
ä^nlic^en Umftänben gegen ^lanbem })rebigen liefe. 3)amafe er^ob SBiclif in feinen ^re«
bigten ^Proteft unb fc^rieb ferne berühmte ßruciata. 3)ie« 95cifj)iel al^mte §ufe je^t na^;
auf Äatl^eber unb Jtanjel er^ob er feine Stimme, ja er meinte bie ganje Unitoerfttät mit*
reifeen gu fönnen. $ier aber toax ber 5Punft, h?o i^n bie ^eunbe öcrliefeen, bie i^m fo 15
lange jur Seite ge[tanben. 2)ie tl^eologifd^e gaf ultät, Stejj^an »on 5Palecj\ an ber Sj)i^e,
traten für ben $a))ft in bie Sc^ranlen. am 7. 3uni 1412 fanb im grofeen Saale be«
ßarolinumö eine ®i^})utation ftatt. 35er SSortrag be« §ufe ift ate Quaestio magistri
Johannis Hus ... de indulgentiis befannt. 3)ie fjrage, bie er fic^ ftellt, lautet, ob
e^ nac^ ber Sibel erlaubt fei, jum 2Bol^l beö SSolfe^, ;^ur 6^re ©otte« unb jum 9hi^en 20
beö Königreiche^ unb ber G^riftgläubigen bie Äreujjug^buDen ju befürtoorten. §ufe erl^ebt
bagegen eine 9{ei1^e k)on @inn>önben, bie toörtlic^ au^ bem legten Kapitel bon äBiclifd
33uci^ bon ber Äirc^e unb beffen 3lb^anblung De absolutione a pena et culpa ent«
nommen fmb: Äein $aj)ft ober Sifciffof fei befugt, im ^Warnen ber Kirche baö Sd^toert gu
ergreifen, er mufe für bie ^inbe beten unb fcgnen bie, bie i^m fluchen. Vergebung ber 26
Sünben erlange ber 5Kenf^ burc^ lüirflid^e SReue unb 95ufee, nid^t aber um ®elb. SBenn
jemanb nic^t ^räbeftiniert fei, bem !önne aud^ ber 3lblafe nic^t Reifen, unb ob jemonb
})räbe[tiniert fei, fann auc^ ber ^ßapft nid^t toiffen. SBenn beffen Süllen ber 1^1. Schrift
entgegen finb, mufe man il^nen SBiberftanb leiften.
S)ie S)oftoven ber t^eologifc^en gafultät hielten bie ©egenrebe, bod^ ol^ne (Srfolg ; ao
ben gröfeten ScifaD erntete übrigem^ ^ieron^mu^. SBenige Xage nai) bem SSortrage toer^
brannte ein SSolfö^aufe, gefül^rt »on bem audji in en^lifd^en ffliclifitenfreifen belannten
2Bof bon SBalbftein, bie })ä^3ftlid^en Süllen, ein (greigni^, für ba« man bie Segrünbung
aucb bei 3Biclif (Op. evang. II, c. 37) fanb. 3Kan mufe, rief ba« 3Solf, bem toa^r^
^ften 5D}agifter §ufe mel^r gef^orc^en ate ber betrügerifc^en Sc^ar t)on ©l^ebrec^em unbsB
Simoniften. 3)a bie gegnerifd^e ^Partei ben König alljugrofeer 9lac^fid^t gegen bie« SSor«
ge^en jie^, liefe er burc^ bie SWagiftrate jebe öffentlidjie Sc^mö^ung be« $aj)fte« unb jAen
SBiberftanb gegen beffen Süllen a^nben, unb fo tourben benn in ber 2;^at brei Seute au«
ben nieberen Stäuben, bie ben ©eiftlidj^en toä^renb ber $rebigt offen toiberf))rod^en unb
ben 2lblafe einen Setrug genannt Ratten, tro^ puffen« gürbitten ent^au})tet. (S« toarenio
bie erften 3Wärt^rer ber ^uffitifc^en Kirche (Seitr. wir l^uff. Setoegung V, 334,
358). 3)ie ©cgner nannten bie äetl^le^em«fc4)elle nun bie Kird^e ju ben brei heiligen.
3)er Sc^recfm über biefe Vorgänge ^ielt freilid^ nid^t lange an. ®a griff bie §afultät
JU fd^ärferen 3Witteln: fie verlangte, bafe §ufe feine Sieben unb Se^ren bem 35elanate jur
(Sinfic^tna^mc übergebe ; barauf ging biefer nic^t ein unb be«l^alb fonnte aud^ bem SBunfd^ 15
be« König« nid^t entfproc^en trerben, puffen« 5Koti»e ju toiberlegen. 2)ie t^eologif^c
^!ultät ^atte in^trifd^en bie 45 3lrtifel auf« neue tjerbammt unb i^nen nod^ einige, bie
bon ^ufe berrübrten, al« irrig ober ^äretifdji angefügt. 2)er König verbot nun biefe ätr«
tifel JU lehren unb liefe ba« I)ehet ben 2)oftoren, SRagiftem unb Klerifem befannt machen.
®od^ toeber §ufe nod^ bie Uniüerfität al« fold{>e ftimmte biefer fummarifc^en Verurteilung 60
juj fie verlangten vielmehr, bafe bie Sc^rifttribrigfeit ber älrtifel juerft er«
wtefen h)erben. §ufe felbft unternahm e«, ben Setoei« ju erbringen, bafe bie älrtifel
13—16 unb 18 nid^t« irrige« ober fe^erifc^e« entl^alten (Defensio quorundum articu-
lorum Joannis Wiclef). 2)ie 3Kotit)e feiner 3lu«fül^rungen finb auc^ ^ier ganj SBiclif
entlel;nt. Somo^l bie Siebe, bie §ufe im Sarolinum Qd)altm, al« aud^ bie fj)ätere, bie 66
ben gleichen i^w^d verfolgte, gelangte in tveitere Kreife unb trurbe bon ben ®ohoren ber
tl^eologifc^en gafultät in einer ©egenfc^rift (Probatio et fundatio doctorum probans
indulgentias papales) ju toiberlegen Verfucf>t; freilid^ reicht biefe in i^rer 3i5irfung
feine«fall« an bie 3lrbcit puffen« ^eran, bie mit unjh>eifel^aftem ©efc^icf jufammen«
geftellt ift. gq
478 ^ttf^
35ic fraget S^umultc Ratten in gan^ Söhnten unlicbfamcö Staffelten gemad&t: bie
})ä))ftli(^en SJcgatcn unb ber erjbifc^of ällbif fuc^tcn bälget §u6 ju betDcgcn, bcn äüiberftanb
flegcn bie lpä))ftlic^en Süllen aufzugeben, unb ber Äönig ma^te einen freilid^ erfolglofen
SJerfuc^, bie fat^olifd^e unb l^uffitifc^e Partei einanber ju näf^em. (Segen §u6 l^atte ^alecj
6 feinen Tractatus gloriosus — im toefentlid^en eine h)eitere 2lu^fü^rung ber Probatio
et fundatio — bwfafet, bie ^ufe ]päkx miebcr mit einer au^füFirlic^en (Scgenfd^rift ber
Refutatio scripti octo-doctorum theologie beantwortete — jiemlic^ fpät, benn in ber
3U)ifci^enjeit toar fd^on feine ©treitfc^rift ,,bon ber Äird^e" erfciffienen.
3RittIertoeiIe I^atte fid^ aud^ bie 5Prager ^fangeiftlid^Ieit burd^ 3Wid^ael bon Deutfd^s
10 brob (SJlic^ael be ßaufi^) mit il^ren Slagen gegen |lu| an ben ^ai)ft geh)enbet, unb biefer
beauftragte ben Äarbinal t)on ©t. Slngelo, o^ne SJa^ifid^t tüiber öu« t)or|;ugel^en. SDer
Äarbinal Der^ängtc über i^n ben großen Äirc^enbann. Sr foDte feftgenommen, bem ßrj-
bif4>of Don ^rag ober bem Sifd^of Don Seitomifc^l überliefert unb bie S3et^Ie^emöfa))ene
bem ©rbboben gleic^emac^t Werben. 3lber bie berfc^ärften 5Ka^regeIn gegen §u6 unb
16 feine Slnl^änger unb felbft gegen bie 95et^le^emgfaj)eÜe, auf bie am 2. Dftober 1412 ein
förmlid^er Singriff gemacht tourbe, bag über 5Prag berl^ängte ^nterbift, enblic^ and) bie
(Segenma^regeln ber ^ufftten: bie grofee Serteibigung^rebe be^ 3Wagifterg 3«>^ö""^ 3^ff^=
nicj unb bie 3lpj)eDation, bie §u6 nac^ bem (bon SBicIif erjö^Iten) Öeift^iele be^ englifc^en
Sifd^ofg Slobert ©roffetefte »on Sincoln Don bem $a))ft an gefu^ ßl^riftu« aU oberften
2o9li(^ter einlegte, aü ia^ bermel^rte nur bie Slufregung im 3Solfe unb nötigte §ufe, einem
SBunfdjie be« Äönig« entf^rec^enb, ftc^ au« 5Prag ju entfernen.
2lu« ber 3«it bor feinem Slbgange ftammt bie Heine Slb^anblung De Credere, bie
jum größten leite au« SBiclif« 95ud& De Ecclesia genommen ift.
3)ie ätbwefenl^eit §uffen« l^atte bie erwartete SBirfung nic^t: bie ätufregung bauerte
26 fort unb Würbe burd^ feine ©enbfd^reiben noc^ gefc^ürt: er maf>ntc feine Stn^änger, ba«
SBort ®otte« fleißig ju ^ören, bei ber belannten SBal^rl^eit ju bleiben, bie 3^törung
feiner Rapcüc nid^t gujutaffen unb bie feinbtid^en ßitationen nid^t ju für^ten. (Sr tröftete
bie greunbe über feine ©jfommunifation unb erörtert — auc^ ^ier jumeift mit SBiclif«
SBorten — bie ©rünbe, um berent^atben er bon $rag ^inWeggej\ogen.
80 a)er Serruf, in ben Söl^men Wegen ber Äe^erei gefommen war, ging bem ßönig
na^e. 6r naJ^m ba^er bie 3tu«glei(^ung ber ®egenfä|e felbft in bie ^anb unb rief um
SBei^nac^ten 1412 bie ^'6i)\U Sfteic^«bel|örbe ju einer Beratung gufammen. $ier legte
$u^ eine 3)enf jd^rift Dor, Weld^e bie 3lotlage be« üanbe« 5eid;net unb Slbbilfe forbert. (Sr
Werbe fic^ gern i|ur SSerantWortung fteDen, au^er fianb fönne er nic^t gelten, 511m ®e^or*
86 fam fei er bereit, Don ber $rebigt fönne er aber nic^t laffen. 3)en Slnträgen ber oberften
SUcid^be^örbe entfjjredjienb berief ber König eine 6^nobc für ben 2. gebruar nac^ S3ö{^=
mifdi^sSrob. Slber fte trat nid{>t bort. Wo auc^ §ufe l^ättc erfd^einen fönnen, fonbem am
6. ^bruar im er^bifd^öfli^en ^Palafte in $rag jufammen. 35ie ^arteifüJ^rer fcJ^lten, boc^
Würben Don beiben ©eiten SBorfd^läge jur ^erfteUung be« firc^Iic^en ^eben« erftattet, fo
40 oud^ Don §u^ unb ^alob Don 3Kie« (^öcobeU). Stuf bie ©utac^ten ber Äat^oliten rej)li=
jierten bie ^uffiten, auf jene ber te^teren ber Sifd^of Don Seitomifc^l. ^ufe Derlangtc
namentlid^, ba^ Söf^men in firc^tic^er Se^iel^ung biefelben grei^eiten l^abe, wie anberc
Sänber ; StD})robationen unb SBerbammungen f oHen bemnac^ nur mit ßrlaubni« ber ©taat«=
geWalt Dertünbet Werben bürfen. 6« ift bie« ganj bie SeJ^re Siclif« (Sermones III,
46 519 u. a.). 3Ber ^ufe ber Äe^erei befc^ulbige, tJ^ue e« auf ba« jus talionis l;in. 6«
folgten ©d^riften unb ©egenfc^riften. 3" einer (Sinigung fam e« nic^t: „Unb wenn
ic^ Dor bem ©c^eiterJ^aufen ftünbe, ber mir bereitet ift, fd^reibt^ufe in jenen
lagen, ba« Äonjilium ber t^eologifc^en gafultät Werbe ic^ niemal« annel^men." 2)ie ©^5
nobe Derlief fomit refultatlo«. Stber nod^ gab ber Äönig nid^t alle «Hoffnung auf: eine
60 Äommiffwn fotite an bem 6inigung«Werfe Weiter arbeiten. 3)ie 3)ottoren Derlangten Don
§u^ unb feinen Sln^ängem bie Slnerfennung i^re« Äirc^enbegriff«, Wonad^ ber ^aj)ft
ba« $au})t, bieÄarbinäle ber Äörj)er ber Äirc^e finb unb bafe allen
änorbnungen biefer Äird^e ge^ord^t Werben muffe. ,<pu|War lebhaft bagegen,
benn bann wären \a ^a^ft unb Äarbinäle allein bie Äirc^e. ^a, finb fie e« benn Wir!*
66li(^? Unb, )fva^ ift bie Äirc^e'c'
Iro^ allebem fotl [xd) bie ^uffitifd^e Partei bem gegnerijd^fen ©tanbpunft noc^ mel^r
genähert \:}ahm, Sie machte ^n bem ©a$, ba^ man ber römifc^en Äird^e glauben muffe,
ben 3"f^^- ftoweit ein jeder frommer curiat gehalten ist. 3)agegen aber legten Stani«-
lau« Don ^mxm unb ©tejjl^an Don ^alecg SSertoal^rung ein unb Derlie^en bie i^erfamm*
eo lung. Wofür fic nebft jWei anberen Si'iortfüf^rern Dom König in« ßjil gcfc^icft Würben.
^ttß 479
Seibc Parteien fud^ten nun il^rc Sel^rfä^c au^fü^rlid^ ju bcgrünben unb bic ber
(Segner gu befämpfen. ©o entftanben bie ©treitjd^riften eine« ^nbrca« bon Srob, 3^'
Joanne« ^u6, ©tani^Iau« bon ßnaim unb ©tcpl^an $alecj (95eitr. I^uft. Seto. IV, 315 ff.)-
S3on all biefen ©c^riftcn ift bic be« §u6 „De Ecclesia" bon jel^er am meiften citiert
unb je nad^ bem ©tanb})unft betrunbert ober getabelt toorben. Unb boc^ ift fie in ben 6
erften 10 Äa))iteln nic^t« ate ein bürftiger "Sln^uQ aui bem gleid^namigen SBerfe SBicIif«
unb in ben folgenben Äo^jiteln au« beffen (noc^ ungebrucftem Sud^e) „Von der Gewalt
des Papstes". SBicIif ^atte einft fein Sud^ gcfdj^rieben, x\m ber lanbläufigen Slnftd^t ber
3eit, al« beftel^e bie Hirc^e nur avi^ ben ®eiftlic^en, entgegenzutreten, in einer äJ^nIid{>en
iJage befanb ftdff nun §ufe unb er jögerte nidjit, mit aBicIif« Söorten ju befinieren, toa« lo
bie Äirc^e ift (f. unten).
©einen 2;raftat ^atte §ufe auf ber 33urg eine« ®önner« ju Kozl hradek bei äuftie
gefc^rieben; er fanbte il^n nad^?Jrag, h?o er am %,^yxX\ in ber 95et^lel^em«fa})eDc öffentlid^
iwx Serlefung fam. §icr enttoicfelte fid^ über^aut)t ein eigenartiger Äuitu« 2Bicüf«, l(;ier
»urben Schreiben englifd^er SBiclifiten beriefen, unb an ben SBänben toaren bie ^au})ts i6
fä^e au« puffen« 3lb^anblung De sex erroribus, bon ber ebenfaU« ganje Äa))itel fflicltf
angel^ören, aufgefc^rieben. 3(uf puffen« Sud^ bon ber Jlirc^e anttDorteten @tani«Iau« bon
3neim unb ^5alecj mit gleid^namigen Straftaten.
3)ie ^inbfd^aft unter ben ©egnem toirb immer l^eftiger: h?ie ^aleq bie Slnl^änger
bc« §u6 Quidamisten, nennt biefer $alecj Fictor (Sügner). ®egen i^n unb ©tani«lau« 20
fc^rieb |)u6 feine bon i^m felbft nic^t ^oc^ eingefd^ä^ten ©treitfd^riften Responsum ad
scripta Palecz unb ad scripta Stanislai. 3i"tereffant ift bie eine burdji puffen« ^in*
toei« auf bie 3:i^atfad^e, ba^ minbeften« audji feine ®egner bon bem füften ®ifte SBicUf«
gcfoftet; jc^t freilid^ Ratten fie i^re Überzeugungen in bie Äloafe getoorfen.
grft je^t, h?o bie ftreitbarften ®egner be« ^ufe au« 5Prag geh)ic^en Joaren, gewannen 26
beffen 2ln{^ängcr lizn gangen Soben für fidji. 6ine fcitene &ait ber Überrebung ftanb
i^m IM ®ebote: in ©tabt unb 2anb fiel il^m balb aDe« ju; man begreift fein ftoljc«
SBort auf bem üonjil: frei bin ic^ l^ierl^er gefommen; If'aiit ic^ e« ni^t tooDen, nid^t
biefer Äönig ba (©igi«munb) unb auc^ nic^t jener bort (SBenjeO Ratten mic^ ^inbem
lönnen, benn fo jal^lreid^ unb mäd^tig fmb bie böf^mifc^en §erm bie mic^ lieben, ba^ ic^ ao
mid^ leidet hinter il^ren ©c^löffem ):iättt fc^ü^en fönnen. §u§ fagte bamit bie boÖe SBa^s
l^eit. @r h)ar ber ^l^rer feine« SÖolfe« getoorben. ®inen l^eftigen ©c^Iag erlitten feine
®egner, al« Äönig SBäenjel ben 3)eutfd{>en im altftäbter "SiaU ba« §eft au« ber öanb
nal^m unb berfügte, bafe in §infunft neben 9 S)eutfc^en audji 9 SfdjiedSien al« 9lat«^erren
fungieren foHten. 86
3Rittlern)eiIe lüar ^u^ teil« mit ber älbfaffung ber genannten ©treitfc^riften, teil«
mit Sßrebigten an ba« S^olf in ber Umgebung bon Kozl hradek befc^äftigt. 2)a^cr ^at
fic^ gerabe bort bie ßrinnerung an feine bon il^m befonber« gej)flegte ^aftorale X^ätigfett
Icbenbig erl^alten unb ift trenige ^al^re f^jötcr in jener ®egenb bie ©tabt 2:abor ent«
ftanben. ©c^on berfud^te e« ber bö^mifc^e 2ÖicIifi«mu« in ^^olen, ja felbft in Ungarn, 40
Kroatien unb öfterceid^ feften %\x% ju faffen. 3lber auc^ bie Äurie h>ar nic^t untl^ötig
geblieben, '^m Januar 1413 tagte in 5Rom ein ®eneraIfonjil, ba« SBiclif« ©Triften ber=
bammte unb bem ^euer j\u übergeben befahl. 3)ie SuHe be« $a))fte« bom 8. gebruar
1413 \:ioX §ufe mit bcifecnbcn ®Ioffen berfe^en, namentlich mad^t er fid^ über ba« „®e-
neral"tonjil luftig, in Säirtlic^feit fei e« nur ein bon römifd^en SKönc^en unb ©imoniften 45
befud^ter SBinfclfontjent getuefen.
3)em ©rf)i«ma ein 6nbe ju macben, bie l^cife erfel^ntc Äirc^cnreform in angriff gu
nehmen, h)urbe ein allgemeine« Äonjil für ben 1. 3?oüember 1414 nad^Äonftanj berufen.
®lei(^ üon 3lnfang an fear auc^ bie SBefeitigung ^äretifc^er Sel^rmeinungen in« Sluge ge^
fa|t. 3)cm fionig ©igi«munb lag al« ßrben ber böl^mifc^en Ärone baran, bie 3WaIel ber 60
^ärefie bon öö^mcn gu nehmen. 2lud{> $ufj h?ar baran gelegen, bem trüften ®efd{>rei
ein Snbc gu mad^en, unb gern bereit, ber 3tufforberung ©igi«munb«, nad^ Jtonftanj gu
ge^cn, Jolge gu Iciftcn. 3)ort f^offte er ®rofee« ju erjieten: au« ben bal^in mit«
genommenen ^rebigtcn entnimmt man feine 3tbfid^t, bie berfammelten
!8ätcr gu feinen b. b. gu ®iclif« ,?)auj)tle^ren ju belehren. 3Son5tönig6G
©igi«munb crl^ielt er bic 3"f^0^ f^^^^ ®eleitc«. 2)rei Ferren bom böl^mifc^en Slbel,
Sodann bon ß^lum, 5l5cnjel Don 2)uba unb §einrid^ üon ß^lum auf fin^enboi, Ratten
ben Sluftrag, für feine ©irf»er^eit auf ber JReife unb toäl^renb be« Äongil« m forgen.
3Jac^bcm fic^ .^ufe in ^rag mit au«reic^enben 3<^9"iff^ ü^^ f^^^c ä^ed^tgläubigfeit
bcrfcl;en unb loic in ber 3l^nung, bafe er in ben 3;ob gel^e, fein .öau« beftcUt l^atte, «\
480 ^u{^
mad^tc er fidf^ auf bcn SSBcg. Sc^on auf ber Sleifc nad; Äonftanj begriffen, na^m er bon
feiner treuen ©emeinbe aibfdffieb. 2)en ätbftd^ten ©igtemunbö entfjjred^enb l)ätU er bie
Steife in beffen SSegleitung machen foHen, unb bo^ ipäre für feine Bad)t and) beffer ge-
toefen. 3lm 11. Dftober bradji er auf. 3Witgreuben melbet er nac^^aufe, bie 3)eutf(ISien
6 fämen il^m — er l^atte ba^ ^meifelloig nic^t ertoartet — freunblid^ entgegen. @r foBte
e« balb in ber %\)at erfahren, bafe feine ärgften geinbe unter ben eigenen Sanb^Ieuten
ftänben. a)iefe l^atten fiep fc^on gerüftet: am 3. Slobember langte ^ufe in Äonftanj an,
unb fd^on am folgenben Skige fonnte man bort an ben JlirclS>ent|üren Icfen, ba^ 3Rii)ad
bon 3)eutfd^brob gegen ben 5te|er §u6 auftreten loerbe. 35iefer befanb fic^ anfangt auf freiem
10 ^^e. Seine Verberge fanb er bei einer S3ürger«frau, „einer ^meiten 3Bith)e Don ©arejjta."
aber fc^on nad^ toenigen SBod^en gelang e^ feinen SBiberfad^em, auf ba^ (Serüc^t l^in,
ba^ er ju fliegen beabfid^tige, il^n gefangen gu fe$en (28. Slotoember), 6r trurbe junäd^ft
in bie SBo^nung eine^ Äonftanjer 35om|erm unb Don bort am 6. SDegember in ba^35o-
minifanerHofter überführt, h)0 er in ein finftere^ an bie 5tIoafe fto^enbe^ ©elafe geftedEt
16 tourbe. ^toax braufte Sigiömunb auf, aU er l^örte, ba^ man feinen (Seleit^brief mi6=
ad^te, unb lie| bie ^rölaten feinen gom fül^len, ate biefe aber bie 2)rof;ung be^ Äönigg,
bag Äonjil ju t>erlaffen, mit ber Srtoiberung beanttoorteten, ba^ e^ bamit eben aufgelöft
toäre, fc^tite er fic^ in bie 2^l^atfad^e. So toor benn puffen« S^idEfal befiegelt. 95ereit^
am 4. ©egember l^atte ber $a^ft einen älu^fd^ufe bon brei Sifc^öfen mit ber Sßorunter«
ao fudiiung gegen i^n betraut, ^ie Selaftung^geugen tourben Demommen, o^ne ba^ i^m ein
ä(nh)a(t, um ben er gebeten l^atte unb ber il^m anfangt aud^ Der^ei^en toarb, gegeben
tourbe. 5Kit großem Äummer bemal^m ^ufe, ba^ Don feinen Streitfd^riften aud^ bad S3ud^
üon ber Äirc^e feinen ©egnem überanttoortet tourbe. 3lu« biefem l^atte ^alec^ 37 „3irrs
tümer" gejogen unb il^nen nod^ fünf aug anberen Sd^riften puffen« l^injugefügt. 3luf
25 bie 9!ad^ric^t au^ $rag, ba^ ^iafob \)on 3Sl\^ begonnen ^abe, ba^ 9(benbma]^l unter
beiben ©eftalten ju f})enben, fam noc^ ber Saienfelc^ a\i ain!(agej)unft l^inju.
35ie Sage §uffen^ Derfc^Ied^terte ftc^ feit ber Äataftroj)l^e ^o^ann^ XXIII., ber, um
ber Slbbanfung ju entgelten, an^ Äonftanj enttoid^en toar. 95i^|er (Sefangener beö ^a))fte^
unb in ftetem SBerfel^r mit feinen greunben, tourbe er nun ber §ut be^ Sifd^of^ Don
80 Jtonftang übergeben unb in beffen 35urg (Sottlieben am JR^ein gebracht. §ier toeilte er
73 3!age, getrennt Don feinen gteunben, bei %aQ gefeffelt unb be« Slad^tö mit ben ^änben
an bie 2Banb gefettet, too fein 95ett ftanb, fdjiledSit genäl^rt unb Don Äranf^eit gejjeinigt.
®a hnxd) bie 5lw4>^ 3o^ann^ XXIII. bie 3SoDma^t ber mit §uffen^ Sac^e betrauten
Äommiffion erlofc^en toar, tourbe fie nun an Dicr anbere ^Prälaten übergeben, unter benen
85 fid^ ber Äarbinal ^Uerre b*3till^, ©rjbifdSiof Don (Sambra^ befanb. 3)iefer 9lu^fd^u| ^atte
auc^ bie Serij^terftattung über bie lÖe^re SBicIif« übernommen, ba ha^ Äoniil in rid^tiger
®rtoägung beibe älngelegenljieiten ate untrennbar anfal^. 2lfe nun am 4. illai ba^ 3Sers
bammungdurteil über SBicIif gefödt tourbe, toar bie^ für $u^ Don übelfter ^orbebeutung.
2lm 5. S^ni tourbe er jum erftenmal Derl^ört unb ju bem 3^^* ^^ ^^^ ^anji^s
40 fanerflofter gebracht, too er bie legten SBodjien feine« Seben« jubra^te. 2)ag Ser^ör fanb
im Slefeftorium ftatt. 9lac^bem er bie Schriften Don ber Äirdpe, gegen ^aleq unbStani^^
lau« Don ^naxm afe bie feinigen anerfannt unb fic^ bereit erllärt ^atte, fie ju toiberrufen,
fott« man in i^nen ettoa« 3^0^^ fin^^f tourben i^m bie au« feinen Schriften gezogenen
©öfee nebft ben g^Ö^^w^f^Ö^" Dorgelefen; toie er iebodji auf einzelne fünfte anttoorten
46 tooute, fc^rieen Diele gugleic^ auf il^n ein, fc^toieg er aber, fo erßärte man e« al« Setoei«
feine« ^rrtum«. Unmutig brac^ er in bie 2öorte aud: ^6) l^atte gebac^t, mel^r 3lnftanb
imb ®üte unb beffere S^i)t beim Äonjil ju finben. 3)a« 9}erf;ör tourbe am 7. 3uni
fortgefe^t. Sigi«munb toar felbft antoefenb ; e« nal^m bal^er auc^ einen toürbigeren ©ang.
@in ©nglänber meinte ben leibhaftigen SBicIif Dor [xd) gu l^aben, al« er puffen« älnt=
eotoorten |örte. 6« fam bann auc^ fein 33er^ältni« ju jenem gur S})rad^e; feine tiefe
SBeref^rung SBicfif« gab er gu: er fönne nur toünfd{>en, bafe feine Seele einmal bort^in
gelange, too bie SBicUf« fei. SDagegen beftritt er, bie SBicIififd^e äbenbma^UIc^re ober
bie 45 2lrtif el Derteibigt ju ^aben : er fei nur gegen beren Verurteilung in Saufc^ unb .
Sogen aufgetreten. ü)ian toarf il^m feine 2l})j)enation an g^f"^ 6^riftu«, feinen änteil
56 an ber Vertreibung ber 2)eutfd^en, bie ©etoaltt^ätigfeiten gegen bie ©eiftlic^feit Dor, too^
gegen er fid^, l^ie unb ba nic^t o^ne S})i|finbigfeit, Derteibigte. 3lod) mahnte ber Äönig,
inbem er bie ?frage be« (Seleite« berührte, fid^ ber ®nabe be« Äonjil« gu überlaffen, er
tooHe feinen Äe^er in Sc^u^ nel^men. $ufe anttoortete bemütig; er fei nid^t gefommen
ettoa« l^artnädtig m be^ii})ten, fonbem laffe ]xd) eine« Sefferen belel^ren, faU« man i(;m
60 einen ^ntum na^toeife.
^ttft 481
95cim lefetcn SSet^ör (am 8 3uni) Ipurbcn tl^m 39 ©äfec üorgclefen, k)on bcncn 26
auö jcincm SBud^ Don ber Äird^e, 7 au« ber ©d^ft gegen ^Saleq unb 6 au« ber geaen
Stani«(au« gcjogen Iparcn. Sic tourbcn mit bem Sßortlaut feiner ©d^riften t)etgK(^en
unb tocnn ftd^ in bem 95uc^ ©teilen fanben, bie ben ^vUf'&c^xti mißfielen, toanbte fid^ b'SKtll^
an benftönig unb rief: ©el^t, l^ier fte^t e« nod^ ärger, al«man e« au^gejogen ^at. SSon n
ben Slrtifeln fül^ren faft alle auf SBicKf jurüdf, fo bafe ber (gnglänbcr Sol^n ©todfe« im
Siechte h?ar, ate er bel^aujjtete, §ufe l^abe gar nid^t nö% fxS) biefer Seigren ate feine«
©igentum« ju rühmen, ba fie bod^ nad^h)ei«barertoeife SBiclif angel^ören. $u^ klonte
einige ©ö^e ab, bie feinen Slnftdjiten nic^t entfj)rad{>en, anbere berfud^te er )u erläutern.
SDem Äönig ^atte man ba« ©emeingefä^rlid^e einiger Seigren für ben Seftanb ber foAU lo
lid^en §errfdS>aft nal^egelegt, um il^n h)iber §ufe ju erbittern. D'aill^ mal^nte fc^Uefelic^
ben 5Dlagi[ter, ftdff bem Äonjil ju fügen, bann toerbe man feiner fd^onen. ^ufe erflärtc
an6) je^t, bereit ju fein, fid^ eine« Sefferen ju belehren. 9lur bitte er um ®el(;ör, um
um feine Slnftd^ten beffer begrünben m lönnen. SBürben feine (Srünbe unb bie ©d^rifts
[teilen nid^t l(;inreid^en, h)erbc er fx^ 'gern Iveifen laffen. Snbem man biefe ßrflärung i5
al« bebingung«lofe Untertüerfung anfal^, tjerlangte man bon tl^m ju befennen 1. in ben
bi«l^er bel^au)[)teten ©ä^en geirrt )u l^aben, 2. il^rer in S^Iunft ju entfagen, 3. fie ju
toiberrufen unb 4. ba« (SegenteU biefer ©ä$e ju bertünben. $u^ bat, i^n nid^t )u
jtringen. Seigren ju Ipiberrufen, bie er niemal« gelehrt l^e, anbere, bie man al« irrig
erlenne, iDoHe er toiberrufen. Slnber« ju J^anbeln fei gegen fein ®eh)iffen. 3)iefe SBortcw
fanben feine gute Slufna^me; einzelne toaren berart bon §a^ erfüllt, bafe fte §u| gum
SBiberruf gar nic^t gulaffen Sollten, benn er trtirbe ben SBioerruf nid^t l^alten. 3^^*"K^
orbnung«lo« tourbe noc^ eine 3Wenge Älagen gegen il^n taut, gum ©c^lufe erhoben pdf
$alecj unb 3Kic^ael be ßaufi«: 5Wic^t au« })erf önlidjier ^feinbfdjiaft ober au« SRadjifud^t feien
fie gegen il^n aufgetreten, fonbem fraft i^re« ®oftoreibe«. $ufe entgegnete: 34> ftel^c26
bor ®otte« ©eridj^t ; er toirb mid^ unb Qxid) mit ©ered^tigfeit xxi^Urx, toie toir« berbienen.
3lad^ bem ^erj^ör am 8. 3""^ Würben bi« ju ®nbe be« 3Konat« noc^ 3Serfu^e ge«
mad^t, §u6 jumSBiberruf ju betoegen. @r l^at fte atte abgelel^nt. 3lm IS-Suni tourben
bie ätrtifel formuliert, loie fie bie ©runblage feiner 3Serurtetlung bilben follten. 3^ 25
bon il^nen machte er teil« erllärenbe teil« einfdj^ränfenbe SSemerlungen. 9lm 24. ^uni so
tourben feine Sucher gum ^euer berurteilt. 3ld)t 3^ge f^ter überreidjite er bem Äonjil
eine ßrllärung, burc^ bie er fidji bem gegnerifc^en ©tanbj)unlt fotoeit näherte, al« e« ibm
möglid^ toar ; aber ju einer 3?erftänbigung ift e« nic^t me^r gdommen.
5ür ba« SSerl^alten Äönig ©igi«munb« loaren j)olitifd&e 6rh?ägungen ma^gebenb; er
^ielt ju ber 3Keinung jener, bie §uffen« 9lücffel^r in bie §eimat al« gefäl^rlid^ anfa|en:36
„SDann trürbe ba« ?feuer crft xtd)i auflobern. 3lm beften fei«, l^ier bicSBurjel
abzugraben unb bort bie 3t fte ju bernic^ten". @r meinte, ber ©djiredfen totirbc feine
SBirlung tl^un. ^ufe felbft gab fxd) feinerlei 2;äufd{>ung mel^r l^in. „SBiberrufen lönne
er nid^t, benn für« erfte mü|te er bamit biete „SBa^ri^eiten toiberrufen, fobann toürbe er
einen 3Reineib begel^en unb frommen ©eelen 3trgemi« geben". ©(^lie^tidSi mt\pxad) ja 40
ba« 5Kart^rium feinem eigenen oft fel(;nfüc^tig lunbgegebenen SBäunfc^e. ^n ben legten
©riefen banft er ben ^^eunben für if^re fitebe unb Streue, fcftigt feine 3ln^änger Im
©tauben unb berjei^t feinen ^einben. 3)a« ©d{>idffat feine« ^eunbe« ^ieron^mu« be=
fümmert i^n. @« fc^tt ani) nic^t an bitteren Semerfungen: „©ej^t @uer Vertrauen nid^t
auf bie dürften". %ixx i^n ift e« fein S^^^f^^^ ^^6 ©igi«munb fein SBort gebrochen. ®ie «6
fdjilimmen Stauungen, bie er felbft, bie feine ^eunbe gehabt, e^e er jum Äonjil jog,
famen il^m in« ©ebäc^tni«.
3tm 6. guti — e« h?ar ein ©onnabenb — erfolgte in feierlicher SSollberfammtung
be« Äonjit« im SDom bie SBerurteitung. SRac^bcm ba« §od{>amt gebalten unb bieSitur^ie
beenbet h?ar, tourbe §u^ in bie Äirc^e geführt. ®er 93if(^of bon 2obi l^ielt eine jiemtidji so
unbebeutenbe SRebe über bie ^ftidjit, bie Keiferei au«jurotten(il^ema: Corpus conteratur
peccati. Rom. VI, 6), bann tourben einjetne ber bon $u^ unb SBictif aufgeftettten ©ä^e
unb fo aud^ ein SBeric^t über feinen $rogefe beriefen. §u^ machte mei^rmat« — aber
bergeben« — ben 35erfud(>, @\n\pxa6)t $u ergeben. Sit« aber nic^t bto^ alte, fonbem auc^
neue 2lnfc^ulbigungen jum 3^eile unerhörter 3lrt borgebra^^t tourben, triberfprac^ er laut bö
unb al« i^m enbticj^ gar feine ät})Jjellation an Gl^riftu« al« berbammen«n)erter ^trtum bor*
geh)orfen h?urbe, rief er au«: D (Sott unb ^err, je^t berbammt ba« Äongit gar bein
eigene« Xljnn unb bein ®efe$ al« einen S'^^«^^ ^^ bu bod^ felbft beine ©ad^e beinem
i>ater al« bem gered{>ten Slidjiter an^eimgcfteHt ^aft, un« jum Sorbilb, h)enn h>ir fc^loer
bebrängt toerbcn. 9Jod^mal« betont er: frei bin ic^ i^iert;ev gefommen, berfet;cn mit bcmcö
9leaI>&nc^riopäbU für ZtftoloQit unb ftirc^e. 3. $t. VIII. '>^\
482 ^itf
©deiti^brief bc^ Jtöniö^, bcr l^ier fi^et, meine UnfdSfuIb ju crtüeifcn unb Don meinem
(Slauben 9led^enfd[faft ju geben. @« ift eine alte ©oge, bafe er bei biefen SBorten fefk
auf ben Äönig blidte unb biefer errötete, ©in italienifdSier $rälat berfünbete ben Stidjiters
fjjrud^ über §u^ unb feine ©d^riften: ^u^ fei ein Äe^er unb afö folc^er feinet ^Priefter*
6 ftanbe^ ju entfc^en unb feine 35üc^^ ju verbrennen. 2luc^ je^t nod^ h)iberf})rac^ §u^
laut; nic^t« anbere« Ipünjc^e er nod^ in biejer ©tunbe ate eine trirffame Untertoeifung
burc^ bie ©d^rift. 3lxd)i eine Don feinen lateinHd^en ©d^riften ^abe man eine^ 3^^""^^
übertüiefen, bie tfd^ed^if^en gar nidbt gefeiten. ®r fiel auf bie Änie unb betete ftille unb
ben S3litf nadb oben ^eric^tet um SSerjet^ung für alle feine ^inbe.
10 3)ann erfolgte fetne 3)egrabation: er tourbe mit bem Dollen Dmate belleibet unb
nod^mafe jumSBiberruf aufgeforbert; er t)ertDeigerte ü^n abermalö: Don ben Slrtifeln l^abe
er Diele niemals geleiert, einige ^ödjiftend nad) fd^olaftifc^er 9lrt, aber nic^t juftimmenb
trattiert unb Don anberen ba^ (Gegenteil bel[^u))tet. S)a rief aOe^ auf ii^n ein: 3)a fielet
man, toa« ba« für ein Deiftodter Re^er ift. Unter SBertoünfd^ungen tourbe er feine« Dr«
15 nate« entfleibet, feine $rieftertonfur gerftört unb bie ©entenj Derfünbet, bafe bie Kirche
ü^m alle firdj^lid^en Siedete genommen unb i^n nunmehr bem toeltlic^en älrm übergebe.
Unb h)ir, fagten bie änlDefenben, übergeben feine ©eelc bem2^eufel. (Sr ertoieberte: Unb
i dji befel^le fie bem frommen i^erm 3^" ß^nft. ®ann toarb il^m eine eUcnl^ol^e $aj)ier=
mü$e aufgefegt, h)el(iSie bie Umfd^rift : Haeresiarcha trug. Sluf be« Äönig« Sefel^l über«
2ona^m ber 5Pfaljgraf fiubtoig ben 3Serurteilten, mit i^mm tl^un, „ali mit einem Äe^er".
Subtoig rief ben SBogt Don Jlonftang ^erau unb fjjrac^ : SÜimm il^n unb Derbrenn' i^n ate
einen He^er. ©o h>urbe $u^, iDä^renb ocS Jtonjil iveiter tagte, unter einem ftarten ©e-
leite Don Setoaffneten abgefül^rt. 3lm 3)onH)la$ Derbrannte man eben feine Südf^er. $u^
läd^elte baju unb fagte jju ben Umftel^enben, fie möchten bod^ nid^t glauben, ba^ er irriger
26 Seigren tregen fterben muffe. 6r ging feften ©d^ritte«, fingcnb unb betenb jur Slidjitftätte,
bem „Srübl" gtoifc^en ©tabtmauer unb (Sraben. ®ort miete er nieber, breitete bie §änbe
au« unb betete laut. 93on ben 3lnh>efenben meinten einige, man foQe il^m einen SSeic^t-
Dater geben, bagegen eiferte ein ©eiftlid^er : ein Äe^er bürfe toeber gel^ört, nodji il^m ein
SeidjitDater gegeben toerben. ®ie ©enfer entfleibeten il^n unb banben feine §änbe rürf=
80 toärt« mit ©tridten unb feinen $aw mit einer Äette an einen 5Pfal(;l, um ben ^oU mit
©trol^ aufgefdffid^tet tourbe, fo bafe e« i^m bi« an ben §al« reifte. 3lo6) im legten
älugenblidte mahnte il^n in Segenivart be« ^falggrafen ber Steid^marfc^all Don $a));pens
l^eim, fein fieben burd^ einen SBiberruf gu retten. ®r lel^nte bie« mit ben SBorten ab:
©Ott ift mein 3^g^/ bafe id^ ba«, toeffen mid^ falfdjie 3^0^ befc^ulbigen, niemal« geleiert
85 l^abe. 3" ^^ SBal^ri^eit be« (SDangelium«, bie ic^ gefd^eben, geleimt unb get)rebigt l^abe,
toiU id^ i)t\iU mit ^euben fterben. 3luf ba« l^in tourbe ber ©c^eiterl^aufen angegünbet.
SWit erhobener ©timme fang §u^: ß^riftu«, bu ©ol^n be« lebenbigen ®otte« erbarme
bic^ meiner. 211« er jum brtttenmal anlj^ob unb fortfulj^r : ber bu geboren bift au« 5Karia
ber Jungfrau, fd^lug i^m ber SBinb bie glamme in« ©eftc^t; noc^ beilegte er bie£i^)j)en
40 unb ba« §aui>t, bann erftidtte er lautlo«. ©ein 3:obe«!anH)f bauerte fo lange, al« man
fd^nell jtoei, auf« ^öd^fte brei 3Saterunfer betet. 35ie iUeiber Ipurben in ba« brennenbe
geuer getoorfen, $uffen« Slfdjie gebammelt unb in ben na^en Sll^ein gefdffüttet.
^aitt ber toeitau« gröftte leil be« tfdjied^ifd^en 3Solfe« fdjion bi«^er an i^m toie an
einem 5Proj)l^eten unb ä^oftel gegangen, fo tourbe er nadji feinem 3:obe al« SKärt^rer
46 unb ^eiliger Derel^, unb auf SBegen unb ©trafen ertönten Älagelieber um i^n, ber fein
S5lut für ßl^rifti fiel^re Dergoffen. ©ein JJeft tourbe fortan mit ftreng Dorgefc^riebenem
Zeremoniell am 6. ^\il\ gefeiert. @inen fiobfpruc^, ber freiließ )u überfd^tuängli(| ift, al«
ba^ er gang toa^r fein fönnte, l^at \l)m bie ^rager UniDerfttät in einem an „Derfd^iebene
Königreiche unb Sänber" ausgegangenen 2lu«fd^reiben (Dom 23. 3Kai 1416) getoibmet.
60 9Jlan })reift i^n „ob ber Sauteneit feine« fieben«, ba« man Don feiner 3^0^^ ^^ i" ^^
obadjiten ©elegenl^eit i)atU; fein ©ered^ter toerbe il^m eine ©d^ulb beimeffen, man rül^mt
fein SBirfen al« Seigrer, feine rafdjie Sluffaffung, feine ©d^lagfertigfeit, bie liiefe feiner Slnts
iDorten, feinen ©ifer in ber ^rebigt unb feine Se^re ol^ne ^1^1, bie ^öd^ften« burd^ bie
35o«l^eit feiner SBiberfadjier Derunglimjjft tourbe. ©d^on auf 6rben einem ^eiligen gleid^,
66 DoB Don 3)emut unb ^ömmigfeit, fei er ein Seräc^ter be«3leid^tum«, ein ^eunb ber Slrmen
getoefen, ein 9Kann ber ein a))oftelgleid^ fieben führte unb bie SReinl^eit unb Sinfac^^t
ber alten Äirc^e l(;erftellen tootlte: alle« in allem toar er ein Seigrer ol^ne ©leid^en, baft
man i^n nid^t fo fe^r tugenbl^aft al« Dielmel^ bie 2:ugenb felbft nennen fonnte". j&u|
befa^ \a gtoeifello« ^ol^e 2^ugenben. 3^ ^^ fdjitoeren Ääm})fen an ber $rager UniDer«
CO fität unb mit feinen lirc^lid^ ©egnem le^e er aber boc^ nid^t feiten bie rau^efte ©rite
m 483
^ert)or; er greift, tvtnn e» Jeln mu^, jum ©d^mä^^ unb ©d^eltlport. 6r fear ein
biel iVL leibenfc^aftlidSier ftänn^fer für bie nationalen 3«tereffen feiner 9lation — ber ge«
l^eiligten — afö bafe er ben 3)cutfcl{>en geredet toerben lonnte; benn baran ift f ein 3h>eif el :
bon §aft gegen bie ©eutfc^en lann er nid^t freigefjjrodjien Iverben. äud^ toaö feine ©e«
lelj^rfamleit betrifft, muffen ftarfe @inf4>ränlungen gemad^t Iperben: benn foo er über 5
ffliciif l^inau^el^t, toirb er unftd^er, fdjitoerfätKg ober toeitfc^toeifig. 3Q3a^ an eigentlid^en ref or«
matorifd^en ©c^riften au^ feiner geber vorliegt, ift nid^t Diel ; im toef entließen fmb e^ feine
©treitfc^riften gegen ©tonidlau^ unb $alec} unb jein Sud^ Don ber Jtircbe, unb aud^ ^ier
ru^t alle« auf SBiclif. ®ai& il^m äße SBerfe SBiclif« befannt loaren, barf man bej^toeifeln,
fi(^erlid{> jene, bie 1410 in ^rag bem geuer tiberliefert iourben. 3Ran toei^, ba^ er 10
SBiclif« Trialogus überfe^t unb bem 3Karfgrafen gobof bon SRä^ren unb anberen bor^
nehmen SKännem, aud^ Saien unb felbft grauen überfenbet l^at. 2)aneben fannte er
SSäiclif« fflerle Dom Seibe be« iperm, Don ber Äird^e, Don ber ©etoalt beö $a))fte« unb
namentlich bie ^rebigten fel^r genau, ffliclif« Sud^ Don ber Äird^e i}at er fic^ ganj gu
eigen gemad^t: biefe« unb ba« Sud^ De potestate pape entl^alten ba« SBefentlid^e Don 16
puffen« Sel^e. ^anac^ ift bie ^ir(^e nid^t jene ^ierar^ie, bie man allgemein aU Jtird^e
bejeidjinet; bie Äird{>e ift bie ®efamt|eit aller jener, bie Don 6U)igfeit ^er gur ©cligfeit
beftimmt fmb. 3l\d)i ber 5Pa|)ft fonbem g^riftu« ift i^r $au})t. Äein 5Pa))ft barf be*
^au})ten, bafe er §au})t ber Kird^e fei, benn er toeife nic^t einmal ob er ))räbeftiniert, alfo
über^aujjt 5Kitglieb ber Äird^e fet. SBöre irgenb einßl^rift mit Gl^riftu« ^au^Jt berÄirc^c, 20
fo toäre fte ein 5Konftrum, ba fte gioei §äuj>ter befä^e. @« ift fein (Slauben^rtifel,
ba^ man, um feiig gu ioerben, bem 5Paj)ft ge^orc^en muffe. 9lid^t bie äußere 5Kitgliebs
fdJKift an ber Jtird^e, aud^ nid^t firc^lidSie SBürben unb ämter geben eine Sürgfdjiaft, ba^
bie fraglid^en ^erfonen 3Ritglieber ber ioa^ren Jtird^c feien. ®ie l^iftorifc^en -äKaterialien,
bie §u| in feinem Sud^ Don ber Äird^e Dertoenbet, l^at er SBiclif« 95u^ De potestate 25
pape entnommen. 2Ba« er in feinen $rebigten über bie SSerberbtl^eit in ber Jtird^e
fagt, bie bittere Äriti! be« geitgenöffifdjien Äleru«, gumal ber SKöndjie, ioa« femer über bie
großen ©d^äben be« 95eft^e« ber toten §anb für bie Seftj^er unb für gange iJänber imb
^eic^e, loa« er über bie ^flid^ten ber Dbrigfeit fagt, bie Äirc^e ju reinigen: all ba«
ftammt meift Wortgetreu au« äBiclif« ^rebigten. @« ift tool^l ba« begeid^nenbfte 3Roment 90
für biefe« S^eri^ältni«, ba^ jene brei großen ^eben (De sufficientia legis Christi, de fidei
suae elueidatione unb de pace), burd^ bie^u^ ba« gange Äonjil ^inreifeen tooDte, toort^
getreu ^ßrebigtcn 5B5iclif« fmb, unb bafe SßJiclif« Sermones in Söi^men al« bie be« ^u^ ge«
gölten ^aben, toie ja $uft aud^ fonft in feinen Heineren Slrbeiten an ben ©teUen, too
S^iclif Don Anglia fj)ri(§t, einfadji Boemia fubftituiert. 6« ift im allgemeinen rid^tig, 35
bafe er bie Singriffe SBiclif« auf bie facralen ginrid^tungen ber Äirdf^e nur in geringem
älu«ma^ übernommen f)at, aber anbererfeit« toeife man barüber bod^ nid^t« enbgiltige« gu
fagen, ba er feine Seigre eben nid{>t loie SBiclif in feiner Summa theologiae ober in
tna))j)er 35erfürgung im Trialogus gufammenfaffenb Dorjgetragen ^at. 6« fte^t tro^ feiner
Se^ujjtungen, bie SBicliffc^e Seigre Dom älbenbma^l nic^t gelehrt gu ^aben, boc^ nic^t 40
ganj feft, ba^ bem fo ift. (Serabe für biefe Se^re toar in 58ö^men berSoben h?o^l Dor-
berettet. 5Kan l^atte bort in ber gleiten §älfte be« 14. ^al^rf^unbert« lebl^aft geftritten,
ob man ba« Slbenbma^l nur einmal ober oft ober felbft täglich nel;men fotle. 34^ P\^
man auf eine Seigre, bie ben SBert be« Slbenbmal^l«, ioenn e« in ber bi«l^erigen SBeife
genommen trarb, nur gering anfd^lug unb bie bi«^erigen Slnftd^ten über 2^ran«fubftantias 43
tion 2c. über ben §aufen gu Werfen bro^te. "^Rai) einer freiließ nic^t über jeben 3^^f^I
erl(;abenen älngabe tourbe SBiclif« Slbenbmal^fölel^re fd^on 1399 in $rag Derbreitet, ©eit
1403, \üo fte Derboten toarb, getoann fte erft rec^t an 95oben unb h)urbe Don öufe unb
feinen bamaligen ^eunben unb fpäteren (Segnem Don berÄangel itnb bem5lat^eber Dorge«
tragen. §u6 mag fte ja Diellei^^t nur „in fdjiolaftifc^er äBeife" Dorgetragen l^aben, in bo
jener, ioeldf^e bie ®rünbe für unb gegen erörtert, ol)m felbft ^Partei gu ergreifen. 9lur fo
läftt fid; ber SBiberfprudji gh)ifd^en ben Slnfc^ulbigungen feiner (Segner unb feiner Slbh^el^r
erflären. 9üenn er i^r aber aud^ eine R^xt guneigte, feftge^alten l^at er an ibr nid{>t.
SDagegen tourbe fte Don ber rabif alen ^Jartei — ben iaboriten — lebl^aft aufgegriffen
unb gum 3Wittelt)unh i^re« gangen ©^ftem«. 5.0
2)ie großen ©rfolge be« ^u^ in feiner §eimat finb nur an^ feiner gerabegu unDer^
gleic^lic^en jjaftoralen 3:^ätigfett, bie jene ber alten berül^mten ^rebiger Söl^men« toeit
hinter fic^ liefe unb beren Stuf noc^ in fj)äten Xagen lebenbig toar, gu erflären. älter aud^
l^ier ift er ber gelehrige ©c^üter be« (Snglänber« getoefen. Äöftlidjier, leiert ffiiclif, al« bie
i)arTeid^ung irgenb eine« fird^lidjien ©aframent« ift bie ^rebigt unb Don aüm SBJerfen «o
31*
484 «ttf^
bcr dfniftlici^m Sarm^crjtgfcit ift feinet cbicr, bcffer unb mc^r ju erlpünjc^cn ate biefe^.
SBic SBäiclif in feinen legten Seben^ja^ren eine umfaffenbe ^^l^ätigfeit enttoicfelt, feine ^re«
bigten gefammelt, feine ,,einfad^en ^t^riefter" au^efanbt, unb Belehrungen gegeben, \vtx,
toa^ unb h)ie man bemSoIfe gu })rebigen l^abe : fo erfel^nt ou^^^u^, in bie engeÄerfers
5 gelle eingefc^Ioffen, feine Befreiung nur, um bem S3oHc burc^ feine ^ßrebigt ju nü^en, unb
toie er felbft Don ber l^öc^ften SBertfd^ä^ung ber Sßrebigt burd^brungen toax, fo tjerftanb
er eig aud), bie SKaffen bc^ Solfeö für ftc gu begeiftem. ©r ^at in ber Setl^Ief;emgIa))eDe
eine nic^t feiten anö 3)emagogifd^e ftreifenbe S^ätigfeit al« 5Prebiger entfaltet; afö er
1413 unb 1414 im ®jil teilte, j)rebigte er in großen unb Heineren Dörfern, auf freiem
10 gelbe unb felbft im SBalbe. ©eine $rebigten toaren oft burc^ ii^ren '^nf)alt aufreigenb ;
er giel^t feine ©treitfad^en mit ben geiftltdjien 3Sorgefe^ten l^erein, giebt fein Urteil über
einzelne ©reigniffe ou^ ber Oefd^idSite biefer 2^ge ob ober ruft enblid^ feine ©emeinbe
gum 3^0^ «>^^ jwm SRidf^ter auf. 6ben bie« bemagogifd^e SBefen fd^uf i^m feinen großen
Slni^ang unb fo tourbe er, ol^ne felbft 3:i^eoreti!er in tf^eologifc^en fjragen gu fein,
15 ber rechte 2l})oftel feine« englifd^en 3Keifter«. (gr l^atte ©enoffen, bie i^n an SEBiffen unb
felbft an Serebfamfeit übenagten, in ber ßunft ber Se^enfdjiung ber 3Kenge toax er un=
übertroffen.
Sein ©d^iifal teilte Don feinen Slnl^ängem §ieron^mu« bon ^rag. 6r entftammte
einem $rager ©efc^ledjite, baö ftdb in guten Ser^ältniffen befunben gu ^aben fd^eint, über
20 ba« aber fonft nid^t« tocitere« befannt ift. 6« ift ein alter auf eine SBertoec^felung mit
9lifolau« ^ulfifc^ gurücfreic^enber S'^^"^/ h)enn man ol« feinen ^miliennamen ^ulfifc^
nennt. a)ur^ ©c^arffmn auggegeiqnet unb ftetö eifrig bemüht, fem SBiffen gu erweitern,
madffte er treite Steifen nad^ ben berül^mteften 95ilbung«ftätten euroj)a«. 9Jad^bem er feine
erften ©tubien in 5Prag gemadjit unb 35accalaureu« getoorben — ben priefterlid^en ©tanb
26 ftrebte er nic^t an — gog er nad^ Drforb. ®ort lernte er bie ©d{>riften SBicfif« t>or=
ne^mlic^ ben Dialogus unb Trialogus lennen unb brachte fte — fj)äteften« 1402 —
nac^ ^rag. §ier aber bulbete e« i^n nid^t lange: er ging auf toeite Steifen, bie i^n, toie
man meint, felbft nac^ gerufalem fü^en. ^n 5Pari« befanb er fid^ im S3efi$ SBiclif-
fc^cr ©c^riften (1404) ; er fdffreibt an bie 5Prager ^eunbe, er h)erbe i^nen Sucher fenben,
90 über bie fte eine gro^e greube l^aben toürben. 3n 5Pari« tourbe er 2Ragifter. 2)ann ging
er nac^ ^eibelberg, too er 1406 toegen 3Serteibigung realiftifdjier fiel^rfäi^e au« ber arti«
ftifc^en gafultät, ber er al« Seigrer angel^örte, au«gefc^loffen tourbe. gür bie 5P^ilofoj)^ie
SBäiclif« toax er audji in Äöln t^ätig. 1407 toeilte er toiebcr in $rag. 3lm ©timmen^
ftrett nabm er lebhaften Slnteil, mel^r aber nodji an ben Ääm})fen um bie £el^ren3Biclif«:
36 biefen })rie« er gang offen al« einen l^eiligen 3Kann, „beffen 3)oftrinen man größeren
®lauben beimeffen bürfe, al« felbft bem 1^1. Sluguftinu«" ; ber 3lu«f})ruc^, bcr \>on ^ufe
befannt ift, er totinfd^te feine ©eeie bort h)o bie SBiclif« fei, trurbe fc^on je^t bon §iero=
n^mu« gehört. @r toar e«, ber ba« belannte Djforber 3^0"^^ ^^^ SBäiclif« Sted^tgläubig^
feit in einer 3!)i«j)utation j)ubligierte (1409) unb biefen öffentlid^ für einen fat^olifc^en
40 ®oftor erftärte. ^n ^rag felbft galten ^ufe unb §ieron^mu« al« ,,principales Wicle-
fitae". ©eit 1410 batieren feine Scrfud^e ben 9Biclifi«mu« aud^ in Ungarn, Kroatien,
Öfterreic^ ^t\h ^oten au«gubreiten. 3lm 20. 5Kärg 1410 ^ielt er in Dfen bor Äönig
©igi«munb eine Siebe, bie tJoU öon Singriffen gegen ben Dertoeltlidjiten Äleru« h?ar. 33i«
na^ Dfen »erfolgten i^n bie Älagen be« $rager ©nbifc^of«, unb auf beffen Setreiben
46 liefe i^n Äönig ©igi«munb inxd) ben ©rgbif^of k)on ©ran in §aft nehmen. Salb aber
— e« ift nid^t gang fidler, ob er nic^t ingtrifc^en nac^ 5Prag geführt h)urbe, traf er in
SBäien ein. ^ier fam er megen feiner ^roj)aganba für SBiclif t)Ox ba« bifc^öflic^e ©e«
ric^t, h)0 i^m aufeer ben 45 SlrtiiEeln auc^ no^ ba« gange bi«^erigc 3Serl^altcn in ^eibeU
berg, $rag, Cfen u. f. m. »orgel^alten tourbe. §ieron^mu« erflärte bie meiften 3lnfd^ul=
60 bigungen für Älatfc^ : ben ©d^toä^em fönne er nidfft ben SKunb fto})fen, für ba« SÜJol^re
ftef^e er ein, falfc^e« tjertoerfe er, einen SSerteibiger braud^e er nic^t, ba« beforge er felbft.
®r gelobte fd^liefelidji an, bie ©tabt nidjit gu tjertaffen, bi« er fid^ bon bem Serbac^t ber
Ke^erei befreit l^obe. @r fa^ inbe« biefe 3ufage al« eine ergivungene an unb enttoidb nac^
SSöttau in 39}ä^ren. Qx tjerpel nun auc^ l(;ier, h?ie frül^er in ^rag ber ©Efommunifation.
66 3Wit aufeerorbentlic^er fiebl^aftigfeit beteiligte er fidji an bem 2lbla|ftreit in ^rag (1412),
h)o er burc^ bie Äraft feiner Stebe felbft .§ufe überragte (f. oben), ^m folgenben ^ai}xz
toax er für feine S^een in Ärafau tl^ötig ui^ ging im ©efolge be« ©rofefürften SBitolb
nac^ fiittl^auen unb Stufelanb, um bort bie Angehörigen ber griec^ifc^cn Äirc^e für feine
iJel^re gu geh)innen. 9tod^ in bemfetben ^a!l)x^ noJ^m il^n §ufe unb nac^ il^m auc^ bcr
QoSteftor ber ^^Jrager Uniöerfität gegen bie änf^^ulbigungen be« Wiener 5Dlagifter« 3ol[Kinnc«
^ttft 486
©tctoart in ©d^u^; bicjcr l^attc bcn Sifc^of toon Slgram öor froatifc^cn Älcrifcrn gc=
h)amt, bic fi^ auf tl^rer 3)urc^reifc t)on ^Prag in bie §cimat offen jum SBäiclifi^mu^ bcs
fannten. 3llö $u^ im Segriffc toar, nac^ Äonftanj ju ge^en, f})rac^ tl^m ^icron^mu« ju,
ftc^ gegen bie toiber il^n t)orgebrac^ten 2lnfd^ulbigungen gu berteibtgcn, er toerbe il^m im
%aüc ber 3lot ju §ilfe eilen. 2)a« fül^rte er, o^ne auf §uffen^ Säamungen ju ad^ten, 5
an^ unb traf am 4. 3lj)ril 1415 inSonftanj ein. SDic Semül^ungen ber i^m befreunbcten
bö^mifc^en Sarone, il^n jum SBegjug ^u belegen, l^atten Ipenigfteng ben ßrfolg, ba^ er
avL^ Äonftanj flüd^tete unb üon Ueberlmgen au^ ben SSerfuc^ mad^te, freie« ©eleit bom
Äaifer unb ®e^ör beim Äonjil m erhalten, äte i^m ba« in ber getoünfd^ten SBeife nid^t
gu teil tourbe, mad{>te er fid^ auf bie §eimreife. ©c^on l^atte er faft bie l^eimatlid^e ®renje 10
crrcid^t, aU er am 15. äljjril in §irfq>au erfannt, gefeffelt unb auf Sefel^I be« Äonjife
nac^ Äonftanj gurüdfgefü^rt trurbe. dloi) am 3:age feiner Slnfunft (23. 3Kai) tourbe er
einem 38er^ör unterzogen, bann aber rul^te feine Slngelegen^eit, bi« ber ^roje^ §uffen«
cntfdSfiebcn toar. 6r lam in eine ^arte §aft, bie bem Iräftigen SWann an« Seben griff
unb feine SBäittenöfraft beulte. 3lm 19. 3iuli tourbc er h)ieber bcrl^ört: eig banbelte fidfus
um ben ©tüfeifjunh ber SBtcIiffd^en fiel^re: ba« Slbenbmai^I. 3Kan gab ftd^ SKül^e, §ieros
n^mu« ^um Sfeiberruf ^u beilegen, umjome^r aU ber 3^ob be« §ufe bie erwartete SfBirfung
in Söl^men nid^t gezeitigt ^atte. ^n oer 2^^at erllärtc er ftc^ l^ierju am 10. ©ej)tember
bereit unb leiftete i^n nidfft blofe tag« barauf, fonbem h)ieberl^oIte i^n aui) 12 3:age
fpäter in einer bom Äonjil feftgefe^ten gaffung, bie äffe Sleferbationen au^fc^Io^. Unb 20
boc^ erlangte er feine §rei^eit nic^t. 3)a« ÄongU begej^rte feine 3Kith)irfung jur Se«
ru^igung ber ®emüter in Söl^men: er foffte im ©inne feine« SBiberruf« an Äönig Sßenjjel,
an bie Königin, bie Uniberfttät, an Slbelige unb ba« Sßolf ©^reiben rid^ten, er fd^neb
nur an Sajfo bonJtratoar, bon h)eiteren ©(^reiben Ipoffte er nic^t« me^r toiffen: ©ein
©etüiffen h?ar ertpad^t. Über ba« fernere SBerfal^ren h)iber i^n toar man nidjit einig : eine 2b
gemäßigte Partei berlangtc feine greilaffung; an ber ©J)i$c ber anbern ftanben trieber
feine eigenen 2anb«Ieute; i^nen f^lofe fid^ ©erfon an, unb auf il^r Setreiben h)urbe ber
^Jtogefe gegen i^n toieber aufgenommen. 2)a er feine ©d^riften h)ie $uft beröffentlidjit
f^tte, mufete man ftd^ auf 3^w9^öu«fagen befd^ränlen. 3lm 23. 5Kat, Sem 3iö^re«tag
feiner Konftanjer §aft, hjurbe il^m ein öffentliche« SSeri^ör betoiffigt unb am 26. 3Rat 90
fortgefe^t. 6« h?ar nic^t nur ber Italiener $oggio SraccioRni fonbem mand^er anbere
bon ben 3lnh?efenben k)on ber Äraft feiner Sftebe auf« tieffte ergriffen ; in berebtcn SBorten
fül^rte er au«, bafe bie toiber il^n borgd&rad^ten Älagen falfd^ feien, aber feine JRebe ging
nid^t in einen 2öiberruf au«, fonbem in eine SSerJ^enlid^ung be« §u^: ben l^abe er bon
3iugenb an al« reinen unb ^eiligmö^igm 5Dlann unb getreuen 5Prebtger gefannt. ©eine 36
größte ©ünbe fei, biefen 9Rann berleugnet ^u l^abm. 35amit l^attc ftdji ^ieron^mu« felbft
fein Urteil gefjjrodjien. 3)ie SSerfu^e, bie man nod^ mad^te, il^n umjuftimmen, fc^Iugm
fel^l, unb fo h)urbe er am 30. 5Kai 1416 at« rüdffäffiger Äe^er bemrteilt. 9Kit Ipeiterem
2lntli$ ging er jum lobe, ©in geitgenoffe f^örte il^n fagm : 3^^ berbammt mid^, U)ie-
trol^I id9 unfd^ulbig bin. ^i) aber trerbe euc^ nac^ meinem 2:obe einen ©tad^el jurüdf* 40
laffm. 3c^ mfe euc^ äffe auf, mir binnm 100 ^al)xtn bor bem affmäc^tigm ®ott Siebe
JU fte^en. Sil« man ben ^oljfto^ anjünbete, ftimmte er ba« Dfterlieb an: Salva festa
dies, bm Umftei^enben bet^euerte er feine Unf^^ulb. ©eine l^tm (in tfdjieAifd^er ©})rad^e
gef})rod^enen) SBorte traren: ®ott SSater, bergieb mir meine ©ünben. Slaud^ unb Dualm
erftidften feine ©timme. gaft eine Siertelftunbe betoegtc er nodji bic 2i})})m. 45
©c^on bie Ser^aftung §uffm« l^atte in 93ö^mm unb 3Wä^rm jieinlid^e« Sluffel^m
erregt. 3" b6i>^n Sänbem toanbtm ftd^ bie ©tänbe toieberl^olt unb immer bringenber
an Äönig ©igi«munb mit ber Sitte, §u^ ^u befreim. Sil« nun gar bie 9lad^rid^t bnn
puffen« aWärt^rertob anlangte, bradben l^eftige Setoegungm au«, bie fidji junädWt gegen
bie ©eiftlic^en, bomef^mlic^ gegen bte SRönc^e rid^tetm. ^n 5Prag trurbm bte SBo^nungen 60
jener ^riefter, bie man at« $uffm« SBiberfadf^er lannte, geftürmt unb gejjlünbert. ©elbft
ber ßrjbifc^of fonnte ftd^ nur mit 3Wü^e bor ber 2But be« Solfe« retten. 9lid^t biel beffer
lagm bie 3)inge auf bem Sanbe. Überaff emj)fanb man ba« SSerfa^ren gegen ,§u6 al«
eine bem Sanbe jugefügte ©d{>mad^ unb crbliite in feiner Verbrennung einen 3>wftii«norb.
Äönig SBengel lie^ anfang« an^ ®roff gegm ©igi«munb feinem Unmut über bie 3)inge b6
in Äonftang freien Sauf, unb feine ®ema^lin begünftigte offm bie S^fcunbe be« ^u^. Sin
ber ©j)i^e ber SRegierung ftanbm erflärte §u|ftten. Um ba« 9?oß bor grö^erm äu«^
fd^reitungen abzuhalten, trurbe ein Sanbtag na4> $rag einbemfen, ber aud^ au« SWäl^rm
ftarf befud^t h)ar. 3lm 2. ©ejjtember legte ber Ferren* unb Slitterftanb einen feierlichen
$roteft gegen bie Verbrennung be« §u^ unb bie ®efangenfd^aft be« §ieron^mu« ein, ge* eo
486 ^ttfe
lobten bcn getreuen ^ebiaer beö älSorte« ®otte^ bi« m ben %oh ^u tocrteibigen unb crHärten
jene für Sügner, bic Söhnten in ben Stuf ber Äe^eret brädf^ten. 35rei 2:age \pätcx trat
in ^orni eine3 Sanbtag^fdS^Iuffc« ber J^ujfttifdf^e §errenbunb jufammen unb Der^)flicl^tete [xd),
bie freie ^rebigt bed ©bangeliumd auf aÖen feinen @ütem unb 93eft^unaen ;u jd^irmen
6 unb ber bifdE^öflid^en ®eh)alt nur ba %olaf ju leiften, too bie^ ben bibUfd^en änforbe^
rungen entf j)ri^t. ^n ftrittigen ^en foUte man fxd) an bie ©ntfd^eibunö ber Uniöerjitöt
l^alten; gegen f^rifth)ibrige SKa^regeln berf})racl^ man [xd) gegenfeitig ©df^ufe unb §Ufe.
35er93unb tüurbe auf 6 ^al^re feftgefe^t. ^I^m trat ber game l^ujfitifdS^e Slbei be^Sanbe^
bei unb \o erl^ielt ba« an ba« Äonjil gefanbte ©d&reiben nic^t toeniger al« 452 ©iegel.
10 3)iefer §errenbunb er^ob fomit fetne ^^ne für ba« ©d^riftjjrinjij). SBäre ber König
bem 93unbe beigetreten, fo h)ären feine Sef^Iüffe gefe^e«fräftig getoorben; er t>ertoeigcrte
e« unb näherte fid^ bem fat^olifdf^en §errenbunbe, ber fidf^ nun bilbete unb fid^ öer^
))flid^tete, an bem Äönige, ber römif^en Rird^e unb bem Ronjil feftjul^alten. ©d^on ftanb
fomit ber 3lu«brudS^ eine« Sürgerfrieae« in ©i^t. 35aju lamen bie SBerfügungen be«5lon5
15 )il«, bie nid^t geeignet toaren, bie @emüter )u berul^igen. @inen ©türm be« Unh>iQen«
erregte e«, bafe ber eifrigfte ®egner be« §u^, SBifc^of Solenn bon Seitomifd^I, genannt ber
6ifeme, al« aj)oftoIifd^er Segat nadf^ 33öl^men abgefenbet tourbe. SBö^renb ber ©rjbifd^of
Äonrab bon 5ßrag unb ber 33if^of SBengel bon DImü| eine jutoartenbe ©teßung ein-
nal^men, trat ba« ^rager 3)omIc4)itel mit aQer ©d(^ärfe gegen bte bleuerer auf unb ber-
ao bängte enblic^ ba« 3«t«^^Wlt über 5ßrag. 35iefe SKa^regel l^alf nic^t biet, benn fd^on be=
fanben fid^ bie beften 5ßfarreien in $rag in ben i^änben l^uffttifd^er 5ßriefter, unb bie
äSefc^lüffe be« jtonjil« gegen bie l^uffitifcfen äSarone fanben leine ^eac^tung.
3)lartin V., ber fd^on al« Jtarbinal Otto bon Solonna gegen ^u^ in fd^onung«lofer
©^ärfe eingefd^tten ibar, nal^ nadf^ ber ©urc^fül^rung be« Äonjil« ben Äamj)f toiber
35 ben §uffiti«mu« energifd^ auf. 35ie ^uffitifc^e Se^re foBte bottftänbig au«gerottet toerben.
3u bem gtoede mu^te ber Äönig SBenjel für bie ©ac^e geh)onnen toerben. am 4. SJe^
jember 1418 rid^tete Äönig ©igi«munb bon 5ßaffau au« an i^ ein ©(^reiben, barin er
tlj^n befdS^toört, ben ©tanb})unft be« Äonjil« ju toal^ren; fc^on fage man bon il^m felbft,
bafe er mel^r Siebe jum ©ruber l^ege al« jur d^riftlic^en Sleligion, er fönnte il^n fürberl^in
90 nx6)t al« Sruber betrad^ten, toenn er nic^t in ber SReligion ber 3Säter berbleibe, ein l^ci^
Kger Ärieg toürbe biegolge fein, toenn bieÄe^er inSöl^men nodfi toeiteren ©c^u^ fanben.
3n ber ^at ergriff nun Äönig SBenjel 9Äa^regeIn im römifdf^en ©inne. §uffitifdE^efinntc
©taat«männer unb §eerfül^er toie 3iiIoIau« bon 5ßiftna unb 3o^<*"*^ 3^^^^ ^^^ iroftnoh)
mußten bom §ofe toeic^en, lotl^oIifdS^e ©eifttic^e tourben in ii^re ^frünben toieber eingefe^t
35 u. f. tu. 35ariäer fam e« ju einer allgemeinen 3lufregung ; oI« einige ber nm eingef efeten
antil^uffUifd(^en ^ßrag^JJeuftäbter SRat«l^erren bom 9lat$aufe an^ eine ^uffitifdf^e ^rojeffion
offen berl^öl^nten, erftürmte bie SKenge ba« SRatl^au« unb ibarf fieben SRat«l^erren ju ben
genftem ^inau«. 35en ÄönigSBenjel bradf^te bie5lunbe l^ierbon in fo l^eftige Stuftüattung,
ba^ er bom ©c^Iage gerül^rt tourbe. Er fiarb am 16. äuguft 1419. ©ein ©rbe toar
40Jtönig ©igi«munb.
3n ben I^en bier Salären l^atte fi^ ber $ufriti«mu« organifieri 35on Slnfang an
finben toir jtoei Parteien: toäl^renb bie nöd^ften ätn^änger i^un^^ <*uf ^^ bon i^m ge=
jeic^neten 2mie fte^en blieben, \a mandf^e fidj toieber ber alten Seigre jutoanbten, toä^renb
alfo bie ganje J^ierard^ifdf^e unb gotte«bienftli(^e Drbnung ber Äird^e unangetaftct blieb,
45 brängte bie rabifale Partei ju einem bottft&nbigen SlnfdS^lufe unb jur 3)urd^fü^rung ber
3)oltrinen SBiclif«, beffen 5ßrebigten nun erft in 33öl^men ii^re boBe SBirtung mac^^tcn,
h)ie fie \a l^ier unb ba unter bem gel^eiligten 9lamen be« ßu^ gingen. 3Äan toeife, bafe
biefe ^rebigten bon einem leibenfdS^aftlidS^en §a^ gegen bie Äloftergeiftlid^feit, borab gegen
bie Settelmönd^e burc^tocl^t fmb unb bafe fie energifc^ bie gurüdffül^rung ber Äirdf^e auf
50 ben ©tanb in ber ^cxt ber äjjoftel, bemnac^ bie Sefeitigung ber beftel^ben §ierard^ie
unb bie ©äfularifierung be« Jtird^engute« forbem. 35iefe X^eorien fudf^en bie SRabifalen
unter ben ^ufftten in bie äBirllid^Ieit ummfe^en: fte ))rebigen bie sufficientia legis
Christi : nur ba« ^öttli^e ®efe^, b. i. bie 93ibel, ift Siegel unb Slid^tfdE^nur für ben
ÜJlenfdf^en unb bie« ntd^t nur in firc^lidf^en, fonbem aud^ in t)olitifd^en unb bürgerlich
55 ©ad^en. ©ie bertoarfen bemnadji fc^on 1416 all ba«, loa« nid^t in ber 93ibel begrünbet
ift: ben ^eiligenfultu«, ben 93ilberbienft, bie Mten, bie überflüffigen geiertage, bie ©eg^
nungen unb SSei^en jegli^er 3lrt, ben ©b, bte prbitten für bie loten, bie D^renbeic^te,
bie 2lbtäf[e, bie ©aframente ber ginnung unb ber lefeten Ölung, tieften bie Saien, aud^
grauen, jum ^rebigtamt ju, toöi^lten i^re 5ßriefter felbft unb ft)enbeten SEaufe unb äbenb*
Gomal^l in ben einfad|^ften gormen, toaren nad^ 9Bicltf«3Ra^nunggeinbe ber ftoljen jtird^en-
*ttft 487
bauten unb be^ ^runfcö beim ©ottcöbieitft unb nal^men Don Kird^cn unb Slltärcn unb
j)rieftcrIidS)>en ®ch)änbcrn Umganfl. gm ©inne bet SBidiffc^en Sc^^c öon ber ©emcim
jd^blid^fcit bcr aeiftlid^cn Orben begannen fte ü^re O))))o{ttion gegen btefe, toa^ feit 1419
fiix ben banbaltfc^en SSertoüftungen ber bö^mifc^en Jtlöfter führte. SSor aUem aber l^ielten
fie fid^ an bie aBidiffdSie Slbenbma^fölel^re unb eben bieje ift e^, burc^ bie fie \id) am 5
meiften Don ben ©emä^igten unter ben ^ufftten unterfdSiieben.
^0^ Programm ber ®emägigten ift in ben bier Präger 9lrti{e[n enthalten, bie im
3uli 1420 Vereinbart unb in fateinifc^er, tfc^ec^ifc^er unb beutfdSier ©J)rad^e Derbreitet
tuurben. ©ie lauten:
1. ®otte^ 2Bort foll in Sö^men frei unb ungel^inbert get)rebigt toerben. 2. 35ad 10
©aframent bc^ Seibei^ unb Sluted Sl^rifti foQ allen getreuen S^riften gemä^ ber (Sin-
feftung ßbrifti unter beiberlei ®eftalten gereid^t toerben. 3. 35ie toeltlidf^e ßerrfc^^aft unb
bai^ irbifc^e ®ut, ha^ ber Jtlerud aegen Sl^rifti ®ebot jum Slbbru^ feinei^ geiftlid^en Slmted
unb jum ©dj^aben bed toeltltd^en mm^ befi^t, foE i^m genommen unb bie ^riefter mm
äßanbel Sl^rifti unb ber ^oftel jurüdgefüi^ toerben. 4. Sllle Xobfünben unb befonoer^ 15
bie öffentlic^^en, bem göttlid^en ®efe^ jutoiberlaufenben Unorbnungen foUen Don ben ju-
ftänbigen Obrigteiten abget^an toerben.
^ie ^nfid^ten ber ®emä^igten fanben il(^re boEe SSertretung an ber UniDerfttöt unb
in Streifen ber $rager ä3ürger: bal^er nannte man bie ganje^jtortei anfangt nic^t anberd
old bie ^rager; ba fie unter ben Dier 9lrti!eln bo^ grö^e ®etoic^t auf ben jtoeiten ao
legten unb ber fteld^ ba^ äBo^rjeic^en tourbe, unter bem fte fäm^ften, l^iegen fte aud^ bie
Salijtiner ober Utraquiften.
^ie 9labilalen Ratten i^ren 3Rittelt)unIt in bem ©t&bt^en Sluftie an ber Sufc^ni|,
füblidSi Don ajrag. 2)a aber biefeig nidfit feft genug loar, griinbeten fte ouf einem benac?«
barten §ügel eine ©tabt, bie fie 2:abor nannten, toe^alb bie rabilol ®efinnten 3:abos26
riten genannt tourben. ©ie bilbeten boi^ treibenbe Clement unb fa^en bie eigentlid^e
firaft be^ ^uffiti^mu^ in ftd^ ; benn fie finb ei^, bie im ©inne bed alten Xeftamente^ mit
bem ©d^toerte in ber §anb bie ^nbe beiS ®efe$eiS ®otted (ber S3ibeO austilgen unb ba«
gfJeiA ®otte^ ausbreiten unb für ben erfteren Rtoti blutige Äriege führen, für ben jhmten
burd^ eine ebenfo ftrenge unb blutige ©trafre^^flege f orgen, inbem fte nid[|t blo^ auf so
fd^toere äSerbred(»en, [tote 3Rorb, Xobf^lag unb Unjud^t, fonbem au^ auf ©ünben toie
afteineib unb SBud^er bie fd^toerften ©trafen fe^en unb enbli^ audi^ bie in bem ®efe$e
®otted geforberten 3uftänbe auf bie gefeÖfc^ttftd^en SSeri^tniff e berSBelt jur 9(nh>enbung
bringen, ^reilid^ l^atten auc^ fie Don Slnfang an Don ©elten ^u leU)en, d^iliaftifc^e unb
anbere ©trömungen machten ft^ geltenb, unb au^ gegen bie fnegerifd^eSRid^tung entftonbsö
eine fdf^arfe Dj)j)ofttion.
3)ie Äunbe Don SQBenjete 3:ob f e^te bie SeDölferung 5Prag« in bie l^eftigfte Setoegung.
35a leine ftarle Slegierung Dorl^anben toar, löften fidjf oUe 93anbe ber Drbnung auf, unb
eiS lam junöd^ft in $rag unb bann in gang Sö^men )u bem betannten Rxxi^m^ unb
Jtlofterfturm, ber baS ^Rönd^tum aud bem fimtbe l^intoegfegte. 3)ad Jtird^engut iourbe ein- 40
gebogen unb gelangte großenteils in bie $änbe beS ^uffttifc^en ^belS. jfönig ©igiSmunb
jonnte nur mitSBaffengetoalt inben33efi$ feiner Äönigreicbe lommen. 2luf feinen SBunfc^
rief 9Kartin V. bie abenbldnbif^e ßl^riften^eit jum Äamt)f gegen bie §uffiten, auf unb eS
lam ju einem jtoölfjä^rigen Äatnjjfe, ber Don ben §ufftten im 3lnfange befenfiD gefül^rt
tourbe, bis fte unter fräftiger gü^rung feit 142 7 bie DffenfiDe ergriffen. „®ie46
Äriege ber §ufftten Derf olgtcn außer bem religibfen gtoerfe bie lirc^lid^e greii^eit beS 2anbeS
ju retten auc^ ben, boS nationale ^ntereffe ber 2:fdSied^en ju fiJrbem unb fo fal^ ftd^ i^r
bebeutenbfter gelbl^err Sk^a too^l als ben SRäd^er ber ^eil. ©d^rift an, unb loar boS
,,®efe$ ®otteS fein ©d^lad^truf, aber er griff ju ben SBaffen, toie er in einem ÄriegSs
reglement fagt, aud^ für bie Befreiung ber böpmijd^en unb flaDifc^en Station" (Sed^ler). w
®ie ÄriegSjüge gegen bie §ufftten, bie 1421 bie 3lbfe^ung ©igiSmunbS auSgef))rod^
Ratten, mißlangen. 5Rad^ bem lobe ^i^IaS trennten ftc^ bie Xaboriten: ein 2eil, „bie
aSJaifen" l^ielt fi^ ju ben gemäßigten äinfid^ten ber 5ßrager, bie aRel^rl^eit l^ielt an ben
Seigren SQäiclifS feft. ^oi) balb Dereinigten ftdf^ bie Parteien unb nun loiefen fte nid^t
bloß bie Singriffe ber Äreuil^eere ab fonbem brangen })lünbemb in bie bena^barten Sänber 66
ein. 3"^^^ ^axm i^re ®egner genötigt, an einen gütlid^en ätuSgleid^ ju beulen. 5WadS^*
bem bie le|te Äreujfa^rt unter bem Äarbinal Julian Sefarini in ber ^lad^t bei lauS
(1431) ein Iläglid^eS ©nbe gefunben, tourbe ber SQBunfc^ nad) SSerfö^nung immer lauter.
Sluf eine einlobung beS nod^ DonaRartinV. bewilligten, Don feinem 5Wad^folger ©ugen IV.
eri)ffneten fionjils erfdjiien eine böl^mifc^e ®efanbtfc^aft in Safel, aber erft nad^bem bie e^
488 «ufe
toon bcn Söl^inen öcftclltcu Scbmounöcn in ©gcr in ber §am)tfad;c anöcnommcn h)orben
hKxren. SSon bem SJcrlangcn, bafe ^d^ bic ^ujfiten bem 3lu^Jj)rucl^c bc« Äonjife fügen
müßten, toar nic^t mcl^r bie Siebe. 3SieImcl^r mußten ifere ©efanbten, fo oft fic e^ be^
geirrten, bor bem ganjen Äonjil freie« ®el^ör erl^ten, bei il^ren ©rörterungen foHtc il^ncn
6 nur ba« ®efe^ (Sottet unb bte $raji« ß^rifti, ber 3(j)ofteI unb ber Urtirc^e mit jenen
alten Äonjilien unb Äird^enlel^em jur SRidptfc^nur bienen. Unter ben ^uffitifc^en ®e=
jonbten, bie inSafel eintrafen, toaren aüc ^Parteien Vertreten: ber ?!Kagifter ^o^ann 310-
I^^ana, ber bolb iai ^avc^t ber Utraquiften tourbe, ^xolop ber ©rofee, ber ^^rer ber
laboriten, ?ßeter ^a^^nt, ein eifriger Stnl^änger SBicKf«, ber feine« ©lauben« loegen 6ng-
10 lonb berlaffen ^atte, ber akiboritenbifd^of 5WiIoIau« bon ^ilgram u. a.
6« iöar ein merftoürbige« ©cl^auf})iel, bafe ein oHaemeine« Äonjil auf Unterl^anb^
lungen mit einem gauAen SSoIIe einging ba« für bie SRqorm ber Äirdf^e eingetreten tüar
unb iai man beffen älbgefanbte toie ©efanbte einer gleic^geftettten 9)la(^t annal^m. 35ie
aSerJbanblungen in 33afe[ begannen am 10. S^^war; fie betrafen jumeift bie öier ^rager
löärtifel: ba« Äonjil ^atte bon ben 93ö^men fdf^arfe SBorte ju l^ören, oft lam e« ju ftür-
mifd^en Sluftritten. 3^ ^"^"^ 3lu«gleid^ gelangte man nic^^t. 3(1« bic 93öl[;men am
14. äl^ril abreiften, bar nod^ nid^t in einem einjigen ^unlt eine Einigung erjielt. ^a
[\d) übrigen« bie böl^mifd^en 3lbgeorbneten toieberpolt nic^t für Iomt)etent eröärten, fc^idtte
ba« Jlonjil felbft jel^n ©efanbte nac^ Söl^men. Sie langten am 8. ?!Kai in ?ßrag an
ao unb fud^ten unter gefd^idfter S3enu$ung ber @))altungen unter ben ^uf fiten bie @emä^igten
}u gewinnen, älber aud^ je^t !am e« nod^ nid^t ju einer @inigung. 3lo6) ging eine
bö^mifd^e ©efanbtf^aft nac^ 93afe( unb eine äSafler nad^ $rag. ^ann erft na^m ein
böJ^mifd^^mäl^rifc^er Sanbtag in ^rag am 30. 9lobember 1433 bie fogenannten ^ rager
Äomj) alt aten an. 6« h)urbe barin bieÄommunion unter beiben ©eftalten allen benen,
25 bie fie begei^en, beh>iQigt; boc^ foQte bobei gefagt berben, bag S^riftu« unter jeber ©e-
ftalt ganj gegenwärtig fei. 3)ie Seftrafung ber 2^obfünben foH nur bon juftänbiger ©eite,
olfo nid^t Don bloßen ^ribo^erfonen erfolgen, bie freie ^rebigt toarb ni^t unbebingt ge^
ftattet: bie ^riefter muffen bon ben Oberen aj)t)robiert unb gefenbet unb bie ©etoalt be«
35ifdS^of« berüdffid^tigt toerben. 3)er ärtilel, ber bem Äleru« bie toeltüd^e §errfd^aft untcr=
aofajt, toirb fo jiemlidS^ in fein ©egenteil berfel^rt: lein SBunber bafe nic^t ade Parteien
mit ben Äomjjahaten jufrieben toaren. Die 3iaboriten unb SBaifen weigerten fid; bei^u=
treten, ba^er berbanben fid^ bie 6ali|tiner mit ben ftatl^olilen unb fc^Iugen bie ^boritett
in ber ©d^Iad^t bei Sijjan (30. 3Rai 1434) bi« jur SSemic^tung. SJie $artei ber SBaifen
löfte fid^ auf unb audf^ bie 2^aboriten, bie bi« jute^t bie ^a^ne il^re« englifd^en 3Keifter«
86 l^o^l^ielten, berloren il^re Sebeutung.
9?ad^ längeren Unterl^anblungen ber Goßstiner mit bem Äonjil tourben bie Äomt^afs
toten auf bem Sonbtog bon ^^n am 5. gwK 143(> beftätigt unb erlangten ^ierburd^
®efe^e«h:aft. Damit toar bie Sau«föl^nung 93öl^men« mit Slom unb ber abenblänbifdben
Jtird^e boQjogen. @i^i«munb gelangte erft je^t in ben 9efi$ ber böl^mifd^en 5{rone, aud^
40 jeftl bemüht, rüdfgängtg )u mad^en, loa« mit )o bieler 5Kü^e in ben legten S^i^ren ber^
einbart toorben toar. ©c^on fanbten i^m einjelne äbelige unb akiboritenfül^rer i^re ätb-
Jagebriefe; al« er am 9. Dejember 1437 ftarb, befanb fid^ ba« ganje Sanb in ©ärung.
»uf il^n folgte fein ©c^toiegerfo^n Sllbre^t II. unb md^ beffen lobe (1439) ein ad^tjel^n-
jjäl^e« Interregnum, toöbrenb beffen ba« ^aboritentum auc^ al« religiöfe Partei aQs
46 mä^lic^ erlofdS^. gn ben Sfteligion«gef J)räd^en, bie in ben öierjiger 3a^en bon ben ^ar«
teien gefül^ Würben, l^anbelte e« fxo) um bie ben Utraquiften ber^a^te SBicliffd^e Slbenbs
mabtele^re, bie 1444 auf bem Sanbtag in $rag al« grrle^e berWorfen Warb. Die
^Eaboriten traten nun einjeln unb in ganzen @emeinben jum Utraqui«mu« über. Der
SReft ging in bie „»rüber be« ®efe^e« g^rifti" (bie »rüberunität f. ben 31. »öj^mifdE^e
öo 33rüber 9b III ©. 445 ff.) über unb beutete fo fd^on im SJamen feine ftreng SQäicliffd^e
i^erfunft an.
3lber aud^ bie Utraquiften l^otten bon ben Seigren i^re« 5Weifter« ^ufe nur einen
bürftigen JMeft bel^alten: ba« Slbenbmo^l unter beiben ©eftalten gemäft^ ber (Sinfe^ung
G^rifti. Die großen DonSBiclif überlommenen ®runbgebanlen, bie in A^uffen« ©djirift toon
66 ber Äird^e (f. oben) i^ren 3lu«brudE fanben, Waren aufgegeben. Unb fclbft ben bürftigen
Sleft ber gugeftänbniRe SRom« fuc^te biefe« ju befeitigen. ^iu« II. erflärtc am 31. 3Kärj
1462 bie Äom))aftaten für aufgel^oben unb ungiltig, Derbot ben Satenfeld^ unb WoHte
®eorg Don ^obiebrab nur bann al« Äönig anerfennen. Wenn er bie unbebingte ßinigung
mit ber römifc^^en Äird^e berf})re^e. Da« tjerWeigerte ®eorg. 3luf einer im äuguft biefe«
eo ^a^re« obgel^altenen 9tei4f«berfammlung gab er bie @r!lärung ob, bei ber 5tommunion
^ttfe ^tit 489
unter bcibcn ®e[talten untocrbrüc^Iid^ öcrbictbcn unb fic mit bcn Äom^jaftatcu bcrtcibigcn
m tooBcn. grcilid^ h)ar bcr ÄatJ^ofictemuö in Söhnten fd;on fo h)eit erftarft, bafe jcin
SJcrfud^, ba^ ganje SKeidj^, audf^ bie Äatl^oltfen auf bie Äomt)aItatcn ju berjjfüd^tcn, mifes
lang. 2)od; bcl^au>)tetc er [xd) erfolgrcid^ gegen einen neuen Don 9lom axi^ in ©^enc ge«
festen Äreujjug. ®corg ftarb 1471, einen 5Konat öor il^m SRoI^^ana, ber erftc unb einzige 6
crtpäl^lte uttaqutftijc^c 93ifc^of. ®eorg^ ^ladE^foIger fiönig SOälabiöIah) II. begünftigtc bie
Äat^olifen unb fc^iritt gegen calijtinif^e ©eiftlid^e, bie i^re ®Iauben«Ie^ren mit befonberem
(Sifer öerfoc^ten, ein unb lie^ fie öer^aften. 35ie Sef^loerben ber Utraquiften touc^^fen
mit iebem gal^re, enblic^ (U83) brac^ in $rag ein 2lufftanb au^, ber an bie (greigniflc
be^ ^af)x^ 1419 erinnert. Sluf bem Äuttenberger Sanbtag beö ^a^x^ 1485 lam e^ gu lo
einem Sttu^Ieid^ jtpifd^cn Äotl^olifen unb Utraquiften, ber 313jfll[^re in Äraft bleiben foHte.
2)ie Äomj)aftaten foÜten in ®eltung bleiben, beibc SReligion«})arteien gleid^bere^tigt fein
unb bie Untertl^anen i^e^ ®Iauben« loeaen nidfit bel^eDigt tperben. Üioüt ®Ieic^bere(l&5
tigung für beibe 9teIigionen lourbe enbUc^ Dom Sanbtage be^ ^al^re^ 1512 au^eft)rodSien.
311^ Sut^er auftrat, tourbe bie^ toon utraquiftifd^en ©eiftlic^en freubig begrübt. i6
dlad) ber £eij)jiger 3)i«))utation (16. 3"^^ 1519) fanbten fie i^m puffen« ©Triften m
unb Sutl^er unterliefe nid^t, feinem ©taunen Slu^brucf ju geben, ol^ er fo^, toie er felbft,
©taujji^ unb anbere mit ^ufe übereinftimmten. 2lber nid^t oBe Utraquiften lonntcn pdf^
mit ber beutfd^en ^Reformation befreunben: e^ !am au einer ©})altung unter ij^nen unb
Diele traten nun fogar ^ur fat^olifd^en Seigre jurüdC; freilid^ toar in bem Utraqui^mu^ be^2o
16. ^al^rl^unbert^ faum nod^ ettoa« bon bem reformatorif^en 3^9 J" entbedten, ben er
l^unbert gal^e frül^er befeffen ^atte. 3)ie befferen Elemente Ratten fic^ ber Srübergemeinbe
jugeioenbet. Unter 3KajimiIian II. fteHte ber bö^mifd^e Sanbtag 1575 ein Sefenntnig
auf, bie Confessio Bohemica, ju ber Sutl^eraner, Sieformierte unb SöljfmifdS^e Srüber
fid^ bie §anb reid^ten. SSon ba an ioar ber ^uRiti^mu^ im Slu^fterbm begriffen. (Sin 26
DöUige^ 6nbe fanb er freilid^ crft infolge ber ©dj^lad^t am toeifeen Serge uno ber latl^o«
Uferen SReaftion, h)cl^e bie lird^lid^en 33erl(^ältnif[e Sö^men« unb 5Dlä^rcn« bon ®runb
au^ änberte. 3* Bofert^.
^ttt^ $an«, 3lnabaj)tift,geft. 1527.— 6. ?l. eorncUu«, ®cf(öi*tc bcä SKünftcrifdjen
«ufriil^i^ II, bcf. 39 ff., 251 ff., 279 ff.; &. 9Ke^er in bcr 3eltf(<|rift beö €>ift. '^creinö für 30
6*ioabcn unb ißeuburfl I, 1874, 211 ff. unb 3^® 17, 248 ff.; Öorg. 5)cutf(ftlanb in ber
JKeüühitionSperiobe, 1851, 677 ff.; 3. 93ecf, 3)ie ®efd)id)tSbucber bcr m., 1883 (Fontes Rer.
Aiistr. 2. 3Ibt. 43, 34 f.); gr. ^oii), 9tug§b. Dtcformalionägcjcft. 1881, 199 ff.; «LI. 9JicoIa.
boni, ^of), IBünberlin 1893 (mit SSorfic^t 5U benufen. ba bcr (^^aralter beS öftcrrcid)ifd)cn
XäuferlumS unb fein SScr^öItniö jum fcftiücijcrifc^en j. X. unricfitig gcjcicftnet ift). ©injclnc 35
9?a(^ricftten unb 9?otijcn in ben ©rf)nften über ba« 3:äufcrtuni, bei Heller, fiofcrt^, 9?cmbert u. f. to.
SSgl. aucft ben 93erl(ftt über $).§ iJnbc in bcn (Jljronilen ber beutfc^en ©tobte, §lug«burg,
m 23, 191 ff.
§an« ^ut (ober §utt) ift in §ain in ^anf en (in ber 9Jä^e Don ®rimmentl^al) geboren.
@r ioar mehrere ^Qi}x^ lang ^ird^ner beö §erm §an^ Don 93ibra unb feiner fettem. 40
Slebenl^er betrieb er ate hjanbember „93u^fü^rer" einen §anbel mit glugfd^riften, ber
\l}n in 3)eutfc^lanb unb Dfteneic^ h)eit uml^erfü^rte unb ^n jugleidf^ mit ben rabilalen
gbeen ber 3eit belannt machte. 3|n SBeifeenfete traf er — loal^rfc^ieinlid^ 1524 — jum
erftenmale mit SBiebertäufem jufammen. 6r toirb an ber biblifc^en Segrünbung ber
Äinbertaufe irre unb Derfuc^t, toie er fj^äter erllärt, Dergeblid^, bei ben ?ßrebigem in 46
SQSittenberg ettoa« ju l[^ören, ba« feinen S^Ä^^l löft. 2ludS^ bafe Dom ^rebigen in SBitten«
berg feine Sefferung lommt, mac^t i^n irre. 3)a er in Sibra fid^ toeigert, fein um
biefe 3^'* geborene« Äinb taufen ju laffen, unb fein Vertrieb Don ©c^riften uRün^er«,
ber aud^ einmal in 33ibra bei il^m getoefen ift, SSerbac^it erregt, mu| er mit SBeib unb
Äinbern bie §eimat Derlaffen. 2lufeer mit 5Künjer mar er auc^ mit 3)enf belannt unb 60
befud^te i^n in 9ttimberg, ju einer 3^t, al« biefer ^ier nod^ ©d^ulmeifter ioar; ebenfo mit
bem Pfarrer SBolfgang Sogel im bena^arten eiter«borf, ber fj)äter (1527) Don ben
9Jümbergem Eingerichtet loorben ift. (Sr Dertreibt bie glugf^riften unb Derbreitet bie
^i^been bcr rabifalen Slid^tung. 3)ann lourbe er Don ben SBogen be« 93auemfriege« er-
griffen, ffiö^renb ber ©c^lac^t bei granfenl^aufen toax er in SRtinjer« Umgebung. 2)ie 66
ftataftro>)l;e l)at i^n nic^t emüd^tert. 3lad) ber ©d^lac^t ging er nac^ 33ibra; mit ®r=
laubni« be« ^}5farrer« ^öxq ^aug, Don bem ein bei ben Käufern Dielgelefener Iraftat
ftammt(„6in c^riftlid^eDrbnung"), >)rebigt er am 3. ^fingfttag 1525 über feine 2lnfid^ten
Don ber Xaufe, Dom ©aframent, Don ber 2lbgötterei unb ber 3Keffe, unb forbert bie
Sauern auf, ba« ©d^toert gegen bie Dbrigleit in bie §anb ju nehmen; bie 3^'^ baju<>o
490 ^ni
fei ba. 2lufö neue Vertrieben nimmt er fein SWanberleben tuieber auf. ^^^S'^"^"'^^ 1^-^
lommt er mi) 3lug«burg unb trifft ^ier mit i^ä^er unb 3)atl jufammen; Don le^terem
»üirb er für bie täuferifc^e ©emeinfdf^aft getDonnen unb getauft. 3)enl ^at mäfeigenb auf
il^n eingeloitft; er ge^t Don ba an mit ben SKünjerijc^en ©ebanlen Dom dicd^t ber 6m^
6 })örung gegen bie Dbrigleit Dorfic^tiger um. 35a^ er fie ganj aufgegeben Ijabm foH,
^at man ol^ne ©runb vermutet.
ge^t erft, aö 2Äufer, entfaltet $. feine Dotte agitatorifd&e 2^ätigfeit. Slaftlo^, mit
großem })erfönlidS^em 3Kut loirbt er überall, Don Sanb ju Sanb, Don Ort ju Drt giel^enb,
für bie täuferifd^e ©emeinfd^aft, ein 3Kann Don feuriger, Dolfötümüd^er Serebfamfeit ;
10 feine geleierte Silbung jian\> feinem ©influfe aufg 3SolI im SBege. ^n farbenreichen Silbern,
Dotier Seibenf^aft, ^alb enÜ^üKenb, ^alb ba^ tiefere ©el^eimniiJ nur anbeutenb legt er bie
geid^en ber 3^'t öuö unb ruft mx 33u^e. ©ine bäurifd^e "iperfon, mit einem lid^tbraunen
geftu^ten ©aar, unter ber 5Wafe ein falbem Särtlein; feine Äleibung ein grauer ober
fc^toarjer 9teitro(f, ein grauer breiter $ut unb graue ©ofen. ©eräufd^Iod lommt unb ge^t
16 er, toenn e^ nötig ift, toed^felt er ben 5Ramen. 3" *>^" Derfdi^iebenften ©egenben Don
©üboftbeutf^Ianb unb Öfterreid^ taud^t er ouf: in 5Wümberg, Slifoteburg, ©te^r, 2inj,
3leufirdSi, ©fenftabt, SWöII, SBien, iJaufen, ©aljburg, 5ßaffau. ©r J)rebigt ba« täuferifc^e
©Dangelium, tauft fofort bie ®eh)onnenen, feiert mit i^nen ba« Slbenbmal^I mit 33rot-
bred^en, nimmt fie in fein SSerjeidS^ni« auf unb fenbet einzelne Don i^nen ate 3l>)oftel aaü.
20 93or aÖem unter ben ©anbbertem ^at er Diele 9lnl^dnger gefunben. ^te groge älu«-
breitung bed 3:äufertum« in Saiem, JJranlen, ©dbtoaben unb ÖfteneidSi jh)ifd^en 1526
unb 1528 ift ni^t jum toenigften fein 2Berf. 3)ie SSergic^te ber gefangenen SBiebertäufer
(bei SKe^er, 9jörg, 9(icoIaboni, ßorneliu«) toie feine eigenen Selenntnifje geben ein an*
anfd^aulic^ed Sitb biefer agitatorifc^^en il^ätigjteit §utg. Um feine ge^eimni^oHe ^ro^
25 ^^etengeftalt tooben ftd^ aSerl^anb ®erüc^te. ^ie Seute glaubten, er beft^e ein Suc^, ba«
ber $en felbft bem 5ßro^l^eten 3)aniel gef^enlt bobe ; feine ©df^rift über bie 3lj)ofaI^j)f^
nannten bie S3rüber ba« SBudb mit 7 ©iegeln. SKan meinte, er beft^e einen gaubertrani,
um bieSeute an fidf^ ju feffeln. ©r felbft batiert feinen ©enbbrief „an^ ber ^öl[^Ie6Iiä";
er glaubt bie ©d^rift beffer j|u Derfte^en, al« irgenb ein Oelel^rter. Oott If^abe il^n ge^
90 fanbt unb ii^m burd^ einen @ngel ben Sluftrag ju leieren unb ju taufen gegeben. ä(ud;
einige Sieber fmb Don i^m erholten (f. SB. SQäacfemagel, ©efc^. b. beutfd^en Äird^enliebe«,
111,444—47, unb boju »etf, I.e. 35). SSor allem aber ^at §. c^iliaftifd^e gbeen au«^
gebreitet. @r erMärt ftd^ für ben 5ßro^l^eten, ber in ber ©nbjeit erfd^einen unb bie testen
3)inge Derfünbigen foH. 3n 4 3;eUen toirb fid^ ba« Urteil Dom ©nbe ber SBelt Dott^
36 jiel^en: erft ba« ®erid^t über ba« ©au« ®otte«; bann ba« ©eric^t über bieSBelt; fobann
Die „3ulunft" (SBieberlunftg^rifti); enblid^ bie Sluferftebuna. ®rft iDerben bie ©laubigen
Ijerftreut unb g^rüft toerben; Diert^alb ^a^e toirb biefe a5erfoIgung«jeit bauem : Xeurung,
$eftilenj unb 5trieg toerben !ommen. 2)ie 2^ürlen toerben einbre^en unb ba« Sleid^ jer«
ftören. 3i"Jh)ifdS^en foHen fw^ bie ©laubigen flüd^ten. 35ann aber toirb ber ©en bie
40 ©einen in allen Sonben fammeln unb biefe berben bann überall bie Dbrigleiten unb aUe
©ünber [trafen, bie 5Pfaffen, bie falfd^ get)rebigt unb bie ©erren, bie fd^ledjit regiert baben.
^ierauf toirb ß^riftu« mit ben ©einen in ©errlidf^feit auf Srben ^errfc^en. S^^^^ fommt
bie attgemeine Äuferfte^unj unb ba« SBeltgeridS^t.
9Wit biefen fc^toärmenfd&en 3*^een, in benen ber alte ^uffitifc^e unb ber münjerifc^^e
46 ©^lad^truf Don ber 35emid9tung ber ©ottlofen burd^ bie ©laubigen fortflingt, ftie| ©ut
auf SBiberftanb bei gemäßigten ^rem be« läufertum«. ©o lam e« 6nbe 1526 ju
3liIol«burg in 3Räfycm ju einem ^ufammenftoß mit ©ubmaier (f. b. 31. o. ©. 422,82 ff.). 3luf bem
©d^loß fanb ^toifdS^en beiben em ©dj)räd^ ftott, ju bem 2eonl[^arb Don 2ic|)tenftein bie
Käufer einlub, bie audf^ jal^lreidf^ erfcpienen. fiut foH babei eine 2lngal^l 2lrtifel Dertteten
60 l^en, bie al« „9?iIoI«burger Slrtilel" ober „^rtilel ber neuen ß^riften ju 3lug«burg" in
Derfc^iebenen gaffungen umliefen unb bei ben 3^äufcrprojeffen an Derfd^iebenen Orten eine
9loae fj)ielten (Dgl. Darüber: ^örg 677; ßomeliu« II, 279 ff.; Ul^l^om, Urbanu« 9l^e=
giu«, 122, 355; "iRoti} 215; Sofertl^, «. ©ubmaier, 134ff.; giicolaboni 108 f.; %onifen
ber beutfd^en ©täbte, 23, 186 f. unb bie übrige bier Dmeid^nete Sitteratur). ®« ift
66 no6^ nid^t DöHig aufgeflört, toie e« fid^ bomit Der^ält. ©o Diel ftel^t feft : 3" ^Jilofe
bürg ift ©ubmaier al« gül^rer ber gemä|igten 5ßartei gegen ben entl^ufia«mu« Don ©ut
aufgetreten. 6r ^at befonber« bie $flidS^t ber e^riften, jur 3Serteibigung im 3)ienft ber
Obrigfeit SBaffen ju tragen unb ilrieg«fteuer ju bejal^len, audf^ bie Seileibung obrigfeit-
lid^er ämter burc^) bie ßl^riften in ©(^u| genommen, toäl^renb ©ut feine d^iliaftifc((en
60 ^been Dertritt unb feine fd^offere ©tellung ber Obrigleit gegenüber feft^ält. 2)er ©ieg
^ttt ^ttitett 491
toar auf ©citc i^w^w^^i^^- i^'" Ö^^^ Scoul^arb bon SidSitcnftcin Stecht. $ut tourbe ge«
fangen ö^f^t*; h)orüber fid^ bei einem %^\l ber Käufer, bte auf feiner ©eite ftanben, Un*
jiufriebenbeit erl^ob. ©r flol^ bann bei 3lad)t 3Kit ben ärtileln berl^ält ti fid^ toa^r«
fdSieinlidS^ fo. ^ubmaier ^at eine grö^erte ßa^l bon 3lrtiMn — 52 — auffleftellt, ate
Don §ut l^errübrenb; über ftc foDte bi^utiert toerben. 35a^ er felbft ^ubmaier biefe 3lr= 6
tifel übergeben fjabe, tourbe bon §ut im SSer^ör in Slug^burg aeleugnet. ©r befdS^uIbigt
l^ier ^ubmax^, ba^ er au« 9Jeib über feine ©rfolge ii^m biefe llrtifd unterfc^oben l^abe.
35arunter fanben [\d) 3lrtifel, bie in ben berfc^iebenen un« borliegenben Slejenfionen ber
,,5RiIotebur0er ärttfel" h)ieberle|^ren. 3Ran6^^ babon l^at §ut getoi^ gelehrt: bie Sin*
fünbigung, ba| S^riftu« in jtoei ^al^ren lommen h>erbe, unS bie (Staubigen ol^bann bie lo
@ottlofen bemid^ten tberben; bie Seugnung ber ©aframente unb f))e)ieQ be« Seibe« unb
Slute« ßl^ifti im Slbenbma^I; bie Aufhebung be« ©igentum« für bie hm^ren Qijxx^Un
(t>oif i)at §ut im SSerl^ör ba« auf bie ^jorberung gegenfettiger Unterflü^ung dngefd^ränft);
bie ©elei^rten aU ©4riftbertel(;rer; bie ^flid^t, oa« @bange(ium ^eimli^ )u ))rebigen.
aber a\x6^ einzelne ber eitremeren ©ä^e, toie : bafe ß^ftu« nid^t für aller 2BeIt ©ünben is
genug getl^an, ba^ ber auf (grben erfd^ienene g^riftu« ni^t ®ott ift, fonbem SJlenfdS^,
3Äaria nic^t eine 9Kutter ®otte«, laffen fi^ — obtoo^I bie Formulierung in ben ätrtileln
einfeitig ift — ber ©adf^e nad^ in ben Äreifen, bie bon $ut beftimmt fmb, nac^toeifen
(bgl. bor attem bie Selenntniffe be« aimbrofui« ©t)ittelmaber, 9licoIaboni, 223 ff.), ©o
ift ertlärlid^, ba^ bie Unterfud^ung^rid^ter in 9(ugdbuira bie 9lrti!el mit $utd eigenen 9lufs 20
geid^nungen übereinftimmenb fanben. ^ie ©ott^eit 6^ti ^at tool^l $ut nid^t fc^lec^ttoeig
geleugnet, aber, äl^nlic^ toie ©>)itte[ma^er, jtoifc^en ßl^riftu« bem ©ol^n ®otte« jur Stellten
be« Saterg unb bem 3Kenfd^en ßl^riftu«, ber ganj 3Kenf(^ toar, unterfdf^ieben (bgl. 9licos
[aboni54f.). Sei einzelnen ©ö^en, toie bem bon ber Sefeligung ber 2eufe(, liegen tool^l
ginpüffe ajenfö bor (bgl. 93b IV, 577, 1 7 ff.); bei anberen toie bem, ba^ bie dngel mit 25
ß^nftu« ^leifd^ angenommen ^aben, täfet fid^ nic^t mebr entfd&eiben, ob fie i^ut toirllic^
geleiert i)at 3Die ^uf^^^^w^^f^ffw^Ö ^^ ben un« überlieferten SRejenfionen bon 7 (8) ober
14 (15) 3lrtileln tft too^l bon ben @egnem beranftaltet borben. Sßann unb bo fte
entftanben ift — ob fd^on bor bem Slug^burger SSer^ör, ©et)tember 1527? — lä^t ftd^
nid^t fagen. Sia« ®efj)räd^ in Siiloteburg ^at todt^in 3luffel^en erregt. ®ur(^ ben SSer* 00
lauf ift ^ut« älnfel^en in ben töuferifc^en ^dfen nic^t gefd^äbigt borben, e« ift el^er nod^
getoac^fen. Sitte Verfolgungen baren ja nur eine 93eftätigung bafür, ba^ ba« 6nbe nal^e
bar, bie SBa^rl^dt bÄ ber Äird^e ni^t ju finben unb bie ©eligleit alldn bur^ bie Slut*
taufe ju gebinnen fd.
Slnfang Wlän 1527 bdlte §. auf 9—10 2:age ein jbeite« 3Kal in 2lug«burg unb 86
bo^nte bei bem H$atrijier ©itdl^an« Sangenmantel, ben er bamafe, bie ben 3Künd^ener
©igidmunb ©alminger, dnen el^emaligen Äloftergdftlid^en, famt feiner grau getauft ^at.
^ann erfd^dnt er bieber auf ber SSerfammlung ber 3^fer, bie im Stuguft 1527 in Slug««
bürg ftattfanb (bgl. 93b IV, 578, ss ff.). ;^ier fdf^dnt 2)enl nodf^ dnmal berfuc^t ju l^aben,
i^n bon ber Slu^brdtung fdner d^iliaftifc^^en 9SorfteBungen jurüdfju^alten. 3" biefem 40
Slugenblidf, in bem 3lug«burg ber 3RittelJ)unIt ber täuferif^en ^rojjaganba bar, fdS^ritt
ber Slat entfd^ieben ein. 3lm 15. ©et)tember burbe u. a. au^ §ut gefangen genommen.
3)er berübmte Slec^t^ele^rte Äonrab ^eutinger Idtete ben $roje|. §ut beftanb meiere
})einlid^e SSerl^öre, ^at aber unter ber golter laum me^r geftanben, aU fd^on borl^er gut«
li^. 2)er fieberen Verurteilung lam er jubor: er jünbete, um fid^ ju befrden, bie 33anl 46
an, an bie er gefeftelt bar, ba« ^uer ergriff jebodS^ ba« 33ettgebanb unb bie Äldber;
8 läge barauf ftarb er an ben 33ronbbunben. 3)er fidd^nam burbe berurteilt unb ber«
brannt. Siele bebdnten fdnen 2ob unb bie Slug^burger Säufer nahmen, ba« bon ber
3lf^e nid^t in bie äBertad^ geftreut bar, aU dn Heiligtum an fid^. Regler.
I^uttcit^ bon^ UlridS^, geft. 1523. — Sittcratur: Ulrichi Hutteni opera coli. 50
Böckiiig, 5 vol. nwb 2 sup])!. — UlrlcftS oon pulten bcutfc^c ©djriften üon 6. @jamatoldfi
1891 (üfll. beutfcöe fiitteraturjeitung 1892 ««r.23). — 3). 6trauB, Ulrlrf) üon ^utten, 1858,
ucrbcfferte ^lii^gabc 1871 unb cbenfo in ben gcfammcllcn @d)viftcn VII, 1877. Scrgl. meine
6!iiie: 913)33 XIII, 1881. gcrner meinen @icflngen unb au8 ber Sittcratur über §.§ ©c*
5icl)un9 ju fiut^er: 9?elnben: fintier, ßrotu« unb ^jutten, 1890. 3)eutf^e SRcit^StagSalten 65
unter Ä'oifcr Äarl V., 2. S3b.
3)ie ©eftalt be« Sflitter«, $umaniften unb ?ßubli«ften Ulrid^ b. $utten bürbe attge*
meingefc^ic^tlic^ in ^m tl^eologifd^e^ ©ammelberf bteUdd^t erft bon bem 3lugenblidt an
gehören, ba er im 3a^re 1519 in Sutl^er ben geiftigen Sal^nbred^er unb in Siefingen
ben ftarfen ätrm für feine Jjatriotifdjjen Sefrdung«j)läne bon Slom entbedt ju If^abeneo
492 ^niitn
fliaubtc. 3^*<^ff^*ii h)ürbc bic ct0cntltd;c Duette feiner eiocnartiöen 3luffaffung nid;t red;t
k)erftänbltd^ tverben ol^ne einen )8licf auf feine Snttoicfelung.
©eboren am 21. 3tj)ril 1488 afö ältefter ©o^n eine^ inapp begüterten e^renfeften
fränlifd;en SRitter^manne^ auf ©df^Iofe ©tedelberg unhjeit ber ftinjig, ift er au^ unbefannter
6 Urfac^e fc^on 1499 m^ Älofter ^Iba getl^an h)orben, um bereinft hier Wond) ju tuerben.
3)ie äbftreifung ber berlf^a^t getoorbencn geffeln burdf) feine '^l\ii)t im fi. ^al^re feine«
Slufmti^alte« unb nod) bor bem 5ßrofe^ führte beu felbftbetoufeten ^iüngling gleid[^jeitig jum
SSrudf^ mit bem ftarrfinnigen Sater. Ol^ne Seitung, oljfne 9JiitteI begann er in unruhigem
Seben«- unb ^ei^eit^brang, getrieben burd^ glü^enben ©ifer jur eigenen geiftigen 3)urd;5
10 bilbung, an ber Uniberfttät Äöln ba« SBanberleben beö fa^renben Bd^nUx^, ba« il^n in
rafd^er golge burdf^ eine ganje Stellte ber gelehrten SQäiffenöftätten getrieben j^at. 3)er 2Beg
l^at i^n toie fo mantben anberen am Slbgrunb ^ingefü^rt, 5Wot unb lebenslängliche« ©te(^>5
tum, le^tere« bietteicpt nid^t o^ne SJerf^ulben, toaren feine Segleiter, aber bie feurige,
bem ©d^önen mit Segeifterung jugetoanbte ©eele be« S^i^ö'i^^ ^^^t i^n nai} oben ge^
16 riffen. 35er Slitter tourbe ^umanift unb ein SSere^rer unb Äenner ber Ilaffifd;en Sitten
raturen. Df)nt bauemben 2lnfergrunb gefunben ju \)abm im SSaterlanb, loanbte er fic^
bem ©el^nfud^tSjiel atter §umantften, St^Iien, ju. ßtoeimal l^at er, mit längerer Untere
bred^ung, an berfd^iebenen Uniberfttäten ftubiert unter 5Röten unb 6rfal[^rungen öer^
fc^iebencr 2lrt, ol^ne fidf^ gu bem juribif^en Srobftubium cntfc^Iiefeen ju fönnen, ba«
ao ber l^albtoeg« berföl^nte SJater berlangt hatte. SBährcnb eine« 3^^W^"^"f^"*^^'*^ ^^
2)eutfdS^lanb tvax bie 2Bieberannä^erung be« berlorenen ©ol^ne« an bie ^amilie erfolgt,
ber fo rebegetoaltig unb furdf^tlo« umjufj)rtngen gelernt l^atte mit bem ber B'\)ppc ge^äffigen
i^ergog Don SBürttemberg. ^n biefer Utterarifd^en gehbe offenbart [x6) atebalb bie ©runb-
fofer feine« SBefen«, ber ftarl ^erfönlic^e 3^0 ^^ <*B feinem 3:i^un erft ben rechten 3ln-
26 trieb unb bie re^te ^ärbung berliel^. — 1517 fam er bann, ein fertiger Wann, befinitiD
nac^ S)eulfc^[anb, nid^t nur an SBiffen bereidSiert. gtalien l^atte in ü}m erft rec^t ben
®eutfd^en getoedt, nodf^ in gonj anberer 98eife al« in bem üblid^en l^umaniftifc^en Sinn
ber 33ert^eibigung gegen toälf^en ipodf^mut. ®egen bie 3Senebiger, gegen ben ?ßai)ft hatte
er bereit« feine fdf^arf fatirifd^ geftimmte Seier in echtem «§afe loiber atte SJeiber 3)eutf(^5
80 lanb« unb feine« Äaifcr« laut genug erllingen laffen. ®leic^ im erften ^a\)x ber |)eim-
le^r liefe er gegen bie h)eltlic^en $errfd&aft«anft)rüd^e SRom« eine 3lu«gabe ber ©d^rift be«
fiorenj Satta über bie ©d^enfung Äonftantin« lo« mit ironifd^er 3Bibmung an ben ^aj^ft.
3n ben StaniHß^ ber ©eifter trat* er in umtoäljung«fc^toangerer 3^^^ f*^f*^^^ ^^^ l^eifeem
})atriotifd^em 6ifer unb felbftbetoufeter Unbefangenheit Iräftig l^inein. ®r nal^m Partei
86 für ben fd^toer bebrängten Sleuc^lin, f>)enbete bon bem ©einen für bie ©riefe ber 3)unfel=
mönner unb begann, felbftberftänblid^ in flaffifc^em Satein, feine launig-fatirifdjien Dialoge
ber 3Äith)eIt borjutegen. 5Dlit einem Slud fanb fid^ ber lange beinai^e loie ein „5Wic^t«"
betrad^tete 3)id^ter mit an ber©t)tee ber Iamt)fe«fro^en beutfqen^umaniftenfd^ar. §utten
loar ein berül^mter SKann, fein reiche« Äönnen, feine geniale aber, fein halb bejaubembe«
40balb gerfd^mettembe« 3^emt>erament berriet einen burc^au« ungetoö^nlic^en 3)Jenfchen.
Äaifer 3Rai l^atte i^n fc^on im ©ommerl517 feierlid^ mit bem SDic^terlorbeer gefc^müdt.
§utten l}at nid^t, toie ^eunbe erwartet ju ^aben fdf^einen, biefe« Vorteil« fic^ bebient, um
an einer Uniberfitöt le^renb bie fd^olaftifc^en ©egner feiner toiffenfc^aftlic^en 3tuffaffung
ju belämt)fen. 6r trat in ben ^ofbienft be« funftliebenben ©rjbifc^of« ätlbrec^t Don 3)lain},
46 ol^ne burd^ biefe ©tettung in feinen litterarifc^en ^erborbringungen irgenbtoie ftc^ l^emmen
ju laffen.
plod^ ftanb er in 3Kainjer ©olb, er ^atte in einer 9leil(;e bemerlen«toerter ©c^riften
ben Übergang bom §umaniften jum 5Publijiften fc^on toottjogen; aber noc^ aljnte er, ber
h)ieberl^olt 1519 toie 1520 mit ber ^bee ber ©rünbung eine« §au«ftanbe« fi(^ getragen,
60 entfernt ntc^t, bafe er mit bem Dt)fer geträumten 8el[^agen«, toiffenfd^aftlic^cr ?!Kufee, ja
biettei(^>t feiner ßjiftenj Sannerträger in bem großen Ramp\ tuerben müfje, an bem er
bi«l^er h)enn audj^ loud^tig bod& nur gelegenttid^ teilgenommen. 3)a« '^alix 1519 l^at ben
Übergang gebilbet für biefe Äonjentration feine« SBefen« auf ein einzige« 3^^» "^^^ ^^e
feine ©aben, atte jh)iefj)ältigen ©eiten feiner 5Watur fortan bienftbar gemacht morben fmb.
66 3Kit bem ^odf^mut be« ed^ten §umaniften l^atte §utten bi«l^er toerftänbni«lo« bem fd(^h)eren
Slingen Sutl^er« jugefc^aut, in beffen 3luftreten er ein blofee« 3Rönd^«gejänf erblidte. 3)ie
©teuungnal[^me Sut^er« gegenüber ber fird^lid^en Autorität unb bem ^apfttum in«befonbere
toä^renb berSei))jiger35i«J)utationbonl519 rife i^n au« biefem 2Ba^n. @r erfannte je^t in
bem Don i^m unbeachteten Jl^eologen ba« au«erh)ä^lte Söerfgeug jur Befreiung 2)eutfc^lanb«
eo Dom römifdSien ^oä), 3N "^ gfü^rer al« 9KitIämt)fer fidf^ jur ©eite ju fteUen, brannte er
$ttttett 493
um jo me^r, al« er fd^on bor bicfcr g^t bcn SKann gefunben ju l^aben l^offte, ber feine
Tlad)t bereittüiHiö bem großen ^xd be^ „2o^ bon SRom" toei^en U)ürbe,^anj bon ©tdRnßen.
aSor unb im gelbjug gegen Ulrid^ bon SBürttemberg bon 1519 toaren beibe Slitter [\d)
naiver getreten, bei ber Äaifertbal^I l^atten beibe berfelben ©ad^e gebient. 3"^^^^ ^^"^
ba^ ritterfc^iaftlid^e ^ntereffe ben ^^^^KP^ ^^'^ ^^ Slealiften eng jufammen. ®Ieic^ s
©icfingen toar §utten überzeugter SBiDerfa^er ber neueften ®nttoicfelung im SKeid^, bie
nur bie gürften ate ^errenftanb übrig liefe, bie SRitterfAaft bagegen in bie jtoeite Steige
brängte. ^Ixö^t toeniger ate jener f(|rieb ^utten ben Stittem ba« SRe(^t über Ärieg unb
grieben ui. Site alte unfträfUd^e ©etoo^n^eit fü^rt er ba« SRed^t ber Slitterfd^aft auf, in
eigener ©ac^e unb gum ©d^irm aller unfdS^uIbig SSergetooltigten gelobe gu erl^eben. 3lxä)t lo
ju berfennen ift, bafe bei feinen planen eine er^öl^te ©eltung be^ ritterfd^aftlid^en ©le?
ment« ftarf in ^age fommt. älber bie Slitterfd^aft foH fid^ biefe ®eltung berbienen
burd^ innere @meuerung in l^ingebenber älnftrengung für bie 9lbftreifung ber römifc^en
§utten« ganje ©cj^riftftellerei h>ar je^t auf ben Stampf gegen Slom geftellt, feine uns 15
bänbige ^erfönlic^feit eingefe^t für bie^ 3^^^ ^^^ Vf^ Xoht. ^n bem meifter^aft gel[^anbs
l^obten Dialog ^atte er ftd^ unlängft eine feiner Begabung befonber^ entf))red^enbe SSSaffe
gefc^miebet. 3^ft* erfüllte er feine „®ef>)räd^e" ftatt mit teigigem ®et)länlcl mit i)atrio*
tifc^em 2ob]^a| toiber ©eifteöbrud unb Slu^beutung ber 3latton feiten« be« ^aj)fttum«.
Unmögli^ biefer SBcrIe im einzelnen ju gebenfen. 3)ie d^riftlid^e greil^eit unb bie anti* af)
c^riftli^e I^rannei ber ^äi)fte finb bie ^ole be« ©ebanicngang«. Öefc^ränfung be^Um«
fang« ber J)äi)ftlic^en Siebte in Slom toie in 35eutfc^Ianb, SSerrin^erung ber 3^^' ^^
Kleriler, 2lufl(^cbung ber Älöfter loirb geforbert. ©tatt ber ßourtifanen fotten fromme
5IKänner geiftlid^e ©teilen berh)alten. 2ln ba« 93eift)iel ber 35öl(;men toirb erinnert. Slu«
ben jurüdfbel^altenen Slnnaten, au« eingebogenen ?ßfrünben unb Älöflem h)ill $utten einen 25
©c^^aft bilbcn, au« bem, neben Unterftü|ungen für Sebürftige, ^aiHJtfäd^lidS^ jum ©c^irm
bc« Sfteic^e« au« Slittem unb £anb«fne(^ten ein beruf«mäfeige«, ftet« bereite« Ärieg«l^eer
gebilbet toerben foD (opera I, 136. IV, 396. ©jamatoföfi 139). SJabei ift ni(^t nur
gebadet an Sinberung getoiffer nad^gerabe unerträglidSi geh)orbener ©d^äben in ber focialen
unb h)irtf(^iaftli^en Sage be« Slbel«: bor ollem fommt e« bem ^ublijiften barauf an, so
bem jungen Äaifer ztwa^ )u bieten axx^ bem Vermögen be« beutfdf^en SSolf« l^erau«, loa«
il^m ein ®egengetoi(^>t fein fönnte für bie ^erlömmli^e 2(nle^nung an ben 5ßai)ft. 3)enn
§utten backte in erfterSinie faiferlid^: ein Äaifertum, entgegen ber jüngften ©nttoidtelung,
gebaut auf Slitter unb (nac^l^er toenigften«) ©tobte h)äre fein 3wIunft«troum getoefen.
6« loirb ba« ntc^t anber« boburdf^, bofe er gelegentlid^ einmal einzelne dürften aufruft 86
jur Befreiung be« aSoterlonbe«. Slid^t bon i^ncn, loie Suti^er, fonbern bon ber ©elbft«
|ilfe ber 9iation, bomei^mlid^ be« 2lbel« unb ber 93ürger, l^ot §utten, fall«, toie ftd^ je
länger je me^r ^erau«ftellte, ber Äoifer fid^ berfagte, bie Slettung gehofft unb betrieben.
9Ke^r unb me^r ^otte iputten fid^ mit Sutl^er« ©c^riften abgegeben unb berfudj^t,
fi(^ brieflid^ x^m ju naivem. Slnfong 1520 burfte er im SKomen ©icfingen« (ben er fdf^on 40
borl^er gum erf olgrcid^en ©infd^reiten für ben bebröngten 5Reud^lin betoogen) bem fäc^fifc^en
^rofeffor eine fiebere 3"Pw^^ <^"f ^^^^ 33urgcn feine« §reunbe« anbieten. Äeine groge, er h)or
büHig lut^erifd^ in ollem, loa« Äirc^e unb $rieftertum betraf. SSber ben gangen Sutl^er l^otte
er boc^ niö^t erfaßt: ic^ fonn nxd^t finben, bofe er ein tiefere« SJerftönbni« für Sut^er«
religiöfe« ©rlebni« b. i), feine biblifc^sbogmotifd^e Sluffoffung ber ^eil«frage geloonnen 45
l^ötte. 2)0« fd>liefet nic^t ou«, bofe beibe bon einonber gelernt ^oben. löutl^er ^ot jloeifello«
eine febr ftarf e Slnregung erfahren, burc^) bie erft 1520 erfolgte 5lenntni«nal^me ber
§uttenfc^en 3lu«gabe ber berühmten ©d^rift be« SSollo unb e« ift ferner gor fein ®runb
gu gloeifeln, bafe 3)ialoge loie bie römifd^en 3)rei^eiten föinDrucf auf il^n gemodf^t
i^aben. 9?ur borf man unter feinen Umftönben annehmen, bofe Sutl^er, ber feit 1518 50
gül^lung l)aiU mit bem ®eift ber 3Rotion, e« nötig gel^obt, bie Renntniffe unb 2lns
fd^ouungen au« jenen ®ef))räc^en gu entlel^nen, bie er in feinem Aufruf an ben df^riftlid^en
Slbel bertrctcn ^ot. Sebeutfomere« \)at bod^ umgefel^rt §utten bem 2!l^eologen gu ber«
bonfen : ben loormen biblifd^=ebangelifc^en §auc^ feiner jüngften Seiftungen unb gum a^eil
bcn entfc^lufe, mit Slbftreifung ber ^umoniftifc^ien Söloen^out, fd^lid^t unb red^t in ber »
aRuttcrf>)rad>e bem gangen *JBolf gu fogen, loie c« il[^m um« §erg toor. 3*^^^ liegen, loic
un« neuerbing« gegeigt ift, bie, foft möchte id^ fogen, berfdjiämten Slnfönge bon ^utten«
beutfc^er ©d^riftftellcrei loeiter gurüdf, ol« bie Siograpl(^en angenommen l^otten. aber c«
bleibt bobci, bofe er beloufet bie 3Baffe ber ollen berftönblic^en 9Kutterfj)rod^e erft ge«
fc^loungcn l;at, ol« er noc^ ber ©ntfc^^eibung in Som ol« Sd^idtfol«genoffe be« ^){cforma5 go
494 ^ttttett
tor« ben Äamjjf h)iber 9lom mit otten, ani) revolutionären 3KitteIn, in^ SBert ju fe^en
ben @ntfc^lu^ gefunben ^otte.
SSor^er ^e nod^ einmal bie SJldglic^feit ftd^ geboten, ben auf bie ^auer unmöglich
fletoorbenen ^ienfk be^ SKaimer Äarbinate mit bem be« 33ifd^ofg öon Bamberg in fneb^
5 boKer ®(^affeniS(uft ju k)ertau)ci^en. @icfingen l^at bem ein (Snbe gemad^t, inbem er bem
^eunb bie Sßege )u ebnen Derfuc^t ^atte gum 3)ienft beim Sruber be^ Jtaiferd, bem
Srj^erjog g^binanb. i^utten, ber bieifem bamate eine antifuriole ^Seröffentlic^ung ge^
hjibmet |atte, toar ganj gleich SKeinung ^infic^tlidf^ ber SBid^tigleit, in ber 9iäl^e be^
Äaijer^ einen fold^en 5ürjj)rec^er ju gewinnen, ätber Jein 93efuc^ in ben 5tieberlanben,
10 toie er audf^ Verlaufen fein mag, toar ein SKifeerfoIg. SRom l^atte imtoifc^en enblidf^ ge-
f^rod^en. ^ie 93annbuIIe biber Sutl^er toar ergangen unb na(i^tt)eidli(l^ aud^ burd^ ben
mx ^egrü]^ung be^ Jtaiferd nac^ 3)eutfc^lanb old Segaten entfenbeten Stleanber ba^ SSer^
langen gebellt h>orben, ^utten feftjunej^men unb au^juliefem. Sidingen, getoifferma^en
oI« ätntoalt beg abeligen ©tanbe«, getoäl^rte ©(^u§ bem 33erfe^mten, bem fein £anbe«^err,
16 feine Äorj)oration 3)e(fung bot. 2lfe bie ©täbte feine ©ic^erl^eit me^r gaben, burfte $utten
auf ben ©d^löffem jene^ feinet greunbeiS afö „Verbergen ber Oeredbtigfeit" Unterfd^luj)f
fud^en. Unb biefe unbeabfid^tigte Konzentration ber Seben^l^altung hatte für feine ©nt^
h)iaelung unöerfennbare folgen, ©df^ier unglaublidf^ bie fieberl^afte fieibenfd^aft, mit ber
^utten in ben nöd^ften ÜRonben fd^^ö^ferifc^ tbätig getDefen ift! ^e^t erft al^ £ut^^
20 Vorgang il)m getoiefen, loa« e« l^etj^e toeitefte Kreife für bie ©adf^e ber greibctt p inte*
reffieren, toeld^e Äräfte ^ier geh)edft toerben fönnten, unb toie bie bolf^tümlid^e Sitteratur
betoie«, getoedft toaren, ate ba§ ß^f^mmenfein mit bem tapferen aber ungelegten 93urg=
l^erm i^m gleid^fam bied Problem lebenbig töglid^ \>ox Slugen fteUte, l^at ^utten offen,
in beutfc^ S^rac^e ju fd^reiben begonnen. 6« blieb \i)m nic^t« übrig, ate biefer ©df^ritt
26 bom §umaniften jum Sotefd^riftftdSer, ba er ba« §erj be« ganjen SJolfe« ber Don i^m
Vertretenen ©adjje unb M felber bem SSolf, fall« e« i^m 2reue ^Ite, geloben tooHte.
S^oax ©idRngen, obtool^l l^auJ)tfädS^lid^ burc^ §utten für Sutljfer ertoärmt, backte bebäc^tig,
ben nac^^ feinen i)erfönlid^en Erfahrungen für Slntoenbung Don ®etoalt, für SBlufruf })o)3U'
lörer Äräfte geftimmten ^eunb ju befd^toid^tigen ; immer toieber fud^te er il^m Hoffnung
80 gu ertoedten, bafe ber Äaifcr, beflen 3tnfunft betoorftanb, fidb gum 2:räger ber nationalen
©adf^e madf^en, ba^ er minbeften« ben Verfolgten felber nid^t ungel^ört Derbammen laffen
toerbe. §utten muftte fic^ fügen, ^n glül^enben ©enbfd^rdben toanbte er fid^ an ben
fiaifer, ben fäc^fifc^en Äurfürften, einjelne ©tanbe^genojfen, bie 9?ation felber, um fie
aufzurufen, bie l^eilige ©ad^e ber gefnebelten greil^eit toiber Slom felbft h)a^rgunel[^men.
85 ©elten bürfte jemanb im ©tanbe getoef en fein, bie eigene glutl[^bolle Überzeugung an-
beren fo in bie ©eele ju gießen, ba^ fte ftd^ berfelben gefangen gaben, faft toie einer
6l^renfadS>e. $utten berftanb e« ouf bie ^'6l}t attgemeiner ©runbfä^e bie i^n burc^*
bringenben emj)finbungen ju erbeben, ©eine SSerbeutfd^ungen ber ftül^eren ©efjjrädSie,
f))äter beutfc^e 93erma^nungen, Jtlagfd^ireiben, ^rotefte über bie gefteigerte älnma^ung ber
40 äftömlinge in SSerfolgung be« freien SSSort« brängten einanber, bi« fold^en l^i^igen ^länf-
lern 9(nfang 1521 bie touc^tige ^au^tmad^t auf bem |^ug folgte, bie legten latdnifd^en
®eft)räc(^e be« genialen 5ßublijiften. 3)a« Programm ift feit 1520 im toefentlid^en un-
Deränbert. älber bie ©^rad^e ift noc^ bro^enber, aufreijenber getoorben. 9!id^t nur feine
gefamte Station fielet er jur ©egentoe^r gereil^t toiber bie ®ntartung ber Uniberfalfirc^e.
46 ööl^men toie SRuffen erfmeinen i^m toie 93unbe«genoffen, \a fein ^a^ toagt glauben ju
mod^en, bafe ben Slbenblänbem felbft bie 3^ürfen minber grimmige geinbe fein toürben,
fall« jene lo« toören Don SRom. 3^* ^^^^ ^^ V^^ Jammer be« Äleru«, ber 33ö^;me
3i«fÄ, Dorbilblid^, im 35ialog mu| fid^ ©idfingen in beffen ßüge fleiben. ©elbft ba«
©tanbe«gefül^l fd^molj in biefem §euer. 35er bod^gemutljfe Slitter toarb um bie Sunbe«*
60 genoffenf(^>aft ber fo lange mißachteten ©täbte. SSieHeidf^t f)at i^m felbft ein S^f^ntmen*
rüden mit ben tief enegten 93auem na^e gelegen, ^od^ fe^lt bafür ber fidlere 93etoei«.
gaft füljflt man au« feinen SBorten, toie i^m bie ^anb nad^ bem ©df^toert jurft.
Äein 3flu^«wi öor ben öußerften, reDolutionären 3Kitteln, fall« bie Oberen ber Station
i^e 93eftimmung Derfannten. @« bebarf l^eutgutage eigentlidi^ feine« ^intoeife« tnel^r, baß
66 fiutl^er in allem bem anber« emt)fanb unb barüber feit 6nbe 1520 ^uttm and) feinen
gtoeifel gelaffen batte.
3>ie faiferlic^e 3)enfart l^atte fid^ ben Sßinter über burd^ Xl^un unb ®efd^el^enlaffen
^infid^tlid^ ber religiöfen gftage mannigfad^ angefünbigt. ©er ungebulbige §utten toor
ober burc^ feine Umgebung immer toieber auf ein möglidf^e« ©inlenfen De« fo jungen
ö» i^enfdjjer« l^ingctoiefen toorben. ©o mußte er, obtool^l Don feinem 3Jerhör feine Siebe toor,
^tttteit 495
fein Ungeftüm jäj^men. ®r brannte barauf, mit bent ?ßfaffenfrieg einen Slnfang ju madf^en
(legen bie oI« ©})ione betrachteten Segaten unb befonber« bie ßourtifanen. 2lu^^ bei 9lu^
iebenben meinte er too^l auf nac^träglidS^e SiQigung l(foffen ju fönnen, toenn er j^ldfter
unb Stifter jtDänge, feinem jjener @(l^maro|er ben Ertrag ü^er erfd^^lid^enen unb erfauften
$frünben ^mommen m (äffen. 3lber fdf^on bei ©idRngen traf er auf ®inf})ru^ gegen s
eine fo red^t^toibrige uRa^egel. 5Wici^t bafe biefer bem rafd^ bertraut geworbenen ^eunb
ben ©dS>u| feiner 93urgen l^at entjie^en tooHen. aber afö Wiener Äartö V. unb — feiner
Hoffnung nad^ — künftiger faiferlid^er ßeerftil^er im öorau^fid^tlid^en Ärieg gegen ^anf*
reid^ l^at e« ©idingen für unratfam gehalten, au« feinen Käufern tljfätlic^e Singriffe ouf
bie im laiferlid^jcn ©d^irm ftel^enben Äleriler jmulaffen. 6« tourbe fogar erlogen, ob lo
^utten nid^t jeittoeid bei Stöbert toon ber 3Karx fic^ereren ©c^u^ unb freiere 33eh)egung
^nben toürbe. 2lber bie Slbneigung §utten« gegen bie ,;h)eIfdS^e 3lrt" vertrug fidf^ fdjilec^t
mit einem foldjjen 3lu«U)eg. Unb ba ber Mitter nun bie toeitere ©rfal^rung madjen mu^te,
bafe au^ feine ©ij)i)c, ber er in ber toürttembergifc^en gelobe nad^ einanber %it>ct unb
©c^toert jur Serfügung gefteHt, Sebenlen trug, ol^ne toeitere« für fein 5ßrogramm )u i6
?ßferbe ju fteigen, ift il^m nic^t« übrig geblieben, ate bie ©reigniffe abjutoorten.
SKittlertoeilc l^atte ber Äaijer bie Steic^ftänbe in SBorm« um fi^ berfammelt. ÜKit
angef^anntefter 9(ufmer{famleit laufd^ten ©idKngen unb $utten bon ber na^en @bemburg
auf ben SSerlauf. ®« ift nicbt« ate ein Sleft ÜRittelalter, toenn fie toie il^re ©tonbe«« ober
Seruf^enoffen bie SRoHe Äarte fo rein ^erfönltc^ beurteilten o^ne ^otitifdS^e« SSerftänbni« 30
für bie au^erbeutf(^>e 93ebingtl[^eit feiner ©tdlung. Unb man btirfte il^nen beijjflid^ten,
toenn man bie enbgültige ©ntfd^eibung finbcn mü^te in bem SSertauf be« aufregenben
Sntriguenftüdfe«, ba« fid^ in SBorm« um ben jungen Äaifer abfj)ielte. ©ein l^u>)tfä(^s
lic^fter Slegiffeur, ber üäj)ftli(^e Segat Slleanber, fear jugteidf^ einer ber Don §utten« ®rimm
in erfter 5inic Sebro^ten. 9Kan mufe e« in feinen 3)et)efd^en nod^lefen, in toAd^t ängfte 26
unter ben Slugen be« Äaifer« ba« ^äuen i^utten« unb feiner ®efinnung«genoffen ben
raftlofen unb nic^t« toeniger al« uneinftd^tigen 3)i})lomaten geftürjt l^tte. ^ie 9{otrufe
Slleanber« finb ein fc^Iagenber ä3en)ei« ni^t eth)a nur für bie SRac^t, bie ©idKngen hü^
gemeffen tourbe, fonbem aud^ für bie ©teDung, bie in fürjefter ^nft i&utten al« öolfe
tümlidS^er änloalt feiner Station fid^ erobert ^atte. so
2)er SJerlauf be« Sleid^tage« in«befonbere in ber Sutl^erfc^en SSerl^ör«angelegenl^eit,
ba« S^er^olten Äarl«, feiner ©taat«männer u. f. to. fonn l^ier nidf^t berührt toerben.
$utten lag feiner ganjen 2lrt nac^ bie 33orftettung na^e, audf^ gegen ben zeitigen SKiHen
be« Äaifer« für beffen bermeinte« toa^re« ^ntereffe in ben Äamjjf ju geilen. 3lber er
berblenbete ftd^ bod^, bani bem @influ^ feiner Umgebung, nid^t gegen bie äSorteile, bie 35
e« l^atte, ben §errjc^er toirtlid^ für fic^ ju l^aben. 3)al^er jene manchmal gemifebeutcten
©c^^toanlungen feiner Haltung, unter benen er e« einmal für angezeigt ^ielt, toie ©idtingen,
taiferlid^er Wiener gu toerben. 2Bar le^tere SBenbung ^ert)orgerufen burd^ ^ufd^ung über
ben ©tanb ber lutl^erifd^en ©ad^e unb begleitet Don einer @ntfc^ulbigung begen eine«
frül^eren ledfen ©(^reiben« an Äarl unb h)egen ber Sebro^ung ber Dölferrec^tlic^ ge^^o
f^üftten Segaten be« ^ai)fte«, fo l^at er ungefäumt ben ®ienft für feine ^erfon toieber
aufgegeben unb bie älnülöge toiber Slleanber unb ®enof|en nod^mal« aufgenommen,
al« er im Ttai bie toa^re @eftalt ber ^inge burc^fd^aute.
6r toar in ber Il^at überliftet getoefen. 35er Seloei« liegt in feinem SSer^olten toä^s
renb be« S3efud^« Slrmftorf« unb ©lapion« auf ber ©bemburg, bie jugleic^ bie bon bal^er «
bro^enbe ®efa^r unb ba« im gntereffe ber j)ä^ftltc^en Slutorität gefürc^tete ®rfc^einen
£ut(^er« öor offener 3leid^«t)erfammlung abloenben foDten. $utten l^at, getäufd^t, bie le^
teren ©d^ritte geförbert. 3)er grrtum toar, fo f^eint mir, ein boipj)elter. feinmal über
bie toa^re äbfidj^t ®Iapion« unb fobann l^infid^tlic^ feine« eigenen Einbringen« in ben
Kern be« Sutl^erfc^cn SBefen«. so
§utten l^at bie Folgerungen au« bem SSerlouf für fidf^ gejogen. Dl^ne 33er^ör toor
aud^ er bem Sann verfallen. ÄranI l^atte er bie ©bemburg berlaffen, unb na* einem
Dergeblid^en SSerfuc^, bie Segaten abjufangen, ftdf^ in einem SSerfted geborgen. 3loq immer
ungebro^enen 3Rut« ^at er bie ^eunbe aufgerid^tet, bie — unb nidf^t am toenigften gerobe
an i^m — irre ioerben toollten. 3*""^^ toieber l^at er feine ©timme erfd^joflen laffen,
am fd^önften in bem Sieb: „3^ bab« getoagt mit ©innen". Slber feine eigentliche ®lanjs
e})oc^e ift mit bem SQBormfer SReid9«tag Dorbei. 3111' feinem 3^^un l^otte ein greifbarer ©r«
folg gefel[^lt. 3)a« trifft toeiter m für bie ^^e^ben, bie er, toie toir neuerbing« erfal[^ren
ifahm, einer 3lcil;e beutfd^er ©tifter unb Drben angelünbigt bat, toeil fie feiner öffcntli^
angefcblagencn ^orbenmg ber Slu«f))errung ber Sourtifanen nic^t entf))roc^ l^ättm. 3)ie eo
496 ^ttttett ^nütt, (Sliad
©ad^c fc^cint inö ©tocfen geraten, ate ©idingen 1522 \xi), bei ©ammlung attcr Äräfle
jum Singriff auf ben größten ,,6ourtifancn", ben ergbijc^of bon 2:rter, jurüdjog. 3la6)
feinem 3Ki|erfolg bor 2^rier, too §utteng J)erfönlici^e 2^eUna^me ntc^t feftftel^t, ^at bcr
SRütffc^lag auc^ jene Heineren 5Pfaffenfel^ben betroffen. .. 2)er ©icfingen g^i^b geworbene
6 Äurfürft Don ber ?ßfalj ^atte bie bon i^utten bebrol[^ten 3lbte in feinen ©^irm genommen.
(Sr lie^ bie ^uttenfdf^en Änec^te, bie bie angebrol^te ©träfe an \tmn boDjielf^en foHten,
feftne^men unb h)ie ©trafeenräuber binrid^^ten. ^uq^ltii) beraubte er unfern ^ublijiften
be^ legten toa« er bejafe, feiner Äleiber unb Sudler, bie i^m, tool^I au« ©idingen« Surgen,
burc^ >)fäljifd^e« Oebiet nadfiigefü^rt tourben. 9ia^bem ßutten noc^ bie freien 9lci(^«=
10 ftöbte jum 93unb mit ber Slitterfd^aft angutoerbcn fid^ bepiiffen, f^at er im grimmigften
3om ein 3lu«fd^reiben an ben „torannifd^en" Äurfürften Don ber ^falj öerfafet, ba«
erft in unfern Xagen beröffcntlid9t ift unb anfd^einenb ibentifc^ fein h)irb mit ber
berloren geglaubten gwbeltibe : In tyrannos. 6« ift berfelbc SQSiberftreit be« Slittertum«
aegen ba« ^^ii^^^^»"^ 0^9^" *>^^ \^ ©idfingen erl^oben l^attc, ^u beften geborenem 3[Bort=
15 fü|rer §utten mit unbänbiger £eibenf(^>aftlidSiIeit fic^ l^ier madf^en tooute.
J^erSluö^ang ift bdannt: et fiel gegen ba« Slittertum au«. Sitte« toa« nur entfernt
mit bem Seftegten j\ufammen^ing tourbe l^orter Sl^nbung au«gefe^t. ^utten ^at in
©c^lettftabt, bann in Safel 3wflu^t gefudf^t, too ber ©d^merj be« jä^en 93ruc^ mit bem
borfid^tigen ®ra«mu« in unerfreulid^en ©treitfd^riften fid^ au«tobte. SluA in 3Rül^l^aufen
20 litt il^n feinblid^e Unbulbfamleit nid^t. 6rft in ^Mq, too 3*^^"0l^ W '^^ fte^en unb
mittellofcn SWanne« annai^m, ber al« ÄänH)fer im reifen 3Ranne«alter noc^ einmal ä^n*
li^e 33ittemiffe burc^Ioften mufete toie al« unreifer ©d^olar, burfte er 9lul[^e finben. Uns
gebeugt fd^aute er nodf^ feinem ©c^idfal in« Slntti^. Slber feine iage tuaren ge^äl[^lt. 3lad)
nu^lofem 93efuc^ ber 93äber in 5Pfäfer« ift §utten ^eftorben, auf ber ^nfcl Ufnau im
26 güric^er ©ee (Sluguft ober Slnfong ©et)tember 1523). TOemanb lann bie ©c^attenfeiten
im SBefen biefe« genial angelegten äRanne« berlennen, ber in entfc^eibenber ©tunbe
beipiüttg aber el^rlic^ ein §erolb getocfcn ift für geiftige Unabl^ängigleit unb beutfc^e
3?ationalfraft. Slber, toenn man überfc^lögt, loa« er getoottt unb getoirlt, ift nid^t ju
bergeffen, h)ie borjeitig, fc^on im 36. 2eben«j|al^r, ber lob il^n h)eggerafft. $. Ulmawti.
80 ^ntttt, eiia«, geft. jtoifc^en 1605 unb 1609. — Ouencn: Unjcöulbige 9Md)ric^len
uon Eliten u. 9?cucn 3:§eologifd)en 6ad)en...anf ba« 3al^r 1716, 6.392—400 mit einem 3^cr»
jeidmiS bcr edjriften; 580-583; ^Rottet, Cimbria litterata H, 392 : S&JiU, ««ürnbcrg. ÖJelcOr*
tcn-iiejüim II, 213; VI, 147; mi(^, Bibl. theol. sei. T. IV, p.S. 3öff.; JKotcvmunb in
evfd) unb ©ruber« enct)fIop«bie II, 12, 6.262; 3o^. ©ftr. 5»oIf. Bibl. hebr. II, 345.373;
35®. g. Otto, ficjifon ber... Obcrlaufijffcften 6cftrififtefler II, 1 (QJiJrHt 1802), 6.202—207;
III, 1 (ÖJörlif 1803), 6. 740; ©uppicmcntbanb oon . . . g. ^. 64ul3e (®örH& 1821),
6. 186. 567 O^Jo au4 bie Ältere fiitteratur ocrjeidjnct ift); §. ©Icef. (Einleitung in« «Itc
Xeftament, berauSgcg. üon So^anne« SBIecf unb 2B. ^amp^Qufen, 3. ^ufl. bcforgt uon ?(bülf
Äamp^aufcn, »crlin 1870, 6.831; fi.3)icftcl, ©cfdji^te be« 9(2:« In ber djriftli^en Äircfte,
40 3ena 1869, 6. 254, «nm. 11; 9leb«lob in bcr 9lbS3 13, 475f. ^anbfd)riftlt4e 9iacbn4tcn
^nben [xdi u. a. in ber königlichen öffentlicben ^ibliot^e! unb in bem j^gl. ^auptftaot««
arc^it) 5U ^re«ben. ^ie 6tabtbib(iot6et ^u ^^ürnberg befi^t einen ^anb feine« mifienf^aft«
li(ften ^riefwcdjfel«; nat^ 6^r. ®. Unger« 3Kitteilung im iRcuen SBüc^crfaal bcr gelef)rtcn
3a8clt, 12.Deffnung (1711), 6.954/5 foU (B.p. bie je&t iu ber 53rc«Iauer 6tabtbibIiotftef bc=
46 pnblicbc ^anbf^rift M. 1107 (Le Long, Bibliotheca sacra, <ßari« 1723, p. 55 u. 58) im
ga^re 1587 befcffcn t;aben.
6lia« §utter, Singuift unb §erau«geber mel^rerer biblifc^er ?ßolt;glotten, geboren ju
®örli$ 1553, ftubierte in 3ena befonber« bie morgenlänbifc^en &pxad)m, leierte in
Seijjjig, gab 1579 bem Äurfürften Sluguft Don &ad}\m Unterricht im ^^ebräifc^en, ging
6oft)äter nac^ Stoftod, Sübed, Hamburg, unabläjfia befd^^äftigt mit bem ?ßlane, eine neue
8u«gabe ber ^ebräif(^>en 93ibel nad^ eigentümlichen ©runbfä^en ju beranftalten unb mit
ben Urtejten eine Steige Don Überfe|ungen in ben Derfd^iebenften ©j)rad^en jufammen^
juftetten, toobon er bie größten Vorteile für ba« ©df^rififtubium h)ie für Dergleic^enbc
©i)rac^funbe fid^ öer^rad^. Slad^bem er 1586—1587 eine ^ebräifd(^e S3ibel l^erau«gegeben
65 unb biefe bon bem 33erleger Suciu« mit einer breifac^en Überfe^ung ju bem fogenannten
opus quadripartitum S. Script., Hamburg 1596, in 6 ^oliobänben (fog. Hamburger
5ßol^glotte) mfammengeftettt toorben toar, berfud^te $utter bie 3tu«fübrung feiner nod^ um^
faffenberen ^^Jläne an Derfd^iebenen Drten — in ©c^le«h)ig, 9?aumburg, ^rag, feit 1597
in 9lümberg, ioo er eine Sibel in 6 ©Jjrad^en (fog. 9lümberger 5ßol^glotte) begann, ein
CO 9leue« leftament in 12 Bpxad)m 1599, einen ^f alter in 4 ©pradf^en unb anbere« ^er«
^nittr, gltad ^ntttr, £eon^avb 497
au«0ab. 3m ^a^rc 1600 fragte Äönig Äarl IX. öon ©d^tocben (bgl. »bS, 6.151)
bei i^m tDegen Uebema^me be^ ^rucfe^ einer 93tbel in fd^^tDebifd^er @^racl^e an unb erbot
fic^ bie Äoften ju übernehmen. 3)a^ ©lücf toor §utter« 'ipiänen nic^t l^olb. 2)er äuf^
loanb toar gröfeer afö ber 3Serbten[t: i^u^^ mufete feine 2)ru(ferei in 5Rürnberg 1604 im
©tid; laffen unb ftarb jtoif^en 1605 unb 1609 in Slug^burg ober granifurt. ©o fci^ei= 6
terten bie toeitauefebenben Untemef^mungen bed SKanne^, ber mit unjureid^^enben 3Ritteln,
gum 3:eil auc^ unjureic^enbem SSerftänbniffe cttoa« anftrebte, tood nur ben bereinigten
Gräften feäterer ^Ät gelingen fonnte. ©eine Sibelau^aben, toie feine grammatif(^>en
unb lejifalifc^en ©(^>riften jur Seförberung bcg ^ebräifc^en ©J)ra(i^ftubium^ fmb faft Der«
geffen unb l^aben nur nod^ 3Bert ate bibfiograi)l^if^e ^Raritäten. — Sludf^ ate päba= lo
gogifd^er ^Reformator trat §utter auf. ^n 5Wümberg grünbete er 1599 eine Schola
Linguarum, ju ber er burd^ gebrudte ^lalote unb burd^! fd^riftlid^e @in[abungen
©(^ü(er im Sllter t)on 12—16 ^al^ren l^erangujie^en fuc^te. S^iefe foHten in 4 ga^ren
bie 4 §aut)tf))rad^en §ebräifd&, ©ried^ifc^, Sateinifd^ unb ©eutfdf^ lernen, toie bieg bi^l;er
auf feiner Unitocrfität, ^ßartifular« ober gar ^riöatfc^ule mögli(| getoefen fein foBte. i6
(^agenmanit f) <^* SRüUer.
^utter^ Seon^arb (eigentlid^ $ütter ; Hutterus), lut^erifd^erXI^eoIog 1563— 1616.
äitteratur: 5)ic Üeicftenvcbc feine« Äottegen ©altl/ofar 3)ici8ncv, Bittenberg 1617; beögl.
Don gr. 93albuin über 2 reg. 2, jiifanniicngcbrucft mit ber SRebc bc8 ^roteftorS ^Imbropu«
JR^obe u. Q. Xraucnuibmungcn, 'Miltenberg 1617 (H. SRftobeS Programm abgebrucft bei 20
•ft. 3Sitte, memoriae theologor., @. 89 ff.); X^. Spi^cl, teraplum honor. reseratunif 1673,
S. 32ff.) (mit »ilb); % grcöer, theatr. viror. erud. 1688, ©.386 f.; 3). Jr. 3nui, De
L. Huttero eiusque compendio theolog. commcnt. äcipjig 1727 alS (Einleitung ju ^.^
itümpenbium; ^. ®cl)cvmann, 9?ad)ric^ten non ®clc^Ttcn — au8 Ulm, 1798, 8.355-43.
2)ie ficljjiflfte monograpt)if(fte §lrbcit üon 91. ®. ^offmonu in (Sricft unb ®ruber8 eiligem. 26
(5nü)t(opftbic sect. ll, X. 13, ©.222-29. ^ßcrjeicftnlffe feiner ©cftriften bei ©ittc, ©piael.
(frct)cr (l)iev ouc^ ©pi^cld ^er^elc^nld mit abgebrucft, boc^ oKed ofjrxt 3al)r^a^len) befonber«
!föel)ermonn unb b%u ^offmonn. ©in ^ricf uou ^. cm ^afenveffer bei 2. W. 3ijd)lin,
inemor. thcol. Wirtcmb. Supplement., ©. :J53 ff., niet)rere bei 3« Sectjt, bist. eccl. saec. XVI
supplementum, S)urlad) 1084, p. VI, n.48. 57. p. VII, n. 14. llcbcrbic§ togl. 3. ®. ^ü^old), 30
(Einleitung in bie JRcligious^ftrcitigteiten bcv cü.'hit^cr. Jtirdw, Xeil IV u. V (f. Sicaiftev ju
V), unb bcvjelbc, aJcligioiiÄftvcitiqfcitcn auHcv ber ev.-liitl). Äivd)c, Xeil III (f. aicivftcv).
33. ©oft, (iJej4id)te ber prülcftantifd)cn -Dügmatif I (1851), ©.251-50; ©.graut, Q^St-
fdjid)tc bcv vrotcftQutifdKU Stljcologic i (1802), ©. 330-32.
•Öutter ift geboren im S^nuar 1563 ^n Stellingen im Oebict ber Sleic^ftabt Ulm 86
(ba^cr Ulmensis), tuo fein 3.^ater, fieonl^arb .^ütter (geft. 1601) ?ßfarrer ioar. (Sr be^
fuc^te bie ©c^ulanftalten in Ulm, loolf^in fein Später 1565 öerfe^t toorben toar, ftubierte
feit 1581 in ©trafeburg, too er im ganzen ^el^n ^at}x^ lang Deriueilte, erft ^J^ilologie
unb $^ilofoJ)^ie, fpäter 2:^eologie befonber« bei S^l- ^a}}j)ug, tourbe 158:3 9JJagifter, 6e*
fuc^te auö^ nod) bie Unitoerfitäten 2eit)jig, ^eibelberg unb ^ma, erlangte ^ier 1594 bie 40
t^eologifc^e ^ottortoürbe burc^ eine disput. de praedestinatione, unb ^ielt ^riDats
Dortefungen unb 2)i^>)utationen. Salb barauf, im ^ai)x^ 1596, iourbe er, befonber^ auf
^ol^far^) fie^fer^ Setrieb, al3 vierter orbentlid^er $rofeffor ber 2;^eologie nac^ SlUtten«
berg berufen, wo er benn aud^, al^ College unb ©eifte^genoffe eine^ §unniuö, Se^fer,
SWei^ner unb anbcrer iJut^eraner bom reinften SKaffer, in eifriger unb umfaffenber aöirfs 46
jamfeit afe afabemifc^er 2e^rer, ate gnfpeftor ber turfürftlid^en älumnen, assessor con-
sistorii, viermaliger Sleftor ber Unioerfität, foh)ie afö fruchtbarer tl^eologifc^er ©d^rift«
fteller, im ^rioatleben burc^ manche d^riftli(^>e lugenb, inebefonbere burd^ 5Kilbe unb
^riebfertigfeit fic^ augjeid^nenb, bi^ ^u feinem am 23. Df tober 1616 erfolgten lobe
blieb, ©eine 6^e mit Sarbara ÜKanlid^ au^ älu^^burg blieb finberlo«. 3i}eitn über^ so
i}avOi>t |eit bem gtoeimaligen ©turj ber 2Jt/ili))})iften in Äurfadjifen 1574 unb 1591 bie
UniDerfität Wittenberg al^©d^ule lut^erifc^er Drt^obojie ben erften Slang einnimmt : fo ift
eg unter ben SBittenberger 2:l^eologen neben Slgibiu^ §unn (geft. 1603) bor allem
£eonl(^arb ^utter, ber redonatus Lutherus, toie man i|n per anagramma nannte,
ber ate erfter Vertreter unb ta})ferfter 33erteibiger ber neuaufgefteHten lull^erifc^en Stecht« 66
gläubigfeit, alö ^rotot^J) ber ort^oDO£=lutl^enfci^en 3)oamatif unb ^olemif, aU malleus
Calvinistarum, aber aud^ afö ^eftigfter 2lnti'3Belancbt^onianer (ögl. bie befannte, freitidf^
nid^t je^r glaubtoürbige, Don 3- d^- SWaVer erjäl^lte Slnefbote bei "$. ©alle, 9)lelanc^t^on
©. 156) immer ift angefel^en h)orben. ©ein t|eologij(^er Stanbt)unft läfet fic^ in ma«
terieHer unb formeller Segiel^ung nid^t beffer bejeic^nen, benn olö ber ber reinen ober eim 60
flRcal (»iKDriopäbic für 2()coIi)flic unb &tird)e. a. Sf. VIH. 30
498 ^ntttt, £conl^rb
fad^cit CrtI;obojic (©afe a. a. C ©. 255). Unter aDcn ort^obojcn Sut(;eraucrn ift |)uttcr
tool^l bcr ortl^oboieftc : bcnn feiner ift ftrenger innerl^alb ber ©renken be^^ firc^Iic^ auto^
rifierten unb normierten lutl^erifc^en Se^rbegriffö [teilen geblieben ; feiner ^at mit gr()6erer
2:reue ben ©eift nic^t nur, fonbem aud^ ben SQäortlaut ber Symbole, bejonber^ ber Äon^
5 torbienformel, ber er gerabem ben ß^arafter ber 2i^eoj)ncuftie ^uerfennt, feftge^alten.
§utter unterfc^eibet nic^t jtoifd^en bem ©ubftantiellen bcg eöanöclifd^cn ©lauben^ unb ben
accibentellen gormen, ^^u benen er Jid^ au^et)rä0t J^at : er toeife nid^t^ Don einem h)erben=
ben 3)oama, eö ift ha^ geworbene ©ogma in feiner feften äbgefc^Ioffenl^eit, in feiner
ftanen Är^ftaUifation, baö il^m ate ba« objeftiD ©iltige feftftel^t hjiber aDe ©inreben unb
10 angriffe frember Jtird^en unb ©eften toie gegen alle SKilberungen, Slbfc^toäc^ungen unb
fubjeftiben SKeinungen innerhalb ber eigenen Äirc^e. 35abei ift e^ in formeller ^infic^t
noc| ber ©tanbj)unft ber einfad^en Drt^obojie, auf bem §utter befonber^ in feinem Äom-
})enbium fid^ Ij^ält; e^ ift nodf^ nic^t bie fünftli(^>e 9(r(^>iteftonif, ber fd^olaftifc^e gormaliö-
mu«, ber geleierte 3lj)J)arat ber ft)äteren lutl^erifdSien ©^ftematifer, ma« bei i^m [xä) finbet ;
16 er toerlj^ält fic^ no6) einfad^ reje^tib unb r^robuftiö ju ber ^Jaffung ber Symbole, auf-
jäl(^lenb unb anreil^enb, gerlegenb unb erflärenb, unter ft)arfamfter änioenbung logifcber
Kategorien unb fc^olaftifd^er Terminologien, borjugeloeife auf Slidf^tigfeit unb ©enauigfeit
be« mitgeteilten Stoffel unb auf geftigfeit ber ju begrünbenben Übeneugung bebac^t (Dgl.
31. St^oludf« Urteil, ©eift ber lutberifd^en 2:^eologen SBittenberg«, ©. 63).
20 ©ogmatif unb ^olcmif, — bie beiben ^äd^er, in h)elc^en bamal^ fo jiemlic^^ bie
t^eologif^e enc^floj)(äie aufging, bilben audj für §utter faft ba« auöfd^licfelid^e g^lb
feiner litterarifd^en Ibätigfeit: auf bem ber 2)ogmatif ^at er feine Sorbeeren toorjüglid^)
geemtet, bag ber 5ßolemif trug il^m bei feiner ©infeitigfeit unb öeftigfeit auc^ manc^ie
ftec^enbe 3)omen. — 35er ©rflärung unb SSerteibigung ber lutf^erifc^en Symbole, hjaren
26 feine frül(^eften ©d^riften getvibmet : feine Analysis methodica articulorum Confessionis
Aug. yyrjaicog ac proprie sie adpellatae adv. Jesuitas et Sacramentarios ad disp.
propos. (3Bittenb. 1594 unb 1602); fein CoUegium theologicum 8.40 disputt. de
articulis Conf. Aug. et libri Christ. Concordiae (ebenb. 1610 u. 18), unb, neben
einigen fleinercn ©Triften äbnlid^en 3«^^^, Dor allem fein auö afabemtf^ien S[}or=
30 lefungen l[;ert)orgegangener au^fül^rlic^er Kommentar jum Äonforbienbud; : Libri Christ.
Concordiae explicatio plana et perspicua (SBittenb. 1608. 9.11), toorin nad^ einer
furjen (Einleitung über (Sntfte^ung unb ©eltung ber F. C. ber '^n^ali berfelben in elf
Strtifeln bur(^>gegangen, furj erflärt unb begrünbet toirb. — 3)a« §au|)tn?crf .?iutter^
aber ift fein Compendium locorum theologicorum ex Scriptura S. et libro Con-
.s6Cordiae collectum (ffiittenb. 1610. 18.22.24.29 u. f. f., 1666 cum praef. Meisneri,
1696, mit SSonebe Don Runter in £ei})jig, 1727 unb 86 öon gani f. I^itteratur, u. ö.).
2)iefeö S5uc^ ^at feine eigene ©efdjjid^te. 6« öerbanft feine ßntfte^ung einem Auftrag
be^ Äg. G^riftian II. an bie SBittenbcrger ^«fultät, betr. bie äbfaffung be^ neuen
ftrenglutl^erifc^en, an hai Jlonforbienbud; al^ ba^ venerandum reh'gionis Palladium
40 genau fid^ anfc(^lie|enben bogmatifd^en Rom))enbium«, ba^ beftimmt toar, ale offiziellem
2el^rbud^ in ben fäd^pfd^en fiel^ranftalten an bie ©teUe ber feit bem fr^ptocabiniftifd^en
©treit öerbäd()tig geworbenen loci Wldand)ti}on^ ju treten. SRac^bem ein erfter toon
©alomon ©eener (geft. 1605) l^interlaffener ©nth^urf nid^t al« genügenb \mx befunben
toorben, machte [xi) ^utter an bie Slrbeit, bie bann fc^liefeli(^ unter ßenfur ber beiben
46 t^eologifc^en ^fultäten t)on SÜittenberg unb Seipjig, foloie mit 2l))))robation ber iJehrer-
foHegien ber fäd^ftfc^en gürftenfc^ulen mit furfürftlic^^er äJorrebe (to. ^a\^xQ 1609) erfdjien
unb ben ©d^ulen ioie UniDerfitäten aU öorft^rift^mäfeiger Seitfaben jugeloiefen h)urbe. —
3n M locis, toobei Drbnung unb 3)let^obe ber 3JJelan(^tl^onf(^)en im n)efentlid;cn befolgt
ift, in fated^etifc^er fiel^rtoeife, b. 1^. fo, ba^ ber für brei älteretlaffen beftimmte ©toff xn
60 J^agen unb Slnttoorten ^erlegt unb bie für bie äJorgerüctteren beftimmten ^^^agen mit
Sternchen unterfcbieben fmb, toirb ber lutl^erifd^c Sel^rbegriff unter möglid^fter?feft^altungber
SBorte ber Conf. Aug. unb ber Form. Conc. unb, h)o biefe nic^t auöreic^en, im 2lnfd^luJ5
an fiutl^er, ^Jlelandjitl^on (ubi quidem ille oQi^odo^iav tenuit) ßl^emnij unb Slegibiu^J
.f^unniu^, in möglidfift (^räjifer gaffung unb ohne Weitere äu^fü^rung, furj unb bünbig,
66 in einfacber, jeboc^ nic^t ftreng fl^ftematifdj^er Drbnung, vorgetragen — ganj fo, luie ev^
ad ediscendum, loie ber furfürftlidf^e 93efe^t fagt, ju treuer Überlieferung unb gebäc^t^
ni^ unb Derftanbe^mä^iger (Sinprägung ber f^mbolifd^i feftgeftetlten £el^rfä|e geeignet n>ar.
©rofe unb langebauemb loar be^ Öuc^^ed Slnfe^en unb ©ebraud^, loie bie Dielen burc^m
ganje 17. unb 18. gabrl^unbert l^inburd^ ftdSi folgenben angaben, bie Überfe^ungen in
eo neuere ©viac^cn (bcutf4^ \)on iXaipax i&olften in Idübecf Hill, Don .^utter felbft l(ii:j.
35. u. ö., neu j^eraugg. bon 6^t)rian 1735, t)on granfc 1837, fd^toebifc^ ©tod^olm 1618),
bcfonber« aber bie bielen erllärcnben unb ertoeücmben Seatbcitunöcn bctocifcn, bic ba^
fclbe gefunbm ^at (j.». bon ®. Sunbiftu^, 3cna 1648 u.ö., ®laffiu«1656, e^r.6^cm=
m| 1670, Sad^mann 1690 u. ö., ©c^miber, Scufc^ner, ©et>fart, 2)eutfci^ann u. f.to.;
über bie ganj rdc^l^aItt0c£ttterärgefc^ic^tebc^§utterf(i(;cnÄom))enbuim bgl. 6^t)rian in feiner b
äu^abe be^ beutfc^en lejte«; ffialc^, Bibl. theol. I, 37; §offmann a. a, 0.). H §afe
\)at burd^ ben 2;itel feinet boßmatifd^en 9le})ertorium« für ©tubierenbe ba^ 2lnbenlen
be^ $utterfd^en Äompenbium« erneuert (f. 35b VII, 6. 455, 4o). — 3)ie gelehrte 2lu«-
füJ^rung unD tueitere Segrünbung beffen, loa« bog Äom})enbium in lürjefter Raffung geben
\\)\ü, entl[^ält .§utter« größere« bogmatifd^e« SBerl, ba« au« feinen Sorlefungen über lo
5Keland^t^on« loci entftanb unb Don ber Sfeittcnberger t^eologifc^en ga'fwltät nad^ feinem
^obe l^erau«gegeben lourbe: Loci communes theologici ex sacris literis diljgenter
eruti, veterum Patrum testimoniis passim roborati et conformati ad methodum
locorum Melanchthonis (SBittcnb. 1619, gol. 53. 61) — ein SBert, ba« teitöeine ©rtlärung,
teil« eine 93erid^tigung ber loci 3)lelanc^tl^on9 beabftc^tigt, ben ^. in ber @inleitung 15
al« magnum Germaniae phoenicem, virum doctissimum, de re literaria prae-
clarissime meritum t)reift, beffen trauriger SlbfaH Oon Sutl^er« Seigre aber auf« tieffte
beflagt n>irb. 5JJle^r nod^ al« ba« JtonHjenbium giebt ba« größere SQSerl 3^w9"i^ ^*>"
ber ©elel^rfamfeit, bem ©(^arffinn unb bein j^olemifc^en @ifer feine« 3}erfaffer«, freiüdSi
auc^ oon feiner SBeitfd^loeifigteit, Oon feinem 3Dlangel an gefunbcr ©jegefe unb ©efci^id(^t«s 20
betrad^tung unb oon bem beginnenben ©d^o(afti3i«mu«. SJerfd^iebene einzelne bogmatifc^e
fragen l^at §utter in jal^Ireic^en Keinen älbbanblungen, 3)i«putationen unb ®elegen^eit«=
fc^riften bel[^anbelt.
2Benn fc^ion in biefen bogmatifd^en ©d()riften, jumal bem größeren SBJerle, bie fon«
fejfioneHc ^olemif ein §au)3tintereffe bilbet, fo btenen anbere feiner SBerle au«brücflid^ 26
bem ^toci be« ©efenfio^ unb Dffenfiofamjjfe« gegen Galoiniften unb Äatl^olifen, fo^
ioie gegen jeben 3?erfuc^, bie SReinl^eit be« neuJ^ergefteHten Sut^ertum« ju trüben ober
eine ßinigung ber beiben proteftantijc^at XJetenntniffe anjuba^nen. SBottte er ja nic^t ein^
mal ba« SKärt^rtum reformierter Slutjeugen al« ein ed^te« anerlennen (Dgl. Calviiiista
aulico-polit. alter cap. IT, ©.193 ff.), loie Diel mel^r mu^te er ben irenifdjien 93eftre-a»
bungen eine« 2)aOib "ilSareu« entgegentreten! 3)er im ^ai}xt 1614 erfc^ienenen ©d;rift
biefev ^eibclberger 3:i;coIogcn, Irenicum s. de unione et synodo Evangelicorum
concilianda, fe^te §. eine ®cgcnfc^rift unter glei(^>em ^^itel entgegen: Irenicum vere
christianum s. tractatus de synodo et unione Evangelicorum non fucata
concilianda, Wittenberg 1616 imb 1618, toorin er Oor bau gefät^rlid(^en „©Vnfreti«- 35
mu«" feine« ®cgner« emftlid^ toamt. 3" ^^"^ ^^^^^ ^^^ ©treitfd;riften gegen bie re^
formierte Scf^re gaben i^m bie volitifc^=!ird^lic^en 3^i^^^Ö"^ff<^ Slnlafj: fo fc^rieb er 1610
feinen „Calvinista Aulico-Politicus, eigentlid^e ©ntbedung unb 3üiberlegung e^Iidf^er
(Salüinifc^en ^jolitifc^en SRatf erläge, toelc^e S^^^^ni^ ^^n "äKünfter fortjuj)f langen unb bie
Oerbammte ßabinifterei in ba« ^er^ogtum ^otftein einjufd^ieben fic^ bemül^et". 33efon- 40
ber« aber glaubte er fic^ berufen, h)iber ben im ga^re 1613 erfolgten Äonfejfion«toe(^fel
be« Äurfürften 3»«>^önn ©igi«munb Don Sranbenburg unb loibcr ben i^erfu^i, „bie Der«
bammte (SalDinifterei in bie Äur- unb 3)iarl 93ranbenburg einjufdi^ieben", aufjutreten: Dor
allem in feinem Calvinista aulico-politicus alter b. i. d^riftlic^er unb notioenbiger 93es
ric^t Don ben fürne^mften j)olitifc^en §auj)tgrünben k. (äi^ittenberg 1611), foioie in einer 46
^ei^e loeiterer ©treitfc^riften, bie er ben reformierten SJerteibigungen (3. 33. eine« l^effifc^en
Pfarrer« ©c^mibt, ber unter bem ^feubon^m Harminius a Mosa gegen §utter fd^rieb)
entgegenfe^te, j. S. beftänbige unb grünblid^e äBiberlegung be« ^eillofen unb Denoorrenen
®efJ)rädSi« Harminii de Mosa etc., SBittenberg 1615; grünblid^e Slntloort auf bie
neuen berlinifd^en g^^tungen ober ®efi)rädj^ §an« Änonen unb Senebift .§aberc4>ten tc, &o
1614; Sjamen ober grünblid^er Seriit Don ben ju granffurt gebeuteten ®lauben«-
befenntniffen ber reformierten eDangelif^en Äir^e, 1614 (Dgl. über bie Sitteratur biefe«
©treite« f. üBalc^ a. a. D. 2:1. 3, unb ^offmann a. a. D.). SJa« praltifd^e Slejultat
fold^er $olemif, an ber fidf^ neben §utter no(^ anbere lurfäc^fifd^e ^^^eologen, 5. S3.
Dr. |)öe, beteiligten, toar, ba^ ^of). ©igi«munb bie Äonlorbienformel au« ber ^aHjl ber bb
lanbe«tird^li(^en Symbole ftreid^en liefe unb ber branbenburgif^en ^n^m\> ben 93efuc^ ber
UniDerfität SKittenberg Derbot. — 3ieuen 2lnlafe, ber Formula Concordiae f\d) in
einem au«fü^rlid^en SJerfe anjune^men, gab §utter bie 1607 gugürid^ erfc^ienene Con-
cordia discors 9lub. .öoft)inian«, auf bie Jpulter in feiner 1614. 16 u. 22 gu Söitten*
berg l;erau«gegebenen Concordia Concors de origine et progressu Formulao Oon- 6*)
32 '
500 ^ntitt, Seonl^avb ^^giiiud
cordiae ecclesiarum Aug. Conf. anliuortctc, — einem SBcrIc, ba^ burd^ bic Wit-
tcilung jjaf^Ircic^cr Urfunbcn für bic ©cf^ic^^tc ber (SntftcJ^ung unb ©infü^rung bcr F. C.
and) jc^t noc^ feinen SKert f)at, aber in feinem einfeitig opologctifd^en gntercffc feinet
toeg^ eine boUftänbige unb objeltiöe ©efd^id^tebarfteDung giebt. 2lud^ noi) einige anbere
6 ©<^riften §utter^ (^. 33. fein Sadeel elenchomenus s. tract. pro majestate humanae
naturae Christi, SBitlcnberg 1607 unb IG 10) bienen ber S3efäm))fung ber reformierten
Seigre. 3"^^ Serteibigung ber lutj^erifd^en Äird;e gegen fat^olifd^c Angreifer, j. 33. 33enar::
min, ©retfer 2C., unb jur 33eftreitung Derfd^icbener fat^olifc^er Se^ren unb 33räuc^e fc^rieb
er eine SReil^e Don Slbl^anblungen (j. 33. Disputationes XX de verbo Del scripto et
10 non scripto contra Bellarminum, SQSittenberg 1610; lüeitere 3:itel bei 3äald), §off'
mann 2c.). 3luf anbere ©ebicte ber Ideologie, befonber^ bie J)raftif(^en, ^at fid^ bei
biefem Überh)icgcn bc« bogmatifc^=})olemifc^en 3"^^^^ fein<^ fd^riftftellenfc^e Xlf^ätigfeit
laum erftredtt, obtüol^I er felbft n\ii)i^ fel^nlid^cr hjünfc^t, atö „theoriam cum praxi
conjungere" (ep. ad üJtarbad^ bei ^Jec^t 1. c. @. 798). 3Q3a^ fic^) ^ier^er rechnen läfet,
16 finb einige ©cbädf^tni^reben für fäd^ftfdS^c gürftcn unb 2:^coIogen (für Ä?f. 6l?riftian II.
1611, R% auguft 1616, fotoie für feine bier ÄoDegcn ®. ^K^Iiu^, 2(eg. §unn, Bai
©e^ner, ^4}ol. Set^fcr); femer §omiKen über bie ^affion^efdSiid(^te u. b. %. meditatio
crucis Christi, SBittenberg 1612 ; eine metl^obologifd^e ©c^rift (consilium de studio
theolog. recte inchoando feliciterque continuando, abgebrudt in ^ülfemann^
aomethodus concionandi, SBittenberg 1635 u. ö.); ein 33ertd5>t bom orbentUc^en unb
at)oftolifcl^en 33eruf, Drbination unb Slmt ber lut^erifd^-ebangelifd^en ^^^rebiger (gegen
fatl^oüfd^e 2lngriffe, Wittenberg 1609). ©eine ejegetifd^en unb ^iftorif(^>en arbeiten (epi-
tome biblica 1600; succincta explicatio ep. ad Oalat. 1635; tabellae duae
haereseologicae) berbienen laum ber ©rtoöl^nung.
26 (IB^ageniitatitt f) So^anned Stunsc.
^^ojiut^, 3)0 mini! an er, geft. 1257 f. 33b IV, S. 776,:«— 4o.
i^t)bro)iaraftateii« 3)er Codex Theodosianus enthält (lib. 16, 5,7. 9 unb II)
brei in crfter Sinie gegen bie 3Kanic^äer gerichtete faiferlid^e (Sbiftc au^ ben ^al^ren :381
bi^ 383, in benen al^ eine 9trt Sln^ängfel biefer 9le(igion§))artci Encratitae, Apotac-
sotitae, Hydroparastatae b. ^. SBafferbefd^ü^er ober SBafjerberebrer, unb (vel, sive)
Saccophori (ögl. I^ierju Epiphanius haer. 80, 6, ioo e^ Don ben 3)ieffalianern
l^ei^t: X(6j[ia>; yvvaixixaq nQoßaXXojLievoi xai odxxco 7iQoq)avEl tJiFQeiöofiEvoi)
erit)äl[^nt iücrben. 3)ie ©d^ärfe ber befonberö im ©efe^ Dom 31. 3)iär^ 382 (16,5,9)
gegen biefe ©ruj)j)en au^ef))roci^enen ©trafbeftimmungcn ift nur ertlärlic^, luenn man
36 bebenit, ba^ e^ galt, bie mani^äifd^e ^ro)>aganba, bie man nun einmal auc^ bei iE^nen
Gitterte — au^brüdElid^ Reifet eö 16, 5, 7, ba^ bie 5K. fK^> j^inter biefen 9lamen ju
berfteden fu(^>ten — , um jeben ^rei^ ju unterbrücfen. 2)ie 35ejeici^nung vd^onagaoraTai
begegnet nod^ einmal bei Theodoret. haer. fab. comp. 1, 20 (MSG"83, 3()9), iuo
fte loieberum mit ben ©nlratiten afe Sln^änger 3:atian« jufammengefteHt tverbcn, loä^renb
^ il^r 9Jame baDon abgeleitet toirb, ba^ fie SBaffer ftatt SBein beim 3tbenbmal(^I gebraud^ten
(v. dvojuäCovrai, (bg vdcoQ ävxi oivov 7iQogq)eQovxeg\ 6^r^foftomu^ mu| biefelben
Seute meinen, h)enn er (hom. in Mt 82 MSG 53, 740) bon h xöig fii^atrjgioig vdan
xexQYj^ih'oig a(^ einer axQeou; noyrjQa f>)ri^t, o^ne i^nen ben Flamen ^. beizulegen.
^P^ilaftriu^ fülj^rt unter feinen ©eften (haer. 77 Marx p. 40) Aquarii auf, benen er
^ ben gleichen ^igbrauc^ in sacramentis caelestibus nac^fagt. ^^n ^at 9(uguftin
(haer. 64) mit leichter änberung au^gefd^rieben, hjä^renb ber Praedestinatus eine
(Srläutenmg Ij^in^ugefügt, loonac^ bie Aquarii, fic^ barauf beriefen, ba| ber SBeingenufe
i^um irunle unb babur^^ ^um SScrbrec^en anleite. SBeitere DJac^ri^ten über bie ©efte
befi^en ioir nid^t, unb in^bejonbere ift il[^re ®siftenj in früheren gö^^^wnberten nic^t be^
w glaubigt. (Jnfratitifc^^e 5Jeigungen mögen nalürlid^ Stblel^nung be^ 3tbenbmal^teh)cin^
aud^ frül^er fc^on yax ^olge gehabt l^aoen. 3lber bie Don 6^j)rian (Ep. 63) gerügte
5ßraji^, beim älbenbmal^le 33rot unb SBein barjureid^en, loar nic^t enliatitifd^ begrünbet,
fonbern mit ber gurd^t, bafe man fid^ burc^ SQäeingenu^ am frühen 5Dlorgen aU ß^rift
verraten möd^te. 3lud^ bezeichnet (S^prian bie Sln^änger biefer 5ßrapö nic^t a\% Aquarii,
65 unb e^ ift ba^er nic^t ftattl(^aft, fie mit biefen in irgenbtoeld^e SSerbinbung ju fe^en.
i^. Präger*
^^fltitui^, röm. 33if^of, 2. ^a^rl^. — Libor pontific. ecl. «Rommfen, I, S. 13
n. 2.M. ln»nao«s ctra hncrcs. III, W, 3 «1. Stieren 6. 432. KuHob. Mist. eccl. IV, 10
^ligtttnd ^W^ind 501
u 11, V, «, 4 u. 21, 14; 3affo I, ©. 6f. — A8 Jan. I, 8. 6ü5; ii'\\>]\m, S)lc (SOvonüIogic
bcr röm. SJifAöfc, 1869, @. 169 ff.; Duchcsne, Etüde sur le über pontificalis 1877,
6. 131 ff.; .iianiQcf, 3)ie e^/ronolüöic bcr alt^r. ßittcratur, I, 1897, 6. 144 ff.
gn bcr älteftcn römifd^cn Sifc^ofelifte ftcl^t bcr SWamc bc« ^%i"w^ <*" <»^*^ ©tdl«
jtDifc^^cn 3:cIc«J)^oru^ unb Sinket, feine 2BWfam!ctt toirb in bie ^a^re 136—140 berieft. 6
allein biefe d^ronologifc^c Slngabe ^at feinen ^iftorif(^en 2Bert (f. §amact ©. 179). 3Üxx
iDiffen bemnac^ über ^. ni(^tö unb lönnen ^öc^ftenö bermuten, bafe er bor ber ü)litte
beö ^iDciten 3<»^^^u"^^rt^ ^^^w römif(^en ^Pre^b^terfoHcflium ate ongefel^cne^ 3)lit0licb
anflc^örte. .^ottc!.
^^mtieit f. .^irc^cnlieb. lo
«^^^la^atite f. 3Raria.
^^atitt f. Sb IV, e. 378,8 21.
^^ertud, anbrea«, geft. 15G4. — S)ic biograp^ifdje Oueüe, bic auöfd)lie&Iid) aflcu
iJcbcn^bcfcöreibungcn bc« 4)i)pcviud bi« 511 SÖJ.^anfloIb (3). 3tfc^r. f. djr. ^iffenfdjaft 2c. 1854
unb 9«(S» VI [1880] ©. 408f.) ju ®runbe ließt, ift bic Oratio de vita et obitu D. Andrcae 15
Hyperii a D. Vuigando Orthio theologo MarpurgeDsi 27. Febr. 1564 habita, bic fid^ im
^In^QUÖC bcr (Sd)rift bcö $l)periug: Methodi Theologie! libri III cd. ^einrieb 5ßietor 1567
ncbft einer ^Injaftl Carmina funebria finbct unb öon ^einric^ JBalt^afar ^ognlt feiner ?luS*
c^abc bcr 2. ?(ufl. ber 6(^vift be§ ^l)perlud (1562): De formandis coneionibiis sacrisscu de
intcrpretationo SS. populari 1781 p. 435 f. l^injugcfügt ift. @einc t^cDlogifcftc S3cbcutung 20
ift gewiivbicjt befonbcr« uon 5. ß. @teinmci)cr, 3)ie Jopif im 5)ienftc ber ^ßrcbigt (1874)
6. 12 f., neucrbingS uon Ä. JJ- Mütter, ?(nbrcaö ©^pcriu^. 6in Beitrag ju fcinei* ©l)araf»
tcrifti! 1895. unb bcfonbcr« uon 3W. ©cbian, 2)ic ^omilclif bed ?lnbrca$ ^i)pcrlu§ (ßifcftr. f.
pratt. lö. 1896 @. 289—324 u. 1897 @. 27-66. 120-149). - ©eine fir(^cnpül. ©irtfamfeit
ift bargeftent bei JJ- ^- O^ffencamp, ^effifc^e ^ircbcugcfd^id^tc feit bcm 3citaltcr ber5Rcformation 25
1852 (2. 51u§gnbe 1864) II. 453 f., 489 f. unb ^inrid^ .^cppc, Äirc^cngcfc^lc^te beiber Reffen.
1876, I. 285 f.
1. 3lnbrea^ ©erl^arb, md) feiner ©eburt^ftabt 9)pem in 35}eftflanbern (Sclgien)
§^periu^ genannt, iDurbe am 16. SKai 1511 old ©ol^n be« anöcfei^enen SJed^t^elei^rten
änbrea^ ©erwarb unb ber einer eblen ^atri^ierfamiKe in ®^nt entf})roffenen Äat^arinaso
6oet« geboren. 9Jad^ elementarem Unterricht im elterlichen §aufe tourbe er bereite in
feinem elften Seben^ial^r bcm §umaniften 3äI*>&w^ ^^P^ Jw äüäften an ber 2\^ (ober
Se^e) jur ßrjie^ung übergeben, oer jufammen mit bcm befonber« im ©rieci^ifd(^en unb
§ebräifd^en belüanberten go^anne« ©epanu^ bie Slu^bilbung leitete, ©c^on l;ier beginnt
für i^n baö SBanberleben, ba^ fo mand^em ©d^olorcn unb §umaniften befc^ieben toar, 35
unb ba§ erft 1541, afö §t;periug in SKarburg anfäfftg iDurbe, fein ßnbe fanb. SKir bc«
gleiten i^n 1523 nad^ Sitte, hjo er franjöftfd^^ lernte unb bie 2lnfang^rünbc bcrSl^etorif
(bei '^oi). Sacteuß) fic^ aneignete, nad) 3^oumav 1524, h)o 9liIolau^ bon .^erjogenbufc^
fein Seigrer lourbe, unb nac^ ?)pem jurücf, too er eine geit lang mit Slfterifcf^reibcn be*
fc^äftigt lourbe, toeil bie ßrfüiluna feine« Säunfd^^e«, in 2öh>en hjeiter in ftubieren, h>e^en 40
be« bort J^errfc^enben unftttlid(^en geben« md(^t ratfam toar, unb ber ^lan be« i^ater«, il^n
nac^ ^ari« ju fcf^icfen, burc^ ben Ärieg jloifc^en Äorl V. unb %xani I. [\d) junäc^ft nid^t
bertinrllidf^en lie^. ©rft 1528 erftittte bie 3Kutter ben SBunfc^^ be« 1525 geftorbenen
©alten; unter ber Seitung be« go^anne« be ßampi« ftubierte er SDialcItil unb burbc
burc^ ben ,^umaniften ^oad^^im Slingelberg, mit bcm il^n innige ^eunbfc^aft berbanb, 45
in bie ^^ilofop^ie be« äriftotele« eingefül^rt. Sil« Magister liberalium artium lehrte
er auf lurje 3^it nad^ 3)pem jurüdf, um 1532 toieber ^ari« aufjufuc^^en unb feine
©tubien, jc^t in 3)^eologie unb lanonifc^em Siedet (auc^ in bcr SRcbijin, toofür er bi«
an fein 2eben«enbe gro^e Vorliebe bel^ielt), unter ben 1529 burd^ %xani I. an ba« neu
crrid^tete Collegium trilingue berufenen ©clel^rten p beginnen, g^^?«"^ ©türm, ber 60
1529 t)on götocn nac^ ^ijiari« gelommen toar unb bier bi« ju feiner Überfiebelung nac^
©traftburg (1537) blieb, lüurbe i^m fie^rer unb greunb; toa^rfd^einlid^ toar e« ©türm,
t)on bcm $pperiu« juerft in bie ©rlenntni« ber ebangelifc^en SBa^r^eit eingeführt lüurbe.
SBä^renb feine« breiiäbrigen Slufcnt^alt« in ^ari« burd^hjanberte er in ben ^ienmonaten
Januar, Jyebruar unb 3Rärj mit mehreren ^eunben faft ganj granlreid(^ unb Dberitalien, 66
^ofpitierte in ben bortigen Unit^erfttäten unb )og bann 1535 über 9)pern nad) £ömen.
502 ,^9)iertitd
um t)on ^ict au^ 9Jicbctbcutfd)Ianb Icnnen ^u Icnicn. ©ein J^ntcrcffc nn bcr Sncl>c bce
(Söangelium« fü(>rtc i^n 1537 nad) Dberbcutfd^Ianb, er bcfud^tc bic ©d^ulcn unb {;ers
Dorraflcnbc ©elel^rtc in Äöln, ÜKarburg, ©rfurt, 2eil)jl0, SBittcnberg unb fc^rtc gnbc
Sluöuft mi) 3)t>em j^urüc!, unt auf ben Slat feiner greunbe \xi) um eine Se^rcrfteHc ^u
6 behjerben, ha baö bäterlid^e Grbgut burA feine Sleifen aufgeje^rt \vax. S)ie anbertociligc
Semü^ung bcr greunbe, il^m eine ürd^Iid^e ^frtinbe ju berf(^affen, frf^citcrle an bem
SQ3iberft>ru(^ be^ faiferlid^en Äanjler^ unb Srjbifc^of« bon ^anormu^, ©aronbillet, bcr
nid^t ol^ne ®runb gegen i^n feiner ebangelifd^en ©efinnung toegen SSerbad^t gefd^öj)ft ^attc.
%xo^ feiner SKittcIIofigfeit begab fid; §l;})eriu^ toieber auf bie SBanberfcbaft. '^talim \vax
10 i^m burd^ firieg^unru^en berfd^loffen, fo begab er fw^ nad) ©nglanb unb fanb ^ier bei
einem rcid^en J^umaniftifc^en 5IRäcen in Sonbon Unterfunft unb Unterftü^ung. 5iac^
bier 3ö^^<^"/ *" *^<^^" ^^ ^"(^ ßambribge unb D^forb fennen lernte, tourbc er burd; bic
blutige Verfolgung, bie $einrid^ VIII. gegen ßbangelifd^gcfinnte in ©jene fe^tc, bchjogcn,
gnglanb ju berlaffen. ffial^rf4einlid(^ ixixd) bie befreunbeten englifd^en ©laubcn^cnoffen
16 h)ar er auf ÜRartin Su^er aufmertfam getporben ; er toünfd^te mit biefem in ijcrfönlic^c
SSerbinbung m treten, unb begab fxi) nad^ ^Harburg (15. guni 1541) ju bem Ideologen
©erl^arb ©eibenl^auer (au^ S^mtoegen, bal^er 9?obiomagug genannt), ben er bereit« 1537
fennen unb fd^ä^en gelernt ^atte, um bon biefem, ber burd^ längeren Slufentlialt in Stras-
burg belannt \vax, fxd) einen 6mt)fel^Iunggbrief an Su^er ju erbitten. 9lber 9?obiomagu«
20 lie^ i^n nid^t loig ; bem ^efftfc^en Äanjler 3*>'^ö"w %^W (^icinu«), ber auf ber Südreifc
bon Slegen^burg in SBlarburg raftete, ftettte er bor, \m er burd^ Äränflic^fcit gc^inbert
fei, fein 3lmt weiter ju bertoalten, unb erbat [xd) ben $^t)eriu« jum ©ubftituten. geige
ging auf bie Sitte ein; er erfud^te §^j)eriuö gu bleiben unb [teilte il^m fefte Slnftellung
mit gutem (Schalt in äu^fid^t, nad^bem er ein Specimen eruditionis berbc bargebotat
26 ^oben. 3lm 10. S^"«^'^ 1542 ftarb SWobiomagu«, unb ^\fpmu^ hjurbe mit einem @e=
balt bon 80 fl. ju feinem 9?ad^folger ernannt. SRit ber ©rHärung ber Sriefe beö ^aulu<^
begann er feine alabemifd^e 21^ätigfeit. am 27. fjebruar 1544 trat er in bie @^e mit
Äat^arina Drtl^, %o6)itt be« berftorbenen Duäftor« Subtoig Drtl^ unb SBitiüc be« S^i^ann
§aj)t)elliu§, bie i^m jtoei Äinber jubrad^te unb il^m fed^ ©öl^ne unb bier S^öd^ter gebar,
30 bon benen il^n jtoei ©öl^ne unb orei 3^öd^ter überlebten.
©einem Silbung^ange entfj)re(^enb toar er aud^ ate afabemifd^er Seigrer ^umanift
unb Il^eologe, er leierte Q^eologie unb 5p^ilofo})l^ie, „ber ^efftfd^e SKelant^t^on", hjic man
il^n gerne nannte, feiner ber frud^tbarften ©^riftfteller beröffentlic^te er aufeer einer 3tn-
jal^I tl^eologifc^er 35JerIe — eine größere 3^^^ hJurbe nad^ feinem 2;obe l^erau^gcgcben —
36 ©d^folien jur Stl^il be« Slriftotele«, ©c^riften über S)ialeftil unb iR^etorif, ärit^metil unb
Oeometrie, Äo«nu)grat)l^ie unb D})tif, äftronomie unb ^l^^fif. 9lfö SJel^rer hjar er ^od;
ge^äftt; man rübmte feine Ireue unb feinen unermüblic^en ^lei^, feine reid(^en Äennt=
niffe, feine trefflid^e Sel^rgabe, feine ^iebfertigleit, fein borbilblic^^eö Seben. ©o nimmt e«;
nid^t tvunber, ba^ er balb aU ba« geiftige,§auj)tber Uniberfität berel^rt tourbe ; einegrofee
40 ©d^ar angel^enber 2;i^eologen, and) ou« bem Su^lanb, tou^te er um feinen Äatl^eber ju fam=
mein. 6r bermieb in feinen Vorträgen otiosas quaestionesunb l^atte nur ben 3Ru|en feiner
.^örer im äuge. SDi^utierübungen, bie er bei gob. ©türm in ^Jüari« lennen gelernt l^attc,
jlll^rte er in Harburg ein, befonbere Sorgfalt bertuanbte er auf bie .«peranbilbung ind)-
tiger ^rebiger. 3n feinen feminariftifd^en Übungen gab er ben ©tubierenben a:ejte an,
46 über bie fie ju t>rebigen j^atten, er forrigierte il^e 5PrebigtIonjeJ)te unb liefe fie, bebor fie
öffentlich auftraten, in feiner ©egentoart öor ben Kommilitonen bie ^rebigt galten, um
i^nen über Vortrag unb äftion Unterloeifung gu geben. Von feinem ^o^en Stnfel^en jeugt
feine ^Promotion jum SDoItor ber 21^eologie 1553; ba feine« ber 5Kitglieber ber t^eo^
logifd^en ^Jafultät bamafö im Vefi^ biefer SBürbe toar, fo tourbe jur ^romotion ber
60 ©ut)erintenbent lilemann ©(^nabel bon ätefelb l^erbeigel^olt, bem bie äBittenberger ga-
fultät ben 2)oftorgrab berliel^en batte ($. §e})j)e I, 288). 6in^rofef[or ber v^aftift^en
Ideologie bon ®otte« ©naben l^otte §VP^^w^ ^^^ für bie Äird^e unb i^re ßrbauung
ein lüarme« ^erj. 3lad) ben Quellenangaben bei .&. .öe})J)e I, 287 unb g. 8QB. Raffen-
camp II, 489 f. toaren bie fird^lid^en 3#änbc in §cfjen um bie 5Kitte be« ga^r^unbertö
66 bielfat^ jerrüttet ; ein ungeregelter, alle Drbnung mifead^tenber ^ei^eit^brang unb biet
fac^ bcbenlli(^e Unfttten toerben ben ^Pfarrern jum Vortourf gemad;t. 2)aju fam bic
grofee Vertoa^rlofung ber fo^ialen gwpönbe, toobon $b})eriu« un« in feinem Xraftat:
De publica in pauperes beneficentia (Varia opuscula 1570 9Jr. 14) ein büfterc^
Vilb enth)irft. !Q\}pmn^ i^ai treulid^ jur Vefferung ber Ver^ältniffe mitgetoirft, unbnoc^
60 auf feinem Sterbebett gebadete er bcr gufunft ber ebangelifd^en Äird^e mit betenber gür«
^liyertitd 503
forgc. 2tui 23. ^anmx 1561 befiel i^n, toie e^ fd^etnt, eine Sunöencn^ünbung; ex \af)
bem 3:obe getroft entgegen mit be^ 2ti)ofteI« SBort 5p^ill,23, feierte mit (einer ^ömilic
ba^ ^I. aibenbma^I, ermal^nte feine Äinbcr, tröftete feine ©attin unb traf mand^erlei Sin*
orbnungen für bie 3wfunft. an feinem 2obe«tagc, bem 1. ^bruar, befannte er, in
bem ©lauben unb in ber Sej^re fterben ju looHen, in ber er gelebt, nal^m bann Slbfcl^ieb 6
t)on ben ©einen unb entfd^lief abenb« S'/, Ul^r. ^n ber Uniöerfttät^matrifel l^eifet eö:
Calendis Februariis (1564) doctissimus Vir Doctor Andreas Hyperius, sacro-
sanctae Theologiae professor Ordinarius, primus in häc Academia Doctora-
tus insignibus omatus, a Christo Domino ex hac aerumnosa vita in coelestem
evocatus est. lo
2. 3)ie S3ebcutung be« ^\^pmni liegt nid^t auf ^umaniftifd^em bejh>. t)^ilofot)l^ifcl^em,
fie liegt au^fd^lie^lid^ auf tl^eologifd^em unb Kreislichem ©ebiet. äfö $umanift berbient er
\xc\lxd) unter ben erften feinet ga^r^unbert« genannt m toerben ; aber feine Seiftungen
ge^en nic^^t über ben ©eftc^t^Irei^ feiner 3^i*8^'W)f[en l^inau«, mögen fie immerl^in, loie
bie ^erau^gabe feinet Compendium physices Aristoteleae burd^ feinen @of)n Zau- 15
rcntiu« i^^i^^^w^ 1568 betoeift, gef^^ö^t gehjefen fein. Unb too ber §umanift al« fold^er
t^eologifiert, ift ba^ ßrgebni^ gh>ar nit^t unzeitgemäß, bod^ toenig frut^tbringenb. S)ad
er^cHt befonber« au« feiner Topica theologica, bie im 3)obe«ja^re be« §to})eriu« (1564)
iu Rj^xid^ beröffentlid^t tourbe; fte überträgt bie rbetorifc^e 3)iale!til be« Slriftotele« auf
bie ^rebigt, inbem fie aDe Kategorien ber 3)ialeltif mit biblifd^em ©toff auffüllt unb ba- ao
burd^ einer SSerfünftelung ber ^rebigt bebenHid^ SSorfc^ub letftet. Über bie ©tettung be«
§Vt>^w^ i»^ '^^^ Il^eologie feiner 3cit ift mannigfach geftritten toorben ; ^. 2. ©teinmel;er
(SDie %o\>\t u. f. h). ©. 17) jä^lt i^n ben ftrengen Sut^eranem ju, toä^renb SQ3. 9Ranaolb
(916* VI, 411) ii^n einen beutfcf^^reformierten Union^mann au« SBlelaucj^tl^on« ©^ule
nennt, (gin ftrenger Sutl^eraner h>ar $V^t)eriu« leine^faD« ; ba« ®et)räge feiner 3^^eologte 26
ift aber aui) nid^t f o fe^r burd^ 9Melan^t^on, aU bortoiegenb burc^ 93u§er beftimmt. 38on
(Snglanb au« tuar, toie toir fa^en, §^t)eriu« auf 33u$er ^ingetoiefen ; er lam nad^ 5Kar-
burg, um fxd) em))fe^lungen an 8u^er gu l(|olen; in 9Rarburg iDurbe er feftge^alten,
man übertrug i^m rafc^ eine ^rofeffur, — unb in SKarburg h>ie in ganj Reffen \vax
feit 1531, befonber« aber feit 1538, 33u^er ber S^eoloae, ber beim Sanbgrafen $ISili})j) ao
in l^öd^ftem Slnfe^en ftanb unb in ber 3,i^^^öiner Äird^enjud^torbnung unb ber (Safjeler
ftO bon 1539 ber ebangelifd^en Äird^e in §effen ein unbergänglid^e« ®et)rägc gegeben
l;at. 3)ie ©runblage ber Il^eologie be« §^))eriu« toar bie 3^^eologie bon 9Rartin Su^er.
3)eutlid^e ©puren finben toir in ber entfd^iebenen Union«tenbenj ; in feinen Straftaten:
De piorum auditorum in diiudicandis doctrinis officio (Varia opuscula theo- 36
logica ed. Justus Vulteius 1569, 1. ©tücf) unb : De sacranim literarum studiis non
deserendis (Varia opuscula theolog^ca ed. Henricus Victor 1570, 1. ©tüdf) er^
l^ebt er lüamenb feine ©timme gegen bie ©treittj[|cologie feiner ^txt; bie ©rfenntni« ber
3i5a^r^eit lüerbe babur^ unmöglid(^ gemacht, bie ®elDif[en toürben berlüirrt unb ber
SSJibertüille gegen ben §aber unb bie baburc^ entftel^enbe Unfid^erl[|eit fc^recfe bom ©tu- 4o
bium ber 3)|eologie emfter ©efmnte nur ab. Xmi) ba« gurikfgel^en auf bie ^l. ©d^rift,
meint er, fei ber gemeinfame ^eben«boben gegeben unb bie reine Se^^re gefid(^ert. ^n
feiner *»l!iräbeftination«lel^re fdS^rie|t §Vt)eriu« fic^ Sufter unb ben ©c^iüeijem an (bgl. fein
®utac^ten über bie Seigre be« inter. 3öwd^iw^ ^«i .^affencamj) II, 460 f.), ebenfo in feiner
aibenbma^tele^re, bie ber be« 9Keland(^t^on ä^nelti 9Rit Su^er beHagt er bie ftttlic^e 46
©c^laff^eit ber (Sbangelifd^en : beren®runb fie^t er in ber falfd^en Betonung be«Solafide.
(Sr fuc^t nad^i^ulDeifen, bafe mit ber Justificatio ftet« Äraft unb SSlntrieb j^ur Obedientia
nova gegeben fei (De fide hominis iustificandi ac de fide operibusque hominis
iustificati quaestiones unb De iustificatione in Varia op. 1570, 5. unb 7. ©tüdf),
unb h)itl iDie Su^er, ber 5Jater ber reformierten Äirc^emud^t (§affencamj) : S)ie anfange ber go
ber ebang. Äird^enjuc^t k. in2)tfd(^e.3tfd^r. f. c^r. SBiff enfc$. 2c. 18569lr. 34 u. 35), burd^ fhrenge
Äirc^enjuc^t ber (grftarlung be« fittli^en ®eifte« ju §ilfe lommen (^affencam)) : §eff. Ä® II,
628 f.). ©0 forbert er fogar in feinem bei oller SSortrefflid^Ieit boc^ l^erbonagenb gefe^«
liefen SKerf: De sacrac Scripturae lectione ac meditatione quotidiana, omnibus
omnium ordinum hominibus Christianis perquam necessaria 1561 mit S3e- 65
rufung auf 3)t 6, bie Dbrigleiten foHten auf ba« ftrengfte ben §au«bätern gebieten,
täglich mit il)ren §au«genoffen einige Hat)itel ber ^l. ©c^rift legere, audire, scrutari (Epist.
dedic. p. 11 ber' 2lu«gabeSafel 1563). Snblid^ fd&lie|t §\;t)eriu« auc^ in feiner Seigre bon
ber S^aufc unb bon ber §anbauflegung bei ber Konfirmation fidE^Su^er an. 3)iefer ^atte
1534 bie falramentale Konfirmation in Slnfd^luft an bie römifc^e ^^nwu^Ö geforbcrt, fte m
504 $q)ierttt&
balb ^cniac^ in ©trafebura eingeführt unb 15:j9 na(^ Reffen übertragen (,,ba^ bie S)ifd;öff
ben geteufftcn bie ^änb bfflegten unb jn ben .?>. ge^ft alfo mit le^fteten" ögl. (S. 6^r. 3l(^e-
liö, Sebrbud^ b. })ralt. 2I(|.» (1898) 2,:uf.). §^j)ertu^ folgt feinen ©t)uren. ®elinbe
tritt bie« in feinem Äated[|i«mu« (Elementa ehr. rel. 156:3), ber im ^äbagogium ^u
6 3Karburg in ®ebrau(i(^ lam, J?ert)or, [tarier in feinem 2;raftat De cateehesi (Varia
op. 1570, 4. ©tücf), toorin er jlüar jum ®nH)fang be« 1^1. ®eifte« ®lauben forbert, aber
ben (Sm))fang i>on ber ^anbauftegung abl^ängig mad^t.
2)ie eigentümlid^en SJorjüge ber tl(ieologifd^en SBirIfamfcit be« ^t;t)eriu«; liegen auf
ejegetifc^em unb fird^enl^iftorifcl^em, auf enc^Hopäbifc^em unb ^omiletifrf^em ®ebiet. ©eine
loÖjegefe, bie in mand)^n Iraftaten feiner Varia opuscula 1569 unb 1570, in feiner
@(^rift: In D.Pauli ad Romanos epistolam exegema 1549 unb in ben Dier ^olio-
bänben feine« Kommentar« über bie ©riefe be« ^aulu« unb ben ^ebräerbrief (ed. ^o\).
aJl^Uu«, 3wric^ 1582 f.) borliegt, jeid^net fu^ burd^ grofte 3lfribie, burrf^ ajermeibung bon
bogmatifd^en 3^^^fr^Ö^w wnb burc^^ fe^r reid^e ^eranjiel^ung ber (gjegelen ber alten Äird;e
16 au«, tüoburd(^ er ben SWad^lüei« ju bringen fud^t, ba| bie ©rgebniffe gefunber eöangelifd^^er
©jegefc Don alter« l^er anerlannt feien. 3)ie in ber 2;^at fe^r umfaffenbe SelefenlS^eit
namentlid^ in ber alten Äird^engefd^ic^te tl^ut fic^ aud^ in feinen übrigen ©d()>riften in ^er^
Uonagenber 35Jeife lunb; fein iRuf al« Ätrd^enl^iftoriler Deranlafete fogar bie lut^erifc^en
SKagbeburger ßenturiatoren, ben $i;periu« um ein ®utad(^ten über bie befte 2trt ber ®e=
30 fc^^ic^tfd^reibung ju erfud^en, ba« er in feiner ©c^rift: De methodo in conscribenda
historia ecclesiastica consilium 1556, freili* unj)raltifd^ genug, bal^in abgab, man
möge ben ©toff nad^ je 50 ^(ä)xm abteilen. Slud^ in feiner f^ftematifd(^en §au^tfd^rtft:
Methodi theologiae libri III (ed. §einrid^ SSietor 1567 unb öfter) tritt feine l;iftorijc^e
©elel^rfamleit unb feine e^egetifd^e lüc^tigleit l^erbor; toie meiften« bie fvftcmatifd^en JiNerle
26 feiner geit tjerbinbet aud^ $VJ>eriu« 3)ogmatif unb @ti}\l, ol^ne icbod(^ biel über bie üblid^e
igofalmetl^obe l(|inau«jufommen. ®a« ©erf i[t unboÖenbet geblieben; bie 3Jorrebe be«
i&Weriu« l^at bie Überfc^rift: in suos methodi theologicae iibros VI. — 2)ie ejegc*
tifc^en unb biftorifd^en SBerbienfte be« $Vt)eriu« toerbcn bei toeitem übertroffen burd^ feine
enc^!lot)äbifd9en unb l^omiletifd^enSetftungen; man barf fie gerabeju ejjod^emad^enb nennen,
80 fte fmb grunblegenb für bie 3Biffenfc^aft ber Jjraltifdjien Ideologie über^aujjt, für bie etoan=
geltfd^e §omiletiI in«befonbere. ®a« encVltot)äbifd^e SBerl be« i&^t)eriu« ift feine beben-
tenbe©d9rift: De recte formando theologiae studio libri IV 1556 — fo urfjjrünglic^^
ber litel, toäl^renb bie ©eitenüberf^riften lauten: De ratione studii theologici. ©in
Safeler 9lad^brudE 1572 j^at ben bleibenb geworbenen 2^itel : De Theologo seu de ratione
36 studii theologici; e« ift in allen Slu«gaben einSanb in HeinDItab bon üWa 760 ©eilen.
93ejei4^nenb ift f(^on bie 2lnorbnung. 3)a« ganje erfte Su(^ öertoenbet A^W^^iw« auf bie
3)arftellung ber religiöfen unb loiffenfc^aftlic^^en 3Jorau«fe§ungen, o^ne beren SSorlj^anben^
fein e« feine be« 9?amen« toürbigen Sil^eologen giebt. 3)a« jloeitc Sud^ ^anbelt Don ber
ejegetifd^en 3:^eologie, Dom unerläßlichen ©tubium ber ^eil. ©d^rift unb Don bem®e»Dinn,
40 ben assidua et pertinax lectio sacrorum librorum DerJ^eißt. ^m brüten ^ni) Witt)
3)ogmatiI unb @t^il, beibe« in einem, Dorgefül^rt; l^ierm h)irb and) bie jlated^etil al«
j)o})ularifierte f^ftematifc^e Il^eologie gered^net. 3)a« toicptigfte aber ift ba« Dicrte S)uci>;
ber ^nf}alt ift für öltere ©tubierenbe, qui iam aliquod iudicium de doctrina reli-
gionis sunt adepti; i5^}>eriu« forbert für fie eine Steige Don 3)i«gij)linen, mit benen
45 nur jum Xeil bie H^eologie fic^ bi«]^er befd^äftigt ^atte; e« fmb folc^e, quae eomplec-
tuntur Ecclesiarum ngd^eig atque ad gubernationem ecclesiasticam animos
Informant, nämlid^ naii heutiger Terminologie: Äirc^engeft^it^te, Äird^enrec^t, ft^bernetil,
5PoimeniI, Siturgif. g« ift nid^t« ©eringere«, al« bie t^eoretifd;e 5}JraItif(^e Ideologie,
beren SSater loir in ,§^t)eriu« ^u erlennen l^aben. S)ic beiben fiateranf^noben Don 1179
60 unb 1215 J^atten im ^ntereffe be« Seid^tftu^l« 3Woral unb lanonifc^e« Siedet, toeil fie ad
curam animarum spectare noscuntur, al« gnl^alt einer Theologia practica (im
©egenfa^ jur Th. speculativa) unb al« Se^rauftrag für einen an ftat^ebralürc^en an-
uifteDenben iJel^rer geforbert. S)a6 ^^Jjeriu« ^ierDon beeinflußt loar, betoeift, obgleid^ er ben
vlamm Th. practica Dermeibet, fein Gitat jener ©^nobalbefd^lüffe ; allein nid;t eine ^laA)-
66a^mung t;aben mir Dor un«; toa« er forbert, ift au« ber Siebe jur eDangcIifd)en ÄirAe
unb au« bem 93erftänbni« i^er £eben«bebingungen geboren: er tüill ni(^t nur nü^lic^e
Äenntniffe benen, iueld^e gur gubernatio ecclesiastica bereinft hJürben berufen iuerben,
Derfc^affen (Dgl. ©c^leiermac^^er) er h)ill a\xd^ — unb ba« ift befonber« l^erDorju^eben —
bie Don ibm fo au«gefonberten 2)i«ai))linen al« I^eorie ber £eben«betl^ätigung ber Äird^e,
fio ber ®emeinbe, angefe^en toiffen (Dgl. 6. 3. 9li|f(^). 6« l;at freiließ faft breier 2ia^r*
$4V^tui$ 505
i^unbcrtc bcburft, h\^ bic ^^>raftifd;c 3:^coIoöic, \m fic ii^r ^rojjl^et §^J)criu^ flcfc^ciut, cr^
ftanb unb fid^ unter bcn t>on .«ptoperiu« geltenb gemachten ®eft(^t^t)unltcn ju entfalten
Uermo^te (bcjl. 6. e^r. Stc^eli«, fie^rbuc^ ber J)r. %f)^ [1898J I, 8 f.).
3)ic SBebeutung be^ §^J)eriu^ für bie ^omiletil bttvä)t auf feiner ®(^rift: De for-
mandis concionibus sacris seu de interpretatione scripturarum populari libri II 6
1553 (1 Slatt ajorlport unb 135 Slätter 2:e^); eine utoeite Sluggabe bon bot)i)eltem
Umfanfle (283 Slätter) folgte 1562. ajie Driginalbrudte beiber auflagen fmb anwerft
feiten; bagegen finbct man öfter einen Safeler SJac^brudt (1579 u. a.) ber Editio prin-
ceps, unb bie erweiterte 3luflagc ift burd^ ben älbbrudf bon §.8.3Bagm| 1781 belannt
getüorben. 2)ie bciben 3lu^aben unterfrf^eiben [\(S) bäburd^, bafe bie jh)eite befjer georbnet lo
unb im 2. Sud^ burd^ 8 RapM bermel^rt ift ; überbic^ giebt fie mel^r aufgeführte Seift>iele
unb belj^anbelt d(^aralteriftif(^erh)eife ba^ Genus didascalicum auf mel^r aU 200 ©eiten. @inc
Überfe^ung in^ granjöfifdiie ift 1563, eine folc^e in^ ßnglifc^e 1577 beröffentlid^t. 3)ie Editio
princeps l^at trc^ einiger logifd^er SKängel unberlennbare SSorjüge. Dbgleid^ $V^t)eriu^ bie
Seigre bon ber ^rebigt nid^t unter ben 2)i^|jij)linen ber })raftifd^en 2^beologie anführt, fie i6
bielme^r toie feine SJorganger ber ^^ilüfot)^ie ate befonbcre SÄntuenbung ber Sl^etori! ju*
hjeift, ift i^m bod^ ber 9lu^m unbeftritten, bafe er juerft bie ^rebigt au^ ben geffeln ber
Sl^etoril t)rimi))ieD[ befreit unb bie erfte ebangelifc^e ^omiletil geliefert ^at. ©d^pn ber SReben^
titel ift bejeic^nenb. @r h)ei^ bon einem ©egenfa^ ber forenjifc^en 3lebe unb ber ^re«
bigt ; bort ba^ gorum, ^icr Dei ecclesia, bort bie SRic^ter, ^^ler Congregatio creden- 20
tium ober electus populus Dei, bort ©treitberl^anblungen, l^ier Doctrina evangelii
mit i^rer reid^en Consolatio, lüobon bie Siebe ni^^tö h)ei|. ^tt>^ ^rebigt mu| auf ein^
ge^enber ß^^gefe ber l^eil. Sd^rift berufen, bie ^rojj^eten unb 3tt)oftel ftnb bie Sorbilber
aller ^rebigt. SDer materiale ^toci ber ^rebigt fei, ut ea promoveat, quae ad ho-
minum salutem et reconciliationem cum deo conducunt ; ben formalen 3^^* ^6
beftimmt er toie bie SR^etoril in docere, delectare, flectere. 2lud^ in ber S3eftimmung
ber Officia concionatoris fc^lie^t er fic^ ber Sl^etoril an; bie Dispositio, Elocutio,
Memoria ^abe man bon ben ällten )u lernen, in ber Pronunciatio ftd^ ber Sanbedfttte
unb bem ä?orbilb tüchtiger ^rebiger anjufd^lie^cn ; nur in ber Inventio, aber l^ier auc^
t)rinji))iell, Weicht bie §omiletif bon ber Sll^etoril ab. 3)er ^rebigtftoff, ba^ Quid ber ao
^rebigt, ift überall bie eine gro^e §au))tfad(^e ; mag §^t>eriu§ in formeller Se^iel^ung über
ba$ bon (Sra^mu^ in feinem Ecdesiastes (Segebene nid^t l^inau^e^en, fo übt bo^ jene
^erborl^cbung be^ ©toffe^ über bie gorm auf bie gefamte SJel^anblung ber ^rebigtle^re
be^ $^t)eriuö einen geftaltenben (Sinflufe au«. Über bie ^rebigtteile : Lectio Scr. s.,
Invocatio, Exordium, Propositio seu Divisio, Confirmatio, Confutatio, Con- 36
clusio giebt er Se^ren bon teitoeife bleibenbem SBert, er belianbelt fie jebod^ fo frei, ba^
er ni(^t nur tejttofe ^rebigten unb unter Umftänbeit ben SBegfall be« Exordium, ber
Propositio imb ber Conelusio geftattet, fonbern auc^, ed^t ebangelifd^, bie Confutatio
nur ate untergeorbnetcn Xeil ber Confirmatio h)ill bel^anbett toifjcn. äluc^ in ber Stuf^
ftettung ber Genera ber ^^Jrebigt berlä^t er bie Dreiteilung ber Sl^ctoril (Genus demon- 40
strativum, deliberativum, iudiciale), um, allerbingö in mec^anifc^ bud(^ftäbelnber
SUeife, aber bod; bon ebangelifd;en ©ebanfen getragen, in ben SBorten 2 li 3, 16 unb
di& 15, 4 bie fd(>riftmäfeigen Genera ju finben, ba^ öi6aoxaXix6v (doctrina), ba« ^hy-
Xix6v (redargutio) ba^ jiaidevTixöv (institutio), ba^ i:TavoQ§conx6v (correctio),
oa^ TiaQaxXYjTixov (consolatio), ju benen er bann nod^ ba^ Genus mixtum ^injufügt; 46
cbentuell h)iü er fie auc^ auf 3 Genera {yvo^arixov, ngaxnxov, 7iagaxXi]Ttx6v) rebus
jieren. 5Wad^bem ber ^rebiger ben 3^e^ nad^ ben l^ierbur^^ gegebenen ©eftc^tejjunlten be=
arbeitet hat, foH er axi'^ ben gefunbenen ®ebanfcn bie Materia utilis, facilis, necessaria
au^fonbern, unb fic aufö neue ertoägenb nad^ einem ber genannten Genera formieren.
©0 toirb c^ erreicht, ba^ jebe ^rebigt, aud^ bie tejtlofe, aU Iriterpretatio Scripturarum 60
popularis fid> barfteßt. — Seiber ift ber §omiletifer §VP^^iw^ ^^^ ^Jirojj^et geblieben, ben
feine ^6i nid;t bcrftanbeit ^at ; feine ©J)uren in ber nad;folgenben ©nttoidelung ber lutl^e*
rifd^cn ioie ba* reformierten ^kcbigtle^rc finb minimal; am meiften ^at fu^ il^m ber
refonniertc 2ubh)ig (Srociu^ in feinem Orator ecclesiasticus (Sremen 1624) ange-
fd;loffen, unb bie StuffteHung feiner fünf Genera bat bie lut^erif(^e ^omiletil übernommen, 66
inbem fie, j;uerft burc^ Sleb^an (Concionator 1625), ju bem belannten fünffad^en Ufu^
(didacticus, elenchticus, paedeuticus, epanorthoticus, paracleticus), ber baö3<^^*'
alter ber Crtl^oboirie bel^errfd^t, fie berh)enbete (bgl. CS. 6^r. äd^eli^, £el(^rb. b. t)r. 21^.^ 1, 634 f.).
3. 2Bir h)enben un^ ju ber Sebeutung beö ,^\}ptx\m auf t)raltif(^'fird(^lid^em ®ebiet.
9?adS; .§affencam})e Urteil (II, 453) lann er in biefcr 3eit (1542—1564) gerabe^u ald
50H $)|)ieriud $i|Vft{)artcr
ba^ Ociftigc .s^aupl bcr ^effifd^en iRird;c bctrad;tet tucrben. 3)urd) ba^ i^crtraucn bc^
iJanbgrafen ^^ilü)}) na^m er afö WW^ deputierter 1557 an bem ilonbente in granf=
fürt teil, 1561 finben tuir i^n in gleicber Sigenfd^aft ju SJaumburg unb Erfurt, 1558,
1561 unb 1562 toax er SRitglieb ber ©V'^oben in 3i^0C"^öi»^ w"^ Gaffel. Sr luurbc mit
6 ber SSifitation l^effifd^er Äird^cn unb ©(^ulcn, einmal focjar fämtlic^cr Äirc^en unb ©c^ulcn
in Reffen, betraut unb in allen Rotten t^eologifd^er ober firc^Iirf^er 2lrt ju "Slatc oepgcn.
Sein §au))th)erl auf ))raftifc^4ird^Iicl^em ©ebiete aber n>ar bie unter bcr üRitarbeit be^
SDlarburger ^rebigcrg Slilolau« SR^obingu^ bcrfafete erftc ^cffifc^e Sanbe^agenbc, bie nac^
J)ielfa(i(^en 2)urcl^beratungen nac^ bem lobe bc« §l9J)eriu§; im ^a^re 1566, beröffentlid^t
10 tüurbe. 2)a6 fte, toeil un})ra!tifci(^, bereite 1574 einer neuen 3lgcnbe $Ia| machte, ba^ fie
loeniger ein ÄirdS^enbud^, afö eine S[})oIogic be^ ^roteftanti^mu^ unb eme ^aftoralt^co^
logie JU nennen ift, toirb bem brängenben (Sinflufe be« Sanbgrafen jujufcbrciben fein;
gIei(i(^h)o^I ift bie ÄD. bon 1566 bie bleibenbe ©runblage beö ^effifc^en Äirc^entoefen^
unb ein treuer Spiegel bc^ gefamten ebangelifc^en S3eh)u^tfein^ ber ^cfftfc^en Äirc^e. in
16 jener 3^it. Untjerfennbar ift ber ß^aralter etoangelifcber Äat^olicität; bcrConsensus in bcr
Äird^e bon 3lnfang an toirb gegenüber bem Dissensus ^erborge^oben, au^ ber l^eil. Schrift
unb ben SSätem ft)irb nad^getoiefcn, bafe ,,in ber ©ubftanj unb SBcJen unb im ^unbament
JU atten ßeiten einerlei unb eine gleiche Se^re" getocfen fei. „^ielücil ben bie 9lugepur=
gifd^c ßonfeffton (bie variata bgl. §affencamp II, 520) au^ ber §. ©c^rifft gebogen unb
20 ber genfelid^ übereinftimmet fampt ben ©^mboli^, belennen toir un^ auc^ in aüm punften
gu berf eibigen". 2)ie Union^efinnung, bon bcr bie ÄO. getragen ift, toirb nid)t tjcrlcugnct
burd^ ben ftreng reformierten ßl^arafter, ber bcfonberö im erften ieil in bcr Seftimmung
über bie 2)iencr unb Stmtcr bcr Äirt^e ^erbortritt. gm ftrcngften Slnfci^lufe , an baö tocr=
meintlid^c SSerfaffung^cfc| bc« 9?2^ö. toerbcn brei Ordines maiores, bie ^imter bc^ 33i=
25 fc^of^ (ober ©uperintenbentcn), ba 3tltcftcn, bie teite am SBorte arbeiten, tcifö bie Äirc^c
bertoalten, unb bcr S)iaIonen (Slrmcnpfleger), nad^ bem Vorgang bonSu^cr unb (Saltoin,
aufgcfteHt; toie in ber „alten unb reinen" Äird^c toirb für alle brei Ämter bie Drbination
geforbert. 2)ic älteftcn unb 2)iatoncn, im 9?otfalle and) anberc cl^rbarc unb fromme
©cmcinbcglicber, l^abcn bei ber Slu^tcilung bcö l^eil. Slbcnbmal^te mitjutoirfen. Die Super-
80 intenbenten ^aben eine tocitgel^enbe bifd^öf lic^c 9?ollmad^t ; bie gefamte firc^lid^c SSertoal-
tung, bie gw^i^biftion unb g^fP^Won liegt in i^ren §änbcn, ebenjo bie Prüfung, Ctbi=
nation unb (gmcnnung ber $farrcr unb ber meiftcn nieberen Äird^cnbcamtcn. 2)ie ^ilclteftcn
l^aben, loic fc^on bie ^i^Ö^n^öi*^^ ^^i^d^^^jud^torbnung (1539) borfd^rcibt, bie 2tufficbt über
bie Pfarrer unb bie $flid(^t, fte gegen SSerlcumbungcn ju bcrtcibigcn; fie l^abcn bie c^rift=
86 lic^c Sc^rc JU förbcrn unb „neben unb mit ben 3)ienem bcö SBortc^ bie gemeine Scel=
forge unb ben §irtcnbicnft", foioic bie locitgc^enbc Äird^enjuc^t ju bertoaltcn, toäl^rcnb bie
SDialoncn ber mmen- unb Rranfenpflcge ft^ anjunc^mcn ^aben. — %ixx bie ®cfd(^id;tc
ber ftird^cnbcrfaffung ift bie ÄO. bon 1566 bon ^o^er Scbcutung; mu^tc fie aud) balb
einer praftifd^eren SO. in Reffen (1574) tocid^cn, fo ift fte boc^ grunblegenb für bie ®e=
40 ftaltung bc« ^effifc^en Äird^cnlocfen^ geblieben.
Sc^on 3B. Drt^ Hagt in feiner ©cbäd^tni^rcbc über mancherlei Slnfcinbungcn, bie
ßl^pcriuö erlitten; er berid^tet, bafe ber ©terbenbc mit banger Sorge in bie 3"f""ft ^^'^
Hird)c Reffen« gcfd^aut IJ^abe. $t;periu^ i^at [xd) nid(^t gctäufd^t. Äonfefrioncllc Seinen
erregten unb bcrftörten ba« lird^lid^c Scbcn. äuc^ bie Unibcrfität tuurbc babon ergriffen.
46 äl« bie ©crtnnung^gcnoffcn unb Sd^ütcr be« §V>Jcriu«, 2Ö. Drtl^ bereit« 1566, guftu«
SSultciu« 1575, ^cinric^ SSictor 1.576 geftorbcn loarcn, crfd(^ollcn bon einer 3Karburger
Äanjcl bie Streitprebigtcn be« 3lgibiu« §unniu«. In hisce turbulentissimis atque
perniciosissimis Ecclesiae Christi turbationibus atque distractionibus, um mit
gobanne« ^iftoriu« bon 5iibba ju rcben, tourbe bcr 9Jamc bc« ^icbcn«mannc« .^^^pcriu«
60 öcrgcffcn. (Srft in bcr jlDcitcn §älfte be« 19. ^iabr^unbert« toar c« ben arbeiten befonbere
bon %. ii. Steinme^cr unb SBill^clm 3Wangolb befc^ieben, ba«9lnbcnfcn bc« tocrbienfttooHen
^ll^eologen ju cmeuem. (5. (S^t. ^f^eltd.
.^iWoftafc |. 53b IV S. 37,L>iff.
.^t)pflftoricr. — ^-Bfll. iS. Ufimann, de Hyi>si8tAriis, .^cibclbevg 1823; Gull. Ii<">hiHer,
&6 de Hypsistariis, ^.Berlin 1824; bngcgeu Ullmaimin ben .^cibclb. 3at)rbüd)cvn 1824, ^l\\ 47;
9(ntiüort üon 93üt)mcr, (Sinicje ©emertnngcn u.f. lo., i')ambuvg 182G; G. Sdjüicr, 3)ie Selben
im bo«porQuifd)en JKeic^c unb bie ©enoffenfc^nften ber offlofifmi Ofov rijuamr ebenbafclbft,
in e©?l 1807. 200-22f) (bcf. 222 f.); g. Sumont, Cn)prtfto§, 53rü|fel 1897; f niirf) bie «Ir-
lifcl SReffüIioncr unb 5>ininiclanbetcr unb bie uor biefem ^(rtifcl angegebene ßitteratur.
^l|)ifi{)artft ^^fiad^ed 507
3n bcr :37'1 gcbaltctien iJcic^cnrcbc auf fcinm S?alcr fd^ilbcrt ©rcgor bon 9?a^ianj
eine ©eftc, bcr jener bor feinem Übertritt jum Sl^riftentum angel^ört l^atte (bgl. Oral.
18, 5. MSG 35, 990 ff.). S^re Se^re ftettt er aU ein ®emifc$ öon §eibcntum (cAAi;-
vixh jiXdvtj) unb ?[ubentum {vojutxi] TeQaxeia) bar. SSon jenem haben fte, unter Sier*
merfunö ber ©ötterbilber unb D^fer, bie reltgiöfc Serel^rung bon geuer unb Sid^t; bon 5
biefcm, unter IJerlberfung ber Seft^ncibung, bie ^eiligl^altung be^ ©abbat« unb gelpiffer
©peifegebote. ©ie beten nur ben SHImäc^tiöen an unb ^ei^en 'YmardQioL 9)lit biefem
.^. fmb bie bon ©regor bon 5Ki^fla (ctr. Eunom. 2 MSG 45, 482 ff.) fo genannten
'Ymcntavoi jebenfall« ibentifd^, bie ebenfalls nur einen ®ott anerlannten, i^n vynoxov
ober TiavxoxQdTOQa, nid^t aber jimiga nannten unb fi^ Atn baburd^ bon ben ßbriften lo
unterfd^ieben. 2)ie ©efte fd^eint fic^ über ÄatJjjabocien l^inau« nic^t berbreitet ju ^aben,
tbirb aud^ nac^ bem 4. gj^^^^wnbert nic^t Ibicbcr ertoäbnt. SBertoanbt mit i^r fmb bie
bon 6})ip^aniuö (haer. 80) gefd^ilberten Evtprjfxixai ober Maooahavoi (f. b. ä. 9Keffas
lianer) geloefen: benn aud^ fic hielten if)re ®otte§bienfte fiexä noXXtjg Xvyvnynag xal
<piox(jDv (haer. «80, 2), unb iübifd;er Einfluß ift bei i^nen tro$ be« ß^ji^j^aniu« gegen- 16
teiliger S3cmerfung unberfennbar. Sluc^ bie i%oo€ßeTg, beren ß^riff bon SUejanbrien
(de adorat. in spir. et ver. 3, MSG 68, 282), gebeult, gel^ören religion^efd^id^tlic^
in bie5Rä^e ber^^pfiftarier, unb bie abenbIänbifd(^en§immeIanbeter(f.b.2l.©bVIII©.84,r/i)
fmb nur eine tbeitere ©pielart, ol^ne bafe man bered^tigt toärc, Ibie SBetftein (Nov. Test. I
proll. 31. 38) getl^an ^at, auf Qj^entität ju erfennen. 8ei ber 2)ürftigleit ber über bieao
§. erl^altenen 5?a(^rid^ten ift nid^t gu bertounbem, bafe bie berfd(^icbenften Slnfid^ten über
bie 2lrt, toie fie im ^wffltnmen^^ang ber 9leIigion!^efd(^i(^tc unterjubringen fein möd^ten,
geäußert tborben finb. uUmann hielt fie für eine cHeltifd^e, gübifd^e« unb ^^Jerftjd^eö bereinigenbe
©elte, Ibä^renb Sommer fie afe einen Übeneft be« ©abäi^mu« (f. b. 21. ^ol^tl^eidmud) bc^
urteilte, ©(^ürer« unb ßumont« Unterfuc^ungen haben gezeigt, tbie berbreitet bie ^er^as
c^rung be« ^%dg Ih/noxog unb loie mannigfaltig bie ©inflüffe , getoefen finb, bie babei
mitgetbirlt ^abcn. ,,2)ie einl^eimifd^en SleKgionen bon Äleinafien, 2tg^t)ten, ©^rien, ^erftcn
^aben alle baju beigetragen ; ben ftärfften monotlieiftifd^en ®infd^Iag in ba« bunte ©eloebe
l^at aber bag Subentum geliefert" (©4^ürer 26. 25). ®. Ärftger.
$i>rlaitu« I. unb II. f. S3b VII ©. 467, 42 ff. unb 468, 58 ff. so
^^ftoi^V^^* — S3gl. ß^r. ^. g. fBalcft, de Hystaepe ciusque vaticiniis, in Commcn-
tationcs societ. scientt, öJöttingen 2, 1780, 1 — 18; 3rabriciu§*4>flrle8, Bibl. gracc. 1, .^am*
barg 1790. 108 f.; (ö. ^offmann in Grid) unb ©ruber« Mq, ena)fIop. 2. ©ett. 13. Söb,
i^clpjig 183G, 71 f. unb bie bort uevicid)netc Üitterntur; ®. e. g. Öüdfe, 5Bev|ud) einer uollft.
(Sinleitung in bie Cffcnb. beS 3d(). «, «onn 1848, 237—240; (g ^u^n, @inc jüvoaftrifcöe 36
'©dSfagimg in d)riftlicl)em ©eiranbc, in 5cftgru6 an SRiiboIf uon JWot^ ©tuttg. 1893, 217;
e. üc^ntann in ^. 3). Sftantcpie bc la 6auffa\)e'§ fie^tb. b. SHelirtionSgef^ic^tc 2', Sreiburg
1897, 156; 6. ©c^ürer. ®efd). b. jübift^cn 58oIfe« im 3eitalter (5t)riftl» 3, Scipjig 1808,
450-453. «gl. aud) ben 'Jlrtitel ©ibDOen.
Unter bem SRamen eine^ Jjerfifc^en SQSeifcn ,^^^fta«})e^ {'Yoxdojirjg, a\ii) Hystaspas, 40
— is, Hydaspes) Ibar bei ben ß^riftcn bcr erfteh J^a^r^unbertc eine ^rojj^ctifd^sajjolal^t)^
tifd^e ©d^rift berbreitet, in toeld^er man SBei^fagungen auf ß^riftum unb bie Sw^f""?*
feinet Sleid^e« ju finben glaubte, — eine^ jener J)feubet)igraj)^en 3Beiefagung^büd^er, iüic
fie bamate in fo großer 3^^' wnb in fo mannigfad^er ©eftalt crbid^tet unb ^u aj)oIogcs
tifc^en 3^cdEen benufet iburbcn. SBie man bielfad^ bie Diamen bon ^erfonen au^ bem 45
alten Sunbe gebrauste, um i^nen SBei^fagungen auf ß^riftum unb bie ßeit be^ neuen
Öunbe« in ben 9Kunb ju legen: fo fonnte in ber 5ßeriobe, loo bag 6l(iriftentum in bie
orientalifc^e unb occibentalij^e ^eibentbelt einbrang, berSerfu^ gemad^t toerben, enttoeber
mirllid^e ältere Slu^fprüc^e l^eibnifd^er Söeifen, ©e^er unb ©änger in c^riftlit^em ©inne
JU beuten ober auc^ angeblirf^e ^eibnifc^e $roj)J;ejeiungen auf baö ß^riftentum frei gu w
fom})oniercn, um auc^ in ben l^eibnifd^en Sieligionen unb Se^rf^ftemen 93orbereitungen
unb 2lnfnüvfung^})unfte für bie c^riftlic^e SQäahr^eit nac^julbeifen unb fo bem X^eologus
menon bon bem Xoyog ajieqfiaxixög einen fic^tbaren Slu^brud gu fd^ffen. 3)er um-
faffenbfte berartige 3Öerfud^ hegt unö bor in ben d^riftlid;en ©ib^Uinenbüd^ern (f. b. ä.),
bie bei ben 9li)oIogeten unb 93ätem be« 2.-4. ^al^r^unbert« eine fo gro^e 9loUe fj)ielen. 55
(Sin orientaIif4>e^ ©cgcnftüd baju fmb bie angeblichen SBei^fagungen be^ J)erfifc^en ober
mebifc^en SBeifen unb Äönig^ ^\)\ta^p^, bie bcnn and) auöbrüdlid(^ mit ben ©ib^Hinen
jufammengcfteÜt Serben: „Ibie jene an bie gried^ijc^e unb rijmifc^e 3DJanliI, |o fc^loffcn
bicfe an bie joroaftrifd(^e ^^roj)l(ietif unb Sfc^atologie mimetifc^ fiep an" (2üde).
508 $l|ftoiS)ied
2)ic crfte (SrtDäbnunQ bicfcr vaticinia Hystaspis finbct \xi) in ^mi Stellen ^uftin^,
Apolog. I, 20 unb 44. 3lad} ber erftcn ©teile toirb ber SUeltunterganö burc^ geuer
bon ^\^\ia^pt^ tok bon ber ©ibt^Ha borl^erflefagt. 3« ^^ jhjeiten ©teile bei^auj)tet ^uftin,
bie böfen 2)ämonen \)äiitn e^ in ber 3lbftd^t, um bie Sienfc^en bon ber ßrfenntni^ ber
6 2Baf)r^eit abjul^alten, bal^in gebrad^t, bafe baö Sefen ber ßißXoi 'Yordonov J) 2:ißvXXt]g
fj Twv 7iQo<pm<bv bei iobe^ftrafe berboten hjorben fei; bie ß^riften aber liefen fic^ ba^
burc^ nic^^t abpalten, nid^t blofe felbft o^ne gurtet jene S3ü(^er ^u lefen, fonbem aud; bie
Reiben ^u beren Betrachtung aufjuforbem. S)iefe ©teile (bgl. baju bie Semertungen bon
Slaranu^ a. I. unb SBalc^ a. a. D. ©. 7 ff.) giebt un^ jtoor leinen Stuffc^lu^ über ben S"J^<i^t/
10 Xoo)^l aber über bie Verbreitung unb bie S3ertfc^ä§ung be^ 8uc^e^ bei ben (Sl;riften be^
2. Igal^rl^unbertg. ©ttoa^ nähere SRac^rid^ten über ben ^nl^alt erl^alten \m burd^ (Slemcnö
bon 3llejanbrien (Strom. 6, 5, 43 p. 761 sq. Potter): jum S3eh)ei^, ba^ e^ auc^ ben
Äeiben an göttlicher Offenbarung unb SSor^erfagung ber 35j'^"f^ ^^^^ W^t lüerben bie
ßettenen ^ier f olgenbermafeen angerebet : hkßexe xai rag ^Utjvixdg ßißXovg, biiyvone
15 SißvXkaVf (bg di]Xol iva '&e6v xal rä ^eXXovxa laeo'&ai, xal xdv 'Y(ndo7ii]v Xa-
ßövteg dvdyvcore, xal evQTJaere TiokXoJ xr]lavye(neQOv xal oatpeoxsQov yeygaßi-
fiivov rov vldv rov '&eov, xal xa'&cbg Tragdra^iv Tioirjoovoi reo XqiotoI 7ioU,ol
ßaoileig fiiaovvreg atndv xal rovg (pegoviag xo Svo/Lia avxov xal xovg nioxovg
avxov xal xtjv vTiofiovriv xal xrjv Jiapovoiav avxov. Über 3*^^^'^ wnb 3wfö"^^<^'
ao ^ng biefer ©teile ftnb bie älnfid^ten t)erf(|ieben, toal^rfd^einlic^ aber citiert ßlemenö au^
einem un^ nic^t nä^er belannten 3(pocrVi)l^um ^auli ein bort bem 2t})oftel ^aulu^ in
ben 5Kunb gelegte^ SBort. 2Bären loir nun bered(^tigt, bie bon ßlemenö benu^te aj)ofrv=
pf}\](i)t ©c^^rift in ba^ erfte S^^^l^unbert gu fe^en, fo toürbe barau^ folgen, ba^ auci; bad
$^fta^^e«bud(i fb^teften^ biefer 3^t angel^bre. SDoc^ nötigt un^ nic^t^ ju biefer 3lnnal;me,
26 unb iDir l^aben überl;aut)t fein ®atum, ba^ für eine ältere ©ntftel^ung^jeit fpräd^c, al^
bie erfte §älfte be^ jloeiten gfl^^^wnbert«. gebenfaH^ fönnen toir Giemen« folgenbe SDaten
entnel^men: 1. e« gab im jtpeiten ^a^rl^unbert eine ßißXog 'EXXT]vixi], eine in griec^ifd^er
®})rad^e gefd&riebene, in c^riftlid^en h)ie ^eibnifc^en Greifen berbreitete ©d[;rift imter bem
Flamen 6 'Yoxdo7ii]g; 2. bie glj^riften fanben in berfelben noc^ beutlid^er afe in ben
80 bamit berloanbten ©ibt^Henbüc^em Sejjiej^ungen auf G^riftu« unb bie 3ufu^ft W^^^ Sleic^«,
befonber« auf bie ®otte«fo^nfd)aft G^rifti, auf bie 6l(irifto unb feinen ©laubigen bon
feiten ber SBelt unb il^rer §errfd^er nod^ beborfte^enben Äämj)fe, aber and) auf bie au^
^arrenbe ®ebulb ber 6l^riften unb bie Söieberlunft Gj^rifti. 3)er britte Äirc(jenf(^riftfteHer,
bei bem fic^ eine ©rtoäl^nung be« ^^fta^e« finbet, ift Sactanj (Instit. div. 7, 15, 19
36 unb 7, 18, 2—3 ed. Brandt p. 634. 640; Epit. 68 [73] p. 760). ^n ber erften
©teile ift ^. mit ber ©ib^He, in ben beiben anberen mit §erme« 2^ri«megifto« unb ber
©ib^He i^ufammen genannt. 3lad^ 7, 15 nämlid^ ^at §Vfta^e« cbenfo lüie bie ©ibi;lle
ben Untergang be« römifd^en 9leic(>eö })rot)^ejeit, unb jtoar in ber gorm eine« tounber^
baren Iraume^g, ber bon einem Änaben aufgelegt loirb. 9?ac^ cap. 18 finb e« bie bem
40 SBeltenbe borau^e^enben SDrangfale, bie ebenfo bon ben prophetae ex dei spiritu tbie
bon ben vates ex instinctu daemonum })rop^ejeit tborben: fo i)ab^ $l;ftaö})e« bie
iniquitas saeculi hujus extremi gefc^ilbert unb borau^efagt, h)ie eine ©(Reibung ber
kommen unb ©laubigen bon ben ©d^ulbigen gefc^e^en, ibie bie J^rommen mit Söeinen
unb ©eufiien il^re §änbe au^ftredten unb ben ©d^u^ 9iw>Ji^^^ aufleimen tberben (implo-
45 raturos fidem Jovis), unb h)ip bann S^iJiter auf bie 6rbe ^erabblirfen, baö ©c^reien
ber ^Kenfd^en ^ören unb bie ©ottlofen bertiigen iberbe. 2)ie« aUe« — fe^t i^actanj I^inju —
fei tba^, mit äu^nabme bc« einen fünfte«, ba^ §^ftaipe« bem ^wp'xUx (3cue) jufd^reibe,
toa« ©Ott t^un loirb. Slud^ nad; ber britten ©teile bei Sactanj [mh ^ efc^atologifc^e
ßrhjartungen, l^inficf^tlic^ beren eine Übereinftimmung be« ^t}^ta^pc^, öerme« unb ber
60 ©ib^He mit ber c^riftlic^en §offnung«lel^re bel^u})tet tbirb. 3lad) einem unbelannten Slutor
be« 5. Sabrliunbert« (xgrjojuol xcov iXlrjvtxcov i%cbv ed. Buresch, Klaros 1889,
87—126; bgl. ©. 95) l^anbelten bie Offenbarungen be« ,§. tzsqI xrjg xov acoxfjoog
ha V (fgcon tjaecog.
Über bie ^erfon be« ö^ftaejje«, bon loelc^em biefe aBeiöfagungcn ^errü^ren foHen,
66 ^aben ijuftin unb Giemen« fic^ nid^t au^gefproc^en ; nad) Sactanj (7, 15) toar er ein
uralter mebifc^er Äönig, ber nod) bor bem trojanifc^en Äriege lebte. 2i5al;rfd;einlid^ beult
Sactanj bierbei tro^ ber fonfufen (S^ronologie an ben betannten 35ater be« Äönig« 3)as
riu« I. S?on beffen 3öei«fagung«gabe ift nun jtoar ben älteren gried^ifd^en ^iftorilern
nicbtg befannt; tbobi aber tbeife 2lmmianu« SKarceHinu« (23, 6, 32—33) bieUeic^t au«
60 t)erfifc^>en dueßen, jener i^vfta«j)e«, rex prudentissimus, Darii pater, l^abe bei ben
$4{)adved dfabtit 50S)
93rad^mancn in ^nbicn bic ©cfc^c ber SciDcgunö bcr 2BcIt unb bcr ©cftimc unb reine
religiöse S3räu(i(^e (purosque sacrorum ritus) gelemt unb einige« t>a\>on ben tirH}^-
mif^en 3)lagiern mitgeteilt. 3lgatbia« aber, ber b^jantinifc^^e Oefd^id^t^fc^reiber be«
6. 3<^'^^"'^^^^/ ^^^^^ ^^^^^ ^\)\ia^pc^ aU ^titQcno^m be« ß^^*^^!^^'^/ ^^"^ entfc^^eiben
ju fücüm, ob er mit bem Sater be« S)ariu« ibentij^ ober öon i^m öerf(i(^ieben fei (bist. 6
2, 24, p. 117 ed. Niebuhr). Offenbar liegen hierbei bie J^erfifd^en ©agen bon bem
baftrifd^en Könige 33i«tä«})a, bem 3^i^0^"öR^ 3^^^^"!^^^^' ^ ®runbe; unb fo bürfen
toir tool(|I auc^ annehmen, bag jene angeblid^en vaticinia Hystaspis auf Stemini^jen^en
avLi ber ^jerfifd^en 3teIigion^ejc^i(^te unb sichre berufen. 3)ie fie^ren be« ^Parfi^mu« Don
bem großen Jtamjjfe jtoifd^en Ormujb unb äHj^riman, öon ben fd^toeren irangjalen ber lo
legten ^^xUn, bon ber förfd^einung be« ©ofiojd^ unb feinem taufenbjäl^rigen 9leid(^e, bon
bem großen SBeltbranbe unb bem fc^Ue^lid(^en gf^iebendreic^e Drmujbi^ (f. b. 21. „^arfi^
mud") mod^ten ioo^l einem ß^riften ber erften ^ö^^^^unberte afö ebenfobiele änllänge an
d^riftU(^e 'i^htm erfd^einen. ^kan \af} in ^oxoa\tn ober feinem g^itgenoffen 23iftä^5
§^fta«i)ag einen l^eibnifd^en $rot)^eten auf ß^riftum unb fud^te, h)a« [xd) bon foldpen is
<|riftli(^en Slnllängen im ^arfiömu« fanb, für at)ologetifd(^e 3^ede jufammenjufteffen. ©o
fjprad^ man bon einer 3lj)ofaI^t)fe 3«^^«^<*ft^^/ ""*^ angeblid^e ®el(ieimbüd^er So^oafter«
fanben [\d) bei ber gnoftifd^en ©efte ber ^robifianer (f. $amad, ©efd^. b. altc^riftlid(^en
fiitteratur 1, 1G3. 173. 662. 932). Äu^n bermutet in ben SKeiefagungen be« ^\)^a^e^
gerabeju ,,ein in gicmlic^ frü^e ^^\t jurücfge^enbe« 933erl mit bem nal^eliegenben ^to^i^, 20
unter ben i)on ^eüeniftifd^er Kultur beeinflußten ÜRajba^^niem für ba« aufftrebenbe
ß^riftentum Slnl^ängcr ju toerben". 2)ie toenigen ^lotijen, bie loir befifeen, reiben boc^
nic^t ^in, über Urfjjrung, 3"^^!*/ 5^^^"^ wnb lenbenj ber vaticinia ein ftd;ere« Urteil ju
getoinnen. Stud^ barüber läßt fic^ ©ic^ere« nic^^t auefagen, ob toir e« nic^t ettoa mit
einer urfprünglic^ jübijc^en ©(^rift ju t^un l^abcn. I)er Umftanb, baß bie ©c^rift fc^on 25
borjuftinifd^^ ift unb baß Sactanj au»brü(fli(^ ^erborlj^ebt, baß bie ©enbung be« ©o^ned
®otte« jum SBettgerid^t barin nic^t erh)ä^nt fei, fonnte barauf fc^ließen lafjen, unb bie
3&Qi}l be« ©otteönamen« 3^"^ entf})ri(^t ben litterarifdt^en ®eh)o^n^eiten be« ^eÖeniftifc^n
^ubentum« mcl^r aU bencn be« ßlj^riftentum« (©d^ürer 451 f.). Stnbererfeit« fe^en bie
angaben be« clementinifd^en 3lj)ofrV))l?um« unb be« änon^mu« rf^riftlic^en ßf^aralter borau«. ao
©dj^ürer bejeitigt bicfe ©c^toierigfeit burc^ bie 2(nnal|me, baß biefen beiben Slutoren ein
(briftUc^^ überarbeiteter lejt borgelegen ober baß fie burd^ dftriftlid^e 3nter})retation ettoa« au«
§. ^erauögelcfen l^abcn, \va^ nad} Sactanj nid^t barin geftanben l;at. Äeinenfatl« ift man
bei bem je^igen ©tanbc bcr ?frage beredt^tigt, mit ^arnad (a. a. D. 863) ju be^au))ten,
bic vaticinia Hystaspis feien eine jübifd^e ©d^rift gciucfen, bie bieHeidj^t d^riftlid^e ^w- 35
fäfjc crl^alten bat. («Jogenmonit f) ö>. Ärüger,
^ia\ f. Kain unb bic ftainiten.
^obiu. — iültevntuv: $>• ^toalb, ®efd)i(fttc bcö58ülfcS3övneI*II, 356f.; "?!. Äö^Icr,
üebrbHd) bcv biblifdjeii ö)eid)id)tc beö S!i% 11,1 (1884), 73-77 (ngl. I, 487f.); Hh Mittel,
(^ef(t)id)te ber .Ipcbväcv 1 (18^8). 278f. ; 3. ^>cni)au]eu, 3<JvQcIi!i|(t)e unb jüblfd)c ®efd)i*lc»40
(1807), 37; ir. 53ubbe, $>ie «iid)ev 9?i*ier unb ©amucl (1890), 66ff. 105f.; ^. ©ut^c,
(iJefd)i4te be^ SBolfcö Sövael (1899), 51 f.
Sabin ift im 2tX ber 5Wame eine^ lanaanitifd^cn Könige, ber bon ben 3^^«^^«^
befiegt tourbe, Der ^JJame felbft ift ju beurteilen unter SSergleid^ung bon D^p; unb fi''P.fr?
F^"?T)^ -^'^^T unb ^"«^"i'^»?, b. l}. bie ©otte^bejeid^^nung, bie urfjjrünglic^^ mit il^m ber- 45
bunbcn toar, ift loeggefaHen (bgl. ju 3air). 3)er Äönig lommt in gtoei erjäl[>lungen bor,
nämlid^ gof 11,1— 15 unb 9li 4, 1 ff. 3n ber erften toirb er ald Dberfonig über bie
lanaanitifc^en Äönigc bom ®cbirge 9lap^tt;ali an bi« ju ben Stb^ängen ber ©tabt S)or am
3)ieere bejcid(^nct 'ii. If. 10, feine ^auptftabt toar öajor (bgl. VI, 339). 3ofua foH i^n
md) äl 5. 7 bei bem „SKaffer 39ierom" gefdf^lagen l^abcn, richtiger bei bem „SBaffer bon 50
a){crom", luomit bic Duellen gemeint finb, bic bcnSJat^ füblic^ bon bem Orte Mörön in
510 3^btit 3^Moitd!t
Dbcröaliläa bilbcn (Don einem „©cc" 3)icrom ift nirgcnb^ bic Siebe ; boc^ i}at Josephus
Antiq. V, 1, 18 Brjgdy&rj ftatt 3)ierom). §ajor hjurbe erobert unb berbrannt, an bem
Äöniö 3- wi^b an ben (SiniPül(|nem ber Sann boUjogen. 3)ie ©rjä^Iung miß ^erüor=
^eben, toie bie 3JJa(i(^t ber Äanaaniter im 9?orben ^aläftina^ öebrod^en hjurbe, ganj \o
6 n)ie 3of 10 ba^ ©leid^e bon ben Äöniöen im ©üben ^aläftinaö mitteilt. 3" -^i ^ (^9^-
^f 8:5, 10) ift bie ®ejc|icl^te biefe^9i- "^ eigentümlicher 2öeife mit ber Grjä^lung über ben
Äampf Sarafö unb ber 3)ebora gegen ©ifera berbunben. Sifera h)irb äJ. 2. 7 (17) jum
gelb^aii))tmann be« Äönig^ ^, gemad^^t, hjä^renb im Siebe i?a}). 5 ©ifera jelbft Äijnig ift
unb Könige unter [xd) hat («. 28 ff. 93. 19). Slber auc^ in Äa}).4, 12—22 ift ©ifera
10 burdE^au^ bie §aut)tj)erfon ; t>on bem Äönig g. ift ntc^^t me^r bie SRebe, nur im Slnfang
ber CSr^ä^lung unb in ber rebaftioneHen SSemerfung J}. 17^ h)irb bie 5?erbinbung ber
beiben ^JJerfonen im Slugc bel^alten. SDarau« erfiel^t man, bafe nic^t bie ©e|d^i(^te %<^,
fonbem bie ©efc^id^te ©ifera^ ben ©runbftod öon SRi 4 bilbet. ^s^ bem beuterono=
miftifd^en Stammen 4,1—8. 23 f. l;eifet 3. Äönig öon iianaan; ba^ ift ein ungenauer
Slu^rud. 2)ie Söorte a^er^n*^ J^igcn, ba^ ^ fic^ um 3- ^önig bon «öajor ^anbelt,
lühjie 3of 11 fagt (bgl. 12,19). 2)arauf, ba| ber ©ieg über 3. gof 11 bon ^ojua, iHi4
bon Saraf unb ®ebora erjö^lt ibirb, ^at man btclfad^^ bie Ü)leinung gegrünbet, bafe e^
fic^ um itütx berfd^iebene Äönige gleid^en 5lameng l^anbele. 5leuerbing^ hjirb auc^ bie ans
bere Slnpd^t bertreten, bafe in beiben ©teilen biejelbe $erfon gemeint fei. "Slan mac^t auf bie
im S5ud(^c '^c\ua borliegenbe ©eftatt ber Überlieferung aufmerffam, nad} ber ^o^wa aU
20 ©roberer be^ SBeftjorbanlanbe^ überl^aui)t angefe^cn unb ate ^^rer aller ieraelitijd;en
©tämme im Äamjjfe gegen bie Äanaaniter gefd^ilbert toirb. 3)iefe 3)arftellung ift ge^
f^id(^tlirf^ nid^t ridE^tig, ^o\m Wax n\d)i mel^r al^ ber gül^rer be^ ©tamme^ S^f^l^b, be^
etgentlid(ien Jeraek. 3)al^er toirb man toeber bie Stampft im ©üben ^^l 10, 28 ff. noc^
ben Stampf im 9iorben ^of 11, 1—15 ^ofua beilegen bürfen. gn 9li 4 ift nod> bie
25©j)ur einer Überlieferung , erhalten, ba^ nac^ ^o\\xai ^dt gegen 3- Äijnig bon §a^orge=
Iämt)ft tüurbe, unb biefe Überlieferung iuirb in betreff ber ßeit bie richtige fein, ^ntt^t.
^abloni^ti, 3)aniel ßrnft, geft. 1741. — fiittevatut (ouficr ben Scl)iiftcn):
^iegler ©citvöge jur öltcrcn ®c[(^id)ic bc§ ®l)mnQriumd ju ü\']\a, Öiffa 1855; S'app, Samnu
lung uevtrnutcr Briefe be§ grci^errn ü. ficibniU, beö ©üfprebigerd gablonöti u. a., iicip^ig
30 1747; Öu()rQuer, ®. «J. 5rl)r. u. i^cibnil^, SBreölau 18^6, II, 177ff.; 'lßi(i)kx, Xie Ibcoloflie
bcö l'cibuit, '3)hind)cu 1869f. II, 503 ff.; Äuacala, günfjig !3af)re im pvcu6i{d)en^ofprebi9ers
bicufte, Torpat 18%, ^J?cue Seilrägc ^um ©riefwedjfel jiüijdjeu 3). (5. Sabloiivfi unb (M. 33.
yeibiül^, 3)oipat lb99; 91. ^ornocf, ®efd). b. f. ^reufe. ^Ifabeinic bev 'Äifionjdiafteu I, II,
Berlin 19U0. — Rc'lation des m^sure-s, qui fiirent priscs dans les annecs JTK) -171.'} iM>ur
vji iiitrcKluire la litiirgic Anglicainc daus lo royauino de IViisso, fionbon 17G0; »Socf, Ucbev bic
SJcreiniguug ber beiben proteftantifcften Äiivdjenpartoicn, ©erlin 1812; .Ipcriuij, (öe{d)id)lc bcv
firc^I. Unionöueriuc^e, Öcipjig 1838, II, 31 3 ff.; JKic^ter, ®efcftid)te ber eu. 5lird)env>erfaf)unrt
in 3)eutfcftlanb, üeipi^ig 1851; ©ranbeS, ®ef(^id)te ber tivcftlidjen ')^o\'\i\t bc^5 .^ai\\c^
©ranbcnburg, 1872, 1; SufaSjciuicj, '2)ic Slirdjen ber bü^mifc^en ©rüber in ÖJrüfepüleu,
iobeutfc^ uon gifcfter, ®räD 1877, ©. I82ff. ; SRitjd)!, (^cf^i^te beä^ ^Metiömu^^ III, ©oun
188(), 6. 302 ff.; erbmannöbörfcr, 2)eutfd)e ©efcftidjle 1648-174U, II. 1893.
3)aniel (Srnft 3i<^blonöfi, ein um 3Biffenjd;aft unb ^raji^ berbienter Äird>en=
mann an ber SBenbe be^ 17. jum 18. 3^^4w"bert^, hjar ju 3Jaf[en^uben bei SDan^ig
am 20. Jlobember 1660 geboren. 3ln biejer ©emeinbe, bie bamate ju ben QxyL-
45 lantengemeinben ber bö^mifc^en Srüberfirc^e gel^örte, ftanb ^ur ^cxt fein i^ater, ber
1670 afe preu^ifc^er §ofprebiger ju ü)temel berftorbene ^^Jeter ^igulu^, ©d;üler,
©d^JDiegerfol^n unb greunb be^ 21. Someniu« (f. b. ä. Sb IV, ©. 247), al^ Pfarrer, ßr
liatte in ber i^erbannung mit jenem latcinifc^cn feinen bö^mifc^en Familiennamen ^ab-
lon^fi bertaufc^t, ben aber ber ©o^n bei feiner Verheiratung (1688) tbieber annahm.
60 Sluf bem burd^ feinen ©rofebater 6omeniu^ berühmt getborbenen ©^mnafium m ^olnifc^=
fiiffa borgebilbet, ftubierte §abloneIi ate Sllumnu^ ber örüberunität ju grantfurt an ber
Ober unb Djforb, ibo für biefelbe ^eifteHen gegrünbet tbaren. 1683 au^ fönglanb
jurücfgete^t, hjurbe er fofort jum reformierten $rebiger in 3)lagbeburg befteHt, 1686
^4Jaftor ber polnifd(^en ©emeinbe unb Steltor be^ ©j^mnafium^ ju l^iffa; ber fec^fte 3tac^=
55 folger feinet ©ro^bater^ in biefem ämte, bad er fünf ^al}x lang befleibet ^at. 3lu(^ aU
l}oi}zx ©eifttid^er ber reformierten Äirc^e in ben preu^ifi^en l^anben, in toelc^e er 1691
burd) feine Berufung jum ^oforebiger in Königsberg übertrat, ^ielt er feine 3wgebi?rigfeit
j\ur Örüberunität feft unb folgte getreu ben ©puren feinet ©rofebaterS in bäterlid^er
Sorge um bic SM^'^^*"^^"- 3Jermi>ge feiuci^ großen (SinfluffeS am branbenburg=preufeif(^Kn
3^Uoitdtt 511
Äofe unb bcr burd; bcnfclbcn betoirllcu J)ülitifd;cn 3"^<^^^bcntion ift o^ t^m gelungen,
Si^a, baö ßenttum ber böl^mifc^cn 3)iafpora, j|h>eimal bor (Sinäfd^erunö er[t burd^ bic
©a^fen, bann burd; bie SRuffen ju betüaf^rcU; unb ebenjo ben bon ben })olnif(^en Sifc|öfen
geübten S^ilanen einen 3)amm gu jie^en, ber altcrbing^ ber attmä^Udben Überflutung atter
etKingcIifc^en (Semeinben in ^^Solen burd^ bie 2)rang)ale tti jejuitifc^en Slegimentö feinen 6
bauemben SBiberftanb leiften unb ©reuel tuie ba^ Slutbab in 3:^om (1724) nid^t auf-
halten lonnte. 3lod) rejultallojer berlief bie SBieberaufna^nic ber Iirc^>lt(^=politifc^>en Stftion
feine« ©ro^bater« gu ©unften ber ÖDangelifc^en m Ungarn unb bc« bortigen gürftem
^aufe« ber Stafocg^ gegenüber ben ©ebrüdungen Cfterreid^«, unb bic SSerbinbung mit bem
ungarifd(^en 3lbenteurer ßlement gebie^ il^m ju einer ä^nlid^en S3lo«ftcHung, h)ie \xt bem lo
(Someniu« au^ feinen 9e||ie^ungen }u ^rabif ern)ad^fen ti^ar. Erfolgreicher bagegen loarcn
feine unabläffigen Semül^ungen, für bie geleierten ©tubien feiner iungen ©lauben^genoffcn
SKittel an beutfcf^en, l;oUänbifc^en, englifd^en Uniöerfitäten ju befc^affen. äluf ber ©^nobc
ju Siffa 1699 hjurbc er bon ber Unität jum ©enior geh)ä^lt unb em^jfing il^re Sifd^ofd*
toci^e. ©0 toarb er ba« 3Jlittelglieb jloijd^en ber alten S3rübertirc^c unb tl^iem Bpxöi- 15
ling, ber §erml^uter Srübergemeinbe. 5Denn burc^ il^n Jourben am 1:3. 3Rärg 1735
2)amb ^Jitf^mann, jtoei ^a\)xc barauf auc^ ber ®raf 3inj^rt^orf fclbft ju Sifd^öfen ber
Srübergemeinbc gemeint, unb fo bie Kontinuität ber bifc^öflic^en ©ucceffion jtoifc^en t)er
Sl^nin unb ber fönfelin j^ergeftetlt. — &c\i)'\d)Üxd) bebeutfamer noc^> fmb freilid(^ bie
©i)uren beö SKirfen«, mit benen er fic^ in bie ©nttoidelung ber t)reu|if(i^en Sanbe^fird^e 20
einge^eid^net. 6« lag im ©eiftc^erbc feine« Sinnen ßomeniu«, tuie m feiner eigenen Ixxd)^
lid^en ^oppelfteQung unb tbeologifc^en ©runbanfc^auung begrünbet, hai bie ^^enbeng auf
SSereinigung ber ebangelifd(^en Denominationen, toelc^e feit ©igi«munb« Übertritt jur refor^
mierten fiird^e bem §o^engollem^ofe mit gefc^id^tlid^er ^Jlottoenbigleit eigen geworben toar,
in unb burc^ 3- ^^^c neue Öetebung, juglei^ aber auc^ lontrete ©eftalt unb t^eologif^e 25
gunbamentierung getoann. 2)ie ©ituation fc^ien einem tl^ätigen SSorge^en nic^t ungünftig.
S5ie am berliner, fo beftanb bie Unionötenbenj am ,§ofe ju $annober, ber burd^ bic
branbenburgifc^e Äurfürftin, nac^b^^Ö<^ Königin ©o^jl^^ie Gl^arlotte, mit icnem auf« engftc
berfnüjjft tuar. ©ie l^atte liier, auf einem burc^ bie ^clmftebter S^^^if^^ bereiteten 33obcn,
i^re bebeutcnbften Präger an ©. 333. ücibni^, ben ba« ©d(;eitern feiner SBerfud;e einer 30
(Sinigung ^mifc^en Äat^olifen unb ^roteftanten nic^t entmutigte, fonbern el^er barauf i^in«
toie«, fein ©eignen nac^ ber einen ß^riftenl^eit gunäc^ft auf bem engeren ©ebiet be«
^roteftanti«muö in 2Birtung umjufe^en, unb an bem Slbt bon fioffum, "JJtolanu«,
bem ©c^üler ßalijit«. 3lud; älnton Ulrid^ öon SJraunjc^ioeig, ber bem ©treit ber ©Dam
gclifd(|en f})ätcr in bie tatbolifd^e Kirche entrann, unb ber Jpof üon ©ot^a fameit bcit Se- 3-»
ftrebungen mit lebl^after ©Vm})atl;ie entgegen. ©0 fam e« ju ben Unton«bcrbanblungcn,
h)eld;e, geförbert namentlich} burcb bie preu^ifc^en ©taat«männer 3)anfelmann, Bpan-
beim unb J^uc^«, Dom ^abre 1697—1706 bie (Sr^ebung be« branbenburgifc^en Kur»
fürftentum« jur preu^ifc^en Konigefrone umgaben. 6« ioar gablonäti« äJcrbienft, ber m-
i^roifc^en (1093) al« §ofprebiger an Den ®om ju Scrlin Derfe^t tvax, bie präliminar» 40
gebankn, hjclc^e Seibni^ am 4. 3""i 1697 nacb Serlin übermittelte, unb toetc^e mit
burd^tDcg potitifd;er 2^cnbenj; bon bem ©eftcbt«punft ausgingen, bafe Siranbenburg, burc^
ben Übertritt Kurfacf^fen« jum ftatl^olici^mu« an bie ©pi^e ber beutjc^en 5ßroteftanten ge»
rüdt, biefelbcn in tompatter ©inl^eit l^inter fid; fammeln muffe, ma« minbeften« burd^
paf tierte 3)ulbung ^u gcjcbcbeu ^abc, bon bicfem politifc^en auf« Krc^lic^c unb tl^eologifc^c 45
©ebiet überjupflanjen. 2)a« gefd;a^ jd;on burc^ bic „turje äJorftcllung ber ©inigleit unb
be« Untcrjd^icbc« im ©laubcn bei ben ^rotcftierenben", mit melct^er er in Übereinftimmung
mit bem Äurfürften bie ßwf^'^itt ^on Seibni^ ertoiberte. ®er ©ebanfe blo|er 2)ulbung
ioirb erfe^t burd^ ben ber Union, meiere begrünbct auf ber SBal^r^eit, ba^ bie Se^runter»
[c^iebe ^^oifc^en ben beiben ebangelifc^en ^auptfonfeifionen nid^t funbamentaler 9latur 60
eien, unter greigebung ber gefcf^ic^tlic^ geworbenen SRiten unb 2eben«orbnungen bic ©emein»
ämfeit bon @ottc«bienft unb Slbcnbma^l prinzipiell aufrichtet unb bie trenncnbcn ■Kamen
ut^erifd(| unb reformiert in bem gemeinfamen be« ßbangclifc^en aufgebt, ben ba« Stcicl^
l:irc^enred^t bereit« barbot. 3- begegnete fic^ in biejen ©efic^tepuntten mit bem tapferen unb
reblic^en 3)Jolanu«, ber einerfeit« ben ©cbanlcn bloßer 3)ulbung mit ©ntrüftung abtoie«, 66
anbererfeit« ba« Union«merf ni^t blofe auf einzelne ^Territorien, jonbern auf bic ganje
äöcite ber Kirche au«gebe^nt »oiffen Iboßte unb unber^ol^len al« fein i^bcal bie §erftellung
eine« ens aggregatum unum bejeid(|nete, »oelc^e« al« una eademque sancta catho-
lica et apostolica eademque evangelica et reformata ecclesia fid; bar?iuftellen
l;abc. ©0 geigen bcuu bie (Srioibcnmgen ber Ji>annoberaner auf ij.« fur^e Ü^orftctlung eo
512 S^bloitdti
ein iDarntc» ©ntöcöcnfommen, folpo^l bic Scßutac^tunö bcrfclbcu burd; bic §clmftcbter
Ideologen, ate au^ bie Uon Seibni^ unb SWotanu« abgefaßte via ad pacem, ali and)
bie Scleu(^tung ber ©egcnjä^c betreffe bcr ^räbeftination^^ unb Mbcnbmafil^lcl^re, toeId[>e
Seibni^ unter bem %\kl tentamen irenicum abfaßte. Sin })erfönlic^e 3"fö^incntünftc
5 fnüt)ftc ftd^ ein lebl^after unb inf^altteid^er S3riefhJC(i(^feI gmifd^en ben leitenbeit unb na^e-
berhjanbtcn ©eiftem 3iöbIongfi unb Seibni^. ^eili(i(^ h)ar e^ ju ibeal gcbac^t, bafe man fof ort
and) auf bie ^ereinjiel^ung ber ©c^toeijer unb englänber tnö Union^h)erf fein Slugenmerl
rid^tete; unb biel fel^Ite, bafe auc^ nur in 3)eutfc^Ianb bie ©^m})at^ie aller fird^lic^^ be-
lebten Äreife mit ben 5}JIänen ber ^ö^t getuefen märe. Unter ber ^annotjerifc^en ©eift^
10 Hc^feit, hjelc^e unter ben mäd^tigen (linflüfjen ber ^elntftebter Theologen ftanb, mar bie
Stimmung eine borlüiegenb günftige; nic^t fo in ben branbenburgifc^en i^anben, too
felb[t bei ben Sieformierten 3<»bIongfi auf fel^r erl^ebli^^en SBiberftanb ftie^. 3lüe Unter-
i;anblungen mußten l^eimlic^ gefül^rt toerben; unb ber gro^e berliner 3:^eoIoge, ber für
ba$ t^atfäc^lic^e @ef(|ic^tli(i(^n)erben ber Union me^r gearbeitet ^at, al^ bie anDeren alle,
16 ^^- 3- Bpcn^, \m er fd^on 1686 in feinem trefflichen Sebenfen über bie ^Bereinigung
ber et)angelifcl^en S3elenntni«fir4>en (Il^eol. Siebenten IV, 489 ff.) gerabe 3)eutf erlaub j;ur
3eit ate ben ungünftigften ©oben für lonlrete Union^beftrebungen bejeid^net ^atte —
„tocil l^ier bic ©emüter burd^ tjiele ©treitfd[>riften unb anbere Unbitt gegen einanber giem-
lid^ Verbittert, in toelc^em 3"f^^"^ "'^* biel au^juric^ten" — l^ielt aud^ je^t in feinen
20 „reflexiones supra tentamen irenicum" feine Sebenfen gegen bic Sluöführbarfcit
nid^t jurüdE. 335ic red^t er gefe^en, jeigte balb genug ber Ü>erlauf be^ coUegium ehari-
tativum, toclc^c^ nad^ längerem Schlummer ber ^erlj^anblungen 1703 nac^ S3erlin 5u=
fammenberufen h)urbe, benfclben einen lebhaftem ©c^toung unb beftimmte ^kU ju geben,
©rf^on bafe man bei gufön^n^cnl^fcunö beefelben, gegen 3-^ 91«^ ©>)ener überging unb
2.-. ftatt feiner ben fd^^toad^liierjigen Sütttc ^cranjog, mar ein 3Rifegriff ; al^ ein Unl^eil
aber ertoie« fid^ bie Einberufung bc^ ©u))erintenbenten („^nfpettor^") IBinHer au^
3Kagbeburg ju ben SSer^anblungen. 3?erbroffen über ben langfamen Fortgang ber
®inge meinte biefer ben Änoten jer^auen ^u foüen, inbem er in einer 3)entf^rift ben
ili)nig ^riebrid^ I. aufforberte, feinen ©ummej)i^fopat aud^ in internis bcr Äird^e burc^-
:jo greifenb geltcnb ju mad^en : bic Union burc^ löniglid^en Sefe^l einjufü^rcn, bic biffcrentcn
SJiten ber bciben Äonfcffioncn ^u uniformieren unb bctrcffiS bcriöc^rc unter §crt)or{;cbung
bc^ 6tl|if(^en ein Minimum bc^ S)ogmatifc^>cn al^ gemeinfame Sc^morm fcft^ufteUcn. 3luf
bunfeln SSJcgcn lam biefe 2)enff(^rift an^ 2\ä)t unb mürbe unter bem 2:itel „arcanum
regium" ju granffurt beröffcntlid^t. ®aiS SHefultat mar eine allgemeine 2(ufrcgung,
86 U>cld]>c burc^ bie 3)e^at)ouierung feiten^ ber leitenben ^erfönlid^feitcn, mit bercn ©cbanfen
fic nid^t nur nid^t in .g^armonie, fonbcm im ©egenja^c ftanb, nic^t me^r bcfeitigt merbcn
fonnte. @inc 5}crfd;icbung bcr j)oliti|d^en Situation fam baju, unb, nad(^bem bcr ))reußifd^c
Äönig bereite im Sluguft 1706 feinen 2;^eotogen bic gortfül;rung ber Äorref})onbcnji
unterfagt t^atte, enbetc ba^ fo au^fid^t^rcit^ begonnene SBcrl mit ber ftriften Äabinet^^
ioorbrc bc^ Äurfürften ©corg Submig t)on ^annotjcr an fieibni^ Dom 15.9ioDcmber 1706:
„bon allem, ma« ba^ SSercinigung^negotium betreffe, l^infüro ju abftral^icren". S)ic er-
neute aufnähme be^felben, meiere mit bem 33riefme4>fet ^mifc^cn ben ©cnfer Ideologen
unb itönig JJricbric^ I. im grül^jal^r 1707 (abgebrudt bei ©ad, ©. 93 ff.) fid) an^u=
bahnen fd^ien, blieb ol^nc meitcre folgen. 9lod^ einmal fc^ienen fic^ günftigerc 3luefid^tcit
45 ju eröffnen, aU Slnfang 1716 bie @rflärung bei^ .t^annot)craner^ ©corg I., bafe er bei
feinem mit ber Sefteigung be^ britifc^en 3^^ronc^ toolljogcncn ©intritt in bie engtifc^c
Äird^e „bic Slcligion geänbert ju l^aben nid^t crad^tc", bic fanguinifd^cn .spoffnungen
Seibni^cn^ neu belebte, in ber englifc^en Äird^c ba^ ßinigungöbanb für bic ftonfcjfion^=
trennung in 3)eutjd(^lanb )u geminnen, unb afe faft gleichzeitig ^Jriebric^ Söill^elm I. Uon
60 ^reu^cn in feiner nüd^temen aKcife, mit Slbfid^t lebiglic^ auf ben Äirc^icnfricbcn in feinen
Staaten, bem UnioniSgebanlcn in einem ©efpräd^ mit g. nä^^cr trat. Slbcr aucf) bic^mal
gelang c^ nid^t, bic btg})araten 3lu^ang^})un!tc biö gur S}crfnüj)fung gu förbem. gmmer^
^in haben bic })raltifd;en ^IRifeerfolge mebcr bei 3- — bon beffen tiarer unb befonnencr
atuffaffung ber hrc^cnjjolitifd^en aufgäbe fein &tPo\6 für ben Äönig (bei Ät)a('ala, 9lcue
66 Beiträge ©. 142 ff.) eine ebenfo beutlit^e üBorftcllung giebt, mic fein fd(^on im 3- 1700
an 3)ia^cr in Hamburg mitgeteilte« ,,Sefcnntni«" (ebenba ©. 55) für bic clirli^c ^rift*
li(^c ©runbüberjeugung, auf ber bei i^m bie gefamte Slltion ftanb — nod^ bei Seibni^
bic Überzeugung crfc^üttem fömten, ba^ bcr Union^ebanfe früher ober \päUx burc^ feine
eigene innere Söa^r^eit unb cbangclifd^c 5RotmenbigIeit feine SJcrmirflic^ung burd^feteen
00 mcrbe. — SßJic in bicfcr, fo ^cißt fid^ auc^ in einer anbcren Slid^tung ber 3:^ätigleit 1^3
^bbttdK 513
bie 3:rabttion bcr bö^mifd^e« Äird^e mäc^tiQ, nämltc^ in ber 3:enbcnj auf ©rncuerung be«
(Spi^ldpaiÄ in bet ebongeltfci^en Jtird^e, mennfc^on feine ^ötigleit für birfelbe [xd) mdft
an bie böJ^mifd^en, fonbem an bie Sinric^tungen ber anglitoiifd^en Jttrd^e lel^nte. ^
ftönig f^ebrid^d 9{atureII lag aud^ für bief e Xenben) ein lei^t ju ertoectenber Slnlnüpfungd«
t)unft, unb bon il^m au« ßcfc^öl benn au^ ber erfte birefte gdbritt, nämli* oie ©r- 5
nennung bed reformierten unb lutl^erifc^en ^ofprebiger«, bie feiner Ärönuna in Äömg^berfl
afftftierten, ju Sifd^öfen unb ber Auftrag an ^., benfelben bie bifd^öflicpe SBeii^e ju er*
teilen. 3)aran Inii^jften ftd^ bie loeiteren Serl^anblunflen mit bem Srjbifc^of t)on ©anter*
burv, toeld^e, in i^rem erften ©tabium (bid 1704) auf« engfte mit ben Union^berj^anb«
lungen Deifloc^ten, jeittDeilia fogar bie $erü(ema|me ber onglitanifc^en fiiturgie mit ind lo
3(uge faxten, unb auc^ nad^ bem Scheitern bed Union^tDerted im ^oBre 1710 mit neuer
ßeb^ftigleit aufgenommen tourben. 3- hJ^r bie Seele aud^ biefer feerl^nblungen, toie
namentlich bad bon il^m abgefaßte projet pour introduire Tepiscopat dans les ^tats
du Roi de Prusse betoeift, ba^ er bem Äultudminifter (,,directeur des affaires
eccl^iastiques") 93aron $rin^ überreichte (abgebrudEt bei SRic^ter, @. 234 ff.). SSenn 15
ber fatl^olifdpe 6j)ifIo})at \xq auerbing^ mit ber fürftUc^en ©ouberönetät nid^t »ertrage, fo
gelte ba^ nid^t t)on ber ebangclifd^en ^\>ct be^Jelben, toelc^e e^er ber i^ebung fürftli^en
ainfel^en^ unb ber ^Jefkigung fürftlic^er Autorität biene, toofiix bie 3WaPäbe unb SSor«
bilber aud ber altteftamentlic^en unb ber ©efc^ic^te ber alten Jlird^e (namentlich unter
Äonftantin) gu entnel^men feien, ^m toefentlid^en l^anble e« fu^ in ber ©egentoart»
barum, bie bereit« Dorl^anbene SBürbe ber ®eneralfu))erintenbenten bifd^öflic^ ^n d^aralte«
rifieren unb il^re Sefugniffe in beftimmter Segrenjung fejtjuftellen. ©er toeltlic^e Äultu«-
bireftor toerbe auc^ bei Sinfül^rung ber bifd^öflid^en aSerfaffung immer feine nottoenbige
aSermittelung^ftelle jtoifd^en Sifd^öfen unb i^ron bel^alten muffen. 3wnö# fei bießin*
fül§>rung be« gi)iffot)atd auf bie reformierte Äird^e einjufc^ränlen ; „le reste sera une 26
suite naturelle de Tunion projett^ entre les ^glises protestantes''. älud^ biefe
aSer^nblungen fanben Won 1713 ein jö^e« ®nbe burd^ bie 3:^onbefteigung griebrid^
9Bil|^elmd I., beffen nüd9temer Sinn il^nen grünblic^ abgeneigt toar. — 3- Worein fe^r ge^
liebter unb toirlungöreic^er 5ßrebiger. 3)a« muft in ber getoinnenben SBürbe unb feel-
forgerifc^ 3:reue feiner ^e^önli^feit gelegen ffobm. ©eine 5ßrebigten, beren eine Steige 90
bon „S^l)m\>m" feit 1716 in Serlin gebrudtt toarb, bieten ni(^t« über bie ^At §ert>ors
ragenbe«, ftel^ öielme^r burc^ gefd^aubte 3)iftion unb gelehrte Überlabung l(|inter ber
einfad^en unb boc^ getoanbten Bpxad)^ feiner 3^'^' ^^^ Ortdgcnoffen ©})ener unb ^orft
merllic^ jurüdE, benen fie übrigeng in^altlid^ burc^ ©c^riftreid^tum, foioie burd^ bie ^er«
Dor^ebung be« 3"^ibibucllen unb ©tl^ifc^en im ß^riftentum näc^ftöertoanbt fmb. ©ie* 35
felbe Slid^tung bejeugen auc^ feine SSerfuc^e, bie bamald in ßnglanb auflomntenbe Stl^ifc^e
S3etoegung (Societies for the reformation of manners) al« ein ©urrogat ber ber«
follcnen tird^lid^en ©ittenjuc^t auf Deutfdbem SJoben einzubürgern, i^eröorragenber fmb
feine SSerbienfte um bie SBiffenfc^aft; aud^ biefe allerbing« mel^r anregenber unb förbem*
ber, al« j)robuftit)er 3lrt. ©4>on bom ®^mnafium j^er mit orientalifc^en ©tubien emfig 40
befc^äftigt, l^at er benfelben ein bleibenbe« 2)enfmal in feiner forgföltigen 3:e|tau«gabe be«
8I2:« (1699, 2. ai. 1772) gefegt, für ioelc^e er unter Sugrunbclegung be« ait^ia^fc^en
a:ejte« aufeer ben nam^afteften älteren 3)rudEen aud^ mel^^rere, namentlic^^ Serliner unb
3)effauer $anbfd^riften neu loHationiert l^at. 3)iefelbe ift bon bauember Sebeutung
namentlich baburd(^ getoorben, bag fte Don 3. ^. üRic^elii^ feiner belannten ^mmentar« 45
bibel JU ©runbe gelegt loorben ift. 3)urd^ feine gnteröention h)urbe ßifenmenger« ent-
becfte« 3ubcntum (f. 9b V, ©. 276,64) an« Sic^ geförbert; auf feine aSeranlaflung bie
99erliner 9lu«gabe be« bab^lonifd^en ^Imub gebructt %$on a})ologetifd^er 3)ebeutung
ift feine loteinifc^e Bearbeitung bon SSentle^« c^onfutation of atheisme (Berlin 1696);
bon lirc^enl^iftorifc^er 9Bid^tigteit feine historia consensus Sendomiriensis, Berol. so
1731, foh)ie bie 3i)enffc^rif t, toeld^e er unter bem3^itel: jura et libertates dissidentium
in regno Poloniae 1708 ju Berlin brudten lie^ ©ein 3"tereffe für bie gortbilbung
ber tlj^eologifc^en Äanbibaten legte bie erften ^unbamente ber ©inric^tung, au^ h>elc^er ba«
3)omfanbibatenftift ju Berlin ftd^ l^erau^ntloWelt f)at ©c^on im ga^re 1706 ^at bie
Uniberfität Djforb feine mannigfaltigen Berbienfte burcb Srteilung be« t^eologifc^en 55
3)oItorgrabeg geehrt; bai^eim tourbe er 1718 jum Äonftftorialrat, 1729 jum Äir^enrat
ernannt, auf eine im ®eft)räd^ jtoifc^cn i^m unb ber geiftboUcn Jürftin ©ot)^ie 6l^ar*
lotte gefallene Slnregung ber le^teren, toetc^e 3- ^^ 2eibni| übermittelte, gelj^t le^tlid^
auc^ bie ©tiftung ber Berliner afabemie ber SBJiffenfd^aften jurüdE; unb eg totrb nic^t
blü| bcr einfluft bon ßeibni^ getoefen fein, toelc^er in ben ©tiftung*ricf berfelben bom go
mol^dntrtnopmt far X^ologie unb tHxdtt, 8. a. Vill. 33
514 ^MotidK ^teii
11. 3uli 1700 jenen mcrftüürbigen ^HJafjuö gebracht ^at, bcr unter bie Dbjelte i^rer
Sefd^äftigung auä) bie SSerbreitung be^ d^riftli^en @[auben$ unb bte au^länbtfc^en ^tf-
fionen einreibt. 9?eben Seibni^ ate ^räfibenten fungierte bei ber Eröffnung biefer ge*
lehrten ©ocietät 3- <Jl^ SBijejjräftbent unb ®ireftor ber })^iIoIogif4^4iftorif(^en Älaffe ; fein
6 älterer Sruber ^o^^*«« 2^eobor g. (geb. 1654, ein $oI^I[>iftor, bon bem \mx ein ofl-
gemeine^ Sejifon ber Äünfte unb aBiffenfd^aften, 2. Slufl., Äönig^berg 1748, befi|en, unb
befjen 9tlabemieberi(^te an Seibni^ au« ben 9;ftl^ren 1700— 1715 91. §amad [33erltn 1897]
l^erau^gegeben f)at) toax jum ftänbigen ©ehetär befteHt. gm ^Qi)xz 1733 beftieg 2). S. 3
felbft ben ^räfibentenftui^l. 2öie er am itage ber Äönig^Irönung ^iebric^ I. ju Äönig^
loberg bie ^ycftjjrebigt im S)om ju 33erRn (über 5Pf 89,21f.) gehalten, fo h)ar e« bem
80 jährigen ©reife nod^ bergönnt, am 21. guK 1740 bie §ulbigungiJ})r^igt für ilönig
gfriebric^II. (über lRglO,9) ju galten, am 25.9Rail741 tft er geftorben. — SWic^t un^
rül^mlic^ fe^te, hjenigften« ingelei^erSejie^ung, 2). @. 3-^ Bof)x\, ^aul ßmft gö^Ion^fi,
bie Seftrebungen feine« SBaterig fort, ©cboren ju Serlin 1693 unb au« bem i^farramt in«
16 afabemifd^e Se^ramt übergetreten, ftarb er al« ^rofeffor ber ^l^ilologie unb 3)^eologie
ju granifurt a. D. 1757. 33on feinen ja^Ireid^en äb^anblungen jur alten (namentlid^
ägi)pti\d)m) ^lologie unb 9leligion«gefd9i4>te, jur biblifd^en ßjegefe unb Äird^engefcbid^^te
^at 3- ®- te SBater eine ©ammlung beranftaltet, hjeld^e in 4 Sönben ju Serben i804
bi« 1813 erfc^ienen, unb in beren Sonebe (I, p. VII sqq.) ba« biogra}3l(|ifc^c 3Rateria(
:o über il^n au«fü^rlicl^ mitgeteilt ift. ^ait( ^(einert.
3fac^iit ntib 9}oo« f. Xem))el.
3lacobenit« f. gafob bon 9Kie«.
SncoH Suftu« Subtoig, geft. 1888. — 3. Sacobi, D. 3. 2. Sacobi unb Me
Jßermiltelunflöl^eologie feiner Beit, ®üt!)a 1889.
26 D. 3wpw^ Subtoig 3öcobi tourbe am 12. 3luguft 1815 gu 33urg, in ber ^robin^
©a^fen, geboren. 9luf bem 3^^in^^tl^öW^ ®^mnaftum in Serlin legte er unter
HReinedfe« Seitung ben ®runb ju feiner tüchtigen })l[|ilologifc^en Silbung. SKit 19 ^af)xm
ging er nad) öafie, um Ideologie ju ftubieren; allein bereit« nac^ einem '^af^xt fiebelte
er tDieber nad^ Serlin über. §ier toie« \\^n äuguft 9leanber auf ba« ©tubium ber
£0 .ttird^engefd^ic^te unb jpg i^n balb in ben jüngeren 55teunbe«lrei«, toel^^er um ben geliebten
fie^rer [xd) fd^arte. SßJä^renb er bon bem frommen Soron b. Äottloi^ tiefgel^enbe Sln=
regungen für fein reltgiöfe« unb fittlic^i'«« i-'eben cnitjfing, beeinflußte Sleanber feinen tl^eo=
logifd^en Silbung«gang unb feine miffenfcfinftUd^c 'JJkt^obe. SSon i^m entnahm er bie
geidfinung bc« d^riftli^en Seben« unb ber (Jin^cI)ierfL>nti(iifcitcn in ber ©efd^id^te, tuä^renb
36 bie Seue^ung auf bie ©efamt^it, auf bie Äird^e, nie^r juntdtrat. 33on i^m entlelj^nte er
bie 3^eilung in ®ef(^i(^te, Seben, Scbre, 2.^erfaf|un^ bcr einjctuen 5ßerioben ; in ber S)ogmen'
gefc^id^te bie 3h)riteilung in bie mebi^ biogra^lnfc^e Sli^ierung unb in bie £el;rbegriffe.
6ine getoiffe Unüberficbtlic^feit unb 3l^ic>a!n>Iitngm finb hk unbermeiblic^en folgen. 2)er
gel^ler l^ing mit ber objeltibierenbm, inbiiubualificrcnbeii 93e^anblung be« Stoffe« ju-
40 fammen. ?0Jit bem Seigrer mtlxd) teilt ^acobx ba« teleologif(^e SRoment in ber ©efd^icbt«^
barfteHung : S)er 3Kenfd; ift SBcdtjeug in ber §anb eine« t)on 6h>igleit j^er leitenbcn ^at-
fd^luffe«. Unb biefc göttlid^e fieitung ^t in ber ßeit fieben, Äraft, nic^^t fie^re, in bie
SÖelt l^ineingegeben, um ein ®ott gemäße« Sieben ju erzeugen.
3m ©inne 9Jeanber« bejubelte 3flcobi bereit« 1842 bie Se^re be« ^^elagiu« (ein
46 Seitrag ^ur 3)ogmengef(^id^te, 2eit)^tg, %x. gleifd^er). ßr fteHt [xö^ barin auf 3luguftinu«
©tanb))unft, melc^r f>on ^aulu« bi« auf £utl(^ bie ©ünbe am tiefften erfaßt l^abe. %6n
unb über SJeanber« SBäeife ^inau«gel^enb, ift bie ßinbejiel^ung ber fulturl^iftorifc^^en ®e=
ricbt«punfte, toelc^e be« britifc^en HRönc^l« auftreten mitbeleuc^ten. „^elagiu« l^tte eine
aSJaffe in bie $anb genommen, beren jerftörenbe ©emalt er nic^t a^nte. SBir ^ben ge=
60 feben, \o'xc fte am Umftur) aQe« ^ofttiben im 6l[>riftentum i^re 3Rac^t erprobte unb tvcx
mbd)U be^aut)ten, baß bereit« alle SSäirhmgen berfelben erfc^öpft feien?" 2Rit biefer grage
fd;ließt ba« Suc^^.
einer Äontroberfe mit ß. ä. 2)aniel in ^aHe entfjjrang bie ©d^rift: Äird^lic^e
Se^re bon ber Xrabition unb ^eiligen ©d^rift in t^rer @nth)idEelung. 1. 9lbt. Serlin, bei
66 Süberi^ 47. 9Jad^bem im erften 2;eil ba« t^ufe^itifc^e 3*^tttergefd)öt)f ^loifc^ 93ibel unb
2;rabition, Jpeld^e« bie „Äontroberfen" SDaniet« an« 2id(^t gebradjft ^aUn, gebül^renb
beleuchtet ift, folgt eine fe^r grünblid^e SarfteQung ber Seigre bi« auf ev))rian unb
Drigene«.
Sntohi 515
3n bcmjclben 3öi&wl847 jum aufeerorbcntfid^en ^rofcjfor in Serlin ernannt, fd^rieb
er unter bcn SBirren ber 9let)oIutionö3eit fein „2ei;rbu(^ ber Äirc^cngefc^icl^te". 2lu« ber
9(rena ber ^ge^fragen flüchteten ftd^ bie einftc^t^t^oQen ^ocenten in bod Heiligtum ber
2Biffenf4aft, emtal^nten bie ©tubierenben jur Sefonnen^eit unb jum toeltübertoinbenben
'äKut. Äein ©eringerer ate Irenbelenburg f}ai bein jüngeren Äoffegen iamaU feine Älor- r,
l^eit unb 21^atfraft nat^gerül^mt. N^cps chg '^eov ä'^Xr^rng, — fo fc^Iofe 3ö<^*>^i b'<^
9?orrebe jum Sei^rbud^ (erfc^. Serlin 1850 bei Süberi^j). ®ie SSorjüge be^felben, bon
toelc^em leiber nur ber erfte leil erfd^ienen ift, befte^en bei affer Äürje be« ^anbbud^« in
ber grünblic^ften Queffenerfc^Iie^ung, öerbunben mit einer feinen Beobachtung ber äußeren
9?erl^ältniffe cbenfo loie ber inneren ß^aralterenttoidelung, gemeffen an ber einigen ßen^ lo
trale bon ©tinbe unb ®nabe. Stuf biefem ©oben ergebt ftc^ eine oft t)Iaftifc$e ©Ail-
berung ber einzelnen ^erfbnlic^feiten (bol. g. 93. bie be« Xertuffian) toie be« c^riftlicpen
Seben«. 2)a^ Gbriftentum ift nic^t ia^ ^robult geifiiger SRäc^te ber SSorjeit, h)ie l^eutc
affju einfeitig be9ai4)tet toirb, fonbem ein 35Junber, toelc^e^ mit fcl^öt)ferifcl^er unb Der*
jüngenber Äraft auf bie 5Kenfcl^^eit toirlt 15
3Rit Slcanber^ 1850 erfolgtem 2;obe ergab pd^ für bie ^jjietät feiner ©dbüler bieätuf«
gäbe, feinen Ktterarifc^en 5fla$la^ l[>erau§juaeben, — eine meift unbanfbare £iebe*=
t)fli(^t. Über ber §erau§gabe ber SDogmengefd^id^te (Serlin, SBieganb unb ©rieben 1857,
2 3:1^.), in beren Slnmerfungen Diel eigene 3"^^^^ f^^*» Uerfäumte ^acobx bie Bearbei-
tung be« jtoeiten 3:eite feiner Äirc^engefd^id^te. Süßere fieben^umflänbe famen ^inju. 3)er 20
5Winifter berief il^n 1851 auf ben Borfd^lag ber ^fultät an Sel^nertö ©tatt nac^ Äönig«*
berg. igier ertDedfte er nic^t nur ein regere« toiffenfc^aftlic^e« Seben, fonbem er na^m
aud^ an ben fird(^li(^en ^J^agen unb ben })raftifd^en Slufgaben ber ^aftoren in ber ^robinj
auf i^ren Äonferenjen lebl^aften Anteil. SlDerbing« geriet er babei fÄon l^ier in ©egenfa^
ju ber fonfeffioneffen Partei. — Älima unb Äranifl^eit im $aufe i^ie^en il[>n fe^nfüt^tig 25
nac^ $affe au«fc^auen. Wo burc^ 2:^110« 2:ob ber Se^rftu^l für Äirc^engefc^id^te erlebigt
toar. Ungeachtet ftarler ©egenminen, burd^ toelc^e bie ^engftenbergifc^e Partei feine 33e^
rufung ju öerl^inbem beftrebt toar, gelang e« namentlich bem ®eneralfut)crintenbenten
§offmann, ben Äönig ^ebric^ SBil^elm IV. für ben union^frcunblic^en Äönigeberger 2)o-
centen günftig ju ftimmen. 35urc^ einen 3j»nmebiatbefel^l an ben 9Kinifter bon Slaumer 90
erfolgte ber 3tuf nad^ ^aU^ 1855.
Sin biefem ^xd feiner SBünfc^e toar e« ^acoix vergönnt, ein HRenfc^enalter l^inburd^
DU birfen. Xeuer toar il^m bie ©emeinfc^aft ber älteren Äoffegen iboludt, 3Küffer,
6u})felb, JDeld^e er antraf. 9lid^t toeniger l^crjlid^ gcftalteten pd^ bie Regierungen ju
bem !5w9<^nbfreunb ©cblottmann unb ju Se^f^^lag, toelc^e bome^mlic^ auf feinen J^or= sr»
fd)lag berufen tourben. ^ad corpus academicum bilbete über^au))t ein gefd(^lo|fene«
©anje«, ungead(^tet ber ©elbftänbigfeit be« ßingelnen, toa« für bie 33oten ber ^^fultät
5. 8. in ber ©^boh)fd^en unb SiSemerfc^en Slngelegenl^eit in bie SBagfd^ale fällt, äte
langjäl^riger ^räfed ber ^rüfung^fommiffion für bie Äanbibaten unb auf bie JWec^te ber
galultöt an ba« erfte t^eologifc^e ßjamen eiferfüc^tig bebac^t, ^at er mand^en Sampf 40
mit ben firc^lic^en Bel^örben au^gefodfiten. 211« Vertreter ber SSermittelung^t^eologie unb
al« toarmer Sln^änger ber Union im ©inne ber älteren §affenfer JRid^tung fehlte c« nic^t
an 3lu«einanberfe^ungen mit ber fonfeffioneffen Partei, fpejieff ber ©nabauer Äonferenj;
bod^ i}at er ben toarmen, energifc^ d^riftlic^en ©eift ber ©egner anerfannt. ^fyn felbft
toar e« bergönnt, burcb bie ©rünbung be« ^aü^d^m 2)iafoniffenl^aufe« für bie ^robinj 45
©acMen in ©emeinfc^aft mit ber ^au Satin I^oludE fic^ j)raftifdt^ an bcn 2iebe«h)er!en
ber 5tird^e gu beteiligen.
SRac^bem er bereit« früher mit ben bon bem Herausgeber, bem Äarbinal ^ietra, bem
•Öilariu« bon ^oitier« jugefd^riebenen, bon i^m aber al« lateinifd^e Überfefeung ber Kommentare
be« 3^l^eobor bon 3Ro^fueftia erlannten ©c^riften eine glüdftid^e ©ntbeciung ^emac^t unb in «>
ber ®eutfd^. 3^f^^^- ^^^ ^854 fohjie in ^affefc^en Dfterjjrogrammen feinen gwnb ber«
öffentlid^t $atte; unb ebenfo gegen bie Seigre ber grtoingiten (SSerlin 2. 3lufl. 1868 bei
SBieganb unb ©rieben) eine nod^ jefet fe^r brauchbare SBiberlegung l^atte ^erauSgei^en
laffen: toibmete er feine Slufmerffamfeit al« Äirc^enl^iftorifer infonber^it ben aggrefftben
S3ehjegungen ber römifd^en Äurie, h>elc^e bon bemÄongil bon 1870 i^renSlnfang nal^men 66
unb im fogenannten Äulturlann^fe bie ebangelifd^ Äird^e unb 2:l(ieologie bebro^ten. gtir
ben bon SÖinbt^orft angegriffenen ^eunb trat er mit ber ©c^rif t „^rofeffor ©cblottmann,
2)ie $affefd^e JJalultät unb bie 6entrum«t)artei (2. berfd^ärfte aufläge bei ©trien, $affe
1882) ein. 311« e« fid; um ©rünbung einer freien fat^olifd^en Uniberfität ^anbelte, loarf er
feine ,,©trciflid;tcr auf Sieligion, 5ßolitiI unb Uniberfitäten ber 6entrum«J)artei" (ebb. 188:}) c/)
3:3*
516 ^coit d<ico)iotte ba tohi
unter bem berühmt gciüorbcnen 3Rotto: IIqoo^e Xewv, öm&evdk dgdxwv, jueooj]
iReben ber fd^arfen unb bmnod^ geredeten ^olemif bwd^tc bcr fiebcn^abcnb jtoci
fc^önc ©d^riften, in meieren er ben Sel^rern ber Swöcnb Äolth)i| (ebenb. 1882) unb
5 9leanber (in bemfelben ^oijxz a. a. D.) ein 3)entmal ber ^ietät \^k.
©eiber geel^ unb geliebt um feineiS cmften ß^ftentum^ bitten tjon ben ©einen
toie tjon einem großen ©^ülerlrei« ift er am 31. 9Wai 1888 nad) fc^toeren, ^elbenmütig
getragenen Seiben heimgegangen. 3acofit«
3^aco)lonc t>a lobt, geft. 1306. — O.ucllen: Liber conformitÄtum beö Bartholo-
10 niaeiis de Pisis ed. MedioloD, 1510 p. GOb, Laude di Frate Jacopone da Todi ed. Fran-
cesco Boiiaccorsi, Firenze Sept. 1490; Wadding, Annales Minorum ed. Rom. 1733, tom. V,
p. 407 ff., VI, P.77ff. — ^o^nite, Äirc^cn- unb littcrnrftiftorifdic ©tubien, Strolfunb 1825,
I, @. 335 ff.; Lisco, Stabat mater, ^^mnuS auf bic ©imetjen ber ^oria, Berlin 1843;
Daniel, Thesaurus hymnologicus, 1844, II, p. 131 ff.; ^one, fiatcinifcfte 4)t)nincn, 5rei*
15 bürg i. SJr. 1854, II, 147 ff. ; Ojanam, StalieuS granjlSfancrbicfttcr im 13. gaör^iunbert,
beutfdj uon SuHu«. SRünftcr 1853; ©öt|mcr, 9?omanif4c ©tubicn, @tra6burg I, 123 ff.;
®röbcr, 3citfct)r. f. rom. ^^ilologic, II, 25 ff.; ^cnrij X^obe, Sranj u. ^Ifpfi unb bic ^n«
fange ber 9?cnalffancc in Stallen, »crlln 1885, 408 ff.
1. ©ein lÖeben^gang. 3aco})one ftammte au^bem abeligen (Sefd^lec^te ber Se^
20 nebetti ober 33enebettoni unb ift um 1240 ju 2^obi geboren, ©ein eigentlid^er 9lame ift
bemnad^ ^acopo be Senebetti, Jacobus de Benedictis, ober 3flco})o ba 3:obt, Tuder-
tinus. ^er ^od^begabte Süngling toibmete fid^ ber 3uriö})rubenj unb arbeitete fic^ rato
in alle 3:eile be« bürgerlichen ^lecbtö ein, fo bafe er ben ®rab eine« 33oftor« beiber Slecpte
crtparb. daneben ^atte er eine (türmifd^e 3"Ö^^f ^^^ P^ i" 33ologna an ber ZaQt^-
26 orbnung Wax. 9la4bem er fic^ in feiner SSoterftabt aU 9ted^t«gelel^rter niebergelaffen
l^atte, gemann er rafc^ großen ^ulanl 3)a« 28eltglücf begünftigte i^n aud^ bann, ba^
er eine burc^ ©c^ön^eit, eble (Seburt unb 2ugenb au^gejeitpnete (Sattin — üermutlic^
au« feiner 35aterftabt — gewann. 3)oc^ mar bie Irunlen^eit ber SBelt toon lur^er 3)auer.
3m Saläre 1268 gefd^al^ e«, ba^ bie (Sema^lin be Senebetti« bei einem ©d^aufj)iele fid^
30 einfanb. 3!)a« ®erüft, auf meld^em bie SJamen fafeen, brad^ aufammen unb :3acojf>o«
©attin n>arb toon ben 3:rümmem getroffen, ©terbenb unb ber ^j)rad^e nid^t me^r fäj^ig
tourbe fie ^erDorgejogen, toö^renb ber (Satte otemlo« l^eranftürjte. SBie er nun bemüht
mar, i^r bie Äleiber ju lodEem, um i^r ba« atmen ^u erleid^tern, entbedfte er unter ben
})räc^tigen Äleibem ein l^ärene« ©etoanb, meldte« fie ju i^rer Äafteiung getragen ^atte,
36 o^ne ba^ er« al^nte. ©o ftarb fie unter feinen §änben. ?i^co})o mar mie toom ©d^lag
gerührt; er gitterte, mie er felbft berichtet, megen feine« toerlei^rten geben«; unb ber ©e^
banle übermältigte i^n, mie biefe« treue fromme ®eib in ber ©ttDe toor ©ott in fteter
33u^e gelebt unb nur il^m julieb an ben Suftbarleiten ber SBelt Slnteil genommen l^atte.
3acoj)o befc^lo^ auf alle« ju toerjic^ten, ma« il^m juöor grofe unb j^errlidf^ erfc^ienen mar.
40 9lad[! einigen iagen ber 83etäubung legte er feine ©efd^äfte nieber, verteilte feine J^abe
ben ätrmen unb trat unter bie Xertiorier be« ^an}i«tu« Don ätfftft ein. 2)er britte
Drben be« ^eil. granjic^Iu« (pQl 33b VI ©. 217,») liefe feinen SKitgliebem bie grofete
grei^eit, nac^ eigenem ©efd^madf Der SSJelt abjufterben unb G^rifto ju bienen. Sei ^a-
co))o aber mar« ein magrer ^anati«mu« ber 3ÜdU unb ©elbfttoerad^tung bi« gur äufeerften
46 ©ren^e menjc^lic^en Slnftanbe«. Qx moUte buc^ftäblic^en 6mft mad^en mit jener 3:^or-
beit, tjon mel4;er bie ©dj^ft 1 Äo 1, 20—29 rebet. (S« mar bie SWeaftion gegen feine
frühere SBeltfeligfeit. 3^^^^^^i^" öi"Ö ^^m Wann au« bem SJÖege, mand^e betreten über
ben SKet^fel fol^ glänjaiben Sofe«, anbere läd^elnb über feine munberlid^c 9larrl^eit. älber
menn er ein ©J)ott ber fieute unb ein ©l)iel ber Äinber mar unb fie il^n Sacojjone, ben
60 „großen gafob", ben Slarren nannten, fo redjinete er fid^ ben ©))ottnamen jur ßl^re an
unb bel^ielt i^n fernerhin bei. — ^d)n ^Qi}xt lang l^atte er fo gelebt, al« ein (Sefü^l
ber ©efa^ren biefe« toerleugnung«reid^en, aber bod^ jud^ts unb regellofen Seben« i^n nad^
einem fefteren J^alt fic^ umfe^en l^iefe. 6r Ho})fte 1278 an bie Älofter^jforten, um fi^rmlic^
in ben Sfjerbanb ber „SWinberen Srüber" aufgenommen ju merben. allein bie toerrüdften
56 ^anblungen 3aco})one« machten bie Oberen bebenllic^, ob fie bie $}erantmortung für ein
f olc^e« SWitglieb auf fic^ nehmen fönnten : fie toertröfteten il^n toon einem %aq ^um anbem.
Sa legte er ibnen, mie 3Babbing fic^ au«brüd(t, libellum brevemque commentarium
de mundi contemtu toor, morau« fie fid^ übergeugten, bafe fie e« mit einem geiftgefalbten
Änec^t ©otte« m t^un Ratten. 33ie alten Duellen t)ermuten, jener commentarius ^be
w in ben beiben ©efängen beftanben : Cur mundus militat unb Udite nova pazzia.
3^co)iotte ha Sobi 517
3n bcibm Stcbcrn tritt bic aSJdttocrac^tung in büftcm färben unb ßro^cr (gnctflic l^crtjor;
aber burc^ bie J^üIIe bc^ SDlönd^ebanfen^ brid^t ein geiftiöer ©(^toung, bcnt toir unfcre
t)one Setounberung toeil^cn. — Slud^ je^t nod) liefe 3laco})one nic^t toon feinem ejcentri^
fd^en ®efen. 3)oc^ toaren e^ nun toerfd^iebene Slic^tungen, toeld^e feinen Seift kräftiger
in Slnftoruc^ nahmen. 3Sor attem l^iefe er bie ^ffid^t miulommen, bie geringften älrbeiten 6
im ©eporfam audjufül^ren unb baburc^ feinen ^oc^mut ju beugen. Sobann reifte immer
t)otter feine Siebe ju bem §erm 3efu. SBaren auc^ mi nod^ bie 3^^^" berfelben oft*
mafö tounberlic^ genug, fo erfd^ien er ben milber 3)enfenben alg spiritu ebrius; unb
mochten anbere ed mand^mal nid^t faffen, h)ie er brausen in äßalb unb ^lur in ^eiliger
Snbrunft unb ^falmen fmgenb Säume umfdblang mit bem 9lufe: O Jesu dulcis, lo
o Jesu suavis, o Jesu amantissime! fo blid^t bod^ bie füfeefte unb ^eiligfte Raffung
bed ®emüt^ und entgegen aud jener d^afteriftifd^en ©efc^id^te, tpeld^e Sßabbing berid^tet:
rogatus aliquando a fratre quid adeo lacrymaretur, respondit, id se eo facere
quod amor non amaretur. ®ä^renb Qacojjone fid^ fo in bie 3:iefen c^fÜic^er Siebe
t)erfenfte, riffen i^n bie 3ritt)erl^ältniffe in ben gonjen Sturm be« })oKtifd^en Sebend hinein. 15
S)ie SBaJ^rJ^eitdliebe eine« 3Ranne«, toelc^er bi« je^t fc^on bie i^or^eiten ber SD5elt in
feinen Satiren gegeißelt l^atte, fonnte an ben SRifebräuc^en ber Äird^e nid^t ftitte toortiber^
gelten. Wandle« (Sebid^t bott bitteren 6mfte« l^at er in ben Sagen toon ^ojjft ßöleftin V.
1294 unb »onifaciu« VIII. 1294—1303 in bie SBelt gefd^Ieubert. ©a er ben le^teren
nic^t nur ))erföntid^ angriff, fonbem auc^ im 3Rai 1297 in ba« Sünbnid ber römifc^en 20
(Srofeeh eintrat, toelc^e bie älbfefeung be« ^atoftcd bejtoedften, geriet er in ben Jtird^enbann.
aw »onifaj VIII. bie Stabt $ränefte, too^in ftc^ bie SBerbünbeten geflüchtet l^atten, im
Sej)tember 1298 eroberte, ^atte aud^ %ta ^acopom feine Saft ju tragen. 6r tourbe in
ein fc^redflic^e« ®eft)a^rfam gebrad^t, too er mit Strirfen gebunben bei SBaffer unb ©rot
fein Seben frijtete. ®en „alten Sötoen" fonnte tool^I lein Seib treffen, ba« er fic^ nid^t 25
felbft getoünfd^t ^ätte; aber er trug bod^ mit ber Mi fd^toer baran. ßin eth)a« an*
\pxviißt>oü^ ©ebic^t an ben $a))ft l^atte leinen SrfoTg. äßeber ba« ^ubelja^r 1300 nod^
eine bemütigere ^oetifd^e (Eingabe mad^te SinbrudE auf ben garten 3)lann. ®rft ber %oi
bc« $aj)fted im Dftober 1303 brad^te bem bitter ©eftraften feine bürgerlid^e unb lird^^Kc^e
^reil^eit. Slm 23.3)ejember tourbe er bom ^a:p\i 93enebiftXI. lo^egeben unb öerbrac^te 30
nun feine lefeten ^a\)x^ im Älofter ju (Sottajone, toon Sel^nfud^t nadp feinem ^cttn toer*
je^rt, toon allen meit^in geachtet unb in ^enlic^er ^eunbfc^aft mit einem 33ruber ®ios
\>ann\ be älüemia befonberd t)erbunben, ber t|n au^ in feinen legten Stunben nod^ er«
quidfte. gn ber ^eil. 9lad^t be« ^a\^^ 1306 ift er entfd^Iafen. Sein eigene« Sieb : Oiesu
nostra fidanza War fein 3:roJt in biefen Stunben unb ba« le^te SBort feine« 5Kunbe« 35
lautete: „^n beine §änbe befel^le id^ meinen ®eift!"
2. Seine litterarifd^en ©rjeugniffe. lieffinnige Sentenjen be« c^rtoürbigen
*]Kanne« ^aben ftc^ im ^anji«fanerorben t)iele fortgeerbt. 3)a« frü^efte unb autl^entifc^e
3)enlmal berfelben ift in bem Liber conformitatum t)on 33art^olomäu« be ^ifa ju
finben. 3)ie in fe^r ungelünfteltem 9)fön4l«latein gegebenen 2luf jeid^nungen : quomodo 40
homo potest scire, quod sit in charitate? de humilitate, de triplici animae
statu u. bgl. erinnern Dielfad^ an ^oma« a 5tem))i«, tragen aber aud^ Dollftänbig ba«
®ej)räge be« ^anji«faner«. §aben folc^e 2Jlebitationen innerl^alb be« Drben« il^ren banfc
baren Soben gefunben, fo finb feine ^oeften m einem toiel größeren Ärei« toon Sere^rem
toorgebrungen. 2laco^one bic^tete in italienifcper unb lateinifAer S^rac^e. 3)ie toerfd^ie« 46
benen Sammlungen entl^alten mebr ober toeniger italienifd^e^oefien; bie Florentiner toon
Sonaccorft 1490 giebt 100, bie Senetianifd^e t)on Ireffati 1614 giebt ni^t toeniger al«
211: Satiren, Oben, Sufeefänge, geiftlic^e Siebe«lieber u. bgl. 3n einer Sleil^e biefer
®ebid^te toertieft er ftd^ in bie ^fragen d^riftlid^er ^RttopMt unb ftettt fid^ al« ai^ftifer
in ®egenfafe m ber ariftotelifc^en Sß^ilofo))l^ie unb ber fdjolaftifc^en ll^eologie: „bie ed^te w
SD5ei«^eit belehrt bie 9)Jenfc^en burt^ bie Siebe. — 3h>ei ^lügel l^at bie Seele, p^ ju
®ott gu ergeben : bie (ginfalt be« ^erjen« unb bie SReinbett be« Serftanbe«". So feiert
er benn balb ben erhabenen Sc^toung ber Seele m ®ott unb il^re Sermäblung mit ber
göttlid^en Siebe, balb erjäl^lt er toertraulid^ ben mmp^ ^toifd^en bem bußfertigen ®eifte
unb bem fid^ unter ber Sflutl^e bäumenben Seib, balb fc^tlbert er ftnnreid^ ben Sd^murf 55
ber Seele bei ben geften be« ^arabiefe«. ^n anberen ®ebid^ten geißelt er mit l^eiligem
@mft unb l^öd^ftem fittlic^en 5Pat^o« bie Stäben ber ^Ai : bie ®etoo^n^eiten be« SoH«,
bie ÜW)igIeit ber ^auen, bie ®eltförmigfeit ber 9lonnen, ba« älntid^riftentum, hjelc^e«
ftc^ felbft auf ben j)ät)ftlic^en Stul^l gefd^toungen batte. ^n einer britten Sleil^e enblid^
bid^tet er ®efänge für bo« 3SolI, um e« in ba« Seben 3efu an ben l^ol^cn ^eften einju- eo
518 3^co)iottc ha Xobt
fül^reu uiib fic ba^ I;eiliöc Ücbcn nad; ß^rifti SRegel ju Ic^rcii. .s^icr lüirb er mit bcn
©eringen gering unb lel^rt fic in Bptüd^m unb Megorien bic J^immlijc^c SBei^l^dt. „Seme
au^ bcm ©taub ben (Sbclftcin jiel^cn, ani bcm 9Jarren bie Sfeciöl^eit, au^ bcn I)omcn
bic SRofc." 3lm l^öd^ftcn feiert er bie älrmut, j. 33. in bcm Siebe: Dolce amor di po-
6 vertäte quanto ti deggiamo amare! SKan fielet, toie l^ier bie bibaftijc^c ^oefie in bic
crl^abcnc £^ril jurücfgreift, Ipclc^c am l^öc^ften in bcm auc^ bcm l^eiligen ^an^i^tu^ ju-
gcfd()riebencn Siebe l^crau^tritt : In foco amor mi mise — „in ®Iut mic^ Siebe fenfte".
©ine ganj anbere ©eitc ber Betrachtung bieten bic lateinifd^en ®cfänge, toclc^c unter
3aco})onc^ 9Jamcn auf und gefommen finb. 3)ie %xaqc ber Slutl^cntic ift eine l)icl
lü jd^toicrigere, afö bei ben ©ebid^ten in ber SBoß^rad^e; fiefinben fic^ nic^t in benSamm^
iungen feiner Laude unb Gantichi tmb teilen barum bad ©d^idtfal fo t^ielcr mittclaltcr:;
lieber §^mncn, . t)ielen 38ätem fritiHod jugcfd^rieben ju toerben. äbgefc^cn toon Cur
mundus militat (S)aniel thesaurus hymnol. 2, 379) ift cd tvefcntlid^ bie bcrül^mtc
©equenj: Stabat mater dolorosa, toelc^e l^ier in 93etra(l^t lommt unb neben meld^cr
16 bic §anbf(^riften bie fü^efte ^arobic entölten, bie cd geben tann: Stabat mater spe-
ciosa juxta foenum gaudiosa, dum jacebat parvulus (t>gl. Ozanam I.e. 2 10 ff.).
Unfer Sieb, meift überfc^rieben Oratio de compassione beatae Mariae virginis, ift
jebenfalld im grangidfanerorben ju J^aufe, toorauf tool^l aud^ bic ©teile beutet: fac me
plagis vulnerari, cruee fac inebriari. Über ben Url^eber ber ©cquenj aber giebt cd
20 eine Slcil^c öon Vermutungen. Sid auf ®regor bcn ©rofecn ^aben pe jurüdtgcgriffcn,
toaä leiner SDäiberlegung tvert ift; Seml^arb mürbe l^crangejogen, o^nc 3ln^altdj)unftc ;
aber aud; bic bei 50lonc a. a. D. unb Rod), itird^enlicb, 3. Slup., ©. 133, audgefprod^cnc
8c^auj)tung, ba^ ^nnoccnj III. ber eigentliche 3)i(i^tcr fei, ^at bid jeftt leine Scgrünbung.
2)ic 3lngabc bed 1758 gcftorbcnen ^Q!p\M Senebitt XIV. (de festis D. N. Jesu
26 Christi etc., ©. 192) bat nur bcn ®crt einer S5e]^auj)tung. SlDerbingd ift bad Sieb in
ben .^anbfd^riftcn bed 14. unb 15. ?i<^^'^unbcrt^ anonym; bagegen jiclt bic einheitliche
2^rabition bc^ g^anjidfanerorbcnö auf göco^jone, ^u meld^cm fie auc^ nac^ i^rem ganzen
3nl^altc ba^t. 3Ran toirb alfo, e^c fidlere 9Jac^h)cife für einen anbcrcn 33ic^ter cin^efü^rt
ipcrbcn, bei 3i<ico})one be^ancn lönnen. — 3)ie erfte ^iftorijd^e SBirIfamIcit l^at bic ©c=
30 qucnj im 3Kunbc ber ©eitler beriefen, meldte 1398 Litauen burc^jogen unb nad^ ber
Summa historialis bed Antoninus Floren tinus (f 1450) hymnos in latina vel
vulgari lingua fangen, praecipue sequentiam illam, quam dicunt Gregorium
edidisse: Stabat mater dolorosa. 6benfo berid^ten ®etmar t)on Sübedt unb ©corg
©tetta (t 1420) in feinen ännalen.
85 ©d^on im U.S^I^r^unbert toar inbcffen bic©cqucng ebenfo im lirc^lid^cn ©ebrauc^c,
iüic fic in aufeerlird^Iid^en Äreifen beliebt toar. SSon beutfc^cn Überfe^ungen finbet fic^;
m berfclbcn 3eit bereit« toor bie be« ©al^burgcr SWönd^« gtoifc^en 1366—1396: „SWaria
ftunb in ftoinoen fmerjen"; bann folgt eme um bie anbere, j. 33. in bcm beutfc^cn ©c-
fangbüd^lcin Salus animae, 9lümbergl503: „bicSJluter ftanb DoQ Ic^b unb fc^merjcn'',
40 toelc^c Überfd^ung an einem uralten Sl^orjtul^I ber ^engott^ürc^c ui (Ercglingcn im toürt^
tembergif d^en §ranlenlanbe fid^ cbenfaB« finbet. Siöco gä^Itc im ^a\)xt 1843 nid^t toc-
niger d« 83 beutfc^c Übertragungen auf. — ßbenfo energifd^ ^at fic^ aud^ bic mufila-
lif^c älrbeit bcm gefeierten Siebe jugctoenbct. „9?ac^ toelAer 9Relobic cinft bic ©ci^ck
brübcrfd^aft c« gefungen, ift nid^t belannt. 3)ic einfad^fte Äom^)ofition ift unfcrc^ aKifjen«
46 bic toon 3. 33.9(anini um 1620. ©rofeartiger angelegt unb nid^t nur bie erfte bebcutcnbc
Äomjjofition biefe« 3:cjte«, fonbem and) bie fc^önfte, toclc^c überl^auj)t batjon ejifticrt, ift
bic tjon ^alcftrina. 3lllgemein belannt ift bie toon ^ergolefe um 1736 für jtoci tociblic^^c
Stimmen mit 93egleitung be« ©treic^quartett« gefd^riebene, in toeld()cr aber bic 3Bcic^l^eit
bc« XcEtc« an mand^cn ©teilen jur mobem itolienifd^cn 933eic^Iic^Ieit getoorben ift. 3)ic
60 merttoürbtgc ©efd()ic^tc ber ßntfte^ung bicfer SWufil ift in Sll^cintoalb« iHcpertorium 1843,
©. 191, criä^It (t)gl. auc^ SDaniel a. a. 0.). 9Iid^t minber romantifc^, nur Diel bunfler,
ift bie ©cfc^idbte eine« anbcm Jtonü^oniften Don Stabat mater, @manucl 9lftorga, um
1700 (tjgl. SticI^I, aRufrf. (S^ara!terfö})fe I, 20). ©ein noc^ nid^t fel^r lange bcfanntc«
SBerf ift an ©cift unb liefe bebeutenber, al« ba« öon $ergolejc. — Um tocrfd^iebenc
66 anbere Bearbeitungen — öon SSocd^erini, 9leufomm, ©tunjenl^afen — ju übergeben, cr-
toöi^ncn toir nur noc^, bafe aud^ 3ofef ^a^bn ein Stabat mater gefc^ricbcn, ba« aber
tief unter feinen „©icbcn SBorten" fteJ^t, unb ba^ fogar Sloffmi bcn ftraftoürbigcn ginfall
gc^wbt j^at, gu biefem legt eine 3Kufif ju fd^rciben, bie bemfelbcn gerabc fo anfte^t, toic
toenn ein ^JKaler bic mater dolorosa unter bem Äreuj in einem ^arifer .^offoftüm bar=
60 ftcOcn toürbe'' (^Imer 1861 im 9lrtife( Stabat ber erften 9(uf(agc).
^co)iotte ba Sobi ^gb iri ben ^eiraertt 519
%xix bic j)toteftantifc^c Sctrad^tunö fällt btc aBütbigung biefer ©cquen^ nad) jtpci
®cfMi^t«))un!tcn au^einanber. gaffen toir fie oI« Äird^enlieb, toie fic benn frül^e ein 33c«
ftanbteU be^ römifc^en Slituotö gctoorben ift; fo ift fte auöfd^Keyici^e« (gtöentuni ber rö*
mifd^en Äirc^e, ba^ toir nid^t einmal in einer burd^reifenben SSearbeitung ju einem Sc*
ftanbteile unfere« geiftlid^en 93oIf^efanae^ erl^eben toerben. ,;©elbft tomn bie änrufung 6
ber 9Raria al« fons amoris in eine Anrufung be^ aJlarienfol^ne« umgetoanbelt toirb, ift
iodf bie anbackt in biefem Siebe jtoi|ci^en äRutter unb ©ol^n in einer SDäeife geteilt, bie
ein })roteftantif4e« ®emüt niemals ertragen toirb". ©einen Urf})rung au^ bem ^^talter
be^ blü^enbften 3RarienfuItu« toirb e^ nie ganj t)erleugnen. — Seiten toir aber Dom
äftl^etifd^en ©tanb})un!t an bie ©equenj Ij^eran, fo bietet fie einen tiefen unb innigen ®c^ lo
nu|. „9Ba« bie ©d^rift nad^ il^rer fc^Iid^ten 3lrt burd^ bie einfache Semertung 3o 19, 25
me^r anbeutet aU befc^reibt: „e^ ftanb unter bem itreuje 3^f« l^ne aJlutter" — ba^
malt bie anbäd^tig enegte, bon SKitgeftil^l belebte ^l^antafte in unferem Siebe au^. Bpäin
toirb ba« 5Kitgefü^l jur älnrufung: im erften 3:eil füi^lt ber 3)id^ter menfd^lid^ mit 3Karia,
im anbem fou fie i^n göttlid^ füllten lehren. 3)er bid^terifd^e ®eift l^ölt jeboc^ 3Rafe ; er i6
l^t nid^t« fcanfl^afte^ gugelaffen. 3)aju lommt ber fd^öne S3au ber ©troj)^e unb biefe
muftfalifd^en, toolltönenben, jum leil leoninifd^en 9leime, bie man gar nic^t anber« fj)red^
fann, ate im Ion eine^ tiefen Älaggefonge^". ©o bleibt aud^ für un« ba^ Stabat mater
eine $erle unter ben §V"^nen be^ SKittelalterö, toelc^er nur ba« Dies irae an bie ©eite
ju ftellen ift ; ja aud^ bie beutfc^e S^W ^irb in bem aSerfud^e nic^t ablaffen, 3iöco))onc« ao
3)i4tung bem beutfc^en ©emüte nQi)^ ju bringen. (SRiii^arb Saiismontit) @* 2tmpp.
Sfacgcr, 3fo^aiiii (groht« »iiiJeoniiÄ) f. »b V ©. 432,42—433,4.
3ael f ajebora^ 33b IV ©. 525, 21—30.
^agb Jet ben Hebräern. — ßittcratuv: »gl. blc \)crfd)iebenen ^anbbb. bei Wr*
cbäoloflic unb bie ©ibchoörtevbb. Uebcr Sagbtoilb oql. Bochart, Hierozoicon I bcf. 851 biö 36
769; H. B. Tristram, the natural history of tlie Bible, Sonbon 1873; J. G. Wood, Wild
animals of the Bible, Sonbon 1887; gr. ^ommel, 3)ic iRamcn ber Säugetiere bei ben fub«
fcmitlftften SSölfcrn, Seipjig 1879; H, B. Tristram, Flora and Fauna in The Survey of
Western Palestine; S)ie betr. ^rtt. in ben ©ibclmörtcrbb. üon ©iner, Sc^enfcl unb SRic^m;
53enjingcr, ©cbr. ?lrc^SoI. 387; "^omd. ©cbr. «rtbäol. 77 ff. ao
3in ber frül^eften 3rit, in toeld^e unfere 9lac^rid^ten jurüdtreid^en, treffen toir bie
Hebräer auf ber Äulturftufe ftel^enb, auf toeld^ nid^t mel^r bie 3agb, fonbem bie Siel^juc^t
bie Äaul)lbefd^äftigung bilbet. Saab toirb nur nod& betrieben jur 3lu«rottung fd^öbfic^er
SRaubtiere ober gur gäegentlid^en ©etoinnung bon 35}ilb))ret, aber nid^t mel^r afö fiebeng-
beruf Unb aud^ fonft ift fie bei ben alten S^raeliten nid^t beliebt : auf bie 9lomaben, 86
toelc^e 3agb ate öaul^tbefd^äftigung treiben, l^aben bie S^raeliten fel^r bon oben l^erab ge*
feigen, ßl^aralteriftifc^ fmb in biefer Segie^ung bie ©eftalten be^ SRimrob unb 6fau in
ber alten ©oge. 9limrob ift allerbing« ein getoaltiger Säger „bor bem J^erm", bem aud^
©Ott biefen Stul^m laffen mu|, aber einmal ift er ein frember ßero«, bem bie ^ebräifd^e
©agc feine ä^nlic^e (Seftalt unter il^ren SRational^eroen an bie Seite ju ftellen ^at. ©o« 40
bann unb bor allem ift in ganj bejei^nenber 2Beife 5Rimrob, ber toilbe SJäger, gugleid^
ate ber (Sott gegenüber tro^ig ftc^ auflel^nenbe gebadet — bie Hebräer ^aben offenbar
ettoag berartige^ au« feinem Flamen l^erau^el^brt — ; er ift alfo nic^t« toeniger aU eine
Sbealgeftalt (1 3Bofe 10, 8). SJa^felbe gilt bon ®fau: er ift Säger, ift barum auc^ ein
rauher unb toilber SJlenfd^, ber gerabe ©egenfa^ gum fanften, frommen S^fob, bem 3Siel^- 10
l^irten, bem gbeal be« S^raeliten. ©0 toenig toie in ber ©oge begegnen un« in ber ®es
fd^id^te ©eftalten getoaltiger ^äQ(ix, toie bei anberen 93öllem. Sson feinem ber iiSraelitifd^en
Äönige toirb berichtet, ba^ er ein greunb bet^agb getoefen, toä^renb g. 93. am äg^})tifd^en,
aff^rifd^en unb ^jerftfc^en §of bie Sagbliebl^aberei eine gro^e SloHe f^ielte. @rft bon ae-
robe« ergä^lt unö 3ofe})l^u«, bafe er ein eifriger S^ger getoefen fei (B. J. I 21, 13). 60
393ir muffen alfo annel^men, ba| bie Sagb auf toilbe 3:iere, Sötoen, Sären, SBi^lfe unb
anbere eben nur au« 5Rottoel^ betrieben tourbe. ^irten unb Säuern l^atten fic^ il^rer im
fc^toeren Äamj)f gu ertoe^ren (1 SKofe 37, 33- 1 ©a 1, 17, 34 ff.; 1 Äg 13, 24; ^ef
5, 29). 3" biefem 5tam))f toar nidfit toenig SWul^m ju Idolen in alter geit : bon einem
©imfon ergä^lte man nod^ lange, toie er ben Sbtoen jerriRen toie ein Sikflein, olj^ne eine 55
SBaffe ^\x l^aben, ober toie er bie güd^fe gefangen (SRi 14, 6; 15, 4). a)abib fann fid^
aU ^irte bie fiegreid^en Ääm^)fe mit toUben lieren ju großem SWul^m rechnen (1 ©a
520 ^ogb bei bett ^ebraent
17, 34 ff.). 33om Äricg^^clbm Seitaia crgäl^Itc man cbcnfo feine Äricg^t^atcn, bafe er
j. 35. einen rieftgen äa^^jter erleate, toie aud^ feine ßelbenftütfe ber Igaob, ba| er 5. 35.
einen Sötoen in ber ßifteme erfd^lufl (2 @a 23, 20 ff), auf eßbare« SBilb \aQic man
um feine« gleifc^e« toillen; ba« SBiIb»)ret toax fe^r öeWöftt (bgl, igRofe25,28; 27, 3 ff.;
6 Bpx 12, 27 u. ö.) unb burfte namentlid^ auf ber foniglid^en lafel nid^t fel^Ien (1 %
5, 3). ßrft in fj)ät nad^eiilifd^er ^eit begannen, tvie ertt)äl^nt, bic ^uben in 9?acl^a^mung
il^rer fremben Dberl^erren bie 3agb afö noble ^affion ju betreiben. 3>'>f^^w^ ertt)ä^nt
Suftjagben ju ^ferbe auf 3Sögel unb tvilbe liere mit abgerid^teten galten unb Sagb*
^unben (aitertümer XV 7, 7; XVI 10, 3; B. J. I 21, 13).
10 Über bie Slrt unb SDäeife toie bie ^agb aui^eübt tourbe, l^aben W\x nur bereinjclte
Slac^ric^ten, unb tro^ ber bielen SSilber, hjeld^e bom ^agbleben l^genommen fmb, finb
h)ir barüber bod^ fel^r mangel^ft unterrid^tet. ^agbl^unbe toerDen auffatlenberh)eife im
ai nic^t ertoäl^nt, toä^enb fie bei ben äg^})tem unb äff^tem toerh)enbet mürben (f. ben
a. §unb oben @. 449 f.); aud^ ba« ift ein Setoei«, ba^ bie 3agb feine gro^e SloHe bei
loben ggraeliten fj)ielte. SBenn 3ofrt)^u« (Altertümer IV 8, 9) bie SJertoenbung be«9iagb*
l^unbe« atö alte ©itte barftellt, fo betoeift ba« nur fo biel, ba^ man ju feiner ^t\i fd^on
baran getoo^nt toar, unb bie @a(^e ate ettoa^Sllte« betrad^tete. Site getoöi^nlid^fte« ^jagbs
gerät toirb Sogen unb 5Pfeil aenannt (1 9Kofe 27, 3; 3ef 7, 29); toenn 3;gmael ein
^ogenf d^üi^e genannt toirb (1 SKofe 21, 20), fo foB er bamit in erfter Sinie al« Säger
20 bejeid^net toerben. Sanje, SBurff})iefe unb ©d^toert, bie getoöl^lid^en Ärieg^toaffen, bienten
aud^ jum Ramp^ mit toitben 2ieren (§i 41, 18); ber§irte toar freilid^ auf feine ©d^leu-
ber {y^V, 1 ®a 17, 40) unb Äeule (nn^ri <^i 41, 2I) angetoiefen. Kleinem SBilb, aber
auc^ größeren Sieren, ftettte man mit bem 9Je^ unb ber ©^linge nad^ 0"^^'?, '^T^'^? ^i
19, 6; §ef 12, 13; Qpx 12, 12; ^reb 7, 26; 9, 12; ^??P'; ^ef 51,20; ^f 141,10;
26 n^-] «p|57,7; 31, 5; 9,16; 10,9; 2:i^enl,12; Jg>ef 19,8; ^vy- ^f 64,6; ^^^^ $i
18, 9), ober man fuc^te fie in t)erbedtten gaÖgruben gu fangen (nn? gef 24, 17; 3er
48, 43; nTO ^^ 19, 4. 8; ^f 9, 16; 57, 7; 94, 13). SRod^ l^eute [xnh fold^e ^a=
gruben beim gangen ber ©ageuen tiblid^: l^inter l^ol^en ©el^egen graben bie 35auem
tiefe (Sruben au« bie gegen ba« (Sel^ege ^el^e^ten 2:iere überf))ringen bie 3Kauer, ftürjen
30 in bie tiefe ®rube unb bred^en ftd^ bie 93eine. — 2)er Sogelfang tourbe mittete toers
fd^iebener 9le^e betrieben. ©^ gab ©tellne^e ("? ^P.T- am 3, 5), bie 3ufd^naj)})ten,
toenn ein Sogel in baö SReft gegangen toar. Slnbere SRe^e tourben toon Sogelfteittem
t>on oben Ij^er über bie SSögel getoorfen, bie fte burc^ au^eftreute^ Jfutter angelocft
botten (^of 7, 12; 3er 5, 26; Bpx 1, 17). 3ur ^eit ©irad^« brandete man für bie
36 gflebl^ul^niagb gegä^mte 9lebl^ül^ner al3 Sodbögel (©i 11, 31; jiegdqi^ ^Qcorrjg iv
xaQxdXkfp). aSon ben SRömem lernte man bann, toie oben ertoä^t ift, mit ^llen ju jagen.
3ln iagbbarem SBilb ift in ^äftina lein SKangel. Unter ben toilben 3:ieren ftel^t
oben an berSötoeCT«?, J^."!^^). @r ift inS^rien unb 5ßaläftina fion längftau^eftorben,
toar aber einft, toie bie jal^lreid^en ©rtoäl^nungen im 3i% jeigen, ^ufig. iRamentlic^ im
4oa)idfid^t ber ^orbanufer (Qer 49, 19; 50, 44; ©ad^ 11, 3), auf bem Libanon unb änti^
libanu« ($£ 4, 8) unb in ber SBüfte im ©üben öon guba l^auften Diele Sötoen. 3lad)
ber 3)ej)ortatton ber Setool^ner beg 9lorbreid^ fotten f^c^ in bem enttjölferten £anb bie
Sötoen berma|en gemehrt ^ben, ba^ bie neuen Äoloniften ben älR^rerlönig um |>ilfe
gegen biefe Sanb))lage angingen (2 Jlg 17, 25 f.). 3" ^läftina l^eimifc^ toar ber fog.
46 Jjerfifc^e Sötoe (leo persicus). — SBie genau ben 3^raeliten bie 5Ratur unb bie Seben^
getoo^nl^eiten il^re« geinbe« belannt toaren, jeigen bie jai^lreic^en Slu^jagen be« SlIö,
namentlich bie Dielen Dom Sötoen l^ergenommenen Silber. — SKan fing ben Sötoen Dor^
jug^toeife mit ^Ugruben ($ef 19, 4. 8); aud^ tourben ftarfe SRe^e baju gebraucht. 3n
grofeen Ääfigen ober in ^toingem l^ielt man auc^ lebenbige Sötoen (§ef 19, 9; 33a 6,
50 16 f.). 3Kit ber SBaffe m ber J^anb einem Sötoen entgegenzutreten unb i^n fo ju
iagen unb }u töten, toar eine ru^mreic^e ^elbent^t.
2)er 35är (^% neben bem Sötoen ba« gefür^tetfte lier (bgl. j. 35. 2lm 5, 19),
toirb im äl ebenfatl« oft ertoö^nt, unb toar im alten ^aläftina nid^t feiten (ty^l
älm 5, 19; 1 ©a 17, 34). ©})ric^toörtlic^ toar bd ben Hebräern bie SBut ber 35ärin,
66 ber bie 3ungen geraubt fmb (2 ©a 17, 8; $of 13, 8; Qpx 17, 12). ^taU ift ber
35är in$aläftina au^eftorben unb toirb nur nod& im Sibanon jur©eltenl^t angetroffen.
®er f^rifd^e Sär (ursus syriacus) ift bom getoöl^nlic^ %\)pvi^ be^ braunen 35ären nur
burd^ ^ttoa^ gellere %atU unb ettoa« Heineren ^näfi unterfd^ieben.
2)er3Bolf p«T) ift ebenfalls früher in ?Paläfltna biel l^äufiger getoefen al« je^t. @r
60 erfd^etnt in ber Säibel immer ate ber J^aut)tfeinb ber ©4faf gerben (©i 13,21 ; SJlt 10, 16;
^9^ ici bell ^eirient 521
2c 10, 3; ^0 10, 12). 3n bcm 3ufunft«bilb be« Scfaja ift c^ ein Silb bc^ ticfftcn
2frteben^, \vmn Sär unb Ru^, SBoIf unb £amm jujammcnlieam. ©ein Slutburft unb
feine Slaubgier mad^en i^n gu einem geeiflneten unb ^äufig gebraud^ten Silbe raublufttgcr
J^rften Q^\ 22, 27; ^ep^ 3, 3), falfd^er 5Pro»)l^eten unb £e^rer(a»t 7,15; 21® 20,29),
ber aSerfolger ber kommen {m 10, 16; Sc 10, 3; ^o 10, 12). SSon bcm bei un« 6
^eimifd^en SDäoIf unterfd^etbet jid^ ber betfefben Slrt ange^örige Jjaläftinenftfc^e nur burd^
ben $elj, ber bei i^m rauber ift unb im SBinter fd^toorjlidb erfd^eint.
3)ic §^äne, bie nodp l^eutc in gonj ^aläftina l^eimifcp unb fel^r l^äupg ift (hyaena
striata, bie geftreifte $^äne), namentlich too ^l^röber unb §ö^len i^r 3"P"^^ 9^-
iDäl^ren, hjirb auffaHenbertüeife im 313: nur 9li 13, 22 unb t)ieKeic^t 3er 12, 8 unter lo
ben auf ba^ äla^ [xd) ftürgenben lieren (®eier, ©dj^alal u. a.) genannt.
3)er©d^afal (canis aureus) ^at feinen einen Slamen im §ebräifd^en f^^) bon feinem
©cl^eul, ben anbercn (p^^^^) toon feiner langgeftrecften ®eftalt. ®r erfd^eint im 313; afö
ber 33eh)ol^ner ber Sluinenftätten unb ©inöbcn (3ef 13,22; 34,13 u. ö.). 3)a« Jammer»
gel^eul ber ftd^ fammelnben ©c^afale bei 9Jad^t, ba« oft toie ba« ^titvQ^d)x^i Heiner i5
Äinber ertönt, bient jum »ilb fd^merjlid^fter itlage (50« 1, 8; ^i 30, 29).
3)er2eo})arb p^rj, felis pardus) ift noc^ l^eute in 5|^aläfttna nid^t feiten, namentlid^
im fiibanon unb Slntilibanu« (bgl. §£ 4, 8); er toirb im 312: afö gefürc^teted Slaubtier
ertoölS^nt (ßof 13, 7; 3er 5, 6; 3ef 11, 6). 2)ie J^ebräer betounbertcn feine ^rbe, bie
fd^lparjen Slinge unb $uj)fen in feinem orangegelben gfeH (^er 13, 23) unb Die Sd^nelligs ao
leit feiner Setoegungen (§ab 1, 8).
2)er ^ud^gC^Ti''^) toirb §8 2, 15 unb 3lif) 4,3 afö unterirbifd^er ®ül^ler genannt,
ber burc^ feine ®änge unb ®ruben bie SBeinberge bertoüftet. ©r l^at feine ®ruben mit
Vorliebe an einfamen Sluinenftätten (Älagel 5, 18). ©eine SSerfc^lagenl^eit unb SüdEe ift
auc^ ben Hebräern belannt getoefen (§ef 13, 4). ®r toirb afö 33ilb ber falfd^en ^ro* 26
J)l^eten genannt (t)gl. Sc 13, 32). ?Rad^ 2:riftram ift im füblidE^en unb mittleren ^aläftina
ber äg^^jtifd^e %n^ (vulpes nilotica), im nörblid^en ber f^rifd^e ^d^ (v. flavescens)
ju J&aufe. Se^terer ift größer; bcibe fmb nur Bpxdaitm be« bei un« l^eimifd^en
3lnd) an jagbbarem SBilb, ba^ man um bed 3Btlb))ret^ toiQen jagte, toar in ^alä^ so
ftina fein 3Kangel. 33or allem ift bie ®ajelle m nennen C^^f, Sutl^er meift „Sle^")/
bie im 2(3: am ^äufigften genannt toirb unb nod^ l^eute am meiften in ^aläftina ber*
breitet ift. 9JamentlidJ am Äarmel unb in ben Sergen ®ileab« trifft man fte in fleinen
SRubeln unb aud^ in größeren gerben, ©ie gel^ört ju ben 3lntilo})enarten (antilope dor-
cas). ^f)x 9Jame fd^on tennjeid^net fte afö eine§ ber fd^önften 3:iere in ben 3lugen ber 86
ipebräer. SJlit i^rem leidsten grajiöfen Äörjjerbau, i^ren bel^enben, anmutigen Setoegun^en,
i^en glän^enben lebhaften Slugen fj)iclt fic in ber l^ebräifd^en unb tiberl^auj)t in ber orien-
talifd^en ^oefie eine grofteSloue afö bielgebraud^te^ 33ilb ber 3lnmut unb ©d^önl^eit, unb
ber ®etoanbtl^eit unb ©d^neße. a)en Bräutigam (ÄS 2, 9. 17) unb bie ®eliebte (©J)r
5, 19; §S 4, 5; 7, 4) pxÄ^t ber3)id^ter toie eine ®ajelle, unb gerne l^at man ben ?6Jäbs 40
d^en ben 5»amen „®ajelle" gegeben: äibja (2 Äg 12, 1; 2 6^r 24, 1), 3:abit^a unb
a)orca« (a® 9, 36. 39). ^ber auc^ ben f(|netlfü&igen Ärieg^^elben el^rt folc^er Sergleid^
(2 ©a 2, 18; 1 &i}x 13, 8; §S 8, 14). ©d^eu unb flüd^tig, toie toenig anbere 3:iere
(3ef 23, 14; Bpx 6, 5; @i 29, 22), toar bie ®a}elle toom gäger fd^toer ju jagen (§8
2, 17; 8, 14), taum ba« 5R5inbf})iel M^ fie ein. 3nan fing fie be^l^alb too^l meift toie 46
nod^ l^eute in ganggruben unb ^Hen (Bpx 6, 5; f. oben), ©ie erfc^eint neben bem
§irfc^ afö ba« getoö^nlic^fte SBilb^ret, ba« ba« aSolI liebte (5)t 12, 15. 22; 14, 5;
15, 22), toar aber aud^ an ber föniglid^en 3;afel nid^t berac^tet (1 Äg 5, 3).
3u ben 2lntilo})en gel^ören noc^ 3 toeitcre im 313: genannte 3:iere: 1. ber V^^l
(3)t 14, 5 LXX: nvyagyogX nad^ 3:riftram (nat. history 126 ff.) unb §ommel (a. a. O. 00
391 ff.), bie antilope addax, bie aUerbing^ l^eute in ^aläftina nid^t me^r toorfommt,
too^l aber in 5Rorbarabien. — 2. 3)er ^»*T (ober ö^'^r^ 3)t 14, 5; ^ef 51, 20), bielleid^t
antilope leucoryx (LXX Vulg. oryx), ober nac^ anbem (Targ., Quimchi) bie an-
tilope bubalis, bie 3lntiloJ)entu^, bon ben Slrabem fd^led^ttoeg afö „toilbe Ruf}" be«
jeid^net. a)iefe beiben, dischön imb te'ö, tocrben im ®efe| auöbrüdtlid^ afö reine, 65
ben 9i«raeliten jum effen erlaubte 3:iere aufgeführt (S)t 14, 5). — 3. 3luc^ "^'^'-n: (Sit
14, 5; 1 % 5, 3) bürfte unter bie ®ajellenarten gel^örcn (bgl. Sagarbe, ®ef. 3(b^. 52,
3lnm. 3; mt II, 251; §ommel a. a. D. 181 3lnm. 1. 333 f. 392; gonber, Tent
Work I, 172; n,.a.), 3lnbere freilid^ toerftel^en barunter ben 3)am^irfd^ (f. 3)itlmann,
©E unb Sc 485) ober ba« 3le^ (guner bei SRie^m, 31. ©ajeHe unb §irfd^). ©ic^ere^ ift eo
622 Sogb hti bett ^ttvittn
nid^t au^jumad^cn. 3)aö %m ift genannt unter bem SBilb^jret, t>a^ auf bcr föniglit^^cn
2:afcl nic^t fehlen bart (1 Äg 5, 3).
5Rcben ber (SajeDe toirb im äi ate ba« getDöJ^lic^c 9iagbtoUb bcr ^irfd; (V^) ge-
nannt (I)t 12, 15. 22; 14, 5; 1 Äg 5, 3). §eutjutage fmb bte J^irf^c in ^aläftina
6 aufeerorbentUd^ feiten. 3)a« muft in alter ktxt anber« getoefen fein. 33enn ba^ lier h>ar
mit feinen (Sigenfc^aften unb Seben^etool^n^eiten ben alten Hebräern gan^ vertraut. 3)a^
jeigen bie t)ielen Silber, toeld^e bie SDid^ter t)om §irfc^ entlegnen, äluc^ bei i^m ift e^
bie 2lnmut ber formen unb Setoegungen, bie il^n gum Silbe ber 9Käbd^enfcl^önl^eit (Bpx
5, 12; $8 2, 7; 3, 5), bie ®eh)anbt|eit unb ©4;nelligfeit, bie i^n jur geid^nung t)on
io3Jlännem, befonber^ Äriegf gelben geeignet erfd^eincn löfet (®en 49, 21, toenn nid^t ber
Stejt bort mborben ift; ^f 18, 34; §ab 3, 19; §2 2, 9. 17; 8, 14; ^ef 35, 6).
aSerfc^iebene anbere ßinjelgüge au« ben Sebeni^etool^n^eiten be^ ^irfc^e^ (befonberö ber
^inbin), meldte bie 2)ic^ter anfül^ren, jeugen toon guter Seobad^tung be« 3^ierlebeng. 3iSie
ber §irfc^ g^i^gt hjurbe, erfahren toir leiber nid^t.
15 9(u^er ben genannten fommt al^ ^agbtvilb namentlid^ nod^ ber Stein bodt inSe-
trac^t. ©ein getoö^nlid^er 9lame ift ^T, ; nad^ ber alten Überlieferung ber Überfe^ungen
ift bamit gleid^bebeutenb ^P« (I)t 14, 5). 3)ie LXX geben , baö SBort mit bemfelben
TQayelawog „SodEl^irfc^" lieber, mit bem fie $i 39, 1 auc^ '^?; überfe^en; larg., ©i;r.
ärab. faffen ba« SBort ebenjo (t)gl. §ommel a. a. D. 280. 392). 3n ^aläftina finbet
20 fid^ ber ©teinborf l^eute ^auj)tfäd^lid^ noc^ in ben getöbergen ber iüeftlid^en Ufer be^ toten
3Keere^ (t)gl. ben Flamen „©teinbodEfelfen" 1 ©a 24, 3) unb in ben 5Koabiterbergcn ; im
fiibanon \^at 3:riftram Sruc^ftüdEe toon ©teinbodf^ömem in itnod^enbreccien eingebadfen
gefunben. SBeiter^in fommt ber ©teinbodf l^eute namentlich in ben ^dfen be^ ©inai bor,
ba^er bie tvol^l aud^ für baö alte ^aläftina öorau^jufefeenbe ärt, bie bem ail|)enfteinbod
25 eng t)ern>anbt ift, ben 92amen capra sinaitica trägt. (Slbbilbung unb Sefc^reibung f. bei
SRiel^m, ,^31533 1579). 33a« fc^laue 2ier jiel^t fid^ mit Vorliebe in bie l^öc^ften Serg^
^öl^en unb fc^toer zugänglichen ^elfenflüfte jurüdE (^f 104, 18). 3)ie 3agb auf ba^fetbe
ift bc^^alb fc^r befc^hjerlid^ unb gefäl^rlic^. 3)amit unb über^uj)t mit bem befd^ränltcn
SJerbreitung^ebiet be« ©teinbodE« in ^aläftina l^ängt e« mo^l gufammen, ba^ er im 312
80 Weniger l^äufiger genannt toirb (au^er an ben angefü^en beiben ©teilen nur nod^ Qpx
5, 19 al« Silb tveiblic^er ©c^önlj^eit unb §i 37, 1). 2)a« lier mar offenbar im Soll
nic^t fo belannt.
ig>afe («n^ £e 11, 6; ©t 14, 7) unb Jlli»)bbacl^« OFf, Sut^er: Äanind^en,
hyrax syriacus, bei ben ätrabem wabr), beibe in ^aläftina fc^r ^äufig, Ic^terer bc^
85 fonber« in ben Sergen nm bad tote SKeer unb im Sibanon toorfommenb, mürben t>on
ben Hebräern fd^toerlid^ g^ögt. 3^^ S'^^W .9^1^ ^^ unrein unb ungenießbar, unb bei
Ic^terem iebenfatt« Ij^atte man leinen ®runb, V)n ate ber Sanbtoirtfc^aft bef onber« fd^äblid^
gu t)erfolgen. älnber« beim 383 ilbfd^ mein, ba« ebenfalls nic^t feiten mar: 5Pf 80, 4
mirb e« ate Sermüfter ber ®einberge ermähnt.
40 Unter ben Sdgeln mirb l^eute in erfter 2inie ba« Slebl^ui^n (fi^ip) gejagt. 3n ^^a^
läftina finben ftc^ berfc^iebene 2lrten berfelben; am toerbreitetften fmb ba« fogenanntc
©teinl^u^n c^accabis saxatilis) unb ba« SEBüftenrebl^u^n (ammoperdix heyi), le^tere«
befonber« in ber 2Büfte 3uba unb ber Umgebung be« toten 3Keere«. 9Kit einem auf
ben Sergen gel^e^ten Slebl^u^n bergleid^t f^d^ ber toon ©aul t)erfolgte 3)atjib (1 ©a
45 26, 20). 33amad^ gefc^al^ bie g^gb auf SRebl^ül^ner mol^l ä^nlic^, mie nod^ ^eute toielfac^
bei ben Slrabem: man jagt bie Sleb^ülj^ner immer mieber auf unb fd^euc^t fie, htö fie
ermattet ftnb unb man fie fangen ober mit einem ©torf totfd^lagen lann. 6ine anbere
älrt, bie §ü^ner ju fangen (©i 11, 31), ift fd^on oben ermähnt morben.
Son milben ^au benarten ("r*") ift in ^aläftina bie öerbreitetfte bie gelfentaube
60 (columba livia), bie in 3Renge in ben ^tellüften ber (Sebirge ober in alten ©emäuetn
niftet, ganj befonber« l^äufig in ben ©d^luc^ten um ben S^iberia^fee, um baö tote SReer
unb in ben 5Kebentl^älem be« ^orban (§2 2, 14; 3er 48,28; ^ef 7,16). 3n malbigen
©egenben finbet fid^ ebenfalls fd^arenmeife bie §olj5 ober SBdbtaube (columba pa-
lumbus). ©eltener ift bie $ol^l= ober Slautaube (Columba oenas). Son ^^urtel*
55 tauben C^^) ift am ^äufigften bie gemeine 2urtel (turtur auritus), ein 3wö^*>Ö^^/
beffen ©rfd^einen bem Hebräer ben Seainn be« grü^jo^rd anfünbigte (;>er 8, 7; ^2
3, 13). 9lu^erbem finbet fid^ bie 2a^taube (turtur risorius), bie ba^ ganje ^ä^
tm 2anbe bleibt, im ©ommer in ben SBälbem Oileab« unb am labor, im SBinter
In ben Süfc|^en am toten 9Reer ^uft. 9lur feiten lommt bie $almturtel (turtur
60 senegalensis) t>or, 3)ie ©itte, biefe ^uben )u )ä^men unb bann ald Landtiere ju
d^gb tti bett ^eirScrtt ^fn^iaSa^a 523
jüd^tcn, tpirb Dom (Srjäf^Ier bct ©intputgcfd^ic^tc |c^on in jene ältcftcn ^^citcn jurüds
Dcrlegt (®en 8, 8 ff.).
Sie äBad^tet 0)P) to'xxi auffaKenbertt)eife nur in ber ©efd^id^te beS SQSüftenjugd
crtüäi^nt afö löftlid^e ©J)etfc für bo« lüftemea^oB ((8x16, 12 f.; 3l\x ll,4ff.; $f 105, 10).
äUtf il^ren 2Banber|^ügen t)on unb nad^ bem toarmen Silben jeigen ft^ 9Ö3a(^teIf(^tt)änne 5
au4 in ^aläftina. SSienn fte ermattet Dom langen ^luge [id) }um9(ueru^en nieberlaffen,
lann man fte leicht mit ^änben greifen ober mit ©töcfen totfd^Iaoen.
Unter bem Flamen •^2^; toerben©})erlinge unb anbere fleine, fj)erling^rtiae Sögel
}ufammengefa^t, für bie un^ im einzelnen feine 9tamen im 9(X aufbetval^rt jtnb. vind) fte
iiKiren eine toilKommene Seutc ber SSogelfteHer (H(|ren 3, 52; am 3, 5; Bpx 7, 23 lo
u. a. f. oben) unb hjurben üiel gegcfjen (togl. 3Kt 10, 29; Sc 12, 6). Die Sd^hjalbe
p3 3er 8, 7; 38, 14; ^^'^7? $f 84, 4; Bpx 26, 2) bagegen toirb im SCalmub aU
unreiner Sogel bejeid^net, angenommen eine einjigc ©d^toalbenart. 3)a^ fann — aber
mufe nic^t — in alten ^tiUn fd^on fo getoefen fein. JBetijItiger,
^a^iaUa^a III., ncftorianifd^er ^atriard^ t)on 1281—1317. — Ducden: i6
Od. Raynaldus, Annales ecdesiastici j. 3. 1304 n. 23 -26 (^b 14, 1648); J. S. Assemani,
Bibliotheca orientalis III, 2, 129; Barhebraeus, Chronicon Ecclesiasticum 2, 471 ff.;
J. Guriel, ElemeDta liDguae chaldaicae (Bomae 1860 p. 188); G. E. Khayyath, Syri
Orientales (Bomae 1870, 131); W. Wright, a short history of Syriac Uterature, fioubon
1894. 289 f.; B. Duval, la litt^'rature syriaquc, <Pari« 1899, M900 p. 221. — Histoire de 2ü
Mar Jab-alaha, Patriarchc, et de Baban Sauma, öditdc par Paul Bedjan, Paris, Maison-
neuvc 1888; jiDcitc ^(uflagc, in jtoelcvici 9tu§gabcn 1895. fielp^ig, ©arraffowi^, f. 5:^23
1895 n.2: 1896 n. 9. 16. 24. Ucbcrfejuna unb ertlänmg uon J. B.Chabot in Bevue de
l*Orient Latin t. I u. II; aucft in ©onberDrucf. ^u ber üon ^uual q. q. €. angcfül^rtcn
fiittcrntur öon (Siiabot, ^n\>a\, ^. unb 9?. ^ilgenfelb, u. ^oonacfer, fianU), 9?ölbcfc füge 35
Biouffi, Notice sur un Patriarche Nestorien (JA VII, 17. 89-96); 3- 91. ^aU, Am. Or.
See. XIII, 1889 p. CXXVI-CXXIX; u. 2)übfd)üti, (SWftu^bilber (ZW, ^J^5 3, 189.240*,
156**); bic «njciflcn üon e)ottt)eiI, Hebraica 13. 1897. 221—227-229; 9?i5Ibcfc, fi^bl
1895, 3; Chabot, Bcv. crit. 95, 2; ^. |)il9cnfclb, gnjXf) 1896. 4. 632—36; örorfelmonn,
3bm® 50, 747 unb bie 5lnfünbtgung einer beutfd)en Ucbcrfe^ung in ben Scriptorcs sacri et 30
profani burc^ ^. ^ilgcnfelb (^Teubner, 3Kt 1895 8. 162).
Sa^battal^a ober ^^^^ö'^ö^^ (ö^nbsn-^) = Deusdedit, X^eobor, ift ein nid^t
gan^ feltener 9Jamc bei ben Syrern. So Reifet ber 18. ^Patriarc^ bon ätntiod^ien (im
^a^re 489), ebenfo ber 77. (bei ©uriel 76.), an ben Oregor IX. 1233 ein ©(^reiben
ridbtete, um il^n mit feinen ©lauben^enofjen jur römifc^en ^irc^e gurüd^ufü^ren. ä(m 35
belannteften hjurbe aber in ncueftcr ^cxt ber britte biefe« 9Jameng, burd^ bie ^eitgenöfftfc^e
Siograt)9ie, bie 1888 öon Sebjan erftntal^ if^erau^egeben tourbe. 3lu^ SKainalb« an*
nalen jum ^al^r 1304 mu^te man tjon bem Srief, ber t)on „§^abalal^a" burd^ ßl^fti
®nabe „Isalicus et Patriarcha totius orientis'' an $a^ft )8onifatiu^ VIII. gerid^tet,
l)on SarbniuiS bem Lib. privil Rom. eccl. to. 3 pag. 277 entnommen tourbe; ebenfo 40
au^ ber Äird^engefd^id^tc be^ Sar^ebräu^, bie mit eben biefem SKanne abfd^liefet, ba^ er
ein igurifc^er 3Rönd) Wax, an^ ber SRäl;e toon geling gebürtig, ber mit einem ®enof[en
eine SBaÜfal^rt jum 1^1. Sanb unternommen i}aik, ber unrul^igen ^^ten toegen in 93agbab
l^ängen blieb, toegen feiner 33ejiel^ungen ^um SKongoIend^an toom bamaligen ^4Jötriarc^en
^encl^a I. ||um 9)ietrovoliten öon (Sj^ina ernannt, unb nac^ be« lefeteren 3:ob auö gleic^nt 46
®runbc felbft jum ^atriard^en crhjä^U hjurbe, obhjo^l er, toie Sarbebräuö fagt, in f^rifd^er
33ilbung unb ^d^xx^t \d)\va6) toar. ©eit 1888 befi^cn toir nun aber einen au^füi^rlid^en
Seric^t über bic SReife, bie ben :,^al^battal^a, ber urf^jrünglid^ SWarlo^ ^iefe, mit feinem
(Senoffen SRabban ©auma toon ^efing bi^ Sagbab, unb ben le^teren im ^ai^x 1287/88
im Sluftrag bc^g (Sl^an Slrgun an bie Jrjöfe ©uro^jad, inöbefonbere nac^ SRom, ^ari^ unb 60
2onbon führte. 3äk für bie ^jolitifd^c ©efd^id^te (f. barüber bie Überfe^ung toon ß^abot
unb bie älb^anblung )?on ^uDal, le patriarche Mar Jabalaha II et les princes
mongoles de rAdherbaidjan im JA VIII, 13. 1889. 313—354) ift bicfe 8iograj)l^te
für bie bamaligc Äirc^engef^ic^tc ein 2)ofument öon attergröfetem Sntcreffe : SRom, $ari«
unb Sonbon am 6nbc be^^ XIII. ^al^ri^unbert^ in mongolifd^=fJ^rifc^er Seleud^tung ! 66
ß. t)on 3)obfc^üfe ^at berfclben fd^on ein mic^tige« 3^9"^^ P*^ bie ©efc^id^te be^ SJeronifas
bilbe« in ©t. ^eter entnommen; unmittelbar baneben nennt ber ©^rer ate britte 3Rerf-
toürbigfeit, bie man il^m in ©t. ^^Jeter jeigte, neben bem angeblid^ an Slbgar gefanbten
Silbe, unb ber cathedra Petri, „benälltar, an toeld()em berÄöntg berÄönige bieJ^anb*
auflegung erhält unb arapror, König ber Äönige, bom ^aj)a genannt toirb. ©ic fagen (kj
524 ^^iaOa^a ^o^r hti ben ^eiraertt
nämlid;, bafe md) (Sebctcn ber ,§crr ^4}aj?a ju (cigentlid; : mit) feinen f^iften bic Äronc
nimmt unb i^n bcfleibet, b. 1^. fic auf feinen Rop\ fe^t, foba^ ba^ ^rieftertum über ba^
Königtum regiere, toie fie fagcn". 3)a^ SBeitere fel^e man einfttoeilen bei ß^bot, bid bie
Don ^, ^ilgenfelb angelünbiöte beutfd^e Überfe^ung erfd^ienen fein toirb. 3"^3*^9ift^ ^^
6 Chron. eccl. be^ Sarl^ebräu« ^oben ätbbeloo« unb 2am^ (2, 607) auö unferem 3ai^bal=
la^a Derfel^entlid^ ßoÄ gemad^t (ju ©. 452 unb 565), im neuerfd^ienenen Äotalog ber
berliner 93ibliot^ef tvirb ber 9lame falfd^ 3^^'^^^ gefd^rieben. äfe fein 2^obe^tag toirb
ber 13. 5Roö. 1317 angegeben, in ber 33iograj)^ie „im 3a^r 1629 ber ©riechen, in ber
3lad)t be^ ©onntag^: „SD5ie l^errlid^ ift beine SDäol^nung" am 15. im anbem lefd^."
10 Seiber ift ber Serfaffer biefer 93iogra^^ie nid^t befannt. @l». 9ltfiU.
^ffV bei ben Hebräern. — $gl. MaimonideB, Kiddusch hachodcsch, Sloubon
1683 u. b. Xit. De consecrationc calendarum; Abrah. bar Chyiah, Math, techn. chronol.
of thc Hcbrews, ed. Hersc'h. Philipowski, Lond. Longm. 1851; Seb. Muenster, Calen-
darium Hebr., Hasil. 1527; Junius, De anno et mensibuB Comm. ^ofil. 1550; Selben,
16 De anno civili et calendaiio vet. ecclesiae, seu reipubl. judaicae diss. cd. II, Lugd. Bat.
1683; Muler, Judaeor. anuus lunae-solaris, Gron. 1630; Muucker, De intercalat. variar.
gentium, C. III, Lugd. Bat. 1680; Reland, Antt. sacrae vet. Hebr., 1712, p. 391—406;
3rabriciuS, Menologium, pamb. 1712; ßang^auö, De mense vet. Hebr. lunari, Jenae 1713;
S^ancI, Diss. de calendario vet Hebr., Slltborf 1746; 3- 3). SJiicöacUg, Comm. de mensibus
aoHebraeor., 93renicnl774; Id., a)iofaif(öeS SRcAt, 1778, IV @. 168 ff.; Dresde, Anuus judai-
cus ex antiqu. illustratus, 1766; Bridel, De Tann^ juive, Bas. 1810; SBcnbauib, gur ©e*
rctönung unb ®ef(ö beS jüb. Äal., öerlin 1817; ^Mtx, |)anbb. ber mat^. unb Icdjn. ©6ro*
noiogle, ©erlin 1825, I 6. 477-537; Sc^rb. ber ©öronol. 1831, 6. 202-221; ©icfeler,
e^ronol. @l)nopfe ber 4 eüang. 1843, @. 4.S9ff.; @cl)ffart^. Chrono!, sacra, 1846 @.26-80;
25 ©umpac^, Ucbcr ben altjüb. Wol., ©rüffcl 1848; ^at^o, 3). ®runbiüge ber «XI. S^ronol.,
©ilbcSöeini 1856; bc ©ctte, ficörb. b. öebr..jüb. «Ivdiäol., 1814, ©. 209-212. 4. W. 1864,
©. 236—239; ©aalfd)«^, 3). «Rofaif^e 9?cd)t, 2. «. 1853, ©. 396-406; (Sipolb, ^. «Ifcr-
tümcr beä 33. 3Sr. 1866, @. 452—460; Äcil, $)anbb. b. bibl. 5Ir* , 2. ?l. 1875, ©. 367
blö 372; 53incr, ©ibl. 9?cal!üörlerb., 3. «. 1847, I. 6. 530-533. II, @. 102 f.; Sc^enfcl,
80 »ibel'fiejifon, 1871, III, ©. 159-167. 468-473; SRie^ni, J&anbtüörtcrb. b.bibl. «Itcvt., 1884,
I, ©.655-658; 9(b. ©(fttpnrj, 3)er jüb. Äolenbcr ^ift. unb oftronom. untcrf., ©reSlau 1872;
Opi^rt, La Chronologie biblique, 1870; 3)IIImann, Ucbcr b. Äalcnbcrwcfcn ber 3öracntcn
t)ür bcm bob. (Syil, ^onatSbcr. ber Äön. 'ißr. «f. b. 9ß. 1881, 8. 914—935; ©enjingcr,
©cbrftift^e 9(r(^äoIogic, 1894, ©. 198—201; iWowarf, ße^rbu* b. ^ebräift^cn ?lrd). 1894, I,
86 6. 215—220.; ^Jiatt^e«. 3)ic 2relbaügc ber iSrael. Könige, 8wX§ 1895, ©. 321-334.
3)er regelmäßige Ärei^Iauf ber Slatur, ber burd^ oen jäl^riid^en SDäec^fel be^ ©onnen^
ftanbe^ berurfad^t toirb, })at [\d) überall auf ber Srbe ber SB3a^mel[^mung aufgebrängt unb
bie SWenfc^en genötigt, ba« ^af)x afö toome^mfte^ S^^^^ft "^^P ^^^ ^0^ anjunel^men.
SSäelc^e« aud^ immer bie et^mologifd^e Scbeutung oe^ bafür gebraud^ten SBorte^ — im
40 ^ebräifd^en h)ie bei ben meiften ©emiten J^?« _ fein möge, e^ l^at urft)rüngKd^ ba«
©onnenja^r bejeid^net, bie ^tit, nac^ beren 3lblauf ©onne unb ©ternl^immel bey gleid^en
©tanb lieber einnehmen unb biefelbe 3<*^^^8jit auf 6rben mieberfe^rt. 33iefe^ ©onnen-
jal^r ift eine 9laturt]^tfac^e unb bal^er allen sBölfem gemeinfam. ©inen beftimmten Sln=
fang ^at bie^ 3^^^^ ^^^^f bon jebem 2:age an fann man eine S^^r^^^^^i^^ red^nen, tuie
46 jeber 9Kenfd^ toon feinem (Seburt^tag an feine £ebengial()re xäl^It. "Jinr hjenn nad^ einer
3al^re^red^nung ©reigniffe batiert Serben foBen, mu| ein beftimmter 3ö^^^'^ffl"0 f^f*-
gefe^t Serben. 3)a beginnt bann bie Serfd^ieben^eit unter ben aSölfem, inbem je nad^
ben Äulturberl^ältnif[en [xd) l^ier biefer bort jener 3«i*t>""ft ^^^ 3^^^^"fö"0 ^^^^ ^^'
p^of^Un l^at.
60 3Serh)idEelt tt)irb bie Sad^e burc^ bie 93erüdEftd^tigung bed ^Ronblaufe^ bei fel^r bieten
aSöIfern. 3m ©urc^fc^nitt nad^ 29 2:agen unb faft 12'/, ©tunben toieber^olt [xd^ bie*
jelbe Sic^tgeftalt bcg aWonbc« (fbnobifd^er 5Konat), im Saufe be« 3al^reg alfo jtoölfmal.
aSon einem 5Reumonb«s ober SSollimonbgtage bi« jum anbem bauert eö 29 ober ein toenig
öfter 30 i:age, 12 3Konbtoed^feI betragen im 33urd^fd^nitt ein hjenig über 354'/, 2:age,
55 alfo ungefäl^r 113:age Weniger ate ba« faft 365 Vi ^g« ^Itenbe ©onnenja^r. SKer alfo
immer 12 üRonate ate ein ^a\}x reAnet, toie bie mu^ammebanifc^en 3?ölter tl^un, giebt
ba^ ©onnenja^r auf, unb fein 3<*9^^"f<^"9 I^^f^ '" ^^^^ -^3 3^^^^ rüdttoärt^ burdj^
äße 3ö^i^^3«tcn. SQBer aber ben 3ö^S^if«^nföng nad^ ber ©onne feftlegt, belommt leine
gange ^al)l toon 3Ronbmonaten inö ^ofyc unb J^at nur feiten ju äleuja^r einen 9Ronat^
60 onfang. De^l^alb l^aben mandj^e SBöIter C^g^l>ter, ^erfer) bie genaue Serüdtfid^tigung be«
SKonbe« aufgegeben, fämtlid^e 9Ronate gu 30 SCagen gered^net unb, um aWonatd* unb
3a]^re^nfang jufammengu^ten, nac^ bem 12. SRonat bie 5 bon ben 365 flogen bcd
^r tn bett ^eirSent 525
Sol^re^ nod^ übrigen ate (Sröänjungötagc, fifiigai inayofxevai^ bcfonber^ oercc^nct. Anbete
l^aben einigen SRonaten 31 ^age gegeben, ben 12 jufammen 365. Solche 3tvölfte( bed
©onnenjal^te^ j^at man jj)äter „©onnenmonate" genannt mit Slücffid^t barauf, bafe bie
©onne barin je ein 3^^^^" ^^ 2:ierfreife« burd^fc^reitet. Slber bie ßinrid^tung ftammt
nid^t böiger, ba bie 3^Wwwg toon getabe 12 SMonaten im Z^ifc unb bie ©nteilung be^ 6
lierlreife« in 12 Seile ftc^ nur au« bem früheren (Sebraud^ ber SKonbmonate enlärt.
Sie £iebräer l^aben tt)ie anbere ©emiten bie äRonbmonate beibehalten unb ftd^ fo geholfen,
bafe fie bon 3^^ V^ ^^ ^'"^ 9Jlonbtoed[ifeI überfd^Iugen. 8lu« ber ßinrid^tung be«
ba^lonifd^aflvrifd^en fiolenberd fann gefc^Ioffen ipetben, ba| fte aQemal, toenn nad^
6 äKonaten bie 9iad^tgleic^e nod^ über ein gelpiffe« 3Jla^ entfernt ju fein fc^ien, einen 3)lonat lo
ate ©c^altmonat av^zt ber SReil^e red^neten. ©o tourben bie 12 orbentlid^en 3Konate
einigermaßen fcft im ©onnenjal^r. 33er ^ö^^^^nfang abertoarb innerhalb getoiffer (Srenjen
l^in unb j^erg^cpoben unb bie Sänge be« ^ci^x^ betrug am l^äufigften 354—355 bi^
loeilen aber bie 29 ober 30 Xage eine« 13. 3Wonat« mel^r. SJlan nennt bie« ^cS^x „ba«
gebunbene ÜRonbjal^r", aber e« ift eigentlich ein ©onnenja^r, beffen 2lnfang ftet« auf ben i6
llnfang eine« aWonbmonat« gerüclt toirb. 6« ift ^hjar in feinem einzelnen ^ 365 3:age
lang, aber bod^ im Durc^fd^nitt. D^ne 3^eifel ift e« burc^ lange 3^t in ©ebrauc^ ge*
liefen, ol^ne baß man ba« 93ebürfni« em^fanb, c« burc^ Serec^nung genauer ju beftimmen.
©olange leine genaue 33atierung einzelner 3:age bonnöten toar, reichte eine jiemlic^ rol^e
Seoba^tung baju au«, e« gan^ genügenb )u regeln, ba bie 9tatur felbft t)orgetommene 20
5Kißgriffe lieber au«glid^.
3)aß bie l^ebräifqen SWonate SWonbmonatc toaren, toirb betoiefen burc^ ba« geh)öl^n=
lid^e SBäort für SWonat "^i^, melc^^c« eigentlich „9leu^eit" bebeutet, bann infonberl^eit „ba«
Sleulid^t be« SWonbe«", unb jur SBejeid^nung bc« 9Konat« nur toertoanbt Serben lonnte,
loenn biefer ber jebe«mal mit bem 9Jeumonb beginnenbe 3€itöbfc^nitt t»ar. älud^ ba«26
anbere 2Bort n'n;: begeic^net ben 9Konat al« 3Konbmonat, ba c« mit bem aJlonbnamen
n*:); gufammenl^ängt, unb ber 3Ronat ber Slff^rer unb Sab^lonier, ber mit bem ent-
fj)rec^enben aff^r. SBort arhu gel^eißen toirb, ebenfall« ein 5Konbmonat ift. SlUerbing«
^at 3)illmann a. a. D. ©. 929 barau«, baß ba« altfemitifd^e 2Bort h'T' im §ebräif(^en
burc^ ba« in biejer 33cbeutung nur l^ier gebröuc^^lic^e '^^'jn jtoar nic^t gang berbrängt, 30
aber überwuchert toorben ift, unb barau«, baß in ber bem Seric^t be« Äönig«buc^e« über
ben Xempelbau gu ©nmbe liegenben Ouellenfd^rift, mel^e 3 altl^ebräifc^e, eigentlid^ mobl
fanaanäifcl^e 3Ronat«namen (2 baöon lommen auf ))^önifi|c^en Snfc^riften bor, bgl. 33111«
mann a. a. D. ©. 925) gebrandet, ber 3Konat n*!"" genannt toirb, gefd^loffen, baß bie
3Konate, toeld^e bie S^^^clitcn in Äanaan tennen lernten unb im bürgerlid()en Seben aud^ 35
in ®ebraud[! nai^men, eine 2lrt bon ©onnenmonaten getoefen feien, unb baß be«{|alb für
ben 3Konbmonat, ben fie i|^rer J^fte toegen nic^t gang aufgaben, bie neue Segeid^nung
^""^ aufgetommen fei. äitlein e« tonnte auc^ obne folc^e befonbere Seranlafifung ba«
SBort für „Sieumonb" unb „5Konat«anfang" bie Sebeutung „ÜRonat'' getoinnen unb gu
einem ©^non^m öon "*"! toerben, toie rif»? ein ©^non^m tjon y''-? getoorben ift. 9li^t 40
einmal ba« angune^men ift nottoenbig, baß ^^xatX ben SDionat frül^er nur '«^nn genannt
unb erft in Äanaan ba« 5fi5ort n-^-^ bagu befommen ^ätte. ^5^^ *f^ ft^'^ ^^^^ Xocifc^
fd^einlic^, baß bie Äanaaniter ©onnenmonate gel^abt l^ätten, ba n*^' bod^ fonft nur ben
2Bonbmonat bebeutet unb bie in gtoei c^j)rifc$en ^ufd^rif ten (CJS I, 1, ©. 92 ff.) bor«
lommenbe 3^*i^'^^li"^"^u"9 (ober s) w^ nn- cinn ^^am 9?eumonb be« SWonat« (S. (ober 45
^)" bon ^z\\(vx bod^ too^l richtig in novilunio i. e. primo die mensis gebeutet toirb,
nic^t aber „bei bem in ben (©onnen')3Konat fatlenben 3Reumonb", toeil bei gleichmäßig
30tägigen üRonaten gtoei SJcumonbe in einen SKonat fatten fönnen. gall« burc^ bie
berftümmelte c^^jrifc^-'gried^ifd^e ©ilingui« bon Sbalion (CJS I, 1, ©.104 ff.) toirflidb be*
toiefen toerben foDte, baß im 4. 3^^^^- ^- 6^^^- i»^ 6]^J)em ber äg^ptifc^e Äalenber beiannt so
getoefen fei, toürbe barau« für bie eigentlid()en Jjj^önilifd^en ü)lonate bodj^ nic^t« gefc^loffen
toerben bürfen. 2)aß auf bie 3!ö^^e«geit begüglic^e 3Ronat«namen toie bie im 2li bor«
fommenben fanaanäifc^en nur für ©onnenmonate gefd^ö))ft fein lönnten, ift nic^t rid^tig.
33ie femitifc^en a)}onbmonate ftanben feft genug in ben 3öl^J^e«geiten, um fold^e Flamen
gu erhalten, toobei e« nid^t auffallen fann, baß e« feinen befonberen- SRamen für ben 6&
©d^altmonat giebt; unb toenn man fagt, ba« 93ebürfni«, bie 3Ronate gu benennen, muß
älter getoefen jein, al« bie älu«gleicj^ung be« SRonbial^re« mit bem ©onnenja^r burc^
fünftlic^e Sered^nung (33tllmann a. a. D. @. 927), fo mag ba« feine Slic^tigfeit l^aben,
aber man fonnte im ©onnenja^r 3Ronbmimalf::|||||||hsriiK ^ tünftlic^e S3erecl(inung gi»
3lu«glci(^ung gu beuten (f. 0. 3- 19)-
626 ^a^r iei ben ^eirftertt
3lu(l^ btc anbcrn ®nmbc, toomit 3)iflmann (a. a. D. 030 f)at betüctfcn tooUcn, ba^
bte !anaanäifc|^cn 3Konatc, bcren fic^ ba^ alte ^^xad bcbicnte, ©onnenmonatc getücfen
fein müßten, finb ^infälKö. 33afe in 1 Äg 4, 7 einfad^ bemetft toirb, bafe jebem ber
12 £anbt)ö0te ©alomod einen 3Ronat im S^^tc bie Sieferungen für bte föniglic^e §of=
6 l^attung obgelegen ^aben, o^ne ba^ bont ©^altmonat bie Siebe ift, behjeift nid^t«, toeil
c^ bem (Srjäl^Ier nid^t auf falenbarifc^e ®enauigfeit anfommen lonnte, unb er feine^toeg«
fogt, ba^ jeber Sanbtjogt aUjäi^rlid^ in bemfelben ?Konat ju liefern gehabt f)abc. 3)a^
man im gemeinen Seben bie 3)auer be^ 9Konatö m runb 30 3;agen annahm (30tägige
Sraucrjeit, 3lu 20, 29; I)t 34, 8 t)gl. 21, 13) tft nur natürli^ auc^ beim ©ebraud^
10 be^ 9Ronbmonat^, ba biefer ja in ber guten §älfte ber ^He 30 tägig ift. So toerben
ja aud^ in ber ©intfluterjäl^lung, obgleid^ ba offenfid^tlid^ nad^ SRonbmonaten gerechnet
toirb, 5 SJlonate aU ein löOtögiger ^^i^öum begeid^net (®en 7, 11; 8,3. 4). äud^ bie
©inteilung be^ 3Konate<J in 3 drittel liegt beim 5Konbmonat faum minber naf)^ \vk bei
einem au^na^mglo« 30tägigen ©onnenmonat, tvie fte benn getabe in ber nur 9Ronb=
16 monate fenncnben ^riefterfd^rift l^äufig genug Dortommt. 31m toenigften barf gettenb ge^
mad^t werben, ba| fic^ in ber alten Bpxad)^ „fogar" ein befonbere^ Nomen temporale
"^? dixag au^ebilbet l^abe, benn bei ber Sebeutfamfeit ber 3c^njö^l l^ätte ba« g^c^e^en
fönnen, toenn auc^ bie 3ä^I ^^ 2;age im SKonat in feiner 2Beife barauf ^ingetüiefen ^ätte.
©d^licfelic^ ift e^ aud^ am toa^rfd^einlid^ften bafe ber Bearbeiter be« Äönig^buc^,
aotveld^er bie fanaanäifd^en ÜRonat^namen in 1 ^g 6; 8 burd^ Seifügung ber fpätem
3ai^lbejeic^nung ber 5Konate erflärt l^at, bie ©lei^^eit ber alten unb neuen 3Konat^i
rec^nung toorau^efe^t l^at O^'th unb rr"' »»erben bon il^m md^t ettoa unterfd^ieben, bgl.
6, 1 mit 6, 37) unb j^mar mit ®runb.
SlHer SBo^rfd^ieinlic^feit nad^ ^aben bie alten gj^raeliten im bürgerlichen Seben bie
26 SKonate fämtlic^ nid^t mit ^x^^m fonbem mit 9?amen benannt. 2)a^ nur bie 4 Flamen
n-n« djh „ä^renmonat" (ber erfte in bem mit bem Senj beginnenben ^af)x^, ©j 13, 4;
23, 15; 34, 18; 2)t 16, 1); "^T C^in) n-^: ,,g3lummmonat" (2. 9Konat, 1 Äg6.1.:]7);
c^:nwNin n«:;: „3Ronat ber nic^t toerfiegenben Sac^e" (7. aWonat, 1 Äg 8, 2); ^'»s rrn-:
„Siegenmonat" (8. SJlonat, 1 Äg 6, 38) toortommen, liegt nur baran, ba^ in ber alten
ao Sitteratur nur nu il^rer Slennung ©elegenl^eit gegeben ift. Ob bie g^raeliten mit ben
^^önifen au^er ben bei biefen nad^getoiefenen SJlonatgnamen 33ul unb gtanim auc^ bie
anbem gemein ge^bt ^ben, ift nod^ unbetannt (bgl. 3)illmann a. a. D. ©. 925 f.).
3Kit toelc^em 3)lonat ba« neue 3^^^^ beginne, barüber l^at man im alten 3«rael,
inbem man bie 3Konate nic^t nummerierte, tool^l feine allgemein feftfte^enbe Slnfid^t gehabt.
36 SRan l^tte im gemeinen fieben feinen Sleuja^riStag. SBenn e« toom $erbftfeft im Dftober
Reifet, bafe e« gefeiert toerbe -2;^" (*"^?ipP2) r^«^? „beim «Umgang (9(blauf) bei^^a^re«",
fo tüirb toieberum bie S^t, h)0 bie Äönige jum Ärieg au^jujie^en ))flegen, ^t"*?" rin'^'::^
„bie Slüdffe^r be« ^ai^re«" genannt, 2 ©a 11, 1; 1 Äg 20, 22. 26; 1 6l^r 20, 1;
2 e^r 36, 10. SWan barf bal^er au« jenem Q% 23, 16; 34, 22 gebraud^ten Su^brudE
40 nic^t fc^liei^en, ba« Saubenfeft fei gefeiert Sorben um bie 3^i^ ^0 ein Äalenberja^r ju
®nbe gegangen fei. ©« läuft im §erbft t)ielmel^r ba« ab, h>a« im^tü^ling neu beginnt,
bte gute fonnige 3al^re«jeit, Wo man toanbem fann, bie §erben auf ben 2:riften Reiben,
im Äriege bie §eere gu 5?elbe gießen (2 ©a 11, 1, biefe Deutung be« 2lu«bru(f« ift tro^
ber ©intoenbungen t)on ?ülattl^e« fidler ridf^tig), bie jäl^rlid^en 5^fte gefeiert toerben. 95a|
46 ni<^t bie 3a^re«5eit be« ©ommer«, VTP-, gemeint ift, tjerfte^t fic^ t)on felbft ; e« ift ja t)om
„Sttl^te" bie Siebe. Slber bie SDäod^en be« SBinterregen«, ber bie meiften ©efc^äfte einiger^:
mo^en unterbrach, tourben mie eine ^aufe im 3a^re«lauf em^jfunben unb biefe fd^ieb bie
Saläre bon einanber. 33iefe ©c^eibung h>ar re^t ungenau, boc^ fonnte fic für ba« ge^
meine Seben eine« 93olfe« toon fianbleuten lange genügen.
60 ^nht^ mu^le bei ber 2lu«bilbung t)erti)irfelter bürgerlid^er 3Ser^ltniffe bie ^ftfe^ung
eine« beftimmten 3;«^^^«fönge« nötig toerben. 3)a nun längft bie 9lac^tgleic|^en für bie
3lu«gleid^ung be« ^al^re« mit ben 9Ronbmonaten ma^gebenb getoefen toaren, fonnte nur
enttoeber ber 9Jlonat ber Slad^tgleic^e be« grül^ling« ober ber be« .?>erbfte« j^um erften
SKonat gemad^t toerben. 95eibe ^ö^'^^nfänge toerben auc^ bei ben 3«^<J^liten gefunben.
66 3Der im §erbft fommt feit ber 3«it Sle^emia« unb in ber ©intfluterjä^lung ber ^riefter*
fc^ft t)or, für ba« alte ^^xad ift aber ber Sö^'^^nföng im Seng bezeugt.
Bei allen im Jt5nig«buc^, bei ^eremia unb S^ed^iel bortommenben Be^eid^nungen
be« 3Konat« burc^ bie ^x^tx toirb ber ^l^ling«monb al« erfter gered^net. ©benfo fte^t
e« mit ben ßeitbeftimmungen im J)riefterlid^en ®efe$, toelc^e« jübrigen« 6s 12,2 bie au«^
CO brüdtlid^e Seftimmung l^at, ba^ ber SRonat be« 3lu«jug« au« %^j)ten al« erfter i^u jä^len
Sfn^r in tot ^eiräent 627
fei. 3)ie toon SBcHl^auf cn aufgeftellte 9Rcinung, bafe toor bcm @jtl bcr Slnfang bc^ ^af)xtd
in ben §crbft gefegt iporbcn fei, unb bafe 3^^^^^ ^^ i*" ßj'I ^«^»^ ^^" Sab^Ioniem bie
Slecl^nung Dom gfrül^ling an belommen f)aU, tva« bann für ben nad^eyilifc^en Urfj)rung
ber ^riefterfd^rift mit in« ^Ib geführt toitb, ift unl^altbar. 6« fte^t i^r f4;on entgegen,
bö^ bie nid^t auf foätere §anb jurütf jufül^renben Datierungen bei ^eremia unb in 2 Äg 25 5
betpeifen, ba| minbeften« in ber legten Mi t>or bem ©ji! fd^on fo gejäl^It toorben ift.
©obann bie ©rtoägung, bafe gerabe bie Ipriefter in folgen ©ad^en nic^t ju Steuerungen
E' \i ju fein pflegen. ®a^er ift ber Sa| @t 12, 2 jhKir ber gorm nad^ eine SBer^
g, fann aber, toelc^er RÄi aud^ immer man bie ^riefterfdj^rift jufd^reibc, toom ^er«
berfelben nic^t mitgeteilt fein, um eine neue 5Konat«re(^nung an ©teile einer anbem lo
biö^er üblichen ^u fe^en, fonbem nur, um j|U erllären, ba^ bie t)on ben ^rieftem bei ber
Seftimmung ber geftjeiten angemanbte 3^'^^""9 ^^ SWonate öon 5Kofe l^errül^re. ätHer«
bing« läfet bie Slngabe merlen, ba& biefe 3^I^Iung fic^ nic^t toon felbft ;u toerfte^n fd^ien.
©ie lann alfo nic^t im allgemeinen ©ebrauc^ getoefen fein, afö bie ^riefterfc^rift ge«
fc^rieben toarb. aber e« toar aud^ feine anbere gemeinüblic^, fonbem t)ielmel^r im bürger« is
lic^Seben gar feine. 3Ran l^at freilid^ barin, bafe in ber ©intflutgefd^id^te ber2. SKonat,
in toeld^em bie ^lut beginnt, ber 2. nad^ ber §erbftnad^tgleic^e ju fein fd^eint, in loeld^en
ber 33eginn ber Stegenjeit fäCt, eine ©J)ur batjon finben U)oDen, ba^ bad ältere '^^xad
bie ßerbftjö^lung ber iDlonate gehabt l^abe. SlHein e« ift biefelbe ^riefterfd^rift, toeld^e
^ier oiefe 3Konatgjäl^Iung antoenbet, unb e« erflärt ftd^ ba« t>oÜfommen au3 ber 3[5orau«s 20
feftung be« ©d^riftfteller«, ba^ bie üon ber 5^^Iing«nad{>tgleic^e an erft bon ÜRofe einge^
fül^rt Sorben fei, Dörfer alfo bie bon ber §erbftglei(^e an üblid^ getoefen fein müf[e. JJür
einftigen Seginn be« l^ebräifc^en ^af^xc^ im.§erbfte fü^rt man aufeerbcm jene Seftimmung
be« Sunbe^bud^eö an, bafe ba« §crbftfeft beim äblauf be« ^af}x^ ftattfinben foUte, f. 0.
©. 526 ,B8. 3)er äu^brudE betoeift jebocf^, toie toir fc^on fallen, nid^t« ^ier^r, unb aufeerbem 26
lönnte ba« 3a^ toenn nid^t Dofn grü^jalj^r an, nur üom §erbftnac^tgIeic^enmonat an gc*
red^net toorben fein, toie e« in ber ©intfluterjä^lung gejc^iel^t, bann aber h)äre ba« Sauben«
feft nid^t anö ßnbe be« Iga^re« fonbem in ben erften 3Konat beö neum gefallen. (Sbm
be« Saubenfefte« am ^al^re^enbe toegen fann auc^ nic^t auö bem 5Pofaunmblajen am
1. be« 7. aRonat«, toeld^e« ba« >)riefterlic^e ®efeft öorfdireibt, Se 23, 24; 9?u 29, 1, ge^ao
fd^Ioffen loerben, ba^ ba« früher ber ^leuja^rgtag gemefm, ober aar barau«, bofe nad^
2e 25, 9 ba« gobelja^r am 10. lag be« 7. 3Konatd burc^ $ofaunen angefünbigt
toerben foll, ba^ biefer lag einmal ber Sieujal^^tag getoefen fei (SDäeDl^aufen, ^)>%f)
XXII ©. 137).
2luc^ für bie g^i^^c ber 5tönigc ift feine anbere Slec^nung ate bie toon J^'^^ja^r 35
ju ^^jal^r nad^jutoeifen. 2öenn ^tx 25, 1 Da« 4. 3^^^ S^^i^R*"^ ^^^ 1- Sl^bufab«
ne^ar«, 2 % 24, 12; (t)gl. 23, 36; 24, 8) ba« 11. ^ojafim« bem 8. 9lebufabnejar«
gleic^gefteUt ift, unb toiebemm ^tx 32, 1 ba« 10. gebefia« bem 18. S^ebufabne^ar«
unb 2 Äg 25, 2. 8; ^er 52, 12 beffen 19. ^alj^r bem 11. 3ebefia«, fo erfc^einm bie
jübifd^m Äönig^jal^re ben babi^lonifd^en ^jaraDel, bie im grü^ling begannen, ällerbing« 40
toirb 3^ 46, 2 bie ©Alac^t bei Äarfemijd^, bie im lefeten ^a^x^ 9Jaboj)olaf[ar« ftatt«
gefunben ^at, in« 4. ^iapr ^ojafim« gefegt, unb barau« fc^lie^t 2)itlmann (a. a. Ö. ©. 923),
ba^ ba« jübifc^e Äönig^ja^r mit bem §erbft begonnen l^abe, ber änfang öon 9?ebufabnes
jar« 1. 3ö^t alfo in bie 3Kitte be« 4. ga^re« Sojafim« gefallen fei. 3)ie oben ange«
führten ©^nd^roni«men toürben bem ni^t toiberfj)rec|^m, toenn bie ertoäl^nten ©reigniffe 46
alle in ben ©ommer gefallen finb. äöiberfpmc^ ergebt aber ber Umftanb, bafe in 2 Äg 25
unb oft bei 3^^"^i<* "^^ Äönig^ja^rcn unb ijugleic^ nai) 5Konaten, bie öom grüijfling an
ge^ä^lt futb, batiert toirb, toa« gan^ unnatürlich fein toürbe, Wmn ba« Ä5nig«ja^r fec^
aJlonate f^jäter begonnen ^ätte. 3)al^er toirb bcr ©^nd^roni«mu« 3^ 46, 2 für unrid^tig
^u galten fein, unb ba ^ier ^{ebufabnejar ungenau fd^on al« 5^nig Don ä3abel be^cic^net 60
toirb, fo erflärt fid^ barau« bie c^ronologifd^e 3rmng je^r leidet. (Sbenfotoenig lann bie
angäbe 2Äg 22, 3 ff.; 23, 22 ff., bafe im 18. ^a^r be« Sofia ba«®efe$bud& aufgefunbm,
alle« ©ö^entoefen Vertilgt unb fc^lie^lic^ ein $affa^ gefeiert toorbm fei, betoeijen, ba^
Sofia« 18. ^al^x im §erbfte begonnm ^abe. 3)enn ba« 3)atum bon 23, 22 f. ftammt
nic^t au« alter Quelle, unb e« ift unfc^toer an^unel^men, baft ber Srjäl^Ier in ber Se« 66
trad^tung, bie er ba aufteilt, ba« Datum toon 22, 3 toieber^olt 1^, ol^ne m bebenfen,
ba| ba« ^affa^ erft in ba« folgmbe ^a})x fallen fonnte. '33iefe ätnna^me ift nottombig,
toeil bie Sluffinbung be« 33ud^e« nad) ber au« LXX ju toertoollftänbigenben ätngabe 22, :*
im 8. 3Wonat be« 18. ^a^re« be« Sofia ftattgefunben l^at. (Sin ^affal^ fonnte aljo im
felben '^oüjxq in feinem gaHc me^r gehalten toerben. «>
528 ^fft bei bett ^ebratrtt
Sitte« \px\d}i alfü bafür, ba^ bag alte ^^xaA in früherer Wk in ft)äterer 3cit, toenn
e« über^au))t bic 3)lonate jä^Ite, fte bom ^bling^monb an gc^ä^lt l^at. @ine äieränbe^
rung ift nur barin gefd^e^en, ba^ gegen 6nbe ber Äöniggjeit bie Flamen ber SKonate
au^er (Sebrauc^ gefommen unb bie S^^^ng, bie bi^l^er nur im j)riefterlic^en geftfalenber
6 gebräuc^üc^ gelpefen tvar, in« bürgerlid^e geben übergegangen ift. @« (ägt ftd^ ba« fc^tper-
Ixd) anber« emären al« au« bem gunel^menben (Sinflu^, ben bie ))riefter[i4e Xora auf
immer Weitere Äreife be« 3Sol!e« gemonn.
Ob bie 3legierung«ial^re ber Äönige fc^on feit 3)abib nad^ einer feften Siegel t)om
3lbib an gerechnet Sorben fmb, ift aber immerl^in fraglic^, 33iellei(^t ift bie Unfic^erl^eit
10 ber (E^ronologte ber jtönig«geit mit baburc^ berfd^ulbet, ba^ längere ^cxt l^inburd^ ein
ungenaue« unb fc^toanfenbe« Serfa^en hierbei beobachtet toorben ift
3la(i) bem @{il famen attmä^lic^ bie bab^lonifd^en 3Ronat«namen, toelc^e unter ber
^erftfd^en ^errfc^ft in gana^SSorberafien amtliche ®eltung erlangt Ratten, auc^ bei ben
3uben in ©ebraud^. 3m Suc^e ©ac^arja (1, 7; 7, 1), loo fie neben ber Segeid^nung
16 be« SKonat« mit ber ^af^l ftel^n, bürften fie fpäter eingejeftt fein, aber 9le^emia gebraucht
nur bie 9Jamen; aud^ in ber 6«ra 6,15 angefül^rten aramäifc^en Cuette ftel^t ein fold^er.
Slu^erbem lommen bie Flamen im (Sftl^erbu^ bor, too aber erflärung«n)eije (toie
barau« ^erborge^t, ba^ e« 9, 15. 17. 19. 21, too noc^ bom felben aWonat bie Siebe,
bejfen ^oiS^l 9, 1 angegeben, unterlagen toirb) bie Q^f^l beigefügt ift. ®«ra (f. 6«r 8, 1)
20 unb ber Sl^ronift ^ten fid^ an bie im ®efe$ angeorbnete S^l^l^^d^d^nung ber SJlonate.
Die SRamen, toelc^e bie ^uben bi« l^eute im ®ebraud^ bel^alten l^aben, fmb biefe:
" "' "" $Re^ 2, 1; eft^. 3, 7.
Jarg. bon 2 6^r 30, 2.
eftl&. 8, 9.
26 T''^2n ,, Düzu 3:arg. jer. j. ®en 8, 5.
„ „ „ SRu 20, 29; 2 eft^..3:arg. 3, 7.
3lti) 6, 15 (1 aJlal 14, 27).
2:arg. jer. j. £e 23, 24.
„ „ „ 2)t 11, 14 (Joseph. Antt. 1,33
80 MnqoovdviK).
Sle^ 1, 1; ©ac^ 7, 1 (1 üRat 1, 54).
eft^. 2, 16
©ad^ 1, 7 (1 aJlat 16, 14)
eft^. 3, 7; 8, 12 (2 mal 15, 37).
s'* 33ie 3Ronat«anfänge tourben oj^ne S^eifel in biefer h>ie aud^ in ber altem 3^it nad^
ber Beobachtung be« SReulid^te« beftimmt. ©eit ioann inbe« bon Slmt« toegen burd^ ba«
©Vnebrium, menn am äbenb be« 29. ber SRonb gefe^en toorben toar, befannt gemad^t
toarb (burd^ 'geuerfignale, f))äter burc^ Soten), ba| nunme^ ber neue SKonat begönne
unb bem borigen nur 29 iage jufämen (bgl. Sb VI @. 17, 37 ff.), ift vXi^i feftauftellen,
40 eine« ©c^altmonat« gefd^ie^t aud^ in biefer ^txi nid^t (Srtoä^nung, unb e« fte^t
bai^in, ob bie^uben fd^on bamal« au«f4liefelid^ einen 2. «bar p'iw^i, ^:ü ^-TwS, ™nrn •.><)
ol« ©c^altmonat gehabt l^aben ober gleid^ ben Bab^loniem gelegentlich aud^ einen 2. @tul.
äBann eine (Sinfc^altung ftattfinben fottte, j^at in {))äterer ^Äi ba« ©^nebrium beftimmt.
g^clifc^e Sered^nung biefer 3)inge ift erft in nad^i^riftlid^er ^^zxi eingefülj^rt ioorben.
^ 3" ^^ >)erfifd^en 3rit finbet fi^ auc|^ Slnfe^ung be« 3laf|re«anfang« auf ben 1.3:ifd^ri.
8lu« 9Je^ 2, 1 bgl. mit 1, 1 gel^t l^erbor, ba^ bie ^a)^x^ ber j)errtfd^en ®ro^fönige fo ge=
rechnet tvurben. 6« tann fein, ba^ fd^on bon ber 3^'^ ^n biefer 1.2^g be« 7. 3Honat«,
ber längft ber burc^ ^ofaunenblafen bor anbem au«gejetd^nete Sieumonb gemefen toar
(Se 23, 24; 5Ku 29, 1 bgl. 0. ©. 527,29), al« toeltlic^e« 9leuia^rfeft gefeiert toorben ift,
wtüogu ber Umftanb mit Sßeranlaffung gegeben ^aben fönnte, bafe an bemfelben ^Eog bie
aSerlefung be« ®efe^e« burc^ e«ra ftattgefunben ifai, 9le^ 8—12. 9Jac^ e«r 3, 6 ^tte
auc^ unter ©erubbabel unb ^ofua bie 33arbringung be« 95ranbot)fer« am 1. 3:ag be«
7. SWonat« hJteber begonnen. SBal^rfc^einlid^er ift e« aber, ba^ erft, feitbem bie 3uben
unter ber f^rifc^en ^errfc^aft nad^ ben im $erbft beginnenben ©eleucibenja^ren ju rechnen
w beranlafet toaren, ber 1. 3:ifc^ri ein 9leuia^r«feft bei il^nen getoorben ift.
3a^re«geiten unterfc^ieben bie Hebräer (nic^t 6, mie man früher hjo^l au« ®en 8, 22
fd^lofe, fonbern nur) jmei: TP. „©ommer" unb q^n „2Binter", ®en 8,22; «m 3, 15;
3ef 18, 6; Baij 14, 8; ^f 74, 17. 3ene« ift bie l^eifee unb trodfene, biefe« bie nafie
unb fü^le §älfte be« ^ö^re«. ©c^arf gegen einanber abgegrenzt ^at man fie getvife nid^t
^ Die regenlofe ^zii bauert in ^aläftina bon Slnfang 9)lat bi« @nbe Dttober, ober mm,
•p;=.
aff^rilc^
: Nisänu
"^;^
fi
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Simflnu
Ti'Jsn
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Düzu
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•ji^n*:?:
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Arah-gamna
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Kis(i)liinu
^ii^.
n
'l>b6tu
^?p
ft
Sabätu
^'^^i
ff
Adaru
Süffx bei bttt ^cirSent ^fft^t 529
^t bod^ hjo^l fc^on bic ^^\t bcr S>)ätrcöcn im ^^ling jum Sommer gcred^nct, unb .
anbererfcit^ ift barau^, ba^ ^\ob (29, 4) bie 3«^ f^»"«^ •11" jurüdje^nt, gu fc^lie^en,
bafe gum cjnn bie Srntejeit be^ §erbfte« gered^net Serben f onnte. 2lu^ ©})r. 20, 4 fd^eint
bafür gu fjprcdj^en unb bie ©t^mologie fogar gu bciücifen, ba| ba« 2Bort üon §aufe au^
gerabc ben §erbft bejeid^inet l^at, ba bie SBurjel ^"n ,,abj)flü(fen" bebeutet. r,
JBi(^e(m ü2o4«
3^a^lic, 3^^olia. — ßittcratuv: 3m oDgemcincn Ocfcniu« im SOefauruS, Ö^Icr
in bcv 1., 5)cli&f(^ in bev 2.«ufl. bicfcv (Sncl)!!.- (gd^ober in ©djcufelS «ibellcj. ITl 117 ff.,
foiüic bic Sdörbildjcr ber alttcft. ^^cologic. — 8uT. ^ßetruS ©alotinuS, De arcauis catho-
iicae veritatisl518; @licr, fielirgebäubc ber ^ebr. 8prQd)e ; 4)i)IcmQnn. ^ibelftubicn 1, 1859; 10
Äü^Icr, De pronunciatione sacros. Tetragrammatis 1867; Driver, Rcceöt theorics on the
origin and natura of the Tetragrammaton in Studia biblical, Cjforb 1885, p. 1 ff.; ^aU
man, 5)er ©ottcönome ^Tbonnj u. feine ©efcftidjtc 1889; 3)iDmQnn 9?l)ficl, ^Syobuö u.ficiniifuS'
1897; 3)iclri* an a)eUM*. Ucber ben 3Q^uc»9?amen 3Qt5B 111(1883), ©. 280ff. ; IV (1884),
6. 21 ff.; Gb. Äönig, 5)ie formell genet. ©et^felbcjic^untj ber beibcn Wörter 3abuc unb 16
So^u SqX® XVII (1897), 6. 172 ff. — 3u II. De Lagarde Psalterium juxta Hcbraeos
Hleronymi 1874; be^f. Orientalia 1879 f. II.; bc§f. Ueberfidjt über bie ^iominnlbilbnng im
4>ebr. :c. 1889; o. iBoubiffin, ©tubien jur fem. SReligionSgefd). I (1876), @. 181-254;
a)riocr (f. o.); W. Rob. Smith, The prophet« of Israel etc. 1882; 9?cftle, 3)te iSrocl. (Sigeu*
nomen 1876; .Berber, 3)ie religionggefd). SBebeulung ber ftebr. Eigennamen 1897; .^oljinger, 20
Einleitung in ben ^ejatcnd); Ewalb, ©lobe unb SBcÜljaufen, ®c|Äid)le S^i^oelS bcjm. i§rael.
unb jüb. ®ef(^.; ©cD^aufen, ©üj^cn unb S3orarbeilcn III (JRefte arab. 4)eibent.' 1887);
Sdjraber, Äeilinfd)r. u «X 1872 u. 1883; a)elifef(^, Söo lag t>n^ $arabie«? 1881; ^iin*c§
in Proceedings of Society of bibl. Archaeol. XV (1892), 13 ff.; ^il^. 9Kaj. 9Küacr, ^IHcn
unb Europa k. 1893; ©indler, ®efd). ^^x, @. 36 ff.; 4)ommeI, 9(Itiör. Uebcriieferung 1897; 26
berf. in Expository Times 1899 ©. 42; «. ©. 6at)ce, ebenba 1898, 6. 522; Jicic in 2:^coI.
lijbftr. XVI (1082), @.262ff.; «ß^Uippi in 3tidjr. f. 58öIferpfV)d)oI. ?c. XIV (1883), ©. 175 ff.;
Ähicnen, »oIlÄrclig. unb SScItrcIig. 1883, @. 307 ff.; 3Ä. 3oftroiü in 8e»*fcftt-. f. ?lffl)riol.
X (1896), ©. 222 ff. (Ilubidi = Jaubidi?) u. 3at5B XVI (1896) @. 1 ff.; Eb. Äöuig in
9it3 X (1899), 6. 703 ff. (Sioci ©vunbl^atfatften in ber ®cfd)id)le bc§ 3aljücglanben§) ; so
yWein^oIb, ^ic ^nfönge bcr i^racli. JHeligion u. ®cf(ftid)te (^ibcr ben ticingtaubcn I) 1895;
0. Orelli, ^oSfcIbe in 9ll(g. eu.'Iutl).. ^ird)enjeitg. 1895 9?r. 10 ff.; 9(0tuad, 3)ie Entfte^ung
bcr iSracf. SRcIigion 1895; Stabe. 3)le Enlflci^ung beS S$oIfc§ 3§racl 1897; SBnbbc, ^ic 9Jc-
ligion be§ 35oIfc§ 3^racl k. 1900.
lleberfid)t. I. ^luSfpradjc oon mrtr 1. ^ic SSofalifation unb ?fu8fprarf)c bcr^})?n*36
fora. a) ti^r; nid)t bie uvfprünglidje 53ofali|alion. b) a)ie 9(u^fprad)c 3eI)ooa. c) Eiflfi*
rung ber ^unttation rrin\ d) nin*; unb t^it7> — 2. ^^ic urfpvünglidje 9(u«fpva(^e. a) ^a§
«hefte 3eugniö. b) ^aS ScugniS beS 9l^§. c) Spätere au6erbiblifd)e 8fWÖ"UK-
II. SBebcutung unb 4>er!unft oon ^nn\ 1. 3)ie alttcft. Uebcriieferung. a) 3)a8
S3crWItni8 oon trin"' ju rsirr. b) !3)ic ©teUe Ei* 3, 14. — 2. Slbleitnngen über Ei' 3, 14 40
hinaus, a) ^nti" alö JE)ifiIform oon l}ebr. tiin. b) 3)o^ietbc alS ICal ober ^ifil oon nva^
bift^em JTT: {''fn). c) S)a§fclbe babi)Ionifd)=fumerif(6. d) 3a()0c ein Steniiergott? Dbcr
ein alt^ebröiftfter Sinaigott?
3)a^ l^cbräifc^e SBort "i"" bejeid^inet im SIX ben Eigennamen ®otte^ be^li\ be^
®otte^ S^ractö. 3)ie ^ubcn nennen bcö^alb biefen (Sottcenamcn "5ni-»7:rj a-ij = bcr 45
(biefem ®ott im Unterfd^icb toon allen anbeni ®öttem) cigentümlid^e 9Jante, aud^ ^'^
rj;;r; =3 bcr 9Jame, ber ba^ SDäefen ®otte^ (nic^t blofe eine Eigcnf^aft) au^brürft, cnb-
lid^ 'ö*;'is7:rj nc = ber beutlid^ b. f). o^ne Umfc^reibung au^ejJ)roc^ene 5Jamc, bcr alfo
nid^t toie ba^ '"'ss (arabifc^ Kunja) einen Wofeen Seinamen ober ein e^renbe« 6j)itl^eton
(getö, J^err u. bgl.) barftetlt, fonbern bie ^erfon unb i^r ®efen unmittelbar bietet; togl. 60
baju 3)alman a. a. D. ©. 52 f.
I. 3)ie Slu^f^^rad^e. SBie fmb bie Ronjonanten ""'"'' ju j)unltiercn unb au^
jufrrcc^en ?
l. l>ofaIifation unb ^\x^\pxad)t ber 3Rafqra. 35cr maforetifd^e %^ be«
811^ bietet befanntlic^ faft burd^toeg bie aSofalifation ^T^^, unb nur gclegentlid^ ^i^?:- 66
3)ie le^tere Schreibung enthält, toie ber erfte 33UdE erfennen lä^t, bie SBofalc toon dT'^^?.
Sie treten burd^gcl;enbg ba auf, ioo bem 3iamen nin-' ba« SBort ^t^^, Dorange^t
(ber §err "*^^ fiutlj^er: ber §eit ^en). ©c^on biefcr Umftanb lä^t ijermuten, bafe bic
üblid^e Sßofalifation toon nnn-' in einem engen l^erl^ältni« ju berjenigen öon "'3'^« ftd^^en
loerbe, fonft toäre fie nid[!t, fobalb "^^-w fefep DorangeJ^t, jum SBcic^en genötigt tDorbcn. eo
3Birb baneben ber Umftanb ge^alten^ b^ bg^^ofoteüfd^en Siofaiejbon n-irt*' benen iMm
"='^ö< na^e tocrtvanbt fmb, fo "" ' """ ^
»eaI«(^nct)r(opfibie für Zf^toto^i \
lODoiD "•'^« \m\i Dorangcyi, jum ^üscic^en genongi rooroen. eo
gebalten, boB bttjyiofotetifd^en Siofale Don n-in*' benen iMm
530 dfol^ne
l^anbcn, ba^ in bcr ^ai ""»^^ toon bcn SWaforcten mit bcn SSofalcn toon ""-"^^ t)etfcl^en
toorben fei. Dicfc SBaMd^einlid^Ieit läfet ftc^ jur ©etvife^cit ergeben.
a) ^unäd^ft lä^t fio) ertüeifcn, bafe bie maforetifc^e SSofalifatton ^"j^*: nic^t bie ur^
f^jrünglid^ic unb rid^tigc älugf^jrad^c be^ 2Borte« ^i^'' miebcrgiebt, I^eoboret (um 450
6 n. G^r.) bcrid^tet in Quaest. XV in Exod. (%l %\dh, ^ticopla l, 90 ju (£5 6, 3)
über "1^" : "O ydg xdig TtaxQiAQxaig ovx idi^kcoaev dvo/Lia, tovto qvtco — bem
5Kofc — dfßov bioitioev. *B^ yäq ngbg avrov' lyo) elfxi 6 i7)v' rovro de nag
Eßgaioig äq)gaaTOv ovojudCetai' äjieiQrjrai yäg avröig rovro diä rrjg yXwrrrjg' tiqo-
wigeiv. rgd(perai dk diä rwv reoüdgcDv oroiyeioyv* dio xal rergaygd/u/Liarov avro
10 Uyavoiv .""... ^ieraug erfel^en Xoxc, bafe ju xl^eoboret« 3^'^ ^^^ 3uben ben beiligen
5Kamen jtoar f einreiben — unb jtoar afö 3:etra0rammaton, alfo "i"" — , aber nid^t au^
ft)recl^en bürfen. 3)a^ ba« 3:etraaramm ntc^t allein in l^ebräifc^en 33üd()ern, an bie ^to--
boret l^ier bcnfen mag, fonbem felbft in Überfc^unflen fid^ tocr^ältni^mä^ig lange erJ^olten
l^at, beh)eifen un« Drigene« unb §teron^mug unb toetter gurütf bie tjororigeniftijc^en grie^
15 d^ifd^en Sibelüberfc^er. §ieron^mug ertDäJ^nt in feiner befannten Praefatio Regnonim :
Nomen Domini tetragrammaton in quibusdam graecis voluminibus usque
hodie antiquis expressum literis invenimus. ^yx^izxi^ fagt er t)on bem Xetra^
grammaton : quod quidam non intelligentes propter elementorum similitudinem,
cum in graeeis liberis reperirent, PIPI legere consueverant (ad Marcell.
20 Ep. 13G), tDorau« ^erborge^t, ba^ er §anbfd^riften in {|ebräif(^er Duabratfd^rtft t)or fid^
l^atte, bei toelc^er l^ebr. ^"J""' jumal bei nic^t befonber^ genauer ©d^reibung (ögl. j. 83.
ben Petersburger ^ro})l^etenfobej), toenn eS in gried^ifc^e Umgebung {^erüöergenommen
hjurbe, fel^r leicht Don Unfunbigen afe gried^ifc|^eS nitll gelefen Serben fonnte. Dri-
geneS aber fagt: ^Ev roig äxgißeorigoig de r(bv ävnvgdq?o)v ^Eßgaioig ;i^a^axT?y^o(
25 xeTrai ro dvouap 'Eßgai'xoig dk ov rolg vvv, dXXa roig ägxaiordroig . . . MSG
XII, 1104). 2)emnad^ l^at DrijeneS entlüeber noc^ §anbfd^riften in alt^ebräifd^er ©<^rift
über^au))t Dor fid^ gel^abt, ober iebenfatt« folc^e Duabratfc^rift^anbfc^riften, in bencn baS
3:etragramm nod^ in altl^ebräifd^er Schrift erhalten toar. DrigeneS felbft aber fc^eint in
ber Umfc^reibung be« l^ebräifd^en 2:ejte§ in gried^ifc^e Suc^ftaben, ber eine Äolumne feiner
80§e£a})la ausmalte, f^on ^i^"" in Duabratfc^rift eingelegt m ^aben, toorauS fj)ätere
aibfd^reiber nilll machen, bgl. bie ^tjcopla ju aKa 2, 13- 5Pf. 71,18 u. a., aud) gu
^Pf 25, 1 unb 3ef 1, 2 bie 2lnmerlungen bei gielb, fotoie 35alm. a. a. D. ©. 37. ä^n=
lid; toirb eS ftd^ mit 3lquila, ©^mma(|uS iinb 2!^eobotion DerJ^alten* itjal^rfd^einlic^ ift
DrigeneS il^rem ©rauche gefolgt. 3Sgl. nod^ über ben ©ebraud^ Don 77/77/ bie Ronfor«
86 banj Don Hatch and Redpath. 2)er Umftanb, bafe in LXX gelegentlich 777/// neben
xvgiog erfc^eint (f. j. 8. gielb ju 3ef 1, 2), barf Dielleid^t fo gebeutet Serben, ba| bie
eigentlid()e LXX xvgiog überfe^te, bap aber bie ftrengere SRid^tung, toie fte befonberS burc^
bie Don DrigeneS beDorjugten Überfefter in 2lquila u. f. U). Dertreten ift, me^r unb
mel^r auf baS für unüberfe^ar erllärte Original jurüdEgriff unb ba| baburc^ gelegent-
40 lic^ aud^ bie ältere LXX beeinflußt toorben ift. 3)ie erften abfolut fu^eren 3^wö^^f[« ^
bie Stebergabe be^ Iciragramm« burc^ xvgiog befi^en toir in ^^ilo^ Sibelcitaten.
itönnen toir fomit bog Schreiben bcö S^etagramm^S bei jübifd^en Überfe^ern toeit
herunter Derfolgen, unb tann nad^ bem ©efagten unb nad^ bem, toaö toir fonft toiffen,
Don einem äSerbote be^ ©d^reiben« be^felben überl^aul^t feine Siebe fein, fo läßt fid^ ba-
46 gegen ba« 95erbot be^ 3lu^fJ)red^en« beefelben genauer beftimmen. 3äa^ 3:^eoboret un§
mitteilt, entfj)rid^t jebenfafe nid^t erft ber Sitte feiner ^Äi, fonbem toar fc^on Don i^r
überfommen, toie \a audfy fd^on ^ieron^mu^ ad Marcell. Ep. 136 ba« 3;etragramm
ineffabile nennt unb bamit ebenfau^ eine fd()on ältere jübifd^e Slnfd^auung im Sluge ^at.
©ö ift aber nid^t nötig, biefer grage l^ier toeiter nad^juge^en, too e^ fic^ für un« junä<^ft
50 lebiglic^ um bie negatiDe aufgäbe l^anbelt, ju beftimmen, baß bie Don ber 2Bafora ge^
toä^lte ^unftalion "i"^ nic^t bie urfj)rünglid()e SSu^f^jrad^e be« 3Borte« toiebergeben foH.
6^ genügt ju toiffen: atö bie SJlaforeten arbeiteten, lag ein folc^e^ SSerbot, toie un«
$ieront>mu« unb i^eoboret bezeugen, Dor; e« ift alfo jum Doraud nid^t toa^rfd^einlic^,
baß jene jübifd^en 3wric^ter be^ heutigen lejte« mit ber Don il^nen getoäl^lten ^unftation
56 bie ridjittge 2lu%ra^e Denaten tooDten.
b) Iro^bem ift bic^ in neuer ^eit oft bel^auptct toorben. Unlenntni^ be^ ertoä^nten
©acl^Derl;alte^ unb 3Mi6ad^tung aetoijfer fofort ju ertoä^nenber ßrfc^einungen ^aben, feit«
bem ber »eid^tDater Seoö X. $etru« ©alatinu« a. a. D. fol. XLIII im 3a^re 1518
erftmaU bie 3lu^f})rad^e Se^oDa Derteibigte, ba^ju geftil^rt, biefe^ fprac^lic^e 3Ronftrum
GO immer unb immer toieber für möglid^ unb rid^tig ^u l^altcn. Selanntlid^ l^at bie Un«
^ne 631
form faft überall in bic Bpxacfyt bcr Äirj^c il^ren ein;iug gel^altcn, ob»uol^I t)or 1518
„fein e^rift, toic überl^ai4)t ^u feiner 3eit bie ^uben S^oöa gclcfen" unb and) Sut^er
hjenigften« in ber S3ibelüberfe|un0 immer „$en" bafür ^at (3)iDm. 6| *, 39). Bule^t
nod^ fmb unter (Selel^rten für Se^oöa eingetreten Stier, §ebr. Sel^rgebäube unb §ölemann
a.a.D.I, 54ff. — 3n ber I^at fmb bie folgenben ®rünbe entjc^eibenb. 3n erfterSinie 5
mufe an bie ^toei un^ fd^on belannten SE^tfad^en erinnert toerben, ba^ 3^0^^^^ ^^ ®^-
fd^id^te unb ber maforetifd^en ^ßunttation. 2Bar, h)ie öor^in ertoiefen, jur 3rit ber 5Kafora
ba« aSerbot ber 3lu«fj)rad^e be« 2:etragramm« längft innerhalb ber ^ubenfd^aft 2:^atfad^e,
fo lonnten bie Sw^c^ter be^ l^eiligen 2e|te« gerabe bei biefem i^rem ^eiligen (Sejfd^äfte
ba^felbe am toenigften mi^ad^ten. SBeiterl^in : jc^toanft nod^ im l^eutigen 2ejte bie $unl- lo
tation be^ 3:etagramm« ^tüifc^en i^in; unb o-^n:« (j. o. @. 529, »4), jo ift bamit, befonber«
toenn bieUmftänbe, unter benen baö ©c^toanlen fi^ öoH^iebt, in Setrad^t gebogen werben,
auf^ neue tool^rfd^einlid^ gemacht, ba^ toeber bic eine mxp bie anbere 3lrt ^u ))unftieren
eine t)on beu 3Kaforeten gewollte ^ui\pxad)t im 3luge f^at, alfo toeber Jehovah nod^
Jehovih gejjjrod^en toerben foDte, fonbem bafe tüir e« l^ier mit ber ben 3Raforeten geläu^ i6
figen ©rfd^einung be« Derß ju t^un ^aben. 3^«^^^^ ^^^ ^'^J" ^^^ fl^toiffe ©gen^^
tümlid^teiten ber ^unttation unb SKccentuation im 3wfö*"»«^«^fl«Ö ^^^ ""'^"'- 3" SSerbim
bung mit ^räfijen fc^reibt bie 3Kafora nic^t ettoa, toie nac^ fonftigem ©ebrauc^e ^u er^
toarten toäxz : rnn-^i, i-rrrii^ rfitr^b, mn-^?:, »ielme^r : "in-i njn-'a, nirr^b unb "jn^:: —
ganj al^ ^ätte ba« SBSort im anlaut einen Äonfonanten toie » mit Gl^atef ^atl^ac^, »>
ftatt be« 3ob mit ©d^etoa. »emer läfet bie 3D?afora auf ^'^^ bei öerbinbenbem äccent
gegen alle fonftige Siegel ba« 5)agefc^ lene in 8egabfe})^t^ folgen — ganj atö enbigte
bad SBort, ba« fte im Sinne l^at, nid^t mit rul^enbem ^, fonbem mit einem öoUcnJions
fonanten. SBSeiterl^in betont bie 3Jlafora lol^ortatiöe 3nH)eratit)e toie ^?''^ ober '^V,
fobalb fte t)or ^"i^"' treten, auf ber festen Silbe, lä^t alfo J^?'^^ unb rnp'ip fj^red^en, 26
tooju fie eine au^reid^enbe Seranlaffung toieber nur bann l^atte, toenn für fie ba^ jenen
formen nac^folgenbe SBSort mit einem 3l-laut begann. — SWimmt man britten« enblic^
baju, ba^ äbfür^ungen be« l^eiligen SWamen«, toie toir fte in berßnbung ^'^^ ober i^; in
Dielen ©i^ennamen fotoie in bem SBorte ^^ t)or un« ^aben, ftd^ au« ^^7^^ = '^^\)0\}a
fd^led^terbmg« nid^t abfeiten liefen, fo barf bie SSetoeiefül^rung ate nad^ aßen SRic^tungcn so
für gefc^loffen bejeic^net unb ba« ®rgebni« afe feftftef^enb angenommen toerben, bafe c«
eine 9(udf))ra(^e 3(^ot)a ober ^e^ot)i nie gegeben l^at unb bie maforetifd^e ^unltation fomit
bie totrtlic^e 3lu«f))rad^e be« Xetragramm« nic^ft toiebergiebt. .
c) SBie ftc^ nun in ber a^^at biefe 5ßunIlation erllärt, ergiebt M nac^ bem ©e^
fagten t)on felbft, fobalb bie bi^^er getoonnencn 21^atfad&en nod^maw ertoogen toerben. 35
Sd^on ber eigentümlid^eSBec^fel ber ^unftation jtoifc^en ^jir? unb ^Ti;;, je nac^bem ^pö<
unmittelbar voranging ober nic^t, mu^te un«(f. 0. S.529, 57) barauf ^intoeifen, ba| bie ma^
foretijc^en Solale be« a:etragrammg ju benen öon Sbonaj in näd^fter 93ertoanbtfc^aft
fteF;en; nur fo lie^ fid^ öerfte^en, ba^ fte nad^ jenen felbft ftet« toeic^en. Die 2:^atfac^c
tociter, bafe in bi^em gaUe ftetg biejenigen t)on ßlol^im eintreten, liefe Vermuten, bafe 40
auc^) bie getoö^nlidjen Solqk t)on nin-^ bie eine« ®otte«namen« feien, . unb toäre bie
aSofalijation ^TC, ftatt i^^n?, fo toäre bamit fc^on ber Sc^lufe afö jtoingenb anjufel^en,
ba« letragramm fei überall, too e« J^"; lautet, mit ben totalen t)on Sbonaj, too e«
^js^;? lautet, mit benen bon ©lol^im berfe^en toorben. 9lber auc^ biefe« fc^einbare ^inber^
ni« iäfet fid^ befeitigen. 3>ie toeiteren t)orl^in Vorgeführten 2:^fac^en : bie aSerbinbung 46
t)on ^T^ mit ben 5ßräfijen 21, \ •'^, feine ©intoirfung auf folgenbe Segabfep^at^ ober
aiif bie öorange^enbe Setonung iicfeen fui^ alle nur erflären, tocnn ein SBort ber Slrt t)on
7^^^ Dem Setragramm fubftituiert toar. Sebenlen toir nun ferner, bafe bie 3Kafora bie
erfc^cinung : einem gefc^riebenen Jtonfonantentoorte (Jtctib) mit §ilfe neuer SSotale einen
anbcren Älang unb Sinn ju geben al« i^n ber urf})rünglid^e Sd^rciber im Sinne ^attc eo
(Ccre), je^r tool^l fennt unb öielfad^ Dertoenbet: fo toirb e« t)on ^ierau« fd^on unau«^
toeic^^lic^ fic^er, bafe bie STOafora in s^i^"! unb i^?n;; und Derßsgormen barbietet, benen
bie Sefung äbonaj unb Slo^im fubftituiert toerben foH. 3>ie juöerläfftge Seftätigung
biefe« Grgebnijfe« befi^en toir in ber 2:^atfac^e, bafe in ber 3eit ber SKafora nid^t allein
(j. 0. unter a) bie 9lu«fJ)rad^e be« ^eiligen 9lamen« längft abgenommen, fonbem })ofttit) 66
hnxd) bie SJennung bon SKbonaj crfe^t toar. g« ift, toie obm gezeigt, möglid^, bafe fd^on
bie urf})rünglid^e LXX ^ii^'^ mit xvquk übcrfe^te, alfo an feiner Stelle "'^'i» la« ; jcbcn^
fall« aber citiert ^^l^ilo auf biefe ffirife, unb e« barf anaenommm toerben, bafe jd^on ^ur
3cit 3cju ber Srauc^, ^^'i«« fftr frtT ju (ejm, fo fefl emgetourjelt toar, bafe er bamal«
34*
632 ^^t
fc^on für uralt gelten lonntc (3)alm. 38). (2luc^ t)on ^icr aud bcftätigt fic^ bie SBa^r-
f4einlic^leit, bafe jc^on LXX in ber ^ot xvQiog cingcfe^t ^attc unb crft |})äterc fünften
n-rj- b^\o. mm bafür J^erfteUten, f. o. ©. 530,36).
d) ©tc^en aber bic Dinge fo, fo mu^ auc^ jene eigentümliche Schreibung nin-; für
5 t^^"'! fid^ mit bcm bi^l^erigen Sefunbe in einftang bringen laffen. Sie fann freiließ um=
fomeij^r auffalten, al« im anberen gaUe ja nic^t !"0"";, fonbem ^"ii"; gefd^ricben U>irb.
Sene Sd^reibung ate blo^e Sereinfa^ung anjufe^en (Öi^lers2)eli^jd)), ge^t nid^t hjo^l an,
ba gerabe bann fein ®runb getoefen toärc, nid^t aud) bie anbere ^orm ju öereinfad^cn.
55iclme^r loirb fie einen SReft bc^ alten SSraud^eö barfteHen, nac^ toelc^em über^ai4)t an
10 Stelle be^ Qi)Qtc^\) ^^at^ac^ ba« blofee ©c^ctoa gefc^rieben tourbe. 3)erfelbe ift in ^abt}^
lonien nac^n)ei«bar, toirb ober tool^l aud^ in ^aläftina e^ftiert ^aben. 3Qax bie Schrei-
bung eine ^^'\t lang im Sraud^e getoefen, fo toagte man, auc^ toenn ber übrige %tjct ber
neuen Drt^ogra))l^ie unterloorfen toarb, bod^ gerabe bei bem ^eiligen 9Jamen nic^t, eine
Snberung borjune^men. greilid^ mufe bann aitgenommen toerben, bafe "'?"';', toeil Der-
16 ^ältni«mä|ig nur feiten öorfommcnb, bon biejem ^ebenlen aufgenommen toar (fo 3)alm. 78);
aber öieHeic^t barf man auc^ bermuten, bie gorm i^'h;; fei gar nic^t bie urf^jrünglic^e,
t)ielme^r ^abe bie ältefte 3Rafora ^i^"; ""r^. = Slbonaj äbonaj gelefen unb erft ft)ätcr
fei bafür — in einer ^Ät, ald bereit« ba« 6^ate>)l^ üblid^ getoorben toar — - ~i^, ^-"«, ge^
fe^t loorben.
20 2. !Die urj})rünglid^e 2lu«f^)rac^e. SBie ift nun ba« 2^etragramm in ber 3:l^at
in alter 3cit au«gef})ro(^en toorbcn? 3)afe bie äu«fj)rac^e ^c^oba nid^t in Setrad^t fommen
lann, ift bereit« oben unter l,b, gejeigt, bod^ ift bamit erft ein negative« ©rgebni« ge*
liefert, ^m ©rienntni« be« })ofitit)en I^atbeftanbc« l^aben h)ir nad^ 3^"0'^*R^'^ ^"^ ^^"^
älltertum über bie 3tu«f))rad^e be« l^eiligen Flamen« in ^«rael ju fragen.
25 a) I)a« ältefte 3^"Ö*^i^* ^^^^ ^^^ befi^en, bieten bie aff^rif^en gnfc^riftcn. Sie geben
9lamen h)ie 'i^r*?!^ C^rT^" ?) toieber al« Hazakija'u (Azrija*u V). 3)cr jtoeite leil
be« aSorte«, ber (t)gl. unter b) bcn l^eiligen SJamen enthält, ift fomit fc^on in ber 3^'*
be« 8. Sal^rl^unbcrt« bor 6^riftu« t)on ben äffv^em al« ^ai)u gehört toorben.
b) 6« folgen bie unmittelbaren 3<^wö"ift^ ^^ 3i%^ felbft, beren Äonfonantentcjt
.To jum 3:eil noc^ älter fein lann al« jene ^nfc^riften, beren l^eutige Cofalifation j|cboc^ feine
©ehjäl^r für unbebingte Urf))rünglic|feit bietet. Unter i^ncn ift junäd^ft bie Grflärung
be« ^eiligen Flamen« in 6j 3 namhaft ju mad^en. 3)er 5Rame ^"i^*" toirb bort mit "y;^ n?"^.
^;'"^?, foh)ie nac^^er mit "^v^ «Hein erflärt. 3)arau« ge^t für unfern 3^<^* K^^^^föfl*^ f*>^<«i
^crbor, ba^ jene ©teile J^^"" in na^e Se^ic^ung jum SSerbum ^"^ bejh). feiner 9?ebenform "^^
36 bringt ; unb 5ti>ar fc^eint ber SSerfaffer i^in*' al« 3. 5Perfon be« 3iw't>^<^'ft'^ äClal gu faffcn.
6r fönntc bie gorm alfo ^T}''- au«gef))roc^en l^aben, faß« nic^t Weitere (Srünbe eine an*
berc 2lu«f))rac^e emjjfel^lcn, bjh). forbem foHten. — ^n ber il^at finben ftd^ folc^e fc^on
im 3l2^e felbft. Unter ben in il^m bargebotenen 3««0ttiff^" für bie äu«f))rad^e be« 3:etra=
gramm« fommen nämlid^ toeiter^in bie jal^lreic^en Eigennamen in Setrac^t, in benen ber
40 ^eilige ®otte«name einen Seftanbteil be« ^erfonennamen« bilbet. ß« ejiftiercn bcfannt«
l\6^ jtoei Klaffen folc^er -Jiamen. 311« %\)pn^ mag einerfeit« l^i^^'l o\>tt '»Jt'i^ gelten unb Qn-
berfeit« ''"'IP.Tn ober "".Pjn. 2)ie ^orm "in^, ju|ammengej^ogen "i", tritt burc^toeg ate
Slnfang, bie ^orm '^~;, jufammengejogen !^;, tritt burc^toeg al« Slbfc^lufe be« Oefamtnamen«
auf. 2)abei fann fein 3^eifel beftel^en, bafe beibe, "in^ fotoo^l al« ""^1, ^ier al« Slbfürjungen
46 be« ®otte«namen« gemeint fmb ; bie ^age fann nur fein : ob toir i^re 3lu«f))rad^e richtig
überliefert befi^en unb fobann, toelc^c ©d^lüffe toir ou« i^r für bie Sluefjjrad^e öon "irr
gießen bürfen '^ SBa« ba« erftere anlangt, fo fommt un« für ''•"J; bie öor^in unter a) nam«
^aft gemad^te Il^atfac^c ^u §ilfe. 3)ie aff^jrijc^e SSBiebergabe beftätigt bie SRidjftigfeit ber
maforetifd^en 3lu«fj)ra4ie. ßinen ä^nlic^i jtoingenben Setoei« fönnen toir freilid^ für i^":
60 für bie alte ^z\t (bor LXX) nid^t fül^ren ; cier bie Slnalogie bon 'i"; unb bie X^t-
fad^e, baf; "n*; in i"' jufammengejogen loirb, bürfen al« l^inreid;enb gelten, um un« über
etiDaige Sebenfen ^intoeg^ul^elfen. gm übrigen bal. noc^ g^f^oto Sat3S a. a. 0.
SBa« folgt nun aber au^ beiben für bie aiu«f))rad^e ? 6« barf mit Seftimmt^eit
geanth)ortet toerben, bafe junäc^ft bie ^orm '^n; M nur berfte^en läfet, toenn angenommen
66 toerben fann, ber l^eilige 5Wame fei in erfter ©ilbe mit einem 3l'2aut gefjjrot^n toorben.
2lu« einem l^el^räifd^en SBorte '^^f^otya ober Sil^öe ober gil^ba ^ätte burcb JJerfürjung um
ntöglid^ ^a^u toerben fönnen, fonbem liöc^iften« ije^o ober eine äpnlid^e Silbung.
Sautete aber bie boHe g^orm ~i":, unb befonber« toenn fie ";"! lautete, fo lä^t jene ab«
füv^ung fw^ fel^r tool^l berfte^en, mag man fte nun nad^ Strt einer Serbaiform toic
6() in»T-9: beuten, ba« burc^ ÜBerfür^ung bon "T)*"^p: au« /H*"^'^"^ ober 1"*"^^: entftanben ift,
^I|tie 533
ober mag man fic lieber nad) ärt einer 9JominaIfonn h)ic '^, ^r;, ^?*': Derftel^en, bic
au^ nrri u. f. tt). abjiuleilen ift. 5RatürIicl^ mu^ and) im lefeteren gaUe für ben lUSaut
am ßnbe bad Seijjjiel jene« 33erbum3 ober ct\oa ba« bc^ Slomen« 'inb (für ;'v2 ober
1~3^ hjorau^ unter anberen Umftänben, bgl. j. S3. "^"JP, getoorben toäre "^ris) ^eram
gebogen toerben. Sgl. barüber Äönig 3fl*3B a. a. D. 2ä^ ft^ auf biefe SBeife aud^ bie ^orm 6
3ie^o erflären, fo barf fc^on bon f^ier au« mit ^öc^fter SBSa^rfc^^einlid^Ieit auf bie Slu«*
fprac^e ^a^t)c ak bie urf})rüngRc^e gefc^loffen toerben. 3" *>^ ^^^ f^Ö^ ^wd^ fte ftd^
jener (Srunbform o^ne ©c^loierigleit an. äu« ^l?!! loirb burdf^ äbtoerfung bee n- bie
Jorm ^^5-, au3 toeldf^^ ""'^ ^6^/ '^^ '^^ ^on nit^t auf il^r ru^t, nic^^t toie im vorigen
^He ein 'i^; loirb, fonbem mit SJortoerfung be« 93oIate junäd^ft ein p], toelc^^e« bann lo
ju 'in;' getrübt loirb, toie in fo öielen anberen ^öUcn, in benen ber alte 3)i})l^t^ong au
(aw) im §ebräid&en ju 6 getoorben ift.
c) Diefe« (grgebni« finbet nun feine Seftätigung au« bem 3«wö"i^ *>^ Äird^enbäter,
fon)ie l^eibnifc^er Sc^ftfteÜer. SKm l^äufigften toirb ber (Sott ber Hebräer afö 7aft>
Ö^ieron^mu« tiaS^o) bejeid&net, fiel^e bie Selege bei Saubiffm a. a. D. unb ©iHmann- 16
9wffd, @£' ©. 38. (£« lann Idnem 3h)eifel unterliegen, bafe bamit bie gnbung 'in;—
jener ©igennamen toiebergegeben loerben foH, aud) toenn bei ßlemen« bon älej. Strom. V,
6, 34 'laov, unb nic^t ttWa ^laovai ober 'laove ju lefen i[t. 3i^^ '^^^v toäre na«
türlic^ nic^t« anbere« afö bie birelte SQBiebergabe bon '»n; in gnet^if^en Suc^ftaben ; aber
e« bebarf feiner nic^t, aud^ '/aa> lann nur irgenbtoie auf 7aou ober ein entf^^red^enbe« 20
l^ebräifdbe« älquiöalent jurüdtgel^en (bgl. g. S3. 1 61^ 5, 81 [Bcoe Bcoxat] für ■^;5Si ober
ba« befannte 2'a33ovx für pri^). änber« Dietrich ^atSB III, 283. SBie e« freilid^
fommen lonnte, bafe ba^felbe, n>a8 im ^ebräifd^^en felbft immer nur in ber 3wfö>">"«»^*
fe^ung, nie für [xd), borlommt, ^ier gerabe mit Vorliebe ate felbftftänbiger ®otte«name
bd^anbelt loirb, ift eine grage für ftd^. Deli^fc^ (91® * VI, 503) ift ber SReinung, afö 25
fei neben ^al^öe aud^ aufeer Äom})ofition 3a^u al« felbftftänbiger ®otte«name gebrandet
iüorben. Slllein bie« lönnte hod) jebenfatt« nur in ber Solifötorac^e ber t?all getoefen fein,
ba un« bie ©c^riftft)rad^c nid^t bie geringfte ©})ur biefer SJ^atfac^e bminbet. &)cx ift
toa^rfc^einlid^, ba^ jene« ^al^u gar nid^t toirfli^ e^iftiert l^at, fonbem lebiglid^ t)on ©))ä=
teren au« jenen mit il^m jujammengefefeten SRamen toic Sefaja^u u. f. to. erfc^loffen 30
morben ift (3)illm. gj «, 39 oben). 3n feinem ^He aber ift man ju ber annähme be*
red^tigt, bie 3lu«fj)rac^e be« boHen Flamen« bürfe auf jene« 7aa> gegrünbet toerben.
a)em h)iberf))rid^t auf« grünblic^fte bie 2:i^tfad^e, bofe toir ©teilen befiften, in benen ge-
rabeju jene oben au« anberen ©rünben ermittelte 2lu«f})rac^e 3a^t)e unb fie allein ge*
forbert loirb. ©ie ftnb ber SRatur ber Bad)z nad) md)i jol^lrei^, aber il^r ©etoid^t ift 35
um fo größer. Sor allem aber ift l^ier a:^eoboret naml^aft ju mad^en, beffen oben er«
tuä^nte äu^erung JU ®j 6 toeiter^in bie 2öorte enthält: Kakovoi de avio IJa/biaQei'
rat juiv "laße, "lovdaioi de 'A'ia. Da« ledere ift ni^n&j t)on Qi 3, 14, jene« "laße
bagegen, in bem nur n^n: erlannt toerben fann, l^at gerabe im aJlunbe ber ©amas
riter um fo größere« ©etoid^t, al« fte an ba«9Serbot ber äu«f})rac^e be« l^eiligcn 9Jamen« 4o
im ©egenfafe'ju ben ^uben nid^^t "gebunben [xrit. SQäir erfel^en ^ierau«, loie Dalman
©.41 mit viidft betont, bofe bie 3lu«f})rad^e ber ©amariter auf lebenbiger Überlieferung
ru^t unb fomit alle ®eh)% ber 9li(^tigleit für fxd) l^at. 3)a«[elbe "laße tennt aud^ Qpx^
|)l^aniu« adv. haeres. 20, unb mit il^m lommt o|^ne 3^)^!^ *>^^ genauere £e«art "laove
ober "laovai bei 6lem. a. a. D. überein (ögl. Saaarbe in ®gä 1870 ©. 807, unb 45
©Vmmifta I @. 14). 3)aju ftimmt aud& ber neuerbmg« me^^d? (bgl. 2695 1896, 3)
betonte Umftonb, ba^ famaritanifd^e ©ebid^te ben 9leim nad^ nin-^ auf eh au«s
gellen laffen.
IL Sebeutung unb ^erlunft. SBeld^e« ift nun bie 93ebeutung bon ^"JH-^
Um biefe ^age gu beantworten, l^en toir gunäd^ft auf bie grammatifd^e ^orm be«6o
2Borte«, fobann auf feine trabittoneHe gt^mologie gu ad^ten. ©oUten [xd} ®rünbe er^
geben, über bie le^tere l^inau«gugreifen, fo loäre auc^ bie ^age au^eri«raelitifd^cr 3tbs
ftammung be« SBortc« unb bamit jugleid^ biejenige fremblänbifc^er §erlunft ber ©ac^
felbft in grtoägung ju gtel^.
1. 3)ie altteft. Überlieferung, a) 911« l^ebräifd^e« SWort bctrad^tet ift Trry: jubs
einem 33erbum ^"i^ ("t^) ^u fteHen unb e« lann bon jenem 3Serbum an ftc^ fotoo^l
eine bifilifd^e Silbung al« eine ¥Älf<>tm fein. 3n beiben göllen ift ba« SBSort al« Igm*
perfeftform (Sag. ßogitatib) gu fafjen. SRic^t unmöglid^, bod^ minber toal^rf^einlid^ ift bie
t)on Äönig 3at2B ©. 174 f. borgetragene Sluffaffung, md) toelc^er nm-^ au« ber 2lna*
logie berjenigen SWomina gu beuten tpäre, bie burdfi ^o\> beribiert loerben j^. 33. «o
534 ^ne
n:r:* = T?:. Sincrbing« lautet baö SiiHJcrfcft Kai öon "-n bcfanntlid^ rj-;ri:, nic^ft
H**;?!:, cbcnjo bojJ ^crfclt 9JifaI n;n? nic^t n;ri2. 2)em cntfjjrcd^enb Wäxc aud^ bei bem
feitenen "^^ = fein (f. unt.b) eine Kaiform nin*:^ nid^t ""^i. gu atüarten (bo<^ f. nad^-
^er). 2lud biefetn ®runbc tooHen mand^e in n-^n^ lieber eine §ifilform fe^en. allein eö
6 ift — abgefel^en t)on ben aud ber Sebeutung ju gett)innenben ©rloägungen — ^ier jc^on
gu bebenlen, bafe fotool^l ""ih = gefd^e^en, fein, aU '^^^^ fonft lein $ifil lennen unb
ber 9Jatur ber ©ad^e nad^ iDol^I aud^ nie eine^ befeffen l^aben : für „gefd^el^en mad^en"
ober „fein machen" gab e^ einfad^ere Sporte toie ctu>a „machen", „fdjjaffen". Sebenfaßö
aber liegt, grammatifc^ angefe^en, tro§ Sagarbe, Überfid^t ©. 137, leinerlei 9Jötigung gu
10 j^ifilifc^er S^ftw'^Ö bor, ba aud; bie i; olformen ber SSerba primae gutturalis begto.
primae ^ gelegentlich bei feflem ©ilbenfc^lufe a ober e ftatt i in crfter Silbe ^aben
(nrn:, rm^^ in^^ i^ztin §i 19, 3)^ aufeerbcm befonber« Flamen h)ie "^^n:, ^ty:':^ -,2t:,
np^! biefeibe Silbung berraten. SBenn tro^ ber fonftigen Silbung ";:n? ^ier, ben eben=
genannten Stnalogien folgenb, eine Silbung njri: eintrat, fo fonnte fte rec^t hjo^l i^ren
15 (Srunb in bem SSeftreben l^aben, ba« SBort, U>o e« 9Jame fein foBte, bon ber ge»üö^n=
lid^en 3Serbalfonn gu untcrfc^eiben. S)o4^ lönnte J^.:""^ ftcitt '^:^1 [xtS) and) (3)illm.) au«
bem mittleren ^ot> erllären.
b) Sffiie lä^t fid^ nun biefe Kaiform überfe^enV ober erl^eifc^t etloa bie ©d^ioierigs
leit einer bom Kai abgeleiteten Seutunß boc^ nod^ bie l^ifilijc^e @rtlärung be« S93orte«'!f
20 Selanntlic^ bietet ba« Wt un« felbft einen au«fü^rli(|fen SBorfd^lag gur Deutung .unfere«
®otte«namen«. 3" ®J^/ l-^ff- fr<^ßt 3Mofe (Sott, toa« er, faß« bie 3«raeliten inSlg^^^ten
il^n nad^ bem SRamen feine« (Sötte« fragen foHten, i^nen antworten tonne unb erl^ält ben
»efd^eib n^rtw; n^t? n;;™, toorauf (Sott nod^ bieSBorte beifügt: bu foUft ben 3«raeliten
fagen, JT'j^n l^at m\d) gu eud^ gefanbt. 3>er 3Serfaffer bon ®| 3, U (E) läfet fomit
25 feinen 3^^f^I barüber, ba^ er Sal^be burd^ '^^ '^ 'fi< ober lurgtoeg bur^ n^n^ crflärt
toiffen iuiU. ^n bie britte ftatt ber erften ^erfon umgefe^t toürbc bemnad^ "'•i:' fobiel
al« ^^^\ 3. $erf. 3nH)erf. Kai bon ^•'^, bebeuten. SWun bebeutet n-^n, ba« unfer «er--
faffer o^ne toeitere« für ir^t^ einfe^t, gunäc^ft nid^t „fein", fonbem „gefc^e^en, eintreten,
toerben". 6« begeic^net urf})rünglic^ ni^t ben Segriff bc« abftraften ©ein«, lüelc^er
30 überl^au})t erft ein ?ßrobuIt ftoäterer SReflejion ift, aber aud^ nid^t ben be« rul^enben ©ein«,
be« 3)afein«, ©jiftieren«. aSielmel^, hjie bie faft gal^llofe 9Rale t)orfommenben a3Jcn=
bungen "'h;'] unb i^^^l = „e« gefc^al^, e« entftanb" unb „e« hrirb gefc^el^en, toirb eins
treten" belöeifen, begeic^net i^*"^ |au))tfäd^lid&, unb o^ne S^tx^l gugkid^ urf})rün9li(^, ein
betpegte« ©ein, ein in« geben treten, alfo „gefc^el^", „eintreten", ©rft in gJoeiter ginie
36 lommt bie anbere Sebeutung in ^aQt; in biel felteneren ^äüm, unb erft in abgeleiteter
SBeife l^eifet bann i^^ and) „bafetn, ejiftieren, \xd) befinben" (f. (Sefcniu«=S3ul^l, Sejil.",
©. 195). SBSirb biefer Sefunb auf unfere Stelle angetoanbt, fo toirb e« nid^t toa^d^ein-
lidb, bafe fte gu überfe^en ift: „^d) bin ber id^ bin" in bem ©inne, ba^ 3s<^be ben an
ftd9 ©eienben bebeute. ©0 teeint LXX fyd) elju 6 cbv bie SEBorte gefa|t gu l^aben; fie
40 legt bamit einen (Sebanten 9dleniftif(|f jübifd^er ©})eIulation in ben lejt l^inein, ber d^m
fidler fremb ift. Slber aud^ bie 5<^ffung „^d^ »oerbe fein ber ic^ fein toerbe", ^aofiai (og)
eoofiai, bie auf Slquila unb ^eobotion mrüdgebt unb fomit tDol^l im (Segenfa^ gu
jener ale^anbrinifc^en bie fbötere einl^eimifcp jübifd^e S)eutung entl^ölt, ber auc^f Sut^er ftd^
angefc^loffen l^at, gel^t nadp bem (Sefagten nic^t an. 9luf fte grünbet fic^ bie geläufige
46 jübifc^e Ueberfe^ung „ber ©toige", h)ie benn auc^ ßutl^er fagt: „er fyit . . . leinen an«
fang nod^ ®nbe, fonbem ift bon ®tt)igfeit ^er" (316* VI, 505 3Inm.); aud^ fte ift ber
9lu«flu| fj)äter ©})dulation.
SSielmebr ift gu überfe^en: „3d^ bin — ic^ ber id^ bin" ober loa« ba«felbe bebeutet :
„3db bin al« ber tc^ bin" unb fobann: „3c^ bin ^at mic^ m tud) gefanbt". 3)er ®e=
eobanfe ift bann, ba^ ^^^be feinen SWamen ba^in erHärt: ©ofem unb toeil ic^ bin im
em})^tifd^en ©inne (nid^t blofe ejiftiere, fonbem in bie ©rfc^einung trete, mic^ betätige,
mid^ offmbare), ^eifee ic^ „^c^bin". 3)a« aßeinftel^be n^n« fa^t bann biefe (Srilärung
gufammm: „3c^ bin" b. ^. nic^t ber ©eienbe, ©liftierenbe, au4 »tic^t ber 6h)ige, fon«
bem toieba: ber fidj^ Setl^ätigenbe, Dffmbarcnbe, alfo ber gebmbige unb i^^If^^^ wM
66 mid^ gu euc^ gefanbt". SWad^ biefer 3>eutung liegt benn in ber %bat in bem SBorte ga^be
nad^ j«^'^ wn^ 3"^t ba«ienige, toa« ber 3wfö"^"^^^Ä«Ö ^<^ ®telle erh>artm lä^t: e«
ift fotüo^l bie Slbleitung bon ^^n in bie ©rfd^einung tretm, ftc^ betl^ötigm (bgL X*^p.
"^ ""^1) getoal^t, al« auc^f ber ©rtoartung be« 93oUe« in ägv>>tm aenügt, ba« eine m($t
^i)toa feinem ^)^ilofoJ)l^if(|fm 3)mlen, fonbem feinem lonfreten äebürfni« entgegenlommenbe
eo Deutung feine« (Sotte«namen« ^^en n)ill. SSield^er Steid^tum bon ä3egiel^ungm in biefer
^^He 535
?^ffung bc^ ©otlcsfnaincn^ ließt, bcbarf nur bcr Slnbcutung, um fofoit ctfid^llid^ ^u Jucrs
bcn. ätö bcr ©Ott, bcr fid^ bctJ^ätigt, ift 3a^toc Dor ollem bcr Scbcnbigc; olS^nc ba^
fjjrad^lid; !^'" unb "^n unmittelbar jufammengcl^örcn, ift hoi) bc« ©Icid;Han{j^S unb bcr
inJ^altlid^cn Seriüanbfd^aft iDcgcn eine Segie^unö ganj natürlich, ©o ift in bcr %f)ai bcr
©Ott S^graclö ate ^al^bc pgleiclf^ *>^ "^ *'^ «"*> t>«^ ©c^hjur "i^"' "^n ift bcr gcläuftöc 6
©d^tour 3«racte. @r to\ü nid^t ettoa berfic^em, bafe ^a^be lebt — ba^ berfte^t [id) bon
fclbft, fonbcm (^^n j^at l^ier ebenfo em^jl^atifc^c Sebeutung tok s^^n in nirr^) ba^ Sa^bc
überall in 5Ratur unb ©efd^ic^tc fic^ ate lebenbig ertoeift, fid^ fräftig bet^ätigt, überaß
fein Seben unb SBaltcn \püxm lä|t. So ift er ber ©Ott ber ©cf^ic^te, bcr in ban
Seben feinet 3Jolfc^ in ©lud unb 2eib fein Sffialten unb [\d) felbft lunbt^ut — ber lo
Sebenbige ift für ^^xad jugleic^ ber ^ilfreid^c; fo ift er in ber ©efc^i(^te unb neben il^r,
ber ©Ott ber Offenbarung ber in feinem %i)un unb au^erbem burd^ ben SKunb feiner
Äned^te feinen SBiUen offenbart; fo ift er cnblic^ ba ©c^ö})fcr unb §err — gunäc^ft
feinc!^ SSolfe« unb jebe^ einzelnen, tociterl^in bann auc^ bon ^immel unb 6rbe unb bcr
$crr aller SSölfer unb Sänber. ©otoeit liefe ftc^ ba« SBefen Sal^uc« auö bent blofeen 15
Segriffe ableiten. @iner f})äteren 3^^* ^ar ce bann borbel^alten, aud^ bic Sloigfcit unb
Unt)cränberlid^Ieit Sa^be« au« ®j 3, U ^erau«julefen. SBenigften« fd^einen ©teilen n)ic
3cf 40, 28; 41,3: 43, 13; 44, 6 bic« anjubeuten (f. bef. 3)eli^fc^, m* 504 f.). aber
^ier liegt fd^iocrlicp bie urfjJrünglic^c, bon E in« Sluge gefaxte ©rllärung bon nin-^ ju
©runbe. 20
a)ie ^ier borgetragene Deutung bon 6j 3, 14 berül^rt ftc^ na^e mit ber fd^on bon
3bn ß«ra unb f})äter t)on 3. 3). SKic^aeli« borgetragenen, neuerbing« toieber burd^ SBetts
l^aufen, Äom|)oftt. be« Öejat.* 72 aufgenommenen. Se^tcrer tiberfe^t: „Sin fmtemal id^
bin". (Sine berartige 25crtoenbung bon ^"»^fi« = ■'^, toeil, ift burc^ ©teilen ioie 1 Äg
8, 3:3 (bgl. 2 6^r6,24) erhörtet, unb bafe (©ittm., ©öWe grageaJlofe«: „toa« fott id^ juas
i^nen fogen" biefe tJ^ffung berbiete, lann nic^t guaegeben toerben, ba ja ba« folgenbe:
„^d) bin ^at mid^ gu cud^ gefanbt" bie eigcntlid^e, für bo« 3SolI beftimmte 3tnth)ort ift.
Irojbem fd^eint mir bie borgcfc^lagenc ^ffung rid^tiger, toeil nid^t eine, toenn aud^ be=
legte, fo bo^ feltenere Sebeutung bon "i^n, fonbem nur eine tüeniger geloö^nlid^e Äon^
ftruftion cxpA\(i)i toirb. hingegen toerben burd^ biefe 2)eutung eine SRcil^c anberer, bie in so
neuerer S^xt no6) borgetragen toaren, au«gcfd^loffen. ^^näc^ft bie t)on ©toalb unb in
tttoa^ anberer gorm (nac^ Slafd^i) bon SB. 9loo. ©mit^ unb einigen anbem getoä^lte
gaffung „id^ tocrbc fein toa« ic^ fein toerbe" — nämlic^f ^P. mit eud^, alfo euer Reifer
unb »ciftanb (bgl. ßtoalb, SBibl. Il^eol. II, 238; ©mit^, The prophets 385 ff.). aJlit
Siecht loenbet gegen fie 3)illmann, ej'37, ein, bafe l^ier gerabc bie ©aujjtfad^e, auf bie 86
c« anfommt, nic^t au«gebrüdft, fonbern gu beulen gegeben fei, unb bafe eine fold^e ©inn-
ergängung nid^t angelte. Slber auc^ bie bon 3)illmann felbft a. a. D. ©. 38 gunäd^ft be-
Dorgugtc grfldrung lann nic^t richtig fein. @r erllört nad^ 3- 33. Stoppe unb 3. %. 93edE
„ic^ bin ber ic^ bin" nämlic^ „ein feinem SBefen nac^ Unnennbarer unb Unerflärbarer".
v^m ©runbe \)ai bamit 3)illmann auf bie bon i^m felbft mit ©ntfd^ieben^eit öertoorfene 40
obtoeid^enbe Deutung bon ßlericu«, S)at^e, Sagarbe in 5Pf alter. §ieron. 156 gurüds
gegriffen: „id^ bin eben ber idb bin, glei^giltig für eu(^, toer ba« ift". 3Jlit dU6)t ^ai
ba^er 3)illmann im toeüeren SSerlouf @. 44 biefe (grflärung toieber fallen gelaffen unb
fogar älltteft. 3:^eol. 217 au«brü4lid^ gegen fie })olemiftert, ba fotoo^l 93. 15 al« ba«
JT'^N in 3J. 14 gegen fie fjjrec^en. 9(ur betont ^illmann bort ba« 5D?oment bcr Um 46
beränberlid^Ieit (unb 2^reue) im Segriffe bonga^be, toie E ü^n tennt, ftärler al« c« nad^
ber obigen Srihrterung angebt
2. @ine gong anbere grage ift nun freiließ, ob über^au^t biefe im %% bor»
licgenbe et^mologie binbenbc Äraft für un« l^abe. 6« läfet ffd^ nid^t beftreiten, bafe
ba« äl2i mel^r al« 6ine Deutung eine« ^crfonen« ober Drt«namen« barbietet, bie lebigK(|f 60
ber SolI«überlieferung entftammt unb ben ©efe^en ftreng toiffenfd^aftlic^er Unterfud^ung
gegenüber bie ^ßrobc nic^t gu Italien im ftanbe ift. Son ^ier au« angefel^en, fd^eint e«
ni^t gu ben Unmöglic^Ieiten gu gel^ören, bafe toir e« auc^ in @£ 3, 14 mit einem blofeen
Serfud^e, bie Sebeutung bon ^a^be gu erflärcn, gu t^un l^aben, bafe un« bagegen bie
^flic^^t obliege, tro^ jener ©t^mologie nad^ ber toal^en älblcitung bon S^^be gu fud^en. 56
3n bcr Il^at finb Serfuc^e biefer »rt in 5Kenge unternommen toorben unb fte toerben
immer neu fortgefe^t unb ^ben aud^ borau«fi(|tli(^ nod^ nid^t fo balb i^r @nbe erreicht.
©ic teilen ftc^ in gtoei J&auj)tllaffen. 3)ie eine bleibt bei ber Slnnal^mc fte^en, ba^ S^^be,
iücil burc^ aWofe eingefü^ unb ^ebräifd^ äbhmft, einer ^ebräifd^en SBurgd cntftamme
unb begnügt ftd^ bemgcmö| innerl^ be« 6<Mihhm nadji einer anbem @rllärung gu go
536 ^a^tie
fraöcu ; bic anbcrc ift bcr 3)Jcinung, c^ fei übcrl^aiHJt nid;t möalid;, ba^ SBort ^df)t)c au^
beut §ebräifc^en gu etHären, lonne eö aud^ nic^t jein, ba 3^9^^ felbft feine urfjjrünglid^
l^ebräifd^e, onbem eine Don au^en l^er md) 3«racl cinöelpanberte ©ott^eit fei. auf
bicfem ^Punfte gel^t bie ^xaac nad) ber Sieutung be« SEBorte« 3^^^^ ^^n felbft in bie nad^
6 ber «bfunft be« Ootte« ^a^be über.
a) 3)ie erftere (ärm^jje t)on ©rflärem ift teiltoeife öon bem (Srunbfa^ ö^I^i^^^/ ^^^6
„ber Seflriff beS ©ein^ toiel ju abflra!t unb refleftiert fei, um an ber Pforte einer Ste^
lifjion in fte^en, bie nte^r bringen tooHte ate meta))l^^iftf(^e (Srunbbegriffe" (2it. Gentrat
blatt 1881, 171). ©0 berechtigt biefe aud^ in be« SJerf. ©efd^. ber Hebräer I, 222 jum
10 aiu^brudt gebrad^te @rU>ägung ift, fo trifft fte bod^ nur gu gegenüber jener oben abge^
lehnten ^Jaffung bon Hin- unb H-n^ bie in n-n ben Segriff be« reinen ©ein« fielet,
nid^t aber gegenüber bcrjenigen, bie i^'^i^ afe „in bie 6rf(^einung treten", fomit aU Ion-
tretet be^ie^ung^reic^e^ ©ein fa^te. gd^ l(^abc fte ba^er feit einer Slei^e bon ^öi^ren ju
(Sunften jener anberen aufgegeben, ©ie ift erftmafe Vertreten toorben toon ^o^. (SlericuS
15 (2e Giere) 1700, ber nirj-» ate yeveoioi'gyog seu creator et effector renim beutet,
hjeiterl^in t)on ©efeniuö im SEI^efauruö 577, fobann t)on Sagarbe in gbm® (1868) XXII,
:]31 unb im Psalterium juxta Hebr. Hieron. 153 („berjenige, toeld^er in« S)afein
ruft"), aud& Überft^t k. 137 ff. (ber „3}er^eifeung in« 3)afein ruft"). Sagarbe gel^t
Don f^rac^ltd^en @r)oägungen au«, über beren ©runblofigleit fc^on oben unter a
20 bie 9tebe getoefen ift. aber auc^ abgefel^en, Don i^nen läfet fid^ nid^t Derfennen, ba^
hjenigften« feine le^te Deutung an ber Sd^toierigfeit leibet, ba^ ^ier ba« 2i5efentlic^e,
nämlid^,.ba^ ftal^De feine aSer^eifeungen erfüllt (S)illm.'3i^ffel« 40), erftl^imugebac^tttjerben
mufe. 2i[bnlid9 i)abm bann aud^ ^d^raber in ©c^enlel« Sibellej., SJeftle 3i^r. ©igen^
nam. 88 ff., D. SBaubiffm ©tubien I, 229, Äatofer^9Kartt Siel. ®efc^. « 62 u. a. ^al^De al«
25 ^ifilifdf^c KaufatiDform faffen tüoHen, mm 2^eil mit ber (fjjrac^lid^ jebenfall« rei$t toroble=
matifc^en) aJlobifilation, bafe ba« Serbum n^n leben, ju n-^n abgefc^toäc^t, afe ®runb-
form anjune^men unb bemnac^ ju übcrfe^en fei: ber Seben ©c^affenbe, ©d^ö^)fer, j^um
3!eil mit berjenigen, ba^ SKofe in ^aif)DC „ben ba« (Sefc^fe^en, bie (Sefd^id^tc betoir*
lenben", „ben bie greigniffe (Slettung au« S[gV})ten) ^erbeifü^renben" erfannt ^abc
uo (Jlavfer-^larti). Slllein alle« in allem barf gefagt tverben, ba^, toenn über^au))t bei ber
aibleitung Don l^ebr. n-tn = rm fein fte^en geblieben toerben foll, ftd^ leinerlei jlDingen^
ber ®runb erfe^cn lä^t, Don ber Kaiform „ber ©eienbe" in bem oben befc^riebenen
©inne Don 6| 3, 14 oijuge^en, ba f})rad^lic^ niri: al« ?albilbung burc^au« juläffig, ein
^ifil Don ^"n l^ingegen burc^au« nid^t gu belegen, aud^ gar nid^t loal^rfd^einlid& ift, fo-
3ö toie ba, toenn bie laufatiDe, l^tfilif(|fe Slbleitung in alter ^cxt in 3«rael üblich getüefen
toäre, il^r DoDftänbtge« SSergeffen« unb Sefeitigtfein fc^on tn ber 3^^* ^^ E \d)tocx ju
Derftel^en Joäre.
b) aber l^aben toir überl^au})t bei l^ebr. ^^'^'f^ = fein fte^en ju bleiben? 3)a« femis
tifd^e Sejilon ttjeift nod^ anbere, jum leil aud^ im §ebräifd^en Dorl^anbene ©tämmc
40 ^"!" (""1") auf. 6in ^ebr. 9lomen J^J^ unb ein 9lomen ^"jn, beibe „SJerberben" bebeutenb,
toeifen auf ein Serbum J^in „fallen", ba«, fall« ber %t richtig ift, aud^ §i 37, 6, jeben^
faß« aber im 2lrabifc^en Dorfommt; unb ein anbere« 9lomen "^,n „Sege^ren" toeift auf
ben ©tamm J^in (Dgl. I^ebr. ^ifi<) „begehren", beffen ©runbbebeutung nad^ bem Slra^
bifd^en al« „iuel^en, l^aud^en" angenommen toerben lann. ^r ben %oä nun, ba| an«
45 genommen toerben bürfte, ba| ^oi^^yt ein lange Dor ÜRofe f^on in 3«rael, ober bei ein-
zelnen (Sefd^led^tem ber 3Säter be« mofaifd^en ^^xatl, ober aber bei aufeeri«raelitifc^en ©e*
miten belannter unb Dere^rter ©ott mar, ben 3Kofe nic^t erftmal« geoffenbart, fonbem
lebiglic^ nadj^ ^^xad übertragen bejh). beim ©efamtDolt (neu) eingebürgert l^ätte: fo toörc
natürlich auc^ teil« leinerlei ©arantie bafür gegeben, teil« au«gef(^loffen, bafe Sal^De ge«
50 rabe ein au« bem un« belannten §ebräif^ abjuleitenber SJame toäre, Dielmel^ Ratten ioir
bann alle« Siecht, nac^ ^einem bem übrigen ©emtti«mu« geläufigen ©tamme J^'^n ^u
fud;en. ^n biefem %(ätz, befonber« loenn ber ^al^Dimu« gar nid^t eine genuin i«raelis
tifc^e ©rfc^einung, fonbem ein urf})rünglid^ ^eibnifd^e« ©ebilbe toäre, toäre natürlidjf
aud^ ^um Syorau« alle SJa^rfd^einlid^Ieit Dor^anben, baf; bie ©runbbebeutung be« SBorte«
öö un« tief in bie 3Sorftenung«toeife ber SJaturreligion l^inein fül^rte.
3)emgemäfe l^at benn fc^fon Sagarbe, Drientalia II, 27 ff. ben Don i^m felbft fxaxlxd)
toieber aufgegebenen SJerfud(f gemacht, ^af}\>z Don "rt-a „fatten" ab;\uleiten unb al« ben
„gaDenben" b. ^. (Dgl. ®en 28, 18)ba«S5ait^lion ober aber (al« .^ilfilbilbung) al« ben
„f^äHer" b. 1^. ben (Setoittergott, ber S3li|e fc^fleubert, ju beuten. ^I^m l^aben ©tabe,
♦w®c|c^. 3«rael« I, 429. 441 ff., u. o. jugefiimmt, tooju nod^ Derglic^^en tocrben mag
S^^t 537
SB. »lob. @mit^, The Old Test. 423 („ber ben SMcgen j^erabfaffcn läfet"), Sd;ii>o%,
Rbm® 52,136 G/Sc^lcubcrcr") unb Äerbcr, ^ebräif^e eigennamenSS (bcr gaUenbc,
SWc9ncnbc?'0/ hJö^rcnb .öoljinger ©nlcttung in bm ^ejotcud^ 204 in näherem 5anfci^Iu|
an ba« f)Ax. n;n unb njin ,,gSetbcrben" Sol^bc afö ben ^^Rerftörcr" faRcn toitt. auf
bcr anbem Seite erflärt SöcU^aufen, Sfijjen III, (Slefte 2c.O 175 unb S^r. (Sefd^.* 25 5
Sai^öe ate ben „§auc^cr" ober „SQBettergott", alfo etgentli^ einen (Sott be« SBinbc«,
toeld^c S)cutung ifd^ nal^e betül^rt mit ber fd^on bon ßtoalb, ®efc^. 3«r.* II, 221 ver-
muteten, bafe S^^be „ben leud^tenben fiuftraum (bgl. arab. ^'(^ Suftraum) ober
§immel" bebeute, nur ba^ SBeH^. SQBert barauf legt, bafe im 312 bie (Sottl^eit ni(^t in
bem blauen, fonbem in bem betoegten i^immel angejd^aut toerbe ; nic^t ber §immel afö lo
aßtäglic^e Sic^terjd^einung mad^e einen folc^en ©inbrudf, fonbem bie aufeerorbentfid^en ®r*
jd^cinungen beö im SBetter betoegten ^immete.
c) ^eilic^ f^at man fic^ nun über^auj)t nic^t begnügt, ^al^be au« bem bem ^ebräifd^en
näc^ftbertoanbtcn arabifdf^en ©})rac^gcbiete obguleiten, fonbem ^at ju fernerliegenbcn, fclbft
aufeerfemitifd^en Oebieten feine Ru^ud)t genommen, ©d^on eine Steige älterer Tutoren iuie i5
bon ber älm, ßolenfo, Sanb, Senormant ^tten bie 3Reinung au^efjjroc^en, bie ©rtoä^
nung be« SRamen« 7aa> bei grieAifd^en ©d^riftftenem toeife barauf ^in, ba^ ba« alttefta«
mentlid^e ^^i^^ au« bem l^eibnifqen ©emitentum entnommen fei. (Gegenüber biefer 3:^efc
^at b. Saubifftn, ©tubien I, 181 ff., in eingel^enber, ben bamaligen ©tanb ber 3)inge
crfd^öjjfenber äb^anblung ben Jladf^tüci« gefül^rt, ba^ jener 7aa> fid^ überaß auf ba« ao
altteft. letragramm jurüdEfül^ren lajfe. 3)ie für ba« griet^tfd^e 7aa> ermittelte %M^
glaubte Saubiffm (©. 220 ff.) audj nod^ gegenüber Senormant unb ©d^raber aufregt
erl^alten gu lönnen, bie in ^af)\>t einen au« ©brien bejh). Sab^ilon ftammenben (Sott
crtennen toottten. 6ine §auj)troße in i^ren ä3etoei«grünben f})ielte ber SJame be«
^'önig« Igaubtbi Don ^amat, beffen auc^ ^lubibi gefd^riebener 3latm auf eine (Sott]^eit26
3iau l^inloie«, in ber bie ©enannten eine uralte ©ott^eit ber beibnifd^en ©emiten
fal^, bie bon Sab^lonien au« gu ben Stirem unb ftanaanitem gefommen fei; f. bef.
Ääl» ©.3 ff., »©.24 f. SBaubiffm erllärte jenen (Sott^al^u burd^ Sntlel^nung au« 3«rael.
§atte biefem Urteil ^Jriebr. SJeliftw urf})rünglid^ (bei SBaub. ©. 227) beigeftimmt, fo glaubte
er bagegen 1881 in feinem 35u^ über ba« ^arabie« ©. 158 ff. ©Araber« ^Partei ergreifen ao
ju foUen unb gelangte ju ben ©äften: ber in 3^wel ftet«, ja biclleid^t au«fdE>Itepd^ üb-
lid^e ®otte«name fei '^^;, ?^^, toic bie ftete ßwföntmenfeSjung mit ^Qi){\i), nie mit S^^be,
unb 9Jamen toie laubi'di betoeifen; ^af^n fei erft nachträglich ju Igal^be umgemobelt
im ®egenfa^ ju jenem ben §ebräem mit ben ^f^iliftem unb Äanaanäem gemeinfamen
^a\)u, ba« feinen Urfjjrung in Sab^Ionien unb gtoar in (e^ter Sinie bei ben borfemitifc^en 86
Selool^nem Säbel« l^abe (al« I u. la). 3)eli$fc^« 2:i^efe erfuhr fofort grünblic^en SBiber*
fj)ruc^ burc^ Stiele in IM. lijbffr. 16(1882) 262 ff., gr. 5P^ili})J)i in 3tfc^r. f. 9Sölfer»)fVd^.
14 (1883) 175 ff., Äuenen SBolf«religion 307 ff. 3:ro^bem tüurbe fie loenig mobifijiert toie«
ber aufgenommen burdf^ ^ind^e« in ben Proc. Soc. Bibl. Arch. 15 (1892) 13 ff. (Yä
and Yäwa [Jah and Jahweh] in Assyro-Babyl. Inscriptions), ber auf eine SReil^e 4o
aff^.5babl;l. ©igennamen auf ia, ft (a-a), iama u. bgl. bertoeift unb in il^nen jenen
®ott ^af)Vi erfennen toitt (j. S3. Naadbijau = ^^2-13 709 b. 6^r.), toeiter^in bon
SBSindfler, ®efc^. 3«r. 36 ff., ber ben i«raelitifc^en ^al^be al« (burc^ 35abib eingefül^rte !)
Sergeiftigung eine« alten au« Sab^lonien l^erübergelommenen ben SSBeftlänbem (Äanaa*
näem) gemeinfamen (SBetter*) ®otte« 3a^u anfielt. 3lm ©inai bilbete ftd^ mit ber ^zxt 46
unter ber ^jJriefterfc^aft biefe« 3al^u eine eigene ®e^eimle^re, bie ^al^u al« ben §errn oue«
©ein« fafete, unb 3)abib Jtoang biefen „?ia^be be« etoigen ©em«" ben g^^^^lp»""^^
auf an ©teße be« alten SBettergotte« ^c^u, Snblic^ ^at jüngft grife Äommel toieber
bie bab^tonifd^e §erlunft ^al^be« mit 5Rac^brudE bel^au})tet (2nti«r. Überl. 115 unb Ex-
pository Times 1899, 42 ff. ; bgl. ebenba ©a^ce 1898, 522). SBJefentlid^ neue« 9Ra* ßo
terial ift aber auc^ ^ier gegenüber bem bereit« bon 3)eli^fc^ unb $inc^e« mitgeteilten nic^t
borgefü^rt.
Ueberfte^t man bie ganje bon ben genannten Slff^riologen enttt)idelte 9eh)ei«fü^rung,
fo lann man fi(^ be« (SinbrudE« nid^t erloe^ren, ba| ba« feinerjeit bon 3)eli^fd^ felbft (bei
Saub. 227) gefällte Urteil: „3)er bermeintlid^e 3a^be finft jg^iemac^ ju einem "^ ju« 66
fammen" im toefentlid^en nod^ feine ®eltung ^abc. ®enn tlj^ätfäilic^ ift lau ebenfo toie
ba« blofee i nur al« 9iame be« Suc^ftabenjeic^en« für ni, ba« aud^ ilu = ®ott bebeuten
fann, nad^geloiefen (bgL ba« Syllabar S*, j. 8. in 3)eli^fd^« aff^r. Sefeftüdfen), nid^t al«
9Jame einer ©ottl^eit. 3luc^^ bleibt e« bei bem Urteil Äuenen« (a. a. 0. 310), e« fei mc^r al«
638 doliiie
jU>cifcl^a|t, ob jene tDcitcrc (Sntbc(!u»{j jcmate ßcmac^t tucrbcn tucrbc. 3)ic im übri^jcn (^cijcn
jene Slfieortc fjjrcdbcnbcn (Srünbc ftnb faft cntfd^eibcnb. 3)afe ^o!f)Vi unb ^alj (^r) bic (Srunbf onn
unb nic^t Diclmc^r Slbfiinung Don 3^^^^ fei, ift an fid^ in ^o^cm ©rabc untoa^rfd^cinlic^,
bor allcni, toenn man bcbcnft, toic ba^ alttcftamcntlid^c ^7 burdf^^^w^ b<^" ß^araftcr einer
6 ^)oetif(i^en unb liturgifd^en äJerfürjung be« ©runbtporte« trägt (bgl. bejonber^ \>a^ ^öuf^öc
n7'^V:?r; unb baju toie jur ganzen ^age SR. Jiaftrott) in ^tfc^r. f. äff. X 222 ff., 3at2B
XVI Iff. Q^ tüirb aber fo gut toie au^efc^Ioffen burd) bie bon 3)eli^fc^ unb feinen an*
gangem lange nic^t au^reic^enb getoürbigte ^^atfad^e, bafe fc^on 50lefa um 900 t^atfäc^s
lic^ 3;al^be ("''^''), nidbt ettoa 3a ober 3al^u O-"^, ^^^) fdf^reibt. SBitt man bem bon
10 SBindler au^ebad^ten Stoman einer burc^ 2)abib boH^ogenen getoaltfamen 9iamen^nbe=
rung be^ ®otte« nic^t beit)flic^ten, bon ber un«, obtool^I toir bodS^ fonft manc^e^ über
3)abib toiffen, nic^t bie leifefte Qpux überliefert ift, ^egen bie aber bie fortge^enbc Ser^
ioenbung bon ^ai)u in ber 3wfcunmenfe^ung entfc^ieben fj)ri4>t, fo bliebe nidj^t^ übrig,
ate mit 3)elifefd^ angunelfimen, ba^ bie alte ^^rm ^af)n ftc^, toie eben jene ßigennamen
16 betoeifen, noc§ lange, ja faft auefc^liefelid^, im SJolföbrauc^e erhalten f)aU. ^al)\)t müfete
bann bid in f})äte 3^^*^*^ ^«^ ©igentum engfter Äreife geblieben fein — freilid; toeld^er'^
ift fd^toer gu fagen, ba bie ^erborragenbften ^riefter, 5ßroj)l^eten unb Könige toie Urija^,
Sefajal^, §t«;fij|a^ fic^ nac^ S^W«) nannten. S)em toiberjjiric^t nun aber 3Refa aufjJ be^
ftimmtefte. S)enn toenn irgenb jemanb bcn gemeinüblid^en, nic^t ben internen ®otte«=
20 namen S^^^ete gebraud^en mufete, fo toar e^ ein l^eibnifc^er Äönig. SJennt 3Refa ben
(Sott S^rael« Sal^be, fo liegt barin ber jtoingenbe Setoei^, bafe fc^on um« 3a^r 900
Sol^be oer übli^e 9Jame biefe« (Sottet toar. 3ft er e« aber bamafe getoefen, fo toar er
ed — ba« bürfen toir mit ©ic^erl^eit be^aut)ten — fc^on feit ^JJlofe« 3^*t<^"- ®^"" ^
la^t fic^ lein ^unlt in ber i«rqelitifd^en &e\i)xd)U jtoifd^en SDtofe unb 9Kefa aufgeigen, an
35 bem ber ©intritt einer fold^en Slnberung toa^rf(^eintic^ toöre.
6« toirb fomit nad^ toie bor babei bleiben muffen, bafe SJamen toie laubi'di in
Öamat ober Azrijau C^'^'"^^), ebenfall« in 9iorbf^rien (f. SBindler, gorfd^ungen 1893
©. !())/ burc^ gelegentliche Übertragung ber ^^l^beberel^rung auf getoiffe ^eibnifc^e (Se^
biete gu berftel^en fmb, toä^renb SJamen toie bie bon ^Pind^eö genannten fic^ jum 2^eil al«
:» Slamen bon (gefangenen) 3«raeliten unb 3uben, gum 2eil überhaupt al« nic^t t^eojji^ore
SRamen crllären. (©elbft bei laubf di l^at gaftroto 3- f- 3lff. X toegen ber ungleic^eniren^
nung: bi'di unb ubi*di lebhafte Sebenlen geäußert unb bermutet iubidi (iobidi) f ei =
ubidi (3inl>^cft) unb ber 9lame ^abe Ilu-iubi'di gelautet). @ab e« je einen fumerifc^f-
bab^lonifc^fen ©ott ^an, fo f^at berfelbe ^öc^ft toa^rfc^einlic^ mit bem biblifd^en ^ai}u =
86 3al[^be ni(^t« ju t^un — bafür ]pxx(S)t alle«, unb nic^t gulefet immer toieber bie S^^at^
fac^fe, bafe bie gorm S^^be fw^ au« ^an ober ^a^n unb ^^l «id&t, bie gorm 3al^u unb
3al^ hingegen au« S^i^be mit £ei(|ftig!eit erflärt (f. bef. toieber Äönig in 3at& XVII,
172 ff. — äu(^ toa« SQ3. 3Raj aJlüHer («fien unb eurot)a 312 f.) au« ägvj)tif(^en 3m
fc^riften beibringt, fü^ fd^toerlic^ einen ©d^ritt toeiter. 6r tocift barauf l^in, ba^ fAon
40 unter Dhutmose III (16. 3ol^rl^. b. 6^r.) ein ^aläftinenpfc^er Drt«name Bai-ty-a ober
Bait-ya'(n-n-n?) genannt toerbe. S)arf man biefen SRamen mit ^ebräifd^ n^rr^z toieber*
Sieben unb ber ©ad^e nad^ = '-?<"ri-a anfeilen, toa« aber nod^ lange nid^t eiloiefen ift,
0 l^ätte e« allerbing« eine altlanaanäifc^e ©ott^eit gegeben, beren Flamen bie äg^i^ter al«
la ober Ja ^örten. Cb aber biefer möglid^e ©Ott la mit 3öi^u-3öi&bc ober richtiger
46 3a^be'3^u trgenb eVtoaS m t^un l^atte, ift toieberum ebenfo fraglich, toie ob ber ja aud^
bon ^ommel u. a. (f. o.) be]^au))tete altbab^lonifd^e ©ott A-a, Ai, la mit 3^^be ettoa«
gemein l^at. 93gl. nod^ Jlönig, 9113 ^899, 703 ff. SRod^ toeniger lann bie foeben bon
®J)iegelberg 3*^"^® 1900 borgetragene aJleinung in« ©etoic^t fallen.
d) ©0 toerben toir benn immer toieber auf bie alle anberen 5Köglic^Ieiten übertoiegenbe
60 aBal^rfd^einlic^Ieit jurüdgetoorfen, ba^ 3o^be enttoeber ein ein^eimifd^^^^^^^'f^^^ ober ein
urfjjrünglic^ ben gi«rael nä(^ftbertoanbten arabifc^en SBüftenftämmen ange^öriger 5Rame
ift. §ier lann nur eine gefd^ic^tlid^e 8etra(|ftung toeiter Reifen. X^atfad^e ift gunä(^ft,
bafe gtoei bon unfern brei .spau^^terjäl^lem ber alten 3JolI«gefd^id^te (E unb P) bie ©in«
ftil^rung ber 38erc^rung ©otte« unter bem 9lamen 3fl^be auf 9)lofe gurüdfülf^ren, toäl^renb
töbie britte fonft gefd^id^tlid^ felj^r bebeutfame Überlieferung«fd^id^t (J) gerabe in biefen
fünften il^re naib bolI«tümlid^e, gefc^ic^tlic^ toeniger ftrenge Gigenart befunbet, inbem fie
bie 3Sere|^rung ©otte« al« 3?^be fogar in bie 3^* ^^ frü^eften anfange ber ÜKenfj^^eit
lurüd leitet (©en 4,26). a)fit boller Sicherheit gel^t ^ierau« ^erbor, bafe man im ft)ätercn
3i«rael bie ^^erfon 9Rofe« in bie allemäc^fte S3ejie^ung mx 3a^beberel^rung brachte —
60 unb bie« ftd^er mit Stecht, toie ba« 3)eboraIieb unb bie ©efc^id^te ber ätic^tergeit lehren,
^f^ 639
in bencn bic 3öl^V^Dcrc^run(j bereite aU fcftcrScfi^ bcöSJolfc^ auftritt (öol. 3Ji 7, 18. 20).
9lun bringt jene Überlieferung gcrabc biejenigen ©tücfe ber ©efd^id^tc SRofe« unb feine«
Solled, bie auf bie enttuidelung ber 3fl^ö^<^<?.^w"G bon befonberem ©influffe finb, in
ben engftcn Swf^^w^w^^^^^^Ö ^^^ ^^wx Serg ©inai. 3n ber SEBüfte am ©inai offenbart
fid^ ^a\}\>t bem 2Kofe, am ©inai erfcj^lie^t S^^be fi^ unb jeinen SBiUen bcm gan^eit 6
aSolIe, an ben ©inai toiH bad SBoII jie^en, um feinem ®otte l^ier gu o))fem; Wk \a
felbft fj)äter noc^ ^^^be öom ©inai au« jur Deborafd^lac^t audjiel^t unb fogar ber ?$roJ)l^ct
ßlia^m §oreb (=©inai) ate ber Dffenbarungdftätte ^a^be« ^JÜgert. ß« lommt boju,
ba^ ?üJofe, toä^renb il^m jene Offenbarung toirb, bie er bem in %i;))ten fd^mac^tenben
SJoKe bringen fott, fic^ bei feinem ©(^tDiegcrt)ater, bem ^riefter t)on aJlibjan befinbet, lo
unb bafe jener fmaitifd^e §irtenftamm ber Slibianiter, mit beren ^Prieftergefc^lcd^t 5!Kofe
fo eng öerfc^loägert ift, gelegentlid^ auc^ mit bent f^jäter mit^^tael nadj^ Äanaan toeiter«
getoanbertcn Sebuinenftamm ber Äeniter gleic^gefe^t toirb; fotoie bafe biefe Äeniter
toieberum in enger Seriüanbtfd^aft mit jener nomabif^en ©elte ber Sled^abitcn fte^en, bie
bie fjjätere (Sefd^id^te und mel^rfac^ ate bie ben ^^rob^eten gefinnungdbertoanbten unb bcr^ is
bünbeten Vertreter ber ftrengen unb ungetrübten :3öiE;beberel^rung nac^ ber äSätcr SßJeife
belunbet.
©0 jc^eint fid^ l^ier bon gefd^id^tlid^en grtoägungen au^ eine ungemein öerlodenbe
^erf))eftit)c Dor un« aufgut^un: 3i<^be ift allerbing« 3«rael, unb jtoar burc^ 9)lofc, am
©inai erftmafe lunb getoorben, benn er ift nid^td anbere« ate ein alter ©inaigott, feit 20
uröorbenllid^en S^Un l^ier am gu^c ber in bie SEBoIIen ragenben $ö^en bed ^eiligen
Serge« aU „ber gu gaße bringenbe" gerfc^metternbe (Setoittergott berel^rt unb ate fol^er
öon 3Jlofe ^erübergcnommen unb lange t)on 3«rael t)ere^rt, unb er ift guglcid^ nid^t«
anbcre« al« bic ®ottlf;eit jener ^ier jeltenben Äeniter, t)on beren 5Prieftergefd^led(|t SKofe
mit feinem SBeibe S'VJ^^^ö guöW^^ äI^ *rfftc SKitgift jenen Äenitergott bom ©inai in 25
(gmt)fang na^m. ^a felbft ba« fo auff attcnbe 2lu«einanbergejfen ber Üoerlicferung jtoifc^en
J unb E, ben beibcn alten §aiH)tqueli[en, in betreff ber ©infül^rung be« S^^benamen«
erflärt fid^ bann, toie c« fc^eint, tooHIommen befriebigenb : J ift jubäifd^er, E norb^
idraclitifc^a Slbfunft. 9lun ^aben bieÄeniter fic^ an^uba angefd^loffen — l^ier bei il^nen
unb ben bon il^en beeinflußten ^uböem beftanb bal^er begreiflic^etttreife unb mit einem ao
getoiffen l^iftorifd^en ditd)k ber ®laube, bafe ^af^\>t feit uralten 3;agen, jebenfall« aber
lange bor ben ntofaifd^en 3^^^ ker ®ott ber Säter (ber Seaftämme) h>ar, toäl^rcnb in
(S})|iraim (ben Slal^elftämmen) fidf^ mit bemfelben 3ied[^tc bic Überlieferung crl^alten l^atte,
bafe i^nen ber ^al^öebicnft erft burd^ STOofe t)om©inai ^er gugebrad^t tourbc. 3)ie« ift in
lurgen 3^9^*^ ^^^ Stnfd^auung, toie fie Slnrcgungen älterer folgcnb in jüngerer 3^* i}CL\}^U ss
fädj^lic^ 2iele unb ©tabe, fotoie in befonber« anf})red^enber Sfeeife jüngft Subbe (Sieligion
be« 33. 3^^- 13 ff.) borgetragen l^aben. SlUcin fo toenig ftc^ bic ÜJlöglid^feit biefe« ober
eine« bertoanbten Hergänge« fc^lec^t^in beftrciten lä^t, fo bleiben boc^ immer gtoei toid^
tige Sebenfcn beftc^en. ßinmal ift un« gefc^id^tli^ bon einer fo toefentlid^en religiöfen
Secinfluffung 3«racl« burc^ bie Äeniter ni^t« belannt. SBcnn äJlofc ber ©d^toiegerfol^ 40
bc« mibianifd^cn ^rieftcr« ^ti^xo Reifet, fo folgt barau« freilid^ mit ^o^er SBa^rfd^cins
lid^Icit, ba| er mand9e« toon ben gotte«bienftlid^en ®e>)flogenl^eiten jcna SJomaben am
Sinai fic^ angeeignet l)at (SRotoadf ©. 20). Slber bamit ift nod^ nic^t gefagt, bafe er unb
3«rael ibren ®ott ij^nen banften. 2Bar S^i^bc ein Jtcnitergott, fo mü|te man fic^ toun«
bern, toenn bie Reniter, toie bie ®ef^id^te leiert unb fc^on 9Jum 10, 29 ff. borau«fefet, in 46
3«raet aufgingen unb nic^t ^i^tacl in ben ficnitem. 2Ba« blieb 3«rael al« feine ©igen*
art, toenn e« nid^t feine Sneligion, fein ®ott toar?
©obann aber bürfen toir boc^ aud^ nic^t gang überfeinen, ba^ auc^ Don bem l^icrbci
borau«gufe|enben SBanbet be« ®ottc« in ber Überlieferung leinerlei ©})ur erl^alten ifi
Slalom 5!Kofe ben fenitifd^en ®etoittergott „tJötter", „SSertoüfter" 0. bgl. nac^ g^racl J^er« w
über, fo mu^te bod^ öon il^m irgenb ütoa^ 9Jeue« unb ©igenortige« in bem aSefen biefe«
®otte« entbedt toerben, ba« benfelben berechtigte, g^^öcl« ®ott gu toerbcn unb i^n beföi^igte^
ba« SSolf t)on ben fienitem gu unterfd^eiben, t)or aQem aber cttoa«, ba« i^n befähigte, nacp
Söl^rl^unberten ber erhabene fittlid^ l^eilige ®ott §immel« unb ber 6rbe gu If^ei^en. Sag
biefer 3"0 gur ©ittlic^feit n\d)t öon Slnfang an in bem ®otte 3Rofe«, fo bleibt un« bic 66
gange religiöfe ©nttoidtclung I3«racl« ein etoige« SRätfel. S3ubbc l^at bic« gtoar beftrittcn
unb ^at gemeint, Icbiglic^ ber Umftanb, bafe 3«rael göl^bc frei getoä^U Ij^abe, alfo bafe
feine Sieligion eine 35Ja^lreligion getoefen fei (©. 29 ff.), If;abe ba« Serl^ältni« bc« Solle«
u '^al)\)Z unb Don ^ier au« ben ®otte«begriff 3^^<^<^i^ fd^f^ S" ^^^^^ fittlic^en gemad^t.
"".ber eine SEBal^lrcligion ift nod^ nid^t eine ftttlidj^e SRcligion, bie 3leligion«gefdni(|tc lä^t oo
540 ;3^4tie
barübcr feinen S^eifcl. 2öa^(, ani) Juenn fic nod^ fo frei ift, ift afä blofte 2BiIßür=
l^anblung an fi^ nod^ lein ftttlid^er 9llt. @$ lommt ollc^ auf bie ^{otiDe ber 9Ba^I an.
aber felbft Juenn ba« 3Kotit) ein fittlic^e^ toäre, toirb baburd^ ber geloä^Ite ©egenftanb,
fott^ er Dörfer eö nic^t Wax, nid^t bon felbft ftttlic^ geartet, öier loäre ba^ ÜKotib, ben
6 ©ciuittergott Dom ©inai ju toä^Ien, ber Icbiglic^ eubämoniftifc^segoiftifc^e ©lief auf feine
^öl^ere 9){acl^t. 3)a^ mad^t i^n nic^t jum ftttlid^en ®ott. 6ine 2)im tüirb baburd^, bafe
ein junger SJlann, burd^ i^re @d^5n|^ett geblenbet, fie ftd^ jur ^au tvä^lt, nod^ nic^t t)on
felbft eine moralifc^e ipau^frau. @ie tDürbe e^ aud^, toenn i^n ^ö^ere ^etoeggrünbe
leiteten, nod^ nic^t ol^ne toeitere^, fonbem nur toenn in ilf;r felbft ber Drang e^ ju hjer^
10 ben auf« fräftigfte bor^anben toäre. 3Q3a« ^af}\>t fjjäter tourbe, ba3 mufe er toenigften«
im Äeime feinem SEBefen nac^ fd^on für 3Kofe unb bad ^^xaA feiner 3^i^ getoefen fein:
ber ©Ott be« Siechte« unb be« ®uten (bgl. auc^ ajlein^olb a. a. C. S. 47 ; SRarti, 9lel.=
gefd^.' ©.59). Siedet ift freiließ nod^ nic^t ©ittlid^Ieit: beibe lönnen an fid^ rec^t Da*
fd^ieben fein (SSubbe a. a. D.), unb e« lommt aüti auf ben ®eift an, in bem ba« ^ti)t
15 erfaßt unb geübt toirb. 2(ber eben bie SKrt, toie l^ier im SRamen ga^De^ ba« Sted[^t ge^
fafet unb ber ®eift, in bem e^ geübt tourbe, muffen trofe allem, toaö nod^ bon l^eibnifc^cr
Unart unb UnboHIommen^eit in ®otte^nfc^auung unb Seben ftel^en geblieben toar(53ann;
Unbered^enbarleit S^^be« u. bgl.), bieg SBoB unb feinen ®ott über anbere, au^ bie
Äcniter, erhoben ^aben. SP bie« aber ber ^aD, unb lag ein 3"0 jw^ fittlic^en
ao @rfaf|ung ber ©otte^nfd^auung bon älnfang an tm ©otte^ebanlen ^ofe«, bann ift ber
©Ott 3Kofe«, toie er i^n feinem Soße bringt, auc^ nid^t einfadj^ ber fenitif^e öer^ecrenbc
©etoittergott ^a^be bom ©inai. 93ielmel(;r f^at ftc^ bann für 3Rofe ein SBanbel in biefem
©otte bolljogen, ber i^n gu ettoa« anberem machte aU er e^ebem toar: toie immer fein
Sflame bon 9Kofe berftanben unb gebeutet toorben fein mochte — fein 2Befen toar tiefer
26 unb reiner erfaßt. ®erabe bon biefer SÖJanbelung feine« 2Befen« burd^ 9Kofe fagt un«
aber toieberum bie Überlieferung gar nid^t«, unb ba« ^pxiift bafür, bafe jene §W<>^^^f^
bon S^^be bem Äenitergott über^au})t nicbt bem toirlli(|fen ©ad^öerl^alt entfpric^t.
©0 bleibt un« jule^t nur noc^ bie SJlögKd^Ieit übrig, ba^ ein ^eil be« gefamten
3«tael fc^on in ber 3^* bor SKofe am ©inai toof^nte unb ba^ bei i^m bie ^^be«
80 bere^rung erftmate geübt tourbe. 3Jlofe l)ätk fie bann l^ier lennen gelernt unb l}ätt^ fie
bon ^ier au« auf ®efamti«rael übertragen, ^n biefer 3lrt i)at beifjjictetoeife SJotoadf fid^
ben ^ergang gebac^t. @r nimmt an, ba^ für ben äg^))tifd^en Slufentl^alt toefentlic^ bie
9lal(^elftämme in älnf))rud^ ju nel^men feien, toäl^renb bie Seaftämme, benen Sek)t unb mit
i^m älofe ber Seöit angehörte, am ©inai geblieben toaren. 9Son ©inai ^er fei 3Kofc
36 nac^ äg^))ten gelommen unb ^abe bie bort tool^nenben ©tämme im SWamen be« ©inai^
gotte« aum Äamjjf gegen il^re ägVJ)tifc^en 3toing^erm aufgerüttelt (a.a.D. ©.16. 18 f.);
toäl^reno aUerbin^« feelll^aufen ben ©tamm ^o\eip\), toeil in i^m bie Sabe ga^be« i^rcn
©i| ^atte, al« bie eigentliche §eimat ber ^al^beberel^rung anfielt. JRad^ il^m ging bie Setoe?
gung, burc^ bie^^tael jum 3SolIe tourbe, öonj^ofe})^, alfo bon 3ig^J)ten, au«. SBill man,
40 toie e« bie meiften Steueren t^un, bef onbem SBert barauf legen, bafe ^af)t>^ f^on bor
3Rofe 3«rael ober einem leil be« Solle« belannt toar (bgl.@j 3, 6. 15, 2. 18, 4 „®ott meine«
ajoter«"), fo ift ber bon Slotoadf {mi) fd^on 3:i^olud, ©toalb; bgl. aud^ SJeftle, gigenn.
80 f.) befd^rittene 2Beg ber einjig gangbare. ^eili(^ lommen toir audf^ ^ier über bie blo^e
$]^))otl^efe nic^t l^inau«, benn aud^ ^ier f^toeigt bie Überlieferung fo gut toie bo&
46 ftanbig. SlHerbing« rebet J fd^on lange bor 3Kofe bon Sa^öe, aber i^m ftelj^en, toie
toir fa^cn, bie gang beftimmten 3lu«fagen bon E unb P gegenüber, unb ©tdlen toie
@X 3, 6 u. f. to. ertragen aud^ bie Deutung, ba^ jener ®ott einen anberen 9Jamcn al«
3al(^be fül^rte. ßbenfo toeife bie 2;rabition t)on etnem früheren 38ertoeilen toefcntlid^er
3«raelftämme am ©inai, toenn ein folc^fe« auc^ an fxd) nii)t au«gefd^loffen ift, tl^atfäc^lit^
60 nic^t«, fonbem lebiglic^ t)on einem engen 3wfammenl^ang ber S^^^^berel^rung mit bem
©inai. äBeiter^in mu^ man ftc^ jebenfau« auc^ bef|en betonet fein, bag toir über ba«
SBefen jene« älteren öormofaifd^en i«raelitifd^en ©inaigotte« ^a\)\)c, fall« e« einen fold^en
gab, nid^t« toeitere« toiffen lönnen, al« ba^ e« anberer art getoefen fein müfete, al« toir
un« ben g^^^be 3Rofe« ju beulen l^aben. Dh er al« „aScrtoüftcr" ober al« „SBel^er"
65 ober toie fonft gebac^t toar, bermögen toir ni^t gu befttmmen, ba im ©runbe bie eine
@t);mologie fo gut ift toie bie anbere.
JJaffen toir alle« gufammen, fo Knnen toir mit Seftimmt^eit nur foöiel be^au})ten,
bafe an ä?ofe« $erf on unb an ben ©inai ftd^ eine bef onbere Offenbarung jene« für ^^rael«
©efAic^te bon ba an fo bebeutfamcn Sal^be fnlh)fte — toie unb too^er aber 9lame unb
60 ©oitpe bem 3Rofe )ugeflof[en ftnb, ba« toirb im legten ©runbe, fotoeit nac^f menfc^lid^en
^t>t 3^ttr 541
SJcrmUtclungcn gefragt tpirb, unb tvofctn toir t)on bloßen ^Köglid^Icitcn abjel^cn, für olle
3etten eine^ jener unburc^bringlid^en (Sc^eimnifjc bleiben, an benen tetn ®ebiet be^
menf^K^fen Seben^ unb (Sefd^el^en« fo reid^ ift toie bie SReltgion unb i^re ©cfc^id^te, toeil
lein (Sebiet un« bem §öc^ften unb iJe^ten in bcr SBelt unb barum auc^ ber (Sreme
unfere^ SBäiffen« fo na^e bringt., 6e^en tüir bon jenen menfd^Iid^en Sermittelungen ab, 6
fo nennen toir, unfrer religiöfen Überzeugung äuäbrucf gebenb, jenc^ in 5Kofeö ®emüt ftd^
boO}ie^enbe ©efc^ei^^en eine Offenbarung ®otte^ felbft, ber bur(| unmittelbare S3erül[|rung
mit ber 5D?enf(^enfeeIe toefentlid^e Seiten feine« ffiefen« 5D?ofe funbt^at, um auf biefem
SQBege bie ftufenmäfeige ©ntfaltung toa^rer ®ottcgerfenntni« in ber 3Kenfc^^eit anjubal^nen.
aSgl. nod) meine ®efci^. ber §ebr. I, 227 f. 9i. ftittcL lo
<3«iir. — ßittcratur: ?l. ^uencn, De stam Manasse in Theol. Tijdschrift XI.
(1877), 478 ff.; ®. @*uitiad)cr, Northern 'AjlÜD, fionbon 1890, 137 f.; berfelbe, 3)a8 füblic^e
«afon 1898. 45. 109 (= 3b$« XX, 1897, 109. 173); gr. »u()I, ®eoaropI)ic bc§ alten ^a.
läftina 1896, 256. — ÄuBerbem bie Äoinmcntarc ju bcn betrcffcnben ©teilen. ^g
35er 9Jamc 3. bertritt im 912 jloei berft^iebene f^ebräifd^e gormen, nämlid^ ""<; unb
^"•x;. S3eibc gprmen [xxit> auf^ufaffen nad^ Analogie bon ö^P; unb 2^p;bN ober ^y^i'^",
2^; unb ^^4?^^: Die ®otteöbejei(i^nung, bie urf})rünglic^ ju bem ©igennamen gel^örte,
ift berloren gegangen, ^axt = "T: ift ein Set^le^emit, ber 93ater be« ©l^anan, ber
nad^ 2 ©a 21, 19 ben ®oliatl^ bon ®at^, nac^ 1 Gl^r 20, 5 beffen Sruber erfd^Iagenao
^at. ©0 toirb ber 9Jame bom Kere 1 ß^r 20, 5 in Übereinftimmung mit LXX {laeig)
gelefen, unb banad^ ift ber berberbte 2e|t in 2 ©a21, 19 ju berbeffem. 3air = ""•»:
Reifet eft 2, 6 unb ©tüdfe in (Sft 7, 1 ber SSater be« SKarbad^ai, femer ein mäd^tige«
i^raelitifd^e« ©ejd^Iec^t im Dftjorbanlanbe. Um biefe« l^anbelt e« fid^ ^ier. SBSir lefen
SRi 10, 3—5 auc^ t)on einem „SRid^ter" 3., ber S^^el 22 gal^re lang gerid^tet l^abe. 25
6r gehört ju ben 6 fog. Keinen Siic^tem, Wdd)t mit einer anbacn fte^enben gormel, al«
bei ben 6 großen SRidjitem üblid^ ift, eingefülf;rt loerben unb toa^rfd^einßd^ ft)äter, ate bie
gormel ber 6 großen SHic^ter, in ba« SHid^terbuc^ eingefügt fmb. 3)ie gal^re i^rer Sie«
gierung entf^red^en in^gefamt ben Salären ber Interregna ber großen Stid^ter unb fmb
ebenfo, toie bicfe, aber hjo^l abhängig bon i^nen, in bie fünftlic^e G^ronologie eingegliebert, so
toeldpe bom 2lu«juge au^ SÜg^J^tcn bi« ivm falomonifd^en 3:emt)elbau 480 3^^^^^ J^W^
(1 5tg 6, 1). ®ieje 22 Sa^re be^ ^axx toerben noc^ Weniger glaubtüürbig, toenn man
bebenft, bafe eine §errfd^aft ber SRid^ter über görael, nac^ ber Söeife ber fjjoteren Äönige,
niemate ftattgefunben i)at ©nblid^ l^at 9Jölbefe (Unterf. j. Ärittf be^ äSE«, 18G9, ©. 172 ff.,
182 f.) bargelegt, bafe bcr SRid^ter gair nur ber heros eponymus be« ^airgefc^led^te« 35
in ®ileab fei. 3air, ber »tid^ter 3«rael«, lann aljo in ber ®ef(|fid^te feinen ajla|
bcanfprud^en. SBäo^l aber bürfen h)ir ben Inhalt bon 9li 10, 3—5 für eine Unterfuqung
über ba^ ®efd^le(^t 3- ^cnu^cn. 35a« ift um fo toid^tiger, afö mel^rere angaben beä
312: über biefe« ®ef^lec^t, loie fic^ jeigen Joirb, irrtümlid^ finb. 6« em})fie^It ftc^;, juerft
bon ben ©tobten 3.« gu ^anbeln. 5Ri 10, 3—5 rebet öon 30 ©täbten (S"'^:? ^ fte^t 40
^ier für or^J „©täbte" um be« SKortH^iel« mit c^^:^ „©fei" toiaen), bie im Sefift ber
30 ©öl^ne 3.« gehjefen feien ; man fd^eint bemnad) im änfd^Iufe an bie 30 ©täbte bon
30 Abteilungen be« ©eldj^Ied^t« gejjjrod^en ni l^aben. 3Jon ben ©täbten toirb eine er«
toö^nt, nämlid) Äamon, in ber bad ®rab 3-^ g^J«gt tourbe 3}. 5. 3Ran barf fte gctoife
mit bem Orte Äamun jufammenftetlen, bcn älntiod^u« III. auf bem 2Karfd^e bon ^Jella 45
nac^ ®efrun eroberte (^ßol^biu« V, 70, 12). ^ßeHa cntfj)rid^t bem heutigen Tabakat
Fahil; ®efrun = e))^ron 1 3Waf 5, 4Gff. ^at «u^l mit Kasr Wäd el-Ghafr untieit
3rbib an ber alten ©trafee über er-Ramtä unb Der'"at'nad^ bem füblid^en Hauran
jufammengeftcHt. 55^eilid^ ift el-Ghafr im Slrabifd^cn nid&t Eigenname, jonb'em ein
bewnnte« ©ad^toort mit ber Sebeutung „SBad^e"; bie ®leid[iung ift be^l^alb nid^t 50
fi(|fer. 3>od^ ift e« fe^r toa^rfc^einlic^, bafe bei $ol^biu« unb 1 aWaf biefc ®egenb ber
alten ©trafee gemeint ift. SJafür \px\d^t no6), bafe fid^ ber 1 3Rat 5, 46 ertoäl^nte ®ngt)afe
mit ber bon Dr. ©c^umad^er nad^etoiefenen örtlid^Ieit el-Buweb („bie Heine ?$forte")
an berfelben ©trafee 10 km öjüic^ öon 3rbib gu beulen fc^eint. S)a« Äamun be« ^0*
l^biu« toäre bemnad^ ||toif^cn Tabakat Fahil unb ber ®egcnb bon ^xb\t> ju fuc^fen. bs
Dr. ©d^umac^er ^at nun 1885 an berfelben alten ©trafeelO— 15 km toeftlid^ öon 3rbib
bie Flamen Kamm unb Kumem (Deminutio be« borigen) aufgefunben. Kamm ift
eine SCrümmerftätte unmittelbar nörbli^ bon ber alten ©trafec mit nid^t geringen 3Rauer5
reften, bie bie früf^crc Sebeutung be« Ort« betoeifen. Kumem ift ein fleine^, noc^ jef^
betoo^ntc^ 2)orf, 1— 2 km Don Kamm entfernt unb ettoa^ jüblid^ bon berfelben ©tra^e»)
542 3atr
gelegen; anä) ^iet treten einige olte -JWauerrefte ju 2^ge. ®eipi^ ift bemnac^, ba| l^ier
etnft ein bcfeftigter Ort gelegen l)at, unb ber heutige 9lame Kamm barf ate 3Serftümme=
lung be^ alten Kamun ober Kamon aufgefaßt Serben, fo gut h)ie bo^ alte Setl; §oron
l^eute in Bei 'Ur berlürjt ift (3b5paS XVI, 23). 2>a^er ift e« nic^t ju lü^n, Kamon
6 9li 10, 5 an ber Stätte bon Kamm amufe^en. Damit tüäre ein fefter ^^unlt für bie
30 Stäbte S-^ gegeben. 3)a ber Sarmui nac^ SJorben eine natürlid^e (Srenje bilbet, fo
l^aben biefe Stäbte in bem Sanbe jüblid^ bon g^nnuf gelegen, b. ^. in bem nörblidben
Seile be^ alten (Sileab, jtoifc^en bem 3«>^^ön^^öl i>w SBeften unb ben §ügeln ez-Zumal
unb ber SBüfte im Dften.
10 Slufeerbem loirb im 912: bon ^cltm ober, toie je^t getoöl^nlic^ überfe^t toirb, bon
Seltbörfern 3.3 gerebet. 5Ru 32, 41 toirb erjä^lt, ba^ 3. bie 3elte ber Smoriter 08. 41
ge^t auf 3J. 39 jurüdf, 3?. 40 ift in ben urfj)rtinglici^en gwfömmenl^ang f})äter eingefd^oben)
erobert unb fie „3clte 3-^" genannt l^obe. Son toeld[>em Orte unb toann 3- ^i^^"
©roberung^jug untemal^m, toirb nic^t gefagt. 3lad} 93. 33 unb 3i. 40, bie ber Duelle
16 fd^rift P jujuteilen fmb, foH man baö ©reigni« in bie 3^*^ SWofe^ berlegen. 3)a« toirb
bie urf})rüngli(|fe 3Keinung ber 3835. 39. 41 f. nid^t fein, ebenfotoenig toie bie Stäbte 3-^
3ii 10, 3—5 bon ber mofaifd^en ^üt berftanben fein toolten. 2)ie (Eroberung ^at h>a9r=
f(^einli(|f bom SBeftiorbanlonb au« ftattgefunben unb gtoar ju ber ^dt, afe ^^ael bort
erftarfte, b. i. unter ben erften Äönigen. 3)ie angaben be« 212 forbem jebod^ bor allem
20 Slnttoort auf bie tJ'^age, toie ftc^ bie 3^*^ (P^^) 3-^ jw ^^^ Stäbten 3-^ berl^alten.
Sil 10, 4b fe^t beibe einanber glei^, unb im Slnfd^lufe baran ift bon t)erfd^iebenen Seiten
(3)illmann, 33ubbe) bie 5Weinung au^efJ)roc^en toorben, ba| au« ben Selten \päUx Stäbte
getoorben feien. 3)em ftel^t jeboc^ bie tool^l ju bead^tenbe Sl^atfad^e im SSiege, bajs noc^
l^te (Segenben, bie fid^ bon SRatur jur anläge fefter Stäbte eignen ober in benen fi4
26 fold^e befinben, bon ben 'Jlomaben Serien« gum 9lufent^alt für ftd^ unb i^re gerben nid^t
!|eh)ä^lt toerben. ®« ift eine fefte ©etoo^nl^ett ber 9lomaben (95ebuinen) im Dftjorban^
anbe, ba| fie mit il^ren §erben niemafö ba« Serglanb betreten — felbftberftänbli(^ ab^
gefe^en bon ben Slaubjügen, bie fte unternehmen. 3)a^er fmb aud^ für bie alte 3^it l><c
3dte 3-^ wnb bie Stäbte 3-^ au^einanber^ul^alten. 3^"^ bejeic^nen ben nomabifierenben
80 a:eil be« ®efc^le(^t« 3f ^^\^ §irten, bieje ben fefel^aften 2eil, alfo 33auem. a)ie Si^e
ber Säuern fmb oben beftimmt toorben, über ben Se^irf ber §irten bagegen fel^len nähere
Angaben böÜig. Sluf (Srunb bon 1 Äg 4, 13 lönnte man i^n ebenfall« in ®ileab an^
Je^en, ettoa an ber Cftgrenje be« ®ebiet« ber Stäbte 3-^/ oi" SRanbe ber 3Büfte. 3*«>^
tfit bie Senu^ung biefer Stelle nid^t o^ne Sebenlen. I)ie auf bie 3^^^^ 3-^ bezüglichen
86 3Borte finb ein junger 3w|a| jum 3:ejte, ber nod^ ber LXX unbetannt ift; fein 3"^<^It
berul^t bal^er nid^t auf Überli^erung, fonbem ift eine grud^t be« gelehrten Sd^riftftubium«
(bgl. SRi 10, 4). SEBir finben no(^ anbere angaben folc^er 3lrt über bie 3^^^ 3-^ ^^
äl. 3lad) S)t3, 14 foH 3- '^^ g^njen Sejiri 2lrgob erobert unb ,Jie" — man beachte
ben na(^läfftgen Stil — 3elte 3.« genannt ^aben. 3Sertoanbt ift 3of 13, 30 „alle 3elte
40 3.« in Safan, 60 Stäbte". 3n betben Stellen toerben bie 3elte 3.« nac^ 33afan berlegt
unb 3of 13, 30 ben aixi S)t 3, 4 belannten feften Stäbten be« Sejirfe« Slrgob in Safan
(t)gl. II, 425) gleid^gefeftt. S)ie §irten be« ©efc^lec^t« 3- f^^^*^ ^^' ^^" l^eftigen Äämpfen
im Dftjorbanlanbe (1 6|r 2, 23) fd^on frü^ untergegangen, unb an bie Stelle einer
toirflid^en Jtunbe bon i^nen trat in ber nac^ejilifc^en 3cit bie gelehrte aJlutma^ung. gtner
46 i^ ?5^1&lgriffe toirb bereit« in 3Ji 10, 4b borliegen, ba bie ®lei(^|e^ung ber ^ütt 3-^
mit ben Stäbten 3-^ f(^toerlid^ ben ^^atfad^en entflprid^t, toie loir oben gejel^en ^aben.
3. toirb 'JJu 32, 41 gu bem Stamme 3Jlanaffe gered^net. Die SBorte „So^n SKa«
nafje«" l^aben nur biefen Weiteren Sinn; fottten fie bu4)ftäbli(^ berftanben Joerben, fo
mü|te man 3- fd^ft unb bie an il^n gelnü^jften (Sreigniffe ber bormofaifd^en 3dt gu=
60 fd^reiben. 3)at)on lann nic^t bie Siebe fein. 6ine anbere 3)arftellung geben bie i^erfc
1 6^ 2, 21—23; nac^ i^nen berbanb fid^ ber 3wWer §ejron (3?. 5) mit einer Xod^itt
5Kad^ir«, unb beffenenfel toar 3., ber 23 Stäbte in Oileab befafe. Da« bebeutet: 3uben
au^ bem ©efc^le^t ^e^ron fmb in bie ju SKac^ir (= SWanaffe, (Sileab) gerechnete (Segenb ber
Stäbte 3.^ eingetoanbert unb l^aben fie bauemb befe|t. 3- ^P ^^^ ^'^ ^^^^ üJlifc^ung
66 au« 5D?a^ir (ober 3Ranaffe) unb 3uba, in ber ^\xt>a bor^errfc^t. Da« fmb aSer^ältniffc
ber nad^egilifd^en 3dt. Die ^a\)l ber Stäbte ift je^t geringer getoorben, itatt 30 nur 23.
Diefe Stac^rid^t be« Sl^roniften bilbet bie »rüdte ju ber ©rjä^lung in 1 3Waf 5, 24—54,
bafe ^uha^ 3Raffabäu« unb fein ©ruber 3onatl^an bie im Dftjorbanlanbe, im nörblic^en
®ileab unb barüber l^inau« lebenben "i^ix'tm fammelt unb nad^ 3^^fö'^^ ^" Sic^erl^eit
tu) bringt. 3um leil fmb e« bie ^vbm ber Stäbte 3-*^# wm bie ftc^ 3"^«^ bemül^t. 3"
Sah daloü 543
35. 23 ftettt bcr ß^ronift bic 3dtc S-«. bic ©labt Äenat 0Ru 32, 42) unb bic 60 ©tobte
bc« äegirfö argob in äafan (3)t 3, 4) jufammcn, mithin {janj bctfc^iebcnc ©inge. Sr
fc^etnt nur ben änfang bc« 3J., nämlid^ bafe ©ejuriter unb äramäcr bic ßdtc g.ö erobert
Ratten, au^ einer alten Duelle öejd^öjjft ju l^ben. ©ttt^e*
Sfalob ober ^fiSracI. 9}o4 (efen§mert ftnb bie betreffenben 9(bfc6nttte in 92temcl^er3 6
e[)arartenftir bcr SBlbcI (3. ^ufl., ©aflc i778), II, @. 234 ff., unb 3 3- ^cfe, ®ef4 ber
^atriorcöen (3üri(ö 1776), SBbll. — (5. o. Scnöcrfc, Äenaan (1844), @. 290 ff.; 3.^- Ämtj,
(öefd). be« «Uten SBmibeö (2. §1. 1853), I, 218 ff.; ^. dmlb, ®cf*. b. SßoIfcS 3«tocI (3.^.
1864), 1,412 ff., 489 ff.; 6. 3S. ^cngftenOcrg, ®ef4 bc8 9ieid)c8 ®oitc8 unter bem ?1.».(I869),
1,209 ff.; 91. S3ernftein, Urfprung bcr Sagen uon 5Ibvaf)ani, 3faof unb 3a!ob (1871) ;lo
91. Äöfticr, SBiblifcöe ©cfcfticbtc 912: (1875) 1, 136ff.; fi. ©cincdc, ©cf^icftte bc8 SSoIfe« 3«rQcl
(1876), I, 40 ff.; 3- ^opptv, Urfprung be8 3Ronot^ci8mu8 (1879), 6. 346 ff.; ^b. 9fteuB, S)ic
(^efd)ic^tc bcr 1)1. Schriften 912: (53raunfc6njcig 1881), fic^c bort boS SRegiftcr unter 3Qfob;
9?. fiittel, ®ef(6ld)te ber Hebräer, 1,122 ff.; ogl. oufeerbem bie Kommentare jur ÖJenertS unb
bic 9lrtifel 3afob in SBiner^ SR3B5}, 3arob in @(6enfcIS 538 (üon Steiner) unb in 9lic!)m8 16
{^anbioörterbucf) be$ biblifc^cn 9((tcrt^um$. 2:almubifcf)e 9(uSf(^mü(fungen unb ^Reflexionen
jum üeben 3Qtob8 fie^c bei Hamburger, ?Real*(Sncijriop«bie be8 3ubcnt5um« (1874), 1,543 ff.
3Seiicre jübifcbe Segenben über i^n bei (Sifenmenger, ^ntbecftc« 3w^cntum, Äönig8bcrgl711),
I, 942 f. — *^9l. QU(6 3ofcp^uS, Ant. I, 18 ss.; II, 1 ss. — 3um Segen 3ofob8 ogl. luetter:
3. ®. C)erber, ^^riefe ha^ Stubium ber SC^eologic betreffenb, I (1780) S. 66ff.; 3- Ö- ^urj, 20
a.a.O. L314ff.; ®iift. ©aur, ®cf4id)te ber altteft. ©ciSfogung, I. (äJicfecn 1861, S. 216 ff.;
Subwig 2)ieftel, 2)er Segen 3afob8, SBrounfdimcig 1853; 3.$. 9?. fianb, Disputatio de car-
mine Jacobi, Seiben 1858: Ä. Kot)Icr, 3)cr Segen 3afob8, »erlin 1867; A.N.Obbard, The
prophecy of Jacob, Cambridge 1867; ®. 0. Drelli, S:ie altteft. ®ei?fagung oon ber ^onen"
bung beö ®ottc«reicb8, «Lien 1882, S. 118 ff.; 33. Stabe, ®ef(ftiditc be« SöoIIeS SSrael, I 25
(1887), 145 ff.; Stärf, Stubien j. 9lelig.. u. Sprad^gefcft. beg «2. II. 1899.
3afob ober 3^^^^ ^^^ftt ber ©ol^n ^\aaU, ber eigcntKci^ ©tamntbater bc« nad^ i^m
benannten SunbegDoIIe«. ßrfterer 5Rame ^P?: (feltener ^'P?:), LXX "laxcbß, nennt i^
nad^ ®en 25, 26 ben „gerfcnl^alter" (denom. bon ^P?) ober auf ber gerfc ^ladf^olQm^
ben toon bem bebeutfamen Ümftanb, bafe er fd^on bei feiner (Seburt bem 33ruber feinen ao
SSorfjjrung lajfen hJoDte; nac^ bem getoö^nlic^en SBortberjtanb aber ben „Überlifter" (bgl.
supplantare, ein Sein ftcHen, 3^ 9, 3), bon feiner getoanbten ©(^Iaul^eit(®cn27,36).
^m ©egenfa^ bagu toirb i^m ber 9Jame ^^xad, ber jum üblichen 93oIfönamcn getoorben
(ogl. bie äugna^men (Seiger, Urfd^rift, ©. 371 f.), toö^renb jjene^ me^r ^erfonenname
blieb, ate befonbere Slu^jcic^nung t)on (Sott bertie^en, nac^bem er feine ©trebefraft in 35
einem Slingfam^jf ^ö^erer ärt beloiefen unb barin obgeftegt ^at. S)er 9Jame lie^e jtd^
jtoar ani) t)on H-t:, ^errfc^en, ableiten, allein (Sen 32, 29 unb $of 12, 4 beuten t^
„(Sotte«fäm})fer", bon ^"'^ fämjjfen. Safe ber (gl^renname 'i^'^^1 Dt 32, 15 für ha»
O^x an 3«rad anllingen foHte, ift mögli(|f; leine^fate aber läfet ftd^ mit ©njalb (®efd^.
I, 515, 3t. 3) barau« unb au« O'^'^«"' 5Ru 23, 10; 5Pf 33, 1.; 2)a 11, 17 folgern, bafe^o
e« einft eine grgö^Iung gab, h)o ber Slamc 3^^^^ afe -» '^^1, ber ®ottreblic^e, erOärt
iüurbe. — ©ef^r loal^rfc^einlic^ ift übrigen« auc^ ^atob Slblürjung für 3ö'<>^*^^- ®^"
in ber 2:riump^infc^ift be« Äönig« 3)^utme« III. ju Jtamaf toerben unter ben in ^ßa«
läftina eroberten Drtfd^aften auc^ angeführt: "^»^V^ (5Rr. 102) unb ^fi^ct:-' (5«r. 78),
h)a« man, ba bie ^g^})ter ba« i^ncn unbefannte I burd& r umfd^reiben, ate Ja'kob-el 46
unb JoSep-el (0 erfennen tann. 5Die Scftimmung be« jinjciten 9Jamen« ift jtoar lautlich
^tocifel^aft ; bie erftere aber (endetet um fo mel^r ein, ba auc^ auf bab^Ionifc^en Jlontralt'
tafeln ber 9lame Ja'kub-ilu gelefen toorben ift. Der ©d^Iuft, ben man gehjöl^nlid^ and
bcr obigen 3"f^^5f^ j'^^^/ ^<^ w"^ ^^^ f^on im 16. 30^^^^"»^*^^ '" Äanaan afö jtoci
foorbiniertc ©tämme 3flJobse! unb 3bfcj)9-el begegnen, ift aber aud^ infofem übcwilt, w
al« nad^ 3lnalogie ber übrigen 9{amen bielme^r Crtfd^aften biefer Benennung gemeint
fein toerben. SBo biefelben lagen, läp^ [xdf bei ber toiÜfüriic^en Sleil^enfolge ber Stufs
jä^Iung in jener 3"f^'^f* "*^^ beftimmt angeben. 3Q3a« bie urfj)rüngli(^e Sebeutuna
be«9Jamen«3^)f*>^'rf betrifft, fo erllärt i^n Sätzen: „El belohnt." 3)o^ lie^c ftd^ aiiA
m biefem 9?amen eine Sejiel^ung auf ®en 32, 25 ff. annehmen : „6« ringt @I." aSgl. 66
üu bicfen 5«amen ber Dl^utme«*3nfd&rift: (äbuarb 5WeVer, 3at2B 1886 ©. l ff.; »ätl^gen,
«citräge jur femU. SReligionggefd^. (1888) ©. 157 f.; 3Q3.9Waj5Kütter, «fien unb(guro^)a
md) altdgijpt Denbnälcm (1893) ©. 162 f.; A. H. Sayce, Patriarchal Palestine
(1895)©. 194; ^. ^ommel, Slltigraelit. Überlieferung (1897) ©. 111.
Die 3w0<^w^öcfc^ic^t^ ^ahb» erfüllt fein unabläfftge« 2:rad^ten nad^ bem 6rftgeburt«s co
rcd^t, ba« t)on 9latur feinem älteren 3toiUiug«brubcr ßfau (f. b. 31. gbom »b VS. 162 ff.)
544 dafob
uifani, aber bicjcm burd^ cif^cncn Seid^tfmn unb ^alob^ Sift öcriorcn ö"\0- ©d&on im
aKutterlcib, erjöl^It ®cn 25, 22 f., [tiefen ftc^ bic bciben 3toiningc, unb ein Dxatd ber^
Itinbete bei entfetten 3Jlutter ate Den Slu^ang be« 2BcttIam})fc^, bafe ba^ größere 3SoIf
bem Heineren biencn toerbe. Sieben bem raupen, toilben 6fau toar jtüar S^itob fricb=
5 licbenb unb jabmer 9Jatur (25, 27), aber babei berec^nenb ; gefd^ictt benüjte er bie
©d^hjäd^en be^ finnlid^ gearteten ©rubere, um biefem ben SSorrang abzulaufen 25, 29 ff.
3)abet tourbe ber fittige §irte bon ber Hugen 3Kutter unterftü^t, toö^renb ber aBaibgefcIIe
me^r beim SSater in ®unft ftanb. 3)er ©ieg tüar auf feiten ber crfteren. 3faaf felbft
legte, toon feinem SBeibe getäufd^t, ben grftgcburt^fegen loiber SöiHen auf ^atob^ .^avopt
loJtaJ). 27 (ögl. b. 2t. ^\aaf), toel^er freilidj^ infolge biefc« §anbel« einfttoeilen ba« £anb
ber Ser^ei^ung meiben mu|te unb nad^ bem tran«eup^ratif^en 3lram, nä^er nac^ Äaran
(f. b. 21. S3b VII ©. 407) in bie ^eimot feiner 9Kutter überftebelte. 2luf jeiner 2Ban=
berung lam ^aloh nai) Setzei (je^t Seitin, toon too nod^ immer ber SßJeg ju ben ^"P "-^
abjipeigt), tpofelbft er in göttlid^em Iraumgefic^t 3a^t)el^ fd^aute, h)ie er burd^ feine ßngel
loben aJlenfd^en feine §ilfe »ermittelt 28, 10 ff. ©r gab bem Drt, ber fonft iJu« ^iefe,
feinen 9iamen „(Sotte^l^au^" unb beftimmte i^n bur^ ein (Selübbc jur Äultu^ftötte. —
®ine jtoeite ^ßeriobe feinet 2cbm^ brachte galob bei feinen Serlvanbten in §aran gu,
tüo er fein .§au^ grünbete. 3)ie fAöne SHa^el, bie S^odj^ter Saban^, be^ ©rubere feiner
5Wutter, bie er gleidf^ bei feiner 3lntunft am Srunnen !ennen gelernt unb bei ber er fi^
20 fd^on bamate burd^ einen Sicbe^bienft em})fo^Ien \)att^, »erlangte, er al« Sof^n für fieben^
jährige älrbeit bei Saban^ i^erben. S)oc^ tvurbe il^m ftatt i^rer »on bem eigennü^igen
Sater bei ber ©od^eit i^re ältere, toeniger amie^enbe @c^h)efter 2ea untergefd^oben, unb
um feine geliebte Stad^el mufete er tocitere jteben ^af)xi biencn. Slud^ jeigte fic^ biefc
unfruchtbar, loäl^renb Sea i^m bier ©ö^ne gebar: Stuben, ©imeon, Setoi, 3wba. 3"f«>löc
26 einer ä^nlic^en ©teHöertretung ber Verrinnen burc^ i^re leibeigenen 3Rägbc, ioie fie fd^ion
©ara ®en IG, 1 ff. in^ SBerl gef dfet ^atte, bermel^rte fic^ ^atoh^ gamilie um bia toeitere
©J)roffen: 3)an, 9Ja))l^tali, ®ab, Slfd^a, toorauf lieber atoei ©ölf;ne berfica folgten: ^^a-
dbar unb ©ebulon. 3)a enbli^ gebar SRad^el i^rem (Satten ben Sieblingöfo^n 3<>f^^-
S)a im übrigen ®ottc^ ©egen [\d) fic^tlic^ an ^alobd ^Perfon fnüjjfte, toolltc ilm iöaban
30 nid^t an^ feinem 3)ienfte entlaffen, bod^ ju feinem ©c^aben, benn fo bef(^eibcn ber 2o^n
fd&ien, ben fid^ jener für bie 3"'""f^ au^bebang, fo unertoartct reic^ fiel er au^, nid^t
ol^ne '^aloH 3"^^""/ ^^ befonberer ^irtenfünfte lunbig hjar. Unb e^ balf nid^t^, bafe
Saban bie Sebingungen toieber^olt änbcrte (31, 7); auc^ fo iuar ber ©etoinn ftct^
auf '^atob^ ©cite nid|t o^ne ba^ S)reinfe^en ®otte^, ber feincnt ©c^ü^ling gegen ben
36 geizigen Sol^nl^erm beiftanb. Die ©Jjannung jhjifd^en bciben trieb Salob jur §eimle^r.
S)0(^ mufete biefe ^eimlic^ gefd^el^en, ba Saban fie fonft »er^inbert If^ätte. Diefcr »erfolgte
ben mit feinen grauen unb @ixitm fliel^enbcn galob unb cneid^te il^n am ®ebirge ®ileab.
3>od^ tüurbe ber namentlich über ben "Sianb feiner §au^ötter, bie SRa^el ol^ne aSJiffen
i^re« ®ema^l« mitgenommen, erbitterte älramäer burd^ ®otte^ SBinI unb be^ SBcibe^
40 Sift genötigt, ben 3*üift gütlich beijulegen. 2ln ben jtoifc^en ben feinblic^en Settern ab*
gcfc^loffenen Sunbe«t)crtrag erinnerte fortan ber 9Jamc ®ileab31,48 (aU ®arßb, 3)enf-
mm^l^ügel crllärt). — ®ine britte ^^afe ber ®cf(^ic^te ^atob^ beginnt mit feinem Sinjug
in ba^ gelobte 2anb unb feiner SWieberlaffung im ^crjen be^felben. 3)abei batte er fidj
juerft mit ®fau abjufinben. 6^^ galt je^t, ba« ftreitige 6rbe in Sefi^ ju nehmen, n>a«
46 ni^^t o^ne ^ei^en ÄamJ)f möglich toar. ^atob ^at mit $ilfe geiftiger 3Räd^te ba« 3^<^^
cneid^t (»gl. 32, 2 f.) unb ben ^jjrei« burc^ bie Energie feine« ®ebete« ®ott felbft abgc*
Hingen (32, 23 ff.). 2)ie« fteßt jener gel^eimni«»otle, na^ feiner 3)arftetlung braftijc^e, aber
nad^ feiner geiftigen Sebeutung, »umal bri Scrgleic^ung »on §o 12, 5, hjol erlennbarc
Stampf am ^abbol bar, too ^dob, ber fortan 3i«rael l[^eifet, bie ganje 9Jac^t l^inburd^! mit
no einer männlichen ®eftalt ringt, in toeld^er er göttlid^e 9Rac^t erlennt unb »on ber er bt^
fyäb n\(S)t ablaffen toill, bi« er i^r ben ©egen abgerungen f)ai. 3lad} folc^em ©ieg, an
ben il^n nod^ eine Serrenlung ber ©^jannaber erinnerte, lonnte il^m »on ben 3Kenfc^en
lein Seibe« me^r gefc^el^en. ©er gefürd^tete 6fau em})fing ben Sruber freunblic^ unb jog
fid^ barauf toieber in« öbe gbomiterlanb jurüdf, toä^renb ^alob ftc^ in ©id^em nieberlieife,
66 mit beffen Setoo^nem feine ©öl^e atlerbing« in blutige ^änbel fic^ »ertoidtcltcn. 3)ic«
»cranlafttc ^atob, aufjubred^en unb junäd^ft nac^ Setzei, ber ©tätte ber erften i^m gc*
toorbenen Offenbarung, ^u gielj^en, too er nadb feinem ®elübbe 2ranfo})fcr brad^te. 3>cr
$err erfd^ien i^m bort unb \pxa6) i^m ben S3unbe«fegen ju. Sluf bem toeiteren SSJeg,
beffen le^te« 3'^' öebron toar, gebar Stachel ben Senjamin, bei ber ®eburt »erfc^eibenb.
eo 3)ie« gcfd^al; eine ©trcdte »or S))^rat, toeld^e« Set^lel^em genannt toirb. (3Kanc^e galten
^loti 646
leiteten 3"f«^ für eine ®loffc unb öcrlc^en bicfc!^ ©pl^rat md) bem Stamm Senjamin,
hod) o^ne aureid^enben (Srunb.) ^n §ebron begrub ^^fob mit feiitem Sruber ßjau ben
in ^o^em 2llter toerftorbenen ^jf^of. — SSon Hebron au«, tuo er länger bertoeilte, tüä^-
renb feine ©ö^ne mit i^ren gerben ba«„2anb bi« norbtoärtd t)on @i(^em burd^ftreiften,
tourbe ber betagte ^alob belogen, nac^ %Q\)ptcn überjuftebeln, nac^bem fein ©o^n ^o\epl} 6
(f. b. 21.), ber lange bermifete, bort j|u ß^ren gelommcn iuar unb feiner ^amilie bei an-
^altenber ^ungerdnot gute 2lufna^me öer^ei^en ^atte. 3^' Seerfeba, too er im 2lnbenlen
an feinen SJater 3föal ojjferte, emjjfing ber $atriar(^ eine Ie|te gnäbige S^]%^ ©otte«
46, 1 ff. ^n SftgVl?^^" tourbe er bem ^P^arao öorgeftettt, ber ben (Srei^g mit ehrfurd^t
bel^anbelte. 2)ort in (Sofen lebte er nad^ ©en 47, 28 (P) nod^ 17 3^^^^ w"^ P^rb lo
bann im älter öon 147 gö^ren, na(^bem er feine ©ö^ne i)roj)l^etifc^ gefegnct l^atte Ä. 48
unb 49. 6r tüurbe nad^ ben Äunftregeln ägt^ten« einbalfamiert, Don S^feJ)^ unb feinen
Srübem nac^ Hebron jur Familiengruft gebracht unb bort feierlich beftattet.
Sn 95egug auf bie t)erfc^iebenen Duellen, toel^c aud(i in biefem 3:eile ber ©eneftd
fi(^ ju erlennen geben, ol^ne bafe fte fic^ mit ©id^erl^eit überall fd^eibcn ober gar l^erftellen i j
liefen, ift im allgemeinen ba« unter Slbral^am I, 102 ff. ©efagte ju bead^tcn. g^^ft bie
gan^e ©efc^ic^te §atob« pflegt man au« ben @r)öl^lungen be« E unb J abzuleiten, einige«
toenige au« P. Unb jJoar muffen jene beiben erfteren ©r^äl^ler toefentlic^ biefelbe Übers
lieferung geboten ^aben. ai« einen ^vlq, tooran man fie bon einanber unterfd(ieiben Knne,
j)flegt man anjufüJ^ren, bei J erfd^eine bie 2ift galob« al« ba« treibenbe 5D?otito ber §anb- 20
lung, bei E ba« lounberbare Singreifen ©otte« unb jtpar in ber i^m eigentümlichen
Dffenbarung«loeife be« Iraume« (g. S. in bem S3eric^t über bie SJermel^rung ber §erben
3afob«>. allein bie ©c^eibung läfet ftd^ nic^t o^ne ä^ang bur(^fti^ren, j. 8. in ber
ja^öiftifc^en (grjä^lung bom S^raum m Setzei 28, 10 ff. ©tärter ^eben pd^ bie berein«
gelten ©tüdfe be« P t)on EJ ab. SJJä^renb bie 2lu«n)anberung ^atob^ na6) $aran in 26
ber laufenben Srgäl^lung mit bem $a| be« t)om ©egen au«gefci)loffenen @fau begrünbet
ift, tritt 27, 46—28, 9 (P) ba« 3Ri6t)ergnügen ber ©Item über Sfau« ÜKife^eiraten in
ben 3Sorbergrunb al« 5Kotit) ber ©ntfenbung unb ©egnung ^^^fob«. Sieben 27, 27 ff.
(EJ) fann jh)ar ber 3lbf(^ieb«fegen 28, 3 ff. (P) ani) beftel^en, aber bie beiben ©egnungen
jeigen ftd^ öon einanber unabl^ängig. äud^ fällt auf, ba| 36, 6 f. (P) ber SBegjug ©fau« 30
na^ ©eir crft nad^ bem lobe be« SSater« gemelbet toirb, toä^renb nad^ 32, 4 ff. (EJ)
@fau fdj^on bem au« 'Blefo^^otamien ^eimfe^renben ©ruber au« jener ©egenb entgegen^
fommt. Sergleic^e über bie 3Serfd^iebenl^eit be« 3<^i^ww!te«, too bie Jlamengebung erfolgt
32, 28 (J) unb 35, 10 (P) u. f. h). ©olc^e 3üge beuten auf Überlieferungen, bie fic^
obne S3egug auf einanber fort^jflanjtcn. SBie ftar! fie bon einanber abtoic^en, lä^t fi^ 35
bei unferer mangelhaften Äenntni« berfelben nic^t genau au«ma(^cn. SBJä^renb bie Äritif
jene 2lngeid^en nid^t genug au§btuUn iaxm, toerben fie bon ber ^armoniftif nad; Kräften
au«geglid^en, unb ein Setoei« bafür, ba& le^ftere in ber :g)au))tfacl)e im 3lec^t ift, liegt
barin, bafe ber SRebaltor ber ©enefi« bie berfc^iebenen Quellen iuo^l Vereinbar fanb. —
©c^^hjierigfeit bereitet aud^ bie meift bon P ftammenbe ß^ronologie be« Seben« 3i«fob«. 40
©e^t man Don ben 130 S^^ren au«, bie er nac^ 47, 9. 28 (P) gä^lte, al« er öor $l;araö
ftanb, fo ergiebt fid^ nac^ 2lbgug ber 7 fruc^^tbaren unb 2 unfruchtbaren 3«^rc foloie ber
30 ^al}x^, bie ^ofej)^ bei beren Seginn jö^lte (41,46), enblid^ ber 14 ^ai)x^, bie ^alob
bi« gu S^f^J^^ ©eburt in ©aran jubrad^te, ba| er bei feiner ^^lud^t au^ bem Däterli4>en
•Öaufe fd^on in einem älter t)on tttoa 77 ^a^ren ftanb, »uä^renb er in ben (Srgä^lungen 46
H. 28 ff. offenbar al« Süngling gebaAt ift. — 3)ie ©egenäfjjrüd^e ^afob« über feine
©ö^ne Ä. 48 unb 49 toerben bon ben Ärititem fo t)erteilt, ba& 48,3— 6 bem P, 48, 15 f.,
20—22 bem E unb 49 bem J angeljjörcn foll. Statürlid^ fqnn e« [\d) babei nicl;t um
bie atbfaffung, fonbem nur um ©infd^altung biefer in ber Überlieferung längft öorl^an^
benen ©tüdfe ^anbeln. 3)iefe brei ©egnungen fd^lief;en [xi) aber nid^t au«, fonbem er= 50
gangen einanber. 2)er ©egen S^ifob« über bie 12 ©ö^ne Ä. 49 tourbe öon Sleet,
%nd), 6h)alb, ©teiner u. a. au« ber 3^** ©imfon« batiert, bon Änobel u. a. au« ber
batoibifd^en, Don anberen (©tabe) in nod^ f>)ätere 3<^^^ fiinabgerüdtt. 35on bem @rgDater
fönnc ba« ©tüdt, iuelc^e« mit folc^er Seftimmt^eit bie geograjjl^ifd^^iftorifd^e 3"tw"i^ '^^
©tämme t)orau«fage, nic^t ^enü^ren ; ber ©egenftanb fei aud^ für bie 3Bei«fagung nid^t 65
n)i^ttg genug. 3)agegen lägt ftc^ eintoenben, bag eine gtDiefacbe natürlid^e ©runblage
bei bem greifen ^alob für biefen ^^mblidf bor^anben tüar, infofern al« er ba« 2anb,
tool;in feine Hoffnung ging, genau tannte unb ebenfo bie 3lnlage feiner ©ö^ne mit öäter*
liebem Sd^arfblicf burd^fc^ute. 3lud^ toax bie älnfiebelung unb ©nttoidelung ber ©ö^ne
^atob« in Äanaan, fo tocnig ein geringfügiger ©egenftanb, ber nic^t tocrt gemcfen tuäre, ßo
IHeal^&iKDflopäbic für X^eoloflic uiib ttircDe. ». ». Vlli. 35
&46 dafob
banf göttlid^cr Srlcud^tung, Don i^m acfd^aut ju tperben, ba^ bicImcBr bicfer SSIict in ba^
„®nbe ber S^agc" bcn notiocnbtgcn aibfdf^Iufe bcr ©efd^id^te be« ^Potriord^en bilbct unb
il^n erft bcrftdS^erte, bafe fein Sebcnefant^f fein berßeblidber getoefen fei. 3)a| bei bcr an-
nähme nac^ntofaifd^er 3)id^tun0 eine Sleil^e bon ©^rücpen unbegreiflid^ fmb (man benic
6 ). 93. an bie t>erbei|un9^Iofe Sibfertigung 2et)id, be^ nad^^etigen ^riefterftammed !), ^ben
befonber« Äm^, ®efd^. bc^ 91. S. (2. 2lufl. 1853), I, 314 ff unb 3)ieftel in feiner mo-^
noQXcCp^k über ben Segen Safob« (1853) not^etoiefen. gür bud^ftöblid^e Slufxeic^nung
ber 3Borte ^aiob^ fann natürlidf! niemonb einftel^en; aber bieö l^inbert nid^t, ba| biefc
einfachen, nad) i^rer ganzen gorm unberge^ltd^en unb burd^ be^ Srjbater^ älnfel^en ge^
lol^eiligten ^en!f))rüd^e bon ber @tamme$überlieferung jÄ^e fortge})f[anjt toerben unb auf
ba^ Weitere Bi)\^al ber ©tämmc Don beftinimenbem ®influffe fein fonnten.
3)er (S^arafter ^^fob« toirb am beften burd^ feinen Doppelnamen au^ebrtidt.
^afob ^ei^t er nad^ feiner angeborenen ©etDanbtl^eit unb @(^lau$eit, gegen toelc^e ber
p^^fifd^ ftärfere, Iriegerifd^c gfau toie ber egoiftifd^e, beredf^nenbe Saban ben fürjeren «el^t
16 2lld ber fc^toädf^ere, inxd^ bie 38erl^ältniffe untergeorbncte fw^t fid^ ^atob auf ben SBeg
ber Sift getoicfen; er fügt fxd) unb fd^idtt fic^ in ben SBillen bc« Stärferen, ben er fün^itct,
toei^ aber babei ftetd, mnn and) auf Umtoegen, fein mit Jtraft unb 9(udbauer berfolgted
3iel ya erreid^en. @o bie( Unlauterfcit nun nod^ an biefer Jllugl^eit ift, fo ftel^t fie boc^
bei ^atob nid^^t im Dienfte bloßer Setoinnfud^t unb l^at barum nid^t^ ®emeined. @^ ift
20 i^m um ein l^ö^ered ®ut }u tl^un, ate um äu^erlid^en Sefi^. @r ringt al^ ^örael um
ben ©egen ®otte«, toeil er barin ben l^öd^ften 2Bert ertannt ^at. Seine ganje Energie
fe^t er bafür ein, jebe @ntbel^rung nimmt er auf ftd^, um fid^ ben Sunbe^fegen )u fu^em.
3)ted ift nac^ ^o 12, 4 f. fein Seben^Iampf, ben er bon üRutterleib an begonnen unb in
l>oIIer ^anned&aft mit immer Karerem Setou^tfein burd^gefömpft l^ot, tDO^renb feine
26 9?adS>fommen, toie fie fd^on §ofea an jener ©teile fc^ilbert, barin il^m ööOiig unä^nlic^,
nur ncK^ ein ftanaan, ein gelbgieriged JlrömerDolf fmb, inbem jene ^Z^^ttraft unb Sei^
ben^ftärte bei i^nen nur nod^ im 2)ienfte bed üRammond ftel^t. @d ift toai}x, and} fo
jeigt Safob« ßbarafter nidf^t jene ®erabl^eit unb ^auterleit, toie fie ettoa einem Äbrai^am
eigen .ift. ßr fann nic^t in jeber $infi4>t alö 38orbiIb für alle ^ütm gelten. 3l\d)t ein-
30 mal na<^ i^raelitifd^er ©tl^if ift er ein 3beal, toie eö 3l^nenberel^rung ^ttc ixd^tm mögen.
Gr ift ein toirflid^cr 3Kenfc^, in toeld^em bie fünblid^e 5RaturanIage im Kampfe liegt toiber
einen befferen ®eift; aber in l^arter Seibendfdf^ule, bie fein Seben ju einem trüberen mac^t,
aU ba^ feiner 3Söter getoefen (47, 9), tüirb er mel^r unb mel^r geläutert. Unb toeit ent^
femt, bafe bie Sibel bie mäntt if)xc^ gelben rübmlidb fänbe, Iä|t fie bielme^r beutlid^
36 genug bie Sergeltung erfennen, toeld^e über ^aloh tarn. 3)er Betrüger feine« 35ater«
toirb felbft bon Saban fc^nöbe l^intergangen unb erlebt ben fd^mmlic^ften Setrug bon
feiten feiner ©ö^ne. „©eine ®efd^id^te ift ein le^rreid^er ©piegel niqt nur ber göttlich
®nabe, fonbem aud^ bcr oöttlic^en ®ered[>tigfeit unb ber ©träfe atteö ^^eöete" (^upfelb).
3)er treue Ucbreid^ ®ott ^jafobd (32, 10 f.) ift feine^toeg« blinb für bie Unarten feine«
4o2iebHng« (bgl. and) ben f($önen 3ug 29, 31); aber toa« Safob über fid^ fefbft erl^ebt,
ba« ift fein bemütige«, ^ei^e«, nicft abjufc|recfenbe« Verlangen nad) bem §eil feine«
®otte«, tpomit er enblidf! nac^ langem Kampfe gjftönt toirb. 2)enn freilidf! toeife ber i^err
aud^ \)nxd) bie gc^Itritte ber ^JJienfdf^en, \>nxd) 2Beibe«Iift unb ^ö'o'&^lift frincn ^eitootten
Slatjc^Iu^ au«gufü^en, aber er t^ut e« niAt, o^ne feine ungerechten 2Berf jeuge feine eigene
45 ®ere(^|tigfeit füllen ju laffcn unb fie burcp ®cric^t ju läutern. 3)ie l^eil«gefdS>id^tIid>e 8e=
beutung ^a^b«, bie er fid^ in folc^cm Äampf errungen ^t, liegt barin, ba^ bie bem
älbra^am gegebene Ser^eiftung i^m ganj unb ungeteilt eigen geworben ift, fo jtoar, ba|
feine ganje Ülac^fommcnfcpaft baran teil l^aben foDte. @r ift ber cigentltd^e ©tammtmter
be« 93unbe«t)olfe« getoorben, toelc^e« feine ganje ^{ad^fommenfd^ft umfaßte unb ba« ge^
60 lobte Sanb jum Eigentum erhielt.
Db unb in toeldf^em ©inne biefe ^Perfon eine gefd^idf^tlid^e ju nennen fei, barüber
läfet \\d) ftreiten. 3)afe ^icr nid^t §eroenbi<^tung Vorliege, fonbem ed^te Überlieferung,
bafür fpric^t bie ©d^Ii^^t^eit unb unbefangene Ireu^erjigfeit biefer erjä^Iungcn. Sland^c
3üge toürben in fpäterer 3eit bem grjbater fic^erlie^; nidf^t angebidf^tet Sorben fein. SRan
66 benfe j. 8. an bie gleid^jeitige (£^e mit jtoei ©c^toeftem, toe^e« SSer^ltni« gegen ba«
®efe| (2c 18, 18) toerftic^; ober an bie 9[u«jei(^nung »et^el« unb ©tiftung be« bortigen
Heiligtum«, ba« ben ^rop^eten be« 8. ^a^rl^unbert« fo toer^aftt toar. Serfe^lt fmb bie
SBerfuc^e, Safob« ®efdS>id^te au« 9laturmVtben abzuleiten. SBä^renb fonft nur ettiKi bie
näc^tli^e ©cene am ^abbof (®en 32) al« 9lefl eine« fold^en betradf^tet tourbe, ^t Popper
CO e« unternommen, in ^afob^S^^f^^^^ b«^ afiatifc^en §erafle«s9Kelifcrte« ^alämon, b. i. bcn
Sofoli ^M iSiftifi^ft, 9. n. »ofel 547
ftcgreic^ fämpfenbcn ©onncnqott nadS>juh>eiJcn unb alle Sinjcl^citen ber biblifd^cn ©c*
fd^idf^te mit btcfcm SDl^tM ^^ 3Serbmbung ju bringen. 3)afür fmb biefe ©rjä^Iungen
jc^on totel JU nüdf^tem. 3Re^r Sledj^t f)at bie etl^nogral)l^if(^ Deutung bei einem Stamm*
toater, beffen 9lamen ba« 3Sol! getragen l^at; pnben fiä^ bod^ in ben Stammbäumen ber
©eneftd bi^ bid^t an bie ^atriarc^engefc^idbte; ja noc^ innerl^alb berfelben fo((^e ^)2amen 5
aU ^milienglieber angefül^, bie augenfd^einlic^ nie ^erfonennamen, fonbern eben [tet«
aSöIfemamen getoefen jtnb. So \af) ßtoalb in ^atob ein frifc^e^ „^ebräifd^e« 3SoI!", ba«
aud ^efo^otamien au^toanberte (toe^i^b er auq Slramäer ^i^t ^t 26, 5) unb ftc^ mit
ben fc^on in fEanaan niebergelaffenen Stammgenoffen t>erfd^mol2; unter benen e^ fortan
bie erfte SloHe \pxdU, toä^renb frül^er bort eingejogene Elemente toertoanbter Slbfunf t (gfau) lo
ba« gelb nad^ ©üben ^in me^r unb me^r räumten. ?Dlit ben aramäifc^en SJadf^barn im
9lorben l^inter bem ©ileabgebirge (Saban) l)ätt^ ber jafobitifd^e Stamm mand^erlei 9lei=
bungen ju beftel^ gel^abt, tool>on bie ®efd^d^te Saband, ein Suftf^iel ber Errungen, er^
gö^lic^ er^ä^Ie. Stabe ffält 3«rael für einen Stamm, ber am Igabbof too^nte unb in
5Dla4fanoiim feine §auj)tftabt l^atte, gafob bagegen für einen toeftjorbaniteen Stamnt, 15
ber um Setl^I ju ^aufe toar. 92ad^ i^m toäxtn and) Slad^el, £ea, .^faat ^o\^pf) unb
feine Srüber ebenfo l>ie(e Stand. 3)ie Sierfd^mehung j^eier Stämme n>erbe aU Beirat
borgeftellt u. f.f. ^n ber ^atriard^engefc^ic^te fouen nac^ ber je^t l[^errf^enben ännal^me
nic^t t)oräg^))tif(^e, fonbern t)iel f))ätere ^uftänbe unb Stimmungen fic^ tt)iberf))iege(n.
3lad) 9QeIl|aufen Ratten ftd^ bie bolldtümlid^en ©efd^id^ten über l^afob unb @{au toenig- 20
ften« erft in ber früheren Jtönigdgeit (nad^ Unterwerfung ®bomf^) bilben fönnen. 3tai)
Semftein toären ber $atriardS> 3afob unb feine ©efdf^id^te nad^ ber 2^rennung ber Sleid^e
jur 9Serl(^errIi(^ung bed Heiligtum« öon Setl^el erfonnen toorben. Unb Seinedte meint gar,
m ber S^erjagt^eit bed l^eimiel^renben ^^lob ft)iegle fid^ bie ängft ber au« Sab^Ionien
jurütffel^renben (Sjulanten, in ber Se^anblung ber Sidf^emiten burc^ Simeon unb Seöi 25
(®en 34) bie Äunidtoeifung ber Samariter burd^ (Sdra! allein auc^ abgefeilten öon fold^en
unglüdlic^en SinfäQen toirb ed überl^au))t nie gelingen, bie lebendfrifc^e unb c^arafterDode
3eidS>nung eine« Slbral^m ober ^atob in nationale (Srtebniffe ober SBiberfa^ntifJe eine«
Stamme« umjufe^en. 6« brängt ftc^ bietmel^r, ba blo^e ©rfinbung nic^t anjunel^men ift,
eine pcrfönlid[>e SRealität auf. Sd^on bie t^eo^^oren 9lamen ^alob'&l, '^^xa-iSl fmb U)ic 90
Stbra^m nad^ ber Slnafogie toeit el^er al« urf^rünglid^e ^erfonennamen, benn al« Siölter-
namen anjufe^en. So benfen fid^ benn Äittel, Äloftennann u. a., tote übrigen« äF^nlic^
fc^on 6h)alb, bie Iräger biefer Stamen al« Stammj^äul)ter, bie an ber S})i^e eine« 310^
mabcnftamme« ftanben. ^n ber Überlieferung au« jener entlegenen ^t ragen nur nodj!
einzelne ^JJerfönlic^feiten l^erDor, toä^renb ber mit i^nen toanbembe Stamm nur nodj! in 35
einzelnen 3^0^ ber (Srjäblung l^erDortrilt. So barf in Sejug auf ®efc^tc^tlic^leit an
biefe uralte Ueberlieferung in i|rer je^igen ©eftalt nic^t ber aJla^ftab gelegt toerben, ber
in f^jäteren ^erioben berechtigt toäre; aber ebenfotoenig ift i^r abjufpredj^en, bafe fic im
allgemeinen getreue Silber au« ber ^Ai be« erften Slufent^alt« ber SSäter im 2anbe ber
i^er^eifeung giebt. n. DreUt. 40
^utob Soraboeu« ober d^injolu«, f. gafobiten.
3falob e^rtpo^i^i, Sifd^of bon Safel, geft. 1608, unb bie ©cgenrcfor*
mation inberSc^toeij. — D(ft«, ©ef^icfttc ber ©tabt unb iionbf^aft ^nfd VI; S3urc!^
l)Qrbt, ^ie Gegenreformation in \>tn ehemaligen SSogteien 8»üingcn, ^fcffingcn unb SBlr«e(f
bc« untern Si«fum« 93afel am (£nbe be« 16. So^rh.; ^)üntlid)e ©ommluitg^bcr ältcvn (^ib* 45
c^enöff. abfc^iebc IV, 2; Vautrey, Histoire des fivikjues de Bale II; ©egeffer, fiiibmig
^^Jfi)ffcr unb feine Seit II, III; gfiala (öe^er unb ©elte); (S^fe« unb 3)Jeiftcr, 9?untiatur*
berichte I, 1.
3toei 3Bittelj)unfte fanb bie ©egenreformation in ber Sc^toeij: in Sujem im Äreifc
e^fat« unb, eth>a« fjwter, im Si«tum Safel in ber ^erfönlidf^feit be« Sifc^of« ^afob 60
ß^riftoj)^ Slarer. 3)ie fd^^toierigere aufgäbe bot fid^ im Si«tum Safel, benn ^ier ^anbelte
c« fid^ nic^t nur um SBieberJ^pdlung be« Äat^olici«mu« in einem t)on ben Stteformierten
fc^on ^jalb eroberten ®ebiete, fonbern auc^ um einen politifc^en Äampf mit ber nad^ boller
Unab^ängigfeit unb ©rtoeiterung i^rer ®renjen ftrebenben Stabt Sajel. 3)ie Slecf^te bon .
S3ifd;of unb Stabt gingen fd^on bor ber Sleiformation bielfad^ nebeneinanber ^er: im ©e« 56
biete be« 33i«tum«, im heutigen bemifd^en 3ura, beja^ bie Stabt an mand^m Orten ge=
toiffe ,öi>^eit«red^te, unb anbererfeit« toar ber Sifd^of, ber feit @nbe be« 14. ga^r^unbert«
in ^^Sruntrut ober 3)el«berg reftbierte, nid^t nur ber geiftlid^e $err ber Stabt, fonbern mit
:35*
548 ^fob <£l)rifto)ii^, ». t>. »ofel
iDcitöc^cnben ^o^cit^rcc^tcn au^ö^f^^^^^^^^ S^r ©rucnnung \>on Sürgenneiftcr unb 9Jat be-
fugt unb bte 6tabt i(;m ju nicl(^rfac^en älbgaben bauemb beipflichtet, ^er 9tfc^ofdl(^of
in ber 6tabt h>ar ba^ ©igentum bc« Sifc^of^, ba^TOünfter feine SSifd^oföürc^e, ba^^om*
fapitel rcftbierte in 93afel auf eignem ®tunb unb Soben; bid bid^t an bie %f)oxt ber
5 Stabt erftredte fid^ bad toeülid^e ®cbiet be« Sietum^. ©d^on bor ber lirc^lic^en 8e=
lüegung jcigte fid^ ba« Streben ber ©tabt Safel, i^ren Sefi^ auf Äoften be^ Sidtum«
unb ber bifc^öflid^en Siechte nad^ ^oglic^teit ^u ertoeitem: ®ebiete be^ 93idtum^ erlangte
fie ol^ ^fanbfc^aften bon bem ftarl berfd^ulbeten Sifc^of (1519 bie ^errfc^aft ^feffingen)
unb fte füllte ftd^ mäd^tig genug, bei ©elegenl^eit auc| einmal ein @c^lo^ bed Si^tumd
10 furjer $anb )u befe^en, um, tote man fagte, öfterreic^ifc^en älbfic^ten juborjufommen.
3n ba« Sal^r 1521 fiel bann bie bon ber Sürgerfc^ft einfcitig ober toiberfjjrud^lo^
butdS>gefe§tc Serfaffungeänberung, bie fünftig^in alle Siedete bc« Sifd^^of« auf ©mennung
bon Sürgermeifter unb Slat befeitigte; bafe ber Sifc^of ß^Jto^^ bon Uten^eim (1502 bid
1527) bie«nidS>t ber^inbem fonnte, beh>eift feine TOadf^tloftgleit gegenüber ber tbatfräftigen
16 Sürgerfc^aft. 1524 ^ob berSlat bie bi^l^er bon jeber ^aud^altung an benSSifc^of jöJ^rUd^
m entri4>tenbe 2lbgabe auf, 1525 eignete er fw^ ba^ ^frünbenbefeJungöredS^t be^ 2)om=
fapitefö an unb na^m nac^ ben Sauemunru^en eine ganje Slei^e bon Drtfc^ften be«
©ii^tumö in ba^ Surgred^t ber ©tabt auf: mit feiner angeblid^en ©igenfd^aft ate Se=
fc^irmer bed Si^tumd unb bamit bie bifc^öflic^en Sanbe bei einanber bleiben möchten,
20 rechtfertigte er bicfen ©ingriff in bie Steckte be« Sifd^ofö.
^ie (Sinfü^rung ber Sieformatton löfte 1529 bad le^te S9anb ^toifd^en Sifc^of unb
©tabt ; bie TOitglieber bed 3)om!at)itete fiebelten noc^ jjreiburg l S. über. 3" ^"«»"
Vertrag mit ber ©tabt bon 1530 gemattete ber Sijc^of $^ili>)p bon ©unbete^eim (1527
bi^ 1553) für einzelne ©ebiete beg Si^tum« bie 3luMbung ber neuen 2ebre. ^n ber
26 f olgcnben ^^\i ^at bie ©tabt im Si^tum immer f efteren gufe gefaxt : burc^i neue SSer=
i)fänbungen bed Sifc^of^?, burc^ unangefochtene Ausübung bon §o^eit^red^ten in firc^licfym
3lngclegenl(^eiten, burd^ SJertröge mit bem Sifd^of. 3)ie bollfommene 3luflöfung bcö SiS^
tum« fd^ien nur noc^ eine Sf^ge ber QAt ju fein, ber größere 3^eil ol^ ßrbe für Safel,
ber Heinere Seil (bef. ba« TOünftertbal) für Sem beftimmt. 2)ie ©tabt Safel berfolgtc
80 if;r ^xd mit unauffälliger 93e^aalid9leit : immer me^r ®emeinben bed Si^tum^ tpurben
burc^ Serpfänbung ober burdj! 3Serlei^ung be« Surgredf^t^ mit ber ©tabt berbunbcn, — bie
Stmter ^feffingen, Sir^edt, ©t. Urfi^, ^e^enberg unb ä^i'^Ö^"/ ^^ ©ifeöu, ba« 2)ete=
bergertl^ol tourben auf foldf^e 3Bei|e ber SReformation gewonnen, ©elbft in ber bijc^öf=
lid^en Jtcfibenj ^ßrunlrut machte fid^ bie Hinneigung jur Sieformation bemcrfbar. Sif^of
86 3)ieldS>ior bon Sid^tenfete (1554—1575) mad^te unter ber Saft ber Siötum^fc^ulben 1559
neue 3wgeftanbniffc : o^ne Sortoiffen ber ©tabt tPoHe er in ben näc^ften 25 ^af^xm bie
genannten Slmter tpeber berfaufen noc^ mit neuen abgaben belaften unb ber ©tabt foHc
baö Sorfauf^red^t jufte^en; jcber S^eil foHe ben anbem bei feiner Sieligion laffen. 3)afür
berjid^tetc bie ©tabt auf SSerlei^ung be« Surgrec^t^ an Untcrt^anen bed©tift«. ©efic^ert
40 tvax ber Seft^ftanb ber Sieformation im Siötum freilidj! ttofebem nic^t : ba^ Si^tum mar
Sleic^eboben unb ber Slcligion^frieben bon 1555 fc^to^ bie äln^änger 3h>i«9li^ au^brüdf=
lic^ au^!
©eit ben 60 er 5;a^ren regte fid^ in ber ©df^toeij ein ftärlerc^ firc^tid^eö Seben auf
fal^olifc^er ©eite; feit ber Sleife Äarl Sonomeo« na^ ©t. ©allen, ©inftebeln unbSujem
46 1571 beginnt in ben Urfantonen beutlic^ toa^mebmbar bie ©egenreformation ; auc^ in
baö bcrtoa^rlofte Sietum Safel reichen bie aBeUenfd^läge ber Setoegung. 3lfö 1575
Sifc^of 3Keld^ior ftarb, ging bie 3^^* ber Slac^giebigfeit unb be^ ©efc^el^enlaffend ju (Snbe.
6^ Reifet, ba^ bei ber nun folgenben äBaJ^lber^anblung ber jüngfte ber 3)omt;erren, ^atoh
Qi)x\\iopl) Slarer bon SBartenfee, ben ©enoffen mit einbringlid^cn 3Ka^nungcn ba^ 3}cr=
eofprec^en abgenommen l^abe, für SBieber^erftellung bc^ rechten ©lauben^ ju toirfen: auf
i^n, ben 33iä^rigen (geb. 1542), fiel fobann bie ffla^l (22. ^uni 1575).
^a^ in ©c^loaben unb auf fd^toeijerifc^em 93oben anfäfftge ^iSbel^efc^led^t, aui bem
3;afob ß^rifto})^ ^erbotgegangen toar, l^at ben J&eiben ©lauben«t)arteicn be« 16. ga^^r«
^lunbertd ^erborragenbe ©treiter gefc^enft: ju i^m gehörte ber Sleformator bon Ulm 31ms
66 brofiu^ Starer, femer 3)ict^elm Slarer, ber eifrig ifat^olifc^e Slbt unb SBieber^erfteller bon
©t. ©allen, unb au« bem äBartenfeer 3*^^*0^ ^<^ Saeler ©ifc^of ^alob Gl^riftot)^, ber
aSorfäm})fer ber ©egenteformation. auf ber Uniberfität JJreiburg in Sr. toar ^atob (S^xU
ftop^ mit benjenigen $umaniften in engere Serü^rung gefommen, bie nac^ (Sinfü^rung
ber Sieformation Safcl berlaffen l^atten: ©lareanu« toar fein Se^rer. Seftimmtere Slac^^
eo ric^t über bie ßinflüffe, bie auf gafob ß^riftop^ änfc^auungen eintoirften, fe^lt ; man
dalob &ft\fiopf), ». ^. »afel 549
mufe fid^ begnügen, it^n bon bem fid^ allgemein au^breitenben (Seifte ergriffen ju feigen,
^te älufgabe, bie et ftd^ fteOte, \oat feine leidste : ba$ Si^tum n>ar berfd^ulbet unb tird^lic^
jerrüttet unb bie Übermacht ber ©tabt 8afel bem Sifc^of gegenüber unjtoeifel^aft. ßin paar
ga^e be« fic^ einarbeiten« vergingen: gafob ß^rifto^^ fteHte fw^ freunblid(> pr ©tabt,
aber er fragte bod^ ben innerl^Ib be« Siötumö t)ertie^enen Surgrec^ten unb i^ren red^t« 6
(id^en Unterlagen nad^; ben Saliern erfc^en e« be^l^alb angebrad^t, ba« 93urgrec^t mit
berfdf^iebenen ©emeinben ju erneuern. Sejiel^ungen ju bem Anreger unb görberer ber
fdf^toeijerifd^en ©egenreformation Serben ficptbar: bon Äarl Sorromeo erbittet ftd^ ^atoi
(Sfyc\\iopf) ©^nobalftatuten ; bie Sefdf^Iüffe be« 2:ribentiner Äonjite werben im Si^tum
berlünbigt. 3)er entfc^eibenbe ©d^ritt aber, ben ^afob Sbriftoj)^ unternahm, um feiner lo
I^ötipfeit einen fidleren Slüdtl^alt m geben, h>ar ber äbtelu^ eine« Sünbniffe« mit ben
!at^olifc^en Äantonen ber ©bgenoffenfd^aft. Igm 3)ejember 1578 fteHte er baju ben 3lns
trog; tm ©et)tember 1579 tourbe berSunb abgefd^Ioffen unb im Januar 1580 ju^Jirun*
trut feierli^ befc^tooren. 3)iefe« Sünbni« h>ar eme bebeutfame Il^at: bie lat^olifc^en ©e*
biete ber meftlic^en ©d^toeij, fjreiburg unb ©olotl^um, bisher ifoKert jtoifc^en J)roteftantifc^en i6
©ebieten, gehjannen mit ben neuen SSerbünbeten einen territorialen gwfammen^ang; ber
für bie fat^oKfd^en ©d^toeijerfned^te fo toid^tige 3wfl^"0 "^^ tjranlreid^ h>urbe baburdj!
geftdS^ert; gegen bie ©tabt Safel unb bie toon il^r geförberte 5ßroteftantifterung bc« Si«=
tum« ftonb feitbem bie gefamte fatl^olifd^e ©bgenoffenfc^aft. 3)enn auf gegenfeitigen
©dS>u$ in SHeligion^fad^en, felbft gegen ßibgenoffen, unb auf ffiiebergetoinnung ber ab^ 20
gefallenen Untertl^anen rid^tete fi4 auftrütflic^ ber 8unbe«bertrag • nur foHte ber »ifd^jof
nidf^t ol^ne bie 3wfKmmung ber SSerbünbeten ®eh>alt brauchen, ^r ba« beutfd^e SReic^
toor ber 38ertrag belangreidf!, h)eil ftc^ bamit ein bisher mx^i birelt jum Sleidf^e gelj^örige«
©lieb ber Sibgenofjenfdjaft anfd^Io^; ber Äaifer erl^ob jtoar 1580 gegen ba« Sorge^en
be« 95ifc^of« einf^mid^, aber ba« 9i«tum Safel ift feitbem ein „jugetoanbter Ort" ber 26
©ibgenoffenfdf^aft geh>efen unb bem SReid^ berloren gegangen.
3)ie I^tfac^e be« Sünbni«bertragc« tourbe ben ^roteftontifd^en Äantonen befannt;
fte bef^rad^en ftd^ barüber unb forberten Slu^ärung über ben gnl^alt be« Vertrag« • bie
fat^olifd^en Äantone jogen bie äu«funft fo lange l^in, bi« bie angelegenl^eit burc^; feic^s
tigere« jurüdfgebrängt tourbe. 3)er S9ifd[>of aber begann im ©efül^le ber ©id^er^eit ju 30
^anbeln: feit 1580 trat er offen mit feinen äbpd^ten ^ert)or, in fteter^l^Iung mit feinen
S3unbe«genoffen. ®r ejfommunijterte feierlich bie ^ert)orragenben Slni^änger ber Siefor-
mation in ^runtrut, er forberte bie ^roteftantifd^en ©emeinben be« S3i«tum« jur SRüdEfe^r
in bie !at^oIifd^e Äirc^e auf, er entließ bie ^jroteftantifd^en ^rebiger, er fül(^rte in einjelnen
Orten ben fat^olifdf^en ©otte«bienft toieber ein unb })rebigte fogar felber an ben gefä^r« 85
betften ©teilen. 5Der ^efuit ßanifiu«, ber 1580 mit bem 9luntiu« Sonomi nac^ grei*
bürg i. ©. gefommen toar, folgte einer ©inlabung nad^ ^runtrut unb entwarf einen Äa-
ted^i«mu« für ba« a3i«tum äafel; eine ©^nobe, bei ber 200 ^riefter ftd^ einfanben unb
auc^ ßanifiu« jugegen toar, fanb im ä^rtl 1581 in S)el«berg \iatt — bie erfte ©^nobe
toieber feit 1503 — unb beriet über bie ^age einer S9i«tum«bifitation unb über bie Sie- 40
form ber tief gefunfnen ^riefterfd^aft ; über ©^nobalftatuten unb über bie Sleugeftaltung
ber liturgifc^en Sudler tourben Sefd^^Iüffe gefaxt. SBie h)eit bei biefen [xd) xa\d) folgenben
Sleformbeftrebungen, bie ber gnitiatibe be« Sifd^of« in erfter Sinie entfjjrangen, neben
ßaniftu« auc^ ber fdS>h>eijerifd^ Sluntiu« Sonomi beteiligt toar, ift nac^ ben bi«^er bor*
liegenben Dueflen nod^ nic^t ju befKmmen* getpife ift nur, ba^ ber Sluntiu« 1580 audS>46
ba« S9i«tum Safel befud^t ^at unb gu ^atoh ß^riftop^ in ein engere« aSer^ältni« ge^
treten ift: ba^ er ben jungen Sifd^of ^od^fd^ä^en lernte, jeigte [xd) f^äter in ber eifrigen
Unterftü^ung, bie er bem bon ber Äurie Stngefod^tenen gu teil toerben lie^.
2)ie ©tabt Safel unb mit i^ bie reformierten Äantone l^atten e« nid^t an 3Sors
fteKungen feilten laffen, al« bie erften auf 3wni(fbrängung ber neuen Seigre l^injielenben so
©c^ritte be« Sifc^of« befannt tourben; 3afob ßl^fto^l^ be^auj)tete jebod^ bemgegenüber
feine Siechte ju biefen SRafjregeln, er fufr fort, in bem ganj j)roteftantifdben ©täbtc^en
Sauffen unb in ^feffingen bie SReffe toieber^erjufteüen, \a er beftritt bie Sle(^t«giltigfeit
be« abgefd^Ioffenen äürgerred^t«. äu^ ©efanbtfd^ften ber fot^oKfd^en Äantone fudjten
bie Untertl^anen be« Sifdf^of« für bie Stücffe^r jur fat^olifcben Äird^e geneiat gu machen, 66
mit Slatfd^Iägen unb mit 3)ro^ungen: fie toürben bem ^ifc^of, il^em Sunoe«genoffen,
beifte^en, tocnn bie Untert^anen nidf^t gel^ord^en Sollten, aber bie ^roteftantifd^en Untere
tF^anen liefeen ftc^ nic^t bereben : e« fam bielmelj^r ju Unrul^en in ben bom Sifc^of bear=
beiteten ©ebieten unb bie Safeler brad^ten il^re SSefd^^toerben öor bie eibgenöfftfd^e %aQ'
fa^ung. 6in ©c^ieb«geric^t tourbe eingefe^t, ba« in jtoeiiäif^riijcn 93er^anbfungen einew
550 diafob iSittl^opft, ». n. Safrl
ßöfuna be^ ©treitci^ herbeiführte. 3luc^ ber Sifc^of luar für ein Sc^^ieb^ßeric^t geneigt;
bie lebhaften Sorfteüungen ber ^roteftantifd^en Äantone in ben ^af)xm 1581 unb 1582
Ratten bod^ i^ren ©inbrud nic^t ^an^ berfe^It. 3)a^ ganjeSlecl^teberlSfältmö jtoifc^en Stfc^of
unb etabt tüurbe in ben SSer^anblungen be« S^ieJ^eric^tö aufgerollt: galob ßj^ftc^))^
6 erl^ob 9lnfbru(l^ auf bie bon ber @tabt eigenmächtig abgefd^fften unb ie|t ^alb bergeffenen
allen bifd^öflid^en Siedete, über bie er burc^ einen glüdtlid^n Qa^aü urlunblic^e Sufjet^K
nungen erhalten f)aiU. ^n Safel fteigerte [x^ ber ©rimm gegen bie tatl^olifd^en ^ib-
genoffen, bie burc^ ba^ Sünbnid bon 1579 biefen 3Sorfto| be« Sifc^^ofd emtöglid^t ^en
unb bamit tueitergc^enbe SBünfdf^e berStabt bereiteren, ^er ©d^ieb^f^rud^ Dom 11. 2lj)ril
10 1585 machte benno^ bie (Srgebniffe einer fed^jigiäl^rigen @nth>idte(ung nic^t ungef(^el^:
ipurbe au4 für bie 3wlunft bem Vorbringen ber ©tabt im Si^tum eine ®renje ^cfe|t,
f 0 beftätigtc er bod^ ba« toic^tigfte bon bem, toaö bie ©tabt fid^ o^ne einen anbem 9ted^t^
titel ald ben ber 3Rad^t angeeignet ^tte. 3^^ 93erträge tourben abgefc^Ioffen: ber orfte
geftattete ber ©tabt 93afe(, aOe ^obett^nf))tii(^ ber Sifd^öfe fotool^l in ber ©tabt a(d
löauc^i im ©ifigau unb einigen benachbarten ämtem für 200000 ®ulben abjulöfen; bafur
berjidf^tete bie ©tabt auf ade |)0^eit^red{^te innerhalb beö Sietum^. ^ad 3)omIaj>iteI
foQte für feine alten Siedete in ber ©tabt eine Slblöfung bon 50000 ®ulben ersten,
^m jtoeiten SSertrage kourbe feftgefe^t, ba^ bad Surgred^t jkoifd^en Safel unb ©emeinben
bed ^i^tum^ jtoar bem 9Iamen nac^ befteJ^en bleiben, ba| aber lein Siecht bed Sifc^ofd
20 baburc^ beeinträd^tigt unb ber ©tabt jeber ©d^ufe ber Untertj^anen gegen ben Sifc^of ver-
boten fein foOte; bafür bet))flicbtete fid^ ber Sifc^of, bie mit ber ©tabt berburgrec^teten
Untert^anen bei i^rer Sieli^ion oleiben ju laffen — er bel^ielt fic^ nur bor, baneben aud^
tatl^olifd^en @ottedbienft mteber einrid^ten )u bürfen: jebem foQte bann bie 3&af)l ber die::
ligion freifte^en unb fein leil ben anbem beeintröc^tigen.
25 (Sine heftige ©egnerfd^ft er^ob ftd^ gegen ben bom ©d^ieb^geric^te borgefc^Iagenen
unb Don ber gefamten @ibgenoffenf^a(t gebilligten Skrlrag; bad SomIa))itel tooQte nid^t^
babon toiffen: ber Sifc^of bürfe ol^ne 3wf^n**«w"9 ^^ Äat)itete feine Oebiete unb Siechte
be^ 93i^tumd beräu^em, bie an Safel überlaffenen ©ebiete feien bad fed^fac^e ber fefU
gefegten ©umme toert, bie ©eftattung ebangelifc^en ©otte^bienfted im Si^tum fei un-
9ü fc^idüd^. 9luf betreiben bed Somfo^iteld, beffen 93orfäm))fer in biefem ^e befonberd
ber greiburger S^l^eolog gobofud ßoric^iu^ h>ar, bertoarf $a))ft ©ijtuö V. am 15. 3wni
1585 mit gro|er ©c^drfe ba^S ganje 9lbfommen: bie SSeräu^erung firc^Iic^en äSeft^ed, ber
38eriid^t auf bifd^öflic|e Siedete fei niemate m geftatten, nic^t« fei für aÜe ©uten flucj^s
toürbiger, nid^t« ber bifc^öflic^en ^jjflid^t mel^r entgegengefe|t. 6^ toar bann bereit« ein
86 ©etoinn, aU auf SSorfd^tag be« in 92ieberbeutfc^lanb toeilenben Vonomi, ber ie|t feine
greunbfc^aft für ben Sifq>of toarm betj^ötigte, 1586 ein ))ät)ftlidS>er Äommiffar in ba«
9i«tum gcfd^idtt lourbe, um bie einfd^Iägigen fragen ju unterfuhren ; rühmten bod^ bie
^rf))red^er be« Sifc^of« nid^t nur feine bortrefflic^en älbftc^ten, fonbem fte fteUten aud^
bie Einigung be« S^ertrage« aU 93orbebingung einer fünftigen gebei^licpen SBirffamfeit
40 ber Äirc^e l^in. 3« 5"^^^^«^^^ mad^ten fic^ aufier Sonomi bie fatl^oUfd^en Äantone —
fie fa^en gleich ben ^roteftantifc^en in ber »nnaij^me bet^ Vertrage« ein aWittel jur (Sr^
tung be« ^rieben« in ber (Sibgenoffenfd^aft — femer bie in 2ugem toeilenbm ©efanbten
bon ©panien unb ©abo^m : ber im §erbft 1586 in ber ©c^toeij eintreffenbe neue 5Runtiu«
©antonio lourbe bon aüm ©eiten beftürmt, für ©enel^migung be« Vertrag« in 9lom ju
46 toirfen. 3)er ^öljftlid^e Äommiffar Sodann S9at)tift be SRobUi ber^nbelte in tVreiburg
^erfönlid^ mit bem 3)omfa))itet ; e« kooQte jeboc^ bon feinem SBiberfpmc^ nic^t laffm, ob
h>o(^l aud^ bie f^ärfften ©egner be« Vertrag«, bor allem 2oric^iu«, bemVifc^of felber ein
günftige« 3^"0"i^ ^^^^ bertoeigem fonnten. SBälj^renb ©antonio fic^ feine ftare än=
fc^auung ber ^inge ju berfc^ffm h)u^te unb fogar einen Jtrieg auf ©mnb be« Vünb«
60 niffe« bon 1579 für gar nic^t unertoünfc^t anfa^, famen fc^liefelic^ au« 9lom borfic^tigere
SBeifungen: bie 3^iten feien nic^t günftig für einen Ärieg. Unb in ber §aiJH)tfadS>e fc^Iug
bie Äurie, über bie $erfönKc^|»feit be«Vifc^of« günftig informiert unb nac^^träglic^ bon ber
Slotmenbigfeit be« Vertrage« überzeugt, bm oft begangenen 9Beg ein, ba« Verbot )h>ar
nid^t jurüdfjunel^men, aber burc^i ©tiufd^toeigm jujuftimmen: ber 9luntiu« möge bon fic^
65 au« bem Vifc^of mitteilen, ba^ er toegcn be« Vertrage« feine toeitere Anfechtung erfahren
foQe, toenn nur fe^erifc^er ®otte«bienft nid^t geftattet unb ade« auf ba« Äa^itel Vejüg^
lic^e au«gefc^Ioffen toerbe.
@« geigte ftc^, ba^ ber Vertrag tro^ ber in il^m liegenbm Vergic^te für bo« Vi«tum
bie fiöfung bielfac^er ©d^toierigfeiten bebeutete: ba« Slufgeben unhaltbarer Sled^^te unbVeft^
60 titel machte bm Vifd^of — gan; abgefel^n bon ber jei^t eintretenben finanjiedm ©efun«
^afob (SSitifiopti, ». n. »ofel ^lob no« Sbeffa 551
bung feiner 3Ser^ältniffe — jum unbefc^ränften $encn in feinem (Sebiete; bie ©tabt
39afel, fo l>iel fte auc^ fonft burd^ ben SSertrag getoonnen ^otte, Verlor if^ten @influ^ auf
bifc^bfüd^e Untertl^anen. S)ie gortfüJ^rung ber liK^Kd^en Sirform fonb feinen unübertüinb^
lid^eit 9Btber[tanb me^: überall im Si^tum getoann bie latl^oUfc^e ftirc^e toieber fcften
^oben unb bie ^ai}l ber ^roteftanten verringerte fw^ immer me|^r. $atle auc^ ber Ser^ s
trag für bie mit Safel Verburgrec^teten ®l>angelifd^en freie Sleligiondübung jugeftanben,
fo jeigte fic^ boc^ bolb, ba^ ber Sifc^of burd^ bie i^m jugeftonbene ßinricl^tung fat^o=
tifc^ien ©otte^bienfte« neben bem eöangelifd^en ba^ SJlittel langfamer Sefeitigung bedfclben
befa^: bie ^öglidS^leit }um ätbfaQ Vom etHingelifd^en ©lauben tourbe burc^ bie bafür ge-
toäl^rten Siorteile geebnet, bie ^ro)>aganba auf olle äSeife betrieben unb balb aud^ ber lo
offene S^axiQ nid^t unterlaffen. ®egen bie bebröngten eöangelifc^en Untertl^anen ftanben
überall bie fat^oUfd^en Beamten beö Sifd^of«, von benen fie nur fd^loer ein billiget Siedet
erlangen lonnten. ®rünbe, bie evangelifqen ®eiftß(^en unter bem @(^eine bed Sle^ited,
j. S. toegen @c^mä^ung ber ftat^oliien ju entfernen ober unmöglid^ )u mad^en, fanben
fic^ mit leichter 2Rü^e; pe tourben bem mal^nenben Safeler Slatc entgegengel^alten unb ba^ i6
^eft^ten am Suc^ftaben' bed äSertrag^S )i>on 1585 betont. ä(ud ^runtrut toar fc^on früher
ber le|te $roteftant verfd^tounben; bii^ jum @nbe ber 80 er 2[a^re mar baS @täbt(^n
Sauffen — urf]prünglidS> ein $autotfi^ ber Sieformation — - toieber latl^olifd^ gemacht; in
ben anbem Orten l^ielt M bie Sieformation noc^ hx^ jur ÜKitte ber 90 er ^oi^x^, aber
ftetig abne^menb unb fc^Ke^id^ ganj Verfd^toinbenb. ^te ©tabt Safel toar biefer QnU 2u
toidtelung gegenüber, toenn fte ni^t ©etoolt braud^en tooKte, o^nmäc^tig: lein Slec^t^mittel
ftanb i^r }ur S^erfügung, um bie burd^ planmaüaz bürgerlid^e 3untd(fe|ung unb )8e«
brängung eneidbte ,,freitoiQige'' Slüdle^r ber bifd^öflid^ Untert^en }ur tat^olifc^en
Äirc^e ju Verj^inbem.
Xie eifrigen Reifer be^ Sifc^of^ bei bem Setd^rung^toerle toaren bie ^efuiten. Ur- 25
fprünglic^ l^tte ^atob S^rifto^^ ed mit ben fta))u)inem verfud^t, bie auc^ fonft in ber
©(^toeij ate ^orragenbe 2Öerfjeuge ber ©egenreformation aufgetreten fmb; aber fie
toaren faft au^na^mdlod ber frangöftfd^en ©^radbe unlunbig unb tonnten be^l^alb unter
ber übertoiegenb franjöfifd{>en SeVöIlerung be« »i^tum^ ben SBünfc^en beö Sifd^ofi^ nit^^t
genügen, ©eit 1588 jog er bal^ Slefuiten jur Unterftü^ung l^erbei unb 1591 grünbete so
er il^nen bantbar ein KoQegium ju $runtrut. Sie ^a^lreid^en ©(^üler ber neuen ©rün«
bung — im erften 3«^^ 60, 1593jc^on 300 unb feitbem regelmöftig 3—400 im^ö^te
— trugen ben neuen ®eift in alle ©ebiete be« Siötum« unb ber Scac^barfd^ft; eine ©r«
neuerung ber ^efterf^faft unb eine Umtoanblung ber ganjen SeVöIferung VoUjog
ftc^ bamit. 86
3)a« le|te ^ö^^^^nt ber Slegierung galob ß^ftotolS^ — er ftarb am 18. 2lt)rU
1608 — toar frei Von Jtam))f ; bie SUIeinl^frrfd^aft ber btt^olifc^en Aird^e im 93i^tum bot
bie ©etoä^r inneren ^eben«. Die SBieberJ^teHun^ unb Smeuerung bed Äat^olicidmu«
in bem räumlich je^t befc^ränfteren Si^tum glic^ bie im SReformation^jeitalter erlittenen
aSerlufte einigermaßen toieber au«. ©olter @oe<?. 40
;^ofQb ber Siflercietifer f. ^aftorellen.
^fob von Sbeffd (633—708). — Sittcrotur: 1. ü)Mrl*teu a) morßenlänbif^c:
2)iüni)fiuö uon Xclma^rc in BO 1, 428. 468; Äa^fcr (f. u.) 50; «ßftocaS bor Scrqiuö uon
CSbeffa (Äaljfcr 52); aRlcftael bcröroftc (Chroniquc, trad. p. V. Langlois, Venise 1868, 19);
Barhebracus, Chron. eccl. I, 259. b) abenblÄnbif c^c : Assemani, BO 1, 465-494; 3. $. 46
'iWortin (JA VI, XIII, 447; VIII, XI, 155); W. Wright, Syr. Lit. 141 (= Enc. Brit.»
22, 839); R. Duval, la litt. syr. 70. 379; @. ÄQt)fer, 2)le i^ononc« gafobS 0. (£. übcrfcftt
unb erläutert (fiei^gig 1886, iJeben 50—64; @(ftriftftcflerlf4e I^ätigfcit 65—74); A. Hjelt,
Etudes 8ur l'Hexam^ron de Jacqnes d'Edessc (Tli^, Helsingfors 1892. eh. I p. 1—8);
Raulen in ©S 6 1889. 1156. 2. ®er!c: no* feine ©efamtauSgabe; bie ^itcl beS bi8 1888 50
©rfc^icnenen in 9ieftle, litt. syr. p. 52 f., loeitered bei Wright, Duval (f. 0.); ©rotfclmann,
Syr. Gr. (1899 6. 105). ®ld)tlac (Srflänjungen ju ben uon Lagarde, Reliquiae 117 ff.
(lebrucften, uon Äot)fer, ÄanoneS ©.11—33 übcrfc^ten @tü(fen finben ficft nacft J. R. Harris,
The Gospel of the Twelve Apostles (ßambribge 1900) @. 7 f. in cod. syr. Harris 85.
3afob t)on ©beffa (fo genannt nai) bem Orte feiner geiftlic^en SBirlfamfeit), auc^ 65
Crrl^oenu«, f^rifc^ Urhäyä arabifc^ Ar-rohäwi, ift neben bem eOOgö^re fpäteren Sar«
l^ebräud ber berül^mtefte unb öielfeitigfte f^rifd^e ©c^riftfteHer : Ideologe, ßiftorifer, ^^ilo^
foj)b, ©rammatifer, ein AvijQ Tglyloynog, gleidj! pi $aufe in ber Sitteratur feiner
SKutterfpracIS^e unb ber ©e^)tuaginta, belannt mit ben 2^rabitionen ber ^nitn, in mancher
552 3^fob non Sbeffa 3^afob non @(^
Scjic^ung ein fvrifd^cr §tcron^mu^, nur d^araftert^oKer al^ btcfer. ©cboren um 633 ju
'3nbc6ö („SEBoIf^ucÖ") bei änttod^ten, im Rlofter be^ 3<>^<w^»^^ ^^^ Slt^lj^tl^oniu« ju Äinnefrin
C,3lbleme[t") feine gried^ifd^en unb biblifd^en ©tubien beginnenb, biefelben in Sllejanbricn
öoüenbenb, tpurbe er 684 ober 687 (anbere Angaben : 641. 51. 62. 77)95tfd^üf bonSbeffa.
6 SBegen feiner Strenge mit ben bortigen ©eiftlid^en in ©trett geraten — in feinem (Sifer f oH
er bie ürd^Iic^en Äanone« bor ber 2Bo^nung be« ^ßatriard^en Julian berbrannt l^ben, toeil
fie ja bod^ nidf^t geachtet unb barum unnüft feien — legte er nad^ 4 ^a\)xm fein 2fmt nieber,
lebte 11 ^af}xz aU Se^er ber 5Dlönc^e im itfofter ßufebona, Weitere 9 ^oi^xt im großen Älofter
bon S^ell'eba, bi« er x\aä) bem 3^obe feine« 9Jac^f olgerö §abib toieber auf ben Sifc^jof^ftul^l
10 gerufen, fAon 4 3Konate nac^ feiner ßmennung am 5. ^unx 708 (1019, nac^ 3)ion^ftu«
1021 b. ®r.) ftarb, al« er eben feine S9üc|;er nai ©beffa überfül^ren toollte. ©emeg
©lauben« 5Dlono})^Vfit, trofebem auc^ bon fpäteren SOlaroniten ^od^e^alten, l^at er feine
$au|)tbebeutung nid^t auf oem tird^Iid^^t^eologifc^en, fonbem auf bem gele^ litterarifc^en
Gebiete. Son feinen ja^Ireidf^en ©d^riften unb Überfejungen ift jiemlid^ toiel ^anbfc^riftlid^
16 erl^alten, t)er^ältni§mäpig nur h)enigeö bt« je^t gebrudft. 3)ie toidf^tigften fmb folgenbe :
1. eine f^tifc^e ©rammatif, eine ber erften unb l^öd^ft intereffant, nur in Srud^ftüdten
(^erauggeg. t)on SEB. äBrig^t, Sonbon [1871 unb 5Kerj 1889]), unb grammatifalifc^e Iraf =
täte, ^erauSgeg. öon TOartin unb ^l^iflij)« 1869; f. auc^ cod. Sach. 70 in 35erlin;
2. ©c^olien jum Sllten unb 92euen Xeftament, einzelne« barau« gebrudEt in ber römifc^eit
20 2lu«gabe ber SBerlc Q\>fycäm^, Sanb I unb II, unb bon $^illi^ (bi« 2 Äg 2, Sonbon
1864); ein unboüenbete« 2Bert über ba« Hexaemeron, bem fein greunb ®eorg, Sifc^of
ber Araber, ba« 7. Suc^ ^injufügte (2anb, Anecd. Syr. I, 1—5; ?IRartin, §ielt [autp
2)armeftetter, Rev. des £d. grecques III, 1890, 180]); 3. eine anat)^ora (lateinifc^
bei Renaudot, Llt. Or. II, 371 ff.); eine SHeöifton ber Anaphora S. Jacobi fratris
26domini; eine 2:auforbnung, in bie SHitualien ber Sorbiten unb 5Dlaroniten aufgenommen;
5Hebifiön ber Äirc^enlieber; f. cod. Sach. 349 in Serlin; ürc^Iidf^e Äanone«, teilh)eifc
gebrucft bon 2agarbe 1856, Sam^ 1859, bef. toon ila^fer 1886; aBrigl^t (Notulae Syr.
1887, 11—14); 4. feine au^gebej^nte teifö t^eolojifdj^e, teil« ^^ilologtfd^e Äorrefponbenj,
ungemein inl^alt^reic^. l^anbf(^riftIidS> l^aul)tföd^lidS> m Sonbon; barau« gebrudft fein ©rief
30 über bie alte Siturgie ber S^rer (BO I, 479, 486), anbere« bon SBrigl^t (Journ. of
Sacr.Lit. 1867 (IV. X.), 430; ©^röter (3bm® 24; 32); 5. ein c^ronoloaifc^er Äanon,
in toeldf^em er gegen ®ufebiu« ben änfang ber df^riftlic^en Slra auf 309 ®x. fe^e^t (l^r^geg.
öonSroton, 3bm® 53 [1899] 261; f. aud^ 534. 550); 6. Überfe^ungen au« bem®rte=
df^ifd^en: a) bie Äategorten unb Slnal^tifa (nid^t negl igjüirjvelag) be« Slriftotele« (i^Ö^-
86 b. ©. ©c^üler, Serl. 1897 [3)iff. ßrl.] 31 ©.; bie fd^on borbanbene Überfefeung ber^fa*
goge be« ^orp^^^^uö tommentierte er; b) ber Kommentar ®regor« bon Sl^ffa ^u ^2,
§omilien be« ®regor bon 9Jajianj (nac^ Sar^ebräu«; le^tere bielfeic^t erhalten in ber
Sibliot^ef be« Sorb be la «B^w^O; c) bie 125 kayoi hdQoviatixoi be^ Patriarchen ©c=
beru« 512—18, ein ©d^olion barau^ über nin- ßbm® 32, 465 ff.); eine ältere Über^
*o fe^ung feiner $^>mnen rebibierte er mit großer ©orgfalt (bon feiner §anb in Sonbon er*
^cäten Add. 17134, ^Ifimile« in Wright's Catalogue); 7. eine in ben ^ofy:zxs, 704
unb 705 beranftaltete forgfältige Slebifwn ber f^rifc^en Überfe^ung be« 313^« auf ®runb
ber ©e))tuaginta mit Seijic^ung ber anbem gried^ifc^enüberfcfeungen; f. 93b III ©. 176, ir,.
aSon biefen arbeiten belam ^af ob ben Flamen be« „äu^Ieger« ber S5ü^er" (f^r. »^npl ^'iV^^:}),
i6 jum Unterfd^ieb bon :,^alob bon ©arug unb anbem, mit benen er tro^bem öfter« ber«
loed^felt iborben ift. 3)er 95ifd^of bon ©arug ift ber 3)ic^ter ber Sieber, aud^ be« Carmen
de fide contra Nestorium (teiltoeife gebrudft bei Cardahi, Liber Thesauri, SRom
1875, boüftänbig bon Ugolini in bem Ommagio Giubilare della Bibl. Vaticana für
Seo XIII, 1888 fol.), unb ber ^rebigten ad versus Armenos, azymum etc., bie
60 bon berfd^iebenen unferem 95ifc^of bon ©beffa jugefdf^rteben toerben. 38gl. nod^ Les Fils
de Jonadab, fils de R6chab, et les iles Fortun^s (histoire de Zosime) texte
syriaque (attribu^s Jacque ä d'Edesse) et traduction fran^aise par F. Nau.
Rev. S6m. 1899, 54. gine eingel^enbe SBürbigung be« SRanne« fe^It nod^. 9lef«e»
^nlob bon @I^, geft. 1581, unb bie ®egenreformation in 5tur-2^rier. —
55 etvQiiiberg, 9U)cmif4ev^|[ntiquQrlu« I, 2®. 295ff.; ^?arj, ®e[4 beö erjftift« Xrier, bcfonbcr«
»b I; (Jnbrulat (?lb^); Älurf^otin, S3rlcfe griebrirf)« be« gromincn I unb II; Soffen, ^cr
i^öln. Äricg I u. II; ^anfcn, 9?untiaturberid)te III, 1 u. 2 ; (5t)fe§ unb ^elfter, 9?untiatur*
bcricfite I, 1; ©(ftioorj, 9?untiaturforrcfponbenj ÄaSpar ®roppcr«; ®oc^, ©eitrftgc jur @e*
{4td)tc ^Ubvcc^t« V. unb be« Sanb«&erger 93unbe«.
^alob noti iSm 553
3)ie Slcformalion Italic im erjbietum 2:rier ntrgenb« feftcrcn ^ flcfa^t. 3)cr SScr«
fwd^ beg Äaf^jar DIcbtan öom gal^re 1559, btc §auj)tftabt Iricr für bie neue Sd^re )u
getoinnen, tvä^renb ber Jlurfürft ^ol^ann \>on ber £e^en ftd^ in Slua^burg beim Sleid^og
befanb, fd^Iua fe^I. ^tvax bilbete ftc^ in ber ©tobt rafc^ eine anfe^nßc^e, aud^ im State
einflußreiche Partei, ober ber Äurfürft l^atte bodf^ nad^ feiner $eimfel^ feine aHjugroße 5
SRü^e, ber Semegung $err ju toerben : ber SSermitlelung ber benad^borten ^roteftantifc^en
^rften bon $falj, SSürtlemberg, Saben unb ^ejfen gefang e^, eine ftrengere Seftrafung
ber äl^ortfü^rer }u berJ^üteU; aber bie (Sbangehfd^en mußten bod^ bie @tabt Xrier inner«
^alb einer lurj bemeffenen ^ft berlaffen. greilid^ Ump\tt bie ©tabt in ber gfol^ejeit
mit bem Äurfürften um bie Sleid^^ftanbfc^aft, unb h>enn bider ©treit auö^ o^ne beftimmt lo
l^erbortretenbe tird^Iid^e Xenbenjen toar, fo fnü))fte fid^ bod^ bie lünftige ^ögUc^teit ber
Slefonnation an einen für bie ©tabt günftigen äu^ana be« ©treite«; für bie hir*
fürftlidf^e fianbftabt galt bauemb ber ©o^ be« Sleligionöfrieben«: cuius regio eius
religio.
kleinere (Srfolge l^atte bie ^Deformation fonft nur an ber ^eri^l^erie be^ Srjbidtumd i6
crjielt : bie ©ebiete, bie jtoar lirdj^Iic^ jur 3)iöcefe ge^i^en, ober alö politif^e ©ebiete
benachbarten toeltlid^en dürften untcxftdlt hxiren, gingen bem Jtat^olicidmud berloren unb
Don bort^er ftred(te ftd^ tool^I bie ^ro^aganba in ba^ turfürftlid^e ®ebiet herüber. 9(ber
ol^ne große SBirfungen ; h>o im gnnem beö Äurfürftentumö ftd^ gelegentlid^ })roteftantifd^e
Siegungen geigten, gelang e^ leidet fte ju unterbrüden. 20
Unter biefen Umftänben bebeutete bie ®egenreformation im Srjftift 3:rier nidf^t toie
in ^Iba ober auf bem @id^felb einen 93orftoß beS Jtatl^olicidmud, eine Unterbrüdhtng
be« bereite ^eimifc^ geworbenen $roteftanti«mu«, Jonbem bomel^mlid^ eine ßmeuerung
bc^ alten Äird^cntum«. 3)er bereit« genannte Äurfürft öon ber S^en (1556—1567) toar
noc^ Srjbifd^of, ol^ne je bie ^rieftertoei^e enH)fanaen ju i^aben ; mit feinem Stac^folger 25
Safob III. t)on 61^ (1567—1581) fommen emftere auffojfungen bom geiftßd^en ämte
xur §errfd^aft : er tft, toenn auä) in milber t^orm, ber Kämpfer für gegenreformatorifd^
Slnfc^auungen. SBSir toijfen ju toenig über feine innere ©nttoidtelung, um il^ un« —
nad9 feiner fpäteren Haltung rüdffd^Iießenb — anber« benfen }u tonnen al« lebigKc^ ge*
tragen öon bem allgemeinen jur Oegenreformation fül^renben ©trome : feine ^Perfönltd^ so
feit tritt nirgenb«, toeber frtil^er n«>d^ f})äter, afe eigenartig unb felbftgetoorben ^erbor.
®eboren 1510 au« bem alten trierifd^en ©efc^Ied^te ®I^, in jungen ^a^en fd^on ^om^
berr, 1547 ©ombed^ant i^ Xxxtttt 5la})itete; 1550 lieft er feine erfte SReffe, 1564
Sleftor ber 2:rierer Uniberfttät — ba« fmb bereit« alle Stad^ridf^ten, bie über fein Seben
bor ber 3Öa^I jum Äurfürften 3(u«funft geben, ©eine SBa^I (am 7. St^jril 1567) geigt 35
ben 3wftanb be« ßrjftift«: infolge be« fortbouernben 3led{^t«ftreite« mit ber ©tabt irier
^alte ba« 2)omfat)itel feit gal^ren nid^t me^r in ber ©tabt reftbiert; bie 3&a\)l fanb in
Äoblenj ftatt unb bie Sürgerfc^aft bon Syrier l^ulbigte bem neuen Äurfürften nid^t. ®er
^Berfud^ be« Äurfürften, bie ©tabt jur 9ladS>giebigfeit ju jtoingen, mißlang : ber fo«
genannte „So^nenfrieg" üom ©ommer 1568 — bie golge bielfad^er fleinerer ^Reibereien — 40
^ätte, nac^bem bie begonnene SBelagerung ber ©tabt aufgel(^oben Werben mußte, tool^l
mit ber 5RieberIage be« Äurfürften geenbet, Wenn ber Äaifer nic^t einen SSergleic^ ber*
mittelt l^ätte. ©d^ieb^ric^ter foHten ben 9led{>t«faK unterfuc^en. Df)nt baß e« bon neuem
}i\x offenem Äamj)fe gefommen Wäre, ^at ber 9led^t«ftreit nod^ 13 '^oi)xt gemalert: 1580
t)crh>arf ein faiferlidf^e« Urteil bie Sleic^unmittelbarfeit ber ©tabt. 46
3)ie ^erfönlic^feit gafob« befaß nidf^t ben ^ua rüdEftc^t^Iofer 3^^atfraft, aber auf
feine aSeife toerftanb er e« bod^, einer SReform bc« Äatl^oIici«mu« im Srgftifte bie 2Bege
jiu ebnen. Dbtoo^I er fafk toä^renb feiner ganjen Slegierungdjeit be« ©tü^unfte«, ben i^^m
ber a3efi^ §au)3tftabt Irier in mel^rfadf^er äBeife getoä^rt l^aben toürbe, entbehren mußte,
führte er bennocp feine aufgäbe, bie freiKd[> in feinen ©ebieten biel leidster h>ar al3 60
anberöioo, mit gutem ®rfoIge burc^i. ®« toar bejcidf^nenb für feine Slic^tung unb toie er
fic^ ben Slüd^alt für feine fird^Iid^e 9leformtl(^ätigfeit backte, baß er bon Slnfang an ben
offenen 3lnfd^Iuß an bie ftreng fat$. 5ßartei boüjog : fd^on älnfang 1569 regte er bei §enog
alba in Srüflcl ben ©ebanfen eine« fat^olifdpen Sünbniffe« an, unb al« in bemfelben
Sa^re üom SRünc^ner §ofe au« bie Ser^anblungen jur ©rtoeiterung be« £anb«berger 56
Sunbc« begannen, toar ber Äurfürft einer ber eifrigften Sefürtporter ber aufnähme
Alba« in ben 33unb: an ben ft>antfd(>en 9lieberlanben foHten bie r^einifc^en 33unbe«mits
glieber — man toünfc^te ben Settritt ber brei geiftlid^en Äurfürften unb ber benachbarten
Sifd^öfc, femer ^üKc^.unb Sotl^ringen« — i^ren feften ©tü|j)unft böben. 3)er ^lorb«
tieften 2)eutfc^Ianb« ^ätte baburc^ eine mächtige, feftgefc^loffene fat^olifd^e Partei crl^alten. 01
554 ^fofob Hon (S(^
Iriertfc^c Slötc ^aben eine cmfige aJ^ätigWt ju ®un[ten be^ großen Unternehmend
entfaltet, aber bon ben tt>etten planen blieb infolge bed 9Biber[tanbed bon ^roteftanttfd^er
unb faiferlid^er ©eite fd^Iicfelid^ nid^t^ anbete« übrig atö ber Seitritt ber beiben Äur*
fürpen bon Irier unb üJlainj jum Sunbe. 3)o^ lonnte ber bortoiegenb fübbeutfc^
6 bicibenbc Sunb unter biefen SSerl^öItniffen nicbt fein, toa^ fte gehofft l^atten — in bcm
»eitritt «Iba« l^atte Äurfürft Salob bie ,,i}t^fit 9lotburft" gef^cn; fo bertor fu^
fein 3wt^^ öl^ — frit S^Waij^r 1572 — bie Sunbe^ertoeiterung enbgiltig ge=
fc^eitert h>ar: bem Slamen no4 gehörte er bi« 1579 jum 35unbe, ober ba er
tro^ aller ^ol^nungen feine Seiträge nid^t bejo^lte, fo berloren bie Sunbe^enof(en
lobun^ feinen Sludtritt nid^t biel. 9(tö Sieft be« großen $lane« t)on 1569 blieb iebod^
eine enge 3Serbinbung be« Äurfürften mit ben §öfen tu Srüffel unb TOünd^en, ben beiben
ßentren ber fat^olifq^en ^Politif jener 3:age im Sleid^; bie trierifd^ Slöte, bor oHem
ber Jtanjler ^ol^nn 2Bim))felin^, unterhielten bie bertrauteften Sejie^ungen ju ben Sioten
ber beiben §öfe, unb in ben lirc^lid^en Slngelegenl^eiten be« Sleic^e« ftanb ber Kurfürft
16 feft mit ben ®efmnung^enof[en jufammen : er unterftü^te nad) üRöglidf^teit bie bairifd^en
^Öffnungen auf jföln, er toe^rte fid^ bor unb auf ben Sleid^^tagen gegen jjebed über ben
fteligiondfrieben ^inau^e^enbe 3^04^^*^^^^^ ^n bie ^roteftanten. SKepr aU einmal trat
ber trierifd^e Äanjler aBimt)feling ate „Säule ber ©äe^rjamfeit unb ber Sieligion", tote
i^n 9Korone 1576 in Slegenöburg bejeid^nete, al« • SBortfü^rer ber fatl^olif^en Partei
20 ^erbor, am einfluftreid^ften {t)äter in ben ad^tuger ^ci)xm bei Schlichtung ber Jtölner
aCBirren. ®« ift nidjt untoa^rfc^lid^, ba| SBim})feling, ber bon 1567—1587 afö Jlanjlcr
unter bem Äurfürften biente, bie ©eele biefer ganjen gegenreformatorifc^en ^olitif im
2|nnem unb au^er^alb be« Jturfürftentum« n>ar: im einzelnen lä|t ^ ^ nid^t betoeifen,
Äer in feiner ^Perfönli^feit jeigen fu^ biel me^r al« in Äurfürft galob bie (Sigenfd^ften,
25 benen eine folc^e $olitiI Sebürfni« toar. 2)ie Aurie tou^e ben (Sinflu^ unb bie X^ätig-
leit be« Jtanjler« fel^ too^l ju fd^en unb feftigte feine Xreue burd^ toieber^olte Sc-
lol^ngen.
@d ift er!lärlic^, ba^ biefe Haltung be« Trierer Äurfürften in ben allgemeinen Stn^
gelegen(^iten bon bem ^igtrauen ber )>roteftantifd^ ^rften begleitet h>ar: ba^ er
80 feinen Untertl^anen 3;reu unb ©lauben nidj^t ^Ite unb aegen ben Sleligiondfrieben ^nblc,
ba| er fid^ an Wba l^änge, tourbe il^m bon ben Äurt)fäl3em borgetoorfen. (&^ lä^t ftc^
jAod^ nic^t leugnen, ba^ Äurfürft ^atob lebiglid^ bon ben i^m traft bed 9{eligiondfriebend
aifte^enben Siedeten ©dbrauc^ mad^te unb ba^ eö bei ber geringen Verbreitung ber Sie*
formation im Äurfürftentum nur feiten ju l^arten 9Ka^egeln fam. 1568 tourbe in 9?eu-
86 magen, too ber ®raf bon SQittgenftein ben neuen Selben 3ug<^^g berfd^fft l^te, ber
lotl^olifc^e ®otte«bienft unter geiftlidber gü^rung bed S^witen 3:^räu« burdSi furfürftlic^
Seamte unb@olbaten toieber^ergefteut ; au^ ba«®ebiet ber el^emaligen Sieic^^tei $rüm
iourbe, aU ^ 1576 bem Äurfürftentum etni>erleibt toorben toar, mit ben allgemein üb-
lichen 5Witteln bon aller Äe^erei gereinigt. 1571 entfernte ber Äurfürft alle 9?id^tfatl^o=
40 lilen bon feinem ©ofe, — eine aJla^egel, bie ^aul)tfäc^lidS> ben 3lbel traf, ber gleic^f
feinen Stanbeögenoffen im ganjen Sleid^e jum neuen Selenntniffe neigte. 1572 erging
ber Sefel^l, ba| jeber, ber aU Sürger ober Selool^ner irgenbtoo im Äurfürftentum auf«
genommen toerben toollte, fic^ über feinen fatl^olifd^en ®lauben au^jutoeifen l^abe. ^ö
fmb im toefentlic^en bie üRa^nal^men, bie fu^ gegen älnber^löubige richteten ; ber p&p^U
46 lid^ Sluntiu« ^ortia tonnte 1577 berid^ten, baft ba« Äurfürftentum frei bon allen Äeftc«
reien fei, fanb er boc^ fogar in 3:rier, troft be« ®egenfa|e« jum Äurfürften, fein ^ä^
bon Sbfall, fonbem eine eifrig lat^olifd^ gefmnte 93et)öl{erung.
So l^tte ber Äurfürft im ganjen freie §anb, fic^ ber Sefeitigung aller 9Kifeftänbe
innerl^lb ber eigenen Äird^e ju toibmen, unb hierin ^t er ftc^lic^ — l>ielleic^t gefü^
60 bon feinen Släten (fflimpfeling !), auc^ toon ber Äurie eifrig ermahnt unb auf beftimmte
5Wittel ^ingetoiefen -- toiele« erreid^t. 3)ie ©runblage, toon ber a\i^ bie Sieformen unter*
nommen toerben mußten, toar bei ^atob^ SBa^l bereit« bor^nben: bie Sefc^lüffe bc«
Äon^il« bon Orient. 2)ie SRittetlung be« Sluntiu« Sommenbone, bafi e« nic^t gam leicht
getoefen fei, ^alob jur öffentlidjhm ainnalj^me ber Sefc^lüffe ju ber^j^id^ten, ifl eruärlic^,
66 o^e bafi man an ber ®efinnung be« neuen Äurfürften ju jn>eifeln braucht : j^tte bo^
bidl^er fui^ noc^ lein beutfd^er Äirdbenfürft auf bie bon ben ®egnem gefc^mä^ten unb
auc(^ bon ben Stn^ängcm ber Äircpe mit mandben g^^if^»^ aufgenommenen ÄonjU««
befc^lüffe berjjflid^tet. Dftem 1569 befd^toor Safob al« ber erftc in 2)eutfd^lanb ba« xri»
bentinum, unb im ®eifte be«felben ^anbelte er nod^ im gleich ^a^e. Som HüpxH bt«
eo 3um Oftober 1569 tourben bie Äon)il«befc^lüffe in allen Pfarreien be« Äurfürftentum«
^Ooh Hon &^ 655
Dcriünbiöt; im ^>uli U^amx eine 3?ifitation, junäc^^ft be^ Cbererjftiftfi^. 3)a^ ^a\)x 1573
erfc^ien, e^c bicfe SJifitation auc^ im Unterer^iflift, b. 1^. in bcn tlj^cinifd^cn Sejirfen, }u
(Snbc gefül^rt imx. Ginc bom Äurfürften felber mit 35eil^ilfe einiger ^cfuitcn au^earbcitetc
älgenbc tourbe 1571 aU 3lotm für Auttud, @itten|;u(^t unb Gl^efad^en ^erau^egeben.
JVreilid^, bafe ber 3^^* ^'"^ boÜpänbigen Drbnung bcr firc^Iic^en 9?er^ältniffe bamit 6
nod^ nicbt erreid^t tvax, jeigt bie 3Wa^nung ^ortia« t>on 1577, eine neue 3Jifitation toor«
june^men, bann eine 3)iöcefanfVnobe obijubalten, auf ber beftimntte 5lormen borgefc^ricben
tperben fönnten. ®ie tüeitcren Slatfc^Iäge ^^ortia^ Hären auf, tooran bie bi^^cr berfudbten SHe=
fonnen franften : e« fehlte on einer juberläffigen ^riefterf^Kxft. SBaö an ©eiftlicpen bors
Rauben toar, teilte jumeift bie allgemeine SSerberbni« be« fatj^olifc^en Äleru«. ^^fob l^atte lo
auc^ auf biefen $untt fd^on ju 93eginn fein älugenmerl gerid^tet: aud bem römifd^en
CJollegium germanicum l^atte er ftd^ 1568 fcd^ ©df^üler al« Reifer fommen laffen,
unb biefen fmb fpäter noch anbere nodf^gefolgt. äuc^ bie Irierer ^efuiten — feit 15(50
gab e^ in ber Stabt eine 3;cfuitennieberlaffung — ftanben bei bem fiurfürften in
bo^cn 6^en : ibrer ^ilfe bebiente er fxd) in 9?eumagen, in $rüm, bei ber 93ifitation, i:.
i^nen räumte er 1570 ba« TOinoritenHofter in Irier ein unb fügte reic^Kd^e 3?otationen
l^inju, fo bafe i^re ©d^ule balb aufblül^te — in ben ^Q!^xm 157:3—1589 foHen jäl^^riic^
burc^fc^nittlid^ 1000 Sd^üler ju i^^nen gefommen fein; berÄurfürft öon ber^fatj mu^tc
157Ü Hagen, bafe fic^ überall in ber ^ad^barfdf^aft bie 3<1witen einbrängtett. 1580 ^t
3afob i^nen auc^ in Äoblenj ein ÄoIIeg gegrünbet. Slber ade biefe nü^lic^en Reifer leifteten 20
bod^ erft bann bad 9(udreid^enbe, toenn mit il^rer $ilfe bie @nie(>ung einer brauchbaren
^4Jriefterfc^aft gelang, ^ortia mal^ntc 1577 bergeblid^ jur Snic^tung eine« ^riefter*
fcminar« ; ber Äurfürft l^tte too^l ben guten SÖiHen baj;u, aber e« |ie|, bafe infolge
bcr Streitigfeiten mit ber ©tabt Irier eine fold^e Orünbung noc^ nic^t mögKdJ! fei.
(Srft 1585 bat ^afob« gleid^efmnter 92ad^foIger ^o^nn \>on @(^()nberg ben "^lan t>tts 26
iüirHid^t.
Un^tueifelbaft entftanben bem Äurfürften aud bem Streite mit 3;rier fd^toere §inber=
niffe bei feiner Sleformtbätigfeit: i^^m felber toar ber 2luf entölt in ber 6aul)tftabt
unmöglid^ unb ba« 3)omfat)ite( naij^m ben Streit jum älnlaft, ftd^ feiner ^^flic^ten ganj
m entfd^Iagen ; ba eine „^teftbeng'' angeblich unmöglid^^ tDar, fo ^tte auc^ bie nottoenbige so
ätefonn biefer oberften geiftlidf^eit ftörperfc^aft be« ßrjftifted i^re Sd^toierigfeiten, unb fie
blieb für bie gefamte ^ßricfterfc^ft baö f^^ledf^tefte aSorbilb. ®ie 5KitgIieber be« Äat)itete
lebten, feit fie nic^t me^ i^rer 3le^beHj|)flic^t in Iricr genügten, im ßrjftifte jerftreut,
iüo e« iebem gefiel, fem Don allen i^ geiftlidf^en ^flidf^ten unb ^ufig fogar ol^ne geift^
lid^e^Äleib; 1577 gab e« unter ben Äa>)itutaren feinen, ber jum $riefter getoeil^t toorbenas
tüärc. Ocmeinfam toar i^nen ber SBiberftanb gegen jebe Sleform, bie aud^ i^re ^eil^eit
bätte beeinträd^tigen fönnen; be^^alb erhoben fie 1569 Ginfprud^ gegen bie Serfünbigung
bcr 'Xribentiner S3efdS>lüffe unb legten fie ben g^uiten in ber Stabt 2^rier §inbemiffe in ben
äöcg — fürc^^tete ber Äurfürft boc^, ba« Äa^itel möchte bei feinem 3:obe ba« 3;^fwitens
follcg ganj aufgeben. 3)lanc^e Seurteiler meinten, ber Äurfürft foHte bem RccpxUl nur 40
irgenb einen anbem »lJla| im Gnftifte jur Slefibeng befehlen unb bann mit ber Sleform
beginnen ; ber Äurfürft felber erflärte ba« für unmöglich unb fo ^arrte man auf ben
3lu«gang be« Streite« mit ber Stabt Irier. 3)od^ ^at ^afob 1578, auf eine einbring-
lid^e >)äpftlic^e 5Wal^nung l^in, ba« Äapitel gu einer furjen jä^rlic^en Stefibenj in ^faljel
bestimmt ; aud^ berf^jradf^en bie Äoj)itularen, ^Priefter ju toerben. SJic SRef orm be« Äajpitel« 4:»
i)at 3afob« 9ladS>folger no^ ernftlie^; befd^äftigt.
Gin anbere« ,§emmni« burd^greifenber SReform be« ganjen Grjftift« lag barin, bafe
für bie lu^emburgifd^en ©ebiete be«felben bon ber bortigen älegierung ein Placetum re-
gium bei allen SRa^regeln be« Gr^bifcffof« 6eanf))ru(bt ivurbe. Stirgenb« tuar bie ®etfits
lic^feit fo öerberbt toie im ©erjogtum ^LHütinburi^. ^a \mi\l\f^t unb geiftlie^e Oetpalt w
\\d} über i^re SWad^tfjj^ren nic^t einigen fnnntcn, \o tfntftanb bcr ©ebanEir, \m iii|^cnibuTö
ein eigene« Si«tum ju errichten — ein ^{an^ ben '^ühh tiiit @rfi^% feetäiiiuftc, i^^^ne bftfi
fid) freilid^ bamit ber fird^lic^e 3w[t^^b bcfferte, ^Bcrtiu^ilcr für bie Sffi>Tni war bie Ünv-
Derleibung ber SReic^abtei $rüm in baä Gt^^ftift, "^ai Slrcbcn bcr Iricrcr GtÄbif($ö{t,
bie reid)«unmittelbare äbtei für bo« SrÄfttft p Oflflnöcn, jc^t iH btf H. 'iafy:i}m)>at &&
i^urüdf; bie Seformotion brad^ bem Söunjd^e bie <S '
3udbt feit längerer ^txi f^on in IkrfaD bcfinbüi^c Sl
Gl^riftojjl; bon 5Wanberfd^eib }um Ö(bt, bcr bco Mmtci
ben Serbac^t ertoedftc, ba^ e« bcn ©rafcn Don yjlanb'
reichen 3lbtei unb i^c«6kbiclc« yt il^un \ü. ^h
i
556 ^lob t>on @(^ ^afob tioit ^aterbogf
guftanb bcr Slbtci unb bic bro^enbc ®efabr anfanöö 1574 feftgcftcHt l^attnt, bcrfügtc eine
t>ät)ftK(l^e SuHe öom 24. Slufluft 1574 bie eh)tac 93ereim0un0 ^rüm« mit bem ©rrftift,
fobalb äbt 6^fto>)^ fterbe. 3)er Ämfet ö<* ^^ 5Robember 1575 — \OQffl ate S)anf
für bie Haltung bed fturfürften bei ber JlönigdtDa^l — feine ©enel^migung baju. 9l(d
6 ber Slbt im Siuguft 1576 ftorb, h>ar ber Äurfürft jh>ei Xage barauf jur ©teile unb er=
griff tro^ i^ SßJiberftreben^ ber 9iJlöncl^e bon ber Sibtei S9efi$. 2Rit ber Sejeitigung aller
uöfterlic^en ©(^äben unb aller proteftantifd^en Slegungen in ber ©tabt ^rüm — öon
1576—1578 bauerte ba« 2BerI grünblid^er Steinigung unter ber Seitung be^ Rinftigen
äBeil^bifd^ofd Sindfelb, eine^ ©(^ülerd bed Collegium germanicum — getoann ba^
10 ßrjftift 3:rier jtoeterlei : bie ®efa^r ))roteftantifc^er 5ßro^aganba tourbe befeitigt unb bie
reid^en 5WitteI ber Sibtei famen je^t ben Steformbeftrebungenbeö Äurfürften ju gute — toax
bo4 biefer 3^^^ ^^ ^'^ ®runb für bie @inberleibung bom jiurfürften angegeben nnb
bom ^opfte gutgel^eiften h>orben.
3)er ertoerbung ber Sibtei $rüm reibte fic^ 1580 ein anberer für bo^ ®rjftift nodj^
16 bebeutenberer ©rfolg an: ber ©ieg im Sled^t^ftreite mit ber ©tabt Irier. ©eit 1575
l^e aud^ bie Slitterfc^aft bed ©tifte^ bie Sleid^unmtttelbarteit für ftd^ in Slnf))ruc^ ge^^
nommen, ©teuem bertoeigert unb ben S3efudS> ber Sanbtage eingeftellt. — 3)ie lanbegfürft«
lid^e SRac^t be« Äurfürften h)äre ftarl befd^rönft toorben, toenn bie beiben (Segner i^e
Slnf^rüd^e burd^gefe^t Ratten. 9Bäl^renb ber ©treit mit ber 9iitterf4faft ftc^ burc^ anbert-
20 l^b Sa^rl^unberte ^injog unb 1729 ju Ungunften be« Sanbe^l^erren entfc^ieben tourbe,
untertoorf ber faiferlid^e Urteil%rud^ bon 1580 bie ©tabt Irier ber Sonbe^l^o^eit be«
fturfürften: bie ©tabt fügte fid^ guttoiQig; [a bemütig, unb l^atob ^ielt im 3)lai feinen
@in)ug in bie $au))tftabt, bie er bi^l^er nur einmal 1568 auf furje^^it betreten (^atte. Ser
^t tDurbe abgefegt, aber mit ben ©egnem bod^ milbe t)erfa^ren : nur einer tourbe au^
26 ber ©tabt bertoiefen. @ine neue Slat^orbnung, bie Eltziana, tourbe bom Äurfürften afe
©runblage für ben neuen 3uftanb gegeben.
S)iefer erfolg ftel^t na\)z am ®nbe ber Slegierung bed ilurfürften ; er ftarb am 4.3uni
1581. 2Ran fann toeber feine ^Perfönlid^feit nod^ feine 3]^ätigfeit großartig nennen, aber
nad^bem einmal ber 2Beg getoiefen h>ar, fonnten aud^ geringere fürftlid^e ©eifter, geführt
»0 Don tüd^tigen Siäten unb angetrieben bon ben feit ©regord XIII. Stegierung^ntritt iplan^
mä^ig nac^ ®eutfc^Ianb gefdf^idften 9Runtien, bie ©egenrefonnation jur 3)ur*fül^rung
bringen. SSoHfommen befriebigenb toar ber f trd^Iic^e ^wftanb be« ßrjftifteg bei 3«! ob^ 3^ob
nod^ nic^t, aber fein ebenf o eifrig fat^olif c^ gefinnter iRad^f olger 3^^"^ bon ©(^önberg l^ot
bod SBert im ©inne bed SSorgöngerd fortgef^t, bie bon i^m begonnenen Sieformen )u
86 @nbe geführt, ^e^rere ©ebiete toaren bem Srjftift unb bem Äatbolici^mu^ enbgiltig ber-
loten gegangen: bie ©raff^faften 2Bieb, Ba\)n, ©alm, bie l^effifc^en, babifd^en unb })fät
jif((fen ©ebiete ; bafür aber l^atte 3af ob ^rüm erworben unb meif^rere an ))roteftantif(^e
^erren oer^fänbeten Seft^ungen burc^ @inl5fung für bad @r)ftift gerettet, ^n ben ftnan^
gieHen SSerl^ciltniff en be« Äurfüriftentumö toar burc^ galobg äSertoaltung eine erl^eblid^ Sefjerung
40 eingetreten, ber bie S)ur(^fül^rung ber Sleform erfd^toerenbe ©treit mit ber ©tabt 3:rier
loar befeitigt. Slud ben ©c^ulen ber ^efuiten mud^ mit ber 3^it eine fird^lid^ toiUföl^ge
®eneration l^erbor; ber breiten SRaffe ber Sebötferung flögen bie IWter ber ©efeUfc^ft
3rfu in bielfeitiger I^ätigfeit ii^ren ®eift ein, — e« fiel bagegen toenig in« ©etoic^t,
ba| fie ber ölten 3^rierer Uniberfitöt lein Seben, feine Sebeutung einjul^au^en bermodj^ten.
46 Sei ber aSieberertoetfung lird^tid^en Sebenö Wax ber Äurfürft fetber mit bem beften Sei*
fj)iel borangegangen : bie römif^en Sluntien rühmen immer toieber feinen Sebenötoanbel,
feinen (Sifer, feine Ergebenheit für ben Vöjjftlid^en ©tu^l unb toie er ein SSorbilb für alle
beutfc^en Prälaten fein fönne. 3)er Äurfürft bon ber ^Jfalj aber flagte 1576 über ben
lird^lic^en ©ifer ^atob^ : ba«i „Slffen« unb ©aufeltoer!" ber ^rojeffwnen \)ab^ in Irier in
öoganj ungetoöl^nlidS^cr Söeife tüicber jugenommen. ®ie Semül^ungen S^lobd jeigten barin
oQerbing^ i^re beutlid^en ®rfolge. ®elang i^m au^ nid^t bie bollftänbige ^urc^fü^rung
ber Slefonn, fo toar boc^ unter feiner Slegierung baö ®ntfc^eibenbe gejc^el^en: ba« beh)u|te
@inlenlen in bie ^af)n ber ©egenreformation. ©alter @oe^.
3aIob tion3^ütcrbo8l(3jafob b.Äart^äufer),geft.l465.— Oucllen u.öittcro*
ootur: Unter ben 75 Schriften 3.d fommen für und aU .t^auptqueUen bie reformatorifc^ gc
richteten in 93etrad)t. ^d ftnb bied folgenbe: Tractatus de causis multarum passionum,
proecipuc iracundiac et remcdiis earundem. Ed. Sern. $6i^ in Bibliotheca ascetica,
RatiRDonae 1725, T. VIT, pag. 389 sq. ; Petitiones rcligio«orum pro reformatione siii
Status. Ed. @. ftlüpfcl in Vetus bibl. eccleeiastica, Frib. Brisg. 1780, p. 14G sq. ; De negli-
60 gentia praelatorum. Ed. fBald), Monimenta medii aevi, T. I, Fase. 4 ; Avisamentum ad
3fafob tion datarbogf 557
papam pro reformatione ecclesiae ed. ^lüpfel o. a. 0. p. 134; De Beptera statibus eccle-
siae, in apocalypei descriptus, de auctoritate ecclesiao ejusque reformatione. Ed. $3qI4 1- c
T. II, Fase. 2. 3)ic nioralt^cotügifd&fn finb jum ßroöcn 2^eil in bem unten ju ermäftncnbcn*
^^Irt. Gaffel« bcfprod)en. — 3-ö ©djriften finb jum Xcil unter uerfcftiebcnen Flamen erf^ienen:
er wirb nidjt blofe Jacobus de Jutirbock genannt, Jonbern oucft de Junterbork, Junterbur- 6
gensifl, de Paradiso, de Polonia, Carthusiensis, de Erfordia, de Olusa, ift ober nid)t mit
bem ^ortlööwfer^jrior uon JOütti(^ 3. bc ©ru^trobe ju oenuecftfeln. lieber 3- l)anbeln: üom
römifdjrfatöolifc^en Stanbpunftc: Äellner, ^atob uon 3üterbüQf, in ber Tti€>S S3b 48, wo
6. 316 au4 bie ältere :^i!tcratur ücrjeic^net ftetjt, unb teffel in f. Art. über 3. ü. 3. in
^e^er u. 3öclleö Äirdjenlfxüon. VI. »b (&reib. i. ©r. 1889), @p. 1166 ff. (Sinfeitlg pro« 10
tcftanlifcft verfährt UHmonn, Oieformaiion uor ber 9?eformQioren (1866) l, 194 ff. JBom
altfat^oltfc^cn Stoubpuntte auS urteilt ^Qntpfd)ulte, 5S)ie Unioerfitöt Erfurt, I (1858)
8. 15. 16.
Unter bcn fatj^oltjd^cn 5Heformem bc^ 15. S^^^^wnbcrtö nehmen jtoar bie franjö^
fifc^en Il^eoloöen äliUi, ©erfon, ßlcmangc u. a. ben erftcn ^la^ ein ; aber neben il^nen 15
bürfen mit 6^en and) 2>ertretcr ber bcutfc^ien Äirc^e genannt Serben : befannt fmb 3lxio^
lau^ Don 6ufa, ©regor t)on ipeimburo, ©eiler \)on Äaiferöberg, toeniger genonnt toirb
3alob bon ^w^^bogf, i^r ©eifteebenranbter, ein frommer, gelehrter unb freimütiger
3Jlön(IS> be^ 15. 3<*^'^^w"t)ertd. ©eine gefd^^ic^tlic^e Sebeutung berul^t ouf feiner reform?
freunblic^cn Sd^riftfteDerei: er ift ber erfte Seigrer ber (Erfurter Uniöerfität, loeld^er i^re ao
freifmnige 9lic^tung einleitet, bie ^u Sutber^ 3^^ i^ ^umani^mu^ il^re l^ikbfie 93Iüte
trieb, ^eilidf! l^at gafob bon S^terbogf nur bie fittlic^en ©ebrec^en ber Äirc^e an«
gegriffen; i^re 2)ogmen anjutaften toagte erft ber näc^ifte Sleformfteunb Srfurt^, 3^
^ann 3<uci^ratl^ toon Dbertoefel, ber Sefämpfer beö äibla^fc^toinbete ; ^atoh l^ingegen
blieb bogmatif^ auf bem Soben ber ^arifer 3:^eoIogen bed Äonftanj^er KonjU^ ftei^cn. 25
3)a« 2eben biefe« 5Wanne« Verlief in flöfterlid^er Sitöe. ©eboren tourbe er 1381 in
ber 9?ä^e bon ^üterbogf, in ber heutigen preu^ifd^en ^rotoin^ Sranbenburg ; fein eigent=
lid^er Sflame h>ar 95enebilt ©toljen^agen. 3)en ärmlichen SSerl^ltniffen feiner Swflenb
entging er, inbem er ote S^^öK^^Ö i" ^<^^ polnifd^e Giftercienferllofter ^arabied ein«
trat. 3lte Älofterbruber führte er ben Flamen 3<*to6u^ ; bai^^ ,. Jacobus de Para- ao
diso", ßier mufe er ftd^ balb fo au^gejeicl[>net ^aben, ba| fein 2lbt i^n auf bie Unit>ers
fität Ärafau fc^idte. 2)iefe^ SSertrauen lohnte ^atoh in reichem 3Ka^e: er ertparb [läf
nid^t blo| bie p^ilofo^^ifc^en unb tj^eologifdf^en ©rabe, fonbem tourbe auc^ ^rofeffor unb
llnil)crfttätöprebiger. Bpäitx, ^ tüar im ^af)xt 1441, ate i^m im borgerücften älter
bie ©ittenjuc^t beö ßiftercienferorbenö m laj erfd^ien, trat er, toa^ fanonifc^ erlaubt h>ar, 36
in bcn ftrengeren Drben ber Äart^äufer ein unb fiebette in baö Älofter ad montem
sancti salvatoris nad^ Erfurt über. $ier entfaltete er noc^ al^ ©reid eine überaus
rege lilterarifc^e S^ätigfeit, bi« er 1465, nac|i anberen 1466, ftarb. 3)iefer le|te SCeil
feinet Sebcnö ift ber hjic^tigfte. Sö^^^f^w« ^<*^ i" ßrfurt nid^t blo^ afe tanoniftif(|er unb
tlieologifc^er Sc^riftfteHer, fonbem auc^ ate ^rofeffor ber Siedete an ber Uniöerfität t^ötig. 40
^^u tüclc^cr Sebeutung er in biefer Stellung gelangte, täfet fic^ fd^on au^ bem Umftanbe
f^liefeen, bafe er 1455 SReftor ber Unitoerfität tourbe; noc^ beutlic^er aber fagt Irit^e*
miug, bafe er bon feinen 3«i^Ö^offen toie ein Crafcl geehrt tüorben fei („Scribendo et
disserendo fama divulgatus usque adeo nomen doctoris obtinuit, ut ejus
verba scriptaque quasi pro Apollinis oraculo haberentur". S^ritl^emiuö, catal. 45
ill. vir. bei ÄeUner [f. 0.] ©. 320). ©e^en l»ir nun auf bie gefd^id^^tlic^ tpi(^tige ©eite
feiner ©Ariftftellerei, auf feine reformatorifc^en Seftrebungen naiver ein. 3)a Sfllo^^ bon
3üterbogt, um mit Sut^er ju reben, „burc^ 3Wönc^erei in ben ßimmel fommen" tooHte,
fo erftrebte er, ein ÜKiJnc^ bom ©c^eitet bi^ jur ©ol^le, junäd^ft eine ^Regeneration bed
Älofterleben^. 2)iefem 3'^^^ toibmete er unter anberem feine ©d^rift: Petitiones re- so
ligiosorum pro reformatione sul Status; unb in ber ©df^rift: De negligentia
praelatorum, in tüelc^er er bie ^4Jrälaten tabelt, ba^ fie i^r ©trafred^t gegen i^re Unter-
gebenen nid^t gebraud^en, em))fie^It er fogar im 3Rotfatte gegen bie Älijfter mit Sigen*
tbum^s unb Jemporalienfperre (nid^t mit ©injie^una be« Äloftergut« ; bie« gegen UHmann,
Sieformatoren bor ber 9tef. I) öorjugel^en. SBalcp, Mon. med. aevi T. I, Fase. 4, 66
p. 196—198 („Falsis religiosis . . . possunt bona temporalia subtrahi, ad
tempus cum consensu episcopi loci"), ^alob^ 3lefonnt)orf^läge fu^en auf ber bo»
mal^ freifinntgen Slnfc^auung bon ber ftirc^e: ber ^ßapft ift nur ba^ öorj^üglic^fte ©lieb
bcrfelben, il^r §au^t nur aU Beamter (caput ministeriale ecclesiae); bie unfe^lbore
33eih)olinung be« l;eiligen ©eifte^ ift nic^t i^^m, fonbcrri ber Jtirc^e t)erl(^ei^en; biefe olfoeo
ober il;re rechtmäßige 9leJ)räfentation, ba^ allgemeine Äonjil, l/at bie SRac^t, hm ^IkH)^
558 3M(ot noii dfttertogt 3lafob non SRtei»
oBjufcfecn ; tocr bicfcn ©tunbfa^ bcttocrfc, liefere bie Äirc^e einem fünbigen ?Kenf(^en au3
(bgl. ÄeDner ©. 341). 3)a^er fyi^i unfer Ättc^eiH)oHtifer ^^biejeniöen, toeld^c nid^t allein
' bo^ beilije Ämb ber Sieformation ju ertoürgen fic^ befliffen, fonbem and) feine 3Kutter,
bcr Konsilien Autorität unb Berufung, getötet ^aben" (bei Äamj)f(^ulte, Unib. ßrfurt I,
6 6. 15). S^fob öon Jüterbog! ttyax alfo lein $aj>aßft, fonbem entfc^iebcner Äonjiliarift.
©eine barauf bejügliqen (Sebanfen finben fi<^ befonber^ in ber refomtatorifdf^en 2)ent
fd^rift, h>elc^c er 1449 an ben $aj)ft Stifolou« V. bei ©elegeni^eit feiner S^^ronbefteigung
einfanbte ; fte fü^ ben Xitel : Avisamentum ad papam pro reformatione eccle-
siae (Snl^It bei Äellner ©. 337). &aitc fu^ l^ier ber e^^rlit^ TOönd^ bemül^l, bem
10 $aj)fte troft allem greimut bod^ feine ©l^rerbietung gu jeigen, f o Jd^Iug er, nadj^bem er
[\ä) bon ben eigentlid^en aibfid^tcn ber Äurie überjeugt l^atte, in feiner ©c^rift ,,Über
bie fieben ^erioben ber Äirc^c" (de septem statibus ecclesiae) einen gonj anderen
Ion an (XM unb Sn^t im älnfc^lufe an "Stpolab^p^t c. 6 unb 7). ©ie entl^ält
bie leibenfc^aftlic^e Jtlage eined ^offnung^lofen ; i^r greifer SSerfaffer glaubt nid^t mel^
15 an bie 3Jtöglid^Ieit einer Sieformation. ®ott lömte ^toar l^elfen, aOein er t^ue bad nur
burc^ menfqlid^e Mittel ; biefe aber feien, h>ie bie @rfal^rung le^re, unbraud^bar getDorben.
2)ie ©c^ulb baran faQe bor allem, f o äußert ftc^ ber e^rli^e beutfd^e ^eunb bed 93afeler
Äonjite, auf ben S^Qp\t ®ugen IV. unb bie Italiener (^n^^ngaben bei UHmann, 3*ef.
bor ber Slef., 1866, I, ©. 194—201).
20 $au))tfäd^U(^ burd^ biefe reformfreunblicben ^u^erungcn l^at ^alob bon Jüterbog!
für und ^nteref(e; benn aU ^ogmatiter ftedrte er tief im bamaligen ortl^obo^en fiatl^olis
aSmvL^. „5)urdSi SReffen, SUmofen, ®ebete, ^often unb anbere gute SBerfe fönne man ben
obgefc^iebenen ©eelen ju §ilfe fommen", lehrte aud^ er (Straftat über bie ©ee(e nad^ bem
Xobe). ^ie ©ünbent>ergebung, koelc^e ber ^riefter audf))rid^t, fa^e er nid^t beKaratit),
26 fonbern effeftit) (Sacerdotes ipsa peccata virtute clavium dimittunt, in quibus
davibus Christi passio operatur. Has daves accipit sacerdos in sacri or-
dinis acceptione; bei fteOner, ©. 326). ä(ud^ in ber Seigre l>om älbla^, tt>eU^e balb
barauf ^o^^^^n Shu^at ^on Obertoefel beläm))fte, toic^ ^alob bon Jüterbog! nid^t Don
ber römifd^en Simone ab. — ©eine gelehrte äilbung l^at im allgemeinen noc^ ben rein
30 fd^olaftif^en Sl^araf ter ; aber er toar nid^^t tto^ in ben 3i&itcn belefen, fonbem aud^ in
ber l^iligcn ©d(>rift gut betoanbert. 3lAm ber großen änja^I feiner fanoniftifd^en, etl^if(^n
unb affetifc^ ©d^riftm unb ?Prebigten, bie aber meift toerlorm gegangen fmb, bel^Iten
bie reformatorifc^en i^rm befonberen SBert. ^oiil Sfi^acfert«
3:afob t>on SRar SRottot f. yipf)xaaU^ 9b I ©. 611.
85 S«Iob tion Wt», geft. 1429. — Satob bon aJlie« (um feiner fleinen ©tatur toiBen
gafobeDuö genannt), toar einer ber treueftm unb mtfc^Ioffenften ^eunbe unb SRitarbeiter
bon $u|. @r ftubierte unb ^romot)ierte in $rag, tourbe ^agifter unb Saccalaureud ber
J^ologie, unb trat fotool^I in afabemifc^n äften toie fonft afö unerfc^rodener ®efin-
nung^enoffe Don $u^ 5ffent(id^ auf. 9(n ben Simulationen aur @^rmrettung äBiclifd,
40 hjeUpe @nbe 3uli unb änfang Sluguft 1410 ftattfanben, beteiligte er fic^ eifrig, inbem
er am 28. 3uK bm ®efaIog SBicIif« gegen bie erjbifc^öflidS^e aSemrteilung bed Iraftat«
berteibigte. äK e« fid^ um einen \>on Äönig SBenjel felbft getotinfc^tm äudgleic^ Jtoif(^
^u^ unb bm Dberm ber böl^mifc^m Äirdf^e b^nbelte, reid^te bei ber $rot)injial(^nobe in
^rag, gebmar 1413, näc^ft $ufe felbji au4 SKagifter 3afob bon TOieg ein ©utac^ten
45 ein, bad fui^ mit unumtounbener ^^eimütigfeit audf^rac^ (obgebmdt in Palacky, Docu-
menta Mag. Joannis Hus vitam — iliustrantia, 1869, 493 sq.); er le^nt barin
einen faulm ^eben entfc^ieben ab, unb begnügt fic^ nur mit einem grieben „in ß^rifto
3efu", nac^ TOafeabe be« ©efe^e« G^rifti. 3laä) puffen« äbreife jum Äonjil in Äonftonj
toar 9Ragifter 3afob bon 2Rie«, bamafe Pfarrer an ber SKic^ael^firdf^e, ber nam^fteftc
60 unter feinm gfreunbm unb Slnbängem in 5Prag. Unb je^t ergriff er bie gnitiatibe in
einer älngelegen^eit, toelc^e für $u]^ unb bm ^uffttidmud auf alle ^^^^^f^ ^inau^ ma^
gebmb getoorbm ift. ßr fing ©nbe be« ^af)x^ 1414 an, bie ©^mbung beö 1^. äbmb*
maffU unter beiberlei ®eftalt ju toerteibigen, tva^ er juerft in einer 3)i^))utotion tl^t; er
fd^tt ober fofort auc^ jur ^at, im eint>erftänbniö mit einer änja^l greunben bon i^ufe,
55 unb reichte aU Pfarrer ju ©t. ^ic^ae( ol^ne toeitere^ bm fielcb aüm Jlommunilanten,
toa^ rafd^ in anberen Kinben ber ^au))tftabt Slac^bmung fanb. SSSeifungen unb SJer^
böte be« erjbifdf^öflic^m 3Sitariate^ richteten bei 3afob öon "flüe« nid^t^ aud. $u^ felbft
äußerte fu^ in ber ©ac^ ma^boK, 4rat aber für bie Jlommunion unter beiberlei ®eftalt
^M tfpn äRied 3Mbt noti ®antg 559
cntjc^tcben ein, afe ba8 ÄonjU biefelbe untcrfagt j^atte. S)urcl^ bcn bon Jjafobcll gcti^nen
©(^rttt flriff bte lE^uffitifd^e Steform in ba^ ®ebiet bcd Äultu^ ein, unb ber ©egenfa^
h)urbe baburc^ er[t red^t berfd^ärft. ^alobeO ^t ftd^ aber aud^ für bie Jtinberlommunion
entfc^iebcn unb biefelbe auf einer 3)i^utation im 3a^re Ul? ^egen ©imon bon S^ifdj^noto
öffentli^ t>erteibi9t, eine @itte, tporin h>tr eine beredj^tigte @tgentüm(i(^{eit ber ^ufftten 5
nid^t gu erfennen t)ermögen. ^n ben gn>an)tger ^al^ren galt ^alobeQ atö einer ber an-
gefebenflen 2::^eoIogen ber ^rager ober Utraquiften. am 9. äuguft 1429 ift er ge*
ftorben. (®. ßw^lett) 3. ÄofertV
^iäot tion 9Itftbt9, geft. 338. — fiitteratur: Ephraemi S. Carmina Nisibena
ed. Bickell, 1866, p. 11-15, 20, 97-120; Eusebius, Vita Ck)n8t 4, 43; Theodoret, h. e. in
I, 7. II, 30; Philostorgius III, 23; Theodoniß Lector (ed. Petav. Mog. 1679), 553; Bar-
hebraeus, Chron. Eccles. I, 70. II, 31 (bafclbft in ben 9iütcn eiia» Don 9?ipbiS); fallier,
Unterfuc^ungen über bie ebcffcnif^e S^ronl! (%\X IX, 1), @. 95 f. 98; Acta Martyrum et
Sanctorum ed. Bedjan 3, 393-453 im fieben bc« t). (gugen, 630; 4. 262—273; Lagarde,
Praetermissa 92, 1 ; 3)e« grauftu« oon 33i)5anj ©eft^id^tc ?(rmcnicn8, übcrf. üon Sauer, Äöln 15
1879, @. 17. 21; Land, Anecdota Syriaca 1, 104; Karekin, Z, St. Jacques de Nisibe,
Pasmaveb 46 (S. Lazaro 1888) ©eft 1 (Iltcl au« Orient, ©ibi. 2,850); ju üerglcidjcn As-
fiemani, R 0. I, 17,24, 395, 557. II, 398. III, 588. «ö. ®. Xcnftel, Comparatio historica
inter Jacobum Nisibcnsera et Jacobum Tentzelium superintendeDtem ArostadieDsem Wit-
tenbergae 1652 (in®, e.^en^cl. Exercitationes selectae 1692, 1, 229/272) ntog ol8 Rcicben 20
hc^ ®e[djmac!iJ uergangcncr äeitcn crroft^nt mcrbcn. {3>ic 3)iffcrtalion üon A. Ck)ville, De
Jacobi Magni vita et oi)eribue, ^ariö 18S9, betrifft einen um 1425 gcftorbcnen Wuguftincr»
mönd) le ®ront)
^atob bon !Rifibid, oft ^alob ber ®ro|e genannt, bon ben Strmeniem fölfd^Ud^er«
toeife ald ^^eunb ®regord bed ®rleud^terd betrad^tet, tpurbe im ^a^r 309, nac^bem er 25
uU)or mit ©ugen, bem Segrünber beö })erjifd^n 9Rönd^tum«, ein an ®ntfagungen unb
uSunbem reid^e^ Sremitenleben in ben mrbifc^en Sergen geführt, (erfter ober jtoeiter)
Si|dS>of bon 9?iflbi« (3oba, nic^t 3ttftbi«, bgl. in ber ®rabf4>rift be« Slberlio« ben ^ejameter^
au^ang äoxea nävta, Niaißiv), begann 313 ben Sau ber großen nad^ il^m benannten
Äirdpe, ben er 320 beenbete (SRuinen nebft feinem ®rab noc^ ^eut erhalten, 9Jiebu]^r,3o
9teifebef(^r. II, 379 f.), na^m 825, angeblich mit feinem @d^üler (Spf^x&m, am nicönifc^
^onjil teil (f. Patrum Nicaenorum nomina l>on ©eljer, ^Ugenfelb, 6un^, Siegifter;
Moesinger, Mon. Syr. 2, 66, 20 ; ®. ^offmann, äu^^üge auS for. alten J)erf. 3)l&:*
Itorer 48), ebenfo an ber (Sintoei^ng ber ©rabe^firc^e m S^^lem, unb ftarb 338.
9cad^ Xl^eoboret, ber bon i^m im erften Aa)>itel feiner religiosa historia, koie @enna« 35
biu« im erften feine« catalogus l^nbelt, l^te er bie ©tabt Stifibi« bor ©a))oreö II.
tounberbar gerettet ; babei fd^eint aber bie britte Belagerung bon 9liftbid 850 mit ber
erften 338, ^ahb mit feinem ötoeiten) SKadj^f olger 38ologe(eö bertoec^felt ju fein; bod^
toei^ fc^on (Spl^räm in ben toa^rfd^einlic^ 858 gefc^riebenen niftbenifc^en ©ebic^ten, bie
bon ^alob unb jeinen SRad^folgem Rubeln, ba| er ber ©tabt eine ^}){auer gekoorben fei. 40
©c^riften fmb feine bon i^m befannt; Iroftfdf^reiben, toclc^e ^aiob unb ®^bräm an ben
^atriard^en ^aüpa gerid^tet l^aben foHen, toerben bon anbem einem Äat^olifo« 3of^ V^
gefc^rieben; feine Berühmtheit berbanft er l^au))tföc^lic^ feiner ftrengen firc^lid^ 3lmt2'
fü^rung unb ber frü^jeitigen Bertoec^ölung mit feinem ettoa« jüngeren ^eitgenoffen
äjil^aate«, „bem ^erfifqen SBeifen", ber möglidf^ertoeife gletdf^fallf^ ben firc^li^en 9lamen 45
Safob führte, gelterem gel^iJrt bor allem bad gro^e opus in vigintisex (fc^reibe 22
ober 28) libris an, ba« neben einer S^ronif fd^on bon ©ennabiu« (bor 495) bem Bifd^of
bon TOfibi« jugefc^rieben tourbe. 6.1, 611 f. Seine ©ebenftage, bei ben ©tjrem 12. Sjar
ClJlai), Armeniern 15. ©ej., Äo))ten 18. lobi föanuar), 9K<nrtbr. 3lom. 15. Suli.
(«^.9i9btgert) e.fltftU. 60
3:aIob t>on ©orug, geft. 521. — Ou eilen: (Sine loo^rft^cinli* üon 3a!ob oon
(Sbeffa ucrfoStc, etiua« rounbcrfücfttig gefärbte f^rifcfte 93ioarQp^ie (gebrudt BO. I, 286/9, bgl.
9lbbclüüö 89/90), eine jioeite anonyme (AS Oct. XII, 929 unb «bbelooö 311/4), ein ^ane»
9i)ri!uö oon einem gcwiffcn (Scorg (bei Wbb. 24/85), ber ni(ftt einem ©t^üler 3a!ob«, fon^
bern c^cr bem äci^Ö^nojfcn ^atob^ oon Gbeffo, ©if(iof ber Araber, ju^uft^reiben ift. S5on 66
3ofob banbcln Joeua ötyliteB, c. 54; 93aröebTäuS, Chron. Ecxdes. I, 189 sqq.; 9lffemoni
BO. I, 283/340. II, 321. III, 385/8; 3. SB- «bbcIooS, de vita et scriptis S. Jacobi Bat-
iianiin Sanigi in Mesopotamia episcopi etc., Lovanii 1867, XX, 322 S.; 9(bbeloo8 bon
chifeitig fatbolifd&emStanbpunft; ^atagnc in AS Oct. XII, 824,31. 927; fiomt). Saint Jaequefl
de Sarug, Extrait de la Revue Catholiqne, Ix)uvain; ^rig^t, Syr. Lit. p.67-72 (=Enc. 60
560 3^fot noti Somg ^ofob tioti Sttaugio
Brie. 22, 1887. 831); Duval, Litt. Syr.» 352 sq.; ^ibb^ % "iDhuiiu in bcv Revue des Scieo-
ces EccMsiastiques 4. 86r., T. III, Oct. Nov. 1876, 309/52. 385/419 unter bcm Xittl: Un
!ßv6que-Po^te au V. et VI. si^cles ou Jacques de Saroug, sa vie, sod temps, ses oeuvres,
8C8 croyances; SBorbenftcmcr in 3BS* 6, 1173. ®ebvurft finbct fid) einiget in bem Brevia-
6 rium feriale Syr. unb bcm Officium Dominieale, feine fiobvebc auf,.ben »Bäulenfteiligcn @i*
mcon bei Äffemani, Acta SS Mart. II, 230—44 mit Iateinif(l)er Überfe^ung (beutfcft uon
Sinflcde, fieben unb ?Birfen be« ^. ©imeon, 3nnSbru(fl855, 279,98) in 8bm®, S3b 12-1.\
25, 28-31 mit Ueberfe^ungen uon ßingcrle, ©diröter, ?lbb^ 'äWartin; Cureton, Ancient Sy-
riac Documents 1864, p. 86/107 (fprifc^ unb cnglifdj). MouumentÄ Syriaca I (G9) 21 96,
10 II (78) 52/63 (fd&on bei Sureton) 76/167 {ba^ berühmte ®cbidit über ejed)iel« ©agengefKÖt,
f\)r. unb orab.); ferner jwei ^omilien über bie Sungfrau Vlaxia bei 9lbbeioo8 8. 106-231
fl)r. unb lat.; Cardahi, über thesauri 31; Acta Martyrum et Sanctorum ed. Bedjan 1,
131—143. 160—172; 3, 665-679; 4, 471-499; 5, 615-627; 6, 650-689. Ueberfefit er-
gjien "Slot 3a!ub8 QJebic^t über ben glftubigen Äönig ^>Ucffanbru«, üon ?I[lbre4t] '©[eber],
crlin 1852; ©e^S ^omilien 2C. üon ßingcrle, S3ünn 1867; üon bcmfelben in ber iöO©
1871. 73. 76; )öibllütt)e! ber Äir(ftenu«ter. Stempten 1872, 58. fiief. uon ©icfett; L'omelia di
Giacomo di Sarüg, sul battesimo di Constantino imperatore (Sir.) Pubbl., tradotta od
annotata da A. L. Frothingham, Roma 1882, S. A. 52 unb 25 ©. (f. 2:6. 9?ölberfe, £6«
83, 22); 6 Specimina carminum s. Jacobi Sarugensis in 5Benig, Schola Syriaca I (1866),
ao 155/9, barunter 2 inedita e codice vaticano 58, @. 155/7 je 4 SSerfe; 3- S^^Ö^^^f» 6i«c
ungcbrntfte ©omllic SafobS uon @arug überfe^t unb crfiärt I. Uebcr 3- ö- ©• «"^ f«i"c
X^^ologte, 8fXr) 1887, 1. 92-108.
^atoh bon ©arug, ein berül^mtcr Sekret unb ©dS^riftftellcr ber f^rifc^en Äird^c, ö^=
boren in Äurtam am ©up^rat gegen Snbc be^ '^af)tt& 451, um 503 aU 7ieQio6evT7)g
26 bei ber @inna^me bon 9(mib em)ö|nt, tourbe in feinem 68. Seben^ja^r 519 93i{d^of bon
Satnän ißäivai) im ©ebicte öon ©arug (^^^^ toie aud^ bie Stabt felbft fj)ätcr oft ge^
nannt tourbe), ba^er J. Sarugensis, unb ftarb am 29. Sflob. 521. @r füj^rt ben ©Irrens
nomcn 35oftor (J^r. Malpana), aud^ loirb er jutoeilen „Äanal bed 1^. (Seiftet", „ß^tl^er
ber gläubigen Ährc^e", ,,®etftlidS^e ©äule", feiten tibelita, b. ^. oecumenlcus ober uni-
80 versalis (doctor) genannt, ©ein Oebäd^tnid toirb öon S^^obiten unb 5Waroniten ge=
feiert (29. '^vXx, bejto. 3)ej€mber), unb felbft fjjätere SJeftoriancr jä^Ien i^n ju ben irrigen,
obtool^I er \>\^ ju feinem 3^obe entf^fiebener iKono^^Vf^^ ^o^- ®<*fe er bie« tpar, ift f^ion
t)on Sflenaubot erfannt, öon äfjemani unb toicien eifrigen Jtatl^olifcn bed 19. 3ci^rl^unbert«
äbbeloo«, £am^, 3i"9^le ("^^ 2:^DS 1876, S. 465 „t)on mel^reren ©ele^rten ganj
86 gereinigt unb feine Ort^obope anerfannt") bcftritten, aud^ bon SRöbiger (erfte aufläge) Der=
neint toorbcn, toä^renb anbcre, toie 3Katagne, Sidell i^n burd^ eine conversio in ex-
tremis für bie fat^olifc^e Äirdf^e retten h>oflten: e« fann nun aber nad^ ben bon äbb€
aRartin 3bm® 30 (1876) 217175 beriJffentlic^ten 2)ofumenten, bie teilmeife nur furjc
Seit bor bem lobe "^attM aefc^rieben, ba« (S^Iccbonenfe offen bertocrfcn, nic^t länger
40 bcftritten loerben. — 5äte Sc^riftfteller toar ^ofob fe^r frudj^tbar, toenn freiließ in jiemlid^
einförmiger SBeife. ©iebjig ©(^^reiber feien aüej^eit befc^äftigt getoefen, feine ^omis
Ren ober metrifc^en Sieben, beren i^m nic^t toeniger ol« 763 beigelegt h>erben, ju fo})ic=
ren, alle in bem jioölfftlbigen nac^ i^m benannten äSer^ma^e. $)ap lommen nod>
einige ^rebigten (turgame) in ungebunbener 9lebe, eine 9lnapI;ora (lateinifc^ bei Stenaubot,
46 Lat. Or. Coli. II, 356 sqq.), eine Siauforbnung, §^mnen (Madrasche), gieber (Sug-
jatha) unb Briefe, bie firc^en:: unb bogntengefc^id^tlid^ nic^t untoid^tig ftnb. S3ar^ebräu^
l^te 182 feiner §omilien bor fid^, in ber ^ibliotl^ef be« 3Satifan finben fic^ 233, beren
gnbalt unb ^nfang^^eilen Slffemani BO. I, 304/40 mitteilt (abgcbrudft bei äbbeloo« f. o.),
inSonbon c.l40, in^ari^ 100 ^anbfc^riftlic^ erl^alten, baju mehrere ber oben erh>äl^nten
60©(^riften. SBiele^ ift in bie SRitualien ber ©^rer aufgenomntcn, feine §omilien unb 5Pre=
bigten toerben beim ©otte^bienfte beriefen ; boc^; toirb i^m auc^ mand^e^ mit Unrecht bei*
gelegt, nur loeil ed in jatobittfd^em äJer^ma^ gefc^rieben ift. 'J3on feinen erl^altenen äSerlen
ift toeitau^ ber größte 2:eil nod(> unberöffentli^t. @. »ep(c.
3?afob bon Straggto (J. de Voragine), geft. 1298. — üu^tif unb edjarb. Script.
66 Od. Praedicatorura I, 454—459; 33oUQnb in ABB, t I Jan., Praef. p. XIX s.; "Sioit,
Bevue de Part chr^ien 1867, XI, 44; «3. ©ottenbad), 3)cutf erlaub« ©efc^ic^tSquellen im
?K9t.«, 1893, II, 464—466; $ottt)aft, ^cgioeifer* k., I, 634 f.: u. 9?ofti>*9?iene(f, S. J., im
ÄÄS* VI, 1178—1182; ^urter, Nomenciator tlieol. cath. IV (1899) col. 346sq.
3)er berüi^mte 3)ominifanertl^eoloae biefe^ 3Jamcn^ tourbe geboren um 1230 )u 95is
60 roggio (SSorogo je^t Sarojjo) untoeit ©enua, trat in Ic^terer ©tabt 1244 in ben ^rebiger»
orben, tourbe 1267 ^robmjial ber lombarbifdf^en $rot)mj be^fclben unb toirfte big 128G
dfatob tioit Straggto 561
mit bcträd^tlid^cnt Sinfluf; unb nid^t unbebeutcnben @cfo(gen aU ^rcbiger in biefer @tel«
lung (nid^t zt)n)a ber eine« ®cneralt>ilarö). 3m 3a^re 1292 erl^oB 5ßajpft Jlilolau« IV.
t^n gum (Srjbifd^of t>on ®enua; bodfi ^at er bicfc SBürbe nur hirje ^t\t beflcibet, ba er
fd^on 1298 (ft)ätcften« 1299) ftarb.
Seinen 9{uf berbanft er bome^m(id(| ber bon il^m beranftalteten £egenben{amm(ung, 6
Lcgenda sanctorum, Legenda aurea, )uU>ei(en aud^ Historia longobardica ge«
nannt, toegen einer furjen lombarbifd^en ßl^ronif, bie bem 2eben be« ^Popfte« ^ßelagiuö
angehängt ift. ^alob trug bie meift fabelhaften Siograjjl^ien berfelben teite ou« Sücpem
gufammen, teife na^m er fie au« ber 2^rabition, \o toie fie fid^ im SSoIf unb in bcn
Älöftem fortge>)fIanjt unb immer fagen^after audgebilbet l^atten. SRandf^e ©Icmente [tarn- lo
mcn au« aj)ofr^)>^ifd^en ©üangelien unb 3l))ofteIs unb SKärt^reraften, unb pnben fic^ aud^
fonft in früheren unb gleid^jeitigen ^ßrofa^ unb S)id^tertoerlcn, im ^afftonol, in SKariens
legenben u. f. h). Slnbere fmb mittela(ter(id^e @rfinbungen, unb jeigen, toie fd^neU bie
©age fid^ ber ©efd^idjite bemäd^tigtc, um fie au«jufdf|müden unb ju t>erunftalten; fo j. 9.
in bem lieben be« 3)ominiIu« unb be« ^ran;; t)on Slfftfi. SBenn in onberen Sd^riften i6
eingeinc Segenben nidj^t o^ne bid^terijd^en SRcii f*"*^/ f^ f)Cfbm bicjcnigen 3afob« ni(6t«
biefer 2lrt. 6r ^at nid^t nur obne Äritif, fonbem aud^ ol^nc Jjoetif^en ©inn ba« ®röb|te,
ba« 9(bgefd^madftefte aufgenommen; man lefe unter anberem, toa« er ))on 93ef)>aftan er^
jä^It in bem 2eben be« 2l})ofteI« 3<*tobu«. 3^"^ ^W^ P"*> übrigen« nur bie ber Segenbe
jjebc« ^eiligen öorgefe^ten ßrflärungen feine« 5Ramen«, tounberbare ßt^mologien, lädf^er« 20
lid;e Sj)ielereien eine« toeber gried^ifd^ nod^ ^ebräifdj^ öerftel^enben 3Rbndß, 6inen felbft«
ftänbigen ffiert al« ®efd^id^t«queflen befi^en nur einige toenige ber bon il^m aufgenom«
menen £eben«bilber ; fo ba« ber f). §ebh>ig unb ba« ber ©fifabetl^ t>on Il^üringen (f.
SBattenbad^ S. 465). ^^e fdf^on ift bal^er biefe ©ammlung ftreng beurteilt toorben.
Screit« ber Drbcn«meifter Serengariu« be Sanbora, \pixtn ßrgbifdf^of bon 6om))oftefla 25
(t 1330), trug bem Sruber Semarbu« ®uiboni«, ]pätn Sifdjiof t>on 2oböt>e (f 1331)
auf, ber ^eiligen Sebcn au« aut^entifd^eren Quellen ju fammeln. 33emarbu«, ein fleißiger
ßiftorienjammler, folgte biefem SSefc^l, inbem er in 4 Sänben ein Speculum sancto-
rum gufammentrug, ba« inbcffen ioenig ®Iüdt gehabt l)at (ögl. 33b VII @. 233, 25). 3)ie
Sammlung '^atobi lourbc jur Legenda aurea, jum beliebten, bon ©})äteren oft t>ers 90
mehrten golbenen 3}ol{«bud^, nid^t nur tocil fie fürjer toar al« bie toeitläufigc Jtomjjila«
tion bc« S3ernf;arb, fonbem gerabc toeil bie abenteuerlidjicn ^ciligenbilber bie mittelalter-
Ucl;c -ilJ^antafic mel^r anfpradjien, al« e« grünblid^ere, einfadf^ere ßrjä^lungen t>ermod^t
Ratten. 35a^er bie ja^lreid^en 2tbfd^riften, bie allenthalben bat>on ejiftieren, ba^er bie
llcberfc^imgcn in« 2)eutfdS^e, granjöfifc^e, gtalienifd^e, ©^anifdjie, ßnglif^e, ba^er bie t>ielen 35
2lu«gaben feit ben erften 3«iten ber ©rfinbung be« Südf^erbrud« (nad^ ^ßanjer nic^t ioe«
niger al« 74 lateinifd^e bi« jum ^afyc 1500). SBir führen biefe nid^t an; man finbet bie
loid^tigeren berjeid^net bei Quetif unb ©d^arb 1. c, foioie t>ollftänbiger bei Srunet (Ma-
nuel de Tamateur de livres, IV, 687 sqq.) unb ^ßott^aft (f. 0.). 3)a« 2BerI, beffen
Scrfaffer ber ©panier 3Keld^ior 6anu«, fein Drben«genof[e (f 1560), einen homo ferrei 40
oris et plumbei cordis genannt ^at (Loci theologici, Lib. II, cap. 6), unb über
ioclc^e« Glaube b'föfpence (f 1571) urteilte, e« fei nid^t eine golbene, fonbern eine eifcme
Scgeube, — hja« er freiließ bon ber ©orbonne gejtoungen tourbe ^u toiberrufen — ift
aud; neuerbing« lieber mel^rfad^ l^erau«gegeben hjorben; fo mit ®ene^migung ber fat^o=
lifc^^fird^Ud^en Se^örbe ber 2aufi|, bon 3. ®. %^. ®räffe (Seipgig 1843; 3. ä. )!Bre«Iau 46
1890). %üx bie Äenntni« be« mittelalterlid^en Aberglauben« ift ba« 33uc^ unbejhjeifelt
bon großem 3ntereffe, unb jur ©rflärung bon bamaligen 3)idf|tem unb G^roniften lä^t
c« fid^ faum entbel^ren.
Übrigen« toar ber 33erfaf[er nid^t nur ein 3"^<^f>ci^ bieifcitigen SBiffcn« — beffen
3una^me be 33oragine be«^alb bon ©päteren (j. 33. Sirit^emiu«, al« l^ierauf bejüglidji so
mifebcutct hjurbe (= „2tbgrunb bon ®ele^rfamfcit") — fonbem and) ein bor 2tnberen pxo^
buttiber ©c^riftfteUcr. 33on feinen SBerfen fmb, aufeer ber ®olbenen Segenbe nodj^ ju
nennen: Sermones de tempore et quadragesimales CJJari« 1500, Senebig 1589,
2 33be); Sermones de dominicis per annum (SSenebig 1544, 4°, u. 1566, fol.);
Quadragesimale et de sanctis (^enebig 1602, 2 t. 4^; Sermones de sanetis 65
(^l;on 1494, 4°); (^abial500' SSenebig 1580); Mariale sive sermones de B. Maria
Virgine (^i^enebig 1497, 4^ W« 1503; ÜKainj 1616, 4°). ©ämtlid^e ^rebigten ju=
fammcn: S. 1. et a., fol.; S. 1., 1484, 3 58befol.; bann aSenebig 1497, 4"; aud^ 1579
imb 1582, 8 33be, 4"; SWainj 1630, 4 33be, 4^ 3lug«burg 1760, 4 Sbe gol. SlUe biefe
^^ircbigtcn finb blofee (Snttoürfe; bie über bie ^eiligen finb boU Ücgenben unb felt^auica^»
9lca(*(l^nc^r(o))äbie ffit ZfftoloqUt unb fiMe. 3. «. VIII. "^«^
ätuömalungcn unb fönnen tciltocifc pr SScröoIIftänbigung bcr Legenda aurea btenen.
^ie 160 über 3Ram feiern in al))l^abetifci^er Drbnung bie Xugenben unb SSortreff Herleiten
unb SBunber bcr ^immefefönigin. — ^ux Serteibigung be^ S)omimfanerorben«, ol^c
S^Ä^ü gegen bie angriffe be« ffiil^elm t>on ©. ämour, fc^rieb 3öt«>6w^- Defensorium
6 contra impugnantes Fratres Praedicatores, quod non vivant secundum vitam
apostolicam, SSenebig 1504. @in h>aBrf(l(|etn(id^ t)on il^m ^errül^renber Slu^jug au^ ber
Summa virtutum et vitiorum be^ SfeUl^elm ^eralbu^ erfc^ien (unter bem 2^itel Sum-
marium virt. et vitiorum) Safel 1497. äu(^ foH er eine ©c^rift De operibus et
opusculis S. Augustini t>erfa^t ^aben. — ©eine ßj^onif t>on ©enua, big 1279, ^t
10 SRuratori ^erau^egeben, Scriptores rerum italic, IX. 1 sq. (t)gl. 5ßott^aft, ©. 634).
3)ie i^m guerft öon ©ijtuö t>on ©iena (Biblioth. sacra, Lib. IV) jugefd^riebene italie«
m\(i^t S3ibe(überfe$ung l^t U>ol^( nie e^ftiert ; nid^t nur l^t fu^ nod^ nirgenbd toeber eine
§anbfc^rift babon, noc^ ein fidf^ere^ gleid^jcitige« 3^wgni« barüber gefunben, fonbem c«
ift aud^ ^öd^ft untoo^rfdf^einlid^, ia^ ber 6oni})irator ber Legenda aurea je an bie 3loU
16 toenbigleit ber l^eiligen ©d^rift in ber SBoIföf^radf^e foHte gebadet l^en.
((£. ed^ntibtt) S^^ltt.
^ioh tion Sttr^, 93if(^of bon Slffon, Jtarbinalbifc^of t>on 3:udculuni,
geft. 1240. — SSon ben jQ^lreid^cn SBertcn Sofobö liegen gebrudft tjor: 1. 7 53rlcfc über
feine perfönlid^en Srlebniffe unb ben SBerlauf ber friegerifdjen (Sreigniffe in Starten unb
20 «egtjpten 1216-1221. jüngft neu ebiert oon Siö^rlcftt in 8^® ^4, @. 101— 118; 15,
5. 568—587; 16, @. 72—113; baju \>c^l 2 ÜJadjtrögc ^hb. 6. 113f.; einen »rief an gulto
üon Xouloufe bei Chapeaville, Gesta episc. Tungr. 2, ©. 255—257. — 2. ^on bcn ^rcbigtcn
finb herausgegeben sermoncs de tempore, ed. 2)amien ^uboid, ^(nttocrpen 1575; @tü(fe auS
bcn sermones vulgares, ed. ^itra, Analecta novissima 2, 6.344—461; ber prologus ba^u
26 ehb. @. 191. — 3. Liber de mulieribus Leodiensibus unb Vita s. Mariae Oigniacensis ed.
Papebroch AS Juni! IV, @. 636-666. — 4. Historia orientÄlis S3u(6 1 u.2 ed. Moschius
Duaci 1597; nur »uc^i, loelcbeS in ben ^onbf^riften iiumeiien allein erfcbeint, vgl. btc
^ff. Eep. II, 67 bcr fieipäiger ©tabtbibliotbet, ©ongar«, Gesta Dei per Francos, 6. 1047 bi«
1124; ebb. @. 1125ff. ein 3. »uc^; eine ebenfalls ald 3. »ud) bezeichnete, aber oon jenem
ao t)erfd)iebene Kompilation bei Martöne et Durand, Thesaurus novus anecdotorum III,
©. 268—287. »u* 1 unb Aap. 1-10 t)on »uc^ 2. fomie ber 6. ©rief finb überfcjjt in bcn
M^moires relatifs ä Phistoire de France ed. Guizot t. 23, $ari« 1825. — 3"^* 'öio'
grap()ic ual. augcrbem nodj ba§ Supplementum bc8 9?ifolQu8 t)on S^antimpr^? jur Vita
8. Mariae, ÄS q. a.D. ©. 637ff,; 2:^on!a§tion ß^antimpr^, V. s. Lutgardis, AS, Junii III,
86 @. 237 -258; ^Ibericft oon troiS-gontaineö chronica MG SS 23, ©. 919, 923, 924. 948.
950; 9{cincr, Annales, ebb. 16, @. 680; SSinccnj oon ©eauuai«, Speculum 1 30, thb, 24,
6. 165f.; bie ®ef(6icbt«ftbrciber be8 «IbigcnfcrfrcujaugcS ©oquet, liecueil 19, ©. 57, 60,
212; unb bie ^iftorifer beS 5. ^eujjuaeS bei SRiJ^rid&t, Scriptores minores quinti belli
sacri, ©.35, 56 unb berf., Testimonia de V. hello sacro, © 119, 120, 291, 309. — 3)ie
40 Ältere fi i t t c r a t u r ocrjcicftnct bie hist. litt^raire de la France 18, ©. 209 ff. ?Ju8 ber
neueren §ebe id^ ^eroor jur ©iograpftic: 3Wafner, de Jacobi Vitriacensis crucis prae-
dicatoris vita et rebus gestis, 3)iffertatiün 9Künfter 1863; Marius Barroux, J. de
Vitry, th^ prdsent^ ä l'^cole des Chartes 1885; bie 3)arftener beS 5. Ärcuj^uge^,
ügl. je^t oor aflem 9iö^ric^t, QJefc^ic^te be§ ÄöniarcidiS Serujalem, 3nn«bru(f 1898,
45©. 718 ff. lieber bie «Prebigten ugl. $itra a. a C. II, ©. XX— XXVII; Lecoy de
la Marche, la chaire franyaise au moyen äge sp^ialement au XIII© si^e*, $Qrid 1886,
e. 53-GO u. i).; $Ri)^ricl)t, 3^® 6, ©. 562 ff.; Grane, the exempla of J. of V., 1890. —
8u ben ©riefen: ©rone a. a. D. ©.XXXVIII ff. — 3"^* ^itif ber historia orientalis f.
üor alleni 3arnrfc in ©erid)te ber Jäcbf. ®cfeafd)aft ber SSiffenfd). ^^il.«^iftor. AI. 1875,
r»o ©. 138 ff.; 3o4cr, 3)ie historia orientalis be« 3. uon SB., 5)iffert. Königsberg 1885. au^
^ott^aft unb (S^eoalicr sub voce dcscriptio terrae sanctae unb narratio patriarchae Hien>s.
9Son ben ja^Ireid^en Äreujprebigem ber erften ^^^^^J^^^t^ ^^ l-^- Sia^rl^unbert« l^t
leincr in SBefteuropa fo biet 3luffc^en erregt, tpie Safob bon SSitr^. 3Son femer 3wö^*>
tpiffen h)ir nid^t me^r, al^ )oon ber anberer großer ^ßrebigcr biefe^ 3^^*^^^- ^^^
.Vi ba^ er au«^ bem Stabilen Sitr^ fübltd^ bon 3)ouai ftammte, alfo fiot^ringer f>on i&cr«
fünft hjar, barf mit einiger ©id^er^eit be^oiiptet hjerben. SBä^renb er in ^axx^ ben üb»
lid^en ©tubicngang abfolbierte, ^örte er, h>ie eö Reifet, Don ben hjunberbaren X^ten ber
großen belgifd^en Segine. 3Karia t)on SJibeDe«, bie feit ca. 1205 ju bem S3eginent>eretn
ber SWutter bc^ ^rior^ 3igibiu^ )oon Dignie^ (an ber ©übgrenje ber l^eutigen ^roötn^
r*) 9lamur) gehörte, ätebalb trat er afe Äanonifer in ba^ Sluguftincrc^^or^ermftift btefe^ ent-
legenen ^leden^ ein. ^m SSerfe^r mit ben Seginen unb in^befonbcre mit SKoria, beren
Scidjlttjatcr, ^rebiger unb Siograp^ er h)urbc, eignete er fwi^ ^ier bie 2lnf(^uungen unb
^Ui t)on Sitr^ 563
©runbjä^c an, bie fortan feine fieben^fü^rung beftimmten. ßirca 1210 ^olte et
ftd^ auf HJlaria^ aBunfd^ in ^axxi bie ^rieftertoei^e (möglidbertoeife befafe er eine
^Pfrünbe in ärgenteuil bei ^ari«. 35a§ allein fönnte ber ^ftorifqe (Se^alt ber 3lad)x\i)t
be^ SSincenj bon Scaubaiö fein, bafe er in ärgcnteuil presbyter parochialis getoefen
fei). (Sirca 1211 unternal^m er eine ääaUfa^rt xxai^ SRom. ^ama(i(| U>urbe er burd^ 5
9)Jaria ju Dignic^ mit bem 33ifci^of guKo bon 2:ouIoufe befannt gemad^t. S)a« l^atte
jur golge, bafe %ulto, ate er im ^Jrül^ial^r 1213 ben äuftrag erhielt, aegen feinen JJeinb,
ben ©rafen 5Waimunb VI. bon 3:ouIoufe, unb bie SHbigcnfcr ba« Äreuj ju Jjrebigen,
bon bem pöjjftlid^cn Segoten SRobert be ßourgon ben rebegetoanbten jungen ^riefter fidfi
ate Segleiter erbat. @o Verliefe ^afob einige 3eit mi^ mma^ Xobe (23. 3;uni 1213) lo
Dignieö, um in 9iorbfranIreiclf| für ben Ärieg gegen bie Äe^er ju agitieren. 3m ^^'
jal^r 1214 fonnte er bem Äreuj^eer bor 2^ouIoufe eine grofec ©d^ar neuer ©treiter ;iu*
filieren, aber injtoifd^en toar an Stöbert bon ßourgon ber 93efcI;I ergangen, feinem auf-
trage gemä^ nid^t gegen bie 2llbigenfer, fonbem gegen bie SRufelmänner ba^ Äreuj ju
J)rebigen. So toirfte benn aud^ ^aloh nunmehr einige 3^^* i" S^orbfranlreidfi für eine ib
neue §cerfa^rt nad^ bem ^eiligen 2anbe. ©eine ©rfolgc betoogcn ba^ 3)omIaj)iteI bon
2ttfon'i^n gum Sifd^of gu toäl^Ien. aber ^atob trad^tete nadfi nic^tö toeniger, ate nadfi
ben gtoeifel^aften e^ren eine^ lateinifc^cn Sifd^ofö im SKorgenlanbe, er ioünfd^te bie
Äreuggugelegation für ^anlreid^. Um 3"^*>c^"i m« \^^ ^'^f^ ^^^" i^ getoinnen,
machte er fid^ im 3Kai 1216 nad^ ^talim auf. ®rabe einen iag nadfi bem 2^obe be^2o
großen ^ßapfte« (16. !5uli) langte er ju ^Perugia an. S)er neue nSapft, ^onoriu« III.,
eftätigte jtoar auf fein änfud^en ba« ^nftitut ber Seginen für bie 3)iöcefe 2üttidf|
unb ganj granlreid^. 2lber bie fiegation getoäl^rte er nidjit. SSielmel^ toei^te er
am 31. :^^uli in eigner ^ßerfon '^alob gum Sifd^of bon äffon. 3(m 4. 5Robember 1216
lanbete ber neue Sifd^of nad^ ftürmifd^er g^i^rt, bie er felbft ^öc^ft anfc^aulid^ ben 25
lotl^ringifd^en fjrcunben fd^ilbert, an feinem Seftimmung^orte, bem ebenfo ^rad^t=
\m laftcrboDen Säbel ber Äreujfal^rer. Son l^ier au« untemal^m er im gebruar 1217
eine gro|c ^rcbigtrcife burd^ bie nod^ im Sefi^e ber Sl^ften bepnblic^^en feftcn 5piä|e
unb beteiligte fic^ bann eifrig an ben ^ü^m be« großen Äreugl^eere«, ba« [xdf im ©e^-
tember in Slffon fammelte. ©0 jog er im ÜKai 1218 awi) mit gegen 35amie(te. ^ierao
fuc^te er im Sunbc mit bem ))äpftlid)en fiegotcn bie gaubemben 9"^^" J" ^^"^
energifcbcrcn Kriegführung gu beranlaffen. Stber fein gutgemeinter 6ifer fc^abetc
mcl^r, al« er nü|te. 35a« Untemel^men fdf^eiterte. gm §erbft 1221 mu^te ani) er
fid^ ioiebcr nac^ Sllfon einfc^iffen. ©eitbem tuar er unabläfftg bemül^t, fein bomcn-
reiche« 2lmt lo« gu toerben. aber ^onoriu« III. lie| fidfi nid^t erhjeid^en (t)gl. ba« 36
©(^reiben bom 1. 3Kärg 1224). 5lur geftattete er iüol^l, bafe ^atob im Saufe be« 3al^re«
1226 nad) üuxopa gurüdffe^e, um, toie einft 1214, ba«Jtreug gu Jjrebigen. ©0 treffen
loir i^n 1227 mieber in 9iorbfranfreid^, aber aud^ in ben angrengenben beutfd^en ©ebieten
al« Äreugprebiger. ©))äter feigen h)ir i^n an ©teile be« erfranften Sifd^of« §ugo in Süttid^
al« Si«tum«bifar h)irten. 6rft fein bertrauter greunb unb ®onner, ®regor IX., toie e« 40
fc^eint, entbanb il^n bon feinem Slmte, aber er t^at e« nur, tocil er i^n gu ©röterem
beftimmt l^atte: benn bermutlid^ fdf^on bei ber gtoeiten Äarbinal«))romotion im Dftober
1228 berief er gafob al« Sifc^of öon 2:u«fulum=e5ra«cati in ba« Äarbinal«Iolleg. äl«
Äarbinal ift ^atob nur fe^r toenig ^erborgetreten. ©id^er aber gehörte er gu ben 3Wännem,
auf bie [xd) ©regor gang berlaf[en lonnte. 3)a« ge^t fc^on barau« ^erbor, bafe ber 45
^apft, al« ba« Äat)itel bon gerufalem 3. ßnbe 1239 ober 1240 gum ^ßatriard^en toäl^lte,
fid^ toeigerte, i^n gießen gu laffen. fturg banac^, am 30. 'Stpxxl 1240, ift 3- ^^ 9lom ge=
ftorbcn. ©ein Seid^nam tourbe, tote er beftimmt ^atte, nac^ Dignie« gebradf^t unb bort
an ber ©eite feiner geiftlid^en „SJlutter", ber Segine ÜKaria, beftattet.
^> ;^safob« 2eben unb innerer (Snttoicfelung f^iegelt fid^ bie betoegte religiöfe 6nt= ßo
toidtclung be« au«ge^enben 12. unb beginnenben 13. g^^^^w'^i^^'^^^- Unter bem ©influffe
be« Süttid^er Seginentum« ^at er fid^ gebilbet. äuc^ bie biefem bertoanbte italienifd^e
35olf«betoegung, ba« 3Railänber Äumiliatentum, ^at auf i^n tiefen Sinbrucf gemadjit.
dhd) ftärter toirtte auf il^n ba« Sfuftreten ber 9Rinoriten, bie er fc^onl216 ben lot^ring^
ifcl;en grcunben liebet>oll fdf^ilbert, unb be« grangi«Iu« f eiber, ben er im Säger bor 65
2)amictte 1219 fennen lernte, obgleid^ er nid^t, toie bie SKel^rgal^l feiner Untergebenen unb
^reunbe, ben 3)rang berf})ürte, bem ^eiligen fidj^ angufc^lie^en. 3lber am meiften füllte
er [\ä) tool^l angegogen bon bem jungen ^rebigerorben : i^m l^at er nid^t nur bie
^ö*ftcn £obJt)rü(fie gegoHt, fonbem il^n aud^ in feinen ©tanbe«})rebigten, in bencn er
bie gebier aller Älaffen unb ©tänbe ber ß^riftenl^eit, au^ ber SWinoriten, bure^^erfielt^ea
664 3^ob tioit Sttr))
ganj übergangen. Qi etllärt fidji ba^ barau^, bafe in biefem Drben Seftrebungen unb
^beale ju boDIommenftcm Sugbrucfe gelangten, bie 3. f^^f»^'^ f^it feinem SRanne^oItcr
be^errfdjlten: 3- ^^''^ i" ^f*^ 2'"^« ^rcbigcr, ^rebiger nad^ Srt ber ®omtnilaner.
3ineg, toa« er erlebte, ^örte unb la«, fu^^te er ol^balb erbaulid^ ^u Dertoerten. ©0 ift
5 auc^ jeine ganjc ed^rififteHerei öon ber 2^enbenj bcl^errfd^t, ©toff ju ^ßrebigten unb jur
religiöfen Erbauung ju fammeln, unb fo ^at er aud^ ate 5ßrebiger am ftärfften auf
5Düt- unb 3lad)\t)dt eingetoirft. 3*^^^'^^ ^^^ ^f ^^^ *N ^iw^" au^erorbentlic^^en ®r=
folg unb ßinflufe berfc|affte: 1. baö Seftreben, burc^ exempla, b. i. burc^ Seif|)icle,
änefboten, ^arabeln, gabeln, bie ftttlid^cn ©runbfä^e, in beren einfd^ärfung au^ er bie
10 Dome^mfte, ja bie au^fd^Iie^KdS^e aufgäbe bed ^ßrebigeriS erblidft, ju beronfc^^auKd^en,
2. ba^ äeftrebcn, burd^ ©taTÜ)eeprebigten, bie fid^ auöf^Iie^lid^ m bie einzelnen ®ru))))en
unb ©tänbe ber ß^riften^eit rid^teten — Prälaten, toeltlid^e unb SReguIarfanonifcr, Sl^eo^
logen unb ^rebiger, ©c^olaren, Slid^ter unb Segiften, fc^toarje unb toeifee SKönd^e unb
5Konnen, Sremiten unb SReflufen, SKinoriten, Iem})ler, ^o^anntter unb §of^itaIiter, äu^
16 fähige unb ©ied^e, 3lrme unb SReid^e, Äreujfa^rer unb ^ilger, Slitter, Sürger unb
Säuern, Äaufleute unb §anbtoerler, SKatrofen u. f. to. — ftärfer, aU e« bei ber üblich
^Prebigttüeife möglidfi toar, auf bie ßwi^örer ju toirfen. 33eibe^ hjar mn unb ^at in ber
6nth)idEelung ber Äunf^rebigt ßpod^e gemad^t, inebefonbere bie einfül^rung ber exempla.
ßrmuntert burc^ ben Seifall, ben er fanb, l^at ^afob am 6nbe feine« Seben« feine ^rebtgten
20 felber nodj^ gefammelt. 6r unterfd^eibet in biefer Sammlung 6 Abteilungen : 1—5. ser-
mones de tempore, ^ßrebigten im ^erfömmlidf^en ©til für bie ©onn- unb ^fttage ber
5 äbfc^nitte be« Äirc^enjaf^re« (ed. 3)amien 3)uboid), 6. sermones vulgares, ©tanbed=
Jjrebigten (ed. ^itra a. a. D. ; baju lämc, h>ie Sarrouj be^au))tet, nad) einigen belgifd^en
§anbf(^riften nod^ afe eine befonbereÄlaffe: sermones communes; boc^ ift biefer iitel
26 nod^ nidj^t aufgeflärt). %ixx bie Äirc^en* unb Jtulturgefd^id^te am hjertDoIIften ftnb bie
sermones vulgares. 5Ric^tnur finben h)ir in i^nen unb in il^nen allein 3)Jufter für Ärcu^-
Jjrebigten (bgl. ^ßitra a. a.D. ©.421—430 unb SRö^ric^t 3Ä® 6, ©.562 ff.), fonbem
erhalten audj^ ein Silb bon ben 3wf^ö"i>^ ^^ toefteuro^äifd^en ©efeüfc^aft im ä^^^lter
^nnocenj^ III. unb Oregon^ IX., n)ie e« anfdjiaulid^er faum bie jeitgenöffifc^e 3)id^tung
90 bietet. 2)a}u flicht gerabe in il^nen ^afob in größter SKenge exempla ein, fo bafe man
frü^c fcfjon au« i^nen ganje exempla-93üd^er jum ©ebrauc^e für ^rebiger e5cert)icrte,
toelc^e bie größte SSerbreitung erlangten, bgl. ^itra ©. 443 unb 6rane a. a. D., ber bie
Senü^ung fol^er exempla-93üd^er in ßnglanb nac^toeift. Sei ber ©ammlung biefer
exempla berfuf^r ^aloh nidf^t eben hJcD^lerifd^ : er erjä^lte — immer mit gri)^ter Stn^
86 fd^aulid^feit — balb ©efc^id^ten au« feinem eigenen betoegten 2eben, balb ©rlebniffe
anberer, balb fiegenben, balb antife, balb mittelaltertid^e ^^beln (SReinele %ud^) unb
©agen (bgl. über bie l^ierau« fid^ ergebenbe Sebeutung ber Sammlung für bie öer^
gleic^enbe Sitteraturgefcf)., ßrane a. a. D.). ©elbft ©prüdjihjörter unb bolfetümlic^e SBi|c
t>erfd(>mäl^te er nic^t anjufül^en. — ßbenfall« ganj t)on erbaulichen ^^enben^en be^errfc^t
4o;ieigt fi(^3aIob2. al«^iftoriIer. 3)ie hjic^tigften feiner ®efd^id^t«h)erfe finb bie Sifc^of
Äulfo bon ^ouloufe gemibmeten, jtoifd^en 1213 ^uni 23 unb 1216 3Kai berfafeten
©d^riften: liber de mulieribus Leodiensibus unb vita s. Mariae Oigniacensis
(2»üd^er: 1. Sud^: 2)a« äufeere Seben a)kria«; 2. 93uc^: G^aralteriftil nad^ bcm
Sd^ema: bie fieben ®aben be« ^l. ©eifte«); e« fmb ba« bie iüertöoflften Urfunben, bie
46 h>ir für bie innere ©efc^ic^te be« älteren 93eginentum« befi^en. SBcniger bebeutenb ift ba« S^crf,
megen bcffen Qalob bieder in unfereSagc faft au«fc^liefelid^ genannt ju hjerben t)Pegte: bie
historia orientalis ober historia Hierosolymitana abbreviata. ^atob begann bie«
SBSerf im gelblager nac^ ber ®innal^me bon 3)amiette am 5. 9Jobember 1219. gm
erften Suc^e giebt er eine lurje ©efc^ic^te be« l^l. Sanbe« bon ber geit 3Keld[^ifebel« bi«
6ogum Rieben bon 1211. 3)abon ift nur ber le^te Slbfc^nitt über bie ßreigniffe öon
1184 — 1211 originell, ^n ben bor^erge^enben ^iftorifc^en Partien fc^^reibt er äÜil^clm
t>on 3;vru« ab. 3lber bie ^iftorifc^e 3)arftetlung hjirb auf Sd^ritt unb Iritt unterbrochen
burd^ lange Srfurfe über 3Jlul^ammeb« fieben unb fic^re (entlehnt au« einem berlorenen
9ud^ be« aSill^elm bon 2:^ni«), über ba« Älima, bie ^lora, bie %üma, bie lo^jo-
66 grajjl^ie, bie Schjo^ner be« l^l. fianbe« (entlel^nt meift au« einer descriptio terrae sanctae,
au^ Sfibor, ^^Jfiniu«, au« einer mappa mundi unb oft fe^r fel^ler^aft) unb enblid^ burd^
fittengefc^id^tlid^e Betrachtungen über bie berfc^iebencn Sleligion«j)arteien, bie Julianen,
bie abenblänbifd^en ©emeinben ^aläftina«; biefe Setradjitungen finb ber hjertboDfte leil
be« Suc^e«. '^m 2. Sud^ enth)irft ^alob ein meift rec^t büfter gel^altene« Silb bon ben
o» gleid[;geitigen fittlidj^en 3wftänben ber abenblänbifd^en G^riftenl^eit, bornel^mlic^ granfrcic^
Safob t}ün Sitr^ ^[afofitten 565
(c. 1 bom 2Bud;ct, 5. t)on bcn berlommencn Prälaten, 6. Don bcm fittcnlofeu Scbcn ber
^arifer Stubcntcn- unb 2c^rcrfdf|aft, c. 5, 7, 8 über gußo ))on 9JcuiIK unb anbcrc
Ärcuj))rcbiger — §aut)tqucnc, für ^ulfo — , c. 12—33 über bic SKönd^^orben, and) über
^umiliaten unb ^anji^faner, c. 34—38 über 3Weffc, ©aframcnte u. f. ».)• 3" ^^^^^
3. Suct^ tooHte nun ^alob nod) bie ßreißniffc be8 6. Jtreujjuge« bte jur ©inno^nic bon 6
2)amiette fd^ilbem. fea^ je^t bei Songar^ al« 3.Suc^ fte^t, ift ober md^t^ al« eine
lüberlid^c ÄonH)iIation au^ einem t)on SRid^orb \>on ©an (Sermano überlieferten Seric^te
bc^ ^atriarc^^cn Don ^erufolem an ^i^wocenj III., au« einem })aläftinenfif(i^en gtinerar,
au« c. 1—27 t>on DliDer« historia Damiatina. S)a^ biefe 5lom})itation Don ^afob
l^errül^rt, ^alte ic^ trofe 3^^^* ^^ 3«^^ ^'^^^ f^ unmögüdf^. ©agegen ift auc^ m. 6. lo
aanj au^gefd^loffen; ba| bie Don 3Wartöne unb S)uranb toillrürlic^ afö 3.Su(i^ be^eid^nete
Äom^jilation, bie nur im (Singang mit bem 3. Sud^ bei Songar« übereinftimmt, auf
3afob aurüdfge^e. — SBeit toertDotter, al« bie« 3. 33u(^, fmb für bie ©efdf^ic^te bc«
5. Ärcu^uge« gafob« au«fül^rlid^e, gerabeju ate „3^*wngen" gebadf^te ©riefe au^ ben
Sauren 1216—1221. ^afob fd^ilbert bann 2anb unb 2eute mit erquicfenber grifdf^e unb iß
©cgenftänbUd^feit. 5Ric^t« 2luffäUige« entgeht jeincm aufmerifamen SlidEe, mag e« nun ein
merftoürbige« lier, eine merftoürbige Snftitution, ein merfioürbiger ^xani), ein merftoürbige«
2)enlmal au« alter 3cit fein, greilid^ l^at er aud^ afö Serid^terftatter arge ©d^attenfeiten : er
ift felbft für einen itreujfa^rer über bie SKafeen leidet« unb tounberglöubig (Dgl. ©rief 1
unb Supplementum § 15 f. ©. 672 f. über ben ^ger SWaria« DonDignie«, ben er al«20
2lmulett am Äalfe trug, femer bie td)U Siartarennadjridjit über ben „(priftlid^en" Äönig
5DaDib = 3:fd^ingi«^6^an, Srief 7, 3Ä® 15, ©. 98—101). ^nd) läfet er [\df bur($
feine lebhafte Slebfeligfeit nur ju oft ju SBieber^oIungen unb ungeorbneter 3)arfteIIung
Derleiten. 3)arau« ge|t l^erDor, ba& ba« SDenfen nid^t feine ftarfe ©eite toar, fonbem nur
ba« Seoba^ten. ®emgemä^ ift er audfi al« X^eologe nid^t fe^r ^od^ einjufdf^ä^en. 6r 26
befijt jtoar eine beac^ten«toerte ©elefen^eit, befonber« in ber Sibel unb in ben SBerfen
Sem^arb« Don GlairDeauj. ätber er ift fein ©d^olaftifer, ja er ftel^t bem großen auf«
fd)Umngc ber fird^Iic^en SBifJenfd^aft feit Seginn be« 13. 3ö|r^unbert« argtoöl^nifd^ gegen-
über (Dgl. ^itra a. a. D. ©. 365—372 bie 3Ra^nung an bie ©c^olaren : non expedit
in libris naturalibus nimis occupari, unb: non de omnibus inquirereso
oportet). $. JBB^men
^afobtten. — ßittcratur: $QU|)trücr! für bic fl}rif(6cn 3ö^obitcn nocft immer:
J. 8. Assemani, Bibliotheca orientalis, Romae 1719—28 fol., bcf. 55b 2 (1721) de scripto-
ribus syris monophysitis mit ber Dissertatio de monophysitis. Heber bic t)on Äff. geplanten
SBerfe Historia Orientalis (t. 6 de Syris Jacobitis), Concilia ecclesiae orientalis (t. 6 Ck)nc. 86
Syrorum Jacobitarum), 1 8 ber Calendaria orientalia f. 9(. Slffcmani 83b II, 145,32. 146, il. Sgl.
weiter in SR®'. ^Ibeffinifcftc mtd^t 1,85; Armenien 2,77. 82; ©ut^djc» 3, 635 unb bie bort
genannte Sittcratur. gür „Äopten" injroifcl&en M, 178, ^aronitcn 9,346, gKonop^^filiSmug
10, 236, 9ieftortaner 10, 497, @t)rien 15, 181. 3n 3Bctcr-S»eItc» @^rcr uon^ie^cr 11 (1899)
Sp. 1124—1134. — 5)ic fogenanntc ffirc6enge{(fti(^tc be« Sac^arioS JR^ctor in bcutfc^cr Heber- 40
fe^ung t)crauggcgcbcn oon St. ^C^rcnS unb ®. Ärüger (Seidig, 2:cubner 1899 = fasc. III
ber Bcriptores sacri et profanl) unb bie bort ©. VII— aI tjcrjcidincte fiitteratur, bcf.
S)iefamp, 3)ie orig. Strcitigleiten ; ^le^n, 3alobu8©arabeü«; ßrüger, 3Jionop6t)fitif(ftc @trei-
tigfeiten. a)ie Uebcrficölen über bic f^r. ßitteratur oon ©rig^t 1894, a)ut)al 1899 (»91.1900);
bic fie^rbüc^cr ber ^rc^cn- unb ^ogmengefc^ic^te. 45
1. ffio^l nirgenbg ^aben firc^lic^eligiöfe ©Jjaltungen tiefere ©d^eibungen betoirlt
aU bei ben ©^>rem. 3)ie ©^rer lourben bie Präger be« ß^riftentumö im Orient. 3lber
neben ber Sinl^eit ber Bpxad)t unb Sieligion fehlte il^nen t)on je^er bie ftaatlic^e ©in^eit.
3?amcnt(ici^ feit bem grieben jhjifc^en ben Werfern unb ^p^inian 363 trennte eine f(^rfe
(Srenje bie hjcftlid^en unter einem d^riftlid^en römijd^en Äaifer ftel^enben ©^rer bon il^en 6o
©jjrac^^ unb ®(auben«genofJen unter ben feueranbetenben Königen, unb ä^nlid^ gel^bren
nod) l^eute t)on ben Sleftcn ber ©^rer im ^a^xo^ bic ber loeftli^en ©eite mm türtifdfien,
bic ber öftlic^en jum t)erfifc^en Sleici^. äramäer unb Armenier fmb bie ©tieflinber ber
oricntalifc^en ©efd^id^te : bie ©^rer toaren nad^ bem Urteil eine« gelehrten 2)i))lomaten always
a down-trodden race. aber nod^ einen tieferge^enben 9li& aU bie ^olitif l^at bie SRe= 56
ligion bchjirft, bie d^riftologijd^en ©treitigfeiten, bie fw^ an bie 9Jamen bon (gutt^c^e« unb
3?cftoriu« Inüt)fen. „^on einer Äramäifd^en 9Jation" bemerlt bie Autorität, ber and) ba«
iJoranftcf^cnbe im iDcfentlic^en entnommen ift, Sb. ©ac^au im 9Sorh)ort gum 3?erjei(i^ni«
ber jt;r. ^bff. ber SJerliner Sibliotl^el 1 ©. VIII, „fann heutigen a:ag« nid^t mcf^r bie
Siebe fein, h)o^I aber giebt e« jtoei SSöIfer aramäifc^en ©tamme«, bie einanber fo fremb eo
566 ^atobtten
gegenüber [teilen, h)te §oBänbcr unb ©eutfc^^e, ^anjofen unb S)cutfci^c, (Snglänbcr unb
2)cutfd^c. 9icftorianer unb ^alobiten l^afjen einanber faum tocniger ate ben flcmeinfamen
^nb, ben 3Wul^ammebancr, bem t^rc ghJtetrad^t bie ^errfd^aft über fte crlcid^tett. 3Benn
bte türftfc^en ^ToDtnjialregierungen i^re ä(ften öffnen U>oDten, tDürben {te unfägltd^ traurige
6 Silber gegenfeitiger 3?erl^efeung unb 9Jerf olgung unter ben ß^riften entroHen. 33eibc 3Sölfer
f^reiben jtDei berfcjiicbene Slrtenberfelben Schrift — biefe SSerfc^ieben^eit jafobttifc^er unb ncfto=
rtanifd^er ©djirift ift Don ©ad^au fogar ber ©inteilung feinet fiatalog^ ju ®runb gelegt —
unb \pxtd)m, too fte bie Bpxad)t ber 33orfal^ren noi) erhalten ^oben, ^toei berfd^iebcne
S)ialefte berfelben @))ra(^e. 3Kan ^at im ijerfönKc^en 3SerIel^r mit i^nen ftet^ ben ©ins
10 brud; ba^ bie X^atfad^e ber gemeinfamen Slbftammung bon einem unb bemfelben 9SoIf
ganj unb gar il^rem Setoufetfein entfd^tounben ift unb bafe ber Umftanb ber Ableitung
&rer beiberfeitigen d^riftKcl^en 83eIenntni^formen auö berfdben Urquelle nid^t bie gcringftc
Äraft bcö Sinben^ unb SSertragen^ ober gar be^ 33erfö^neng au^juüben fd^eint. SBcr
mit ben SSorftettungen Don bem l^iftorifd^en ®eh)orbenfein an^ ber euroj)äifdf|en ©ele^rten*
16 ftube in ben Orient fommt, finbet fic^ fc^toer in bie ©onberfteßung ber beiben ©^rer«
üöHer mit aßen i^ren j)raftif(^en Äonfequenjen }ure(^t, toirb aber gut t^un, um ber
3äe(t ber Si^atfac^en gerecht ju toerben, [x6) )u erinnern, ba^ bie @t>^tung, toeld^e biefe
JJerl^ältniffe erjeugt ^at, fd^on einer fel^r alten ^t\t angehört, ungefähr berfelben, in ber
bie Raufen in ©adien einbrangen unb ben 3äeg ber 9{omanifterung betraten, in ber bie
20 nac^ Britannien au^toanbemben ängeln unb ©adf^fen fidfi bon i^ren beutfdf^en 33oIfe
genoffen trennten. 2)ie Oeburt^^eit biefer ©Jjoltung ift bog 5. ^öi^^^unbert, bie $aut)tetat)j)en
auf il^rem SBege ftnb bie ÄonjUien ju @))^efu^ unb ßl^alcebon in ben ^af)xm 431, 449
unb 451".
©0 ©ad^au, ber biefe 33erl^ältniffe aud eigener J)erfönlid^er 3lnfd^auung lennt. 3"^^
26 Seftätigung feinet Urteifö bient bie D^atfad^e, ba& aud^ biefe Orientalen felbft, unb
anbere Beobachter, nic^t bon einer jalobittfdfien unb neftorianifd^en Äirc^e ober Äonfeffion,
fonbem Don bem 3SoU ber S^Iobiten ober 9leftorianer reben. 33gl. j. 83. in bem Scrid^t
be« Don ®regor XIII. in ben Orient gefd^idften Seonarb Slbel Don 1587 (in franjöfifc^
Überfe^ung mitgeteilt bon ä. b'äbril in ber Revue de TOrient Chrötien 3, 200 ff.):
80 „Les h^r^sies et erreurs principales de la nation Jacobite", ober aud unfern
2:agen in berfelben äeitfc^rift 4 (1899) ©. 428 ben äuffa^ eine« römifd^eii SReftorianer«
3. Sabaf^an „Protestantisme et Catholicisme ch^z le peuple Nestorien. SBefent=
lidfi bon biefen f^rifd^en gafobiten ift im folgenben bie 9lebe, nic^t Don ben bogmen=
gefc^id^tlic^ mit t^nen jufammenjufaffenben foj)tifd^en, ätl^io^ifd^en, abeffmifc^en unb ars
36 menifc^en Äirdf^en, über toeldbe bie betreffenben 2lrtifel ju Derglei^en ftnb.
2. 3Jlit bem Flamen ^ölobiten, beffen erfte« Sorlommen ic^ nic^t belegen fann (am fjefi
ber Ortl^obojie [©onntag S^DocaDit] lautet ber ©d^Iu| ber 3lnatl^ematt«mcn im ©vnobicon
Don 9licöa 787: ''OXoig röig EvTvxiavKnatg xal Movo&ekriTaTg xai 'Iaxü)ßiraig,
*Avd&€fjia y, Kai änXwg ebieiv, näoi xoig aigeriHoig, 'Avd&ejua y), bejeid^net man
40 je^t ^auj)tfäd^Iid^ bie f^rifc^ien, in früberer 3«t nod^ me^r bie ägvptijdjien a)conoj)^l;fitcn.
Ueber ben älteren ©t)radigebrau^ Dgl. j. S. Sem^arb Don Sre^benbad^ in feinen feit
1486 oft gebrudtten Peregrinationes in montem Syon, ber, nac^bem er Don ben
©arajenen, Suben unb ©uriani in S^nifalem gei^anbelt ^at, fd^reibt: Sunt praeterea
et alii quidam Jerosolimis et locis Ulis homines in multis a Graecis et Latinis
46 differentes et vocantur Jacobite sive Jacobini a quodam magistro suoJacobo
euiusdam Alexandrini quondam patriarchae discipulo sie appellati . . . Ipsi
diversis utuntur idiomatibus seeundum diversas provineias in quibus habitant ;
habent tarnen quoddam proprium idioma, beffen Sllfabet er bann giebt, unb biefe
fjjejififd^ jafobitifc^e ©c^rift unb ©J)rac^e ift feine anbere ate bie fo))tifc^e. — 3)ie mo=
60 noj)^vP^if^c ^^W toö^ ^^^^ Segünftigung ber Äaifer ^eno unb Slnaftafiu^ befonberö
burc^ Sarfaumaö Don ßbeffa, Xenaja^ (^^ilojenuö), Sifd^of Don 3)Jabug, unb bun^^
5ßetrug guUo, fotoie burd^ ©eDeru^, ben 5ßatriard^en Don 2lntiod^ien, unter ben ©^rem
Derbreitet toorben. dagegen lourben unter ^uftin I. eine grofee 3Kenge f^rifd^er 33ifd^öfc
abgefegt unb Derjagt, hjeil fie bie geforberte 2lnerfennung ber Sefd^Iüffe be« c^alcebonifd^^en
66 Äonjite Dcrtüeigerten. 3" *>i^^ 3^*^ *>^^ 5Jot, ate nur nod; jloei ober brei re^t^
gläubige, b. 1^. mono^j^i^fitifc^^e Sifd^öfe im 2lmtc toaren — fo erjä^lt ber ältefte f^rifd^e
Äird^cngefc^id^tgfc^reiber go^anne« Don CS^^efu« — iüurben in Äonftantinopel unter bem
^atronat ber Äaiferin I^eobora, bie bereitiüilligft aBe gegen ba^ G^alcebonenfe gerid^teten
SBeftrebungen unterftüffte, Don bem bort feftgebaltenen monoj)$Dfttifd^en ^^atriard^cn
«0 äiejanbrien«, Xl^eobofiu^, auf Sitten beö Slraberfürften ^ärit^ bar (Säbala einige Sifdf^öfe
^tühlitn 567
für bcn Driait öcbci^t, Il^eobor für Sofra-^trta, über^aiH)t bcn ©üben, Igalob für
@bef{a unb bai gamai Dftcn. Se^tcrcr toar ber Wlann, tvelc^er ber mono))l^^ftttfci^en
©ac^c tptcber aufhelfen joDte.
ßi tt erat ur: ^. ®. AIci)n, Jacobus Baradeüs de fltichter der Syrische monophysie-
tische Kork, Ücibcii 1882. 6
©cborcn in %cUa, im Äloftcr ^^afilta bei 9lifi6i« crjogen, lö^a^re lang 3)lön(^^
in Jtonftantinoj)el, burd^eilte er feit feiner Siteof^eil^e (541 ober 543) ttnellfüftig toie
Slfa^el, cnt^altfam unb feine 3Wül^e fc^euenb, ate S3ettleraefletbet ^ani SSorberafien bon Bijxim
unb ätegvpten biö jur ^autotftabt unb bcn unfein be8 SReere^ faft 403al^re lang, überall bie
ÜKeinungigcnoffen fammeinb unb ermutigenb, bie (Semeinben orbnenb, Sifdf^öfe, ^rieftcr unb lo
2)iaIonen hjeil^enb, teilhjeife bon jtoei 3kbnä^, ßonon unb Sugeniu«, begleitet, bie er in
3(g^t)ten ju Sifd^öfcn ^atte toei^en laffen, um fo ju britt bie Sifdf^of^ei^en rite Doli«
^ie^en ju fönnen. Jn einem %aQ feine aufgäbe erfüllenb, in ber Sladf^t 30, 40 unb mcl^r
^JJleilen Leiter tpanbemb, entjjing er glüdHi^l ollen Verfolgungen, unb, hjö^renb bor i^m
bie Bad)t ber SKono^^^pten im 3[u«fterben toar, ergö^It ber f^ion genannte, bon il^m jum i6
Sifd^of bon g^l^efu« geioei^te S^^önne«, ba^ ^alob toö^renb feine« Sebenö jtoei ^ßatri«
arc^en (Sergiud unb $aulu«), 27 (nadfi einer anberen ©teile gar 87) Sifc^öfe geloei^t
^abe, unb glaubt, berjenige be]^au))te nid^t ju biel, ber fage, ba^ er 100000 5ßriefterunb
3)iafonen gemad^t ^abe. 3lai) be« Seberu« lobe, ben bie aWonot)l^t^ftten al« i^ren erften
^atriard^en jäl^len, nal^m er bie ^Partei be« ©ergiu« bon Stella, feine« einftigen Älofler* 20
bruber«, unb nac^ beffen frühem %cbt fejte er felbft ben au« Sig^jJten t>ertriebencn ^aulu«
al« ^atriard^en ein. Unter bem Seinamen Sarabäu«, Saräbai', ift 3aIob in berKird^en«
gefdjiidS^te befannt- fo Reifet er (arab. -^mN^ibwS, ft^r. N^rrra ober «rrr-ia) jjon feiner
ärmlichen, einer ^ferbebedfe gleid^cnben 5lleibung; feltener l^eifet er 3<*»^J^w^ x^dvi^akog,
f. 5Rice))^or. ßollift. 18, 52: „ded rhv äxgav evrüeiav" unb ^o^anne« bon äfien bei 25
Sanb, Anecd. Syr. 2, 367, 24. SSon fc^riftftetterifdf^en arbeiten l^at er toenig ^intcr*
laffen. ©ine i^m beigelegte 8tnaj)^ora i)at SRenaubot in« gateinifd^e überfe^t (Lit. 2
333 sqq.); ein i^m jugefd^riebene« ®lauben«belenntni«, loeld&e« bie ^Waroniten 3lbral^m
(Scd^eHenfi« unb 5Kairon au« einer arabifd^en ßanbfc^rift in mom fennen, pnbet ftd^ ätbio=
^ifd^ in bieten ^anbfc^riften unb tourbe bon ßorniH (3bm® 1876, ©. 417/66) mit Über* 30
fe^ung ^erau«gegeben, feine ©c^tl^eit unterliegt aber einigen Sebenlen, f. BO 2, 468, 473 ;
f^rifd^ ift ba«felbe n(>d) nic^t aufgefunben. dagegen fmb in einer Sonboner fi^rifdfien
$anbf(^rift (Add. 14,602) eine änjal^l gnc^flilen bon il^m erl^alten; nur bon fold^en
rebet audj^ ^ol^anne« a. a. D. 376, 26, bon bem ioir eine boJ)j)elte Siograpl^ie be«
3Wanne« ^aben; eine fürjere unb eine längere jum 33orlefen in ben Äird^en beftimmte. »6
©ein Xob faßt nac^ 2)ionvrtu« 2:ellma^re (= ^o^anne« bon ®j)^efu«, f. SRau, ROChr
2, 493) in« ^aif^r 889 = 578.
33on biefem göfobu« Sarabäu« l^aben bie golobiten ii^ren Flamen (f. Barhebr.,
Chr. Eccl. 1, 217; bie (f»)ätere) Überfdjirift bei 2anb 364), nidf^t ioie fd^on ^o^anne«
(a. a. D. 377) fagt, „t>on bem ^eiligen, erften ber Sl^joftel ^dob, beffen Olauben un« 40
l^cute biefer göttU^e Salob (Sarab.) berlünbigt" ober gar bon bem altteftamentlic^en
Patriarchen ^alob, anq nic^t bon ®io«foru«, ber angeblid^ bor feiner Drbination Igafob
gel^eifecn (BO 2, 66, 326). ©ie felbft nennen [xi) übrigen« in ber älteften 3eit mit 3Sor«
liebe bie ©laubigen, SRed^tglöubtgen, Drt^obojen ober diaxQivöuevoi, bie ba« ß^alce«
boncnfe ju acce>)tieren jögem; inä[gVJ)ten nannten fie fid^ Il^eooofianer unb ©eberianeris
(Sanb 377) unb 3)io«hinaner: toemt fte aud^ gut^c^ianer genannt tourben (1. äufl.), fo
bie« fidf^erlidfi nur bon i^ren ©egnem, benn bon ©ut^c^e« tooDten fie nid^t« loiffen.
3. Über bie Sel^reigentümlid^Ieiten (ßl^riftologie, filioque u. f. U).) f. b. 21. ©ut^d^e«
SBb III, 635 ff., 3Rono))l^i?fiti«mu«. Vom fatl^olifc^en ©tanbj)unlt, aui älterer Reit ben
«eric^t be« (römifc^en) Sifd^of« geonorb Slbel bon ©ibon an ©igtu« V. (1587), ber bon w
©regor XIII. 1583 in ben Orient gefanbt toorben toar, italienifd^ in S.Baluzis Tute-
lensis Miscellanea ed. Mansi, 2uca 1764S3bVI, 150; franjöfifc^ bon St. b'9lt>ril in
ROChr 3 (1898) p. 200ff., bef. 216; au« neuerer 3lbbeloo« unb 2ami? in ber Praef.
jum Chron. eccl. be« SarJ^^ttäu« p. XI— XIX.
211« Seifjjiel für ben ©fer, mit toeld^em bie df^riftologifdjien Sel^rfragen erörtert iourben, 55
mag nur bie Il^atfad^e angeführt ioerben, ba^ man nid^t blofe einem ^ajKigei ben S^^o^
o axavQio^eig di vjuag jum Iri«l^agion leierte, fonbem ba& barüber bon ^\aat öon 3lntio=
c^icn auc^ nod^ ein 2136 SSerfe lange« ©ebid^t gemad^t lourbe (Opp, 2, 84—175), unb
bafe man in ben bogmatifc^n §anbfd^riften be« ©ritifd^en 3Wufeum« bie ©e^eimniffe ber
3tt)einaturenle^re (ovyxvoig, ovvacpeia u. f. to.) mit roter unb fd^toarjer linte an ber 60
668 ^afobtteit
©d^rcibuiig bc5 SJaincn« ^^u^ ß^rifluö erläutert finben fann. 3" ^^^ änerfcnnung
bcr römif^en Äirdf^c fanb ^eonarb äbel um 1587 bcn jafobitifd^^cn Unterl^änblcr bereit;
aber ben S)io^Iur ju berbammen unb 6baIcebon anxuerlennen, klonte er runbtoeg ab.
4. Äultu^. 6ben fo fletnltd^ erfcpeinen un« oie in ber fonfeffioneöen 5ßoIemt! be=
6 tonttn Unterfd^icbe be^ Äultu^, ba^ beim Äbenbma^I ba^ Srot gefäuert fein mu^ (ob
frül^er auc^ ungejäuert f. BO 1, 409. 2, 282) mit ettoa« 8eimif($ung bon iSalj unb Dcl
(2, 144. 183); anberö bie Äot)ten (Slenaubot, bist. patr. AI. 425, Liturg. 1, 191.
2, 64. BO 2, 121. 144), ftet« frifc^ gebacfen (2, 83) mit meift ungerabcr ^af)l ber Db=
laten (2, 180). am toic^tigften ift nod^ immer bie 3Serh)erfung be« ß^alcebonenfe, bic
10 änerlennung S)io^fur« (neben ^ßeter guHo, ©et)eru§, ^atob t)on ©arug, 6bef|a unb
3. Sarabai) unb ber^wfa^ im 2^riö^agion. 3)ie Sefreujung bollgiel^en fie mit einem ^nga,
um il^ren ©louben baburd^ ju befennen; ba^er baö ^eft ber 80000 Ringer, bie bon ben
©ried^en ben 3Kono))l^vPten 3llejanbria« abgel^uen toorben fein foDen (f. SJiöe^, Cal. I
jum 29. ©ej)t.). — S)ie SBäa^I ber Sifd^öfe unb 5ßatriard;en gefd^ie^t öfter burc^ ba^ 2o«.
16 Silber« unb §eiligenbienft l^aben fie h)ie bie gried^ifd^e unb römifd(^e Äird^e, im 3Dlaricn=
bienft feigen fte eine Unterfd^eibung il^er Äirdf^e bon ber neftorianifd^en.
5. 33erfafjung. — ßittcratur: ©ilbcrnagel, SSerfaffung unb flcgentüärtiger »eftanb
fämtl. Äircj^cn bcä Orient«, fianbS^ut 1865, @. 251 ff.; Barhebraeus, Noinocanon c 7, (ed.
Bedjan 74—116). a) 3)er ^atriarcb: S Vailhe, L'ancien patriarchat d'Antioche (Echos
20d'Orient, Avril-Mai 1899, nt(ftt (\cfe^cn) • BO 2, 321—386. 479-482; BH, ehr. eccl. ed.
Abbeloos et Lamy; Le Quien, Oriens Christianus 2, 1357 ff. ; Jos. Guriel, Elementa lin-
guae chaldaicae, quibus aecedit Series Patriarcharum Chaldaeorum (Romae 1860, p. 144
blÄ 215 Cronotaxis Patriarcharum Chaldaeonim) ; ®b. ©qc^qu, SSerjeidmiö ber fi)r. ^bff.
ju ©crlin (1899, 2) 571 eine 139 Flamen umfoffcnbe öiftc bi§ jum ^^Q^folgcr bc« 1885 =
26 1574 in^ijarbcfr jumS^lam übergetretenen ^ii'ma. @ine ganj neue unb out^cntifcftc Quelle
eröffnet ftc^ buxdi bic auf 4 ©finbe bcre(ftnete 9lu8gabc ber Chronique de Michel le Syrien
6dit^ dans le texte original et traduite pour la premifere fois par J.-B. Chabot. Ouvragc
publik 80UB le patronage et avec le concours de TAcad^mie des Inscriptions et Beiles
Lettres. T. Jier $ari8 1899 (nod) nic^t gefe^cn). SBflI. ba^u J.-B. Chabot, les 6\^ue» Ja-
30 cobites du VHI® au XIII® si^le d'apres la (JhroDique de Michel le S>Tien (ROr. Chr 4
[1899], 444—451,495—511 äsuivre). gn bcr jur (J^ronit gel)örenbcn fiifte bcr jafob. ^atriar»
(6en t)on @cücru« 512 bis SWicftoel I. 1161—1199) pnb uon (5l)riacii8 (793) nn bic Don
icbcm einjclnen ^atriardften orbinicrtcn ©ifcftöfc mit 9iamen aufgcfüfjrt, nte^r qI« 900, loo*
burcft crftmalS eine juöcrlftffigc Uebcrficfit über bcn jeweiligen SBeftanb bcöSprenflclS crniög«
86 Hc^t wirb.
35er 5ßatriard^ ber f^rifd^en Safobiten fül^rt ben 2^itel „^ßatriarc^ bon 2lntiod^en",
inbem bie ©ucceffion auf ©eberu« 3lntioc^enu« jurücfge^t. aber ba bie g^tobiten al«
Äe^er bon ben ©ried^en in 2lntiod^ien nie gebulbet tourben, fo tool^nten bie jafobitifc^cn
Patriarchen immer in anberen Stäbten unb filöftem, befonberö oft in 2lmib (3)iiarbefr),
40 bi« mit aJlid^ael I. feit bem Saläre 1166 ba« Älofter be« ^I.anania«, 25eiru='d=©a'farän
CiK-crT, mr Za'feran, f. Bai^an, Steife 6. 405 f.; ROChr 2, 262 f.; ä. b^äbril,
Les Hi^rarchies en Orient (ebenba 4, 148) fd^reibt falfc^ Zag-Faran) genannt, na^c
bei ber ©tabt SKärbin auf längere ^^\t xl}x ftel^enber SBo^nrt^ tourbe. Slbioeic^ungcn
famen aHerbing« )oox, fo befonber« toö^renb be« großen ©c^igma« unter ben ^[afobiten,
46 ba« t>on 1364 bi« 1494 bauerte, tt>o jtoar ber eigentlid^e unb legitime ^atriarc^ feinen
©i^ bort in ÜKarbin ^atte, ber bon ben cilicifd^en Sifd^öfen getoä^Ite aber in ©i«, ein
britter „^triarc^ ©^rien«" genannter im Älofter be« Sarfuma« bei SWalatja, unb ein
bierter, ber ^atriard^ bon 3:ur-2lbbin (b. ^. ®ebirg ber ®otte«berel^rer, einer ©egenb am
ligri« mit t)ielen Jtlöftem), im JUofter ©t. ^atob ^u&alad). ©eit bem 16.3jöl^rl^unbert
60 gilt jtoar bie itirc^e in bem Älofter ©a'farani nod^ forttoäl^renb für bie Äird^e be« ^a=
triard^en, aber al« feinen 2lufentf^alt«ort finben toir meiften« ßaramit, b. i. 2lmib (S)iiär=
befr) genannt. 3)a« ®ebiet be« antioc^enifc^en ^Patriarchen ftie^ an ber ©renje t>on
SigV^ten an ba« be« fo))tifd^en ^atriard^en bon 3llejanbrien (BO 2, 372); nur über 3|c=
rufalem famen beibe in ©treit (Slenaub. Lit. I, 444), h)eld(^e ©tabt in neuerer ^txt eben*
55 fotooj^I einen loptifd^en al« einen f^rifc^sjafobitifd^en Sifc^of ^at ^\xx Slütejeit ber \a:
fobitifc^en Äirc^e foÜen bem ^atriard^en 100 Sifc^öfe unterftanben fein. 3laa) ber bon
e^abot erfc^Ioffenen OueHe ^at Striaen« I. (geft. 817) in 21 ^a^ren 85 »ifd^öfe ein=
gefegt an me^r al« 50 Orten, SDioni^fiu« I. (geft. 845) in 27 ^abren 99 an 60 Orten,
gefef fte^en unter bem ^atriard^en (5Rel^er in ffie^er unb SBelte 11 (1899) 1124 ff.)
60 8 aKetrot)oliten (Serufalem, 3RofuI, 3Rarbin, Orfa, Ä^arj^ut, 3Rar Ttattax, baju 2 öfu^
menifd^e, ol^ne beftimmte S)iöcefe), baju 3 Sifd^öfe für bie ci\r>a 150 Ortfd^aften be« 2:or.
^m ganjen rechnet bie angegebene Duette für bie 3i«tof>iten in 3Kefo^otamien, ©^ricn,
3^at0btteit 569
Rurbiftan nur nod^ 80000 Seelen; baflegen fd^reibt ©ad^au 1883 (Meife 406), ba^ ba«
^opfttum jofort ,,J)unberttaujcnbc 3lnl^ängcr" me^r l^ältc, toenn ber (bamaltge) 5ßattiarc^
$cbro^ unb fein ^oll bic i^nen täglic^ offerierte Union mit Slom annel^men toürben.
b) 25er 3Kat)^rian. — IMttcvatur: 9Je^cv iu ^Öc&cr-Selte* 8, 634/G; BH.,Nomo-
canon, c 7. 6
35em ^atriard^en mx ©eite ober Dielme^r gunäd^ft unter i^m ftanb ba« ^avüpt ber
öftlicl;er hjo^nenben Safobiten, ber Primas orientis, ber 9Wa^)l^an, ]\}x, n:;^^;, b. i.
ber Scfrud^ter, mit Sejie^ung auf feine ^nltion, bie Sifc^öfe ju orbinieren, tioie aud^
ben neuern)äl?(ten ^ßatnard^en burc^ ^anbaufteaung ju betätigen. 3" biefem 2Stcl ögl.
ben aiugbrudt ber f^r. Siturgie ber 2l>)oft. 6onp. (ed. £ag. 245, 30 ; Srigl^tmann, litur- lo
gies 11, 1): v7i€Q rcbv xaQJio(poQovvTcov h rfj ayia ixxXrjaia xai noiovvrcov
ToTg Tievfjoi mg kkerifxoovvag. ©eine Sefugnifje tourben geregelt unter bem ^atriard^en
go^ann burc^ bie ©^nobe bon 869 (f. Nomocanon 1. c). 6r tritt getoifferma^en cox
bie ©teBe be^ bem 9leftorianigmu^ berfaBenen Äat^oKIo^ (nad^^erigen ^ßatriard^^ öon
Seleucia), unb er toirb aud^ gutoeilen Äat^ofilo« betitelt. 3)er erfte 3W(H)^rian, ben "^ahh is
©arabai einfette, toar äld^ubeme«, bod^ lam bie Sejeic^nung 5Dl(H)^frian offenbar erft fjjötcr
auf; unter e^iriacu« (793) Reifet er bei TOidjiael Epitrönlsä (arab.Wakll, ©teßbertreter),
\oa^ G^abot (ROChr 449) Don ini^ogcb „f^conder" ableiten mikl^tc. ©eit SMarut^a«
murbc lagrit ©ife be« SMojj^rian; m^ ber gerftörung burd^ bie Sraber 1089 jog ber
3Jlat)^rian nad^ SKofuI, too er feitbem in bem SKattl^äu^Hofter tool^nt, je^t freilid^ o^ne20
3)Jarf^t, unb faft nur 3:itular. ©eit bem ^a\)xc 878 fam e« öfter bor, ba^ ber jum $a«
triar^en Oetoäl^Ite einen neuen Slamen annal^m, unb feit bem 14. ^al^r^unbert tourbe
3ignatiuig ber fte^enbe 9Jamc (toie ^Peter bei ben 3Jlaroniten, 3«>W ^^ ^c" ))äpftlid^en
(J^albäem, ©imon unb eiiag bei ben 9leftoriancm). S)ie gifte ber ^atriard^en f. an ben
568, 21 angefül^rten ©teilen au^ Sar^ebräu« unb feinen gortf^cm, bie ber 3Ka})^riane nad^ 26
»ar^ebr. u. a. BO 2, 41 4 ff., unter il^nen Sar^ebräu« felbjt (f. b. 31. äbulfarabfc^ Sbl
©. 123).
2)ie Ordines unb bie ßinfüi^rung in bie Äirc^enämter befd[^eibt äffemani BO II,
diss. de Monophys. § X). $JgI. baju 91. ©raffin, Ordination du Pr§tre dans le
rite Jaeobite (ROChr. 1 [1896], 21—36). 6« ift, toie in anberen orientalifd^enJtird^en,»
nid^)tö Ungetoö^nlid^e^, einen berl^eiroteten SKann jum 3)iaIonu« ober ^ßreöb^terju mac^^en;
bo(|) ift e^ nic^t erlaubt, erft nac^ ber Drbination eine &)t einjuge^en. 3)ag 9Jcönd^«Ieben
ioar bei ben go^obiten ju allen Griten getoö^nlic^ unb beliebt. ^\)xt berü^mteften Älöfter
— 9?onnenflöfter giebt e« nic^t — jä^It Stfjemani auf (1. c. § X). 2)ie 3Könc^e gehören
nid;t mit mm Klerus, aber 9ifd[^5fe toerben immer au^ ben 3)tönd^en getoä^lt, unb bie 86
Älöfter fte^en unter ber 2luffidf|t ber Sifd^öfe; ögl. auc^ ba« (neftorianifc^e) ©ebid^t über
130 .^eilige unb Äloftergrünber in ©ad^au« 8erl. ftatal. ©. 234—239. 25ie öerfd^ie^
benen bei ben 3i<*'obiten gebräud^Iic^en Siturgien in fbrifc^^cr ©^rac^e f. lateinifd^ bei
aienaubot (Lit. or. coli., T.II, 1716, 4«), englifd^ bei Srig^tmann (Liturgies Eastern
and Western Vol. I. Oxf. 1896 p. 69—110: The Liturgy of the Syrian Jaco- 40
bites including the Anaphora of St. James). 3)ie bon 9tom auö für SKaroniten
unb Unierte gebrucften ausgaben, f. bei Srig^tman p. LVff.
6. Über bic ©d^riftfteller ber ^alobiten ^anbelte 3. ©. äffemani 1721 im
2. 2:cil feiner Bibliotheca orientalis. Seichter jugänglidfi ift SBrigl^t« short History
(1894) unb namentlid(^ 3)ubafö la litt^rature syriaque (»1899, M900), in toeId^er46
bic ©c^riftfteller Dom 5. ^a^rl^unbert ab nad^ il^rer 3u9«^örigfeit ju 3iöIobiten unb SJ^to«
rianem gefd^ieben fmb. äufeer ben in ber 31® bel^anbelten (3lbu(farabfd^ = Sar^ebräu«
»bl ©.123 u. bieJJadSiträgeSbll ©. 780; Safob b.gbeffa f. oben ©.551, t)on©arug
f. oben ©. 559 ; 3!o^anne« öon Sjji^ef. ; 3- ^^^ 3)<*w ; 3faaf bon 3lntiod^ien ; ®eorg, ber
airabcrbifc^of, S3b VI ©. 522 ff., ögl. bie 9Jamcn ber Sibelüberfe^er ^I^ilosenud bon»
5Jiabug, ^aul öon lella, 2;i^omag )oon §eraHea, ben bon ben 3<ifobiten angegangenen
W^ftifer (BUpf)an bax ßubaili, bie ^Patriarchen unb .?)iftorifer 3)ion^ftu« t>on 3^eflmal^e,
unb 9}Jicl;aeI I., ben Überfe^er ©ergiu« bon SHefd^aina, SDlofe« bar Äej)^a (geft. 917),
2)ionVfiu^ bar ©alibi. ©« ift ein hochmütiger ®ebanle mit biefem regen fieben bie 3:i^at=
farf^e ju Dcrgleid^en, ba& e^ ben ^ö^obiten gegentoärtig an geeigneten gül^rem fel^lt, ba 66
il?re ©eiftlic^en burd[|h)eg fe^r ungebilbet unb ungefc^idEt fmb in ber J^ü^rung ber ©efd^äfte
i^rc^ 5>olfe (©adEiau, 9flcifc ©. 407).
7. ®efd;ic^tlid[ie Überfielt unb gegenit)ärtiger Seftanb. 2)ie öftrömifd^en Äaifer
tparen ben 3)lonot)l^vftten faft ol^ne Stu^nabme entgegen gcloefen, nur Rcno unb 2lnafta=
fiu^ begünftigten fic, S^ftinianö toieberl^olte SJerfud^e, fie mit ber lat^olifd^en Äirc^c ju eo
570 datobiten
bctföl^ncn, mifelanoen. Unb obh)o^I bcr burd^ ^aloh Sarabai l^crbciocfü^rtc äfuffd^toung
ein nad^^altiger tuar fo l^attcn bod^ gerabc bic f^rifd^cn S^loBiten unter ben fjiäteren
Äaifem fotuol^I afe aud^ unter ber mu^ammebanifd^en §errf(^aft oft unb t)iel xu letbcn,
toä^renb i^re ä0^>t)tifd^en Srüber pd^ mit ben mu^amntebanifd^en Se^örben balb öor-
6 teill^aft ju [teilen iDU^ten. 8eifj)ielc Don Sebrtidhing unb SSerfoIgung ber Safobitcn
fü^rt ^ffemani an (T. II, diss. de Monophys. § VII ; toie fd^on Don SKoaDio^ 658
bie ÜKaroniten jur ^^^'""Ö ^^" 20000 ®enaren jä^rlid^ Derurteilt tourben f. ROChr 4^
178. 323). 3Son ben Äreu^fa^rem tourbc i^nen ber gutritt jum ^eiligen ©rabc Dertoe^t;
Dgl. $. SJtartin, les premiers princes crois^s et les Syriens Jacobites de J^ru-
losalem CPari« 1889). gur 3eit ^at)ft Oregor XIII. (1572—1585) toaren fie fdj^on fel^r
jufammengefd^nioljen, man fdj^ä^te bamate bie in @^>rien, 3Refo})otamien unb Sabi^Ionien
jerftreuten 3<*f«>^i^^>^ «wf 50000 ^JamiKen, bie meiften arm in Dörfern unb Meinen
@täbten too^nenb; (f. !)^airon, Euoplia I, 2, 18, p. 44 sqq., Assem. II. diss. de
Monoph. § VII gegen ba« ©nbe). ©benfo fd^ilbert ber §oHänber Äooth)^! il^e 3«-
löftänbe im ^ahxc 1619 (J. Cotovici itiner. Hierosol. et Syriacum. Antv. 1619, 4*,
p. 201 sq.). SHid^arb ^ocodte redf^nete umba^^a^r 1740 inSamaöIu^ unter 20000 6^riften
nur 200 ©^er ober Salobiten (Sefd^reib. be8 9RorgenI., überf . D. Sre^er, grlangen 1791,
4^ »b II, 6. 182). SRiebu^r fanb 1768 in TOfibi« nur eine Heine ©emeinbe (Steife^
befdjir. II, 380), in 5Warbin Ratten fte nod^ brei Äird^en (II, 396), in Drfa 150 Käufer
20 (II, 408), über ßaramit (II, 404, 426), §aleb (III, 7), in ^erufalem Ratten fie ein
Heine« Älofter (III, 61), ber 2)iftrilt 2^or toor aber nod^ ganj Don ^alobiten betoo^nt
(II, 388). Sucfing^am, ber im 3a^re 1816 aWefojbotamien bereifte, ft)rid^t Don 2000 3a=
lobiten unter 20000 Sinloo^nem in SKarbin (Steife in 3Wefoj)., beutfc^e Überf. S3erlin
1828, 8^ ©. 224 ff. 238), in S)iarbefr jä^Ite er ettoa 400, in aWoful 300 gfamißcn
26 (ebenb. S. 263, 340). Sb. ©ac^au fanb auf feiner Steife in ©^rien unb 3Wefo))otamicn
(SeiDjig 1883, im SBinter 1879/80) im 3^al be« ß^abur nur nod^ loenige an 3lom an-
^efc^Iojfene galobiten (375), ba« ß^riftentum in äjnaur „ein Derlomer ^ßoften" (©. 388),
m N^ebln 20 jjafobitifc^e §äufer unter 200 meift jübifc^en (391); in ©erubj, bo«
400 Dörfer gei^abt ^aben foH, feine ©^jrer me^r, fonbem Äurben (182) ; in Urfa, tvo
80 ber d^riftlid^e Sifd(|of murakhkhj'is l^eifet, fd[^ä|te er bie 3«^! ber S^riften auf 15000
©. 209, ein anfäffiger armenifdf^er ^ßaftor auf 17000, aber bie ^alobiten l^aben nur
2 Äird^en, eine (©t. ®eorg) aufeerl^alb ber ©tabt, 5ßaulug unb $etru« in ber ©tabt
®. 479. S)ie« Dor bem Slutbab Don 1894. ^n 5Warbin, beffen ©efamtbeDölferung er,
h)ie SudKng^am 1816 auf 20000 ©eelen fd^ä^t, toar burdj^ amerifanifc^en ©influfe aud^
86 eine J)roteftantifd5ie ©emeinbe entftanben. (95gl. über HJlarbin: Une Page de l'Histoire
de r^glise de Mardin au commencement du XVIII** siöcle ou les tribulations
de Cas Elia ibn al Qsir racont^s par lui-meme, publi^s d'apr^s le texte
Arabe par Fr. S. Scheu [ROrChr. 1, 1896, 43—87]). am genaueften ift fein
8eridf|t über ajloful. Unter 2328 ß^riften^äufern (bei ca. 42 000 (g.) toaren llOOÄoufer
40 Äilbän (S^albäer = Sleftorianer), 900 §. ©urjän (^afobiten), 300 §. ©urjän^SatoU!
(linierte ^^^obiten) 16 ^roteftanten, 12 Armenier. 3)ie linierten l^eifeen im SSoIfömunb
bic 5Raf[en, toeil fie Don bem ®elbe ber römifc^en SWiffion h>ie ber au^ebörrte ©rbboben
Dom »legen beh)äf[ert hjerben (n'^-irV«) bie Jlic^tunierten „bie Irocfenen", hjeil fie nid^tö
baDon befommen (n'^snN^VN). über bie ftird^en ber einzelnen ©enoffenfd^aften, unb h)ie
16 ftd^ bie Slömifc^en in ben Scfift Don 2 ber 4 jalobitifd^en festen f. a. a. D. ©. 350 ff.
(Über 3)JofuI fie^e je^t (gb. ©ac^au, 2lm Qupl^xat unb Xigri«. SReifenotijen au« bem
aSJinter 1897—1898. Seidig 1900, ©. 100 f. ©onft ift auö biefer neuen Seröffent^
lidf^ung für bie firc^lic^en SSerf^ältniJfe loenig ju entnel^men). 33gl. toeiter ©. 410 ÜRib^
jäb „ba« aBmäc^tige d^riftlid^e Qnxopa lümmert ftd^ nid^t um bie G^riften im Orient;
60 in biefem ^aH aud^ ^^anfreic^ ni^t", iüeil bie römifd^e 3)li|riön bamate im %öx
nod^ nic^t eingebrungen toar; 421 „feine 6briften me^r in Säur". 3)ie Sage ber
3aIobiten toar bamal« um f o unfic^erer, iüeil fie nid^t toie- bie ' meiften anberen didu
gion^gcnoffenfc^aften be« Dricntö Don ber Pforte offijieB anerfannt unb bei i^r burd^
il^r geiftige« Dbcr^aujjt Dertreten toarcn; ba« l^aben fte erft nac^ langen Dergeblid^en Se«
66mül^ungen i^re« ^atriarrf^en ^ebroö (f. ©ad^au406f.) im^^jal^r 1882 burd^ englifd^cn
(Sinflufe crreid^t. ^m eigentlid^en ©i;»rien ift i^re ^al)l l^eutjutagc nur fe^r Hein; „ein
paax ^amilicn in iama^hi« unb in 9JebI, fagt (Jb. Sobinfon (^aläft. Sb III ©. 747),
baö 2)orf ©abab unb ein Icil bc« 2)orfe« Äarietän (ioo bie TOefjc nod^ f^rifc^ gelefen
h)irb, aber niemanb, auc^ ber fie lefenbe ßl^üri [$aftor] nid^t mc^r f^rijc^ Derfte^t [©atfyau
60©. 31J), eine Heine ©emeinbe in §omg mit ein )paax jerftreut tool^nenben 3"biDibuen in
^[afofiiteti Saohu9 im .912: 571
j^iüci ober brci bcnad^bartcn J^örfcm, eine ä^nlid^e ©emctnbc in Qama unb hjal^rfd^einlid^
eine fleinerc in 3lle})i)0 ntad^en beinal^c bic gesamten änlbänfler btefcr ©eltc in ©^rien
au^; bic ^^^obiten tu erben \)on allen anberen ©eften im Sanbe ate §ärettfer angefel^,
unb aU lold^e, unb toeil fic gering an ^af)l unb arm jtnb, im allgemeinen beracfitet".
5lur in ©abab, an ber ©tra^e bon 2)ama^lu8 nai) ^alm^ra gelegen (Assem. II diss. 6
de Monophys. s. v. Baalbach) ift eine blül^enbe (Semeinbe (f. % 2. ^Porter, Five
years in Damascus, Lond. 1855, 8% vol. II, p. 374). Über jafobitifc^^e ©emeinben
im Sibanon (®uni, 3Kaifug f. 3*^rifi, ed. ©ilbemeifter p. 17; SRenan, Mission dePhö-
nieie 254, ^i'^f^'^'f^ bon 1276, Douwaihi, histoire des Maronites (en arabe) pu-
blik par M. R. Chartonni p. 103. 112, angeführt bon 2ammen^, R. de rOr.Chr. 4 lo
(1899) 87. — 5Den I^oma^d^riften in gnbien fanbtc ber jalobitijc^e ^ßatriarc^ 1653 ben
Öifd^of bon gcrufalem ; je^t fmb fie jiemlidfi unabhängig bon bemfelben unb l^aben neben
fic^ etwa 120000 5Reftorianer unb 250000 mit SRom Untertc; fo nad^ 3. 33. ß^abot,
les Chrötiens de Malabar (ROChr 1, 406 ff.).
8. aSer^ältni^ ju Slom. SKit ganj befonberem SRad^brucf h)crben bon 9lom auö I6
gegenwärtig bie SSerfuc^c erneuert, bie ^^tobiten,' tiberl^auj)t bic orientalifd^en Äird^en mit
ber römifc^en Äir^c ju bereinigen; bgl. bie ßnc^clifa geo^XIII. Praeclara t)om20.I3um
1894, ganj bcfonbcr« aber Orientalium dignitas ecclesiarum b. 30. 9lobember 1894.
3)icfem ßtDccfe bient in Stalien bic 3eitfci^rij^ Bessarione (feit 1. 9Rärj 1896), in granf«
reid^ bie Revue de TOrient Chrötien, bie feit 1896 neben ber Revue bimensuelle ao
ein „Supplement trimestriel" ^erau^iebt (feit 1898 „Recueil trimestriel" auf bem
3:itel genannt); au^ beutfd^em ©^radj^ebiet barf l^ier 9JiUe8, Calendarium ecclesiae
utriusque (2. ä. ^nnöbrudE 1896 f.) genannt toerben. Sägl. au« ber ROChr. 5ß. SOtid^el,
les missions latines en Orient (I, 93 f. 112 f. I, 2. 106 f. II, 215 über©abab, 217
au« 3Rofful (1894): L'avenir religieuse des £glise chald^enne et syrienne se2ö
trouve entre nos mains ; 9Jau'« 2?orh)ort gu Les Plerophories de Jean, 6v§que
de Majouma Gentes vers Tan 515 (3, 235): importance poltoique de cette
ouvrage. La publication de cette machine de guerre monophysite doit, ä
notre avis, ramener ä l'unit^ catholique un grand nombre de jacobites in-
telligents. Über bie SSerJ^anMunocn in ^oreng 1439 unb 1441 f. ROChr. 3, 200 ;80
über bie 2:^ätigfeit be« belgifd^en SKifftonar« ®tt)p\^on bgl. §. Sammen«, S.J., Fröre
Gryphon et le Liban au XV« siöde, S3b 4, 68 ff., bef. 87. 99. SB.itoe^ler, S)ie la«
t^olifd^en Äird^en be^ 3KorgenIanbe«. Beiträge jum S8erfaf[ung^redf|t ber fogenannten
uniert=oricntaIijd^cn Äirdf^en, 2)armftabt 1898.
Über bic mit SRom unierten ©Vrer bgl. 9lc^er in 2B.-3B. SBSic bic früheren Säerfud^c 36
bon 1169. 1237. 1247 toaren auc^ bic bonglorenj (4.^bruar 1442) nid^t bonSeftanb.
@rft fran^öftfc^cn Semü^ungen gelang bie ©rünbung eine« fatl^olifc^en ^atrian^at^ (®rcgor
bon Scrufalcm al^ Iggnatiud XVIII.). '^n unferem ^ö^^wnbert tourbc e« toicber^er«
gcftcUt al^ 'i)iatriarc^at t>on ätntioc^ien. Slm 12. Oftober 93 tourbe SSc^nam S3enni ge«
toei^t (geft. 13. ©et)t. 97); ber gegentoärtige ^Patriard^ ift 39"<^tiu8 (S^^racm Sla^mani II. 40
2)ie ncucfte ©tatiftit giebt 22 700 ©eelen, mit 24 »Pfancien, 42 Jtird^cn, 81 5ßrieftem;
am meiften in 3Kojul 7000, bann in SKarbin 4000 (Miss. cath. Rom. 1897. 631).
{(&. mmqtx t) <^b. 92eft(e.
3afobdbräber f. §ofJ)italitcr 9b VIII ©. 395, u.
5^afob«orben f. Gom^JoftcUa 9b IV ©. 261,30—65. 40
^ttfobitd im 912:. Safobu^brief. — fiitlcratur jum ganjen 91. : ^Bincr JRcalw.
301. 524 ff.; b. W. 3al. üon^au^rat^ unb 3. S3r. \>. ©oltmann in ©icnfcl« «ß. III. ßu
3 unb 4: bic betr. ^bfcftnittc in b. neut. (£inll. u. Srebner 1876, ^ug 1847 bc ©ctteMSBO,
©iierife' 1868, 93Ieef«'gJianöolb 1875, ^ilgenfclb 1875. SBeife» 1889, ©olSmann« 1892, gü-
Iid)cr 1894, ;?al)n* 1900; ferner @lorr, diss. i. ep. J. opusc. 2, 1784; ©d^necfcnbuvgcr, 60
53citr. j. e. i. 9?I 1832; ^ern, ©ftar. >inb llrfpr. b. «rüber 3., Xüb. ß. 1835, 2; 9icanber,
öicfcf). b. ^fl.* 1847 II 564; ©cife, 3). 3. f. «r. ©. 1854, 51; Ä @c^mibt, 3)er fic^rge^.
bcc^ 3 53. 1869; 93cij(c^Iag, b. 3. «. a. urd)r. ©cfcfticbtgbcnfm. 26@tÄ 1874, 105 ff.; fjcine,
Xev 3. 93. uiitcrfudit 1893; bie Kommentare uon ©aluin, Seja, 4)erber 1775, @emler 1781,
Üiofcnmüaer 1787, |)enSler 1801, ^ottingcr 1815, @*ult^e6 1823, ®ebfer 1828, 6(bncc!cu. 55
biirgcr 1832, X^eile 1833, Kern 1838, 3Qrf)"»an" 1838, 6tier 1845, SBiefinger 1854, (Generier
1850, be ^ette>»rücfn. 1865, ©oumonn 1865, 3. <p. fianfle* 1866, ©utöcrM870, ©roalb 1870,
.iiofmaiin 1870, (Srbwiann 1881, Sc^egg 1883, «cljfdjloQ* 1888, ^rentle 1894, 3Ral)or» 1897.
672 SatoBitd im 912:
0. 6übcu^ 1899. i^u ;\: Saccax'ia, dis». d. tribus Jacobis 1781; 3- 6ticv, 3).^^r.3ffu in
«nbb. f. gl. ©cftrlflucrtt. 1824; ©lernen, 3). «r. 3. 3öincr8 3. 1, 3, 1829; 3BicfcIcr X^SfÄ
1840, 648; ^ft 6c^af. S) SBerfe. be« 3., ©r. b. |). ju 3. «Ipö. 1843: fiaurent, 9?eut. ©t.
1866, 153ff.; Eadie, CJomm. Galat. 1869, 57 ff.; fiifl^tfoüt, Galat. 1865; 3Qt)n, gorfd). juv
6 ®cfd). b. ncut. Äon. VI, 227 ff. — 3u 4: SRau*, 503in. Ä. 3. 1827, 6; Softer l^StÄ 1831,
586 ff.; Silfe, 9leut. JR^ctor. 1843, 484 ff.; X^ierfcfi, SBer^. j. ^erft. 1845, 52; ©«»cfllcr,
9iac6ap. 8. 1846 I. 424; ?We6ner, fi. bcr ?lpp. 1856, 74ff.; ficd)Icr, ap. unb nac^ap.' 3.«
1857, 163ff.; «aur, (SWftent^. ber 3 crften Sn^r^.» 1860, 122ff., neut. %i). 1864, 277;
gran!, 3$Ä 1861. 349 ff.; SReuß. bist. d. 1. th. ehr. 1864, I 478 ff. II, 251 ff.; C)engftcn*
lObcrge^B 1866; ®rimm, 3nj'5:MB70, 377; SBeiffenbarf), Uebcr 3af. 2, 14— 26, 1871;
ebrorb, Sola 1871, 34ff.; ©ieffert, ^ic 3 fat^ol. ^auptbriefe, ©eip. b. ®Ianb. 1871, 49ff ;
ailflenfclb 3tDX6 1873, 172ff.; Mbel, ®laube nnb 3öerfc bei 3. 1880; 33(om Th. T. 1881;
Älöppcr QwXf) 1885; ^aupt X^StÄ 1883; Äuttner, $r. ^3 1885 unb 3iüXl) 1888; Ufteri
X^StÄ 1891, 704 ff.; ^üt)I, Xf^Sm 1894, 795 ff.
16 3"^ 3?I. treten mehrere l^ertoorraflenbe HJlänner be^ Flamen« 3- ^"f' unbcftrittcn
jtoei, nad^ ber richtigen Überjeugung ber meiften 9Jcucren brei. 3""^^^^ ^^ü^" ^^ ^ic
beibcn 3. beutlic^ au^manbcr^alten, hjelc^e jur 3«^^ ^^^ J*^ölf äj)oftel gehörten.
1. 3- ^^'^ ©ol^n be^ ^ebcbäu^ erfd^eint in ber et). Oefd^id^tc, b. ^. (ba ba^
4. et), t^n niemate crtoö^nt) in ben brei erften ®t). immer nur in fo enger 3Serbinbung
20 mit feinem ©ruber 3o^anne8, ba^ fid^ ^ier feine jenen allein d^arafterifierenben 3üge pnbcn.
3)er aSater biefe« S3rübcrt)aare«, 3ebebäu^, toar gifc^er am galil. ©ec (5Kt 4, 21. 22;
9Rf 1, 19), t)ielleic^t Bei Äaijemaum bgl. 2c 5, 10 mit 4, 38. 31). 3)afe fein §au^ ein
^od^angefe^ene^ iDor, fann man au^ 3^ 18, 15, nid^t mit ©id^er^cit fc^liefeen. 2)agegen
ift e^ tpa^rfd^einlid^, ba| 3<^^^^^"^ t)erl^ältni^mä^ig tDo^I^abenb mar, ba er nid(^t nur
25 mit feinen ©ö^nen, fonbem and) mit So^narbeitem fein ©efdjiäft betrieb (5Kc 1, 20),
unb feine @attin ©alome }iU ben Begleiterinnen 3efu gel^örtc, toeld^e au^ eigenen 3Witteln
für feine 2eben«bebürfniffe forgten (3Dflc 15, 41 ; bgl. Sc 8, 3). aSerh)anbtfd^aftli(^c 33c=
jiel^ungen ber ©alome finb unfic^er, benn ob bie ©c^toefter ber SKuttcr 3^1" 3^ 1^» 25
mit ©alome 3Rc 15, 40 ju ibentifijieren fei, ift fraglic^. Unb bie firc^li^en 9Tad^rid^ten,
30 tüeld^e ©alome ate eine loc^ter be« ^o\t\>f), be« ^ßfleaebater« 3^w «w^ früherer ®^e
(Epiphan. haer. 78, 8) ober al^ beffen ®attin bejeidpnen (Niceph. hist. eccl. 2, 3),
fmb ^altlofe gabeln, ©ic^er ift nur i^re gläubige Sln^änglidj^feit an ^t\\i^, bem fie auf feinen
aOäanberungen burc^ ©aliläa, auf feiner legten SReije nac^ 3^^f^em unb auc^ auf bcm
Äreuje«h)ege treu unb unerfc^rocfen folat (3Kt 27, 56; 3Kc 15, 40). 3^r fefter Olaubc
35 an 3^u mefftanifd^e Seftimmung \)px\^t [\d) jugleid^ mit ftürmifd^em 9{aturell aud^ in
ber tjoreiligen Sitte an ben §erm an^, i^ren ©öl^nen in feinem ßimmelreidj^e ju feiner
9le(^ten unb Sinfen bie $lä§e ya geben (9Kt 20, 20). S3eibe« l)at fid^ auf il^re ©ö^nc
übertragen. S8on biefen ift getoife 3- ^^r ältere, ba er in ben aipoftctoerjeid^niffen immer (3Rt
10,2; aRc 3,17; 2c 6, 14) unb aud^ fonft meiften^ (SKc 1, 19. 29; 5,37; 9,2; 10,35.
40 41 ; 13, 3 ; 14, 33 u. f. tt>.) bor ^0 genannt h)irb. Db 3- f^«>« >" ^^ Umgebung be«
3Äufer« am3orban mitSefu^ inSe«e|ungen trat, läfet ^xd) au^ 3^ 1,42 f. nid^t beutlid^
entnel^men. S)od^ mac^t bie hirje 9lrt, in ber beibc ©ruber ben Sluf 3^f"f ^" f^^^e
bleibenbe 5Rad^folge ju treten, erbalten unb i^m folgen (Tic 1, 19) c^ toal^rfci^einlid^, ba^
aud^ 3- barauf Vorbereitet loar. ©cit biefem äugenblidte blieben bie ©ruber Sln^änger
45 unb ^üriQtt 3cfu mit bem ganj^en ^cuereifer i^rcr Siem^eramentganlage. SBeld^en SBcrt
3efu^ auf biefe ß^araftereigentümhd^feit ber bciben legte, brüdttc er in bem ©einamen
ber 2)onnergfö^ne (Boanerges =■ bene regesch nac^ Vulgärer aramäifdj^er 3lu^s
fj)rac^c) au^, ben er i^nen bei irgenb einer unö unbelannten ©eranlafjung nad^ 3lnalogie
firtil^erer gälle (t)gl. ©imon ^etru«) gegeben l^at (Tic 3, 17). S)cnn getpife nid^t i^re
60 ©erebfamfeit tPoUte er bamit rül^men (bie Sllten). Unb nid^t einen 2:abel meinte er
i^nen fo blcibenb anjul^ängen (©urlitt, Xi^StÄ 1829, 715), toie c^ freiließ gefd^e^cn
h)ärc, Wenn bie ©eranlaffung für jene ©e^eid^nung bie 2c 9, 54 er^ä^Ite SEl^atfac^e
toar. 311^ bamate bie ©rüber über ben famaritifc^en 5'^*^"/ ber ^c\u $rebigt abge*
toiefcn i}aitc, geucr Vom §immel tDoDten faden laffen, mußten fie mit ber rügenben
»S^öflc jurücfgetoiefen toerben: ffiiffet i(^r nic^t, toeffen ©eifted Rinbcr i^r fcib':? ^ier jcigtc
e« fxi), bafe i^re leibcnfd^aftlicfie 9iatur audj^ i^re ©efa^ren ^atte. Unb auc^ }u unge*
ftümcn ffiünf^cn be<§ ß^rgeixc« f onnten fie baburc^ geführt toerben, mie c^ in jener ©itte
an ibren aWcifter gefc^a^, in oer fic fid^ mit il^rer Butter bereinigten (f. o.)(^c 10,35ff.).
OetDife offenbarte fid^ aud^ in biefen fällen i^re ftarle 2icbc ^u i^rem ^crrn, ba« le^te
60 3Ral befonber« burd^ i^re ßntfd^loffen^eit, mit ibm unb für ii}n aud^ bie fd^tocrften 2eiben
p ertragen. Slber nur ein reinerer SSlu^brud il^rer Energie im 3)enlen unb SBollen
Safobitd im 912; 573
fonnte ben Stnlafe für jene 9Jamengebung bilben. Um biefer J^ertjorragenben ßigenjci^aften
tDtQen l)at benn ani) ^efu^ bad Srüber))aar neben bem qUO^ lebj^aften, aber me^r elafti«
f^en betrug unter aüen Jüngern am meiften betoorguflt unb in einen innerhalb ber
3h)ölfja^l \id) enger abfd^lie^enben Rreiö eine« faft freunbfc^aftlidfien SSertrauen« auf*
genommen. 2Bie biefe brei afiein im §aufe be« t^axxui ben §erm ate Übertoinber beö 6
lobe« lennen lernen (3Kc 5, 37 ; 2c 8, 51), auf bem Serge ber Serllärung eine Dffen=
barung ber il^m beftimmten ^errlidS^Ieit erhalten (3Kc 9, 2; 2c 9, 28) unb in Jjenifalem,
bic«mal um einen bierten, ben 3lnbrea«, Derme^rt, bie abetenen. ©nt^üBungen über fein
Kommen jur SoIIenbung feine« Sleid^e« entgegennehmen (9Kc 13, 3 ff.), fo bürfen aud^
nur jene brei in ©et^femane 3^Ö^>^ i>^^ gehjaltigen ©eelcnfäm))fe toerben, in toeldjie il^n lo
bie ©d^recfen be« nal^enbcn ^^obeeleiben« füi^ren. 9lad^ bem Eingänge be« §erm fd^eint
bann freilid^ mit ber äuflöfung be« nur burd^ ^erfönlid^^e ^nbe jufammengel^altenen
engeren Slpoftelfreife« g. jurüd^utreten, ba berfelbe nur unter ben 3h>ölfen (31® 1, 13),
aber ni(^;t in SSerbinbung mit ben augenfdf^einlid^ in erfter 2inie fte^enben 3l))ofteIn 5ßetru«
unb 3io^anne« (21® 3, 1. 3. 11; 4, 19; 8, 14) genannt toirb. 5Rur eine« nodSf toirb i6
bon il^m beri(^;tet. Unb barin erhält er ni^t allein jum erften 3JlaIe eine felbftftänbige,
t)on feinem ©ruber getrennte ©tellung, fonbem and) ben SSorjug i>ox aßen übrigen
2lt)ofteIn. e« ift fein 3Kärt^rertob. Sil« ^erobe« 3lgri})j)a I Don Slaubiu« jum äfleim
l^crrfc^er über ganj ^aläftina gemad^t, bie Erinnerung an fein frühere« fd^iüelgerifd^e«
2ebcn burd^ bie tjoüfte Eingebung an bie ^^arif. ^Partei gu tilgen fudjite (f.33bl©.255,64), 20
führte i^n bie Äonfequeng biefer '^olitif nottoenbig jur Selämjjfung be« 6l[iriftentum«.
3Kel^rere c^riftlic^je ©emeinbeglieber liefe er gefangen nehmen, 3. 3^^^^^^ ^^^ ^^
bem ©d^iüerte l?inrid>tcn (1*1® 12, 1. 2). ?Rä^ere« erjö^lt bie ä® hierüber nidj^t. SBJir
fönncn ba^cr and} iiidit fceftimmt fagen, tooburd^ ;iafobu« bie Verfolgung be« Äönig«
gcrabe auf feine ^erfpn ge,^ogen l^at. aber nac^ bem ß^arafter ber 3)onner«tinber lä|t 26
fic^ annehmen, bof^i i^r geiiereifer ben älteren ju befonber« freimütigem auftreten gegen
ben ©ebrücfer ber ß^tiftfu ^efü^rt ^at. Unb hjenn bic«mal |ein ©ruber nidf^t in ©e«
meinfd^aft mit ihm crfc^cint, fo liegt bie SSermutung na^e, bafe ba« beiben gemeinfame
lebhafte SJaturell bei ^. in ^öl^erem ®rabe bieSRid^tung nadfi Slufeen gel^abt l^at, toö^renb
bei 3o^annc« nubr bie inni.Te ®ebanlentoelt baburc^ betoegt tourbe. ©0 ^atte benn bei ao
3. fic^ in nod^ ftärlerem SWafee, al« e« bei 3«>^J^w^ gefd^e^en follte, erfüJDit, tooju fic^^
beibc erboten l^atten, unb h)a« i^nen öon 3efu« Der^eifeen h)ar, bie 2eiben«taufe unb ben
©d;mer3cn«tranf gu ertragen. Unb toenigften« in jeitlic^er 9*>f9^ ^^^^ ^ wnter ben
3lpoftcln iüirüic^ nadfi Gl^riftu« ben jtoeiten 6l^ren))la^ im§immel erhalten. — 2)ie tirdf^^
lic^e ©age fud^tc bie lurje 9Jotij über fein 6nbe burd^ ben fdj^önen 3ug ?u ergänjen, bafe 86
ber ainflägcr be« Sl^oftel« fic^ felbft al« ß^rift belannt unb, nad^bem er t)on 3. ©er*
^ci^ung erl^alten, mit biefem jugleid^ ben SKärt^rertob erlitten l)abz (Clem. Alex, bei
Eus. h. ecci. 2, 9). 333a« ftjöter bie Äirdf^e ©j)anien« über eine bortige SQSirffamleit
unb Seftattung be« 3- fabelte, geriet mit ben neuteft. 8eri(^ten gerabeju in aBiberft)rud^.
— 3>on biefem 3- 3*^^^^ ^f^ "wn gunäc^ft beutlid^ ju unterfdjieiben ber anbere ^po\iA40
be«felben 9iamen«.
2. 3iber©ol^n be«3ll))l^äu« h)irbmit biefem boHenSJamen in ben t)ier 2l^oftel=
bcrseic^niffen (SKt 10, 3; 3Kc 3, 18; 2c 6, 15; 21® 1, 13) genannt. Unb feine anbere
©teile ift mit ©id^er^eit auf i^n ober feine gamilie ju bejiel^en. 5lamentlic^ ift aHe«,
toa« man t)on einer SSertoanbtfc^aft be« 3i- älpl^äi unb feine« $aufe« mit 3^u« gefagt 46
):}at, t)öBig grunblo«. SBie unftd^er biefe Öc^auj)tung ift, fann man fdjion barau« ab=
ncl;men, ba| unter i^ren SSerteibigem bie einen bie 9Serh)anbtf(^aft t>on 3Karia, bie anberen
Don 3of^t>^ ableiten. ^n\>^m beibe üon ber 9Sorau«fe$ung au«ge^en, bafe bie 9Jamen
2llp^äu« unb Älopa« ibentifc^ ftnb, berufen fid^ bie erfteren auf ^0 19, 25, toonad^
5Waria, bie grau bc« Jllojja«, bie ©c^h)efter ber 3Kutter ijefu fein foU, bie anberen auf go
§egefipjj« 9Jac^rid^t (bei ©uf. III, 11), bafe ÄloJ)a« ein »ruber be« 3o|ev^ fei. 2lber 30
19, 25 ift e« fraglich, ob Magia fj rov Kkwnä ba« 2öeib be« Älopa« ober nidjit öiet
mc()r beffen loc^ter ober 3Kutter bebeutet, unb gang unhjal^rfc^einlic^, bafe ^ ädeXqni
T/J? /irjzQog avrov M, ^ rov Kkwnä gufammen auf eine ^ßerjon gu begießen tft. 3)enn
c« ioäre fonberbar unb o^ne 2lnalogie im ^% (ber b^naftifc^e ylame ^erobe« lann nxi^i 66
in Setrad;t lommen), bafe jtoei ©ähjeftern benfelben 9Jamen SKaria Ratten. aSielmel^r
finb bort bier SJamen in äl^nlic^er ÖnH)))icrung toie 3)lt 10, 2—4 anjunel^men (t)gl. bie
'ilScfc^ittl^a) unb bie ©df^toefter ber 2Jlutter 3efu bemnadfi t>on ÜKaria Älo^ä m untere
fd;cibcn. 3)ie SJotij be« ^egefi^)}) aber bietet feine fiebere Safi«, ba fie im viX feine
Untcrftü^jung finbct unb feine 3Jac^ric^tcn mitunter ©agenl^afte« enthalten. iNoUcnb« co
574 dafobitd im 91X
Verlieren bcibc annahmen bamit il^ren §alt, ba& bic 3!^^"ti^^^ *>cr 5?amcn 2llt)^äu«
unb Älojjaö ntd^t ^u crtocifcn ift. S)cnn nid^t 5tIot)a«; fonbcm ba^ babon fel^r Derfc^tc^
benc 6^al)>^ai ift bte fv^od^albäifd^e Jorm für ^AXfpalog, h>ic fic fic^ bafür immer in ber
älteftcn ]t}x, Übcrfe|ung be8 Sil finbct, toä^renb bicfclbc für Riopan unb Rkopf^a^ bic
B anbcrc ^orm Ä(cj)oja ^at. äud^ ber bed §ebräifci^en lunbige §ieront^mu^, ber 3)laria
AIo))ae für bie 0rau be$ 9{l}>^äu^ i^ölt, ben!t tro^bem nid^t an bie SJlDglid^teit, beibe
9lamen für gleich ju j^olten. — aJlöglid^ toäre c«, bafe 3. älj)^m 3Kt27,56; 9Rc 16 1 ;
9Kc 15,40; fic 24, 10 gemeint ift. 3)ann toürben toir biefen ©teilen entnehmen fönnen,
ba& bie SJlutter be« 3- SWciria l^ie| unb ju ben 3lnl^cingerinnen 3«fu geJ^örtc, bafe er einen
10 ©ruber ^^fe^ i^^i wwb ?wr Unterid^eibung bon anberen ÜKännem bicfe« 5Wamen^ ben
Seinamen be« Äleincn ^atte, tDa^rft^einlic^ bon feiner ©tatur. 3)enn feinenfaH« lann
ber le^tcre jenen im SSerl^ältni« ju ^at 3ebebäi aU ben jüngeren bejeid^nen tDoHen. S)a
aber für 3. "Slp^&x thzn biefe im 9Tl jonft aHein gebraud^tc 9Jä^crbejeid(^nung biel beut*
lid^er hjäre, fo lann e« auc^^ fein, ba^ man bort an einen anberen jur ©emeinbe gel^örigen
16 3- jw benfcn l^at, bon bem h>ir nid^t^ toeitere^ toiffen. ©e^r uniual^rfd^einlid^ ift bagegen
bie annähme, bafe fic 6, 16; 31® 1, 13 ber 5Rame be« äpoftel« 'lovdag Waxioßov
ii)n ate einen Sruber be« 3-ä[lj)^äi bejeid^nen foDte. 3)enn bie ungetDö^nlid^e ©rgänjung
bon ädsXfpog jum ®enetit> ift l^ier um fo toeniger ftatt^aft, ate in bcnfelben 3lj)oftels
berjeic^niffen einerfeit« ba« Sruberberl^ältni« burc^ ddeXq)6g, anbererfeit« burt^ ben blofecn
20 ©enetib ber 9Jame be8 Sater« bejeic^net toirb {'Idxcoßov xov rov ^AXfpaiov), 3)er le^s
tere ift ba^cr auc^ ^ier anjune^men. Unb ganj unmöglid^ ift eine Kombination bicfer
©teilen mit ben borl^in angefüjg>rten, an bcnen eine 3Karia atö 3Wutter be« 3- ""*> 3«>M
genannt toirb, fobafe fid^ brci Srüber, nämlid^ oufeer 3ofe« bie jhjci äpoftel 3af. unb
Suba« ergeben follten. 3)enn toären bie beiben lejteren Srüber, fo toürben fie unb nic^t
26 3. unb 3of^ genannt fein, loo eiJ galt, il^re 3Rutter 9)?aria burd^ 5Kennung i^rer ©ö^ne
ju d^arafterifteren. ®benfotoenig aber n)ie ber 9lt)ofteI 3uba« fiebbäu« ift ber anbere 81)).
©imon 3eIotc« ju einem ©ruber be« 3. 3ll)3l^äi gu machen. 3"^ 5R2; finbet biefe SSer^
mutung feine ©tü^e, unb bie 9lad^rid^t bed ^egefH))), bafe ber jtocite Sifd^of bon ^ttn-
falem, ©^meon, ein ©ol^n bc« iUot)a« fei (bei Suf. 4, 32), ift fd^on barum nid^t l^iefür
80 in bertocrten, toeil bie 3b^ntität be« Riopan mit ält)^äu« nic^t feftgeftellt ift. — Son
ben Weiteren ©d^irffalen be^.,3- ^IpW ^örcn toir nic|t« aU bie ©age, bafe er im füb-
toeftlic^en ^ßaläftina unb in2igbt)ten gctoirft unb in ber unteräg^t)tif(fien ©tabt Dftrafine
ben Äreuge^tob erlitten ^abc (9cice))^. 2, 40). SlDe übrigen aber, I;ier unter 9ir. 2 nidf^t
ertoä^nten ©teilen bc« 31%^, an benen ein bon 3- 3^'^*öi berfd^icbener 3- genannt
86 toirb, fmb nid^t auf 3- 9llt>'^^i 3« begießen, fonbem auf einen brittcn bebeutfamcn 9)lahn
biefe« 5Jamcn«.
3. 3ö'fobu« ber ©ered^te, ber Srubcr be« §errn, )ißorfte^er ber ©emcinbe
bon 3e^f<Je»"/ ^^^'^ ^I^ ei^ bon beiben 2l))ofteIn be^felben 9Jamcn« t)erfc^iebener 3Rann
im 3{X an folgenben euUv[i genannt: m 13, 55; aWc 6, 3; 21® 12, 17; 15, 13;
4o21, 18; 1 Ro 15, 7; ®a 1, 19; 2, 9. 12; too^I auc^: 3af 1, 1; 3ub 1, 1; unb ber^
felbe toirb aufecr^alb bc« 31%^ erloä^nt bei 3«>fct)I?u« (ant. 20, 9. 1), §cgeft))^ (bei
eufeb. 2, 33) unb ben Jlird^enbätem.
©d^on in ber alten Äirc^e begann man freilid? nid^t blo« ba« eigentliche 93ruber=
ber^ältni« biefe« 3- jw 3efw« fonbem aud^ bie ©jifteng be«felben al« eine« t>on ben ^p.
46 biefe« Flamen« tjerfd^iebencn 3Wanne« ju beftreiten. 2)a^ aber urfbrünglid^ jiemlid^ lange
bie Slnerfennung be« 3<i'obu« be« ®erec^ten al« eine« t>on ben "äpp. berfd^iebcnen eigcnt^
liefen ©ruber« be« öerm (b. l}. al« eine« ©obne« ber 3Karia au« il^rer nad^ ber ®eburt
3efu mit 3öfc)>^ eingegangenen 6^e) in ber Jtirc^e ^crrfd^enb tpar, bafür fmb ßlemen«
bon ailej. unb Siertuflian befonber« bcbeutfame 3e"9<^"- ®w Srftere fagt nämlic^ au«=
60 brüdtlic^, bafe biefe bon i^m felbft abgetüiefene Slnfc^auung ju feiner 3«t bie unter ben
getoö^nlid^cn ß^riftcn allgemein bcrbreitctc geloefen fei (Strom. 7, 93. 94). a;ertullian
aber toeift felbft auf ,.bie nad^ ber ®cburt Gl^rifti erfolgte 3?erebclid^ung ber HJlaria (de
monog. 8 opp. ed. Öl^ler I, p. 772) unb auf feine mit ber3Baria gufammen genannten
©ruber ^in (de carne Christi 7, adv. Marc. 19), um gegenüber tjon gnoftifc^^ ä[n=
65 fc^auungen bie JRealität ber SKenfc^lüerbung 6^rifti gu beloeifen. (Sr fafet alfo bie ©rüber
3efu im eigentlichen ©inne auf unb er fjjrid^t bie« nietet al« eine ©ermutung au«, fonbem
al« bie in ber Äirt^e l^errfd^enbe Slnfd^auung. — 311« folcfie erfc^cint bie Unterfc^eibung beö
©mber« 3efw bon ben 2li)ofteln nod^ in bem I. 2^eil ber otjoft. Jtonftitutionm II, 55;
VI, 12, 13, n)o aufecr ben namcntlid^ aufgejä^lten 12 2l^^oftcln al« ©ertreter ber fatJ^o*
60 lifd^en fie^re ^aulu« unb ^., ber ©mber be« ^^ctxn, genannt ioerben, iocl(^cr lejtere )u
Sfafobnd int KS 575
bcn 70 Swngcm gered^nct h>irb. S)ic cigentfic^c tJ^^ffung bc^ brtiberlic^^en 33crl^ältniffe«
h>irb babci burdj^ nid^t^ au^gefd^Ioffcn, biclmel^r na^e gelegt burd^ ben ätu^brucf 7, 46:
3d^ 3v ^i« *^- *>^ §• *^^*w gleifd^e nad^, in h>cld^em fie nur burdfi ben ®egenfa| ber
gciftigen (Sr^aben^eit be^ §erm befd^ränlt toerben f oH. — SQäid^tig ift fobann baö S^wß'^i^
be« ßufebiu^, toeld^er, ol^nc bie äblel^nung eine« 3Q3tberf})ru(^d für nötig ju l^alten, 3- ^
ben Sr. bc^ §. bon ben 12 3lj)}). beutlid^ unterfdf^eibet, inbem aud^ er i^n ju ben 70
Jüngern red^net unb im ganjen 14 2l>)ofteI jä^lt, nämlid^ bie 3*^ölfe, ^aulu« unb g.
(Comm. Jes. 17, 5; h. e. 1, 12; 2, 1; 7, 19). fflenn er ober einmal (h. e. 2, 1)
ben 3l. ald „fogenannten" Sr. be^ §. bejeic^met, fo ergiebt ber Swf^J'wmen^ang, ba^ er
bamit feine«h)eg^ ein entferntere« öerhjanbtfd^aftlic^ed 33erl^ältni« anbeuten toill. 2)enn er lo
motibiert feinen äu^brudt mit ber ©rinnerung boran, ba& tool^l beibe, gefu« unb 3v öte
©ö^nc 3«>f^l^'^ betrad^tet tourben, 3^M ^^^^ 0»" Unterfc^ieb bon 3.) t^atfäd^lt^ no<^
bor bem beginne be« e^elid^en Umgänge« jtpifc^en S^f."^^ wnb 3Waria geboren fei.
Mein bie 9Sorau«fe$ung, ba^ HJlaria mit ^ofe))^ in ein el^elid(|e« 93erl^ältt)i« getreten
fei unb Äinber geboren l^abe, tourbe in berÄird^e aHmäl^lid^ befto anftö^iger,, jemel^r bie 16
bualiftifc^ af fetif^e SRid^tung fic^ in berfelben berbreitete, toeldj^ aud^ ju einer Überfdf^äfcung
be« jungfräulichen ©tanbe« führte. Unb in ben effenifc^sebionitifdf^en Äreifen, in hjeld^en
biefe Slic^tung am frü^eften jur §errfd^aft fam, tourbe auc^ juerft bie bleibenbe ^w^g*
fräulid^Ieit ber ÜRutter be« §erm gum 3)ogma. 2Bic fe^r aber bie Überzeugung bon ber
Sierfd^ieben^eit ber Srüber be« §erm bon ben äpofteln ^errfd^enb toar, ge|t barau« l^erbor 20
bafe fie pnäcfift burc^^ jene« bogmatifd^e ^oftulat nic^t befeitigt tourbe, fonbern biefe« nur
gu einer Sertoanblung bc« brübcrlic^en SSerl^ältniffe« in eine entferntere ©tiefbruber^
fc^aft fül^rte.
Db bie« bei §egefü)^ unb in ben jjfeuboclementin. §omilien unb SRefognitionen gc^
fc^cl^en ift, bleibt fraglic^. ©ic^er ift nur, ba& aud^ l^ier bon einer S^^^figierung be« 26
S3r. be« §. ^., mit einem 3l))oftel feine ©pur ift. S)enn toa« §ege|t))t) betrifft, fo fagt er
nid(^t nur, bafe 3., ber Sr. b. $., al« ber ®ere(^te begeid^net fei, toeil e« biele 3Jlänncr
biefe« 9Jamen« gegeben ^abe, fonbern er unterfc^eibet i^n auc^ beutlid^ bon benSl)))). (bei
ßuf. h. e. II, 23). Unb bamit ftel^t ni(^t im SBiberf^jruc^ bie ©teile be«felben Serf.«
bei Eus. h. e. II, 4, 22. §ier toäre e« frcilid[| rein p^ilologifc^ möglid^, ben SBorten so
ben ©inn ^n entnehmen, ba^ ebenfo toie 3- i>^ ©eredf^te audfi ©^imeon ein ©ol^n be«
Df^eim« ^efu, alfo beffen Setter fei (f. 5Rä^ere« in ber 2. ä. ber SCI^iJie). aber aud^
bann toäre feinenfall« bon §eg. fd^on biegbentität be« 3. be« ®cr. mit 3. älpl^äi au«-
gefagt. Überbem ift aber jener ))l^ilogifd(| mögliche ©inn fad^lid^ bod^ unmöglid^, ba ^eg.
ben 3- unb feinen Sruber 3ubö« niemal« ©ö^ne be« Riopan, fonbern immer nur Srüber 86
b. §., ben ©^meon aber anbererfeit« niemal« S3r. b. §., fonbern lebiglid^ ©ol^n be«
Älojja« unb Setter be« §. nennt. 3)ie ©teile fann bal;?r nur ben freilid^ ettoa« um
genau au«gebrüdtten ©inn ^aben, bafe ©. al« Setter be« §. im Ser^ältni« ju 3v *>^wi
Sruber beejelben, ein jtoeiter Sertoanbter be« $. toar. — Ungtoeifel^aft ift femer bie
Unterfc^eibung be« 3- ^^ ©erec^ten bon ben 2(j)p. in ben ^jeubo^glementinen, too 3- ^
al« eine über ben "^p. ftel^cnbe Slutorität erfc^cint (SRefogn. 1, 43. 44—59). Unb toenn
e« §omil. 11, 35 ^ei|t: 'laxcoßa) reo Xex&^i ädeXwcd rov xvqiov, fo barf man au«
\>m kex^htt feinen ©d^lufe auf eine'abtoeid^enbe 3lnfc^auung gießen, fonbern fann e«
ebenfo toie ba« Xsyöjuevog bei 6uf. ertlären. SJlöglidjiertoeife fönnte inbef[en fotool^l biefer
SluebrudE l^icr al« ba« dvi'^nov deviegov be« §cgef. auf bie Meinung ^inbeuten, bafe 3- *^
nic^t ein eigentlicher Sruber, fonbern nur ein ©tiefbruber b. §., b. |^. ein ©o^n be«
3ofep^ au« früherer 6^e getoefen fei. — 3)enn ba| biefe Slnjd^auung in eflenifc^sebionis
tijc^en Äreifen ein^eimifd^ toar, jeigt ba« benfelben entftammenbe Protev. Jacöbi, in
toclc^em 3öfej)^ bor feiner Serlobung mit 3Raria al« ein bon ertoac^fenen ©ö^nen um*
gebener betagter 3Kann erfdf^eint. 3lu« ben effenifc^-ebionitifc^en Äreifen ))flanjte ftd^ bann eo
bie Sorftellung toeiter and) gu bofetifc^=gnoftifd^en fort unb enblid^ famt allen fonftigen
an bie Äinbl[?eit«gef(^id^te ftd^ anfnüpfcnben ^ö^^l^n in bie rolleren ©c^^id^ten ber re^t*-
gläubigen Äirc^e. 3^ foldj^en Äreifen erfd^eint fie juerft in bem Protev. Jacob! (9, 2),
bann im 5Petru«eb., im Ev. Pseudo-Math. 8, 4, Ev. Thomae 16, bist. Jos. 2 u. a.
Unb nocfi toeitere ©teigerung erhält bie unberle^te 3wngfraufc^aft ber 3Karia in ber asc. 66
Jesaj. 11, 14. 5Jur bereinjelt junädf^ft nal^men aud^ gelehrte Äirc^enbäter unter bem
ßinflufe ber abne^menben ©(^ä|ung ber ß^e unb ber fteigcnben Ser^errlid^ung ber
3)hitter be« öcrrn jene gabel an. Db fc^on 3uftinu« m. bie« t^at (ga^n g. IV, 308),
ift gang fraglic^. 2)er erfte Äird^enlel^rer, bon bem e« fic^er gilt, ift ßlemen« b. 3Ue|v
ber au«brücflic^ 3<^{o^u« unb 3uba« al« Srüber 3^fu nur no^ i^ 9(bfiasinititii0 Ml eo
576 daloittd im 9{£
3o|et)l^ bcjcic^net (adumbr. in ep. Jud. bei 3^^^"^ %ox\ö). HI, 83), inbem bem Urteil
ber ÜWenge mtgeflen bie Unberlc|bar{eit bcr ^ungfroufd^aft bcr SJlaria bc^auj)tct toirb (Strom.
VII, 93 f.). 3luc^ ^icrin folgte Drigine« bem Vorgang feinet Sel^rerö, inbem er ben t>on
gofe^)^. ertüä^nten 3- w«^ f^nen ©ruber 3iuba« für ©ö^ne S«'!^^ «w^ früherer ®^
6 ertlärte (ju 3Kc 13, 55 unb ^o 2, 12). aber er fonnte fic^ bafür nur noc^ auf einige
Seute (riveg) berufen, toelc^e jtc^ barin ben a))ofr. 6bb. be« $etr. unb ^at anfc^Ioffen
„toeil fie ben Slu^m ber SKaria in ber ^ungfraufc^aft bi« jule^t feftl^alten toottten". Unb
er felbft übemai^m biefe üJleinung lebiglic^ um ber rein bogmatifd^en, äc^t mönc^ifc^en,
3Sorau«fe|ung toitten, ba^, toie 3«f- ^^ (Srftling ber Reufd^^eit (>. f). ber ©^eloftgfeit)
10 unter ben üJlönnem toar, fo SKaria ber (Srftling be^ jungfräulichen ©tanbeö unter ben
933eibem getoefen fein muffe. Sffiie unjic^er aber ba^ gefc^i(|tli4>e ^nbament jener 3SorftdIung
fei, erfannte er too^I. Unb fo berliefe er fie einmal gan^, inbem er ben Änoten mit
SeiDalt jerl^auenb meinte, 3- f^i ^^^ 33r. b. §. be^eic^net toorben nic^t megen 8lut^t)er=
toanbtfc^aft, fonbem in fütlic^em unb geiftigem ©inne (c. Gels. I, 35). 3"^^^ ^'^ ^'
15 mal^ noc^ ^errfc^enbe Überzeugung, ba| bie ä3rüber b. $. ©ö^ne ^ofe))]^ unb ber 3Rarta
feien, ))erlor balb i^re aKgememe Geltung. Unb in ber 3^it nac^ dufebiud finben h)ir
fie nur noc^ bereinjelt bei bem Slrianer ©unomiug, ben bon ßtjip^an. befämj)ften S)imoriten
unb Slntibifomarianiten, ®egnem be^ ^ilariuö, bei ^etoibiu^, S^^inian unb 5ß^otiu^.
3Sielme^r folgten junäc^ft bem Drigine« in ber §^)30t^efe ber ©tiefbruberfc^aft onbere
20 Kirchenlehrer toie (^^rem ($arri^, four lect. on the west. text 37), 93afUiud, ©regor
bon 3Ma, (S^r^fofi, Sti^vO, b. ai., (^pipl)an., toeiter Ölum., ©ut^^m., im abenblanbe ^i^
loriu^, ambroftud, 9lmbroftaft., fämtlid^ au^ef ^^roc^ener 3Ra^en aud ä^nlic^en bogmatifc^
®rünben.
SQSo aber mit ber junei^menben bogmatifc^en Abneigung gegen bie älnerf ennung eined
26 e^elic^en 2eben« ber 3Raria bie ©infic^t ftc^ berbanb, bafe bie §^pot^efe ber ©tiefbruber«
fc^aft jeber fieberen ^iftorifc^en Saft« ermangelte, ba em^)fa^l fic^; ber 3Serfuc^ bon ber
©tiefbruberf^aft ber Srüber b. §. jur bloften 3Setterfc^aft toeiter fortzugeben unb t>utdf
^bentifi^ierung berfelben mit 3())b. i^re felb^ftänbige (Soften) gu befeitigen, gumal baburcf^
ben bon ben Srtibem b. §. berja^ten Sriefen be^ 3. unb ^nha^, beren fanonifc^ed Sln=
90 fe^en in ber ÄirAe attmöi^lic^ ftieg, ein eigentlich apo\t Urfprung gefid^ert h)urbc.
3)a^ bie« fcpon innerl^alb ber ebionitifc^en Partei in bem ^ebräereb. gefc^e^en fei,
ift nic^t toa^rfc^einlic^. 2)enn au« ber 5Rotij (Hier. vir. ill. 2), bafe nac^ bemfelben 3v
ber 93r. b. §., beim äbenbma^l jugegen getoefen fei, läfet P4> ^^^ ^^^^ fc^liei^en, bafe
er bort al« einer ber 12 3lpp. betra^^tet lourbe, ba möglic^ermeifc bie äntvefen^eit eine«
SB größeren ^wngerlreife« boraii«gefe^t h>ar. 5Ric^t unmöglich ift, ba^ Giemen« 311. neben
jener ©tiefbruber^V))ot^efe auc^ bereit« bie 2:^eoric ber ^bentifi^ierung ^atte. Denn hjenn er
fagt (Eus. h. e. 2, 1), e« ^abe jtoei SWänner mit 5Wamen 3- Gegeben, bon benen ber eine
bom I^urme getoorfen, ber anbere mit bem ©c^merte hingerietet hjurbe, fo fc^>eint er 3-
ben ®ereci(|ten mit 3- 3ß^)^äi ju bermifc^>en. 3)oc^ fann e« too^l fein, bafe er ben Ic^
40 teren al« untoic^tig übergangen ^at. Der erfte, bon bem toir pc^er h)iffen, ba^ er g.
ben ©erec^ten für 3. 2ll))^äi erllärt l^at, ift ^ieron^mu«. 6ine au«fü^rlic^e Segrünbung
feiner I^eorie giebt er juerft in feiner ©d^rift gegen ben §elbibiu«, hjeld^er bie bleibenbc
gungfräulic^feit ber 3Raria beftritten l)atU, Die geJoi^ ftarl übertriebene Sebauptung,
ba^ ßelb. mit feiner anficht in beräBelt allein bafte^e, bemeift, ba^ bie früher allgemeine
46 3lnerfennung h)irflic^er ©ruber 3efu burc^ bie mönc^ifc^e Stiftung ber ^txt unterbrücft
toar. aber bie 3^^"t'Pji^^"Ö ^^ 3v ^^ Sruber« be« §erm, mit 3- 311))^. crfc^cint
bier bcutlic^ noc^ al« eine 9Jeuerung, ju hjclc^cr §ier. nur greift, h)cil bie übrigen Slu«^
fünfte i^m nic^>t genügen. Denn bie annähme, bafe bie ©ruber 3icfu ©öl^ne S^'f^J^^ «u«
frül^erer 6^e feien, h)eift er, al« bon ben Söa^neinbilbungen bcr ä>)oft^t)^en abhängig,
60 uirücf. Der, toie c« fc^^eint, auc^> f^on aufgetauchten 5DJeinung, ba^ 3. ber ©erec^te mit
3. S^'&^^^i ^^"^ f^^ f^^^ ^ ^^" frühen 2:ob be« le^teren entgegeit. Unb fo ibentifijiert
er 3v ^^n ^^' i>- b-f ^^^ 3- 3ll<)^., inbem er eine $}em)anbtfci^aft be« le^tercn mit 3cf«^
fo ju ftanbc bringt, bafe er 3Karia Hleo^j^ae, bie nac^ '^0 19, 25 eine ©d;h)eftcr ber
SKutter 3efu fei, für bie grau be« (bon Äleo^j^a« unterfc^iebenen) Stlp^äu« ertlärt. Slber
66 flar unb fic^er tou^te §ieron. biefe ncuerfunbene §^})ot^efe nic^>t burc^jufü^ren. 3" feinem
Sriefe an ^elbibia (ep. 120) leugnet er bie :3bentität xn)ifc(>en ber 3Kutter be« 3- wnb
älaria Äleo))^ae, toomit er feiner ganjen 2:^eorie ba« gunbament ent^ie^t. Unb in feinem
Äommentar ju 3<^f 17, 6 giebt er fic tl^atfäc^lic^ auf, inbem er, biclleid^t burc^> ältere
J^orlagen beeinflußt, 14 Slpoftel jä^lt, bie ^tpölfe, 3., ben Sr. b. $., unb ^^iaul. Diefe
60 Unfic^er^cit be« .^^icron^mu« reflektiert fic^ bann auc^ in ben 3lnfic^ten anbcrer abenb=
^obttd im 9lt 57?
tänbijd^cr Äirc^cnlel^rcr. Slmbroftu^ äußert fic^ über bic Bad)t mit großer Slefcrtoe
3luöu[tinug lä^t einmal bie SBa^I, g., ben 8r. b. §., oI« einen Sol^n be« S^^f^^ ^ö«
einer anbeten ©ottin ate SKaria ober old einen 3Sem)anbten ber legieren ju betrachten
(iu ©a 1, 19). an anberen ©tetten (ju $f 127, 2 unb SHt 12, 55) emt)fie^It er bie jtoeite
annähme, inbem er au^brüdlic^ bie ^rt ber burc^SKaria bermittelten SBertoanbtfc^att <d^ 5
öang beliebige bejeid^net. 3Son einer 3>i>«wtität jtoifc^en ben ä3rübem b. §. mit 2fo)3.
jagt er nic^tg. 3SieIme^ unterfd^eibet er einmal bie erfteren bon ben Unteren auöbrüdflic^
(Tract. 28 ju ^0 7, 4). 3lflmä^lic^ aber fanb bie Sbentifijierunggtl^eone be« §ieron. im
Slbenblanbe immer me^r aufnähme, bielleic^t and^ bei Slufin, ber ben 3v S^- be^ §., ate
3l^)o[tcI bejeid^net, fic^er bei ©elaftu«, $ilar. Slrel., Äaffiobor, Spbor. ^i^. (MSL, 84, 10
153: J. Alphaei sororis matris Domini filius), 93eba. ^m ÜJiittelalter ift fie
offenbar bort bie allgemein ^errfc^enbe 2ln}c^auung. ^m 5IJlorgenlar^e fam [ie aber
ni(^>t mr Verbreitung. (S^r^foftomu^ nennt (ju ®a l, 19) 3- ^^" ®ö^" ^^ Riopan
mit Berufung auf „ben ®bangeliften". 2lber er ift ferne babon, unter Älopa^ ätp^äuö
m berfte^en. 3)enn er bel^au})tet unb begrünbet auöbrtidflic^ bie SSerfc^iebeni^eit ber is
Srüber b. §. bon ben ^pp. (ju 1 Äo 15, 7). 2)a^er fann man and^ barau^, ba$
X^eoboret (ju ®a 1, 19) ben 3- öl^ ©o^n be« Älo)3a^ unb SBetter b. §. bejeidS^net, noc$
gar nic^t f^lliefeen, ba^ er bie ^h^nti\\i\ttnnQ^'X^toxk ^at. SBie toenig biefe überl^au})t
in ber griec^ifc^en, f^rifc^en unb fo))tif^en ^irc^e belannt tvax, erhellt auc^ baraud,
ba| ^icr überall jh)ei berfc^iebene gfefttage für 3- ben ®ered;ten unb 3- 2lt})^äi tra^ 20
bitioneU finb.
Sllle biefe in ber alten Sirene über bie ^erfon be« 3., be« 8r. b. §., au^efJ)roc^enen
Slnfc^auungen finb (abgefe^eu bon ber ^bentiftjierung be^ 3., be^ 8r. b. §., mit bem
frü|^e i)erftorbenen 3- S^btt>ä\) and) unter ben neueren Ideologen bertreten toorben, jum
2:eil mit einigen Siariationen unb Kombinationen. 35ie Sluffaffung be^ 3- ^^ ®^- wnb 26
ber übrigen ©ruber b. §. alö bon ben Slp)). berfd^iebener ©d^ne be« 3<>f^^ wnb ber
3)laria galten feft u. a. : 9li(^. ©imon, §erber, ^^^caria, ©tier, SBiefeler unb bie aUer«
meiften ^^Jeueren. SBä^renb aber unter biefen faft alle fämtlidjfe oben (9Jr. 3) genannten
©teilen auf ^s-, ben ©ruber be^ §erm, begiel^en, glaubten ©tier unb SSJiefeler (3)^©tH
1S42, 79 ff.), bafe 21© 12, 17; 15, 13; 12, 18; ®al 2, 9—12 % mpf)äi gemeint 30
fei, biefer alfo unb nic^t 3., ber ©ruber be« §erm, ber ©orfte^er ber ©emeinbe t>on Ige»
vufalcm ii>ar.
5)er SBorftellung, bafe bie ©rüber b. $. bon ben ^p, berfc^iebene ©ö^ne S^fe))^
au^ einer frül^eren ß^e, alfo ©tiefbrüber ^cfu, toaren, fd^lie^t fic^ Il^ierfc^ (©erf. j. i&erft.)
an, iväl^rcnb Ofe^aufen mit ber Unterfd^eibung ber ©rüber gefu bon ben ^p. bie ©e^ as
^auptung bcrbinbet, bafe erftere boc^ nic^t eigcntlic^^e ©rüber toaren. 2)ie 3beT>tifijierung
be^ ^y, ©r. b. $., mit 3. äljp^äi bertreten bagegen ßalob, ©ubbeu^, ©emier, §ug, ©uericfe
(fc^tpanlenb), ©c^necfenburger, 2!l^eile, ©teiger, ©ouman, San^e. ©ine ärt t)on ©er*
mittelung jtpifc^en biefer unb ber erften Slnfic^t finbet [xd) bei ©torr, (Sic^^om, $ott,
Ji^incr, ©c^ott, §ofmann, h)el(^>e gtpar bie in ben (Sbb. genannten ©rüber g^fu für eigent« 40
licl^c galten, aber ben in ber ccpoyi. ^rit auftretenben 3-/ ^«^ S*^- ^- $•/ ^^^ 3- ä^j^äi
ibentifijieren. 6alt)in aber nimmt in biefer ^Jrage eine eigentümliche ©teHung ein, inbem
er bie ©teilen bc^ ©alaterbriefe^ auf 3- 9U)E)^äi bejiel^t, bie ^JZac^ri^ten be« 3ofe>>^^u«
unb ^egefujtju^ auf einen anberen Söiobu«, ber ju ben ©rübem b. f), ju ©erlaubten
Sefu gej^örte. 46
SJir ^aben nun gefunben, ba^ burdj^ bie ®ej(l^i(^te ber altfirc^lic^en 2:rabition lebig*
lic^ bie Sluffaffung ber ©rüber S^f« oi^ eigentlicper ©öl^ne be^ S^fc^Jl; unb ber 3Karia
begünftigt tpirb. 2)iefe nic^t au« bogmatifc^en ©orau^fe^ungen abjuleitenbe änfc^auung
Wax jur ^Äi be^ 2;ertullian unb Drigeneö bie ^errfc^enbe Überzeugung, toöi^renb bie Äi;«
j)ot^efe einer blo^ \>nxd) ^o\tpl) bermittelten ©tiefbruberfrij^aft, junäc^ft in ^äretif(§en 50
5lreifen entftanben, in ber Äirc^e auf ®runb mönc^^ifc^er äjiome eingefül^rt tourbe, unb
burd; eben biefe einige Äirc^enlebrcr fjpät, bereinjelt unb unfw^^er ju einer Sbentifijierung
be^ 3., be^ ©r. b. §., mit X mpi)äx geführt tourben.
ßbenfofe^r entf^eiben aber and) bie Slngaben be^ 91X^ für bie erfte Sluffaffung gegen
alle übrigen. 66
3unä4)ft h)irb au« 3Rt 1, 25 unb Sc 2, 7 fe^r tpal^rfc^einlic^, bafe nac^ ber ®eburt
(Sbrifti ^o\^f) unb 3Raria e^elic^^e ©emeinfc^aft gehabt ^aben unb au« berfelben Äinber
hervorgegangen finb. 3)enn ber 2lu«brucf ovx iymoaxev avxi]v tcog oh hexe xbv
vlov avTfjg legt ben ®ebanfen nal^e, ba^ jene« yiviboxeiv f^äter loirllidS^ gefc^e^en
ift. Unb bie ©ejeic^nung be« Äinbe« ber 3)taria al« i^re« erftgeborenen ©ol^ne« mu^ üo
2KeaI^(^ci)r(opäbi( fflr X^eotogle unb SNrd^e. 3. «. Vlll. 37
578 datobttd im 912:
nadf Slnalogic alter neutcftl. ©teilen, an benen jigcororoxog borfommt, So 8, 29;
Äol 1, 15. 18; §br 11, 28; äjjf 1, 5, bie SejieJ^ung auf \)päkx geborene Sö^ne eim
fd^lie^en. 3)iefe Folgerungen aa^ ben beiben äu^brücfen finb um fo natürlicher, ba bei
benfelben ©bangeliften, h)el(^>e fie gebrauchen, \päUx Srüber 3efu ertoä^nt tperben. Unb
6 ütoar merben p^ immer in einer folc^en SSerbinbung mit '^o\epf) unb üJlaria ober mit ber
le^teren allein genannt, ba^ fic ate beren Äinber gebac^t finb: 3[o 2, 12; 3Kt 12, 47 ff.
(ajlf 3, 31; fic 8, 19); üJlt 13, 55; m 6, 3 (fic 4, 22); S® 1, 1. 5«amentlic^ muf;
auc^ bie ^ier gebrauchte Sejeic^nung ber üJlaria ate SKutter 3^« barauf fc^liefeen laffcn,
ba^ bie ©ruber ^^n in bemfelben eigentlichen ©inne gemeint finb. 35iefe 3)aten f^)red^en
10 erftlic^ gegen bie 2lnnal^me, bafe bie Srüber 3efu ©tieffö^ne ober (Sänge) ^flegefö^nc ber
5IJlaria geh)efen feien. Unb fte ftc^en ebenfo im SBiberf^ruc^ mit berjenigen änfd^auung,
nac^ tpelc^cr bie Srüber b. §. nur toeitere SBemjanbte, ft^egiell feine Settern, unb bie unter
ben Srübem neben 3iofc*5 genannten brei : 3iötobug, ^\x\>ai, Simon mit ben %pp. ^alob.
211)3^., ^u's>a^ fiebbäu« unb ©imon 3^tote« ibentifc^ fein foUen. (Sbcn hiergegen entfc^ei^
15 ben aber noc^ anbere au^ neuteftl. Suigaben ju entne^menbe ®rünbe. — ©d^on ba^ 3.
b. 93r. b. ^., an feiner einzigen bon allen ©teilen, an benen er im 31% (unb oufeer^alb
bemfelben) ertpä^nt h)irb, bte Sejeid^nung 3. ^tp^äx erhält, mac^t eö fe^r unh)al^rfc^etn-
lic^, bafe er toirflic^ 3- 9H>>^öi hjar. J^erner fann baö fte^enb gebraud^te SBort ädei(p6g
^ier nic^t einen 3Serh)anbten ober 3?effen, fonbem nur einen hjirflic^en ©ruber bebeuten.
20 2)enn ber nur in ber ©efc^ic^te ber Patriarchen unb 3)oDibg einiaemal borfommenbc ©e^
brauch be^ SBorte^ „©ruber" für einen SSertüanbten finbet fid; fc^on im 312: im übrigen
nic^t unb ebenfo niemals im 31%, hjelc^^e« bielme^r für ben ©ertpanbten unb Steffen bie
beftimmten ©cgeid^nungen ovyyevrjg unb ävhpiog ^at (5Wt 6, 4; fic 1, 36; 2, 44; Äol
4, 10). gemer ^at bie annähme einer aSertüanbtfd^aft jh)if^en Q. W:p% unb 3., toie
26 r^c^ geigte, feinen fidleren ©oben. 3)a^ ber erftere bie Sljjp. ^wba^ fiebb. unb ©imon
gelotet IM ©rübem gehabt ^abe, ift burc^ bie 2lrt, h)ie fie im Unterfc^iebe bon ben alö
folc^e bemerflic^ gemachten ©rüber})aaren einfach nebeneinanber geftcHt toerben, au«^
gefd^loffen. 3)aju fommt, ba^ bie ©rüber b. ^. bon ben ^pp unterfc^ieben toerben.
Unb iXoax iperben fie nic^t nur neben ben "Sepp, genannt 3io 2, 12 ; 31® 1, 13 ; 1 Äo
ao 9, 5, fie erfd^einen aud^ atö ein äu^erlic^ unb innerlich bon ben Jüngern getrennter Äreiö,
ipenn oi^fw^ 5Kt 12, 46 (3Kc 3, 31 ; fic 8, 19) in ©ejug auf bie i^n lernbegierig um^
ringenben Singer unb bie mi^trauif^ brausen fte^enben ©rüber ben ®cgenfa^ bon geift^
liefen unb fleifc^lid^en ©erlaubten geltenb mad^t. 3" S«' 7, 5 l^ci^t e^ in erfennbarcm
Äontraft gu bem borangegangenen ©efenntnig ber 3*^ölfe: nid^t einmal feine ©rüber
86 glaubten an 3^"^/ *^fl^ «wr ^ei^en fann : fie, unb pnax nic^t blo^ ber eine ^o\^, fon«
bem fie aDe glaubten nic^t (toie bie3h)ölf), bafe 3^fw^ berSleffia« fei (bgl.3o2, 11, 23;
4, 39 u. f. U).). — 6rft XKai) bem Eingang be^ ^errn erfc^eincn bann 31® 1, 13 bie
©rüber ^efu mit ben "Skpp, in enger ®emeinfc^aft. Unb h)o bann gu bem eigentümlichen
©er^ältniö, in bem fie ju % ftanben, noc^ befonbere ß^arafter- unb ®eifte«bor5üge fohjie
40 eine firc^lic^^amtlid^e ©tellung ^injufam, ba mu^tc fic^ ein ^o^er a))oftelgleic^er Stong
bon fclbft bilben. 6^ ift alfo fe^r begreiflic^, ba^ h)ir in einem folc^en ben leiblich
©ruber b. §. unb ©orftc^er ber 3Ruttergemeinbe % finben. 3lbcr auc^ h)o man jenen
l^o^en Slang bem ^. in boüem 3)Ja^e jugefte^t, tpirb er bod^ bon ben 3lpp. im engeren ©inne
beutlic^ unterfc^ieben. SDieäBorte be^^aulu^®al 1,9 : eteqov de rcov djioarolcov ovx
46 eJöov ei fii] "Idxwßov röv ädeXq?6v tov KvqIov fönnen, ba eteqov fid^ allein rücftvörtc^
auf IJhgov begießt, nur bebeuten : cinw anberen 3lJ). i}ab^ ic^ nid^t gcfe^cn al^ ben ?Petr.,
man mü^te benn auc^ ben 3., ben icl? freiließ auc^ fa^, ju ben 31^)13. rechnen toollcn. ®al
2, 9 jö^lt ^aul. ben ^^. gu ben ©äulen ber Äirc^c, aber er t)ermeibct ben 3lu^brucf
3lj)oftel. Unb tpäl^renb er i^n f ogar bor ^etr. nennt, \va^ feine gang eigenartige ©tellung
60 begreiflich mac^t, nennt er boc^ nic^t i^n, fonbem $ctr. aU bm ©ertreter be« evayyi-
Xiov jiEQiiofjirjg. 1 Äo 15, 7 ift freilid^ ^, ebenfoh)enig bon ben djiöaroXoi ndvzeg
berfd^ieben h)ie 5Petr. bon bm ^cü^fp^a, aber im Unterfc^iebe bon le^terem fann jene«
^ier nur in bem Weiteren ©inne gemeint fein, in tpelc^em ba^ SBort aud^ ^^il 2, 25;
31® 14, 4. 13 unb tpo^l auc^ 9, 27. 28 fte^t. — SBmn ^. felbft in feinem ©riefe fidt^
56 nur dovXog '/. X. nennt (1, 1), fo fann man barauf freilid^ nic^t mit 3?oth)mbigfeit
folgern, ba| er fein 31^). Xoax, aber fidler auc^ nid^t, ba^ er fein ©mber b. §. toar: bmn
biefe ©ejei^nung, bie bon anberen jur Unterfd^eibung unb jum Su^me gebrandet tourbc,
h)äre in feinem eigenen 5Wunbe h)enig )3affmb getoefen.
3)iefe ©ehjei^grünbe entfc^eiben nid^t blo^ gegen biqmigen, hjeld^e einen eigentlic^m
60 ©mber b. $. nic^t ancrfcnnen unb oiv bm ©r. b. $., mit 3- 9llp^- ibentipuierm, fonbem
3fatobiid im 912; 579
awi) gegen folc^e 38ermittclungen, nad) benen eö jtoar leibliche Srüber b. §. unb barunter
and) einen 3- gegeben f)at, aber bod^ ba, h)o in ber cH)oft. 3rit ein ^oji^gdel^ener üJlann
3. in ^ertoorraaenber lirc^Hc^er ©tettung erfc^eint, überall (^ott, 6id^^., fed^ott, SBin.,
^ofm.) ober boq mitunter (©tier, SBiefel.) niit jener 3., jonbem 3. 911))^. gemeint fein foD,
ÖWot^efen, tpelc^e, inbem fie einige ©d^toierigleiten gu befeitigen fuc^en, neue fdS^affen unb an b
i^rcr inneren ^^nfonfequenj fc^eitem. ®enn toenn e« einen toirlKdS^en Sruber b. §. mit
9Jamen ^. gab, \o lonnte nur umfoloeniger ein entfernter 3Sertpanbter S^fw \^^^ SSei*
namen erhalten. Unb bafe ^aul. itoax ®al 1, 19 ben Sruber b. §., aber ®aI2, 9 ben
21^). 3. Sllp^. gemeint ^abe, ift t)önig unglaublich, ba er gerabe ba^ jtoeite üJlal feine
untcrf(^>eibenbe 9lä^erbejeicl^nung gebraucht unb an beibcn ©teilen gleic^^mä^ig einen 3Rann 10
bcgcicpnet, ber nid^t im engften ©inne 21)3. toar, aber bod^ ein aj>oftelgleidS^e^ Slnfe^en
^atte. Äciner SBiberlegung aber bebarf bic ©rfinbung SRenanig (Vie de J^sus 25), 3Dflt
VI, 55 feien irrtümlic^ertüeife bie 5Wamen ber gläubigen unb ate „93rüber b. §." bejeic^s
neten 33ettem S^fu an ©teile ber gam unbefannt gebliebenen 5Wamen feiner toirflic^en
S3rüber gefegt, toelc^e i^n niemals anerfannt Ratten. 15
aSJaö gegen eine Untcrfc^eibnng ber Srüber b. §. t)on ben Wßp. gefagt ift, l^at im
25orange^enben bereit« faft bottftänbig feine SBiberlegung gefunben, fo au(^ ber ^äufig
gcltenb gemachte 6inn>anb, ba^ bann t)ier SBrüber ^efu mit t)ier SJettem be^felben gleite
'i)?amen Ratten, (g« ^at ft(^ gejeigt, baft aud^ nic^t ein 3?etter S^fu mit irgenb toeld^er
a55aWc^«nIi4>Wt nad^geloi^en toerben fann. 6« bleibt alfo nur eine SRamen^leic^I^eit 20
t)on brci Srübern mit brei 21))^. 3efu übrig, unb biefe toirb niemanbem berlounberlic^
fein, ber loei^, h)ie häufig fic^ bie ani bem 312^ entnommenen SRamen unter ben 3uben
überbau)}t toieber^olten, fo bag j. 93. bei :^ofe))^u« nicbt toeniger aU 21 Simon unb IG
3uba« borlommen. 9Jur ein ©inloanb bleibt no4> übrig, ber einigen ©c^ein l^at, ba^
nämtic^ £ufa«, nac^bem er in ber 21® bie bciben 2lpl3. be« SRamen« 3- «toä^nt unb 26
Äp. 12 bie Einrichtung be« einen bon beiben, be« 3- S^^-f beridj^tet ^at, unter bem ein*
jigen 3^ ^^^ h)eld^em er bon Ä}). 15 an berichtet, ol^ne i^n afe neue ^erfon einjufül^ren,
nur ben 2lpoftel :^. 211))^. berftel^en fdnne, ba locber biefer in ber 21® fpurlo« berfc^loins
ben, noc^ eine gan^ neue $erfönlic^leit auftauchen lönne. 2lber man braudj^t fic^ bagegen
gar nicfit auf ben fc^riftftellerifc^en ß^arafter ber 21® ju berufen, loeld^ l^ier einen SWangel so
an !l}erarbeitung i^rer Duellen jeige (Sleef)» 5Denn ba^ 3- 9llj)^. in ber ßrjä^lung ber«
fc^toinbet, fann nid;t auffallen, ba bie 21® überl^au})t nur bie ©d^idfale fe^r toeniger
2lpt). berfolgt, unb bafe ^., b. 95r. b. §., loenn er bon 3- ätljpl^. berfc^ieben iDärc, unbor*
bereitet afö eine neue ^ßerfon auftauchten ioürbe, ift nic^t richtig. 3)enn 21®. 1 l^at Sufa«
bereit« bic Srüber be« §erm neben ben 2l))p. al« l^rborragenbe ®lieber ber (S^riftens sb
gcmcinbc genannt, unb toie toir au« bem mit ber 21® jufammengel^örigen ßb. bc« Suf.
h)iffcn, befanb fic^ unter jenen audj^ ein % 3)a^er ift auc^ bie 3)leinung unbegrünbet,
bafe jtoar ber bon %. 12 an in ber 21® genannte 3- t^atföd^lic^ ber bon 3- äl))]^.
bcrfc^iebenc Sr. b. §. fei, Suf. felbft i^n aber mit jenem bertoec^felt l^aU, (be SB.)
Über bie äußere unb innere 2eben«gefc^id^te be« 3- M T^c^f einige« bereit« 40
au« unfercr bi«^erigen Unterfuc^ung ergeben, bebarf aber nod^ me^rfac^er ©rgämung. 35ic
ungläubige Haltung, toelc^e 3- \ott)k überl^au})t bie ©ruber b. §. bem 2luttreten be«
lotteren gegenüber einnal^men, ging unjtoeifel^aft barau« berbor, ba^ pe mit ben ganj
gctoö^nlic^cn S5er^ältniffen, in benen fie mit i^rcm ©ruber im eiteml^aufc jufammen«
gelebt Ratten, nic^t fein, bie ^öc^ften 2lnfprüc^>e erl^ebenbe«, 2luftreten jufammen^ureimen 45
bcrmoc^ten. 2)al^er beflagt fic^ ^c\., nid^t nur in feiner SJatcrftabt, fonbem auc^ in feinem
Gltem^aufe bie gebül^renbe 2lnerfennung nic^t gefunben au ^abcn (3Rc 6, 4). ©elbft ba«
©erebe, 3^fu^ befunbe einen bebentlic^en ®rab bon Überf))annt^eit (2Jlc 3, 21), blieb
auf feine äRutter unb feine Srüber ni^t ganj o^ne @inbrud (plc 3, 31). 3^ f«nw
gciftigen ©ertoanbten fonnte bal^er ber §en fte bamal« no4> nic^t ^äblen (üJlc 3, 34). w
grcilic^ nac^> ber 33äüftenf)3eifung fonnten auc^ feine ©ruber nic^>t mel^r W bem ©inbrudt
feiner Staaten unb ©rfolge entjie^en (3o 7, 3), unb ber ®ebanfe an bie SÖlöglic^feit, baf;
feine meffianifd^en 2lnfj)rüd^e bere^tigt feien, fc^eint ju jener ^^\t in i^nen aufgebämmert
^u fein (ebb.). SBa« fie aber bon ber tl|atfäc|>Iic^en 2lnerfennung noc^ abhielt, toar je^t
offenbar ber 2lbftanb, in bem [xd) i^re meffwnifc^e ®rh)artung bon beut im ©er^ältni« &b
ba^u immer noc^> unfc^>einbaren SBSirfen 3^fu berl^ielt. 9loc^ jur S^xt feine« 2eiben«
muffen fie il;re referbierte Haltung betoa^rt ^aben, toä^renb 3Raria gum feften ®lauben
gelangt toar, ba e« fic^ nur fo erflärt, ba^ 3^«^ f^"^ SKutter ber ^Jürforge feine«
:3ünger« 3«>^önn^^ emj)fal^l (3o 19, 27). 2)oc^ toirb fc^on bie übermenfc^hc^e ®cbulb
unb ^lul)e, mit ber 3ffu^ in ben Üob ging, if^re ^er^cn gewonnen baben unb namentlich oo
580 ^lobud im ^t
ba« bc^ 3- 3)^" biefcin iüurbc nun eine bon *'15aulu^ l Äo 15, 7 ermähnte, im
Sebräereb. fagen^aft aufgeführte ©rjc^einunö be^ äuferftanbenen juteil, toeld^c feinen
lauben unb burc^ i^n toobl axxdf ben feiner Srüber jur Steife brad^te. ©o finben hjtr
jte benn gleich nai^ bem SIbWiebe be« ^erm olö änge^örige ber jungen ©emeinbc. 3n
6 biefer fd^eint bann befonber^ feit ber ^inridS^tung be^ 3- iid)it). unb ber gluckt bed ^etr.
(ä® 12) ba« anfe^en be^ 3- f^^ enttoidelt ju ^aben, fobafe er unter ben 5Pre«b^tem
ber ©emeinbe (3® 15, 22) eine tuo^l ntel^r tjerfönlic^ ali amtlic^ leitenbe Stellung cin=
nat^m. ©eine 3:^ätigfeit blieb bon ber a))oftolifci[!en barin t)erf(i^ieben, baf; er, obfc^on
tpic feine 93rüber h)o|l auc^ mitunter mit feinem SBeibe auf Steifen befinblid^, bie gctoife
10 mel^r ber 3»^fP«Won aU ber SKiffion bienten (l Äo 9, 7), boc^ t)ielmebr an ^erufalem
gebunben tpar, afe bie anberen "Slpp. (®al 1, 17). ^m Slange aber rüdte er nic^t nur
ben legieren an bie ©eite, fonbem er tourbe auc^ neben $etr. unb ^ol). afö eine ber
©öulen ber jubenc^r. Jlir^e aiOlgemein anerfannt. ^n biefer ©teHung erfc^eint er auf
bem 3l))ofteHonjiI nac^ ben »endeten be« $aulu« ®al 2, 1 ff. unb Suf. 21® 15, 1 ff.,
15 bie in SSerbinbung mit ®al 2, 1 1 ff. un^ ^"9^^'^ ^^" fir^lic^en ©tanb)3unft bc^ 3-
beutlid^ erfennen laffen. 3lad) $aul. ^at 3- ^'^ ^^^ S^^^i anberen ©äuIena))oftcI fic^
beftimmt bon ben be^ ^aul. ^eil^eit belauemben falfc^en Srübem getrennt, b. b. öon
ben 3w^ö'P^f toel^e bie botte ®efe^e^beobac^tung aK Sebingung jur ©eligleit unb
barum au(^> al« $fKc^t für bie ^eibenc^^riften behaupteten, unb f^atte feinerfeit^ an ber
20 bon 5ßaul. bargelegten 2(rt, ben Reiben bo^ (St), o^ne ^otberung bon Seft^neibung unb
®efe^edbeobad^tung ju berfünben, nic^tg auS^ufe^en, fonbern reichte i^m bie ^anb ber
®emeinMaft, um au^jubrücfcn, ba^ fie, obf^on auf t)erfd^iebenem nationalen ©oben unb
barum freilid^ in berf^iebener Söeife, bod^ im gleichen ®eifle für ba^ 6b. toirfen tooUten.
3)amit fte^t ber 35eri(^t ber 21® in Übereinftimmung, ber nur noc^ l^injufügt, bafe 3- ^
26 toar, hjelc^er bie au^brüdEIic^e 2]erj)flic^tung ber ^eibenc^riftlic^en ®emeinben, junäd^ft ber
mit 3^0^^»" in SSerbinbung fte^cnben, jur Beobachtung ber noac^ijd^en ®cbote burdj^s
fc^te. 2)amit machte 3- nur jum jeitJoeiligen ®efefe, ma« im hjefentlic^en ebenjo immer
in ben ®rünbfö|en be« ^aul. gehörte. 2lber er befunbete babei freilief), h)clc^e« ©etoic^t
er auf bie 3}orau^fe^ung legte, beren Ronfequenj jene gorberung toar, ba^ nämlic^ bie
30 3ubcnd[;riften auö $ietät unberänberlic^ an bem ®efe$ i^rer Säter feftl^ielten. 3)enn fo=
lange fie ba« traten, mußten fie jebe SJirf^tac^tung jener ®ebote aU einen ®reuel be^
trad^ten, ben fie bei ben ju einer ®emeinbe mit if^nen berbunbenen §eibenc^riften n\d}t
bulben burften. @enau berfelbe ©tanbpunft be« 3- crgiebt fic^ auc^ an^ ber SBirfung
feiner J^eunbe in 2lntiod^ien auf ^etr., ber ben bortigen Jw^^nt^^f^^n [^^ anfd^lie|enb
36 mit ben ^eibent^riften Xifc^gemeinfc^aft gehalten ^atte, aber biefelbe nac^ bem ©rfc^einen
jener t^IöfeUc^ abbrad^. Söo^I f^atte 3- toie bie anberen 3w^^n^rif^^" 3^^^"^^ P^
barin gefunben, ba| ^etr. im einzelnen gälte mit einem gum (Sb. belehrten ^rofel^ten
(21® 10, 2) gomeliu^ jufammen gegeffen ^atte (21® 11, 3. 18). Unb eine Äultuß=
gemeinfc^aft ^toifd^en 3wben(^>riften unb Äeibenc^riften l^atte er burd^ bie noadj^ifc^en
40 ®ebote geloi^ ermöglid^t toiffen tooDen. 2lber ob er eine barüber l^inau^e^enbe, jur
Siegel getoorbene, 2;ifc^gemeinf(^aft jtoifd^en $eiben= unb 3"b^nc^riftcn, billigen hjürbe, toie
^ctr. fte burc^ feine ^Beteiligung gebilligt |atte, ba^ ^atte 2e|terer guten ®runb ju bc=
|\h)eifcln. 3)enn noc^ biel fjjäter finben mir 3- o" ^^ SJorauöfe^ung feft^altenb, bafe bie
3ubenc^riften bie Beobachtung be^ altteft. ®efe^c« nid^t aufgeben burften 21® 21, 2ip.
46 — So ftanb 3- fllfo, bon ben 3ubaiften tjrinji^jieD burc^auö getrennt, boc^ im Berl^ältni^
ya anberen a))oft. SWännem i^nen am näc^iften. 2)arau^ erflärt e^ fid^, ba^ bie ebioni^
tifc^e Partei, freiließ unrcd;tmä6ig, [\6) mit ber 2lutorität beg 3- h^ ^^dcn fud^te unb i^n
tbic il^ren ©d^u^t)atron mit einem Äranje fagen^after ®lorie fc^müdfte. 3" biefem
erfc^eint er bereite bei ^egdtp^)., hjenn biefer il^n al^ SJafiräer unb 6ffäer barfteHenb
50 er5äl;lt, er f^abt bon feiner Äinbl^eit an hjeber SBein noc^ fonft Seraufc^enbe^ getrunfen,
fein Scliermeffer auf fein ^anpt fommen laffen, fid^ nie mit öl gefalbt unb nie gcbabct,
unb uur linnene ®eJüänber getragen. 2)od^ ift nac^ 2lbjug folc^er Übertreibungen ber
Bericht bc^ $egef. al^ brauchbare CueDe ju benu^en. Unb ba^ 3- ^wrd^ f^n« gefe^lic^e
unb affetifc^e Sittenftrenge fic^ ben 9kmen be^ ®erec^ten unb bie 2ld^tung and} feiner
f.5 ungläubigen 3Solfögenoffen ertoorben unb bon fiiebe gegen fein gefamte^ Bolf getrieben,
für beffen Sünben im jemj^el auf ben Änien gu beten nic^t abgelaffen f^abt, ftnb 3üge,
Joelc^c jur (S^arafteriftit be« 31. %,^ boUfommen ftimmen. 3" ^^n pfeuboclement. iuba=
iftifc^en Sd^riften h)irb bie 2lffefe toie bie Söürbe be« 3- no^ bebeutenb gefteigert, unb
nad^ fö^)i))^aniug (haer. 30, 16) ^at e^ fogar S5efc^>reibungen feiner ^immelfal^rt gegeben.
(X) — Über ba^ ßnbc be^ 3- W>^n ^^^ S*^<?» toiberfjjrecl^enbc Berichte. SJad^ ^egefipj). (bei
dfatobnd im 912: 581
(Suf. h. e. 2, 2:0 ift ^^. nid;t lange bor bcm Seginnc bc^ röm.=iübijd;cn Äricijc^ (bgl.
^ai}n Jvorfd;. VI 2:55), aljo cttoa 66 n. &)x., (pQl geine 9 geg. .^ilg.) t)on bm ^^J^ari-
jäern i)om 3:urme geftür^t. 3?acl^ S^^f^^"^ (ant. 20, 9. 1) fott bagcgcn btc fabbucäifc^c
^ßartci bcn 3lmtgh)ec^fe( ber $roIonfuIn ^ftu« unb aibinug 62 ober 63 ö. 6^r. benu^t
l)ahcn, um gegen ben ffiiHen ber 5ßl^art|äer 3- fteinigcn ju laRen. 3)iefe ©tette becJ 6
^ofcp^. unterliegt aber [tarfem SSerbad^t ber 3i«^^oIation (ßrebner, (ginl. 581, ^ai^n
a. a. 0. 301 ff.). Unb ba bie 3^'tangabe be« öegef. bie ganje Jjfeuboclem. Sttteratur für
fic^ l;at, toelc^e auf ber 33orauöfe^un^ beruht, bafe % ben 5ßctr. überlebt f)abQ, fotüic
auc^ baö chronicon paschale (ed. 3Jligne, 1865, 592), fo toirb man feinem Serid^te
ioo^I ben SJorgug ju geben l^aben (t)gl. auc^ £. Sc^ulje in ^bil §. b. Xl^. SB. 2 i, 477). 10
i^on ben ftjäteren ©d^itffalen ber übrigen ©ruber b. §. loiffen loir nit^t^, auc^ üon
;;5uba^ nic^t, toenn loir t)on bem ^u^ö^^ricfe (f. b. 31.) abjel^en. Über beffen Snfel t)gl.
b. 31. SDomitian. »b IV ©. 788, 23.
4. 3)er Söl^^f^u^^rief (335.) trägt an feiner ©time eine 3lbreffc, toeld^e feinen
3?erfaffer unb biejenigen bejeid^net, für h>elc^e er beftimmt toar. §ierin nur bie 3)ebi- 15
fation einer mit t)iel allgemeinerer Seftimmung berfa^ten Se^rfd^ft ober §omiIie ju
fef^en (^^alm. bgl. Semme), Verbietet bie fte^enbe ©rufiformel einer geloö^nlid^en gried^ifc^en
Sriefabreffe (^igeiv), Unb bafe biefe Sriefform nur jur fc^riftftetterifd^en ^iftion eine«
unbefanntcn ^erfafjer« gehöre (©d^toegl. u. a.), ober bafe fie eine erft in f)3äter ^t\t ber
©d)rift gegebene ©tifette fei (§amadf, Se^re ber 12 "Stpp. lejte u. Unterf. II, 106 ff.) 20
ift barum nic^t an^unel^men, h>eil in beiben %äüm bie Sejeic^nung be« 5Berf.
aU eine« Slpoftel« ertoartet toerben mü^te. 3)a^er lä^t fic^ bie Slngabe „ben 12 ©tämmen
in ber 3^i^treuung" in ber aforeffe für bie Seftimmung ber erften Sefer loo^I berh)erten.
3)er Slu^brudf aber ^ier „bie gel^n ©tämme" ift fo fj)ejifif(^ national iöraelitifd^, ba^ e«
unmöglich ift, i^n in bilblidbem ©inne auf bie gefamte ß^riftenl^eit ol^ne Unterfc^ieb i^rcr 26
nationalen §erhinft ^u bejie^en (§en^tenb., §Ug., ^ol^m., b. ©ob.). 3)afür fann ein
analoger ©ebrauc^ bon Qaf^kn^);)mbohi ^ für bie ^laftifc^e Sluömalung ai)ofalVt)tifc^er
iUfionen (Hpl 7, 4; 21, 12) unb bie Übertragung rein religiöfer $räbifate be« altteft.
©ottet^olfe« auf ba« neuteftamentlidf^e (1 $t 2, 9) nid^t« betoeifen. Unb in 3Serbinbung
mit ben 12 ©tämmen lann auc^ bie 3^^^w*^9 "wr eigentlich gemeint fein. ©erSricf so
ift aljo gerichtet an ba« gejamte ^lubenbolf, nic^t in ber jjrembe be« ©rbenleben« (§ofm.,
b. ©ob.) fonbem au^erl^alb $aläftina«, bon toelc^em au« mithin offenbar ber 38^affer
fc^reibt. 3^ne Sejeic^nung ber Sejer erl^ält ober eine ßinfc^ränfuna baburc^, ba^ ber
-iJerf. fic^ ntc^t nur ®otte«, fonbern aud^ be« öerm 3^w« E^riftu« äntä)i nennt. 35enn
bie 3?ermutung, ba^ biefe SBorte (x. xvgiav *i -X^.) ein fbätercr c^riftlic^er ßinjc^ub in 35
eine jübifc^e ©d^rift feien (©pitta), ift unbegrünbet (f. nad^l^er). 35ie fiefer finb ^iemad^
fold^e, toeld^e bie Slutorität eine« Äned^te« be« 3- ^f)^- anerfennen. ©ie finb alfo nad^
ber Slbrefje nid^t ^wben ol^ne Unterfdj^ieb, c^riftlid^e unb nic^tc^riftlid^e (®rot., I^eil.,
Söolf, firebn., öug, ®uer.. Sänge, Soum.,) aber auc^ nic^t G^riften ol^ne Unterfc^ieb,
iübifd;er unb ^etbnifd^er Slbfunft (be 2B., ©d^toegl., §ilg., ®rimm, ©c^enf., Slö)3j)., §ol^m., io
b. ©ob.) ober gar bor;|ügli(^> .^eibenc^riften (Sutterb. u. a.), unb ebenfotoenig gubenc^riften
au^erl^alb unb innerhalb $aläftina« (33^ierf(^, ^ofm., ^af)n) fonbem au6er))aläftinenftfc^e
3|ubenc^riften. S)er 3Serf. fann mitl^in biefelben al« bie jtoölf ©tämme in ber 3^treuung
nur im ©inne be« loai^ren ^^xad, fotoeit bie« au^er^alb be« ^. fianbe« too^nt, nennen.
Unb biefe au6er^)aI. ^wbend^ften pnb nic^t blo^ an einem Orte ober auc^ nur in einem 46
bejc^ränften Sejirf ju [uc^en, mag man babei nur an einen 3^eil fämtlic^er aufeeq)al.
^ubenc^riften beulen ober annehmen, baf; e« bamat« über^au})t folc^e barüber ^inau« noc^
nid^t gab. @« finb alfo nic^t blo^ bie ^u^^nt^i^ipen in ben Sänbem, in benen $aul.
unb 93amab. auf ber 1. üJliff.^Sleife prebigten (ßid^i).), ober in Sllejanbrien (S5oum.), ober
in ber 35ia«j)ora ber ^ettenen (©d^edf., SReanb., 9B. ©c^mibt) ober in ben noc^ bor 60
beginn ber 3Kiffion«reifen be« ^aut. in ©^rien entftanbenen ®emeinben (Se^fd^Iag, S^ifn),
2)ic 3lllgemeinl^eit unb güHe be« 3lu«brud« „bie jloötf ©tämme in ber S^treuung"
mac^t e« jtoeifello«, ba^ fämtlid^e ^w^^c^nften, bie bamal« ejiftierten, gemeint jinb, unb
fel^r toa^rfd[!einlidS^, ba| e« fold^e bereit« loeit unb breit gegeben ^at. 3)iefe ©rgebniffe
ber 3lbreffe werben burdjf ben Srief felbft nic^t toiberlegt, fonbem, toenigften« teilloeife, 65
beftätigt. a)ie^rere« in i^ (2, 2; 9ff.; 21, 4; llff. 5; 11. 17) eignet fx6^ jebenfoa« beffer
für 3ubenc^riftm (©eife, Se^fd^l., ^ne u. a.) oI« für national gemifd^e ©^riftm
(§ol^m., b. ©ob.), unb ba« ©4>toeigen be« 38erf. bon bem ®ef«|, bem %mlpü unb ben
ungläubig gebliebenen 33oII«genoffm gegen bie jübifd^ ^erntnfi ber Sefer otugtffl^ren
(b. ©ob.), ift nic^t berechtigt, ba er bom ®efe| nid^ gan) fiipci0t.Af4 beneo
682 ^alobitd tut 9}£
2^cm)3cl aber unb bic unöläubiocu ^u\>m ju rcbcn feine ikTanlaffung ^atte. 3)afi ferner
bic Sejer G^riften unb nic^t ^vbm fmb, ergiebt fid; nic^t nur au^ 2, 1, h>o man lotÄer
eine d^riftlid^e (Sinfügung angenommen ^at (®)3ilta, t). ©ob.), fonbern mit grofecr aSJo^rs
fd^einli(^feit aud^ au« 1, 18; 2, 7; Uff. 5, 7. Unb gegen eine enge örtliche Segrenjung beö
5 Seferlreife« \pxxdft bie ganje fiallung be« Srief«, namentlid^ im SSergleic^ mit folc^en
neut. Sriefen, iDeld^e an einzelne Oemetnben, ober toie ber ®aU unb I. Äor.=8rief an
bie ©emeinben einjelner fianbe^teile gerichtet finb. 35enn nic^t nur finbel fic^ ^ier gar
niit« bon irgenb toelc^en )3erfönli(^>en Sejie^ungen jtoifd^en bem SSerf. unb ben fiefem,
nidpt« bon ©rüfeen, SefteHungen u. bgl., fonbem au(^> bie im ©riefe berüdpc^tigten Skr-
10 ^öltniffe ber Sefer ^aben jum größten Seil gar feinen lofalen, fonbem einen fel^r oDge=
meinen 6^arafter. Um jo toeniger ift e« berechtigt, auf bie Beobachtung, ba^ bic im
3® berücffic^tigten SSer^ältniffe me^r nac^ $aläftina afö nad^ ber 3)ia«)3ora Joeifen (gcine
bgl. 3WaVor), bic fünftlid^e §^)30tl^eje ^n grünben, berfelbe -fei urfprünglid^ eine änfbrad^c an
bie ® emeinbe bon S^ufalem, toeldS^e bann an au^er^)aIäftinenflf c^e, bef onber« fV^fc^^e, Öemcinbcn
16 gefc^icft fei. 38ielme^r m bem geringen SKafee, in toelc^em jene a3eobac^>tung bietteic^>t richtig ift,
erllärt fie fid^ genügenb baraui^, ba^ feiten« be« SSerf. neben ©erücften über 3Sorgängc
auö ber ^ia^pora auc^ Srfal^rungen au« feiner näc^ften Umgebung bertoertet ftnb. S)enn
über^au))t tbcrben im g^ ^^ Untcrfc^ieb bon ben ^aulinifc^en ä3riefen f))e}iellerc ^oKc
unb Umftänbe niemal« in i^rer lofalen Sebeutung in« äuge gefaxt, ©onbem fie biencn
aonur al« beranfc^auIidS^enbe Seifpiele; pe toerben überall in allgemeine ©ebanlenrcil^en
eingeorbnet unb burc^ ^^^otl^etifc^e 9(u«brud«h)eife in bie ^orm einer allgemeingültigen
Betrachtung gebradS^t 3)er 35erf. toiH alfo offenbar feinen Brief einem lociten, örtlich
nic^t befd^räntten Seferfreife angaffen j er h>iD über^au^t nic^t ba«, h)a« man im ctgent^
liefen ©inne einen Brief nennt, fc^reiben, fonbem ber 3© ift eine in bie gorm eine«
25 ^mftoralen Slunbfc^reiben« gebrachte ätnfljrad^e an alle Subenc^riften innerhalb ber offenbar
fc^on toeitberbreitetm ß^rifteni^eit. 9GBa« ber Berf. aber al« ben allgemeinen ©runbjug
tn bem bermaligen 3uf^<*^^^ f^'"^^ Scferfieife« crfennt, ift Bertoeltlic^ung unb Beröu^cr-
Kd^ung be« G^riftentum«. Unter bm in mel^rfac^>en formen anbauemben Seibm (1, 2),
bei ber immer toeitcr fid^ au«bel^nenben Berjö^ernng ber ^amfie (5, 7. 8) beginnt man
ao bie ®ebulb ju berlieren unb ba« §eri jtoifc^en ©ott unb ber SBelt gu teilen (1, 7).
3Rag man nun mit 9Kc^>tac^tung ber SStrmen ben Seichen fc^meic^>eln (2, 1 ff.) ober an
i^nen, um i^e« ©ei je« toillen burc^ Berbammung ben Unmut au«laffen (4, 11. 5. 9),
mag man ©ott um bie SRittel für fc^trelgerifc^e ©enüffe bittm (4, 3) ober ftc^ im
©efül^le eigenm Äönnen« unb Befifeen« in gottbergeffene ©ic^erlf^it cinh)iegen (4, 13 ff.),
86 immer erfcpeint in mannigfachen, balb ba balb bort ^erbortretenbm formen im toefents
liefen biefelbe „greunbfc^aft ber SBelt" (4, 4). Unb mit il^r jugleic^ |at ftd^ ba« ©trebcn
enttbidfelt, eine toai^re ^er}en«frömmiQfeit burc^ äußere Jtirc^lic^feit ju erfe^cn. 3Ran
beruft ftc^ auf fein ©laubm«betenntnt« (2, 14), man fc^iva^t unb janft borüber unb
brangt fic^ eifrig jum firdf^lid^en Sel^ramt (Ä 3). Slber eine h)a^re Bet^ätigung bc«
40 ©lauben« ift tomi^ ju finben. 3)iefe gwftänbe nahmen getoi^ bei bm gubcndj^riftm eine
i^er nationalen Gtgmtümlic^feit mtfl^red^enbe ©eftalt an, aber fie finb nidj^t au« bem
3ubentum abjuleitm, fonbem au« bm ©efal^rm einer auf bie 3^'^ ^^ f^*^" Siebe
folgmbm ©rftarmng be« ©laubm«lebm«, burd^ trelc^e biefe« feine futlic^e SBirfun0«fraft
einbüßte unb ba^er bamal« bei §eibenc^>riften trie bei Subenc^riften im toefentlic^
45 gleichmäßig borau«uife^m. ^^n^ Beräufeerlic^ung be« G^riftentum« burdj^ mtfj)red[^bc
SBamungm unb SDRoil^nungen entgegenuitoirfm, ift ber ^\oci be« Briefe« unb ba^ ber
3nl^alt ein bortoiegmb )3aränetifc^er. 3ln 1. bie ©rma^nung gu ftanb^aftem unb toeifcm
Ber^altm in ^rümngen 1, 2—12 fd^ließt fic^ 2. bie Belehrung, bafe bie (auf ba« 9«c^t.'
befte^m in ber Prüfung gerichtete) Berfuc^ung bon ber eigenen fünblic^m 2uft bc«
50 3Rmfc^>m ^errül^rt, nic^t aber bon ©ott, bem ©eber alle« ©uten, bem Url^ebcr ber geift=
lid^m SBiebergeburt burd^ ba« SBort ber SSSabrl^eit 1, 13—18 unb hieran toiebcr 3. bic
(Srmai^nung, bie« SBort in fanftmütigem unb folgfamem ©inne fid^ anjueignm 1, 19 — 27.
3)ann folgm f})ejiellere SBamungm 4. bor i)arteiifc^er Beborjugung ber Sicic^n
2, 1—13: 5. bor trertlofem toten ©lauben, ber nic^t feiig mad^m fann 2, 14—26;
55 6. bor Se^rs unb aBei«l^eit«bünfel 3, 1—18; 7. bor SBeltfud^t unb ©elbftüberlj^bunö,
fleifd^lic^er ©id^erl^eit, übermütigem SBo^lleben unb ungebulbiger Älage, 4, 1—5, 11.
®m ©c^luß mac^m 8. fürjere SKa^nungm berfc^iebenm 3"^^'*^ 5, 12—19. —
3Wit ber ^iemac^> bem SB. eignmbm etl^ifd^en )3raftifc^m lenbenj ^ängt fein for=
melier ß^rafter infofem jufammm, al« biefelbe eine f^ftematifcf^e Slnlage au«fc^^Uefet
60 ^oi) ift ber 3wf^n^'wwi^g barum nidj^t bertoorren (©c^ileierm., be "S&^ttc u. a.). Biel^
3fa!obtt9 im 912; 583
\mi}x ift bic 2)arftcKun0^ivcifc bic ö"omcnarti0c, \v\c fic ftd; ä^nlid; in bm S3üd;crn alt'
tcftatucntüd^cr ©^md;h)ci^bcit ftnbct, bei ber fx6f bic ©ebanfcn in t)cr|c^icbencn ®rm)})cn
i)crIenartio ancinanbcrrci^cn. 3)cm cntfprcdffcnb ^jcigt bcr SluiSbruc! im einzelnen nid;t bic
^ISräjifion cinc^ fc^arf logifc^en 3)enfcng toie Dei S^avtl., bafür aber mel^r r^ctorifd^c %ix\lc.
j)ic ßricc^nfc^e 2)iftion ift öcrl^ältni^mäfeig rein, enthält aber boc^ auc^ nic^t iücnigc 5
.s>ebrai<gnien, unb bie ^ßeriobenbilbung ift anwerft einfach (bgl. 3^^" ®^"l- I^ Ö^)- —
äiSaö bie Ic^r^afte 3lrt be« 3S. betrifft, fo ift fein borloiegenb et^ifd^er (S^arafter nic^^t
nur in feiner Seranlaffung begrünbet, fonbcm noc^ mel^r in ber Slrt, trie ber ÜJerf. bie
c^riftlidj^e ^ßerfünbigung auffafet. Sel^r bejieiAnenb nennt er nämlid^ biefelbc baö botts
lonimene ©efej^ ber greil;eit (1,25). SBo^I rennt er alfo i^ren Unterfc^ieb bom altteft. lo
Öeje|, baji fie nic^t Jüie biefe^ beni 9)len}c^en toie ein fned^tenbe^ ^o^ gegenübertritt,
fonbern in fein$erjeinget)flan^t(l, 21) fein SBefen ju einem neuen mac^^t (1,18), fo ba^
er nun au^ eigenem ^er^en^triebe aljo mit^eii^cit bem göttlid^en ©iUen entfprid^t. älbcr
tDcnn auc^ fo im Ser|ältniö jum @efe^ ba^ 21.33. ein boBfommene^, ift aud^ ba^ burc^
(SI;r. i)ermittclte SBort ber SBa^r^eit lieber ein ®efe^, eine Offenbarung be^ göttlid;cn 10
älUUen^, iüelc^e bom 3Jlenf(^>en ba^ etitf^)re(^enbe ^\xn berlangt. ^a, e^ ift au^ inl^alts
lid; mit bem altteft. ®efe^ h)efentlic^ ibentifc^ (bgl. 2,8 mit 2e 19,18; 2,9 mit 2)t
U), 19; 2, 11 mit ©120, 13 f.), aber freiließ nur infofem le^tere^ burc^ ^^ju« angelegt
unb auf ba« £iebe«gebot uirüdfgefül^rt ift (bgl. 2, 8 mit 3Kt 22, 37 ff.). Wit biefer®runb=
anfc^auung bon ber c^r. ^erfünbigung ^ängt e^ gufammen, bafe im 3-33. aUe^, toaä bie 20
^^Jcrfon be^ SWittler^ ber neuen ®otte«offenbarung betrifft, jurüdftritt, \a felbft ber 5Wamc
ß^rifti nur jtoetmal genannt h>irb (2, 5, 7. 8), auc^ bie \i)nopt Segriffc be« ®otte^rei(^«
unb be^ aWenfc^enfol^ne« fehlen ; bagegen bie fittlid^en 3lu^fü^rungen S^fu, befonber^ bic
bcr Sergprebigt, fmb in einem Umfange gur ®eltung gefommcn, toie bei feinem anberen
ncuteft. ©c^riftfteaer (1, 2. 4. 5. 9. 20 ; 2, 13. 14; 3, 17. 18 ; 4, 5 ; 5, 10. 12). infolge 25
bcffen ftc^t ber 393. bem 2l^oftel $aul., toelc^er bie bem ®efe$ entgegengefe^te ©citc
bc6 (gb. am fc^ärfften in^ Slugc fafet, berJ^tniSmä^ig fem. (S^ fragt fic^ fogar, ob nid^t
eine eteUe be^ 3». 2, 21. 24 (bgl. mit 9lö 3, 28, 4, 2 ; ®a 2, 16) einen unau^Ieid^baren
©egenfa^ gegen ^}}auluö (2ut^., Äem, b. ©ob.), ja eine betoufete $oIemi! gegen i^n mU
bäli (Säur, aBciffenb., öoI|jjm.) ober nur eine in ^öl^erer ©in^t berföl^nbare 35iffcrenj ao
(2cd;L, a)Je^n., SBJ. (Sc|mibt, ©t^Iatt.), trenn nidj^t gar eine mit ^. bollftänbig überein=
ftimmcnbc ätnfc^auung (3:^ierfc^, §of., SDätef., §engft., $^il.). Äeine^faU^ entge^it man
biefer ®d;n)ierigfeit bamit, ba^ man ben 333. friÜ^er ak bteienigen Sriefe becJ $aulug
fe^t, toelc^e bie abh)eic^cnben ©ä$c entl^alten (äöeife, Se^ifc^Iag, Rai^n u. a.). 35abei bleibt
bie grage nac^ ber objeftiben 3)ifferenj unberührt. Unb ber 35erbadS^t eine^ betoufeten 35
3yiberf^)rud^ toürbe bom 333. auf 5ßaulu3 gefd^oben, ber ja in f^. Slntiod^ien, loo^in
umn bann ben 333. bortoiegenb gcridf^tet fein lä^t, i^n nottoenbig fcnnen gelernt ^aben
mü^te (togl. ^a^n). i^tfäd^li^ ift aber aud^ jene jeitlid^c SSer^ältni^beftimmung nic^t too^l
burc^fiil^rbar. 3)enn loenn auc^ aDe einzelnen SBorte, bic in ben betreffenben ©ä^en be^
393. gebraucht fmb, fc^on bor $aulu^ im ^ebr. unb ^cHenift. 3"^^"^"^ befannt toaren, 40
f 0 ift bod^ nirgenbö frül^er eine ©pur babon aufjufinben, ba^ man bie gormel dixaiovo-
üni ex ntmecDg IfüiU (bgl. ©pitta 207) ober ani) nur fadj^lid^ irgenbtoie §cil unb
Seligfeit auf ben ®lauben o^ne Siöerfe begrünbete unb ba^ man bafür bie ©teDe ®en
15,6 bertoenbete, toöi^renb atte« bie^ im 3^. für feinen Seferfrei^ beutlidS> borau^gefe^t
ioirb. 2)ergleidS^en m^ ber jübifc^en „Ort^obojic" abj^uleiten (S3e^fdS^l. u. a.) ift burc^ beren 45
gänjlic^ gefei^lic^en ß^araftcr böUig au^cfc^loffen. 3Ran mü^te alfo beim ^ftl^alten an ber
^citlid^en ^^Jriorttät be^ 3^- bor ben betr. paul. 33riefen ju ber 3lnnal;me flüd^ten, ba^ bie
im erftcren borau^efe^te Sefanntfc^aft ber Sefer mit paulinifc^en gormein auf eine gleidj^
nad; bem erften Slufentl^alt be« befe^en $aulu^ in 3^nifalem bon i^m in ©^rien be-
gonnene ^^^rcbigttl?ätigfcit ^iuüd;|ufü^ren toäre (Äül^l). dagegen fprid^t aber entfc^ieben bie Uns m
ti>ahTfd>einlid;tch, bafi ^^aitt. bie feften gormein unb bie ©c^riftbetoei^füJ^ng für feine
^Kcd?tfcrttgunjj^te^re \d}on vor feinem guffl'^^^^ttf^fe "^'^ ^^^ p^arifäifc^^en 3ubai^mu^
au^3€bilbct (?abc. l!ö fragt [xif ^iernac^, ob ber 3S3- i>i^ bezüglichen ©ä^e ani ben ^aul.
ißricfen fclbft betätnpft. 3*^föß^ iP o*^ ^^ 3®- fl^<*^^ ^^^n, toa^ er eigentlich
bciDeifcii \m% ba{i ein ©laube o^nc entfprec^enbe ^erfe nic^t fclig machen fann, ganj 55
mit ^aul. in Übcreinftimmung (bgl. 2 Äo 5, 10). Sluc^ barin h)cic^>t er bon biefem nic^t
ab, bafe er bem ®lauben, ber fic^ nic^t im fittlic^m ^onbeln lebcnbig gu crtoeifen ber»
mag, überl^aupt feinen SBert beilegt (bgl. 1 Äo 13, 2). Unb bie beutRäj« SDiffercnj, ba|
ber 333. nic^t mie^aul. nur einen gum, ftttlic^en Srtoeife f filzigen ®Uiubm, fonbern einen
f olc^en, ber fic^ bereite in SBerfen ertoiefen ^ot, otö Sebingung fite bai di9§moi0^ «>
584 ^!obtt$ im 922
forbert, Juürbc ein fad^lic^cr 2öibctf))ruc^ nur bann fein, iüenn Ie^tere«> im ^'i^. unb bei
% biefclbc Sebeutung ^ätte. 3)a^ ift aber nic^t ber ^aH. ällerbin^« fann dixaiovo-
^ai im 3i55.* nidS^t ^ei^en: jelig machen (§ut^.) ober aU (jerec^t erh)ctfen (^Prcu^): bcnn
bo^ l^ei^t e« nie ; auc^ nic^t gerecht machen (§ofm., SDäief.) : bcnn babon iüären bie SBcrfe
5 nic^t ®runb fonbem ^^olge. Sielme^r f}at e^ auc^ ^ier bie getpö^nlid^e Sebeutung : für
geredet erflären. 9Son ben beiben Schattierungen aber, iüelc^c biefer Segriff im religtöfen
©inn au^ bem 3wjantmen^ange erl^alten fann: einen Sd^ulbigen begnabigen ober: einen
^ommen afö t^atföc^Iic^ @ott too^lgefäOig anerfenncn, trifft l^ier bie ^n)eite ju (t>gl. äBct^,
§ranf, Se^fdS^Iag, §ol$m. u. a.). 35afür fprid^t, ba^ ba« idixautydrj 35.21 i:t\t>a^ öon
10 jiiaxeveiv iXoyia^ avrco eig dix. 9S. 23 t)erf(^iebene^ unb barauf folgenbe^ bejeic^ncit
mu^, unb ba^ jene« fic^ nur auf bie göttlid^e Slnerfennung \>t^ ©el^orfamg 3lbra^am^
beiiel^en fann (®en 22, 18 ; 26, 5). 3)ann aber bleibt ber ))ofitiöe ©a^ be« $aul. :
ber SRenf^ h>irb auf ®runb be^ ©laubeng für geredet erflärt, in tpel^em festerer Se=
griff bie 8ebeutung ber ©ünbenbergebung ober Segnabigung erl^ält, burc^ bie äu^fage
16 beg SJiS., bafe ber 3Renfd^ erft auf ®runb feiner ©lauben^trerfe afe t^atföd^lid^ geredet
anerwnnt h)irb, gar nid^t berül^rt. SBielme^ h>irb er in Sejug auf 2lbraF^am in feiner
®eltung burd^ ba« eXoyixr&ri SS. 23 anerfannt. Unb e^ trirb nur bei $aul. me^r bie
felbftftänbiae Sebeutung ber ©ünbenbergcbung betont, toäl^renb ber ^S. biefelbe nur aU
einen auf oie Slnerfennung t^atfäc^Kc^er ®ere(^tigfeit borbereitenben 2lft auffaßt (2, 23).
20 gn ettoa« anberem 3Serl^äItnig fielet freiließ bie Il^efe be« 3®. ju bem negativen ©a^e
be^ ^aul. : ber SKenfc^ toirb nid^t auf ®runb öon SBerfen für gerecht erflärt, in toelc^em
(toag meiften« überfeinen toirb) für geredet erflären ganj in berfelben 8ebeutung h)ie im
393. fte^t : afö tj^atfäc^Iic^ geredet anerfennen. aber trobbem bilben bie beiben Se^auj)^
tungen feine antit^efe, toeil e«; fic^ bort um SBerfe be« ©lauben« ^anbelt, ioelc^e ^aul.
25 nic^t oX% aSSerfe, fonbem ate grüc^te bejeic^net, l^ier bagegen um SBerfe be« ®efe^eg.
Unb ber ^mulinifc^e ®ebanfe einerrtttH(^en®ere(|tigfeitbc«®läubigen(9lö6,13— 20fommt
ber änfdS^auung beg^SS. fe^na^e. S^mer^in toürbe $aul. nie gefagt ^aben, ba^ ber 9Renf4>
burc^ feine ®rauben!gtoerre bor ®ott atö tl^atfäc^Iic^ geredet anerfannt toirb. 2)a« berul^t
nic^t blo| auf einer SSerfc^^ieben^eit be^ ©(prad^gebrauc^g, fonbern barauf, ba^ ^aul. ben
30 Segriff eine« ®ott wohlgefälligen SSer^alten^ ber aWenf^en fc^iärfer afö in ber altteftam.
SOSeife be« 393. fafit. Unb bamit fte^t im ßufammenl^anae ber bollere, me^r ft^e^ififc^
c^riftlic^e ®lauben!gbegriff be« $aul. 35enn bei biefem ift ®laube ba^ Vertrauen beg
^erjenig auf ®otte« fünbenbergebenbe ®nabe in ß^riftu^, mitl^in nottoenbig, immer
ettoag fittlidj^ frud^tbarc«, träj^renb im 5®- ouc^ ein fittlic^ unt^ätiger ®laube boc^ no(^
86 ®laube ^ei^t. ^iemadj^ ift eine 35ifferenj ber Slnfd^uung jtrif(|en bem 3®. unb ^aul.
onjuerfennen, aber fein unau^leic^barer brinjtoieHer ®egenfa$. Vielmehr ift e^ jiemli^f
attgemein anerfannt, baf; objeftib bie ^olemi! be« 333. „fid^ lebiglid^ gegen einen ber=
fc^obenen unb bereinjeitigten ^aulinii^mu« richtet" (§olfem. 5Weut. i^. II, 337). a)ie
ÜJleinung aber, ber 335. l^abe bie J)aulin. 2e^e jtpar nic|t loirflic^ getroffen, aber boc^
40 treffen \ooVizti, ift ni^t begrünbet. 2)ie« barau« ju fc^lie|en, bafe fonft „3. bie richtige
SReinung be«5ß. l^erau^efteHt unb ber befämjjften irrigen äuffaffung entgegengefe^t ^ätte"
($ol$m. ebenb. 338), träre nur bered^ttgt, toenn ber SSerf. be^ 3®. ein tl^eologifc^
5Dialeftifer toie 5ß. getoefen toäre. 2lber er jeigt fid^ alö biei^ fo toenig unb bielmc^r
fo fel^r al« eine burc^au« praftifc^e 9Jatur, bafe jene bei ber Serfd^iebenbeit be« ©))rad^«
45 gebraud^ rec^t fc^trierige Slufgobe i^m gänglid^ fem liegen mufete. 3luc^ ift e^ fraglich,
ob er eine bafür erforberlid^e ganj genaue unb bottftänbigc ftenntni« ber ))aul. Se^re be*
fafe. ©enn ettoaige SRemini^cenjen au« früherer ßeit (nat^ ®a 2, 2. 9. 14 ff.) fonnten ba^
für nic^t genügen. Unb bie SBefanntfc^aft be« 333. mit einigen J)aulin. SBenbungen
(bgl. aufeer 2, Uff. auc^ 1, 3. 18. 22; 4, 1. 4. 12) bemeift nid^t eine Seftüre tjaulinif^cr
60 93riefe) fonbem fonnte burd^ ben Serfe^r jtoifd^en ber (jaläftinenftfc^en unb auswärtigen
E^riften^eit bermittelt fein. SBielmei^r, l^ätte im 3S. bie ^aul. Se^re felbft befämt)ft tocrben
follen, fo toäre babei ate baS eigentlich ju iDiberlegenbe ein ©a$ be« ^aul. borangeftellt,
nic^t aber ein ®ebanfe (2, 14), ber beutlic^ mit ber Seigre beS ^jJauluS in SBiberfliruc^
fielet. Über bem toirb im 333. über^auj)t nid^t eigmtli^ eine Seigre, fonbem eine falfd^e
66 ^ra|i« befämjjft. 3Rit^in bleibt nur bie ännal^me übrig, bafe bort ein mit ber aSeräufecr=
lid&ung be« E^riftmtum« jufammen^ängenber 3Wangel an pttlic^er 93et^ätigung beö
®laubm«, tt)el(^m man mit mifebräud^li^er, auf üRifeberftanb beml^enber, 3lnh)enbung
^mulinifc^er ©ä|e ju befc^önigen fuc^te, gerügt toirb. SBal^rf^einlid^ toar IcS^tere Steigung
)unä(^ft in ^eibendpriftlic^en »reifen mtftanbm unb bon ba auc^ in bie iubenc^rifUic^en
60 eingebmngen. -— S)iefc ßrgebniffe ftimmen in betreff ber äbfaffungSjeit be« 333. mit ben
^fobttd im 912: 585
früher bcnicvftcn 3tnjcid;at bafür übcrciu, ba^ \v\x \i}n nur in eine relatit) f})älere ^^eriobc
be^ ai)oftoliJd;en 3^^ölter^ fe|ett fönnen, in toeld^cr bie Rird^e bereit« einen toeiten Um^
fan^ crl^alten l}atU unb ba« (^riftKd^e Seben feine erfte frifc^e Jtraft berlor. äbjutoeifen
ift alfo bie SKeinung, ba^ ber 393. eine ber erften ober gar bie erfte unter ben neuteftam.
Schriften fei (Sc^necf., Steile, I^ierfd^, $ofm., ©d^aff., 8. Sffieife, üRang., Se^fc^I., 3a^n). 6
2)ie ^ierfür angeführten ©rünbe ertoeifen fid^ nic^t afe ftic^^altig. 2)ie ©t^nagoge 2, 2
ift feine jübifd^e, foba^ noc^ ©^nagogengemeinfc^aft jtoifdS^en ^j^ben unb ^wbenc^riften
beftünbe, fonbem ein (^riftlic^er Sierfammlung^ort, in bem bie G^riften §erren be« J^aufe«
finb (SS. 3). 2)ie ßrlDartung ber naiven ^^arufie 5, 8 ff., finbet ftdS^ in ber gamen a))oftoI.
3cit unb noc^ loeit barüber ^inau«. 3)a^ % fic^ nur an Subend^riften h)enbet, betoeift lo
nic^t, ba^ e« baneben feine ^eibenc^riften gab, ba trofe me^rfad^en 35Jiberf^)ruc^ (Se^ifc^l.,
l>. ©ob.) jtüeifello« ift, ba^ er ate SBorfte^er ber juoenc^riftKc^en 3Jluttergemeinbe o^ne
a^oftol. Autorität junöc^ft nur an feine gläubigen SSolf^enoffen, nic^t aber an bie ^^eiben^
d^riften, fic^ ju toenben beranlafet trar, oJ^nt bafe baburc^ eine 3SorIefung be« 35riefg bor
ben gangen gemifc^ten ©emeinben au^efc^Ioffen tourbe. Unb toenn ber ^S- ^^^^ an- 16
flänge an Sieben 3«fw cntl^ält, afe anbere a^Joft. SSriefe, fo ift bie« nic^t auf eine be*
fonber« frifc^e Erinnerung gurücfgufi^^ren, fonbem auf ben t^eologifdj^en ß^arafter be«
53riefe« unb tro^l auf 35enu^ung fc^riftlic^er Duetten.
(Sine beftimmtere j)ofttit)e Singabe feiner äbfaffunggjeit ift nur in 38erbinbung mit
ber ^age nai) ber § er fünft be« 9rief«, nac^ feinem 3Serfaffer unb feiner Sc^t^eit juao
geben. Der l^iefür ui berüdfid^tigenbe firc^Iid^e ©ebrauc^ be« 3®- beginnt fc^on innere
^alb be« 9KE. Die ^Berührungen nämlic^ jlDifdj^en i^m unb bem I. $etru«-Srief ftnb fo
ftarf, bafe [xt nic^t gut anber« ate au« unmittelbarer Senufeung ju erflären finb unb bie
Stb^ängigf eit ift bann too^I nic^t auf ©eiten be« inaißpmn 3S. (Srüdn., ®rimm, $oI$m.,
SBeife, illö^))3.), fonbem be« breiter au«fül^enbm I. ^etr.'Srief« gu finbm (§ilg., 5eine,25
©pitta). 3)a« ©feiere gilt bon bem äJerl^ältni« be« 38. jum I. 5Hemen«brief unb pm
.^irtm be« .öerma«. SBa^rfc^einlic^ audj^ ^vi\im b. SR., fieserer S'f^"^^ wnb Giemen«
lÜon 211., ^aben bon i^m ©ebraudj^ gemad^t, le^terer fott \!i)n an^ fommentiert ^aben.
Dann ^at i^n Dion^f. \>. 2(1. citiert, Stritt b. 3emf. al« fanonifc^ bel^nbelt, Dib^mu«
bon 211. au«gelegt. ^n ber f^fc^en Äirc^e l^at il^n bie ^efdjittl^ in i^rm ilanon auf« 30
genommen unb @pf}xtm l)ai fic^ auf il^n bemfen. 2lber freiließ gerabe ber erfte, ber il^n
au^^brüdtlid^ al« ©c^rift be« 3- i>c^ Sruber« b. §. anfüge, Drigene«, betrac^^tete il^n al«
unfanonifc^, ßufebiu« gä^Ite i^n unter bie 2lntiIegomena unb I^obor bon 3Ro^)f. f)at il[^n
öertoorfen. 3" ^^ latein. Äird^e fagt ipieron^mu«, man fe^e il^n al« einm unter falfd^i
9iamm gefcfiriebenen an, aber er felbft nimmt i^n unter bie fanonifd^m Sudler auf unb 36
fein fohjie äluguftin« ßinflufe pc^ert i^m bie fanonifd^e ©eltung. ©eitbem blieb biefelbc
unbcftritten, bi« era«mu« bon Slotterb. in Setreff feiner Sd^ti^eit Sebenfm äußerte, unb
Butler meinte bann infolge be« fa(^>li(^en 2lnfto^c«, ben er an bem 3®. al« einer rec^t
ftro^emen Qpx^id o^ne et)angelif(i^e 2(rt nal^m, er fei bon irgenb einem frommm 3Ranne
»erfaßt, ber barin etliche ©})rüc^e bon ber 2lpoftel jünger auf« 5Pa))ier geloorfm ^abe. 40
:;>lucl| fein ©egner Qxiittan fam ju 3h?eifeln an ber ^d^t^eit be« Sriefe«, unb toä^renb
ßafoin il^n in ©d^u^ na^m, tourbm Sut^er« 2(nfdbauungen bon ben SWagbeb. ßenturien
unb lut^erifc^m Dogmatifem U)ie $unniu« unb 2(ltl^amer, aber auc^ bon bem Salbiniftm
SBetftein unb bem arminianer i&ugo ®rotiu« aufgenommm. 2lucl^ in neuerer 3«* ^p^
^abcn fonfejfionette Sut^eraner toie ©tröbel, Äaf^ni«, Deli^fd^ bm 3-S. t)em)orfen. Sine 40
^iftorifc^sfritifd^e Seftreitutw berSc^tl^eit aber tourbe befonber« bon beSBette unb©d^leiers
mac^er eröffnet, toä^renb wem, ber ba« SBcrftänbni« be« 35rief« toefentlic^ geförbert 1^,
feine in ber 2lb^anblung bon 1835 geäußerten ftarfen ^tDÄ^l an ber älc^tl^eit in feinem
Kommentar t)on 1838 jurüdfno^m. SKit größerer ©ic^er^eit tourbe bann ber ^3Ö. bon
33aur, ©d^locgl., §ilgmf., SBeiffenb., Slom, ^olfem., t). ©oben, ©c^mieb., Älöpper in bie ßo
nac^ajjoftolifd^e ^eit bertoiefen unb j. leil iDuroe er babei al« ein rein l^eibend^ftlic^e«
(Sr^eugni« beurteilt, ^n äußerftem (äegenfa^ aber gegen le^tere änfc^auung tourbe ber
53ricf mit ©treid^ung einiger SBorte an^ bem t)ord^ftl. 3iwbentum l^ergeleitet bon ©j)itta.
— Die 2lbreffe be« 35rief« hjäre natürlid^ aud^ für bie Slbfaffung«fragc nic^t ju ber*
toertm, ioenn bie 2lnnal^me richtig toöre, fie fei in if^rem gangm Umfange erft fpäter ^injus 66
gefügt toorbm m bem S^edEe, bie bon einem unbefanntm c^riftl. Serf. I^errül^renbe Schrift
burc^ biefe (Stilette mit einem a^)oftolifc^en 5Ramen jur äufnal^e in ben jlonon geeignet
,^u mad^en. ($am.). 2lttein biefe unbegrünbete SSermutung fd^tert baron, ba| bann bie
2(utorttät be« ^erf. burd^ bie Sejeic^nung be«felbm al« eine« Slt^oftel« ober toenig^eitf
eine« trüber« b. ^. ^erborge^oben loäre. 9{o^ toeniger but<i^f%bar aber tp btf SiNio
586 3<!olittd im m:
nal^mc, bcr Sricf fei abgcjc^cii bon bcn bcibcn J^ätcr interpolierten (Jrtüä^nungeu (S^rifti
1, 1 unb 2, 1 afö bie Schrift eine« unbefannten 3[uben ju betrachten. ®a« i^icrbei on^
genommene Snterj)olation«Derfal^ren h)äre unmotiöiert unb entbebrte aller änalogic. 3)enn
bie öfter« Dorfommenbe ganj begreifliche ßinfügung d^riftlid^er ©ebanfen in jübtfc^c
6 ©d^riften mit richtigen ober fatfd^en ^oc^angefe^enen jübifd^en 3Jerfaffemamen ift ettoo«
ganj unb gar anbere« afö ber l^ier bel^aut)tete3Serfuc^>, ben 3Serfaffer einer jübifc^en ©c^rift
ate einen ßl^riften erfc^^einen ju laffen (bgl. b. ©ob., Raf^n). 3Ke^rere« im 58. aud)
nod) au^er ben gtoei bermeintlid[ien 3"?^^^" *f^ beutlic^ ^riftlic^ (l, 18—21. 25; 2, 8.
12. 14—26), bie bafür angeführten jübifc^en ^aralleten finb nid^t Joirflic^ jutreffcnb.
10 Unb U)enn folc^e aUerbing« für ba« meifte (Sinjelne im 335. pc^ nac^h^eifen laffen, fo
ift bocli ber (Seift be« ®anjen ein anberer al« ber be« nac^fanonifc^en gwbentum«. —
Sftlaber ^iernac^ baran feft^ui^alten, bafe fc^on urf})rünglici^ im 3^^- ^l^ 3Serf. „3- ©otte«
unb be« §erm 3- 6^r. Äned^t" angegeben ift, f o fann auc^ nic^t jtDeifelbaft fein, \vcx ba^
mit gemeint ift. 3. g^^^^i^^i, ben Unterfd^riften f^rifc^er lejte (bgl. ßrebn., 3^^") w"^
16 ncuerbing« göger (3fl3:^ 1878) ate Serf. Vermuten, i}at in ber im 3S. gefennjeic^nctcn
3eit nac| bem Seginn bcr SBirffamfeit be« $aulu« nic^>t me^r gelebt (bgl. 3® 12, 2),
3. 3llj)^äi tritt in bcrfelben gann jurücf. 'Stuci^ Wäxm beibc afe äl^joftel unb tpo^l and)
nad) ibrem 3Sertt)anbtfc^aft«t)er^ältni« bejeic^net toorben. 3)er einzige 3-/ ber in jener 3cit
^erbortritt unb barum o^ne jebe 92ä]^erbejeic^nung einfach mit feinem 92amcn benannt
aotoirb (31® 12, 17. 15, 13ff. 21, 18; ®a 2, 9.^12), ift 3. ber Sruber be« §erm, ber
Sorfte^er ber ®emeinbe bon 3^nifalem. Unb biefem auc^ ben 3®- jwjufj)reci(ien, alfo feine
Stc^tl^eit in biefem ©inne ju bel^au})ten, bertoe^ren feine burd^au« j^toingenbe ®rünbe. 3>a«
©d^toanfen ber älteren firc^I. irabition in Setreff ber Sld^t^eit unb fanon. ®eltung bc«
S3rief« finbet unter ber annähme feiner Slbfaffung burc^ 3- ^«n S3r. be« §. feine @r=
as flärung barau«, ba^ le^terer fein 2lj). toar, bon ben ©bioniten pi il^rem ©c^u^tron
gemacht tourbe unb ber 93rief ^ßolemif gegen 5ß. gu enthalten fc^icn. 3)er G^arafter bc«s
fdben ftimmt aber auffallenb mit bem überein, toa« toir bon 3. toiffen. 3)a6 er ju^ burc^
3)langel an aller 3ni>to*ualität al« fpäte« üJlac^toerf berrate, ift nic^t richtig. SSiclme^r
tritt au« i^m ein fc^arf ausgeprägte« Silb be« Serf. I^erbor. 2)anac^ ift er ein 3Rann
80 bon au«geft)roc^en praftifc^er ©crmnung, ein abgefagter geinb aller §eudSielei, äße« SBci«^
l^itebünfel« unb atte« unnü^en ®efc^n)ä^c«, ber fx^ auf ©pefulation nic^t einlädt, ciber
auf pttlid^e ®eftnnung unb gotte«fürc^tigen SBanbel bringt, ein treuer 3ii"0^'^ 3^w, bcr
o^e in jubaiftifd^cr Steife ba« neue ^eil«prin2ip be« @b. }u berfennen, le^tere« boc^ im
Unterfd^iebe bon ^}}aulu« borh)iegenb bon feiner, bem altteftamentlic^en @efe|e jugetoanbtcn
86 ©cite betrad^tet unb mit cmftcr ©ittenftrenge crbarmcnbe Siebe berbinbet, ein frommer
Seter, ber gebutbig auc^ in irübfal feine SSegc toanbelt aber febnfüd^tig ba« Äommcn
feine« §erm emjartct. 3)a« ift eine 3n^iöibualität, bie faft 3wg für 3"0 öuf bcn un«
au« bem 3J2: u. ßegef. bcfannten »ruber b. §. 3- P^^i^ (^l- ^^^^ ®- ^80) ^JSolemif
gegen bie paulin. §led^tferttgung«le^re ift in bem 93rief nic^t 3U finben, bie SBamung aber
40 bor i^cm üJli^brauc^e ju ftttli^cr liräg^cit ftimmt gang gu bem fittenftrengen SBefen be«
3. 6ine ebionitifc^-irenifd^e I^enbcnj fonnte man bem Sriefe nur gufc^reiben, toenn man
gang h)illfü^rlic^> unter SReid^cn unb Slrmen ^ßauliner unb ©bioniten berftanb (©d^toegl.).
Unb bafe eine c^riftl. Se^rauffaffung, tpcld^e trebcr bie paulinijc^e noc^ eine jubaiftifc^e ift,
in ba« apoft. 3rftolter nid^t ^ineinpafet, fonnte bie Saurfd^c Äritit nur behaupten, inbem
46 fie gegen ®a 2 3. unb bie Urapp. gu 3w^flip«i mad^te. 2luc^ barf man nid^t barau«,
baf; im 3®- i^^^ Segicl^ung auf 93efc^>neibung unb ßercmonialgefe^ fe^lt, bie ältematibc
ableiten, er fönnc nur enttoeber bor bem 9lu«brud^ be« barüber geführten ©treite« ober
nid^t bor bem ©nbe be« erften 3a^^W"^^^ bcrfa^t fein. 2)enn bie eigentlich allein
ftreitige ^age nac^ ber ©tellung ber §eibend^riften gum ®cfe| toar in einem für 3"^-
60 c^^iften beftimmten Sriefe nid^t ju ber^anbeln. Unb bie 3Sorau«fc^ung, bafe bie l^teren
bem ®efe^e treu blieben, ift im 3»- nic^t bemeint, brauchte aber and) nic^t ^^ier betont
gu toerben, tro e« nur galt, gegenüber ber aScräufeerlidbung unb 9?erlüeltlid^ung be« 6^ftcn=
tum« auf rechte ^mmigfeitju bringen. 2)a« ber^ältni«mä6ig gute ©riec^ifc^ aber (bgl.
0. ©. 583 ,h) fann bei einem SWanne burc^au« nid^t auffallen, trel^er in bem gang gräcifiertcn
66 ®aliläa aufgehjac^fen h>ar unb mehrere 3al^tge^nte lang bie fo ftarfe ^cUcniftifc^e (Stementc
einfc^licfeenbe ®emeinbe bon 3^njfalcm geleitet ^at (bgl. 3^]^« 6- 1/ 31). Unmöglidj^ toar
einem folc^en auc^ niclit, fic^ bie nic^>t gang geringe Äcnntni« ber griec^ifd^=iübifcl^en Sitte-
ratur angueignen, melcf^c ber 93rief gu bctoeifen fd^eint (bgl. ©pitta). ©onac^ läfet e« ftd^
tool^l benfen, bafe bon ^IJoläftina, toa^rfc^einlid^ bon 3crufalem au« (1, 1) 3v i>^ 85r.
61 b. §., feine in bie ^orm eine« paftoralen Slunbfc^reiben« gebradj^te ©c^rift für bie au^^
^alobttd im VifZ S^nnt» ttnk 3ltmbre9 587
j)aläftinen[ijcl^cn 3w^<^"4>riftcn, bic er mit feiner J)erfönltd;en SfiJirIfamfeit nid;t cneid^cn
lonnte, ju einer 3cit gefd^rieben f)at, aU ^aulu« bur^f feine ©efangenfc^aft ober öielleidS^t
fd^on burc^ feinen lob feiner I^ätiöleit cnUogen \mx, um feine (^rifllid;en 3SoIf^enoffen
toor ber brol^cnben ©efal^r einer SSertreltlicpunö unb ©rftarrung i^re^ (Sl^riftentumö ju
ioarnen. 2)a ber I. ^etru^brief Joa^rfc^einli(^> bom 353. ®ebrau^ mac^t, feinerfeitö aber 6
loof^I 65—66 gefc^rieben ift, unb g^^lobu^ ettoa 66 geftorben ift (f. oben), fo hjäre bie
Slbfaffung be^ 3-®- ^" '^'^^ l^^^ borange^enben ^af)xz gu fe^en. Öieffert.
3anncd «üb ^n^breö» — 6ic(je über fie befonberö Sujtorf, Lexic. chald. talm. et
rahbin., Basil. 1080, 6. 945 ff.; Suicerus, Thesaur. eccJ. s. v. Vaii'v^; Fabricius, Ckxiex
RseiKlopigraphus V.T., Hamb., 2 93be, 2. ^difl. 1722 f. I, 81 3 ff.; Schoettgen, HoraeHebr. lO
511 22:1 3,8; 2i?ctftcin, Nov. Test, ^u berfelben St.; 2c\)\). g^olb. ^öörtevbucft über bic Xar»
(\müm. 1867 I, S. 387; berfclbe. 9Jeubcbräif(l)eS 'föörtcrbucft II (1883), 22J>; (£. ©cftüvcr,
(4Jcfc6id)te be§ 3iib. S3üire§' III. 1898, 6. 292—294; Sfelin SmJ^ 1894, @. 321-326.
Serncr bie Äoinmcntare ju 2 Ximot^. unb bic 9lrtt. tjon SBlner (Sombreg), ©teiner (unter
Sambrcä in (5d)enfelö S3.-2.)» 9^ie^m, ^onbiuörterb. unter QanncS. I6
Sännet unb ^ambre« ioerben 2 %x B, 8 bie 2Biberfacl^er 3Kofe« genannt, trelc^e
feinen göttlid^en SBunber^eid^en i^re 3öubcrfünftc entgegenfe^ten, aber bobei ben !ürjcm
^ogen. 2)eren 9Jamen finbeit ftc^ nid^t im 3li; ^aulu^ f)at fie ber jübifc^en ^rabition
(ix xfjg ayQacpov xGiv ""lovöaicov didaoxakiag, X^eoboret) entnommen, tüo fte fic^ in
mancherlei Variationen nac^toeifen laffen. 35er ^toeite, Ua/^ßgyg, largum s^":^'?- (eben* ao
fall^ mit ber griec^ifc^en 6nbung es unb eingefd^obenem b, toie in Mdußgr] ®en 13, 18
(bgl. granfel, Sorftubien ^ur LXX, Seipjig 1841, S. 112), im ^kmc^uma unb ©o^ar
ci-^s?;!-^ gcfd^rieben, bei ben 2:almubiften aber 5<r";'? ober ^y^'^, fyd o^ne S^vtx^^l in
N-?: — mz^ n)iberf))enftig fein, feinen Urft^rung. ©a« hiph. n'^'?'?: ober part. ^"^P?^
bebeutet bemnad^ ben SWebellen. S)er anbere, anöingenb gebilbete 5Wame ^lawfjg finbet 25
fidE) in ber 6d^reibung ^''?: (larg.) unb ^'"-"^^ (^^ndpuma, ©obor) ; biefelbej $erf önlic^feit
h)irb aber aud^ "jn-^ C^nr) genannt (S^alm.). Sujtorf unb Seb^ i^olten bieg le^tere für
baö urft)rüng(id^e. Slllein bie änalogie bon gfltnbre« fj)ri(^t bafür, ba^ e^ aud^ al^ ßigen=
fd^aft^loort ben auffä|igen S^aratter au^rüd^e unb f^äter 93ertt)ed^Iung mit bem ge-
loöF^nlid^en 'JJamen ^o^anne« eintrat, ©teiner gelangt bon cc: jur S3ebeutung „93eleis9o
biger" (V). 2Bir galten bielmel^r bafür, bafe ber ©tamm n'^- ju ©runbe liegt (bgl. ?lu32, 7)
in ber Sebeutung : abtrenbig machen, berleiten (toelc^ auc^ ba^ targum. aphel ^?"ö^ fyii),
©omit ^iefeen bie SRamen &«"":i^:7 N";;, aram. r^:? ^T., ber abtrcnbig unb ber rcbettifd^
mac^t. Sei ber S)ur(^ridS^tigfeit biefer bebräifd[^en Sebeutungen ift e« nic^t nötig, äg^^jtifd^c
®runbformen anijune^men, trofür audp big je^t (tro^ (Sloalb, ©efc^. II, 128 f.) jeber Slm ss
l;alt fe^lt. SQBenig einleud&tenb ift (Seiger« Verleitung bon l^interliftigen ^inben ber
aJtaltabäer, nämlit^ bon ben ©binnen ^amiu (1 3Waf 9, 36 f., too übrigeng bie beffere
£91 "AjLißQi) unb ben 8eh)o^nem ^amniag (Urfc^^r. unb Überf. ber 8ibel, ©. 474). —
SDie BlDei^a^l biefer rr^äubter ber Sauberer" (Xarg. 3ion. ju ßj 1, 15; bgl. 7, 11) ift
lüof)I bon i^ren ©egnent iDlofe unb Slaron abgenommen. 35ie $^antafie ber Suben mad^t 40
fie 5u ©ö^nen Sileamg (iarg. 3on. 3lu 22, 22 unb fonft), lä|t fie fc^on beim Sefe^I
beg 5ß^arao, bie igraelitif(^en Änäblein ju töten, a(g 2lnftifter auftreten (3:arg. 3?".;
San^ebr. f. 106a; ©ota IIa), \m^ i^ren loi^igen SBorttoec^fel im Äambf mit Slofc,
beffen£e^rer fie früher getoefen, ^u erjäl^len (5Kena4>ot^ f. 85a; ÜJlibrafc^ ©d^emotl^ rabba)
unb frf^iebt i^nen fogar, nac^bem fie mit üJlofe auggegogen, bie Anfertigung beg golbenen 45
Äalbeg in bie ©c^u^e (aJlibraf(^ 2:anc^uma «"^n -^d f. 115b). 3ule^t fotten fte Sileam,
i^ren SSater, begleitet l^aben (3iarg. 3on. gu 3l\x 22, 22). — 2)em in ©amalielg ©c^ule
gebilbeten Sltjoftel mußten biefe 5Jamen geläufig fein, toelc^e nac^ gehjiffen älnjeid^ in
jener ^6t felbft in ber l^eibnifc^en SBelt mand^en befannt limren. 5Wa^ Drigeneg
(tract. XXXV in Matth.) unb ämbrofiug (ju 2 iX) gab eg eine befonbere aboIrlbj)^ifd^ 00
©c^rift über S^nneg unb üJlambreg (bgl. ben 21. 5Pfeubepigra))l^en beg 913). ©d^on ^liniug
(Hist. nat. XXX, 1, 11) mag an^ einer folc^en gef^ö)3ft ^aben. 3m jloeiten ^af^x^
f^unbcrt fennt ber $^tl|agoräer 5Wumeniug bie beiben äg^ptifdj^en SDiagier (Drigeneg c.
Geis. IV, 51, unb bef. (Sufebiug, Praep. evang. IX, 8). 9lud^ 9lj)ulejug Apol. II
toei^ babon. ©onft finben \xdf bic beiben 9Jamen and^ im ßbang. beg 3lifob. Ä. 5 ; 55
femer im Martyrium Petri et Pauli Ä. 34 (Sipfiug, Acta apostolorum apocrypha,
fiei^jjig 1891, ©. 148 f.), in ben Acta Petri et Pauli Ä. 55 (bei Sibfiug ebenba ©. 202)
unb anberßtoo (fie^e ©c^ürer a. a. D.). gn 2 2:i 3, 8 l^aben bie f^i%m i^ tocftlic^en
588 dfutiited nnb ^mbred S^not»
S^cjtc^ MnußQtjg] cbcnjo bie latcinifd^cn 3luloren: Jannes (ober Jamnes) unb Mam-
bres. aiuffäUig 6)3l^räm ©^ruö: Jannes et Jamnes. — ®ic abenteuerliche SJermutung
2^\>\ß, ba^ mit ganne« iirjjjrünglic^ go^anne« ber ^^ufer, mit 3Kambre« fein anbera
ate ^^xi^ gemeint jei, ber „äpoftat", bem bie 3i"ben äg^jjtifc^e 3^«^^^' bortuarfen,
5 fc^iebt bem Serfafjer bed Sriefc« einen fo |)Iumj)en 3)ii60riff in bie ©d^u^e, toie er ntc^t
aöein bei $aulu^, fonbem überhaupt bei einem (S^riften, ber ettpelc^e tJ^'^^'^O ^^^ ^^^
Subentum befafe, fc^Ied^t^in unbenfbar ift. — 3)af; eine fold^e untoefentlic^e ßntle^nung
au« a))oIrV))^ifd^er Überlieferung be« großen 2lJ)ofletö nic^t loürbig iväre, \^at man in alter
unb neuer ^^t o^ne SRed^t bel^au})tet (61^. g. Säur, 3)ie fog. 55aftoralbriefe be« ^aulu«,
10©. 103 f.; t)gl. 36 f.). — 2)ie Sergleic^ung ber 2 %\ 3, 6 ff. befd^riebenen Seigrer mit
biefen 3<^wberem beruht auf i^rem eigenfwnigen SBiberftreben gegen bie Serfünbiger ber
göttli(^>en SBa^r^eit unb bem SRangel an echter ©lauben^fraft, tpelt^cr fte toirb ju fc^n=
ben toerben laffen. 3)ie meiften äu^leger nehmen aufeerbem bei il^nen noc^ magifc^e
Äünfte an, unb in ber 2:^at gilt bie« nadj^ 38«. 13 trenigften« Don ben fc^limmften unter
16 il^nen, toie auc^ fonft fold^e« Untrefen an^ ber a))oftolif(9en 3^'^ bejeugt ift. ». Oretti,
^anoiu, üRatt^ia« t)on, geft. 1394. — S3gl. Si^eanber, «rag. ®ef(^. ber djriftl. ^Religion
unb ftirdjc, 3. «ufl. 1856, II, 777 ff.; Sorben (in SSo^r^eit <PaIadf^), 3)ie «orläufer bc«
^ufFitcntum« in »biimen, ßcipiig 1846; $alQc!^. ®efdji(^te oon S3öf)mcn, III, 1. @. 173 ff.;
Segler, 3o^. oon SBicüf unb bie ^Sorgcfc^icftte ber ^Reformation, II, 123—131; ßofcrtl), 4)u«
ao unb ^iclif, ^rag 1884.
5IJlattj^ia« \)on ^ano\ü toar einer t)on ben fogenannten 38orläufem Don §uß, unb
jhjar ber jüngfte, benn er lebte noc^, al« §uß bereit« ftubierte, jualeic^ aber aud^ ber-
icniac, toeld^er am tiefften ging. ®r Inar Don ritterlid^er ^erfunft unb machte feine
©tubien in $rag unb $ari«, too er neun 3ja^c Derlneilte unb SKagifter tourbe. 35a^er
26 pflegte man i^n ben „$arifer" ju nennen. Slm 1. Sljjril 1381 erlangte er, auf än^
Hidf^en, \)ox\ Urban VI. bie äntoartfd^aft auf eine jur ©rlebigung fommenbc ^om^erm^
jielle in ^rag; fraft ber betreff enben äutle rüdte er am 12. Df tober be«felben 3^^^^
in ein Ranonilat an ber St. 3Seit«fat^ebrale auf bem §rabfc^in ein. Srjbifc^of gol^önn
Don Senjcnftein, ber in $ari« fein ©tubiengenoffe getoefen toar, erteilte \!i)m 3SoUmac^t,
30 an feiner ©teile Seid^te ju ^ören. Unb biefe« Stmt al« 3)oml^en unb Seic^tDater an ber
enbifd^öflic^en §au)3tlirc^e bel[|ielt er bi« ju feinem 3^obe, ber i^n nod^ in ben bcjjten
5IKanne«ia]^ren am 30. 5RoDember 1394 ereilte. 6r ^at niemal« eine fo bebeutenbe SBirf^
famleit al« $rebiger erlangt, toie Dor i^m Äonrab Don Söalb^aufen unb 3Kilitfc^ Don
Jlremfier. Um fo mel^r ^at er im ©titlen getoirft, teil« burc^ ^riDatfeelforge unb ©e«
86 h)tffen«rat an benjenigen, bie ftdb feiner Däterlic^en Seitung anDertrauten, teil« burd^
©d^riften, in benen er bie ^Jrüd^te feiner feelforgerifc^en ©rfaf^rung unb bie ©rgebniffe
feiner ©d[>riftforfc^ung unb feine« 9la(^>benlen« über ba« SReic^ ®otte« unb bie ^agen
be« ©eelen^eil« nieberlegte. ®in eifriger g^eunb be« Sibelftubium« Derfaßte er Dom
^ai^re 1388 an bi« 1392 Derfc^iebene Slb^anblungen, bie er f))äter fammelte unb ju einem
40 ©anjen orbnete, bem er ben 2;itel gab : Regulae veteris et novi testamenti, toöl^renb
ber .^auptinl^alt, nac^ ^ciaiiß Urteil, ftd^ richtiger bejeid^nen läßt al« „ba« h)a^re unb
falf(^>e ß^riftentum". ®iefe« ©efamttoerf ift nie DoHftänbig im 35rud erfc^ienen, finbet
fi(^ auc^ in ^anbfc^riften nirgenb« DoDftönbig, toürbe ftc^ aber au« ben einzelnen ^anb^
fc^riften jufammenfteHen laffen. Seile be« ®anjen fmb irrigertoeife für ©c^riften Don
46$uf; angefe^en unb in bie ©ammlung ber SSSerle be«felben, ^JJümberg 1558, 1,376— 471,
aufgenommen toorben.
SKattl^ia« Don ganoh) gin^, ma« bi«^er faum bead^tet trorben ift, bei feinem 3lad)^
beulen über bie ©d^&en ber ^trd^e unb beren Teilung Don ber fürjlic^ au«gebro(^enen
unb bereit« c^ronifc^ geworbenen ^a))ftfj)altung au«. @r erfannte au« ibr bie Dor^anbene
60 Serberbni« ber Äird^e, bie nur burd^ fittlic^e (gmeuerung geseilt h)erben fönne. ®a^er
ging fein ©treben, toic bei Dielen hjacferen 3^itgenoffen, auf eine Sleform ber 5lird&e. ^r
bie ^erftellung ber firc^lic^en 3uc^t unb gegen bie in ber Äirc^e Dorl^anbenen 3Kif|bräu(^e
crf4>eint er al« ber rül^rigfte diferer. ^n feinen ©c^riften toenbet er fid^ an bie einfad(^cn
Seute. ©r fa^ bie Urfad^e ber ©paltung in ber eingeriffenen ©elbftliebe unb SBeltliebe
66 bei ben ©d^eind^riften, toelc^e nid^t 3^wwi ben ©efceujigten lieb J^aben. 3)urd^ biefe
©J)altung fei ber bi«^er feftgefc^loffene Seib be« änticbrift jerriffen, nid^t aber (Sbtifti 2eib,
bie ©emeinbe ber ^eiligen, bie toa^re Äird^e. ®ie 3Rittel unb 9öege ber SReform fmb
einerfeit« äu«reutung oller ber ^flanjen, bie ber ^immlifc^e 3Sater nic^t gej)flanjet b^t
(5IJlt 15, 13), b. 1^. ber 2Jlenf(^^faJungen, ®ebote unb Zeremonien, toelc^e Don ber Stn«
^wto ^n\tn 589
betung ©olte^ im (Seift unb in t>er SBa^r^eit unb bon ber (g^re ß^rifti abicnfen, an--
bererfcit!^ bie SurücffüJ^rung ber ©laubigen ju ber Siebe 3i«fu unb ber SRac^foIge in ben
55u|tapfcn be^ ®efreu;;iöten, in SRiebrigfeit, ärmut unb ©infalt. ©o hjanbeln aber nit^t
j^umeift ^riefter, 3Könd^e unb fie^rer, bie SSäeijen unb JUugen in ber Söelt, fonbem bie
Kleinen im 3SolI, bie Saien, in^befonbere ^ftauen. ^r ba^ toid^tigfte 3KitteI jum SBad^ 5
tum am inneren 3Renfd^en erfennt ^anoh) ba^ 1^1. Sbeubmal^I, unb legt be^^alb, nad^
SWilitfc^^ Säorgang, ganj befonberen SBert auf bie häufige Kommunion. 35a| er aber
auf bie SBoKftänbigleit be^ ©aframentö einen SBert gelegt unb für bie Saien ben Äelc^
geforbert babe, lä^t ftc^ nid^t burc^ ein einjige^ SBort t)on il^m nad^toeifen. Unb toenn
3o^ann 3ftof^jana bor bem Äongil ^vl Safel im ^Qi)xt 1433 be^aut)tet Jiat, baf; '^anofo lo
bereite aud) ben Saien ben Äelc^ gef))enbet \)ab^, \o fann auf biefe 3tu|erung, toeld^e
39 3a^re nac^ ^^i^on)« 3:ob erfolgt ift, ni^lt aUjubiel gebaut toerben. 3?ur mittelbar
l}at ^ano\v bie ^ujfitifc^e gorbcrung be^ Saienf eld^^ be^rünbet, fofem er bie Slufmerlfamfeit
auf ba^ ^l. Slbenbma^l über^auj)t lenfte unb jugleid^ bag attgemeine ^rieftertum ber
©laubigen betonte, gemer toar cd{>t reformatorifc^ feine Überzeugung, baf; .bie Siebe ju i5
Gl^rifto bem ©efreujigten, atö bem einzigen §erm, unb bie 5cac^folge 3^5« ^^ ©anbei,
ba^ n)a^re Heilmittel für alle ©c^äben ber ©ecle unb ber Äirc^e G^rifti fei, fotoie baf;
menfc^lic^e ©a^ungen jurüdfgeftellt toerben foHcn, unb bie Sirdf^e ju ben einfad^en Slm
fangen ber ajjoftolifd^en geit jurüdgefü^rt toerben muffe. (®. ßei^rert) 3* ß»ftrti.
Raufen, Sorneliu^, ^eft. 1638, ^anfenigmu«. — Sittcratur: Melchior Ley- 20
decker, Historia Jansenismi Iraj. adRh. 1695. ~ Histoire g^D6rale du JaDsenisme, Amst
1700. — Sainte Beuve, Port-Royal Paris, Eugene Renduel, Tom. I, 1840 im ganjeu
5 SBftnbe. — 3). 5Rcud)Un, ©cfc^idjte Don ?Jovt*JRottQl, ber Äampf beö reformierten unb beS
jetuiiijd)en Äot^oHiilgmu« unter SubtpigXIII unb XIV, 2^bc 1839—1844; Bouvier, Etüde
critique sur le Jans^nisme, Strasburg 1864; Rapin, Histoire du Jans^nisme, publ. par 25
Domenech, ^ariö 1865; Mömoires du P. R^n^ Rapin sur T^glise 1644-1699, publikes
par L'Aubioeau, 3 voJ , $ariö 1865; ©djifl, 3)tc ßonftitution UnigenituS, grciburg i. ©r.
1876: La v^rit^ sur les Arnaulds, compl^t^e avec Paide de leur correspondaDce in^ite.
2 voll. 1877 ; A. Vandenpeerenboom, Cornelius Jansenius, septi^me ^v6que d'Ypres, sa
mort, son testament, ses ^pitaphes, Bruges 1882; gungmann, Dissertationes selectae in 30
hist. ecd. VII, Ratisb. 1887 ; i. Sungmannd Art. „Sanfcnluö ber 3üngere" in 5S8eJer unb
«Beitel tircftenlejiton, 2. 9(ufl.. «b VI, 1889, ©p. 1217 ff.; e.fi.Xö. C>en!c, iWeuere Äircften-
9cfcÖ!cl)tc: ieraiiögeg. u. (öafe II, 1878, ©.97 ff.; ^ergenröt^cr, fiircftengefdjidjtc, 3. Vlufl. III,
357 ff., 463 ff.. 511 f. 858 (citiert ü. 3ungmann q.o. O.) unb ^urf, Äircöenflcf*., 13. ?liifl.,
18im, II, § 160,5 u. 168,7. %l. oucft bk fiitteratur bei bem ^rt. „«Port^SRo^oI-. 35
^'franfreic^ \)at einen jloeifat^en Slnfang ber Sieformation gehabt, im ßalöini^muö
cinerfcit^, im ^«"f^ni^w^u^ anbererfeitö. ®iefe (Srfd^einungen umfc^lingt ein enged SBanb
ber i^erhjanbtfc^aft ; beibe ^aben aug ä^nlidj^en Urfac^en Verfolgung erlitten. 3n beiben
f^iegelt fic^ bie ßigentümlid^feit be« franjöftfc^en Seiftet ^infw^Öic^ feiner religiijfen ^ro«
buftitoität in auffattenb t)erh)anbter SBeife ab. 3)er %aü be^ g^^nfeniömu^ toie ber be^ 40
galbini^mu« ^aben auf gleid^e SBeife jum S^^^^ ^^ Sieligion in ^anfreic^ beigetragen.
2Bie bie SHeformation ba« ®anje ber Kird^e, iJeben unb Seigre, befafete, fo auc^ ber
^anfeni^mu«. Da neben ben Sriefen $auli jumeift bie ©c^^riften Sluguftin« bem ©lauben
;^utl;er^ unb 6alt)in^ il^ren (Sel^alt unb il^re ®eftalt gaben, fo mu|te bie ©egenreforma^
tion gerabe gegen jene eine, n^enn auc^ toerbüllte, feinblic^e ©teHung annel^mcn. 3^ar46
mürbe Stuguftin nac^ toie t)or alö grofeer Rird^enlel^rer unb ^eiliger gerühmt; feine ©df^riften
l?atten im 3Rittelalter auf SW^ftifer unb ©c^olaftifer mächtigen (Sinflufe geübt, toelc^er fic^
in ber Jße^re ber S^omiftcn (Slnl^änger be^ 2:^oma« t)on äquino), alfo junäc^ft beiS 2)o=
minifanerorben^, Ir^ftaflifiert ^atte. ©ie machten bie ftrengere Seigre t)on ®nabe unb
©ünbe aucli auf bem SCribentiner Äonjil gegen bie femi))elagianifd^en ©cotiften, junäc^P so
gegen bie ^angi^Ianer unb Sefuiten, geltenb. Dbgleid^ biefe in ber §auptfad[^e gewannen,
fo h)urbe bieg boc^ burd^ 3*^^^^w^öteiten t)er^üDt. allein bie ©ieger jogen füi^n bie
;;volgerungen au« ben il^nen gemachten gwö^tänbniffen. ^l)ntn trat fofort befonber« Saju«,
•»-jirof eff or ju £öh)en, mit feiner tjaulinifc^-auguftinifc^en Sel^e entgegen (f. b. ä. 8b II ©. 363, öe).
X)ie ^^anjißlaner erlangten 1567 unb 1579 bie 3Serbammung t)on 76 ani feinen ©c^riften 55
gezogenen ©ä^en. 3)er S^fuit 3Kolina (1588) ftellte unter bem Sortoanbe einer ganj
neuen SSermittelung ben baren ©emi})elagianigmug, ja noc^ tttoa^ me^r auf. Darüber
crl()oben bie Dominifaner fdj^toere änllagen unb ©treit mit bem fie immer me^r übet*
flügelnben ^^Iw^^^orben. 3" ^^ff^ ©c^lic^tung berief 6lemeni^ VIII. 1597 eine con-
gregatio de auxiliis, um über ben Seiftanb ber ®nabe jur Jöele^mg grünblid^
590 dfutifett
entfc^ciben. $aul V. fanb aber ocralcn, 1 607 bic Äoncjrccjation o^ne irgenb hKlc^c (SnU
fc^ibung aufjulöfen unb biefc auf „gelegenere 3^*" i" bertagen. S)tefe ift btö je^t nxd^t
gefommen.
3ie fdS^roffer ftc^ bie ©tettung ber fatj^oUfd^en Äird^e ju bcn Äirc^en ber Sieformation
6 geftaltcte, um fo me^r mu^te h)te burc^ ein $Raturgefe^ ber Semipelagiani^mu^ in Seben
unb Seigre ber Iatl;olifc^en Äirc^e übertoiegenb unb l^errfc^^enb toerben. 3)er 2!^omi«mu^
felbft hKir in ©d^olaftif erftarrt. ®al^er Ratten bie Schriften Sluguftin« für 3)üt)ergier be
§auranne, nac^l^erigen äbt bon ©t. (Sgxan, (f. b. 21. SBb V ©. 109, 8) unb '^an^cn ju=
gleich bie ganje 59ta(^t ber 5leu^eit unb be^ eE^rtoürbigen Slltertumg, al^ biefc jungen
10 2:^eoIogen 1612 bei Sat^onne biefelbe gemeinfam flubierten.
6omeIiug ^an\^ toar ben 28. Ditober 1585 in bcm ©orfe äfoi in ber ©raffc^aft
Seerbamm in 5Jorb^ottanb geboren. ©4on Se^becfer (in feiner historia Jansenismi,
Trajecti 1695) erinnert an bie 3il^nlic^feit ganfen^ mit feinem Sanb^mann §abrian VI. ;
in bcm beffen 9Jamen tragenben Äottegium ju Sötren in ben f^)amfcl^en ^ieberlanben,
16 beffen 3Jorfte^er ein ^eunb \)on ^aiu^ toar, ftubierte er "Ideologie, ©ein Unibcrfttät^
freunb 35übergier gog i^n mit ftdS^ in feine äSalerftabt Sal^onne. 9Jac^ Sötoen jurürf*
geteert, lehnte S^^m^ ^"^ })^iIofoJ)^ifd^e Sel^rftelle ah, ba Slriftotele^ afö SSatcr ber ©c^o=
laftif i^m berl^a|t toar. 6r fanb, bafe $lato t)on ®ott unb lugenb l^öl^ere gbeen ^be
afö ein 3^eil ber lat^olifd^en 2:^eoIogen. Site 3Sorftanb be« ^ul(^eria=5lolIegiumg leierte
20 er 3:^eoIogie. SBir ^oben burc^ ba« SSerbienft ober t)ielmel^r burc^ bcn §a^ ber 3<1wit«n
ben SBrieftoed^fel S^nfen« unb ©t.6^ran« t)om 19. 3Kai 1617 an. 3)urc^ unau^gefe^tc«
Sefen unb SBieberlefen ber ©d^riften Sluguftin« überzeugte fic^ 3/ ^«6 ^i^ fat^olif^cn
J^cologen beiber Parteien bon ber Se^re ber alten Äir($e ganj abgefommen feien. 3)cfto
mel^r befriebigte i^n bie £el[;re ber ©omariften, trä^renb er bie Slrminianer ben S^fwitcn
26 an bie Seite ftettte. Sei einem Sefuc^e ©t. 6t;ran« in Sötoen 1621 teilten fie ibre ärbcit
jur Sleform ber Äirc^e fo, bafe ganfen bie ber Se^re, ©t. S^ran bie ber Scrfaflung unb
be« Seben« jugeteilt tourbe. $Diit irlänbifc^en ^of^en ©eiftlic^en (bcm ütular^ßnbifd^of
Äonriu«), mit ben §äuj)tem ber fid^ bilbenben Äongregation bc« Oratorium« (Serütlc)
iDurben intime SBerbinbungen angefnü))ft unb fortgetjfifogen. ^an\tn reifte 1623 unb 1627
80 in ängelegeni^eiten ber Uniberfität, toeld^e il^re Sel^tü^le ben S^wi^^ B^nj bcrfd^Iiej^en
tooHtc, nac^ üJlabrib; bie 3^uiten berbäd^tigten if;n bei ber bortigcn 3in^uifttion. 3)cn=
no(|> iüurbe er 1630 jum fgl. $rofeffor ber ^l. ©c^rift in Sötoen ernannt; feine Äom«
mcntare, namentlid^ über ben 5|Jentateu(^>, belegen fic^ auf bem m^ftifc^en 33obcn ber
Siebe, bie un« reinigt unb geiftige 3Kenf4>en an^ un« mac^^t.
86 3)ie beibcn ^eunbe Ratten bi«^cr für i^re ^länc bcn Äarbinatminifter Slid^elicu ^xi
gctoinnen gefudf^t. 311« aber 1635 bic §ollänber bon §cnogenbuf(^ au« immer h)citer
borbrangen, unb Spanien, bcm jc^t a\x^ granlreic^ ben Äricg crflärte^ feine 9Jicberlanbe
nic^t mcf^r be]^u})ten ju lönnen fc^ien, berieten fid^ bie §äu})ter be« Sanbc«, toa« man
gu tl^un l^abe. S^^'^f^'^f wm fein ©utac^ten befragt, foH geraten b^ben, ein lat^olifc^e«,
40 unabhängige« Sanb au« ben betgifd^en ^robinu^n gu bilben. @in ©önner in Trüffel teilte
i^m aber mit, fein ©utac^ten fei berraten, er rönne fid^ nur burc^ eine ©c^rift in \panu
Ecm S^tereffc retten. ^an]m griff nun in feinem Mars Gallicus bic ^rätenfionen
anfreic^« an, für toelc^e«, al« ßrben Rarl« be« ©rofeen, ungefd^idte 5ßampbletiften alle«
nb jtoifc^en ßbro, SBei^rufelanb unb 2lj)ulien in Slnfpnid^ nahmen, ^^nfen fc^ontc
46 toeber bie Äönige bon granmic^, noc^ ben mit Äckern bcrbünbcten Äarbinalminifter.
SBäbrenb ber 5ÖJar« mithalf gur ©efangenfe^ung ©t. ß^ran« unb Verfolgung ber i^m
Serbünbeten in ^^^anfreic^, trug er ^an\en — toelt^cr nun lange genug „ben ©^uU
gebauten unbgfel gemacht ^atte", 1636 bo« 8i«tum ?)>)crn ein. '^an\m la« bie ©«Triften
äuguftin« gegen bie $elagianer brci^ig=, bic übrigen jcl^nmal. ^m ^a^rc 1627 fing er
50 an jur Slbfaffung feine« ffierfe« über beffen Seigre gu fd^reiten; aber erft (Snbc 1632 fam
er, toie er an ©t. ß^ran gel^eimni«bott melbet, bagu, les affaires de Monsieur Adam,
b. l). über bie ben erften SKenfd^cn gegebene ©nabc ju fc^^reiben. 6r ^atte fein SBert
eben — toie er glaubte, unter bcm bcfonbcren Seiftanbe be« ^eiligen Äirc^cnle^rer« —
beenbigt, al« er, e« feinen 3Sertrauteften ^ur §erau«gabe em})fe$lenb, am 6. üRai 1638
66 ftarb. — S)er Stitel be« SBerfe« ift: „Cornelii Jansenii episcopi Iprensis, Augusti-
nus seu doetrina Sti. Augustini de humanae naturae sanitate, aegritudine,
medicina adversus Pelagianos et Massilienses" in ^olio 1640 l)erau«gegebcn. 2)er
erfte ber brei Sänbe giebt eine ©efc^ic^te unb ®ntlarbung be« feineren ©emitjclagiani«^
mu«, iDO^cnb bieS^fuiten benfelben nur ba berbammen, \a and) nur fo nennen tooDten,
w h)o er nid^t blo^ l^lb, fonbern grob ^clagianifc^ auftrat.
3faitfeit 591
3m Slnfang bcö jtücitcn Sanbc^ toirb Don bem Orunbc unb Don bcr äulorität in
l^eologijci^en fingen gc^anbclt, toobei btc ®renjcn bcr menfcl^Ud(^en SJcmunft unb btc
SlutorUät bc« f)cil. Sluguftin fcftgcftcUt toerben. 3anjcn toar fid^ fear betoufet, bafe Über*
fd^o^ung be« menfd^li^cn ßrlennen« unb Äönncn« unjertrennlid^ fmb. gn jener Se«
iic^ung finbct er ba« ©runbübel in bcr Dor^errfd^enben Sefd^äftiaung mit ^cibnijc^cr b
H5^iIojoj)^ic, namcntlid^ mit bem bcr B6)ola\ixl )u ©runbc liegenben Sriftoteli^mu^. ^i^i«
lofoj)^ic unb 2^^eolo0ie feien aber ftreng ju f(|iciben (alfo ift feine anficht bcr ®cacnfa^
bcr Sc^olaftil), fie berufen auf Derfc^iebenen geiftigen ©innen, bie $^ilofoj)l^ie auf bem
intcDcttucIIcn 9?ermögcn, bie 2^l^coIogie auf bem ©e^ör unb ©cbäd^tni^, hjcld^e bie au^
bcr Offenbarung ftammenbe münblid^e Srabition aufnel^men unb behja^ren. 3)ie Xrabis lo
tion namentlid^ über bie J^eil^orbnung l^abe Sluguftin am ed^teften gefaxt; jtoar ftimmen
nid^t äße feine ^ufeerungen überein, allein feit er Sifc^of geworben, fei i^m biefe Seigre
fel^Ilo« geoffenbart tüorbcn. Qn feinen fpätercn Schriften leiert äuguftin belanntlid^ ent*
fd^ieben bie 3HIeinh)irtfamIeit ber göttlid^en Onabe, unb gerabe auf biefe ftü^t ftd^ ^a\\]m
aU 9lorm.) „gu bicfcm aBerfe toar er Don Ootte« ®eift inf})iriert, baju Don ®otte« is
®nabe Jjräbeftiniert" ; er Dor allem follte fie an fic^ erfal^ren unb erfennen. 2)al^cr ift
jcber 5ycrfud^ über i^n i^inau^jugei^en, tooju fid^ bie ©c^olaftiter l^inreifeen liefen, mit
großer ®efa^r Derbunben.
3)ic Segriffe bed ®uten unb bc^ S3öfen toerben atö abfolute ®egenfä^e gefaxt, eö
toerben feine Übergänge ju ermitteln gefud^t, ®ott mufetc ben 3Renfd^en, toie bie ßngel, ao
l^cilig unb aud^ fclig fd^affen. ^n ben erften SKenfd^en unb in ben engein tonnte leinerlei
©ame be^ S3öfcn liegen, toclc^er ben ©ünbenfall erflärtc, aufeer ber aBillcn^frei^eit, loeldjje
burd^ bie auc^ bamate bem 3Renfc^en cintool^nenbe ®nabe unb barau^ flie^enbe ©eligfeit
nic^t gefeffelt h)ar. I)iefc grei^cit h)ar eine pofitiD gute, göttlid^e, babei aber Derlierbar,
beibe^, toeil fic [xd) ®ott nur in Siebe unterorbnetc, toorin aBe toal^re ^rei^eit liegt. 2)ie 35
ünöglid^tcit be^ ^Qe» lie^t eben barin, ba^ 9lbam ftd^ felbft um feiner SSoDtommenl^eit
iDtüen lieben fonntc. 3)ie ®nabe toar i^m Dor bem gaDe toefentlic^, nottoenbig, ein«
toobnenb, m feiner SRatur gehörig (nic^t donum superadditum). ol^ne fte ^ätte er fallen
muffen, aber jebe gute %f)at 3tbamg toar barum bod^ feine freie, Derbienftlid^c Xi}at
ßbcnfo DoUfommen freie "Xl^at toar auä) fein %aü. do
2)ic ©rbfünbe ift nid^t blofte gwred^nung (reatus), fie ift eine fid(^ fortjjflanjcnbe
böfc Unnatur; baö burc^ bie SBegierbe befleäte ^Icifd^ befledt aud^ bie ©eele unb fo ift
imfcr inncrfter aßJille unb be^ §crjenö eigenfte Suft Don ber ©ünbe gefangen. Scfonberö
fc^tocr auf bcr ©eele lajtenbe ©trafen ber (Srbfünbe fmb bie unübertoinblid^e Untoiffen^eit
unb bie böfc Suft, iDclcpe jugteic^ DoDüommene ©ünben finb; benn jcber bem götttid(^cn 85
©cfc^e unb ebenbilbc nic^t entfpred^enbe, auc^ unbetoufete B^ftanb, ift ©ünbc. 3)ic böfc
Suft ift ein l^abitucllc^ ®eh)i4lt, toelc^e^ bie ©eele gur unorbcntlid^en Vergnügung an ben
Kreaturen nicbcr^icl^t. 2)al^cr erleiben aud^ bie ungetauft geftorbenen Ileinen Äinber bie
fül^lbarcn ©trafen beö etoigen ^uer«, toa^ in einer angehängten ©c^rift Don ßonriu^
bctoicfcn ioirb. „9Jlanic^äi^mug unb $elagiani^mu^ fc^en bie 8egierbe Dor ber ©ünbe, 4f)
aiuguftin nac^ ber ©ünbe."
3;n bem Slbfc^nittc „Dom ©tanbe ber gefallenen 5iatur" toirb beriefen, ba^ toir
jmar bie ^rcil^eit ^aben, unö einer beftimmtcn, cinjclncn böfen 2;at, aber nid^t bie, un«
bc^a ©ünbigen« gu crtocljiren. I)a aber bcr 3Kcnfc^5 feinen aSillen baju giebt, fo ift e«
aud^ feine freie 2^^at : benn jur greil^eit ift nic^t reine ^nbiffcrcnj nötig, jene beftcl^t aud^ 4b
ba, too ber 2öiUc fiep gebunben ^at, fei e^ (mic bei ®ott felbft) jum ®uten, fei c^ (bei
ber fünbigen 3)tcnf^beit) jum Söfen. 2)cr britte ber fünf ©ä^e, toeld^e ber ^ft, ate
in 3^"fcn^ Sluguftin ftel^cnb, Dcrbammte, lautet: ad merendum et demerendum in
statu naturae lapsae non requiritur llbertas ab omni necessitate, sed sufficit
libertas ab omni coactione, hoc est, a violentia et naturali necessitate. ^a^GO
bie l^icmit Dcrbammte Seigre fxd), hjenn aud^ nid^t toörtlic^, in Raufen« Sluguftin finbet,
fann nac^ obigem nid^t mit Siecht geleugnet tocrben.
§ier fnüpfen fic^ einige ^Junbamentalfragen bcr3Jloral an: bcr burd^ ®otte^ ®nabe
^JJid^tbcfc^rtc J^at nur quasi-Sugenben, ba fie nic^t au« ber eintool^nenben Siebe ®otte«
tommcn, ja fie fmb ©ünben. ®iefe cd^t auguftinifcbe Seigre l^atte ber ^JJa^jft f4lon gegen 66
33aiu« Derbammt. ^janfen h)rife M nur bamit ju pelfen, ba^ bcr ^apft fie nid^t aU
fc^crifd^, fonbem barum cenfiert ^abe, h>eil fie ben Srneben ftören unb nad^ Umftänben
xHrgcrni« erregen fönnte. 33ei einem Dertoanbten StrtiW unb äfalle fagt ^an\tn, bie Rurie
^abc ^icr bem grieben ein Dt)fer gebradbt, toeU^ed fte ta>o|fl nvifi gebracht ^ätte, toenn fie
btc äluef^hlc^c ^iluguftin« unb anberer ^^te bcBjrrjjtMnt.JMtfe ^odf i^t l^anfcn am uo
592 ^nfen
©(^luRc jcine^ SQäerle^ biefe^ unb fid; fclbft bcmüttg bcm Urteile be^ at)oftonfcl^en Slui^Ic^
unterfteUt. 2)er ©ünbenfaH oI« Slbfatt be« 3Renfcl^en bon feiner gotlerfüHten Umotur
jd^ie^t bie Unfeligleit in fid^, tute bic ©eligleit toefentlid^ in Unfünbigfeit befielet. (2)amtt
c^^arolterifiert fic^ bie ^nnerlid^Ieit, bie Oeiftigleit ber Seljire S^nfenö im Unterfc^iebe bon
6 ber äufeerlid^smed^anifd^en Sluffaffung ber Sefuiten, toonac^ ber aittniäc^tige ben ©ünbcr
felig, ben grommen unfelig machen lönnte.)
2)er britte Sanb ^anbelt in jel^n Sudlern bon ber ®nabe G^rifti. §ier gilt c^, ber
®nabe ®otte^ gam allein bie @^re ju geben; jebe gute Siegung ift göttliche @nabe. 3)a
toefentlic^ ber &iue burd^ bie ©ünbe gebunben ift, fo genügt ®efe^ unb ^rebtgt, furj
10 Sele^rung überl^autot nid^t. ©ie Jinb nur SMittel, unö unferer §ä^lid^feit ju überführen,
^ie ®nabe ift nid^t blofee Offenbarung, fonbem medicinale auxilium. ßl^riftu^ ber
„^eilanbsSlrjt" be^ ganzen 5ölenfd^en. 3ie^t — pm Unterfc^iebe bom Urjuftanbe — be=
fte^t ber modus adjuvandi barin, ba| bie ®nabe bem 9)ien|d^en nic^t blofe bie ^BJög*
lic^Ieit jum ®uten ober 33ö[en, bie SBSaljilfreii^eit, fonbem ben 3BiUen unb bie %fyd, bie
16 einzelne toie ben ganjen ßl^riftentoanbel felbft, frei fc^enft. I)amit ift aud^ ®otte^ ®nabc
ftetd actualis; fie lommt immer ju il^rem inneren unb äußeren ^\d; SBoDen unb SJer«
tueigem b©^ ®uten ftei^t immer nur ®ott, leinerlei SBeife unö ju. Gratia victrix, in-
victa facit ut velint. ^er ®runb liegt nid^t im Sorauöfe^en unferer ®eneigt^eit —
benn unjer toiberftrebenber SBitte rapitur gratia — jonbem blofe im 3R^fterium beö
20 göttlid^en SBißen«. 2)ennoc^ ift ber aJlenfd^ babei nid^t tote« SBerf jeug, benn mit SRüd-
jic^^t auf unjere Slatur nimmt ®otteig SBerf ben SBeg burc^ unfern aßillen ^inburc^.
®ott giebt tool^l manchem bad SSerlangen nad^ boQtommener Siebe unb Xl^at, aber nic^t
jjcbem babei unb nic^t immer ba^ Äönnen, ba^ SSoUbringen. ^m^ Serlangen ift oft,
aber nid^t immer, ber Vorläufer bon biefem, h)ie bei ben Reiben, benen aUe S3ebingungen
26 ber toal^ren ®erec^tigleit bertoeiaert fmb.
3ine^ ®ute nimmt feinen Slnfang mit bem ®Iauben, toeld^er allein auc^ ba^ erfte
Serlangen banad^ ertoeden tann, au^ bem ®lauben folgt bie Siebe. ®ott mag einem
3Renfd(^en aui) bied geben; fd^enh er il^m aber bam nid^t aud^ ba^ donum perseveran-
tiae, fo Ijiilft e« i^m nid^tö. 6r !ann unö audp nur jeitentoeije für einzelne ^tte bie
90 gum ®uten nötige ®nabe ent^ie^en, um un^ unjere ^lic^tigteit füllen ^u laffen.
5Kad^ biejem ift e« toirfltc^ bie Seljire 3luguftin=Sflnfen^, bie ber ^i^opft burd^ bie
S3uüe bom 30. 3Kai 1653 Cum occasione in ©a^ 1, 2, 4 berbammte: 9Jämlid; ©a^ 1:
Gratia de se efficax vere, realiter et physice (nur biefen ätuebrucf ber ll^omiften
^atte Sanfen bertoorfen) praemovens et praedeterminans, immutabiliter, infaili-
36 biliter, insuperabiliter et indeclinabiliter ita est necessaria ad singulos actus,
etiam ad initium fidel et ad orationem, ut sine illa homo etiam justus non
possit adimplere Dei praecepta, etiamsi velit et conetur, affectu et conatu
imperfecto; quia deest illi „gratia qua possit", sive qua fiant Uli possibilia
possibilitate cum effectu, ut loquitur Augustinus. 9tur ba^ „etiam justus"
40 tonnten bie ^anfeniften mit einigem ®runb ableugnen. — ©a$ 2 : In natura lapsa
nunquam resistitur gratiae interiori, id est efficaci, in sensu explicito in
prima praepositione, quae secundum phrasim Augustini vocatur interior.
@a$ 4: Admiserunt Semipelagiani gratiae interioris necessitatem ad singulos
actus, etiam ad initium fidei; et in hoc erant haeretici, quod vellent etiam
46 gratiam talem esse, cui posset humana voluntas resistere vel obtemperare ;
id est, in hoc erant haeretici, quod vellent gratiam illam non esse efficacem
modo explicato in prima propositione. @nblic^ ©a^ 5: Error est Semi-Pela-
gianorum dicere Christum pro omnibus omnino mortuum esse aut sangui-
nem fudisse; quia videlicet Christus est quidem mortuus pro omnibus quoad
GO sufficientiam pretii sufficienter, non tamen efficaciter, quia non omnes parti-
cipant beneficium mortis ejus. 9la^m ^an\m mit ber latl^olifd^en Äirc^e an, ba^
ß^rifti 2^ob ben Reiben nid^t jugute fomme, fo mu^e er ed überbie^ auc^ bon bem nic^t
mit perseverantia gefegneten %Äl ber Segnabigten lehren unb leierte eö auöbrücflic^.
folgen h)ir 3«"!^^ 2Bert junäd^ft im bierten S3ud^e, über bie g^ratia medicinalis
66 Christi: SBie bie ©ünbe, fo beginnt aud^ jebe^ gute 3Berf mit einer ©üfeigfeit unb bn^-
lid(^en g^eube; baburc^ toirb ®otteö SSJiHe, fein adjutorium medicinale unfer SBiÜe.
"Simn unfer SBiße bon biefer Ijiimmlifd^en delectatione destituitur, fo ift ihm aud^ bic
leifefte Siegung nad^ bem ®uten ^in unmöglid^; tritt jene ein, fo ift fie ftct^ necessi-
tans. 2)iefe delectatio giebt und tam in appetendo, quam omittendo peccato ein
60 ®efül^l ber ^ei^eit toenigftend bon äußerem Sumng.
dattftn 593
SBtrfttngen bcr ®nabe: @rtenntnt^ unb ätec^tferttgung fmb tpoi^l eblc @aben,
bie @nabe fclbft befielt aber in ber Sintpol^nung ber göttli^en Siebe, ®otte^ felbft in
un^, aSic bie erbjünbe, fo ift ®nabe and) nid^t eine blofec äw'^w^wwncj, ein ©ebad^teg
(gegen 3lefuiten unb $roteftamcn), fonbem fräftige ßintoo^nung. 9lur bieje übertoinbet
bie ©ünbenluft unb bringt bie tool^re reelle gfr^^eit. 2)ie ^furd^t aber, aud^ bie Dor ®ott 6
unb §ölle, löft ba^Söfe nid^t Don unferem §erjen ab, fie ift felbftifd^, nid^t göttlid^. I)er
aöolf bleibt aÖSolf, ob er in ben ©tall breche ober gefc^redft jurüdtoeic^e. (§ier fc^iefet au«
ber ^erjtoui^el be« ©bftem« bie ^age Don attritio unb contritio auf, loeld^e Dr. §. Sir*
naulb in feiner ©d^rift de la fröquente communion energifd^ anfaßte.) I)er gefaHene
5Dlenfd^ mu^, um frei ju fein, Änec^t fein, aber ba e« bie Siebe ift, bie unfere ^eubigs lo
!ett entjünbet, fo U)irb unfer 3BtlIe je me^ unb me^r lebenbig @in« unb mittoirtenb mit
bem göttlid^en.
2)ie ^^Jräbeftination jur Selel^ng, ättä)auer unb ©eligfeit ift ganj freie üfyii
©otte« o^ne einen ^unlen Don eigenem 9?erbienft Don beig 3Kenfc^ Seite. ä)ic anberen
))räbeftiniert @ott jum Übel. @r liebt aud^ ba« 33erbammung«urteil, tuoburd^ er fte ^um is
etoigen Sobe Jjröbeftiniert ; ift e« aud^ nid^t gut für ben, loel^en e« trifft, fo ift e« boc^
gut, tpeil geredet. ®en ©rtoä^lten mufe aDe« jum beften, ben Übergangenen aÜe«, felbft
bie i^nen (o^ne bie ®abe be« Seljianen«) gefd^enfte Siebe unb ber ®laube, jum 3Serberben
gereid^en. 2Bie ®ott bei beiben ba« 3^^' f^*> f^ ^"^ ^'^ SDlittel bagu, bei ben 3Jers
fto^enen i^re fünbigen SBerfe. äBenn irgenb ein 3Jorl;enf4ien menfd^ltd^er @ntfd^lie|ung 20
bei ®otte« freiem ^atfc^luffe mit unterliefe, fo mü|te eine ^nbifferenj be« menfd^lic^en
2i$illen« unb bamit aud^ jugeftanben Serben, ba^ bie ^öc^fte @ntfc^eibung nid^t bei ®ott,
fonbem beim SMenfc^en fte^e. 2)ie« aße« fe|t bie freie S^at be« ©ünbenfaU« Dorau«;
(benn ^ö^fen ift entfc^iebener 3nfralat)farier, ba« ganje ©Aftern beruht auf ber ftrengften
Unlerf(|eibung be« ©tanbe« bor unb be« nad} bem ^aDe). 25
auf bie gangbaren einwürfe gegen bie im bloften SBo^lgefollen ®otte« rul^enbe
^räbeftination toirb ertoibert: 6« lönnte getoife bem SDlenfd^n leine gröftere 3w^^ffw^t
geben, tDenn fein ®efd^id ftatt in ®otte«, in feiner $anb ftünbe. %iq tann feiner
fagen, er erfülle fo feine $flic^ten umfonft, benn biefe @rfülluna ift ol^ne Weitere« ba«
©eligfte unb giebt eine ftarfe Hoffnung, bafe toir nic^jt ju ben Siserftoftenen gei^ören. 3)ie so
Üiertoorfenen bienen toefentlid^ jum geitlic^en unb etoigen Seften, jur Heiligung unb gur
SJefeligung ber 3lu«ertDä^lten, xn einem jj^ö^eren ©inne al« bie liere nacb ®otte« Drb«
nung bem "iDienfc^en bienen. ^en SrtiKi^lten toerben göttlid^e @igenfd^aften unb i^re
eigene ©ünbenfllaberei in ben Serfto^enen bargcfteDt, jene loerben burc^ biefe angef))omt
lu ben l^öc^ften Sugenben. ®ie ^aü^i ber 6rtoäl^lten ift bie Heinere. ss
^a« alle« gehört jur ©d^ön^eit unb 3Joll!ommen^eit ber SBelt, bamit ®ott unb
feine Siebe frei fei, toa« boc^ hjic^ttger ift, al« bie Don ber 5pi5iilofot)^ie be^au})tete aBill-
für be« 3)lenfc^en. I)a ®ott ben SrtDci^lten fic^ felbft, nid^t ettoa irgenb einen SSeiftanb
fc^enft, fo mu^ biefe« ^öc^fte ®ut aud^ gam Don il^m felbft abhängen.
2)afe Sif^of Stufen feinen Sluguftin fertig ^interlaffen, ba| ber I)rud burc^ brei 40
feiner ^^^eunbe beforgt toerbe, toax in ben fpanifd^en 5lieberlanben offene« ®e^eimni«: bie
Sefuiten h)ufeten ftcb noc^ Ujöl^renb be« 2)rud« Sogen ju Derfc^affen; ber 'Jiuntiu« in
Äöln fud^te ben 3)rud ju Derj^inbem unb fo bie fatalen ©treitfragen in ©c^hjeigen )u
begraben; aDein bie UniDerfität Sötoen befd^leunigte ben 9)ru(f unter ber §anb, ber 1640
tooUenbet tourbe, unb ba« fe^nlid(^ etoartete ffläerf tourbe fofort in $ari« unb Slouen nad^i 45
gebrucft. 2)ie SSuße in eminenti rügte an Raufen« SBerf 1642 bie ßmeuerung ber
Irrtümer be« Saju«, fud^te aber Dor allem ©tißfd^hjeigcn ju erlangen. 3lber erft nadj^
mcl^rjä^rigem SBiberftanbe ber Sifd^öfe, ber UniDerfitäten unb ^robinjialftänbe tourbe bie
Sülle in ben fpanifd^en 3lieberlanben publiziert unb i^re Unterfd^rift erjtoungen.
^m ©ommer 1643 erfd^ien Dr. ätrnaulb« ©d^rift de la fr^quente communion, m
morin er bie ))räbeftinatianif4en Se^ren aiuguftin^gjanfen« al« JJunbament annal^m. tiefer
aJlann tvax feit bem 2:obe i^ianfen« unb ©t. St^ran« ba« ^anpt Der janfeniftifc^en Partei, —
ba« iüngfte ber 20 Äinber be« 3lnton Smaulb 3Sater, be« berühmten STOitgliebe« be«
^Parifer ^^Jarlament«, ber burc^ feine leibenfd^aftlic^e SRebe gegen bie ^efuiten, nac^ ber
ßinnabmc toon ^ari« burd^ §einrid^ IV. 12. ^uli 1594, euro})äifd^e« Sluffel^en machte, 50
iüorauf fte befonber« infolge be« Attentate« Gl^aftel« auf ben Jtönig für einige ^üt au«
^ranfreic^ Derbannt tourben. Unter ben 20 Äinbem älnton« SSqter ragen ^erDor ^ato^
bim, betannt unter bem Äloftemamen Slngelita, bie berühmte älbtiffin toon ^ort^Sto^al,
aigne«, ebenfall« SRonne, Stöbert 3lrnaulb b'3lnbiUv, ©taat«rat, feit 1648 in 5ßort*9lo^al,
h)o feine fünf löc^ter ben ©c^leier trugen, al« föinfiebler lebenb, bcffen ©d^riften 1675 60
dtea(>(^ttci)r(opdbie fUr X^cologie uiib Stirere. 8. H. VIII. 3g
694 3^nfni
ju $arid crjd^iencn; — §cinrid^ S. i). änger^, 3Serfaffcr t)on t)olemt|c^n ©d^riften gegen
bic $roteftanten. SBier anbete Xöd^ter l[>on änton ämaulb SJater tuaren aud^ 9Iotmen
in $orts9(o^aI. 2lnton ärnaulb, ber ©o^, baö le|te ber 20 Äinbcr be« Änton 9bnaulb
Später, geboren 1612^ bon ben ^anf eniften ber gro^e 9(maulb genannt, fhibierte juerft bte
6 Sec^te, tDurbe burd(^ ©t. S^an jur X^ologie befümmt, 1641 $riefter, 1643 SRitglieb
ber ©orbonne, feit 1648 in ^ort^Slo^al, ber borjüglid^fte ber bortigen ©inftebler, bte ^
anfangt unter ©t. Strand Seitung, bon ben Öfonomen getrennt, um bad Hlofier ^enim
nicbcrgclaffen, ein Seben ber ?9ufee, SBeltentfagung unb ber ©tubien führten. 3)ie ^efutten
Ratten fc^on burc^ il^re Saj^eit in Srteilung ber ©olramente längft frommen ©eelen Stnfiofe
10 gegeben, aber babur^ aud^ biele an ftd^ gebogen, ^ie jefuitifd^e $ra^id unb SRet^obe beruhte
auf ber Siertei^rung ober ßarilatur einer ed^t ebangdifd^en Wa^me; ba^ man, um be^
empfange« be« ©aframente« toürbig ju fein, nic^t nötig ^abe, mit allerlei lugenben ge*
fd^müdt ju fein, unb ba^ man jum ©arrament fid(^ naijien folle afö ein ber ®nabe SSe^
bürftiger. i)a« erinnert an Suti^er (Srief an ©))enlein 7. Slpril 1516 bei be SEBette I,
16 ©. 16). aBa« Sut^er l^ier fagt, um einen ftrcngen ä^feten bom Vertrauen auf toteffierle
abtoenbig ju mad^en, ba« toenbeten bie gefuiten auf bie aDerentfd^iebenften SBeltlidf^n an,
rempli de Pamour d'eux m^me et si attach^s au monde que de merveüle, —
plus on est d^nu6 de gräce plus on — doit hardiment s'approcher de J. Chr.
dans rEucharistie. ©olc^c änftd^ten tourben in einer eigenen ©d^rift niebergelegt
20 älmaulb ergriff biefen älnla^, um fein ä3uc^ de la fr^uente communion ju fd^reiben,
toeld^eö ungeheuren SeifaH fanb. ©eit ber introduction ä la vie d6vote bed ^an^
b. ©ale« ^atte fein SBerf ö^nlid^en ^jn^lt« fo biel ßingang gefunben. ©o grofe luar
ba« 8ebürfni«, fo fc^reienb bie Sjtreme ber jefuitifd^en ©eelforge.
Um fo eifriger betrieben bie gefuiten bie SSerbammung ber janfeniftifd^en ©runbfö^e.
25 Stuf ber ©eite ber 3l^witen toaren bie franjöfif^en 2)ominifaner, für ^(m\^n bie 3)omi=
nüaner ©Jjanien« unb ^taK^t«. 2)ie Uniberfität fiötoen ^atte balb nac^ bem Srfd^einen
ber S3ulle in eminenti bie ©orbonne aufgeforbert, ben gefuiten bereinten 35Jiberftanb ju
leiften, bamit fie nic^t unterjod^t toürben unb verfielen toie bie beutfd^en Uniberfitaten,
auf h)elc^en bie ^efuiten SReifter feien. 3)aburd^ !onnte bie Sierbammung ber ionfe^
90 niftifd^en ©runbfö^e nur abgetoenbet »erben. ^Witten unter ben Unrul^en ber ^ronbe
1648—1650 legte Somet, ©^nbihi« ber tl^eologifd^en gafultät in ^ari«, biefer fieben
©ä^e jur Slüge bor, h)eld^e, o^ne ben SRamen ju nennen, größernteils S^nfend SeJnre
galten. Segen bie burd^ Einfluß ber Settelorben ju il^rer Prüfung niebergefefeten Äom^
mifpon proteftierten 60 auguftinifc^e 2)o&oren an baS ^rlament, toeld^em aber toeber
86 SJermittclung nod^ ber 35erfud^ gelang, bie ßinfenbung ber ©o^e nad^ 3lom ;u berl^in*
bem. Sielmel^r tourbc bon SRom auö ben Slntiianfeniften bie Verurteilung ber auf plnf
rcbujierten ©öi^e au^ ätuguftins^önfen berfprod^en, tocnn fte bem ^a))fte biefelben jur
6ntf(^eibung borlegen Mrben. 2)enn bie Kurie toünfd^te biefe ©paltung ber ©orbonne,
biefer öüterin ber gaUifanifd^en jjrei^eiten, ju benü^en, ,,um burd^ bie franjöfifd^en S3is
40 fc^öfe afö fouberäner Slic^ter anerlannt ui toerben". SBirflic^ gingen, jum Xeil auf an-
hatten aSincent« bon ^aula, 85 8ifd^öfe ^anfteic^ ben ^ajjft um fein Urteil in ber
©ac^e an. 35eibc Xeile fanbten S3ebolImä^tigte nad^ 9lom, too eine Kongregation jur
^riifung be« ©trcite« niebergefe^t lourbe. ©etang e« ben 3lefuiten nid^t, ftd^ mit ben
t^omiftifd;en 2)ominifanem ju berftänbigen, fo glüdtte eS il^nen boc^, bie franjöpfd^en unb
46 bie nieberlänbifd^en Stuguftinianer ju trennen. 2)er 5ßa^ft 3i"nocenj X. (1644—1655)
gab am 30. 3Wai 1653 ber Sülle ,,cum occasione" feine Seftätigung, iüoburd^ obtn ge=
nannte fünf ©ä^e „auS 3i^"f^"^ Sluguftin" bcrbammt tt)urben. [lejt in Magnum Bullar.
Rom. T. V. p. 486, h)o aud^ bie fünf ©ä^e ftcl^en: (Srfter ©a$: einige Oebote OotteS
finb für bie ©ere(^ten unmögli^ — felbft bie ®nabe, tooburd^ biefe ®ebote i^nen mög=
60 lid^ gemacht toerben, mangelt i^nen. 3^^^^^^ ®ö^ • ^^" toiberfte^t nie ber innerlichen
®nabc im ©taube ber gefallenen 9latur. 2)ritter ©a^: Um im ©tanbc ber gefallenen
SRatur 9?crbienft ober ©d^ulb ju ^aben, ift eS nic^t nötig, baß ber ÜRenfd^ eine ber
(inneren) SRottoenbigfeit entl^obene ^ei^eit ^abe. I)ie be« (äußeren) 3h)angeS entl^obene
^ei^eit genügt. JJierter ©a^ : 3!)ie ©emij)elagianer gaben bie SJottoenbigfeit einer inneren
66 juborfommenbcn ©nabe für jebe (gute) ^anblung ju, fogar für ben Slnfang beS ©laubenS;
fie loaren aber barin ^äretifer, baß fte iDollten, biefe ©nabe fei eine fold^e, toeldj^ ber
Söille be« 3Wenfd^en foioobl toiberftel^en aU ge^orc^en !önne. fünfter ©a$: 6« ift
emi))elagianifc^e ©efmnung ju jagen, ßi^riftu« fei geftorbcn unb l^abe fein S3lut bergoffen
ür alle SMenfd^en. (S« fällt auf, baß biefer ©o^ nic^t toie ber anbere für ^äretifc^,
Gofoubern für falfd^, bermeffen unb anftößig ertlärt n)irb, freiließ folgt ein fel^ fbctngef
^nfett. 695
Urteil : mirb er (bcr ©a^) fo berftanben, gl^riftu^ fei nur für ba« ©eil ber ^räbeftinierten
geftorben, fo erHären U)tr ben für gottlob, gotte^Iqierltcl^, beleibigeno unb l^erabfe^enb für
bic ®üte ©otte« unb für l^äretifd^ (nad^ Stcud^Kn I, 606).j 2)iefe aulle tpurbe auf
Setrieb 3Kajarin« unb ber ^efuiten, ob fie gleid^ toeber bie Seftätigung ber Äleru«*
Kongregation nod^ beig ^orlament^ erhalten l^atte, juerft bon ben „§ofbif4löfen" in i^re r>
2)iörefen gejd^idt; anbere folgten. 2)ie Sanfentften erllörten fid^ bereit, bie fünf ©ä^e in
i^rem fe^erifc^en ©inne, ober nid^t al« ©ä^e S^wf^^/ ^- ^- «iät in bem ©inne, toeld^en
fie bei i^m ^aben, gu berbammen. Tlan unterfd^ieb immer mel^r ba« droit, bie 6nt*
fd^eibung über ben ©lauben^unlt, bon bem fait, ob bie 3lnlcl^re ber fünf ©ä^e in
^anfenö Sluguftin ftd^ finbe. 2)ie meiften 3Sowf^iften bel^ut^teten, ber $a))(t lönne jH>ar lo
nid^t in ber ©lauben^le^re, too^l aber über ein gjaltum ftd^ irren. ^edl;alb erflärte am
29. ©et)tember 1654 ber ^Popft, bicfe berbammten ©ö^e finben fic^ in ganfen« Sluguftin unb
ibre SSerurteilung, cii Se^re Saufend, muffe unterzeichnet toerbcn, bei ©träfe, Krd^lid^e
aöürben, Siimter, ©intommen ju berlieren. ^unberte bon bi^l^erigen „Parteigängern ber
©nabe" unterjeid^neten je^t unter fribolen Keberlid^en 38ortoänben. i6
3Bäl^renb beffen bertoeigerte am 24. gebruar 1654 ein ©eiftlid^er in ber Äird^e ©t. ©ulj)ice
ju 5ßarig bem §erjog bon Siancourt bie Slbfolution, toeil er einen bie Unterfd^rift ber*
iucigemben 9lbb6 in feinem §otel ^attc. D. ät. Slmaulb liefe barüber ben „Srief an
eine ^erfon bon ©tanbe" brudfen; barau« tourben bon ben ©egnem fogleic^ Jtoei ©ä^e
au^e^oben : 1. bie ©nabe, ol^ne h)eld(^e n)ir nid^t^ ©ute^ fönncn, ^atk $etrum in bem 20
Slugenblidfe berlaffen, ba er ben §erm verleugnete. 2. 3!)a einmal nid^t jeber pd^ babon
überzeugen fann, bafe bie fünf berbammten ©ä^e in ^an\^ feien, fo genügt fd^toeigenbe
soumission de respect unter biefe J)äj)ftlid(^e ©ntfc^eibung; bie soumission de oroyance
fann nidbt für ba$ fait berlangt Serben, älmaulb n)irb beiS^alb 31. l^anuar 1656 nad;
hartem Äamj)fe Don ber ©orbonne au^efd^loffen, mit i^m treten 80 ^oltoren au«, toeil 25
fie feine Sluöfc^liefeung nid^t unterfd^reiben toollen. ^nit^ begann ^a^col in feinen
crften lettres ä un provincial bie I^omiften ju geißeln, toeld^c in i^rer äufeerlid^en,
med^anifc^en tJ<*ff""Ö ^^ ^ßräbeftination mit Sluguttin-Sönfen bie ben Sribentinem unb
ben 3lefuiten anftöfeigen ßärten teilten, aber nid^töbeftotoeniger gegen Raufen unb ämaulb
ftimmten. 3)ie fd^olaftifc^e ©ubtilität ift in biefen 95ialogen mit ber Äeinl^eit unb ©atire ao
eine« 3Woliere burc^fid^tig unb läd^erlidb gemad^t. 3)er ungel^eure Seifall liefe ^a«cal in
ben f olgenben Sriefen jum Singriff auf bie Äafuiftil unb bie S5eid^tfhi^l'3Koral ber ^efuiten
übergeben. SBääl^renb baburd^ bic ©cbilbeten uno bie Sac^er gewonnen lourben, flöfetc
bie h)unberbare §^Hwng einer Slid^tc $a«cal« in bem janfeniftifd^en grauenflofter ^ort-
Storni ben 3lnbä(|tigen ©d^eu ein. Die berül^mten „Sinfiebler", bie eine jeitlang ^Jort« 85
9tol)al l^atten berlaffen muffen, lonnten fid^ toieber in ben §öfen um ^ort-9loVai be«
ei^amp« fammcln, beffen Slütejeit je|t eintritt, aber bic Parteinahme ^ort^Sloi^ate für
ben jrü^cr aufrü^rertfc^cn, bcrbannten ©rjbifd^of bon 5ßari«, in toeld^em man bie Unab«
pngigleit be« (g})if!ot)at« bebrobt fa^, bcranlafete Subtoig XIV. am 13. 2)czember 1660 bcr
aSerfammtung be« franjöfifd^en Äleru« ju erflären, e« fei il^m ©etoiffen«fad^e, ben ^janfeni«« 40
mu« auszurotten. 6« tourbe ein 5«>i^mular aufgefegt, tryoxxn bie Serbammung ber fünf
©ä^e 3ianjen« auSgefprod^en toar; bie Quälerei mit ber Unterfdf^rift beSfelbcn erging nun
loicber über 9lonnen h)ie Äleriler. ^ie fid^ SBäeigcrnbcn tourben gefangen gefegt, ©ac^,
einer ber tüd^tigften ?!)fänner bon $ort=9lo^al, in ber SaftiDc. 2BäI;renb $a«cal felbft
bie 2^f)u ber fünf ©ä|e ju berteibigen geneigt h)ar, fe^te 9lmaulb e« burc^, bafe bie 46
!3anfemften bei ber untcrfd^eibung bon fait unb droit beljiarrten. I)er ^<üp\t Sllc«
pnbcrVII. (1655—1667) ^attc fid^ aber längft gegen bie Sanfeniftifd^e Sluffaffung erflärt
unb am 16. Cf tober 1656 burd^ bie Äonftitution „Ad Sanctam Beati Petri Sedem"
(Magn. Bullar. Rom. T. VI, p. 46 sqq.) bie „res facti" bal^in feftgelegt, bafe ^a\\\m
bic fünf ©äj^e im bertoerflic^en ©inne geleiert l^abc. 3m Solare 1664 (18. Sebr.) bcrlangtceo
er burc^ eine neue Äonftitution (j)ubliziert 1665) bon allen SBelt^ unb Drbcn^ciftlid(^en
bic aincrfennung ber })äj)ftli(^en ßbitte bon 1642, 1653 unb 1656 burc^ eine mm
Untcrfd^riftSformcl. Siele Sifd^öfe gaben bei bcr Unterfc^rift ßrltärungcn, toclc^c bic
Scl^rc 3luguftinS bon ber ©nabe fd^ü^cn foDten, ju ^rotololl. 35icr Sifd^öfc gaben nur
baS Jkrjprcd^en eines respectueux silence über baS fait unb liefecn bicfe i^rc Grllä^ 66
ningcn brucfcn. ©egen bicfe follte ftrafenb borgegangen Ibcrbcn. äBein ba 19 anbere
ä^ifc^yöfc bic ©ad^e jener zu bcr übrigen maö^tm, tourbe eS ber Kurie unb namentlich bem
Äönige bcbcnflid^. ^ttyax loar er burd^ baS S^lcrlangen eincS SrebeS gegen bie bier
S8if4>öfe gebunben ; er nal^m eS aber gerne an, bafe ganz Ö^^^^int bon franjöfifc^cn 35ifc^öfcn
in 9lom ein SBeg im SJcrftänbigung eingefd;lagen tourbc. 3)icfcr beftanb im ©runbe 00
38*
596 S^nfeii
auf bcr Unterfd^cibung öon fait unb droit unb bem respectueux silence. 3)cr ?ßa|)P
Slcmen« IX. (1667—1669) gab am 28. @ct)tember 1668 in etnctn Srebe bie erffärung
feiner Sefriebigung unb \pxai) bem Äönige feinen 2)anl für bie griebengDermittleung ou^.
3)iefe „paix de Clement IX." toar offenbar eine 9lieberlage ber fiurie, tuelc^e bomit
6 belannte, bafe fie ber 6ad^e nid^t SKeifter fei, fobalb ber Jlönig nid(^t guten SBillen geigte,
noc^ feinen toeltlic^en 3trm jur Seftrafung bot. 2)ie Äurie touftte biefe 2j^atfa^c px
ber^üllen, unb bieö gab i^r flpöter ben Sortoanb, ate fei fte Don ben Unterl^änblcm ge?
taufest tporben, obgleich einige Sifd^öfe öffentlich unb berb obige 2)iftinftion bon fait unb
droit au^fprad^en.
10 Sitte ieile toaren Dorerft fd^einbar bamit befriebigt, ba^ bie S^nfeniften i^re ,,golbenen
gebem" i^aut^tfäd^lid^ gegen bie Sieformierten rid^teten.
2)er Äönig l^atte gel^offt, in ber ärgerlichen ©ad^e, über toeld^e fid^ bie 2)amen ber
l^öd^ften Äreife geftrittcn Ijiatten, burd^ ben 3?ergleid^ bag Unmöglid^e, Stulpe, b. ^. ©titts
fd^toeigen, ^u erlangen, ©c^on 1676 erlief er au« feinem Sager eine ©rllärung gegen
16 bie ©treitigfeiten über bie Unterfd^rift im S3i«tum Slngerd. 3^ feinem Sefremben unb
ärger fd^rieb namentlid^ Slmaulb in ber Slegalftreitigleit (f. ,,9legalie unb ©treit barüber"),
unb einige jjanfeniftifd^e Sifd^öfe nahmen unerfc^roden Partei für ben ^Qp\i, loelc^^er bie^s
mal auc^ bie Siechte ber S3i[d^öfe gegen bie Ünumfc^rän!t]^eit ber 5trone in ©c^u4 na^m.
3J2an tryw^U, ba^ älmaulb unb 92icole SJlaterialien ju ben 65 ©ö^en la^er jefuitifc^
20 Äafuifti! gegeben Ratten, toelc^e ber $at)ft am 2. 3Kär^ 1679 toerbammte. 2)er Äönig, feinen
Süften unb jejuitifd^en Seid^ttnitem immer me^ öerfatten, \Qi) biefe« atte« ate perfönlic^
Kränlung an unb ämaulb flüd^tete im ©ommer 1679 in bie jj)anijc^en SRieberlanbc, too
er bi« ju feinem 3;obe, 8. 2luguft 1694, unermüblid^ tl^ätig toar. (©eine ja^lreic^en
©duften fotoie Jold^e, an toeld^en er beteiligt \t>ax, unb feine ©riefe tourben gefammelt
26 unb mit ßinleitungen unb ©utad^ten herausgegeben. 3Man hoffte fie aU unüber«
fteiglid^e« SSotttoerf bem einbrec^enben SoltairianiSmu« entgegenjufteUen. 3:itel:
Oeuvres compl^tes de Mr. Antoine Arnauld, Lausanne 1775 — 1783, 48 Sbe in
4**. 2)a« §erj be« unermüblic^en ©treiter« tourbe nad) ^ort^Slo^al gebracht.) 9lac^ ben
9lieberlanben Wax il^m, ba nun felbft im Oratorium bie janfeniftifl^e ^?5artei gef^redft
30 toar, Due«nel 1678 borangegangen, ber Senebiftiner ©erberon folgte il^m 1682 nac$.
©ine neue 3Benbung, einen untoer^offten 3lufjd^ioung, na^m ber erlal^menbe 3<^fe=
ni«mu« burd^ ba« neue leftament, toeld^e« 1693 Due«nel mit erbaulichen Slnmerlungen
Verausgab unb StoaiUe«, bamal« Sifd^of öon S^alon«, bebijicrte. (6« fül^rt balb ben
Xitel Le N. Test, en franQois avec des reflexions morales, balb: abr^^ de la
35 morale de TEvangile, balb Pens^s chr6tiennes sur le texte des sacr^s livres.)
Subor aber fottte ber 3anfeni«mu« ber erften »^^criobe, Söffen«, ätmaulb« unb ^ßorts
Sto^al«, )um Stbfd^lu^ fommen. ^ie ftrenge, getoiffenl^afte ©eite, toeld^e für ba« fait
nur ba« silence respectueux anerfannte unb be«^alb Die SSerbammun^ ber 5 ©ö^e
al« ber Se^re Raufen« öertoeigerte, toar in bem berühmten Äirdf^en^iftonfer a^ittemont
40 öertreten. (Sin unter ben 3janfeniften felbft barüber au«gebrod^ener ©treit, cas de con-
science, öeranla^te bie 1701 erfolgte ^eröffentlid^ung eine« janfeniftifc^en ©utac^ten«,
loonac^ man ba« Formular unterfd^reiben unb fo in feinen ämtem bleiben fönne, auc^
tocnn man an bie Sntjc^eibung bc« ^ajjfte« über ba« fait nic^t glaube, unb biefe« ®uts
ad^ten ber berftecften ^^'^l^'^if^^o^^^i öeranla^te ©c^ritte junäc^ft be« Äönig«. 3)er
46 greife 2ubh)ig, immer eiferfüc^tiger auf feine Slutorität unb geneigter, ftc^ ber 35erjei^ung
feiner Safter burd^ SSerfolgung ^u toerfic^em, toanbte fic^ bereint mit bem je^t bourbonifd^
gett)orbenen ©panien an ben $a))ft Giemen« XI. (1700— 1721), toelc^er biefe (Gelegenheit
gern ergriff, in ber gattifanifd^en Äirc^c eine ©c^eingemalt ju üben unb 15. 3wli ^705
bie SuUe Vineam Domini erlie^i. I)arin tam er auf ba« frühere SSerlangen ber
60 gläubigen 3Serbammung ber fünf ©ö^e al« Seigre 3;anf^« o^nc atte SRcftriltion mit 3Wunb
ober §er5 jjurücf. 3)a bie SRonnen toon ^ort-Sto^al fic^ Weigerten, bie SSutte ju untere
fc^reiben, h)urbe ba« Älofter 1709 aufgel^oben unb 1710 abgebrochen. Subtoig, für ben
e« feine ^^irenäen mc^r gab, lonnte e« nid^t länger ertragen, bafe ein Häuflein SJonnen
einige ©tunben bon Serfaifle« il;m irgenb äBiberftanb ju leiften toage.
55 33ei biefer legten Äataftrojj^e ^ort-SRo^^al« toar ber inbe« jum ©r^bifc^of bon J^ari«
erhobene Äarbinal 9loaitte« t^ätig getoefen, er ^atte jloar toon ben 5ionnen bon $ort^9totoal
für bie J)ä>)ftlic^e ßntfc^eibung über g^nfen« Se^re nur einen menfc^lic^en &lanbm(V.)
verlangt, aber fic^ fc^on babei je nad^ bem 2Binb in ben ^öc^ften, namentlicb fönigli^ien
Siegionen gebre^t. 9Wit bem bon i^m bef^üfeten Due«nelfc^en 5leuen 2^eftament, für
tio toelc^e« auf feine ^eranlaffung Soffuet gefdj^rieben ^atte, mar auc^ bie ^^erfon be« Jtar>
^ffit 597
binaWSqbifAofö burc^ bic bcn S^^fwttm jugcfd^obcnc ©d^mä^fd^rift probl^me ecclesias-
tique bcr Äe|crci öcrbäc^tigt hjorben. 9)a 'JJoaißef^ bcr SJcrfammlung bcr franjöfifd^cn
Stfc^öfc präfibicrtc, tocIAe gegen bie unmittelbare ßntfd^eümng be« ^(qjj'tc« in ber SuDc
Vineam bie Steckte be^ ©ptffopat« tooi^rte, In erfter S^ftanj §u urteilen unb j)ä^)ftli(^c
ßntfc^cibungen burd^ feine annähme gültig ju mad^en, fo erreid^tc ober beobftd^tigte bie 6
fturic mel^rere ^to^dic jugteid^, inbem fie burc^ ein 33ret)c bon 1708 ba« Que^nelfd^c
313; ipegen janfeniftifd^er unb anberer irriger Seigren Derbammte unb baö fiefen be^felben
verbot. 2)ic Semüi^ungcn ber Spulten, toenigften^ einzelner, bie Sifd(^öfe jur Unterfd^rift
unb beren Stnbcfe^lung ju behjegen, ertoiberte ber Äorbinolsgnbifc^of burd^ ßntjie^ung
ber 33olImad^t für bie meiften 3>^u'^^ i« feinem ©J)rengel 5Beid(^te ^u ^ören. 3)iefe lo
blieben i^m ben 2)anf bafür nid^t lange fd^ulbig. 2)er Äönig hjurbe burc^ feinen Seid^t^
Dater, ben ftarren 3S^f"^*^ 2c Sellier, betoogen, ben gögemben ^at)ft ju einer SSerbams
mung bon ©ä^en ju behjegcn, toeld^e 2e leHier au« bem 912^ Que^nel« au^e^oben
^attc.
2)er Jturie bot fu^ babei ©elegenl^t, namentlid^ aud^ gegen bie bon ben ^anfeniften i5
bcrfod^tene Se^re aufzutreten, bie Saien, ja bie SBSeiber ^aben ba« SJed^t unb bie $flid^t,
fid^ burd^ Sefen ber J^eiligen ©d^rift ju erbauen unb ju belel^ren; tooju laufenben bie
bon ©ac^ berfa|te ÜberfS^ung, ba« N. Test, de Mons, biente.
I)iefe 9Jlotit>e behjogen bie Äurie ju ber Suüe Unigenitu« Dom 3}obember 1713.
3!)arin toaren 101 ©ä^e au« Due«nel« 31X aö jum S^eil janfeniftifd^ ober fonftzo
^retifd^ Derbammt. darunter fanben fid^ aber nid^t blofe fold(^e, toelc^e beinahe bud^:«
ftäblic^ in ber ^eiligen ©d^rift unb in Sluguftin ju lefen finb, fonbem auc^ fold(^e, bic
ganj tribcntinifd^ lauten, j. 95. ©a^ 2: 2)ie ®nabe 3. ßi^fti ift gu allen guten SBerfen
nötig, ol^ne fte fann nid^t« (toal^rl^aft ®ute«) gefc^e^en. @a^ 26: @« h)irb feine ®nabe
anber« al« burd^ ben ©lauben erteilt. ©a$ 29 : Slu^er ber 5{ird^e toirb teine ®nabe 25
gefc^enft. ©o^ 51: 9)er ®laube rechtfertigt, loenn er toirtt; er toirft aber nur burd^
iiiebe. 35ei biefem mu^ man bebenfen, ba| eben bamafö bic Sefuiten, jumal Sc Xellier,
toegen d^riftlic^^^eibnifd^er 9leligion«mengerci in Sl^ina angeUagt, einen üblen ©tanb Ratten.
Um ftd^er ju ge^cn, lourbe bie Sülle ber 3Scrfammlung be« franjöftfd^en Rleru«
borgelegt; bie Wei^rjal^l nat;m fte an, 9loaille« berbot )toar bo« 93ud^, tDoUte aber bor so
toeiterer Slnna^me ber SuDe bom $a))ft berfd^iebene @rläutcrungen berlangen. Sa« $ar«
lament ge^orc^te jtoar bem Sefe^l be« Äönig«, bie Sülle in bie SReid^efc^e einzutragen,
erinnerte aber, ba^ bie Slnftd^ten ber Sülle bon ber ©jlommunifation nid^t ber Streue
gegen ben ^nig nad^teilig fein bürften. Sic ©orbonne f^altete f^d^ in mei^rerc älnftd^ten,
einige ber angefe^enften Selber ber Ideologie tourben au« $ari« bertoiefen ober i^nen 36
ba« ©timmre^t genommen.
Ser 5tönia, nic^t getool^nt, irgenb äBiberftanb )u ertragen, badete burd^ ein ^totional«
fon^il ber ©ad^e ein @nbe ju mad^en, auf toeld^em fein Seid^tDater eine 9toDe felbft über
bcn berl^afeten Äarbinatgr^bifd^of ju fpielen l^offtc. allein ber "^cCp^i hJoHte bon einem
fo gefä^rlid^cn aJlittel nid^t« l^ören unb ber altgallifanifd(^e 9ledS>t«lebrer 2)ut)in brachte 4o
Scbenfen bagegcn Dor, bic aud^ für unfercSage nid^to^nc 3intercffe fmb: „ber Äönig !ann
nic^t jugeben, bafe ber ^^aj)ft ba« Slationallonjil berufe, ber ^a))ft aber toirb il^ biefe«
Siedet nid^t zugefte^en. ^Jerner: man fann boc^ barin bie ))ätoftlid^en Segaten nic^t präfl»
bieren laf|cn". ©0 l^interliefe Subtoig XIV. bei feinem ©terben am 1. ©ct)tember 1715
bic Slngelcgen^cit be« ?[anfeni«mu«, tocld^c er über ein l^albe« S^^^^^bert auf allen 45
Söcgcn beizulegen gefugt l^atte, in ber größten Verbitterung unb Ssertoirrung.
2)a« ^o^e 2llter be« ftönig« ^atte finge Äarbinäle belogen, bon (grlaffung ber Sullc
abzuraten; i^re Sefürd^tung erfüllte fu^ je^t. Subtoig XIV., toelc^er ben ^(tip\t bazu
aufgcforbert l^attc, ^atte il^m zu jeber Sergetoaltigung ber toiberftrebenben ®ehnffen feinen
2lrm leil^en muffen. 2lber ber fribole SRcgent, ber Öcrjog bon Drlean«, füllte nid^t ein* so
mal fo Diel ^rd^t bor ber öölle, baft c« il^m ber ?ülü|e tocrt getoefen toärc, toie Slic^elieu
unb i^ubtoig XIV. für bie jefuitifd^e änfid^t, bafe jene gurd^t mit bem ©aframente ©ünben*
Vergebung beiüirfe, Partei m nel^men. Sie Slnftd^ten beibcr Seile galten il^m für 3;i^ors
Reiten; bic Verbannten fe^rten zurüdf, bie ©orbonne toollte bie Sufie nid^t angenommen
l^aben. ^^t galt e« zu i^\%m, loa« ber $aj)ft mit bcn il^m zuftel^enben 3Jlitteln, zumal 65
gegen Sifc^öfe, bermöc^te. ©r bebrol^te 1716 bcn zum ^räfibcnten be« ®etoiffen«rat«
ernannten JJoaiHe« mit ©ntfe^ung bon ber Äarbinal«toürbe, ja mit bem Sänne. Stber
ein 2:cil ber bi«^er untertl^änigen Sifc^öfc Verlangte bom $a^)fte ie|t aud^ ßrflärungen.
Über ber lieberlic^en, d^arafterlofen ^^ipK^^^ning ber 3Jlcinungen biefer ^errenlofen ^erbc
erl^ob [xi) am 1. SKärz 1717 bic 2lppellation mel^rerer Sifc^öfe bon bem ^apfte unb feiner eo
598 ^atifen
SöuIIc an ein fünftigc^, attgcmcinciJ Äonjil; btc Suttc, crtlärtcn fic, greife bie latl^oHfd^e
@(auben^' unb Sittenlehre an.
3i^nen ixatm gegen jtpanjig Sifd^öfe, aufeer ber 5ßarijer nod(^ jtüei tl^eologifc^c "^luU
iäkn unb ein großer, unb fioax n\d)t ber fd^led^tere icil ber SBelt- unb Äloftergcifttic^fcit
6 bei. ©ie nannten ftd^ äppeüanten, i)on ben Oegnem tüurben fie 3fl^f<^"ipc" genannt,
^um 2^eil mit Unred^t. 9(ud^ 9loaiQe^ trat öffentlid^ bei, nad^bem er umfonft )u t>er'
mittein gejud^t, ber ^Q!p\i bielmel^r im Srebe Pastoralis officii aHe, toelc^e ber SuDc
Unigenitud ntd^t gel^ord^ten, aud^ toenn fie Äarbinäle feien, ejlommuni^iert ^otte. 2ln ber
©J)i$c ber Ultramontanen ober 3lccej)tanten ftanb aJlaiDv, (Srjbifc^of bon Sl^eim^; ein
10 l^eftige^ ©d^reiben be^jelben an ben Siegenten, toelc^er am licbften aßen ©(^toeigen auf-
erlegt ^ätte, tourbe auf Sefel^l be^ Parlament« bom genfer verbrannt; ber ^at)ft aber
ernannte il^n fofort jum Äarbinal.
3nbe^ ber 3Kinifter 2)uboig tooDte aud^ Äarbinal toerben unb ber JHegent toollte •
ungeftört ftd^ amüfieren. ®a^er tourbe baö SSerbot be^ 3^i^t)utieren^ über bie 33uffc ge=
löfd^ärft, ba^ Parlament mu|te fie 1720 regiftrieren. I)er alter^fd^toac^e SRoaille« fügte T\ö)
nod^matö unb unbebingt. ^an berüdftd^tigte inbed bie äl^^eDation unb bie gaQitantftpen
älnftc^ten bom 9led^t bed @pifto]|)at^ infotoeit, ba^ man bie ßuftimmung^erflärungen ber
. nic^t franjöfifc^en fatl^olifd^en Sifd(^öfe jur Sutte Ungenitu« beibrachte. 9lur ftarrc äj)eHans
ten, meift Pfarrer, beriefen fid^ auf ben Unterfc^ieb jtoifd^en ber ecclesia congregata
20 unb ber dispersa. 5Wodb ftrenger trieb eö %l^tt), 5Dlinifter be^ trägen Subtoig^ XV.
unb Äarbinal. 9)er Sifd^of ©oanen Don ©enej in ber 5ßrobence, toelc^er unter anberem
in einer ^aftoralinjhuftion Due^nete SRX empfahl, hjurbe 1727 burc^ ein ^roDin^iials
lonjil entfefet unb fein babei t^ätiger Srjbifd^of erj^ielt ben Äarbinatel^ut. 95ci ber
äl^peQation oe^arrenbe Senebittiner unb J!art^äufer flüchteten nad^ Utred^t, h)o ftc^ bad
26 (grjbi^tum mit jtoei ©uffraganbifd^öfen Don JHom faftifd^ lo^fagte (f. b. 31. 3lött^niften=
lirqie ©. 599 ff.). I)ie Dratorianer bertoeigerten auf il^rem ©enerallonbent 1727 bie Slnna^mc
ber Sülle. 3^re Unterrid^t^nftalten, toeldj^c benen ber 3l^fwiten Äonfunen^ machten,
tourben gefd^Ioffen. Slac^bem bie SBiberfpenftigen au^gefd^loffen toaren, mufete bie Äon=
gregation auf löniglid^en Sefe^l 1746 bie Sutfe annel^men.
30 3"^#»^ ^Ätt^ *>Ä^ niebere SSolf auf feine SBeife bie ©ad^e ber Sl^jjellanten in bie
§anb genommen, granj bon^ari« toar 1727 infolge feiner ©elbft>)einigungen unb fßx^
teften freitoilligen 8trmut mit feiner 3lj)pellation in ber ©anb geftorben. Slad^bem f(|ion
einige tounberbare Teilungen gefd^el^en toaren, toel^e afe bie l^immlifd^e Sled^tfertigung
aj)})ellierenber Oeiftlic^en erfc^ienen, gefd^a^en bergleic^en auf ^ariö* Orabe; felbft Äinber
36 gerieten auf bemfelben in ÄouDulfionen unb Serjüdfungen, in benen fie gegen bie SuUe
jeugten unb j)roj)l^ejeiten. Ungläubige tourben Don ber Slnbac^t unb bem gfcmatidmud
ber 2!aufenbe, bie um fein ®rab auf bem Äird^l^ofe Don ©t. 2Ketarb in ^ariiS fnieten,
fortgeriffen. I)er Äönig lie^ 1732 ben Äirc^(>of jumauem unb militärifd^ abfperren.
9lber in Käufern unb Äonbentileln tourben bie ÄonDulfionen gesteigert, bie ÄonDulfionäre auc^
40 burd^ ©Aläge unb treten auf bie S3ruft erregt, fold^en „secours" l^atten bie fionbulfionärc
felbft fid^ erbeten. 6« iüurben grofee Sudler Don Slugenjeugen barüber gefd^eben, benen
Deranfc^aulid^enbe Äu})ferftic^e beigefügt toaren. 3)er ^Parlament^rat SBontgeron, toeld^er
fein Steerf bem Äönige übergab unb babei gegen bie 35ulle eiferte, ftarb in ber Saftifle.
e^ entfpann fid^ Uneinigleit unter ben ÄonDulfton^läubigen, ob ben gfftatifc^en obiger
46 secours ju leiften fei ober nic^t, unb fo unterfd^ieb man ©eturiften unb Slntifefuriften.
Seiben ftanb feft, bafe burc^ folc^e 2ßunber ®ott ber Sülle UnigenituiJ entgegentreten
toolle, ba^er fie Don ben ^efuiten unb i^ren Slni^ängem für S^eufefetounber erllärt tourben.
3lud^ beutfd^e Ideologen, toie Sefe, 9Ko^l^eim, befaßten fic^ mit ber SBa^r^eit unb Se=
beutung berfelben; bie ©fej)tifer fanben SSeranlaffung, bamit ben SBunberbetoeiö be^
60 Sl^riftentum^ ^u erfc^üttern. S^eiltoeife Derliefen fid^ bie ÄonDulfionen au^ in Äreujigungen
unb — fd(^auerlicbe SBolluft.
2)ie S^wfcniften ber erften ©eneration l^atten barauf gebrungen, ba^ man bei feinem
orbentlid^en Pfarrer beid^te, nid^t bei Settelmönd^en unb ^^fwi^en; bie Unterbrüdhing
brachte fie je^t barauf, aj)j)ellantiftifd^en ^Prieftern ju beichten; tooHten fie aber lirc^lid^e^
66 Segräbni^, fo mußten fie auf bem 3:otenbette bem orbentlic^en Pfarrer beid^ten. 3)ic 3^
fuiten betoogen bal^er ben ßrjbifd^of Seaumont Don $ari^, feinen Pfarrern ju befehlen,
nur folc^en bie le^te Slbfolution unb fird^lid;e« Segräbni« m getoäl^ren, toelc^c burc^
Seid^t^ettel betoeifen tonnten, ba^ fie bei gefunben Sagen i^ren orbentlid^en Oeiftlic^en
gebeichtet l}ätUn. I)a im 3Märj 1752 ein Pfarrer auf biefe^ ^in bie 3lbfolution Der«
00 toeigerte, lub baö Parlament ben (Srjbifd^of — jtoar umfonft — Dor unb bro^te i^m
dfanfen dlattfeittfteiiltrii|e 59»
mit ©J3crrun<^ feiner Sinfünftc. S)ic« flcfd^ai^ benn aud^ tüirflid^ am (gnbc beö ^al^rc«.
3!)ie metften Sifd^öfe nahmen für ben gr^bifc^of, für Da« unbefd^ränftc Stecht ber Äird^c,
über bie ©aframcntc ju ijerfügcn, bie Parlamente für bad 5Parifer Partei, tüeld^eö bic
Steckte ber Sürger gegen Unterbrücfung befd^trme. 2lfö ber Äöniß bemfelbm im ^ebruar
1753 ßinmifc^ung in geiftlid^^^ Slngelegen^citen Derbot, fo erHärte e^ ferne 2lmt«tl^ätiöfeit 6
für fu^penbiert. S)ie SKitglieber be^ Parlament« lourben Derbannt unb aerftreut, aber ob=
Qkxi) ungebeugt 1754 jurücf gerufen, unb ber ©rjbifc^of, toeld^er bei feiner SSerorbnung
über SBertoeigerung ber äbfolution bei^arrte, tpurbe Derbonnt 2)ic Sifd^öfe baten mit
Unterftü^ung bed JliJnig« nun ben5ßa))ft um ©ntfd^eibung, toelc^er fe^r Dorftd^tig über bic
SuHe Unigenitu^ fid^ auäiefe, inbem er nur ben öffentlid^, ja gerid^tlid^ anerlannten lo
Oegnem berfelben bie ©afromente bertoeigert toiffen toollte. SDerÄönig t)erU)ie« bieÄIagen
über ©alrament^ertoeigerung an bie geiftlid^en ®erid^te, aber mit 9l))t)e(Iation$re(l^t an
bie tocltlid^en.
Über bie Aufregung, toeld^e ber SBertreibung be« gefuitenorben« boranging, ber*
ftummten obige ©treitigleiten. ©in S3Ub ftettt ba« biefe Sluflöfung . auöfpred^enbe $arla- 16
ment mit hm geuerjungen be« 1^1. (äeifted bar. Äonbulfionäre Ratten fc^on ben ©turj
be^ 2:^rone« toorau^efagt I)er bereinte lird^Iid^e unb bürgerlid^e 2)rucf brad^te eine um
natürlid^e SSerbinbung üon emfter, a^fetifd^er fjrömmigleit, bon ganati^mud, bon Unglauben
unter bem 9Jamen ^anfenidmud in ben Igaljinej^nten bor ber Slebolution l^erbor. 2)er
trefflid^e ©i^monbe be ©i^monbi er^ö^Ite 9leu($Iin, er ^abc in feiner SJwfl^b ^<^^ ^Kit^ 20
glieb eine« fübframöfifd^en Parlament« fagen gehört: ja, id^ bin Slt^eift, aber ein jan^
feniftifc^er. aJlan l^atte bie ^eimlid^e, einmal in ben Äeuem ber ^olijei berborgene treffe
mit Äiiü^n^eit benü^en gelernt. 3)ie Sitteratur über biefe ©treitigfeiten bon ber Sulle
Unigenitu« an beläuft fi$ auf ber großen Sibliotl^e! in ^ari« auf 3 bi« 4000 Sänbe,
5um a^eil glugfd^riften. 3)ie ^farrgeiftlit^, toeld^e 1789 in ben Sleic^ftänben im ©taub 25
beg Äleru« fafeen unb beren Übergang jum Sürgerftanbe fo entfd(^eibenb h)ar, gcljiörten
großenteils ber fogenannten janfeniftifd^en Partei an; be^leid^en bie lonftitutionSfreunbs
lid^cn Dratorianer, j. 89. ©regoire (f. b. % 33b VII ©. 76, 21 ff.). 3u il^nen jäl^lte aud^
6amu«. ^n ber ©d^redfenSjdt traten ftd^ biele ^anfeniften als tül^e ®egner ber $öbel-
l^errfd^aft ^erbor unb bluteten für Äirdjfe unb %ffton unter bem göD^eile. hieben bielen ao
anberen toaren SanjuinaiS unb STOontlofier (ebenbige aSilber jä^er Unerfd^roden^eit unb
janfeniftifd^er ©runbfä^e ben äumafeungen ber 9j^uU«H>örtri gegenüber. Jjn ber meift
gegen ftc^ felbft ftren^en nieberen ®eiftli^feit ^anlreid^ ftnben ft$ namentlich aS!etifd(^
Elemente beS ^anfeniSmuS. — 3« ^talxm tvax Slicci, Sifd^of bon ^iftoja, treuer ®e-
l^ilfe bei ben Sieformen SeopoIbS I., toeld^en 9la|)oIeon 1796 fel^ auSjeid^nete, in ge= as
toiffem ©inne 3<^wf^ift, toie mand^e ©ei^ilfen ben 3leformen SofefS II. bicfen ©pott«
unb ßl^rennamen trugen. Sluc^ ber Srjbifd^of bon 3!arent, gofef Gaj)ece=Satro, unter ben
3laj)oIeoniben fel^r einflu^eid(^, ber 1817 feine SBürbe nieberlegte, toar bon biefer Slic^
tung. 3;n SRom loirb ber ^anfeniSmuS gel^afet. (9itndinn f) ^out Xfi^aifert.
3:atifetitftett!trc^e. — S3gl. meinen «rtücl ^^ottanb, Äir^tic^ ©tatiftü", 93b VIII 40
©. 263. Quellen: M. G. Dupac de Bellegarde, Eüstoire abr^göe de r<:^glise Mdtropo-
litaine d'Utrecht Principalement depuis la Revolution arriv^ dans les Sept Provinceß
Unies des Pays-Baa sous Philippe II, jugqu'ä Tan 1784. Sme Edition, Utrcd)t 1852; C. P.
Hoyock a PapeDdrecht, Historia ecd. Ultrajectinae, a tempore mutatac religionis in
Foed. Belg. 1725 (au(ft inS ^oflänblfc^e überfc^t mit bem 2:itel : „Historie der Utrechtge 46
Kcrk"); T. Backhusius, Bewijs-Schrift, aantoDendc dat de H. Apost. Stoel het volle geoste-
lijk regtsgebicd over de Hollandse Zendinge altijd gehad en wettig geoefent hceft,
Utrecht 1726—1730, 3 tom.; R. Bennink JaDssonius, Specimen Thcol. de Born. — Catholico-
nim, qiii vulgo JaDsenistae dieuntur, historia et principiis, ®roninflenl841 ; Dr. R Bennink
Janssoniiis, Geschiedenis der Oud-Boomsch-Katholiekc Kerk in Ncderland, 'sGravenhage 60
1870; 5. iWippolb, ^ic SRömifdi-^all^oIifcöe ^ir*e im Äbnigreid) ber 9?ieberIonbe, 1877 (In«
^oüänbiftöe überfe^t mit bem Xitel: „De R.-Kath. Kerk in Nederland, na de Hervor-
ming"); Dr. W. P. C. Knüttel, De toestand der Nederlandsche Katholieken, ten tijde
der Republiek, 'sGravenhage, Deel I, 1802; Deel II, 1894. Onderrichting over de ge-
schiedenis der Katholieke Kerk in Nederland (met bisschoppelijke goedkeuring), 9?oltevbam 66
1890; J A. Gorth van Wijk, Specimen hist. theol. exhibens Historiam Ecclesiae Ultra-
jectinae Romane-Catholicae, male Jansenisticae dictae, Trajecti ad Rhenum 1859 (in biefer
^iffertation befinbet p<Ö ©. 179—183 ein S8erjeid)ni§ ber bebe 11 tenbften Don ber lltrccfiter
®eiftrid|felt jur SBerteibiflung i^rer ©ac^e 1702—1859 herausgegebenen @d|riften).
SDie fird^Iid^e SRid^tunfl, tocld^e ftd^ ju ben ©runbfä^en befannte, bie in bem Augu- fo
stinus be^ Sifc^of^ ^anfeniu« (SSßl. b. 31. ^an\m in biefem S3anb ©. 589, 2v ) au^*
600 (^ttfrntfkttftn^e
cjeft)rod;en tparen, l^intcrRcfe toebcr in Selgtcn; bcm 3lrbcit<Jfdbc bc^ ^anfmiu^, itod^ in
granlrcic^; Wo ^ortsJRo^al bcr §auj)tfammclt)la^ feiner ®eiftc3t)ertoanbten Wnxhc, — mcifl
au^ politifd^en ©rünben — , eine bleibenbe, fi^tbare ©pur. ^n SJieberlanb ober befielt
feit jtoei Sol^l^unberten eine nad} ^anfeniu« genannte Sanfeniftcnfird^e. 3)ic ©lieber
6 biefer Äird^e loeifen iebod^ ben 5Wamen ^anfeniften nad^brürflid^ jurücf toie einen ©df^innjf^
namen, i^nen t>on ben ©egnern QZQä)m, mit bem ^toerf, fie ate Äe|er erfd^nen gu
laffen unb alfo bei ben mit il^nen Unbelonnten älbneigung gegen fie ju erlpecfen. S)ic
fogenannten ^^f^iP^ nennen [x6) felbft ätnl^änger ber altbifd^öflid^en Älerifct unb
il^e Äird^e bie ältlatl^oKfc^e Äir^^e \>on SJieberlanb, unb mit 9le^t, toeil bod 1702
10 unter ben nieberlänbifd^en jtotl^olilen entftanbene Sd^i^ma t>iel Weniger feinen Urfprung
fanb in bogmatifd^en fiel^rfä^en oI« in bem geft^alten ber nieberlönbifd^en ®etftlic^tett
an ben Siedeten il^rer Äird^e. I)ie ®efd^id^te ertoeift, ba| in biefer §infic^t bie Slltfatl^
lifen bo^ Siedet auf i^rer ©eite ^oben.
2)er erfte ßrgbifc^of Don ^oUanb toar SBiHebrorbu^, 695 Dom ^ojjfte ©ergiuö pm
16 ©rjbifd^of Don Utred^t getoeü^t. 3)er berül^mte Sonifatiu« (f 755), ber nad^ i^m bie 3ns
tereffen ber jungen Rird^e Dertrat, jeigtc bem $a})fte bie grö^öglid^e Untert^igtcit,
betrad^tete benfelben jjeboc^ nur aU primum inter pares.
Son Sonifotiu^ an big jum ^a^re 1561 ftanb bie Utrec^ter Äird^e unter Sifc^öfcn,
bie bem ßrjbifd^of Don Äöln ate i^rem SDletrojJolitan untergeorbnet toaren. Unter ben
20 Utre(^ter Sifd^öfen fanben fid^ mehrere, bie ber lurialiftifd(^en ©trömung, toeld^e immer
entfd^iebener ben ^ctüß^i afö ben unbefdj^änften Sefi^er be^ SRec^teg jur SSertoaltung ber
ganjen (Sbriftenl^eit betrad^tete, fid^ entgegenfe^ten. ©o j. S. gel^örte ber Utrei^ter Si=
fc^of SBiuem ju ben Sifd^öfen, bie 1076 ben ^o^jft Tregor VII. ejfommunijierten ;
aud^ la^ er felbft. unerfc^roden feiner ®emeinbe bag Urteil Dor. 3lfe i^n ber 5Pa)>ft nun-
25 mel^r bannte, fiimmerte er fid^ cbenfotoenig um bieg Urteil, toie eg feine ®emeinbe t^ot
ebenfo befleibete Dtto III. 10 ^al^re lang bog Sifd^ofgamt, beDor i^n ber 5Pal)ft
1245 beftätigte ; ^an Dan 9laffau toar fogar 21 3la^e lang Sifd^of, ol^ne Dom ^(iap\i
beftätigt gu fein. 5Rod^ 1427 trat Slubolf Dan 2)iej)l^olt aU Sifd^of Don Utrecht auf,
obfd^on ber $at)ft für bie Dalante ©teile ^\oi\>n Don Äuilenburg gen^ä^lt Ijiatte. ^toat
80 tuurbe bog Sanb biefeg Unge^orfamg loegen mit bem gnterbilt geftraft, bo^ toeber bie
®eiftlid^feit nod^ bag 3Solf feierte fid^ an biefe« Urteil. 3)er ©treit enbete bamit, bafe
1433 ein neuer 5Paj)ft Slubolf Don 3)iet)^olt ate Sifd^of Don Utrecht beftätigte.
Urfprünalid^ h)urbe ber Sifd^of Don Utred^t Don ber ©eiftlic^feit felber getoäl^lt. 3<^
mebr aber üßac^t unb Sleid^tum beö Sigtum« juna^mcn, um fo größer tourbe ber 6ins
86 flufe, ben bie beutfd^en Äaifer auf bie SBal^l ausübten, mag toieberl^olt ju S^\\im SJers
onlaffung gab. 2)iefen 3h>iP^ ^^ ®w^^ i^ machen, Derorbnete Äaifer Äonrab III. im
Sa^re 1145, bie SBo^t folle Dom RapM ber ©t. 3Dfarting!atl^cbrale ju Utrecht getroffen
iperben. 2)ie ©tiftg^erren ber anbem Dier loHegialcn Äird^en Don Utrecht toufeten ober
balb bie Seilna^me an biefem SRedj^t gu ertoerben, fo ba^ l^infort bie fämtlid^en Utred^ter
40 Kapitel bag dl^i ber Sifd^ofgtoal^l befafeen.
6g brandet laum ertoä^nt ju toerben, bafe biefeg Siedet nic^t immer Don 3lom an=
erlannt tourbe. 3^ griJ|er in 9tom bie SReigung lourbe, ben $apft alg ben UniDcrfaI=
bifc^of ber römifc^=fatl^olifd^en Rird^e ju betrad^ten, umfome^r mufete auc^ bie Utrcd^ter
Äirc^e erfahren, ba^ i^re legalen SRed^te toenig berücffid^tigt tüurben.
46 Sm ^a^rc 1528 trat Sifc^of §enbril Dan Seieren bie toeltlid^en 3ledS>te beg Sig^
tumg an Äaifer Karl V. ab, tüobei aber bie "Si^d^U beg Utrec^ter Äopitelg in Sejug auf
bie SBäal^l beg fürberlj^in nur jur geiftlid^en 9lrbeit berufenen 3)ifd^ofg unDerle^t blieben.
®anj anberg iebod^ h)urbe 1561 in biefer §infi(^t gel^anbelt, alg $^iUp}) II., Äönig Don
Spanien, in Slnbctrad^t beg 3""«^"^^^ ^^ ^^^ \^ Derl^a^tcn Steigung jur Sieformation,
60 in ^oDanb eine SSermel^rung ber Sifc^ofgfi^e nottoenbig achtete, unb ber ^apft Utrecht
gum SRange eineg ©rjbigtumg erl^ob. 3)ie Sigtümer ^aarlem, 3)eDenter, SMibbelburg,
®rontngen unb Jperxogenbufd^ lourben unter bie Sluffid^t beg neuen ©rjbigtumg gefteUt
älgbann tourbe atoijc^en ^Popft unb Äönig bie Übereinfunft getroffen, ba| ber Äönig unb
feine 9lad?folger bag Siecht ^aben foDten, bie Sifc^öfe ju ernennen, tocld^c 3Bal^l ber 8e=
55 ftätigung beg ^opfteg bebürfte. 3)ie Übereinfunft fd^mälerte unDcrIennbar bie SRec^te beg
Utred^ter Äapitelg.
9lic^t lange jebod^ fonnte bie ^^tfe^ung Don 1561 giltig bleiben. 3)er ac^t jigjä^rige
Ärieg fing im3ö$rel568 an, Äat^olüen unb SRic^tfatl^olifen toiberfc^ten fid^ bem Äönig,
ber 1581 abgefc^tooren tourbe. Sei ber Seenbigung beg Äriegeg im ^al)xz 1648 tourbe
60 ©panien gejtoungen, alle Siebte auf bie SJicberlanbe aufzugeben.
^«iifttitficiiltniie 601
äycnnfjicid; bcr ad^tjiöjäljjrigc Ärieg angefangen toat fotoo^l t)on bcncn, bic jugleic^
,,frci Don ©Jwnien" unb „frei DonSlom" ju toerben tuünfd^ten, ali Don bcnen, bic ,,fret
Don 6})anicn" aber „Dcrbunben mit 9lom" fein tooDten, fo toutbe ber Ärieg boc^ auf
bie ^auer Don beiben Parteien nid^t mit bemfelben Slad^brucf gefül^rt. 3SieIe Äatl^Hfen
fürchteten, ,,frei Don Bpankn" toürbc DieUeid^t f})äter für ba« Qarn^ 2anb ,,frei Don 9lom" 5
bcbeuten, unb ber entfd^iebenfte h)ien)ol^l tueniger ^al^^lreid^e ^eil be$ täm))fenben äSolfeiS
— bie dalDiniften — mißtraute attmö^lid^ immer beutlid^er ben Äat^oKfen. ^nmal
ber 33enatl^ be^ fatj^olifc^en ®rafen Don SRennenberg, ber 1580 bie ©tabt ©roningcn
ben Sjjaniem überlieferte, — bie ©rmorbung SBäill^ämd Don Dranien burd^ Qpanxtn^
SRietling Saltl^afar ©erarb« im ^a^re 1584, — unb ber gatt Slnttoerpen^ im gal^re 10
1585, ber bie füblic^en Slieberlanbe toieber unter bie 3Wad^t ©Jjanien« unbSlom« jugleid^
brad^tc, toaren ber Sage ber Äat^olilen in ^ollanb nad^teilig. !Rad^bem fd^on um 1573
in ber ^roDinj ^oDanb bie öffentlid(^e Slu^übung be« fat^olifd^en Äultu« Derboten toar,
blieb biefeg 3Serbot in Rraft nid^t nur 6i^ jum grieben Don 3Künfter, fonbem fogar bi«
;;ur SteDolution Don 1795. 6^ tourbe gtoar feftgefteHt, bafj ein jeber im eigenen ©emüte I6
frei bleibe, unb lonniDierenb tuurbe bie fatl^ofild^e Sieligion an einigen Orten toleriert,
aber Don 5ffentlid(^er älu^übung bed fatbolifd^en ftultu^ \oax in ^oUanb n)ä^renb Der-
fc^iebener 2)ejennien gar nic^t me^ bie Siebe.
Unter biefen 35erl^ältnif[en ftarb 1680 ber ©rjbifd^of Don Utred^t, ©(^enl Dan 2;ou*
tenburg, unb balb folgte il^m im Xobe ber leftte feiner ©uffraganbifd^öfe. @e^r fd^loierig 20
tourbe baburd^ bie Sage ber ^tl^olilen. S)a^ römifd^e 6t)i^toJ)alf^ftem erforbert für man«
c^ierlei Krd^lic^e 3Serrid^tungen ba« auftreten Don 33ifd^öfen; ber S^ftanb bed Sanbed
aber gemattete ni^t, bafe ein Sifd^of geU)äl;lt tDurbe, unb jugleid^ ertoecfte ein allju Der«
trauli^er Umgang mit au^länbifd^en ^röloten ben ©c^n bed Sonbe^Denate^. Xai
Utred^ter StapüA tpünfd^te feine geiftlid^e Aufgabe in biefen fd^toeren Xagen forttoö^renb 36
in erfüllen, h)enn mi) feinen ©liebem bie tDeltlid^e @^re immer mel^r entzogen h>urbe.
3^ac^bem ber 2)e(^ant be« 9Ketrot)olitanfal)itete, ^jo^anne^ Dan Srübefe, nad^ ©d^enl
Dan 2;outenburgd Sob al^ ©enertilDifar aufgetreten iDar, unb e« beutlid^ tourbe, bafe bie
©taaten Don §ollanb biefem eifrigen änJ^öngcr Don ©Danien ben Serfel^r in ^oßanb
Derfagen toürben, toarb 1683 ©a«bolb SSo^meer, lati^olifdjer ^tor in §aag, Dom RapM ao
jium ©eneralDifar getoöi^lt. ^m ^afyct 1590 tourbe biefer Dom 5Kuntiw8 in feiner SBürbe
beftätigt, unb 1602 auf SSorfd^lag be« ßrji^erjog« Sllbertu^, be« fianbe^i^erm, unb auf Se*
feljl be^ $at)fte« ^u SHom aU Srjbifd^of geloei^t, nic^t aber mit bem Xitel ßrjbifdjiof
Don UtredJ^t, fonbem mit bem Xitel ©rjbifd^of Don ^i^ilij)))i, jebod^ felbftDerftänblid^ nid^t
mit bem S^^^f f^i^^ Gräfte bem Srjbi^tum $l^ili))^i, too^l aber bem Srjbu^tum Utrecht 86
gu h)ibmen. @r erlebipte fid^ feiner ^Pflid^tm mit ßifer unb Se^utfamleit jugleid^, baD>
in, balb aufeer bm 9lieberlanbm Dcrbleibmb unb ftarb 1612 in Äöln, too ba^ i^m ge«
toibmcte marmorne ©rabmal in ber ^anjiöfanerfirc^e i^n tituliert : (grjbifc^of Don $l^ilij)J)i
unb Utrecht unb äpoftolifd^er 35ifar.
9lac^ Säoömeer« Xobe tourbe ^^ilijjpu« SloDeniu« Dom Äajjitel getoä^lt, unb balb 40
nad^^er Dom ßrjl^erjog unb Dom^aj)fte atö ©eneralDifar beftätigt. 3lm 3a^re 1620 hjarb
er ate (grjbifd^of gehjei^t, loieber aber mit bem Xitel Snbifd^of Don $l^ili})))i,. toeil aud^
i^m bie 3^itt)erl(|ältniffe no(^ nid^t erlaubten, ben Xitel ©rjbifd^of Don Utred^t ju fül^ren.
3m 3So^te 1633 grünbete SloDeniu^ ba« fogenannte 3SiIariat, toeld^e^ an bie ©teiDle be«
Utrcc^iter Äaj)itel^ treten unb beffm Siechte erhalten follte, hjeil burd^ ben ©influfe ber 46
Sanbc^regiemng immer mel^r toeltlic^e unb jum ^roteftanti^mu« geneigte ^erfoncn gu
©liebem biefe« Ä(q)itefö emannt loorben toaren. 2llle fl)äterm at)oftolifd^en 35ifare
^abcn bie Siedete biefe^ 35itariat« anerfannt. SHoDeniu^ tDurbe 1640 Don ben Qiacdm
Don Utrecht auf Sebm^jeit au^ bem ©ebiete ber 3Sereinigtm Slieberlanbe Dertoiefen, u. a.
meil er [\d) ben SRamen ßrjbifd^of Don $l^ilij)))i unb Utred^t unb t)flH)ftlid^er 3Sifar über 60
.öoßanb unb ©eelanb unb bie anbem 3Sereinigten 5Jieberlanbe jugeeignet unb in biefer
Cualität Derfc^iebene fird^lid^e SJerrid^tungm ausgeübt ^atte.
2)em SRoDeniu^, ber 1651 ftarb, toar fc^on bei feinem Seben mit ©mei^migung ber
Utrec^ter ©eiftlic^Ieit gacobu^ be la Xorre afe Äoabjutor jur ©eite geftellt. fie^t*
genannter, 1647 unter bem Xitel ßrjbifc^of Don ßpl^efu« getoei^t, folgte bem SloDeniu« 56
in feiner Jöürbc unb ftarb 1661.
Snbem gu 9lom ber ©mnbfa^: ber $a})ft fei al« UniDerfalbifd^of über bie ganjc
Jtirc^c gefegt, immer größeren 2lnl^ang fanb, ftellte ber $aj)ft ganj eigenmächtig bc la
Xorre 30^^«^^«^ ^^ 3)le$ aU Äoabjutor jur ©eite, toietool^l f^on 1656 bie ^oHänbifd^e
©ciftlidbtcit ^oljianne« Dan Sleercaffcl afe be la Xorre« Äoabjutor begel^rt battc. 2)a 6i»
602 d^nfcntftmftrf^e
1661 bc 3Kc^ ftarb, entfc^tcb bcr ^ap\i, Salbuimi^ 6a^ fottc jum (Srjbifc^iof gctDci^t
unb 9lccrcaffci il^m aö Äoabjutor mit bem Stedj^t ber SRac^f olgc mx ©eite geftcHt toerbcn,
6a^ unb 9lccrcaffel hjurbcn jugleid^ gctoei^t. (grftgenanntcr, bcr Den 2:itel (Srjbifd^of Don
5p^iltJ)t)i erhallen I^atte, ftarb 1663, unb 3JeercaffeI trat bc^^alb unter bem 3:itel Sift^of
6 i)on Gaftorien ate fein Slac^folger auf. 2)iefer toar ein 9Jlann i)on großem SJerbienft.
Site i^eolog ift er befonber^ Don großer Sebeutung burd^ fein S3uc^ „Amor poenitens".
©eine ©anftmut unb feine SJaterlanb^liebe, in^befonbere offenbar burd^ bie ÜWa^igung,
loomit er auftrat, ate 1672 ein großer ^ieil .^oDanb^ Don ben granjofen befe^t unb
fogar bie Utred^ter Äat^ebrale toieber auf furje 3«t für ben latt^olifc^en Äuitu« eingerid^tet
10 tourbc, ftimmte aud^ Diele ^roteftanten günftig für il^n. 6r ftarb 1686.
9lod^ bei feinem fieben l^atte 9Jeercaffel über einen SRad^fotger unterl^anbelt. ©ic
Unter^anblungen jogen fid^ in bie fiänge, bi« 1689 ^etru« Sobbe, ber Don ber ^oUan-
bifc^en Oeiftlic^feit Sege^rte, nac^ mand^erlei ©d^toierigfeiten aU SWeercaffete SRad^folgcr
mit bem S^itel Sifd^of Don ©ebafte getoei^t tourbe.
15 Unter biefem SBifd^of ßobbe fanb ba^ ©c^i^ma in ber Utred^ter Äird^e ftatt.
@d ift unleugbar, bag bie lat^olifd^e ®eiftli(^!eit tDä^renb bed ad^t^igjäl^rigen Striegel
Diel Don ben $rotcftanten ju erbulben ^atte. 3^^^ ^^^ ^ gtüdfüd(^erh)eife eine grofee
Slu^na^me, ba^ in bem Sanbe, h)0 fo Diele taufenbe ^roteftanten um il^re^ (Slauben«
toiHen getötet toorben toaren, Äat^olifen ein gleid^e^ ©c^idffat traf, toie j. S. 1572, in
20 toeld^cm ^ja^c eine Qa^ Don 19 latl^olifd^en (Seiftlid^en ju Oorind^em Der^ftet unb in
Srietle Dom graufamen Sume^ au Xobe gebrad^t tourben. ^^\>oi} lourbe bie fat^olifc^
Sieligton nur fonniDierenb jugelaffen. 3^^^ h^Q^^ f^^ ^^^ Dbrigfeit, ^aut^tfäd^lid^ bie
^anbeteintereffen in^ 3luge fa^enb, immer toeniger geneigt, bie ^lofate gegen bie Äat^o=
lifen ftreng ju ^anbl^aben; Don ber ©eitc ber Jjroteftantifd^en ^rebiger unb ber refor^
26 mierten ©^noben aber tourbe ftet^ Don neuem auf ftrenge 3KaferegeIn gegen bie pcl!K>\i'
lid^en ©uperftitionen unb ©efe^übertretungen beftanben. SReiftenö jeboc^ jeigten fid^ bie
Seamten, benen bie SSoDftredung ber $lafate oblag, fel^r geneigt, um eine ©ummc
(Selbem Diele« ungertigt l^inge^en ju laffen, fo bafe f^toere finanzielle Sürben metft bie
§auptbefd(^h)erben toaren, toelc^e ben fonniDierten fatl^olifd^en Äultu« brüdften.
80 3)ie lat^olifd^e ©eiftlid^Ieit be« fianbe« belam aber balb einen iDeit furd^tboreren
®egner al« ben ^roteftanti^mu«. 2filmäl^Iig nämlic^ brangen Slegulargeiftlic^e, ben Der«
toirrten S^ft^nb be« fianbe« benu^enb, in ^oDanb ein, too^l bereit, unter i^ren ©u)je=
rioren in 9lom ju fte^en, nic^t geneigt aber ^ottanb« fird^lic^er SBertoaltung Oe^orfam
ju letften. Sefonber« gilt bie« Don Den feit 1590 eingebrungenen 3!^f"it^- ®i"^ 0w>fee
36 Roi^l Sefd^toerben tourbe Don $ottanb« fird^lic^en SSorftc^em gegen biefelben Dorgebradfi
SBieber^oIt tourbe ben i^oHänbifd^en SSorftel^em fogar in 9lom Snec^t gegeben. 3)ann unb
toann tourbe jtoifd^en ben Parteien ein SSertrag gcfd^Ioffen, looburd^ ben ^inbfeltgfeitcn
ein Snbe gemad^t toerben follte. Slber Dergeben«! 3!)ie l^oDänbifc^en firdj^lid^en 3?orfte^er
flagten barüber, ba^ bie ^i^fwiten grofee ©ummen ®elbe« nad^ bem 3lu«Ianbe fül^rten ; —
40bafe fie nad^ ben reichen $farrfteHen lungerten unb bie armen ^farrfteHen im ©tid^
liefen, — baft fie fid^ in bie ®unft ber Sleid^en einbrängten, -— ba^ fie burd^ il^re fd^laffc
5Dloral bie . 6^araf tere Derbarben, ba^ fie ba« 33olf il^ren 5ßrieftern abgeneigt machten, —
bie SRegularcn aber lümmerten fic^ toenig barum. ^m Slnfang nur praftifd^, attmäl^lit^
aber aud^ tl^eoretifc^, l^anbelten bie SRegularen aU beftänbe feine legitime geiftlic^
45 Dbrigfeit über .^oHanb« Äat^oUfen. 2)ie getreuen Sln^änger ©a«bolb 3So«meer« tourben
Don i^ncn al« ©a«bo(bianer befd^imj)ft. ^n ber 3Kitte be« 18. 3|a^r^unbert« nannten
bie Regulären bie 3lnl;änger ber alten ^ottänbifc^en ©eiftlic^feit ©taatefat^olifen ftatt
9lömifd)=ftat^oIifen. 2)ie furc^tbarfte SBaffe aber toar, bafe bie 5Regularcn bie l^ottänbifc^e
©eiftlid^feit ber Äe^erei befc^ulbiglen unb gtoar ber bamafe fo Diel auffegen enegcnben
60 Äefcerci bc« 3«>^l^"^^"^"^- ^i^on loieberl^oift toar e« bie Sefd^ulbigung ber Rederei ge*
tocfcn, tpclc^e in 3bm Scbenfen gegen bie unmittelbare Seftätigung bcr in Utred^t ge=
h)ä()Itcn Rird^cnDcrtoaltcr erregt ^attc. Unb Slom lie^ um fo tüittigcr einer folc^ ans
flagc ba« Ol^r, tocil bie Srfenntni«, bie ^oHänbifc^c firc^Iic^e aSerh)aItung ^abe burd^ ben
Dermirrten 3"P<^"^ ^c« fianbe« ju beftel^cn aufgel^ört, ben SBeg bahnte, um §ollanb in
55 ben 9!)Jiffion«^uftanb jurüdEjubringen unb ba^feloe alfo in jeber ßinftc^t abfolut abhängig
Dom Dä})ftnd?cn ©tul^le ju mad^cn.
SBarcn frül^er bie Scfc^ulbigungen bcr Äc^erei einigermaßen unumtounben au«*
gef))ro(^en, fo änberte fid^ bie«, al« 1697 iüä^renb ber ?5rieben«untcr^anblungen ju Slii«^
tr>\\t eine anonyme ©d^rift in franjöfifd^er, balb nqc^l^er in Iateinif4)er ©Jjrac^e erfd^ten
60 unb einige ^affxt fj)äter aud^ in einer l^oHänbifc^en Überfe^ung mit bem 3;itel: „Kort
3fiiitfeittf)eiifMie 603
pjedenkschrift van den Staat en voortgang van het Jansenisme in Holland"
(Äurjc Sculjc^rift bc« ^uftanbe« unb gortfd^rittc« bc« 3anfeni«mud in ^ottanb). (gm paar
(Sjcmjjlare gerieten in bic §änbe bc^ $etru^ (Eobbc, ber fid^ frecilte, felbft ba« Suc^ mit
einer 9l))oIoai€ nad^ 9iom ju jd^iden. ^n 9lom h)urbe er barauf für unfd^ulbig erflärt,
luenn auc^ oie SSerbäc^tigung boburc^ fein ©nbe na^m. Unb in ber a^^at, infofem bie 5
unbeftimmtc S3efd^ulbigung beö 3^"?^"^^"*^^ ^^ äJortuurf enthielt, ba^ ßincr nic^t bic
SKeinung ber S^fw'ten ^infic^tlid^ bc« 9{ed^te« auf ©elbftftänbigfeit ber nationalen fatj^o«
lijc^en Kirche, ober J^infid^tlid^ ber Onabenlei^re ober ber 3Roral teilte, — lonnte biefe
2lnflage bamafö gegen ^unberte t)on ©eiftlid^en in unb au^er §ottanb erhoben toerben.
©eitbem aber aiejanber VII. im 3ial^re 1656 feine ftonftitution gegen bie fogenannten 10
fünf 2;^efen be« 3anfeniud erlaffen l^atte, fc^lofe bie lonfrete Sefd^ulbigung beö 3ä"^"5^'
mu^ bie SÄnflage in fid^, bafe ber Sellagte ber Übereinftimmung mit ben fünf berur*
teilten a^efen öerbäd^tig fei imb fogar fu^ toeigerte angunebmen, ^^wf^niu« l^ätte jene a:^ejen
in feinem Augustinus geleiert, unb bamit jene bon ber Äird^e berurteilte ^e^erei bejtoedt.
e^ fiel Sobbe nid^t fd^hjer fid^ felbft unb bie il^m untergeorbneten ®eiftlid^en gegen 15
bie 8el^auj)tung ju öerteibigen, pe feien mit bem 3'i^''^<^ ^^ bom ^ajjfte genannten
ai^efen cinDerftanben, toenn er [id) aud^ nid^t barüber äußerte, ob ^anfeninö biefe %\)^m
h)ir!lid^ geleiert l^abe ober nid^t. 3" biefem legten 5ßunft aber lag feit ber Sntfd^eibung
Sltejanberö bie grage ber abfoluten Bnpxtmatk unb ber Unfe](;lbarfeit be^ ?5al)fte^, unb
e« toar baö Scftreben be« ^efuitenorben«, gerabe biefe ^age tl^atfäd^lid^ entfd^ieben ju 20
feigen, ^enn ein S^ber, ber ba« Formular Sllejanber« unterjeid^nete, geftanb bamit, ba^
er, fogar Wtm er Sifc^of toäre, ol^ne Unterfuc^ung 3ianfeniu« verurteilte, toetl il^n ber
$aj)ft Derurteilt l^atte.
ßobbe tourbe freunbfc^aftlid^ nad^ 9lom eingelabcn, too 1700ba^3ö^^^^wnbertjubiläum
gefeiert Serben foDte. 6r begab fid^ bortl^in, toieujoi^l in einer toenig feftlid^en Stimmung. 26
3n 9lom, h)o er am 11. 2)ej. 1700 eintraf, iDurbe er äu^erlid^ mit ber größten 2lu««
j\cid^nung bel^anbelt, obfd^on ^eimlid(^ böfe $läne gegen il^n gefd^miebet tourben. ©ne
formulierte Slnflage lam il^m nid^t unter bie 2lugcn; ed liefe fid^ aber bermuten, toa« im
®ange Wax. 3laq 3Konaten ber SJerjögerung fanb am 18. 95ej. 1701 eine SSerfamm«
lung ^iatt, in toeld^er mit ©timmenmel^eit befd^loffen tourbe, Gobbe freijufi)re(^en. S)er ao
$a))ft felbft ^atte ju ©unften be« Sobbe geftimmt. 3!)ie ßntfc^bung foDte aber borläufig
gel^eim gehalten toerben unb, toie (nx^ einem t)ä||)ftlid^en Sret)e öom 13. SKai 1702
erhellt, folgte ber erflen Serjammlung eine neue, bie ßobbe für fd^ulbig erllärte. 2)iefer
neue Sefd^lufe tourbe bem öobbe felber nid^ft mitgeteilt; er Dema^m benfelben juerft au«
^oUanb. @r tourbe aber, obfd^on man i^m forttoä^renb mit ber gleid^en ^^eunblid^feit 86
begegnete, noc^ immer in 9lom gurüdge^alten.
©rofee Seftürjung erregte in ©oUanb bie 3lai)x\6)t, bafe ßobbe entlaffen unb bafe
baö Oeneratoilariat bem il^eobor oe Äodf übertragen toorben fei, je^t Sobbeö ®egner,
ber frül^er bie ©ad^c Cobbe« berteibigt i}Mt, bann aber beö S^^f^i^"^"^ befd^ul^
bigt toorben toar. 3)ie ©taaten be« Sanbc« nahmen Sobbe« 5ßartei unb gtoangen bie 40
©egner, il^n nac^ §ollanb jurüdttel^ren ju laffen, fobafe erzürn 1703 ben baterlänbifd^en
33oben toieber betrat.
@« toar bie ^age, toeld^e Haltung ßobbe, bie ^oHänbifd^e Oeifllid^feit unb ba«
Utrec^ter StoHpM annehmen toürben. gall« fie fid^ bei ßobbe« unmotivierter (gntlaffung
beruhigten, toar natürlid^ bie ©elbftftänbigfeit ber Utrec^ter Äird^e burd^ bie ^rei^gabe 46
ibrer Stec^^te bemid^tet. 2)ie« foHte nid^t gefc^e^en. Dbgleid^ ßobbe felbft, au« Siebe
jum ^eben, bi« an feinen Sob in einem J)affiben SSerfalten beirrte, — tool^l feine
SledS^te unb bie feiner Äirc^e bauemb bei^aujjtenb, bie Slu«übung jener dt^tt aber
unterlaffenb — , fo blieb il^m ein großer 2;eil ber l^ollänbifc^en ®eiftlid^en unb Saien
treu, toäl^renb ein anberer 2;eil fid^ auf be Äocf« ©eite fteHte. ©0 fülj^rte Sobbe« toiber« 60
rec^tlid^e ßntlaffung ju einem bi« auf ben heutigen Sag nic^t gel^eilten ©d^i«ma in ber
I;oUänbif(^en fat^olifcpen Äirc^e.
ß« ift begreiflich, bafe ßobbe« Partei, öon jener ^Ät an ate ganfeniftenfirdbe ber«
bäcbtigt, immer mel^r an ^aljl abnahm. 3*^^^^ Ratten nod^ im ^a^xt 1701 ettoa 300
©ciftlidje, unter benen fogar 14 9{egularen, fid^ ßobbe )\u ®unften nac^ SRom getoenbet ; 66
für bic meiften aber toar e« entfd^eibenb, bafe 9(om gefprod^en l^atte unb ba« Urteil nid^t
toibcrrief. SBietoo^l im Saufe ber Mt bie Utred^ter Äirdj^e toieberl^olt Verlangte, ein aU»
gemeine« freie« Rongilium folle berufen toerben, um bie ©ac^e ju entfd^eiben, ift e« er«
flärüd^, bafe fid? ber größere Xeil ber ©eiftlid^en unb Saien, balb me^r, balb toeniger über=
jeugt, ^ule^t in !Mom« Serbilt fügte. 00
604 doufctttfifitltrf^e
(ginat ätugcnblicf fd^icn c^, ate toürbe bic 2^rcnnunö geseilt lucrbcn. 2)ic Staatm
bc^ Sanbc^ bcrtDicjen am8. Stug. 1703 bc Äod bc^Sanbcö, unb festen eine Selo^nung bon
3000 ®ulben aug für benienigcn, bet il^n bem Oerid^te überliefern toürbe. 3!)aburc^ tourbe
be Jtod bie ä(u^übung feinet äiilaramte^ burd^au^ unmöglid^ gemacht. Seibe arteten
6 fc^^iencn nun gleid^e« 3Sertrauen ju fe|en auf ®erarb 5ßotfaml), einen fat^oHjd^cn ?Paftor
iu Singen, bem fie bic Scitung ber firc^jüd^en Angelegenheiten anvertrauten. 6^ brad^ ein
Slugenblicf be^ »Jrieben^ an ; aber, nac^bem ^otfantj) nur einen 3Konat ba^ ^aupt ber
lirc^jlic^en 2lngelegenl^eiten §olIanb^ getuefen toar, ftarb er 2)egember 1705. SBieber ent-
brannte ber ©treit; bie römifd^e Partei erwartete, bie Utred^ter ®ciftli(^!cit toürbc balb
10 unterliegen, fd^on be^ g^^berlauf^ toegen. 2)ic Utrec^ter Äird^e mu^te ja audfterben,
toenn i^r bie ©eiftlic^en l^öl^eren Slange^ fel^lten, bie befugt tuaren, bie für ba« georb-
nete fird^lid^e Sebcn ber 9lömifd^-Jtat^oliIen noth)enbig erachteten tirc^lic^en Verrichtungen
ju erfüllen, tüeld^e SSerric^tungen feinei^toegg bon ©eiftlid^en nieberen 3lange^ erfüllt
tt)erben bürfen.
16 3luf unerwartete SSäeife lam §ilfe. ß^näd^ft tarn e« ber bebro^ten Utred^ter Äirc^c
ju gute, bafe fid^ entfd^iebene unb energifqe 3Ränner au« anberen Orten bereit jeigten,
Dalante ©teilen bon Utrec^ter ©eiftlid^en einjune^men. äte 1713 ber $apft Giemen^ VII.
in ber S3ullc „Unigenitus" Duei^nel« „©ittlid^e Semertungen auf ba« 9KE" l)erurteiltc
unb 101 "Xf^f^m \)on biefer auö ber ©^ule ^ort^SRo^ate hervorgegangene ©c^rift für
20 le^erifd^ erHärte, fuc^ten mel^rere franjöfifc^e ©eiftlic^e, bem ^toariQ^, jene 35ulle ju unter-
jeid^nen, ^u entgegen, einen 3uPwd^t«ort auf l^oHänbifd^em S3oben, toie bie« fc^on früher
einzelne il^rer ®eifte«t>erh)anbten get^an. 2Ba« aber ^au))tfäd^lid^ ber Utrec^ter ftirc^e )u
gute lam, tuar bie unerwartete Sefanntfc^aft mit äSarlet, Sifc^of Uon SSab^lonien. ^m
JSai^re 1719 Derblieb SSarlet auf feiner SReife nad^ bem Orient, too er ber lal^olifc^en
2ö aJlijfwn JU bienen beabfu^tigte, einige 3^^ ^ ämfterbam. 2)ort fd^loft er Selanntfc^aft
mit ©eiftlid^en ber ältlat^olilen unb prmte mel^r afö 100 Äatl^olifen, bie aber nic^t
alle JU ber alttatl^olifd^en ^ird^e gel^örten. Ol^e 3^^if^I Würbe hierüber in ungünftigem
Sinne nad^ 3lom berid^tet, benn laum l^atte SBarlet fein Si«tum im Orient erreicht, al«
i^m fogleid^ ein Srief jur §anb geftellt Würbe, Weld^er bie Slad^rid^t entl^ielt, ber
80 $aj>ft ^abe il^n fu«t)enbiert, Wenn aud^ feine formulierte Sefd^ulbigung gegen il^n an=
geführt tourbe. 2)a er bemjufolge Verl^inbert War, im Orient ju arbeiten, feierte äJarlct
nad^ älmfterbam jurücf. ©d^on \)aH^ bie altfatbolifd^e ®eifttid^!ett Von verfcbiebenen Aolle^
gien unb Äanonici ©utad^ten erhalten über ben Wichtigen ©d^ritt, ben fte meinte je^t t^un
JU bürfen unb müRen, um bem ^u^fterben ber Utred^ter Äird^e borjubeugen. auf ®runb
86 ber erl^altenen ®utad^ten Wäl^lte ba« Utrec^ter RapM im gal^e 1723 Someti« ©teem
oben at« (grjbifc^of, unb 1724 Würbe biefer Vom 33ifd^ofe Sarlet geWeilj^t. @« braucht
lüum erwähnt ju Werben, bafe ber $avft Someli« ©teenoben fogleid^ in bie 9lc^t erflärte,
^iefe (Sjfommunifation Vcrbinberte aber nid^t, ba^ bie Utrec^ter Sirene au« ber a;obc^
gefal^r gerettet War. ^thoq fd^on 1725 ftarb ©teenoben. SDa« Utrec^ter Ra^jitel Wählte
40 nun S3ard^man 3Bu^tier« für ben bafanten ©i^ ; auc^ biefer Würbe bon 3Sarlct geWcibt,
Wie gleid^faD« 1733 gefd^aJ^, al« nad^ bem lobe be« Sarc^man SBu^^tier« 2:^eobor bau
ber 6roon ben erjbif^öflid^en ©i§ einnahm.
3Ran fal^ aber balb ein. Wie gefäl^rlid^ c« fein mufete, ba« gortbeftel^en berlltred^tcr
Äird^e bon bem 2d>m eine« einzelnen SSifd^of« abhängig ju machen. 3!)a« Sebürfni«,
46 Wenigften« noc^ einen ber feit bem (Snbe be« 16. i^^^i^t^unbert« erlebigten ©i$e belleibet
JU fe^en, mad^te fic^ geltenb. 3)a« ^aarlemer RcüßM Würbe bemjufotge aufgeforbert,
einen Sifd^of für ben erlebigten ^aarlemer ©i^ ju Wählen. 311« jene« Äajjitel bie äu««
fü^rung biefe« Sntfd^luffe« unterließ, ernannte ber Utrec^ter grjbifd^of 3Reinbaert«, 3San
ber ßroon« 5Ja^f olger, jure devolutionis, 1742 öieron^imu« be 8ocf jum Sifd^of bon
6o;^aarlem, unb weihte il^n aud^ al« folc^en. 6«- gefc^ia^ au« bemfelben ®runb, ba^ 1758
ber Utred^ter erjbifd^of [x6) entfc^lofe nod^ einen ber alten 93ifc^of«ri5e ju bcfefeen, We«^alb
bon ibm 4). 3- SiK^elt al« 8ifc^of bon Siebenter gewäl^lt unb geweil^t Wuroe.
3>ie ^famen berjenigen, Weld^e nad^ bem ßntftel^en be« ©^i«ma bie altfatl^otijc^e
Äirc^>c al« Sifd^öfe borgcftanben l^aben, fmb:
56 6rjbi«tum Utred^t
Steenobcn
»
6. Sarc^man SBu^tier« f
%i}. ban ber Groon f
^. 3. 3Reinbaert« t
«>o ®. 5)1. ban 9lieuWenl^uijen f
8i«tum §aarlem
83i«tum I)ebentcr.
1725
§. be »ocf t 1744
». 3. Siiebelt f 1778
1733
v^. ban ©ti»)l^out t 1777
31. 5ReDeman f 1805
1739
3. »roefmann t 1800
6. >s. be ^Nong ^ 1824
1767
3. 9licuwen^ui« t 1810
ffi. «et t 1853
1797
3. Son t 1841
$. ^e^tamp f 1874
1808
^. :5. »an »ttül t 1862
1825
i». be 3iona f 1867
6. 3. Kinfel
1858
1873
1892
3fattfetttf)eitfin|e 605
ßrabtetum Utrecht 8tetum §aariem 95i^tum 9)ct>€ntcr.
3. 3. öan dü)xix\ t 1808 §. 3. t>an »tiül f 1862 6. 2)ict)enbaal f 1893
©. t>an D« t 1825 «. be ^onß f 1867 9i. 35. $. ©J)tt
3. öan ©anten f
§. iJoo« t
3. ^e^faml) f
®. ®ul
@^ n^urben öftere 9[$erfu(i^e gemacht )ut SSerfol^nung mit beut $a))ft, ber regelmä^ts
bic ehrerbietige SMitteilung betreff« ber 3Sal}l unb berSQäei^e berSif^löfe mit bem 35eri(^t
ber (gjlommunilation beantwortete. Sielleid^t toäre ber 1771 angefangene 35erfuci^, al« 10
ßlemenö XIV., ber 1773 ben ^efuitenorben aufhob, ben J)ät)ftUd(^en ©tu^I befleibete, Don
®rfoIg gelrönt hjorben, hjenn nic^jt biefer ^cöß^i fd^on ©ej)tember 1774 geftorben toäre.
I)ie altlat^oKfc^e Äird^c l^anb^bte 'if)xt ©runbfä^e mit grofter Sirene. 3m 3- 1763
I^ielt biefelbe ju Utrecht ein Äonjiüum, beffen 3tlten, i^rer aiecptgläubigfeit unb SBürbe
loegen, Don bielen tonangebenben SRömifd^sÄat^oUten in berfd^iÄenen Sönbem laut ge» u
priefen tourben, unb bie ^ugleic^ jcigten, öon hjeld^em (Seifte fie il^r 1725 )u ämerdfoort
gegrünbete« ©eminar ju burd^bringen toünfc^jte.
©ine emfte ®efa|r bebrol^te bie altfat^olifd^e Rird^c, toelc^e bie änja^I i^rer ®etft-
lici^en unb Saien fc^on bebeutenb abgenommen fa^, alö §olIanb 1806—1810 unter ber
ÜJcrtoaltung be« fatbolifc^en ilönig« fiubtoig unb 1810—1813 unter ber ^Regierung be« ao
Äaifer« SRapoIeon ftanb. 3!)er eine fotool^l al« ber anbere na^m fic^ bor bie Stngelegen*
l^eiten ber fatj^olifd^en Äirc^e gu regulieren. 35orIäufig tourbe be«toegen Don ber SRegierung
bie emcnnung eine« neuen altfat^olifc^en Sifc^of« Derbotcn. 9)er ©rjbifd^of Don Utrecht
ftarb 1808, unb ber Sifc^of Don §aarlem 1810. 3)er einjig übergebliebene Sifd^of (®e»
Denter), S. 3- ^^ ^«»^Ö/ ^or gu ®ouba in ®efa^r gu ertrinlen. ©« lann bann aud^ 25
nic^t befremben, ba^ bie ®eiftlici^{eit ber ^Ittat^oliten mit 2)anfbarteit bie SQieberl^ers
ftellung ber ©elbftftänbigteit ^oUanb« benu^te, unb 1814 SB. Dan 0« jum ©rgbifd^of
Don Utred^t toä^lte; fo tourbe aud^ 1819, nad^bem mancherlei Sefd^toerben, Don ber 3le»
gierung Dorgebrad^t, au« bem SSege geräumt toorben toaren, 3o^i^ne« Son al« Sifd^of
Don ^aarlem getoöJ^lt unb al« folc^er geloei^t. ao
^ie ©c^toierigteiten, toel^e bie Jtird^e bebrol^ten al« jfönig äBUl^elm I., unb fpöter
^önig SBill^elm II., mit bem ^a))fte ein fiontorbat gu fd^lie^en toünf4lten, tDobei e« fdbien,
bie Steckte ber ällttatl^olilen toürben toenig bei^ergigt toerben, fielen tpeg toeil ba« Kom
forbat nid^t ju ftanbe fam. 3Kufeten auc^ 1825 bie Sifc^öfe erfahren, ba^ bie 99egierung,
um bie Überga^i ber 9tömifd^^at^olifen gu fc^onen, i^nen tool^l ben Xitd geftottete Don S6
33ifd^5fen gu unb nidE^t ben Don S)if4löfen Don, unb toar e« 1845 nur ber @inmifd^ung
ber ä^J^ii^*^ Äammer ber ®eneralftaaten ju Dcrbanlen, bafe bie ^Regierung bem 1843 ge»
h)äl^lten Sijc^of Dan Süül einen 9leic^«gel^alt juerfannte; fo Derfd^toanben al«balb bie
©cl^mierigfeiten, hjelc^e bie Äird^e Don bem Staate ju erbulben ^atte. I)enn ba« ®efe$
betreff enb bie Äird^engenoffenfd^aften, DomSjö^re 1853, Derfic^erte ben Derfd(^iebenen Äulten, 40
aud^ ben Sllttat^olifen, Döllige gj^eil^eit; bie Heine Äirc^e, toelc^e aUmö^lig bie ^af)l ifyctt
©lieber Don 5000 auf faft 8000, unb bie il^rer ^aroc^ien Don 25 auf 26 fteigen fa^,
benu^te bantbar bie aud^ il^r gu teil geh>orbene ^rei^eit.
(£« ift gar nic^t befrembenb, bcife bie altfatl^olifc^en Sifd^öfe toamenb unb mi^
bittigenb i^re Stimme erhoben, al« 1854 ju3lom ba« i)ogma ber Unbefletften (SmJ)fängni« 46
•DJariä unb 1870 ba« 3)ogma ber j)äpftlid^en Unfe^lbarleit feftgefefet mürbe.
2)ie ^auptpunfte ber 3Reinung«Derfd^ieben^eit ghjifc^en ben Slltfati^olifen unb i^ren
römifc^sfat^olifc^en ®egnem finb bie folgenben brei:
1. ^ie älltlat^olifd^e Sirene ^ölt bie Slbfe^ung be« grgbifc^of« Sobbe für illegal, unb
fic bel^aujjtet, baft, tro^ ber ^Reformation be« 16. 3ö^^^w"t>^rt^ wnb bcren Einfluß auf 60
bie aingelcgenljieiten ßouanb«, bie SRömif^j-Äat^olif^je Äirc^e in ^oHanb ununterbrod^en
beftanben, unb il^rc Sec^te auf eigene SSertoaltung al« nationale Kirche, unabhängig Don
ber Äirdje gu SRom, forttoä^renb behalten f)at
2. ©ie toeigert fid^ ba« gormular be« ^apfte« Sllejanber VII. ju unterzeichnen, faß«
e« i^r babei nid^t geftattet fei Unterfd^ieb ju mad^en gtoifc^en Untergeid^nung quoad jus 66
unb quoad factum, nämlid^ gh)ifc^en ber grage, ob bie fünf iniriminierten 3:^efen
fc^erij^ feien, unb ber, ob 3Meniu« biefelben gelelj^rt, unb jtoar im Ie|erijd^en ©inne
gefeiert l}abt.
3. ©ie Derioirft bie Sulle ünigenitus, ba biefelbe bie Slnfid^t ber 3^fwi^^^ i" 33es
treff ber 3)ioral, al« geltenb für bie gange ri)mif(^slat^olifd^e Äirc^e erllärt. eo
606 3^nfeittfte»tirc^e ^[attttarittd
gür bic ganjc römifd^^Iatl^oKfd&c ß^riftcnl^cit liegt bie Scbeutung bcr oltfatj^olifc^en
Äirc^c ^ottanb^ ntd^t nur m ber il^tfoc^e, ba^ fic ein ®enfmal ift bc^ ®et^e$ be«
Äat^oliciömu^ au^ ben frül^eren g^^'^'^^wnberten, fonbem auc^ barin, ba^ fie in aSerbin*
bung getreten ift mit ber altfatl^olifd^en Seh)egung in ^eutfc^Ianb unb ber Bd^tvAi. 3((^
6 nämlid^ ba« batifanifd^e Äonjilium öom ^o^xt 1870 ba« 3)ogma ber t)ä})ftli(^en Unfe^(<
barleit feftgefe^t l^atte, erl^ob [xd) in ben beiben obengenannten Sänbem ber oltlati^oKfd^c
Seift, ©ottte aber bie alfo entftanbene fird^Kd^e 9eU)egung 35auer gewinnen, fo mar
ber neu aufgetretenen altfat^olifd^en Äird^e ein Sifc^of burd^au« nottoenbig. 2)iefcg Se=
bürfnig tourbc erfüttt, ol^ ber altfatl^olifc^e Sifc^of t)on 35et>enter im 3[. 1873 — jur 3eü
10 afö ber erjbifc^öflic^e ©i| bon Utre^t öalant toar — Dr. ^. .p. Sletnfen« alö bcutfdpen
aWatl^oKjqen Sifc^of towi^te. Unb toenn je in ber römifc^^Iat|olijd^en Äirc^e ein geift-
lic^eö 2öieb«raufleben ju ftanbe lommt, toelc^e« Slnfd^lufe an ben Äatl^olici^mu« bcr
diteften gal^rl^unberte bejtüedft, unb jugleic^ ba^Sebürfni« nac^ einer bifd^öf Kd^en 93em>al=
tung fül^lt, fo ift für eine fold^e Semegung ber SBeg jur 3)auerl^aftiglcit getüiefen im Ser^
16 fuc^e ber ©emeinfd^aft mit ber fogenannten S^nfeniftenfirc^e in ^ouanb.
Dr. 3. %. (»txtfi »on j»ij!.
3fanitarittd, ber ]^ eilige (S. Gianuario, S. Gennaro), geft. 305. — G. Tutini,
Memorie della vita, miracoli e cuJto di S. Gennaro, Neapel 1633, 1710; O. Bilotta, Isto-
rico discorso sopra la patria di s. GiaDuario martire, O^oin 1636; &. ^erni^borf, Dias, de
20 sanguinis s. Januarii fluxu miraculoso et inde oriundo apud Neapolitanos cultu, bitten«
bera 1710; 91. ^a^oc^iud, Actorum Bononiensium s. Januarii et sociorum mart3mim vin-
diciae repetitae, Sfltaptl 1759; 3. ©tilting in ASB t. VII Sept., p. 76188.; ©tobler, ^ci.
ligenlej. III, 141 -146; ©timmen qu8 3Roria*fiaa4, 93b XXI, @. 329 ff.; ©1. »ciffcl, S.J.,
m^^, VI, 1237 f. — «gl. Stö. «rebe, a)aS «lutiounbcr (^b I, 6.142—169 bcr Sammele
26 fcftrift: 5)a8 ^cibcntum in ber röm. Äirc^c; SBilber auS bcm relig. unb fittl. fieben ©üb*
itoHenS, ®ot^a 1889). fomie blc oon ^ott^aft *II, ISSöjufanimengefteatc fiittcratur.
3)er berül^mte ©c^u^l^eilige 9Jeai3ete fott um bie SWitte be« 3. ^al^rl^unbert« enthjeber
in biefer ©tabt felbft ober in Seneöent geboren fein, einige 3cit aU S3ijd5fof am le^teren
Ort getoirft l^aben unb im ^al^re 305, angeblid^ am 19. ©e))tember (nad^ anberen Stn«
90 gaben am 1. ober2.3Kai, ober am 19. DItober, ober enbltd^ am 16. SJejember), gu^PuteoIi
ben SRärt^rertob burd^^ ©c^toert erlitten l^ben. Site ©enoffen feinet -JWartVrium^ nennt
bie Segenbe ben 3)iaIon ©oftu« au^ SRifenum, bie 35iaIonen 5ßroculu« unb 9^^/ ^>^
Sector Defiberiuö unb bie t)uteolanifd^en Sürger 6uti;(^e« unb Slcutiu«. ^n biel größerer
Sreite aU bie ©efc^ic^te ber Umftänbe feinet 2^obe^ ift bie feiner gloria postuma unb
85 be^ auf feine l^eiligen Überbleibfel bejüglid^en Äultu« überliefert. 3lxd)t ganj 100 ^afyct
nacS) feinem 2^obe foK eine Granulation feiner Sleliquien in eine Sirene bor ben
Sa^oren 9lea})ete ftattgefunben l^aben; bann um 820 eine fold^e nad^ Senebent (too^in
J^lrft ©ico angeblich feinen Seid^nam, unter gwtücflaffung be^ §aut)t^ in 5Rea})el, über«
fül^rte); ^äter, 1129, eine Seife^ung in einer anberen Äird^e Senebcnt^. ©eit 1497
40 lonnte toieber 9lea))el fid^ be^ S3efi$e^ auc^ feinet Seid^namig rühmen. 3l^n birgt bie
toäl^renb ber ^al^re 1497—1506 erbaute 3januariu^Äa)}ene (Confessio S. Januarii,
aud) Succorpo genannt) be^ erjbifc^öflid^en 3)om^ bafelbft ; bagegen tpirb bo^ ^a\xpi bcö
2Rärtt;rer^, famt ben jtoeicn mit feinem ©tut gefüKtcn ©taSfläfd^d^en, in ber ©(^a^fammcr
eben biefer Äatl^ebrale (bcr Capeila di Tesoro, erbaut 1608—47) aufbetoal^rt. 35a^
45 berül^mte SDSunber ber ^eittoeiligen Serflüffigung be« 33lut^ in jenem gläfc^en foll fc^on
im 12. SÄf^^i^unbert fi^ jugetragen l^aben. ©id^er unb retcf^lid^ bezeugt ift ed feit 3Kitte
be« 15., j. 83. burc^ ^ap^t ^^Uu« II. (änea^ ©^»toiu«), burc^ ben ^Webi^iner Slngelu«
6ato 1474, burd^ bie Soflanbiften ^enfc^en unb ^ajjcbrocf; (10. 3Rärj 1661), burc^
beren ft)ätcren 5Rad^f olger ©tilting (21. Sluguft 1754). 5Rodj in unferem 3«^^^""^^
60 foHen in 3Serbinbung mit bem rätfell^aften SSorgang auc^ fonftige SBunber jjid^ jugetrogcn
^aben. ^n ber S3efe^rung^ef(^id)te %x, §urter« l}at biefc^ 93luth?unber eine nic^t un^
toic^tige Solle gefjjielt; f. §urterg ©c^rift : „®cburt unb SBiebcrgeburt; Erinnerungen au$
Italien" ©d^aff^aufcn 1845 [HI, 339 ff.]. Unb nod(} im borigen 3al^rje|^nt berfu^erte
ber Jefuit Seiffel (ÄÄ2' a. a. D.): Keine ber jur natürlid^cn erflärung biefe^ SDSunber^
55 aufgcftellten §bt)otl^efen genüge jur Stufflarung, unb fo „bleibe nid(}tg übrig afe cinju«
gefte^en, ba^ (Sott toirllid^ unb in U)unberbarer SBeife ben ©lauben unb ba^ SScrtrauen
be« neapolitanifd^en Solfö belebt unb belohnt" (!). — SÜBegcn be^ äußeren Verlauf« ber
mit bem 3Jlirafel berbunbcnen gropeia 5ßrojeffion unb bcr babci ful; abfjjiclenben ©^enen
f. bcf. Irebe a. a. D. SBegen ber ben ^eiligen betreffenben Äunfttrabition unb feiner
CO Attribute (toilbe liere, bie i^n umgeben unb unberfe^rt laffen ; ©(^toert, Sifc^of^ftab unb
Sfanitarittd ditfoit 607
3nful, offene^ Sud^ mitberSnjc^rift: „Beatus vir, qui inventus est sine macula!";
Slutfläfc^c^en u. f. f.) togl. ©tabler ©. 146, toofclbft aud^ über bie übrigen, mutber be*
rül^mten ^eiligen unb ©eligen bc^felben 9latnen^ gel^anbelt ift. S^^^t^*
^üplltt f. aSöIfertafel.
Sarc^fi f. giafd^t. 6
S^afott ift ein griec^ifcf^er 3lamt, ber fic^ in maffabäifc^er unb nac^maKabäijci^er QÄt
öfter bei ^uhm unb 3«*^^"^^^«« pnbet; toegen feiner äl^nlic^leit mit bem J^ebr.'jübijc^en
9iamen ^c\n^ (r^'^":) toarb er t>on l^eDeniftijc^ gerichteten ober in l^etteniftifc^er Umgebung
Icbenben 3wben bielfad^ angenommen, h?ie äffimo^ für ©Ijalim u. a,, t>gl. 3^1^^-/ An-
tiqu. jud. XII, 5, 1 (ed. 9liefe, § 239). Son bemerlen^toerten trägem be^jelben fmb lo
anjufül^ren :
1. 3) er §ol^et)riefter gafon. ^. Würid^, Suben u. (Arielen cor ber moff. er»
f)ebiing 1895; 3- SöeUöaujen, 3§r. unb jüb. ®eM. 1894, @. 200ff.; ©. Saurer, ®ej(6. bc«
jüb. «ülfe«, 2. «ufl. I, 1890, 6. 150 ff.; ?(. S3ü*Ier, 3)ie 2:obiabcn u. bie OnlQben 1899,
6.100-143. 15
3ajon, einSruber be« §o^enj)rieftergDnia^III., ^at brei^^i^J^« lang (ca. 174— 172
t). 61^.) jein Slmt innegel^bt. ©ein SJilb fällt fe^ berfc^ieben au^, jenac^bcm man ben
Seric^t in 2 üRaf 4, 7 ff. 5, 5 ff., bgl. 1, 7, ober ben be« 3oje})^u^ in Antiqu. jud. XII,
5, 1 (ed. 9ttefe, § 237—241), bgl. XV, 3, 1 (§ 41), ju ©runbe legt. 9lacfa bem erfteren
ift er e^ getoefen, ber burc^ feine ©röfomanie ba^ unter bem ©eleujiben Slntioc^u^ IV. 20
@j)i^l;aneö (175—164 bor 6^r.) über bie t)aläftinif(i&en ^uitn ^ereinbrec^enbe Unl^eil
in ber §au^tfac^e ^eraufbefc^tooren l^at (2aKaf 1,7). Salb nac^ bem Slegierunggantritte
öon Slntiod^uö IV. erfc^lic^ er fic^ — fo berichtet 3afon bon S^^xtm (f. u., 9ir. 3) — bei
einem 3wfö"i»wc"^^^ ^^^ ^^"^ Äönige baö l^ol^e})riefterlic^c Slmt, inbem er für ba^felbe
440 Talente ©ilber^ mel^r bot alg fein jur R^xt amtierenber Sruber Dnia^ unb fic^ für 26
toeitere 150 lalente ba^ Siecht erlaufte, ein ©^mnafium unb S})^ebeion in Senifolem ju
enic^ten unb 3^^(^^^nt bad antiod^enifc^e Sürgened^t ju berteil^en. 3^ i^^^ SS^f^
lam er ben l^eQenifterenben Steigungen bed ©^rerlönigd entgegen. @r erbaute in offenem
^o^ne gegen bie X^eohatie gerabe unter ber Sllra ein ©^mnafium, in toelc^em bie
cbelften ber jübifc^en 3ünglinge fic^ nadtt in g^mnifc^en ©^)ielen übten, unb felbft bie ao
^rieftcr berlie^en i^ren 3)ienft unb eilten jur 5Paläfitra, um ben gefe^toibrigen Sluffül^rungen
beijuU)ol^nen. 3""^ 3^*^^ \^^^^ ©iferg für ben beibnifc^en Äultuö fc^idftc er fogar, ate
fid^ ber Äönig jur geier ber attc bier 3öl^e ftattpnbenbcn ^ftf^)iele in %r)xu^ aufl^ielt,
eine 2^eorie mit 300 ju D^)fem für ben $eraHe^3KelIart^ bcftimmten ©ilberbrad^men
bort^in. 3lai) 3 ^af)xtn id)0(^ toarb er tro| allem burd^ SRenelao^, ©imong ©ruber, 86
ben er in ®elb- unb anberen ©efc^äften ju Slntioc^u^ gefc^icft ^atte, au^ feinem Slmte
berbrängt ; ber (Srunb toar tool^l nic^t allein, ba^ ilj^n biefer um 300 lalente ©ilber^
überbot, fonbern ba^ er felbft — fei e^ mit Stecht ober Unredbt — beim ©^rerfönige in
ben (Seruc^ eine^ ^tolemäerfreunbed gelommen toar, bgl. 31. Sücpler a. a. D., ©. 1 12 ff. (Sr
flol^ in^ Dftjorbanlanb ju ben 2lmmonitem 2 3Jlat 4, 26. 93on bier feierte er 170 b. 6l^r. 40
lüä^renb be« 2. ägVt)tifd^en^lbjuge« öonStntioc^u^ auf baöSerüc^t l^in, ba| ber ©^rerf önig
geftorben fei, jurüdt, eroberte mit einem Raufen bon über 1000 3Kann 3^Älem unb
richtete ^ier ein gro^e^ Slutbab an; ü)lenelao^ flüchtete in bie Surg unb leiftete ^ier er*
folgreic^ SBiberftanb. Sluf bie 2)auer lonnte fid^ ^ajon nic^t be^aut)ten..unb flo^ jurüdE
in bie 3lmmaniti^, bon ba ju bem Slraberfürften Slreta^, bann nac^ StgV^ten unb foH 45
fc^lic^id^ bei ben Sacebämoniem (nac^ 31. Sudeler a. a. 0., ©. 127 ff. toären bamit bie
borif^en ©riechen ber 3tg^pten benachbarten Äl^renaifa gemeint) geftorben fein ; 2lntioc^u«
aber na^m, atö er au^ Steg^jjten jurücRel^rte (169 b. 6l^r.), an ^erufalem blutige SRadj^,
®anj anber^ berid^tet 3ofe^^u^ (a. a. D.) : nad^ i^m erfc^eint 3cifon boUfommen ein*
hjanbfrei, unb ber görberer be8 ^eKenii^mu^ unter ben 3uben ift bielmel^ 3Renelao^ im 60
Sunbe mit ben Xobiaben getoefen. 3^w^=3^fon erlangte nac^ bem 3^obe feinet Srubeng
Cniaö orbnung^mä^ig ba« Äol^e))rieftertum, fiel bann in Ungnabe bei Stntiod^u« unb
nmfete fein 2lmt feinem jüngften Sruber Cnia^s^Kenelaoig abtreten. ®egen benfelben er»
bob er \\d) aber, toobei bie SKel^rl^eit be« Solle« ju il^m l^ielt, toä^renb fic^ um SKenelao«
bie mäd^tige Partei ber Xobiaben fc^arte, unb e« gelang il^m, feine ®egner ju berjagen. 66
5WeneIao« famt feinem Slnl^angc toanbte fic^ na^ Slntio^ien ju 2lntioc^u« (Sj^ijj^ane«
unb ertoirlte ftc^ t)on biefem bie @rlaubni«, ein ®);mnaftum in 3^^^"^ i^ erbauen
608 dtfoit ^»pi»
unb bic ^viöm ju örägiftcrcn; '^a\on felbft bcrfc^toinbct nad^ feinem Sie^e über bie
5Cobiaben Jt)urio€f au^ bem ©ejid^t^frcte. 2)ic toeitau« meiften ©elel^rten beborjugen mit
SRec^t tro| be« (Sm^mc^e« bon §. SQäiaric^ (a. a. D., j. bef. ©. 83 ff. Hoff.), ber btc
3)arfteIIun0 be^ 2. SRaRabäerbuc^e« über 3«f*>n für beh)u|t gefälfc^te lenben^gcfc^ic^te
6 ^ält, ben Sericf^t bc« gafon bon Ä^rene.
2. 3afon, ©o^n eieajar^. ©erfelbe toarb nad^ l3Kaf8, 17 jufammen mit gu=
))olemo«, bem ©ol^ne S^^anne^', bon ^u'öa^ SRaKabäu^ nacf; SRom öefqtdft, um mit ben
SRömem „in JJreunbfc^aft unb Sunbe^genoffenfd^aft ju treten" ; bgl. aui) 2 3)laf 4, 1 1 ; ^o^
fejjj^u^, Antiqu. XII. 10, 6 (§ 414—419). 3)iefe (Sefanbtfc^aft fielnac^ 1 Wlat in biegeit
10 nad) ben ©iegen 3ubaö' über 5Rifanor bei Äop^ar-Salama unb 33ct^5§oron (?IRärj 161
b. 6^r.) unb ^atte ben »bfc^lu^ eine«©c^u|= unb Xru^bunbe« jur golge (1 3Rd 8, 21 ff.).
3j[^rc Oef^id^tlic^Ieit ift bon $. SSiUric^ a. a. D., ©. 71ff. in 3h)eifel gebogen, ober c^
toirb tro| ber SBirfungölofigfeit biefe« Sunbe« bie angäbe 1 3Ral 8, 17 — um mit
SBeK^aufen ju reben — nid^t „ganj au^ ber Suft gegriffen" fein (a. a.D. ©.216 Snm.).
löSSgl. noc^ @. ©d^ürer a. a. D., I-, ©. 170 ff.; 3ftp3:^ 1874, ©.231 ff.; ^. 9litf(^I,
Acta societatis philo!. Lips. 1875, ©. 91 ff.
3. ^a]on bon Ä^rene. 3B. ®rimm, Äurjgcf. eyeg. ^onbbuc^ ju b.^Ipofr bc§ ^Z
IV, 1857; G. ©4ürer, a. a. a III», 1898, @. 359 ff.; ?l. edjtQttev, 3af. ^- i^- tn &cfifd)rift
ber t^cof. 3raf.; ®reif«wolb 1891; ©.Söiaricft, a.a.O. ©. 64 ff.; 33. <«iefe, Äritit ber beiben
20 •äRaWabäerbücfter ncbft 93citrägen jur ®cfc^. ber matf. drfiebung in C)crnic«, 93b XXXV,
1900, ©. 268 ff.
3afon bon Ä^rene toar ein ^elleniftifd^er 3ube, ber nac^ 2 3Ral 2, 19 ff. ein 5 Sucher
umfaflenbei^, gried^ifd^ gefc^riebene^ SEBerl über guba« 3Kaffabäu^ unb feine Srüber, bie
5Cem})elreinigung, bie Kriege gegen 9(ntioc^ud @)}i^l^aned unb @upator, fotoie bie ben
25 Stampfern für bad ^ubentum ju ^eil getDorbene U)unberbare göttlid^e ^ilfe berfa|t ^t.
a)a«felbe umfaßt bie geit bon 176—161 t). 6^r. unb ift ber erjä^lung be« 2. 3RaU
labäerbud^e^ ju ®runbe gelegt, bie nur eine rl^etorifc^ au^efd^mücfte unb lesbarer gc=
ftaltete inirofi^ (2 3)lal 2, 26. 28) au« jenem barftettt; f. auc^ 2 3KaI 15, 38 f. »ttc
38eranttoortIid^teit für bie SRic^tigleit ber angeführten Xl^atfac^en fc^iebt ber ß^itomator
30 auf feinen ®etoä^r«mann (2, 28 ff.), aber barum ift beffen $crfönli(f;feit bon iljm getoife
nidS^t blofe frei erfunben unb lebiglidS) ate SKa^fe für feine eigene ©c^riftftetterei benu^t
toorben (5B. §. Äofter«, De polemiek van het tweede boek der Makk. in Theo!.
Tijdsch. 1878,© 491 ff.; a. Äamjji^aufen in 5Die 2lt)oIr^l)l^cn u. 5ßfcube»)igra^ben b.Sfl:,
1898, ©. 84). 3afon fcf^rieb bermutlic^ jtoifc^en 162 unb 125 b. 6fjr., too^l noc^ toor
86 ber 2lufri(^tung ber ^a^monäifd^en §errfd^aft, unb ^toax öielleid^t in Slegt^pten (SHatolinfon
fe^t i^n um 100 b. 6^r. ; SBittric^, a. a. D., ©. 76 gar erft in bie erften 35ejennien un«
ferer 3^^^^"ung). 5flad^ 21. ©c^Iatter läge fein 2öerf auc^ bem 1. 3)laIIabäerbu(^ ju
©runbe, baö eine l^ebräifd^e Bearbeitung be« ^a\on fei, bie man fpäter toieber in«
©rie^ifc^e übertragen i}abi. ^n proteftantifc^en Äreifen ift |\iemlid^ attgemein bie ®Iaub=
40 toürbigleit bon 2 mal toeit l^inter bie bon 1 3KaI geftettt tüorben, fte l^at aber neuere
bing« in 93. SRiefe einen bead^ten«h)erten 3?crteibiger gefunben.
4. Site feinen „S?ertoanbten" bejeicf^net ^aulu« 9lö 16,21 einen 6^riften9lamen«3afon
unb befteDt bon i^m ®rü^e an bie ©emeinbe bon 91om (be^. ©jj^efu«); berfelbe lebte
toa^c^einlic^ in Äorint^, bgt. SRö 16, 1.
46 5. Sei einem (S^riften ^afon, ber bon bem eben genannten tDol^l ju trennen ift (fo
bie 3Keiften), U)o^nte 5ßaulu« ju a:i^effalonid^ ah. 17, 5—9.
6. Ueber ben a})otogetifc^en Dialog ^a\on unb ^api«fu« f. 33b II, ©. 47, 3:jff.
tR. ftrae^fi^mtt.
3[«0<>ie, aibert ©igi«munb, geft. 1885. — 1. 92ad)folöenbcr ©fi^ac ^aben neben
60 perjönlic^en (Erinnerungen noc^ Scbenber bie uortjonbencn ^erfonaloflcn beS I). 3ö*piö ju
ÖJrunbc gelegen. Sgl. auc^ „Silber auö bem fird)!. ^cben unb ber cftriftl. fiicbcöt^ätigfcit
in "ißümmern", öerou^gegebcn com ^roüin^ioluerein für innere 'öKiffion in Sommern, 1. Sb,
©tettin 1895, ©. 205 ff.; fomie ben ber 2. Äufl. ber ^ßrebigtfammlung „Erinnerungen an
eincßeit» wo eö trübe unb finfter luar", i^öln 1888, üorQn9ef(t)icften ifebcnöabrife ; beibed üon
66 ber 4)cinb feinet ©obned.
2. ©d)riften (9(u8iüaf)l). 53ibelanefboten, 2)re^bcn 1845. Erinnerungen an eine Seit,
wo eS trübe unb finfter loor, 14 ^rcbigten quS \>c\\ SieibcnSjaörcn 1846 47, Elberfclb 1848;
2. 9(ufl., burc^ IG «Prcbißten oerme&rt, Stöln 1888. 3)er fl. Äatecf)i«muS fiut^cr«, axi^ p*
felbft erftÄrt, wie auö ber \)L ©cftrift, namentlich i^ren ®efrf)ic6ten erläutert, 4 3luSgaben
<J0 mit indgefamt über 50 Auflagen, .^ilfdbüc^lein für ben Unterricht in ben bibl. Q^ef(f)id^ten,
S^»pi» 609
2. 9lufl., eiberfelb 1856. lÖebenSbilber au§ bcr früheren SSergangcn^cit bcv eu. lut^. ®c»
Micinbc gu eiberfelb, (gibcrfclb 185i?. ^Iqu für ba« rcl. Untcrri(ftt8gebiet iii etoang. 93olf«»
fcfjulcn, Stettin 1856. a)er Sc^rer alS ©cclforgcr unter feinen Äinbern, ^öln 1861. ©teben
©riefe über ba§ Sefen ber ©ibcl, ©erlin 1864, 4. «Tuff. 1882. Erinnerungen an ben Xag
ber Konfirmation, ©erlin, über 30 ^ufloaen. ßeugniffe oom ^eit unb ßeben in ß^rifto, 6
2 ©be, eibcrfelb. S)ie ©eelforge unter Äonfirmonben, ©erlin 1883. 3Binfe ju ©etro(ft»
tungen ber @^ef(i^id^te bed Sobedleibend unferd ^errn 3efu S^rifti nad^ ben (^ou., 2 ©be,
©erlin 1874 unb 1887. S)ie 7 ©ufepfalmen aufgelegt, ©erlin. S^^^reic^e einjeln gebrucfte
^rebigtcn.
5Wur tüenigcn unter ben Äird^enmännem, tDcIc^e na^ bcm aibftcrbcn bei^ Slationali^s lo
mu^ für bic (Smeucrung unb SSertiefung d^riftlic^en ©lauben^leben^ in ber beutfc^^ebang.
Sird^e i^re Sebengfraft eingefefet l^aben, ift eine fo langiäl^rige unb gugleic^ feclforgerli^
f 0 erfolgreiche SBirlfamleit befc^teben getoefen, toic bem ^jommerfc^en Oeneralfu^jerintenbenten
D. 3llbert ©igi^munb 3a«pi^.
©eboren am 15. ^bruar 1809 in bem fäd^fifc^en ©t&btd^en 9loffen aU ber ©obn i5
eine« ©erid^tgbireltor« unb 3urigt)ta!tifuö ^ot er, h)ie btelc feiner SUter^enoffen, al« Änabe
unb Jüngling in ber l^arten ©d^ule ber 3tök unb (Sntbel^rungen jene 3^^'öl^it in ber
2lrbeit unb ©infac^^eit ber äußeren Seben^fü^rung fic^ angeeignet, tt)cld;e faft aKc be^
bcutenberen ^erfönlid^feiten ber ^ertobe bor 1870 t)or bem tüeic^er gearteten unb im^
^ulfiöer angelegten ©efc^led^t ber ©egentüart au^geic^net. 3lad) einer treu benu^ten ©xjm^ 20
nafia[tenjett in ^eiberg a. SRuIbe bejog er 1827 bie UnibcrfUät 2ei^)jig. Dbtool^I
^;\fc^imer bort f^on feit ettoa jtoei $^<^^i^c^i*^ bcmül^t getoefen toar, jtöifd^en bem
Dffenbarung^glauben unb bem SRationali^mu« gu bermttteln, unb neben bem aufftreben-
ben §afe gerabe bamafe 2lug. §al^n feinen auffeilen erregenben RanH)f gegen ben SJut
gärrationali^mu^ begann, blieb boc^ bie tl^eologifd^e Suft, bie ben ©tubenten umgab, im 25
mcfentlid^en rationaUftifd^. ©ein gleife unb feine Segabung, jumal bie bamatö bereit«
bert)ortretcnbe ^omiletifd^e, fanben gebü^renbe Slnerfennung, ate er in ben^a^ren 1831 unb
i882 bie t^eol. Prüfungen ablegte; baneben l^atte er nod^ 3^*^ gefunben, fid^ ben ^f^ilo^
fojj^ifd^en 3)oftorgrab ju em^erben.
1832 trat er ate Äatec^et unb 9la(i&mittaggj)rebiger bei ber ^eter^lird^e in 2^ipm ^
in ben Äirc^enbienft. §ier emjjfing er burd^ ben aU Äanjelrebner, ©eelforger unb ßr^
jie^er junger ©eiftlic^er rül^mlic^ft belannten %. 31. 9Bolf (über biefen t>gl. Sfitfc^e, %. 31.
syotf al^ ^Prebiger, ©rimma 1842) toäl^renb einer breijäbrtgen Il^ätigleit biejenigen
geiftlid;en unb jjaftoralen 3lnregungen, bie feine 5ßerfönlic^leit bauemb beftimmt ^aben.
3)a^ grgebniö biefe^ ol^ne jebe ©etoaltfamleit fid^ i)oII«e|enben -^Jrojeffe^ toar für i^n 35
ein auf lutl^erifc^sfonfejfionetter ©nmblage fic^ erbauenber, auf entf^iebenen Sruc^ mit
ollem fünbig-tDeltförmigen SBefen gerichteter ebenfo ernfter töie inniger ^pieti^mu^, ber feine
®lut burc^ ein intenfibeiS ©ebet^leben ftet^ neu anjufa^en tou^te. 9Bie fel^r gerabe SBolf
an Dem inneren Söerbegange feinet jugenblic^en Untergebenen beteiligt getoefen ift, brücftc
fic^ noc^ 3öJ^i^J^^>^te fj^äter barin au«, ba| 3- «^^ ©eneralfujjerintenbent jüngeren ©eift- 40
liefen ober Äanbibaten für i^re d^riftlid^e SJertiefung unb ^omiletifc^e SBeiterbilbung mit
SSorliebe SBolf« ^rebigten ju empfehlen, nid^t feiten auc^ gefcf^enteeife eingu^änbigen
pflegte, gm ©ommer 1835 tourbe er bon bem fürftlid^ ©c^önburgifc^en ^atronat jum
^^Jfarrer in Sugau, 3 ^a^xt fpäter jum 3)iafonu3 in Sic^tenftein unb Pfarrer in 9löbli|
berufen. (Smfige ©eelforge unb bornel^mlid^ treue SBefd^äftigung mit ber gugcnb ge- 45
tpannen il^m an beiben Orten fd^neU bie ^erjen ; feine Äanjeltoirffamleit erftrecftc fic^ fc^on
bamat« über bie engeren ©renjen feiner ©emeinben ^inau«. Da brad^te ba« '^afyc 1845
bic cntfc^eibenbe SBcnbung feine« Seben«, ben Übergang in bie preu^. Sanbe«Iirc^e. (Slber?
felber Äaufleute, h)elc^e auf ber Seipjiger 3Jleffe t)on bem Sicbtenfteiner 35iafonu« gehört
Ratten, Veranlagten e«, bap er um bie ©c^lu|^rebigt für ba« r^einijc^e 3Kiffion«fcft (guni 60
1844) gebeten U)urbe. 3)ie ^rebigt mad^te einen fo tiefen ©inbrua, ba^ bie ßlberfelbcr
cb.=lut^. ©emeinbe il^n nod^ im $erbfte 1844 ju i^rem 3. Pfarrer U)ä^Ite. 3luf bem
fird;lic^en ©oben be« 9Buj)t)ertbaI« fonnten fid^ S^^t'i^' &aUn nunmel^r fc^ön entfalten.
Gin reiche« ©emeinbeleben, get)flegt öon ^erborragenben 3Kännem beiber eb. S3elenntniffe,
tüic ©anber, ^aube, Ärummac^er, nal^m ben 3lnfömmling auf; jugleic^ regten il^n bie 65
eigenartigen fojialen 3Jerl^ältniffe burcf; bie umfaf[enben ^jaftoralen Säufgaben, bie fie il^m
[teilten, mächtig an. 3lu« ber $raji« l^erau« entftanb ^ier biejenigc feiner ^Publilationcn,
bie feinen 9{amen h)eit über bie ©renjen be« eb. 3)eutfc^tanb« ^inau« getragen l^at: feine
^Bearbeitung be« fl. Äated^i«mu« Sut^er« für bie ^W^dt be« Äonfirmanbenuntenid^t«.
Unftreitig ift bic« Süd^lein einer ber gelungenften 38erfucf;e gur Söfung ber fatecf^etifd^cn go
3lufgabe ber Äirc^e, toie man biefe in ber 3Ritte be« 19. 3«^i^i^wnbcrt« in ben Ärcifcn
»ea(<«nci)C(opab{e für IC^losie ttab IHr^ 8. a. Vlll. 39
610 ^»pü
bc^ j)iettftif(^en Äonfcffionali^mu^ ju faflen i^flcgte. Über feine aKgemcinc {irc^lu^
©tettung l^at 3- f^^ ^" ^^"^ ä" ©anber gericf^teten 3Sorh)ort gu feiner ^rebi^tfammlung
„Erinnerungen u. f. to." (f. oben) in bead^ten^toerter SBeife geäußert.
^a^px^ tft 10 ^a^x^ in 6lberfelb Verblieben. 3lad) bem Abgänge be^ Jjommcrfc^
6 8if(i(}of« Slitfd^I lenfte ber fäc^fifAe ®eneralfuj)erintenbent SMöIIer, ber i^n gelegentlich ber
bamalg toieber aufgenommenen ©eneralfird^ent^ifitationen fd&ä^en gelernt ^atte, ben Slicf
ber leitenben Äreife auf i^n al^ SRitfc^te 5Wac^foIger. Sei feiner Berufung in bic^ ein-
flu^reid^e Äirc^enamt ift c^ feine^toeg^ glatt hergegangen, "^a^^pi^, Don 9latur ängftlic^,
toünfc^te bie ©elegen^eit m f^egififc^ t)aftoraler (Semeinbeorbeit für fid^ fic^er geftcttt ju
10 feigen unb l^attc aud) fonfeffionene Sebenfen in 3Jejug auf bie Drbination unb bie Don
il^m ju benu^enbe 3lbenbmal^Uft)enbeformel. S3ejüglic^ ber biefer^alb Don il^m gef orberten
©arantien fagte bamafe ber Oeneral t). ©erlac^: „3- lommt mir öor toie ein @eneral,
ber eine eM^*^? wobem foll, aber erflärt: \a, aber ne^mt fte mir jubor ein!" 9)ie im
Sorbringen begriffenen f onfeffioneUen Äreife $ommem^ toünfd^ten lebhaft, il^n p getoinnen ;
15 in Serlin rang ber Unioniömu« eine^ ^offmann mit ben Äonfeffionellen §engftenberg,
93inbeh)alb u. a. um ben maftgebenben ©influ^. 3" 3lnfang 1855 !am S^^lpi^* 33^
rufung gu ©tanbe.
$ier beginnt ber le^te, äuftertid^ iebenfatl^ gtängenbftc Slbfd^nitt im fieben be«
3Wanne«. ©reif^loalb ernannte i^n unter Äofegartenö 3)efanat 1856 jum 3)oftor bct
20 Ideologie. Um feine Äanjel in ber ©tettiner ©^loprd^e fammelte fid^ eine aujerorbcnt^
lic^ jal^lreic^e ßu'^^^^^^^^f^/ ^i^ i^^ ^i^ in f^^^^ legten Seben^ja^re l^inein treu geblicboi
ift. ©eine Oeneralürd^enbifitationen in ber ^robinj tourben, namentlich in ben erften
gal^ren, gu lirc^lic^en ßreigniffen erften SRange^; feine ertDecflid^e, ja erfc^üttembe Slrt,
jium §eil in 6](|rifto ju rufen, ben alten SKenfc^en aber jum Serberben beö ^leifd^eg ju
26 übergeben, ftel^t bei Vielen noc^ fiebenben in gefegnetftcr Erinnerung. Der j>ommcrfc^
©eiftlic^fcit trat er in toeiteftem Umfange feelforgerifc^ nal^e; ber Äanbibaten fic^f anju-
ne^men unb auf fie erj^iel^lid^ ju toirfen, U)ar er fonberlicf; bebac^t. 3Wit großer Ircue
ging er altemben Äanbibaten nac^, benen SebenSmut unb Slrbcit^frcubigteit ab^anbcn gc^
fommen tvax. gür bie Ausbreitung d^riftlid^er SiebeSarbeit in ber gorm ber Sereinc
ao unb 2lnftalten, toie bie 2. §älfte beS abgelaufenen J^al^rlj'W'^^^^^ P^ au^ebilbet ^at, toar
er unermübtic^ unb nid[)t feiten mit erJ^ebtid^en eigenen ©elbo^fem tl^ötig. 3)ic (äcfa^r
ber Seräujerlid^ung, bie biefen Seftrcbungen brol^t, l)at er frü^ erfannt unb abjuloe^ren
gefud^t; baS geflügelte SKort Von ber ,,innerften ^Wiffton", beren 3*^ ^i<^ perfönlic^c Sc=
fe^rung beS einzelnen ift, entftammt einer feiner ^rebigten. 3)abei U)ar er nic^t o^c
36 Erfolg auf bem erbaulic^^en unb t)aftoralen (Sebict fc^riftfteKerifc^ t^ätig; einige feiner
Iraftatc, namentlich bie für bie eingefegnete 3^0^"^ bcftimmten, l^aben toeitc Serbrei^
tung gefunben. Se^errfc^t erfcf^eint bie« ganje, locit VerjU)eigte ffiirfen Von einem ®runb«
juge: bem ber ©eelforge.
3n biefem feelforgerlid^en 2^on, auf toeld^en 3«^)^'^' ^^erfönlic^leit geftimmt h>ar,
40 liegt inbe« aucf; feine ©c^ranfe. 3" ^^^^ ^^^ ^^^^ Sejiel(^ung ^at er bie Erloartungcn,
bie man an il^n ^M^^f "*^^ erfüllt. Er befaj ein crleud^tetcS Sluge, bie SBege be«
(Seiftet (Sottet im SWenfc^en^erjen aufjuf^üren unb ^u Verfolgen; ein Slann Ilarer Ent^
fc^lüffc nnb jielbeujujten ^anbelnS auf bem 5Dtarft bc« Sebenö ift er nid^t gelvefen. Ein
Sannerträger in ben fird^lic^en Äämjjfen ber 3^it ift er nid;t getoorben. Einen burc^
45 fc^lagenbcn Einfluß auf bie firc^lic^e Sertpaltung ^ommernS l^at er nic^t au^eübt. Er
beeinflußte bie©eelen, aber bel^errfd^te nic^t bie®eifter; er l;at im §eere 3efu Ebrifti bie
fiäffigen angefjjomt, bie 9Jiübcn gcftärft, bie Sertounbeten gejjflegt, aber er i^t bieitolounen
nic^t geführt. 3)aS tuar j. %, f^on burc^ bie Eigenart feine« äußeren 5Wenfc^en, mel^r aber
nod^ burc^ bie feiner grömmigleit bebingt. ©einer äußeren Erfc^einung fehlte — außer auf
BD berÄanjel — ba« :3mj)onierenbe ; feinem 3luf treten haftete, tvol[^l mit infolge feiner ftarfenKurjs
fic^tigfeit, eine getüiffe Unbel^ilflic^Ieit unb Unfid^er^eit an. ©eine unverhohlene ©leic^iltigfcit
gegen alle«, h)a« bem Seben ©eftalt, ©c^mudE unb Sel^agen verleiben lann, ^t nid^t
' feiten ber Äraft feine« 3^"9"\R^ Eintrag get^an. 3)abei haftete feiner ^^ömmigleit un*
Verfennbar ein a«fetifd)'gefe^lid^er 3^0 ^"^ ^^^ ^^^ *>'« Sebeutung ber 9laturfeitc im
66 5Dlenfc^enleben manchmal fo Verfennen ließ, baß er offenfunbige 3Jlißgriffe, j. S. in ber
Seeinfluffung be« religiöfen Seben« ber S^Ö^^^ nid^t Vennieben ^at (vgl. feine $rüfung«=
fragen Vor ber Äonfirmation in „©eelforge unter Äonfirmanben, Serlin 1883, ©. 11).
3)er Emft ber täglichen Süße, bie ängftli^e ©orge um bie ©eligleit machte bie ®runb*
ftimmung feine« religiöfen Seben« au« ; ber triebe ber ®otte«finbfd^aft, bie greubc an ber
00 Seben«gemeinfdE)aft mit @ott in El^rifto baben if^m ^^Wax nid^t gefehlt, aber pc l^abcn i^n
^9px» ^a» 611
nic^t bcl^cvrfc^t. @r blieb fein 2ebtage, toie Süc^fel gefagt l^aben fott, eine feufjenbe
Äreatur. 3)em entfprac^ aud^ ber Sinbmdf feiner ^rebigt, bie je länger je m^fyc ©e«
n)iffeng= unbS3ufe})rebigth)urbc(bg[. ßb. Äd^jtg. 1888, ©>). 578), afe folc^e aber bi« jule^t
gewaltig blieb.
(Sine f6h?ere 93eeinträ(^tigung erful^ feine @teQung innerhalb $ommemd burc^ ben 5
(Sang ber fonfefftonetten SBirren unb Ääm^)fe. 2)ie toieber^olte ©i^jiplinierung be«
§au})teg ber t)ommerf(i^en Sut^eraner, be« ©uj). SKeinl^olb, burc^ bie ürd^lid^en Sel^örben
fii^rte ju einer tiefen SSerftimmung biefer Äreife gegen i^ren ®eneralfuj)ertntenbenten.
3nan gab i^m ©d^ulb, er l^abe bem be^örbUc^en SSorge^en gegen SRein^olb nic^t energifc^
genug toiberftanben. ©eine $altung auf ber aujerorbentlic^cn ©enerolf^nobe bon 1875 lo
öermel^rte ba^ SKi^trauen unb brad^te i^n in eine Sfolierung, an toelc^er er fd^mer trug,
©eine ijeinüd^e ®eh)iffenl^aftig!eit liefe aber bcn ©ebanfen an einen ©ntritt In ben SRul^
ftanb in i^m nic^t auffommen ; er ^at feine Kräfte bi« ju ben legten SReferbcn im 2lmt
bcrbrauc^t. Sm 20. ©ejember 1885 ift er jur ^eube feine« §erm eingegangen.
^atian. — fiittcratur: 83. Stabe, De populo Javan, ©lefeen 1880. 9?cu gcbrurft
in Sieben unb ^Ib^anblungen, Gelegen 1899; Gb. ^hxjev, G^efc^idjte bed ^Utertumd I (1884),
490-494. II (1893), 433. 685 ff.
Satoan, i;;, bejeid^net im 31% teifö bie (Sriec^en Rleinafien«, teite bie ©riechen über«
l^aupt. tiefer ©jjrad^ebraud^ ift bem äl mit bem ganjen Orient gemeinfam. ®r erllärt 20
fic^ au« ber im 3Jölferuerfel^r l^äufigen 2:l^atfac^e, bafe ber 9lame eine« einzelnen ©tamme«
bei ben 9lad^barböllem jur Sejeic^nung ber ^anjen SZation toirb, ber jener ©tamm an^
gehört. 3)a« ^ebräifc^e ";; entfjjric^t bem gnec^ifc^en "Idoveg, laFoveg^ ba« fotüo^l bie
Sonicr in Slttifa al« aud^ bie an ber SBefttüfte Äleinaften« bejeic^net. Stuf einer gnfd^ft
be« affl;rifc^en Äönig« ©argon« II. (722—705) tautet ber 9lame Javana, auf ber t)ers 25
fifc^cn 3!)ariu«infd^rift I Jauna, auf ber S^f^^f^ ^^ inbifd^en Äönig« 3lfoIa au« bem
britten IJal^rl^unbert t)or 6^r. Javana. Safe gerabe ber Siamc ber Sanier im Orient
für ©riechen überl^aujjt üblid^ tpirb, l^at feinen ©runb barin, bafe bie ^onierftäbte an ber
SKcftfüfte Äleinafien« feit bem aijim 3ia^r^unbert ben Äanbel nad^ bem Orient über
£anb unb über bie ©ee bel;errfc^ten. ©eit tuann biefer 5Rame bon ben Orientalen für»)
©ricd;cn übcrl;auj)t gebrandet h)urbe, läfet fic^ nic^t beftimmt nad^ueifen; bie SSerl^ältniffc
bc« alten §anbeleuerfel^r« fi)re(^en ol^ne 3^^^^" bafür, bafe biefer (Sebrauc^ fd;on älter
ift al« bie perfifc^e ^Äi unb nidj^t erft burc^ bie §errfd^aft ber ^^Jerfer über bie ©riechen
Mleinafien« herbeigeführt tDurbe, U)ie ©tabe in ber oben angeführten Slbl^nblung annahm.
!öeac^tenetpert ift nod^, bafe bie Orientalen ben 9lamcn in ber alten ^rm (mit bem wau 35
ober SBigamma) fennen lernten. S« ergiebt fid^ barau«, bafe il^re ^erül^rung mit ben
^oniern in eine jiemlic^ ^o^e ^zxi l^inaufreic^t (bei §omer ^l. 13, 685 ^Idoveg).
3)ie ©teilen be« WS. laffen fid^ nac^ i^rem ©inn in brei ©ruj)t)en teilen. (Sj 27, 13
u>irb ^v neben I^ubal unb 3Kefed^ genannt; l^ier fmb bemnac^ Öeinafiatifc^e ©riechen
gemeint, toielleic^t ^onier im eigentliqen ©inn, bie in ben Kolonien an ber ©üblüfte be« 40
f4>iüarjen SKeere« fafeen (©tabe). fl^nlic^ öer^ält e« f^c^ nüt 3ef 66, 19, too mit LXX
,,2ub unb a)?efec^ unb I^ubal unb :5at)an" ju lefen ift. (gj 27, 19 ift jeboc^ 3. nur
infolge uon Xe^ltoerberbni« öor^anben, h)ie eine 3}ergleic^ung ber LXX bereift; e« ift
bal)ci* unnötig, um biefer ©tette toiUen an ein arabifc^e« 3 ya beulen, h)a« man feit
©. Öoc^art, Phaleg(l651) I, 132 f. I^äufig getl;an ^at. 2)en allgemeinen ©inn „©ric5 45
d;cu" ^at 3. in ber ^NÖlfertafel ©en 10, 2. 4f. = 1 6^r 1, 5. 7. gtoar fte^t ©en
10, 2 3. neben S^ubal unb a)Jefed; mie ©j 27, 13; 3ef. 66, 19, aber SS. 4 toerben
(Slifa (toal^rfd[;einlid^ ©icilien), Xarteffu« in ©Jjanien, 6vj)em unb Sl^obu« ju 3- gcred^net,
unb %. 5 U)irb 3- gcrabeju al« ba« 3Jolf be« mittellänbifc^en 3)Jeere« bejei^net. 3)a«
lä^t fid^ nur bon ben ©ned^en über^aut)t Derfte^en. 3)er SSerfaffer be« ^riefterlobej — 50
mit i^m l^aben mir e« in biefen SJerfen ^u tl^un — fennt bereit« bie SSerbrängung ber
^^J^öuicier a\x^ ber $ertfc^aft über ba« uRittelmer burcf; bie ©ried(}en unb bie Slüte ber
gried;ifc(|en änfiebelungen im 335eften im fiebenten unb fec^ften S^ii^rl^unbert. 3luc^ goet
4, 6 ift t)on ©riechen über^au»)t bie Siebe, ©nblic^ bejeic^net 3. ©ac^ 9, 13 (l. l": "?.?)
baö gvied^ifc^e äBeltreid^, genauer ba« Sleic^ ber ©eleuciben, bur^ beffen 3Sernid^tung ^\on 66
befreit toerben foü. Da 8, 21 (11, 2) ift ba« 3fleid; Sllejanber« be« ©roften gemeint,
10, 20 ba« ©eleucibenreic^. (&ui\i^t.
"^ha^f Sifd^of t)on (Sbeffa, geft. 457. — duellen: Asrumiani, Bibliothoca
Orientalin [, 200 ff. ; III, 1, 85; %k VCfteu ber cpljcfinlfc^eu St)«obc uon 449 uou ö). .t)off*
39*
612 ^a» 3^eaKdmitd, bentfc^er
mann, % Martin, 6. ®. g. ^enl) (Xitel bei 9?eftfc, Litt. Hyr. p. 63 f.); boju ©. »cij.
fäffer, Xt)S81879,7: .^aUier, Unterfucöunöen über bie cbeffenifdje ©^ronil (XU IX, 1. 1892);
R. Duval, histoire d'Edesse 174; Litt^rature syriaque; ^ornocf, 3)® II; J. B. Chabot,
lY^cole de Nisibe (JA. 1896 JuUL Aoöt 95).
6 ^ba^, ^Ißag, f^rifd^ N?"^":, meift öcrfür^jt «:?"^r' (= Donatus), tourbc im 3. 435
Sifc^of bon ßbcjfa afö ^Jiac^folger bc^ 5labbula^, ber eifrig für G^riK 5ßartei genommeit
unb namentlich bcn I^eobor bon 3Woj)fuefte unb befjen ©d^riftcn ju toerfe^em gefud^t
l^atte. 3)afe ^bo«, toelc^er fw^ il^m ^icrin mit aller ßneröie tüiberfe^tc — bgl. borübir
fein berühmt getoorbene^ ©(^reiben an SRare^ au^ Sctl^^^arbafc^ir (©eleucia) am STigrie
10 — ju feinem ^lac^folger getoö^It tourbe unb ftc^ aller 3lnfeinbungen ungea^tet bi^ ^wc
jhjeiten ej)l^ermif(^cn ©^nobe in feinem Slmte galten f onnte, jeugt umfome^r für bie Äroft
feiner ^Perfönlic^feit, ate bie öon ^ba^ Vertretene gemäßigt antioc^enifd^e I^ieologic bamaü
au(^ in ©beffa im Slüdfgang toar. 93eim ^atriard^cn ^^5roHuö unb beim Äaifer ^obo=
fm^ II. berflagt, ba^ er burd^ bie ©c^riften bc^ 9Kot)fucftener«, toelc^e er in Scrbinbung
16 mit 2 anbem ©bcffenem, ßuma^ unb ^ßrobug, in^ ©^rifd^c übertrug, bie neftorianifc^e
Äc^erei im ganjen Orient Verbreite, U)urbe er Von ber Släuberfl^nobe in ß^j^cfu^ am
22. 2luguft 449 feiner ©tette entfe^t, obfc^on bie Vorau^egangenen Serl^anblungen in
%\)xn^Stt\}tn^^%\)xu^ am 25. »Jebruar bcöfelben ^a^re^ ju einem frieblid^en Sluötrag ge^
fü|rt batten; f. barüber unb über bie um Dftern in ©beffa felbft ftattgel^abten Sluftrttte
20 bie inftruftiben Slac^ric^tcn in ben f^^rifc^en äften ber ejjl^efinifc^en ©^nobe. §at bo(^
3)i(»fur Von bem „ledten unb ungeiftlic^en" Sifc^of Von ©beffa (§ama(f, 2)® 2, 356)
baö Sßort IoI)3ortiert: 3^ beneibe ß^riftum nic^t, ba| er ©Ott gelvorben; benn auc^ i(^
fann ^ U)erben n)enn id^ tüill. 3" G^alcebon am 28. DItober 451 U)ieber ol^ rec^t*
gläubig anerfannt unb in fein Slmt eingefe^t, ftarb ^ba^ am 28. Dftober 457. ©ein
26 Slad^folger h)urbc 5Jonnu^, ber i]^n fc^on Von 449/51 erfe^t l^atte. ©ein Srief anüKareö,
ber noc^ teitoeife in einer gried^ifc^en Überfe^ung unter ben Säften be8 Äonjil^ Von 6^al-
cebon erl^alten ift (bei aJlanfi VII, 241 [„Vlfl, 242" bei $arnai, 35® 2, 393 ift
3)rudEfeI;ler], ber f^rifc^e lejt in ben äften ber et)^efmifc^en ©^nobe ift eine 9lüdfüber=
tragung a\x^ bem ®riec^ifc^en), l)ai Sebeutung ate eine ben neftorianifc^en ©treitigfeiten
80 gleid^^eitige QueUenfc^rift, unb ate juverläfftge« 3^w0"'^ "^^ *^^^ \i^^ ^W^^ ©lautenö^
ric^tung. Sr tabelt barin ben 6^>riu ^eftig, ber in baS 3)ogma be« Slpottinariu» Verfallen
fei, bat aber auc^ an 9ieftoriu^ au^jufe^en, bafe er fic^ Vor ber $ärefie bei8 ©amofatener^
ni^t genug gehütet, unb ieigt fw^ übcrl^aupt aU ein 5Kann von felbftftänbigem unb mög=
lidift un^arteiif^em Urteil. 3)ur(^ ein gbift be^ Äaifer« S^P^^^^^" ""^ barauf Von ber
36 fünften öfumenifc^en S^nobe in Äonftantinojjel 553 — f. je^t ©iefamp, bie origcniftifc^n
©treitigfeiten im 6. ^ö^^^w^^^ (9Jlünfter 1899) — tüurbe biefer Srief atö eine« ber
3 ÄaJ)iteI Verbammt, bie ^perfönlic^e Drt^obojie feinet 3Serfafferi§ aber nid^t angefochten. —
a?on ben ^atobiten h)irb ^baö nic^t anerfannt. (6. IRJbiger t) @^* S^efllc,
^bactttd f. 5ßrifcillian.
40 ^bcaliömuö, bcutfdjer. — ^dlöemeineö: 3)ilt^ei), Säjlcicrmacfteröficbenl; S.Wcrj,
European thought in the 19 th. cent, ®binburc|t) 1896; Xtj. Qiic^^tx, Die qciftigen u. fo^ialen
6tröiiiun(\en, S3erlinl899; Renoiivier, Introduction ä la philosophie analy tique de Thistoire ^
iPnriö 189Ü; Kenouvier, Philosophie analytique de l'histoire t. III u. IV, ^ari« 1897;
Th. Carlyle, Characteristios, beutfcfi uon ^enfel in „SoiiQlpoIitifc^e (öcbriftcn U. Zt^. 6."
46 II 1896; H. Taine, Hist. de la Littörature anglaise, t. III u. IV, ^arig 1863—64;
(Juden, ficbeneonfcöauuui^en ber großen 2)enfer^, 1899; Surfen, ®runbbegriffc ber Q^egem
wart^ 1893: 53ierfnnbt, 9?nturuöl!er unb Äulturuölfer 1896; ©olbftein, Äulturproblcm ber
©egemuQvt 1899; '}[. S)iciü«, S)eutfc^e (gpefuintion feit Äant mit bef. SRiirfficftt auf baS ©efen
bc^ 9tbfüluten unb bie ^evfönlicftfeit ÖJotleö, 1893 — ®ef(^id)tc ber ^^ilofop^lc: Äuno
60 Sijdjer, Säinbelbnnb, Q. 6. ^rbmann, S^^^^i golcfenberg. Sitteraturnac^ipeife bei Uebcrnjeg«
^einje III ^ — ö^cfc^i^te ber ßitlcrotur: Julian (ödjuiibt, ©ermnuö, ^oberftein, Sljolemu^,
.^ettncr^^nrnncf, ^cfterer, ^illebranb, ÖJeUcr, SBronbeö beutfd) üou Sttobtmann. Sittcratur»
nQ(ftiüeife bei föoebefe, QJrimbrife', II u. III. — ©cfrf). b. ©tnoteö u. ber Älrrfje: u. Xreitfdjfc ;
«cur, ^& ber neuereu Seit 1863; S3aur, m bcS 19. 3at)rft.S 1862; G. Cavaignac, La
66 formation de la Prußse contemporaine, $arid 1891; ^. ©iebcrinaun, Deutf^lanb im
18. 3Ql)rft. 1854—1881; 8celel), ©tein. 3)cutfdilanb unb Preußen im Zeitalter 9?apoleon«,
bcutf* uon £et)mann 1883-87; fi. i>. 9ftanfe, 2)ie beutfdjcn miid\\c 1780—90, 1871/2;
i*. i>. Stein, S8crnjnnun9§(er)re 1805-68. — Xarftcflungen burd) S^itgenoffen: ®oet^c, ?lu«
meinem fieben, 2)i(^tung unb SSa^rl^eit; Me. de Stacl, De TAlleraagne, Sonbon 1813;
60 3. CiJ. gi^te, ©runbjüge be§ gcgenwftrtiöcn 3eitQlter§, ^^ 1896 VIT; ^. Steffen«, SBoi^
Sfbealtdmitd, bentfc^er 613
id) erlebte, 5Bic<slau 1840—40 — ^Mrfungen auf ni^Nbcutfcftc üäiibcr: 2:Qiuc; 93ranbcö;
i^enfe!, CSqvIi)Ic, Stuttgart 1900; 53ranbl, ^oleribflc u. b. cngf. 9?omanti! 1886; H. Berr,
li'avenir de la philosophie, ^oriS 1899 ; Picavet, Les iddologucs, ^ßnvig 1891.
Der beutfd^eSbealigmu^ tft bieienige ^orm mobemer SBiffenjc^aft unb2cbeu^=
aujc^auung, bic au^ bcr Slufflärungebetoegung unb ber auf i^r erbauten engfifd^-fran* 0
jöfifc^en Kultur hervorgegangen ift, aber au^ i^r unter ben eigentümlichen beutfc^en SJers
i(>ältnifjen eine anbertoeitige unb ifjr in Vieler §infi(^t entgegengefe^te Formation be^
3)enfen« unb Smi^finbeng ^erborgebrac^t l^at. SP i^^ di^arafterifiert burd^ ©ogmati^muö,
ßmj)iri^mu^, Gommon-Senfe unb ©Ie))fi«, burd^ utilitatiriftifd^e unb inbivibualiftifd^*
atomiftij(i(}e ©t^il, burc^ fubjeftibsfritif^e ©efc^id^töanfci^auung , burd^ med^anifd^^ato^ 10
miftifd^e 9laturanfc^auung unb ben bominierenben ©influ^ biefe^ 9Jaturbegriffeg auf ade
©ebiete be^ 3)en!eng, fo tft biefer c^aralterifiert burd^ einen auf ©rfenntni^ftitif unb ©e«
fü^l^überjeugungen begrünbeten 3beaKi3mui3 formeller unb inl^altlic^er 2lrt, burc^ eine auf att*
gemeingiltige, uniöerfale SSemunftgüter bringenbe 6tl(|il, eine genetifc^sobjeltibe ©efd^ic^t^s
anfc^auung unb einen organifd^^b^namifd^en mturbegriff, ber bie 9latur geiftigen 3h>cdfen 15
bc^ Uniöerfum^ einorbnet. ^n biefer (Sefamttenbenj finb bann freiließ jafllofe ©t)iel-
arten unb Sonberibeen eingef^Ioffen. ^nh^m aber biefe (Sefamttenbeng fic^ toefentlic^
einer Vertieften äuffaffung be« (Seifte« unb feiner 3"^ölte toie ber Deutung ber SBelt au§
biefen "^nl^alten iribmet, im übrigen aber für ba« t)raftifc^e Seben in ©taat unb ©efeK*
fc^aft unb in ©rlenntni« unb Bearbeitung ber 5Ratur bie (Srrungenfd^aften ber 3lufflärung 20
fortfe^t, bebeutet er i^r gegenüber nur ein engere« unb f^jejialiperte« ^tingip, ba« fi^
ba^er aud^ im Weiteren 33erlauf mit ber gortbauer ber ©efamttenbenjen ber 3lufHärung
ioic in^befonbere mit bem gortloirlen i^rer 9laturtoiffenf6aften unb ©ojialtoiffenfc^aften
au^einanberfe^en mu^te ober muffen toirb. Sine toiröid^e gwfö'nmenarbeitung jene«
3ibeenge^alte« ift nirgenb«, au^er in bem einfeitigen 6nttoiielung«fi;ftem §egel« unb 25
in ber nur fragmentarifd^en ©t^il ©d^Ieiermad^er« erfolgt, ©eine ©efamttenbenj aber ift
Viel reicher al« beibe unb fteHt fid^ oI« ein ®anje« bar, an bem bie jioKtifd&sfocialen 3"-
ftänbe, ^oefte unb Äunft, ^^}l;iIofoi)^ie unb 9laturtoiffenf(^aft, ®ef(^id^t«h?iffenfd^aft unb
et^if gemeinfam gearbeitet l^aben. S^^^^efonbere barf fie al« ein 2Berf be« beutfd^en
^roteftanti«mu« bejeic^net toerben, ber, Von ber Slüfflärung befrud^tet unb burc^ bie Sil« ao
bung bc« jjreufeifc^en ©taate« in Seftanb unb ©elbftgefüpl befeftigt, in il^m neue SBege
be« geiftigen lieben« ju erfd(}Ke^en fud^te, loäl^renb an ber allgemeinen SlufHärung 5lomanen
unbwat^olifeu fü^renb mitbeteiligt toaren unb biefe SRitbeteiligung i^ren®eift in jjranfreic^
unb in ben franjöjlfd^ gebilbeten englifc^en ©fejjtilem erfennbar beeinflußt l^at. SSon außen
f^aben nur jh)ei (Srfc^einungen bireft förbemb eingegriffen, bie beiben großen Ueberfd^reitungen 35
be« 3lufflärung«geifte«, bie aber il^re borit)ärt«treibenbe SBirlung erft auf beutfd^cm 33oben
ausgeübt l^aben: §ume unb SRouff eau. ^ume« ©le))tici«mu«, ber in berÄeimat nur eine
utilitariftifd^e äbneigung gegen 3Weta})l^t;fu unb metopl^vP^ierenbe Sogif befeftigt l^at, ^at
in Äant unb Q^cobi ben bogmatifd^en ®m))iri«mu« gebrochen unb bie SBa^n für bie
C£infid[)t in bie fc^öpferifc^en «räfte be« Seifte« frei gemad^t. 3touffeau« 9labifati«mu«, 40
bcr für granfreic^ nur bie revolutionäre ^olg^ rine« rationalen 9Jeubaue« ber ©efetlfc^aft
l^crVorbrad(}te, ^at für ben beutfd^en ba« Kulturt)roblem gefteDt, bemjufolge bie SBerte ber
aufftärerifd^en 9leflejion«Iultur fraglid^ lourben, ber %x\A ju einer tieferen unb urfprüngs
lieferen 93egrünbung ber Äultur in ben unmittelbaren fd^öpferifd^en 5Dlä(^ten be« ©efül^l«
unb ®enie« entbunben unb ber bi«^erige ftoifd^^efleftifd^e S3egriff ber 5Ratur al« be« Sn- 45
begriff« attgemeiner 3Serftanb«grunbfäfee ju bem neuen Segriffe fd^öt)ferifd&er, reflejion«lofer
Urfprünglicf^feit umgebilbet tourbe. Slußer Viefen beiben großen ^crfönlid^Ieiten loirften Von
granfreid^ unb (Sngtanb freilid^ auc^ nod^ breitere unb attgemeinere ©trömungen l^erüber,
ba« in ©ngtanb toieberertoac^enbe SJerftänbni« für 98olI«^)oefie unb ©l^a!eft)eare, ber fen*
timentale Soman, bie Äunft jjf^ologifd^er Slnal^fe, bie nac^ ßrfd^öjjfung ber meta^jl^^fis bo
fc^en Debatten eintretenbe 335enbung jur §iftorie unb ba« Von feiner ^^ilofop^ie tool^l ju unter«
fc^eibenbe litterarifd^e ^Programm Diberot«. Dagegen ift ber Vielberufene (Sinfluß ©l^inoja«
nur ein fel^r uneigentlic^er, ba er überatt bur^ ba« 5Dlebium be« Seibnijifd^en ^^^ibis
bualitätebegriffe« unb eine« ^oetifd^en ßnth)iielung«begriffe« l^inburd^gegangen tft unb nur
bic Befreiung Von bem beiftifd^en 3lnt^roi)omort)^i«mu« bebeutet, ^m ganjen ift ba^er b5
bcr bcutfc^e :;;si>«Äli«mu« eine burd^au« felbftftänbige unb ein^eitlid^e ßrfd^einung. Diefe
Ginl^eitlid^feit h)irb jtoar in ben beutfd^en Darftetfungen ^äufig Verlannt, bie bic (S\>od)^
cinfcitig Vom ©tanbvunfte ber Sitteraturgef^ic^te ober bem ber 5pi^ilofo^l^iegefd(}ic^te bar^
ftctlcn, bie ^erfönliqleit ®oetl^e« ober bie Seigre Äant« in ben 2?orbcrgrunb fteHen, ober
aud^ in ungenauer $arallelifterung ber 6t)od^e mit §umani«mu« unb Jlcnaiffancc Vom eo
614 3fbealtdmttd, betttfc^er
Slcul^umani^nmö fjjvcc^cn, \va^ im ®runbc nur für bic Sd;ulc qiU, ober gar bic iSpod^
an poM\6)^)ßaix\oi\\d}cn ?!Jia^ftäbm mcfjcii unb l^ier nur 3luf löfung unb St^afyctnf}cit f^-
ftcttcn fönncn. 3)cutlidbcr i^abcn au^ bcr ^emc (Snglänber unb ^anjofcn bie @in^t=
iid^fcit il^re^ ©cifteö mannt unb il^m bon bon toorftcc^cnbcn aJlcrfmal \>^ friticiftifc^cn
6 unb ctl^ijc^säftl^ctijd^cn ^bcaligmu^ ben 9Jamcn bcö beutfc^en gbcaliemud gegeben. Ate
fold^er btlbet er in ber %f)ai neben ber 2lufflärung, beren 5Ket^oben bi^ l^eute gtanlrcic^
unb ©nglanb tibertuiegenb bel^errjc^en, ben jitoeiten großen %\}p\ii mobemen Denlen^, ber
biele Sd^iDäd^en unb ßinfeitigleiten ber 2lufflärung übertDunben, aber atterbingö and) toiele
neue offene fjragen gefteDt unb neue ©infeitigleiten ^erbeigefül^rt bot. 3" ^^^^^ öößigcn
10 Slbfc^IuJ , einer rul^igen (Snlfaltung feiner Probleme unb jur Slbftreifung feiner ibco=
logifd^en ßinfeitigfeiten ift eö nic^t gelommen, ba feine Snth)ictclung unterbrochen tourbe,
®ie ^olitifd^en Äataftro^)^en ber SReftauration^jeit, bie getoaltfame lonfeffionett^firc^lic^e
S^ealtion, ber neu borbringenbe franjöfifd^e Siberaliömu« unb bie mit i^m t>erbünbetc
Sitteratur be^ ^ubentum«, t)or allem aber bie Erneuerung ber em^)irifc^en 9laturh?if[cnr
16 fc^aften unb ber l)olitifci&=boIföU)irtf(i^aftlic^en Slealtoiffenfc^aften l^aben i^m ein Dorjeitigc^
unb borläufigeg (Snbe bereitet unb l^aben aud feiner fel^r einfeitigen Äobififation m bem
^egelfc^en ©Vftem einen ati^eiftifc^en Äultud bcr menfd^lici^en SScmunft unb emen oDe
bidperigen 3Berte möglic^ft erfc^üttentben gortfc^ritt^rabüali^mu^ entftel^en laffen, ber mit
feinen (Srrungenfci^aften auf lange ^^\t aufgeräumt ^at. 93ei erneuter 6elbftbefinnung
20 lehrte jeboc^ bie beutfc^e 3Biffenf$aft jiunel^mcnb ^u feinen ^ofititionen, ju ©oet^c unb
Rani unb ben Intentionen ber 5Keta})^^fifer, ^urücf, um biefe mit bem in^U)ifc^en ereidf^ten
©tanbe ber Slealtoiffenfd^aften gufammenjuarbeiten. "^n ©nglanb unb granfreic^ hjurbc
er t)on ben aud^ bort gegen ba^ 18. 9i«^J^^,unbcrt fic^ er(;ebenben Sleaftionen aufgenommen
(6arli;Ie, ßoleribge, ©tael, Goufin, 3^"^^^^") ""^ ^^^^ ^^ ^^^ ftarfer ©egcnftrömungen
25 big l^eute junel^menbe gortfc^ritte, fo ba^ il^m lool^l noc^i eine toeitere frud^tbare ©nttoide^
lung befd)ieben fein toirb.
1. SSorgefc^id^te, SBorbebingungen unb allgemeine SRic^tung gebenbc
a^er^ältniffe. I)ie SBorauöfe^ung beö bcutfcf^en Sbeali^muö ift bie ^^urc^fc^ng
ber Sbeentoelt ber englifc^-fran^öfifc^en Slufflärung nac^ ber t^eoretifc^cn unb j)raltifd^
80 ©eite. ©0 J^atten fi^ burd(igef e^t : tl^eorettf(^ bic (Sin^citlid^f eit be^ 6rf cnnen^, bad lebig^
Ii(^ bem logi|c^en 3*^ange folgenb bie gef4li<^e 6inl^eit bcö SBeltgefd^e^en^ in ber9iatur
unb bic (Sleic^artigfeit be^ überall erft fritifc^ au^ ber Überlieferung ^crau^ ju Ionftruic=
renben gefc^ic^tlic^en @efd^el^en^ aneriennt, unb ebenbamit bie böUige 3urüdbrängung
ber bi^^crigcn, fut)ranaturaliftif(^en unb ftrd^lic^ gebunbenen 3)cnfh)ei{e; ))raftifd^ bie
86 grei^eit bed ©ebanfeng, bie S3efd^ränlung ber ^m\ux, bie Überh)inbung be^ alten ftäm
bifc^en unb künftigen ^loan^eö, eine gebilbetc 9lationaljj)rac^c unb ein gebilbete^ ^ublifum,
eine toeltbürgerlic^e, Iitteranf^5h)iffenfd;aftlic^ interejfierte SJeuItocife, ein beloufeter 3"Wt)i=
buali^mu^, eine tpeltlic^e @rj(iel^ung unb eine autonome Sierfclbftftönbigung ber bif^^gen,
lird^lic^ unb t)onjein(^ orientierten 3Jloral. 3)ie Scgrünbcr be^ beutfc^en gbeali^mu^ Äant,
40 Seffmg, §erber, S^^^^bi, ©oet^c, ©dritter, ^^an ^aul f^abcn fic^ in i^rer Sugenb mit
ber loeftlic^en unb mit bcr bcutfc^en 3luffKirung ftart bcfd^äftigt, unb il^re 3^een er«
ii)ud(}fen alle in einer emften äugeinanberfc^ung mit ber cnglifd;en unb fran^öfifdf^en
Sitteratur (i)gl. j. 8. §erber^ lagebuc^ unb 3lbcen). (grft bie auf il(^ren ©d^ultem fte^en^
ben ©encrationen boBgogen ben 33ru(^ mit ber toeftlid^en i^ittcratur unb mit ber SKuf^
46 Härung, fo ba^ eine etwa 50 jährige ^eriobe faft DoBftänbiger Unabl^ängigteit unb 3fo^
lierung eine« felbftftänbia beutfc^cn ©ciftc^Icbcn^ eintritt. Slber biefc^ cigentümlid^e Gr«
gebniö bcr beutfc^en äujtlärung ^at feinen ©runb barin, bafe in bcr beutfd^en aiufflärung
bon ^^au\t an^ befonberc ©lemcntc unb allgemeine guftänbc enthalten maren, bic l^ier ein
anbere^ ©rgcbni^ hervorbringen mußten.
60 3ln crfter ©teile ftel^t unter biefcn Urfad(}en bie 3nbitoibualilät bc^ bie gange beutfc^e
Slufflärung bc^errfd^cnben ©eifte^, ba^ Seben^toerf Seibnijen«^ ba^ feinerfeit« toieber mit
ber j)rotcftantifd^=religiöfen ©runbric^tung unb mit bem Sebürfni« einer moralifd(}sreligiöfen
fljufammcnfaffung beö in ben Sleligionefriegen furchtbar jcrriffenen 2)cutfd^lanbg jufammen*
^ing. 2c\bn\i toar an\ allen ©cbictcn ein raftlo« CE^erimcntierenbcr unb Jjrojeftierenbcr
66 SWeformer, ber bie tocftlid^e 6itoilifation in 3)eutfcf;lanb burj^fe^en tooHte, unb babet in««
befonberc auf bem ©ebiete ber 2Biffcnfd;aft bic matJ^ematifc^^med^anifc^e 9iaturforfd^ung
unb bic ^iftorifc^e Äritif nac^ 3)eutf Alanb berpflangte. 2lllcin er l^at mit bem moniftifd^en
aJlcdE^ani^mu« Vermöge bcr religiöfcn (^runbrid^tung feiner ^^crfönlic^Ieit ibcaliftifc^stelcologifc^e
eiementc berbunben, bie bem ©an;\en einen neuen ©inn gaben. (£r Uerh)anbelte bie ätome
60 in aRonaben, bie mcd^anifc^c firaftlciftung in lebcnbige Äraft, bie i^rcrfcit« mieber auf
3^bealti»ittiti», beiitfi^er 615
bcm Sntenfität^ö^abc bcr O'-^ipiö^ 2:i^ätt0!eit bcr SKonabcn Ocrul^tc, baö ^Jatur^cfe^ In
bic ^räftabilicrtc ^arntouic, mit ber folPoM bic SScgrünbung biefer ©cfc^lic^feit in einer
^tücrffc^enbcn {jöttUc^en ^ntcttigcnji ate bie worrcft)onbenj Jjj^^pfc^en unb geiftigen ®ef(^e^cn«
aufijgcfproc^cn toar. ©omit ift fieibni^ über bie fd^üc^teme religiöfe Swfr'^wng ber nmtn
aSiffenfc^aft bei ßartefiuö unb Sode toeit hinangegangen unb ^at bie ganje SRaturtoifJens 6
fd;aft toieber ben ^\)im eineg religidjen ©j^irituali^mu^ unterfteKt. änbererfeit^ ift er
a\xd) über bie entfc^Iofjenere religiöfe 3)eutung be^ mobemen SKed^aniömu^ bei ©l^inoja ^inauiSs
gegangen, inbcm er bie Unbergänglic^feit inbibibueUer SBerte unb bereit 3wföwmenfaffung
in einem SReic^ götllid^er Qtü^d^ be^au})tete. 5}or allem aber toor er bon biefer attge^
meinen Slufd^auung au^ befäl^igt, bie ©efd^id^te in ben gwf^i^w'w^^öng feine« ©i^ftemö lo
j)rin3ij)ieU aufzunehmen, inbem er bie menfd^U^e ©efc^ic^te nur ald einen %Äl ber burd^«
gängigen, f ontinuierlic^en 3Jeh)egung ber 3)ionaben unb aU eine (^iappt in bem 6m))ors
ftreben ber 3h>^^^^^gf^'it ^^ Uniberfum« auffafjen leierte. 3Kit attebem f)at er einer«
feit« in 3)eutfci&lanb eine materialiftifc^e ober fifelptifd^e SBenbung be« 2)enlen«, toie fie
bei ßume, SSoltaire, 3)iberot unb 6onbittac fic^ boBjoj, unmöglich gemacht, anbererfeit« 15
eine Befruchtung ber (Sefamtanfc^auung au« ber ©efd^id^te unb eine öiftorifierung be«
@efamtn)eltbitbe« l^erbeigefül^rt, bie bon ben 93orau«f4ungen ber tveftfic^en 9lufl(ärung
au« erft mit ber focialen ©tatil unb ©^namif 6omte« unb mit ber ))]^iIofot)^if(^en 2lu«s
beutung be« 3)arn)ini«mu« miJglid^ tüurbe. ©0 fe^ er ben gefamten c^rafteriftifc^en
®cift ber Slufflänmg nad^ 3)eutjd^Ianb überleitete, fo fe^r hat er bo<^ biefen ®eift in 2u
feiner SBurjel beränbert, bie materialiftif^en lenbenjen gebroaen unb einer ^iftorifc^steleos
logifc^en Sluffaffung be« feine Seben^füKe gefe^mä^ig auötüirfenben Uniberfum« bie 33al^n
eröffnet. Seibnijen« ©enitoeife felbft toor noc^ mannigfad^ lirc^lic^ unb mittelalterlich ge«
bunben, aber bie bon i^r in Setoegung gefegten ^ntereffen toirften toeiter, berloren i^re
anac^roniftifd^en, bormobemen formen unb entfalteten im fribericianifd^en 3^ltölter eine 25
neue, überau« frud^tbare SSäirffamfeit, in ber [k ju bem ©runbgerüfte be« beutfc^en gbea^
li«mu« Ujurben. (^ifc^er, Seibnig; ®. $fleiberer, Seibnig, Sei^jgig 1870 ; $ic^ler, SCI^eol.
Seibnuen«, SRünd^en 1869/70; gudfen; SDSinbelbanb, (Srfc^ u. ©ruber 2lrt£.).
2)er jhjeite galtor ift bie Segleitung ber einbringenben toeftlid^en ßibilifation burd^
eine lebl^afte unb umfaffenbe religiöfe Setoegung, ben5ßieti«mu«, ber mit ber SlufHärungao
t)erU)anbt ift in ber D^j^ofition gegen ba« bi«l^erigc ©taat«fird^entum, unb bie l^arten bi«l^erigen
focialen ^^rennungen, in ber Entfaltung eine« l)rimi^)iellen 3"bibibuali«mu« unb in ber
»ctonung be« einfad^ überfid^tlid^ ^raltifc^en. ©r ift an ft^ mit aW^ftil, 9!anfeni«mu«
unb 3JJet^obi«mu« nur ein ®lieb in ber allgemeinen religiöfen SReaftion gegen ba« Äird^en*
tum, ben ©taat«jh?ang in religiöfen 3)ingen unb gegen bie bogmatifc^e Seräu^erlidbung, 35
getoinnt aber in ben befonberen beutfd^en SSer^ältniffen eine ganj eigentümliche 9Rac^t
über bie gebilbeten ©tänbe, bermöge beren er einerfeit« ben rein toeltlic^en Seftrebungen
ber 2luf flärung ein fiegreic^e« (Segengetoid^t ^ielt, anbererfeit« il^r felber eine gefü^l«mä^ige
fubieftii)e SReligiofität ober eine pol^e ^jrattifd^e SRoralftienge einl^auc^te. 3)a« bilbet einen
großen Unterf^ieb gegenüber ber englifc^en unb franjöpf^en ßnttüicfelung. ^n 6nglanb 4ü
folgt auf bie (Sj^od^e ber großen religiöfen Rärmp^t eine erftaunlic^e Slbflauung be« religiöfen
^'sntereffe«. 3Kan toenbete ft^ einerfeit« mit oller ®nergie ben t)olitifc^en unb h)irtfd^afts
lid^cn ^ntereffen einer böHia mobemen Kultur gu unb bei^ielt anbererfeit« nad^ furjen
Sleibungen eine latitubinarifc^e Slec^tgläubigleit, bie beibe bon ba ab fui^ ol^ne erl^eblic^e (Jim
toirfung neben einanber bel^u^)teten unb an beren SJebeneinanber aud^ bie ftoätere religiöfe 45
Seiuegung be« 9Retl^obi«nra« nid^t« geänbert ^at. 3n ^an^reic^ unterbrücfte bie ©taat«»
religion bie janfeniftifc^e unb anbere m^ftifd^e Setoegungen unb gab burd^ i^ren l^arten
Drucf toie hwci) il^re Serbinbung mit ber beftel^enben Örbnung ber Slufllärung einen
jjringijjiell religion«feinblic^en 6^aralter, bermöge beffen fie bann aud^ bor ben tieferen
metaj)l[^yfijc^en unb etl(|ifc^en Problemen jurüdffd^redtte, al« ob fte alle jum Äatlj^olici«mu« 60
l^urüctfü^ren müßten. 3n 3)eutfcf^lanb bagegen berbanb ftd^ bie einbnngenbe Slufllärung
^unäc^ft mit ber religiöfen Setoejjung gegenüber bem gemeinfamen geinbe, bem bi«l^erigen
6taat«Iirc^entum, unb, toenn aud^ nad^ ber Rutüdtbrängung biefe« ^^nbc« bie ©enoffen
fic^ rafd^ unb l^eftig entjtoeiten, fo blieb bo^ dne allgemeine, gefül^fe unb ftimmung««
mäßige (Sinioirfung be« inbibibualiftifc^en unb fentimentalen ?pieti«mu« über, bie ftc^ mit 55
ben föinU)irfungen be« fentimentalen englifc^en Sloman« bereinigte unb ber ganjen beut«
fc^en Slufflärung einen moraliftifc^en, religiö«serbaulic^en, unb jur ©eelenanal^fe geneigten
@eift erteilte. Diefer Umftanb äußerte fic^ bann fotool^l in ber Snttoidfelung ber beutfc^en
^bilofojj^ie al« in ber ber^ßoejie unb Sitteratur. 3)urc^ biefen ®eift tourben bie Seibnigi-
fc^cn telcologifc^en unb ibeoliftifc^en S^nbenjen immer neu geftärft, toenn materialiftifdS!« eo
616 ^tedtdtnttd, betttfc^er
©citcnftrönmn0cn ^crDorbrad;cn. 6r gab bcr criDad^enben bcutjd^cit Slufllärungöjjoefic, bic
in bcr Setjjjiger unb ©c^U)euer Sitteraturblüte i^rcn äu^brui ]anh, ben Ü^eologipercnben
unb erbauKd^cn ßl^araftcr, afe bcjjcn SSertreter ©ettert, ©ottfd^eb unb öaKcr bic hjciteficn
Ärcifc bcJ^crrfd^tcn ; unb axxi) bic Slnafrcontilcr toolltcn nur bic Siechte einer l^rmlofcn
6 ©innlid^Ictt gegen bic olhu auguftinifc^c .^ärtc bc^ ^icti^mus^ unb bcr Drt^obopc im-
teibigcn, o^nc bic Xl^cologie prin}i))icU an^utaften; ift bod^ bcr Saublingcr Sangc ein
©ol^n beg l^cftigen ))ietiftif(^cn Äännjfcr«. ©ogar bic l^ierauf folgenbc berliner Sit^
tcraturblüte, bic ^oj)uIarj)j^i[ofot)^ic unb bic öon i^r inj^jiriertc 2)ic(|tung, berbanb mit
il^rcn äftlj^ctifd^cn, ^jvd^ologifd^en, littcrarifd^cn unb SEBo^lfa^rti^intercffcn gcfül[^Iigc SRcIigiofität
10 unb moralifd^c ^Probleme. Unb afö überall bic ©enieipocfic ftd^ cr^ob, ba beteiligte fic^
gerabe an il^rcm 35rang nac^ neuem unb toa^rerem Scben bic j^ietiftifc^c rcligiöfc ©ubiefs
tibität, bic nur bcr 3wni(ffteIIung bc^ auguftinifdjien 9latur- unb Semunftlj^afye^ beburftc,
um ein ^ßrinjij) futjcräncr ©rl^cbung über bic SBcIt unb Icibcnfc^aftlic^ enegter ibealiftifc^cr
Äräfte ju merben. ©o fmb ÄIot)fto(f, §amann unb ^erber, ^i^cobi, ©octl^c, '^tan ?PauI
16 burd^ btc @inh)irlungcn bed ^icti^mud l^inburd^gegangen unb felbft bcr fül^lc Scffing fyit
tocnigftcnö an ben .^erm^utem fic^ ba^ unbogmatifd^c SBcjcn beö rcligiöfcn* ©efü^te Hör
gemacht, toie anbercrfeit^ auc^ bcr Slabifali^mu« Äant^ au« bcr ^jictiftifd^en ^uö^nbeintoirtung
bic moralifc^c ©trenge unb ba« rabilalc Sötc beibcl^ielt. Suf bcr^öl^c bcr Sitteratur aber
bleibt bei aJDler (Sntfemung t>on jebem ^jictiftifd^cn SBcfcn bod^ bcr 3wg ju ben eti^ifc^en
20 unb rcligiöfcn ®runbt)roblemen eine SZac^toirlung bcr tiefge^enben rcligiöfen Searbeitung
unferc« SJoRc« in bcr erftcn Äälfte be« 18. 3a|rl^unber«. (SRitfc^I, ®cfc^. b. ^ieti^mu«;
JR. Äa^fer, a:i^omafiu« u. bcr $icti«mu«, $rogr. be« aaSil^cIm^Ov^n., .^amburg 1900;
gre^tag, Silber IV; ö. SEBalbbcra, ©oet^c unb bic (£mt)finbfamfcit 1899; Siebermann;
©cljcr; e. ©c^mibt, SRouffeau, SRid&arbfon u. ©oet^c 1875).
26 ältle« ba« bebeutet eine bon älnfang an bcftcl^enbe übertoiegenbc älic^tung bcr bcutfd^
Slufllärung nad^ ^nnm. 3lber nod^ toic^tigcr ift ber 9Jad^brudE, ben biejc SBenbung nac^ innen
burc^ bic allgemeine ^)oIitif(^c unb focialc Sage 2)cutfd^Ianb empfing, ^a
öon ^icr au« erßärt jid^ erft bic SBcbcutung, toclc^c bic ))l^iIofot)^ijd^ ®runbj)robtcme iJeibs
nijen« unb bic rcligiöfcn ^ntcreffen be« ^ieti«mu« gctoinnen lonnten. 3)ie 2lufflärung
30 ift an fid^ bor allem eine ^)ra!tifci^c SRcformbetocgung, bic bic 2cben«orbnungcn nai) neuen
rationetten ^tvzi^n umgeftalten toottte unb in bcr bic eigentlich ^)^ilojo^l^ifd^e Strbeit nur
vereinzelte unb bcgrcnjtc SBcbeutung ^at. 3(tte« ba« h>ar im älnfangc bic beutfc^c Slufflärung
auc^. Seibnij, ^omafiu«, 335olff unb il^re 2)e«cenbcnten toaren ^jrafttfc^e ^Reformer, bic toie bic
tvcftlid^c älufHärung bor attem focialc, tDirtfd^aftlid^c, ^olitifcpc, )Kibagogi|(^c 9ietorm))länc
86 Ratten. aSenn aber jc^licpc^ ba« geiftige ßrgcbni« ber beutjc^cn Slufflärung, bcr beutfc^e
J5bcali«mu«, bon attebem na^eju nid^t« cntl^ölt unb aud^ ^jraftifc^e ^bealc nur in ber
gorm abftraftcr 2jbeoric ober bereinjelter )pcrfönlid(}er Sluftöattungcn bc^anbclt, bagegen
))l^iIofo))l^ifd^e, ctl^ifd^e, rcligiöfc unb ^oetifc^e 9lngclegenl^eiten in ba« Zentrum ftettt, fo
l^ot ba« feinen ®runb in ben attgemeinen SScrl^ältnifjen Deutfc^lanb«, bic bic beutfc^e
40 Slufflärung nid^t ju einer attgemeinen praltif^cn nationalen SRcform toerbcn liefen, fon»
bem pc auf ba« ©ebiet be« inneren Sebcn« brängten unb bort neue liefen unb ^ros
bleme entbcdfcn liefen. 6« fel^lte ben jerriffcnen unb bertporrenen beutfc^cn 3Serlj)ältnijfen
an jebem jufammenfaffenben ^beal unb jebe« geiftige unb politifd^c ßentrum, h?c«^lb
fd^on Seibn« bon feinen großen 9lcformi)länen fic^ auf bic enge Ierritorialt)olitif unb bon
46 i^ toieber fc^licfelid^ attein auf feine 3lfabcmiej)länc fid^ gurüdEjicI^en mu^tc 3)aburd^
tourben attc Slcformcn in« Älcinltc^e unb ^pribate ^crobgegogen. gemer fehlte bei ber
(gnttoiielung be« beutfc^cn 9lbel« ^um S3camten= unb 3Kilitärabel ober jum 2anbe«l^erren
eine centrale, einflußreiche unb toeitblicfenbc ©efettfc^aft, Wk pc in Sonbon unb $ari«
al« bic eigentliche Seitcrin be« geiftigen Seben« entftanb unb biefem ba«©an)c umfaffenbe
60 3lbedEc bor^altcn fonntc. 3)ic beutfc^c Slufflärung bleibt bon Slnfang flcinbürgerlid^ unb
in einPußlofc 3^^^^ tool^lmcincnbcr Scamten, ©clc^rtcn, ®eiftli(^en, Selber jerf^)littert.
2)a« im beutfc^cn Slcid^c forgfältig fonferbiertc 3Kittelalter liefe bottenb« ^icr bic 9Jcue=
rungen, foU)cit pc auf ba« ®anje hielten, al« geföl^rlic^ erfc^einen, unb, n)a« ^anfreic^ unb
ßnglanb förbem mod^tc, fonntc für ba« ^eilige römifdbc Jlcid^ mit bem tombligicrtcn ©^ftem
r>5 bon fiibcrtätcn, ^JJribilcgicn unb Verträgen leiit gcfäi^rlic^ toerben. ©o fc^lt ber beutfc^en
Slufflärung attc« große jufammenfaPenbe ^ati^o« unb baburc^ bic bcgeipembe SJfac^t. 3)aju
fommt bann femer, baß ber fc^ließlid^c ©ieg ber Slufllärung in ben 3:erritorialregierungen unb
bic 3lu«brcttung ber S^cgierung«ibeen be« fribericianifd^en ©taatc« atterbing« bic ^Reformen
fd^licßlic^ gröfetentcil« burc^fü|rtc, aber l(;icrbei infolge bcr tiefen flluft gtoifc^cn Slcgicrung
60 unb Untert^ancn unb bei bem 3Kangel einer bief cn Slbftanb bermittclnben maßgebenben ®e-
^bealidmttd, beutfi^ 617
fcll|d;aft aUc ll^ätiölcit unb ade SScranttoortung auf bic ©eite bcr %ixx\Un uub 33caintcu
fiel. 5Die SlufHärunö ift in ©eutfd^Ianb nur fc^r paxüiiU unb bann in burd^aud be=
uonnunbcnbem, abfolutiftifdS^em ©innc burd^gefüf^rt toorben. Da^ l^at bcn über fie .C^inau^«
ftrebenben bann bollcnb« crft rcd^t jebe^ 3>"t^# ö" ^^^ genommen, pe l^aben il^re
mo^Il^ätige ^ol^en begrübt unb bcnü^t, aber — bon toenigen, nad; ber ^jraftifc^^jjoli- 5
tifc^cn Seite onentierten ^ublijiften tüic SRofer, ©c^Iöger, Äöberlin, 5Köfer abgefe^en —
fid; nid^t^ um fie geflimmert, ja bie Vertreter ber alten 2Bo|lfa^rt^ufKärung, bie freilid;
beren beutfc^c SSerltimmcrung unb äJerengung barfteUen, bie SRicolai unb ©enoffen, bors
ncl^m toerad^tet. ^f)x ß^aralter ift baburd^ ein l)rinjij)ielle^ SJBeltbürgertum, toöKige
^olitifc^e unb ftaatötoirtfc^aftlic^e (Sleic^giltigfeit, rein bürgerlid^e, inbibibualiftifc^e unb 10
geifte^ariftofratifc^e Äultur be^ ^ritoattebend, Pflege beig ©ebanlen^ unb bc^ g!^"^"^^^^'^^-
2)aburd^ boUgog fid^ bei ben gü^rern ber ^l^ilofop^ie unb Sitteratur eine böllige SBer«
tüanbelung beö G^aralter^ ber Slufflärung. ©ie berlor ba^ ^jraftifd^e unb feciale 3"*^==
cffe, fie tDarb lebiglid^ ^u einer geiftigen unb geftil^fömä^igen Vertiefung, jum gbeal
reid^er unb freier ©eifteöbilbung um i^rer felbft tüiKen, unb man begann in biefen i^reifen 10
in ber aSerU)irilid^ung unb SUerbreitung biefe^ ^bealä bie f^)ejifif(^e SKiffton beö beutfc^en
äSolfcß ju feigen. 2llle i^re biel^erigen ^ntereffen tücrbcn gu rein Ujiffenfc^aftlic^en unb gu
reinen Silbung^intereffen. 3)amit it)irb bor allem bie ©teUung ju bem ßaiJj)tftoffe ber
Slufflärung, ben 9Jaturh)iffenfd^aften, beränbert. ©ie ftnb nic^t me^r bic (Srunblagen ber
Xed^nif unb ffio^Ifal^rt, fonbem ©egenftanb rein h)iffenfd^aftli(^^))l^ilofoj)^ifc^en unb äftl^e- 20
tifc^en Si^terefle^. 3)er 5Jaturbegriff Dertoanbelt ft^; er bel^ält gtoar feinen moniftijc^»
gefe^lic^en G^aratter, toirb aber nur äftl^etifd^, potti\ö^ unb t)^ilofo))l^if(^ bertoertet. S)ie
naturtoiffenfd^aftlic^e S3ilbung aU ©runblage ber 5ßrajiig unb beig gebend ^ört bamit in
3)eutf(^lanb auf biele ^ial^rgel^nte auf unb loeid^t ber ^umaniftifc^en. Die SRaturtoiffenfc^aft felbft
toeic^t ber 9latur))]^ilofo^l^ie unb 5Watur))oefie. 9lic^t minber aber toarb baburd^ bie ©teÜung 25
ju ben l^iftorifd^en SBiffenfd^aften beränbert. Die Slufjfläruna trieb t)olitifd^e unb ftaat^«
red^tlid^e §iftorie, öerbunben mit toirtfd^aftlic^en I^eorien uno tooBte bamit ben beftel^ens
ben ©taat umgeftalten. ^f)xt ©tl^if toar 2öo^lfa^rt«etlj^iI, bie bie äJerbefferung beö
Sebenöftanbe^ ftc^ jum ^kU fe^te. 3)ie beutfd^en 35id(>ter unb 3)enfer aber entwerfen i^rc
©taat^t^eorien ^ikl^ften« jum Rtü^i f^ftemotifd^er Sollftänbigfeit ober afe 3lu^flu^ felbft^ so
ftänbig feftfte^enber meta))l^^fif^er unb et^ifc^er Slnfd^auungen. 3Kit %u2na^mt ber englifc^
beeinflußten ©öttinger §iftorifer feigen fie bie ©efc^i^te überl^aut)t nur im attgemeinften
©inn al^ SRenfc^^eit^efc^id^te an, unb, toie il^re SBirflic^Ieit al« 6entrum ba^ geiftige
33ilbung^intereffe l^at, fo loirb i^nen jum gentrum ber ©efd^id^te überl^au^t unb gum
eigentlichen Sinbemittel ber ©emeinfc^aften bie Humanität, bie ?Poefte, bic Sittcratur, bic ss
^l^^ilofop^ie. ^f)x^ ®ef(^id(}töauffaffung loirb n)ie bie i^;reö eigenen Seben^, ibeologifc^
unb übertoiegenb inbiöibualiftifc^, infofeme toenigften^ bie §umanität«gemeinfd^aft auö«
gereifte 3j"^i^i^wen hervorbringt unb borau^fe^t. Enthält fie auf ber einen ©eite ben
au|erorbentlic^en gortfc^ritt einer uniberfall^iftorifd&en, genetifd^en unb objeftiben 3Retl^obe,
Jo ift boc^ i^r 3intereffe felbft eingefc^ränft auf ©eifte^- unb ©celcngefd^id^tc, 6ntft4ung 40
unb ©nttoidelung bon Äun[t, ^oeftc, ©l^rac^c unb SReligion, toä^renb bie rcaliftifc^cn,
^olitifd^en, fojialen unb totrtfd^aftlid^en ©efidf^tgpunfte au^ i^r faft bcrfd^toinben unb
unb crft langfam bei ber Slu^bilbung ber ©^ejialtoiffenfd^aften toieber ©ingang finben.
Dag ^ängt aufg engfte mit i^rcn Urfprüngen jufammen. ffiä^rcnb bic cnglifcbe äuffläs
rung ben cnglifc^en ^nbuftric^: unb SBclt^anbetöftaat gefc^affcn unb n)ä^rcnb bic franjöfifc^c 45
Slebolution ben rabifal erneuerten, uniformierten SRec^t^ftaat ber gleichberechtigten Stirger
erzeugt i}at, f}at bie beutfc^c Slufflärung ben ))atriarc^alijd[;en Slbfotuti^mu^ unb ben beutfc^cn
gsbeali^mu^ l^erborgebrad^t, in bem le^tcrcn aber einen l^jju^ menfd^lidbcn Denfen« unb
ßrfenneng, ber feinen befonberen, bic reinen ©eifteöintcrcffcn ifolierenben SÖerl^ältnifjen einen
l^toar cinfeitigen, aber auc^ tieffinnigen gortfd^ritt über bie ^^raftifc^c^ unb 2^^coretifd&cö, so
':)?aturaliftifc^eg unb 9;t>^öKftifc^^ l^rinjijjlog mifd^enbe Slufflärung ^inau« bcrbanft. Da|
gcrabe bie bon ber franjöfifcf^cn unb englifc^en Äultur l^crfommenbcn SeurtcUer bic ©ac^s
läge fo cmjjfanbcn, bezeugt bor allem bad S3uc^ ber ^au bon ©tael. (©oet^c • Gart^lc ;
lainc; SKme. bc ©tael; Siebermann I u. II 1, 112 660—864, 1070— 1223; Äramarfd^,
©cfc^id^te b. Xed^nologie in 3K©3B ; Ä. 35}. SRi^fc^, ©efd^id^te b. röm. SRc^jublif, (gin= 55
Icitung 1884). *
2. Der crfenntni^tj^eorctifd^-ctl^ifc^e ^Jbeali^mugÄantg. Die geftaltcnbe
%üxm unb baö begriffliche ©erüfte für ben beutfd;en3bealigmug ging bon ber ^d^jj^ilofojj^ic
au^, bie in Deutfc^lanb burc^ bic gefamte geiftige Sage, burc^ bie in aüm, no^ fo getrennten
i^agern forttoirfenben tl^eologifc^en Sntercfjcn unb burc^ bic hiermit geforberte Slbtoc^r bc^ eo
618 ^ealidmud, bettifc^er
öou SÖcftcn ntannigfad; ^crübcrtoirfcnbcn ^Biatcriali^mu^ in eine fonft unerl^örtc ^errfc^nbe
©tettung ocfu^rt U)urbe. ®erabe ba^ Se^tcrc gelang aber immer nur fel^r mangcl^ft.
(Sinerfeit^ nämlid; traten feit bem (Snbc ber SBoIffd^en ^errfd^aft in ber ftrengen ^ad}^
unb 5tat^eberpl^iIojoj)l^ie bic in bem Seibnijif^sSBoIfffc^en ©i;ftcm gebunbenen Elemente
6 rationaUibealifttfd^er unb em^jirifd^snaturaliftifd^er Slrt immer fc^ärfer auöeinanber. 2)a^
Äernjjroblem be« SSer^ältnifJe^ t)on ®eift unb 9latur, berbunben mit bem Problem ber
(grlenntni^met^obe, bie toom SBefen be« (Seiftet au^ rational=fonftruftiü, bom Dbjcft au^
em))irifc^5analt;tif(^ ftd^ gehalten ju müfjen fcf^ien, trat in ben SSorbergrunb unb brängtc
bie toon ben ^^ilofojjl^en ber erften .^älfte be^ ^a^r^unbert^ mit i^rem Softem ber=
10 fnü^jften praltifd^sreformerifc^ien S3eftrebungen ^urücf. 2lnbererfeit^ Umrbe auc^ bic
^o^uIart)^ilofot)^ie, bie fic^ Don biefen fd(}toeren Problemen in bem aWafee abmanbtc al^
fie bebrol^Iic^ l^erbortraten, in le^ter fiinie auf tJ^agen be^ inneren Seben^, auf ^f^o^
logie, Stftl^etif unb 3Koral gebrängt, inberen3Je!;anbIung fie bie fc^ottifc^e ©c^ulc gegen bic
fc^roffen Äonfequenjen ber rabifalen ^ßroblemfteHungcn j|u ^ilfe na^m unb Don allcr^b
16 ipf^c^ologifc^en Slnal^fen au^ (Sott unb Unfterblid^feit ate mit bem SBefen ber ©eelc gc=
geben ficf^er ui fteUen fuc^te. Seibe Slid^tungen aber blieben in fd^hjeren .^emmungcn
befangen. $)ie metaji^l;fifc^e älrbeit tourbe bei i^rem bogmatifd^en 5Waturbcgriff bc^
9Jaturalidmui§ nid^t §crr, unb bie pft^c^ologifd^e ß^Ö^i^berung ber $oj)ulart)^ilofo^)l^ic öcr-
toicfelte ftd^ burd; i^re au^ ber Schule £ode^ unb Seibnijenö beibehaltenen j^f^^ogenetifc^cn
20 Setrad^tungen immer toieber in bie ©egenfä^e bon ©enfuali^mu« unb 9Jatit)i^mu^ unb
tourbe fo auc^ i^rerfeit^ be« 9?aturali^mu^ ni(|t §err. 6rft in Äan t erl^ob fid^ eine neue
Bearbeitung unb^^öffung biefer Probleme, bie mit einem ©daläge bem®eifte bic ^JJriorität
bor ber 9Jatur fid^erte, o^ne bod^ bie^rinjijjien ber mobemen 9?aturforf(^ung im minbcftcn
auf jul^ebcn, unb bie ^jftod^ogenetifd^en ©c^tüierigfeiten burcf; eine ©rlenntni^t^eorie überh>anb,
25 bie nid^t pf^d^ologifc^e änal^fe ber tbatfäc^lid^en Seftänbe be^ ©eelenleben^, fonbem Sluf*
tDcid ber l^robuftiben, auc^ bie grfa^rung erft ermöglic^enben ©elbftgefefegebung be«
®eifte^ fein toitt. SBenn Äant fic^ bamit auf h)eltl^iftorifc^er ^ö]^e pi^lt, fo \^at \^n boc^
ber ®ang ber beutfd^en fönttoidelung auf biefe §öl^e gefüj^rt, bie eine Slntujort auf bic
grage nac^ bem äJer^ältni« ber bon il^r feftge^altenen etl^ifd^en unb religiöfen gbealc bcö
80 ®etfte^ gu ben ©rgebniffen unb SWct^obcn be^ neuen naturlbiffenfc^aftlidi^en SBeltbilbc^
berlangte. 6r [tcHt für einige ^cxt bie Ic^te Slu^einanberfe^ung mit ber frangöfifc^en unb
englifc^en ^^ilofojj^ie bar, bie drftreitung eine^ Soben^, oer bon beren ^JJroblemen unb
S^enbenjen bi)ttig frei ift unb ba^er einer ganj neuen, felbftftänbigen enttoidelung 9launi
bietet. Stber nid^t blofe biefe SluffteKung einer neuen jj^ilofol^l^ifd^en 3Retl^obe unb bic ba-
85 mit gewonnene ©idjerftellung be« S^eali^muö bebeuten einen ©d^ritt über bie bi^^gcn
fd^toanfenben S3el(^anblungen bief er ?frage l^inau^, fonbern aud^ ber ®eift feiner ^^ilofol^^ic
felbft übertüinbet ben ®ei[t ber Slufflärung. 2)er ^^Jrimat ber t)raltif(^en SSemunft bor
ber tl^eoretifc^en, bie bem ®eifte bie materielle gefe^mä^ige SBelt aufbaut, loäl^renb bic
crftere i^m bie nottoenbigen 3Berte unb 3^^^ t^c^ autonomen ®eifte^ geigt, bebeutet bic
40 Befreiung ber SBeltanfc^auung bon ben intelleftualiftifcf^sbcterminiftifd^en ©ebuftionen unb
i^re 3uriidEfii^rung auf bic urf Jjrünglid^c innere ®en)if;^eit bernunftnottoenbiger ^jraftifd^cr ^cr=
fönli^feit^gielc. 35amit ift ber inteHeftualiftifd^e, fc^lie^lid^ immer in ben ^aturali^mu^ ^cr*
abjie^enbe Sann gebrochen. 3}on ber Jjcrfönlic^en l^at ber grei^eit, bom S^aralter au^,
beftimmt fic^ bie SBeltanfd^aung in le^ter Sinie. 3lber auc^ bie ))raftifc^en bcmunftnots
45 toenbigen Jöerte be^ ©eifte« felbft treten ju ben biöl^erigen SBerten in fc^arfen ®egcnfa|.
3l\d)t materielle ober inteneltuellc ftultur ober bie ®lüdfeligfeit mac^t ben SBcrt bc^
^Perfonlcben^, fonbem nur ber abfolut aUgemeingiltige SBert ber bie ^erfönlic^fcit auö ber
SBelt ^erau^eftaltenben fittlid^en I^at. 3)ie Äultur ift nur ber au^ ber ©innlid^Icit unb
bem fmnlid^en Suftftreben l^erborge^enbe ©toff, gegen ben mit immer größerem unb reinerem
50 Äraftaufgebot ber einfädle fittlic^e SBiUe fic^ ju bebaujjten unb gu einem Sleid^c freier
autonomer SBillcn fic^ jufammengufc^lie^en ^at. 3)amit nähert fi^ Äant Slouffeau, too=
bei er aber beffen jiat^etifc^e, fentimental nac^ rüdtoärt^ gerid^tete SSetrac^tung burc^ eine
befonnene, nacf; bortoärt^ gerid^tete erfe^te, bie in ben Äämpfen einer felbftfü(^tigen
Äultur unb einer f^altenben Sleflejion nur bie pf^c^ologifd^cn (Srgiel^ung^mittel jur §er=
55 au^arbcitung ber toal^ren j[^ö^eren SSemunft unb jur .^erftellung einer bie fittlid^e Steinzeit
mit ber »öcrrfc^aft über bie 5Ratur berbinbenben ©emeinfd^aft erlennt. 2)urd^ eine 3lrt bon
„2ift ber i^etnunft" gucktet bie $Ratur felbft bie Siebingungcn für bie Il^ätigfeit be« fittlid^en
SBilleng Ij^eran, unb ba^ Gnbe biefer göttlid^en ßrgie^ung be^ 5Jienfc^engefd^le<^tc« ift bic
Übertoinbung be^ 5tamj)fe^ um ba^ finnlid^e 3)afein burd^ ben Siemunftftaat ber grcüj^it
öo unb be^ eU)igen grieben^, eine Slrt bon „j)^ilofo))t|ifd)em G^iliaömu^". ©o bcgrünbct
dbealtdmiti», benif^er 619
er mit Scjfinö, Sd;ißcv' unb ^umbolbt eine naic ®ef(i^ii^töbl^ilofot)l^ie, bic älnfang unb
(Snbe, Äaujalität unb lereoloöie, ^jf^c^ologifc^c ®cfe|mä|i0leit unb tuertenbe älbftufung
in ein SJerl^ällni^ ju bringen fuc^t unb bem IgnbibiSuum in bem jetüeiligen 3Ra^ ber
bon i^m erarbeiteten ^erjönlid^feit einen SQSert berleil^t, ber bon ber (Srreid^ung be«
(Snbjiete ber (Sattung unabl^ängig ift. S^fof^n^ Äant jc^ße^Iic^ baran auf^ engfte eine 5
religiöfe 3)eutung ber SBelt unb ber ©efd^id&tc Inü)>fte, \o ift auc^ biefe I),eutung tro$
aller (Sebunben^eit an baö religionöjj^ilofop^ijci^e ©d^ema be« 3)ei«mu« eine Überivinbung
beö SlufUäning^gcifte^. (Sr erneuert ben 93rud^ bon 5Watur unb ©nabe unb bejeitigt
bie rationale 3)emonftration be« ©otte^begriffe«; aber er begrünbet ben ©otte^begriff nic^t
tüicber auf übernatürliche Offenbarung, fonbem auf bie überall toirlenbe ©egentoart ©ottc^ 10
im fittlid;en Setüufetfein unb fafet benSruc^ nic^t ate ben natürlicher unb übernatürlicher
Äräfte, fonbem ate ben allgemeinen Duali^mu« be« menfd^lic^en Seben^, ber e« j^toifc^en
ben 3Jläci^ten ber ©innlic^Ieit unb benen ber autonomen fittlid^en SJemunft teilt. 35a« ift
nad^ allen ©eiten tro^ ber Slnlel^nungen an 2etbni;\ifd^e, SEBolfffc^c unb tl^eologifd^e
Schemata eine neue ffielt, bie aud^ balb in einer au^ebreiteten t)l^ilofoj)l^ifci^cn Schule fic^ 16
geltenb nmd^te unb auc^ bic femer ©te^mben jur änfiebclung auf il^rem S3oben einlub,
fofcrn fie über ba« bi^^erige 3^italter l^inau^ftrebten.
Die ©mnbgebanlen be« ©^ftemö, ba« biefe ungelj^eurc Äongentration be« gciftigm
Scben« unb biefe Umbiegung ber ^wtereffen betüirfte, fmb folgcnbe: 3)ie $rinjil)ien einer
ftrcng faufal-mec^anifd^-beterminiftifc^en Äonftrultion, toie fie bie moberne 9laturU)iffenfc^aft 20
au^ebilbet ^at, fmb für alle« ®rfa^;rung«erfennen unbebingt anjuerlennen. Slber biefe«
lüiffcnfc^aftlid^e SSJeltbilb gel^t au« ber apriorifc^en I^ätigfeit be« 93eh)u^tfein« l^erbor,
ba« nad^ feinen ©efe^^m im Serle^r mit einer au^er biefer Sejiel^ung un« unerlennbaren
Sfficlt bon 2)ingen biefe« SBeltbilb erzeugt unb fortfd^reitmb toiffenf^aftlic^ orbnet. 3)ie
aßclt ber Erfahrung ift in biefem ©inne ein grjeugni« bc« S3emu|tfein«, unb barin ift 26
bic 3Röglic^Ieit eine« Segreifen« nad^ ^rinjipien ber 5?oth)enbigfeit begrünbet. Stber fie
ift juglcic^ ein ^"'^^Ö^ff ^^ ßrfc^einung bon Dingm, bie fic^ für ein anber« organificrte«
Scioufetfein, in«befonbere für ein ethjaige«, aKe SSejie^ungm umfaffenbe« unb alle« abfolut
ergeugmbe« göttliche« 93eh)ufetfein, erl^eblid^ anber«, aber für 5Kenfd^en unfaßbar barftellen.
©leic^lpo^l bcfiftt aber audp ber menfc^lid^e ©cift eine Srfenntni« bon bem SBefen unb ao
fiem ber Dinge ober bon ber intcKigibeln SEBelt, infofem er ein a})riorifc^e« ©efe$ pxah
tijc^cr Urteil«bilbung , ba« fittlic^e aSernunftgcfe^ ber fic^ felbft nad^ nottoenbigen ^htm
bcftimmenben ^eii^eit, unb ein ebenfold^e« ©efe^ ber Seurteitung ber Srfal^mng nad)
rcgulatibm Igbeen ber teleologif^4o«mologifd^m ßinl^eit ber SEBelt aufloeift. 3^ifc^en
beiben aber,, jtoifd^en ber med^anifd^en erfal^mng«erfenntni« unb ber autonomm ftttlid^m 35
iNcmunft, ftept fc^liefelid^ bie äft^etifc^e UrteU«bilbung, bie in ber gorm be« 9Jaturh)irfen«
toic in ber gorm be« Äunfttoerf« eine abfid^t«lofe, immanente 3*^edfmä^igfeit, ein ^ru
cinanbcr toon ^cil^eit unb SJottücnbigfeit betounbert unb geniest.
3öa« an biefem ©vftem bie aufftrebenben ©eifter Deutfd^lanb« begeifterte, finb nic^t
bie l^ierbei toortoaltenben j^erfönlid^en ^wtereffen Äant«, bie ©id^erftcDung ber 9Jaturn)iffm* 40
fc^aft al« SBiffenfc^aft toon ®efe|m unb bie ©ic^erftcKung ber beftimmten religiö«=et^ifd^en
©mnbbegriffe, fonbem bielmel^r ber übertüältigenbe ßinbmdf toon ber ))robuf tiben Äraft be«
Öetüu^tfein«, bie Befreiung bon 9Rateriali«mu« unb ^fVc^ogenefte, bie Slnfd^auung einer
unergrünblid^m fc^affenbm liefe bc« menfd^lic^m ©eifte«, au« ber fid^ fein 5Raturbilb
tüic fein @eifte«inl^alt erflärt. Damit begegnete er bem in ber 5ßoefie au«gebilbetcn Sc^ 45
griffe be« ©enie«. ©eine 3iftl(!etif, bie auf forgföltiger JJenntni« ber 3tufflärung«^oefie
bcm^te unb noc^ bon SBincfelmann 9lotij genommen l^at, fonftmierte gerabeju bm Sc»
griff be« öftl^etijcf^m unb fünftlerifc^en ©enie«. 3lber auc^ über biefe fjjejieHe Slntücnbung
^inau« mochte fic^ bie Äantifc^e Se^rc bom ©enie |;ur Söfung großer Slufgabm bctoöl^ren, toie
ja feine gange Seigre bom Setou|tfein at« ber fd^affenben geiftigen Äraft ba« 33ch?ufetfein w
al« ©angc« nac^ allen ©eiten ^in al« unbctou^t unb noth)enbig feinm ^n^t fd^affenbe«
©enie crfc^cinen liefe unb il^m einen So«mo« gegenüberftellte, ben er bei aller ©trmge
ber Jlaufalerflämng boc^ al« ein Äunfttoerf ber abfid^t«lo« gtücdfmä^igm Siatur betrac^tm
burftc. Da« ift ba^er aud^ bie ©teile geU)orben, bei ber bie toeitere ©ntlpidfelung eim
fc^tc. (ft\ gifc^er, Äant; ^aulfen, g. Äant, ©tuttgart 1898; äüinbclbanb ; 31. Siie^l, 65
^^ilof. Äritici«mu«, «eij^gig 1876; 31. Sänge, ©efc^. b. aRatertaR«mu«', 2ei>)gig 1877;
». (Srbmann, ^]Ji. Änui&en, £eit)gig 1870; 2aa«, Slrt. Sambert 3lb8; Sartl^olmöfe, Hist.
philos. de racad^mie de Prusse, 1850/51 ; 3- ®- ©rbmann, ©efc^. b. ^^ilof. II j,
III, Seipgig 1842; D. ©c^laj)}), Slnfänge toon Äant« Rritif be« ©ejd^macf« unb ©enie«,
©trafeb. Diff. ©öttingcn 1899; Dietrich, Äant u. SRouffeau, 1878). m
620 dbealtdttttti», betttfc^er
;5. 3)cr ä^ihi:t\\d)iCif)\\d)c ^bcali^muö bcr bcutfd;c!t "tliocfic. 2)crScgriff
bc!d ©cnie^ unb fein ia^ Äantifd^c ©Aftern crgreifenbcr '^nl}alt ftammt an^ ber ))oetif(^cn
bcutfc^en £ittcratur, bie fic^ au^ bcr ber tüeftlic^en Sitteratur nacf^folgenben, mit religiofen
unb !noraKfd)en ^Reflexionen bur(f)tränftcn beulfd^en SlufHäningßjJoefie er^ob. Sie ift bur((^
5 bie toorau^ßc^enbe ©nttüicfelung unb burd^ ben 3wfcimmen^anc5 mit ber europäifc^cn ®c^
famtlitteratur äl^nlid^ tüol^I borbereitet tpie bie Äontifc^e ^^tlofoj){;ie unb ergebt fu^
boc^ n)ie biefe auf einmal tl^unn^oc^ aud ber t)orangel^enben SKittelmä^igfeit, ein 3^^*
ber toieber anfd^toettenben unb in ber Äon^entration nad^ innen getüac^fenen beutfc^en
Äraft. eine unglaublid^ reid^ ftc^ cntfaltenbe 5ßl^antafie offenbarte ben toielüerfc^lungencn
10 9leic(|tum be^ Seelenleben« unb Qah ber SetTad^tung i^m gegenüber bie innere grei^eit.
©0 geU)ann bie beutfd^e Silbung auö ber ^oefie bie innere §rei^eit, bie fic mit einem
©(^lage \>on ber t^eologifc^en ©ebunbenlj^eit, bon ber Slufeerlic^feit einer fonbentioneHcn
5Korai, t)on ber lel^rl^aften SBerftanbe^mä^igleit, toon bem erbaulichen Utilitari^mu« unb
ber (Snge beö ^orijonte« befreite, bie ftc^ lebiglic^ an bie aflgemeinften (Srunblagen einer
15 ibealiftifd^en Seben^nfd^auung gebunben ipufete unb, t)on l^ier au« bie toerfc^iebenen großen in
ber ©efc^ic^te ertoac^fenen @eifte«inl^alte frei überbticfenb, fie neu ju lombinieren tragen burfte,
bie in^befonbere bie brei großen im mobernen Seben bereinigten 3Käd)te ber Slntife, bc«
ßl^riftentum« unb ber 9laturtt)if[enf(^aft poetifc^ belebte unb in bie berfc^iebenartigften neuen
33erfnü))fungen brachte. Unb inbem ber reiche ©ebanfenin^alt biefer j^octifd^en $robuftton
20 fie nötigte, auf ba« 2Sefen unb bie ©efe^e biefer ^robuftion ju refleltieren, burd^ eine orb^
nenbe litterarifc^e Äritil i^ren überftrömenben Sleic^tum ju regeln, entbedfte man ben
Segriff be« ©cnie« al« ber jjrobuftiben Straft, bie mit 9loth)enbigfeit ben göttlichen Sn^^lt
ber menfd^lid^en ©eele geftaltenb au«h?irft. 2)iefer Segriff aber ertoie« ftc^ auc^ tueit über
bie 5ßoefie ^inau« bon gnmblegenber Sebeutung. 6r öffnete über^aut)t ben ©lirf in bie
25 freie, unbetoufet notU)enbige ^robultion be« Setou^tfein«, au« toelc^er 3Jloral unb Steügion,
©^jracf^e unb ©efellfd^aft ä^nlid^ entftel^en toie bie^oefie, bamit ben S3lidE in bie Anfänge
unb Urfjjrünge ber ©efd^ic^ite, in bie treibenben Äräfte ber ©ntmicfelung unb in ein bie
©egentpart bon ber Saft ber Sleflejion unb Äonbention befreienbe« neue« Äulturibeal. ©o
ertouc^« eine ^oefie, bie in i^rem innerften SBefen ^oefie mit aKen SBiberfjjrüc^en unb
30 3Rannigfaltigfeiten rein j)oetifd^er ^beenbilbung tbar, bie aber burc^ i^ren ©e^t unb
burc^ bie bon i^r auf ba« SBefen ber jjrobuftiben Äräfte be« ©eifte« gericbtete Jleflejion
in^altlic^ toirfte toie eine neue ^^ilofojjj^ie. ©ie ^at bie alten Probleme freiließ toebet
befeitigt nod^ gelöft unb in«befonbere burd> i^tcn einfettigen i!i[ft^ctici«mu« bie bon Äant
fo na^brüdtlic^ betonten Elemente be« ®uali«mu^ oft täufrftcnb berfcfileiert, aber fte f)at
35 bod^ gerabe im 3"fö>ww^^nt^^ff^n "^it ^c»" tritidfti|(^cn ^^LMliönm^ bcv ßrforfd^ung be«J
menjc^lic^en ©eifte« unb feiner, 9Jatur U)ie ©efcbtt^te bcgrifflid? auffaffenben, 5^cnftl^tig!eit
unermeßliche 3)ienfte geleiftet, bie mit ben au^ bicfem ^ufammenttcffen entfpringenbcn
großen metaj^l^^ftfd^en ©^ftemen noc^ feineismcg^ etfc^öjjft finb. (fi. r^itbebranb, 31. ©enie
be« ©rimmf^en 3B.'-g3.; g. ©c^mibt, 9li*atbfmi ic; % «ifc^er, !jlft^ett( ; a>. b. ©tein,
ioSntfte^ung ber neueren äftl^etif 1886; D. -^arrtad, Sfaffiid^eiÜfti^etif bcr ^eutfc^en 1892;
a)iltl^cv, ©d^leiermac^er ; bie angefül^rten £itt.=@efct).)-
2)ie SBenbung gefd^al^ nur l^alb unb bebingt in Älo^jftocf unb feiner feraj^l^ifcbcn
©d^ule, bann in2i5ielanb unb feiner ejjiluräif d^en ©dfiule, bie beibe in ber 3lu«ftrömung
be« ^joetifc^en ©efü^l« unb ber erregten ^l^antafte bie l^öd^fte Seiftung be« Seben« erfannten,
45 nur baß ftc^ l^ier ba« ©efü^l im 3w|<ini"^^"M0 "^i* ^^ germanifd^-englifc^en unb bibli=
teen S^^cnmelt bem ^bealen, bort im 3"l<i"^^"^!i^^"9 ^^^ franjöfif^en unb antilen
äJorbilbern ber ©innli^teit juU)anbte. Sei beiben ift ber neue G^arafter unboDftänbig.
Älojjftod ift geteilt gmifctjen J)ietiftifd^=religiöfen ginflüffen unb ber rein poetifd^en 2eben«=
anjd>auung, ffiielanb jiDifd^en bem franjöfifd^^l^öfifd^en Unter^altung«ton unb ber burc^ ftc^
60 felbft erfreuenben ^^itofoj)(^ie ber ©rajien. ^a« felbftftänbige :,^beal ber auf ftc^ felbft
geftellten freien 9Renfc^enbilbung erfc^eint erft neben il^nen in 2 cf fing, ber eben be«=
^alb in ber Serbinbung eine« neuen, ben ern)ac^ten beutfc^en Drang befriebigenben Seben«^
gefübl« unb einer e« anfc^aulic^ barftellenben ^oefie mit ber e« begrünbenben unb bers
teibigenben tpiffenfd^aftliclien 9leflejion ber 3lu«gang«))unft ber neuen beutfd^en Did^tung
55 geUJorben ift. Sluf bie SBerliner Sitteratenfd^ule geftü^t, ein Äenner Seibnuen« unb auc^^
©^inoi^a«, mit ben ^ojjutar^j^ilofojj^en ju einem immerbin fe^r ungleichen Sunbe mannigs
fad^ bcrbunben, ^at er bod^ ben 3lufflärung«gei[t im9!»"crften beränbert, inbem er fotoopl
beffen t^eologifierenbe ©ebunben^eit al« beffen eubämoniftifd;e, utilitarifc^e ober abftraft
tonftruierte 3*^<^dmäßigfeiten beifeite fe^te unb ben ©el^alt be« Seben« in ber jufammen=
•jo l^ängenben, notU)enbigen, natürlich freien unb eint^eitlic^en 3lu«h)irfung ber Seben«betoegung
3fbealti»titttd^ bnttfi^er 621
fclbft erfanntc. ßö ift ta^ fotuolS^I eine ^tu^erung feiner eigenften 9Jatur aU eine 20^-
Iö|ung leibnigifd^er gbeen t)on t^eoIogifdS^em Seitoerf. SJon biefem neuen Seben^efü^I
au^ ergab fidj) i^m fotoo^I eine neue Stfti^etif unb eine neue bramatijc^e Siic^tung, ate
eine neue 3KoraI, ^^iIo|op^ie unb Il^eblogie. ^n ber gorm an bie ben 2lriftoteIeg loms
ntentierenbe 3luftlärungöäft^etif fic^ ^altenb \)at er bod^ ba« Stöejen ber Äunft unb a^idS^s 5
tung bon allen au^er i^r felber (iegenben 3h)c*en befreit unb ate ba^ 2Befen ber 2)ic^tung
bie {^ödj^fte unb fonjentriertefte ©ntfaltung einer in [\d) nottoenbig gufammen^ängenben
.s>anb(ung bejeic^net, bie ben §örer jum 5IKiterIeben unb ju nac^fü^^Ienber eigener innerer
Äraftentfaltung jtoingt. ©eine 3KoraI ^ot er toeniger begrifflich enttoidfelt, aU in Seben
unb ßl^arafter geftaltet unb in feinen Jjoetifc^en Figuren öeranfdS>auIic^t ; e« ift bie boHs 10
fommen freie unb nottoenbige äuötüirfung beö ®\xim um feiner felbft toißen. ©0 nol^e
bermanbt jene 'Jlftf^etif unb biefeSt^if finb unb fo tief fte gemeinfam in feinem ß^aratters
ibeal murjeln, fo Ij^at er bod^ — barin bie (Sinftd^t ber älufflärung feft^t^nb — teibe
niemals bereinerleit, toenn audj; beibe freilidj^ niemals au^brüdflid^ unterjc^icben. Um fo beutlic^er
aber l^at er ben gemeinfamen Untergrunb beiber, bie (Sefamtanfd^auung t)on ©Ott, bem 15
Uniüerfum unb bem 3Kenfc^en hervortreten lafjen. ©iefe ^h^m f^at er atö bie 3Sorau^
fe^ung feiner ganzen Sebenöanfc^auung in heftigem Äamj)f gegen bie bid^er alfeö be^err-
fdj^enbe i^eologie burc^gefoc^ten, babei aber boc^ felbft ben Stammen ber t^eologifc^en Se^
grifföbilbung nic^t t)öflig aufgegeben. 3^"^ fc^toebte afe mafrolo^mifd^er ©runb feinet
2Kenfd^enibealg ein mit biefcm üertoanbtcr ©otleöbegriff Vor, bie ^bee einer in ftrenger 20
einF^eit unb 5Joth)enbigfett il^ren ganzen unermeßlichen Seben^gel^alt t^ätig au^toirlenben
©ottl^eit, in ber bie einzelnen inbibibuellen 2Be|en enthalten finb toie bie ©injelgebanfen
in ber 35emunft unb t)on i^r bie 8eftimmung einer Stuötoirlung jum §öd^ftmafe ber
il^rcm aOSefen entfpredj^enben 3:iS^ätigfeit empfangen. 3jn ber ©eelentoanberung immer
toieberle^renb reifen bie ©eelen ju biefem ^xA, beffen ©rreidj^ung \)on ber göttlichen äBelt« 25
regierung burc^ bie 2lntecit)ation be^ öottfontmenen SKoralgefe^e^ in ben Offenbarungen
bc^ alten unb nod^ me^r be^ neuen 3:eftamenteg j)äbagogifcl^ erleichtert toirb, aber nur um
biefe Hilfsmittel überflüjftg ^u machen unb jebe @ee(e f^IießUc^ unmittelbar burc^ eigene
innere nottoenbige erfenntniS mit ©Ott m üerfnüj)fen. (3)anjel, Sefftng; ßebler, Seffings
©tubien; (S. ©c^mibt, 2.; 2)ilt^e^, 2., ^Jreufe. ^a^rbb. 19, 1867). ^ ao
9Jod; entjc^eibenberc ©c^ritte über bie SlufHärung J^inauS tl^aten Hamann, Berber
unb äöindtelmann. ipatte 2e|fing mit2etbnij im®eifte ber Stufüärung bie grunblegenbe
l^ätigfeit beS ©eifteS in betoujter unb flarer, golgeric^tigfeit unb Slottoenbigleit ate
alleinigen SBa^r^eitSbetoeiS anerlennenber 2)enft|ätig!eit gefunben unb biefe 35enfarbett
nur im geftcigerten ©inne einer bie SBefen^nlage öottlommen auStoirlenben unb baburdj; 35
ct\)x\d) unb äft^etifc^ bollenbenben Energie mit bem S3egriffe be« ©enie« berbunben, fo
hjerben ^ier bie urfj)rüngnc^ gegebenen ^"^nl^alte beS geiftigen 2ebenS in ben SBorbergrunb
geftcdt unb bie ^albbetoufeten, elementaren Äräfte ber ^robuftion bem bloß räfonnierenben,
xergliebemben unb üerbinbenben 33erftanbe entgegengehalten. 33on ^ter entftel^t ein neuer
begriff beS ©enie« ate ber mit unbetoußter 9?oth)enbigfeit frei j)robujierenben Kraft unb 40
als beS ben Sßert biefer 3"^ölte fouöerän empfinbenben unb be^aujjtenben ©efül^fe.
,N>atte 2efftng im ©eifte ber älufflärung eine 9Jormalh)al(^rl;eit gefuc^t, bie er jtoar in eine
C^nttoidtelung eingel;en, aber in biefer als jc^lcd^t^in einl^eitlic^e jucceffit)e t)orbringen ließ,
fo toeitet fi^^ nun ber §orijont über bie taufenbfac^icn ©d^öpfungen ber SJölfergenieS unb
i^rc 2ebenSin^altc auS unb umfaßt eine nad(?fül;lenbe 2iebe alle als felbftftänbige SBerte, 45
bie nur mit 3JJü^c ju einem l^öctiften l^id fid; Dereinl^eitlid;cn laffcn. ^^nSbefonbere traten
fo (S^riftentum unb älntife auSeinanber, bie 2eifing noc^ tro^ gelegentlicher 6mj)finbung
il;reS ©cgenfa^eS gegen einanber inbifferen^iert unb feiner ctoigen a3emunfth)alS^rl;eit unter«
gcorbnet ^atte, tvie ja aud) bie ganje bisherige Silbung ÄlafftfdbcS unb G^riftlidj^eS als
Komplemente be^anbelt l^atte. ^^i trat gJ^riftlic^eS, 9iorbifc^eS, 5KoberneS unb Älafftfc^eS, 50
^eibnifd^eS, 2lntiteS immer beutlic^er auSeinanber unb begannen beibe um bie Sieutung beS
©cnieS t)ou i^rem ©inne auS gu fämj)fen. 2)ie beiben ©runbelemente ber euroj)äifc^en 6it)ilis
fation trennen fic^ unb ftellen ben Segriff ber menfcl^lic^en ©eifteSenttoicfelung öor bie fd^toierig?
ften Probleme, toie fie ber ganjen Sluff lärung tro^ i^rer Setonung ber l^iftorifd^en SSerfdj^iebens
i^eitcn ber Kulturen nic^t aufgegangen toaren. §atte 2effing fc^ließlic^i gerabe unter Setonung 55
ber 9{elatit)ität alles ^iftorifd^en unb ber ©c^ioierigfeit ^iftorifc^er Söetoeife bie Silbung ber
a^eltanfc^auung bon gefc^ic^tlidj^en Setoeifen emancijjtert unb bie JJormaltoa^r^eit nur in ber
©cfd^id^te ficf^ entioideln, aber nid^t t)on i^r betoeifen laffen, fo trat nun bie ^ülle ber
l)iftorif^en 2ßelt mit i^ren großen i^"^«'*^ ''^^^ ^i^ ^^^^ unb forberte t)on ber Segeifte-
rung unb bem ©efüljl bie ^ufttmmung, gu einem ober ju ben größten unter il;nen. 3)ie eo
622 dkealidmitd, betitfc^er
©efc^ic^tc U)urbc hjicbcr bcr 5Kuttcrb£)bcn für btc Silbunß bon ®Iaubc, ^\>Qal unb SBelts
anfd^auung, frcilid^ nidS^t in bem Sinne, ba| ftc burc^ übernatürliche (greigniffe ober burd^
ben consensus gentium Setoeife fürSel^rfö^e lieferte, fonbem in bem Qan^ neuen ©imte,
baj bie großen äJölfer* unb ©imelßenie^ ate fdS)öj)ferijc^e Kräfte angefe^en toerben, bic ben
6 blofe nadj^fü^Ienben unb unfc^öjjferifc^en bie Söa^r^eiten ertoerben unb für fte burd^ ben
Dom ®enie au^e^enben ^auhtt unmittelbar betoeifen. Siamit boHjie^t fic^ eine burd^^
gängiöe ^iftorifterunö ber gangen SGBeltauffaffung unb eine SSeränberung ber ^iftorifc^cn
5IKet^obe, bie nic^t me^r bloj auf natürliche Srflärung au^e^t, fonbem auf 3flac^fü^Ien
unb 9?ad^fc^affen ber Sreigniffe im ^f^^ologifc^cn SSerftänbni^, nic^t mel^r blo^ auf
10 Rritif ber Überlieferung nac^ SKöglici^feit unb Söa^rfc^einlic^leit be« Überlieferten, fonbem
auf jjf^dj^ologifc^e Srflömng be^ ffierben^ unb ber ©nttoicfelung ber Überlieferung felbft.
Sin ©tette beö allgemeinen, bon einer rationalm 9?orm au^gel(^cnbcn 3laifonnement« ber
„histoires philosophiques'' unb an (Stelle ber tenbengiöfen Singelfritit tritt eine mit
möglidS^ft reid^er unb lebmbiger ätnj4>ciuung erfüllte ^iftorifc^e ©efamtanfc^auung, bie bic
16 objeftiüen treibmbm Äräfte ber ©ejc^id^te auffud^^t, ben 3"iÄ>">"^"^önö ^^^f^ Äräftc j)oe=
tifd5> ^erau^fü^lt unb, iebe^Oebilbe in feinem eigentümlichen SBefen erfajfmb, e^ auc^ nur
an feinem eigenen ^Kajftab meffm toill. $iftorijc^e ffritif unb 33crgleic^ung toirb nid^t
mel^r jur (Snttourgelung t]^eoIogi(c^sfuj)ranaturaIiftifc^er ©ejc^ic^t^beurteilung aufgeboten,
fonbem toirb um i^rer felbft toillen bebeutfam, tocil fte ba^ ©d^affen unb SQSirfen ber
ao 9Kenfc^^ett belaufcl^t unb fo im Jlac^fü^lm bie ©egentoart au^ bem ®enie ber SJer*
gangen^eit fic^ felbft bereici^ern lägt. Unb noc^ eine le^te toic^tige SSeränbemng gebt au^
bem neum 53egriff bc« ®enie« ^erbor. (£r ftellt bie Ungleicl^^eit gtoifc^cn bm ^Renfd^cn
toieber l^er, bm bie abftraft gleic^mac^mbe unb bie fupranaturaliftifdben $ö^en nibeU
liermbe ätufflärung befeitigt l^atte. 6r teilt bie SKenfdj^m in fc^5j)ferifc^e unb nac^^
26 fd^affenbe, in ®mie^ unb SJurc^fdj^nitt^mmteen ; er lonjmtriert bm S^t^'bibuafemu^
ber Slufflämng in gefteigerter SBeife in bm ®enie^, betont aber bei ben übrigen bie Sil^
bung unb ©rleudj^tung burc^ bie©mie^, tooburc^ um alle fd^öj)ferifc^en 9iaturm fic^ cnt=
f})re^enbe Äreife, SSöllergmie^ unb ©emeinfc^aft^geifter, gruJJlpieren. 3)amit ertoac^t ba«
bon ber Slufflämng unterbrüdfte unb umgangene ^roblem bc« äier^ältniffe^ bon ®t^
80 mcinfdj^aft unb 3"*>ibibuum, bon objeltibem unb fubjeftibcm ®eift, )oon Slutorität unb
Eingebung in einer neuen, bm üon ber Slufflämng bemic^teten ©ujjranaturali^mue
glei^faH^ Jjrei^ebenbcn Söcije. ^"^^bibuali^mu^ unb ©ociali^mu^, ejtremfte ©elbft=
erl(;ö^ung unb feinfte Slnal^fe ^iftorifc^en ©mw^Ö^ifte« fämjjfm öon nun ab mit=
cinanber.
85 35icjc Ummanbclung ift in ber ^aujjtfadj^e ba« SBcrf ip c r b c r ^ , beö reic^ftm unb feinftcn
®eifte^ ber 6j)od;e. SUon bem borfritifd^cn Äant ju bomrteil^frciem 3)cnfen ergogm, öon
bem litterargefdS)id;tlic^ immer noc^ nic^t l(;inreic^enb erforfc^ten, bunflm unb geiftreidbm
Hamann mit l^eftigfter gcinbfdj^aft gegen ben gergliebemben, räfonnierenbai unb bemonftrierens
ben ®eift ber äufflärung erfüÜt unb bon bem auf Äant mit feinem moralifc^m, auf
ioÄerber mit feinem j)oetifc^en ^at^og toirfmben Slouffeau für urfj)rünglic^e, ^)robuftitK
^eelmfraft begeiftert, bon Sejpng unb 9Bincfelmann jum 93erftänbni^ frei fc^affmbcr
Äunft ergogen, ift er ber Steformator na^egu fämtlic^er ®eifte^h)iffenfc^aftm geworben, ber
gugleic^ bie 9?atur al^ Saft^ bc^ ®$iftceleben^ unb afe Seftanbtcil bc^ gefe^mägigen äBclt^
gangen tief gu hjürbigen toeig, aber t)on ber eigentlichen 9laturh)iffenfc^aft unb namentlich
46 bon ber 3)iat^ematif fic^ abtoenbet. Sluc^ er gel(^t bei biefcr 9leform t)on bcr Slnal^fe ber
})octifc^m unb fünftlerifd^en ©eelent^ätigfeit au^, bcrm 9Jad^cmpfinbung i^m gum ©dj^lüffcl
für ba^ SScrftänbni^ ber gciftigen Sl^elt unb bor allem il)rcr nottoenbigen organifd^m ent=
\td}\xnQ au^ ben unreflefticrten Urfräften bc^ ®eifteg itjurbe. 6rft öon l^ier au^ gelangt
er bann auc^ gur Slnal^fe bc^ et^ifd(^m unb rcligiöfen ®efü^fe. Sitte fo gewonnenen er=
60 fenntniffe aber fajt er gufammm gu einer ®eiftc^5 unb ©celengcfcl)ic^te ber 3)imft^^cit,
bie er in i^rent burd;gängigm ^wf^mmcnl^ang, in i^rcm f^runglofm Syerbcn unb i^rcm
unenblic^en SReic^tum ausbreitet. 3)icS gange Soeben unb Schaffen bcS ©eelenlebm^
geidt^net er fdj^licfelic^ in bie 9Jatur hinein, auS bcr eS übcratt ^erauStoäc^^ft, an bie eS gebunben
bleibt unb bie ba^er mit i^m gu einem gro^m,- einl^eitlid^en unb gcfe^mäfeigen ®anjen
56 berfc^milgt, M^ baS fromme ®emüt ®ott nmnt unb in feinem eigenm ^nnem ate oie
anfdj^affenbc Äraft cmj)finbet. §ier bertoeift er auf Seibnig, ©pinoga imb ©^afteSbur^,
toäl?renb er als $iftorifer bie aufgäbe ber 3KonteSquieu, SJoltaire, ®ibbon unb Suffon
auf einer l}öi)mn ©tufe fortführen WoüU. Slber bic ungeheuren hierin entl^altenm än^
regungm toiffenfd^aftlic^ auSgubaucn toar §erbcr nic^t gegeben. ^nSbefonbere gelang eS
60 il(;m nidj^t, ein ^id fcincS ®cfc^ic^|tS})rogcfjcS gu getoinncn, fonbcrn er blieb immer bei bcra
3fkealti»titttd^ beittfi|cr 623
nUöcmcinen begriffe ber Humanität, ba^ tft eben ber urfj)rünöli(^ Jjtobufttben, rctdS^en
3Jlcnfc^enbtIbung, ^aften, in ber i^m aUe Sefonber^rtten immer toieber berfc^moljcn. ©o
l)<d er \\t>ax ben Unterjc^ieb jtoifc^en Slntile unb ß^riftentum, jtoifc^en naiber unb beioujter
5IJlenfc^9ettöbirbung alänjenb anal^ftert unb i)Qi l^raltifc^ i" ^cm ©egenfa^e beiber |eit
fetner Sücfeburger Ärift^ energifd^ für ba« G^riftentum 5ßartei genommen. 3lber eme 5
h)tf|enfc^aftltc^e Segrünbung, eine teleologifd^e Äonftruftion ber Snttoicfelung ^ot er nie
gefunben, ba il^nt bie ßbrifüic^teit boc^ f(^ltefeli(^ immer toieber mit allem edS>t 3Rcn\i)f
liefen, baö er irgenbtoo fanb, jufammenflofe, toie ben 35eiften oKe SReligion mit ber nattir«
lid^en SReligion ibentijt^ toar. (§a^m, $erber 1880/85, Äü^nemann, $. 1895).
35a^ in ber fo erf4>Iofjenen SBJeite beö §oripnte^ antue unb G^riftentum beutlic^er lo
au^einanbertraten, ift badSSier! ber neu^umaniftifc^en $^i(oIogie unb bor aUemäBinlel-
mann«, ber, gleichfalls bem t^eologijc^en unb aufflärerifdS^en ®eifte grünblic^ ab^olb, auf
baS ®enie unb feine Jjrobuftibe, unbehjujt nottDenbige Äraft jurücfging, nur bafe er ti
mit ^ärtefter SluSfc^üe^lid^feit an ber Slntife unb jioar an ber finnlic^ftcn Äunft, an ber
antifen ^(aftif, enth)icfelte. ^\xd) er ffat fic^ mit ^ietiSmuS, Geologie, 3)ei«mu« unb i6
3luffiärung«j)^iIofopl^ie I^erumgef4>lagen unb fic^ ^on ber 2itteratur be« 18. S^^^unbert«
jur gorberung ber grei^eit unb ber ©rneuerung ber gejamten Äultur em^)ortragen lafjen,
aber bon i^rem fj)ejififc^en ^nJ^alt ift aufjer ber §armonieIel^e Seibnijen« unb ©^afted«
bur^S unb aujer ber SSere^rung ber ©innlic^teit unb Jlatur nur \tl)x toenig bei i^m
übrig geblieben, feit i^m in ber biiS^er gänjüc^ berfannten, meiftentetl« fogar ungefannten 20
gried^ifc^en Sitteratur unb Äunft eine biefem SerftanbeStreiben überlegene 3BeIt Jjrobuf«
tiber, unmittelbarer unb lebenbiger Äraft aufgegangen hjar. ®r enH)fanb in i^r bie
Seiftung ber 9Jatur felbft, bie notmenbig unb organifc^ in ftiDer ©infalt unb ®riJ^c au«
bem l^o^en ©eifte be« gefunben unb in feiner grbenmelt befriebeten Slltertum« audflo^,
bie Uebertoinbung aller Unruhe unb 3i^lI»>P9f^ii ^^ ätffeltc« unb be« ajerftanbe« bur^ 25
reine, an^ bem 3"n<^ quettenbe ^axmonk. Siamit ^atte aud^ er auf feine S35eife felbft«
ftänbig ben Segriff bc« ©enie« unb ber probuftiben 9Jaturftaft gefunben, ben er bem
mat^ematifc^en unb mcc^ianifc^en 3ib«al ber 2luf Härung felbftbetou^t entgegenfe^e, toe«^a(6
ber c^riftlid^e .^amann in i^m feinen näc^ften @eifte«Deriüanbten anerfennen tooUte, 35i-
berot ilS;n mit Slouffeau gufammenftettte unb Berber feine 3lna(tjfe be« t^oetifc^en Schaffen« ao
auf bie SBindfcImannfc^e be« Jjlaftifd^en grünbete. Sluc^ i^m toar in biefem Segriffe bon
©enie, 5tatur unb Äunft jugleic^ bie 3KoraI unb bie ®eltanfc^auung gegeben, mit ber neuen
Äunftle^re eine neue ßt^if unb neue 3leUgiofität, bie äft^etifc(>»religiöfe ?jbee einer ^armoni«
fd;en Vereinheitlichung be« bertoorrenenSebenSuim Reitern, ftd^ felbft be^errfc^enben unb in
fi^ felbft jufriebenen Sebenefunftmerl unb ber SBegrünbung äße« ©ein« unb Seben« in einer 35
legten göttUdE^en Duelle aQer Stu^e unb Harmonie. S)amit gugleid^ berbanb ftci^ aud^ bei il^m
eine Vertiefung ber ®efc^i(^t«anfc^auung, bie bie considirations sur les causes de
la grandeur et de ]a d^cadence in bem neuen ©inne eine« organifc^en ^ro^effe« auf
ba« ©(f^affen bc« ©eifte« ber griec^ifc^en Äunft antoanbte unb bie feine ©efc^id^te ber
gried^ifc^en Äunft ^um Vorbilb ber toeiteren ®eifte«= unb Sitteraturgefc^ic^te bei §erber, 40
ben ©c^legel unb öegel machte. ©0 rüdft burct) i^n ba« ©riedjientum, ba« auc^ ©efner,
(Srnefti unb ,&e^ne al« S3ilbung«mittel gu berfelbftftänbigen begonnen l^otten, in bie j)oes
tifc^e Beleuchtung einer bollfommenen unb normativen Offenbarung ber göttlidj^en unb
mcnfcl^lic^en 9Jatur ein, unb, inbem feine 2luffaffung ber ^Jlaftif auf ^omer« SJidj^tung
auegcbcl^nt tourbe, hjurben bie antifc ^laftit unb §omer gu ben ©d^lüffeln nii^t blo| 45
bc« 3tltertum«, fonbem auc^ ber l^öc^ften ©üter be« ©eiftc«, ber Silbung unb ber SBcIts
anfc^auung. Quae philologia videbatiir, philosophia fiebat. 33on biefem ©runbfa^e
m^ reformierte bann g. 31. SBoIf, ber ©cnoffc ber fflafftfer, ba« gefamte J)^iIologifc|c
©tubium unb fül^rte bamit bie 5ßl^ilologie a(« einen ber §aulptfattoren in bie neue Sil*
bung ein, U)ie e« benn in ber %l)ai ber bon ber SKat^ematif unb 9Jlec^anif, ben SRatur« w
h)iffcnfc^aften unb ben 9Jü^li(^feit«reflejionen fid^ abtoenbenben unb in bie liefen originaler
gciftigcr S[}robuttion unb gefc(;ic^tlic^er Schjegungen eintauc^enben SJenfhjeife entf^)rac^, bie
l;iftorifd;en ©runblagen unferer ßibilifation mit neuer ^^ifc^e unb unbefangener Segeifte«
rung ju burc^forfc^en. ^eilic^ ^olte bie geniale ^i^^^^ion Stöinfelmann« unb feiner ©e«
noffen hierbei a\i^ bent Altertum gerabe ba«, toa« ber nad) einer Vereinigung nattirlid^* 66
unbefangener ©innlic^feit unb l^o^en ibealen ©c^tounge« berlangenben 3rit fongenial hjar,
bie $laftit, $omer unb eine j)latonifierenbe Äunftreligion, unb rüdte fie obenbrein biefe
®ebantenh)clt in eine bogmatifc^ berabfolutierenbe Beleuchtung, in ber fic^ freilid() nur
bie bügmatifd;c äluffaffung ber Slntife burc^i bie c^riftlic^=firc^lic^e Stultur, aber nun mit
äl>cgfaU bci^ cl;riftlitt;cn Äom})lementc«, fortfc^^te. 5)ie l;iemit gegebene fc^roffc ßntgcgcns «»
624 dkealtdtittid, betttfi^er
fc^unö gegen baei ß^riftmtum f)ai fc^iocrc innere Äonflüte unb ©J)annungen j^crbd*
geführt, bie erft biel fjjäter eine toirflid^ l^iftorifc^e ©rforfd^ung fohjo^l beö ß^riftcntumö
afe ber 3lntilc gemilbert ^at. (©oetlS^e, SBindfelmann unb fein ^a^rl^unbcrt ; 6. ^ufti,
SBincfelmann^ 1898; ^auljen, ©efd^i(^te be« gelehrten Unterri^tö; amolbt, g. a.
öSIBüIf 1861).
3lu^ biejen öerfc^iebenen Anregungen entftanb bie beutfd^e Sitteraturrcbolution, bie
nndj) bem Stid^toort ber (Sj)0(^e mit bem Flamen berSenie^Sitteratur bejeid^net toirb unb
an^ ber bie großen SKeifter ber jtoeiten unb britten ©eneration unferer Sitteratur ^ert>or'
gegangen ftnb. 6ö finb burdj^toeg 5IKänner öoni reic^ften ©ebanfengei^alt, bie toit nur gu
10 fe^r in ber Beleuchtung ber Xenien unb ber mittleren ^eriobe ©oet^e^ ju fe^en getoö^nt
finb, bie aber in SBäa^r^eit bie fämtlid^en (glemente ber mobemen ffultur jum lebenbigen
Slu^brudf bringen unb bie fämtlic^ ein hjtc^tige^ SJioment be^ beutfd^en ^^^li^n^w^
Vertreten.
Sn erfter Sinie [teilen ^ier bie ®nH)^e ber im eigentlichen ©inne fog. ©türmer unb
16 2)ränger unb bie bom ©enietoefen mitberü^rten SJertreter älterer SRic^tungen. 35ie erftcren,
bie £enj, SBagner, Älinger, bie©öttinger u. f. h). bejeit^nen nur gonj allgemein
baö ©treben nad^ mögKcl^fter ^ntenfität, Unmittelbarfeit unb 9?aturgetoalt ber ®m|jfinbung,
bie 6m})örung gegen bie Sleflejion^fultur unb Äonüention. 3Son i^nen l^at nur Älinger
in feinen 3l(teröbetradS)tungen ju reifer 335eigl(;eit fi(^ erhoben, ^n ghjeiter §infic^t ftnb
20 ju nennen: .peinfe, ber ben SBielanbfc^en (gj)ihiräi^muö in ba^ 3;roj)enHima be^ ©ente^
berfefete, Slntife unb Slenaiffance ju feinen ^cu^m aufrief unb ba^ jügellofe Sluelebfn
be«®enieö atö^rinjij) ber6tl(;if berlünbete; Si^tenberg, ber bie fc^ärffte äufflärung^
fritif, geniemä^ige« Urfj)rünglici^teit^efü^I, SRouffeaufc^e 5iatum)al?r^eit, etl^ifcl^e^ unb gc^
fü^Ite^ 6l(^riftentum, einen jjoetifierten ©^inoji^mu^, fauftifc^en 3Bi$ unb a^nung^ofle
26 ©cntimentalität fprung^aft bereinigte; t). §i))^el, ber, mit Äant unb §amann bertraut,
eine gefüllte unb autonom'}>ra{tifc^e S^riftlic^feit mit S^ouffeaufc^en unb 9(ufflärung^ibeen
^umoriftifc^ burc^fe^te; fc^Iiepc^ g- §• 3?o^, ber bie Kombination leibenfd^aftlid^er SJer^
nunftaufflärung unb SBincfelmannfi^er 2Htertumgbegeifterung bertritt. (3- ©c^mibt; ®et
jer II; SRieger, Älinger 1880/96; S^eumann, 2i(^tenberg al« $^iIof., Äant^St 1899).
80 3n bielfac^er Serü^rung mit biefer unb ber folgenben ©ru^jJe fte^t ba^ fpejififcl^
religiös gefärbte ©eniehjefen berbunben mit einer c^riftlic^ gefärbten ©efü^femoral. .§ier
fte^t an ber©}3i^e ber geiftreic^e 3!)ic^ter})l(^iIof oj)^ g. §. 9iöcobi, ber bie gange Setoegiing
bon ben erften bi^ gu ben legten Reiten mit cinbringenbfter 2luöeinanberje^ung begleitete
unb bie in ber gangen mobemen ^enfhjeife entbaltenen ©runbgegenfä^e fd;arffinnig er^
86 leuchtete. 3!)ie j)f^c^o(ogifc^en Briefromane feiner ^ugenb finb bie 2)enfmale ber ©cnie*
moral, bie nur bem inneren 3^riebe ber Kraft unb be^ ©öttlidjjen [xd) anbertrauen unb
allem ©Aftern unb aller 3)ebuftion ftc^ h)iberfe^en toitt. 2)ie fpäteren Slu^einanberfe^ungen
mit ^ume, ©Jjtnoga, Kant, ^idj^te unb ©d^efling fudj^en biefe ©enieübergeugung gur
3:|^eone ju ergeben, ©eine Siüffelborfer ^jwgenb unb feine ©enfer Sej^rjjal^re machten i^n
40 mit ^iettemu^ unb SKaterialiömuö bertraut, unb biefer ©egenfa^ bertiefte fic^ i^m, nad^=
bem er bon ber ©enielitteratur ergriffen mar, gu bem ©egenfa^ einer abftraft ein^eitfid^en,
an ber Stnfc^auung be^ 9Jaturme^ani^mu^ au^gebilbeten Berftanbe^erfenntniö ber SBelt,
al^ beren 2;bj)ul i|m ©Jjinoja crfc^ien, unb einer gefüi^l^mä^igen, ben SBibertoruc^ fubcrän
unb Jjaraboj gum SBal^rf^eitebetoei^ macbenben ®Iaubcn^= ober ©efül^l^eriEenntni^. ^n
46 biefer ©lauben^erlenntni^ erfaßte er ben perfönlic^en ©Ott unb berfi^erte er fid^ ber
menfdj^lic^en ^rei^eit foh)ie eine^ unenblic^en, naturüberlegenen 3Q3erte^ ber menfd^Uc^en
©eele, fofem fte biefen ©efül^Ien fic^ gugänglic^ nmc^t. $^ilofoj)^ifc^ unbcKimmerter unb
mit no(^ ftärterer j)erfönn(^er 3Kac^t mirlte neben i^m Sa bat er, ber, auf eine tüa^r^ft
geniale 3)ienfcbenbcobac^tung unb eine pF^antaftereic^e Serlebenbigung be« (Sbangcliumö
öogeftü^t, ba^ SBefen beö Gbriftentum^ mit ä^nli^cr intuitiber Kraft unb einer auf feine
Sffieife ebenfo unF^iftorifc^en Serabfolutierung erfaßte, tbie SBindEelmann ba^ 3lltertum, unb
babei bocb leicf;ter unb lebenbiger berfu^r atö ber bunfle, in bie 2)ogmatif fid^ eintoü^Ienbe
§amann. 6^ ift i^m ber ©laube an bie ^erfönlic^teitöbcftimmung be« 9Renfd^en, bie
\l}n ber 9Jatur entnimmt unb über fie emj)orträgt, bie il^n in ber Seben^berbinbung mit
66 ©Ott lebenbiger unb ejiftenter mad(^t unb burc^ bie Siebe ade SJienfc^en in biefe ©pfteng^
erl(;ö^ung ^ineingugie^en ftrebt. 6« ift felbft ret^t eigentlich ^flangung unb ©c^affung be^
©enie« in ben bergen, e« entbinbet im ©efü^l äße Kräfte, bac; ©enie ber Siebe unb ba^
©enie ber ©eligfeit. ^rit)^m er aber biefe 2lnfc^auung immer [tarier an pietiftifd^e Sicb^
ling^le^ren fnüpfte unb mit magifc^en unb b^jJnotifdjjen ©fljerimenten gu erläutern ftrebte,
Go berlor er feinen anfangt mächtigen ßinflu^ auf bie Sitteratur unb trat er in bie engeren
3f^eattömttd, betttfc^er 625
JEreifc be^ ^icli^niu^ juvüct. Ji^nlit^ flinö cö mit bcm befc^cibcncren, aber ftnnreidj^en
unb lieben^tüürbtöen latente be^ 3Katt^ia^ 6 1 a u b i u ^ unb SunöStillingg. 3«i>^ teli«
ßiöfen Setoegungen nad) ben ^i^cit^friegen fanien i^re 6mn>irlungen bann toieber jum
l^orfc^ein, bann freiließ bon berSRomantif gefärbt. (Sitngiebl, ^acobi 1867; 3^. $ert^,
g. 5ßert{^e^« 1872; Oeljer II; ©(^netberreit, 3M. Slaubtu« 1898). b
3)ie britte ®ruj)j)e tft bie jogenannte flaffifd^e, be^errfc^t öon ber au^erorbentlic^en ^Per«
fönlic^teit ©oet^eg, ber freiließ jiir Säuterung unb Äonjentration ber tdte öeriDtlbemben
teife berjärteinben 3)id^tung unb ©efülj^lötoeife auf bie flafftfdS^e Stntile jurücfgriff, beffen SQSefen
fic^ aber barin nidj^t entfernt erfdS^öjjft, ber öielme^r in einem langen £eben äße )8ilbung«s
mäd^te ber 3«it auf fic^ f)at toirfen lafjen unb fte in feiner 3((ter«n>eig^eit in einer reichen, lo
öorfu^tig bie ©rengen be« ffii^baren ac^tenben unb bie 2Biberfj)rüd^e be« menfc^Kd^en Sffiefen«
fc^onenben 3Serfnüj)fung barftettt. 9Sor allem ein fd^affenber X\i)ttx unb in feiner SJb«
neigung gegen ©^fteme unb ^beorien toie im SBanbel unb ber ©infeitigfeit ber ©tim^
mungen öon bier au^ ju begreifen, öer^ielt er fid^ ju ber ^^eenbehjegung felbft mef^
vegeptib aU Slic^tung gebenb unb ^ielt er feine 3)enfn)eifc bi« gule^t übertoiegenb in bem 15
Sänne einer poetifcfen 3Raturemj)finbung, bie Äörjjertoelt unb ©eelenleben gerne ber gleichen
öetrac^lung^toeije untemjarf unb bie Se^re t)on einem au« ber Slatur erft im Oegenfa^ bie
iüa^ren SBerte l^erauöfc^affenben ®eift unb SBitten alö ©törung em})fanb. $ierau« unb
aw^ ber t)on ber Hajfi|(i^en Sft^etif unb $^iIofot)l(;ie übernommenen ©c^iHerfc^en Äon«
ftniftion feine« SBefen« ift bie« in St^if unb SBeltanf^auung einseitig antif iftercnb gefärbte 20
3)ilb ®oet^e« entftanben, ba« ben toirflidj^en JReid^tum feiner ^been unb feiner |>iftorifc^en Sin^
iüirfungen, bie bauernbe Sebeutung feiner nur mit berjenigcn Äant« bergleid^baren Seben««
leiftung berfennen lä^t. 3" SBn^^cit f)CLt er atten geiftigen 3Käc^ten ber A^it, ber 3lufs
flänmg, bem ©enietocfen, bem ©efü^töc^riftentum, ber Slntile, ber SRaturtoiflenfd^aft, ber
Äantij^en ^^ilofoj)^ie, ber metaj)^^fif(^en ©^jefulation unb ben erneuerten Sinjeltoiffen^^ 25
fc^ajten r\a\)c geftanben unb ^at er fc^(ie^Itcl(^, tümn and) mit ber SRu^e be« eigene
Sebürfniffe befriebigenben, fontemjjlatiben SBeijen unb nic^t mit ber ^)rinjit)ietten ©Aftern«
bilbung be« ^^ilojopF^en, i^ren ©ebanfenreid^tum in ber umfaffenbften SiBeife au^gemeffen.
3lu« ben überftrömenben, teutonifc^en, dj^riftlic^en, Dlouffeauf^en, ©^afei})earifd^en unb
,Öcrberfd;en Stimmungen {einer ^^ugenb, in benen cxmd) \)erj(^tebenfter SJid^tung iebe^molao
ber füueräncn ©efbftma(^t be« ®efül(;te bie ^üqü fc^ie^en Ue^, o^ne fte jemafö mirflic^
a\i^ ber ,C')anb ju geben, rettete er ftcb burdj^ bie ^lud^t in bie 2l5mdfetmannfc^c äntife,
in ba« beibnifc^e SRom unb in bie öon'biejen ]pIaftip=äft^etifdS^en ^been burc^toirf tc 3Jatinrs
miffenfc^aft. J^on ba feierte er jurüdf al« ber ^rojj^et be« ^eiligen ®eiftc« ber fünf ©inne,
cincv 9tatur unb ®eift in i^rem !i^neinanber unb in i^rem ^rungfofen SBerben jujammen^ 35
fc^aucnben ^ant^eiömu« unb einer bie feelijc^e 3Ratur lebiglic^ ^armonifierenben, begrengenben
unb fünftlerifdj) jur reichen 9|"^iöibualität fttolifierenben üRoral. 9lber babet lonnte n>eber
fein urfprüngKd^e« SKefen fid^ befriebigen noq bie bauernbe 3Ritarbeit mit bem ©treben ber
3eit ftei^en bleiben. 9Son bem ©d^hjung be« ©c^illerfc^en 3bcali«mu« ergriffen, mit bem
CJmft Äantifd^er Probleme befc^äftigt, öon ber Slomantif ju bem toeiten ^origont feiner 40
^ugenb jurücfgefü^rt imb bor bie m\im jjraftifd^en aufgaben be« öeränberten beutfc^en
^cben« geftellt, betonte er bann gegen ba« äftf^etifdj^e 5laturbilb unb gegen bie antitifterenbe
■Dioral mieber ba« 3"i>i^^^wum mit feinem fittlic^en unb religiöfen 2)range nac^ l(;5(^P^"
geiftigen SBerten unb ftrebte er, ber Jtantifc^en SRoral unb ber Seibnigifd^en SJlonabenle^re
\xd) näljernb, in ber (Spoi)t feiner SoHenbung bie ©^nt^efe t)on antiter unb c^riftli^er 45
Humanität, üon pant^eiftif(^er SRaturt)erel(^rung unb t{)eiftif(^em 3Jlora(gIauben, bon l^iftoris
fc^er Überlieferung unb ßigengetoi^^eit an, bie in bem SKiUen ber Qpoqc lag. 3)er Slufblidf
^\i bcm gefe^mäjigen, ba« Snbibibuum in taufenb Regierungen berflec^tenben unb baburd^
begrengenben ®angen ber 9?atur leierte i^n auf ben 3)rang be« 3inbit)ibuum« nad^ grengcn«
lofem 3tu«teben öergic^ten u»|b ju ®unften einer begrengten unb gebicgenen ^raftifd^en go
li^ätigleit entfagen. aber in bief er ^ätigleit berfnüjjfte er ftc^ toieber mit etoigen SBerten
unb ^W^dm ber göttlid^en 33emunft unb erl^ob er ba« gnbibibuum in bie ©Jj^äre ibeeHer
Söerte, bie i^m am reinften in ber fittlic^en Äultur unb ®ottergebenreit be« ß^riftentum«
bargcftellt, aber einer ©rgängung unb erhjeiterung au« ber großen Kulturarbeit be« menfc^^
liefen ©efc^lec^t« fo föbig toie bebürftig fdj^ienen. ©0 ftefit bie SB3ei«reit be« „(^nU b5
fagenben" fic^ mit ber Steife ^öc^ften Sliter« unb mit bem Überblidf über na^egu alle,
aud; bie i^m fremben unb unf^m^)atrifd^en ober atlgu mobemcu Seben«gebiete al« eine
cingigartig reid^e 3wf^>"'"^faffung be« 8ilbung«gcl^alte« ber ©poc^e bar, bie gerabe in
ber ©c^onung ber SBiberfjjrttd^e, in ber tiefen, reinen Smjjfinbung aller 2eben«gebalte, in
ber iycrbinbung t)on ®mft unb §umor, öon liefe unb Schärfe, bon iRIar^cit unb Um^ 60
9{caI^(Fnct)r(opäbie für X^eologie unb SNiitc. 3. K. VIII. [0
626 3)ealti»mttd, beutfd|er
fic^t, üon a)iilbc unb Scfthiunt^cit, in bcr äblc^nunö aller Dcr9Ch)altiöcnbcn S\)\tcmbiU
bung unb in bcm boc^ immer einl^eitlic^en 6mft l^öc^ften SBa^r^cit^ftrcbenö, in ber 8e-
tonunö bc^^ ^raftifd^'^erfbnlid^en unb ber boc^ ftet^ geübten SJüdffic^t auf ba^ ^otfäc^
lic^e unb SWotiüenbige, in ber toeit au^ebreiteten Uniöerfalitdt unb ber boc^ ftet^ bicibcnben
6 Seflrenjt^eit ber perfönlic^^menfc^lic^enSlrt einen unerlc^öpflic^en ©c^a^ öon ©rfenntniffen, ©e?
banfen, Silbern unb ©ejül^len barbietet, au^ bem bie ©ebanfcnmelt be^ beutft^en ^beafemu^
ftd^ nid^t au^fc^lie^icb, aber boc^ borjüglic^ genährt l^at. (Sioörapl^ien öon ®rimm, Semo^,
©^öU, §e^n, 31. 3)1 SJJe^er; D.^amacf, ©oet^e in ber Qpod^c feiner Soßenbung 1887;
aöinbelbanb, 3lu^ ©.^ $^ilofoj)^ie, ©trafeb. ©oet^eüorträge 1899; ©logau, Über ©o^,
io©t.5urenth)icIelung beö beutfc^en ©eifte^, 3.f.^^ilof. u.Ärit. 1890; Sianjel, ©.ö ©j)inD^
gi^muö 1842 ; Sßorlänber, ®.« Serl^ältni« ju iRant, Äantftubien 1897,98/99 ; fein SJer^ältni^
jum ßbriftentum bei ptfdj) 1894; ©ett 1899). 3u ber $ö^e ©oeti^eö ftrebte atejtwter
©deiner l^eran, ber \)m ber 3lufflärung ^erfam unb il^rem rationalen DjJtimi^mu^ unb
Snbibibuali^muö immer treu blieb, toenn er aii6) jur Steinigung t)on ber tenben«öfcn
16 SJilb^eit feiner 3w0C"^^i<^^wng nac^ ©oet^c^ SBorbilb fid^ jeittpeife in bie Slntife i)erfen!te
unb feine SBeltfenntni^ burc^ gefdS^idS^tlidj^c ©tubien erweiterte. S)aburc^ nur gellärt, aber
nic^t befriebigt, toanbte fu^ fein auf ba« Slßgemeingiltige gerichteter ftarfcr Säiflc bircft
jur $^ilofo})i^ie, too er in ber©(^ule Äant^ bie enbgiltige Befreiung üon materialiftifc^n
Slntoanblungen unb metap^^fifc^en Überfc^tüänglic^ifeiten gehjann, bie erlöfenbe Äraft ber
20 Segrünbung aller menfc^^li^^en SBirflic^feit in ber Jjrobuftiöen 3:]^ätigfeit be^ ©eiftc^ erfuhr
unb bie Sefc^ränlung ber tüiffenfc^aftlic^en ^orfc^ung auf SSctoufetfcin^nali^fc unb Stuf-
fuc^ung ber bc^errfc^enben ©cfe^c be^ ©eifte« erlernte. 2lug bicfer 2lnal^fe ftieg feine
gefammelte Äraft ju ber großartigen 3luebilbung eine<g äft^etifd^^etl^ifciS^en ^j^^^^^i^w^w^
emj)or, ber im Üntofc^iebe t)on unb in beftänbiger SReibung mit ©oet^e« ^jantl^ciftifc^em
26 9laturgefü^l gtoar bie 5Jatur nur alö erfdj^einung ju fc^ä^en bermodj^te, um fo tiefer ober
bie Sebeutung unb ba^ SBefen beö ftrengen fittlic^en ^hcaU unb ber biefe« ergänjenben
unb mit biefem jufammcn erft ben 3Kenfc^en üottenbenben Äunft feftftellte. ^nh^n ober
bie Äunft erft ba« fategorifc^e JJrei^eitöbetouJtfein mit ber ©innlic^feit Vermittelt, merbcn
il^m bie Äunftt^j)en bie d^aralteriflifdj^en §auptt^j)en ber menf^lic^en ©eifte^toerte unb fo
80 fd^ließt ft(^ an feine äftj^etifc^^et^ijc^e SJetouJtfein^anal^fe eine bie §erberf(^e ^ufammenfc^u
unb Äantifc^e ieleologie t)ereinigenbe ^iftorifd^c Unterfudj^ung ber Äunftt^^fjen, bie inSBa^r^
^eit eine gc|c^ic^tej)l^ilofoj)^ifctie Äonftruttion ber großen menfd^lic^en ©eifteött;t)en ift unb
auc^i bie beiben §auj)tgegenfä$e ber @}3oc^e, bie 9Jotur, ba^ 9Jaiöe, ba^ 3lntife einerfeit^
unb bie Äultur, ba^ Sctoußte, ba^ ©entimcntalifc^e anbcrerfcit^, ba^ §eibnif(^=©ried^if(^c
86 unb 6^riftlic^=©ermanifc^e, bie noc^ inbifferenaierte (Sin^eitlic^teit unb ben moralifd^n
Siuali^muä ber Seben^uffaffung, gegeneinanberftellte, um eine©^nt^cfc beiber, bie Siaito^
Werbung be^ ©entimentalifc^en, in le^te äluefic^t ju fteßen. 3luf bem ©runbe biefer tjrin-
^ipiellen ©elbftt)erftdnbigung er^ob fic^ bie große ©id^tung feiner lefeten ^ai)xt mit einem
bie ©renken biefer I^eorieen oft genug fprengenben SHeidS>tum an ftttlic^en unb j)^ilofo^)l^ifc^en
40 ßrfenntniffen. 3)a^ t)on il^m fonftruierte Kultur- unb ©eifteöibeal felbft aber ftanb un-
öerlennbar in einer atljugroßen 3lb^ängigfeit t>on ber Didj^tung unb äBeltanfc^uung ber
mittleren 5ßeriobe ©oell;cg, inbem er ba^ ©riec^if4>=9Jait)c entgegen ber cigjxen 9latur
©c^iller^ ate baö eigentlich normative ^id aufftellte, baö nur burcl^ baö Sülebium ber
mobemen ©ubjettivität l^inburc^gel^en unb in i^m ficl^ noc^ Vertiefen foßte. (Sine tüirfli^
46 l(;iftorifc^e Slnal^je be« ©cntimentalifd^en, einen äuftoei^ feinet 3wf^"^»"^"^öng^ mit bem
ß^riftentum unb mit ber norbifc^en 2Belt, l^at ©c^ißer nur gan^ unfic^er öerfudS>t. (5r
l^t bag ©entimentalifc^e nur aU 3!)urc^gangeftabium gctoürbigt unb c^ fo rafd^ al^
möQlxd) in einer Kombination Von Äant unb ©oet^e untergeben laffen, toöl^renb er ba^
GlSiriftentum ate bie bem ©efej^ entgegengefe^te ßtl^il ber Siebe unb freien inneren 9iots
60 toenbigfeit lieber mit bem i^m VorfdjijtDebenben ^id ber äft^etifc^-et^ifc^en ©^ntj^efe in
aSerbinbung brachte. Der 3tntife innerlic^ fremb, bem Gl^riftentum nur Von ©eite ber
ibealen gorberung vertoanbt, auf baö fubjettive Setoußtfein unb feine ©efc^e fon^entriert
unb flevtifc^i gegen bie ßrfenntni^ be^ objeftiven ©runbe^ ber Siingc, aber boc^ toieber
bie äftlSietifd^e Harmonie be^ UniVerfumö unb be« Voßenbeten aKcnfc^entVJ)u^ faft religio«
66 cm^jfinbenb ftcßt ©dj^ißer tro^ ber ©röße feinet ©ebanfen^ einen ©c^toebe^uftonb in ber
Kombination ber Elemente ber 3eit bar, ber nic^t baucnx fonnte. (Sr gehört mit Kant unb
gierte ju ben moralijc^en ßrU^ecfem unb (Srjie^em 2)eutjc^lanb«. liefgreifenbe SBirfungen
auf bie ©ebanlencnttoidfelung aber l^at im ©runbe nur ferne ©efd^idS^lö^l^ilofopl^ie au^eübt,
h)o feine jufammenfc^auenbe ßnergie mit ßrfolg über ©oet^e« ber .^iftorie gegenüber
60 immer geübte unb nur in gelegcntlic^jen 2lp^ori^mcn aufgegebene ©fcpfi^ l;inau^ing. aber
^ealtdmitd^ beutfc^er 627
a\xä) l}kx erfd^iencn feine Äateflorien balb ju Hai w"*^ abftraft. 3" ^i"w SSerttefung
feiner 3:beorie be^ ©entimentalif(^cn lag bcr ©infa^unft für feine 5Rad^f 019er unbÄritifer.
(33iogrcH){^ien üon »^offmeifler, SBJeltric^, -iBinor, D. §arnadf ; %oma\6)d, B6). in feinem SBer«
^ältni^ jur SBiffcnfc^aft 1862; Übertoeg, ©c^iCer aU ^iftoriler unb ^ß^ilofo^)^ 1884;
Mü^nemann, Äant^ unb ©c^iller^ äift^etif 1895; 35orlänber, (gt^ifc^er Sigori^mu« unb 6
fittlic^e ©d^önbeit. ^^il. aWonat«^. 1894.) 3)er einjige SRad^folgcr, ber ©exilier« üon^
ftruftion ber jtunft unb ber ©efd^ic^te unb ©c^iller^ Kombination öon Rani unb ©oetl^e
unbebingt fortfe^te unb ^ierburc^ [xd) eine be^errfc^enbe ©teHung in ber beutfc^en ©eifteö«
gefc^id;te gewann, ift 3Ö. b. §umbolbt, ate 3)ic^ter burd^ feine nad^gelaffenen ©onnette
betunbet, ben ^«itgenoffen aB Sitteraturfritifer öon l^öd^fter grein^eit, ai^ $bi(ofo})^ unb 10
©pracbf orfd^er betannt unb in feiner furjen 3Kiniftert^ätig!eit ber glänjenbe ^Reformator be^
beutfc^en äilbung^toefen^ auf ber ©runblage ber neuen äft^etifc^-etl^ifc^en Silbung. 3"^^*w er
bie ©d^illerfc^e ©eifte^art no(^ me^r in bem ba^ 9Jaii)e blofe fentimentalifc^ bertiefenben ©innc
na^m, begrünbete er aU ejtremfter ®riec^enfc^|n)ärmer SBegriff unb 2:^eorie eine« faft ^U
turäifd^en 9ieul^umani^mu^, ber, bie griec^ifc^e 5laturt)oIIfommcn^eit in bie ©t)l(^äre be« 15
ioufeter Stefiejion Derfe^enb, im ©enufe be^ ©c^önen aU be^ bie 9?atur genialifc^ burd^s
Icu^tenben (Seiftet ba« eigentliche Silbung^mittel unb in ber 33erbinbung f olc^er ©emtiter
ba^ ^beal menfd^lid;er ®emeinfd(>aft ertennt. ©eine ))raftif(^e ftaat^männifc^e Sl^ätigfeit
unb feine toiffenfc^aftlic^e Slrbeit, in ber er bie ^ringipien ber Äant*©(^iflerfc^en Slftl^etit
auf bie bergleicj^enbc ©j)ra(^forf4ung übertrug unb gef(^ic^t^j)^i(ofo}3^ifdJ) öergleic^enb eine 20
größere ©ered^tigteit gegen bie Derfc^iebenen .Hulturttj^pen ausüben lernte, fülj^rte xi)n jebod^
i)on l^ier immer me^r in bie3?ä^c ber ©oetl(;efc^en Sllter^toeiö^eit unb einer m^ftifc^ ^lato»
nifierenben G^riftlid^feit (§a^m, 9B. ö. §. 1856).
2)amit aber neben biefer flafftfc^en Steinigung unb Äongentration, bie boc^ bei aller
©röf^e auc^ eine 3?erengung unb gemaltfame .^eHenifterung be« mobernen Seben^ ift, ber 25
gan^c fprubelnbe unb miberfprud^eöoKe SReic^tum ber 6})oc^e fic^ toieber offenbare, trat
neben bie Älaffiler, t>on i^nen balb abgefto^en unb mit 3<*cobi unb §erber berbunben,
l\uglcic^ an Sid^tenberg unb §amann anfnü})fenb unb mit $ip))el ben l(;umorifttf(^en
^Koman englifd^en SSorbilbö pf(egenb, ^ean^aulg. Sticht er, bei aUer gormloftgfeit boc^
ein grofecr 3)ic^ter unb reicher Denier, iebenfaH^ ber gelefenfte bon allen. (Sr übertoinbet 30
bie großen ©egenfä^e be« mobernen Sebeng, ben ©egenfa^ jtoifdj^en JHeflejiondfuItur unb
.^cr^cn^^urfprünglic^teit, gtoifc^en berftanbe^mäfeiger ©!cj)fiö unb ©efül^föer^ebung, jtoifc^en
mccbanifd^er 3iaturgebunben^eit unb fc^öjjferifc^er ^eil^eit nid[^t burd^ §eranjie^ung ber
äBinctelmannfd^en Slntife, fonbem burc^ benipumor, ber i(?m ein f^jejififd? mobeme^J Äunft*
prinjij) ift unb Don i^m mit ber ^c^tefd^en ^^l^ilofojj^ie in Scrbinbung gebracht toirb. ss
!5bni ^at bie älntite Vermöge il^re^ gangen SBefen^ nur in ber fmnlic^en Äunft ber 5ßlafti!
ein abfolutei^ SDJajimum eneic^en fönnen, toä^^renb bie bie IJnnerlid^feit au^fj)re{^enbe mobeme
2)icl)tung ganj neue SBege ge^t unb i^m mie ben Slomantifem eng mit bem ß^riftentum
i^ufammenbängt. '^i)x lommt bal^er auc^ ber §umor gu, ber bie iöelt, ioie fte ber erften
'ilnfic^t fic^ barbietet, in ber Äleinl^eit unb UntJoUfornmen^eit aü i^reg 3:reiben«, in ber 40
'i3cfc^ränftl;eit aud^ be^ ©rösten unb bem relativen SKerte be<g ffleinften mitfü^lenb unb
Dcrfle^enb gu belächeln toei^, aber cbm in biefem ©pott ein ^beal unb eine ^ö^ere Slnftc^t
ber ^inge bejaht, \)on ber au^ fte afö blo^e ©rbenfc^icffale erf^einen unb gu ber gerabe ber
in2l;ränen läc^elnbe ©pott emportreibt. 2)iefe l^ö^ere Stnfic^t tourgelt il^m in einem relis
giöfcn Qbeali^Jmu^, ber bie Unfterblic^feit^religion ber ^uftlänmg unb ben ©efü^l^lauben be^ 45
©cnie^ gu einem bon aller 3)ogmatif unb allen ©efc^ic^tötounbem befreiten 6(^riftentum
bereinigt. 2)ie SBiffenfc^aft unb bie ^oefte übernehmen i^m ba^er bie Slollc ber Äirc^en, unb
c^ ift iljm bie 3Kiffton be^ beutfc^en ©eifte^, mit biefen beiben 3lrmen bie ^ödj^ften ©üter
ber aRenf(^l;eit feftgu^alten cJierrlid^, 3. % unb feine 3eitgenoffen 1876; 3of. TOütter,
3. % 1894). 50
4. 2)er fubjeftitoe ^beali^mu« unb ba« ^bentität^f^ftem. SJer ®e»
banfcngel^alt einer fol(^en ^^oefie mujte gang t>on felbft nac^ einer feften begrifflichen
Stille in vl>ilofopl;ifc^en $ringii)ien ftreben unb burdj; biefe ^IJringipien eine gufammenfaffenbc
^iluebilbung gum flärenben unb orbnenben ©t^ftem gu erreichen fuc^en. ©0 traten auc^
üon Slnfang an na\)t, toenn auc^ immer fprung^afte unb bilettantifc^e, Regierungen gur 55
l^^ilofop^ie ^erüor. 6rft lehnte man fid; an Seibnig unb ©^afteebur^, bann an ben
bi;lü,^oiftifd^ unb b^namifc^ gefaxten ©ipinogi^mu^ an. 3)ann aber trat immer ftärler
unb bebcutfamer bie Hinneigung gu Rant l}<Mov. ^JKit Äant^ 3)uali^mug ^at^afobi ben
feinigen gemeffen unb babei bem erfteren bie ßrgängung burc^ ein metap^vftf^e^ SReali«
tät^gcfül;l gegeben, bie i^n erft toirflid; religiös lebenbig machen follte. l^on il^m l;at ber eo
40*
628 3^eattdmud^ betitfi^er
lußcnblid^c öcrbcr Jcinc ^^iIo|üV^ijt^cn ©runblaöcn erhalten, eine SSerbinbunö Don mclas
{j^^ftfc^er ©!e})fi^, bon emjjtrtfdS^er Seobnd^tung unb jjtaftifc^em j^beaü^mu«. ©egen feine
f^eibenbe unb öorftd^tiQ auf bic Setoufetfcin^onal^fe fic^ befc^ränlenbe Scgriff^fiinfi 1^
ber alte §erber bie Totalität unb Slealttät ber ö^fttö^finnKc^en 5Kenfd^ennatur bel^)>tet.
6 ©oetl^e \ix\)ltc \xd) butc^ \f}n ju einer ftärferen Setonung be^ ©ubjelte«, be^ fitlfic^en
2ÖUlen«unb bc^ biefem entft)reci(>enben ©ottedgebanfen« öcranlafet, unb, mit ®oet^ gerabe bur*
bie Sdj^ä^ung Äant« berbunben, baute ©dritter bie Äantifcpe Stft^etif jur ©runblage einer
aSerfö^nung bc« Seiftet unb ber 3Jlaterie au«, bie Dom ©ubjeft im ©c^önen erlebt unb
burd^ bie bie §erb^eit ber ftttlid^en aSemunft ergänjt h)irb. §umboIbt führte biefe äfÜ^^
10 tijd^en ©ebanfen nod^^ heiter au« bi« ju einem erneuerten 5piatoni«mu« unb baxxtc auf
biefen ^rinjipien eine ©j)rac^s unb ®efd^id^t«j)^iIofopl^ie auf, bie noä) unbefangener al«
©dj^iUer ben Steic^tum menfdj^lid^er, bie 9?atur geftaltenbcr ®eifte«i3rin5ij)ien entfaltete. SUIe
em^fanben in i^m bie ©ic^erfteßung be« ^vbeali^mu«, ber Priorität be« ®eifte«, be« fd^ffen=
ben ®enie«, ade aber fuc^ten mit feinem ^)ringipiellen ^beali^mu« bic ^Realität ber tyon
16 ber ^oefie mit taufenbfadjjem ®Iange übergoffenen unb mit innigftem 5Waturgefü^l burd^M
brungenen ©innentoelt, mit feiner ftrengen SSemunftmoral bie ©c^ä^ung ber im Siotür^
ticken liegenben £eben«jn>e(fe ju bereinigen, ©teilte Äant bie ©ic^erftedung be« ^beali^mu«
unb bamit ber 9Jorau«fe^ungen be« ®enie« bar, fo fdj^ien in ®oet^e bie Sejogen^eit be«
®enie« auf eine reale öon il^m in i^remSBefen ju fü^lenbe unb potü\d} ju üerflärenbe
20 SBirflic^feit öorgebilbet. liefen ®egenfa^ ^at Äant in feinen ft^ärlic^en äufeerungen
gegen bie ^afftfer uTtb ^aben bie S)id^ter in il^ren gal^lreid^en über i^n betont. 3)iefen
®egenfa^ aufjulöfen ober toenigften« aufju^etten, fonnte ni^t me^r ba« 2öerf ber ^oefie
felber fein, fonbem erforberte ftrenge te4nif(^'t)l^ilofot)^ifd^e ©c^ulung. 6« tDor ba«
SBcrf ber auf Äant unb bie großen ^oefie folgenben ®eneration bon 5ß^ilofo})l^, bie
26 i^re ßintoirlungen t>on beiben ©eiten If^er emt^fangen Ratten unb bie mit i^ren äufs
löfungcn bann toieber auf bie nod^ immer probuftiöe ^oefte beftimmenb jurüdteirften.
©ollte eine fold^e Sluflöfung öerfuc^t toerben, fo mujte ber ftrenge ätu«gang«i)unft
Äant« im normalen menf^ liefen Sctoufetf ein aufgegeben toerben, unb bie©tellung nid^t
inbiefem, fonbem in einem abfolutenSetoufetfein genommen toerben, au« bem bann bic
aoSlealität in ber 2Beifc abgeleitet toerben fonnte, toie Äant bie SBealität au« bem fflefcn
be« menfd^lic^en Sctou^tfein« b. b. an^ feiner ©elbftgcfe^ung enttoidfelt l^atte, nur ba| hierbei
bie bem SJienfd^cn immer nur gegebene ®ren^e be« Setou^tfein«, bie 3)ingli(^feit, au«
einer ©elbftbegren|;ung be« abfoluten Setou^tfein« J^erüorgel^en mu^tc. 3^ nad^bem ber eine
ober ber anbcre ber beiben 2lu«gang«j)un!te hierbei tibertoog, toar e« immer noc^ möglich,
36 biefe ©elbftbegrenjung ijon ber bualiftifd^en ©eitc ju nel^men, toonac^ ber ®eift fi(^ in
einer 9?atur begrenzt, um an il^r ben ©toff autonomen ftttlic^en §anbeln« ju ^ben, ober
fte mel^r \)on ber moniftifc^en ©eitc ju nehmen, toonat^ in biefer ©elbftbegrenjung beibe
©eiten gleic^toertig im ©leic^getoic^te fte^en unb ber ®eift nur bie fid^ benfenbe Statur
toie bie 9iatur nur ber ftc^ obieftibierenbe ®eift ift. S)a« erftc t^at ^Jic^te, ba« jtoeite
40 tl^at ©d^eßing. 3)a« erfte ift ber abfolute Sbeali«mu«, ba« jtoeite ift ba« 3ibentität«f^fiem.
gierte« ©teßung l^at junäc^ft i^re Urfprünge in ber ©^ulenttoidfclung ber Äantifc^en
Probleme, in bem Seftreben, bie öerfc^iebencn Ä'antifc^cn äJermögen auf ein ein^eitlidS^e«,
in i^ncn fid^ nur bifferengiercnbe« ^rin^ij) be« Setoufetfein« gurüdf^ufülfiren unb ben
fdS^toierigften Segriff be« 5^ritici«mu«, ben Öcgriff be« ®ing an fic^, in bie Seigre öom
46 Setoujtfein ööflig l^inein^unel^men. Sr tourjelt burc^au« in ben ©egenfä^en be« Äritis
ci«mu«, in ben ®cgenfä$en jtoifc^cn Dbjeft unb ©ubjcft, tl^eoretifd^er unb })raftifd^er SSer^
nunft, unb forbert Don bem pl^ilofopl^ifd^en ®enie, bafe e« burd^ eine Slrt moralif(^})f^ilo=
fo^)^ifdS^er ßrleuc^tung ba« einl^eitlic^e SÜJefen be« öetou^tfcin« ober be« 3^ crfaffe, au«
bem fic^ ber gan^e 8ctou^tfein«inl(^alt unb feine ©egenfö^e al« notlücnbige S'^'ö^ i>^=
50 bujieren lafjen. ©elbft ein folc^e« ®enie, ba« eine fittlid^^rcligiöfe $roj)^etennatur unb
eine ftarr boltrinäre 2)entematur berbanb, nai}m er entfcbloffen bie Bereinigung öor, ba«
3d^ al« bie fittlid^e Semunft gu beulen, bie burd^ eine urfprünglid^e unbetou^te ^^^at^
^anblung bie ©elbftbegren^ung in einem Don i^r ^öorgebra(^ten unb gefefemäfeig )u
orbnenben ©toffe betoirtt, aber nur um burc^ Slrbeit an biefem ©toff jur Selbpunter^
66 fc^eibung unb ^um Setou^tfein ber fittli(^cn »eftimmung ju gelangen unb i^n öon ^ier
au« in unenblidj^em, jjebe erreichte ©tufe burc^ Sleflejrion jum ©toff be« SBeiterftreben«
mad^enben ©treben fittlic^ in fi^ jurücfumel^men. 2)a« abfolute ^d) jerfäßt burdj^ lünp«
lidj^e moralifc^e unb re(^t«})^ilofolp^ifd^e Slötigungen in eine aKel^rjal(^l üon relatiben ^dji,
bie bann jufammen, in ber ®efc^i(^te öortoärt«ftrebenb, in einer uncnblic^ ftd^ fortfc^en«
CO ben Steige \>on I^cfi«, Slntit^eft« unb ©^nt^t« bic Seftimmung be« abfoluten ^d^ rca«
lificrcn. 2)a«J mcnfd;n4ic 33ciüu6tfcin ift ber Äem ber 3KtrtliciJ)fcit, aber bicfcö üöcmufet«
fein bcfinbet [xd) in einer unenblid^ t^rogrefftöen Snttoicfelung, unb ber e« beutenbe unb
förbcrnbe 2)enfer mu^ in ber 3)ebuftion biefer ©nttoicfelung a\x^ bem S35efen be^ ^i)
Stellung ml}mm, um Don ber gejc^idj^t^f^ilofojj^ifc^en ©urc^Ieud^tung ber l^ergangeni^eit
au^ bie 3w^""^ 8^ Uüm, ^n biefen 3wfantmenl^ang, ber bie gbeen ber Mi, bie ftreng 6
faufale 9Jaturge|epc^!eit, bie Priorität beg (Seiftet, bie gef(^icl^t!^l^iIofo})l^if^e Betrachtung
ber 3BirfIi4>feit, jum erftenmal in ben Stammen eine« ©nttüicfelung^efejeg einträgt, arbeitet
er bann ben gefamten ioeiteren Äulturin^alt l^inein ate gefdj^i^^t^^ilofo^j^ijc^ bebujierte
Sed^tö-, Btaat^', TloxaU, 9leIigion«s unb ÄunfH)l^iIofoj)l^ic, in^altlic^ hierbei [xd) an Äant
unb ©dritter F^altenb. ©ijc^er, ^id^te). lo
©dS^elling« ©tellung l^at ^unäc^ft ü^ren Urft^rung in ber gic^tefdj^en Se^re, in ber
weiteren 2)urc^arbettung ber ^bentität \)on ©ubjeft unb Dbiett. Slber in biefer SJurd^arbeis
tung geigte fi(^ra|c^, bafe er öon Äant^^ic^te nur bie ntet^obifdj^en 95egriff«mittel, aber nid^t
ben Seift unb S^^^ö^*/ ^i^f^ öielmel^r au«; ber ©oetl^efd^en 9laturbetrad^tung entnahm.
3)a^er be^nte er bie 3^^wng be« abfoluten 34> — &« ^N ^"^ "od^ fünftlic^er ton^ 15
ftruierte ©teile ate bei ^d^te — über baö ^Jic^tef^e SRei^ menfc^lic^-em))irifc^er 3^^ Ij'mau^
auf bie ganje 9Jatur au« unb getoann fo ein benSeibnijifd^en^JJionaben ä^nelnbeö Sleid^ öon
geiftigen, in ber 9Jatur belDu^tlo« unb bann betoufet organifc^ fc^affenben Äräften. Siamit öer^
fd^toinbet ber Unterfc^ieb be« 3lnorganifc^en unb Drganifc^en unb erfd^cint ba« ®anje ber
9öelt aU ein in ftd^ felbft jurüdffe|renber Sntlpidfelung^tjrojefe, ber au« bem Slbfoluten 20
burc^ unbehjujte ^robuftion bie fd^affenbe unb in fortgef^ten ©^nt^ejen enH)orftrebenbe
Statur unb anii biefer aU @lei(^geh)id^t«}>unlt be« Slatürlid^en unb @eiftigen bie ^enfc^s
I;eit«anfänge F;ert)orge^en lä^t, um in ber üKcnfc^^eit jur Srienntni« be« Urfj)rung« öon
aUebem in bem t^ätig'h)oIIenben SBefen be« (Seifte« aufgufteigen unb in i|^r bie bem
©an^en ^\x ©runbe liegenbe S^^ntität öon ©eift unb 9latur, t>on ^ei^eit unb ©innKc^s 20
feit äft^elifd^ ju genießen. 6ben be«^alb h)irb ftatt ber etl(;ifc^en SJegrünbung unb Über^
minbung ber Urbifferenjierung öon Dbjelt unb ©ubjeft bei Sj^tc ^ier eine äft^etijc^e
gelehrt unb hjirb t)on Äant ni(^t fotoo^I bie grei^eit«(e^re ate bie SSft^etil meto^j^^pji^-
^n biefem ®ntn)ideIung«j)rojefe tritt bei ©d^eUing naturgemäß ba« giitefc^e ©runbinter^
cffe an einer et^ifc^ normierten ®efc^ic^t«^l^iIofot)^ie gurüdf; fie fc^toantt bei i^m jtoifc^enao
einem nur bie .^armonie be« ©anjen genie^^enben, aüt^ einjelne ööHig relatimerenben
3ift^etici«mu« unb einer mit ber öortüärt^treibenben Snergie be« ^rojefje« bod^ immer ge«
gebenen normatiöen 3^eleologie, beren ^iele aber toieberum fc^hjanfen ^hjifc^en Äunft,
äted^t unb pant^eiftifd^=religiöjer ©rfenntni«. ^n ben SBorbergrunb tritt öielme^r bei il^m
gunädj^ft bie JJaturp^ilofop^ie ate })oetifterter, tjeraeiftigter unb in einen enttoidfe(ung«})rojeß a^
Dertvanbelter ©pinogi«ntu«, bie Betonung ber Äunft aU be« §au^)torgan« ber (Srienntni«
imb eine äft^etifterenbe (&ti}xl, beren ©tufengang er in ber SGBeife ©dritter« unb ber 9lo»
mantifer befc^reibt. (gifc^er, ©d^etting; ®. ö. ipartmann, ©(^.« \>i)\lo]. ©^ftem 1897).
©eibe ÜBänner haben bamitil(;re®ebanlenarbeit nur begrünbet unb niqt boHenbet, aber
fie ^aben bamit bie folgenreiche ©runblage für eine SReta^jJ^^Vficierung be« Äantifc^en 3ii>«ö^['^ 40
mu« unb bamit ben Stammen für eine ©^ftematifteruna be« 3*>^^9^Älte« ber Sitteratur
gcfc^affen. 3« bi^f« 3Ketcilp^^fiI fmb ba^er aai) öon 2lnfang an bie großen §auptinteref[en
unb ©egenfä^e be« beutfd(^en ®eifte«Ieben« enthalten: bie Slnerlennung ber einl(;eitlic^s
geje^Iic^en Sioturanfc^auung, bie aber einem j)ringij)ietten gbeali^mu« unters unb einge«
orbnet toirb ; bie Slnerlennung be« 6nttoidelung«gebanfen«, ber aber bie Snttüidfelung 45
an^ ben geiftigen ©runbtrieben l^erDorge^en unb getrieben toerben läßt, au« ben a^iefen
be« Unbetoußten in bie ^Regionen be« ©etoußten; bie ©d^ä^ung ber 2itteratur unb^oefte
alci be« 3lu«brude« ber ®eifte«gejc^ic^te, bie aber mit einer politifc^-rec^tlic^en 8etracj>tung
ber ©ejdj^ic^te im S^iefpalt liegt. Seibe ftellen jugleid^ bie aSerfd^ieben^eiten ber ^anpU
intereffen unb 2lu«gang«t)unfte, ben ©egenfa^ eine« et^ifc^-fubjeltiöiftifc^en 3beali«mu« unb go
eine« j)oetifc^4VlöJ^if*W^ 3leali«mu« bar, mit tpeld^em ©egenfo^e fic^ ber einer me^r
d)riftlic|> gefärbten unb einer mei^r antififierenb gefärbten ©tl^if öerbinbet, obtoo^I fic^
bie demente be« ß^riftentum« anbererfeit« boc^ toieber auf beibe ©eiten tjerteilen, auf
ber einen ©eite bie ällgemeingiltigfeit unb äutonomie be« ©ittlic^en, auf ber anbem
bie al^nung«t)olle, bie 9Jatur öergeiftigenbe 3)l^ftif. ^er beutfd^e 3beali«mu« ift ein 65
eilipfe, ^ort aber eben be«^alb nic^t auf nac^ ber ©ejd^loffen^eit be« Äreife« ju ftreben.
5. ^ie Stomantil. Siiefer ©c^ritt ber 5P^ilofop|ie in ba« 9leic^ ber ^eta))l^^rtl
brachte al« nädj^fte SBirtung eine neue gärbung unb Belebung ber jjoetifd^en ^robuftion
l?ert)or, bie nun ben unter ben beutfc^en 33erl;ältnijfen aetoorbenen engen ^wfcimmen^ang
t)on ^oefie unb £eben«anfd^auung, gtl^if unb SBiffenfc^ft gum 5ßringip erl^ob. 6r erzeugt eo
630 SbealtiSmitd^ betttfc^er
bic SRomantif, bic auf ©nmblacjc bicjcr Theorien crft bic neue ^ocfic unb ^i^^^ilofopi^ic in
heftigem Rannjfc geöcn bcn ®ctft ber eiöentUdJ^en äuftlärung jur ig)crr|(i^aft brachte. a)ic
Slomantil entf^rang au« ®oct^e« unb ©c^iHer« ©d^ulc, ging aber öon ber flafficipifc^
Verengung auf ben iDeiteren §orijont ber ©turm^ unb 2)rangj)ertobe unb Berber« ^uriid,
6 toorin einerfettö ba« naturgemäße S3ebürfnte ber iüeiteren 3(uöbreitung unb gortfd^rctiung,
anbererjeitö bie fouöeräne Befreiung be« gd^ burd^ bie £e^re ?j\i^M unb ber in bcn
ajl^t^ologieen unb Segenben atter ^Ätm ©t^mbole be« iemeiligen ©eifteöguftanbcg crfenncnbc
Untberfaliömu« ©d^eUing« toirifam Iraren. 5Rur ^attc fte — toenn auc^ gcrabe bei i^r äBibcr-
f})rü(^e genug nod5> übrig blieben — gegenüber ber älteren ^^Seriobe bcn SSorteil einer
10 i)^iIofovW4>'Äftf^etifdJ)en Scgrünbung unb gcfc^id^tep^i(ofoj)l^ifc^en Drbnung biefcr 3bccn=
iuclt mit §ilfe ber injmifc^en ^erau^earbeiteten Kategorien, ©o lam eö ^icr ju einer
Äunftanal^fe, bie toie biejenige ©c^iHer« in ber Äunftanah;fe bie großen ©eifie«tVJ)en
enth)idfelung«gefd^id^tlid^ erfaffen tooHte, bie aber iDcniger auf bic flajficiftift^maibc, aU
auf ben bon Schiller fel^r formaliftifc^ enttpidfelten Segriff ber fentimcntalifc^en ?Pocftc fic^
16 ridptete, bie ba^er ben Slbfc^Iu^ in ber ®oet{^e'©c^ißerf(i^en ©^int^efe tpcit J^inauörücfenb
junäc^ft bie begriffliche unb ^iftorifc^e 3lnal^fe ber fentimentalifd^en ^oefie jugleidi^ mit
il^cr erweiterten Set^ätigung ftdS> j^ur aufgäbe machte, ©o entbcdte bie Slomantif ben
3ufammen^ang ber fentimentalen ^oefie unb ©eifteigart mit bcm 6F;riftentum, bie 5|Joefic
be« SWitteloIter«, unb bie toeiteren 3*^Ö^^*>i^*^iiw i>^ mobcrnen ^oefte in bcm norbifi-
20 germanifc^en SBefen, Iddju fc^Iießlid^ noc^ ber ^l\i auf bie inbifc^e $oefie unb 5lu(tur unb
auf bie etoigen DueUen ber ^oefte in ber 9JüIf«bid()tung f^injufam. Unb toic ©exilier bic
Jlantifc^e Seh)ufetfein«lel^re jur Srfenntni« bc«©d^önen, jum Scrftänbni« be« 3Ser$äItniffcö
Don Äunft unb 3WoraI fruchtbar gemad^t l^atte, fo übertrug man bie gleic^^en $rinxij)icn auf
bic l^ierbei nunmel^r immer ftärfcr f^erbortretenbe SReligion unb auf ba« SJcr^ältni«
26 bon SlcKgion unb Äunft. ®o ftra^It au« bcm Äantifdpen ^bcaliömuö nunmehr auc^
eine neue, feinen garten SKorali^mu« übcrtoinbcnbc 3lnaU)fc ber SJcIigion auf, gunädj^ft
nod^ in enger SSerbinbung mit ber ber Äunft, aber balb }u größerer ©clbftftän-
bigleit fid^ er^ebenb unb baö Äultur})robIcm mit neuem Sichte crlcuc^tcnb. Sa«
atteg jufammen gab ber geiftc^efdj^ic^tlid^en 2lnah)fc unb ber gcfc^i(l^t«v^ilo|o>)^5f^^
30 Äonftruftion eine neue SBeite unb iicfc unb fül^rte tro^ alle« extremen ^nbibibua^
ligmu« ju einer iebem abftraften 33emunftglauben cntgegengcfc^tcn Sctonung ber öc«
beutung be« §iftorifd^en im menfc^lic^cn ®eifte, öor allem ba« Söert ber bciben
©dj^Iegel, an bem aber aud^ %\d)U unb ©c^lciermac^cr, .^^cgel, ©olger, ©dj^elling,
älbam 5Küller unb 5Roöali« fic^ beteiligten, ©ie beriüanbclten bic fentimcntalifc^c
5J5 5ßoeftc in bie romantifdj^e unb, inbem \\t bcren l^iftorifc^cn 3"f^>">"^"^Ä"0 ^^^ *>^»^
ßbriftentum betonten, in bie c^riftlid;snorbifdJ)smobcmc ©timmunggjjocftc, toobci ober ba«
ß^riftcntum jtoar })^antaftif(^'aBegorifdS), aber boc^ immer al« rein menfdJ^li(^-gef(^i(^tU(^?e
Srfdjeinung öerftanben ift.
3)ie })oetifd^c Seiftung ber SRomantif felbft ift bal^er in erl^ö^tcm 9Kaße betonet toon
40 ber 21^eorie geleitete unb allgemeinen ätnfd^auungcn bicnenbc ®cbanfenbic^tung bt« gur
®renje ber SäHegoric, nur mit einem ftarfcn 3"fö| ^^^^ ©timmung^l^rif unb fubjefc
tibiftifc^er ßaprice. ©ie ^at i^ren 3lu«gangevunft in ben biefen Il^coricn entgegen^
tommenben ftarl fubieftiöcn 5Jaturcn 2. 3:iedf« unb b. ßarbcnbcrg«, bic, mit ben ©^legete
unb mit ben ^ßbilofop^cn in Sejie^ung gefegt, üj^ren ©ubicftiöi^mu« ^ic^tifc^ begrünbeten
46 unb ©(^eHingifdp über SRatur unb ®efc^id^tc ausbreiteten. 2)amit begannen fic ein bc-
Haubembe« ^^antaficfpicl, ba« beftänbig über ber öom abfoluten 5^ gcfc^affcncn aöirf^
lic^fcit fc^tpebt unb baburc^ ber innigftcn Slnempfinbung, ber fcbärfftcn Beobachtung unb
ber toiHfürlic^ftcn ^l^antaftif fäbig toirb unb in allcbem bcn tiefftcm ©inn ber SBclt ^u
ergrünben meint. 9)ic in biefer ^ß^antaftc enthaltene ©c^nfuc^t md) ber abfoluten JDuelle
60 aller aOBirflidS^fcit in ber göttlichen ^p^antafic, nac^ bcm ®runbc, au« bem biefer ro-
mantifc^-fentimentalifd^e, bie S)ingtoclt ibealificrcnbc Äunfttraum auffteigt, tourbe cnt-
fdj^icbcn d^riftlid^^mbftifd^ nuanciert, feit SBacfenrobcr« „Jpcrjcngcrgicfeungcn" bie ©^mbolc
biefer 5Kctl(^aj)bt;rif unb ©tl^if in ber c^riftlid^en ^ßocfic unb Scgcnbc aufbedttc unb fic bcn
allgu fonfteten ©i^mbolen ber Slntitc Dorjic^cn lehrte, gc^t ixatm an ©teile be« älUll^elm
ö6 5Kcifter« unb feine« Silbungetbcal« bic ©tcmbalb unb .C^cinric^ bon Cftcrbingen, an
©teile be« gräcifterenben 3)rama« bie 9?ac^al?mung Salbcron« bei Syemer unb %. ©dj^lcgcl.
®oetl^c« ^uft tourbe al« Sefc^rung ^um romantifc^en ®t)angclium begrüßt. SDamit toar
bann ber 2öcg jum 3Kittclalter unb gur germanifc^en ^ocfic eröffnet, bcn Brentano, bon
ämim unb JJouquö toeitergingen, toäbrcnb j^ugleic^ ber inbifc^c, arabifdbc unb Jjcrfifc^c
60 Dften bie 5ßoefie anregte, eine au«gebreitcte Überfc$ung«t^ätig!cit bcn ®octi^cf(^en ®cban!en
^bealtdtittti», beittfi^er 631
bct äydtlittcralur öcrii)irfltd;cii ^alf unb bic 9iüt>eIIe bcn ct^if(^=vfvc^olo(5ifcl^cn Problemen
ber ©cgcntuart fic^ jutpanbte. äuc^ f^icr ^at (Soet^c mit feinem „3)it)an" unb feinen
„a[l5a{^Iüerh)nnbtfd()aftcn" gut Slomantif beigefteuert. 3n allebem ift bie SRomanti! ber
3(bfc^Iufe ber großen £itteraturej)0(^e, bie (Srla^mung ber Jjoetifc^en ©d^affengfraft unb bie
(Sntbinbung be^ ©ebanfen^ unb ber 21^eorie au« ber bi^^erigen ^)oettfc^en ^üHc, ebenba= 5
^er unter bem mitn)irlenben (Sinflu^ ber großen })oIitifc^en unb focialen Ärifi«, bie bem
bigf^erigen beutfdj^en geben unb bamit ben Sebingungen beS bi^i^erigen 3)id()ten« unb2)enfeng
ein 6nbe mad^te, ber Slu^gangg^unlt berfc^iebenartigfter SRic^tungen: einer rein Jjoetifd^en
Stimmungeli;rif, bie beutfd^e a)Jotit)e ftatt ber Halftfc^en bebonugte unb in ©ic^enborff unb
bcn ©c^tpaben i^ren Sluäbrudf fanb; einer gräcifterenben 3)id9tung, bie aber nunmehr bie lo
Slntife burd^ ba« SKebium romantifd^er Stimmungen betradj^tete ($iJIber(in, ^piaten, ©riU^
Jjarjcr) ; einer fat^olifierenben 2:enbenjJjoefte, bie bon ber Jjoetif^en Segenbenfreube jum
®lauben an bie ffird^e f ortfc^ritt unb in Oörre«, Srentano, S35enter unb %. ©c^legel
i^re gül^rer fanb ; einer entf^jredjienben t)roteftantifcl^=})ietiftifc^en SRidj^tung, bie in Steffen«,
Schubert unb bem 5Pertl(^e«jd^en Äreife i^re 2;räger l^atte ; einer jjatriotifd^, freil^eitlid^ 15
Dolt^tümlid^en SRicbtung, bie fic^ in ben ©ängern ber gf^^^^^^fi^^Ö^ barftellt. S)enganjen
reichen ©ebanfengel^alt ber ©poc^e faffcn in })oetif(^er grei^eit gegenüber aßen Slid^tungen unb
Xenbenjen nur ^n^n^^nnann unb bor aKem SRüdfext nodj^ einmal jufammen, tüäl^renb ba«
großartige bramatif(^e Talent ^, ö. Äleift« an il^ren großen S5Jiberfj)rüd^en ebenfo ju ©runbe
ging tvk an bem SJlißgefc^idf feine« Seben«. 20
2)ie8cbeutung ber ^omantif ift bemgemäß für bie allgemeine Äultur eine überau« mannig^
faltige unb einbringenbe. ®o(^ ift il^r ^ortfdj^ritt in ber ßnttoidfelung be« ®eban!en« einfach
ju bejeic^nen. 6r liegt in ber Sottenbung ber §iftorifterung be« 3)enlen«, toomit bie unitjers
fale 3lu«h)eituna be« .^orijont« unb bie Setonung ber Sebeutung be« G^riftentum« für
unjer geiftige« Seben t)on felbft gegeben toar. 3^ar fehlte i^r noc^ bie ©jaftl^eit unb 25
9Jüd^tem^eit ber ^orfdj^ung, ober fte brachte bie birtuofe 2lnem})finbung an alle, auc^ bie
frcmbeftcn ©ebilbe unb bie ^iftorifd^e ©erwl^tigfeit, bie jebe ^t\t unb jeben 9Kenfc^en an
ben eigenen 3[}orau«fe^ungen mißt, ben 6inn für ba« Unbewußte unb §alb6etoußte unb
bie in biefer bunflen Siegion arbeitenben ©roßmäc^te ber ©efc^id^te. SSor allem aber
l)at fie bamit bie älteren Segriffe ber lex naturae, be« common-sense, ber angeborenen so
Siormcn unb ber abftraft fonftruierbaren SJemunfttoa^r^eit enbgiltig aufeelöft, h?ie bie
Slufflärung ^ubor ben mit biefen Gegriffen jufammengefjjannten Segriff einer fujjra^
naturalen, firc^Kd^en 3lutorität«norm aufgelöft l^atte. S)ie 5Jatur bebeutetc nur me^r bie
Urjprünglic^feit be« ©efüf^I«, ba« aber fe^r öerfc^iebenen gn^alt ^aben lann, bieSSemunft
nur me^r ben ©eift überi^au^jt, ber aber ein elaftifc^e« ^5^8^^^ ^^ bunteften ®nttoide= ss
lungen ift. ©erabe ^ierauf beruhte bie ^od^mütige 98era(^tung ber Slufflärung, bie i^r
bod^ burc^ ibre ein^eitlic^-gefe^lid^e SBeltbetrad^tung bie ©rreicfung bieje« ©tanbj)unlte«
erft möglich gemalt l^atte, ber ©egenfa^ gegen i^ abftratte« SEBeltbürgertunt, ber aber
boc^ nur bie in einer ^ütte fonfeet inbiüibuefier SJilbungen fic^ au«toirfenbe 9)lenfc^^eit«5
ibcc bebeutete, fc^Iießfic^ ber unbegrenzte ^iftorifc^e 9telatibi«mu«, ber bie einen ju ffeptifd^s 40
friDolem ©ubjeftibi^mu«, bie anberen jur ©meuerung ber Äird^enautorität, ioieber anbere
jur bloßen ©vexialforfd^ung unb Solföforf^ung, bie bebeutenbften ©elfter aber gur Stbil
unb ©cfc^ic^t«})piIofoj)^ie trieb, ^hx toid;tigfter 6rbe toirb baffer neben ben bon i^r be«
fruchteten ^iftorifc^en einjeltoiffenfcbaften ber ©efc^id^t«})^i(ofo^^ unb ber ©t^ifer, ber bie
güUe biefer ^Probleme m bewältigen unb in 3Serbinbung mit ber ibealiftifc^en 9)letas 45
jj^Vfif au« biefem l^iftorifierenben, funleinben 6F;ao« hjieber allgemeine SJormen unb ^kU
i^erjufteUcn ftrebt. (^a^m, SRom. ©(^ule, 1870; 3. ©c^mibt IV; gefter, S«ouffeau unb
bic beutfc^e ©ef(^i(^t«p^iIofo})^ie 1890.)
6. 2)ie großen ©^fteme. ©0 ergab fic^ au« ber iRomantil ein neuer Stntrieb
für ba« fvftembilbenbe 2)enfen, ba« jugleid^ burd^ bie Äataftrobl(;en unb 3Reubilbungen be« so
Volitifc^en Seben« auf bie j)raftif*en aufgaben, auf ben Sijeubau bon ©taat unb ©efett«
fd;aft, gcrid^tct unb pi einer j)raftifc^en SSntoenbung ber auf ©Jjefulation unb ©efdj^id^te
begrünbeten 9Jormen gebrängt tourbe. 3"öf€^<^ ^f* ^^^^ V^ berfennen, baß ber ©ruft ber
3cit auc^ auf bie ©^araftere ber 2)enler felbft geh)irlt unb ben Überf(^uß äftpetifd^
fpiclcnbcr 2BiUfürIic^feit toie bie lujurierenbe, bem geiftigen ©enuß] lebenbe ©elbftfuc^t 66
bcfcitigt F;at.
2)ie erften, bie ben ©influß ber realiftifc^^-lj^iftorifd^en Probleme berf^ürten unb lunb^
gaben, finb bie beibcn Segrünber ber ibealiftifc^en 5IKeta))^i;ftf felbft, bie fxd) gugleid; bon
ben erftarfenben unb c^rifüic^en ^bcen, in«befonbere bon ©c^Ieicrmac^er« ©influß, berührt
jcigcn. ©ie ftreben nad^ ber Segrünbung eine« religii^sfittlidS^^äft^etifd^en 2eben«ibcal«, 60
632 3b^<Klidinui», bcutfc^cr
ia^ bic lonfretm :3nl[;altc U^ ö^iftiöcn £ebcn§ jur (Stii^cit gujammcnfa^t unb bcrcn ®i(=
tialcit unb SZottoenbigfeit auö bcm mctopl^^ftjd^eix ®runb bcr 3)möe ableitet, ^ic^tc
bUcb jtoar bei bcr 3bec bc« au^ bcr ^^tei^cit ^crboröc^enbcn SJcc^t^ftaate« <d^ S^ ^^
©cfd^ic^tc, ober er fa^te biefcn ©tnat nic^t mcl^r b(o^ aU bic 'iSorau^fe^ung ber m feinem
6 9lal(;men fid^ bctocflcnbcn unb enblo^ boripärtöftrcbcnbcn J^ci^eit, Jonbem ate fonlreten,
mit aDicn ÄuIturU)erten erfüllten Äulturftaat, ber feinen fänUlidJien ©liebem Slnteil an ben
®ütem ber Slcligion, ©ittlic^feit unb ßunft ö^toä^rt unb alö DoHenbete Organifation bcr
3Semunft felbft auf^ cngfte jufammen^änQt mit bcr Slcliaion. a)enn bcr religiöfe @Iaubc
allein fid^ert bie ©nergie be« ftttlic^en SKillen^, bic SReoIifierbarfcit ber fittlid^en 3bce,
10 bamit bie Slealität ber objcftiöen Stöelt unb er aHein getüä^rt ein abfolute^ 3'^' ^^ P^^-
Iid5>en §anbe(n^, bie ©inötoerbunö be^ enHjirifd^cn 34> "^i^ feinem ®runbe, mit (Sott,
©einer et^ütoirb bamit ber formaliftijc^e unb unenblid^e Jjroöreffibe G^arafter ßenommen,
fie emt}fängt ein in^altlic^ed unb abfd^Kegcnbcd 3i<^(/ ^^ )ualei(l(^ bie nun t)oQer unb
reicher entn^idelte ®ef(^i(^t^}>^iIofo^^ie al^ Don bcr (SnttDiaclung ber 3)inge gefe^mö^io
15 J^eröorgebrad^t lonftruiert. 9Som ©taate be^ Semunftinftinfteö gc^t eg ju bem ber
l^eteronomen Slutorität, bon ^ier gur fubjeftibiftifc^cn änard^ie, an^ biefer jur iDiffen=
fc^aftlid^sf^ehilatiöen SRelonftruftion be^ ©taate« unb )oon biefer SRelonftruttion ju einer
fo innerHd^en Slneignung ber fittlic^en ©runbfäj^e in ber Eingabe an ®ott, ba| biefer
Staat afe SQSerf innerer ft)ontaner Jlottoenbigteit fic^ barfteut. Stuf biefer ©tufe fällt ber
ao ©taat jufammen mit bem jol^^anncifcl^en G^riftentum, ba« bie ©inl^eit ber 3Wenf^l^it in
©Ott belennt, unb mit ber j^ödjiften Äunft, bie bie ^ei^eit nottoenbig in ber Grfc^einung
barftettt. S)amit ift natürlid^ aud^ eine ^Rcbifion feiner 2Reta))F;t;fif tocrbunbcn, bie ben
legten ©runb be« Seloufetfein« nid^t mel^r in einer enblo« tocrbenben Drbnung, fonbem
in einem ru^enben göttlid^en ©ein erlennt, au« i^m ba« em))irifc^e ^ä) ableitet unb
26 biefe« im fUtlic^en ^anbcln ju jenem jurücffei^ren lä^t. 3!)a^ er bi(rfc« gbeal in ber
Äultur be« beutfc^ 3beali«mu« angebahnt finbet, mac^t i^n ^um tröftenben unb auf-
ric^tenben SRebner an ba« beutfd^e 3JoIf. 3Jte fold^er l^at er aud^ feinen §auj)teinflufe au^
geübt, toöl^renb ber ©influfe feiner Se^re balb t)on bem bcr ^cgelfdj^en aufgehoben tourbe
(Ä. %'x]d)tt] Sötoe, $^ilofot)^ie ^.« 1862).
30 aSiel rabifaler gnffSc^ellmg in fein biö^erige« ©^ftem ein. 6r cnnjfanb, bafe fein
3bentität«f^ftem feine t)ortoärt«trcibenbe, jielfe^enbe Äraft enthalte unb bal^er nur glei^^s
loertigc JJ^nnen bcr S^^ntität f^ertoorbringc, ba^ bie in i^m t)orau«gefc|te abfolute ^ar^
monie bon 5Ratur unb ©eift in ber SBirHic^fcit burd^ ßlemcnte bc« S^^^*^^^/ ^^(^
gifc^cn unb ben ©eifteötoerten geinblid^en aufgehoben jci, ba^ bie Ableitung ber fonfteten,
Bö mannigfaltigen unb locrbcnbcn SBcIt au« bem älbfoluten bon feinem bi«^erigen ^nt^ci«-
mu« ntd^t aufgeflärt toorben fei, bafe bie Äunft mit il^rer ©vmbolifierung ber gnbiffcrenj
unb Sbentität, mit i^rer S3eifeitefc$ung bc« SBißcn« unb abfoluter 2ßiIIen«h)erte, nidS^t
ba« le^e Stöort fein fönne. ©o fud^te and) er in bcr SReligion, al« in toeld^ bie (Sin^
l^eit lote bie Trennung be« ßnblid^en unb Unenblid^en au«gef^rod^cn ift, ben ©c^lüffel
40UI ben Urfjjrüngcn unb fielen be« menfd^Iid^en aOBcfcn«. @r bilbctc bie t^eofo})^ifd^e
i^orm feiner fie^re ani, oie ben bon i^m jc^t cm^funbcncn S^cobifd^en ©egenfa^ afe
einen toon ^aufe aui im unbiffercnjicrtcn 2lb|oluten gelegenen bctraci)tct unb au« einer
urf^rüngli(^en 3:rennung be« abfolutcn in bie irbifd^e ©eiftnatur unb in bie lebenbige
©ott^eit ben a5}eltt)rojefe ober bie ßöolution ©otte« toom bunflcn ^um flaren unb bc=
46 tou^en ©ein l^erDorgc^cn liefe. 3lu« bem urfprünglic^cn 3lbfaß bcr Sbeetoelt t)om abfo=
luten, au« i^rer Trennung öon bem fw^ flar crfaffenben göttlichen Sitten gcl;t bie enb^
lic^c SBelt ^ett)or, bic aber üermögc i^rc« göttlid^en Urfprunge« ftd^ toicber ^u ®ott
emporarbeitet unb in biefer Gmporarbcitung bic religiöfcn 3bccn bcr 3K^tl|oloaie ober
SWatuneligion burdj^läuft, bi« fie an bem 5ßunftc ift, bafe bie freie göttlic^ie Siebe nun
60 mit botter ©elbftoffenbarung ober 59Jcnf(^tocrbung bie SBclt jur Motten ©in^eit mit
©Ott jurüdffü^ren lann. ©o toirb ba« G^riftentum, beffcn firc^lic^c Dogmatil gnoftifc^*
etjoluttoniftifd^ gebeutet toirb, jum 3icl bcr ©eft^ic^te unb auf \f)m fotten fi(^ aKinenf^Kift,
Staat, SWoral unb Äunft erbauen, eine Sc^rc, bic nur in engen, Dor attem fird^lic^en
unb pictiftifc^en Äreifen an^änger gefunben ^at, an bcr Öffcntlit^feit aber jiemli^
66 h)irtung«lo« Vorübergegangen ift. (ft. gifd^^cr; ^ran^, ©d^^efling« ijofttiüe $^ilofop^ie
18/ 9; 80).
©trcbcn biefe Genfer barnac^, au« ber gefül(;lten unb anerfannten 5RottoenbigIeit eine«
gegebenen fonheten ^n^altc«, fei c« bcr Biaai, fei c« bie d^riftlid^c ^Keligiorttät, ba« 3iel
be« ®afein« gu lonftruieren unb bie 5WottoenbigIeit biefe« .^sn^alte« au« bcm ©otte«begriffe
CO abjuteiten, fo beloältigt §egel ba« ^Problem burc^ ben f^ftematifc^-logifd^cn 2lu«bau be«
^^ealtdinud, bentfi^er 633
SJeöriffcisJ bcr ßnttoidclung, ber fic^ i^m bei bicjcr ^urd^beufung juglcic^ atö inhaltlid^C!^
imb ^iclfe^cnbc« ^rinjij) crtDcift. 3)iefer Segriff, ber ungenau, atter^anb SSorau^fe^ungen unb
bunf le S^ebenöorfteUungcn einfc^lic^cnb öon Seibnig, fieffmg unb itant, öon gerbet, ©oetl^c,
©dj^iller unb %. ©c^legcl gebraud^t toorbcn toax, ben bann aber auf ®runb ber ÄantifdS^cn
tranfcenbentalcn 3)ebuftion gidS^tc unb ©c^eHing m ftreng ibealiftifd^er SBBeife ate bie au!^ 6
bent Sßjefen ,be^ (Seiftet nothjenbig folgenbe, unbetou^te ©elbftentgegenfelung unb betoufete,
ftufenmetje Übertotnbung biefer ©elbftentgegenfeteung fonftruiert Ratten, tourbe öon $egel
ba^in au^gcftaltet, baj er ben ^^rieb be« abfoluten ©etfteö gur ftufentoeife [xi) potm-
jierenben unb jum ©egenftanb betoufeter ®inftc(>t mad^enben ©elbftbctoegung bebeutet unb
itt biefer ©elbftbetoegung ben ganzen ^n^alt be« ©elfte« au« ber bloßen 3KögIic^feit unb lo
2^^atjäc^lic^feit jum betrübten, freien, nottoenbigen Seft^ ergebt, ba« ®anje sub specie
aeternitatis ein geitlofer, in fid^ gurüdffe^renber $roje^ unb nur für bie änfang^ftufen
nicnfc^Iic^ier äleflejion ein fmnnd^-räumlic^^jeitlic^ t>erlaufenber 3ufant*^^nl^ö«9 ^^^ ^^-
lüfcr ^rogreffton. Q^bm bamit tft bann aber aud^ ber in^altlidj^e, et^ifc^sreligiö^^äftl^etifc^c
Gl^arafter biefer 35entU)eife gegeben, infofeme hierbei nid^t b(ofe ber ®eift ber ®runb 1j
bcr SKirflic^tcit unb fein 3^edf ba« leitenbe $ringi^ ift, fonbem infofern gerabe in
ber Übertoinbung ber gegebenen, öom enblic^en Setou^tfein borgefunbenen 2^rennung
bc« 9latürli(^cn, ^F^atfäd^lidS>en unb ©innfic^en bom ©eiftigcn, freien unb JJottüenbigen,
bie urf^rünglidj^e, iDcJcntlidj^c Sin^eit be« ®eifte« ^ergeftellt unb in biefer ßin^eit bie religiöfe
©cligfeit, bie bolltommene ©d^ön^eit unb bie fittlic^e ^ei^eit enthalten ift. 35er 20
®cift ift aOSiße unb nur barunt ©nttoidtelung unb ©ntgtoeiung, aber afö logijc^ erleud^=
tetcr Söißc ftrebt er nad^ bcr ©in^cit unb ?JotU)enbigfeit, bie glcid^bebeutenb fmb mit ber
^ei^cit. 2)abei gel(;t in biefer 6ntU)idfeIung nic^t« verloren unb ^at nic^t« eine blo^
borübcrgel^cnbe SJebeutung, fonbem jebe erreichte ©tufe toirb in ber ^ö^eren aufgelj^oben
unb fortgeführt, fo ba^ iebe jehmlige ©tufe fid^ afe $öF;c))unlt betrachten barf unb in ber 25
Totalität be« ©dj^Iuferefultat« nic^t« üemic^tet toirb. Stuf biefer ®runblage l)ai $egel ein
imVonierenbe«, an 33oUftänbigfeit be« Umfang« unb ©efc^Ioffen^eit ber 3Ketl^obe nur bem
ariftotelifdS^en öergleid^bare« ©^iftem be« SBiffen« aufgebaut, ba« in ber 9flaturl)l^iIofo)j^tc
ben Salinen ©c^eHing« folgt, in ber ®ef^ic^t«p^iIofo})l(^ie ober mit aufeerorbentlid^er ^m
l^eit unb origineßfter Äraft aJDle an^ ber bloßen ©eelennatur ^erborbred^enben unb fi$ in ao
i^rcr 9Joth)enbigfeit erfennenben abfoluten ®eifte«h)erte gu einem ftreng teleologifdben 3"*
fammen^ang be« SBerben« berfettet unb um ben Seoriff be« bie Slotalität ber (äefittung
in antifcr ffieife au«Iebenbcn ©taate« bie Ij^öd^ften wulturtoerte ber Äunft, SReligion unb
^^ilofo^l^ie fammelt. 3!)er burc^ bie mobeme $erfönlic^leit«ibee bcrtiefte antife ©taat««
begriff, bie ®oet^c:=©d^iUerfc^e Äunft, ba« afö Sinl^eit ®otte« unb ber freien ^erfönlid^fcit 35
cmpfunbcne ßlS^riftentum unb bie ^egelfc^e ©rtenntni« bon bem $erborgang all biefer
fiulturh)ertc an^ ber nottoenbigen ©e(bfte|j)Iifation be« Slbfoluten bilben bie normatibe
Äultur , ber ©egentoart. SBenn $egel bicfe gegentoärtige ©tufe in ber l^at für abs
fc^lie^enb F;ielt, fo ^at bie« in fonferbatiben 9leigungen ber ^^it, in bem ®efü^( einer
eben ft4> crfc^ö^fenben unenblid^ reichen Sitteraturjjeriobe, bor allem aber in ber ©c^ä^ung 40
be« e^riftentum« a(« ber abfofuten SReligion feinen ®runb. (Ä. ^ifd^er, $egel 1900;
.^at;m, §egel 1857.)
2)ie religiöfe Sß?enbung biefer S^fteme gelfit bireft ober inbireft auf ben ©influ^
©c^Ieiermac^er« gurüdf, be« am meiften f Jjejififd^-religiöfen Gl^arafter« unter ben großen
•^Ji^ilofopl^en, ber in feinem eigenen ©Aftern ben religibfen ®ebanfen in einer burd^au« 46
eigentümlichen unb bebeutenben SEBeife mr äuflöfung be« bom Äritici«mu« geftellten Jj^^ilo*
fopF^ifc^en unb be« bon bcr 3eit gefteuten ÄuIturl)robIem« bertoertete. So tourbe er in
F^crborragenbem ©inne jum (g^ifer be« beutfd[ien 3!*>^öli^iwu^/ ^boju i^n feine SRenfc^en^
Icnntni« unbeinbringenbe^ßf^c^ologiebefäi^igte. 2öa«§egelau« bem Setoegung«gefe$ be« ab^
fohlten ®eifte« bcbucierte, hJoHte er mit JJeft^altung ber ftiticiftifc^en a)let]^obe burcb Slnal^fe «»
bcr tl;atfäd(^lid^ borlicgenben menfc^Kc^en aSemunftjtoedfe erreic(>en. 35ie ^^tefd^e äorunbung
bcr Äantifc^en Segriffe benu^enb, anal^ficrte er ba^er ba« menfc^Kd^e Setoufetfein in feiner
boppelfeitigen b. f}. feiner t^eoretifc^en unb ^raftifc^en Sejie^ung auf ba« ©ein. 3m erften
^allc berl[^ält c« fid^ recej)tib'benfenb unb bearbeitet bie g^ebene ©innlid^feit bom TtaicU
tnuni inbibibueHer Serrinjelung bi« aum aWapmum begrifflicher Serein^eitlid^ung, im an* B5
bcrcn %aü berl^ält c« fic^ aftib^geftaltenb unb bertoirlfic^t benSemunftjtoedf bom^ol be«
in ber ©innlic^feit nod^ latenten aSemunft^anbeln« bi« »um 5ßoI ber alle« ®eiftige ber^
natürlic^ienben unb alle« 9latürlid^e bergciftigenben betou^ten grei^eit. 3" ^^^'^^ ^äHen
aber bleibt für bie menfc^Kcl^e Vernunft S)enlen unb ©ein immer getrennt. a)ie alle«
Scgvcifcn unb $anbe(n, aDe S3ejicl(>ung bon S)enfen unb ©ein toie aKoHen unb Sein er^^ eo
634 3fbealti»mttd, betttfd|er
möolid^cnbc Gin^cit bcr SBJirllic^Ictt ift b(tö<?gcn gcgam^cirtiö im rcliöiöfcn ®cfül^I, ba^
frcilid^ jiemK^ fünftlid/ mit %\d)U aH bei ftc^ ru^cnbc ^nbiffcrenj bon §anbcln unb
2icnfen j)f^c^oIogif(l^ fonftruicrt unb suglcirf) nfö religiö^^metop^^fifd^e« Sßrinjij) bc^ Gr=
Icbniffc^ ber abfolutcn Scfd^Ioffen^eit al(c^ ©ein^ in ©Ott bejcic^nct h)irb. 2(uf biefer,
5 bic urj^rünglic^c romantifc^c2lb^ängigfcit bcr 3leligion^anal^fc t)on ber Äunftanal^fe nod^ beut*
lic^ bcrratenoen ©runblage ergebt fid^ auc^ bei i^m eine 9Jaturt)^iIofo^{^ie unb eine ©ef^ic^t^
j)]^ilofot)^ie, hjelc^e bie SBirtlid^feit ber Kategorie be^ ^ortfd^ritte^ t)om überhjiegenb ©innfic^en
jum überh)iegenb ©eiftigen unterwirft, aber bei ben einfacheren ©d^ellingfc^en gormeln ftc^en
bleibt unb auf bic ^egcIfdS^c 3)ebuftiün cine^ au^ bem 2lbfo(utcn folgcnbcn gortfd^ritt^efe^e^
10 tocrjic^tct. ^n 3Q3a|r^eit fommt e^ ©c^Ieiermad^er l^ierbei auc^ nur auf bic änal^fc ba
in ber ^iftorifd^en 2Bclt fic^ betF^ätigenben SJemunft an, beren bcrfc^iebene gH^ecfe er ^crau^
greift unb ^ur 3^ota(ität be^ abjolutcn Säcmunftjtoccfeg jufammenfa^t. 3)iit forgfamftcr
Umftc^t erfaßt er ieben biefcr 3h)ecfe na^^ feiner fogialen h)ie nac^ feiner inbit)ibucncn
©cite unb beftimmt er fie nacb il;rem fpejififc^en redS^tlid^en, gefellfc^aftlici^en, h>if^m-
16 fd^aftlid^en, rcligiöfen, äftl(^etifc^en 3"^^^^ wm bann il(;ren S^begriff im ^öc^ften ©ute ^u^
fammenjufaffen, biefen l^öi^ften SSemunftjtoecf mit ber göttlichen SBemunft in 3"fö*"'"^n=
^ang ju bringen, im rcUgiöfen ©efü^l bie Äraft bcr ^crhjirtlic^ung biefe^ 3^^^ ""^
in ber ©emeinfc^aft mit ©Ott bie alle 3^tt unb ßnblid^fcit, aDe Stelatiöität unb Sefonber^
i}Ät übertoinbenbc 2(ntcciJ)ation biefcr S?erh)irflic^ung ^u jeigcn. Die Stdigiofttät aber,
20 bie mit ber ©in^eit ber SQäelt unb ber ©inl^cit aßer Semunft bie 2lH^eit ©otte^ unb
bie bic ©innlic^feit übertoinbenbe Äraft be« ©eifte^ befennt, ift i^m bie c^riftlid^e unb er^
fc^cint i^m in bcr ^erfönlic^feit S^fw g(aubenerh)edfcnb unb urbilblic^ unb barum cr^
löfcnb fonjentricrt. 9?on ^icr a\x^ i}at er [xi) bann fd^Kc^Kc^ böflig ber 3:i(;eoIogic unb
ÄirdJ^c, ber pflege ber SSoIföfrömmigfcit ^ugetoaubt, tooburc^ feinßinflu^ fc^Iie^ic^^ immer
26me^r auf bic fad^mä^ige il^cologic eingefd^ränft hjurbe ("Diltl^e^, Seben ©c^.d; ®crf.,
älrt. ©<j[>. in äbS; Senber, ©d^.g 3:i^eoIogie in i^ren }3^iIofoj)f^if(^cn ©runblagcn 1876;
©igtoart, Äleinc ©d^^riften I ; bcrf., ^h%l} 1857).
9?od^ nä^er an bie Äantifc^cn 3lu^ang^t)unlte l(;ält fic^^crbart, ber Sant^ Setoufets
fcini^nalf^fc im ^f^ologiftifc^cn ©inne fortfe^t, um t>on i^r au§, fotoeit möglid^, burc^
80 togifc^c, bic aBiberfprüc^c ber Srfc^cinunggtoclt ftufenhjcifc tilgenbe Bearbeitung nun 3)ing
an [\i) ber Slufeenmdt, bcr ©eclc unb @ottc5 öorjubringen. 6r finbet fo baö SBcfen ber
®ingc an fxd) in fc^(edS)tI;in einfachen iiberfinnlic^en ©ubftanjen, bic crft in il(;rcn gegcn=
feitigen 8eue^ungen untcreinanber unb jur menf^Iic^cn ©eeie bic quantitativ unb quali*
tatit» geglieoerte vßdt ergeben unb beren jtoedEmä^ige 3ufÄ^"«c"toirfung eine fc^öt^fcrifc^c
86 unb orbnenbc göttliche ^nteüigcnj erfc^Iic^en lä^t. ©iS ift eine originelle 3(nncil^erung an
bie Scibniiifc^c TOonabologic unb an bie Scibnijifc^c Sc^rc toon ©Ott ate ber ^öd^ften
5IMonabe, bic §erbart in i^rer Sebeutung für bie lebcnbige, ftttlid^e ^römmigfcit einbringe
üd^ unb fd^roff gegen ben ^oetifc^en 9(eu'©pino5i^muö unb feine Untcrhjcrfung ©ottc^
unter ben 9?aturbegriff üerteibigt. 3)em Stationali^mu« nähert fu^ and) lro| aller au^
40 ber neuen Silbung gcfc^öjjftcn gein^eit, greif^eit unb Setoegli^teit bie Äulturjj^ilofojj^ic
§erbartö, bie fic^ auf ben öon i^m nad^getoiefenen, ber ©cele eigentümlichen Beurteilungen
über Die 33er^ältniffc ber 3leale ^u cinanber, inbefonberc auf ben ctl^ifd^en Beifall^- unb
9Ki^falI^urteilen über bie Bcr^öltniffc ber menfc^lidbcn SBitten ju fic^ fclbft unb untcreinanber
aufbaut. SBcgcn ber Begrünbung auf folc^e Urtetie nennt er ftc äeft^etif unb orbnet il^r
46 bic 6t^if ein. ©o ergicbt fid^ ba8 ^bcal einer bie fünf natürli^en et^ifc^en ©runbtbccn
in i^rcr Organifation öcrhjirflic^enbcn, befcelten ©efcllfd^aft, bic auf bcr Sinftdj^t unb
3:i;ätigfcit ber ©cbilbetcn unb auf ber rationcHcn ©r^ic^ung ber ^wgenb beru|^t. Son
^ier au^ ift §crbart jum SHcformator ber ^f^c^ologic unb in^befonbere ber hierauf ac-
grünbetcn ^jjäbagogif geworben, Worauf fid^ fein ©influ^ bi^ jc^t auc^ im hjcfcntlid^cn bc*
60 f darauf t ^at. (X^oma^, ^crbartsS^inoja^Jlant 1874.)
Sluf gleicher Iriticiftifc^er ©runblage, U)ic bie bi§l;erigen ©Vftemc, aber mit böHig
entgegengefc^ter Sebanblung bc^ Äultur))roblemg, ergebt fid^ f(f)lic6li(^ bic le^tc gro^c
gortbilbung be^ Sbcalt^mu^ bei ©d^o^cn^aucr. 6r lebrte äl^nlicf?, Wie ^d^te in feiner
3ufpi^ung be« Sritici^mu^, ben SBitlen atö ben ©runb ber 2)inge unb ä[u«gangöi)untt
66 bcr ßrfcnntniö betrachten, aber ben SBiUcn ate gänjlic^ unlogifc^en, öon feiner logifcl»en
9iotwcnbigfeit in feiner öeWegung geleiteten unb ifeine logifcf)en ÜJotwenbigfeiten anftreben^
ben, wie ba^ bei ber ©e^ung eincö pofttit>cn etbifd^en 3tocdfc^ unb ber Unterorbnung
bcr 3)littel imter biefen nötig ift, ba^er über^au^t ben SBillen aU o^ne jeben beftimmten 3h>cd
unb ol^ne jcbc urfprünglic^c et^ifc^e 3^enbenj, benSBinen aU blo|en jiellofcn, blinb SRcalität
fio unb 3)afcin begc^renbcn 3:rieb. 3" *^^ Befolgung biefe^ X^riebc« objeltiöiert fic^ i^m
O^ealtemitd, betttfdier 635
bcr SBillc ju bcr lonfretcn; materiellen 2Belt, axi^ beten Drgantfation im ©e^im ate fe«
funbäre^ ^robuft erft bic ^^teHtgenj l^ert)oröel^t. Unter biefen Umftänben Derliert ©e*
fd^id^te unb ©efdj^ici^tßjjl^ilofopf^ie jeben ©inn, ia e^ in ber ©efdj^idj^te leine ^ofitiöen unb
aflöemeingiltiöen 3^edfe, fonbem nur eine cnblofe ^rogre^fton immer unbefriebigter
SBißen^triebe geben fann. ®ie ßtl^if ober Seigre t>om ^\A ber SBirflic^feit fann ba^er 6
nur barin befte^en, bie ^icUofigfeit biefe^ ^ro^effe^ cinjufel^en unb i^m burd^ Duie^ierung
be^ aBillenö ein 6nbe gu machen. 2)iefe Duie^ierung erfolgt in bem ba^ SBeltleib em^
jj^nbenben unb barum ftd^ reftgnierenben SKitleib, in ber intereflelofen Äunft unb in ber
tviffenfc^aftlid(^en ©rfenntniS ber 3*^f*Ioftgfeit bc« ^rogeffe«. %ixx atte bicfe Se^ren fanb
Sd;openbauer einen Sln^alt in bem bem ^benblanb Am belannt toerbenben Subbi^i^mu^, lo
tüomit er eine bebeutfame ßrtpeiterung be^ bieder hjefentlic^ auf ätntife unb ß^riftentum
cingefd;ränften fulturgejc^id^tlidj^en iporigont^ beU)irIte. änbererfeit^ erblidfte er mit grimmi-
gem .^afe in ber ©elbftfuc^t unb ©innlidj^Ieit be^ Ji^bentum^ bie SGBur^el bc^ täufd^enbcn
3:F^ei^mu^; auf bem aÜe ©efc^id^tej)l(^iIofo})l^ie unb alle SRebe Don ^)ofitit)en Äulturtoerten
berubt, tväbrenb er in bem reinen G^riftentum ßl^rijti eine ärt m^ftifdj^en Duieti^« ib
muö anettannte. 3" größerer SBirtung finb biefe Sepren erft nac^ ber ä^^ftw'^Ö t^^
aUmäd;tigen §egelfc^en S^ftemö unb in ben ^a\}xm ber trübften Sleaftion gefommen.
7. 2)ic6injeln)iffenfc^aften. Streben bie großen ©^fteme nad^ einer gufammen*
faffenben, bie ÜJormen refonftruierenben unb im meta))^^ftjdj)en ©runb beranlemben SEBelt^ 20
anjd;auung unb bleibt biefe^ Unternehmen mit ben f(^h)ierigften SRötfeln ber 3)letaj)b^fi!
Derfnüpft; fo h)irfte [id) anbererfeit^ ber beutfc^c ^b^K^n^wö '« ^i«^ tounberbaren Sfleu«
belebung unb :3"fP^^fltion ber ^ofttit>en SBiffenfd^aften an^, bei benen jene problemreic^en
©runbanfc^auungen jtoar immer mittüirften, aber boc^ in ben J^i^^^^Ö^"^ traten. 3l\6)tö
l^cigt me^r ben eigentümlidj^en G^arafter ber beutfc^en ^oefie, ate bafe fie Don i^rem 36
,s>öF;et)unft aug unmittelbar in bie ftörffte tüiffenfc^aftKc^e ^robuftion überging, too«
bei freilid; auc^ bie fonfreten Slnforberungen ber aiOlgemeinen Sage unb bie moralifc^«
realiftifc^e ©müdj^teruug mit in SSetrad^t fommen. ©0 entfte^t bie ftoejififc^ bcutfc^e
2i?if|enfd;aft. :5" il^r treten gunäc^ft entf^reÄenb bem ©eifte beö ©anjen bie
9Jaturtt)if[enfd^aften jurüd ober rebujiieren fic^ bodp auf bic 5Ratur})I^Uofot)^ie, bie un« ao
aufgebli4>e ©runbintereffen obne eigentlid^ naturtoijfenf(^aftli(^en ©inn verfolgte, babei
aber immerhin in ber 3lnt]^oj)ogeoara^l(;ie b. \), in ber Sereinigung bon ©efc^ic^tc
unb ®eogra})bie (Äarl Slitter) Sr^eblic^e^ unb in ber 3luffuc^ung ber bem 5IKateriaIiömuö
ber ©egenhjart fo unf^mj)at^ifc^en j)f^dJ)o(ogifc^en Abnormitäten; ber bamate fogenannten
9{ad^tfeite ber 9Jatur, Seac^ten^hjerteö leiftete. Überbie« gingen neben i^r bebeutenbe ^ort== 30
fe^er ber alten em^irifdben 3KetF;oben l^er, bie toie 31. b. §umbolbt nid^t o^ne ©intoirlung
Don il^r blieben. Um fo bebeutfamer aber ift ber ätuffdj^toung ber ^iftorifi^enSBäiffen^
jc^aften, too man bie fritifc^en (SinfidJ^ten in ba^ i^atfac^enmaterial, bie bie äufflärung
erarbeitet ^atte, mit bem neuen ©eifte ber ^iftorifc^en Siebe unb ©erec^tigfeit, mit bem
iscrftänbnii^ für baiS Unbetoufete, §a(bbetou^te, ©ojia(})fVd^o(ogifd^e, für bie fc^öjjferifc^e 40
©enialität unb bie ^nbiDibualität, mit ber aHe ßrfd^einungen gur feinften 2öed(^felh)irlung
DevIniH^fenben Uniberjalität unb SBeite be« ^origont^ be^anbelte unb fortbilbete. 3)er gnt*
toidelungis^gebante in feiner fjjejififc^ beut|d^en tJorm, mit feiner (Snttoidelung beö Setoufe*
ten unb 3)ifferenjierten au« bem Unbehjufeten unb Unbiffcrenjierten, mit feiner SSorau^s
fc^ung einer bem Unbetoujten immanenten unb in genialen ^nbibibuen jufammengefa^ten 45
teleologifc^en Sogif, mit feiner Slnerlennung le^ter unauflöslicher ßlemente in ber $ers
fönlic^feit unb einer ^ierburd^ bebingten fpejififc^ f^iftorifc^en Äaufalitöt, offenbarte feine
gan^e au^erorbentKc^e ^Jruc^tbarfcit. $ierburc^ mit ber beutfc^en $oefie unb ^^ilofo^^ie
in enger Serbinbung ftel^enb tourbe biefe ^iftorijc^e 3Ket^obe boc^ im fortgefefeten SSerle^r
mit bem Dbjeft ju einer felbftftänbigen tpiffenfc^aftlic^en Denftoeife, bie toopl ber 9lu^ m
breitung unb ©rjänjung fällig ift, bie aber bur4> bie t)on 'ii}x ä}ai\äöfi\d) errungenen ©r*
tcnntniffe fid^ aU eine ber großen felbftftänbigen hjiffenfc^aftlid^en 3Rad)U ertoiefen ^at. ©ic
ftc^t mit bem ibealiftifc^en ober reIigiöS=m^ftif^en §intergrunbe i^re« ßnthjidelungSgebanfenS
aU ein gefd^Ioffener %i)p\i^ ber©efd^id^tSh)iffenfd5>aft ber englifriS^-franjöpfc^en Slufflärung gegen=
über, bie bie ©efd;ic^te auS 5Raturbebingungen beS ©c^aujjIa^eS ober auS Sleflejionen ber 55
I;anbelnben ^ntefligenj ober gar auS foeiaI=mec^anifd^en 5ßrojeffen cmj)irifd^=rationell er^
Hart, nac^ bem SWa^ftab einer allgemeinen SBo^Ifal^rt betoertet unb an ©tette einer
axi^ innerer 9Joth)enbigfeit ber göttlichen ©elbftentfaltung l^erborge^enben „enttoidfelung"
einen Don ber fortfc^reitenben :3ntettigenj ju belrirfenben „gortfc^ritt" le^rt (@. Sern^eim,
Sebrbuc^ ber ^iftorifd^en 5){et^obe 1894; ©igtoart, Sogilll; SBunbt, Sogif II; SRidert, eo
636 SbenltiStttttd, betttfi^cr
©rcujcn bcr naturtüiRciifd;aftlic^cn öcöriff^bilbung ; Dou ?3cIoh), 2)ic neue ^iftorifc^
SKet^obc, $iii. ^Ifd^r.lSOS; Ditotax fiorcnj, 3)ie ©cfd^ic^t^tüiffenfc^ft in i^rcn S^aupixi^:
tungm unb aufgaben 1886:91; Pnt, Phüosophy of history 1874; Sort^, ?J^ilo=
{o})l^ie bcr ©cfd^id^tc aU ©octoloflic 1897 ; 9lie|{d^e, SJom 3Ju^en unb Slac^tcU ber
6.^tftoric 1874).
^olU^i]6)\d)U, ^vi]amr\\m\a^\xnQ ber SölIeracfdjitdSite }ur Uniberfalgefd^tc^te, ®ef(^t<^te
einzelner befonberer 93etl^ätiflun0en unb I^iftortfc^e KuIturi)^iIoJo})^ie ftnb bie Il^emota, bic l^ier
l(^ert)ortreten, toobei bod^ bie le|tere, fofem fte nid^t afe in ben großen ©^ftcmcn crlcbigt
gilt, nur ald ))erf önlic^er ^intergrunb ber ^arftedungen gelegentlich unb at)l^orift{fc^ ^erDor-
io)utreten ))flegt. ä(n h)i(lfürlidj|er ^l^antafti!, berfc^tuommenen älQgemein^eiten unb befon«
ber^ an reattionären Xenbenjen ^at ed hierbei nic^t gefel^lt, aUein bad rü^ tetfö Don
ben romantijd^en Urj))rtingen, teil« bon ber ß^rt^ge l^er unb berül^rt nic^t ba« SBefen ber
3)tet^obe. auf il^rer @runblage l^aben bielmel^r nal^eju ade Sßiffenfc^ften Qafftf^e ober
\>o6) ful^renbe fieiftungen ^ertoorgebrad^t. a)ie®e|d^i(|t«h)iffenj(^aft im engeren Sinne,
16 bie mit ben ©öttingern, Äant unb gid^te bie t)oHtiJd^e SSolföorganiJation al« Zentrum
il^re« 3"*^^«^ fwielt, lernte unter Slbfe^ung bon abftra!ten SRaMtäben, Don etnfettigen
geogra))^i{(^en unb fltmatifdjien @rf(ärungen unb bon rein fubieftiber ^otiDation t^ren
©egenftanb genetijc^ erfaffen, bie allgemeinen ©nttoirfelung^tenbenjen mit bem (Stnflu^
ber SnbiDibuen, bie immanente 33ilbung«tenbenj mit ben ßinflüffen bon aufeen auögleic^enb
20 unb jugleic^ ben Segriff ber @nttoiaeIung auf bie B^^d^^^ff^ ^^^ Urfunben felbft an^
toenbenb, beren 3Badjifen unb äßerben ju berfolgen iei^t eine ganj neue 9lufgabe bon un-
Sel^eurer 3:ragh)eüe tourbe. 3" biefem ©inne hat 9liebul^r bie neue Oefd^id^t^ft^bung
egrünbet unb Stanle fie boUenbet, ber ^ugleicp in leichter älnlel^nung an Sc^Qing bie
tbeeden (Srunblagen ber ©efc^ic^te überbad^te unb im @eift be« (Sanjen nai) einer Delt-
as gefd^td^te ftrebte. änbererfeit« ^at gafob SurB^arbt, bie einfeitige rec^t^ unb ftaatds
gefc^id^tlid^e Stic^tung berlaffenb, ein 9Rufter ber ben ^efamten Seifte^el^t beftimmter
it\>o6)tn jufammenfaffenben Äulturgefd^id^t^fc^reibung geliefert, ba« nur in ber ©tdlung
be« 2:^ema«, nic^t aber in ber 3Jlet^obe franjöftfc^en SBorbilbem folgt. 5Roc^ unmitlettorer
gingen au« ftlafftcidmu«, 3tomantiI unb ^^ilojo^^ie bie ©^rac^-, Sitteratur unb Jtunf^-
ao gefdjic^te l^erDor. §ier l^atten Seffing, SBincfelmann, §erber, ©oetl^c, ©dSiitter unb bie
©<^legel bireft borgearbeitet. 3)ic ©jJrad^gefc^id^te erftrebte in ^umbolbt unb S3o})p
bie erllärung ber ©jjrad^e an^ ))f^d^oi)l^t)rifc^en ©runbtrieben be« Wenfc^en unb eine auf
allgemeine ©jjrac^Dergleic^ung begrünbete 6nth)idEelung«gefc^ic^te ber©prac^en, bie juglci*
ate ©c^lüfjel für ®t][|nograj)l^ie, ^räl^iftorie, 5Ki?t^ologie unb 5leligion«gefc^i(^te gelten
85folltc 3)ie Sitteraturgefc^ic^te ber^ic^tete auf äftl^etifc^c« Säfonnement, erftrebte al«
Saft« ber ftritif lebiglic^ eine biftorifc^e älbleitung ber @runbformen unb @runbgefe|e
ber ^oefie au« ©runbbebingungen be« menfdj^lic^en SBäefen« unb jeigte bie enttoidelung
biefer Sitteraturformen im gwfammenl^ang mit ber ganzen Oeifte«^ unb Äulturgefi^id^te,
in biefem ©inne balb bie Stiefenaufgabe einer (Sefd^ic^te ber Sßeltlitteratur, balb bie befd^önl«
40 tere, aber bamit jufammenl^ängenbe einer Oefc^ic^te ber Slationallitteraturen unteme^enb
(SBac^ler, ® erbinu«, D. 5!Mler). 3)ie Äu n ft g e f c^ i c^ t e, bie ju ben gmjjulfen SBSindtclmonn«
bie 2Badfenrober« unb ber Soifferöe« l^inju emjpfing, fuc^te in gleidj^er SBeife bie JjfVd^o«
logif^-l^iftorifc^en Orunbformen ber Äunft unb lernte il^re ßnttoidelung im 3wfflwnt«n-
l^ng mit ber allgemeinen Äultur betrachten, babeiaberbod^ i^re felbftjiänbige £Äen«tourgel
46 im äuge be^altenb (©d^naafe, SJifc^er). Die ^JSI^ilologie ber einzelnen ©^rad^en hmnbtc
[\i) neben linguiftifd^en unb fritifdjien ©tubien }ur Stealpl^ilolo^ie b. 1^. \vlx ä)arfteDun9 ba
®efamthiltur berjenigcn SSölfer, beren Seiftung Dor allem m il^rer litterarifd(jen ^intcrs
laffenfc^aft liegt, ©o l)at bie flaffifc^c ^bilologie nad^ bem Vorgänge SßJolf« einen neuen
ß^aralter empfangen (öödt^, Sad^mann, äBeWer) unb \)at ftdSj neben i^ eine inbifi^e,
60 iranifc^c, femitifc^e ^{il^ilologie erl^oben. ^^«befonbere tourjelt bie germanifd^e ^^ilologie
ber beiben ®rimm unb i^c Äunft, ber©i)rac^e bie ©ebeimniffe ber Urzeit abju^ören, in
bem beutfd^ai 3i^eali«mu«. 9lu« einer Kombination eitler biefer ©lemente erhoben fic^
SJerfucf^e einer auf bie änalbfe ber religiöfen ®eban!ens unb ©prac^bilbung bejgrünbeten
9{eligion«gefdSiic^te, bie freiließ, berRenntni« ber religion«gefdj^id(itlic^en SBirllid^Ieit ent^
66 be^renb, ^ur ^ineinbeutung allju abftra!ter ©cbanfen neigte, aber ben aHein möglichen
aSScg ber Slufbedtung unbetoufeter "JJ^rojeffe befc^ritt (©c^eHin^, ^egel, ßreujer, 9&elder,
©(^Iciermac^er). "^Jic^t minber äußerte fic^ ber neue ®eift in ben Siedet«« unb
©taat«h)iffenfdSiaften, loo bie natunec^tlid^e SJlet^obe burd^ bie genetifdjie erfc^
unb ®eh)ol^n^eil«- unb 9Solt«red^te, bie ganje inftinftiöe 9lec^t«er;ieugung be« S}oB«geifte«,
CO ^erborge^oben tourbcn (©abign^, (Sid^^om). Die @taat«le^re, junöd^ft bon ben
3fbeiiltdmttd, bentfi^cr dfeBud 637
^l^ilofopl^cn 9c))flc9t, tpurbc unter ihren (Jintüirfungen auf j^tftorifdji * enttpidclung««
^efd^id^tUd^e Sa^n oefteQt; nad^bem bte romantifdjisreattionären, auf biefem unb bem
tl^coloflijc^en ©cbiet am fd^Iimmften l^aufenben ^Icigunflen tibertounbcn toaren {^a\fU
mann, b. 9Bohl). 5)ie 2!l^eolo0te fd^Ke^id^ lernte bie 35erfud^e be^ 3)etemu«, bte
aöürbigung be^ g^rtftentum« auf eine allgemeine 9leIigion«tl^eorie ju begrtinben, burc^ b
eine biel einbringenbere jjf^d^ologifd^e Slnall^fe unb eine genetijc^ »etrad^tuna ber Sle^
ligion^öefc^ic^te grünblid^ umbilben, toobei bann freiließ immer toieber emftlid^e ^Serfud^e ge^
mad^t tDurben, ba^ d^riftlic^e ^rinji)) bem ^lu^ ber @ntn)ic!elung ju entziehen unb ii^m
einen ber ^iftorie entrüdften Äern ju geben (§egel, ©c^leiermac^er, be Sffiette, 98atte, SJaur).
9l6er aud^ bie fonferbatit)'fu))ranaturalifttfdj|en @)^fteme nahmen in Slnle^ung an $ege[ ober lo
@d^eQing eine @inbe}iel;ung ber Offenbarung in bie 3Renfdj|beitdentn)ic!e[ung bor unb bie beil^-
gefd^id^tlid^e ©rianger ©d^ule mad^te bie Sibel gerabeju jurllrlunbe göttli^er gnttoidfelungen
innerhalb einer fünbigsnatürlic^en SEBelt, toäbrenb bie 33ermitteIung^t^ologie eine um ben
Äem ber übematürlid^en Offenbarung o^jiDierenbe, jebe^al eigentümlich S^bibibualifa«
tion unb jeitgefc^id^tlic^c äu^toirfung innerl^alb unb auf ®runb ber natüriid^en (SnU ib
toirfelung lehrte (3Künc^ener@efc^.b.Sffiijfenfd^aften; 3- ®<^n^ii>t IV u.V. aSgl. bie einzelnen
@nc^tloj>äbien).
8. 3)ie Unterrid^t«reform. ©er Setrieb biefer Sffiij^enfc^ften tourbe in ber
§au)3tfad[)e getragen bon ben Uniberfitäten unb ift bal^er begründet auf eine funbamentale
^eorganifation ber Uniberfitöten auf ®runb ber neuen 9lnfd^auungen bon äßefen unb 20
aufgäbe ber SBiffenfd^aft, nad^bem im ^^taltcr ber äufflärung bie in ber Überlieferung
befangenen Uniberfitöten eine 3^^^ l^^Ö ^^ übertoiegenben 6influfe ben ä!abemien unb
fd^riftfteHernben SBäeltmännem überlaffen Ratten. SSon gena ging ba« neue Uniberfitöt^ibeal
au^, too bie (äoet^efd^en unb Jtantifc^en Sintoirfungen ben erften feften ®runb gefunben
F^atten, um bann in ben Sleugrünbungen bon 93erlin, §eibelberg, Sonn, Sre^lau, SWünc^ 2b
organifiert unb bon ^ier an^ berbreitet ^^u loerben. 3)er ©inn biefer 9lef orm, bie mit bem
Untergang ber alten beutfc^en ©taatentoelt unb ben 9teubilbungen bed na))oleonifd^en ^ÄU
altera jufammenfiel, ba^er eine Steige alter Uniberfttöten befeitige, unb neue {(^, tbor bie @r^
l^ebung ber )}^ilofo^^ifc^en ^ultät au^ bem 3uftat^b ^^ facultas liberalium artium, ber
^umaniftifc^en Sorfd^ule für bie eigentlich oberen ^^Itäten, in bie ^atultät ber oiSein 90
toal^ren unb reinen SÖiffenfc^aft, bie in Statur« unb Äulturh)if|enfd^aft toie in ber bie
$rinji})ien beiber feftfteHenben ^]^ilofot)l;ie bie $rin}i))ien aller ßrtenntniö unb Silbung
feftlegt unb ber bie 33erufdfa!ultäten al^ Vertreter blo| j)ofitiber, nid^t rein toiffenfd^ft«
IxiS), fonbem ^rattifc^ orientierter SBiffenfc^aften gegenüberfte^en. ©amit ift toenigften^
im ^4}rinjip ber lej^te Sleft ber meland^tl^onifd^en Uniberfität^ibce aufgelöft unb bie 3Sor^err= sb
fc^aft ber Il^eologie unb bed ©taat^intereffe^ gebrod^en, toeld^e beibe ben allgemeinen ^rin«
5ij>ien reiner, borurteitefreierSBiffenfc^ft angeliefert merben. 95ie5Reuorbnung ba: Uniberfitäten
bcrlangte aud^ eine 9leuorbnung i^er SJorfd^ule, be« ©Vw^nafium«, in bem ber Sleul^umas
niömu« SBincfelmann« unb ©oetl^ed ate 9Jlittel für bie Silbung ber ^errfd^enben Älaffe unb
für bie ©rjie^ung ju l^umaner Stl^i! unb loiffenfc^aftlid^em ©inn jufammen mit einer balb 40
me^r balb Weniger betonten ßi^riftlicf^Ieit ju ®runbe gelegt lourbe. 3)ie SRealtbiffenfc^aften
unb mobemen ©j>rac^en, bie bie äufflärung jur Slneignung ber ibeftlidjien Äultur ge«
forbert ^atte, traten jurüdt unb tourben übermiegenb ben SRealfd^ulen al« ben SSorttulen
blo| )}raftifc^stec^nifc^er 33erufe jugetoiefen. ©elbft bi« in bie Solföfdbule unb fie^rer«
fcminare erftredtte f\d) ber Serfucb, bie neue Silbung in ^Jleifd^ unb 9lut be« SJotfe« 4B
überzuführen, njcnn nmn natürlidji auc^ ^ier naiver bei ben einfad^eren Seftrebungen
ber älufflärung fte^en bleiben mufete (^aulfen, ©efd^ic^te be« geleierten Unterricf^t«;
Ä. ©c^mibt, (SncVfloj>äbie be« ®r5ieieung«h)efen«; .^arnacf, ©cfc^ic^te ber ^reufeijdSien äfa«
bemie 1900). Xri»tfc^.
vtbtomata f. Communicatio idiomatum Sb IV ©. 254. &o
3bttmätt f. ebom Sb V ©. 162.
3ebu« Mttb 3cbttfttcr. — Sittcratur: ®. fj. SRoorc, A Critical and Exegetical
CommentAry on Judges 1895; Ä.öubbc, a)a§ 53ud) ber 9?l(^tcr 1897; aufeerbcm bie iüittera*
tuv ju btn ?(rli!eln 3eru[alcm unb Äonaonitcr.
Sebu« (w'^s:) l^at man auf ®runb bon 5Ri 19, 10 f. unb 1 6^r 11, 1 f . früber aU^ bb
(gemein aU borivnaelitifd^en 9Jamcn ber ©tabt ^'^erufalem (f. b. 3t.) angefe^en. ß«
638 ^cbud Sttffu
tann faum einem 3*^^^f^' unterliegen, ba^ 2 ©a 5, 6 in biefer 5Keinung toon bem Qfyco:
niften a. a. D. umgeftaltct loorben ift. SDa nun and) 9ti 19—21 burc^ eine nad^c^Iifd^
Searbeitung il^re Oeftalt erhalten l^aben, unb ber Slame 3- 5Ri 19, 10 f. allem Slnf^eine
nai) bem &jte (togl. befonberö 33. 11) nic^t urj))rünglici^ angehört, fo ftnb bie 3^9^
6 für 3- ötö ©tabtnamen auffaHenb fj>ät. ^n aDen alten ßrjäl^Iungen finbet fic^ nur ber
9lame 3;^nifalem. Unb ba^ biefer toirllic^ fe^r alt ift, älter ate ^l^rael, ift ncuerbing^
burd^ bie Teil el-^Amärna-$3riefe jh^eifelloö geworben (f. ^^erufalem). 3Kan ^at bal^er
in ben oben angeführten ©teilen tool^I nur eine 33ermutung jübifc^er ©ele^rter toor fw^,
bie aug bem 9iamen ber bori^raelitifc^en ßintool^ner S^uföl^»"^/ 3i«b"ptcr C^'Q?),
10 ben ©d^ilufe jogen, bafe ber toon i^nen beloo^nte Ort einft g^^'&wi; ge^eifeen ^abc.
3lber biefer ©d^lufe ift grunblo^; benn toir erfahren fonft nirgenb^, bafe bie ©tabt i^rcn
9?amen getoed^felt l^abe, unb bie S^^ufiter tuerben im 3li nic^t auf bie ©tabt 3i«nifalem
befc^ränft, fonbem afö bie 35eh)o^ner be^ ©ebiet^ (2 ©a 5, 6) ober al« Setoo^ner bcö
Oebirg« über^au})t (5Ru 13, 29 ; 3o 11, 3) beaeid^net. 3Kan fönnte fid? ba^er el^er ju
16 bem ©d^luffe öeranlafet feigen, bafe ber S[}oIte= ober ©tamme^name 3*wfiter auf ben
Flamen einer Sanbfc^aft (unb nic^t einer ©tabt) 3- jurürfge^e. 3)o(i^ ju einer ©etoife-
^eit barüber ift nid^t ju gelangen. 3)em ©tamm ber 3«bufiter toar e§ gelungen, fid^
auf einem nid^t unbid^tigen fünfte bed Serglanbed ol^ $errm px bel^au))ten, nad^bem
S^rael fc^on entfc^eibenbe ©daläge gegen bie Sanaaniter gefüj^rt i^atte. ©ie bel^errfc^tcn
20 toon ber Sergfefte ^xon (togl. ^crufalem) au^ nur ein Heiner ®ebiet. yii^i toeit nörblic^ lagen
bie benjaminitifc^en Orte 9Job, (Sibea ©ante unb SRama, toä^renb im ©üben Set^le^cm
fd^on ben Sw^äem gei^örte. ^r ben S5efi| ber 3iofe})l^ftämme loar bie ©elbftftänbigfeit
ber 3*w5*^ ^^^^ befonber^ läftig ; too^l aber ftanb fie bem $Iane 2)atoibö, bon ©üben
au^ bie ßrbfc^aft ©aul« anzutreten, em^jfinblid^ im Söege. ^a^er toagte er mit feiner
26 Irieg^geübten ©d^aar einen angriff auf bie fc^toer zugängliche Surg Qxon unb getoann
fte (2 ©a 5, 6—8; 1 6^ 11, 4—6). 2)amit tuar bie Unterwerfung ber^ebufiter tooH^
enbet unb bie räumliche 3Serbinbung jtoifd^en bem Sleic^e 2)aDib« im ©üben unb bem
eigentlichen i^^xaü im Jlorben geficf^ert. 2)ie S^Miter blieben teitö freie Ferren auf
i^rem ®runbbeft|, h)ie namentlicf^ bag Seif})iel be« Siratona ober Oman 2 ©a 24, 16ff. ;
30 1 ei^r 21, Uff. geigt unb auc^ bie allgemeine 2lngabe SRi 1, 21; goj 15, 63 le^rt, teitö
h)urben fie (burcf^ ©alomo) ju ^o^nbienften, bie bermutlid^ bem Äönige ju leiften toaren,
gejtoungen 1 Äg 9, 20 f. 5)ie Sefc^rcibung ber ©renje jnjifc^en 3wba unb Senjamin
nennt '^o 15, 8; 18, 16 bie §ö^e im Slorben beö ^innomt^ale^ „Slb^ang (^^^2) ber
Sebufiter". 2)a biefer 5Rame nur im 3DfJunbe ber ^^raeliten ©inn ^at, fo barf barau^
85 ber ©d;Iu6 g^jogen werben, bafe föäter bie ^^bufiter ^au^jtfäc^lic^ in biejcm Seile S^ru-
falemg h)ol;nten. ^l}x Oef^icf, bejfen noc^ in \pättt 3cit gebac^t Wirb (Sad^ 9, 7), ^at
al^ ein le^neic^e^ S3eif})iel bafür ju gelten. Wie t^ and) anberen Stämmen Äanaan^ cr^
gangen ift, bie aHmä^lid^ mit S^wel toerfd^moljen. — ^ö 10, 5 wirb ber Äönig Slboni^
jebel bon S^wfalem ju ben ämoritem gered^net. 2)arauf fönnte man bie 3Jleinung
40 ftü^en, bafe bie ^^bufiter ju ben toom Sibanon l^er eingeWanbertcn Slmoritem gehörten.
2)od^ läfet fic^ bieje Slngabe audS> fo toerftel^en, ba^ bie 2lmoriter gur 3cit S^fua^ nur
bie Se^errfc^er S^^nifalemig Waren, fo ba^ bie S^^ufiter wo^l gur alten ein^eimifc^en
SJebölferung Äanaan^ gehört l^aben fönnen. 3luö ber l^äufig Wieberfcl^renbcn Slufjä^lung
ber aSölfer Sanaang (Dgl. b. 31.), h «. 3)t 7, 1; 20, 17; ©en. 10, 16, läfet fic^ nid^l^
45 ©eWiffe^S über bie §erfunft ber ^ebufiter erfenncn. ®utfit.
3e^otitt f. Sa^be oben ©. 529,7.
Se^tt, König bon g^rael. — l % 19, 16 17; 2 ^ß 9; 10; 2 6^r 22, 7-9.
Sßgl. bie S3b I, 6. 259, 2—7 genannten 5®er!e: 5lö()Ier II, 2, e. 76—79. 138. 140f. 384
biö391; 8tQbe I, 6.541-545. 562f.; 5iPitlcI II, ©.237—240.246-248; ^ScÜljaiifcn
60 S. 54-57; 2)unc!er II, S. 197—200; gKel)er I, 6. 395—400. 4llf.
;^m Äönig^buc^ finben wir auefül^rlic^e Serid;te barüber, Wie ^)Qf)n ben 2l;ron ge^
Wonnen, ba^ .^an^ Sll^ab^ au^erottet unb bem Saalbienft ben ©arauö gemacht f^at,
fonft nur bie furje Slngabe, ba^ bamal^ §afael Don Dama^f ba^ ganje Oftjorbanlanb
eingenommen ^abe. $)iefe Stngabe bürfte an^ bem Äönig^annalenbucf^ ftammen. :jene
66Seric^te aber finb Wie 1 Sg 20. 22, unb Wo^l auc^ 2 Äg 3, 4—27; 6,24—7,17 einer
bejonbercn norbi^raelitifc^en Duelle entlel^nt, bie alt unb l^öc^ft WertDoD ift. 2)a^ 2Äg9,
1—13 nietet au^ biejer, jonbem au^ bemfelben ßrjäl^lung^bud^ über ©lifa ^erftamme Wie
Jtaj). 2; 4, 1 -6, 23; 8, 1—15 unb erft \patcx bor ')i. 14 ff. gcjc^t Worbcn Jei (Sen^inger im
^tt 639
Jiurjcn §anbIomm. ^. '*H% 1899) ift Jc^on be^l^alb lüc^t anjuncl^mcn, tueil 15** jcncöStürf
bcutlic^ borau6jc$t.
3cl?u, ^'i'T, affvr. Ja-u-a, LXX ""lov, Josephus 'Irjovg f)at nai) früherer än^
m\)mc 884—856, md) Röf)kx 881—853, md) §ommcI unb Äamp^aufcn 843/2—815
regiert. ®r toax ein ^eerfü^rer S^ram^, unb aU biefer, im Äam})f mit bcn 2lramäem 5
bei 9lamot ßJileab bertounbet, ftc^ nai) ^^xcd bringen liefen, bettaute er ^tl}VL mit bem
Oberbefehl (togl. 9, 5, too mit Äloftermann gu lefen «'i": "^.^P? d^^tü^ unb Hi. 11). S)a
gcfc^a^ eö, ol^ biefer eine^ Xage^ mit bcn §aiH3tIeuten im §ofe feine« Quartier« 9lat«
tjflegte, bafe in erregter §aft ein Jüngling l^ereinftürmte unb i^n aufforberte, unter bier
älugen eine Sotfc^aft bon i^m anju^ören. 3e^u ging mit^il^m in« ^au^. 2)a go^ il^m lo
jener, eine« ^ropi^etenorben« ÜRitglieb, im 3tuftrag 6fifa« Öl auf« ^auüpi unb crflärte
i^n für gefalbt im Flamen ^a^be« jum Äönig über ^^xad, bamit er ba« ®otte«gerid^t
an Soram unb ijfcbel boDftrerfe. 2)ann enteilte er. auf ^^f)\x machte bie« bli^artig il^n
treffenbe ^ro)}^etenh)ort einen um fo tiefern ©inbruc!, al« er babei getoefen mar, Ibie
6lia bei bem Söeinbcrg, ben äl;ab, 3^^^«^"^ SSater, burd^ ben ^uft'jw^^^^b an 3labot in i6
feinen iöefi^ gebracht i)ättc, bem Äönig ben Bpxud) ^a^be« entgegenfc^leuberte : „ba«
33lut 9Jabüt« unb feiner Äinber ^abe ic^ geftern gefeiten, fVrid^t ^^^be, ic^ toill bir ber«
gelten auf bicfem Orunbftüd!" (2 Äg 9, 25 f.). 3Jun fal^ er fic^ jum äöerlgeug 3;a^be«
bcftimmt, bem §au« äll^ab« fein Siecht gu t^un. 9loci^ bebenllid^, ob er bie @m)}örung
n)agen foQtc, trat er tt^ieber unter bie ^auptleute. 9U« er aber auf i^r ftürmifd^e« ^agen, 20
iüa« ber auffallenbe Sotc geiDoHt, bie ©ac^e eröffnet l^atte, unb fie, l^ingeriffen, i^m fo-
gleid^ al« Jlönig l^ulbigten, mar er entfd^ieben, unb ba« S[}erl^ängni« über äl^ab« $au«
brad^ herein. ^el;u ^anbelte entfc^loffen, iraftboH unb rafd^. 6r liefe bie 2^ore ber
Stabt betüadben, bamit fein Sote be« ©efc^e^enen bor il^m ju ^oxam fäme, unb eilte
mit einer Äriegerfc^aar nac^ 3<^^^^^- all« man bom 3^urm au« fein ftürmifc^e« 3lci^m 25
crfc^aut unb er gtuei bon ^oram gefanbte Soten nic^t ^atte jurücRel^ren laffen, fuhren i|m
Soram unb fein Scfuc^ ai^a«ia (bgl. Sbl ©. 263,48) entgegen, toä^nenb, ^^l}\x brächte
bie aKelbuna bon einem mic^tigen Ärieg«ereigni«. 3)er aber ertoiberte auf bie ?frage, ob
er gute 3lad)x\d)t bringe (ber Sinn bon cnV^r] ift nic^t: „Äommft bu in friebud^er ab«
fid[)t ?", bcnn ^ätte ^oxam folc^en 3h>^if^' 0^f?^9tf h)ürbe er borfid^tiger getoefen fein), 30
mit ber finftem Siebe, bafe e« rAd)i gut ftel^n lönne, fo lange ba« ^eibnifd^e treiben
ber Sfebel toäl^re, unb fd^ofe bem fliel^enben ^oxam einen 5ßfeil burdji« §erj. 3)en Seic^nam
bicfe er, jene« 3tuftritte« jtbifd^en (Slia unb Sl^b eingeben!, auf ba« na^e ßJrunbftücf be«
3tabot njerfen. ^c^u j^og in 3e«reel ein. 31*^1 ^^^^^ gemerlt, bafe fie berloren loäre,
unb fuc^te ein ftolje« ©nbe. ®e})U^t unb gefd^min!t jum genfter ber Äönig«burg l^erau«« 35
fc^aucnb begrüßte fie ^ei^u al« einen neuen ©imri, il^n }u berlbunben burc^ bie ßrinne^
rung an ba« fläglid^e 6nbe, ba« jener 5iönig«mörber fo rafdji genommen (1 Äg 16,
9—18). ^)Cbvi aber antwortete: „SQ8er bift bu, bafe bu mit mir rechten bürfteft!" (mit
«loftcrm. ift auf ®runb bon LXX ju lefen: -"f^. ^T^^J^ "^ *"=?-^ ■^';]. unb liefe fie burd^
ein i^aar Äämmerer, bie er am g^nfter erblidfte, ^erunterftürgen. Über il;ren Seic^nam 40
machten fic^ bie $unbe ^er, fo bafe nur Stop\ unb |)änbe nod^ gefunben lourben, al«
3eF^u, nac^bem er ein 3)la^l gel^alten, fie ju beftatten gebot. :^e^u fc^rieb nun an bie ©rofeen
in ©amarien, bafe er gefonnen loäre, fic^ be« 3:t;rone« ju bemäd^tigen, fie möchten, toenn
fie iF^m entgegen feien, ben tüd^tigften ber ^ringen, bie bort loaren, jum König mad^en
unb für benfelben ben Sam)}f mit i^m aufnel^men. ©ie fül^lten aber feinen 3^rieb, etlba«46
für "^f^ab^ ^au« gu toagen, fonbem crflärten i^re Unterwerfung. 3)a fc^rieb i^nen 3el^u,
fie follten be« anbemlage« mit ben$äu)}tem ber^JSringen bei i^m erf^einen. 6« Waren
beren 70 in ©amaria. ®ie Sergleic^ung bon 38. 4 mit 6—8 ergiebt aber, bafe e«
70 ^ringen be« Äönig«^aufe« überl^auj)t Waren, nur jum Jeil ©ö^ne äll^ab« unb ^oram«.
3)ic aSJorte S^^u« fd^cincn mitäbfid^t etwa« gweibeutig geWefen ju fein, man berftanb fie aber 50
richtig unb fc^icfte il;m bie ^äujjter ber $rinjen in Äörbe berj)adft. gel^u liefe fie in jWei
.C^aufen am Il^ore auffd^ütten, bamit jebermann ftc^ bom 2lu«gang be« ä^ab^aufe« übers
jeugte, erflärte fic^ aber ^eud^lerifc^ an biefem ^rinjenmorb unfc^ulbig, ben @ott ge«
fügt l^abc, um ba« äBort @lia« }u erfüllen, unb erfc^lug bann noc^ alle älnge^örigen
'^iijab^ in ^zU^A famt feinen Seamten, Vertrauten unb $rieftern. ^ann bxad^ er nad^ 55
©amaria auf. Sluf bem SBege ba^in foH e« nad) 2 Äg 10, 12—14 geWejen fein.
Wo er 42 ^ringen be« 2)abib^aufe«, bie jum Sefuc^ il^rer 3SerWanbten nac^ ^^\xiid
reiften, umgebrad^t l^at. ^nbe« ift fd^Wer anjunel^men, bafe biefe jWei läge nac^ 3f^
bei« unb ber beiben Äönige 3:ob unb am 3^ge nad^ bem ^rinjenmorb in ©amarien
abiuingölo« bie ©trafee bon ©amarien nad;$5efreel gebogen Wären. Da Wir bie in i^. 14 co
640 3fel)tt
angegebene örtlic^teit 93et'®fcb nic^t fennen, ift bic Sac^e nic^t aufjuRären; am Ictc^
tcften ift aniune^men, bafe eine ©efeUfd^aft bon 3)abibiben am felben 3^gc, too 3c^
3efreel überfallen l^atte, öon il^m auf ber Strafe bon ©amaria betreten toorben fci.
3n bie 3lai)t öon ©amarien gefommen, begegnete ^tf)\x bem SRet^biten ^omibab,
5 ber fein (Sefd^Iec^t au« ßifer für ga^be unb gegen S3aal toer})fli(^tet l^tte, nid^t in Ru-
fern ju loobnen, feinen Sldferbau ju treiben, nodjiSDäein ju trinlen, um jebe Sejie^ung gum
^aal ber fananäifc^en Äultur ju bermeiben Qer 85; bgl. 93b I, ©. 261,29). gebu
fragte jenen, ob er gut Äreunb mit il^nt fein toollte, toaö ber bejal^te, Joeil er too^I backte,
bafe ber SoDftrerfer be« ^lud^e« ^a^be« über ^f)aU $au« aud^i ein ^nb be« »aalbienpe«
10 fein möchte, ^e^u gab ii;m bie ^anb unb lub il^n ein, auf feinem SBogen mit nac^
©amaria ju fal^ren, loo er feine fiuft fe^en foHte an feinem ßifem für ^af}\>^ (2 Äg 10,
15—17). ©0 ergriff Ige^u offen Partei für bie, toelc^e ben Saalbienft nic^t bulben
tooHten. 6r ti}at nun auc^ toa« er tonnte, um biefen mit ©tumj)f unb ©tiel au^jutottcn.
3u einem großen 93aaIot)fer entbot er alle 95aalj)riefter unb 93aaIj)ro})l^eten im Sonbe in
15 ben Saaltem^el ju ©amaria, fteHte fic^, atö ob er bem S3aal oj>fem toollte, unb liefe, oI«
er fo biele toie mbglid^ in ber galle ^atte, fte äße nieberme^eln, ben ältar unb bic 9lf(^era
(fo ift h)ol^I ber le^ ju berbeffem) be«^em^}ete unb biefen fdbft jerftören unb auf bem
$Ia| äbtritte anlegen (2 Äg 10, 18—27). 3Kan l^at too^l gemeint, bafe gelj^u ben
»plan, bie Saalbiener burd^ ^uf^ung ju fangen, fid^ berborben ^aben toürbe, tocitn er
20 mit bem Siferer ^onabab jur ©eite in ©amaria eingefahren toäre. 3lber biefe ®rgä^Iung
ift bodji nic^t angufec^ten. ^iel^u mag jenen ^lan erft nac^^er gefaxt l^ben, unb ge»
üngen lonnte berfelbe bod^, benn bie Saalbiener mochten feine 9[ntnü))fung mit bem
einfiufereidSien SRec^abiten, loenn fie batoon hörten, für eine 9JlaferegeI ber Klugheit ^{ten
unb benfen, ba| ^e^u tro^bem ein 5tönig fein fönnte, ber au^er ^a^be gelegentlich aud^
26 93aal bereite. ®ö !ann inbe« audji fein, bafe bie ©ac^e bon ber Überlieferung angemalt
ift, unb 3e^u blofe ein 93aalo})ferfeft, ba« er nur ju t)erl^inbem unterliefe, benu^t fyit, um
bie 3Jlenge ber l^u})tfädSilic^ften Saalbiener ju überfallen.
SSon bem, toa« nadj^l^er toä^enb feiner 28jä^rigen ^Regierung geft^e^en ift, toiffen n>ir
nur, bafe er unglüdlic^ mit ben Slramäern 0efän|H}ft l^at. „3« ber Acii begann 3ol^De
30 auf S^rael ju gümen (ftatt ri2:;:b ift ipo^l ^^2:pb ju lefen) unb §afael bradj^te i^ncn im
ganjen ®renjgebiete ^^xad^ 9iieberlagen bei", lefen toir 2 % 10, 32. 3)er ungef%
ju gleich ^dt mit ^^^^n ebenfalls burc^ Äönig^morb auf ben 2^ron bon 3)amalf ge=
langte «fiafael (2 Sg 8, 7—15) toar einOegner, bem ^cbu tro^ feiner „tajjfem I^aten''
(10, 31) nic^t geh)ad(ifen toar (f. S3b VII, ©. 453,23). 2)ie« Ünglücf im «ramäerfriege
35 loirb 2 Äg 10, 31 barauf jurürfgefü^rt, bafe 3e^u ben Rälberbienft in 3«rael l^at befleißen
laffen, loä^renb ba« 38erbleiben feinei^ ®ef(|led{>te« burc^ 4 ©lieber im 33efi$ ber Äronc
ate So^n für bie Ausrottung beS SaalbienftcS bejeic^nct toirb (SS. 30). 3)a« fmb
Urteile bom ©tanbt)un!te beS SJerfafferS beS ÄönigSbuc^e« au«, ber bie Äönigc ba-
nac^ fd^ä|t, loie bie grofeen beuteronomifc^en ©runbfä^e be« alleinigen gja^bebienftc« unb
40 beS DpferbienfteS nur beim 2emj)el auf 3ion burd^ fte jur ©eltung gebraut toorben fmb
ober nxii)t Sffiir aber muffen unS aud^ über bie il^aten, tooburc^ 3^^w fidji beS X^roncö
bemächtigt l^at, ein Urteil bilben unb über ben 2lnteil ber eifrigen Vertreter be« alleinigen
3a^bebienfte§ baran. ®S h)irb too^l gefagt: „ber mit unred^ten SRitteln erf oc^tene ©ieg ber
t)roj>l)etifdSien 5ßartei l^at fc^limme gtüc^te ge^^eitigt. (Sr l^at bie Äraft beS 3Solfeö im
46 Jtamj^fe mit Serien gelähmt unb fein ©ctoiffcn t)crte^t" (Stabe). 3)aS ift aber eben-
foloenig richtig loie bie früher getoö^lic^e 2lnfic^t, bafe ^e^uö §anblung«h)eife burd^auS
löblich getoefen fei.
SSor allem beftreiten toir eS, bafe S^^u i"^ 3)ienfte einer Jjroj^^etifc^en ^rtei
gel^anbelt ^abe. 3)urc^ nichts ift angebeutet, bafe feine ©albung burdji ben '^xop^m-
50 jünger ein toerabrebeteS 3^^^^" geloefen fei. . ©ie fteßt ftc^ unS bar aU eine unerlpartct
ben ®ang ber 2)inge in neue 33a^n lenfenbe j>ro})^etifd^e %i)at 6lifa«. Dafe fie folc^n
Seifall fanb, ift jum leil barauS ju crflären, bafe bie anbem ÄriegSleute toon "^tfyi^ gf^l^-
rung fic^ ®uteS berfprac^en, jum anbem 3:eil barau«, bafe feitbem ftd^ baS ®eh)iffen bc$
aSolfeS über baS bon 2ll;ab unb ^]^hd an 5Wabot bcrübte i^erbrec^en emjjört j^tte unb
56 ber 5)rol^f})ru(^ ßliaS barüber befannt getoorben toar, ftd^ baS ®efü]^l berbreitet l^tc,
ber©tem be« 2ll^ab^aufeS toäre im©infen. Unb nod^ eine anbere ©djjulb gab eS, bie baS
ÖauS mit feinem ©turje hü^m mufete. 2)er Saalbienft in 3^tael loar burc^ bie noc^ ol^
ÄönigSmutter lebenbe ^\d)d, toeld^er 3l^b, obtoo^l er bon ^a^be als bem ®otte feincS
aSolfeS nic^t abzufallen bad{>te, ^u aBillen getoefen toar, auS einer unflaren S^rübung ber
CO ^al^bereligion ju einem 3)ienft geh>orben, ber bicfer im Söettbcloerb um bie ©eete bcS
^^u ^ffia 641
33oHc^ fdnbltci^ gegcnübcrftanb. SDäo^I toar bag l^cilfam getoefcn, toeil c^ unter bicfcn
Umftänben bem ßlia ^atte gdingen lönncn, bem 3SoBe Hat ju mad^en, bafe neben S^i^öe
Saal ju tocre^ren, ben ®ott $^^raete, bcn Sebenbißen, verleugnen fei. Slber auf ba«
,Öau« Sll^ab tüar bie ganje ©^ulb be^ Saalbienfle^ ö^fommen unb toer bon bem Se=
tDufelJein burd^^brungen War, bafe ^^xad gal^toe« aSoK fein unb bleiben müfete, ftanb mel^r 6
über iueniger beh)u|t gegen bag Äönigg^aug. 2)arum fonnte ßlifa^ ©(|ritt fo bur^q^
fc^iagenben ©rfolg ^aben bei ben Srieggleuten unb fonnte ^tf)n^ Unternehmen bann fo
leidet gelingen. 6^ ift al\o, um ben Hergang ju begreifen, nid^t nötig anjunei^men, bafe
ßlifa unb eine bon il^m angeführte Partei f^on bor^er mit ^ci}\x unb anberen ®rö^en
im eint^erftänbni^ gch)efen fei. 9lur mag auf ®runb bon 1 Äg 19, 15. 16, h)0 erjä^It lo
n)irb, bafe bie Salbung ^c})\xi fc^on bem 6lia bon ®ott aufgetragen toorben fei, an-
genommen hjerben, ba| bie ßrfenntnig, ^^^u loöre baju beftimmt, ba^ ©trafgerid^t am
§aufe 3ll^ab^ ju bollgie^en, ein SBermäc^tni^ be^ 6lia geloefen toar. Db anberen 3}er=
trauten bat)on SKitteilung gemacht toorben tüar, ift unferem SBäiffen entzogen; burc^ 10, 15f.
Joirb e^ nic^t loal^rfc^einlid^ gemad^t. i6
ßlifaö %f}at ift femer nic^t ate ein toon i^m erfonnene^ SKittel ju einem ju erreic^en^
ben ^to^i aufjufaffen. ©ein })ro})^ctifc^er Slidf erlannte in ge^u ben Släc^er g^^be^ an
bem baalbienerifdjjen Äönige^au^ unb ben 3wftörer be^ Saaluntpcfen^, unb ber ®eift fagte
i^m, je^t h)äre ber SJlugenblidE gelommen, hjo er al^ ber SeboIImäc^tigte ®otte^ ju l^am
bcin i)ättc. 6r i^anbelte au^ innerer SRothjenbigfeit l^erau^. SDafe aber ber ^royl^et ju 211
©m^örung unb ©etoaltt^at ben Slnlafe ju geben ftc^ berufen füllen fonnte, erflärt fid^
barau^, ba^ folc^ gehjaltjame^ SJerfa^ren jum G^arafter ber ^^t unb be^ 2anbe^ gehörte,
u>o äufrul^r unb SRorb bie 3)^naftien h^ec^feln liefen, unb ba^ Siecht auf ben 2^ron,
lüclc^e^ Dmriö §auö fonft no^ üWa gel^abt l^ätte, afö burc^ feine Übelt^aten bertoirft be*
trachtet h)crben burfte. ©ö jeigt ftc^ aber aDerbing« barin auc^ beutlid^, h)ie bie alttefta- 25
mentlid;cn ^ro^l^etcn nid;t unbebingt boDfommene 3Sertreter ®otte^ getoefen fmb (h)ie
ßngel), fonbem 9)?änner an^ bem ©toff i^re^ SSolfe^ unb i^rer 3rit; bon ®otte^ ®eift
behjegt unb erleuchtet, aber bod; ni^t unabhängig bon ber 3)cnfhjeife i^rer 3^i^Ö^»offen,
®otte^ treue Diener, aber h)egen ber 3Kängel i^re^ Segripbermögen^ bod^ ungefüge
Söerfjeugc feinet 3iatt^, burd; toelc^e nur ber^öltni^mäfig ®ute^ angerichtet lüerbenao
fonnte, ba^ au^ ber Sage ber 2)inge unb an^ ben 3wfömmen^ängen ber §eil^efc^id^tc
l;aau^ beurteilt toerben n\\x%
enblid; ift aud^ nic^t anjune^men, ba^ bie ^ro})l^eten unb %tommm feiner ^Ät an
ber rüdfic^t^lojen ®raujamfeit, toomit ^d)n berfu^r, feinen Slnftofe genommen l^ätten.
JUenn au^ (Slifa unb feine^leic^en babei mel^r baran gebac^t ^aben, loie j)ünftlic^ ®otte^ 36
Strafbro^ungen in (SrfüUung gingen, afe baran, bafe 3e^u ftc^ toerfd^ulbete, fo mufe bod^
barau^, tuie |\h)ei 3Renfc^enalter f})äter §ofea bem §aufe 3«^u ^^0^ ^^ Slutfc^ulb toon
!^efreel ben Untergang angefünbigt l)at (§of 1, 4), gejc^loffen h)erben, ba^ bie ^ros
)pl;eten bie ©tröme 95lute^, bie ^^1)vl toergofe, mit ©raufen l^aben fliegen feigen.
3^e)iJ^ta* — 3)ic Kommentare jum SRIditcvbuc^e uon ©liibcr, Keil, ßoffel, 83ertl)eau,
.^aruci), Ottli, ^bore, S3ubbc u.a.; 5Reu6, @JefcI). b. ^eil. Schriften ?llt. Icft.^ 131 f.; 58cll*
(laujeu, Kom^jofition beS C^ejoteucft« 1889, 228 f.; SBubbc, JKid)ter u. Samuel 125 ff.; ÖJ. Kai*
l)üff, 3ur OucHcnfriti! bc§ iRicftterbiic^e«, ^ro^r., Slfd)erölcben 1893, 20ff.; JJranfcnberg, ^ic
ilümpofition be§ beutcrünomljd)en IRic^tcrbucÄe« 1895, 35ff ; Kuenen, Historisch-critisch 46
Oiidorzoek^ 1, 349f.; ©tüolb, ©efc^. b. SBoIfcö 3§racP 2, 551 ff.; Stabe, ®cirf)ic6tc beS «.
^övacl 1, 08; Köftler, S3iblifd)e ©cfc^. b. 9lit. »unbed 2, 1, lOü; Kittel, ®efd|. b, .^ebröcr
2, 79 ff. — Cappelhis, Diatriba de voto Jephtae 1083; Dresde, Votum Jephtae 17G7;
SHeinfe, öeitr. j. (Srtlärung b. «2: 1, 419 ff.; .&engftenbevg, öeitrüge 5. Einleitung in b. 91X
3, 127; Kurt, ßlX^ 1873, 209ff.; ®erM, cbenb. 1859, 417ff.;* ?lubcrlen, 2:t)6tK 1860, 50
fiiOff.; König, Die ^Hauptprobleme b. Israel. SHeligiouSgefc^. 74; ©offel, $9?(£* 6, ölOff.;
(^olbsi^cv, 3)cr 3Kl)t()o« bei bcn $)cbväern 1875, 113ff.; ^. ©c^mlf, 9lltteft. ^M-* 79;
Smeub, 9lltteft. liRcllgiünSgeic^. 114; ScHin, Beiträge jur igrael. unb jüb. SReliglonSgcfcIj. 1,
200 f.; Kampl;aufen, Da§ SSer^ältni« b. ^cnfc^enopferS j. iäroel. ^Religion 46 ff.
1. S)ic ®efc^id{>te 3e))l^ta« (nr??, LXX hff&ae; aU Ortsname ^of 15, 43; bgl. 66
bcn ^crfonennamen !^;n?^s unb ben Ortsnamen '^wSi-nns:-) ^^of 19, 14. 27) finbet fic^
nur im Slic^terbuc^e 10, 6—12, 7. 2)urc^ eine ^nbafion ber Slmmoniter famen bie^g^
raclitcn be^ Oftjorbanlanbe« in eine fo grofee 3lot, bafe fie fid^ entfd^loffen, einen 9)lann
9{amen^5 "^cpt^ta, ben fic früher hjegen eine^ auf feiner ©eburt rul^enbcn 3Rafefö axi^ i^rem
^anbc bertrieben l^atten, unb ber bann im £anbe3:ob (2©a 10,6. 8 t)gl. 1 3Raf 5, 13)60
Stcar^OrncDMopAbie für 2:^eolog{c unb STinJ^c. 3. 8(. Vlll. 4.I
642 ^ffta
aU iQäiipÜmQ einer ^eibeuterfd^ar gelebt l^atte, jurüc!^urufen unb il^m bie ^ül^rung im
Äamjjfe gu übertragen. 3^^^^ lüUIigte ein, naqbem bie ©ileabiter feierfid^ \>ix\pxvdfm
\)attm, i^n md) bem erhofften Siege al^ il^r §auj)t anjuerlennen (11, 1—11). ©ne
SJer^anblung jtoifd^en ben J^nben unb ^^f^ia, in toeld^er er ba^ Unbegrünbete i^rcr
sanfrrüc^e nad^toeift, fül^ ju feinem SRefultate (11, 12—28). ^epf^ta beginnt be^^
ben Stampl nad^bem er 3!<^öe gelobt ^atte, i^m, foH^ er fiegte, benjenigen d« Sranbc^er
ju oj)fem, ber il^m juerft au« ber X^ür feinet $aufe« entgegenträte. 6r gen)innt einen
glänjenben Sieg über bie Slmmoniter; ate er aber nac^ ber ©tabt 3Ki«t)a jurüdte^,
ifommt i^m Jeine Sodjiter, fein einzige« Äinb, an ber ©t)i^e einer ©d^r tanjenber unb
10 fj>ielenber SÖeiber entgegen. 6r tüirb )oon 3Senh)eifIung ergriffen, ba er fem ©elübbe
nic^t ju brechen toagt ; feine 2:od^ter erllärt fic^ bereit, ba« ju leiben, hm« er gelobt ^otte,
bittet aber nur um eine ^ft bon 2 5Konaten, bamit fie im SSerein mit il^ ©eft^idtn^
nen i^re ^ungfraufc^aft auf ben Sergen betoeine. 3la6) ä(blauf ber jtoei SRonate te^
fte jurüc!, unb ber SJater boHjie^t fein ©elübbe. ^um änben!en an bie« £)})fer feierte
15 man in S^rael ein jä^rlid^e« %c\t, bei toelc^em bie SBeiber öier läge long über ba«
©d^idfal ber %od)ttt ^c^f)ta^ Hagten (11, 29—40). 2)en ©d^Iufe ber 5et)^tagef(^ic^te
bilbet eine 6})ifobe, in toeld^er bie ®j)l^raimiten bem gelben bittere SJortoürfe machen unb
il^n mit ber 3^törung feine« §aufe« bebro^en, toeil er fie nid^t jur 3;eilna^mc am
Äam})fe aufgeforbert ^atte. ^^)^l)ia antwortete, bafe er fte öielmel^r öergebli^ ju ^ilfe ge=
20 rufen l^abe unb fdjilieyid; genötigt toar, ben Jtrieg auf eigene ^öuft ju führen. 6« fommt
nun ju einem Äamj^fe jtoifc^en ben bciben ©tämmen, in toel^em bie ®lp^aimiten tyoÜ-
ftänbig gefc^lagen toerben. ^amit niemanb bon il^nen enttomme, befe^en bie ©ileobiten
bie ^orbanfurten unb ti^ttn aUe, bie burd^ bie 9lu«f))ra(^e be« SBorte« ©d^ibboletl^ al«
©ibboletl^ (mit c) i^ren ejj^raimitifdSien Urfjjrung öerraten. auf biefe SEBeife fallen
25 42000 gp^raimiten. ^^i}ta l^errfc^t bänac^ fec^« ^a\^xt al« ©d^ofet, \üonad^ er fHrbt
unb in 5)?i«pa (fo ift toal^rfc^einlid^ ju lefen) begraben toirb (12, 1—7).
2. Unterfud^t man ben 2!ejt biefer eigenartigen ©efd^idj^te ettoa« nöl^, fic^t man
balb, ba^ fte, bie fte borliegt, nid^t al« einl^eitlic^e ^arfteUung betradj^tet toerbot tonn.
92ic^t nur muffen h>ie getoöl^nlid^ in ben ^elbengefd[iid^ten be« Stid^terbud^ bie etnra^
jjo menben 3Serfe mit i^ren djironologifc^en unb Jjragmatifdjien Slngaben au«gefd^teben n>erben,
fonbem auc^ toa« babon übrig bleibt, ift betttlidji nic^t au« @inem (Suffe, ©d^on ber
©ingang ber ßr^ä^lung 11, If. mad^t einen unflaren ©nbruc!. SSSenn i^f)ta ^ier ber
©ol^n einer Sul^lerin genannt loirb, mu^ man annel^men, bafe bamit angegeben toetben
foU, bagi fein 98ater unbefannt toor. Slber fofort hjirb l^injugefügt, bafe er ein ©o^n ®i=
.% leab« mit einem frembeu SBeibe fei, unb ba^ bie legitimen ©bl^ne ®ilcab« i^n be«h)egen
avL^ bem i>äterlid{>en 6rbe bertrieben l^ätten. 3)ie« ift an unb für fidji aufföBig, ba ®u
leab feine ^crfon, fonbem Sejetc^nung einer Sanbfc^aft ober beren Setoölferung h>ar; unb
aufecrbem ftimmt e« nic^t gu 33. 7, tDonad^ bie älteften ®ileab« 3^^*^ gel^fet unb
au« bem $aufe feiner SJäter bertrieben l^aben. ^ner beginnt mit ^. 12 ein Slbfc^nilt
40(11, 12 — 28), ber fid{> in biefer Umgebung red^t fonberbar au«nimmt. auf ben im
je^igen Xejte ol^ne beutlid^e SJerbinbung ftel^enben 11. SJer« (unb ^^l)ta rebete aU feine
SBorte an 3löl^be in 3Kie))a) folgt nämlidji eine toeitläupgc SSerl^anblung, bie nadSih>eifen
foU, ba^ bie 2lmmoniter ol^ne jebe« Siecht auf ba« £anb ber gileabittfdSien 3«raeliten än^
\pxvid) mad^en. aber fc^on 33. 15 Serben bie 5)?oabiter neben ben Slmmonitem eingcfü^,
40 unb im toeitercn 33erlaufe ber SJerl^anblung ift au«fd^licyi(^ bon i^nen unb nid^t bon ben
SKmmonitern bie Siebe, ^n engem änfc^lufe an 9iu 20, Uff. toirb gezeigt, loie bie 3^^
raeliten auf il^rer SBanberung nac^ Kanaan ba« moabitif^^e ®ebiet unbehelligt liefen unb
nur ba« nörblid{> bom älmon gelegene 2anb be« Slmmoniterfönig« ©i^on eroberten ; 95. 24
forbert ^cpl)ta bie ®cgner auf, fid^ mit bem ju begnügen, toa« Äemofdji, alfo ber ®ott
üO ber TOoabiter, il^uen gefc^enft ^atte, unb ben ^«raeliten ba« il^nen bon 3^1^^^ berlie^c
2anb ^n laffen; 33. 25 f. erinnert baran, ba^ toeber 33alaf noc^ irgenb ein fjKiterer moa=
bitifc^er König bi«^er baran gcbac^t l^abe, bie nörblid^ bom Simon gelegenen ©täbte gu
reHamiercn. 9iebm biejcn ;\u einem Slmmoniterfönige toenig ftimmenben 3wgen entölt ba«
©tüdt 11, 12—28 norf) eine SDäenbung, bie na6) bem anfange ber 3^f^tögefd^ic^te nid^t
55 rec^t ^affcnb ift, nämlic^ 33. 27, tt>o ^tpl}ta ben angriff ber geinbe al« ein il^m felbft
zugefügte« Unrecht bc^ei^net unb feine boDftänbige Unfd^ulb ben ®egnem gegenüber be^
teucrt. ®er folgenbe Slbfc^nitt, too ber Ramp^ unb ba« ®elübbe Se))l;ta« erjÄ^lt n>crben,
bcrläuft, bi« auf bie fonberbaren Drt«beftimmungen 3?. 2\) Q^p^ta bereift ®ileab, üRa-
naffc unb 9Jli«va in öilcab) unb 33. 33 unb bie bop})elte Angabe be« 2lnfange« be«
CO Ärieg« 35. 29 unb 32, flar unb einl^eitlid?. Slber mit bem anfange ber ®ef(^i<^te l^r*
moniert er md)t Qut, bcnn ^^f}ta Ijat fein eigene^ JRaud in 3flx^pa (3S. 34), unb c^ ift
t)on ben @cf})ielinnen feiner S^oc^tcr bie Siebe, toa« bei einem foeben einberufenen ^ei*
beuter tüenig natürlich ift. Sluc^ ber ©d^Iufeobfc^nitt ift an unb für fic^ Ilar unb flie^enb,
ba ber SD3iberfj)rud[i jloifc^en ber Slnflage ber ®})l^raimiten unb ber ©egenbemerfunfl
3e))^taö, er l^abe fie au^brüdlic^ jur 2!eilna^me am Jtam^}fe aufgeforbert, bodSi hjol^l bom 6
ßr^ä^ler felbft beabfic^tigt ift. aber bei ber SSerbinbung biefer 6j)ifobe mit ber übrigen
©efd^id^te entfielen nid^t geringe ©c^loierigfeiten. 9?on einer angeblichen Slufforberung
an bie ©v'S^^öimiten ^ören h)ir nic^t^ im 11. Äa))itel, fo bafe beren 3^0 0ö"J unborbe«
reitet fommt. Sfufeerbem berfte^t man nid^t, in hjeld[|em SSer^ällniffe oer ©trcit mit ben
6))F^raimiten ju ben }h)ei 3Jlonaten fte^t, in benen bie 2!oci^ter i^r ©c^idtfol betoeint. 3)ie lo
©p^raimiten hjerben loo^l mit i^ren S?orh)ürfen nic^t fo lange gekartet ^aben; aber anbe^
rerfeitS fann man M faum borfteHen, bafe ber bentoeifelte 3Sater ftc^ loä^renb biefer ßcit
mit berartigen i^erl^anblungen unb ©treitigleiten foute befc^äftigt ^aben. Über^auJ^t ma6)t
ber ©c^lu^abfc^nitt nad^ ber ^oben Iragi! be^ bon ^^f}ta gebradj^ten Dj)fer^ einen ftören*
ben profaifc^en ©inbrudf, loogegen fic^ tool^I faum ein Sefer boUftänbig ^at toel^ren tonnen, is
Um biefe Unebenheiten ju erllären, J^aben mel^rere eine fj>ätere 6m>eiterung be«
IJe^l^ta-Xejteö burdb fefunbäre 3i"^^^o'f^^i<^'^^'^ angenommen. SlamentUc^ f)aUn biele
(i\. S. Slölbefe, 2Beul^aufen, Äuenen, ÜRoore, gfranlenberg) bie ganjeSerl^anblung jtoifc^en
y^ipl}ia unb ben Slmmonitem 11, 12—28 al« einen ber^ältnidmä|ig jj>äten ßinfc^ub auf-
gefaßt unb bie urfjjrünglic^e 5Jo^^u"ö bon 11, 1—11 in SS. 29 ff. gefunben. 9lber2o
gegen biefe §^))otl^efe fmb §oIjmger unb 35ubbe mit fc^toertoiegenben Oe^engrünben auf-
getreten. ®erabe bie 6igentümlic^!eiten be« 2lbfd^nitte^ 11, 12—28, bie un« nötigen,
bie^ ©tue! bom SBor^erge^enben abzutrennen, jeigen jugleid^ fc^Iagenb, ba^ er nic^t
ba^ SBerf einer fj}äteren 3nterj)oIation fein fann. 3)ag ganje ©tücf ]pxi6)t, loie oben
bcmerft, fo beullic^ toie möglich bon einer geinbf^aft jtoifc^en SWoab unb ^^xad, 26
unb bie 9?erfe, in benen bie SÜmmoniter genannt toerben (^. 12—15. 27), fmb ebenfo
bcutlid^ bon berjenigen $anb geänbert ober foncij>iert, bie bie ganje 6^ifobe mit bem
aimmoniterfriege 3c>>l^ta^ in 3Serbinbung bringen tooHte. 3)ann ^aben h)ir aber ^ier un«
^iDeifell^aft einen felbftftänbigen Serid^t, ber auf eine befonbcre, neben ber Srjä^Iung bon
:^c)}^ta^ 9lmmoniterfriege befte^enbe Duette l^intoeift, unb ben ein SRebaftor mittete ber auö so
ä[;nlici^en gätten tpo^Ibefannten Umgeftaltungen unb gwtl^öten mit ber anbem ©arftettung
fombiniert l}at Sl^nlic^ ber^ält e« ftd^ mit bem ©c^lu|abfd^nitt 12, 1—7. äuc^ \^n
hjoßen SßJett^aufen unb ^anfenbcrg ate eine f})äte :5nter})oIation betrachten, beren 38er«
faffcr bie Gjjifobe m^ ber ®ibeon=®efc^ic^te 8, 1—3 ateSlufter benu|t ^aben fott. Slber
ber fleinc Slbfc^nitt enthält einige fo c^arafteriftifc^ 3^9^^ bor ottem in ber (Sr^äl^Iung ss
bon ber ©c^ibboletl^-^probe, bafe eine fold^e ©rflärung ate gan^ unbefriebigenb bejeic^net
toerben mu^. SÖenn nun aber, tote oben ertoäl^nt lourbe, biejer Stbfcf^nitt mit bem un-
mittelbar 38orberge^enben faum )u berbinbm ift, fo \pxxi)t bie l^ö^fte 9Ba^rfd{>einlic^feit
bafür, bafe au^ ^ier berfc^iebene Duettenau^jüge borliegen, g^ entftel^t fomit bie ^age
ob biefe bcrfc^iebenen ^agmente fic^ ju jufammen^angenben Quellen fombinieren laffen, 40
unb l^ier ift e« ben Unterfuc^ungen ^oljinger« unb 35ubbe« gelungen eine Kom-
bination aufjuftetten, bie jebenfate im l^öd^ften ®rabe beac^ten^roert ift. »^oljinger ber«
tueift auf ben oben berührten, fd^on bon 3Kel;rercn ^erborgel^obenen S5Jibcrfj>ruc^, ber jnjifc^en
bem Slnfange ber ^e^jiti^agefc^id^tc unb ber ßr^ä^lung bon ber D))ferung feiner %oi)ttt
bcftcl^t. 3la6) jenem ift 3ej)^ta ein au^ feiner .^einwt uerfto^cner JJreibeuter, ber erft jefet 46
l^urücfgerufen n>irb, um bie ämmoniter iu befämj)fen; nac^ biefem befi^t er &an^ unb
;S^of in 9Jii^a. älfo liegt e« na^c bie 6r3ät;lung bon feinem Dp^tt mit bem ^Dloabiter*
abfc^nitte ftatt mit bem ämmoniterfriege berbinben. Sine loeitcre ©tü^e für biefe Äom«
bination finbet ^ol^inger in ben in i^rer je^igen Raffung fe^r unflaren Drt^ngaben
1 1 , 33. 3)er l^ier borfommenbe 9lame „Slroer" bezeichnet nämlic^ nur einmal eine auf 50
ammonitifc^em ©ebiete liegenbe ©tabt Qo] 13, 25), fonftaber immer, h)ie auc^ in ber
!3c))l^tagefd^ic^te felbft 11, 2G, einen am 5Worbranbe be« 2lmon^ gelegenen Drt (baö jefeige
^Ara'ir). „3Kinni^" lag nac^ ßufebiu^ nid^t tt>eit bon ber moabitifc^en ©tabt §e^bon.
Unb enblic^ \)at bie LXX xu 3?. 33 ein im ÜJlafforatejte fel^lenbe« ecog IkMv äxQig
\ii}viüv, basJ ebenfatt« nac^ SWoab l^intoeift. Seac^tet man nun, baft 35. 33 neben ber 55
einen Slngabe bei§ Slu^ang^unfte« eine bop})elte 2lngabe berSRic^tung (bi« gegen 5Kinnil^
f)in, unb biö nac^ Slbel Jteramim) entl^ält, fo ift e^ in ber 2^at fel^r toal^fc^einlid^, baß
(>icr ^agmente eine« Slmmoniterfelbzugeig (2lbel Äeramim) unb eine« 53foabitcrfelb=
3uge« fombiniert ioorben fmb. ©el^r gut ftimmt e« nod^ mit biefer ßwfammenftettung,
ba^ ber in 3Ki«^a tool^nenbc ^eerfül^rer l3e})l^ta in ben SJer^anblungen mit ?JJloab ben eo
41*
644 ^¥^
änöriff aU ein il^m jclbft jugefügte« Unrecht (11, 27) bcjcid^net, fohjte aud^ auf bicfe
SEBeifc bie SBcnbung 33. 36: 3«^^^ ^^^ ^i^ S*«?^^ über bctne gcinbc öcrfc^afft, ein uner»
toartctc« Sic^t cmj>fän9t. anbercrfeit^ finbet $oI«nfler in 11,29 tm^Bpux bcö im Bd^lu^
abfd^nitte öorau^cfc|tcn, aber im ie^igen 11. Sta^M fel^Ienbcn Seri(^te« bon ber bcrgefe
6 lid^en ätufforberung, bie ^^pf)ta an bie ßpl^raimiten gerid^tet l^atte. ®d l^ei^t nämltc^
^l 29, ba^ 3le})l^ta nic^t nur burc^ ®ileab, fonbem auc^ burd^ 3Kanaj|e gog. Dl^ne
näi^üxc Scftimmung ift „9Jlanafle" nad^ ber am näc^ften liegenben äuffajfung ber toeftftd^
bom ^orban tool^nenbc ©tamm, unb fo fc^eint toirllid^ biefe im je^igen 3ufammen$ang
l^öc^ft auffällige Slngabe auf eine Steife 3(il[|tag nad^ bem SBefliorbanlanbe l^ingutoeifen.
10 S)urc^ eine Äombination biejer t)erfc^iebenen güge lommt ^oljinger bann ju bem SReJuUate, bafe
bie borliegenbe rjjejj^tagefc^id^te auf jtoei felbftftänbigen, ineinanber gefc^obenen Duetten beruht
2)ie eine er^äl^lte, loie ber an^ ber ^eimat berftofeene ^^pf)ta jurüdEgerufen tourbe, um
bie 2lmmoniter ju hdämp^m, loie er nai) einem bergeblic^en SSerfudji, §Ufe im SlBe[tj|orbans
(anb ju finben, gegen bie ^nbe gog unb fie befiegte, unb lüie er nad^ bem ©iege noi^
16 einen Uamp^ mit ben eiferfüc^tigen 6})^raimiten ju befleißen l^atte. 3la6) ber anberen jog ber
in 'Sli^pa too^nenbe ^^i}ta gegen bie SDloabiter unb tbat bei biefer ®elegen^eit fein ber=
J^ängni^boHeiS Oelübbe, tooburc^ er gejloungen hjurbe, feine eigene lod^ter ju ot)fem. Ob
biefe SRefonftruÜion, berSSubbe ftc^ angcfdbloffen l}at, unb bie er burc^ ben 3lad^toei« ber
Weiteren SSertoanbtfc^aft jener beiben Queuen ju ftü^en fud^t, überall ba^ Slic^tige trifft,
ao mag bei ber Jlnab)}l^eit bed ^aterial^ unfic^er bleiben, aber im großen unb ganjen
ma^t fte jebenfaU^ einen ^öd^ft überjeugenben (Sinbrudt unb bermag bei meitem befler
bie ßigentümlid^feiten be^ 3:ejte^ ju erllären atö bie 3nter})olation^]^^})Otl^eJe.
dagegen fc^eint am anfange be^ 11. Rap. (bgl. oben) loirllid^ eine felunbäre ^nter«
})olation borguliegen. älHerbing^ i}at bie LXX l^ier einen glätteren 2:ejt: xal amog
25 vloq yvvaixog ndgvrjg, fi lyewrjoev (ober : xaX hexe) rcp Fakaad rov le(p^a ; aber
bie^ ift aller ^al^rfc^einlid^feit nac^ nid^t bie urf))rünglid^e, fonbem eine j^urec^tgetegte
Se^rt. 3)ann laffen fic^ aber bie Seftanbteile ber Slnfang^berfe nic^t auf bie beiben ers
ioäl^nten Duellen berteilen, ba bie eine bon biefen, fo loeit loir fc^en fönnen, bie unechte
(Seburt ^^^ta^ nic^t berührte; unb fo mu^ too^l bie (Srtoä^nung @Ueab^ al$ SSater^
80 3e))^taö afe unechte ©noeiterung betradj^tet loerben, um fo mel^r, ba äu^brücfe toie ^^-*^
bom 3Sater unb bie ^ßerfonififation ©ileab^ in eine \päit 3«it l^inab^utoeifen fdjieinen.
3. 2)ie fo gewonnenen fcitifd^en Slefultate finb für bie Beurteilung ber (Sefc^id^tlid^
!eit 3c>>^ta« bon mefentlic^er Sebeutung. Segen ben l^iftorifc^en ©^arafter be« Berichte«
bom 2lmmoniterIriege läpt fic^ nic^t^ geltcnb machen, befonbcr^^ toenn man bebend, baft
36 allerlei lonfrete ß^gc biefer Quelle burc^ bie Kom)}ofition berloren gegangen gu fein
fc^einen. Z^p^^Oi ift nac^ biefer S)arftellung ein au^geftofeener 3Kann nad^ ber ^rt ber
arabifd^cn chula'ä (bgl. ^acob, ^ilttarabifc^e« Sebuinenleben 225 ; Sd^ult^efe, Hatim Taj
ii5) unb l^at in feinem §reibeuterleben unb baburd^ gewonnener ^ofttion ein genauwJ
Slnalogon in ber ©efd^ic^te 3)abib^. 3ft ferner ber Slnfang bon Koj). 11, Wie man am
40 nehmen mufe, inter^)oliert, fo berliert bie 6rWäl;nung ©ileab^ i^re SSebeutung, unb fo
liegt fein au^reic^enber ®runb bor, "^^Ifia ate Heros eponymus eine« unberül^mten
ober boc^ nid^t für boll angefe^enen gileabttifd^en (£lan« (Stabe) ju betrad^ten. 3lud^ f))ridbt
bie Sifferenj jWifc^en ben beiben Duellen nic^t notwenbig gegen i^re §iftorijität, ba bie
Serfd^iebenl^eitcn ber 3(rt fmb, ba^ bie beiben ^Relationen auf berfd^iebenc ^^xi^ belogen
46 werben fönnen : auf ben Slnfang ber J^ätigfeit 3^^^?^^^ wnb auf einen fjjäter bon ijj;m
gefül^rten Srieg mit ben üKoabitem (bgl. ä^nlid^eig in ber ©efd^ic^te ©ibeon«). 2)a« SBid^-
tigfte ift aber, ba^ e« nac^ biefer DueUenfc^eibung eine ^Relation gab, bie bon bem Opfer
ber 2od^ter ^e^^ta« nic^t fprad^. 3)anac^ fann man nic^t mel^r bel^aupten, ba^ Sejj^ta
eine Sd;attengeftalt fei, beren ganxe ©efd^id^te nur i^re ^ointc in bem Dj>fer ber Sung*
60 frau ^abe unb jur ßrflärung be« ^efte« bicne. Welche« man alljäl^rlid^ in (Siteob ju ©l^ren
ber Xod;ter 3<*^iö^ \A^it (SöeH^auf en) , unb bamit fällt Weiter jebe Berechtigung
Weg, ^e^i^ta felbft cXa> eine rein m^t^if^je ©eftalt ju betrad{>ten. 3" einem fold^en
Slefultatc finb nämlid^ einzelne ©ele^rte Wie ©olbji^er unb §. Sc^ul^ gelangt. Weil fie
ben Serid^t bon bem Cj)fer ber 2od^ter ate l^iftorifterten ^Jl^t^uö betrad^ten. aber felbft
65 Wenn biefe 2)eutung begrünbet Wäre, müfete man ^öc^ften« eine 6inj>fro)}fung bon mi^tl^^i-
fc^en 3^0^'^^ ^"f ^^^^ l^iftorifc^c ©eftalt unb feinen neuen 3Rvt^u« anne|^men. Db e« aber
nötig ift, bie Cvfere)}ifobe a\i mifeberftanbenen ^R^t^u« ju faffen, ift im l^öd^ften ©rabe
^Weifelbaft. 3^^^"f^ü^ liegt in bem ©elübbe S^P^^ö« wnb feiner Sluöfü^rung an imb für
fid) nid^t^, Xoa^ baju nötigen fönnte, bo« l;iftorifd{>e ©ebiet ju berlaffen; benn Wa« l^ier
GO mitgeteilt Wirb, l;at bei anberen femitifc^en äSölfern ^Analogien, beren ^iftorifd^er ß^araltcr
Q^plfia 645
feftftc^t. ©0 opfert md) 2 Äg 3, 27 ber moabitijc^e Äönig feinen erftgeborenen ©ol^n
aU SBranbo})fer auf ber ©tabtmauer, ali er burd^ bie angriffe ber ^i^raeliten in bic
mifeerfte 9iot gefommen tuar. Sefonber« (e^ncic^ ift eine Don iabari (1, 1073 f.) mit^
geteilte ©efc^i^te au^ bem 7. nac^c^riftlic^en ^a^r^unbert. Sine %xau l^attc gelobt, i^ren
Sol^n ju oi)fem, faß^ ein bcftimmteö Untemel^men i^r gelinge. 211^ bie^ nun ber %dü 5
loar, begab fie fic^ nad; 3Kebina, um bie bortigen Slutoritäten ju befragen, h)ic ftc fid^
§u Der^olten l^abe. SlbbaDal^, ber Bo\)n Dmarg, an ben fie \\d) juerft ioanbte, erflärte,
bafe nad; bem ©ebotc Sllla^d jebe« ©elübbe erfüllt toerben muffe, bafe aber anbererfeit«
SlUai^ berartige Oj)fer Verboten i)aU. ©ie ging bann gu äbbaHab ibn 2lbba^, ber i^r
benfelben Sefc^eib gab, fte gugleic^ aber an ba« S5eif})iel 2lbb eI=?!JluttaIib^ erinnerte, ber lo
für ben '^aü, bafe er 10 ©öl^nc beläme, gelobt l^atte, einen bon biefen gu o})fem, fic^
aber mit (SeneF^migung bei^ Drafete bamit begnügte, ein Dpfer toon 100 Kamelen j|u
bringeit. 3"^^ltc>^ ^örtc ber bamalige Statthalter in ÜRebina bon berSac^c unb erflärte
bie Sntfd^eibung ber beiben 9lbbaQa^ für unridjittg: ein gegen 9lQal^^ ®ebot ftreitenbe^
©elübbe fei über^au^jt ungiltig, unb bie grau folle be^^Ib ällla^ um Vergebung bitten 15
unb feine ©nabeburd^ gute SBerle geh)innen. dagegen !önnte man mit toeit größerem Sted^te
einen Setuei^ für ben m^t^ifd^en ß^rolter ber ©rjä^Iung in ber jäl^rKcben g^ier fuc^en,
bei toeld^er bie gileabitifd^en ^auen bie 3;oc^ter 3^^ta^ beloeinten, namentlid^ ba bie toier*
tägige 2)auer be^ ^tc^, bie mit ber Segeben^eit in feiner 3Serbinbung fte^t, auf einen
fultifc^en 3"föntmen^ang ^injuloeifen fd^eint. Slber eö ift bod^ fe^r fraglich, ob biefer2o
@ine 3^0 ^^ ftanbe ift, bie &x\Qi)l\xnQ il^re^ ^iftorifc^en S^arafter^ }u berauben, unb ob
man nid^t Dielmel^r in Slnbetracpt be« fonftigen S^^ölt^ ber 3^,^tögefc^i(^te baran feft^
l^alten mufe, bafe ^ier loirflid^ eine ^iftorifd^ beranlafete ^ier borliegt (togl. Äuenen).
4. 3)a in ber 6rjäl^lung Dom ©elübbe S^^t^^ bon einem Srfa^e feine JRebe ift
(Dgl. 1 ©a 14, 45 unb bie angeführte arabifc^e ©efd^ic^te), fonbem e« 33. 39 einfad^ 126
(;eifet: er bottjog, tva^ er gelobt l^atte, fann bic 35arfteIIung nur fo berftanben loerben,
bafe ^^'pl}ia t^atfäd^lic^ feine S^oc^ter afö Sranboj^fer geoj>fert l;at. ©0 tourbe fie aud^
bon fämtlic^en älteren jübifd^en unb dj^riftlid^en ©rflärem aufgefafet, bie nur in ber Beur-
teilung be^ ©elübbe^ :Set)^tad berfc^iebener ÜReinung ioaren. dagegen ^at bie erft im
9)Jittelalter bon 2). Äimd^i aufgefteute ©rflärung, bafe ^^f)ta feine 3^oc^ter nid^t getötet, 30
fonbem bem 3)ienfte 3lö^be« getoeil^t f^abt, unter ben ^riftlic^en Ideologen biel SeifaH
gefimben. 3" ^^^^ ®egnem gel^örte Sut^er, beffen einfache unb fAlogenbe Semerfung:
man toiH, er ^abe fie nidjjt geoj>fert, aber ber 3;ejt fte^t flar ba, päufig citiert toorben
ift ; aber tro^bem l^aben biele proteftantifc^c äu^leger fid^ il^r angcfdSiloffen. daneben fteHte
6ap)}ellu« eine birefte Srflärung auf, toonad^ ^^^ta feine S^oc^ter nidj^t al« 33ranboj>fer 35
geo)}fcrt, fonbem nur <d^ SJerbanntc« (O't") getötet l^abe. 3)iefer leftteren 2)eutung fe^lt
e^ an jebem Sln^alt«j)unfte im 3^ejte, unb ba fie aufeerbem bie loirflid^en ©c^toierigfeiten
in fe^r begrenztem Umfange l^ebt, l^at fte in neuefter3rit feinen älnflang gefunben. 3)as
gegen finb no^ unter ben neueren D^eologm mehrere, loie .^engftenberg, Äeil, Sluberlen
(Saffel, Äöl^ler, Äönig u. a. für bie 3luffaffung be« D})fer« ate einer mit ßoelibat ber* 4«)
bunbenm SBeihe jum 3)ienfte be^ §erm eingetreten. ®afe man auf einen fold^en ©ebanfen
fommen fonnte, tft ni^t ft^toer ju berftel^en. 9Jic^t nur toar ein 3Jlenfd^enopfer an unb
für ftd^ ettoa^ Sebmflic^e«, fonbem man ^atte, folange man babon au^ing, bafe baö ganje
i^cntateuc^ifc^e ©efe^ bon SRofe ^errül^re unb aud| in ber Sid^teneit too^lbefannt fei,
eigentlid^ feinen anberen ätuötoeg. 3)a« ©efe^ berbietet nämlic^ auf^ ftrengfte 3Jlmfc^ms 45
o>)fer (fie 18, 21. 20, 2—5; 3)t 12, 31. 18, 10) unb giebt aufeerbem (2e c. 27) eine
2lntoeifung, h)ie man einen toegen eine« ©elübbe« ju o})fembm 3Jlenfd(ien burc^ eine genau
befammte ©elbfumme löfen fonnte (f. b.S. ©elübbe im 31% 93b VI ©.487,^); bgl. bie
d{>arafteriftifd^e SBiebergabe bon SRi 11, 39 im $ro})l^etentargume : ein 3Jlann barf feinm
©o^n ober feine %od)tct nic^t afö Sranboj^fer oj>fem, h)ie ^t^f)ia ^ ti)at, ber ben ^ßriefter 50
^inel^a« nic^t befragte ; benn ^ätte er ^inel^a« gefragt, fo ^ätt^ bicfer fie gelöft bur^ eine
erfa^fumme. älber nic^t^beftolomiger mufe biefer Srflämng^berfuc^ ate ganj berfel^lt be«
jcid»net toerbm. ©eine Vertreter betonm bor allem, bafe e« 38. 37 nic^t l^eifet, bafe bie ^^odj^ter
i^r Seben, fonbem i^re ^unöf^^^ufd^öft betoeinte. 3"öl^i^ überfe|en fie ben borle^ten
©afe in 3?. 39: unb fie erfannte (na^m) feinen SKann. 2)arau« fc^liefem fie bann, bafe i^rss
D^fer mefentlic^ in einem e^elofm geben beftanb. ®ine loeitere ©J)ur eine« fold^en, bem
I)ienftc ©otte« getoeil^ten, mit ßoelibat berbunbenen 2d>m^ loiffen fie 65 38, 9; 1 ©a
1, 22 5u finben, too bon SBeibem bie Siebe ift, bie am (Singange be« Heiligtum« 3)ienfte
tl^aten. 6« h)irb aber nirgenb« gefagt, bafe bieje SBeiber Jungfrauen loarm, bie ein ßölibat«^
gelübbe abgelegt ^attm, fo bafe mit biefer parallele nic^t« gewonnen ift. aufeerbem be* eo
646 ^pllta Sferemtad, ber ^xopfftt
beuten bie bctrcffcnbcn 2Borte 35. 39 md) ric^tiöcr B\)r\iai r\\i)t, ba^ bicXoc^ter na(^^cr
leinen ^ann ertannte, fonbem ba^ e$; bamald nodji nic^t gefdjie^en h>ar; unbbag fte i^e
gunflfraufc^aft betuemt, befagt nur, h)ie bitter i^r lob baburd^ tpurbe, bafe fie ate3""9'
frau fterben foHte, ol^nc ®attin unb SRutter eineö ©efc^led^te^ getoorben ju fein, ^n
6 Setreff beö entfd^eibenben Sl.aSerfe«, toorauf 33.39 au^brüdlid^ jurücftoeift, ^errfd^t unter
ben Sßertrctem ber geiftigen Umbeutung ein bebenllidjie^ ©d^lDanlen. 3Kel^rerc tootten,
naö^ bem aSorgange Äinu^i« bie ©ö^e bi^junctib faffen; toer mir juerft entgegen tritt,
foD (fate e« ein 3Henf(i^ ift) ^a^be gehören, unb (faH^ eö ein lier ift), oI« öranboj^fer
geoj)fert tocrben, ein ©ebanle, ber offenbar nid^t burd^ ein einfach „unb" au^Ärüdt
10 toerben lonnte. ©benfo unhaltbar ift bie bon Äö^ler borgefc^Iagene conjunhitje tJöRu^Ö*
iDonad^ ^^l)ta gelobte, ben i^m ßntgegentretenben S^^toe ju eigen ju übergeben unb gu-
gleich ate 33ranboJ)fer ju oj>fcm, toa« mittete ber £e 27, 1 ff. angegebenen ©d^ä|ung^
fumme auö^ufül^ren fei — unb nid^t h)eniger bie bon Sluberlen borgejogene (SrHärung,
nad^ toelc^er ^ipJ^ta ben il^m ©ntgegentretenben ^af)p^ toeil^en, unb au|erbem ein 2:icr=
16 oj>fer bringen tooHte, toonad^ baö ©uffij in "iti'ri'^brr:-! batibifd^ fein foß. 3JJit Se^t
l^ben ^engftenberg unb Jteil erlannt, ba^ bie beiben @ä^e ibentifdji fmb, inbem ber
jlDeitc ben erften nöi^^er erflärt, aber tro|bem glauben fie ba^ ertoünfd^te Sefultat baburd(^
erreichen ju lönnen, bafe fie fc^on l^ier ba^ 2Bort i^'^nr \)on einem geiftigen D})fer öerfte^en.
Slber bann muffte ber2^ejt boc^ auf^irgenb eineSSeife eine Slnbeutung geben, loorou« man
20 erfel^en lönnte, bafe ber 3(u^bru(! ™"- J^'^^~ an biefer ©teile eine gan^ anbere Sdeutung
l^aben foH ate fonft. 3)ie« ift inbeffcn fo toenig ber ^H, bafe bie ganje ©rjä^hmg über-
i}aupt nur einen ©inn giebt, toenn bie 2^od^ter loirflidj geoj>fert toorben ift. 9lur unter
biefer SSorau^fe^ung finb bie SJerjtoeiflung be^ SSater^ unb bie Älage ber iod^ter begreif-
lich. 5Dafe ein SKäbd^en unberl^eiratet blieb, lourbe loo|^I Don ben S^taeliten ol« ©d^mad^
26 em))funben (gef 4, 1), aber ettoa^ Unerl^orte^ toar e« nic^t. Unb merlioürbigertoeife über-
fielet man, ba|, je eifriger man bemül^t ift, burd^ bie ^eranjiel^ung ber bienftt^^uenben
Sffieiber u. ä. Analogien jjum Dj>fer S^^^ta« nac^jutoeifen, ber gange gaU um fo getoö^n-
lid^er toirb unb um fo übertriebener bie SSerjtoeifiung ber .Oauj)t})erfonen. 38or allem (Aer
toürbe auf biefe SBeife bie jum Slnbenlen an ein folc^eö ßreigni« geftiftete Sabreefeier
80 einen bebenöid^en ©tic^ in^ ©currile annel^men, toä^renb fie je^t ber ergreifenbeti 2^ragif
ber Keinen ßrjöiS^lung einen entfjjrec^enben aibfd^lufe toerleiF^t. 6^ bleibt alfo babei, bafe
ber %^t bie realiftif^e äuffaffung gebieterifd^ forbert, unb in SKirHic^Ieit bietet biefe (Sx^
Härung bei einer l^iftorifd^ rid^tigen Sluffaffung ber altteftamentlic^en Sleligion leine
©c^toierigfeiten bar. 2)a^ bie ätnfängcr ber antijjroj^l^etifd^en S^^öereligion in f})ätcren
35 Seiten ^al^Ue 9Kcnfc^enoj)fer bargebrac^t baben, ge^t au^ ^er 32, 35; ©g 20, 25 f.;
2 Rg If), 3. 21, 6 \)qI SBli 6, 6 f. beutlic^ ^ert)or. aber auc^ ben trägem ber pro^
})^etifc^en SReligion lag ein folc^er (Sebanfe ni^t öoUftänbig fem, toie bie ©rgälj^lung bom
Dj>fer 3faate ®en c. 22 (ögl. Qi 27, 28) jeigt. Unter biefcn Umftänben berfte^t man
unfd^toer, ba^ ein 3Jlann toie ^t)i>l)ia in einem ber^ängni^boÜen 2lugenblicfe fid^ ju einem
40 berartigen ©elübbc l^inreifeen laffen fonnte. 2)a6 er an einen SJJenfc^ai unb nid^t an ein
lier gebac^t l)at, jeigt ber einfache Söortlaut feinet ©elübbe^, unb folglid^ mufete er
mit ber SKöglic^feit red;ncn, ba^ e^S feine 2;od^tcr fein fonnte, bie i^m juerft entgegen^
träte, ba bie bon einigen berfud^te 2lu^rebc, ba^ bie 3u"öf^^w<^>^ ^^^^^ «u^ bem §aufe ju
geben ))flegten, bon 3leu| mit Stecht ate erbärmlid^ bejeid^net toorben ift ©erabe bann
46 lag ja baö ungef^eure Slififo feinet ©elübbeö, ivoburd^ e^ erft feine einbringlic^e Äraft
getoann. Slber anbererfeit^ jeigt bie ßrgälfilung aud^ beutlid), ba^ e^ fid^ um einen ej^
orbitantcn "^aü ^anbelte, ber einen tiefen ßinbrud ^interlic^, fobafe e^ gang berf e^rt h)ärc
biefe ©rgä^lung ^ur Seftimmung bc^ S^urd^fc^nitt^arafterö ber bamaligen 3ö^*>CT^liöw>"
gu bemjerten. it^ Ipar ein bereingelte^ ;^ert)ortreten tief im iöraelitifd^cn 93eh)u|tfein l>er=
50 borgener Sßurgeln, bie erft biel f>)citer unter frember äeeinfluffung unb im Äamtofc mit
bem ^ro))^eti^mu^ über^anb nolj^"^^- 8f- »«^l.
3:etewiaö. — Gommcntavc \)on Umbvcit 1842; (£. C>cnberfün (engl.) 1851; ©.^Jcunmim
185G-58; (örof 1862; ^i^XQ- 1866; Gioalb^ l^^Oö; 9?ägctebad) 1868; mi 1872; «.8d|oIj
1880; etrcanc (engl.) 1881; ei)cl)ne (im engl. riilpitCommentory) 1883—85; tnabenbaucr
66 1889; \). Drcüi» 1891; öJiefcbrcdjt 1894 u. a. %l. nud) ÖJrä^ in b. SWonotfcftrift f. ®efd)-
unb 58i|fcnfd). be^ 3ubentumö 1883. -- ^citou^gabc öon CSorniU in $QUpt§ 8acred Book»
of the Old Test. 1895. — 3)ic oltteftamcntlic^en Einleitungen uon Äuenen, ©orniD, Äönig,
3)riücr, 9teuft, ^ilbcboev u. q.; 91. Jlatjfer, Le proph6te J^rdmie. Esquisse biographique,
Rev. de Theol. 5, 154 ff.; S^eDne, Joremiah, bis Life and Times 1888; 3ÄQiii, 3)cr^ro^tKt
()0 3ercmia§ öon ^Inalot 1889; Üöftlin, 3c|aja unb Sercmio, i^r i^eben unb Sirfen auö H^ren
3^emtai», ber ^ro^i^et 647
6d)riftcn 1871); fiajavuö, 3)er ^lopf^ct 3cvcmiaS 1894-, ©tolfcr, Jereniiah, The Expositor
1890; SeUin, Scvcmmö \)üu «Tiiat^ot, ««18 10, 257ff.; ©labe, ®efd)i(^lc beS iöülfcd Söracl 1,
646. 673 ff.; Söeübaiifcn, S^rocI. uiib jübifc^e QkWidjit* 135-144; CDu^iit, 2)ic J^cologic
bor ^vo^l)clcii 228 ff.; 6menb, ?llttcftameutlid)e JRetigiüuSgcfdj. §15; ?(. ö. 93ulmcnncq. 'Doä
^ufunft^bilb bc§ ^rop^cten 3cremin§ 1894 ; % SBoIj, S)ic uorcjitifd^c Softiücpropl^etie u. b. 6
^JJicffiQ^S 1897, GS ff.; 2)a()fct, J^r^mie et le Dcuteronomo 1872; g. ^Küfler, Le» deiix
alliaiiccH sclon J^r^mic 1869; ^. ®ut][)e, Do foederis notione Jereraiana 1877, üfll. SSnleton,
3at3ö 13, 247 ff.; 9t. Äracffcftnior, S)ic S3unbcSuorftelIun9 im ?tX 147 ff.; 9(. Äilepcr, Jere-
niiaj? librorum sacr. interpres atque vindex 1837 ; (Sompe, 5)qS SSer^ältni^ Scvemloö iju bcn
^^foluicn 1891 ; (S. SBvufton, De rimportancc du livrc de J^r^mie dans la critique de l'An- lo
cien Te8(ament 1893; Biaht, gat^ö 4, 151 ff. (3cr 3, 6-16); 5, 175 ff. (3cr 32, 11 -14;;
12, 276 ff. (3cr c 21. 24-29).; ed)njQni), ^ic SRcbcu b. 93. Seremio flcgen bic .^xibcn, äat^ö
8, 177 ff.; ©Icefer, Jcrcmias Profetieen tegen de Volkeren, 1894; (Sofie, ^le ^eiöfaguiicjcn
bc-^ 3^^ci"io lüibcr bie fvcnibcn 93ülfer 1895; Skipwith, The Becond Jeremiah, Jew.
Quart. Rev. 6, 278 ff. 586; «ubbe, 3cr c. 50. 51, 3b4ö 23, 428 ff. 529 ff.; CSürnia, CSap. 52 15
be^ 93. 3cremiQ§, 3^*^ "*» 105 ff.; 6pot)H, Jerem. vatcs e vers. Judaeorum Alex, enicn-
datus notisque crit. illustr. 1794. 1824; SÜRoücrS, De utriusque recensionis vaticiniorum
Jerciniac indole et origine 1837; !föid)ct^au^. De Jeremiae versione Alexaiidrina 1847;
ed)oU, ^cr mafforclftift^e Stejt u. b. LXX ju Seremioö 1875; Äüftl, 3)a§ 93erö«Ilni« bcr
3JjQffora juv ©eptuagiutQ imSercmia 1882; &or(man, The t«xt of Jeremias 1889; ©trcunc, 20
The double tcxt of Jeremiah compar. together with an api)end. on the Old Latin evi-
dencc 1806; $. g. gronü, Stiibicn über bic LXX unb ^^Jefcftito ju 3crcinia 1873.
1. 3)cr 5Ramc be^ ^ro)}^cten 3^temia^ lautet im ^cbrätfc^en Xcjte 'i^;';"*? ober fcU
tcner Qa 27, 1. 28, 5—12. 29, 1; 3)a 9, 2; ß^r 1, 1) n;-;--;, in bcr LXX ff-
QFfuag. 6r fommt and) fonft tjor, fo bei einem ©(^h)icgcrt)atcr bc^ Äöntg^ Sofias 2 Ä9 25
23, 31. 24, 18; Jcr 52, 1, bei einem SRelabäer 3er 35, 3, bei einem ^rieflcr jur 3eit
be^ 9ie^emia^ 5Rel^ 10, 3; ößl. 12, 1. 12. 34 unb an einigen ©teilen in ben Oenca-
logicn unb 33eric^ten ber ßl^ronil 1 &)x 5, 24. 12, 5. 11. 13. 2^ro| feiner eminenten
Sebeutung h)irb 3^^w^ia^ nid^t im Äönig^buc^e ertüäl^nt unb and) fonft im 211 nur
feiten genannt (S)a 9, 2; 2 ß^r 35, 25. 36, 12. 21 f.; m 1, 1). Sil« DueCc feiner so
@efc^id^te l;aben n)ir alfo au^fc^lie^ic^ ba« nad^ il^m benannte 93u4, ba« aber in biejer
Jöejte^ung einen toeit retd^eren Stoff barbietet, aU ^ fonft in ber 9tegel bei ben ))rot)9c»
tifc^en ©d^riften ber %aa ift.
:^^eremia« gehörte ju einem ^ßrieftergefc^lec^te, ba« in ber Ileinen, nörblid^ bon 3^
rufalem gelegenen ©tabt Slnatl^otJ^ tool^ntc (1, 1. 11, 21. 29, 27. 32, 7. 37, 12). ©ein 36
SJater l^iefe^ilfija (1, 1), einDl^eim Don i^m©d^allum unb bejfen ©o^n ^anamel (32,7).
3nh)iefcrn bie ^rieftcr in änotl^otl^ Don ©bjati^ar (1 Äg 2, 26) abftammten, läfet fid^
md)t mit ©idS^er^eit au^mad^en ; aber iebenfatt« fpric^t 9lUe« gegen bie bon mehreren bcr«
mutete 3bcntität feine« SSater mit bem l^oc^gcfteHten 2^emtoelfürften ^iBija 2 Äg c. 22.
SKie er feine 3"Ö^i^^ berbrac^te, unb inloiefem er al« Sßriefter fungiert l^at, erfahren toir 40
nid[)t. 6rft mit bem 13. ^af)xz be« Äönig« Sopia b. i. bem ^a^xt 627 beginnt feine ®e=
fc^id;tc, benn in biefem '^af}x^ tourbe er noc^ im jugenbUc^en 2llter (1, 6) ^um '»Propheten
berufen (l, 1. 25, 3). ^icmit toar ein tief einfdSineibenber 35ru(^ mit feiner SJergangcn^
l^eit unb feinen bi«^ertgen Sejiel^ungen bejeid^net. 6in 3Rann, ber bie C})fer beurteilt,
toic ^Vrcmia« e« i^ut 7, 22, lonnte natürli^ nid^t al« ^riefter fungieren ; unb toie e« 46
bic airt feiner ^rebigt über^aujjt mit ftd^ fül[;rte, bafe er fid^ bie g^inbfd^aft feiner 2anb«s
leutc jujog, fo erfahren toir befonber«, ba^ bie Seloo^ner Slnatl^ot« i^ren großen ^Kits
bürger mit leibenid^aftlic^em §afje berf olgten, 11,21, o^ne bafe er übrigen« felbft aufl^örte,
fid^ ab unb ju an ben Angelegenheiten feiner Ileinen 3Saterftabt gu beteiligen (32, 8.
37, 12). äl« ^rot)l^et ^ielt er fid^, iebenfall« in ber f})äteren g^t, borjug«njei{e in ber bo
^aujjtftabt auf. älu« bem Umftanbe, bafe ber Äönig 3^^^^ P4 ^^i "^^^ gunbe be« ®e-
fe^buc^e« nid^t an i^n, fonbem an eine ^rot)l^etin in 3^ölem toanbte, ^at man ge^
fc^loffen, ba^ er bamal« nod^ in älnatl^otl^ h>o^nte, hja« boc^ Ieine«h>eg« f^^^er ift. 2)ie ©teile
IG, 2 mad^t e« ^öd^ft toa^rfc^einlit^, bafe er unber|^eiratet toar, tDomit e« aud^ ftimmt,
ba^ naä) ber ßinna^me g^^fölem« niemal« Don feiner g^milie bie 5lebe ift. 3)ie ^tiU 55
Dcr^ältniffe, unter benen S^i^^^^iö^ öl« 5ßro))^et auftrat, toaren in innerer unb äußerer
8c|^iel;ung ftarf betoegt unb reid^ an großen unb folgenfdjitüeren Sreigniffen. ^nf 3^^^^^
nad) feiner Berufung lourbe im iemj^el ba« Suc^ be« Oefe^e« aufgefunben, ba« bie ©runb-
läge bcr jofiianifc^en ^Reformation bilbete unb einen 2Benbe})unIt bcr i^raelitifc^en ©e*
fd^id^te beieid^nete. 3)a6 3^^»"iö^ ^^^ jw ^^"^^ geloiffen ®rabe für biefe Seloegung cin^ go
getreten ift, geigen feine SDäorte c. 11 (f. unten) beutlic^; aber ba«, loa« i^m nad^ feiner
ganjen Slrt baran bebeutung«Doa erfc^einen mu|te, toax au«fd^lie^lic^ bie tiefere, geiftige
648 S^emtad, ber ^topf^ti
©ctte bcr Siehjcgung; unb {jerabc be^l^alb mufete er balb bic DoIIftänbigc Slu^fid^t^lofiöleit
ber SSetüeflunfl unter ben bamaliflen Ser^ältniffen erlernten. Übrigen^ erfo^en h>tr leibcr
fe^r tDenig Don feinem Weiteren 2luftreten unter ^o[xia, unb h)ir lönnen au5 unten toctter
ju ertoä^ncnben ©rünben nid^t einmal mit ©id^er^eit entfc^eiben, inhjiefem er fc^on bamol^
6 an ber ä^funft feine« SSoße« in bem ®rabe berjtoeifelt l^at, toie e« fj>äter ber gall hxtr.
Slud^ fönnen h)ir nn^ fein flare« 93i(b Don feinen j^olitifd^en ßrtoartungen unter biefem
Rönige mad^en, ein ^Jlangel, ber um fo fühlbarer ift, ate bie bamaligen Ser^ältniffc, too
ein örofee« SBeltrcic^ feiner Sluflöfunß entgegenging unb neue Äräfte fid^ regten, au^er-
orbentlic^ bebeutung^tooll toaren. 3)efto beffer fmb h)ir über feine Stellung jum Äönig
lüSojafim unterrichtet, ber nac^ ber lurjen SRegierung ©aHum« (JJer 22,10—12) ben2^on
afö äg^^tifd^er SafaHenfürft beftieg. ®ie SRegierung be« neuen Äönig« bejeid^nete einen
mäd^tigen Sluffc^hjung ber unter bem Vorgänger beö ^oftia, SKanaffe, l^errfd^enben ^b^
nifdjien SRid^tung, bie nid^t berfel^It l^at, ben traurigen äu^gang be« Steformator« Sofiia
ju il^ren ©unften au^julegen. gojafim toar eine für bie Sbealität be« ^roj^^eti^mu« abfolut
16 unem))fäng(ic^e 9latur unb jugleid^ ein brutaler 3)c^ot, ber ju einer ^Ät, ba bie ©ro^-
mäd^te um ba« 3)afein feine« SSolIe« fpielten, bie Äraft ber ^uhä^ au«fog, um feine
Sauluft ju befriebigen (22, 14 f.). 3^^f^^ ^^^^^ folc^en Äönige unb bem ?Proj)l^eten
mu^te e« nothjenbig ju einem heftigen 3"fö"^^wc"Po^e fommen. ®er $roj)^et geißelte in
feinen Sieben bie bom ^rften jjrotegierte ^eibnifc^e unb unftttlid^e Strömung; unb
20 afö bie entfc^eibenbe ©qlad^t bei Äarfemifc^ im ^a^re 605 geKm^ft h)urbe, trat er
mit einem j>ro))^etif(^en ^Programm auf, an bem er in ber ^^olgejeit unerfd^ütterlic^ feft=
^ielt, unb ba« i^m ben bitterften ßa^ be« Äönig« gu^iel^en mufete. ©c^on am anfange
ber SRegierung ^ojalim« l^atte er im 2!cm})efoor^ofe eine Siebe gehalten, bie einen ©türm
ber ßntrüftung ^erborrief, ba er bem Xcmpd g^nifalem« ba^felbe ©c^idtfal t>orau«fagte,
26 ba« frül^er ba« (Sotte«l;au« in ©c^ilo getroffen l^atte. 95ie ©rbitterung be« bon ben ^rie^
ftem aufgelebten 3SolIe« loar fo gro^, bafi e« einigen befonnenen Beamten nur mit 9Rül^e
gelang, ba« fieben be« 5}ro})l^eten ju retten (c. 7. 26). 3)iefer 3)ro^ung gab er nun in
bem erloäl^nten Saläre 605 eine beftimmte ^orm, inbem er auf bie ß^albäer ^intoie« al«
ba« SSolf, in beffen ®eh)alt ber §err ^uha unb bie übrigen ©taaten gegeben ^ättc. SBie
80 toic^tig 'a}m biefe ®rfenntni« fdS^ien, jeigte er baburd^, bafe er je^t feinen ©d^üler 8aru(^
bie SReben auffd^reiben (ie^, bie er in ben feit feiner Berufung berfloffenen 23 3^^^^^ 8^=
galten J^atte. ^m folgenben ^öl^re lieft fie Saruc^ bem loegen eine« großen ^ftenfefte« im
2^emJ)eI berfammelten 3SoIfc bor. 6inige 33eamte, bie ^ierbon hörten, brachten ba« Sui^
jum Könige, ber fic^ ben ^n\)alt borlefen lief;. 3)ie j)ro))l^etif4en SBorte machten ober
85 nic^t ben geringften ßinbruc! auf ibn, unb ru^ig jerfd^nitt er bie Slätter unb toarf fie
auf ein im ©aale brennenbe« fjeucr. 3)en gcfä|riid^en 5Jolgen, bie bie« ßreigni« für 3^-
remia« unb 33arud(i ^ätte l^aben lönnen, entjogen fie fi^, inbem fie fic^ berftedft hielten.
Slber hjenn aud^ ber ^ro))l^et auf biefe SBcife ber brutalen Oeloalt au«h)idSi, änberte er
nic^t« in feiner Sluffaffung ber 3wfunft feine« Solfe«. ^m ©egenteil mufete er in bem
40 3(uftreten be« König« eine Seftätigung feine« Urteil« feigen, benn S^^jafim ^atte je^t mit
bollem Setoufetfein bie )}ro^>^etifc^e SBamung ganj auf biefelbe SBeife junidtgetoiefen, h>ic
frül^er ^erobeam bon @)}l^raim, ba er 2lmo« jum ©d;h)eigen jloingen looDte (3lm c. 7).
3)ie (Sreigniffe ber folgenben ^a!f)xt bxai)Un '^s^uxtmxa^ eine ©enugt^uung, bie i^m ober
bei feiner innigen Siebe ju feinem 3Sotfe nur bittere ©c^merjen berurfac^te. S'^j^'^"* \^
46 fic^ nad^ ber 9lieberlage feine« ägl^ptif^en ©df)u^I;erren gejnjungen, bie Dber^errf(^ft ber
ß^albäer anjuerfennen. Slber balb begann er, auf bie äg^ptifAc §ilfe bertrauenb, ba«
alte berberblic^e ©})iel, ba« früher ben Untergang ©p^raim« herbeigeführt l^atte; er fün^
bigte 92ebufabrefar ben ©el^orfam unb beranla^te baburd^ einen c^albäifd^en Singriff, ber
ben Slnfang be« ®nbe« ^erbeifül^rte. ^ojaKm fetbft ftarb, tuie e« fd^eint, el^e e« jum
50 äufeerften fam, aber fein Slac^folgcr Ijefonja mu^te fic^ nad; lurjer ^Regierung ben QfyiU
bäent ergeben unb tt>urbe mit bem beften Seile be« 3SoIfe« nac^ 95abel gebracht (i. 3- ^97).
3)er neue ftönig ©ebefia, ber al« babl;lonifc^er XJafaHenfürft bie ^Regierung über ben 5urüct=
gebliebenen Raufen be« 3?olfe« übernahm, ftanb bem :jeremia« nid^t fo f einblic^ gegenüber ;
er ioanbte fid;, menn bie ©efal^r am bro^enbften tuar, mel)rmal« an i^n, um fu| Sroft ju
55 Idolen, unb l^at tl^atfäc^lid^ ein \>aax üRal ba« Seben be« ^ropl^eten gerettet. SQBirllid^e«
3Serftänbni« für bie ))ro))l^etifd{>en ©ebanfen l^atte er inbeffen nic^t; er betrad^tete fte me^r
al« eine 3Röglic^fett, bie man bei ber ungeioiffen 3"^""f* ^1^* ol^ne toeitere« abiebnen
burfte, gu beren rüdtftc^t«lofer Befolgung il^m aber bie fefte Überzeugung unb jebenfaH«
ber moralifcbe 3Rut fel^lte. Um fo entfc^iebener toarcn bagegen eine SRei^e bon f^oä^-
60 ftel^enben 3)cännem, bie feft an bem ^Programm ^öjafim« feft^ielten unb be«h)egen ^ere^
^emtai», ^er ^topiftt 649
miaö mit glül^citbeni §affc Derfolßtcn. §anb in ßanb arbeiteten einige falfc^e ^roj^i^eten,
bie bag blinbe 38oIf, ba^ fic^ naä ber feieberi^erftellung ber ^äu]tt in ^emjalem balb
iüicber fo ftc^er füllte tote ba« gieifd^ im %op\t (6j 11, 13), burld^ i^re SSerfjjred^ungen
einer nal^e beborfte^enben 933enbung ber 3)inge bet^örten. Slfö ^ättc bie Vergangenheit
gar feine SeF^ren gebracht, begann man loieber auf bie äg^^tijc^en SJerlodfungen ju ^ören. 6
2(ßerbingö fül^rten bie SSorfd^läge ui einem gemeinfamen 9lufftanbe, bie 3lbgejanbte ber
ÜJad^barftaaten imga^re 593 bem Könige matten, Vorläufig ju feinem SRefultate, tooju
Uielleic^t auc^ bie einbringlic^en SBäamungen be« S^^^n^i«^ beigetragen l(iaben. aber einige
Saläre fpäter lie^ fic^ ber c^arafterlofe Äönig toon ber SSoIf^ftimmung l(|inrei^en unb brad^
bem d^albäifd^en Dberberm feinen 6ib. 2Bie getoöl^nlid^ folgte bie ©träfe bem S8erbred^en lo
auf bem §u^. 9Jebufabrefar fc^idte bon Q\)xkn au« ein §eer gegen Suba, ba« bie Ie|te
Belagerung ber ,öauj)tftabt begann. 3)er Jtönig erfd^raf üoer bie folgen feiner %fyit unb
fd;icftc ju ^eremia«, um ein tröftenbe« SBort ju beme^men. 3)er $rot)l^et ^atte aber
feinen xroft für il^n unb erflärte bie freiwillige unb bebingung^Iofe Unterwerfung unter
bie e^albäer für bie einjige Sflettung. ©inen augenblicf fa| e« au^, al« follte ftc^ bie i6
Sered^nung ber jubäifd^en ^olitifer bewähren; benn burd^ bie änfunft eine« äg^lptifd^en
.^ecre« Würben bie ß^olbäer gezwungen, bie Belagerung aufzugeben. 95ie SeWol^ner ber
§au))tftabt jubelten auf, aber Igeremia« blieb bon biefem ©reignijfe gänjlid^ unberührt,
unb balb gaben bie Begebenheiten i^m SRec^t, bie ß^albäer fe^rten al« Sieger jurüdf, unb
bie Belagerung begann auf« neue (^er c. 34). 6^e bie« gefd^a^. War ber $ro})^et, al« 20
er eine« Xage« au« ^erufalem ge^en Wollte, um fid^ nac^ ä(natl[|otl^ ju begeiben, al«
Überläufer ber^aftet unb in ein Oefängni« geworfen Worben. 3)er ängftlid^e Äönig lie^ i^n
aber t)or fic^ fül^ren, unb Wenn er aud^ nic^t ben 3Jlut befafe, fid^ nad^ feinen Sorten j^u
richten, fo liefe er xijn bod^ in ein beffere« (Sefängni« im SBad^tl^ofe be«©d^loffe« bringen
unb forgte für feinen Unterhalt (c. 37). 3)ie ®egner be« ^eremia«, bie mit Siecht fürd^s 25
toten, bafe feine Sieben unter ben je^igen DerjWeifelten Umftänben für bie 93oH«ftimmung
gefä^rlid^ Werben fonnten, ruhten inbeffen nic^t, unb fd^liefelid^ ^Wangen pe ben fd^Wad^en
A^önig, bie Rötung be« ^ro^Jl^eten ju erlauben. @t Würbe m eine ßifteme geworfen,
bcrenBoben mitSdjilamm beberft War, unb follte bier berl^ungem. ^a trat ein am ^ofc
bienenber ät^iotoe fo fräftia ju ©unften be« j)roj>J9etiJ(^en SKärt^rer« auf, bafe ber Äbnig ao
i^n au« ber ßifteme ^erauRie|en unb in fein frühere« Oefängni« im Sffiad^tl^ofe bringen
liefe (c. 38). Balb bamad^ befreiten bie Bwcbenl^eiten i^ bon ben Slac^ftellungen feiner
^einbe. 3lai) bem mifelungenen ^lud^tberfuc^e be« 5lönig« Würbe bie ©tabt eingenommen,
unb bie meiften Bewohner be« Sanbe« in Jletten gelegt unb )ufammengebrad[it, um nac^
Babel geführt gu Werben. Unter i^nen War audb ^ercmia«, aber ein bab^lonifd^er Be- 86
fe^l«l^aber liefe i^n bon ben Retten löfen unb fteute e« i^m frei, ob er mit nad^ Babel
jiei^en ober im Sanbe bleiben Wollte. 3)er $ro})^et Wählte ba« Se^tere unb begab fid^
mit SReifefoft unb einem ©efc^enfe berfel^en ju ©Aalja, bem ©tattl^alter über bie jurüdfs
gebliebenen ^ubäer. 3lber bie SRu^e, bie bem l^art gej)rüften $roj)^eten auf biefe SBeife
bergönnt feilten, bauerte nid^t lange. ®ebalj|a fiel al« Dj)fer eine« 3Keuc^elmorbe«, unb 40
au« gurd^t bor beffen 5<^lgen enHd^lofe ftd^ ein leil ber jurüdfgebliebenen.Swbäer, beren
'Scii)l burd^ ^urüdEgefommene glüd^tlinge aHmä^li^ bergröfeert War, nac^ %bj>ten au«jus
wanbem. ^eremia«, ben fte be«Wegen befragten, Warnte fie auf« einbringlicpfte, aber bo«
Bolf berftanb i^n jrtft ebenfowenig wie früher unb begab fic^ fd^liefelid^ auf ben Sffieg
unb jWang foWo^l Sarud^ al« 3^^»"^^/ i^^fl^w SBorten fte nic^t glaubten, ben fie 46
aber, Wie jfrül^er ©ebefia, ni^t entbel^ren ju fönnen glaubten, mitjujiel^en. ^n Stg^j^ten
ftanben fid^ geremia« unb bie ^ubäer ebenfo feinblic^ gegenüber Wie borl^er. ®ie 3ubäer
Wollten i^ren ^eibnifd^en Rultu« nic^t aufgeben, unb ber ^ro})^et ^ielt an feinem alten
Programm feft unb berfünbigte ij^nen bie Eroberung Slg^lpten« burc^ 3lebufabrefar unb
il^re eigene Bemidf)tung bi« auf einen gang fleinen SÄeft (c. 39—44). 60
3)l\t biefem, für bie ganje 2^ätig!eit be« ^rop^eten j>arabigmati{d^en Bilbe jc^liefeen
bie aut^entifc^en Duellen feiner ©efc^id^te. Bon feinem lobe erfahren Wir im äX
nicl;t«. 6rft eine bon mel^reren Äird^enbätern (^iertullian, Scorp. 8; ^ieron., Adv. Jo-
vin. 2, 37; $feubej>ip^aniu«. De proph. 8) mitgeteilte ßrjäl^lung bend^tet, bafe er in
%gf)ptm bon feinen Sanb«leuten gefteinigt worben fei, ol^ne bafe Wir ju beurteilen im ftanbe 66
finb, ob biefe 9?ad^ric^t eine reine fiegenbe fei ober auf einer ed^ten Überlieferung, j. B.,
wie ßomill e« bermutet l^at, auf bem urft^rünglid^en aber \p<xttt Weggelaffenen ©d;lufe
be« Buc^e« ^cremia« beruhe. 3^^^M^ if^ «^e«, Wa« fonft aufeer^alb be« ä2 bon biejem
•JJrojjl^eten erjä^lt Wirb, rein legenbarifd^er 9latur. ©0 Wirb 2 5Waf 2, 11 ff. berichtet, Wie
3ieremia« tttoa^ bom l^eiligen geuer rettete unb aufbewal^rte, unb wie er ba« l^eilige ^dt, w
650 ^mia^, ber "^topfftt
bei 33unbcelabc unb bcn SJäud^craltar in einer ."^ö^Ie be^ Sergej 9?ebo Dcrbarg. ®aju
lommen bie Segenben über ^cremia^ Sriebniffe nad^ ber S^^^törung Scrufalemg in ben
fogenannten Paralipomena Jeremiae unb ber umfajfenben ojjofrwj^en Saruc^sSitte«
ralur (f.Sc^ürer, ©efc^.b. jüb.aSolfe^' 3, 22ßff. 285 f.; Kau^f^ 'S^oh^pf^ unb5Pfcub=
6 e))iörcH)^en be« 213: 2, 402 ff.), fohjie eine etjä^Iung im Seder Olam r. c. 26. äl^
gürbitter für bie ^vbm unb 3^^fölem erfd^eint 3i€^«»"iÄ^ iin Iraumgefu^te be^ 3^^^
2 3)laf 15, 11 ff. Sgl. and) m 16, 14, bie Äommentare ju 3lj)I. 11, 3 unb ^eber,
3übi|c^e 3:^eoIogie 354.
2. 3}on ben Schriften, bie bie Überlieferung biefem ^ro)}l(ieten beigelegt l^t, lommt
10 für unferen 3h?ec! nur ba^ tononifd^e 93ud^ S^^^^w^i^^ ^n Setrad^t. 2 6^r 35, 25 l^ei^
e^, ba^ 3^^"*'^^ ^^^^ 3:otenIIage auf '^ofxia bid^tete, bie unter bie Älagelieber mr^pn,
aufgenommen tüurbe. 3Köglic^erlüeife l^aben h)ir l^ier bie erfte B\>ux ber fpätcr öielfad^
bezeugten Irabition, bie ba^ Sud^ ber Älagelieber (f. b. 21.) bem Seremia^ jufd^reibt. aber
tDirllic^en Sert befi^t biefe Überlieferung nic^t, ba bie ^lagelieber felbft burd^ i^ren ^n^
16 eine 2lbfaffung burc^ 3^^^<*^ beftimmt toiberfegcn. 2)afe einige LXX-§anbf(^riften
$f 65 unb 137 mit 3^^"«^^ in 3Serbinbung bringen, l^ängt nur mit einer \päitxm
©Ecgefe jufammen, bie leinen größeren äBert ^at ate bie mobemen 3[}erfud^e, bie 2lbfaffung
einiger $falmen burc^ 3^^^"^^«^ nac^^utoeifen. 2)ie unter bem Flamen „Srief jeremiae''
befannte aj)ofr^^l^ifc^e ©c^rift ift eine gried^ifc^e 2lrbeit au^ fj)äterer ^Qxt.
20 Über bag 3"f*^"^^'''^'n"^^ *^^ Sud^^e^ 3^^^"iiö^ bcfi|en \vix eine äufterft toerttooHe
Slad^rid^t, bie au^erbem geeignet ift, auf bie 2(rt ber pxo)i>\)tti\d)m Sd^riftftcllerei über-
l^u^t Sic^t gu toerfen. 3n bem oben erörterten folgenjc^toeren feierten ^Qi)xz bed SÜnigß
^ojaüm begann geremia^ nad) 36, 2 ff. all bie SBorte über ^uha unb bie SSöIfer, bie
er in feiner bi^i^erigen 23jäl^rigen Il^ätigfeit gerebet ^atte, bem 93arud^ in bie g^er ju
26 biftieren. 3)ie fo entftanbene Suc^roHe tourbe jloar bon bem Äönige t)erbrannt, aber ber
$roj)^et betüog 33aruc^, i^ren S^^alt auf« neue nieberjufc^reiben, loobei ju jenen Sieben biele
anbere äl^nlic^en 3"^^^ hinzugefügt hjurben (36, 32). 2)iefe neue Sudj^oHe ift mit
bem jefeigen 33ud^e 3^remiag nidf^t ibentifd^, ba e« StüdEe au« Diel fj)äteren ^Ätm cnU
^ält, aber mit t)oQer @id^erl^eit tann man batoon au^gef^en, bag fte irgenbioie bie ©runb^
so läge be« je^igen ä3uc^e« bilbet, unb ba6 tvir, um t^ren ^nf)alt ju relonftruieren, nur bie
2lbfc^nitte be« 93uc^e«, bie älter fmb al« ba« fünfte 3^^^ 31^1^^"^^/ jufammenjufteDen
brauchen. Um biefe erfte 2lufgabe ber Äritil be« S^'^^^'niö^ /l« llöfen, betrad^ten toir am
beften bie einzelnen 2tbfc^nitte für fid^ nac^ ber überlieferten SReil^enfolge be« Suc^e«.
Äaj). 1 erjäl^lt, h)ie ber fc^on bor ber Oeburt gum ^ßrojjl^eten au«erforene 3^«ww^
86 im 13. ^ai}x^ be« Sofija bagu berufen h)urbe, burc| feine ^rebigt 38öller unb Jtdnig-
reiche umjuftürj^en ober aufzubauen ; feinen iJanb«leuten foKte er bie ©trafboßjici^ung
burc^ einen toom SRorben ^er fommenben ^einb berfünbigcn unb fidji baburc^ il^ren erbitterten
§a^ S^si^^en. 2)a^ biefer 2lbfd^nitt ju ber oben erhjäl^nten ©runbfd^rift gehörte, ift eim
leuqtenb. S^gleic^ aber entftel^t ^ier eine g^age, bie fid^ bei ben anberen älteften
40 2lbfc^nitten be« S5ud^e« loieberl^olt. g^Hc^en ber in biefem äalpxUl erjä^lten Segebcn^t
unb i^rer 9Jieber|c^rift liegen über 20 ^afjxt, unb fo ift e« flar, ba^ toir ^ier nic^t bie
bi})lomatijc^ genaue 3)arftellung ber SBirflic^feit felbft, fonbem ba« in ber ©rinnerung
be« $ro})^eten lebenbe 33ilb berfelben ju fuc^en ^aben. 5^mer ift ju beachten, ba^ ber
5}ro))^et feine Sieben nid^t in rein l^iftorijd^em S^terefle nieberfc^reiben liefe, jonbem um
46 lu einer beftimmten ^cxt einen beftimmten ©inbrudf auf feine £anb«leute au«juüben. @o
fidler be«l^alb ber ßl^arafter be« $rojj^etcn Verbürgt, bafe er bon feiner älteren X^tiglcit
fein falfc^e« 93ilb gegeben ^at, fo fe^r mufe boc^ mit ber 3DfJöglid^feit gered^net tüerbrn, bafe
er bei ber 9licberf^rift bie SJergangenl^eit im Sid^tc feiner f})äteren Srfa^nmgen ^efe^
l^at, unb bafe fein attucUe« 3nt^^^ffc i^n beranlajfen fonnte, beftimmte 6injel^eiten m ben
60 SSorbergrunb gu rüdten unb ftärfer gu betonen, ©elbfttoerftänblic^ ift eine qcatU ©onberung
gtoifd^en bem Urfjjrünglic^cn unb bem ®))ätercn nid^t mel^r möglich ; aber in einjelncn
^äÜen fann man bo4> mit großer aBai^rfc^eintid^Ieit 2lu«brücte nac^loeifen, bie erft bei ber
^icbcrfc^rift cntftanben fein fönnen. So g. 8. in biefem erften Äaj). ben ©o^ : bie Äönigc
3uba« toerbcn gegen bid^ ftreiten (23. 18), ber auf bie geioife gang anber«artige Stellung
66 be« ^o[xia gum ^rot)^eten (eine Slüctfic^t nimmt unb be«balb burdp bie fpäteren Slrbeitcn
3ercmia« beeinflußt gu fein f^eint.
Aap. 2—6. Da« erfte ©türf in biefem 2lbfc^nitte l^at eine gang allgemeine Über^
fdf^rift 2, 1, unb bon ber urf)}rünglic^en Überfd{>rift 3, 1 ift nur ein eingelne« 2Bort übrig
geblieben. Dagegen l^ei|t e« 3, 6 : unb 3ö^be fjjrac^ gu mir in ben Xagen be« Äonig«
6(> ^o[xia. Da nun alle fünf IEa))itel na^e bertoanbt fmb unb biefelben 3^i^^^Ältniffe ob^
^ertmtai», itt ^xopfitt 651
fpicgcin, barf man anncl^mcn, bafe fic alle au^ bcr fonft im )öud^c [tat! jurüdEtrctens
bcn jofijanifc^cn Il^ättölcit bc« 5|}roJ}l^ctcn l^crrül^rcit, toofür oud^ xfyc ^la^ im Suc^c \pxxä)l
3)cit ^"^alt bicfcT 9lcbm bilbm ftlagcn über bie im 3Boße l^enfd^enben ©ünben, bor
allem ben ©ö^enbienft uttb bie 9iei0uttö ju Sünbniffen mit fremben äSöIfem, unb bro^enbe
©d;ilberunöen be«^ naiven ©trafgeric^te^, bie jeboc^ im Slbfd^nitte 4, 3 bi« c. 6 mit ®rs 5
ma^nungen ;^ur Um!e^r gemif^t fxnb. ^ud) ^ier finben ftc^ ^lu^brüde, bie un$ e^er
in bie ^»^eit ^ojalim^ ol^ in bie be« Sofxja berfeften, j. 8. 5, 1 : ber ^err tüürbe 3eru*
falem Dergeben, locnn man auf feinen ©trafeen a\x^ nur Sinen finben fönnte, ber mcd)t
t^äte. SSicHcic^t gehören audfi bie Slügen U)cgen Jjolitifc^er SSerbinbungen mit äg^^ten ^ier^er
(2, 18. 36), obfc^on U>ir freilid^ ju ^^enig bon ber poKtif^cn Oefc^ic^te ber gubäer unter ^o^x\a lo
iüiffen, um l^ier fxc^er urteilen ju lönnen. SBic^tiger ift bie tJ'^age, U>ic e^^ fxc^ mit bem
nörblid^en äjolle berl^ölt, toomit Sererhia^ in biefen Äa))iteln bro^t. 6« toirb bom ^rop^eten
aU ein gchjaltigeö unb graufame^ Solf au« ben fernften (äegenben be^ 9lorben^ be*
fd)riebcn, 5, 15; (>, 22; e^ ift ein uralte« SJolf, beffen ©jjrac^e bie ^wbäer nic^t ber-
ftel^en 5, 15; feine Ärieger fmb mit Sogen unb SBurffpiefeen beloaffnet unb I;aben Stoffe i6
unb ©trcittoagen (4, 13. 29; G, 23). ©inige biefer S^ac Iel;ren in ben fpäteren Sieben
tuicber, tDO bon ben 6^albäem Sie ^ebe ift, unb man fönnte be^^alb meinen, ba^ aUe
biefc ©teilen erft bei ber Slieberfc^ift im 4. ^a^xc Sojafim« lonjij)iert tüären. ®a« loäre
inbcffen eine fe^r tuefentlic^e Slnberung ber früheren Sieben, bei ber ber ^rojjl^et au^er*
bem ©efaf;r lief, bon feinen älteren ^w^^rem lorrigiert ju toerben. SKe^rere Oele^rte ao
meinen beö^alb, bafe bicfe ©teilen ec^t fmb, bafe fie fxc^ ober in ben urf)3rünglid;en Sieben
auf bie ©f^t^en belogen, bon benen bie ^ubäer loä^renb ber Slegierung bed ^o[x\a be«
brol^t iourben. 3ft biefe 2luffaffung richtig, fo mu^ jebenfaHi^ l^ugegebcn toerben, ba^
3|cremia« feine S)arftellung bei ber SJieberj^rift jiemlic^ ftarf mobifijiert ^aben mufe, benn
lüic bie Sluöbrüde je^t lauten, Jjaffen fxe leine^loeg« gut ju bcn ff^tJ^ifc^n Sorben. Säie gc* 26
remia« j. SJ. bam gefommen tüäre, bie ©I^t^en, bie nac^ $erob. 4, 5 ein junge« Soll
ioaren, ein uralte« 3?olf ui nennen, ift fc^tüer ju feigen. Unb ebenfo unnatürlid^ ioäre
bei einer ^"bafion biefer 5fJomabenftämme bie 2)rol^ung bon einer SBegfü^rung ber 3u*
bäer nad) einem fremben Sanbe 5, 19. 35aju fommt nod^f, bafe bie Slad^rid^ten über
bie ©h;t^eneinfälle fo bun!el unb tDiberfprud^oK fmb, ba^ toir über eine ^nbafton in so
bie paläftinifd^en (Segenben ju jener ^dt nic^t« ©ic^ere« toiffen (bgl. Slölbele, S[uf=
fö^e ^ur perftfc^en ©efd^ic^te 8). ^ie gan^e Kombination bleibt bed^olb jiemlid^ un^
ftc|er, unb e« fragt ft^, ob ^eremta« in feinen älteften Sieben nid^t e^er me^ im all^
gemeinen bon einem bie ©träfe boHjie^enben 3Solfe gefproc^en l^atte, ba« er bann fofort
mit ben S^albäem ibentifijierte, ol« biefe auf bem ©(^au))la^e auftraten. SJon fonftigen 35
ßinjeli^eiten biefer fiajjitel ift no(6 ju bemerten, bafe bie SSerje 5, 18 unb bie entfpredficns
bcn äöorte 5, 10 jtoar nic^t an unb für [xdf al« unjeremianifc^ bejeic^net toerben lönnen,
aber bod^ in bcn ^uf^wtmenl^ang fo U)enig paffen, ba^ fte ben (Sinbrud machen, fjjäterc
milbcrnbc Interpolationen ju fein. J^mcr läfet fic^ bcr 2lbf(^nitt 3, 6—4, 2 faum ber*
ftc^cn, iocnn man nic^t 3, 14—18 au«f(i^eibet. §ier ioirb nämlic^ bie Slettung ßpl^raim« 40
al« ein Slnfd^lufe an ba« toieber^ergefteHte 3uba gefdfiilbert, loä^renb fonft in biefcm ©tüde
ba« an ©pl^raim gerichtete 2)roftU)ort einen polemif^^en ©eitenblid auf ba« ©übreic^ ent*
^ält. Son biefer Interpolation Unntn inbcffen, h)ie aud^ ©iefebrec^t erlennt, 33. 14—16
Don ^crcmia« felbft berfafet unb bon einem Slnberen l^ier^er berbflanjt fein.
5iap. 7—10. ®er 5Prop^et ^dlt am (Singange jum S^empelbor^ofe eine Siebe, ioorin 46
er ba« ajolf gur Umle^r aufforbert unb e« tuamt, auf ben lempcl al« S^^bc« SBo^s
nung ju bertrauen. ga^ren fte mit il^rer ©ünbe fort, fo l^ilft i^nen ba« Heiligtum nic^t,
tüie ba« ©c^idfal be« beröbeten ©d^ilo« le^rt, U>o aud^ einft ein ®otte«^au« ftanb (7, 1—15).
2)cr ^rop^ct foll für fein 3SolI nidfit beten, benn ba« S}oK ift abtrünnig unb bient frem«
bcn ©Ottern (7, 16—20). 2)ie im Sempel gebrachten Dpfer fmb für ©Ott o^ne SBert, w
benn bon älnfang an tyit er ©el^orfam unb nid^t Opfer berlangt; ba« 3$olI ober ift i^m
ftct« untreu gen)efen (7, 21—28). ©ie füHen ben Stempel mit ^eibnifd^en ©Embolen,
bicncn ben ©cftimen unb opfern gar i^re eigenen Äinber (7, 32—8, 3). aSergeblid^
Ijai bcr §err auf eine Umfe^r gekartet, ioä^renb ba« SJolI in feiner 3:^or^eit glaubt, ba«
©efe^ ©otte« rid^tig ^u berfte^en ; be«^alb nal^t ber geinb bon Slorben, um e« ju bemic^* 66
tcn (8, 4—23). 3m SSolfe ^errfc^t bie größte Unfxttlic^Ieit, unb fo ift bie ©träfe un=
bcrmciblic^ (9, 1—21). ©oloeit ift ber ^^fanrntcnl^ang im großen unb ganjen !lar,
unb bie einzelnen ©tüde fmb, toenn auc^ nic^tju berfclben gcit gefproc^en, boc^ unt>er!enm
bar mit Slbfxc^t jufammengefteHt. S)a« golgenbe mac^t bagwen einen fe^r fragmen^
tarifc^en ßinbrud. 9, 22—23 enthält eine SRa^nung, fxdfi nid^t ber SBci^^cit ober ber eo
652 Sertmta^, ber ^vopfitt
tücltlic^cn aRa(^t, fonbern bcr @r!enntnt^ be« göttlid^en SDätllcn« gu rül^mcn. 9, 24—25 bc^
brol^lt bic öcfc^ntttcnen unb boc^ Unbefc^nittencn in 3"^^ ""*> wnter bcn Reiben mit bcm
©trafgeric^t. 10, 1 — 16 tjcrfpottet bic toten ©ö^cnbilbcr bcr Reiben unb ftettt fie in
©cgcnja^ 5U g^racl^ allmächtigem (Sottc. S)agcöcn fc^eint mit 10, 17 bag3:^a Don
5 9, 1—21 tDicbcr aufgenommen m hjerben, ba bon ber SBegfüJ^rung be^ 3Solfe^ bic SRebc
ift ; aber ba^ folgcnbc fü^rt bod^ in eine U)e{cntKc^ anbete ^id^tung, benn mit älu^a^me
Don 38. 22 \pxx6^t f)kx baö gcbcmütigte, reuige aSolf, ba« feine ©ünbe erfcnnt unb ®ott
bittet, feinen 3ötn über bic Reiben au^jufc^ütten, ^ixad bagegen fd^onenb ju bcBanbeln,
33on biefen ©c^Iu^abfc^nittcn ift 10, 1—16, beffen %^ übrigen«, toie LXX iinb bcr
loaramäifc^c 35. 11 leieren, nad^träglid^ criücitcrt toorben ift, feit 5Kot)er« bon bcn meiftcn
Äritifem mit Siecht al« fjjätercr ansang erlannt. ®ie 3)arfteIIung erinnert locit d^cr on
2)euteroiefaia ate an 3^^^*«w^# wnb ber (Scbanfengang, ber fwi^ nic^t mit bem ©öt^en-
bienfte bcr untreuen g^raelitcn, fonbern mit bcn oJ^nmäc^tigen ®öttcm ber ^cinbe gdracte
bcfc^äftigt (f. befonber« 9?. 5), ift ber bamaligen Intention ber 5Proj)^cten biamctral ent-
16 gcgengefe^t. ®ie Ilcinen ©tüdte 9, 22 f. unb 9, 24 f. ^aben mm 9Sorl^crgel^cnben leine
Sejic^ung, aber über il^re ©ntftc^ung läfet fic^ loegen il^rer Äürje nid^t« fidlere« fagen.
®cr ©d^lufe 10, 17 ff. loirb allgemein al« ec^t unb afö bic urfjjrünglidfie gortfc^ung bon
9, 21 betrachtet. Slbcr h)cnn auc^ SS. 17 f. unb 22 gut ^um ^aujjtabfc^nittc pa\\m, fo
gilt bic« laum bom Übrigen, ba bic plö^lic^c Sinfü^rung ber bom llnglüdte belegen
20 ©emeinbc im ^oljien (Srabc auffällig ift. äu^ ift biefer äbfc^nitt in Anbetracht bcr bor«
l^crge^enben felunbären ©tüdEc leichter al« 9?ad(>trag al« al« gortfefeung m öcrftc^cn. äl«
fidler jeremianifc^ barf jebcnfall« nur 7, 1—9, 21 gelten. SDiefer Slbfd^nitt loirb bon
ßi^ig, §äöcrnidE u. a. bcr joftjjanifc^cn ^eriobc jugefd^rieben. 2lbcr l^icfür laffen fic^
feine jloingcnbcn ®rünbe anführen, unb anbererfeit« treffen tt)ir 26, 2. 9 einige 3?erfe,
26 bic unberfcnnbar eine furje 3ufammcnfaffung ber großen 2:em))clrebc c. 7 fein tooucn, unb
bic un« für biefe Siebe au«brüdElic^ jum anfange bcr Slcgicrung Sojafim« füllen (26, 1).
®amit ftimmt aud^ ber ^n^alt bon 7, 1—9, 21 gut überein, namentlich tocil bic fiorlc
S3ctonung be« ^eibnifc^cn Äultu« tücit beffer jur Slcgicrung ^iojatim« afö ju bcr be« ^o^ija
pa^t 3)anad^ ift ba« ©tüdf cttüa« jünger al« c. 1—6, gcl^ört aber aud^ jur Orunb^
30 fd^rift bc« 95ucf>c«.
^(üp. 11, 1—17. Scremia« crmal^nt nac^ bcn SSefe^Icn bc« §erm ba« SSolf, „bic
SBorte biefe« 95unbe«" (PNTn r^^^n •^-ai) gu l^altcn, unb erinnert e« an bic ^üd^c, bic
e« fonft treffen locrben. Dbfd^on aber bic SSäter, bic bcn 33unb nid^t hielten, bon ber
©träfe getroffen lourbcn, fä^rt bic jc^ige ®cneratton fort, fremben ®öttem ju bienen,
36 unb bef^loört baburc^ bic göttliche ©träfe l^erauf. SDa^ S^emia« l^icr ba« unter ^o^\a
gefunbcnc ®cfc^buc^ bor äugen ^at, toirb mit SRed^t aUgemein ancriannt, unb fo bc=
ftätigt biefer Slbfd&nitt, h)a« oben öon bem tcillocifen 3lnf(|lu6 be« 3^^»"^^« an bie Sic«
formation biefe« Äönig« gefagt lourbe. aber ba« gan^c ©tüdE !ann nic^t unter ^o^\a
gefj)roc^cn fein, fonbern bc^iel^t [xd) l^aujjtfäd^lid^ auf bcn erneuten 3lbfaII bc« SSoIfc« unter
40 5ioi<*fitn, fo ba^ ba« Keine ©tüdE auf lel^rreic^e SBcifc jcigt, toic bcr ^rop^et bei ber
9Hebcrfd^rift feiner Sieben 33ergangcnbcit unb ®egcnh)art öcrfdfimolj.
Äaj). 11, 18—12, 6, ba« öon bcr Slnfcinbung bc« $roi)^etcn öon feiten ber Be-
amten Slnat^ot^« ^anbclt, fc^Kc^t fid^ formell eng an ba« 38or^crgc^cnbc („bamol« licfeefl
bu mid) il^rel^atcn fcben"). ®a inbeffen 11, 1—17 feinen beftimmten 3^i^wnft mar*
46 licrt, ift e« eth)a« unfic^er, ob bic« „bamal«" fic^ nic^t cl^cr bei bem urfprünglid^cn 3"=
fammen^ang auf ein anberc« StüdE bcjog. ^ür biefe Slnna^mc fjjrid^t aud^, ba^ „pc"
33. 18 ol;nc SRelation ftel^t, fo ba^ man erft 33. 21 erfährt, bafe i)on bcn änat^otlcnfcm
bic $Rebc ift. Übrigen« entftanb ber Heine 2lbf(^nitt tDol^l bei ber Slbfaffung bcr ®runb-
fd^rift, ba ber fclbft Don feinen 9iäd;ften Derlaffene ^ro^l^ct auf feine erfte 2cibcn«jeit jurüd^
6oblidfte, Dgl. 12, 5 f.
Aap. 12, 7—17 lä^t ficl^ nid^t fid^cr baticren. 6« beginnt mit einem Älagclicb auf
ba« Don bieten ^cinben bcrhJüftetc Sanb (33.7 — 13) unb fcl^lie^t mit einer 2)ro^ung gegen
bic 9Jad)bart)ütfer, bie :3«racl« Sanb angetaftct (y^^) l}ab^n : ftc f oHen f elbft au« il^^rcn Sän=
bem iDcggefü^rt toerben, faß« ftc fid^ aber bcfel^rcn, lieber jurüdffommcn. ®icfcjh)eitc
66 .öätfte Jjafet gut auf bic 33er^eerung 3"^^« burc^ bie SJac^barbölfcr nad^ bcm 2lbfallc
Sojafim« 2 Äg 24, 2, unb banad^ l^aben biele Äritifer ba« ganjc ©tüdE baticren tooHen.
aber bic Sluebrüde in bcr erften §älfte (33. 7. 10—12) lauten fo ftarf, ba^ man c^er
an bie ^6t bc« ß^it« erinnert mirb. I)a nun ba« Älagelieb !aum eine fingierte, fon^
' bcm eine h)ir!lid^e ^crhjüftung t>orau«fc^t, fmb l^ier enttoeber jtoei ©tüdEc au« Ijerf^ie«
üt) benen 3^^^^" gufammcngeftcllt, ober bcr ©d^Iu^ ftammt aud^ au« bcm (Sjile unb bejic^t
3feremtai», ber ^rofi^et 653
ftc^ auf bie Übcrßriffc bcr 9?ac^bart)ölfcr beim Untctflanße be^ iubätfd^cn ©taatc^, k>fll.
% c. 25.
Aap. 13 bejc^rcibt in ber gorm einer fi^mbolifc^en ^anblung, h)ie ^uia in Säbel
gebemütigt toerben foll (33. 1—11), unb in ber gorm eine^ ©leid^nifleö, tpie bie gubäer
jur S^xt ber ©träfe tt)ie betrunfen bafte^en Serben (93. 12—17) ; mit ber ^errlid^teit beä 5
Könige unb ber Äönigin 5Wutter ift ci^ Vorbei (33. 18 f.) ; baran fc^Uefet fx6) ein Älage^
lieb, ba^ ben beöorfte^enben Untergang ^^^f^'^"^^ fd^ilbert (33. 20—27). 2)ie meiften
Äritifer batieren bie^ ©tüdf nac^ 33. 18 f., U>o bie (Srh)äl^nung ber Äönigin ^Kutter un^
fidler in bie geit Sefonja^ berfe^t, bgl. 22, 26 ; 29, 2. ®raf bagegen lä^t e« jur 3eU
^ojafim^ entftanben fein, ba eö über c. 1—12 ni(^t ^inau^fül^, unb bie ©träfe nod^ lo
al^ fünftig gefd^ilbert toirb. S)a beibe 33eobac^tungen gleich richtig finb, fd^lägt ©iefe«
brecht bie anfprec^enbe Söfung \)0X, ben 2lbfc^nitt in Übereinftimmung mit (äraf gu ba«
ticren, aber 93. 18 f. aU 3wfa§ au« ber ^^it Scfonjaö. 3ft ^i^ tidfitig, fo !ann ba«
Äapitel mit Su^fc^eibung jener 93erfe in ber ®runbf(^rift geftanben ^aben.
Sal). 14—15 ift burd^ einen furd^tbaren Siegenmangel öeranla^t. S^^^^w^i^^ ^^^^ iß
ju ©Ott für 'fein 33oif, aber ber §err Verbietet i^m jebe ^Jürbittc; ber ^rop^et toill ba«
t)om falfd^en ^Propl^eten berblenbete 93oH entfc^ulbigen, ober ber $err tpeift feine 6nt=
fc^ulbigung jurüdE; felbft 3)lofe unb ©amuel toürben burc^ il^re gürbitte bie« 93oIf nic^t
retten fönnen (15, 1), benn ber $err ^at feinen Untergang toegen ber ©ünbe SKanaffe«
befc^Ioffen. 2)er ©c^lufe enthält eine perfönlid^e Klage be« $roJ}^eten über bie 33ers ao
folgungen öon feiten feiner geinbe (15, 10—21). ^ntoiefern biejer ©c^Iufe urfjjrünglic^
mit bem 9Sor^ergel5^enben julfammen^icng, bleibt auc^ ^ier unfic^er. 3)a« übrige bilbet
bagegen eine SinF^eit, too jebod^ bie SHei^enfolge ber einzelnen QUxit (ögl. befonber«
14, 19 ff.), ab unb gu auffällig unb bielleic^t nic^t urfprünglic^ ift. Offenbar ift bie 3)ürre
nid^t bie §auptfac^e, fonbem ein 2lnlafe für ben ^rojj^eten, bem 3JolIe bie obfolute §off* 25
nungölofigfeit feiner 3wlunft ^ju berlünbigen. 3la6) feiner ganjen Haltung gehört ba«
StüdE gu ben Sieben be« S^^^i^^ ^^ Slnfange ber Slegierung be« SojaKm unb fann
banacb in ber ©runbfc^rift geftanben ^aben.
kap. 16—17. 3)er5Pro^^et barf nid^t heiraten, an feiner 2^otenIlage unb an feinem
feftlidj^en ©elage teilnehmen, benn ber Untergang be« 3Solfe« ift na^e(16,l— 13. 16— 17);ao
bie ©ünbe ^nha^ fann nid^t bergeffen tüerben, unb bie ©träfe ift be«^b unbermeiblidj
(17, 1—4). 3)iefe ©tüdte fmb mit bem bor^erge^enben Slbfc^nitte bertoanbt unb tooJ^^l
unter benfelben 9?er^ältniffen entftanben. 2Ba« bie beiben Äaj)itel fonft enthalten, bietet
feinen mirflic^en Swfömmenlf^ang bar unb h)irb toal^rfc^einlic^ eingefd^oben fein, ©inige«
baöon, namentlich bie Jjerfönlic^e filage 17, 14—18, rü^rt getoi^ bon S^^^i^^ f^^^P ^er, 35
ift aber erft Don einem ©Jjäteren an biefer ©teile eingefügt, ©c^r ^loeifel^aft ift bagegen
bie jeremianifc^e Slbfaffung öon 17, 19—27, too ba« ©abbat^gebot eingcfc^ärft n)irb.
SKeber ^ef 58, 13 ff. 56, 2 ff. noc^ bie bon Honig betonte ^ParaUele 2lm 8, 5 machen e«
erllärltcb, ba^ 3^^»"i<*^ ^i^ ©abbatö^eiligung ate für bie 3wfunft be« 9Solfe« entfd^eibenb
foQte betrad^tet l^aben. 40
Äal). 18—20. 3)cr ^rojj^et fielet in bem 3Serfa^ren be« %ö\>\^ ein 33ilb ber grei*
I;eit, momit (Sott bie 3Renfc^en bel^anbelt, ol^ne bur^ öorl^ergelf^enbe SBeiöfagungen ge-
bunben gu fein (18, 1—10). 3llfo fönnte ba« 33olf bem angebro^ten ©trafgeric^te burd^
SBcfc^rung entgegen; aber e« ift ftarrfinnig unb tpill fxc^ nidfit belehren (18, 11—17).
2)aran fd^liefet fic^ eine Jjerfönlic^e Älage be« ^rojj^eten über bie geinbfc^iaft feiner uns 45
bantbaren iianb^leute (18, 18—23). Der ^rop^et jerbric^t im §innomt^ale einen irbenen
Krug, um bie 93erni(^tung be« 35olfe« ju öeranfc^aulic^ien (19, 1—13) unb begiebt fic^
bann nac^ bem lempelbor^ofe, tpo er bem unbufefertigen 33olfe ba« ©trafgerid^t öerfünbet
(19, 14—15). 3>if*^lö^^#" läfet ber ^Priefter ^^afc^^ur, ber 2luffe^er im 2^emj)el toar,
ben ^IJroJj^eten t^er^aften ; ate er i^n aber am folgenben Xagc luicber frciEä^t, tüicbcr= so
l^olt ber unbeugfame 5ßrop^et feine 3)rol^ung unb berfünbet bem lUfc^^^ur ben lob
imtcr feinen nac^ 95abel gefd^l^^jiten 2anb«Ieuten (20, 1—6). ^um St^Iufj tiac^i S^te^
mia« über bie ©c^mer^en, bie i^m fein $roJ}l5>^tenamt bereitet, unb über bie ikrfoiöutu)en,
bie e« beranla^t, fpriq^t aber jugleidfi bie fiebere Überzeugung au«, bofe ber ^t»*^»^ if?>it
jci^lie^lic^ ©enugtl^uung berfc^affen tüerbe (20, 7—18). 3)ie Sllnafiimg^^eit bicfcr Mii).ntcl 55
ift fe^r tjerfc^ieben beftimmt loorben. 3)odS^ fVric^t, loie Äuenen mit aic4)t l)erüDr0cl?obcn
f;at, bie 6rh)ä^nung ^Pafc^l^ur« afö lem^elauffe^er« gegen, bie i^cric^ung uon Mp. ilif.i
in bie 3eit ©ebefia«, ba bamal« ein Slnberer bie« 2lmt öerti^attetc (29, 2b f.). %w^\
\px\d)i für bie S^t Soiafim«, bafe bon einer fd^on eingetretenen iü^gfüi^ruiiö Ut pub^j
nad; 93abel feine Siebe ift, unb ba^ bie 3)ro^ung 20, 6 nur il?rc tjaUc mix'
664 dieremiad, ber ^ro^et
übt, U)cnn fic öor 597 ßcfjjrod^m tüorbcn ift. SnbKci^ geigt btc furje ®aucr ber (Sefangcn^
fd^aft ber ^Projji^ctcn, bafe Jctnc geinbe fid^ nodfi ntc^t jo mächtig füllten h)ic unter bem
Äönige ©ebefia. eine nähere Seftimmung ift aber nid^t möglich, ba bteSBorte im 19.Äajj.
jtoar an 7, 29 ff. erinnern, aber bod^ ebeiifogut nac^ bem 4. ^ai^rc Sojafim^ gefproc^en
6 fein lönnen. 2Baö c. 18 betrifft, ^at e^ eine äl^nlid^e Stniogc h)ie c. 19 f. unb in beiben
äbfd^nitten ift bom 3:ö)3fcr bic SRcbe. 3)ana(6 ^abcn SKe^rere c. 18 afö mit c. 19 f.
gleic^jcitig betrachtet. 2lber ftdber ift biefer ©dylu^ boc^ nid^t, ba bic 3wf«"^^"cnftcDung
ber beiben ©tüdfe aud^ umgefeprt burc^ bie gemeinfame ßrlpä^nung be^ iö^fer« Dcran=
lagt fein lann. Unb nä^er betrad^tet fc^eint auc^ c. 18, h)0 bie SRöglid^Ieit einer 3"'
10 rtidfna^me ber brojj^etifc^en 3)rol^ung fo ftarf betont tüirb, einer frül^eren ^eriobc anjuge«
^ören. ®aju lommt, bag c. 18 augenjdfieinlid^ bon 3^^»wiög f^l&P ^errü^rt, h>ä^renb
c. 19 f. ju ben erjä|[|lenben ©tüdfen gel^ört, h)o jtoar auc^ Sieben beö ?Pro)3^eten mitgeteilt
toerben, aber boc^ feine ©rlebnijfe bie ^aujjtfac^e fmb.
Ra!p. 21 ift nadfi ber Überfc^rift au« ber 3«t ©ebelia«, nad^ 3S. 4. 9 naiver an^ ber
16 ^dt, ba bie Belagerung ^erufalemd burc^ bie (E^alböer angefangen l^tte.. ^er ilonig
fd^idfte aRänner jum ^rot)|eten, um öielleid^t ein tröftenbe« SBort ui ^öreii, ober 3^<^
mia^ berlünbigt il^nen fd^onungäo^ ben beDorfte^enben ©ieg ber Belagerer. Die Sebe
[(^liefet mit 33. 10. SBa^ barauf folgt, ift jufammen^angdo^ unb auö anberen Se^
ftanbteilen mit §inblidf auf c. 22 lombiniert.
20 Äaj). 22, 1—23, 8 l^anbelt bon ben Jlönigen bon guba. 3w^t ermal^nt ber ^^ro=
}^tt ben (nic^t )ueiter begeid^neten) ^nig, ©erec^tigleit ju üben, ba er nur baburd^ fein
mtid) bor bem Untergange retten hjerbe, 22, 1—5; bag folgenbe 33. 6—9 entl^ält ein
Älagelieb auf ben gall beg föniglid^en §aufe^ (?) ; e^ folgen bann func SBorte über bie
Äönige ©c^aUum (S. 10—12), Sojafim (35. 13—19) unb ^efonja (B. 24—30), toa^
26 renb 33. 20—23 gegen ^^nijalem gerid^tet fmb. 3)en ©d^lug bilbet ein SBe^eruf über
bie Äönige, ber in eine ^erl^eifeung übergebt ; ber §err toirb feine §erbe fammeln unb
i^r beffcre §irten geben (23, 1—4); bem §auje S)abibg loirb ein neuer ©Jjrog (^icr
beutlidb^ ein einjelner Äönig) erloedft, ber ©cre^tigf eit üben loirb, unb bcffen 5Rame „3^^^
unfer 9lec^t" lauten foll (23, 4 ff.). 3)er §auj)tfac^e nac^ mug biefer äbjd^nitt ber 3eit
30 ©ebefia^ zugerechnet werben, benn unter biefem Äönige fmb o^ne 3^<^^M ^^^ Sieben, bic
im cinjelnen unter ben borlf^ergelienben Königen entftanben tüaren, gufammengeftellt unb mit
ber lool^l aud^ ettüaö älteren ßinleitung 22,1—5 berfc^en. 22, 0—9.20— 23 fmb h>a^r=
fd;einli4 erft fpäter cingcfd^obcn. SQ3ie e^ fid^ mit ber SSerl^eigung c. 23 bereit, ijl eine
jd^toierige ^Jrage, bie nur in 3Serbinbung mit bergrage nac^ ber ©nttoidfelung berüMcffta^
36 ibec gelöft hjcrben tann. Sldn Iritifc^ betrachtet macl^en bie 33erfe 23, 1—4 einen au^
ge))rägt jeremianifd^en ßinbrudf, toobei e^ nur jtDcifellf^aft bleibt, ob fic ber borqrilifc^cn
ober ber egilifd^cn ^6i angel^ören. dagegen ift nai^ ben fielen §irten 33. 4 bic 3*^^^^'=
bualifxerung be« meffwnifc^en Könige 55. 3 f. atlerbing^ auffällig, unb bie ßd^t^eit biefer
33erfe be^^alb fc^hjer ju bereifen. ®cgen ben icremianijc^en Urjprung ber legten 33erfc
40 38. 7—8, bie jd^on 10, 15 tjorfamen, lägt ftd^ nid;t^ geltenb madfien; ouc^ ift ^ier eine
äbfaffung bor bem @jil toie bei 33. 1 — 4 feine^tDcg« unmöglid^ ; bgl. 32, 37.
kap. 23, 9—40, eine unbatierte, leibenfd^aftlid^e Siebe gegen bie faljd^en ?Pro})^eten.
9?ac^ ben fonftigen SSeric^ten be^ S3uc^e^ bcnft man am beften an bie ^txt ©ebefia«.
Äal). 24. 3)er $ro)3^et öergleic^t bie mit 3<^fo"ia toeggefü^rten gubäer mit guten,
46 ©cbclia unb bie ^wriidtgcbliebenen mit fc^led;ten feigen. 2)ie Slbfaffungö^cit h)irb 2J. 1
ate bcr2lnfang berS{egienmg©ebcfia^ beftimmt, tDomit ber 3«^alt auf« bcfte l^rmonicrt.
Äa}3. 25 ftammt nac^ ber Über|d^rift an^ bem folgenfd^hjeren tjierten 3^1^^^ 3^1^*
lim«, bem 3ai^re ber Sd^lad[;t bei Äarfemijd^. 3)er $rot)t;ct tjerfünbet bem 33olIe, auf
ba« feine bi«l;erigc j^ioanjigjäl^rige 3^^ätigfeit o^ne Ginflug geblieben ift, bie SBer^eerung
60 burd; Slebufabrefar, ber nac^ bem S3efct^luffe ®ottc« 70 3a^rc lang über 3wba unb bic
übrigen Sölfer ^errfcl^en foll. 3)ie Äritif ©c^hjaH^«, tDonad^ bic« ganj^e StcüpxUl bcm3c=
remia« ab^ufprec^cn tüäre, l^at ©iefcbrcd^t auf ba« rid^tige SRag jurücfgefül^rt, inbcm er
einen ed^tcn »Wem annimmt, ber aber jiemlid; ftarl erhjcitcrt toorben ift. Sefonbcr« cin^
leucl^tcnb ift ber fcfunbäre Urf^rung t)on 3L^. 12—14; auc^ ift ba« Sltbafd^ 33. '20
66(©ci^cfd^af für 33 a bei) tücnig im ©tile bc« 3^^^*"'^«.
iXap. 2G cntlf^ält einen 35ericfit über bie Iobe«gefal^r be« ^rop^eten, bie burd^ feine
Xemjjclrcbe c. 7 ^crt)orgcnifen ivurbc (f. oben). 3ur ©runbf^rift gel^örtc e« nid^t,
benn gerabc bei bicfcm Äa^itel ^cigt ftd^ auf« bcutlic^ftc, bag e« nic^t in Serbinbung
mit c. 7 entftanben fein fann, fonbem ben oben crtüät;ntcn cr^ä^lenbcn ©tücfen angehört
60 l^^aben mug.
^eremtad, ber ^ro^et 655
Äaj). 27— 29. ©cfanbtfc^aftcn emiger 9lac^barftaaten ftnb in S^ßlem angefornmen,
um gu einer gemeinsamen Slftion gegen Säbel aufjuforbem, toe^^alb ber ^ropl^et t^nen
burc^ eine f^mbolijtte §anblung Derfünbigt, ba^ ein freiwillige^ S^ragen beö d^^Ibäifc^en
Sod^^ bie eingige SRettung für ^nia unb bie anberen 9Sölfer fei (c. 27). Sin ^ro)3^et
.^ananja tritt gegen 3^^n^i<*^ «"f ^'^'^ berfj)ri(i^t, ba^ bie nad) Sabel (Sefül^rten in jh)ei 6
'^af)xm n)ieberfommen toerben ; S^t^^iö« fc^tpeigt juerft, Derlünbet aber fpöter bem ^ananja
leinen Sob binnen ^a^re^frift, toa^ bann au^ gejc^ie^t (c. 28). ^eremia« fd^iat einen
33rief an bie ©julanten in Sabel, h)orin er fte aufforbert, fic^ ru^ig im fremben Sanbe
einzurichten, benn 70 ^Qi)xt lang foH bie d^albäifd^e ^errfd^aft bauem, unb bie in guba
Rurüdfgebliebenen hjerben iai ©d^idffal i^rer ©ruber teilen (c. 29). 3)ie beiben erften lo
Äajjitel fangen auf« ©ngfte jufammen (bgl. 28, 10 mit 27,2), foba| bie Datierung 28, 1
„im 4. 3a^re i^ ©ebena" aud^ für c. 27 gilt. 2)emnac^ ift bie Überfc^rift c. 27,
bie Sojafim meint, afö faljd^ ju fheid^en. 5Kit biefen Äa))iteln ift toieberum c. 29 in^alt=
lic^ na^e Dertoanbt, h)enn aud^ ba^ ^ier Serid^tete möglid^erlpeife ettoaö frül^er ftattfanb.
®er gange ätbfd^nitt gel[^ört ju ben erh)äl^nten erjöl^lenben ©tüdfen be« 33ud^e^, bilbet ib
aber unter biejen eine Heine din^eit für fid^, bie, toie eö fd^eint, einft felbftftänbig ejiftiert
l^aben mu^. ^n biefen Äa))iteln toec^feln nämlic^ bie getüöl^nlid^en iWamen^formen Mufig
mit anberen, hjeniger urfjjrünglic^en , j. 8. nr^n-^ für it^^?:"^'^, 9lebulabnefar für ^Jebu«
labrefar. 2lber inl^altlic^ lä^t fic| lein toefentlid^er Unterfc^ieb nad^tpeifen jU)ifd^en ben
anberen erjö^Ienben 2lbf(^nitten unb biefen unjtpeifel^ft auf guter Information rul^bcn 20
Rajjiteln.
Rap. 30—32, eine Sleil^e Don 3:roph)eiefagungen. S3on biefen Äai}iteln ru^t c.32,
ioie bag burd^gängige „id^" geigt, auf birelter aJlitteilung be« ^ßrojjl^eten felbft. ®r er«
'^af)lt barin, loie ein Setter gu i^m !am, ate er unter ber Slegierung ©ebelia^ im ®es
fängni^ fa^, unb i^n aufforberte, ein ©tüdE ^Ib in Slnatl^ot^ gu faufen, unb toie bie^ 25
i^m ainlafe gab, fid^ über bie fünftige SlüdRe^r be« SSoße^ auögufjjrei^en. S)ie Olaubs
toürbigfeit be^ 3i"^öl*^ ftel^t im SBefentlic^en feft unb ift für bie Seurteilung ber 3u*
funftigertoartungen be^ ^PrtjJl^eten bon ber größten Sebeutung; aber anbererfeit« liegt ba^
Äapitel nid^t in feiner urfprünglid^en ®eftalt bor, fonbem ift burd^ fpätere §änbe er*
tocitert. 9lamentlic^ gegen bie 6c6tl^eit \)on 33. 17—23 l^at.©tabe Orünbe borgebrad^t, so
benen ©iefebrec^t unb Jl5nig mit 9led^t gugeftimmt ^oben. Sl^nlic^ fd^eint e^ ftd^ aud^
mit S(ap, 33 gu berbalten, bag biefelbe ^Datierung trägt, ©inleud^tenb ift l^ier bejonber«
bie Uned^tl^eit ber an 23, 5 f. erinnemben 3Berfe 33, 14 f. SP nämlid^ jene ©teile felbft
imec^t, fo gilt natürlidfi ba«felbe bon biefer 9?ad^al^mung ; unb foHte jene ed^t fein, fo
toirb S^<^"ifl^ 0^h>i^ nid&t feine eigene 3)arftetlung fo eigentümlid^ mobifigtert ^aben, ss
toie e^ ^ier ber^atl ift. i)ie nic^t befonber« batierten ka!p. 30 unb 31 toill ©menb bem
^rojj^äen DoHftänbig abfjjred^en. Sei c. 30 fc^eint bie^ Urteil aHerbingg gutreffcnb gu fein,
inbem bie ieremianif(|en Sffienbungcn biefe« ©tüdfeS el^er auf Slad^ai^mung gu berul^en jc^einen
unb be^l^alb ben fonftigen ©d^toierigleiten gegenüber nid^t« betoeifen. dagegen fc^eint
c. 31 me^rere^ (Sdfitc gu entl^alten, unb namentlid^ liegt fein toirflid^er Orunb bor, bem 40
^rop^etcn bie in^alt^reic^e ©teile 31, 27—34 abgufjjrec^en. SBa^rfAeinlid^ ift ber ed^te
Seftanbteil biefe« Äaj)itete nic^t gleid^geitig mit c. 32, fonbem erft toöi^renb be« ©jite
abgefaßt.
Siap. 34 berje^t unö in bie 3^^* '^^ Belagerung gerufalem« unter ©ebefia.
tl 1—7 entl^alten eine Siebe an ben fiönig, beffen ©efangenfd^aft borau^gejagt toirb; 45
ä>. 8—22 ergä^len, toie bie ^wbäer in ilf^rer 9Jot ein alte« ©efe^ über j^ebräifdj^e ©flaben
auefül^rten, aber fofort i^re Diadfigiebigfeit bereuten, afö bie SSnfunft be^ ägi^)3ti|4^ §eered
neue Hoffnung ertoedtte. 3)a^ Äapitel gel^ört gu ben ergäl^ilenben abfdfmitten.
Sta\>. 35. 2)ie Streue, toomit bie Slefabäer an i^ren alten ©itten feft^ielten, toirb ben
Subäem afö ein befdfiämenbe^ Seifjjiel borgefü^rt. 9iac^ 3S. 1 u. 11 fällt tfa« Äaj)itelBO
in bie ^^\t ^o\atm^, afö ein §eer 9?ebufabrefar« iai Sanb burd^gog. Ob biefer 3wft
burrf) ben SlbfaH Sojafimö öeranla^t -toar, ober gu ber 3^it ^^^Mc, ba 9lebufabr«far ficy
nadb ber SJieberlage ^Igi^jjten^ 605 bieje ®egenben untertoarf, läfet fid^ faum entfd^eiben,
Übiigen^ ^at©tabe bie^tage aufgetoorfen, ob biefe« RapM nid^t el^er, gegen bieätngabe
S. 1, in bie 3^it ©ebelia« gehöre. 3)a^ Sa))itcl l^at einen ergäl^lenben ß^rafter, ober»
3eremia^ \pxxd)i meiften^ in erfter ^erfon, fobafe e^ mit c. 18 unb 32 auf glet<^
!^inie ftel;t.
Äaj). 3G enthält ben Serid^t über bie 9?ieberf(^ft ber SBei^fagungen SeremioS
4. Jai^re ^ojafim^ unb \f)xz ^Verbrennung burc^ ben Äönig; bgl. oben. 2)a«
orbentlic^ toid^tige ©tüdf gel^ört gu ben ergäl^lcnben Slbfd^nitten.
656 dferemtad, ber ^ro^et
Rap. 37—44 gehören ebenfalls ya bm Srjäl^Iungcn unb berid^ten bic (Srldbntffe bcö
$ro))^et€n tpä^renb ber Belagerung unter (Sebetia unb nac^ ber ®inna^me ber ©tobt;
öfli. oben. ÄoJ). 39 ift burc^ ®tn|d^übe au« c. 52 ftarl em?eitert.
Rap, 45, ein S^rofttoort be« Seremia« an Saruc^. ®ie Slic^tigleit ber S^oticrung
5 (nac^ ber Slieberfc^rift ber SBet^fagunflen im 4. S^i^re Sojafim«) tuirb bon ©iefebrcc^t mit
bea^ten^tüerten, aber !aum entfd^eibenben GJrünben bejtoeifelt.
Äoj). 46—51 entl^alten eine Slei^e \)on Sieben gegen frembe 93ößer, namlid^ c. 46 gegen
ägV^ten (nac^ 3S. 2 nad^ ber ©d^lac^t bei Äarfemifc^), c. 47 gegen ^P^iliftäa (35. 1 bcbor
^l^arao ©a^a beftegte), c. 48 gegen 3Roab, 49, 1—6 gegen 2lmmon, 49, 7—22 gegen
10 ®bom, 49, 23—27 gegen SDama^Iuö, 49, 28—33 gegen bie Araber, 49, 34—39 gegen
@Iam (am Anfang ber Slegierung ©ebefia«), c. 50—51 gegen 35abeL ®ie^ Ic^tere
Drafel, ba« nad^ 51, 59—64 bem Seraja mitgegeben h)urbe, ate er im 4. ^afycc be« ©cbefia
ben Äönig auf feiner SReife nac^ Säbel begleitete, ift bon ben meiften neueren flritifem mit
Stecht al« nid^tieremianifc^ erfannt toorben. SBa« toir in biefem Dralel lefen,fttmmtbur4Km«
16 nid^t in ben ©ebanfen, bie ju jener 3^^^ S^i^^i^g erfüllten, fonbem atmen beutlid^ ben
burc^ bie Seiben be« ßjitö erzeugten ^eift. Die SBei^fagung ift nic^t nur öon ben fe^
lunbären ^fc^nitten be« SSud^e« ^eremia«, fonbem aud^^ bon ben filteren Seftanbteilen
be« S9u(^e« ^^a\a abl^ngig. Ob man mit SSubbe, Sornill, 3)riDer u. a. bo« Orotel Don
bem Seric^te 51, 59 ff. abtrennen, unb biefen al« ec^t betrachten barf, ift jum minbeften
20 fel^r jtoeifel^aft, felbft \t>mn eine Steife ©ebefia« nad^ Säbel an unb für ^d^ toa^rf(^n'
li^ l^iftorif4 ift. 2Ba« bie übrigen SHeben betrifft, fo ift in neuerer 3rit ipxt 6d^t$cit öon
©d^toallV, ©tabe, SBell^aufen unb ©menb bertoorfen toorben. (Segen biefe firiti! fmb Sleefer,
SSäilbebocr, Gomill unb 2)riber aufgetreten, bie inbeffen mel^r ober toeniger umfaffenbe
©rtoeiterungen beö urfprünglic^en 2^ejteö sugeben, tuä^renb GJiefebred^t ftc^ im SBefcntlidj^
26 ben Srgebniffen ©c^toaQ^ angefc^loffen ^at, ober bod^ bie jeremianifd^e Slbfaffung bon
c. 47 (mit ©treic^ung ber 3eitangabe i^. 1) feft^ält unb bei 46,2—12; 49, 7—11 einen
eckten Äem tjermutet. Segen bie jeremianifd^e 2lbfaffung fü^rt man an bie Uncc^t^t
t)on c. 50 f., bie auffällige Senu^ung anberer äOiei^fagungen unb \)ox allem ben mit ber
jeremianifd;en ©ebanfentoelt fc^toer ju bcreinigenben ©eift biejw 3lbf(^nitte. 3)er ?ßro})^,
80 ber Ij^ier fVrid^t, ift nic^t ber ftrenge Slid^ter feine« Solfe«, fonbem ein ^JJatriot, ber fein
SJolf tröftet (46, 27 f.) unb Stacke über bie ben ^^aclitm jugefügten SKife^anblungen
berfiinbct (46, 10. 48, 27. 42. 49, 1). Slnberfeit« fpric^t für bie ©d^tl^eit biefer 5taj)itel
ber toefentlid^e Umftanb, ba^ 3^^"^^^^ fi^ W"^" 1/^- lö einen "ilJrop^eten nennt, ber
über bie Sölfer geje^t toar, unb ba^ bie jeremianif^e ©runbfc^rift nac^ 36, 2 aud^ SRcbm
36 gegen anbere Softer enthielt (ögl. auc^ c. 25ff. unb ben gleichzeitigen (S^ec^iel): ferner,
ba| biefe Drafel mieber^olt (46, 2. 13. 26; 49, 28. 30) 9lebufabrefar ate bm Vermittler
ber göttlid^en ©träfe nennen, fo bafe fie jebenfall^ au^ jeremianifc^er gcit ftammm müffm,
unb bafe bie 3«töngabe 49, 34 nid^t au^ ber Suft gegriffm fein lann. 3)iefe @rünbe
finb fo getoic^tig, bafe man ftc^ jum minbeften gebrungen fü^lt, einm jeremianifd^cn Rem
40 in biefm Äal)iteln anjune^men. 3luc^ mufe man bei fold^en ^^agm nac^ bem, tüoö
ein ^ro^^et gefagt unb nic^t gefagt ^abm fann, fel^r öorfic^tig fein, befonber« locnn man
bebenft, ba^ ber ^roj^l^etiigmu^ eine fomjjlijicrte (Srfc^einung toar, too überlieferte gormm
eine bebeutmbe SRoHe fj^ielten. 2lber nid;t« befto iomiger foll e^ toillig jugegeben toerbm,
ba^ bieje SRebm, U>ie fie tjorliegen, jebenfafe für un^ etloa^ SRätfel^aftc^ bel^altm unb
46 e^er baju beitragen, ba^ Silb be^ ^cremia^ ju öertüirrm, ate e« ju bereic^em.
Ra\>. 52 ift nic^t öon ^eremia^, fonbem ^aujjtjäc^tid; bem 2. Sud^e ber Äönigc
(24, 18—25, 30) mtnommm. 6^ ift offmbar hinzugefügt, um bie ©rfüttung ber ierc=
mianifd^m SBei^fagungen ju fonftatiercn.
3. 3)ie t)orl(;erge^enbe ÜberfidJ^t ergiebt ate Slefultat, ba^ bie im 4. ga^re Sojölini^
60 berfafete, unb in feinem 5. ^aijx^ loieber^ergefteHtc ®mnbfd^rift toa^rfd^einlic^ folgcnbe
©tücfe entlSialten i}at: c. 1, 2—6 (mittelbar au« ber 3cit ^ofiia«). 11, 1—17 (mit Äücf^
Mieten auf bie 3eit biefe« Äönig«). 7, 1—9, 21 ; 11, 18—12, 6; c. 13 (mit Slbjug toon
S. 18f. an^ ber 3eit Sefonja«). c. 14— 15; c. 16— 17 (mit äbjug mehrerer gnter^
Isolationen), c. 25 (fohjeit e« urf>)rüngltc^ ift) unb c. 46, 1—49, 33 (faß« unb infotueit
55 biefe SiaüßM jeremianifd^ finb). 3"^^ 3^^^ ©ebefia« finb mtftanben c. 24. 21, bie au«
berfd^iebenm ©tüdfen jufammengeje^te inebe über bie Äonige c. 22 unb bie Siebe gegen
bie $ro>)^eten 23,9—40, jamt (fall« cd^i) 49, 34 ff.. Sei ben übrigm Slbfc^niüm, bie
einigermaßen fic^er bem 3i^^^»ni<i^ jugefd^rieben toerben fönncn, ift bie 9lbfaffung«jeit
toeniger fic^er. 3)od^ fc^eint c. 31 (foioeit e« ed;t ift) nac^ ber ©robemng Serufalem«
60 tjerfaßt ju {ein, unb ba«felbe gilt too^l aud^ bon 3, 14— 16 unb bielleid^t t>on bm ed^tm
dercmtad, ker ^rofi^et 667
SSeftanbtcilcn bon 23, 1—8. Ate fltöfeerc ©tüdfe, Die fw^cr Don Seremio^ ntc^t gefd^cben
fein !önnen, muffen 10, 1--16; 17,19—27, c.50. 51, c.52 aelten.
^agu lommen nun aber bie oben erh>ä^nten erjäl^lenben Sifbfc^nitte, bie auc^ Sieben
be^ $ro))^eten enti^^alten, aber bod^ einen anberen 6l^ara(ter ^aben. 3)te ©renje }h)ifc^en
i^nen unb ben eigentlichen Sieben ift aUerbing^ flie^enb. ®« giebt ©tücfe, bie Don g^e^ 6
mia« ^ä^m, aber bod^f burdffgängig in erfter ^Perion reben, fo bafe man annel^men
mufe, ba^ fie bem Saruc^ auf äJ^^nlid^e SBeife biftiert finb n)ie bie Siebe felbft; fo
c. 18 (U>al[^rf(^einlid^ au« bem anfange ber Slegierung Sojafim«), c. 32 (au« ber ^txt
©ebdia«), c. 35 (au« ber ^Ät goiofim«). 2)ie anberen ©tüdfe bagegen erjöl^Ien Don
„Seremia«" ober Dom „35roJ}^eten geremia«" unb jeigen aud^ fonft burd^ allerlei ©igen« lo
Reiten, bafe fte nur mittelbar Dom «(jrop^eten ^errül^ren; fo c. 19—20. 26. 27—29. 34.
37—44. Sludfi fie fmb mf)l meiften« Don Saruc^ gefd^rieben ober jebenfaH« Don i^m
überliefert. aSon i^m rül^rt auc^ c. 45 l^er, too ein 2^rofth)ort mitgeteilt h)irb, ba« 3^^^
mia« an il^n rid^tete.
3m ^nd)t ^tt^a^ fmb alfo ältere unb jüngere, unmittelbare, mittelbare unb nic^t* 15
jercmianiWfie Slbfc^nitte Derbunben unb auf giemlid^ bunte SBeife unter einanber Der«
mifc^t. äSon einer d^ronologifd^en Sleiljienfolge lann leine Siebe fein, felbft toenn eine foldbe
an einzelnen ©tetten burc^fcpimmert (Aap. 1-6- 37—44); ober auc^ bie Derfud^ten Slac^*
toeife eine« anberen Drbnung«})rin}it)« ^ben ju reinem Slefultate gefül^rt, ba fie fic^ toieber-
f^oli mit fünftlic^en unb femliegenben Vermutungen bereifen muffen. 3n Sffiirilic^feit ift 30
bie @ntn)idtelung«gef(^i(^te, bie ba« 33uc^ burd^laufen ^at, el^e e« feine jje^ige @eftalt am
na^m, für un« in ein ^unlel gefüllt, ba« tvo'^l nie DoQftänbig gel^oben ioerben fann.
aSJa« h)ir mit ©id^er^eit nadfitoeifen fönnen, bef^^ränft fid^ auf folgenbe«. 3" ®tunbe
lag bem Suc^e bie im 5. gal^re Sojafim« Don Saruc^ nac^ bem 5Diftate 3«f«»wi<*^ Ö^*
fc^riebene Slotte, Don Deren Umfang h)ir un« ein jiemlidb beutlid^e« Silb machen lönnen 25
(f. oben). 3)iefe (Srunblage ift burc^ einige fpätere Sieben be« 5Proj}^eten, befonber«
aber burc^ eine Slei^e Don ergä^lenben ©tüdfen em>eitert toorben. 3$on biefen Snöl^lungen
ftnb einige o^ne 3^^<f^I bon 93aru(^ nad^ ben unmittelbaren 9)htteilungen be« $rot)l^eten
Derfafet, toöl^renb anbere auf me^r mittelbare SBeife auf il^n mrüdfge^en. Sin Slbf^nitt
baDon, c. 27—29, mufe toegen fetner formellen ©genart einft für fi^ ejiftiert l^aben, ob« ao
fd^on er einen ä^nlid^en UrfJ)rung ge^bt }u ^aben fd^eint, toie bie anberen ©tücfe. 3)a^
bie er^ä^lenben Slbfc^nitte einft in einer !öiograj)l(|ie be« 5Proj)l^en jufammen geftanben
l^abcn, lögt fic^ nid^t ben)eifen, unb ift e^er al« unh)al^rf(^einli(^ p be^eid^nen, ba tDO^l
fonft auc^ etn)a« Don ber frül^eren ©efc^ic^te be« ^eremia« in fein ä3u(^ aufgenommen
toorbcn toäre. 33ielmel^ fmb bie jeremianifc^e ©runbfd^ft, bie f^jöteren Sieben unb bie 35
Derfc^iebenen erjöl^lenben ©tüdte am beften al« Seftanbteile einer umfaffenben ^eremia«-
litteratur ^u betrachten, burd^ beren Kombination ba« je^ige 93uc^ entftanben ift. Sei
feiner Äompofition ober bei fj)äteren Umgeftaltungen be« Suc^e« ift man jiemltd^
h)i(lfürlic^ m SBerte gegangen, inbem bie Derfd^iebenen Seftanbteile ol^ne irgenb ein
erftd^tlic^e« ^rinjiD burc^i einanber geworfen fmb. Slur an einer ©teile jeigt ftc^ eine 40
greifbare älbftc^t bei ber j^t Dorliegenben Drbnung. SQler SBal^rfd^einlid^feit nad^ toaren
bie Sieben gegen frembe Söller c. 46 ff. einft mit c. 25 Derbunben, ba« eine 2trt ©im
leitung ba}u bilbete. SSon biefem $la|e l^at man fte an ba« @nbe be« Suc^e« gerüdEt, ioo
fic je^t al« eine Slrt Sln^ang fielen. S8on früheren ©ammlungen jeremianifd^er Sieben, bie
bei ber J{om))ofition be« SSuc^e« benu^t n)ären, lö^ fic^ neben ber ertDcil^nten (Srunb^ 46
fc^rift nidfit« ftc^ere« nad^toeifcn. Qtoax ^at man in ber erweiterten Überfc^ft 1,3 (in
ben lagen Sojalim« bi« jur einnähme Serufalem« unter ©ebdia) bie ©J)ur einer ölteren
©ammlung finben Wollen, bie nic^t über ba«3ö^t 586 ^inau«fü^rte ; aber bie« ift Wenig
Wal^rfd^einlid^, ba ber SSer« Wol^l nur al« eine fe!unbäre, ungenaue ttberfc^ft jum ganjen
^\xä)t ju betrad^ten ift. 3>agegen lögt M ftd^cr nadfiWeifen, bag nid^t nur einige jere* go
mianifc^e ©tücfe au« ber 3eit be« giil« am ©c^luffe be« Suc^e« aufgenommen fmb
(c.50 f. c.52), fonbem bag folc^e Slbfc^nitte ftd^ aud^ innerl^alb be« Su^e« finben, unb
bag augerbem ber lejt in ben eckten Slbfc^nitten an mehreren ©teilen teil« burd^ Stuf«
na|me Don ec^t jeremianifd^en Srud^ftüden, teil« burc^ fefunböre Seftanbteile ftarl erweitert
Worben ift. 66
3u biefen @rgebniffen, bie eine naivere Betrachtung be« ^ebröifc^en Xe^te« le^,
fommt nun aber nod^, \oa^ au« einer itBergleic^ung be« mafforetifd^en Xei^e« mit ber
ale^anbrinifc^en Überfe^ung l^erDorge^t. ^a« 93uc^ ^eremia« gehört nömlic^ )u ben alt«
teftamentlid^en ©Ariften, Wo bie LXX Dom SKafforatejte auf Wefentlid^e SBeife biDergieri ^^
3$on ben Xe^tlritifem ift biefe SlbWeic^ung auf fe^r Derfc^iebene &eife beurteilt tO0ibCHg||fl
668 d^miiid, ber ^rofi^et
SBä^renb einige fte au^fd^Ite^id^ auf bie Sled^nung ber tDilltürlid^ atbehenbtn Ütofe^
fc^reiben tooHen, legen onbere ber ^lejtgeftalt ber LXX ein fold^ed ©etoid^ bei, ba| fie
bon jtDei berfd^iebenen Slecenftonen ober ädt^aben bed Sud^e^, einer ))alöfttmfcl^ unb
einer ägt^))tif(^en {))reci^en. 3)urcl^ bie einge^enben Unterfucpungen Don Jtuenen, ®tefes
öbred^tu. a. ift bad Unbered^tigte biefer beiben®|treme unb fmb jugleid^ bte in il^nen mäfoi?
tenen aBoi^rl^eitgmomentc Ilar gefteüt toorben. 3)ie griec^ifc^e Ueberfe$ung be« ^^i^^ini^^ ^
feine^tüeg« eine boHIommene Seiftung, unb ber SBerfaffer ^t an mel^reren ©teilen md[^
nur feine äSorlage mi|berftanben, fonbem fte aud^ giemlic^ toidülrltd^ bel^nbelt. Sßer
tro^bem bleibt eine S^ei^e Don @teQen, too bie LXX auf einen Xe^t )urüdtt>eiß, ber
10 urfprünglid^er iftald ber mafforetifd^e. ^ierl^er gel^ört freilid^ nid^t, h)ie mehrere, be$mi))tet
^oben, bie Stellung ber SReben gegen frembe Völler in ber LXX. ^n biefer Überfe^g
fte^en c. 46—51 jtoifdben 25, 13 unb 15 unb au^erbem in einer anberen Reihenfolge,
nämlid^ 41, 34—39 ((Slam), c.46 (ägVJ)ten), c. 50. 51 (Sabel), c. 47 (^^iliftoo), 49,
7—22 (ßbom), 49, 1—5 (ammon), 49, 28—33 (äraber), 49, 23—27 (Damaöfud), c. 48
16 (5Woab.). 3)a, toie oben fc^on bcmerlt hjurbe, biefe Sieben obne ä^eifel urf})rüngü(^ mit
c. 25 jufammenl^ingen, tonnte bie LXX l^ier ba^ Urfijrünglicpe ben>a|^ )u ^aben fd^en.
älber betrachtet man ben ^e^t naiver, fo tann bo^ ber ^la$ biefer 9ld>en ntc^t bor
26, 15 ff. gen)efen fein. Unb aufeerbem ifl bie olejanbrinifc^e SHeij^enfoIge bei toeitem toeniger
natürlid^ ate bie mofforetifc^e unb entfernt fi^ biel mel^r t>on ber Drbnung 25, 19—26
20 atö biefe. ^n SBirllic^Icit tourben alfo biejenigen, bie biefe SReben mit c. 25 k^erbonben,
tjon einem toid^tigen ^rimil) ober bon einer rid^tigen Überlieferung geleitet, in ber Äud«
fül^ng aber l^iaben fie ftc^ »ergriffen unb jeigen baburc^, bafe fie felbft einen Zc^t öor
fic^ Ratten, h)o «. 46—51 t>on c. 25 getrennt loaren. ^Dagegen fmb bie @teDen bon
Sebeutung, lüo bie LXX einen lürgeren 2^ejt l^iaben afe bie ^lafforeten. Serul^en ouc^
25 mand^e biefer ©teilen, bie nad^ ®raf^ S^^'w'^Ö ungcfälSir 2700 SBörter umfaffen, auf ber
Ungenauigleit unb bem toiltfürlid^en SBerfa^ren be^ Überfe^er«, ober auf SKängeln biefer
lejtborlage, fo bleibt bod^ eine 3^eilSie Don gällen, too ba« in ber LXX ge^tenbe beut-
lid^ fefunbärer 9latur ift, toeil eö ben 3wfÄ»""^^J5>öng unterbricht So j. 8. 10,6—8; 33,
14—26 ; 39, 4—13, mehrere Serfe in c. 25 unb c. 27—29 u. f. h). ©olc^ ©teilen
80 betoeifen, ba^ ber l^ebräifd^e %^ be^ S5uc|e^ 3^«»"^ö« ^in^ ^^^^ fliefeenben (Sif(a<dttt
gel^abt f)abm mu^, unb ba^ bie oben ertoäl^nte ertoeitembe Bearbeitung fid^ in einzelnen
$anbfc^riften giemlic^ lange fortgefe^t ^at, tt)%enb anbere ^anbfc^riften, barunter bie^
jenigen, bon benen bie Sorlage be^ aleEanbrinifc^en Überfe^er^ abftammte, toeniger frei
be^anbclt lourbe. 3)oc^ ^anbclt eg fid^ i}i^ nur um ein 3Re^r ober SBeniger, ba bie
85 gemeinfame SBurjel, auf bie folool^I ber mafforetifc^e ate ber alejanbrinifc^e Xegt jurücfs
toeifen, fd^on burd^ ©infc^übe unb (Sloffen erweitert loorben toar, toie fc^on beraromäifc^
SJerig 10, 11 geigt, ber auc^ bem alejanbrinifd^en Überfe^er borgelegen ^at
4. 3)ie SBebeutung beg ^ro^i^eten ^leremia^ fonnte nic^t in il^rer ganjen Siefe er«
!annt toerbcn, fo lange man bie ^rojj^eten loefentlid^ nad^ bem Snl^^Öe il^rer 5PräbiItionen
40 beurteilte, ^n biefer Sejiel^ung ift er nicbt befonber^ originell, unb toefentlid^ fmb bie
rein meffianifd^en ©teilen, 23, 5 f.; 33, 15 f. etloa^S matt im SSergleid^ mit ben glänjenben
©c^ilberungen 3^ 9,5 f. ; 11, 1 f. ^m ©ro^en unb (Sanken fann man fagen, bafe 3ere=
mia^ in feiner rein j)ro>)^ctifd(>en I^ätigleit bie SJerfünbtgung be^ ämo^ unb ^ofea auf
3uba überträgt, toie au^ feine 3)arfteIIung in feinen älteften Sieben ftarf an ben le^
46 genannten ^roji^eten erinnert. ®ie Unban!barfeit unb Ireulofigleit be^ SSoIIeö ^en
feinen Untergang unbermeiblid^ gemad^t, unb ju ber einzigen Slettung, einer' grünblic^en
äetel^rung, einem boHftänbigen SJeubruc^ be^ äaer^ (4, 3), hJoHte e« ft(^ nic^t bequemen ;
bielme^r beloiefcn gerabe bie SBirfungen, bie bie SReformation unter ^ofija l^tte, ba^
jebc Hoffnung aufgegeben toerben mü^te. 2llleö, toorauf ba^ Siolf fein ijertrouen fe^e,
50 bie alten propl^etif^en (Srtoartungen, bie SBol^nung ^d}\)t^ in feiner SKitte, toaren be«
beutungglo^ biejer X^atfac^e gegenüber. Über 20 ga^re lang ^atte 3^^^^"^^^^ ^^^ Ö^
)}rebigt unb toar toegen be^ Sludbleiben^ be^ angebrol^ten ©trafgeric^te^ bielfad^ bomäSolte
berfpottet toorben, afö ber ©ieg ber G^albäer V^ö^lid^ toie ein Sli^ bie fc^ioüle Suft jerri^
unb feine gange J}roj)l^ctifc^e Energie toa* rief. @r liefe feine bi^l^erigen Sieben nieberfc^raben ;
56 aber bie 2lrt, toie ber Äönig 3«>i^Km feine ©d^rift belf^anbelte, betoie^ i^m fogleid^,
bafe ba« 3?olf je$t bie le^tc 3Köglic^!eit einer SRettung tjemic^tet l^atte. S*"'"^ \ifoxu
ung^lofer tourben feine SDro^ungen, bi« bie ßroberung SerufolemJJ um 597 i^ erfte
ßrfüdung brachte. 5)a« t)on falf^en ^rojj^eten bct^örte 38oll toollte aber nid^t an bie l^nb»
greiflic^c SßJirflic^feit glauben; bie 5)e}3ortation S^Jonja« betrad^tete man ol« bie 9lm)}us
60 tation eine« toertlofen 2^eile« be« SSolfe« unb ertoartete eine glänjenbe äBieber^erfteQung
^eremtad, ker ^ro^^tt 659
in ber nädfiftcn S^funft. ^r 3^€"^i^^ bagegcn bcbcutcte ba^ Jc^on ©efd^el^enc btc ge«
nügcnbe ©rfüttung feiner aBei^fagung, unb fo Dcrtoanbelt fid^ je^t feine 5Pr*igt in eine
ptaftifc^e ^Intpeifung: burd^ gebulbiged fragen bed c^alböifd^en ^od^ unb burc^ @elbft'
bemütigung t)or bem SBelt^errfc^er muffe man ba^ Seben retten unb bem ©dfiümmften ent«
gelten, aber ba« tüal^nfmnige 3SoIf tüoBte immer noc^ nic^t an feine äBorte glauben, 5
unb fo rief e^ burd^ einen neuen Slufftanb bie le^te unb boHftänbige ©rfüHung feiner
5)ro^ungen über fi(| ijierab. 3a felbft nac^ bem gatte S^^l^»"^ mufete er feine äJer*
lünbigung in 3luba unb fj)öter in äg^pten toieberj^^olen, benn ba« SSoIf glaubte noc^ nid^t
an il^n, fonbem fe^te forttoöl^renb fein SJertrauen auf feine ®ö|en unb feine Jjolitifc^en
Serbinbungen. 10
Unb boc^ u>ar ^eremia^ feine^tpeg^ ol^^ne Hoffnung in tieferem ©inne be^ SBäorte^. @r toar
ipie Sefaja bon ben tüunberbar läutemben aSBirfungen ber Seiben überzeugt, unb fal^
einer lid^ten S^Iunft entgegen, ba ba^ bertoanbelte 3Jol! jurüdffc^ren foBte, um unter ge«
redfiten dürften ju leben, unb ba ba« Dertoüftete Sanb lieber bon SSetDo^nem gefüllt tuer*
ben füllte, bie ^Iber fauften unb Kaufbriefe fd^rieben. 6ine neue (Seneration foHte e« 16
fein, benn 70 ^af)xt ^atte ^af)t>t für ba« SBalten ber ß^albäer fefigefe^t ; aber biefe neue
©eneration follte aud^ anberer Slrt fein ate bie 3Bäter unb ba« ®efe^ ®otte« nidf^t auf
2^afcln, fonbem im $erjen tragen. SSon il^nen follte im toal^^ren ©mne ba« göttlid^e
aSort gelten : id^ bin euer ®ott, unb i^ feib mein 33olf. SBie alt biefe ®ebanlen bei
3cremia« toaren, gebt au« bem britten StapxUl l^erbor, h)o er ben ©plf^raimiten, bie fd^on ao
gelitten Ratten, bieStüdRe^r Derbeifet Slu« bemfelben ®runbe öertünbet er 24, 6 ff. ben im
Sa^re 597 3)ej)ortierten, ba^ ®ott fxe im ®egenfa$e ju ben im Sanbe ®ebliebenen be*
gnabigen unb in bie §eimat gurüdEbringen toerbe. Unb felbft für bie Reiben gilt ba«=
felbe ®efe^: toenn fte fidfi na^ i^rer Vertreibung belehren, follen fte unter S^ba« Ober*
^ol^eit tDieberl^ergeftellt toerben, 12, 15 ff. SSon ber äußeren §enlidf|Ieit be« h)iebers25
crftanbencn SSolfe« f^ric^t 9(^c"^iö^ tüznxQ unb au6^ nic^t bon bem 5Kotii), ba« ®ott bes
h)egt, fein SSolf nic^t aufzugeben; bie i^atfac^e fte||t i^m feft unb genügt üf^m.
3eic^nen fic^ nun aud^ biefe ®ebanfen burd^ i^re Sleini^eit au«, fo fxnb fie bod^,
h)ie fdf^on bemerft, nic^t bef onber« originell, fonbem im aOäefentlic^m SDäieberl^olungen unb
äntDenbungen älterer ))roJ)lf>etif(^er ®ebanfen. 3lber bie eigmtlit^e S3ebeutung be« ge- .10
rcmia« liegt auf einem anberm ®ebiete, h?o er äße anberen ^rop^eten überftra^lt unb
für bie innere ©nttoidelung ber i«raelitifd^en Sieligion eine einzigartige Sebeutung ge«
lüonnen ^at. ^m ©egenfa^e )u einem S[Jroj)lf>eten U>ie S^^ja, ber, nad^bem er fein an«
fänglid;e« Söiberftrebm gegm ben göttlid^en mf übertüunben ffat, in feinem 2lmte bott«
ftänbig aufgebt unb ftc^ mit feiner eigenm 3Serfünbigung ein« toei^, füllte !3^cmia« 35
forttDäi^renb feine J^roj^^etifd^e aufgäbe al« einm3h)ang, bie i^m ber größten Qualen be=
reitcte, bem er fidfi aber nid(|t ju entziehen t>ermoc^te. ©r, ber fein 35olf mit ber innigften
üiebe umfaßte, fa^ fic^ al« 2anbe«t)erräter unb gottlofer SSeräc^ter be« Heiligtum« ge«
branbmarJEt, tpeil i^m bie göttlidfie SBai^r^eit l^öl^er ftanb al« ba«, toa« er al« 3Kcnfc^
iDünfd^en möchte. 3)iefe quatoolle 5Di«^armonie begeidfinet feine eigentlic^m Seiben, unb 40
h)ürbc i^n gu bem grö^tm SJlärt^rer unter ben ^roj)^eten machen, felbft toenn er nie in«
©cfängni« getoorfm ober mit bem lobe bebrot^t loorben toäre. 2)ie 3^wgniffe t>on feinm
5iänH)fm ^aben tt)ir in bm äbfdfinittm feine« Suc^e«, U>o er feine gel^eimen (Sefpräc^ mit
©Ott mitteilt, unb beren SBor^tbenfein neben feinm rein t>Toplf>etifc^m SRebm ju ben
iüunberbarften ßigmtümlid^Ieitm feiner ©c^rift gehört. Db er bei i^rer 9iieberf(^rift 46
nur einem inneren orange gefolgt ift, ober ob er bamit eine anbere Slbfidfit öerbanb,
h)iffen mir nic^t; aber un« ermöglichen biefe rein perfönlic^m @rgüffe unfc^ö^bare
Qinblide in fein innerfte« Sebm, unb bringen i^n un« menfdfilid^ naiver al« irgenb einm
anberm 5Pro)3^eten. ^n oiefen älbfc^nitten (11,18-12,6; 16,10—21; 17,5—18;
18,18—23; 20,7—18) Hagt ^eremia«, bafe ®ott il^n burc^ feine Semfung über« 50
h)ältigt unb i^mben ^a| feiner Sanb«leute gugegogm t|iat; toiU er aber fdf|tt>eigen, bann
brennt bie göttliche SBa^^eit in i^m h)ie ^uer unb lä^t i^m feine 9{u^e. ®e«l^alb t^er«
flucht er ben 2:ag, ba er geborm tüurbe, unb ben 5Kann, ber feinem 3Sater feine ®eburt
tjcrtünbete, ftatt il^n fofort ju töten. Ober er bellagt fic^ über ben §a^, tüomit ba« un^
banfbare 3SolI xfjn, feinm trmeftm ^ürbttter bei ®ott, t)erfolgt ; er forbert ®ott auf, i^n 55
gu rä(^en, ba er ja feine SBorte felbftt)erlmgnmb bertünbet, bi« je^t aber nur §a^ unb
©pott über ba« 3lu«bleibm feiner 35ro^ungen gefunben l)at Ober er befd^reibt, h)ie fein
©laube biefe 2lnfe(^tungm überlounbm l^at, unb h?ie®ott il^n tröftet unb ermutigt. SKa«
^eremia« ^ier fc^ilbert, finb allerbing« Seibm, bie burd^ feine )3ro^)l^etifdf>e X^ätigfeit ^er^
Dorgcrufm toaren, aber er befc^reibt fie nid^t al« 5ProJ)l(iet, fonbem al« ein in ber innigftm eo
42*
660 dieremtad, itt ^x^p^ti dferemtad IL, ^otritnl»
©otte^emeinfd^aft lebenber SRenfc^. 9[uf btefem ®ebiete ift er f(l^öt)ferif(l^, unb be^^
ein befruc^tenbe^ 3$or6ilb für bte reltgiöfe ^^nigtett ber S^rae(tten getoorben; t>on feinen
©ebanlen unb SBorten leben t>tele ^Pfalmenbid^ter, unb t>on i^ ift ber grofee a)ic^ler be^
Sud^e^ $io6 btelfac^ infpiriert. ^eremia^ f)cd mächtig baju beigetragen, bo^ bie S^nie^
6 liten ber folgenben 3^^ «i^* nur oI« SKitglieber be« SSoIIeä, fonbem olg reltgtdfe 3«'
bibibuen t)or ®ott traten unb im Setou^tfein be^ Sled^teig ber einjelnenj^erfdnlidplett i^
^orberungen geltenb mad^ten; aber er l^t jugleid^ fte unb f^öter bie SRenfd^^eit gelel^,
n>ie ba$ Setou^ein, für bie SBa^rl^eit )u Iäm))fen, ben SRenfd^en aäm $a^ unb ^ott
übertoinben lä^t, unb tüie [xdf il^m in ©ebet^efj)rä(^en mit ®ott eine SBelt eröffnet, bie
10 il^n über bie Setben ber ßnblic^feit J^inau^J^^ebt.
einem fold^en ^ni^alte gegenüber lommt bie grage nac^ ber äußeren %ovm ber ^ar^
fteUung h)enig in Setrad^t. Sei einer fouberänen ))rDt)l[ietifc^en Statur, hne ^^aia, ift bie
J^rmonifd^e ®d)'6n\)Ät ber gorm eine h)ol^lbegrünbete Srfc^einung, aber bei bem mitten
in ben emfteften nationalen unb reßgiöfen eiiftenjfragen fke^enben Igeremia« tofirbe ein
IS ftärfere^ §ert)ortreten ber äft^etifc^en ©eite ber Darftmung nur ftörenb toirfen. SBäog üon
bem SRangel an !ünftlerif(^er ^oQenbung, an @lötte unb Jtraft be^ @tUe^ unb txm
ben häufigen SBieberl^olungen im Sud^e Seremia« gefagt toorben ift, mu| be^^olb, toenn
auc^ an unb für fxd^ nid^t unrichtig, afö ein ettoa« fd^iefeö Urteil bejeic^net toerben. 3>ie
©d^ön^eit be« SSud^eä ift nid^t in ber j)oeti|d^en %oim, fonbem in bem tiefen unb d>eln
20 ©emütäeben, ba« ftd^ l^ier Slu^brudf gegeben l^at, gu fuc^en. 3)ie ©teilen, h)o bie ^jer-
fönlicben @m))finbungen bed ^ro^^eten ftärter l^ert>ortreten, too er über fein geliebte^ Sanb
unb aSolI toeint (4, 19; 8,23; 13,17), too er bei ®ott für 3«rael betet, (14,7ff.;
18 ff.) ober too er feine geiftigen änfed^tungen fc^ilbert, gehören jum ©rgreifenbpen unb
SRü^renbften im 312: überl^aujjt, nid^t toeil bie 3)arftellung fd^ön geformt, fonbem toeil fie
^ toal^r unb einfad^ ift. %t. 8tt|l.
3eremtad IL, ^atriard^ t>on Jtonftantinopel, geft. 1595. — 2)ie atemltc^
umfangreiche Sitteratur ift uifammengeftedt bei $^. SRe^er, ^ie tl^eol. Sitterotur ber gried^.
tircfte im 16. Sa^r^unbert, fieipjig 1899 (Stubien jur ©cf^icfttc ber 2:§eoIoö!e unb ber JTirc!^,
herausgegeben oon ^. ©onwctfd) unb SR. ©eeberg, III. ©b ^e\i 6), worauf ^icr ber Äürjc
80 l^albcr uermiefen wirb. S'^acftautragcn ift bafelbft au« älterer 3eit : f)cfe(e, Ucber bie alten
unb neuen SSerfucfte, ben Drtciit ju protcftantifieren, X^OS 1843, 8. 544, unb aiiS neuefter
3eit Papadopulos Keramcus, TtaxQiagxixoi xaxdkoyoi (1453 — 1636), )öi|*. 8eitfrf»r. 1899,
8. 392 ff.
geremia« II., t>on bm ©riechen ö rgavog genannt, tourbe geborm um 1530 in
85 Stnc^ioloi^ am fd^ioarjm 3)leere. S^tt\i SBcetropolit üon Sariffa, toar er 5ßatriarc^ t)on
Äonftantinopel Don 1572 ober 1573 bi« 1579, 1580—1584 unb enblic^ bon 1586
bi« 1595.
gr l^atte in feiner S^genb leine toiffenfd^aftlidfie Silbung er^lten, namentlich l^tte
er im älbenblanbe nic^t ftubiert, bemül^^te fid^ aber bid in feinällter unb nic^t o^ne Erfolg
40 in ber 5P^ilofoj)l^ie unb ber 3;l^eologie ju lernen. 5Wamentlid^ eignete er [väf Ämntniö ber
äSäter an.
©eine Sebeutung liegt barin, ba^ er, ein fittlic^ emfter unb energifdfier SRann, feine
ganje ^Perfon für ba^ 3Bol^l ber i^m anvertrauten Äird^e einfette, unb unterftü^t \>on ben
beften unb tüd^tigften 2^l5>^ologen feiner ^^it, bie er um fw^ ju fammeln tou^te, toteSRo^'
46 mo^ 3Kargunio^, ©abricl ©ebero^g, ajjeletio^ $cgag, SDumaeüno^ ©tubiteä unb iS^os
bofio^ ^\)ßomala^, bie Drtl^obojie ber griec^ifc^en Äirc^e in Seigre, ©itte unb SSertooltung
unb bamit il^re ©elbftftänbigleit nac^ 3lu|en unb nad^ 3nnm fraftt>oll unb mit @rfoIg
jur ®eltung brad^te. Siöi^er lä^t ftd^ feine SBir{fam!eit nad^ folgenbm ©efic^t^unften
befc^eiben.
60 ?^nx inneren SHeorganifation ber Äirc^e, bie feit bem ©nbe be« 15.3al^^unbertd i^re
bunlelften ^^xim erlebt l^atte, brachte er bie geltmbcn ®efe|e unb 38erorbnungen toieber
nac^brüdtlid^ in ©rinncmng. ®en ^'6i}^nntt biefer Seftrebungen jeigt bie Äonftantinoj)Ier
©^nobc 1593, beren aften juerft ber ^atriard^ ©oftt^eo« tjon Semfalem 1698 in feinem
Tö/LLog dydntjg, banac^ Ä. ©atl^a« in feinem Üxediao/Lia über ba^ fiebm be« gcre«
66 mia^ ält^m 1870 unb abtoeic^mb babon 5Pa))aboputo^=Äerameu« in ber Maurogorda-
teios Bibliotheke ©. 73 ^erau^egebm hat §ier tourbe oorgegangm nammtlic^ gegen
bie ©imonie, e^ tourbe angeftrebt eine beffere Silbung ber ®eimid^m, bmm aud^ bie
l^äupgere ^rebigtt^ätigfeit jur ^flic^t gemad^t tourbe ; ba« SSolfefd^ulmefm na^ man
in Singriff unb bie avvodog Irötjjuovoa tourbe neu eingerichtet.
dferemtad IL, ^ohriar^ 661
3lai) augcn l^m Dermel^rte ^eremtai^ bad S(nfel^en ber anatoltfd^en Kirche burd^ bic
©rünbung be« ^Poäriard^atö bon SWuyanb, bic er auf einer Slcife ba$in 1588 unb 1589
bcn>irfte. 2Ba$ ba$ ^atriard^at in ^onftantinopel baburd^ an üRac^tfODe Derlor, geh)ann
e^ tDieber burd^ ben ^nfd^Iu^ an bie norbifc^e ©ro^mac^t, bie f>orx ba an al$ bic Sc^
fd^ü^crin bcr anatolifd^cn Airc^c gilt. 5
®c0cn bic römif^c Äird^c, bie in bem ^eitalter ®rcgor« XIII. namentlid^ burd^ bie
ßntfcnbung bcr ^cfuiten na* bem Orient eine eifrige I^ätigtcit entfaltete, bie anato^
lifd^e Äird^e ju getoinnen, be9aiH)tete S^rcmiai^ in getoanbter SBcifc bie ©clbftftänbigleit ber
Ic^teren. ®r Icl^ntc bie ännal^me bc^ ©rcgorianifc^cn fialenbcrd ab, eine ??ragc, bic
bamal« int SSorbergrunbe ber SScr^anblungen ftanb unb nad^ ber Slnfid^t bcr DrtboboEcn lo
bad o^ne|[|in fd^on lange Slcgiftcr ber römifd^ Jte^creicn berlöngcrte. ^cremia^ $at im
ganjen bicr ©d^reiben in ber ©ad^e crlaffen, bie id^ a. a. D. @. 92 f. 6efj)rod^cn l^abc,
tooju idfi crgänjenb bemerfe, ba^ bai^ ©. 93 genannte bierte ©d^reiben juerft bon ©d^eU
ftrate, Acta orientalis ecdesiae contra Lutheri Haeresim, Sloml739, ©.249—252
gcbrudEt ift. i6
am intereffanteften ift S^emia« getoorben burd^ feinen Srieftoed^fcl mit ben 3^übingcr
Sut^cranem, ber in bem berühmten SBerlc Acta et scripta theologorum Wirtem-
bergensium et Patriarchae Gonstantinopolitani D. Hieremiae, SBittenberg 1584
Vorliegt. ®ie brei bclannten StnüDorten be« 3^^<^ P"*^ Jh)ar nid^t \>a^ SBerf be«
^atriard^cn im eigenften ©inne, fonbem ba$ feiner ^oft^eologen, namentlich be^ X^co- 3o
bofio^ R\)Qom(da^, h)ie ic^ a, a. D. ©. 88 nac^ctoiefen, aud^ jinb bie ©duften feine««
tDcgö felbftftänbige tl^eologifd^e arbeiten, fonbem mcl^ ober toeniger gefc^idEte Swfammcn*
ftcUungen au« ben alten Sötem, h)ic SafiKo« unb ßl^rVFoftomo« unb au« ben ©d^riften
92cucrer, n)02u namentlid^ ^ofe))^ 33r)^ennio«, 92i(olau« Itabafila«, ©);mcon bon ^]^a«
lonid^ gehören. 3lud^ bic« ^abe ic^ a. a. D. ©. 47 ff. nadtoetoicfen. 2)enno(^ befi^en bic 26
©d^riften If^oi^cn aSJert für bic Beurteilung ber neueren grieipifd^en Äirc^c, bemt fte atmen
ben ed^tcn (Seift ber ortl^obojcn Äirc^c^ toie i^n bie ©inttoicfelung Don alter«l^er erzeugt
^at. @ie fmb auc^ ba« erfte offi)iclIe Urteil ber ortl^obo^cn ftir^c über bo« Sut^ertum
unb eine Slbfagc an ba«fclbc h)o^l für alle Rcitm.
Über bie 9lu«gabcn ber Acta l^e i^ ba« 9l5tige bemerk a. a. 0. ©. 96, too so
nac^)utragen ift, ba^ ©c^clftrate in feinem oben genannten SBerIc nur 91u«}üge au« ben
antworten ^cremia« bringt. 3)ie Urfd^rift ber 3lef))onJa toar noc^ erl^alten jur 3^*^ *>«
©^nobe bon ^crufalem 1672 (Rimmel, Monumenta fidei eccl. Orient. I, ©. 378).
S)ie Bad)t fclbft enttoidfeltc unb bolljog ftc^ folgenbermafeen. 2luf Verlangen be«
^reil^erm 3)abib bon Ungnab, bamaligen laiferlid^en ©cfanbtcn bei ber Pforte, eine« 36
eifrigen ^roteftanten, begab ftd^ Bttpf^an ®erlad^, bi«^er 9le))etent am tl^eoloaifc^en ©e«
minar in Tübingen, 1573 nad^ Jtonftantino^el, um bie ©tcQc eine« ®efanbf(^aft«^rebigcr«
einzunehmen, (h brad^te jioei @m))fel^lung«fd^reibcn an ben ^atriard^cn mit, ba« eine be«
Äanjler« ^oiob 2lnbrcä in 2^übingen, ba« anbere be« äJlartin Srupu«, be« geleierten ©rä«
ciftcn unb §iftoriIer«, beibe Sriefe tourben too^ttooBcnb aufgenommen. Stud^ befreunbetc 4o
fid^ Ocrlac^ mit ^^i^eobofio« ^^omola^, bem ?Protonotario« be« g^emia«, toä^enb er
juglcid^ mit ber Unibcrfität feiner ^eimat im SScrlc^r blieb; bort|Jin ift er aud^i fj)äter
gurüdgegangen unb 1612 in Tübingen geftorben. ^ie ®elegeniecit )u einer älnnä^crung
ber Sut^craner an bie gried^ifd^e Äird^e unb ju einer Sclanntmad^ung i^er Sc^c nac|
biefcr Slic^tung fc^ien günftig unb foUte nid^t unbenu^ bleiben, ^al^cr richteten älnbreä 46
unb Sruftu« jctft nod^ jtoei anbere ©d^reiben an ben ^atriard^cn, ba« erfte bom 15. ©e^)*
tember 1574 mit gwf^bung ber in« ©ried^ilc^e überfc^ten S[ug«burgijt^en ilonfeffion, bon
toclc^cr ber ®nH)fänger genauere Äenntni« nebmen tooHc, ba« atoeite bom 20. 3Rärj
1575. 3" bi«f«n l^teren banfen pe mit berbinblid^en SBorten für bic imteifd^en etn»
getroffenene Slüdfäufecrung be« ^[ercmia«, bertoeifen nod^mal« auf ba« Scfcnntni« ber eo
äluauftana unb emeuem bie Sttte um beren Segutad^tung ; benn babon ioerbe er fic^
leicht überzeugen, ba^ in biefcr ©d^rift bcr alte Rirdecnglaubc in allem SBcfcntlid^en ge*
toa^rt h)crbe, ba^ e« alfo fe^r too^l möglich fei, tro^ aller örtlichen ßntfemung jh)if(9en
Tübingen unb 5ton{)antino^el ein 93anb ber Sintrad^t in ©laubcn unb Siebe )u ntü{)fen.
2luc^ jloci ^rebigten Änbreö«, gried^if* überfe^t, toaren bem ^Patriarchen übermittelt ßs
toorbcn. 2)ic 2lnth)ort be« le^tercn erfotgte erft 1576 am 15. SKai, fie toar berbunben
mit einer langen Slbl^anblung, in tocld^cr bie Äonfefjion ©tüi für ©tüdf cenftert toirb.
einige« toirb allerbing« gelobt, befonber« in ben ärtifeln bon ber Äirc^e, bem geiftlic^en
2lmt, ber ^rieftcrel^e unb ben lefetcn 2)ingen, allein ber 3;abcl überwiegt bei tocitem. S3cr-
tocrflic^ fei bic aufnähme be« tilioque in ba« ©);mbol, bertoerflid^ bic 3urüd(ftcllung eo
662 ^mtniad U., ^attiatd^ dfctoBeam I.
bcr guten Söcrfc für bic Slcc^tfcrtiflung, and) bcr freie SBiHc toerbc tnncrl^b ber J^eife^
Ic^re nxi)t Gehörig in 2lnfd^Iag gebracht. SBäie bo^ ©^mbol ^ioiJlf Slrtüd umta^t, fo mu|
Ctg aud) bleiben bei ber ©icbenja^I ber 2^ugenben, ber Safter unb ber @atramente; bie
Sufte forbert äufjöf^lung ber ©ünben unb tperftl^ötige ©enugt^uung. ©elbft bic brd=
6 malige Untcrtaud^ung bei ber ^^aufe, bie SKönd^^elübbe, bie SSere^ng ber ^etUgen finb
unanfechtbar, unb bic äBanbelung ber (Elemente be« 2lbenbma^te mufe t>im bcr Slnrufung
beö 1^1. (Seiftet abgeleitet tperben. 2)ieg atte^ toirb nic^t aU Slnftc^t, fonbem in belegen-
bcr %oun t>orgetragen, ba^er aud^». ^«^ fc^Iiefeli(^e gute Slat uim Übertritt. 2)urd^ biefe
ärt bcr Entgegnung fanben fw^ bie 3:übinger erft red^t jur Segrünbung i^er Se^nter^
10 fd^icbe ^erauggeforbert. 3)er ^ofi)rcbiger Sula^ Dfianber uno 3Wartin 6rufiu5, bie SSerfaffer bcö
jtoeiten au^füJ^rlid^en unb bom 18. ^um 1577 batierten ©enbfc^eiben«, gingen bie^al
prinzipieller ju SEBcrfe. 5)ie Slultorität bcr 38äter mufe bem ©df|iriftj)rinjij) tüeid^cn, ijon
il^m au^ tüirb bie SRec^tfertigung an^ bem ©tauben noc^mate in« Sic^t gefegt unb bie
aSerbienftlid^Ieit menfd^Iic^er Seiftungen ate mit ber ©ünbenüergebung unüerträßlic^ p
16 rüdgelüiefen. 2)er ©afeament^bcgriff aber foQ burc^ bie ßinfefeung ^xx^ix bebingt fnn,
nid^t burc^ irgcnb toeld^en ge^eimni^oQen ^n^alt, toeil fid^ fonft gar feine f^d^^ ©ren^e
feftfteQen lie^e. ®tnige« anbere, tDie ber uuönd^ftanb, toirb fc^onenb beurteilt. SßirfUc^
entfd;Io^ fic^ S^^iö«^ obgleich erft nadfi jtoei 3<^^ren, benn er toar burc^ eine Sleife ab^
gehalten, ju einer nod^maligen (Segenerftärung, batiert bom 3Wai 1579, h>elc^e aber toeit
ao me^r einer 3uted^tn)eifung ä^nlid; ftebt. SJtit einiger ^enntni« ber ürc^lid^ Sittaatur,
fogar ber lateinifqfen unb mit forgfäitiger 3luf}ät|[ung ber ©etoä^rdmänner Derbrettet er
[\q l^auptjäc^lid^ über bie Äontroöerfcn bom Slu^gang be« Oeifte«, bon ber ,®eredi^tigtcit
be« ©lauben« unb ber SSJerte, bon ber aBillen^freti^eit unb ben 3Kvft^^- Über eine fo
ioeit getriebene ©eringfd^ö^ung be« Überlieferten, tote fte bie 5Proteftanten berraten, ber^
26 ^el^lt er fein Sefremben nid^t, fein fd^toerfter 38orh)urf ift ber ber Sleuerungdfuc^t ; toe^
benen, bic fem bon fc^ulbiger ^ietät, nur ber eigenen SKeinung bienen tooHen! äuc^ biefe
33orl^altung ermübete bie eifrigen Sut^eraner noc^ nid^t ; Slnbreä, ©(^nej)f, Sibembodji
unb .f>cerbranb erliefen bom $age ^o^anni« be« 3:äufer« 1580 ein abermaliges SSers
tcibigunggfd^reiben nad^ Äonftantinojjcl, bieSmal aber mit geringem grfolg. S^^niia« ant-
90 toortetc am 6. ^uni 1581 toeit fürjer unb fc^lo^ mit bem S3emerfen, e« fei bergeblic^
SKü^e, mit Ideologen fernerhin ju ber^anbeln, toelc^e bie Siebter ber Äird^ nidbt mel^r in
ß^rcn galten toollen; fxe mö&ten iaf)tx, ftatt [xäf mit guf^bung bon ©djriften unb
Sriefcn toeitere 2Jlü^c ^u mad^en, Heber il;reg SBege« fürbafe ge^cn, in 3"^*^!^ ^^^f
locnn fic tooHten, nur noc^ au« greunbfd^aft«grünben {q)iXiag evexa) an 'üfn fc^reiben,
36 nic^t bon ®Iauben«fac^en. Sluf folc^e SBJeifung fonnte alfo bon 2^übingen au« nur no^^
fiirjlid^ unb abfd^Iie^enb re))liaiert toerben. (®o§ f) ¥4« 8Ket|er.
3crobeam I., c??"?: (Järob'äm), LXX 'hgoßodfi, ©o^n 5Rebat«, ca. 933—912
b. 6^r., erfter Äönig be« ße^nftämmereid^«. — ^^l SBiner, S3tbl. »J..®.», I, 544 ff.;
8d)cn!el, «ibcUfiej. III, 211 ff. (6d)enfcl). $Ricl)m, ö^S3' I, 690 f. (^lelnert). diualb, Okfctj.
40beö SB. 3ör.» III, 416 f., 467 ff.; Stabe, ©cfcft. b. SB. 3dr. I, 344 ff.; Äittcl, ©ef«. b. 4>ebr.
II, 162. 178. 208 f. 215 ff.; Slöf)Ier, fic^vb. b. bibl. ©ef«. II, 1, 6. 447 ff., II. 2. 6.4 ff.,
363 ff.; 3»cU^aiifcn, 3§rael. u. jüb. GJefcft., 8. 48 f.; Äloftermann, &c\dj, b. 35. 3«r., 193 ff.;
®ntl)c, ®cf4. be§ SB. g., 6. 131 ff.; fiö^r, ®cfd). bc8 S3. 3., @. 88ff.
3. toar nai) 1 Äg 11, 26 ein e^^raimit CP^s«) au« gereba (^T^V"). ®ie« toirb
45 toegett 2 6^r 1, 17 (bgl. 1 Äg 7, 46) mcift mit 3art^an ibentifi«ert, ba« nad^ gof 3, 16
nörbl. bon S^f^^ö, nac^ 1 Äg 4, 12 untoeit ^d\) ©c^ean, iebenfaH« aber im ®ebiet bon
3ffac^ar lag; bielleid^t ^at ftd^ aber ber 5Rame in surda, einem ®orf 4km norblDefüid^
bon 93et^el erl^alten. Übrigen« ift fraglich, ob ha^^ereda al« 9iame einer ©tabt unb
nid^t bielmc^r eine« Scjirf« ju betrachten fei. LXX Vat. bieten 1 Äg 11, 26 ix rrjg
50 laoeigd (AI. bagegen ZaQidd), offenbar nur eine 33ertoe^«lung bon "^ unb ^ (toie
Sli "7, 22), bie Icine«loeg« i\x ben tü^ncn Äombinationen berechtigt, bie I^iu« (f. u.)
batan gcinüpft ^at. 3.« SBater 9Jebat mu^ frü^ geftorbcn fein, ba bie 3Jlutter ^aua
1 Äg 11, 26 bon born^crcin al« SBitloe bejeic^net ioirb. 3)er 3flame ^mia (bie äu«=
fähige) ift übrigen« al« nomen proprium berbäd^tig unb beruht tool^l auf einer jüb.
56 ßrfc^ung ober Umbiegung be« urfpr. 5Wamen« (B^uja?); in bem S^f^^i *^^ ^^X Vat.
m 1 Äg 12, 24 toirb bie 5Wutter 3-^ f«>9fl^ al^ §ure be^cid^net. a!)od^ berbient biefe
JJotij ebenfotoenig Sead^tung, toie ber V^antaftifc^e Serid^t jene« 3ufa§e« über bie än^
fange ber ©mjjörung 3-^- ©amac^ toar 3- S)efe^t«l5>aber (mit 300 eigenen ©treithwtgen!)
beim 33au bcr ßtoingburg ©crira (nad^ Ilj^eniu« auf bem GJarijim jur S5&ibigung ber
^oitüm h 663
©idficmitcn !), tDcId^e Surö er bann and) nai) feiner Slüdfle^r. au^ äg^jjten juerft bc^
lagert ^abe u. f. h). ^er qaniz l^öd^ft lonfufe äSerid^t über bte „^^ ^agigd auf bem
©ebtrge @))t|ratm'' tft beutUc^ erft an^ bem Flamen ber ^tutter @arira l^erau^ef)}onnen.
^ad) bem böBtg unberbäd^tiöen maforei 3;ejt (1 Äg 11, 26 ff.) er^ob 3v ^ Äned^t ©as
lomo^ (b. ^. cinfad^ ein Untertl^an im ©egenfa^ }u ben au^Iänb. Smj)örem, 11, Uff., 6
n\d)i ate Sröger eine^ beftimmten Slmte«, g. 35. nad^ S^f^^- 3lnt. 8, 7. 8 ber örgan^yla
bii xfjg 'LüöiJTiov qwXfjg) bie §anb toiber ben Äönig, nad^bem i^n bicfer beim Sau be^
SWitto, ba^ ben SRift ber 5Dai)ib[tabt fd^Iiefeen follte (olfo iebenfott« in Serufalem), atö
tüchtigen Arbeiter beobachtet unb infolge beffen jum Sluffel^er über bie Sajtträger auö bem
§aufe Sofej)^ erl(|oben l^atte. Sei einem äu^ang an^ S^^lem, öielleic^t gum Qmi lo
cine^ 95efuc^ in ber §eimat, begegnet 3- bem ^roj)^eten 2l^ia au^Silo. 3)iefer gerrei^t
ben neuen SJtantel, ben er trägt (nic^t bad neue älmtdfleib ^,^, tt>ie @tt>alb toill) in gtDölf
©türfc unb läfet äl- je^n für ft(^ nehmen gum S^idfm, ba^ iJ^m ®ott jel^n ©tämme ju*
geteilt, bem gö^enbienerifc^en^aufe 3)abib« aber nur einen ©tamm gelaffen l^abe. ®ie auffällige
Verlegung ber gtoölf in 10 unb 1 (ögl. fd^on 1 Äg 11, 13; bieLXX öertoanbeln 11,32. i6
36 u. 12,20, nid^t ober 11, 13 ben einen ©tamm in jtoei) toirb getoöi^nlic^ fo erllärt, bafe
Senjamin toegen feiner Äleinl^eit nad^träglic^ nic^t befonber« ßejä^lt, fonbern mit gui^ö
gufammengefa|t iberbe. 3" ^^ ^<*^ P^ ^i« beträd^tlidber S^etl bon Senjamin (Setl^el,
©ilgal, Seric^o) an g^rael unb nur ber Segirl, ber bid^t öor ben Igoren ^erufalem«
lag, tourbe bei 3uba feftge^atten unb t>erfc^molj früheitig ju einem Sangen mit il^m. 20
Sebenfafe gä^lt bie beuteronomiftifc^e Slebaltton be« Äönig^buc^^ (1 Äg 11, 13. 32. 36)
fo gut h)ie bie ältere Quelle 12,20 (auc^ 38.21 i[t „u. ben ©tamm SSenj." fc^toerlid^
urjj)rüngli(^) im fübl. Sleic^ nur einen ©tamm. auf Slec^nung ber beuteronomiftifc^en
^ebattion ift auc^ bie Motivierung ber 9fleid^ft)altung au^ bem ©ö^enbienft ©olomoi^ gu
fe^en. 1 Äg 11, 4 ff. toirb foldfier er[t bem oltemben Äönig fc^ulbgegeben, h)äl()[renb ber 26
Sau be«J WHo fjjäteften« in bie SKitte feiner Slegierung gu verlegen ift. ®ie ältere
Quelle fennt aU SKotiv be« SlbfaH« nur ben brüdfenben unb gugleic^ untoürbigen Rrol^m
bienft, ben ©alomo ben ©tämmen auferlegte (LXX ^^f«^ ju 1 Äg 12, 24 geben» ba«
mbtn and) ber unerfd[>n)inglid^en fiieferungen für bie löniglic^ 3^fel). Diefer 3)rucf
tourbe Don ben @i[)l^raimiten Vermöge i^rer uralten Siferfuc^t gegen bie ^ubäer bo))t)elt so
fd[>U)er cmj)funben unb bilbete für 3. toal^d^einlid^ ba« eingige 3Kotiv ber el^geigigen^piäne,
bie er nac? 1 Ägll, 37 fd^on vor ber Segegnuiw mit Sl^ia bei ftd^ betvegte. Seileftterem
bagegen, toie bei ben $ro))l^eten überl^au^t, gefeute fic^ gu bem ))olitifd9en ^Jlotiv, bem
älnteil am ©c^id(fal ber ©tamme^enoffen (S^ia toar ©ilonit!), gu^leid^ ein religiöfed:
bie gune^menbe ©ntartung be« Äönigtum« Vertrug fid^ immer Weniger mit ben berec^* 85
tigten gorberungen ber 5ßropl^eten, bie gur ^Pflege be« toal^rl^aften ®otte*ienft©g berufen
toaren. 3Sm 3- erlannte a^ia ben SKann, ber neben ben eigenen Jjolitifc^en 3*^^^
gugleid^ bie religiöfen bed $ro)}]^etentumi^ Vertoirllic^en tvürbe. ^U)ieU)eit bie 9tbfall^
j)läne fd^on bamate gur ^Sfyxt tourben, lä|t ftc^ au^ 1 Äg 11,26 unb 40 nic^t beftimmt
entnehmen. 3)ie 3Serfolgung 3-^ burd^ ©alomo toürbe fic^ fd^on barau« erJHären, ba^ 40
Ic^terem bie Unterrebung Sl|iad unb 3-^ jw D^ren fam. 3. aber flo^ nac^ ägW*«"^
bem beliebten Slf^l für berartige glüdjitlinge (lÄg 11, 18), unb Vertoeilte bei bem$^arao
©ifaq (©d^efd^enq, Segrünber ber 22. 35^naftie) big ax ©alomo« 3:obe; nac^ LXX gu
1 Äg 12,24 gab il^im fogar ©ifaq feine ©d^h)ägerin SBlno gum SBeibe (tDol^l nur Über*
tragung be« 1 ilg 11, 19 Von §abab ©rgäl^lten auf ^erobeam). as
auf bie Äunbe Von ©alomo« 3:ob fe|rte 3. ani SgVjjten gurüdf (lefetere SBorte finb
nad^ LXX Vulg. unb 2 Gl^r 10, 2 im mafor. 3:ejte 1 Äg 12, 2 irrtümlid^ au^gefaBen)
unb erfc^ien mit ber 3SolI«gemeinbe 3^^«^« auf bem 9leid5>«tage gu ©ic^em, um bie
SBa^lfopitulation mit Slel^beam gu vereinbaren. 3)a e« jebod^ 3- Wtoerlic^ 6mft bamit
getoefen toäre, fo beruht too^l bie 9lotig, ba^ er bei jener 33erl^anblung al« ©))rec^er ge« go
bient f)aht, auf einer fjpäteren Eintragung ; erft bei bief er 2lnna|me erl^äten toir für 1 Äg
12, 20 einen rid^tigen ©inn. 3)arna(^ ^ielt fic^ 3- i>orläufig abfeit«, ai« aber ber lin*
bifc^e 2^ro^ Sle^abeam« ben Sruc^ J^^eraufbefAtooren ^atte, lie|en bie 3^weliten 3- W<>rt
l^erbei^olen unb mad^ten il^n gum Äönige über gang 3^wel. \®em ^piane Sle^abeam«,
ba« Verlorene toieber ju gewinnen (bie 180000 Ärieger fmb offenbar mibrafc^artiger gu* 66
fa|, ber in LXX £c fe^lt), n)irb burd^ ben @infj)ru^ be« ^rovbeten ©d^emaja geUje^rt
(12, 22 ff.) — ein Setvei« für bie Übereinftimmung, mit toeU^er bie ^Pro^^eten bi«
ba^in bie ©ac^lage beurteilten. SEBie Silvia, fo erflärt auc^ ©d^emaja bie ©Haltung
für ein gottgewollte« SSerl^ängni«. SIHerbing« fc^eint bem bie Weitere 9?otig (14, 30;
15, 6 f.) gu Wiberfjjred^en, ba^ 3- 3^ f^"^ Seben« mit SHel^abeam unb beffen ©o^neo
664 ^etokam L
abijam in ©treit gckflcn j^obe. ®ie e^onil (II, 13, 2 ff.) ergänjt biefe Stetig in
t^rer SBctfe burd^ einen längeren Sendet über eine ©d^Iad^t am Serge S^ntarajim, bei
toeld^er ben 400 000 au^erlefenen Subäem äbtant« 800000 3«raeKtm gegenfiberßanben
unb bte mit ber !Rteberme^eIuno bon einer l^olben SRiUion ber lederen, foioie mit bem
6 Serlufte t)on Setzei, 3efd(iana unb Qpfycon enbete. aBid^tiaer eqd^eint bie Slnbeutunfl
1 % 15, 19, h)onad^ gmifd^en Slbiam unb ben 9(ramäem t)on ^amo^d ein Sunb befionb.
®ie ^errfd^aft über ©amagfu« (b. \). h)o^l nur über einen juae^rigen ganbfjtrid^) toor
nad^ litg 11,24 fc^on unter @alomo k>erloren gegangen; bod^ benu^en je^t bie l^ubaer
ben einftigen SSafoQen h)enigften$ baju, bem nörblic^en Sleic^e Sierlegen^ten gu Bereiten.
10 ^ie nal[^eliegenbe SJermutung, ba^ 3. felbft ben SinfaQ Slel^beamd burc^ bie ^erbei-
rufung @tfaqd Vereitelt l^abe (fo bef. Stoolb), fd^eitert baran, ba| auf ber 3nfd^rift@ifaq^
gu 5tama{ neben @t&bten ^^ubad aud^ ga^lreid^e i^raelitifc^e @töbte aU unterit)i>rfen auf-
gefül^rt toerben (t>gl. 3R. SB. SRüQer, äfften unb @uro^a nac^ altäg^t)t. 2)enlmaleni, £)>).
1893, ©. 166 ff.).
15 9Son ben inneren 5Ka6regeln, bie 3- }^^ ©tärlung beä neuen Sleid^ ergriff, toirb
Dor allem (1 Äg 12, 25) bie Sefeftigung ©id^em« unb bie ©r^ung biefer ©tabt jur
Sfleftbeng ertpäl^nt. dagegen lann e^ ftd^ bei ber Sefeftigung $enueld nid^t van eme
SSerlegung ber Sfleftbem (fo Stoalb, ©tabe, äBelll^. tt>egen ber Srfolge 9ie^abeami^) ^onbeln,
fonbem nur um bie älnlegung eine^ SBaffen))Ia|e^ gur Sicherung bed öftlid^en ®ebietd
20 gegen bie benad^barten SSölfer. 1 Äg 14,17 finben toir 3. ju 3$irja, toeldSfe ©tabt feit*
bem öfter (lÄgl5,33; 16,8. 15 ff.) afe Sleftbenj ber i^raclitifd^en Äönigc biö Dmri ge^
nannt h)irb. ^eitaud ber tDid^tigfte ©d^ritt %^ h)ar jeboc^ bie offigieOe ©anitionierung
eines felbftftänbigen Jtultud an ben beiben @nb))untten beS Sfleid^, auf bem altl^igen
93oben Don Setzei unb San, um bem 3iolU für bie bebentliAfte Sinbu^e, bie äb^
25 fd^Ke^ung Dom SCen^jel gu S^fwfalem, einen ®rfa^ ju bieten (t>gl. 1 Äg 12, 27). Sffler«
bingS mod^te bie (Srrid^tung Don neuen Jtultudftätten ber bammigen Q6t m fid^ no^
unverfänglich erfd^einen, fc^toerlid^ jebod^ bie Anbetung ^^^^^ unter bem 93Ube golbener
©tiere. Qloax badete % babei leineSfaQS an eine älbrogierung DeS ^a^DeluItuS, to>ie bieS
nadfi bem 2)euteronomiften (1 Äg 14,9) unb nac^ bem S^roniften (II, 12, 15 ff. 13,8 u.a)
90 erfc^einen lönnte. 3)ie golbenen Jtcilber Don ^an unb Setzei toaren Dielme^ fu^er nur
bie Segitimifterung eine« nie ganj au^eftorbenen Äultu«, toie er ben finnlid^en Steigungen
be« aSolfö trefflid^ entf^rad^ (fo auc^ ©todb III, 472), unb e« ift ba^er Dößig unnötig, ben
©tierbienft ^.« auf ben StpiSbienft ber Sägl^jjter mrücfjufül^en. ©benfo getoife ifi eö jAod^
auc^, bafe biefer DerJ^ängniSDoHc ©d^tt nid^t erft in fjjöterer 3rit (Dgl. bef. 2 Äg 10, 29)
85 Don ben toa^ren ^€ä)t)^cic^^mi olö „bie ©ünbe 3-^" gebranbmarft unb al« folc^
fJ)ri(^U>örtltd^ tourbe. 9lid^t geringeren älnftofe getoäl^te e« ber (fj)äteren) jubäifd^ 9tn:
fd^auung (1 Äg 12,31), ba^ X für feine §ö^enbäufer ^priefter ani allertei Soll befteOte,
bie nid^t au« ben ©ö^nen SeDi toaren. Sflacp 2 6^r 12, 13 ff. I^ötten g. unb feine
©ö^ne (?) bie SeDiten Dom ^rieftertum ^cä)\)t^ fogar Derfto^en unb fo jur älu^hxmbes
40 rung nad^ ^uia genötigt. ®« bebarf inbe« leine« Setocife«, ba^ bie ältere Slnfd^uung
aud^ S^rael al« eine ©tättc be« 3^^^^^"^^ anerfannte; o^nÄie« . Rotten bie Sendete
über bie fortbauembe 2BirffamIeit ed^ter 5|}ro>)^eten in 3^^«^ feinen ©inn. — 3)a« geft,
toeld^e« 3. nac^ 1 Äg 12, 32 am 15. Sage be« 8. aJlonat« einrichtete, follte offenbar
einen ©rfa^ für Saubl^ütten bieten. 3)oc^ ift ber (Srunb für bie SSerlegung biefe« ^te«
45 Dom 7. auf ben 8. 3Ronat nid^t red^t erftd^tlid^, tocnn nid^t etioa ber 3^ermin ber ZJ^om
beftcigung 3-^ t^ö^ri ««« Slolle fjjielte (fo 2:l|cniu« u. a. nac^ SSatabtu«.
©c^licflic^ traben toir noc^ ber beiben ©rjöl^lungen über 3. 1 Äg 13—14 )u gebenfen.
a)ie erfte berfelben (Raüß. 13) ift ftc^tlid^ ein erbaulid^er ÜRibrafd^ auf (Srunb be« Serid^te«
2Äg 23, 17 ff.; le^terer tourbe Don fpäter ^anb mit einer älteren ©rjäbUmg, bie bef.
60 Don lÄg 14, 11 an beuttid^ burc^fd^immert, in enge 9?crbinbung gebrad^t. !Rac^3of^^
Stltert. 8, 8, 5 i}\^ ber 1 % 13, 1 ertoä^nte jübifc^e ^ro^^et 3abon, b. i. o^ne 3to«feI
ber ^Vt)o ober ^ä"\>o (obfc^on berfelbe noc^ unter äbia lebte), bem 2 6^ 9, 29 ein
Drafet über 3. jugefd^rieben loirb. dagegen beruht äcüp. 14 (bie Befragung Sl^ia« ^u
©ilo burd^ ba« SBeib 3-^ P^^ ö"f guter Ueberliefcrung, mag and) bie je^ige gorm
55 ber a5}ei«fagung Don ber a[u«rottung be« §aufe« 3-^ «i^t o^ne einige ^uf&e (7 bi«
9, 14—16) in beuteronomiftifd^em (Seifte geblieben fein. 3ebenfall« ift m btefer ©r*
jä^lung bie Deränbcrte ©tettung äl^ia« (unb ber eckten ^}}roj)l^eten über^auj)t) ju bem
neuen Seiche treu toiebergegeben. 9lac^ jener a5}ei«fagung tuirb e« übrigen« begreiflich,
h?ie ber Gi^ronift (II, 13,20) einen getoaltfamen 3:ob 3.« berid^ten fonnte (Dgl. jebodjf
eolilg 14,20).
dler^befttn L ^9httm II* 665
2luf bic genaue Änfcfeung ber 22 SRcflicrung^ia^te Xi (1 Jtg 14, 20) h)trb man fo
lange berjtc^ten muffen, aU ber einzige braud^bate @bn($ronti^mu^, ber Aug be^ S^e-
fc^enq, öon ben ägV)3toIogen l^öc^ft loerfc^teben (nad^ Sber« j. 8. 949, naqi SDla«J)ero um
925) bered^net tptrb. ^an^fil^.
(^erobeam II., ©ol^n be« 3oa«, UrenM Sel^ug, Äönig bon 3«rael. — «al. ©iner,
58161. JK..SB» I, 545; ©«ettfel, ©ibcU^cj. III, 213 ff. (©«ettfcl); Ülic^m, ^m* I, 692
(^(einert); (Sioalb, ®cf*. beö ». Sör.» in, 602ff.; ©lobe, ®ef*. b. ». 3ör. I, 570ff.;
mutl ®efdi. ber f)ebr. II, 251 f. ;ftö^Icr, fic^rb. ber bibl. @cfd}. II, 2, @. 394 ff.; ®ut^e,
"' " bcä SB. 3. 181 ff.
3. I^errfdfile nad^ 2 Äg 14,23 ju ©amaria 41 ^a^xt unb jtoar 15 ^al^^re gleid^« 10
jctttg mit SKmajio bon 3uba (2ilg 14,17). ^ain ftimmt jebod^ toeber 2Ägl5, 1,
nod^ 15, 8. äln crfterer ©teße tft nottoenbtg bie 27 in 15 ju forrigieren (nad^ Äeil tft 12: mit
T^ bertoed^felt) ; au« 15, 8 bagegen ergiebt fu^, ba^ 3- *58 3«^;^« gemeinfam mit Slfarja (Ufta),
im ganjen alfo nic^t 41, fonbem minbeften« 51 ^ol^re regierte, ©egenüber ber un^alts
baren frül[;eren Slnfefeung 3.« um 825—772 t>. 6^. bürfte bie 3lnfe|ung um 783—743 I6
bem SRid^tigen am 9cäd^ften lommen.
3. II. h)ar ol^ne g^^'M ^i"^ *>« bebeutenbflen unb tl^atfcäftigften Se^errfc^er be«
nörbl. Sleic^«, obfd^^on i^n ba« Äönig^buc^ (beffen 3«*«^ ^n 3«rael öon 2, 13 an
fid^tlidb abnimmt) öufeerft lurj be^anbelt 2 Äg 14, 23—29 begnügt fid^ mit ber 9emer=
lung, ba^ 3- ba« (Sebiet „bon gegen ^amatl^ an bi« jum 5Keer ber ©te})))e" an ^^xad 20
jurüdEgebrat^t ^abe. ©d^toerlic^ ift babei ßamatl^ felbft mit eingefd^loff en , benn biefe«
i^atte nie jum jübifd^en Sleid^e gei^ört (auc^ 4 3Rof34,8: 3of 13,5; ©j 47^16; 48,1;
2 6^r 8, 3 ift überaß ba« an ^amatl^ angrenjenbe (Sebiet gemeint), unb bamac^ toirb
aud^ 2 Äg 14, 28 „er brad^te jurtidf bai^ ©amo^hi« unb ^amatl^ 3"^^ <»^ ^^xad" loon bem
e^emal« lübtfd^en @ebiet beiber ©tobte ju Derftel^en fem ; benn ^ama^m« l^otte bamafö %
eigene Könige bi« auf Sterin (2 Äg 16, 9), ber 732 bon 3:iglatl^ ?pUefer III. befiegt unb
getötet tourbe. dagegen fd^Io^ bie ©übgrenje am toten 3Reer ol^ne S^^f^' 5Koab mit ein,
ba 9lm 6, 14 genauer ben ©te^^enbad^, bie @ren}e }n>ifc^en SRoob unb ®bom (nad^ anberen
jeboc^ SSejeid^nung be« Äibron) ftott be« ©tej)))enmeer« nennt; bgl. auc^ 9(m2, 3, h)0
5ur 3^it o-^ «w^ rine« SRid^ter«, nid^t eine« Äönig« in 5Koab gebadet h)irb. 1 6l^r ao
5, 17 tüirb berid^tet, bofi 3- bon bem eroberten ©ebiet (ober toentgften« loon ben ©abltem)
®efc^led^t«regijter aufnehmen Ke^.
3lad) ©d^raber (bie Äeilinfd^. unb bo« 313:*, ©. 2 12 ff.) toören bie aufeerorbent^
liefen @rfolge 3-^ befonber« au« feinem SSer^cUtni« )u 9(ffur )u erüären. 92ad^bem 3^tael
bon ben bama«cenifd^en Slramäem lange ^obxt graufam gÄemütigt tüorben toar (21m 1, 3 : 86
2Äg 13, 4 ff., too inbe« ber 38. 5 ertoäpnte SRetter nic^t auf 3oad^^, fonbem nadj
2 Äg 14, 27 auf 3. II. ju bejie^en ift), erlitt ber Jlönig SKari bon a)ama«hi« eine
fd^toere 5Rieberlage burc^ SRammannirar III. loon Slfjur (um 800). ^n berfelben 3"f<^rift
toirbjeboc^ auc^ bie Unterwerfung be« Sanbe« Dmri«, b. i. 3^^^^^/ ^&^^*^- 3)amad9 fd^eint
e« in ber Xl^at, ba^ bie ben Slramäem abgenommenen @*iet«teile naqfmafö nur um ben 40
5Prei« eine« Iribut« (unb ber enbgültigen Eroberung?) an 3- II- überlafjen tourben.
Sbie §0 10, 14 ertoä^nte ®roberung bon 93etl^ ärbd burd^ ©alman bejielyt fv^ nad^
©c^raber (a. a. D., ©. 440 ff.) nidpt auf bie galiläifd^e ©tabt unb beren Eroberung
burc^ ©almanaffar III. (781—72), fonbem auf einen Sinfall be« moabitifc^en 5lönig«
©alamanu (ber freilid^ erft t>on ^^igfat^ 5pilefer ertocüj^nt loirb) in bem tran«iorbanifd^en 46
»et^ärbel; bag. ift nac^ ffieDI^., ffli. ^xt>p1).\ ©. 126 ©almanaRar IV. aemeint unb
bie 9lotij fomit interJ)oKert. 2 Äg 14, 25 toerben bie ©rfolge 3-^ ox^ bie ©rfüHung einer
a3Jei«fagung be« 5proi)l[^eten 3«>na ben Slmittai bon ®at^s§ac^ej)l^er J^ingefteÜt Ob ba«
betreff enbe Drafel mit §i^ig in 3^ 15—16 ju erblidfen ift, mag auf ftd^ berul^ (el^er
bürften bie SBorte 3ona« nod^ in 2Ägl3, 5 unb 14, 26 ff. burd^IIingen); bebeutfam iftfio
iebo(^, bafe un« ^ier biefelbe Srfd^einung, toie bei 3- Iv entgegentritt. 6in 5ßroj)]^et, toie
3ona, bcffen Sebeutung un« nod^ burc^ feine t>iel fj)ätere SSertoenbung im 3onabud^ ber*
bürgt loirb, fonnte in bem jungen 3- ^^^^ Sletter 3^wel« im auftrage 3<i^be« al^nen.
©anj anber« lauten bie 2lu«fJ)rü(^e be« Slmo« unb ^ofea über 3^wel na^ langiöbriger
SRegiemng 3'^- 3)i^ umfaffenben äluffc^Iüffe, bie h)ir beiben ^ro)3l(ieten t>erbanlen, lehren 66
beutlic^, baf ftc^ unter bem gleifeenben ©d^ein ber SKad^t unb be« SReid^tum« ber fitt*
lid^e unb bamit aud^ ber äußere SBerfaH be« SReid^« mit Sliefenfc^ritten boftjog, trofe be«
franfl^aften SBerfbienfte«, ber (freiließ neben allerlei (Sö^enbienft) bor ben 3ö^iJ«öUären
ju ^an unb 93etl^el, fotoie ju ©ilgal unb felbft ju Seerfd^äba geübt tourbe. 3)afe aber
666 ^erokeam 11. Sentfalew
icnc ^ro^l^etcn bcu Stönig fclbft für bcn 9Iuin be^ Slctd^ i^eranüDortlic^ mad^ten, klaren
bic 3)ro^un0cn §o 1,4 unb am 1. 9,bic \id) ^toar ntd^t an 3. fclbft (p^l 2% 14, 29),
bann aber nur um fo fc^ncder an feinem @ol^ne ©ac^arja erfüllten. §tamif\i^.
^crufalem. — iüttcratur: 1. ^Tufna^men unb ^luSövobungcn. 1854-1862: Erm.
5 Picrotti, Jerusalem explored. Translated by Th. G. Bonney, fionbon1864, 2 öbc. tjranjöfifcö
unter bcm Xitel: Topographie anciennc et modeme de Jerusalem, Saufanne 1869 ($and
1«76); 1864/65: Ch. W. Wilson, The Ordnance Survey of Jerusalem, ©outüamplon,
Ordnancc Survey Office 1866, 2«be; 1867—1870: The Recovery of Jerusalem. By Gapt.
Wilson, Capt. Warren etc. Editcd by W. Morrison, fionbon 1871; Charles Warfen,
10 Underground Jenisalem, fionbon 1876; 1873/74: Ch. Clcrraont-Ganneau, Archaeological
Researches in Palcstine during thc ycars 1873—1874. Vol. T, iJonbon 1899; 1874: Henry
Maudslay, borüber 53ericf)t uon S. $R. ßonbcr, The Rock Scarp of Zion in Quarterly Sta-
tement (Palestine Exploration Fund) 1875, 81ff. ; 1881: .^crmoHu ®u(bc, ^udgrabuncicn
bei gerufnfem, fieipiig 1883 (= ^^"^^ V, 1882, 7-204.271-378); 1894-1897: Dr. Fr.
15 J. Blisö, Excavations at Jenisalem 1894—1897, fionbon 1898. 3)ic Arbeiten in Serufate m
üon 1865—1882 finb i^ufammcnt^efofet in Survey of Western Palestine. Jerusalem. By
Charles Warren and C. R. Conder, Sonbon 1884. ^a^u Plans, Elevations, Sections etc.
shewing the results of the Excavations at Jerus. 1867—70, 50 Xofeln. lieber bie bezüg-
lichen 9(uf|ät^c in ben Quarterly Statements bcS Palestine Exploration Fund giebt Hu^funft
20 ber Index to the Quarterly Statement 1869 to 1892 incl., liber bie einfcölägiße Sitteratur
überhaupt bie SRegIfter ju g3b I— V, VI— X unb XI— XV ber 3b$3J («ilfon, «dorren.
(Sonber, Slcrmont'Öonneau, ß^oplin, 6cf)icf, QJul^c) — 2. (öefamtborftellunflen. (Ib. 9}o^
binfon, «Polöftina (1841) II, 1-313; Dr. (£. ®. ed^ul^, Serufalem 1845; G. WiUiams, The
Holy City 1845, 2<Bbe; 3B. trofft, a)ic Xopogvopöic 3erufalem8 1846; (gb. 9?obinfon, «euc
25 Unterfu(f)ungen über bic Topographie gerufolem« 1847; X. 2:obIer, ^ie Slloafiquefle unb
ber Oelberg 1852; berf, 3)enfblätter qu8 Serufolem 1853; berf., 3mei Sucher Xopogrop^ie
üon Serufolem unb feinen Umgebungen, 2 ©be, 1853. 1854; g. ©(ötoarj, S)a8 ^eilige ßanb
1852,189-239; ©b. üRobinfon, ^feuere bibl. gorfcfiungen 1857, 211-344; $6. ©olff,
gerufatem 1857, 3. ^luSgabe 1872; X. Nobler, S)ritte ©onberung na* ^alöftina 1859, 206 bi«
30 370; ie. gurrcr, SBanberungen burc^ boä f)eiligc Sanb 1865, 2. Zuflöge 1891, 6. 26—94;
F. de Saulcv, Voyage en Terre Sainte 1865, I, 341—410, II, 1—217; S. fl. ^xtLnil,
^ad) Seruiniem! II. 1858; 3. 9?. Sepp, Serufalcm unb bn« beilige Snnb» I, 1873; ®. ®ott,
©cfrf)rcibung über 3crufalcm unb feine Umgebung 1877; S. @d)icf, 3!)ie Hauptfragen ber
Xopogrop^ic 3erufalcm§ in G. Wind, $(uf biblifcben ?Jfabcn 1885, 488—507; fB. »cfant
35 unb it. $. $almer, The Historv of Jerusalem: The City of Herod and Saladin, fionbon
1888; Ch. W. Wilson, Jerusalem, Thc HolyCit>% !dont>on 1888; Hayter Lewis, The Holy
Places of Jerusalem 1888; V. Gu^rin, Jerusalem, son histoire, sa description, ees etablis-
sements religicux, $ari^ 1889 ; W. A. Thomson, The Land and the Book, Southern Pa-
lestine and Jerusalem, fionbon 1881; (5. S(fticf, 2)ie ©augefcbic^te ber @tabt Senifalem
4o8b^3S XVI, 237-246; XVII, 1-24. 75-88. 165-179. *25 1-276 (1893/94); ferner bie
?lrtifcl 3erufalcm Don ^. gurrer in @(6en!clö SibcIIesifon (1871), 8f. ^?üblan in 9«icbmS
©ibi. ^onbmörterbud) ' 1893, Ä SJobertfon ©rnitb in Encyclopaedia Britannlca» XIII.
638 ff. unb H. Oort in Atlas voor l^ijbelsche en Kerkelijke Geschiedenis 1884, 25 ff.
3. einjchmterfut^ungen: 3um 9^amen ber ©tabt: ©ritt in 3atS IV, 134—148; G. 9?eftle,
45 Philologia sacra 1806, 17; (Sb. Slönig, Scbrgebäube ber ^icbr. ©procöe II, 1, 437. — 3um
Älima: (SftapHn^Äerftcn, S)a« mima uon 3eriifalem 3b$5S XIV, 93-112. — 3ur 3ion*
unt> ^trafragc: (Jf). (5b. (Jafpari, 3ion unb bic ^Ifva ber 8t)rer X^StÄ 1864, 309—328;
berf., Glironologifc^ geogr. (Sinleilung in baS Scbcn Sefu Sörifti 1869; Älaiber, 3*on, 3)at>ib8»
ftabt unb bie Vlfra inncrt)oIb bcS alten 3crufalcni 3b$53 III, 189—213, IV, 18—56; berf.,
ßo i«o* einmal 3ion, 5)amböftabt unb 91 ha XI, 1—37; ®. ®att, 3ur 3ion*«rro-5rage in X^e
1884, LXVI, 34-81; berf., 3ur ^tfra^Sroge, ebenb. 1889, LXXI, 77-125; berf., 3)ic.&ügel
uon 3erufalem 1897; ferner ;\af)lreic()c 9lrt(fel uon ^. 5- S3ird) in ben Quarterly Statements
1877 ff. — lieber bie ^iaucrn^.S: @d)ic!*®ut^e, S)ie ^tueite 9Wauer 3-§ unb bic Sauten Äon»
ftantin« am t)I. ®rabc 3b?« VIII, 245-287; 6. @cöicf, 9?ef)emiag9Wauerbauin3. 8b*« X^V^
ö5 41-62; berf., ^ie antifcn JReftc an ber 9?orbnjeftmauer uon 3. 8b$« I, 15—23; berf.,
2)cr Xauib^tt)urm in 3. ebenb. I. 226-237; ®ut6e, 3ur fiage beS 2:tiaIt^ore5 uon 3. %Rt
unb 9?ad)r. be^ X?« 1895, 10—15. — 3ur ^afferuerforgung 3.S: 6. @4lcf, 3)ic «Gaffer*
uerjorginig ber 6labt 3. 3b??^ I, 132—176; Gber§*®utöc, $al«ftina in SBilb unb Bort I,
110-126. 150—154. — 3itm faromonifrf}cn $alaft: 23. 6tabc in 3atS III, 129-177;
60 berf.. ®efd)id)tc bcS 23oIfe»3 S^^'^el I, 311 ff.; Chiinez et Porrot, Le temple de J<^nisalem
et la Maison du Bois-Liban, $ari^ 1889. — 3um @iIoat)tunncI : (S. 9?. ©onber, The Siloam
Tunnel in Quarterly Statement 1882, 122—131; .J). ®ut^e, ^luSgrabungen bei 3eriifalem
1883, 84—100; berf.. ^ic eiloal)infd)rift in 3bm® 1882. 725—750; ß. ©«icf, Recent Ex-
cavations at Hiloah in Quarterly Statement 1890, 257 ff.; ugl. 3b^3^ XIII, 229 f.:
65 Ch. Clcrmont-CJajineau, Les Tombcaux de David et des rois de Juda et lo tunnel-aqueduc
.Senifalent 667
de Siloo in Recueil crarcheologie Orientale II 1808,254-294. — 3u3ofep^u§: 5. ©picft,
^Qö 3erufalem bc^ 3ü[cvM, S5edin 1881. — 3"^^ 3*on«fir(fte imb her Dorraitio: 3)ielamp,
,iMppoIl)tü8 \)üii X^cben, 5Wünftcr 1898, 6. 96 ff.; %^, 3a^n, 3)ic Dormitio Sanctae Virginia
uub baS ÖQiiS beS go^anneS SKorfuS in Sf?I3 1899, 377 ff.; ©. Sommert, 3)ic Dormitio
utib baS beutfdje ©runbftücf auf bcm trabitioitcHen 3ion, ficipiig 1899; Jtinera Hierosoly- 6
mitana saeculi IV — VIII ex recensione l*auli Clcyer, Vindobonae 1808 (Corpus Script,
ecclesiast.). — 3ur SJearicnfircfic beö Suftinion 3b^33 XI, 197 ff.; XIII, 12. — 3ur .&crr*
f(Öaft bcr Grober über 3. Guy le Strange, Palestine under tho Moslems, Soitbon 1890. —
3ur ^criobc bcr ftreuijüflc: ®. S^uglcr, ®cfd)i*te bcr Äreujäüflc, SBcrIin 1880; S». 9?i3()vid)t,
(4Jcf(l)i(6te be§ ÄiJnigrei*^ 3crufQlcm, öcrlin 1898. — 3ur ®cfcfti*tc bcS ^IKuriftan SOlt u. lo
<)?Qd)r. bcg b'^^ 1898, 65 ff. — 3ur ©cf^ic^tc bcr gfraniiSfoiicr in 3. Gir. Golubovich,
Serie Cronologica dci rev. Superiori di Terra Santa etc., 3ctu[Qlcm 1898.— Qnx ncueftcn
©cfcöicfttc 3.§: <Pf). ©olff. 6icbcn ^trtifcl über 3-» ©tuttflart 1869: berf. in 8b^33 VIII,
Iff. 9lnftQltcn unb ^^eubonten bei @(^icf in 3b$58 XVII, 272 ff.; XVIII, 149 ff. foiüic in
ben SReifcbücf)crn üon ^oebefer, 9Kel}cr unb Li(5vin de Hamme (beutfd) t)on (Jofta'^oiov). 16
4. ^^Jläne: Gh. W. Wilson, Ordnance Survey of Jerusalem, ©outftampton 1864/65; (£. 3»^'
merntonn, Äoiten unb ^lönc jur ^Topographie be« ^Tltcn 3c^^uialen!. Wi\ SBegIcitfdirift,
iBafcl 1876; 3"nntermQnn-6octn, ^lan bcd heutigen 3enifoIcm mit Umgebung nac^®. ©ilfonS
9lnfnal)mc 1864/65 nnb (S. @(^|icf« ergänjungen biö 1879, fieipjig, S^. öacbefcr; H. Nicole,
Plan Topographique de Jerusalem et ses Environs, «ßarid 1886/87; ©d^irf-äJcniinger, 20
5f?ft()ere Umgebung üon Sci^wf^^cm. ^It 9?omenHftc unb (Erläuterungen, fieipjig 1895. —
5. SSilbcrmerfc: gr. 9lb. ©traufe unb 0. Strauß, 3)ic Sänbcr unb ©tfttten bcr ^eil. ©d)rift
1«61. 3n)eitc 9lu§gabe 1876/77; ®. e6er§ unb 0- ®"t§c, ^alöftina in «ilb unb ©ort I,
1883; |)artmonn*»enginger, <PaIäftino (24 ^(quorenbrucfe), C>amburg 1899. — 6. <P6oto*
grapbien : Catalogue of Photographic Views and Slides for the Ijantern. Published by 26
the Palestine Exploration Fund, 24Hanovcr Square [je^t 38 Conduit Street] üonbon W. 1894;
^()otograpt)ien üon ©onfilä inöeirut ju bejie^en burtfi bic S)etIofffc6e SBuc^^anblung in Sofel;
garbige ^ß^otograp^icn nac^ €riginalaufna|men üom ^al^xe 1894 »on ^aläftina unb @^ricn.
45l}otü^rom Qixxid); Orientp^otograp^ien bcr Äoücftion ^cmfc^cl. Äunftoerlog 83runo
•SKntfdiel, Seipaig, 3fiüftftra6c 9. 80
1. Serge unb 3:^älcr. S)cr S3oben be« alten unb bc« je^tflen 3^^^^"^
(31« 47' n. »reite, 30*» 15' ö. Sänge ®r.) totrb burd^ eine bom Slücfen be« ©ebirge«
nad; @üben bortretenbe ^od^fläd^e gebilbet, bte i^rerfeitd burd^ einige X^äler in mel^rere
§ö^en ^erfc^nitten toirb. S)er SRücfen be« ©ebttge« ober bte SBafferfc^eibe tritt bon ©üb-
tüeftcn |er bi« auf bie Slöi^e einer SSiertelftunbe an bie ©rengen ber ©tabt l^eran, giel^t 86
fidj^ bann etlDaö nac^ SQSeften jurüdE unb erreid^t in einem nac^ Dften offenen Sogen ben
5ßunft 25—30 SDlinuten nörblid^ bon ber ©tabt (Ras el-Mesch&rif), bon bem auö jie
ixd) in fc^arfer Siegung ioieber nadj^ 5Rorben toenbet. ^ierburd^ erllört e« fic^, ba^ bie
^od^ebene, auf ber 3. liegt, nad^ Slorben unb Slorbtoeften gu mit bem SRücfen be« ®e-
birge« gufammenl^ängt, toäl^renb pe auf aüm anberen ©eiten burd^ tiefe Sl^äler begrenzt 40
ift, unb bafe fie fid^ nac^ ©üben unb ©üboften ju fenit. 3)ie SBajferfc^eibe erl^ebt fid^
im Diorbtoeften unb Slorben ber ©tobt bi« gu 817 m, toäl^enb bie niebrigfte ©teUe
be^ ie^igen ©tabtgebiet« 720 m, be« alten ©tabtgebiet« 638 m über bem SRittcImeere
gelegen ift. ?Jerner tüirb babur^ begreiflid^, bafe 3. tiefer liegt afe feine Umgebung ($f
125,2); im ©üben fc^iebt fic^ ber Dschebel Abu Tör (777 m) bon ber SBajferfd^eibe 46
l;cr nac^ Dften l^in bor, im Dften liegt ber ©tabt ber gefd^loffene SRüdfen be« Dschebel
et-Tur (818 m) gegenüber, ber fid^ bon bem oben ertoäl^nten Änie ber SBafferfc^eibe im
9brben 3.« nat^ ©üben l^in erftredft. S)a, too beibe Serge im ©üben 3.« il^ren gufe
gegen einanber fe^en, öffnet jid^ in bem Wädi en-När, bem alten Ribrontl^al, ber einjige
aiu^fc^lupf jlDifd^en ben um bie ©tabt gelagerten Sergen. 6r fül^rt, tüie au^ bie anbem 00
SEI^äler 3ubäa« öftlic^ bon ber SBafferfc^eibe, jum lobten ÜKeere.
3)iefe §i)l^en um 3^i^f<il^n^ pnt> ""^ tnit il^ren alten Slamen nur gum Seil be«
!annt. 2)er Serg im Dften bon 3erufalem l^ei^t ©adS^14,4 ^''^i'n *il, im Slargum
wxr-^T -rj, N;ri-^.T -rj, b. i. Serg ber Ölbäume, im Stalmub rjTO?:r; ^n, b. i. Ölberg,
im 31% TÖ ÖQog xcov üaicbv 5Wt21, 1, bagegen 2cl9,28; 21,37; ä® 1,12 unb 66
bei 3ofep^u« Antiq. VI 9,2 iXaia)v, iXaia>vog, b. i. be« Dlibenl^ain« (olivetum). Slui^
biefeni 9Jamen fotoie au« bcr SQScnbung 2 ©a 15, 30 (ätnftieg bei ben Ölbäumen) crgiebt
fic^, ba^ ber 3. gugefel^rte SBeftabl^ang be« Serge« mit Ölbäumen befc^t toar; ba« ift
nodS^ ^eutc fo, freiließ nur in geringem ®rabe. 2luf bem ®ipfel bc« Delbergc« toar fc^on
in alter 3eit eine ^eilige ©tätte 2 ©al5,32. Son 3erufalcm au« pel^t man bier ®ipfeleü
be« langgeftredften Slüdfen«. ©er jtoeite bon 9torben ift ber ^öc^fte (818 m), er ^ei^t Karin
es-Saijad, bei ben Sateinem aud^ tüol^l vir! galiläi nac^ 31® 1,11. 3)er britte l^eifet
Dschebel et-Tür (806 unb 812 m); er trägt bie alte $immelfal^rt«fa|)elle foiüic ber«
668 S'entfaleiit
fc^tebenc anbete getpeil^te (Sebäube unb tvirb ballet im getDöl^nltd^en Qpxaä^cbtau^ foofjl
aud^ allein afö ber Ölberg betrad^tet. Stuf ben füblic^ften Oijpfel be«el^t man ben Flamen
n^TO-Jiri -^n 2 Äg 23, 13, b. i. 8et9..be« SSerberben«, nac^ ber ml&aia fcbw^ mons
offensionis unb banac^ //S^d be^ ätrgemiffe^'' (mons scandali) mit Slüdftc^t borauf,
6 bafe ©alomo „auf bem Serge im Dften 3-^" Slltäre für bie l^eimifd^en ®ott^en feiner
grauen einrid^tete litgll, 7. 3)iefer ®ij)fel l^ei^t l^eute Dschebel Batn el-Hawa
(740 m). Ob bie l^enömmlid^e 3(nnal^me rid^tig ift, lä^ fld^ nic^t au^m'ad^en. 3lc^
2 Rg 23, 13 l^aben bie bon ©domo gebauten Slltäre im ©üben be^ 'sn "irr gelegen; ob
aber '-^ ""r? ein anberer 5Rame für ben ölberg (i^n^pTpn •^ri) ift ober loirflid^ nur ben
lofüblic^en ®i})fel bejeic^net, ba« erfc^eint afö jtoeifel^oft (bgl. Slefd^, %Vi 13, 2, 37 ff.;
ßoffmann in S^^^ 2,175; 5Reftle in %f)2^ 1896, 129). ®ie ^ö^e im aßeften ber
©tabt entfjjrid^t bielleid^tbem3ier31,39 genannten $ügel ®areb ; fie fteigt bi« m 780 m.
3)er Serg im ©üben ber ©tabt toürbe bann mit bem 3^ 31, 39 genannten ®oatl^ ju^
fammenfoitten ; er l^ebt fi(^ bi^ ju 777 m unb l^eiftt Dschebel Abu Tor, mit bem Seinen
16 3)orfe Der Abu Tör. 3)ie Suroj)äer nennen i^n „Serg be« böfen SlatÄ", toeU ftt^
l^ier ^i^l^a^ nac^* einer im 14. ^ol^rl^unbert aufgelommenen Segenbe mit ben ^uben be^
raten l^aben fott, loie fte ^efu« tobten Knuten Qt> 11,47—53). gür ben Slücfen ber
aSafferfd^eibe im5Rorben ber ©tabt (817 m) lennen toir au^^^f^M benSRamen Zxdjtog,
ben er Antiq. XI 8, 5 (A% Überfe^ung („ffiarte'O bon Sacpeiv bejet^net. 3)a^ fü^rt
20 auf rci: ober Q'^ci^, loa« ftc^ mit Q'^e^^^ jufammenfteHen läfet, einer ÖrÜid^feit bei 3etu^
Jalem, bie ber 2Wmub (5Reubauer, G^orgr. du Talmud 151)mel^rmafö ertooi^nt, o^ne
leboc^ il^re Sage anzugeben.
92ad^bem \o\x bie ^öl^en ring« um 3. fennen gelernt l^aben, tooQen toir und bie
3:^äler, bie bie ©tabt umgeben ooer burd^fc^neiben, t)ergegenh)ärtigen. ®a« §auj)tt^,
26 ba« alle anberen in ftc^ aufnimmt, ift ber S3ad^ Äibron, l^ebr. f ^^p. ^n:^ bog nac^ 2 ©a
15,23 bie ©tabt Don bem Ölberg trennte (bgl. 3er 31, 40), turjloeg aud^ ^nsrt^ ba«
2:^al 5Re^2,15; 2e^r33,14. ®ie angaben be« ^ofepM BeU. Jud. V 2,3;
6, 1; 12,2; VI 3,2 (J x^^f^QQo^^ Kedgcov Antiq. VIII 1,5; fonft meift ^ Ke-
dQa)v xaXovuhnj cpagay^) unb be« 912 ^o 18, 1 (6 y^iuägpog xwv KeÖQiov [xov
30 KiÖQov]) beftötigen biefe Sage. ®a« Il^al entftel^t im ^Woroery y.« au« einigen floc^^
SRulben in unmittelbarer Stö^e ber SOiafferfc^eibe unb jiel^t, ftc^ allmäi^lid^ unter biellm^
gebung üertiefenb, anfang« nai^ Dften, al« Wädi'Akabet es-SuwÄn. An bem gu|e
be« Ölberge« toenbet e« ftc^ in f^arfer Siegung nac^ ©üben unb beljKilt biefe SWd^tung
bem aib^ang be« Ölbergc« entlang auf 2*/^ km bei, bi« ettoa jum l^eutiaen Bir Eijüb
85 (§iob«brunnen) am ©übfufee be« Ölberge«. 3)ie ©o^le be« a^^ale« fällt auf biefer
©tredEe bon 715 m bi« ju 603 m; ba« bebeutet gegenüber ber ®urd^f(^nitt«l^ö^e ber
©tabt, bie ettoa 745 m beträgt, fc^on einen großen Unterfd^ieb. 3)iefer ieil be« 2^le«
l^at gegenwärtig oonber 5Warienquetle ('Ain Sitti Marjam) ben Slamen Wädi Sitti Marjam,
b. i. ^I^al ber ^au 3Raria, in ber Släl^e be« 3)orfe« Silwän (©iloal^), ba« auf bem ab«
40 Bang be« Dschebel Batn el-Hawä (f. o.) erbaut ift, audj^ Wndi Silwan. 3m älbenb^
lanb h)ar namentlich im SRittelalter unb ift aud^ jci^t nod^ ber 5Rame 2^al Sofo^)^
(vallls Josaphat) berbreitet. @r ge^t gurüdE auf ^od 4, 2. 12. ©d^on Sufebiu« unb
^ieron^mu« (Dnom. 273. 111) betfte^en bie „ebene" (P^?^), in ber^öi^be bie Reiben
rid^ten h)ill, bon bem H^al (^narr) j^ifd^en g^nifalem unb bem Ölberg, bem Äibront^,
45 ol^ne bafe fic^ in ^oel 4 irgenbtoelc^e (ärünbe bafür erfennen laffen.
Unter ben Slebentl^älem, bie fid^ mit bem Äibrontl^al berbinben, fommen ^ier nur
fold^e in 33etrad^t, bie oon 9lorbh)eftcn ober SBeften l^erlommenb ba« ©ebiet g.« berülj^ren.
2)a« erfte münbete in alter Rtxi gegenüber bem ©etl^femanegarten ber Sateiner, gerabc
unterl^alb be« fogenannten ©olbenen 3:i^ore« in ber l^eutigen Dftmauer be« Haram
5oeseh-Seherif; eö ift ^eute fo gut toie ganj berfd^üttet. 2)ie Unterfud^ungen bon SBiKon
unb SBarren l^aben gelehrt, ba^ fidj^ fein Oberlauf nac^ jtoei ©eiten |in berjloeigte, SDer
§au))t^loeig bilbet fid^ im SJorben ber l^eutigen ©tabt unb burd^fc^neibet bie 5Borbofte(fe
fotoo^l ber heutigen ©tabt al« auc^ be« Haram esch-Scherif in Jüböftlid^er 9li(^tung
auf ba^ Äibront^al ju; feine Sänge beträgt ü\oa 1 km. 3)er füblid^e Scebenjloeig läuft
66 in ber Slid^tung bon SBeften nac^ Dften, nur 200 m lang, im nörblid^en Seil be« Haram
unb becbinbet fic^ mit bem ^au^Jtjtoeige in ber Slorboftecfe biefe« ^JJla^e«; er ift* böBig
berfd^üttet.
3)a« jloeite SJebentl^al, bielleic^t nur eine furje ©d^lud^t, ift burc^ ben Unteneid[^nes
ten, al« er 1881 bie 3lu«grabungen be« beutfc^en 3Serein« jur Srforfd^ung ^ßau^na«
60 leitete, nac^getoiefen toorben, allerbing« nur für eine lurje ©tredfe. ®ur(^ Jtoei ©djac^te
3erttfalem 669
^
ift bamate fcftgefteUt toorbcn, ba^ ber urfj)rünglt(^e gefeboben unmittelbar nörblic^ bon ij^ ^
ber ÜKarienqueHc, bem obeten Seile bc^ 35orfe^ ©iloa^ gegenüber, 12 — 13 m tiefer liegt (r^ g
oI« bie angrenjenbe §öl^e im ©üben, 25-^^ m tiefer oI« bie benad^bartT^ö^e im Slorben. i ^U
35ie Sluöbel^nunQ biefer Sc^Iuc^t, bie ie^tebenfoH« böllig t)erf{i^üttet ift, md) SBeften ober ^'"
Slorbtüeften ift eine noi) offene g^age (bgl. ®utl^e, Slu^rabungen bei S^nifalem 153—160. 6
244 f.).
3)aö britte 5Rebentl^aI münbet unterl^K^lt t>«^ ©iloal^teic^e«, bem unteren Steile be«
SJorfe« Silwan gegenüber, ©eine Slnfänae bilben jtoei flache SKulben noi^e oberl^alb be«
beutigen 3)ama«lu«tl^ore«. S)a« 3:^al felbft ftreic^t anfangt in füböftlic^er, bann in füb-
lieber Sichtung (alfo bem §aut)tt]^ale paroIIeO unb erreicht burd^ eine füböftUc^e SBenbung lo
bie ©d^Iuc^t be« Äibron. 3*^ ^^^ 2Ritte feine« Sauf«, ber nic^t gam 2 km beträgt, Der-
binbet ftc^ mit il^m ein üon SBeften lommenbe« ©eitent^al, bejfen Sänge nur gering ift
C/i km), ba« aber ein ftarfe« ©efälle bat (bon 760 m auf 710 m). S)iefe beiben 3:^äler
fmb jiemlic^ breit, i^re SBänbe nic^t fepr fteil, abgefel^en freiließ bon ber legten ©trecfe
bor ber Bereinigung mit bem Ribrontl^K^l^. Seibe X^äler finb gegenwärtig ftarl ber* i6
fd^üttet; innerl^alb ber ©tabt beuten nur nod^ flache STOuIben i^ren Sauf an. S)en %d^^
boben bedft eine ©c^uttfd^ic^t bi« ju 20 m, ber ©c^utt trägt bie Käufer unb ba«
5ßflafter ber je^igen ©tabt. Slur ber füblidi^fte 3:eil be« längeren I^ale« ift nodi;» l^eute
aufeerl^alb ber ©tabt beutlic^ )u erlennen. ®erabe biefe beiben 21S^cUer fmb für bie ©e*
fd^ic^te ber älteften ©tabt bon befonberer SBicbtigfeit, aber il^re alten Slamen toiffen tovc 3o
nic^t. ßrft burd^ göl^l^u^ Bell. jud. V 4, 1 erfal^ren toir, ba^ ba« bei ©iloai^
(Silwän) münbenbe Xl^al ij tcov xvQonomv nQoaayopevoiLievi] (pdgay^ toar, beutfd^ ba«
Il^al ber Ääfemac^cr, ba« 3:^roj)öontl^al. liefen 9Jamen l^at gof- ©d^toarj (ba« l^eil.
Sanb 192) in bem9lel^3, 13 genannten a^l^ore nicdn ■^:r:: toieberpnben tooUen, inbem er
ri^cd nac^ 2 ©a 17,29 al« Ääfe beutete (anber« §aKb^, Journal asiat. [1881] 18,28
249 ff.). 3)ie S3obenfenIung, bie innerl^alb 3-^ ^^^ <^" ^W^ 3^äI erinnert, toirb l^eute
furjtoeg el-Wäd genannt, „ba« H^al".
^a« bierte Stebentl^al münbet einige ^Rinuten füblid(^er al« ba« X^ro^öontl^al bon
2öeften ^er in ba« Äibronbett ein. an ber SBafferfd^eibe, im SBeften be« heutigen ^a^a-
tl^orc« beginnenb, biegt e« birfem il^ore gegenüber nac^ ©üben um, nimmt nac^ einem so
Sauf bon •''/^km bie dftltd^e Slic^tung toieber an unb erreicht bem füblic^en ©nbe be«
©orfc« SilwÄn gegenüber ba« Äibrontl^, ba« bon l^ier ab ben Slamen Wadi en-Nar
fü^rt. ©eine Slnfänae liegen 808 m, fein @nbe 610 m über bem STOittelmeer. 3Jn
feinem oberen Saufe fül^rt e« ben Slamen Wndi el-Mes (ba« ift ber arabifdbe 5lame be«
ftattlid^en Zürgelbäume«, ber faft in ber SRitte be« Xl^ale« unterl^alb be« ^af^^'^ore« ftel^t 86
^\)W XIII, 224); fein unterer Sauf, ber burc^ ben Dschebel Abu Tor (f. oben) an
ber ©übfeite überragt toirb, l^ei^t Wadi er-Rabäbi, toäl^renb SRobinfon für feine ^i\i
(1838) nocb ben Slamen Wadi Dschehennam für ba« game 3:i^al im SKunbe ber
Slrober borfanb. 35amit ftimmt bie 5la(^rid^t be« arabifd^en @eograj)l^en Idnsi (1154)
überein, ber für bie ©d^luc^t im ©üben %^ ben Flamen Wädi Dschahannum angiebt 40
(3b$aS VIII, 127). S)ieS3efdi^reibung ber „berflu(^;ten ©c^ludi^t" §en26.27 bgl.90,26,
ber ©ei^^enna (f. ben St. VI, 418ff.), toeift ebenfatt« in ben ©üben 3.«. SDiefe 3lamen
gelten fämtlid^ auf ba« ^ebräifc^e csn \; {^:) <^o\ 15,8; 18, 16; 9leMli 30 jurüdt,
boUftänbiger 1:2- (^;3) -,:? wV5 3ofl5, 8; 18,16; 3er 7, 31 f.; 19,2.6; 32,35; 2 Hg
23, 10, unter bem nac^ ben ©renjangaben 3of 15, 18; 18, 16 ein X^al (nv) im ©üben 46
3.« ju berfte^en ift (bgl. unten ©. 678, 32). (g« fann bemnadi^ feinem 3h>eifei unterliegen,
bafe biefe« foeben befc^riebene bierte 9Jebentl^al bem §innomtl^al be« SIX entfj)ri(^t. ^Kerl«
mürbig ift, ba^ bie Stngaben be« @ufebiu« unb ^ieron^mu« im Dnomaftifon (ed. beSo^
garbe 245. 128) abn)ei4^enb lauten; fte fe^en nämlic(; ba« ipinnomtl^al an bie Dftfeite
3«. 3)iefe Slnna^me, bie auf jeben gaH unrichtig ift, erllärt fid^ bermutli^ barau«, baft 60
fic bie ©tätle be« ®eric(;t« nac^ ©a((; 14, 3 f. öftlicb bon 3. anfe^ten unb be«^lb bie
©e^enna ebenfo toie ba« a^l^al 3ofa|)l^at (f. 0.) mit bem Ribront^al in SSerbinbung brad^ten.
2)er l^ebräifd^e 9lame ^t übrigen« fc^toerlic^ ettoa« mit bem ©etoimmer ber Äinberot)fer
(®raf ju 3^ 7, 31) ju tl^im, fonbem ift ein Sigenname, mit bem fu^ ber bab^lonif^^e
5Rame gnnam bei §ommel, SUti«rael. Überlieferung 142, bergleid^en lä^. 3m 18. 3al^r* 66
l^unbert fam bie SKobe auf, ben mittleren unb oberen Sauf be« ^innomt^e« mit bem
SfJamen ©il^ontl^al ju belegen, jeboc^; bon irrtümlid^en 33orau«fe^ungen av^ (bgl. @. 691 f.).
2. SB äff er. SBer fi^ bie Sage 3.« neben ber SBaflerfc^eibe, bie ^\tma T
ber Umgebung unb ben Sauf ber oben befc^riebenen 3:i^äler beraegentoärtigt, toUb
crfcnnen, bafe baburc^ bem SBaffer ba« ©efätte bon Slorben naa^ ©üben ob«
670 demfalent
toeften naä) ©üboftcn borgcfd^ricbcn tft. 3)tc aSercintgung be« ^titnom* unb IKbront^cg
liegt 630 m über bem ÜKtttelmeerc, bte§ö^e ber SBofferfd^eibc tft 817 m. ©o« ergiefet auf
eine ©tredte bon 2—3 km einen ^öl^enunterfd^ieb öon 150—180 m, mtt^^in ein ftorfe^
Oefälle. 9?on einem ©tel^enbleiben, einer natürlid^en Slnfammlunj be« SBaffer^ in bem
6 mittleren unb unteren Sauf ber ^l^öler fann bal^er leine 9lebe fem, ^d^ftend fommen
folc^e Srfd^einungen tpäl^renb ber Siegenjeit borübergel^enb in bem ®elänbe nai^e an bor
SBafferfc^eibe bor, too ber Soben l^ie unb ba ein natürlid^e« Seden bilbet. S)ic go^t
reichen unterirbifc^en ©Jjalten, ®änge unb §öl^len beg Serglanbe^ bringen e« mit ftc^,
ba& ber Abflug be« 2Baf|er« jum Seil unterirbifd^ ftatt finbet. ®^ ift ba^ oud^ buri^
lobiefen Umftanb, nid^t nur burd^ bad ftarle ®efäDe ber ^äler bebtngt, tomn biefe in
ber Siegel fein SBaffer fübren. ^^eilic^ barf man babei nic^t bergeffen, baft ha§ S9erg-
lanb bon ^Paläftina überpaujjt toafjerarm ift. 2lu«brüdfe, toie Sod^ Äibron, ertoetfen
irrtümlid^e SSorfteHungen ; ba« l^ebräifc^e SBort ^na bejeic^net toie ba« arobifc^ Wadi
(Wad) nic^t« mel^r al« einen natürlichen ©raben, in bem tvöl^renb ber Sflegenjeit bosS
15 überf(^üffige SBaffer abfliegt, mag biefcr Oraben nun tief ober flad^, fd^mal ober breit
fein, ©otc^ ein X^al fü^rt bal^er in ber regenlofen 3«»^, b. 1^. üom ^ül bi« gegen
3)ejember, üibtxfyivcpt fein SBaffer, e« fei benn, bafe eine Quelle ben S3oben eine ©tiwe
lang bene^t. @o berl^ält e« f\6) and) mit bem fftbrontl^al. Oberleib ber ©tabt to>erbm
folool^l bie ©ol^le atö aud^ bie äbl^änge mit (betreibe bebaut, unterl^ ber ©tabt ^oben
20 bie ßintool^ner be« 3)orf« ©iloal^ il^re ©arten im 3:i^al. 3^^!^^" J>^ ®*öbt unb bem
Ölberge ift ber 93oben beutlic^ bom SSiaffer au^getoafc^en ; jebod^ berlieren fxdf biefe
©t)uren loieber, toeil ba« SBaffer unterirbifc^ feinen Sauf fortfefet. 6in jufammen^gen*
ber Sad^ ift bal^er auc^ n)%enb ber Slegenjeit im Äibron nic^t bor^anoen, nur bei fe^
ftarfen Slegengüjfen ober bei rafc^er ©d^neefc^melje tritt für einen ober jtoei 2^ge bo«
26 feltene ©(^aufj)iel eine« raufc^enben S3ad^ l^ertoor. SRit ben je^t berfd^ütteten 2:^em
loirb e« p(^ in alter 3^»^ äl^nlid^ berl^atten l^aben. ^m unteren 3:^roj)öontl^ale entftel^t
nod^ ie^t leicht ein feister 93ac^ nac^ längerem Siegen, ^a ber 3lu«gang biefe« 2!^le«
burd^ eme ftarfe SRauer abgefc^lofjen ift (f. unten ©. 679), fo >)flegen fi$ bort bie ^-
abflie^enben aBafjer ju einem ieic^e m ftauen; er trägt je^t ben 5Ramen Birket
80 il-Hamra. 3m §innomtl^ale fann no^ biel toeniger bon einem Sac^e bie Siebe fein.
3toifc^en ben gelbem, bie ben untern 2:eil beberfen, läuft tool^l ein fd^maler ©roben, um
ben Slbflufe be« SBafler« ju regeln; aber ba« ift boc^ fein natürlid^er 9ad^. S)a« "Xfyd
toirb aud^ im 313: nic^t al« *^n?, fonbem al« 5<>i bejeic^net, b. 1^. al« eine Slieberung,
ber ber ©ic^bad^ fel^lt.
86 Sluc^ an Duellen ift bie ©egenb bon 3- ß'^- 3"^ ^^ loerben brei Duetten bei
3. genannt, ber ©il^on, ber SBrunnen Slogel unb bie 2)ra(^enquelle. 3)er ©i^on toax
mi) 2 6^r33, 14 „im SCl^al", b. ^. im Äibrontbal; fein SBaffer tourbe bon §t«fia an
bie SBeftfeite ber ®abibftabt geleitet 2 6^r 32, 30 (f. unten ©. 681,59). 3)iefe Angaben
toeifen mit Seftimmtl^eit auf bie einjigc Duelle, bie fic^ l^eute im Äibrontl^al bei 3- ftnbct,
40 unb bie bur^ ben fogen. ©iloal^fanal i^r SBaffcr unterirbifc^ an bie ©iloa^uette im
unteren Sauf be« 2;t|roj)öon abgiebt. ©ie tritt an ber tüeftlic^en (redeten) ©eite be«
^^ale« im ©üben ber jefeigen ©tabt ju l^age unb l^eifet l^eute 'Ain Sitti Marjam, b. i.
Duelle ber ^au ÜKaria, ÜKarienquelle, ober^'Ain Ummed-Deredsch, b. i. bie Cluette mit
ber %x^p^. 3)en erfteren Siamen fül^rt fie toa^rfc^einlic^ in SScrbinbung bamit, ba^ §au«
45 unb ©rab ber 5Waria md) Slntoninu« ^lacentinu« (590) im 2;i^al ©eS^femane ober 3^=
fa})^at gcjcigt tourbe ; man jtoeifelte bal^er nic^t baran, bafe fte an biefer Duette gef(^ö})ft
unb bon i^rem SKaffer getrunfen ^ätte. 3)er jtoeite Slame bejiel^t ftd^ barauf, bafe ba«
SKaffer bom Äibrontl^ale ^er auf jtoei abtoärtöfül^renben 3:re}3j)en erreid^t toirb, beren
obere 18, beren untere 32 fteineme ©tufen jä^lt. SKäl^renb bie erfte %xtp\>t unter freiem
to §immel liegt, fül^rt bie j\h)eite bereit« in ben Rötpct be« Serge« l^inein unb ift bun^
einen ©Jji^bogen übertoölbt, um bie 3?erfc^üttung burd^ ©eröD unb ©rbe \n berbüten.
S)a« SJBaffer ber Duelle bcberft ben Sobeii einer mä^ig grofeen $ö^^le, beren ^€iU
636 m über bem ÜKittelmcere liegt, toä^renb bie alte ©o|le be« Äibrontl^ale« in ber SloBe,
ber 5^l«boben bort, eine 3Keere«l^ö^e bon 640—647 m i}at, ber umliegenbe ®d(^utt aber
65 fTc^ bi« über 660 m erl^ebt. 3)iefe tiefe Sage ber Duelle im Serl^ältni« ju i^er Um«
gebung fättt auf • man toeife bal^er nid^t rec^t, toie man fic^ il^ren äDbflu^ in« Äibront^
borftettcn fott. Db fte in bem f^jaltcnreid^en ©eftein einen SB3eg gefunben l^at, auf bem
fie toeiter abtoärt« 5U 3;age trat, ober ob il^r SBaffer nur in bem gatt bon ftberfüttung
be« 5<^l«bedten« in ba« Äibrontl^al l^inabrann, lä^t fw^ nic^t entfc^eioen. gür otte gotte
60 mu^ man im 9(uge bifydim, ba^ ber je^ige 3ud^^0 i^^^ Duette ein tünfUid^er i{L ^a«
dfentfalent 671
gegen toirb man h)ol^I beredt ttgt fein, eine merltoürbige Sigentümlic^feit ber Duette, bie
fte je^t f)at, bereite and) für bad ätltertum üotau^jufe^en, nämlid^ bod Steigen unb Rotten
i^re« Söafferftanbe^. 3)iefer SBec^fel tritt nic^t regelmäßig ein, tpeber tpa« bie 3^^ ^^
h)a« bie SfBaffermenge betrifft, ^m SBinter lonn er tägli^ brei- biö biermol Dorfommen,
im ©ommer ein- big jtoeimal, im Äerbfte böd^ften^ einmal. @r fann ben SKafferge^alt 6
ber Duette um baö 3)oJ)^elte bcrftärlen, bocp ift ba^ nid^t bie Siegel, ^an J)flegt biefe
©rfd^einung burd^ folgenbe 3lnnal^me ju erllären. 3)ie 5Worienquette l^at jtoei S^P^ffe
auö bem §nnem be« S3erge«, einen regelmäßigen unb einen toec^felnben. 3)iefer leifetere
fommt au^ einem natürlichen S3edEen, bog bie Don oben in bie SRiffe beö ©efteinö eins
bringenben unb nad^ unten burd^fidEemben SBaffer in ftc^ aufnimmt. 3P t><^^ S3eden lo
überfüttt, fo fud^en bie SKaffer einen Sluötoeg unb finben i^n in einer natürlichen SHöl^re,
bie in bie SKarienquette münbet. 3)urd^ biefe toirb ba« SBaffer Dermöge be« S)rudE«, ber
bon bem aufgebauten ^rif)alt be« Sedfen« ausgeübt toirb, l^inburd^getrieben. Sermag ber
2)rudE biefe Äraft nic^t me^r ju leiften, toeil ba^ SBaffer be« SSedfenö infolge be^ Slbfluffe«
gefunfen ift, fo l^ört ber unregelmäßige 3wff"fe jwr Duette auf, unb er beginnt bon i6
^Jieuem, fobalb ftc^ h)ieber genug SBaffer gefammelt l^t, um jenen 3)rudf ou^juüben.
ßg braudf^t laum gefagt ju toerben, baß ber regelmäßige 3"^"^ i" "^^^ Slegenjeit ftärfer
ift al^ im ©ommer unb §erbft; ja er ^ört bi^toeilen ganjauf, toenn nämli$ berSBinter«
regen (^ü^regen) lange ausbleibt. 2)er tuec^felnbe S^^^i berfe^t baö bem 3luge fid^t*
bare SBaffer auf bem ©oben ber §ö^le in auftoattenbe, fj)rubelnbe Setoegung (Oil^on 20
läßt fi^ ^i\üa mit „6j)rubel" überf^jen); e^ l^anbelt ftd^ bal^er l^ier tool^l um bie gleid^e
(Srfd^einung, bie ^0 5, 2—4 bon bem ffijaffer be« Seiche« 8etl^e«ba erjäl^lt toirb. 3)ie
oben gegebene ertlärung für ben tüed^felnben 3"f'"fe iP bermutlid^ fc^on im ätttertum
eine toenigften^ jum 2ieil belannte ännal^me getoefen. ^n einigen j)ro})^etifc^en 3^«
funft^bilbem ift nämlid^ babon bie Siebe, baß Don bem %tmpdbttQ ober über^au})t bon 26
^erufalem eine Duette audgel^en unb bie Umgebung betoäffem toerbe (@j 47, 1—12 ;
3oel 4,18 ; ©ac^ 14,8; Mriftea« 89 überf. Don SBenblanb beiÄau^fdjf, a^jolr. u.$feub::
epigr.). 3)iefe Söei^fagung ftü|t fic^ toa^rfc^einlid^ auf bie SUmal^me, baß im ^nnzxn
be« lem^jelberg« große SBafferfammem Dorl^anben feien (Dgl. bie Slngabe über ben §ermon
VII, 759, 53—58). 6« ift aud^ nid^t unmöglich, baß man bei ber §crftettung eine« ao
unterirbifc^en ®ang« ober Kanals auf eine folc^e SBoflerlammer im S^wem be« XmüßtU
berg« geftoßen ift. 2)a« SBaffer be« ®i^on toirb Don Sofe^jj^u^ Bell. jud. V 4, 1 ate
füß bejeic^net, je^t fd^medft eö faljig.
3)ie jiüeite untoeit S^^ifalem« gelegene Duette ift Sn SRogel, Don einigen mit
ai^alferquette überfefet. ©ie lag nac^ S^f 15, 7; 18,16 auf ber®renje jtoifd^ SBenjamin S5
unb ^uba, el^e biefe Don Dften l^er ba« §innomt^al erreichte, nac^ 2 ©a 17, 17 unb
1 Ägl41ff. in einiger ßntfemung Don 3-/ ^^^ S^f^PM Ant. VII 14,4 in ben
föniglid^en ©arten (füblic^ Don ber ©tabt). Offenbar ift fte in ber 9lä^e ber 3?ereinigung
beg ^innomt^aled mit bem 5librontl^ale ju fud^en. i^ier giebt e« l^eute feine eigentliche
Duette, iDol^l aber einen Örunnen, ben §iob8brunnen, B'ir Eijüb, toie il^n bie Slrabcr 40
nennen (bei ben ^wben goabÄrunnen, bei ben ßl^riften SleJ^emio^brunnen). (£r ift 38 m
tief, anfangt gemauert, toeiter unten in ^Ifen genauen mit ©citenfammem unb 3"*
fül^rung^fanälen. ^arau« ergiebt ftc^, baß man i^n Don Doml^erein barauf angelegt ^at,
ba^ unterirbifd^ fließenbe SBaffer abzufangen. 9Jad^ einem reic^lid^en Stegenguß im
SBinler ftrömt ber S3runnen über ober bringt ba« SBaffer an einer ©tette in ber 3iäl^e 46
au« bem Soben l^erDor. 3)ie« ©reigni« toirb Don ber SeDölferung mit ^nbA begrüßt unb
gilt al« Sor^eic^en eine« fruchtbaren ^af}x^, ®ann ift alfo au« bem S3runnen (arab. Bir,
^cbr. *"i<?) eine Duette geworben, tuie ber l^ebräifc^e 3lu«brudf Sn Slogel befagt. SBitt
man biefe Örtlic^feit ber S5ibel in bem l^eutigen Bir Eijüb finben, fo muß man an^
ncl^men, baß bort ^iait be« SBrunnen« einft eine ftetig fließenbe Duelle ju läge getreten ßo
ift. ^a« liegt nic^t außerl^alb be« SRöglic^en; benn h)enn im älltertum SBeft)}aläftina
o^ne 3^^if^I "0^ [tarier betoolbet toar al« je^t, fo flößen ol^ne grage auA bie Duetten
ftctiger unb reicher, ©ttoa 600 m füblid^ Dom Fir Eijüb an ber toeftlidjen ©eite be«
Äibront^ale« befinbet fic^ eine Duette, 'Ain el-Löze, bie ebenfatt« nur nac^ reid^lic^em
Siegen fließt, im ältertum Dietteic^t ftetig SBaffer fDenbete. ©0 fc^ließt ber „93runnen" 66
Don ^mU n\6)i nottoenbig an^, bie „Duette" Sn 3logel bort anjufe^en, ba bie übrigen
Sln^eic^en paffenb erfc^einen.
2)ie britte Duette bei 3. tpirb, fo fc^eint e«, 9?e^ 2, 13 genannt. Slel^emia Derläßt
l\u feinem nädj^tlic^en SRitt um bie ©tabt ba« a^l^alt^or in ber Slic^tung auf bie ©rächen«
quctte, l;ebr. T^^^ "f? (LXX Tttjyij rcbv ovxwv, b. i. y^^^n yy, Duette bei ben 00
672 ^ernfttktn
^gcnbäumcn). 3)a ba« 3:l^aIt^or toa^d^einüd^ an bcr ©üblDeftecfe ber alten @tabt (f.
unten ©. 679, 7) lag, unb Diei^emia ofttoärt^ auf ba^ Ribront^ol juteitet, fo xft biefc Duette
enttveber im unteren ^tnnomtl^ale ober im ffibrontl^ale )u fudj^en. ipier lernten tptr ober
feine anbem Duellen ober 33runnen atö bie bereite ertDöl^nten. 3)a^ ifi enttoeber an-
6 junebmen, ba^ bie Drac^enquette ie|t i>errie0t ift, ober ba^ fie mit einer ber oben gen.
DueUen jufammenfättt.
3. ^oben unb ®eftein. ^er 93oben, auf bem bad alte ^erufalem erbaut tourbe,
loar faft ber nacfte gelf en. ßr ift felbft l^eute nur feiten mit einer feftenSc^ic^t l>on fruc^t^
barer 6rbe (§umu«) überjogen, loeil bie Umftänbe für bie ^umu^bilbung auf ber ^öi^
lobed ®ebirge^ nidt günftig ftnb. @ine ftarle ä(blagerung \)on Degetabilifd^ unb annna»
lifd^en 93eftanbteilen, bie burc^ äSermoberung in ipumud übergeben tonnten, ftnbet bort übo^
f^axüpt nic^t ftatt, unb toenn im @ommer ettoa^, ba^ ber 93ermoberung entgegengeht, auf bon
glatten geteboben liegen bleibt, fo toirb c^ im SQSinter burd^ bie ftarlen ^egengüff e fu^
lic^ abh)ärtö gefd^toemmt, fei e^ in bie leffelartigen ©infenlungen ber Serge ober in bie
16 tiefen Sböler. Slnberd ftel^t e^ mit bem $umud, ber fid^ burd^ 93erta>itterung bed ©e^
fteind bilbet. 2Benn fic^ bie Oberfläche be^ ^Ifen^ unter bem @influ^ ber £u^ unb ber
t^euc^tigfeit auflöft, fo bleibt eine rote lel^martige @rbe gurüdC, bie au^erorbentltd^ fett ^
unb jä| an il^rem felfigen SKutterboben ütbt 5Wan finbet fie in einer S)id(e t)on 2 btd
20 cm auf bem ^Ifen überall ba, loo eine @^alte ober @enle e^ ibr ermöglicht, ftc^ )u
20 l^alten. ^n biefer StadCt^eit l^at man ftc^ ben 93augrunb be^ alten ^.^ borjufteOten, i)m
ben jeftt üorl^anbenen, jum ieil feiger ftarfen ©cbuttoblagerungen ift böttig abjufe^en.
S)a^ Oeftein gcl^ört ju ber mittleren Äreibeformation, e« ift fr^ftallinifc^er turontfc^
unb fenonifdj^er Äalfftein, beffen garbe meift bunfelgrau ift. SKan unterfd^eibet je^t in
Seru[alem folgenbe Steinarten: 1. ^alati, ein ed^ter ipi^^uritenfalt, al^ Saufletn fe^
25 gefc^ä^t, nid^t l^art, aber boc^ lömig. ©r ift fd^neetoeife, ^at jebod^ an ben Stänbnn be«
Sager« bi^toeilen eine bo^nerjrote ^rbe. ©eine Sager l^aben oft eine SBiäd^tigfeit Don
10 m unb fmb nirgenb« burd^ ©J)alten jerriffen. &enn biefer ©tein boUftönbig t)on
@rbe umfd^loflen ift, ). 93. unter ©d^utt liegt, ift er fo toeic^, ba^ man i^n bequem mit
bem SKeffer fd^neiben fann. Unter bem ©influfe ber Suft loirb er l^ärter. 2. 9Kijji in
80 brei Slrten, beren eine (M. Jehüdi) au^erorbentlid^ l^art ift. 6r ftel^t nic^t in fo großen
5Waffen an unb ift nic^t fo bic^t h)ie ber 5Wala!i. ©eine t^rbe ift enttoeber ein ein=
tönige« ®rau ober eine fc^öne ÜKifc^ung bon roten unb grauen Slbem (©anta 6roce=
5Warmor, SJerineenmarmor). 3. Nari liegt unb brid^t in platten, jtoifd^en benen Äalf=
mergel lagert. 6r loirb bon ben Slrabem jur §erftellung ber Ä^uer^erbe t)erh)anbt, toeil
86 er im g^uer (arab. När) nid^t jerf))ringt, fonbem fc^^toarj brennt. 4. Kalküle, ein
milber Äreibefalf, fo loeid^, ba^ man mit ben Ringern ober burc^; einen ®rud( ber §anb
feine Oberfläche l>eränbem lann. ginbet man i^n unter einer ©d^uttlage, fo erfd^eint er
toie ein toeifeer itattjc^lamm. 3)al^er fann er aud^ nic^t mit bem Jammer jerfdj^Iagen
toerben, fonbem man bearbeitet i^n getüöl^nlic^ mit ber ©äge. 3)urd^ Serü^^rung mit
40 eifenl^altigen ©toffen nimmt er eine gelbliche ober auc^ rofenrote gärbung an. 3)ie
fleinen ©arfopl^age, bie ja^lreic^ in ber 3lä^e Don ^^nifalem gcfunben loerben, fmb ou«
biefem ©tein ^ergeftellt. ^eute toirb er ju 93auten unb ||u ©rabfteinen Dertoenbet
5. 3)ie jüngfte ©^id^t ift nac^ '^aa^ toeifee Äreibe mit geuerfteinen. 35ie Sagerung ber
©c^ic^ten ift regelmäßig, ol^ne Sßertoerfungen.
45 4. Itlima. Über ba« fflima Don 3. finb toir je^t jiemlic^ genau unterrichtet
(3b$3S XIV, 93—112). 3)ie Slcgenjeit fäUt in bie SRonate Oftober bi« SKai; nur
feiten fällt fd^on im ©eptcmber ber erfte Siegen, nod^ feltcner ber le^te im ^vm. Die
mittlere Rai)l ber SHegentage in jeber Slegenjeit beträgt 52, bie mittlere 5Rieberfc^lag«^ö^e
in jeber ytegcnjeit 581,9 mm (Dgl. baju Sonbon mit 589 mm, 33erlin mit 521 mm).
50 3)ic ergiebigen Slegengüffe toerben Dom ©übloeft« ober Dom 2öeftn)inb gebracht SRetften«
faßt auc^ im SBinter tttva^ ©d^nee, geloö^nlict ©nbe 35cjcmber, im ganuar, gebruar
unb ainfang 3Kär5, feiten im Sljjril. 3" ^^ Flegel fd^miljt er balb toieber toeg; jebod^
fommen auc^ fo heftige ©c^neeftürme Dor, baß ber ©d^nee in ben §ö^lungen ber 8erg-
l^alben 2—3 3Boc(|en liegen bleibt, ßnbe 3)ejcmber 1879 fiel eine ©dbneefc^id^t Don
55 432 mm. 3)ie mittlere Sufttoärme im ^a^r beträgt 17,1" 6. 3im9Kütel ift ber gebruar
ber fältefte aJlonat (8,8' 6.), ber ätuguft ber märmfte (24,5*^6.). ®ie j^eißejien a:age
(37, 39, auc^ 44"* 6.) fönnen jebod^ aud) im ^wni, 3Rai unb ©eptember Dorlommen,
bie größte Äälte (bi« ju 4*» 6.) ift im S^nuar beoba^tet toorben. (g« friert in 3- iebe«
Sal^r burd^fc^nittlic^ in fünf ober fec^ Diäc^ten, bod^ l^lt [xd) ba« ©i« ben folgenben %aQ
coüber nur in falten, Dor ber ©onnc gefertigten Sagen. 3)ie mittlere monatlic|^ ©c^toan-
dfentfolem 673
fung bcr Sufttoänne beträgt 22^2 ° 6., unb bic mittlere tägliche ©c^toanhing 10,8* 6.
3)er ©egenfafe l>ort Jrodcn^cit unb ^euc^ttgfeit ber £u^ ift in ben Derj^iebenen
Reiten grofe. &on ben SBinbcn ift am l^äupgften bcr Slorbtoeft, er toel^t im ^ai^x^hmd)^
fd^nitt 1 14 Jage, (g« folgen ber SBcft mit 59, ber Oft mit 49, ber ©übtoeft mit 46, ber !Worb^
oft mit :33, ber 9lorb mit 80, ber Süboft mit 23 unb ber ©übtoinb mit 11 lagen. 3)er Slorb^ 5
tüinb ift talt, ber ©übtoinb toarm, ber Dfttoinb trocfen, ber 2Beftioinb feud^t. 9lorb= unb
DJorbioefttoinbe l^errfd^en in ben Sommermonaten bor. Stu^erorbentlic^ tool^Itl^uenb tüirft
für bie fommerlic^e 3:enH)eratur 3-^ fotoie be^ Serglanbe^ über^auj)t ber Umftanb, ba^
faft täglid^ gegen 9Kittag ober aud^ nod^ fpäter ein leidster ©eetoinb Don ber Äüfte ber
ba« ©cbirgc erreicht unb bie §i^e unb SlrodEen^eit ber Suft milbert. ^ladjf ©onnenuntcr^ 10
gang nimmt er ettoa^ ab, erl^ebt fic^ aber balb ioieber unb toel^t einen großen %^\i ber
3la^t ^inburd^. @r erfrifc^t ba^ Derfengte Sanb burd^ reic^Iid^e geud^tigleit. Dfth?inbe
ioe^en im §erbft, im SBinter unb im ^^ling biö jum SKai; im ©ommer fmb fie
feiten, i^m SBinter finb fie, toenn fie nidjft ju ftarl melden, fel^r toilKommen ; ein ftarter
Ofttoinb im SBinter h)irb bagegen fei^r geforstet, h)eil er fd^toac^e ^ßerfonen Dom $ferb 15
l^eruntertoe^en unb Safttiere umtoerfen fann, femer toeil er nid^t feiten fo fd^neibenb falt
ift, bafe er ungenügenb befleibete ^erfonen erftarren mac^t. 2)ie ©igenfc^aften, bic man
bei nn^ bem ©irocco (ital. Scirocco, arab. Scherkl = öftlit^) jufd^reibt, fommen
^auptfäd^lid^ bem ©üboftn)inbc gu. 35ic S^emperatur ift l^oc^ (30* 6. unb mel^r), bie Suft
ojonfrei unb äufeerft trodEcn. 3)en 9Kcnf(^en mac^t er mübe unb fd^Iaff, fogar franf (Jtojjfs 20
loe^, gieber). @r gicl^t bic ^cuc^tiglcit au« aßen Ocgcnftänben l^erau«, er öerfengt
gcrabeju ganje gelber Don jungem Oetreibe. Xritt er atö ©türm auf, fo erfüllt er bie
^eifee Suft mit feinem ©taub, ber für ÜKcnfd^cn unb Jicre l^öc^ft läftig ift. 3)o^ ift bie
3eit ber Dftn)inbe nic^t bie ungefunbe gö^r^S^i^* b. 1^. ber 3^^^^"»"# *" ^^>« t>^^ flima«
tifc^en Äranf^eiten be« Sanbe« Dor^errfd^en. Ungefunb finb Dielme^r bic SKonate 9Kai 25
bi« Dftobcr, in bcncn ber Jlcgcn faft gänjlic^ fel^lt, nieberer SuftbrudE mit geringen
©d^manfungen unb ^obe 2cmj)eratur mit bebeutenben täglid^en ®d(^h)anlungen getoöl^ns
lic^ finb, in benen bie Suft fe^r trodfen, ber §immel fcl^r fc^toac^ betDöHt ift unb nur
feiten Dfttoinbe eintreten.
3)iefe genauere Äenntnid ber flimatifd^en 3Scrl^äItniffe berul^t loefentlic^ auf Seobad^s 30
tungcn, bic erft in ber jtoeiten §älfte bc« 19. S^^^^^l^wnbert« DoHjogen toorben fmb; man
hat ba^er micber^olt bic ^age aufgeh)orfen, ob ba« Älima ^oläftina« unb 3-^ ^^ ^»^
alten l;iftorifd^en ^tiim n\d)t ein anbere« getoefcn fei. 3)arüber ift au^fül^rlic^cr in bem
^ilrtifcl ^iSaläftina ju reben. §ier fei nur furj gefagt, bafe größere i^cränbenmgen im
filima nidj^t h)a^rf(|einli(^ finb. ^öid^ften« fönnte baran gebac^t Serben, ba^ fic^ in ber ar,
®egcnh)art bic ®egenfä|e ber göi^re^jeitcn mel^r audgeglidj^en l^ätten, toä^renb in früherer
3eit ber Unterfc^ieb gtoifc^en ©ommer unb SBintcr ftärler getoefen loäre; bie mittlere
Sol^re^temperatur h)irb bicfclbe geblieben fein, ferner ift e« tool^l möglic^, bafe einft in*
folge Don ftärterer Setoalbung be« 93erglanbc« (Dgl. unter ^aläftina) bie 2)urc^fdS^nitt^
menge be« jä^lic^cn 9lieberf(|lag« eine l^ö^ere \oax, ober bafe bie einmal niebergefd^lagcne 40
geu^tigfeit längere R^i^ 0« bcr Dbcrfläd^c be« S3oben« feftge^alten tourbe unb nic^t fo
fc^nctt ioie jc^t ablief ober Derfidfertc. 3lber felbft für ben, ber biefer 2lnnal^me guftimmt,
mu^ 3>- bod[^ \d)on im Slltcrtum ate eine toafferarmc ©tabt gelten. 2)a« betoeifen bie jal^l«
reidS^en unb jum Seil großartigen anlagen, bie bereit« in alter ßeit au^gefüf^rt mürben, um
3. genügenb mit SBaffer ju Derforgen. SBir Serben fie in ben folgcnben älbfc^nitten 45
tcnnen lernen. Slllcrbing« h)irb bic natürlid^e SBäafferarmut 3i-^ i>« Saufe ber 3«^rl<^wf^be
nic^t geringer, fonbem größer getoorben fein. 3)ie allgemeinen ®rünbc bafür finb ftct«
bie gleichen geblieben, obtool^I bie mittlere 9lieberfc^lagß^5l^e in jebcr Jtcgenjeit für 3- (f-
oben) größere ^ai)lm auftoeift al« für Serlin unb SBien. ©ie finb bop>)clter ätrt: 1. ber
^)(cgcn fällt nur h)ä^rcnb eine« S^^^^^m« Don fed^«, ^öd^ften« adj^t 3Konaten im '^al^x ; eo
2. ba« Siüaffcr fließt über fefte« ©eftein fd^ncU abtoärt« ober firfcrt in lofe« ©eftein ein
unb läuft unter ber Oberfläche ab. 6« ift flar, baß nur ber jtocite ®runb burc^ menfd^*
lic^c 5tunft geänbert toerben fann.
5. 3!)a« Dori«raelitifc^e S^^wfalcm. 3)ic älteren 3lad)xxd)im be« 213: geben
bcutlid^ ju Dcrftcl^cn, baß bic ©tabt 3- h)^ber i^re ©rünbung noc^ il^ren 9Jamcn bem fr,
S>olfe 3«rael ju Derbanfen ^at (Dgl. 5Hi 1,7.21; 2©a5, 6; 3of 10, 1 f.; 15, 03).
3)a« ift ncuerbing« bun^ bie in Teil el-'Amarna gcfunbenen Sriefe be« itönig« 'Abd
Chiba Don 3i^öl«»" bcftätigt Sorben. 2)enn bort (1400 D. 6^r.) crfd^eint ber 9Jame
bcr ©tabt in ber gorm Ürufalim. 2)amit ftimmen bic Äonfonanten ber l^cbräifd^en Aorm
zbdi*-^ überein. äuffaHenb ift bagegen bic gorberung bcr Solalifation im SIX, baß bic go
»cal^i^nct^riop&bie für X^eotoaU unb ffirf^c. 8. «. VIII. 43
674 ^entfalftn
(e^te Silbe aim ober ajim gefproc^en toerben \oü, unb bte bem entf))re(^enbe fonfonontifc^
gorm =^VdT-^, bie jebod^ nur 3er 26, 18 ; 1 Sl^r 3, 5 ; 2 6^r 25, 1 ; ©ft 2, 6 ; ögl. 2 6^
32. 9 borlommt. 2)ie alte au^fprad^e be^ 9iamen^ l^ot fo nt^t gelautet 3)0« betoetft
bie SSofaliiation in ben aramäif^en ©tüdEen e«r 4, 8. 20; SJa 5, 2 ; 6, 11 C^^^'^? unb
5 o?9't-;', bie SBiebergabe in LXX unb im 3i% "hgovaaki^fi., in Drac. ©ib^l X, 103,
ebenfalls im 3VX joh)ie bei griec^ifd^en gd^riftfteßem, auc^ bei S^fepl^uö unb ^^lo (Leg.
ad.Caj. 36) leQoookvfjLa, femer bie gorm be«9Jamen« auf ben affl^rifc^ ÄälinfdSnriften
Urfalimmu, enbUd^ bie abtürjung ju o^f ®enl4, 18; ^f76,3. Sluf ben jübifc^
SKünjen, bie mir befi^en, finbet ftc^ übertoiegenb bie gorm c'^oi"^"'; nur auf einmen, bie
10 in bie 3^^^ ber ^a^monäer gefegt ju tüerben t)flegen, fte^t a^b^i^^; öielleid^t bütjpte ober
bie (Sc^tl^eit gerabe biefer ©tücfe itoeifel^aft fein. 3)ie ßntftebung ber 3Ut%rac^e auf
aim, ajim liegt im 3)unfeln. ^ie Slel^nlic^feit mit ber befannten 3)ualenbuu0 t^ ntc^t
ju t)erlennen, bod^ h)ad foK biefe axK bem Eigennamen einer @tabt? Wan totQ baJ^ bie
©nbung ajim (ajin) aU bip^tl^ongifd^e Sluflöfung Don 6m ober al« 3^*^^^"^Ö ^
15 Slominalaffi^e^ am (an) anfe^en ober nimmt eine oiit Sofalenbung aina, ajim an.
^iebenfaH« fte^t jobiel feft, bafe bie 2(u«fJ)rac^e unb Schreibung o:Vdi-i^ nic^t bie ur-
fj)rüngli(t^c ift, fonbem bafe biefe 3lu^ft)radS^e erft bei ber gelehrten Bearbeitung be^ alt=
teftamentlid^en 3:e|te^ (600—700 n. 6^r.) allgemein angenommen tourbe. SSJir toifjen
nid^t, toelc^e ©rünbe bie geleierten 3"^^ bafür l^atten. ®ine befriebigenbe 3)eutung be^
2o9lamen!g ift bi^l^er nic^t gegeben toorben (f. bie ^intoeife unter ber Sitterotur); auf bie
©>)ielereien be« Sofet)^ Antiq. VII 3,2; Bj VI 10; c. Ap. I, 22. 34 cinguge^en
lo^nt fi(^ nid^t. 3*^^ ©teilen im 2121 h)oUen anber« berftanben fein. Slämlicf^ 9li
19. 10 unb 1 6^r 11, 4 fmb in ber SWeinung gef (^rieben tüorben, bafe % bor ber Seft^
na^me burc^ ^^xaA S^bu« gel^ei^en l^abe. SlUein bie SDleinung h)irb burd^ bie 'AmSrna-
26 S3riefe toieberlegt, fie ift baffer hjol^l afe ein gelel;rter Irrtum anjufel^en (ögl. ben Sl.
3ebu«).
S3on ben ©rünbungöfagen, bie fid^ bei 3iofet)^u^ c. Ap. I, Uff. ^lutard^, Isis et
Osir. 31 unb ©te))ieanuö bon '^tnaxi^ finben, Derbient nur bie ßrjöi^lung be« äg^j>tifc^en
^riefter« 5Wanet^o (250 b. ß^r.) ertoä^nung, bie ^^ofe^)M c. Ap.. I, 14—16. 26—29
30 mitteilt unb bef^rid^t. Stac^ il;r foHen bie ^^ffo^, nadi>bem fie SSg^j^ten t>erlaffen, bie
©tabt 3. gcgrünbet ^aben. 3lber bie Serbinbung, in bie l^ier ^\j^o^ unb Hebräer gc^
bracht werben, crlocrft burc^au« fein 3"^^"^ 5« ^i^^ ©arfteHung. 3)a« Sleltefte, h>a«
h)ir gegenloärtig über 3- Riffen, bieten un^ ol^ne 3*^^'f^I bie SSricfe be« 'Abd-Chiba in
bem ^unbe bon Teil el-'Amarna (f. oben). SBie fie erfennen laffen, ift bamal^ 'Abd-
35 Chiba bem $^arao 3igl;J)teng (3lm.enoj)l^iö IV) tributj)fli(^tig. @r äußert toieber^olt, ba^
ber ftarfe Slrm be^ Könige (bon äg^^ten) i^n in ba« ©ebiet feinet 33ater« eingefefet
l^abe, fotoie bafe er ein Beamter bc« Äönigö fei. 9)le^rere ©teilen ertoeden ben 6inbrua,
bafe 'Abd-Chiba nic^t nur fein bäterlic^cö ©ebiet bel^errfd^t, fonbem auf Befehl be^
$^arao eine Sluffid^t über bie anberen Äleinfürften be^ füblic^en ©örien^ geführt Inibe.
ioSRi 1,5—7 ift unfein abgeriffene^, anjd^cinenb alte^ ©tüd auö ber (Sroberung^efc^^id^te
Äanaanö burc^ S^^ael erhalten. 3lboni Sefef bon ^^s^rufalem — 3of 10, 1.3 ift mit
3lboni 3cbcf, Honig bon 3iv *^obl berfelbc gemeint — be^eidj^net fic^ 33. 7 ate ben Seftcger
Don 70 Königen; foHte baö DieHeic^t nod^ mit ber ©tcHung jufammenl^ngen, bie bie
^l^araonen 3i[g^)t)ten« ben ^rften l>on Ijerufalem berliel^en Ratten V Ober gehörte Sboni
46 SBefct (Slboni ^t\>^l) ju ben Slmoritem, bie bon 9Jorben ^er borbringenb \vi) ftanaan
unterworfen I^attenV Die Slad^rid^ten be^ 913: nennen un« für bie3eit um 1020 to. 6^.
bie S^^wfiter (f. b. 31.) ate bie .^crrcn t)on 3- ^"^^ ^<^ gugel^örigen ©ebietö. ©ie ftü^en
fid^ auf bie geljenfefte 3ion ("r^. ~"?!^'- 2 ©a 5, 7); benn mit ber (Eroberung bi^«^
fc^toer zugänglichen ^JSunfteö burd(^ Dabib I^at i^re §errfd^aft ein 6nbe.
60 3!)a \xx[i ^ier ber 9Jame ^\m in ber ©efd^idj^te ^-^ 5u^ft begegnet, fo bürfen toir
an ber t)icIbefj)roct»enen grage nad^ ber Sage ber 3ionefburg nic^t borüberge^. S9id in
bie jtüeite §älfte be^ 19. 3<^^^^-^ ßi^ö bie einl^eHige 3)Jeinung ba^in, ba^ ber S9erg 3'^"
ben ©übh)eftl;ügel 3i-^ jtoifd^en ^innom- unb Ji^ropöont^al bcjeid(;ne, unb ba^ bal^er bie
3ionefcfte ber ^cbufiter ebenfo h)ie bie 3!)at)ib€;burg auf biefem §ügel (§öl^e bi^ gu 775 m)
66 geftanben l^abe. ®cgentoärtig aber ftimmen faft alle fad^funbigen §^^4^ ^^^» übercin,
ba^ ber 5Rame ^\on an ber öftlid^en §ügelrei^e I^aftet, unb ba^ in^befonbere ber ©üb=
oft^ügel ber S^^wf^M^fte entfprid^t. 3)er Setoei^ lann au^ bem 311 nic^t anber^ ge«
liefert Serben, ate ba^ 3lngaben, bie fic^ auf jpätere i^er^ältniffe bejie^en, auf bie 2)at)ib^
bürg (ober 2)at)ib«ftabt), auf ben ^alaft unb ben "Xzvxiptl ©alomo^, ^ier toorh>eg gc*
60 nominen Serben. 3wnäd^ft ift ju beachten, bafe ©abib^burg (fo ift beffer für 2)abibljlabt
3ernfa(em 676
ju fagen) nid^t mit % überl^au})t bcrtoec^lelt h)etben barf. 2)ai)ibgburg (ober 3^on^fefte)
bcjcidpnet einen bejonberen SCeil neben ober in ber ©tabt 3- ^^ö« bergleic^e nur Stellen
h)ie 1 Ä0 3, 1; 11, 27; man beachte bie oftmate toieberl^olte angäbe „er tüurbe be*
graben in ber 3)aDib«bur^" (l Äg 2, 10 2c.) unb ^altc baneben bie bollftänbigere ^orm:
Slmajja tourbe begraben m S^^'^nt bei feinen SSätem in ber 2)at)tb^burg 2% 14, 20, b
\vo S^nifalem unb 3)abib^burg toie allgemeine« unb Sefonbereö neben einanber ftcl;t;
enblic^ ertoäge man, tüie 9le^ 3, 15 f.; 12, 37 bie Stufen Don ber DaDib^burg ^crab
eine beftimmte örtlic^feit bort, nic^t ettoa Stufen bon ber Stabt % l^erab überl^au))t be*
beuten, ^ie 3)at)ib«burg ift bemnadj^ ein 3:eil be« fpäteren %, unb bie g^age geftaltet
fic^ nun fo: 3Bo lag biefer SEeil ber Stabt? mad) 2 Sa 24, 18 f. (bgl. 2 g^r 3, 1) lo
unb 1 Äg 8, 1—4 liegt ba« SBo^n^auö 3)at)ib« h)ie überl^au})t bie 2)at)ib«burg tiefer al« ber
i:emi)cl ; nad^ 1 Äg 9, 24 liegt bie 3)aüib«burg auc^ niebriger afö ber 5ßalaft Salomo« ;
nac^ 3er 26, 10; 36, 10—12; 2 Äg 11, 19 liegt ber ^JJalaft Salomo« toieber tiefer aU
ber 3:cm^el, ber md) (gj 43, 8; lÄg 6, 36; 7, 8. 12 (t)g(. 2 Ägll, 4—16) Don bem
falomonifc^en ^jjalaft nur burc^ eine §ofmauer getrennt toax. 2Bir erl^alten barau« eine 15
breifac^e äbftufung Don obeit nad^ unten, Dom lemjjel au« bi« jur 3)aDib«burg ober ber
Scburiterfcfte. 3)er $Ia^ be« alten 3:empel« ftel^t jtDeifello« feft, er ftanb an ber Stelle
ber heutigen Kubbet eg-Sachra, be« ^^Ifenbom« (744 m). SlöiU man Don ^ier au«
bie oben genannte 2lbftufung nat^ unten auffuc^en, fo bleibt nur bie 5Hic^tung nac^.
Süben. ^^nn toäl^renb ber ^eteboben nac^ SJorben bi« ju 760—770 m, nad^ SBeften 20
bi« JU 770— 780 m fteigt, finft er nac^ Süben in Derfc^icbenen 3lbfä$en auf 716,
094, 660 unb 650 m. TOit ber ^aDib«burg ober ber ^^bufiterfefte fommt man bem*
nad^ auf ben niebrigften ber öftlic^en ^ügel jtDifcbcn Ätbron« unb S^ropöont^al, ben
Süboft^ügel.
3)ie« ßrgebni« toirb burc^ mehrere angaben be« Sle^emiabud^e« beftätigt. ?Je^ 3, 25
15—26 unb 12,31—37 folgen auf einanber bie Örtlic^leiten SKifttl^or, DueHtl^or, Stufen
ber 2)aDibftabt unb 2BaffertI|or. 3)a 5Je^ 12, 38 f. ber jtoeite 3)anfd;or Don SBeftcn l^r
über 9lorben (SDl^raimtl^or 12,39) ben 3:em^)eI))Ia^ eneid^t, fo jiel^t ber erftc 3!)anfd^or
5>. 31—37 Don SBeften l^er über Süben bcm Xtmpttpia^t ju. 2)al^er fmb bie'ilJunIte
50?iftt^or, DueHt^or unb Stufen ber 3)aDibftabt (i^au« 2)aDib«) im Süben ^eruf.« an- 30
5ufe|cn. ?«un ergicbt [xd) ou« 5Re^. 2, 13 f., ba^ ba« 3)liftt^or im SBeften, ba« CueU*
t(;or im Dften be« bort au« ber Stabt Iretenben I^al«, be« a^l9roj)öontl^aI«, gelegen l^at
(58. 14: bann ritt id^ hinüber, V?^?). 3)onad^ laffen fic^ bie im Süben ber Stabt
liegenben Stücfe be« 3Kauerbaue«, bie 5Jel^emia in feiner Dom 3^orboften au«ge^enben
unb über Söeften, Süben unb Dften nad^ bort jurüdfel^renben Scfc^reibung K. 3 anfül^rt, 35
fic^er ^erau«finben. Stuf ba« Cuelltl^or an ber Dftfeite be« 3;t;ropöontl^aIe« folgen bie
Stufen Don ber ®aDibftabt ^erab 35. 15, bie ©räber 3)aDib« 3?. 16 unb loeiter^in ber
föniglic^e ^alaft am (Sefängni«^ofe 33. 25 unb ba« SBaffert^or SS. 26 (Dgl. 3ld),
12, 37). SWitl^in lag bie 3)aDibftabt ober 3)aDib«burg auf bem Süboftl^ügcl (Dgl. ferner
S. 688 f.). 40
3)ie 3ion«fefte toar nac^ 2 Sa 5, 6 fd^toer jugänglic^. 3)iefc ©igenfc^aft be« Süboft=
^ügel« fäUt Don Dften unb Don Süben l^er tro^ ber SSerfc^üttung feiner Slbl^änge nod^
^cute jcbem in bie äugen, ßbenfo toirb e« im SBeften getoefen fein, too je|t freiließ bie
3:icfe be« I^rojjöontl^ale« faft DoUftänbig burc^ Sd^utt au«gefünt ift. '*flaq Slorben gu
mu^te hingegen nad) ber je^igen SSobenbefc^affenl^eit bie ^^^^wf^t^^ft« fr^^ wnb offen ba- 45
gelegen ^aben. 2)a« ift aber im Altertum nic^t fo gehjejen. S(^onobcnS.668, 58ff. ift er«
h)ä^nt toorben, bafe burc^ bie 3lu«grabungen be« beutfc^en i^erein« gur (Srforfd^ung ^aläftina«
1881 unmittelbar nörblic^ Don ber 5DiarienqucIIe ein toeftlic^e« SRebentbal be« itibron
tüenigften« gum Seil nac^getüiefen ift. 3)emnad^ ift e« nic^t untoa^rfd^einlid^, bafe ur«
fprünglic^ eine ba« S^^rojjöont^al mit bem Äibrontl^al Derbini>enbe Sc^^Iuc^t ben je^t al« 00
eine gefd^loffene $öl^e erfd^eincnben Süboftl[>ügeI burd^fd^nitten l^at. 2)iefe Sc^Iud^t toürbe
bie ®renje ber g^^ufiterfefte nad) 9lorben gebilbet l^aben ; tüir l^ätten un« bemnad^ i^rc
.^ö^e al« eine nac^ aßen Seiten ^in abgefc^nittene DorjufteHen, toie e« bie fpottenben
fflorte ber 3{*uftter 2 Sa 5, 6 Derlangen.
e« mu| auffallen, bafe fxd) bie ^ebufiter gum Stü^punlt i^rer §errf(^aft bie niebrigfte b5
ber JU ,^. ge^örenben §5l^en au«gefu^t l^aben ; benn bie §ö^e be« Süboft^ügel«, alfo be«
3ion«, fc^tüanft gtoifd^en 694 unb 644 (nad^ ber jefeigen §orm be« ^^(«boben«), toä^renb
ber Reifen auf bem i:emj)elt)la$ 744 m \)od) ift, md) vloxitw unb SBeften jeboc^ noc^ l^öl^er
fteigt (f. oben). Slber biefe SBo^I ift au« jh)ei®rünben burc^au« begreiflid^. 9Jad^ unferer
gcgenloärtigen Äenntni« be« J^efeboben« Don 3- ift ber 3i<>n iraf^rft^einlid^ bie cinjigc ao j
676 3^erufalfm
^c, bic auf ollen Seiten Don Sd^Iud^ten umgeben tvax, eine notüriid^e Sergfcfte, toie
jte laum beffer gefunben toerben lann. Slu^erbem beJ^errfd^t biefe §öl^e bie 3RarienqueDe
an i^rem öftlic^en gufee im Äibrontbal, bie allein in ber näc^ften Umgebung t)on5 — 7 km
baö gan^e ^al)x ^inburd^ lebenbige« Söaffer fpenbet. 3)er SWac^tl^aber, ber biefe DueDc
6 bel^ercidi^te; tvax auf bie 3)auer ber eingig gefid^erte §err be^ umliegenben ©cbictö.
Über bie Sef4>affenl^eit biefer ^i^^^f^f^^ *>^ S^'^wftter fel^len un« bie Slac^ric^iten.
3)lan ^at fie fw^ gehji^ ate fel^r einfach jju benfen, o^nc eigentliche Äunftbauten. 3" ^^
ggjorte "nsi: 2 ©a 5, 8, ba« 5Pf42, 8 nac^ bem 9leu^ebräifd^en al« Stand, SBafferlcttung
gebeutet toirb, l^at man eine Örtlidj^leit ber S^^^wftterfefte finben tooUen, aber Jooi^tfc^n-
lolid^ liegt eine iejtberberbni^ bor. Sgl. 93ubbe jur Stelle unb unten S. 681, 28 ff. Die
Stabt 3lv ba« Ursalimmu ber 'Amärna-S3riefe, f)at man h)eftlid(^ Don ber ^^^wf^ter^
fefie, auf bem l^öl^eren Sübtoeftl^ügel anjuje^en. Die Orünbc bafür finbet man unten
S. 678,20. Sie toar ioal^rfd^einlic^ eine offene Stabt.
6. 3^^wf«I^"^ unter Der baDibifc^enD^naftie. Die ^iebufiterfefte 3ion tourbe
16 Don DaDib erobert; bamit fiel aud^ S^^^'^"^ webft bem zugehörigen ®ebiet in feine
^änbe. Diefen ©rfolg enang DaDib tDa^^^i^R^ fc^on in ber S^t, al« er nw^
Stamme^fönig in §ebron h)ar 2 Sa 5, 6—8 ; er ftellte baburc^ bie Dolle räumlidjfe Ser^
binbung jtoifd^en bem füblid^en 3uba unb ben nörblic^en Stämmen 3^raete ^er; bie norb=
toärt^ fü^renbe Strafe auf bem Stamme be« ©ebirgc^ im SBeften unb Slorben ber Stabt
20 toar baburc^ frei gelüorbcn. 3luf bie erft burd^ DaDib erfolgte S3efi$na^me toeifen a\xd^
bie Stetten 9li 1, 21 ; 3of 15, 63 ^in, toä^renb fic^ SRi 1, 8 nic^t mit ben gefc^i(^tlid(^en
Il^atfad^en Dereinigen lä^t. DaDib er^ob bie g^on^fefte ju feiner SHefibeng unb mod^te
baburc^ S^fwfalem jum ajjitteli)unlt feinet ganjen di^d)^. ®g toar eine ^ülaferegel Don
großer Älug^eit, bafe er ben Sife ber Slegierung tveber md) ^uba nod^ in bo^ ®ebiet
25 eineö ber nörblic^en Stämme Derlegte, fonbem nac^ einem Orte, ber ba« Ädnigtum einiger-
maßen Dor bem §aber ber eiferfüd^tigen Stämme fieberte, toeil er bi^^er überl^uj)t nic^t
i^raelitifc^ gelüefen toar. §ier l^atte lein 3^^^^^* irgenbtoelc^^e Siedete Dor bem anberen
Dorauö, DaDib allein l^atte l^ier bie Siechte }u Dergeben, ba er ba^ ®ebiet erobert ^atte.
SBeil DaDib felbft gubäer toax, fo lag e^ am näc^ften, ba« neue ®ebiet ju ^xxta ju
30 rechnen, toie e« aud^ ^o] 15, 63 gefc^iel^t. Später jebod^ tourbe e« ju Senjamin ge-
llä^lt Dt 33, 12; 3of 18, 15 f. 28; 15, 7 f. Die J^ebufiter tourben Don DaDib ge-
fd^ont (ba« tüirb ber Sinn Don 2 Sa 5, 8 fein nad^ ber Sluffaffung Don S3ubbe, The
Books of Samuel 81), Seben unb 6igcntum tourben i^nen gelafjen 2 Sa 24, 18 ff.
Die ^^ion^feftc mußten fie freiließ räumen; um jo bic^ter befehlen fie ben Sübhjcftl^ügel,
36 ber nad; außen Don bem ^innomt^al begrenzt lourbe. Diejcr erhielt banacf^ bei ben
3«raeliten ben 5Ramen „abrang ber ijebufiter'' :3of 15, 8; 18, 16. Die ^«raelitcn,
DaDib« ®efolge unb §ofleute, tool^nten anfang« lüo^l au^fd^ließlic^; in ber föniglic^
SRefiben^, ber DaDib«burg.
Die alte 3ion«fefte mirb burdj» DaDib ein toefentlic^ anbere« 3lu«fel^en erl^olten l^aben.
40 „DaDib baute (b. i. befeftigte) fie ringsum Dom 3KiIIo an nad^ innen ju" 2 Sa 5, 9 (LXX
l^at ftatt ^*';??'' xai TÖv olxov amov), unb 3i. 11 iDirb l^injugefügt, baß ÄanblDerfer
be« §iram au« 2:^>ru« DaDib« SBo^nl^au« Q^hant l^ätten. Die« le^tere toirb 9Je^ 12, 37
h)ieber ertoäl^nt unb muß bana^ auf einet ber h?eftlid^en Stufen be« gion^ügel« etttw
in ber ,ööl^e Don 670— 680 m geftanben l;aben (®ut^e, 2tu«grabungen 258 ff.). Die
45 ®räber ber baDibifd^en gamilie (3ofet)l^u« Antiq. XVI 7, 1 ; 21® 2, 29) Jourben
toa^rfc^einlic^ ^itva^ tiefer angelegt, b. l). in gelfen gel^auen (®ut^e a. a. D. 258). Die
Sefeftigungen l^at man fid^ nic^t burc^toeg al« SRauern Dor^ufteüen. 2Bo ber J^lfen bagu
geeignet toar unb au«reid^tc, bel^ieb man i^n fo, baß nac^ an^m eine fenfred^te äßanb,
oben eine ober mel^rere ebene ^läd^en, nac^ innen ettoa, toenn e« nötig toar, eine Xret>)>e
50 bi« ^ur Äopffläc^e be« gelfen« l^erau«fam. iiücfen füllte man mit a)Jauerh)erI au^ ober
er^ö^te bie gelfenhjel^r burc^ forgfältig be^auenc Steine, bie h)ie eine fünftlid^e SSergröße*
rung be« natürlichen Reifen« ju benfen finb. Überall, too ber nattirlid^e ^«boben tief
lag, h)ar bie 33efeftigung burdj; 3)Jauerh)eriE nothjenbig. SBei ben 3lu«grabungen be« beutfd(^en
95erein« jur (Jrforfc^ung ^aläftina« 1881 l^abe id^ an mcl;reren Stellen be« $ügel« folc^e
66 9(efte biefer Sefeftigungen gefunben. Unter il^nen fmb befonber« erh)ä^rten«h)ert bie ®runb5
mauern eine« 2:^urm«, ber unmittelbar oberhalb ber 3)Jarienquelle ftanb. Die mörtcUofe
Sd^id(^tung ber Steine toeift auf ein ^o^e« älter l^in (®utl^e a. a. 0. 247 ff.), gemer
ift baran ju erinnern, baß ju ber DaDib«burg ba« 3^i^<^^liö*""^ gehörte, in bem DaDib
bie l^eilige Sabe auffteßte (2 Sa 6, 17), mit einem Slltar (1 Rg 2, 28). SKit bem ^an
uobe« jalomonifc^en XenH)el« U)irb e« Devfdj^touiiben fein. 2lu« 3Jel^ 3, 16 crgiebt fvä), baß
^crnfftlem ft77
aud) bcr „Äunfttcic^" ("7^"" ^t'^t") unb ba^ „$au^ bcr Reiben" auf bcm ^ion lagen,
bcr aiufgä^Iung nac^ ^ö^cr oI« bie bai)ibifc^ ©rabftötten. ätu^cr bem ,^^au\t ®abtb^
Serben aud^ .Käufer für btc ^ofbeamtcn borl^anben getocfen fein. 2)icfe Käufer ber alten
^'^eit h)aren burc^auö nic^ immer freiftel^enbe ®ebäub^, fie lel^nten fic^ enth)eber geaen
ben Slbl^ang einer geföteraffe, ober il^reOemäd^ Joaren gum3!eU gerabeju in bemJVelfen 6
au^cl^auen. 2Jlan bergleidjiie bie S3elwe, bie in meinen Slu^rabungen 267—272 bafür
angefü^ fmb. ©nblic^ h)eift ber gefeboben noc^ eine grofee Slnjal^I bon ^^eid^en unb
ßiftemen auf, bie jum leil fid^erlid^ auf bie ältefte ©efc^id^te be« 3'"^*^^ jurücfge^en
(®ut^e a. a. D. 261—266).
©alomo ^at bie Slefibenj ber 2)abtbiben nad^ 9Jorben l^in ertoeitert unb jur SSer» lo
ftärlung ber S)abib«burg ben STOiUo gebaut. ®tefer lüirb freilid^ fc^on 2 ©a 5, 9 er«
iDäl^nt. ^o6) lefen toir 1 Äg 9, 15. 24; 11, 27 auöbrticflid^, ba^ er Don ©alomo l^er»
gefteDt hjorben fei; ber ?Jome ift bal^er 2 ©a5,9 toabrfd^einlid^ nur jur Drtöbefttmmung
bertoenbct toorben. 9lad^ 2 6l^r 32, 5 unterliegt e« feinem S^^^^h t^^fe t^^^ 5)iino jur
3)abib«burg gei^^örte, unb auf Orunb üon lÄg 9, 15 LXX unb 11, 27 l^at man toc^x^ i6
fd^einlid; anjuncl^men, ba^ burc^ feinen 93au bie 93efeftigung ber 3)abib«burg gef(^;Ioffen
ober ein fc^toad^er ^unft gebedtt tourbe. 6« ift nod^ ^eute ungetoi^, wo man i^n am
gufe^en \)at, toeil ba^ 313; nic^t« genaue« über feine Sage angtebt, unb toeil bie 9torbfeite
bc« alten ^\on nod) nic^t genügenb unterfuc^t lüorben ift. einige ^^rfd^er, unter i^nen
Saurat Dr. 6. ©c^icf in gjerufalem, bermuten il^n (fotoie ba« ^an^ an ober auf bem 5WiUo ao
2 Äg 12, 21) im 9iorben fJlorbtDeften) be« ßion. 6« ift aud^ jtüeifell^aft, ma« man
fid^ über^au^jt unter bem SDlüIo gu beulen ^at. ©inige erflären baö SBort nad) bem tar«
gumifd^en wxn^r: ate aufgefd^ütteter SBaH (ä^nlic^ LXX ävdkmijua 2 6^r. 32, 5), an-^
berc bcnfen an einen maffteen 2;i^urm, äl^nlic^ bem l^eutigen S)abib«tl^urm in 3^öl«»n
(f. ©. 685,50). gjlerftpürbig ift, bafe bie LXX 2 Sa 5, 9 ; l Äg 9, 15(10, 23) ; 11, 27 für 25
iäliüo äxoa fe^en unb baburc^ an biefj)äterl^in (f. ©. 683,4<;) fo befannte 9urg ber©^rer
erinnern. "
3)ie neue Slefibenj ©alomo« mit bem 3:enH)el log l^öl^er aU bie 3)abib«burg, olfo
loeiter nac^ Slorben, toie fc^on oben gefagt tourbe. 2Bir l^aben für bie $öl^en nörblid^
t?om 3ion jtüei 9lamen, ÜWoria unb Dpf)zl 3Koria trug nad^ 2 6^ 3, 1 ben Stempel so
unb tüar nad^ ber ©. 674, 50 ff. feftgefteüten 2lbftufung bie l^öd^fte ber brei öftlic^en §ö^en be«
alten %^ (jefet ber l^eilige 5^Ifen in ber mu«Iimif(|en Kubbet es-Sachra mit 744 m).
2)afe ber DppA (= §ügel) in ber 9Jä^e be« 2:emi)elb«irle« Wax] ge^t au« 5Re^ 3, 26 ;
11, 21 ^ert)or. 3la^ TO 4, 8 ift er ber ©i^ be« Königtum« in S^^f^I^"^- ®i«ifl«
SteDen bei 3ofeJ)^u« Bell. jud. V 4, 2 ; 6, 1 ; VI 6, 3 lebren, bofe ber Dp\)d ("OpXäg) 86
am Äibrontbal unb im ©üben be« 3:em))ete lag. 3)emnac^ ift bie Slnnal^me faum ju
umgel^en, ba^ ber Op^tl eben bie mittlere §ö^e jtoifc^en ber 2)abib«burg im ©üben unb
bem iempcl im 5Rorben h)ar, bie ben föniglic^en Sßalaft unb feine Slebengebäube trug —
l;eute bie fübüd^e ®egenb be« Haram esch-Schenf, bcfonber« bie bon ber Aksa-3Jlofd^ee
bcbedftc %lä6)t, in beren 3ldf)t, oufeer^alb ber Haram-STOauer, je^t ber natürÜd^e geifcn 40
auf 716 m anfte^t.
3)ie neue Slefibeng bilbete ein Quartier für fid^. ©alomo lie^ fte bon ben au« SC^ru«
belogenen S3auleuten burdi^ eine SRtngmauer einfd^lie^en, bie au« brei Sagen großer Quaber«
fteme unb einer Sage ^altm bon ßebeml^olj beftanb. 3)a bie alten ^P^önicier mit ge«
toaltig großen ©teinen ju bauen >)flegten, fo h)irb e« begreiflid^, ba^ biefe 9Kauer ben 45
©dbu^ be« föniglid^en ^olafte« gegen au^en bilben fonnte. Über bie Sl^ore biefer 3Dlauer
^ören tüir nid^t«. ®« lann aber feinem ß^^^f^ unterliegen, bafe biefer gro^e .§of feine
^^au^jtjugängc bon ©üben l^er l^atte; benn im ©üben lag bie alte SRefibenj fotoie bie
©labt 3- 2Bic aber bie Serbinbung mit ber 3)abib«burg ^ergeftellt toar, ob burc^ einen
natürlichen gel«grat ober burdb 2lu«fünung ober Überbrüdtung eine« 3^al«, toiffen toir 60
locber axi^ bem 212: nnd^ burcp eine genaue Unterfuc^ung be« bort lagemben ©c^utt«.
iUellcic^t öffnete aud^ bon SBeften unb bon Dften ber ein %1}0X ben 3wöä"9 ^" *^M^
6of, bon5Jorben l^er fd^toerlic^. ^nnerl^alb biefe« „großen §ofe«" (1 Äg7, 12) befanben
ftd) bie brei 2:eile ber Slefibenj. ®er nörblid^fte toar ber föniglid^e %^mpzl, über ben in
einem befonberen Slrtilel ge^anbelt toerben foH; bie (Srjäl^lung 1 Äg 7, 1—12 nennt 65
neben bem inneren §of mit bem 2emj)el (33. 12 ; 1 Äg 6, 36) unb bem großen §of
nodj^ ben anberen ober jtoeiten $of 33. 8, ber fic^ mit bem mittleren $of 2 Äg 20, 4
betten loirb ; barau« ergeben fid^ brei 3:eile ber Slefibenj ©alomo«. gjd^ erinnere nun l^ier
mieberan bie ®. 674, go ff. feftgefteUte Slbftufung jtoifc^en lem^jel unb ^alaft ©alomo«, um
barauf aufmerffam )u madj^en, ba^ biefe brei 3:eile burc^au« nic^t in einer Qbm^ lagen, eo
678 ^crufalem
Jüo^ burc^ bic l^eutigc Sobcnöcftaltung beftätigt totrb. %üx ein unb ba^felbe ®ebäubc
f)aiU man Unterbauten, Subftrulttonen nötig, um für befjen SJaum ipenigften^ eine gldc^^
^(öc^e J^enufteHen (1 S(q 7, 10). 9(ber auf bie Sinebnung be$ ganjen ^laitt^ inner-
halb ber Slingmauer burc^ Unterbauten unb ^flafterung üerjid^tete man bamald no<^.
6 i^ermutlid^ fmb nun 1 Äg 7, 1—8 bie ©eböube berSlefibenj ©alomo« aufter bem "Xatnpd
in berStid^tung bon ©üben nadi^ Stürben aufgejöl^lt. ©üblich im großen §of felbft logen
ba« Sibanontoalbl^au«, bie ©äuIenbaHe unb bie S^roni^aDe. 3)a« erftere ^t feinen Stomen
bak>on, ba^ ba^ untere ©todtver! aud Sebemföulen gebilbet h>urbe unb auc^ bad obere
©tocftverf jum Xeil au^ Sebeml^ol^ ^ergefteHt toax, @^ fd^eint ald 3^0^^ gebient lu
10 l^aben ; benn ©alomo Iie| bie mit ®o(b üJberjogenen ^rad^tfd^ilbe barin aufbetoa^rcn 1 Äg
10, 16 f., unb ba« SBalb^au« mit bem SRüftjeuge ^ef 22, 8 toirb fd^toerlic^ ein onbere«
©ebäube bejeic^nen. 35ie ©äulen^aHe biente gu Serfammlungen ober al« SBarteroum,
ioäl^rcnb in ber H^ronJ^aUe ber Äönig Siedet fjjrac^. ®er anbere ober mittlere ^of toor
bur* eine ebenfold^e SKauer, toie ber gro|e ßof, abgeteilt lÄg.7, 12 unb umfa|te ba^
16 SBol^nl^auö ©alomo^ unb ba« ^n^ ber %oqin be« ^pi^arao. Über bie ©inrid^tung biefer
Oebäube erfahren loir nid^tö. t)ie nörblid^e ®renje gegen ben 3^emt)ell^of bilbete toie^
berum eine ÜRauer au^ brei ©d^ic^ten ©teine unb einer ©(^i(^t Sebernbollen. Über ben
3:emj)el ögl. ben befonberen Slrtifel. S)er Sau biefer Slefibenj bauerte breigel^ gol^re
1 Äg 7, 1.
20 "iRai) 1 5tg 3, 1 ; 9, 15 l^at ©alomo and) bie Slingmauer ^.^ gebaut, ^i^ren £auf
beftimmen l^ei^t ben Umfang ber bamaligen ©tabt beftimmen. ®er oben Vertretenen Slm
fid^t, bafe bie 5)abib«burg = 3i<>n^Mtc bon ber ©tabt 3- f^^ h)ol^l unterfc^ieben toerben
muffe unb biefe toeftlic^ neben ber 3i<>"^f€p^ «uf bem ©übtoeftl^ügel gelegen l^abe, finb
SB. SRobertfon Smit^ unb §. Dort entgegegengetreten. ©ie befd^rönlen ba^ alte 3eru-
25 falem auf bie öftlid^e §ügelreil^e gtoifd^en bem Ribron= unb 2:^roj)öont^, auf einen
fc^maleii Streifen Sanbe^ bon ber ©iloal^queHe im ©üben bi^ jur l^eutigen 5Borbmauer
bed Haram esch-Scherif, unb lafjen erft jur §a«monäerjeit 3« pci^ öuf bie^ügel toeft^
lic^ bom 2l;roj)öon au^bel^nen. SHobertfon ©mit^ nimmt an, ba^ ba^ ^innomt^l bem ent-
fjjrec^e, toa^ 3ofej)^uö baö S^^ro^öontl^al nennt (f. oben 9lr. 1), unb Derlegt boS 3:^U^or
80 an bef[cn Dftfeite, toäl^renb Dort ba« §innomtl^al fo anfefet, toie e« oben gefd^ej^n ifl,
ba§ ^^alt^or aber äl^nlic^ toie SRobertfon ©mit^ an bie S^orbtoeftftredte ber ©abiböburg
fe^t. ^a« Jbaltl^or (scha'ar haggaj) barf jeboc^ Don bem §innomt^al nid^t getrennt
h)crbcn, loeil biefcg allein ben SJamen gaj trägt, unb feinen 8auf mit bem 3;^rot)öon-
tl^al ju ibentifijieren, toiberfpric^t beftimmten angaben be« 312^. ^n ber Sefd^reibung ber
36®rcnje jloifc^en ^vdta unb Senjamin toirb nämlic^ljof 15,8; 18,16 angegeben, baf fid^
ba^.$innomtl;al füblid^ bon bem abrang ber Qj^bufiter ^injie^e. 3)iefe älngabe ift bei ber
atnnai^me bon SRobertfon ©mitl^ böllig unberftänblic^ ; fie fommt ju i^rem Siedete nur,
toenn baö ^innomtl^al bem l^eutigen Wadi er-Rabäbi gleid^gefefet unb bie nörblic^ bat)on
liegenbe §öl^e, ber ©übtoeftl^ügel, aU bie SBol^nftätte ber 3*"^*^ angefel^ toirb. *3>a
40 nun, toie oben©. 674,5off. gejeigt tourbe, jtoifc^en ber 3)abib«burg unb ber ©tabt g. gu
fc^cibcn ift, fo bleibt für X junä^ft feine anbere §öl^e afö ber ©übtoeftl^ügel. Um biefen
l^at bemnac^ ©alomo bie Ringmauer gebaut, bie ^jofepl^u^ in feiner SefdSfreibuna 3-^ Bell,
jud. V 4, 2 bie ältefte ober bie erfte 3Kauer nennt. ^|^re nörblid^e Sinie lief nac^ ^o^
]tpl)u^ bom §it)j)icugturme (in ber 9Jä^e ber l^eutigen ßitabelle am ^öfötl^ore) öftlid^ bi^
45 jur toeftlid^en §alle be^ (l^erobeifd^en) %^mpcU. 38on biefer ©trecfe l^at man biä^er nur
toenige SRefte gcfunben: ein ©türf 3Kauer im Äeßer ber englifd^en aJliffion^fdSfule füblid^
Don ber fogenannten 2)ai)ib^ftra6e unb einen ©etoölbebau bor bem Bab es-Silsele am
Haram esch-Scherif (2Bilfon«=S3ogen). 3)iefer le^tere überbrüdEt baö 3:v^oj)öont^al ; ba
er mit ber jc^igen 3^emj)clmauer jufammenl^ängt, fo ift ed nic^t toal^rfd^einlic^, bafe er auö
60 ber falomonifc^en 3^it i&errül^rt. 6^ ift fe^r ^toäfel^aft, ob ©alomo fd^on bie SKouer
über bag a:^ropöont^al ^inübergefü^rt unb nic^t Dielmel^r nur an ben abhängen be^©übs
toeftl^ügel« entlang gebaut l^at. 3)urc^ biefe 5Rorbmauer führte toal^rfdj^einlic^ ba^ ®pfytam:
t^or 2 Äg U, 13; 9le^ 8, 16; 12, 39 in« greie, unb toeiter toeftlid^, too bie falomo^
nifc^e 3)lauer nac^^ ©üben umbog, in ber SJäl^e be« heutigen ^S^f^tl^ore«, toar ba« grft^or
65 2 % 14, 13 ; 3er 31 38 ; ©ac^ 14, 10. Sloifc^en biefen beiben SC^oren ^atte bie ^ier befonber«
fefte ?Kaucr t^ermullid^ ben 5Jamen bie „breite 3Kauer" 9Je^ 12, 38. 33on bem ^ippm^
tl^urm lief bie ältefte 3Kauer nac^ 3<>f^>>^w« Bell. jud. V 4, 2 über ba« ©ffenert^^or jur
©iloa^qucllc, mit anbercn 3\5orten oberl^alb be« §innomtbalc« bi« in ba« i^ojjöontpal
binab. 9?on biefer Sinie fmb bcrfd^iebene 5Refte nac^etoiefen. 3)er englifd^e 3J"0^*^i^^
ö)§. aWaubela^) l;at 1874 auf bem ©ebiet ber bon bem ^)rotcftantifc^en'93ifdi^of @obat b^
3lentfa(em 679
(ijrünbcten ®d;ulc (760 m) äw^rabwngcn borgenommen, burc^ bie fid^ ^erau^fteUtc, ba^
^ier ber gcifcn ju [teilen Se^riel^nen, ju t^unnöi^nltc^en Jöaftionen unb Xxtppm auf einer
©trecfe bon me^r ate 100 m behauen ift. 3ln biefem fünfte i^ot bann Dr. J?. 3. Sli^
im Sluftrage bc« englif^en Palestine Exploration Fund 1894—97 mit ßrfolg lüeiter
i^egraben. 3!)cr gelfen ift aucb meiterl^in in äl^nlic^er SBeife bel^auen, baran f4;Iie|en [xd) 6
bie SReftc ber ^JKauer, eine« i^ore« unb einer au« ber Stabt nu il^m fül^renben ©trafee.
2tn biefer ©übhjeftedc ber alten ©tabt lag h)aWc^«"K<^ ba« ^i^alt^or, b. 1^, ba« ju bem
2^al (gaj, ge) »en §innom l^inabfül^renbe SC^or 3lcl) 2, 13. 15; 3, 13 (bei 3iofet)^u«
biettcid^t ©ffenert^or). Db e« gerabe ba« bon Dr. SU| entbecfte, junöc^ft fpäteren Reiten
ange^örenbe Il^or ift, lä^t ft^ nid^t mit ©ic^er^eit au^mad^en. 95on ^ier ab bi« jur 10
©übfj)i^e ber ©tabt l^at Dr. SSlife fobiel SHefte ber alten ©tcä)tmauer gefunben, ba^ über
il^ren Sauf fein 3*^«M f^i" 1^"«- \i^^^ ©übecfe ftanb banad^ auf bem gu^e be« ©üb-
toeftl^ügete (635—640 m) jtDifd^en ber Slünbung be« Z'pxopöon^ unb be« §innomtl^ale« in ba«
Äibront^ar. 3n biefer ®egenb ift ba« SRiftt^or 5Re^ 2, 13; 3, 13 f.; 12, 31 anmje^en,
Dr. ä3U^ ^at ^ier auc^ einen 9(u«gang au« ber alten ©tabt gefunben. 9Bie fxo} bie 15
aRauer ©alomo« bon l^ier an^ fortfe^te, ift toieber jtüeifel^aft 3"^f^^w^ 1^6^ P^ ^^ ^^
SHidS^tung auf bie ©iloa^queHe gu ba« a^^rot)öont^aI überfd^reiten unb über ben Seic^ ©alos
mo«, beffen Sage nid^t befannt ift, nad^ bem Dpi^tl unb bem 2^emj)elpla^ ftreid^en
(Antiq. V 4, 2). 3)a6 bereit« um 440 il^r Sauf im toefentlic^en ber gleid^e toar, fe^en
mir au« 9iel^. 3, 14—27. 2)er ^Wti^d in Setreff ber ^^xt ©alomo« grünbet fii auf 20
bie ©rtüägung, ba| bie Slingmauer biefe« Äönig« boc^ am äbl^ang be« ©übtoeftpügel«
entlang gelaufen fei unb fid^ be^^alb Don ber oben erh)ö|^nten ©übede norbtoärt« getoanbt
l}abc, o^ne ba« i^ro))öont^al ju überfc^reiten. (gntfd^eibenbe Slngaben im 312 giebt e«
barüber nid^t, abgefel^en bon 1 Äg 3, 1 ; 9, 15. 2luf ber Dftfeite be« 2:^ro))öont^ale«,
aljo bem SRiftt^or gegenüber, mu^ nac^ 5Re^ 2, 13 f. ; 3, 14f. ; 12,37 ba« DueHt^or gelegen 25
l^abcn; nac^getoiefen ift e« noc^ nid^t. 2)a« Il^or ^at biefen 5Ramen erft erl^alten, md)^
bem ba« SBaffer be« (Si^on burc^ ben fogenannten ©iloa^fanal an ben fübtoeftlid^en %\x^
be« ^ion^ügel geleitet unb baburc^ ^ier eine Duelle gefc^affen toar (f. u. ©. 681 f.). Ser^
mutlid^ tvax ber anbere (ältere) 9iame „3:i^or jtoifcpen ben beiben 2Rauem" 3^ 39, 4,
nämlid^ jloifc^en ber SBeftmauer ber 2)abib«burg unb ber Dftmauer ber ©tabt 3- SBon 30
^ier ab ^el bie bon 3ofeJ)i^u« befc^riebene SRingmauer mit ber Dftmauer ber 3)abib«burg
jujammen, bie fc^on bon 3)abib gebaut toar. 2Bie biefe abfc^lo^, ob am 5Rorbenbe ber
2)abib«burg ober am ^alaft ©alomo« — fie müfete bann bon ©alomo bi« bai^in tDeiter^
geführt toorbcn fein — ift ni(^t belannt.
Son ben 5Rad^folgem ©alomo« ift an ben Sefeftigungen 3.« nod^ oft gebaut toorben, 85
mel[)r tool^^l al« im 213: ertoäl^^nt toorben ift; bgl.2 6^r 26,6; 27, 3 (5Rauer am Dpf)d,
alfo in ber 5Rä^e be« föniglic^en 5ßalafte«); 32, 5 unb 3ef 22, 8—11 ; 2 (5^r 33, 14
(loieber am Cj)|^el). SSon befonberer SBic^tigleit ift bie 9Ja(^ric^t, bafe §i«Iia bie anbere
a)iauer brausen, b. i. aufeerl^alb ber bi«l^erigen ©tabt, gebaut ^abc 2 6^r 32, 5. SRan
erfennt barin bie „jmeite" ?Dlauer be« ^ofepl^u«, bie bei bem SC^or ©ennat^, ba« jur 40
erften ÜRauer gel^iJrte, begann unb in einem Sogen bie nörblic^e ©egenb bi« jur Slntonia
einfc^lofe (Bell. jud. V 4, 2). 3iofe>)^u« befd^reibt l^ier toieber bie ßuftänbe ber Ser«
gangen^eit mit ben SWitteln feiner ©egentoart, ba« toirb leid(^t mi^berftänblic^. ©lüdElic^er*
toeife l^aben toir im 31X einen juberldfftgen SSeridSft, au« bem h)ir freilid^ nic^t gerabe
erfe^en fönnen, toa« gu ber bon §i«fia gebauten 3Dlauer gehörte, ber un« aber bie SRingmauer 45
borfü^rt, tüie fie unter ben fjmteren babibifc^en Äönigen getoefen ift, nämlid^ 5Re^ 3, toogu
nod^ ?ie^ 12, 31. 37—40 gu bergleid^en ift. Ser i^ier befd^iebene SRauerlauf fällt gum
3:eil mit bem bereit« ertoäj^nten gufammen (ettoa 5Rel^ 3, 11—19); er tueic^t infofem ab,
al« er über bie alte 5Rorblinie nadj^ 5Rorben ^inau«ge^t unb ben neuen ©tabtteil, n:ö73rt
3e 1, 10; 2 itg 22, 14; 9le^ 11, 9, umf^liefet, femer auc^ baburd^, bafe er bie falo^w
monifc^e SHefibenj mit bem Xtmpdpla^ im 5Rorben, im Dften unb bi« jur 3)abib«burg
im ©üben umfa|t. ©inige alte SRefte bürfen für bie Seftimmung be« Sauf« biefer SRauer
bertoertet Serben. 3m ©ommer 1885 l^at man ettoa 60 m nijrblid^ bon bem fog. 3)a=
bib«turm, bem norbiJftlid^en Sl^urm in ber l^eutigen ßitabeHe, unter ber ©äffe unb bem
mcftlid^ angrenjenben ©runbftüdfe be« griet^ifd^en ^atriard^en un^toeibeutige Slefte einer 55
©tabtmauer gefunben; biefe fönnen faum anber« al« bon ber „gtoeiten" 3Rauer berftanben
hjerben. $ier toirb [xd) bal^er biefe an bie ältere 5Rorbmauer ©alomo« angefc^loffen l^aben,
l^ier loürbc ba« Sl^or ©ennatl^ 3of. Bell. jud. V 4, 2 gu fud^en fein. SBeiter nehmen
mel^rere gorfd^er an, ba^ in ber feften 9Rauer am Dftranbe be« fogen. §i«!iateid^« ober
Hammäm eUBatrak ein ©tüdE ber gtoeiten ÜRauer gu erlennen fei ; banac^ tüürbe biefer eo
680 ^entfalem
leid; aufecrl;a(b bcr 3)iaucr ju licöcit lommcn, ipälircnb anbac, \m mit fd^eint, mit 9t^t
i^n in bie ©tabt cinfcl^liefecn. 33ci bem ®rabcn ber gunbomentc für bic beutfd^seDangcs
lifd^c (Srlöfcrtird^c [tie^ man 1893 faft genau in ber TOttelod^fe ber alten Äirc^ auf eine
ftarfe 5Wauer, bcren befte ©teine attcrbing« fc^on frül^er für anberc Sauten t)ertoertct
6h)orben toarcn; fie ftanb auf bem ©c^utt eine« alten ©teinbrudf^, nic^t auf gcfeboben;
bermutlic^ tvax aud) fic ein SJeft ber itoeiten 9Kauer (Rb^SS XVII, 128). ®en tociteren
Sauf ^at Saurat Dr. ©d^idE nac^ tieften be« alten ^eftung^aben«, ber ftc^, in bcn
geljen genauen, aufeer^alb ber5Kauer ^injog, bi« in bie Släl^e ber SlorbtDeftecfe bc« l^tigen
Haram esch-Scherif ju beftimmen gefuc^t. ©eine Unterfuc^ungen l^aben bcfonbere
10 SBid^tigfeit für bie ^age ber ©c^t^eit beö ^eiligen ®rabe«, fie finb bal^ bereit« unter
bem airtifel ,,®rab, ba« ^eilige" Sb VII, 49 bef))rodSfen toorben. auf biefer ©trecfe
werben jtoei S^ore erh)äl^nt, nr^-n -ra gje^ 3, 6; 12,39 unb c-^T^ ^^, bo^^ifi^
t^or 9ie^ 3, 13; 12, 39; Re l,,iO; 2 6^r 33, 14. ®a« erfte ^jflegen h)ir ba« „aüe
I^or" ju nennen, bod^ ift biefe Überfe^ung unfi^er. 3)a e« nad^ 3ld) 3 unb 12, 39
16 h)eftK(^er lag al« ba« ^fc^tl^or, fo fefet man e« too^l bei ber Slorboftede be« l^tigen •
©tabtöiertete ber ®rabe«iird^e, in ber 9?äl^e be« Jjreufeifc^en 3ol^anniterl^ofj)ije« an. ?Da«
gijc^tbor fuc^t man l^ingegen ba, h)o ber angenommene Sauf ber 3Dlauer bie ba« 3^-
j)öont^al l^inabjiel^enbe ©tra^e (el-Wad) Ireujt. a)ie ©teile 3e 1, 10 f. giebt ju ber^
ftel^cn, bafe in biefer 95orftabt ober SJeuftabt (^"r-?^) bie fanaanitifc^en (jj^önidfc^en)
20§änbler i^r SBefen trieben (t)gl. 3Jel^ 13, 16); bielleid^t bejiel^t fid^ ber bort al« 3lame
eine« ©tabtteil« borfommenbe 2lu«brudE •»sn^'?", ber SKörfer, auf bie SRuIbe be« l^xo^
^öont^ale«. ®ie Stürme §ananeel unb 3Rea 3ier 31, 37 (38); 3ltf) 3, 1; 12, 39;
©ad^ 14,10 h)erben getoöl^nlid^ an bie ©tätte ber f))äteren Slntonia (f. unten ©. 685) ge*
fefet, unb na^e öftlid^ bon bem le^teren i^urm mufe ba« B(i)a\ti)ox 9le^ 3, 1. 32 ; 12, 39
25 gejuckt toerben, mit bem bielleic^t ba« Senjamintl^or 3^ 37, 13; 38, 7; ©oc^ 14, 10
ibentifc^ ift. 3Ran nimmt nämlid^ an, ba^ bie bamalige ©tabtmauer auf bem ©übronbe
be« füblic^en Slebenjtoeig« be« erften jum Rtbron laufenben JJebent^le« (f. oben ©. 668)
ftanb (Bell. jud. VII 1, 3). Untoeit öftlic^ bom ©c^aftl^or mad^te bann bie ^auer
eine Siegung nac^ ©üben, um bem Sauf be« Äibront^ale« ju folgen; benn 3Ze^ 3, 32
30 ftcllt ba« 2]^urmgemad^ an ber 6cfe (Sutl^er: ©öHer) unmittelbar neben bo« ©d^aft^or.
2)ie 3)lauer im Dften be« 3^emj)el« unb ber SRefibenj — h?ol^l ju unterfd^eiben t)on ba
§ofmauer ©alomo« ©.677,42 — bedfte [16) fd^n)erlid9 mit ber je^igen Dftmauer be« Ha-
ram esch-Scherif, jonbem gog in einem flad^en Sogen ettoa 30 m tiefer al« biefe, toie
an^ einem 3Rauerreft bon 100 m Sänge ju fdf^liefeen ift, ber burd^ äu«grabnngen ber
Hb ©nglänber füblic^ bon bem iefeigen fogen. golbenen 3:j>ore aufgefunben tpurbe, SJie fie
fw^ mit ber flauer am Dp^d (2 (Si)x 27, 3) unb toeiter^in mit ber SKouer ber 2)aDib«'
bürg bcrbanb, ift noc^ unbefannt, ba hjir auf biefer ©trecfe nod^ nid^t einmal bie ur^
f))vüngli(^e Sobengeftolt genau lennen. 9?ad^ 9Jel^ 3, 19 f. unb 24 f. ^at e« l^ier mehrere
Söinfel unb ©dfen gegeben, bic h)ir nid^t red^t unterbringen lönnen, obtool^l 61^. SBorren
40 füblic^ ijom Haram einige 3)iauerrefte gefunben i)at. Sil« 3^or ber Dftmauer möd^te
man nad^ 5Rc^' 12, 37 ba« SKaffertl^or annel^men, nac^ 9lel^ 3, 26 fc^eint c« aber ein
il^or am Bniglic^cn ^alaft gelocfen 5U fein. ^ebenfaH« lag e« am ©übranbe be«D})fyel
dkl} 3, 2()f. 3)amit toären 3Kauem unb ^l^ore 3-^/ h)ic fie für bie fjjötere RöniQÄjeit
anjunel^mc]! finb, bcfprod^en, bi« auf einige X^ore, beren Sage unbefannt ift. 3^ 39, 3
46 lüirb ba« 3)littclt^or C^>"^~ "t4) erloä^nt; man fud^t e« too^l in ber ^Jtorblinie ber folo^
monifd^cn 9(ingmauer, h)cil biefe burd^ bie ©ntftel^ung ber nörblic^en Sorftabt in bie SRittc
S.« 5u liegen gefommcn Jvar, unb jtoar bort, too bie bon 5iorbcn ^er m bie ©tabt
fül^rcnben ©trafeen bic alte SKauer toal^rfd^einlidb gefc^nitten ^aben, enttücber im X'qxo-
pöont^al (bei ffiilfon« Sogen) ober an ber ©teue be« alten (g))l^raimtbore«. ^Jemer finben
60 tDir 3<^ ^^/ 2 ba« gi^Ö^I^^o^ (»~^y"u" *r^, ©c^erbent^or), ba« in« §innomt^l ftil^rte;
c« ift bemnad; cntlDcber ba« Stl^alt^or ober ba« aJliftt^or. ©nblic^ ftel^t ©ac^ 14, 10
neben bem (Jdtt^or (f. oben©. 678,64) ba« „erfte 2:^or" (Sutl^er), l^ebr. 'p^'«" ^^^'; einige
fc^cn barin eine nähere Seftimmung jum ßcft^or (im ©inne „frühere«, einftige« 2^or")f anberc
fefeen e« bem „alten 2:i^ore" (f. 0. 3- 12 ff.) gleid^. 3um falomonifd^en 5ßalaft geif^ören bo«
66 2:i;orbcr 2:rabanten (P^^^TT "r:?) 2Ägll,19 unb ba« Slofet^or (S'v^i^n '-rg)3cr31, 40;
3Je^ 3,28; bgl 2 % 11, 16 (S. 6 unb 2e^r 23, 5 too^l berfd^rieben). Über bie i^ore
be« a:cmi)el« f. 3:empel.
©c^on oben unter 9Jr. 2 ift ber Soben, auf bem 3- erbaut toorben ift, al« ein
toaffcrarmer bejeic^net hjorben. 3)al^er ^at bie ?Vi^age, toie man bie ©tabt ^inret(^;enb mit
00 ffiaffcr berforgen fönne, bie §enfc^er unb bie Setoo^ner 3.« ftet« lebhaft befc^ä^igt S)ie
^^ttfaicm 681
einzelnen ©ruubbcfibcr l^abcn Don jcl^cr ßiftcmcn im ^ctebobcn au^I;aucu lafjcn, um in
i^ncn baö 3flc0entoaftcr iu fammeln. ©olc^e anlagen pnbct ber ©rforfd^er be« getebobcn«
Don 3- i" ö^ofeer Slnja^I unb öon grofecm Umfang (f. b. 31. 2:cmj)d). 35ancben f)at
man fc^on frü^ angefangen, grofee offene Se^ölter, leid^e, im gelf en au^ju^aucn. 9icl^
a, 16 toirb aU leil ber SJaöibeburg ertoä^nt n-^^iizi^rr nD-^sn^ toörtlic^ ber „genmd^te 6
leic^", b. i. ber fünftlic^e 2!eic^, Äunftteic^; berSiame fd^etnt barauf ^in^ubeuten, bafe er
im Ünterfc^iebe t)on natürlichen SBafferanfammlungen bie erfte fünfÜidS^e Stniage biefer 3lrt
lüar. 9üie j. ö. meine 2luigrabungen auf bem 3io"^^ügeI betoiefen l^aben, f)at eg bort
eine grofee älnjal^I lünftlic^er 2:eic^e gegeben. 35ie fonft im 313^ genannten 2:eic^e fmb
Jc^toer ju beftimmen. 3)er obere S^eid^ 3^ 7, 3 ; 36, 2 fc^eint nad^ ber festeren Stelle lo
im 9Jorben ober 9Jorbh)eften ber alten ©tabt gelegen m ^aben; benn bie ©olbaten Ban^
IjcxxU ^aben ftc^ bei il^m aufgeftellt, unb feinblic^e §eere lonnten bie ©tabt nur t)on
9Jorben ober 9Jorbh)eften mitSrfolg bebrol^en, toeil fie auf allen anberen Seiten burc^ bie
tiefen Später gefd^üftt iDar. @g liegt bal^er naf)^, biefen 2^eicl^ enttoeber in bem heutigen
9)tamittatei(^ toeftli^ bom S^^fö^^^^« ^'^^ in b^'n \oQm, ^i^Iiateid^ (biefe Benennung i6
rülj^rt Don europäifc^en ^orfd^em i^er), ber Birket Hammftm Balrak (^atriard^enteid^),
loicberjufinben. 2)a ber altteftamentlid^e 9lame einen „unteren" 2^eid^ t)orauöfe|t (bgl.
^ef 22, 9), fo l^at man ^äufig ben SJlamiUateic^ atö ben oberen unb ben ^i^iateic^ atö
ben unteren bejeid^net; jener fülj^rt in ber 2:^at biefem feine SBaffer burc^f eine Seitung
^u. ^ie je^igen Einlagen fmb nic^t alt. Sin SSetveid für biefe SSorfc^läge ift unmöglich. 20
Da« aSafferbeden jtoifc^en ben beiben SKauem gef 22, 11 tft nad^ ber S. 679 au^
geft)rod^enen 2lnnal^me im 2^V^oj)öont^al jtoifd^en ber 2)at)ibgburg unb ber Stabt 3- ju
fud^en; t)om alten Xeid^ ebenb. toiffen \vxx nid^t«. Der 2:eic^ ber Seitung am ©arten
be« iiönig^ (Sut^er: Seloa^) 5We^ 3, 15 toirb t)on toielen ©ele^rten ate ©iloal^tei^ auf*
gefaxt, ^od^ mufe er unmittelbar an ber 3Kauer gelegen l^aben unb ift ba^er öielleic^t26
Don einem Derfd^ütteten Sel^ölter ju üerftel^en, ben id^ 1881 bort gefunben l^abe (®utl^e,
3lu«;grabungen 299 ff.).
Sefonbere Seac^tung toerbienen bie Slnlagen, burc^ bie man im SUtertum ba^SBaffer
ber ©i^onquette (f. oben S. 670 f.) leidster nu^bar mad^en toollte. 9Kan bat biefe« 3^^
auf breifadpem SBege ju erreichen üerfud^t. ßnttoeber bahnte man bon oben ^er, bon ber ao
•f^öt^e be« Rxon^, burd^ ba« Oeftein be« Serge« einen ßwgang gur Quelle, ober man fül^rte
beren SBaffcr am gufe be« Serge« entlang nac^ Süben unb in ber^^läl^e be« DueHtl^ore«
burc^ bie Sefeftigungen in bie Stabt (jum Siloal^teic^) hinein, ober man bahnte bem äßaffer
einen neuen SBeg in einem Xunnel, ben man fübtoärt« burc^ ben gelfcn trieb, fo bafe e«
tüie eine fünftlic^e Duelle innerhalb ber Stabt jum SSorfc^ein fam. Den erften 2öeg l^at so
Gi), 3Barren 1867/68 entbetft. SBeftlic^ oberl^lb ber SKauerqueße ftie^ er beim ©raben
auf einen fc^räg abtoört« fül^renben, bann l^orijontal laufenben unb fc^liefelic^ fenfrec^t
abgeteuften Sc^ac^t (ober ®ang), ber pd^ t)on oben Ij^er mit einem bon ber ©il^onquelle
au«ge^enben burc^ ben Reifen gehauenen Äanal öerbanb, ettoa 20 m Don bem oben S. 670
befc^riebenen SBafferbeden entfernt. SBenn auc^ jebe« 3^0^^^ über biefe mü^eboHe 3lns 4o
läge fe^lt, fo ift i^r 3^^^^ t>0(^ wic^t jtoeifel^af t : man tooDte oben t)on ber Seftung au«
einen freien 3wgöng jum SBaffer l^aben, j. 85. für ben gall, bafe e« geinben gelingen
foUte, bie Duelle unten ju befe^en. Der jtoeite SBJeg ift in ben ^al^ren 1886 unb 1890
burc^ Saurat Dr. Sd^idt t)on Süben ^er melj^r al« jur §älfte aufgebedft toorben; ber
nörblic^e 2eil ift noc^ nid^t unterfud^t. 3""^ ^^eil ift e« ein oben offener, in ben ^l«s 45
bobcn gehauener Äanal, ber mit Steinj)latten jugebedft toerben lonnte, jum 2:eil ift c«
ein bölliger 3;unnel. Sein Soben liegt 0,30 m f)'6\)tt al« ber Soben be« genügen Si-
loa^teidj^e«, er ftellt ba^er nac^ Sd^idt leinen 2tbflufefanal ju i^m öor. 3Kitl^in ergiebt
fid; al« 3^^^^ biefer 3lnlage, ba« SQSaffer be« ®i^on in ein Sammelbeden innerl^alb ber
Stabt 5u leiten, too e« allgemeinem ©ebrauc^ jugänglic^ toar. Sielleid^t aber foDte fie go
nur jur Setoäfferung ber unteren ®egenb bienen. Der britte SBeg ift ber fd^on längft
bcfannte, burc^ bie Siloa^infc^rift feit 1880 berühmt geworbene gel«tunnel, ber t)on bem
aWafferbecfen ber Duelle au« guerft in toeftlic^er, bann in füblic^er unb fd^liefelic^ toieber
in hjeftlic^er 5Hid^tung mit fielen Siegungen burc^ ben Serg gel^auen ift, um ba« SBaffer
bc« @il;on bort „bem leic^", toie bie :^nfc^rift fagt, jumfü^ren. Den SReft bieje« Xeic^ 66
l;abc 16) 1881 öftlid^ neben ber 3Künbung be« Xunnel« gefunben; er ift burd^ einen
größeren leic^, ber fpäter angelegt tourbe (f. unten @. 686) jerftört unb jum 2:eil aufeer
öebrauc^ gefcibt toorben. Sermutlic^ lommt il^m ber 5Wame Äi)nia«teic^ 5Wel^ 2, 14 ju.
2luf bieje merftoürbigen SBafferbauten toerben tool^l mit Siedet bie Slngaben 2 ©^r 32, 30
(2 üg 20, 20) unb Sir 48, 17 bejogen, jo ba| ber Äönig i^i«fia al« i^r Url^eber omeo
682 ^enttatem
xufelficn ift. ©ilt biefcr 3lnfa$ ate bcr fcftc ^unft, fo läfet fic^ öon l^icr an^ ju einem
Urteil über bic 3«t ber anbercn SStnlaöen gelangen, tooftir gefd^id^tüd^e dladjxxd^Un un^
Uöllig fel^len. Dl^ne RWÄ\A ift bcr 2:unncl beö §i^Ita bie toottfommenftc unh ftc^erfite
(Einrichtung ;iur ©neid^ung be« 3*^^^^/ *^^^ SKaRer be« ®i^on in ber ©tabt ]d^bp\m ju
6 fönncn. ©obalb fte t)orl[;anben toar, toirb man nid^t mel^ baran gebadj^t l^ben, fo un*
genügenbe unb untoolllommene 9lnlagen toie bie bor^er genannten ^erjufteHen. 3)a nun
ber jtoeite 3Beg feinem ^mit ebenfalls beffer entfprid^t ate ber erfte, fo toirb biefer bie
ältefte ainlage barftetten. 2)er jtoeite 2Beg fefet bereit« bie äbfperrung be« 3;i?ro}Jöont^es
burd^ bie Slingmauer borau«, ebenfo toie ber oritte. ®a biefe nun frül^ten« unter ©a-
10 lomo, bielleic^t noc^ fjjöter ftattgefunben Ij^at (f. o. ©. 679), fo bleibt für bie Äerftellung
bc« erften SBege« öon oben ^er jum Oi^on bie g^t Dabib« ober aud^ ber 3wufiter.
Sei unö toirb ber 2^unnel ^i«Iia« in ber Siegel ber ©iloal^fanal genannt. ®« ge=
fd^ie^t ba« im 9lnfd^(ufe an ben ©prad^gebraud^ be« S^felJl^u« (^ 2doAfi sc. jrwyiy unb
6 ^dcodfi sc. x^Qo^f *>^ 5W2: 3o 9, 7; 2c 13, 4 unb ber ätraber fAin Süwan).
16 5Run fommen aber fd^on 3cf 8, 6 bie „SBäaffer ©iloa^" bor (n'-tsn r:^ nac^ Sacr nV;sn)^
in einer ©teile, bie um 734 jur ^txi be« Äönig« a^a« gefjjroc^en toorben ift. 3Kan pe^t
fic^ ba^er genötigt, ben äu^brurf ^ier nic^t bon bem 2:unnel be« §i«Ka ju berfte^, ba
biefcr bamafö nod^ nid^t toorlj^anben toar. ßnttoeber l^at man ba« SBort 3cf 8, 6 im
©inn bon Äanal ßo 9, 7) aufjufaffen unb auf ben bon ©d^idf jum leil oufgebedten
20 Jtanal am ^uge be« 93erge« auBcrl^alb ber ^auer ju berftel^en, ober man mu^ i^m bie
allgemeinere Sebeutung „betoäfferte ®egenb" (ögl. 6j 31, 4; 5ßf 104, 10) jufc|rreiben.
Äünftlic^e Sctoäfferung ^at bie Oegcnb, in ber ba« SC^ropöontl^al in ba« Äibrontl^I
münbet, getoife fc^on in alter grit au«gejeic^net ; benn fte ift bie tieffte ©tette in ber 3flä^c
ber ©tabt unb trug ben löniglid&en ©arten 2 Äg 26, 4; 3ier 39, 4; 9lel^ 3, 15, ber
25 o^ne SBaffer ^icr nid^t gebei^en tonnte. Der ©arten Uffa« (Ufw«?), in bem 3Kanaffc
unb Simon begraben tourben 2 Äg 21, 18. 26, ift jeboc^ tool^I in ber 9lä^e be« fönigs
lid^en ^IJalafte« ju fuc^en, tool^in awü^ ber SSortourf ©ji 43, 7 toeift.
©inigc 2lnjeic^en fprec^en bafür, bafe ^u ber ©tabt ber batoibifd^en Äönige eine be^
beutenbc Slnlage gel^ört, bie baju beftimmt toar, au« größerer %^mz SBaffer für bie Se*
30 bürfniffe 3-^ ju liefern. 6« giebt nämlid^ ftibüc^ bon Set^Ie^em eine ®rui)pe bon
aSaffcrbautcn, beren brei 2:eile offenbar auf einanber bered^net ftnb. ßftlic^ bon ber
Keinen Drtfdj^aft Artäs, brei ©tunben fübRc^ bon ^erufalem, liegen in einem 3:^
grunbc brei hinter unb über einanber angelegte grofec 2:eid^e, bie eine bebeutenbc SBa^er^
menge in fidj^ aufnehmen fönnen. ©ie tocrben bie falomonifc^en 2:eid^e genannt. 3l^r
85 aKaffcr erhalten fie teil« au« nahe liegenben Cuellen, teil« aw^ jtoei gufü^rungÄtanälen.
3)er eine, jum 2:eil ein burdj^ ben ^[fen gcl^auener ^^unnel, fommt au« bem füblic^ be=
nadj^barten Wädi el-Bijar unb münbet am oberen %i\6^\ ber anbere fommt au« bem
toeit füblic^er gelegenen Wädi el-'Arrüb unb ift in ja^llofen SBinbungen an bem Stt*
l^ang ber nad^ Dften abfallenben Serge bi« ju bem mittleren SCeid^e geführt toorben. 3>ie
40 i^erbinbung nad^ :^serufarem beforgen jtoei Seitungen, eine obere unb eine untere. 2)ie
untere f e^t fw^ ganj in ber f unftlofen 3lrt ber ' Arrüb-Seitung fort ; bie obere bagegen
jieigt in il^rer 2lnlage eine bemerfcn«toertc ßigcntümlid^Ieit. Anfang« ein geto()l^nli^er
Äanal, fei^t fie fid^ beim ©rabc Stal^el« in einer toafferbidj^ten Slöf^re fort unb erlangt
baburd^ bie itraft, i^r SBaffer fmlen unb toiebcr fteigen j|u laffen. 3)er SJurc^fd^nitt biefer
45 SRöl^re mi^t cttoa 40 cm ; fie beftcl^t au« burdj^Iöd^crten ©teinen, bie aufeerorbentlic^ genau
in einanber greifen unb in einem Settc bon ftarfem iWaucrtoerl rul^en. 9lörbli(^ bon bem
©rabe Slal^el« bort biefe SRöf^re jjlö^lid^ auf, Don l^icr bi« % finb nur unfw^ere ©})uren
ber Seitung gcfunbcn toorben. I)ie Scitungcn gehören nadj^ il^rer anläge offenbar t)er-
fc^icbencn ^Äi^ an. 35ic untere Scitung barf man iperobe« bem ©ro^en jufc^eiben
60 (f.©. 686,22); bic obere toirb man für älter l^alten muffen, ba fte burd^ bie untere ergänjt
ober crfc^t tocrben foH. 2lber fc^on unmittelbar neben bcr oberen Scitung ift ein anberer
SScrfudj^, fte ju crfc^cn, nac^toct«bar. 3"^ ©ommer 1881 bcmerftc ic^ nörblid^ bon 35et^s
leidem an einer ©teile, too bie obere Scitung gctoaltfam burc^broc^en toar, neben ben
©tcinrbbrcn eine in gleicher §ö^c mit il^ncn gelegte Scitung au« 2^|onröl^ren, bie eben-
55 fall« längft jcrftört toar. Überlegt man ftc^ bie ^icrburd^ angcbeutctc Sleibcnfolge ber
Derfc^icbcncn Scitungcn, fo crgicbt fic^ bic 2?crmutung, ba^ bie obere Scitung, al« bie
ältefte, in bic ^(M bcr babibif^^cn Jtönige, Dicllcidftt in bic ßcit ©alomo«, ^urücfreid^en
mag. 3" ^^ oberen Scitung gehört bcr obere SCeidb unb ber 3wfül^rung«fanal ou« ^m
Wädi el-Bijar. 9Ja(^rid^tcn bcfi^cn toir barübcr nic^t, l^öd^ften« einige 8lnfJ)ielungen
60 ^rb 2, 5 f.; ^of. Antiq. VIII 7, 3.
;3erttfaitm 683
7. Scnifalem nad) bcm 6jil bi§ ^crobc^. 2)ic ßrobcrunß X^ unter Olc^
bufabnejar 587/G l^attc bie g^pöning be^ %^mpd^, be^ fönißKc^en ^Palafte^ unb aDer
öröfecren Käufer burd^ ^eucr ^ux ?5oIge, aud^ bie SRingwamr tourbe gefc^Ietft 2Äg25, 9f.
ÜJlenfc^enleer iüurbe 3- ^wtd^ ^^^ Stalregeln 5Webufabnejar« nid^t; aber bie ^jurüdblieben,
tüarcn ju arm unb ju mutlos, ate bafe fie an ben SJteubau ber ©tabt l^ättcn benfen 5
fönnen. 3)ie S^^atfad^^^/ ^^fe ^^ Statthalter (äebalja feinen ©i| in TOijjje nörblic^ bon
:i^. auffd^Iägt; betoeift ebenfalls, bafe bie gerftörte ©tabt ungeeignet toar, ate 3Kittclt)unIt
ber i>erh)altung ju bienen. 9Ja(^ langer 3^*, erft 519, ^ören toir toieber öon guten
SBo^n^äufem (6ag 1, 4), unb ber Sleubau bed %tmpd^ tourbe 519—515 au^efii^rt
(f. b. 21. ienH)ef). ^m allgemeinen aber füllte man nod^ bie ^ortbauer ber ©träfe (©ac^ lo
2, 5—9). 3)iefem 3wftanbe mad^te ba« erfolgreid^e Eingreifen 9le^emiad 445 ein ®nbc.
er fteßte, mit SJoIImad^ten be^ Äönig« Slrtajerje« I. Uerfel^en, bie frühere Slingmauer, fo
Jüie fie oben ©. 679 f. befcbriebcn toorben ift, mit i^ren i^orcn in 52 Xagen toieber l^er
unb feierte bie glüdtlid^e SSoHenbung biefe« lübnen unb fd^toierigen Unternehmend burc^
ein 3i>eiW^ft (5Rel^ 3, 1—32; 12,27—43). ©ein lel^rreid^er Seric^t über ben 3Kauerbau, i6
beffen topogra))^if^e 3lngaben fd^on oben ©.679 ff. für ba« toorejitifd^^e 3- öertoertet tourben,
icigt un^ nebenbei, ba^ au^ ber g^törung burd^ bie 93ab^lonier boc^ öieied erl^alten ge=
blieben lüar. 2ln berSKauer gab e^ am meiften gu bauen im9lorben, Dften unb ©üben,
toeniger im SBeften unb ©übtoeften; bort toar fic alfo Weniger jierftört. aSon ben alten
©ebäuben begegnen ung ba^ ^a\x^ ber gelben 3, 16, ber grofee 3^urm am oberen fönigs 20
liefen (b. l), falomonifdS^en) 5ßalaft 3, 25 unb 2)at)ib« ^ßataft 12, 37. Seiber ift ni($t
rec^t flar, ob bie 2:empelburg 9lel^ 2, 8; 7, 2 ate bereite öorl^anben ju beulen ift, fo
ba^ e« fic^ nur um i^ren Slu^bau ^anbelt, ober ob Sle^emia fte neujubauen gebenft. 3^
bin geneigt, ba^ erftere anjunel^men unb in biefer $3urg einen baju geeigneten 2:eil be^
früheren föniglic^en ^alafte« ju erfennen. §erfömmlic^ ift freiließ bie 5Dleinung, bafe biefe 25
Surg im '3iorbtoeften be^ 2emt)ete, an ber ©teile ber fjjöteren 9lntonia gelegen l^abe (l>gl.
3of. Antiq. XV 11, 4; XVIII 4, 3; f. unten ©. 685, 4o). Ferren be« %cxt\ptU unb
feiner Umgebung tourben je^t bie 5ßriefter (©ac^ 3, 7); öiele Ratten i^re SBJol^nungen
füblic^ bauon in ber 5Wäl^e ber früheren Slefibenj ber ®artbiben aufgefc^lagen 5We^ 3, 20 ff.
""ilad) 5le^ 11, 4—19 lann man bie (Sintoo^nerja^l 3.^ ^ox ber Silbung ber jübifd^enso
©emeinbe, öermutlic^ audj^ Dor ben Semül^ungen 5le^emia^, fte ju toermel^ren, auf ettoa
10000 öeranfd^lagen. ^r ba« t)on ber Slingmauer umfc^loffene, jiemlic^ toeite Oebiet
tvax ba« eine geringe 3^^^ (^jl- ^^^ 7, 4). Slber im vierten unb britten ^aj^ri^unbert
mufe fid^ bie ©tabt boc^ merfltc^ gel^oben l^aben, tro^ mand^er garten ©daläge, bie fie unb
bie jübifd^e ©emeinbe erlitten. 2Bä^renb ber langen Äriege, bie bie Sßerfer gegen bie 86
!i(g^t)ter fülj^rten (408—343), fc^einen jtoeimal Slufftänbe ber ^uben ftattgefunben gu l^aben,
unb ^tolemäuö L.befe^te 312 an einem ©abbatb bie ©tabt unb fd^leifte ibre 9Wauem,
afö er [\d) nac^ ^J^pten jurüdfjie^en muftte. SBielleidj^t toar ber baburd^ angerid^tete
©c^aben nid^t grofe. SBenigften^ lä^t ber Sobjjrei« auf ben ^o^enj)riefter ©imon ©ir 50,
1—4 auf ^Äim ber Slulj^e unb be^ SBo^lftanbeg fd^liefeen. SBir erfahren ^ier, bafe in 40
feiner 3eit ber %m,pd befeftigt, ein großer 2:eid^ gegraben unb an ber Slingmauer gebaut
iourbe (Dgl. 3of. Antiq. XII 3, 3). ©eit 198 öor 6^r. blieb X bauex*nb unter ber
^enjc^aft ber ©eleuciben ; fie tourbe bamate mit ^eube öon ben Äeipobnem begrübt, fie
lialfen bie äg^ptifc^e S3efa^ung au« ber „93urg" Don S^^lem Vertreiben (3of. Antiq.
XII 3, 3). 46
§ier begegnet un« jum erftenmal bie 5Wad^ri(^t, ba^ ein ^Punft innerl^alb ber ©tabt
burc^ eine frembe S3efa^ung ate 3^i"ö'^w^9 gehalten toirb. g^f^^u« nennt biefen5ßunlt
3«ra (ebenfo 1 SRaf), 2 Wal 4, 12. 28; 5, 5 toirb er aßrojjoli« genannt. Über feine
Sage ift öiel geftritten toorben, boc^ follte nac^ ben angaben 1 3Rat eigentlid^ Iein©treit
barüber fein. 2Bir erfalfiren ^ier folgenbe« : 2)er ©eamte be« Äönig« 2tntiod)u«' IV. be« 60
feftigt 168 öor 6l^r. bie 3)aöib^burg mit einer ftarlen SJlauer; baburd^ ba^ eine 93efa|ung
hineingelegt toirb, bient fie il^nen al« äfra unb toirb eine Oefal^r für ba« Heiligtum
i 3Kaf 1, 33—37. ©imon gtoingt bie ftorifc^e 33efaftung 142 Dor 6l^r. fid^ ju ergeben;
er ^ält feinen feierlid^en ©injug in bie Slfra unb befeftigt barauf bie §ö^e be« Siempete
neben ber Slfra noc^ mel^r 1 5ÖJaI 13, 49—52; Dgl. auc^ 14, 36 f. 2lug biefen ©teilen 66
fd;on ge^t ^eröor, ba^ ber ^-Berfaffer be« 1 3KaI ben Slu^brudt 2)aöiböburg burd^au« nid^t
Don ber ganjen ©tabt 3- Derfte^t, fonbem genau toie ba« 312: Don ber feften §öl^e im
©üben be« lempetö. SDied toirb beftätigt burd^ 7, 32—39 : na^ bem a^reffen bei Äo))^ar«
falama flicht ein2:eil be« f^rifd^en ^eere« in bie DaDib^burg, Sliconor befud^t benlempel»
^la^, too er bie il^n begrü^enben ^riefter Derfpottet, unb Derlä^t barauf 3^<^€in; uvbm
684 ^^faiem
15, 28 bcifet c^ öcrabqu btc 3lfra tn^crufalcm. ®g toirb untcrfc^iebcit glüitocn ^amb^
bürg (3llra), 2:emj)eIt)Iofe unb gcrufalem, gang toic toit e« nac^ bcm @pxaqQd>xaud} beö
313: ertoarten müj|en. ©citfamertoeife t[t nun bicfc Älra, bie Sutß, mit ber 3«^ «u^
3crufalcm tocrfd^tounben; iDie c« baju lam, crjäl^It ^of^M Antiq. XIII 6, 6; t)gl.
6 Bell. jud. I 2, 2 ; V 4, 1 : @imon ^abc juerft bie Slfra bem 93oben gletd^ gema^^t,
bamit ftc^ in gwlunft geinbe bort nid^t mcl^r feftfe^en fönntcn ; barauf fyibc er ba^ SBoII
übcrrebet, and) bie ^öl^e, bie bie 3lfca getragen l^otte, niebriaer ju mod^en, bamit ber
2:enH3cIberg jle überrage; burc^ eine gemeinfame 9lrbeit be^ Siolfe^ t)on brei ga^ren fei
bie^3i^I erreicht tvorben. ®egen biefe @r;äblung ift mel^rered einjutoenben. Die burd^oud
10 glaubh)ürbigen 9lngaben 1 SKaf 14, 36 f. 15,28 WKefeen e« gerabeju au«, ba^ auf Simim
biefe SSeränberung jurüdfgel^t. 3)ie 9lngabe, bafe ber Söral^ügel urfjjrtinglic^ ben Iem))cl
überragt Ij^abe (namentlich Bell. jud. V 4, 1), toiberfprid^t in biefer Slllgemeinj^eit ben b^
ftimmten Siac^rid^ten be« SU über bie §ölfienlage ber Datoib^burg jum löniglic^ ^afl
unb gum %tn\pd (f. oben ©. 675); fie ift fo, lüie fie lautet, o^ne 3*'>^iH übertrieben.
16 3)ennod^ ipirb ed mit bem abtragen ber 9llra, toielleid^t aud^ eine« befonber« ^ert>ortrcten=
ben %di\)'6itt^, feine 9tid^tigleit ^aben; nur barf man nid^t an bie gonje obere ^ö^K
be« alten 3ion«^ügeI« benfen, tooI;( nur an feine Slorbtoefterfe, bie hml^rfc^einKc^ bie Äfca
(= 2KiDoV f. oben ©. 677,26) getragen f)at SBettl^aufen ^ält §^r!anu« I. (134—104)
für ben Urheber biefer 3Kaferegel (3«rael. unb jüb. ®efd^id^te% 273). 35iefer fuc^te bog
20 Heiligtum gegen 5Worben l^in beffer gu fd^ü^en ; er baute — biellew^t mit ben Steinen
ber aifra — an beffen SlorbtoeftedEe bie 93ari« (3of. Antiq. XV 11, 4; XVIII 4, 3)
unb gab bie ^eftung im ©üben al« nu^lo« auf. ^ierburc^ berfc^ipanben lua^rfc^einlic^
auc^ bie altm Xürme ^ananeel unb 3Rea.
2)ie Sebeutung ber Dabiböburg ipar aDmä^Iicb burc^ ben 2^emJ}eI, richtiger bur^
26 ben Xtmpdpla^ abgelöft iDorben. ©c^on ber §o^epriefter ©imon ^atte i^n befeftigt Sir
50, 1 ; ber 3Kaffabäer 3uba« befeftigte 165/4 ben „85erg ^\on" mit ^ol^en 3Rauem unb
ftarfen SCürmen 1 5IRar4, 60; 6, 7. 9lac^bem 2lntiod^u« eu))ator biefe SBerle 163
toieber l^atte fc^Ieifen laffen 6, 62, erneuerte 3ionat]^an 153 bie 3Kauem um ben „Serg
3ion" 10, 11, be«gleic^en um 145 12, 37. ©o tourbe ber 2:em))eI))Ia$ bieSurg innere
ao f^alb ber ummauerten ©tabt % ; bort nal^m aud^ ©imon felbft feinen SBol^nfl^ 13, 52.
2ln ber Slingmauer l^abcn bie ^a«monäer ebenfalls toieber^olt gebaut, nac^bem fie Sbu
tiodj^u« ej3ip|ane« ^attc nieberreifecn laffen (togl. iWat 1,31; 10,10; 12, 35 f.; 14,37)
unb nac^ ber 3erftörung burd^ 2lntiod^u« VII. ©ibete« 16, 23; 3of. Antiq. XIII 8,3.
©ie liefen a\xq ^toifd^en ber Slfra unb ber ©tabt eine ^ol^e 3Kauer gießen, um bie f^rif^
86 83efa^ung öon bem SKarftöerfe^r in ber ©tabt abjufd&neiben 1 5Kat 12, 36; tjermutlii^
gog fic^ biefe 3Kauer auf bem Söeftranb be« I^ropöontJj^ale« ^in. 2Ba« unter bem Slu«^
brudf &)ap\)maia (xacpeva'&a, x^^^T^^^^"^^ ^ ^^^ 12/ ^7) ju berfte^en ift, tDiffen toir
nic^t. eine SSermutung barüber f. 3b^3S I, 81 ff.
9Joc^ einige anbere ©ebäubc %% gehören in bie 3^* ^^ §a«monäer. 3""^^^ ^^
40 nac^ i^nen benannte ^ßalaft, ber toeftli^ öom SCemjjel an einer l^ol^en ©teile lag, toabr*
fc^einlic^ am Slanbe be« @übh)eft^ügel«, ber Dberftabt be« 3ofet)l^u« (Antiq. XIV 1, 2;
Bell. jud. I 6, 1 ; Antiq. XIV 4, 2 ; Bell. jud. I 7, 2). (Jr ging fjjäter in ba«
Eigentum ber §erobianer über. §ier \oax e«, too 3^^« auf Sefebl be« ^ßilatu« bem
25ierfürften bon ©aliläa §erobe« Slntijja« jugefübrt h)urbe 2c 23, 6 ff. ©l)äter beh>olSi»nte
46 il^n 3lgrij3t)a II., h)enn er fic^ in ^erufalem auffielt Bell. jud. II 16, 3. 3u Seginn
be^g älufftanbe« h)urbe er mit bem ^alaft ber Serenife unb bem ^au^ bed ^openjjriefterd
9lnania^ t)on bem erregten 3SoIfe in Sranb gefegt Bell. jud. II 17, 6. hieben i^m,
tiefer im 2;v^ot)öont^al lag ber .t^fto^, eine grofee $atte ober ein freier 5pia^ (Bell. jud.
II 16, 3; Antiq. XX 8, 11), ber lüabrfc^cinlic^ mit bcm ©^mnafium 1 5ffia! 1, 14;
60 2 3Jlaf 4, 12 in SSerbinbung ya bringen ift. 3tuf ber Dftfeite be« 3:^ro))öon ftanb boÄ
»Jatl^au^, ber iSerfammlung^ort be^g ©^ncbrium^ (in ber 3Rifd^na ri^^n n2'»pD^ ßollc am
XVfto«) Bell. jud. V 4, 2, in ber 9iä^c ba^ äirc^ib BeU. jud. VI 6, 3. ' ©ne »rüde
führte öom .t^ftoö über baö 2^roj3öontl^al jum lempel hinauf Antiq. XIV 4,2; BeU.
jud. II 16, 3. Über bie 3^^*/ ^" ^^^ ^^^f<^ ©ebäube entftanben, toiffen toir nic^tö Se*
65 ftimmtcö. ^n ba^ ßnbe biefer 3^*^^^wm^ gebort toa^rfc^einlidji bie Sefd^reibung 3.«, bie
fic^ in bcm 3lriftea^bricfc finbet unb Dermutlic^ auf ^elataio^ bon äbbera gurüdgei^t
(f. 2i>enblanb bei Äaugfd^, 2li)ofrt)j)F)en unb 35feubepigraj)ben be« äS II, 1 ff.). SBaö bei
ber (Eroberung burc^ i^omjjcju^ 63 Dor 6^r. an ben 33tauem gerftört tourbe, ^ too^l
Ö^rlan 47 t)or ^x. toieber (lergefteat. a5gl. gof. Antiq. XIV 4, Iff.; 8,5. Bell. jud.
60 I 7, Iff.; 10, 3.
dfentfalem 685
8. 3<^^"föl^"^ ^^^ ^crobc^ bU jur 3<^^ftörun0 burc^ 2^itu^ 70 nad)
(5^r. Die für biefen Slbfd^nitt in Setrac^t lommenbc ©eftalt bcr ©tabt ^ai 3ofcj)^u«
im aiuge, tocnn er über 3. fpric^t. Dal^er mögen \fm einige SBorte über feine angaben,
in^befonbere über feine S^c^reibung 3-^ B^ll. jud. V 4 toorau^efd^idt toerben. 3i«>f^^u^
unterfc^eibet regelmäßig bie Dberftabt (ij ävco nölig, fj xa&vjieg&ev noXig) ober ben 6
Dbermarft (?y ävay ayogä), bie Unterftabt (^ xarco tio^«?), ben 2:emJ)eI ober lemjjeU
borg (to «c^ov, 6 kowog xov kgov), bie 93orftabt (t6 ngodaxeiov) unb bie 5Weuftabt
(// xaivojioXog) ber ^ejetl^a (BeCeM). ®en 5Kamen 3ion gebraucht 3ofe))^u^ niemals.
2)ie Dberftabt kg bem Z^mpd unb bem unteren §ügel, ber bie Unterftabt trug, gegen«
über; ba^ I^rojjöontl^al trennte fw (Antiq. XV 11, 5; Beil. jud. V 4, 1). 3)ieUnter=io
ftabt ober 2tfra (BeU. jud. I 1, 4; V 6, 1) lag im ©üben be« lempete. afra ift
aud^ bei 3*>f«P^wö urfprünglic^ 5Rame ber 35urg, um bie jtoifd^en ben ^aömonäem unb
©eleucibcn fo lange gelömpf t tourbe. 6« ift fel^r lel^rreic^ ju felj^en, toie 3!ofe))^ug toieber«
^olt für ben 3lu«brucf Datoib^burg im 3KaffabäerbudS>e ba« SBort 2llra fefet; ögl. 1 3)iaf
1, 33 unb Antiq. XII 5, 4; l gjlaf 7, 32 unb Antiq. XII 10, 4. Säie biefe 2lfra« is
bürg nac^S^I^PM öerfc^toanb, ift oben©. 684, i ertoöl^nt toorben. 6r be^ölt ben 5Wamen
bei ^ur öegeic^nung be« ©tabtteite füblid^ Dom %tmpd, ber in ber Xtyit tiefer afö aDe
anbcren lag. Die ©efc^ic^te aller t)on Jiofe))^^ ertoäl^nten Belagerungen beftötigt bieje
Sage ber Sttfra: bie angriffe richten fid^ ftet^ öon 3?orben gegen ©üben; too immer bie
Unterftabt babei crtoä^nt toirb, lommt fie erft nad^ 95efe^ung be^ %^mpü^ jur ©Jjrad^e. 20
ffiä^renb Dberftabt unb Unterftabt bem erften unb jtoeiten §ügel 3of. Bell. jud. V 4, 1
entfvred^en, ift ber ebenbort ertoäj^nte britte ^ügel ber 2^em^elberg, unb bie öon ben §a«s
monäem aufgefüllte ©ci^luc^t gmifc^en bem ^toeiten unb britten ^ügel tDirb burc^ meine
Ausgrabungen 1881 jum ieil aufgefunben fein. Die 33orftabt betft fic^ mit bem neuen
Stabtteil, ber Don ben fpöteren babibijc^en Königen in S^^ufalem burc^ bie jtoeite 26
3)taucr eingefc^loffen tourbe (©. 679 f.). Die ^^leuftabt enbli^ entftanb I^aui)tfäc^lid9 erft
in ben ^^^r^e^nten nac^ §erobeg im 9lorben bed ien^jefe unb toefttoörtd um bie jtoeite
a)iauer ^erum bi« an ben ^ipjjicuötl^urm. 3" genauerer ©prac^toeife fc^eint 3öfe))l^u«
bie Örtlic^feiten Sejetl^a, 5leuftabt unb $oIjmarIt Don einanber unterfc^eiben ju tooDen
Bell. jud. II 19, 4. 2Bir JEennen nur bie Sage bon Sejet^a, nämlid^ nörblic^ Dom ao
Xcm))el unb ber Slntonia, öftlic^ Don ber §auj)tftraße, bie Don bemX^i^or an bengfrauen«
tl^ürmen nac^ bcr Slntonia füjSirte Bell. jud. V 4, 2; II 15, 6. Der 5Wame toirb gc*
iüöbnlic^ burd^ «»77 ^"'2, b. i. DliDenort, gebeutet; auffaHenb ift jeboc^, baß 3ofej)l^u«
i^n al« „9leuftabt" Derfte^t Bell. jud. V 4, 2. ^m allgemeinen muß man ftet^ Don
einer fidleren ^enntni^ bcr frül^eren angaben über 3. au^e^en, toenn man bie Sefc^reibung 35
3.^^ bei ^^f^i^^uS ^ic^tig Dcrfte^en tuiD. 9Ber feine angaben allein beuten toiD, gerät
leidet in ^ertoirrung.
Durc^ bie großartige Sautl^ätigfeit be« ^erobed erl^ielt 3- ettoa« Don bem Olanj
einer ^ellenijc^en ©tabt. Die größte ^rac^t entfaltete §erobe^ bei bem Umbau be^ Sem«
j)ete, über ben Ij^ier nid^t ju ^anbeln ift. 5Rur furj fei ertoä^nt, baß «t^erobeS an ©teile 40
bcr l^aSmonäifc^en Sarid (f. oben ©. 684,2i) eine größere unb ftattlic^ere S3urg erbauen
ließ, bie fpäter^in bei ber Vergrößerung be^ lemjjel^lale^ bef(en 9iorbtoeftede bilbete.
ßr nannte fie Slntonia, ju Sl^ren be« römifc^en iriumDird Slntoniu«. ©c^on be«l^alb
muß berS3au in bie erften 3«^te feiner Slegierung, Dor bie©c^lac^t beiSlItium (31D.6l|r.),
gefegt toerbcn (Dgl. lemjjcl). Der ^toeite ^ßrad^tbau toar ber ^alaft be« §erobe«, ber 46
23 Dor (S^r. Don i^m bejogen ipurbc. ©eine Sage läßt fid; fc^on baraud mit ©ic^er^eit
beftimmen, baß bie brei großen I^ürme §it)t)icuS, ^^afael unb SKariamne ju il^m ge«
l?örcn, bie ^ofejjl^ud ftet« an bie 9lorbtoeftedfe ber alten ©tabt (ber Dberftabt) fe^t unb in
ben Sauf ber erften 9Kauer einrechnet Bell. jud. V 4, 2. 4; femer bebrolj^t ein Singriff
auf bie Söeftfeite ber ©tabt junäd^ft ben föniglid^^en ^ßalaft Bell. jud. VI 8, 1. Dereo
^^IJalaft lehnte ftc^ nac^ 5Worben unb SBeften unmittelbar an bie ©tabtmauer, nad^ ©üben
unb Dftcn ^atte er feine eigenen ÜKauem. 6r toar mit Derfc^toenberifc^er 5ßrac^t au^«
gcftattct, feine fc^önften %zxh (Jlügel ober befonbere ©ebäube), bad ßaefareion unb Slgri^*
pcxon, foUen burc^ il^ren ®lanj ben 2:emj)el übertroffen l^aben. ©äulen fc^müdtten bie
§öte, biefe toaren mit grünen ©träuc^em unb Säumen beftanben, plätfc^embe« SBaffer 66
Dcrbreitete ^euc^tigfeit unb Äü^le. 2Bie bie Slntonia ben 2:emj)ell)la| bel^errf^te, fo biefer
^i^alaft bie Dberftabt (Antiq. XV 8, 5; Bell. jud. V 5, 8). ©ein $au))tboatoer!,ju»
v^leic^ aud; ein ©c^u^ für bie ©tabt, toaren bie brei X^ürme §ip^icu«, 5ß^fael unb 5Dla«
rianmc. Der Unterbau be« mittleren ift un«, luie ©c^id nac^etoiefen ffat, nod^ l^eute in
bem fogen. DaDib^t^urm berSitabeHe am 3<^f<i^(>^^ erl^alten. @r befielt gan) axADMmm^
ß86 3fentfaltm
bcm, bie obnc 3KörteI fo aufcinanber gefügt fmb; bafe bcr obere ftct^ quer über bem
nnteren liegt, ift olfo maffib toie ein fünftlic^er ^elßblocf (21,40 m lang, 17 m breit,
20 m l^oc^). 3)iefer Unterbau trug einen Umgang, in befjen SKitte ftd^ ein jtoctter Sl^unn
(nic^t majfib) mit berfd^iebenen ©emäd^ern er^ob; bie ©efamt^öl^e bed 3:^urm^ belief fu6
6 auf 90 ©Ben (47 m). ^n äl^nlic^er SOBeife toaren auc^ bie beiben anbeten "XJßxmt m-
gerichtet, nur toar ber SKariamne-i^urm Heiner (bgl. bef. Bell. jud. V 4, 3 f. unb für
ben 5PaIaft über^au^jt V 4, 4; I 21, 1 unb Antiq. XV 9, 3). 98on ben Stac^fommen
§erobe^' betool^nten ben ^ßalaft nod^ Slrdj^elau« unb 2(gri>)j)a I. ©obalb bie Siömer einen
^rofurator über 3iubäa festen, h)urbe biefem unb einer entfj)re(^enben Sefa^ung ber ^ofl
10 eingeräumt Antiq. XVII 9, 3 ; BeU. jud. II 2, 2. »on ©effiu« gloru« (64—66 n. 6br.)
I^ei|t e«, ba^ er ben Slic^terftul^I für ftc^ bor bem 5ßalaft f)ab^ auffteHen laffcn Bell. jud.
II 14, 8, äl^nlid^ lüie e« bei ^ßontiu^ ^ilatu« (26—36 nad^ 6l^r.) nad^ ben @t)anflelten
anjunel^men ift. §ier ^at man ba^er folvoljil ba^ Sitl^oftroton (Sull^er §0(fibflaftcr, ^ebräift^
5«r2-.) 3o 19, 13 al« auc^ bo« ^ßrätorium, ba^ SRic^t^au^, ju fud^en 5Wt 27, 27; 3Rc
16 15, 16; ^0 18, 28. 33; 19, 9. :,^n ber Oberftabt lag femer ber ^iJ)pobrom, bie SRenn^
hai)n Antiq. XVII 10,2; biellcid^t erinnert baran ber l^eutige 9lame ber Strafe Haret
el-Meidan (Meidan ift 9lenn})Ia^). 3)o(^ ift nirgenb^ g^fagt, ba| biefe Sniage auf
§erobe« jurüdtgel^e. 3lu«brüdfli^ afe feine Sauten toerben bejeid^net ein i^eater ir 'h-
QoooXvfioig unb ein ämp^itl^eater h xol tteöIco Antiq XV 8, 1. ©c^idf 1^ 1887
20 füblic^ bon 3- oberhalb be^ Bir Eijüb ein l^eater entbcrft, ba« man oI« ba« bc^ öe=
robe^ nur bejcic^nen fann, toenn man iv 'hQoaoXvfioig mit „bei 3-" überfc|t
@nblid^ ift ^erobe« in ^erborragenbem ®rabe für bie SBafferberforgung 3-^ t^g
oeipefen. ©d^idf \^ai 1879 nac^getoiefen, bafe t)on ben beiben Seitungen, bie auö größerer
gerne bon ©üben ^er ber ©tabt SBaffer jufü^rten, bie untere ba« Sfeerf be« ^erobeö ijl
26 @r entbedte nömlic^ eine Heinere Leitung, bie bon bem ®orfe Artas fübli(^ Don 8et^
le^em in fübijftlic^er SRic^tung nac^ bem fogen. ^anfenberge ge^t, ber einft ein S(^lo^ be^
§erobc^ trug, ba« ^erobium Antiq. XV 9, 4. 3)iefe Leitung ftimmt in Anlage unb
Sauart ganj mit ber unteren Seitung t)on ben falomonifd^en 2^eid^en ^er nac^ 3. überein.
@g fann ba^er laum einem 3*^^^f^f unterliegen, ba^ bie eine toie bie anbere bun^
80 öerobe^ angelegt toorben ift. ®ie untere Seitung beginnt unmittelbar unter^Ib be^ nies
brigften ber brei leid^e, bie oben ©. 682, 30 ertoäl^nt ftnb, unb jiel^t fid^ in ©<^langen=
toinbungen an ben oberen 2lnfängcn ber nad^ Often abfattenben 3:^ler ^in über 8et^
leidem nac^ $^erufalem, meift afö gemauerter ober in ben gelfen gehauener Jtonal, ber mit
^platten gebedEt toar, unb nur jioeimal in einem burc^ ben 5?elfen gehauenen 2^unnel.
36 2)a^ ©efäHe ift gering, ©ie burc^fc^neibct oberhalb ber Birket es- Sultan bei 3. ba^
^innomtl^al, toinbet fidj^ bann um ben füblic^en 3l6^ang ber Oberftabt unb tritt gegen=
toärtig bei bem l^cutigen 3"^<^"^"öi^^i<^r '^^ ^i^ ©tabt ein. 9Jac^ lurjem nörbltd^em Sauf
toenbet fie fic^ nac^ Dftcn unb erreid^t über ben SBilfon^bogen (f. oben ©. 678,48) ben
Haram esch-Scherif. ©ie ift im Saufe ber Reiten toieberbolt au^ebeffert toorben, bun^
40$ontiu« $ilatu« (;sof. Antiq. XVIII 3, 2; Bell. jud. 11 9, 4), burd^ ben TOamlufen^
l^errfc^cr Mahmud ibn Kilawün (um 1300), burdj^ ©oliman ben ^räc^tigen (im
16. 3<^^^^)/ ^ule^t 1865, unb fj)enbct aud^ t^cutjutage l^äufig nod^ SBJaffer. ©ie ^t
einen fe^r langen 3"fü^rung^fanal auö bem Wadi el-'Arrüb norböftlidb^bon ^ebron,
ber bie gleiche SBautoeife jeigt unb bei ben falomonifc^en 2:eic^en münbet. iBermutlic^ ^t
46^erobe!g auc^ ben mittleren unb unteren biefer Seiche ^erfteHen (äffen. auf§erobeö fü|rt
Dr. Slife auc^ bie gro^c Xeid^= unb Säberanlage t)or ber ©iloal^queHe jurüdt, bie teite V)on
mir (1881), teite t)on i^m (180()) aufgebedt hjurbe. 3)ur(^ fie tourbe ber alte %A6^ an
biefer ©tettc, öon bem bie Siloa^infcbrift rebet (©. 681,65), umgeftaltet.
Die britte 9)tauer im 9iorben ^.^ foHte bie oben ©. 685, 7 ertoäbnte SReuftabt be*
eofdj^ü^en. 2lgri^j)a I (41—44 nac^ 6^r.) begann fie ju bauen, mu^te aber unter bem
2lrgh)o^n ber 9lömer bie ©ac^e aufgeben, ßrft mit bem äu^bruc^ be«J ätufftanbe« tpurbe
ba^ ffierf h^ieber aufgenommen unb eilig tooHenbet Bell. jud. II 20, 3; V 4, 2. ©ie
begann im SBeften beim §ij3t)icu^t^urm, jog bi^ gum ac^tedfigen ^jep^inu^tl^urm nadb
9Jorbh)eften, toanbte fid? bann nadj^ Dften, burdj^fc^nitt bie föniglid^en Ijö^Ien (©teinbrüc^)',
66 bog oberhalb be^ Äibrontl^ale^ nai) ©üben um unb fc^Io^ ftc^ an bie alte ÜRauer auf
bem 2lbl^ang be^ ßibront^ale^g an Bell. jud. V 4, 2 f. ©ie l^atte mel^rere Il^ore, beren
9tamen toir nid^t fennen ; cin^ )x>ox burc^ bie fogen. gi^auentbürme gefd^Ü|t Bell. jud. V
2, 2; 3, 3, t)ie((eidbt an ber ©teile be^ l^eutigen Dama^fu^tbore«. SBal^rfd^lidfi ent=
fpradj^ ber Sauf biefer 9Kauer im großen unb ganjen ber i^eutigen iWorbmauer 3-^- 3)^
CO ©efamtumfang 3. betrug bamafö 33 ©tabien, ettoa^ mebr al^ 6 Kilometer Bell. jud.
3fcnifaleiii 687
V 4; 3. Über bte 3:{;ürmc ber bcrfc^tebcnen 3Kauem 3.« mad^t ^ofc^^u^ Bell. jud. V
4, 3 genauere 2lngaben. 2)tc ^oJ^l ber ©nmol^ner 3.^ einf4)liefelic^ ber ®öfte bei
einem ^aMfeft foB bamol^ nac^ ^ofeplSiu« Bell. jud. VI 9,3 (togl.II 14,2) 2 700000
betragen ^aben. 3lad) ©d^icf^ ©d^ä^unö bürfte ntan bie ^af)l ber [tönbigen ©inlDobner
3.« im anfang unferer Zeitrechnung auf 200000—250000 beranfc^Iagen (3b^g? IV, 5
211 ff.).
Unter ber Slegierung beö Äaifer« Glaubiu« (41—54) trat bie Königin Helena bon
2lbtabene am obem 2^tgri^, femer il^r ©oljin ^icd^ unb onbere ©lieber il^er gamiKe
^um ^ubentum über, ©ie erbauten ftc^ auf bem ©oben ber Unterftabt in 3- SBoljinl^äufer,
bie bon ^ofep^u^ öfter ertoä^t tocrben Bell. jud. V 6, 1; IV 9, 11. 2)er fd^on gc« 10
nannte Äönig aigripjja I. lie^ bie ©trafen 3-^ "^i* ©teinen pflaftem, ate nac^ ber SSoH«
enbung be^ 2em>)ek eine grofee ^af)l bon Slrbeitem ol^ne Sefc^öftigung toar Antiq. XX
9, 7. Der Slm^gbalom^^eicb Bell. jud. V 11, 4 ift obne S^^^eifel ibentifc^ mit bem
fogen. §i«fiateic^e (©. 681). Der 5Wame ift too^I eine Oräcifterung be« l^ebräifc^en
'5">'?", SCJ^urm ; er lag na$e an bem 9Wariamnet^urm unb ben anberen 2:^ürmen be« ^a^ 15
lafteö. Der ©trut^ionteic^ Bell. jud. V 11, 4 lag nörblid^ öon ber Slntonia, ift jebixi^
nic^t fieser nad^gelDief en. Ungetoi^ ift aud^ bie Sage be^ biblifc^en Set^e^bateic^^, 3^ 9, 2
h)eift ibn in bie 5iä^e be« ©c^aft^ore^, alfo nörblic^ bom %mpdplai^. ©d^idf Ij^at tocnigften«
ben Setljie^bateic^ be^ 3KitteIaIter« im SSeften ber 3lnnenfirc^e nörblic^ bom 2:empäl)Ia$
fieser nac^getoiefen (^b^S XI, 178 ff.; togl. ©. 601). 20
9i}erfen ipir noc^ einen furjen älidf auf einige ^fünfte in ber Umgebung 3-^- .2lm
gu^e bc« ölbergig, ftd^erlic^ nic^t toeit bon ber ©tabt, lag ©et^femane (aram. ^«rrd r5,
Delfelter) m 26, 36; 3Rc 14, 32; Sc 22, 39, nad& 3o 18, 1 ein ©arten, bie ©tättc,
an ber 3^fu^ Penaten hjarb. 35er je^t im Sep^ ber fj^anji^lancr befinblic^e ©arten ift
feit bem 10. ober 11. 3ö^^^^^unbert bewnnt; früher fc^eint bie ©tätte ettoa« nörblid^25
gezeigt h)orbcn ju fein. 3)a« ©rabmal bcd §erobe«, b. 1^. für bie gamilie beö §erobe«
(Bell. jud. V 12, 2), lag toeftlic^ oberl^alb be« ^innomt^ale« ; bort ift e« bon ©c^idf
1892 aufgefunben toorben {^hW XVI, 202 ff.). Der ©(^langenteic^ BeU.jud. V3,2
ift tool^I mit bem SKamiKatetc^ ibentifd^ (@. 681). Da« ©rab ber Äönigin ^elena bon
Slbiabene lag brei ©tabien (556 m) bon ber Slorbmauer ber ©tabt entfernt Antiq. XX so
4, 3. 3Wit großer SBai^rfc^etnlid^feit toirb e« ber au^ebel^nten ©ruft mit ^ol ^J?ortal
unb ^a^Ireic^en ©rablammem gleid^gefe^t, bie jje^t unter bem 9iamen ber ÄönigiSgräber
nörblic^ bon bem Dama^Iuöt^ore belannt finb.
9. 3^^wfalem bid ju Äonftantin bem©rofeen. ©d^on toöl^renb ber,S3elages
rung unb ber aDmä^lid^ — 3Kai bi« @ej)tember 70 — fortfd^eitenben Eroberung burd^ 35
litu« l^atte 3- ftorf gelitten. Der auÄrüdflic^e 93efel^l be« Xxtrx^, bie ©tabt ju jerftören,
fanb bei ben erbitterten römifc^en ©olbaten ioiHigen ©e^orfam. 9lur bie brei 3^^ürme
an ber 9Jorbfeite be« bon §erobeg gebauten 5ßalafte«, $i))picu«, $^afael unb SKariamne,
fanb 3:itU!g ber ©rl^altung toert; auc^ berfc^onte er ben toeftlic^en ieil ber 3lingmauer,
toeil fic^ an fie ba^ Sager ber SefoÄung, bie l^aui)tföd^li(^ au« ber je^nten Segion beftanb, 40
anlefinen follte. Die« tourbe bemnacp auf bem ©übtoeft^ügel, in ber Dberftabt, aufgefc^lagen.
Da bie ©infc^Iie^ung 3.« in ber 3«it be« ^^affa^feftc« begann, fo traf ba« ©d^toert ber Slömer
nic^t nur bie etgentü^en ßintool^ncr ber ©tabt, fonbem in ber 3Ke^rja{^I bie ?^ftgäfte
bon na^ unb fem, icbenfaß« eine grofee 5Menge, für bie bie 3^^^^ ^^^ ^o\zpl}ni aber
boc^ al« rec^t ^oc^ erfc^ieinen (Bell. jud. VI 9; 10, If.). 6« ift begreiflid^, ba| bie 46
3ubcn ben Ort, too i^r ©laube eine fo furchtbare 9lieber(agc erlitten ^atte, junäc^ft mieben.
Daju toar ba« 2:reiben ber römifc^cn Sefafeung, bie in unmittelbarer Scä^e i^e SldEer
erhielt (Jos. Vita 76), i^nen ein Dom im iHuge. Der 9WittelJ)un!t be« jübifc^en Sebm«
in ^aläftina tourbe für mehrere Sö^t^je^nte "^abnt (3amneia) in ber ßbene. Die junge
c^riftlic^e ©emeinbe, bie bor ber einjd^Iiefeung burd^ 3:itu« nac^ 5ßetta öftlid^ bom 3<?'^kön 60
geflol^en toar, erneuerte fid^ jeboc^ balb toiebcr (6ufeb. h. eccl. IV, 5 f.; V, 12). ©ie
^atte i^ren SKitteljjunlt in bem $aufe bc« ©bangeliften 3oi^anne« 3Karcu« unb feiner
aKutter aJlaria («® 12, 12—17). fflaWc^einlic^ toar bort aud^ ber „grofte ©aal",
richtiger ba« Dbergemac^ (3Kc 14, 15 dvdyatov), in bem 3^fw« ba« Ie|te ^labl mit
feinen 3wngern l^ielt, ober ber „©ötter" (ä© 1, 13 vjiegfpov), too fic^ bie3lj)oftei fotoiess
bie übngm 2lnl^änger 3^u ju berfammeln pflegten, too fie auc^ $fingften beifammen
toaren, al« ber ^eilige ©eift über fie au«gegoffen tourbe (2, Iff.). Obgleich toir mit ber
Sage biefe« .t)aufe« erft burc^ eine Slei^e bon gwigniffen au« bem bierten ^afycf^. betannt
toerben, fo ift bod^ an i^rer ßuberläffigleit laum ju jtoeifeln. (S))i>)^amu«, Sifc^of bon ©ola»
mi^ auf Supern, fagt 392 in feiner ©c^rift De raensuris et ponderibus § 14 (ed«^,^^
688 3fentfal(m
35mborf IV, 17 — bc Sagarbe, Symmicta II, 166 f.), bafe§abrian bei feinem Sefud^ 3.^
(130/31) ©tabt unb lemjjel jerftört gcfunben l^abe, obgefeben öon toenigen aSo^n^oiif em
unb ber Keinen Äird^e Ootteö an ber Btättz, too bie Sünger ^^\\x nac^ feiner ^intmels
fa^rt auf ben ©öller [tiegen (ä® 1, 13); biefe Äird^e ^obe iv reo jLiigei JSuov gelegen.
5 Seit e^ria toon Serufalem (Äatec^. 16, 348 naö) 6^r.) ift biefe« ®oÜt^fyn^ (ober toiet
me^r ein größerer 33au an ©teile be^g alten) reic^Uc^ bejeugt ; e« fjü^tte bie 9lamen Qion,
bie ^eilige 3ion (17 äyla Zmv), bie 3Kutter aller fiird^en, bie Äitii^e ber 8Cj)oftel (mit
33ejug auf ä® If.), Coenaculum (togl. 3Kc 14, 15; 2c 22, 16). SBenn auc^ ba«®e=
bäube mannigfad^ öcrönbert tourbe, fo ift bie Drt^Iage im Saufe ber ^ö^^^S^unberte too^I
10 befannt geblieben, ©ie entfpric^t bem l^eutigen en Nebi Dü'üd auf bem ©übtoefl^ügel
im ©üben ber SRingmauer, einer ®ru))})e eng jufammenliegenber ®ebäube, in bcnen noc^
ie^t ba« doenaculum gezeigt tüirb, unter benen fidj^ bie @räber ber bat)ibifc^en ftonige
befinben follen. 9ln ber norbtoeftlic^en ©eite, nur burd^ einen SBeg t)on biefen ®ebäubcn
getrennt, liegt ba« ®runbftüd ber fogen. 3)ormitio (b. 1^. bed ©terbel^aufc« ber SKaria,
16 ber 3Kutter 3^fu), ba« ber beutfc^e Äaif er 1898 läuflic^ ertoorben unb bem beutfc^en Ver-
eine bom l^eiligen Sanbe jur Slu^niefeung überliefen ^at.
Sluffattenb ift an bem alten ®ebäube ber 9Jame gion. SBeö^alb lann er btefer
Äirc^e beigelegt fein? 3Ran pflegt im änfc^Iufe aa bie c^riftlid^en ©(^riftfteller beö Dierten
3al^rl^unbert« (togl. aud^ @uf. Onom. ed. be Sagarbe 248) ju antworten, toeit fic auf
20 bem Serge Rion lag. 3Ufo ift 3ion ber ©übtoeft^ügel be« ©tabtgebiet« Don 3.? 3)a«
ift in ber l^ai bie ^crrfc^enbe SJleinung getoefen bi« in bie jtoeite ^älfte be« ncunge^nten
Sai^rl^unbert« l^inein ; man folgte bem ©prad^gebraud^ jener ^d^riftfteller, o^ne i^ barauf
^in i\x Jjrüfen, ob er mit bem be« 212; unb ber 3t))ofrVJ3l^en übereinftimme ober nicht
9lun ift oben ©. 674 f. gezeigt toorben, bafe biefe (enteren o^ne 9lu«na]^me ben ©übofi-
26 l^ügel al« ^xon betrachten. Offenbar bot eine Säuberung be« ©prac^gebrauc^ ftattgefunben;
e« fragt fiq nur loic unb toann? S)er altteftamentlidj^e ©pracbgebrauc^ ift ©. 684 bi«
auf 1 5Kaf fierab bcrfolgt toorben (ettoa 100 t)or 6l^r.). 95emer!en«toert ift, ba^ 3ofe|)bu«
ben 3lu«brud ^xon niemal« gebraucht ; man barf barau« tool^l ben ©d^lufe jie^en, ba| er
ju feiner 3^it für bie 2)opogra))l^ie ber ©tabt nic^t« m^x bebeutete. ®amit toürbe
:w bie 33orbebingung bafür gegeben fein, bafe ber alte Sinn be« Ort«namen« burd^ einen
neuen öerbrängt tüerbcn tonnte. 5Run ift ju beadj^ten, bafe fc^on im WX bie anfange
eine« erweiterten unb übertragenen ©inne« bon ^xom l^erDortreten. (Srtoeitert tourbe ber
©inn infolgebeffen, ba^ ©alomo bie föniglidj^e Steftbenj nac^ 9Jorben bin bergrö^erte. 3)er
5Jamc U)anberte ebenfall« toeiter nac^ 9Jorbcn unb tourbc mit Vorliebe für bie nörblic^
:i6 §übe gebraud;t, bie ben lemjjel trug (f. 0. ©. 675). 311« S3elege fü^re ic^ b'^ ^"^ «w
3lm 1, 2; 3ef 8, 18; ^f 9, 12; 20, 3; 14, 7; 78, 68; 87, 2; 132, 13 f. Dgl. ©a*
1, 17, foloic bie ©teilen 1 SWaf 4, 36; 5, 54; 7, 33, in benen ^\on ben IenH)elberg
bejeicbnet. Daran fc^liefet fic^ unfc^toer ber übertragene ©Jjrad^gebrauc^, in bem 3<on,
parallel neben ijerufatem, teil« bie ©tabt überhaupt 3^1 28, 16; 3^ 3, 14 ober bie
40 ©intoobnerfcbaft 3«! If 27; 33, 5; 3^ ^^ 16, teil« bie ju erlöjenbc ober in 3wlunft er=
löfte ©emeinbe begeic^net 3ef 40, 9; 51, 16; 52, 1. 7; 60, 14 (baneben F"^ ra 3ef
52, 2). 3)icfer le^tere religiöfe ©inn fanb früb Eingang in bie ^riftlicben Äreife, man
nannte namentlich in bicbterijd^ gcbobener ©prac^e bie ^riftlicbe Äirc^e felbft ^M>xi (t>gL
§br 12, 22—24). ©ine Slbart bicje« ©Jjracbgebraucb« liegt barin Uor, bafe ba« 3?ers
46 fammlung«l;au« ber crften d^riftlic^en ©cmeinbe in 3- ^^bie b^iligc 3^on" genannt tourbe ;
bie ^ilgerin ©ilbia Slquitana um 390 (ed. % ®cl;cr 75. 79) nennt ftet« bie Äirc^e gion,
nic^t ben 33erg. 3)icfe 3lu«brud«iocife fc^eint mir al« ber Slnlafe baju aufgefaßt loerben ju
muffen, ba^ man fjjäter bie ^ö^e, bie biefe Stirere trug, ^xon genannt b^t, nämlic^ ben
©übmeftbügcl. Der 9iame ^xon batte feine tojjograpbifd^^ Scbeutung berloren, fw^^ ba*
60 gegen im rcligiöfen ©inne al« Segeic^nung ber erlöften ©emeinbe erl^alten. 3^ biefem
©inne toar ber 5Jamc an fic^ gegen jeben Ort gleicbgiltig ; er tourbe jeboc^ öon ben
ßbriftcn bem ®ebäube beigelegt, in bem fte fid^ gu Derfammeln >)flegten, ba« auf bem
©übmeftbügel an ber ©tätte be« b<Jutigen Nebi Daüd ftanb, unb Don bicr au« ging er,
loie un« ber ©jjrac^gebraucb ^^ ßufebiu« unb anberer jeigt, auf ben gangen 93erg über.
56 (Sr toar im vierten ^^^b^^b^^bert f^on fo üblid^ getoorben, bafe man ben „93erg ^xoxx"
be« 312 nirgenb« anbcr« nacbjutoeifen tou^te al« bort, ©enauer angugeben, toann fw^^
biefer neue ©jjracbgebraucb gebilbet b^t, bagu fmb toir nic^t im ftanbe. 9iur barauf läfet
ficb t)affenb bintoeifen, bafe nacb §abrian bie cbriftlicbe ©emeinbe in 3^if?Icm öortoiegenb,
toenn nicbt au«fcblie|licb gu« öeibencbriften beftanben haben loirb, bie fid^ in ber neuen
Ol Benennung irgenb einer Crtlicbfeit 3-^ burdfi ba« iT^erfommcn nidfit ge^inbert foben, S«
dentfolem 689
ift bälget möglich, bafe bcr neue Bpiad^^Axand), ben ©übtücftl^ügel 3ion ju nennen, ge-
rabe in ^eibend^riftli^en Äreifen üblic^ getoorben ift. 6r l)at longe ^zxt l^inburc^ bie
'Xo\>OQX<ipf)k be^ alten 'J.d auf« örgfte in SSertoirrung gebracht.
2)er SSeröbung 3-^ machte ber Äaifer ^abrian (117—138) ein ßnbe. ©r gab ben
Sefe^I; bie Stabt ^u einer römifc^en Äolonie neu ju bauen. 3)aburc^ rief er freiließ ^n- s
näd^ft ben blutigen älufftanb ©imon«; genannt Sar Äoc^ba, ^erbor. SBä^renb feine« 3Ser-
laufe« (132—135) tourbe^i. „befreit", boc^ nur auf tpenigc ^a^re. 9Jac^ ber 93eenbigung
be« aiufftanbe« tourbe 3- ^n ^^ ^^^^ jw einer römifc^en Äolonie erl^oben, boc^ ol^ne ba«
jus italicum. @ie erl^ielt ben 9lamen Aelia Capitolina, Aelia nac^ bem ^milien=
namen §abrian«, Capit. nac^ bem fa))itolinifc^en 3u^)iter. ©etoöl^nlic^ gebraud^tc man lo
nur ben 5Ramen Aelia; er erl^ielt fic^ lange 3^t; bei ben Slrabem in bcr gorm ilija
(St>W VII; 158) bi« in« fjjäte ÜRittelalter. SBir befi^en aWünjen ber Äolonie bi« in bie
3eit be« Äaifer« SSalerian (253—260), i^re auffd^rift lautet COL AEL CAP. 3)ie
erfte ©tabtgott^eit lüurbe 3iuj)iter 6a))itolinu«, bem an ber ©teile be« jübifc^en 2^em})el«
ein Heiligtum gebaut ipurbe, in bem eine Silbfäule be« ®otte« ftanb (f. ben a. 2:em})el). 15
3m Chronicon paschale (ed. 35inborf) I, 474 toerben bie übrigen Prachtbauten be«
Äaifer« aufge^äJ^U; bgl. bagu ßb^aS XVII, 166 ff. unb jur ®rabc«ftätte G^rifti ben 31.
®rab, ba« ^eilige V, 48. alle guben tourben au« ber neuen ©tabt au«gefc^loffen ; e«
tourbe i^nen bei 2;obe«ftrafe berboten, fte ju betreten. 3)a« ©tabtgebiet ipurbe im ©üben
berfleinert, inbem bie SRingmauer nic^t am abrang, fonbem bon Söeften nac^ Dften quer 20
über ben Slüden be« ©übtoeft^ügel« geführt hjurbe unb ba« ®ebict ber alten Dabibftabt
(3lfra) aufeer^alb ber 3Kauer ju liegen lam; na^ ben übrigen ©eiten hjurbe jeboc^ bie
neue ©tabtmauer in ber $au^)tfa(^e auf ben ©runblagen ber alten erbaut. 3)a« ®ebiet
ber ©tabt tourbe in fieben 93ejirle geteilt, ©urd^ biefe SJlaferegeln tourbe ba« 33itb bcr
©tabt gefc^affen, ba« ftdb im großen unb ganjen bi« ^eute erl^alten l^at. 3)er Sauf ber 20
»ÖauJ)tftra^en unb ber J^ore ber ©tabt fmb mit geringen 3[u«na^men feit jener 3^'^ ^i^
felbcn geblieben.
10. 3. bon Äonftantin bi« pr Eroberung burd^ bie 3lraber. 2)er l^eib=
nifc^e ß^arafter ber ©tabt toar für bie Gljiriftcn fein ^inberni«, fie ;u befuc^en ober fid^
bauernb bort nicberjulaffen. aSon bcr älteften c^ftlid^n ®emeinbe toar bereit« in bem 30
bor^erge^enben 3lbfqinitte bie Siebe, '^m britten 3l<J^t^wnbert beginnen, fobiel toir toiffen,
bie 'JlJilgcrfa^rten na^ 3v iw^ biertcn gö^tljiunbert toaren fie fc^on ja^lreid^ (bgl. V, 49, '>s).
©clbft bie 3Rutter be« Äaifer« Äonftantin, Helene, erfc^ien 326/327 faft ac^tjigjä^rig in
3. unb liefe an ben ©tätten ber ®eburt unb ber Himmelfahrt ß^rifti, in Set^le^em unb
auf bem ßlbcrgc, Äirdfien bauen. Über bie Saut^ätigleit Äonftantin« in 3- ^P i" ^^^ ^
21. ®rab, ba« {^eilige Sb VII, 44 ff. ge^anbelt toorben. ®ie fc^arfen 3Ka|regeln gegen
bie 3"^cn tourben bon il^m gemilbcrt; junäc^ft erlaubte man il^nen, bie ©tabt bon ben
benad^barten §ij^en ju betrachten. 3)er Äaifer Julian bemül^te fic^ fogar um i^r SSertrauen,
inbem er tl^nen erlaubte, i^ren Htmpd tbieber Ijierjuftellen. 5Kan begann 362 mit bem
Sieubau, fa^ fic^ fel^r bolb aber, toie älmmianu« 3JlarcelIinu« 23, 1 erjä^lt, burd^ flammen, 40
bie au« bem 35oben ^erborbrac^en, genötigt, bie Slrbeiten einjuftellen. Sei biefer ©clegen*
^eit toerben too^l bie (Sinric^tungen ^abrian« an biefer ©tätte i^r ®nbc gefunbcn l^aben.
9iaA bem 2:obe v'sulian« fc^einen bie frül^eren SSerbotc in Setreff ber ^nhm j. 2:. toieber
in Äraft getreten ju fein; benn §ieron^mu« er^ö^lt in ^^ 1, Ib, bafe bie ^nhm nur
einmal im Sa^rc, am 3^ge ber 3^^önmg 3-^/ ^'^ ©tabt betreten bürfen, um an ben 45
Irümmem be« icm^el« ju Ilagen. 3" .^^ jtoeiten ^älfte be« biertcn 3ö^i^|^ww^^rt^
brang ba« eremiten^ unb 3Könc^tum bon Slgt^ptcn ^er nac^ ^aläftina unb ©^rien bor;
e« fe^te fid^ aufeer in 3- befonber« in ber SBJüfte 3wba öftlic^ unb füböftlic^ bon 3- f^t,
biefe ®egenb lub burd^ il^rc gefc^id^tlid^en ©rinncrungen unb burc^ i^re Sefc^affenbeit in
l^o^em ®rabe ju einem a«fetifc^4efc^aulic^en Sebcn ein. 3)ie grofee 3^^^ ^^^^ "^^'P ^^' ^
gebilbeten, teibenfd^aftlid^en Seute l^at in 3- toieberl^olt bei ben bogmattfc^en Äämpfen
bc« fünften unb fcd^ftcn 3^^^^"^^^^^^^ blutige ©c^lägereicn l^erbeigefü^rt ; man meinte
auf bie ©ntfc^eibung 3-^ umfome^r ®etoic^t legen ju bürfen, al« feit 453 au« bem Si«-
tum 3- ^^^ unabl^ängige« ^Patriarchat getoorbcn toar. 2)ie erften Älöfter in 3- fd^einen
im fünften 3Ä^^^wnbcrt gebaut toorben ju fein. 33on größerer Sebeutung für bie ©tabt 55
toar bcr Slufcnt^alt ber Äaiferin ßubofia (2ltl;enai«), ber ®emal^lin I^eobofiu«' II. (408
bi« 450). ©ie begab fic^ juerft 438 bort^in unb tool^nte feit 444 bort. 3^^ ^irb bic
Srneuerung ber alten Slingmaucr im ©üben bcr ©tabt pgefc^cben (Antoninus Pla-
centinus). Daburc^f tourben berfd^iebene ^eilige ©tattcn, toic bic 3i^"^fi'^«# We Äird^
be« §a]j;nenfc^rei«, bie ©iloai^fird^e toieber mit bcr ©tabt bereinigt. ®lc legten Xuisio
mtaUi^mtitiopähit ffir T^cofooic unb fiir<(e. ». «. Vlll. 44
690 Sentfaiem
grabungen bcr ßnfliänbcr 1894/97 l^ben btc Slcftc ber ©iloal^firc^e aufgcbedft; t^ fyd
ftc^ bobet ^erau^cftedt, ba^ \f)x $3au jünger ift atö bie Derfc^ütteten $allm unb @<^ranlai
t)or ber @t(oal^queIIe. (S^ ift bo^er and) Vermutet toorben, ba^ biefe burc^ ^abrion ^^
gefteHt fmb (ögl. jcboc^ oben S. 686, 45). :^m 9Jorben 3.« baute gubofia btc Bttpfytn^
efirc^e jum ©ebäc^tnid ber ©tcinigung bcd ©tepl^anud; e« ift fraglid^, ob bic feit 1882
aufgebecften, im Sefift ber Dominilaner befinbtid^en SRefte einer Äirc^e im SZorben ba
©tabt auf ben S3au ber @ubo!ia ober nur auf eine älnlage bed 8. ^o^i^unbertd gurüdf«
gelten (3b^a? XI, 249 ff.). Son ber Sautl^ätigfeit be« flaifer« ^uftinion in 3. ^ und
ber b^jantinifc^e ^offc^riftftcller ^rolopiu^ (De aedificiis Justin. V, 6) ein übcrfd^tt>angs
10 l\d)ti, aber rec|t unf lareö 93ilb geliefert. Diefer Äaifcr lie^ burc^ ben Strc^iteften ©eorgiod
aud Äonftantinojjel 531—543 in 3- eine grofee 33afUifa ber 3)]^eotof od (Maria nova, el-
ine) in enger SSerbinbung mit einem $i(ger^aud unb einem Jtranlen^aud errichten. Sie
lag mitten in ber ©tabt, alfo nic^t auf bem SCemJ)elJ)Ia^e (ögl. 3b5p93 XI, 204 ff.
XIII, 12 f.), öielleidj^t füblic^ öon ber ©rabedfirc^e. 35ie ©roberung 3.« burd^ bte?ßerfer
16 unter 6M^^^ ^I- ^^^ brachte gro^ed @Ienb über bie ©tabt. Sine gro|e ätnja^l v>on
^erfonen tourben erfc^Iagen, bie lirc^Iic^en ©ebäube arg ^erftört. 5IRobeftud, ber SCbt bed
t^eobormdfiofterd in ber SBüfte füböftlic^ t)on 3., bemühte fi^ ate ©tetttjertreter bed ge^
fangenen ^Patriarchen g^c^ariad mit bem größten 6ifer, bie befc^obigten Äirc^ toiebfr*
^erjufteden (pQl @rab, bad l^eilige). 9lld aber ber Jtaifer $eralliud 628 tDteber ald
20 ©ieger in 3>. einjie^en fonnte, lag nod^ toieied in *i;rümmem. ^m ©üben lic^ man bie
t)on ßubofia erneuerte alte Slingmauer in ^^rümmern liegen unb baute bie bed i&abrian
toieber auf. 3lber fc^on 638 mu^te fid^ bie ©tabt bem Äalifen Omar ergeben.
11. 3. unter ben Arabern iid ju ben Äreujgügen. 3- towrbe ben Arabern
burc^ aSertrag übergeben. 3luf SBunfc^ ber ©inrool^ner begab fw^ ber Äolif Omar bon
26 ed-Dschabije im Dschölan felbft na^ ^., um toon ber ©tabt 95efift ju ergreifen. 33er
Vertrag beftimmte, bafe gegen Unterwerfung unb 2:ribut bürgerlicher unb Ürc^Iic^er ©d^
in toonftem SJlafee getoäl^rt unb inebefonbere bie Äirdj^en nic^t ju SBo^ngcbäuben gemacht
toerben foBten (ügl. 3b5ß9S XIII, 3 f.). 3)iefe Seftimmungen fmb jtoeiJbunbert 3a^re
lang im großen unb gan^^en, abgefe^en t)on ben ©etoaltt^aten 812, inne gehalten tüorben.
30 SBad bie SWuslimen aud bem alten Xemj)ctpla6e machten, toirb in bem 31. ^Xem))el lurj
befproc^en toerben; ilj^r ®influfe auf bie ©efc^id^te ber ©rabeefirdj^e ift oben S3bV©. 53f.
bei^anbelt toorben. 2)ie2lraber nannten bie ©tabt teite Bet el-Mukaddas ober Bet d-
Makdis, b. i. geheiligter Ort ober Ort bed §eiligtumd, teild hirjtoeg el-Kuds, bad ^eilig^
tum ; bie früheren 9iamcn erl^ielten fic^ nur in gclel^rtent SEBiffen. ©ie toar bei i^nen nic^t bie
36 ,^aui)tftabt bed SWilitärbc^irfö ^aläftina — bieje hjar jucrft Subb (S^bba), bann er-Ramle
(feit 716) — too^l aber loegen be« 2:emj3el))la^e^ eine l^eilige ©tabt (Äoran, ©ute 17),
bie al^ folc^e unmittelbar nac^ 3Reffa unb ^ebina folgte, ^ie milbe Haltung gegen bie
ß^riften ermöglichte e^, bafe biefe bie ftetg beliebter geworbenen SBaHfal^rten nac^ 3. fort^
fe^en fonnten. älb unb ju Ij^atten freiließ fc^on je^t bie ^Pilger über fc^lec^te Se^anblung
40 Don feiten ber Slraber ju Hagen. SSon einer feinblic^en ©timmung jtoifc^en iDrient unb
Dccibent lann für biefe ^6Un noc^ nic^t gercbet Werben. 2)a^ ge^t namentlich au^ ben
frcunblid^en Sejieljiungen ^eröor, bie jWifc^en bem Äalifen Härün er-Rasclüd (786 biö
809) unb itarl bem ©rofeen gejjflegt Würben. 35iefer unterftü^te ni^t nur bie Soften
in 3., fonbem öerWanbte fi^ auc^ für fie bei bem Äalifen; er burfte ein ^ofpital
45 (5ßilgerl^erberge) neben ber SKarienf irc^e errieten, auc^ ftattete er biefe mit einer treffttd^en
35tbliot^ef au^. 3)er Äalif hingegen Uc^ il^m burd; ©efanbte bie ©c^Iüffel jum ^igen
®rabe übergeben, ©eit bem je^nten 3ö^^^^unbert, befonber^ feitbem Wegen be« älufftanb^
ber religiöfen ©cfte ber fiarmaten bie Söallfa^rten ber SWuelimen 929—950 nac^ 3- 0^*
leitet Würben, öerfc^led^terte ftd^ bie Sage ber 6^riften immer me^r; bie Seftimmunaen
60 bc« Siertrage^ toon 638 Würben mifeac^tet, c^ entftanb bie allgemeine ©ponnung jlDtfcpen
36lam unb ß^riftentum, bie bi^ jur ©egenWart noc^ nid^t aufgehoben Worben ifl.
3Die neuen Ferren ©^rienig feit 969, bie äg^ptifc^en gatimiben, erad^teten fic^ nid^t an
irgenb welci^e frül^ere SSerträge gebunben. 2)er Äalif el-Hakim öerj^öngte 1010 eine
heftige l^erfolgung über bic 6^riften. Srofe biejer ungünftigen aSerJ^cütniffe Wuc^ in«
66 folge ber mit bem '^al)x 1000 öcrfnüjjf ten Erwartung ber äBieberfunft ß^rifti bic 3^^!
ber $ilger. 3)ie ÜHuelimen mad^ten fic^ biejcn Umftanb ju nu^e, inbem fte \>on jebem
Pilger bie Slbgabe eine^ golbenen »VS^nti"^^ f"^ ^«» eintritt in bie ^eilige ©tabt for*
bertcn. (S^ gelang fogar ben italienifd^en Äaufleutcn t)on ätmalfi, um 1030 feften gu^
in 3- h^ f^ff^n- ©ie batten bie ßrlaubniö be« freien §anbefet)erfe^r« mit ben @inWo^f=
00 nem Don Slcg^ptcn unb ©^rien unb Wußten c^ burd^i^ufe^en, ba^ il^nen nac^ unb nad^
^ttfdem 691
geftattet tpurbe, ein ^^au^, eine ÄiTdj^e unb ein Älofter nebft einer Verberge im ©üben ber
®rabe^Iirc^e ju bauen, ^ie Jtirc^e ^ieg Sancta Maria Latina, ba^ ^on ben Sene^
biftinem belDoljinte Älofter Monasterium de Latina. Später rpurbe baneben and) ein
.ftlofter mit einer Verberge für ^auen errid^tet; cd tourbe ber SJlaria SKagbalena ge«
tüeiljlt (and) Maria minor). 3tIIein burd^ bie ©elbjd^ulen; bie 1075 3)amadfu§, 1077 6
3. eroberten, tourbe bie Sage ber ßl^riften in 3- unertröglic^ ; i^re ©ottedbienfte tüurben
geftört, i^re ^priefter mitoanbelt, il^re Ätrd^en Dertoüftet. I)iefe gefe^Iofen gwftänbe in
Serien gaben bie 3SeranlafJung ju ben Äreujjügen.
12. 3. unter ben Äreujfa^rcrn. 2ud ©ottfrieb toon Souillon am 15. :^uli
1099 bie ©tabt eroberte, fanben bie Sateiner öon ben Kreislichen ©ebäuben nur jtoet un- 10
t)erfc^rt öor, nämlic^ bie ©rabedfird^e unb bie lateinifc^ SWarienlird^e nebft ber Verberge;
benn für fie tourbe regelmäßig 3^ribut an bie SWuSlimen gejault. 3SergIeid^t man bamit
bie große :^af)l folc^er ©ebäube, bie toäl^enb ber gi^anfen^errjc^aft genannt toerben, fo
giebt ft^ baraud ber große 6ifer gu erfennen, mit bem bie Äreujfalj^rer in 3- gebaut
^aben. Der Slaum geftattet cd nic^t, l^ier eine tJoDftänbigc Überfielt il^rer 93auten ju 16
Derfuc^cn; cd fann nur bad äSid^tigfte i^eraudgc^oben toerben, freilid^ auf bie ©cfalj^r ^in,
baß bie 2)arftcnung ol^nc einen Jpian ber ©tabt nic^t rec^t berftänblic^ toirb. 2)er Um«
fang 3-^ änberte fid^ nid^t, bie SKauem toaren bid 1178 in mangell^aftcm guftanbe. 35ie
befannteften Il^orc gießen Dabibdtl^or (= ^^f^^^o^)/ ©tctjl^andt^or (= Damadfudtl^or),
1f?or Sofa))^at in Dften, 3^*^"^*'^^'^ ^^ ©üben. Sieben bem 2)at)ibdt^ore lag ber 2:urm 20
2)atoibd (turris David), genauer eine ^eftung mit mei^rercn ^^J^ürmen, ©räben unb JBor^
toerlen. 35ad ift bie l^eutige EitabcIIe ber ©tabt (el-Kal'a), bie fid^ im Sauf ber ^af)X'
^unberte auf ben Slcften bed $erobcdt)aIafted (©. 685 f.) erl([oben ^at. ©d^on im vierten
^al^r^unbert toirb ber $alaft 5)aöibd in biefer ©egenb gejeigt, ol^ne 3^e'f^f infolge ber
SBanblung, bie ber ©inn bed 9lamcnd gion erlitten l^atte (©. 688 f.). 35ie Äönigc öon 25
3. too^ntcn anfangd auf bem füblic^en 2^cil bed 2:emlpeI))Iafecd (f. Stempel), fpätcr^in in
ber 9iäl^e bed I)abibdturmd. 3)ic ^iondfirc^e (©.688,6) fanoen bie Äreujfa^rer inSluinen
bor, fie ftettten fie balb in anfci^nlidSer SQäcifc toiebcr ^cr. 3)ie ©terbeftätte ber SJlaria, bie
jucrft ber ^atriard^ ©opl^roniud öon 5. (634—638) fic^er für bicfen Ort bezeugt, toirb teild
neben bie Äirdj^c in ein befonbered §aud, teild in bie Äird^e felbft verlegt, fo baß biejc aud; 30
3)tancnKrdbe genannt toirb. 3w^bcrÄird^c gcl^örte eine Sluguftincrabtei. Sluf bem®runbs
ftürf ber Äaufleute bon 3lmalp gingen toic^tige Steuerungen öor fid^. 3)ie 93encbiftiner'
mönd^e erbauten, um bie toac^fenbe ^ai)l ber ^ilger unterjubringen, ein ^ofjjital ju ß^ren
:3o^anncd bed Sarmljierjigen (ßleemon, ^atriard^ bon äliejanbrien im fiebentcn ^af^x-
l;unbert), bad Don SJlönd^cn unb frommen Saien öertoattct tourbe. ^m Anfang bed jtoölften 35
!5a(;r^unbertd trennte fi^; bad §of))itaI unter Seituna eined getoiffen ©erarbud bom Älofter ;
er unb feine ©enoffen bilbcten unter mönc^ifc^er 9tegel eine eigene ©enoffenfd^aft, bie ald
Orbcndflcib einen fc^itoarjcn 3KanteI mit toeißem ÄreuA trug — ber Slnfang ber ^o^an*
nitcrritter. 3)ie „^ofpitolitcr" ober „^ofpitalbrübcr" nahmen audj^ bad tociblic^c .fwbcrgd-
tocfen (f. 0. 3- 3 f.) in i^ren Drben auf. ^J^r^Jatron tourbe balb ^ol^anned ber Xäufer; 40
ihre ©ebäubc, ^ofjjital, Q>ia, ^JJlaria ad Latinam major unb minor, toaren jel^r gc^
räumig unb reic^ audgeftattet. ^ai ^ßrätorium ($aud) bed 5pilatud, beffen 3Jlauerrefte
ber^ilger Don 93orbeauj (333) in ber 2^^alfcnfung el-Wad (©. 669,2«) toa^mal^m, fud^ten
bie granfen nörblid^ (norböftlic^) t)on ber ^\on^txxd)z, fpäter iebod^ an ber Siorbtoeftedfe
bed 2:emj3clj3la^ed, alfo öftlic^ t)on ber I^alfcnfung, mithin an ber ©tette ber l^cutigcn 45
türfifd^en Äajernc. Demnach l^ätlc ber ©c^merjendtoeg ß^rifti (bie Flamen via sancta
ober dolorosa erft feit bem fec^je^nten S^^^^^unbe^fO ^^^ ^^ H«it eine böHig anbere
SRid^tung ermatten. 2)er 2!ei(^ Setl^edba (^o 5, 2) tourbe im a^nfang ber fränlifc^en
.^errfc^aft in ber 9lä^e ber 9lnnenfirc^e gegeigt. 3)iefer %z\d) mit fünf §atten tourbe im
§rü^ia^r 1888 norbtocftlic^ t)on ber genannten Äir^e entberft (3b^3i XI, 178 ff.), ©päterw
^ie(t man bie l^eutigc Birket Isra'in im 5iorben bed Haram esch-Scherif für ben
S3et^edbateid^. SJic annenlirc^e l^at eine alte ©cf^idj^tc, fc^on im ftebenten 3iö^^^unbert
trug ein ©otted^aud bicfen 9kmcn ber 3Ruttcr 3Wariad. Die ^raufen erneuerten bie
5lirc^e; fie lag nörblid^ öom Sicm^clpla^c bei bem 2;^ore ^iofap^at unb tourbe f>)ätcr mit
einem J^raucnfloftcr ijcrbunbcn. 35ie SBiege bed bcutjd^en Sittcrorbend tourbe bad Hospi- 66
tale Alemanorum mit einer ÜKaricnlajjcßc ; cd lag an ber ©traße ber 3)eutfd^cn, bie
pc^ bon ber bad SJaöibdtljior mit bem 2;emj)c(pla^ berbinbenbcn ©traße fübtoärtd ab*
jioeigtc. Um bie SBafferberforgung g.d mad^tc fid^ ber granfe ©ermanud tocrbient; er
ließ ben öerfd^ütteten Srunnen SRogcl (BirEijüb ©.671,4«)) audräumen unb legte 1176
ben fog. ©ultandtcic^ im 2:^^ Sen .^innom an. 2)ie §ö^c im (JBeften unb) ©übmao
44*
692 3erttfttlcm
btefeS %\)aU^ nannte man bamal^ äSerg ®il^on; @a(omo foQte bort )um Jtönig gefolbt
fein, :3m %l}aU ^o\apf)at (= Äibron ©. .668) erneuerten bie granfen boiS ®tab ber
Jungfrau 3Karia unb bie baju gei^örenbe flird^e, bie bereit« im vierten ober fünften 3^^-
l^unbert afö Oet^femanefirc^e mit bem ©robe ber l^eiligen 9Waria genannt toirb. 8uf
5bem britten ®i))fel be« Ölberg« (®. 667 f.) [tanb um 1130 eine grofee Äirc^e ju obren
ber §immelfal^rt Gl^rifti; fdj^on Äonftantin ^otte bort ein Heiligtum erbaut
13. 3. üon 1187 — 1841. 3lm 2. DItober 1187 öffnete 3. feine 2:^orc bem
fiegreic^en ©alabin. 2)ie meiften lateinifAen ßl^riften öerliefeen bie ©tabt, bie gricd^ifd^
blieben jurüct. 9lic^t nur ber abenblänbifd^e, fonbem audj^ ber 4|rift(id^e G^rafter, ben bie
10 ©tabt unter ben Äreujfal^rem erl^alten I;atte, fottte nac^ 9Wi)gli4ifeit toiebcr i)crtoif(^t
h)erben; c^riftlid^e Äird^en unb Älöfter tourben in SKofd^een ober ©c^ulen Dertoanbelt, nur
bie Äirc^e be« beiligen ©rabc« blieb unt)erfel^rt. Die Äirc^^e be« S^^önniter^of^jital« tourbe
ju einem Äranfenl^aufc cingerid^tet (perfifd^ Bimaristan, toerfürjt Muristan). 8Ud3lic^b
£öh)en^erj Don ©nglanb im SBinter 1191,92 3. mit einer Belagerung bebro^te, liefe ©o^
16 labin bie 3Kauem ber ©tabt ju großer geftigfeit erneuern. Dagegen befahl ber ©ulton
Malik el-Mu'a??am toon Dama^hä, bie ^Mauern toieber ju fcpleifen, bamit fte ben
granfen nicbt afö ein ©tü^unft i^rer SMac^t bienen lönnte (1219/20). 3)o(^ getotg e^
bem beutfc^en Äaifer griebric^ II., burc^ aSerl^anblungen mit bem ägVptifc^en ©utton el-
Kämil ben S3eft^ 3-^ ^^^ 2lu«na^me be« Haram esch-Scherif fiU: bie ßl^riften toieber
20 ju erlangen. Diefer Vertrag foHtc t)om 11* gebruar 1229 an jel^n ^a^re, fünf üRonate
unb bierjig 2agc bauem. 3- tourbe toiebcr bcfeftigt, aber ber gürft öon Äerol, en-Näsir
Däüd, eroberte 1239 iDieber bie ©tabt unb jerftörte i^re5Kauem, felbft ben 3)at>ibgt^unn.
2)er aSertrag, burc^ ben er ben lateinifc^en Soften ben Sefi^ 3-^ o^ne jebc 6infd^än=
fung juftd^crte (1243), fül^rte ben enbgiltigen SBerluft ber ©tabt für bie ß^riften l^erbei.
25 Denn ber äg^plifd^e ©ultan Eijüb rief bie Gl^otoare^mier au« bem ^^weren Slfien« ju
§ilfe, unb biefe ^ogen nun Jjlünbernb unb morbenb t)on 3)iefopotamien l^er burd^ ©^en
nac^ ägVJ)ten. ^m ©e^tember 1244 bemächtigten pe fid^ unter fc^redflic^en (Sroufam^
feiten ber toelj^rlofen ©tabt. Damit ging S- für immer ben Äreujfoi^em Derloren. Der
©ultan Eijüb ergriff Öefi^ Don ber ©tabt, bie in ben folgenben ^ö^^^^unberten too^l
30 nic^t bergeffen tourbe, aber ol^ne jebe j)olitifc^e S3ebeutung toar. 6« fam mit ©^rien
unb 2i[gVt)ten 1517 burc^ ben ©ultan ©elim I. unter bie §errfc^aft ber Surfen, ©ein
Dfac^f olger ©oliman gab 1542 ben 3Kauem ber ©tabt bie ©eftalt, bie fie nod^ jeftt
l^abeit. aSon 1831—1840 tüar ©^rien im Scfift SKe^emeb 2tli'« Don 3ig^>)ten, für ben
es fein ©ol^n ^^^ö^im ^afd^a erobert ^atte.
an ©eit 1219 bemühten fid^; bie ^angiöfaner, im l^eiligen fianbe unb befonberS in 5-
feften ^u^ ^u faffen (Provincia Syriae sive Terrae Sanctae, Custodia Terrae S.).
©ie crliielten 6nbe be^g brei^e^nten 3«^^^«"^^*^ ^nige germane Don ben äg^ptifc^
©ultanen, unb 1333 famen [\f burc^ Äönig SRu^jert Don ©icilien unb feine ®emal^lin
©ancia in ben $3efi^ ber ^ionefirc^e (Mons Sion), Dielleic^t auc^ fc^on anberer ^eiliger
40 ©tätten (beftätigt burc^ ßlemen^ VI., 1342). Die Äird^e (Coenaculum) mufeten fic auf
Sefe^l beg ©ulian^ ©olimand Dom 18. 3Kärj 1523 räumen, ba^S anftofeenbe Älofter 1551.
Durd^ 2tnfauf eine^ bcu ©eorgiern gel^örigen 5Uofter^ erlangten fte 1559 unter Soni^
fatiu^ Don Slagufa einen neuen 3)tittelj3unlt in ber ©tabt norbtoeftlic^ Don ber @rabe^
lirc^e, ben fie ©alDatorflofter nannten. Dort ift nod; l^eute il^r ©i^. ©ie l^aben toicbers
45]j;otte groben il^rer ©tanb^aftigfeit unb il^re^ opfertoiöigen 93tuteg, für bie ^eiligen ©tätten
ju leiben, abgelegt.
©eit ber Eroberung ^aläftina^ burc^ bie S^ürlen gaben bie c^riftlic^en SKoc^te ben
©ebanfen auf, bie orientalifc^en (Elj^riften Don ber §errf(^aft be^ '^^am ^u befreien, ©ie
begnügten fic^ bamit bie Gl^riften im Orient ju befd^ü^en. granfrei^ ging auf blefem
50 aSege Doran. ^an^ I. (1515— 1547) fc^lofe mit ber "Sürfei Äaj)itutationen ab, nac^
Denen bie in ber 2^ürfei hjoljinenben J^ranfcn bei i^rcn eigenen Äonjuln nad^ i^ren Dater^
länbifc^en GJefe^en Siedet fud^en burften. Diefe Seftimmungen bilben noc^ ^tc bie
®runblage für bie ©teltung ber abcnblänbifdj^en (E^riften in 3., bie übrigen SKäc^te finb
bem Seifpicle granfreic^^ gefolgt (1621 erfter franjöfifc^er Äonful in SO-
55 14. Die neueftc ©efc^ic^te ^-^ feit 1841. Der Umfc^loung in ben SJer^
bältniffen 3-^ i"^ neunzehnten ^al^rl^unbert ift burc^ bie Jjroteftantifc^en 3Ktfftonare, Sftmeri*
taner (1821) unb ßnglänber (1826), Deranlafet toorben. Die englifc^en SKiffionare
trünfdj^ten tocltlic^en ©c^u^ für il^re ^erfon unb i^re 3lrbeit, be^^alb begrünbete (Snglanb
1839 ein Äonfulat in 3. ^^^m folgte ^^ireufecn 1842, ba« fi^; an ben >)olitif(^^ Ser^
w l^anblungcn mit ber .s^ol^en ^JJforte in Äonftantinojjel 1840 beteiligt b^tte unb 1841 gc*
^trufaiem ^ufalem, mmm ®t. ^aUh 693
meinfam mit ©nglanb ba^ ebangelifd^e Si^tum ju ®t. ^afob in 3- ßtünbctc. 3)a« erregte
bie äufmerffamfeit ber übrigen 3Käc^te, bie nun teiU bie jc^on beftebenben Äonfulate
beffer unb regelmäßiger befetjten, teil« neue begrünbeten, jugteic^ auc^ ber anberen d^ft*
l\d)m Jtonfeffionen. ®er griec^ifd^-ort^obose ^atriard^ 5lVi^Ö«>^ berlegte 1845 feinen @i^
Don Sonftantinot)el lüieber nad^ '^., 9lom erneuerte 1847 ba« lateinijc^e ^atriard^at. 9Kan 6
iüetteiferte in ber Einrichtung üon ^ilger^erbergen unb Äranfen^äufem, in bem S3au üon
Äirdj^en, Älöftem unb ©c^ulen. Da« ift, um mit %. 2:obIer ju reben, ber frieblid^e Rreuj-
^ug, ber im neunzehnten S^i^rl^unbert begonnen f)at dt l}at bi«l^er nur gortf^ritte ju
Deri^eid^nen. ^mn fleißige unb umfid^tige Srforfc^er 3-^ unb ^aläftina« traf 1835 nur
fünf ,,5f^nfen" in %, je^t beträgt ilj^re 2lnjal^l etipa 4000 ! 6ine orientalifdj^e ©tabt lo
ift 3- ^^^^ ^^^^' ®^<J ift längft über bie alten ^Ringmauern ^inau^gehjac^fen. 3)er mu«s '
limifd^e Srud^teil ber ßintoo^nerfd^aft l^ält nid^t Schritt mit bem SBat^tum ber E^riften unb
3uben. ß« ift ein bemerlen^toerter 3ug in ber jüngften ©efd^td^tc ^,^, baß bie 3juben ber
3a^I nac^ unter ben Derfd^iebenen ©^iqten ber Sintoo^nerjal^I bie ftäriften geiporben ftnb.
9tac^ ©c^ä^ung befinben ftc^ unter ben 60000 eintoobnem 41000 ^uben, 12 800 ß^riften, 15
7000 9Jlu«limen. ®ic G^riften toerbcn auf bie öerfd^iebenen S3efenntnif(e in folgenber
aöcife verteilt: 6000 ©ried^en, 4000 Sateiner, 1400 ^roteftanten , 800 Armenier;
200 unierte ®riedS>en, 150 ÄoJ)ten, 100 Slbeffmier, 100 ©^rer, 50 unierte armenier.
2)a bie ;^uben meift arme Seute fmb unb bie Unterftü^ung il^rer reid^eren ©laubenö^
genoffen in 3lnfj)ruc^ nehmen, fo entfjjrid^t i^ Einfluß bur^au« nic^t i^rer So^I. Die 20
älnftalten ber einjelnen ®Iauben«gemeinf4aften ^ier aufjujä^Ien, toürbe ju toeit fülj^ren
(t)gl. bie Sitteratur). 3" 93etreff ber beutf^en ?Proteftanten fei barauf aufmerffam ge«
mac^t; baß bie beutfd^e ebangelifd^e ©emeinbe jeftt in ber großen „Erlöferfirc^e" auf bem
1869 an ^reußen gefd()enften Steile be« 3Kuriftan ein ftattli^e« ®otte«^au« beft|t; c«
tüurbe am 31. Oftober 1898 in ©egenipart be« beutfc^en Äaifer« eingetoei^t (bie übrigen 20
%^\U be« 3Kuriftan tüerben je^t auggebaut). Der beutfd^e Einfluß ift burc^ bie Webers
laffung ber fübbeutfc^en 2^empler (feit 1873) toefentlid^ gefti^en; bie Äolonie jä^lt je^t
cthja 400 ©celen. hieben bem ^ofjjij ber ))reußifc^en 3!ol^anniterorben«balIev Sranbenburg
befte^t feit 1888 ba« beutfd^e fatl^oUfd^e ^ofpij, bon .bem ^aläftinasSerein ber Äatl^olifen
Deutfd^lanb« gegrünbet. Diefer SSerein beabfic^tigt aud^, auf bem am 31. Dftober 1898 so
i^m bom beutfd^en Äaifer überlafjenen ©runbftüdf ber Dormitio (©terbel^au« ber 9Raria
©. 688,1:}) eine Äirc^ für bie beutfdj^en Äatl^olifen gu erbauen. önt^e.
^ttfaletn, ba« anglifanifd^ = beutfc^e S3i«tum ©t. '^alob in — fiittc-
vatui: ^Ibefcn, \)a^ cüangelifc^e SBiSt^um iti Serufalcm, gcfdjicfttlidjc Darlegung mit Urhinbcn,
©crlin 1842. 9töcinioalb« 9icpcrtortum. ©b 36 unb 45. 9^cueS SRcpcrtorium ©b 1845. 9Rif- 86
fion^bilber ^ejt 1, Serien unb ^aläftina, Stuttgart 1876. Samuel ©obat, cüangclifc^cv
33if(f)of in Serufalcm, 93a|cl 1884. (U^l^orn). 3)cr ^erv bauet Scrufalcml Sine a)cnf|(irift
über ba§ 5Berf ber cuangcüfdien Kirchen in Serufalem, S3erlin (3KittIer unb @o^n) 1895.
3)ie Ic^tcre ©djrift ift eine aftcnmäßigc 3)atfteflung ber Sacftc.
Die 3?erIommenl^eit ber ^uben im ]^eiligen Sanbe betoog 1818 bie norbamerifanifd^e 40
■BiijfionggefeBfc^aft m 93ofton, jtoei SJliffionare nac^ 5ßaläftina abmorbnen. ^m 3ln|c^luß
an bie Dccu>)ation oe« Sanbe« burd^ 3Kel^emet 3lli 1832 trat auc^i bie Sonboner ej)iffoj)alc
v>ubenmif|ion«gefeIlf(^aft in ba« Srbeitgfelb ein ; 1833 ließ fid) ber Drientalift SJicota^fon,
nac^bem er fc^on früher ba« eigentliche 3Kif|ion«toerf begonnen l^atte, bleibenb in $^erus
falem nieber. E« folgte 1840 bie Eö)ebition ber eurojjäifc^en ©roßmäd^te nac^ bem 46
Orient, ber fogen. DuabnH)elallianj, burc^ toeld^e ber Jl^ron 3Ra^mub« gegen ben über^
mäd^tigen 5Paf($a^ bon 5ägVJ)ten gefid^ert unb bie f^rifd^en ^ßrobinjen hjieber ber unmittet
baren §errfd^aft be« ^Pabift^l^ unterUjorfen tourben. Die Äüftenftäbte ©^rien« unb
^is^önijien« mußten ftd^ i^ren glotten ergeben. 93ei bielen 3^^Ö^<>R^'i roac^te bie Er-
innerung an bie 2^ge ber Äreu^jüge auf. Sefonber« beutfc^e ©timmen forberten jum 60
ßrh)erbe gerufalem«, anbere fogar jur Emanjij)ation $aläftina« bon ber ©eh>alt ber
0«manen auf. 3Kit ftaat«männif(^erem 93lidf nal^m ^ebric^ SEBill^elm IV. bon ^Preußen
bie jjolitifc^ günftigen fionftellationen ^ur S3egrünbung einer ©tettung für bie ebangelifc^en
Ebrifteit im Orient iüofyc. Denn toäl^renb bie armenifc^e, griec^ifd^e unb lateinifc^c Rird^e
bier Don Sllter« l^er unb bertrag«mäßig il^re gefd^loffenen Äor))orationen beftfeen, bie beiben 55
lotteren überbem i^re ftarfen ^ßroteftoren ^aben, ging ber ebangelifc^en bi^^er jebe fird^*
li^e i^ertretung ab. au^ ber .^attifc^erif t)on ©ül^ane, ber 1839 bie ©leid^l^eit aHer
EintDo^ner be« Sleic^ bor bem ©efe^e Jjroflamicrte, blieb für i]^re ©enoffen o^ne roirfc
liclie Sebeutung. ©. ben 2:ejt j. 33. bei 5ßetermann, 99eitr. j. einer ©cfd^. ber iteueften
694 ^eritfaicm, »idtum (SU ^fafob
Stcfonncn bc« ottomanifd;cn 9leic^«, Scrtin 1842. 9la(^bem ^ßreu^cn bei »nlafe bcr
Slatififatiou bc« aSerttag^ t)om 15. Suli 1840 für feinen Antrag auf pemeinfc^ftlit^
3ufammentoirfen jur ßraclung einer toollen c^rifüidben SHeligion^frei^eit im SRorgcnlanbe
bei ben @ro^ntäci^tcn nicpt ba^ geipünfc^te @ntgegenIommen gefunben ^e, legte ^ebn4f
6 ffiill^elnt IV. in einer ©tjejiolmiffion Sunfen« an bie Äönigin öon SngUnw bem Qt^
bifd^of ^on Santerbur^ unb bem 93ifc^of Don Sonbon, ald bem i^aupt ber oudH^ortigen
anglifanifc^ ©emcinben, ben $Ian jur gcmeinfamen ©rrid^tung unb Slu^ftattung etned
))rotcftantif(i^en Si^tum« in 3>^nifalem t)or, um eine einl^eitlic^e Vertretung bc« ^roteftam
tt^mu^ unter bem Sd^u^e ßnglanb^ unb $reu|end, biefer beiben möc^ttgjten Staaten bcd
10 protcftantijd^en 6urot)aö, im gelobten fianbe ju ermöglichen. 6« jollte babei ber preufeifc^
Sanbe^ürd^e „eine jc^loefterli^e Stellung" neben ber englifc^^ eingeräumt toerben. 2)ie
l^ol^c ©eiftlid^feit ßnglanb« ging fe^r bereitwillig auf ben Sorfd^Iag ein. ^nbed fafete fie
öon 3lnfana an ben Rh^^* '^^ h^ [tiftenben Si^tum« unter emem Don bem preuftfc^
zt^vai berfcpiebenen (ä^d^tdpunlt auf, inbem fte l^offte, barin erften^ eine Der^ei|ungdlH>lIc
16 gentralftätte für bie ÜJcij|ion unter ^^rael, unb jtoeiten« eine tJ^^atfäd^Iid^e Xnboi^ung |u
einer Union jtoifc^en ber englifc^en unb beutfqen Äirc^e über bem ®rabe bed @rlöfer^
crblidfen ju bürfen. ^n bem Don i^m Deröffentlic^ten ©tatement \pxadf ber ©rjibifcH
fogar bie ßrioartung au«, bafe bie neue Stiftung ben SBJeg bal^nen toerbe )u einer toejent--
liqen (Sinl^eit of discipline as well as of doctrine between our own Church and
20 the less perfectly constituted of the Protestant Churches of Europa.
Die Dotation be« 33i«tum« toarb auf 30,000 5Pfb. Sterl. feftgefe^, um bem »Mof
ein jö^rlic^eg ginlommen Don 1200 ^fb. ju fiesem. SQ3%enb @nglanb bie Sefc^offung
ber §älfte biefer Summe burc^ eine allgemeine Sammlung übernahm, befttmmte bie
preufeifc^e Stiftung^urlunbe Dom (». Se^jt. 1841 ein Kapital Don 15000 $fb. für bie
25 aiuöftattung in ber 2Beife, ba^ fie junäd^ft jö^rlic^ bie ^m]m baDon mit 600 ?Jfb. )ur
aSerfügung ftellte. Der 33ifc^of foHte obtoed^felnb Don ben Äronen Don (gnglanb unb
^JJJreufeen ernannt toerben. 3n Slnfei^ung ber Don $reu^en ©mannten bel^elt jeboc^ ba
^i^rima« Don ©nglanb ba« unbebingtc SRed^t be« 3Seto. ^m toeitem h>ar bo« Si^tum
burc^ mt> burc^ ein 93i«tum ber Dereinigten Jlirc^e Don @ng(anb unb ^tlanb, tpeU^e« ba«
30 unDmürjte ©ejpräge bc« anglilanifd^en $artilulari«mu« an [\d) trug. 8i« bie fiofalDer^-
niffe be«jelbcn eine ©eftaltung gewönnen, bie eine anbere Slnorbnung ipünfc^bar erfd^Kinen
lic^c, toar ber Stfrij^of bem ßr^bifc^of Don ganterbur^ al« feinem 3Dletro})oliten untere
tüorfcn. Seine Oeridj^t^barfeit, toelc^e fic^ für einftroeilen au^er über 5ßaläftina aut^
über bie ©Dangelifc^en im übrigen Serien, in ßl^albäa, 2(g^pten,unb äbeffinien erftretftc,
36 rid)tete fic^, fo toeit möglich, nad^ ben ©efe^en, Ganone« unb Übungen ber Rvcd^ 6ngs
lanb«. 9lur mit SintDiQigung be« ^Metropoliten toar er befugt, nad^ ben eigentümlich
Sebürfniffen feine« Sprengel« befonbere Segeln aufjufteHen. Um ber Vereinbarung bie
oberl^o^eitlid^e ©enel^migung be« Btaatt^ ju fiebern, toarb eine ^ariament«afte ertirirft
(5. Oft. 1841), Dermöge beren für ein frembe« 2anb bie gnftitution unb Äonfefcation
40 aud; eine« 93ifd^of« al« ftatt^aft erflärt tourbe, ber nid^t nottoenbig Untert^an ber brit»
tifc^en Ärone fein mufete, infotoeit toeber ber Äronc ben §ulbigung«eib, noc^ bem grj^
bifd^of ben gib be« ©c^orfam« ju (eiften ^atte, ^inloicber aber ebenfoh)enig ben Don i^^m
getoeii^ten Diafonen unb ^rieftem ba« SRed^t ju a[mt«funftionen in ©nglanb unb ^xlanh
jufjjrec^n tonnte.
46 Über bie Stellung ber Deutfc^=®DangeIifd^en, bie fic^ feiner 3uri«biftion untertoerfen
looUten, galten teil« nac^ bem Statement Dom 9. Dejemfter 1841, teil« nad^ ben STOobe^
fitationen, toeldj^e bicfe« SleguIatiD burc^ beit erjbifc^^öflic^en ©riafe Dom 18. 3uni unb bie
Vrcufeifdfie Äabinet«orbre Dom 28. IJuni 1842 erfuhr, folgenbe Seftimmungen : 1. Der
Sifc^of tüirb bie beutfc^cn ©emeinben in feinen Sc^u^ nej^men unb il^nen allen in feiner
60 stacht fte^enbcn 93eiftanb leiften ; 2. bie Seelforge unter ibnen toirb burc^ beutfc^ GJeifis
lic^e geübt, toeld^e j\u bem ßnbc bem 33ifd;of ein 3^0"^^ bon Iomt)etenter SSel^örbe über
SBanbel unb Dualififation für ba« Slmt Dortoeifen, nac^ einer Don il^m Dor^enommencn
Prüfung unb auf bie Unterfc^rift ber brei ölumenif^en Symbole bie Drbmation nad^
cnglifc^em iRitual em^jfangen, unb il^m ben 6ib be« fir(^enorbnung«mä|igen ©el^orfam«
66 Iciften ; :>. bie Siturgie ift eine Dom '^JSrima« forgfältig geprüfte, entnommen au« ben in
^^reu^en firc^Iic^) rezipierten Siturgieen ; 4. ben SWitu« ber ^Konfirmation DoDgiel^t ber Sifc^of
an ben beutfd^en Äatec^umcnen nac^ anglifanifd^er JVorm.
^iemit ^tte i^reu^en fic^ in aßen rein firc^Iid^en fragen ber englifc^^ Jpoc^firc^
gegenüber |;u toa^r^aft bemütigenben Äonjeffionen ^erbeigelaffen. Äein Säunber alfo, bofe
(X) ba« gutgemeinte Untemel^men bei feinem ßnlfte^en in toeiten Äreifen, Dorab bei ber
dentfalem, »'mnm ®t 3fafo( 695
ÜJtcl^rjal^I ber (S\)angclifci^m tu ®eutjc^Ionb, ber ©c^tocij unb in granfrcid^, aber, freilid;
au^ anberen SKotibcn, a\xd) bei Äat^olifen unb ^ujct^iten, eine unöünftiße aufnähme fanb.
3)er erfte, tocld^er md) Slble^nung bei^ ^ri^nber« D. 9Jl'6auI ben ncubearünbetcn
33ifc^of!gftul^I beftieg, toor ber jübifd^e Äonbertit D. 5KicbaeI Bai Sllejanber, 5ßrofeffor ber
l^cbräifd^en unb rabbinifd^en fiitteratur am Äing^sgoDege ju Sonbon, geb. 1799 ju ©c^öus 6
laufe in 'ilJofen. 5Kitfamt grau unb Äinbem l^ielt ber firdj^Iic^e SBürbenträger am
21. Januar 1842 feinen Sinjug in ^erufalem. Der ^Pforte tourbe er Jtgnalijiert ate ein
(gnglänber bon SRang, afö ein ^ölj^erer ©eiftlic^er ber englifd^en Äird^e, angetoiefen, über
bereu ÜJlitgliebcr ober il^r bertoanbte ^emblinge eine geiftlic^e Oberauffic^t ju fül^ren.
35amalg hjirften aufeer ein paax norbamerilanifd^en 93oten nur Slicola^fon mit bier lo
©el^ilfen bon ber englifc^^Iirc^Iid^en SWiRion^efeHfc^aft, bereit« im Sefi^ eine« jum Sau
einer Äirdbe beftimmten ©runbfttidf« auf 3^on. gwbenc^riftüc^e JJamilien fanben fid^ erft
brei bor. — älejanber ftarb fc^on am 23.9lobember 1845 nal^e bei ßairo in berSBüfte.
3^ni folgte ©amuel ®obat bon Gr^mine« im bemifc^en ^ura, getoefener 3Riffionar in äbeffi«
nien (f. »b VI ©. 738—740). i6
Unter feiner 9legierung«jeit jeigte fid^ fdbon beutlid^, ba^ ba« engKfd^^beutfd^e Si«tum
eine unl^altbare SSerbinbung toar. Die beutfd^e ©emeinbe erftarfte bebeutenb. $^^r 3Bad^«s
tum Inüj)fte fw^ an bie Slrbeit auf bem ®ebiet ber Siebe^tl^ätigfeit unb ber ©d^ule. ^m
Sa^re 1851 errichtete %f). gücbner in ^i^^k"^ eine ©tation ber Äaifer«h)ert]j;er Diafo^
niffen. Die ©c^toeftem leiteten ein Äranfenl^au« unb eine 6niel^un^«anftalt für 3Käbcl^en. so
3n bemfelben ^af)xc tourbe, toenn auc^ nur ^jrobiforifd^, am Difllontffenl^aufe ein beutfc^er
©eiftlid^er, 5ßaftor SSalentiner angeftettt. ©iW^of ®obat berjic^tete auf beffen bertrog«-
mäßige SKeorbination nac^ anglilanifc^em SHitu«. 9Jeben ben Jtaifer^toertl^er Dialoniflen
mürbe im S^^re 1858 ber 3lof?anniterorben in ^^^^f^I^'" toirifam. (gr übernahm ba«
fd^on früher bort gegrünbete $ofpij. §ier richtete ber bamalige beutfd^e 5ßaftor ^offmann, 25
ber 3^ac^foIger SSalentiner«, bie erften felbftänbigen beutfd^en ®otte«bien[te ein, h)%enb
bi« bafiin bie Deulfc^en auf bie 5Kitbenü^ung ber englifd^ Äirc^e angetüiefen toaren.
Dod^ toar ba« nur ein Slotbe^elf. Da« SSerlangen nac^ einem eigenen beutfd^en ®otte«-
F^aufe maä)U fid^ immer mel^ geltenb. 3>"*>^^ h>ar ein $Ia^ fc^toer ju befd^affen. "Slan
rid^tete feine Slugen auf ba« $errain, too ber goiSianniterorben früljier feinen ©i§ gehabt ao
^atte. Da« ftanb teiltoeife al« türfifc^e« ©tiftung«gut (SBafuf) unter ber Serfügung be«
©ultan«. ^m ^al^re 1869 fc^enfte ber ©uüan ben ^pia^j bem Röni^ SBil^elm I.; ber
bamalige Äron))rinj ^iebric^ SBil^lm fonnte bei ©elegen^ett fetner Sletfe nad^ 5ßaläftina
am 7. 5iot)ember 1869 bon bem 5pia$ für bie Ärone ^reu^en 85efi$ nel^imen. Dort
tourbe 1871 borläufig eine Äa))eIIe für bie beutfd^e ®emeinbe errichtet. 86
^njtoifd^en toar auc^ numerifc^ bie beutfd^e ®emeinbe fel^r geh)ad^fen. ^atte ®obat
bei feinem amt«antritt in ^läftina leinen eimigen ^roteftanten angetroffen, fo jöl^Ite
1875 bie beutfc^ ©emeinbe bereit« 200 9Jhtglieber. ßin 2:eil ber 1868 unb 1869
nac^ ^aläftina au«gen)anberten 2:em>)ler fc^lofe ft^ ebenfatt« ber beutfd^en ®emeinbe an.
Unter folc^en SSer^ättniffen toar ber 3wfötnmen^ng mit ber cnglifc^en ®emeinbe 4o
balb nur nod^ ein äußerlicher. 9?ur bie beutfd^freunblid^e ?PerfönIid^ieit be« frommen
Sifd^of« ®obat Dcrbedfte bie fd^on toorl^anbene a^rennung. Der nac^ bem lobe be«felben
1879 Don ßnglanb ernannte 5?ac^foIger ®obat«, Dr. Sarla^, ftellte ftc^ nur nod^ amtlich
i^u ben Deutfc^en. 6r ftarb ober bereit« am 22. Dftober 1881. Qie^t toar an Deutfc^=
lanb bie 9lei|>e ber ©mennung. Die jtoifd^en Deutfd^Ianb unb 6nglanb über bie SBieber^ 46
befe^ung be« S3i«tum« get)fIogenen Serl^anblungen fül^rten jur Sluf^ebung be« SSertrag«
bon 1841. 5JamentUc^ bie Seftimmung be« Vertrag«, baß ber beutf^e Sifc^of bie
39 3trttfel unterfc^reiben unb fid^ nac^ anglifanifc^em SRitu« orbinieren laffen müßte,
bercn 2luf^ebung Deutfd^Ianb verlangte, ©nglanb aber ablehnte, toar e«, bie ben legten
®runb für bie 9luf Hebung be« Vertrag« abgab. 2(m 3. 5Wobember 1886 boHjog Äaifer w
SBil^elm bie Aufhebung.
Da« beutfc^e Äirc^^entoefen in S^^^f^I«"^ lourbe burc^ bie ©rric^tung ber !3erufalem=
ftiftung im ^af)x^ 1889 felbftänbig georbnet. Die ßinioeil^ung ber neuen beutf^en Äird^e
in ®egenh)art be« beutfc^en Äaifer« am 31. Dftober 1898 bilbet einen ^öpej^unft für
bie ©nttoidtelung ber beutfd^en ebangelifc^en Äird^e im l^eUigen Sanbe. ^
{mUx t) V4 V^e«er.
^fetttfaltm, ^ol^ann griebric^ SBJil^elm, gefi. 1789. — ScIbftblogralJ^le, ab*
gebrucft in ben „92a(^gelaffenen ©cbriften", S3raunf4tDef g 1793 ; S)5ring, S)ie beutf^en ftan^el«
rebner be« 18. unb 19. Sa^r^unbert«, 92euftabt a. 0. 1830; ^ier aucf ein Ser^eic^nt« feiner eo
696 3erttfttlem, 3. %x. SB.
Scöviflcn; efc^cnbuiö in b. SDeutfcft. SHonotöidn-. 1791, VI, 6. 132 ff.; 93our, fdehenü^emalU
bcnltüürbiQer ^crfonen V, @. 401; ^oöcnbacö, SSodcfungcn über bicÄ® bcö 18. u. 19. S^brö.
3. SlufL I, 6. 351 ff.; Äolberoei) in bcr 3^^^ 1869 @.530; möcnmann in bcx «böXIII.
1881, @. 779.
6 ^o^ann ^ebric^ SBJil^cInx 3^ölcm, einer bcr audgejeid^netflen "Sfyolo^üm unb
praltifd^en X^eologen bc^ tjorigen Sa^r^unbertö, mithin oud? einer ber toürbigficn iRf-
pröfentonten ber jcne^ S^^'^'^wnbert c^arofterifterenbcn SRid^tunö, ift geboren ben 22. 9Jo=
tjember 1709 m D^nabrüdf, h)0 fein SJater bie ©teUe eine« erften ?ßrebigerd unb ©utw^
intenbenten belleibete. Slac^bem er in ben ©d^ulen feiner 3Saterftabt ben ®runb gu feinen
10 ©tubien gelegt ^atte, begog er 1727 (nid^t 1724, h)ie in ber 2. Slufl. biefc« SQäcrt« ober
1726, tote in ber SlbSB gefagt ift) bie Unitjerfttöt 2eij)jig, um bort fid^ bcr 2^coIogic
5U loibmen. ^uxd) ©ottfd^eb toorb er in bie SBolfifd^e H5^ilofo})^ic cingcfü^; in bcr
Xl^eologie berbanite er ba« 3Reifte beni ©elbftftubium. SRad^bem er in Scij)jig bie SKagiflcri
tüürbe erholten, begab er fid^ nod^ £el;ben, too ©d^ultcn«, S3urmann, 3Ruf(pcnbroef feine
16 Seigrer toaren. ^m §aag t)crfal^ er eine ^^\t long bie ©tcttc eine« ^Prcbigcre an bcr
bortigen beutfd^en Äirc^c. ©obann begleitete er jtoei junge ßbellcutc ate ^ofmciftct nacb
®öttingen unb mad^te bann nod^ eine Steife nac^ Snglanb mit einem längeren äufcnt^
l^alte in Sonbon. S)ic Selanntf^aft mit3Wännem ber berfd^iebenen fir^Iic^w Slid^tungen,
in beren SBefcn er ba« ®ute unb 3:üd^tige mit richtigem Slidf ^erau^jupnbcn unb ju
20 hmrbigcn t)er[tanb, toirlte vorteilhaft auf feine für atte« ®ute unb ®ble cnH)fängIi(^c @e=
finnung. 3Rit bem Slu^brud^ bc« fd^Ieftfd^en Äriege« betrat er ben batcrlänbif^cn Soben
toieber unb nad;bem er eine R^xt lang eine ^^au^Iel^rerftette in ßannober bcHcibct^ toarb
er .§ofl)rebiger be« ßji^Jögö Äarl bon 33raunfd^toeig in SBolfcnbüttel unb ©rjie^cr bon
beffen fiebeniä^rigem^rmjen(bem nad^mate afegelb^err berüf^mt getoorbenen Rarl 3Bi%lm
26 gerbinanb). Slad^bem er biefe« Slmt im ©ommcr 1742 angetreten, tourbc er im folgen^
ben :5a^re ^roj)ft ber beiben braunfd^ioeigifd^en Älöfter ©t. Gruci« unb ägibii, bann im
Sa^r 1749 2lbt bon SRarientl^al unb 1752 äbt be« Älofter« SRibbag^^ufen in ber9?ä^
t)on Sraunfc^ioeig. 2luö ainJ^änglid^feit an baö braunfd^ioeigifd^e §au« IcJinte er ben Stuf
ab, ber an i^n erging, Äanjier ber Unitjcrfttöt ®öttingen ju toerben. S)afür toorb er
30 1771 }um 93ijet)räftbenten be« Äonftftorium« in SBoIfenbüttel ernannt. Sin gartet ©d^lag
traf i^n am 2lbenb feine« Seben«, ba fein ^offnung«t)oKer ©ol^n, ber gu 9Be|lar al«
9lec^t«ipraftifant fungierte, ftd^ in einem SlnfaK bon ©c|h)crmut benS^ob mit eigener §anb
gab (29.;30. Cftober 1772, fie^e 3Kinor äbS3 XIII ©. 783 f.). »clanntlid^ l^aben bie
äußern SBerumftänbungen biefer ©elbftcntleibung ®oct^e bie ^rben geliel(^cn bei ber3)ic^
35 tung feiner „geiben be« jungen SBäcrt^er". — ^erufalem ftarb l^od^betagt ben 2. ©e^-
tember 1789. ^n ber ßoffirc^e toarb i^m bon ber §erjogin SKutter, einer ©d^toefter
^iebric^« b. ®r., ein ^enfmal errichtet. 3Ba« S^^^l^*"^ lirc^lid^c unb tj^cologifc^
SBirffamleit betrifft, fo mad^te er fid^ gunäift um fein engere« SSaterlanb berbient burc^
®rünbung einer l^ö^eren Se^ranftalt, be« Äarolinum« in Sraunfd^tocig unb burd^ eine
40 berftänbigc Drganifation be« älrmenioefen« bafelbft. 2luc^ auf bie Silbung ange^enbcr
®ciftlid^cn ^at er förbemb eingeioirft. 2)en fittlid^cn ®runbfä^en be« ß^riftcntuni« üon
-Ö^i^n 5"0^t^«n unb t)on innigfter ß^rfurc^t gegen ba« burc^brungen, toa« i^m „Sleli-
gion" I;ie6, ging fein ©treben ebenfoloo^I babin, ba« aSefentlic^e biefer Steligion gegen
bie Singriffe be« Unglauben« ju t)crteibigen, al« an ber ©tcKe ber alten, öielcn unbcts
16 ftänblid^ geworbenen Drtl^obojie, ^clle, ber Vernunft einleuc^tenbe SSegriffe über bie gött-
lid^en 2)inge unb i^re Offenbarung ju Verbreiten. (Sr ^ulbigte fonad^ oHerbing« bi« auf
einen getoiffcn ®rab ber Slufflärung be« So^J^l^unbert«, bon ber er fid^ für ba« }}raftif4i«
6l;riftentum bie gefegnctftcn grüc^te t)erf jjrad; ; o^ne fic^ bom ©trome berjelben ju ben
(Sjtremcn be« 9lationali«mu« fortreiten gu laffen. ©ein bebeutenbfte« SBerl, ba« auc^ in
öo bie meiften neueren 'Bpxadjm überfe^t unb noc^ gu Slnfang biefe« S^^^^wJ^i^^^ biclfac^
^ur 2lt)ologeti! benu^t loorben ift, finb feine „Betrachtungen über bie bomc^mftcn SBa^r^
leiten ber )Heligion", bie er auf Slnregung feine« el^emafigen ä^ßlinö^/ b^ Srbl)rinjen
bon Söraunfc^toeig, berfafete (öraunfdfiloeig 1768—1779, 1785, 1795, II). äud^ al«
^rcbiger nimmt ^i^rufalem eine nic^t unbebeutenbe ©teile ein. 6r fc^lofe ftd^ in bcr ^0-
65 milctifd)cn TlcÜ)oht an 3Ko«l^eim an, unb inbem er feinen ®efd^madE biclfad^ burd^ ben
Umgang mit ber neueren, audb au«h)ärtigen Sitteratur gebilbet l^atte, lonntc er aud^ in
ber geijtlid;cn Stcbc ben d^riftlid^en SBabr^citen einen eblercn, gcbilbetcren 3lu«brud, al«
c« ben meiften feiner 3^'itgenoffen t)ergönnt toar, geben. 6« ift toeniger l)ie 3Raö^i ber
Stebc unb bie Driginautät ber ©ebanfen, al« eine getoiffe Älar^eit unb ©infad^^eit, toelc^e
60 feine 55orträge au«geidfinct. Slufecr ben beiben ©ammlungen t)on ^rebigten (SBraunfd^toeig
^[erufalem, ^. %t. 3&. ^ferufalem, Matriarchat 697
1715— 175:J, 3. 2(uf(., 1788, 1789) fmb aud^ cinjelnc gebrucft Iporbcn. (gin i5crjeidbm^
feiner übrigen Schriften fie^e bei ^Jöring ©. 153 ff. $age«ia«^ t (*a«if).
^ufalem, Matriarchat, feit 451. — S)an. ^apcbrocft, Tractatus de episcopis et
patiiarchis s. HieroBolymitanae ecclesiae (^rolegomena ju Acta Sanct. Maj. t. III, 1G80);
reicht biö 1187, (cnüftf)nt bed rocitercn no(^ ben $alrlard)cn i^ajaruä, 14. Sa^rfe. (Sin crftcr 6
fritifd)cr SSerJud)); AooldecK, $atr. üon Seruf. f 1707, IhQi kov h "[f(>ooo/.vfiot^ jxaioiaQ'
/jrodvToy (tjerauÄfleg. üon feinem ^iodjfolger XQroavdth;, S3nfarcfl 1715. @. b. ST. 3)ofit^enö
lion $f)il. •imel)er, 53b V; auc^ ^attenbuf*, SSeral. StonfeiftonSfnnbc I. 8. 286, 9lnm. 1 —
id) vcrbanlc e§ ^errn .^onfiftoriolrat 3Äct)er, baß id) bag SBerl felbft ^abe fenncn (einen
fi)nnen, cS reidjt bi^ auf bie ^ti\ bc§ 2)Df. lierob unb ift bcfonberä in ben legten Partien lo
lüic^tig burd) uiel fonfreteS SWaterial. 3i"" @d)lu6 eine üoUftänbige ^ifdjoj^* iinb ^atriar*
d)cn(iftc bi^ auf bie3eit bcS5Serf§); ©elnecciuS. ^bbilbung b. allen unb neuen grled). Äircfte,
1711, fpcjien Slnl)ang, @. 61 f.; Le Quien, Oriens christianus, tom. III, 1740, pag. 101 ff.
(benüft bereite ba^ 5Serf beö 3)ofit^eu§ unb rei(öt bi§ jum jweiten ^^acftfolgev be^felben,
'JD{i(att)eo3, ber 1733 ^atviarc^ rourbe. 99ei weitem bid^er ba^ n)iffenfd)aftli4 ipevtuoaftc Q^e* 15
jQmtioerf. 9?ad) ber ©efcftidjte be§ „Patriarchatus", 6.101—528, be^anbclt 2t Ouien au(^
nod) bic ©ifdiDf%fd)id)te ber brei Provinciae, bie baö ^Jatriarcfiat befa&t, 6. 529—784. ^er»
nad) folgt nocft eine ©efc^icftte beS Patriarch. Hierosol. ritus latini; @. 1241 ff.); 3BiItfd),
.^lanbbud) b. fird)I. ®eogr. n. ©tatiftif, 2 93be, 1846, passim; ©ilbernagl, SSerfaffung unb
gegentüört. 3ttftanb fömtt. Äircften b. Oriente 1865, passim; Scrnfalem alS Matriarchat, (Ju* 2u
i'tobic unb (Jr^bi^Stum, üKünd)ener bift.-polit. S3I«ttcr 1858, 93b XLI. @. 193 ff., 277 ff., 365 ff.;
Viiilhe, L'erection du patriarcat de .Jerusalem, 451, Eevue de FOrient chr^t. 1899, 8.44ff.;
berjclbe, Repertoire alphab^tique des monastbres de Palestine. Ib. 1890, @. 512 ff., 1900,
8. 19 ff. (nocö nidjt abgefd)Iüffcn, n)ifl nur bi§ jum 10. Qabrt). gcöen); ^. ©utfte, 2)ie griec^.»
inttjoboje ^ird)c im ftl. ilanbe 8^?® 93b XII, 1889, 8. 81 ff. (befjanbelt befonberö bie neuere 25
3eit, übrigens auf ®vunb üon 9B. 9?. ^itrottjo, 5). ortt). ©taube im 6- fianbe, rufpfcft, er-
|d)ienen im 8bornif I, 1881. 3^*^^^'* it)irb aucft nocft eine neuere 84rift eine« griecft. $:^cü«
logen; 7o>;vo(>/o;, "^iFnnookvfuag rJTOt fJtiTOfWi: ioioQia rijg äyiag noXecog *Ieg. djio rijg öf-
inAunoFOK avrfjg fwg uov veoTciTtov xQovcor, S^ruf., 3)rucferei bcö ^I. ©rabeö, 1862). —
8pC(^iene Süteratur bei ben einzelnen 9lbf(önitten. 30
Serufalem ift aud^ für bie ß^riften^eit bie „l^eiligeStabt" geblieben, aber e« f^at nie
irgenbiüie eine ma^gebenbe ©teKung in i^r eingenommen. Äeiner ber großen 2^eoIogen
^at bort getoirlt ober ift aud^ nur bort geboren, leine ber ba^nbred^enbcn j^ierard^ifien
^^erfönlidfifeiten ^ot bort i^ren ©i^ gei^obt, leine ber maßgebenden bogmotifc^en Sntfdpei^
bungen ift bon bort ausgegangen. @S ift immerhin borauf ju berloeifen, bafe nad^ aDersö
aSa^rfd^einlic^Ieit baS fog. Slic^ilonft. ©l^mbol, baS eingigc toirflid^ ömmcnif^e, biejenige
gorm beS Saufbefenntniffe« rel)räfentiert, toelc^e jur 3«t be« ß^rill in ^erufalem ge*
gölten f)at. 2lber e« fd^eint ein S^\aü, bajj baS iJofalfbmboI ber f^eil. ©tabt biefe ^iftorifc^
bebcutfame ©teHung belommen i}at S)a6 eS im §inblitf barauf, baß eS eben in Seruf.
gelte, mit überragenbem 2lnfel^en au^eftattet toorben fei, ift minbeftenS nid^t ju betoeifen 40
unb, fotoeit man ben ©ad^t)er^alt überl(^au^t erlennen !ann, nic^t iDaWc^^^i^'i^- (®- i><*^
9Jäl^ere in 31. „ilonft. ©l^mbol"). ®an*Jurüdgetreten ift bie ©tabt bod^ auc^ nicf)t. ©ie
hat einjelne immerhin bemerlenStoerte 9Känner ^ertjorgebra^t. SKel^rere ©^noben t)on
Sebeutung finb bort gellten toorben. ^n ben Jlreujjügen toar ^tml ber ibeale 3JlitteU
\>mlt be« Sn^^J^^^^- älber freilief» nur al« baS Dbjelt, nid^t als baS ©ubjelt ber Slltionen. 46
Unb e^ l^at ate Ort nic^t gerabe biel bebeutet für baSjenige ®roße in tulturgefc^id^tlic^er
Sei^iel^ung, toaS jene (groberungSfal^rten bem Slbenblanbe gebracht ^aben. ^n ber @nU
ioirfelung ber ^ierarc^ifc^en Serfaffung ^at eS nid^t fel^r frü^, aber bod^ au^ nid^t auf=
fattenb ft)ät, eine fefte unb ^oc^angefe^ene ©teHe erlangt, aber baS ^atriard^at, baS in
i^ feit 451 einen ©i^ l^at, h?ar boc^ nie gu bergleidfien mit ben anbem ^Patriarchaten, w
nic^t einmal mit bem, auf beffen iloften eS gegrünbet tourbe unb baS fonft ben minbeften
einfluß auf bie ©cfc^ic^tc ber Äirc^e geübt, bem bon Slntiod^ia. @S giebt auc^ nid^t nur
ein gried^ifd^eS, fonbem auc^ ein lateinifd^eS unb armenifc^eS ^atriard^at bon ^erufalem.
I)aneben giebtS noc^^ einige SiStümer bort.
I. Die ©tabt ^atte i^re natürlid^e Sebeutung Verloren, ate lituS fte erobert unb 66
,^umal nad^^bem §abrian 136 auS if^r bie Aelia Capitolina gemadbt, in ber ^ubcn
überl^aui)t nid^t me^r toeilen burften. 3lte biefe neue, rein l^eibnifc^e ©tabt toar fte
Ijunäc^ft ol^e ein befonbereS ^ntereffe für bie Äirc^e. Aelia l^attc leine 3wfö"^^"^"=
^ängc unb Irabitionen, bie i^r einen ßigentoert berliei^en Ratten, ällmä^lic^, als
bie Sd^leier beS 33ergeffenS ftd^ bidbter lagerten über bem Srud^e, ber burc^ ^abrianSeo
Srulalifierung ber ^^ubenfc^aft mit ' offenbarem ©rfolg in ber (Sefd^id^tc ber ©tobt
unb ber d^riftlic^en ©emeinbe öon '^ttul l^erbeigefü^ Wax, nol^ bie nw^ ©emembe
698 dferufakm, ^atrtar^at
einiget toicbcr auf, toa^ i^r einen 3"ffli"n^^nl^an0 mit ber Urgcmctnbc fd^affen lonnte
unb toa^ fid^ in ber Srinnerung erhalten l^atte. 2)er alte '')lamt ber ©tobt toor nie
flan|\ untergegangen, er f^atte ftd^ im ©j)raci^gebraud^ nic^t auäöfd^cn (äffen, (^od^
tourbe er erft im 4. 3<^^^^w«bert toieber offij^iett.) S)ie „Sifd^o^Ufte" toutbe toie
6 eine einl^eitlid^e toieber^gefteßt. 2)o(^ morliert ßufebiu« au«brü(ni4 baj e^ M^XQ^ '^^
xard 'Adgiavöv "lovdaiayv jioXiogxiag n\xx iubend^riftlid^e Sifd^öfe inSerufalem gegewn
l^abe unb fett^er nur noc^ ^eibenc^riften, H. E. IV, 5. S)a« hmr eben ber funbotnentole
»rud^ in ber ©efd^id^te biefer ©emeinbe. ®^ beftel^t ®runb ju bem ©lauben, bafe bi^
auf „5Karcu«", ben erften Sifc^of au« ben Reiben, bie ©emeinbeleitung in gerufolem,
10 njie immer organiflert (toa^rfc^einlic^ noc^ niit ftreng monardjfifd^) in ber ^milte 3^«
geni^t ^atte. ^n ber UnterfteÜung unter btefe n>ar man getoi^, bog ®rbe ber „Se^"
ed^t gu beftfcen unb ju betoa^ren. S)iefe bor^abrianifd^e ©emeinbe toar nid^t ebtonitifi^
(ßufebiuö glaubt ba« berftc^em ju lönnen unb e« ift ganj glaubl^aft), aber fte bctoegte ft^
noc^ in jübifc^en ©runbformen be« 2eben«. ?IJlit ber Srfe^ung 3^ölem« bur^ bie
15 laiferlic^e ©rünbung t)on 3(Iia ^at bie ©efamtfirc^e getpijj einen @(^a^ no^ ntc^t ge^
bud^ter ®injelerinnerungen au« ber 3^^^ 3^w unb ber Ura})ofteI öerioren. 3}tenet(^t b^
aud^ — benn auc^ ^ier ^^aben nic^t nur menfd[^Ii(^e SKäd^te gehaltet, fonbcm auid^ ein
göttlicher SBiße — ift mand^e Serfud^ung für bie ^olgegeit ber «irc^e obgefd^nttten toorben,
inbem bie 3Serh)anbten 3«fu, bejh). bie ed^te, tpirllid^e „Urgemeinbe" ou« ber lebenbtgen
20 @efd^i(^te au^gefc^altet h)urbe.
35gl. für biefe erfte ^eriobe im allgemeinen ettoa bie ©djfilberung ber bamoltgen
iübifd^en ^uftänbe bei ©^ürer, ®efd^. b. jüb. SSolfe« im Zeitalter 3efu 6^r. 1% 1890,
S. 242 ff. ^mer ©d^latter, S)ie Äirc^e ^erufalem« bom ^ai)x^ 70—130 (Seiträge .^ur
görberung c^r. a:^eol. t)on ©(glatter unb ßremer, II, 3, 1898). Se^terer befd^öftigt fic^
26 mit ber Sifte ber ältcften 93if(^öfe, berjenigen, bie bi« jur ©rünbung öon Aelia Capito-
lina reid^t unb bie in ben un« jugänglic^en Duellen fünfjel^n SRamen befafet, (5Ramen,
beren fjorm nid^t ganj übereinftimmenb überliefert ift, bie ftc^ aber bod^ ofö tbentifd^ er-
tücifen). Die jerufalemifc^e 35ifd^of«lifte bi« gegen 300 ift burd& ©ufebiu« in ber Ätn^-
gef4)id^te unb im S^roniton, ferner bei @))i^l^aniu« erhalten, ^it i^ l^ot ftc^ ouc^ ^ar^
sonatf, 3)ie g^ronologie b. altd()riftl. 2itt. bi« Sufebiu«, I, 1897, ©. 129 ff. unb 218 ff.
befaßt, ©(glatter in einem früheren Stuffa^, 2). gl^ronograj)^ au« bem 10. 3^^ *"'
tonin« (in %. u. U. t)on $amatf unb ®eb|arbt, XII, 1, 1894), ^atte für @l)^^iu«
eine eigene Duelle lonjigiert. ,§amad unb neuerbing« auc^ 3^"^ ®i^ 99tfd^of«lifte bon
Serufatem (^Jorfd^ungen gur ®efd^. be« Äanon« 2C. VI, 1900, ©. 281 ff.) h>iberfi)ret^,
86 toie mir fd^eint, bur4>au« ftegreid^ : (Spipf). I^ängt bon ber ß^roni! be« Sufeb ob. ©uf.
feinerfeit« |at feine SRotijen birelt au« bem jerufalemifc^en ©emeinbeard^iö befommcn, 3Dlir
ift nur glaubhaft, bafe ©djilatter mit Siecht in ben fünfge^n 9Jamen ber „iubenc^riftttc^en"
6j)i«Io}}en, bon benen @ufebiu« eigen« bcieugt, ba& er fte i^ iyyqdtpcov ^abe (R, E. IV,
5, 2), feine eigentli^en 2)iabo(^en, h)ie ©uf. (ber ftc^ nur monar^^ifd^e 99if(^öfe öorfteDen
40 fonnte, unD h)ie t)ielteid^t aud^ fd^on ber lenor ber arc^ibalifc^en SRotigen bie i^m über=
mittett toorben), fonbem jum Steil gteid^ijeitige 3Känner, eine alte 5ßre«b^terlifte, fte^t 3a^n
bietet getoife bead^ten«n)erte ©egenargumente. aber er mufe barauf relurrieren, bafe9lamen
t)on Sifd^öfcn nal^e gelegener Orte mit benen bon ^^ntfolem ^ier 5ufammengefa|t feien
Umgele^rt möchte id^ beulen, bafe nic^t toirllic^ aDe 9Jamen ber älteften jerufalemifc^ ^re«s
45 b^tcr ftc^ erhalten gehabt, fonbem nur bie ber notabeleren unter ibnen. ©c^latter« ©ebonle,
bafe toir e« l^ier mit ben 9?amen t)on 9Serh)anbten 3efu, bie in leitenber ©tettung geblieben,
ju tl^un l^ätten, ift an ben Duellen nid^t ju betoä^ren, finbet in i^nen fogar getoiffe
©d^lDierigfeitcn, bie 3^'^'^ barlegt: aUetn jener ©ebanle ^at bot^ au« allgemeinen ßr^
Tagungen über bie jübifd^e 9lrt, ftc^ ber ©emeinbetrabitionen ju bergeh)iffem, etnjo« für fU^.
50 SBäie ©c^latter im ein]\elnen bie ?Ramen beleuchtet, mit neuteftamentlic^en Slomen in Ser^
binbung bringt 2c., ba« ift auc^ für mid^ freiließ ju j)l^antafieboll, um i^m irgenbtoo jur
©eite ju treten unb me^r al« allenfall« eine „5!Köglic|feit" jujugeben. 33gl. ouc^ ©d^ürer«
Äritif, 2:^23 1899, 234 f.
3öa« bie fog. Glementinen über bie ©tellung be« ^afobu«, be« ©ruber« be« .^erm,
55 al« aSorftc^er ber ©emeinbe p ^«'^Iflkw, ber i^ugleid^ eine Slrt Dberbifd^of ber ganjcn
Äirdbc getDcfen, borau«fefeen, barf auf fic^ berufen...
Unter ben ^^^eibendjriftlid^en" Sifc^öfen bon iälia=3<^fök"» ^^^ ^f 3"*>^<*If w"*^
bem ba« ^atriard^at gegrünbet tourbe, ^aben folgenbe ein größere« l^iftortfd^e« gntereffe.
1. 9?arciffu«. (Suf. nennt il^n jiaga noXkoig eloixi vvv ßeßorifdvog V, 12. @r blühte
o<) unter Gommobu«, ib. 22, unb trat in ben Dfterftreitigfeiten al« ein ^w%t für bie Hein*
(^iifafem, Matriarchat 6»9
afiatifd;c ©itte ^crtoor, ib. 25. SBcgen einer Asn^rj diaßokrj, bie 6uJ. n\d)t näl^et be«
Heic^nct, trot er bon feinem Slmt gurütf, VI, 9. ^od) blieb fein änbenlen ate eine«
äüunbcrtl^äter« fo lebenbig, berOIaube an feine ^eiligleit fo unerfd^üttert, bafe er, afe er
nad) ^ai}x^x\, tpä^renb beren er h igrjfjiiaig xal ä(pav€oiv dygöig gelebt ^attc, cooticq
i^ (ivaßifoaecog in ^eruf. toieberauftaud^te, ofebalb toieber jum Sif(^of getoö^It tüurbe, 5
ib. 10. (Sr tüurbe 116 gal^re olt unb l^atte in ber lefeten 3eit on 2. SUejonber (au«
Äaj)pabocien) einen „SKitbifd^of". Sluc^ biefer, beffen ©r^ebunß an bie ©eite be« 9larc.
burc^ „Offenbarungen" ju flanbe gelommen, gehört m ben notabelen SKännent auf bem
etu^I t)on Seruf., ib. 11, bgl. 29 unb 39. ®r gö^lte ju ben Sere^rem unb görbercm
be« Origene«, ib. 8 ; bon i^m tourbe bie-33ibliotl^eI ju 3^^]; begrünbet, bie 6uf. benüfete, 10
ib. 20. Unter S)eciu« ftarb er im ©eföngni«, ib. 39. ^erfönlid^ bon geringerer ©e*
beutung, ate 9?arc. unb älej., bo(^ afö ieilnel^mer am Ronjil ju 5Ricäa ju nennen, ifl
3. 5Dlacariu«. Unter i^m gefc^a^ bie „Äreujauffinbung". S3ei ©elafiu« bon ß^jilu«,
Hist. conc. Nie, ift bon i^m ein belenntni«artiger Sluffafe, ber bem ilonjil borgelegt
fein foD unb nid^t untoid^tig ift, b^)ft>afyct, f. fiattenbufd^, Sljioft. ©l^mbol I, 241. ©ein 15
9iac^foIger tbar 4. 3Wajimu«, eine ber ©tilgen be« ät^anaftu«. ©d^on unter i^m begann
^crbormtreten ber litterarifd& jtoeifello« berü^mtefte SSifc^of bon ^[erufalem, 5. 6^riD, ber
aSerfaffer ber Ratec^efen, geft. 386. ©. ben a. über ü}n in »bIV ©.381 ff.. Sin nic^t
geringe« 3"^^# bietet aud^ 6. ber in feiner SDäeife tüchtige unb c^arafterboBe ^o^anne«,
mit bem 394 Sj)i})l^aniu« unb §ieron^mu« in ©treit toegen be« Drigene« lamen. ©ie^e 20
ba^u ben 21. „Dri^enift. ©treitigfeiten". 3lod) unter i^m fd^lugen aud^ bie burd^ ^ße^
lagiu« erregten 3Btnen il^re SBeDen nad^ bem Dften; ©^nobe ju Seruf., 415; f. §efele,
Äonjiliengefd^. 11% 107 ff., aud^ ben 21. „^JJelagiu« unb bie pAaQ. ©treitigfeiten".
II. S)a« Äongil bon 9iicäa ]pxaß au«, bafe e« nac^ ber ovWj&eia xal TtagdSoaig
(Igyaia red^t fei, ben Sifd^of bon 2llia ju „e^ren". S)em entfj)red^enb erflärte e« in 20
can. 7, biefer Sifc^of folle „tfjv &xokov^iav xtlg ti/tirjg" l^aben ober bel^alten (ixerco),
Do(^ fotte ba« bem olxeiov ä^ico^a ber fjLYjXQonolig nid^t lu nahertreten. 211« lefetere
ift ol^ne ^\o^\\t\ ßäfarea berftanben. SBa« aber bem S3ifd^of bon älia, toenn er ooc^
biefem ©i^e unterfteittt blieb, in ber ©ad&e unter bem litel ber äxoXov&ia xfjg iijufjg
jugefjjrodfien tourbe, ift fc^toerlid^ nod^ beftimmt feftjufteflen. 3)ie griet^ifd^en Äanoniften, so
3onara«, Salfamon u. a. (f. SRaDi« unb ?ßotli«, Zvvxayfm xayv '&ei(ov xal Ieqwv
xav6vo)v, To/ti. ß\ ©.129 unb 132) bieten gönjlic^ un^iftorif c^e Sbeen ; aud^ bonabenb«
länbifc^^en ilanoniften toerben jum 3^eil l^altlofe ©j)efulationen geboten (f. barüber §efele
r, 403 ff.). Wx fc^eint bei genauer ©rtoögung ber 2tu«brürfe, ba| bem SJifc^of bon
2i(ia nid^t in feiner §eimat>)robing, tool^l aber auf einem (Sefamtfonjil toie eben bem bon 05
5Ricäa eine „ßl^rennac^folge" nämlid^ nad^ ben grojjen ©i^en bon Slfom, 2Uejanbria, 2lns
tioc^ia, jugeftanben toerben foDe. 3n j)robinjialen Sejiel^ungen fottte e« fein Setoenben
^aben mit ben „^eimifc^en" 9led^t«berl^ältniffen. ^erufalem toar eine befonbere ©tabt eben
nur im ibealen ©inn, für bie ©efamtlird^e unb barum ettoa auf einem ölumenifc^en Äonj^il.
gn 35etradf|t fam babei getoife befonber« bie SRüdfftc^t auf bie „^eil. Orte", bie eben ba^ 40
mal« bon allen ©eiten $itger ^eranjujiei^en begannen, ßufeb rebet bon ber ©tabt bereit«
ftet« toieber mit i^rem alten ^eiligen iKamen. @>)i^)^niu« nennt fie in feierlicher SBeife,
bie boc^ einer üblid^etoorbenen Siebe ju entf^red^en fd^eint, bie „?IJluttergemeinbe".
G« toar fe^r unßar gebadet, toenn man glaubte, einer (Smpfinbung, ba^ ^erufalem „ge^
c^rt" toerben muffe, in ber angegebenen 3Beife gerecht toerben ju lönnen. ®a« SJerl^ältni« 40
l\x (Säfarea toar fortab bodb naturgemäß geftört. 6« fam barauf an, ob in 3cnif<ilem
^^W^^^'^t tlMfeäftifl^ Sifcpöfe fafeen, ober fold^e, benen e« gleid^giltig toar, ben 95ifd;of
bon ßäfarea al« 5IRetroj)oliten über fid^ ju feigen. SKänner toie 3Rajimu« unb jumat
ßt^rin l^aben ftc^ möglid^ft felbft^errlid^ ber^alten. 35em ßt^riH trat 2lcaau« bon (Säfarea,
eine nid^t minber Iräftige ^erfönlid^feit, fd^lagfertig unb nic^t o^ne 6rfolg entgegen. 30- 60
^anne« toar' nad^giebiger mit Se^ug auf ba« olxeiov d^lcofm feine« 3Retroj)oliten. 2lber
e« beburfte nur einmal eine« unbeugfamen unb intriguenlunbigen 3Kanne« toie ^w^^^ol/
um gcrabe aud^ in ben „^eimifc^en" 33er^ältniffen eine Sl^renjteDung, ja in ft)ejifif(^em
3Jla&e eine ^räftbialftellung für ^txu], ju ertoirfen. 9iod^ in SRicäa lagen bie ^J^^agen
nadfi bem Stange ber S3ifc^öfe giemlic^ einfach, fte toaren ret^tlic^ nur erft toenig ent« 66
toicfelt. 6rft burd^ bie j)olitifd^e Drganifation be« Sleic^e«, bie S)ioItetian borgenommen,
toar bie Äirc^enberfaffung überl^au^jt in bie S3al^n geleitet toorben, bafe feft umfc^riebene
Gjjardbien unb S)iöcefen entftanben; erft je^t bilbete fic^ ber ®runbfa^, ba^ bie >)olititoe
öi)ar4ialbauj)tftabt ober /nrjTgojTokig and) fird^lid^ al«3}orort ju gelten ^te. Serufalem
blieb in ber eigentümlid^en Sage, ))olttifc^ gar feinen 9tang ju erl^alten. Slud^ a(d $0*9.
700 dferufaleni, Matriarchat
läfttna \)on unb nac^ 3ialm^ in mel^rete @onber))rot)m}en jericat tt)urbc, tDurbe cd ntcbt
aWetropoIe. 3n ^aläfttna I, tooju c« gerechnet tpurbe, Wieb gäfarea ber SJorort, in
^al. II tpar e§ ©cVt]^o>)oIi^ (©amaria), in ^ol. III, eine 5ßrobinj, bie erft im 5. 3a^*
l^unbert gebilbet tourbe, $etra. ©. 3- 3Karquarbt, Slöm. ©taat^ertoaltung I\ 425 ff.
5 unb 433 f. 3ia\tl)6 ®. 48 ^ebt ^ertjor, h)ie bie l^eil. ©tabt ba^eim je^t ret^tltd^ bie t>icrle
©teile einnahm. 3)a« toar in ber %f)at eine unhaltbare ©ituation.
^r bie ©injel^eiten ber Sriangung ber 5ßalriarc^enh)ürbe, bie ^wbenal Bei Äaifer
3^^eobofiuö II. erreid^te, unb bie SSorgänge bor unb auf bem Äonjil ju Sl^cebon, too
er burc^fe^te, ba^ il^m bie brei Palaestinae afe SJiöcefe jugef>)roci^en tourbcn, f. ben ä.
10 „gwbenal". 3luf bent 5. ö!umenifc^en Ronyl (Äonftantinoj)er 553), can. 36, tourbe be=
jtnitib unb, toa^ bi^ ba^in nod^ nid^t gefd^e^en, mit bireften SßJorten fixiert, bafe S^ruf-
ben „fünften ^gdvog" in ber ilird^e f)>abe.
gn ber langen Steige bon ^atriard^en — bei 3)ofttl^eu^, ber übrigen^ felbft bie
SSifd^öfe unb ^atriard^en ate eine ©erie red^net, jö^Ie id^ runb fünfgig; 2e Duien berüd=
16 pd^tigt tüeit me^r 9?amen — faDen nur Wenige ?5erfönlic^feiten auf. 3)er ?!Rono)>l^^fitiömu^
erregte ^aläftina lange unb tief. SBäieber^olt tourben toiber i^n ©l^noben in 3erufalem
gehalten, fo im 3. 512 (§efele II«, ©. 667; 5lai|er änaftaftu« l^atte ben ortl^obojen
^atriar^en @Iia^ IL abgefegt, bie ©^nobe tourbe bon ben ^Könc^en betrieben), femer
518 (unter ?ßatriarc^ ^ol^anne« III.; §efele 1. c. ©. 691), fobann nod^ 536 (^otriorct
20 ?ßetrug I ; §efele ©. 773). 3)a6 ba« „öl. Äonjil" bon 553 auf Setreiben be« ilaifer«
bereitlDillige Seftötigung burd^ eine in bemfelben ^ai)xt gu 3^ölem abge^ltene S^nobe
fanb, begreift fidfi, §efele ©. 903. ^m fiebten ^^^J^^"*^^^ ^<*tt« Serufalem an ©o^j^o^
niu^ eine berühmte ©äule be^ 2)Vot^eleti«mu^ (bgl. über i^n einen befonberen 2L). 3)ic
l^iftorifc^ bebeutfamfte ©l^nobe bon ^nn\. ift mo^I bie bon 1672; f. über fie ben näd^ften
25 Slrtifel. (SBenn id^ red^t fel^e, ^ai übrigen« 3)ofit^eu« feinen Slnlafe genommen, felbft über
biefe ©^nobe ju l^anbeln).
S)ie ©efc^ic^te be« ^atriard^at« ift mit ben SüBed^felfäKen ber >)0litif4en (Sefc^id^te
^aläftinaig natürlid^ eng berfni^ft gelDefen. Sine lurje Eroberung be« Sanbe« burc^
ß^o^roc« II bon ^erften 616 \)attt noc^ nid^t biel ju bebeuten. 2lber fd^on 636 unter-
ao lagen bie Sl^jantiner bem Slnfturm ber ^ubammebaner. 637 eroberte ber 6^if
Omar 3!^nijalem, ^atriard^) ©ol)broniu« bermittelte auf SSebingungen bejüglic^ ber 5Duls
bung bc« c^riftlic^en ©tauben« bie Übergabe. @« folgte bod^ eine ^eit bieler Sebrängung.
Über fed^jig ^al^re tourbe lein ^atriard^ getoäblt (644—705; übngen« ift in 99ejug auf
biefe R(At biele« nod^ fel^r unllar, toie ftd^ ergiebt, toenn man 3)ofttl^eu« unb 2e Duien,
86 ber offenbar aU Äritifer überlegen ift, bergleid^t). 3la6) SBäieberJ^erfteDung be« ^atriarc^
h)ar ber^uftanb berilird^^e auc^ faft ftet« ein überau« fümmerlid^er. 3m einzelnen getraue
id^ mir bei ber Unftc^er^eit ber meiften ^atm — Jelbft begüglic^ ber einzelnen ^ßer^
fönen, bie aU ^atriard^en fungiert ^aben ober l^aben foHen ; f. befonber« Se Outen —
feine ©d^ilberung. S)ie Äreujjüge (©roberung S^^falem« 1099) brad^ten eine neue Untere
40 brec^ung ber ©ucceffton ber ^atriard^en. 211« man e« t^unlic^ fanb, toieber einen folc^
ju freieren (juerft 1142?), refibierte berfelbe junäd^ft in Äonftantino>)el: erft nac^bem
©alabin 1187 3eruf. ben g^ranfen genommen ^atte, l^aben bie Patriarchen i9ren©i§ h>icber
im I;eil. Sanbe, h)enn aud^ nid^t unmittelbar in ber l^eil. ©tabt felbft, genommen. 3)ie
J})ätere Rdi jeigt fte in fc^atten^after (Sjiften^, gebrüdtt auc^ burd^ bie ^Jatriard^en bon
46 Äonftanttnojjel (bgl. j.35. bie ®efd^icf|te be«2a^aru«, 5ßatr. |eit 1332; 2e Duien ©.508 ff.,
SJofit^eu« II, 863 ff.).
3n ben Union«ber]^anblungen ftanb^cruf. h)iber ba« Slbenblanb. S)oftt^eu« geftoltet
feine ©efc^idbte ber ^satriard^en, n)o er biefer3eiten gebenft, ^u einer grofeenunb rücfftd^t«*
lofcn ^otemif toiber ba« Slbenblanb, ol^ne übrigen« für ^^. felbft biel fonfrete« SKoterioI
60 ju bieten. 3)ie Patriarchen ^oacbim (ber ftd^ in g'^orenj burc^ SJlarcu« bon ®l3^u« unb
ajoftt^eu« bon üJloncmbafta bertrcten lie^) unb fein 9lad^folger Il^eoip^ane« III. fonnten
einen 2Koment al« görberer ber Union erfc^einen, allein in ffiirflid^feit toaren fte ®egner
(2e Cuien, ®. 514 — bei I)oJ. ift ber Katalog fe^r in Unorbnung!).
I)ie ,6aut)tbebeutung bee ^eiligen 2anbe«, befonber« ber Umgegenb bon 3^v ^t
66feitfrül;e barin gelegen, bafe c«9DJönc^«^, jumal Sremitenlanb tourbe. ^m 6. ^aj^r^unbert
i^atU ^aläftina überbaujjt bie ?fül^rung tm griec^ifc^en ?Könc^tum. ^urc^ Ullänner toie
Suthimio« (geft. 473), ©aba« (geft. 532), befonber« auc^^ T^eobofio« (geft. 529), h?urbc
5ßal. bie ^o(;c ©d^ule, ba« leuc^tenbe SSorbilb für ben gangen Often. S^eobofto« (f. Ufener,
3)er l;eil. liheobofio«, 1890) toar ber 9?orfte^er aller Stoinobien (6 xoivoßidgxrjQ), Bciba^
60 berjenigc ber (grcmitenfolonien (befonber« in ber SBüfte guba). Sejüglic^ ber ^üHe ber
dfctttfafettt, ^atriar^at 701
3)fönci^ntcbcrlafjun0cn ift bcr oben ju jtveit citictte 2luffa^ Don 35ail^ bef onber^ inftruftit).
2)od^ tritt au^ bicfc SSebeutung be« ^eil. Sanbe^ feit bem 10. 3<^^^f^- jurücf, Iur;\e ß^ten
ber ffiiebetbelebung unb Slctorm bc^ 5IRön(^tum« (j. 33. im 12. ^ai^t^unbert) abgered^net.
35gL noc^ i.S.SÄiefe, 2). gut^^miu«IIofter 2C., Bb^SS XV, 1892, ©.212 ff.; ».(g^arb,
3)ie 0rie4 Älofter 3War=®aba, 5RD© VII, 1893, ©. 32 ff. äuc^^ an abenblänbifc^en r,
^BJön^^niebetlaffungen im j^eil. 2anbe fel(;Ite e§ nid^t; belannt fmb bie 3Setl^anbIungen
gmifd^en bcn „fränfifd^en" SRönd^en unb ^^ojjft Seo III. über ba^ filioque im ©^mbol,
809 (tjgl. ettDO ^efelc II», 750 ff.).
3Jlan fann bei 2)oftt^eu^ leicht erfennen, toie berfatten im 16. unb 17. ^a^r^unbert
bie Ser^ältniffe toaren. 3"^"^^ toieber beutet er an, ba^ bie Patriarchen x^iQ^^ ikeovg lo
Ratten Steifen (nac^ Jlonft., in bie 3)lolbau, nad^ SRufelanb) unternel^men muffen, ba i^re
eigcntlid^en SHeDenüen berfiegten. S)ie (Selb bringenben ^Ugerreifen feien ganj feiten ge^
gelDorben; ToJg idiaig ;^c^öiv xarä xov äjiöcnoXov Ratten bie Patriarchen gcittoeilig
leben muffen (II, ©. 1166). SBäid^^tig toar, h)a^ ®ut^e nad^ ^itrotoo au^fü^rt, bie Srobe^
rung beö l^eil. Sanbe« bon feiten ber dürfen. Ximurlenf ^atte 1400 ©^rien erobert, is
2)0^ baig iDar nur ein großer, befonber^ jDüfter Staubjug. 2)a^ Sanb blieb in ber 33ots
mä^igfeit ber 3RameIufenfuItane, bie in ägto^ten reftbicrten. dagegen 1517 eroberte ber
D^manenfultan ©elim ©^rien unb etablierte bie ^errfd^aft öon Äonftantinoj)el über biefe^
Sanb, toie über äigl^jjten. ®a^ ^atte folgen für bie ©tellung ber ^Patriarc^n. 3)enn bie
dürfen fafeten alle ort^obojen ßl^riften im gangen SReic^ afö ein 5KiDet unb unterfteflten 20
fie fämtlid^ gleid^ertoeife bem ^atriard^en üon Äonftantinojjel. ©. über biefe SJerfaffung
ber aiajal^ meine Äonfeffiondfunbe I, ©. 158 ff. fortab ioar ba« ^Patriarchat ju 3^-
abhängig Dom öf. ^atriard^at. SBaren in ber Slraberjeit ftet« nur $aläftinenfer Sn^aber
beö ©tu^le« be« l^eil. ^atob getoefen, fo traten je^t bie ©riecben in ben 35orbergrunb.
"ülad) bem SEobe be« ^^atr. 2)orot^eu« (geft. 1534) tourbe guerft ein ®ried^e (au« bem 25
^etoj)onne«), ®ermano«, pxm Patriarchen erhoben, unb fcit^er ftnb ftet« nur ©riechen
^atriard^^en Don 3^"f- g^^efen. ©ermano« gräjifterte über^auj)t ben gangen ^ö^eren
Äleru« unb er^ob e« gum ®runbfa^, bafe ©in^cimifc^e gu biefem nid^t jujulaffen feien.
35i« in bie neuere 3^^ ^^^ ^^ """ üblid^, ba| ber^atriard^ feinen SJad^foIger beftimmte,
hjenn aui) bie fanonifd^en formen taliter qualiter gelDai^rt tourben. 5Wand^e 5Patriard[>en 30
baben nie in ^eruf. getDO^nt, e« laum befugt, Dielme^r bauemb in Jtonftantino))el gelebt.
©eit 1845 (nad^ bem SEobe be« at^anafm«, bem e^riU, (Srjbifc^of t)on £v*>^a (f. Äiejjert)
folgte), ift e« infofem beffer getoorben, afö bie ^atriard^en toenigften« toieber ftänbig i^ren
©i^ in Scnif. genommen f)abm, ©. 9iäl^ere« bei ®ut^e ©. 83 ff. (bej. audp bei Äi^jert
Grbfunbe üon äfien VIII, 2. 3lbt., 3, ©. 490 ff.). 33ei ®ut^e gumal auc^ 5Rotijen über 35
bie regulären SHeDaiüen ber ?ßatriard^en. S)er Streit um bie ^eit. Orte befonber« mit
bcn »^ranji^fancm ift (t)gl. 2)oftt^eu«) neben allem anbem ein fd^toerer ©c^aben geloefen.
SDie H^atriarc^en ^aben gä^ unb auc^ nic^t o^ne Erfolge ge{äm))ft. Sleuerbing« ^at ftd^
manche« gehoben. ®od^ ift ba« Ser^ältni« }u Slufelanb, bon h)o bie ^atriar^en früher
bie größte Unterftüfeung erfuhren, feit 1847, h)o ruffifc^e SKifftonen anfingen ftd^ im löanbe 40
?iu betl^ätigen, Dielfac^ ^emmenb geworben.
Sn ber 3^it ber Segrünbung be« ^^^atriard^at« befaßten bie brei Palaestinae nid^t
toeniger afö 59 35i«tümer, 35aill^, ©. 56 f. ®egenh)ärtig fmb nur einzelne S3i«tümer
erhalten, aud^ fie jum 3;eil offenbar nur pro nomine. (S« giebt noc^ einen Tlzttopo^
Uten t)on Gäfarea, aber er be^errfd^tc 1880 nur noc^ einen Ort mit 1000©eelen, $aifa. 45
Unmittelbar unter bem ^Patriarchen ftanb bamal« ettoa ein SJu^enb Orte, ^erufalem felbft
mit runb 2500 ©eelen. ©iei^e bie SJamen ber bamaligen ort^obojen Ortfd^aften unb be«
gefamten Ürd^lid^en ©d^ema« bei ®ut^e. 3luf;er bem bon ßäfarea toirb nod^ aufgeführt
ein 3Ketroj)olit bon ©cVt^o>)oIi« unb Sßetra (toie feit Sllter«), femer einer bon ^tolemai«,
Set^le^cm unb 5Rajaretl^, bann noc^ fed^ „ßrgbifc^öfe" unb ein „Sifd^of " ; (man möge eo
babei bcbenfen, bafe ba« Xitelmefen in ber gangen Äird^e be« Dften« touc^ert). ^m
Sa^rc 1840 foHen bie ort^obojen ß^riften noc^90<'/o ber ®efamtbet)öllerung, bie bann
unglaublich gering getoefen fein müfete, betragen ^aben, 1880 bagegen nur noc^ 67 ''/o
-- 26000 ©eelen. (©oUte nid^t ein 3)ru(ffe](;ler in ®ut^e«Queae borliegenV 9,0«/o unb 6,7«/o.)
^ei »äbefer, $aläft. unb ©l^rien, 3. 3lufl. t)on 3. Senjinger (früher bon 3L ©ocin), 66
1897, ©. LXXXI finbet man teiber nur für ©i^rien eine ©tatiftil fämüid^er Sieligionen;
bie Dier grofeen SBiläjet« ^aben ettoa 2'/, ^Millionen @inh)ol^ner, boruntcr ettoa« über
200000 ortboboje ß^riften. %üx ba« „©anbfc^al Serufolem" toerben ebenbort ©.LXXX
ettüa :^20000 ßiniDo^ner angegeben. Über bie 3a^l bcr Soften ber ©tabt Seruf. toirb
8. :M bemerft, bajj fte (unter c. 60000 ßintoof^nem) ettoa 12000 bün%t: toimtcs«)
702 dfentfalettt, ^atrian^at
6000 ortl^. ©riechen, \>qI oben ©. 693, i6. ©. LXXXII toirb feftßefteat, bofe bic 2Re^^
9M bcr 3Kctroj)oIiten 2c. bei bem ^atriard^en in^eruf. too^nt; nur 4 reftbiercn in i^ttm
33i«tum. ettoa 20 Älöfter in bet ©tobt [teilen unter bem ^ßatriart^en.
9(u^ alten unb neuen äletfebefd^reibungen h)are mand^e^ nic^t unintereffonte detail,
5 befonber« über bie l^eil. Drte unb bie an ii^nen eingerijjenen Übelftdnbe beizubringen. Oft
befc^rieben ift ber Dftemac^t^otte^bienft in ber ©rabe^nrc^e (ba« „l^eil. geuer"); f. ettoa
3B. Slofemann, (Saftfa^rten 1880, ©.850 ff.; Äie^jert, (grbl. «pen« VIII, 2, 1 ©.661 ff.,
befonber« 676 f. bringt SRac^toeife, bafe unter 5ßetra nic^t ettoa bie §anbeteßabt ber '^''
batäer (je^t Wadi Musa) ju berfte^en fei, fonbem Petra deserti = Äeref, btc §au^t-
10 ftabt im alten Woab. — Über bie Siblioti^elen im l^eil. Sanb bgl. ?m)abot)ulDg Äera=
meu«, "leQoaoXvjLunxrj ßißXiodTJxtj, 4 Sbc, ^eteröburg 1891, 94, 97, 99; Don bemf.:
^AvdXexxa IsQoaoXv/urixijg oxarvoloyiag, 5 S5be, 1891—98. ferner 8. @^r^b, 3).
früheren »ibliot^efen ?ßaIäftina«,lRD©V, 1891, ©.21 7 ff. unb ®ie griet^. ?Jattiarc^^
»ibi. ju Seruf., ib. VI, ©. 339 ff.
15 III. 9{o(^ einige lurje 93emerlungen über ba^ lateinifd^e ^atriord^t 2c. Jtaum tiKtr
nac^ ber (Eroberung ^txv\Ä 1099 in ©ottfrieb bon SouiUon ein König ber ©tabt unb
be« eroberten bejh). nod^ ju erobemben 2anbe^ ertoä^It, fo errichtete biefer aud^ rin lotete
nifc^e^ ^atriarc^at; ber gried^ifd^e ^ßatriard^ toar nac^ 6V))em geflol^en. 5Da^fcIbe über^
na^m bie ganje bi^^erige Drganifation ber palä[tinenftfd^en jtird^e. ^a^ ort^. ^otriani^
20 tüurbe nic^t eigentli^ unterbrüdft, fonbem nur ignoriert. 35t« 1291 l^at e« fungierenbe
lateinifd^e ?5atriarc^en gegeben, bann bi« 1374 nod^ fold^e bem 9?amen nac^. Seit ©alabin
3eruf. erobert ^atte, reftbierten biefe ^Patriarchen in ^tolemai« (Slccon), bo<^ ging auc^ lefctere
©tabt 1291 verloren. S)ie 9iominalj)atriard^en lebten meift inßl^jKm. 35gl.9lä|ere« in oem
citierten 3luffafe ber §ift.^i)olit. »lätter unb im RaÜf, Äir^enlej.* VI, 1350 ff. (Don Sieger).
25gür bie 3eit m 1291 Dgl. 3flö^rid^t, ®efc^. b. Äöntgr. ^eruf. 1898; auc^ beffen S3ei=
träge j. ®efdf|. ber Äreujuige I, 1874, ©.112 ff. (3)ie iläm>)f e ©olabin« mit benS^ten
1187 unb 1188). 3)ie 3)iffertation Don @.§aml)el, Unterfud^ungen über b. Iat.$tttriar-
ä^ai Don ^erufalem bi« jum lobe be« ^atr. amulf (1099—1118), erlangen 1899, be^
^anbelt ©injel^eiten. 3lte aße Hoffnung gefd^iounben toar, bafe bie Sateiner ia^ ^ril. Sonb
80 toiebergeioönnen, tourbe bie Äirc^e ©an Sorenjo ju SRom ben je^t nur nod^ ate litulore
geführten ^atriard^en Don S^wf^f«'" jugeh)iefen. ^iu« IX. ernannte guerft toiebcr dnen
Steftbentiallpatriard^^en unb -^mar in ber ^erfon be« fc^on Don ber ?ßroDaganba in ber fie^
Dante Dertoenbeien „ßrjbifd^of« Don Äorfu" ^ofe))^ Salerga, 1847. 2)ie SBa^I hmr auf
ben redeten 3Rann gefallen. Salerga (gcft. 1872) ^at bem Äat^oliji^mu« in ?|Jaläftina
36 i\x Der^ältni^mäfetg l^ol^em 2luffct»toung Der^olfen. 6r hat eine eigene Äat^ebrallird^ in
!5eruf. gebaut, femer ein ©eminar, eine Sleibe ©c^ulen, ein Äranfenl^au« ?c. 3"^ gcg«^-
tDärtigm ©tatiftif f. oben ©. 693, löf. unb Säbeler-Senjinger ©. 34 : in ^emf. 4000 Satdner,
baneben einige l^unbert Unierte Derfd^iebcnerSliten. (gfür„©^rien" h)erbenc.60002ateiner,
ettoa« über 100000 unierte ©riedfjen, etioa 60—70000 Unierte anberer JRiten [abgcfe^en
40 Don ben 3Jlaroniten, bie bejonber^ ju jäMen fmb] angefe^t).
9?cben bem latein. $atriardfiat ift ber ©rmäl^nung toert bie fog. Ruftobie be« ^igen
Sanbe«. ©.a3bVII, ©.55,30, Dgl.3Reicr, 3). ^ropaganba, il^re ^roDinjen unb i^ Siedet, I,
1852, ©.400 ff. äuc^ ben ä.„®rab, i^ätcr Dom ^eiligen" imÄ.ÄSV. 2)ie granjiötoner
l^aben frü^^citig bie 3Riffion im ^eil. Sanbe ju treiben übernommen, ©ie festen ftc^ an
46 mel^reren Orten mit ftlöftem feft, bcfonber« aber auf bem Ölberg (Älofter ©. ©alDator),
unb tüufeten fid^ teil an ber l^cil. ®rabe^fird^c ju Derfd^affen. 2)ofit^eu« ^anbelt mit Dtcl
erbitterung Don ben ^"^igw^n ber (Pqolqoi, mit benen aud^ er Diel ju t^un ^attc. S3i«
5ur entfenbung i^alerga« \oax ber ©uarbian ber gran^i^faner Dom ^eil. ®rabe ber getft=
lidfie Obere in ^aläftina. 2Ber ftd^ für baig 3)etail ber fatl^. ^ro))aganba intercffiert, fri
60 Dcrioiefen auf bie 3^itfdf|rift „3)a« \}Z\\. Sanb", bie in ftötn feit ettoa jioanjig Sö^'f^ ^'
fc^cint. %[jix ben ganzen ©cf;emati^mu« ber römifc^en 5iird^e in ?ßaläftina Dgl. SEBemer,
Orbis terrarum catholicus, 1890; 17. Äo}). „Patriarchatus Hierosolymitanus".
3u unterjc^eiben Dom latcinifdtien ^atriard^at finb nod^ bie unierten ^Patriarchate, fo baö
ber „SJteld^iten" (= unierte ©ried^en; „Dioecesis patriarch. Hierosolymitana Mel-
66 chitarum" 3öemer, ©. 153), unb ber Strmenicr („Armenorum Ciliciae", ^t 1887
Dom türfifd^^en ©ouDemement ba« Siedet erl^alten eine eigene Äirc^e in 3^- jw bauen,
SBemer, ©. 147).
3)ie gregorianifdfien Slrmenier ^aben feit bem 17. S^^'^^'^w"*^^ ri" „^Potriarc^ Don
3emf." gebilbet (an©teBe eine^ feit bem 12. S^^^^i^unbcrt befte^enben ©rjbi^tum«). ©iel^
cobai^u meine Äonfejfion^hmbe I, 211 ; 9Je^er a.a. 0. 1-554; SSäbeler-Sen^inger ©.35. —
Seritfalem, ^atrmr^at 3lentfafnn, S^ttobe 703
3)ie Salobitm (monol^l^^fitifc^en ©Vrer) ^aben, tote SSenginger tnittcilt, einen Sifd^of unb
eine Heine Äirc^e in ^eruf. ferner beft^en bie 3lbefftnier ein Älofter nnb eine neue Äirc^e.
2Ba« au« ben firc^lid^ longe autolq^l^olen, übrigeng ort^obojen (Georgiern (= ^hntt,
©rufiner, Sllbanier), il^ren Äir^en, fliöftem 2C. in !Seruf., beten ©ofU^eu« mannigfad^
gebenö, geworben ift, fann id^ nid^t beftimntt jagen. Kiepert a. a. 0. VIII 2, S, ©. 493 ff. 6
(gilt für 1852) bemerft, bie Äirc^e berfelben fei „gegenwärtig fd^led^t in 3eruf. Vertreten,
oblDo^l fie bem l^o^en älter unb il(^rer früheren Sebeutung nad^ einen ber erflen $Iä^e
einnehmen fönnte." ©. baju bie auöfü^rlic^e unb gelehrte ,,Mt. ©tijge ber Sejiej^ungen
©ruften« gum ^eil. Sanbe unb jum Sinai" bon 21. 3<^flö^dli; öu« b. 9luff. überfe^t
bou änbre«, 3b^aSXII, 1889, 6. 35 ff. ©ie befafeen befonber« ©olgat^a. ajiele« ging lo
il^nen lebiglid^ Verloren. Semiutlic^ ift i]^re Äolonie je^t abforbiert burc^ bie ruffifc^e Äo^
lonie, bie ftc^ txxtfylxd) böKig berfelbftftänbigt l^at unb öon einem (titulierten) Sifc^of ge*
leitet U)irb. 3f- Äottenbnfi^.
^trufalem, ©t^nobe bon 1672. — 3)ic @t)nobaI6cf(^Iüffc erWicncn aläbalb im
Xrucf, junäcftft o^ne Eingabe be« ^crf. unb obnc autftentifdjc CiicUen unter bem Xitel: Sy- ib
nodus Bethiehemitica, griec^. unb lateiu., $ariö 1676; barnac^ üon bemfelbcn S^erf. reoibicrt
unb mit bcnt 2;itel: Synodus JerosolyraitaDa üerfe^en, ^ariS 1678. 3)cr Xejt bei Aymon,
Monuments authentiques de la religion des Grecs 1708, ift luiflüirlic^ bcfd)nitten. 35agegen
ift Harduin, act. concil. XI, p. 179 sq., bemüht, ben forrefteu 2:eit im ÄnfcftluS an bie
jiücite ^arifer ^lu^gabe ju geben. @inc loirflitb fritifd) genügenbc ^luSgobc bietet er ft iE im m et 20
in feinen monunienta fidel eccl. orientalis, Qena 1850, proleg. LXXVsq., ben Xejt ©. :S25
bi^ 488. ?(u^ biefcn ^rolegomencn l)aben bie vScöriften ber meiften neueren St)mbülifcr ge*
IdjDpft; am felbftftänbigftcn ©ob, Sl)mboIif ber gried). Äirc^c, ©erlin 1872, S. 79ff ; hatten»
bufdö. SJergleic^enbe itonfcffionSfunbe 1890, 6. 145.
aSon allen feit bem Slpoftellonbent ju ^erufalem ael^altenen ©^noben ift bie©^nobe25
bon 1672 bie meitau^ toi^tigfte. ©eitbem Sv^iKu« Sucari« (f. b. ä.) bie oricntalifd^e
Kirche in ben Serbad^t calbiniftifd^er SeUeitäten gebracht l^atte, forgten bie 3;^fuiten bafür,
baft fte nid^t el^er toieber gur 3tuf)C tarn, atö bi^ ber catointftifc^e ©auerteig böQig au^$
gejtofeen toar. 3)er 3Serba(^t toar nid^t unb^rünbet. 2lber ßtortllö getoaltfamer ^ob im
aReere beftegelte fein unb feiner Sleform ©d^ictfal. ©ein 9iac^foIger G^riHu^ bon Serrl^oe so
berbammte auf einem Äongil ju Konftantinopel 1638 feine Se^re; ein ®Ieid^e§ tbat beffen
3iac^f olger $artl;eniu« auf ber ©^nobe gu g^ff^ 1642, toä^renb ber rufftfc^e aRetroj)oltt
bon Äieh), ^etru!^ 3KogiIa^, auc^ für eine ort^oboje fie^rfeftftellung gegenüber ben Sleue«
rungen in berSe^re beforgt toar, unb für biefe unter bem S^itel: ^fiQ^ddoiog öjnoXoyla
©anftion nid^t blofe be« ^atriard^en ju Äonftantino>)eI, ^art^eniu^, fonbem aud^ ber
^atriard^en bon 3llejanbrien, 3lntioc^ien, 3^^^^ unbSRoefau erhielt. 3)amit toar eine
©c^u^lDe^r gegen ben einbringenben 6atoini«mu« aufgeworfen. 3!"*>^ *^i^^ infolge be«
©efü^fö ber Unfid^erl^eit auf feiten ber griec^ifd^en S^^eologen, teitö infolge be^ fortgefe^ten
©c^üren^ ber römifd^en Partei argtoö^nte man immer auf^ neue catoiniftifd^e ?5roj)aganba. 40
Xl^atfäd^lic^^ fel^lte e^ audfi nidj^t an berbäd^tigen Sorfommniffen. 3)ie Sieformierten h)ie
bie SHömifd^en fuc^ten mit gleic^ gefd^äftiger geber bie Hinneigung ber griec^ifc^en Rird^e
ju ber 3lnftd^t ber einen ober ber anberen Äirc^e na(^^uh)eifen, unb hielten ftc^ babei,
menigften« nad^ ber 35e^au>)tung ber ©riechen, nic^t fret t)on ber Unel^rlid^Ieit ber Untere
jdfiiebung falfc^er ®lauben«anft^ten. SJa« tparb im befonberen ben ftreitenben ^Parteien 4ö
in bem bon ben ^anfeniften 9iicole unb Slmaulb unb bem reformierten aSrebiger '^^an
(Slaube angeregten ©Ireite über @ud^ariftie unb Xranßfubftantiation borgetoorfen. 3- Glaube
bebauj)tete eine ©tü^e für feine Slnfic^t in bem älteren griec^ijc^en 3)ogma ju ^aben, bem
(Sl;ritl unb fein Sln^ang erneuten Slu^brudf gegeben Ratten. 3)em gegenüber beriefen ftc^
bie Sanfcniften, unterftüfet bon bem frangöftfc^en §ofe, auf ba« ortl^oboje SSefenntni« ber go
©ried^en. 3)er 5l}atriarc| 9ieftariu« bon ^erufolem (f. b. 31.) erlief eine eigene ©c^rift
tüiber bie Se^aujjtungen glaube«; fein 5ia(^folger SJoftt^eu« (|. b. 21. »b V ©. 1) aber
^ielt eine noc^ fräftigere äbtoebr für nötig, toobei ber Sinflufe be« framöftfd^en ©ejanbten
DliDier be SJointel abermals im ©piele toar. £e|terer beftimmte nämltd^ ben S)oftt^eu«
bei ©clegen^eit ber giniDeil^ung einer Äird^e ju »et^le^em 1672, eine ©^nobe nac^ Se« 55
rufalem ju berufen, um feierlid^ft ein SKanifeft gegen bie catoiniftifd^en ^nftnuationen ju
erlaffen, unb bamit einen „©c^ilb ber Sledfjtgläubigfeit" ber morgenlänbifd^en Äirc^e ju
crridfiten. gaffen h)ir bo^in gefteHt fein, ob bie älteren >)roteftantifd^en ^ßarteifd^riftfteHer
mit Stecht ben Patriarchen nur al« ba« SBerfjeug einer j)a})iftifd&en gntriguc betradbten,
icbcnfaDö teilte er mit Unrecht ben ©tol^ feiner griec^ifc^en ÄoUegen auf ben fledtenlofen oi
uire
25 für
704 dftntfalem, S^itobe
33cfi^ einer ort^obojen Äirc^enlel(;rc, toä^renb le^tere tpeber in bem Setpugtfein bcr Rvdft
nad^toeiiSbar, nod), \o toeit fie nac^toei^bar, frei bon bem 5Rebeneinanberbeftc^ ber fefc
famften ffiiberfprüd^e bei ben gleichmäßig atö ort^oboj gefeierten Äird^enlebrcm loar. ^e
©^nobe, toeld^e in SerlDec^^lung ber lofalen 35er||ähniffe fölfd^lid^ biiStüetien bie bet^Icbe^
5 mitifdfic ftd^ genannt finbet, toar noc^ ätuötüei« ber Unterfc^riften unter bfn Sefcjlfiffen
t)on ben meiften unb bebeutenbften Vertretern ber morgenlänbifc^en Äird^e befud^t. Unter
ben 68 Unterfd^riften finben ftd^ außer ben SJamen be« ©ofitl^^eu^ unb feinet Sorgänger^,
be« 6j})atriard^en 3leftariu^, noc^ bie Flamen bon 6 ^Metropoliten unb SSifd^öfen ; %i^
lanb ift burd^ einen 5Könd^ 3:imot^eug unb ben Slrc^imanbriten be« ^eiligen ®rabe^ 302
10 fa>)^at vertreten, ©omit l^aben bie Sefc^Iüffe bcr ©l^nobe ju S^^I^^Wf boticrt Dom
20. 3Rärj 1672, eine fo aUfeitige ©anftion erfahren, toie lerne ©^nobe t>tx ^ed^ifc^
Äird^e nad^l^er unb lange Rzxt borl^er; baö giebt il^nen eine ft^mboUfd^e Slutontät öften
SRange^, unb bie ©^mbolif ioirb bal^er t)or ollem an biefeö 3)oIument fu^ ju balten
l^aben, fobalb fte feftftellen loiß, toa^ bie red^tgläubige griec^ifc^e Äirc^e lel^rt. 3)a^ notigt
15 un«, bie bon ber ©^nobe ausgegangenen 3)oIumente nod^) ettoa« naiver anjufe^en. 3)a5
ganje SlftenftüdE trägt an ber ©J)i5e ben 2:itel: ffäonig dg^odo^iag ij djioioyia xal
eXsyxog ngog rovg diaovQovzag tijv dLvaroXixrjv ixxXrjaiav alQetixcbg q^QOvdv h
TÖig Tiegi &eov xal xcbv 'ßeicov, cbg xaxoqjgovovaiv ovtoi avtol ol xaXovivoi dtjXo-
vati", 3)ie ©(^ilber^ebung ift alfo nic^t gegen Som, fonbem gegen bie Gafoinijien ge^
20 rid^tet, loeld^e geioagt Ratten, baS 3^"9"^^ ^^^ morgenlänbifc^en Kirche totbcr bejfereg
SBiffen für ftd^ unb il^re S^^ümer angurufen. 2)a^er ift ber game erfte S^eil nur baju
beftimmt, ba« unberfd^ämte (ävaioxvvrovvreg) Unterfangen ber (lalt)iniften aufjubecfen
unb ju branbmarlen. ©d^on ber ^ßatriarc^ ^eremiaS ^abe bie gubringlid^en fiut^eroncr
jured^tgeioiefen. 3Sor unb nac^ bicfem l^aben Se^rer ber ilirc^e ben orti^obojen ©tauben
jeben, ber il^n fennen lernen looDe, in feinem niemals erfc^ütterten Seftanbe bargefteflt,
bor aKem ^etruS 3RogilaS in ber conf. orthodoxa (1643). Slud^ auf ß^riUu« äitoiS
fönne man fid^ nid^t berufen; benn bie ©d^riften, toeld^e S'^ümer mü)altm, feien i^m
untergefc^oben toorben; (tro^bem, baß bie tenbcnjiöfe Untoa^rl^eit biefer S3e^aut)tung auf
ber §anb liegt, ioieber^olt fie bod^ ber neuefte gried^ifd^e ©^mboUfer, ber ^rof. in »t^
80 5IRefoIoraS, övjußoXixi] rfjg oq&oöo^ov ävarolixfjg ixxkrjolag I. ©. 2 ; ouc^ t>or 3)ofi=
tf^euS l^atte man fd^on einige 3Kale ben ä^erfuc^ gemad^t auf biefe SBeife ben 3SlaM öon
ber Äir4>e fern ju galten, baß fie fo blinb gcloefen fei einen ite^er auf ben 5Patriarc^Kn=
ftu^l gu berufen) in feinen eckten ©d^riften aber eriocife er fic^ aU rechtgläubig, toie eS
felbftbcrftänblidfi fei bei jebem, toelc^en bie Äird^c für toürbig befunben, ben ?ßatriarc^ens
36 ftul?I ju befteigen. 3^ S^ff^ f^i ^^^^ w'^t in ^erfon, fonbem nur in ben ii^m ange=
bic^teten ©c^riften Verurteilt toorben; unb toenn er bamac^ 1638 bennoc^ }}erfönlid^ ju
Äonftantinopel Verurteilt toorben fei, fo fei bieS nur gefc^e^en, toeil er eS unterlaffen ^be,
fic^ gegen biefe Unterlegung ju erflären; foBte er übrigen^ toiber äße SEßa^rfd^einfic^feit
bennocp ber Url^eber ber bejüd^tigten ©c^riften fein, fo foKe il^n auc^ jefet baö fc^toerftc
40 ainat^em treffen. 95iö l^ierJ^er reicht bcr erfte 3:cil, ber für un« noc^ ben befonberen SBcrt
\)at, baß i^m bie 2(ften ber bciben oben genannten ©^noben gu ^af\t) unb Äonftantino}>el
einverleibt fmb. ^n^ übrigen toerbcn toir bie SetoeiSfü^rung alS eine ebenfo auf ©(^rauben
geftetttc, toie ber 2i5a^rl;cit in baS ®cfidf|t fc^lagcnbc bcgcid^ncn muffen. ^Man mcrft leidet
bie aibftd^t, baS ^^atriard^at Von bem 3Jta!eI ber Äe^erei rein ju toafd^en, unb boc^ bie
46 f e5crifd(>en ©d^riftcn unb Sc^rmcinungcn, toelc^e nun einmal ben 9iamen eines ^ßatriorc^
an ber ©tim trugen, ju anat^cmatificrcn. 3)ic Selege für bie ©laubenSlorreft^feit bcS
G^rilluS finb ebenfo toitlfürltd^ an^ minbeftenS ntdfit als ed^t ertoiefenen ©d^riftftüdcn,
^auj)tjäc^lic^ aus §omilien, toclc^c er ju Äonftantinotjcl ivcjmov rov xXrjgov xal xov
Xaov gehalten, ausgesogen, als bie Argumente für bie angeblid^e Unec^t^eit cVriflifd^er
50 ^rabitionen auf abermals unbetoicfenen 3SorauSfefeungen ru^cn. SBo^l ließe eS fic^ auc^
benfen, baß (S^riH Vorfic^tiger coram populo, alS in jeinen ©c^riften fid^ geäußert ^abe,
aber bie Sjc^auj)tung, baß S^riH felbft bie 3lutorjcf>aft bcr unter feinem Sfcamen auSgc«
gangenen unb Von ber ©^nobe gu Äonftantinotjcl felbft (1638) il^m gugefc^riebencn ©^m-
bolfdfirift förmli4> unb ciblid^) abgeleugnet ^abe, bleibt olme alle betoeiSfräftige @rl^ärtung.
55 — 5Den gtoeiten Xeil bcr äonlg ög^odo^iag bilbet bie ovvrofiog ö/aokoyia, boS ift bie
confessio, toeld^^c 35ofitl^euS im 9iamcn bcr vcrfammclten 3Säter ber Vertoorfenen S^m^
bolfc^rift gegenüberftcHtc. 2Beil fie eine ffiibcrlegung beS ct^riHifc^en SSefenntniffeS fein
foll, folgt fie bemfelbcn ©c^ritt für ©d^ritt, RapM für Äaj)itel, inbem fie bie gorm
bcr cl;riUifdf|cn %i}(^m möglic^ft beibehält, aber ben ^r\i)alt bcr ort^obojen Se^e gemäß
6(> umgcftaltct, ausführlicher ober tocnigcr ausführlich, je nac^bem cS bie SDBic^tigfeit beS
dtntfalm, (g^ttobe ^aja 705
§
S)ogma^ unb bic Smbenj ber 3)emonftratton erforberte. ©ie cntl^It 18 decreta
unb 4 quaestiones. ^m einzelnen betreffen fie folgenbe 2e^rfä|e: 1. bie S^reieiniglett;
2. bie ^eilige ©c^rift unb i^re Sluölegung burc^ bie Äirc^e; 3. bie ^räbeftination; 4. Ur-
fjjrung be^ Söfen; 5. SBer^ältni« ber göttlid^en $rot)ibeng jum Söfen; 6. ©rbfünbe;
7. 'Bfenfc^tüerbung bc^ ©otte^f ol^ne^ ; 8. bic SRittlerfd^aft 6I;rtfti unb ber^eiligen; 9. ber 6
liebetJ^ätige ©laube; 10. bie «irc^e unb ber @i)iffoj)ot; 11. bie ©licbfc^aft an ber Äird;e;
12. bie Unfel^lbarfett ber Äirc^e; 13. SRed^tfertigung burd^ ©laube unb SBerle; 14. bic
Sciftung^fä^igteit be^ natürlid^en unb be^ toibergeborenen 5IRenfc^en; 15. fieben ©alra^
mente; 16. Äinbertaufe; 17. Suc^ariftie; 18. S^ftanb nad^ bem lobe. ®ie bier quae-
stiones fmb folgenbe: 1. 3)orf bie l^eiKge ©(^rift bon allen ßl^riften gelefen toerben? 2. Sft lo
bie Schrift für äße beutlic^? 3) SBcIc^e« fmb bie J^eiligen ©(^rif ten ? (ännal^mc ber2l»)o^
frv>)^en). 4. 3Baö ift bon ben Silbern unb bem ^eiligenfultu« ju galten? — ©d^on
au^ biefer Überfid^t ergiebt fid^, bafe h)ir J^ier, jumal in S3erbinbuug mit ben aiuälaffungen
im erften SEeile ber äonlg, bie ©umme be^ ganjen ortJ^obojen ©laubenö \>ox unö ^aben.
SDaö mac^t bicfe« S3elenntni« ju bem bebeutung«t)ottften be« gried^ifc^en ©tauben«. ?D?an is
^at jjmca fofort fein ©etoid^t baburd^ fc^mölem toollcn, bafe man il^m eine latinifterenbe
3:enben3 tjortvarf. ©o l^at fc^on Sl^mon biefen SSortourf au^efproc^en, unb noc^ SBiner
tüicbcr^olt biefen SorlDurf in feiner ©Emboli! unb begrünbet il^n burc^ ben §inn)eiö auf
bie Slnnabme ber 2l})otrV))^en. 2UIein, bafe gerabe bie« leinSetoei« bafür fei, fofem auc^
bie conf. orthod. bie ä[t)oIrVJ)l^cn afö lanonifd^e ©c^riften be^anbelt, l^at 3Ref. f^on in 20
feiner ©^mbolif ©. 132 nad^getoiefen. S)a6 bie confessio be« 3)ofit^cu« nirgenb« gegen
bie römifc^e Se^re l)olemiftert, ift oHerbing« nic^t blofe ^\x\oSl, fonbem 2:enben3, aber aud^
nic^t me^r, unb ertlärt ftc^ au« ber ganzen Damaligen ürd^enpolitifd^en ©ituation ber
orientalij^en Äirc^e. 3)er ©egenfo^ rid^tete ftc^ gunäc^ft gegen bie ^roteftanten, toä^renb
man fidfi ber römifd^en Äird^e nä^er tjcrtoanbt füllte, ©rflärt bod^ bie döJifc, bafe bie 25
^roteftanten ber morgenlänbifc^en Kirche um fo femer ftel^n, ate fic fogar t)on ber abenb^
länbifd^en Äird^e abgefallen jeien, näoav ojiXwg twv xa^oXixriv ixxXtjoiav äTtoTioirjad-
fievoi xal Ekeyyofievoi, ®ie 5ßroteftanten finb offenbar algeiixol xai algetixwv xo-
ov(pai6raToi] ugl. 5tattenbufc^, bergt. Äonfeffion^funbe ©. 145. 9inb.'*$ofmann.
3:frufalemdfreunbe f. lemjjclbcutfd^er. so
^tfaia^ ber ^ro^j^et. — 1. fiittcratuv: a) ^luSgöbcn: oon 8. 5Bacr imter
^itiüivtung üou groui ^eligfd), fieip^ig 1872 (jucftt ben geiiaiicflcn tiiafforcti|d)en Xe^t 3U
flebeit), üim X. Ä. S^ei)nc in ^aupt« 9(u«gabc bc« ?11« 1897 (^rcüiblerter Ztyi mit 9luutcv«
funflcn"); eine Iritifc^e ÄuSgabe be« (ftidjift^ gcfdjriebcncn) 3;eutciüjcjaja mit ncbenftc()enbev
beutfc^cr Ueberfeßung unb bcgrünbenben 92oteri unter bem 2;cjte ^abc tcft gegeben in bem 35
erften ^cfte ber ^©ammlung bebr.*beutfd)cr SJibcItejte", 3Hünci)en 1893; it)r ift gefolgt
QJunning in „JesajaXL— LXVI, Hebreeuwsche Tekst", 9?ottcrbam 1898. ^iefe ül)ne lieber«
fc^uim unb o^ne bcgrünbenbe 9?otcn gegebene SRejenfion ift nur ju gebraucftcu unter bcftän*
biger feergleidiung ber ausführlichen ©e^anblung oon 3ef 40—66 in beöfclben Serfaffev«
S3ud)c „Van Babel oaar Jeruzalem", jRotterbam 1898. b) Ä^ommcntare: ?luS bcr^üflc ber 40
üortjanbenen, über bie reicb^altigere Scrjeidiniffe bei 9tofcnmüUcr (Scholia, tom. III, s. I
in bev praefatio, iieip^ig 1791), bei GJefeniuS unb bei 5)illmann na^gelefen werben fi)nnen,
nenne id) alö bouernb loertooU ober für bic ®cfd)id)te ber SefQJaejegefc bebeutforn : ben beS
.S)ieroni)mu§ (julcft bei MSL tom. XXIV), in roelc^cm yiad)x\diH\\ über ben 3:ejt m\b feine
iÖcifionen unb über bie ältere jübifdje 3)eutung beöfelbcn mit geitgemööen ^tnioenbungen be§ 4:»
prop^ctifcftcn Sorte§ auf bie Ä'irc^e unb bie ^e^er oerbunbcn finb, mie fie bie gric3)ifd)c
!l:t)eoloöie, namentlich Drigeneä ju machen pflegte; ben be§ SSitrlnga (nad) ber SBofefer Aus-
gabe üon 1732 in jiuei göliobönben), in feinem grunbicgenbcn p^iloIogifci*ejegetifc6en 2^eite
ba§ unerreichte dufter wiffenfc^aftUc^eri?(nbQd)t; ben beS fionboncr ©ifd)of§ 9?. iiomt^ (1778),
nameutlid) in ber oon ^oppe mit folgenreichen ^nmcrfungen au$geftattetcn beutfdien 9lu«* go
c\c[ht in 4S3änben 1779-81; ben oon ÖJefeniu«, fieipjig 1820/21 in 3 Xeilen, ein 93ud) oov«
i)i(bUd}er ^leganj in ^in)id)t ber pt)iIoIogifd)en ^ett)obe unb ^DarftcQung; ferner bic uon
fti^ig (^eibclbcrg 1833), uon 4)cnbcmerf (2 »be, Königsberg 1838. 43), oon Umbreit (2 Söbc
18il/4L>, 2.91. 1846) uon (Smalb (^rop^. bcS 91. ©. 2 Xcile 1840/41, 2. 91. 1867 ff.), uon
3)ved)«Ier (2 Xcile 1845/49, fortgefe^t üon ^aliw unb 3)elitf* 1857): \)on (Sfteijnc (2 SBbe, fionbon 55
1870, 3. 9lufl. 1884); toon 93reben!amp ((Srlangen 1887). 3n ben grofeen cieget. ©ammeN
loerfeu ftaben ben Sefaja erllört: für ba§ furje eyeget. ^onbbudj Änobcl (1843; 4. 9lufl. oon
3)ieftcll872), meit bcffcr S)illmann (1890, neue 91. oon Äittcl 1898) ; für boS fiangcfd)c S3ibcU
luerf e. 9?ögcl«bac6 (1878); für ben Keil-Xeliefd)fcl|cn Äommcntar: grona SDeli^fd) (1. 9lHf(.
1866; 4. 9lufl. mefentticb umgcftaltct 1889); für ben furjgefajtcn Kommentar oon @tracf* co
8öc!Ier: oon Drcüi (1887, 2. 9luftage 1891); für ben ^otoad\iitn ©anbfommentor: 3)uf)m
(1892) : für ben ^arti^SRo^rfc^en: ^arti (1900). ^ie Kapp. 40-60 bejubeln befonbcrd:
mtaUftncrtUopähit fttr X^eologic unb fiird^c. 3« «. Vlil.
706 3ef«i«
S3cc!, S)ic cl)vojef. 5Bci§fagungen, 1844 ; @tier, Scfaja«, iti^t ^fcubojcfQioö 1850; Stincdt,
3)cr ©üangclift bcö §1. So. 1870, unb ©unning in bcm oben crtpö^ntcn iBu^c. c) 8lu« b<r
UnjQl^t ber ©injclab^anblungen bibl.«l^eoIog. ober lillcror^iflorifd^enSnioItc« enufi^ne
i(ft meinert, Ueber bic (Scftt^cil fämtlic^ier im 83. 3. enthaltenen ©eiSfagungen 1829; GaS^ari.
5 93eitr. jiir (Sinf. in boS 91J 1848 ; meine ^(b^ianblung über 3ef 40—66 inber 813:^ 1876, 1 ; (»xiif^,
3)Q§ 3u!unf t§bitb be« Sefojo 1885; ^ocfmann, 5)ie SufunttSerwortung be« Sefoja 1893 (Dgl. b.
Beurteilung XW» 1897, 557 ff.) ; ©iefcbrecftt, S3eir«ge jur Sefajofriti! 1890 ; ©cflin, Serubbabel
1898; gjlein^olb, 3)ie 3efajal)eraäWungen 3ef 36—39, 1898; S^e^ne,einl. in ba« ©u* 3efQJa,
überf. D. SBö^mer, ©iefeen 1897; günfrug, a)cr ©otteStnecftt beS 3)euterojcfaia, ©öttingen 1899;
10 93nbbc, S)ie fog. ebeb«3a^)üclieber u. b.^ebeut. beS Änec^te« 3a^oe in 3ef 40—55, öieBenldOO.
2. ©tcllung be^ Sud^e« S^ffti« iw^ Äanon. 3" unferen ^feBrötfd^en SiM^
auiggaben eröffnet baö S5. 3- t>i« Abteilung ber fogenannten „fj)ätcren ?ßroj)^fcten'' unb
fielet bor 3^«wtia, (Sjec^tel, offenbar au« ®rünben l^tftorif(^er Orbnung ; ebenfo bei Q^t,
h?cl(^c nur baö 3*^^''ft>^'^l^^<^^^'^w(^ tJoranfteHen (bgl. Hieronymus ad Paulinum, Bibl.
16 s. lat. ed. Heyse et Tischendorf p. XXXI), unb bei Hieronymus im prolog.
galeatus (ib. p. XXVII). S)iefe Drbnung, in ber alten ilird^c reji^Jtert, toirb bcftötigt
burd^ 3^"^ ©irac^, toelc^er Ä. 49, 6—10 3^emia, ©gec^iel unb bte 12 ^xop^^tm pxt^,
nac^bent et am @nbe bon R. 48 ben ^^aia berl^enlic^t f)at @ine anbete, im ^^mub
(Baba bathra fol. 14, col. 2) übetliefette, fteKt 3^^"i<» W^^ *>ä^ Äönig«bu(^ unb
20 läfet yat\a\a jtoifc^en @je(^iel unb ba« 3*^<^IP^"^ ixtttn, ©ie betul^t auf einet ©Ateibers
fitte, toeld^e ba« längere ber jufammengel^ötigen Sudler bot bem fütjeten in »ngtiff
nal^m. 3)enn jtvat nic^t ber mafforetifd^en Sergjai^I (3ef 1295, 3et 1365, ®j 1273,
^tüölfbud^ 1050), tbo^I abet bem iüitflid^en Umfange nac^ unb gemäfe bet S^l betSe^
barim (3er 31, Sj 29, 3ef 26, 3h)ölfbuc^ 21) ift 3er ba« grö|te unb 3ef ba« Heinjte
25 unter ben Süc^etn bet fogenannten größeren ?ßroj)l^eten. ^iemad^ fmb fie geotbnet in ben
bon 3Rid^aeIi« ju 3^ 1 aufgejä^Iten §anbfd^tiften {m toelc^en bgl. be fiagatbe, ©l^mifta
I, 130 ff.) ; nad^ @Iia« Sebita betu^t bet Untetfd^ieo auf einet betfc^iebenen ®eft>ö^ng
bet fj)anifd^en 3uben einet= unb bet beutfd^en unb ftanjöftfd^en anbetetfeitig. SRabbinij^
2i5i^ ted^tfettigte bie utfjjtünglid^ auf tein äufeetlic^e ©tünbe jutüdgel^enbe äbtoeic^Iung
30 bon bet älteten unb fad^gemäfeen Slei^enfolge au« bet SlüdEfic^tna^me auf bo« ®emüt be«
§ötet«, iüelc^c« bei i^t bon bet im Äönig«bud^e unb 3^^^^ angefc^auten 3^tötung
butd^ ben toenigften« am 6nbe au«fd^lie^Iid^ Itoft fj)enbenben ©je^iel ju bem fjActoü,
ber^ei^ung^boHen ^c\a\a ^inaufgefül;rt toerbe. 3Rit befferem ®runbe fagt Sittinga (ed.
Bas. 1732, p. 20 sqq.), bafe man 3ctcmia mit bem Äönig«bu^e betbanb, toeil man ben
36 ^^to^^eten füt ben ÜBetf. be« leiteten ^ielt. ai>)oIogetifc^c« 3"^^«ff« M ^^^ Sig^tfoot
beranlafet, biefe Drbnung al« 3^"9"i^ t>ofüt ju benufeen, ba| SWatt^äu« 27, 9 ftc^ nic^t
geittt, bielmel^t bie ganje j)to>)^etifc^e 2lbteilung bc« Kanon« nai^ 3^*"^^ genannt ^obe,
unb neuetbing« 3Kännet, h)ie ®efeniu« (Äomm. 1, 22 f.), Stpalb ($to>)l^eten ©. 55) unb
be Sagatbe (a. a. 0. ©. 142), au« i^t gu folgern, ba^ nac^ bet ©tinnetung ber älteren
40 3wben ba« ^ud) ^^aia, al« 3^^wia unb Sjc^iel fd^on i^te je^igc ®eftalt befa|en, noc^
SJctänbetungen etlitten t;abe, obct, toie c« botliegt, etft jut 3«t be« R^to« gemad^t toorben
fei; ba«felbe 3ntcteffe fann einen anbeten betvegen, bie allgemeinet betbteitete Orbming
in unfetet l^ebtäifdfien 33ibel ba^in au«gutegen, ba« ^^[aia unb 3^^^^ \^^^ befinitib
abgcf4>toRen maten, al« an (gjcc^iel noc^ na^ alter Sla^rid^t l^erumrebigiert toutbe unb bo«
45 3h?ölfbu(^ nod^) feinet SSollenbung entgegcntüattete. ^it ba« ®eh)ijfe bebatf c« folc^er
©tü^en nidfit, unb ba« Ungetoiffe toitb butc^^ biefe 2ltt bon Sltgumentation nidS^t ßetoiffet.
3. Der 2;e£t. S)ie ibm eigene 3Kannigfaltigfeit be« 3"^alte« unb be« ©ttle«, bet
ibeale glug bet ^Hcbe, bie Originalität bet ®ebanfcn l^aben ba« 33etftänbni« unfete« S3uc^
fd^^on in ben älteften 3^iten etfd^h)ert. 3?iel gclefen unb oft neu ^etau«gegeben, lonnte
60 e« feinen utfj)tünglid^en SBottlaut nidfit übetall bei^au^ten unb ift bann ®egenftanb einet
ätuelegung geivotben, h)elc^e mit bem Übetlicf erten al« einem unantaftbaren Heiligtum fo gut c«
ging fic^ abjufinbcn fuc^te. 2Bie e« um ben Xejt in S^f 40—66 fte^t, fann man au« meinet
3lu«gabe be« Deuteroiejaja feigen, toie um ben bon Ä. 36—39 au« meinem 5bmmentate gu
bem ^atallelabfc^nitt im Äönig«bud5)e unb bei 9)teinl;olb ; fVejieH übet bie ®eftalt be« §i«fias
66 l)falm« in Ä. 38 ^anbelt meine Slbi^anblung „Sautbetfc^iebung im lejte be« $. ^Pfalm«"
in 2:i;©tÄ 1884. Um t>m%^t in Ä. 1—35 ftel^t c« fo übel, ba^ bot feinet ßetftettung
al« bet notircnbigen 3}otbebingung einet ridfitigen littetarif4>en SBütbigung aHe 3[u«legung
fc^mietiget ©türfe unb alle Sltgumentation übet bie entftel;ung«gefc^i^te nut ben ß^araf-
tcx einet botläufigen, fubjeftibe Seftiebigung begibcrfenben unb batum toibettufbaren ^o^
cofition in Slnfvtud^ nehmen fann. ©ie ift abet bee^alb befonbet« fd^toierig, toetl h)tt
locnig rid;crc Äontroll mittel ^aben. S)a« geringtoettigfte ift bie ^te öfter« an*
3ftf«{« 707
geh)anbtc SSorflcttung be« äuölegerö bon bcr Äunftform unb bem 3Rctrum, beren fi(^ bcr
9lcbenbc bebicnt ^abe. S)enn ben glüdtlic^ftcn gaD gefegt, bafe unfer ©(^ema fid^ ganj
mit bcm bom ^roj^l^eten gebrauchten bedte, fo f^aben h)tr boc^ leinerlet Sürgfd^aft bafür,
bafe ber $ro|)^et jelbft ober feine ^wnger bei ber äbfaffung be^ SSud^e« ungeänbert unb
unberfiirjt ^aben toiebergeben tooDen, too« jum erftenmale in fefter >)oetifci^er gorm münb« 6
lic^ ober fc^riftUc^ au^efproc^en toorben toar. ©o finben toir in bem grofjen ®cmälbe,
toeld^e« ba^ ©erid^t mit ben färben be« (Srbbeben^ malt, 24, 1 ff., Don 35. 7 an eine
al))^abetifc^e ©legie bertoanbt, toeld^e auf jeben Sud^ftaben ein §ejaftid^ red^nete. • S)a^
erfte mit ^^^, ba« jtoeite mit i'^s (35.9, fo ift ftatt "i''tt3:3 nac^ ©ept. mitÄnobel ju lefen)
beginnenb, ift jebe« boD erholten; bon bem britten, mit 5^^^ (3?. 11 ^) anfangenben, toirb lo
aber nur bie erfte §älfte mitgeteilt, toelc^e fagt, hm« au« ber ©tabt gefc^tounben unb
h)a« in i^r geblieben fei (35. 12). S)a ber $ro^^et a\xd^ 23, 16 blofe ben änfang eine«
befannten Siebe« citiert, fo lann er fic^ aud^ ^ier begnügt ^ben ju fagen, e« gel^e bann,
tüie e« ber 2lnfang be« befannten, auf bie ^iftorifc^e Kalamität eine« Srbbeben« bejüglid^en
Älagegebid^te« au«brüde, ob er biefe« nun in frül(>erer geit felbft berfafet ^at, ober ob e« i6
einem anberen berbanft toirb. (gbenjo läfet ftc^ 5, 15. 16 nur al« (Sinlenlung in ein ben
Sefem ober ßwi^örem befannte« 5ßroj)^etentoort begreifen, bon bem ein größere« ©tüdt in
2, 11—21 bereit« mitgeteilt ift, unb in tpeld^em ber ©a^, bafe bor ber offenbar getüor^
benen §ol^eit ^l^^be« alle menfc^Iid^e $o^eit ju nid^te toirb (SJ. 11. 17), ebenfo h?ie
bie 3€itH^i'""^wng „bor ber SDtaieftät g^^be« — toenn er [xd) erl(^bt ad terrendam 20
terram" (35. 19. 21) bie 9loHe bon rebebe^errfd^enben, in beftimmten 3lbftänben toieber«
fel^renben ©tic^tüörtem fpielten. Stuf ®runb be« 3:ejte« ber Btpt Dürfen toir bie 3^'^'
beftimmung auc^ am ©c^Iuffe bon 2, 10 ergangen, aber ba« urfjirünglic^e ®anje
biefer ©c^ilberung ber SBäirlungen be« ^ö^betagc« ettoa gar mit §injuna^me bon 5, 15. 16
ju re!onftruieren, fmb h)ir tpeber bere^tigt noc^ imftanbe, unb be«|alb ift ber i^m ettoa 25
abgelaufd^te Sl^bt^mu« für fi^ lein legitime« ^Mittel, um ben borliegenben SBortlaut ju bean«
ftanben ober ju forrigieren. 5Ri(^t aufeer 3ld^t ju laffen fmb bagegen bie$ara})^rafe be« 3 on a*
t^an unb bie Fragmente aiquila«,3:^eobotion« unb be«©vmmad^u«, toiefie un« au«
ben gried^. 6obb. mit ^qra})Iarifc^en Slanbnoten, au« bem ©^rol^ej. unb au« ben 9Jadfirid^ten
be« §ieront^mu« befannt finb. 2Benn ftc and) im ©anjen einen I!ejt gel^abt ^aben, ber 30
fic^ mit bem unfrigen genau bedft, fo fönnen toir einige« boc^ al« orft f^jäter eingebmn-
genen geiler au« \\)mn berbeffem. ©0 ^at j. 35. Sö'^^*^^^*'^ ^i* feinem "p^^ in 8, 14
ein ci^b au«gebrüdft, tpelc^e« in bem 1^ hinter J^^i berloren gegangen unb be«l;alb not*
ivenbig ift, toeil ben beiben §äufem 3^^^^^^/ imm SJal^be jum ©tein be« ^Dc« toirb,
bie kommen gegenüberge[tettt fein muffen, benen er ftc^ al« fq^irmenbe« Slf^I ertoeift. 35e5 86
ftätigt lüirb biefer 3^ejt nic^t blofe burd^ 35ulg., fonbem and) burd^ bie 2. ?ßerfon ©ing.
ber ©ej)t. Ober er l^at, toie auc^ eine SSuIgataIe«art, in 33, 2 ba« bom ^aralleli«mu«
erforberte, im §. burd^ 3Serbinbung bon 12 ju Q in ^'^] berborbene richtige ^^^T^],
35ot)t)elüberfe|ungen l^aben bi«toeilen i^ren ©runb in berfd^iebener 3lu«Iegung berfelben
ffiorte, bi«tbeilen in ber 33erü(ffid^tigung bon 3Sarianten. 3lad) (grfurter aJlfK. unb ber 40
Compl. ä^egig gab e« ju oinn i-y 19^ I8 {= Aq. Theod. ägeg) bie 35ariante
c^nn (= ^xiov be« ©^mm.) S3eibe« berbinbenb fagt ^onatl^an: „bie ©tabt 33 et^«
feme«, bie beftimmt ift gcrftört ju toerben" (S"^"). 2Ba« bie©eptuaginta anlangt,
f 0 lüirb man fte erft bott toürbigen fönnen, toenn ju ber ©metefc^en 2lu«gabe be« Vaticanus
eine folc^e be« Sucianifd^en ^^ejte« auf ©runb ber fd^on bon ^ielb bafür in 2lnfj)rud^ ge- 46
nommenen,jumeift mit ß^rt^foftomu« unb 2^eoboret ftimmenben 6obice«griH)j)e l^injugef ommen
fein h)trb. ®ana(9 toirb man mit §ilfe ber f;eja))Iarifd^en SRac^ric^^ten ftd^ eine SSorfteDung
bon ber bororigenianifc^en Überfe^ung bilben fönnen. älber auc^^ biefe jeigt fd^on ©J)uren
ber 3Seränberung. SBenn fte 33, 7 für ^^^n iprs: obfi«-« -,n tpicbergiebt : Idov dij
h TCO (poßcp v/bicüv ovxoi woßrj-^joovrai — ovg iq)o߀To&e, ßorjaotTai (6obb. woßt]- 60
ihpovxai) Aq?' vfiwv xrX,, fo ^aben tbir l^ier boj)j)eIte Überfe^ung eine« l^ebräif(^en xejte«,
tocidfier ftatt cbt^-K bie S3u4ftabengru})>)e "^ crC')5«'i*: barbot, voa^ ebenfotool^I 6 (poßog
vf^io)v = „bie ^rd^t bor euc^", al« „ber ©egenftanb eurer e^urc^t", = ovg kcpo-
ßeJo^e fein fann. ®er erfte Überfefeer fa^ ni:n == msri (ovroi) unb erfe^te, toenn er
nid^t ^isip"' lo«, ■'P'i:'^ burc^ ben Su«brud ber inneren 3Serfaffung, toeld^e ba« „SBel^e- 55
gefc^rei" befunbet, q^oßtj^aovrai, um ben Slottentaufd^, ben er ^ier fanb, bem grie«
6)'\\d)tn 2efer bemel^mlid^er ju mad^en. 2)er jtoeite fteDte burd^ ßorioovxai Übereinftimmung
mit bem ^cbr. 2;ejt ipy2:(^) ^er unb gab ba« mit äyyeXoi, anooraXijoovTai berbunbcne
ni:n = ^^|inau«" mit A(p' v^iwv toieber. ^^berll^at ^at nac^ bem ©V^o^^. biefe jhjeite
Überfe^ung ben Dbelo« bor fid^ ge^t. ^gegen ntc^t bie ju (äyveloi) &nooTaX})ooV' eo
45*
708 3efaja
rat (b. i. c^nVc) gegebene jtDcite jiagaxaXovvreg eigrjvtjv, toelc^e bem 3Jerfe angelangt
ift unb mit bem ^ebräifc^en SBäortc cib^ ft. ürkm jugletd^ bcn angenommenen ©inn au^
brütft, grieben^boten feien l^ier nid^t bie SJerlünbiger, [onbem bie (Srbitter bc^ griebe«?.
Scrflecfter ift bie 3)ol)J)eIüberfe^ung in 2, 16**, h)0 toxi im näoav 0iav nXoiayv xaX-
5 kovg lefen. §ier toor bie ec^te Überfe^ung xal inl näv nXöiov xdXkovg, tnbem bem
großen Äauff<^rer (bem Oagoig-^d^x^t, too^ in ©ej)t. ju OaXdootjg berbarb) bo« gufU
unb ^rac^tfd^iff üugcfcDt tourbe, auf ^ebr. n-pinn rrciri-bs b?i. ®eratoeiteüberfe|er lo«
unfer l^ebr. ri^^c = ©d^auftüdf (t?^a), unb biefe SSefferung l^atte, bor jiXöiov auf*
genommen, ijur golge, bofe Tiav in jrdöav unb jiXoiov in nXoitov ftd^ toanbelte. 8i^
10 toeilen ift anfc^einenbe 2)op>)elüberfe5ung nur ort^ogra^^ifd^ Variante. SBer in 8, 23
^u bem überlieferten tovto tiqojtov jiie, raxv noiei bie ä^arianten tovto nganov ta^v nU
xaxv noiei unb ftatt ber beiben lefeten SBörter toieber in 6ob. 304 raxv Jik ^in^unimmt,
fie^t jofort, bafe me nur itoiiftifd^er 3)oj)peIgänger ju noUi ift, unb bafe xaxv Ttoiei
Ueberfe^ung bon bp!^ Jein fou. Slber aud^ bie tritifd^ gereinigte ©eftalt be^ ©e()tuag!nta-
16 tejte« hjürbe nod^ immer ben 33orh)urf berbienen, bafe ber Überfe^er beim Sntgiffem feiner
^ebräifd^en SSorlage in erftounlid^em ^Jlafee ber fieitung burd^ ein ftd^ere^ Serftänbnig beö
jContqrte^ im ©anjen entbehrt l^at. 3)a^ boc^ nic^t {c^h)ierige 9ilb bed ®u))brat^, toeb^
feine Ufer überfd^reitet (8, 7. 8), bann ftd^ in 3"bäa l^ineinergie^t, bort anfc^toiHt unb in
einer §ö^e flutet, bafe bie SJlenfc^en laum noc^ ben Äojpf über SBaffer Italien fönnen, giebt
20 er beirrt burd^ bie Semcrfung, bafe ber König bon Slffur gemeint fei (S. 7), fo h>ieber :
„unb er fteigt ^inauf ju aK euren gefef^Iuc^ten unb gel^t bal^in über oDe eure
3Rauem unb nimmt toeg au^ 3uba (jeben) 3Renfc^en, ber im ©tanbe toäre, ba^
§aul)t ju ergeben, ober im ©tanbe h)äre ettoa^ ju boHenben, unb fein Heerlager
toirb fo (au^ebe^nt) fein, ba^ e^ bie ©reite beine^ 2anbe^ au^füDt". ®ie änr5)e
25 „bein 2anb" 35. 8 liefe i^n auc^ in SB. 7 ba^ ©uffij ber 2. ?ßerfon feigen; bie
SJorfteHung bon bem an ber ©J)i^e jal^llofer 3^rubj)en crobemb borbringenben Äönige
leitete il^n an r\r^^^ = ri-:n:» = 3Rauem unb q^nn in S. 8 atö r'^m ju lefen.
3a fetbft in ber abenteuerlichen Dbjeft^befc^reibung benät ftd^ beutlic^ft ber erftrebte än^
fc^lufe an einen l^ebräifd()en SBäortlaut, ber nur burc^ 3:ran^>)ofition bon "^«"»s: t)or ^^^
30 bem unferer ä3ibel unä^nlic^ getporben toar. ^enn tpenn ed nur möglich erfd^eint, bafe
-Kii: tin^o = 'x rjpT -^.-N gebeutet fei, fo ift e« fo gut loie fieser, bafe bie ©orte
y^ii^ ny ^::yi aufgelegt tourben = ?"?■: "J< "J?-" b. i. ber ba arbeitet, bi« er ben ©rtrog
feiner Slrbeit gefi^ert ^at. @g ift fe^r bemerlen^mert für bie §od^fc^ä^ung ber alten
©ej)t., bafe §ieron^mu^ g. b. ©t. bemerlt, biefe ffiorte ftel^en nid^t im Hebräer unb
3ö feien in ben gried^ifc^en 6obb. mit bem Dbelo^ gefennjeid^net, unb bafe, obtoo^I biefe
6obb. bal^inter bie bon §ieron. toiebergegebenen SBäorte be^ §ebräer^ geboten l^oben muffen,
bi^^er nod^ in feiner $anbjc^rift ber ©et)t. bie ©j)ur einer anberen Überfe^ung, al« bie eben
befjirod^ene, l^at entbedt toerben fönnen. ©o unglüdtlid^ biefe aber auc^ geraten ift, infof em ^t
fte.bod^ 9Bert, al^ fie jufammen mit 3«^"^^^^" ^"f^ beutlidfifte belunbct, bafe baö pari.
40 ^?-" ^^:^, toelc^e^ (ober ben inf. abs.) ftatt ber maff or. 5ßerff. ju fj)rcd^en bie©vntaj be^SSer*
bum^ berlangt, in alter ^Ät aud) toirflic^ gef))ro(^en hjorben ift. 9iod^ fd^limmer ift bie
Überfe^ung be^ SBäeinberglicbe^ in 27, *i^. iyco nöXig dx^gd, nohg noXiogxov-
fxivY){= n'^x: mn^ ^:fi<^ alfo S)ot)j)elüberfe^ung: beibe 3Rale hjurbe ft. ^i?t^ gelefen
^'TP-\ ber erfte Überfe^er laö barauf "T''^?# ber gtoeite berbefferte nad^ ben l^ebräifc^
4öÄonfonanten,!^";'^i20 f^idxrjv (b. i. cp^"*"" ft. •::■'- ^^ noxiib auxtjv' äXcoaerai yäg wxxog
(= "'^"5 ^^'- "P^^ "|S, hjobei 1^ = "m = ydg genommen (ein fann), fifiigag de ne-
öEixai (n:*i:N n-i^i^ j^obei n:i:-c5«^ bej. n^iz^c borgufdfilDeben fd^eint) 93. 4: xdxog
ovx eoxty {= T^ ^^'t^), ;j (fc^r. fj) ovx ineXdßero avxrjg ; (l^ier ift au« SJ. 5 ^V^" "?»
mit "'^ = N- in 33. 4 bcrbunben h)orben) xig /u ^]oei qyvXdooeiv xaXdjurjv h dygco (=
50 r;?:nr7:- rr^a nrrj ^-:n- --^ jnbem ft. '^^"r^ au^ef))ro(^en tourbe •^^:*9 unb rvzrbii'^
mit "^"'t? bertaufdj^t) did xtjv JioXejuiav xavxrjv fji}hrjxa avxtjv — xoivw dtd
xovxo molrjoev xvgiog Jidvra öoa ovvha^e^ xaxaxixav jxai (5?. 5) ßoi^aovxai 61
ivoixovvreg iv avxfj. .ipier ift dui xrjv jioXejuiav offenbar eine jtoeite Überfe^ung bc^
l^ebräifd^en n-:nb?:n* neben ber erften iv dygco. äBieberum erfd^einen bie SQäörter »/de-
55 xt]xa {= - wSfi<), xoiwv, toenn auö x6 vvv ^ (üytti ober el^er) n5*CD^ j)gl. »rcrcr; bed
3on., berborben, enblid^ ijioitjoe (^'^r) al« ebenfobiel berfc^iebene 3Serfu^e, bem einen
^ebr. aSorte nyu:^^ ©inn abjugetoinnen. ©nblic^ fmb bie ©ä^e xaxaxixavfxat (ettoa
nn^ •^rn-'irn) unb ndvxa öoa owexa^e {md) 37, 26 ettoa in- "^n-x- n73) bifferente
SBäiebergaben bon ^ebr. in-» nrn-'i:« nn. 2)iefe« Söenige mag genügen, um ben Sefer ju
60 überzeugen, bafe ber bororigenianifd^e ©ept.-^ejt ba« $robuß einer langen beffemben 3:^«
3eftt|tt 709
tigicit an einer Überfe^ung toar, hjelc^e o^ne fidlere @\n[vi)t m ben ©inn unb bte Äimfts
(^eftolt ber proj)l^etifcl^en Siebe tpieberjugeben fud^te, toa« i^r ^ebräijd^, aber, mit unferent
iejte berglic^en, in teihüeife tjerblic^ener ober fonft fc^hjer lesbarer ober bielfac^ fe^ler^ofter
aibfd^rift t)orlo0. Slber bei bem meift ftd^tbaren Seftreben, ftc^ an ben SBorÜaut anm^
fc^Iie^en, gelingt eö oft, and^ bei ganj befremblic^en äbtoeid^ungen ben ®runb im ^ebr. 6
Xtjctt unb ^ier einen SBortlaut ju finben, ber urftjrünglic^er unb befjer fein fann, ate ber
un^ überlieferte. ^6^ benfe nic^t blofe an ber ©ej)tuaginta t)125 29, 3, toeld^e^
aDein erllärt, toe^l^alb ber Slrlel belagernbe ^Qi}\>t in 35. 1 ber 35abibifd^en Belagerung
Slriete in alten 3^^^ ®rtoä^nung getl^an ^at, unb h)el(^em in unferem §. ba«
minbertt)ertigc "i'''^? = ut sphaera (ßier.) gegenüberftel^t ; ober an riD^nj« = fajua lo
26, 19 gegenüber l^ebr. riiiö^, h)0 jebenfaU«, ba e« fxd) um SBieberbelebung üon im ©taube
(iegenben i^eid^en ^anbelt, ein X^an t)on $ci(^balfamen ertoünfc^ter ift, al^ ein au^ £id^tevn
beftel^enber : fonbem aud^ an ba« feltfame reo dyamjrrp aov in 26, 17 hinter ^-''l^ 1?;
ba« fc^einbar borliegenbe TH''^ gel^t unjhjeifel^aft auf urf>)rüngli(^e« Tj^p, jurüdf, unb biefe«
ift bor bem ju 33. 18 gehörigen, f^einbar ibentifc^en T'^c?: aU überflüfftg getilgt. @ine ©pur i5
mag man noc^ in bem bo>)j)eIten ß^p be« S^natl^an finben. 3^ fc^^Ue|e ber 3}ertoanbt=
fc^aft toegen bte Überfe^ung öon 3, 25 an: xal vl6g aov 6 xdkhcnog dv äyajiäg,
toelc^er gegenüber unfer §ebr. lautet : irr!'^ : •'c^ nnn -»s S)ie lanbläufige Deutung „Sranb*
mal an ©teile bon ©c^önl^eit" ift hjegen ber ©teHung, ba man na<^ bem SSorangeben«
ben ertt)arten müfete : „an ©teile bon ©d^önl^eit Sranbmal", loeaen ber S^lompatibilität 20
be« fonfreten Segriffe« „S3ranbmal" unb be« abftraften „©d^ön^eit" unmöglich unb in
2Öiberfj)ruc^ mit aUen alten Überfe^ungen. ®enn§ieron. überfe^t pulcherrimi quoque viri
tut, bie Sucianifc^en 6obb. ravrd aoi Avil xov xaUcomöjuov aov, ä^nlid^ ^^n. „biefe
Slad^e toirb an i^nen genommen bafür, bafe fic abgeirrt fmb in i^rer ©c^önl^eit
0^.25), bie ©c^ön^eit beiner gelben" (= beine fd^önften gelben), unb, bem f^nago^as
galen iejte naiver, Slquila : Sri C^) ävil xdXXovg C^'' r^nr) ^vdgeg oov, äDe alfo l^aben
mit 38. 24*> einen neuen mit 33. 25 eng berbunbenen ©a^ ber Slnrebe an ba« eine
äBcib S^äI^w^ begonnen, nad^bem bor^er bie bielen löc^ter 3!erufalem« ©egenftanb
ber Siebe getoefcn toaren, mit 2lu«na^me ^onat^an«, ber jtoar anq T^'- : "^'^ toerbinbet,
aber mit SHüdEfic^t auf ben f^nagogalen ^^ejt ba« SBort "^s:*^ in ber ^orm l^s; not^ einmal ao
babor fe^t, um 33. 24*> al« ©d^lufe ber Siebe über bie bielen SBeiber möglid^ ju
madfien. Offenbar ^aben er unb ber äiXog in ben 2uc. 6obb. ber bie ©elbftänbigfeit
biefe« ©aj^teile« au«fd^liefeenben 5ßartilel "'^ bie bemonftratibe S3ebeutung bon 1?, ™
= fo, beigelegt, liefen Mnften unb ber Slbrupt^eit be« anfange« bon 33. 25 gegenüber
ift ber Sejt ber einleuc^tenbere, ber, i^r guerft bie 38erelenbung il^rer lödbter aeic^net, 35
unb bann mit einem „unb" baju fortfc^reitet, ber ©tabt S^ufalem bie folc^e« ©lenb er*
Ilärenbe f(^onung«lofe 3lu«rottung ber S3lüte ibrer SKänner borju^alten. 3c^ gtoeiflc
nid^t, bafe ber ?ßropl^et gefc^rieben ^at: ^nnTii ftatt nnrr^D^ unb bafe er ben mit 25, 12;
10, 12; 28, 1 berglei^baren au«brudE T^'^ ■'^' "'^-•- -^ /,We ©(^önl^eit«blüte beiner 5Känncr"
al« Korrelat ju bem anberen „beine §elbenfd^ar" beabfid^tigt l^at, unb nid^t ba« nadfte, 40
qualität«lofe T^'-. ®w alejanbrinifd^e Überfe^er la« ober entjifferte ftatt T^i^ ""c*^ tjiet
mel^r T"^"* 'l^s?;, gab T'T' rid^tig mit bv äyaTtäg toieber unb beutete, burc^ biefen ©in«
gular unb burd^ ben®egenfa^ gegen bielöd^ter gcrufalem« beftimmt, T^"' ^nn?: nic^t
al« „beine fd^önften", fonbem al« 6 vi 6 g aov 6 xdUiatog, 3ludb in 2, 11, too §.
ben unberftänblic^en ©a^ bietet „§offart«augen be« niebrigen ?!Renpen", ift ba« hinter 46
Tr t)on ©e})t. bargebotene ""^k nid^t ju berad^ten. 3Kan mufe biefe« nur nad^ 19, 4,
too für ^^^ bie a)oto>)elüberfe§ung äv&QCüncov, xvqicov gegeben h)irb, auf ein urfjjrüngs
lic^e« 07^? jurüdffü^ren. 3)ann erl^ält man ben ejllamatiben ©a^ „bie 3lugen be«
2Renfc^en ^od(ffal[irenb (n'"^nh.; = vi^ftjXof) unb (di) ber SKenfc^ felbft ein niebriger Sumj)",
toelc^er geeignet ift, ju erllären, fotool^l h)e«^alb e« mit ber 5Kenf4en §offart am läge so
3;a^t)e« au« ift — loie fofort folgt — al« aud^, h)e«^alb bie im ^ö^enbienft e^rlo« ge*
toorbenen fic^ öor ber ©rfd^einung ISai^be« t)erftedfen, h)ie unmittelbar bor^er au«gebrüdft
tpar. ein le^te« 35eif))iel fei ber 3ufa$ T^tl hinter 17, 11. ^c^ glaube nic^t, bafe ber
Überfe^er bie SEßorte toi:« dkd «lg jiaxrjQ äv&Qomov gebeutet unb xXrjQcoat] ergämt
bätte, toenn nic^t in feinem %^t T-^^ Ju lefen toar. Sle^me ic^ baju e lg ä/nmov 66
b. i. "i"^!:? "T? (Dgl. 3!on. «"^'^^ '^) ftatt be« abfolut unerllärlic^en 7= be« §., fo fann
man jur Slot beuten : „magft bu im Slnfange and) an ben au« ber ^rembe gegolten
^flan^en unb ©ämereien ba« frud^tbarfte, fieberen 6rfolg berfjjrec^enbe 35}a(9«tum erleben —
(e« bauert bod^ nur) bi« bießmte fommt al« einS^ag berÄranf^eit unb ^eiDofen aSe^e«
für beine ilinber". SGBal^rfc^inlic^er aber ift ^- auf "^r? jurürfjufül^ren unb gemeint: „be«60
710 3«faitt
reit ftc^t ein (gmten oin läge u. f. h). für bcinc Äinbcr". 3luf aUe goDc ctn^pc^Il
ftd^ in biefcm ^^famnten^ang, ber für bic ©cgentpart unb nöd^fte ßutunft ®lüd !onjc?
bicrt, um bcn legten Slu^gang befto nac^brücflid^er afö Unglüi ju bmx^nm, bie Unter-
fc^eibung jhjifc^en bem al^ gegentoärtig angerebeten 2Beibe unb i|ren bie ßutunft erleben-
5 ben SRac^f ommen. ^iefc tpenigen ä3eif))iele geigen, bag einbringenbe Unterfud^una unb Dorfic^-
tigeSenu^ung be« urf J)rüngli(^en ©ej)t.52eEte^ bem Slu^Ieger l^elfen lann, bie Saiden unb bie
^el^Ier be« f^nagogalen §ebräer^ ju l^eilen. Unb beren fmb überaus t>iele axxdf ab--
gefe^en bon ben bereit« gelegentlid^ angebeuteten. ?Weben biefen fd^Iiefee ic^ l^ier aud^ folc^c
au^, toie 10, 11, n?o nac^ bem ©c^Iufle bon S. 9 e« urf>)rüngKc^ |tefe: „fottte id^ nic^t
10 fo auc^ tl^un an @amaria unb i^ren ®ö^en unb an ^erufalem unD xfycm Silbern ^''
2)cnn ber je^ige 3^ejt, ber ben gaD ©omaria« ate bereit« gefd^el^en unb ate bro^enbe«
Sorbilb für 3«nifalem fe§t, fann ©rjeugni« einer SRebaltion fein, toeld^e abfid^tlid^ bo«
^rojp^etentoort bem ®tanb>)unfte ber ft)äteren, auf bie gefc^el^ene Eroberung ©amario«
gurüdfel^enben Sefer allomobierte. S)ie ^^ler, bie idf^ meine, fmb fold^e ber 5ßunItation,
16 toie tpcnn 1, 7 unmöglicher SBeife n?r:ci afe 9lomen ftatt al« 33erbum sro»^ ober
hjenn 10, 13 : ""Q«l unb ^""^'i«" ftatt ?, toie e« bie ?}erfelta öor^er unb bie gortfe|ung
K}:7:ni (gj. u) nad^l^er »erlangen, bofalifiert ift. ©benfo fte^t 9, 8 "^11 folfc^ Pott
vn':v benn e« tüirb erjöi^It. ©(^limmer ift 9, 7 ^^"3 ftatt "?'3 (iWrcrrov ber @tpt\
benn ein göttliche« SBort lann nic^t „fallen" b. 1^. bei bief em ©ubjelte „ungiltig toerben";
20 unb nid^t bafe ein®otte«h)ort, fonbem ba^S5eftanbteile3«rael« gefallen pnb^ ne^en
toa^r unb fud^en burc^ gro^e Sieben bebeutung^Io« gu machen bie, toelc^e fofort fagen
(33. 9): i''C: D-:nb. älfo mu^ ein «pröbifat mit bem begriffe be« gubobenfattcn« t)or^
liergegangen unb ba« faHenbe ©ubjelt ©tüdfe bon ^^xad fein. Reiben gorberungen
entfpric^t 38. 7 nur, toenn er bon einer 3Kenfd[>en fäUenben 6i)ibemie C^^) wb^# *>• ^•
26 tüenn man ben S3egriff -c: beibehält, aber bie grammatifd^ aHein juläffigc gorm '^'"^
(::= ©el)t. ^X&ev bgl. 1 ©a 11, 7) f^erftettt unb biefe ^.s^t mit bem ©ubj. '^^'ij ccu^
\px\6)t. 35ann bejei^net „in S^r^d" ba« ®ebiet, auf toelc^em bie ^eft i$r „fallen"
ausübte. 2lbfolute 3Serh)irrung jeigt ftc^ in ber Solalifation unb Slecentuation, toenn fie
8, 23 "pwöi":n nrs jufammenjuorbnen befiehlt, ba boc^ rir fem. ift, unb ber änfong
30 bc« ©egenfa^c«: •i*"nN!n betoeift, ba^ ber erfte ©aj mit iTÄKnn begonnen tyit 6«
mu^ aber (^)*??^ gefj)rod^en unb biefe« al« ©d^Iu^ ber borangel^enben 9lu«fage gefa^
toerben, toelc^e l^ert)orl^ebt, bafe e« bann nid^t mel^r h)ie je^t (f. irTDcm n^3: in 33. 22*)
fein tüerbe, bafe aftueUe 9?ot unb ba« Dunlel ber $offnung«loftgfeit ba« gemeinte Sonb
i^ugleic^ umfangen galten (t)gl. 9, 1). 2)ieferUnterfc^eibung ber ßeiten tni^pnäft bie t)erfc^ebene
36 SBertung be«felben 2anbe« burd^ ben früheren (^erufalcmer) unb ben lünftigen; ber eine
bp.n, ber anbere "J^^i^:. (So ift ju fc^reiben; benn ber©e})t. urf>)rünglid^e« xaioiHovvTcg
"'5^"' beutet auf ein OT^^^, beffen ^ au« bem erften SSuc^ftaben öon T-t ergänjt hjerben
foBte.) Sin Xeil ber ^e^Igriffe ber $un!tatoren erllärt ftc^ au« ben Slotfein be« i^nen
üorliegenben Äonfonantentejte«. SOäeil [\d) in bicfem 35, 1 au« '^'^ ein ^ an
40 icb-' angeflebt ^atte, bolalifterten fte bie unerhörte gorm nad^ ber ofynlidf Hingenben
1t::c^ ft. r:^:, ©eil in 9, 2 ba« ©d^Iufe^He bon nrfcn^r; (= 2, 6 rrmr-^:) jum fol^
genben gebogen toar, toie umgele^rt 8, 23 ba« 3lnfang«=H§ bon "P^^t (inbem i^^iü z=^
ri'^::-:?! iin^?) jum SJorange^enben, beuteten fte jene« al« Slrtifel unb biefe« al« tonlofe
Äafu«enbung gegen aHe ©^rad^möglic^feit. SBäeil ba« Ungeheuer nb«'^ 33, 7 bon Squ.
46 I^eob. ©^mm. (f. §ieron. j. b. ©t.) apparebo eis b. i. cnb rrK^iK gebeutet toar, gaben
fic il^m bie ©eftalt '^t^'^n, burc^ 2)agefd^ bic 3wfö"^»"«"f^»"däwng anbeutenb. Unb boc^
berftanb eine ältere jübifc^e Überlieferung ba« Söort nac^ bem $aralleli«mu« (^eiöengel,
b. i). fold^c, beren Slmt unb £uft bie 93cförberung ber Söol^lfabrt auf 6rben ift), h)ie ber=
fclbe .^ieron. be^^eugt, al« einen ßngcinamen. 3" '^^^ ^W fd^Ubert ^ier ber [nadf 3S. 10)
ü<> rcbenbe ^al)\)Q bie al« Sleflcj irbifcper Vorgänge in feiner ^immlifc^en Umgebung ein-
getretene ©iimmung, bie i^n enbgiltig jum unmittelbaren Singreifen nötigt. ^ bo«
rid^tig, fo toirb man ber Sej)t. uD(^)n^7: (j. 707,62) auf ""^c -^^yz jurücffüi^ bürfen =
„fic^c felbft bie, benen ber 2lnblirf meine« Slngcfic^te« jufte^t (b.i. bie bome^mften, mir
i)erfönli4> bertrauteften) , felbft bie (Don Slatur ^eiteren) ^eiföengel ^öre ic^ Hagen unb
55 toeincn (33. 9) tocgen ber 3Serh)üftung, bie ber Sroberer angerid^tet (35. 10) ; e«
ift 3cit, bafe \6) mid^ felbft ergebe". Sin ©ebanfe, toie 37,29; ®en 18, 20, unb
bem ^roplf^eten, ber in einer l^immlifdEien Slat«berfammlung feine SKifpon erljfielt
(6, 8), fe^r natürlidfi. 3Bieberum ^aben bie ^unltatoren nid^t berftanben, bafe ber fion^
fonantcnte^t ju bem pkm gefd^riebenen ^'^'^"^ (9, 5) bie 3Sariante nb ^injufefete, toeil biefe
w bie 2)cutung : „©alem«" (entjjirec^enb bem„2)abib«" inS3. 0) ermöglichte unb bee^lb ber
3efflio 711
aiufbctüa^ning lucrt crfd()tcn, unb f)abm tro^ bc« = bic ©übe cb bc^^anbclt, ate fei fie
=^ '-b ber älnfang be« folgenben äöorteö. S)a^ ©letc^e ereignete fidS^ in 8, 6, h)o ber
Jtonfonantentejt ||toei ©c^reibtoeifen für ben Sluöbrud be« ®runbe« überliefert fanb, ber
bie S^nifalemer betDog, bie fachte flie^enben SBaffer Siloa« ju öerac^ten, nämlic^ n«ii3?a
Slejinö unb r\i<'::i2 Slejind. 33eibe fonnten ri«T,S7: ou^ef^rodS^en toerben = „bor bem ©ebraufe 5
^Jlegin«"; aber bie leftte fonnte and^ r^^^^? (t)8l.33,3; §«31,23; 41, 17) = ,, bor bcrßr::
l^ebung di." berftanben toerben, unb bed^olb toaren beibe ber ßr^altung toert. Btatt aber ju
fc^reiben tno n«rc::, fe^te man, ba r« in beiben SBörtem ibcntifc^ hnir, bem nadften'^^
bie bie anbere Slu^f^rac^e fid^erfteHenbe 6ilbe ^ bor. ©o entftanb täidt::?:, tpo«
bann übel in w"i^'2 + nN gerteilt tourbe, ate lönnte ba^ SRomen „SBäonne" einen SHfu« lo
fatib regieren, unb bie 'i^erftümmelung bon ci^Nb in '^ ^«b jur golge ^atte. @« ift fc^on
fd^limm, bafe ben ^cnifalemem, toelc^e in Slngft borSlejin nac^ 7, 1 ff. bie SBaffer ©iloa^
berad^teten unb nadf^ bem @u))l^rat ber af[Vnf($en ©ro^mac^t berlangten, borgel^alten tpirb,
fie ^^aben an Jlejin SBonne em^funben; am fd^limmftcn ift aber bie ^Punltation r^N isrä^i^
toa^ im beutfdjien ungefäl^r Hingen toürbe „unb SBonne be« ben Slejin". ®ie Varianten, is
fo ftc^en aber audf^ an benSlanb gel^örigeSRoten imS^ejte. ©o tourbe in 7,8, toeil
na^ 3i. 4 —6 Slegin unb 5pela^, 2)amadl unb ©amaria in ©^ulb unb ©träfe mfammens
gel^ören nu „bad ^au!pt 9(ramd, ^ama^htd, unb ba^ ^avüpt bon ^ama^Iud, mt^xn'' an
ben 9tanb gefc^rieben, toad iu feilten fc^ien: „unb bad $au))t @^^raimd, ©amana, unb
bag §auj)t ©amariad, ben ©o^n SRemaliad", unb biefe 3lanbgIoffe am (gnbe beö 33crfeö 20
in ben %^ aufgenommen. Dadfelbe gilt bon bem ben ©ej)t. unbefanntcn ©a^e n^Tin b^«*»
7, 22, ber bur^ TOi^ennung beö folgenben ""?, toeldS^eö nic^t = „benn" ift, fonbem =
bafe („e^ toirb infolge ber reichen SKil^^robuItion gefd^el^en, ba^" u. f. Id.), unb burc^ bie
(Srtoägung, bafe §onigeffen [\d) ate golg« be« SKUd^eidS^tum« nidf^t bon felbft berfte^t,
bcranlafet unb ate 6rfa§ für bie Xejttoorte bon "^ bi« bD«- an ben Slanb gefc^rieben 26
hjar. Q>old)m 33ermel^rungen beö lejte« Men 38 er lüfte gegenüber, bie teite auf
92ad^läfftgleit unb ^n^aü, teild auf nic^t beachteten älbbrebiaturen berul^en. ©0 h>ar
^zTzn unb rrn^n, h)ie nac^ ©ej>t. für T^nb«n ju lefen, in 8, 21 urf>)rünali(^ ate '?2 n-si
unb 'fi< ri-'S gemeint. 3la^ Ä. 7 unb 8 ift e« natürlich, bafe ber burc^ bie unl^eilboHen
Konfequenjen ber ßntfc^liefeungen be« Jlöniggi^aufe« unb ber §au})tftabt beö Äbo« in SSer* 30
üveiflung ^ebrac^te ^erufalemer jule^t bem Aönigdl^aufe unb feinen SSorfal^en fluc^enb ben
^bfd[|ieb gtebt, um ftc^ nac^ oben }u toenben. 3"^^"« ^^^ ('^"'P ^^ $rät)ofition fa^te,
befam man ben nun objeltlofen uno be^^alb aaq ftnnlofen ©o^ : „er berflud^t bei feinem
Äönigg^aufe unb bei feinem ®otte"; benn jebe anbere Überfe^ung ifl gegen ben ©^rad^s
gebrauch, auf 3wf<^ bagegen gel^t jurüdt ber SSerJuft bon ^a^? (= ^t:«: ber ©ej)t.) 86
bor ■'^T«:: 5, 9; benn e« folgt mit «b cn ein ©c^tour 3a^be«. auf äl^nlic^Ieit mit s:
unb 1 ber i^crluft bed jtoifc^en il^nen ftel^enben V^ = 1«^ = nol/nvia ber ©ej}t.) hinter
V="'27,10. ebenfo ber bon "^"^.u?« öor m« ^c« (bei ©ej>t. erhalten), toelc^e« ben ©c^lufe
bon Ä. 31 bem bon Ä. 32 erft ^aUel erf (feinen lä^t. Da« le^te 5IRal toerben bie in
bem öbe unb toüfte geworbenen Sanbe 9lomabifierenben, bad wfte 9Kal bie in ^^xn- 40
falcm §eimifdj^en glüdKidf^ ge}mefen, toeil il^nen befc^ieben ift, ben großen Umfd&toung jum
$eile ju erleben, ber bort auf bie 3Sertt>üftung be« 1^1. Sanbe«, ^ier auf bie SBebröngung
Serufalemö burc^ ben Slff^rer nad^ 3fl^beö 9lat ju folgen beftimmt ift. ®em ^c^t einen
„^adtofen'' ald audjeid^nenben 93ef^ beijulegen, tote ber je^ige $. t^ut, ift feinem $ro))^eten
eingefallen, gbenfo ift in 7, 8 jtoifc^en ''^ unb ^«"s aufgefallen ba« ©ort «^n 46
= „i(^ toerbe toegnel^men ba« §auj)t Slram«, nämlidS^ ®ama«I, unb ba« ^avcpt biefer
©tabt, dttiin" ; erft burc^ feine Srgänjung getoinnt man eine ber folgenben parallele
2)rol^ung. Dagegen lä|t ber §. ben 3^be biejebermann befcnnte unb an fiep gleic^«
giltige 2:i^atfac^e fonftatieren, bafe S)ama«I bie 3Ketroi)ole ©t^en« unb SRejin il^r Äönig
ift, unb bann barüber fc^elten, ba^ man ba« nic^t glauben, tooHe. 2Bie SQäörter, fo fmb 50
aud^ einzelne Suc^ftaben au«gefallen, Wxt j.35. in ^^ -r 7, 15, Dgl. ^i 10, 7, ba«
anlautcnbe y ober 32, 13 in ""P^ ba« ?, toa« bann berberblic^e %olQtt\ für bie Sutj^iffe^
rung ber benaibarten Äonfonanten l^aben lonnte, toie 3. 93. 20, 4. 3)a 93. 5 ein bc*
nannte« ©ubjeft bor fic^ berlangt, ba J^tti -»«r; gj. 6 ftc^ auf ein belannte« Äüftenlanb
jurütfbejie^t, ba e« fidS^ nad^ 20, 1 um ^P^iliftäa ^anbelt, fo ift jtoeifello«, bafe ftatt no "^c 55
im Urtexte rp'bs ftanb. Dem ging borau« '''^f ni b. i. „e« \püxt au^ ^pi^iliftäa bie SSlöfee
Sig^lJtcn« (35. 6) unb fie geraten in ©d^edten unb ©d^am barüber, ba| fie fic^ auf eine
folc^e ©d^eingrö^e berlaffen ^^aben". §ier ^at ber au«fall eine« s in ber SKitte bon
(-yori ben Slnlafe gegegeben ;;ur ßrjeugung be« 3lu«brutfe« „3lfterentblö^te, 93lö6e Slg^j)-
ten«" unb gu bem äJerlufte be« ©ubjefte« ju $}. 5. "^ain fommen bie j^al^llofen Ser^GO
712 aefojo
tue d^ Ölungen t)on 33uci^ftaben, tuclc^e cnttocber in bcr Sd^rift ober ))l^oitettf(J^ einaitbcr
äl^nlic^ pnb. 3)ag leitete ift ber %aü, toenn in 11, 4 bad Dom ^ParoHcIt^nnt« (3^*")
erforberte Vr? föon. «3?^n -:i^^n) fic^ in r^N, ober h)ennin9,17 "J^oJin-i ,^fte t)ertoan^
belten fic^ inSRaudji" in ein nirgenb^ j|u belegenbe« unb abfolut bunfle« ^^-N^1-^ ücrfe^
6 l^ot. 3)a« erftere, tocnn 1,7 am ©c^lujje, in 25, 2 unb in 29, 5 (an le^teren Stellen bieten
6ej)t. ba^Jtid^tige) ftatt ="'1! bag ä^nlid^e c-'^ht gefd^rieben ift, ober ft. '- •):5==eine t>crbor5
gene Duette, in 1, 8 '- '"''-, fo bafe nun gegen alle ©rtoartung unb 3R5gli(^Ieit bie bc=
lagert getoefene Stabt 3^oI^"i w^it einer belagerten ©tabt berglic^cn toirb.
33efannt ift bie 3?erbrel^ung ber Chivvi unb Emori (fo©et)t.) in ^'^nunb ^^-», b.i. in
10 jtoei Sl^peßatiöa in 17, 9. 3tod^ nid^t erlannt, bafe ba^ neben ber ^errfid^feit be^ fii^
banon unb ber $rac^t beö Äamiel unb ©aron^ übel au^fel^enbe unb nac^ "^PP, bie
burd^ ^1^ berl^eifeene ©teigerung nid^t bringenbe l-*^"» Jn'^''^nad^©et)t. au^lTl-n^ ^^ = bie
©ej)t. gcioorben ift. Seiber 9lrt SJerfel^en liegt 34, 5 t)or, inbem öon ^'^^'^r {„^AUadt
ober getoe^t ift im §immel mein ©c^toert") ba^ ^- in ein ber©ej)t unbefannted "•? au^-
einanbergejerrt unb ber Sleft bur^ ßrfe^ung öon ^ burd^ ri in ein öerftönblic^e« ffiort
t)erh>anbelt tourbe. ä(ber toä^renb ba^ Slnalogte unb SSerftanb ^at, ba^ ?|<^^be fein ©d^toert
20 bei fid^ im §immel jd^arf mad^t, e^e er e« auf bie @rbe i^erobfa^ren fä^t, ift ed toiber-
ftnntg, bafe er eö ftc^ erft im §immel fättigen unb träge mad^en lä^t, e|e eg auf 6rben
ju frefjen anfängt. 9luf geflifjentlid^er Sefjerung beruht bagegen bie Umleitung ber
t)on 5, 3—6 üorau^gefe^ten unb bon^on. unb©ej)t. aufbewahrten erften ^Jerfonen 5,2
-inpirNi, inr-JNi, pNi, ip«i in britte. ©ie fd(>ien nottoenbig, toeil obtoo^l bie £iÄ=
25 überfd^rift ^"-'•^^ '^ "»^ bie eiaenen 2Borte be« ^^^ ertoarten lte|, bie änfang^orte
'^T'-:-'':) rrri sz-r ftd^ bod^ afe Jleferat über ben ^"^^ unb feinen Weingarten burc^ benfelben
Dritten au^na^men, ber angefünbigt l^atte, bafe er feinem iJiebling einmal ettooö t)or=
fingen tooKe. aber in SBirflid^feit toar ba^ '^T'^'^^ nur eine nad^ bem britten SBorte be« 5?.
gemachte Serbefferung öon ""i;?. 2)er Ti'r beginnt fein £ieb mit ben SQäorten : „ein SQäein^
30 garten fam in meinen Sefi^ (b. i. Vt^), ]o günftig gelegen, ba| er mir ber beften Pflege
unb be^ fid[icrften SBertrauen^ ju feiner SRentabilität toert erfd^ien". Slnftott noc^ toeitcre
S3eifl)iele ju Raufen, fd^Iiefee \o) meine Cl^aralteriRerung be« 3^ejteg mit ber 33el^(am)tung,
bafe felbft ba^ lunfttjott geglieberte Oanje ber 6 iReben Ä. 28—35, toenn man blo^ bie
>Hätfcl im SCejte Don Ä. 28. 30. 32. 33. 35 anftebt, \)on beren Söfung iad aSerfiänbniö
86 beö 3wf^"^"}^"^^"9^^ Q^^i hjejentlid^ abl^ängt, nadp bem l^eutigen Hebräer nur ^um Seil
eine fidlere Überfefeung finben fann. 2lm fdplimmften fte^t e^ um Ä. 24—27. fflo^in
man blidft, ob auf ben angeblid^en ^a^'o^, ber [xd) au^bittet, bafe i^n einer in Dornen unb
Difteln ijertoanble, toeil er bie ertoünfd^te SKotion be«3«^^^ üermiffe (27, 4), ober auf
bie ©tabt, beren ^tvtxQc ©d^afe abfreffen, im ^wftanbe ber Irorfenl^eit aber alte SBeiber
40 abbred^en, um bann bie ©tabt in Sranb ui ftecfen (27, 10. 11), ober auf baö gleid^ einer
jum ©rfäufen t)erurteiltcn Äaje in ben SBaffem einer 5IJliftgrube um fein Seben fdS^toimmenbe,
aber immer toieber untergetauchte 3Koab (25, 10. 11); ober auf ben frommen 3Rann, ber
auf ben Sob^rei^ ®otte^ unb bie ©iege^^^mnen, bie er in ber gerne l^ört, über feine
©d^toinbfud^t ju fc^reien unb bie ©rbbetoo^ner ju tjerfluc^en anfängt (24, 14—17); ober
45 auf ben „a\x^ SEBanbrnauem befte^enben Siegen" (25, 4), ober auf ba« ©iefeen fei ed nun
t)on „(Seflüfter" ober bon „SCali^manen" (26, 16) • überall toirb ber $^iIoIoge Änlafe ^aben,
berjtoeifelnb >en Äo^f ju fc^ütteln. Unb nic^t bejfer ftel^t e^ um ben Slbfinitt St, 13—23 ;
benn alle Überfe^ung t)on Ä. 22 in feiner erften §älfte, t)on ä. 21. 23, Don
14, 29—18, 7 nimmt fic^ auö toie unfid^ere^ unb unburd(^ftd&tiged Oeftammel. ^a
to felbft St. 1—12 bietet ©ä^e, toie „berborben toirb unter ber SBirhmg bon Öl ein 3o^"
ober (nac^ gtoalb) „ein 3[unge" (10, 27), ober 5, 30. 24*. 17, toel^ie für fid^ gar nid^t
j\u enträtfcln finb, ober toie 2, 8*^ 5. 6, toeld^e nad^ bem SBortlaute berftanben, in hm
3ufammenl^ang fic^ nxd^i fügen, unb ganje ©a^grupjjen, toie 8, 19—23, loeld&e bunlel
bleiben, obtoo^l tjon il^rem SSerftänbniö bie (Sinfid^t in bie Äomi)ofition be« ganjen fie
^K> umfaffcnbcn ^ilbfc^nittc^ abl^ängt. Unter biefen Umftänben ift e« ben fünftigen 5«>^^^"^
bringenb ju empfehlen, baj fie ben oorliegenben 2ei*t erft ju feilen unb fidler ju t)erfte^en
fuc^cn, cl^c fie eine ^öl^cre Sritif üben, bei toclc^er bag nodji unberftanbene unter beifällige^
ober abfdE)ä^ige^ Urteil gefteßt unb enttoeber bem yS^\aia unb feiner ^Äi jugefi)ro<^en
ober an bie J^üHe feiner unbefanntcn Äonfurrenten in ben 9;a^j^unberten bi^ gu ber
60 3JJatfabäerjeit ^erab mit ber 9)Jiene unfel^lbaren SBiffen^ tjerteilt toirb.
aefojo 713
4. 2)cr 3){ann ^ejaja. a) 3)cr 9?ame lommt in bcr längeren ^ebräifd^n g^rm
irr^r^- i ß^r 25,3. 15; 2(i, 26; 2 6^r26, 22; 32, 32, im »ud^egefaja unb 2Äfll8ff.
bort in Se))t. mit ^hoiag, "hooiag (p7^% 'Icoaiag 0^;T^''), in Vulg. mit Jeseias
(Var. Jesaias unb Osaias), ^ier h>ie andf 2 &)x 32, 32 mit 'Hoatag^ Isaias
(Var. Esaias) toiebergegeben, t)or; in ber lürjcren ^"•rd-^ 1 6^r3,21; 5Re^ 11, 7 = 6
"hoiagy Jeseias, Isaias, 6«r 8, 7. 19 = 'laatag, Isaias (tDogegen bei ^feubo^
c^ra 8, 33 ^leoiag unb v. 47 'Üoniag) unb ate Überfc^rift bor bem Sud^e Sejaja
@r ift crllärt, inbem man bie erfte §älfte ate SBerbalform bon yi''2 (Ritter) ober bon
-t:" (perf. Dal, Äö^ler ju ©ac^., 3)eli^f4), ober ate stat. contr. be^ nom. ^•P'! an\ai)
(fo 5. S. 3. ^' 3Kic^aeIi^), unb geh)ife tft er ate 3lu^bru(f göttlichen §eile« fc^on lyx 3eit 10
ber lebenben Sprache gebeutet tDorben. 3lber bie Sinologie bon in-'rTN-'^ irT'r?:^"', b«"^Tn^
n\N^, -»n-^^, bN*-^, n-Tn-^, t^elc^e atte für ba« Äinb banfen, in beffen ©eburt fx6)
gezeigt, ba^ 3^'^be bie ©e^nfuc^t ber kommen anfielt unb i^r Sitten l^ört, beftimmt
mid^, ben Slamcn bon ^^ abzuleiten. 2)ie griec^ifc^e äugfjjrad^e 'Hoatag gel;t, toenn
auf ben spir. asp. ettpa^ ju geben, auf eine erleic^tembe Slu^fprac^e ^;9''" für J^;??? 16
jurücf; bgl. auö Onom. sacra (ed. Sagarbe) noirj^a äogdrov, b. i. ^i^?., biiaxia'
au6g, b. i. ""on (p. 165. 191 u. «jra^a«^ = ^:^^: p. 202). S« entf^ri^t alfo snp-^V«
(Simonis, Onom. p.491), 3n?^n: (f. ®efd^. ggraete ©. 96 f.) unb ein ©a^, toie 3^?^
^in - ®en 4, 4.
b) Sflad^rid^ten über feine $erfon. 9lu^er in bem S. Sefaja unb 2Äg2)
18ff. bietet un« bie Sibel nur jhjei SRoti^cn über ben ?Jro^^eten, erften« 2 6^r26,22:
„bie übrigen 3)inge be« Ufia, bie früheren unb bie fj)äteren l^at gefd^rieben ^^a\a b.
3lmo|\ ber ^xop^tt'\ 3)er Sluöbrurf toeic^t ^ier fo bon ber getoöbnlid^^en ^itierung^
toeife ab, bafe man UnboHftänbigleit ober ßntftettung ober beibe^ jugleic^ in btefem^^ejte
ijermuten barf, jumal ©e^t. V"^^ P gar nid^t ^aben unb yeyga^filvoi vno ha- 26
oiov T. 7iQ0(p. überfe^cn, tDie in Vulg. fic^ bie Se^rt Esaias propheta fil. Amos
finbet. S^nen tDürbe ein l^ebräifc^er 3^e^ entf^jred^en, toie 'i^;3^'? "ti^ C'^ri?. Seibe
©ä§c finb mel^rbeutig, auc^ toenn man bon ber SWöglic^Ieit abfielt, ba^ eine jtoeite
Quellenangabe, toeld^e auf ba^ Jtönig^bud^ bertoied, |inter il^nen berloren gegangen
fei. ©ie lönnen nämlid^ ein felbftftönbige^ ©rjäi^ilertoerl meinen ober einen burd^ ao
ben 92amen ^efaja gelennjeic^neten Slbfc^nitt bed Itönig^budf^ed, ober bie fec^ erften
ftaj)itel unfere^ Sudf^e^ S^f^i^/ ^^^ ©tüdtc borau^ mit mibrafc^artigen 9lotijen
untermifc^t, Wk fie in bem betreff enben Jlönig^bud^e gegen @nbe ber SRegierung^
beriete cingefd^altet getpefen gu fein fc^einen. gebenfaHö ift ©eftalt unb ©inn biefer
9?olij fo unfic^er, bafe man auf ®runb berfelbcn bon ^^aia nic^tö fagcn barf, toadss
man nid^t auc^ ol^ne fie fagen lönnte. ®leid^h)o^l l^at fte borbem mit 3i^f 1^ 1 ^^ S3^-
h)eig für bie SSermutung gebient, ba^ S^^i^ ^^^ ö^njen 113 3^^^^ ^^^ bier bort auf«
ge^äj^lten Slegierungen burc^lebt ^abt, ob man i^n nun bon älnfang an afe ^ro^l^eten
t^ätig fe|te, in toeld^em %aXit bie Berufung in fl. 6 ate eine SBieber^erftellung pxop^^t^
tifd^en aSermögen^ galt, bef|en SBerluft ber ©e^er fid^ burd^ fein fünbige^ ©d^meigen gegens 40
über ber 9lnmafeung Ufia^, felbft ;u oj)fem, jugejogen \)abt (6, 5 '^ri-'-in: = ioKOJiriaa
nad) ©i;mmad^u« ügl. I^eoboret unb §ieronVmu^), ober erft bon ber in fein 25. vlt^
gierunggja^ gelegten ©rlranhing Ufta« am 9lu«fa^e an, ©0 ber S^rgum, ber 6, 1 ge^
rabeju t)om 8lu^fä$igh)erben Ufia« auflegt. Segünftigt tourbe jene Slnnal^me burc^ bie
©teUung be^ 6. Äaj)itete, toeld^e aud^ noc^ neueren gorfc^ern Slnla^ getDorben ift, 45
R. 1—5 ganj ober teiltoeife an^ Uftaö früheren ^afycm herzuleiten. 3)ie jtpeite Slotij
finben \v\x 2 6l^r 32, 32 : ,bie übrigen 3)inge §i«Iia^ unb bie il^m toiberfat^renen
C'^'icn^ ftej^e, fte fmb befd^rieben r^n? ^c\a\a^ b. 2lmoj be^ $r. im Pf) 93uc^ ber
Äönige u. f. to.* 9lud^ biefe ift unberftänblid^, ba bie einfad^fte 3)eutung, bafe ba^ ©eftc^t
^efaja^ bem Äönig^bud^e gegolten ^abe, Unfinn ergiebt. Slber e^ ift au^ ©ej)t., Vulg.. w
Targ. baö bor -" berlorengegangene 1 tpieber in ben lejt ju fe^en unb einjugefte^en,
baj ^ier jtoei bemSerf. gef^ieben borliegenbe Quellen citiert tDerben. 2)a nun ,®efid^t9jc=
faja^ b. 2lmoi* nad^ 1, 1 2:itel unfere^ fanonifd^en $rol)l^etenbuc^e^ \vax, fo fagt ber ß^ronift
in ber 2;^at tpeiter nid^t«, atö \va^ toir and) auf bie ^age erhjibem tpürben, \vo über
^iöfiaö abfonberlic^e ©rlebniffe naivere« ju lefen ftel^e, nämlid^: in bem j)roi)^etif(^en
i\ud)t ^cfaja^ unb im Äönig^buc^e, unb am toenigften \v\B, er über litterarifd^e Slb^ängig-
fcit^berl^ältniffe ^tpifd^en ben etnanber entf^red^enben ©türfen biefer^ beiben Sucher unters
rid^ten. ©leic^tDO^l l^at man fc^on in ältefter 3^^^ bei richtiger Sefung --"i in biefer
©teHe bie ©pur einer felbftftänbigen, buc^ftöblid^ eine SSifton berid^tenben ©dtjrift ^efajad
gefunben unb bie berlorcne, tote anbere berlorene ©d^riften ^eiliger SJlänner burc^ eigene^ eo
714 3eWo
SWac^lucrf erfefet. (Sin foldfrc« tft bie ,aStfu)n bw; ^^\a\a' ^eifembe unb mit einem
SKorlVrium behielten jufammcngcarbeitetc, fc^on bon Drißene« an citierte ©4>rift, fod^
in ätl^io^ifc^er Überfcfeung mle^t bon 3)iIImann (1877) cbiert tft unter bem 2:itel
Ascensio Isaiae, f. D. ä. ^Jf^w^e^igrap^en. 3)ie l^icr gegebenen SRad^rid^ten ftnb, fotoeit
6 fie nid^t au^ ber Sibel entnommen erfc^einen, uim größten 2!eUe iübifc^c« ©tjo^Iung^
gut, toeld^e« toir and) anbertoett antreffen, gtoar ni^t, ba^ aö 3Sater 3^^!^ ^
$rop^et 9lmo« angegeben toirb (j. 93. 4, 22), eine 3Serft>cc^äung mit Slmoj 3^ 1^ 1/
h)elc|>e nad^ §ieron. nur be« ^ebräifd^en Unhinbigen begegnen fonnte, unb ein (Seiten^
ftücf gu ber tJerbrtiberung Don V"*'-« unb ^^1'^'^% auf toelc^e bie Slabbinm bie lömqlid^t
10 2lbfunft 3^föi«ö grünbeten, tool^I aber, bafe S^^I^ getoaltfamen lob unter 3Kana]Re
gelitten l^aU, ffiie bei ^u\ün (dial. c. Tryph. ed. Otto p. 430 sq.) toirb aud^ l^ier
5, l; 11,41 ^t\aia jzqIovi ^vUvco jerfägt (toe^^b, erflärt ba« bon b. ©eb^orbt
beröffentlid^te gried^ifc^eaWartVrium 'in ^ilgenfel 33553:^ 1878, ©.341 ff.; UgL ouc^
bie vitae prophetarum in SReftlc, 5KarginaIien unb 5Katerialien 1893, ©.47 ff.);
15 unb i\oax, toie gud^ Drigene^ angiebt, infolge einer 98erurteilung toegen gefe^toibriger
bla^l^emifc^er äufeerungen über ®ott unb bie ^eilige ©tabt (3, 6 — 12). ©bcn
biefe^ finben toir j.S5. in berOemara, 3*fl»wot^49^ too e« l^ei^: in einer alten geneas
logifc^en Jlotte l^abe geftanben ,5Kanaffe ibt^it ben S^^i^S wnb bann ^ingugefügt
toirb, biefe^ fei infolge einer 98erurteiluug gefd[iel^en toegen anmafelic^er äleu^enmgen
ao bed $ro))]^eten, bie bann auc^ aufgeführt Serben, aber fic^ auf benfelben ober öln-
liefen SBiberfjiruc^ jtoifd^en jefajanifc^en ©teilen unb bem ®efe|e befd&ränien. 3)ie
äblel^nung einer 3?erteibigung bor 9Jlanaffe, toeld^e "^^dya auf beflen 33erflodt^t be^
grünbet, erinnert bann an bie ä^nlid^e älble^nung ber t)on $id{ia ge))lanten 93er^ütung^
ma^regel (asc. Isaiae 1, 10—13). 2)agegen ift bie Weitere @r)ä^Iung ber ©emora,
26 ba^ S^l^i^ öw.f ^^^ 3öwberh)ort be^ 3flamen^ ^oifoi bon einer ßeoer berfd^lungcn unb
burd^ bie Slbfägung berfelben getötet fei, fpötere Slu^fc^müdfung (fo fc^on ©efeniu« ©. 12)
einer einfacheren Überlieferung, au« beren SKil^berftänbniffe bie 33orftettung ber asc. I. gefloffen
ift^ S^f^JÄ \^ "^'* ^i"^ l^öljemen, anftatt mtt einer §oIgfäge jerfägt toorben. ©iefelbe finbct
fic^ aufeer in ber bon Slffemani (Catal. Vatic. 1, 452) mitgeteilten ©teile eine« a^rgumd fafl
90 gleid^Iautenb in ber Slanbbemerlung be« Äob. Sleud^Iin« ju 3^f 66^ If h)eld5>e au^ einem
jeruf. 3;argum beigefd^rieben bei be Sagarbe (prophetae Ghaldaice 1872, p. XXXIII)
abgebrucft ift. Diefe genauere SBerfion fagt, 66, 1 ff. ftamme avA bem ®nbe ber $rAigt
Sefaja« unter 5IJlanaffc, ncil^er bom 17. ^ammuj, afe 5IJlanaffe ba« a\x^ 2Jlg 21,7 bc*
lannte 93ilb im ^^cmjpel aufgeftettt \jaht. Da ^obe 3«^^^ ^"«^ ^^\o\pi gefügt, bo ber
85 Äimmel fein ^xx>x{, fo fei e« grunblo«, toenn 3^wel fic^ auf ben falom. ^XxvXpd ber»
uiffe, bei bcffen ©runblegung er fdfeon erllärt \)cbt (f. 1 5tg 8), ba^ nod^ toeniger afe bie
Äimmel oiefe« ^au« feine §errlic^teit faffen lönne. 3^*/ ^^ P^ ^^^ ergümen, l^be er lein
©efaUcn mel^r an il^m unb toerbe ben Stebufabncjar lommen laffen, e« ju jerftören unb bie
3u^örer bon 3wwfalem toeggufü^ren. ,211« 3Ranaffe bie SQäorte ber Slüge 3^01«^ ber*
40 nommen, toarb er 3ome« boK gegen il^n, fagte ju feinen 3)ienem : laufet l^inter i^m ^er,
^afc^et il^n ! fie liefen il^m nad^, i^n m l^afcpen, er flo^ bor i^nen, unb e« öffnete ein
bürrcr Saum feinen 5Kunb unb berfd^Iang i^n. ©ie brad^ten (ftatt V^'^ lie« T*^c^-)
eifeme ©ägen unb fägten ben Saum, bi« ba« SSIut "^^dicA l^erbor^o^ toie SBaffer.*
Unb im fj)ejietten ^inblidt auf bie Untl^at an 3^«i^ f^'^ ^^^ allgemeinen Semerlungen
46 2 Äg 21, 16 unb 24,3. 4 (tooju bie SRanbgloRe p. XXVI ju 222, 3 ju bal.) gemetni
3)er 17. I^ammuj ftammt offenbar au« bem an biefem 2:age üblid^en 2!rauerfaften h)egen
ber (ginftettung be« I^amib am 17/4 70 p. Gh., be« SSruc^e« ber 2 3kxfeln unb ber
äufftettung be« cbi:^ hjclc^e balb bem SWanaffe, balb bem Sll^oftomo« gugefd^eben toirb
(cf. Taanith, Surenhus. II. 382 unb Bartenora %. b. ©t., fobann Talmud Jenish.
60 ed. Krotosch. fol. 68 a). Unb o\x% einer 3ted&nung«h)eife, für toelc^e in bem angenom*
menen 3al^re 17. Jl^ammuj = 6. 3uli alten ©tilc« \o<xx (im3a^te 70 h>ar nadf^ unferer
9lcd;nung 17. 3:1^^. = 14. 3wK)/ tül^rt bie bi«^er unerflärte 3lnfe^ung be« SKart^rium«
3efaia« auf ben 6. 3wli bei ben Slömem (acta mart. Bolland. Juli II, 250 sqq.,
bei ben (Sried^en 9. 3Kai) ^er (bgl. meinen 3luff. „3)a« 3)atum be« SWart. ^^a^ im
55 9{öm. Äalenber" in ©t. u. Ä. 1880 ©. 536 ff.). 3)ie meiften ber aufgeführten SRotijen
über 3^f^j^ fc^i G^tiften unb 3uben unb anbere unbebeutenbe, toie bafe er ber ©d^toiegers
batcr aJtanaffe« gehjefen, ober toa« bei ejjip^aniu«, ed. Petav. p. 138 über bie Duette
©iloal; in lefcn fte^t, finb offenbar au« biblifdtjen ©tetten toiber il^ren Sitten ^erau«=
geflügelt ober nac^ toitttürlid^en Kombinationen in erbaulicher 2^enbeng erfunben. aber
60 bie eine bleibt al« fefter Überlieferung«Iem jurüdt, bafe 3^^i^ ^* ^^^ ^anajfe gcftorben
3efoi« 715
fei. Um 3^1 ^^t 1 ff- «^^ h^ ^^ S^H^^^^ i>i^f^ Köntflö gcfprod^^cn ^n beulen, mufete
man borau^fcjen, ba^ S^f^I^ »^«>^ i>^" Slnfang feiner Stegierunfl^jeit erlebt ^abe, unb
biefc 3[Jorau^fe|ung h)ar bem öom Sud^ftaben ber Sibel abhängigen gwben gegenüber 3^f
1, 1, iüel(^e ©tette audf^ Slabbinen bie ^Äi 3Kanaffe« unbebingt au^üufd^licfeen fc^ien,
burc^au^ nid;t leidet unb natürlid^. Sie mu^ alfo auf felbftftänbiger Überlieferung berul^t 6
l^abcn.
c) ©eine 3^**- ^Bir bürfen alfo, um bie 3^^ ^^ $rol)l^eten ju beftimmen,
biefe Überlieferung ju ber c^ronologifc^en 9lotij in 3^f 1^1 ^injune^men. ©d^on 38itringa
fa^, baj biefelbe ein 3wKi i>^ §erau^eber^ fei; na* 9lm 1, 1, beffen jtoeiteö "^^ ja
bcm erften parallel unb nic^t barüber jurüdt auf "''^3^ bejtiglidfe gefaxt toerben mu|i, ift fte lo
ui überfe^en: ,h)eld^er Oefidjite ^atte u. f. h).*, inbem nur bei biefer Äonftrulfion bie
3}iögli(^fett beftanb, '^>"i "''-''^ ol^ne ©c^toierigleit anjureil^en. 2)ie bon ben 4 Königen
angefüllte ^t\t Verlängert ftd^ bemnad^ für ^efaja um eine unbeftimmtc, getoife furje
©tredte au^ ber S^it 3Jlanaffed, toerlürjt ftc^ aber burd^ 6, 1 um 51 '^a^xt bcö Ufia, fos
fem nad^ jener ©teile ber projjl^etifc^e Seruf S^^ja« erft t)om ^^obe^jo^re Ufia«, b. i. i6
bon feinem 52. ^a^xz, batiert. 3)enn ber ^ier ßrjäi^lenbe toirb beim 2lnblidt ber
göttlid^en §enlid^feit unb beim $ören ber anbetenben ^rebi^t ber ßngel bon Sa^be«
§ciligfeit unb ß^re, alfo bei einer Oelegenl^eit, bie i^n innerlich nötigt, in einer gleich
entfj)red[ienben SBeife mit anbetenbem Selenntni^ ju reagieren, junäc^ft bon bem erfdjfreien-
ben ©cfül^le be« äbftanbe« erfüllt, in bem ftc^ feine eigene bi^^erigc Siebe unb bie bon ao
il^m geteilte feinet Solle« bon bem, toa« er l^ier fie^t unb l^ört, betoegt l^at. 3"^
©elbftanbietung für ben Sotenauftrag gal^bed mufe er erft burdf^ eine ^anblung ermutigt
loerben, bie i|n ber Vergebung ber i^n brürfenben 3?erfc^ulbung berfui(iert unb feinen
9Kunb l^eiligt, bafe er i^n mit ben ©ngeln unb toie fie auftl^un barf, um bie innerlich
gefc^aute ^eiligleit unb ^enlid^feit ^al)M angemeffen ju berlünbigen. 3)anac^ lann e« gar 26
feinem 3^^^^f^^ unterliegen, bafe er l^ier toeranfdfeaulid^en toitt, toic er an^ einem atttäg*
lid^en, überlieferung«mä|ig (29, 13) frommen, l^ö^be belennenben ?J^raeIiten ein ^ropl^et
getoorben ift, ber auf ®runb originaler 3^^^'**^" ""^ unmittelbarer Serü^rung mit
gaJ^tje bie i^ovaia f^at, t>on gal^be aud^ fold^e« gu neugen, loa« über ben Ärei« ber bi«*
l^erigen 3$orftcllungen l^inau« unb gegen bie Hoffnungen unb Steigungen be« SSolfed so
3ia^De« anläuft. SJel^men toir nun beifpiel^eife an, ba^ 3^W<^ 20. Seben^jal^r mit bem
52. Stcgierung^ial^e Ufia« jufammenfiel, fo toäre er beim 9l^ierung«antritte be«9Ranaffe
ettoa 81 ^a^re alt getoefen, unb ba« t)on6art))ob gegen bie^nfe^ung be« Xobe« ^efaja«
unter 3)?anaffe geltenb gemachte SSebenlen, ba^ man nic^t h)illfürlid[) ein aufeerorbentlid^
^o^e« £eben«alter für ben 5Prol)^eten in Sled^nung bringen bürfe, bei ber §inaufrüdfung 86
feiner J)roi)l^etifc^en 3^^ätigfeit über ba« 52. gal^r Ufia« tool^l begrünbet, berliert für un«
alle Äraft. SBollen toir bie S^^ja« fieben bejeid^nenben Jlegierungen ber jübifc^en
Könige in ber geto. 3ritred^nung unterbringen, fo ge^en toir am beften tjon bem ^oi)xt
ber S^'^^örung 3^fllc»n^ 586, al« bem IL^fl^r« ^ebelia«, au«; bann ift nac^ ben
3al^len be« Äönigebuc^e«, ioelc^e burc^ 3^^"^i« fontroltert toerben (ögl. ben djironol. Sln^ 40
^ang ju meinem Kommentar gu bem König«buc^e unb ®efd^. 3«rael« ©. 189 unb 206),
696 ba« erfte SKanaffe«, 726 ba« erfte §i«Iia«, 741 ba« erfte be« 2l^a«, 757 ba« erfte
be« Sotl^am, 758 ba« 3:obe«ja^r be« Ufta; ba« $^a^r ber 6infd^lie|ung ©amaria« burc^
©almanaffar = 4. ^al)Xi $i«fia« ba« 3- 722, unb ba« ber ©roberung biefer ©tabt
burd^ ©argon = 6. 3- §i«Ka« = 720. 3l^^mta toir an, toa« ba« toal^rfd^einlidjifte, 45
ba^ ba« 3^i^w ^^ ©onnemeiger be« 9lba« mit ber ©onnenfinftemi« bom 14. 9Kärj
— 710 (b.i. 711 t). 6l^r., f. £5bj)oljer, Kanon ber ©onnenfinftemiffe, bef. (Sinjel, fl)ejietter
Kanon ber ©onnen- unb SWonbfinftemiffe u. f. to. bon 900 bor bi« 600 nac^ S^r., 93erlin
1899) irgenbtoie gufammenl^ing, bie nad(i einer 9Jlitteilung meine« ^eunbe«, be« Slftronomen
Kreu^ um 11 U^r morgen« in ber ©tärfe bon 9^1^ ^cü in 9j^<*I^"i ftc^tbar toor, fo so
h)irb ben obigen 2lnfä$en über^aul)t, unb in«befonbere ber Sered^nung be« ^afyc^^ 711,
al« ber 3rit ber ©enefung J^i^K«^/ ^^^ apronomifd^e Seftätigung gu teil. SJann lann
bie ©efanbtfd^aft be« bab^lonifd^en König« SWerobac^ Salaban (^ef 39, 1) frü^ten« in
ba« 3-711 fallen, unb fein Unternehmen, bie aff^rifd^e Dber^errfc^aft abjutoerfen, gu bem
er burd^ fold^e ©efanbtfd^^aften Untetftü^ung fuc^te, in ba« g. 710. 35iefe ^aUn fügen 66
fid; auf« befte in bie angaben be« ^tolemäifc^en Kanon«, toelc^er bem SJlarbofempabo«
12 ^ai}x^ al« König toon Säbel gicbt, unb feinem Sefteger ©argon, ber bon ba an felbft
al« babl;lonifd^er 5tönig gejault toirb {'Agxlavog), 5 ^a^x^, fo jtoar, ba^ ba« lejte 3a^r
aKarbofemJjabo« = 38 aera Nab. unb ba« erfte ©argon« = 39, b. i. 710 unb 709
bor Sl^r. 2)enn ba^ ber ,Rönig bon 93abel* 3Jlerobac^ Salaban (gef 39, 1), nid^t ein eo
716 aefoja
bcficbiaer Ufur))ator biefc« 9?amcn^, fonbem bcr belanntc 9RarboIcm^abo^ be« ^tolemäu^
unb aJcatbufl^abaRbbtn bcr aff^rifc^en ^^Wriften fei (h)ic ©c^raber, fteißnfcj^riften unb
©cfc^ic^te, ©. 535 f., je^t felbft crfetmt), baran ^at mic^ tocbcr ba^ je irre gemacht, bo^
biefer „©o^n S^Kn«" ^«ifet, nod^ bafe bie Sibel jenen ;,©ol^n 33alaban«" nennt. SJa ber
6 ©i^ jene« Äönig^ Bit ober Dur Jakin genannt toirb, fo burfte man ben 3^^*"^ ^^
Bof)n er l^eifet, für einen (Srünber feinet ©efc^Iec^te« ober feiner §errf(^ft, mu^te ibn
aber ebenfotoenig für feinen leiblid^en 98ater galten, h)ie Dmri borum für ^^ffu^ äSater galt,
bafe bie ajf^rifc^en gnfc^riften 3e^u ate Dmri^ ©ol^n ober afö ^rften be^ Sonbe^ Dmri
bejeic^net ^aben fotten. Unb fd^on öor 9?ägelgbac^ ^abe \6) ba« ,©o^n Solabon^' ber
10 Stbel für eine 35eutung ber af^nbetifc^en 9SerInüj)fung t)on SSalaban mit SKerobac^ ge^
Mt^"/ toeld^e für einen an genealogifd^e labeHen, h)ie I6l^rl,lff. getoö^ntcn Sefer,
fel^r na^e lag. — ßbenfo l;armonieren bie aff^^rifd^en S^^^^^Ö^i^^ *"i^ unfercn obigen
9lnfä§en, fotpeit fic mir feftftettbar erfd^einen. 34 9^^^ bat)on au^, ba^ bie fünf ^c^
be^ ^r!eano^ über Sabel mit ben legten fünf ^a^rcn ©argon^ über äffur ebenfo ibentifc^
15 finb, toie bie beiben 92amen. 3lai) ben bei ©mit^ (the assyrian eponym canon
p. 86. 87) aufgeführten Äontrafttafeln, fotpeit fte toirllic^ gelefen unb nid^t blo^ gcrabe in
ben §aiH)tfac^en Dom ©bitor , ergänzt fmb, fällt ba^ 14. ^afyc ber§errfd^ft ©orgon« über
^ffur mit bem Slrd^ontenja^re SamaSupahir toenigften« teiUoeife gufammen, ba« i^m folgenbe
Sa aäur dubu mit ©argon« 15. über Slffur unb, toie au^brüdHid^ jugefe^t toirb, feinem
20 3. über SSabel; bemnad^ ift ba^ 13. göi^t ©argon^ über äfjur ibentifc^ mit bem erflen
über Sabel, b. i. mit bem 3. 709, unb fein erfte« über Slffur mit bem 3. 721, bem
i^toeiten bc^ 3Karbofemj)abo^ über Säbel; ©argon^ lefete«, b. i. fein 17. Slegierung^jalir
aber überl^auj)t ift 705, unb ba« erfte feine« 9lac^foiger« ©anl^erib ift 704. aSon ^er
avL^ laffen ftd^ mit $ilfe be« fogen. 6))on^menIanon« anbere3)aten getoinnen, fobalb nur
25 erft beftimmt ift, toie ftd^ bie 3^^^^/ ^^ ^ meint, ju ben Jtegierung^ja^en bcr Äöntge
unb be« ptol. Äanon« t)er^alten. ©ie fallen nämli^ nur teilioeife jufammen. 2)iefed
toirb fd^on an fid^ toal^rfd^einlidji, tpenn man fte^t, toie auf ben obengenannten Äontrolts
tafeln pi ben Slrd^ontcnnamen ,ba« 14.' ober ,ba« 15. 3^^^ ©argon* l^imugefügt ift;
benn offenbar foll baburc^ ber 2^eil be« 3«^^^ ^^^^ beftimmt toerben. S« ipirb aber
30)ur ®en)i^^eit baburd^, bag ba« Slrc^ontenja^r ManukiaSurli', toelc^e« bem SamaSu-
pahir tjor^ergel^t unb nac^ anberer 93oraugfe$ung gleid^ bem 13. ^af)n ©argon« über
Slffiir unb feinem erften über S3abel, b. i. 709 fein mü^te, atterbing« mit biefem urhrnb^
lid^ gleic^gefe^t toirb, aber auf einer anberen iafel mit feinem 12. 3^1^ über SRur.
§ierau« ergiebt ftc^, bafe ba« 12. unb 13. 3^^^ ©argon«, jene« mit feinem (gnbc, biefe«
36 mit feinem 2lnfange in ben 9lrc^ontat be« ManukiaSurli' fallen, bie 3legierung«jai^e ber
Könige alfo anbcre Slnfänge ^abcn, al« bie 9lrcbontenjal^re. 3ft aber ManukiaSurli* =
12. unb 13. ^af)x ©argon«, fo ift ©argon« eigener Slrd^ontat = bem 2. u. 3. feiner
Slegietung, ber be« Nabutaris = bem legten ©almanaffar« unb bem erften ©argon«, olfo
= 722 + 721. 3^^ toar nod^ Slrd^ont für 724/3, er ift geftorben unter Nabutaris,
40 alfo gegen @nbe be« ^af)x^ 722, fobafe er ©amaria jtoar belagern lonnte, aber bie
^üd^te biefe« Unternehmen« feinem 9?a^folger überladen mufete, h)el(^er felbft berid^tet,
bafe er (im Seginne feiner §errfd[iaft) bie S3eutc ©amaria« toeggefül^ l^abe (©ci^aber,
Ä. u. äSC 2. a. ©. 273). aßenn Dagegen bie äff^riologen noc^ immer ftatt be« 3a]^re« 720
ba« ben bibl. angaben toiberfpred^enbe 3a^r 722 für bie ßroberung ©amaria« anfc^, fo
45 beruht ba« erften« auf bem geiler ber 3bentifijierung ber Slnfänge unb ßnben ber Äönig«ia^re
mit benen ber Slrc^onten, unb ^toeiten« auf ber toiHtürlid^en Setjorjugung t)on Äanon 1 öor
Ran. 3 ber 2lrd^onten, tpetc^cr le^tere jtoifc^en bem 2lrd^onten ©argon unb Tab-gil-i^arra
nid^t toie jener jtoci, fonbem nur ein Slrd^ontenjal^r mitten inne liegen lä^t. Über ba«
aSer^ältni« ©atmanaf|ar« ju feinem Vorgänger 3:igtat^j)ilefar lä^t ftc^ nic^t« fiebere« fagen,
60 ba bie fogen. aSerh)altung«lifte bic^t \)ox jenem abbrid^t (f. baf. ©. 487). 3ft «6er bo«
erfte '^a^x ©an^erib« 704 = ber legten §älfte be« 9lrc^onten SRabubiniJJU« unb ber
erften feine« 'JJac^f olger«, fo fann ©anl^erib nic^t im 14. 3a^re §i«fia« (3ef 36, 1) jenen gelb*
gug nad^ SBeften getl^an ^abcn, auf toeld^em er ben §i«fia in 3^nifalem toie in einem
Ääfig eingefc^toffen ^aben toitl (baf. ©. 293), unb ben er felbft feinen britten nennt.
56 9lc^mcn toir an, bafe er in jebem feiner tjoHgejä^lten 9lcaierung«ial(^re einen ^elbjug ge*
tl^an ^abc, toa« bei oiefen aff^r. §errfc^em nid^t unh)aWw<^i"K^ ^% f^ '^" i^"^ ^^**c
gelbjug unter ben Slrc^ontat Hananu = 702/1 gefallen fein. 2)amit toürbe bie ä^n-
nal;me ftimmen, baj bie jebehfall« falfd^e Angabe be« 14. 3a^re« §i«Iia« (3cf 36, 1),
h)elc^e bießeic^t urfprünglic^ bloj bor R. 38. 39 gel^örte, infolge einer aSerh>edS^lung mit
60 bem ^a\)x^ 24 ^iefia« öor Ä. 36 geraten fei. Denn in bieifem ^a^^xt, b. i. 702, begann
»fuja 717
toa^rfd^cinltci^ mi) bcn aff^^rifd^m angaben bie Scbrängung Subaö unb §iöfia^, tDcId^e
nad^^er in ber Slufforberung an gemjalcm, ju fat)ttulteren, ß^felt.
9laci^ bicfcm allen bürfen w'xx bie 3 ^i*f i»^ U>elc|er ^^aia mit bem äuge eine^ ^Pro^l^eten
Sa^De« bem ©ange ber ©reigniffe jugefc^aut f)at, im großen unb ganjen auf bie ga^re 758
bi^ fpäteften« 690 begrenjen, gal^re be« bunteftcn Snl^alte^, ber cntfc^eibenbften SBanblungen, 6
ber mannigfaltigften Sejiel^ungen jtoifc^en benSBölIern, too^I geeignet, ben ©eftd^t^ftei^
einc^ ^ro^^eten ju S^^l^'^ "ber bie bi^^erigen Orenjen ju ertpeitem. 2)enn in biefe
3eit faßt ba« lange fortgefefete energifc^e Semül^en ber afl^rtfci^en §errf(^er, in ber Ober*
^;errfcl(>aft überschrien unb 5Jaläftina einen Slüdt^It für il^re toeiter nac§ 9lorbh)eften unbSüb^
tieften gerid^tcten Unternehmungen ju geh)innen. 3« benfelben tourben fie ge^inbert, teiö lo
burd^bie aufftrebenben 33öller in i^rem müden, t>on Denen bie 5Keber unter ©ejole« in biefer
3cit bie erften anfange il^rer 6elbftftänbigfeit enangen, teite burc^ bie mannigfaltigen
J^erfud^e ber babl;Iomf(^en Könige, bie afj^r. DberleJ^nötierrfc^aft abjutoerfen unb bie be«
ftimmenbe ©etpalt in ben tveftUd^en Sänbem felbft au^juüben, teild enblidf^ burd^ bie
SKeg^jjter, beren au^tDärtige ^olitif burc^ bie in biefen 3citraum faJffenbe ätl^ioj)ifc^e 3)^naftie i6
einen unterne^menbcren ß^aralter belam. ^uxd) bie Dielen bunt jufammengefe^ten $eere«5
mge, tpelc^e burd^ bie Orenjen 3^^^^^ <^^^ ^^ ^^^^ toorbei gingen, fotoie burc^ bie
93otf(^aften ber ejilierten S^^^i^Kt^» ^^^ itnm mand^e bie SSejiel^ungen )u i^rem SBater«
lanbe unb bem ®otte il^rer Säter mit SBaQfal^rten aufredet erl^alten l^aben toerben, er^
tpeiterte fic^ bie Äunbe ber jerufalemifd^en ^uben \)on ber ©igenart unb ben öetoegungen 20
ber Dom ©trome ber afl^rifdj^en unb ägt^j)tijc^en SßJelt^oIitil berül^rten 33ölferfd^aften, fo?
ba^ e^ un^ nic^t tpunbem barf, benn tvir im 93ud^e 3^^]^^^ ^^^^^ ^^" fleinen 3lad)bax^
bölfern au^ ba^ ©eba^ren unb Die ©ejc^icfe tpeit abgelegener ©tämme in ba« ßidf^t be«
j)roj)l^etifc^en SBorte« gerücft fe^en. Sluc^ für ben äußeren Seftanb be« Sollet S^^^be«
brad^ten jene gal^re bie einfd^neibenbften Seränberungen. 3" fie hinein fällt ber icil^e 25
Slbftur^ bc^ 9Jorbreid^e^ Don ber fidleren §ö^e, bie e^ naäi) 33ejh)tngung be^ f^^rifc^en
©rbfeinbe« unter 3^«>beam II. erreicht ^atte. 2)ie 3wHüftung im gnnem burd^ gtams
mc^neib, liefe c^ ben Ufur))atoren , bie gegen einanber auftraten, notJpenbig er«
fd^cinen, für i^re %ix\pxixd)c fw^ auf bie riDalifierenben Tt&d)tt Slffur unb Äg^jjten ju
ftüften, U)ie benn 3Renal^em nur al« SBafaU be« Slff^rer« fui^ l^alten ju tonnen meinte. 30
Unter bem unteme^mung^luftigen $elal^ tourbe bie entgegengefe^te ^olitit befolgt; bie
gleiche 9?ot unb Sorge führte jur äSerbrüberung Slram^ unb 3^^^^^ ""^ ^W §«tfc^cr
HU bem bi^l^cr unerhörten SBagni«, burc^ 33efeitigung ber babibifc^en ®Vw<ifti« in g^ufalem
auc^ '^vba für ben gemeinfamen SBiberftanb gegen Slffur gu fiesem, aber ber Dom $aufe
^aDib^ angerufene Xiglatl^ ^ilefar zertrümmerte bie 'SHad^t 9te}ind unb fuc^te burc^ äBeg^ 35
fü^rung ber SeDölIerung Don ©ama^I unb eine^ 2^eile« ^^xad^ bie Suft ju neuen
aBiberftanbeDerfud^en ju erftidten: ber erfte ©df^ritt gu ber DöHigen.Sluglöjd^ung eine« felbft*
ftdnbigen ©taateö 3^wel, toeld^e mit ber bie äg^ptifd^e ^ßolitif §ofea« ftrafenben ©r*
obcrung ©amaria« untx ber barauffolgenben 9Begfü|rung Don S^raeliten unb ©inj^flan*
gung frember SJoloniften erfolgreid^ eingeleitet hjurbe. 6« fd^eint, bafe Ufia, befjen 5Potitif 40
Don 3ö^^ö»n fortgefe^t tDurbe, barauf bebad^t getDefen ift, fein fleine« Sfleic^ Dor ber Ser*
fled^tung in bie großen SBeltl^änbel möglid^ft ju ftd^em, feinen iöol^lftanb ju ^eben,
hnxd) ©id^erung feiner ©renken, burc^ Sefeftigung^bauten, 2lnl^äufung Don Kriegsmaterial
unb ©elbmitteln ba^felbe ju einem feften, für aße ©Dentualitäten geftdjierten ^la^e gu
machen unb fo bem jübifd^en ©lauben an bie Ungerftörbarfeit ber ©tabt go^be« unb 46
feine« Äönig^^aufe« materielle ©arantien ju fc^affen. ^^beflen ber f^rifdS^=ej)^raemitifd^en
Koalition gegenüber fc^ienen biefe hod) i^ren 3)ienft gu Derfagen, unb ä^o«, ber jenen
©lauben nic^t l)aitt, tooßte fw^ lieber Don bem aff^rifd^en ©rofelönige, afeDon ^ai)t)t
ben Seftanb feiner §errfd[iaft Derbürgen lafjen. älnber« §i«fia, ber ber Überzeugung
lebte, fein Königtum Don ^öi^be ju Se^en ju tragen unb bem 2lff^rer nid^t« )u f^ulben ; 50
jebodj^ aud^ er mufete erleben, bap bie eigenen ^ftungen unb 5Kac^tmittel lein fd^ü^enber
2)amm gegen bie SJölferfluten feien, toeld^ fein SSolt hjegjufd^toemmen brol^ten, bafe aber
3a^De ^\d) felbft genug fei, um, toenn e« fein ßrbarmen gegen bie ®lenben unb fein
^eiliger ^oxn gegen bie vßgig ber SBelt^errfdjier anzeigen, auc| ol^ne menfd^lic^e SKittel
burd^ fouDerän Derl^ängte ^^gungen bie loilDefte glut ju brechen. SBa« ba« 98oll55
Sai^De«, hja« bie kommen au« biefen Grlebniffen lernen foKten, läfet ftc^ unfd^tper fagen.
©ie fottten nid^t ben alten ©lauben aufgeben, bafe S^^be ber ©Ott 3^wel« burc^ bie
&^]d)\d)U feine« SSotfe« unb ber 5Kenfc^i;eit ba« feinem SBefen entf^rec^enbe 3^^ erreichen "
h)iß, al« ber allein h)al^re ©ott unb .^eilanb überall auf Srben anerlannt unb geehrt gu
toerbcn. ©ie foUten nic^t gu ber 3Keinuug fommen, bafe er fein befonber« Ser^ältni« ju feinem eo
718 aefojo
j^ciligm Serglanbe unb bte alte SBcr^cifeung an btc 3Sätcr, bie tl^rem ©amen einen unt)e^
äußerlichen Stec^t^nfprud^ an ba^felbe l^erliel^en ^atte, aufgegeben ^be. Sie foOten ni(^
folaem, bafe er bie ©rünbung eine^ Sleid^e« (Sottet, ba« Vermöge [eine« ftc^tboren ©egcn« in
unfel^lbarer 9ln}iel^ung«Iraft ftd^ allmäl^ltcl^ bi« ;u ben @nben ber@rbe ertoeitere, tote e« mit
r> ^aDib anzufangen f^ten, bie S3e^au^tung einer irbif^en @tätte feiner gemeinblic^ 3kt'
el^rung, bon ber bie ©itten beffembe ®otte«er!enntnig in bie gerne au^ftra^len lönne, toie fie
inSwjfalem unb 3ion getDonnen ju fein fc^ien, alö Vergebliche SSemü^ungen aufgegeben ^Kibe.
Unb ba« ettüa gegenüber ben bon älflur begonnenen 3Serfud^, mit Sift unb ®eh>alt bie
äSölIer )u einem Sßeltreic^e }u t)ereinigen, in bem ber ßeifd^lid^e äBiUe unb ber toibecgött^
10 lid^e S^rgeij eine« einzigen 2;vrannen ba^S oberfte ®ef e^ toäre, gegenüber bem befiricfenben
ßauber, ben bie tief in ©ö^enbienft getaud^te ftultur fold^er SKitteljjunfte be« 2Beltt>erfe^,
tpie Säbel, auf bie SJölIer auMbte, unb Dor tDelc^em bie nationale Eigenart, bie alte
©infad^l^eit ber ©itten bei il^nen bal^infd^toanb, um einer bie ©etoiffen öertoirrenben, bie
SDlenfc^en \)on ®ott entfemenben, htnftlic^ gemifc^ten Seben^toeife $la| ju machen. Sber
15 inbem ^Qi)\>t ba« bat)ibifc^e SReic^ au^einanberfallen unb gerufalem nur für ben Reineren
3;eil ben fieben^mittelpunft bleiben ließ, inbem er nic^t ^inberte, baß g^aeld ßonb einer
neuen 93et)öllerung anl^eimfiel, unb ber bat^ibifc^e Jfönig jum Tribut ja^lenben SSafaQen
be« 9lff^>rer« tourbe, unb inbem er anbcrerfeit« burd^ bie tounberbare Sereitelung ber SCfc
fid^ten ©an^erib« auf g^nifalem bem ®lauben Verbürgte, baß feine 5Kad^t unb fein SBiUc
ao gu feiner Qcxt in abfoluter SBerfügung über bie SSölIer, 3?erberben unb §eit f^)enbe, toar für
bie kommen bie entfc^iebene Stötigung gegeben, i^ren ®otte^lauben gu reinigen. 6« galt
alle bie SorfteQungen abguftreifen, bie au« ber nait)en 9}orau«fe^ung ertouc^fen, baß bie auf
ba« bat)ibifc(^e Äönig«l^au«, auf ^erufalem, auf ben 93efi$ be« ^eiligen i&inbe« bafierten
göttlichen ®rünbungen in biefer il^rer 3iußerlid^Ieit fic^ erl^alten unb toie anbere }}olitifc^
26 ®ebilbe toac^fen müßten, um ju bem bon ®ott gegeigten ^iele gu gelangen ; baß !^a^^ an
il^nen gleid^e« 3"^^^^ ^^^^^ '""ff^^ ^^^ ^»^ ©lieber ferne« Solle«; baß fein ^er^lten
baburd^ gebunben fei unb fic^ meffcn unb bered^nen laffe nad^ ben natürlidf^ gnterejfen
unb Sebürfnifjen biefer ©tiftungen, hjie bie in i^nen Sebenben fie füllten, ©er ®ott, ber
bem naiben übertieferung«mäßigen ®lauben flein unb t)ertraulid^ geworben fein mochte,
80 belunbete fidb je^t in toemel^mlid^er SBeife al« ber abfolut §o^e unb §eilige, ber unge^
bunben burdp irgenbtDclc^e irbifc^=fleif(^lid[ien 9Serl;ältniffe, lebiglidS^ bur^ bie SKaße feine«
eigenen 3Befen« in feinem S^l^un beftimmt, bie ©efc^idf^te in tDunberbarer 3QBei«^t gu
bem 6nbe lenlt, baß bie 6rbe feiner @^re \>oü h)erbe. 3)ie alle Serec^nung au«fc^ließenbe
SBunberlic^feit feiner ^ügungcn, baß er fein eigene« 3Solf fc^lägt unb bebrängt, bem er
85 fi^ al« §eilanb tjer^eißen unb ba« auf i^n fi^ t)erlaffen foll, unb l^eibnifc^en ^Vrannen,
beren ©innen il^m toerpaßt ift, ©ieg berietet, au« feinem tpal^ren SBefen al« be« ^eiligen
begreif lid^, mad^te biejenigen gu ©d^anben, \t>dd)c iit bem überlieferten ®lauben bie ©d^e
ber fleifd^lid^en Hoffnungen, aber biejenigen im ®lauben Völliger, h)eld^e ben toa^rl^ftigen
®ott felbft barin ergriffen Ratten. S)iefen hjar er ber treue, beffen SQäegen al« gielftdS^eren
4a «j Vertrauen ift, au^ too fte bem eigenen Denfen giello« ober frumm erfd^nen; beffen
Serl^altcn ftd^ überall al« ba« be« (Srbarmen«, ber ©ered^tigleit, ber ^äbagogifd^en SBei«^ett
rechtfertigen hjerbe. hiermit ift bann bie Grienntni« angebahnt, baß gu unterf^eiben fei jtoifd^
bem Von 3ial^Ve gemeinten, feinem l^eiligen 2Bcfen entfpred^enben ®otte«volIe, 2)aöib«^ufc
unb S^ufolcm unb bem fleifd^lid^ emj)irifc^cn, h)ie e« gehjorben ift. 3)a« fünbige Rönigreic^^
46?;^obeam« ift nid^t ba« .^au« 3^^ob«, ba« nic^t vertilgt toerben foll (3lm 9, 8). auf
i^ift unb ©etDalt gegrünbet, ^af)'ot mit hjiHfürlic^en 3)ienflen Verel^renb, anftatt mit ®es
red^tigleit unb erbarmen, ift c« nid^t beffer h)ie anbere SReic^e; e« mag untergel^en unb
fein Solf au«toanbem. ©a« §au« 3)avib«, ba« 3leic^ '^nia, ba« auf feine $olitif,
auf feine geftungen Vertraute, mit feinem ®otte \xd) burd^ Opfer abfanb, ol^ne im übrigen
60 feinem öffentlid[;en Seben ben ß^arafter ber ®otte«erfenntni« aufgu^rägen, ift nid^t ba«,
bem bie SSer^eißung gilt. 3)ie ©tabt ^erufalem, bie ba« SRec^t in il^rer 3)Zitte brüdtt,
bie Sarml^ergigfeit Verleugnet, frembem Suju«, ^^eibnifdjien SKoben i^re 3:^ore öffnet,
ift nid[|t ba« 3^«^"^/ Von bem gu allen Sölfem ba« Sidbt ber ©rlenntni« 3ä^*>^
bringen foll. £)i}m in äBiberfprud; mit fic^ felbft gu geraten, lann ^öj^Ve be«^alb 3^ael
65 in bie ^eibnifc^en Sänber gerftreuen, fo baß fein £anb eine SBilbni« toirb, bie Setoo^ner
^erufalem« nac^ Säbel gurüdtfüt^ren, von hjo 3lbraj[;am gef ommen, ba« Jlönig«^u« 3)avib«
lüieber nai) bem armfeligen Setl^lel^em, unb ber t^eibnifc^en Sölter fid^ bebienen, um biefe
©träfe ber ©ünbe ^erbeigufül^ren. 2tber fo getoiß er fid^ be« ßrobererVolfe« bebient, um
bie ©ünben ber Sölfer gu Vergelten, für feine 6^re unb ein neue«2eben ber ®ere<l^tigleit
60 9iaum gu fc^affen, fo gehjiß fann er fic^ nietet gum Wiener be« gleidj^ un^eiligen toibergöttlic^
dfefafa 719
ßj^rgci^e« ber gröberer mad^en, bie il^e (grfolge fic^ fclbft unb erfonnenen (Söttem öerbanlen.
3nbem er fte auf bem ©tjjfel tl^rer §errli(^Ieit ftürjt unb fein Soll neu grünbet, mu^
aße SBelt erfahren, ba^ fie mit il^ren Slnftrengungen unb ©rfolgcn nur ben felbftftänbigen
Slatfc^iüffen be« Sottet S^^^ete gebient l^aben, unb bann ift Slaum unb ^eit bafür ba,
ba& bie alten SSerl^ei^ungen in überfc^toänglid^er %ixUt eine SDäirflid^Ieit gewinnen, toelc^e 5
ni^t mel^r burc^ bie §errfc^aft ber Sünbe gefäl^rbet, bie Sürgfc^aft unjerftörbarcr SJauer
in ftc^ felbft trägt. 2)ann ift ber (Sefamtjuftanb ber S)inge eine einzige grofee unb
lautere ^rebigt toon bem fic^ nic^t me^r öerbergenbcn Oottc, unb alle« menfc^Hc^e 3Sers
galten hnxd) bie ungetrübte unb felbftftänbige (Srienntnig be« fo offenbaren ®otte^ be«
ftimmt. — 2Bie nun bicfe 5D?annigfaItigIeit unb biefer Oegenfa^ götttid^er gügungen afö 10
bag jufammen^öngenbe unb fortfdjireitenbe SQäerf be« einen ^ai)\>^ fid^ barftettte, fo aud^
alg bie ftetige ®nth)idtetung unb ©niel^ung, ate SBadj^tum unb (grlebni« eine« unb be^s
felben ©ubjefte«, 3«raete unb ber aKenfdS^l^eit, be« $aufe« SJabib« unb gerufalemö. @«
ift n\d)t fo, h)ie e« ben Slnfc^ein l^at, ba^ ^af)\>t fein Sanb berläfet, fein 98olI jerftört,
baö §au^ 3)at)ibd unb ^^ufalem i^ertrümmert, bie 6rbe berbrennt unb bie 3Kenfd^l^eit 15 '
bertiigt, um eine au^cr allem 3wfammenl^ange bamit ftel^cnbe neue ©(^öl)fung aniu-
fangen, in ber e^ il^m mit entfj)ret^enben neuen ©ebilben beffer glüdtcn mag. ©onbem toie
bie fterbenbe Wanje im ©amen unb im 9lbleger für nm^ Seben erl^lten toirb, toie
bem ©amen bie SSerlüefung ber SJurd^angöjJunft ju l^errlid^erer Seben^eftalt ift, toie
bem 9Kcnfd[ien gefd^el^en mag, bafe er ftirbt, unb boc^ feine ©eele al^ unberh)üftlic^er Äem 20
bleibt, ber )u neuem Seben in l^errlid^erem Seibe toiebergeboren toirb, toie ber ©efc^led^t^s
l^ufammen^ang ^^un unb Seiben ber SSäter unb ber Jtinber berartig t>erbinbet, ba^ bie
©späteren in ber ber früheren i^re eigene ©efc^id^te erfenncn, bie ^JrüJ^eren an ber ber Späteren
ainteil nel^men (^eif 29. 22 f.), fo fmb bie bon ^af)t>t über fein Soll öerl^ängten Rata^
ftro))l^en i\vax Untergang unb 2^ob für bie ber ©ünbe berl^aftete fleifdS^lid^e (Sejftalt, aber 25
fiugleid^ aud^ Slu^fonberung, Srl^altung unb Vorbereitung eined unbergänglic^en Slefted,
Äerne^, ©amen^ ober einer ©eele, toelc^e ben lobe^^ unb Sertocfung^juftanb überbauert,
um aug il^m ju einem neuen leiblid^en Seben in unbergänglid[ier ^errliojWt l^erborjugel^en,
in foüd)tm loeber menfd^lic^e ©ünbe noc^ göttlicher Q^m mtfyc ift. ©otteö lebenf^en^
benbe« 3Ra^l follen bereinft aße auf 3^0»^ f^medten unb er toirb baju ben ©d^Ieier beö 30
lobeö lüften, bafe bie ©eftorbenen ^erborlommen ; ba^ untergegangene 38olI, ba^ bergeb^
li^ burd^ natürli^e ^ortenttoidtelung toieber gur Soften) ju gelangen fud^t, n>irb burd^
göttlid^e 2:otenerh)edfung J)löWidS^ ju feinem aSollbeftanbe fommen; ha& in ®un!el ber-
fd^hjunbene ^au^ Dabib«, ob jhHir nur nod^ in einer unbegel^rten 3w«9f^öu öorl^nben,
n)irb }>lö^lic^ in bem ©o^ne biefer ^fungfrau }u neuem lönigli^en Seben erfte^en, 35
ber abgel^auene Saum ^faid in einem äBurjelreid lieber aufgrünen. Slber in n>elc^er
©eftatt l^bcn toir un« biefen bie ^ulunft berbürgenben Äem ju beulen? 9lic^t atö
Solf, nic^t atö ©taat, nic^t afe ©ef^Ied^t. ®er Siatur ber ©ad^e nad^ lonnten nur folc^e
ju il^m gehören, h)elc^e in bemütigem ©lauben in ben Äataftro^^en bie §anb (Sottet er*
rannten unb erfaßten, bie feinen Sitten ju bem irrigen mad^ten, in ®ebulb fid^ unter« 40
orbneten unb burd^ bie Qöttlid^en ^ügungen in [xd) bie ftttlic^e ^^c^t zeitigen liefen,
toelc^e fte bejloedEten ; toir lönncn jenen Äcrn alfo nur beulen ate eine ecdesia invi-
sibilis, ate eine nur ^Q!f:}'oc belannte, burc^ gleid^e (Sotte^Ienntni« unb ftttlic^e ärtung
xufammenge^örenbe ©emeinbe. Sine fold^e lann Seftanb unb Untergang bon Sol! unb
Sanb, Don ©taat unb Il^ron, ben jöi^eften SBec^fel ber äußeren 3«ftitutionen erleben, 45
ol^ne felbft barum unterjugel^en. Unb ba e« in ^^rael ber ^ro^^et ^a^be^ ift, toelc^er
in bem Seftel^enben ben ^Sitten ber göttlichen ®üte erlennen leiert, bie bunHe ©^rac^e
©otte^ in ben großen SBec^felfötten ber ®i\d)x6)U für bie ©eele unb bad ©etoiffen in
Äraft urfj)rünglic^er ©otte^erfenntnid bottmetfc^t, in finfteren 2^älem bie ©emüter auf«
richtet, inbem er ba^ bon il^m erfc^aute jenfeitd leuc^tenbe Sic^t ber $errlic^Ieit in fte 50
l^inein refleftiert, fo fönnen h)ir fagen: bie toom $ro})^eten gcfammelte, um ba« ^roj))^
tifd^e aSJort geeinigte ©emeinbe ift ba« unjerftörbare 3ion, ber bleibenbe Sleft S^rad«,
h)eld^er 3^*örung unb Serfjjrengung überbauert, inbem er an ©tette be« jerftörten ^oli*
tifc^en Seibe« bie Sleatität be« ^rop^etijtoen SJBorte« jum ©runbe feine« inneren Seben«
crl[;ält, bi« ber x\)m entf^rec^enbe neue Seib fi<^ au«geftaltet. 3)er 5Pro^l^ ift ber gött« 55
lic^e aJlittler unb §eilanb, mit bem unb an beffen §anb ba« fterbenbe 3«rael o^ne
ju erliegen bem lobe unb bem nmm Seben au« i^m entgegengeht, ba« in ber lönig-
lidben ^enlid^feit be« ©o^ne« ®at)ib« feine Sottenbung erreichen toirb. De« 5|}roj)^eten
Ser^alten im Seben, fein $offen im Seiben ifl Sorbilb unb Sürgfc^aft unb 6rmöglict>ung
bc«ienigen, burd; todqc^ bie ©emeinbe an il^r S^^^l gelangt. Unb ba ber 5|}roj)^ct, h)a« eo
720 Scfafa
er x% nur ift burc^ feine geiftöefalbte ^erfönlic^Iett unb bte bie §erjen betoegenbe 3Rai^
bed äBortei^, \o t)oD)ie^t fic^ ani) l^ier ein Stüdjug au^ ber 3(u|erltc^teit in bie ^nnct'-
lid^Ieit, aui bem ^(eifd^lic^en in^ ©eiftlid^e, auä bem ©ad^Iid^en ini^ ^erfönltd^e, toie er
über^au^t in ben @ebanlen ber kommen burc^ bie RAt ^^\a\a^ aufd leb^fteße angeregt
6 tüurbe. 3)enn hjenn ^aJi)\)t oUeö ®ro^e, ba« feine oofolute ^o1)t\t in ben ®tmüiem ber
SKenfc^en beeinträchtigt, ftürjt ober feinen (Slam üerbunlelt, obtool^I er e« felber ^t tcer^
ben laffen, fo ift feine irbifd^e ®rö^e für fic^ bem SKenfc^en toertöoH, fonbem aßein
3[a]^bc, unb ba« S^^^if^^ "wr, fofern e« ©jjiegel feiner ®üte unb ^errlic^Ieit ift unb
fein hjitt. SBenn er bie 5Kaffe feinet eigenen 3SoIIe^ unb feine t>on i^m fclbft ge^
10 grtinbeten Drbnungen unb ®üter bertoirft unb h)ie anbere^ 3^i>*f^^ jertrümmert,
um eine ®emcinbe be« ®eifte«, De^ ®Iaubenö, be« inneren Jlec^tber^Iten^ au^|us
fonbem, au^ ber fein SJolf in neuer leibüd^cr §errlicl^leit erftel^en foH, fo ift für i^
felber nid^t bie äußere Sinrid^tung unb ®eftalt ba^ 9Bertt)oDe, fonbem ba^ innere
i)erfönlid^e SBefen. 3)a ober äufierc« unb gnnere^, Seib unb ®eift für einanber
16 gefd[iaffen fmb , fo ergiebt fic^ oer ®ebanfe , ba| alle« äufeerlic^e, 2eibH(^ einer
SBiebergeburt burd^ ben 3^ob entgegengefü^rt toirb, einer SBanblung, in loelc^ bad für
ftd^ fein tooQenbe fc^ulbbefletfte ^^leifd^i untergeht, bie im tpiOigen fragen biefe« ®eridl^te«
i^re ©c^ulb bü^enbe ©eele aber au« bem ®eifte eine neue Seiblid^teit getoinnt, h>elc^
nid^tg fein loitt, al« 2Berf ber göttlichen ®üte unb SBerljeug ber SSerl^errlic^ung S*'^^^^
20 2Bie nun auc^ S^f^i^» ^^'^ ^ tjorjuggtoeife ju biefer ®ebantenenttoidterung J^in-
gefül^rt ^at, lä^t fic^ au« ber Betrachtung feine« jperfönlid^en SBirfm« unb ber feinen
^amen tragenben ©c^rift, bie bircft unb inbirelt 'oon jenem jeugt, im einjelnen ent-
nehmen. 9lu^er ben im anfange erörterten Slad^ric^tm über feine ^J^on getoinnm tDtr
^ier bie Äenntni«, ba| er ein Sürger ^emfalem« toar, bafe er mel^rere Äinber l^tte,
25 unter bmm ein ©ol^n (7, 3) fd^on unter got^am geboren fein mufe, ein anberer (8, 1 ff.)
nac^ bem f^>rifd[i=ej)l^raimitifd^enÄriege; bafe er feinSäeib, feine Kinber unb bie bebeutmbm
©reigniffc feiner gamilie toie lebenbige Silber, Urfunbm unb 5öal^rjeic^m be« bon i^m
^^errünbeten ^inftellte, ba^ er aud^ nod^ unter 3l^a« auf bie ß. 6 berichtete 9Bei^eftunbe
al« auf beit entfc^eibmben, alle« golgenbe bebingenben 3Benbej)unlt feine« inneren Sebcn«
80 jurücfblirfte, al« an \vtld)tm fein ffieg ftc^ auf immer bon bem ber SJlaffe gefc^ieben, fein
fittlid[ie« Urteilm unb Irad^tm, toie fein jjatriotifc^e« ©orgen eine anbere ®mnblage be^
fommm l^abe, bie e« i^m ermöglicht fonber 3^eifel unb §urd^t aufredet unb fejijufle^en
too alle« um i^n l^er bunfel unb loanfenb ioirb (8, 1 1 ff.). Unb ba feine ©orgm unb
^Öffnungen fo ganj anbere getDorben fmb, al« bie, toelc^e ba« öffentlic^je fiebm bermalm
35 beftimmen, ^ölt er für feine tocfentlid^e jjofitiDe 2lufgabe (benn 8, 16 ift "si^ unb a^^,
nid^t 3m^., fonbern gnf., unb md)t ,bu 3^^^^*/ fonbem ,id^* ba« ju benfenbe ©ubjeh),
bie Sefeftigung unb bauembe ©ic^erung ber i^m getoorbenen göttlichen ©rfenntni« in ben
^er^en eine« cnH)fänglicf)en güngerfreife« für bie 3"f""f^/ ""*> f"^^ ^ ^^ übrigen burc^
ftete Set^ätigung feine« getpiffen ©ottDertrauen«, ba« er and) in feinen ©ö^nen lebenbig
40 fte^t, bie öffentlid^e Äcnntni« gu erhalten, bafe e« nod) Don ®ott felbft begrünbete« Ver-
trauen giebt, an bem fid^ tröften unb aufrid^ten fann, h)er nadfe §alt begel^rt. 6« brudEt
ftc^ l^ierin eine Siefignation au«, tpeld^e auf ber Überzeugung beml^t, bafe bie öffentlich
3)inge jc^t einm unauf^altfamen ®ang ju bem Dorau«gefe^cnen Sluin nehmen, bafe c«
enttoeber nod) nid^t an ber 3cit ift, ober ba^ ber 38erfuc^ fc^on mi^ungcn unb bie 3Kittel
45 erfd^öj)ft finb, il^m, al« e« nod^ 3^^^ ^^^f ^^"^ anbere SRic^tung ju geben. 6« ift ober
beibe« ber %aü. 3n ber 2^at ^at nad^ Ä. 7 '^c\a\a in ber f^rifc^=ej)^raimitifc^cn 33es
brangni« in ber auffallenbftcn SBeifc unb auf« energifc^fte bie ^ßolitif be« batoibifc^m
§aufe« Don bem ben ®laubcn an ^al)\)^ unb feine beftimmte S^\%^ öcrleugnenben
©d^ritte j^urüdt^u^alten gefuc^t, loclc^er ben 2lff^rer al« 9tec^t«beiftanb in gerechter ©adjie gegen
üi) Don 3^^i>^ SSemrteilte l^erbeirief; unb nac^ Ä. 8 l^at er bem SSolfe bezeugt, bafe bie SBaffer
©iloa^« genügen, um in il^rem 33eft^e ba« Ungeftüm SRejin« unb $efa^« ju über^
ftel^en. @« bebürfe ba^u nici^t be« SBaffcrfd^tDoKe« ber aff^rifd^im 5Kac^t, ber einmal
gemfm ba« eigene 2anb überfluten unb feine Setoo^ner erfäufm toerbe. all«
ber Ungcl^orfam gegen 5al[;De« SBort ben Slnfang btefe« Un^etl«j)rojeffe« begrünbet
65 l^atte, toar e« fittlid;e 9Jottoenbigfeit, [xd) \l}m al« einem göttlid[im $?erl^ängniffe ^u fügen,
ben juDor befunbeten l^eroifc^en ®laubcn an bie 3Rad^t unb Irene ^a\)t>t^ nun in ber
SBeife ^utoartenber ®ebulb unb Dertrauen«Doller Ergebung an ben ®ott ju erjeigm, ber
e« üerfte^t im ©erid^te bie ©einen für ba« Der^ei^mc ^kl im erl^altm. Sauge nad^^er
unb biefc«mal mit einem hnxd) au^erorbentlidj^e ^ügung glämenb beftätigtm Jjofititocn
60 erfolge \)ai S^f^i« bie öffentlid^en ®efd^irfe feine« äJolfe« ju beftimmen gefuc^t, al« c«
unter ßi^fia galt, bcm an^ einem Sled^t^beiftanbe gu einem unerträglich forbemben
2)rän0er geworbenen aff^rifd^en ©rofe^erm gegenüber bie im toieberauflebcnbcn ®lauben
an ben (Sott be^ ^roj)^cten erftrebte Unab^ängigfeit in einem Slugenblicfe in be^auj)ten,
\vo e« unmöglich erfdjiien, irgenbtoeldjie reeße 3Dlac^t bafür eimufe^en unb bie ©tabt 3«=
rufalem anber^ bor ber ß^törung ju betoa^ren, al^ burc^ rüctlj^altlofe Unterwerfung. 2luc^ g
jc^t f orbert 3>efaia, toie gu 2l^a« 3^'^^ JJic^tac^tung ber ©efal^r im SSertrauen auf Sai^öe,
ben lebenbigen (Sott, ber bie ©efd^idte ber SSöIfer in abfoluter ^eil^eit beftimmt, unb fein
®(aube betoä^rte fid^/ inbem juerft bie ©efal^r fid^ entfernte, unb bann eine Äataftrop^e
bie Mad)t unb $Iäne be^ ©roberenS tjereitelte, bie in toeiten Äreifen bie Überzeugung
tvecf tc : hier l^at ber ®ott v^^taetö bem SBorte feinet ^roj)l^eten gemäfe felbft gerid^tet unb lo
gerettet.
5. 3)ai^ Sud^ gjefaja. (S^ ift felbftberftänblid^, ba^ ein ^ßro^i^et, ber in bebeu^
tenbcn 3Benbej)un!ten fo entfd^eibcnb in bie öffentlid[ien 2lngelegenl^eiten eingegriffen, ber
fo bietet erlebt, ber in ber ©tiße be^ privaten 2Am^ fo unabläffig bemüht toax, eine
tt)ol^lgerüftete güngerfc^ar für eine tpeitl^ingebe^nte 3^1"^^^ S" Qtünben, nic^t bto^ ba^u lo
bie ©c^rift gebraucht Ifat, um an il^r einen unhjiberleglic^en, bauemben 3^"0^" ^^ einj^elne
iserlünbigungen aufjuftellen, ober um feine jjerfönlid^e fflirffamfeit über ben Ärei^ feiner
unmittelbaren räumlichen (Segentpart l^inau^ ^u ertoeitem unb unter anberen g. 93.
ben in ber ^^^me unter fremben l^öltem feuf^enben g^raeliten in urfunblid^er ©eftalt
propl^etifc^e ^rofttoorte ju übermitteln, fonbem aud^, um in bie ferne 3wtwnft t^inein ao
^u tpirfen. 3)enn toenn e^ in ber @ntn)id(elung bed göttlichen Sleid^ed Jtnoten^unfte giebt,
in bcnen alte ^ISrojeffe abgefd^loffen, neue eingeleitet toerben, unb toieber auc^ 3j'^^""^^f
in benen ber Serlauf ber 2)inge nur ebene gortenttoidtelung be^ bort gefegten ^euen ift,
fo gilt bie proj)betifd^e SBeifung, tbeld^e in ben grunblegenben QÄtm geboren tburbe, bon
©otte^ megen aud^ für bie J^rommen ber aug il^nen abfliefeenben ^"^"J^f* 1 wnb toenn ber 25
prop^ctifc^e 8lirf in ben bo r lauf igen SlbfdSilüRen beftimmter enttüidelung«l)erioben d^araf-
teriftifc^e 3üge be^ e n b li c^ e n äbfd^luffe^ göttlidS^er (Seric^t^- unb §eiteoffenbarungen Ibieber*
erfannte, fo mufete bie ©rfenntni^ berfelben bcnjenigen übermtttät tberben, toelc^e biefem
2lbfc^luffe entgegenjutDarten ^;atten, aU ein 3Kittel, (Sottet 2BerI in ber 3^* wnb \va^
c^ an ber 3cit fei ju er!ennen. 3)a e« fi^ bei ber au^ biefem Sebürfni^ entf))ringen= 30
ben, auf bie 3"^"f^ bered^neten ©djiriftfteKerei ber 5Prol)l^eten barum ^anbelt, ben bleiben-
ben (Srtrag be^ ©efc^auten unb Serfünbigten befinitib feftgufteHen, loerben tbir fie am
natürlic^ften in einem ©tabium ju beulen ^aben, tbo bie gubor gärenben 3Ser^ältniffe ab-
getlärt, bie Aufregungen ber 9?ot, unter meieren bie göttlid^e SBal^rl^eit empfangen ift,
übertbunben fmb unb mit ben lonfreten Sejügen gu ber bertbinten gütte be^ empirifc^en, 35
unmittelbar gegenwärtigen öffentlichen Sebend ba^ me^ 3wf^^^9^/ 3Sereinjelte für ba«;
betrac^tenbe ^etoufetfein ftd^ au^fonbert unb bor bem SBefentlic^en, bleibenb SSJertboHen
in ben §intergrunb tritt. Qjn fold^er 3Serfaffung ^aben bie ^ßrop^eten Sucher für bie
3ufunft gefc^irieben unb ba^u il;re frül^er gefprod^enen, bereinjelt in ©d^rift fixierten 9Borte
in freier Serfügung über biefe^ il^r (Eigentum unb unter bem (Sinfluffe berfelben (Seiftet, ber 40
fie i^nen eingegeben, bertoenbet unb fte in ben 3)ienft ber litterarif^en 3bee geftellt. 3)abei
lonnten fie, Wo ber lonfrete SBortlaut e^ ju feinem Sßerftänbni« erl^eifc^te, l[;iftorifd^e 9iotijen
über bieUmftänbe einfügen unb bii^weilen, Wie um über eine 3Jlaterie boHftänbig gu fein,
auc^ bewährte Sßorte anberer ^rop^eten mit aufnehmen. 2)a Wir nun in bem !3«ffliö
^ugefc^riebenen S3ud^e in erfter ^erfon gefd^riebene Erinnerungen aud bem 52. ^ai}xc be^ 46
Ufia unb in engem fad[|lic^en 3wfÄn^"^^^Änö^ 't>am\t unb in gleichem ©ttle fold^e aud
ber minbeften^ 16 '^a\)xt fpäteren 3^it be^ 2ll^aö antreffen, unb ba bie le^teren fic^ afö
jefajanifd^ beWäl^ren hnxd) i^re Äongrueng mit ber umfänglid^ften unb glaubwürbigften
l^iftorifd^en 9lad[|rid^t über Sefaja« 2Befen unb SSJirfen in Ä. 36. 37; ba ferner in biefem
Sud^e ganje Seilten bon fad^lic^ unb formell einanber parallelen Sieben unb ©nippen so
bon Slu^fprüd^en begegnen, Wel^e augenfdfeeinlic^ nac^ bem ©egenftanbe, bem fte gelten,
ober nac^ ber l^erborftec^enben 'y^htc, ber fie bienen, georbnet finb, fo fann fein 3j^eifel
barüber fein, ba^ ^c]aia n\6)t blo| überl^oupt me^rfad^ gefd^rieben, fonbem auc^ einumfaflenbe^
93ud^ bon SBeigfagungen ^interlaffen ^;at. 6« fragt fic(^ nur, ob Wir e« boD, ob Wir e«
rein, ob Wir e^ in feiner urfprünglid^en Orbnung befi^en. ©olange biefed ftrittig ift, nü^ 66
e^ nic^t^ unb fel^e \d) babon ah, bie elogia }u Wieber^olen, bie nac^ ^efu^ ©iradj^ bon
Slmbrofiuö, .öieron^mu^, ßbrill bi^ auf ^^Jicu^ bon SKiranbula, unb bon Sutl^er bi« auf
(Swalb, Umbreit unb fie Wieber^olenbe bleuere au^efprod^en fmb, um au^jubrüdten, toa^ S^^ja
bem cbriftlic^en, Wa^ er bem fittlid^en, tva^ er bem äft^etifc^en Urteile ate ÜRebner unb
©cf^riftfteller fei. 2öir muffen guerft Wiffen, Waö er au^ebrürft ^at, el;e Wir barüber cjo
di<aU9ncttnopm< für X^cotogk unb »ixdn. 3. «. VIII. ](j
722 3cfa|a
rcflefticrcn, \vdd)cx SBcrt bcm ^ulommt, \vk er ftc^ au^cbrüdtt. 3" ^^ Scanttoortung
jener ^frage l^errfc^t aber feit geraumer ^^t ein fold^e« met^obelofe^ SEaften unb fok^
Slnarc^ic, ba^ fie bon Orunb au« neu geftettt tperben mu|. 6« forbert toenig, toenn
man ba^ ganje Sud^ junädjift ate iejajantfc^ nimmt unb biefe^ bann burd^ bic Sel^au))^
5 tung unb beremjelte aiufjeigung bon Sburen iefajanifc^en (Seiftet felbft in ber änorb«
nung be^ (Sinjelnen ju red^tfertigen jud^t. 3)enn Wo ^oben h)ir ba^ genaue Silb be^
iefajanifc^en (Seiftet, ba^ \v\x ben Oeift beg ijorliegenben S3u(^e« bamit gufammcn^en
fönnten? Unb e^ bertüirrt nur, tpenn man ftd^ m^ \päxl\d)tt\ 5Jac^ric^ten be^ ältertum^
unb au^ ben Südfen unfere^ SBifjenö felbft, auö h)iIttürKd^en, bogmotifc^en unb >)fVc^o=
10 logifc^en 3?orau^fc|ungen über ba^, toa« ®ott einem 5|}rol)^eten jeigen fann, unb aud ju=
fäHtg aufgegriffenen, nac^ ber eigenen Steigung für ed^t jefaianift^ erflärten ©tücten, tt!ti>a
au^ bem anfed[|tbarften bon aßem, nämli(^ Ä. 1, [\d) ein 93ilb bon 3^^!^ 3^ ""^
feinem 3^9^^^?}^ ^^^^ ""^ ^^^f^^ ^^^ SKafeftab gebraucht, um nad^ i^m unbefümmert
um bie lilterarifd[ie (Sinl^eit , be^ borliegenben Sud^e^ atte« ba^ l^erau^gufc^neiben, toaS xljm
16 nic^t entfj)rid^t unb feine ätnberung ^eifc^ien toürbe. 2Ran bcbenit babei nx^i, ha^ nur
SBiHfür ben ^rojjl^eten baju berbammt, immer mit eigenften SBorten unb eigenen Qxpxi-
bungen auf bie ^agen, bie l^eiföbegierige Oemüter auftoerfen, unb nid^t auc^ mit fol4[en
SBorten anberer ju antworten, tDeld^e im Äreife ber ^roj)l^eteniünger bereit« ©emein-
gut getüorben h)aren. Sßiirflic^ l^iftorifd^e Unterfuc^ung, bie be« aSäitten« unb im ftanbe
20 ift, au« bem 9)t5glic^en ba« @eh)iffe au^jufonbem unb )u aDgemeiner Slnerfennung bei
ben Sernfäl^igen ju bringen, tann l^ier gar feinen anberen 3lu«gang«^untt nehmen, oI«
bon ber einzigen au^fül^rlid^en, glaubtDürbigen ©rjäl^Iung über ^^\aia in Ä. 36—39, boxn
beibe Steile i^rem ß^arafter nad^, hjenn auc^ ni^t in i^rer je^igen Drbnung, au« einem
Suc^e ber c^n '^'";;'i [tammen, unb nad) bem 3?organge be« Slebaftor« unfere« Suc^
26 aud^ Dom 33erf. be« Äönig«bu(^e« bon bort in ber je^igen Drbnung aufgenommen ftnb.
3)iefe beiben @r}äl^lungen \)ai ber Stebahor a(« t^atfäc^Itc^e ^Kuftratton )h>if^en pmi tDO^U
georbnete Steigen \)on namenlofen Sieben gefteßt, bon benen bie borge^enbe, ebenfo toie
bie erfte ©efc^id^te in Ä. 86. 37 ben Umfd[|h)ung ber aff^rifc^en 3lot 3uba« in $eil be=
leud^tet, bie nac^folgenbe ebenfo toie bie jtoeite ©efc^ic^te in R. 39 ftdj^ auf bie bab^Io-
aonifd^e 9lot bejic^t unb iljiren Umfc^toung in §eil h)ei«fagt ; bon benen biejtoeitc mit bem
Sefel^l ju tröften beginnt (40, 1 ff.)/ toie bie e^te mit bem Sefel^I ber ©rmuntening gum
2lu«l[;arrcn gefc^Ioffen (35, 3 ff.) ; Don benen bie jtoeite mit berfelben ©egenüberfteßung bon
ebom unb gion fc^liefet (60, 1—63, 6), toeld^e aud^ ba^ (gnbe ber crftcn ift (33, 13 bi«
35, 10). 9?el^men toir baju, ba^ in beiben bor ber 9lnfd[iauung be« $rojp^eten bo«
85 heilige Sanbunb.!5erufalcm toie eineöbe menfd^enarme ©teppe baliegt, toelc^e einer SBanb«
lung in lierrlid^e« Äulturlanb unb einer 33erme^rung ber Sebölferung burd^SBieberle^r ber
3Jerfc^lepJ)ten entgegentoartet, fo giebt un« ber SRebaftor auf« beutli^fte ju berfte^en, ba|
i^m ber ^t]aia bon H. 36—39 ba« toei«fagenbe ©ubjelt ^üben unb brüben ift @« ift
be«^alb untoiffenfc^aftlid^er ßigentoiUe, toenn man ftatt Ä. 28—66 ^intereinanber toeg^
40 julefen unb Ä. 28— 39 al«©c^lüffel für Ä. 40—66 ju gebrauchen, hinter Ä. 35—39 ab--
brid^t unb fid^ in S£. 40, 1 toie burd^ einen ^u^aü an bie Äüften eine« unbefannten Welt-
teil« bcrfc^lagen glaubt, über ben man noc^ nid^t« erfahren l^at, toö^renb er in SBirfti^^
feit mit bem befannten 2^errain jjufammenl^ängt unb bon bort au« längft ju Smibe er^
reicht unb feiner Sage nac^ beftimmt ift. 355er 35, 3. 4 gelefen, ftu^t nid^t über 40, 1
45 unb fein "^■;^^■^, ba« ja bamit nid^t aufl^ört, ^utur ju fein, toenn Slägefebad^ fogt, e« fei
an bie ibeale ©emeinbe gerid^tet; e« mü^te biefe benn eine anbere ©rammatil ^K^^^en.
ffier Ä. 28—39 gelefen, nur ber berfte^t 48, 3—11, bafe ein unb berfelbe 5Prop^, toie
auc^ in*. 16 jtoei^erioben feiner SBei«fagung unterfc^eibet, bie il^rem S^M^ wnb i^rer
Sebeutung noc^ böllig v^wUel gelten, unb ba& er auf Orunb ber bon feinem 33oKe feibft
50 gejjriefenen (SrfüHung feiner erftcn 2l}ei«fagung nun mit gug @lauben«gel^orfam für bie
gtoeitc forbern fann. (Sr fann bie 25erl^aftung be« blinbcn 35olfe«, toelc^e nod5> nidj^t be-
enbet ift, 42, 19 ff., bon ber Sefeitigung be« 3?orbreid[ie« burc^ äffur berftel^en, unb bie
gef(bel;ene Befreiung be« blinben 33olfe« an^ ber ^aft, toeld^e bie 3}ölfer ben ®ott l^^ael«
gu berberrlid^en treibt, 43,8—10, bon ber ßrlöfung be« eroberten ^uia unb be« einge^
55 gcfc^loffcnen gcnifalem (bgl. 29, 1 ff.) au« ber §önb ©anl^erib«. @r lann e« begreiflich finben,
baj ber Prophet biefe Erfahrung geltenb ma^^t, um bie Überzeugung ju unterftü|en, bafe
5ial^be in freier, .f)eil bc^toetfenber 3na6)t über gwba bie geplante ©efangenfü^rung nad|?
S3abel ber^änge urib bie barin liegenbe Demütigung burd^ eine befto ^lidl^ere ©rlöfung
toieber aufi^u^ieben fid^ borbe^alte (43, 11 ff.), (gr toirb o^ne Slnftanb 56,9—57,21, toie
00 e« bem natürlid^en ©efül^le entf))ricl>t, au« bem (Snbe ber iefajanifc^en 3^'^ begreifen unb
^m 723
Ä. 58—63, 7 in bcm 3Kunbc cinc^ ^toljl^ctcn tjerftänblic^ finben, tDcIc^cr )dox einem bem
SKuin be^ ©taate« cntgegentoartenben fireife bon kommen biefen 9?tebetgang afe ein
©eric^t unb J^^il bejtoeaenbe^ 3Serl^alten S^^be^ red^tfertigt, ate ber nur auf bie fittlic^e
Erneuerung feiner ©emeinbe Watte, um ftc^ i^r in 33eh)irlung ^errlic^en (Sebeil^en^ ju^utoenbcn.
(Sr iuirb berfte^en, ba^ biefer $roi)l^et bie burd^ a:i^atfac^en bcftätigte gottgehjirfte 5pieroj)l^oric 5
feinet 3^w9"^fi^ bon ber §errlic^feit be^ fünftigen §eile« inmitten attgemeiner 9lieber=
gefc^Iagenl^eit unb bie Don 0ott jugefagte gortbauer be^felben in feinen 9iac^fommen
afe fi^ere^ Unterpfanb bafür erlennen lebrt, ba^ feinerjeit bie JRettung unfel^Ibar ein*
treffen hjerbe (59,21; 61, Iff., 10 ff. bgl. bie S3egrünbung in meine 9lbbanblung über
^ef 40—66). aOSer e^ toagt, toor Ä. 36—39 bie fed^ mit "^ir; anfangenben SReben 10
eine« namenlofen ^rojjl^eten in Ä. 28—35 im ganzen al« jefaianifd^e ju lefen
unb ftc^ in biefem Olauben burc^ folc^e angeblich ejilifc^e 3"f^t^ ^^^ ^- 3^* ^^r ^'^ ^^^
®anje erft auf feinen rid^tigen äbfd^Iu^ bringen, unb burc^ folc^e tounberlid(ie ^ag*
mente tpie ben SKaffa ber liere be« ©üblanbe«, ober burc^ baö über bie Äronen ber
2;runfenen (^pl^xam^, ober burd^ ba« georgifd^e SeH^ürf 28, 23 ff. unb ba« bufolifc^c gbbtt i6
30, 24, bur^ ba« loi^ige Epigramm über ben falfd^en unb toa^ren Slbel 32, 1 ff., burc^
bie ungalanten ^!pi[;antafien über ba« fünftige Slenb ber ©tabtbamen unb ba« ®Iürf ber
barbarifd^en 9?omaben 32, 9 ff., ober enblid^ burc^ ba^ ,3Karineftüdt in 33,21 nid^t irre
machen lä^t, ber ^at fein toifJenfc^aftKd^e« Jled^t für bie Sängftlid^feit, mit ber er e« ablel^nt,
in Ä. 40—66 iefajamjd^e 3lu«fi)rüd^e unb ©rfenntniffe ju finben. 35afe ^ ha toie Äraut 20
unb SRüben bunt burd^einanber gel^t unb burd^ ben erften 2^eil namentlich ate SRal^men
für bie eingelegten ©tücfe ftc^ ein SRaifonncment verfolgen lä^t, loelc^e« nur im 2Runbe
eine« 3^i^0^"^ff^" ^^ Ä^ro« natürlich ift; bafe h>ir im erften unb gtoeiten 2^eile ©cenen
au« bem ^rojefje ^a^Mt^ mit ben Reiben über ba« ©ubjeft, ba« ben Sled^t^anfjjnu^ auf
bie 6^re ber (Sott^eit ^abe, au« SSabel« unb feiner ©ötter Demütigung, au« bem Seben 25
unb Seiben be« ^ro^l^etifd^en \^eilanbe« 3j«rael« unb ber SSölfer toie le^te ju ^aräne^
tifdben ^rebigten an ba« unterge^enbe ober feiner Süiebergeburt entgegenl^arrenbe 93olf
IJa^De« be^anbelt finben : baft h)ir, toie jubor ^jjfalmen unb Oebete eingelegt fmb, fo bon
63, 7 an ein mit göttlicher Slnttoort bcrfel^ene« ®ebet al« ©c^tufe be« ®anjen antreffen,
toelc^e« im 3lngeftc|te be« zertrümmerten 3^0!^^^ geboren ift — ba« alle« fann baran 90
nidt)t l^inbem, foiool^l bie blanmä^ige ßinl^eit be« ®anjen anjuerfenncn, al« auc^ bie Se^
red)tigung, mit bem Slebaftor bie l^ier gebotene 3"^*"!^^^^^""^"^^ ebenfo mit ^efaja ju
berbinben, toie bie in Ä. 28— 35 entl^ltene. 2Ba« in SBirflic^feit baran gel;inbcrt l^at,
ift bie ©orge, man möd^te burc^ bie änfd^aulidfefeit, mit ber l^ier Ä^ro« bi« auf feinen
9?amen, ba« @nbe 93abel« unb bie Befreiung ber ^xxitn gefd^ilbcrt fmb, gejtoungen lüer^ sb
toerben, eine 3Serfe^ung gefaja« in bie 3wfw'^f^ iujugeftc^en, toelc^e bie beliebte Jton=
ftruftion aller Elemente be« ^ro^^etifc^en Selou^tf ein« au« unferemSöiffen um feine 3cit'
Der^ältniffe unmöglid^ machen loürbe. aber ic^ finbe ben Qabbiq genannten Äne^t
ga^De« im SBirfen unb Seiben tonfreter unb beutlic^er gegeic^net, al« ben Ä^ro« unb fein
Serbalten gegen iöabel unb 'i^^xatl, unb bie ^enlic^feit be« toiebererftanbenen gcnifalem 40
unb bie ÜbertJölferung be« l^eiligen Sanbe« anfd^aulid^er, al« ba« ®efc^irf Säbele, unb
oblool^l jene« Silb beffer auf 3^fw« bon SJajaret, unb biefe«, tocnigften« äu^erlicb, beffer
auf ba« 3^rufalem be« §erobe« pa^t, al« auf irgenb einen nad^tüei«baren ^rojjl^eten (ober gar
toie ©ellin meint, ©erubbabel) ober 3uftänbe ^^rufalem« in frül^eren 3^ten, lel^nt man e«
bod^ in offenbarer !3nfonfequenj ab, biefe ^artien Don einem auf ben3:roft3«röd« toarten- 45
ben 3uben an^ §erobeifd^er 3rit ober bon einem Slajaräer i^er^uleiten. §at ber S^^aü einmal
fo fonberbar gef^ielt, ba| bie ©d^toärmereien eine« ^roj)^etif(j^en ©d^riftftetter« 500 3al;re
f))äter jur SBirflic^feit tourben, toarum fann e« nid^t nod^ einmal liinfid^tlid^ be« Ä]^ro«
gefd^el^en fein? ^n ber 3^^at fagt nun aber unfer S3ud^ nic^t, e« toerbe ein ©iegcr
tommen unb biefer ben 9lamen Ä^ro« tragen, fonbem bon bem gefommenen fagt e«, bafe ßo
nad[|tt)ei«barer SBeife bie mit i^m eingetretene Seränberung ber SBeltber^ältniffe unb beren
günftige J^rud^t für S^^be« SBolf längft jubor bon ^o^be berfünbet* fei (41,2—4), bafe
3erufalem aÜein einen $erolb berjelben jubor gehabt l^abe (42, 27, über ben mein
SDeuterojefaia j. bgl.), bafe barum ^ai)\)e al« ber alleinige ®ott, ber Erft^ unb ©jjät'
jufünftige« fo bor^ergefagt ^at (42, 21—26), ba^ bie gefc^ic^tlid^en J^atfad^en beut« 55
ific^, allen anberen 3"^'^f^*^^wmen toiberf^red^enb, mie bie 9lu«fül[;rung be« $ro=
gramme« feine« 5Pro^^eten erfd^einen (44, 25. 26), auc^ mit unloiberleglic^er Sogif al«
ber alleinige gefdSiic^t«lcnfenbe juberläfftge ®ott anerfannt toerben muffe (41, 2- -4).
Unb toeiter Jagt e«, ba^ bie ©iege unb Erfolge be« Ät;ro«, feine fonfrete ^erfon unb
fein 9lame tn fo j^toeifello« beutlic^er 9Beife bon '^a\}\)t borgej^eic^net getoefen feien, <jo
724 ^cWa
ba^ jebcr Äunbige Qcnötigt tuerbc gujugefte^cn, ^jxo^ fönnc nur öon ^af)\)c gu feinen
^\v^im inö l[;iftorijci[ie 2)afein gcfc^affcn jein (45, 1—7), unb barum fei n>cber gu
beforgcn, ba^ er feine ©ie^e felbftlüiHiö anberö gebrauche, ate S^^^be tooDc (v. 9 ff.),
noc^ aud), bafe bic 6(^re für bie bamit angefangene SBeltemeuerung il^m unb nit^
5 '^aii\)z unb feiner ©emeinbe jufaKen tverbe (v. 12—17). !3ft Wefeö too^r, unb her Set*
faffer mac^t auf m'xd) ben ©inbrud, ba^ er tpal^rl^aftig fei unb in biefcm fünfte nac^
l)fl9c^oIogifc^er 9lütn)enbigleit, tpenn nic^t üerrüdft, bann toa^r fein mufe, fo fe^c ic^ nitbt
ein, bafe ®ott fic^ grofe bergriffen ^ätte, toenn er bic jefaiapifd^ie S^tfinfe geliHi^lt fwi,
um biefe« 3wf""f*^^^^^ bor bie 2lnfci[iauung eine^ ^ropl^eten ju rüden. Sefaja ^ e«
10 erlebt, bafe ber lange gubor \)on i^nt Dcrfünbete (Srobercr, ben 3«^^^ ebenfaß^ Dom Hufs
gang ber ©onnc ertDcdte, um auf Sünbe unb Unre^^t gegrünbete SSerl^ältnijfc jur ©träfe
ber fd^ulbigen 3SöIfer unb ©tänbe umjutoerfen, tuirflid^ eintraf, um S^^bc^ ©traftoerf $u
boHjie^en, ba& er fobann, al^ er felbfttüiHig übergriff, toieber feiner SBeii^fagung gemäj,
h)ie ein unnüfter ©tcden ^erbroc^en unb hjeggehjorfen, ba| burc^ beibed bem 3le[te feinet
15 SSolfe^ ein neuer 2lnfang gegrünbet, bafe burc^ biefe ©rfal^ngen ba^ 3Solf bcranlofet
tDurbe, bem (Sinfluffe bc^ ^rojjj^etifd^en ^Äsorte^, ba^ al^ §alt in bicfen 3lötcn ctproht
hjar, größeren SRaum bei ftc^ ju berftatten, bafe über^au^jt bie um ben ^ro^l^ctcn al^ ibr
^axüßt geeinte (Semeinbe ate ba^ unberfe^rbare Seben^centrum in ber 2^obe^efa^ [vi}
betDä^rte. 5B3arum foHte er nid^t einen jtocitcn, noc^ boHfommener ben Slbftc^ten
20 S^^beö entfj)reci^enben Eroberer Don Dften fommen fc^en, ber burc^ ba^ Unglüd, baö er
i^nen bringt, in ben SJölfern Saum fc^afft für bie ©el^nfuc^t nad^ bem allein gu Reifen
mächtigen ^Qi)'oc unb burd^ ba^ §eil, gu bem feine ©iege für g^rael auefc^lagen, in bem
eigenen Solfe 3iö^be^ pix 3Serbreitung ber ffiiHigfeit beiträgt, bem j)rolf)^etifc^en öeild»
mittler ^u gel^orc^en? Unb toarum foUte er nic^t ben tooßfommenen 5Proj)^eten fe^en, ber
25 baö SBerf ber (Smeuerung fo boßjie^t, bafe er bie fittlic^e SBiebergeburt ber @emeinbe
unb berßinjelnen fein einjige^ unb unDcrrüdteö ©trcben fein läfet, bie äußere bemSBo^l-
gefallen feinet ®otte^ überlädt (49, 8) unb barin gegen ben Schein gerabe feine aSeiä^t
betunbet (52, 13)? 2Bo lag biefe Slnfd^auung Don bem ftellüertretenben $auj)te ber ®e=
meinbe in ber (Seftalt eineg ^roj)heten ol^negleidben im Äeime beutlic^er Jjräpguriert toor,
30 ate in ber grfc^einung 3i^föjfl^ ]db^, eine^ SWanne^, ber in berfel^rten gritläuften bo^n
arbeitete, ba^ bie göttlid^en 3Serl^ängniffe il;m unb feinen ^wngem bauembe ^^d^t fttt-
lic^er ©meuerung bräd^ten ; ber bc^^alb in ben betrübteften Umftänben mit feftcm ©lauben
unb Harem Sluge in bie 3"*w"f^ blidte, be^ ©potte^ unb ber öffentlichen angriffe nic^t
ac^tenb; ber an^ ber S^crborgeni^eit feinet §aufe^ unb burc^ feine Sotfd^aft bad ÜBerbalten
35 beö Äönig^ jum ^eile bcftimmte unb, aU feine Reifung bie Derfj)rod^ene Seftätigung er«
ful^r, Dermutlic^ nic^t blo^ t?on feinem ftönige unb SSolfe angeftaunt tpurbe, fur^ ber per*
fönlid^ mit feinen Jüngern al^ ber ^eilige ©ame erhjiefen toorben \vax, in h?elrf>em ®ott
fein l^olf an^ bem ^erfaßenben alten Seben in ba^ neue überfül^ren looUtc? ailerbing^
meine ic^ nic^t, biefe ^rop^etifc^en 2lnfc^auungen in il^rer SBirflic^feit au^ ben ^uPänben
40 S^föja^ unb feiner ^cxt (herzuleiten ; benn feine toeltbeftimmenbe ^h^t fann au^ ben il^rcr
ffiirffamfeit bor^ergel^enben Umftänben burd> SRed^nung gefunben loerben; jebe folc^eSed^
nung ift Setrug. ©onbcrn nac^bcm fie gegeben ift, fönnen h)ir rüdmärt^ fc^auenb für fte
bie (Smj)fänglic^feit unb ben bereiteten ©oben auffinben, tpelc^e etoig unfruchtbar bleiben
Joürben, toenn ®ott nid^t fragte, toen foß ic^ fenben? unb bem ®mj)fänglidS^en 3n^
45 unb önb^Joed feiner Sotfc^aft anvertraute, ^ft baö SSorftel^enbe bcgrünbet, fo toirb c^
einer neuen Slu^lcgung Don Ä. 40—66 bebürfen, gu hjeld^cr id^ bie ©efidjit^unfae be^
rcit^ frül;er Dorgejeic^net \^ab^ (lutl^erifc^e 3^^^f^^- 1Ö76), unb einer neuen Unterfuc^ung
ber Slnlage. Dabei mu^ aber Don ber iRüdertfcf^en ßrfinbung abgefe^en toerben, ba|
ein brcimal toieberte^rcnber ®ebanfe ba^ ®an5e in 8x9 RapxUl jerlege. ©te ift
50 crften^ oberfläc^lid^ formell, unb jtoeiten^ falfc^. 2)cnn baö le^te Drittel ^t ben Slefrain
nicbt unb bie beiben ©ä^e 48, 22 unb 57, 21 finb, hjie ber Söecj^fel Don „^ö^^e" unb
„mein ®ott" l^ier ioie 66, 9 anzeigt, al^ bie gtoei ))arallelen ®lieber eine« DoUtöncnben
©a^e« gebaut ; fie toollen alfo in öejie^ung ju einanber gefafet toerben al« SSortlang unb
9Jad5)tlang gu bem mitten inneliegenben ®angen. Der jtoeite Seil ^at bemnad^ in 48, 16
55bii^ 22 fogut fein ^roömium, toie ber erfte in 40, 1—11. ^e unbefangener bie Untere
fuc^ung Derfä^rt, befto fieserer n)irb fie l^eraueftellen, ba& ba« Suc^ Ä. 40—66 jtoar nid&t
aU folct»e^ Don ^^aia l^errül^rt, bafe ^ aber ältere äöeißfagungen unb biefe in einer Söeife
angeorbnet unb Dcrarbeitct barbietet, bie benJRebaftor Don Ä. 28— 66 berechtigten, c^ ol«
ein Sud^ jefajanifc^er Süei^fagungen, hjelc^e^ bem anberen Ä. 28—35 parallel fei, mit
00 ii 36 —39 in ben oben bejei^neten 3wf«nimen^ang gu bringen. Die Don Du^m u. äSl.
^efttitt 725
ncuerbinoö angefangene Unterjd^eibung ber ,,(Sbebja|^l)clieber" unb eine^ Xritoiefaja, iüeld^c
gur ilonfequenj ^aben \v\xh, ba^ tuir fo bielc ^^^^j^^ «^it immer ^ö^ercn 5Rummem cr^:
galten, al^ e^ l^infic^tUc^ ber ©tilgattung öerfdjiiebene ©tücfe in unferem Sud^c giebt,
folgt mit ber Seibelfialtunö bc^ 9lamenö r/S^ffli«" «ud^i für bte ©Jjäteren einem ganj
rid^tigen g^P^'^'f^^- 3)er Stebaftor nötigt augenfid^tlic^ bic Ä. 36—39 bem £efer aU 5
ed^lüfjel auf, fotDO^l für ba« »uc^ H. 40— 6G, aU au6) für bai^Suci^ Ä.28— 35: benn
aud^ biefe^ fann erft bon Ä. 36—39 auö afe jjefaianifc^ toinbijiert h>erben.
93ün ^t\a\a erfaf^ren toir nämlic^ au^ jener ßrjäi^Iung nic^t blog, ba^ er fpäteften«
bom 13. Qaf^re ^iöfiaö an bi^ über ben 3wg ©an^erib« l^inau« um be^ ®otte^h)orteö
tDiHen, ba^ fic^ in i^m offenbarte, beim Könige, feinen Seamten unb ben ^rieftem afe 10
eine entfd^eibenbe Slutorität in tDic^ttgen J)erfönlic^en unb ©taat^nöten galt, unb ba^ er
traft gottberliel^enen 9lmte^ biefelbe energifc^ unb rücffid^tglo« gebrauchte; bafe er mU
fc^eibenbe Serfid^erungen über bie 3"^""f^ '^^^^ ^"t^ 5Raturgebiet bejüglid^e 3Sor^er=
fagungen beftäftigte, beren ©rfüDung ftnnlid^ beobachtbar tüar ; ba& er in ber beftimmteften
äöeife, al^ alle Sluöfid^t Derloren h)ar, berfi^erte, ^VLt>a unb ^i^nifalem toerbe ben Sin- 15
fturm ber Slff^rer jum Sel^ufe einer Äonfolibierung feiner ßjifienj tiberbauem, unb afe
noc^ feine 2lHöftd^t baju borl^anben hjar, bafe ha^ Äönig^l^aug eine Seute be^ Äönigig bon
Öabel tüerben muffe: fonbem man fte^t aud^ aufg beutlid[ifte, bafe ber ©ntfc^Iufe $i^=
fia^, ben aff^rifd^en Slnfprüc^en ^u tpiberftel^en, bereit« länger auf 3^^)^^ 9Ra^nungen
unb Ser^ei^ungen bafierte, unb bafe S^faja allein ate ber beranttoortlid^e ©arant be^jo
nun fd^einbar unmöglid^en glürflic^en 3lu^angeö baftanb. Slu^erbem h)irb in 37, 26 ff.
beutlic^ bezeugt, bafe ^^a\a fc^on lange bor ©an^erib« ©rfd^einen bie aff^rifd^en ©iege
me^rfac^ afe geredbte 55erl|ängniffe über bic Söller borl^ergefagt ^at. 9luf bie 8eh)ä^rung
biefer ©otte^tüorte, toelcbe ^^^be atö ben abfoluten aBelt^erm befunbete, ber bie ©iege
aud; ber ^eibnifc^en SBeltmäc^te nad^ jubor gefalzten fittlic^en S^edfen beftimmt, grünbete 25
fic^ bie 3wberfic^t, ba^ in bem 2lugenblicfe, h)o i^re ©iege jum Setoeife gegen bie ©Ott»
^eit 3!^^be<§ hjerben hJoHen, göttlid^e ^gung jum Seften feine« SSolfe« ipre Dl^nmac^t
neben $^a^be an bcn^^ag bringen tperbe; unb ba^ biefe^gung jumSSeften feine« 33olIe«
au«fc^lagen muffe, f}aiti feinen (Srunb barin, baj I^a^be ben 5Kenfd^en nur al« ber ju
:Jerufalem lüof^nenbe, al« ber Oott be« babibifd^en König« faßbar toax, furg in S^^be« befon« ao
berem iJer^ältni« gu ^jerufolem unb ju 35abik 2öenn man nun mit biefer änfc^auung bon
bem ^iftorifd^en S^föja bie 6 ftufenmä^igcn gortfd^ritt jeigenben, unter fic^ unjerrei^bar
l^ufammen^ängenben mit ''"in anfangenben Sieben in R. 28-— 35 lieft, fo be^
fommt man neben bem ßinbrucf ber hinftbotten fc^riftftellerifc^en Äomt)ofitton jugleid^ ben,
ba^ ber l^ier rebenbe 5|}ro^]^et genau bie l^iftorifd^e ©tellung einnimmt, toeld^e in Ä. 36— 39 85
bon Sefaja bezeugt ift, unb ba^ biefe SHeben gang unb gar in ben ©ebanfen hjebcn, toeld^e
at« bieSefaja« bon bortl^er nad^h)ei«bar fmb. 6« fragt ftc^ nur, ob fte ein®ange« bilben
unb ob fie f 0 Don Sefaja ober au« feinem (Eigentum bon einem feiner ©c^üler buc^mäfeig gu*
fammengefteUt fmb. Seac^ten«h)erte 3*^eifel l^oben bi«^er nur 30, 6—7, ein ©türf, ba«
fic^ nac^ »rt unb Überfd^rift gu ben ^Waffa« Ä. 21. 22 ^inguorbnet, unb Ä. 33—35 inio
ainfj)ruc^ genommen. 3lber ba« ©ttc^h)ort „Seute, bie nid^t« nü^en" berbinbet jenen SKaffa
mit ber Sebe borlier (30, 5), unb nac^ richtiger 2lu«legung ift in v. 7 „ba« feiembe Un-
geftüm" (rn-x-:n) au«brüdHic^ al« ein 6itat au« einem anberen Seile jene« 3Kaffa be*
geic^net („id^ gebrauchte bafür ben 5Ramen"), unb ber SSefe^l. be« Sluffc^reiben« v. 8 begießt
fid^ auf eben biefen borbem bom ^Jropl^eten empfangenen SJlaffa. Ä. 33 aber, h)elc^e« ben 45
^ier ebenfo toie 10, 5 nötigen, burc^ ein Überfljringen auf ben^^nb erreichten ©d^lufe mac^t,
unb tüeld^e« aud^ßhjolb al« jcfaianifd^, nur bon einem ©d^üler ^errü^renb, anfielet, ^^ängt
ungerrei|bar mit Ä. 34, unb biefe«, h)ie berfelbe (Sele^rte anerfennt, mit Ä. 35 gufammen.
2)enn bie Sluff orberung an alle 3?ölfcr, bie Äunbe bon bem fiinftigen allgemeinen ©endete
ju ^ören (34, 1 ff.), ift ber anberen in 33, 13 tjaraDel, ba^ fte ben Untergang be« affi^^ 50
rifd^en §eere« ju §erjen nehmen follen. 4^un fie ba«, fo toerben fie bon ä^nlic^en Sin-
griffen auf 3«9be unb feinSSolf abftel^en, unb nic^t bon bem attgemeinen großen ©erid^te
über bie S^^be feinblic^en Söeltbölfer betroffen toerben, tüelc^e«, bie gange ©c^öpfung er«
fc^üttemb (34, 1—4), feine §auj)tentlabung in bem feinblic^en 9?ac^barlanbe 9[^wmäa
finbet. 2)enn nic^t blofe bie al« Äleinbiel^ borgeftellten ©bomiterflane (v. 6), fonbem 66
auc^ bie i^nen berbünbeten unb öon bort au« gegen 3wbäa o^erierenben größeren, Süffeln
unb ©tieren gleic^enben i^ölfer tüerben bort aufgerieben, unb baburd^ ba« infolge biefe«
©eric^te« bom ^lu^e berbrannte menfdbenleere Sanb gum reinen ©egenfa^ be« tDaffer«
gefd[|üJ^ten, fidleren ^rieben geniefeenben 3iwi>ö wnb S^^M^"^ ('^3/ 17. 20 ff.). 2)iefer
aKanblung 3|bumäa« fte^t bann gegenüber bie äßanblung, burd^ tueld^e ba« nac^ 33, 8. eo
726 3cfoja
9; 32,20 in fcincv 9iot bcrSöüftc glcid; gcivorbcnc jübifd^c Sanb ^um ^errlid^ften Äultw^
lanbc aufblüht (35, Iff.), ein ©egcnfa^, h)dd&er f4 ebenjo in Ä. 62— 63,7; 3o 4, 18 f.
unb verbreitert 6j 35. 36 finbet. 2Benn ©iDalb \aQi, St. 35 Hinge burd^au^ jefaianifciSf
unb h)ürbe bafür gelten muffen, Jucnn e^ nid|t \o eng mit Ä. 34 t)erfnüj)ft toäre, fo fagc
6i(^: 34, 1—17 ^jeigt einen nid^t frejiftfd^ jefaianifd^cn 2^^J)u« ber glut^rebe, toddf^cr übcr^
licferung^mäfeiö ift; ba aber 6bom oft \)ox i|m ©egenftonb foM^er SBei^fagung getocfen
ba Ä. 34 Dom unb hinten auf^ engfte mit jjcfaianifd^er Siebe berbunben ift unb bicfe
burd^ feine |)craugna^me jerftört h)ürbe, fo f}at ^^\aia l^ier toie aud^ fonft ältere^ SBei^
fagung^gut in feine SRebe aufgenommen. Ober ift bcr ©dj>Iu^ toon bem aff^rifdj^en ©e^
10 rid^te auf ein allgemeinere« SJößergerid^t ber 3"^unft, h)ie i^n bie SSerbinbung t>on SS, 13
mit 34, Iff. barftettt, nid^t berfelbe, toie in bem ancrlannten (StüdEe 14,24—26, toelc^
bcn gegen 2lffur gefaxten unb au^efül^rten Sefd^Iuf; ^ci}\>^, ü}n auf feinem Scrglanbe
ju jerfdietten unb fo fein SJoB m retten, afe einen folgen bejeid^net, ber für alle anbeten
yiationen, bie in Äwlunft ä^nliqe« unternehmen, impintertreiblid^ feftftel^e? 9Ran toorc nie
16 mx annol^me ejiufd^er 2lbfaffung für R, 34. 35 gelommen, toenn man erften« nidj^t toilt
fürlid^ unb unnatürlid^ bie ju tvanbelnbe ©tejjpe in Ä. 35 bon ber jtoifc^en Säbel \wJb
Suba liegenben SBüfte berftanben unb bead^tet l^ätte, baf; bie n?2n 35, 2, bie ftörfenben
unb bie ju ftärlenben, ber im toeröbeten Suba gebliebene gääuterte SReft finb, toeld^an unter
anberem aud^ 38erme^rung feine« Seftanbe« burd^ fidlere SlüdEIel^r ber SSerft)ren0ten ebenfo
20 toerfj)rod^en ioirb, h)ie Ä. 11; unb toenn man nid^t jitmten« in albemfter 2Beife ba^Suc^f
3a|toe« 34, 16 gar bon bem Sud^e unfere« ^ropl^eten gebeutet l^ötte. ®« ift ja ba«
9teid^«bud^, in h)eld^em ber Itinftige SBeltfönig 3ia^^e l^inter ben 5Ramen fetner $roDin)en
bie SSölIerfd^aft eingetragen ^at, bie er einer jeben jugelojt ($f 87). 3)a man nun nid^t
in ba« t)on $ed^ unb @d^h)efel brennenbe Sanb l^^ineingel^en lann, um fid^ mit eigenen
25 Slugen ju überzeugen, h)a« für Seute ba toolj^nen, fo bleibt nid^t« anbere« übrig, al« ^u
feiner 3eit biefe« 9leid^«bud^ aufjufd^Iagen, unb ba finbet man bann nid^t ein aJlenf«^,
fonbem ein unreine« Xierboß al« red^tmöf^ige S3eh)o^ner ))rotoIolliert. @in folc^K« 9ud^
ifannte aud^ ber ed^te Sefajja (4, 3) unb ber 2Bi^ biefe« bilblid^en 9lu«bru2e« für bie Sor^
fteHung ber völligen 5Kenfd^enleere eine« Sanbe« ift bem in 33, 23, ober bem in 30, 32 f.
ao ober 30, 23. 24 burd^au« gleid^artig unb bem neififd^ rätfeD^dften ß^arafter, ben oQ biefe
SHeben geigen, genau entfjjred^enb. ©el^ören nun St, 33—35 al« eine 6. Siebe ^ufammen,
obh)ol^l Ij^ier h)ie in ber 5. (St, 31. 32) bie einzelnen ©toffe fünftlid^ berbunben fmb, unb
gel^ören überl^aut)t bie 6 Sieben um be« lüdEenlofen inneren ^ortfd[^itt« Tillen {ufammen,
ber ftd^ in il^nen barftettt, fo ift ^^a\a ber Url^eber unb entfjjrid^t feiner gntention bie
36 je^igc Swfflwmenftettung ; benn bie fremben Elemente, fei e« nun, ba^ fie einem anbeten
Siebner ober einer anberen Offenbarung be«felben Siebner« angel^ören, laffen fu^ nid^t
|^erau«löfen ; bei Ä. 33—35 unb 30, 5—8 l^abe id^ biefe« bereit« gezeigt, ebenfo beutlic^
ift« St. 28, 1—6. e« ift ganj berlel^rt, biefe« für eine Siebe über ©amaria ju l^ßen,
Dielme^r ift R. 28 bie erfte ber 6 Sieben über guba unb ^erufalem, h)eld^e nad^ bet Set*
40 binbung burd^ v. 7 bartl^un h)itt, ha^ ba« bermalen attein übriggebliebene ©tüdf b^
5}olfe« ^a^toe« nid^t ber Sleft fei, ben ber alte 2tu«f))ruc^ 28, 1—6 bem bem Untetgong
gch)ei^ten @})l;raim unb ©amaria al« Srben be« §eile« gegenübergeftellt ^obe, toie bie
|od()mütigen ^nhäa felbft toäl^nen. Diefer 2tu«ft)rud^ batiert au« ber ^eit öot bem
Untergange GjJ^raim« al« Btqat^, bie an i^n angelnüj)fte unb atte folgenben Sieben
46 fte^en bie«feit« biefe« ©reigniffe«; jener lann be«l^alb Don einem älteren geitgenoffen ober
Don Sefai« fetbft au«gegangen unb nad^l^er il^m entgegengehalten fein (na^ 30, 10). 3lai^
ber Sle^nlic^teit Don 28, 5. 6 mit 4, 2 ff. gehört er mit biefem ©tüdf jufammen, olfo betmut$
lid^ bem früheren ^^a\a felbft. ©r ift ^ier alfo berfal^ren, h)ie in fl. 2—4, bafe er einen*
eigenen ober fremben frül^eren ©jjrud^ jum 2tu«gange feiner ^ßrebigt mac^t. Slimmt man
Eü i^n fort, fo h)irb 28, 7 ff. fojjflo« unb ber gauK Stebec^Öu« jerftört, toeld^et aerobe ben
5Pro3efe Verfölgen M, hnxd) toetd^en bie bem gleifd^e«auge tounberlid^ unb t^örid^t et^
fd^eincnbe ©traf- unb 6eil«bäbagogie ®otte« au« bem^uba unb ^enifalem, toelc^ jener
t)crl;eifeung«bcgabte Sleft nic^t ift, biejenige ©emeinbe am ßnbe ^jerftellt, toelc^e e« fein
lüirb. 2)ann ift aber ber Siebner unb ber funfttjotte 3tnorbner in biefen 6 Sieben toefentlid^
66 berfelbe, unb e« toer^ält [\d) mit i^nen anber«, al« mit R. 40—66. 2)er Sldniltor ober
ftctttc fie erft toor St. 36—39, toie St. 40—66 hinter jene RopM toegen i^er formett
unb fac^Hc^ gleid;artigen 2lnlage, toeld^e, um eine Slebenfad^e ju ertoäl^nen, audj> barin
erfd()cint, ba^ in beiben SJebeganjen fein ©ol^n 2)atoib« al« aj(effta«fönig ertoöi^nt toirb;
benn ber ftönig 33, 17 ift na^ v. 22 3a^t>e f eiber. Sefaja felbft lonnte biefe« »ud^
m nic^t tjeröffentlid^en o^ne ©elbftbejeic^nung, unb ic^ l^alte e« für möglid^, ba| ^jef 1, biefe
ScfÄja 727
»ücniöftcn^ tcihücifc au^ bcm 3(nfancj 3)tanaf|cö ftainmcnbc Siebe, bic öinleitunö ^u bem Sud;c
Sl 28—35 btibete, al^ Sefaja ober einer feiner ^üwQtt ba^felbe ate 3)enlmal ber l^i^s
fianifd;en ®lanjet)0(i^e feiner öffentlid^en SBirffamtett für bie folgenbe ©eneration jus
fammenfteßte, unb bafe ber 9leboftor jlüifc^en Ä. 1 ol^ ber attgemeinften ß^aralterifterunfl
ber bie @nth)ic!elung ber ©efrf^id^te unb ber SBei^fagung ber Rüt '^t\aia^ beftimmenben 6
3)Jotitoe unb ^tüifd^en Ä. 28—35, toeld^e mit R, 40—66 bie ergöl^luno R. 36—39 um^
fc^Iiefeen foHtcn, ba^ anbere jefajamfc^e 33u(i^ R. 2—27, beffen beibe Steile ja i^re eigene
Ueberfdjrift l^aben (2, 1 unb 13, 1), jtoifc^en einfd^ob.
3lbcr biefe^ ift nur eine j^iftorifc^i tJöHig toertlofe Vermutung ; toerttJoBer ift, baf; h)ir nun^
nie^r eine gefiederte 93afi^ für bie ©rfenntni« ber jefajan. $rebigt l^aben, breit genug, um Don lo
bort au^ bie beiben Abteilungen St. 2 — 12 unb R 13— 2 7, h)elc^e3ef^ia^3{amen
tragen, j;u beleud^ten unb gu beurteilen, inwiefern fie e^ mit SHed^t tl^un. 3)a giebt e^ nun
im einzelnen nid^t blofe eine ^e Don parallelen mit Ä. 28—39 (ögl. j. S. 2, 20 mit
30, 22; 3, 8—15. 16—4,1 mit 32, 1—8 unb 9—20; bie 6 "'in 5, 8—22 mit benen
in Ä. 28—35; ft. 6 unb 6, 5 mit 33, 17; 6, 10 unb 11 mit 32, 14ff., 35, 5ff.; 15
8, 13ff.mit29,9ff.; 10,5ff. mitie.37; 11,16 mit 35,8ff., unb h)enn Ä. 12 nid^t „bem
fid; fo gerne me^r Suftmad^en" eine^ Sd^reiberg am 6nbe feiner SKü^fal (©Joalb) ju Der«
oanfcn ift, unb v. 1 (I. nad^ LXX "nn _ ndi), ^^baf; bu gejümt, aber e^ toonbte ftd^
bein ^oxn unb bu tröfteteft mid^" ju bem Slefrain in 9, 7—10, 4 ba« burd^ 10, 25
motivierte ©egenftüd bilbet, au« R. 12 ben v. 2 mit 30, 15); unb e« ift nic^t bIo^2o
nac^ bem Dbigen Ä. 7. 8. 9, 1—6 unb ba« mit R. 7. 8 fad^^lid^ t)erfnü))fte fi. 6 burc§
Ä. 36. 37 beftätigt, fonbem ber tro^ aller SKifd^ung bunter gragmente unb gefd^Ioffener
Stüde untoerlennbare ^}5Ian bon Ä. 2—12 ftimmt im ganjen oufföHig mit ber äfnloge
i)on Ä. 28—35, nur baf; ^ier me^r bie bic^t beborftei^enbe 38ottenbung ber aff^rifd^en
3iot unb 3ö^tJe« fie übertpaltenbe 333ei«l(^eit bi« jur lüunberbaren SRettung Verfolgt h)irb, bort 26
bagegen, loie fte [xd) feit langem Vorbereitet. 2Bir ^ören ^ier nämlidp, h)ie bie allgemeine
Unbanfbarfeit unb 2Biberf))enftigfeit ^vha^ unb gs^nifalem« unb ba« barum iur SRettung
nottoenbige Säuterung^erid^t, toeld^e fd^on früher feftftanben (Ä. 2—4. 5) uno bemSluge
Sefaja« unverborgen loaren (fi. 6), unter 3l^a« fid^ mm offenen SBiberf^rud^ gegen bie
beftimmtc propl^etifd^e Sffieifung ^ai)^t^ unb ju ber fonfeeten ®eftalt einer Ueberfd^toemmung ao
beij^ Sanbe« burcf; bie aff^rifd^en gröberer jugefj)i^t ^at (Ä. 7. 8). ©ie trifft ^^xatl unb
Suba gleidj^mäfeig verbient (Ä. 9, 7 ff.) ; toeil pe aber im ©inne be« äff^rer« eine Ueber^ebung
ift, loic fie nac^ Ä. 2 an allem SRäd^tigen geftraft tverben foH, fo finbet fie jule^t Vor ^e«
rufalem burd^ ein erWfenbe« ©erid^t ilj^r @nbe (10, 6 ff.), gd^ alaube, man barf getroft
bci}auptm, ba^ St. 2—4 auf ein von ^efaja felbft anangierte« ©anje jurüdgel^t, unb h)ie 86
er R. 6 unb Ä. 8 fic^erlit^ oI« S3eftanbteile eine« jufammenl^ängenben ®anjen gefd^rieben,
bafe fo auc^ alle einzelnen ©tüde in R. 5—12 Von il^m ^errül^ren. aSon unferen fd^ift*
ftetterifc^en Segriffen au« h)ürbe id^ inbeffen nic^t Verfte^en, h)e«^alb er 10, Iff. Von 5,
8—23, unb 5, 24 Von 5, 7 burd^ bie fed^« "^iJ^ trennte, ober bafe er 5, 25 Von 9, 7—20
fd^ieb unb 10, 20—23 Von 7, 21—25, ober bafe er l^inter 10, 32 nid^t einen in atem^ 40
loferStngft erwarteten ©vruc^ brachte, toie ettva 14,24. 25, fonbem einen ^ier viel ju aßs
gemein flingenben bilblicpen, nämlic^ 10,33. 34, ber aUerVing« Vor 11, 1 l^ergegangen fein
mufe. e« ift möglid^, bafe nad^ ben ©itten ber ^At biefe« alle« ben Sefem ^i\a\ai Ver«
ftänblid^ toar, ebenfogut aber aud^, bafe ber Slebaltor ba« 33ud^ S^^j^^ ^^ ^^^ '^ö'^*^''
fc^riftli^^en @eftalt vor fid^ l^aiU, in ber einzelne Qtüit jtvifd^en anberen unleferlic^ ge^ 45
loorben toaren, bie nun lüeggelaffen ober au« anberem Sufammenlj^ange ergänzt h)erben
mochten, unb bei ber ein ©tüd früher ober fpäter lommen lonnte, ol« e« urfprünglid^
foßte (vgl. bie ä^nlid^e, aber ju beftimmte 33ermutung be Sogarbe« Semitica, ©. 7 in ®'6tt,
Slbl^bl. Sb 23). gortfd^reitenbe (Sjegefe tvirb ober Viellei^^t mand^e« mir anftöfeig er^
fc^einenbe foäteren unanftöfeig mad^en. 3wber jh)eitenSlbteilung be« 93ud^e«, loeld^ew
fid^ beutlid^ in bie Vier 3Raffa« Ä. 13—18 unb bie fed^« X. 19—23 fonbert, leiten m^
beutlid^e gäben, folüo^l VonÄ. 1—12 tvie von Ä. 28— 35 l^inüber. S)enn ber in Ä.30 ein*
geflod^tene 3Jlaffa über bie liere be« ©übldnbe«, 26m unb brüllenben £eu (lie« v. 6
cri") u. f. U). ift ben vier jtvifc^en Ä. 19 unb 23 eingefd(|loffenen in jeber §infid^t gleid^*
artig, am meiften benen in Ä. 21, 1—15; unb 34, Iff. erinnert an 18, 3. 3tnbererfeit« 56
ift in fi. 19 bi« Ä. 23 auf« beutlid^fte ber ©ebanfe ber bereinftigen ©miebrigung olle«
natürlid^ §ol^en burd^ ^al}\)^ in Ä. 2 unb ber feiner nad^l^erigen SBiebergeburt au« bem
lobe im »leid^e unb jur aSer^errlid^ung Sa^Ve«, tvie in Ä. 4 an ^crufalem, fo ^ier an
2leg^j)ten unb 2:^ru« Veranfd^aulid()t, unb Ä. 22, 1 ff. begreift fid; am leic^teften au« ben
geftlid^Ieiten, h)elc^e man, von Slejin unb 5Pe!a^ errettet, bei (Gelegenheit ber SBieberfebr eo
728 ^ffdia
bc^ 2l^a^ Don 3)aniaöf (2 Kfi 16, 10) in ^crufalcin tocranftaltetc, tote benn ©c^cbna bcr
aScrtrctcr ber um 2tjjurö ®unft bu^lenbcn ^olitil getoefcn fein toirb. (gbenfo ift 17, 12 ff.
in feiner 3Jerbinbung mit ber SBeöfd^hjemmung ber ^errtid^feit ^afob« unb bc^ Slefte^
bon 2)amaigf vorbereitet burd^ 8, 7—10 unb feine SSerbinbung mit ber SSerlaffcn^t
6 J)on Serien unb ^^xa^l burd^ 7, 16. 18—25, toie anbererfeit« bie burd^ ben 9rud{^ ber
§errlid^feit Sabel«, ber 3SöIferbel^errfd^erin, ermöglid^te ^eimfel^r be^ Verbannten 3^rael^
in 13, 1—14, 2 unb bie el^renbe SRüdffül^runö ber SJerfprengten in Ä. 18 burd^ Ä. 11
vorbereitet ift (Vgl. v. 11 mit 14,1. 2 unb v. 12 mit 18,3 unb 7). 3)enn baran lann
fein RfüÄ^d fein, bafe in Ä. 18 bie nad) 11, 11 über ^atro« unb Äufd[^ l^inauö na*
10 bem inneren Slfrifa« Verfjjrenaten ^^tcieliten von bort, alfo von ben femften 9?ößem, in-
folge ber in ofle SBelt erfd^ouenen ©erid^t^ unb SHettung^t^at 3^1^^^^ ^^ l^eiligen Sonbc
ehrenvoll jurüdfgebrad^t loerben, ein ©efd^enf für il^n toie 66, 20. 21, unb ba^ ba^ von
SBafferftrömen jerriffene Sanb, lool^in fte fahren, eben jene« ift, h)0 bie SBafjer 1 7, 12 ff.
gekauft f)abm unb ^lö^Ud^ verfd^eud(|t ftnb, baf; 3^roel ober ba« juVor loeggejerrte unb ge=
16 raufte, von nun aber aber furd()tbare 3So[f ift, oI« ba« e« ^ier toie 19, 17 bejeid^nct h)irb
(fo nad^ Trg. ©e})t. mit V. »^ofmann). 3)ie3Raffa« unterfd^eiben flc|> Von allen anberen
^rot)l^etenreben ^auj)tfäd^lid^ baburd^, bafe bei il^nen bie gorm ber SRcbe ber unmittelbare
aiu^brudf be« nod^ unter ber efftatifd^^en Aufregung judfenben ©emüte« ift; benn plöt^xA
vor bie innere 2lnfd^auung gerüdfte frembe ©eftalten ber räumlid()en unb jeitlid^en %ctn^f
20 ober befremblic^e mit ber ©egenloart eine« betannten ©ubjefte« greH lontraftierenbe Sil-
ber unb Seloegungen an^ feiner gw^unft l^at ber $rot)l^et ju feigen befommen, vor h)eld^
bie ©t)ontaneität ber ganj von bem ®eh)altigen l^ingenommenen ©eele jurüdftritt. 3)ie
fo entflanbenen 2lu%rüd^e, oft bem ©el^er in ibrer äbfid^t bunlel unb auf f^ätere S)cu=
tung burd^ bie ßreigniffe toartenb, behalten be^ölb il^r urfj)rünglid^e« fiolorit unb ibr
26 pl^antaftif^e« ©etoanb bei unb gelten nxd)t aU blofee 2lnläffe unb 3!mt)ulfe in bie pro-
J)betifd^e SHebe be« aHtäglid^en Seben« an^, loie biejenigen Äon5e})tionen, toeld^e im ^n-
fammenl^ange be« eigenen inneren Seben« be« ^roj)^eten mit feiner 3«tgefd^id[^te crtoorben,
il^re SBirffamleit nur barin befunben, bafe fte feinem öffentlid^en 3^^0'^'ff^ *>*^ 3Bärme
einer göttlid^ Verbürgten fittlid^en Überzeugung geben, hierin liegt einerfeit« bcgrünbet,
3ö baf; bie i^nen beigegebenen iHuftrierenben ober Verbürgenden Sjjrüc^e burdji i^ren anberen
Xon unb i^e ^iftorifd^e SSeftimmtl^eit ftd^ grell Von i^nen ablieben (j. 33. 14, 1. 2;
16, 13; R. 20; 21, 16), unb ba^ man fte anbererfeit« Von ben Sammlungen ber öffent^
l\d)^n Sieben ber ^ro^)^eten fonberte unb t^nen ober einem ß^Ilu« berfelben jufammen-
georbnet folgen lie|, unb, ba ber ©egenftanb oft em))irifd^ nic^t beuttid^ nad^tvei^bar h>ar,
35 fie naä) ^ervorfted^enben ©eftatten ober SBorten il^re« S^ejte« benannte. 2)enn nid^t barum
fte^en pe jufammen, bafe ber $ro^)^et l^ier von l^eibnifc^en ®röfeen Rubelte ; loie läme f onft
5t. 22 ober 17, 4—14 l^ie^er? Unb nid^t tiefe emblematifd^e 93ebeutung f^abm jenetoun^
berlid^en Überfd^riften, loarum fte^en fie fonft nid^t Vor«. 13. 15. 17. 19. 23 i^ ©onbem
tueit ber ©egenftanb fid^ nid^t ol^ne 3Rifeverftänbniffe mit einem fonfret-l^^iftorifd^en 9lamen
40 benennen liefe, nannte man 21, 13 ff. 3Raffa „am 2lbenb", toeil e« beginnt „im SBoIbc
am ai^enb" (faD« ^"^^^s, ^n tefen), 22, Iff. ÜRaffa „be« SSiftonent^«", toeU al«2o!alität
be« 5!amt)fgeh)ü^te ba« SSifionentl^al v. 6 bejeid^net hjar, ober 30, 6 „ber 2:iere be« ©üb*
lanbe«", toeil biefe« ber jufammenfaffcnbe 2lu«brudf für bie im anfange genannten Seftien
Joar. ©benfo toirb 21, 1 ber ungeheuerliche 3tu«brudf c^ *nT: eine SJerberbung au«
45 C"^t:-D -f7:i: v. 7. 9 mit »erluft be« i^ fein. Unter biefen Umftänben ift e« geboten ju
fragen, ob biefe SKaffa« nad^ einer fd^riftfteHerifd^en ^it^ ^^\cL\ai georbnet fmb. 3)a ift
nun auffällig, bafe bie Stebe Von ^^^iliftäa (14, 29 ff.), bem loeftlic^en ©renjVolfe, in
Ä. 15. 16 ju 3Roab unb gbom, bem öftlid^en unb füböftlid^en, in 17, 1 ju a)ama«l
unb jum Fieiligen Sanbe übergebt, um ben äufeerften ®i)>fel ber 5Wot in 3«rael unb i^ren
60 überloältigenben Umfd^ioung in §eil in gerufalem (f. 18, 7) nad^ feiner l^eilfamen %mii)t
m fd()itbem. Diefe« entfprid^t genau bem SBege, auf toeld^em 2lmo« ba« bie Umgebung
fäubembe ®eric^t cn\>l\d) in^luba unb3«tael jur ©ntlabung !ommen läfet(äml,2); unb
ba inK. 15. 16 ^t\a\a felbft eine alte 2Bei«fagung gemobelt l^at, bafe fte bem Vorl^ergei^enben
ü)?affa ä^nlid^ tourbe, unb ba ber ®ebanfe, ba| bie juerft über l^eibnifc^e 3Sölfer, bann
55 aud^ über i^^xad unb ^nha fommenbe gud^trute be« fremben Eroberer« im l^eiligen fianbe
mUxd) jerbrod^cn nnb fo Slaum gefc^affen loerbe für ba« aufblühen be« 3?olfe« '^al))^^
mä) ber ^i5er^eifeung, nad^ Ä. 37; 28—35; 10, 5—12 fjjejififd^ jefaianifd^ ift, fo lüirb
Sefaja felbft biefe brei ÜRaffa« fo jufammengefteHt l^aben. 3!)enn ba bie in 17, 12—18, 7
von bem ®ottc auf ^xon betoirtte ))lö^lid^e SRettung an^ ber; SölIerPut fohjo^l in ber
60 ©id^erl^eit loiberfd^eint, burd^ toelc^e bie ©lenben in ^xon ftc^ von ben au«fid^t«lofcn 'iP^i-
3cfoja 729
liftcrn (M, ;]2) untcrfd^cibcn, aU anö) in bcm neuen 3^italtcr bcr ©ercd^tigleit, ba« unter
bcm neubegrünbeten Steflimente be^ 3)atoibgfol^ne^ an bie ©teile ber ^etrfc^aft be« nun
gerid^teten 3?ölfert^rannen tritt unb bie flüd^tigen Slefte 9)ioabg aU in ba^ einjiae ätfl;!
md) ^\on lorft (16,4. 5), fo gel^ören biefe brei 9Raffa^ entjd^ieben mit jenem nac^folgens
ben 2t6fcf)nitte jujammen. 3ßer ift nun aber ber Sölfert^rann? Offenbar ber fiönig be« 6
©t)Ottliebe« 14, 4^ ff., iDeld^e« bemSoIfc ^a^be«, ba« bie Sölferflut 17, 12 ff. überftanben
(14, 3. 4*), in ben 51Kunb gelegt toirb. @r ift eine ^bealgeftalt gotth)ibriger 2;^rannei,
ge^eid^net nad^ bem Silbe be« äff^terd unb über baöfclbc l^inau«, n)ie e« S^f^i^ Ä- 37
unb Ä. 10 gegeben, unb fein ©efd^idf burd() ba^ bc«3lff^rer« afe Sorfjjiel Jjerbürgt, h)ie v.24
biö 26 auöbrü(fKd() fagt unb h)ie e« in 16, 13. 14. Analogie l^at. 6r l^at bie gange 9Belt lo
erobert, je^t toill er in feinem Übermute, inbem er ^al}\)^ Solf bernic^tet unb feinSanb
überfdfihjemmt, mithin ^al^be Don ber ßrbe befeitigt, ber ®ott ber 6rbe loerben, ber altteft.
2lntid»rift; ba ftürjt er in bie Xiefe be« .!pabe«. Qx ift nid(|t, h)ie fonberbarer Untoerftanb
gemeint l^at, ein DJac^folger 9{ebufabnejar«, ber 93abel toerteibigt, fonbern ber im ©iege^
taufe begriffene, bie Gebern be^ Sibonon gu 93eIagerung^o})erationen im l^l. Sanbe ab^ i6
^aucnbe (14, 8), im Äamj)fe gegen Sia^be, aber fern bon feiner §eimat (v. 20) faUenbe
jyelteroberer, an bem ba^ ©efd^idf be« Slff^rer^ fid^ lüieberl^olt. 2)ur4 biefen ©d^lag
3a^be^ h)irb bie 3Belt bom aip befreit, il^r 3lnlafe gegeben, au« ber toeiteften gerne ben
:^a^be auf S^on ju eieren, unb bie SBieberaufrid^tung be« babibifd^en Königtum« ermögs
lid^t (16,5). ßbenfo nottvenbig ift aber aud^ ba«®erid^t über S3abel, biefe Stätte berSuftao
für bie äJölfer unb ber ©f laberei für bie Verbannten 3f«^^ö^I^/ wi^^ Ä- 13 ift auc^ au^brüdE^
\\d} burd^ 14, 21—23 mit jenem ©j)ottliebe berfnüj)ft. 3Bie ber Äönig burd(i ^al^be im
^)eiligen Sanbe gefällt toirb, fo S3abel burd^ au,^ fernem Dften gerufene ^eerf^aren 3>al^be«,
toelc^e beauftragt, toeit^in an ben SJölfem i^re ©ünben gu ftrafen, ben 9Jcittctpunft be«
iöölf erberfe^re«, ben ©ta>)eli)la$ ber SiJeltgüter auf i^rem ^uqc fc^onung^lo« ber^eeren. Da 25
femer 21, 11 f. unb 13 ff. ben ©a^ 13, 14 an ben Äarahjonenftämmen beranfd^aulid^t,
meldte empfinblid^ft bom ©turge 93abel« getroffen toerben, unb- 21, .1 ff. biefen felbft ber^
gegentoärtigt, fo ift e« miJglid^, bafe ber 5Prot)^et unter bem S)ränger Ägypten« in fi. 19 bens
felben I^rannen gebadet J^at. Übrigen« lag e« nol^e, nad^bem in Ä. 18 bie gurd^t bor 3a^be
unb feinem iSolfe al« bi« in ein Sanb, h)ie ba« be« 9tuberllingen« jenfeit« ^ti;io))ien«, so
berbreitet gefd^ilbert toar, hieran ben ÜRaffa über äg^jjten Ä. 19 amufd^liefeen, toeld^er
jeigt, tüie ber 9left biefe« ftöbtereid^en Sanbe« in gurd^t bor 3a^be unb ^nia gu
einer ^robing Äonaan« toirb, mit biefem Sanbe naä^ v. 19. 20 gufammenge^olten, toie
bie tran«iorbanifd&en ©tämme mit bem eigentlid^en Äanoan (^of. 22). 333a« bagegen bie
rätfel^tc ©teUung bon Ä. 21. 22 jtoifc^en ben burd^au« paxaMm 3Raffa« Ä. 19. 20 86
unb Ä. 23 foU, ift fd^toerer ju fagen. 3^^!^ ^^^ 'f^ ^^<*^^ ^<*B ^^ ^^ '^^^^ JEleinen ©tüdfen
be« 21. Ä. gleic^mäfjig ju läge tritt, toie bie bie ©efc^idfe ber l^eibnifc^en ©täbte unb
Sänber beftimmenben SRatfd^lüffe :^^al^be« in bem unter il^nen leibenben l^eiligen Sanbe
befannt finb ; bafe e« bort SBäd^ter giebt, toeld^e be« fidler f ommenben läge« toartcn unb
ber im 2)untel feufgenben ©emeinbe burc^ i^re 3:Töftungen bie ©ebulb ermöglid^en. ©o^ 40
bann, bafe Ä. 22 hiermit be« Äontrafte« toegen gufammenge^ört, fofem l^ier ba«felbe
i^ifionentl^al, beffen SQääc^ter ob be« gunäd^ft (ommenben UnglüdEe« toeint unb gur 33u|e
ruft, fic^ au«gelaffen ber ©egentoart freut, al« fei e« mit bem Unglüde borbei unb bie
^ufunft gefid^ert, ebenfo grunblo« toie ©c^ebna in bem ©tauben an ein gtüdtlid^e« Seben
bi« ju el^renbollem SSegräbniffe too^lgemut [xd) geberbet, toä^renb ein el^rlofer 2:ob im 45
eienbe \i)n ertoartet. 9limmt man bemnac^i Ä. 21. 22 gufammen, fo geigen fte, bafe ba«
fleifc^lid()e ^«nifalem barum, baf; bie j)rot)^etifc^e Runbe ber §eil«ratf(^lüffe 3a^be« in i^m
bie (Btäüt il^re« 2)afein« innerhalb ber ÜRenf^^eit ^at, ebenfotoenig bor bem feinen ©tolj
unb feine Hoffnungen bred^enben unb täufd^enben Untergange betoal^rt bleibt, toie 3tgi;^)ten
unb Ivru« ; bafe feine ©ünbe ebenfotoenig bergel^en, ebenfo burd^ ben 2^ob gebüßt toerben 00
muffe unb auc^ i^m nur ipoffnung bleibe, fofem 3^^^^^ 2lbftd^t toie au(^ bei ägVJ)ten
unb 3:^ru« ki^Üxd) nic^t auf ben Job, fonbem auf SBieber^erfteUung be« ©ebemütigtcn
au« bem 2;obe ge^t. 2)ie in Ä. 22 ftd; funbgebenbe ©teHung be« ^rot)l;eten erinnert
nun aber auffallenb an ben SHebner in Jt. 24, toeld^er mit ber beftimmtm ©etoifel^eit bon
einem bie SBcltgertrümmerung Überlebenben, be« ^eile« ftd^ freucnben Stefte (v. 13—15)66
unb, in bem ©taubm an ^ab\>t^ geredet ric^tmbc« unb rettenbe« 3Baltm auc^ in ber
©egentoart hxxxd) Soblieber ©eretteter an^ ber g^ne beftärft (v. 16), in feiner Umgebung
gunäd^ft nur unentrinnbare« 3Serberben getoa^rt, für ba« e« feine Sluf^altung giebt, toeil
ba« SRauben, ba« fte erleibet, ein Sauben bon fotc^em ift, toa« felbft geraubt toar. ebenfo
finben toir ben ©ebanfen, bafe StgVJJten, 2^t^ru« u. f. to. eine ^eriobe ber 9Sertoüftung eo
730 3lefoja
unb ber Scröcfjcnl^cit burd;ma(i^cn muffen, c^c ftc afö bcmütißc S)icncr 3öi^*>c^ iüieba in^ *
3)afcin treten, in feiner tveiteften (Entfaltung toieber, ioenn ^ier, äl^nlic^ lüic 1 Äo 15,
24 f., eine ^At in äu^pd^t genommen hjtrb, h)o bie bie ©emüter ber 9Kenfcl(>en in gö$en-
bienerifd^en S'^u"^ berfü^renben §immefemäc^te unb ®eftime unb bie bie ®cU)iffen fnec^^
5 tenben unb berberbenben irbifd^en §errfcl^aften für eine beftimmte S)auer, bamit bie SRenfd^
gan; unter bem (Sinbrude ber alleinigen ^enlid^feit be^ offenbarten 2S<^be ftel^en, befettigt
fmb, um bann erp toieber in il^re SOSürbe aU ©ebemütigte eingefe|t ju h)erben (24, 21
biö 23). 6^ fd^etnt, ate ob ber ©el^er l^ier bie ^artifulorgerid^te über bie emt)infclj> b^
fanntcn ®röf;en ber bor^erge^enben flajjitel ju einem unitoerfalen ertoeitere, bon ba in boö
10 ba^intergelegene, für aUe $i)Ifer auf S^on offenbarte ctoige §eU auffteige (Ä. 25), bann
h)ieber jurüclge^e in ben jtoifdien ©erid^t unb §eil gelegenen g^^f^^^jwftanb, too bie
©emeinbe S^lbe«, fittlid^ erneuert unb and) ju loniretem Solfeleben toiebergeboren, fi<^
bergeben^ abmüht, burd(i natürlid^ed SBad^^tum auf i^ren SßoDbeftanb ju lommcn, ba er
bielme^r burd^ ßrtoedfung i^rer S^oten J)Iö^Iid^ erreid^t Serben foD (Ä. 26, 1—19; ijgl.
16 mit 9, 2 : „35u mad^teft grof; ba« 3Solf, ba« 3)u nid^t grofe gead^tet ^atteft, eine greube
freuen fte fid^ bor bir h)ie bie greube ber®rnte"), bafe er bann toeiter rüdEtoärt« bor bcn
Job fic^ fteUe, beffen ©eric^ten biefelbe ©emeinbe erfl unterworfen toerben fott unb in ber
§offnung einer SRed^tfertigung aller burd^ fleifd^Iic^e ©etoalt UnterbrüdEten fu^ aud^ untere
hjerfen fann (26, 20—27, 1), unb ba^ er enblid^ ben ^offnungäofen 3uftanb be« tool^li>ers
20 bienten 9luine« be« Sanbe« f^^ilbere (27, 7—11), afe ein 3RitteI 3a^be« bie ftttlic^ »c^
bingungen ju befd^affen, auf ®runb beren nac^ ber Söieberfammlung (v. 12. 13) e« in ben
SieblingSgarten ^a^be« (v. 2—6 bgl. 5, 1 ff.) umgehjanbelt Werben fott. Offenbar ftcl^t jener
guftanb be« i^raelitifc^en Sanbe« bem paxaM, ber Ä. 23 bei a:^^ru«, Ä.19 bei Ägypten, K. 24
bei bem §eere beri^ö^e unb ben erbenfönigen afe eine^Paufe, too ba«2)afein cefftert ^t,
25 bie frühere unb bie f})ätere ®Ianjt)eriobe bon einanber f^eibet ; unb tpie bort bie aSiebers
^erftettung ein reine« ©efc^enf ^^^be« ift, Welche« eine SBieberfebr be« ©igenbünfcl« au«*
fd^liefet, fo ftettt [vi) 26, 16—19 auc^ ba« ffiad^tum be« Solle« al« ein foldj^e« bar,
beffen e« fid^ nid^t al« feine« eigenen SBerfe« rül^men fann, für ba« al« ein Wunberbarc«
SBerf ^abbe« e« immer nur bemütig banfen barf. 2öir bürfen ^iemad^ \oo^ fagcn, t>a^
90 biefe lunftboBfte unb tieffinnigfte Äomjjofition, in toeld^er ältere frembe unb eigene ©tüdfe
au« ben berfd^iebenften Sagen ju einer 3w^wnft«j)l^antafte jufammengetooben ftnb, unb
Welche gegen bie 3)reiftigteit unb Unfä^igfeit ber 3lu«legung, bie fte mife^belt, ^u bers
teibigen mid^ ^ieif ju Weit fül^ren Würbe, beftimmt ift, ben 3tbfd^lufe ju Ä. 19—23 gu bilben.
Wie 17,12—18,7 beräbfd^luf; bonÄ. 13—17,11 War. 35eibe §&lften erg&njen fid^ aber
36 unb re)jräfentieren einen 8^ortf(|ritt. 2)enn in ber jWeiten §älfte ift ber ^eiifd^enbe ©e*
banle: ba« uniberfale SHeid^ S^^be«, Wie e« au« ben SJölfergerid^ten unb ber Demütigung
atter gefd^öj)flic^en ÜRad^t unb §errlid^feit«centren l^erborgel^en Wirb, in ber crften bogegen
3)abib« i^on unb ©tabt. Wie fte in ber bie SRac^barbölfer berl^eerenben Ärieg«not burc^
3a^be er^lten unb burd^ ba« ©d^eitem be« Eroberer« i^nen gegenüber gu freier ©ntfal«
40 tung unb Weitl^in leud^tenber §enlid^Ieit Wieberl^ergeftettt Werben.
3>^ M^ ^^^ SRefultat meiner 2lu«fül^rungen in folgenbe ©ä^e jufammen: 1. bie
Überlieferung unb bie 6inrid(|tung be« borliegenben Sud^e« ^^a\a berlangen bom Sefcr,
bafe er al« bie Duette feine« eigentlid^ j)ro})^etifd^en ^n^olte«, al« ba« Wei«fagenbe ©üb-
jelt in il^m ben ^iftorifd^ befannten 3^aja anfeile, ber münblid^ unb fd^riftfletterifdj^ bie
45 offen tlid^c 5Keinung ju beftimmen gefud^t unb baneben burd^ efoterifd^en Unterridj^t,
feine 9lad()fommen, bie nad^ 8, 16 ff. unb 59,21 (Srben feiner ^roj)^etie Waren, unb feine
jünger für bie 5>^^^l^w"9 f^i"^^ 8«u0niffe« erjogen ^at. 2. Die ßrben be« iefaianifdj^en
$ro>)l^etentum« ^aben fein S^^^Ö^^i^ lebenbig erl^alten unb frud^tbar gemacht, teil« inbem fte
bie öf fcntlid^en, fei e«münblid^ ober fd^riftlid^ erl^altenen ^ropl^etenWorte ilj^re« W)nl)am
60 au«Wal^l«Weife unter einer Wirf famen litterarifd^en ^bee für „^wbö unb$)ierufalcm"(l, 1) gu
einem Sud^e jufammenftettten, teil« inbem fte imÄreife ber^^ommen ba« im efoterif($en
UnterriAt em))fangene (bgl. 48, 16) re})robujierten unb jum Quett* unb 3'lid^t))untte i^rer
änf))rac9en madfiten. 3. Um ba« 3^0ni^ S^f^ja« im SBefentlic^en bottftänbig p erhalten, ber«
langten aud^ biefe 2lu«beutungen jefajanifd^er SBorte f^)äter i^re fd^riftlic^e gftjterung unb SJer*
65 einigung mit bem bafür umjuorbnenben'bi«l;er etwa bor^nbenen öu(^e S^^i^^- ^- 3)a
ber 33crf. be« anfange« 63, 7—66, 24, beffen ^il^eobicee jefaianift^e Sffiorte re|)robujiert
(j. 93. 65, 25), auf bie erlebte Verbrennung be« 3:em})el« jurücfftel^t, unb ba ber fjre*
biger bon 41, 1 ff. ben 2tnfang ber ©iege«laufba^n be« il^ro« erlebt ^t, fo fällt bie
(Sntftel^ung ber un^ borliegenben le|ten 2lu«gabe be« 8. ^efaja hinter bie SKitte be^
60 6. Sa^r^unbert«. 4. Diefe 3lrt ber Überlieferung iefajanifd^er SBorte unb i^e le^te
3efaja »efreel 731
9licbcrfd;tcibuit0 f)at abgcfc^cn Don anbeten ba^in Jüirfcnbcn 3"f^^^^ SScrfürjungcn,
Scrcid^crungcn unb UmbcutunQcn bc^ Urijjtünölid^cn yax golßc getrabt. SJerlür^unöcn
t)cr[te^en fid^ tjon felbft, h)0 toic in ft\2— 4; 9, 7 ff. au^getoäj^Itc ©tücfc au^ ^eitgefc^ic^t^
lid; Dcranla^tcn unb fliliftiid^ toetfci^iebenen Sieben im 2)ienfte einer großen Jbee jufammens
ijefleHt werben, ^d^ jeißte fc^on (f.©. 707 ig ff.), baf; bem aibfd^nilte 2, 11 ff. eine au^fül^r* 5
Iid;ere Siebe in ®ttoj)^en mit Slefrain unterliegt; gar nic^t mel^r ift erhalten bie Sftebe,
in melier ber in 29, 17; 33, 15 ate r^etorifd^e« ©tid^toort benu^te ©^jrud^ feine gene«
i\\d)c ßrflärung ^atte. äJerfürjungen brachte auc^ ber ^tvci mit ftc^, für 3uba unb ^c^
rufalcm ein erbauungebuc^ au^ ben SBorten ^^\a\a^ jufammenjuftdien, ber bod^ auc^
über (J^f^raim unb ©amaria, über Slffur unb 3l\neoti} gehjei^fagt Ij^atte. @d ift fei^r auf- lo
fallcnb, bafe un^ fein 3Waffa ^cfaja^ ber Unteren 2lrt erl^alten ift, unb bafe alle auf biefe
©röfeen bejüglid^en ©})rüd^e je^t lebiglid(i in bienenbem 3Ser^äItniffe ju bcm auf^erufalem
bejüglid^en ^tvcit ber Siebe erfd^einen. Sereid^erungen bürfen h)ir namentlich bei
2)euteroiefaia ba erfennen, h)o })jalmartige I^rifdjie (Srgüffe alte j>roj)l^etifc^e ©^rüd(ie
umfränjen , unb \oo rJ^etorifd^^l^^omiletifd^e äinf^rac^en an audh)a^föh)eifc mitgeteilte, i6
meift h)ie $rebigttejte toorangefteHte au^e})rägte ^rot)l^etenh)orte ftd^ anlel^nen. S)ie
Umbcutungcn, bie ic^ meine unb bie biöh)eilen ber SSerlürjung entgegengetoirlt
^aben, fann man ftd^ am leic^teften an bem ©j)rud^e über ben Äönig toon S3abel
(14, 5 ff.) beutlid(i machen. 3)enn bie §injufügung ber auÄrüdtUc^en ©rflorung 3^1^*
lai, ba^ \va^ er über 2tffur gefagt, aud^ für oHe anberen SJationen gelte (14, 24— 27), ao
erllärt fi^ füglid^ nur au^ ber abfielt, e^ aU ber au^brtidftid^en 3Beifung Siefaiad
gemäfe j^injuftetten, toenn im SJorange^enben ba^ urft)rünglid^ über Slffur ®efagte auf
ben ftönig Don Säbel angehjanbt fei. 2)em ä^nlid^ ift e^, toenn toir in Ä. 52
(f. V. 4) eine aud^ bem Sla^um befannte äöei^fagung über bie göttlid(ie Slac^e an 2lffur
finben, in beren nid^t me^r erhaltenem 2tnfange bie 3^^törung Slineöe^ ate ©elbft* 26
offenbaruna ga^De^ ^ur Slettung feinet 38olfe^ angelünbigt toar (v. 6: „an jenem 3^age
foH mein violt innelüerben, ba| id^ e^ bin"); ober bie ©rfe^ung be^ fonireten Slamen^
burd() ba^ gegen 48, 20 abfid^tlic^ unbeftimmt flingenbe „Don oort" unb bie ©teUung biefe^
3lbfd;nitte« hinter Ä. 46—48 ermäd^tigt ben Scfer, il^n al« aud^ für Säbel giltig ju
beuten. 5. Unter biefen Umftänben toirb bie fünftige äuöegung bem 8ud[ie Qefaja mepr s)
gerecht hjerben, hjenn fte e^ überall au^ bem gnfflwmen^ange mit ber ^erfon be^ Ij^iftorifd^en
Sefaja m Derfte^en \\x6)t, ate toznn ffe in abfoluter SSerad^tung ber Überlieferung unb feiner
tl;atjäd(|li^en litterarifd^en Organifation bie au^inanbergejerrten ©lieber unfere« 95ud^c«
nad^ ©utbünfen jur ^Huftration ber Sorftellung Dertoenbet, bie fic^ ber Stuäeger au^ anberen
Cuellen über bie ©efd^id^te ber ©emeinbe S^^De^ Don §i^fia bi^ ju ben SKaffabäem 36
fo ober fo iurec^t gemad^t l^at. «. Älofteniiaiitt.
3:efreel. — fiittcratur: $ Stelanb, «ßalfiftlna 359-370; e. @*urcr, ®efd)i(ftle
bcd jübif^en SSoIfcö im Seitolter 3e|u eftrifti I (1890), 41 3 f.; &. (Sberd unb $). ®ut^e,
^5al«ftina in S3ilb unb SBort I (1883), 275-290; 3r, SBuftI, ©cograpftie beS alten ^alä*
ftina (1896) 106ff.; 204 ff. — 3u ^Icgibbo auf ben ä9t)ptifc6en 3nfc6riftcn S. 3)?aj Mütter, 40
^fien unb Europa nad) altÖ9t)ptif(6en 3)enfmfi(evn (1893), 157 f. 167.
gefreel ift im %% 1. ber Slame einer Sbene ':'n;?'?T": ?w »li 6, 33; 3of 17, 16;
2 ©a 2, 9; 4, 4; §o 1, 5; 2, 2. 24. Qx ift gebitbet h)ie '^^»n^r ^o 19, 14. 27
unb bejeic^net bie ^c^tbarfeit ber ©bene afö eine auffaHenbe, aufeergebö^nlid^e, offenbar
Don ©Ott betüirfte ; benn er bebeutet „®ott fäet" unb giebt ju Derftel^en, bafe bort feit 45
uralter ^tit 2ldEerbau mit bem beften ®rfolge betrieben toorben ift. ©ie ift bie gröftte
ebene inmitten be^ 33erglanbe^ Don ^aläftina (Dgl. biefen 21., in bem bie natürlid^ Se»
fd^affenl^eit ber ©bene befd^rieben h)erben foH) unb l^ei^t ba^er furjmeg bie 2:ief ebene,
^ebr. p-;?- 30 17, 16; Sli 5, 15; 1 ©a 31, 7; 1 6^r 10, 7, in grie^ifc^en ©t^riften
„bie grofee ebene" t6 juiya jiediov 1 äJlaf 12, 49 (Dollftänbiger t6 ixkya neöiov Ea- 60
ÖQYikw^i Sub 1, 8); 3ofevM Ant. V 1, 22; VIII 2, 3; XV 8, 5; XX 6, 1;
Bell. jud. II 10, 2; III 3, 1; 4, 1; Vita 24. 26. 62. ffiegen i|re« grntefegen«
mürbe fie fd^on im Slltertum — ä^nlic^ nod^ in neuerer ßeit — gern Don benSebuinen
aufge|ud(|t unb gcplünbert Sli 6, „33. ^ür SSerte^ unb$anbel f^atte fie eine grofeeSöid^s
tigfeit. 3)enn bie ©trafee Don äig^jjten l^er fübrtc in brei 3^^'0<^" ^^ ^^" ©übranb ber 66
ebene unb Don ^ier enttoeber in norbtoeftlid^er Slic^tung an ba« 3Rittelmeer ober in
norbi)ftlid^er Slid^tung an bem S^abor Dorüber nac^ 3)ama^fu^, unb an i^rem öftlid^en
Slanbe führte ber 3Beg Don ©amarien nad^ ©aliläa. 3)al^er ift auf i^r n)ieberl;olt um
ben 93eft^ be^fianbe^ geftritteti toorben. 3lld bie ^^taeliten eintoanberten, U^urbe fie Don
732 a^efrccl
bcn Äaitöanitcrn mit i^rcn ,,cifcnicn Söagcn", b. I;. bcn ©trcith)aacn, fange ^^t gegen
bie leic^tbeh)affneten ©d^aren ber &\xttn berteibigt. @rft ber ©ieg Sarafö unb ber 2)e=
boxa bcrjc^afften bcn 3^raeliten pd^eren 2lnteil an ber iperrfc^iaft über bie^ toertt>oüe
QiM be^ Sanbe^ jJRi 5). Slber nod^ bi^ auf bie Äönig^jett blieben bie flanaaniter bie
sperren in ben ©täbten Slegibbo, 3^'^^'"/ 2^aanac^ unb2)pr SHi 1,27 (togl. aucl^9?.30).
t)en ©übranb ber ®bene befehle ber ©tamm 3Ranaffe ^fo 17, 11—13, im Dften fafe
auf ben Sergen bom ©ilboa big jum I^abor ber ©tamm Sfafd^ar ^o 19, 18—20,
im 9?orben ©ebulon 3o 19, 10 ff. 3)er 9lame Sfafd^ar beutet barauf ^in, ba| bie Se^
mol^ner biefe« ©ebietg lange 3^^* fremben §enn untertl^an gelöefen ftnb, nämli(^
lobenen, bie ben ^anbcfeberfe^r über bieSbene l^in in ^änben Ratten (togl. ®en 49, 14 f.).
®ibeon aug 3)ianaffe erfodfit in ber 9?ä^e be« Drte« 3- (f- «"^^ 2) einen glänjenben
©ieg über bie üRibianiter SHi 7. 2tm ^u^e beö Serge« ®ilboa tourben bie S^^^^l^^^
unter ©aul unb ^onat^an bon ben ^P^iliftem gef dalagen 1 ©a 31. 3" ^^^ ^lä^c ber
©tabt äl})^ef (f. unten) errang 2ll^ab toon^^rael einen glängenben ©ieg über bie2lramäer
i6i)on Damaöfu« unter Sen^abab II. 1 Äg 20, 26 ff. Sei 3)iegibbo (f. unten) unterlag
Sofia bonSuba bcm ^^arao 9lec^o II. toonSäg^pten unb »purbe bertounbet 2 Äg 23, 29 f.;
2 6^r 35, 20—24. 3m ^pxxl 1799 lieferte 5Wat)oleon Sonat)arte, aunä# fein ©enerol
Äleber, ben dürfen eine blutige ©c^lad^t in ber 9Jä^e bc« l^cutigen Drte« el-Fule (bgl.
unten unter 2). 2)ie (Sbene berbient ba^er iDof^l ba« ©d^lad^tfelb ^Paläftina« genannt ^u
20 iDerben. ^n ber äufjäi^lung ber ©teuerbejirle ©alomo« fc^eint ba« ®ebiet ber ebene
geteilt ju fein 1 ftg 4, 15 unb 17. 3)agegen laffen bie Angaben be« ^ofj^^u« barauf
fd[^lie^en, bafe fie afö ein befonbere« ©ebtet jmifc^en ®aliläa unb ©amaria angefel^en
h)urbe (Bell. jud. III 3, 1 ; Ant. XX 6, 1).
2. 2)er 5Jame einer ©tabt in bem ©tamme 3|öf<^<*^ 3^ 19, 18. ©ie lag am gu^e
26 be« ©ilboagebirge« 1 ©a 28, 4; 29, 1. 11, ober^^ ber ©tabt Set^ e^an 1 Äg4, 12,
untoeit be« Äarmel 1 Äg 18, 45 f. ©ie toar bermutlid^ bie §eimat Sl^ab«, ber ^ier einen
feften 5Palaft befafe 1 Äg 18,45; 2 Äg 9, 17. 31. 33, [x^tt bie §eimat 9?abot^, beffcn
SBeinberg an ben föniglid^en 5Palaft angrenzte 1 Äg 21, Iff. ©ie h)ar ber ©c^aujjlo^
ber furd^tbaren Sluttl^aten 3e^u« 2 Äg 9, 17 ff., beren noc^ Äofea (1, 4) gebenft. ,^ub
80 3, 9; 4, 6 Reifet fie ©«brelom, im Onomasticon bc« ©ufebm« 267 (133) "Eoö^rikd
yi)if(^en ©f^tl^ot)oli« unb Segio, bei bem ^Pilger bon Sorbeauj (333 nad^ 6^r.) ©trabela,
a)iefer befttmmt i^re Sage auf 10 römifd^e 9Keilen (15 km) toon 3RaEimiano))oliö (f. u.)
unb 12 römifd^e 9Weilen (17 km) bon ©l^t^oj)oli«. 2llle biefe angaben ^jaffen gut auf
ba« heutige unbebeutenbe 2)orf Zertn auf bem toeftlid^en gufee be« Dschebel Fukü*"a
86 (®ilboa), auf ber SQäaffcrfd^eibe 5h)ifd(ien bem S^tban unb bem 5Kittelmeere. 6in öer^
faHener I^urm fte^t in ber 9Witte ber hjcnigen clcnben §ütten. "^m felfigen Untergrunbe
befinben ftd^ auffaHenb biel 6iftemen unb im Dften beiJ 3)orfe« auc^ SBeinfeltem.
38on anberen Orten ber 6bene 3- f^i^ ^^^ "od^ folgenbe genannt. 3^ füblidj^en
3i>)fel ber ebene lag nad) 3ofe})f^u« Ant. XX 6, 1 ®inäa (bgl. Bell. jud. II 12, 3;
40 III 3, 4), ba« heutige Dschenin mit reid^er Quelle unb fc^önen ^almen. 9Wan ^)flegt
ba^ alte En Gannim 3of 19, 21; 21, 29 auf biefen Ort ju bejie^en, melleid[^t auc^
Bei hag-Gan 2 Äg 9, 27 (Sutl^er: ^a\x% be« ®arteng). Serfolgen toir ben ©übranb
ber ebene toeiter naä^ 3Bcften (9lorbh)eften), fo fto^en h)ir auf ba^ Heine Ta^'anuk, bog
fc^on burd^ feinen 9Jamen an 2]^aanad(> (15"*"i!) be^ 212; erinnert (bgl. 9li 5, 19; 3^
45 12, 21; 17, 11 f.; 1 Äg 4,12). "^ai^ bem Onomasticon 261. 156 lag e« 3—4 röm.
SKeilen bon Segeon. I)iefem alten Orte cntf))rid^t ba« heutige el-Leddschün, ba« im
Onomasticon liäufig genannt h)irb. e^ ift nid^t unn)a^rf^einlic^, bafe ba^ in alten
SBer^eid^niffen me^rfac^ genannte 51Kajimianot)olig nur ein anberer 9Jame be^felben Drte^
ift. "ilai^ bem 2$orfc^lage be« SJabbi ^ard^on (1322) unb ebm. SRobinfon« fud^t man
60 l^ier ebenfaH« bie alte ©tabt 51Kegibbo, beren Sage am ©übranbe ber großen ebene feinem
3h)eifel unterliegt, ba fte an einigen ©tcKen nad^ 3Regibbo benannt toirb (©ac^ 12, 11;
2 e^r 35, 22), unb ba fd^on bie Jnfd^riften I^utme^' III. ben Ort bort anfe^en, too bie
befannte ©trafee ber Äüftenebcne ba^. ioügellanb bon ©amaria berlä^t unb in bie ebene
münbet. Die ©tabt hjirb bei bcn ätg^ptem 3Ka!eti, in ben 'Amärna-Sriefen SKagibba
65 genannt. Sie h)ar eine fanaanifdj^e Äönigöftabt 3of 12, 21 unb tourbe toon ©domo
neu bcfeftigt 1 Äg \), 18. 3n i^r ftarb ä^a^ja 2 Äg 9,27 (über 3ofia f. oben). SBeiter
nad^ 3f?orbn)eftcn liegt Chirbet el-Farrije, ba^ fid^ mit bem alten Hapharaim 3of
19,19 (Onomasticon 223. 94 Aphraia) gufammenfteHen läfet. 9Jid^t toeit batoon erf^ebt
fid^ ber Teil Kaimün, bon bem ba^ Kammona be^ Onomasticon (272. 110) ju Der^
eofte^en ift, biellcid^t audj> ba« altteftamentlic^e Jokneam 3of 12, 22; 19, 11; 21, 34
d:efmf 3^ftt dfftifii bretfac^ei» «mt 733
(1 % 4, 12). 3)ie toüu ^ofcjj^u^ Ant. XV 8, 5; Bell. jud. II 18, 1; III 3, 1 cr^
W)äl)nU 9{ctter[tabt @aba (bgl. 3u*> '^/ 10), bic in bcr grofecn ©bene an bcr ®rcnje
j^iDifd^en ®aliläa unb bem ®cbict bon ^tolemai^ lag, ift noc^ nic^t aufgefunben h)orben.
Sin ber 5torbcjrenje bcr ßbene liegt ein 2)orf Dschebata, baö bem ®abati)a im Ono-
masticon 246. 128 entfj>ric^t. Über ß^efuDoi^, Qi}i^loti} If^obor, Doberat^ unb ben 6
»erg I^abor bgl. ©aliläa 93b VI ©. 342. an ber 3Beftgrenje ber ebene fmb junäci^ft
einige Drte am Dschebel ed-Dahi ju nennen. 2)er fc^mu^ige Ort Endiir entfprid^t
bem alten ©nbor 3of 17, 11; ^f 83, 11 unb bejonberg 1 ©a 28, 7. aBeftlid^er liegt
ba^ elenbe 2)orf 9lein, ba« bem Dkin be« 31Z 2c 7, Uff. gleic^iufc|cn ift. 3ln bem
fübmcftlid^cn gufee be^ Sergej liegt el-Füle (bie S3o^ne), ba^ too^l mit Kyamon (eben* lo
fafl« Sol^ne bcbeutenb) 3"^ 7, 3 gleic^gefe^t iücrben barf. ©üblid^ am Dschebel ed-
Dahi liegt Sülem, ein freunblidie« 2)orf, in bem ©unem 3iof 19, 18; 1 ©a 28, 4;
2 Äg 4, 8, bie ^eimat bcr Slbijag 1 Äg 1, 3 hjiebcr ju ericnnen ift. %\xd) bcr$rot)^et
eiifa ^ielt ft^ ^ier toieber^olt auf 2 Äg 4, 8. ßublic^ ift ein 3l))^ef be« 212 in ber
(Sbene 3. gu fudjicn, nämlic^ baö 1 ©a 29, 1; 1 % 20, 26 unb 2 fig 13, 17 ge^: ib
nannte. ©^ mu^ nac^ 1 ©a 29, 1 nic^t h)eit Don ber ©tabt l^. gelegen ^obcn, nac^
bem 3"ffln^"^^^^fl"9^ ^^^ 1 % 20, 23 ff. an ber (Sbcne 3- ^^^^ cttoa in ber Äüften-
ebene (togl. 3i»>f^^"^ Antiq. VII 14,4). 2lffarl;abbon erreichte 671 borß^r. mit feinem
.^cere i)on 3lj)^ef an^ in fünfje^n 2;agen 9tai)^ia an ber äg^jjtifc^en ®renje (©d^raber,
Älcilinfd^r. unb 312:*, 204); eü lag alfo an ber ©trofee. Die burd^ bic gbene nac^ ägVJ)ten 20
fü(;rte. 3" ^^J" Onomasticon bc« (gufcbiuö (226. 97) h)irb c^ in bie 9Jäl;e bon ßnbor
gefegt. Iicr Tlönö^ 93ur(i^arb (1283) toill feine Sluincn tocftlic^ bon el-Füle gefe^en
l^abcn.
3. ßin Ort in ^uba, bcr 3of 15, 56 neben ^uüa genannt toirb (bgl. 1 6^r 4, 3).
er Wax bie öeimat ber äbinoam, be« SKeibe« SDabib« 1 ©a 25, 43 ; 27, 3 ; 30, 5 2c. 25
3>cr ^Jtame beutet auf eine bcfonbcrg frud^tbare ®egenb l^in, unb be^^alb fönnte man
an ben n)afferreid;cn Wädi ed-Dilbe norbhjcftlic^ bon Jutta beulen, ber felbft im DU
tober noc^ toon einem SSac^c betoäffert toirb. — 4. ©ol^n be^ ^rop^eten $ofea §0 1, 4.
3ffu S^rifli bretfac^cd Amt. — fieppc, a)ogmatif bcS beutf(6cn ^rotcftantigmuS im so
16. 3ot)rf)., ®otl)a 1857, «MI, p. 209 ff., 222 ff.; ?J. ©(^iDcijcr, S)le ©laubcngle^irc bcr
cuaug. ref. Äirdic SBb II. 3»i^»t^ 18^7; ^cppe, ^ic 3)ogmatit bcr ctoang. ref. Älfird^c, dlbcr^
fclb 18G1; ^. Sdjmib, 3)ie ©ogmolil ber euang. lutt). ftirdic, 6. ^ufl., jjranffurt 1876;
^^l. ÄVQU^, ^a^ ^iittlcrwer! tin^ bem 8d)cmQ beS munus triplex; ^b'^i) 1872, p. .595ff. ;
m\W, JWecfttfertigung unb »erfö^nung, 3. «ufl. I p.520fF., III p. 394 ff. Unter ben neueren 86
^arftellunaen ber 3)üpmQtit ugl. befonber« ©tj^lcicrmadjer, SiiiMtÖf ©brarb unb 3- ^- 3)omcr.
Kriiesti, de officio Christi triplici, Opusc. theol., Lips. 1773 p. 411 ff.; F. W. Dresde,
observationea in triplicem di\isionem mimeris servatoris Dostri, Witteb. 1778; B. F.
Quistorp, de triplici Christi officio, Gryph. 1784.
3Son jclj^cr ^at baö cf^riftlidic 9Jac^benfen S^f"^ ^l^ t>^" Irägcr eine^ bü})t)clten unb 40
bod^ einbeitlic^cn t^eofratifc^ien 2lmte« crlannt, be^ Äönigtum^ unb be^ ^rieftertum^. 2)afe
3efu« ber ß^riftu« fei, bilbct ben ^n^olt be^ ®runbbelenntniffe«, bafe aber biefer 51Kcfftad
fein geiftlic^e^ Äönigtum burd^ ba^ D))fer feinet fieben^ begrünbc, giebt bie auf feine
tl^atfäc^lic^e örfc^einung gegrünbete erfa^rung an bie ^anbfäWt 16, 16— 25; 20,25—28).
2)ic ^IJarabogic be^ ®lauben^ an einen Ägiaiog iotavgco/nevog (1 5to 1,23; 2,2. 8), 45
tüclrf^er ^ugleic^ ber äötoz ani ^\xt>a unb ba^ gcfd^lac^tetc Üamm ift (3lp! 5, 5 f. 12, bgl.
aud^ 30 1,29—34), finbet in biefer ^omt einen anfc^aulic^en Sludbrucl. 3)en 2:eftamcntcn
ber }fvöl\ Patriarchen ift bie SSorftcllung geläufig, bafe bcr SBcltcrföfer auö Sebi unb 3;uba
ungleich entftamme (Test. Sim. 7 : ävaoxnaei Kvgiog ix xov Aevi (bg ägxieQea, xai
ix Tov 'lovöa (hg ßaadm, Qebv xai ävbQwnov. Test. Jos. 19. Test. Gad 8. Lev. 2. 60
MSG II p. 1052 etc.). "^n faft ununterbrod^ener Steige läjt fic^ biefe Xrabition eine^
2)o})})elamteig ßl^rifti bom 2. ^ö^r^unbert big jur Slcformationd^cit berfolgen, jutoeilen
mit einer zufälligen ^He anberer Sexeic^nungen tocrbunbcn, meift aber flar bod Königtum
unb ^rieftertum al« bie umfaffenbe Sefd^reibung bc^ ß^riftu^ ^erau^^cbenb , in hjcld^em
nic^t blog Datoib unb ©alomo, fonbem auc^ äaron feine 2Ba^r^cit unb Sottenbung gc^ 65
funben (^uftin, dial. c. Tryph. 34. 86. MSG 6 p. 548, 681 ; at^anaf. or. I contra
Arian. MSG 26 p. 109; Sactantiu«, div. inst. IV, 7 MSL6p.464; 2luguftin, Enarr.
in Ps.26 Nr. 2; in Ps. 149; inepist. Joh. tract.3. MSL 36 p. 199; 37 p. 1952;
35 p. 200O; ^rofjjcr ätquit., IIb. sent. 346 MSL 51 p. 482; älcuin, interpr. nom.
hebr., de div. off. MSL 100 p. 728; 101 p. 1253; ^^Jetruö iJomb., collect, ad ^Ro 1 co
734 3^tt S^riflt breifac^ed Umt
MSL 191 p. 1304). »ei ©ufcbiu« bist. eccl. I, 3 cf. evang. dem. IV, 17 begegnet
eine t^^ologifd^c Ableitung be^ 2)ot)t)elamte« an^ bem 5Wamen 3^M (entf}>re<^enb bem
gü^rcr S^fuö) ß^riftu^ (ent^red^cnb bem gefalbten ^rieftet äaron). S)iefe Äonftruftion
h)irb t)on e^ritt, Catech. X, 11 MSG 33 p.i>76 Iinb SRufin, Comm. in symb. 6
oMSL 21 p. 345 fortge})flanjt. ©ie fd&eint in ältere ßeiten ^inaufgureic^en. S)enn ben
grrtum, ben ßj^riftu^titel enger mit ber J)riefterlic^en, ate mit ber föniglid^en Salbung
gu Derbinben, begebt fd^on JertuHian, adv. Marc. III, 7 (in ipso nominis sacra-
mento sacerdos Christus delineatur. cf. G^riß, Catech. X, 4. 11. 14. XI, 1:
Xq. xahTxai diä ro kgareveiv). daneben aber ^at be« ©ufebiu« ^iftorifi^ ginn,
10 toeldier bie alt^ nnb neuteftamentlic^e Offenbarung gujammcnjufnü]pfen untemal^m, in eine
realere j^eifegefc^ic^tlid^e Betrachtung jurüdgelenft, in beren Verfolg er ß^rifto ein brei=
fac^e« 2lmt jujd^reibt. Evang. dem. IV, 15; VIII prooem. unb banac^ (hist. I, 2
©d^lufe MSG 20 p. 67 B) in fnaj3>)ercr gorm hist. eccl. 1, 3 toirb au^efül^rt, bafe 6 juovog
xal ähi9riQ Ägioxog, Don lüeld^em 3cf 61, 1 unb 5Pf 45, 8 gilt, bie gtifle be« ©eiftc«
15 befi^e, um alle anliegen bc^ SSolfe« ®ottc^ in feiner ^erfon ju erfüllen. S)iefeö toefen^
l^aften ©efalbten borläufige abbilbcr (in ©rtüeiterung be« ©ebanlen« Sj 26, 30 cf. §br
8, 5) finb bie altteftamentlic^en gejalbten SUmt^träger: ^ßriefter, 5ßro))l(^en unb ilöntge.
3)ie auötoal^l grabe biefer tl^eofeatifd^en ämter toirb nid^t ate eine toitlfürßd^e gelten
bürfen: fie ftanb, \ok fte ftc^ au^ ber altteftamentlid^en ©ejd^ic^te naturgemäß ergiebt,
20 tool^l W^on ber jübifd^en Irabition feft. SBenigften^ be^eid^net 3ofe})l[;u« (bell. jud. I,
2, 8) ^Regierung, ipo^e})rieftertum unb $rot)^etenh)ürbe, tpelc^e ^o^önne« §^rIonu« in fu^
bereinigte, afe rd rgia xgariarevovTa. Unb ^^ilo (vit. Mos. II, 1 ; III, 1. 23) tyti
bie Seiftungen be^ TEXeiörarog fjye^wv fel^r ä^nlic^ unter ben toier liteln be^ Äönig^,
®efe|geber!g, §ol^ent)riefterS unb ^JÄroj)l^eten befd^rieben, beren jtoeiter leidet unter bem erften
26 ober aud^ legten mitbegriffen toerben fann. 3"^^ff^ bermodjte ba« triplex munus bie
feftgetourjelte 2^rabition t)om bot)j)elten 2lmte nic^t ju Derbrängen, toenn ouc^ bie
entf^)rec^enben S5ejeid(inungcn ß^rifti t)ereinjelt ftetg gebrandet tourben (jiemlid^ nal^e an^
einanber gerüdft fd^on 3Kart. ^ol^f. 14: ägxieQEvg, 17: ßaodevg xal diddoxaXog).
9Jac^bem toir im 5. 3^'^'^^""^^^ ^^^^ Dereinjelten 9Jad^flang ber boHen eufebianif^^en
80 1^t)ologie bei ^JJetru^ ß^r^fologu« (Sermo 59. MSL 52 p. 363) bernommen, fommt
unter ben mittelalterlichen Ideologen nur XFioma^ Slquina« Summ. III, 22, 1 bem
(Sntlüurfe be^ ßufebiu« naf^c, ol^ne il^n jebod^ ju erreid^en: Alii bomines particulatlm
babent quasdam gratias: sed Christus tanquam omnium caput habet per-
fectionem omnium gratiarum (cf. Aug. de trinit. XV, 46). Et ideo quantum
:r» ad alios pentinet, alius est legislator, et alius sacerdos, et alius rex : sed haec
omnia concurrunt in Christo tanquam in fönte omnium gratiarum. SBottte
man hierbei auc^ überfeinen, bafe im ©inne be^ I^oma« bie j)roj)^etifc^e Qualität ß^ifti
nad^ 2)efinition unb Jvftematifc^cr ©teKung (unter ben gratiae Christi atö singularis
bomo, nid^t ate caput ecclesiae, III, 7, 8) fic^ feine^toegö mit ber legielatorifd^en
4obedft ober aud^ nur berührt, fo ift bod^ jebenfallg bie ^iftorifd^=mefftanifd^e 2lnlnüj)fung,
toeld^e bem eufebianifc^en ©ebanfen feinen SBert t)erleil^t, tjerloren gegangen. 3)a« brei^
teilige ©d^ema bleibt jubem unbenü^t liegen. S)ag ®anje fällt mit SRec^t unter Golöin^
Urteil (Inst. II, 15, 1), meld^er bon ben brei Slmt^titeln fagt: et in papatu quoque
pronuntiantur, sed frigide, nee magno cum fructu.
4.-. 2(ud^ bie ebangelifc^c 2e^rh)eifc folgte junäd^ft ber Irabition bom munus duplex :
Sut^er, ^ei^eit eine« 6^r. 14. (S3l 27 p. 184 cf. Äird^en})oft. 6« 10' p. 89. 3Bie
ferne für Sut^er ber ©ebanfe an ba« ^)ro))betifd^e ate ein britteS 2lmt lag, jeigt feine
(überfommene) 3)eutung ber ®aben an ba« 3^"^Ki^t> (®3l 10* p. 471): mit ®otb unb
Süei^raud^i befennen fi^ bie SJJagier ju G^riftu^, alö Äönig unb ^riefter, bie 3Wvrrl^^
wbebeuten, „bag er fei.geftorben unb begraben". 3(ltere et)angelifd^e Äated^i^men regiftricren
ebenfalls nur gtoei Slmter (Seo 3"^^ Rated^i^men 1534 unb 1535 fie^e Gooszen,
de Heidelbergsche Catechismus, Seiben 1890 p. 53f. S^xA^ II; 33renj, ^agftücf
be« d^r. ©lauben^ 1527 II, 2 fie^e ^artmann, ältefte fatec^etifd^e 3)enfmale, Stuttgart
1844; fad^lic^ aud^ 2utl;er, Cat. min. II. 2). ©rft ßalbin, ber in ben früf^eren äu«=
66 gaben ber Institutio (I^rifto nod) ba^ geläufige 3)o^j)clamt jufd^reibt (1536 II; 1539
IV ed. 5Heu6 93b I p. 69; 515), ^at feit 1545 (Cat. Genev. I ; Inst. VII, 5. 35b I
p. 515. VI p. 20ff.) ba« ^)roj)^etifrf)e 9lmt an britter ©teile hinzugefügt. 3n ber
legten, fbftematifd^ abgerunbeten ©eftalt Jeine« Sel^rbud^e« bom gal^re 1559 bietet er bann
(II, 15) jenen gnth)urf ber Seigre bon G^rifti 3i>ert, locld^er gur ®runblage für bie 33e-
60 l;anblung biefe^ Se^rftüdfe^ in ber reformierten unb aföbalb au^ in ber lut^erifd^en 2^eo-
^cftt e^ifti breifac^fi» Kmt 735
logic 0ch)orben ift. ßatmn bleibt nid;t bei bem al({jemcinen ©cbanfen ftc^en, bafe bie
©cifte^falbung bem Präger beg me^rfad^en älmte^ bie gütte ber Äraft berliel^en ^abe,
fonbem er finbet gugleic^ bie fonirete ^eil^efd^id^Üid^e 2lnfnü))fun0. 2)er „®efalbte" ift
bcr t^eotratifd;e Stönx^ (II, 15,2). Etsi autem fateor peculiari regni intuitu et
ratione dictum fuisse Messiam, prophetica tarnen et sacerdotalis unctio gradum 5
suum obtinent, neque sunt a nobis negligendae. 3)er meffmnifc^e ß^arofier 3efu
h)irb gerabe baran erprobt, baf; er ber borläufigen unb fttidtoeifen SSefrtebigung ber ein-
zelnen anliegen be^ Sollet ®otte^ ein 6nbe mad^t: ut in Christo reperiat fides so-
lidam salutis materiam, atque ita in ipso acquiescat, statuendum hoc prin-
cipium est, tribus partibus constare quod ei iniunctum a patre munus fuit. 10
Site ^^rot)l^et bringt ber SKeffia^ plenam intelligentiae lucem unb toirb fomit om-
nium revelationum plenitudo et clausula. 2lte König eine^ geiftlic^en unb etüigen
ateid^e^ bringt er ben Seinen nici^t blo^ öu^ere unb bergänglid^e §ilfe, fonbem ruftet
fic Dor ollem mit ben ®ütem für hai eloige Seben au« unb toej^rt alle ^nbe ab, fo
bafe er für fein SSolf atö §irte, für bie ^einbe ate Slid^ter erfc^eint. 9lte ^riefter bers 15
fd^afft ß^riftuö ben ©einen burc^ ©ü^ne unb gegentuärtige Vertretung, bafe ®ott nid^t ate
Slid^ter, fonbern afö gnäbiger SBater mit il^nen ^anbelt. S)a« breifad^e ämt ß^rifti, toel^
c^eö un« aUeg .§eil in feiner ^erfon finben lä^t (cf. aud^ II, 16, 19) {(^liefet ben Srfo^
ober bie ©rgän^ung burd^ entf^re^enbc menfc^lic^e gunftionen au« ; e« ift felbft bie ftetig
h)irfenbe Urfac^e für bie proJ)^etif(|e, f^egreic^ föntglic^e unb l^ingebenb ^)riefterlid^e §als 20
tung feiner ©emeinbe. 3)enn 6^riftui8 lourbe nid^t für fic^ allein S^räger be« ®eifte«,
fonbem für bie ®lieber feine« Seibe«, toelc^e be«^alb mit "Sitd^t g^riften Reifem. 3)tefe
Sc^rtoeife ift ein fe^r' geeigneter 2lu«brud für bie Don Satoin ftet« betonte SBabr^eit, ba^
bie ®emeinfd(iaft ®otte« nic^t in irgenb einem ifoliertm SBerfe S^rifti ober auc? in feiner
bloßen SJatur, fonbem in feiner lebenbigm 5Perfon unb in ber 2eben«gemeinfd^aft mit 25
berfelben gefunben h)erbe (II, G, 1 : in filii sui unigeniti persona redemptor ap-
paret Deus; 6, 4: Christus Invisibilis Del imago cf. I, 2, 1 : in Christi facie
redemptor apparet, unb ju ^0 10,30; 14,9. III, 1). 6« forbert bal^er Sead^tung,
ba^ ßalDin bie brei älmter bor ber Sinjelau^fü^mng ber continui progressus be«
(5rlöfung«h)erfeö (II, 16) mtfaltet, alfo mit Sexie^ung auf bie ganje ^erfon be« Srlöfer«, ao
fo ba^ bie jeitlid^e Segrmjung irgenb eine« 3lmte« auf eine beftimmte Seiftung ß^rifti
bem ©eiftc biefe« 6nth)urf« burd^au« h)iberft)re(^en toürbe.
Der ^eibelberger fiatec^i«mu«, h)eld(ier in gr. 31 u. 32 ßalbin« ®eban!en eine ab^
gemnbete §orm gegeben f^at, tmg fc^on burc^ bm Umftanb, baf; er aud^ al« ®mnblage
bogmatifc^er Sorlefungcn gebraucht h)urbe, tocfentlic^ baju bei, ba« breifac^e Slmt ßl^rifti 35
ber reformierten 2:^eologie geläufig m mad^en ($etr. 5Kart^r, loc. comm. II, 17, 11;
^i«cator, Aphorismi p. 55 ff.; Äedcermann, systema theologiae, opp. Genev. 1614,
53b II, 3ln^. p. 66 ff.; ^olanu«, syntagma theol. VI, 29; «mefui«, medulla I, 19;
ailfteb, triumphus bibl. p. 331 ff. ; Sa^oKeb, comp, theol. 17 ff.; SBenbelin, Christ,
theologia XVII, 3 ff.; (Soccejju«, aphor. prol. XXI, 1. 2 u. Explic. Cat. Heid. 31; 40
Surmann, Synopsis theol. V, 12 ff.; Se^bedter, de veritate rel. ref. IV, 9,3; §ei=
begger, corp. theol. Christ. XIX, 27 ff.), ijnbeffm lann man nid^t fagen, bafe bie
Drt^obojie ben 3j"i^"ti<>"cn be« 2Reifter« überall geredet getnorbm toäre. ^vb^m man
anfing, md)t blo| ben SoHge^alt ber meffwnifd^m $erfon nad^ brei ®eftd^t«t)unften toers
ftänblic^ 5u machen, fonbem ba« ^iftorifc^ entmidelte ^eitötuert gerabeju nad^ bem brei« 46
teiligen ©d^ema j^u biäjjonieren, entging man nid^t leidet bem ÜRifeberftänbni«, al« fei
G^riftu« juerft ^rop^et, bann ^riefter unb enblic^ Jti)nig geioorben, toomit natürlich ber
fflert ber gangen ^ormel auf bie ©tufe einer erbaulichen S)eIoration ^erabfintt (j. 33.
Jedermann III, 3, 7. 8 cf. 5 : in Christi officio duo status destinguendi sunt,
unus humiliationis, alter exaltationis et gloriae. Ad statum humiliationis per- so
tinet praecipue officium sacerdotale, . . ad exaltationis vero statum officium
regium referendum est, . . . etsi [Christus] in statu humiliationis aliquot
regiae suae dignitatis et potestatis specimina ediderit). äSei ^neinanberorbeitung ber
Simter unb ber ©tänbe (S^rifti bermag nur bie entfc^iebenfte f^ftematifd(ie Äonfequenj einer
Serftümmelung ber mittlerifc^en gunitionm Dorjubeugen. ^nhtm bie meiften SDogmatifer 66
auf falbem ®cge fte^en blieben, entjogen fie bem irbifc^en 6^riftu« ettua ba« föniglid^e,
bem er^öbtm ba« jjrojj^etifd^e ämt, mad^tm fid^ alfo eine« unbehju^ten SBiberfjjmc^
gegen bie ®runbabfic^t be« ganjen ®ebanfen« fd^ulbig, in ßbrifto bie güUe ber t^eos
fratifd^en ©etnalten. <\u finben. 9Jur Sllfteb unb in gröfjerer Slnlage 2öoUeb tveifm ton-
fequent jebe« ber ^Jlmter in jebem ©tanbc nad^ : al« ber irbifc^e 6|riftu« feine ©emeinbc eo
736 ^ftt e^riftt breifac^ed «mt
ju jammeln begann, ftanb er bereite aU Jtönig ba, unb ber ©rl^öl^te übt noc^ immer
fein })ro})^etifrf)e^ Slmt burd; bie ^rebigl feiner I)iener. 3Benbelin fyit in feiner fcl(>ema-
tifdicn iafel fotool^I bie gunftionen aU bie ©tänbe unter bem Xitel be^ officium Christi
befafet, burc^ toeld^eö nun jugleid^ ein Säng^fd^nitt unb ein Cluerfc^nitt erfolgt. 3)lit
5 muftergiltiger Üogif tverben bie brei gunftionen aU species officii Don ben jtoei ©täitbot
ate partes beöjelben unterfc^ieben. Die Slu^fü^rung felbft mad^t ober Don biefer dt-
lenntni^ feinen ©ebrauc^, fonbem fc|t bie breifad^e 3luöfü^rung be« Serufö ß^rifti in eine
^eitlid^c golge (primum, deinde, denique), lüobei ba^ nad) biblifc^en Segriffen boc^
mit ber 5!Jleffianität ibentifc^e Königtum eigentlid^ erft aufeerl^alb ber irbif(t>en ©rfc^^eiitung
10 S^u 9taum finbet (regnum redemptione partum), ©o Verlieren bie fd^ulmä^igen
SDiftinftionen ber Ortl^obo^ie tro| urfjjrünglid^ biblifc^er Segriffe jule^t ben einfad^ften
biblifc^=gefc^ic^tlic^en 2lu^ang^})unft.
I)emgegenübcr pat bei ßocceju^ ber 3ierjid|t auf äufeerlic^e ©d^ematifterung unb bie
5tüdfte^r jum lebenbigen biblifd^en ajJaterial neue fruchtbare ®eftd^t«J))unIte eröffnet. Qsk-
15 ceju^ ift im ftanbc, bie ©ad^e Don mel^reren ©eitcn ju betrad^ten. 3)ie ^erfömmlic^
^olge fd^eint i^m ex ordine manifestationis infofem bered^tigt, ald S^rifti SBürben
jipar ni^t in 3BirfIi(^feit, tDO^I aber in ber toad^fenben ©rfenntni« be« Sollet Dorn
^rojj^etentum ^um Königtum aufgeftiegen feien. (Sine fac^lid^e 3lnorbnung mufe jcboc^ ba^
^rieftertum an erfle ©teile fe|en, für toeld^e^ ftc^ ß^riftuö bem Sater bereite in ber
20 Dorjeitlid^en sponsio ^ur Serfügung geftellt f;at ; bann folgt löniglic^e^ unb ^)ro))^ctifd^e^
2lmt. Hie ordo sie patet. Primum est, quo acquiritur populus; secundum,
quo habetur acquisitus; tertium, quo ad cognitionem et amorem regis per-
ducitur. S)iefe bopjjclte Setrad^tung n)tirbe einen organifc^en iJhb gleid^jeitigcn 3^-
fammenfd^Iufe ber XÜmter in ber lebenbigen ^erfon ergeben, auc^ menn ßocccju^ nic^t
25 außbrüdflid^ hinzugefügt ^ätte, bafe bie Übung be^ gefamten SKittlerlrerfe^ bi« anö ©nbe
ber läge toä^ren tvirb. 3"^^ Sertiefung be^ ort^obojen ©c^ulbetriebei^ l^aben biefe @e=
banlen beö Gocceju^ faum beigetragen : Surmann, U)elc^er fonft baö coccejanifd^e unb ort^o-
boje ©^ftem ineinanber gefügt l)at, ift in biefem ^unlte über eine äufjerlic^e älbbition
nid|t ^inau^efommen.
30 2te^nli(| tüie bie reformierte Xl^eologie l^at ber römifd^ie Äatec^i^mu^ I, 8, 5 ß^rifto
bie ©umme ber tl;eofratifd()en 3tmtcr jugefdf^rieben. 2)amit Dereinigt ftc^ ^ier ber au*
guftinif(^=t^omiftif4c ©cbanfc (©. 734, :u) Don ß^riftu^ ate bem ^sn^aber ber plenitudo
gratiaque Spiritus sancti. i^^^^f?^" I^abcn nur Juenige fat^olijc^c X^eologen Don
biefer Sel^rtüeife einen bogmatifd()en ©ebraud^ gemad^t (i. S. ©d^eeben, Äatb. ^ogmotit
an 1882, Sb III, p. 377 ff.; ©utberlet in Sb VII Don .t^einrid^« bogmat. Xl^eologie ISO«
p. 242 ff., nid^t aber Settarmin unb ^crrone).
Ser^ältni^mä^ig am frembartigften blieb bie Se^re Don G^rifti breifad^em Slmtc ber
urfj)rünglid^cn 3lnlage ber lutl^erifc^en Ideologie. S)a^ ^at ^unäd^ft einen formellen (Srunb :
bie ältere lut^erifd^e 2^eologie toar auf eine ^ufammen^ängenbe ©rörterung be^ SBJerfe^
40 ober ber §eil^bebeutung 6l^rifti überl^au})t nid^t eingerid^tet, beja^ alfo geringen änlap,
bie trabierte 2et;re Dom 3)o})})eIamte ju reDibieren ober ju erweitern. ÜRelanc|tl?on l^tte
ber il;m ft;ftematifc^, lüenn auch Dielfac^ nid^t inj^altlidf; folgenbcn ©c^ult^eologie md)t
einen großen unb einheitlichen (Sntmurf binterlaffen, h)ic il^n bie reformierte Drt^obo^ie
Don ßalDin überneF>men fonnte. Sor baö urfjjrünglic^e ©d(iema ber Loci, tüeld^e^ nur für
45 eine Sefct)reibung Deö jubjelttDen Sebenapro^effe^ p(^iK W^^ ^^^ 2Reland^t^on felbft
allerlei objcftiDe t^eologifc^e ßrfenntniffe gelagert. ü)iit älu^nal^me Don §afenreffer ^ben
fid; nun alle 3)ogniatifer bi^ jur TOitte be^ 17. ^J^^^^""^^*^ n)efentlic^ an biefe^ fvfte=
matifc^e 3^it*^^Ö^^i^^c gel^altcn, h)eld()e^ unter bem Xitel ber ^rinität für eine f^jefula-
tiDe Se^re Don ß^rifti '^ierfon, nic^t aber für Jjraltifc^e unb DoUftänbige 3luefagen über
50 ßbrifti äBert 9{aum geioann. 2)aö Serfabrcn Don §utter unb ©erwarb, hjelc^e an bac
trinitarifc^=d^riftologifd^e 2)ogma l^ier (Dor ber Sc^re Dom aJlenfc^en unb ber ©ünbe) noc^
ganj unDerftänblic^e ©ä|c über ß^rifti ©tänbe unb 'Ümter bangen, jeigt nur bie Serlegen^ett,
ein fid^ bod^ al^ nottoenbig auforängcnbe^ SJe^rftüd in biefer gangen fl;ftematijd^en Einlage
unterzubringen. 3f?atürlict) lüeift biefer Iljatbeftanb ber gönn auf eine (Sigentümlic^!eit
55 be^ ^^n^alt^ gurüd : ba^ alleinige ^ntereffe für ben inbiDibueHen ßmjjfang ber Slec^tfer-
tigung lenfte Don einer allfeitigen ob]ettiDen Seh:ac^tung S^rifti unb feiner ®aben ab unb
begnügte fiel) mit ber im 3"f^n^J"^"^ö"9^ '^^^ SRed^tfertigung^lebre furg abge^anbelten (Sr^
fenntni^, ba^ 6l?rifti iJeiben unfere ©<f)ulb getilgt. Scbiente man fic^ nun ber gomiel
Don einem boppelten älmte ß^rifti, fo ging bie S^enbeng Weniger ba^in, neben bem
c» *!j5rieftertum aud; nod; ba^ Königtum au^^ufagen, afä Dielmel^r ba^ löniglic^e Slmt auf ba^
;^it &tx'4i bretfai^ei» Stnti 73?
j)rieftcrlt(i^e ju rcbujiercn. 5KeIan(i^tl^on^ Loci (CR XXI, 519, 920) bringen bor bcr
Se^rc Don ber lotcnauferfte^ung einen älbfc^nitt de regno Christi, toel^er offenbor
nur ba^ f^toörnterifd^e 3)ii^t>erftänbnid üon bem irbtfc^en l^arofter bed ©ottedreid^ed be^
feitigen fou: Evangelium clare docet reguum Christi esse spirituale, hoc est,
Christum sedere ad dextram patris et interpellare pro nobis et dare remis- 6
sionem peccatorum et Spiritum sanctum ecclesiae. 2)anad^ h)ürbe 6^riftu^ feine
^errfc^aft toefentlic^ burc^ {)riefterUc^e ^untttonen ausüben, ^ie gleid^e Stimmung toaltet
nod^ bei ipe^^u«, §auj)tarti!el d^riftlid^er fiel^e 1584 p. 635 ff., toelc^fer jufammenfoffenb,
„Dom geiftli^^en 9leic^ unb etoigen ^rieftertum ßi^rifti" rebet (p. 777) unb bie gunitionen
be« Äönigg (p. 691 ff.; er errettet bom ßorne ®otte«, bemjlu^ be« ®efe^eg, ber ©ünben« lo
fc^ulb, bem Xeufel unb ber 2:obe«fur(i^t unb fc^enft ©eligfeit unb Rieben) unb be«
^riefter^ (p. 751: Serfölj^nung, SHeinigung, ®abe ber ©ered^twteit bor ®ott u. f. h).)
berartig bcfd^reibt, ba^ ein Unterfd^ieb nid^t ju entbeien ift. S« leuchtet ein, bafe mit
biefem S^t^^^^f^ ber Konzentration ber ®nth)urf be^ munus duplex (fo §eerbranb.
Comp, theol. 1573 p. 376 ff.; ©trigel, loci theol. Sblll: 1585 p. 286, too ein i6
ämt lebiglic^ ofö bie Kel^rfeite be^ anbem erfd^elnt: ßi^riftu« afe^riefter befreit un« Don
®ottc5 Qoxn, ate Äönig fd^^enlt er xm^ baftir bie ®ere(^tigfeit u. f. h).; §utter. Com-
pend. III, 35 ff.) ftc^ Diel beffer Dertrögt (cf. ©. 733,42), ol« eine ou^gebe^ntere gä^Iung.
2)a^ munus triplex, urfj)rüngUc^ im grobe entgegengefeftten Si^t^^ff^ fonftruiert, brong
iWax aföbalb ouc^ in bie lut^erifd^e Dogmatil ein, ober man fte^t bei feinen erften SSer» 20
tretem, bof; ein toeitere« SCmt ftd^ nur toiberftrebenb Don ber bi^^erigen ©infoip^eit ob«
löft. ©einerfer (Paedagogia Christ. 1566, II, 2, 3; Instit. christ. 1579, I p. 97.
II p. 223. III p. 254) fc^eint bie ertoeiterte gormel juerft gebraucht ju fyibtn, 3:ro|bem
bilbet bie au^fill^rUc^e 2)arlegung über bod $rieftertum bo^ bel^errfd^enbe $au)>tftüa, )u
tt)cld^m fid^ bie beiben onberen ^mter nur toie Einleitung unb ©djjluf; Derlj^olten. S)em 26
pxopf)tt\\i)m 9(mte föQt bobei !aum ein ^n^olt ou^ S^rifti irbifc^em Seben ju; ed tuirb
mit ben oltteftomentüd^en SBäei^fagungen unb ber gegentoärtigen ^rebigt ou^efüttt, toeld^c
auf bie $erfö^nung«t^at Dor^ unb jurüdbeuten. S)ie Sc^re, mit toeld^er 3efu^ feine
Sünger fammelte, gei]>ört ^um t)riefterlic^en 2lmte. Ob bie Se^rtl^igleit nun ofe ein be«
fonbered 9(mt fonftituiert h)irb ober nid^t (®erl(iarb, Exegesis sive uberior explicatio so
IV, 321: officium triplex revocari potest ad duo membra; sacerdotis enim
est . . . etiam docere. Duenftebt, theologia didact. III, 3, 2: a plerisque tamen
retinetur tripartita distinctio), tt)irb fo longe jiemlid^ gleid^ilti^ bleiben, old bie lon^
gentrierenbc Senben^ nod^ Dorl^crrfc^t. ©0 ^ot §emming (ßnd^iribwn 1581 p. 242) tro|
be^ breifad^en ämte« unb beö regnum triplex au^brüdflid^ nur auf 6l(^rifti 2BirIen im 86
regnum gratiae Stüdfic^t genommen, qui suo regali sacerdotio et doctrina suis
salutem acquisivit. S)ie gleiche 3wfammenfoffung auf einen ^unlt DoH^iel^t noc^ 5WiI.
ipunniu^ (epitome credendorum 1625) in fe^ origineller 2Beife, inbem er bie Äeife
befc^affung burc^ ß^rifti Dj)fer ol« i)riefterlid^e^, ben Vortrag ber Se^ren Don ber Siedet*
fertigung unb $eil^neignung ol^ pxop^tix^d)^ 9lmt ß^rifti obl^anbelt, bem lönigliAen 10
aimte ober too^l ote bem umfoffenben feinen befonberen 2lbfd^nitt toibmet S'^Ä^if^^"
toarcn aber fc^on §afenreffer (Loci 1601 p. 160 ff.) unb mit Doller 3)eutli(^Ieit ®er^rb
(a. 0. D. unb Loci de pers. et off. Chr. 187 ff.) auf ben eufebionifd^scolDinifd^en ®e»
banlen Don ben brei partes officii Christi (©. 735, 10) obgelenlt. S)iefe 2Benbung toirb
bei ®er^arb nic^t blo| burd^ ben SluÄrudf, fonbem au4 boburd^ feftgeftellt, bofe er gong 45
toie bie reformierten 2)ogmatifer ben Setoeie bofür antritt, ba| nur bie ©umme ber brei
ämter bie güHe ber SBo^ltl^aten ß^rifti für unfere Sebürftigfeit barbietet, ^m rinjelnen
erfc^eint bemerlen^toert, ba^ ©erl^rb für ba« löniglid^e älmt burd^ Übertoeifung be«
regnum potentiae ein llore« ©t)ejifilum finbet. äte enbtid^ feit ÜRitte be^ 17. 3a^r*
l^^unbert^ bo^ alte metand^t^onifd^e @(^ema ber ^ogmoti! einer obieltiD^l^iftorifd^en Stm so
orbnung be^ ©toffeg toxi), entftonb SRaum für eine jufammen^ängenbe 3)arftellung
be« 3Bcrfe^ ß^ifti, bie nun regelmäßig nad^ bem breifod^en 2lmte bi«t)oniert tourbe
(GaloD, Systema VII, 4; Duenftebt, Theologia didact. 111, 3,2; 93oier, Com-
pend. III, 2,3; Jtönig, theologia positiya § 202 ff.; ^oDog, Examen theolog.
III, 1 cp. 3,71, l^icr mit einer legten ©rinnerung an ben au^ongd))unlt : si of- 55
ficium Christi mediatorium strictiori sumetur sensu, cum officio ipsius sa-
cerdotali videtur coincidere). Die bei ber reformierten Drt^obojie notierten Unflors«
l^eiten jeigten fic^ bobei umfome^ ofö bie bem lut^ifd^en ®eifte urf))rünglid^ frembe
gomtel me^r h)ie ein öufjere^ Slegiftertoerf übernommen, ote in il;ren inneren Irieben
Derorbettet tDurbe. «0
maumritlopmt m Geologie unb Stit^t, 3. «. VIII. 47
3)ic Rutil, tt)el(^c (Srncfti 1778 an ber l^errfd^enb gelDorbenen SeJ^rtDrifc übte, tcam
al^ eine SVeaftion be^ genuin lutberifd^en @mt)finbend t)etflanben toerben. Smefli begreift
nid^t, toe^l^alb bie Hare unb l^inreic^enbe Sejeici^nunö be« 5B3erfe« 6^ri|K al3 satisfactio butdSf
bilblid^e SBenbungen bcrbimlelt Serben foHe. ßwbem feien bie t>erfc^iebenen äJlmter ntc^
6 gegen einanber abgegrenzt. S)er ÜReffta« fei gu aWofe« geit al« ein ^xopf^tt, in ber
^önig$}eit al^ ein ^5nig ertuartet tüorben, ol^ne ba| ber ^nl^t ber SorfteQung ge^
h)e(^felt ^abe. @^ greife aUed in einanber, tuorau^ bie Sntbe^rlid^feit me^rfoc^er Xüel
folge, ^n Vertiefter Oeftalt begegnen bie gleid^en SluöfteBungen bei gran! (@^fi. b. c^.
2Ba^rl^. 3. »ufl. 1894, II p. 208 ff.; ä^nlic^ Äübel, c^. gel^rf^em p.255f.): „too^renb
10 burd^ bie 9?ebeneinanberfteIIung ber brei Smter e^ ben ©(i^ein gewinnt, ol« feien fte brti
gleid^toertige ©tücfe eine« pe in fic^ befaffenben ®anjen, eben be« officium Christi, fo
jeigt fid^ Bei naiverer Setrat^tung, ba^ h>eber bo« jjro^jj^etifd^e nod^ ba« föniglic^ Amt mit
oem jJriefterlid^en auf gleid^er Sinie fte^t, fonbem ba^ beibe auf le|tere«, ober t)ielme^
nur auf bie barunter befd^Ioffene ©ü^nung, fo ober anDerd ^in^ unb jurücftoeifen, biefelbe
16 aU boQbrac^te ober gu boÜbringenbe Doraudfe^en'^ 3(n eine Srgönjung ber fatt^fat^
torifd^en Seiftung in ß^rifti ®erf bürfe über^auj)t nic^t gebac^t toerben. Sttoa^ fremb»
artige Seflanbteile bürfte bagegen fd^on ®mefti« Schüler mom^ (diss. de Christo de-
mandatum sibi a patre duplex negotium exsequente, Lips. 1785) in feinen
SB3iberf))rud^ gemifc^t l^aben. ®a§ er unb mand^e au^eft)rod^ene Stationaliften bad fonig»
20 lid^e älmt al^ eine befonbere ^nttion befeitigen, h)eil §efu mefftanifc^-föniglic^ ©teOung
burd^ Dj)fer unb Se^re aufgefüllt toerbe, entf})ric^t itoar einem alten lut^erifd^en @ebanten,
jugteid^ aber ber behjufjten ober unbetou^ten Slbneigung gegen eine über tnbij)ibudls
geiftige SQSirlungen l^inau^reifenbe h)a^r^aft gefd^ic^tlic^e unb loemifd^e 9lealitat be^
Sleid^e« ßi^rifti. ^n bie gleid^e Kategorie bürfte SRitfd^te Äriti! bed munus triplex ge«
25 ^ören : ?Jirieftertum unb $ro})^etentum ß^rifti laffen fid^ nid^t auf einanber rebugieren,
fonbem bejeid^nen h)irflid^ ein boj)t)eIte« §anbeln, einmal in ber 5li(^ng t>on ben
5Kenf(^en auf ®ott, unb umgefe^rt in ber SRic^tung bon (Sott auf bie aJlenfdj^en. 2)as
gegen bleiben für ba^ Königtum feine gejonberten gunftionen, fonbem bie beiben anberen
Ifemtcr müffm bm ©toff be«;felbm boHftänbig liefem. ©J)iegelt ftd^ nic^t in bieferÄritü
80 ber ^erfömmlit^m Se^rtoeife ber (Smnbgebanfe be« ©toftem« toiber, toeldf^er bie ^errf^oft
(Sottet ftreng genommm auf ba« ®ebiet geiftiger SBirfungm befc^ränlt unb auf eine tom
fequente Slnjjaffung ber G^rifti föniglid^em ^Regiment unterfteDtcn SRatur an ben ®etfk
tjerjid^tet'^ 3ßäre bicfe Vermutung rid;tig, fo toürbe ber inl^altlid^e, nid^t Mofe fdj^ema*
tifae SBert ber 5>^i^"irf ^^^ munus triplex für bie ßrlenntnid ß^rifti unb ber gefomten
86 Dffenbamng inbireft erliefen fein.
6^ bürfte ba^er fein gute« 3led(|t befi^en, baf; bie übertoiegenbeSBel^a^I ber neueren
3)ogmatiIer ba« trabitioneHe ©c^ema feftl^ält. ©c^Ieiermac^er ging in biefer Jtid^tung
boran, inbem er (ß^r. ®Iaube § 102) bm too^Igelungenm Slad^Wei« untemo^m, ba^ bie
brei aiemter in i^em unlö^lid^m 3wf^"^"i^"WIw| t^^" ß^arafter ber burd^ ß^riftuÄ uofls
4obrad^tm ßrtöfung DoUftänbig befd^eioen: ©tiftung einer ®Iaubm^emeinf4Kift, in h>el(^
ba« einzelne ®tieb in j)erfönlid^sbeh)ufeter religiöfer ©erül^mng mit ®ott fte^t. Sei Äu^
fd^tu^ be« t)ro^)^etifc^en Slmte« toürbe baö flare Setoufetfein be« ®Iäubigen einer magifc^
^eitet)ermittetung h)eid^en. O^ne ba« löniglic^e Slmt toürbe bie Sejiel^ung be« fe^iaras
ttftifd(im ®läubigen auf ein ©emeinloefen fel^Im. 3)ie ätbtoefenf^eit beS ^ol^njjriefterHe^
46 3lmte« mblid(i loürbe bie ©tiftung ß^rifti be« religiöjm ©ehalte« beraubm.
3)ie bi^^erige ^iftorifd^e Überfid^t h)ar bereit« barauf angelegt, bie inneren 3:riebe
unb bm SBäert be« ®ebanfm« Dom munus triplex burc^ bie toirfiid^e ßnttoidfelung auf'
äujeigm. Die eigene Grtoägung barf ba^er in Äürje nur ba« ßrgebni« jiel^en. ®ie
iebre tjon ß^rifti brcifac^em SCmte fteHt ben ßrlöfer in anfc^aulid^er Sffieife ate bm ®r»
60 füller aller altteftamentlirf^en 9Bei«fagungen unb bamit aller SebürfniRe be« mmfd^lid^
3Befen« bar. 2öa« ^^xad bon ber §eil«jufunft erwartete, ^atte fid^ me^r unb me^r
in ber Hoffnung auf ben ^Rejfta«, „ben ©efalbtm ®otte«" fd^Iec^t^in, ben S^räger alle«
§eil« für @ottc<^ SSolf, fonjentriert Qo 1, 41 ; 4, 25). 3)enfelbm backte man al« ben
König, toelc^er bie «öerrlid^feit be« bai)ibifd^en SHeid^e« toieber^erftettm foHte. §iefe bo<^
56 ber ti^eofratifd^e König al« ^n^aber ber ijorjüglid^ftm amtlid^en ©albung bon jel^
„®otte« ©efalbter" (1 ©a 2, 10.35; 12, 3. 5; 24, 7. 11; 26, 9. 11 u.|.h).), unb bei ber
Seid^tigfeit, mit tocld^er ber ^jro^^etifd^e Slidf bon einer untooHfommmm ©egmhwrt auf bie
tooKenbcte 3"^w"fi gleitet, tann man in ben 5ßfalmen me^^d^ ^toeifeln, h)0 bie @rmje
gtoifc^en gcfc^idj^tlic^er 3lnfd(iauung unb 2Bei«fagung liegt C^Jf 2,2; 132, 17, fad^li^ bgl.
6oau4 ^f 110; 2 ©a 7, 12 ff.). 3e getoiffer aber 3«racl in feinem SReffia« nid^t eine
I
dcfit e^rifit bretfac^fi» amt 739
btofee S03icberl^olun{j babibifd^er §errfc^aft, fonbern bie %ixÜ^ ber ©abcn (Sottet erh)artet,
um fo bcfttmmter münbcn and) alle übrigen Söei^fagungen in biefe eine flto^e Hoffnung:
ber ^xopi^tt, Der al« 2Roft^ Stad^folger bem ©oUegboIte nie fehlen foD (3)t 18, 15), toirb
fc^Iie^lid^ mit bem 3BeJfta« fo gut toie ibentijd^ (3o 6, 14 f., boc^ aud^ 1,25). ©id^erlid^
befafe Ujeber ba« ä3: nod^ ba^ ft)ätere S^benlum eine bur^au« fefte J)roj)^etifd&e 2:l^0' 6
loflie : um fo me^ Slaum aber blieb, in ber ©eftalt be« üJleffiae alle jerftreuten ßtemente
,u fammeln. Ratten bod^ bereite 9Kofe^ unb 3)abib, an toeld^e biefe gwfunftebilber an^
:nü>)fen, föniöli^e gü^rerfteUung unb ?lJrop^etenh)ürbe toereinigt ($f 77, 21; ä® 2,30).
dlad) ber britten ©eite aber toirb ba« 93ilb be« SKeffia« in 9Sef 53 burd[^ bie äugfagen
über ben leibenben, feine ©eele gum ©c^ulbojjfer toeil^enben (Sotte^fned^t toert)oIIftänbiflt. lo
©ic^erlid^ l^at l^ier ^^xad bie nötige Kombination am toenigften bottjogen, toeil ed ben
9Weffia^ lieber in §errlid^feit ertoortete unb bie tiefften 2lbfid(|ten ®otte« nid^t toerftanb.
"änd) bie ^age mag unerlebigt bleiben, toie toeit im S3eh)ufetfein be« SSerfaffer^ bon
Sef 40—66 ber flnec^t ®otte« fid^ mit bem SKefftod bedft. 2öer in ben altteftamentlid^en
&ei^fagungen ettoa^ mel^r al^ disjecta membra eined rein menjd^Iid^en ipoffnungdbaue^ i6
ertennt unb t)on bem großen 3(^1^^^'^^ ber SSoQenbung au^ ba^ @ime(ne ju orbnen
fud^t, loirb tro^bem nic^t jtoeifeln, baf; nac^ ®otteg 2lbji^t au(^ biefeig ©tüdt ber ®eftalt
be« 3)lejfta« eingefügt toerben mufe. S)er 3:itel „ber Äned^t ®otte«" xat' i^oxnv ftettt
bod^ einen 2tmt^träger toor äugen, loeld^er in unbergleid^lic^er unb jufammenfaffenber
SBeife ®otte« SBerf au^rid^tet (cf. aud^ Baij 3, 8). ©ein 2:räger fliegt bal^er in ber 30
Äonfcquenj notioenbig mit bem nac^ ®otte^ ^erjen regierenben t^eofcattfc^en Äönig ju«
fammen, toelc^er ben gleichen litel fül^rt (j.©. $f 78, 70; 89,4). ebenjo barf baran
erinnert toerben, ba^ bie ^rojji^eten unb cox i^rer ©ipifte 9)iofe« ^äufig (^otted Äned^te
l^eifeen (3)t 34,5; 2lm 3, 7; 9;er 7, 25 u. f. h).). X^atfödSflic^ übt ber beuterojefajanifd^e
®otte«Ined^t neben ber ©ül^ne auc^ t)roj)l^etif(^e (3ef 53, 1 1) unb $errfd^erfunftionen (3ef 25
55, 4). aSöHig geborgen loirb ja fid^ ®otteö SSolf erft füllen fonnen, toenn jeber Äon«
flift ber t^eolratifd^en ämter burd^ bie ®inl^eit au^efd^Ioffen unb in einer einzigen 5Perfon
(§ebr 7, 23 f.) jeglic^ed §eil^ut ju finben fein toirb. Slamentlid^ nad^ ber 2öfüng be^
häufigen l^iftorifc^en flonflilte^ jloifd^en Königtum unb ^rieftertum WKiute man au«
(1 ©a 2,35; ©ad^6, 12f.). Dem 5Priefterfönige nac^ SRelc^ifebet« Sffieife gehörte bieao
Hoffnung ($f 110,4). älHe biefe berfc^iebenen Elemente mußten um fo getoiRer in ber
mejfianifc^en IJbee fu^ mifd(ien, je Harer bie f^)ätere 5ßroJ)l(^etie in ber (Snbgeit ®ott felbfi
ate bem Äönige unb ^irten feine« aSolfe« ju begegnen gebadete (6j 34, 5. 11. 23 ögt.
^f 80, 2) : benn unter bem iitel eine« $irten fd^einen an fic^ mehrere gunftionen be*
griffen, al« unter bemjenigen eine« König« (^o 10 3. 9. 11; 2Ufteb, triumphus bibl. ss
XVII, 4), unb in jebem galle l^ört bie Sefd^ränfung auf irgenb ein begrenzte« ^eil«^
loirfen auf, fobalb man ®ott felbft in« ©})iel bringt. S)iefelbe SBal^r^eit toirb für bie
menfc^li^e ^erfon be« ertoarteten ©rlöfer« baburd^ au«gebrüdft, bafe biefelbe ben ®eift
®otte« in toielgeftaltiger gütte unb al« Kraft umfaffenben erlöfenben I^un« befi^t (^lef
11, 1 f.; 61, 1 f. bgl. 2c 4, 18 ff., Z^ 3, 34). 3)iefe ®eifte«falbung maiji jur SBa^r^eit, 10
loa« bie ©atbung ber Könige (l©alO, 1; 16,3 u. f. to.), ^^Jriefter (6528, 41; Se
4, 3 u. f. to.), bereingelt au(^ ber nic^t eigentlich beamteten, fonbern c^ari«matifc^ frei be^
gabten $rot)^eten (1 Kg 19, 16, Dielleid^t %\ 105,15; boc^ ift „©albung" bie »e»
ftaDung über^aut)t: $r 8, 23) bebeutet (1 30 2, 20. 27). »etennt ftc^ nun bie d^riftlid^e
®emeinbe gu 3icfu« al« bem ß^riftu«, fo f^md^t fie bamit au«, baf; fie in i^m ben Iräger 45
aller ^^ätigfeiten finbet, toeld(^e bem üBolfe ®otte« ba« ^eil fd^affen. 3efu« ift König
(3Kt21, 5; 27, 11. 42; > 1, 50; 18, 37; äpl 17, 14), ^^rot)^et (iRt 21, 11 ; 2c 7, 16;
13, 33 ; a® 3, 22 ; fac^lic^ aud^ 2)lt 7, 29 ; §br 1, 1 f.), ^o^erjjriefter (§br 2, 17 : 3, 1 ;
4,14; 5,10; 6,20; 7,26; 8,1; 9,11, fad&lic^ auc^ 9tö5,ll; 8,34). Unb tn bem
litel be« $irten (9[o 10; §br 13, 20*; 1 ^t2, 25 togl. 5,4) unb fonftigen Kombinationen 60
(gtoiefac^ So 18, 37 ; §br 5, 6; 7, 1 ; 1 ^t 2, 22—25; a»)! 1, 13 ; togl. oben ©. 733, 10);
breifad^ §br 1, 1—3; 21})I 1, 5) toerben feine ämter jufammengefa^.
2öäre nun bie Slntoenbung be« 5!Jleffta«titel« auf S^f"^ ^in 2lr(^ai«mu« ober eine
gleic^iltigc SRfomobation, fo toürben fold(ie K^fammenfteHungen nur ben SBert Don
Spielereien bcft^en. 3ft e« aber SBaf^rl^it, bafe ®otte« toorbereitenbe Dffenbarung für alle 55
ßeiten bie formen fc^uf, in toeld^en feine DöUige ©elbftbarbietung bem menfc^Uc^en Se=
bürfni« naf^e ju lommcn toermag, fo toerben toir folgerecht ben formalen 2Reffta«begriff
burc^ ba« ©d^ema be« breifad^en 2lmte« mit lonfretem '^vifaXi 511 erfüllen ^aben. ®rabe
in biefer unb in feiner anberen Kombination toirb ber toirfli^ crfd^icnene 5Keffia« be*
fc^rieben. ©0 ertoeift fw^ bie gormel al« fc^r braud^bar, ben biblifclien ©toff, toie er eo
47*
no ^tt e^rifti bretfai^ed Ümi
jur tooUftänbiöcn 3)arftenung bcr ^crfon ß^rifti gcl^ört, tn feinem urft)rüngfic^ 3"-
fammen^ange ju orbnen. ^l)x f^[tematifc^er 3öert toirb freiließ etft ou^ bem SRac^toeifc er^
gellen, bafe jur (grfüHung ber meffianifd^en 2;i^ätigfeit nid^t mel^r unb nid^t toeniger aU grabe
bie burd^ fie bejcid^netcn gunfttonen nötig fmb. 3)iefer SRoc^toei« ift in ben i>erfd^iebenPen
6 J^ormen berfud^t toorben {%, S. Se^bedtcr, de veritate rel. ref . IV, 9, 3 : Befreiung öon
ijrrtum, ©c^ulb unb ©ünbe, lob ; ipeibegger, Corp. theol. ehr. XIX, 27 nac^ 1 Ro
1,30: oixpiay dixaioavvrj re xai ayiao/Aog, äjiokvTQcooig ; 5ßl^ilipj)i, Stxxi)l, &lavbcn^
Ic^re IV, 2 ©.3: Scbrcn, ©ü^nen, Seiten), in muftergiltiger f^ftematifc^ Äonfequenj
\)on ©d^teiermac^cr (©. 738,37). ©eine ©ebanten lönnten nur baburdji nod^ eine feftere
10 ©lü|e gewinnen, ba| man fte bon ber Beobachtung ber SßirlRd^Ieit jum ©tjfafjen ber
9?oth)enbigfeit überleitete ; eS toürbe gezeigt toerben muffen, bafe ^m btefer breiglieberige
2;^atbeftanb ber ßrlöfung bem SBefen ber SReligion fö. 5p. ßange, 5ßofttit>e 3)ogmata,
©. 794) ober beffer noc^ bem Sebürfni« ber menfc^Iid^en 5Watur entfjjrid^t (Sbrorb, 6^
Dogmatil § 400; Sö^I, 2)ogm. ©. 361 : „^nltionen, bie jur ©rftiHung be« menfd^Iic^
16 £eben«jh)ede^ erforberlid^ fmb". 3)ie Weitere Slu^fül^rung erfc^eint bei biefen beiben Dog-
matifern jebod^ jiemltc^ tDtllfürlid^). @ine berartige Xenbenj tDol^nt t)iellei(^t bereite ber
32. ^age be« §eib. Äat. inne (bal. auc^ ©. 735, 20), toeld^e bie ®rIöferfunItionen ß^rifti
in bem geben be« ß^riften fic^ fortfe^cn läfjt (togl. au(^ für Königtum unb ^rieflertum
(Se 19,6; 3li)!l,6; 5, 10). 2)en!en Jüir in ber menfc^Iic^en SRatur um ben SRittelpunlt
30 ber religiöfen 9(nlage auf ©ott bie fonjentrifc^en streife ber fittli^fen älu^bilbung bed
t)erfönlid^en SBäefen^ unb be§ glieblid^en Sufammenj^angc« mit ber menfd^Ii(^en ©emeinfd^ft
fotoie b^r umgebenben SSJelt gelagert, fo Würben biefer ©trultur bie mefftanifd^en ^mter
in ber golge ^ßrieftertum, ^ro})l[;etentum, Königtum entf^)re(^en. Sermittelft biefer l^s
tigfeiten befriebigt bie mefftanif^e ^erfon bie anliegen be^ ÜRenfd^entoefen^ of)n^ Über=
26 fd^ufe unb in lücfenlofer SoUftänbigfeit, hjobei nic^t abjufel^en ift, toe^^Ib eine ftrenge
fVftematifc^e Setrad^tung mit Kaftan (2)ogm. § 58) ba^ breifad^e Slmt ß^rifto nid^t al^
bem Offenbarer ®olte«, fonbem nur unter bem ®efid^t^j)unfte feine« menfd^lid^en (Se^or^
fam^ jufd^rciben müjtc. gnthjeber trifft bie gormel auf 6^rifti gefamte perfönlic^e SBirt
famfeit unter allen ®efid^tg^)un!ten ju, ober fte h)äre, lüenn fc^on erbaulid^, fo bod^ jeben
80 %aM fvftematifc^ nid^t bertpenbbar. SBenn anbererfeit« ®ef; (ß^rifti ^erfon u. SBer!
III, ©. 9) bie ^ormel ^u tt)enig umfaffenb finbet, toeit fie jh>ar ß^rifti SBirlen auf bie
2Renfc^en unb auf ®ott, m6)t aber auf fid^ felbft begreife, fo fönnte man ftd^ borauf gurücfs
jic^en, ba^ c^ fid^ eben um 2lmt«h)irffamfeit l^anbett. ©ofem inbeffen ßl^rifti äemter
toon feiner einl^eitli^en jjerfönlid^cn Haltung nid()t gelöft toerben bürfen, unb feine gunfs
36 tionen ben Umfrei^ bei8 menfd^lid^en SBefen^ befc^reiben, Derfud^t man beffer, a\xd^ jebe
Slu^fage über 3«fu perfönlid^e« SSer^alten in bem gegebenen ©d^ema unterjubringen, hw«
auc^ ol^ne ©d^h)ierig!eit gelingen bürfte, toenn man nic^t Jjebantifd^e, me^r auf ba« 8ilb
afe bie baburd^ bejeid^nete ©ad^c gerichtete änforberungen fteHt. S^^^^^fött^ toiegen formelle
©c^tüierigfeitcn in biefer Südffid^t Diel leidster, afe ber bereit« feftjjeftettte S^j^atbeponb,
40 ba^ jebe ©treic^ung innerhalb be« munus triplex bie boHe ßrlöfertoirffamteit berfürjt
(©. 738). 2)ic« gilt nid^t blo« SRifd^tl, fonbern an^ granf gegenüber, toenn auc^ in
minberer ©d^ärfe. 93efd[;ränltc man cmftl^aft ß^rifti irbifd^e« äöirfen auf bie S5efd[K>ffung
ber ©ü^ne, fo toürbc man auf bie 2)urc^geftaltung be« menfc^lid^en SBäefen« im S^fönis
men^angc mit ß^riftu« über^au^t berjic^ten muffen. 2)urd^brid^t man ober mit gtan!
46 in biefer Ic^teren §infid^t bie ©d^rante ber ifoliert^religiöfen unb inbibibualiftifd^en lut^
rifd^en ©dj»ultrabition, inbem man bie ÜRenfc^l^cit ®otte« jum ®egenftanbe be« göttlidj^en
§cil«})lane« nimmt, fo toürbc biefer gcfunbe ßnttourf erft öoUftänbig feftftel^en, toenn man
bie ©runblagen bafür in ß^rifti ßrlöferfunitioncn tooUftänbig nac^h)iefe.
e« Dcrftel^t ftcb übrigen« tjon felbft, baf; ß^riftu^Jn jebem 2Komente feiner irbifc^
50 h)ic gcgeniüärtigen SBirffamfeit al« Iräger fämtlid(ier SÜmter gu beulen ift CJli^fd^, ©Vf^em
§ 132). SVenn bie gegenteilige 93e^au})tung einer jeitlidj^en Slbfolge nid^t ettoa blofe un-
julän3lid;er ©l;ftematif entfjjringt (©. 735, 47 unb Sutl^arbt, ÄonH)enbium § 52), fo \>ct'
lürjt fie bie ßrlöfungötoirtfamtcit faum Weniger, al« bie gänjlic^e Untcrfc^lagung eine«
©tücfe«. einen braftifd^en Setoei« bafür liefert ber ©ociniani«mu«, toeld^er für bie ge»
66 famtc irbifc^e 3:l^ätigtcit ß^rifti nur ba« J)ro})l;etifc^e Slmt in 2tnft)rud^ nimmt, um bie
übrigen gunltioncn al« blaffe Detorationen bem ©tanbe ber ßrl^öi^ung borjubc^alten
(Cat. Racov. S 191 ff. 456 fjf.). Slu^t bod^ ber SBert ber gonnel bom munus triplex
Juefentlic^ barauf, ba^ biefelbe bie ein|^eitlid^e 6rlöfer))erfon al« bie ftet« gegcntoätttge
2:rägerin i(;rcr Söirfungen barftellt. 3)ie« f^lief^t allerbing« ein „9Sorh)iegen ber einen
60 ober ber anbern ©cite be« mittlerifc^en Serufe« in ie einem ber großen »bfd^nitte ber
dcftt e^rtfri breifad^ed 9titt Sefttatctt 741
GJefd^id^te (Sl^rifti ober and) in einzelnen feiner ipanblungen" (Ääl^Ier, SBiffcnfc^aft bcr
d)x. Seigre, 2. 3lufl. ©. 332) fo toentg au^, toie einen organifd^en älufbau ber Sftmter mit
einem feften ^klpuntt^, nämlid^ bcm 5lönigtum. auf biefe« afö ben organifierenben S^öccf
be^ ®anjen beutet öor allem bie biblifc^e ©runblage ber gormel: 3lu^ang^j)unft unb
toefentlid^er ®e^alt bed meffianifc^en Slmte« ift föniglic^e i^errfd^aft über unb für (Sottet 5
^olt, beren eigentümlid^e 3){obtft{ation bie übrigen Xitel befc^reiben. 9luc^ fac^lid^ liefert
ber (Sebante be« Äönigtum^ ßl^rifti ben bentbar umfaffenbften ©efid^tö^unft (©. 737, lo
unb ©o^niu^, nac^§ej)j)ea. a.D. 222 f.) Se^aut)tet man nur ate ©jjecifilum be« föniglid^en
SKmte^ bie faftifd^e 3Jlac^t über bie einzelnen ©laubigen, bie ©emeinbe unb bie SBelt
(Sutl^er, Cat. min. II, 2: ba« Jjriefterlid^e SBirfen bient bem föniglic^en), fo toirb im lo
übrigen bie SRebe öon ß^rifti regium sacerdotium et prophetia regia (Slmefiu^,
Medullal, 23,32; SRitfd^I ©. 738, 28, ögl. aud^ §eibegger unb Ää^ler a.a.O.) nur ber
älnfd^aulid^feit unb SBaf^rl^eit be« gangen ©nttourfe^ bienen, toeld^er ja ß^rifti Seben^toerl
nic^t in mec^anifc^ abgegrenzte Steile jerftüdeln (ba^er bie beliebte Di^jjofition be^Stoffe^
nad^ ber barauf gar ni^t eingerid^teten gormel öon jioeifelf^aftem SBerte ; 3:]5>ö»"öpw«/ ^
&f)x\\i\ ^erfon u. SBerf, 3.9lufl. II ©. 3 f., Ää^Ier a. a. D.), fonbern bie girlulation be«
meffianifc^en Seben^blute« in einem nottocnbig=gefc^(offenen Äreife aufzeigen toill. 3ebe
ber urft)rünglic^ öerfd^ieben orientierten STuffaffungen, au^ toelc^en bie traditionelle gormel
gufammenflo^, bie altfir^Iic^-Iut^erifc^e mit bem ^ntereffe ber Äonjcntration, unb bie
eufebianifd^scafeinifd^e mit bem anliegen ber Äumulation öerfc^iebener ämter beft^t eben 20
i^r eigentümliche^ SRec^t. 6^ gilt barauf ju achten, ba^ jebe^ äimt neben feinen eigenftcn
©rengen auf jeber ©eite ein gemeinfame« ®ebiet mit ben beiben übrigen teilt, fobafe gc-
toiffe ^nltionen unter öerfc^iebenen ©efid^t^^junlten botj^jelt, n>enn nic^t gar breifad^ re*
giftriert toerben (önnen (SBunber unter bem föniglid^en ober t)ro}}^etifc^en ämte; toeiterc
Seifpiele bei SaDindt, Gereformeerde Dogmatiek, Sb II, Kampen 1898 ©. 336 f.). 25
SKber eben biefer 21^atbeftanb entft)ric^t bem toirflic^en 2eben be« Drgani^mu^.
©egentüärliger Slrtilel befc^ränlt fid^ ftreng barauf, bie 3^ragh)eite ber gormel öom
officium triplex S^rifti im allgemeinen bari^ufteQen. ^r bie genauere S3efc^reibung bcr
einzelnen ßrlöferfunftionen ögl. bie Slrtifel Sfleic^ ®otte^, 93erfö|nung u. f. to.
(S. %, ^arl affiner. 30
3:efuoten. — öJuifeppe ©onofibe, Vita del b. Giov. Colombioi, 9?om 1642; % S3npt.
9{ü(fi, S.J., Triumphus divinae gratiae per b. Columbinum, JRom 1648; berf., Vita b. Job.
Colunibini Seoensis, fimdatoris ordinis Jcsuatorum in ASB t. VII JuJ., p. 354—398;
§cli)ot III, 407 ff,; 5r. $üe§I, 2eUn bc8 fei. 3. ßolumbini nud ©iena, Stifter« bcr 3cfunfen,
JIfcgenSburg 1846; ©rftfin JRambuteau, Le bienheureux Colombini etc., 4. 6d., ^ariö 1899. 35
— ©gl. gtnf, «rt. „Sefuaten" in ^rf* unb ©riiterö (Snc, eeft.II, .£>. 1(S 6. 424 ff,; ^c\dc,
SAß* VI, 1371ff.; 3öc!Ier, «Sfefc unb 3Kön*tum @. 512ff.; $)einibiirf)er, Crben u.llongrc»
gntionen u. f. ro. I, 486-488.
S)er Drben ber Senaten — beffen anfängli^e Benennung Clerici apostolici s.
Hieronymi (ober anq §ieron^miten) auf ben eifrigen Äultuö |inh)eift, toeld^cr in ber 40
gtoeiten §älfte be^ 14. ^^^r^unbert« bem gelehrten ^eiligen toon Setf^lc^cm gctoibmet
tourbe (ögl. b. ä, „§ieron^miten" Sb VIII ©. 40 f.) — tüurbe um 1360 burd^ ben
frommen ©ienefen ©ioöanni ßolombini gegrünbet. 3)erfelbe tourbe, nac^bem er längere
feit ate begüterter Äauf^err unb ©enator feiner 3Saterftabt in glüdlic^er 6l^e mit 93Iafia
eröetano gelebt l^atte, unter @inh)irlung ber Segenbe öon ber äg^JJtifd^en 5Dlaria, tüelc^e 45
er gelefen, ju bußfertigem ©inn unb SBJanbel befcl^rt (1355), Salb ergriff i^n ein fo
[tarier excessus divini amoris et fervoris, baß er fic^ toon feiner ©attin — mit ber er
fd^on längere ^c\i l^inburd^ ein ©c^einefieleben nad^ älteren a^Ietifd^en SBorbilbem gefül^rt
f^atte — fd^Iießlid^ gang trennte, fie unb feine 3!od^ter mit einem 2^cil feinet SScrmögen^
abfanb, ba^ Übrige an Älöfter unb 2lrme öerfd^enfte, unb nun, gufammen mit feinem 60
gleid^gefinntcn ^eunbe grance^co 5Wiani, in völliger ajjoftolifd^er SKrmut lebte, unter Ser«
ridbtung niebriger ^flegerbienfte in ©^itälern unb Haltung toon Suß^jrebigten an öffent«
liefen Orten. SSom ©enat „toegen 3Jerfü^rung ber l^offnung^oflften ^ugenb gu if)ox:
beiten" au^ ©iena au^geloiefen, fe^t er feine 3SoBbringung öon SDSunbem barmherziger
Siebe in Strejjo unb an anberen Orten fort, bi^ ber Sluebruc^ einer öer^eerenben ©euc^c 55
feine efirentooue gwrüdfberufung burd^ bie 35äter feiner ©tabt veranlaßt. 3lte balb barauf
$a}}ft Urban V. bei feiner SRüdffel^r au^ Slljignon nac^ 3lom 5WittelitaIicn burc^jog (1367),
begrüßte i^n auc^ 6olombini an ber ©Jjt^e feiner 3ln^ängerfd^ar, bie man ungefäl^r ijon
ba an aU „Jesuati" gu bejeid^nen ^jflegte — angeblich toeil fie bei il^rem ©imug in
ajiterbo \)on ben ©äuglingen biefer ©tabt mit bem Stufe „©e^ct bie ^^fwatcn!" begrüßt«
742 3^fitatcn ^^ftiUenorbett
toorbcn n>ären, in aBirllid^Ictt aber tool^I toeflcn i^rer ©etoo^n^eit, ju änfang unb ju
6nbc il^er begciftcrlen 93u6l)rcbifltcn ben S^iw^«««^«" au^jurufen. 3)ic l>om gül^er ber
©d^ar an jenen ^a}}ft geri^tete Sitte um (äeftattung ber beabfu^tigten Drben^rünbung
unb 3SerIei^ung einc^ Orbenölleib« blieb eine S^ lang unerfüllt, toeil ber Serbad^t eined
5 gufammen^angg mit ben ^äretifd^en graticeHen jener 3^^ <»wf i^w^ laftete. @rfl noc^
bem ßolombini biefen SSerbad^t mit ßrfolg gurürfgetoiefen, erfolgte bie }}ä^fMid^e ®cne^
migung, turj \>ox bem am 31. 3«'^ ^367 erfolgten 2:obe be« Stifter«. 3)ie Seitung ber
neuen Drbenögenoffenfd^aft, bie toefentlid^ nur SBerfen ber Äranlenj)flege unb bamit
toertoanbten Siebeebienften f\d) tuibmete unb vorläufig blo^ Saienbrüber (mit niebcren SBd^cn)
10 ju 3Kttgliebem ^atte, überlam nun jener grance^co SJliani. ^^re anfänglid^ au« bend)tt
tinif^en unb frangiöfanifd^en ßlementcn gemifc^te 2eben«orbnung ifi jpättt burd^ eine
Sluguftinerregel mit ettoa« milberen SSorfc^riften erfe^t toorben. 3)o4> blieben einige an
Die urf^jrünglic^e ftrcnge Sü^er^jraji« erinnembe ^üq^, j. S. ba« fragen l>on ©anbalen
\iait Sd^uf)en unb ba« täglid^e ©ic^gei^eln, aud^ in biefer gemilberten Drben^berfaffung
16 jiurüdf. — ^m männlid^en ^ieil bc« Drben«, toelc^em ^aul V. 1606 no(^ einmal eine
Sleform (mit ber ©eftattung auc^ bc« 6m}}fang« ber ^rieftertoeil^e für einen Heineren leil
ber SKitglieber) angebei^en lie|, rife im Saufe be« 17. SajE^ri^unbert« eine fo ftarfe Ser-
toeltlid^ung ein (,,3lquatoitsSSäter" Rieften fd^liefelic^ feine ^itglieber, toeil f^e l^au^jtfäc^Iic^
nur nod^ in ber Äunft ber 2iför=93ereitung fid9 au^jeid^eten), ba^ bereit« 1668, burt^
20 Giemen« IX., feine 3luf^ebung toerfügt hjerbcn mu^te. S)agegen ^aben bie öon einer Skr*
hjanbten be« Drben«grünber« 6aterina 6oIombini (f 1387) in ©iena geftifteten unb öon
ba fjjäter tueiter verbreiteten ^^fwaten-Sd^toeftcm ober gcfuötinnen bie urf}}rünglid^e Strenge
i^rer 2eben«grunbfä^c lonfcquent feftgel^alten unb be«l;alb ben männlichen S^eig ber ®e-
noffenfd^aft um Dofle gtuei ^al^rl^unbcrte überbauert. Sie foHen bi« 1872 fidf^ in einigen
26 SJicberlaffungen in S^^lien be^au^jtet l^aben. 3di<(tt.
^efuttcnorbcti. — I. 3)er Drben«ftifter unb fein SBJerl. — 1. 9(clieftc
SBiü^rap^icn unb DueUfd)ri f tenjur ®e(cöicf)te 2ol)ola§. S)ie ASB t. VII Jul.
p. 409—853 (jum ai.SuIi) bieten nad) SSorau§icnbunfl eine§ reic^ÖQÜigen Comment praevius
(üon So^. ?5iniu§ quo &c\ü, f 1G78), ^QUplfödjlid) jiüci geitgcnöffijdje üeben«bilber; a) bie
80 Acta antiquissiraa, aufflejcicftnct burd) 2ül)§ ©onjaleji (fiub. GenfoIünS) auf ®runb birctlcr
inünbnd)er Grjä^Iungen be§ 3ötiatiuö irä^rcnb beffcu legtet ßcbcnöjd^rc (alfo eine Art
Selbftbiücjrop^ie bcö Stiftcrö bilbcnb, uiid)tig bejonbcv« für bcffen inneren ©ninjicflung^gong
lochen ber öJennuiflfcit ber bovin nicbcrflelcQlcn i^rinncrungen an bie einzelnen Stobicn feine«
QUmnl)lid)cn geiftlidjcn 4>cranreifcn^); b) eine au«füt)rlic^ere 5Sita üon bem jn Sgnaj^ 2ieb*
35 lin(\«fdjülern flc^öriflcn 'ifetru« SRibobcncirn — in i^rer einfoc^n Urgcftolt (92capel 1572;
mid) 3}?Qbrib 158G; 9(ntiücrpen 1587 f.; 2i)on 1595 k.) noc^ im Zorn eine« mofiiJüDen ^one«
gtjrifu« ßcbaltcn unb fvci uon 2Bunberbei'ldjtcn, welche leitete crft feit 1604, auf SBunfc^ be«
öJeneroIö ?(quauiua. noditifiglid) uoni SScrfoffer (f 1611) in pe eingefügt luurbcn. — Auf
9?ibQbcneira folgte oI« näd)ftnltcfter 33iograpl) 3ü(). $eter ^Woffei (Mapheus f 1633). 8einc
40 Sd)rift De vita et moribus Igo. Loiolac libri III (53encbt0 1585; Sl'öln 1585 unb 1605;
$avi« 1641 2C.) gct)ört fllcid)faaö nod) 5U ben relatiü lüunberfvcien SJarfteflungen, bie erft
burd) fpätcrc (Srgftn,^cr (luie JRod)n$ 58uIpiuS : De Ign. Loiolae gloria über, ^obua 1727;
ugl. bie Gloria postliuma Igiiatii in ASB p. 77G— 853) mit mirafulöfen Suffi^f^i belüftet
lüDrben finb. — 9Rand)e« ©d)te umfcöliefecn aud) bie Don Oliücr 3Kannräu«, einem ber legten
45 übevlcbenben ®efftf)rtcn be« i?üi)olQ, aufge5cid)neten (Erinnerungen (mitgeteilt im Comm. prae-
vius ber ASB p. 578-584; aud) feparot ^erau«geg. (ogl. W. Sader, Biblioth. etc. IV, 382).
— S)ic neuerbingö burd) fpnnifd)e Sefuiten ücröffentlicftte bricflitöe ^orrcfponbcnj fiojjola«
(Carlas de S. Ignacio de Loyola, 6 93be, ^Wobrib 1874-89) bietet üiel 2Bid)tige« jur (Sv
gän^ung ber älteren S3iogrnpl)ien, befonbcr« wa« bie äufeere Xptigfeit be« Orben«ftiftcr« an»
60 geljt, lueniger betreff« feiner inneren Gntiuidclung. 2>ie ©nmminng ift jmar reid)t)Qltig, aber
feine«n)eg« Dollftänbig. 3WQnd)e«, um« iljr j^nr Grgonjung gereicht, bürftcn bie Epistolae
mixtae, ex variis Europae locis ab anno 1537 ad 1556 scriptae bringen, meiere bie fpani-
fd)en SSätcr ber ®ef. 3efu in ben fünftigen Lieferungen i^rer 3J?onot«fd)rift Monumenta hi-
storica Societatis Jesu [^Wobrib, in 4^ feit 1898; au^ greiburg, b. ^erber] ju üeröff entließen
66 beabfiditigen (vgl. fiitter. SRunbfd). f. b. fatft. 2)eutf4l. 1899, 1, S. 27).
2. 8pfttcrc biograpl)ifd|c ^Jarftellungen. a) SSon fat^ol. (meift jefuitifdjen) SSer*
foffern: 9?ifoI. Crlonbinu«, S.J., Sanctus Ignatiiis, Dtom 1615; «ntio. 1620 (©b I ber burtfi
8acd)inu«, Quüencinö unb G^orbora fortgeführten Historiae societatis Jesu, f. unt., 9lbfd). IV
j. 9lnfg.); 2)aniel SBovtDli, S.J., Della vita e dell' Istituto di s. Ignazio, 9?om 1650. 1659;
60 aud) i^enebig 1673; ^Wnilonb 1704 u. ö. (fronjöf in 2 ©ben, 9?om 1672 u ö.; neue ?ru«g.
üon 3Qcquc« Xerrien, S.J., iMOe 1893) — eine im jefuitif^en Sager bcfonber« gefc^fiftc unb
nngefel)cne ^cc^rift, bie „eigentlid)e offizielle üol)oln*93iogrQp6ic be« Crbcn«"; 3)c ©on^our«,
Vie de S. Ignace, $ori« 1679 oud) beutfd) burc^ 3. Stftrrf, Äöln 1693, fotoie ncuerblng«
^cfttUenorbftt 743
burd) ?(. ü. öaja-9{abU&, Wien 1835; $. J&eh)ot, in bcr Hist. des Ordres etc., VII, 452
m 490; (5^. ©eneüi, SJ., 3)q« Scben bcä ^. ggnattuS ü. So^oIq, 3nn«brud 1848 (neue
5ruäg. u. 53. I^olb, Sien 1894); 3. ßlr^tincQU.SoU), Histoire religieuse, politlgue et litt^-
raire de la Comp, de Jösus, 6 vols., $ar. 1845; 3. edit. 1859 (aud) bcutfd): 58icn, 5 S3bc,
1845—52); 5.3. ©u6, 5)ic ÖJefcOfcf). 3efu, Waim 1853; 6ö. ©lair, S.J., La vie de s. Ign. 5
de Loy. d'api^s P. Ribadenaira, ^ßorl^ 1691 (rclc^ ittuftr. ^ra^frocr!). .&. 3o(l), St Ign.
de Loy., $ar. 1899 (gcbränfltcö G^araftcrbilb üon mcfcntlii paneg^rifc^cr ^altung, gu ber
im Secoffvefc^cn ^Scrlage erfcftcinenben ^agiologif^cn ©ommlung „Les Saints" gci^örig).
3i5. ÄIpbonS be $oIanco, Vita Igoatii lx)y. et rerum Societatis Jesu historia 1491—1551,
6 ©be, ^obrib 1894—98 (erf^iencn in ber oben genannten 3^ *tfc^r. Monura. hist. soc. J. ; 10
aucö feparat). — b) SSon jetuitenfcinblijften (proteftontifc^en ober liberaUtat^oIifc^en) SSer«
faffcrn: ©UaS ^afenmüffer. Historia jesuitici ordinis, gronffurt 1588 u. i). (oucf) bcutfcft burcft
m. fieporinuö, 1594); SRub. ^oSpinimm«, Hist. Jesuitica, 3üri(^ 1619; ®enf 1670; 3.
e^r. 4)Qrenberg. ^ragrnat. ©efcfti^te beS Crbcn« ber 3cfuitcn, 2 55bc, ^aüt 1760; (3. 6^r.
«belung), SSerfuc^ einer neuen ©ef*. beS ^ef.«©., ©crlin 1769 f.; $et. $f)il. ®olf, «ttgem. I6
®cf*. bcr 3efuiten, 4 Xeile, 3üri(6 1789 ff., 2. «uff., i?eipi. 1802f.; fi. 5tim. 6pittlcr, Ueber
bie ®ef(ft. unb Serfoffung be« 3ef.'0., fieipj. 1817; fieop. 9tanfe, in »b I feiner ®efd). ber
röm. ^Päpftc (1834, 7. 5lufl. 1878 — unter ben gebrängtcren ^orftettungen üoni proteft.
@tanbpun!t eine ber ^en^orragenbften : quedenmöfsig unbefangen, üon grogartiger l^iftorifc^er
?(uffaffung auSgc^nb); &. 3«iiu8, 3)ie 3cfniten. ®efd). ber ©rünbuno, 9(u«breitung unb»
entmicflung 20. ber ©efeüfcö. Sefu, 3 ©be, fipj. 1854; faul ^offmann, $ie3efuiten; ®ef(§.
u. ©t)ftem 2C., ^Jiann^eim 1870; 3"^. ^ubcr, 3)cr 3«futtenorben nac^ feiner SJerfaffung unb
3)oftrin, ?Birffamfcit unb ©efcftidjte cöarafteriftcit, S3er(in 1873 (bebeutenbfte frit. 3)arftenung
Dom Ubera(*fat^. ©tanbpunft). — 0. $>enne am SR^t)n, 3)ie 3ff"iten ; bereu ©ef^., SBerfaffung,
^oral ?olitit, SRcIiglon u. ©Iffenf^aft, 3. 9luf{. fipj. 1894; ©ber^arb ®otbein, 3gnatiuS 25
i\ fioljola (Schriften beä SBereinS f. SReformationSgefd).) ^atte 1885; berf., 3gn. 0. fio^ola
unb bie Gegenreformation, ^olle 1895 (jene ©rofdjüre oon 1885 an 9?eic^l)altigfeit unb ®e«
biegen^t er^eblic^ übertreffenb : uon ben neueren fritiid) lüiffenftöaftlicftcn 2)arfteflungen bie
bebeutenbfte; f. 6. 3Kirbt, in ^S- ®b 80 (1897). 8. 43 ff. aucf) bie 9?ec. oon öenratl): 3)fi3
1896, ^r. 7, fonjie anbererfeitä bie in ben jefuitifc^en Anal. Boll. 1896, IV, 449—454). — ao
9)?. ^aijac, Ignace deLoyola. Essai de psychoIogie reUgieuse (Th^), ^ariS 1898; ^crm.
9Kü[Icr, Les origines de la Compagnie de J^sus; Ignace et Lainez, $ar. 1898 (intereff.
aber cinfeitiger Serfuc^, bie Gntfte^nng bed Crbcnd jiim grogen Seil auf mu^ammebanift^e
©iniüirfung, b. ft. auf bie iWacfta^mung ber ®ef}orfam3a*fefe iSIamifcfter ©eften burd) fio^ola
unb fiainej jurücfiufü^rcn; ogl. bie Äritifen t». ^nbcrt: %f)2Q 1899, 92r. 10, unb 0. 3örf^«^:36
XfiS^I. 1899, 9fir. 14.
[3ur qucüen^fritifcften SBürbigung ber auf ßo^ola unb feinen Orben bcjüglic^en älteren
^iftor. fiitteratur t)gl. außer 9?onfc (^Spfie JC, III, im ?lnftang, 6. 114—116) befonber«
"^lox. SRitter, 3gn. 0. Soi)oIa; feine innere Gnttoicflung jc. {^S 1875, IV, 305-330), foroie
©ot^cin (1895), @. 1—10 unb 6. 779f.]. 40
S)ie ^eimat ber ©efeBfdf^aft 3^u ift ©t^anien, ba^ Sanb, in toelc^ein ber Äamjjf
jtüifd^cn ©Iriftentum unb 3^Iam übet fieben 3^^^^^"*^^^^^*« fortbauerte unb ben romans
tifd^en ®eift bc^ SHittertumg im Slbel am längften )[üa(S) unb Icbenbig erl^ielt. „©Jjanifd^e
^rieftet" ift eine ber älteften unb gugleic^ ber treffcnbften j)oj)uIärcn Benennungen für bie
5Kit0Heber biefer Drbcn^enoffenfc^aft. ®em fpanifc^en Solfögeiftc entftammt bie c£trem 45
unbulbfame, am ^htal einer abfolutcn ®Iauben«ein^eit aßet 93()lfer mit fd^lDärmcrifd^er
Segeifterung l^aftenbe Seben^rid^tung berfclbcn im allgemeinen. ®leicl^h>ie e^ frejiett bie
^erjönlic^feit il^rcg ©rünber«, eine ber lonjentrierteften SJerlörperungen be^ fj)antf(^en
5WationaIgeiftc^ gctoefen ift, auf toelc^e bie uncrj^örten Erfolge bc^ Drben^ in feinem bie
Sertpirflic^ung jene^ ^'beal^ (unb bamit bie 93elämj)fung beg ^roteftanti^mu^ ate feinet w
^iobfeinbeö) bctreibenben ©treten fic^ in legtet 2inie jurücffü^ren.
^on ^nxQO 2ot>^ be SRecalbe, au^ altabeligem ©efc^Iedj^te Bpankn^, toaxh aU ber
jüngfte ©o^n be^ SRitter« 93eltran \>on So^ola 1491 auf bem gleid^namigen Schlöffe un-
ineit Sl^Jjeitia in ber ^roüinj ®uij)UKüa geboren, ©eine 3^9^"^ berbrad^tc er am §ofe
gerbinanb^ bc« Äat^oUfd(^en ; ritterlidper ©inn unb I^atenbrang toie betootc (S^rfurdf^t ijor 66
ben ^eiligen tuaren frü^e ^cröorftec^enbe 3ü0c feinet (S^arafter^. Rufammen mit jtoei
älteren Srübem biente er unter feinem Se^nö^errn, bem^enog DonJiaicra, mel^rerc Sö^'^^
im fpanifdl^en .peere. 9lfö er 1521 mit fül^ncr XcH)f erfeit $am}}Iona gegen bie granjofcn
öerteibigen l^alf, jerfd(^metterte i^m eine Äugel ben einen %n^. 3luf feinem toäterlidf^en
©c^loffe unterjog er fic^ mef^rcren fc^merjU^en Operationen lautloö — bcnnodf^ blieb ereo
fein Seben lang ^inlenb. ^n ben einfamcn ©tunben be^ Äranlenlagerg begehrte erSüd^cr;
feine Siebling^leftüre, SRitterromane, toarcn nic^t aufzutreiben, [tatt i^rer brachte man i^m
ein iJeben 3^fw wnb eine ^eiligenlegcnbe (nämli^ be^ ilartäufcrö Subolf öon ©ad^fm
Vita Christi unb bie „Flos Sanctorum", bcibc in taftilianif(^cr Übcrjc^ung). S)ie neuen
744 ^ititeuorkett
(ginbrüdfe, bic er aufnahm, pxä^tm fic^ \l}m tief ein unb rangen mit ben Silbern, bie
big^er Jeinen ®eift befd^äftigt Rotten. S3alb gebadete er ber ©ante feine« §erjen«, ber
er [xd) m ritterlid^er 3Kinne getoei^t l^atte: fie toar mel^r ate ®räfin unb ©erjogin; bolb
fo^ er mit Sertounberung auf bie ^lac^fol^er be« armen Seben« Sl^rifti unb il^ren tpelt^
6 übertvinbenben Ramp^: bad tl^at @. ^anjt^Iu«, ba« @. ^ominilu«, tDarum follte tc^ e^
nic^t aud^ tl^un? ^tnt h)e(tli(|en ©ebanlen ertoärmten feiniperj, liefen ober äne fühlbare
Sfliebergefd^Iagenbeit jurtidf; biefe geiftlic^en 3:rdume ffimmten i^n frol^er unb frieblic^er;
in ben erften erlannte er barüm dingebungen be« ^eufete, in ben I^em göttlid^^ ßr^
bedungen. S)iefer Unterid^ieb tüurbe fjjäter ein toefentlid^er 3ug feiner geifttid^ Übungen.
10 @o gestaltete ftd^ i^m ein glänjenbe^ Silb be^ geiftlid^en SlittertumiS, reic^ an @ntfagungen
unb Djjfern, an Siegen unb SRul^m. ^n ^crufalem, in ber Sefe^ng ber Ungläubigen,
fa^ er ben SBirfungöfrei« feiner 3w^"f^- 3lte er fic^ toieber l^ergefteHt füllte, hKxnbte er
fi4 nad) bem 2)ominiIanerIlofter SKontferrat unb legte l^ier eine ©eneralbeid^te ab —
nid^t tttoa \)ox bem bamaligen 3{bt (^on ^uan be S^anoned, 92ac^fo[ger be« berül^mten
16 Oarcia Gi^nero feit 1510), fonbem öor einem frommen ^rieftet beö Drben«. @x ber^
taufd^te ^ier feine reichen Äleiber mit einem Settlergetvanb, ^ing feine Slüftung öor bem
5Dlarienbi(be auf unb l^ielt mit bem 5ßilgerftabe in beripanb öor feiner neuen §errin nad)
alter Stitterfitte SBaffentoadf^t. Salb barauf finben h)ir i^n in bem ©täbtd^en 9Ranrefa,
in bejfen DominifanerHofter er l^arten ©Übungen obliegt, beftel^enb in töglid^ toieberl^olten
20 ©ei^elungen, ftrengen ^^aften unb emften ©etüiffen^^jrüfungen. 6rft eine f^^äterc Drbeng*
fage lä^t i^n biefe Sü^ungen in einer einfamen §ö^Ie (ber cueva santa — Siac^^bilbung
t)on Senebift^ ^eiliger ©rotte bei ©ubjaco ober öon graniji^fu«' I^alfd^Iud^t bei äffifi)
untoeit 3Kanrefa toome^men ; in aßirllic^feit erfolgten fie im bortigen Älofter felbft (f. ©o^
tl^ein 1895, ©.214 unb 786). ätHe ad^t 3:age empfing er bie ©udf^ariftie; immer pÄn-
25 lid^er quälte er ftd^ mit bem Sluffjjüren alter ©ünben, unb ba er trofe feiner Oetoiffens
l^aftigleit feinen ^eben fanb, fc^lo^ er, um nac^ langem Äam^jfe jur Mul^e ju gelangen,
mit ber Betrachtung feinet Vergangenen Bebend toöHig ab. 6r ftanb bem 9)anbe beö
®rabc« na^e, ba werben i^m n>unberbare SSergüdfungen ju teil. @r fc^aut in ber ®eftalt
breier gur Harmonie ijerbunbener Älaüiertaften bai8 ®el^eimniö ber 3)reieinigfeit äfe ber
80 ^riefter bei bem Dffertorium bie §oftie in bie §ö^e ^ob, fie^t er über il^r bie ®lorie be^
göttlichen Sic^te^, in i^r ben ®ottmenfc^en. (fin unbeftimmter ®egenftanb öon toei^er
^arbe, au^ bem ©tra^lat berüorbred^en, öerfmnbilbet i^m ba« 3Dl^fterium ber asät^
fc^öjjfung. Dft ijergegentoärtigte fid^ tl^m h)äl^renb be« ®ebete« bie SKenfc^^eit ß^fti,
balb in ber ®cftalt eine« tvei^en mä^ig großen Äörjjer« o^ne fidf^tbare ®lieberung (too^l
36 bie §oftie ; auc^ bie Jungfrau crfc^ien fo in feinem inneren Sluge), balb al« eine groje
golbene ©d^eibe (res quaedam rotunda tanquam ex auro et magna), o^ne 3h?eifcl
ba« ©^mbol ber ©onne. ©tct« brachten il^m folc^e 3Sifionen großen äroft; bie längfie
berfelben foll, nac^ ben SSunberberic^ten ber fjjäteren 8iogra))^en (feit Sartoli), \>oUt fteben
2:age geh)äl^rt unb il^m alle ßinrid^tungen unb ®e^eimniffe feiner Compania de Jesus
40 bereit« entf^üDt l^aben. 211« er eine« 2^age« am %l\x^^ filobregar fa|, toarb e« öor feinem
®eifte tüunberbar l^clle unb in l^immlifd^er ©rleu^tung burc^brang er bie etoigen ®el^etms
niffe. Dft fd^on toax i^m eine fc^langenartige ®eftalt toon tounberbarer ©d^önl^cit genagt
unb l^atte il^n mit toerfül^rcrifd;em ®lanjc angeblidft ; je^t öerftanb er, ba^ barin ber Xcufel
ijerborgcn fei, ber i^n öom^fabe be«2eben« abjiel^en Sollte; je l^öl^er er in ber Heiligung
46 ftieg, umfomel^r iüanbelte fid^ i^re Slnmut in ^ä^lid^Ieit, eine Sehjegung mit bem ©tode
genügte, fie m öerfd^eud^en. S)a« ©lement fmnli^er 3lnfc^auung, ba« in ben ©agen über
biefe clftatifc^en guftänbe ^erbortritt, ift toid^tig für ba« Serftänbni« feiner Exercitia spi-
ritualia, beren ®runbgeban!en in ber %\)ai auf bie ju üWontfcrrat unb 3Wanrefa öon i|m
burd^lebten inneren Ääm}}fe jurütfge^en Serben (f. unten, Stbfc^n. II).
60 gJlan l)at mi) £eoj). Slanle« SSorgang öfter« bie anfange be« Sgnatiu« mit benen
Sut^er« toeralid^en; aber toie toerfdf^ieben toaren beibe hod^ auf jebem fünfte! gütiger«
©eelenfam^jf ging toon bem tiefen ®efüMe ber ©ünbe unb ber SSerbammni« ani, ba« fid^
il^m mit toemic^tenber ©nergie aufbrängte — ber be« ^gnatiu« toon bem eiteln 2)range, in
glänjenber 9lac^eiferung bie berül^mtcften ^eiligen gu überbieten: felbft fein ©ünbenfd^merg
66 ^aiit leinen tieferen ®runb. Sut^er rang fic^ burc^ feine 3lnfec^tungen mit ber SBaffe
be« göttlid^en SBorte« — ^gnatiu« fc^hjelgte in 3Siftonen unb ^l^antafien. fintier« ®etoinn
loar bie ®ered^tig!eit unb ber ^ebe be« ®lauben«, ber unerf(^ütterlic^ auf ®otte« SBort
unb bem Serbienft (E^rifti ftanb — be« ggnatiu« 93eftrebungen liefen in ber unbebingten
Unterwerfung unter bie Slutorität be« römifc^en ©tu^le« au« unb feinen ^eben fanb er
60 in ber ©elbftgerec^tigleit be« eigenen SJerbienfte« (ögl. ®. 61^. SRietfdf^el, STOartin Sutl^
dfefttiteuorkett 745
unb Sgnaliu« \>on So^ola, SBUtenbcrg 1879 ; ©ot^ein in bcr 0rö|eren 3RonoffCQ!pf)\^r
6. 213).
SSon SKanrcfa beoab fic^ ^gnatiu« nac^ Barcelona unb bon l^icr 1523 nad^ ^a*
läftina. Oböleid^ er feinen eigentlichen ^fo^, bie Sele^rung ber Ungläubigen, Hüglic^
ber^eimlid^te, fo geftottcte il^m bennod^ ber mit a^joftolifc^er SBoHmadf^t au^erüftete gram 6
ji«fanert)robinjiaI feinen längeren äufentl^alt in 3l^<^I^"^- 5lur toenige ^eilige Drte
itonnte er befuc^en, namentKdb ben Ölberg, h)0 er nac^forfc^te, md) toeld^er $immcl^egenb
bie gü^e ßl^rifti bei ber 3luffal^rt gerid^tet getücfen feien. 3lte er nac^ mancherlei ©^idt*
falen tüieber fein SSaterlanb erreid^te, tüar er jur ©rfenntni« gelommen, ba| il^m jur geift-
liefen SBirffamfeit eine gelebrte Silbung unerläßlich fei — ber erfte 3lnfa$, feine ^l^an? lo
tafien ben gegebenen 33erl^ältniffen angunäbem. 3n Barcelona lernte er Sie (Srammati!,
tro^ feine« glül^enbe« 6iferg ein fc^mierige« SBerf, teite toegen feine« borgerüdften 2lUer«,
teil« tüegen feiner Überfd^toänglid^f eit : toä^renb er amo fonjugieren foHte, öerfentte fidf^
fein ®eift mit brennenbem Verlangen in bie ©üßigleit ber j^immlifd^en SJlinne. ^n Sllcala
ftubierte er l^ierauf ^Ijilofo^^ie unb tüeil^te junge Seute, bie ftc^ feiner ^l^ng an^jer* i5
trauten, in bie ©jergitien etn; auc^ ^auen ftanb er oI« ©etoiRenSrat gur©eite. (5r lebte
bon Sllmofen unb tüibmete fid^ ber Äranlen^jflege. S)ie« begrünbete feinen SRuf, machte
il^n aber jugleid^ ber ^jnquifttion ijerbäd^tig, al« ftel^e er mit ben älombrabo« (f. ben ST.
93b I ©. 388, 30 ff.) in SJerbinbung. ^n ©alamanca, tool^in er fid^ nun toanbte, tuiebers
l^olten fid^ biefe SSerf olgungen ; obgleich er au« ber Unterfud^ung gered^tfertigt ^erborging, ao
tourbe i^m boc^ befohlen, bie Unterrebungen über geiftlic^e ©egenftänbe, bon benen er
nic^t« öerfte^e, bier ^a^xt lang eingufteHen. 3)iefe 93efd^rän!ung toar feinem inneren
9>range nad^ Bearbeitung ber menfd^lic^en iperjen unerträglicher, al« Äerter unb S3anbe.
9Kit einem 6fel, ber feine Sucher unb Schreibereien trua, toanberte er 1528 nac^ ißari«.
§ier begann er, tueil er [xi) in ben ftnffenfc^aftlic^en ^noamenten nod^ fel^r fd^toadb füllte, 26
in bem Kollegium SKontaigu feine grammatifd^cn ©tubien auf« neue. ©J^äter ftubierte
er in bem ßolleg ber ^eil. Barbara 5pi^ilofo}}^ie unb Ideologie. Sänge ^At lebte er al«
Bettler im §Dfj)itale; ber fanget an ©ubftftenjmitteln trieb i^n bann in ben gerien
nad^ ben fjjanifd^en 5tieberlanben, h)o il^n feine >Janb«leute reid^lic^ mit Sllmofen unter-
ftü|ten. 2)er ßifer, toomit er junge Seute inxä) feine (Sjerjitien in feine Babnen aog, so
unb bie baburc^ öeranlaßte ©törung in i^ren ©tubien l^ätte il^m beinahe bie fd9im})flic9e
©träfe ber äula, b. 1^. ber Sluten^eitfd^ung in bem Unil>erfttät«faale, guge^ogen. 2)ie itlug^
^cit, hjomit er bie Betoal^rung feiner 6l;re ber SWärt^rerglorie borjog, jeigt, toie fe^r fein
@nt^ufta«mu« aQmä^lic^ in bie ©c^ranlen ber befonnenen 3Räßigung eingetreten toar.
3:ro^bem gab er feine Beftrebungen nic^t auf. ©einen ©tubenburf^en, ben ©abo^arben 86
?5eter ^er (Sefetore) gehjann er burc^ 9le}}etition be« }}l^ilofot)l^ifd^en Se^rgang«; ben
anbem, granj iabier, au« altabeligem fjjanifd^en ®efd^le4>te, burd^ rücfftd^t«tooBe« Be*
nehmen. S)ie ©jergitien, bie er fte üorne^men liefe, öollenbeten feine ©etoalt über fie;
namentlich gaber foll, toie ^Qxiai fj)äter ijon i^m rül^men fonnte, bor anberen tief in ben
©eift biefcr Übungen eingebrungen fein. S)rei anbere, 2llfon« ©almeron, '^atoh Sainej, 40
9?itolau« BobabiBa, fämtlic^ ©jjanier, fotoie ben 55ortugiefen ©imon SRobriguej feffelte er
burc^ gleich unauflö«ltd^e Banbe. 6r jeigte l^ierbei ebenfo öiele 5Wenfc^enfenntni«, al« an*
geborene« §errfd(^ertalent. ©o fam ber für ben Keinen Berein toic^tige ©ebenftag: am
15. Sluguft (röariä §immelfal^rt) 1534 begaben fie fidf^ nac^ ber ajtarienürd^e ju ^Jlont^
martre, auf bem bamal« nod^ aufeerl^alb ^ari«, im 9?orben ber ©tabt gelegenen Mons 46
martyrum. 2)er bereit« im Befi^ ber geiftlic^en SEBeil^en befinblid^e gaber la« bie SJlcffe,
bann legten fie ba« ©elübbe ber Äeufd&^eit unb 3lrmut ob unb gelobten, nac^ BoBenbung
ibrer ©tubien enttoeber in Igerufalem ber Jtranlen}}flege unb ber5Wiffion fic^ ju ioibmen,
ober faB« biefer ^lan auf ^inbemiffe ftofee, fic^ jeber ©enbung be« ^a^jfte« gu unterhielten.
(Sinen toefentlid^en gortfc^ntt in ber ß^arafterenttoidtelung be« ^gnatiu« beutet biefe ältere 6o
natitoe an: er ^atte gelernt, ba| man, um bie Berj^ältniffe ju be^errfd^en, i^nen bor aBen
3)ingen mit Älugl^eit SRec^nung tragen muffe. 2öic gann anber« feierte er ba^er 1535
nac^ B\>an\m jurüdf, um feine toanlenbe ©efunb^eit ju ftärlen unb bie ängelegenl^eiten
feiner greunbe gu orbnen!
3m 3;anuar 1537 ijerfammelten fic^ fämtlid^e ©enoffen, burd^ brei neue ijerftärft, in 66
Benebig. ^ier gab ber jtüifd^en ber 3lej)ublif unb ben dürfen au«gebroc^ene Ärieg,
toelc^er bie 3lbreife nac^ 3i^"|ölem berl^inberte, bem urfjjrünglidf^en ^lane eine ungeahnte
SBenbung: inbem 3;gnatiu« feine ^ün^n in ben §oft)itälem beschäftigte, beren geiftlic^^e
Seitung in ben ^änben ßaraffa« lag, — eine©d^ule, toorin fte eine betounberunggtoürbige
i^ingebung unb ©elbftt^erleugnung betoiefen — lernte er felbft ben t)on biefem 0efiiftd«i|J||
746 3^fitttrnorbeii
2:^catinetorbcn fctincn, trcld&cr bic Hcrifalm mit ben Ilöftcrlid^en ^Pflid^tcn Deretniglc unb
bejjen gan^e äCSirffamfeit auf Srneuerung be$ fird^lid^en Seben^ unb auf ^eranbilbung
eine^ tüd^tigen ^tiefterftanbc« angdegt toar. Äonnle er fic^ auc^ in mcIS^reren toic^tigoi
fünften mit ßaraffa nid^t einigen, ber gerne bie 3Serbünbeten für feinen Drben getoonnen
6 l^ätte, fo faf^ er boc^ feinen 2Beg beftimmter toorgegeidf^net. SJac^bem fämtlic^e ®enoffen
in Senebig bie ^riefterlüei^e emjjfangen l^atten, verteilten fie fic^ in bie ©tdbtc ber 3(es
tjublil unb toirlten aU SSolf^rebiger. ^n einem ©emifd^ bon ^talienifc^ unb ©Jjanif^
ftraften fie bie fiaftcr, \>x\t\m bie lugenb, emjjfa^Ien bie SBeltberad^tung. 3)ann traten
fte auf t^erfd^iebenen äBegen bie äBanberung nac^ Stom an. 9luf aKen SRörften unb
10 ©trafen ertönte i^re ^rebigt, in §äufem unb ©j)itälem toibmeten fie fid^ ber ©eelforge
unb ber Äranf enj)flege ; auf ben Uniüerfitäten toarcn fie bemüht, ben ©tubierenben einen
neuen ©eift ein^u^aud^^en. ©elbft folc^e Sifc^öfe, bie i^nen anfangt abgeneigt ttniren,
tourben il^re Sefd^ü^er. ggnatiu^ ^atte toieber, tüie in SKanrefa, Sifionen, SJor Stom
glaubte er in einer alten öerlaffenen Äird()e hjäl^renb feine« &Att^ ju fe^en, toie ber
16 SJater bem freujtragenben ©o^ne ben ©c^u^ ber ©efeDfc^aft übergab, unb ju l^ören, toie
ß^riftu« if^n fanft ermutigte: Ego vobis Romae propitius ero. 9luf 3SeranIaffung
biefer ßrfc^einung liefe er fid^ \pät^, toie SRibabeneira au« feinem 3Kunbe toiffen h)ifl,
bie SBa^l be« 5Ramen« übertragen unb nannte bie ©efeUfd^ft Societas Jesu, bie Äoni=
}}agnie ober Äo^orte, bie unter be« i^immel^fönig« ga^ne bient unb länipft, 3" 3*0^
20 meinte er anfang« aUe ^enfter öerfc^Ioffen ju fe^en ; boc^ gelang e« i^m balb, ginflüffe
anjulnü^jfen. Der fai|erlt(^e ©efanbte Dr. Ortij, anfangt ungünftig geftimmt, jog ftc^ mit
il^m nad^ 3Konte ßafmo gurüdf unb machte unter feiner Seitung 60 Xage long bie Sjer^
jitien burc^. gn SRom Verteilte 9i9"fltiu« feine Seute in bie toerfd^iebenen Äird&en; mit
etfer tüibmeten fie fic^ ber Ausübung J)riefterlidf^er ^flic^ten. 9ladf^t« toaren fie im ®ebete
26 bereinigt unb ratfc^Iagten über bie formen, unter benen fie fic^ enger jufammenjufc^Iiefeen
gebadeten, ©c^on je^t toanbem einige im i)äj)ftlic^en auftrage nad^ Sre«cia, ^rma,
^iacenja, 6alabrien, toäl^renb bie 3wnidfgebKebenen mit erbetteltem ®elbe bie unter ber
benfc^enbcn 2^euerung bem junger J)rei«gegebenen armen jjjeifen unb bie Äranfea Jjflegen.
3i^r SRuf verbreitet fid^ fo rafc^, bafe auf 93crlangcn go^ann« III. toon Portugal ^anj
ao Javier (f. b. a. von 3Kirbt Sb VI, ©. 229 f.) unb ©imon SRobrigueg fid^ nac^ biefem
Äönigreid^ begeben, um Von bort au« für bie inbifc^e ü)liffion Vertoanbt ju toerben; fie
erioerben fic^ bie ©unft bc« Äönig« fo ungeteilt, bafe er ben lefetercn bei fic^ be^lt, nur
lavier, für beffcn 3lettung«eifer ^Portugal ju Kein tvar, läfet fidj nic^t galten. Unterbeffen
h)irb in 91om bic firc^li^e $}eftätigung Vorbereitet; eine Kongregation Von KarbincUen
36 berät über ben Von '^^na^ eingereid^ten ©nthjurf. Obgleich $aul III. auf ben erften 93li(f
barin ba« äBerf be« l^eiligen ©cifte« mit ©etoife^eit erlannt i}atf fo Verfte^t man fic^ \>od)
erft nad^ etnften Scbenlen ^ur 6mt)fe^lung be« $lane«. @rft unter bem 27. ©e}}tember
1540 beftätigt ^aul III. burc^ bie SuUe Regimini militantis bie ©efeUfc^^aft 3efu,
anfang« mit ber Scfd&ränfung auf 60 5Witgliebcr, meldte le^tcre er inbeffen fc^^on am
40 14. a)iär5 1543 burdf; bic Sülle Injunctum nobis aufl^ob. ^tf^t fc^ritt man jur SBo^l
be« ©cncrate. ©ie pel cinftimmig aufS^natiu«, ber (h)ie ©almeron in feinen SBa^I^ettel
fc^rieb), „fie alle in 6f;rifto gezeugt, al« ©d;h>ac^e mit SKilc^ getränft ^obe, unb barum
aud; ber geeignetfte fei, nun bie ©erciftcn mit ber feften ©J)cife be« ©e^orfam« ju nähren".
3lber erft al« fic^ fämtlic^e ©timmen jum jtoeitenmal auf il^n Vereinigt unb fein Seiest-
46 Vater il^n ermal^nt l^attc, bem l;l. ©eifte nid[)t ju h)iberftreben, cm^jfing er unter bem @cn\ii
be« ©aframcnt« al« ©tellvertreter ©otte« im Drben (locum Dei tenens) bie eibli(^ be*
ficgcltcn ©e^orfam«gelübbe feiner Untergebenen. 6« ift bcjeid^nenb für i^n unb für ba«
©etüid^t, ba« er auf bie ^jiufeerlic^feit ber gorm legte, ba| er fofort in bie Rüd^e ging
unb j^ur 93c}cugung feiner Demut ben Dicnft be« Äüc^enjungen Verfal^. %ann tvibmete er
60 fidj) 46 2:age lang in ber Sirene bem erften ^Religionsunterricht ber ^wgenb mit einem
ßifcr, ba^ er, toie feine Drben«brüber Verfic^em, ganj in Siebe ju glühen unb alle §örer
5u entflammen fc^ien, obglcid^ feine ©prad;c ein gebrochene« S^^^^^^'^^f^ ^^^ ^"^ ^^^ l^^
@nbc feine« Scben« blieb.
6« ift Von unberccbcnbarer Sebeutung, bafe gcrabe in bem 3^^^"*^^^^^ ^^ ^^ ^'f*^*
66 teftanti«mu^ nad; allen ©citcn fi(^ ausbreitete, ein firc^lic^er SBerein entftanb, ber Von
ßinem ©eifte burc^brungen. Von einem SBillen gelenft, Von gleichem ©el^orfam im 2)enfen
tvic im Jgianbeln befeelt, bie 33ertretung ber fatl^olifd^cn ^ntereffen jum einzigen 3^^
feiner l^ätigfcit tüäl^ltc unb fic^ unbebingt bem römifc^en ©tul^le unterorbnete. ^er
©d^öt)fer biefe« auc^ in feiner Und^riftlidf^Ieit großartigen gwftitut« ift 30"<*tiu«. 3Ran
60 toürbe geioiß fel;r Unred;t t^un, iocnn man biefen 3)Jann lebiglic^ al« Sc^tvärmer ober
^fttücnorbeii 747
ganatifet anfeilen iPoHtc. ßifetnc geftigfeit bc« SBIBen« toar ber ©runbjug feine« 6^a*
rafter«; bie ätid^tung auf ba« ^rartifd^e gel^t fc^on burd^ feine etften ^^^tafien l^inburd^.
®er ©inn für ba« S^tocdfmäfeige mu^te fw^ in il(^m um fo mel^ fd^ärfen, je großartiger
unb öielfeitiger bie aBirffamfcit feine« ^"PWwt« [\d) geftaltete. @ntf^ufta«mu« unb Klugheit
burd^bringen fic^ in feiner $crf5nlic^!eit in hjunberbarer 3Kif(^ung unb fieberten il^m eine 6
unbefc^ränfte ©cipalt über feine Umgebung. 6r lenft ben flaat^Hugen fiainej, er jügett
ben ungeftümen (gegen feine ©runbforberung t?om blinben ©e^orfam eine 3^ I^"Ö P^
auflel^nenben) SobabiDa. (£r bilbet ben fd(^üc^temen gaber jum getel^rten Ideologen unb
feinen ^ij)lomaten; er ^auc^t bem "^ani laDier ben ®eift ein, ber if^n al« 38oubringer
behjunbem^hjerter %f)aUn in bie öeibentoelt hinauftrieb, äl« So^ola am 31.3uli 1556 lo
ftarb, jöl^lte berDrben bereit« IS^rotoinjen, fxeben baöon gel^örten ber }>^renäifd^en $albs
infel unb tf^ren Kolonien an ; brei famen auf Stalien, bie franjöfifd^e öerbiente laum biefen
9?amen, bie beiben beutfc^en ftanben erft in ben anfangen ifirer Silbung, bagegen griff
bie ©efeUfd^aft bereit« mit toeltumfaffenben 3lrmen bi« nad^ SrafUien unb Dftinbien. 3lm
13.3Rär5l623n)urbe3lgnöJ jugleic^ mitgranj 3Eat)ier öon (Sregor XV. I^eilig gef}}rod^en. i5
S)ie bejüglid(^en SuHen tourben erft am 6. 3luguft öon Urban VIII. audgefteDt.
II. SBefen unb ©inrid^tung be« Drben«. 1) lieber bie Exercitia spiri-
tualia al« grunblegenb für bie innere (SigentümUd)!ett unb Sebeutung be« Orben« f. beit
bef. 9lrlifel S5b V @. 691-695, nebft bem auf ^auburnu« unb ©erfiarb uon 8ütp^en al«
lüidjtige 33orIäufer bc« (5i«ncro unb fio^ola bejüglic^cn ißac^trag Sb VI ©. 808. 20
2. a)te Drben«üevfnffung. — a)a« (S^efejjbucb be« Drben«: Institutum Societatis
Jesu, mit b^n ^onftitutionen al« ölteftem unb micbtigftem ^ern (ug(. unten). ^^ erfc^ien wadi
möglic^fter ©e^eim^oltung ober njenigften« Su^^ücf^altung feiner früheren SRcbaftionen im
SBucö^onbel erft ju 9lnf. bc« 17. 3aört)unbert«: SRom 1606 unb iO^on 1607. SBi^tig würben
bann bef. jnjei belgifd)e?lu«flnben: Institutum 8oc. J. etc., ^ntnjer^en 1636 (nebft einem ?ln» 26
bang uom 3.1665: Bullae, decreta, canones, ordinatioDes, instructiones etc.) u. ebb. 1709:
Corpus institutorum Societatis Jesu in 2 voll, distinctum. 3)en 9?ong einer offijieflen ^ox*
mal59(u«öabc erlangte erft bie ^roger ©bition: Institutum Soc. Jesu, ex decreto congre-
cationis generalis XIV. meliorem in ordinem digestum, auctum, recusum. 2 voll, iol ,
^rag 1757. ?(uf t^r fufet bie neueftc S(u«0.: moml869ff. (3 voll, fol.) 3)en 3nWt biefe« »
uniföngltd)cn G)efe0c«fobc{ bilben folgenbe @)ruppen uon llrfunben: I. ^ie bem Orben ucr«
lie^encn päpftlidicn 53unen, SBrefen unb^riüilegien; II. baS Examen generale societatis Jesu,
eine S3elcf)rung für bie in ben Drbcn ©intretenben über bcffcn 3Befen, 3we(f, 9lufaaben ?c. ;
III. bie Constitutiones, fanit ben it)ren einzelnen ?l6f(I)nitten (burcb fiainej, ugl. Vlbfdm. V
5. 9tnf.) beigefügten Dcclarationes, in 10 Kapitel tjon unfllei^er Sänge gegliebert unb bie 35
;,eiöentlid)e SSerfaffungSurfunbc" be« Orben« bilbenb; IV. bie Decreta et Canones Con-
gregationum generalium, nebft terfrtjiebenen, bie (äkf4äft«orbnung biefer ©eneralüerfamm-
lungen betreffenben ?lnt)ängen; V. bie Regulae Societatis Jesu, eine SReilje rec^tlidjer unb
Q«fctifcber 33ürfc^riften, teil« für« gemeinfcbaftlicbefieben aüerOrben«glieber (bie fog. „Regulae
communcs**) teil« für bie ^Beamten unb ©et)örben bc« Orben« im einzelnen (gelegentüdi oucft 40
feparat gebrucft, j. SB. in ^oIftcniu«*S3ro(fie Cod. rcgularum etc. III, p. 122—196); VI. bie
Ratio Studiorum ober ber ©tubienplnn be« Orben« — worüber im nftd)ftcn ^auptabfcftnitt
nfi^er ju ^nnbeln fein luirb; VII. bie Ordinationes generalium, formuliert nad) ber burd)
bie 7. ©enerolfongreg. feftgeftellten &affunfl unb in it)rem bauptf«d)lid) miditigen 4. Kapitel
bie auf bie religiöfc Seitung ber Orben«gIieber burcft bie Oberen bejüglic^en Monita generalia ^
entt)oltenb (gleid)fQfl« me^rfod) in Sonberou«ga6en erfc^ienen, j. ^. j^ufanimen mit ben ons
geftfinglen Instructiones ad Provinciales et Superiores, ?(oignon 1838); VIII. brei ©d)riften
Q«fetif(^en 3nl)nlt«, nänilid) bie 3g"a^fc^en Exercitia spiritualia famt bem ba^u gehörigen
Directorium (f. $Bb V 8. 691, 43 f.) unb einer Ginleilung: Industriae pro superioribus ad
curandos animac morbos — oerjafet, loie auc6 t>a« Directorium, auf 93etrieO be« 5. Orben«« W
flcnerol« 9tquaüiüa (f. unten, 9(bfd)n. V).
Gin 9lpofrt)pöon, ba« fid) 9efd)id)tlidi nid)t Oeriücrtcn Ififet, bilben bie fog. Monita pri-
vata s. secreta Societatis Jesu, jucrft gebrudl ^rofou 1612 unter bem fälftftenben Xitel:
Monita privata Soc. J., Nolobrigae 1612, unb bann be« öfteren — ol« angeblich ct^te (iJe^eim*
3nftruftion ?lquaüiüo« für 3Kitglieber unb SBeamte bc« Orben« — neu ^erau«gegeben, fo Bö
nod) uniöngft burc^ (I^arle« ©ouDeftre (Instructions secrbtes des J^suites, 19« 6dit., $ari«
1880) unb 'burd) ©.3. ©raeber, «ßfarrer ju ^^eibericb (2)ie geheimen SSorfcbriften imb 3l92o*
Dijcninftruftionen ber 3efuitcn, S3armen, 0. 3- [1887]). @eit öiretfer« geftarnifc^tcr ©cgen*
fdjrift Contra famosum libellum „Monita privata Soc. J." libri III apologetici, 3ngolftabt
1618, §at ber Orben biefe« $amp^let be^arrlicft jurüdgeioiefcn. öd ift eine, iual)rfd&einlicb 60
t)on bem (Sjjcfniten ^ieronl)mu« 3aorünj§fi gefdjidt unb niit o^ne genaue Äcnntni« ber in*
neren Orben«üer^«ltnif|e abgefaßte ©atire auf bie Ijeudilerifd^e ^royi« unb bie el)rgeijig«
berrfd)fü(6tigen Sntriguen ber Sefwilen, in biefer @iaenfd)aft anerfonnt nu(§ oon unbe*
fnngenen ®egnern be« Orben« luie ^. ©. ©icfcler (ficörb. ber 5iir(bengefd). III, 2 ö. 656 bi«
658), ^ubcr'(2). 3ef»itniorbcn. 8. 104-108), SReufd) (^. 3nbej oerbolener SBüd)er, II, 281). «6
748 ^^nitenorbeu
SSQl.SrtnS imÄÄiJ VI, 1379; Qucf) ©.S)u^r, gefuilcnfobchi, 3.9luf(., grcibutg 1899. — [gm
$ani)}^Iet oon ä^nlic^er Xenbenj erfd^ien 1645 ju ^enebig unter b. ^itel: Ludi Ck>nielii
Europaei Monarchia Solipsorum (b ^. ,,ber an ftc^ felbft ^enfenben''), oerfagt toa^rf(^fin(td)
Dom e^jefuiten (SIemend @cotti, geft. 1669. 8. (^iefefer a. q. D. unb bod bofelbft cit. &rf
6 üon ißic^ron, S^ocftricfttcn üon berühmten ©ele^rtcn XXII, 221.]
3. ^ritifd)c ^^orftcllungen unb ^Beurteilungen bcr SScrfaffuiig bt^ 3«*
fuitenorbenS. @. Sorben, 3)le Sefuiten unb ber Sefuitiämu«, 9lItona 1839; Drcfli, ^«
SBefen beg 3ef.*Orben8, «Botöbom 1846; 93obc, 3)Q§3nnere berOefellWaft 3efu, ßeim. 1847;
e. Sirngicbl, ©tubien über baS Snftitut ber ©efeüfcbaft 3efu, Spi. 1870; g. ^uber, 5)er
10 3cfuitenorbcn k., 6. 42—108; 3. griebrltft, ©eitrfige j. ®ef4. b. 3ef.^0.8, «TO« 1881;
S. $iaget, Essai sur rorganisation de la Compagnie de J^us, Reiben 1893; ®otbfin, ^n.
u. Sot)/ u. b. ®egenrcf., @. 403—467. ferner (5^. ^offmonn, ^cnne om SRt)Qn, ^ermann
aRütter in ben früt)er (?Ibfcftn. I, 2) cit. ©c^riften (biefe übrigen« mit SSorp^t ju benufen,
namentlich auc^ ^üQer, megen feiner tueitge^enben^o^ammebaninerung^tenben^).
16 1. S)iceicrjiticn. ®a« SBefen be^ jcfuitifc^en 3#i^t^ crfd^eint auf gtunb»
(cgenbc SBcifc au^cjjrögt junädf^ft fc^on in bem für bie ^eranbtlbung fetner SKitgUcba
unabänberfidf^ gur 3Sertt)enbung gebrachten SReglement ber geiftltd^en ©lerjttien SoJ^oIoi
2)iefe(ben ftnb jtüar axi^ ber 5taci^5 unb Unibilbung älterer SJorbtIber erttHxd^fen, bürfen
aber nidf^töbeftotüeniger in getüiffem Sinne aU felbftftänbige ©ctfteöfc^öjjfung be3 ©tiftia«
20 gelten. 3lfe unmittelbarfte SSorlage ift — toie auf ®runb ber SJadf^toeif e be« SeneWftiner«
|)e}}ej fd^on SRibabencira anerlennen mu^te (f. Sb V, ©. 692, 5b) — ba« um 1500 ent^
ftonbene Exercitatorium spirituale be« Sbt« Gi^nero bon 3Wanrefa bon tl^m benu|jt
toorben, Slufeer bemfelben fd^eint er aber aud^ ältere SSorbilber nieberlänbifc^ Urfjmm^
bor 2lugen gel^abt unb bertuertet ju l^aben, namenttid^ — tDie iüngft ber iefuttifdpe ©e^
25 (eierte aBatrigant in ben fitudes de la Comp, de Jösus 1897 (20. Mai, 20. Juill.
unb 20. Oct.) bieg toal^d^einlic^ gemad^t ^at — bie m^fttfd^en Iroltate t>on ®er^
3erboIt auö 3wtJ)^en (93ruber bom gemeinf. Seben, geft. 1390, 33erfafjer bielgelefener ©r-
bauunggfc^riften toie De reformatione virium animae unb De aseensionibus et
descensionibus spiritualibus) unb bon ^^^^^^^n^ Waubumu^, genannt ^I^em^oralid
30 (Sluguftincrc^orl^err juerft in Signetenberg b, 3*^*^^^/ ^^^^ ^^^ mehreren Orten fjranfreic^,
geft. nac^ 1500, aSerf affer eine« Kommentar^ j. ^o^enlieb unb eine^ feit 1491 öfter« ge^
brudften Rosetum exercitiorum spiritualium). S)afe bon biefer nieberlänbifismvpi*
fc^en Sl^fetcnfd^ule — ber fog. „mobemen Debotion" (3RoH, SJorreformatorifc^e ftird^em
gefc^id^te ber 9Jieberl. II, 360 ff.; Rödler, Slöfefe unb 3KöndE^tum, ©.544 f.) — eine nic^t
35 Wo^ inbircfte, burc^» ßi^nero ate 9Jad^abmer ^^bolii unb 5Waubumug bermittelte, fon*
bern birefte eintoirfung auf 3fl"^J ^^i Slbfaffung feine« ejerjitienbüd^lein« ergangen ijl,
l^at ebenfo tüie bie nur aUmäblic^e, erft gegen 1541 jum äbfc^lufe gebie^ene ßntfte^ung
bc« Süc^Iein« al« gefiederte li^atfad^e ju gelten (f. bef. auä) §. ^KüDer, Les origines etc.,
p. 26—35). aber al« blinber ^Jad^a^mer ber genannten 38oraänger barf 30"<^J borum
40 nid^t betrachtet toerben. ©o unmöglich bie 3wrütffü^rung bc« SJlanrefa-IraTtat« auf eine
bireltc Offenbarung ber 1^1. gu'^Gf^öw erfd^eint, ebenfo tocnig toürbe feine Suffaffung ate
einer geiftlofen litterarifd^cn ÄomJ)ilation, eine« fflabifc^en 9Jad^a^mung«))robuft« o^ne
felbftftänbige 33ebeutung, fic^ l^alten laffen. ^ie gejjan^erte %au\i be« f^nifc^en ftrieger«
hat ein in feiner Slrt ganj neue« (Sebilbe erftel^en lafjen, eine ben militärifc^en 3wfd(^nitt
46 bi« in« Rleinfte ju erfcnnen gebenbe freie 3lej)robuftion llöfterlid^ frommer nieberlänbifc^Kr
unb aragonifc^er 3Sorbitbcr, für bie e« eine treffenbere Sejeic^nung laum giebt at« ben
5Ramen ,,©olbatenfatec^i«mu«" (f. 8b V ©. 692, 20 f.; bgl. 3ötfler, in b. angef. ©<^frift,
©. 593 ff.). Ob mol^ammebanifc^e aSorbilber auf bie ©eftaltung feine« SEBerle« einen neben«
fäd^Iic^en (ginflufe geübt l^aben, erjc^eint giemlic^ jtoeifel^aft. SBa« ß. 5Wüller a. a. 0.
60 an 2öa^rfd^einlid^feit«momcnten l^ierfür beigebrad^t l^at — getoiffe 3Sorpriften für bie Sta-
bilen ber i«lamifd;en ©e^eimorbcn ber G^abel^a unb ber Quabt^a; Sftegeln für bie SSer«
rid^tung be« fog. 2)ifr=®ebet«, Anleitungen jur ®etüiffen«t)iiifung 2C — betd^ränft ft^
auf me^r ober toeniger entfernte SlnHänge. Unb an bircften ®ef^ic^t«jeugniflen für bie
bel;auj)tete Slbl^ängigfeit Soi^ola« bon mol^ammeb. 35orbilbcm mangelt e« bodf^ fe^ (fie^
66 meine 9lcc. im a^Sm 1899, ©. 162 f.).
2Ba« ba« Sgna^fc^e ßjercitatorium bor ben älteren 3^raftaten bon ä^nlidf^er S^cnbenj
borau« l^at unb toorauf feine tief cingreifcnbe SBirffamleit ^aiH)tfäc^lid^ beruht: ba« 3^^-
betou^te, ben 3^^* ^<^ 3Semid^tung be« ßigcnloillen« mit größter ©nergie jur ^ntd^
füJ^nmg Sringenbe feiner aSorfc^riften, mufe al« eigenfte ®eifte«t^t feine« Url^eber« gelten.
60 ©0 namcntlid^ bie überau« forgfältigc (SliÄerung ber einjelnen ü)lebitationen ! 3^^^ biefer,
auf burc^fdf^nittlic^ einftünbige ä)auer bered^neten unb für fünf berfdf^iebene 2^ge«jeiten
^fnittttorken 749
bcftimmten Sctrad^tungen beginnt mit einem aSorbcreitung^gebete, toorin (Sottet ©nabens
beiftanb angerufen h)irb ; bann folgen jtoei ißrälubien. t)a« erfte berfelben befte^t in ber
3Sergegenh)ärtigung be« Drte^, ber ^erfonen unb ber Umftänbe be^ biblifd^en ©reigniffe«,
mit einer Sebenbigleit, ate fei man unmittelbarer 3^W9^- äBeldf^e 93Ii(fe tl^un [xof ^ier
bem Übenben auf : er fic^t bie ©ngel fallen, bie Ureltem fünbigen, ben SRic^ter t>ers 6
bammen, bie §öße i^ren Slbgrunb öffnen; er l^ört, trie bie ^erfonen ber 2irinität ben
9latfc^Iu| ber ©rlöfung faffen ; er ftel^t an ber Rüppc, an bem ^orban bei ber 2:aufe, in
©aliläa ober in bem %tmpd unter ben erften ^örem: er toeilt auf bem Serge bei bem
3Serflärten; er öerje^t fic^ unter bie 3w'^9^ ^^'^ Slbenbma^Ie, er toerliert fxi^ in bie
©d^merjen be« Seibenben unb ©terbenben; er toanbelt mit bem äluferftanbenen. ®a^io
jtoeite HJrälubium beftel^t in einem ®AtU, toorin ber Übenbe um bie ©timmung Pel^t,
meiere bem ©egenftanbe entfjjric^t, um ©d^merj, 3^^*^^w"9 «"*> 2:i^ränen bei G^rifti
Seiben, um i^cilige ^eube bei feiner äuferfte^ung. Die an bie ißrälubien jehjeilig ft^
anjc^Iiefeenben 3Kebitationen geben jenen biblifdf^en ©egenftänben bie Sejie^ung auf bie
eigenen ßwf^'^tje unb betoegen fic^ in bemfelben finnlic^en (Elemente, fü^en aber toeit is
über ben gefd^ic^tlid^en Soben in« SReic^ ber ^l^antafte. ®er Übenbe fielet j. 33. (beim
S3eginn ber bie via illuminativa eröffnenben jtoeiten SBod^e — f. Sb V 6. 693,4off.)
ben §erm G^riftum auf einem (ieblidf^en ©efilbe bei S^öl^«^ ate ben ^eerfü^rer aKer
grommen, tüie er feine 3lpofteI auöfenbet, fte jur Slrmut unb äBeltöerac^tung mo^nt unb
jum ©iege ftärlt; bann auf einem gelbe bei Sab^Ion ben leufel, ben Sc^errfc^er berao
©ottlofen, h)ie er ja^IIofe S)ämonen in bie SBelt fd^icft, um bie 3Kenfd^en ju ergreifen,
au feffetn, ju feelenöerberblid^en Süften fortzureiten unb gule^t in bie $ölle ju ijerftofien.
Ober er fteDt fw^ im ©eifte unter bie ^eilige ^milie, bient bem ^of^j^^ ber S^ngfrou
unb bem ilinbe, teilt i^re Entbehrungen u. f. h). ^ib^ SKebitation enbigt in einem ©e*
\pxäd)^ mit S^riftu«, toelc^er ber ©ede burd^ aQe« ^Vorangegangene unmittelbar no^e ge« 36
treten fein mu|. ^ie l^öc^fte Energie be« finnlicl(^en ©efül^I« entfaltet bie Jlontem)}Iation
in ber fogenannten 3lj)}}liIatton ber ©inne. Qat j. SB. in ber erften SBoc^e ber Uebenbe
fic^ mit bem Setou^tfein feiner ©ünbe unb feiner 38ertoerflic^!eit burc^brungen, fo ftettt
er ftc^ bie $öHe öor unb nimmt feine fünf ©inne jufammen, um fi^ mit allen
il^ren Dualen innerlich ju erfüllen: er fie^t if)re oben Sftäume öon geuer^glut burdf^«»
lobert; er l^ört ben SBe^eruf ber aSergtoeiflung, ber in Sö'"*"^ w'^^ ©otteöiäfterungen
au« i^rer üefe herauf bricht; er riecht ben ©(9toefelbam})f unb ben Dbem ber ^ulni«,
ber fte erfüllt, er fc^medft in f\6) felbft il^re SBitterleit mit allen 2:^änen, bie bort getoeint,
mit allen ©etoiffen^biffen, bie bort emjjfunben toerben; er fü^lt an feinen ©liebem bie
flammen, in beren So^e bie ©eelen brennen, gn ber jtoeiten SBoc^e ift bie te^te Äon« 86
temj)lation jebe« S^agc« bi^em SJlanööer beftimmt. SDlan fielet ben Ort unb bie ^er?
fönen, bie Unteren nac^ il^ren ©efic^t^jügen, ©etoänbem u. f. f., finnlic^ gegentoärtig,
man ^ört fie reben, man fd^mecft unb riecht bie ©ü^igleit i^rer Siebe, man berül^rt mit
§änben unb Si))t>en i^re Kleiber unb i^re ©Jjuren. Sluc^ bie äußere Haltung entfjjric^t
burdf^au« bem ©egenftanbe ber Betrachtung. SSollIommene älbgefd^ieben^eit unb Suxixd- 40
gejogen^eit ge^t burc^ ba« ©anje ^inburc^. ^n ber erften SBod^e, bie ber ©elbfterforfc^ung
beftimmt ift, hjerben bie ^fter öerl^ängt, ber 5Webitierenbe toirft ftdf^ auf ben SBoben ober
bie Äniee, er legt ftc^ (Sntbel^rungen unb ©ati^faltionen auf. ^n ber lefeten 9Bo(^e, bie
ber S3etrad^tung ber Srl^öl^ung getoibmet ift, atmet aQe« ^eube: er lä^t ben l^eUen
©onnenftral^l in bie ^^üt bringen, er fd^afft fidf^ Sequemlic^feit, er fe^t ftc^ an ben 46
toarmen Dfen ; ber game äußere SRenfd^ toirb mit bem innem in bie ^uftänbe, um beren
SSergeaentoärtigung e« ftc^ l^anbelt, l^incingejogen. — 35er Äulminationijjunft, auf ben
bie erfte SBodf^e Einarbeitet, ift bie ©eneralbeic^te. 3n ber jtoeiten SBoc^e follen alle SBe^
trac^tungen be« öffentlid^en SBirfen« ßl^rifti barauf Einfielen, ba^ ber SKebitierenbe eine über
feine fünftige Seben^ric^timg unb ^fül^rung entfc^eibenbe SBal^l t)ollgiel^t: er foK fu^ 60
über ben ©egenfa^ be« angenehmen unb Unangenel^men, be« SReic^tum« unb ber 2lrmut,
ber 6bre unb ber ©d^mac^ ergeben, er foH E^rifti älrmut unb ©c^mac^ bem ©egenteile
öorjiel^en lernen. &at er nod^ leinen äußeren ©tanb im Seben, fo ift alle« barauf bc«
rechnet, i^n ju be^en SBa^l innerlidf^ fo ju bi«j)onieren, ba^ fie i^m al« feine freie
%f)at unter ber Ginloirfung ber ©nabe erfc^eint. Sin geeigneten fünften erhält er 66
SRatfd^läge, toie er jur bollfommenen Einigung mit ber Äir^e gelange. Er entf^lieftt
Si), alle firAlic^en Slnftalten ju emjjfel^len, alle lirc^lic^en 2öerle, aBaBfa^rten, äbläffc
eliquienüere^rung, §eiligenanrufung, ^aften, SBad^en, Äirc^enbau u. f. n>. ju loben,
enblic^ aber fein Urteil fo ijöllig unter bie Entfc^eibung ber Äird^c gefangen ju geben,
ba^ er, toa« fein äuge h)ei^ fielet, fdf^toar^ nennt, tomn e« ber Äird()e beliebt, (bie Regu- 60
750 dtfnitenorkctt
lae ad sentiendum cum Ecclesia; Ijgl. S3b VI, 694, u— 20). ©0 fül^ren bte Übungen
burd^ alle Sfalcn bc« ©efü^te, {(plagen alle ©aiten ber 6mJ)finbun9 an, fe^en alle 2:ricfc
febem ebenfotool^I ber tüirflid^en ^ömmigleit aU be« fc^toärmerifd^n ^nati^mud in 3}e=
tocgung, um ben aOStllen erft gut l^ödf^ften Snergie ju f^jannen unb t^n bann jum unbe^
5 btnglen ©el^orfam unter bte Slutoritöt ber Äirc^e gu beftimmen. ®a fie fotool^I mit
^rieftem tok mit Säten angeftettt toerben, fo begreift fu^ leicht, ba^ fie bielc toon bdben
jum eintritt in bte ©efeUfc^aft betoogen unb über^au})t ein« ber toirffomfien SRittd
tourben, um bie lauen (Semüter lieber für lirdf^üc^e ^ntereffen ju ertoärmen. 3)a^ b«m
ba« frübjieittg, toie im jefuitifc^en Sager felbft, fo aud) au^er^alb be^felben i^nen auf« ttii^
10 lid^fte gcf^jenbete Sob (f. Sb V ©. 694, 43 ff.).
2. 3!)ie Drben^toerfaffung. 3)urc^ bie 6jercitien, toelc^e ber Drben auf gött«
(tc^e 3;nf>>itation jurüdEfü^rt, ^atggnatiu« bie adfetifd&e SRic^tung be^felben beftimmt; ober
auc^ bie ilonftitutionen ober ©runbgefe^e ftnb o^ne ^toeifel unter feinem ©eneralote ent^
tDorfen tDorben, n)enn auc^ Samej, unter beffen ätmt^fü^ng fie förmlich angenommen
16 unb j)roI(amiert tourben, bie SRebaltion beforgt unb i^nen bie Id^te SoIIenbung gegeben
l^aben mag. SKanc^e meinen ben jtueiten ®eneral al« ben eigentlid^ organifterenbai ®eift
ber ©efeQfd^aft anfe^en ju muffen. 9lber in SQa^r^eit f^at biefer nur ba« toon ^gna) fc^n
überfommene Material t>erarbeitet unb bie t)on jenem ^errü^renben ©runblagen gerobeju
auf göttlidf^e ©ingebung jurüdfgefüi^ (f. ©otl^ein, ©. 406 ff.).
20 3la^ ben feit Sainej' ©eneralat (t|gl. unten abfc^n. V) in il^ren ©runbjügen fijrietten
Äonftitutionen beftel^t ber Drben au« toier Älaffen: ben 9lot)ijen, ben ©d^olaftilem, ben
Äoabjutoren unb ben ^rofeffen. Der ßw^^Rw^O jwm 9lot)ijiat ge^t eine genaue ^Mfung
ber SBerl^ältniffe unb 3"*^*iönen bc« 3lufna^mefuc^enben, fotoie bie G^rcitien borau«.
2)a« SJotoijiat bauert jn>ei ^al)x^, bie in bem Ülobijenl^aufe ijerbrac^^t toerben. S)ie %%t&'
26 orbnung fdpreibt für jebe ©tunbe, ja jum 3:;eU SJiertelftunbe, bie Scfc^äftigung firaige
bor. Äircl()enbeju(^, fromme Seftüre, Betrachtung, ®ebet, ®etoiffen«t)rüfung tpec^feln Don
morgen« 4 U^r bi« abenb« 9 U^r mit @r^olungen ab. 3)^^'^^^ i^ ^^ 3&od^ giebt
fic^ jeber auf ein 3^^.^^ hni^enb ber ^ft eine« Woc Waxxa bie S)i«ji>)Iin mit ber
©ei^el, bie inbeffen eine bIo|e ^^änbelei tft. 3*^ 6r]^oIung«ftunben unb auf ©>)ajier=
80 gangen barf nur über erbauliche ©egenftänbe gefprod^en toerben, 2)iejenigen, töeld^e mit
einanber au«ge^en, hjerben toon bem 9lot)ijenmeifter einanber jugefeHt. äu^erbem foHen
l>erfaffung«mäftig noc^ befonbere ?5roben ^vorgenommen toerben, beren jebe einen SRonot
bauert: Äranfen^^flcge im §ofj)itaI, Steifen al« Scttter, niebrige ©ienfüeiftungen, Unter-
richt u. f. \v, 3lad) öottenbeter ^srüfung«jeit tritt ber DioDije in ein Äottegium ber ®es
86 feHfc^aft unb h)irb ©d^olaftiler (ijgl. äbfc^n. III unb öon ben f^ier angefül^rten ©elften
bef. 9Ker^, 3)te 5ßäbagogif ber ^efuiten, ©. 24 ff. 169 ff.), gtoei 3a^re f^at er l^ier bem
©tubium ber Sl^etorif unb Sitteratur, 3 ^a^re bem ber 5ß^uofoj}^ie, 5pi^^ftf unb 3Jlat^
matif objuliegen. @rft nad^bem er hierauf felbft 5— e^ö^re lang ivon ber®rammatt( an
burc^ aQe klaffen bie ^c^er biefe« Se^rgang« al« Se^rer t)orgetragen unb baburc^ ptd:
40 tifd^ eingeübt l^at, tritt er ba« ©tubium ber 'Ideologie an, ba« toieberum 4—6 ^afyct
umfaßt. SBie grünblid^ unb umfaffenb inbeffen auc^ biefer ®ang auf bem ^Pa))icre er«
fc^eint, fo hjenig leiflet er in 3BirIIic^feit, ba 5Webitation, ^ttm, Äird^enbefuc^, ©r^Iung
fo öiele ^tit in 3lnft)rud^ nef^men, ba^ für bie Söiffenfd^aft nur t)erl^ältni«mäfeig toenig
übrig bleibt. Der ©tubiengang ift burd^ bie Ratio studiorum auf« genauere bor?
46 gefc^rieben. Die ältefte ift toon 1586; bie auf ber 5. ®eneralfongregatton befc^^loffene unb
1599 gebrudfte blieb unter mand^erlei SSerbefferungen bi« 1832 in ®ebraud^, too fte auf
SRootl^n« änorbnung bur^ einen neuen Unterric^t«t)lan, ber aber bem ®eifte e^er
aBiffenfd^aft ebenfo frentb ift h)ie ber frühere, erfe^t tüurbe. 9lac^ öoDenbeten ©tubien
erhjartet ben ©c^olaftifer nod^ ein hjeitere« ^robationöja^r; noc^ einmal toerben bie gei^«
60 liefen Übungen unb bie ganje £eben«h)eije be« Jloütjiate« hjieberl^olt, in«befonbere ^at er
Ji4 mit bem Söerfe Institutum S. J, toertraut gu mad^en; bann erft ewijjfängt er bie
iPrieftertüeil^e unb legt ba« ®elübbe cnttüeber al« Coadjutor spiritualis ober ol« ?Pro*
feffc ab. Der ©d^olaftifer leiftet nur brei aRönc^«gelübbe unb fioax soll Deo et non
homini; ber Äoabjutor legt biefelben in bie §änbe be« ®eneral« ober eine« bie ©teile
66be«|elben ijertrctenbcn ©ujjerior« nieber; ber Coadjutor spiritualis berf^jridf^t rüdfTu^tlic^!
be« ®e^orjam« nod^ fjjejictte eifrige Eingebung an ben 3w0^"bunterridf^t; bie ^rofeffen
l^aben überbie« noc^ ba« toierte ®elübbe unb jtoar in feierlidf^er SBeife ju befc^toören,
nämlic^ fic^ jeber ?IJJijfion be« $a))fte« unbebingt gu unterbieten (Professi quatuor vo-
torum ober nostri). Slu^erbem tücrbcn in ben Äonftitutioncn noc^ Professi triam
&) votorum ol^ne nähere Se^eic^nung ihrer ©teUung ertoäl^nt, ein bunller ^unft in ber
^ttitcttorbeti 751
SSerfaffung bc« Drben«, ber ju ben mannigfalttgften SScrmututiflcn 3lnla^ gab; man
glaubt in i^nen nid^t o^nc Orunb btc gcl^cimcn ^i^uiten ju crfennen. 3la(S^ Ck>n8t. P. V.
cap. II, § 3 bürfen ftc nämltd^ nur au^ getüi^tigcn Orünben jugelaffen tocrben unb
muffen hjenigcr burd^ h)if[enfc^aftlic^c Silbung, aU hnxd) bcfonbcre ®abcn fic^ em^fe^len.
3läi}cx^ über biefe fog. Indifferentes ober Affiliati bed Drben^ (ani) tooijl Jesuitae 5
externi, Jösuites de robe eourte) f. bei ©ot^ein (357—363), ber mit SRec^t ber je«
fuitifd^en äbleugnung i^rer ©jiftenj entgegentritt (i[)gl. auc^ $. SKüDer Les origines de
la Comp, de J., p. 111. 126f.). — t)ie societas professa (prof. quatuor voto-
rum) bilbet" ber 3<^|t nac^ ben fleinften ieil ber ©efeUfc^aft ©ie fmb bie berechtigten
©lieber ber ©enerallongregation, fie betoo^nen bie 5ßrofe|l^äufer, hjelc^c fein SSermögen 10
befi|en jotten, ober reifen im J)ä))ftlicl^en auftrage; in i^ren §änben ru^en ijorjug^«
h)€ife bie ^ben be« Sle^eö, toomit ber Drben im römifd^en ^^^tereffe bie SBäelt umftricft.
S)urd^ bie SuIIe ^ßaute III. bom 5. 3iuni 1646 Exponi nobis erhielt barum bie ®^
feDfc^aft bad SRed^t, Jtoabjutoren ju toäblen, ^Mitarbeiter aud bem geiftlic^en unb toeMid^en
©tanbe, bie jebergeit entlaffen hjerben rönnen unb beren ©elübbe auc^ nur für bie ^At is
binbet, h)äl^enb beren fte bem Drben bienen. Die toeltlic^en Äoabjutoren foBen hjeber
lefcn no(^ fd^reiben lernen ober, hjenn fie c8 bereit« lönnen, fic^ barin nic^t Leiter fort*
bilben: fie fmb au^fd^Iie^lic^ auf ^anbarbeit angetviefen. Die geiftlic^en ^oabjutoren
Serben meift für ben Unterridf^t unb bie Seitung ber ÄoUcgien bertoanbt; in älterer geit
burfte ein ?5rofeffe SReltorftetten nic^t befieiben. 20
3(n ber ©Jji^e be« ®anjen fte^t ber ©eneral (praepositus generalis). @r ift für
ben Drben, \va^ ber ^ap\i für bie Äirc^e: ber ©teHöertreter ©otte«. ©eine ©teile Vertritt
in jeber ^robinj ber ^ßroüin^ial (praepositus provincialis). Unter biefem fielen toieber
bie ^orfte^er ber einzelnen §äufer ber $rot)inj, im allgemeinen ©u})erioren genannt, f}}c«
»eQ Praepositus (be« ^rofeg^aufe« unb ber Steftbenj), Magister novitiorum ^e« 26
^robation^l^aufeö), Rector (be« Kollegium«), '^zh^m ©ui)erior finb Äonfultoren unb ein
Säbmonitor beigegeben, toelc^ le^terer professus quatuor votorum fein mufe unb i^n
nötigenfatt« an feine ^flid^t erinnert. Die Äonfultoren be« ©eneratö finb bie äffiftenten.
au^erbem ioerben no^ für befonbere ^nftitute unb erweiterte ©ejc^äft^Ireife ^räfeften
ernannt, j. SB. ber praef. studiorum generalium, inferiorum, ber praef. bibliothe- ao
cae, ecclesiae, concionum, lectorum ad mensam, refectorii u. f. h). Die Uniber^
ptöten ^abcn i^re befonberen Seamten. Die ^roturatoren bcforgen bie tocltlic^en ©e*
fc^äfte, g. 8. ^rojcffe, SRed^nung^toefen u. f. to. ; ber toic^tigfte ift ber bed ©eneral«. ©ic
finb feine ?5rofeffen. Die ßenforen in ber ^rot>inj }}rüfen bie bon Drben^liebem ber*
faxten 33üc^er, fie berichten barüber an ben ©eneral, ber fie ben SReöiforen ijorlegt; auf 86
il^ren SBeric^t beftimmt er, h)a« ju änbem ift unb bie 6enforen führen ben Sefel^l au«.
Der ©eneral ift ber lebenölänglid^e Seiter ber©efellfc^aft; alle ©lieber finb i^m jum
©el^orfam t)er))flid^tet ; in i^m fonjentriert fic^ eine ftarfe 3legierung«gen>alt, @r ernennt
bie 5Probinjiale unb bie übrigen Beamten meift auf brei Saläre; er entfc^eibel über alle
STufnal^men unb fann au« bem Drben entlaffen unb üerfto|en; er em}}fängt bie 93eric^te40
ber ^robingiale unb anberer Seamten, bie in beftimmten ^ften eingefanbt hjerben muffen,
unb überzeugt fic^ burc^ 35ifttatoren, bie er bcöollmäd^tigt, öon bemguftanbe ber einzelnen
^äufer. ©r ^at ba« SRed^t bon ben Äonftitutionen unb SRegeln ju bi«j)enfieren, fotoeit c«
bie älüdffid^t auf Jjerfönlic^e, örtlid^e ober jeitlic^e 3Ser^ältniffe nottoenbig mac^t; bie ganje
SJertoaltung, ^Regierung unb ^i^^^'^^^Won ru^t in feiner Äanb (über biefe gerabeju er« 46
brüdfenbe bi«fretionäre 3SolIgeh)alt be« ©eneral« bgl. bef. ^tüHer p. 124 f.). ^\xx Unter«
ftü^ung feiner 2lmt«fü^rung ift i^m ber ©efretär, ben er felbft toö^lt, an bie ©eite geftellt ;
er tft gleic^fam fein ©ebä^tni« unb feine §anb unb teilt jhjar nidf^t feine ©ehjalt, h)o^l
aber bie ganje Saft feiner ©efd^äfte.
Die ©ehjalt be« ©eneral« toirb befc^ränft buw^ bie ©eneralfongregation, beren orbent« 60
li(^e ftimmbered^tigte 5Witglieber bie ^^Jrofeffen fmb, bie barum, fofem nic^t aHjußjro^e
,@ntfemung e« unmöglich mac^t, einberufen hjerben muffen, ai« au^erorbentli^e SDlitglieber
finb noc^ geiftlid^e Äoabjutoren unb Sleftorcn ^u n>ä^len. 3lad) ben Seftimmungen ber
4. ©eneralfongregation (Form, congr. gener., cap. I) tritt fie jufammen l.jurSBa^l
be« ©eneral«, 2. nrenn e« fic^ um bie Slbfe^ung bc«felben l^anbelt, 3. Wenn bie äffiftcnten, 66
^rotoinjialen unb Sofaloberen burc^ ©timmenmel^r^eit bie 9Jothjenbigfeit i^rer Berufung
erfennen, 4. h)enn bie alle brei ^al^rc unter bem SBorft^ be« ©eneral« gu 9lom tagenbe
3bgeorbnctent>erfammlung au« ben ^roöinjen fid^ bafür au«f))ri(^t. SBie ben $ä))ften bie
Äonjilien, fo finb ben ©cneralen bie ©eneralfongregationen begreiflic^ertocife ftet« bcbenf«
Iid(^ : il^rer äSerufung fud;te man böiger immer au^utoeid^. ^x ^af)l be« ©eneral« eo
752 dtftttteiuirbett
bilbet bie ©cneraüongregation ein ftreng abgefd^toffene^ jtonKat)e unb il^ren SRitgßebem
barf bte gur Scenbigung biefc« ©cjd^äft^ nur SBaffct unb S3rot gercidf^t toerben. ©obolb
bie SBa^l burd^ ©timmcnme^rl^eit boHgogen unb jirollamiert ift, ergeben pe jic^ otte t>m
i^ren @i|en unb betvetfen bem neuen ©eneral burc^ Beugung beiber Jlnie unb burd^ boi
6$anblu| i^e 3Serel^rung. 6r barf biefe S^renbejeugung nid^t ablehnen, toeil fie nid^
feiner ^erfon, fonbem bem gilt, bef[en ©teile er ijertritt. 3lbgefe|t lann ber ®eneral nur
bon ber ©eneralfongregotion in beftimmten ^äHcn Serben, g. SB. toegen fleifd^Iic^ SSer-
ge^ungen, toegen Serhjunbung 3lnberer, toegen Veruntreuung ber ÄoHegiengelber u. bgL
Siegt ein folc^e« SJergel^en toor, fo pnb bie Slffiftenten eibli^ berj)fli(^tet, eg^ei ber ©e^
10 f eQfd(^aft mr 9(n}eige ju bringen unb bie (Sinberufung ber ©eneralberfammlung )u beron^
laffen. SBäirb ber 3lngeHagte fc^ulbig befunben, fo foll mit il^m berl^anbelt h>crben, ba|
er freitoillig fein ämt nieberlege, unb biefe 3lbbanmng foD beröffentlic^t, fein 3Jerge^
ober unb bie baburd() motivierte Slmt^entfe^ung forgfältig öer^eimlid^t toerben. 9let(^t bie
3lnIIage nidf^t gur äbfe^ung au^, fo fott man gum ©c^eine, ate toäre bcdtoegen bie 3Sei>
16 fammlung berufen, anbere ©egenftänbe berf^anbeln unb ftc^ ftellen, afö fei bon bem Ser^
gelten be« ©enerate gar nidf^t bie SRebe getoefen. — ^ux Äomj>etenj ber OeneraKongtegatton
gel^ört femer bie Slbänberung unb Srgöngung ber Jtonftitutionen. 9iur borüberge^be
ßinrid^tungen lann ber ©eneral treffen. 3[ud^ toä^It fte bie äffiftenten, beren icber eine
älngaf^l bon ^rot^ingen, Assistentia genannt, }u ret)räfentteren ^at @ie bleiben bi^ )um
20 Xobe be^ ©enerald im 9lmte unb bilben ebenfotool^l feine ftänbigen Statgeber, al^ bie t^n
forttoäf^renb fontroDierenbe Sel^örbe. ®el^t einer bon il^nen mit lob ab, fo toirb feine
©teile burd^ ben (Seneral neu befe^t.
3. S)ie ®e^orfam«boItrin unb '}}ra|i«. — 3)a« S3anb, toelc^^e« alle ©lieber
be« Orben^ umfd^Iie^t unb i^r gefamte« %\)un unb ©trcben auf grunblegenbe SQBeife t>ott
25 bem aller übrigen religiöfen ©enojfenfc^aften be« Äat^olici^mu« unterfd^ibet, iß ber ©e*
l^orfam. 3" i^inem Drben ift bie ©ei^orfam^öfefe big ju biefem ftraffen Sligoriömu^
angezogen (^ödtler, äötefe unb aRönd^tum ©. 593 ff.). 3fcur burt^ ben ©el^orfam, be«
merten bie wonftitutionen, lann eine über bie berfc^iebenen ©rbteile unter ©laubigen unb
Ungläubigen Verbreitete ©efellfd&aft mit bem ^aupU unb unter fic^ in fteter (Sin^eit er=
80 galten toerben. ^m Segriffe be^ ©e]^orfamg liegt e«, bafi ber bejjonnene geberjug augen^
blidElid^ abgebrod(^en tverbe, tvenn ein ^efe^l beg ©ut)eriorg ergebt. ®r foQ fid^ ni(^t
blofe auf bie 3:^at, fonbem aud^ auf ben SBillen unb bm SSerftanb erftredfm. ^tht bem
Sefel^l beg ©uperior« cntgegenfte^enbe eigne 5Weinung ober Urteil mu| mit blinber Untere
toürfigfeit verleugnet toerben, „fo lange man nic^t beftimmen lann, ba^ ber 93efel^( eine
35©ünbe in fw^ Wliefe?" (bgl. baju, fotoie jum Slu^bmdE obligare ad peccatum: 3^30^
1864, ©. 148 ff.). Überl^aujjt re|präfentieren bie ©u^jeriorm ben einjelnen ©liebem gegen=
über bie göttlid^e S^orfei^ung unb ed ift bamm für aQe '^flic^t, fic^ Von bm SSorgefe^m
leiten ju laffen, toie ein Seid^nam (ac si cadaver essent, Constit., p. VI, c. l), ber
nur ber äußeren behjegenben Urfac^e nac^giebt, ober toie ein ©tab, ber ber ßonb feinet
40 2^rägerg toittmloö bient. ^t mel^r ba^ S'^^'bibuum im blinben ©e^orfam fic^ gerobe }u
bem Verftel^t, Wa^ bem eigenm SBillen unb Urteil toiberftrebt, befto Völliger entfjmc^t e^
bem göttUd^en SBiUen. — S^ren llaiftfd^en SIu^bmdE l^at biefe gorbemng be« blinbm ©e^or^
fam« unb be« Opfer« be« SnteDelt« in ber (^pi\iA Vom 10.3lt>ril 1555 gefunben, tvdd^
3gnaj an bie ^jortugiefifd^m 3l<Jfwitenlollegien richtet, ^n biefem 33riefe De virtute obe-
46 dientiae, ber bm Äonftitutionm regelmäßig beigefügt ju toerben J)fl(^t unb Von jel^
ba« l^öc^fte ^nfei^m im Drben genießt (f. ba« 3lnth)erj)mer Corp. Institutionum Soc. J.
I, 644 unb vgl. S9uß, 2). ©clettfc^. gjefu, ©. 553 ff.; ©ot^ein, ©. 450. 454; §eim*
buc^er II, 64), ^eißt e« u. a.: „Si^er ftc^ ©otte ganj Eingeben toxU, ber muß außer bem
aBiöen and) bie SJcmunft — toelc^e« ber britte unb l^öd^jte ©rab be« ©e^orfom« ift —
60 ^inojjfcm ; er muß nic^t nur im SöoHen, fonbem auc^ im 3)mlm mit feinem ©uj>erior
Völlig ein« hjerben unb fein Urteil bem be« Dberen bergeftalt unterloerfm, baß ber fromme
SßiUc bie 3l"^clli9^nj Ö^nj unb gar beugt". 2)er®e^orfam toirb ebm^ier befdf^riebm ate,
„ein Sranbopfer, toorin ber ganje innere ^Dienfc^ jtc^ ungeteilt in ber glamme ber Siebe
bem ©c^öj)fer burd^ bie §anb feiner Wiener barbringt", ate eine „Sntfagung, Iraft berm
66 ber 3Kenfd^ ftd^ vöUig feiner felbft entäußert, um gelentt ju toerbm burc^ bie §anb ber
Dberen" . . . „Saffen h)ir un« von anberm Drbm m^ig übertreffm in gaftm, SBadj^m
unb aller Safteiung, bie fte gemäß il^rcn ^Regeln in ^eiliger Slbfidf^t beobadptm! 34^ aber
h)ill, baß bie Wiener ©otte« in unfrer ©efeUfc^aft fid^ burc^ ben reinm unb Votten ©e»
borfam au«jeic^nen, (nämlid^) burc^ aufrid^tigen Serjid^t auf i^ren eignen SÖiUm unb
60 Verleugnung be« eignm Urteite". Slußcr bm fd^on angefül^rten Vergleich mit bem
^nitcttorben 763
:^ei(i^nam unb ©tod (f. o.) muffen gcIcgcntKd^ noä) pehjä^Iterc Silber jur Seranfc^au^
lid^ung bteje^ ©e^orfam« bicnen; fo in bem öon SRibabeneira mitgeteilten fog. ,,ieftas
ment" So^ola^ (einer Slufgeid^nung an^ beflen legten Xagen — f. ©otl^ein, 453) mit
,,einem Sffiac^^Iügelcl^en, ba^ [\d) in jebe^orm brürfen läfet", ober einem „fletnen Ärujife
ba^ nac^ Selieben fi^ breiten unb toenben läfet". 3)ie öon $. 3Kütter au^ mul^amme- 5
banifc^en Urlunbcn, in^befonbere folc^en be« ©enuffi-Drben^ unb ber 6^abel^a*©efte, bei^
gebrachten ^aralleten gu biefen unb äJ^nlidf^en ©d^ilberungen (SJlüDer, Origines p. 69 f.)
fmb in ber li^at bemerten^hjert unb laffcn bie annähme einer äb^ängigfeit Soi^ola^ bon
berartigen 3Sorbilbern au^ bem 3^lam, toenn nid^t ai^ geboten, bod^ afö erftärtid^ unb
berjei^lici^ erfd^einen. 10
ein ©cl^orfam h)ie ber l^icr gefd^ilberte fe^t begreifüd^crtoeife iJöBige 3lblöfung \)on
allen äußeren Sanben \yoxa\ii. 2Ber in bie ©efellfc^aft eintritt, l^at SSater, 9Jiutter, ©ruber
unb Sd^toeftem ju öerlaffen; jebe natürliche Siebe, bie er ju il^ncn trug, mu| ftc^ fortan
in eine geiftlic^e öerhjanbeln ; G^riftu^, b. 1^. ber ©ut)erior, in ioelc^em er ß^riftu^ ju
t>erel;ren ^at, tritt an bie Stelle feiner Slut^bertoanbten. 6r foD ba^er auc^ nic^t fjjred^en: i6
„3c^ ^öbe, fonbern ic^ ^atte eitern unb ©efd^toifter, nun aber l^abe ic^ fie nic^t me^r."
er foll mit i^nen jebe Äorrefjjonbenj abbxtd^m, toenn nic^t bem ©iH)erior ba^ ©egenteil
gutbünft. 2llle ©riefe finb bemfelben offen m übergeben; er lieft unb beförbert fic an
il^re 2tbreffe, hjenn er e^ nic^t an^ l^ö^eren älüdtfid^ten borjie^t, fie ju unterbrüdfen. ©0
häufig unb bringenb bie Äonftitutionen bie gegenfeitigc Siebe ol^ ba« gunbament ber ®c- 20
feUfc^aft emjjfel^len, fo toenig bcgünftigen fie nähere 38erl^ältniffe ber einzelnen ©lieber
untereinanber. 3)er ^rüfenbe foll ben 3lufna^mefud^enben fc^arf beobad^ten unb über^
tvad^en, ba^ nid(^t bie Steigung ju f|)euellen ^reunbfd^aften (charitatis particularis
affectus) bie allgemeine Siebe beeinträchtige (P. I cap. III, § 16). 5Kur ber Drben
felbft lann nac^ bem ©runbgebanfen be« ^nftitut^ ba« Dbjeft ber Siebe fein unb ber 25
einzelne nur fo toeit, ald er i^m angel^ört. ®anj f 0 öer^ält e« fid^ mit ber ^Rationalität
unb bem ^atrioti^mu^ be^ 3^f"i*^"iö9li*^0^- ^ "^"6 fi^ o}}fem, toeil ber Drben fortan
feine $eimat toirb. 3" ^'^^ eingäbe an bie rufftfc^e ^Regierung bom 11. ©ejjt. 1811
crilärte ber Drben^eneral 93r|;ojoiogf\^ tüörtlic^: „ätHerbing^ finb auc^ einige äu^länbcr
in unferem Drben, aber fohjie fie aufgenommen fmb, ^aben unb fennen fie reine anberen .10
©runbfäfec, feine anberen 3n^^^ff^"# ^te bie ber Äörperfc^aft, ber fie untoiberruflic^ cin^
berlcibt finb" (Sutterotl^, ^u^anb unb bie ^efuiten [tjgl. äbfc^n. VI], ©. 26). 9«c^t
minber ift c^ in bem ©runbgebanlcn be^ Orben^ begrünbet, ba^ ioer il^m angehört, i^m
DöUig befannt fei unb Don i^m burc^fc^auet ioerbe. 3)ie täglichen ©eioiffen^forfc^ungen,
meiere bie Siegeln ijorfc^reibcn, bienen nid^t blofe bem ftttlid^en gortfc^ritt, fonbern ben 35
jjraftifc^en Drbcn^^toedten. ©d^on ber Slufno^mefuc^enbe toirb angetoiefen, nic^t allein bem
Seid^tiger, fonbern auc^ bem ©u^jerior ben freien S3lidf in fein §crj, feine 9Jeigungen,
feine SSerfuc^ungen ju eröffnen unb nic^t« ^u öer^eimlic^en (Summ, const. 32). er
toirb bamit betannt gemacht, ba^ er ftet^ beobachtet unb bafe alle feine 3)iängel bem
©ujjerior mitgeteilt toerben, beffen ©orl^alt er mit ©anftmut unb ©eloftüerleugnung an= 40
june^men l^obe. S)a in ber Siegel leiner o^ne ben il^m jugetoiefenen ^Begleiter ba« $au^
öerlaffen barf (Regul. praep. dorn. prof. § 84), fo ift ju bicfcr gegenfeitigen ©eobac^«
tung forttoäl^renb ©elegen^eit geboten, ^icfelbe gel^t burc^ alle ®rabe burc^, felbft ber
©eneral toirb Don feinen 2lffiftenten, bie ®uj)erioren Don il^ren Äonfultoren fontrolliert
(toegen ber Surdj^fül^rung bemfelben ©Jjionagef^ftem^ auc^ in ben g^fui^^^fc^u^^n f- bt\. 46
3)Jer^, ©. 58 f.). S)er Sorftcl^er jebe^ ipaufe^ l^at Dollftänbige Äataloge ju führen, toorin
bie einzelnen ©lieber nac^ 9lamen, 2llter, anlagen, ©tubien, Sefc^äftigungen c^aralterifiert
toerben. ^iefe Äataloge ge^en jäl^rlic^ burd^ ben ^roDinjial an ben ®eneral; ebenfo
geben biefcm bie litterae annuae umfaffenben S3eri(|t über aUe^, toaö in jebem §aufe
Semerfen^toerteö borgegangen ift. ^aburd^ bleibt ber ©eneral über jcben feiner Unter- 50
gebenen in genauer Kenntnis.
e« liegt am 2iage, bafe bie ununterbrochene Übertoad^ung unb eingetoöl^nung in ben
äußeren unb inneren ©el^orfam, unterftüfet burc^ bie geiftlic^en ejercitien, burc^ bie lage^s
orbnung, burc^ bie ganje Slic^tung ber »efc^äftigung, burc^ religiöfe unb J)erfönlic^e 5Ölo-
tiDe, allmä^lic^ bal^in fü^rt, ba^ ber ^«fuit feine angebome eigentümlid^feit mel^r unb mel^r nr>
abftreift unb mit ber Drben^tjl^Vfiognomie Dertaufc^t. er benft, glaubt, fü^lt, toill, toa^
biefer il^m metf;obifc^ eingiebt; er |at leine anberen Steigungen, al^ toeld^e biefer il^m er^
laubt ober Don il^m forbert; fogar in feiner äußeren erfc^einung mu^ er ben ßwfd^"^**
be« ®anjen tragen, bem er fid^ mit Seib unb ©eele ^u eigen gegeben |at. er barf fein
.6auj)t nid^t frei betoegen, fonbern mu| e^ aufrec^^t I^K^tten mit leifer Seugung nad; Dorne; m
SReal^dnc^nopabie für Z^eoloflie unb fi{r(^. 3. «. VIU. 4g
754 ^fnitenorben
bie 3luöen follcn in bcr aicßel bcn Sobcn fuc^en, ofinc ^aft ftc^^ rul^ig ergeben unb toa^
renb bc« 9leben« nur ben unteren %c\l be« ängeftclf^tö bc« änbem feieren. 3)ie ©timc
barf nic^t gerunjclt, bic 9?afe nic^t gerümjjft Serben, bie 3^9« nur ben Stu^brudf ^iaen
^ieben^ tragen. ®ang, Schritt, Haltung, Oeftilulation unb Stimme — in bem allen
6 foll fid^ bic toollfommenc äffeftlofigleit unb ber ftrengfte 2lnftanb offenbaren (Regulae
modestiae). ®Ieici^U)ol;I tüürbe man irren, tomn man annähme, ba^ bie einjelnen ®K^
ber beftimmt hjären, nur bie inbifferenten ejem}>Iare ber ©attung 3^"^*^" 5" tocrbeit
eine getüifle ßlafticität unb ^eil^eit ift auc^ in ber Seitung ber^nbirtbuen nic^^t gu \Kt:
fennen. 3)ie ©ejettfc^aft iuill ftc^ atterbing« i^rer ©lieber ijottftänbig bemächtigen, borum
10 mu| ber eigne SBiUe unterbrüdft unb bcr bc^ 3"f^^wt^ ^^^ fubftituiert toerben, auc^ bwi
bcr inbibibuellcn (Sigcnttimlic^feit mu^ aufgegeben tocrben, h>a« nidf^t in ben Drben^eiji
aufzugellen bermag. 3lbcr ift einmal bicfe Operation öottbrac^t, bann toirb bem, toa^ t)on
ber urf))rünglic^en ^nbit^ibualität noc^ übrig bleibt, biellcic^t t)on feinem Orben fo finrgfam
Slec^nung getragen, h)ie bon biefem. 9!)iit bch)unberung«h)ürbigem ©d^arfblicf crgrünbct
15 er, hjol^in jebcn feine Seftimmung hjcift unb mittclt il^m im großen Organi^mu^ ben
$la$ axi^f h)0 er feine nac^ bcn Drben^j)rinjiJ)icn ju bcn Drben^jmecfen au^ebilbetc Se^
föl^igung am crfolgrcic^ftcn für ba^ @an^e )u bertoertcn t)crmag. Sben barauf beru^
jene Siclfeitiglcit ber ialentc unb ber X^ätigfeiten, meiere ber Drben in fic^ bereinigt.
333enn bie entfd^cibung bc^ Drben^ an bcn 3^"'*^" ^g4^# "^^9 P^ ^^^ ^^f ^^ «^'
20 bebrungörcic^ftcn, gefal^rt)ollften Sahnen bem gctriflen 2:obe cntgcgenfti^ren, er unterwirft
fiep lautlo« unb opne 3<^w^«^ feinem ©c^icffale, nic^t feiten mit einem §elbenftnn unb
einer 2iobe^bcrac^tung, bie h)ir mit 93ch)unberung betrachten lönnten, h)enn h>ir nic^t
h)ü|tcn, h)ic öiele eble, gottgefällige 2;riebe bc« §crjcn« gctoattfam erftitft unb toemi(btd
tocrben mußten, um fie jur $Kcife ju bringen.
26 3)aö 3^^^ ^^cf^^ f^^" bcred^neten, lunftöoD geglieberten Drgani^mu^ ift nic^t bic ^eac
be^ inneren Sebeng, fonbem bie äußere %l)at; fein aBirlung^frei^ nid^t bie befc^ulitpe
©titte bcr einfamcn 3dlc, fonbem bie 9Belt. 3^r fünbigt er mit ber ganjen Sncrgie feiner
tonjcntriertcn Äraft bcn überloinbenbcn Äan^jf an unb ber 6rfolg, um ben er ringt, Vji
bie SEBieberl^crftcllung unb 3lu«brcitung bc^ mittelalterlichen Äat^olici^mu^, bie ^ercfc^ft
80 bcr römifd^cn Äirc^c über ben ©taat. ®ie SRcligion unb il^re Übungen , bie 3Biffenf(^ft
unb il^rc Scftrcbungcn fmb nur bie 5Wittcl, toomit er fic^ fclbft unb anbere ^u biefem
3n)ecfc leitet. S)arin l^at bcr Drben feine tocfentlidf^e Seftimmtljcit, bie er auf letnem (Sc»
biete verleugnet: er ift bag ^^^f^i^"^ *>^ abfolutcn R^^dmä^x^Wxt älle^, ioa^ er jur
^cbung unb Silbung bc« inneren Scbcn« an feinen ©liebem t|ut, bcabfic^tigt nur bie
36 äibric^tung unb älu^rüftung gur il^ätiglcit nac^ au^en. Da^er jene« öorft^tigc SRap-
l^altcn fd^on be« 39"^^i"^ (bgl. obm) unb ebenfo ber folgenbcn ©efe^geber in i^ren gor«
bcmngcn betreffe ber äl^fcfc, berm Übungen fie burdf^au^ öom SBillcn be« ©m)erior^
abl^ängig machen, bamit bie Äräfte be^ ©cifte^ unb be^ Äör})er« nic^t erfd^ö^jft h)erben.
4. ^Prebigt unb ©eclforgert^ätigleit be^ Drben^. 3)ie grtic^te, h>el(^
40 bicfe in i^rer Slrt au^c^cic^netc Organisation be« Orben^ auf feinen beiben §auj)tarbeit^5
felbcrn: bem bcr l^cibcnbcfc|rcnbcn 4^ätigleit toic bem be^ innerfirc^lidf^en — teil^ fat^o^
lifc^'fcelforgerlic^en unb ^jjäbagogifc^en, tcil^ fc^crbclcl^rcnben — SEBirIcng ^eranreifm madj^tc,
begannen jdjion bei bc^ ©tifter^ Scbjcitcn in ©cftalt beträc^tlid^cr ©rfolge ju tage ju
treten. Söä^rcnb bic 2)arftellung jcincö äußeren ü)Jijrion^toirfen^ nni ^ier nidf^t näl^er fc
4o jc^äftigcn fann (f. barübcr bcn 21. „SKijfion", fomie bie auf einjclnc ^öujjtmiffionare toie
Xatoier (33b VI ©. 229) 2C. bo^üglic^en 2lrtifcl ; bgl.j.S. auc^ unten äbf^n. V), gel^ört ^ier^
l^cr 5unäc^ft eine fur^c 6^araftcriftif ijom inncrfatl[|olijj^cn 2öirfcn bc^ Drbm^ burd(^ ^re«
bigt unb ©eclforgc, auf toclc^m ©cbictcn feine auf jReftauration be« römifc^en itirc^*
iocfm^ bcjüglic^m Sciftungm juerft bcbcutfam hervortreten.
50 SRic^t blo| in il^ren äu|crcn ^ofitionen toar bie fat^olifc^c Äirc^e um bie SKitte be^
16. 3;^^^^^wnbcrt^ gurüdfgebrängt, auc^ t^rc 2lnfc^auungen mu|tm bei bem Solle, bei ben
©cbilbeten, gum ^eil fclbft bei bem Stlcru« t)roteftantijd^cn SSorfteHungcn h)eic|en ober
burc^ 3Scrmifc^ung mit bcnfclbcn il^rc ßigcntümlic^lcit bcrliercn — ba mtfalteten bie Se*
fuitcn il^re Il^ätigfcit mit raftlofer fenergic. Sffiäi^rcnb fte ^icr bie Söanfcnbm ju befeftigen
66 unb bie Sauen gur ©ntfc^icbcn^eit ju brängen ijcrftanben, tricbm fie bort i^e Äeile tief
in bag §cr5 bc^ ^roteftanti^mu^ l)m\n unb gewannen teite burc^ Übencbung, teild burd^
gctoaltfamc ^Hcaftion^ma^rcgcln, bic fie Veranlagten unb unterftü^ten, ber alten Äirc^e
gan^^c Sänberftrcdfm toicbcr. i)ic Hcrifalcn 2lmt^t)cnic^tungen Waren in ber borreforma*
torifd;m 3^^^ au^crorbcntlic^ vcmac^läffigt toorben ; bie S^fwiten unterjogm fic^ i^nen mit
Go ungeteilter Eingebung, ©c^on ^aul III. erteilte i^ncn bic SSoDmad^t, überall in Siix^fycn
:3l(fnitctiorbeti 765
unb ©trafen ju J)rcbi0cn, bic Salramentc ju tocriöalten, 33eic^tc ju ^ören unb in aücn,
fclbft in ben bem ^ajjftc rcfertjicrten fällen, mit äu^no^me bcr m ber SRad^tmaJ^töbuDe
bejcid^ncten, ju abfotoieren. 3)ur(^ bic 93uUe Cum inter cunctas cntbanb er ftc 1545
Don bcm gcitraubcnben gcmcinfamen (Singen bcr lanonifc^cn $orcn im ßf^ore ; unb ha ftc
im Saufe bcr 3^^^ nod) ijon t)ielen anbern SScrbinblic^leiten, toclc^c fonft ben ÜJJönd^^orbcn 5
obliegen, g. 93. t>on ber 3!eilna^mc an ^rojejfionen unb SJütgängen, bi^tjcnficrt iourbcn,
fo tonnten ftc ungel^inbert il^re ^cit ber 3lueübung ber Herifaten ^flid^tcn tüibmcn. 3L^or
allem nal^men fte [\^ ber ^rebigt an; mit bcjonbercr Betonung foHte in berjclben bic
SBid^tigleit ber tirc^lic^en älnftalten l^ertjorge^oben unb jur fleißigen Säeic^te, gur Seiftung
\)on 93u^n)er!en, gum ©ebraud^c lirdblic^er ©cbcte unb änba^töübungen, jur frommen, lo
b. \). lirc^lid^en Seitüre unb jur forgfältigen, im lat^olifc^en ©inne ge^anbl^abten Ätinber^
^ud^t ermal^nt toerben. — SBirIfamer noc^ al^ bic ^rebigt fonnte ben reftauratiüen Rh^ed cn
bie SBeid^te bienen. S)en Sßrieftem tourbe bic forgfältigfte Sluebilbung ju biefem ^eruf«*
jtücige jur ^flic^t gemacht. Scfonberö follten fte ftc^ in ber Beurteilung fc^tüieriger ®^
toifjen^fälle üben, eine lurje grageftettung ftd^ angetoö^ncn, gegen bie einzelnen ©ünben i6
ftet^ bie 93eijj)iele unb 2luigfJ)rüc^e ber ^eiligen bereit galten, unb U)ie in ber ganjen SSer^
toaltung be^ Su^falrament^, fo auc^ in ber äbfolution bie gleiche gorm unb ^Rctl^obc
beobad^ten (Reg. sacerd. 10— 12). ©egen grauen toirb ftrengc 3urüdtl^altung emtjfo^len.
Sefonbere Sorfd^riften betreffen ben Sefuc^ bei benfelben (Instr. III, pro confessariis).
!3n ber Siegel JoH er ganj eingeftcDt unb nur im casus necessitatis geftattet tücrben. 20
2)iefer befd^ränlt ftc^ auf brei JJälle! 1. toenn bie ^au öon 2lbel unb änfe^en ift;
2. toenn fte ftc^ um ben Orben berbient gemacht f)ai] 3. toenn man anncl^men barf,
bafe e^ i^rem @|cf;erm nid^t unangenel^m ift. 5Wur hjcn ber ^robinjial baju qualifiziert
finbet, barf biefc Sefuc^e machen (ijgl. audf^ ben St. „S^fw^^'^^'^^^'O- 3Ri^ befonberer 3lbs
fid^tlic^feit gel^t ber Drben barauf au«, ben gtirften au« feiner 3Kitte 93eic^tt)äter m be- 25
ftellen unb i^r Serlialtcn ift ftrift öorgcjeic^net. ^ie unbebingte äöal^rung be« SSeid^t^
fiegel« fdf^ärfte 1590 9lquat)iba allen ?}rieftcm ein. 6r öertoarf au^brüdflidf^ bie entgegen*
fte^enbe SReinung, bag man unter Umftänbcn au^er^alb be« 93eic^tftul^l« bon bem Seicht'
gel^eimni« ©ebrauc^ machen bürfe (Inst. V, de notitia habita per Confessionem).
3)urd^ bie 3<^fwitcn fam bie Seichte in fatl^olifd(^en Sänbern h)ieber in öoHe 9lufnaf;me 30
unb ift bi« auf unfcre 3;age ein hjirlfamc« 3Jlittel geblieben, bic ®eit)iffen ^u leiten unb
unter ben firc^lic^cn ©el^orfam gu beugen, ©ie bilbct baffer ein ftänbige« S^ap'xUl auc^ ber
9Kiffton«}}rebigten.
■Jläd^ft ^rebigt unb Seichte ioar c8 bic ©rjicl^ung eine« bon ben latliolifc^cn gntcs
reffen ganj burd^brungencn ^riefterftanbe«, Vorauf ba« 3lugenmcrf bc« Drben« bon Sin* .15
fang an l;au^)tjäc^lic^ gerichtet toax, ©oUjo^I biefe« 2lrbeit«gcbict, ioie ba« nid^t minber
eifrig in Singriff genommene ber ^roteftantenbefel^rung unb bircften 8elämt)fung ber
Stcformation, gilt e« eingel^enber Betrachtung in ben nä^ftfolgenben Slbfc^nittcn ju untere
jie^en.
III. ^Päbagogifd^e Il^ätigleit unb hjijfenfc^aftlic^c Seiftungen bc«4o
Orben«. A. ©runbföte unb ^Ut^obe bcr gefuiten'^^öbQgogif. 3^ic Ratio
Btudionim Hocietatis Jesu ift i^rem auf Sotjola felbft fii jurücffiifirenben ^Teinic nacft ent»
polten in Pars IV bcr i^onftitutioncn, loo in 17 Kapiteln über bie Jloflegicn, bie 8tubicn
unb bic Uniuerfitftten be« Drbcn« gebnnbelt wirb. ?luf biefcr filteften unb cinfod^flen ©runb*
logc erlüudj« (unter ®eneral ^(quouipa unb im 9(njcölu6 on bic unter i^m 1584 geljaltene 45
oicrtc ©encralfongrcgotion) junäc^ft eine proüiforijcftc, bloft ald ^amiffript gebrucfte ©tubien»
orbnuuq : Ratio atque institutio studioniin, per sex Patres ad id jussu R. P. Pnicpositi
Generalis deputatos conscripta, SRom 1586 (bei ^odjller, t. I, p. 25 ss.). 3^ bcfinitlucr
(Geltung fortgebilbet unb crgäni^t erjd)ien bie(e Ratio studiorum ^u 9?eapel 1599. ©ine neue
^u§g. berjclbcn, mit einiaen ubn ber ficbenten ®encraIfongcgr. befc^lofjencn SSerbeffcrungen, 50
trat ju SRom 1616 nn« fiidjt. S)ie neuefte 9?ebaftion, o^ne prinjipIcUc Umgeftaltung bc§
^ejt«, nur mondie 9(npaffungen an bic ficftr unb i!eben§bcbürfniffc un|cre« 3ol)r^unbertS
üorne^mcnb, rü^rt üom 3a^re 1832 ^cr. @ie^c ben urfunblicö genauen ?lbbrucf bei (^. ^l.
^acfttlcr, S. J. = Ratio studiorum et Institutiones scholasticae Societatis Jesu i)er Germa-
niam olim vigentes coUeetae concinnatae dilucidatae, t. II, p. 234-481 h. ugl. überhaupt bic 55
brei ©bc blcfe« mertüollen ©ammchoerf« (= tom. II, V unb IX uon ^. ^c^rbact)« Monu-
mcnta Germaniae paedagogica), ©erlin l'^87--1890.
Sc^rif ten ^ur Beurteilung be« jefu it.'päbagog. Sl)ftcm§: 6>.2Beic!ev, 3)aö
ßc^ulttJefcn ber gefuiten nad) ben Crben«gefc&en bargeftcüt, ^oüc 1863- 6. Si^ngiebl unb
3. tuber a. a. D. (f. m\d)nA, 2); 3. Äelle, a)ie 3efuitengl)mnafien in Oftcrrcidj üom?lnf. go
be« oor. 3a^v^unbert« bi« jur ®egcniüart, $rog 1873; bcrjelbe in ^3 ©b 35 (1876); Älucf*
l^oOn, S)ic 3cfuitcn in 95Q\)crn mit bcf. fRücffic^t ouf i^rc fie^rt^ätigfelf, $8 »b 31 (1874);
48^
766 3efitttenotbett
SJ. $Qu(fcn, ®cf(6. bc§ gelehrten UntevricötS auf bcutfdjen ©djuleii üorn 9lu«gQng bcö ^Äe ic,
II (18H5), 282ff. ; XöUinger'SReufd), gKoralftreitlflfcitcn 2C. {\, u.), 479-511 (bic Ratio sto-
dionim); ®. aRüflcr, Unterri(f)t u. ©rjic^iung in ber (äJefeüfc^Qfi 3cfu loä^rcnb bc« 16. S^bls.,
In Ä. 91. ScftmibS „eJefcfeicftte bcr ^x^ktiunQ", fortgeführt üon ®. 6*mibt (Stuttgart 1892),
B III, 2, ©. 1-109; ®. 3Äer$, S)ie ^öbagogif bcr Scfniten, nnd) ben Oucttcn Don bcr filtcftcn
(n§ in bie neucfte Seit barqefteflt, ^cibelbcrg 1898.
©(^uffcftriftcn für bie 3efw»tcn* $äbagogif : 9i. Gbner, S.J., IScleuc^tnng bcr
Sdirift bcS 3. Ä^eüc über bie bfterr. Sefuitcng^nmafien, ßinj 1874; tB. Sauer, «u« bem
Diarium Gyrnuasii societatis Jesu Monacensis, ^Kündjcn 1878; ^. i&thtr, @)cfd)i(i)tc bcr ge*
10 leljrten ©cftulen im ©ot^ftift Somberg, ^Bamberg 1880; ^u^i^e^, S. J., Loyola and the edu-
cational System of the Jesuits, 9ie!tJ'?)orf 1891; 3- 3)elbrcl, S. .1., Les J^uites et la Pe-
dagogie au seizifeme sikile, ^arig 1894; 3of. SJJciß, 3ffwitcn unb 3cfuitcnf(^|ulcn (©eft III
ber ^fibogog. SSortröge u. 9lbf)anblungen), Slempten 1894; 3. 3Qnffen, ®ef*. beö l>cutfdjfn
S^olf«, 93b VII, @. 82ff.; 93ern^. S)ul)r, S.J., ^ie ©tubienorbnung ber ©cfeUfdjaft 3ffu, mit
16 einer Einleitung (= SBibliotbef ber fatM. ^öbagogif, 93b IX), &reiburg 1896f.; bcrfelbe
in 93b IV ber ^ßacfttlerfdjen Ratio studiorum (MG paedag., t. XVI), 93erHn 1894.
B. fiitterQrifd)e X^ätigfcit bcr Scfuiten. 3m all gemeinen: $ctr. 9?ibü
bcneira, lUustrium scriptorum religionis Societatis Jesu catalogus, %nttDer))en 1602 ; 2. öcr-
mefirte ^lufl. 1608 (Qud) S^on 1609; 9?ouen 1613 unb 1653); $^il. 9((egQmbc, Bibliotheca
20 scriptorum Soc. Jesu, post catalogum Petri Ribadeneira nunc novo apparatu libronim ad
an 1642 editorum concinnata etc.; acced. catal martyrum Soc. Jesu, ^ntiuerpcn 1643fol.;
9{at^anael (Boutt)n)eÜ, Ribliotheca scriptorum Soc. Jesu, opus inchoatum a F. Ribad..
continuatum a Ph. Alegambe, recognitum et productum ad an. jubilaei 1675, 9iom 1676.foL;
Wuguftin unb 9Uopd be 93Qcfer (ft 1873 unb 1883), Biblioth^ue des ^rivains de laCJomp.
2r» de J^sus ou Notices bibiiographiques 1. de tous les ouvrages publj^s par les Membrei«
de la CJomp. de J., 2. des Apologies, des Controverses religieuses, des cntiques litt^raires
suscit^es ä leur sujet., 7 voll. 4®, fiüttic^ 1853—61; nouv. edit augm., ibid. 1869—76;
neucfte crtoeilcrtc 3lu«g. (in ca. 10 93bcn) von RSorloS @ommerüogcI,93rüffclu. $arid 1891 jf.
93gl. bcSfelbcn P. ©ommerüogcl Dictionnaire des ouvrages anonymes et Pseudonymes
30 publik par des religieux de la Comp, de J., 2 vols., ^ari^ 1884. gerncr: Moniteur
bibliographiquc de la Comp, de J., ^ari« 1889; XQOagnutii, Bibliotheca catholica Soc.
Jesu; 93crj. ber »üidjtigften ©cftriftcn üb. b. 3efuitenorben feit 1830, Sien 1891 ; «Ifr.
.(^om^, S. J., Chronologie biographique de la Comp, de J^sus. I: Province de Lvon,
1582-1762, ^oriS 1900.
H5 ©efamtüber blidc über bie uerf(^iebcnen (äJebictc jefuitifd} • lui f fcn»
frf)aftlicl)cr X^ätigtcit: ^. «. @met§, %a^ tftat ber Sefuitcnorbcn für bic 9S8iffcnfd)aft V
iBeantroortet in einem S^cricicftniö ber uorjüglit^ften ©cftriftftcücr biefc§ Crben« unb i^rer
©(Triften, "^ladicn 1834; 93u6, ^ic ©efeUfd). 3cfu 2C. (1853), ©. 1571-1628; 3anftcn in
SBb VII f. ®efc^i(ftte b. bcutfdjcn 93ültö; ^ricS im MS VI, n. f. f.; C)cimburf)er, Orbcn unb
40Äongreg. II, 154—196. — g)Jcf)r fritifd): ^uber, S^cr 3cfuitenorbcn 2c., bef. @. 403-427;
SReufdj, 3)cr Snbej jc. (passim) ; g Si^ippolb, 3). jefuit. ©c^riftftcttcr ber ®egcnnjart in
S)cutfdjlanb, fieipjig 1895.
(Sinjelnc ®ebiete. SBiblifc^e @jegefe : 9?i(^. ©imon, Hist. critique des prinei-
paux commentateurs du N. Test., Sf^otterbam 1693; ^JKe^er, ®ef(l)i(^le bcr ©cftriftertlfirung,
46 ©öttingcn 1804, 93b III, 356. 465 ff. ; fi. 2)leftel, 3)a<J «Itc Xcftamcnt unb bic Sircftc 1869,
©. 385 ff. 440 ff.
(öefd)i(^te unb ^ivt^cngcfcfticötc: 3- ^- ©ti)ger, S. J., Historiographi societati.o
Jesu ab eins origine ad nostra usque tempora, SRegendburg 1851 ; 93. S)u^r, 3)ic alten
beutfdicn Sefuiten oIS ;g)iftoriter : ßtlö XIII, 57 ff. ; 9BegeIe, öJefdft. bcr bentfdjen ^iftorio:
60 grap^ie, ^JUiünc^cn 1885 (passim). ^gl. b. 91rt. Acta martyrum et sanctor. (I, 148, 11
bi§ 149, 24).
^l)iIofop^ic unb bog mal. X^cologic. ^leutgcn, S. J., ^ic X^eologie bcr 9?or'
seit (1853 ff.) unb : ^ic <P()iIofop^ie ber 9Sorjeit (1860 ff.); Ä. Serner, gronj ©uorca u. bie
©d)olaftif ber legten S^fJ^^unberte, 2 93be, JHegen^burg 1861 ; bcrfelbe, ®cfd). ber apologet.
65 unb pülem. Sitt. 2c. 93b IV (©d)affi:)aufen 1867). ^i^gl. bie 91rtife( 93ajug (93b II ©. 3b3),
^effelö (0. ©. 2), 3Qnfen (o. ©. 589). «^olino, ©uare^ 2c.
aWoralt^eologie. ©I. ^aScal, Lettres provinciales, $ariö 1657 (ug(. ben bciitfdicn
Äu^jug barau« üon 3. Q&. SDre^borff, ^^cip^ig 1887) ; (Saenborf, S)ic 3Roral unb ^oliiif bcr
Sefuitcn, 3)armftabt 1840; 93urft)arb fieu, *^citr. jur 3Bürbigung beö 3cfuitcnorbcn§, 2u^€m
r,o 1840; S)öninger u. SReufcft, ®cf(i. ber ^Woralftreitigfciten in ber rijm.«fat^. fiirdjc feit bem
16. 3at)i'Öbt., 2 93be, ^«brblingcn 1889; g. $). 9Jeufd), 93eitrögc j. ©cfcft. beS 3cfuitcnürbenS,
TOindjen 1894, bef. ©. 169ff.; berfclbe, 3)er Subcy 2c.. bef. II, 327 ff.; 958. &a^, (äJefd). bcr
d)r. (£tt)if, II, 1, 185ff.; II, 2, 147ff. (93erlin 1886f.); fiut^arbt, ®ef^. bcr (^r. etfeif II,
©. 115—141 — gum ©Qf üon bcr „Heiligung bc§ 3»DCffS burt^ bic Mittel" f. i.Xtil fc^on
er. frühere polcmifdjc 3)arlcgungcn, lüie bic \)on &bf. ^axk^ (3efuitcnfpiegel, 8$^ 1839 ; au(ft
fP); &• ^- ^acohx (3). 3cfuitcn; 3 SSortröge, ^oUc 1862); O. 9(nbrefi, 5)ic ucrbcrblit^
"iDiüroI ber 3ff"itcn in ^?(u^iügcn au*5 i^rcn fed&riften, 9?u^rort 1865; Maurer, Si^eucr ^c
^fefnttenorbeit 757
fuiteiijpiegel, ^(üiicftcn 1868, u. anbere. gcrncr bic neueren Jeit ber (Spodje be§ Ä'ultur*
!am|)f8, wie : ^Doctrina moralis Jesuitarum. 3)ic SRorol ber 3cfuiten quellenmäSig narfi'
geiüieten auS iftren 8djriften uon einem Äatöollfen", 2. ^Tufl , (Sefle 1874 ; 3. 89iirggraf, ^ic
3ÄoraI ber 3efuiten (SSorlrag), SBittenbergISS?; 3. 4). ®raebcr, S)cr 3efultenorben, 4.9lufl.
S5onnen l587; gödfer, 2)er Scfwit^wctben nadi feiner ©tellung in ber ©ntioicflunflSgeft^ic^tc 6
beö ^ön*tum«, »armen 1889 (@. 48). «u8 neuefter geit befonber« «ß. XMacfert, 3efuitlfcfte
•iDüöccOen, 3ß® XIX, 2, 367—371. SJgl. ben «rtlfel „^robabiliSmuS" u.a.
^olitif. eilenborff a. a. D. ; ©über, S)ie rir*Iid)-poIitifcbe ^Sirffamfeit be« 3cfuitcn-
orbenä, »erlin 1873; 9?(fnfe in f. ^©iftcr.^polit. Stfc^r^II, 606 ff. (über bie 3bec ber »olf«*
fouoeränetÄt i. b. ^cftriften ber 3cfuiten) : au* ®efdj. ber $äpftc II, 179 ff.; SReufcft, »eitröge, 10
@. 1—58; 9?icö. £reb8, 2)ie polit. ^ubliciftif ber Sefultcn unb i^rer (äJcgner in ben legten
3o^rjef)nten \>ox «ludbrurfi beS SOjä^rigen Ärieg«, ^olle 1890; g. ^^ippolb a. a. D.
Watur» unbSpradjmiffenf diaften. Rödler, ^KifHon unb Wffenf^aft in ber^ICffl.
8- f. ^iffionSm. 1877, I; berfelbe, ©cfcftictite ber SBejiet)ungen j^ifc^en Xfieol. u. 9?atum. I,
S. 555 ff.; II, 332 ff.; ©über, Sefuitcnorben, 6. 418—421; ©eimbut^er, Orben u. Äougreg. 15
II, 172—178; 3. 3)a^lmann, S. J., 3)ie 8pra(^funbe unb bie SRiffioncn (50. ergfinj.-^ft. 3.
Stimm, aus 9Kor.-2aa(^), greiburg 1892.
^oefie, §lrc&iteFtur, bilbenbe ^unft k. »ilmar, ®er\)inu8, ^oberftein, Scijneiic.
in i^ren ®efrfi. ber beutjcften "Wotionallitteratur; 3- 3<^»1>I«^ @tubb. unb »eitröge *ur ©e*
fcfticfttc ber 3cfuitentomöbie k., ©amburg 1891; Sanffen, ®ef4. b. beutf elften »olf 8 k. »b VII; ao
^uber, Sefuitenorbcn, 8. 424-437; &. Safob, 3)ie ^unft im ^ienftc ber Äircfte, 3. ^Tuff.,
fianbS^ut 1880; ©eimbucfter, II. 178 f. 184 ff.
A. 3^fwtttfc^e 5Päbago0tI. 2)te (SefeUfc^aft 3«fw ift toefentltc^ unb in erfter
Sintc ein ©rjie^ung^orben ; fie übertrifft in Sejug auf forgföltig funbamentierte pSta^o^
Q\\d)t S3eftrebungen unb erfolgreiche Seiftungen, befonber« im loderen Untetrid^tös unb 20
©rjiel^ung^toefen, fämtlid^e neuere Drben be« RatJ^oIici^mu«. S)em Solföfd^ulunterric^t l^at
fte im attgemeinen nur geringe 3lufmertfamleit getoibmet. ©eranbilbung ber vornehmeren
3ugenb fotoie be^ RIeru« gemäfe il^rem militärifc^en ©el^orfam^rinjij) ift ftetö il^r ^axipU
jiel bejto. ein ©auj)tmittel jur ßrreid^ung il^re« 3*etö getoefen. Sorgfältige Untertoeifung
m ben Haffifd^en Bpxai^tn, namentlich im Sateinifd^en — l^inter bem fc^on bo« ©ric« ao
c^ifd^e, unb h)eit mel^r nod^ bie ietoeilige 3Hutterft)rac^e (2)eutf(^ k.) ftarl jurüdtritt —
bilbet überall bieOrunWage be« Unterri^tgöerfol^ren« in i^ren ÄoHegien (3Rer|,©.82ff.).
Slber nur ber formellen ©eifteöbilbung foh)ie ber Vorbereitung ju ^öl^erem ©tubium im
©ienfte fatJ^olifc^^firc^lic^er ^ntereffen l^at biefe f^jrac^lic^e ©d^ulung auf ber ©tufe ber
studia inferiora ju bienen. i)ie auf ber jtoeiten ©tufe ftc^ anfc^Kefeenben ejalten 35
SBiffenfd^aften — in Den älteren S^ejten ber Ratio studiorum nod^ ftiefmütterlic^ be»
Rubelt, erft feit 1832 eingel^enber berüdtfic^tigt — foHen allgemeine Silbung förbem unb
ben ^jraftifd^en ©inn h)edten. 3)ie 5pi|ilofo))l^ie enblic^, auf ibre ariftotelif^^fd^olaftifd^en
©runbbegriffe jurüdtgefti^rt unb in ber ?form borgetragen, toeld^e fte bem aJlittelalter t>ers
banit, foU nur bie §anblangerin ber lat^olifd^en ^^eologie lüerben unb biefe in il^ren aH^ 40
gemeinen 3Soraugfe|ungen begrünben lielfen. ^r ba« tl^eologifd^e ©tubium h)urbe bie
©umma be« 3:^oma« bon Slquino im allgemeinen ma^gebenb (bgl. unten B). ©0 ftel^t
alfo ber ganje lüifjenfd^aftlic^e Selirgang au^fd^liefelic^ im 3)ienfte ber Äirc^e. 3luf feiner
©tufe barf ettoa« vorgetragen toerben, ft)a^ einen nur leifen 3*^rifrf 6^^ ^<^^ 2)ogma
aufregen fönnte, Vielmehr ift ber Unterrid^ öon feinen erften Slnfängen an t)lanmä|ig 40
barauf berechnet, ba^felbe ben ©emütem eimuj)flanjen. 3" ^^ ^^mtman^ialtm toirb
ber UnterridS^t unentgeltlich erteilt, ba^felbe ^m angeftrebt, ber gleid^e ®ang unb bie gleid^e
3Jlet^obe eingel^alten. Unb bie beträd^tlid^ lange 2)auer be« ©tubiengange^ — bom6in=
tritt in« ©c^olaftifat bi« jum (gmjjfang ber ^Prieftertoeil^e minbeften« 12 ^Qi)xt (f. 5Wer§
171 ff.; ögl. aud^ oben II, 2) — Verbürgt ba« $ert)orgel^en grtinblid^ gefc^ulter, in ben so
3KedS)aniömu« ber Drbenöfunftionen aUfeitig eingelegter unb ber Drben^fad^e unbebingt er^
gebener 5Wänner au^ biefen 2lnftalten. SBie unbered^enbar mufete ber ßinflufe eine« 3n=
ftitut^ toerben, ba« in ber ftegreic^en 2)urd^fübrung ber reftaurativen 3!enbenj feine einjige
aufgäbe erfannte, ba« alle SJcittel allein nad^ biefem 3h)edte bemafe unb au^ beffen Äolle*
Slien jufünftige 3legenten, ein neuer ^ßriefterftanb unb faft bie gefamte (Selel^rtenlüelt in 66
atl^olifc^en Sänbem aU Vertreter ber römifc^en 3«tereffen (hervorgingen !
B. Sitterarifc^e 3:^ätigfeit be« Drben«. — 9tn (Sele^en l^at e« ben 3e^
fuiten nic^t gefel^lt, fte l^aben eine lange Steige glänjenber Flamen unter ben S'^^Ö^ <>"f'
jutoeifen — toal^re 3Biffcnfc^aft aber, ein burd^ Unbefangenl^eit unb emften 3Babr|ieit«ftnn
geabelte« gorfdjien mufete i^nen fremb bleiben. 2)ie SBiffenfc^aft liat i^re ^\ü^at in fic^ ; eo
ben 3^«iten h)ar, toa« fie unter biefem 9Jamen begreifen, ftet« nur 3Kittel jur ßrreic^ung
il^rer Crbengjtoecfe. 2)ie SBiffenfc^aft liat bie greil^eit be« ®eifte« unb ber Unterfud^ung
7d8 S^efnttetiotbett
l^u i^rcr uncrlä^id^cn SSorau^fc^unö; fte fann feine §cimat in einem ^nftitulc finben,
ba^ barauf au^gcl^t, jeben pentalen ©d^lüunö be« ©ttebenö ju Demid^ten. SBo ftc^ 6d
einzelnen gefuiten ®j)urcn einer freieren fritijc^en gorfdS^unß finben, ift ber @cip i^rcö
Snftitut^ baran unfdj^ulbig, fte l^aben il^n verleugnet, ©inen reetten ©ctoinn. fyabcn fic
6 ba^er bem tüiffenfc^aftlidS^en gortfc^ritt auc^ nur auf ©ebieten gebradS^t, bie toic bic SRat^es
inatif, bie ^Jaturtüiffenfd^aft, bie G^ronologie, bie ßrllärung bon Hafj. ©c^riftftellcm unb
t>on Snjdjiriften, bie mit ben 2)oItrinen ber Äird^e in feinem näfieren 3jffÄn^n^^n^öng fte^en.
Die SSerbienfte jefuitifd^er Slftronomen toie ber Äalenberberbefferer ^tpf). Sc^IüjfcI (ßa-
biug t 1612), ber ©onnenflecfenentbedter 6l^r)jl^. ©c^einer (f 1650), ber Homctencntbeda
10 unb ä5enu^t)l^afenbeobad^ter ?^ranx bon 93ico (f 1848), ber ©onnenerf orfc^er unb ÜJleteoroIogc
Slngelo ©eccd^i (f 1878) fmb augemein anerfannt (bgl. toegen bc^ le^tgenannten bef. 3of.
$o^le, P. a. ©eccc^i, Röln 1883); nid^t minber bie bon ^p^vFi^««^ ^^ Orbcn« tote ba
Dj)tifer ©rimalbi (f 1663) unb ber ate J)oIt^l^iftorifd^c^ Uniöerfalgenie (Doctor centum
artium) bielgefeierte Sltl^anaftu^ Äird^er f 1680 (f. u. a. S5rifc^ar, % Äirc^er, SBürjburg
15 1877), bon Stnguiften h)ie ^o\. 6onft. Seöc^i (f 1746) unb Sorenjo §erba« (f 1809),
bon Sbitoren flajftfd^er ©d^riflftetter lüie Slngelo 5Wai f 1854 (f. be »adter II, 962 ff.;
§urter, Nomencl. III, 1109 ff.; StS(2\ VIII, 483 ff.). @iner Überfd^äftung beö SKert^
berburd^ biefe unb äl^nlic^e glänjenbe 9Jamen rej)räfentierten iefuittfdj^en Oele^rtengefd^it^te
ftel^en freilid^ manche (Srtoägungen entgegen, gm 5?er^ältni^ jum faft unüberfc^baren
20 öeer geringwertiger 2lutoren, \a toiffenfc^aftlid^er JJuIlen, erfc^eint bic 3ö^l ber anerfannten
äoti}pl}äm ber SBiffeufd^aft bod^ jiemlidj^ unbebeutenb (t)gl. Sa ß^alotai^ bei ^uba
S. 403f. „... 33eieth)a 2000 ^rofefforen ber 5Katl^ematif nur fo toenig TOot^ematiferl").
Unb tuenn nid^t im $unft ber ©efd^ic^t^forfd^ung — too toenigften^ baö t)on il^ncn ol^
j^agiologijdjien gorfd^em ©eleiftete lüirflic^ groj baftel^t (j. 33b I ©. 148 f.) — fp boc^ auf
26 bem gelbe j)^ilologif(^er unb Jjatriftifdj^cr ©bitorent^ätigfeit ftnb fte bon ben aScrtretem
anberer Drben, inöbefonbere ben franjöfifdj^en Senebiftinem (5Kaurinem), toeit überflügelt
tüorben, jumal fte ni^t feiten il^re 2lu^aben ber Äirdj^enbäter im bogmatifc^en gntaeffe
gctüiffenlo^ fölfc^ten. ^n ber X^eologie ^aben fie bor^ug^eife ba^ gelb ber ?Jolemit
unb ber Äafuiftif angebaut, unb unleugbar l^at in erfterer S5ejie^ung SeHarmin bun^
30 fd;arfe ^räjifion be^ tribentinifc^en Sel^rbegriffg ©rofee^ geleiftet unb baö ©VP^*" beöfelben
ungleidj^ treuer unb toal^rer bargeftellt, aU bie Vertreter beö neueren 3bealfat^olict^mu^,
namentlich 5Kö^ler. ©leid^lüo^l ^aben fte ba^ Sebenejjrinji}) i^reö Drben^ auc^ in t^r«
2;^eologie auf eine eigentümlid^e SBetfe ^ur ©eltung gebracht unb baburd^ einen bebcuten=
ben einflufe auf bie lüiffenfd^aftlid^en SRid^tungen in ibrer Rird^e geübt. SBie ftc^ nämli(^
36 bie fatl^olifd^e Dogmatif im Mittelalter enttoidelt l^at, ging fte in berfd^iebenen SRit^tungen
au^einanber; nid^t blofe bie ©c^olaftif unb bie 5Kt^ftif traten in fd^arfen GJegenfa^, fom
bem aud^ bie erftere bilbete ©c^ulen, bie trie bie tl^omiftifc^e unb ffotiftifc^e [xdf in fe^
mefentlid^en ©runbjügen unterfd^ieben. 2)arum fonnte eine güHe mannigfad(^er biffercnter
SlnfdS^auungen in ber bamaligen fatl^olifc^en SBelt nebeneinanber beftel^en; feit ber Siefor«
40 mation Ratten ftd^ nod^ au^erbem bermittelnbe ©tanbj)unfte gebilbet, auf benen ber grofee
©egenfa^ be^ 16. 3ö'^i^,^"»^bert^ feine ©c^ärfe aufgab unb in neuen 3)oftrinen feine 2(u^
gleid^ung anftrebte. 3)ie ^efuiten gaben in biefer Unentfd^ieben^eit ben Sudfd^lag. ©ine
fo tiefftnnige, rein innerli^e Slid^tung, toie bie 3W^ftif, fonnte bei i^nen nur ft)orabif^
unb zufällig auftaud^en; meift ftnb fte i^r feinblidj^ entgegengetreten, ^btn tüetl mit bem
45 ^roteftanti^mu«, toa^ bon tiefer ^nnerlid^feit in ber alten Äird^e bor^anben getoefen,
großenteils auögefc^ieben ttjar unb fid^ für fxd) fonftituiert ^atte, fal^ ftc^ ber römifd^
ÄatJ^oliciSmuS barauf angelüiefen, fein eigentümlid^eS SBefen immer me^r in glänjenber
äu^erlid^feit unb in 33e^anblung ber religiöfen SBa^rl^eiten geltenb ju machen. 2)cr 3^
fuitiSmuS ift ber fd^ärffte Sluebrucf für biefe SRtd^tung. Dbgleid^ ftc^ bie Qefuiten in ber
50 ©d^olaftif im allgemeinen für %\)oma^ entfdj^ieben (j. befonberS ben großen S^oma^
fommentar i^reS ©uarej, 5Kainj 1605 ff.), fo toäl^lten fte bod^ in ben einzelnen Sc^rcn
mit befonberer SSorltebe unb mit Verleugnung jeber irenifc^en ienbenj meift bie ^ofition,
\vd^c ber ))roteftantifd;en Sluffaffung am entfd^iebenften gegenüberftanb, — fo j. S. auf
mariologifd^em ©ebiete baS fcotijc^e 2)ogma bon ber Immaculata conceptio, be^leic^en
55 im 2el;rftü(f bon ber ®nabe eine bom SluguftiniSmuS beS^ r,6ngel« ber Äirdj^e" nac^ ber
femij)elagianifc^en ©eite ^in abhjeid^enbe 3)oftrin u. f f. Überl^aut)t folgen fte, toie i^re
5. ©eneralfongregation 1593 (Decr. 41) auSbrücflidS) erflärt, bem Doctor angeliciis
nur bann, „toenn er mit unferen Äonftitutionen im ßinflang fte^t". — 3lur bie toefent-
lid;en l;iftorifd[>en SWomente biefer ©nttDidtelung tl^reS ©influffeS auf ba« neuere römifc^e
m fiirc^entDefen unb firc^l. Sel^rgebiet jeien l^ier in JJürje angebeutet.
3fefutleii0tbeit 759
B6)on auf bcm Äomilc ju %xmi legte [\i^ bie SSebeutuna be^ Drben^ bar. (S«
iuurbe bie Äarbtnalfrage über bie Slec^tfertigunfl erörtert ; mandS^e SKeinungen ftreiften nal^e
an bie ^jroteftantifd^e Siuffaf jung ; ba gaben mit ßaraffa bie ^efuiten Sainej unb ©dmcron
bie entfdj^eibenbe SBenbung. Sllle berartigen Sluffafjungen tourben berlporfen ; bie 3t^U
fertigung toarb im fcl[>olaftijc^en ©inne mit ber 2Biebergeburt ibentipjiert unb ^ule^t toefents 5
l\6^ auf bie guten SBerfe jurüdgefü^rt. 3)amit h)ar in ber GJrunbfrage ber ß^aralter
be^ Äonjite entfc^ieben ; mit 38erlcugnung jeber bermitteinben 3:enbenj fteHte e« ben fatl^o-
lifd^cn Se^rbegriff, toie i^n bie S^olafti! au^ebilbet l^atte, im Jcproffften SBiberf^mic^c
ber t)roteftantifc^en Se^morm entgegen. Sei biefem Slnlafe berfudpten auc^ bie granji^
faner il^re Orbenöboltrin bon ber unbefledten ©m^jfängnig ber SJlaria burd^jufefeen : fie 10
fanben in Sainej unb ©almeron Iräftige S3unbe^genoffen, bie einen eigentlichen ©iea be«
gmmafuli^mu^ allerbingg bamate nod) nidj^t erftritten, aber ba«, toa^ unfer ga^r«
bunbert in biefer ^inftdj^t gebrad^t ^at, boc^ borbereiteten. — ©leid^e 33^ätigleit entfaltete
Sainej afö ©eneral in ber legten $eriobe be^ Äonjite. 3n einer auöfül^rnd^en Siebe be«
[tritt er 1562 \>a^ göttlid^e Stecht be« et)ifIot)at« unb Uf)aupUU, ber 5Pa^ft fei bie cimige 15
Duelle aller geiftlicl[>en ®eh)alt. Sei ber grage über bie 3lefibenjt)flicl(^t ber Sifdpöfc
rühmte er befonber^ bie jtoeibeutige ^fjung be« 3)elrete^, toeld^c ber SUi^egung nac^ ben
^tgegengefe^ten Seiten j^in Slaum gebe.
Überl^au))t j^eigte bie iefuitifc^e 2:i^eologie [xd) bemül^t, bie ))ä))ftlic^e 3Jladbt in fd^ranlen«
lofer Unbebingt^eit barjufteUen. 3)ie mittelalterlid^en S)oftrinen, ba^ bie Könige aud) in 2u
h>eltli(i^en Singen bem $a})fte untertDorfen feien, t)on i^m nad^ belieben ein- unb abge-
feftt toerben Iönnten2c., tourben in auöfül^rKd[>en ©d^riften bon bebeutenben Orben^fhibens
ten bargelegt unb erliefen. 2luc^ bie Unfel^lbarleit be« ^JJa^jfte^, bie bod^ in ber Äirc^c
nur ate pia sententia galt, gestaltete fid^ jum förmlichen Drbendbogma ber g^ui^^i^*
©ie lüurbe nidj^t blo^ ate bie SBafig bejeid^net, auf tt)Ad)ct baö änfe^en ber allgemeinen 25
Äonjile rul^e, jo bafe erft bie j)ä))ftlic^e Seftötigung ben Sefc^lüffen berfelben ben ßl^arols
ter ber SCBa^r^eit gebe, fonbem fd(^on bon SeDarmin mit befonberer Slbftc^tlic^Ieit auf
bie SSorfc^riften auc^ be^ ©ittengefe^ed au^ebel^nt: aud^ in biefen fönne ber ^ßa))ft nic^t
inen; toaö er befiehlt, fei fd^lec^t^in gut, toa^ er berbietet, fd^led^tl^in ©ünbe. @g ift bie
Äonf^uenj biefer S)ebuttion, bafe niemanb fünbigen fann, toenn er gegen fein ®eh)iffen so
bem gSefe^le be« 5Pat)fte« folgt.
Um bie ©teDung be^ $a^fte^ fo l^oc^ al^ möglidb über alle anberen ©etoalten
fjinaufjmfd(^rauben, l^at £aine} ju Orient 1562 bie ^ä^ftlic^e Ttad)t unmittelbar a\x^ gött^
ic^er ^nftitution, bie ©taatigemalt bagegen au^ ber Übertragung bon feiten be^ SSolfed
abgeleitet. 3)iefer ©ebanfe be^ jloeiten ©enerate tourbe bon ben bebeutenbften Sd^remsö
be^ Drben« toeiter au^efül^rt. ©te grünbeten auf i^n ba« SHed^t, einen afatl^olifc^en ober
t^rannifdj^en dürften be^ Il^rone« 5U berauben, ja bie ^flidj^t, i^m ben ©el^orfam gu ber«
fagen. 3)er S^fuite Stöbert ^arfon^ mad^te il;n gegen bie Königin ©lifabet^ bon (Sng^
lanb geltenb, SRariana ^at il^n in feinem SBud^e De rege et regis institutione, toeld^e«
er für bie ©rjie^ung be^ fj^anifd^en 2:^ronerben fd^rieb, au^fü^rlic^ erörtert ; Sellarmin 4o
l^at i^n in mehreren ©c^riften, am umfaffenbften in feinem SBerle über bie ©etoalt be«
?5a))fle« au^gefül^rt (f. bie oben angeführten arbeiten bon Slanle, §uber, Sleufd^, Jlreb«,
befonber« bei le^terem ©. 106 ff.), ^n ^ari« fanatifterte man mit biefen ©runbfä^en bie
©emüter gegen ^einrid^ III. unb IV. ©0 rafd^ breiteten fte fic^ bort au«, ba^ fie in
ben religiöfen ^arteifäm})fen granlreic^i^ bie gemeinfame Überzeugung ber ftreng latJ^o- 45
l\]d)tn $artei tourben. 3)ie ^efuiten loaren il^re Url^eber. 2)erfelbe Drben, ber ftc^ in
unferen 3^agen ate bie ©tü^e ber 2:i^rone unb aU bie einjige ©c^u^toelir gegen bie Sie«
bolution an))reift, toar in jener ^^\t ber Segrünber ber Xpeorie ber SSolwfouberänetät,
ber äbbofat ber SHebolution. 2)a^ ift nur fc^einbar ein aSiberfpruc^. 3)ie ©elbft^enlidj^^
feit ber auf ben ©c^toingen be^ Drben« getragenen römifd[^en Äirc^e ift allein ber fte^enbc eo
©runbfa^ feiner ^olitil; alle« anbere ift toanbelbar unb mobifijiert fid^ nac^ ben SSe«
bingungen ber S^iU^, ber Örtlic^feiten unb ber ^erfonen. ©elbft ber ^ccp\i fann nur
fo toeit auf i^re Unterftü^ung rcd^nen, aU feine Haltung il^ren gntereffen entf^rid^t.
6« ift nur eine Folgerung au« jenem ©runbfa^e ber 33olf«fouberänetät, bafe bie^e^
fuiten an ber ©ren^e be« 16. unb 17. ^al^rl^unbert« tn ja^lreic^en bon bem Drben a))t)ros 66
bierten ©d[>riften, bie bon bem Äonftanjer allgemeinen «onjil bem)orfene Se^re bon ber
Slec^tmä^igfeit be« S^rannenmorbe« berteibigten unb eben bamit in ber augenfölligften
aSBeife ben ©a| fanftionierten, bafe ber S^^i ba« 3Kittel ^eilige (bgl. bie 3tu«5üae bei
«Perrault, La morale des Jesuites, III, 276 ; (gHenborf a. a. D. ©. 400 ff. ; Steufdj^,
Seiträge, ©. 2 ff. 14 ff. 46 ff.; Äreb« ©. 108 ff.). 211« ber 2)ominifaner ^afob Element am eo
760 afefttitenorbeti
1.3luguft 1580 bm Äonig ^cinricl) III. crmorbetc, f})cnbcten i^m bic^cfuiten d^ibabcitcira
unb Swariana in tl^rcn ©d^nftcn ungcmcffcnc« £ob. 3)er leitete bcftritt fogar bic @iltig=
fett beö Äonftanjcr 2)cfrctc^, ft)eil eö bic ^ä))f4c nic^t au^rüdtlic^ fanfttontert litten.
33alt^afar ©crarb, ber am 7. 3wK 1584 bcn ?primen 3Bill^elm t)on Dranten erfd^oj|en
6 ^attc, fagtc im SSer^öre au«, ein ^^\x\U in girier ^abe il^n in feinen 9Rorbgcbanfcn bc=
ftärft. gbenfo bcfanntc ß^ätd, bcr im 3a^re 1594 ba« bclannte Attentat auf .öeinric^ IV.
berfud^tc, bei ben ^i^fuit^n ftubiert unb bon il^nen bie Se^^re bemommen ju |abcn, ba^
ber Jtönig, el^e er bie J)ä))f41ic^e 3lbfolutton embfangen ^^abe, ein Sl^rann fei, bcn göttlid^ee
unb menfd^lid^e« SRec^t ju töten erlaube (SRanfe, granj. ®efc^. II, 8). Xa man bei bem
10 3jefuiten^ater ^tan ©uignarb, SWeftor be« Golleö^ bon ßlcrmont, mcl^rere bon ij^m fdbft
Dcrfa^te Sucher fanb, tuorin er bie Äataftro^^e §cinric^« III. üerteibiöt unb für §einric^ IV.
ben 0lcid;en 2lu^ang geforbert ^atte, fo iüurbe er am 7. ^^nuar 1595 }um©algen t>er=
urteilt. Selbft in bcn SSer^ören 5Rat)aillac^, bcr 1610 bcn Äönig cnnorbete, tönen nwb
bie 9Ja(^flänöc jene^ entfe^lid^cn })ricfterK^en ©runbfo^c^ burd^. 3lquat)tt)a erfannte fe^t
16 iüot)l bie moralifd^e 5Jiebcrlaöe, tpcld^c bcrfelbe feinem Orben bereitet l^attc, aber hjcit
entfernt, benfelben afe unfittlic^ lu t>erbammen, befc^ränfte er ftc^ barauf, 1614 fraft bc6
l^ciligcn ©e^orfam^ unter 9tnbro|ung bcr ©jlommunifation feinen Untergebenen px tw*
bieten, ba| fte in Sorlcfungcn, Slatfci^lägcn, münblic^cn ®cfj)rä(^cn ober ©c^riften au^--
f))räc^en, licitum esse cuique personae, quocunque praetextu tyrannidis, reges
ao aut principes occidere seu mortem eis machinari.
2)ogmatifcl^ jeigtc bcr 3^fw^*i^w^u^ ^on bomlicrcin eine unöerlennbare Hinneigung
i^um 5ßclagiani«mu« (f. bafür befonber« ©c^cU, 35cr ÄatJ^olici^mu« ate ?Prin3i)>'be« gort=
\d)xüt^, 5. 3lufl. 1898). ©c^on in ber Censura de praecipuis doctrinae capitibus
1560 fprad^en ftc^ bic ßölner l^cfuiten über ba« Ser^ältnig ber göttlichen ®nabc jum
25 menfd^lid^cn 3Billen in biefem ©inne au^. ^n bcr Ratio studiorum bon 1586 ftetltc
äquabiba eine 9leil[;c t)on ©ä|cn auf, in bcnen er gcjftattete, t)om Sluguftini^mu^ bc^
3:^oma^ abjuge^en. Auf bic©t)i5e ipurbe biefeSel^rentlüidclung 1588 burc^ ben fpanifc^en
^efuiten Smö 5WoUna (f. b. 31.) getrieben. 6r legte bem natürlichen SBillcn bcö üKcnfc^
bie ^ä^igteit bei, ftc^ ju 9lltcn }u bidbonicren, bie man fonft nur al^ übernatürliche ©naben-
aoiüirlungcn ju betrad^ten ))flegtc; er begrünbete bic 9lcc^tfertigung glcid^mä^ig auf ba« ^u-
fammentüiricn ber ®nabe utü) bc^ freien SBiöcn^ ; er bertoarf jcbc göttlid[>e ^räbeftination
unb gab nur ein göttlid^e^ 3Sorau^h)iffcn ju. 311^ gleichzeitig (1587) bieSefuiten Seon^arbSc^
unb 3io^. §antcl in Sölücn nic^t blofe mit äl^nltc^cn ^c^aujjtungcn auftraten, fonbem aucp
— offenbar um baö normatibe Slnfc^cn ber ©Arift ju erfdS^üttem unb bem bcr 2^rabition
36 untcrjuorbncn — bic unmittelbare unb lüörtlid^c ©ingebung leugneten unb bie fanonifdSic
©cltung cinjclncr Sudler auf ba^ nad^träglic^e 3^9"'^ ^^^ l^eiligen ®eifte« grünbeten,
berbammte bie t^^cologifc^c galultät 34 au« i^ren ©c|rtftcn gezogene ©äfee. S)urc^ flac^ed
SRationalifteren bc^ ©laubcn^in^altc« fud;tcn bie 3^witw bem bulgärcn !Kcnfd^cnberftanb
3U fc^mei^eln unb bem ^rotcftanti^mu^ bie 5Waffen ju entfremben, toäl^renb fic auf ber
40 anberen ©cite raftlo« bemüht hjaren, bie namentlid^ in 2)eutfd^lanb in SSerruf geratenen
SBallfalirtcn, Slaricnanbadjiten, Sitberberc^^rung, 33ruberfd^aftcn, Slcliquicn unb 3lmulettc
ni^t nur toieber l^crjuftcllcn, fonbem audj^ anfelmlid[> ju berme^ren, übcr^^aujjt bcn firc^-
lid;cn Slbcrglaubcn auf jebc 33Jcifc ^u beförbern. 2lud^ nod^ bie neueftcn Vertreter bcr
jcfuitifd^=bogmatifd^en Sirabition (galten in allem aBcfentlic^cn biefe Slid^tung ein ; fo na-
46 mcntlid^ bcr 1876 ate römifc^er Äarbinal gcftorbenc ©iobanni ^ßerrone (Praelectiones
theologicae, 9 voll., SRom 1828 u. ö.) unb fein l^oHänbifd^er 9iad^al^mer ßl^riftian ^efc^
(Praelectiones dogmaticae, 9 voll., ^eiburg 1894— 99; f. barüber a^l^col. Sittcraturbl.
1899, ©. 532 f.). 93gl. über^au^)t ©eeberg, £e^rb. bcr 2)ogmengcfc^. II, 455: „ßängft
fc^on f)ai bic jefuitifd^c ©rjic^ung bcr fat^olifd^en ßlf^^ftcn^cit ba« gntcreffe an ber c^rift-
60 lid^cn fiel^rc ate folc^cr abgclüö^nt. 5Kan ^ält c^ mit bcn 2)ogmen ungcföl^r fo h)ic mit
ber l^l. ©d^rift : man l^at fic, ate bätte man fic nic^t. 3)ic gcliorfame UntcrtDcrfung unter
bic ^ormcl, bejh). bafe man ftdj) ber Äritif an il^r enthält, genügt. Ober man bertpenbet
hjol^r aud^ ba^ 2)ogma jur a^Ictifd^cn 2)cmütigung ber „SBcmunft". Slbcr bie eigentlich
Duellen bcr (bcriefuitifierten) fatliolifd^cn 3lcligion liegen nic^t im 33creic^ ber Seigre I
66 ©aframcntc unb gute äöerfe, SUcliquien unb ©caj)uliere, SKcfeojjfcr unb allcrl^anb ©nabcn-
hjaffer, bie Wutter ®otte«, il^re ©rfcbcinungcn unb i^rc 33ere^rung, bcr Äultu« bc^
l^crjcnö 3i^fw ""b bcr SWaria u. f. f. bringen bie ®nabc unb regeln bcn SBcrfcl^r mit
©Ott 2)ic Äird^c finlt mcbr unb me^r in bic mittelalterlichen formen jurüdt,
bcnen frcili^ jefuitifd^c Äunft ftet^ auf ©inn unb 5lcrbcn ber 3Jlobemen bercdbnetc
eo 5Jüancen giebt."
^futtenorbett 761
3)tc trauvigfte öcrüJ^nitl^cit crlanöten bic :o;cfuiteu burd; i^rcu 2lnbau bcr tbcolo-
flijc^cn Wloxal 2)a fic babci lebif^ltdS^ ba^ Sebürjfniö unb ben ®cfic^t^))unlt be^ Scic^ts
ftuljilc^ feft^icltcn, fo lüurbe i^rc 9)Jctl^obc rein lajutftifd^. ®tc ßitdfett, bic gcfuc^tcften
Scid^ttKiter ju merbcn, herleitete fte aufeerbem, ben ftttlid^en ßmft in ber (Setuiffen^s
beratunö ju öerfladj^en. ®k\6)tvo\)l rühmten fie fic^, um bie SDloral biefclben SSerbienfte 6
gu ^aben, ft)ie bie ©d^olaftifer um bie ©lauben^Ie^re, ja pe tounberten fid^ felbft, h)ic
eben unb leidet burd^ i^re Semü^ungen ben 5Wenfc^en ber rau^e aBeg ber ©itttic^Ieit ge=
hjorben fei. 6§ ift lüo^l ein 9Ki|griff Manfe« unb mand)zx anberen §iftorifer, tuenn fte
bie faulen 5!Koral>)rinji})ien be^ Drben« erft in ber 3rit feinet inneren SSerfoD^ unb ate
ein ©Vmt)tom be^felben bel^anbeln — gerabe in ber S3lütcjeit fc^offen bie meiften biefer lo
©iftt)ilje auf. ©d^lüad^e ©egenbeftrebungen jeigen ftc^ erft unb nur bereingelt in ber
^eriobe be^ ©infehö. (Sc^on in ber fölnifd^en ßenfur t)om 3^1^^^ 1560 toirb ber Segriff
ber ©ünbe auöbrücflid^ auf bie tpiffentlid^e unb freiwillige Übertretung be^ göttlid^en ®e=
fe|e^ befc^ränlt. ©benfo finbet ft^ barin bie $)e^au})tung, bie gorberung einer .§crj,
Oemüt, ©eele unb alle Äräfte ungeteilt umfaffenben ©itüic^feit ge^c ben SWenfd^en in i6
biefem fterblic^en Seben nid^t^ an. 2Ber alle^ t^ue, toag an il^m liege, leifte bem @ebot
Dotte ©enüge. 6« leud^tet ein, h)ie biagonal folc^e ©runbfä^e bem tieferen fittlid^en 6mfte
be^ ^roteftanti^mu^ cntgegenftel^en : fie fmb bon bom^erein auf bie Sd^toäd[>en bcr menfd[>s
liefen 3latur mit fd[>lauer 9Jad^giebigfeit berechnet unb begrünben eine Sittenlehre, bie nic^
manb mc^^r, fonbem jjebem toeit toeniger jumutet, ol^ er ju leiften bermag. SBä^renb ao
femer bie })roteftantifd^e 6t^if toefentlid^ bon ben unantaftbaren ©runblagen ber fittlidj^en
®efe|gebung in ®eh)iffen unb ©dj^rift au^ge^t unb i^re gorberungen alö lategorifc^e be^
^eic^net, fo fragen bie S^fwiten nur nad^ SDleinungen unb bemeffen ben 2Bert berfelben
na4 i^rer ^robabilität (bgl. b. 21.). probabel l^eijt eine ÜKeinung, für toeldj^eförünbe bon
einigem (Setoid^t, befonber^ Slutoritäten, fjjrec^en. SBer einer foldS>en SKeinung, tpäre fie 25
felbft nur t>on einem einzigen anerfannten ©(^riftftetter Vertreten, im ^anbeln folgt, ber
befdj^toert fein®eh)iffen nidj^t, felbft toenn er bom (Segenteile übeneugt ift ober eine anbcre
3)leinung für fieserer l^ölt. §aben auc^ bie Qefuiten, toie i^re Serteibiger je^t ^^äufig be^
IS^au})ten unb il^nen jugegeben toerben mufe, bie Seigre t)on ber ^robabilität bereit« bor-
gefunben, fo entfd^ulbigt fte bie« nic^t ; ber fd^limme 9lu^m, fte ftoftematifc^ au«gebilbet ju ao
paben, bleibt il^nen. — 2)er jtoeite leitenbe GJrunbfa^ ber jefuitifd^en Äafuiftif ift bie Me-
thodus dirigendae intentionis. 9iad^ biefem lann man, ol^ne fein ©etoiffen ju be^^
fc^toeren, eine burc^ ba« ®efc^ Verbotene ^anblung begeben, toenn man nur nid^t bie 3tbs
fid^t ^at, baburd^ ju fünbigen, fonbern einen löblid^en ^to^i ju eneic^en fudj^t. —
2)er britte allgemeine @eftd(^t«^unft ift bie Restrictio ober Reservatio mentalis (bgl. 35
b. 31.) : e« ift unbertoe^rt, ba^ ber SRebenbe, um eine« guten ober aud^ nur erlaubten
^toedte« toillen, eine 2lntft)ort, em 33erf>)red^en ober einen 6ib toillfürlic^ auf einen engeren
©inn befd^ränfe, ale ber SBortlaut anjune^men geftattet ; ober ba^ er eine S^f^Ö^ ^"^-
iie^eim bon SBebingungcn abhängig mad^e, bie berjenige, lüelc^em fte gegeben toirb, nid^t
ennt ; ober enblid^ ba^ er ftd^ abfid^tlid[) eine« jhjeibeutigen 2lu«bru(f« bebiene, um anbere 40
jur SBal^rung bc« eigenen 3"*^^,^ i^'^c ü" leiten (3lmj)^ibolie). ©d^on biefe allgemeinen
©runbjüge jeigen jur ©enüge, h)ie giftig bie Baat toar, h)el(^e bie S^w'^^n t^wrdj^ i^re
fafuiftifdj^en ^rinii>)ien au«geftreut ^aben. 3)iefelben legalifteren bie rafftniertefte ©elbft-
fuc^t, lieben alle Segie^ungen ftttlid^er ©emeinfc^aft auf imb fe^en bie 3Kenf(^en ju einan«
ber in eine 3trt bon Ärieg«juftanb, in toelc^cm alle l^orteile gelten. 2)er Drben l^at oft 46
gegen ben ©runbfa^, ber ^to^i beilige ba« 3Kittel, al« einen i^m fremben unb bö«ioittig
angebic^teten, ^roteftiert; in ben Äonftitutionen ift er allerbing« tiic^t au«gef})rod^en, aber
in ben bon feinen bebeutenbften 3Jloraliften bertretenen Seigren bon ber IJntention, ber
ÜKentalreferbation unb ber 2lm))^ibolic ift er fo nadft, al« immer möglid^, bargelegt, aiudj^
l^at er eine unberlennbare 3lffinität m bem ©eifte be« ganzen gnftitut« ; eine ©efellfd^aft, 50
bie fdj^on in ihrer ©lieberung unb 2ebeit«h)eife ba« teleologifd^e ^rinji>) ju fo einfeitiger
©eltung bringt, lann leidet ju einer fo fd^arfen Trennung jtoifc^en ©eftnnung unb ^anbs
lung, xtoifd^en $lKittel unb 3^ecf gelangen, ©egenüber ben feiten« ber ^roteftantifc^en
^olemifer immer lieber auf« 5ieue au« naml^aften 3Roralfd^riftftellem be« Crben« bei-
f[cbrad^ten Seiegen für ein, \ümn nid^t unbcrJ^üHte«, bod^ mittelbare« ßintreten biefer Slutoren 56
ür ben ©runbfa^ bom bic 3Wittcl l^eiligcnben ^\v^i bleiben bie ultramontanen Serfuc^c
iur Slbloel^r mad^tlo«. 2lud^ ber jüngfte biefer 6ntfräftung«bcrfu^e (bon bent 9?allcns
»urger S^efuiten 3H. Slcid^mann in 3^© XX, ©. 95 ff., gerichtet gegen bie oben er^
ipöl^nte wunbgebung Sfd^actert«) bermag bon bcr 3:l^atfad^e, ba^ jener ©a^ bem ©innc
nac^ bielfältig unb oftmal« in 3)loralfd^riften be« Drben« feinen 3tu«brudE gefunben l)ai, 60
762 ^efttttenorben
» nid^t^ ^iniueg^uftrcitcn. 6^ bleibt babci : jtoar nic^t h)örtli(^, aber „tTanö}>arcnt", nad^
%]6)aicxii trcffenbem 3lu^brucl, toirb bic £c|^rc bon beö 3*»^*<^ öeiligung burd^ bic
SJliltcl in jenen ©d^riften berfünbet unb berteibigt (bgl. Stieget im SJa^lDort ju jener ^eic^^
ntannfd[>en 9le>)Iif a. a. D. S. 102). — 2)cr Senebiltiner SWabiUon ^atte in ber %i^t xcd)t,
6 iüenn er mit S^rauer flagte, ba^ bie ^eibnifd^e (St^if folc^e angeblid^ d^riftUd^c 3:^eo(ogen
bef^äme, unb bafe ber fittlic^e ©rnft ber ©etoifjen fo erfd^lafft fei, ba^ eS faft fein Ser^
brechen me^r gebe, baö man nid^t ju entfd^ulbigen unb ju rechtfertigen toiffe. 3Bie grofe
aber fear bie 3«^! ber ©c^riftftetter be« Drben«, lüelc^e in biefer Slic^tung h^irften! ®er
Äarbinal SColebo, f 1596; gmanuel ©a, f 1596; I^oma« ©and^ej, f 1610; gran^
io©uarej, f 1617; SSincenj gilliucio, f 1622; Seonl&arb Sefe, f 1623; Qttpfym 35aun^,
t 1649; ^aul Sa^mann, f 1635; ^ermann Sufenbaum, f 1668, unb ^nton S^obar,
t 1669, ftnb nur bie ^ertoorragenbften unter benen, lüeld^e burc^ toiffenfc^iaftnd^e ^S^uxi^-
fü^rung biefer ®runbfä|e iJ^renzuamen gebranbmarft ^aben unb toie ben Äoti^eber, fo ben
S3eid[>tftul^l in eine Schule be^ Safter« unb be« fieid^tfinne« bertoanbeln l^fen. SBenn
16 man, um ben Crben bon biefer ©ünbe ju entlaften, bie ©c^ulb ber äbfc^eulic^feitcn auf
bie einzelnen ©c^riftfteHer toäht unb ftd^ für biefe« Serfal^ren auf bie felbft bon manchen
©eneralen getabelte laje Äano^abung ber S3üd[>ercenfur beruft, fo bleibt eö bod^ un^
begreiflid^, toie bei ber ftrengen SSerfaffung unb bem engen ^wf^mmen^ang beö je^
fuitifc^en 3«ftttutg 100 ^Q!^xt J^inburdj) bie bebeutenbften feiner SDioraliften eine Slic^tung
ao vertreten lonnten, bie feinem ^rin5ij)e burd^au« fremb, ja mit ij^m unberetnbar fein fotttc.
§aben ein^jelne Drben^fc^riftfteller, toie ber S^janier ßlijalbe (in ber ©d^rift: De recta
doctrina morum H. IV auctore Antonio Celladei, St^on 1670), ober toie Slaimunb
SBonal in feiner Xl^eologifc^en SJloral 1678, gegen f old^e 2lu«toüd[>f e t)roteftiert; l^at®eneral
%l}t}x]n^ ©onjalej (1687—1705) toiber bie ^jrobabiliftifd^ berberbte aKorallittcratur feiner
26 3jitgenoffen im Drben einen langen unb erbitterten Äamt)f geftil^rt (©öttinger^Sleufc^,
3Koralftreitigfeiten k. I, 120 ff.; bgl. b. 21. „5ProbabiKömu«")f fo tommen biefe einjelnen
Dt)Vonenten gegen bie ungel^eure ^ai^l berer, bie ber entgegengefe^ten ©eite angd^ören,
nid^t in Setrac^t. Unb ba^ bie 9s^«iten in i^ren Slnftalten nod[> $eute bon jenen ©runb-
fä|en o^ne aOe ©d(^eu unb ^utüdtl^altung ©ebraud^ mad^en, bafür ^pxtd)m Z^tfac^
in reid^Uc^er Raf)l 38or allem ift e« baö unter ^xui IX. ^u eieren gelommm unb
80 feitbem in bielen ©J^rac^en verbreitete unb burc^ jal^lreid^e Bearbeitungen i^inburd^gegangene
moralt^eologifc^e SomjJenbium be« franjöfifd[>en ^aterö ^^an ^ierre ®ur^ (geb. 1801,
t 1866), beffen ^i)t ^robabiliftifc^e, befonber« bei S3e^^anblung t)on (Sefc^lei^t^fragen mit
uuglaublid^er ©d^amlofigteit ju SBerfe ge^enbe Se^rloeife eine ^He bon SBelegen ^[ierfür
bietet. Über bie berfd^iebencn Slu^aben be^felben f. 5ßoibin, S. J., im 3Rünfierer fiittera^
86 tur-$anbtoeifer 1875, ©. 207—213; au(^ §urter, Nomend. III, 11 96 f.; ^eimbud^er
II, 163 f. 3ur 6I;arafterifti! feiner Se^rloeife f. befonber« Sut^arbt, ®efd&. ber et^a
II, 142 ff., audj^ 2)öainger=3fleufciS^, ÜKoralftr. I, an bielen ©tetten).
IV. äu^ere®efd^ic^te be^Drbenö bi« um^Blitte be« 18.3al^r^unbcrt«.
Historiae Societatis Jesu, 1615 ff., 6 93bc (^b I: S. Ignatius \)on 9?icol. Orlanbino, fRom
40 1615, 33b II -IV [S. Lainius, Borgia, Everardus] uon gr. ©Qccftino, SRom 1620—1652;
S3b V [Aquaviva] begonnen uon Sac^ino, fortgeführt oou 3of. gouoancl), 9l?om 1661—1710;
»b VI [Vitelleschi biS 5. 3.1625] Uön SuIiuS eorbaro, ^om 1750-59). 3ac.®retfcr, 8. J.,
Hist. See. Jesu, Sngolftabt 1594 (a\xd) in öJrctjerS Opp. omn., t. XI, SRegcnöburg 1731).
Imago primi saeculi Soc. Jesu, Slnttocrpeu 1640 (ftorf r^etorijcft gegoltene 3ubiIRumSf(ftrift,
46 on ®efd)t(^t§iöcrt binter Drianbino, ©ac(ftino 2C. fct)r jurüctftc^cnb ; vgl. baS oben, ?lbfd)n. I
ju ^Inf. cit. Urteil 9?anfe8). gcrner bie übrigen ©cfamtborftcUungeu ber ©efc^. bcÄ Orbend.
oon 93arton. 93ou5üurS, er^tineau^goll) 2C. jc. (f. ^Ibfcftn. I). Urfunblit^cS jur (BtWxditt ber
einzelnen 9?ieberlaffungen bc§ Orbenö bietet 91. ^amX), S. J., Documents pour servir ä Thi-
stoire des domiciles de la Compagnie de J^sus, $ari§ 1893. S^crgfeidje ha^ neuere ®erf
60 eben be§felben (oben ©. 756, 33f ).
©ini^elne üönber. Portugal unb Spanien: ©(ftfifcr, ®c|cftlcbtc Portugals, 55b III,
549ff.; V, 7ff.;<PreScott,<Pl|UippIII(beutfd) oonScftorv, 3S3be,ficipj. 185e:®am«,Äir(ftengcfd).
©panien§, ^b III, 2, bef. 241 ff. 261 ff.; öJotbeln, 3fln.fiül). (1895), ©. 568 ff . 630 ff. ; S}?artin
.J)umc, Spain : its greatness and decay (1479—1786), ßambribgc 1895.
65 granfreicft: Si^nionbt, Hist. des Franyais ($arl« 1832ff.), t. XXI, p. 32588.; aiantc,
granjof. ®efcf). jc. II, 299 ff. ; S-^rat, La Comp, de J^sus en France etc., 4 vols., ^ariS 1877 ;
^ug. Sarai)on, S.J., Documents in<5dits concernants la Comp, de J^sus, 23 vols., ^oilierS
1863 ff. ; e. 'ipiaget. Hißt, de l'^tablissement des J^uites en France (1540—1640), fieibcn
1895. — lieber bie grogartigen mifrionorifc^cn fieiftungen be§ OrbenS in 31? e u * granfreid),
60 bem I)euttöen 93ritif(ö'9iorbamerifa, ^onbelt t>a^ JRiefenmerf oon % ®. Xöioaite«, The Je-
suit relations and allied documents 1610— 1791 (eictoelanb, D^io, 1896ff. [bt« jc^t 64öbeJ).
^efuttenorbett 763
Stalten, inSbcfünbcrc Sicucbicj: 9fanfe, H^äpfte «, U, 17. 74 ff. 188ff.; III, I27ff.;
3)1. S9rof(ö, ÖJcfd). b. ilird)cnftQQt§, ÖJotfta 1878 ff.; II. 2(>ff.; (Sapclctti, J Gcsuiti o la Re-
publica di Vcnezia, ^4Sencblg 1873 ; 91. ^^ürnberQer, ?apft $aiil V. uub baS Uciictiomfd)e
gntcrbüt: ^3® 1883, 6. 189 ff.; S)Qurlflnac unb «Papeucorbt in ifjvcn S3iücjrapl)icn bc§ ^I.
?lIol)fiu« tjonöon^aöa (f. 93b I, 390, lO f.). 6
3)cutf (^lanb. Scjn. 9(gricülQ, S. J., Historia provinciac Soc. J. Gcrmaniac superio-
ri8, 2 voll , «ugSbnrg 1727 f. (nebft 3 53bcn 5ovtfctjuno bi§ j. 3. 1640, öon 9lbam ftlotto
uub ^Xft, i'at). Äropf, ebb. 1730 ff.). ; iJrlcbr. ^ciffeuberg, Hist. Soc. Jesu ad Rhenum infer.,
Äöln 1764 • filpmu^ri). föefcöicfttc bcr 3cfuiten in 33al)crn, 2 2:1c, ^DMinc^en 1816; bcrfelbc,
®cfd). bcr yefutten in ©cftujabcn, 2 Xle, 9Kiind)cn 1819; ?lnton u. 93ud)er, 3)ic 3cf"»<cn in 10
Sul)cru \>ox unb nacft iftrcr ?luf§ebunö, 2 ©be, ^Äün^cn 1819 f.; Ä. §. \>, fiang, ®c[(^. bcr
3efuiten in 93al}ern, 9?ürnber9 1819; (@ugent|cim), ©efciftidjtc ber 3ffiiilcn in 3)culfd)Ianb
1540-1773, 2 Xle, gronffurt a. 3Ä. 1847; ÖJuftau Dro^fcn, GJcfcö bcr ©cöcnreformation,
SBerlin 1893, S. 153 ff. 235 ff. — 3)iefe üicr IcUtcjcn. 2Serfe mc^r ober locnigcr jefuitcn- 16
fcinblid). ^oacgcn opologclifc^ für ben Drbcn cintretenb: 3ottffcn, ®cfd). b. beulfcften SJoIfS
IV; 371 ff. ; ©teinj^uber, ®cfd&. bc8 CJoUegium Germaniciun-HunMuicum in $Rom, 2 ©bc,
2rreiburgl895; ^cimbucfier, Orben u. Äongr., II,@. 86— 96 u. a. %gl. bcf. aud^ bic neueren
rotf). (5Quifiug*»iogrQpl)ien (f. 93b III, 6. 708 bcr enct)!!.), fowie 9(.^uonbcr, 5)eutfcftc 3ef.-
•äKiffiüuarc be§ 17. unb 18. SöbtS., grciburg 1899. 20
0 e ft e r r c i (ft * U n g a r n. fiD(^cr, Historia Societatis Jesu provinciae Austriacae (ca. 1730) ;
fiiponjsri), ®cfd)i(ftte ber 3efuitcn in 5:i)roI, ^Äünt^cn 1895; ©iebcmonn, &t\di\d)tt bcr fRt-
fornmtion u. ©cgcnrcformation im Sanbe unter bcr @nnS, 5 93bc, $rag 1879—86 ; g. u.Äronc§,
3nr ®cfc^. b. gcfuitcnorbenS in Ungarn feit bem filnjcr gricben bi8 j. ©rgcbniS ber ungor.
3Wagnatenocrf(fttüörung 1645—71 : ?rr*iü f. bftcrr. ©efcft. 93b LXXIX (1892); berfclbe, 8ur 26
®cfd). Ungarn^ 1671—1683, mit bcfonberer 9?iidfi(i6t auf bic ^i^ötigfeit berSefuitcn: ebb.
93b LXX, oud) fcpor. (9BBien 1894). — 93gl. ©tein^uber a. o. O.; aud) bie 93iograp5ien l^on
'^eter «ßäamänt) (ungar. uon 9S. grafnöi, 93ubapcft 1886; beutfc^eä ficbenSbilb uon @(^U)i(fcr,
Äöln 1888) u. f. f.
9?icberlanbe, 9lciffcnberg L c. (f. b. 5)eutf(6Ianb) : 9?. fjruin, De Wederopliilking 30
van het Katholicisme in Noord-Ncderland, omstreks den aanfang der XVIlo eeuw (in ber
3tf(^r. De Gids, 3an. u. gebr. 1894); (öotftcin 8. 738 ff. 753 ff. 93gl. bic 93iügr. 9SiI^clm8
uon Dronien oon Xft. 3ufte (Guillaume le Taciturae, 5BriiffeI 1873).
©rojbritannicn. S^aOoner, ^cnfmürbigfcitcn ber ^iffionSpricftcr u. onbcrcr Äatl&o«
Hfen, bie in ©nglanb ben ^ob erlitten ^abcn an. 1577-1683, 2 93be, ^aberborn 1852; 3)ie 35
Scfuitcnücrfolqung in ©ngtanb, ©efdjic^tSbilbcr au§ ben ßciten (SUfabetbS unb 3o^ob8 L,
Q. b. (Sngl., ^ainj 1874; Destombes, La pers^ution religieuse en Angleterre sous Elisa-
beth et fes Premiers Stuarts, 3 vols., 2e ^dit., Sille 1883 ; ^Ip^on« 93cnc§^eim, ©11^. 6ar.
binal mtn jc, aRoini\ 1885; Nobler, 3)ic (fatt|.) ^«rtljrer englanbä im 16. u. 17. 3Wt.;
3f5:61884, I u. II; 3. ©pillmann, S.J, 3)ic cngltfcftcn ^ftrtljrer unter eiifabctft biS 1583, 40
greiburg 1888; bcrfelbc, ^ie 3»ftiiniorbe bcr 2:itu^«£)atcS*93crfc^n)örung: Stimmen ou8
^JJar.^Saod^, 9?r. 22—25; 2. ^elplacc, UAngleterre et la Comp, de J^sus 1540—1581,
93rüffel 1891; 2orb ^acaulal), ©cfdji^te (SnglanbS feit 3afüb IL, libcrf. üon93cfcIer, 93raun*
f(ftn)cig 1849 ff.
@fanbinoöien. %. ^^fteincr, 8cftiücbcn unb feine ©teHung ^\\m ^eiligen @tu^I, 45
2 93änbe, STugöburg 1838; 3. 3BcibIinn. @d)rocbifd)c ®cfd)id)te im 3citaltcr bcr 9?efor.
mation, ©ot^a 1882; 6. §1. 6orncliu§, Handbok i Svenska kyrkans historia, 3. suppl.,
Upfala 1892 ; trauert, G^riftina üon ©djrocben unb iör ^of, 2 93be, 93ünn 1837 ; SRantc,
köpfte, III, 77 ff.; 93ocro, S. J., Conversione alla fede cattolica di Cristina regina etc.,
^obcna 1874. 60
98 0 1 e n 3- ^trgcnti, S. J.,Dc rebus Societatis Jesu in Regno Poloniae ad Sigismundum IIL,
^rafou 1620; ®. 90?. X^. gifdjcr, 9^crfu(6 einer ®efd). ber »?cf. in ^olcn, 2 93be, ®rat
1855; O. Äonifdi, ®cf*. bcr JRcf. in ^olcn, 93rc*Iau 1872; ^aftner, 93eitr«gc jur ©cfc^. ber
©tabt X^orn, 1882; gronj 3acübi, 3)aS Xborncr Xraucrfpicl üon 1724 unb feine uttra-
montane 83eleuc^tung : ^cutfd).*eüang. ©lätter 1886, $. X. 55
JRuöIanb. ?luton 9?offcüino, Moscovia, sive de rebus moscoviticis et Acta in con-
ventu legatorum regis Poloniae et magni ducis Moscoviae, ©iina 1586 ; 3» b'Drigui),
La vie du P^re Possevino, '^ax'x^ 1712 ; 91. ^idjlcr, &c\d). bcr firdjt. Xrennung jnjifcftcn
Crient unb Dccibcnt, II CäJiünd^cn 1865). ©. 84 ff.; ^iicrling, S.J., Antonii Possevini raissio
moscovitica, 1883; bcrfelbc, Bathory et Possevino; Documents in^ts sur les rapports du (30
saint-si^ge avcc les Slaves, $ari3 1887.
3läd)\i 3*öKm fanb bic ©cfcUfc^aft J^cfu bcfonber^ in Portugal frü^jeitig ein cr=
gicbioe« Slrbeit^felb. 3la(i) A*at)icr^ Slbrctfc na6} 3"^i^»^ tüu^tc SRobrigucj fic^ bcr (Sunft
bcd Äöntg^ Sol^ann III. fo ungeteilt }^n ijcrfid^em, ba^ feinen Drbcnggcnoffcn ba^ fönig^
lid^c ÄoHcgium gu ßoimbra unb bie Slntoniuefird^e ju Siffabon eingeräumt tourben. Sitte va
halber jie geridjiteten aSamungen unb ©egenbcmü^ungcn feiten^ bc^3tbcte unb berStäbtc
machte tl^r @tnflu| beim genannten ÜDtonard^en )u @(^anben. ^ö^cr noc^ ftieg biefer
764 ^fefuttenorbett
tl^r 6inf(ufe unter feinem ^Jad^folger ©cbaftian. 9Jic^t biefer, fonbern bie ©cfcBffc^aft ^efu
regierte tpä^renb ber ^ai)xt 1557—1578 ba« ^jortugieftfc^e ^Heic^.
©c^tDteriger tourbc bem Drben bie Slnjiebelung in S^janien. 3lur mül^fam unb unter
fc^meren Äämpfen QdanQ e^ i^m, fic^ tnSllcala unb©alamanca Mjjuf^n- ®w ^d^f^ttc
6 2)ominifaner 3Kel^ior 6anu« (f. Sb.III, 712) trat i^nenmit ber bouen SBudf^t feine« Sn--
fel^en^ unb ©tnfluffe« entgegen; er meinte in ü^nen bie bom 3l))ofteI in 2 3:i 3, 2 ff. ge^
toei^fagten Vorläufer beö 3(ntid[>rift^ ju erfennen, toie« namentlich auf bie Oefc^idlic^feit,
tpomit fie ®unft mäcl[>tiger Siegenten ju gewinnen h)u|ten, aU eine brol^enbe ®efa^r ^in
unb fanb f ogar i^ren 9?amen „Comp, de Jesus" anftöfeig ; er meinte borin bie än=
10 ma^ung, ak ob fte allein bie Kirche ß^rifti rejjräfentierten, au|gebrü(ft ju ftnbcn. äu(^
t)on bem geleierten föniglid^en Raiplan unb SJibliot^efar Slriag 3Jcontanu« ft)urbe bie ©e^
fä^rlic^feit beö Drben« burdSefc^aut unb bei §ofe toamenb gefc^ilbert. Äarl V. geigte gegen
fie fid^tlidS^e Äälte ; fein 6o^n ^f)\l\pp äußerte, e« fei ba« einzige ürc^lid^e :5"fti^^# ^^
er nic^t berfte^e. Iro^bem berleugnete ber Drben toälirenb be« 16. ga^rl^nbert« barin
16 feinen Urf^jrung nidS^t, ba^ er bie fpanifc^en Sntereffen in feiner 5Politif Vertrat, äud^ blieb
er im Sanbe felbft nic^t o^ne ©influfe, jumal feit ^P^ilij)^« II. Jlac^folgem, ^^ilij)))« III.
unb IV.
3n granfceic^ tourben bie ^efuiten anfang« au« nationaler änti^jot^ie mit großem
5Wifetrauen betrachtet. Sc^on 30"ötiu« l^atte 1540 einige junge Seute nac^ ^jkiri« ge^
20 fc^idt; um bort m ftubieren. SBeim 2lu«bruc^ be« Kriege« mit St)anien mußten fie 1542
ba« Sanb öerlaffen unb begaben [xdf nad^ Sötoen. Dbgleid^ fie in bem Äarbinal t)on
Sot^ringen einen fe^r toirffamen S3efc^ü$er fanben, fd[>eiterten bennod^ il^re Bemühungen,
in granfteidf^ einen feften ©oben ju geloinnen, an bem Söiberf^ruc^ be« ^rifer ^ßorla^
ment« unb ber ©orbonne; fogar ber ßrjbifd^of ber §au})tftabt toar i^nen entgegen. 6rfit
26 auf bem Äonbenle ju ^oiff^ 1561, auf Ujeld^em fiainej J)erfönlic^ erfc^ien, gelang e«
i^nen, in granlreid^ unter befdj^ränfenben SBebingungen 3w^ffwng ju er^lten: nic^t
einmal unter il^rem 9Jamen, fonbern nur al« College de Clermont (fo l^iefe i^r £)rben«=
l^au« in $ari«) foHten fte auftreten (©ot^ein 594 ff.). 95ei Eröffnung i^rer Kollegien be*
ftritt i^nen bie Uniberfität ben ©enufe afabemifd^er ^ribilegien; ber ©treit tourbe bei
30 bem ^rlamente anhängig ; bie SRed^te ber Uniöerfität vertrat ber nad^malige Oeneral-
abbofat ©tej)^an ^a«quier, ber in einer umfaffenben 3)arlegung bie ©efa^ren fc^Uberte,
loelc^e bie bürgerlid^e (Sefetlfc^aft t)on bem Drben ju gelüärtigen l^atte. 2)ie 6m))fe^lungen
be« §ofe« h)aren inbeffen fo lüirffam, bafe ba« Parlament ftd^ jeber ©ntfd^eibung cntl^iclt.
©lüctlid^er toaren i^re ßrfolge in ben ^ßrobinjen: fo getoaltig rife in fit^on i^r ?ßrebiaer
86 ©bmunb äugier fort, ba| bie Hugenotten jurüdtgebrängt, i^re ^rebiger bertrieben, i^e
Äirdjien jerftört, i^re Sucher Verbrannt lourben; al« 2)enlmal biefe« ©iege« erl^ob ftd^ ba«
prad^tt)one Kollegium, toelc^e« ba« banfbare latJ^olifdS^e 3Solf ben gefuiten erbaute. 3n
S^on h)ar i^nen nun ber erfte fefte 9KittelJ)unft gegeben, t)on toeld^^em au« fie fid^ über
^anfreic^ Verbreiteten, ßine JEat^^olifdS^ gefinnte 3l"0enb erjog burd^ feine angie^be
40 ©d^rifterflärung ber 3iefuite SDiatbonat. Ign ben Sürgerfriegen ber fiigue h>aren bie ^e^
fuiten bie Seele ber ftrengen Partei. S)ie ®oftrinen, toomit ber ^rebiger 3ean Souper
unb anbere bie ^Raffen fanati^erten, toaren t)on il^nen erfonnen. ©elbft in ber ©orbonne
l&aud^ten fie ben jüngeren ©liebem il^ren ©eift ein unb brauten in ber 2)enlung«art unb
©efinnung biefer altberül^mten galultät loenigften« t)orüberge^enb einen ftc^tli^en Um=
46 fc^h)ung ^ertjor. ©egen §einric^ IV. intriguierten fie anfang« auf jebe SBeife. !Rad^
feinem (Singuge in ^ari« loeigerten fie ftc^, obgleid^ er jur römifc^en Äirdj^e übergetreten
toar, für il^n gu beten, toeil er nod[> nid^t t)on bem ^ä))ftlic^en 93anne gelöft fei, S8on
neuem eröffnete je^t bie llnit)erfität gegen fie i^re Klage. Slntoine Slrnaulb, ber SJater
be« berül^mten gleid^namigen janjeniftifd^en i^eologen, hielt gegen bie ^efuiten im ^rla=
öomente jene leibenf^aftlid^e SRebe; felbft bie Pfarrer ber ^auj)tftabt nahmen an bemKamjjfe
loiber fie 3lnteil. 3"fölgc be« Sittentat« Spatel« fprad^ ba« Parlament über fte bie 3?er-
bannung au« bem^eid^e au«, tro^bem bel^au^tetcn fte fid^ in bemSBejirle ber beiben füb*
lid^en Parlamente. SBenn fie gleid^lool^l balb barauf bei bem ^ajjfte auf bie 3lu«fö^nung
mit bem Könige l^intoirften, um bie fie fid^ a\\6} in ber 2:^at Serbienfte ertparben, unb
66 gleichzeitig ba« fatbolifd^e 9Solf in ^^anfceic^ für $einric^ ftimmten, fo gefc^a^ bie« in ber
ganz rid^tigen 9Sorau«ficl^t, bafe fie nur auf biefem ®ege i^re gefe^lid^e Sfeieberaufna^me
in gtanlreid^ burd^fe|ien Würben. 2lu^ in 9lom neigte fid^ ja bie SBage ber ^Politif immer
ftdbtli^er bon ©panien auf bie franjöftfdj^e ©eite. 1603 ^ob §einric^ IV. bo« SSer*
bannung«befret loiber ben Drben auf. 9Jod^ tpar ba« 5Dli^trauen gegen ben ehemaligen
Go Hugenotten nid^t bei allen Kat^olilen gefdj^Jounben ; e« mufete i^m ba^er fe^r toic^tig fein,
^ffttttettotben 765
bic ^cfuitcn, bcrcn (Sinflüffc in St)anicn eben ben bet>orguöten 2)ominifanem erlegen
moren, an fein 3i"tereffe ju fefjeln. ©urd^ jie ^offte er and) unter ber tlerilalen Äor»
t)oration für fidj^ eine Partei 3U 0en>innen, auf beren ftlugl^eit unb betriebfamc I^ätig-
feit er jäl^len fonnte; er ging fo h>eit, ben 3^witent)ater ßotton 5U feinem 93eiclS^tt)ater ju
toä^Ien. ^ ^afycz 1610 erhielten pe tro^ ber Sleflamationen ber Ünit)erfität bai^ JKec^^t, r.
in tl^em KoQeg Slermont )u $ariS nid^t blo| über Xl^eologie, fonbem and) über aQe
anberen SSBiffenfc^ften ^u lefen. 9lu(^ in ben inneren 3«^h>ürfniffen be^ Drben^, Don
toeld^en ft)ir unten reben lüerben, nabm §einric^ entfdj^ieben für äquat)iba Partei. 3)ie
©efellfc^ft geigte i^m bafür banibare Ergebenheit, fie t)ertauf(^te in i^rer Orben^olitif
bie SBegünftigung ber fJ)anifclS^en ^l^tereffen mit ber ber frangöftfc^en unb blieb biefcr ^id)- 10
tung auc^ unter ^einric^ Jlac^folgem treu. ©0 ^atte e^ eine^ faft eOjä^rigen J?am^fe^
beburft, um t^nen in granfceic^ eine freie SBirffamleit ju fidj^em. SKäc^tig hwr aDerbing^
ber ßinflufe, ben fie t)on je^t an bier übten, ^nx ©tärfung be^felben trug inebefonbere
ber Slul^m bei, ben i^re 3Kifftonare feit 1610, (ber Berufung be^ taj)feren ©am. bcG^am«
plaxn folgenb), unter ben ©ingeborenen 5KeufranIrei(^g am Sorenjoftrom unb toeiter toefts is
toärt^ (im je^igen 33rit. 9?orbamerifa), erwarben (bgl. ba^ oben cit. I^toaite^fc^^e 3ßerf).
2)o(^ bilbeten pe feine^hjegg ben einzigen gaftor in ber ßnttoicielung unb ©eftaltung ber
firc^lidS^en i^erl^ältniffe granfreic^ ; i^ren 2)oItrinen traten l^ier anbere mit großer SJe«
ftimmt^eit entgegen.
Um biefelbe ^^t, in toeld^er ben 3l^f"i*^n granfreid^ inxd) bie ^ISolitif be^ ftönig^ 20
geöffnet tourbe, fc^Io^ i^nen 3?enebig feine Pforten. 2)ort l^attcn fte einen unerbittlidj^en
(Segner an bem gelehrten ©taat^Ionfultor %xa ^aoto Sar^i. Site in bem Streite, ber
gtpifc^^en bem j)(H)ftlic^en ©tu^le unb ber 9iej)ublil über bie (Srengen ber geiftlidj^en unb
ber n>eltlic^en Oelüalt fd^toebte, ^aul V. am 17.2l))ril 1606 über SBenebig bad ^nterbilt
t)er^ängte, räumten bie 3^1«^*^'^ "^i* ben 2^eatinern unb Äajjuginem ba^ t)enetianifdS^e 25
©ebiet. 3)er Streit ber fic^ befämj)fenben ©eioalten tüurbe burd^ fpanifd^e unb frangö«
fifdj^e Scrmittelung menigften« äujerlid^ beigelegt, aber unter ben ?(5unften, auf todd)m
bie 5HeJ)ublif mit unerfcpütterlid^er geftigfeit be^arrte, ftanb in erfter fiinie bie eh)ige
3Serbannung ber ©efellfc^aft gefu. Slud; ber fjjanifd^e ©efanbte rebete fein SiSort ju
il^en (Sunften. 2)er ^ap^t mu^tc jule^t fclbft jeben ©ebanfen an il^re SHel^abilitierung ao
aufgeben.
3in feinent Sanbe ^aben bie ^efuiten un^eitoollcr in bie Ser^ältniffe eingegriffen
unb i^ren 9lamen tiefer in bie (SJejd^ic^te ber ©egenreformationen berflocbten aU in I>eutfd^s
lanb. ©c^on 39«ötiu^ erlannte bie SBid^tigleit ber beutfd[>en 3Kiffion unb grünbete in
^Hom 1552 be^uf^ 3lu6bilbung t)on 3l""öli"Ö^n auö JJrieeilanb, 3lorbbeutf(^lanb unb ber 35
©(^tpei} gu ^niffionaren ba^ Kollegium ©ermanicum (t)gl. ben 9(rt. Collegia nationalia,
SBb IV, 228, 3 ff.). 3)ie l^o^e SKid^tigfeit, Wdd)^ er gerabc biefer, bie Selämpfung ber
J)roteftantifc^en Äe^erei auf beutfd^em S3oben begtoccfenben ©rünbung beilegte, erhellt auö
feinem SBriefe t)om 25. 3"l^ ^553, toorin er bie bamate im (Sntfte^en begriffene neue
Slnftalt al^ beftimmt „jur ^ilfeleiftung für 3)eutfd^lanb unb bie norbifc^en (Segenben, 40
meiere bon ben fdj^merften Äranf^eiten ber §ärefien bebrol^t fmb", bejeid^net unb feine
Drbenggenoffen baju aufforbert, „ju beten für GJermanien^ geiftUd^e 9iot, bamit enblic^
ber §err ftd^ biefe^ Sanbe^ unb ber Don i^m angeftedften ^roöingen erbarme unb fie gur
Sleinbeit be^ c^riftlid;cn ©laubenö unb ber Sieligion gurüdfü^re" (Cartas 415; t)gl.
©otl^ein ©. 770). — ©d^on um tbcn biefe gcit traten bie erften 3;efuiten in 2)eutfd^lanb 46
felbft auf. 1550 lernte Äönig gerbinanb ben ^efuiten 2e ^a^j auf bem SReic^tag gu
Slugeburg fennen ; md) bem ^lat feinet $)eic^tt)ater^^, be^ Sifc^ofd Urban t)on äaihad),
geftattete er il^nen ein ÄoUeg in SKien; fc^on im folgenben 3al^re gogen i^rer 15 in ber
öfterreic^ifc^en .öauptftabt ein ; balb tourben fie mit ber Uniöerfität Dereinigt unb f ogar mit
ber SSifitation berfelben beauftragt. 1556 gelang ben „f})anifd[>en ^rieftem" bie Slnfiebes w
lung in Äöln unb 3»^0olftabt. ^on biefen brei ^ofitionen au^ eröffneten fte i^re ßrobe*
nmggjüge. ©c^on 1556 grünbeten fte ein abelige^ (grgie^ungdinftitut in $rag, bem felbft
ber Äönig feine ^agen guh)ie^; 15()1 ftiftete i^nen ber (Jrjbif^of 9iifolaud Clau« Don
(Sran ein Äotlegium gu It^mau, bie ßrric^^tung anberer gu Dlmü^ unb Srünn folgte
nad^. Sluf ben äüunfdi) Don g^binanb^ löd^tem ftebelten fie fic^ in lirol an. ^n ben 66
9ll^ein= unb 9Kaingegenben erfreuten fie fic^ ber befonberen ®unft ber geiftliAen J^rften ;
2^rier, ^Jiaing, ©peier, älfdj^affenburg, äUürgburg fallen balb i^re Slnftalten aufblühen. SiJie
früligeitig befonberö auc^ Strasburg unb bie benachbarten oberr^einifc^en ©egcnben mit
i^nen Jöefanntfc^aft matten, läfet fid^ an^ ben ©<^riften be^ ©atirileri^ 3o^. ^"^fc^art er-
fe^en, ber in mehreren feiner fc^neibigften ©d;riften feit 1570 Dor bem unl^eimlic^en „^Jiad^t* w
766 3fefttttetiotben
rabcn ober ?Rcbclfrä^" bcr ©efcHfc^aft Qcfu toamt unb namcntfid^ m feinem ,,3^witen'
§ütletn" (1580) biejer Sd^ar ber ,,3^f" 2Biber" ober ©ataniter (aucl[> ^önötianer, Sug^
t)oniten (= So^oliten], Sulcaniten 2c.) befännjft unb berf^ottet. — ©ett 1559 liefen pc
fid^ in SKünd^en nieber unb berfc^afften biefer ©tabt ben 9Jamen unb ben 3lu^m be^
6 beutfd^en 3lom. 1536 jog fie ber Slug^burger Sifd^of, Äarbinal Xrud^fefe, nac^ 2)iIKngen
unb räumte i^nen fiel^rftü^le an biefer neuen Uniberfität ein. SBeld^en Umfd^toung brac^s
ten fie in biefen Sänbem ^ertoor ! ^\)xt Uniöerfttäten bilbeten balb ein ©egengctoid^t gegen
2Bittenberg unb ®enf ; il^re ©c^ulen jeic^neten fid^ burd^ bie ©trenge ifirer 3Ketl^obe, burt^
bie ©idS^er^eit i^rer gortfc^ritte fo t)orteill^aft a\x^, ba| felbft ^roteftanten i^nen i^c ©ö^ne
10 anvertrauten. ®eräufcl[>lo^, aber befto unaufl^altfamer brang bie römifc^-firc^Iic^e ©cftnnung
burd^ bie B^ö'^^B^ ^" ^^^ ^amilien ein unb trug i^re ^nidj^te : bie gaften tourben U)icber
beobad^tet, bie Slofenfrän^e famen h)ieber jum 5?orfd^ein, bie üerlaffenen ®nabenorte tourben
hjieber Don pilgern unb SBaKfalf^rt^jügen aufgefud^t. 2)arf c^ un§ tounbem, tocnn i^e
33efc^ü|er in (S^renbe^eugungen gegen fte Wetteiferten, toenn Äaifer gerbinanb ntd^tö felbn^
16 lid^er loünfdj^te, ate feinen teuern fie ^a\) auf bem bifc^öflid^en ©tu^^l bon 3^rieft ju er^
blicfen, unb nid^t« fc^mcrjlidj^er bebauerte, aU bie entfc^iebene SBeigerung be« 3iöwattu^;
h^enn Äarbinal 2:rud^fe| bor SJegierbe brannte, bem iefuitifd^en Äatec^i^mu^batcr ßaniftu«
(f. b. 31. III, 708 ff.) bie ^üfee ju toafd^en? Slber bei frieblic^en 9Ra^regcIn blieb bie
SReftauration nic^t ftel^en; balb fc^ritt man jur offenen ©etoalt. §erjog SÖbrec^t V. öon
20 Sägern nötigte bie J)roteftantifd^en 6inh)o|^ner 5Seberbat^erng enttoebcr jum fatl^olifc^en
SBefenntniffe jurüdf^ulel^ren ober baö fianb ju räumen. Site Sormunb bcö je^^njä^gen
3RarIgrafen $^ilij))) bon Saben liefe er feinen 5Wünbel ju HJlündj^en im !at$olif(|en
©lauben erjiel^en unb brang biefen aud^ bem babifc^en fianbe auf. S""^'^^** i^^^
Solare, 1570 unb 1571, Ratten bie ^lefuiten biefe^ 9Berf unter bem Seiftanbc bcr loelt-
36 lidj^en ©etoalt boHenbet. 5Wit il^rer §ilfe lonbertierte ber lurmainjifc^e Dberamtmann öon
©tra^lenborf ba§ ßid[>^felb, t)erbrängte ber 9lbt bon gutba an^ feinem ©ebiete ben ^JJros
teftanti^mu^, legte i^m 6mft üon SJa^em in Äöln, 3Wünfter unb ^ilbeel^eim, QD^obor
t)on gürftcnberg in ^aberbom bie Slgt an bie Söurjetn. 3tlle aber überbot an teftaura^
tibem 6ifcr berS3ifd[>of ^wliw^ 6<^ter bonSBürjburg (f.b. 21.) burd^ feine Äirc^enbtfitation.
80 1588 jtoang ber junge ©rjbifd^of SBolf 3)ieteri(^ bon ©aUburg, 3^9K"0 *^^ bcutfc^
ÄoKeg« ju 3Jom, feine J^roteftantifd^en Untertbanen burc^ Slnbro^ung ber Äird^enbufee in
bie römifc^e ®emeinfd^aft jurüdtjufe^ren, bie 9lenitenten bertrieb er. 1595 bertiigte ber
33ifc^of bon Bamberg in feinem ®ebiete, in ben erften ^a^ren bc^ neuen Sa^^rl^unbert^
ber mainjifd^e erxbijd^of auc^ in Äönigftein bie ebangelifd^e Äird^e. Unter Slubolf II. be^
85gannen 1578 auf baö Slnbringcn be^ ^l^fuiten^jrobinjial^ 5Wagiu^ bie ®egenreformationcn
in Dfterreid). Slm 14. Quni mufete ber Jproteftantifc^e ^rebiger Dpxi^ mit feinen ©el^ilfen
in Äirc^e unb ©d^ulen ba^ fianb berlajfen, in furjem tparen in Untcröfterreid^ 13 ©täbtc
unb 9)lärlte, toie man e^ nannte, „reformiert", natürlich in fat^olifd^em ©tnne. ©et^
gal^re fj)äter »erhängte ßrj^erjog Äarl bon ©teiermarl Äonfiölationen, S^il unb fc^toerc
^ 3"^^^0""9 ^^^^ f^'^^ ebangelifd^en fianbe^behjo^ner. 2Ba§ er begonnen, boHenbete feit
1598 fein ©o^n, ber t)on ben ^cfuiten in ^ngolftabt erjogene Srj^erjog gerbinanb, noc^
maliger Äaifer: mit SBaffengeloalt tourbe ber ^roteftanti^mu« aulgerottet, ^n bcn^abren
1599—1603 folgte bie ft^ftematifd^e Unterbrüdfung beefclben in Oberöfteneic^. ^n Ungarn
nal^m man ben ^roteftanten i^re Kirchen. ®egenüber bem l^ier namentlid^ burd^ ben
45 Äarb.sßrjbifd^of ^. ^ägmän^ t)on ®ran (geft. 1637) mit fanatifc^em (gif er betriebenen Untere
brüctunggtüerite blieben alle ®egenloirfungen unb üorübergel^enbcn Erfolge (j. 8. burc^
bie gneben^berträge bon SBien 1606, bon 5Jitoteburg 1625, bon fiinj 1645) madj^tlo«.
5Kad^ ioieber^olten ^eifeen Jläm^fen blieb ^ier, ioie in bem fiebenbürgifc^en SRac^botlonbe,
bie jefuitifd^e ©egenreformation jule^t ©iegerin. — ©cbon burc^ bie ©Alac^t am tüdfeem
6o8erge (1620) lourbe auc^ für 8ö^men ba^ ©d;idtfal ber ebangelifc^en Äirc^e entfc^^ieben ;
nur S^rümmer jeugcn in f>)ärlid^er 93erfümmerung bat)on, mag fte einfl l^ier gctoefen.
3im ^al)x^ 1624 allein motten bie ^icjuiten in biefem fianbe 16000 ©eelen gum oBetn-
feligmac^enben ®lauben jurüdfgefü^rt l}ab^r\. „6^ mar", fagt SRanfe, „eine unermefelid^
jReattion. 2Bie ber ^koteftanti^mu^ borgebrungen, fo ioarb er aud^ jurüdtgemorfcn, ^re^
66 bigt unb fie^re mirftcn aud; hierbei, aber nod^ bei toeitem me^r 2lnorbnung, Sefel^l unb
unb offene ©eloalt." 2)ie 3^uiten maren, mie bie 3lnftifter unb SRatgeber, fo bie SBcrf*
jeuge: mie 9laubt)«>gel jogen fie hinter ben ftegenben fatbolifc^en §eeren 1^ unb bemät^
tigten fid^ ber ihnen Jjrei^egebenen Seute mit ^eifeer ®ier.
3lu4 in anberen eurot)äifd;en fiänbcm feigen mir ben Drben in gleid^er Slü^rigfeit
(•.<) IJn Belgien ^atte er ftd^ feit 1542 niebergelaffen. Unter bem SBiberftanbe, mcl^ bie
defnttenotbeit 767
©täbte unb i^rc 3Kagiflratc Äönig ^i)\l\\>p II. Iciftcten, mußten bie gefuiten ftc^ mcfpc
mci^ vertreiben laffen. 2lber na(|bem bte Äraft biefe^ SBiberftanbcö burdj^ bie SBaffcn
Sebroc^en toax, fanbcn fte in 2Hejanbcr gamefe einen einflufercidS^en ©önner. ©elbft ber
!önig, tote toenig er il^nen perfönlic^ getoogen toar, überfa^ bod^ bie Vorteile nic^t, hjelc^e
fte feiner §errfc^aft ficlS^em f onnten : in Gourtra^, ?)))em, Srügge, ®ent, 2lnth)er^)en, SBrüfjel 6
erridj^teten fie unter großartiger Unterftü^ung i^re Kollegien : i^nen ift e^ borjug^toeife in-
jufdS^reiben, baß 33elgien, bamal^ jur Jpälfte ntit ^roteftantcn beböllert, ein au^f^ließlid^
lat^olifie^ Sanb lüurbe. 9Son Sclgten brang 1592 ber erfte il^re^ Drbeni^ in bie bereis
nigten Scieberlanbe ein ; breißig ^ai^xt f))äter Ratten fte fic^ auf 22 berme^rt, aber jugleic^
finben toir 220 3BeItt)riefter t^ätig, bie fte faft aUe in i^ren JtoHegien ju fiötoen unb Äöln lo
gebilbet litten, älu^ einer gleid^jeitigen SRelation teilt 5Ranfe mit, baß in biefem ^ai}xt bie
aingal^l ber Äat^olifen in bem Sanbe auf 345000 gefticgen toar.
Sefonbcr« mußten ftd^ bie ^efuiten gcreijt füllen, an bem Sanbe, toeld^c^ unter feiner
jungfräulichen Königin ben Wittellpunit ber t)roteftantifclS^en SWac^t unb 5Politif bilbete, an
©nglanb, i^reÄräfte ju berfud^en. ©c^on SBtßiam Sltlen (gcft. 1594; f. S3. 1 ©. 371 u. bgl. i5
Sette^^eim a. a. D.) bemie^ ftdj^ bafür tl^ätig. ßr brad^te juerft in S)ouaV 1569, bann
in SHom 1579 für fte ÄoHegien ju ftanbe, beren S^^ö'^i^Ö^ ^^ feinem SJaterlanbe für ben
Äat^olici^mu^ ^rot)aganba mad^en foUten. 1580 gingen bie engltfd^en 3i«f«i^^n Stöbert
?ßarfon^ unb ©bmunb 6amt)ian nad) ber britifdjien ^n\d, burc^ftreiften in^e^eim bie
©(^löffer be« tat^olifdj^en äbel^, l^ielten ©otte^bienft unb ertoedften neue ©Vmt)at^ien für»
bie alte S\xd)t. Salb folgten bie erften 3^öl^"Ö^ ^"^ i>^ IJefuitenfeminarien be« Äontt«
nent^ nac^. "^n 35rud)(^riftcn, bie ^ier unb bort au^ bem 3)unfel auftauchten, tourben
in gefc^icfter Äontroüerje bie rijmifc^en Seigren einleuc^tenb bargefteHt unb bie ©u})rematie
ber Ärone über bie Äirc^e burd^ bie 3:^eorie ber SSolföfouberänität befäm^jft. ©d^on nadj^
jh)et Salären orbnete Glifabet^ SRcjjrefftbmaßregeln an ; ein ®efe$ berj)önte 1582 bie Ser^ 26
fü^ng jum Äat^olici^mu^ ate §od^berrat, ein anbere« berbannte 1585 atle^cfuiten unb
beren Söö'l^^Ö^ ^"^ ©nglanb. Unerbittlidf^ lourbe e^ au^gefü^rt; ungefähr 200 3Jiärt^ret
tourben unter ßlifabet^^ 9legierung ^ingeriAtet. ©in Leiter ©jiielraum eröffnete fic^ ber
iefuitifdj^en S^^Wgue unter ben Stuart«. Jtarl II. gab nocf^ auf bem Sterbebette bem
SBunfc^e ätu^brurf, jur fat^oltfc^en Äirc^e jurüdtjule^ren, unb em^jfing ba« Slbenbma^l ao
nac^ römifd^em Slitu«. ©ein Sruber unb 9Jad[>folger ^öfobll. j^atte f\d) fc^on ate^er^og
bon ?)orI unberl^ol^len ber römifd^en Äirc^e jugetoanbt. 3)ie 3^"^^^ toarcn feine 9latgeber,
ein ^radj^tbolle« ÄoHeg tourbe i^nen im ©abo^ erbaut unb fdj^on bei feiner Eröffnung bon
400 Böglingen befuc^t, bie jur $älfte au^ $roteftanten beftanben; mit befonberer SSor*
liebe jeid^nete ber Äönig ben ^ater ©btoarb $etre au^ unb ernannte iljfn fogar jum 86
Äabinctgfefretär. 3)urd^ feine üerberblicf^en 3latfd^läge, benen Qafob toillig ©el^ör fd[>enfte,
l^ot bieferSKann, toie SDiacaulai; jetgt, lool^l am meiften jur Äataftroj)l^e be« §aufe«©tuart
beigetragen.
SludS^ bie SSerl^ältnifje be« öftlic^en unb nörblic^en ßuro^ja entgingen bem fd^arf be-
obaitenben 93lict ber frömmelt SSäter nid^t : fie nahmen fofort jebe SJegünftigung toa^^r, 4o
toelcpe bie Serl^ältniffe il^ren planen entgegenbrad^ten. S'^^'^l^^" W^^ ^^^^ ©tani^lauö
Äofiu« f. b. 31. oben ©. 382 ff.), »ifd^of bon (Srmelanb 15G9 ba« erfte Rolleg ju 33raung=
berg gegrünbet, rafd^ folgten anbere in Sßultu^f, in ?l5ofen, in SBilna unb anberen
©täbtcn. — 3" ©c^toeben neigte befanntlid^ S^^^nn III., ®uftab SBafa« jtoeiter ©o^n
unb ©emal^l ber ftreng lat^olif^en ^rinjeffin Äat^arina bon ?ßolen (1568—1592), mr 45
Slu^leid^ung bc« lird^Iid^en ©cgenfa^e«. ©ofort begannen aud^ bort i^re Umtriebe, ^e^
fuiten brangen in ba« jjroteftantifd^e Sanb unb bearbeiteten ben König ; fc^toebifc^e 3iw"0*
linge tourbcn nad^ Srauneberg, Clmü^ unb gulba gefd(^idt, um bort in ^^fuitenanftalten
gebilbet ju hjerben ; eine faft römifc^^e Ißiturgie tourbe im ©otteebienfte eingefc^loärjt. 8ig
ui toeldS^cr ©eloiffenloftgleit man fid^ berftieg, jeigt bie 2:i^atfad^e, baß ber 2öeÜj)riefter ßo
glorentinu« ge^t unb ber ^efuitc 5Wtcolai al^ etjangelifc^e $rebiger in einem neubegrün^
beten Äolleg ju ©todE^olm auftraten, unb bte i^nen anbertraute 3ugenb burdj^ 3Sorlefungen,
ba^ 5Jolf burc^ ^rcbigten für ben Äat^olici^ntu^ ju gewinnen fud[>ten. ßnblid^ lam ber
Sefuit ainton ^ßoffebin (bgl. b. 31.) al« J)(H)ftlic^cr Segat, erteilte bem Äönig Slbfolution
unb na^m il^n l^etmtid^ in bie römifc^e Äird^e auf. 3lber ^o^ann h)urbe toieber fd^toanlenb, 66
unb ba er ftc^ in jloeiter ®^e mit einer fe^r entfc^iebenen ^roteftantin bermä^lte, fo
tourbc ber Äat^olici^mu^ loieber üerbrängt unb bieyjefuiten au^ bem SHeic^e bertoiefen.—
(Slüdtlic^er toaren fie in $olen ; burd^ ben Slu^fc^luß ber ^JJroteftanten bon allen öffent^
lxd)m !ämtem bctoog ber Äönig ©iegmunb biele Slbeligc i^um 3lbfall ; bie gefuitenfotlegien
tm))ften bem jungen 2lbel einen fo fanatifdj^en ^aß gegen bie 6bangelifd;cn ein, baß ber- m
768 ^efuttenorben
fclbc mitSranb unb 5Worb gegen fte tüütetc; 1606 ftümiteii bie Sefuitenfd^ülcr bic eöan=
gelifd^e Äirc^e ju Ärafau, 1611 juSÜilna, 1616 machten fie bie bö^mtfd^e Äirc^c gu ^ofen
bem ©oben gleich unb liefen bie lut^erifd^e in glammen aufgellen. 3l\(i)t^ toar ^ufiger,
ate ba^ bie f atl^olifd^en ©erid^te ben ^roteftanten i^re Äird^en aburteilten unb ben Äatbo=
5 lifen^ufjjtad^en. 3lo(i) im 18. Jifl^^^w'^t^^t lonntc burc^ eine fanatifdf^ berblenbetc Suftij
ein 3Kaf|enmorb h)ie ba^ 93lutbab gu 3:^om, bem 10 lut^erift^e Sütger bicfcr©tabt ai^
Dj)fcr fielen (7. ©egember 1724), berübt lüerben.
Sluci^ auf bie Union ber griec^ifc^en Kirche toar e« abgefe^en. ©c^on 158i bct-
^anbelle 3lnton $ofjet>in mit bem ^ax^n ^Wan IV. SSJafjilietoitf^, um fte auf ®runb
10 be^ Florentiner Ronjite an^ubal^nen. 2)iefe Unter^anblungen blieben ol^ne ®rgebmö ; eben=
fotoenig gelang e« bem bigotten ©iegmunb unb feinen S^fuiten, burc^ Unterftü^img be^
falfd^en 2)emetriuö fic^ biefem ^xA^ ju nähern ; fobolb biefer mit feinen abfluten l^ertoor=
rücEte, ^atte er bie Siebe ber SRuffen t>erloren. ©a^egen glüdfte e« ^offetoin 1590 bi^
1596, ben größten 3^eil ber gried^ifd^en Äird&e in Sitt^auen jur Bereinigung in 9lom ju
16 vermögen — ein Erfolg, ber inbeffen nur Dorübergel^enb toar, ba bie linierten bolb ibre
^ntereffen ben römifd[>en Sorteilen nac^gcfe^t fallen. — 2lu(^ in ©alata, ber Sorftabt Äon=
ftantino^jete, grünbeten bie ^efuiten 1603 ein Äotlegium unb toufeten n\d)t blo^ fiaien,
fonbem aud^ ©eiftlic^e anjujiel^en (Dgl. b. 21. Sulari^).
Äurg, laum bürftc ftdj^ ein Sanb in Surojja nennen laffen, ba^ nid^t ba« un^toolle
20 2;reiben ber ©efeUfd^aft erfahren ^ätte ; in^befonberc ben t)roteftantifd^en 5Reic^en tourben
huxd) fte tiefe SBunben gefc^lagen. 6« liegt in bem ^JJrin^ipe ber römifdj^en Äird^c, bafe
fte im 93etoufetfein il^rer bermeintlid^ auöfdj^lieyid^en gi)ttliq^en Seredfitigung ben Slnber^
gläubigen alle« SHed^t abfpric^t unb barum tl^nen gegenüber feine gemeinfame Stet^tebaft^
anerlennt. 3)ie 3^|ii*ten l^aben fidj^ biefe« ^ringij) in i^rer $)etämj)fung be« ^roteflanti^
2r, mu« nid^t nur angeeignet, fonbem e« auf bie ©jii^e getrieben : im ©tnne einer toeltlitben
Ärieg^füf^rung unb 2)i^lomatte galten fte jebe SBaffe, jeben §inter^alt, jcbe 2!äufd^ung
für erlaubt, toenn fte nur i^rer Bad)t jum Siege üer^ilft. 2)iefe ^erfibie ^at me^r aU
alle« anbere i^ren 3Jamen mit glud^ belagen.
V. 3"««^^ ©nttoicfelung bc« Orben« bi« jur Slufl^ebung. l. S)le
soOrbenSgcncrale. ?lru. üan Sefter^out, Imagines praepositorum generalium socictatis
Jesu dclineatae et aeris formis expressae, add. perbrev. uniuscuisque vitae descript a
N. Galeotti, S, J., SRom 1759fol..(18 ^Porträtö, barfteUenb bic (IJencrolc ü.Sgnaj biSiforcn^
lIMicci). @d)cffcr, Histoirc des g^^n^raux des J^siiitep, $arid 1824 (uon einem (Gegner bc-^
O.^). Srieö, S. J., ^Hrt. „Sefuitcn" im Mfi^VI, 1392ff. C)eimbud)cr, Drbcn u. tongr. n,
SB üf)— 70. ^gl. bie im folgenbcn bei htn einzelnen ©cnerolen ücrmcvtten fiittcraturangabcn.
2. 3)ügm atifd)e un b "üKüva l*^on trouerfcn oom(Snbc beS 16. biö i^. Einfang bc»?
18. 3a^rt)bt*. 3)e ©onctna, O. Pr., Storia del probabilismo e rigorismo, 2 voll. Öucca
1748. S)öaiu9er*9Md)» ^ornlftreitigfeitcn K., bcf. I, @. 28-355. 535-622. Sleufd), S^er
3nbej K. bef. U, 309 ff.; bcrf., 33eiträ9e 5. ©efcft. beS 3cf..C., ©.50 ff. 169 ff. 196 ff. »gl.
40 bic % ^evj.3efu*^lt iöb VII, 777, ^oHno§, Sanfcn, 0. @. 589 ; au(^ »oju« ob II, 363,
$)effelS 0. ©. 2, ©cnriqucä S3b VII, 684, ^Pa^cal, 9?tCDle 2C.
3. SSorgefc^icftte bcr9luflöfuii0 beSDrbenS. Uebcr bie 9lccomobationSftrcitigfeitcn
auf ben ^iffionSgebieten: f. im eiligem, ben 91. „'äJ^iffion", foiuie bie betr. 9lbf(J6nittc in
ben cit. "JÖerfcn uon 3. .^uber, 3ef-*Ör^cn (5. 186-214); ^'^ergenröt^cr (.^anbb. ber aÜg.
46 Äirc6cngcfd)if*te. 3. 9(uf(., III, 298-322. 538—559); ^eimbut^eV (Cvbcn 2C. II, 196—227).
©egen OftinbicnS inebcf. ^l. ^JUiüIIbaur, QJefd). ber fotl). 'DHifioncn in Oftinbien uon SSo^co
beöJama bie j. 'äKitte beS 18. 3a^rf)btö., TOindjen 1851 f. 9Bcgcn C)intcrinbicn«; 6. SiuiHot,
La Cochinchine et Tonquin ; le pays, Fhistoire et les missions, ^jiariÄ 1859, fonjic $ad)tler,
3). e^riftcntum in Jontir., Soc^ind)ina 2C. uon feiner einfüt)rung bi« auf bie ©egenmart,
•w ^;paberbürn 1861. Uebcv G^ina inöbef. 9(bam @d)an, 8. J., Historica relatio de ortu et
progressu fidel orthod. in regno Chinensi ab a. 1581 — 1Ü69, JRegcnöburo 1672; 5 33rücfcv,
La mission de Chine de 1722-1735; RQu. Hist. t. XXIX, 2;"9lbb^ «platcl {= 9?orbert),
Memoire historicjue siir les affaires des J^suites avec le saint-si^ge, 7 vols., ^loignon
1742 ff. ; ^ral), Historia controversiarum de ritibus Sinicis, $eft 1789 (aiicft bcutfdj in 3^ben,
B5 9lug«biirg 1791). — lieber ^araguai): (Sberb. ®ütf)ein, 3)er djriftl. Staat ber Scfuiten (in
©c^moüer^ ©taatSfojial. gorf^ungen IV, ^. 4), Scip^ig 1883; unb bef. 3. ^fotenljauer,
T'ic "iKiffioncn ber 3ef. in "jj^aragiiai), 3 Ile, öJüterölol) 1890-93. - lieber bie Vertreibung
be# Crben§ au^ 'iportugal, Jvanfreitö, Spanien 2c. im aCfgem.: 3oU), Hist. de la Comp.
de J^siis, t. V, p. 176 ff.; .£)ergenrötf)er, Ä® III. 446-454; $)ubcv, 6.496—029. «gl.
»»8d)«)er, ®cf*. ^^ortugal«, V, 7 ff.; (S. u. ^urr, QJefc^ ber 3efuiten in «Portugal, 2»be,
Ü^ürnberg 1787; aud) 3Q9emann, fiebcn be§ "iWiardiefe bi ^Jombal, auS bem ^XciU 3)e|fau
1782, foiuie bie % S3enebift XIV n. 6(emcu8 XIII. in b. enn)fl. (11, 572 ff.; IV, 152 f.).
4. 9(ufbcbung beö Drben§ bur^ ßlemenö XIV. 3)aö 9lnft)cbung«bc!ret oora
2\. 3uli 1773: Clenientis XIV IJreve et-c., publ. c. intro<l. a 1>. Pantalcone, 9lom 1773.
defttitenorbeti 769
Clera. XIV Breve, quo Soc. Jesu supprimitur, Ärn^cim 1873. (öin^cl, Äirdjcn^iftDV.
Sdjriftfn II, 252 ff. (^icn 1872). Wirbt, Cueflen 5. ®ef*. beö «Papfttum«, grcibura 1896,
6. 222 - 234. %l. ferner {2t 83ret), ©ominlung ber merfioürbigften ©Triften, bic ?tuf«
Hebung bc« 3cf.-C. betreffcnb. 4 SBbe, granffurt 1773 f.; 31. \>. St. ^ricft, ®efd). b. ©turjeS
ber 3efiiiten, 0. b. granj. burcft i?. v. Wofeler, ^amm 1845 (jefultcnfcinblidj gegolten). 6
(S. giiffcl, 5). «uft)ebiinfl beö 3cf..C.§, Woinj 1845; 3.9luf(. 1850 (opologctifdi für ben C.
ciiitretenb); er^tienQU-Soh), Clement XIV et les J^suitos, i^oriö 1847; 3. 91. W. ^örii^I,
®e^. ®efd). ber 3Bot)I (llemenS XIV. unb bie «uf()ebunc| bc« 3cf.*D.. ^a*en 1848; (Siein*
erbinfl), (£Iem. XIV. unb bic 9(uft)ebuncj ber ©cfcUfcft. 3cfu. ^tugSburg 1854; ©oraljon, Ijo
p^ro Ricci et la suppression de la Comp, de J^^iis en 1773, ''Joitierd 1869 (ju bcn oben, 10
uor ?lbf(^ii. III genannten (5arQl)onf(öen Documents in^dits geprig); 3(nbr. Jfobler, S. J.,
S)ic 9luf^cbung ber ©efeüfd). 3efu, Sinj 1873; 93. 5>ul^r, 3)ic (Stoppen bei ber 9(uf^cbung
beö Sefultenorben«: l]tXti 1898, S. 432—454. — %I. ^crgcnrot^er III. 454—460; au(^
ben «. ^©Iemen§ XIV.** (S3b IV. 153 f. biefer ©nc.) unb bie baf. anjefü^rte biograpftifdje
fiitteratur, inSbef. ha^ ^auptroert non ^. Xl)ciner: ©efdji^te bc§ \|Jontififat8 ©lernend XIV., is
2 »be, fieipiig 1853.
^ic bciben 'GJrunb^ügc in bem ß^araltcr be« ^Ö^^^u«, ber fromme Snt^ujta^mu«
unb ber toellfluge ©inn für 3h^«J»«ö|t9fett treten in feinen beiben erften Dla^folgem
gefonbert l^ertjor. 2)en le^teren repräfentiert ^atob Saincj (1558— 1565), ben erfteren
§ranj Sor^ia (1565—1572). Sainej, ber ftc^ bereite afö ^robtnjial Stalten^ (1552 bi« ao
1554) burdj^ lalent unb 6^arafterftärfe betüäl^rt l^atte, beüeibete nad^ be^ 39"^*^"^ 2^*^*><^
^ei 3^1^^^^ lang ba^ ©eneratoifariat nur bertretung^tpcife, h)eil ber jh)tf4en ©panten unb
3lom fd^tpebenbc Ärieg ben ©paniem bie leilna^me an einer ©eneraliongregation nic^t
geftattete. 6rft 1558 fonnte biefetbe ju ftanbe fommcn unb fiainej ging nic^t o^ne
mand^en äBiberfpruc^ ate ©eneral au^ ber SDBa^l ^ertoor. 3)amal^ nahmen bie $rofeffen 26
bie üon 39natiug ^interlaffenen Äonftitutionen förmlich an unb bie 3)eflarationen (ft)al^r*
fd^einlidf» fiainej' 2öerf) lüurben {hinzugefügt, ferner lieft $aul IV. ber SBerfammlung
feinen SBunfc^ eröffnen, baft in 3^^"!* ^i^ ämt^auer be^ ©enerate ftc^ nur a\i\ brei
3a^re erftredten unb baft bie 3^f"iten gleidj^ anberen Drben bie tanonifc^en 3!age^jeiten
im ß^ore gemeinfd^aftlid^ fmgen foUten. Seibe Einträge h)aren barauf bered[>net, ben ao
Drben U>efentlid; ummgeftalten : ber erfte muftte burc^ feine Slnna^me bie monar(^ifd[>e
©etüalt, bie ibn fo furchtbar machte, erfc^üttem, ber jipeite bie 3luöbe^nung feiner praf«
tifd^en Söirffamtcit befc^ränlen. SKir erinnern un^, baft $aul IV. (ßaraffa), ber ©tifter
be^ X^eaiincrorben^, i>on tjom^erein mit ber ßinridS^tung be« jefuitifc^en 3"P'^w^^ "'^^
ganz eint)erftanben getoefen ift ; er mod^te t)on ber f^ranfenlofen 3Rac^t, ju ber e^ auf* sj
ftrcbte, für bic päpftlid^e ©etoalt felbft ©efa^r fürchten. 3lHe J^orfteHungen, burdj^ tuelc^e
Jfainez ben alten 3Jlann bon feinen govberungen abzubringen üerfud^te, blieben erfolglos:
er muftte fid^ fügen. SlUein SJJaul IV. ftarb fc^on im folgenben '^a})xt unb fein Stacks
folger "ipiu^ IV. gab nad^. Unter il^m fonnte Sainej feine bereit« ertüä^nten iJorbeeren
bei ber legten lagung^periobe be« 2;ribentinumd pflücten (f. oben, III, unb Dgl. bie 40
neuerbing« üon D. ©rifar, S. J., l^erau^egcbenen Disputationes Tridentinae Jacobi
Lainez. 2 it., 3""^^^"^ 1886). — 9lod^ einmal ^at bann ber 2)ominitanerpapft
$iu« V. ba« gemeinfame ^orenfingen gcforbert unb bem Drben unterfagt, anbere atö
^rofeffen jur ^rieftertoeil^e ju proponieren, ein Verbot, ba« bie (Srtoeiterung ber
oberften Älaffe unb bie SodEerung ber in bem engen Äreife berfelben lonjentrierten 46
ariftofratifd;en ©etoalt jum ^to^d^ f)atU, StUein fd^on (Tregor XIII., einer ber
iefuitenfreunblic^jften ^äpfte be« 16. 3al^r^unbert« (f. b. 31., VII, 126 f.), befreite bcn
Drben burc^ bie 93ulle Ex sedis apostolicae benignitate toiebcr \>on biefen 2lufs
lagen.
9Jac^folger bc« Sainez im ©eneralat toar inztoifd^en Jranj t)on Sorgia, §erjog 60
t)on ®anbia gcioorben (geb. ju SBalencia 1510, ©encral feit 2. 3"'* 1565). Site fpani-
fd^er ©ranbe unb iU^efönig üon Katalonien i^aitc er fc^on t)or feinent Eintritt in bie
©efetlfd^aft berfelben feine ®unft burc^ ©tiftung be« 5lolleg« bon ©anbia betoiefen.
1548 toar er, obglcic^ ®aüc unb Siater, eingetreten, jjeboc^ unter ber ©eftattnng, baft
er nod^ brei 3^^^^ f^^"^ tüeltlidj^e ©tetluna beibehalten bürfe. 2)er le^te ©ebraud^, ben er 66
üon feinem i^ermögen madS)te, hjar bie ©tiftung be^GollegiumRomanum 1551 getoefen.
2)ann l}aiU er üon 1553 an ate ©eneralfommiffär ben fämtlid[>en fpanifc^en ^rot)inzen
borgeftanben. ©eine aötctijd^e ©trenge gegen fid^ ft)ar fo groft, baft ilin 30"«^«^ öfter«
jur ©elbftfc^onung mal^nen muftte. ©r bat al« ©eneral betenb regiert; mel^r al« ©e«
le^rfamteit fc^d^te er an ben ©liebern feine« Drben« c^riftlic^e J^römmigfeit unb lugenb. m
©eftorben am l.Dftober 1572 iourbe er Don (Slemen«X. I(i71 ^eilig gefproc^en — ber
britte ^eilige, beffen fid^ ber Drben in feinem erften 3iefte^en erfreute (Dgl. bie meifter*
»taUQknc^tlopmt fttr X^eoloflie unb Uhdti. :\. 9(. VI 11. .|()
770 3^ittten0tbett
i^aftc 6fiara!tcri[til feiner ^Perfönlid^feit unb feine« SBirfen« bon 6. ä. ®Ufen« in 3Ä®
XVII [1897], ©. 577—583, folüte bie in ben Monumenta Soc. Jesu, ÜKabrib feit
1894, erfdS^einenbe me^rbänbige 93iogra))l^ie).
3la(i) bem 3:obe Sorgio« tourbe ein ©elgier, P. ßber^arb 3Rercurian, aetoäl^lt, ein
5 fd^tuac^er SJlann, ber ftd^ tmd) anbere leiten lie^ unb unter beffen Slmt^ful^ning ber
Drben burd^ ^arteiungen in innere Stmnnung geriet. — ©ein ^Jac^folger tourbe 1581 ßlaubiuö
äquabiüa, ein 9leat)oUtaner, bei feiner 2Ba^l erft .'^8 ^af)xt alt, unftreitig ha^ größte
§errfcl[>ertalent, toeld^e« bie (Sefeßfc^aft je befeffen i^at, getpanbt, flug, unter fanftcn formen
einen eifemen unb unbeugfamen ß^aralter öerl^üHenb. (Sroje ©türme ^e er nn Qn?
10 nem ju befd^lüic^tigen. a)ic ©>)anier, unjufrieben, ftd^ öon ber SRegterung öcrbrängt ju
feigen, organifierten einen nationalen 2Btberftanb gegen ben (Seneral, ber fetnerfeitö bun^^
Vergebung ber Sftmter an feine Sertrauten, meift jüngere 3Jlänner, bie Serftimmung
mehrte. 2)iefe fanb il^rcn Slu^brucf in bem öon bem ft)anifc^en ^efuiten SRariona im-
faxten, aber erft nac^ feinem 2:ot)e belannt geworbenen auf fa^: Discurso de lasenfer-
15 medades de la compania de Jesus, tooxxn rüdftc^t^lo« bie SRängel" bed ^nftitutd ge^
fd^ilbert unb über bie SBiBfür unb ben ®rucl ber Dbem bittere SJefc^toerben gefül^ toerbat
„aSir liaben in unfrem Drben jai^llofe ®efe|e," Reifet e« barin u. a., „aber ber ©eneral
binbet pd^ an fein« berfelben." lieber bie 2Biberf})rüc^e jtoifdj^en ben fielen ®efe|en,
toobon immer ein« ba« anbere aufgebe, tpirb l^ier bitter gellagt; be^leic^en borüber, ba^
20 biefe Drben^efe^gebung mit bem gemeinen SRed^t be« Sanbe« bielfad^ ftreite, u. f. f.
3)ie©))anier fanben einen SlüdE^alt an ber^nquifition, an Äönig^^ilip^j, an Giemen« VIII.
2)er le^tere orbnete 1592 eine ©eneralfongregation an; Slquaüiba ge^orc^te, er toufete
aber feinen ©influfe auf bie SBal^len geltenb lu machen, unb bie Serfammlung, bie ^u
feinem Serberben berufen fd^ien, rechtfertigte i|n glänjenb. SBeiteren 3w>"w*un9«^ W-
26 liji)))« unb be« '^ßa^fte«, bie auf Slbänberung in ben J!onftitutionen jielten, namentlich auf
bie älb^altung einer ©eneralfongregation aQe brei ^^al^re brangen, Wxi) er burd^ Huge«
3ögem au«. 311« eine neue ©eneralfongregation 1607 nottoenbig tourbe, ))arolt^rierte er
ben fjjanifc^en unb römifc^en (Sinflu^ burdj^ bie ©rllärungen ^einric^« IV. Don grant
reid^, ber ftc^ 9^"L^" feinem ©inne au^fjjradj^. ©eine ©egner tourben förmlic^ ber^
30 toorfen unb feine SKac^t ging befeftigt au« bem Äam))fe Ij^erbor, ber auf feine Vernichtung
abgefel^en loar. — ©leic^^eitig pattt infolge ber ©c^rift 9Kolina« ftd^ ein ©türm ber
fj)anifc^en 3)ominifaner gegen bie 3^fwiten erl^oben; SKolina« Drben«brüber nahmen für
i^n Partei, jelbft 3lquat)it)a unb feine Slfftftenten macf^ten feine Slngelegenl^eit ju ber
irrigen, tro^bcm fc^ien feine Verurteilung burc^ bie f))anifd{^e ^nquifttion unt)enneiblic^.
35 ®a gelang e« bem ®encral, ben ^aj)ft ju beftimmen, bafe er bie ©treitfrage 1596 nad^
9{om ;\og unb i^re @ntfc^eibung ber t)on t^m ernannten Gongregatio de auxiliis über?
gab. Sänge fdj^ien ßd^ bie SBage ju ®unften ber 3)ominifaner ju neigen, ober aud) je^t
liefe 3lquat)it)a ben 2Rut- nidj^t finfen; er erreichte e«, bafe $aul V. unter SBorbe^lt be«
Urteil« 1607 bie Kongregation auflöfte unb bier 3^1^^« fj)äter beiben Steilen ©tiQf^loeigcn
40 auferlegte (5Rä^ere« f. unter „5Kolina" unb ^jjaul V."). 2)iefer Äampf ber Drben öffnet
un« ben Slict in ein ©etoebe Don „argliftigen SBinlelgügen, t)on 3"triguen unb Äobalen,
bie loie Vipern ben v^>>f^Ii^^ Qtui}l umjüngeln" (Drefli). Unter S[quabit)a erfocht
übrigen« ber Drben feine glän;\enbften 3flcftauration«erfolge unb errang feine gefiederte
SöeUfteHung. 2lu« feiner geber floffen bie Industriae pro superioribus, eine SleilK
46 bon Slnloeifungen über bie 2lmt«fü^rung, bie ebenfofe^r jum Verftänbni« be« Drben«, al«
^ur 6^arafteriftif feine« größten ©eneral« bienen fönnen. Von i^m flammt and) bie ältefte
Ratio Studiorum Don 1586 (f. oben III 5. 2lnf.).
Sin bie ©teile 2lquat)iba« (geft. 1:5. ^an. 1615) trat ber SHömer SKutiu« Vitene«cbi
(1615—1645). ^m engeren Äreife al« „ßngel be« ^rieben«" t)ere^, befafe er nic^t«
60 t)on jener nad[^l^altigen eifemen Äraft, toomit fein Vorgänger bie toiberftrebenben 6lemente
im S'^'^cm ju bewältigen unb jufammenju^alten berftanb. Unter il^ boll|og ^5<M>ft
©regor XV. 1623 bie Äanonifation ber beiben Drben«ftifter ^gnaj unb Stabier (f. älbf^n. I
^. e.). Unter bem folgenben $a))ft Urban VIII. beging bie ©efellfc^aft 1640 mit glän=
^enbem ®e})ränge bie ^wbelfeier i^re« 100 jährigen Veftel^en«, bei einer ©tärfe Don über
66 15 000 3Jlitgliebem in 39 ^roijinjen (bgl. unten VI, j. 6.). Slber bereit« fingen bie
Äräfte ber Stuflöfung im innerften Drganiemu« ju arbeiten an; jener fiiJ^ne, toelt^
erobembe §elbengeift, ber unter äquat)it)a feine ©d^toingen fo fräflig entfaltet ^te, fc^ien
mit i^m gefd^h)unben. SBie hjefentlic^ unb c^arafteriftifc^ ftnb bo^ aÜe Veftimmungen
ber Äonftitutionen ! 1)iad) ^gnatiu«' 2lnorbnung follten bie ^rofeffen in völliger älrmut Don
CO Sllmofen leben unb bie älemter, h)eld(^e ioeltlic^e 3:^ätig!eit forbem, namentlid^ bie Steftorate,
^fefttttenorbett 771
in bcn Äänbcn Don Äoabjutoren ru^en; btc ^df)l jener ©ingehjetl^ten h)ar barum aufeer«
orbentU(V Hein; bei bem 3:obe be«©tifterö betrug fie nur 35 unter 1000 SJlitgliebern ; auf
ber erften Oenerallongregation 1558 h)aren i^rer 25 Derfammelt. Um fo mächtiger h)irlte
biefe äriftolratie, je freier fie felbft bon oller SlmtöDertoaltung ftanb. 3Son je^t an tourbe bie^
anber«; bieB^^I ber^ßrofeffen toud^ unöer^ältni^mäfeiö an, fte traten in bie SSertüaltung, 6
pe tourben 3(eftoren ber ÄoDegicn, fie festen fic^ in ben ©enufe bcr für biefelbcn beftimmten
©infünfte unb berfd^afften fwi^ ein be^glic^eg Seben. 3)ie2eitung bc^ Unterricht« unb bic
lird^Iid^en gwnftionen überliefen fte jungen, unerfahrenen fieuten. 93on läftiger 83eauffid^=
tigung frei, nal^men {le ben ®eneralen gegenüber eine unabhängigere @teQung ein. älu^
bie 9lad^f olger be« 33iteIIeö(^i : Sinccnj ßaraffa (geft. 1649) unb ^anj ^piccolomini (geft. lo
1651), Dermod^ten nic^tö gegen baö immer mächtiger anbringenbe Serberben. 911^ ber
©eutf^e ®o^toin 9JidteI — SReformgebanlen lagen i^m DöDig fem — toenigften^ ba^ Stedf^t
ber eigenen SKeinung für ftc^ beanf)3ru(^te, gab er fo grofen Sliiftofe, bafe bie ®eneral=
Kongregation 1661 i^m ben ©enuefen, ^o^. $aul OliDa, einen @ünftling be^ $a))fte^,
afe 3SiIar unb Sflad^folger beiorbnete, h)aö einer Slbfe^ung boDIommen glei^Iam. Dliöa, iß
ber biefe Stellung bi« 1664 unb baö ©eneralat bi« 1681 belleibete, lebte in ©equem*
lid^leit unb v!ppim ^xa6)t unb trug jugleic^ olö toarmer ®önner be^ 5ßrobabiIiömug (f.
©öDinger, Sleup I, 57 ff.) pr t^eoretifd^en ÄorruJ)tion ber Drben^t^eologie nic^t toenig
bei. @o gänjlic^ ^atte jtc^ ber Drben umgefta(tet ! ^ad monarc^ifd^e Clement erlag bem
ariftofratif^en ; au« ber ©c^ar felbftöerleugnenbcr fiäm})fer toarb eine ßlique too^llebiger 30
intriguanter 3)ij>lomaten. ©tatt bie })äj)ftlicl^e SJlad^t ju ftü^en unb ju Derfec^ten, tooju bie
©efdäfc^aft gegrünbet toar, trieb fie auf eigene Äanb 5Politit, unb oft mad^te fie mit bem
framöftfc^en ©taat^intereffe unb mit bem @allifani«mu« gemeinfame ©ad^e gegen ben
})äj)juid^en ©tu^l (f. in le|t. ^infui^t befonberö SReufd^, Seiträge ©.59—119 „^^ranjö^
fifd^e S^uiten ate ©aDilaner"). ©onft toaren bie Jlottegien oft betounberte ©tätten 25
eine« raftlofen, Dieljeitigen %k\^ti getoefen, je^t tourben fie 3Wufteranftalten be« Safter«
unb ber 3wd&tlofigfeit. ©onft toar e« ©itte, bafe ber (Sintretenbe fein Vermögen ben
Slrmen f^^enfte, je^t Verfügte er barüber ju (Sunften be« ÄoUcg«, in tt>dd)t^ er auf-
genommen toarb, unb Dertoaltete e« unter mancherlei Sortoänben. 3)a bie ©c^enfungen,
ju toelc^en ber begeifterte 2luffc^h)ung be« fid^ regenerierenben Kat^olici«mu« im 16. ^ai}X' 30
i^unbert fortrijj, fpärlic^er floffen unb jule^t ftodtcn, bie Sebürfniffe be« Drben« aber fid^
erweiterten, fo mufete man barauf Sebac^t nehmen, biefen 9lu«fall ^u becfen. 3)ic 3;cfuiten
legten f\^ barum auf inbuftrielle Unternehmungen, fie grünbeten gabrifen, fie trieben
ßanbel, fie tnü)3ften für i^ren alle SBeltteile umfaffenben Äanbel«Derte^r bie grofeartigften
Sjerbinbungen an, bie in Siffabon i^r ßcntrum l^att^, ä)ie Kollegien tourben jugleid^ .15
förmliche Sffiec^felbanlen unb hjiefen auf einanber an; e« lam Dor, bafe ©efanbte ^u^ftom
bei jefuitifc^en 6onH)toiren für i^re ©ehalte accrebiticrt Joaren.
©d^on biefer ®eift ber SJertoeltlicbung machte ben Drben reif für bic M'ataftroj)^c,
ber er enblid^ erlag. 9Jun aber traten noc^ anbere Greigniffe l^inju unb befd^leunigten bie=
felbe, bor allem ber Ramp\ mit bem 3önfeni«mu« (tjgl. 0. ©. 593 f.). ©0 ganj ^atte bod^ 40
ber 3^uiti«mu« bie römifc^=Iat^olifd^e Kird^e mit feinem ©eifte nid^t ju burc^bringen ber-
mod^t; e« toaren in tieferen ©emütern noc^ mandf>c religiöfc SRotitje bor^anben unb
fanben um bie 3Ritte be« 17. 3fl^^^w»^i>^t« ein Gentrum, um ba« fie fic^ fammelten.
2)er 9ianfeni«mu« unb ber g^fuitenorben ^aben nid^t« miteinanber gemein, al« bafe fie
beibe SRic^tungen be« regenerierten Äatl^olici«mu« fmb, fonft fte^en fie fid^ im fc^ärfften 45
®egenfa| gegenüber; toir begreifen, bafe bic ^cfwiten alle« aufboten, um biefen ®egner
j|u 5<ȧ^ jw bringen, aber im geiftig ungleichen ManH)fe trugen fie eine moralifc^e
9tteberlage baüon, tjon ber fie fic^ nic^t toieber erholten, '^m ^af^xe 1656 gab $a«cal,
unterftü^t bon feinem Jreunbe 'JJicole, bie Lettres provinciales berau« (pfeubon^m unter
bem S^itcl „Les Provinciales, ou Lettres ^crltes par Louis de Montalte ä un m
provincial de ses amis, avec les notes de Wendrock [= Nicole]"), tporin er bic
iefuitijc^e Äafuiftif unb 9Koral mit ben SBaffen be« SKi^e« unb ber bei|enben ©atire fo
glänjenb unb erfolgreid^ befäm})fte, ba^ er bie öffentliche ■ÖJcinung nid^t blofe ber ©ebit^
beten, fonbem felbft be« franjöfifd^en Äleru« gegen ben Drben einnahm. 3)er IJanfeni«-
mu« mu^te jtoar al« tird;lic^er äJerein ben Slnfeinbungen ber 9;cfuit^n, bcn SSerbammung«- so
betreten ber ^ßäjjfte unb ben SSerfolgungen bcr franjöfifc^en Äronc in ber erften §älfte
be« 18. S^^^W"^^^^ erliegen, aber bie 3tnfc^auungen, bie er i?ertrat, Ratten fic^ einem
großen leile ber Station mitgeteilt, toirften fogar in ben böb^cn ©c^ic^tcn ber ®ciftlic^s
feit unb getoannen eine toeite ^Verbreitung burd; gan;; (Suropa. fö« nü^te bem Drben
nic^t«, bafe Soui« XIV., um bic ä^orfteUungcn feiner in ianfcniftifd;er ©eifc frommen 00
19^
772 3^ttttcnorbett
©cma^Iin, bcr 2)lamtcnon, ftc^ nid^t fümmcmb, bte an fein 6nbc ftd^ Sefuilm ol^
83ctc^tt>äter um fid^ ^otte unb bercn ©eftrebungen feine fdbü^enbe $anb niemals entjog (tjgL
3)öningerö Seben^bilb bcr ^au t>. SRaintenön, in f. 2ltab. Vorträgen, SRörblingcn 1888,
I, 420 ff.). aSie toenig innere Äraft unb Sebenöfä^igleit bie ©efeüfc^aft Sefu feil bem
6 @nbe bei^ 17. g^^^'^^wnbcrtö noc^ in fid^ trug, gc^t barau^ ^ertjor, bafe fie bcr Sefäm-
})fung auf bem ®ebiete ber Sitteratur auc^ nid^t eine einzige ^cröorragenbe Seiftung mU
gegenjufe^en t>ermocl^te. SBa« rDoUten gegen bie geiftt)oIIen angriffe 5Pa^aI^ bie Sljjologien
ber P. P. 3)aniel unb ^oiret fagen'^ ©ie fc^lugen benfelben berte^rten 3Bcg in ber
Sßerteibigung be^ Drbenö ein, toic bie neueren Ultramontanen; fte berfuc^^ten ju geigen,
10 bafe man o^ne bie ^robabilitätiSle^re unb bie übrigen bamit jufammen^ängenben ®runb^
fö^e im ©ebiete be^ ©taat^leben^ unb be^3 SRed^tg nid^t fertig hjerbe unb bafe biefelbe
auc^ bor ber Stiftung be« ^cfuitenorben^ tjon ben angefe^enften Sirc^enlc^rem fcftge^Iten
toorben feien. ®amit aber bezeugten fie auf ber einen ©cite nur bie 33ermifdf^ung ber
religiöfen unb ber h)eltlic^en ^ntereffen, bie man i^rem ^nftitute ftet^ jur fiaft gelegt ^tte,
16 auf ber anbern ©eite aber leiteten fie baö Oetoic^t jener Slnflagen bon bem Drbcn auf
bie römifc^e ftird^e ab, beren @r^ebung be^ 93ei(^tftul^led ^um Slic^terftu^le aQerbingö bie
Aafuiftit gur natürlid^en ^olge gehabt ^at.
9Jod^ gefäl^rlid^er tourbe bem ^efuitenorben ber ®eift einer neuen toeltlic^en 8il:
bung in ^anfreid^, bie unter 2ubh)ig XV. nod^ fic^tlid^ere gortfc^rittc machte, ftc^ mit
20 ben fogenannten })^iIofov^i|c^en gbeen be^ 18. ^ß^i^^wnbertö burc^brang, in ben bcbcu-
tenbften Äor^i^^äen ber frangöfif(^en.2itteratur i^re SSertreter fanb unb balb gegen ftin^
unb SReligion eine f^ftematifd^^e Dl^^jofition gu ftanbe brachte. 3e me^r bie gefuiten, bie
im 17. Sö^tl^unbert fogar gegen ba^ 5PaJ)fttum ate Streiter für bie gaUilanifc^e grei^eit
aufgetreten haaren (f. o.) in i^re naturgemäße ©teHung jurüdfte^rten unb bie ultramom
26 tanen 2lnf)3rüc^e t>crfod^ten, um fo me^r galten [k al^ Sotttoerle be« Dbfturantigmu«,
gegen iDeld^e bie ^vereinigten 3^enbengen berä^it ftc^ richteten. Um bic3Ritte be^ IS.^ö^ts
bunbert^ traten in ^anfreic^ ß^oifeul, in ©})anien SBatt unb ©quiUace, in 3l^apd
2^nucci, in ^Portugal (Sxtt\>al^o (5PombaI) ate 3Rinifter an bie ©})i$e ber Slegierung.
aille biefe SKänner bulbigten in lirc^Iic^er toie in })oIitifc^er Scgie^ung ber 3lufflärung;
90 il^ncn mußten bie ^efuiten al« ein §inbemi^ ber 9JattonaItoo^lfa^rt unb i^rer barauf
abgtoedtenben 5Reform)3läne crfc^einen. ^nmal im SRutterlanbe be^ Drben^, too biefer, feit
feiner ®r^ebung gu unbefd^ränftem (Sinfluß burd^ ^ß^ili))}) III. unb beffen 5lad^f olger, eine
gerabegu ruinierenbe ©inmirfung auf ba^ gefamte ©taat^mefen unb Solfötum betagt
^aiU (f. bef. ©öHinger, 93ortr. über b. aBiebertoereinigung ber c^riftl. Äirc^en, 1872), na^m
36 bie antijefuitifc^e D}))3ofition einen erbitterten unb untjerfö^nlic^en ß^arafter an. — Slud^
in SRom toaren fie bamatö nic^t eben begünftigt. 3)urc^ ben geh)iffenlofen Seicbtftnn,
toomit i^re SJliffionare d^riftlic^e Se^ren unb ©ebräud^e mit bubbl(^iftifc^en unb brama*
nifcben Elementen Derfe^t Ratten, um fie ben Reiben annehmbarer gu machen, l^atten fie
ben Äaß ber Äajvugtner unb ^wnjiölaner erregt unb Sefd^toerben bei bem ^äpfüic^en
40 ©tul^l tveranlaßt. ^enebilt XIV. b^tte i^nen i^re Slccomobation^met^obe unb jugleic^
alle 93anf* unb 9Be(^felgefcbäfte auf baö ©trengfte unterfagt. 9Jun tourben fte auc^ in
Äonflifte mit ben ©taatcn tjertoidEclt. 3)urc^ SCaufd^ b^^tte Portugal t>on ©}>anien 1750
einen leil tjon ^araguato ertoorben, unb al^ e^ t?on bemfclben Seft| ergreifen tooDte,
toiberfefeten fic^ bie burdp bie 3<^|witen aufgeregten Setoo^ner, bie bid bo^in unter ber
46 })atriar(|alifc^en Stegierung bei^ Drbcnö geftanbcn l^atten, mit gclüaffneter $anb ben
f})anifc^en unb )3ortugiefifcben 2:nH)j)en: erft 1758 gelang e^, bie SßoHgie^ung bc^ ^ufd»^
tjertrage^ unb bie ©renjberec^tigung burc|>gufe^en (f. ©ot^ein u. 5Pfoten^auer a. a, C).
2)a bie ^jefuiten gleid[>jeitig gegen bie öon ßaroalbo jur §ebung be^ tiefgcfuntenen ig^anbcU
eingeleiteten SWaßregeln intriguierten, fo toanbte fid^ bie Stegierung an 8enebitt XIV.,
60 ber nod^ fünf ffioc^en tjor feinem Sobe am 1. 2l})ril 1758 bem ^atriarc^ bon Siffabon,
Äarbinal t>on ©alban^a, bie 5ßollmac^t guge^en liefe, ben Drben an ^avüpt unb ©liebem
in bem ganjen Umfang beö flönig^reic^ ju tjifitiercn unb reformieren. 2)er Äarbinal
t>erbot i^nen untjerjüglid^ ben ^anbel, fomie ba^ ^ßrebigen unb Seic^t^ören. 6in
Sittentat gegen bai^ Seben Äönig^J 3ofc))^^I. am 3. ©eptember 1758, beffen bie mäd^tige
66 gamilie 2at)ora burd^ bie Unterjud^ung überführt rourbe unb in toelc^ed man bie ^efuiten
mitöertoidelte, rourbe bi^^uf bie Sieranlaffung, baß i^re ©üter eingebogen, bie ©efeUfd^ft
am 3. ©e))tember 1759 in ^45ortugal aufgel^oben, il^re ©lieber aber ju ©(^iffe in ben
Äirc^enftaat abgeführt tourben. — Söenige ^a^te fjiätcr folgte granlreic^ biefem 35organge.
3)er $ater SaDalette l}attc al^ 5|[Jrofurator be^ Drbenö einen au^gebe^ten ^anbel auf
CO ber ^nfel 3)Jartinique getrieben, fonnte aber infolge eine« ©c^lag«, h)omit i^n ber fron-
3^fitttetiorbett 773
jbrif(^=cnoUf(^c Äricg betraf, feine Oläubiöcr in ^anfrei^ nid;t befriebigcn. 3)iefc refta-
mierten uergcbKc^ bic Summe tjon 2 400 000 2tt)re« tjom Otben, bcr jh)ar auf aWar^
tinique ein SJermögcn Don 4 ajitHionen Sitore« befa^ (Steiner a. a. 0. I, 27), aber bie
SSerbinbKcl^feit ganj h)ibenec^tli(^ Don f\i) ablel^nte unb auf ben ^rolurator fd^ob. 3)a^
^arifer ^}JarIament Derurteilte ben Drben jur JReftitution ber Summe famt 3infen. Sei b
biefer ©elegenljfcit nabm ber ©eric^tiS^of Don ben Äonftitutionen be^ Drben^ (ginfi^t unb
untcrfud^te bie Sd^riften i^rer angefe^enften Äafuiften. ^m Sluguft 1761 erging ber
S}>ru(i^, ber ba« S^^ftttut mit ber frangöfifd^en Staat^efe^ebung für unDereinbar erHärte.
Umfonft Derfud^te ber Äönig Dom ^^wi^^Ö^^^l ^l^^ci eine iHeform ju ertoirfen, bie
d^aralteriftifc^e Sentenj : sint, iit sunt, aut non sint, fd^nitt aQe tDeiteren Ser^anb^ lo
lungen ab unb entfc^ieb für ba« 9lid^tfein. 9lm 6. Sluguft 1762 f^rad^ ba^ Parlament
bie Stuflöfung ber ©efeDfd^aft in Jranfreid^ an^ unb löfte bic ©lieber Don i^en Sßers
})fKd^tungen log. g^Dar tourbe Die« (gbift unb ba« ganje red^tlid^e 3Serfaj^ren im 3)ejember
1764 burc^ eine föniglic^e ßntfc^eibung formell faffiert, aoer t^atfäd^lid^ fofort baburd^
loieber in Äraft gefegt, ba^ Dermöge föniglic^er SJlad^tDottfommenl^eit ber Drben in ^ant 15
reicl^ DöHig aufgehoben loarb. — 6in aufftanb gegen ben ginanjminifter Squittace in
3)labrib am 28. 5Kärj 1766 bereitete ben gefuiten aud^ in S})anien ben Untergang.
3^re Urljfeberfc^aft ift ebenfotoenig nad^getoiefen, aU i^re Sd^ulb an bem Sittentat in
Portugal. 3?id^t«beftotoeniger lourben pe in ber 9lac|t be« 31. ?Kärg 1767 in gang
S})anicn Derl^aftet unb fofort nac^ ber Stufte gebracht, too bie Schiffe m i^rem Xrang)3ort 20
md) 6iDitaDecd9ia f^on bereit lagen. (Srft am :3. 2li)ril erfd^ien ba^ löniglic^e ®btft, ba«
bie älufljfebung ibre« Drbeng unb i^re Verbannung auö S)3anien anorbnete. 9lm 5. SRo*
Dember 1767 fd^lofe fid^ 9lea})el, am 7. ^bruar 1768 5Parma biefen 9Ka§reßeln an. -—
(g^ift iDaljfr, biefer Sturj ber 3i^fuii^n burc^^ bie üJlad^tl^aber an ben bourbonifc^en $öfen
loar bag SBerf ber Äabale; beft)otif(^e aBittlür \}ai fie Dernic^tet unb bie ungeredf^ten Ur5 26
tdle tourben jum 3:etl in ber unmenfc^üd^ften SBeife DoIIftredft. SJic^t^beftotoeniger burfte
man ber Unterbrüdtung einer fo fc^äblic^en ©efeUfc^aft im Snterejfe ber 5!Kenfc^^eit fic^
erfreuen.
SBie Dergeblidf> Giemen« XIII. be« Derfolgten Drben« ftc^ annahm unb toie 6le»
men« XIV., bem 2)range ber Umftänbe nad^gebenb, am 21. guli 1773 i^ur ^eube Don 80
faft ganj ®uroj)a burd^ bie Sülle Dominus ac Redemptor noster bie @ntfd^lie|ungen
^Portugal« unb bcr bourbonfc^cn §i)fe über bie gefamte lat^olifc^e ß^riften^eit au^bel^nte,
ift au« ber allgemeinen ©cfc^ic^te jur ©enüge befannt. 3" ^^ 3lufi^ebung«bulle (loeld^e
begeid^nenbertoeife mit äl^nlid^en SÖortcn anhebt toie 2ut|er« Sl^efcnreilS^e Dom 3- 1517)
iDirb Dom 5ßaj)ft junäd^ft auf bie fc^loeren 3Serfd^ulbungen be« Drben«, befonber« auf 86
feine Dielfad^e Störung be« ^eben« ber Kirche ^ingetoiefen unb bann eine Steige
Don 93eif})ielen aufgeaä^lt, h)o frühere 5ßäj)ftc au« bringlid^en ©rünben bie Sluf^ebung
tat^olifd^er Stegularoroen Derfügt Ratten, darauf folgt bann ber Sd^lufifa^: „3" ©r^
toägung, bafj bie genannte ©cfcHfc^aft bic ^rud^t, h>oju fte geftiftet toar, nid^t me^r bringen
lann, ... ja bafe c« faum mel^r möglich ift, ba|, fo lange fte befte^t, ber loa^re unb bauer* 40
l^fte ^ebe in ber Äird^e toicber^ergefteHt toerben fann", . . . I^ebe ic^ mit reifer Über«
legung, au« getoiffer ©rfenntni« unb au« ber %väz ajjoftolifd^er SKac^t bie ertoä^nte ©e^
feUfc^aft auf, unterbrüde fxe, löfc^e fic au«, f^affe fie ab." Übereinftimmenb mit biefer
(unjloeifel^aft ex cathedra gef)!)roc^enen) Sentenj be« bamaligen Statthalter« ß^rifti
ftettt eine im 3^^^^ 1773 gefd^lagene })äj)ftli(^e 3)enfmünje ben äßeltrid^ter ß^riftu« bar, 45
loie er ben SJätem ber ©ef. 3i^fu ju feiner Sinlen juruft : „Nunquam novi vos, disce-
dite a me omnes!"
VI. 3)ie ©efcllfc^aft 3iefu im 19. ^a^r^unbert. — 1. ©j^lcffalc be«
Drben« bi« ju icincr ^iöieber^erftcllung: $u^r, S. J., Ungebrucfte ©riefe unb !RcIq'
tionen über bk ^uföcbung bcr ©efeüfd). 3efu in 3)eutf4lQnb : ©ift.Xafrficnb. 1884, 6. 413ff.;60
3. e. 5)icnborfcr, S)ie 9luf^ebung be« 3ef.-C. im S3i«tum ^offau, ^affou 1891: Ä?arb.
«Wlgaaai unb bie 3c(uitcn: ^3^0 1893, @. 745 ff. i^copolb ©Ittc, &ricbric^ b. ®r. unb bie
3e|uiten, »vcmcn 1892 (bcf. @.86ff.); ^. iJutterot^, StuBIonb 11. b. 3e(uitcn t». 1772-1820,
übcrf. u. S3ir(^, Stuttgart 1846; Sara^on, Missions des J^suites en Russie 1804—1824,
$oitier« 1869 (au« ben Documenta in^dits, 9lbt. T); 3alcn«fi. Les J^suites de la Russie- 65
Blanche, 2 vols., «^ori« 1886; ®. JBoero, S. J., Istoria della vita del rev. P. Gius. M.
Pigoatelli, 9?om 1857. 91. ^^IgnatelH" im M2 IX, 2110f. SSgl. quc^ ba« oben, IV. j.
9(nf. cit. ^crf von 2:f)iDaitcd über ben Crbcn in Äanaba; be«gl. bic ^. „^n^*^e\\u^üUy
©bVII @.777u.,/ßaccanari",füiüie©crgenrött)cr,Ä®» III,736ff., ©cimbucbcr II, 114—117.
2. ^Bicbcr^crfteUung be« 0. unter ^iu« VII. 3)ie S3uüe „Sollicitudo omnium 60
ecclcsiarum^' in t. XII üon Bullarii Rom. continuat. ed. Barberi. SJgl. ©artolom. ^qccq,
774 S^nitcnorbett
Mcniorie storiche per servire alla ntoria cccl. dcl Hec. XIX OHom 1830 u. ö.) t. III (au(^
beutjd): 9(u0öb. 1831). %I. b. 9(. «ßm^VII. b. @nc. unb bic bof. ongcg. l^ittcr. gcrncr
^Jiippolb. ©cfd). bc§ ^at^oliciöni. feil b. SKeftaurat. bcö ^apfttumS (= 9ieucftc ft®', »b II,
eibcrf. 1883) ©.30ff.; bcrf., 3)cv 3cfuitcnorbcn u. feiner ^ieber^crftellung big jur ©egcn-
ö wart, '3Kann^eim 1807 (oiid) in „kleinere @d)riftcn j. inn. ®ef(^. beö Äatftolici^ni., Jena
1899) l, 276 ff.; ©rü^l, 92cncftc ©ef^ic^tc bcr ©efcUf^oft 3cfn uon $iu« VII. biö 18^16,
ÖJlcilüi^ 1847.
3. ®efd)id)tc ber Drbcnööcncrale feit 1814: Snliu«, 3)ie Sefuilcn k. (oben,
Vlbf(ftn. T), III. 6. 894—1235; C^eiinbnd)cr II, 120—124. ficben JRootöoan« u «IberblneL
loXMjm, B. J. (flämifd)), »riigge 1886, u. in^ift.^^ol. 931. 1890, II. geben ©ccfj« üon «er«
ftraaten (^oUb.). S3rüffel 1888. Jcnter 93QumgQrtner S. J., fieben ?(nberIebi)S in „Stimm, quo
TOar..«QQ(^" XLII (1892), <B. 241 ff.
4. ®cf(fti(t)tc bcö OrbenS aufeerbalb S)cutf (ftlanbä. Gorot^on, Noteö historiqucs
Hur le r^tablisseinent de la Comp, de J^»8uh cn Portugal (Docum. indd. J), ^otticrS 1863.
lo Id. (P. Delvaux), LettrcH concerDants le r^tabl. etc., ebb. 1866. — 9?tppoIb, 2)ic jmcitc bei*
gift^c JHeüotution unb i^re lirdjl. (Srgcbniffc, in b. H®efd). b. ÄQt()olc8m. feit b. 9?eftQur.*,
e. 399-412; .^ofe^^rüger, ^® III. 2 (S^j. 1897), ©.813-817. S)er ^rojcfe bc «ucf unb
bie ?lnflogen gegen bic ^efuiten. SSon einem pralt. Suriften, 2. Sl., TOinftcr 1864; J&eim»
buc^cr II, 129. — fi. ^Q^n, 3). ^(uflöfung ber Sefuiten^Äongregation in grnnfteidi 1845, ft>g.
•J(» 1846; ^. 33eQunie, Uaffaire des J^suites cd France envl845: RQuHist. 1893, p. 136ff.;
4?eimbu4cr, II, 126-128; Wppolb a.a.O. @. 281-322; ^ergcnrötljer, m*, 111,869-884.
er6tineau*3otl), Hist. du Conderbund, 2 vols., ^ariö 1800; g. ©luntfdjli. 3)cr 6ieg be^
JMabifaliSmu« über bie fatlj. ©cbmeij, ©«off Raufen 18.^0; ©ift.'pol. 531., 93b XVII u. XK^Il;
ißippolb, 6.434—466; .^ergenr., ebb. 858-869 ; 93locf4 (SJefc^. ber fcöroeiüerifdjen rcf. Älrcften,
25 g3crn 1899, II, 286 ff. — %. X^einer, Sammlung einiger roid&tigen Slftenftücfe uir ®efd>. ber
©manjipation ber ^atbolifen in ©nglanb, 3Kainj 1835; 9t. ^urra^, Ireland and her Church,
iJunbon 1845; @bec, The Irish Church, fionbon 1852; "föifeman (gcft. 1865), ?l6^anblungcn
über uerf(6. ®egenftönbc, I, @. 359 ff. SebcnSbilber SSifcmonS u. »loufang, Wainj 186r»,
unb ?D?anning§ n. ^(. 93ene«^eim. ebb, 1892. ferner 91. Seacd^eim, 3). erftc ©unbertjaftr»
yofcicr bc« 3efuitenTufleg§ ©tonpbnrft, im „Äatboli!" 1894, II, 193 ff.; 9?ippolb, 5)ic engl.
^Kümfo^rten im 19. 3^bt., in g?^:^ 1883, IV; berf., ®ef* b. ^at^cSm. k., 323-384;
.Jicrgenröt^er, III, 1021-1027.-^. gacobfon, 3)aS öfterr. ^onforbat, fipj. 1856; g. ÄeDe,
^ic gcfultengl)mnaficn in 0efterrei4 $rag 1873 (ugl. oben, ?lbf*n. III) ; ^. 3f(ftoffe, Xlc
tbeol. ©tubien unb ^nftaltcn ber Mt^. ^irc^c in Defterreidi, 3Bien 1893; 9iip|)oIb a. a. C.
:;5 478-492; ^afe-Ärüger, III, 2, 894—900; Äurf, m'*, (bearbeitet uon Xf^arfert), II, 2,
202—206.
5. 2)er gefuitiömuö in 2)eutf*lanb uor unb nacft 1872. ©. J^niel, 3)ic ©cneb.*
?lbtei 'äPkria^fiaa*, ^öln 1894; 2. ?l. 1895; «. „^aria^fiaad)" im m2^ VIII, 786ff.; ©tim.
mcn QUO 3Kario*fiaadj (jefuit. 33rof4üren*(J^!luS, feit 1864); g. ©luntfrf)li, 9?om unb bie
io3)eutfcften; ber gefuitenorben unb ba§2)cutfd)e SReid), Berlin 1872; SBolfg. Wendel, ®efd». b.
neueften gefuitenumtriebe in 3)eu!f erlaub (1870—72), ©tuttgart 1872; tt. TOidc, 3)cr fircften»
pol ^amp\ unb ©ieg in ^reufeen unb bem ^eutfcben 9?ei^, S3ranbenburg 1878; i5. ^abn,
C«ef(^. bed Äulturfampfeä in ^reufeen, in ?lftenftüc!en bargefteat, 93erlin 1881: g..^.©(ftulic
(fatl).), ®efd). beS preufe. JtulturTampfeS in «fftenftücfen, Gffen 1882; g. ^riebrl*, ®ef4. b.
i:, uatü. Äonäil§, 2 SBbc, «Bonn 1877—87 (bef. I, 272. 331 ff.; III, 17 ff); ^. SRolfu« unb
(S. ©irfingcr, ^ircbengefcftic^tlidie« in (^ronol. DJei^enfolge uom uatif. ^onjil blS auf unfcrc
Xagc, 3 febc. 9Rainj 1877—1882; ^^ippolb, ®ef4. b. tat^cdm. jc., bef. @. 632ff.; ^fc*
Äriiger III, 2, 859-879.
6. 92eucfte ^unbgcbungen für unb gegen ben Orbcn. 93. 3)ubr, S. J., 3e»
ö«i fuitcufabeln, greiburg 3. 91. 1899 (ügl. b. ßit. bei 11, 2); % u. 9?bein, gcfuiten u. (5u. ©unb. 3eit^
gemäfec SBetracfttungen. ©peier 1892; ®raf % n. |)üen§broo^, S. J., ©arum foUcn bie ge»
fuitcn nicbt nad) S)eutf(blanb jurürf? 1891. ®egen le^teren bef. % Xf^ocfert, S)lc Unöer*
cinbarfeit be§ gef.*0. mit bem 2)eutfrf)en 9Jelcbe. in aut^ent. ÖJefeJen be§ CrbenS no(6»
gemicfen, 93erlin 1891 (ugl. audj 5tur^*^(4acfert m II, 2, ©. 113); aud) 3». »c^f*log,
Tm ©Chören bic gcfuiten ins 2)eutfcbcSRei(b? Gin Beitrag jur Xageöfrage, ©erl. 1891; (& Sticifcftcl.
'Biber bie gcfuiten; ©erlebt JciJcipj. 1891. Die gcfuitenfrage uom polit. ©tonbpunft (au§
„l^eutfdj'Cü. ©lätt"), ^aüc 1891; ^. gering, 3"^' gcfuitenfrage: bie ficbrc uom crloubtcn
^oppcirmn beim (£ib ?c., SBcrlin 1891 ; S. ^irbt, 2)cr beutfd^e ^otriot unb bic 3cfuitcn=
frage (©ortr.^ ^Karburg 1893. ®raf % u. ^ocndbroocft (na* f. Uebertritt ^. cöang. Ä.),
«^» 'ö^überncr gcfuiti^mu§, 93crl. 1805; berf, Ultramontanc ficiftungen, ebb. 1896; bcrf., Ter
Ultramontaniömu^; fein 58efen u. f. ©efömpfung. ©erlin 1897 (bef. ©. 259 ff.), ©gl. nod^
'jappülb, 5)ie jcfuitifdien ©diriflfteUer ber ©egcuwart in S)eulf4lanb. ficip^ig 1895; au^
ii. ft\ ®üet. gefuitifdic ©eüctriftif, in b. ©eil. g. «ügem. 3tg. 1898, ^x. 228.
Iroj^ bc« pöjjftlid^en 9(uf^cbungöbcfrct^ Wax bie SJerbtnbung ber Drbeni^Keber n\d)t
•iö 9«n|\ geföft, unb jU>ar ba^ umfotocniger, ba $a})ft ^iuö VI. (1774—99) fie ftc^tlic^ be*
günftigtc. 3?iele ber 22 000 Später, bic bon ßlcmen«^ XIV. Slufl^ebungöfenteiu betroffen
toorbcn iDaren, jammcltcn fid^ um bcn in ben ®enof|enfclSKJftcn ber §crjs3efu«S(iibai^t pd^
aefttttenorbcii 775
tljfnen bictcnbcn neuen >J)itttelj)unIt ; anberc traten ber 1797 f. bon 3{ifoIau^ ^}$accanari
geftiftcten ©efeUfd^aft ber „3Jäter be^ ©lauben«" ober ^ßaccanariften (f. b. 21.) bei; and)
mögen einige burd^ ben (gintritt in ben ibnen geifte^ertoanbten Orben ber SRebemJjtoriften
ober Siguorianer eine ^ufluc^t gefunben ^obcn (bodfi f. in Sejug hierauf ben äl. ,,2iguos
rianer"). 93or allem tarn ber bon 9tom au^ )3roflribierten ©efeufc^aft ber Umftanb ju 5
gute, bag mehrere n^eltlid^e 3Jlac^t^a6er ftd^ um bad )}d))ftlic^e SSerbot xi)x^ @£iftenA nimt
ifümmerten. ^riebric|! IL bon ^reu^en lie| fie toegen i^rer }>äbagogif(if>en SJerbienfte afe
„^riefter bed töniglic^en ©c^ulemSnftitut«" in feinem SReic^e fortbefte^en; erft burc^ feinen
9ia^foIger gr. ©ill^elm II. erfolgte ^ier i^e 2luf^ebung. auc^ in Öfterreic^ iDurbe ju--
näc^ft (oefonberö biö ju 5Karia i^ercfta^ iob 1780) mit «emlic^er 3lad)[\ä)i gegen fieio
Derfo^ren. ^n 3lu|lanb beftanb ber Crbcn trofe bc^ J)äj)|tlid^en äuf^ebung^efrete« in
bottftänbiger Organifation fort. Äatljfarina II. ^atte burd^ bie erfte })olnifd^e 2^eilung
aSeiferu^anb erl^altcn ; fte begünftigte bie gefuiten, toeit fie i^rer ju bebürfen meinte, teite
um bie @^m))at)^ien i|rer neuen Untertl(^anen ^u getDinnen, teite um i^re ferneren ^läne
gegen ba« unglüdlid^e ^olen au^jufü^ren. ©ic beftätigte baljfer bem Drben feinen ©üter^ iö
bcfi^ in biefer 5|Jrot>inj unb geftattete bie ßrloeiterung feiner 5Kitglieberja^l burc^ auf«
no^mc frember ©jiefutten. 1782 toä^lten bie rufpfd^en S^fwi*«" i>^ ^*>I«^ ©tani^lauö
ßaemietoicj jum ©eneratoilar unb $iuö VI. liefe c« ftiUfc^lDeigenb gefc^e^en. Äaifer
5Paul I. räumte i^ncn 1800 bie lat^oüfd^e ^farrtird^e in $eteröburg ein unb erlaubte
i^nen bafelbft ein ÄoHegium ju errichten. 3)urc^ folc^e ßrfolgc ermutiat, toanbte [\d) ber2u
britte ©eneralbitar Stanj Äareu an ^iu^ VII. unb erlangte ein pQp\tixift^ SSrebe, toel*
d^e« unter bem 7. mäx^ 1801 bie öerftettung be^ Drbenö für ganj 3lu|lanb au^f^rac^
unb bem ©enerafoifar bie 3Bürbe be« ©enerafö tjerlie^. ©ein 9Jac^folger ©abriel ©ruber
beftimmte ben Äönig gerbinanb IV. tjon 9?ea})el, bon $iu« VII. bie SReftitution be«
gnftitutd für beibe Sizilien ju erbitten, bie au4 burd^ 93reue tjom :30. ^w'» 1804 bäter* 20
lid^ft getoä^rt tourbe, fo bafe 5ßater ©ruber [xi) nun „©enerat für Stufelanb unb 9leat)el"
nennen burfte. 3)oc^ lam biefe SBieber^erfteHung, ba ba^ nea>)olitanifc^e ^«ftlönb feit
1806 toieber Don ben granjofen befe^t hjurbe, nur ber 3nfel ©ijilien ju ante, h)0 be«
fonber« 5|Jater ^of. SKaria ^ignateffi (geft. 1811, fj)äter fanonifiert unter ©rcgor XVI)
mit @ifer unb ©rfolg für bie jefuitifc^e ©ac^e toirltc. ud
3m Saläre 1814 enblic^ glaubte $iu^ VII. bie Sleftauration, ber er feine eigene
Slüdtfe^ nac^ 9tom unb auf ben ©tu^l be« ^etru^ Derbanfte, nic^t toürbiger e^rcn
m tonnen, ak baburc^, bafe er am 7. Suguft in ber Aird^e ©efü ju 9lom burd^ bie
^uDe Sollicitudo omnium ecciesiarum benOrben in feiner unberänberten alten SSer-
faffung mit aßen i^m früher Verliehenen ^ßribilegien reftaurierte. Dbgleid^ 5piu^ VII. :«>
ex cathedra erllärte, bafe er mit biefem Slfte nur ben einftimmigen SBünfc^en faft ber
ganzen G^riften^eit genüge (f. bie intereffante ©egenüberfteHung biefer neuen })ontififalen
Ex cathedra-SSerfügung unb jener Dom 3-1773 bei 3lii)})olb, Äl. ©djiriften I.e. 282 f.),
fo beloie^ bod^ ber näd^fte @rfolg, bafe bie ))ä))ftlic^e Unfel^lbarfeit nic^t btd gur richtigen
SßJürbigung tl^atfäc^lic^ beftel^enber Ser^ältnijfe au^reic^te. Xuxö) ^ranlreic^, 3)eutfcplanb n»
unb bie Slieberlanbe ging ungeteilt ber 2lu^brudf ftauncnber Üoerrafd^ung. (Sinmütig
toamten bie geiftigen §ü^rer be^ Äat^olici^mu« biefer 2änber Dor ben Der^ängni^Dollen
folgen be« ©c^ritte^: u. a. Derlünbete 3- ©örre^ (im „Stl^einifc^en SKertur" 1814,
0Jr. 133) mit J)ro()^etifd^em Slidt bie un^eilDoHen ©irlungen, iDel^e bie Sw^^'&^^fwnö
ber mit Siecht Derbannt ©etoefenen nac^ fid^ jie^en toerbe (Dgl. 3of. 3Küller, 3)er SReform^ 4r.
fat^olici^m., 3üric^ 1899, II, 115). ®er öfterreic^ifc^e Äaifer ^ranj I. tooHte bal^er
nid^t^ Don bem Crben toiffen ; ber ^prinjregent 3'>J^o"" ^^^ Sraplien unb Portugal legte
^roteft ein, u. f. f. 9Jur im Äird^enftaat, in ©j^anien, in 9leaj)el, ©arbinien unb 3Kobena
gelang e^ xunäc^ft ben 3<^fwiten, fidf> h)ieber l?äuölic^ einguric^ten. 3" ^'^^ fämtlic^en
^taakn erfolgte i^re SReftitution im ^af^xt 1815. üo
2Bie h)enig bie 3^fwiten burd^ bie 93anbe ber 2)antbarleit fic^ an bad Daterlänbifc^e
3nterefle be^ ©taateö feffeln lafjcn, jeigt toamenb iE;r SSer^alten gegen ba^ £anb, ba^
bem vertretenen Crben attein eine gefid^ertc 3wfluc^t^ftätte eröffnet patte. 3" SRufelanb
toar aQed für fte gefc^e^en: i^r ftoQeg gu ^olo^i toax tro( bed 2Biberf))rud^d bed Jtultud*
minifterg, gürften Don ©alij^in, 1812 Don Äaifer Sllejanber jum SRang einer UniDerjität 55
crijfoben unb berfelben alle 3^fwitenfd^ulen untergcorbnet iDorben, fo bafe biefe nur inbtreft
unter berSlufftd^t be^©taatetS ftanben unb fi4> in DoHf ommener 5vreil(^eit entfalten lonnten.
äluf bie ©unft be^ Äaifer«; Dertrauenb, bie i^ncn in fo au^jeic^nenber SBeife ju teil
tourbe, enttoicfelten fie nun ungejd^eut i^r ränleDolle^, toü(;lerifc|^e^ treiben. ©<^on früher
l^otten fte 3ubentinber förmlich geraubt, um fte in bem römifc^en ©lauben ju ergiei^^en ; tio
776 dfefniteiiorbeii
au6) bic ^roteftantcn l^atlcii il^rm ungcmcffcncn Scfcl^rung^fcr crfaf^rc«. 3c§t richteten
fic bcnfclbcn unDerl^oIcn auf bic gricd^tfd^e Ätrdi^e, ftc t>crlodten t^rc Söölinge gum Ucb«*
tritt unb baf)nUn \\d) burd^ bic ©ölj^nc bcn 3w0ö«Ö li^ Überrcbuitö bcr 9Rütter. 3Jop
ncl^mKc^ aber bcIänH)ftcn fic mit Icibcnfd^ftlidjem §affe bic bon SUcjanber mit gnagie
6 unb Siebe geförbcrte SibclgefcIUc^aft. äte fic iebodfi im 3)cjember 1814 ftygar bcn Steffen
bc^ ^ultu^minifter^, bcn jungen ^rften 9(Ie£anbcr ©aUgin, in il^e 92e^e jagen unb }um
römifd^cn ®Iauben Derleitetcn, brangen bic SSorftcIlungen bcr Scfonnenl^ beim 5taifer
burdj^: am 1. S^nuar 1816 tourben fie au« $ctcröburg unb 9Ko«tau berbannt unb i^
Kollegien gefd^Ioffen, unb al« pc burd^ biefen ©djilag nid^t entmutigt, fonbem nur ge=
10 rcijt, i^rc fedte 5|JrofcI^tcnmadf>erei nun aud^ auf ba« faiferlic^e §ecr au^bc^nten unb gegen
bic ruffifd^e iDiRcnfc^aftlid^c SJliffion in ß^ina intriguierten, fo t>erfügtc ein Ufaö am
25. 3Wärj 1820 il^rc 3Serbannung auf ctoige ^^tcn au« bem gangen 3^^^^*^ C^^-
Suttcrotl^, Slufelanb u. bieSefuiten b. 1772—1820, überfc^t Don »ird^, ©tuttgart 1846).
®ur(^ bcn am 5. gebruar 1820 in $oIo|f erfolgten 2:ob be« ©cnerate 2^bbäu«
ib^xpiottm}, ben bcr ^ap\t t>ergcbUd^ nac^ SRom berief, tocU i^m bic rujfifc^e Slegierung
bcn $afe ueriagtc, l^attc bcr Drbcn fein ^avCipt in SRu^lanb Verloren, (grft nad^ mand^^ei
Slänlcn, bic fi^ in 9lom freugten unb jum ^cil im Drbcn felbft il^en Urfjjrung ^tten,
tonnte bic jur ®a^I eine« ©cncrate nottoenbige Ocncralf ongregation jujammentreten. Sie
er^ob am 18. DItober 1820 ben 72 jährigen ^ßater Suigi ^orti« ju biefer SBürbe; gum
aocrftenmal nac^ 47 ^al}xm fd^Iug toieber ein §auj)t bcr ©cfcllfd^ft feinen §errfc^s
fife in Slom auf. 3*^^^ W^ ^i" brol^cnbc« Ungctoittcr über i^r aufgujic^, aU nad^
5Pmg VII. Slblcbcn (20. äuguft 1823) bcr Rarbinal bella ®enga unter bem 9lamcn
2eo XII. (28. ©e})tcmber) bic breifad^c Ärone em})fing ; allein bcr neue 5PcH)ft begünfügte
ftc nun cbenfo entfc^ieben, al« er fic Dörfer befeinbet ^atte. 6r übergab i^r fd^on 1824
26 ba« Äottegium Slomanum mit mehreren anbem 2lnftalten unb legte bamit bic ©rgici^ung
be« Älcru« in i^c §anb; eine Slcil^c anberer ©unftbcjcugungcn folgte nat^. 2(uc^ fein
9lad^f olger- belDal^c il^nen biefe §ulb. 3Cte na^ fiuigi gorti« lobe (am 27. ganuar
1829) ^ojjft $iu« VIII. ben römifd^en Stu^I befticg (31. 9Jlärj), berfügte er um)erjügs
lid^ bic Berufung bcr ©enerallongrcgation, bic am 9. ^uK bcn bclgifc^en $ater ^oj^nn
80 Stootl^aan, einen 9Jlann tjon cbenfo burd^bringcnbcm ©df>arfblidt al« uncrfc^üttcrlic^em
ßl^araftcr, bcr erft 44 ^afyc^ jäf^ltc, gum ©cncral crtoä^Itc. 9Son jc^t an trat ber ein«
flu^ bc« gnftitut« auf bic Äuric unbcriennbarer ^crt)or unb überflügelte toeit alle anberen
(ginlüirfungen. 3)er ^cfuitenorben ift unter Sloot^aan immer inniger mit ben Senbenjen
bcr römifc^en §icrard^ic tjcrtoad^fcn unb inöbefonbere bic Icitenbc Äraft bcr rcftouratiljcn
35$olitif getüorben, hjcld^c in unferen lagen in bcn )3aritätif^en Staaten bic öffentlich
Su^c unb ben lonfcfftoncHcn J^ricben crfcpüttcrt, in bcn fat^olifc^cn aber mit lö^mcnbcm
3)ru(f ba« gciftige 2cbcn niebergu^altcn unb bic Äird^c au^cr^alb ber £anbe«gefe|gebung
ju ftcllen bemül^t ift. ©rcgorXVI. übergab bcn ^cfuitcn am 2. Dftober 1836 bic au^
fc^lieyi(^c Scitung bc« berühmten ÄoDcg« ber ^ro})aganba unb bezeugte i^nen feine SSer*
40 cl^rung baburd^, ba§ er 1839—1844 bic 3^^' ^^^^ .^eiligen no^ burc^ brei neue ber*
mehrte, nänilxd) jjranje«cb bc ©cronimo, ^ignatcUi (J. oben) unb ^eter Eanifiu«. ^ud}
bic $cUigf})rcd^ung bc« Sllfon« bc Siguori (27. 9Jlai 1839) toax eine Dt>ation, toelc^e
biefer ^ojjft feinen jefuitifc^cnSicblingcn bereitet ^at. 9Jid^t geringere SJorKcbc bezeugte i^ncn
$iu« IX. 3m Sa^rc 1853 \^at er jtoci 5Kärt^rcr bcr ©cfcüfd^aft ^cfu, goi^anne«
46 bc 33ritto unb 2lnbrca« Sobola, fclig gcf})rod^cn. ^n bcr Äommiffion, iDcld^c ba« ^ogma
bon ber unbcflcdftcn ßm^^fängni« SJlariä borberiet, befanben fid^ namentlich bic ^^cfuiten
^crrone unb ^affaglia, bcibc 5|[Jrofefforcn am römifd^cn Äottcg. 911« in Stom am 8. ?Kai
1853 5Root^aan gcftorbcn toar, toä^Itc bic ©encralfongrcgation imguli bcn ^ProDingial t)on
£ftcrrcid(^, $cter Scdtj (bclgifd^cr 2lbfunft), gu feinem 9lac^foIgcr. SN pw^ feitbem noc^
60 bcr Sd^tocijcr 3lnton 3JJaria SKnbcrlcb^ (1887 — 92) unb bcr gegenwärtig an ber ©^i^e
be« Crbcn« ftel^cnbe ©})anier 2ui« SKartin (tjon 1892—99 in ^efolc, feit bem legten
Sa^rc in 9lom rcfibiercnb) gefolgt.
3in ©})anicn erlagen jtoar bic S^fwitcn bem erneuten 2luf^ebung«bcfrete, toeldj^e« bie
Gürte« über ftc am 14. 3luguft 1820 t>crl^ängtcn, allein fobalb ^If^tbinanb VII. burd^
66 franjöftjc^c SBaffen toieber in ben unbcfd^ränftcn 33cft^ ber föniglic^cn ©chjalt gelommen
tüar, rcl^abtliticrtc er (1824) feine ©ünftlingc. gn bem Sürgcrfriegc, ber nad^ Jerbinanb«
lob (29. ©e})tcmbcr 1833) au«brad^, trat ber Drbcn auf ©cite bc« tjon i^m erlogenen
Infanten ®on Sarlo«; bafür ftürmte am 17. 3uli 1835 ba« 93olf ba« fioaegium ju
3Jlabrib unb übte an ben ^^fuiten blutige -Kad^e. 9(m 4. 3uli 1834 Verbannte fie bic
GoSlegcntin SJlaria ß^riftina auf« neue au« Bpankn, aber erft 1839 toic^en ftc au« ben
^fttttenorbeit 777
nörblid^en 5Prot)tnjcn unb im übrigen ©paniai fd;Iic|^cn ftc fi^ balb lüicbcr ein. —
^Portugal tourbc i^nen crfl am 10. 3wK 1829 butd; 3!)on SDiiguel toicber eröffnet, aber
au^ am 24. SKai 1834 burc^ ben fiegreic^en 2)on 5ßebro auf« neue toerfc^Ioffen, jum
Seil mit einer §ärte, toie fie nur im ^a^re 1759 geübt toorben hjar. 1844 jog bie
aSBittoe 9Jaj)oleong pe nad^ $arma. — 3« Öfterreid; fanben 1820 junäc^ft nur i^re na^en 5
®eifte«berh)anbten, bie 9lebem)3toriften, förmliche unb öffentliche äufnal^me (f. b. 31. „fii*
guorianer"). Sl6er aud^ bie S^fwtten erlangten 1838 bie t^ereftanifc^e SRitterafabemie unb
ba« ©^mnafium ju gnn^rurf. Obgleich fie in ber festeren ©tabt 1844 ein großartige«
Äonbift errid^teten, blieben fie bennoc^ in 2:^rol un()o^ulär. 211« ba^er ber gelehrte unb
freifmnigc Senebiftiner ^JJater Sllbert 3^9^^ ^^^ SWarienberg in ben 2?orträgen, bie er lo
im SBinter 1843—44 ju 3»^«^^^«* über I^roler £anbe«gefc^ic^tc ^ielt, na^hjie«, toeld^e
tiefe SQSunbe bie SBirffamfeit be« Drben« ber Steligiofität unb bem SBo^lftanbe be« Sanbe«
in bem3ritraume Don 1567—1767 gefd(^lagen ^atte, erntete er Don allen ©eiten raufd^em
ben Seifall. 3)ennoc^ tourbe laum anbert^alb ga^rje^nte f})äter ba« ganje ^ö^ere ©c|uls
loejen be« ganbe« i^nen ausgeliefert (|. unten). — 2luc^ in $ßreufeen Derfuc^ten bie ^e^ i6
fuiten feit bem Anfange ber jtoanjiger ^a\^xc ftd^ hjieber einen 3Birfung«frei« ju öffnen.
3)ie 5Rl^einj)roDinj\ Derfjjrac^ il^nen um i^rer tat^olifd^en SeDölferung toillen ein auSge^
be^nte« 3lrbeit«felb. 9Jamentlic^ tourbe bie 3^^^ ^^^ jungen Preußen, toeld^e i^re t^eo«
logifd^e 83ilbung in bem beutfc^en Äolleg ju Slom fud^ten, fo bebeutenb, baß ^ebric^
SBil^elm III. burc^ Äabinet«orbre Dom 13. 3iwli 1827 aüm feinen Untert^anen ben 20
Sefudf> au«tDärtiger S^fwit^önftalten unterfagte. — Xmd} ben S^fuiten Stonfm bearbeitet
trat am 24. Dftober 1825 ^er^og ^ebrid^ ^rerbinanb Don än^alt-Äöt^en mit feiner
©cma^lin ju 5Pari« jur tat^olifd^en Ätrc^e über unb getoä^rte xi)mn in feiner Stefibenj
eine 5&liffion, bie fie jur äufreijung gegen bie })roteftantif^en £anbe«beh)ol^ner miß^
brauchten, bi« burc^ ba« im 3ia^re 1847 erfolgte ©rlöfc^en be« ^erjoglic^en .§aufe« ba« 25
Sänbdjw an ©effau unb 93emburg fiel unb ba« ga^r 1848 bie ^^fuiten Dertrieb.
3n feinem europäifd^en Sanbe übte ber toieber erftanbene Drben eine unbeftrittenere
^errf^ft unb 9Jlad^tentfaltung, al« in Belgien. 9lacb ber (grric^tuna be« Äönigreid^
ber Dereinigten 9Jieberlanbe grünbeten bie S^fuiten ein SJoDijiat bei 2)i|telberg. 211« aber,
auf fie geftü|t unb burd^ fie angeregt, ber belgifc^e 6piffo|)at gegen bie nieberlänbifdj^e 30
aSerfaffung oJ)erierte unb fie ju befd^h)ören fid^ toeigerte, toeil bie ©leic^bered^tigung ber
Ronfeffionen barin garantiert unb ba« Unterric^t«toefen unter bie Übertoad^ung bc«
Staate« geftettt toar, fo befahl ber König ba« ^loDijiat ju fd^ließen. 35a bie S^fuiten
nur ber SOaiaffengetualt h)ei^en ju tootten erflärten unb in bem Sifd^of Don ©ent,
9Kaurice be Sroglie , einen eifrigen Sefd^üfeer fanben, ber i^nen fogar feinen 5Palaft jur 86
3?erfügung fteUte, fo mußten fie 1816 mit i^rem ^o^en ®önner nac^ granfreic^ au«-
hHinbern. 3)ie belgifc^e SleDolution, burc^ eine Koalition ber ultramontanen mit ber
liberalen Partei herbeigeführt, öffnete ben S^wi^en h)ieber ba« 2anb; bie Derfaffung«^
mäßig feftgeftellte ^reil;eit be« Unterrid^t« geftattete il^nen unbefc^ränlte i^ötigfeit. Sinnen
iDeniger ^^^re errid^teten fie faft in allen großen ©täbten il^rc Kollegien nebft ^ßenfio- 40
naten für bie ©ö^ne ber bemittelten ©tänbe unb erfreuten fic^ balb eine« ja^lreic^en
S3efuc^e«. SBä^renb bie übrigen Drben fic^ fämtlid^ ber bifc^öfUd^en 2luffid^t unterorbneten,
gelang e« ben ^jefuitcn, fid^ unabhängig ju erhalten, '^a fie traten nic^t bloß gegen bie
®taat«le^ranftalten unb gegen bie burd^ bie Sibcralen gegrünbete UniDerfität ju Srüffel,
fonbem auc^ gegen bie Don bem G^jiffopat gu Sömen geftiftete ftreng fat^oltfd^e §oc^s 45
fd^ule in eine förmlid^e Cjjjjofition unb fud(^ten beren 3luffommen ju ^inbem, ma« im
Sa^re 1846 bie belgifd^en Sifc^öfe Dcrmocf^te, fid^ befd(^h)erenb an ©regor XVI. ju Joenben
(f. über^auj)t 9JiJ)Jjolb, ©efc^. b. Katl^cm«. 2c., 399 ff.).
Dbgleid^ in ^rantreic^ 2ubh)ig XVIII. atte Sßerh)enbungen für bie gefc^lid^e Stefti^
tution be« Drben« junäc^ft ablehnte, fo leiftete er i^m bo^ baburc^ Sorfc^ub, baß er 50
burc^ Drbonnanj Dom 5. Dttober 1814 bie lleinen ©eminare ber ÜberiDad^ung ber Üni=:
Derfität entjog unb ben Sifc^öfen bie freie Sel^rerma^l überließ, unb baß er burc^ SSefel^l
Dom 25. ©eptember 1816 bie 3lb^altung ber bi« bal;in Derbotenen 3Riffionen h)ieber er^
laubte. S5alb l;attcn bie ^«fuiten in mel^reren ber toic^tigften ©täbte ■Jlieberlaffungen ge-
grünbet, in«bcfonbere gch)annen t^re Kollegien ju ©t. 2ld^eul unb ju 3)iontrouge balb al« 66
§au})tlager unb 3^^eretnigung«jjunfte für bie Don i^nen geleitete ^-Jiartci eine })olitifd(^=fird(^'
Itc^e Scbeutung. ©leic^jeitig burd^^ogen fic miffionierenb bie ^roDinjen unb bearbeiteten
ba« 3}oll für ibre reftauratiDen ßmede. ^n ben lleinen ©eminaren, beren ^a^ bie
©ifd^öfe noc^ beträd^tlid^ Dermel;rten, bemäcl^tigten fie fid^ ber Seitung be« ©^mnafial«
Unterricht« unb toirlten für .^eranbilbung eine« i^nen ergebenen Kleru«. 1822 grünbeten 00
778 ;^fittteitorbcit
fic m £i;on eine tjom ^ßa^ftc mit reichen ^pribilcflicn unb Slbläffc« auj^cflalletc ©cfcD-
jd^aft jur SSerbrettung ber römi{d^en jtirc^c, in h)elc^cr i^nen balb Diele fiaiett bienftboi
lüurben unb burd^ gntric^tung eine« toöd^entlid^en Seitrag« öon einem ©ou i^en be^
beutenbc ©ummen jur SJerfügung ftettten. 1850 l^atte fie eine reaelmäfeigc 3a^re«*
5 einnoi^me tjon 5 3Riuionen ^ranfen. Unter Äorl X. ftieg ber jefuttifc^e ©tnfiufe fo, bofe
Jelbft ein alter Sto^alift unb frommer Äat^olil, ber ®raf Don 5KontIofier, i^ren Unfug
in ©c^riften befämi)fte unb 1826 eine änHage gegen fie unb i^re gefe^lDibrige ©jiftenj in
^anlreid^ bei ber ^air«fammer einreichte. 3)ie iDad^fenbe Unjufrieben^eit, bie fu^ fogor
in ftürmifd^en Sluftritten lunbgab, nötigte ben Äönig am 5. ^^nuar 1828, ba« Wi^
10 nifterium SJiCtele ju entlajfen unb burd^ ba« gemäßigt liberale 5Kintfterium 9Jlartignac §u
erfe^en. 3)urdf> bie Drbonnanj Dom 16. ^uni 1828 tourben ac^t ber bebeutenbften Heinen
©eminare, h)eil fie bie gefe^Iic^ erlaubte 3^^! bon ©djiülem überfc^ritten Rotten unb öon
einer ijerbotenen Kongregation geleitet iDürben, unter bie älufjui^t ber UniDerfität gcfteUt
unb olle Seigrer für anftellung^unfäl^ig erllärt, bie nic^t burc^ SWeDer« bie Sürgfc^ft geben
15 JDürben, bafe fie einer folc^en Äongregation nid^t angehörten. 6ine jtoeite Drbonnanj be^
fc^ränfte bie ß^i^I ber S^öK^Ö^ fämtlic^er Heinen Seminare auf 20000. 2)cr ©türm
ber ^uR^^^oIution Dertoe^te bie S^fuiten au« granlreid^, too i^re ^ai)l auf 436 Olicber
geftiegen h)ar; ba« ^aui i^rer 5Kiffionare in $ari«, i^re ÄoDegien ju ©t. äld^eul unb
SJlontrouge tourben Dom toütenben SSoße bemoliert, bie Drbonnanjen Dom 14. ^nn\ 1828
20 traten h)ieber in Äraft. Serfud^e einiger Drben«glieber, in ^anfreid^ toieber einjufc^Ieic^,
hjurben mit ®efängni«ftrafe gea^nbet. SlUein burc^ ben ßinflufe feiner ber ®ejeBf(^ft
geneigten ®ema^Iin unb befonber« burc^ ben SBunfc^, ben legitimiftifc^ geftnnten (^iflot>at
für ftd^ m getoinnen, n^urbe ber SSürgerfönig Soui« $^ili)))) jur 92ac9fi4^t beftimmt. ^m
©tiHen feierten bie S^fuiten jurüdt unb fanben 3)ulbung; fd^on 1838 tonnte ber 33if^f
25 Don Glermont e« hjagen, bem ®rafen Don SKontlofter ba« firc^Iic^e Segräbni« }u Der^
lueigern. ^n bemfelben ^a\)x^ eröffneten bie ^efuiten toieber i^re üRijfion«))rebigten gu
Sl^eim«, freiließ nur mit ber nid^t beabpd^tigten SBirtung, ba^ ba« Soll fic^ jufommen=
rottete, fie Derjagte unb Äird^e unb ^farr^au« Dertoüftete. Um fo glänjenber toar ber
(Srfolg, ben ber ^efuite SaDier be JRaDignan al« Äanjelrebner in ^ßari« burc^ feine
30 glänjenbcn unb i^inrei^enben 5ßrebigten errang : tro^ be« gegen bie ®ejeD[fc^aft bcfie^enboi
2)cfrete« l^ielt ein« i^er ©lieber bie ganje §au^tftabt in Setoegung. Äl« feit 1842 ber
6})iffo})at unter Berufung auf bie grunbgefe^lic^ garantierte Unterric^t«frei^eit bie Sc^
freiung ber nieberen 9ilbung«anftalten Don ber auffielt ber UniDerfität Derlangte, um
biefelben ben Derbotenen Äorjjorationen, namentlich ben ^l^fwiten ju übergeben, fc^o| eine
36 ^lut Don ©treitfc^riften auf ; für bie UniDerfität ler^oben fid(^ bie 5Profef|oren SDlic^let
unb Quinet, für ben Crben bie PP. SRaDignan unb ßa^our. aber trofe bc« gefc^idten
5piaibo^er« ber beiben le^teren fc^lug ßugen ©ue ber ®efellfd^aft mit feinem „©toigen
Suben" in ber öffentlichen SJleinung eine töttic^e SBunbe. 3Jlan erful^r gugleic^ Don SloDig*
nan, bafe in^anfreid^ toieber 206 i^r ange^örige $riefter lebten, eine angäbe, bie frei^
40 lic^ fel^r ber Serid^tigung beburfte, ba SaDignan nur bie Drben«})roDinj ^anlreid^ im Sluge
l}aiit unb e« Derfd^toieg, bafe bie anbere ^ßroDinj fi^on gleid^fall« mit 202 Crben«|)rieftern
beglüdft toar. 3)urd^ ben ?Projefe il^re« Äajficrer« 2lffnaer, ben bie S^fw*^^ unOuger
SBeife im äjjril 1845 jur öffentlid^en Ser^anblung fommen liefen, toar ber Setoei« fcffe
geftettt, bafe bie gefe^lic^ Derj)önte Societät in fefter Drganifation in ^anfreic^ jum ^o^ne
46 ber ©taat«gefe|e beftel^e. ^a gleid^jeittg eine Slique eifriger Jtat^olifen bie $air«Iammer
an i^re ^ßflic^t erinnerte, ba^in ju toirlen, bafe Duinet unb 3Kic^elet Dom Äat^cber ent^
fernt toürben, befd^lofe bie 3)e})utirtentammer auf bie ^nterjjellationen be« ebemaligen
iWinifter« I^ier« am 2. 3Kai 1845, bie ^Regierung jum SotUuge ber gegen ben Drben bcfteben-
ben ®efe^e aufjuf orbern. 3)a« 3Kinifterium fd(^lug einen SKittellüeg ein : e« trat burc^ ben
50 franjöfifc^en Sotfd^after Sloffi in Unter^anblungen mit. ber Äurie. 9lac^ einer mit ^ater Sioo*
t^aan gefc^loffenen Übereinfunft rief biefer feine ®enoffen au« ^anfreid^ ab unb bie SRegierung
löfte bie §aui)tbe})ot« be« Drben« ju 5Pari«, S^on, 2lDignon unb ©t. 9ldf>eul auf. 2)oc(^
follte auc^ biefer SJieberlage balb genug ein neuer ©ieg ber jefuitifd^en ©ad^e folgen (f. u.).
3n ber ©d^toeig Wax e« ber ®efetlfc^aft ^c\n gelungen, i^re alten Äouegicn gu
55 ©itten unb Srig h)ieber einzunehmen. 2lm 19. ©ej)tember 1818 befc^loj anö^ ber
grofie SHat ju ^^eiburg, tro^ ber befonnenen SBamung be« Sororte« Sem, bie Üdyt--
anftalten be« Hanton« mit einem ^onb Don einer 3JJillion ©c^toeijerfranlen ben ^efuiten
ju Überreifen; toeitere ©ummen tourben bem SolI«marfe au«ge()re^, um i^ ÄoU
Icgium unD 'tJJenfionat mit me^r al« Derfc^toenberifd^er ^rac^t m bauen. SU« jur ^eit
60 ber gulircDolution in mel(^reren fiantonen bie Serfaffung in bemolratifc^em Seifte reDtbiext
deftttteit^rbcn 779
unb umgearbeitet tuurbe, organiftcrte btc u(tramontanc ^^artei, Don ben ^cfuiteu );us
fammenge^ten unb geleitet, gegen bie neuen 9legierungen einen cntfd^loffenen SBiber«
ftanb. ®er J)äj)ftlic^e SJuntiu« felbft verlegte feinen ©ift \>on ^reiburg na^ ®^>^% beffen
gut fati^oUjdpe Seööllerung ben ^cfutten 1836 ein ÄoIIegium unb unmittelbar barauf
ein 5|Jenftonat unb eine ©elunbärfc^ule grünbete; ja fie lieft e^ fic^ nic^t nehmen, burc^ 6
gro^norbeit ben Sau biefer ©äujer ju förbem. SKand^e 95orgänge förberten bie SJlafes
regeln ber SReattion. 3)ie Berufung be« Dr. ©trau§ auf ben ti^eologifd^en Se^tu^I
nad^ 3ünc^ unb bie 9(uf^ebung ber aargauifd^en Alöfter tpurben mit @rfolg au^ebeutet,
um ben SSerbac^t im S[}oRe ju ertoedten, atö ge^e man tjon feiten ber liberalen SRegie^
rungen barauf au^, bie Äircpe ju ;ierftören ; ben jefuitifc^en SBül^Iereien öffnete fic^ ein lo
iDciter ©)3ielraum unb bie ßreigniffe brängten fid^ mit 8Ii^e«eile. ^m 3)Jai 1841 tourbc
in fiujern bie 3Serfaffung im ultramontanen ©inne geänbert; e« bilbete fid^ ber 5pian
cine^ Sunbed mit bem 3*^^^^^ ^i^ lat^olifd^en Äantone unb fianbe^teile bon ber refor^
mierten ©(^toeij; abjulöfen unb al^ einen felbftftänbigen ©taatent>erein i^r gegenüber ju
fteßen. fiujem trat mit 3"9 ww^ ^eiburgju engerer Sinigung jufammen; tjon Sujem i5
Ipurbe ber ^nte ber g^ietrad^t in ba^ Sfealli^ geioorfen, unb mit jefuitifc^em ®elbe
unterftü^t (ber S^oner 3Kiffionet)erein beteiligte fic^ an bem Untemel^men mit einer
©umme Don 98000 ^.), überfielen bie ultramontanen Dbertoattifer bie liberalen Se«
iDol^ner be^ UnterhKÜlt^ im 9Jlai 1844 unb bereiteten il^nen am 3:rient eine blutige
9lieberlage ; bie Unterbrüdfung ber beftegten "ilJartei unb ber Slnfd^lufe be^ Äanton« an bie 20
einigung \t>ax bie näc^fte §olge. Sergeben^ fteHte ber ©taat äarau auf ber Xage^
fa|ung ben Slntrag, ben Url^eber aller biefer ÜJlac^inationen, ben Qj^fwitenorben, Don
Sunbed toegen au« ber ©df>h)eij ju Dertoeifen ; ber 2lntrag nur Don Safetlanb unterftti^t,
fiel am 19. äuguft 1844, unb Sujern beantwortete i^n bur^ ben fc^on im ©ejjtcmber
gefa^en Sefc^lufe, bie 3i^"itcn jur Übernahme ber t^eologifc^en fiel^ranftalt unb be« 25
^riefterfeminar« ju berufen. 3)ie tiefe Erbitterung, toelc^e biefe ßreigniffe unb befonber^^
bie futftere unb brüdenbe ©d^redfen^^errfd^ft in Sujcm ^erDorriefen, fanb i^ren Stu^brud
in tabeln^toerten Unternehmungen ber ©elbft^ilfe: ba bie ^gfa|ung i^re Dermittelnbc
©teßung nic^t aufgab, fo organifterte [\d) mm ©turje beö Der|afeten Slegiment« ein
^etf4;>arengug, ber am 31. ÜJlärj unb 1. Wfim 1845 Dor fiujem rüdfte, aber bort blutig 30
aufgerieben tourbe. 3)urd^ biefen 6rf olg ermutigt, fd^loffen bie fieben latl^olifc^en Äantone
Sujem, ^eiburg, 3^0/ ^^^% Uri, Untertoalben unb SBaHi« 1846 einen engen 33unb,jiu-
näd^ft um [xd) gegen ^reifc^arenangriffe fw^er ju ftetten. Site aber aud) in ®enf im DI»
tober 1846 bie rabifale Partei bie Oberl^anb gewonnen ^atte, erflärte bie 3iigfa$ung
im 3wli 1847 ben ©onberbunb für ungefe^lid^, forberte beffen 2luflöfung unb befc^lo^ am 35
3. ©e)3tember bie !Äu«h)etfung ber ^^uiten. 3)er SBJiberftanb, ben bie latl^olifd^en Äan»
tone biefen Sefd^lüffen entgegenfe^ten, l^atte am 4. 9?oDember ba« Slufgebot be« eib«
genöffiteen ^eere« jur tjollg^. 3werft erlag ^eiburg; am 23. SloDembcr cntfc^ieb ber
©ieg bei ®i«liIon aud^ über Sujem unb bie anbem. 2)ie ultramontanen Stegierungen
fielen; bie^efuiten toarcn bereit« mit i^rer beweglichen §abe geflogen. 3^^ übrige« äJer* 40
mögen tourbe ber ©taatefaffe übertoiefen (f. bie oben angef. Sit., befonber« einerfeit«
^ergenröt^, anbererfeit« 93luntf(^li unb 9?i(ipolb).
3:ro| biefer 5lieberlagen na^m bie SJirffamleit e« Drben« feit 1848 einen neuen
Sluffd^lüung. 3)ie liberalen })olitifd&en Setoegungen, h)elc^e bie franjöftfd^e J^bruar»
rcDolution in Dielen ©taaten (SuroJ)a« nad^ fic^ jog, toarcn jum S^eil aud^ auf bie 46
2)rcimung Don Äird^e unb ©taat gerid^tet: bie Äurie hjufete biefe ^orberung in i^rem
3ntereffe ju benüfeen. ©eit feiner SRücffe^r Don ©aeta am 12. 3lpxü 1850 toarf ber
längftregierenbe aUer $ä})fte, $iu« IX. (1846—1878) ben ^efuiten (bie am 28. ÜJlärj
1848 bem SJolfötoiUen Ratten h)eid^en unb SRom Derlaffen muffen) fic^ rüdtl^altlo« in bie
arme unb Dertaufc^te, Don i^nen Döllig bel^errfc^t, feine früheren )3atriotif4en Slnloanb- 00
Jungen mit ben ftrengften reaftionären Seftrebungen. 2)a« SBirfen be« Drben« fällt Don
biefer 3^^ an mit bem be« ^ajjfte« unb be« Ultramontani«mu« fo Döllig jufammen, ba§
i^re ®efc^id^te eine gemeinfame ift. SBie h)ir toiffen, toaren bie 2e^ren Don bem gött»
liefen Urfjjrunge ber römifc^en Äirc^e unb bem hjeltlid^en be« ©taate«, Don ber barauf
ru^enben Dmni})otenj bc« römifc^en ©tul^le«, Don ber 9?erberblic^fett ber nid^t Don ber b^
Äirc^e geleiteten SMiffenfc^aft unb S3ilbung, Don ber Unfe^lbarfeit be« ^aj)fte«, Don ber
unbefledten gmjjfängnt« ber SKaria, bi« ba^in nur al« fromme 3Keinungen beurteilt,
3)oftrinen be« Drben« Don Slnfang an gemefcn. ^^re bogmatifc^ ^ftftellung unb
2)ur(^fül^rung bilbete ba« Programm ber ^olitif, ipeld^e nun ^IJiu« IX. bi« jum ^al^re
1870 unau«gefe^t befolgte. 3)fe mit i^m nad^ 9tom jurüdtgefel^rten 3^uiten leiteten jeben eo
780 3^fttttettorbcit
feiner ©di^rittc in biefcr Slic^tung. 3)er ?Dlaria glaubte er felbft jeinc JReltung au^ ben
fc^lDeren ©efa^ren ju toerbanfen, in bic er fid^ burd^ feine früheren 3SeIIettäten geftürjt
^atte, unb in romanttfd^er Segeifterung toeil^te er i^r Don nun an feine platonifc^c Siebe,
aini 8. 3)e^. 1854 er^ob er bie mariologifc^e 2)oftrin ber ^an^i^Ianer unb S^fuitcn gum att^
6 gemeinen ®ogma ber Äird^e; 1857 f)at er in eigner ^erfon eine SBaUfal^rt nac|^ Soreto get^n.
^ie SBirfungen biefer iefuUenfreunblid^en ober Dielmel^r gan^ unb gar iefuitifc^
?PoRtif be« 5Pa}>fte^ befamen junäc^ft 3)eatfc^Ianb, Öfterrei^sUngam unb ^talim (le^tere«
aUerbing^ nur t>orüberge^enb), ioeiter^in bann ßnglanb famt feinen amerifanif^en Züdfitt-
länbem, baju bie ©di^toeij, beibe 9lieberlanbe unb bor allem aud^ ^ranfreic^ famt feinen
10 fübh)efteuro)3äifd^en 9Jad^barreic|^en ju Derf})üren. — ©c^on 1849 forberten bie l>reu§if{^
Sifc^öfe freien 33ertel^r mit 3?om, unbebingte ©eltung ber bifc^öffic^en Srlaffe, uncin*
gefd^ränfte 3)i^ji))nnargeh)alt über i^re ©eiftlic^en, felbftftänbige Sefe^ung ber ^JfatrfteHen,
unbe^inberte SSertoaltung be^ Äird^entoermögen^, Überwachung be« SReligion^unterrtc^te^ in
ben ©c^ulen unb Silbung ber Älerüer in i^ren ©eminarien u. f. Id., mit einem SBorte
16 aiufgeben iDefentlid^er ^o^eitöred^tc be« ©taate«. ^ebric^ SBill^elm IV. gelDoJ^rte i^ncn
eine ^ei^eit ber Setoegung, h)ic fie biefelbe laum in einem latj^olifd^en ©taatc je genoffen
Ratten, ^m ^bruar 1855 [teilten bie fünf Sifc^öfe ber oberr^einifd^en Äirc^enj^rot^im bie
gleichen anf})rüd^e. 1855 fammelten fic^ bie beutfcben Sifc^öfe jur ©ölularf eier be^^War-
tt^rium^ be« f), 53onifatiud ju gulba an beffen ®rabe, l^ielten tägliche ^rojeffionen unb
20 hörten bie ^ßrebigten ber g^witen. 3" ^^"^ Hirtenbrief, toomit Sifc^of Äetteler bie 3la6^
feier ju SJlainj anfünbigte, toerglid^ er bad beutfd^e SßoII mit ben guben: toie bicfe iuxif
bie Äreujigung ^^\\x, fo fei jene^ burd^ bie ätufgebung ber bon Sonifatiu^ geftiftdcn
GJlauben^ein^eit ber nationalen unb fittlid^en äufldfung tjerfallen, tüäf)xtnh Sifc^of 9{ä^
bon Strasburg in ber 6röffnung^)3rebigt ju 3Rainj bie Äönigin Don ©nglanb mahnte,
26 bie 2^iara bem 5pa>)fte jurüdfgugeben. — 3lm 18. äuguft 1855 gab Öfteneic^ buw^ bo^
Äonforbat mit bem $(^fte bie $ol^eit«red^te be« Staate« )3rei« unb öffnete ben 3^«^*^
eine mu^ ^ra im Sleid^e. ©d^on 1854 b^afeen fie bie Äottegien in Sinj, Seitmcri* unb
3nn«brudt, 1857 tourbe il^nen ba« alabemifd^e ©^mnafium in ber §ai^)tftabt unb bie
ÜniDerfUät eingeräumt unb 5ßrofefforen unb ©tubenten berj)fli(^tet, fonntägli^ il^re $res
ao bigten ju ^ören. ^n bemfelben ^a^re tourbe i^nen bie ti^eologifc^e gahiUät ju 3""^
brudf übergeben. Sereit« 1858 ftanben Don 256 öfterrei(^ifc^en ©^mnafien 172 unter
il^rer 3)ire!tion; auf SSerlangen il^re« ©enerafe lourben bie©tunben im Satein Derminbert,
ber Unterrid^t in ©ef^ic^te unb 9laturtoiffenfdi)aften auf bie fc^malfte X'xät gefegt. — 3n
Württemberg bewilligte bie SWegierung burd^ i^r Äonlorbat (5. 3wm 1857) bem 8if(^of
36 Don SRottenburg alle feine ^orberungen ; in Saben beenbigte fie i^ren Äirdi^enftrcit mit
bem Sifc^of Don greiburg burc^ ba« Äontorbat Dom 28. 3uni 1859 (jene« fiel bereit«
am 6. 5Kärj 1861, biefe« fc^^on am 18. 3uni 1860). 3n Reffen burfte e« ber »ifc^of
Don 5!Kainj im ßinDerftänbnig mit ben ^efuiten Wagen, bie fat^olifc^e ^af ultöt }u®ie|en
burc^ Berufung aller ©tubierenben ber ^^eologie in fein 5|[Jriefterfeminar auf ben 3[u«=
40 fterbeetat m f^en. 3!)ie ßinrid^tung biefe« ©eminar« Würbe ber Ratio studiorum be«
3efuitenorben« nad^gebilbet; ba« berüchtigte ®urt;fc^e 3RoraIfom))enbium (oben III j. 6.)
fanb ^ier bie erfte (Sinfü^rung in 2)eutf(^lanb. 3)a« Ser^ältni« be« Äleru« ju bem
Sifc^of Würbe nad^ bemfelben ^rin^ijje unbebingten ©e^orfam« geregelt, Wonoc^ bie
©lieber biefe« Orben« i^ren Oberen Willenlo« untergeben fmb; fd^on 1862 Wirlten fieben
46 gefuiten in 3Rainj, 186 1 Würbe i^nen auc^ bie ^farrfird^e unb ba« ^Pfarr^au« )u ©anfl
e^riftojjl^ übergeben, gür ^reufeen Würbe ba« 1863 in ber einftigen Senebifnnerabtei
3Raria-Saad^ errid(^tete gro^e 3«fuitcn'©^olaftifat befonber« einflußreich (f. bie oben an«
geführte ©d^rift Don Äniel unb Dgl. ^eimbucber II, 132). Slllentl^alben jogen bie5ßriefter
be« Drben« auf aJlifftonen l^erum. 3" 93erlin Jjrebigten ^ottgiefeer unb §aßlod^er; in
ßo @raubenj\ eiferten bie SWiffton^jjrebiger fo fanatifd^ gegen bie S^f^^f^ ^^ ^"^^ SBeiträge
aller Äonfeffionen erbauten Sird^e: „SBir glauben ätt' an einen ®ott", baß ber ^faner
fie au^merjen liefe, obgleid^ fid^ einft ©regor VII. auf biefelbe ©entenj in feinem ©(^reiben
an ben mauretanifc^^en ^rften Slnjir berufen ^atte. Sifc^of Äonrab 5Kartin Don ^kber*
born jog 1858 ben berüd^tigten P. SRol^ al« ^rofeffor ber Dogmatil an fein I^eobo^
66 rianum ; gleid^jeitig übertrug er ben3efuiten bie^rebigt an ber 3)omtirc^e. — 9Rit allen SDlitteln
Waren fie bemüht, bie Saien Wieber unter ben fird^lid(^en ©e^orfam ju bringen; burc^
©c^ulbrüber fuc^ten fie bie ßrjie^ung ber männlichen, burc^ ©d^ulf^Weftem, Urfulinerinnen
unb 2)amen be« ^eiligen .C^erjen« 3^fu ben Unterrid^t ber Weiblid^en 3wgcnb an fic^ ju
gießen. Unter ben ©^mnafiaften unb ©tubenten grünbeten fie marianifd^e ©obalitäten, für
üo bie fünftigen Älerifer Änabenfeminarc, für bie ^anbWerfcr latl^olifc^e ©efeHenDereine, für
3lefttitettorbett 781
bic Saicn 33mine ju bcrfc^icbciicn fird^Itc^cn 3*^cdten (^tu^::, äJinccntiu^s, ©etoerinu^s,
Sorromäu^bcreinc), bor allem aber fat^olifd^e Äofmo« mit behaglichen Solalen, tool^Ifeiler,
guter Setoirtung unb lat^olijc^er lage^Iitteratur, h)orin Sürger unb 2lbel jur ^örberung
ber fatl^olifc^en S'^w^^ Pfv ö^^ßis äufammenfanben. 3)ie jä^rfid^en ©encralberfamm«
lungen ber fat^olifc^en Vereine tourben ein fefte« Sanb jur ©tärfung ber ^terar4>ifc^en 6
8eftrebimgcn. 2)a^ alle« tourbe Iräftig unterftü^t burd^ Drgantjation einer fat^olifdf^en
treffe, beren Organe fic^ bon ^a^x ju 3a^r tjerme^rten. — 3)iefer aiufjd^toung be« ka-
t^olici^mu« gab auc^ in ber Sc^mei) ben tat^olifc^en Jtantonen n>ieber3Rut jurSteftauration.
1858 tourben in greiburg ben ^«fuilen unb JRebenn^toriften ilf^re ®üter jurüdtgegeben, balb
jaulte ilj^r ÄoHegium 200 3öglinge. 3"®c^h)Vj jogen jie toieber ein, unb ber Sefuiti^mu« lo
ftanb ^ier in f old^er S3lüte, bafe ba« Äottegium um einen neuen Seitenflügel bergrö^ert tourbe.
Sn SQSatli« [teilte bie SRcgierung jtoei 3«fwi^^" ^"^ itanton^l^ceum ju 6itten an, u. f. f.
3n«befonbere l^at feit bem borle^ten ?PontifiIat ber Crben feinen Äamjjf gegen bie
greü^eit ber SBijfenfc^aft gerid^tet. 3lm 8. 3i<^"war 1857 Verurteilte unter feinem ein=
puffe bie Äurie bie ©ünt^erfd^e 5pi^ilofo})^ie, obgleich biefelbe unter ben l^eröorragenbften i6
beutfc^en Sifc^öfcn il^re Anhänger iäi)lU. 1862 folgte bie Verurteilung ber ©c^riften
gro^fq^ammer« auf Genfur ber 3S"bejfongregation. ©ine bon ©öUinger unb §aneberg
berufene (Selel^irtentjerfammlung ju SWünc^en machte ju ©nbe ©e})tember 1863 einen fc^üc^«
temen SBoffud^ jur SRettung ber miffenfd^aftlicl^en ^J'^eil^eit, enbigte aber mit ber ©r^ebung
ber c^riftlic^en $^ilo{o)}^ie über bie tveltlic^e unb ber UntertDerfung unter bie fir(^lt^e2o
atutoritöt. Irolbem belehrte fte ^iug am 21. ©ejember 1863, ba| fw^ bie SBiffenfdj^aft
nic^t allein ben @ntfc^eibungen ber allgemeinen Jtonjilien unb bed a^joftolifd^en Stuhle«,
fonbem auc^ ben S3ef4^lüffen ber J3ä)3ftlicl^en Kongregationen ju fügen l^abe. 6inc ^artrf«
teriftifc^e ^Duftration baju bilbete bie am 20. 9lobember 1864 erfolgte ©eligfj)re(^ung
be« P. Saniftu« unb bie ^orberung be« sacrificium intellectus, tpelc^e« ba« Organ 35
be« S^wi^^o^^^^"^/ *^i^ Civiltä cattolica, 1867 nod^ über ba« Dp\ct be« Selbe« unb
be« Slute« fteUte. äUe biefe Vorgänge, fotoie bic toiebcr^olten SlHofutionen be« rebfeligen
^iu« IX. gegen bie ^i^i^ümer ber ßibilifation unb ba« Ungel^euer be« Siberali«mu« h>aren
nur Vorläufer ber berüchtigten ©nc^flila unb be« il;r beigegebenen ©t^llabu«, — er foll
in bem $aufe ®efü unter Vorfi$ be« ^efuitengeneral« rebigiert toorben fein — toorin ^iu« so
om 8. ®ejember 1864 bie ganje mobeme Silbung, SBJiffenjd^aft unb ©efittung in Staat,
ÄirdS|e unb bürgerlicher ©cJeUfcl^aft tjerbammte unb allen äfat^olilen bie ©eligleit ab\pxaA,
\a bie gürften ju i^rer Unterbrüdtung aufforberte — ein ©djiritt, ber in ber ganzen ge^
bilbeten fflelt, fogar in ber fat^olifc^en ^rejfe, mit 3lu«na^me ber jefuitifc^ ultramontanen,
9}Kfebilltgung erregte. Oleic^too^l em})fing ba« ©^ftem, an beffen Slußbau ber Orben 35
unabläffig gearbeitet l^attc, feine Ärönung erft burd^ ba« allgemeine Vatifanifc^e Äonjil,
ba« am 8. 3)ejember 1869 feierlich eröffnet tourbe unb beRen "S^ätigleit in ber ©r^cbung
ber Orben«boftrin \>on ber })äj)ftlic^en Ünfel;lbartcit jum Äird^enbogma gi))felte.
6« h)ar ein fritifd(^er geit^junft, in meld^em biefer Sefd(^lu^ ju ftanbe tam. ©d(^on
iDö^enb ber fiegreid^en gortfc^ritte ber SReaftion l^atten bie Äurie unb ber Orben fc^tocre 40
SRieberlagen erf(i|ren. ^m ©efolge be« franjöfif^^italicnifc^söfterreid^ifc^en Äriege« 1859
berbreitete ftc^ bie SRebolution in 3^o«fana, ^Sarma, aJlobena unb ben Segationen, vor
bercn Sturm bie gefuiten h)ie Bpxtn verflogen. 2)ic ßrobcrung Sijilien« unb 9Jeaj)ete
burc^ ©aribalbi unb bie Sefe^ung Umbrien« unb ber 3Karfen burc^ bie Sarbinier im
gal^re 1860 jog bie Verbannung ber 3^{uiten unb bi« jum 21.9lobember bie ©injie^ung 46
Von 44 i^rer Orben^^äufer nac^ fic^ ; femer bie ©inverleibung btejer Sänber in Sorbinien
unb bie ©rünbung bc« Äönigreic^« Stauen mit ber §auj)tftabt glorenj (1861). SBä^renb
be« beutfc^sfratuöfifd^en Äriege« jog ba« italienifd^e §eer am 20. September 1870 inStom
ein, ber le^te SReft be« Äir^enftaatc« tourbe bem neuen Äönigreid^ einverleibt unb SRom
am 26. Sönuar 1871 jur §aui)tftabt bcöfelben erhoben. 35er toeltlic^e Vefi$ be« $a^)fte« 60
blieb auf ben leoninifc^en Stabtteil jenfeit« be« SEiber befc^ränft — bie aered^te 9Jemefi«
b<« in ber ®efc^id(^te fic^ voDjie^enben SBeltgeric^t« für ben trunfenen Übermut, toomit
bie Urheber ba« vatitanifd^en a)efrctc« fic^ an ber eigenen Äirc^e verfünbigt Ratten.
äuc^ in ben Siänbern beutfc^er ßwnge jerrife ba« neue 3)ogma toenigften« geittoeilig
unb teiltoeife ba« 5We^, in n)eld(^em bie jejuitifd^e :5"^i0"^ ba« lird^lid^e £eben gefangen 66
^ielt. 2lm 31. 3"'^ IÖ70, bierje^n 3:age nad^ Verfünbigung ber Unfe^lbarleit, ertlärte
fogar bie öftcrrei^ifd(^e Stegierung, bafe fie nac^ bicfem ßreigni« ba« Äonlorbat über^au})t
ni^t me^ aufrecht ju J^altcn vermöge. 2)od^ ift l^ier burc^ bie fj)ätere Äird^engefe^gebung
(feit 1874) ber anfängliche fc^ärfere ©egenfa^ j^ur Äurie tcilmeife gemilbert unb ein bem
3efuiti«mu« im Joefcntlic^cn freie .§anb laffenber modus vivendi ^ergeftettt toorbcn. — en
782 dfefttitettorben
SBid^ttgcr tourbc bie ©tcttunöna^mc bc^ 1870/71 h)iebercrftanbencn 3)cul{d^en SRctc^ }u
bem burd^ bad SSaticanum beriefuitterten ^o^fttum.
Durd^ 9leic^^9efc| toom 4.3ult 1872 hjurbcn bie ©ejeUfc^aft 3«fu unb bic i^ t>«=
h)anbtcn Orben unb Äongrcgattonen tjom bcutfc^en SRcic^^gebiet au^ef^Ioffen, t^re^liebcr-
5 (ajjungcn aufgel^oben unb jebe X^ätigleit in Jtird^e unb @(^ule i^ t>erboten. ätte bon
^efuitenorben tjcrtoanbtc ©cnoffenfc^aften tourbcn bom S3unbe«rot am 20. 3Rai 1873 bic
9lebcmJ)toriften, Sajariften, ^riefter t>om 1^1. (Seifte unb bie ©efettfc^ft Dom §ctjen 3^
bejeid^net unb auf fte bie gteid^en SKaferegeln angetoanbt. 2)ur(^ eine Steige öon @efe^
tourbe im ganjen Umfange ber J)reu^ifc^en 3J}onarc^ie bie ©c^ulauffid^t, foUne bie Sor-
10 bilbung unb äinfteOung ber ©eiftlic^en für @ac^e bed Staaten erHärt, bie ©renjen ber
tirc^Ktpen 3)igjiJ)Knargeh)aIt gebogen, ein oberfter ©eric^töl^of für geifüic^e ängclegen^en
gegrünbet, an ber fir^Iid^en 3Sermögen^toerh>altung auc^ ßaien beteiligt.
®in Xeil biefer Äulturlam})fma^regeln ift burd^ bie frätere, me^r romfreunbltc^ SÖen?
bung ber Sidmardtfd^en $o(iti! (feit 1885) aQerbing^ rüdgdngig gemacht h>orben (fo bie
i5Äu^eifung ber 9lebenH)toriften, toelc^en imgö^te 1894 toieber gulajf ung getoäi^rt tourbe).
a)oc^ ift bie lat^olifc^erfeitö eifrig unb immer h)ieberl^oIt geforberte SBiebenuIaffunfl ber
^efuiten bidl^er am SBieberftanbe bed S9unbedrat^ gefc^eitert. Igmmerl^in fyd bie gonj
unb gar in Pio Nono'« Salinen bel(^arrenbe 5|JoIitif £eo« XIII. (feit 20. gcbruar 1878)
eine toenigften^ inbirette ©tärfung unb 9lu«bel^nung be« jefuitifc^en ®influffed audi auf
20 ba^ rei(^«beutfc^e tatl^olifc^e Äirc^enhjefen m belDirfen getou^, looju Dor allem bie ©ant
tionierung be$ X^omidmud aU ber offtjieUen römifd^en 9lormal))^ilo{o^l^ie unb -t^logie
(burc^ bie (gnc^flita Aeterni Patris Dom 4. 2luguft 1879)aBid^tige« beigetragen l^tunb
noc^ beiträgt. (Sine angeblid^ tl^omiftifd^e, in SKa^r^cit aber jefuitifc^e 9leujd^aloftiI bf-
l^errfc^t feitbem o^ne toefentlic^e ©infc^ränfung baö bogmatifd^e £e^rt>erfal^ren aud^ an ben
26 beutf(|en t^eologifc^en 93ilbung^nftalten, unb ^tDar bied umfo me^r, ba bie früher bon
bominilanifc^er ©eite ber jefuitifd^en Bd^nU noc^ ent^egengefteOte D)))}ojttion feit mel^reren
Sal^e^nten gänjlid^ erlojd^en ift, fobafe (befonber^ fett bem SBirfen be« ju ben toiHigpcn
aCBerheugen ber ^olirif $iug' IX. gc^örenben Oeneral^ 3llej. Sincenj ^anbel, geft 1872)
ein unterfc^ieb jtoifc^en bominüanif^er unb franji^tanifc^-jefuitifc^er 2:^eologie t^tfäc^lid^
30 ni^t me^r befte^t. ^ie ju ^eiburg in ber ©c^tDeij unlöngft errid^tete 2)ominiIanersUni'
Derfttät bertritt einen ganj unb gar jefuitifcl^en ©tanb)}unlt. ^er l^ier unb ba in ben
fat^olif^stjjfeologifc^cngfafultäten beutfd^er §oc^fd)ulen ft^ no(^ regenbe freiere (jum ^beol^
fat^olici^mu« ber 3Wü^ler, ^irfc^er 2c. ^urüdfftrebcnbe) ®eift toirb bon 9lom au« mitJoilfe
be« ultramontanen gefd^ulten ®i)ifIoj)atö möglid^ft im ^aum gehalten unb mufe fi(^ ba,
35 too feine Vertreter freifmnigere Äunbgebungen toagen (j. 8. Ärau« in JV^eiburg ; ©cbcfl
in SÖürjburg) bemütigenbe 3Wa^regeln gefallen laffen.
Sie romanifc^en ©taaten fmb biefem Sünbnid jioifc^en ^efuiti^mu« unb ^ierarc^^
fd^er Kurialgeloalt überall mel^ ober toeniger erlegen, ^anfreic^, feit Slufric^tung ber
9tej)ublif bon 1870 i^nen noc^ me^r ate \6)ün unter bem ^toeiten Äaiferreic^ witcrt^,
40 ift ba« Sanb ber SBunber unb ber SBallfa^rten getoorben. ^n feinen ®nabenorten Sour?
be« unb la ©alette feiert bie mariolatrifd^ entartete mobern-iat^olifc^e SieligiofUät unter
jefuitifd^er SSeranftaltung unb gü^rung uncrl^örte Irium))^e. 3)urc^ ein über m^r al«
50 3)iöcefen ausgebreitete« ©t^ftem bon Unterric^t«anftalten, beffen Errichtung ben gefuiten
burd^ ba« ©c^ulgefe^ ^Jallouj (bom '^al^x^ 1850) ermöglid^t tourbe, ift bie Srjie^ung eine«
46 beträchtlichen 2^eil« bc« fran;|öfifc^en Dffijierftanb« in bie $änbe bc« Drben« geraten unb
fo ba« merftoürbige intime „Sünbni« bon ©äbel unb SBei^toebel" erjeugt tborben,
ba« bie rej3ublilanifc^e SHegierung loieber^olt in il^ren ©runbfeften erfc^üttert unb — - p^
mal in bem berüchtigten 3Jtonftret)roje6 31)re^fu« (1898—1899) — bie nationale S^re
be« Sanbe« unb 93olfe« emftlic^ gefäl^rbet ^at. — Sinen nic^t geringen 3;eil feiner uner«
M) l^örten (Srfolge berbanft ber l)euti0e franjöfifd^e 3cfuiti«mu« t>m entloebcr auf feine An-
regung in« Seben getretenen ober bod^ mit i^m gemcinfame ©ad^e mad^enben Äongrega«
tionen unb Drben«inftituten, loeld^e unter anberen Siamen epftieren. Sluger berfc^iÄenen
ber in ja^lreic^cn S^ieberlaffungen über ba« üanb berbreiteten ^auentongregotionen (bgL
b. a. 5Jb VI ©. 236 ff.) gehört ba^in namenüic^ bie ©enoffenfc^ft ber Augustins de
65 TAssomption (3tffumlioniften, Sluguftiner bon ber Himmelfahrt). 3)ie Äongregation fya,
nac^bem fie loä^enb ber erften brei^unbert ^df}x^ i^re« (bi« jum 3^^^ 1520 jurucf«
ge^enben) Seftel^en« ein obffure« 3)afein geführt, unter ben ^ontifitaten 5|Jiu«* IX. unb
£eo« XIII, banf jefuitifd^er 3Kitl^ilfe unb Seitung, einen nic^t unbebeutenben ©influfe ol«
fatl^. Wiffton«orben (^ai4)tfäc^lid; in ber Xürfei unb 93ulgarien, ^. ^. auc^ in ^nglonb
eo unb beffen auftralifd(^en Kolonien) ju ixbai begonnen, jugleid^ aber ganj ^anhdd^ mit
3lefttiteti9rbeit 783
einem Wdbten 9le^ il^er .§äufer unb 2lnftaltcn überwogen, unermc^Kdi^e Sleic^tümer auf
bem SBege erlangter Segate, ©c^enhingen 2c. jufammengel^äuft unb mittele i^re^ journa^
liftifc^en Organ« La Croix (nebft ja^Ireid^en Filialen unb $roDinjtaI=3lu«gaben) dne faft
unbeimlic^ ju nennenbe ßintoirlung auf toettefte SJolföfrcife beü^ättgt — bte enblid^ burd^
ben ?ßroje^ bom 9i<J«war 1900 i^r ftaot^eföi^rlicl^c« 3:reiben entlartot unb t^re fernere 6
ejiftenj in ^^anfreid^ unterfagt tourbe. — ^n ©)3anien ^at feit SJiebertDerfung be« Aar«
liftenoufftanbk unb SBieberJ^erfieUung be« Jtönigtum« ber UUramontanidmu« o^ne iDefent^
lic^e Sefc^ränhing ge^errft^t; für bie fc^toeren TOeberlagen be« Ärieg« Don 1893 ift er,
be^to. feine baniäer^ltenbe (SinlDirfung fohjo^l auf« Stegierung^f^ftem toie auf ben SJolfös
ijetft, ^auj)tfäc^Ii(^ tjeranttoortlic^ ju mad^en. — ':^n :JtaIien f^reitet bie ^Regierung jtoar lo
tetig auf ber Sal^n freifinniger gnftitutionen fort, l^at ftd^ aber burd^ ba« ©arantiegefefe
bie ^änbe gebunben unb bebt Dor entfdbeibenben ©4?ritten gegen ben, auc^ l^ier toefentlic^
j|efuitif(^ gefdf>ulten unb ba^er in ftaatöfeinblic^er (ober iDenigften« jjafftuer) Haltung Der^
^orrenben fileru« jurüdE. ©inigc freiere nationale Siegungen innerl^alb be« le^teren (6urci ;
^aRoglia k. — Dgl. 9JipJ)oIb, AI. ©c^riften I, 74 ff.) finb Dom SSattlan an^ ftet« mit i6
erfolg meber^efc^lagen unb erftidtt Sorben. — ©ine toefentUd^ unbefc^^ränlte §errfd^ft
^at ber 3efutti«mu« biöl^er in Sclgien ju be^au})ten getou^t. :^n ^oDanb ~ h)o ein
großer 5teil ber 1872 au« bem ©eutfd^en 9lei(^e au^getoiefenen ^efuiten gaftKAe auf«
nal^me fanb unb einflufereid^e SQSerIftätten für feine Scftrebungen ((gjöten; 3Salfenburg)
anlegen burfte — \)at toöl^renb ber legten 3|o^rje^nte ber Äatpolici^mu« unter jefuitifc^* 20
ultramontaner fieitung er^cblid^e ^ortfdE^ritte gemad|^t. 2)lel^r afö brei achtel ber öeDöIfe*
rung biefe« einftigen §aulptfi^e« )3roteftantifd^er ®eifte«freil^eit fmb je^t tat^olifc^.
Slud^ im britif(^en Seid^e fmb bem Ultramontani^mu« unb bamit bem :3efuiti«mu«,
burc^ gef^idte Senufeung ber mobem^i^arlamentarifc^en 9legierung«ma|imen („^eie Äird^e
im freien ©taot ; abfolute ^Parität" k.) toic^tige ©rrungenfc^aften jugefaHen. a)ie irifc^e 25
ilatl^oIiIens6mangi})ation 1829, bie burd^ bie traltarianifc^mtualiftifc^e Setoegung feit ben
30er Sollen herbeigeführten ÄonDerfionen bieler anglifanifc^er (Seiftlid^ unb reichen
ätriftohoten ; bie ©rünbung einer römifc^en ipirard^ie für Snglanb burd^ $iu« IX. 1850
unb einer fold^en für ©c^ottlanb burd^ £eo XIII. 1878; bie (Srrid^tung ber fjjejififdf^*
lotl^olifc^en ftenfington-UniDerfttöt in £onbon 1874; bie unter groger Beteiligung ^om))l^aft im
begangene ßentenarfeier be« jefuitifc^en ©ton^^urft^ßoUege im l^^^uü 1894 — bilben bie
fyivtpittalppm bicfer fieg^aft Dorbringenben 93eh)egung. Um bie SJlitte be« legten ^al^r«
jd^nt« be«19.;;'^a^r^unbert« jä^Ite bie englifd^e ^roDin^ ber ©efellfd^ft 3efu bereit« 654
aWitgfieber (babei 249 ^ricfter), bie irifc^e 254 SRitglieber (mit 12G 5|Jrieftem). — 3n ben
i^ereinigten ©taatcn jä^lte ber Drben fc^on ju Slnfang ber 80er ^a^e 1100 spätre« (mit ar,
G 5Romjiaten unb 20 größeren Se^ranftalten), toeld^e 3^^.^ feitbem fid^ na^eju Derbo)3))eIt
l^t. eine neueften« bafelbft l^erDorgetretene liberabfat^olifd^e 93eh)egung (ber fog. 3lmeri=
feini«mu«, unter ^ter §edfcr, grjbifdS^of IJrelanb Don SJlinnefota 2c.) ift ben Don ^Hom
au« ergangenen ©egentoirfungen balb genug erlegen. — 3" 5Wejifo i}at fic^ ber Btaat
burd^ bo« ®ef^ Dom 14. 3)ejember 1875 gegen ben burd^ bie 3^fwit«w Derl^e^ten Älcru« 40
gefd^ti^ 3n Sueno« Sl^re« entfeffelte 1875 bie Sefd^ü^ung ber gefejlic^ au«gefc^loffenen
Sefuiten burd^ ben ©rgbifd^of einen iBolföfturm: ber erjbijc^öflic^e ^i^alaft tourbe belagert,
ba« ÄoHegium geftürmt, bie S^^f^f!^ Derjagt. 3)oc^ finb, banf ber gefd^idtten ^olitil ber
Äurie feit Seo XIII. aud^ auf biefc 9Jieberlagen nm^ ©iege gefolgt, fo baß aucl^ in bicfen
Ijwnifc^-amerilanifd^en ©ebieten bie jefuitifcbe ©ac^e ft^ guten Webeil^en« erfreut. 45
©c^on im Sa^re 1626, ungefät^r ein ;^a^rJel^nt Dor feinem erften Gentenarjubiläum,
umfaßte ba« gefwitenreic^ 10 euro})äifc^e unb 6 außereuroj)äifd^e Mreife, toelc^e in :JlPJ$roi
Dinjen jerfielen; in biejem aUumfaffenben (Gebiete falteten 15 19.^ ;Vfwiten in H():j.&äus
fem, tDoDon 25 5ßrofeßl?äufer, J67ÄoUegien, 6.*] 5)tijfionen, 165 ^(efibcmen, :U)©eminare
toaren (§uber, 2). 3ef.=C., ©. 216). :;^m ^a^re 1759, anbertl;alb IJabr/ie^nte Dor ibrerw
Sluf^ung burc^ ßlemen« XIV. beftaub bie (^efeUjcl^aft au« 22 5H9 ^U^rfonen; bie ^$ro^
feßbäufer toaren auf 39, bie ftoüegien auf 6f;9, bie ^JJtiffionen auf 273, bie ©eminarc
auf 176 angeh)adt»fen. Sereit« ;Hoei :;);af^r;ie(;nle na* il;rer a«iebcrl;erfteUung (1H3K) lebten
in 173 $äufem toieber 1246 ^^riefter, 934 ©d;otaftifcr, HH7 Vaienbrüber, Wefamtua^l
3067; femer 1844 in 233 Käufern 1645 ^^Wefter, 12HI '5d;olaftifcr, 1207 l'aien, We* 66
fomtja^I 4133; 1861 marm il;rer 2939 ^-PricfUT, 2159 ©(^;olrtflifcr, 2oU) Hoabiutorm,
©efamtjabl 7144; juCSnbe 1876 betrug letjtac 9546, \vo\>im auf ;Malien 146(J, auföng«
lanb 1165, auf ©})anien 1382, auf Cflcrreid), Unn(un, ('»inliAicii, VWIgicn, .VSoUanb 2535
u.f.tD. entfielen, ^u (Snbe 1864 ;iä(;lle berJ^rben |:r/(i7 Wilijlicber, babei 5HK2 ^j^riefter
unb 3538 ©(l»olafliter (.Oeimbud;er 11, 135). Vliigv(id;l*J bei beicbtcn i^piadj^c bicfer 00
784 dfefttitenor^cii ^leftttttittteti
3a^Icn unb angefleht« ber unjäl^lbarcn Setoeifc für bic unDcränbert unb o|^nc Stbfc^toäc^ung
tortbeftcl(^cnbc mtttelaltcrKc^srealtionärc, auf SJertUgunß bcr SReformation^firc^en au^c^bf
^enbenj bc« Drben^ bleibt ba« bom Urheber bcr früheren JJaflung bicfc« äTrtifel^ am
©(^luffe be^felben (^l®^ 83b VI ©. 641) au^gefjjrodSienc Urteil in boUer ©eltung : „3\5ir
5 ?Proteftanten lönncn über benOrben nur 6in Urteil, ju il^m nur ©ine ©tcUung baben.
3ebe Stnerlennung, jebe 3)ulbung, bie toir feinen $rinjij>ien unb feinem SJBirfen j^u teil
h)erben laflen, ift nic^^t eine ©ered^tigfeit gegen i^n, fonbem eine Oleic^giltigfeit gegen
unfere eigene gefd^ic^tlic^e 33ergangenbeit unb 3wlunft, ein 3Serrat an unfercr Äirc^e unb
i^rer red^tlidf^en Sjiftenj. ©r lennt feine ©lei^bered^tigung ber Ronfejfionen, fonbem nur
10 bic omniJ)Otente äueinl^errfd^aft bcr römifc^en Äird^e : ber $roteftanti^mu^ fommt il^m nur
fo iDcit in SBetrad^t, al« er ber ©cgenftanb feiner betäm})f enben unb tjemic^tenben Angriffe
ift. 2)er S^fuitiömu^ ift ber fc^lec^t^innige ®egenfa^ be« ^roteftantidniuö, eine ben ©cclcn
gefährliche, bic SJölIer Derberbenbe Äorifotur bc« 6^riftentum«." (^tci« t) S^^^tx.
^fefutttnnen. — SRibabcneira, Vita Ign.Lojolae, 1,10.13; III, 14; Sanjiore (= Siicb.
16 ©inion) Biblioth^que critique, t. I, 9lotterbnm 1708), p. 289; ßolcrud. De Jesuitissis, Lij**.
1719; ^el^otVI,398f.; (äJotfteiu, 39"- u. fio^ola u. bic (Sicgcnrcf., ©aüe 189b, ©. 305—309.
3)er SBcrfud^, bem ^n\i\tni ber ©efellfd^aft 3efu einen h)eiblicl^en Drben gleich
9Jamen^ anjugliebem ober jur ©cite ju fteHen, ift toieber^olt gemacht iDorben, ^at ab«
feine irgenbtoie bauembc ©tiftung in« Seben ju rufen bermoc^t.
20 1. SBä^renb So^ola, no(^ tjor ber Seife nac^ S^'fwfol^n^f in Barcelona tocilte, fam
er mit einer bome^men '^au bafelbft, Flamen« Sf^'^^ß^ ^^f^ (Slojel, de Rosella) in
35erbinbung. ©r ]pxa6) mit i^r fo ^inreifeenb tjom goltfcligen Seben, ba« er i^r ^eij
ganj bafür geloann. 3lfe er tjon S^^jölem 1524 toieber nad^ Barcelona ^urücffc^rte,
toar fie cd, bic längere ^6t für ben Unterhalt be« 3Wittcllofen forgte. ^oÜ^xt Wattn feit-
25 bem bergangen ; bie unflaren, bemjorrenen träume feiner erften ^eriobe lagen l^intcr i|^m,
au« i^nen toaren )3raftifd^e ^mit, feftbegrcn^tc ©nttoürfe ^erauggereift. I)a erfc^ien jene
3fabeffa mit jtoei anbem SJlatronen in ^om (1543) unb begel^rtc fid^ unter bie geifüic^
Seitung il^re« ehemaligen ^Pflegling« ju ftcHen. SBie ganj anber« l^atte bod^ ber Ärei«
feiner ^ntereffen unb ©ebanfen fic^ injmifcl^en geftaltet. ©onft bätte i^m nic^t« ®rtoünf<^
80 terc« begegnen fönnen, je^t erfc(;ien i^m biefcr Slntrag al« eine unerträgliche £aft. Slber
bergeben« berfud^tc er mit atter SJorfic^t biefe Älip})e ju umfc^iffen. ®ie grauen über^
boten il^n an 5Bel^arrltd(^feit ; bie t^eologifc^ gelebrte ^föbella öerfd^affte ficb burc^ eine
2)i«})utation über bogmatifc^e fragen bie ®unft mehrerer Äarbinäle unb loufetc fo toon
^aul III. ben Sefe^l ^u ertoirfen, ber fie unb i^re beiben ©efä^rtinncn unter bie geift=
35 lidf>e Pflege i^re« Dcre^rten SBater« fteßte. 2)icfe ©tcDung beuteten fie nun fo au«, bafe
(nad^ ber 3Scrfic^erung 5Kaffei«) biefe brei äüeiber bem ©tifter bur(^ i^re §erjcn«anlicgen
unb ®etoiffen«ffru))el in toenigen 3^agen bereit« me^r3Rül^e unbSlrbeit tocrurfad(^ten, al« bie
Stegierung feiner gangen Äom)3agnie. 3luf feine bringenbe 5ßorftettungen unb Sitten entbanb
il^n 5Paul III. 1546 öon ber i^m auferlegten 5}erbinblic^feit unb Sfln^^w« beeilte fw^
40 in einem fe^r bij)lomatifd^cn ©d^reiben (t>om l.Oft. iene«3.)f^tn«cinpi0^2ßo^lt^äterin bon
ber ^flic^t be« ©e^orfam« ju entbinbcn unb fie au« ber ©tcDung einer geiftlid^
loc^ter in bie einer guten unb achtbaren 3Kutter ju berfe^cn (Slibabencira 1. c. ; ögl. in
So^ola« »ricfmcc^fel [5Rabrib 1884 ff.] bie Cartas 87, 89, 93, 108). 3)urc^ ba« SretK
Licet debitum toom 18. Dftober 1549 berlie^ ?Paul III. ber OefeUfd^aft ^cfu ba« ?ßrim^
46 legium, ba^ fie niemal« mit ber geiftlic^en Leitung toon Stonnen behelligt loerben foDte.
2. 3lu^er allem 3uföJ"w^«»^^«"9 ^^^ ^^^ f})anifd^en gefuitinnen bc« 16. Sa^r^
^unbert« fte^t bie toon aJlar^ SBarb 1609 ju ©t. Dmer gegrünbete, aber 1631 burc^
Urban VIII. aufgel^obene ©enoffenfc^aft, a\xi loelc^er fpäter ba« ^npitut ber „(gnglifc^cn
gräutein" ^erborging (f. b. 31., V, 390—392).
50 3. 6in anberer 3Serein, ben man anfang« gefuitinnen nannte, toar ber bon 3«>banna,
bcrtoittoeten 3Jtarquife bon 3Kontferrat, geb. Don Seftonac, geftiftete unb Don ^aul V.
burcl^ SreDc Dom 7. 3l})ril 1607 beftätigtc Drben ber Kloftertöc^ter unferer lieben grau.
®erfelbe ^atte fic^ bie ^riftlic^e ßrjie^ung unb Untertoeifung ber toeiblid^en S^genb gur
Slufgabe gefegt unb feine Einrichtungen glcid^faH« ben ©a^ungen be« Sö^^^tiu« nac^-
66 gebilbet. ®a er aber bem Senebiftinerorben eingegliebert tourbe, Don bem er auch bic
Äleibung annahm, fo gehört er bort^in (§eh;ot VI, 398 ff.). — 'üRit einem geloiffen med?t
fann man femer bie grauen be« l^eiligen §erjen« ober be« ®lauben«3cfu al« tociblic^en
3h)cig bcr OefcHfd^aft 3efu anfe^cn (Dgl. «b VII, 78 1,:.«»)- (Steigt) S^dUt.
bcr im ?ld)tcn Sonbe cnttjoltencu Slrtifcl.
»rtifcl: SeTfafTer:
4>cffe, S- ©erm. ®. Strüatt . . .
©cRcI0, 3o^. Sötflcr . . . .
Reffen, einfü^runa bcä C^^riftcniumg f.
S3oitifQtiu« ©b III @. 301.
Reffen, ©roftbcrj. (Äö^fcr f) S^öring
Reffen, SReformotion f. b. 91. $^ilipp,
Sanbgraf unb ^omberger @^nobe.
^6^ufen, ^acfenf^mibt . .
^f^cbaften ((^ag f) $^. ST^e^er
fef9d)iud, »ibelfrit. (®Q6t) S^.^e^er
^ef^(6lu«. ^rcb^tcr (®q6 f) ?^- ^«^^c^^
^eteriu« f. b. 9(. 9bo)7ttaniduiud SBb I
@. 181,..
Ocjcr, f. ob Vn @. 325.
^titer f. üanaaniter.
öeubiter, ^. Seon^. rX^oIuc! t) 9tictf rfiel
^eu^elei S. :8einme . . .
^umonn, (S^r. 9(. (Klippel f) %\äiadtxt
^cufcöredtc öcnjingcr . . .
Seüila f. »b I @. 765, 5«.
pemter f. j^onaaniter.
^lapla f. Drigened.
^cjenu.^ejcnprojeffe($ntt t) äöcllcr
^^nlin, 3ol&. (4>erjog t) ®- 91.
©crnouni . . .
^lerafa» v 9IboIf ^amocl
^ierarc^ie f. ütr^e.
Äicrofle» Ä. 3- 9?eumann .
^ieron^miten Rödler ....
Öieron^mu« gödlcr ....
^ieronmnud bon ^rag f. |)ug.
High Church f. S3b 1 ©. 544, »».
tilarion (i^rü^mac^er
ilanu9, \>.SBirU9 ^aud
^ilariud t). $oitierd Soofd . .
^üariui», röm.^iaf. ®. Krüger
tilaru«, $apft ®. Krüger
llbebert $. ©ö^mer
Silbegarb, bie ^eilige IBenrat^ .
ilbed^eim, Sidt. ^audt . .
^ilbuin t).@t.2)enid ^o^
eeite:
1
2
8
14
18
18
Mflel ß. fi. ©troff
SiDer ^ermann ^ofapp
^iltaUitoer, ^of). ßerman $aupt
^ilten, go^ann $. ©olff . .
')tmmel (Bremer . . .
Mmmelanbeter ®. Krüger . .
>iminelfa^rtdfeft d^eorg 9{ietfd)el . .
pimmelfa^rt ^aria f. S^aria.
)i]ninelrei(6 f. ^tiäi (S^otted.
muSß^mSfiÜpähit fftr X^eologie unb ftitc^.
19
21
24
28
30
36
38
39
40
42
54
56
57
67
67
67
71
72
73
74
76
77
78
80
84
84
3. ».
KtHfer: SerfafTer:
pin f. ST^age unb (3emd^\t.
^in!moru.ail§eim8 «Ib. 5rei)ftebt
^infdiiud, $aul
^tob
^tppo(t)tuS
^tppol^tui^brüber
l^irom, König
«)irW, ■ ^
.^irfc^QU
@ecfel
?l. Kloftermann
S3onn)etf(6 . .
3ö(Ker . . .
u. DreUi . .
Sagb unb jagbbnreS $BiIb.
®rü(ma4er
>irf(6e, ®eorg K. Sari ©ert^CQU
^irfcfter, 3ü^. ©. d. ©ei*fä(fer f •
C)irt, ber gule f. e^riftuSbilber ob IV
@. 73,1. ff.
Wirten bei ben Hebräern f. ^iel^^u^^
bei ben ^ebröem.
Hirtenbrief % ©infc^iu« f
6eiU
. 86
90
97
126
135
136
136
142
146
146
|)irtenftQb f. Kleiber unb3nrtgnien, geiftlic^c.
. )idfia
©ll^elm fiofe . .
(Äeu6 1) @. »eroer
tlbolf Komp^joufen
147
, Mftorienbibel
152
. M&iö Setbinanb
157
^)obbe8 f. 3)ei8mu8 m IV ©. 536, ufi
'.
; )0(ftQntt f. 3Weffe.
. )0(^maun
»offe . . . .
162
, »o^mut
fi. fiemmc . . .
167
. )obge, d^aried
fi. «rcnbel . . .
170
. »öe t)on ^öenegg
D. grona 3)lbeliu8
172
. »ofling 3. SB. 8fr.
©off ©oubifftn .
176
; )ö^enbienft
177
, »oefftra
3. SRoIeuoar . .
M. Sider . . .
195
. ^ölemann
198
. )öße f. ®e6cnno »b VI ©.418, ^obeö
a3b VII ©. 295 unb C)ößenftrofen.
. Höllenfahrt 6:i^rlfti
an. fiQUtcrburg .
199
^ ^öttenftrofen
W. KÄtiler . .
206
J ^ofQdter, S. u. SB.
Kübel t . . . .
211
Ooffbouer, (SIem. 3Jlar. f. fiiguorianer.
, )offmann, 91. ®.
®. granl . . .
215
; i)offmQnn, ß^rift.
|. Xempef, beutfc^cr.
. ?offmann, 3)an.
(ßen!et)2:f (Rädert
Ä. Köhler . . .
216
, ^offmonn, ©einr.
221
J^offntann, ^eld).
Regler ....
222
; Hoffniann, ©iI6.
3?. Kögel t • •
227
öoffmeifter, 3oi
2:6eobor Kolbe
229
J ^Öffnung
©uc^ruder t • •
232
^ofmonn, 3. ©^r. K. ^aucf ....
234
^ofmeifter, ©eb.
SBIoef* ....
241
4)offtebe, «Petrus
©. 3). üon 93een .
242
^offtebe be ®root
©. 3). Dan S3een .
245
ßo^enalt^eim, ©l)n
^o^enio^e
. 4)QUd ....
249
(S^ogel t) ^fcftarfert
250
VUI.
50
786
Serjetf^titd ber hn aifitn Saitbe ettt^ulteitett ürtitel
HxtiUl: ecrfaffcr:
^üljev ^rlcftcv g-r. SBu^I . . .
Äol)er SRat f. @l)iiebvium.
fiü^cäßicb ü. DreUi . . .
^o^Ibad), % ^. X^., ©aron f. S)clS*
muö »b IV 6. 554, 47 ff.
•Ipononb Dr. 3. ?(. ®crll) Mit ® i jf
^oUaf, 3)omb (3BQflcnmannt)5Bülff
.iponat, 2) (III.) (©agennmnn f) SBolff
' S3b I ©. 645, t6ff.
Dr. Sßlt\)li)Oxn
.&en!c t . • . .
»avt§oIomitcn »b II
.^olofcnieS f.
^olften
^ülftcniu^
^olj^aufer, 93
©. 421,Mff.
Hornberger, 3-
6r{tc:
251
256
263
279
280
281
287
3"ncröfterreirf).
^üiiiberger @i)n. u.ÄO. ßarl 3Rirbt
fiomcriten f. «roblen »b I @. 768. t ff.
^omtletit (Sofpori ....
^ominarium griebric^ ^ieganb
^omtlte f. ^omiletil oben @. 296, s ff.
«^omtlien, pfeubo ctementinift^e f. (S^Ie<
mcntinen ©b IV @. 171 ff.
Homines intelligentiae ^rman ^aupt
^oniud Otto Giemen . .
^onoriu«I.,^Qpft (3öpffeIt)Ärüger .
^onoriuSlI.,®egenpa))ft (Sari ^irbt
ÄonoriuSlI, ?apft (Söpffelf) i^rüger
^onoriuSlII.$apft ^and Sc^ulj . .
|)onoriu3lV.,^apft ^on« ©(ftulj . .
^onoriud üon 9(utun ^. 9lo4o(I . . .
^onoriuS, ^dfer ©ictor ©diul^e .
^ontcr gr. Xeutf 4 (® .3).Xcutf(ft f)
^ont^etm ü. @dbulte . . .
^oogftraten, 3^^ ^<>n f. 9f(eu4Iin.
bc i)oop S^cffcT @. ©ranicr
^ooper
toornbeel
op^rQ, 9lprieS f. Ägypten ©b I @. 215, 1» ff.
$)6pitQl, 3Je. be S' f. ß'^pitol.
ßoptind £. ©renbel . .
" f. »b III @. 393,
1. g. Äarl ^Rütter
Horae canonicae
3. M, »iff.
^orbiiid
^orc^e
Äoreb f. @iiiai.
öoriter f. {&hom 'X^b V @. 164.81 ff.
;)ormi«bQ8, ^apft (Qöpffel f) Ärügcr
(^rl ©ert^eou
(^odfyvitlif)^,mxhi
288
295
308
311
312
313
315
316
318
324
327
332
333
340
343
349
350
350
353
355
porncju*
porning
)or8Iei)
^ort
^ofeo, Äönig
)ofea, $rop^et
(|>encfct)2:f(fta(fcrt
D. ^acfenfc^mibt .
SRuboIf ©ubbenpeg
(Safpar fH, ©regor^
m\\)tlm £06 . .
©olcf
^ofionnQ f. äituratfrfic gornieln.
;)uftud uon (Sorbuba fioofd
l^ornid, Stonidl.
{>ofpiniQn
ofpitaliter
_ ofpitalitcrinncu
^o^ba4
^ofticu
|)ottingct, 3ol). $).
©cnrat^ ....
(@ub^offt)®.S.J^arI
Mütter ....
3öcfler ....
3öcfler ....
3B. ^onenberg . .
@^eorg 9{ietfd)el .
(&m\\ (Sgit . . .
ottinger, 3. Sofob ©mil (£ali
otoe SRuboIf ©ubbenfieg
TQbanud ^aurud ^and ....
irotfiiit (^eiatä(fert)Houcf
356
359
357
362
368
370
371
376
382
492
394
395
396
397
399
402
402
403
«rtifel:
Huber, @amuel
Huber, ©ictor
Huberinud
Hubert
Hubmaier
Hucbalb
Hüifenionn
HnetiuS
©"9
Öerfüffer : etitt :
(Hagenbodit) Füller Mi
X^eobor ©cdäfct . 412
X^eobor Äolbe . 41.^)
$aul O^ränberß . 417
Hegler .... 418
dt, @4inib ... 424
5. ©üffe . . . 424
(treffe! f) ^fenber 427
Rödler .... 42ti
Hugenotten f.©bIV @. 222, w— 227, «•.
Hugenottif(j^e ^emeinben in ^eutfc^Ianb
f. 9Jefuge.
Hugo ber Steige (Sari ^irbt . .
Hugo uon (Slunl f. ©b IV @.183,aiff.
Hugo üon Srieurt) Sari ^irbt . .
Hugo üon 6t. (Sber ^eutf4 ....
Hugo ü. @t. ©Ictor 8ö<*Icr ....
Humbert (Sari 3Rirbt . .
Hume, 3)a\)ib f. ©b IV 8. 548, i« biö
549, 8j.
Humerole f. Äleiber unb 3npfluifu*
jumiliaten
Hnnb
Hunbed^agen
Hunniud, ^gi)b.
Hunniud, 92iT.
Hupf<^I^
Hufd^le
Hu6
Hut
Hütten, U.
^lUtter, (gliaö
üon
3ödler
©enjingcr . . .
Wittib. ©e))fd)Iag .
(Henfe f) 3- ihin^e
i^t^tx t) 3. ^nae
llbolf ftamp^aufen
9^. dloc^on . .
3. fiofert^ . . .
Hegler ....
H* ulniann . . .
(9Bagenmannt)^üIIer
(Sagenmannt) i^un^e
" 1257
Hutter, ß.
H^aunt§. ^omtnifanef, geft.
f. ©b IV, @. 776,M-*o.
H^broparaftaten Od. Krüger . . .
H^ginud H<^ud
Hymnen f. I^ir^enlieb.
H^papante f. ^aria.
Htipatia, f. ©b IV, @. 378,8-11.
H^periud @. (S^r. 9(4elid .
H^poftafe f. ©b IV @. 37, 14 ff.
H^pfiftarier (3). Ärüger . . .
Ht)rranu« I.u. II. f.©b VII, @. 467, 41 ff.
unb 468,58 ff.
Hl)ftadpe§ (Sagenmann f) Krüger
3.
3abal f. Ptaxn unb bie ^ainiten.
Sabin &nilic ....
3abIon§fi $aul ISIetnert . .
Sacöin unb ©ooä f. iempel.
SacobettuS f. 3o!ob öon SRieS.
3acobi 3öcobi ....
3acopone ha Xobi (fiaujmann f) JÖempp
Saeger, 3o5ann (Crotu« Slubeonud)
f. ©b V ©. 432,41-433,4.
3ael f. 5)ebora^ ©b IV @. 525,ix-to.
Sagbbeib.Hcbr. ©enjinger . . .
3a^baaa^a III. &. S^eftle . . .
Sa^r bei b. Hebr. Söil^elm ßo6 . .
431
433
435
436
445
447
449
450
455
459
462
467
472
489
491
496
497
500
500
501
5(J6
507
5<.»9
510
514
516
519
523
524
Kttgnäfm» kr t« n^teti Sänke ettt^ltciiem SrttM
787
«rHfcl: SerfafTcr:
3al)üc, 3f^ouo 9J. Äittel . . .
3oiv ®ut5c . . . .
3a!ob t). CrcUi . . . .
3afob Savobacud ober gon^Iud» f- 3<^'
lobiten.
3atob. 9.)).)BQfe( $3alter ®oc^ . .
3a!ob bei- ©iflfrcicnfcr f. ^aftorcttfti.
3afob Don (Sbeffa 9{cft(e . . . .
3ati>b toon (Sl( galtet (S^oe( . .
3atob)).3uterbogt $aul Xfdiacfert .
3afob Don ^ar ^attai f. ^Ip^raated
»b I 6. 611.
eate:
521)
541
543
547
551
552
556
3alob oon Wt^
3a!obD.Wpbtd
3a!ob \>. Sarug
3afo6D.SSiragfl!o
3a!ob Don »itvi)
3o!oblten
(ßc(bfert)Sofcrtt) 558
(»Jöbigcrt) 9?cftlc 559
e. ißeftlc ... 559
(Scdmlbtt) Södler 560
^. ööftincr . . 562
(»öbigert)9Mtle. 565
3o!ob8bruber f. ©ofpitolitcr ©b VIII
@. 395,14.
3aTobdorbcn f. (Sompoftffla ^b IV
6. 261, w-M.
3a!obu8 im 912: ©icffcrt ....
3onnc8 u.3ombrcS ü. Creni . . .
3ano» (ßcdjlert) Suferlt)
Sonfcn (SteuAUn f) Xfd^arfert
Sanfcnifteiiürc^c ©cri^u.^Bijf . .
3onuariud 8«>cflfr ....
Sop^et f. S^ölfcrtafcl.
Sorc^i f. 9laf4i.
571
587
588
589
599
606
«rtlfel: »erfaffer:
Saft'n ^K. i^vQc{ifd)mav .
3ööpiS C>. ftffelcr . . .
3aüan ®ut^c ....
3bo« (JRöbignDtMcftlc .
3bactui5 f. ^vifciaian.
Sbcaliömiid, beutf(]^cr Iröltfd) . . .
3bioinQta f. Communicatio idiomatum
ob IV 6. 254.
SbumäQ f. ebom »b V 6. 162.
3fbud, Sebuftter ®ut^e ....
SelJOOQ f. 3a^üc oben ®. 529,7.
3e6u f^ili^elm :^o^ . .
3cp^ta 5. »u^l . . .
ScrcmiaS, gr. Su^l . . .
ScreniiQ« IL, $atv. ^q6 f) ?Ö- "^^'W
Scrobcam I
Scrobeam II.
Scrufolcm
Scrufnlcm, 33iSt.
3erufalem,3,3r.^.
3criifnlem, $atr.
3eru|Qlcm, @i)n.
Serufolemöfrcunbc f. Jempcf bcutfdicr
Sefaja 91. J^loftermonn .
Sejieel ®iit^»c ....
3c|u (£f)ufti bvcifocftcä 9(mt Ä. 'fiJüUcr
3cfuatcn 3öd(cr ....
Scjuitciiorbcn ^'6dUv ....
3cfultiuiicii 3ödlcv ....
607
(iOS
611
611
612
'au^fd)
(®übcrt)*6.'J3?cl)er
(^agett ba4 1) ^aud
S. Seottftibufcö .
d?ubolf ^ofmottu
637
639
641
646
660
()62
665
666
()93
695
697
703
705
731
733
741
742
784
rid*
788 e^ortfe^ttng bcr duf^^e nttb Serii^tigititgeit«
(f. 0. Einfang beö ©anbcS.)
6* Sttitb*
6. ölG S' ''^•» f"9c öci: i*- ^vün, 3)tc Segcnbc uon bcr ^faljj»räfiu ©cnoueja mid) beiii
nod) ungcbnidtcn, h\^\)a Dcrf^oncnen Xeitc uon 3o^. 3ciniuö, 'ijirüm 1890
Cprogv.). 3ö(flcr.
6. 018 8. 10 füge bei: ©cgen (gmil 2Wicl^acl, 8. J., »eldjcr in gf^t). 1899, ©. 548 f. bic
^. ^c^li(b foioie bic große ®ertrub o^nc weitere« für bcn ßiftcrcienfcrorben
rcflamtercn roonte, f. U. ©erli^re: Sainte Mechtildc et S. Gertriidc fiirent-
clles B^nedictines? (Rev. b^u^d. t XVI, p. 457—401). welcher j^cigt, bofe,
trog ^elftQ« bamaliger 3ugc^örig!cit jur ciftcrc. Äongregat., bod) bic*53cic!d)^
nung „SBcncbiftincrinneu" für jene öeibcn i^r guleö 9?ed)t beJialte. (Sbcnfo:
Anal. Boll. 1899, IV, p. 439. 8ücflci.
6. 657 S' 26 I. 1563 ft. 1463.
(;57 „ 60 ftrei(6c 60.
666 „ 7 I. 1148 ft. 1146.
7. »aitb.
8. 193 3- 55 füge bei: @. ©tcutnfon; Roh. Grotwetcstc, bishop of Liucuh). A contri-
bution to the religioiw, iwlitical and intellectual hiwtory of the XIll Centiirv.
fionbon 1899. -Jocf Icr. *
ö. 323 3. 58 l. ©crfe ft. SBorte.
„ 603 „ 2 I. Somm. ft. Samm.
„ 603 „ 20 ^unifftuijcn ft. ^unarf^uiscn.
„ 603 „ 36 bie Bibl. Carthus. ft. ber ^ibl. C£artl)uö.
„ (j03 „ 58 exercitii ft. exercitu.
„ 604 ,, 5 fiiebner ft. fiieber.
^604 „ 17 Seme ft. ©eroe.
^ 680 ^ 9 1. G. ft. Th.
^ 748 „ 31 I. e. 3r. «. »ritfcfie ft. e. 3- «•
8. Sanb.
8. 48 3. 44 füge bei: Über bie »oMtficinlicfie (Sntfte^ungSiueifc beö l)icvoni)inianifd)cn
^art^roIogiumS, üU in SRom feit ca. 420 teild ouS fleineren ^alenbarieu be<5
^benblanbcS, teil« au« bem f. g. Martyrologium Syriacum [ridjtigcr M. Ni-
comediense] iufantmengearbeitete ^ompilatiün, für meldte ein ein^eiiHd)cr ^^er«
faffer [ab ni(6t nad)tt)eifcn löfet, ^at neuerbing« ^. 9(rf)cli« („S)ie ^?arti)rologien,
i^re ®cfd)id)te unb iftr ®ert". «b^blgn. ber ®ef. b. «Jiffenfcft. j ©öttingen,
^. g. III, 3: 1900) lehrreiches fiicf)t Dcrbrcitet. 3öc!lcr.
6. 140 ■], 6 I. «b IV ft. ©b III.
„ 145 „ 39 füge bei: 5. Sauc^ert. 3. 93. ^irft^cr in feiner ©irffomfeit al« t^col. Schrift*
fteHer bargcfteüt. Sntemat. %i)toL 3eitf(ör. II— IV. 1894-96.
„152 „ 16 füge bei: The Chronicles of Jerahmeel or the Hebrew Biblc historial, traiisl.
by M. Gaster, fionbon 1899, ugl. 3B. ©ouffct %ti^Q 1900 ©p. 262. — Über
Sofippon: ®. 9?eubaucr Jewish Quarterly Review 1899 @. 355.
„ 368 „ 27 ftrcid)e ba« Äomnto nad) ©roofe.
^ 369 „ 14 u. 41 1. Biography ft. Antiquities.
„ 369 „ 53 I. 1881 ft. 1871.
„ 407 „ 46 ^err P. Cbilo SRottmanner in 3Rüncften ma(ftt mi(ft barauf auf merffam , bafj
ber unter ben ©erfen ^roban« gebrurfte Kommentar ju ben ^roüerbien uon
SBeba uerfafet ift, ugl. MSL. 111 ©. 679 mit 91 8. 937 u. f. %f)DS, 1896
8. 620. .&.
„ 55;') „ 53 füge bei: 5)a6 ;,ber arme 3a!ob", loclt^er ba« üon Bahmani 1899 ^erauSge*
gebenc Tcstaraentura Domini nostri Jesu Christi laut 8(!6Iu6fd)rift ber ju
®runb liegenben §bf. „im ^aW 998 ber ®ried)en ou« bem ©riccftiftftcn inö
8l)rif4e überfe^tc", 3<i'ob ^o« ®^fffö fei, ifteine nabelicgenbe ^(nna^mc, bleibt
aber not^ ju untcrfu^en. 3)a bie entfprcdienbe ^orifer .^bf. f)inter..bcn Elften
uon tartftaao unb ben iöricfen S^prian« baSfelbc 3^^^ f«^ ^i« Uberfe^ung
biefer 8tücfc au« bem ®riecftifrf)en ongiebt, flammt üielleicöt au(6 letjterc
?trbeit uon i^m ; f. «. ©aumftor! in: ?Römif*e DuortaIf(ftrift 1900 8. 8.24 f.
9?eftle.
9. äufluft 1900.
h 4ütX" C 4b'}^i
(
3 2044 048 227 40